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Full text of "Deutsche Medizinische Wochenschrift 1894 20"

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UNiVERsnry ,of michigan 



DEUTSCHE 



MIT BERÜCKSICHTIGUNG L f H / <7 

DES 

DEUTSCHEN MEDICINALWESENS 

NACH AMTLICHEN MITTHEILUNGEN, 

DER ÖFFENTLICHEN GESUNDHEITSPFLEGE UND DER INTERESSEN DES 

ÄRZTLICHEN STANDES. 

BEGRÜNDET VON DR P. BOERNER. 

HERAUSGEGEBEN VON 

PROF. DR A. EULENBURG und DIL JUL. SCHWALBE 

IN BERLIN. 

ZWANZIGSTER JAHRGANG. 

LEIPZIG und BERLIN. 

VERLAG VON GEORG THIEME. 



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UMIVERSITY OF MICHIGAN 



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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



INHALTS “VERZEICHNISS 


Beiträge aus Kliniken, Krankenhäusern, aus medieinischen 
und naturwissenschaftlichen Instituten. 


-- - 


Aus dem städtischen Krankenhause in Barmen: Zur Behandlung der 
OberarmbrQche, von Dr. Heusner 196. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Barmen: Ueber Spiraldrahtver- 
bände. von Dr. Heusner 223. 

Aus der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Ein Fall von 
complicirtem Conamen suicidii, Schuss in die Schläfe, Phosphorver¬ 
giftung. Schuss in die Herzgegend, Heilung, von Geh. Med.-Rath 
Prof. I)r. E. Leyden 475. 

Aas der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Ueber ulce- 
röse Endocarditis und fibröse Myocarditis im Zusammenhang mit 
acutem Gelenkrheumatismus, von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. E. Ley¬ 
den 913., J 

Aus der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Zur Gewebsaft- 
therapie von Priv.-Doc. Stabsarzt Dr. Goldscheider 376. 

Aus der I medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Zur Kenntniss 
der natürlichen Immunität gegen asiatische Cholera, von Priv.-Doc. 
Dr. G.. Klemperer 435. 

- us der 1. medieinischen Universitätsklinik und der chemischen Abthei- 
lung des physiologi^hen Instituts in Berlin: Ueber Harnsäure, Xan- 
minbasen und Leukocytose bei einem mit Organextraction behandelten 
i 'alle von Leukämie, von Dr. P. Jacob 641. 663. 

118 «K • me ^ e inischen Universitätsklinik in Berlin: Beobachtungen 
er ein neues harnsäurelösendes Mittel bei Gichtkrauken, von Priv.-Doc. 
Stabsarzt Dr. E. Grawitz 786. 

* n? . er ■ me< brinischon Universitätsklinik in Berlin: Ueber Podromal- 
^vmptome bei Paralysis agitans. von Priv.-Doc. Stabsarzt Dr. E. Gra- 

"llZ OäJ. 

pfn p n me ^ C ini sc ^ en Klinik und Universitätspoliklinik in Berlin: 
Mail d sogenannter amyotrophischer Lateralsklerose, von Geh. 
A u , T d ;? T ath P /°f- .Dr. H. Senator 433. 

" 7hp tv me< D cl nischen Klinik und Universitätspoliklinik in Berlin: 
heim 608 ° Se der Pylorustumoren, von Priv.-Doc. Dr. Th. Rosen- 

chirurgischen Universitätsklinik in Berlin: Die 
von bact , eneller Keime von frischen blutenden Wunden aus, 

\m tv SchuBmelbusch 575. 

Berlik??*?. . a P Königlichen Charitekrankenhausc in 

besnn<TaL ^ . frühzeitige Bewegung gebrochener Glieder, mit 
Rath iw n C ^ S1 ^t au ^ üie untere Extremität, von Geh. Ober-Med.- 
Aus de? Iv ' D - r> '■ Ba ^eleben 373. 

Berlin*Hinik ^ Königlichen Charitekrankenhause in 

unter«.' p , e handlung einfacher und complicirter Brüche der 
arzt Dr Tr Xtrem ' t ü_ t o _ m it ambulatorischen Gipsverbänden, von Stabs- 
A U q -morsch 527. 

BerlinKlinik am Königlichen CharitAkrankenhause in 

Aus der ehimi- 111 - v ^2?. Aet-hertod, von Stabsarzt Dr. Herhold 361. 
Berlin- Tt«.w SChen am Königlichen Charitekrankenhause in 

Peritonitis ,*** °P era ^' T en Behandlung der diffusen eiterigen 
Aus der cWn;J° n , S * arzt D r- Herhold 755. 

Berlin- dÜy u t am . Königlichen Charitikrankenhause in 

Stabsarzt Dr Alber8*969 Xat *° n ^hromioclaviculargelenk, von 

v e B C a h rd^l Chen Abth , eUun £ des Herrn Geh. Ober-Med.-Rath Prof. Dr. 
Könielichon rn ^ de ® Herrn Oberstabsarzt Prof. Dr. Köhler am 
v erl<*tzunir J a " t ^J ranl£eil h a use in Berlin: Zwei Fälle von Gehirn- 
ö ’ von Stabsarzt Dr. Herhold 511. 


Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Oberstabsarzt Professor 
Dr. Köhler am Königlichen Charitekrankenhausc in Berlin: Ueber 
einen Fall von Brown-Sequard’scher Halbseitenverletzung des 
Rückenmarks, von Stabsarzt Dr. Herhold 9. 

Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am Königlichen Charitekranken¬ 
hause in Berlin: Praktische Winke zur Behandlung der Diphtherie 
mit Heilserum, von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. 0. Heubner 701. 

Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am Königlichen Charitdkranken- 
hause in Berlin: Ueber larvirte Diphtherie, von Geh. Med.-Rath 
Prof. Dr. 0. Heubner 929. 

Aus der Königlichen Universitätsfrauenklinik in Berlin: Zwei Fälle von 
centralem Dammriss, von Dr. F. Matthaei 417. 

Aus der Königlichen Universitätspoliklinik für orthopädische Chirurgie 
in Berlin: Ueber Knochondeformitäten bei hereditärer Lues, von 
Dr. G. Joachimsthal 460. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber den Ein¬ 
fluss der Milz auf die Immunität, von Dr. Benario 8. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die Speci- 
ficität der Cboleraimmunisirung von Professor Dr. Pfeiffer und 
Dr. Isaeff 305. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber Gewinnung 
und Verwendung des Diphtheriebeilserums von Prof. Dr. Ehrlich, 
Dr. H. Kossel und Dr. A. Wassermann 353. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die quanti¬ 
tative Bestimmung von Diphtherieantitoxinlösungen, von Stabsarzt 
Prof. Dr. Behring und Sanitätsrath Dr. 0. Boer 453. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Die Mittelohr¬ 
entzündung der Säuglinge, von San.-Rath Dr. A. Hartmann 544. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Das Tizzoni’sche 
Tetanusantitoxin, von Dr. W. Hübener 656. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Bemerkungen zu 
der Erwiderung über das Tizzoni’sche Tetanusantitoxin, von Dr. 
W. Hübener 813. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die Blut¬ 
serumtherapie bei Diphtherie, von Dr. H. Kossel 823. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Weitere Be¬ 
obachtungen über die Wirksamkeit des Behring’schen Diphthorie- 
heilserums, von Dr. H. Kossel 946. 

Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die speci- 
fische Immunitätsreaction der Typhusbacillen, von Professor Dr. 
R. Pfeiffer 898. 

Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Berlin: Ueber Inula 
graveolens, von Dr. M. Mendelsohn 610. 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in 

Berlin: Ueber Jejunostomie, von Geh. San.-Rath Professor Dr. 
E. Hahn 557. 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Fnedrichshain m 

Berlin: Ueber Nierenaneuiysma, von Geh. San.-Rath Professor Dr. 
E. Hahn 637. 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhauso am Fnedrichshain in 

Berlin: Ueber chinirgische Eingriffe bei Magenerkrankungen, von 
Geh. San.-Rath Prof. Dr. E. Hahn 817. ^ J t , . . 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in 

Berlin: Ein merkwürdiger Fall von Phosphorvergiftung, 'on -i. 
Freyhan 58. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



IV 


IN HA LTS -\’E KZE1< ’11NI SS. 


Aus dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain in Berlin: Ein 
Fall von Meningitis tuberculosa mit Ausgang in Heilung, von Dr. 
Freyhan 707. 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in 
Berlin: Zur Diphtheriebehandlung, von Dr. C. Weibgen 596. 

Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in 
Berlin: Zur operativen Behandlung der Zwerchfellshern.ien, von Dr. 
A. Neumann 661. 

Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Weitere Er¬ 
fahrungen über die Wirksamkeit des Behring’schen Heilserums bei 
der Diphtherio, von Prof. Dr. Sonnenburg 930. 

Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Die bisherigen Er¬ 
fahrungen bei Aethernarkoscn, von Dr. Tschmarke 79. 

Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Zur Kenntnis*! der 
Influenzapneumonieen, von Dr. A. Albu 150. 

Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Ein Kettensägen¬ 
führer, von Dr. Sarfert 371. 

Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Zur Diphtherie¬ 
behandlung mit Heilserum, von Dr. Canon 500. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Ein operativ 
geheilter Fall von Gallensteinileus, von Dr. W. Körte 171. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: lieber eigen¬ 
artig verlaufene septikopyämische Erkrankungen nebst Bemerkungen 
über acute Dermatomyositis, von Prof. Dr. A. Fraenkel 193. 
227, 245. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Zwei Fälle 
gutartiger grosser Schleimbeutelhygromo, von Dr. E. Mommson 107. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Der dia¬ 
gnostische Werth der homiopischen Pupillarreaetion. von Dr. 
M. Roth mann 336. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Hoher trauma¬ 
tische Schädeldefecte und ihre Deckung, von Dr. A. Brentano 378, 
402, 439. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Resultate der 
Heilserumtherapie bei Diphtherie, von Dr. E. Voswinckel 479. 

Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Untersuchungen 
über das Aneurysma der Brustaorta, von Dr. G. Puppe 854. 874. 

Aus dem Elisabeth-Krankenhause in Berlin: Beiträge zur Kochsalzinfusion 
bei Vergiftungen, von Dr. M. Gordon 272. 

Aus dem Elisabeth-Krankenhause in Berlin: Ueber die mit dßm Behring- 
Ehrlich’scken Diphtherieheilserum gemachten Erfahrungen, von 
Dr. E. Schubert 476. 

Aus dem Lazarus-Krankenhause in Berlin: Ueber zwei totale Magen- 
resection beim Menschen, von Prof. Dr. Langenbuch 968. 

Aus der chirurgischen Abtheilung des Krankenhauses der jüdischen Ge¬ 
meinde in Borlin: Congenitale Hydronephrose, geheilt durch Ne¬ 
phrektomie, von Dr. Adler 151. 

Aus der Nervenpoliklinik von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berlin: 
Ueber die subcutane Injection des Aethylendiamin - Silberphosphat 
(Argentamin E. Schering) bei Tabikern, von Dr. G. Rosenbaum 627. 

Aus der chirurgischen Privatklinik des Herrn Prof. Dr. J. Wolff in Ber¬ 
lin: Ueber einen Fall von amniotischer Einschnürung des Unter¬ 
schenkels mit Klumpfuss, von Dr. F. Koch 677. 

Aus der Poliklinik für innere Krankheiten des Herrn Prof. Dr Litten 
in Berlin: Ueber das Vorkommen und die Bedeutung eigenartiger 
Figuren erweiterter Hautvenen am unteren Theile des Thorax, von 
Dr. Hirschlaff 243. 

Aus der Privatklinik für Frauenkrankheiten von Dr. L. Landau in Ber¬ 
lin: Die Acthernarkose, von Dr. O. Gross mann 55. 81. 

Aus Dr. Max Joseph’s Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin: Ueber 
gummöse Lymphome, von Dr. W. Guttmann 889. 

Aus Dr. Boas’ Poliklinik für Magen- und Darmkrankheiten in Berlin: 
Zur Frühdiagnose des Magencarcinoms, von Dr. P. Cohnheim 438. 

Aus der chirurgischen Klinik der Universität Bologna: Untersuchungen 
über den Stoffwechsel des Hundes nach Magenexstirpation und nach 
Resection einos grossen Theils des Dünndarms, von Dr. de Filippi 780. 

Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der Universität Bologna: 
Untersuchungen über das Infectionsfieber. Das Fiebergift der Bac- 
terien, von Dr. E. Cent an ni 148. 176. 

Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der Universität Bologna: 
Untersuchungen über das Infectionsfieber. Das Antitoxin des Bac- 
terienßebers, von Dr. Ce n tan ui und Dr. Bruscliettini 270. 

Aus der medieinischen Universitätsklinik in Bonn: Ueber die Grundlage 
der Martius’scken Herzspitzenstosstheorie, von Dr. A. Schmidt 76. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn: Die Gefahren der Nar¬ 
kose für den Diabetiker, von Dr. E. Becker 359. 380. 404. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik und dem Johannis-Hospital in 
Bonn: Erfahrungen bei 2000 Aethernarkosen von Dr. Heusler 740. 

Aus der geburtshilflich - gynäkologischen Klinik der Universität Bonn: 
Ventrofixation und Vaginofixation, von Prof. Dr. H. Fritsch 6. 

Aus der Universitfits-Augenklinik in Bonn: Ueber Augenentzilndung durch 
Eindringen von Raupenhaaren. Ophthalmia, nodosa (Sämisch), von 
Dr. Hillemanns 5l7. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Bonn: Zur Aetiologie 
und Diagnose der Influenza, von Priv.-Doc. Dr. Kruse 513. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau: Chirurgische Bei¬ 
träge zur Lokalisation der Grosshimrinde. von Dr. Troje 103. 132. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau: Zur Therapie der 
narbigen Speiseröhrenverengerung, von Dr. A. Tietze 362. 382. 

Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Breslau: Die Prinzipien 
der Prolapsbehandlung von Prof. Dr. 0. Ktlstner 414. 

Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Breslau: Eine Jahres¬ 


arbeit auf dem Gebiete der Extrauterinschwangerschaft, von Prof. 
Dr. Küstner 946. . 

Aus dem Laboratorium der medieinischen Klinik in Breslau: Ueber 
Nierenverändorung bei Sulfonalvergiftung, von Privatdocenten Dr. 
R. Stern 221. „ . , . „ , 

Aus der medieinischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals m Breslau : 
Zur Casuistik der Tricuspidalinsufficienz, von Dr. E. Hamburger 485. 

Aus der medieinischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Broslau: 
Ueber gutartige Fälle von Dermatomyositis acuta, von Dr. A. Herz 790. 

Aus der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Breslau: 
Exstirpation eines Hirntumors, von San.-Rath Dr. 0. Riegner 49t. 

Aus der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Breslau: 
Exstirpation eines basilaren Racliontumors nach Resection des harten 
Gaumens, von San.-Rath Dr. 0. Riegner 660. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Charlottenburg: Ueber einen 
Fall von periodischer familiärer Paralyse, von Dr. K. Hirsch 646. 

Aus clem pharmakologischen Institut und der chirurgischen Klinik in 
Dorpat: Einiges über die Functionen des menschlichen Dickdarms, 
von Prof. Dr. R. Kobert und Prof. Dr. W. Koch 883. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Elberfeld: Ueber die Behandlung 
der Anämie, besonders der Chlorose mit Schwitzcuren, von San.-Rath 
Dr. Künne 846. 

Aus dom städtischen Krankenhause in Frankfurt a. M.: Ueber Morbus 
Basedowii, von Dr. Rehn 265. 

Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M.: Zwei Fälle 
von Erkrankung nach Anwendung des Diphtherieheilserums, von Dr. 
V. Cnyrim 898. 

Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M.: Ein Fall von 
Hydrocele muliebris, von Dr. Li ermann 871. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Frankfurt a. 0.: Ein Fall von 
acuter hämorrhagischer Nephritis nach Anwendung des Behring’schen 
Diphtherieheilserums, von Dr. 0. Treymann 951. 

Aus der medieinischen Universitätsklinik in Fr ei bürg: Die Behandlung 
der Pleuraempyeme hei an Lungentuberkulose Leidenden, von Goh.-Rath 
Prof. Dr. Bäu ml er 717. 738. 

Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Frei bürg: Zur Wirkung 
des Sulfonals, Trionals und Tetronals, von Dr. W. Morro 672. 

Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg: Zur Kennt- 
niss des Loretins, von Prof. Dr. Claus 737. 

Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg: Zur Theorie 
der hypnotischen Wirkung der Sulfone, von Dr. W. Morro 867. 

Aus der medieinischen Universitätsklinik in Giessen: Stoffwechsel- 
versuebe mit Somatose, einem Albumosenpräparat, von Dr. F. Kuhn 
und Dr. K. Völker 793. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Giessen: Ueber einen Fall 
von Aethortod infolge von Lungenödem nebst Bemerkungen zur Aether- 
statistik, von Prof. Dr. Popp er t 719. 

Aus der geburtshülflieh-gynäkologischen Universitätsklinik in Giessen: 
Ueber Schwangerschaft im ventrifixirten Uterus, von Prof. Dr. Lüh- 
lein 241. 

Aus der geburtshülflieh-gynäkologischen Universitätsklinik in Giessen: 
Die operative Behandlung des tuberkulösen Ascites, von Dr. G. Frees 
849. 873. 

Aus der Universitätsaugenklinik in Göttingen: Ueber das binoculare 
Sehen Schielender vor und nach der Operation, von Geh. Med.-Rath 
Prof. Dr. Schmidt-Rimpler 833. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Graz: Zur Therapie der Hydro¬ 
cele feminina, von Dr. 0. Gerke 502. 

Aus dem pathologischen Institut der Universität Graz: Ueber Blutfarb¬ 
stoffproben einiger Bluteisenpräparate, von Dr. Zoth 757. 

Aus der medieinischen Universitätsklinik in Greifswald: Ueher einen 
Fall von Schwefelsäurevergiftung. von Dr. Ackermann 835. 

Aus der medieinischen Universittäsklinik in Greifswald: Die in der 
Greifswalder medieinischen. Klinik erlangten Resultate mit Behring’s 
Heilserum bei an Diphtherie erkrankten Personen, vonDr. Börger 902. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Groi-fswald: Ueber die Haut¬ 
transplantation nach Thiers ch, von Prof. Dr. Helfe rieh 3. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald: Zur Behandlung 
der Hydrocele testis, von Dr. Buschke 366. 

Aus der Üniversitätsaugenklinik in Greifswald: Kleinere ophthalmo- 
logische Mittheilungen von Prof. Dr. O. Schirmer 393. 753. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Die lokale 
Behandlung der Rachendiphtherie, von Prof. Dr. F. Loeffler 801. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Zur Di¬ 
phtheriefrage. Erläuterungen zu den Thesen des deutschen Diphtherie- 
Comites auf dem VIII. internationalen Congress für Hygiene und 
Demographie in Budapest, von Prof. Dr. F. Loeffler 881. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Ein Fall 
von Wunddiphtherie mit Nachweis von Diphtheriebacillen, von 
Dr. R. Abel 548. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Zur Kennt- 
niss des Diphtheriebacillus, von Priv.-Doc. Dr. R. Abel 692. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Ueber die 
Schutzkraft des Blutserums von Diphtheriereconvalescenten und ge¬ 
sunden Individuen gegen tödtliche Dosen von Diphtheriebacillen- 
culturen und Diphtheriebacillengift bei Meerschweinchen, von Priv.- 
Doc. Dr. R. Abel 899. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.: Der äussere Milz¬ 
brand des Menschen, von Dr.K.Mü 11er 515. 535.688.706. 916. 955. 977. 

Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Halle: Zur Pathologie 
und Therapie der Blutungen unmittelbar nach der Geburt, von Prof. 
Dr. H. Fehling 493. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



INHALTS-VEHZEK'HNISS. 


, dein Alten allgemeinen Krankenliausc in Hamburg: Ueber die Ab- 
ortivbehandlimg der Gonorrhoe nach der Janet’schen Methode, von 
Dr M Fürst 709. 

dem Neuen allgemeinen Krankenhause in Hamburg: Weitere Er- 
‘ ‘ f-hrnnaen Uber die Benutzung von Alkalialbuminaten zur Herstellung 
von Nährboden, von Dr. G. Deycke 528 
\u< dem Marieu-Krankonhauso in Hamburg: Ueber die radicale Heilung 
‘ ' ,1er recidivircnden Perityphlitis, von Dr. H. K ft mm eil 628. 

\us: der Diakonissen- und Krankenheilanstalt -,Bethesda“ in Hamburg: 

Ein neuos Urinal für Frauen, von Dr. C. Schütt 962. 

\,is der chirimrischon Universitätsklinik in Heidelberg: Kritische Be¬ 
merkungen und praktische Erfahrungen über das Antidiphtherin Klebs. 
von Priv.-Poc. Dr. Vulpius 127. 

\us der chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg: Ueber zwei 
interessante Fälle von Mageuehirurgie, von Priv.-Doc. Dr. S. B. v. Beek 
759. 

Aus der mediciuischeu Universitätsklinik in Jena: Zur Pathogenese des 
Tetanus, von Priv.-Doc. Dr. Gumprecht 546. 

Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena: Ueber Lipämie, von 
Priv.-Doc. Dr. Gumprecht 756. 

Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena: Zur diagnostischen 
Bedeutung des Achillcsselmonphänomens, von Prof. Dr. Th. Ziehen 
653. 070. 

Au« dem medico-nieehanischen Institut in Karlsruhe: Bruchschaden und 
[Tdallversieherungsgesetz, von Dr. F. Bähr 468. 

Ans dem hygienischen Institut der Universität Kiel: Weitere Beobach¬ 
tungen" hei der Untersuchung choleraverdächtigen Materials, von 
Prof. Dr. B. Fischer 542. 565. 579. 

Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Ueber Myxödem und- über Ent- 
fettungscuren mit Sehilddrüsenfütterung, von Prof. Dr. 0. Leichten - 
stern 932. 

Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Ueber Entfettuugseuren mit Sehild- 
drüseufütterung. von Dr. Wendel Stadt 934. 

Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Procentgehalt des Blutserums an 
Eiweiss und Procentgehalt des Blutes an Serumeiweiss, von Dr. L. 
Bleibtreu 664. 

Aus dem St. Marien-lfospital in Köln: Eine Hernia uteri bei Pseudo¬ 
hermaphroditismus feminiuus, von Dr. Brohl 338. 

Aus der medicinischen Universitätsklinik in Königsberg: Ueber die 
Züchtung der Gonococcen in einem Falle von Arthritis gonorrhoica, 
von Priv.-Doc. Dr. E. Neisser 335. 

Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Königsberg: Ueber den 
contiuuirlichen Magensaftfluss, von Prof. Dr. J. Schreiber 3t*5. 
443. 462. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik iu Königsberg: Ueber Druck- 
lähmungen im Gebiete des Plexus brachialis, von Prof. Dr. H. Braun 49. 
Ans der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg: Zur Casuistik 
der irrcponiblen Daumen- und Fingerluxationen, von Dr. Borchard 367. 
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg: Beitrag zur 
Kenntniss der posttyphösen Eiterungen, von Dr. G. Sultan 675. 

Aus der^ Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Königsberg: Ein¬ 
schränkung der inneren Untersuchung in der Geburtshülfe (Heb- 
amraenpraxis). von Dr. M. Sperling 957. 

Aib dem hygienischen Institut der Universität Königsberg: Ueber die 
Desmfectionskraft der Sozojodolsäure und verschiedener ihrer Salze 
gegenüber dem Loefller’schen Diphtheriebacillus, von Dr. A. Drüer 
•j(> <. 583. 

Au.« der medicinischen Uuiversitätspoliklinik in Leipzig: Einige casu- 
bti«chc Beiträge zur Kenntniss der Sklerodermie, von Privatdocenl 
Dr. Fried heim 199. 

u> der Iniversitäts-Fraucnklinik in Leipzig: Ueber das baeterienfeind- 
hcüe Verhalten des Scheidensecrets Schwangerer, von Dr. B. Krönig 


Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig: Ueber ein bacterienfeind- 
hches Verhalten der Scheidensecrete Nichtschwangerer, von Dr 
K. Meuge 867. 891. 907. 

Aus der Provinzialirrenanstalt in Leubus: Paralytische Anfälle uicht 
corticalen Sitzes, von Dr. C. Neisser 870. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Marburg: Zu meiner Me¬ 
thode der hohen Custration, von Dr. 0. Büngner 363 

Aus der medicinischen Universitätsklinik in Moskau: Ueber chronischen 
Rheumatismus, von Prof. Dr. G. Sacharjin 525. 

Aus der medicinischen Universitätsklinik iu Moskau: Ein Fall gemischter 
Lobercirrhose, von Dr. P. Jakowleff 851. 

Aus der gynäkologischen Universitätsklinik in Moskau: Der Dampf als 
blutstillendes Mittel, vorläufige Mittheilung von Prof. Snegirew 747. 

Aus der Xervenabtheilung des ersten Stadtkrankenhauses in Moskau: 
Ueber Polyneuritis puerperalis. von Dr. M. A. Lunz 886. 

Aus der Ohrenabtheilung der Königlichen chirurgischen Universitätspoli- 
klinik in München: Eine einfache neue plastische Methode zur 
Rüeklageruug hochgradig abstehender Ohrmuscheln, von Docent 
Dr. Haug 776. 

Aus der II. medicinischen Universitätsklinik in Neapel: Einige neue 
Fälle von GellUgeltuberkulöse bei Menschen und Sfiugethieren, von 
Priv.-Doc. Dr. S. Pansini 694. 

Aus dem Knappsehaftslazareth in Neunkirchen: Ueber einen Fall von 
Stichverletzung der Sehlüsselbeinarterie, von Dr. Kirchgässer 226. 

Aus der bacteriologischen Station in Odessa: Zur Frage über die Bac- 
teriologie der Cholera, von Dr. P. Diatroptoff 691. 

Aus dem Kreiskrankenhause in Oschersleben: Beitrag zur Behandlung 
der Diphtherie mit Heilserum, von Marine-Oberstabsarzt I. Kl. a. D. Dr. 
Kunzen 918. 

Aus dem pathologischen Institut der Universität Padua: Neue Beob¬ 
achtungen über die diagnostische und therapeutische Wirkung der 
Stoffwechselproducte des Rotzbacillus bei der Rotzinfection des 
Menschen und der Thiere, von Prof. Dr. A. Bonome 703. 725, 744. 

Aus dem städtischen Obuchoffhospital in St. Petersburg: Drei Fälle 
von traumatischer Leberverletzung von Dr. K. Zeidler 723. 

Aus der medicinischen Universitätsklinik in Rom: Ueber gegenseitige 
Compensation bei gleichartiger Veränderung mehrerer Herzostien, von 
Prof. Dr. Guido Baccelli 25. 

Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Rostock: Uober den In¬ 
halt dos gesunden nüchternen Magens und den continuirlichen Magen¬ 
saftfluss, von Prof. Dr. F. Martius 638. 

Aus der Universitätsklinik für Ohrenkrankeiten in Strassburg: Ein Fall 
von Atresia auris acquisita. Mvxosarkom der Paukenhöhle, von Prof. 
Dr. A. Kuhn 560. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen: Ueber dio Aus¬ 
gänge der tuberkulösen Coxitis bei conservativer Behandlung, von 
Prof. Dr. P. Bruns 374. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen: Ueber die Kropf¬ 
behandlung mit Schilddrüseufütterung, von Prof. Dr. P. Bruns 785. 

Aus dem physiologischen Institut der Universität Tübingen: Zur Phy¬ 
siologie der Darmbewegungen, von Prof. Dr. P. Grützner 897. 

Aus der II. chirurgischen Universitätsklinik in Wien: Der äussere Milz¬ 
brand des Menschen, von Dr. J. Schnitzler 763. 

Aus der medicinischen Universitätsklinik in Würzb urg: Beiträge zurPatko- 
logie des Muskelrheumatismus, von Prof. Dr. W. Leube 1. 

Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg: Zur Frage der 
Narbencontraction bei Transplantationen nach Thiersch, von Dr. 
A. Meyer 364. 

Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich: Die bisherigen 
Resultate experimenteller Untersuchungen über die Art der Wirkung 
des Tetanusgiftes auf das Nervensystem, von Dr. C. Brunner 100. 

Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich: Dio trophischen 
Functionen des Nervensystems, von Prof. Dr. Gaule 509. 532. 


Alphabetisches Verzeichniss der Originalartikel. 


A. 

Dr zur diagnostischen Bedeutung des, von Profess 

A«Miüt Z J Bhe " Jen * 653 ‘ 670 - 

r '*mientivJ rr 1 *'. ^kdung eines Falles von, Bemerkungen üb 
Dr H Np,,.» " Vpe 0 ) ™^ le der rothen Blutkörperchen, von Priv.-Dc 
AdnexopJr' J• a 1111 m Berlin 105. 

von l’rofTtr' l Q dicationeu, die Technik und die Erfolge dt 

A^tctag D-Vf \ he l la, * ta * Wien 97. 

569. euischer Jn Eisenach, von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berl 

'''T 


... --r uuur C,no Beise 


um die Erde, von Profess 


’ von E. M. in London 710. 


Aethermaske, eine neue, von Dr. 0. Gross mann in Giessen 470. 

Aethernarkose, von Dr. 0. Grossmann in Giessen 55. 81. 

Aethernarkosen, die bisherigen Erfahrungen bei, von Dr. P. Tsehmarke 
in Berlin 79. 

—. Erfahrungen hoi 2000, von Dr. Heusler in Bonn 740. 

Aethertod, ein Fall von, von Stabsarzt Dr. Herhold in Berlin 361. 

— infolge von Lungenödem nebst Bemerkungen zur Aetherstatistik, von 
Prof. Dr. Poppert in Giessen 719. , 

Aethylendiamin-Silberphosphat (Argentamin E. Schering), über die sub- 
cutane Injection bei Tabikern, von Dr. G. Rosenbaum in Berlin 6 ai. 

Akromioclaviculargelenk, die Naht bei Luxation im, von Stabsarzt Dr. Al¬ 
be rs in Berlin 969. 

A lkalialbuminate. weitere Erfahrungen über ihre Benutzung zurHersteliung 
von Nährböden, von Dr. G. Deycke in Hamburg o28. 



Digitized fr 


Google 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





Alkohol- die Rolle des. bei soxuelloti Porvepr'iotien, ErnRpsie ijiol HndoreM 
psy.elMseheA• AhWrinitfttsh;. v<J# Fhwfc Dr. A. Farel in Zürich 96A 
Aiti-niotisf hn EtnsjeimÜnTng tles;*naRw<;heu.kvlÄ mit Klüatjjftus^ yp>i Djl F. 
Koch in Berlin (>77. 

AniUiiie.. 'femnd'rr* i'idormm. tirmi- ihre {M»imtlnug mit. Sclnvit?.f*ijr,ou. 

von Sun.dint.lr Utv Kühne in JPherhdd 840. 

AoustboMf. di» lok:»lu. mit Konig’smmtü A e ( her. vmu Pn»i l)i\Th. K 6 i P 1 or 
in Leipzig 893. 

Atjasdika. «irj 1 Re.hiindlijto^; <1 «ä. v«m IVef. Dr.. L'w-«l d in Berlin .24$, 
Behend.!uug des. von Dl', Vi i r h h«• t iiv ll tun bürg IVO, 

.;vnUoij>tiiJiorln KI.oI.jn, kdl7*ol»o ihuvurkilnEm? und er» kOs>dm ßVf'HlVr.uvyon. 

ülu;v um.:. VOM Pme-PoO. \ V u ! / n N. W ! 1 r i! (< ■ I lii i ;• i -J7 
Anxn^pflnTW ihv. Aorxpü. dm $ 327 de* Sli» iI** psgUlhiAhcs -in 
auf die. von Dr. Ben in« in Berlin 708, 

-\:r.K:n{)fJeji,-’. «n Berlin.- dir si’idtischr, von Dr ,1. ?, rd» v.mlbo in lierUo .4i i. 
Ar«»?»«. s«ij« Khiim emi ‘i !u>‘ VViii'co'tt!’. um Run. - i.hu: Dr. VrennM m 
Fmibure i. R 93o. 

Arthntfc gimorrlmieu. tiber die. Zü'.uiluug dar Gonoeoceou Su*i ••inem Bulle. 

voy.vi.oi Priv-Pne ))r E. N ei ze.- r Kmdgsberv 305 • 

ArzrmmdBei. 1j»»c:».1nVh;i)l»er dm neuere.!. >m dahro 189:1. von Dr. ). Bons 

tu Boriu» 22. 4(1 

AsdR'S- diu vjpörHijvo Be4uii»dR*ug das kiib*yrkuf&snin von Dr .<>. Fräak 
in ■(■} 849. 873. 

Asphyxie hm Keugelmrmmfr, Mn. Del! von schwerer, von .D* K 8» »Gum* 
in Oagm? 1 W. 496 

Atcnsni imrhs_ r^uiDtm AR v>s;rrtmnl der Paukeub6ttb > . van PraiOf.-mr 
ilr. A. Knhti m‘EMl&sftfti'g frlKG 
Auge. KAJ/dKi*; Hin Vim. FVnf. R>v Ui ks eil Irerg in Berlin vHf». 

durch Eindringen \mr IPuifmdmM’rm %'bt,l.ihliuia mAo.s» 
tlPiuischS von- .Dr. il i P c tu ü n tGi ib B<>nti 5 17: 

Auskultation, zur Technik der, von Dr. Th. .Ininxd.vYKkr .in Kid OM. 

— —. Beuievkuiurcti zn »Din AufOit?/ von Br. 3nnnovvski, von 
' ID. Kl Ai r-y f. r in BokUw ÖHR 

«. 

Bimc'4]!- Cruidi). von Pr. J. 43 eh v/ a l b e m Berlin 29R 

Bhdiln.H Finkler -Prior.’ Küivl 1 km einer unter proln.iieH Durrhlüllo., ;/•-o. 

i Fm«, von Br. A. Rix-i.e. und D»\ tEn..eh in H.nnil'urn: 9^8 
Puickriolli: KdiiVn. i.iirc Awlnaliilu* v»m iri.^e|t*u. »uuiend^u 'Vnn'dj^ -• ms. 

Aon Dr (.' St liinnnoil. usvü u' 11 ehn ö75, . . 

-:Bü4e.do\vVdie Krankheit und ScJiioMrik^., vou Brot', in,. Eulen hum - in; 
.Berlü 719. 

Be^Riivenen. von Prof. Dr. v, Bürtlöloh<?u fi| Juno .'N.'i-- . 

is, ij.ifi>:-i-v und Aerzun von Pf, H Mi in ? uv Bet'HnM^: 

Buteotl». ■riu'M.hir f.f, Vuefo'uf. von ProJ, Dy.\. -Bardv tehoie U» Rev'tai t4o' 
Bin»khlAfr*K Sr'hen Refdolender vor umj na.eh-der'Ojier.Uimn' m-u 1, )M. 
Kdb Fi’öC Dr. fP 1 hmider in GiHtmsUii 8131?, 

ihmiei-isjr.fOj!',dien r-inuo-i Bluinibenpnipni’fiB», Yuh Pf. ZoJ.h in Ow, Ji/t-.- 

Bhiiverum. s>ln iVoe-ntnehnil ; ,u Eiudss und Pn.ee.nRdt.jlr do§ .UJufd 1 
; ui M'Mi:!KOV\i't-s. vnn Pr. L Blüihtrvu in Köln ijip. 

— von lCrbhke.ro ifhoe 4ie.' qnnntitouver. d# l^Sv*ds^kvrrpd ,:; 

im. von JRv.mi.t Pr R. v. - Limhe.uk »n XVi-nv-'-imd Df. Fr. Piek iu 
’ Peog. 303. ^ 

B l Utfifi^^W*lB#ptt’r’n«c3i' derGdion, ?mr Putlmloifd- imd plunapie der. 
Von frei, tu-, j-j. Fe.itün.p in itiule 493. 

HBi t v u k? h u r f : l-Doilti* •. zpr von- Prl 

R. Siduue! U o; Dn->dru OOl. 

Üt jidtQiJOvHtKUHO! h!’> Kindern. üIku’ radieuh: I -Voo De. K;i re k sl i <n 
. . Be! ln 8.9* ‘ 

— . f!:r nuliealeu im Kindofliuspiod d'rotisseau in l’nrisl Von Qertrnd 

Qni-dun in Pnt'iS 81.1 

BriidfseluHjt o opd Kutedlynt4iimtöf* vnn 'PV;. 18 Bit Sir m IvnrlP 
ruhe (»H. 

Bru.ufnoilft. - Dntarfviich»mgen. t\ber d^s 1 A ntAtny.eme, dl*.r, von 18. i>. Pn i> iR 
in Berlin 854. 874 ~ 

OnsD atiOi!. zu infdnor Mcth.uir liur ii.dM'h.. von Pr. O. v ;fj t) n n t\ o r dt 
MaWiuru vld 

—V :4tir v. -Bn.u>40 öEschen Mcdhode tk-r lohen, loh Dp M. Hehode m 
Hrndnrrg Mt. 

('Kh>rtdaHuim.>;km oute neune von Pr P. Poseniere n, Bcriin 
Ohoanem. Über (il'istiFrJ.o Ahdrücke der, von Puh.dvuth Pr. ii nn fr* ; > tj n in 
KftJn OoU, 

Cholera in Berlin m datum 1831. hpinndeher Rihiktuu.lv, v^n Pdi. Han,-' 
^R-}it.h pr, Ohrtmann jji IpM'li, 911 94.4 

— In 0*t.i;neussei) hn Jaiirii ,18.03, von „PrM'. Pr v, Es»ui nr.^h in ICiudus- 

hertr 20. 

*T‘ ?MV Uher dio RtveRnohiiOn: dar, Von Pr, 11 IVifthninfufr hp 

' OdüSMsi . , 

—* fremitmss dot oßhirlidu^i tiumnuitd.i m asiatisdm. \m Pr» 

ru>c Dr, 0. lC l ü fn }i e >-0 r 4o’->. . 

f^>|$t?iAü'sinPletritt- .Foi^rmlJn, vdr Br. Fr^vmutK in 
Danzig B49. ■ ' 

Clioh'raej'uienriu io (ier d'Ork'd und ^wlidi ist ! Ul L4R 

— vfmlÖH2 in» Orient. 4i’d vmim tfajV von Et/ihsruv.i Üi\ Krirdm9 

borg jjj fiel im Ho'l Ho.H H'U] 

Cliöleröivkrauk>o!-:en 90 si-.dt«.^imn fPunkrrdno^.e Modul.•'Tun !•: -Mä Ü 
Di R»^n PCI} w .Berlin 52, 

— im -i . 

Prot Dr. F (11 Ireiü^e,- in Rmim 28, 

PhdmdMSe.. iioheuddlnih mou^Srldunn -HeU^nim, väu lul'oivnooh 
m -829,v • * 4 • ..■ ‘ ‘ ■ 


-Ober fiie SpecirtcUät »ic< Ppd. Cii. Rio;tB,(?v 

und Dr. i ? Aff iu Berüh 309 

, (UidenivoMiU'hiii/üs Marnrial- adtoro Rooh»rJit hei der•Untci'itn IduA 
i von /Kn Bp^P'Ph. 4P F iM'liKK >te ]^>d öÄB; Mty ty7ß,. . - .. 8 . 

■ f.lmatnm» snivnöi. eoi \ rill voft «'•«ni*|dieji'i» , rio Saht Reh- M/yh-Batu ! rni ; 

Pr. F; !. .• v •{ •• u in RePü* 475. . 

] Ckiiit.»«,' (ihiji dio Mt^ii'dnK^•hilhdrklii.rtsem he». ■-CLOftHHryaÖVfisi'. 

\ cor Pro!’. Pi. P ih in Tiil.iinün 474, 


PÄiimiiMyv. ?\\^i;Pldih von von pr- F-. in lihrjijj +(f, 

P^ujiPaB WßJsflUf0iit»2 M4t»L vodduUm» Mitthdlaoar vuif Vr*»i‘. SiirgTru\ 
in Mubkroi 747. , - . i . 

llhrtuSirvvvSfhuuehPar Physiologen üei, T^ß-prof. Dr. r. Priitzhtr iii 
'i'dloiy.er: 897. 

iDuuiett- umt PiireeeiavntiOiion. zur RmuiaUP fiel- iiTCjaudhlnn. von Pr. Bor 
e- h .* rd -in Ivijui^l'm.r^ 307. 

Ds-mM^ityipp rliiin. Ober guturt-igO Fd ln von. Von Pr. H. Her? in 
B»ndhn '7lnV . ' ^ , 

Pißi- ipA} velK dtAdini von Pr. B na h hi Breuten 788. 

Dnsmf» • t»ö« nnPu nnstorkeirden Kmnk'jiritvn,. Bmuerkutigfu üher. -von 
Dr, ri eui US in Berlin 262. 

PnPul cR.'MouiiP. oititoMseh vaEkeuiile. v»uj Stabs«rzt. t*vof Pr. Behring 
in Boeiu* 119 

Biiihdifetr,. d-i.8 fMrahrdv derMSiarkose für den. von Dr E. ßetkoi- in 
Bonn 37/1 380 404. 

Iliukdarm. (Omr (Rd FUßebiouöü dfek .un’Ulsdili^heü, voü Pn»! 

Dr h K.oIm i 1 und Prof: lh> W Koch in l>orFnf 888- 
riRih.t.hid'K- Rnlr.iu zur BoiuaniJimg ndi tJaiLionuiV; 8:*i>.. Mad:ne*Db<*i-sia)v.v 
iuvd; i. C’P . 1 . 1’ Pr. Ivfjn.zßh in OlHhurlicheu 9l8. 

. Ulul8*D»Tii(btu’iiRte. net. von Pr. 1! K ezsul iu BerHu 8-3, 

* iu'ijie litluiorPiiuaPehr Xehhritis bei. sou Pr J. RehMaS he in Boj-jin 97»2. 

(friiktisrlse Winkt zur BejuvodluHg' •n*H HedS^erum, vm ■ Hvtu Mhd.>R. 

l'rof, Pr 0. I] euh-n r. t - io Berlin 7 4 »!. 

, ttlmr Pn ii-te,- von Doli. Mfd. tvrMi Prof. - .Pr, 0 II »•« )>.jloi m Be» ln 
929 

. V.011 Vt iv.-Por. Pr -H n u s.»m«i o u m tjerlm '8H.(, 1 

.(urdk>rö Erfubmugin} M>er die VVlfkuwnki-ii 4of» BfdmRg Vtun» llydlr 
nerdinH hei :ilvr. von Prot. J> . 80iVuohlHP’.g in Berlin 990 
lltsudnie d«>r i ieU.-mniiiMjentjue imir von Br E. Vo^ev.'i»vok 01 in 
Berlin 479. 

. nn>l AiigiötiJu- Siutlieu zur ImkWdbllöDi AiiaKotd'HJk dlor, von J‘r. 
II CI Pir.m -t> I Pi {Pier 930. 

. /er- .Aeiinioiiu der. -von Or. F. Snhauz m Drosdefi -920 
PRdit:u;T , ir MhiiUuwin. f »n Bi-iinoi zur Beiirl li'ijlujjg des tlierrtUO'itisfdn.oi utul 
et ajdi v Sek > iseiieu W ort.h*m 'h.v Bohriug M-'hon, v f »n ’Pn S r ü in 1 d t. m 
hldmrnuMhu-f 999. ■- 7 

»Uum- • iu* hv.:rk(nir d..S: 18 {'hdiatylhiug >101' Pijihihene. von 
Pr w. L l»h pTJ z, Pi. iy Bo-j im 8.7/ 

*• , wirkt ihjSsiAdhv giftwtratdf öihI? mjl PiKl XR; Ltu.uh’ii^r in Mötüd^n 25C , 
- .: Br.vuhuung uuf vorsienonde. IP'rnm'hmigrU. von AtaKärzA Pjvd'. 
i)r. Be h ring m Berlin; 27i. 

jliplu l.eri:-uOi?ili;vls-Pö>ii(!!i!; zu Imiehid'iruiupzvvecprn. vou. (»r. H A > n hs?m, 
m BrPin 431. 

; -4ht»'?‘ dm uunntVBiDw BeMumunng ¥djx, vuo Sjtahsnrza Pvop Dr, BbSi - 

mug-.ued S>:!iituKv.»th |i { Boe» iu i>. i’ui 473 

PitRerhÄVudRue. zur- Ke-uutmss %-u 'Pdv.-Btto. Or. R. Aböl in 

fleoiisuuht e.lrj 

i Pd/h11jbpnl»e• nu)ullvun Pr* CW e'i h g e ; n hi BvpIüi 596, 

• n»0 ■ ijödHih uih. v»ui Pr. ( ufruu -in BRfun 5011 

Bidting AUi’. Voll Dr. M. Kann je 'Cn-i.iN«»« i. S. 981. 

.PIldiBn fuMrago. Kitn Ute einigen äu »Inn 4 h» ,-en des .deut odtrn Pij'htln'ri"- 
CimtUös auf ?k'rn Vlll. intevm.tjoindi-ii ■' ihr IJytriun?-gt^d 

7 Ptum^mTihinL Fe SRiflu^t, vou Pr»H. f»r. F- L uu fflf r*&& "4^feV 
"alrl m. 

IRphtherieludPui'ütui. OiH»r diu Hewinuhun und! MuuvomliUiK Mos '"\«. : u" 
Pb Kl Deh. :Pe. IvuskoJ und :!1* WassnrntUMii in Berlin 333. 

\ - iihiu- uiiu .dorn B 0i(r 1 liiplE-h ? f'1 0 , h!seSdui ge.uhjefiten Ei’odtrUügWi, 

von Pr. H Srisuhori in {prlut.476. 

, weitere rpoi.m ? ; i.nngeu üh.*i* tfie. Wukung du« BidiringbVheh, Vou 
■ Pc B. Ivoüshl i»{ BurOa■045g-'■■■■• 

— • neiii.e Pu.mrrh-mm.-he ld]*ttntiz n.i-di /ViiWendune.- dm- Bel'PitMmdleR 
.V'»n Pi- f) f Prv y m iUiii iy Fra» & ft* rP », 0. 931. 
zvvri FiUlü von 'Bthrrdikuhg ühidi • Atiwoudung'des. von .Pr, R. Rem - 
holt! in SatdgMi 9d3. 

»Mt* Krivcnnkiiiigshdl iimm .Adw*'.o*.uing des. V‘>u P-r7 K )iusit in tu 
SVj.'idnz 9fs2, , . p . ,/*7iK-"’ '-/•• 

. ^,vv‘ei FuUo tot» Krlo’.mkting ij»k h Ahiwßnduüg «in»/V«ni 19' V! Puy mu 
m Finiikfuri a. M. 898, 

P)|dulHir»et»d{-ei jitnhnh-mdlmig, Zwei Fidle., vm« .Pf. BuMi m;. 11.. j,j ;SnP*- 
«ienunomiorf 963: 

PipliBimehedsemjnilfti'e. Pmnarkungiui uiül von San-il. Pr. Id(»l)eetz 
i» Frsmkfflrl -a. M 927, 

Zio, m«! Sirhoir;/ Droh Dr. BeitrMiU in Berlin iHd 
r« BnteeuMiMO uuf den Artikel d»u'. .Herr» Prof; Rehriiin von 
i'i ü.- Ahmoui in Be r i)» 884, , ' . 

■ --- - B^ihirkuhlffih vnh Ppd.:-Lir. BKlM*i*y 

iu.iMlu 383. 


1 ' 


p -/o-cVror Ur- 

&P ■! jAHlev uw *-?■ K8 78 .^3 goi 

.Ib. , ^37. "• K 


Go- gl? 



INHALTS - VERZEICHNISS. 


VII 


Diphtherieimmunisirungsfrage. zur, von Prof. Dr. Behring in Halle 865. 

Diphtheriekranke, die mit Behring’s Heilserum in der Greifswalder raedi- 
cinischen Klinik erlangten Resultate, von Dr. Börger in Greifs¬ 
wald 902. 

Dipbtherierecidiv nach Serumbehandlung, von Dr. H. Wo 1 ff-Lew in in 
Berlin 980. 

Diphtberieroconvalcscenten und gesunde Individuen, über die Schutzkraft 
des Blutserums von. gegen tödtliehc Dosen von Diphtheriebacillen- 
culturen und Diphtheriebacillengift bei Meerschweinchen, von Priv.- 
Doc. Dr. R. Abel in Greifswald 899. 936. 


E. 


Grosshirnvinde, cWrurpsche Beiträge zur Lokalisation der, von Dr. Troje 

G bTck 0 47 Über ditl VerWeni) “ ng durcb SchiL'ler, von Prof. Dr. H. Gries- 
Guajakolvergiftung, von Prof. Dr. Wyss in Zürich 296. 321. 


Hämalbumin, ein neues diätetisches Präparat und seine Wirkung bei 
Chlorose, von Dr Dahmen in Crefeld 330. 

Hämatoporphyrin im Harn nach Trional, von Dr. Ernst Schultze in 
Bonn 152. 


Echinococcus, über subphrenischen, von Priv.-Doc. Dr. Ho ff mann in 
Greifswald 224. 

Eisen in diätetischer Hinsicht, von Prof. Dr. R. Kob er t in Dorpat 573. 598. 

Elektrische Stehlampe als Beleuchtungsquelle zur Untersuchung von Kör¬ 
perhöhlen. von Dr. M. Bresgen in Frankfurt a. M. 603. 

Elektrotechnik, zur medicinischen, von Prof. Dr. Eulenburg in Berlin 
70. 848. 

Elephantiasisartige Anschwellung beider Unterschenkel nebst eigenartigen . 
vasomotorischen Störungen an den Händen und Füssen, von Dr. G. 
Meyer in Berlin 519. 

Encephaiasthenia. von Dr. Althaus in London 298. 

Endocarditis, ulceröse. and fibröse Myocarditis im Zusammenhang mit 
acutem Gelenkrheumatismus, von Geh. Med.-R. Prof. Dr. E. Lev den 
in Berlin 913. 

Endoskope. Cystoskope und ähnliche Apparate, ein Instrument zur Be¬ 
festigung von, von Dr. H. Lohn stein in Berlin 529. 

Epilepsie, neuere Arbeiten über, von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle I 
12. 33. G2. 1 

Ernährung der Kinder, ein Beitrag zur Frage der künstlichen, von Dr. ! 
Baron in Dresden 553. 

Extrauteringravidität mit Durchbruch in den Darm, Laparotomie, von 
Dr. Lorenz in Stendal 924. I 

Extrauterinschwangerschaft, eine Jahresarbeit auf dem Gebiete der. von 1 
Irof. Dr. 0. Küstner in Breslau 945. I 

Extremität, die Behandlung einfacher und complicirter Brüche der unteren ' 
mü ambulatorischen Gipsverbänden, von Stabsarzt Dr. Korsch in 


Fenstervorhänge in Schulen, nach gemeinsam mit Dr. ß. Jungmann vor- 
firos/au^STf; 11 pbotometr ^ sclien Messungen, von Prof. Dr. H. Cohn in 

des - Ton Dr T - Schott in Nauheim 56i. 581. 
„ P „. „ von mysomatös entartetem, ausgehend von der Sub- 

Beriin 563 Mcsentermm bezw - Mesocolon, von Dr. E. Witte in 

f "lKnt™ r p ! f rr “ bzeiti & e Bewegung, mit besonderer Rücksicht auf 
leben m Beän 37®' Gch - 0b<!1 - Med - Rz ‘ h P*>1 Dr. v. Bardo- 
l'raßntzel. 0.. t, von Prof. Dr. A. Fraenkel in Berlin 830. 


--r- Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. Schultze. von 

Dr. Hertiug m Altscherbitz 343. 

Halsspiegel, aseptische, von San.-Rath Dr. Hop man in Köln 213. 

Handfeuerwaffen, über die Wirkung und die kriegschirurgische Bedeutung 
der. von Stabsarzt Dr. Villaret in Spandau 521. 

Harnblase ein Beitrag zur Casuistik der I remdkörper in der weiblichen, 
von Dr. H. Rüdiger in Bremerhaven 680. 

Haut, ihre Resorptionsfähigkeit für Lösungen von Jodoform und Kreosot 
m Nasogen. von Dr. M. Dahmen in Crefeld 350. 

Hauttransplantation nach Thiersch, von Prof. Dr. Helferich in Greifs* 
wald 3. 

Hautveranderungen. Beziehungen innerer Krankheiten zu, von Dr. S. 

_ Jessner in Königsberg i. Pr. 760. 

Heimstätten für Genesende bei Berlin, die städtischen 69. 

Helinholtz. Hermann v.. von Prof Dr. J. Hirschberg in Berlin 733. 

Hernia Uteri bei Pseudohermaphroditismus femininus, von Dr. Brohl in 
Köln 338. 

Ilerzostien. über gegenseitige Compensation bei gleichartiger Veränderung 
mehrerer, von Prot. Dr. Baccelli in Rom 25. 

Herzspitzenstosstheorie. über die Grundlagen der Martius’schen. von 
Dr. A. Schmidt in Bonn 76. 

Heuhner. 0., von Dr. J. Schwalbe in Berlin 71. 

Hirnblutung bei der Narkose alter Leute, über die Gefahr, von Dr. E. 
Senger in Crefeld 722. 

Hirntumor. Exstirpation eines, von San.-Rath Dr. 0. Riegner in Bres* 
lau 497. 5 

Hirsch, August, f. von Dr. Pagel in Berlin 119. 

Hospitäler, über Lage, Bau und Einrichtung von. von H. Merke iü 
Berlin 781. 

Hydrocelo feminina. zur Therapie der. von Dr. 0. Gerke in Graz 502. 

— muliebris. ein Fall von. von Dr. Li ermann in Frankfurt a. M. 871 

— testis. zur Behandlung der, von Dr. Buschke in Greifswald 366. 

Hydronephrose. congenitale, geheilt durch Nephrectomie, von Dr. Adler 

in Berlin 151. 

Hygiene auf dem platten Lande und in kleinen Städten, ein Beitrag zur, 
von San.-Rath Dr. Ko lim in Berlin 697. 

Hypnotische Schaustellungen in Berlin, von Dr. A. Moll in Berlin 815. 

Hyrtl, Joseph, f, von Prof. Dr. K. v. Bardeleben in Jena 619. 


I. 


G. 

mi^v' 2 ie Behandhng der Impotenz, Ischias und Tabe 
(JET? von Dr. Witkowski in Berlin 773. 

Prof Dr oTe Q - Uetsc 5 U £ g ? nd Ausrottung des. von Geh. Med.-Ratl 
'iallcnSinL J p- n undSani ^tsrath Dr. Bo er in Berlin 217. 

Berlin 171 ° peratlv ^ eheilter Fall, von Dr. W. Körte ii 

Pr F^auin fn ü K’ *** Abdominalwand ohne Laparotomie, voi 
Gehi d m m . Kansa s City 667. 

r Dr JWeJt 1 in° Berljn^ 5 ^ erapie d ° r Blutungen nach der ’ von Prof 
<»eburtshelfer, aseptisches Instrumentarium für, von Prof. Dr. Winter ii 

von. von^Priv^nlf/! n 6nS Q^ und Säugethieren, einige neuere Fällt 
«ehimverletznn? S ‘ Pansini ™ Neapel 694. 

General Councif nf \m5- e 7°p/ 0n Stäbsarzt Dr. Herhold in Berlin 511 
, .London601. M 1Cal Education and Registration von E. M. ii 

BaufMelltXriculo^^^ 6 ^ zur - nebst Bemerkungen zu; 

( l ei chlechtskranke^Wp1hp7°^' Dr ’trni'r ® * p F 6 1 iü Frankfurt a. M 974. 

^ Berlin 44. r ’ die BMfsstation im Arbeitshaushospital ii 

Stift ungsfMMen r ^ou 1 Prof n ^D?^Ä^ k \f°®'*f* ^ zum öOjährigei 

- - - - -.Äff A- Martin in Berlin 413. 

„ von Dr. E G Orth™ ■ d J? Peier des 50jährigen Stiftungsfeste! 
Oewebssaftthenirip .ffA” 11 in 465. 488. 8 

Gew elj S fl(i ssigke f te e n Goldscheider in Berlin 376. 

von Prof. Dr Fürhrir, 16 mode ™ 0 Behandlung von Krankheiten mit 
Oichtkranke. BeobLht ge . r L m % lin 293- 318. 

von Priv.-Doc Stah«£? e ^ n neues harn säurelösondes Mittel 
Gonococcus, über di. t Dr : R G . raw itz in Berlin 786. 

jjervorgemfene Pleuritis Inne « ^ durch deD Gonococcuj 

Gono daZZi b Turin S dArthntlS) VOnProf - Dr ' Bordoni Uffre ' 
AblÄyKtfmJerf®hren der, t 0D Dr ‘ Lanz in Moskau 200 
r M. Fürst, in Hannover 709^ deF danePsc h en Methode, vor 


Idioten und Epileptische, noch einmal unsere Anstalten für, von Dr. 
Schliep in Stettin 188. 

— — —■ unsere Anstalton für. von Dr. Sauerhering in Stettin 329. 
Infectionsfieber. Untersuchungen über das, von Dr. Centanni in Bologna 

i48. 176. 

—,-. Das Antitoxin des Bacterienfiebers, von Dr. Centanni 

und Dr. Bruschettini in Bologna 270. 

Infectionskrankheiten im Lichte der modernen Forschung, von Stabsarzt 
Prof. Dr. Behring in Berlin 686. 

Infoctionsstoffe. die Transportmittel gewisser, und Vorschläge zur Ver¬ 
nichtung derselben am Krankenbette, im Haushalt, im Verkehr, von 
Stabsarzt Priv.-Doc. Dr. H. Jaeger in Stuttgart 409. 

Influenza, zur Aetiologie und Diagnose der, von Priv.-Doc. Dr. Kruse in 
Bonn 513. 

Influenzapneumonieen, zur Kenntniss der. von Dr. A. Alhu in Berlin 150. 
Innere Untersuchung. Einschränkung der. in der Hebammenpraxis, von 
Dr. M. Sperling in Königsberg i. Pr. 957. 

Internationaler medicinischer Congress in Rom. ein Rückblick auf den 
elften, von Dr. J. Schwalbe in Berlin 390. 

-- — —. kurzer Bericht über die Sitzungen dorSection für Geburtshülfe 
und Gynäkologie, von Prof. Dr. H. Löbloin in Giessen 430. 

— , in Rom. zum, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in Berlin 289. 

— — —. von Dr. J. Schwalbe in Berlin 330. 

, rund um den. von Dr. E. Engel in Berlin 326. 343. 369. 

— — —, die medicinisch-hygienische Ausstellung, von Geh. Med.-Rath 

Prof. Dr. Finkelnburg in Bonn 386. 

Internationalor Congress für Hygiene und Demographie in Budapest, von 
Dr. J. Schwalbe in Berlin 432. 

— -, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in Berlin 729. 

— -, die Ausstellung des. von Dr. G. Meyer in Berlin 780. 813. 

fnula graveolens. von Dr. M. Mendelsohn in Berlin 610. 

Irrenanstalten, verschärfte Aufnahmebedingungen und Irrenrechtsreform 978. 


J. 

Japan, über das medicinische Leben in, von Prof. M. Ogata in 
Tokio 306. . 

J :junostomie, von Geh. San.-Rath Prof. Dr. E. Hahn in Berlin out. 



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Gck igle 


Original frn-rri 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





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vojtj Geff.-Arüt <!L lb Br. Mtfh Har in =pQboü; 7^. 
•dwtätyrtf 'und j‘vlsi)tiri-.? Nation, über die MimVhfi ArrvVendmig 'M* \ -m 
Pt .[ R.'uhvtiitfu'ft in BePln r.'NN 


Kafitoibtinb» äujh Andenken an, von Geh. jtoili Prüf Pr,--A.. H<\y»d m 
!>’'!•.•• !i>:Ii;.' 17. 

iCoUo:jy-;^.uh?hrc?r. U)X', Pr. Sorfoj'l \n Sbiliu 
Klhuk imd Bahnratmmiv. -v«'rn IW 'i>a«,«-oG i ui Rvin Ä‘ 
lüj'm&ffter FT«ttirttclit an d»v titü.vih^öt--Wenrjnsd«?» Klinik, UM ‘B<- 
TUt-ihodr tkos, LCbai l;riM:BiU«aroj»; % 4M*'' heuen. J-Vfifiih^«xrdmm& • von 
. Geh» Mrd.-Rrdi. Prot. Pr. CWiao,-Pa IIPdNb'Tg GA' 

--. OftfiAur ’BHöf w lioi-fj? PW. V?J Cz^i ■ii i v\ von San-K'aüt .Pf 
A. Uar^piöJm in Ihit’iiu 3Biv . 

• rv-.äif»hrmi, Gr. mjn&s, ?*m '.P.iy H?t»* v. «>• tn B-oiu. .2o'<*. 
JvuochentJetornjiiAtrJi hei hm«äityW puu>f Pm Br, ö. .t Nb ül) i iü P hP 

jd Berlin 4dQ, 

KnökUeimiaj l£ üie atöfcJjüfirp '¥oa !• 

•lies, hin WitdWu Br Üi fcO-aufn Jh Turin t(B... 

-, - -- ---., Mathira# zi«- ün-mtni Artikel ,.Eiü htyBnWlu'r Kbek- 

hii.k” iou.Brot Pr, ft. Ni iuriiHir, h\ Kr?oiWntre; AOtf. : 

. —- . A-*Vr _y « y Ettklnrujig ?M ihd’ BK» a $-$jß4 < U.sM «:»-9 V* OV» 

von Get Ateik-Eaih iW’- Br B Fbvv’RftftA $&■ 

hm IRWigo: - zur'; • u>* Pr. Gurbun in • 

Berlin 272, 

• IC'riOikeaäqi^töiÄ; Ä ; ^Annee k, ‘4v.. J|r: A. WWfiii'lB ; .jif 

R«Ru AUfi. * . /' 

'Ki'ftöktöühÜTtäol-iH Berlin. dei; IGhyCirganhHiUo« üdW^%^|P 

los EvuW^WWt idirhen IfiiiPvprGnt. vom tW- 
Pr. A. Eulen hur« in BW?» 78?. 

..jfäMmütotk* «Ihr nöMfjt^p A’hn BWAW'; -pr: 

0. HIp hjt?!‘fc in r 

KVeb^ä.^feteft'rfsjer,: zur. von PW- Jtr. ..Vhain k t v f i?;'/. ln. Wieij 
KrophnhtnvUjuiirPnA S»A>o]<IGrfJ^nPiWi*ru?isr. von Pn;f Pr., i* lP-ua.- i». 

’ TtQms£r?n-7&\ - • • * . - ' ' " 


Lalioi , .'ti<>i , iuiii^i:iit)l' , t.H. <‘Ui EaU vob tijAtltuh» ! l'. v<Hv !.)r .1 .<'. Boihck'«'- io ■ 
Rmibura 7hA. 

Livmii^/pH |Ä. vrif. (Nt>j\ iMv/BvHV m li in Müiu m-t: ü»7. 

TAteralskiepMi', ;gm. F;ül : ’ ( nli.^Gk'y / 

. Bath. Pmf pp H. Säpiuj or in thyhir : piH: 
P»;l)»'U^vürsu:henniysooi,eil'jfteth’A.r Ai’n«!'. Ah^; V tn-tuilMsis- «ler •Ai<PO'n m 
den, von Pr. Fio.ftjnf- U\. Bor]in -47. 

LehercjitUost 1 , niti Ao)i llp l*. Un kv ^. 1hfl in Alo^lvivu ^A}-' 

{^böranfkiwv I7\>lirii^üun nrjnnuvoi, von t*wf: Pr. l. iKf.ivP, io 

Böi'Uö hOiP 

1 .ebottliriui, ÜherPdo‘i/0tGl‘4liOiliifj(hOli Worth iltp V«vn. Pr= PeUiiVüH in . 
Seb.Ount! t»G‘2. 

peln : :rv'?fiGzunt’ f drei ' IPil!:- vnn . \nv Pi* jv '%V\ tUop m SP 

fmrg. 72b. 

U Tehl-vniavAuf dpjn SoHi»oiivfj^d'r tU*»V Aho* eM.0 VoraOi'' 

•gUügr det% vo]i ProF Or l.rva^o. tibnch in lioHih 2ii‘ 24Ö .'>P. 

LKiSlrtihrueh, Gbgiilvloniml^i--, bol rin»,o. > tHru/jch-oOii’ijon Riivh- (>n?raihii.k;- 

GeiittTlLf. Von Br. eihonn Ah liohbeff})» ,H7tl 
Eojirn >üJ«cvdht.ti.tiJK von Pi* \X. GorL-eh m PrAyaVü l-Ph 
— und SyrinyohiveUo Von Pro.!; Pr. V. ruirihg i.U lvoOitkntino{H*' 121. 
Piüküudn, Heil Nun- fcm Loln^ 1 von «h-r \ r.-uimuf-^ohoii,. von ■ GpJu ^AA 
Rnt-U'- -Pr^ -Ö^u;- 

., Hovtigifüny. Xuü.lhiuhntsniL und Leukueytose hei f on-in tniu Gton* 

exPReihjfV ht«h;u\tUBen r‘n).h' von puukKnne' yoo Pt\ P Pi * ob in 
Uvriin H41. H6H. . ; 

•LuuihjqrtMhhÄtl^Tt'-' itfer' tlifV VAn llv- BvooRrio in 

iurt »• M. HA. . 

—. über d»p.Bt?in®rkung.eii zu der' Ao>.j/. de^perrn Ho^ario.. 

Von. T)r.. K fei n in WrirKGuui 2i» l. 

- , nov-h Ghlnul tlio, von Pr. Ben nein in b’rnft'ki'ü.Pi n:.. M. 7,72.' 

S^Uuh.iworl ym du»» ABefflorkffrvcotji IP^u iP^un r i co, von Pi* K Urpi 

in *Whvso)ovu 

Lonkuplörkin. IfeilulilihiHg-d&r v vnu 
liipafTlio, ’.IJ}| Oio Gü.uJ. r«;( li f. ly jbfio TAH. 

PviroPn, my .Kibühttfi^ duh. von Prüf. Pr. r-i-.u;P- io' ro; ii- '7:p.- 
Lüvke, Aii.xu'i. »nn NftcJiroV von ioi» Aird -Ga»P i’rnb 1J-. (VnrU in 
Berlin 21.7 

• ijuugentubyrkidose. ivoriKiHiue ?y!i1 tM.fr«r dur BAhnudluhe 4 «H v vlv»f 
Pr.PA«t hn in Hambijrg 330. 

(A'inpitomv. üW tfunmifibrV von Br. \V. GisttnwOö^iSft Bo. : im >i8v>. 
bViö(diiidlIüA, ühoi^ die. v. iy j?r. v .f P). .A, .K'o« in Vlnrlui Uli 
5?dFlr a i»rf f pv. ^ 


21 , 




' G-iV ,/p.f - dN i^ifeV-ÄpOV.l^bi.- • iiNt b'U/N 

■•■•Sp^?:" 7h^.j)!Md7^e7rt.PtAlkVI>h'iiint,Ä -dev."A'A' 'f/f- !■■ AP-*\vs bi 
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1 ‘‘*' v fiifi H. ^ ’ijfaitjjiw'$■ ^’ 7 ^"'■■•*''■'• --V.A-V.V J ‘.:’‘:-li- ' 

ivt^vlthr- 'V^ töv*. i. -Kr/^.v- in /Bnul.wi iTä. ’ 


MMy«h»orki’u-nkn.;»u.n..o'• iibio eianoyio-b. .EingrihP bei. von Puh. Min.-JGti } 

P^f. Pr. 1> iinlpi in Boriin 8J7.' . . ... r > . 

i\Jti‘''i!jrku-oh> uh 1. Gurr kbhyuodeu Uukü^i4gw\ >H\()jntibtviwb’avn PRi^kij.- 
mluvoStony, v,>n J'roi hVv } nm- tu Byon 21W-. 

Alyr.utreyevtioneu nhor 7.\U>) t4f4rioAb.idhrMei^onah f tot: Pnu Pr. biOiptn- 
bu.-h hl porlir? 9tiH ... - . 

M«<«ro4»ifMlH.sh. üi.or Ubn tonPtiniHh'hbn, Von .Pnvh f»r •?• .Mlirofhnr m 
KonGP.r^ H!P. Hb- 102 t. . - . 

^,-ob- - a-J- mit Oper dhn VuhfUt i'lV;». ^oso.tinon; |^Uwf» Aiag'hh^, von 

■ Prof Pr: JA Alu niM> 1fr ito-oovl- 01 . 

M;)u'u*’ho:inuPon. die '.May- K »>'?» vf n- tl)r -&fu b or^'srhi« M«'*|liO<lu d* von 
i'iv.i, pr. i). Snhirrfior in Gri.dfüvrittiJ ob‘2. 

Aihli.'rin AVirb-uio.—veisc de«* iiy th'idlnöujur bei. von Pr Apli> I rr..* Hr i 
ui Ruttr-sd.-ul^eb^n ^hl.- 

Aldliö’iidh-hen öb.*r ii,;n Vu»y;:i?ie O.-i tlrilOML' umyh Chinin, von tb b d-d 
IRoti Prof.in*. Hnr/.; in lloUn i22. 

— . .»Iber di' r»j»u’.rt:hou, von Pvol V»oiif-i. ih t'.oie 201. !.{]7, 

Mhivoib» Miiljogui, /.um Andenken au, vl»h [h*i-v.-Boib Br, Ph^’P ln 
llodyi biu. ■ 

Mfoiiiu^budohiseliU Siniion bei Piöbok. v<*u Proi. Pr <» GUlVlbore ih 
i liin^iiouio H7b. 

?vl;U,oimb>' Piifh\i'4 i'- von Prof. Pr. d. p 11,1 :;b bor<i hi Berlin 112 . 
Murlintuoltnro^ir’ und Alüdiirf-AUfehauik und -ihre bunPuo .StGlutife Ü> dt;<‘ 

• '-(«;r;kfi«:<di: ! ii. Mvtlii.hu. v«vn Dv. M. m J ■•Uijiviiij b2:i. 

MUflinöusrhe. f a«;h}>r»‘SMn zur PiVoousnPou dar »hihi -Vhein von iV-tb'stüur 
i/r. A KApvjshni'g ijmrt BtyATuSieb w&Uio in; Hrd'l’h»' 473b. 

-. Prühuni. n. pottorrkoo^oi /o di.p .VitUndrtiigth) .j’iie xlitv NioutyKl.iH.mii; 
i-i-r. von I idii.nded.VKiHh PnO. Pr du B/öi«? b' vym<h*d ib D«*H*h 121 
Ab'yitbsynvlvin nüd Pu'-tn•!i»,.i.'U. ; , -.ou Geh. Ahnt, 1 yaUi Prüf. Bf,, p. Ribged 
in Gionenti AAl 

Mt-’or^ bi.' UiVvoraidbe;.:, »du Kuli von. mit Ait>e:oi>y. hr >l< ; ilu.iiu.. i 
pi . KV C \ futtt. in pi-rlR. 707 

Vii-TjUiu... nu/o^onb)u b-.i V. r-. bn-.7i-0'-!! \llVeOrmyih -vr«n Pr. BNrnhofiu 
UV l.U i|tvj»n\i i. \) 402. 

<H-\ dsh (i^t Nyugb!hvr<«n*-‘ti. . züy diehiuillHih^. 

dar von t)y. {'■■■• - nPb in TiunH.nu. OOS, 

Mi!/ V ts !>< r i.hnm. -Eoitluss--aut dl*- lifiiitUniOi.U von T Ir lieni't'ioJli l'rüftb- 
iiuf ;o M. 'S 

-- -- - ( von pr<0. p! . 4 , •'x o is i und Pf; * ii.tioitu jtp. 

Mb/.b ! nnd- du4'Ala-t-ibtuot. der öuh^hrht von Pr. iv Atuilnr ih /llHllft' Ölö 
»W>* oHh: 7(mj opp Odo 077 
,7--<ov^v r 4N>^AV4Üi7jPiy .l/Kf b nP zd«0- d)A \VW»'TÜifA * 

AHifeh>*i-rbül,ZÜ{»diii»ir d-o' >.Uuv!iüg.o \‘ 0 ii Slifi.ARnth Pr. ,\. 11 iiri -m.au u in 
Berlin Aid.- ' 

ABirbjUfv p^bdoNii. vnji in Huhu in Krankfud- u 71. 20o, 

-., e.birnrnicnln. Bi-lvcunlliuiy de,->. v**n Br. P t.e]>ik»* in Ibonbutv S<)0. 

..über iMfiviion«' iiini 1 lutone, yob Pr, I v . i.« j nik'* in 1 lamburg hob 

A1 1 otytst*!i!*'*ittr!i»x- 1 1. Iv’iirny >..u dyn fddHotihildetKh'u AHbr'!innen dar, von 

•'.••'• {)r. t >’, lp!yn n. i.jfiil bi Beylhi .*«40. 
i,.MÄjö^ikümStuv'^eÄ ' Afaitly AfiiU KlduGfsAuelw*. der: Riudbsv y »vn; 

ln. Siji»«! tu Bfif.z Aiid -iVu. 

Al'undy, dai-oojir 4-, um Nnrhrol. röu Br. H. i-burno in AVun» TGfl 
Aitsskvi’ü.roohie. iibnr hv-ire.ytd.r-. ,Vü»l .Prof Pr. L. Hirt in Ijreyhiu 4Ad 
Mu>io-ij-lien»Uiiri<miH v Ushr/vge mv Ihüh.d.vie di*s, vdi« .ikrd’rath Prüf. Pr, 

• '..'' lAthhY* jiu AVtVrphtriy P ' ä ' . 4 - 

; .Alyeriadid, eiff«- roiud.>»!»!<• Ujafuhfilb-v-: v-tl I)r. II. (’-olH.-t !unu* in .Mu-c- 

. bm:j»: d02, ' 

.viyx.t’id«i«ibeh ü ud!uug ; . v»ir ..1j*y ■!■ J St Inn idt, in Fwü-nkiftlrt ;».. M MfHI 
^v.\öchjuif!tife»b mi* • 7üju*hibhiv .durp VO’I Prüf- Br pbj ehieirhjmjrti an“ 
140!:, 2.7A. 


Naricftjr'ö; brtlkli^jRtvvBru^^ojtü^n-iOG'P^ <!&«' Oijöviretr hhOov AuwoutbUig'. dbt'- 
von PrülV Pr «) hVilv. o. i m 1t,.iiii ki;. bbl. 

NVryßhfy^tÄ;“ dfe Ftiri^jhynuride^' VN» l'hof Pf •). ilhiGn 

4, ; ,,7du’' ’’ ’’ ' ,' 

iiiiör dtvy Biirfenuovji; varf hirN tlijr. \fuy 

11r. dv BihsiChherg AN HoGu» V.U. *ib«l 
• iNbnfaioUifen, -dt'e; Abksrojssijmg des Mrryn>; ii^Majuims Sou*- GeibeitigniiR; 
schwerer, voii py ivurew-vf, in in-Pur '?7P, . . , - 

--■ • hydnupoebn Jb-’UivJtdii't'n-g* dyr, vau« Pr. B, |]uxbn>i »a h« \Veat ;i 7y- 
NyheiPb jotorjirrd^, vn» Ihtd, Pr. Aj . Bet ntuced r m Bnrhh UbA 
'Non.iboals./tu,'»*. mhuP j.i>«;[:»• »ipheihingen..\oii prvHt>rkc , *4 Pi Abuox !'*S 
Nliti^Gröehn^rn^ v# Gdh; BGd. V } r..E. Ituhh iTj iduHht :0Cf7. 

NtbrepiuViunluf ii/ng bei Hut?>uwd\eyriftunev \on I Yiy-itdnernteH Pr l< Aierfi 
iis. B.r»«Gu '22p, ' .. 

0. 

Pi^y.-vNmbrU^ ihr BpiimnlM'g-der. vam Ih f . .Heudnei: in Barmen 11)0 
•'• '?resf tthpr omih<* i’ioride zur TVlmn/Utnie dßr. von 

Pr. : 0. I»aieb«Vttnu in 'ElheriVld Hai. 
ri'hnbhHcheitt. ciöy dinhujhe- n»>Ut* ji]esG>fCh'b; Methodtv z(}j>iBnekksr?r4^n^’ 

’; r nl^‘UP> ol>a.HVr.pNr- ftps Pry, -p*.:^ Nhv U»t,i t v, i ia Göre Aua} 71a 

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INHALTS -VERZEICHNISS. 


IX 


P. 

Pankreasapoplexie bei Fettleibigen, Todesfälle durch, von Dr. G. Sticker 
in Köln 274. 

Furaffinembolieen bei intramuskulären Hydrargyruminjectionon, von Pro¬ 
fessor Dr. Lesser in Bern 764. 

... zur Casuistik der, von Dr. W. Hartung in Frankfurt a. 0. 600. 

Paralytische Anfälle nicht corticalen Sitzes, von Dr. C. Neisser in Lcu- 
bus 870. 

_ Parmsaftsecretion nach einer infolge Rectumcarciuoms unternommenen 
Darmresection, von Dr. Caro in Posen 680. 

Peritonitis. Beitrag zur operativen Behandlung der diffusen eiterigen, von 
Stabsarzt Dr. Horhold in Berlin 755. 

Perityphlitis, über die radicale Heilung der recidivirenden, von Dr. II. 
Kümmell in Hamburg 628. 

zur Frage der, von Dr. A. Oppenheim in Berlin 578. 

—. Bemerkungen zu vorstehendem Artikel, von Dr. J. Schwalbe in 
Berlin 579. 

Pharmakologie und Toxikologie. Bericht über, von Prof. Dr. L. Lew in 
in Berlin 538. 551. 

Phosphorvergiftung, ein merkwürdiger Fall vou, vou Dr. Frovlian in 
Berlin 58. 

Phthisiker. Secalc cornutum gegen die nächtlichen Schweisse der. von 
Dr. J. Golden dach in Moskau 551. 

Placenta praevia, Uber ihre Behandlung mittels intrauteriner Kolpeuryse. 
von Priv.-Doc. Dr. Dtlhrssen in Berlin 422. 

Pleuraempyeme bei an Limgontuberkulöse Leidenden, die Behandlung der. 
von Geh. Rath Prof. Dr. Büumler 717. 738. 

Pleuritis, die Behandlung der eiterigen, ihr Princip und ihre Compli- 
cationen. von Dr. Laache in Christiania 643. 

i'lexuä brachialis, über Drucklähmungen im Gebiete des, von Geh. Med.- 
Rath Prof. Dr. H. Braun in Königsberg 49. 

Poliklinik in Wien, die allgemeine, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in 
Berlin 764. 

Polyneuritis puerperalis, von Dr. M. A. Lunz in Moskau 886 . 

Posttyphöse Eiterungen, Beitrag zur Kenntniss der, von Dr. G. Sultan 
in Königsberg i. Pr. 675. 

Processe Jost und Hogelmaier, Epikritische Bemerkungen zu, von 
Prof. Dr. Fürstner in Strassburg 621. 

Prodromalsymptome bei Paralvsis agitans, von Priv.-Doc. Stabsarzt 
Dr. Grawitz in Berlin 625. 

Prolapsbehandlung, die Principien der, von Prof. Dr. 0 . Küstner in 
Breslau 414. 

Prüfungen, Bemerkungen über die geplante Neugestaltung der medicini- 
schen, von Prof. Dr. Kossmann in Berlin 164. 

Pseudotabes mereurialis, von Dr. H. W. Gilbert in Baden-Baden 842. 

- mit Arthropathia genu sinistri, von Dr. K. Ruhemann iu Berlin 842. 

upuiarreaction, über den diagnostischen Werth der liemiopischen. von 
Dr. Rothmann in Berlin 336. 

Prämie ohne Sinusphlebitis, über otitische, von San.-Rath Dr. Schwab ach 
in Berlin 249. 

1'yloruFtumoren. zur Diagnose der, von Dr. Th. Rosenhoim in Berlin 608. 


Hachendiphtherie, die lokale Behandlung, von Prof. Dr. F. Loeffler ir 
Greifswald 801. 

Rachentumor, Exstirpation eines baiilaren nach Rosection des harten Gau 
u fl ° leD M v ° n San.-R. Dr. 0. Riegnor in Breslau. 660. 
pl;\ eP# u P r e nach ÜDfa11 ’ von Dr - Knopf in Goldberg 681. 

u U, n • * 0r ’ zur Untersuchung des Kniephänomens be 

^4retmrg's56 ' ° S Baterschenkels von Priv.-Doc. Dr. Sommer ii: 

^ ^in^Beriin^öT^ 116 06,10 ^P era ^ onsme B lode d,}r - vcm Br. A. Czempiu 

eU kau t 5 ‘> 5 US ’ 1l ^ er c ^ r °nisclien, von Prof. Dr. G. Sacharjin iu Mos- 

T k i°r 0m ’ , e ’ ne Behandlung mit Rhinosklerin. von Prof. Dr, 
„ lowsk - v m Kiew 303, 323. 

in Z Körigsber m, 7 ^ IUDg e * DeS Pa " es dlirtdl Asenik. von Dr. P. Samtei 


Rotzinfection w ^ von Brof. Dr. H. Magnus iu Breslau 73. 
dimmnstio ^ 1 ™ easc h e11 und Thieren. neue Beobachtungen über di' 
des ... un< * therapeutische Wirkung der Stoffwechselproduct 
725. 744 b ÜUS bW d0r ’ Von Prof - Dr - Bonomo in Padua 703 

desTyon n a ^TT 0n Brown-SequarcPscher Halbseitenverletzun* 

Dr * Herhold ^ Berlin 9. 

Br GoIdonWj n ^ en -’ ^ er Chirurgie der. von Priv-Doc. Stabsarz 
und Fu2 h * lder * Berlin 592. 616. 

Lübeck 746 n * an ^ er ’ Boeffler’s selbstthätiger. von Dr. 0 . Riedel ii 


den^839. 8brna ^* ZUr brage der - von Prof. Dr. W. Hempel in Dres- 

H. Merke in'ßerUnAltersversicherungsanstalt in Berlin, von 

Rath Prof n nr 55 U p^ a ? s, , B ? sc ^ üsse der internationalen, von Geh. Med.- 
^chädeldefecte nw! nken . burg in Bonn 49 °- 

ta no in Berlin 3 TO Sb *439 ^ ^ von Dr ‘ A - Bren- 


Scheidensecret Schwangerer, Uber das bacterienfeindliche Verhalten des 
von Dr. JB. Krönig m Leipzig 819. 

~ Nichtschwangerer, Uber ein bacterienfeindliches Verhalten der, von 
Dr. K. Menge in Leipzig 867. 891. 907. 

Schilddrüse, über den Seeretionsvorgang in der. von Priv.-Doc.. Dr Hürthlc 
m Breslau 267. 

Schilddrüsenfütterung. überEntfettungscuren mi t, von Prof. Dr.O Loichten- 
stem in Köln 932. 

—-, von Dr. Wendelstadt in Köln 934. 

j Schleimbeutelhygrome, zwei Fälle gutartiger grosser, von Dr. Moinmsen 
in Berhn 107. 

Schlüsselbeinarterie, über einen Fall von Stichverlotzung der, von Dr. 
Kircligässer in Neunkirchen 226. 

Schmerzen sogenannten vasculären Ursprungs, zur Lehre von den. von 
. Dr. Laache in Christiania 301. 

| Schmidt, Alexander, f, von Prof. Dr. I. Munk in Berlin 411. 

! Schwangerschaft im ventrifixirten Uterus, von Prof. Dr. Löh lein in 
Giessen 241. 

Schwefelsäurevergiftung, über einen Fall von, von Dr. Ackermann in 
! Greifswald 835. 

I Seopolamin, über seine Wirkung bei Augenerkrankungen, von Priv.-Doc. 

: ^ Dr. Peters in Bonn 263. 

! Septikopyämische Erkrankungen, über eigenartig verlaufene, nebst Bemer¬ 
kungen über acute Dermatomyositis, von Prof. Dr. A. Fraenkel iu 
Berlin, 193, 227, 245. 

Sklerodermie, von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berlin 455 . 486. 

—, einige casuistische Beiträge zur Kenntniss dor. von Priv.-Doc. Dr. 
Friedheim in Leipzig 199. 

Sematose, ein Albumosenpräparat, Stoffwechselversucho mit. von Dr. 
F. Kuhn und Dr. K. Völker in Giessen 793. 
i , praktische Notizen zur Anwendung der. von Dr. E. Reichraann in 
I Elberfeld 895. 

! Sozojodolsäure und verschiedene ihrer Salze, über die Desinfectionskraft 
der, gegonüber dem Loeffler sehen Diphtheriebacillus, von Dr. A. DrSer 
in Königsberg i. P. 567. 583. 

! Speiseröhrenverengerung, zur Therapie der narbigen, von Dr. A. Tictze 
j in Breslau 362. 382. 

j Spiraldrahtverbände, von Dr. Heusner in Barmen 223. 
j Stoffwechsel des Hundes nach Magenexstirpation und Resection eines 
! grossen Theiles des Dünndarms. Untersuchungen über, von Dr. 

! de Filippi in Bologna 780. 

Sulfonal, Tetronal und Trional, zur Wirkung des, von Dr. W. Morro in 
Freiburg i. B. 672. 

1 Sulfone, zur Theorie der hypnotischen Wirkung der, von Dr. W. Morro 
in Freiburg i. B. 867. 

; van Swieten und die moderne Klinik,von Geb. Med.-Rath Prof.Dr. E. L ey d e n 
in Berlin 750. 


T. 

Tabaksamaurose, von Prof. Dr. Th. Husemann in Göttingen 819. 

Tannigen. ein neues Adstringens für den Darm, von Prof. Dr. H. Meyer 
in Marburg 626. 

—, Klinische Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz, von Professor Dr. 
F. Müller in Marburg 627. 

Tannin, ein Fall von Idiosynkrasie bei äusserlicher Anwondung desselben, 
von Dr. B. Krllger in Rostock 411. 

Tetanus, zur Pathogenese des, von Dr. Gumprecht in Jena 546. 

Tetanusantitoxin, das Tizzoni’sche, von Dr. W. Hübener in Berlin 656. 

—. Erwiderung auf die Arbeit von Dr. Hübener über das Tizzoni’sche. 
von Prof. Tizzoni und Docentin Cattani in Bologna 772. 

—. Bemerkungen zu der Erwiderung über das Tizzoni’sche, von Dr. 
W. Hübener in Berlin 813. 

Tetanusgift, die bisherigen Resultate experimenteller Untersuchungen über 
die Art seiner Wirkung auf das Nervensystem, von Dr. Conrad 
Brunner in Zürich 100. 

—. Erwiderung, betreffend das trockne, von Prof. Dr. Büchner in München 
179. 

Therapeutische Maassnahmen, zur Beurtheilung von. Ein Beitrag zur Anti¬ 
diphtheriebehandlung, von Prof. Dr. Klebs in Karlsruhe 397. 

Thermophor, v. Szczawinski’s, und seine Anwendung in der ärztlichen 
Praxis, von Dr. Frickenhaus in Elberfeld 634. 

Thoracocentesis, über die Technik der, von Dr. Luigi Zojain Parma 471. 

Thorax, über das Vorkommen eigenartiger Figuren erweiterter Hautvenen 
am unteren Theile des. von Dr. Hirschlatt in Berlin 243. 

Tolypyrin und Tolysal von Dr. Dornblüth in Freiburg i. Sch. 167. 

Tonsiilotom zur Entfernung von kleinen Tonsillen und zur partiellen Ab¬ 
tragung von Tonsillen, von San.-Rath Dr. A. Hartmann in Berlin 571. 

Transplantationen nach Thiersch, zur Frage der Narbencontraction bei. 
von Dr. A. Meyer in Würzburg 364. 

Tricuspidalinsufficienz, zur Casustik der, von Dr. E. Hamburger in 
Breslau 485. . 

Tubarschwangerschaft und die Behandlung von Blutungen in der Bauch¬ 
höhle infolge von Tubarschwangerschaft, vonPrivatdocentDr.Dührssen 
in Berlin 29. 59. 

Tuberkulose, Beobachtungen über die Behandlung mit Kreosotcarbonat, 
von Dr. G. Greif in Serkowitz 979. 

—, über ihre Verbreitung durch den Eisenbahnverkehr, von Prof. Dr. Praus- 
nitz in Graz 584. _ . 

Typhoid, über die Aetiologie des biliösen, von Dr. Schiess -Bey und 
Dr. Bitter in Alexandrien 682. 



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UNIVERSITY OF MICHIGAN 






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VerePJ^ng. Pe^erutot.x und PntMugi»:. ncsußlv An^hajmngen Tiber. '«*n 
PmL f)r_ T<ibTi or f in Zürich 1t). Hl, 

\‘».(>n,imn!uiii; tloiit^ber ?Uuurfoivck<T und Aürfcte;, ?*P? •>'* • von Ihr. 

J, $c)i W iGbo irr .itetthi > 74Ö, , , . 

V iaiotnuliUitc jinjr &rAF.,£'«*l« *,aU>* itf.Uwtnt7.1 2- 


v - | Wum Brief 202. . _ ., 

V ; . „ ... ... Bomnrkmwrü *>.drt» Arbeit, dos I WiiUddiphtlrerii*, mit NarUV.e von. i »ipt.t hOi-itlinoilI^u . e»i. l*nll. yi.u. von 

{Wotsicliö; Aon Pr, ii kpltrts*ono io fiötiiti 894. Br. I\. Abel in Oimtvvk.dd .Ah- 

.. _ _ .... -- - —.. hottfiAmung voifüb. B YVos:Gil!:o 

in* Ib-HiV. %* 


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UVinuf, «an. JoniO!? für Frauon. von ib L ; j«. J Limb «»’«•• tH>2, 

s li.oriiK-. über die Dauwmbte tief ge|!Rn BmilO ItetnnfeviüU0nmvpn’:i'-- A 
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b:. Cv bn JbiMb««:^ WA,. . .. ' ... 

.o.-ren smliie Jvet.nnitn ioiioTxO". ^r|vli- r Vv.•.>•»_ii<v.< 1**»toxiien. :*u»' o.pr-rat»v»».H_ 'tk-nftttultiut*-- af>» : wo M. A.- >' * o "> •'-*• “ 

*, ß> Fj’ii-ObVkoi ui Hiv.stno 420 -o H ri«;< OiU, 


Allgemeines Sachregister. 1 ) 


A. 

Aiji)ominAbi.'h\vr»i^er^c‘}i;\ii ‘A4. 

Abduvvjis}uiro 8 o hnboneGtafifu Dn^ftlbihlnp bei ointAvIivr H04 <a.-A.< 
Abnormal t\f;ui i '>4. . 

Alibi‘t i v)3i’Im ml] ii ng: ilnr ffout en 0 ; nob«»yr,|f{,is 777 ü)-.\ > 

A0'. , oisi j m h i ü i j«* nh 1 fi!ini11nir. 'po^hbpKrberiu^cim '.ite*' OA.-A » 

Afet.uitidoplietfd o.’JO. 

Acot«:^sip7uuo br-l Bbüioln- fiodlitnA 77 ],. 

At‘KjJ]*:’^rAiij*-r.V'fiiiii»• GGi? k\)s A •;. <»?0 h i. • A i. 

;KAHigb^ir i V{4liA uG.' A^ -:4^ li. oö l,. . - . , : 

AdetUHMUAmom rbs «r*:»4 7t B. 

Admtrtix dm inbivf^brAiT'¥.. 

Adnexc^^ÜliüeuG 1 ? . 

Aoo.VTi^j:: 8g. V\. ;. 

.mvihöiöfeidiöt' .tTÄmisbf.•;. 

Aiir?.tcknimrier, Aassi hu^ .(H.i’ Bi’cU^bßb^ 

-- tlf’r rm \\m <)sij>rim-o;-b’74o. 

A fÖV Bivniulenbun- iuoi iWjio U4. iGG. 507. 

Afci/'^tbraiA doutsolum in fu^rmeSi ( 0 . _\.}. 

Äcrzrio’vVoir^eiA- <he X. •iviovroioh^vbr 4bcb 
Atg'ÄÜUdifl A.ti*’4to hi FiUJerv «iw* ••tgul- 


ufi«>ai.£»tGtiji*4it* Aiissi.rijiin^ umUiolivt, t'iir .Bvainto iU. U2. 

KiVh/iluiiiV T I i kI « »iv »i nroi'i v ttrA!! v^»?iW - 7 - . 7 -;! • 


. :. ^ ürt^tri 

* vi ■ 

Aüimt-nwi'i'Ui .07L. 7öfi 

Vigmetsiaif im M'^geiunh-Hli )j . Id !., 

Im Rinsvimitfnng.. Gnlrgöobvuktilh C77 •K>;. Au.. 77. V’ 

- 'iWflb'Un ’’dW: : lÄOBSChH^S^bÖAVmSi.' 'dtH 
AmOlnsnho }\v^entW'ii: L. 

An 4 mt.ftt.inn . yWiaaeY V. 

AnivoVf'-'pbioibb 1 aiorobkb-rosv 4HH (“-A }. \2 V. 1A1 \ - . 

Aniimin, p'MV.Hnöm- lAu 
—. ^r.hwitötJirrbehaiXiU 11 % Sin {O.VA'A. 

A«üsMieG*:. bikoK* mit Ki-nig.v'bmti ÄeUör^ lO.*A>.- ; 

.uui«ttikft lte iflft ■: , 

Aii:vb)mi(Ji Coirip'Jiidhmi der Tiurmafou, ton Volt 4450 
A-A inpö^Apbiöcfeö vmi llrti ftin gev qH B v 

•••.—:• Crrundriss Hm* jnitho!ogii-ohöU.; v«ji Ooniv> ¥Ö i. 

—, t.oliHüich der puUmio^ephoTs von TIhhiui AL 
— df;s Mon^viion, AUu«- mx io{r«.?gn.i.phiHP.hyu -AA. 

-- n.o«! •Bht^’ibk6tuügitg(fti.G|!h.lVib. Jhgnbni^fr- «U !,. 

Aimtorns.-mhv. nbvnob)Ai.«nid 1 • h>V.ik r!* hu*h^ Jiub'n und Libj.-lion S*7 
Aueui v -m.i nofbxe H-bHomi-Dilis 2Ml 

Au t-ejßo-vömienm ijrAünt 4 iivU?n diir IhiksecitigRn 


LMjmuViinjü- Li 1»bmuit t bl uh\ anfaüt^nltiicim AfbS. 

- ÖnhiljlifccjTi’-in)' <»84^ .. . 

Hirm^Yt^iAidp^mrliPifenV -iVnloühtr^"^ ■■, ./ , , 

- riiU'imvi u iu ßngleuti AU« {;Oi-S% 

-- .Gt^dvci^Jm^vmubs -. «h*r LeiHner 04. 117. 2tA. ;‘»72v 

-iAi». 577. 78;?. Hlrd. ?'<»' ; 

Anmü^k'-ii \h A'^uo-nka »uu.nv >tftnt ! b:brr Auföiolii NA'l. 

A.npJirlitlif.i' {ivguL JlbO 

‘ • Difeji*tr-gU{|': : und JvHiäer.iir FweiÜtiAi* Kralikubr 
banüi' io HovHir ö<)7> 

•\i‘.r?.itu;tiv.i« A.nekujVfi.tiboro.m in ibn-iiVj A:io. 

-- Hl.idin'm in. LAuilirvieh. Ivetbrm iitsi* 1.30. 

AortlioLK cko. niiisibrillsL’hui) lluMmmbr »itr i)»yn)u>pb.winlr.tjisriiw Grinul- 

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r ^ t Hör Aorta Hoac.ebtlens ?ö V. 

:' — dtm AUrriji ^ntioiavio. öA V 12b V.' 

I - der Brnstaorta 854 (ÄX^Ar ^ß iQ^ÄJ. 

- düs -Are'us nnriv.e 1.7b. 

! --: dweiH'svuss des- afostHOgenilöu Arnos -dm- Avurta 77 V .- 

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| Aü^im boIUG dUpi'nu^Uva 40H. 
i A.n^imoo hn ChiS-iftiL tUirUonb.iho !»ö V. 

| • stSätlBe&ßfi .tÜlgcic.f>tadü a>? 'Aliinvlum HO J 

j Anmml nt! Gm ünivnr-nl modica! R»derme« 48. 

i PesiuierAvm $ naoti 2<v‘3 04.-A.), 

i — — in iUfipiuvuh 'i’4<!. 
j AntliGlmhitbieuin 720v 
; AnUjröjiumcrifv hK: A'. 

Aiitifiinn Uoicum 728. 

A?uidi{)hl hon'« Klobf; 127 ’M?- Uf - > 447».. 441». 

ArjtipmMn '729., . _ :;■ • ■ . ' ./ 

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INHALTS - VERZEICHNISS. 


Apothekenwesen in Holland 844. 

- in Preossen 238. 

Apparat für experimentell-chirurgische Zwecke 67 V. 

Appendicitis 6 L. 10 L. 27 L. 

Aprosexia nasalis 116 V. 

Arbeiten aus dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause in 
Berlin 55 L. 

__pharmakologischen Institut in Dorpat 89 L. 

- ans der chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts in Berlin 

204. 21 L. 

_pädiatrischen Klinik zu Leipzig 91 L. 

Arbeiterpensionat in Pistyan 604. 

Arcus aortae, Aneurysma des 156. 

Argentamin 553. 627 (O.-A.). 

Aristol bei Verbrennungen 783. 

Armenfürsorge und Armenkrankenpflege 84 L. 

Armenpflege in Berlin, städtische 311 (O.-A.). 

Arosa 938 (O.-A.) 

Arsenikbehandlung des Riesenzellensarkoms 727 (O.-A.). 

Arsenikvergiftung, acute 235. 

Arteria fossae Sylvii, Embolie der 9 L. 

Arteria subclavia, Aneurysma der 53 V. 126 V. 

— meningealis media, Verletzung eines Seitenastes der 60 L. 

Arterie des Schlüsselbeins, Stichverletzung der 226 (O.-A.) 

Arthritis 484 (O.-A.). 

— deformans der Wirbelsäule 21 V. 

— gonorrhoica, Gonococcenzüchtung bei 160. 335 (O.-A.). 

Arthrodese des Fussgelenkes 235. 

— des linken Kniegelenks 89 V. 

Arthropathia genu sinistri 842 (O.-A.). 

Arzneibehandlung, Lehrbuch der klinischen von Penzoldt 14 L. 
Arzneibesteck 895. 


Arzneimittel. Umschau über die neueren 22 (O.-A.j. 46 (O.-A j. 
Arzneimittellehre. Grundzflge von Binz 38 1,. 

—, Lehrbücher der 2 L. 

Arzneiverkehr für Krankenkassen 23. 

Arzneiverordnungslehre, Compendium von Robert 203. 

Ascaris lumbricoides 187. 

-im Wurmfortsatz 114 V. 

Ascites, tuberkulöser 849 (O.-A.). 873 (O.-A.). 

- vom gynäkologischen Standpunkte ans 183. 

Ascitespunction. Troicart a. demeure zur 144 V. 

Asphyxie bei Neugeborenen 406 (O.-A.). 

Assanimng Neapels 448. 

Association de la presse mddicale fran<;aise 816. 

Asthma bronchiale 26 L. 

Athmungsorgane, Section der oberen 40. 

Atresia ani vaginalis 235. 

- auris acquisita 560 (O.-A.). 91 V. 117 V. 

Atresie des Gehörgangs mit rudimentärer Ohrmuschel 90 V. 

Atropin 137. 

Attestwesen, ärztliches 94. 684. 712 746 
Aufgesprungene Hände und Lippen 636. 

Auge, die angeborenen Kolobome des, 467 

-. Eisensplitter im 234. 494 (O.-A.). 530 (O.-A.). 592 (O.-A ) 149 V 
-» Kupfer im 313 (O.-A.). 

Functionskrankheiten des 467. 

Augenärztliche Operationen 47 L. 

t U !l en ^ Qn , duilg dU o Ch Eü »dringen von Raupenhaaren 517 (O.-A.). 100 V. 
Augenerkrankungen, Scopolamin bei 68. 263 (O.-A.) 

Augenheilkunde, Compendium von Silex 47 L. 

mndbueh von Schweigger 47 L 
~ Lehrbuch von Fick 47 L 

~-Fuchs 47 L. 

~ Vossius 466. 

j Eejtfaden von Michel 47 L. 

VuwnkraJ > S al ? 0SlcOp ^ e, T^ e ^ r ^ uc i 1 von Schmidt-Rimpler 47 I,. 
ÄwStaSlL?“ “* ue .V ,,iTer8i “ tsheil “ staIt “ Erlangen 56 L. 

und seiner Or zu den Trigen Krankheiten des Körpers 

AuzeSi^if 1 ^{^Keiten der Nase und ihrer Nebenhöhlen 43 L. 
postmortale Trübung 16 V. 

Äugenspieeef e ?« 9 °/ ? yphilis des Centralnervensystems (59 I,. 

des 47 L 

-4^ Berlin 239. 

ng ’ me d ic misch-hygienische in Rom 386 (O.-A.i. 


XI 


I Bacterienkunde 65 L. 

Bacteriologie, Grundriss der klinischen, von Klemperer und Lew .81 L 
Bactenologische Diagnostik und Untersuchung, Lehrbuch von Heim 65 L # 

— Untersuchungen, Anleitung zur Ausführung von 65 L 
Bactenum coli commune 180. 468. 

-— im lebenden Blut 52 L. 

v. Bardeleben, 75. Geburtstag 215. 

Basedow’sche Krankheit 265 (O.-A.). 769 (O.-A.). 809 (O.-A.). 953 (0-\) 

— —, Klimatotherapie der 79 L. 

-, operative Behandlung der, 141. 

Basel, Civilstand und Sterblichkeit im Jahre 1892 747 . 

Bauchblasenfistel, schräge 86 V. 

Bauchblasenspalte 102 V. 

Bauchfelltuberkulose 974 (O.-A.). 

Bauchhöhle, Blutungen in der, infolge von Ttibarschwangerschaft, 29 (O.-A) 
59 (O.-A.). 

—, freier Körper der 86 V. 

Bauchspalte 85 V. 

Beckenabscesse 26 V. 36 V. 

—, Behandlung complicirter 43 V. 

Beckenendlagen 112 . 

Beckenfracturen 97 V. 

Beckenring, Resectionen am 31 V. 

Begleitvenen 315 (O.-A.). 

Bein, Verkürzung des 8 V. 

Beleuchtung von Körperhöhlon, elektrische Stehlampe zur 603 (O.-A.). 
Benzolvergiftung 69 L. 

Bergleute. Nystagmus der 467. 

1 Berliner Gesellschaft für Geburtshülfe und Gvnäkologie, 50 jähriges 
Stiftungsfest 413 (O.-A.). 488 (O.-A.). 

-- medicinische Gesellschaft 39. 87. 115. 137. 158. 182 207 231 259 
278. 15 V. 19 V. 26 V. 34 V. 43 V. 50 V. 59 V. 67 V. 76 V. 124 V 
I 130 V. 137 V. 148 V. 153 V. 
j physiologische Gesellschaft 26 V. 46 V. 53 V. 82 V. 
j städtische Krankenhäuser, Neuorganisation des ärztlichen Dienstes 118. 

! 143. 162. 264. 556. 588. 832. 

: Borufsgenossenschaften und Aerzte 92 (O.-A.). 
j Berufskrankheiten der Porzellanarbeiter 49 L. 

! Bidder, F. H. t 716. 

Ilildungshemnningen, angeborene 131 V. 

; Biliöses Typhoid 682 (O.-A.). 

| Billroth, Nachruf 145 (O.-A.). 
i Binoculares Sehen Schielender 833 (O.-A.). 

I Birnbaum, F. f 143 V. 

! Bizzozero-Neumann. Controverse 178. 502. 588. 634. 

Blase, Carcinom der, 137 V. 

—, Fremdkörper in der 131 V. (580 (O.-A.). 

—: Teratom der 117 V. 

, Untersuchung der weiblichen 42 L. 

Blasenbauchfistel, Anlegung der 254. 

Blasenectopie 63 V. 

; Blasenfistel, nach Witzel's Methode 7 V. 

I Blasenverschluss, Mechanismus des 3 L. 

Blau-Gelbblindheit 16 V. 

Blei. Magenvergiftung durch 56 V. 

Bleichsucht, Entstehung und hygienische Behandlung 327. 

Blut, farbenanalytische Untersuchungen zur Histologie und Klinik des 135. 
—, Genese und Regeneration des 135 V. 

—, Serumeiweiss im 664 (O.-A.). 

—. Tuberkelbacillcn im 42 V. 

Blutbildung 502 (O.-A.). 

Blutdruckmessungen, Worth und Bedeutung klinischer 134 V. 
Bluteisenprftparate, Blutfarbstoffproben von 757 (O.-A.). 
j Blutentziehung, therapeutischer Werth der 64 L. 

: Blutfarbstoffproben von Bluteisenpräparaten 757 (O.-A.). 

Blutgefässe, Vertheilung in der Haut 16 L. 

Blutgerinnung 53 V. 

Blutkörperchen, Fragmentation der rothcn 94 L. 

—, regenerative Hyperplasie der rothon 105 (O.-A.;. 

Blutkreislauf bei Neugeborenen 16 V. 
j —, Entwickelung des mütterlichen in der menschlichen Placenta 94 L. 
i Blutplättchen 57 L. 

| Blutserum, Alkalescenz nach einer Infection 104 V. 

—, Eiweissgehalt des 664 (O.-A.). 

—, keimfreie Gewinnung des 149 V. 

— von Kranken, Eiweisskörper im 563 (O.-A.). 

Blutserumtherapie der Diphtherie, s. Diphtherie. 

— des Tetanus 139 V. 


Eaccelli’ ( K Uid0 290 
Bacillus S Um^rey et 94 d v ^ * ntravenösen Sublimatinjectionen 783. 

I Finkler-Prior 923 (O.-A ) 

Bact’ V ° CyaneUS 19, 

BacS 6 d^pd^“.® dorch fr* 8011 ® blutende Wunden 575 (O.-A.). 97 
aewiaSSW? 148 (°-A0- 476 <0-A.). 

fO.-A.). »erhalten des Scheidensecretes Schwangerer 8 . 


““eneafieber (O-A.). 891 fO.-A.I. 907 (O.-A.). 

B^teriengif" ’l04 V A de9 270 


Blutserumverwendung in der Chirurgie 40 V. 

Blutserumwirkung auf die experimentelle Typhusinfection 26 L. 
Blutstillendes Mittel, der Dampf als 747 (O.-A.). 

Blutungen nach der Geburt 493 (O.-A.). 538 (O.-A.). 
Blutuntersuchung, neuere Methoden 139 V. 

—, klinisch-experimentelle 58 L. 

Blutuntersuchungsmethode, cnpillarpyknomet rische 601 (O.-A.). _ 
Blutvergiftung, Einschluss derselben in die L^nfallversieherung 3a0. 
Bromäthylnarkose 7 V. 

Bronchialasthma 728. 

Bronchialkrebs, primärer 234. 

Bronchialstenose 18 V. 

Bronchomycosis aspergillina 11t V. 

Brown-S 6 quard’sche Halbseitenverletzung des Rückenmarks 9 (O.-A.). 



Digitized by 


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Original fro-rri 

UNIVERSfTY OF MICHIGAN 






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INHALTS A'ERZEICHN.WS; 


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j.lavm. dir- parabOfuA'I! ArllOlH'U d.rr mivU=tdjli.;bj*L 78 L 

—, ein "UiMiro AntfT'ln^i'.n^-On v!.<;n '0 k 24* i0.-:\:». 027 04.-.V.). 

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ifnV!i:>.ltv—:tl!:ei 20 V. 

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l'«u-iu:iiia linrjietiloruus ..Dübnrig 20 V. 
l'M.-rn.uHoric jufiiiMne v y^- >d ti- inn^-v* i-•» ln* u- dt ir 07 V 
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LHiubmtionmmiinjt n ij, Bm-lOi 845. 

— in Grnifstvrdd 187. 

X(osui 1 e t ftionysiniu(d, uudloHetli svirkea'jr 100 tO. A ». • 

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INHALTS-VERZEICHNISS. 


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I »cutsehe Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege 143. 

Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege 630. 1.11 \ . 11!J V. 
Deutscher Aerztetag in Eisenach 569 (O.-A.). 

Diabetes mellitus, Acetessigsäure bei 57 L. 

Diabetiker. Gefahr der Narkose ftlr den 359 (O.-A,). 380 (O.-A.). 404 (O.-A,). 
23 V. 

Diagnostik innerer Krankheiten, Förderung durch die Bactonologie 135 V. 
Diagnostisches Lexikon für praktische Aerzte 716. 

Diakonievereiu, evangelischer in Herbom 984. 

Diakonissenanstalt in Duisburg a. Rh. 848. 

Dickdarm. Functionen des menschlichen 883 (O.-A.). 

—. Versuche am 884 (O.-A.). 


Digitalinum veruin 59 Ti. 

Digitalis 551. 

Digitalisinfus 59 L. 

Diphtherie, Aetiologie 920 (O.-A.). ^ 

— Heilserumtherapie 20.120. 343. 353 (O.-A.). 384. 431 (O.-A.). 437 (O.-A.). 
476 (O.-A.). 479 (O.-A.). 500 (O.-A.). 508. 645 (O.-A.). 701 (O.-A.). 
823 (O.-A.). 857 (O.-A.). 863. 864J880. 881 (O.-A.). 896. 898 (O.-A.). 
902 (O.-A.). 911. 918 (O.-A.). 927*(0.-A.). 928. 930 (O.-A.). 943. 946 
(O.-A.). 951 (O.-A.). 963 (O.-A). 980 (O.-A.). 981 (O.-A.). 982 (O.-A/). 
983. 60 V. 77 V. 117 V. 118 V. 120 V. 138 V. 140 V. i42 V. 149 V. 
153 V. 154 V. 101 L. 


—, —, Nebenwirkungen der 857 (O.-A.). 880. 898 (O.-A.). 912. 951 (O.-A.). 
963 (O.-A.). 982 (O.-A,). 


. Tracheotomie bei 154. 

—, acute hämorrhagische Nephritis bei 951 (O.-A.). 952 (O.-A.i. 
. bacterielle Diagnostik 20. 66. 920 (O.-A.). 101 L. 
larvirte 929 (O.-A.). 983 (O.-A.). 


—. populäre Belehrung über dieselbe durch die SanitljUseommission in 
Greifswald 894. \ ■' 


—. steigende Mortalität in London 747. v , ., 

- und Pseudodiphtherie 101 L. ''*• 

Diphtherieantitoxinlösungen, quantitative Bestimmung 453 ( O.-A). 
Diphtheriebacillus, zur Kenntniss des 692 (O.-A.). 

—, Desinfectionskraft der Sozojodolsäure gegenüber dem Locfflersehen 
567 (O.-A,). 583 (O.-A.). 

—, Einfluss der Citronensäure auf den 61 V. 

Diphtheriebacillen, Lebensdauer der 279. 692 (O.-A,). 

-. Utensilien und Nährböden für deren Züchtung zur Abgabe an die 
praktischen Aerzte 800. 

— in der Lunge 144 V. 

Diphtheriebehandlung im städtischen Krankenhause Friedricbshain 596 
(O.-A.). 126 V. 

Diphtherieimmunität 437 (O.-A.). 865 (O.-A.). 899 ( 0 -A i 986 <0-.\) 
984. 120 V. 142 V. ' 


Diphtherierecidiv nach Serumbehandlung 980 (O.-A.i. 
Diplegia facialis 81 V. 

Diplococcen im Eiter bei Mastitis 184. 

DiploS der Schädelknochen, Sarkom der 281. 

Diuretica 551. 


Divertikel. Meckel’sches 56 V. 

Djamboebaumblätter 728. 

Doppelfrucht 71 L. 

Drainhyng von Wunden. Instrument zur 688. 

Urucklähmungen im Gebiete des Plexus braehialis 49 (O.-A i 
Druck- und Schmerzsinn 136 V. 

Duboisin 4 L. 

Ductus eholedochus. Gallensteine im 89 V 
cysdeus, Incision des 47 V. 


| Elektrotherapie bei Dmcklähmungen des Nervus radialis 112 
Elephantiasisartige Anschwellung beider Unterschenkel 519 (O.-A ) 41 V 
Ellenbogengelenkcontractuien, Behandlung mir dem Pendehipparat” 20 L 
Embolie der Artcria fossae Sylvii 9 L. 

— der Centraku terie der Netzhaut 88 V. 

— der Mesenterialgefas.se 449. 

I Embryo, Verhalten gegen Infectionen 3 L. 
j Empyem bei Kindern 162. 23 V. 

| —, operative Behandlung 67 V. 
j Encephalastkeiiia 298 (O.-A.). 

Enchondrome, multiple 68 V. 
j Endarteritis calculosa 70 V. 
i Endenich, Privat-Heil- und Pilegeanstalt 816. 

| Endocarditis. ulceröse 913 (O.-A.). 82 Y. 112 V. 
j Endoskop 83 V. 90 V. 

' Endoskope, Cystoskope und ähnliche Apparate. Instrument zur Bcfesfitruic-- 
; von 529 (O.-A.). 19 V. n 

’ Endoskopie 94 V. 

Enteronuastomose 63 V. 

Entfettungscuren 35 V. 33 L. 

— mit SchilddrUsenfütterung 932 (O.-A.). 934 (O.-A.i. 
Entmündigungsverfahren 684. 

Entwickelungsgeschichte, Ergebnisse der 61 L. 

Entwickelungshemmungen, die geistigen 96 L. 

Entzündung und Eiterung 276. 

Epididymis, Syphilis der 43 L. 

Epididymitis gummosa des Nebenhodens 161. 

Epiglottisrandgeschwür bei croupöser Pneumonie 161. 

Epilatoriuui 636. 

Epilepsie 12 (O.-A,). 33 (O.-A,). 62 (O.-A.i. 602. 603. 
durch Alkoholgenuss 965 (O.-A,). 

— mit Hemiplegie 67 V. 

; Epileptikeranstalten 188 (O.-A.). 329 (O.-A.i. 

) Epithelialcarcinoni des Gehörgangs und der Ohrmuschel 90 V. 
Epitheliome, Chromsäure bei 239. 

Erbrechen der Schwangeren 728. 

Erdbeersaft 603. 

Erde, um die 252. 

Ergotin 551 (O.-A.). 

Erhäugungstod 104 L. 

Ernährung der Kinder, künstliche 553 i O.-A.i. 

Erysipel. Uebergang des Streptococcus von der Mutter auf de» Fötus 
10 L. 

; Erythema exfoliativum recurrens K>3 1,. 
j — multiforme 92 V. 

’ Essigäther 40. 

, Eustrongylus gigas 12 V. 

Evangelischer Diakonievereiu in Herbom 9X4 
Exantheme im Wochenbett 230. 

; —, toxische 259. 

Exostosen, multiple cartilaginöse 68 V. 76 V. 
j Exsudative Pleuritis 102 L. 

: Extensionsschiene zur ambulanten Behandlung der (‘oxit-is, Knoebeultrüebe, 
schweren Erkrankungen der unteren Extremität 38 V. 
Extraabdominale Cholecystotomic 64 V. 

Extraoculare Anwendung des Elektromagneten 393 (O.-A.). 
Extrauteringravidität 24. 29 (O.-A.). 59 (O.-A). 0*24 (O.-A.). 945 o>.-A.). 
34 V. 72 V. 83 V. 

Extremität, Brüche der unteren 527 (O.-A.). 


TXJ > , 

-• otello-intestinalis, persistirender 101 V. 

mdarm. Stoflwechsel nach Resection eines grt 
Duodenalblutung. Präparat von 127 V. 
Dysenterie, amöbische 58 L. 


ssen Tlleilcs des 7X0 ((> 


F. 

Farbenblindheit 16 V 
Farbstoffreactioneu 37. 

Felsenbein, Caries und Nekrose nach lnlluen/.u 91 V. 
—, Cholesteatom des 90 V. 

Trockencorrosion des 92 V. 


. 224 (O.-A.i. 


: der Milch, des Kefvr 


Echinococceiicvsten 63 V. 
whinococcus, subphrenischer 187. 
bmgeweideverletzung 95 L. 

F!S.S B S ateli ? ch ? Hinäicht 57a (O.-A.). 598 (O.-A.i. 728. 
EiseÄ hln - e nu * 0r ? anis m»i8 des Säuglings 32 L. 

BsmÄe r S Auge 494 f0 * A -‘ (O.-A.). 592 (O.-A.). 14t 

Eiter, grüner 19! 

Eiterkrankheiten, Fortpflanzung der 39 V. 

ffij****** 675 fS.-A.j. 

.. te KS 9 3 m , Darm " n '* r ‘ ,em 

F™^ fre 'e,XaAoien 18 I,. 

Ere-.Ü’f?' 1 * dpä Blutserums ÜlU ,0 -A i 

«r-fr“ K»nkeu .Via ,o,A., 

P^FaföUiculare 96 V 
f ische Gurte 5 V. 

E k n c , t äti Tod durch 

Elektrisches^Lirht^a ^ aseni ' ftc benpolyii 

Elektr™Xik A f wcndun g des) 39a (O.-A.). 

i zur medicmiscben 70 (O.-A.). 848 (O.-A.i. 


lypen 44 L. 


Fenstervorhänge in Schulen 876 (O.-A.i. 

Fersenbein, Compressionsbrücbe des 2xo. 

Fette, therapeutische Leistungen 136. 

Fetthernie in der Linea alba 117 V. 

Fettherz 561 (O.-A.). 581 (O.-A.). 

Fettkörper, sterilisirte 51 V 

Fettleibigkeit, Behandlung der 932 (O.-A.). 934 Ol-A.i. 3.» 33 L, 

Fettmilch. Gaemtner’sche 104 L. 

Feuerbestattung 668. 

Feuercloset 19 V. 

Fibrolipom, myxomatös entartetes 563 (O.-A.i. 

Fibroma ovarii 87 V. 

Fibrome, multiple 29 V. 

Fibula, Osteoldsarkom der 2 V. 

Fischauge. Accommodation des 136 \ . 

Fleischpulver 603. 

Fötus, nicht ausgetmgener 262. 

. ödematöser 208. 

Follicnläre Hypertrophie 22 V. 

Formaldehyd.* polymerisirtes 2 V. 

Formalin 10 L. 

—. Choleradesinfectionsversuche mit 649 (O.-A.). _ _ .. 

Facturen, ambulatorische Behandlung 373 (O.-A.). ;>2i (O.-A.i. 2< \. •»/ \ 
38 V. 

Fraentzel, 0., t 830 (O.-A.). 

Gedenkrede auf 129 V. 



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XIV 


INHALTS - VERZEICHNISS. 


Fragmentatio mvocardii 52 L. , 

Frnnklin'sche oder Spann ungsströmo vom olrklrodmgnosl ischeu Stand¬ 
punkt 253. 

Französisches Sanitätscorps, Effectivbestand 335. 

Frauen, ärztliches Studium der, 120. 144. 167. 470. 

Frauenkrankheiten, Lehrbuch von Fehling 61 L. 

Frauenmilch fett 77 L. 

Frauenpraxis. Fälle aus der 154. 

Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, s. Vereinigung. 

Freiwillige Rettungsgesellschaft in München 556. 

Fremdkörper in der weiblichen Harnblase 680 (O.-A.). 

Frühgeburt, Einleitung der künstlichen durch Glycerininject innen 72 V. 
Functiönsstörungen 135 V. 

Fuss, angeborene Geschwulst des 48 V. 

—, Ausdehnungsfähigkeit des menschlichen 53 V. 

Fussgelenk, Arthrodese des 235. 

—, osteoplastische Resection des 115. 

Fussresection mit dorsalem Lappenschnitt 18 V. 

Fussresectionen. atypische 262. 

G. 

Gährungsorgauismen. Jahresberichte über die Fort schritte in der Lehre 
von den 6 L. 

Gaertner’sche Fettmilch 104 L. 

Gallanol 553. 

Gallenblase und Gallengänge, Chirurgie der 62 V. 

Gallenfarbstoffe im Harn 408. 

Gallengänge, eiterige Entzündung 468. 

Gallensteine 1 V. 2 V. 47 V. 82 V. 80 V. 12t V. 

Gallensteinileus 139. 171 (O.-A.). 98 V. 

Gallenwege, Chirurgie der 38 L. 

—, Experimente an den 40 V. 

Galvanischer Pinsel 773 (O.-A.). 

— Strom, Wirkung auf Wirbelthiere 1(5 V. 

Galvanischo Ströme, therapeutische Wirkung minimaler 278. 

Ganglion coeliacum 217 (O.-A.). 

Gasphlegmone. Aetiologie der 70 L. 

Gastrectasie 333 (O.-A.). 87 V. 

Gastrische Beschwerden 309. 

Gastritis acida 128 V. 

— gravis 68 V. 

Gastrodydymus bimasculinus 71 L. 

Gastroenterostomie 100 V. 

—, Verhalten der Magenfunction nach 125 V. 

Gastromegalio 87 V. 

Gastrostomie nach Witzei 235. 7 V. 

— wegen Carcinoma cardiae 235. 7 V. 

-dreier verschluckter Taschenmesser 760 (O.-A.i. 

Gaumen, Motilitätsneurosen des weichen 65. 

—. Perforation des harten 83 V. 

—, Resection des harten 660 (O.-A.). 

Gaumendefect 87. 

Gaumendefecte, prothetische Behandlung 408. 

Gaumenspalte, angeborene 40 V. 70 V. 

Gaumenspaltenoperationen 126 V. 

Gebärmutter, s. Uterus. 

Gebirgstrage für Truppen und freiwillige Colonnen des rothen Kreuzes 570. 
Geburt, Blutungen nach der 493 (O.-A.). 538 (O.-A.). 

Geburtshelfer, ärztliches Instrumentarium für 94 (O.-A.). 

Geburtshülfe, aseptische Grundsätze in der 39. 

—, innere Untersuchung 957 (O.-A.). 

—, Einschränkung der inneren Untersuchung bei 54 V. 

— unter Privatverhältnissen 43. 

—, Compendium von Heitzraann 100 L. 

—, Grundriss von Schauta 154. 

—, Vademecum von Dührssen 716. 

—, — won Lange 48. 

Geburtshiilfliche Operationslehre, Grundriss von v. Iler G 39 L. 
Gefässsystem, Histogenese des 18. 

Geflügeltuberkulose bei Menschen und Säugethieren 694 (O.-AJ. 

Gehirn, s. Hirn. * 

Gehörgang, Atresie des 90 V. 

—, Epithelialcarcinom des 90 V. 

—, Operation des stenosirten 91 V. 

Gehörgangmissbildung 91 V. 

Gehörknöchelchen, erstes Auftreten der 90 V. 

Gehörorgan, Präparate des 57 V. 

Gehverbände 373 (O.-A.). 527 (O.-A.). 27 V. 37 V. 38 Y. 89 Y. 103 L. 
Geisteskrankheiten, Diagnostik der 55 L. 

Geistesstörungen und Hexenprocesse 59 L. 

— bei Syphilis 43 L. 

Gelenk affe ctionen, ambulante Behandlung 108. 87 Y. 

Gelenkrheumatismus 729. 82 V. 

—, acuter 913 (O.-A.). 34 L. 

— bei ulceröser Endocarditis und fibröser Mvocarditis 122 Y. 

— . Natrium salicylicum bei 11 L. 

Gelenktuberkulose 62 V. 

General Council of medical Education and Registration 601 (O.-A.i. 
Genesungsanstalt der Sächsischen Militärverwaltung 732. 

Genie und Entartung 82 L. 

Genital. Blutgefässe am männlichen 95 V. 


Genitalien, eystisehe Geschwülste der weiblichen 24 V. 

Genitaltuberkulose des Weibes, primäre 974 (O.-A.). 
j Genu valgum 18 V. 70 V. 

Gerichtliche Medicin, Atlas der 203. 

I-, Grundriss von Gottschalk 40 L. 

I Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine 961. 

! Geschlechtskranke Weiber, Hülfsstation im Arbeitshaushospital in Berlin 
44 (O.-A.). 

| Geschlechtstrieb 85 L. 

’ Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte 749 (O.-A.). 7(>8. /84. 

120 V. 127 V. 134 V. 

I —, Deutsche dermatologische 92 V. 

I —, — otologische 90 V. 

- für Chirurgie, 392. 17 V. 29 V. 37 V. 47 V. 

—. — für öffentliche Gesundheispflege 143. 

—’ Berliner für Geburtshülfe und Gynäkologie 413 (O.-A.). 488 (O.-A.). 

! — — medieinische 29. 87. 115. 137. 158. 182. 207. 231. 259. 278. 
15 V. 19 V. 26 V. 34 V. 43 V. 50 V. 59 V. 67 V. 76 V. 124 V. 
130 V. 137 V. 148 V. 153 V. 

—, — physiologische 26 Y. 46 V. 53 V. 82 V. 

—. medieinische in Giessen 56 V. 87 V. 143 V. 

—, niederrheinisehe für Natur- und Heilkunde in Bonn 40. 66. 89. 187. 
208. 22 V. 54 V. 98 V. 

—, schlesische für vaterländische Cultur 232. 280. 7 V. 21 V. 72 Y. 
83 V. 109 V. 

; Gesichtsfeld, Förster’scher sogenannter Verschiebungstypus des 188. 

Gesichtsmuskeln, Lähraungserscheinungen der 35 V. 

, Gesichts- und Stirnlagenbehandlung 19. 

Gesundheitspflege, Kosten der Vernachlässigung 768. 
Gesundheitspolizeiliche Ueberwachung der Stromgebiete in den östlichen 
Provinzen 469. 

! Gesundheitswesen, Lehrbuch des öffentlichen, von Wern ich und 
AVehmer 88 L. 

I Gewebe, zur Topographie der elastischen 547. 

Gewebelehre, Atlas der pathologischen 307. 

—, Grundriss von Disse 388. 

Gewebssafttherapie 293 (O.-A.). 311. 318 (O.-A.). 376 (O.-A.I. 1 V. 
Gewerbehygiene, Handbuch der praktischen, von Albrecht 4 L. 30 L. 62 L. 
Gicht 239. 

Gichtanfall, Harnsäureausscheidung beim acuten 135 V. 

I Gichtkranke, hamsäurelösendes Mittel bei 786 (O.-A.). 

Giessener medieinische Gesellschaft 56 V. 87 V. 143 A . 

’ Gipsleimverband 5 V. 

Gipsspreizlade 5 V. 

Gipsverbände, ambulatorische 527 (O.-A.). 

Glandula submaxillaris, Speiehelsteine in der 97 Y. 

Glasdruck 95 V. 

Gleichgewichtsstörungen 102 V. 

Glottiskrampf bei Hysteria virilis 42. 

Glycerinintoxication 72 V. 

Gonitis fungosa sinistra, fistulöse (5 V. 

Gonococcen, Formbeständigkeit und Virulenzdauer 70 L. 

— und Pseudogonococcen 328. 

Gonococcenfärbung 200 (O.-A.). 

Gonococcen Züchtung bei Arthritis gonorrhoica 160. 335 (O.-A,). 
Gonococcus, Localisationen im Innern des Organismus 484 (O.-A.) 
Gonorrhoe 93 V. 94 V. 

—, Abortivbehandlung 709 (O.-A.). 

—, Behandlungsmethode der chronischen 50 Y. 

—. Werth der Urethroskopie bei der chronischen 858 (O.-A.). 893 (O.-A.) 
894 (O.-A.). 960 (O.-A). 

— beim Weibe 69. 

Gonorrhoische Erkrankung der Mundschleimhaut bei Neugeborenen 231.85 Y 

— Myocarditis 87. 

I Greifswalder medicinischer A r erein, s. Verein. 

Grosshirnrinde 103 (O.-A.). 132 (O.-A.). 

—, die Fühlsphären der 308. 

Grosshirnrindenerkrankung, Histologie der 345. 
i Grundriss der allgemeinen klinischen Pathologie von Krehl 38 L. 

! — der allgemeinen Pathologie von Birch-Hirschfeld 35. 

- der geburtshülfliehen Operationslehre von v. Herff 39 L. 

— der gerichtlichen Medicin von Gottschalk 40 L. 

— der Gewebelehre von Disse 388. 

I — der Hygiene von Flügge 388. 

— der Kinderheilkunde von Hauser 39 L. 

-von Seitz 230. 

— der klinischen Bacteriologie von Klemperer und Levy 81 L. 

— der operativen Geburtshülfe von Schauta 154. 

— der pathologischen Anatomie von Gerd es 89 Ti. 

— der Psychiatrie von Wernicke 75 L. 

Grund wasier in München 45 L. 

Grundzüge der Arzneimittellehre von Binz 38 L. 

— der Gynäkologie von Küstner 54 Ti. 

— der Histologie von Klein 97 L. 

— der Hygiene von Prausnitz 98 L. 

; Guajakol 47 (O.-A.). 

Guajakoljodoform 168. 

Guajakolvergiftung 296 (O.-A.). 321 (O.-A.). 

Gummöse Lymphome 889 (O.-A.). 

— Osteomyelitis 102 Y. 

I Gurte, Anwendung elastischer 5 V. 

I Gussenbauor’sche Hilfsoperation 100 Y. 


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INHALTS -VERZEICHNISS. 


Gutachten, ärztliche im Entmündigungsverfahren 684. 

Guttmann, S., f, Krankheitsbericht 113. 

Gynäkologie, Grandzüge der von Küstner 54 L 

H. 

Rämalbamin 330 (O.-A.). 

H&matokritmethode 136 V. 

Hämatoporphyrin im Harn nach Trional 152 (O.-A.). 343. 23 V. 

Hämaturie, Diagnose 94 L. 

Hämorrhagische Diathese eines Morphinisten während der Entziohimgscur 
29 V. 

Hämoglobinblut, ein Bestandteil des 136 V. 

Hämoglobinurie als Complication von Erysipel beim Kinde 35 L. 
Hämorrhoiden, unblutige Operation 11 L. 

Hals. Geschwulstmasse an der Vorderseite 137. 

Halsmarkerkrankung 8 V. 

Halsspiegel, aseptische 213 (O.-A.j. 

Hamburger ärztlicher Verein, s. Verein. 

Hamburgischer Medicinalrath, Bericht des 845. 

Handbuch der Augenheilkunde von Schweigger 47 L. 

- der Harn- und Sexualorgane von Zülzer 24 L. 

- der Hygiene von Weyl 45 L. 62 L 73 L. 

- — — und der Gewerbekrankheiten von v. Petteukol'or und 
v. Ziemssen 73 L. 

-Kinderheilkunde von Uffelmann 388. 

-Ohrenheilkunde von Schwartze 446. 

-physiologischen Optik von v. Helmholtz 964. 

— praktischen Gewerbehygiene von Al brecht 4L. 30 L. 62 L. 

-speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten 4 L. 

-Therapie innerer Krankheiten von Pentzoldt und Stintzinc 

37 L. b 

Handfeuerwaffen, die chirurgische Bedeutung der neuen 64 V. 

- Wirkung und kriegschirurgische Bedeutung 521 (O.-A.i. 
Handgelenkschwellung 84 V. 

Harn. Gallenfarbstoffe im 408. 

—, Hämatoporphyrin im, nach Trional 152 (O.-A.i. 343. 23 V. 

—, Phenolkörper des menschlichen 204. 

—. stickstoffreiche Basen des 26 V. 

Haranalyse 277. 

Harnblase, s. Blase. 

Harnentleerung, Mechanismus der 3 L. 

Harnröhre mit künstlichem Sphincter, künstliche 254. 

Harnrübreninneres, Photographie beim lebenden Menschen 42 L 
Harnsäure bei Leukämie 64 (O.-A.). 663 (O.-A.). 

ihre Lösungsbedingungen im Ham 25 L. 

Harnsäureausscheidung beim acuten Gichtanfall 135 V. 
narnsäurediathese 93 L. 

Hamsäurelösendes Mittel bei Gichtkranken 786 (O.-A.j. 

Hamsedimente bei Nephritis, farbenanalytische Untersuchung 2(i L. 

Harn- und Gefössneurosen 7 L. 

^er ^ escb l ecb tsorgane, die chirurgischen Krankheiten 

U ? d ^^alorgane, klinisches Handbuch der. von Zülzer 24 L 
Haut, aseptische Schnittwunden der 150 V 
' • ail fedehnte Ablösung durch Ueberfahren 4 1'. 
multiple Neurofibrome der 100 V. 

' sogc?350 S (O i A k j it fÖ1 " LöSUDgen V0Ü Jodofon » »nd Kreosot in Va- 
• Tafel der Anatomie der 111 

, der B1 »tgefässe in der 16 L. 

iH kui,g durch ungestielte feMlost ' a«i. 

Pustelbildung mit 39 V. 

£fk a ^u h - a ^ een 4 “* h Behrin g's Heilserum 912. 

Hautkrankheiten, Atlas seltener 168 . 77 L 

p“ p ^ d . Ium von Jessner 48. 
hJi ° og £ 1111(1 Thera Pie der 112. 

- TpE’? e f- kupg von Hautdefecten durch ungestielte. 

Ha.itHh.M 1011 l i n ^elter nach der Knuise’schcn Mt 
jiaiuiransplantation 3 (O.-A.) 187 
Hauttuberkulose 95 V. ’ 

~ ü t ” ad T ^ hl echtski-ankheiten, Lehrbuch von Joseph 392. 31 L. 

- und 'Aii ,u ‘l l von Wolff 277. 

Hautvenen c l^P schG Krankheiten der 466. 

Hautverändenumpn^T? ^ deS T horax - erweiterte 243 (O.-A.i. 
Hebammenpraxif 957 B ( 0 1 !A U ) ngen mnerer Krankheiten zu 760 (O.-A.i. 

HeideIbmir T T lb0r ^ 0 - Seil8t ®^ fcik 716 - 
Heilkunde^ Rea7eSLn- ^ V ^ habtheilUng der 845 ' 

Heilserum ConStP, ^ t de ü ^ esammten 229- 428. 716. 784. 13 L. 81 L. 

- gegen ChoWn k Beschaffung für Unbemittelte 912. 

Heilsenimhi, i?’ Dlenschll ches 829 (O.-A.). 

H H e, T Diphtherie. 

Heüstätten fü?!^^ 1 , Lm , denhaus Brake bei Lemgo 846. 

H eiuJstäUen f lr r n o genkr f k . e 392 ' 731 - 83 2- 964. 134 V. 

v - Helmholtz f 732 Dde bd BerllD 69 148> 

I- llfrt 733 (O.-A.). 
n-?i ac h°n 748. 

He micephaHe ei i42 Q V te ^ Krailke 635 


_ lett.lose 261. 

Methode 283. 


XV 


Hemiopische Pupillarreaction 336 (O.-A.i. 

Hemiplegie, Muskelatrophie nach 24. 

Hermaphrodit 259. 

Heraia uteri 338 (O.-A.i. 

Herpes zoster 26 V. 

Herz 157. 

~ “ü angeborener Pulmoualstcnosc und offenem Septum ventriculorum 
86 V. 

—, Myxom des 9 L. 

—. primäre Neoplasmeu des 9 L. 

—, Schussverletzung des 109 V. 

—, Spontanruptur des 22 V. 

Herzbeutelerkrankungen, Lehrbuch von Schrott er 37 L. 
Herzbewegungen 136 V. 

Herzdilatation auf nervöser Basis, acute und chronische 134 V. 
Herzorscheinungen bei puerperaler Sepsis 157. 

Herzgegend. Schuss in die .475 (O.-A.). 

Herzhemmungsfasern 136 V. 

Herzklappenfehler in Schwangerschaft. Geburt und Wochenbett 231. 
Herzkrankheiten, diätetische Behandlung 134 V. 79 L. 

Herzmuskel. Veränderungen der Kittsubstanz der Muskelzellenbulkon des 
52 L. 

Herzostien, Veränderung mehrerer 25 (O.-A.). 

Herzspitzenstosstheorie, Martius‘sehe 76 (O.-A.). 

—, Ludwig'sche 136 V. 

Herzthätigkeit. Einfluss der Muskelarbeit auf die 58 E. 

Herztöne, mechanische Registrirung der 136 V. 

Herzvergrösserung. idiopathische 203. 

Herzwundenheilung 53 Ti. 

Herz- und Nierenkranke, Kopfschmerz von 603. 

Heubncr, 0., 71 (O.-A.). 

Hippomane Manzanilla 552. 

Hirn, Hirnhäute und Blutleiter, ot irische Erkrankungen der 67 L. 
Himabscesse 42. 62 V. 91 V. 99 V. 144 V. 153 V. 

Hirnaffeetion infolge chronisclier Nephritis 87. 

Hirnblutung hei der Narkose alter Leute 722 (O.-A.). 

Himchirurgie 62 V. 91 V. 

Hirakrankheiten. otitische 91 V. 

Hirnlähmungen der Kinder 252. 

Hirnpräparate 16 V. 

Hirnrinde, Lokalisation in der 62 V. 

Hirnschale, zertrümmerte 53 V. 

Hirntumoren 497 (O.-A.). 62 1'. 114 V. 

Hirnverletzung 511 (O.-A.). 

Hirsch, August, t 119 (O.-A.). 

— Nachruf 205. 

Histogenese des Gefässsystems 18. 

Histologie. Grundzüge der 97 L. 

Histologie. Lehrbuch von Stöhr 35. 

Histologischer Handatlas 864. 

Histomechanik 18. 

Hoden, Cystadenom des 51 V. 

—, Scheidenhautsarkom des 51 V. 

Torsion des 116. 

—, Torsion mit Missbildung des Nebenhodens 97 V. 

—, Tuberkulose des 161. 

— und Samenstrang, Tumor der Scheidenhaut des 51 V. 
Hodenexstirpatiou mit Samenstrang und Samenblase 161. 

Höhendistante Doppelbilder bei einfacher Abducensparese 394 (O.-A.i. 
Hörfähigkeit, Einheitliche Bezeichnung 181. 

Hörprüfungen 181. 

Hohlorgane, natürliche und künstliche Ausgüsse von 40 V. 

Hospitäler. Lage, Bau und Einrichtung 781 (O.-A.). 
Hüftgelenksentzündnng, tuberkulöse 374 (O.-A.). 392. 
Hüftgelenksresection, totale 31 V. 

Hüftsgeleuksverrenkungen, angeborene 64 V. 

Hüftgelenksverrenkung, nichtoperative Behandlung dm' angeborenen 17 \ 
—, pathologisch-anatomische Demonstrationen zur Operation der 17 \ . 
Humerusende. Doppelschrägbruch am unteren 112. 

Hundswuth, Schutzimpfung gegen 46 L. 

Hydrargvruminjectionen, Paraffinembolieen bei intramuskulären 600 tO.-A.i. 
764* (O.-A). 

Hydriatische Behandlung der Neuralgie 972 (O.-A.i. 

Hydrocele feminina 502 (O.-A.). 

— muliebris 871 (O.-A.). 

— testis 366 (O.-A.). 

Hydrocephalus eongenitus 22 V. 

Hydronephrose. congenitale 151 (O.-A.). 

Hydrosalpinx 161. 

Hydrotherapie bei Malaria 861 (O.-A.). 

Hygiene auf dem platten Lande und in kleinen Städten 697 (O.-A.,). 

—, Grundriss von Flügge 388. 

. Grundzttge von Prausnitz 98 L. 

—, Handbuch von Albrecht 4 L. 30 L. 62 L. 

—, Handbuch von Weyl, 45 L. 62 L. 73 L. 

— und Gewerbekrankheiten, Handbuch von v. Pettenkofcr und 

v. Ziemssen 73 L. 

Hygienische Einrichtungen in amerikanischeu Schulen 449. 

— Maassnahmen in Berlin 87. 88. 115. 138. 159. 208. 

— Untersuchungen, Anleitung zu 23. . . 

— Werke, Einwirkung auf die Gesundheit der Städte mit besonderer 

Rücksicht auf Berlin 630. 



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Kn-o-lielsvli^ül^jiyn 28 1; 

■ . KnwebonhftUttfn.’WnmlMrung der 27 VolOO V 
.y.ivnodienÄtai-k. ])lnil>i}dGiiije huii'oiiOb t.78. 502. »5B6-. 084. 

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Knödmuntkrofe, MadiusO.dVvei:. iii.^lg« lt<) V r 
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K-dobonn' dn-5 Au«^-, die »tj^fdjiirnitou 10T. 

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Kürtlkindpv'Cvt^eiv iii Hnuniinyg .55«/ - ; 

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Ki'ankintuiföinltni.u-.i'Hi Winum k k. MM 0» -.\ ' 

KnmWlOdiKSfV. AetojV^nntsntion ins lit^tilinbnn iljtind.'A ;»»’• den Rnilnn r 
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Krankenpllege» Abtbeilimy (Inn BuOUdfdJ F^ftUeuVert-iny Ob- Oik]. 

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XVII 


Kupier im Auge 313 (O.-Aa 

Kurzsichtigkeit, operative Behandlung hochgradiger 261 . ÄS. Y. 
K^tophotographisfhef Atlas 7 t» Ti. 


L. 

Labonitoriuinscholera 795 (O.-A.). 

Labyrinth, Nekrose des knöchernen 6 Y. 

Libyrinthgefösse, Atlas der 92 V. 

Labyrinthtonus. Wirkung auf die Zugcnrve des Muskels 69. 

Lictophenin 553. 

Laminektomie 95 L. 

Laparotomie 759 (O.-A.). 924 (O.-A.). 

. neue Methode 45 V. 

—. Technik der complicirten 428. 

- , vaginale 208. 

Larvirte Diphtherie 929 (O.-A.). 983. 

Laryngitis fibrinosa 197 (O.-A.). 

Laiyngoskopische Technik 65. 

Laiynx, Lepra des 231. 

Laiynxerkrankuogen. Antipyrin gegen 47. 

Larynxstenose 231. 

Larynxwand, Untersuchung der hinteren 65. 

Lateralsklerose, amyotrophische 433 (O.-A.). 12 V. 151 V. 

Lebenskraft der Kinder. Einfluss des elterlichen Alters 48 L. 
Lebensversichcriingsgesellschaften und Aerzte 347 (O.-A.). 728. 

Leber. Bedeutung für den Pankreasdiabetes 83 V. 

—, Chirurgie der 38 L. 

-. Experimente an der 40 V. 

. Stiehverletzung 759 (O.-A.). 

. tnbulöscs Adenom der 97 V. 

Leberabscess 69 L. 

- mit Protozoen 47 Y. 

Leberatrophie, acute, gelbe 448. 

Lebercirrhose 851 (O.-A.). 110 V. 102 L. 

. hypertrophische und biliär atrophische 159. 

Iiebersarkoin. Exstirpation eines primären 669 (O.-A.). 

Leberthran. Dr. Standke’s 962 (O.-A.). 

Leberverleizimg, traumatische 723 (O.-A.). 

Leber- und Magennaht 759 (O.-AA. 

Le Kort, Nachruf 138. 

Lehrbuch der Arzneimittellehre von Bernat/.ik und Vogel 2 L. 

— von Tappeiner 2 L. 

der Augenheilkunde von Fick 47 L. 

— von Fnchs 47 L. 
von Vossius 406. 

- - und Ophthalmoskopie von Schmidt-Rimpler 47 L. 

- der bactenologischen Untersuchung und Diagnostik von Heim 65 L. 

- der chemischen Physiologie und Pathologie von Halliburton 21 L. 
der Frauenkrankheiten von Fehling 61 L. 

- der Geburt sh Ulfe von Lange 48. 

der Haut-und Geschlechtskrankheiten von Joseph 392. 31 L. 

- - von W o 1 ff 277. 

L. 

ic des Menschen mit 
öhr 35. 


14 L. 
i 61 L. 
64. 


L. 

n Finger 168. 
und Wehm er 83 L. 


acli mann 97 L. 


663 (O.-A ). 


A.i. 798 (O.-A.). 


iicraueureierKraiUfungen von Schrötto 
der Histologie und der mikroskopischen An 
Einschluss der mikroskopischen Technik v« 
der inneren Krankheiten von Eysoldt 66 1 
der Kinderkrankheiten von Biedert 62 L 

- - von Sch wechten 39 L. 

J Z guuschen Arzneibehandlung von Penz< 
j 1 1Dlsc ben Untersuchungsmethoden von 
2" n? Sen v “n d Halskrankheiten von Bo sw 

" J" O^totoiide von Politzer 86. 

- d nS ft f ad - 1S< ) hen 9 hirur &ie von Hoffa 92 

- d Pathologischen Anatomie von Thoma 5 
Z ip^Pevon Bernstein 97 L. 

- £ »“*“ Chcmi «. von Ncumeist 
> l uri ^ d<*r venerischen Krankheit e 


I (.i 'tr.ni l , . e J unu ms. submucöses 144 
- SS 4 Kinde ’ ^eklemmteM..... 

Iri-S k enimun - im 48 V. 

;£ od f n * tor( i uirter wi. 

^ir P \nfo, r t,^ Ugenh ^ ,kunde V0T1 M «hcl 47 

Untiaäs ossef 8V mkr0Sk ° P,SChfi1, Prai>arato 

12 ;? (0-*A.). 666. 95 V 
anaesthetica 445 (0 - \ ) 

“ laryngis 231. ’ 

~~ tuberosa 24. 

|-eprabacLUus 95 y 

'S*™?? China 

ösrsSV'ts.MVU. 

hei . Leukämie _641 (O.-A.). 663 (< 


Uuu/ T ° Se btl Leukämie 641 
[•‘•«kopSe 85 V. 


Lexikon, diagnostisches für praktische Aerzte 716 
Leysin 42 V. 

Lichen ruber planus 88 V. 95 V. 

Lichtsinn, Beeinflussung durch Strychnin 54 \' 

Ligamentum annulare stapedis 90 V. 

I Limbus. Sarkom des 56 V. 

Linea alba, Fetthemie in der 117 V. 

Lingua accessoria 87 V. 

Lipämie 756 (O.-A.). 135 V. 

Lipomatose, diffuse 86 V. 

Lithopaedion 140. 

Lithotripsie, perineale 63 V. 

Loretin 553. 737 (O.-A.). 

; Lücke, + Nachruf 215 (O.-A.). 105 V. 
i Lues, s. Syphilis. 

— maligna 29 V. 

Luftembolie bei Placonta praevia 86 L. 

Luftprüfungsmethode auf Kohlensäure 448. 

Luftwege, die Krankheiten der oberen 447. 86 V. 108 V. 

—, Spätformen der hereditären Syphilis der oberen 43 L. 

Lunge, Diphtheriebacillen in der 144 V. 

Lungenabscess mit Protozoen 47 V. 

Lungenaktinomykose G6. 

I Lungenentzündung, zur Anatomie der 17 L. 

| Lungenfistel 408. 

Lungenheilstätte im Spessart, Verein zur Errichtung einer 572. 
Lungenhernie, erworbene 142 V. 

Lungeninduration 33 L. 

Lungenödem* Aethertod infolge von 719 (O.-A.). 144 V. 

' Lungenphthise, Neuritis multiplex bei 109 V. 

Lungenschwellung und Lungenstarrheit 388. 

Lungenschwindsucht, Pathogenese, Symptomotologic und Behandlung 54 L. 
Lungentuberkulose, neue Behandlungsmethode 330 (O.-A ). 

—. Pleuraempyeme bei 717 (O.-A.). 738 (O.-A.). 

—. Secundärinfec-tion bei 77 L. 

— und Mischinfectioneu 85 L. 

Lupus, phaneroskopische Untersuchung des 39. 

—. Parachlorphenol gegen 603. 

— hypertrophieus 88 V. 

I vulgaris 94 V. 

Lupusbehandlung mit Tuberkulin 47. 

Luxatio coxae congenita 80 V. 

Lycetol 553. 

, Ly mph cysten des Unterschenkels, traumatische 69. 

| Lymphome, gummöse 889 (O.-A.i. 

I Lymphzellen 146 (O.-A). 207. 310. 

Lysidin 130 V. 

Lysolvergiftung 683 (O.-A.). 

1HL 

Magen, direkte Elektrisation des 71 L. 

- , elektrische Durchleuchtung 86 V. 

Extraction einer Gabel aus dem 68. 

- , Grösse, Lage und Beweglichkeit des gesunden und kranken 128 V. 

- . Inhalt des gesunden nüchternen 638 (O.-A.). 

. mechanische Insufficienz des 576 (O.-A.). 

—. Stichverletzung 759 (O.-A.). 

Ulcera perforantia des 408. 

Verhalten von flüssigen und breiigen Substanzen im menschlichen 
i27 V. 

Magenacidität, titrimetrische Bestimmungen der 17 L. 

Magencarcinom 438 (O.-A.). 

Magenchirurgic 173 (O.-A.). 759 (O.-A.i. 

Magondarmerkrankungen 48. 

Mageudilatation, acute 155. 172 (O.-A.). 

Magenerkrankungen. chirurgische Behandlung 817 (0.-A.I. 

—, — Eingriffe hei 126 V. 

Magenexstirpation, Stoffwechsel nach 780 (O.-A.). 

Magenfunction. Verhalten nach Gastroenterostomie 125 V. 
Magengeschwür, operative Behandlung 48 V. 

Magengeschwüre, syphilitische 7 V. 

Mageninhalt. Ammoniak im 25 L. 33 L. 
j Salzsäure im 87. 

! Magenkrankheiten 66 L. 74 L. 

—. chirurgische Behandlung 130 V. 

—. specielle Diagnostik und Therapie, Haudbueh von Boas 944. 
Magenkrebs mit supraclaviculärcr Drüsenanschwellung 298 (O.-A.). 
Magenresection 968 (O.-A.). 

Magensaft, Pepsin im 127 Y. 

Magensaftfluss, eontinuirlicher 395 (O.-A.). 443 (O.-A.). 462 (O.-A.). 638 
(O.-A.). 

Mageustenose unterhalb des Pylorus 114. 

Magen- und Darinkrankheiten, neuere Behandlungsmethoden 98 L. 

Magen- und Darmschleim 55 V. 

Magistralformein des Berliner Gewerkskrankenvereins 47. 

Magnetextraction, die Mac Ke o w n - II i r s clib e r g'sehe Methode 592 (O.-A. >. 
Makrocheilie 85 V. 

Maladies infectieuses et ferments th£rapeuti<|iies 104 V. 

Malakin 22. 471. 

Malaria 21 V. 

Hydrotherapie Ihm* 861 (O.-A.). 
iiiDeutsehostafrika. die pernieiöse 46 L. 



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XIX 


Mvocarditis. fibrinöse 122 V. 

—, gonorrhoische 87. 

Mvocardiura. Fragmentation des 52 L. 

Mvokymie 55 V. 

Myomotomie mit intraperitonoaler Stielbehaudlung 280. 

Mvopie. operative Behandlung 261. 88 V. 

Myositis ossificans universalis 59 V. 

Mvrrholin 602 (O.-A.). 

Myxödem 180. 251 (O.-A.). 806 (O.-A.) 982 (O.-A.). 4s V. öS V. 105 V. 
121 V. 

Myxom des Herzens 9 L. 

Myxosarkom der Paukenhöhle 561 (O.-A.). 91 V. 


N. 


Nabelcyste 102 V. 

Nabelschnur, Veränderungen der 66. 

Nährböden aus Alkalialbuminaten 528 (O.-A.). 

Nährböden, eiweissfreic 18 L. 

Nährstoffe, ihre Bedeutung als Erzeuger der Muskelkraft 83 Y. 
Nakruugsmitteluntersuchung, Berathung eines einheitlichen Verfahrens 666. 
Narbcncontraction bei Transplantationen nach Thier sch 364 (O.-A.). 
Narbenpterygiuni 132 V. 

—. Heilung durch Corneatransplantation 753 (O.-A.). 

Narbenstricturen der Speiseröhre 362 (O.-A.). 382 (O.-A.). 35 L. 

Narkose, Gefahr für den Diabetiker 359 (O.-A.). 380 (O.-A.). 404 (O.-A.i. 23 V. 
—. neue Methode der allgemeinen 148 V. 

—, Operiren unter Anwendung der 605 (O.-A.). 631 (O.-A.). 

— alter Leute. Hirnblutung bei der 722 (O.-A.). 

Narkosenfrage 55 (O.-A.). 79 (O.-A.). 81 (0.-x\.). 137. 185. 188. 231. 260 
361 (O.-A.). 470 (O.-A.). 472. 719 (O.-A.). 740 (O.-A.). 7 V. 40 V 
144 V. ' ' 


Narkosenlähmung 49 V. 

Nase, Eiterungen der Nebenhöhle der 116. 

—, ihre Nebenhöhlen und Nasenrachenraum, Krankheiten der 31 L. 
Nasengegend, Missbildungen in der 137 V. 

Nasengerüst. Auftreibung durch Polypen 116 V. 

Nasenhöhle und ihre Nebenhöhlen, anatomische Tafeln 64. 

Nasenkranke. 300 auf der Giessener Ohrenklinik behandelte Fälle 56 V. 
Nasenrachenpolypen 205. 116 V. 44 L. 

Nasenrachenraum, adenoide Vegetationen 65. 

—, Entfernung von Tumoren im 92 V. 

—. Geschwulst im 35 V. 

Nasenrachenraumaflectiouen 140. 

Nasenrachentumor. Exstirpation mittels der G ussenbaurr'schen Hilfs¬ 
operation 100 Y. 

Nasenscheidewand, blutender Polyp der 87 L. 

- bezw Nasenrachenraum, Messungen des Tiefendurchmessers 80 L. 
Misenschleimhaut, Tuberkulose der 95 L. 

Nasen- und Augenerkrankungen Beziehungen zwischen 53 V. 

und Halskrankheiten, Lehrbuch von Bosworth 64. 

•Natrium benzoicuin 239. 

salicylicum bei Gelenkrheumatismus 11 L. 

Natron, jodsaures 522 (O.-A.). 

Natürliche Auslese des'Menschen 407. 

•atur^cherve^mmlung, deutsche 749 (O.-A.i. 768. 784. 120 V. 127 V. 


>apel, Assanirung 448. 

- ebenhoden. Epididymitis gummosa des 161. 
-• Missbildung 97 V. 

Nebennieren, zur Pathologie der 135 V. 

■■oci Addison‘scher KrnnL-litdf 


26 L. 


•woenmerensarkome 208 

^jähriges Doctorjubüäum 288. 

. el^se des Kochens, Radiusdefect infolge 110 V. 
ae» knöchernen Labyrinths 6 V. 

v2?u eil - de f- Herzens ’ Primäre-9 L. 

•Nephrektomie lol (O.-A.) 
transversale 63 v/ ’ ’ 

-JP ntis. acute hämorrhagische bei Diphtherie 952 (O.-A.». 

färbend- T ht ^ rieheUser,imbehandluD g ^1 (O.-A.). 
Hirnaffection^nf ,^ nter8uchun g der Hamsedimente bei 2 

- pir l ? chronischer 87. 

NerJJn ?i k lSC le AlbQ minurie 56 V. 

7- uact Veriutzuu - eu «® 1 

here< ditÄre 91. 

XervenS? neue Theorie über die Ursachen 98 L. 
NwvenWJI F ^nervensystem 88. 

509 W.-A.). 532 .O.-A 

Ä'enu s «mStoä'imi 6 9e ,- ¥ cll i c ' ieu lmd der Thiere t L. 

- (|0intus, neue ® asallshmun S des 102 L. 

~ Cialis Sr«,t h - d L er . Rssoction 309. 

- -■ ZmeissuJg dcTm Druoklähm ™S>» des Hfc 

970 « V. 

des mpncni. 1 .-. '• 


'des Ulir ' • 

'• EisenspUtteHn n d Au foi’ d i e lic, htempfindliche * s <lricht der 
Puttei in der 494 (O.-A.). 530 (O.-A.). 


82 V. 


Netzhaut, Embolie der Centralarterie der 88 V 
Neubauten, Trockeuhcitsverhältnisse in 50 L 
Neugeborene, Asphyxie der 406 (O.-A.). 

—. Blutkreislauf der 16 V. 

—, gonorrhoische Erkrankungen der Mundschleimhaut der 231. 

—, Entleerung von Sehleimconcretionen bei einem 37. 

—, Milchanhäufung in den Brustdrüsen der 068 (0 - \ i 
Neuralgie, 970 (O.-A.). 972 (O.-A.). 41 V. ‘ * ' ' 

Neurasthenie 67 L. 

Neuritis 98 L. 

— multiplex bei Lungenphthise 109 V. 

— puerperalis 935 (O.-A.). 

Neurofibrome der Haut, multiple 100 V. 

Neurologische Beitrüge 91 L. 

— casuistischo Mittheilungen 198 (O.-A.i. 

Neuromvositis 232. 

Nicotinvergiftung, chronische 552. 

Niederrhemische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn 40 66 
89. 187. 208. 22 V. 54 V. 98 V. 

Niere, Ausgang der cvanotischen Induration in (iranularatrophie 85 

— bei Cholera nostras 206. 

Nieren, Verhalten bei fibrinöser Pneumonie 42. 

—, Wirkung der Narkose auf die 87 L. 

Nierenadenome 8 L. 

Nierenaffection bei der asiatischen Cholera 66. 

Nierenaneurysma 637 iO.-A.i. 126 \ r . 

Niereneliirurgie 82 L. 

Nierenexstirpation 68. 

Nierentumoren 8 L. 9 L. 

Nierenveriinderung bei Sulfonalvergiftuug 221 (O.-A.i. 

NucleYnsäure, chemische Constitution der 47 V. 

Nystagmus der Bergleute 467. 


O. 

Oberarmbrüche 196 (O.-A.). 

Oberkieferhöhle, Gipsabgüsse und Obturatoren nach aulgcmeisseltor 90 V 
Oberschenkelbrüche, ambulatorisch behandelte >89 V. 

Obturatoren 90 V. 

Oculomotorius des Menschen, das Wurzelgebiet des 99 L. 

Oedomatöser Fötus 208. 

Oedemkiiid 259. 

Ocsophagot omie 183. 

Oesophagus, Pulsionsdivertikrl dos 65 V. 

—, Ulceration am 24. 

Oesophaguscareinom 125 V. 

()esophagusfistel. Canüle für 3 V. 

< Icsophagusstenose 160. 255. 362 (O.-A.). 382 (O.-A.) 35 L. 

— . Sonde für die Behandlung der 351 (O.-A.i. 

Ohr, Atresia acquisita 560 (O.-A.i. 

Ohrenheilkunde. Handbuch von Schwartze 446. 

—, Lehrbuch von Politzer 86. 

Ohrenkranke. 3000 auf der Giessener Ohrenklinik bchandclii* Fälle 50 V. 
Ohrenkrankheiten in ihren Beziehungen zu den Allgeineinerkrankungeü 56 L. 
Ohrmuschel. Epethelialeareinom der 90 V. 
rudimentäre 90 V. 

—, Rücklagerung hochgradig abstehender 77(5 (O.-A.). 

Ophthalmia nodosa 517 (O.-A.). 100 V. 

Ophthalmologische Arbeiten, neuere 14 (O.-A.). 

— Mittheilungen 393 (O.-A.). 753 (O.-A.). 

Ophthalmoplegia totalis 56 V. 

Ophthalmoplegie, traumatische 51 V. 

Ophthalmoskopie. Atlas von Ha ab 944. 

Ophthalmoskopirhunpe 588 (O.-A.). 683. 

r Opium-Brom gegen Epilepsie 602. 

Optik. Handbuch der physiologischen von v. Helmhol tz 964. 

Orbita, Griffelverletzung mit nachfolgendem Abscess des Stirnhirns 99 V. 
Orthopädische Apparate 31 V. 

Os hyoideiun. syphilitische Knoten des 328. 

Ost^o-arthrite fongueuse de l’nrticulation des deux premieres pieers du 
steraum 36. 

Osteochondritis dissecans 48 Y. 

Osteoidsarkom der Fibula 2 V. 

Osteom, periostealos 110 V. 

Osteomalacie 239. 71 L. 75 L. 

Osteomyelitis, Abortivhehandlnug 777 (O.-A.). 30 Y. 

—, bactcriologischc Untersuchungen 138. 

—, Darmbeinresection wegen acuter 31 V. 

—. Frühoperationen bei 29 V. 

—. gummöse 102 V. 

— non purulent* 48 V. 

Osteomyelitische Heerde, experimentelle Erzeugung von 20 Y. 
Osteoplastik in histologischer Beziehung 39 V. 

Osteoplastische Resection des Fussgelenkes 115. 

Ostitis 77 L. . 

Otitische Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und der Bhuleiter 6/ L. 

— Hirnkrankheiten 91 V. 

— Pyämie ohne Sinusphlebitis 219 (O.-A.). 

Otitischer Hirnabscess im linken Schh'ifonlappen 42. 

— Kleinhirnabscess 91 V. 144 Y. 

Ovarialschläuche von Ascaris lumbricoides 187. 

Ovarialtumoren 87 V. 



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INHALTS-VKHZKKJHNISS. 


XXI 


Heise um die Erde 109 (O.-A.). 

Repetitorium der Zahnheilkundc 57 I,. 

Resonatoren 136 V. 

Respirationsapparat 37 V. 

Retroflexio uteri 457 (O.-A.). 

Retropharyngealphlegmoue 115. 

Rettungsgesellschaft, freiwillige in Mttnchon 556. 

Revue des Sciences medicales en Franco et ä l'etranger 13 E. 
Rheumatismus, chronischer 525 (O.-A.). 

Rhinitis atrophicans foetida 451 (O.-A.). 

— tibrinosa 81 V. 116 V. 

-diphtherica 692 (O.-A.). 

Rhinoplastik 17 V. 64 V. 

Rhinosklerin 303 (O.-A.). 323 (O.-A.). 

Rbinoskopische Technik 65. 

Riesenzellensarkom 727 (O.-A.). 

Riesenzellentuberkel 235. 

Rindenblindheit 73 (O.-A.). 

Roncegno 42 V. 

Rotz 34 V. 

Rotzbacillus 703 (O.-A.). 725 (O.-A.). 744 (O.-A.). 51 E. 

Rubidiumsalze 20 L. 

Rückenmark. Chirurgie des 19 L. 

—. Degeneration und Regeneration nach Verletzung des 63 L. 

— des Menschen, Schnitte durch das erkrankte 31 L. 
Rüekonmarkskrankheiten. Chirurgie der 592 (O.-A.). 616 (0 - V i 50 V 

59 V, ' 

Rückenmarksverletzung 9 (O.-A.), 95 L. 

Rückfallfieber, ein Fall von chronischem 29 V. 

Rundzellensarkom, kleinzelliges 67 V. 

Russ- und Funkenfilnger, Loeffler’s selbsttlnitiger 746 (O.-A.). 


Sacknierenoperation 254. 

Säge für Schädelresectionen, elektromotorische 187. 

Säuglinge, Eisenatifnahme im Organismus der 32 L. 

—. Mittelohrentzündungen der 544. 91 V. 

Säuglingsemährung 839 (O.-A.). 104 L. 

Salipyrin 22. 

Salopben 22. 

Salzsäurebefund im Mageninhalt 87. 

Salzsäurebestimmung im Magen 33 L. 

Samenbläschen, Physiologie der 136 V. 

Sammlung pädagogischer Vorträge 8 E. 

Sanatorium der Invalidität^- und Altersversicherungsanstalt in Heidin 
ooi (O.-A.i. 

Sanitätsbericht von Philadelphia 845. 

>anitätsconferepz zu Paris, Beschlüsse der internationalen 490 (O.-A.). 

■ amtatsdienst in Wien, Reorganisation des städtischen 120. 
anit H8° ^ Ciere ’ ^ ens ^ 7er hältnisse im Landwehrinspectionsbezirk Berlin 

Sarcoma ovarii 89 V. 

Sarkom des Limbus 56 V. 

\°iii rechten Siebbein in die Orbita wuchernd 56 V. 

^ Thiere lS0 KrfibSgeWCbe ’ Uebertra & un £ svei ' sucllc von Menschen auf 


Sauerstoffmangel, Wirkung des 37 V 
saugflasche 895. 

*STh'p h “« Kindel - ^»fimorung 881. 

S^ttaMjrehMhmtt durch die 85 V. 

■^hadcldefeclo. plastischer Verschluss von 143 V 

VhS'l'u f thc | 78 , (O.-A.i. 4311 (O.-Aj. 

'clitt r 1 '"’ Sarkom der üi P loe der 281. 

i elektromotorische Säge 187. 

>cnadell repanatIonen 61 V 
Schalmilch 146 V. 

SSS JwSltcptobacciUus des weiche, 328. 
JSaSLX^J^^Sameush-nuges, Tumor der 51 V. 

819 ) SthWangerer ’ über das bacterienfeindlichc Verhalten di 
^89? 9 (^ 7 o b ^^ erienfeindliche s Verhalten des 867 (O.-A 

SchenkelbrQche 1 S g V ZUr VOn der bintcren 36 

S eD , lcel f lalsver bicgung 31 V 

Sj,|h° d |cne n 50 U L n ' S S * h “ der 833 <°- Ä -). 

• >kre Bedcutuuemf d« ZU ri BaS ® dow ’ schen Krank heit 76!) (O.-A.). 

■ S« re ti 0 „ s ‘™f fllr . de “ Organismus 24 V. 

S '«drü S e„ftSf “ktnf 87 (0 - LO ' 

s 1,1111618 932 io - A - ) - 934 (o - a - 

^”<« bscess ,m 42 - 

^ ka ° St,ichc und «• ihm «hulichcu Zustände 327. 


oen i elmooutemy grome 107 (O.-A.). 

öchleimconcrotionen. Entleerung bei einem Neugeborenen 37. 
ocnleimhaute, blasenbildeude Krankheiten der 3 I; 

^ScWesische Gesellschaft für vaterländische Cult.ir 232. 280. 7 V, 21 V 
id V . oo V. 109 v. .... 


Schlttssclbeinarterie, Stich Verletzung der 226 (O.-A.j. 

SCM seitigen n i97 V°' Aneurysma arteri °- /venosum traumaticum der links- 

Schlummerzellentheorie, G rawitz’selie 53 L. 

Schmerzen vasculären Ursprungs 301 (0-4) 

Schmidt, A., f 411 (O.-A.). 

Schrägfistelanlegiing an Ham- und Gallenblase und am Darin 254 
Schriftsprache, Störungen der 19 L. 

Schule, Fenstervorhäuge ip der 876 (O.-A.). 

Schulärzte 700. 

Schulhygiene in Amerika 449. 

Schulter, angeborener Hochstand der rechten 281. 

Schulterblatt. Tumor am 36. 

Schussverletzung der Schläfe 475 (O.-A.). 

— des Herzens 109 V. 


| Schwangere, bactericnfeindliches Verhalten desScÜeidensekrets 819 lO - 4 > 
—, Erbrechen der 728. . , ' 

Schwangerschaft, abdominale 24. 
j —, Geburt und Wochenbett. Herzklappenfehler bei 231. 
i — im vontrifixirten Uterus 241 (0.-4;). 56 V. 

Sclnvefelsäurevergiftung 187. 835 (O.-A.). 

Schweis.se, nächtliche der Phtbisikor 551 (O.-A.). . 

Schwindsucht, Gesellschaft zur Bekämpfung der 816. . 

Schwitzcur bei Chlorose 846 (O.-A.). ■ 7 

Scopolaminwirkung bei Augenerkrankungen 68. 263 <().-A.). 

Secale comutum gegen die nächtlichen Schweisse der Phthisiker 551 (O -A ) 
Sectionstechnik 89 L. . 

Seelisch Belastete 99 L. 

Sehen und Zeichnen 41 L. ■ . 

Sehorgan und seine Erkrankungen , in ihrer Beziehung zu den übrigem 
Krankheiten des Körpers und seiner Organe 467. 

Seitenwandbein, complicirter Bruch des, mit Krämpfen anf der entgegenge¬ 
setzten Körperseite 4 V. • " ^ . 

Selbstmorde in der preussischen Armee 450. - 

Semiotik der Pupillarreaction 91. 

Sepsis, bacteriologiscko Untersuchungen 138. 

— mit typliusähnlichem Verlauf 115. 

Septikopyämische Erkrankungen 115. 193 (O.-A.). 227 (0 - 4 ) 245 

(O.-A.). 256. " ' 

Septum ventriculorum, offenes 86 V. 

Septumpolyp 87 L. 

Sequestrotomio 100 V. 

Serumeiweissgehalt des Blutes 664 (O.-A.). 

Serumtherapie, Prinzipien der 104 V. 

— der Diphtherie, s. Diphtherie. 

Sexuelle Perversionen durch Alkoholgenuss 965 (O.-A.). 

Sigmatismus nasalis 57 V, 82 V. 

Sinusphlcbitis ex otitide 91 V. 

Sinusthrombose 92 V. 

Skiaskopie 56 V. 

Sklerodaktylie 42 V. 

Skleroderma diffusum 24. 

Sklerodermie 42. 68. 198 (O.-A.). 199 (O.-A.). 455 (O.-A.), 486 (O.-A.). 
34 V. 42 V. 82 V. 95 V. . . \ • 


Skoliose, pathologische Anatomie der 18 V. 
Soma tose 793 (O.-A.). 895 (O.-A.). 


Sondenfüttcrung saugschwaeher und dysphagischer Kinder 231. 
Sool- und Seebäder 7 L. 


Sozojodolsäurc. Desiufeetionskrafl gegenüber dem Lüff'ler.’schen Dipliterie- 
bacillus 567 (O.-A.). 583 (O.-A.). 

Spasmotin 553. 

Spastische Paraplegie 18 L. 

Speiehelsteine 1 V. 97 V. 

Speiseröhre Oesophagus. 

Sphaeelotoxin 37 V. 

Spermatoeystiris als Complication der Urethritis 94 V. 

Spermin. Einfluss auf den Stoffumsatz 83 E. 

Spiraldrahtverhäiule 223 (O.-A.). 

Spondylitis, chronische ankylosirende'7 V. 

Sprachstörung, motorische 109 V. 

Spulwürmer. Erstickung durch 111 Y. 

Sputum, asthmatisches 26 L. 

Squamöses Syphilid 88 V. 

Staatsapotheken in Holland 844. 

Stadterweiterungen, weiträumige Behauung hei 112 V. 

Standesvereine, Geschfiftsausschuss der Berliner ärztlichen 94. 117. 213, 
372. 450. 555. 783. 862. 879. 961. 

Star, grauer und grüner 467. 

Staub, Tuberkuloseübertragung durch 666. 

Stauungshyperämie 38 V. > . 

Steigbügelankylose, doppelseitige 90 Y. 

Steigbügelextraction 91 V. 1 

Stelzfüsse für einen beiderseitig Amputirten mit fehlendem linkeu Ober-, 
arm 106 V. 

Stenose der Trachea 7 f V. 

Sterbekasse Berliner Aerzto 350. 

Sternoclaviculargelenk, Anschwellung des .84 V. 



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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



INHALTS -VERZEICHNISS. 


V. 


Treinor im Anschluss an Traumen 117. 

Trepanation 68. 153 V. 

Tricuspidalinsufficienz 234. 485 (O.-A.). 

Triteminas, Ausreissung aller drei Aeste wegen Neuralgie 41 
Tnonal 46. 672 (O.-A.). 

Hamatoporphyrin im Ham nach 152 (O.-A.). 343. 23 V. 
Trockenheitsverhältnisse in Neubauten 50 L. 

Trockennekrose des Knochens 31 V. 

Troicart ä demeure zar Punction des Ascites 144 V. 

.rophische Functionen des Nervensystems 509 (O.-A.). 532 (O.-A.). 
Tubarschwangerschaft 29 (O.-A.). 59 (O.-A.). 34 V. 72 V. 83 V. 
Tubencysten 85 V. 

Tubenkrankheiten 90 V. 

Tuberculosis verrucosa cutis 281. 

Tuberkelbacillus 51 L. 

— im Blute 42 V. 

Tuberkulinbehandlung 47. 90 L. 

Tuberkulome der Nasenschleimhaut 95 L. 

Tuberkulose 116. 

r-. Ansteckungsgefahr durch den Staub 666. 

—, chirurgische 38 V. 

—. causale Behandlung der 14 L. 22 L. 

Heilverfahren 81 L. 

-, Kreosotcarbonat gegen 979 (O.-A.). 

—. Maassnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung 555. 

—. Verbreitung durch den Eisenbahnverkehr 584 (O.-A). 

— der Brustdrüse 429. 

— der Halsdröse 116. 

— der Haut 95 V. 

— der Placenta 87. 

— der weiblichen Genitalien 974 (O.-A.). 

— des Bauchfells 974 (O.-A.). 

— des Hodens 161. 

— des Kniegelenks 8 V. 

— des Peritoneums 60 L. 

— des Rachens 151 V. 

Tuberkulosenbehandlung, Bi er'sehe Methode 183. 

Tuberkulosenheilstätten, s. Heilstätten. 

Tuberkulosenheim in Wien 392. 134 V. 

Tuberkulosenhospital in Philadelphia 944. 

Tuberkulöser Ascites 849 (O.-A.) 873 (O.-A.). 

Tuberkulöse Coxitis 374 (O.-A.). 392. 

-, Ausgänge der 154. 

— Hals* und Submaxillardrüsen, Exstirpation ohne Hinterlassung einer 

sichtbaren Narbe 89 V. 

— Haftgelenksentzündung 374 (O.-A.). 392. 134 V. 

-Iritis 234. 

— Kranke, Versorgung in grossen Stödten 731. 

— Meningitis 36 L. 

Tuberkulöses Gift, Generalisation infolge von chirurgischen Eingriffen an 
tuberkulösen Heerden 96 V. 

Tubo-tympanaler Raum, erstes Auftreten des 90 V. 

Itimor am Schulterblatt 36. 

— m der linken Schläfengegend 36. 

Tympania uteri 783. 86 L. 

Typhoid biliöses 682.'. (O.-A.). 

Typbus bacteriologische Untersuchungen 1 L. 
lyphusbacillus 180. 

Typbusendemie yP ecifische Immunitfitsreaction der 898 (O.-A.). 
Typhusmfection, Blutserumwirkung auf die experimentelle 26 L. 

U. 

U<tr? 1 np? nSa ^ e3 j Ka ? als Antidot gegen Morphium 748. 

T * , ra Perforantia des Magens 408. 
blcus cruris 8 V. 95 V. 

.^ erhalt ® n dß r Verdauungsleukocytose bei 128 V. 

LDenenehe Kinder und ihr Schutz 371 
[ : 5 cle Krankenpflege 389. 

^nfa keS Ungen ’ VorlesUQ gen über, in Breslau 880. 
rSlfi^^gsgesetz 468 (O.-A.). 

Ungarwehl 1C 2^6 1IlgSSaclleI1, äratliche Gutachten in 213. 

teSi," 1 Island, Zahl der 636. 

'-oterbaucwS^ m i? tochen 1884-1890 35. 

'«rS «r ä ; Pn “ Mect in der 110 V. 

87 v - 117 v - 138 v - 

des 77 V - 

ÄÄe»r“ d ™ 69 - 
ä“Sä 8 l v - 95V - 
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_ _ ___ _ XXIII 

Uret ?0°-A.) Pi 96o1o-A) niSChei ’ Gono,Tho, ‘ 858 893 (O.-A.l 89+ 

—, die neueren Methoden der 26 V 33 V 
Urinal für Frauen 962 (O.-A.). 

Urogenitalsystem, Missbildung des 22 V. 

Urometer 93 L. 

Urticaria pigmentosa 160. 95 V. 

Uierus. Danererfolge der Operationen gegen dio Retrodevialionen des 420 

—, Schwangerschaft im ventrifixirten 241 (O.-A.). 56 V 
—, Ventrofixation des 6 (O.-A.). 457 (O.-Ä.). 667 (O- V) 

Uteruscarcinom 24 V. 107 V. 71 L. 

Uterusnrissbildung 7 V. 

. Uterusmyom 280. 429. 26 V. 

Uterusscheidenvorfall 103. 

Uterusumstülpung 131 V. 

Uterusvorfall 103 L. 


Vaccineophthalmie 22 V. 

Vaginale Laparotomie 208. 

Vaginofixation 6 (O.-A.). 149 V. 

Vasogen 350 (O.-A.). 

Vasomotorische Störungen an Händen und Füssen 519 (O.-A.). 41 V. 
Velocipedfahren, Todesfälle beim 732. 

Venenerkrankungen, varicöse, und ihr Einfluss auf die Diensttauglichkeit 
56 L. ° 

Venenthrombose 156. 

Ventilation und Heizung 45 L. 

Ventrikel, primäre Fragmentation des linken 79 L. 

Ventrofixation des Uterus 6 (O.-A.). 241 (O.-A.). 457 (O.-A.). 667 (O.-A.). 

Verbrecher und Verbrechen 92 L. 

Verbrecheranthropologie 59 L. 

Verbrennungen, Aristol bei 783. 

—, Einfluss ausgebreiteter auf den Organismus 64 V. 

—, Pikrinsäure hei 214. 

Vcrdauungsalbumosen, Einwirkung auf den thierischen, insbesondere den 
tuberkulös inficirten Organismus 134 V. 

Y 7 erdauungsapparat, Pathologie und Therapie der Krankheiten des 179. 
Verdauungsleukocystose, Verhalten bei Carcinoma ventriculi und Ulcus 
rotundum 128 V. 

Verein, allgemeiner ärztlicher in Köln 43. 80 V. 

—, ärztlicher in Hamburg 24. 42. 115. 161. 23 V. 27 V. 85 V 107 V 
144 V. 151 V. 

—, Budapester Königlicher ärztlicher 89 V. 

—, Greifswalder medicinischer 187. 261. 279. 132 V. 140 V. 149 V. 

—, naturwissenschaftlich-medicini8cher in Strassburg 68. 24 V. 37 V. 88 V. 
—, psychologischer in Berlin 984. 

— der Berliner Hiilfskassenärzte 167. 

-. UnfaUversichemngsärzte 555. 

-freigewählten Kassenärzte 727. 

— für innere Medicin in Berlin 37. 113. 155. 181. 205. 255. 310. 352. 

1 V. 12 V. 18 V. 25 V. 33 V. 41 V. 49 V. 57 V. 65 V. 73 V. 
81 V. 121 V. 129 V. 145 V. 

— für jüdische Krankenpflegerinnen 944. 

— für öffentliche Gesundheitspflege, deutscher 636. 111 V. 119 V. 

— für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg 88. 140. 160. 53 V. 

61 V. 110 V. 116 V. 142 V. 

— preussischer Medicinalbeamten 449. 

— unterelsässischer Aerzte 87 V. 117 V. 138 V. 

— zur Einführung freier Aerztewahl 350. 

Vereinigung, freie der Chirurgen Berlins 138. 183. 2 V. 61 V. 69 V. 

77 V. 97 V. 105 V. 113 V. 126 V. 

Vererbung, Descendenz und Pathologie 10 (O.-A.). 31 (O.-A.). 

Vergiftung mit Phosphor 77 L. 

Vergiftungen, Kochsalzinfusion bei 272 (O.-A.). 

Verlegenheitsoperationen 88 V. 

Vernix caseosa 92 V. 

Versammlung, s. Congress. 

Verschiebungstypus des Gesichtsfeldes 188. 

Verwundete, Fürsorge auf dem Schlachtfelde 210 (O.-A.). 235 (O.-A.). 
284 (O.-A.). 

Verwundetentransport auf dem Schlachtfeld 44 L. 

Victoriahaus in Berlin 712 (O.-A.). 

Vita sexualis, Psychologie der 35 L. 

Vivisection 984. 

Volksbadeanstalten, Bau und Betrieb 450. 

Volkszählung in Frankreich 747. 

W. 

Waarenhaus für Aerzte, Deutsches 349. 896. 

Wachabtheilung der Heidelberger Irrenklinik 845. 

Wärmapparate 131 V. 

Wärmflaschen, japanische 110 V. 

Wäscheverbrauch in den Pariser Krankenhäasem 667. 

Wahn, über den 99 L. 

Wanderniere, Fixation an die vordere Fläche des Quadratus lumboruni 
und an das Zwerchfell 155. 

Wasserbacterien 65. 

—. den Choleravibrionen ähnliche 56 V. 



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INHALTS -VERZEICHNISS. 


D. 

Dahmen 330 (O.-A.). 350 (O.-A.). 
728. 

Dapper 33 L. 

Darbney 69 L. 

Darier 239. 

Davidsohn 181. 

Debove 74 L. 

Dehio 214. 

Demme 131 V. 

Denker 90 V. 

Denys 104 V. 

Depage 96 V. 

Dessoir 35 L. 

Determann 7 L. 

Dens 588 (O.-A.). 683. 

Deutschmann 29 V. 

Deycke 528 (O.-A.). 

Diatroptoff 691 (O.-A.). 

Dickinson 388. 

Dieck 57 L. 

Dieterich. F. 603. 

Disse 388. 

Dimer 89 V. 

Dmochowski 468. 

Dobroweavow 603. 
v. Döring 123 (O.-A.). 

Dohm 142 V. 

Dolega 825 (O.-A.). 135 V. 

Dollinger 89 V. 

Donat 262. 

Domblflth 167 (O.-A.). 327. 67 L. 
Dotto 102 L. 

Dräer 567 (O.-A.). 583 (O.-A.). 
Dräsche 18 L. 

Dreher 345. 29 L. 

Dreser 54 V. 

Dronke 23. 

Dflhrung 77 L. 

Dührssen 29 (O.-A.). 59 (O.-A.). 208. 
422. (O.-A.). 716. 26 V. 45 V. 
149 V. 

Dunbar 10 L. 


Eberhart 43. 

Ebstein 589 (O.-A.). 613 (O.-A.). 
Edebohls 103 L. 

Edel 259. 26 V. 

Edinger 1 L. 98 L. 99 L. 

Ehlers 94 V. 

Ehrlich 37. 135. 353 (O.-A.). 437. 

(O.-A.). 120 V. 

Ehrmann 95 V. 

Eigenbrodt 89.’255. 30 V 
Einhorn 71L. 

Eiseisberg 48 V. 

Eisler 61 L. 

Elsenberg 603. 

Elsner 896. 912. 943. 41 V 
Emmerich 23. 896. 73 L 
Engel 135 V. 

Enoch 923 (O.-A) 

Erdös 77 L. " 

Erlanger 11 L. 

Escherich 104 L. 

Eschle 57 L 

(°.-A.). 

86.113. 166. 

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Eversbnsch 56 L. 

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F. 


Eabiy 95 V. 


V. 


Fehling 493 (O.-A.). 61 L. 
Feilchenfeld 259. 

Feleki 90 V. 

Ferrän 984. 

Ferrero 111. 

Fick 47 L. 

De Filippi 780 (O.-A.). 

Filleul 214. 

Finger 168. 93 V. 3 L. 
Finkelnburg 387 (O.-A.). 491. 12 V 
Fischei 180. 

Fischer, B., 542 (O.-A.). 565 (O.-A.) 

579 (O.-A.). ; 

Fischer, F., 117 V. 

Fischer, H., 71 L. 

Flaischlen 155. 231. 

Flatau 205. 

Flaten 19 L. 

Flechsig 602. 

Flexner 93 L. 

Flügge 388. 48 L. 
v. Fodor 104 V. 

Forel 965 (O.-A.). 

Förster 238. 

Foumier 48 L. 

Fowler 896. 

Fraenkel, A. 115. 156. 193 (O.-A.). 
205. 207. 227 (O.-A.). 245 (O.-A.). 
256. 831 (O.-A.) 49 V. 129 V. 5 L. 
Fraenkel, C. 118. 984. 

Fraenkel, E. (Breslau) 19. 280. 420 
(U.-A.). 428. 21 V. 42 L. 103 L. 
Fränkel, E. (Hamburg) 161. 87 V. 
70 L. 

Frank, E., 131 V. 

Frank, H., 155. 255. 392. 429. 466. 
17 V. 29 V. 47 V. 96 V. 16 L. 
28 L. 36 L. 60 L. 64 L. 68 L. 
87 L. 

Frank, K., 4 L. 

Frees 849 (O.-A.). 873 (O.-A.). 
Freudenberg 47. 86. 3 L. 42 L. 
Freund 69.88 V. 138 V. 
v. Frey 467. 136 V. 

Freyhan 58 (O.-A.). 389. 707 (O.-A.). 

64 L. 66 L. 71 L. 79 L. 94 L. 
Freymuth 649 (O.-A.). 829 (O.-A.). 
Frickenhaus 634 (O.-A.). 

Friedheim 199 (O.-A.). 

Friedländer 115. 230. 

Friedmann 99 L. 

Friedrich 7 L. 

Frith 896. 

Fritsch, G., 345. 

Fritsch, H., 6 (O.-A.). 

Frölich 570. 

Fuchs 47 L. 

Fürbringer 28 (O.-A.). 37. 293 (0.- 
A.). 311. 318 (O.-A.). 446. 1 V. 

1 L. 13 L. 24 L. 82 L. 90 L. 
Fürst 709 (O.-A.). 29 V. 85 V. 
Fürstner 621 (O.-A.). 88 V. 117 V. 

G. 

Gad 716. 136 V. 

Gaertner 104 L. 

Gaflky 112 V. 

Galatti 11 L. 

Gallet 96 V. 

Gaule 509 (O.-A.). 532 (O.-A.). 
Gebert 82 V. 

Gebhard 86 L. 

Gebhardt 155. 

Gentilü 85 L. 

Gerber 140. 116 V. 43 L. 

Gerdes 89 L. 

Gerhardt 130 V. 

Gerke 502 (O.-A.). 

Gerlach 445 (O.-A.). 

Gigli 28 L. 

Gilbert 842 (O.-A.). 

Glatz 11 L. 

Glaz 134 V. 79 L. 

Gluck 278. 5 V. 67 V. 77 V. 
Goldendach 551 (O.-A.). 

Goldscheider 66. 376 (O.-A.). 592 
(O.-A.). 616 (O.-A.). 50 V. 59 \. 
Golebiewski 53 V. 

Golgi 291 (O.-A.). 317 (O.-A.). 
Gordon, M., 272 (O.-A.). 

Gordon, Gertrud 811 (O.-A.). 


Gottschalk 112. 259. 131 V. 36 L 
40 L. 

Gottstein 64. 44 L. 46 L. 70 L 
92 L. 

Grabow 40 L. 24 V. 

Granville 239. 

Grawitz 307.625 (O.-A.). 786 (O.-A.). 

Greif 979 (O.-A). 

Griesbach 47 (O.-A.). 

Grimm 15 V. 47 V. 48 V. 
Grossheim 88 L. 

Grossmann 55 (O.-A.). 81 (0 -A ) 
253. 470 (O.-A.). 136 V. 100 L. 
Grube (Halle) 67 L. 

Grube (London) 253. 

Grube (Neuenahr) 1 L. 

Gruber 119 V. 

Grünfeld 94 V. 85 L. 

Grttnwald 56 L. 

Grützner 308. 897 (O.-A.). 136 V. 

2 L. 13 L. 97 L. 

Günther, Carl 407. 943: 49 L. 97 L 
Guenther, Paula 864. 

Gueterbock 2 L. 

Guldberg 879 (O.-A). 

Gumprecht 546 (O.-A.). 756 (O.-A.) 
135 V. 94 L. 

Gurlt 215 (O.-A.). 40 V. 105 V. 
Gutmann, G. 51 V. 

Guttmann, S. 35. 112. 

Guttmann, W. 889 (O.-A.). 
Guttstadt 507 (O.-A.). 69 L. 
Gutzmann 181. 

Guye 91 V. 

Guyon 636. 

H. 

Haab 944. 

Haas 783. 

Haberda 104 L. 

Habs 17 V. 
v. Hacker 35 L. 

Haeckel 345. 48 V. 

Haenel 79 L. 

Haffkine 619. 

Hagemeyer 570. 

Hager 928. 

Hahn (Berlin) 557 (O.-A.). 637 (0.- 
A.). 817 (O.-A.). 126 V. 

Hahn (Hamburg) 144 V. 

Hajnos 77 L. 

Halasz 89 V. 

Halbeis 65. 

Halle 716. 

Hallervorden 54 V. 116 V. 
Halliburton 21 L. 

Hailock Park 101 L. 

Hamburger 234. 485 (O.-A.). 

Hamm 8 L. 

Hammerschlag 127 V. 

Hannes 63 L. 

Hansberg 90 V. 91 V. 

Hansemann 983. 149 V. 153 V. 

154 V. 

Hardie 668. 

Harke 40. 86 V. 108 V. 

Harrison 63 V. 

Hartmann 389. 544 (O.-A.). 571 
(O.-A.). 91 V. 92 V. 

Hartung 600 (O.-A.). 

Haslam 60 L. 

Haug 776 (O.-A.). 56 L. 

Hauptmann 446. 

Hauser 136. 39 L. 

Havelock Ellis 92 L. 

Havemann 679 (O.-A.). 

Hayem 13 L. 29 L. 

Hegar 17 (O.-A.). 85 L. 

Heidenhain 262. 18 V. 38 L. 

Heim 41 L. 65 L. 

Heintze 235. 100 V. 

Heitzmann 100 L. 

Helferich 3. 187. 31 V. 39 V. 40 V. 

151 V. 100 L. 
v. Helmholtz 964. 

Hempel 839 (O.-A.). 

Henius 92 (O.-A.). 262 (O.-A.). 347 
(O.-A.). 389. 798 (O.-A.). 863. 

Henle 21 V. 39 V. 

Herbig 83 L. 


_____ XXV 

Herczel 64 V. 
v. Herff 39 L. 

Herhold 9 (O.-A.). 361 (O.-A.). 511 
(O.-A.). 755 (O.-A.). 6 V. 
Hermann 634. 13 L. 

Heron 666. 

Herrlich 142 V. 

Herting 343 (O.-A.). 

Herz 790 (O.-A.). 109 V. 

Herzog 198 (O.-A.). 

Heubner 701 (O.-A.). 929 (0.-\) 
984. 118 V. 91 L. 

Heuck 86 L. 

Heusler 740 (O.-A.). 

Heusner 196 (O.-A.). 223 (O.-A) 
31 V. V 

Heymann 447. 82 V. 87 L 
Hilbert 142 V. 

Hildebrand 9 L. 

Hillemanns 22V. 100V. 517 (O.-A.). 
Hinckeldeyn 112 V 
Hirsch, K. 646 (O.-A.). 

Hirsch, W. 82 L. 

Hirschberg 109 (O.-A.). 252. 313 
(O.-A.). 494 (O.-A.). 530 (O.-A.). 
733 (O.-A.). 832 (O.-A.). 
Hirschfeld 33 L. 

Hirsch)aff 243 (O.-A.). 

Hirt 459 (O.-A.). 

Hoche 4 L. 

Hochsinger 231. 94 V. 10 L. 
Hodenpyl 66. 

Högyes 666. 

Hoffa 17 V. 18 V. 61 V. 64 V 
16 L. 92 L. 
v. Hoffer 82 L. 

Hoffmann 187. 224 (O.-A.). 
v. Hofmann 11 L. 

Hofmeister 31 V. 

Hogge 328. 

Hofländer 92 L. 

Holz 35 V. 

Honigmann 87. 100 V. 66 L. 
van Hook 71 L. 
van Hoorn 94 V. 

Hopmann 213 (O.-A.). 945 (O.-A.) 
80 L. 

Hoppe-Seyler 37 V. 

Horicigka 943. 

Horn 85. 

Horstmann 3 L. 47 L. 

Hougberg 27 L. 

Hübener 656 (O.-A.). 813 (O.-A.). 
Hückel 100 L. 

Hürthle 267 (O.-A.). 136 V. 

Hügel 728. 

Huggard 603. 

Hughes 74 L. 

Hu^uenin 78 L. 

Huismans 154. 

Husemann 819 (O.-A.). 

I. 

Ipsen 19 L, 

Isaeff 305 (O.-A.). 

Israel, J. 182. 669 (O.-A). 82 L. 
Israel, 0. 87. 52 L. 137 V. 

Itzerott 65 L. 

J. 

Jacob (Berlin) 641 (O.-A.). 663(O.-A). 
26 V. 

Jacob (Cudowa) 134 V. 

Jacobi 93 V. 

Jacobj 37 V. > 

Jacoby 539. 

Jadassohn 234. 281. 282. 93 V. 

95 V. 101 V. 110 V. 31 L. 

Jaeger 409 (O.-A.). 

Jakowleff 851 (O.-A.). 

Jakowski 204. 
v. Jaksch 64 L. 69 L. 

Janicke 7 V. 

Jannowski 51 (O.-A.). 

Janowski 468. 

Jansen 92 V. 

Jerosch 53 V. 

Jessen 42. 

Jessner 48. 88. 140. 760 (O.-A.). 
Joachimsthal 460 (O.-A.). 77 V. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



XXVI 


INHALTS - VERZEICHNIS. 


Jo61 91 V. 

Jolly 153 V. 

Jolles 408. 

Jores 208. 

Joseph 111. 112. 277. 392. 31 L. 

43 L. 48 L. 72 L. 77 L. 103 L. 
Jnrasz 80 L. 87 L. 95 L. 


K. 

Kader 283. 21 V. 

Kaempffer 683 (O.-A.). 
v. Kahlden 33 L. 

Kaiser, K. 21 L. 

Kaiser 86 V. 

Kallius 144 V. 

Kann 981 (O.-A.) 

Kantorowicz 468. 

Kaposi 112. 92 V. 

Karewski 137.777(O.-A.). 839(0.-A.). 

970 (O.-A.) 30 V. 41 V. 51 V. 
Kärmän 89 V. 

Käst 7 V. 

Katz 57 V. 60 V. 77 V. 

Kaufmann 116. 

Kehr 47 V. 

Keller 231. 72 L. 86 L. 95 L. 
Kellner 277. 

Kelly 668 L. 42 L. 71 L. 
Keresztszeghy 63 L. 
v. Kerschensteiner 112 V. 

Kessel 91 V. 

Kötly 89 V. 4 L. 

Killian 65. 

Kinscherf 64 L. 

Kirchgässer 226 (O.-A.). 

Kirchner 539. 

Kirmisson 64 V. 

Kirn 59 L. 

Kirstein 87 L. 102 L. 

Klebs 397 (O.-A.). 14 L. 22 L. 
Klein, E. 97 L. 

Klein S. 201 (O.-A.). 798 (O.-A.). 
Klemensiewicz 276. 

Klemperer 179. 255. 435 (O.-A.). 
666. 25 V. 65 V. 138 V. 37 L. 
38 L. 81 L. 

Klipstein 982 (O.-A.) 

Knecht 77 V. 

Knies 467. 

Knopf 681 (O.-A.). 

Kobert 203. 573 (O.-A.). 598 (O.-A.). 

884 (O.-A.). 89 L. 

Koch, F. (Berlin) 677 (O.-A.). 77 V. 
Koch, R. (Berlin) 119 V. 

Koch (Braun schweig) 56 L. 

Koch (Breslau) 234. 101 V. 

Koch (Dorpat) 883 (O.-A.). 

Koch (Göttingen) 6 L. 

Köbner 3 L. 

Köhler 252, 4 V. 7 V. 

Kölliker 895 (O.-A.). 

König (Berlin) 964. 82 V. 

König (Göttingen) 62 V. 

Koemer 91 V. 67 L. 

Körösi 48 L. 135 V. 

Körte 137. 139. 171 (O.-A.). 260. 
484 (O.-A.). 863. 47 V. 48 V. 
105 V. 114 V. 126 V. 38 L. 
Köttnitz 112. 

Kohl 82 L. 

Kohn 33 L. 

Kollm 697 (O.-A.). 

Kollmann 42 L. 

Kor&nyi 4 L. 

Korsch 527 (O.-A.). 38 V. 

Kosinski 729. 

Kossel 47. 146 (O.-A.). 207. 310. 
353 (O.-A.). 823 (O.-A.). 946 
(O.-A.). 47 V. 21L. 46 L. 102 L. 
Kossmann 164 (O.-A.). 212. 
Kotelmann 8 L. 

Kowalewsky 43 L. 

Kraepelin 845. 55 L. 
v. Krafft-Ebing 25 L. 

Kratschmer 74 L. 

Kratter 467. 70 L. 

Krause 107 V. 

Krehl 37 L. 38 L. 

Kremer 667. 

Kresling 51 L. 

Krieg 408. 


Krönig 819 (O.-A.). 35 V. 42 V. 
Krön 49 V. 4 L. 103 L. 

Kronthal 31 L. 

Krüger (Berlin) 26 V. 

Krüger (Rostock) 411 (O.-A.). 
Krukenberg 23 V. 

Kruse (Bonn) 513 (O.-A.). 

Kübler 28 L. 

Kümmell 115. 628 (O.-A.). 63 V. 

85 V. 87 V. 108 V. 

Könne 846 (O.-A.). 

Küster 17 V. 29 V. 48 V. 

Küstner 414 (O.-A.). 945 (O.-A.). 
21 V. 54 L. 

Kuhn 87. 560 (O.-A.). 793 (O.-A.). 

91 V. 117 V. 

Kuhnt 53 V. 

Kunzen 918 (O.-A.). 

Kuprianow 149 V. 

Kurelia 92 L. 

Kutner 50 V. 

Kutscher 56 V. 144 V. 


Lissa 84 L. 

Litten 182. 129 V. 

Lode 136 V. 17L. 

Loebisch 277. 

Loeffler 801 (O.-A.). 881 (O.-A.). 

894. 118 V. 132 V. 140 V. 
Löhlein 241 (O.-A.). 430 (O.-A.). 

56 V. 87 V. 143 V. 144 V. 
Loewe (Berlin) 238. 

Löwenhardt 83 V. 

Löwenthal 25 L. 33 L. 

Loewy 46 V. , 

Lohnstein 529 (O.-A.). 657 (O.-A.). 
894 (O.-A.). 19 V. 26 V. 33 V. 
93 L. 

Lombroso 111. 

Lorenz 924 (O.-A.). 

Lubarsch 276. 3 L. 8 L. 10 L. 

14 L. 22 L. 26 L. 51 L. 8 t L. 
Lublinski 857 (O.-A.). 

Lüders 895. 


T ...... QQß fC\ _ Ä 


Kyri 136 V. 


L. 

Laache 204. 301 (O.-A.). 643 (O.-A.). 
Landau 21 V. 36 V. 43 V. 94 L. 
Länderer 911. 71 L. 

Landgraf 114. 

Landmann 235. 

Lang, 72 L. 

Lange 48. 

Langenbuch 210 (O.-A.). 235 (O.-A.). 

284 (O.-A.). 968 (O.-A). 

Langer 35 L. 

Langerhans 33 V. 

Lanz 200 (O.-A.). 

Laqueur 88 V. 

Laser 61 V. 

Lassar 450. 40 V. 42 V. 47 V. 
Latschenberger 136 V. 

Lauenstein 116. 161. 18 V. 48 V. 
Laves 77 L. 

Lavista 62 V. 

Lazarus 15 V. 25 V. 

Ledderhose 69. 48 V. 

Leguen 60 L. 

Lehmann 87. 845. 

Lehmbacher 44 L. 

Leichtenstem 251 (O.-A.). 932 

(O.-A.). 

Leloir 77 L. 

Lemcke 91 V. 

Lemke 809 (O.-A.). 953 (O.-A.). 
Lenhartz 66 L. 

Lennhoff 156. 121 V. 

Lent 450. 

Leo (Bonn) 42. 204. 277. 409. 54 V. 
21 L. 25 L. 33 L. 57 L. 69 L. 
77 L. 78 L. 93 L. 

Leopold, G. 277. 

Löpine 298 (O.-A.). 371. 

Leppmann 99 L. 

Leser 18 V. 31 V. 

Lesser 203. 764 (O.-A.). 
v. Leube 446. 

Leube 1 (O.-A.). 

Levertin 112. 

Levy, E. 139 V. 81 L. 

Lewald 345. 846. 19 L. 27 L. 43 L. 

59 L. 87 L. 96 L. 

Lewandowski 86. 

Lewin 111. 217 (O.-A.). 259. 538 
(O.-A.). 551 (O.-A.). 66 V. 74 V. 
82 L. 

Lewy 145 V. 

Lexer 20 V. 97 V. 

Leyden 66. 113. 157. 475 (O.-A.). 
731. 750 (O.-A.). 913 (O.-A.). 
33 V. 67 V. 82 V. 85 V. 122 V. 
1 L. 

Libbertz 927 (O.-A.). 

Liöbault 327. 

Liebermeister 90 L. 

Lichtenstein 783. 

Liebreich 39. 539. 92 V. 

Liögois 239. 

Liermann 871 (O.-A). 38 V. 

Lilien 12 V. 

Lilienfeld 26 V. 53 V. 
v. Limbeck 563 (O.-A.). 


M. 

Maass 125 V. 30 L. 45 L. 54 L. 

62 L. 65 L. 74 L. 

Maasen 276. 

Maassen 18 L. 

Mac Donald 154. 

Mac Ewen 62 V. 

Macgregor 896. 

Mackenrodt 124 V. 

Macral 830. 

Maffuci 3 L. 

Magnan 24 L. 

Magnus 14 (O.-A.). 73 (O.-A.) 181. 

466. 467. 61 V. 69 L. 

Malcolm 896. 

Malvoz 1 L. 

Manchot 115. 161. 29 V. 

Mandry 429. 

Manley 11 L. 

Mann 8 V. 

Mannaberg 230. 

Maragliano 408. 

Marchand 9 L. 

Marcuse 83 V. 

Marie 77 L. 

Marinesco 77 L. 

Markwald 144 V. 102 L. 

Martin 254. 414 (O.-A.). 863. 101 L. 
Martius 638 (O.-A.). 128 V. 

Masse 62 V. 

Massei 92 L. 

Matthaei 417 (O.-A.). 

Matthes 134 V. 

May 235. 85 V. 

Maydl 63 V. 

Meissner 153. 

Meitzer 58 L. 

Mencke 254. 

Mendel 912. 121 V. 

Mendelsohn 610 (O.-A.). 122 V. 
145 V. 76 L. 

Menge 867 (O.-A.). 891 (O.-A.). 
907 (O.-A.). 

Merke 254. 571. 587 (O.-A.). 783 
O.-A.). 846. 

Merkel 471. 61 L. 

Messner 32 V. 

Methner 281. 

Metschnikoff 119 V. 
v. Meyer 429. 

Meyer, A. (Hamburg) 111 V. 

Meyer, A. (Würzburg) 364 (O.-A.). 
Meyer, C. 79 L. 

Meyer, E. 126 V. 

Meyer, G. 450. 519 (O.-A.). 683. 
747. 780 (O.-A.). 813 (O.-A.). 894. 
896. 41 V. 

Meyer, H. 626 (O.-A.). 

Meyer, W. 8 L. 

Meyerhold 235. 

Michael 64. 65. 116. 190 (O.-A.). 
Michel 47 L. 

Middeldorpf 48 V. 

Mikulicz 8 V. 85 V. 95 V. 

Müler 277. 408. 92 L. 

Mittermaier 716. 

Moebius 24 L. 91 L. 


Möller 928. 

Moll 815 (O.-A.). 82 L. 

Mommsen 107 (O.-A.). 

Moos 748. 

Moravesck 86 L. 

Moritz 127 V. 

Morris 77 L. 

Morro 672 (O.-A.). 867 (O.-A.). 
v. Mosetig-Moorhof 168. 

Mosler 140 V. 

Müller (Breslau) 281. 

Müller (Halle) 515 (O.-A.). 535 
(O.-A.). 688 (O.-A.). 706 (O.-A.). 
916 (O.-A.). 955 (O.-A.). 977 
(O.-A.). 

Müller (Hamburg) 87 V. 

Müller (Marburg) 627 (O.-A.). 
Mueller (Posen) 748 (O.-A.). 
Müllerheim 277. 

Münzer 388. 57 L. 


73 L. 

Munro 449. 

Murphy 63 V. 
Musehold 451 (O.-A.). 
Mya 943. 


N. 

Nahmacher 20 L. 

Nasse 40 V. 68 V. 76 V. 98 V. 

131 V. 153 V. 

Nath 666. 53 V. 

Naunyn 87 V. 139 V. 

Nauwerck 111 V. 89 L. 

Neisser 88. 160. 180. 355 (O.-A.). 
870 (O.-A.). 22 V. 83 V. 95 V. 
96 V. 

Neuhaus 406. 

Neumann (Berlin) 105 (O.-A.). 230. 
263. 371. 555. 661 (O.-A.). 895. 
126 V. 11 L. 39 L. 62 L. 91 L. 
104 L. 

Neuraann (Königsberg) 502 (ü.-A.) 
Neumeister 2 L. 

Newington 912, 

Newmark 18 L. 

Nicolaier 19. 65 L. 

Nicoll 19 L. 

Nieden 467. 102 V. 

Nisser 56 V. 

Nitze 76 L. 

Noble-Smith 64 V. 

Nocht 407. 

Noöl 635. 

Nonne 24. 144 V. 151 V. 
v. Noorden 35 V. 33 L. 

Norman 44 L. 

Nothnagel 37 L. 

Nussbaum 50 L. 


O. 


Oberg 29 V. 

Oberländer 24 L. 

Oebecke 18 L. 27 L. 

Oestreich 18 V. 52 L. 

Ogata 306 (O.A.). 
Ohmann-Dumesnil 103 L. 

Ohrtmann 926 (O.-A.). 941 (O.-A.). 
129 V. 

Olshausen 131 V. 132 V. 137 V. 
Onodi 64. 

Oppenheim 578 (O.-A.). 
Oppenheimer 864. 

Ord 36 L. 

Omstein 912. 

Orthmann 465 (O.-A.). 488 (O.-A.). 
Osswald 56 V. 

Ostermayer 89 V. 

Ostertag 214. 

Oswald 728. 

Otto 56 V. 


P. 

Pagel 120 (O.-A.). 252. 910 (O.-A.). 
53 L. 

Pansini 694 (O.-A.). 

Parreidt 408. 

Paschkis 112. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



INHALTS - VERZEICHNISS. 


Pawinski 41 L. 

Pawlowsky 303 (O.-A.). 323 (O.-A.). 
64 V. 

P6an 63 V. 

Pelman 327. 24 L. 91 L. 99 L. 
Penzoldt 14 L. 37 L. 

Pertik 119 V. 

Peters 68. 188. 263 (O.-A.). 

Petersen 18 V 94 V. 

Petit 732. 

Petrini 94 V. 95 V. 
v. Pettenkofer 73 L. 

Pfannenstiel 72 V. 83 V. 

Pfeiffer. A. (Wiesbaden). 388. 6(36. 

667. 31 L. 45 L. 49 L. 

Pfeiffer. R. (Berlin), 305 (O.-A.). 

898 (O.-A.). 

Pfuhl 407. 

Philipps 239. 

Piek 563 (O.-A.). 34 V. 93 V. 

Piper 408. 

Pistor 238. 

Placzek 67 V. 81 V. 44 L. 

Plant 920 (O.-A.). 

Podack 53 V. 111 V. 

Poehl 93 L. 

Politzer 86. 

Poore 619. 

Poppert 719 (O.-A.). 143 V. 144 V. 
Port 388. 

Porter 27 L. 

Posner 86. 134 V. 

Postcmpsky 62 V. 

Prausnitz 584 (O.-A.). 98 L. 

Predöhl 66. 

v. Preuschen 262. 280. 

Prudden 102 L. 

Punitzer 110 V. 

Puppe 854 (O.-A.). 874 (O.-A.). 
Putnam 180. 

Pvle 95 L. 


Quincke 19. 


B. 


Rabow 4 L. 

Raether 85 V. 107 V. 
v. Ranke 896. 

Ranke 16 L. 21 L. 

Ratjen 86 V. 
v. Recklinghausen 77 L. 

Recknagel 73 L. 

Reger 39 V. 

Rehn 265 (O.-A.). 

to“*« 42 - 87.181. 667. 28 L. 43 L. 

R 1Äl.^ 0 l A ' ) - 895(0 - a - ) - 

Reineke 795 (O.-A.). 845. 

Remecke 31 L. 

Reiner 104 L. 

Reinhard 90 V. 91 y 
Reinke 111 V. 

Remak 112. 

Rembold 963 (O.-A.) 

R^mond 74 L. 

Renvers 37. 52 (O.-A.) 
je Renzi 54 L. ' 

Rethi 65. 

jrcftSi,»“-- 

Rhumbler 78 L 

66L - 78L - 


Kchter* 2 e V L ' 

Rieder 27 V ' 51 L. 71 L. 


Riehl 95 V ‘ 
» 95 L. 

38 V 


■A.)! 660 (0.. 


Robson 62 V. 

Rochs 97 V. 

Roechling 111 V. 

Röse 252. 

Roller 846. 

Rosenau 154. 

Rosenbach 327. 135 V. 94 L. 
Rosenbauin 627 (O.-A.). 

Rosenberg 64. 137. 603 (O.-A.). 728 
(O.-A.). 1 V. 68 V. 148 V. 31L. 
Rosenberger 62 V. 

Rosenheim 179. 309. 608 (O.-A.) 
57 V. 68 V. 125 V. 130 V. 10 L. 
17 L. 25 L. 34 L. 66 L. 74 L. 
98 L. 

Rosenthal 549 (O.-A.). 96 V. 131 V. 
Rosin 10 L. 26 L. 

Rosinski 231. 110 V. 

Rossi 64 V. 

Roth, E., 84 L. 

Rothmann 336 (O.-A.). 

Rotter 182. 39 V. 124 V. 

Roux 346. 104 V. 118 V. 

Rubner 65. 

Rttdel 25 L. 

Rüdiger 680 (O.-A.). 

Rüdinger 53 L. 

Ruetc 923 (O.-A.). 

Ruhemann 522 (O.-A.). 842 (O.-A.). 
Rumpf 204. 

S. 


Saalfeld 783. 95 V. 96 V. 

Sabrazös 10 L. 

Sacerdotti 57 L. 

Sachalin 525 (O.-A.). 

Sachs 252. 

Saenger 42. 

Sahli 34 L. 61 L. 

Saint-Hilaire 47. 

Salomon 40. 88. 115. 138.183. 208. 
232. 279. 21 V. 26 V. 35 V. 46 V. 
53 V. 61 V. 77 V. 126 V. 132 V. 
138 V. 156 V. 

Salzburg 602. 

Samelsohn 91. 137. 

Samelson 99 V. 

Samter 727 (O.-A.). 53 V. 

Sarfert 184. 371 (O.-A.). 

Sattler (Heidelberg) 154. 56 L. 
Sauerhering 330 (O.-A.). 

Scagliose 102 L. 

Schadewaldt 87 L. 

Schaefer 20 L. 

Schäffer 95 V. 

Schaeffer 65. 408. 56 L. 

Schanz 920 (O.-A.). 

Schauta 97 (O.-A.). 154. 

Schech 197 (O.-A.). 

Schede 161.541 (O.-A.). 17 V. 86 V. 
Scheiber 136 V. 

Scheier 87 L. 

Scheinmann 35 V. 73 V. 81 V. 
Schellong 74 L. 

Scheunemann 72 V. 

Scheyer 128 V. 

Schiess 3 L. 

Schiess-Bey 682 (O.-A.). 

Schill 388. 409. 539. 570. 650. 7 L. 

44 L. 56 L. 

Schiller 22 V. 

Schimmelbusch 19. 575 (O.-A.). 31V. 
97 V. 

Schippers 896. 

Schirmer 261. 393 (O.-A.). 592 
(O.-A.). 753 (O.-A.). 132V. 149V. 
150 V. 

Schjeming 64 V. 

Schlayer 231. 

Schleich 40 V. 

Schlesinger 134 V. 

Schlichter 57 L. 

Schliep 188 (O.-A.). 

Schmaltz 601 (O.-A.). 

Schmaus 85. 3 L. 10 L. 17 L. 
Schmidt (Bonn) 76 (O.-A.). 137.187. 

54 V. 26 L. 

Schmidt (Erdmannsdorf) 982 (0,-A). 
Schmidt (Frankfurt a. M.) 447. 806 
(O.-A.). 

Schmidt (Schönau) 962 (O.-A.) 


Schmidt (Strassburg) 24 V. 
Schmidt-Rimpler 833 (O.-A.). 47 L. 
Schmitz, C. 57 L. 

Schmitz, K. 92 L. 

Schnirer 716. 

Schnitzler 763 (O.-A.). 

Schön 467. 

Schönheimer 131 V. 

Schott 561 (O.-A.). 581 (O.-A.). 
Schrank 65 L. 

Schreiber 160. 395 (O.-A.). 443 
(O.-A.). 462 (O.-A.). 

Schrötter 37 L. 

Schuberg 78 L. 

Schubert 476 (O.-A.). 

Schuchardt 48 V. 106 V. 113 V 
Schürhoff 109 V. 

Schütt 962 (O.-A.) 

Schütz (Hamburg) 162. 23 V. 86 V. 
144 V. 

Schultze 67. 68. 91. 152 (O.-A.). 

450. 23 V. 54 V. 98 V. 41 L. 
Schulz 104 L. 

Schumacher 844. 

Schumburg 586. 636. 650. 803 
(O.-A.). 828 (O.-A.). 836 (O.-A.). 
46 L. 88 L. 

Schwabach 181. 249 (O.-A.). 67 L. 
Schwalbe (Berlin) 47. 71 (O.-A.). 
135. 137. 180. 229. 290 (O.-A.). 
332 (O.-A.). 388. 391 (O.-A.). 
428. 432 (O.-A.). 579 (O.-A.). 700. 
712 (O.-A.). 732. 749 (D.-A.). 816. 
943. 952 (O.-A.) 5 L. 6 L. 13 L. 
37 L. 41 L. 52 L. 57 L. 59 L. 
78 L. 79 L. 81 L. 86 L. 94 L. 
Schwalbe (Strassburg) 68. 88 V. 
Schwartze 446. 

Schwarzschulz 234. 100 V. 
Schwechten 39 L. 

Schweigger 47 L. 

Sde 309. 

Seelig 110 V. 

Seeligmüller 12 (O.-A.). 33 (O.-A.). 

62 (O.-A.). 408. - 

Sehrwald 66. 137. 180. 203. 205. 
239. 309. 327. 388. 448. 449. 603. 
635. 667. 747. 864. 27 L. 42 L. 
58 L. 69 L. 71 L. 74 L. 77 L. 
96 L. 

Seitz 230. 896. 

Senator 159. 433 (O.-A.). 12 V. 
26 L. 

Sendtner 45 L. 

Sendziak 620. 

Senger 112. 214. 255. 722 (O.-A.). 

48 V. 2 L. 28 L. 80 L. 

Seydel 53 V. 

Sharples 95 L. 

Sick 27 V. 

Siebenman 90 V. 92 V. 

Siegel 400 (O.-A.). 426 (O.-A.). 
Sieveking 87 L. 

Sievers 309. 

Sigl 911. 

Silbermann 231. 388. 55 L. 75 L. 

91 L. 

Silex 47 L. 

Simmonds 24 V. 

Sippel 974 (O.-A.). 

Sirena 102 L. 

Sittmann 52 L. 

Snegirew 747 (O.-A.). 

Snell 59 L. 

Solman 173 (O.-A.). 

Sommer 856 (O.-A.). 55 L. 
Sommerfeld 49 L. 

Sonnenburg 139.140.187.930(0.-A.). 

7 V. 62 V. 114 V. 126 V. 6 L. 
Spalteholz 16 L. 

Spengler 85 L. 

Sperling, M. 957 (O.-A.). 

Sperling, P.22. 46. 70. 92. 117.143. 
163. 164. 212. 278. 430. 540. 586. 
619. 800. 845. 961. 54 V. 7 L. 

103 L. 

Staffel 48 V. 

Stanziale 72 L. 

Steinbrügge 56 V. 91 V. 144 V. 

Stern 221 (O.-A.). 135 V. 3 T ’ 

L. 70. L. 

Stemberg 239. 


L. 26 


_ XXVII 

Sternfeld 277. 

Steudel 46 L. 

Sticker 274 (O.-A.). 

Stilling 16 V. 

Stimpfl 8 L. 

Stintzing 37 L. 

Stockmann 141. 

Stöhr 35. 

Stoitseheff 59 L. 

Stolper 234. 7 V. 22 V. 102 V. 109 V 
Strasser 861 (O.-A.). 57 L. 
Strassmann 203. 16 V. 11 L. 20 L. 
40 L. 

Strauss 56 V. 33 L. 

Stroebe 63 L. 

Stuart 845. 

Sturmann 40 L. 

Stutzer 73 L. 

Sudek 24. 24 V. 8 L. 9 L. 

Sultan 675 (O.-A.). 

Szana 351. 


T. 

Tappeiner 2 L. 

Tatzel 99 L. 

Taussig 69 L. 

Tedeschi 52 L. 

De Terra 57 L. 

Teuscher 57 L. 

Thirier 36. 

Thoma 18. 5 L. 

Thomson 100 V. 

Thompson 59 L. 

Thomer 90 L. 

Thost 116. 

Tietze 362 (O.-A.). 382 (O.-A.). 7 V. 
Tillmanns 48 V. 

Tizzoni 134 (O.-A.). 772 (O.-A.). 
Toepfer 17 L. 

Treitel 87. 57 V. 82 V. 
Trendelenburg 68. 

Treupel 938 (O.-A.). 

Treymann 951 (O.-A.). 

Trillich 23. 

Troje 103 (O.-A.). 132 (O.-A.). 
Tschmarke 79 (O.-A.). 185. 

Tuczek 54 L. 


U. 

v. Udranszky 104 V. 
Uffelmann 388. 
Uhthoff 69 L. 
Ullmann 37. 
Umpfenbach 54 L. 
Ungar 66. 188. 210. 
Unna 328. 77 L. 


V. 

Vaillard 346. 

Valentini 41 L. 

Vehsemeyer 134 V. 

Voit 39. 428. 538 (O.-A.). 
v. Velitz 277. 

Verworn 53 V. 

Vicquerat 81 L. 

Vierordt 86. 53 L. 

Villaret 522 (O.-A.). 

Virchow 52 V. 59 V. 76 V. 137 V. 
Völker 793 (O.-A.). 

Vülscli 88. 

Vogel 231. 260. 2 L. 

Vogl 635. 

Volkmann 25 L. 

Voll 466. 

Vollmer 54 V. 

Vossius 466. 56 V. 47 L. 
Voswinkel 479 (O.-A.). 

Vulpius (Heidelberg) 127 (O.-A.). 
445. 449. 20 L. 68 L. 


W. 


Wagner 47 V. 
Wakeling 896. 
Walb 91 V. 
Waldeyer 345. 
Walker 864. 
Waschaur 231. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



INHALTS -VERZEICHNISS. 


XXVIII 


Wassermann 353 (O.-A.). 864. 896. 
101 L. 

Waterhouse 36 L. 

Wedekind 127 V. 

Wegele 48. 7 L. 

Wehmer 448. 83 L. 

Weibgen 596 (O.-A.). 126 V. 
Weichardt 667. 
v. Weiss 19. 

Welch 943. 

Wendelstadt 934 (O.-A.). 

Wernich 41 L. 83 L. 

Wemieke 20. 75 L. 

Westhoff 20 L. 
van der Wey de 351. 

Wevl (Berlin) 87. 88. 115. 159. 
208. 448. 19 V. 30 L. 45 L. 62 
L. 73 L. 


i White 943. 

Wiener 35, 154. 22 V. 39 L. 54 L. 
p 61 L. 75 L. 100 L. 

Wiesinger 24. 
v. Winckel 35. 75 L. 
v. Winiwarter 66. 

Winter (Berlin) 94 (O.-A.). 
Winternitz 29 L. 

Wirsing 448. 

! Wisinger 107 V. 

Witkowski 773 (O.-A.). 

! Witte 563 (O.-A.). 

I Witzei, 214. 254. 605 (O.-A.). 631 
(O.-A.). 

Wladimiroff 51 L. 

Wlassak 136 V. 

Wohlgemuth 48 V. 

Wolf 77 L. 


Wolff, J. (Berlin) 264. 40 V. 61 V. 

69 V. 126 V. 

Wolff, M. (Berlin) 208. 

Wolff. P. (Berlin) 114 V. 

Wolff (Strassburg) 277. 88 V. 117 V. 
I Wolff-Lewin 980 (O.-A.). 

; Wolpert 448. 

I Wolters 99 V. 

Wossidlo 858 (O.-A.). 960 (O.-A.). 
Wröblewski 71 L. 

Wunderlich 87 L. 

Wulff 96 L. 

Wvss 296 (O.-A.). 321 (O.-A.). 

Y. 

de Ybarra 72 L. 

I Yvert 36. 


Z. 

Zappert 449. 

Zarniko 31 L. 

, Zarnikow 116. 151 V. 

I Zawadzki 173 (O.-A.). 

Zeidler 723 (O.-A). 

Zeller 183. 105 V. 

Ziesrler 153. 

Ziehen 653 (O.-A.). 670 (O.-A.). 
v. Ziemssen 134 V. 69 L. 73 L. 
Zienetz 46 L. 

Zoja 471 (O.-A.). 

Zoth 757 (O.-A.). 

Zuckerkandl 254. 

Zülzer 24 L. 

Zuntz 83 V. 

Zweifel 254. 277. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag 


JW \ 


4. Januar 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffeut- 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0 

Begründet von Dr. Pani Börner. 


Redacteur i. V. Prof. Dr. Gattstadt. 


Zwanzigster Jahrgang. 

Verlag von Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 


J. Aus der medicinischen Klinik der Universität Würzburg. 

Beiträge zur Pathologie des Muskel- 
rheumatismus. 

Von Prof. W. Lenbe. 

Obgleich der Muskelrheumatismus eine alltäglich vorkommende 
Erkrankung ist, wissen wir über seine Aetiologie und Pathologie 
doch vorderhand sehr wenig, und ist das Wesen der Krankheit 
nichts weniger als aufgeklärt. Ein Hauptgrund dafür mag da¬ 
rin liegen, dass der Muskeh'heumatismus eine leichte, gewöhnlich 
in wenigen Tagen mit Genesung endende Krankheit ist, so dass 
ein Exitus letalis in Fällen von uncomplicirtem Muskeh'heumatismus 
kaum jemals vorkommt, und deswegen der Obductionsbefund, also 
die für Manchen unumgänglich nothwendig erscheinende Basis für 
die weitere Erforschung der Krankheit, fehlt. Indessen ist es 
wenn der Zufall die in dieser Beziehung bestehende Lücke aus- 
Tj? d ' , h u öf K die Möglichkeit anatomischer Untersuchungen 
1 offen sollte, doch höchst fraglich, ob hierdurch die Aufklärung 
• esens der Krankheit wesentlich gefördert würde. Man denke 
an eine andere Krankheit, die von jeher als dem Muskel- 
heumatisnms verwandt angesehen wurde, den acuten Gelenk- 
Tii ’ 0, ’? eich Mer die ®eleg-enheit zu Sectionen. wenn 
».ti m ganzen-selten, doch unvergleichlich viel häufiger als beim 

: w Tr"! mUä - gegeben ist - süld wir d °<* hie r “ d er Haupt- 
detrS “gewiesen, aus der Aetiologie und dem Verlaufe 
fn^Wn ' ft‘S^'sse Rückschlüsse auf das Wesen derselben zu 
I i ü neuester 7 ?;* C q da f. s .. d ! es P der Zukunft anders wird, nachdem 
r omDlicirten Voll' ak 1 e }? era zur Obduction gekommenen un- 
1 Gelenken I, pi° n acut T Gelenkrheumatismus in den afficirten 
llronohialdrrKPn pL eUr - a ’ dem Endocardium, den geschwollenen 
nürhststehendpn'i n" emen ^stimmten (dem Staphylococcus citreus 
dass (L Frtct i occu ? entdeckt und wahrscheinlich gemacht hat, 

’ niit ab<rescliwächten°p-* eS 6elenkrlleumatismus auf eine Infection 
’erliand ^ Elter f° c cen zurückgeführt werden darf. Vor- 
i n der . Fra ^° nach Wesen des 
C. n und ,. s °!j noc b an die klinische Beobachtung zu 
g em Sinne ^ 1 erst recht für den Muskelrheumatismus. 

.auskelrZ m op d meme aus einem Materia l von ca. 200 Fällen 
Resultat <W 0 it mUS ^ W0nnenen Erfahrungen zu beurtheilen. 

, S ?‘ eülen kleine " Befrag zur Kennt,niss 

iern. Wesen bls J etzt nicht aufgeklärten Krankheit 

, Fä U« er .il e f In ?„ d * r E , rkrankun g verhält sich nicht in allen 
Appetitlosigkeit Knirfül' ” 611 gesteht eine Zeit lang Mattigkeit, 
^•gemeines nnw^M^ 61,2 ’ ^h^adel, Erbrechen u. a., kurz ein 
’Jie Krankheit riamu eEe der Muskelschmerz auftritt und 

"ffenhar wird der \f, / ^ charakteristischen Stempel erhält. 

’ ^^romalen ke , Umatisinus zuweilen auch von einem 

‘ ^iimatismus zukommI«ri aU c? das Kahler 2 ) als ein dem Gelenk- 
W-^lßitet. Sichnr u nde ? unla ngst aufmerksam machte, 

n ‘dit gesehen- die V e '?* lsen d e Beispiele davon habe ich freilich 
sich bereits immer erst dann in’s Spital, I 

h ZWp ifle indessen lo halisirte Schmerzen geltend machten. ! 

, VOr kommt. Denn ; ö dass in der That öfters prodromales Fieber j 
i ' - rscluedenen jneiner Krankengeschichten finde 


toK . 1 \ k ]% ft Bd - 51. 1893. 
rar ““>• Med. Bd. 19, p. 1 . 1891. 


ich angegeben, dass die Krankheit mit zweifellosen Fieber- 
erscheinungen, speziell mit Frösteln oder einem eklatanten Schüttel¬ 
fröste, begann, wozu sich erst am folgenden Tage Schmerzen im 
Kreuz u. a. gesellten. So ist z. B. von einem meiner Patienten 
angegeben, dass seine Krankheit mit einem starken Froste einsetzte 
darauf sei m der Nacht grosse Hitze aufgetreten und am folgenden 
Morgen das Gefühl allgemeiner Mattigkeit. Trotzdem ging der 
Kranke an die Arbeit, bis sich jetzt erst Kreuzschmerzen einstellten 
und ihn zwangen, die Arbeit einzustellen und das Spital aufzu¬ 
suchen, wo er mit einer Temperatur von 40° eintrat! Immerhin 
sind solche Fälle relativ selten. 

In der Kegel sind vielmehr plötzlich auftretende heftige 
Schmerzen in der Muskulatur zweifellos das erste Symptom 
der Krankheit. Mitten in voller Gesundheit, wie ein Blitz aus 
heiterem Himmel, schiesst der Schmerz in diesen oder jenen Mus¬ 
kel, am häufigsten in die unteren Rückenmuskeln, ein Verhalten, 
das dem Leiden im Volksmunde den Namen „Hexenschuss“ ver¬ 
liehen zu haben scheint. Hält der Patient die betreffenden Mus¬ 
keln erschlafft, so ist der Schmerz kaum angedeutet; dagegen 
steigert er sich zu kaum erträglicher Intensität, sobald der affi- 
cirte Muskel durch wülkürliche Bewegungen in Contraction ver¬ 
setzt oder passiv gedehnt wird. Häufig constatirt, aber schwer 
erklärbar ist es, dass, wie von den Patienten ausdrücklich hervor¬ 
gehoben wird, eine ungeschickte, extravagante Bewegung die Krank¬ 
heit einleitet. Gewöhnlich wird für solche Fälle eine Dehnung 
oder Zerreissung des Muskels als Ursache der Muskelaffection an¬ 
genommen und dieser mechanischen Erklärung zu Liebe das Wesen 
des Muskelrheumatismus nach dieser Seite hin gesucht. Meiner 
Ansicht und Erfahrung nach mit Unrecht! Sicher constatirbare 
Zerreißungen von Muskeln sind überhaupt sehr selten und jeden¬ 
falls nicht bei so unbedeutenden Anlässen, einer ungeschickten Be¬ 
wegung u. a., wie sie dem Eintritt des Muskelrheumatismus ent¬ 
sprechen sollen, zu erwarten. Kommt eine Muskelfaserzerreissung 
wirklich zustande, so ist zwar die Contraction des betreffenden 
Muskels schmerzhaft; der Schmerz ist aber im allgemeinen viel 
geringer als beim Muskelrheumatismus und beschränkt sich gauz 
exclusive auf die Stelle der Läsion. Beim Muskelrheumatismus 
dagegen sieht man den Schmerz in einzelnen Fällen, wo er an¬ 
scheinend bestimmt einer Muskelzerrung seine Entstehung ver¬ 
dankt, sich von dem ursprünglich befallenen Muskel weiter ver¬ 
breiten. Dabei können secundär Muskeln befallen werden, die 
weder räumlich mit den bis dahin afficirten Muskeln Zusammen¬ 
hängen noch functionell mit jenen in Verbindung stehen, bei¬ 
spielsweise hei einer Lumbago die Schenkelmuskeln, die Bauch¬ 
muskeln u. a. 

In der Mehrzahl (in ca. 2 /s) meiner Fälle verlief der Muskel¬ 
rheumatismus fieberlos, in ungefähr einem Drittel derselben da- 
! gegen mit einem bald stärker, bald schwächer ausge¬ 
sprochenen Fieber. Dasselbe zeigte verschiedenen Typus: 
bald war eine rasche Erhebung der Temperatur auf 38—39°, selten 
höher, Abfall in den ersten zwei Tagen des Spitalaufenthalts der 
Kranken, jäh oder in Absätzen, bald ein regelloses Schwanken der 
Temperatur im Verlaufe der Krankheit, namentlich auch in den 
Endstadien derselben zu constatiren. 

Deuten schon die angeführten Thatsachen: der Beginn der 
Krankheit mit allgemeinen Krankheitserscheinungen, 
mit Schüttelfrost und Fieber, sowie die Verbreitung des 
Schmerzes auf verschiedene Muskeln von dem ursprünglich 
befallenen Muskel aus darauf hin, dass wir es beim Muskelrheu- 



Qriginal fro-m 

UNIVERSfTY OF MICHIGAN 





2 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


matismus nicht mit einer Lokalerkrankung, sondern mit einer all¬ 
gemeinen, infectiösen, speziell im Muskelsystem sich lokalisirenden 
Krankheit zu thun haben, so wird dies noch wahrscheinlicher 
durch die beim Muskelrheumatismus zuweilen, wenn auch selten 
auftretenden anderweitigen Lokalisationen des Krankheits¬ 
stoffes, die sogenannten Complicationen. Von diesen ist die weit¬ 
aus bedeutungsvollste die Endocarditis. 

Aus den seitherigen Beobachtungen zu schliessen, würde 
diese „Complication“, im Gegensätze zu ihrer Häufigkeit beim acuten 
Gelenkrheumatismus, beim Muskelrheumatismus kaum jemals Vor¬ 
kommen. Dies ist nach meiner Erfahrung nicht richtig. In nicht 
weniger als einem Sechstel meiner Fälle wurden gleich am Aufnahms¬ 
tage Geräusche am Herzen wahrgenommen. Damit soll nun frei¬ 
lich nicht gesagt sein, dass in allen diesen Fällen der Muskel¬ 
rheumatismus die Endbcarditis veranlasst habe; die letztere kann 
ja natürlich vor dem Eintritt der Patienten in die Klinik, schon 
bevor sie an Muskelrheumatismus erkrankten, bestanden haben. 
Immerhin ist es bemerkenswerth, dass in der Hälfte der Fälle die 
Geräusche während des Verlaufes der Krankheit schwächer wurden 
oder auch ganz verschwanden, und weiterhin, dass die Combination 
Muskelrheumatismus mit Endocarditis häufiger von Fieber be¬ 
gleitet war als der uncomplicirte Muskelrheumatismus, nämlich in 
zwei Drittel der Fälle, während, wie oben angegeben wurde, von 
der Gesammtzahl der Muskelrheumatismen nur ein Drittel fieber¬ 
haft verlief. Sicher beweisend für den inneren Zusammenhang der 
Endocarditis mit Muskelrheumatismus sind indessen doch nur die 
Fälle, in denen beim Eintritt der Kranken in die Beobachtung zu¬ 
nächst jede Andeutung einer Endocarditis fehlt, diese vielmehr erst 
im Verlaufe der Krankheit auftritt. Derartiger Beispiele habe ich 
drei beobachtet; sie beanspruchen, abgesehen von ihrer Seltenheit, 
für die Auffassung des Muskelrheumatismus als Infectionskrankheit 
ein besonderes Interesse. Ich halte es deswegen für nothwendig, 
die betreffenden Krankengeschichten in aller Kürze folgen zu lassen: 

Fall 1. Sp., 19 Jahre alter Mann, in die Klinik aufgenommeu am 
1. Januar 1893. entlassen am 16. Februar 1893. Die jetzige Krankheit begann 
am 27. December 1892 mit öfterem Frösteln, wozu sich später Schmerzen und 
Steifigkeit in der Lumbalgegend gesellten. Damit wurden die Bewegungen 
des Rumpfes schmerzhaft. Gehen, Bücken u. a. erschwert, bezw. ganz un¬ 
möglich. Die Untersuchung des Patienten bei seinem Eintritt in’s Spital 
ergab die Lumbarmuskulatur bei Druck und Bewegung schmerzhaft, Lunge 
und Herz normal, namentlich reine Herztöne, Körpertemperatur 39,0. 

Diagnose: Uncomplicirter Rheumatismus muscularis acutus. 
Ordination: Natrium salicylicum, fünfmal 1,0, und Verband mit Carbol- 
säurewasser (0.5 Acidum carbolicum in toto). 

Schon am 2. Januar 1893 ist die Temperatur zur Norm abgesunken, 
dagegen ist am 3. Januar über der Herzspitze und Pulmonalarterie 
ein systolisches Geräusch und eine Verstärkung des zweiten 
Pulmonaltons zu constatiren; daneben ist die Frequenz des Pulses 
auffallend hoch gegenüber der Temperatur (116 : 37.3). Das endo- 
carditische Geräusch hielt bei normaler Temperatur gleichmässig stark 
circa 1'/ Monate an, um dann ganz zu verschwinden. Der Puls 
war während dessen in seiner Frequenz sehr wechselnd, im ganzen meist 
zu hoch (80—100) im Vergleich zu der sich ganz gleichmässig normal 
haltenden Temperatur. Interessant ist, dass l l / 2 Wochen nach Beginn 
des Muskelrheumatismus (am 9. Januar) über Schmerzen im linken 
Schulter ge lenk geklagt wurde, und 3' 2 Wochen darauf unter Steige¬ 
rung der Temperatur auf 38.0-38.5 (zwei Tage lang) eine deutliche 
bchwellung und Schmerzhaftigkeit des linken Schultergelenks und des 
rechtenFussgelenks eintraten. Es lag also jetzt ein acuter Gelenk- 
rheumatismus vor, der unter dem Gebrauche von Natrium salicylicum 
und Phenacetin rasch heilte. Patient verliess am 16. Februar geheilt 
das Juliushospital. 


_ Fall 2. R., 17jährige Dienstmagd, aufgenommen am 27. April 1892 
Patientin war wegen Urethritis, Vaginitis und Endometritis cervicalis go 
norrhoica in s Spital eingetreten; diese Affectionen heilten erst nach fünf 
wöchentlicher Behandlung. 

r> An ir 19 ; ¥ a [' 31/9 w . och en nach ihrem Eintritt in die Klinik, klagt 
R. über Muskolschmerzen im rechten Schultergürtel, die auf drei Dosen vo: 
1,0 Natrium salicvhcum rasch verschwanden. Daboi erhob sich die Tem 
peratiu* die bis dahin stets normal gewesen war (36.6—37,5), am 19. Ma 
von 36.8 auf 38 6 fiel am 20. Mai wieder zur Norm, um am 24 mS 
nochmals auf 38,4 zu steigen. Bis zum 20. Mai ^aren die Herz 

*. erä £ d ? rt ’ der Spitzenstoss an normaler Stelle 
die Töne rein, der Puls regelmässig, 56. 

Jage nach dem Eintritt der Muskelschmerzec 
h daS ^ Bl o dleser Hmsicht ; der Puls stieg auf 100. De 
erste Ton an der Spitze erschien gespalten, der zweite Pul 

28° ^ Mai letztere s weniger deutlich; an 

VÖr ieS i 8 ärztliche Erlaubnis das Bet 

und setzte sich, nur leicht gekleidet, dem Zugwind aus. 

. Ma \ Temperatur 38.4. Schmerzhaftigkeit des’Erecto 
Puls unrA««? d tT s . eiten n der c Wirbelsäule; diese selbst unempfindlich 
m l arl rdA «1 8 * g ‘ . Der . Spitzenstoss, bis dahin innerhalb der Mam 

den mXn^tArA 8 ^^ ,m ^rcostalraum, rückt nach unten h 

erste i, Ulld D - ch *5 ussen von der Mammillarlinie, de 

erste Ion ist wieder deutlich unrein, der zweite Pulmonalton verstärkt 


Am 25. Mai verschwinden die Muskelschmerzen dauernd, nachdem Patientin 
fünf Pulver Natrium salicylicum ä 2.0 genommen hat. 

26. Mai. Schmerzen über der Herzgegend, zweiter Pulmonalton ver¬ 
stärkt. Ordination: Eisblase in die Herzgegend. Am 27. Mai tritt über 
dom linken Ventrikel und an der Herzspitze ein lautes, systolisches 
Geräusch auf, und auch über den anderen Ostien ist der erste Ton un¬ 
rein; der zweite Pulmonalton beträchtlich verstärkt. Die 
Diagnose kann jetzt mit aller Bestimmtheit auf Endocarditis 
gestellt werden. 

30. Mai. Der Herzshok ist wieder an seiner alten Stelle im vierten 
Intercostalraum, das Geräusch schwächer, relativ am stärksten über der 
Pulmonalarterio. der zweite Pulmonalton verstärkt. Temperatur normal. 

2. Juni. Geräusch weniger deutlich, auch der zweite Pulmonalton 
weniger stark; beides am 3. Juni wieder intensiver; auch die Herzdämpfung 
vergrössert, bis zum rechten Sternalrand reichend. 

17. Juni, ln der Zwischenzeit sind die Symptome der Endocarditis 
zurückgegangen, die Herzdämpfung reicht zwar immer noch bis zum 
rechten Sternalrand, die Töne sind aber wieder rein geworden, bis auf 
eine Spaltung des ersten Mitraltons. 

30. Juni. An der Herzspitze und Pulmonalarterie erster Ton noch 
unrein, zweiter Pulmonal ton accentuirt; am 22. Juni vorübergehende Er¬ 
hebung der Temperatur auf 38,3. 

27. Juli. Die Symptome der Mitralinsufficienz sind nur noch vor¬ 
handen, wenn Patientin läuft, in der Ruhe normale Verhältnisse. Der 
Puls zeigte seit dem 20. Mai eine Frequenz zwischen 80 und 100, an 
einigen Tagen zwischen 100 und 120, am 7. Juli eine vorübergehende 
plötzliche Steigerung auf 144! 

Der Fall könnte auch anders als ein mit Endocarditis verlaufender 
Muskelrheumatismus aufgefasst werden, nämlich als ein seltener Fall von 
gonorrhoischem Muskelrheumatismus mit gonorrhoischer Endocarditis. 
Eindeutiger liegen die Verhältnisse in dem folgenden Falle. 

Fall 3. V., 18jähriges, kräftig gebautes, gut ernährtes Dienstmädchen; 
aufgenommen am 28. Juli 1893. Patientin klagt über Schmerzen in der 
rechten Seite, speciell beim Athmen. Dieselben sind hauptsächlich durch 
Druck auf den Erector trunci, Latissimus dorsi, sowie die unteren Musculi 
intercostales heryorzurufen. Temperatur beim Eintritt in’s Spital 39,6. 
schon am 29. Juli Abfall auf 37,0; die Temperatur erhebt sich nicht mehr 
über 37,6 bis am 5. August, w r o sie noch einmal vorübergehend auf 37.9 
ansteigt: Die Herzgrenzen normal, die Töne leise, rein. Am 
30. Juli tritt über der Mitralis und der Arteria pulmonalis ein deut¬ 
liches, schwirrendes Geräusch auf. Der zweite Pulmonalton deut¬ 
lich stärker als der zweite Aortenton. Noch am 6. August ist das Ge¬ 
räusch an der Mitralis deutlich, der zweite Pulmonalton verstärkt; die 
Herzdämpfung bis zum rechten Sternalrand reichend. 

Diagnose: Endocarditis acuta im Verlaufe von Muskel¬ 
rheumatismus. 

Am 17. August ist das Geräusch verschwunden, erscheint aber wieder 
am 21. August als ein übrigens nicht constant vorhandenes, singendes 
Geräusch an der Herzspitze, zweiter Pulmonalton verstärkt, und derselbe 
Befund ist auch noch am 29. August, am Tage des Austrittes der Patientin 
aus dem Spital, zu constatiren. 

Für die Beurtheilung des Verhältnisses’ des Muskel- 
rheumatismus zum acuten Gelenkrheumatismus wichtig ist, 
dass Uebergänge der einen Krankheit in die andere ganz entschieden 
Vorkommen, ja nicht einmal 1 ehr selten sind. Man sieht im Verlaufe 
des Gelenkrheumatismus zuweilen rheumatische Affectionen der 
Muskeln auftreten, und umgekehrt habe ich mehrfach an einen 
einfachen Muskelrheumatismus sich später einen Gelenkrheumatis¬ 
mus anschliessen sehen; ein Paradigma letzterer Art bietet die 
obige Krankengeschichte 1 und der sogleich zu besprechende Fall. 

Andere „Complicationen“ sind beim Muskelrheumatismus 
jedenfalls sehr selten, so Pleuritis, wovon ich ein Beispiel be¬ 
obachtet habe. Bei einem Kranken mit Muskelrheumatismus 
(Lumbal- und Intercostalmuskeln) konnte von Anfang an eine 
Pleuritis (Dämpfung, Reiben etc.), die auffallend rasch, d. li. in 
fj n - Iw zwe * ^ochen vollständig zurückging, nachgewiesen werden. 
Drei Wochen relatives Wohlbefinden, d. h. ausser einer Endocarditis, 
die ebenfalls von Anfang an bestand, nichts Krankhaftes mehr zu 
constatiren. Da kehrt die rheumatische Intercostalmuskelaffection 
wieder, und zugleich mit ihr jetzt auch Schmerz in beiden Fuss- 
gelenken mit Röthung der Haut über dem einen derselben. 
Natrium salicylicum hatte die ursprünglich allein vorhandenen 
Muskelschmerzen prompt coupirt; auch bei der späteren Gelenk- 
affect-ion zeigte es sich specifisch wirksam. 

Album in urie, eine so häufige Erscheinung bei anderen I 11 - 
fectionskrankheiten,, habe ich .nur in einem Fall von Muskelrheuma¬ 
tismus gesehen. Uebrigens kommen Reizungen der Nieren durch 
den Infectionsstoff (infectiös-rheumatische Nephritis) auch beim 
Gelenkrheumatismus nach meiner Erfahrung nur ganz ausnahms- 
weise vor. Ich glaube wenig Widerspruch zu begegnen, wenn ich 
nach dem Angeführten behaupte, dass die klinischen Einzelheiten im 
Verlaufe des acuten Muskelrheumatismus — sobald man ein grösseres 
Beobachtungsmaterial überblickt — entschieden dafür sprechen, 
dass wir es dabei mit einer leichten Infectionskrankheit zu 
thun haben. Für diese Auffassung kommen weiter noch ätiologische 
Momente in Betracht 


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4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Während in den letzten sieben Jahren der Muskelrheumatismus 
im Juliusspital in Würzburg immer nur in vereinzelten Fällen ver¬ 
treten war. kamen die Fälle im letzten Frühling in ganz auffälliger 
Häufigkeit vor, so dass halbe Säle mit Muskelrheumatismuskranken 
besetzt waren. Diese zeitweilige Häufung der Fälle von Muskel¬ 
rheumatismus musste auf jeden Unbefangenen den Eindruck ^eines 
epidemischen Auftretens der Krankheit machen. 

Man könnte zunächst daran denken, dass hierbei Witterungs- 
verbältnisse Schuld seien; das ist aber von vornherein abzuweisen, 
da die Häufigkeit der Fälle längere Zeit, bis in den heissen Sommer 
hinein, anhielt, also die verschiedensten Lufttemperaturen etc. den¬ 
selben Effect hätten haben müssen. Mehrfach ist in den Kranken¬ 
geschichten angegeben, dass Erkältungen dem Eintritt der Krankheit 
vorangingen. Es kann nicht meine Aufgabe sein, auf diesen 
ätiologischen Factor im allgemeinen einzugehen. Ich möchte, nur 
betonen, dass nach einer Erfahrung, die ich an mir selbst zu 
machen Gelegenheit hatte, allerdings ein Einfluss der Erkältung 
auf den Ausbruch des Muskelrheumatismus nicht zu leugnen ist, 
wenn ich auch nach dem oben Auseinandergesetzten die Infection 
für das Wesentliche und die Erkältung nur für ein begünstigendes 
Xebenmoment halte. 

Welcher Natur der supponirte Infectionsstoff ist, lässt sich 
vorderhand nicht sagen. Dass er dem Virus des Gelenkrheu¬ 
matismus nahe verwandt sein muss, scheint mir sicher zu sein; 
möglich, ja nach dem, was ich über das Vorkommen der Endocarditis 
und der Gelenkaffectionen im Verlauf des Muskelrheumatismus mit- 
getheilt habe, sogar sehr wahrscheinlich ist es, dass der 
infectionsstoff des Muskelrheumatismus nur das abge¬ 
schwächte Virus des Gelenkrheumatismus darstellt. 
Eine bestimmte Entscheidung in diesem Punkte zu treffen, wird 
erst dann möglich sein, wenn es gelingt, wozu ja nach Sahli’s 
Befund jetzt mehr Aussicht als früher besteht, die eigentliche 
Erregungsursaehe des Gelenkrheumatismus nachzuweisen und dann 
eventuell die Indentität der Infectionsstoffe beider Krankheiten 
definitiv festzustellen. Bis dahin sind wir darauf angewiesen, uns 
mit W ahrschemlichkeitsschlüssen in dieser Beziehung zu begnügen. 


II. Aus der chirurgischen Klinik der Universität Greifswald. 

Ueber die Hauttransplantation nach 
Thierseh. 1 ) 

Von Prof. Dr. Helferich. 

, SejMjn Dr. August Reverdin gelehrt hat, dass Hautdefecte 
aureh Aufpflanzung kleiner frisch entnommener Hautstückchen auf 
ie granuürende Fläche geschlossen werden können, ist die Frage 
er Hauttransplantation nicht allein theoretisch und experimentell be- 
Ün? 1C k if er ^ abe * s * cb abspielenden feineren Vorgänge vielfach 
ersucht, sondern auch in unzähligen Fällen praktisch erprobt 
nrotr°\ ? aran .* st wob * kein Zweifel: Die Methode hat zunächst 
Tiir/ r u geastet, was von ihr erhofft und erwartet 
d- r'i-i • bedurfte gewisser Modificationen, um die Ausführung 
foi * •, einen GP er ation zu einer sicheren und für die Dauer er- 
vpHq!l. eü Z i U macben> Dass wir diese Modificationen Thier sch 
r V 1 '. aass se * ne histologischen Untersuchungen das rechte 
dpp Äncfi"l! äS an ? eba 5. nt ’ uad die darauf basirten Aenderungen in 
Mflthna« v 0 ? ? er Hauttransplantation erst den vollen Erfolg der 
Methode begründet haben, ist bekannt.^ 

^ Il6Ute . von Hautverpflanzung aus der 

behftmtan L der 8611 «lahron auf meiner Klinik in dieser Weise 
sentlirh vü * 8nen vorste ^ e i 80 geschieht es nicht, um Ihnen we- 
w as mit H Q UeS xr V 25 Z L tra ® en ’ rudern um Ihnen zu demonstriren, 
leistet werH 10 ;I erfabre ? ^er Hautverpflanzung nach Thiersch ge- 
haben nm ^ b Slaube, man muss das wirklich gesehen 

fahrens za gewinnen £ rosse Bedeutung des neuen Ver- 

w elc^DM»S^? P fl l nz , teü w * r n ach Reverdin die Hautstückchen, 
den mit e j npr h^heben mit einer Hakenpincette und Abschnei- 
die reine s , .. “Dooper’schen Scheere gewonnen waren, auf 
die SnlaHnn tl0nS ! äche * Thiersch legt Werth darauf, dass 
leicht rrefnhrfor, en Torber eutfernt werden, was mit Hülfe eines 
und die Hantiin ^ ossen scharfen Löffels oder dergl. rasch gelingt; 
Stücken entn^m 1pcÜen 80 ^ en 80 fein wie möglich und in grösseren 
- - _ men werden. Hierzu bedienen wir uns mit Vortheil 

. J j ^reifswalder medicinischen Verein. 

Berlin. Protokoll n ier . scb ’ Verhandl. des XV. Chir.-Congresses in 

Arc h. f. klin. Chir i qqo «Ij 1 & 1 Die Hautverpflanzung nach Thiersch. 

ZUn S nach ThiePB^K ’n * P* Urban, Ueber die Hautverpflan- 
P IST bis 275. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 34. Festschrift 


3 

eines grossen und schweren scharf geschliffenen Mikrotommessers; 
terner gelingt die Entnahme dieser Hautstückchen am besten, wenn 
die Haut der betreffenden Stelle am Oberarm oder noch besser am 
Oberschenkel durch die Hände eines oder zweier Gehülfen in Span¬ 
nung versetzt wird. Dass die ganze Operation nach strengster 
Hesmfection der Theile aseptisch durchgeführt wird, ist unerläss¬ 
liche Bedingung. Häufig erweist sich eine spärliche Benetzung der 
Haut mit stenlisirter Kochsalzlösung von 0,6 % vor oder während 
der Bildung des Hautläppchens recht nützlich. Interessant ist es 
zu sehen, wie verschieden sich dabei die Haut der betreffenden In¬ 
dividuen bezüglich ihrer gröberen physikalischen Eigenschaften ver¬ 
hält; bei manchen gelingt es spielend leicht und in schönen grossen 
Stücken, bei anderen ist es schwerer und nur in kleineren Stück¬ 
chen ausführbar. Für grosse Defecte bilden wir die dünnen Haut¬ 
stückchen so gross wie möglich, lagern sie nach Thiersch’s Vor¬ 
schrift immer ganz dicht aneinander, ja sogar so, dass ihre Ränder 
sich noch etwas decken. Von der breiten Messerklinge werden die 
Stückchen gleich auf den Defect hinübergeschoben und mit Hülfe 
von Sonde und Pincette sorgfältig ausgebreitet. Dass die Stück¬ 
chen gut liegen müssen, dass sie durch Blutung, durch darunter 
liegende Ligaturen oder Suturen geschädigt werden können, ist 
selbstverständlich. 

Wenn aber die Ausführung der Operation mit der nöthigen 
Sauberkeit und Sorgfalt geschieht, so ist der Erfolg ein sicherer. 
Die Stückchen wachsen an, wie Unkraut, wenn keine groben Fehler 
begangen sind. 

Der Unterschied zwischen dem Verfahren des Begründers der 
Hauttransplantation und diesem Verfahren von Thiersch liegt 
auf der Hand. Das Wesentliche besteht darin, dass wir 
jetzt das Granulationsgewebe vor der Transplantation 
entfernen; die Hautstückchen werden auf das fertige Körper¬ 
gewebe des Patienten aufgesetzt und nicht auf das „Zeitgewebe“ 
der Granulationen. Infolge davon fallen auch die Veränderungen 
fort, welche die Haut Stückchen auf dieser Unterlage und durch 
deren natürliche Veränderung so häufig erlitten: war die Unterlage 
zuerst weich und leicht vulnerabel, und wurden die Stückchen oft 
genug durch kleine Extravasate aus den dünnwandigen Gefäss- 
schlingen der Granulationen geschädigt, so erfuhren sie in der Folge 
allzu oft schwere Störungen oder fielen sogar wieder ab, wenn das 
Granulationsgewebe die ihm zukommenden Veränderungen erlitt, 
besonders wenn die Narbencontraction auf diese Stellen ein¬ 
wirkte. 

Was das neue Verfahren ferner auszeichnet, liegt weniger in 
der Grösse der entnommenen Stücke, als vielmehr in ihrer dünnen 
Beschaffenheit. War doch Thiersch imstande, an ein und 
derselben Stolle einer Hautfläche zwei dünne Hautstückchen nach 
einander zu entnehmen, ohne dass hier ein tieferer Defect und eine 
Verzögerung der Ueberhäutung dieser Entnahmestelle eintrat. 
Selbst für die grössten Hautdefecte ist es jetzt nicht mehr schwierig, 
genug Hautstückchen vom Körper des Patienten selbst zu entnehmen, 
und die Heilung des künstlich gemachten Defectes nimmt eine 
verschwindend kleine Zeit ein. Wir haben hier vergleichsweise den 
seltenen Fall, dass zur Deckung eines Hautcapitaldefect.es das 
Material an anderer Stolle entnommen wird, ohne dass hier ein 
gleich grosser Verlust entsteht, und dass obendrein dieser neu¬ 
entstandene Defect in kürzester Zeit wieder völlig verschwindet. 

Wenn ich nun eine Anzahl von Kranken, welche gerade auf 
meiner Klinik anwesend sind, vorstellen darf, so möchte ich mit 
einigen Fällen, in welchen grössere Hautdefecte gedeckt 
wurden, beginnen. Man konnte ja auch mit dem früheren Ver¬ 
fahren schöne Erfolge erzielen, zumal wenn es sich um die obere 
Körperhälfte handelte. So hatte ich noch in München die Freude, 
die durch schwere Verbrennung entstandenen grossen Granula- 
tionsflächen an den beiden Armen eines jungen Mannes binnen 
wenigen Wochen durch Aufsetzen von mehr als zweitausend Haut¬ 
stückchen, welche von opferfreudigen jungen Männern frisch ent¬ 
nommen wurden, zum Verschluss zu bringen. Aber so schnelle 
Heilung von Üefecten und das Ausbleiben nachheriger fataler 
Narbenschrumpfung, wie wir es jetzt beobachten, habe ich früher 
nicht gesehen. 

Betrachten Sie dieses vierjährige Kind (Luise Dwars) welches 
vor etwa einem halben Jahr eine schwere Verbrennung erlitt 
und mit einer grossen Granulationsfläche der Hüft- und Becken¬ 
gegend, fast bis zum After reichend, sowie der Hinterfläche des 
Oberschenkels hier Aufnahme fand. In zwei Sitzungen wurde die 
grosse Fläche, welche 18 cm breit war und in der Längsrichtung 
26 cm betrug, zur Ueberhäutung gebracht; die vorhandenen Flexions- 
contracturen im Hüft- und Kniegelenk wurden ausgeglichen Mit 
völlig geheilter Wunde wird das Kind nächster Tage die Klinik 
verlassen, und, was besonders hervorzuheben ist, es findet sich 
k«ine Atrophie der Muskulatur an dem kranken Bein und keine 
bemerkbare Narbencontractur. 



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Hipterseite sieh uork eine 5 cm breite Zone -you Haut, wek-he ftatlfrb 
auBli entzündlich. iojjkn^, war. 

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Am 11. Jfavemhkr Hdmli kh syr Oyfifbiivii 
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ökiift ßfriaSk* bat du* Irühw'p Vorfahrt dm mrä9$&n iie* i 
hbTH WiHTif vertagt k% IMMÄ WttitVäph iuiL !,; 

b(ee .grr«sV.JSrfoigtt auIxkiVcKtt«, Haü k.*i< nur »].ki m<i;Qi-, 1 

5 i'Minbeibw-n v,.ii rrbnn {!. r \t 22Bi hkwutmt, Ab»*r | 
,ji jjcbftpt /.uh» suikommmm Erfolg Ulkdi iU»> ^t)ö«c Be- . 
obit '1er t»ej6teWnnii Vüj’^uhnft^tt, Der ei beb ÜouanEmt- 1 


k ^ Zuüfi&hÄt ■ wuydfo ki' 
dt? Ruji4; di e dieke 
die Biüüedrß 

. iv „ > w . ~^riligirfe*n* 

. . _ dm H§«tsitk*kch«n dem Obörs&wüÄl 

tbwttdbon Bm^ös »jikbokkntMt und Zur völligem, ]ru-himk«*i|'J f te.Krknm> defo 
Yv midiRcR; lu-n 11 f-/l. ; 

. ’ -V l t ^* e otflrsptuiHrtgf FJiicho. Uiivi' r»rdf.s>; und Fern« enijÄrt»feliomi 

kaai miu wrm zwdWh(• i .fiL-o von .inoolort-^.ur. <-m u ■ kmi i w 

Vi‘>’b»md mit steftJor Watte ^d4&i$Iidh imfonlnlisuiüm md' einer Sehjean 1 . 

eystois VeiHriodwochye f am 25. Novc.mb*r »'igtan kr.}»* 
tiftmmttifctj* SHLekihro uggnfföit; dm WtniTÜlärhi* vitik« bwktki und 
.. truckon«.- Aoolr nukk 4tC kiejusLe J^dykt.- tnud «leh: ^lörbou des» Haut- 
aijcki/uvin. ibjt.ieatiiv bkii.t. ziiöndi^f. nudi iu» -Tidliv Dir iiyJ»oiii.o•W uüiIh 
nur mi(.■ ■dn'nui'.teJid^tüdcu AVaU.rvfirkiud be«!eekt« ‘ 

5u; H. :h.)U}iji! iH:«i A n *• h i; ur !t fi nt«s ■ 0 U‘ r r ;.>, M «. 
■^:}vb'M r;ik hob*••■». 'j'omjUtretut'ai (As /.um. 1d...l;u»nar l’»io •tr.aue-- 

'..pibniirte Flüebo nHoidot' dabvi bpinon. Snii.uiou. 

Au» _ 27 ..t iin.:;-.(j- A :> I e 2 'o r*.;v nhirs Zio kJ t<rm vorks- ndpt>5 unk 
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Heute, ako elwa Aln Jök»’ noi-t» dar 0pe? nt»uu.' S»w(jn<kt sieb 
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bia dh-i Momue i>r:..*ij,-'i’i ’.V!;r.}. ; ü; dm ndxtr AA t brnn! k,} .t-« v cW; 

Alou.-m» und die Finu ipi Arbid», nntb \m»: ij'my 

Feirl.' ■,-!'!■(( »-!.;•< .und oieu-li-itM«» r.i'b! 'Ff h>"s|'. Riut-iul.i Aut iLs 
Bern uefiornmun. Die Ti’nn&jdaulnBmiiib^ be budel. vdeiit dm c*'-Ti:rjSio 
Stbrutiu; uin HatiUdppcIiuii R^rr»^: wfdeku,. tdi^Buciie Ei- 

> i te t v /mm '] Jp“l -i'i.vt i Hi' ^-iunei'lv 1 Pr i*i' j« t I », t , 

Her Zu^aimumdtauy; d«; r '‘iiwnlmux h«n i>d- *o u , h p vkl^hAhgef, dis# 

nur an culir u«/iü.yo .''Wlcii %»v-t i t-, Anw-imm 

p ^-'Uen .Ami. Audi der Udijer?rUü:r--»o»V dt n jkmd dm; vi-nnnkm H.mi 
kJ an uinm lrm« tStellmi rju-r b*d ■ St;kr''-yihi»mj- J^’r-nd-i mmm ».-.r'ke.UiM.mi*; Cia 
•Ni v<mu rn'5ttö>cbied 1:51 k.nuii <m-br yorbandmu i w ».-ietv*‘d k>: iuimtvm 

kiSM'tnis v. t3v.it Arb :'(•!:,! u tdu.a^n :'bn-,rj._ ,uo dir mumo <;i.B •«; *';;„•}»* 

vvulrbu -um.- ii,'lim '.oi. 18 cm bevtni. 

Erwdbm‘n?wi j rtii y-elienit nur nmdi dlv lA .nibw^e;-: his}»;? eineji. 
18jdkriß^n Almkboriy- (Aijuu 1‘uÜvn), AVeltduj it m , 2. dVb^ Htnkbr 
1892 mir paru Jy t Urdium bBwt'<jniww borbKtr-n Ursnle*. uo.l 
eine ui liOActuvIir am unkel u«!^f-notunv>b Wurjz. 

I>K j Kuuli'J'iiibmumr be>*.md suU- irfituv-'v 1 *iu..'i''od. .?<• \ rriirnmouimi 
’.vur .tihiuiJiludi eitiirfii’rieiu nv> :bm AmiWumr ;un». ; F-A-b »u'a Vütb d«-m 
lAu-sriH'bri; aui n .■ > i-m ! \\v> n »’iVumt- >••..’•. r d*u \ vr*!#*;. und liuion* 

nrd{ du Hllbrr’i H'iUi <!- f niM"r5-H>U i i<> ! 1 i .. 1 r '* •’< b o U i. JA].* 


dMitti- l*i* »btfVwbtdiMiiüake V^bwrttumpÄptt'dem Höiü^inkwüv. 
4 ryi't![:«;i v»riden. In dkA‘r Zeit sei! in ßeUruhe de»* Erünlian 
J ?r Z^iaud dn? fkipcfiu-ürus 1 durch Hkiw, knoht« dnsinütgkendu 
VrthiU'U' mit SaHe k >i-{if<i 4 l^mig, IkuohirMi mit Argen! u&! uiWitnrn», 
Mivsaye der Gm^bung ütc. gnimsSml werden Gr^k' wwm 
•i t M ui ui i r,t/i'u*l}i« b* n Kr«*;hWj , .»uisi'ii völlig z*‘.\s<dtwunden sind., und 
wjhi «lir Bwimbuit-nM; .-tt'bö' und lost, 'sind und AVenig- Kiiw sh"- 
mud-ne au!l dra 'Hautyö'r.i>fl?tö 2 t».mg emgeijoinimm werdeü, Bei dw 
(»jifistjnn «uJ’ikn $ödbtm die Gjwuulatinnen rm'b dem. Messer bm 
:»u( <ie’d testen l'utergrtiiid abgetragen und der .hiafäUign Epithel* 
rKfOOi m» Bande JunHeimitten nnd en iiet-üb, Nutürfick folgt nach* 

ki cicero t Verbal»}, gute rnimobiHsntioti-. ßbhointe Bott ruhe etc. 

in dieS'bi'kiU! kuüilr ich seit einigen Jahren in etwa5 
R}^t*üi-ukr- Wftiste ibh exsUrjure bo sorgfältig wie mOglieh' 
dH’ murr den kr lut u i a f i o ive n.. 5 i e. gen d v Ü nrhe-umß derini 
Bfufe «nd ‘/jtüdiim fast kjioijiid/jftige i'VtigkeH der Dauer def 
'^fe’inui^proersees entsgnykt Djfeßr iNnrkmuiukjüö kt TOi'Wmgand 

'’iL .fAfiieUüt ihn Vm'.iUntentügtu»^ itvfdtvku die titdan?.« drw 

ilrimöjdicwsgw]^ in* Skuw Auw \>ku{mig der Geiteh utid dn 

■ßlhbtTi'^ bester 13in(leg«websbi.g'irügeJi.nÜsx{g erloUttp. leb glnnbb, 
Mii Upte >öa «ruer Art AjrpusiHw> ■Hpreohen. welche von der au 
te UrkdßÄ gvsrbwjirig zer{alleneu (jrHmiiaGöfisfkl.ehr lUiagolti: 

Ae liü^t die 8träaulfttk?h{fil^dk^ (.iloa H^dkwfir) bcatdfk )un j?o 
rgirjili'ilirr kt itn gfiu^eü die dr.nijitrr gobikjet.^ Kiolwokasse: 
Kfitnfbeli t\nAm Utu Faetorcm, weiefir- dos sboife Uüdoi»» ukd die 
tsltlmkon. der Uuigebuug Uh« Heingek.-lrwibroy keddigese 
-uid UHP kolk' -m: Vfö-iiKdü’UTig *kw 'KkrboiJ%er.?, Im Zustahd 
wd.K-l-p FuBvkKelnng kann dusseUie eine Dkbe von akuahernd 
] -iruii emo Ce.ah.i- uurhlgr; -biidwu von- wk‘okor 

'i-'n^y •aieid .immer 7a\ selieid.m kt. und Wfk-M« zw'isriien der 
bnrtU^riimt^tabe ijtitl der öoeh tob ^mybi- ude.r weniger 
'■ : -e emleiirkern /mllgeurbu. iu-deekirn Muskubit.ue liegt.. lk>: 

• ' - ibipv dei vm’dm <ii> froien Filkdie der Tibia, kr r im j»um »ieii 

mm Vp'bmiJm*ii» ‘JtöHos ötu'iii^u Zwifii'henlagßi’» lHiorM^k. 

! fei il'ie^ j${ Jin Auzigi Bb-din, an welebei- die Ertik-nmmr der 
A uliftt» bvji \iwskk and niebt, uonz vellstkndig grseüohrf; Ious&; 
'; ,,i! '• K J‘k :zfi Luke uu dhv Eßuehenlkiebö geiubgen, oder 
’ :iT;s ‘- : ' l} ' 5 Hitbtusmni, Modureh der sofortige und splUwe KHuk-: 


utni^ivir jeuein Vprudiiyn. wrji-u^ zuweilen bei kiwnemt GGb- 
••'.enr.M. liUrb brüte uo.eh dun ««iukuJbgM» und beste IWaihmr imi- 
’ l: '; r ‘ 11 ■'•' de» lieiiumu. das^ wen U j^i.^tirpaliou dt»*wl!>w 
'f / _ sI,tfri ^ kann aber »n mtblirli funjduneu tob 

, ... 5ue- jw'pji./Juinig dient mir zur F-lj»r;w» dieser Awu-hi. inso- 
‘. ! :'f 1151 Herbst 189 t deravtig b»dut'uiult;u (i;ittolgnw>Ar Ge 
, , !'' :U ' !i ;' v>f ,,i ‘ l «riofo Manny (Puiskor) rrutv. anr-m 
■;' 7 »>imk und «dn.dtukB d‘w TlnnJunUtm*. äti dm Ernty- 
M' 181 GGiW :wa iBUi aunjvfmnlus |f .>« i.Viv ni-br dir 

if., h P_HfHcö.;ulyjj- «| 3 >. tvluHt exkldirte nat- 

eWr ^r»w f .{, eflC . betrat “ 

l^f-ii.inmnis'H*; urm urs ekr * r ’ rs * 1 ^öjiijo Bciloap Geschvr&rs, 

tyw'.Yfc. *j? ^beutaneii -Öpi 
1 Mitosen wer<{e.n. 


Von vorn, ^ej^höiu Vüjn liiwtua | 5 '^>!}t«t».. 

; t.a»»H Uatp-vor ur*r-Op**nUr*io« ; 

■ AusdefetUmj diwes (»»-»Hu* u»i s ■/{ iyö «»>•» il< t Aoro.'lonu ofno’ von 

1) um. eine Höhe von 7 ytu: e-.«ai iumvbU't»iy uwi bot äm* 5 i^iikliobe 
HfrojvaJoa; seine rmeebmi^ war rkrh iiibUHfb und rnwitfuilbG >. eaiuderl. 
I-uss und FeU'wdmUKfd daren mit der iivid-u. Hont iiude-cbf, 

wrhiie rpü bei Füllen vöy us.-icmiioll'-r »viudurtahnMnig so «<i'i. TituM. 

i bjivr kuck!ew dfsjjnp.rirouivn vAri-Huku sn-b (luv WiWd- 

* erhöh .ins-, und a m \ i'I. Noy-e m »i e C höirnio xlaud» die- -Ten oho m j *• der 
Aohil • •-■ s■-eb i\v und iji’i' Ihnahu iy- 
ji <• u f-i; tf> il»>f l‘ns«. in eine virl b«-:Rftf‘ro 
A> ty..H lötig gobhiijd ; Am A^s^hH)^. 

imn Wörde •u.'tOri din D e efc,u 13g Äoy 
11 »* fe (■. f t: s vof tmiimtiiiun. Nucte■■Fw.tmt'Tuthg 
ih*l‘ Gl-«nul>).t.ioiu'ti ,v\ u vj v dte K^rbwu-- 
•$ 1 » b-wi yd ^ v o'rgU'il t ig '#x\ t <te m M US tcn r 
mFi?*. 1 tyniiWr. lus'v 'Gev/t'hn %(i 

B'hÖo irik}. Ihvi ^riWondt'-t/efitsp wurji;u 
»nodeR r.jhst-'W.brni^ ver.-aup.» .Stiüurp der 
Db+uW dtüwk C5.ni- : 
mik '3t.i:/dkü»i; Alni). 'fHR Htüit ■ 
st ti c k che n zur- Bude ekung' -.d jis ßoteptfs 
ynirdött dem ddi> • krnüüUtt 

Beine* enbnomnmü Jmd dFM AnsimUidFt* 
und e^uöt ; bR im deP flhHfkStißd g6tegl : 
\Vrfbadd.whofk.bei ik. S\irkütie. bi> 


Anna Bntäe. gobeilt 
rkijh 5>s ti«OOD»l)«iY ^ 


yfeyclörfwi ZicklRnb 




DEFTS.GHE WI'nerNISQBU WOCHENSCHRIFT. 


dien den Hautläppelion vorhanden; nur eine jselc 


'darauf'aa, die •ümrFttg?i& nodi- zp Terbesse-rä and dig Trans¬ 

plantat) oi>siflfiöbe $i*hr Bdimucpd jpöiBuläjrab, Iho Tiaukstüttlrcliöti. fanden 
.sieli- Si&uffitUcK' 'nmgcfceiltv $i& Fhvcfce war' idtodul; söcro.tf.ö$ imd frauken, 

Am >t$. ÖefHuh1»e»r Antaing e|a,«ä^ gut -«UßnÄ 
'in eorrigirter Sbdiung des; Eussus. 

Ain 20 . DecHTühor wmflo Patientin g&heifr Onit Sd'mtzvvrband) Mit* 
lasiH‘6. 

Bei de« Forstdhiiif/t-n des ÄiiUkhiiU’- bk. jetzt Mga-b. $iob 

immer» dass die Heilung roOeti Bestand- ImHm Di*- tnoisnKinihi-o 
FlftciuJ bat mrdjr und ßiÄ’ den ChamlfifM*. normebir, v<yscbiöbbarpr Haul 
fUigiaiiouiinon. • . 

Muh wird l<;nifn m Abrede r.toUrn. ih^s dm iniOreUitdHk-n FftH.r 
nicrhi %w «Um ioi>. b*eptcn gohmeu. dir (inivii und 

f'tmijdbatiou »Irr Autgnb» 7u den srhvnmbmixm zu rerlmoo sind, 
jßtdVeuhvh uuu bemerijimswurtb' ist dabui der rasche Krfulg, resp 
ij-icv Abkürzung Oer Cm .Uu ei\ web/hu v iel mb-hl *m.on 'kleinen 
VoiHmil gegenüber dem -weniger cdugmit-uoißu Verfuhren rim 
Thjnrseh bedeutet, 

' Nicht mvtbcbmi möchte ie.fi : für fiii*?ü;' den. TlnnnVrlmn 
Zin Kirim verband, der mm siets ihm Nut/,»n pvwtihit 

'ii»V und über dessen. Vef wbfujirrig wir uns sckon wiüdorDdfc em¬ 
pfehlend ruiBgesprorhcn höhend) 

- Pin : ’^dfeätjiüg tW ; mödbruüu üäü tv HU* 

•piastisolu« AufguWiV ist .miß iii&ki hiind^r gntärft*» uh, für dkkhD 
JeEst bT'sprochomm Vnrhhltm$^f Pk> {«inst.is.ehr. Chi V ürg \ e- hnt 
t WM eh lieh ein.c W;>hdlüiit’ ßjHubveii-, sftKdntfi rin gestielter 
ia$poii von ätvjj&fc? ^d'rp'«?r^gWHi 

minmnirren, nw; drr MdsHdumdö Ihdmt uictit. s.IIimd dwhd* 
tionsruilite vfm)dera~:t',durch Heute Hb-kcKeiL gmn-hWmUi 


ISHIPwi ,. ...... ..... HP■... . ... v _ . _ 

Nuvhr.neontT’:ie.tioa ist ^iögßtretBU', und der Erfolg iftt 0tn recht be* 

iricdigemler. 

Nioht in allen Ptilhm coü LujuiÄtJdTtrttnftung auf diese Weis» 
ijiiul aber unsere IWsuitato m günstig. Die Stitchchen^ ■ sind gwäi 
iJiiirlor singehoiiti «»dbst. an «len ]4{»peu und nie die NflseiiOÖ'iiim^ 
IjAfiiüt etp. T aber zuweilen hat sinh ein Kmuiv d»js bvipus einge- 
' steift, wir waren bei der Eiuibkm dos Lupus nieht tief genu^ 
gegmigrn! . 

Hu haben ^wir fAJh Beiejdnle Tda<utviu {itlm\xung Jtebunn gf- 
letijjd mv ailioR iHögbcheti iißrp.nrg^genc^ti und aut viirscfeiedWiii 
Gbwidhf Auf «lein Zellgewebe und auf. dem .Muskel haften dj{ 
Tbvcrsciv bat. tpi^ ^bev ijneb geiehrt 
dieselben huf dom Kt)heben 9A\r Äniuntniio y.n bringen; das G»> 
hhimaiss liegt in hur ö}Wlegbhg Ohr bliitrt»i< ; bmi Hpohgioea» , 

Erla»«hcii- Hie mir Hie auf .einen recht bcmeifkimswortheu E;il 
dicker Art kne^r bbi/uwsusen; «jeesetbn tot in der'Disherialion vot 
Il.wru I)r, srlum geöHner h'>r;hnobon. 

Hie 77j»ihrige Ernu Atiuoes k;vm au» 12. Bopteüihei JH02 ir\ii einon 
•grossen wurh«*rudc.u- Hautenrcinuii]. dör Stirn, zur Aufuahuie u 
die Klnnk A.nt 20. Hcplemiier v.urdi-. »Mn Ei-stirpftiicri Uogmn'jmrnen 
fbne ITj<stik Ji.esr sich der ütöm Freu njciii gleiubzeitig zutuuEiiOft. He. 

■? Ut? gruben l»ctbn fvtij begmicie Kav« h«ui wurde uatjUljch aa A’eiü«r.(Umr 


tfßif d6r. 0priwitiftHv 


^on, uhghifob Calt^sn^i bi der XwfscheazhH- das; Eebon d»r 

Alten hrdfuf.ten • jmr^minge Wumbj^lt/bcn hunW sich gwfeelj&u dmgrfi 
(fer Hmi i sfUHfcheii, \Wgleh’hca ih>^. ßli«! yof tlnr Aufnahtae iah der 
uurx- v.u« Uvj EüitiHsuiifd gvm.uliifji Pitefx»urapbi*.:,. >x> wud der tOJhl? 
Evioig den Mich .s'mr:. Dk- Frau ist •. ivro 12. D'^rnuber geheilt- öiHlsssen. 
und bis heilte rufddivh'rt und frei veu irgend wcldum. Sf.nrmigpn.rn der 
ri'^ngfihmt;U.ie]ifi[hic])0 geliliebrn. 

Die auf diew.t- \Vei>. t »-vheilte E nncb«»nw utule bat eine 
B»cite Ton il r in. einc ii i ’%ue \ on etwa 8 cm Es ist mir 
midit bekannt, oh Duc gleich. ptȀis**, KbwdtebilacliA hi iliowfm W am 
durch f jaiifyei-pjlanmäg^ Stui* Hcijnjig gehcscht ynüfa'ß 

Eft käni mir darauf an> Jhi»ci». an <br Hand Fun Ifemoiislra- 
tioitUii einiger i^atJunten dir praktDobc .Bmiuntmig der mudermm 
ÄÖiodc dm J : totvej7^si.5^Mfig Sitic Fii|je AtfttrM?' 

tfabtur Dcfuife dhcr^che- k-lg soweit sie diu jUsMogi^chrii Vrir- 

güngc :d«s. ’liejiuU^t^angus, tify m^kwbi;di^@ö 
dfUMingun duE Xt^^hVn;. die DrHgo der IniturratiöS Uivd o&e Ron«' 
foö icUvti\un MoifidcakfOfieö der Ausföhrung. lichrcffcri, Wchti die 
Mothmle- öör ejr&i in ibfur f»rakUs<dit*n De»st.ungsfHbigkci'fc ;revh! 
allgpitibib bekannt so ■ / ^hädU''ßtm Woblje dht^häfiki^.fi :tntind 
mubr Anwumhing finden. 


HI- Ans (kr g*ebiirtsbülfl£eh^ 3 Z 3 n[ä*k<)ik>giscFLen Klinik der 
Universität'Bonn. 

Veatrofl^ation xmd. Vaginofization, 

Von Prof. 0,r. H. jprtt^ch, 

iclv gianhc ym-ht, dass dio Vo.nD’hfixafion durch, die Vagino- 
fiüatioTv m- Wvuih oder Bpdout'ung r^rbnogi Ganz abghaeta 
von dcB Vuni.njfixatkncji bei Eatfctnung der. Ädueih, die. ich stuts 
r)Ajt AdAey,hporatic>itoi) zifldön werde v öf^fi, ife. Vfditj'Oihfttbu* 
uinu IfifUuatiön am besflmu /lia ErböhVmg ,dos Etorus! Wiw b&-. 



4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


7 


decken. Nfihfc man den Uterusfundus mit 10 bis 15 Nähten an 
Peritoneum, Bauchfascien und Rectus fest, so ist der Erfolg stets 
ein dauernder, sowohl klinisch als anatomisch. Das, was man 
anfangs der Ventrofixation zum Vorwurf machte: die Elevatio 
uteri, das ist gerade der grösste Vorzug. Die Retroflexio uteri 
ist, abgesehen von den wenigen virginellen, uncomplicirten, congeni¬ 
talen Fällen eine „Erschlaffungskrankheit“ der Bänder und Stützen 
des Uterus. Mit den meisten Retroflexionen ist auch eine Sen¬ 
kung des ganzen Organs verbunden. Die Symptome der Retro- 
flexion sind, wie ja oft dargestellt ist, nicht sämmtlich auf das 
Organ selbst zu beziehen, sondern auch auf die Zerrung am Pel- 
veoperitonaeum und an den peritonaealen Duplicaturen: den Bändern, 
also indirekt am Peritonaeum parietale. Der vortreffliche Erfolg 
der Ventrofixation ist deshalb auch nicht allein auf das Organ 
selbst zu beziehen, sondern auch darauf, dass mit der starren Er¬ 
hebung des Organs die Zerrung an den Bändern und am Pelveo- 
peritonaeum auihört. Auch die Richtiglagerung, die freie Be¬ 
weglichkeit der Ovarien und Tuben hat grosse Bedeutung. Es 
ist doch auffallend, dass nach der Ventrofixation Dysmenorrhoe, 
Oraralgie und manches lästige consensuelle Symptom verschwindet. 

Ja, ich bin so überzeugt von der Vortrefflichkeit der 
Olshausen’schen Operation, dass ich ihr sogar ein weiteres Ge¬ 
biet eröffnen möchte, nämlich die Prolapse! Die Ventrofixation 
bei Prolaps ist nicht neu. Peter Müller hat sie vor Jahren 
gemacht und richtig gewürdigt. Nachfolger hat er nicht viel ge¬ 
funden. Ich selbst machte in diesen Fällen lieber die Total¬ 
exstirpation des Uterus mit der Resection der Scheide. Diese 
Operation ist zu einer ziemlichen Vollkommenheit ausgebildet. Wer 
noch nach Jahren die zuletzt von mir operirten Fälle untersuchen 
wird, muss gewiss einen guten Dauererfolg constatiren. Wird die 
grosse Blasenwunde durch viele sagittale Etagennähte so ver¬ 
kleinert, dass schliesslich das Blasenperitonaeum an die Vagina 
angenähfc ist, werden die Stümpfe der Ligamenta lata, stark ange¬ 
zogen, mit der Vagina vereinigt, so bildet der Rest der Vagina 
einen engen hochliegenden Trichter. Die Blase bleibt reponirt. 
Der Erfolg ist dauernd gut. Die Operation aber ist eine sehr 
blutige und gewiss schwierige. Sieht man am Präparat den kleinen 
Iterus und die grosse Scheide, so muss man zugeben, dass die 
Hauptsache doch die Soheidenresection ist. Diese aber ist auch 
ohne Eröffnung des Peritonaeums und ohne Totalexstirpation mög- 
1 . * der erhaltene Uterus kann sogar recht werthvolle Dienste 
leisten, nämlich dann, wenn er, oben fixirt, die Scheide hoch hält. 
bolJte er freilich allein die Heilung besorgen, d. h. den Prolaps 
ocn halten, so müsste man ihn bei völligen Scheideninversionen, 
wo man ihn bis an den Nabel schieben kann, zu hoch oben fixiren. 
erbmdet man aber beides — wie es August Martin vorschlug — 
f? *5 c Erfolg ein guter. Man schneidet recht grosse Streifen 
• er kchcidenwand aus, dabei werden geschwürige Partieen be- 
iKa cTk .j^^^htigt, d. h. entfernt. Ueberraschend schnell nimmt 
ueöcneide eine kleinere Form und eine normale Beschaffenheit 
mit ot an ‘ d , muss ers ^ grössere Erfahrungen bei alten Frauen 
dio Cf* , apsen sammeln, allein ich glaube schon jetzt, dass 
haft kf ° ^ ? er ® c ^ le ^ e plus Totalexstirpation nicht so vortheil- 
Ein Vftitii *i •* . er kleinerung der Scheide plus Ventrofixation. 
liehpn rvAi zu ver £ e ssen, dass die Patientin die weib- I 

— . 0 lechtstheile behält. Denn ihr völliger Verlust ist, auch 


Wenn cm „■ i. : uu wuigei vbhuöüiöü, aucu 

nicht HAi,i, C -u- mehr r T zum . ^ndergebären benutzt werden, so doch 
die ein OpfrP fcl ^aP D< ^ ™ P r i nc ip wird immer eine Operation, 
opfert Ah n der vorzuziehen sein, welche ein Organ 

uteri dio 68 no °E e ^ ne Art von Prolapsus oder Descensus 
scheint' n 3 m r ausne hmend für die Ventrofixation geeignet 

inveTs’ion h C mit Scheiden¬ 
hafter AiiJhiu h ‘ wo bei Nulliparen wegen mangel- 

klärlichen des B and apparates oder aus anderen uner- 

Hs ißt bei™™* de . r ^ terus sich senkt und die Scheide umstülpt, 
kann, dass er d&SS m - so ^ c ^ en Fällen der Uterus total prolabiren 
Genitalien ororh Anteversionsstellung vor den äusseren 

das SÄ f Vor de . r Vulva wie ein durch 

häufig so Rqh ^ kn 1 op [ te 5 Knopf. Sind auch solche Fälle nicht 
sich der Vorronrr ^ J edem einige Fälle, bei denen 
^hen (fie srewnhni-hn 8tar ^ ei1 descensus einleitete. Gerade hier 
Denn der prnecfnTu . r(da P so Perationen recht schlechte Resultate, 
der Scheide unterhalb ^ d ® r V eren fferung entfällt auf den Theil 
fallen mehrmals d ^f Scheidengewölbes. Ich habe in einigen 
is °ürt descendiren^iT* ec ^ vs °P er i ren müssen, weil sich der 
Partie einbohrte r> 6 V te J. us stets wieder in die enge Scheiden¬ 
der die Scheide . dlese stark verengenden Operationen wurde 
hd die Scheide nh« , ^ 01 \ us ? ß hr ungeeignet, denn in diesen Fällen 
gestülpt. Man hn nicht zu weit, nur das Gewölbe ist 
durch die Teren^endifn adl ^ also durc h Excision der Portio und 
^ n d dies ohne da« n era ^ on 8 °l c he Patientinnen ganz erheblich. 

Dauererfolges bei einem schwer arbeitenden 


Mädchen ganz sicher zu sein! Deshalb habe ich bei ähnlichen 
Verhältnissen in letzter Zeit principiell die Ventrofixation als 
sicherste Methode der Heilung gewählt. 

Für die Totalexstirpation würden demnach nur solche Prolapse 
übrig bleiben,, bei denen im Zustande des Uterus ebenfalls eine In- 
dication für die Entfernung läge, also erhebliche Grösse, kleine 
wachsende Myome, Carcinom. In den anderen Fällen dürfte es 
richtig sein, die Ventrofixation zu machen, mit Excision der Scheide, 
die in ihrer Form und Function erhalten bliebe. Man muss sich bei 
etwas Gutem nicht beruhigen, sondern stets nach etwas Besserem 
suchen. 

Gegen die Vaginofixation habe ich theoretische und prak¬ 
tische Bedenken. Sie halten mich indessen vorläufig nicht ab, diese 
Operation zu studiren und auszuführen resp. an den Bestrebungen, 
sie zu verbessern, Theil zu nehmen. Denn schliesslich haben Er¬ 
folge zu entscheiden! Theoretisch möchte ich einwenden, dass der 
Uterus tiefer fixirt wird, als er normal liegt. Ein wesentlicher 
Theil der Beschwerden ist, wie oben erwähnt, nicht allein auf die 
Knickung, sondern auch auf die Senkung zu beziehen. Sodann 
raubt man dem Uterus eine Stütze: die Blase. Sie hebt bei 
wechselnder Füllung den Uterus, auf ihr liegt er wie auf einem weichen 
Kissen. Auch wenn man die Kolporrhaphie mit dem Mackenrodt- 
schen Längsschnitte verbindet, die vordere Vaginalwand dadurch 
straffer und fester macht, so wird der Uterus trotzdem nicht in 
toto erhoben. Sodann halte ich die Fixation nicht für ganz sicher. 
Die Scheidenwand ist nicht so fest wie die Bauchdecken. Senkt 
sich der fixirte Uterus wieder, so kann er aus der Anteversion zu¬ 
nächst in eine etwas geradere Stellung gelangen. Füllt sich die 
Blase, so legt sie sich nun auf den Uterus und drückt ihn eben¬ 
falls nach unten. 

Mir ist besonders bei dem Streite um das Annähen des Corpus 
oder Fundus aufgefallen, dass nicht ganz klar beschrieben ist, wie 
man beide trennt. Aus einigen Publicationen lässt sich doch her¬ 
auslesen, dass mit „fundus“ die oberste Partie der vorderen Fläche 
des Uterus gemeint ist. Ich verstehe unter Fundus die obere 
Fläche des Uterus, die man z. B. bei der Ventrofixation einnäht. 
Die obere Fläche im Gegensatz zur vorderen und hinteren Fläche! 
Schneidet man vom Uterus ein circa 1 cm dickes Stück oben ab, dessen 
Schnittfläche rechtwinkelig zur Längsaxe des Organs steht, so ist 
dies Stück der Fundus, dessen Mittelpunkt also gleich weit von 
hinten und vorn entfernt ist. Näht man die vordere Fläche un¬ 
mittelbar unterhalb dieser oberen Partie und überhaupt die vordere 
Fläche des Uterus an, so besteht eine Anteversion, aus der leicht 
allmählich eine Retroversion wieder entstehen kann. Sind die Fä¬ 
den entfernt, so ist der Uterus, da wo die Fäden sassen, mit dem 
Revers der Vagina verwachsen. Bei der andauernden Senkung, 
namentlich dann, wenn der untere Theil der Scheide durch ihren 
Verlauf der sich senkenden Portio die Richtung nach vom auf- 
zwingt, zerrt der Uterus an der künstlichen Fixation. Der abdo¬ 
minelle Druck von oben, die Last der über dem Uterus liegenden 
Blase — alles wirkt zusammen, und es tritt schnell wieder das 
Recidiv ein. Dührssen hatte gewiss Recht, wenn er, wie seiner 
Zeit auch Schücking, das Tragen eines Pessars nach der Operation 
empfahl. Denn, wenn der Uterus durch das Pessar fixirt erhalten 
wird, wenn die Zerrung der künstlichen Adhäsion nicht sofort 
nach der Operation eintritt, so ist gewiss die Prognose besser, 
weil die Fixation consolidirt. Habe ich doch in ähnlicher Weise 
früher bei Retroflexion Castration gemacht, ein Pessar eingelegt 
und erlebt, dass die zwei Stümpfe am Uteruswinkel vorn festwuchsen. 
Ich sah nach vielen Jahren eine dieser Patientinnen wieder. Der 
Uterus Hess sich auch nicht gewaltsam aus der vorn fixirten Ante¬ 
version bewegen. 

Aber das ist ja gerade ein Mangel einer lageverbessernden 
Operation, wenn sie noch lange Zeit eine orthopädische Pessar¬ 
behandlung nöthig macht! Eine Operation soll sichere Heilung 
bringen! In der Annahme, dass nicht die obere Fläche des Uterus, 
sondern oft der oberste Theil der Vorderfläche angenäht wird, be¬ 
stärkte mich die Schilderung der Operateure, welche mit einer 
Sonde den Uterus in die Vaginalwunde bewegten. Stellt man sich 
die Verhältnisse vor, den Damm, die Stellung der Portio bei völüger 
Anteversion, der Uterusfundus auf der Vagina vor der Blase, so 
ist doch eine Sondenform oder Haltung, die zunächst nach dem 
Damme, dann nach der Eireuzbeinhöhlung, dann nach dem ante- 
vertirten Uterus mit hoch erhobener Portio gebogen ist, gar nicht 
rnögHeh. 

Ausser diesen theoretischen Bedenken giebt es auch einige 
praktische. Man darf doch nicht vergessen: Lässt sich eine Frau 
operiren, so ist ihr Verlangen gerechtfertigt, dass sie für alle 
Opfer an Zeit, Geld und Gefahren völlige Gesundheit eintauscht. 
Welche Frau Hesse sich bei einem Leiden, das keine Lebensgefahr 
im Gefolge hat, überhaupt operiren, wenn ihr die ungeschminkte 
Wahrheit gesagt würde: „Sie werden chloroformirt und operirt, es 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


wird ein Loch in die Scheide geschnitten, die Gebärmutter wird 
festgenäht, dann aber muss man tamponiren, massiren, ein Pessar 
einlegen, und dann — wollen wir abwarten, ob ein Recidiv eintritt 
oder nicht!“ Würde die Sache in der Weise dargestellt, so würde 
„das Material“ nicht gross gewesen sein! Bei Dührssen’s 
Operation, wie sie bisher, wenigstens noch Pfingsten 1893 war, 
konnte man grössere Versprechungen nicht machen. Gewiss muss 
man — wie es bei der Ventrofixation möglich ist — ganz bestimmt 
Heilung versprechen können. Wer sich operiren lässt, will damit 
gesund sein, um nun eben des Massirens, der Pessarien und der 
Weiterbehandlung überhoben zu sein, um endlich den Arzt los zu sein. 
Gerade deshalb wird ja operirt! Wehn ich also nicht mit Sicher¬ 
heit hoffen würde, dass stets, in jedem Falle durch die Vagino- 
fixation sichere Heilung erzielt würde, so würde ich nicht wagen, 
diese Operation einer Patientin zuzumuthen. Diese Sicherheit zu 
erreichen, ist aber hoffentlich möglich und durch die Vervollkomm¬ 
nung der Methode von einer Anzahl Operateuren vielleicht schon 
erreicht. Es fragt sich aber dann immer noch, wie die Dauer¬ 
erfolge bezüglich der Beseitigung aller Symptome sind! 

Hier entscheidet allein der Erfolg, und zwar nicht die That- 
sache, dass die Patientin die Operation glatt überstanden, sondern 
der Dauererfolg. Vom Dauererfolg können wir erst nach Jahren 
sprechen. Erst im Sommer dieses Jahres ist die Technik durch 
Mackenrodt zu einer guten geworden. Ein Schlussgutachten ist 
also unmöglich! Dennoch möchte ich die obigen Zeilen nicht unter¬ 
drücken, um nicht etwa ein Vorurtheil gegen die Ventrofixation 
aufkommen zu lassen. 

Die Operation der Vaginofixation führe ich folgendermaassen 
aus, mich wesentlich an Mackenrodt anschliessend: Nachdem der 
Uterus beweglich gemacht ist, Herabziehen des .Uterus mit der 
Muzeux’schen Zange. Längsschnitt von der Portio bis zur Ge¬ 
gend der oberen Urethralöffnung. Freimachen der Vagina nach 
den Seiten. Losschneiden der Blase von dem Uterus. Zurück¬ 
nähen der Blase nach Mackenrodt. Sobald die Peritonaealfalte 
sichtbar, wird die Muzeux’sche Zange abgenommen. Ein „Kletter¬ 
haken“, ein kleines aber festes Doppelhäkchen wird in den Uterus 
eingesetzt. Darüber ein zweiter und so fort, bis der Uterus 
ganz zusammengeknickt, antefleetirt ist, bis die obere Fläche des 
Uterus, „der Fundus“ sichtbar ist. Dabei zerreisst natürlich das 
dünne Peritonaeum. Einigemale rissen die Haken nur kleine 
Löcher, ein andern al war das Loch grösser, ja mitunter so gross, 
dass man aufpassen und mit dem Zug innehalten musste, um nicht 
den Uterus wie bei der Totalexstirpation völlig durch das Loch 
vorzuziehen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich auf das Zu¬ 
rücknähen und die Verkleinerung der Blase nicht verzichten möchte. 
Hat das Peritonaeum festgehalten, so wird ja die blutende Stelle 
der abgetrennten Blase nach Annähen des Fundus so comprimirt, 
dass wohl die Blutung steht, zumal, wenn kleine spritzende Arterien 
unterbunden sind. Ist aber das Loch so gross, dass das Perito¬ 
naeum vorher völlig zerrissen ist, so würde ohne Naht eine grosse 
blutende Fläche der Blase unversorgt, über dem Uterus, intra¬ 
abdominell liegen bleiben. Dies ist jedenfalls zu vermeiden. 

Während noch der letzte Kletterhaken den Fundus festhält, 
führt man eine Nadel durch den Vaginalwundrand und durch den 
Fundus. Sie wird so durchgestochen, dass vom Fundus ein zwei 
Centimeter breites Stück von rechts nach links über der Sutur 
liegen bleibt. Die Sutur kommt so weit nach hinten auf die Fundal- 
fläche, dass noch eine zweite Sutur davor circa einen halben 
Centimeter entfernt durch den vorderen Theil der Fundalfläche ge¬ 
legt werden kann. Nunmehr ist der Uterus fixirt. Man nimmt 
jetzt kleine krumme Nadeln und näht rings herum den Revers der 
Scheide auf den Fundus auf, gerade so, wie bei der Ventrofixation 
die Bauchdecken. Dazu gebraucht man noch 6—7 Suturen, die so¬ 
fort geknüpft und kurz abgeschnitten werden. Hierauf knüpft man 
die grossen Suturen fest und vereinigt hier die Vagina. In den 
Anteflexionswinkel, in welchen hinein die Scheide nicht genäht wird, 
stopft man etwas Jodoformgaze und vereinigt bis auf eine kleine 
Oeffnung für den Jodoformgazestreifen die Vaginalwunde. Es ist 
also ungefähr dieselbe Lage des Uterus hergestellt, die auch 
spontan entstehen kann: Anteflexion des Uterus, bei der sich 
der Fundus zwischen Blase und Cervix lagert. Freund hat 
einen solchen Fall beschrieben. 

Die Löcher, welche die Kletterhaken reissen, werden nicht be¬ 
rücksichtigt. Sie bluten nicht; jedenfalls sind sie nicht so gross 
wie die^ Löcher, welche von Dührssen durch das Durchlegen der 
„Zügel“ durch das Uterusparenchym gemacht werden. 

Zum Schluss möchte ich noch ausdrücklich betonen, dass wir 
allen denen — Schücking, Zweifel, Mackenrodt, Dührssen, 
die sich nicht auf Vorschläge beschränkten, sondern factisch experi- 
mentirten, sehr dankbar sein müssen. Es ist stets anerkennens- 
werth, wenn jemand eine neue Operation ausbildet, wenn er die 
zu Anfang selbstverständlichen Misserfolge auf sich nimmt. 


Leichter ist es gewiss, zu kritisiren, als zuprobiren Alle diese 
Bestrebungen basiren auf dem durchaus richtigen Gedanken dass 
es an der Zeit ist, allmählich die Palliativbehandlung durch eine 


/löflnifi-o-o TTAilm Pit, linde 


IV. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin. 

Ueber den Einfluss der Milz auf die Im¬ 
munität. 

Von Dr. Benario, Arzt in Frankfurt a. M. 

Zu Beginn des vorigen Jahres veröffentlichten Tizzoni und 
Cattani in einer vorläufigen Mittheilung einige Versuehsresultate, 
nach denen die Milz bei dem Immunisirungsvorgang der Kaninchen 
gegen Tetanus eine wichtige Rolle spielen sollte, insofern als der 
der Milz beraubte Organismus die Fähigkeit, immunisirt zu werden, 
einbüsst. Auf Veranlassung von Herrn Prof. Ehrlich habe ich 
eine Nachprüfung dieser Experimente unternommen und ich benutze 
gern die Gelegenheit, demselben für die Anregung und das Interesse 
an dieser Arbeit meinen besten Dank zu sagen. Durch äussere 
Umstände hat sich die Publieation meiner Untersuchungen, die 
bald nach dem Erscheinen der oben citirten Mittheilung begonnen 
wurden, verzögert. Unterdessen hat A. A. Kant hak über die 
Erfahrungen berichtet, die er an entmilzten Kaninchen bei der 
Immunisirung gegen den Bacillus pyocyaneus gewonnen hat. Da¬ 
nach verhalten sich die der Milz beraubten Thiere ebenso wie die 
normalen, und Kanthak kommt zu dem Schluss, dass, was die 
Phänomene der Pyocyaneusinfection und die Immunisirung gegen 
dieselbe betrifft, die Entmilzung ganz ohne jeden Einfluss ist. Er 
hebt dabei in richtiger Weise den mehr infectiösen Charakter der 
Pyocyaneuserkrankuug gegenüber der Fern Wirkung des Tetanus¬ 
bacillus im Organismus hervor. Ich habe nun Infection und In- 
toxication in gleicher Weise an meinem Versuchsmaterial —* Ratten, 
Mäusen und Kaninchen — berücksichtigt und als Vertreter der 
einen Gruppe den Schweinerothlauf, als den der anderen den Tetanus 
gewählt. Ferner habe ich zur Immunisirung das Ricin benutzt, 
auf dessen weitgehendste Analogieen mit den bacteriellen Toxinen 
Ehrlich hingewiesen hat. 

Ich habe nun eine Maus in der von Ehrlich angegebenen 
Weise gegen Ricin immunisirt. Vier Wochen nach der Exstirpation 
der Milz wurden derselben kleinste Mengen Ricin (0,002 g wurden 
unter einen Kake verbacken) per os zugeführt und im Laufe von 
14 Tagen auf 0,08 g gestiegen. Nach Ablauf dieser Zeit war 
schon Immunität vorhanden, derart, dass die Maus die subcutane 
Injection der doppelt tötlichen Dosis ohne jede Reaction vertrug, 
während ein Controllthier nach zwei Tagen an typischer Ricinver- 
giftung zugrunde ging. Dass ich parallel den entmilzten auch 
immer normale Thiere in gleicher Weise vorbehandelte und der 
Prüfung unterzog, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. 
Durch successiv gesteigerte Dosen wurde die Maus soweit gebracht, 
dass sie die 120 fach tötliche Dosis ebenso glatt und anstandslos 
vertrug, wie die normale Parallelmaus. Der Versuch wurde dann 
abgebrochen, nachdem im Princip erwiesen war, dass die Milz 
ohne jeglichen Einfluss bei der Immunisirung vonMäusen 
gegen Ricin ist. Ich ging dann dazu über, gegen Tetanus zu 
immunisiren, und wählte dazu Mäuse, die bekanntlich gegen Tetanus 
viel empfindlicher sind als Kaninchen. 

Zur Immunisirung benutzte ich eine Methode, die Professor 
Ehrlich ausgearbeitet, aber noch nicht publicirt hat. Dieselbe 
ermöglicht es, in relativ kurzer Zeit und in sicherer Weise Thiere 
gegen Tetanus zu schützen. Drei Mäuse wurden nun zwei Tage 
nach der Operation nach dieser Methode immunisirt. Ich ging 
dabei unter längeren Injectionspausen sehr vorsichtig zu Werke 
und prüfte erst nach Verlauf von zehn Wochen mit der doppelt 
tödtlichen Dosis, die von den Mäusen ohne jede Erkrankung ver¬ 
tragen wurde, während die Controllmaus. an typischem Tetanus zu¬ 
grunde ging. Eine zweit« Serie von zwei Mäusen, bei denen vier 
Tage nach der Entmilzung die active Immunisirung begonnen 
wurde, hatten schon nach zwölf Tagen eine solche Giftfestigkeit 
erlangt, dass ihnen anstandslos die doppelt tätliche Dosis einver¬ 
leibt werden konnte. Durch fortwährend gesteigerte Injectionen 
vertrugen die Mäuse nach drei Monaten die öOOOfache tödtliche Menge. 
Gleiche Resultate wurden an Ratten erzielt. Um den Versuchs- 
bedingungen Tizzoni’s und Cattani’s zu genügen, habe ich dann 
noch ein Kaninchen drei Tage nach der Operation gegen Tetanus 
zu immunisiren begonnen. Ich schlug dabei wieder einen äusserst 
vorsichtigen Weg ein. Leider war ich gezwungen, am 19. Tage 
der Immunisirung, noch im Stadium der Vorbehandlung, dieselbe 
abzubrechen, da das Thier infolge eines durch einen Biss ent¬ 
standenen Abscesses an der rechten Gesichtsseite am Fressen ver¬ 
hindert war und einen mehrere Tage lang sich fortsetzenden Ge¬ 
wichtsverlust aufwies. Ich beschloss deshalb, das Kaninchen durch 


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I 


4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Entbluten zu tödten, um durch die Prüfung seines Blutserums auf 
antitoxische Wirkung mich von einer eventuell 'eingetretenen 
Immunität zu überzeugen. Die Prüfung wurde in zweifacher Weise 
vorgenonimeii. Erstens wurde Serum und Tetanusgift in einem 
bestimmten Verhältniss in vitro gemischt, und die Mischung Mäusen 
subcutan injicirt. Zweitens wurde eine bestimmte Quantität Serum 
und 24 Stunden nachher die entsprechende Giftdosis injicirt. Es 
ergab sich nun iin ersten Falle das Resultat, dass 1 ccm Serum 
imstande war, die lBfach tödtliche Dosis völlig zu entgiften, so 
dass dieselbe Mäusen ohne eine Spur von Erkrankung einverleibt 
werden konnte. Bei dem zweiten Verfahren erhielten vier Mäuse 
subeutan je 0,5 ccm Serum injicirt, und nach 24 Stunden die 8-, 
ii-, 12- und 25 fach tödtliche Dosis. Während die Maus, die die 
25fach tödtliche Dosis erhalten hatte, nach drei Tagen an Tetanus 
zugrunde gegangen war, blieben die anderen Mäuse fast ohne 
ti tanische Erkrankung, so dass inan nach der üblichen Berechnung 
den antitoxischen Werth des Blutserums als mindestens 1:480, 
wahrscheinlich sogar etwas höher annehmen dai*f. Ich war nicht 
mehr im Besitze genügender Mengen Serum, um die Bestimmung 
genau zu Ende führen zu können. Im Princip dürfte es aber er¬ 
wiesen sein, dass das Kaninchen nach der Exstirpation der 
Milz Immunität gegen Tetanus erlangt hat, und zwar eine 
iu Rücksicht auf die kurze Behandlung relativ hohe. 

Wie schon oben erwähnt, habe ich als Vertreter der in- 
liM-tiösen Mikroorganismen den Schweinerothlauf gewählt. Ich 
hatte eine Cultur in Händen, die sich durch Ueberimpfung im Laufe 
der Zeit so abgeschwächt hatte, dass eine einmalige, höchstens 
zweimalige Infection mit derselben zu einer vollständigen Immuni- 
sirung ausreichte. Um aber ganz sicher zu gehen, habe ich zwei 
entmilzten Mäusen in Zwischenräumen von drei Tagen je 0,5 ccm 
einer 24-, 86- und 72stündigen Bouillon cultur injicirt. Ich war 
damals jedoch nicht im Besitz einer vollgiftigen Cultur, die ich zur 
Prüfung auf die erzielte Immunität verwenden konnte, und erst nach 
drei Monaten gelang es mir, vollvirulentes Material in der Milz 
eines am Rothlauf eingegangenen Schweines zu erhalten. Von dieser 
Milz erhielten die beiden Mäuse, sowie zwei Controllinäuse kleine 
Partikel an der Schwanzwurzel unter die Haut gebracht. Die kleine 
Munde wurde durch Collodium geschlossen. Die vorbehandelten 
Mäuse ertrugen die Infection ohne jede Reaction, während die Con- 
trollthiere nach drei Tagen zu gründe gingen. Zehn weitere Mäuse, 
'lie mir von anderer Seite zur Prüfung übergeben und die ungefähr 
vor einem Jahre gegen Rothlauf immunisirt und damals als immun 
Munden worden waren, starben sämmtlich nach der Infection. Die 
mikroskopische Untersuchung des Herzblutes, angelegte Platten und 
stichcalturen ergaben den Rothlaufbacillus in Reincultur. 

Mir sehen also, dass meine Versuchsresultate denen von Tiz- 
zoni und Cattani direkt gegenüb erstehen, und dass die Exstir¬ 
pation der Milz von gar keiner Bedeutung für die Immu- 
niRirung bezw. Gittfestigung der erwähnten Thierspecies 

leb h a be es nach diesen Ergebnissen nicht noch für nöthig 
Machtet. iinmunisirten Thieren die Milz zu exstirpiren, um zu 
*e ien. ob etwa die Immunität dadurch verschwinde. Diese Thiere 
w r en sich zweifellos ebenso verhalten haben wie normale. 


^ • Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Ober¬ 
stabsarzt Prof. Dr. Köhler im Charitekrankenhause. 

^w^v e P len ^ a ü von Brown-Söquard’scher 
aaibseitenverletzung des Rückenmarks. 

Yoii Stabsarzt Herhold. 

Bvown-Sequard am Ende der fünfziger Jahre 
Pück( , nn^ P q- InPn ^ e en ^ ersucke über die Halbseitenverletzung des 
•ler sech »?.' e . S ß* mac ht und die gewonnenen Erfahrungen anfangs 
aiiecwanH^ h f/n' au ^ Pathologie des Rückenmarkes selbst 
pUjp • a , wur de von den Neurologen der spinalen Hemi- 
si»itienet-'y 6 -*bte Aufmerksamkeit geschenkt, und sind daher 
s^mar,]’- ii ., vie ^ ack klinisch beobachtete Fälle von Brown - 
"orden ^ albseit onverletzung des Rückenmarks veröffentlicht 

feine* Bild der* boten jedoch die veröffentlichten Fälle das 

burc:btrpnni.«« S ^ ina ei i Henniplegie, wie es durch eine begrenzte 
In dem nLwT R f ckenraar kshälfte bedingt ist. 

" x P'*rimentell »1/° F^ 611 waren die von Bronw-Söquard 
damit m a <r |: g v un ^ nen Erscheinungen sämmtlich vorhanden, und 
In diT desselben gerechtfertigt sein. 

irzl Prof. H lcnui dle c bh*urgische Abtheilung des Herrn Oberstabs- 
S '-Wächt^ r IlcrUl.oJ? w Wurde an ? 21. Juli 1893 der 47 Jahre alte 
" l0Dfi »ufgrenoniini-n ^ we & en e ‘ ner ^ linken Fuss befindlichen Phleg- 

j Apcl,lv «1« Physiologie 1863-6Ö, 1868 und 1869. I 


Anamnese: Der Kranke stammt aus gesunder Familie und war bis 
zum Jahre 1868 nie krank. Im Sommer dieses Jahres erhielt er angeblich 
einen Messerstich ins Genick und wurde bewusstlos in die Chante ge¬ 
bracht. Nach seinen Angaben soffen die Folgen seiner Verletzung eine 
Lähmung seiner Arme und Beine und seiner Blase gewesen sein •) 

Nach etwa 14 Tagen konnte er angeblich die Arme wieder bewegen 
und Unn lassen, nach drei Wochen war das linke Bein wieder gebrauch*- 
mhig, während das rechte Bein zunächst gelähmt blieb und erst im Laufe 
der Jahre seme Lähmung verlor: jedoch besteht heute noch eine Schwäche 
in demselben. 


Bis zum 9. Juli 1893 war W. von Krankheiten verschont. Am 
10. Juli schwoll ihm der linke Fuss an, er bemerkte eine kleine eiternde 
Wunde am linken Kleinzehenballen und zog sich, aus derselben eine 
Nähnadel heraus, die er sich in den Fuss getreten hatte, ohne 
es zu merken, er war mit der Nadel im Fusse herumgelaufen 
Da die Wunde nicht heilte, suchte er die Charite auf. 

Status: Kräftig gebauter Mann, etwas blasse Gesichtsfarbe. Im 
Nacken rechts vom sechsten Halswirbel, 1 cm etwa vom Processus 
spinosu s dieses Wirbels entfernt eine kreuzartige, 1cm lange, 
Va cm breite Narbe. Der ganze linke Fusse ist stark geschwollen, in 
der Fusssohle am Kleinzehenballen eine erbsengrosse Oeffnung, in welche 
die Sonde P/a cm tief eindringt und auf die rauhe Fläche der ersten 
Phalanx der fünften Zehe gelangt. Brust- und Unterleibsorgane sind 
gesund. Urin: 2200 in 24 Stunden, klar, gelb, kein Eiweiss, kein Zucker, 
reagirt sauer. Psychische Abnormitäten sind nicht vorhanden. Pupillen 
gleich weit, reagiren gut. Das rechte Bein ist erheblich magerer als 
das linke. Der Umfang, 24 cm unterhalb der Spina anterior ilei gemessen, 
beträgt am linken Bein 4S l /s cm, am rechten Bein 43 1 /* cm. Der Umfang’ 
16 cm unterhalb der Patella gemessen, beträgt am linken Bein 30 cm, am 
rechten Bein 26 l /* cm. 

Gang: Das rechte Bein wird etwas nachgezogen. 

Stehen: Beim Stehen mit geschlossenen Füssen und Augen tritt 
lebhaftes Schwanken ein. 

Kraft der oberen Extremitäten gleich stark. Im rechten Bein ist. 
die Muskelkraft gegen links erheblich herabgesetzt. Das rechte Bein 
kann leicht durch die auf dio Kniescheibe aufgelegte Hand am Empor- 
gehobenwerden verhindert werden. 

Elektrisches Verhalten der Muskeln: Faradischer Strom: 
Erregbarkeit ist an den oberen Extremitäten gleich. Am rechten Bein 
ist die direkte und indirekte Erregbarkeit der Muskeln schwächer als links. 

Galvanischer Strom: Direkte und indirekte Erregbarkeit am 
linken Arm grösser als am rechten. Die direkte Erregbarkeit war am 
rechten Bein grösser als links. Umgekehrtes Verhalten zeigte die in¬ 
direkte. 

Beim Beugen des rechten Beines treten unwillkürliche Muskel- 
spannungen ein. 

Reflexe: Patellarreflex rechts grösser als links, Sehnenreflexo 
am rechten Arm aueh stärker als links. Fusssohlenreflexe rechts etwas 
stärker als links. Cremasterreflex links stärker als rechts. Bauchdecken- 
reflex links stärker als rechte. 

Ataxie deutlich am rechten Bein (Kniehackenversuch). An den 
oberen Extremitäten keine Ataxie. 

Muskelsinn am rechten Bein gestört. Bei geschlossenen Angern 
besteht völlige Unkenntniss der Stellung des Fusses. 

Vasomotorische Störungen: Das linke Bein soll stärker 
schwitzen als das rechte. 

Anästhesie besteht am linken Bein und an der linken Rumpfhälfte 
— genau bis zur Mittellinie des Körpers — bis zur dritten Rippe. Spitze 
Nadelstiche werden selten, stumpfe gar nicht gefühlt. 

Hyperästhesie besteht am rechten Bein und an der rechten Rumpf¬ 
hälfte bis zur dritten Rippe. Stumpfe Nadelstiche werden häutig als 
spitze angegeben, spitze sehr scharf empfunden, Vom unteren bis zum 
oberen Rand der dritten Rippe werden rechts Nadelstiche garnicht 
empfunden — anästhetische Zone —, darüber normales Empfinden. 

Analgesie besteht links im Bereich der Anästhesie. 

Der Temperatur sinn ist im Bereiche der Anästhesie erloschen: 
am linken Bein wird weder Kälte noch Wärme, an der linken Rumpf¬ 
hälfte nur Wärme empfunden. 

Tastsinn fehlt im Bereich der Anästhesie. 

Drucksinn: Am linken auf der Unterlage fest aufliegenden Bein 
können Gewichtsstücke verschiedenen Gewichts nicht unterschieden werden. 

Wir haben im vorliegenden Falle demnach: Auf der Seite der 
Verletzung: Störungen der Motilität. Verringerung der faradischeu 
und Verstärkung der galvanischen (direkten) Muskelreizung, Steige¬ 
rung der Sehnen- und Verringerung der Hautreflexe, Ataxie. Ver¬ 
lust des Muskelsinns und Hyperästhesie der Haut mit einer 
schmalen anästhetischen Zone. 

Auf der unverletzten Seite finden wir: Anästhesie für Tust-, 


Temperatur- und Schmerzempfindung. 

Bemerkenswerth an dem vorliegenden Fall ist, dass die von 
Bro wn-Söquard für die Halbseitenverletzung des Rückenmarks 
angegebenen Kranklleitserscheinungen in solcher Reinheit vorhanden 
sind, nachdem 25 Jahre seit der stattgehabten Verletzung verflossen 
sind. Abweichend vom typischen Krankheitsbilde verhält sich nur 
das Fehlen von vasomotorischen Störungen auf der gelähmten 
Seite, da ja die vasomotorischen Nerven in den Vordersträngen des 


l ) Leider war das Krankheitsjouraal über diese Verletzung nicht 
mehr zu erhalten, da die Journale in der Charite nicht länger als zwölf 
Jahre auf bewahrt werden. 



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DEUTSCHE MEU1CIN1SCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


Rückenmarks also auch ungekreuzt verlaufen sollen. Brown- 
Sequard scheint aber derartige Beobachtungen auch gemacht zu 
haben, denn er sagt an einer Stelle: 1 ) .,Kommt aber später eine 
Entzündung auf der getheilten Hälfte hinzu, so sehen wir die 
vorher gelähmten Gefüsse sich verengern, wie unter solchen Um¬ 
ständen auch die willkürlichen Muskeln sich krampfhaft contrahiren. 
Damit sinkt aber auch die Temperatur an den betreffenden Steilen.“ 
Auch Erb giebt in seinem Lehrbuche 2 ) an. dass bei Brown- 
S^quard’sclier Lähmung bei längerem Bestehen manchmal die 
anästhetische Seite wärmer ist als die motorisch gelähmte. Auf¬ 
fallend ist ferner die Verringerung des Cremaster- und Bauch¬ 
deckenreflexes auf der gelähmten Seite. In einem von A. Kiver 3 ) 
beschriebenen Falle waren diese Reflexe ebenfalls auf der nicht 
gelähmten Seite am stärksten: bei drei von Hoffmann 4 ) veröffent¬ 
lichten Fällen fehlten zwei mal die Hautreflexe auf der gelähmten 
Seite, einmal waren sie hier nur angedeutet. Es scheint somit das 
Fehlen der Hautreflexe auf der gelähmten Seite, respective das 
Schwächersein derselben die Regel zu sein. 

Wenn auch die von dem Messerstiche herrührende Hautnarbe 
bei dem Patienten in der Höhe des sechsten Halswirbels sitzt, so 
kann die Verletzung des Rückenmarks nur in der Höhe des dritten 
Dorsalwdrbels stattgefunden haben. Denn genau Ins zum Gebiete 
des dritten Dorsalnerven geht an der nicht gelähmten Seite die 
Anästhesie, und genau im Gebiet desselben Nerven liegt an der 
gelähmten Seite die anästhetische schmale Zone. Eine Lähmung 
des rechten Arms hat nur 14 Tage zugleich mit den Lähmungen 
des rechten Arms und linken Beins bestanden und ist wohl er¬ 
klärbar durch die unmittelbar im Anschluss an die Verletzung 
aufgetreteilen Entzüiidungserschemungen. Der rechte Arm ist jetzt 
kräftiger als der linke: die Erhöhung der Sehnenreflexe am rechten 
Arm erklärt sich durch eine aufsteigende secundäre Degeneration 
der Seitenstränge. Die Erscheinung, dass trotz der höher liegenden 
Hautnarbe die Verletzung des Rückenmarks in der Höhe des dritten 
Dorsalwirbels stattgefunden hat. erklärt sieh daraus, dass die 
Messerklinge in der Richtung von oben nach unten geführt wurde 
und zwischen Weichtheilen und Wirbelsäule nach abwärts drang, 
bis sie durch den dritten Dorsalwirbel aufgehalten wurde. 


VI. Neuere Anschauungen über Vererbung, 
Descendenz und Pathologie. 

Von Prof. Dr. Ribbert in Zürich. 

Als die Träger der Vererbung in den Keimzellen werden be¬ 
kanntlich zur Zeit von den meisten Forschern ausschliesslich die 
Kerne angesehen, und in ihnen kommt wieder allein die chro¬ 
matische Substanz in Betracht. Dem Protoplasma fällt also für 
die Vererbung nur eine nebensächliche Rolle zu, jedoch Avird auch 
jetzt noch von einzelnen Seiten, z. B. von Nussbaum 5 ) ange¬ 
nommen, dass auch ihm nicht jede Bedeutung fehle, vor allem des¬ 
halb; weil an der Vereinigung der Kerne der beiden Keimproducte 
auch die Centrosomen einen Antheil haben. Wenn diese aber, wie 
neuere Arbeiten darzuthun scheinen, aus dem Kerne abzuleiten 
sind, so wäre damit eine neue wichtige Stütze fnr die ausschliess¬ 
liche Bedeutung desselben bei der Vererbung gegeben. In consequen- 
tester Weise ist jene erste Vorstellung von Weisma nn, insbesondere 
in seinem neuesten Werke :DasKeiraplasma, eine Theorie der Ver¬ 
erbung (Jena, Fischer 1892) ausgebaut worden. Er giebt der als 
Grundlage für die Vererbung dienenden Substanz den Namen Keim¬ 
plasma und verlegt sie also allein in das Chromatin, während 
Naegeli, der sie Idioplasma genannt hat, sie auch dem Proto¬ 
plasma, und zwar allen Zellen des Körpers in Form eines zusammen¬ 
hängenden Netzes zugetheilt hat. 

Ueber die innere Structur dieser Substanz sowie über die Art 
und Weise, wie aus ihr der complicirte Aufbau des Organismus 
hervorgeht, hat inan sich verschiedene Vorstellungen gemacht, die 
hier nicht wohl im einzelnen besprochen werden können, wie denn 
überhaupt die hier gegebene Uebersicht die neueren Beobachtungen 
m erster Lime insoweit verwerthet, als sie auch für die Pathologie 
von Wichtigkeit sind. Wer sich über die verschiedenen An¬ 
schauungen genauer orientiren will, findet in der Schrift von 
de Vries (Intracellulare Pangenesis. Jena, Fischer 1889) die ge- 
wünschte Belehrung (siehe das Referat von Baumgarten in dieser 
Wochenschrift 1892, p. 591). 

Wir beschränken uns hier mit Rücksicht auf die unten fol¬ 
genden Betrachtungen über die Vererbung erworbener Eigenschaften, 

| Virchow-Hirseh 1869, Bd. II. p. 38. 

2 > Krankheiten des Rückenmarks 1876, p 248 

"1 Neurolog. Centralblatt 1891, p. 33. 

;) Archiv f. klin. Medicin 1886, Bd. 38, p. 87. 

■') Aroh. f. mikroskop. Anat, Bd. XXXX1. p 1H» 


den Atavismus etc., die neuesten Vorstellungen von Weismann 
anzuführen, - der bekanntlich den Fragen der Vererbung ein ganz 
besonderes Studium gewidmet und gerade jene für die Pathologie 
wichtigen Gegenstände eingehend der Betrachtung unterzogen hat. 
Er ist, wie aus dem genannten Buche hervorgeht, zu der Ueber- 
zeugung gelangt, dass die einzelnen vererbbaren Eigenschaften sich 
bei der Entwickelung des Embryo nicht etwa neu büden, dass es 
also keine Epigenesis giebt, die er lange für wahrscheinlicher hielt, 
sondern dass sie alle in gleich zu besprechender Weise als „An¬ 
lagen" in dem Keimplasma vorgebüdet sind. Seine Auffassung ist 
somit verwandt mit Darwin’s „Pangenesis", besonders aber mit 
der gleichnamigen, jedoch in einem wichtigen Punkte (siehe unten) 
abweichenden Theorie von de Vries. 

Weismann giebt folgende Darstellung von der Structur 
des Keimplasmas. Die Träger der Vererbung sind die denkbar 
kleinsten organisirtcn, vermehrungsfähigen Einheiten, die Weis- 
mann Lebensträger, Biophoren nennt. Sie sind aus einer 
Anzahl von Molekülen zusammengesetzt, unterscheiden sich aber 
von einauder durch ihren Aufbau und entsprechen, jedes für sich, 
einer besonderen Zellart des elterlichen Organismus. Also nicht 
jede einzelne Zelle ist durch ein Biophor im Keimplasma vertreten, 
sondern für viele gleiche Zellen braucht nur ein solches Element 
vorhanden zu sein. Jedoch müssen sich immerhin so viele finden, 
als selbstständige und vom Kern aus veränderliche Charaktere au¬ 
genommen werden müssen. Die verwandten, zu einer Gewebs- 
gruppe gehörigen Biophoren sind dann wieder zu grösseren Ein¬ 
heiten, den Determinanten, vereinigt, diese wieder zu noch 
grösseren, den Iden, welche wahrscheinlich mit den bei manchen 
Thi eren als Mikrosome bezeichnten Bestandtheilen der mit dem 
Namen Id an teil belegten Kernfäden identisch sind. Die Entwicke¬ 
lung des Embryo erfolgt unter dem Einfluss dieser sich auflösenden 
Gruppen von Biophoren, welche mehr und mehr, in einer durch die 
Zusammenlagerung in Determinanten und Iden bedingten Gesetz¬ 
mässigkeit, natürlich unter gleichzeitiger Vermehrung auf die ein¬ 
zelnen neu entstehenden Zellen sich vertheilen und die besonderen 
Charaktere derselben bedingen. Dabei schliesst sich Weismann 
denjenigen Ausführungen von de Vries (siehe unten) an, die darauf 
hinauslaufen, dass die von diesem als „Pangene" bezeichneten 
Erblichkeitsträger aus dem Kerne, in dem sie alle enthalten sind, 
in das Protoplasma übertreten und die Beschaffenheit desselben je 
nach ihrer eigenen Structur bestimmen. Ebenso denkt sich Weis¬ 
mann die Beziehung der Biophoren zum Protoplasma. 

Nicht in allen Zellen löst sich nun alles Keimplasma in dieser 
Weise auf. sondern in einer bestimmten Reihe derselben bleiben 
grössere sich vermehrende Mengen des Keimplasmas in einem zu¬ 
nächst inaetiven Zustande ohne jene Auflösung zurück. Aus diesen 
Zellen entwickeln sich je nach der Thierart bald früher, bald später 
die Keimzellen des kindlichen Körpers, indem jenes Keimplasma 
ihren Charakter bestimmt. Da so beständig immer wieder Theile 
der Keimzellen auf die neuen Keimproducte der Nachkommen con- 
tinuirlich übertragen werden, so entsteht eine durch das ganze 
Thierreich hindurchgehende „ C o n t i u u i t ä t des K e i m p 1 a s m as", 
die natürlich nur bei einer unbegrenzten Vermehrungsfähigkeit 
desselben denkbar ist. Die grosse Bedeutung dieser Vorstellung 
leuchtet ohne weiteres ein. Sie liefert in der Tliat die beste Er¬ 
klärung des Umstandes, dass die Nachkommen den Eltern in den 
Hauptpunkten gleich sind. Schon vor Weismann hatten Jaeger 
und Nussbaum ähnliche Anschauungen geäussert. Letzterer hatte 
von einer Continuität der Keimzellen gesprochen. Das beste bis¬ 
her gekannte Beispiel einer solchen Continuität des Keimplasmas 
hat jüngst Boveri 1 ) geliefert, indem er bei Ascaris megalocephala 
zeigte, dass in einer Weise, die genauer zu besprechen hier zu 
weit 1 Ohren würde, sich vom Ei aus eine zusammenhängende, 
durch eine ganz bestimmte Kerntheilungsart charakterisirte Zellen¬ 
reihe verfolgen lässt, deren Endglied die Urgeschlechtszelle darstellt, 
während die anderen Theilproducte, die als Seitenbahnen der ein¬ 
zelnen Glieder jener Zellreihe aufgefasst werden können, sich durch 
einen völlig verschiedenen Modus der Kerntheilung auszeichnen 
und die somatischen Zellen des Körpers, das Ect-oderm, Entoderm 
und Mesoblast liefern. 

Würde das Keimplasma genau in der gleichen Zusammen¬ 
setzung, wie es bei der Bildung des elterlichen Körpers thätig 
war, aut das Kind, von diesem wieder auf die Enkel übergehen, so 
würde daraus, wenn wir zunächst nur die ungeschlechtliche Ver¬ 
mehrung in s Auge lassen, eine Reihe ganz gleicher Individuen re- 
sultiren. Aber der sich entwickelnde Embryo erfährt erstens von 
beiten des elterlichen Körpers tune Reihe von Einflüssen, die ihn 
etwas verändern können. Sic werden indessen, da die Anlagen 
der* Keimplasmas das M achsthum inaassgebend bestimmen, nicht 

) »Sitzungsbericht der Gesellschaft f. Morphol. und Physiol. in Mün¬ 
chen. 1892. Bd. VIII. 


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4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Itfsonderr Wichtigkeit erlangen. Zweitens aber wird das Keim- 
p]a$ma auch schon, während es noch ruhig in der Keimzelle liegt, 
durch Aenclerungen der Ernährung, resp. durch die Verschieden¬ 
artigkeit der Ernährung der einzelnen Zelle, beeinflusst werden 
können, worauf wir unten zurückkommen. Resultirt daraus schon 
(dne Abänderung der Vererbungssubstanz, so kommt eine solche 
bei der geschlechtlichen Fortpflanzung drittens in bedeutsamer 
Weise durch die Vereinigung der väterlichen und mütterlichen 
Keimzellen, durch die „Amphimixis” (vergl. das gleichnamige 
Buch Weismann’s 1891) zustande. Die Keimplasmen der beiden 
Zellen, die nicht etwa männlich und weiblich genannt werden 
dürfen, da sie selbst nicht geschlechtlich differenzirt sind, ver¬ 
mischen nun ihrp beiderseitigen Biophoren in mannichfacher Weise, 
und so entstellen die Variationen des kindlichen Organismus, der 
bald eine gleichmässige Mischling beider elterlichen, bald ein ITeber- 
wiegen des väterlichen, bald der mütterlichen Charaktere erkennen 
lässt. In der durch die Vereinigung der Keimzellen be¬ 
dingten Veränderung des Keimplasmas sieht Wcis- 
mann die Bedeutung der geschlechtlichen Fortpflan¬ 
zung. Er verwirft also die früher meist gehegte Auffassung, 
nach welcher das Wesen der Befruchtung in einer durch den Ein¬ 
fluss des Spermatozoon auf die Eizelle bewirkten Verjüngung des 
Lehensprocesses der letzteren zu suchen sei. Die Variationen des 
Keimplasmas. wie sie also einerseits durch die Amphimixis, an¬ 
dererseits durch die verschiedenen Ernährungseinflfissr bedingt 
werde», welche die einzelnen Keimzellen treffen, bilden die Grund- 
lage der Selection, mittels deren die Naturzüchtung neue Arten 
schafft. 

In dieser Theorie hat die Vererbung solcher Eigenschaften, die 
im Individuallehen unter dem Einfluss der äusseren Verhältnisse 
erworben wurden, die man seit Lamarck für die Deseendenz- 
theorie zu verwerthen suchte und die von vielen Seiten auch heute 
noch in Anspruch genommen werden, keinen Platz gefunden. In 
•ler That schliesst V eismann die Möglichkeit einer Vererbung 
erworbener Eigenschaften völlig aus. Heber diese Frage 
wurde die Discussion vor einigen Jahren besonders lebhaft, nach¬ 
dem A\ eismann auf der Naturforscher-Versammlung in Strass¬ 
burg seine Anschauungen dargelegt und in Virchow ebendaselbst 
einen Gegner gefunden hatte. Seitdem haben sich über diesen 
nmkt zahlreiche Forscher ausgesprochen, von denen hier Ernst 
Siegler) erwähnt sein mag, der sich in der Hauptsache im Sinne 
«eismann’* ausserte, ferner Orth.*) der eine. Vererbung bei 
Veränderungen lebenswichtiger, den Stoffwechsel erheblich be¬ 
einflussender Organe für möglich hält (s. u.). und Eimer, 8 ) der in 
mnem grosseren Werke gerade auf diese Vererbbarkeit die Mög- 
*eit dei Deseendenz basirt. Die Ansichten gehen hier noch 
. f ’i aU! ' emanf Ier. aber das freilich wird von den meisten Seiten 
d * P ßo te eu g r °fr p r Verletzungen und operativer 
fiirn,“ r vererben. Dagegen sollen, wie auch Virchow 

(, g u l halb die unter dem Einfluss äusserer Lehensbedingungen. 

■ p nP> ant ‘® ren Klimas entstandenen Aenderungcn vererbbar 
rnl, nne K ah - r Steckt (ler Möglichkeit einer erblichen Ueber- 
Mng noch weitere Grenzen und dehnt sie auch auf Verletzungen 
Steinl ui If ßeweis zahlreiche mehr oder weniger sicher¬ 
en Ppi , }l i; e ! )iaC ^ Ung " 11 ’ zum experimenteller Natur an. und 
man nu-ht ( l - Pn Material gegenüber wird man allerdings, so lange 
klären tön onen . ir |' ls ^ tragen, wie man denn alles das anders er- 
aren konue als durch die Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften. 

•lahin c° i ^ ^ eismann auf diese Frage giebt, lautet 
die Kinil f r,-!w aS erwo jf ei1 bezeichn et e und von den Eltern auf 
jenen ^■nrhpr 1rage . ne Eigenschaft in Wirklichkeit gar nicht von 
FoDp dpr • sondern dass sie auch bei ihnen bereits in 

standen adpniei * deß Keimplasmas, aus dem sie selbst ent¬ 
erst an ft rat n ’ lS!lc ^ .^wickelte, dass sie also zwar bei ihnen zu- 
wurde. \ P hm PF ? K lt T 0 ” \^ nen während ihres Lebens acquirirt 
I>em Oll st rat i rm en l' 11 ZT ^ ei ße ^ s P* e ^ e - Besonderes Aufsehen hat die 
^turfö^hi>w«,! 5 ! ?hwa ? z oser Katzen durch Zacharias auf der 
'«Ute den Sphw.T amin * U11 -F zn Wiesbaden gemacht. Die Mutter 
Indessen yljp+A ,£ Z '«5 fahren durch ein Trauma eingebüsst haben, 
^aumatischen FinL >n ? here Y ntfirsucIlun & dass die Thatsache der 
und es könnt p tL lr , durchaus ungenügend begründet war. 
sehwanz:lo? L r er hpt0nt werdpn - dass auch sonst nicht selten 
zM-he Erselipim.if 11 ^® ren werden, ohne dass die Eltern die 
Eigenschaft rle^ KnF ^. e)0 * en hatten. Eine solche auf Grund einer 
kann dann aW . as ? la * s zur Entwickelung gelangte Abnormität 
Beispiel dient dip / W ?7 verer ^ werden. Als zweites analoges 
iLnnet hat ° arp Btummelschwänzigkeit bei Hunden. 

nandergesetzt, 4 ) dass dieselbe einem Vorgreifen 


11 


’i FwtseS "! lr Pätholog. Anatomie Bd. 4. 

!)i « Entstehen,.'ä Kö . lllker - Leipzig 1887. 

'• IleitriiJI." Arten rtr- -Tena 188 «. 

" 1 Anatomie Bd. 4. p (>7 


eines normalen Reductionsvorganges der Schwanzwirbelsäule ihre 
Entstehung verdankt, und dass sie. auf dieser Basis in die Er¬ 
scheinung getreten, auch auf die Nachkommen übertragbar ist. 

Nun hat aber Virchow 1 ) hervorgehoben, dass doch \Y z |is- 
mann selbst die äusseren Lebensverhältnisse für die Entstehung 
neüer Artmerkmale verantwortlich macht, und dass diese dann doch 
als unter dem Einfluss jener Bedingungen erworben zu betrachten 
seien. Nach den vorstehenden Ausführungen ist es aber möglich, 
die Ansichten Weismann’s dahin zu präcisiren, dass aller¬ 
dings die neuen Charaktere durch die Einwirkung der äusseren 
Lrsaehen fixirt und verstärkt werden, aber zuerst als Folgen einer 
Variation des Keimplasmas auftraten, also nicht im Einzel¬ 
leben erworben wurden. 

Weshalb können nun nach Weis mann erworbene Eigenschaften 
nicht vererbt werden? Das würde nur dann möglich sein, wenn 
die entstandenen Veränderungen auf das Keimplasma der Keimzellen 
so .übertragen werden könnten, dass sich auf Grund der durch diese 
Uebertragung bedingten Modification bei dem Embryo die gleichen 
Verhältnisse entwickeln könnten. Das Vorkommen* einer solchen 
Einwirkung auf das Keimplasma stellt aber Weismannn in Frage. 
Es besteht eben bei Thieren und Pflanzen (siehe die Ausführungen 
von de Vries) ein Gegensatz zwischen Körper- und Keimzellen. 
Die letzteren sind bis zu einem gewissen Grade unabhängig von 
den ersteren, so dass die zur Vererbung vorauszusetzende Ueber- 
tragung schwer denkbar erscheint. 

Wie aber stellen sich nun diejenigen, welche eine Vererbung 
erworbener Eigenschaften für möglich halten, das Zustandekommen 
derselben vor? Natürlich muss die Keimzelle durch Veränderungen 
der in Betracht kommenden Körpertheile beeinflusst werden, und die 
Frage ist jetzt die, wie das denn zu denkeu ist. Hier hat Darwin 
die erste fruchtbringende Erklärung versucht, indem er annahm, 
dass von allen Zellen des Körpers beständig ..Keimehen“ abgegeben 
würden, welche, im Körper kreisend, auch in die Geschlechtszellen 
gelangen und diese im Sinne der erworbenen Eigenschaften ver¬ 
ändern können. Diese Vorstellung, die, wie Weis mann hervor¬ 
hebt, wohl kaum eine vollständige Erklärung, sondern nur einen 
Versuch hat darstellen sollen, hat anregend und fördernd gewirkt, 
ist aber in dieser Form allseitig verlassen, und wenn de Vries 
für seine Theorie den Namen „Pangenesis“ beibehalten hat, so 
schränkt er sie durch den Zusatz „intracelluläre Pangenesis“ dahin 
ein, dass er den Keimehentransport durch den ganzen Körper ver¬ 
wirft, aber die Zellen aus Keimchen, „Pangenen“, zusammen¬ 
gesetzt denkt, an denen die erblichen Eigenschaften haften. Die 
Pangene sämmtlicher Körperzellen sind auch in den Keimzellen 
vertreten. Ein Transport, ein Austausch der Keimchen ist nur 
intracellular zwischen Kern lind Protoplasma möglich. 

Ist so die Darwinsche Hypothese des Keimehentransportes 
verlassen, so ist andererseits keine andere maassgebende Erklärung 
an ihre Stelle getreten. 

Auf Grund der bisherigen Betrachtungen ist man nun aber 
genöthigt, den Begriff der erworbenen Eigenschaften etwas genauer 
zu definiren. Wir dürfen darunter nach .dem üblichen Sprach¬ 
gebrauch nur diejenigen Veränderungen verstehen, welche die 
somatischen Zellen des Körpers getroffen haben. Aber es ist 
andererseits ja keine Frage, dass auch das Keimplasma selbst neue 
Eigenschaften erwerben kann. Hier kommt, wie oben schon be¬ 
merkt wurde, einmal die Vereinigung der Geschlechtszellen bei der 
Befruchtung in Betracht, durch welche zahlreiche Variationen ge¬ 
schaffen werden können. Ziegler 2 ) meint, dass die Vermischung 
der beiden Keimplasmen nicht nur zu den der Selection dienenden 
Abänderungen, sondern in manchen Fällen auch zu pathologischen 
Zuständen führen kann. Er sieht solche Bedingungen durch drei 
Möglichkeiten gegeben: Erstens durch die Vereinigung zur Copulation 
nicht. ..geeigneter” Geschlechtskerne. Eine erfolgreiche Befruchtung 
kommt zwar zustande, aber da die Kerne nicht ganz zu einander 
passen, zeigt das sich entwickelnde Individuum die eine oder andere 
Abnormität. Zweitens kann der. Grund in einer Störung des 
Copulationsvorganges selbst gegeben sein, der Art zum Beispiel, 
dass ein durch zwei Spermatozoen befruchtetes Ei zu einer Doppel¬ 
missbildung wird. Drittens kommen schädliche Einflüsse in Be¬ 
tracht, welche die Geschlechtskerne oder das befruchtete Ei treffen, 
so lange eine Trennung in Geschlechts- und somatische Zellen noch 
nicht erfolgt ist. Hier können dann gewisse Allgemeinstörungen 
des elterlichen Organismus von Einfluss sein, z. B. Alkoholintoxi- 
cation, welche durch Einwirkung auf Samen und Ei die Entwickelung 
des Embryo ungünstig beeinflusst. Auch Weismann misst solchen 
Einwirkungen Bedeutung bei, er hält es für möglich, wenn auch 
noch völlig unbegründet, dass auf diese Meise Abnormitäten, 
grössere und kleine Missbildungen entstehen. Für die Frage der 


' » Virchow’s Archiv Bd. 103. 

-) Beil rüge zur pnfholog. Anatomie IM. 4. 


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12 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Vererbung kommen diese Erscheinungen aber seiner Meinung nach | 
nicht in Betracht, da nicht eine zur Bildung neuer Anlagen i 
führende Variation des Keimplasmas, sondern nur eine individuelle 
fyJHckelungsstörung vorliegt. 

^’Das Keimplasma kann aber auch vor der Befruchtung von 
modificirenden Einflüssen getroffen werden. Auf diese Möglichkeit 
hat Weismann früher nur geringen Werth gelegt, in seinem | 
neuen Werke misst er ihr aber, wie oben bereits angeführt wurde, 
weit höhere Bedeutung bei. Er setzt voraus, dass nicht für alle 
nach einander zur Reife gelangenden Keimzellen die Ernährungs¬ 
bedingungen die gleichen sind, und dass diese Verschiedenheit notli- 
wendig die Zusammensetzung des Keimplasmas im Sinne einer für 
die Selection erforderlichen Variation ändern muss. Solche Er- 
nährungsmodificationen sind, abgesehen von der wohl kaum in Be¬ 
tracht kommenden verschiedenen Lage der Zellen in den Keiin- 
drüsen, hauptsächlich in den allgemeinen Zuständen des Indivi¬ 
duums gegeben, welchem die Keimzellen angehören. 

Wenn wir nun also sehen, dass auch das Keimplasma selbst 
neue Eigentümlichkeiten erhalten kann, die dann natürlich auf 
die Nachkommen übertragbar sind, so kann man in diesem Sinne 
von einer Vererbung erworbener Eigenschaften reden. Doch muss 
man sich immer wieder klar machen, dass hierunter nicht die Aen- 
derungen somatischer Zellen verstanden sind, wie oben genauer 
auseinandergesetzt wurde. 

Wenn wir auf diesen Punkt hier noch einmal zurückkommen, 
so wollen wir doch noch die Frage aufwerfen, ob denn wirklich 
auf Grundlage der Vorstellungen Weismann’s jede Möglich¬ 
keit ausgeschlossen ist, dass neue Eigenschaften somatischer 
Zellen in gleichsinniger Weise auf das Keimplasma übertragen 
werden können. Von Verletzungen mag bei dieser Frage freilich 
abgesehen werden. Aber sollte es im Sinne von Orth nicht 
denkbar sein, dass Veränderungen lebenswichtiger Organe solche i 
Störungen des Stoffwechsels, der Blutcirculation und der nervösen i 
Einwirkungen herbeiführen, dass dadurch das Keimplasma in einer 
der erworbenen Eigenschaft entsprechenden Weise beeinflusst würde? * 
Die Frage lässt sich wohl auch noch anders stellen. Da nach j 
Weismann’s Anschauungen in den einzelnen Zellarten des Körpers | 
dieselben Biophoren als maassgebende Bestandtheile sich finden, 
die auch im Keimplasma vertreten sind, so könnte man wohl daran 
denken, dass die Biophoren der etwa mit neuen erworbenen Eigen¬ 
schaften versehenen Organe bestimmte Stoffwechselveränderungen 
eingingen, die auf die gleichartigen Biophoren des Keimplasmas mit I 
Hülfe der Circulation übertragen werden könnten. Das ist freilich I 
lediglich eine theoretische Vorstellung, indessen ist man zu diesem 
oder einem anderen Erklärungsversuche genöthigt, angesichts der ■ 
neueren Beobachtungen über die Vererbbarkeit erworbener | 
Immunität gegen Infeetionskrankheiten, die sowohl von der , 
Mutter wie vom Vater her statt finden soll. 1 ) (Schluss folgt.) 

VII. Neuere Arbeiten über Epilepsie. 

Von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle. 

Wie das Studium der Neurosen überhaupt — es sei hier nur 
an die Hysterie und die sogenannte traumatische Neurose erinnert 
— in den letzten Jahren mit grossem Eifer betrieben ist, so auch 
das der Epilepsie. Die nachfolgenden Seiten sollen eine kurze 
Uebersicht über die dadurch zu Tage geförderten neuen Anschau¬ 
ungen und Thatsachen geben, und zwar vorzugsweise über die 
Aetiologie, Symptomatologie und Therapie des immer noch vielfach 
räthselhaften Morbus sacer. 

Zunächst ist der Begriff dessen, was man unter Epilepsie zu 
verstehen hat, ganz ausserordentlich erweitert. Darum trägt die 
Monographie von Ch. För6 55 ), welche das Hauptwerk der letzten 
zehn Jahre darstellt, mit Recht den Titel: „Lös Epilepsies et les 
Epileptiques“. Ob übrigens der Begriff der Epilepsie wirklich so 
weit zu fassen ist, wie er von manchen Autoren gefasst ist, dar¬ 
über können erst weitere Studien mit Sicherheit entscheiden. 

Auf ein e nähere Besprechung der Förö’schen Monographie 

*) Anm. bei der Correctur: Die Vererbbarkeit erworbener Eigen¬ 
schaften wird jedenfalls, wie Roman es in einem sehr lesenswerthen 
Buche (Eme kritische Darstellung der Weismann’schen Theorie, aus dem 
Englischen übersetzt von Dr. Karl Fiedler) auseinandergesetzt hat, 
nicht durch theoretische Erwägungen, sondern nur durch thatsächliche 
Beobachtungen entschieden werden können. Für ihre Möglichkeit hat 
sich auch Hansemann ausgesprochen (Specificität, Altruismus und Mal- 
plasie der Zellen, p. 61. Vergl. das Referat in dieser Wochenschr. 1893 
No. 46). Auf grund der Beziehungen („Altruismus“), die er zwischen 
den Geschlechtszellen und den somatischen Zellen annimmt, glaubt er, 
dass Veränderungen der letzteren durch einen Stoffwechselaustausch auf 
jene übertragen werden können, so dass also, wie Virchow betonte, 
veränderte Lebensweise, Klima und pathologische Constitutionen die erb¬ 
lichen Eigenschaften zu modificiren imstande sind. 


No. 1 


soll hier nicht näher eingegangen werden. Nur das sei hervor¬ 
gehoben, dass dieselbe, wie leider französische Werke es meist zu 
thun pflegen, der deutschen Litteratur wenig Rechnung trägt. So 
sucht man z. B. den Namen des um das Studiuin der Epilepsie 
hochverdienten deutschen Forschers Binswanger 25 ) 45 ) vergeblich 
darin. Und wenn Binswanger' 5 ) nur den vortrefflich orientiren- 
den Artikel in Eulenburg’s Realencyclopädie geschrieben hätte, 
so würde er eine Erwähnung vollauf verdient haben. 

Vorweg sei noch bemerkt, dass unsere Besprechung etwa das 
letztvergangene Lustrum umfasst, und vornehmlich den prak¬ 
tischen Interessen der Aerzte Rechnung tragen soll. 

Der hereditären Belastung glaubt Marie 17 ) in Ueberein- 
stimraung mit seinem Lehrer Charcot einen gewissen Einfluss 
bei Entstehung der idiopathischen Epilepsie zuschreiben zu sollen. 

Eine grosse Bedeutung als ätiologisches Moment hat das 
Trauma, zunächst das Schädeltrauma, In den Fällen von 
traumatischer Epilepsie, in welchen die Autopsie keine grössere 
Läsion des Gehirns, noch seiner Häute ergiebt, hat man wohl die 
mit dem Trauma verbundene Gehirnerschütterung als Ursache an¬ 
zusehen . (Wagner - :$ .) 

Besonders häufig sieht man nach Schädeltraumen die psychi¬ 
sche Epilepsie sich entwickeln, nämlich unter 49 Fällen neunmal, 
also in 18,8 °/o, währerd unter 84 Fällen von nicht durch Trauma 
hervorgerufener Epilepsie sich nur fünfmal psychische Epilepsie 
fand, also nur in 5 °/o. Die ersten Anfälle stellen sich meist erst 
spät nach dem Trauma ein, zuweilen erst nach Jahr und Tag. 
Der ätiologische Zusammenhang bezeugt sich aber durch Reiz¬ 
erscheinungen an der Läsionsstelle selbst (empfindliche Narben), 
oder von dieser ausgehend (Kopfschmerzen). Diese Reizerschei¬ 
nungen können als Aura auftreten. Dadurch hat diese trauma¬ 
tisch psychische Epilepsie nähere Beziehungen zu der Reflexepilepsie. 

Auch in sechs von Hay mitgetheilten Fällen von Epilepsie 
nach Kopfverletzung bestand Geistesstörung. 

Ein lebhafter Schreck ist sehr häufig die Ursache für den 
ersten epileptischen Anfall. Legrand 3 ) hat in acht Fällen bei 
jungen Mädchen den ersten Anfall eintreten sehen infolge des An¬ 
blicks einer Leiche, meist eines nahen Verwandten, und warnt da¬ 
vor, die Leichen von nahen Angehörigen Kindern zu zeigen. 

Einen Zusammenhang von Epilepsie mit Herzleiden hat 
Lemoine 15 ) in Fällen, in denen beide Affectionen sich gleichzeitig 
fanden, nachzuweisen versucht, indem er annimmt, dass die epilep¬ 
tischen Anfälle infolge der durch das Herzleiden bedingten Hyper¬ 
ämie und Anämie des Gehirns entstehen. Regelung der Herz- 
thätigkeit hatte in allen drei Fällen Besserung bezw. Heilung der 
Epilepsie zur Folge. 

Cariöse Zähne sind wiederholt als Ursache der Epilepsie 
angegeben worden, so neuerdings von Brubacker 22 ) und Ni 
colai 38 ). 

Der von Brubacker mitgetheilte Fall bei einem neunjährigen 
Mädchen beweist, wie die Extraction epileptische Anfälle geradezu 
hervorzurufen imstande ist, die fortbestehen, bis der richtige Zahn 
entfernt wird. Einen ähnlichen Fall mit einer Aura, die von den 
Zähnen ausging, bei einem 16jährigen Mädchen beschreibt Ba- 
kowski. 

Die Fälle, in welchen die epileptischen Anfälle nach Extraction 
von Zähnen aufhören, scheinen zuweilen mit einer eigenthümlichen 
Aura in der Zunge einherzugehen; bei dem einen Kranken von Lie- 
bert 18 ) bestand dieselbe in einer Empfindung von Kribbeln in der 
Zunge, besonders in der Zungenspitze, bei dem anderen darin, dass 
ihm die Zunge plötzlich und vorübergehend den Dienst versagte, 
und dass er dabei ein kurzes Unwohlsein verspürte. 

Mit diesen Fällen sind wir bereits in das Bereich der soge¬ 
nannten Reflexepilepsie eingetreten. 

Einen Fall von Reflexepilepsie vom Ohr ausgehend, theilt 
Kelp 21 ) mit. Ein 18jähriges Mädchen manipulirte mit einem Holz¬ 
splitter in dem von einer schmerzhaften Eiterung befallenen Ohr. 
Der Splitter entschlüpfte ihr und blieb im Ohr stecken. Die seit¬ 
dem täglich auftretenden epileptischen Anfälle hörten sofort auf, 
als nach drei Wochen der Splitter entfernt wurde. 

Durch Ohrpolypen erzeugte Epilepsie beobachteten Pins und 
Suarez de Mendoza in je einem Falle. Berührung der Ge¬ 
schwülste rief Schwindel, Herzklopfen und Uebelkeit, stärkerer 
Druck einen vollständigen epileptischen Anfall hervor. Die An¬ 
fälle verloren sich nach Entfernung der Polypen dauernd. 
(Schmidt’s Jahrbb. 226, p. 281.) Weiter reihen sich hier die Be¬ 
obachtungen von Teiss. Siebenmann und Goris an. (ibid. 
230, p. 184.) 

Dass Veränderungen auf der Nasenschleimhaut die Ursache 
von epileptischen Anfällen abgeben können, zeigte Schneider 52 ) 
in einem Falle, w r o Berührung eines der rechten unteren Nasen¬ 
muschel aufsitzenden kleinen Tumors sofort einen regulären epilep¬ 
tischen Anfall auslöste. Nach Wegnahme der Geschwulst hörten 


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4. Januar. 


I »KUTSCHE MEDICI XISOHE WOCHENSCHRIFT. 


die Anfälle für immer auf; ebenso iu fünf anderen Fällen, wo die 
Heilung sich 2—4 Jahre lang erhalten hat. 

Das in einigen Fällen gleichzeitig vorhandene Asthma blieb 
ebenfalls nach der Operation weg. 

Reflexepilepsie nach Verletzungen an den Extremitäten 
haben Schloss- 11 ) und Eulen bürg 5 ) beobachtet. Schlosst 
Kranker, ein lOjähriger hereditär belasteter und mit massiger Mi- 
kroeephalie behafteter, kleiner, wenig entwickelter Mensch hatte 
im Alter von 13 Jahren infolge eines Sturzes vom Leiterwagen 
«neu linksseitigen Schlüsselbeiubruch davongetragen. Als er drei 
Jahre später an epileptischen Anfällen erkrankte, fühlte er als 
Aura einen plötzlich von der Fraeturs teile gegen die linke Schulter 
ausstrahlenden Schmerz. 

Weniger durchsichtig inbctreff der peripheren Ursache, aber 
sehr interessant durch die Fraglosigkeit aller zum Theil sehr 
heroischen Mittel ist der von Eulenburg 5 ) mitgetheilte schwere 
Fall von Reflexepilepsie. Der von der rechten grossen Zehe ur¬ 
sprünglich ausgehende Krampf wurde nicht beseitigt, trotz Excision 
einer Warze und Extraction des Nagels der grossen Zehe, Ampu¬ 
tation der Endphalanx, Dehnung des Ischiadicus mit nachfolgender 
septischer Phlegmone, Resection des Nervus peroneus am Fuss- 
nicken und Brennen mit Paquelin: nicht zu gedenken der elektri¬ 
schen und sonstigen Euren. 

In einem zweiten ähnlichen Falle von anfallwe^se kommenden 
Krämpfen im linken Bein mit tonischer Dorsalflexion der grossen 
Zehe und Beugung der übrigen Zehen verbunden mit Druck- 
emptindlichkeit des Nervus tibialis vermochte Eulenburg durch 
den Hatteriestrom und Injectiou von Morphium und Atropin den 
Krampf auch nur vorübergehend zum Verschwinden zu bringen. 

Parasiteneier, die durch Embolie in das Gehirn gelangt 
waren und anfangs linksseitige, später allgemeine Anfälle liervor- 
gebracht hatten, fanden Yamagiwa in der Hirnrinde der rechten 
Hemisphäre, und Otani in einem anderen Falle von partieller 
Epilepsie in der Cystenflüssigkeit zweier Tumoren, von denen der 
cüjp im Stirn-, der andere im Hiuterlappen seinen Sitz hatte. In 
dem Falle von Yamagiwa 00 ) handelte es sich um die Eier eines 
neuen Parasiten, des Distomum pulmonum. 

Tausende von Fliegenlarven, welche wahrscheinlich mit 
kaltem Fleisch genossen worden waren, entleerten sich mit dem 
Stuhl bei einem Gerber, der nach allgemeinem Unwohlsein plötz¬ 
lich einen epileptischen Anfall erlitten hatte, der sich nicht wieder- | 
holte: in ähnlicher Weise können durch Band- oder Spulwürmer 
epileptische Anfälle hervorgebracht werden (Krause?). 

Ein solcher Fall wird von James Ferguson mitgetheilt. 
ßei einem 57jährigen Manne Hessen die epileptischen Anfälle stets 
Milort nach, wenn die Oxyures entfernt waren, und kehrten wieder, 
f f l Slch «üese wieder vermehrt hatten. Da die radikale Ent- 
lemung derselben nicht gelang, so konnte dieser Wechsel der Er¬ 
lernungen wiederholt beobachtet werden. 

Schon früher hatte Pierre Marie 17 ) die Ansicht ausgesprochen, 
«ass zwischen den Infeetionskrankheiten im Kindesalter und den 
nier auftretenden epileptischen Anfällen ein ursächlicher Zusammen- 
pr Lemoin ° 31 ) di e se Theorie weiter ausgeführt: 

i* JJ . .^ e e Pil e Ptischen Convulsionen im Kindesalter zurück auf 
^ cke ln ^ en Kervencentren durch pathogene 
nflrH c° T ^'Morganismen hervorgebracht und meist schon ver- 

wt JI 1 zur j 1 *» wo die ersten epileptischen Anfälle auftreten. 
zwicriian j°' D 11 ^ arterG8 ) haben versucht, den Zusammenhang 
p Di l • ^n^'alsionen im Kindesalter und später auftretender 
f)<1 izubringpn C ^ ZUWeiSe11 ’ a ^ er okne ^in^ic^endes Beweismaterial 

-. e . uack Influenza beobachtete Erlen- 
Auftrpfpn /"T ^°J ä ^ri& en Arzte etwa vier Wochen nach dem 
h'sif'kpit „J V ri ?^ )e ” ^ ack ^ em ersten Anfalle, der mit Bewusst- 
morahagieen d auf C dp U r D 7 e11 im , link ® n Arm einherging, blieben Hä- 
zuröck * Pin« n, ^nnge, den Augenlidern und der Bindehaut 
Armes nimmt J , lcke Hämorrhagie im Rindencentrum des linken 
hellen Fnilonc- r eni ? T e ^ er an atomisches Substrat der par- 

4uch a r Hlerher & ehörfc aueh ein Fall von Bilhaut. 

^ iXute Path ° l0gi6che Anat »” ie 


_ der Epilepsie 

dass der r V r ' Obwohl nicht daran zu zweifeln ist, 

dürfen wir nn/i 1SC k 6 d urc h Rindenreizung entsteht, so 

'Fr AutoDsio in- nickt wundem, wenn wir in vielen Fällen bei 
nicht einmal »in aas gesprochene Läsion der Hirnrinde, ja oft 

üenn so sehr all Ick erkennbare Hirnläsion überhaupt finden, 
'kr Epilepsie .Aachen auch auf den corticalen Ursprung 
als eine rein fmw.r 1Sei n 80 muss d° c h die bezügliche Veränderung 
nicht zu einem . lon eJf e angesehen werden. Rindenheerde führen 
f °iden Zustand» /° ü ..! lc r e P^ e Ptischen, sondern zu einem epilep- 

"■'•ite llt 1 *! brieen 

kpilfpti.soher d»n c ®JS ers . ma24 ) aus zahlreichen Obductionen 
‘»'chluss ziehen können, dass die Anfälle um so 


13 


abnehmen je ausgedehnter die Rindenveränderung 
WrJ d t6 p* d 61 ’ Anfa kann Ilur zustande kommen, wenn die 
betreffenden Rindenpartieen ihre anatomische Integrität bewahrt 

nnd e dJ r geg r; Umrafc mit der ZahJ der Anfiille die Demenz zu, 
und dem Grade dieser entspricht wiederum die Ausdehnung des 

anatomischen Processes. Die pathologische Anatomie der cfironi- 
schen Epüepsie fallt also ganz mit der Demenz zusammen. Wir 
beobachten die Epilepsie häufig als eine Complication einer auf 
schweren Entwickelungsstörungen des Gehirns beruhenden Idiotie 
sowie der Paralyse und anderer schweren organischen Hirakrank- 
neiten; die Sklerose des Ammonshorns ist gewöhnlich nur Theil- 
erschemung einer allgemeinen Hirnsklerose. 

Bourneville und Bricon 26 ) fanden rechtsseitige Atrophie 
einzelner Hirntheile, besonders der Centralwindungen in einem 
Falle von linksseitigen Krämpfen, die mit Flexion des Daumens 
und Uontraetur der linken Hand begannen und durch Zurück¬ 
biegen des Daumens aufgelialton werden konnten. 

Ueber Rindenepilepsie hat Sepilli 7 ) nach eigenen und 50 fremden 
.Krankengeschichten aus der Litteratur anatomisch-klinische Studien 
gemacht, in welchen, er zunächst die bekannten Thatsaehen im 
wesentlichen bestätigt fand. 

Aus einer Vergleichung der Convulsionsgebiete mit den lädirten 
Rindengebieten geht folgendes hervor: Ist der Anfall allein auf das 
Gesicht beschränkt oder beginnt er hier, bevor er die Extremitäten 
ergieift, so findet sich die Läsion in der Mitte der vorderen, zu¬ 
weilen auch der hinteren Central Windung oder im unteren Drit tel 
der vorderen oder im oberen Ende der vorderen und hinteren, oder 
m den Scheitelwindungen allein. Beschränkt sich der Anfall auf 
die obere Extremität oder beginnt er hierselbst, so findet sicli die 
Läsion in der vorderen, zuweilen auch in der hinteren Central¬ 
windung oder in der Scheitelrinde. 

Bei Convulsionen in der unteren Extremität findet sich die 
Läsion im Lohns paracentralis, dem oberen Theil der beiden Central- 
windungen oder im Scheitelhirn. Wie man sieht, haben diese 
Untersuchungen keine genauere Abgrenzung der Rindenbezirke er¬ 
geben, als uns bisher bekannt war. 

Bilaterale Convulsionen bei einseitiger Rindenläsion er¬ 
klären sich daraus, dass die motorischen Rindencentren aueh zu 
den gleichseitigen Muskeln Beziehungen haben. Auch dürfte eine 
functioneile Compensation der Hirnrinde durch andere Hirntheile 
statt haben, so in einem ausführlich mitgetheilten Falle, wo die 
rechtsseitige Hirnrinde vollständig zerstört gefunden wurde, und 
während des Lebens doch vornehmlich linksseitige Convulsionen 
bestanden hatten. 

In je vier Fällen von Rindenepilepsie bei Paralytikern 
fanden Sepilli und Ventra als anatomisches Substrat eine diffuse 
Leptomeningitis ohne jede ausgesprochene Localisation. Der Schluss, 
welchen beide Autoren daraus ableiten, ist, dass die Symptome der 
Rindenepilepsie nicht einmal eine Localisirung des Processes in 
der motorischen Rindenregion gestatten, sondern nur die Localisirung 
eines Krankheitsprocesses in der Rinde überhaupt. 

Einen in Bezug auf die Epilepsie und die dieselbe begleitenden 
Hallucinationen des Gesichts und Gehörs pathogenetisch sehl- 
interessanten Fall haben Tomaschewski und Simonowitsch 35 ) 
in der psychischen Abtheilung des Odessaer Krankenhauses be¬ 
obachtet. Eine 33 Jahre alte IsraeHtin litt seit der letzten Schwanger¬ 
schaft an epileptischen Anfällen, zu welchen sich später sehr leb¬ 
hafte Hallucinationen des Gehörs und des Gesichts gesellten. Die 
Anfälle hatten immer den Charakter der Rindenepilepsie und häuften 
sich während des zweiten Aufenthaltes in der Anstalt in dem 
Maasse, dass die Kranke am 13. Tage des Status epilepticus an 
Lungenödem zugrunde ging. Die Autopsie bestätigte die während 
des Lebens gestellte Diagnose auf chronische corticale Meningo- 
Encephalitis, welche sich auf die Central Windungen in ihrer unteren 
Hälfte, die erste Schläfenwindung, den Gyrus angularis und auf 
das Oceipitalhirn rechts erstreckte. 

Zohreb 11 ) hatte in vipr Fällen von Epilepsie denselben ana¬ 
tomischen Befund, nämlich Erweichung in der Umgebung der 
Hinterhörner des Rückenmarks. Die Erweichung war gekreuzt mit 
derjenigen Körperhälfte, in welcher die epileptischen Krämpfe am 
meisten auftraten. Der Vermuthung, dass diese locale Erweichung 
als eine eadaveröse anzusehen sein möchte, widerspricht Zohreb 
und nimmt an, dass der die epileptischen 1 Anfälle auslösende Reiz 
von hier ausgegangen sei (vielleicht eine epileptogene Zone?). Die 
| elonischen Krämpfe gestalteten sich proportional der Intensität der 
anatomischen Läsion. Die Richtigkeit dieser Auflassung erscheint 
um so mehr zweifelhaft, als iu zwei der mitgetheilten Fälle ander¬ 
weitige schwere anatomische Veränderungen im Gehirn sich fanden: 
in einem Falle einseitig stärkere Abplattung der Hirnwindungen 
und noch dazu ein nussgrosser Tumor im Kleinliirn, und in dem 
anderen ausser Arteriosklerose der Basalarterien ein grosser Er- 
weiehungsheerd nach aussen und unten vom linken Seitenventrikel. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


14 

der sich über Insel. Corpus striatum und Hinterhorn erstreckte. 
Es ist nicht zu begreifen, warum Zollreb diese anatomischen Ver¬ 
änderungen vollständig ignorirt hat. 

Nachdem bereits früher Dölasiauve und Las^gue auf das 
«onstante Zusammentreffen von Asymmetrie d,.s Gesichtes mit 
idiopathischer Epilepsie aufmerksam gemacht hatten, haben Bourne¬ 
ville und Sol lier- 7 ) das reiche Material des BicGtre nach einer 
sehr exacten craniometrischen graphischen Methode, und zwar an 
Gypsabgüssen von Schädeln verstorbener Epileptischer auf diesen 
Punkt hin untersuchen lassen. 

Die in einer These von Pison susainmengestellten Resultate 
sind folgende: In BO Fällen wurde die Asymmetrie nur einmal 
vermisst. Uebrigens ist dieselbe, da sie auch vor Consolidation 
des Schädels beobachtet ist, nicht als Ursache der Epilepsie, son¬ 
dern als Ausdruck der Asymmetrie infolge ungleicher Entwicklung 
der beiden Hemisphären aufzufassen. 

Die bei Epileptischen öfter beobachtete Ankylose des Atlas 
mit dein Hinterhauptsbein ist wiederholt auch bei Nicht¬ 
epileptikern gefunden worden, so dass der Schluss berechtigt er¬ 
scheint: damit diese Deformität Epilepsie hervorbringe, ist es nöthig, 
dass sie gleichzeitig eine wirkliche Compression der Oblongata 
bedinge. (Sommer, 06 ) LangerhansU’ 8 ) (Fortsetzung folgt.) 

VIII. lieber einige neuere ophthalmologische 
Arbeiten. 1 ) 

Von Pi'of. Dr. H. Magnus in Breslau. 

Die Entwickelung des Altersstaares ist in den letzten Jahren 
wiederholt Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Die 
jüngsten derartigen Arbeiten rühren von dem Schreiber dieser 
Zeilen selbst her (Magnus. Experimentelle Studien über 
die Ernährung der Krystalllinse und über Kataraktbil¬ 
dung. Archiv für Ophathalmologie Bd. 36, Abth. 4. Die 
Grundelemente der Staarbildung in der senilen Linse. 
Archiv für Augenheilkunde Bd. 24, Heft 1). Magnus geht von 
der Vorstellung aus, dass wir nur dann einen genügenden Ein¬ 
blick in die Pathogenese des Staares zu gewinnen vermögen, wenn 
wir Kenntniss erhalten von den Ernährungsverhältnissen der ge¬ 
sunden Linse. Um diese letzteren zu studiren, wurden Kaninchen, 
Hunde, Katzen mit Substanzen gefüttert, welche die Transparenz 
der Linse beeinträchtigen. Naphthalin, Zucker und Salz wurden 
hierzu benutzt, und ist besonders Naphthalin geeignet, da es ein¬ 
mal nicht so intensiv wirkt, wie z. B. Salz, und von den Versuclis- 
thieren längere Zeit sehr gut vertragen wird. Die Fütterungs¬ 
versuche mit all 1 den genannten Substanzen haben übereinstim¬ 
mend ergeben, dass bei Verfütterung einer genügenden Quantität 
bestimmte Veränderungen an der Linse auftreten, die stets von 
denselben Punkten der Linse ausgehen. Es entstehen nämlich 
Trübungen der Linsensubstanz längs einer hinter dem Linsen¬ 
äquator verlaufenden Zone, alsdann längs einer vor dem Linsen¬ 
äquator sich hinziehenden Zone, und schliesslich Trübungen, welche 
um den hinteren Pol gelagert sind. Besonders die Naphthalin¬ 
fütterung lässt diese Verhältnisse deutlich erkennen. Hört man 
mit der Fütterung auf, so verschwinden die Linsentrübungen als¬ 
bald wieder, und zwar beginnt der Rückgang der Trübung stets 
an .jenen Oertliehkeiten der Linse zuerst, an welchen die Trü¬ 
bungen zuerst aufgetreten waren. Magnus schliesst aus diesen 
Thatsachen, dass längs des Linsenäquators sowie am hinteren Pol 
sich die Einflussstellen der Linsennährflüssigkeiten befinden dürften. 
Wird die Linsennährflüssigkeit infolge der Fütterungsversuche 
pathologisch beeinflusst, so wird diese abnorme Mischung sich 
natürlich dort an der Linse zuerst bemerkbar machen müssen, v t o 
die Nährflüssigkeit zuerst die Linse betritt. Wird die Nährflüssig¬ 
keit mit Einstellung der Fütterung wieder normal, so werden 
wiederum diejenigen Stellen, an welchen die Nährflüssigkeit in die 
Linse zuerst eintritt, zuerst den Einfluss der wieder gesundeten 
Nährflüssigkeit erkennen lassen, d. h. zuerst sich aufhellen. In 
diesem Sinne belehrt uns also die Gesetzmässigkeit, mit welcher 
bei Naphtalinfütterung die gleichen Stellen der Linsen sich zuerst 
trüben und auch wieder auf hellen, über die Stellen, an welchen 
die Linsennährflüssigkeit in den Krystallkörper einströmt. Eigen- 
thümlich ist es nun, dass die ersten Erscheinungen des Altcrs- 
staares genau an derselben Stelle auftreten, welche nach unseren 
\ ersuchen für die Einströmungsstellen der Linsennährflüssigkeit 
gelten müssen. Die Zone hinter und vor dem Linsenäquator und 
um den hinteren viel seltener vorderen Pol müssen nach den ge¬ 
nauen Studien, welche der Referent mit Hülfe des Loupenspiegels 
über die ersten Phasen der Staarbildung angestellt hat, für die 

‘i Vergl- dir vomusgehenileii Artikel in No. U! und 14 drs vorigen 
Jahrganges. 


Stellen gelten, von denen der Altersstaar ausgeht. Dazu kommt 
noch ein Typus, bei welchem die Anfänge des Staares an dem 
Kernäquator sich zuerst bemerkbar machen. Und zwar finden sielt 
die Anfänge der Staarbildung an den gesaminten Oertliehkeiten in 
folgendem Verhältnis: 

Der Altersstaar beginnt längs des Linsenäquators in 82,69 % 

,. .. an den Polen der Linse .. 9,61 °/o 

längs des Kernäquators ., 7,69 %. 

l)a nun, wie die vorstehenden Zahlen lehren, der Beginn des 
Altersstaares in 90% von den Stellen der Linse ausgeht, welche 
zu den Ernährungsverhältnissen derselben in nächster Beziehung 
stehen, so schliesst Referent .daraus, dass die Ursachen der Staar¬ 
bildung in Störungen der normalen ErnährungsVorgänge beruhen 
dürften. Derartige Störungen können mannigfacher Art sein. Ein¬ 
mal kann die chemische Mischung der Linsennährflüssigkeit eine 
pathologische sein und in ähnlicher Weise eine Linsentrübung her- 
vorrufen, wie dies die experimentell beeinflusste Nährflüssigkeit 
bei Naphtalin-. Salz- und Zuckerfütterung thut. Die Cataracta 
diabetica bietet hierzu das beste Beispiel, ln den meisten Fällen 
werden aber die Störungen nicht chemischer, sondern circulatori- 
sclier Natur sein. Die accominodativen Formveränderungen, welche 
die Linse erleidet, sind nach Magnus nämlich für die Strömung 
der Lymphe durch die Linse von Wichtigkeit. So lange die Linse 
unter dem Zonuladrueke stellt, vermag die Nährflüssigkeit in die 
von vorn nach hinten stark gepresste Linse nicht in genügender 
Menge einzuMessen: mit dem Augenblicke aber, wo mit Contrae- 
tion des Ciliarmuskels die Zonula entspannt wird, wird auch der 
bis dahin auf der Linse lastende Druck hinweggenommen, und die 
Nährflüssigkeit kann alsbald in die Linse abfliessen. Dieser Wechsel 
zwischen Accommodationsspannung und Accommodationsruhe, 
d. h. zwischen eintretender und aussetzender Druckwirkung auf 
die Linse bildet nach der Auffassung von Magnus ein für die 
Strömung der Nährflüssigkeit unerlässliches regulatorisches Moment. 
Sobald dieses regulatorische Moment ganz oder zum Theil ausge- 
schaltet wird, müssen Störungen in dem Abfluss der Nähr¬ 
flüssigkeit in die Linse entstehen, Störungen, die sich hauptsäch¬ 
lich als Stauungen der Lymphe an den Eintrittsstellen in die Linse 
manifestiren werden. Das senile Erstarren des Linsenkernes, die 
zu starke oder zu geringe Inanspruchnahme der Aecommodation 
bei den Respirationsanomalieen sind Factoren, welche jenes regula¬ 
torische Moment, wie es in dem regelmässigen Wechsel zwischen 
Aecommodation und Accommodationsruhe gegeben ist, beeinträch¬ 
tigen und deshalb in der Genese der Cataracta senilis eine Rolle 
spielen müssen. Diese Vorstellung von der Entstehung des Alters¬ 
staares hat den Vortheil, dass sie eine einheitliche Auffassung 
aller Arten der Linsentrübungen gestattet. Uebrigens vermag man 
die frühesten Phasen des Staares nur mit Hülfe des Loupen¬ 
spiegels, d. h. eines Spiegels, welcher die Loupenuntersuchung 
der Linse bei durchfallendem Licht gestattet, genau zu studiren. 
Auch die neueste Publication von Schirm (Klinische Monatsblätter 
für Augenheilkunde XXX, p. 5) bestätigt den eminenten Nutzen 
des Loupenspiegels bei Untersuchung der Linsentrübungen. 

Eine wesentliche Bereicherung hat die operative Technik durch 
die Vorlegung der Levatorsehne, wie sie Pagen Stecher übt, er¬ 
fahren (Scheffels, Ueber Vorlegung der Levatorsehne. 
Ein neues Operationsverfahren für Entropium und 
Tricliiasis der Oberlider. Archiv für Ophthalmologie Bd. 86.. 
Abth. 4). Der \ ortheil dieser Methode ist der, dass ohne Weg¬ 
nahme irgend welcher Bestandtheile der Oberlider eine feste Narben¬ 
verbindung zwischen den Orbieularisfasern und dem oberen Tarsal- 
rand mit der Fascie und der Levatorsehne geschaffen, und dass 
gleichzeitig die Levatorsehne nicht allein vorgelagert, sondern die 
Richtung ihres Angriffspunktes auch geändert wird. Besonders 
empfehlenswerth ist die Pagenstecher’scher Operation — die 
technischen Einzelnheiten der Operation müssen im Original ein¬ 
gesehen werden —, bei totalen Entropien sowie bei Tricliiasis des 
gesummten Lidrandes. 

Die jetzt im Vordergründe des allgemeinen Interesses stehenden 
Influenzaepidemieen sind von einer Reihe von Autoren auch in 
ihren opthalmologischen Erscheinungen auf das genaueste beob¬ 
achtet und beschrieben worden. Hillmanns (Ueber die Augen- 
affectionen der an Influenza Erkrankten. Dissertatio 
Inauguralis. Bonn 1890) hat die in der Universitätsaugenklinik zu 
Bonn, sowie die von anderen Beobachtern mitgetheilten Fälle, ge¬ 
sammelt und berichtet darüber wie folgt. Pathognomische, nur für 
Influenza allein und ausschliesslich geltende Erkrankungstypen lassen 
sich für die Augen nicht aufstellen. Die Influenza vermag nur 
Augenerkrankungen hervorzurufen, wie dies andere schwere Infec- 
tionskrankheiten auch thun. Allenfalls könnte man gewisse Augen- 
affectionen, wie Lidödem, Lidabscess, Conjunctivitis, accommodative 
Störungen bei Influenza auffallend oft beobachten, aber charakte¬ 
ristisch nur für Influenza sind alle diese Erscheinungen gewiss 


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4. Januar. 


DEUTSCHE MED! CI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


15 


nicht Hillnianns fcheilt die im Gefolge der Influenza auftreten- 
deii Erkrankungen in drei Classen ein, nämlich in Entzündungen. 
Erkrankungen des nerv ösen und Erkrankungen des circulatorischen 
{nparates.^ Am häufigsten treten die entzündlichen Erscheinungen 
auf. und zwar an der Conjunctiva; die anderen Organe können zwar 
intgesammt auch durch die Influenza in Entzündung versetzt wer¬ 
den! erkranken aber lange nicht so oft, wie die Conjunctiva. An 
den Lidern sind Oedem und Abscesse besonders häufig. Au der 
Cornea sind Keratitis punctata superficialis und Keratitis dendritica 
exulcerans beobachtet worden. Entzündungen der Tenon’schen 
Kapsel kommen nach Influenza gar nicht selten vor. So hat z. B. 
Fuchs (Teuonitis nach Influenza. Wiener med. Wochenschrift 
1890, No. 11) vier derartige Fälle beobachtet, von denen einer in 
Eiterung überging. Auch der Referent hatte jüngst einen derartigen 
Fall zu beobachten Gelegenheit. An den nervösen Apparaten des 
Auges wurden eiue ganze Reihe Erkrankungen im Anschluss an 
die Influenza beobachtet, so sah man Reizung des Trigeminus mit 
Glaukomanfällen. Störungen der Accommodation in Form von 
Asthenopie, ja selbst Parese scheinen besonders häufig aufzutreten. 
Neuritis mit Ausgang in Atrophia optica wurde nur vereinzelt be¬ 
obachtet. ebenso wie Atrophia optica ohne entzündliche Erschei¬ 
nungen. Retinitis proliferans (Manz) wurde von dem Schreiber 
dieser Zeilen auf einem Auge nach einem schweren Influenzaanfall 
gesehen. Der Circulationsapparat scheint besonders oft in der 
Weise zu erkranken, dass mehr oder minder umfangreiche Blutun¬ 
gen eintreten, die dann wieder zu den verschiedensten Erscheinun¬ 
gen Veranlassung geben können. So beschreibt z. B. Schirmer 
einen in der Göttinger Universitätsaugenklinik beobachteten Fall 
(Einseitige, totale Ophthalmoplegie nach Influenza. Klini¬ 
sche Monatsblätter für Augenheilkunde 1890), in dem eine 
intracranielle Blutung schwere Lähmungserscheinungen an einem 
Auge hervorgerufeu hatte. Interessant ist ein in der Bonner Augen¬ 
klinik beobachteter Fall von Embolia arteriae centralis retinae, der 


noch dadurch ausgezeichnet war, dass der maculare Ast dabei ver¬ 
schont blieb. Eversbusch (Ueber die bei der Influenza vor- 
kommenden Augenstörungen. Münchener med. Wochenschrift 
189(1, No. 6 uud 7) macht auf die bei der Influenza auftretenden 
Augenschmerzen aufmerksam und glaubt, dass dieselben von den 
ausseren Augenmuskeln ausgingen. Die Erkrankungen der Con¬ 
junctiva und Lider bieten keine besonderen Eigentümlichkeiten, 
dagegen sind die Influenzaerkrankungen der Cornea höchst eigen¬ 
artig und entsprechen genau den Corneaaffectionen, wie sie bereits 
audere Autoren, z. B. Horner, bei schweren Allgemeinerkraukun- 
gen beschrieben haben. Eversbusch schlägt für dieselben den 
>*lir passenden Namen Herpes corneae cachecticus vor. tlveal- 
erkrankungen sind von Eversbusch in verschiedenster Form nach 
nfluenza gesehen worden, so unter dem Bilde der acuten serösen 
Iridoehorioditis mit heftiger eonsecutiver Drucksteigerung. Als¬ 
dann in der Form von staubförmigen Trübungen des Glaskörpers, 
beferen! hat bei einem Patienten neben feineren Glaskörpertrübun- 
ficn m jedem Glaskörper eine grössere Trübung gesehen, welche 
rautenförmige Gestalt zu haben schien und sich bei Lupenunter- 
^ueliung (d. h. Lupe bei durchfallendem Licht) als eine weisslic-he. 
K^ötallisirte (?) Platte darstellte. Auch einen Fall von eitriger 
orioditis hat Eversbusch beobachtet, bei dem sich als Krank- 
iei aerreger der Stapbylococcus pyogenes aureus nach weisen Hess. 
ie von den meisten Autoren beobachteten accommodativeu Störun- 
u! uv a i U , k versl)u sch im Gefolge der Influenza gesehen. Die 
. . 1Cher hiewicz (Ueber die im Verlaufe der Influenza 
|,„i lete, iueu Augenkrankheiten. Internationale klinische 
j mitgetlieilten Beobachtungen schlossen sich 

nur di % f dereü Aut . orei } vortrefflich an. Hervorzuheben wäre 
unil | D v ’ u ‘ dem d * e Karunkel mit der halbmondförmigen Falte 
n n !. ,( * na phbarten episkleralen Gewebe sich entzündeten. Auch 
kipu .r zeitiger Neuralgieen des Trigeminus hat Wiehert« 
k "!. “»ch Influenza gesehen. 

iWeitfllT , ^ t ; i , i 0l0 " is,h SP ^ r interessante Thatsache theilt Haab 
schritte \ Ir ,. l ^ un » ei1 über Panophthalmiebacillen. Fori- 
''on Panni»tu i edl(du No. 19) mit. Ihm ist es in einem Fall 
Bacillen LV a ,,lla t^umatica gelungen, aus dem verletzten Bulbus 
^zeugten ^ bei Verimpfung wieder Pauophthalmie 

der Bari]l IIc ’y- 1 (le ^ aut oder m die Cornea geimpft, erzeugte 
hriiimmD- i, ? eine neu noiswerthe Entzündung, während bei Ver- 
von Bacillen t .“^rper Pauophthalmie entstand. Einbringen 
tivitj s it ö k CU j 11 !? den Coujmictivalsack ergab keine Conjune- 
■*r eÄ. d ! e SteUu “K BmIHub ~ - ob er bereits bekannt 
Wir (jgj. tt , U| nicht beschriebene Art- ist — will Haab 
ähnliche Erfah U ° C 1 Mitteilungen machen. Uebrigens hat 

'iftrren e( , ma „u r t UI1 ^ n Haab schon in früheren .Jahren bereits des 
1Dt «niationalm r Hnd au, ’l l S0 iner Zeit mitgetheilt. Auch auf dem 
teinir r,i„ II . l p 011 ^f es,s in Berlin konnte er eine einschlägige Mit- 
" " Il " ^ ailo l'l,thalmiebacillen 


Eine hochinteressante Beobachtung wird von Förster (Ueber 
Rindeublindheit. Archiv für Ophthalmologie Bd. 36, Abthl. 1) 
mitgetheilt. Er fand nämlich bei einem Patienten, der früher be¬ 
reits einen Verlust der rechten Gesichtsfeldhälfte und jetzt auch 
noch Verlust der linken Gesichtsfeldhälfte erlitten hatte, nicht, 
wie dies nach unseren bisherigen anatomisch-physiologischen Vor¬ 
stellungen eigentlich hätte der Fall sein müssen, totale Blindheit, 
sondern noch ein sehr kleines centrales Gesichtsfeld mit Sehschärfe 
1 /s in jedem Auge. Die Ausdehnung dieses kleinen Gesichtsfeldes 
betrug jederseits nach rechts vom Fixationspunkt ca. 1 °, nach 
links 2 0, nach unten 2°, nach unten rechts 2 l /a nach oben aber 
0 °/o. Trotz der Sehschärfe von Vs war der Farbensinn total verloren. 
Ausserdem hatte Patient das Orientirungsvcnnögen eiugebüsst. Die 
Augenspiegeluntersuchung ergab keine wesentlichen Veränderungen. 
Förster knüpft an diesen hochinteressanten, bisher noch niemals 
beobachteten, ganz unerwarteten Befund folgende höchst plausible 
Hypothese. In dem Occipitallappen soll nach Förster’s Vorstellung 
diejenige kleine Partie, welche dem direkten Sehen dient, durch 
reichliche Anastomosen von zwei Qder mehreren Gefässkreisen aus 
mit Ernährungsmaterial versorgt werden. Wenn alsdann auch das 
Hauptgefäss, welches den Hinterhauptslappen versorgt., thrombosirt, 
und damit die Rinde in weitem Umfange von der Stofl’zufuhr abge¬ 
schnitten ist, so dürfte doch die Stelle des direkten Sehens durch 
ihre Anastomosen von anderen Seiten her noch genügend Blut er¬ 
halten und somit ihre Functionsfähigkeit bewahren können. Von 
dieser Annahme aus erklärt sich ungezwungen auch die bei 
Hemianopsie so häufige Abweichung der Trennungslinie nach der 
defeeten Seite hin. Bei einer doppelseitigen Hemianopsie würde man, 
hält, man an dieser Fürst er *schen Vorstellung fest, anzunehmen 
haben, dass eine Thrombosirung der Hauptarterien in beiden Occi¬ 
pitallappen erfolgt sei. bei welcher aber die Stellen des schärfsten 
Sehens, infolge ihrer Bevorzugung durch Anastomosen, des Ernäh¬ 
rungsmateriales nicht gänzlich beraubt worden wären. Die soeben er¬ 
wähnte Ansicht Förster’s über die bevorzugte und anastomosen- 
reiche GefässVersorgung derjenigen Rindenstelle des Occipitallappens, 
welche die centrale Endigung der maculareu Fasern darstellt, 
würde auch für die topographische Diagnose des Sitzes eines Herdes, 
der Hemianopsie bewirkt hat. verwerthet werden können. Wenn 
nämlich bei Hemianopsie die Trennungslinie direkt durch den 
Fixatiouspunkt geht, so könnte der Sitz des Herdes mit grösster 
Wahrscheinlichkeit nicht in der Hirnrinde, sondern in der Balm des 
Tractus opticus selbst zu suchen sein. Weicht dagegen die 
Trennungslinie nach der defeeten Seite hin aus, so wäre es wahr¬ 
scheinlich, dass die Rinde selbst, resp. das Getässsystem derselben 
erkrankt sei. 

Aus seiner Beobachtung leitet Förster folgende Schlüsse ab: 

1. Die bei homonymer Hemianopsie so häutige Abweichung der 
Trennungslinie nach der defeeten Seite hin beruht, nicht, auf einer 
Vermischung der Elemente beider Tractus optici in der Retina, 
sondern auf der günstigen Gefässversorgung der Stelle des schärfsten 
Sehens in der Occipitalrinde. 

2. Doppelseitige Hemianopsie ist nicht notwendig verbunden 
mit völligem Verschwinden der Function in beiden Gesichtshältten 
beider Augen. 

3. Die Rinde des Occipitallappens beherrscht die topographi¬ 
schen Vorstellungen, seien diese erworben durch den Gesichtssinn 
oder durch den Tastsinn oder durch das Bewusstsein von aus¬ 
geführten Muskelbewegungen oder durch Beschreibung. Erkranken 
diese Theile des Gehirns, so geht die Fähigkeit, topographische v or- 
stellungen zu fassen oder zu reproduciren, verloren. 

4. Zur Farbenunterscheidung genügt bei voller Integrität dei 
Netzhaut nicht die Function eines kleinen Rindenbezirks. Die 
Farbenunterscheidung erlischt bei gestörter Ernährung der luuden- 
elemente leichter, als die Unterscheidung der Formen kleinster 


uchstaben. , . „ ... 

5. Vernichtung der Rindensubstanz im Occipitallappen rutt 
eht Atrophie der Selmerven hervor. 

Ueber einen analogen Fall berichtet Sehweigger (Ein a 
an beiderseitiger Hemiopie, Archiv für Augenheilkunde . 
XII). Auch hier erhielt sich trotz des Verlustes beider Gesichts- 
ldhälften beider Augen - der erste hemiopische Defect stellte sich 
(88 der zweite 1889 ein — ein sehr kleines centrales (icsieiits- 
ld mit. voller Sehschärfe. Das Ortsgedächtuiss war in diesem 
alle in keiner Weise betheiligt; über die Farbenempfindung wenien 
fine Mittheilungen gemacht. Auch Sehweigger schlier au* 
in ein Falle, ganz ähnlich wie dies Förster auch thut <ms> ua* 
ortbestehen der centralen Sehschärfe und das bekannte Ausweichen 
>r Gesichtsfeldseite nahe am Fixirpunkt bei Hemiopic durch o 
•sondere Einrichtung im Centralorgan bedingt sein nm»*»’. ju 
ypothese über die Natur dieser Einrichtung stellt aber Scli v e g . 

)ch nicht auf. Einen dritten einschlägigen l*ajl hat Gro ^ 




n ; t i rt-o H P III i tl TI IT TT K i 



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16 


DEUTSCHE MKDTOTNISCHE WOCHKXSCHIHFT. 


No. 1 


Archiv für Psvchiatrie Bd. XXIII, Heft 2) gesehen. Auch dieser 
Fall zeigte ein kleines centrales Gesichtsfeld; übrigens waren die 
hemiopischen Defeete nicht absolute. Der Farbensinn war normal, 
doch hatte auch hier, wie bei Förster, das Ortsgedächtmss ausser¬ 
ordentlich gelitten, obwohl andere Erkrankungen von Seelenblind- 
heit nicht vorhanden waren. Uebrigons hat Groenomv den Kall 
insofern sehr instructiv bearbeitet, als er eine ungemein genaue 
Krankengeschichte liefert und die Litteratur in erschöpfender \Y eise 

mittheilt. _ ,, 

Wie sich an den Förster’schen Fall ein bedeutender Fort¬ 
schritt, bezüglich unserer Kenntnisse von der Hemianopsie knüpft, 
so ist in gleicher Weise ein sehr wesentlicher I ortschritt in dei 
Lehre von der Seelenblindheit mit der Li s sau ersehen Arbeit ge- 
than. (Ein Fall von Seelenblindheit liebst einem Beitrag 
zur Theorie derselben. Archiv für Psychiatrie Bd. XXI. Heft 1). 
Diese ausgezeichnete Arbeit Lissauer’s ist nicht allein dadurch 
von grösster Wichtigkeit, dass sie anknüpfend an die physiologisch¬ 
psychologischen Vorgänge des Sehaetes die Seelenblindheit erklärt, 
sondern auch dadurch, dass sie die Irrlehre, welche seiner Zeit 
Wi Ihr and (Die Seelenblindheit als Heerderscheinung und | 
ihre Beziehungen zur homonymen Hemianopsie der Alexie i 
und Agraphie. Wiesbaden 1887) über das Wesen der Seelenblind- j 
heit verbreitet hat, berichtigt und als falsch zurückweist. Wenn 
wir auch rühmend anerkennen müssen, dass Wi Ihr and der erste 
war, welcher es versucht hat, das Wesen der Seelenblinlieit zu : 
entschleiern und dieselbe zu einem concreten, anatomisch-physiolo¬ 
gisch greifbaren Krankheitsbild zu gestalten, auch wenn wir ferner | 
gern einräumen, dass er diesen Versuch mit grossem Fleiss und 
umfassendster Litteraturkenntniss unternommen hat, so können 1 
vir uns doch nicht der Einsicht versekliessen. dass dieser Wil- 
brand’sche Versuch vollkommen gescheitert ist. Und er musste 
scheitern; weil Wilbränd es nicht versucht hat. auf dem Wege 
einer unparteiischen Analyse der beim Sehact sich abspielenden 
physiologisch-psychologischen Factoren das Wesen der Seelenblind¬ 
heit zu erforschen, sondern weil er es vorgezogen hat, auf Grund 
willkürlicher spekulativer Voraussetzungen eine Hypothese zu con- 
struiren. Die Lissauer’scho Theorie der Seelenblindheit ist eine 
aus genauester Berücksichtigung der physiologisch-psychologischen 
Vorgänge des Sehaetes ungezwungen hervorgegangene, die. Wil- 
brand’sche Theorie ist eine willkürlich construirte, zu der noch 
dazu die hypothetischen Voraussetzungen auch eigenmächtig con- 
struirt sind. Der Fortschritt, der mit der Lissauer’schen Theorie 
der Seelenblindheit get-han ist, ist daher ein ganz ausserordentlicher. 
Wir werden, bevor wir auf die Lissauer’sche Theorie eingelien, 
gut tliun, erst mit wenigen Worten der Wildbrand’schen An¬ 
sichten zu gedenken. Nachdem Wilbränd bereits früher (Oph- 
thalmi a tri sehe Beiträge zur Diagnostik der Gehirnkrank- 
heiten. Wiesbaden 1884) auf spekulativem Wege zu der Ansicht 
gelangt war, dass innerhalb der Sehsphäre eine bestimmte functionelle 
Theilung für Farben-, Raum- und Lichtsinn' vorhanden sei, ist er 
in seiner 1887 über die Seelenblindheit fmblic-irten Arbeit zu einer 
weiteren Theilung der Sehsphäre übergegangen, indem er behauptet, 
dieselbe setze sich zusammen aus dem optisehen Wahrnehmungs- 
centrum und aus dem optischen Erinnerungsfeld. Dieses optische 
Erinnerungsfeld sollte das Depositorium des optischen Erinnerungs¬ 
bildes sein, d. h. dasjenige Rindenfeld, in welchem die Wahr¬ 
nehmungen der optischen Eindrücke und die mit ihrer Wahrnehmung 
verketteten Umstände als Object- und Situationsbilder aufbewahrt 
bleiben sollten. Dabei stellt sich Wilbränd diese optische Er¬ 
innerungsbilder als wirkliche und wahrhaftige Bilder vor; er nennt 
sie an verschiedenen Stellen: „farbige Photographieen der ursprüng¬ 
lichen optischen Wahrnehmungen“. Jede Zelle des optischen Er¬ 
innerungsfeldes soll eine solche Photographie der optischen Wahr- ! 
nehmuhgen aufnehmen, fixiren und aufbewahren. Diese in den 
Rindenzellen aufgeschichteten Bilder sind nun nach Wilbränd die 
„optischen Erinnerungsbilder“, und Verlust solcher mit Bildern 
imprägnirter Rindenzellen macht das Wesen der Seelenblindheit 
aus. Wir können an dieser Wilbrand’schen Theorie so recht 
deutlich und klar den Entwickelungsmodus studiren, den eine jede 
Theorie durchläuft, welche sich der Mensch zur Erklärung einer 
ihm auffallenden, seinem Einblick mehr oder minder entrückten Er¬ 
scheinung macht. Stets ist eine jede Theorie, wenn wir auf die 
Geschichte der menschlichen Theorieen zurtickblicken, im Anfang 
eine ganz erstaunlich naive gewesen und hat meist in nichts 
anderem bestanden als darin, dass eine der menschlichen Einsicht 
unbekannte und räthselhafte Erscheinung in das Gewand concreter, 
allbekannter Gegenstände oder Vorgänge gekleidet wurde. Wenn 
die Erscheinung an sich selbst dadurch auch nichts von ihrem 
Räthselhaften verlor, so wurde sie doch durch die Verquickung 
mit anderweitigen, längst bekannten Erscheinungen uns näher ge¬ 
rückt und scheinbar auch näher bekannt. Genau so verfährt die 
Wilbrand’sche Theorie; sie verquickt den psychologischen Theil 


des Sehactes mit dem ramereten ..Bild" des fixirten Objectes und 
glaubt, indem sie das Wiedererkennen eines Objectes auf das N veau 
des Betrachter eines Bilderbuches herabdrückt, eine Erklimm« 
für die Physiologie und Pathologie des optischen Erkennens ge¬ 
liefert zu haben. Sie übersieht dabei ganz, dass sie nichts geliefert 
hat wie ein Gleichniss, aber nimmermehr eine mit den physiologisch- 
psychologischen Factoren rechnende Erklärung. Lissauer weist, 
nun nach, dass es ein Gentrum für Raumvorstellungen im Wil- 
brand’selien Kinno überhaupt nicht geben könne, und dass man 
die sogenannte Sehsphäre des Oecipitallappens keineswegs einfach 
als das optische Wahrnehmungseentrum schlechthin ansehen dürfe. 
Das bekannte Rindonfeld des Oecipitallappens ist nichts wie das 
Retinalfeld der Rinde. Die Raumvorstellung, das Erkennen der 
Formen der Gegenstände kommt, ausschliesslich dadurch zustande, 
dass das Retinalfeld der Rinde mit dem Centrum der Augen¬ 
bewegungen associativ verbunden ist, und aus dem Zusammenhang 
dieser beiden Rindenfelder gehen Formen- und Raumsinn hervor. 
Diese Ansicht Lissauer’s leuchtet ohne weiteres ein, wenn w 
uns vergegenwärtigen, dass wir zum Erkennen der Tonnen eines 
Gegenstandes stets der Thätigkeit der Augenmuskeln bedürfen, 
welche die Macula um die Contouren des Objectes herumführen. 
Die Combination von Retinalempfindungen und bulbomusculären 
Innervationsgefühlen vermittelt das Formensehen, und damit ist 
gesagt, dass die Raum- und Formenempfindungen überhaupt nicht 
in einem einzigen Centrum localisirt werden können. Diese Voi- 
stellung Lissauer’s ist keineswegs eine von ihm willkürlich 
construirte, sondern sie ist aus den Lehren der Psychologie, wie 
wir sie bei Meynert, Mundt, Aubert und anderen namhaften 
Forschern finden, unmittelbar hervorgegangen. Den Vorgang des 
Bewusstseins, welcher das Wiedererkennen eines Objectes begleitet, 
zerlegt Lissauer in zwei Acte: 1) den Act der bewussten Wahr¬ 
nehmung eines sinnlichen Eindruckes, die Apperception; dieser Be¬ 
griff der Apperception entspricht der sinnlichen Wahrnehmung, 
sofern sie von allem, was das \ erständniss und die begriffliche 
Verwerthung desselben anlangt, ganz und gar losgelöst ist. 2) Den 
Act der Verknüpfung anderer Vorstellungen mit dem Inhalt der 
Wahrnehmungen, die Association. 

Während nun zum normalen, d. h. ungestörten Zustande¬ 
kommen des ersten Actes der Apperception eine Erhaltung der 
Associationsbahnen zwischen Rotinalfeld und bulbomuskuläreiii 
Centrum der Rinde Vorbedingung ist, kann der zweite Act- als 
Association nur dann normal verlaufen, wenn alle die Associations¬ 
bahnen normal functioniren, welche das Retinalfeld der Rinde mit 
den Centren der anderen Sinnessphären verbinden. Entsprechend 
diesen Ansichten nimmt Lissauer zwei Formen der Seelenblind¬ 
heit an. nämlich eine appereeptive, bei welcher das Zustande¬ 
kommen der Apperception gestört ist, und eine associat-ive oder 
transeort-icale. bei welcher infolge von Störungen in den Associa- 
tionsbahnen die Verbindung des Retinalfeldes des Oecipitallappens 
mit dem Centrum einer anderen Sinnessphäre unterbrochen ist. 

Nach dem soeben Gesagten werden wir bemerken, dass der 
Fehler, welchen Wilbränd bei seinen Theorieen begangen hat. 
darin beruht, dass er die sogenannte Sehsphäre des Oecipitallappens 
als das Sehcentrum schlechthin aufgefasst und sie mit all’ den 
Qualitäten ausgestattet. hat, welche die optische \V ahrnehmung 
bilden. Und doch ist die Sehsphäre des Hinterhauptlappens nur 
das Retinafeld und dient ausschliesslich nur der Lichtempfindung 
nach Quantität und Qualität des Lichtes, während das Sehen der 
Gegenstände in ihren Formen, in ihrer Körperlichkeit, in ihren 
Beziehungen zum Raum u. s. w. erst dadurch zustande kommt, 
dass das retinale Rindenfeld mit anderen Rindenbezirken, vor allem 
den bulbomuskulären, in Beziehungen tritt. Indem Wilbränd 
diese Thatsache ganz oder doch wenigstens gerade in ihren wich¬ 
tigsten Beziehungen unberücksichtigt liess, wurde er dazu verleitet, 
eine unzutreffende Construction des cerebralen Sehaetes sowohl in 
physiologischer wie phathol ogischer Hinsicht vorzunehmen. Lissauer 
hat die Fehler dieser Will)rand’schen Construction nachgewiesen 
und zugleich durch seine eigenen Ansichten das Wesen der Seelen¬ 
blindheit auf einen physiologischen Boden gestellt, der nirgends 
irgend eine willkürlich construirte Voraussetzung benützt, sondern 
sich ausschliesslich nur auf die physiologisch sichergestellten That- 
sachen stützt. 

Wir möchten jetzt noch einer anderen Arbeit gedenken, welche 
auch mit den Vorgängen des cerebralen Sehens sich beschäftigt, 
nämlich der Arbeit von Knies (Ueber die centralen Stö¬ 
rungen der willkürlichen Augenmuskeln. Arch. f. Augen¬ 
heilkunde XXII). Dieser Forscher geht von der Ansicht aus, dass 
in der motorischen Rinde kein besonderes Centrum für die Augen- 
muskelbewegimgen existire, da alle bisherigen Experimente, ein 
solches nachzuweisen, negativ ausgefallen seien, sondern dass die 
Sehsphäre der Occipit-alrinde gleichzeitig auch das motorische 
Rindeiicentrum für die willkürlichen und bewussten Augenbewe- 


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4. Januar 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


17 


guugen bilde; diese Bewegungen seien fast ausschliesslich conju- 
uirte und associirte behufs binocularer Einstellung auf eine be¬ 
stimmte Stelle des Gesichtsfeldes. Jede feine Einstellung" solle nur 
von der als motorisches Centrum funetionirenden occipitalen Seh¬ 
sphäre aus eingeleitet werden. Wenn nun Referent auch der An¬ 
sicht ist, dass das retinale Rindenfeld und das bulbomusculäre 
Rindeneentrum functionell so eng und innig verknüpft sind, dass 
sie im physiologischen Sinne als ein einziges Centrum aufgefasst 
werden können, so vermag er die anatomische Idendität dieser 
beiden Centren, wie sie Knies annimmt, doch nicht gelten zu 
lassen. Ueberdies sind auch die einschlägigen Untersuchungen 
fiber die Loealisation des Centrums für die Augenbewegungen keines¬ 
wegs so fruchtlos gewesen, wie dies Knies glaubt; hat man doch 
angesichts der Wernicke’schen Forschungen (Arch. f. Psychiatrie 
Bd. XIX) die vollste Berechtigung, die Angular Windung für den 
Sitz des bulbomuskulären Rindenfeldes anzusehen. Uebrigens 
glauben wir, dass man der Zusammenfassung des sensorischen und 
motorischen Oculomotoriuscentrums, ganz gleich, ob man sie nur als 
eine physiologische oder eine anatomische gelten lassen will, für die 
Erkenntniss einer Reihe von Erscheinungen unbedingt benöthigt, 
so für die Erkenntniss des Wesens des optischen Erinnerungs* 
bildes, für die Erklärung der Seelenblindheit n. a. m. 

Auf dem Gebiete der Trachombehandlung herrscht schon 
seit Jahren eine ganz besonders lebhafte Bewegung, welche auch 
in der neuesten Zeit zu einer Reihe von Publicationen geführt hat. 
Besonders macht sich das Bestreben bemerkbar, die allzu langsam 
wirkende Cuprumbehandlung zu ersetzen. Die operative Beseiti¬ 
gung der Traehomkörner, welche übrigens schon in sehr frühen 
Perioden unserer \Y issenschaft, "wenn auch in recht unvolkommener 
Form geübt wurde, wird von den verschiedensten Autoren in 
dringendster Weise befürwortet. 

Eine ganz vortreffliche Arbeit hat in diesem Sinne Sattler 
(Die Trachombehandlung einst und jetzt. Festschrift zur 
leier des 100jährigen Gründungsjubiläums des k. k. allgemeinen 
Krankenhauses in Prag. Berlin 1891) geliefert. Nach einer ganz 
vortrefflichen historischen Einleitung theilt Sattler die von ihm ge¬ 
übte Traehonibehandlung mit, welche bestrebt ist, bei möglichster 
•Schonung der Schleimhaut selbst nur die Follikel operativ zu be¬ 
helligen. V ir halten dies Princip jenen Methoden gegenüber, welche 
in ziemlich radikaler Weise grössere Abschnitte der Conjunctiva mit 
den dann sitzenden Follikeln operativ entfernen, für einen unleug¬ 
baren Fortschritt, Sattler verfährt in der Weise, dass er mit einer 
Z 1 „ „ , ck von Herrnheiser construirten Doppel-Haken- 

P ncette die Uebergangsfalten straff anzieht und mit einer Nadel 
T Iffli ne n Folliko1 “ritzt, um sie alsdann mit einem scharfen 
die p.^? kratz r- J? 686 Handlung ist dann angezeigt, wenn 
( Inn kd ? n l hr o er Um g ebun g sich scharf abheben. Solange die 
n ^-,. c lva f. urcb Schwellung die Follikel verdeckt, muss eine auf 
reiui 1 f Un f ( ie8e r Schwellung abzielende medicamentöse Behandlung 
* ^ erden: ,ß t unter solcher die Schleimhautschwellung soweit 
kann dass e i nze l nen Follikel sichtbar werden, so 

irinnpn °P erativen Entfernung der einzelnen Körner be- 

Methode ml, ark » e ? tz ™ dli<d >™ FäUle “ rftth Sattler von dieser 
meTrwllltlh U|, p a l £ aeh Entfernun S der Follikel soll noch eine 
('upram oulfnri h ® Behand ung der hypertrophischen Bindehaut mit 
der P wll UI "' S ?l ter mit Ta,uiin etattfinden. Unmittelbar nach 
im Gefole WeIcbe abri £ ens meistens nur geringe Blutungen 
U 1(100 akrelflu 1 S0 , ' .'™. d das Operationsgebiet mit Sublimat 
entzündlich. S R U 1 J?“ 1 “ l4 Eisumschlägen auf die Lider eine etwaige 
wird Stlcl> , lw bekän ! pft ' Auch in den bhehsten Tagen 
“n. das* er 1t r Bttbbmat 1:5000 ausgewaschen. Sa111 er giebt 
definitiv l h l, ff 81 BehandJun f? schwere Falle in 3-5 Wochen 
operativen K„m be ’ em Besulta t. welches allerdings der nicht 
tuag l'J i ™ handlu "gemethode gegenüber die allergrösste Beach- 

hande'l'n? ^\rchi!r m V ‘i S °ü e - n wir denn das Trachom be- 
rative Eatfminnrr . fBr Au S enlleil hunde Bd. XXIV) rühmt die ope- 
kratzt. sondern 1 , er _ Tr*®homkörner, welche er aber nicht aus- 
tecken d°rTLh„f r t. UCkt - Während aber Hotz, d <* a «f da « Aus- 
bewiesen hat . orper zuerst mit ganz besonderer Wärme hin- 
^nützt Jäschp Körner mit den Fingern ausquetscht. 

Die verschiedenen y i’ Sch m Fensterz ange zu diesem Zweck. 

kf We(ienheiten in H ‘ fcadlen des Trachoms bedingen gewisse Ver- 
fall Vor. bei dem ,5 | 6 ?, ann ^? Behandlung. Liegt ein frischer 
energisch mit der 7 * 01 j® deutlich hervortreten, so genügt es, 
Patient nicht 7.. , e Scbleim Faut auszupressen. Ist der 

Sitzung operiren T R f P ? 1<U Q man beide Augen in einer 

quetscht Jäsche nr+ j Schleimhaut schon stark geschwellt, so 
entfernt aber •. j 11 ^ 6 zwar aucb recht energisch aus, 

Jipertrophirten fw,/ f 1 “ der Scheere noch einige Streifen der 
Handlung biefrn qL^T^' P* 6 besten Fälle für die operative 


lung bieten cf** T •' . 10 Desten r alle für die operative 
diejenigen, in denen die secundäre conjunc- 


tivale Hypertrophie noch nicht vorhanden ist,. Auch im dritten 
Stadium, in welchem schon eine mehr oder minder ausgesprochene 
Atrophie der Schleimhaut eingetreten ist. kann die Operation noch 
geübt werden, indem man auf alle noch vorhandenen Erhöhungen sein 
Augenmerk richtet und besonders die Uebergangsfalten recht «e- 
nau beobachtet. Nach der Operation lässt Jäsche kalte Umschläge 
machen und die Augen mit Sublimat- oder Borlösung auswaschen 
Vom zweiten Tage nach erfolgter Ausquetschung an beginnt Jäsche 
mit Einträufelungen von Lapislösung (2%). Unter Umständen kann 
hinterher auch noch der Cuprumstift nothwendig werden. Bei 
dieser Behandlung hat JäSche schwere Fälle in 5—6 Wochen 
heilen sehen. Ein operatives Verfahren, welches eine Combination 
der antiken und modernen Operationen darstollt, wird in der 
Abadie’schen Klinik geübt (Darrier, Traitement chirurgical 
des granulations conjunc tivales. Bulletin g6n6ral de Thöra- 
peutique 30. December 1890.). Die ectropionirten Lider werden 
hier in ihrer ganz frei zu Tage liegenden Schleimhaut tief scarificirt 
und dann mit dem Löffel ausgekratzt, hierauf wird mit einer kleinen 
Bürste und mit starker Sublimatlösung das blutende Operations¬ 
gebiet stark gebürstet. Diese letztere Maassnahme erinnert lebhaft 
an die Blepharoxysis, d. h. das Abreiben der trachomatösen 
Schleimhaut, wie sie bereits in der voralexandrinischen Periode der 
antiken Augenheilkunde geübt wurde. Die Versicherung, dass 
Abadie mit dieser Methode in 8—14 Tagen schwere mit Pannus 
complicirte Fälle von Trachom gründlich geheilt habe, erscheint 
uns so auffallend, dass wir fast glauben möchten, der lebhafte 
Wunsch Abadie s, schnell zu heilen, sei der Vater jener Ver¬ 
sicherung gewesen. Das aber darf jedenfalls angenommen werden, 
dass mit der operativen Behandlung des Trachoms eine erhebliche 
Beschleunigung des Heilverfahrens ermöglicht und damit die Be¬ 
handlung sowohl für den Patienten wie für den Arzt eine wesent¬ 
lich angenehmere geworden ist. 


IX. Feuilleton. 

Zum Andenken R. Kaltenbach’s. 

Von Alfred Hegar. 

Die Lebensdauer der Aerzte ist nicht gross und die der gynä¬ 
kologischen und chirurgischen Kliniker zeichnet sich, wenigstens in 
unserer Zeit, durch ganz besondere Kürze aus. Die Hauptgefahr 
für sie liegt in der septischen und anderen Infectionen. Doch 
trägt ohne Zweifel auch der mächtige Aufschwung jener Disciplinen 
und der Zwang, theoretisch und praktisch in intensiverem Grade 
und oft mit Ueberanstrengung daran mitzuarbeiten, zur Verkürzung 
des Daseins bei. Auch die Dünste des Chloroforms und Aethers, 
die stete Benetzung mit den Lösungen der Carbolsäure und des 
Sublimats und die vielen grossen und schweren Operationen, deren 
schulgemässe, methodische Ausbildung erst mühsam gesucht 
werden musste, mögen nicht gerade vortheilhaft auf Herz und 
Nieren eingewirkt haben. Der Opfer sind recht viele: Breslau, 
Spiegelberg, Hildebrandt, Hecker, Schröder,. Breisky, 
von den Chirurgen: Wagner, Middeldorpff, Weber, Simon, 
Heine, Hueter, Busch, Wilms, Maas, Volkmann starben im 
besten Mannesalter, und die meisten davon infolge von Infectionen 
oder Herzleiden. 

Zu ihnen gehört auch Kaltenbach, welcher, am 12. Mai 1842 
zu Freiburg in Böhmen geboren, im 52. Lebensjahre starb. Er 
stammte aus einer angesehenen Familie seiner Vaterstadt und erhielt 
eine sehr sorgfältige Erziehung und Gymnasialbildung, theils in 
Freiburg, theils in Schnepfenthal. Nach Absolvirung seiner Uni- 
versitätsstudien in Freiburg, Berlin und Wien trat er in letzterer 
Stadt als Operationszögling bei seinem Oheim, dem bekannten 
Chirurgen Dumreicher ein und machte unter diesem; 1866 den 
böhmischen Feldzug auf österreichischer Seite mit, worauf er nach 
beendigtem Kriege noch bis zum Jahre 1867 in seiner früheren 
Stellung verharrte. Dann nach Freiburg zurückgekehrt, meldete 
er sich bei mir als Assistent und war mir seiner chirurgischen 
Schulung wegen sehr willkommon. Es kam mir viel darauf an, 
die Operationen, welche ich in Darmstadt kennen gelernt, deren 
Anfänge ich theils bei Tenner und Simon gesehen, theils mit 
ihnen zusammen oder selbstständig ausgeführt hatte, zu.vervoll¬ 
kommnen und zu verallgemeinern. Nach einem sehr weit ver¬ 
breiteten Irrthum soll Sims die neuere Richtung unserer Disciplin 
wesentlich inaugurirt und begründet haben. Aber schon lange vor 
dem Erscheinen des Sims’schen Werkes hatte der leider zu früh 
verstorbene Tenner, ein geborener Chirurg, Blasenscheidenfisteln 
als der erste in Deutschland mit Erfolg operirt, und zwar nicht 
zufällig in dem einen oder anderen Falle, sondern nach einem 
guten, den günstigen Ausgang verbürgenden Verfahren. Simon 
hatte eine vortreffliche Methode zur Heilung der Gebärmuttervorfälle 
ausgebildet, während die später von Sims angegebenen Methoden 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


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Spielereien sind, trotz der Lobpreisung des Erfinders keinen Er¬ 
folg hatten und auch bald ganz aufgegeben wurden. Schwere 
Myomexstirpationen durch Enucleation, Operationen des complicirten 
Dammrisses wurden ausgeführt. Grosse Uteruspolypen wurden 
durch den einfachen Schnitt entfernt, während man früher, aus 
Furcht vor Blutung, die häufig zu Sepsis führende Unterbindung 
ausführte, und Sims mit einem schrecklichen Instrument von 
Ecraseur arbeitete. Auch Ovariotomieen wurden gemacht, freilich 
ohne besonderen Erfolg, welches Missgeschick wir übrigens mit Sims 
theilten. Was ist schliesslich von diesem noch übrig geblieben? 

Kaltenbach, welcher im Jahre 1868 eine sehr glückliche Ehe 
eingegangen war, habilitirte sich in diesem Jahre als Privatdocent 
und verblieb dann noch bis 1873 in seiner Stellung als klinischer 
Assistent, wenn er auch nicht im Institut wohnte. Eine Unter¬ 
brechung trat durch den deutsch-französischen Krieg ein, welchen 
er als Militärarzt mitmachte, freilich nur in seinen Anfangsstadien, 
da er bei der Belagerung Strassburgs an einem schweren Typhus 
erkrankte, von welchem er sich nur langsam erholte. Im Jahre 
1873 zum ausserordentlichen Professor ernannt, besorgte er von 
da an die mit dem Freiburger Lehrstuhl verbundenen Functionen 
eines Hebammenlehrers und Kreisoberhebarztes unter meiner 
Leitung. Später übertrug ich ihm noch die Abhaltung des geburts- 
hülfliehen Operationscurses und der Vorlesung. Dabei assistirte 
er bei allen grossen Operationen. Seine Position war der Form 
nach eine subordinirte. Jedoch habe ich Kaltenbach, welchen 
ich als Arzt und Mensch immer höher schätzen lernte, sehr bald 
als Freund und Mitarbeiter betrachtet. Nur durch ihn ist es mir, 
welcher ich damals mit Arbeit überhäuft war, möglich gewesen, 
meinen alten Plan, eine operative Gynäkologie zu schreiben, zur 
Ausführung zu bringen. Nicht der kleinere Theil des grossen Er¬ 
folges, welchen das Werk hatte, ist Kaltenbach zu danken. 
Ausser den von ihm verfassten Abschnitten an diesem Buch, 
welches in den folgenden Auflagen eine beträchtliche Vergrösserung 
erfuhr, schrieb Kaltenbach noch zahlreiche kleinere Aufsätze, 
welche grösstentheils in der Zeitschrift für Geburtshülfe und 
Gynäkologie erschienen, und unter welchen ich nur erwähne: Ueber 
tiefe Scheiden- und Cervicalrisse, Hyperplasie der Decidua am 
Ende der Schwangerschaft, combinirte Wendung auf die Füsse nach 
Braxton Hicks, Beiträge zur Laparotomie bei fibrösen Tumoren 
des Uterus, totale Exstirpation des Uterus von der Scheide aus. 

Im Jahre 1883 erhielt Kaltenbach einen Ruf nach Giessen 
und schied daher zum allgemeinen Bedauern seiner zahlreichen 
Freunde und Bekannten aus dem Freiburger akademischen Ver¬ 
band aus. Doch freute man sich auch wieder, dass er endlich zu 
dem sehnlichst gewünschten, selbstständigen Wirkungskreis ge¬ 
langt war. In Giessen, wo er sich bald als Lehrer und Arzt 
bekannt und beliebt gemacht und wo er auch bei der hessischen 
Regierung den Neubau der von ihm freilich nicht mehr bezogenen 
Klinik durchgesetzt hatte, blieb er nicht lange. Das preussische 
Ministerium berief ihn, auf den Vorschlag der Facultät, 1887 nach 
Halle, wo eine rastlose literarische und praktische Thätigkeit für 
ihn begann. Zahlreiche Aufsätze von ihm erschienen in Zeit¬ 
schriften, wie: Ueber Selbstinfection, über Bedeutung der fötalen 
Wirbelsäule für den Austrittsmechanismus, über Hiilfsmittel des 
gynäkologischen Unterrichts, Erfahrungen über Totalexstirpation 
des Uterus u. a. Ausserdem aber verfasste er ein umfangreiches 
Lehrbuch der Geburtshülfe, welches 1893 bei Enke erschien. 

Die grosse literarische Production Kaltenbach’s zeugt von 
seinem ausserordentlichen Fleiss, da er kein schneller Arbeiter 
war. Er musste sich seinen Gegenstand erst von allen Seiten an- 
sehen und durchdenken, hatte aber dann die Gabe, ihn, das 
Wesentliche von dem weniger Wichtigen scharf hervorhebend, in 
vortrefflicher logischer Anordnung und stilistisch gut darzustellen, 
so dass auch seine kleinen Aufsätze dauernden Werth besitzen. 
Dabei verstand er es, seine wissenschaftliche Durchbildung auch 
praktisch zu verwerthen, wobei ihm grosse Ruhe, gute Beobachtungs¬ 
gabe und viel technisches Geschick zu Hülfe kamen, so dass er 
sich überall, wo er seine Wohnstätte aufschlug, bald das allge¬ 
meine Vertrauen erwarb. Bewunderungswürdig sind seine Resultate 
der vaginalen Uterusexstirpation. 

Wie hoch seine Persönlichkeit und sein Charakter geschätzt 
wurden, zeigt die allgemeine Theilnahme, welche sein Tod in 
so vielen Kreisen unseres Vaterlandes hervorrief. 

Kaltenbach fühlte sich seit etwa einem Jahre leidend und 
sprach seine Todesahnungen gelegentlich aus, wenn er auch wieder 
zu anderen Zeiten, wie dies glücklicher Weise gewöhnlich ist, sich 
Selbsttäuschungen hingab. Als ich im September dieses Jahres 
mit ihm zusammen kam, um eine von dem Verleger gewünschte 
neue Auflage unseres gemeinschaftlichen Werkes zu besprechen, 
fand ich ihn munter und frisch, und nichts hätte mich vermuthen 
lassen, dass ich den um gut zwölf Jahre jüngeren, im kräftigsten 
Alter stehenden Mann überleben werde. 


Erstaunlich sind der eiserne Fleiss und die Pflichttreue, mit 
welcher Kaltenbach bis nahe am Rande des Grabes seinen litera¬ 
rischen Arbeiten und seinem schweren Beruf nachging, obgleich 
er sich wohl sagen musste, dass dies nicht gerade zur Verlängerung 
der ihm noch beschiedenen kurzen Frist dienen werde. An seinem 
vortrefflichen Lehrbuch der Geburtshülfe arbeitete er im letzten 
Jahre bis 1 oder 2 Uhr nachts, um dann um 8 Uhr vormittags 
seine Klinik abzuhalten. Obgleich er schon recht ernsthafte Be¬ 
schwerden hatte, machte er in den letzten vierzehn Tagen vor seinem 
Tode noch zwei schwere Laparotomieen und eine vaginale Uterus¬ 
exstirpation. In der Nacht vom 20. zum 21. December verschied 
er unter Erscheinungen der Athemnoth und Herzinsufficienz. Die 
Section ergab Atherom der Coronararterien mit theils frischen, 
theils älteren myocarditisclien Heerden, besonders in den Papillar- 
muskeln. 

Kaltenbach starb zu früh für seine Familie, zu früh für 
seine Wissenschaft und zu früh für die leidende Menschheit. 
Friede seiner Asche! 


X. Referate und Kritiken. 

Thoma, Untersuchungen über die Histogenese und Histo- 
meohanik des Gefässsystems. Mit 41 Abbildungen. Stuttgart, 
F. Enke, 1893. Ref. Ribbert (Zürich). 

Die bei seinen zahlreichen früheren Untersuchungen erhaltenen 
Resultate über die zweckmässigen Beziehungen zwischen der Strom¬ 
geschwindigkeit des Blutes und den gewebebildenden Vorgängen in 
der Wand der Arterien und Venen hat Verfasser nun an der Ge- 
fässentwickelung der Embryonalanlage des Hühnchens zu prüfen 
unternommen. Er gelangte hier zunächst zu einigen bemerkens- 
werthen, die Histogenese betreffenden Ergebnissen. Nicht nur die 
Entstehung der ersten Gefässe geht zwischen den Zellen der am 
mittleren Keimblatt auftretenden netzförmig verbundenen Zell¬ 
stränge vor sich, indem in ihnen rundliche Capillarlücken auftreten, 
sondern auch die Bildung der aus den primären Gefässen hervor¬ 
sprossenden Capillaren geht intercellulär vor sich, indem die Ge- 
fässwand aus Zellen bestehende Ausläufer bildet, zwischen denen 
vom alten Lumen her sich die neue Capillare ausbildet. Es handelt 
sich slso nicht um protoplasmatische Sprossen, die sich aushöhlen 
und später in einzelne Zellen zerlegen sollen. In den dichteren 
Zellsträngen, die man als Blutinseln bezeichnet, geht die Capillar- 
bildung peripher vor sich, die neuen Lumina fliessen rings um die 
Blutinsel zusammen und bilden so einen gemeinsamen Gefässraum, 
in welchem die Zellen der Insel sogleich als Blutkörperchen ent¬ 
halten sind. 

Im Anschluss an die Histogenese betrachtet Thoma die 
Histomechanik. Schon bevor das Herz pulsirt, ist ein netzförmiges 
Capillarsystem der Area vasculosa angelegt. Dasselbe steht durch 
die vom Herzen weit nach hinten verlaufende doppelte Aorta und 
durch zwei nahe dem Herzen aus ihm hervorgehende Venen mit 
letzterem in Verbindung. Sobald nun der Kreislauf beginnt, bildet 
er sich am besten aus in einem die geringsten Widerstände bietenden 
bogenförmigen, auf jeder Seite des Embryo vorhandenen, zwischen 
Arterienende und Venenanfang eingeschalteten Bezirke. Hier 
strömt das Blut am schnellsten und hier erweitert sich deshalb in 
Uebereinstimmung mit den früher vom Verfasser gefundenen Ge¬ 
setzen das Capillarsystem, um weiterhin theilweise in Arterien 
überzugehen, während die ursprünglich vorhandenen capillaren 
Seitenäste veröden. Der Blutdruck ist auf die Erweiterung ohne 
Einfluss, er bewirkt eine verstärkte Wandspannung und dadurch 
Wandverdickung. Durch Ueberlegung gelangt ferner Verfasser zu 
dem Schlüsse, dass die Erhöhung des Blutdruckes auch zur Neu¬ 
bildung von Capillaren führt. Diese auf die Folgen der Strömungs¬ 
geschwindigkeit, des Blutdruckes und auf die Neubildung von 
Capillaren sich beziehenden Erscheinungen nennt Verfasser die drei 
aus seinen Untersuchungen sich ergebenden histomechanischen 
Principien. In einem dritten Abschnitt zeigt Thoma, dass das 
erste dieser Principien auch auf das arterielle System. im extra¬ 
uterinen Leben Anwendung findet. Aus den eingehenden Erörterungen 
resultirt vor allem, dass der Querschnitt der Verzweigungen einer 
Arterie wie an manchen Körperstellen direkt gemessen werden 
kann, wahrscheinlich überall ungefähr so gross ist, wie der Quer¬ 
schnitt des Hauptastes, und dass im Zusammenhang damit auch 
die Stromgeschwindigkeit der Arterien die gleiche ist. 

Die Zufuhr der Blutmenge zu den Organen wird durch das 
Bedürfhiss der Gewebe bestimmt. Von ihnen hängt also die 
Strömungsgeschwindigkeit und Gefässweite, der Blutdruck und die 
Gefässwanddicke und die Capillarneubildung ab, die „Arbeitsleistung 
des Herzens stellt sich dar als ein Aequivalent der histomechanisch 
von den Geweben gestellten Forderungen“. 

Die Abhandlung enthält eine eingehende, im einzelnen nicht 
wohl wiederzugebende Begründung der hier in Kürze referirten 


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4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Vorstellungen, die durch 41 Abbildungen in sehr anschaulicher 
Weise illustrirt werden. - 

H. Quincke, Ueber Meningitis serosa. Volkmann’s Sammlung 
klinischer Vorträge Neue Folge No. 67. Ref. Ni colaier (Göttingen). 

Quincke bezeichnet als Meningitis serosa Fälle von primärem 
Hydrocephalus, bei denen der Flüssigkeitserguss innerhalb der 
Sehädelhöhle entzündlicher Natur ist. Die Meningitis serosa ist 
vorwiegend ventriculär und gewöhnlich nicht durcli Mikro¬ 
organismen verursacht. Sie entsteht im Gefolge von Traumen des 
Kopfes, nach anhaltender geistiger Anstrengung, nach acuter und 
chronischer Alkoholwirkung und im Anschluss an acute fieberhafte 
Krankheiten, wie Typhus, Pneumonie und kommt bei Kindern und 
bei Erwachsenen vor. Quincke gruppirt die von ihm beobachteten 
Fälle nach dem Verlauf in solche mit acutem Beginn, die entweder 
acut oder chronisch verlaufen, und ferner in chronische Fälle, die 
entweder einen chronisch progressiven Verlauf zeigen oder mit 
acuten Exacerbationen einhergehen. 

Bei acutem Beginn setzt die Krankheit zuweilen plötzlich ein, 
häufiger ist der Beginn ein langsamer, durch mehrere Tage sich 
hinziehender. Fieber fehlt oder ist, wenn vorhanden, von geringer 
Höhe und kurzer Dauer. Es tritt Nackenstarre und Kopfschmerz 
von wechselnder Intensität auf, und einige Tage nach Beginn der 
Erkrankung stellen sich Stimmungsanomalieen und Trübung des 
Bewusstseins ein, die sich nur in letal verlaufenden Fällen zu 
tiefer Benommenheit zu steigern pflegen. Nicht selten werden Hyper¬ 
ästhesien beobachtet, öfter locale Paresen, dagegen seltener 
Krämpfe, recht häufig ist Erbrechen; Bradycardie und arhytlimisehe 
Herzthätigkeit finden sich seltener. Die Pupillen reagiren träge, 
sind öfter ungleich; zwar nicht constant, doch sehr gewöhnlich 
entwickelt sich im Verlauf von einigen Wochen eine Stauungs¬ 
neuritis des Opticus. Besonders wichtig für die Diagnose ist, dass 
die Intensität der Symptome, die Neuritis optica ausgenommen, er¬ 
heblichen Schwankungen unterworfen ist. Die acut beginnende Er¬ 
krankung heilt entweder in einem oder einigen Monaten oder sie 
führt zum Tode. 

Die chronischen Fälle von Meningitis serosa beginnen schleichend 
und verlaufen bald continuirlich, bald mit Intermissionen und Exacer¬ 
bationen. Während das Krankheitsbild der schweren Fälle dem der 
Hirntumoren sehr ähnlich ist, bestehen in den leichteren Fällen nur 
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Stimmungsanomalieen; diese Sym¬ 
ptome wechseln, häufig sind sie geringfügig, fehlen auch eine Zeit 
lang und sind von neurasthenischen Beschwerden nicht zu unter¬ 
scheiden. Zuweilen treten bei diesen chronischen leichteren Fällen 
Exacerbationen ein, welche auch zum Tode führen können. 

Das Krankheitsbild der Meningitis serosa gleicht dem der eite¬ 
rigen und der tuberkulösen Meningitis und dem der Hirntumoren in 
vieler Beziehung.. Eine Unterscheidung der serösen von der tuber¬ 
kulösen und eiterigen Meningitis ist sehr oft erst durch den Ver¬ 
lauf bezw. den anatomischen Befund zu machen. Die tuberkulöse 
Meningitis, besonders diejenige Form, bei der sich eine gering- 
Erkrankung der Pia corticalis findet, dagegen ein starker 
lujsigkeitsergnss in die Ventrikel vorhanden ist, ist der serösen 
ähnlicher als die eiterige Meningitis. Wichtig für die Differential- 
iagno.se ist der Nachweis tuberkulöser Erkrankung in anderen 
rganen: doch theilfc Quincke zwei Fälle mit, bei denen neben 
sgedehnter Tuberkulose in anderen Organen seröse Meningitis 
or anden war. Von der eiterigen Meningitis unterscheidet sich 
e Kröge durch das Fehlen bezw. Geringfügigkeit und kurze Dauer 
schm le,Pr ?. un ^ T ^rch Jen etwas langsameren Verlauf. Der Kopf- 
u, e T z ' ale Nackenstarre, Benommenheit sind weniger intensiv. 
hi 5 nfi^ Vlnp - m o wec ^ se ^ n mehr, bei der Meningitis serosa tritt 
ncnrit^ • °f ln k • m ^ om me ^ r d en Vordergrund, die Stauungs- 
Jufrpnlu' 1 ?., .\ der serös . en Form häufig, bei der eitrigen selten. 
\\} Ifi relative Grösse des Kopfes sprechen in bedingter 

senra E'orm. Die chronischen Fälle von Meningitis 

besonder 1 * 1 !! dem Erankheitsbilde der Hirntumoren sehr ähnlich, 
imihp q*! daD \ Wenn von Tumoren der hinteren Sch adel¬ 

et d er v P l Dg f Shyd /oc. e Phalus entsteht. Für die Differentialdiagnose 
auftoiiiff , r i auf llQ d die Dauer der Erkrankung zu verwerthen. Ein 
mehr ffir u r2 ? r ’ • ° der a ^ er e * n langer Verlauf spricht 

•liaeuosticni,! 111 ?!?^ 1 ! serosa als für einen Tumor. Einen relativen 
Meninritic: B ° " er ? Quincke der Beobachtung zu, dass bei 

schneller Stauungsneuritis und Erblindung häufiger und 

die Lnmhaini, nt ** a 8 ^ Tumoren. Die Untersuchung der durch 
Frierscheidnn 10n ?, ew ? nn . e ? en Cerebrospinalflüssigkeit kann zur 
(im Gefolirfl V tr Meningitis serosa und Stauungshydrocephalus 
wicht fühpr inno\ 1irnt !J moren ) führen. Höheres specifisches Ge- 
Fiüsaigkeit zeiirJn grö ® se , rer Eiweissgehalt (über 2 °/oo) der 
Frage offen Stauungshydrocephalus an; Quincke lässt die 

Als Th dle8er Unterschied constant ist 

pie emfiehlt der Verfasser für die acuten Fälle 


Application von Blutegeln am Nacken und an den Warzenfortsätzen, 
der Eisblase auf Kopf und Nacken, Ableitung auf den Darm durch 
Drastica, ruhiges Verhalten, Fernhalten aller Reize. Besonders 
günstigen Einfluss in einzelnen Fällen hatte die Behandlung mit 
Quecksilber, zweifelhaft drückt sich Quincke über die Wirkung 
des Jod aus. 

Von Erfolg erwiesen sich ferner, besonders bei chronischen 
Fällen, Ableitung auf die Haut des Kopfes und des Nackens (fliegende 
Vesicatore, Tartarus stibiatus-Salbe). Die Punction des Cerebro¬ 
spinalsackes in der Lumbalgegend zeigte sich einige male insofern 
erfolgreich, als die Drucksymptome nachliessen, während in anderen 
Fällen die Wirkung ausblieb. 


Otto v. Weiss, Zur Behandlung der Gesichts- und Stira- 
lagen. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge Neue Folge 
No. 74. Ref. E. Fraenkel (Breslau). 

Verfasser theilt seine an 107 Fällen von Gesichts- und Stirn- 
lagen gemachten Erfahrungen mit. Bei denjenigen Geburten, wo 
er der Lehre Boer’s und Zeller’s, dass diese Lagen durchaus 
nicht ungünstige wären und an sich jedes Eingreifen erübrigten, 
gefolgt war, blieb er mit seinen Erfolgen hinter diesen beiden weit 
zurück und kam dadurch zu folgenden Schlüssen: Nicht complicirte 
Gesichtslagen, selbst Einstellung der Stirn im Beginn der Geburt, 
erfordern keine Eingriffe, allgemeine prophylaktische Umwandlung 
dieser Lagen wäre ein Fehler. Beim rhachitisch platten Becken 
ist die Gesichtslage vielleicht die günstigste Einstellung (? Ref.), 
bei den anderen Formen von engem Becken wäre Hinterhauptslage 
erwünscht; letztere ist allerdings sehr schwer, und der Erfolg 
unsicher. Zwei Methoden der Umwandlung in Schädellage con- 
curriren hauptsächlich, diejenige durch ausschliesslich äussere 
Handgriffe nach Schatz — doch ist diese sehr gute Methode nur 
im allerersten Beginn der Geburt ausführbar und kommt daher 
selten in Betracht — und die durcli combinirte Handgriffe nach 
Baudelocque, eventuell auch in Verbindung mit der Schatz’schen 
oder mit anderen, geringfügigen Modificationen (Ziegenspeck, 
Thore u. s. w.). In jedem Falle hat die Umwandlung in Schädel¬ 
lage den grossen Vortheil, den oft krampfartigen Charakter der 
Wehen zu bessern, und daher wendet Verfasser sie an bei Ge¬ 
sichtslage (Kinn hinten), Stirneinstellung und Stirnlago, wenn die 
Wendung nicht mehr möglich ist. Dabei entscheidet er sich von 
den beiden Arten des Baudelocque’schen Verfahrens — innere Hand 
schiebt Stirn oder Gesicht mit zwei Fingern zurück, äussere leitet 
Hinterhaupt hinein, und innere halbe Hand zieht selbst Hinter¬ 
haupt unter vollständigem Umfassen hinein — für die erstere, weil 
bei dieser die Gefahr der Infection und Zerreissung der Gebär¬ 
mutter geringer ist. Hat man einen geübten Assistenten, so kann 
man gleichzeitig auch Schatz’ Handgriff anwenden lassen, doch 
hat er davon auch Blutung infolge vorzeitiger Placentalösung 
gesehen. __ 


XI. Journalrevue. 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infcctions- 
krankheiten. 

Schimmelbusch, Ueber grünen Eite rund die pathogene 

Bedeutung des Bacillus pyocyaneus. Volkmann’s Sammlung 
klinischer Vorträge Neue Folge No. 62. 

Verfasser giebt eine durch eigene Erfahrungen ergänzte Ueber- 
>icht über die bisherigen, den Bacillus pyocyaneus betreffenden 
Untersuchungen. Die charakteristische Eigenthümlickeit desselben 
st die Farbstoffbildung, die von der Art des Nährbodens, von der 
Beschaffenheit des in seinem morphologischen und biologischen 
Verhalten variablen Bacillus selbst und von dem Zutritt der Luft 
ibhftngt. Letzterer Umstand bewirkt, dass, wenn der Pilz in Wund¬ 
perbänden zur Entwickelung gelangt-, die äusseren Schichten der¬ 
selben grün oder blau, die inneren gelb oder braun sind, während 
lie Wunden selbst keine Farben Veränderung zu zeigen pflegen. Der 
Farbstoff wird Pyocyanin genannt. Der Bacillus gelangt auf die 
Kunden nicht durch die Luft, auch meist nicht durch Contact von 
mssen, sondern von der Haut des Kranken, auf der er sich als 
Saprophyt sehr gewöhnlich findet. Daher pflegt, er in Wunden, 
lie an besonders von ihnen bevorzugten Hautstellen liegen, z. B. 
ler Achselhöhle, der Sckenkelbeugo sich besonders zu zeigen. Ver¬ 
suche über die pathogene Bedeutung des Bacillus pyocyaneus er¬ 
gaben, dass grossere Mengen subcutan Entzündung und Eiterung, 
ntravenös den t Tod herbeiführen können, dass der I ilz abei im 
Körper selbst nicht zu gedeihen vermag. Er wirkt also durch seine 
riftigen Eigenschaften, die auch an bacterienfreien und an sterüi- 
sirten Culturen hervortreten. Es ist denkbar, dass auch beim 
Menschen von den Wunden aus die Toxine aufgenommen werden 
können, doch ist darüber nichts sicheres beobachtet. Wenn das 
um auch nicht der Fall ist, und wenn auch der Bacillus m (len 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


menschlichen Körper nicht einzudringen vermag, so ist seine Gegen¬ 
wart in Wunden doch nicht gleichgültig. Schimmelbusch hebt 
hervor, dass er die Secretion der Wunden beträchtlich steigert, 
dass er die Consolidirung der Granulation hemmt, und die Ueber- 
häutung, auch bei Transplantationen, sehr wesentlich hindert. 

Ribbert (Zürich). 

Wernicke, Ein experimenteller Beitrag zur Kenntniss 
dos Löffler’schen Diphtheriebacillus und zur „Blutserum¬ 
therapie“. Archiv für Hygiene Bd. XVIH. 

Während bekanntlich Behring sein Diphtheneheilserum von 
hochgradig immunen Hammeln gewonnen hat, hat sein Mitarbeiter 
Wernicke ein gleichfalls wirksames Heilserum von Hunden 
erzielt. In der älteren deutschen Litteratur waren Angaben über 
Diphtherieempfängliehkeit der Hunde nicht vorhanden, doch sind 
solche neuerdings von Roux und Y er sin veröffentlicht worden. 
Wernicke konnte bei seinen Versuchen constatiren, dass Hunde, 
namentlich jüngere noch im Wachsthum begriffene, für Diphtherie- 
infection mittels subcutaner Einspritzung von Diphtheriebouillon- 
eulturen durchaus empfänglich sind und den Meerschweinchen in 
dieser Beziehung kaum naclistehen. An der Injectionsstelle ent¬ 
steht ein faustgrosses Oedem, später’ eine ausgedehntere derbere 
Infiltration, weiterhin Nekrose, schon frühzeitig schwere Allgemein¬ 
störungen, nach anfänglicher fieberhafter Erregung Temperatur¬ 
abfall und subnormale Temperaturen, Erbrechen und Durchfall mit 
weiterhin blutigen Entleerungen, lähmungsartige Schwäche der 
Hintergliedmaassen, Tod. Bei den Thieren, welche mit dem Leben 
davon kamen, wurden typische diphtherische Lähmungen be¬ 
obachtet. .... 

Durch Verfütterung von Fleisch eines diphtherieimmunen und 
eines an chronischer Diphtherie verendeten Schafes konnte bei 
Hunden ein gewisser Grad von Diphtherieimmunität erzielt 
werden. Diese relative Immunität hat Wernicke weiterhin ge¬ 
steigert, indem er den Hunden zunächst in schnell von 1 bis 60 ccm 
steigender Dosis subcutane Einspritzungen alter Diphtherieculturen 
machte, in denen die Bacillen durch Zusatz von 0,6 °/o Carbolsäure 
getödtet waren. Es kam dabei zur Bildung lokaler abseessähnlicher 
Geschwülste ohne Störungen des Allgemeinbefindens. V eiterhin 
würden in steigender Menge frische virulente Bouillonculturen 
eingespritzt, wodurch mehrtägige Temperatursteigerung und örtliche 
fluetuirende Anschwellungen, aber niemals Nekrose hervorgerufen 
wurde. (Durch Prüfung des Inhalts der Geschwülste wurde 
constatirt, dass die Diphtheriebacillen bei den hochgradig immunen 
Thieren in wenigen Tagen zugrunde gegangen waren, während sie 
bei den weniger stark immunisirten noch wochenlang am Leben 
blieben, im Blut und Urin konnten sie aber niemals aufgefunden 
werden.) 

An dem durch mehrmals wiederholte Aderlässe gewonnenen 
Blutserum der in der beschriebenen Weise behandelten Hunde 
konnte eine zunehmende immunisirende Kraft auch nach der neuer¬ 
dings von Behring angegebenen Methode gegenüber dem Diphtherie¬ 
gift bezw. der hierdurch bewirkten Intokicatien der Versuchsmeer¬ 
schweinchen constatirt werden. Ueber die mit dem Hundeblut¬ 
heilserum an diphtheriekranken Kindern erzielten Heilerfolge ist 
schon an anderer Stelle (s. No. 17 d. vor. Jahrgangs) berichtet worden. 
Schliesslich sei noch erwähnt, dass seitdem der Heilwerth des 
Serums durch fortgesetzte Behandlung der Thiere noch gesteigert 
ist, so dass 10 bis 20 ccm nach Wernicko’s Meinung vielleicht 
zur Behandlung eines Menschen ausreichen dürften. An den Meer¬ 
schweinohen, an denen die immunisirende Kraft des Hundeblut¬ 
serums erprobt worden, ist dann weiterhin durch fortgesetzte 
Steigerung der Injeetionen lebender Diphtheriebacillenculturen eine 
ausserordentlich hohe, das Hundeblutserum noch weit übertreffende 
immunisirende Kraft erzielt worden. O. Riedel (Lübeck). 


' XII. OeffentlicIi.es Sanitätswesen. 

Die Cholera in Ostprenssen im Jahre 1893. l ) 

Von Prof. Dr. E. v. Esmarch in Königsberg i. Pr. 

Wie bekannt, brach im October 1893 ganz plötzlich in Tilsit die 
Cholera aus, nachdem dieProvinz sowohl im vorhergehendenwie bisher 
inj Jahre 1893 von einer Einschleppung der Seuche trotz der Nähe des 
verseuchten Russlands verschont geblieben war. Glücklicher Weise 
ist es nur eine sehr kleine Epidemie gewesen, die im Keime er¬ 
stickt werden konnte, nichtsdestoweniger aber und vielleicht 
gerade des letzteren Umstandes wegen interessirt es Sie, wenn 
ich Ihnen hier ganz kurz den Verlauf der Epidemie schildere. — 
Am 19. October morgens bekamen wir aus Tilsit hierher eine ver¬ 
dächtige Fäcesprobe in das hygienische Institut geschickt, die 
sofort bei mikroskopischer Untersuchung sich als höchst verdächtig 

-ißh *) Vortrag, gehalten im Verein für wissenschaftliche Heilkunde in 
Königsberg i. Pn j-ji.j ( u r; . , . . . . ., .1 : . . 


erwies so dass ich schob eine Viertelstunde später nach Tilsit 
telegraphiren konnte, dass sehr wahrscheinlich echte Cholera vor¬ 
liege Am folgenden Morgen wurde das Resultat du rc h die in- 
zwischen gewachsenen Culturen nach jeder Richtung hm bcstätigt 
In der Nacht vom 20. zum 21. erkrankten dann plötzlich fünf weitere 
Personen, sämmtlich in demselben Hause zu THsit, Ragniter- 
strasse 2 wohnend. Da ich inzwischen selbst nach Tilsit gereist 
war, konnte ich persönlich das verseuchte Terrain in Augenschein 
nehmen. Das inficirte Haus lag am oberen Ende der Stadt, ganz 
dicht am Wasserwerk und ziemlich hoch über und etwa 200 bis 
300 Schritt entfernt von dem Memelstrom; es war ein langge- 
streektes, ganz isolirt in Ackergelände liegendes zweistöckiges 
Haus, in dem etwa acht bis zehn Familien wohnten, die zusammen 
45 Köpfe betrugen. Der zuerst Inficirte war em verheiratheter 
Arbeiter ohne Kinder, der am 17. Abends plötzlich erkrankt war; 
er befand sich zur Zeit schon wesentlich besser, hat aber spater 
noch ein schweres Choleratyphoid bekommen. Am 21. waren theil- 
weise unter sehr stürmischen Erscheinungen neu erkrankt drei 
Kinder einer Familie Meyer, von denen das eine, etwa zwei Jahre 
alt in der Nacht schon gestorben war; das zweite fünf Jahre ulte 
Kind starb in der folgenden Nacht. Ein viertes Kind, auch schwer¬ 
krank gehörte zu einer Familie Klein, die am anderen Ende des 
Hauses wohnte. Endlich war noch der Hauswirth Kanterweit 
erkrankt, ein alter Mann, der ebenfalls später starb. Die hygienischen 
Zustände des Hauses wie seiner Umgebung waren die denkbar 
schlechtesten, enge theilweise sehr wenig sauber gehaltene \\ ohn- 
räume, in denen Gesunde und Kranke dicht neben einander hausten. 
Ein gesundes Kind der Familie Klein lag mit seiner cholerakranken 
Schwester in demselben Bett, es erkrankte natürlich später ebenfalls. 
Hinter dem Hause lag ein Hof mit einem offenen Kesselbrannen, 
der aus Holz construirt, etwa 20 Fuss tief war, und durch dessen 
Wände seitlich an mehreren Stellen durch die Fugen der Holz¬ 
wand Wasser hinein sickerte. Der Hof selbst war schmutzig, seine 
hintere Begrenzung wurde durch eine Reihe von Ställen gebildet, 
die bis dicht an den Brunnen heranreichten. 

Gegen die Weiterverbreitung der Infection war noch wenig 
geschehen, der ersterkrankte Arbeiter lag noch im Hause und wurde 
von seiner Frau gepflegt, seine Dejectionen wurden desinficirt und 
hinter den Ställen in eine Grube gegossen, in den übrigen Kranken¬ 
zimmern fanden sich Schüsseln mit Subliinatlösung; ob dieselben 
aber in genügender Weise benutzt wurden, erscheint mir mehr als 
fraglich. Bemerkenswerth ist noch eine Entdeckung, die wir bei 
der Inspicirung des, wie schon erwähnt, dem inficirten Hause ganz 
nahe gelegenen Wasserwerkes machten; letzteres entnimmt sein 
Wasser direkt aus dem Memelfluss und filtrirt es in gewöhnlicher 
Weise durch Sand. Bei der Sandwäsche nun fanden wir die Mutter 
des einen cholerakranken Kindes wieder, die vor kaum einer Viertel¬ 
stunde mir mit eigener Hand die durchnässte Cholerawäsche gezeigt 
hatte. Dass hier für die Stadt Tilsit eine immense Cholerainfections- 
gefalir vorlag, war unzweifelhaft; die Person wurde natürlich sofort 
entlassen und der zuletzt gereinigte Filtersand nicht mehr benutzt. 
Am 21. October Nachmittags wurde mit der Evacuirung der Er¬ 
krankten begonnen, die in die zum Choleralazareth umgewandelte 
Turnhalle geschafft wurden, wo sie im ersten Stock Unterkunft 
fanden. Auch die Gesunden wurden am anderen Tage in die unteren 
Räume der Turnhalle geschafft, so dass am Sontag, den 22. October 
Abends, das Haus vollkommen leer stand; doch war stets noch eine 
Verbindung zwischen den früheren Bewohnern und dem inficirten 
Hause vorhanden, da die Schweine der Leute von diesen weiter 
gefüttert wurden. Eine vollkommene Isolirung der Verdächtigen 
trat erst am 24. October ein, also acht Tage nach der ersten Er¬ 
krankung. In den nächsten Tagen erfolgten dann noch mehrere 
Neuerkranknngcn unter den Evacuirten; im ganzen erstreckte sich 
die Epidemie auf 17 Personen, von denen 8 gestorben sind. Seit 
dem 29. October ist keiner mehr krank geworden, und somit jetzt 
wohl die Epidemie als definitiv erloschen zu betrachten; das infi¬ 
cirte Haus ist auch nach gründlicher Desinfection am 2. November 
wieder bezogen worden. 

Ueber die Art und Weise der Einschleppung des ersten 
Krankheitskeimes hat sich leider trotz umfassender Erkundigungen 
nichts sicheres ermitteln lassen. Es ist möglich, dass schon vor 
dem 17. October, am 14. und 15., eine bei, der Schwiegermutter 
des Meyer auftretende Erkrankung an Brechdurchfall ‘wirkliche 
Cholera gewesen ist, die Frau war seit dem 20. September im Hause 
und vorher in Darkehmen gewesen; doch sind dort keine verdächtigen 
Erkrankungen vorgekommen. Der Arbeiter Meyer, Vater der 
mit zuerst und am stärksten ergriffenen Familie will selbst stets 
gesund gewesen sein, er ist jedoch ebenso wie ein anderer Insasse 
des Hauses Flösser und als solcher natürlich vorher auch mit 
Memelwasser und aus Russland stammenden Flössern vielfach in 
Berührung gekommen. Dass der Memelstrom zu der Zeit der. 
erßten Erkrankung in Tilsit verdächtig war, zeigt sich an zwei 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


in denselben Tagen in Ragnifc und Schmalleningken, oberhalb 
Tilsit an der Memel gelegen, nachgewiesenen Choleraerkrankungen. 
Der zuerst sicher als Cholera diagnosticirte Fall war der Arbeiter 
Dettmann, der aber bestimmt angiebt, weder mit russischen 
Flössern noch mit Memelwasser überhaupt in den Tagen vor 
seiner Erkrankung in Berührung gekommen zu sein. — Der 
Brunnen kann auch nicht direkt durch Memelwasser verunreinigt 
worden sein, da sein Wasserspiegel sehr viel höher wie der des 
Flusses liegt, dagegen ist wolil anzunehmen, dass er die Secundär- 
infectionen am 20. October bewirkt hat; das explosionsartige Auf¬ 
treten der fünf Fälle an einem Tage scheint wenigstens darauf 
hinzuweisen; Cholerabacillen konnten allerdings in seinem Wasser 
trotz aller Bemühungen nicht nachgewiesen werden. 

Soweit über den Verlauf der Epidemie selbst, es sei mir nur noch 
gestattet, ein paar Bemerkungen im allgemeinen daran anzu¬ 
knöpfen. Zunächst muss ich es als ein ganz besonderes Glück für 
Tilsit halten, dass das Haus, in welchem sich der Infectionsheerd aus¬ 
bildete, an der äussersfcen Grenze der Stadt und gegen die Nachbar¬ 
grundstöcke durch dazwischenliegendes Ackerland ganz isolirt lag, 
ebenso dass der Brunnen des Hauses lediglich von den 45 Bewohnern 
des letzteren benutzt wurde. Es wäre sonst meiner Ansicht nach 
ganz sicher die Epidemie nicht auf dieses eine Haus beschränkt 
geblieben. Dass die Vorbeugungsmaassregeln gegen die Ver¬ 
schleppung der Seuche, die .späterhin mit anerkennenswerther 
Gründlichkeit betrieben zu sein scheinen, im Anfang nicht ge¬ 
nügende waren, wird wohl jedem aus der eben vorgetragenen 
Schilderung der Epidemie ohne weiteres klar geworden sein. An 
wem die Schuld hierfür gelegen hat, möchte ich nicht unter¬ 
suchen, nur das eine möchte ich an dieser Stelle hervorheben, 
dass auch dieser Fall meiner Ansicht nach wieder einmal gezeigt 
hat, wie viel vortheilhafter es ist, wenn unter Umständen wie 
den geschilderten der beamtete Arzt auch die polizeiliche 
Gewalt ohne Weitläufigkeiten und Beschränkungen nach 
seinem Ermessen zur Verfügung hat; hoffentlich wird auch 
nach dieser Richtung das neue Seuchen ge setz w'ie die in Aus¬ 
sicht gestellte Reformirung der Stellung der Medicinal- 
be amten den langersehnten Wandel schaffen. 

Nach der Evacuirung des verseuchten Hauses wurde die gründ- 
ichc Desinfection desselben beschlossen und ausgeführt, wie mir 
^richtet wurde, mit einem Aufwande von 3000 Mark oder mehr, 
vwmu dieses wirklich sich so verhält, so glaube ich, können andere 
n e daraus eine Lehre ziehen. Es darf ohne weiteres behauptet 
f r eil, da»s die Stadt Tilsit nicht annähernd diese Summe zur Des- 

d S F Ündlichsten des gesammten inficirten Hauses 
.amrnt Italien. Hof und Brunnen gebraucht hätte, wenn sie im 

SL?- er v ei fu nei1 ’ Wenn auch kleinen Desinfectionsanstalt, 

„ f 111 Anl ®bnung an ihr Krankenhaus, gewesen wäre. Die Kosten 
in Ä™ e ü er S -° Iche . n 4 nstalt betragen nicht viel mein-, als 
sein snii ä v? r ein , e e * nz *£ e Desinfection ausgegeben worden 
werden L ^ utze J derselben wird von Ihnen nicht bestritten 
hoffe da« In 1 !?, r beson( Jers hervor in Zeiten, wie diese, und ich 
nicht nur cioi rf h - 1C J l aucb kleinere Städte daran gehen werden 
schon Desiaf0 ctionsapparate anzuschaffen, das ist jetzt ja 

den iranzen R p? cbeben ' son dem, was ich für viel wichtiger halte, 
weiteres den S0 zu regeln, dass er in Epidemiezeiten ohne 

Noch *>ini w hl L ge l te tea ^Forderungen aufs beste genügt. 
Herbste vorrrptnn^ 01 ^ 6 die abri g en der Provinz in diesem 
fämmtlich ziemlich* 6 ™ ^ h °u ®\! 6 ’ sie sind Ja glücklicherweise 
liehen wei^ron v vereinzelt geblieben, sodass von einer eigent- 
beiden in Sphmfn 10 ®“ 16 i mcht geredet werden kann. Von den 
schon dipR^io eain &ben «nd Bagnit vorgekommenen Fällen 
aus Wi I k i hpi F gewesen ’der erstere betraf einen russischen Flösser 
wurde der 7 \vpR 0 ^ no ’ d ® r kran b au F einem Floss aufgefunden 
kein Memelwaccor T® 11 f 1rbeiter aus Ra K nit selbst, der allerdings 
Kündigungen mit getr . unken Haben will, aber doch nach allen Er- 
Anfang Novemhpr f U ff! scbea Gössern in Verbindung gewesen ist. 
gebiet und an rW °-f^ n eim £ e weitere Fälle im unteren Memel- 
graben, nämlir-h j zusammenhängenden grossen Friedrichs- 
Nemonien- eine dir^Vtf ? e i S ?. hken ’ End reischken, Gilge und 
Erkrankungen e . ^Fectionsursache hat sich bei keiner dieser 
dass esTs pin«i en lassen ’ doch d ^tet alles darauf hin, 
dessen nächster Nai,* 88 ?- 1 * S e 7 esen sebl muss, auf dem oder in 
Am 10 Nove dle Erkran bten sämmtlich gewesen waren, 
theile. eines'unter V pr^ W ^- den £ em hygienischen InstitutLeichen- 
a us Mörlen bei Ocv , tigen Symptomen verstorbenen Arbeiters 
Gestorbene dort ^ dem Bemerken eingeliefert, dass der 

v erdächtige Erkrank if 8 * 8 ' gewesen i nnd nirgends in der Umgegend 
[‘fgab die baeterinlnm- 11 ^? 11 TT 0r ^ ekominen S0 i en ; nichtsdestoweniger 
bjen Befund, der ® Untersuchung unzweifelhaft einen posi- 
' °rbeup D g SIn n aucb die Veranlasssung zu umfassenden 
Är» gegen Weiterverbreitung der Infection 

° n, dass mir der Fall bei seinem isolirten I 


21 


M 7 s ® llr Kopfzerbrechen gcmachflmt; spater 
angesteUte Nachforschungen haben aber doch etwas mehr Licht in 
die Sache gebracht; es wurde constatirt, dass der Gestorbene kurz 
vorher bei einer Verwandten in Liebemühl, nördlich von Osterode 
zum Besuch gewesen war; diese letztere war auf einem Schiffe 
thätig, welches die dortigen Seen befährt, die durch den Drewenz- 
fluss mit der Weichsel in direkter Verbindung stehen; sie erkrankte 
etwa zur selben Zeit wie der Arbeiter in Mörlen unter Er¬ 
scheinungen, die kaum anders wie als Cholera zu deuten 
waren; leider wurden dem hygienischen Institut Stuhlproben der 
Person erst ziemlich spät geschickt, und es gelang nicht, darin 
Cholerabacillen nachzuweisen. Doch Hegt die Wahrscheinlichkeit 
nahe, dass auch hier auf dem Wasserwege die Infection übermittelt 
worden ist; im Weichselgebiet sind ja zur selben Zeit mehrere 
b älle von Cholera vorgekommen. — Alle diese Fälle zeigen meiner 
Meinung nach wieder, wie wichtig es ist, gerade die Wasserwege 
auch in ihren Nebenverzweigungen scharf unter Controlle zu 
halten. Die Kosten einer solchen umfassenden Ueberwaehung sind 
ja nicht gering, aber ich möchte doch glauben, dass sie sich auch 
lohnen; wären die glimmenden Funken nicht so schleunig entdeckt 
und unschädlich gemacht, hätten wir doch wohl dem Beispiel der 
benachbarten russischen Provinzen folgen und recht ansehnliche 
Verluste an Menschenleben haben können; dass unsere Bevölkerung 
individuell genügend disponirt war, beweisen die Tilsiter Fälle. 
Eigenthümlich ist, dass die Zahl der Einschleppungen über die 
Grenze nur eine so geringe gewesen sein kann, trotzdem in den 
Provinzen Lomza und Groduo, welche beide durch Eisenbahn und 
Flösserei so vielfache Verbindung mit Ostpreussen haben, die 
Cholera gerade so besonders heftig aufgetreten ist; möglicherweise 
ist dies auf den Zollkrieg zurückzuführen, durch den wegen 
schärferer Bewachung der Grenze der unerlaubte und darum ja 
ganz uncontrolUrbare Grenzverkehr, wie mir berichtet, bedeutend 
eingeschränkt worden ist. Wie dem auch sei, für dieses Jahr 
dürfen wir wohl hoffen, mit der Seuche fertig zu sein, ob dasselbe 
für das nächste Jahr gilt, möchte ich allerdings nicht behaupten. 


Stand der Cholera. 

Im Deutschen Reich kam in der Woche vom 10. bis 16. December 
nur eine Erkrankung vor, und zwar in Gartz a. O. 

In Frankreich wurden im Departement Finistöre vom 1. bis 
11. December drei Choleratodesfälle festgestellt. Ueber die Ausbreitung 
der Seuche in Frankreich während des Jahres 1893 berichtet der bekannte 
Lancet-Correspondent. Derselbe hatte die Zahl der bis Ende Juli vor¬ 
gekommenen Choleratodesfälle in einem früheren, seiner Zeit auch von 
uns wiedergegebenen Bericht auf 1530 angegeben; in diesor Zahl waren 
die im Februar in Marseille beobachteten Fälle nicht mit einbegriffen. 
Im August kamen in Frankreich 536, im September 660, im October 152, 
im November 14 Todesfälle zur Feststellung. Im ganzen sind es bis Ende 
November also 2994 und einschliesslich der vereinzelten im Monat De¬ 
cember im ganzen Jahr 1893 rund 3000 Todesfälle gegen 4542 im ver¬ 
gangenen Jahre. Die meisten Todesfälle hatte Marseille: 102 während 
der Winterepidemio im Februar und 767 seit dem Wiederausbruch der 
| Seuche im Mai, im ganzen 869. Trotz dieser beträchtlichen Sterblichkeit 
war die Existenz der Cholera in Marseille zu keiner Zeit officiell anerkannt 
und wurden daher gewisse Assanirungsmaassregeln, besonders Desinfection 
nicht von Amtswegen bezw. zwangsweise durchgeführt. Daher kam es 
zu der grossen Ausbreitung der Seuche, während z. B. in Paris mit 
seinem wohlorganisirten Desinfectionssystem im Jahre 1893 nur 12 Cholera¬ 
todesfälle vorkamen. Nächst Marseille war von den Städten Nantes mit 
478 Todesfällen am stärksten betroffen. Das Departement Finistöre 
hatte bis Ende November 773 Choleratodesfälle. 

Die Zahl der im October festgestellten Cholerafälle beträgt nach 
amtlichen Nachrichten für Livorno 88. für Rom 7, Aquila 6, Sa¬ 
lerno 2. Nach neueren Meldungen soll sich in Palermo wieder die 
Seuche bemerkbar machen. 

Ueber die Epidemie in der spanischen Provinz Viscaya theilen die 
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes folgende amtlichen 
Daten mit. Vom Beginn der Epidemie (20. September) bis zum Erlöschen 
derselben (Ende October) wurden im ganzen 1001 (422) Erkrankungen 
(Todesfälle) festgestellt, davon allein in Bilbao 311 (175). — In Tene- 
rifa nimmt die Cholera jetzt ab; die Insel ist gegen die übrigen Canari- 
schen Inseln abgesperrt; auf letzteren ist der Gesundheitszustand gut. 

In Galizien wurden vom 12. bis 19. December aus drei Gemeinden 
in den Bezirken Sanok, Staremiasto und Tarnopol 8 Erkrankungen, 

4 Todesfälle angezeigt. Die Bezirke Nadworna und Kolo me a wurden 
amtlich als seuchenfrei erklärt.. Ueber die Cholera in Bosnien enthält 
No. 51 des Oesterreichischen Sanitätswesens keine Nachricht. 

In Ungarn sind nach dem erwähnten Blatt vom 29. November bis 
5. December in 11 Gemeinden 20 Erkrankungen, 13 Todesfälle an Cholera 
vorgekommen, in der Stadt Budapest 3 (2) Fälle. 

In Rumänien wurde am 4. December in Sulina ein Cholerafall 
festgestellt. Insgesammt sind in Rumänien nach amtlicher Angabe von 
Anfang Juli bis zum October in 15 Bezirken, 21 Städten und 38 Land¬ 
gemeinden 1494 Personen an Cholera erkrankt, davon starben 872 = 
58,4 °/ 0 . (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) 

In Konstantinopel nimmt die Cholera noch zu. Vom 26. No¬ 
vember bis 2. December wurden in den einzelnen Stadttheilen zusammen 



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22 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


283 (168), vom 3: bis 9. December 405 (182) Erkrankungen (Todesfälle) 
festgestellt. Stark herrscht die Cholera, in Trapezunt und Umgegend. 
In der Stadt gab es vom 27. November bis 2. December 158 (96), vom 
5. bis 9. December 67 (48) Fülle; seit dem 30. November ist auch die 
Garnison ergriffen. Auch an verschiedenen anderen Orten Kleinasiens, 
besondere an der Küste des Schwarzen Meeres, kamen Cholerafälle vor; 
in Sinope traten vom 28. November bis 8. December 26 (11) Fülle im 
Läzareih auf' lh Eski-Chehir soll die Seuche erloschen sein, dagegen 
noch unter den Bahnarbeitern in der Umgegend sich zeigen; inKjutahia 
' kamen vorn 1. bis 8. December 25 (14) Fälle vor. Am 9. December 
Wurde ein Tbdesfall in Smyrna beobachtet. Ein starker Ausbruch der 
Seuche erfolgte kürzlich im Milititrlnzareth zu Saloniki: vom 5. bis 
9. December wurden daselbst 24 (19) Fülle festgestellt, vom 10. bis 
11;.^ December kamen weitere. 4 (4) Falle vor. Im Militärlazareth zu 
Tripolis wurden bis zum 30. November 52 (26) Cholerafälle beobachtet; 
die Civilbevölkerung soll frei vpn Cholera sein. 

In Fersieii werden für die Zeit vom 2Ö. November bis 8. December 
Wiederum zahlreiche Chblcratodesfälle gemeldet, so aus Teheran 114, 
•Firuzabad 135, Asterabad 90 und andere mehr. In Zendjan, wo 
die Cholera. Anfang December ausgebrochen ist, zählte man bis 8. De¬ 
cember. 145 Todesfälle. (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund¬ 
heitsamtes.) . - 

In Petersburg erkrankten (starben) vom 30. November bis 6. De¬ 
cember. 21 (11) Personen an Cholera, gegen 20 (16) in der Vorwoche. 
Seit dem 8. December hat die Cholera wieder stark um sich 
gegriffen", am 10. December kanten 38, am 11. December 34 Neuerkran- 
knngeh' vor. In der Woche vom 6. bis 13. December wurden im ganzen 
107 (47) Fälle festgestellt. Sonst ist. in Russland die Cholera überall 
im Rückgänge. In Podolien kamen vom 19. bis 25. November 95 (33) 
Fälle vor, in ! deu übrigen Gouvernements blieb nach den neueren Mel¬ 
dungen die Zahl der Erkrankungen durohweg unter 50. Sperling. 


Zur Inflnenzaepidemie. 

In den int vorigen Bericht (vergleiche diese Wochenschrift 1893, 
p. 1366) erwähnten deutsChon Städten ist während der Woche vom 3. bis 
9. December die allgemeine Sterblichkeitsziffer vielfach heruntergegangen, 
so besondere in Augsburg (36,1:41,9 in der Vorwoche), Braunschweig 
(19,5:25,2), Bochum (31,5:37.6). Darmstadt (28,5:33.5), Erfurt 
(22,9:28,1). Frankfurt a. 0. (23:30,3), Hannover (24.9:29,0), Kiel 
(31,9:41.2), Munster (27:38). Osnabrück (23,5:33,4), Potsdam 
(26,1:38,2), Spandau (24,9 : 33,8)," Wiesbaden (30:39.7). Eine: 
Steigerung ist eingetreten unter anderen in:. Bremen (28.6 :23,9), Danzig 
(42,6:33.8), Elbing (43,3:37,2), Magdeburg (29.9:25,0), München 
(31,4:30,6). Stettin (30,4:28.7), Würzburg (36,5:31.6). Von anderen 
früher nicht hervorgohobenon Orten weisen folgende hohe Sterblichkeits- 
Bonn (33-6:26.1), Chemnitz (30,2:22,7), Dortmund 
,? üsseMorf (25,7:19,2), Elberfeld (21,6:16,6), Görlitz 
(32,6: 2^.0), Mannheim <27,7: 21,2), Remscheid (31,0:17,9). In Breslau 
ist die Sterblichkeit von ihrem in der dritten. Novemborwoche erreichten 
Maiiinum 37,2 auf 28,5 heruntergegangen. In Königsberg hat sich die 
Mortalitätsziffer auf 30.1 gehalten, doch nahm die Zahl der Sterbefälle 
an Krankheiten der Athmungsorgano zu. In Berlin, wo keine nennens- 
wertke Steigerung der allgemeinen Sterblichkeit eingetreten ist, nahm 
nichts desto weniger die Zahl der Sterbefälle an Krankheiten derAthmungs- 
:0rgane stetig zu: es starben in den einzelnen Wochen seit Ende October 
daran 43, 63 64, 98, 117, 150 Personen. In Hamburg hat die Zahl der 
. i uflu enzaerkrankungen abgenommen; sie betrug 394 (31) gegen 
818 (34j »Mer Vorwoche. Specielle Meldungen über das Auftreten der 
iulluenza liegen sonst folgende vor: Königsberg 10, Danzig 20 
Berlin 49 Stettin 4, Breslau 10. Görlitz 5, Magdeburg 8, . 
Halle a. S. 3, Altona 8, Kiel 9, Hannover 10, Osnabrück 5, 
Dortmund 8. Kassel 8, Wiesbaden 10, Frankfurt a. M. 13 ' 
Barmen 4, München 13, Augsburg 6, Dresden 6, Stuttgarts 
Mannheim 3 Darmstadt 5, Mainz 6, Braunschweig 8, Lübeck 6. 
Bremen 11 Sterbefälle. Nach. Vorstehendem sind vorzugsweise heftig 
von der Influenza gegenwärtig die nordöstlichen Küstenstriche (Königsberg 

b » t I oße ?;. f ch8 A dem breitet sicb di e Seuche besonders im 
wesUichon und .südwestlichen Deutschland aus. - Von ausserdeutschen 

(London h 127 S< Qach ™ ie ™ r besonders mGrossbritannien 
17 F-m« 7 0( iesfallein einer Woche); in Wien wurden 183. in Prag 

228 afIn°flu:SmtzuÄ^.' ,gen kame,l 620(+) ' 

Wn^ DrUC i, k vf hlerben ? lltigun ^ Auf p* 1365 - No. 51, 1893. dieser 
So°ndeTbe^timmungem der F ussnote heis sei1 «tatt Sonderbestrebungen: 

XIII. Therapeutische Mittheilungen. 

UmschÄU über die neueren: Arznei mittel im Jahre 1893. 

Von Dr. I. Boas in Berlin. 

I. Antipyretica. 

SrS£ 

SSisiÄÄCÄÄ 

nischer ForeVhor ! J i ? lchtu ?S die S en mehrere Mittheilungen italie- 

Albertoni fRnwI [’ T e i Che n S< ? r errauthi gend klingen. Zuerst kam 
biren^ Schon 5 End g R ^M? . Ge f ank ^’ *** Mittel Malaria zu pro- 
22 Heilünln berfrhtln d ° rSe ! b ? über » Fälle von Malaria mit 

lungen berichton. Ebenso verzeichnete Crescimanno unter fünf 


Fällen von Malaria dreimal vollständigen Erfolg. Die Berichte aus dem 
letzten Jahre scheinen diese günstigen Resultate zu bestätigen. So fand 
Giovanni Cucco in Bologna das Mittel in 84 Fällen von Sumpffieber 
52 mal wirksam, 21 mal von zweifelhafter Wirkung und 4 mal entschieden 
unwirksam. Der Rest entzieht sich zur Zeit der Publication der Be- 
urtheilung dos Verfassers. Gleich bemerkenswerth sind die Resultate 
von Dr. Dall’Olio, aus denen kervorgeht, dass zwar auch das Phenocoll 
in einzelnen Fällen versagt, andererseits aber dem Chinin zuweilen un¬ 
streitig überlegen ist. Ebenso günstig sind die ganz neuerdings von 
Cicognani mitgetheilten Fälle (unter zehn Fällen achtmal Heilung). 
Auf die [Malariaplasmodien selbst hat das Mittel keine Einwirkung. 
Dosis und Anwendungsweise (nach Giovanni Cucco): Man wendet 
0,5—1,5 g bei Erwachsenen und 0,5 g bei Kindern an, und zwar so früh, 
dass es vor dem präsumirten Eintritt des Fieberanfalles rosorbirt sein 
muss. (Im ganzen wird das Mittel innerhalb zwölf Stunden aus dom 
Organismus augeschieden. Man dürfte es demnach zweckmässig drei 
Stunden vor dem Anfall verabreichen.) 

Litteratur: Albertoni, Riform. med. 1891, No. 289. Crescimanno. 
ibid. 1892, No. 133. Giovanni Succo, Therap. Monatsh. 1893, April. 
Dall’Olio, Rassegn, medica 1893. Cicognani, ibid. 30. October 1893. 

Salipyrin. Die grossen Erwartungen, mit denen das Mittel — nament¬ 
lich als Influenzaspecificuin — auf den Markt gebracht wurde, haben sich 
nur in einem sehr bescheidenen Maasse erfüllt. Nach einer Richtung 
scheint aber dem Mittel noch eine Zukunft zu blühen, als Mittel bei Gebär- 
mutterblutungen, obwohl Referent geneigt ist, auch hierbei in Frage zu 
ziehen, ob diese Wirkung mehr auf Conto des Antipyrins oder der Salicyl- 
componente zu setzen ist. Bekanntlich ist das Antipyrin als Hämostaticum 
von verschiedenen Seiten empfohlen. Von Kayser liegt eine entsprechende 
beaehtenswertlie Mittheilung vor. Er wandte das Mittel in zwölf übrigens 
verschiedenartigen Fällen von Gebärmutt erblu tun gen an, bei denen regel¬ 
mässig eine mehr oder weniger coupirende Wirkung des Mittels constatirt 
werden konnte. Auch in späterer Zeit trat in einzelnen Fällen nach 
Salipyringebrauch die Menstruation in normaler Weise auf. Schmerzen, 
soweit sie mit dem Salipyringebrauch zusammenhingen, wurden durch 
Salipyrin nicht beeinflusst. Als Dosis des Mittels empfiehlt Kayser 
1—3 g pro die; man beginnt die Darreichung bei menstruellen Blutungen 
am besten Tags zuvor oder mit dem Eintritt der Menses. 

Litteratur: Heinrich Kayser, Diese Wochenschrift 1893. 
No. 43. 


Salophen. Bereits in unserer letzton Besprechung wurde das Mittel 
als neues Antirheumaticum und Antineuralgicum besprochen. Inzwischen 
liegen mehrere Arbeiten — von Lutze, Gerhard und Osswald — vor, 
welche im ganzen die Resultate der bisherigen Beobachter bestätigen. 
Andererseits geht aus diesen Beobachtungen hervor, dass dem Mittel im 
Vergleich zum altbewährten Natrium salicylicum keine ins Gewicht 
fallenden Vorzüge nachzurühmen sind. Die einzigen Vorzüge wären die 
Geschmacklosigkeit und die fehlende Hygroskopie — die aber durch den 
Preis des Mittels (das Gramm 40 Pf.) theuer genug erkauft werden. Wir 
führen als Scklussresume das Urtheil Osswald’s an, der sich folgender- 
maassen äussert: Man wird nach den gemachten Erfahrungen das Salophen 
mit Vortheil anwenden bei leichten Fällen von acutem Gelenkrheumatismus 
und zur Abwechselung mit Natrium salicylicum, das aber bei schweren 
se *. nen Blatz behaupten wird. Bei Neuralgieen. besonders Cephalalgie 
und Hemicranie durch Chlorose und Anämie, ist Salophen zu empfehlen. 
Litteratur: Lutze, Therapeutische Monatshefte 1893, Heft 3. — 
e ir^ ard ' B * ss ’ iaaug. Jena 1893. — Osswald, Diese Wochenschrift 
1893, No. 16. 

Tolysal. Unter diesem Namen hat die chemische Fabrik von Riedel 
ein neues Präparat auf den Markt gebracht, welches das salicylsaure Salz 
des p, Tolyldimethylpyrazolons ist (letzteres wird als Tolypyrin bezeichnet). 
Vom Salipyrin unterscheidet sich das Mittel durch Ersatz eines in der 
Phenylgruppe in Parastellung befindlichen Wasserstoffatoms durch die 
Methylgruppe. Kleine, fast farblose Krystalle von fast bitterlichem Ge¬ 
schmack, wenig in Wasser, schwer in Aether, leicht in Alkohol und 
Lssigäther löslich. Hennig (Königsberg) hat zuerst mit dem Mittel 
Versuche am Menschen angestollt und dieselben in dieser Wochenschrift 
mitgetheilt. Indem wir auf diese Mittheilung verweisen, geben wir im 
folgenden nur die wichtigsten Resultate: Das Mittel ist ausserordentlich 
wirksam bei Gelenk- und Muskelrheumatismus; ferner ist es ein wirksames 
Anodynum; rheumatische Neuralgieen werden schon durch kleine Gaben 
(s. u.) dauernd beseitigt; es ist ein wirksames Febrifugum sowohl bei 
continmrlichem als auch remitierendem Fieber. Mit der Entfieberung geht 
Abnahme der Puls- und Athemfrequenz Hand in Hand. Das Präparat hat 
weder cumulative Wirkung, noch tritt Gewöhnung ein. Das Mittel wirkt 
günstig auf den Schlaf und hat keine unangenehmen Nebenwirkungen. 

Dosis und Anwendung: Bei Gelenkrheumatismus 3—6 g in halb- 
bis emstündlichen Zwischenräumen; als Anodynum 1—3 g, bei rheumati¬ 
schen Neuralgieen genügen schon Gaben von 1,0—2.0. Als Antifebrile 
wird es m Dosen von 2.0 + 1,0 -f 1,0 in halb- bis einstündlichen Inter¬ 
vallen gegeben. Das Mittel ist am wirksamsten in den Nachmittags¬ 
stunden ; verzettelte Dosen haben nicht den Erfolg wie grössere in kurzen 
Zwischenräumen gereichte. 

Litteratur: Hennig, Diese'Wochenschrift 1893, No. 8. 

/ vi * Das Tolypyrin, von P. Guttmaun als Antipyreticum 
empfohlen, unterscheidet sich vom Antipyrin dadurch, dass an Stelle eines 
Wasserstoffes der Phenylgruppe CeHj die Gruppe CH 3 eingeführt ist. Das 
lomm-m bildet farblose Krystalle, ist schwerer löslich in Wasser und 
ZG, f^ Cbm< *^lzpunkt bei 136—137°. Die chemischen Reactionen theilt es 
mit dem Antipyrin. Das Mittel wurde angewendet bei Abdominal- 
typhus, Pneumonie, Scarlatina, Erysipelas faciei, Phthisis, Otitis media 
und fieberhafter Gangräna scroti. Die Wirkung des Tolypyrin ist nicht 
es Antfmr™ Auch Fälle von Polyarthritis und Kopf¬ 


stärker als die des Antipyrin. 


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4. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


schmerz worden mit dem neuen Präparat behandelt ungefähr mit demselben 
Erfolg wie mit Antipyrin. Liebreich bemerkt zu Guttmann’s Mit¬ 
theilungen. dass die Wirkung des Tolypyrins (ebenso wie des Tolysal) denen 
des Antipyrins durchaus identisch sei, und dass eine unnütze Beifügung 
der Methvlgruppe das Mittel nur vertheuere. 

Dosis und Anwendung entspricht der des Antipyrins. 

Litteratur: P. Guttmann, Berliner klinische Wochenschrift 1893, 
p. 249. 

Malakin (von fiakazSq = mild, d. h. mild wirkendes Mittel). Das 
PrÄparat ist ein Salicylderivat des p-Phenetidins, das man als Salicyl- 
phenetidin bezeichnen könnte, indem es durch die Verbindung von p-Phe- 
netidin mit Salicylaldehyd unter Wasscraustritt entsteht. Kleine hell¬ 
gelbe Nadeln, die bei 92° C schmelzen, in Wasser unlöslich, schwer lös- 
fich in kaltem Alkohol, in kohlensauren Alkalien unlöslich, dagegen 
löslich in Natronlauge. Schwache Mineralsäuren zersetzen die Substanz 
unter Bildung von Salicylaldehyd und p - Phenetidin. Das Mittel wurde 
zuerst von A. Jaqu et beim Menschen angewendet, und zwar zunächst 
bei Gelenkrheumatismus. Jedesmal prompte Wirkung, keine unange¬ 
nehmen Nebenerscheinungen. Als Antipyreticum wirkt das Mittel im 
Gegensatz zu Antipyrin und Antifebrin langsam und allmählich, und zwar 
geschieht dies wegen der allmählichen Abspaltung der zur Wirkung kom¬ 
menden Componenten; deswegen fehlen auch etwaige unangenehme Neben¬ 
wirkungen. Jaquet hat das Mittel bei 48 Fiebernden angewandt. Darunter 
waren 13 mal Typhus abdominalis, 7 mal croupöse Pneumonie, 19 mal 
Tuberkulose. 7 mal Erysipel. 2 mal Scarlatina. Besonders gut wurde das Mittel 
bei Phthisikern, die so empfindlich gegen Antipyretica sind, gut vertragen. 
Nach 1 g Malakin constatirt man einen Temperaturabfall von 0,7—1,5«, 
welcher l'/ 3 -2 Stunden nach der Absorption beginnt und 4—6 Stun¬ 
den anhfilt, Auch bei Neuralgieen war eine Wirkung des Mittels zu con- 
statiren. doch tritt sie sehr langsam ein, so dass der Schmerz zwar gelindert, 
aber nicht vollständig beseitigt wird. Verfasser kommt am Schluss seiner 
Arbeit zu folgendem Resume: Malakin ist ein angenehmes und sicher 
wirkendes Mittel bei acutem Gelenkrheumatismus, das den Vorzug hat, 
frei von Nebenwirkungen zu sein und demnach statt der Salicylpräparate 
bei empfindlichen Patienten ünd in den Fällen, wo Idiosynkrasie gegen 
Salicvlsäure besteht, verwendet zu werden verdient. Als Antipyreticum 
wirkt es langsam und milde, ohne beunruhigende Erscheinungen hervor- 
zurnfen. so dass es sehr gut bei abgeschwächten Patienten und bei Kran¬ 
ken mit schlechtem. mangelhaft reagirendem Kreislaufapparate angewendet 
«•erden kanu. Bei Neuralgieen, habituellen Kopfschmerzen etc. kann es, 
ohne den Magen zu schädigen, längere Zeit gegeben werden. 

Dosis und Anwendungsweise: 0.5—1 g pro dosi, bei Gelenk¬ 
rheumatismus 4-6 g pro die, als Antipyreticum lg, am besten in Obla- 
oder Pflaumenmus eF Patlenten ’ die 111(51111 ^ lt schlucken können, in Apfol- 
189378 atUr: ^ Jaquet ’ Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

rtj p :~L erl , in ' . W j. e verlautet, wird der Congress für innere Me- 
• i. ’ aen m diesem Jahre München als Versammlungsort in Aus- 

uS.£f t £??7 ir, i ZU G T^ n des vom 29 ’ März bis 5. April in Rom 
g _ Din . te ™ atlonalen medicinischen Congresses diesmal ausfallen. 
wärtiV Jnlr ?1regl J? g ä es kaiserlichen Gesundheitsamtes wird gegen- 
der Infi non m ? en Bundesstaaten eine Erhebung über den Umfang 
derlnflaenzaerkrankungen vorgenommen. 

höchst h M a pMl eiCh M VerS J cherun ^ samt hat in ,etzter Zeit eine Reihe 
Berff^« Wrt K* Ent 5 cheidun « en hoffen, die sämmtlich den 
letzten''ge»niU«l II8C ^ afte j dei L Weg zeigen, in wie weit sie den Ver- 
fahr c nf fusznfih^ n ^ e “?® n ?inf 1 uss auf den Gang des Heilver- 
kresiändniss lgt 1 Sm i' Den Verletzten ist insofern ein Zu¬ 

fälle ihrem fLinn w*n 0rd -fu ’ , as die V orna hme von Operationen in jedem 
Zugeständnis en überlassen bleibt. Die Arbeiter haben aus diesem 

gehenden Auffordp^ 1 ^ An ^ 10bt . Lcrgeleitet, dass sie auch den an sie er- 
handW ausserlwih 11 ^!? 11, l S- eine Kr^enanstalt, überhaupt in Be- 
Folije zu leistpn Ejn^enkreises zu begeben, nicht unbedingt 

von^lchen Vomuspf 1 “* Der Ve [ letzte schädigt sich selbst, wenn er 
hintertreibt Dip "r tz f Dgen aus gehend oder böswillig das Heilverfahrei 
ihJ Berufsgenossenschaften sind alsdann he 


. sind alsdann berechtigt, von 

Auf oder theilweise zurückzulreten. 

“edicomechanisehfn i ^. ertb der mechanischen Behandlung in den 


^ueuiang und den W 

- DerTß ifnd e sr ath lSt - üe ^ erdblg ‘ s öftor Ringe wiesen worden. 
Stimmungen über die P?nf„ 1St em we S eu Abänderung der Be- 

Apotheker zuep^ntrp tllaa «? en der Thierärzte, Zahnärzte und 
Prüfung der Thipr-wf P* r, le Zulassung zur naturwissenschaftlichen 
e Ws Gymnasium«/ , 1!il W von dem Reifezeugniss für die Prima 

i^ s gleichstehend''anerk K ^ {d ^? inaslams ' einer Oberrealschule oder einei 


als glei'chstehpnrt ? ein( i S Realgymnasiums, < 

isä stt ää Lch ™ sta,t - 

oder dip ^^den Latemcursus 


ein Nachweis U 7 iI tI ffl I if annt j n Lehranstalt. Bei Öberrealschulprimanern 
avtareichSL T^ ren ’ dass ^ Betreffenden r— -- 


<'*«na reichenden T — '‘” wo "»wonunuen einen bis einschliesslich 
ode i; die entsprechenden Cl £ sus einer höheren Lehranstalt durchgemacht 
8 °vie. dass die Betrpff»nri K 611111 ? 188 ® im Latein sich angeeignet haben, 
m , ln de>tpns drei SpmeM . \ erlan g. ter wissenschaftlicher Vorbildung 
Wasensehaftliche dpntopi? 1 T n f durcl1 thierärztliche oder andere höhere 
verlangt die Zulassumr Lehranstalten besucht haben. Für Zahnärzte 
Anstalt mit sechsiähriLm^ j rüfan S ein Reifezeugniss einer höheren Lehr- 
“stMt mit neuniähriS r°? er för die 9 be rsecunda einer höheren I^hr- 
orkenntnisge, wie <Jfn r g a ug- sowie denselben Nachweis lateinischer 
Zulassung v on AuothßL-JL dle Zabnärzto verlangt wird. Endlich wird die 
^sseuschaftlichen Berprhr ZUr ^ >r ^ un .8 bedingt durch den Nachweis des 
^tärdienst und der nh«.«^ 11 ^ 6 . 11 ® 11118868 ^ den einjährig-freiwilligen 
aao der oben angeführten Kenntnisse im Latem. 


23 


— Wien. Hofrath Professor Dr.Billroth wird sich, wie verlautet 
1 zu . se ^® E Erholung für einige Wochen nach dem Süden begeben. Zu 
seiner Vertretung“ wurde sem ehemaliger Schüler, Docont Dr v Hacker 
seitens des medicinischen Professorencollegiums dem Unterrichtsministerium 
m Vorschlag gebracht. - Em mi. Schopsse des,Wiener medicinischen 
rrofessorencollegiums eingesetztes Comite, welchem das Studium der Fra«e 
der U ehern ah ine der Poliklinik in die Staatsverwaltung oblim, 
hat sich in der Plenarversammlong des Collegiums dahin ausgesprochen 
dass diese Uebemahme nicht wünschenswerth erscheine. 

~.Innsbruck. Der frühere Minister Gautsch wurde von der 
medicinischen Facultät in Innsbruck in Anerkennung seiner Verdienste 
um ihre Ausgestaltung zum Ehrendoctor der Afedicin ernannt. 

— Nach den Ergebnissen der Kriminal Statistik für 1892 hat sieb 
die Zahl der Personen, die wegen Verbrechen und Vergehen gegen die 
Reicbsgesetze verurtheilt sind, gegen das Vorjahr erheblich vermehrt- 
sie betrug 422326 gegen 391064 im Vorjahre. Diese Zunahme erätreckt 
sich auf alle Gattungen von strafbaren Handlungen. Die Zahl der wegen 
gefährlicher Körperverletzung Verurteilten, die. in den letztea 
Jahren meist nur mässig gestiegen war, zeigt eine starke Zunahme, 
sie betrug 65666 gegen 61896 im Vorjahre und 55223 im Jahre 1888. 
Wegen einfacher Körperverletzung wurden 22821 Personen ver¬ 
urteilt gegen 21987 im Vorjahre. Stark gestiegen ist die Zahl der 
wegen Mordes Verurteilten, die allerdings im Vorjahre ungewöhnlich 
gering gewesen war (144 gegen 88), auch die Zahl der Kinde sin örde- 
rinnen war bedeutend (221 gegen 148). Die Zahl der Verbrechen und 
Vergehen gegen die Sittlichkeit ist von 7884 auf 8522 gestiegen, 
wobei allerdings die schwersten nur eine geringe Zunahme oder, wie die 
Blutschande, eine Abnahme zeigen, während die Bestrafungen wegen 
Kuppelei von 1958 auf 2481 gestiegen sind. 

— Die Anleitung zu hygienischen Untersuchungen, nach 
den im hygienischen Institute der Königlichen Ludwig-Maximilians-Uni- 
versität zu München üblichen Methoden zusammengestellt von Rudolf 
Emmerich und Heinrich Trillieh.mit 97Abbildungen, ist nach kürzester 
Zeit in zweiter vermehrter Auflage (München, Verlag der M. Rieger’sehen. 
Universitäts-Buchhandlung) erschienen. Max v. Pettenkofer sagt in 
dem Begleitbriefe, den er dem Buche mitgiebt, dass diese Anleitung 
nach seiner Ueberzeugung nicht, nur den Besuchern des Cursus in 
München, sondern auch vielon auswärts willkommen sein wird, weil sie 
so ziemlich alles enthält, was dem Bezirksarzte am häufigsten vorkommt, 
und was von jedem nötigenfalls selbst erledigt werden kann, oder von 
ihm doch, wenn die Untersuchung durch andere ausgeführt wird, genau 
überwacht, und beurtheilt werden muss. Diese zweite Auflage ist wesent¬ 
lich vermehrt und theilt von den neu veröffentlichten Methoden diejenigen 
mit, welche als Fortschritt oder als Vereinfachung sich erwiesen. 

— Im Commissionsverlage von W. Mauke Söhne (vorm. Perthes- 
Besser & Mauke) in Hamburg ist erschienen: „Arzneiverkchr für 
Krankenkassen“, im Aufträge bearbeitet von Dr. Dronke. 

— Meyer’s Conversationslexikon kennzeichnet sich als eine 
aus grossem Fleiss und hoher Schaffenskraft auf lexikographischem Ge¬ 
biete hervorgegangene Gesammtdarstcllung des heutigen Wissens und 
Könnens, deren Ruf, das erste unter den einschlägigen Werken zu sein, 
ein wohlbegründeter ist. — Auf den soeben erschienenen dritten Band 
der neuen, fünften Auflage lässt sich dieses Urtheil mit vollstem Recht 
anwenden. Die gegenwärtige Fortsetzung enthält auf 1052 Seiten Text 
die Artikel: Biot bis Chemikalien. 

— Universitäten. Wien. Die Docenten der Chirurgie DDr. 
Hochenegg und v. Hacker sind vom Professorencollegiüm 2u ausser¬ 
ordentlichen Professoren vorgcschlagen worden. — Budapest. Die DDr. 
Karl Schaffer und Fr. KorAnyi haben sich als Privatdocenten habili- 
tirt. — Krakau. Dr. F. Sroczynski hat sich als Privatdoceut für 
Augenheilkunde habilitirt. — Lille. Dr. Combemale ist zum Professor 
der Therapie ernannt. — Lyon. Dr. Pollosson ist zum Professor der 
Chirurgie ernannt. — St. Petersburg. Privatdoceut. Dr. L. Bcllar- 
minow ist zum ausserordentlichen Professor der Augenheilkunde an der 
militär-medicinischen Akademie in St. Petersburg ernannt.. 


— Der zweite Theil von Dr. Paul Börner’s Reichs-Medicinal- 
Kalender für Deutschland auf das Jahr 1894, herausgegeben von 
Geh. San.-Rath Dr. S. Guttmann (Verlag von Georg Thieme, Leipzig) 
ist zur Ausgabe gelangt. Der neue Jahrgang des bewährten Hülfs- und 
Taschenbuches für den deutschen Arzt hat abermals durch eine Reihe 
neuer Artikel eine wesentliche Bereicherung erfahren: Differential¬ 
diagnostische Uebersicht der klinisch wichtigsten Erkrankungsformen des 
Gehirns und der Gehirnhäute, von Prof. Dr. Eulenburg in Berlin; Die 
Massage, von Dr. Adolph Br an dis in Baden; Therapeutische Notizen 
aus Dr. Lassar’s Klinik für Hautkrankheiten und Syphilis, von Privat- 
docent Dr. 0. Lassar in Berlin; Die moderne Soziairefonn, von Rechts¬ 
anwalt Bergmann in Berlin. Im übrigen hat der Kalender im wesent¬ 
lichen die alte bewährte Gestaltung behalten. Sämmtliche Artikel haben 
durch die Autoren eine Durchsicht, und, wo es geboten war, die erforder¬ 
lichen Ergänzungen erfahren. Der Kalender wird sich auch iu diesem 
Jahre, wie wir hoffen, zu seinen zahlreichen alten wieder viele neue 
Freunde erwerben,. .. 

Vacante Stelle: 

Die Kreis-Wundarztstelle des Kreises Pr. Holland. (Die übrigen 
Personalien siehe im Inseratentheil.) 



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Original fro-rri 

UNIVERSfTY OF MICHIGAN 



24 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


XV. Vereine 

Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 7. November 1893. 

Vorsitzender Herr Schede; Schriftführer: Herr Barth. 

1. Herr Arning demonstrirt einen mit Skleroderma dififiisum 
behafteten Kranken, der sein Leiden im Anschluss an plötzlich auf¬ 
tretende Fettleibigkeit in der Reconvalescenz von Typhus abdomi¬ 
nalis erhalten hatte. Patient wird mit dem von Hebra jun. an¬ 
gegebenen Thiosinamin neben Natrium salicylicum und Massage 
behandelt. Es lässt sich eine beginnende Besserung des Leidens 
constatiren. 

2. Herr Wiesinger: a) Ein Fall von hochgradiger Stenose 
des Pylorns, bei welchem eine Pyloroplastik nach der Methode 
von Hei necke-Mikulicz ausgeführt wurde. Heilung. Ein 58 jähriger 
Mann, äusserst abgemagert, mit enormer Magendilatation wurde 
am 22. Juni 1893 auf der chirurgischen Abtheilung des alten all¬ 
gemeinen Krankenhauses aufgenommen. Derselbe hatte vor einem 
Vierteljahr aus Versehen ein kleines Glas Salpetersäure getrunken. 
Seit dieser Zeit zunehmende Magenbeschwerden. Operirt am 
25. Juni 1893. Nur eine ganz feine silberne Sonde gelingt es, 
durch den Pylorus, der sich knorpelartig hart anfühlt, hindurch¬ 
zuführen. — Der Pylorus wird längs gespalten. Die Vereinigung 
der Längswunde in querer Weise (Länge der Wunde 5—6 cm) 
gelingt ohne Schwierigkeiten. 

b) Zwei Fälle von abdominaler Schwangerschaft, welche 
durch Ruptur des Fruchtsackes die Gefahr der inneren Verblutung 
für die betreffenden Frauen herbeiführte. Laparotomie. Heilung. 

Frau Stelling, 26 Jahre alt, wurde am 1. März 1893 mit den Er¬ 
scheinungen innerer Blutung auf die chirurgische Abtheilung des Alten 
allgemeinen Krankenhauses aufgenommen. Die Ruptur des Fruchtsackes 
und die Erscheinungen innerer Blutung waren direkt im Anschluss an 
eine ärztliche Untersuchung eingetreten. Primipara, seit drei Monaten 
hatten die Menses ausgesetzt. Sie selbst hielt sich für schwanger. 
Anfangs couservative Behandlung, dann Laparatomie, da die Anämie 
ständig zunahm, also die innere Blutung fortdauerte. Leib mit etwa 
D/a 1 Blut gefüllt. Der Fruchtsack hegt, kindskopfgross, auf der rechten 
Seite des kleinen Beckens, bis in den Douglas reichend, mit der hinteren 
Fläche des Uterus, der rechten Tube etc. fest verwachsen. Aus der Tiefe 
des Douglas, unter dem Fruchtsack, erhebliche Blutung. Da schwerer 
Collaps während der Operation eintritt, so kann der festgewachsene 
Uterus nicht exstirpirt werden. Derselbe wird in die Wunde eingenäht 
und tamponirt. Da die Blutung aus der Tiefe des Douglas unter dom 
Fruchtsacke nicht steht, wird das grosse Netz wie eine Haube über die 
Därme gelegt, so dass dieselben von dem unteren Theile der Bauch¬ 
höhle abgeschlossen werden, und nun wird das Netz mit einigen Catgut¬ 
nähten ringsum an das Peritoneum der Seiten- und der Rückenfläche 
angenäht. Es war hierdurch ein Abschluss zwischen dem oberen Theile 
des Bauches mit dem Darm und dem unteren mit dem Fruchtsack 
erzielt, und man konnte nun zwischen Netz und Fruchtsack bequem den 
Douglas tamponiren. Es ist nicht bekannt, ob dies Verfahren bereits an¬ 
gewandt ist, jedenfalls lässt es sich in den Fällen, bei welchen man einen 
Abschluss zwischen oberem und unterem Bauchraum wünscht, leicht und 
ohne Zerrung ausführen. Die Bauchhöhle wurde bis auf die Stellen, an 
denen die Jodoformgaze herausgeleitet wurde, geschlossen. Der Wund¬ 
verlauf war ein ungestörter. Beschwerden sind nicht zurückgeblieben. 
Am 3. Mai ^urde Frau Stelling geheilt aus dem Krankenhause ent¬ 
lassen. 

Die andere Patientin, Frau Zö 11 er, 26 Jahre alt, wurde am 1. Juni 1893 
auf die chirurgische Abtheilung aufgenommen mit so hochgradigen Er¬ 
scheinungen acuter Anämie, dass sofort die Laparotomie gemacht werden 
musste. IL-para, Menses fehlten seit 2 l / 2 Monaten. Ruptur ohne nachweisbare 
Ursache. Auch hier ist die Bauchhöhle mit ca. l'/a 1 Blut gefüllt. 
Fruchtsack kindskopfgross auf der rechten Seite des Beckens, bis in den 
Douglas reichend, wird exstirpirt. Tube und Ovarium rechterseits mit 
entfernt. Drainage des Douglas. Verlauf günstig. Am 16. Juli geheilt 
entlassen. 

Herr Schede bemerkt hierzu, dass er gegebenenfalls ein ähnliches 
Verfahren bereits angewendet habe, so z. B. wenn bei Eiterungen im 
kleinen Becken eine Tamponade des letzteren erforderlich war. Er habe 
dann eine Art Diaphragma in der Bauchhöhle dadurch gebildet, dass er 
eme beliebige Darmschlinge quer durch das grosse Becken an dem Peri¬ 
toneum parietale beiderseits durch Naht befestigt und so einen oberen und 
unteren Theil der Bauchhöhle geschaffen habe. 

Herr Wiesinger: Das von Herrn Schede erwähnte Verfahren bei 
der Behandlung von Abscessen im Becken und der unteren Bauchgegend 
deckt Sich nicht vollständig mit dem angegebenen, wenn es auch principiell 
ähnhch ist. Bei den Beckcnabscessen ist es die Natur, welche eine 
bchutzwand gegen die übrige Bauchhöhle aufbaut; sonst würde allgemeine 
.Peritonitis entstehen. Diese Schutzwand kann dann allerdings durch Her¬ 
anziehen eines Darmes vervollständigt, oder es kann auf diese Weise das, 
was an derselben durch die Operation beschädigt ist, reparirt werden. Bei 
dem hmr angegebenen Verfahren handelt es sich um die Büdung einer 
vollständigen Scheidewand quer durch den Leib bei freier Bauchhöhle. 


und Congresse. 

3. Herr Sudek demonstrirt ein anatomisches Präparat mit 
Uloeration an der Zange, dem Pharynx und dem Oesophagus 
eines Phthisikers, welcher ante mortem an Soor der betreffenden 
Organe gelitten hatte. 

4. Herr Nonne spricht a) über einen Fall von frühzeitiger 
Muskelatrophie nach Hemiplegie: Bei einer 66 jährigen Frau 
entwickelte sich ca. drei Wochen nach einem apoplektischen In¬ 
sult, welcher eine Lähmung der rechten Körperhälfte und eine 
hochgradige motorische Aphasie bewirkt hatte, eine „atrophie 
en masse“ der rechten oberen, in geringerem Maasse der 
rechten unteren Extremität; die Atrophie war schnell pro¬ 
gressiv und wurde sehr hochgradig, am stärksten atrophisch 
war die Muskulatur des Schultergürtels und der kleineren Hand¬ 
muskeln; kein fibrilläres Muskelzittern; die faradische und gal¬ 
vanische Erregbarkeit war stark herabgesetzt; nennens¬ 
werte Veränderungen der Zuckungsform und -Formel liess sich 
durch die galvanische Untersuchung nicht feststellen; deutliche 
Sensibilitätsstörungen kamen an der rechten Körperhälfte nicht zur 
Beobachtung; allmählich entwickelten sich die gewöhnlichen Con- 
tracturen, ohne hochgradig zu werden. Drei Monate nach dem 
Insult ging Patientin an hypostatischer Pneumonie zugrunde. 

Die Section erwies eine Erweichung der oberen Hälfte 
der vorderen Central Windung, sowie des grössten Theils 
der dritten Stirnwindung, einschliesslich des Fusses der¬ 
selben; das Marklager und die grossen Stammganglien waren in- 
tact. Bei der frischen Untersuchung zeigten sich in verschiedenen 
kleinen Muskelästen der Nervenstämme keine Veränderungen; 
ebenso Hessen sich an frischen Zupfpräparaten vom M. deltoideus, 
M. biceps, M. supinator longus, Flexor digitorum communis, 
Thenar, M. interosseus I. und Hypothenar Veränderungen des Par¬ 
enchyms nicht nachweisen. An den gehärteten und gefärbten 
(Alauncarmin für die Muskeln, Boraxcarmin und Weigert-Pal- 
Wolter für die Nervenstämme und das Rückenmark) Präparaten fand 
sich an sämmtlichen eben genannten Muskeln lediglich einfache 
Atrophie, zum Theil in massigem Grade, vielerorts aber äusserst 
hochgradig ausgesprochen; an den drei Hauptnervenstämmen 
der rechten oberen Extremität und am N. cruralis, N. peroneus 
und N. tilbialis dexter keine einzige nennenswerthe Anomalie; 
am Rückenmark typische „absteigende Degeneration“ bei absolut 
intacter vorderer grauer Substanz. 

Der anatomische Befund deckt sich somit mit der grossen 
Mehrzahl der Befunde bei einschlägigen Fällen (Quincke, Eisen¬ 
lohr, Darkschewitsch, Borgherini); Eisenlohr’s Beobach¬ 
tung, der bei frühzeitiger cerebraler Muskel atrophie qualitative 
Veränderungen der elektrischen Erregbarkeit fand und auch in den 
atrophischen Muskeln in’s Bereich der degenerativen Atrophie 
fallende Veränderungen sah, steht bisher vereinzelt da. 

b) Ueber einen Fall von Lepra tuberosa. Es handelt sich 
um einen 23jährigen jungen Menschen, der von Arning vor 
sechs Monaten im ärztlichen Verein bereits vorgestellt war, und 
an dem Herr Arning Leprome und Lepride demonstrirt hatte. An 
den „Prädilectionsstellen“ waren deutliche spindelförmige Anschwel¬ 
lungen der Nervenstämme zu fühlen; Patient bot jedoch keine 
Symptome von Seiten des Nervensystems ausser einer sehr gering¬ 
fügigen Abflachung beider Musculi interossei I. und einer dem ent¬ 
sprechenden sehr geringen quantitativen Herabsetzung der fara- 
dischen Erregbarkeit. In Narkose wurde vom M. interosseus I. und 
Hypothenar dexter, sowie vom Rande des in geringer Ausdehnung 
frei gelegten Nervus ulnaris (ca. 1 cm unterhalb des unteren Endes 
der Spindel) je ein kleines Partikelchen excidirt; die frische Unter¬ 
suchung (Kochsalzlösung 8 / 4 °/ 0 resp. Osmiumsäure 1%) ergab 
keine pathologischen Veränderungen; bei der Untersuchung der 
gehärteten und gefärbten (Alauncarmin resp. Weigert-Färbung 
und Unna 1 sehe Methode für die Färbung der LeprabaciUen) Prä¬ 
parate zeigte sich eine mittelgradige Degeneration am Nerven¬ 
stück, im M. hypothenar keine Veränderung, im M. interosseus I. 
nur eine auf kleine Flecken vertheilte „einfache Atrophie“ der 
Fasern. Wie in einem bereits früher (Jahrbücher der Hamb. 
Staatskrankenhäuser, 1893) von Vortr. mitgetheilten Fall zeigte 
sich somit auch hier, dass es Fälle von lepröser Nervendegene¬ 
ration giebt, bei denen die „absteigende Degeneration“ nicht in 
der vom Verhalten der übrigen Neuritiden her geläufigen Weise 
sich einstellt, und bei denen — wenigstens für längere Zeit — in 
den Muskeln, die zu derartig degenerativen Nervenstämmen gehören, 
nur eine einfache Atrophie zum Ausdruck kommt. 


Gedruckt bei Julius Sittenleid ln Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag 


.4? 8. 


TI. Januar J8t>4. 


Mil MektUSgw i» .dwtata Merticmalweseos ** »tlicl« MittMta«,, jer «ft*, 
iiüj^n uesHadiieitsflilsge liuij der Interessen lies itrztlielien Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 


Zwanzigster Jahrgam 


*>r. A. Biileiiftnirg. und. Ö»\ Jn'i. H<>c«v 

Mitovsu.m. 


\ erla^: Georg Thionits M{fefgs-iica*i|ß; 

Ct^failtosse'' •^dt«r^str'.'8j;; ■ V;; 


.;V<fUi difcitifäiyt Tag« sl» ;*if»**r.notam‘ ich gemeinsam .mit HriTn T/t« I <;,<h n ■ »♦ u ■ .. 

mfvMm Uvltrl <s nicht. Der N:«no iifee Oeu xi|^di^lni^^Tv^ \V ^ rv,, « TaIU »‘ ; 

luiim'-i.ih \er r >;:g W ]u*it hat Rir-bimm- vorov^etdinnf ' fl.., • •»■ «> >! l " n!l s:,l,J { ' iU Pwramm, mul >htv 

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tfe Arsfeettsriwruichira .Aufehen, so in d"r twutwiiligrn Hi,,<..'mV kVküW "“ ß * * ,<! '•»uttisoWidieB 

U **r Wu.JitioscItnö: ***** tZ Z M * m 

"‘ f Ä .." l ’ S-' 2 « S Ä- .. . 

— -.__. , . .. p.... :■ : . : ' • 4. KttintMturg. 


I. Aas der ihedfcmisdieii' Klinik m Bam. 

gegenseitige Campensation bei gleich- 
artager Veränderung mehrerer Heraoltien. 1 ) 

' Vh » P‘0l br. (iiiidö Butcelli. 

..t dife 'lass <las Kapitel der H«. 

J.pt, ' ; ■■-h'dopie. eine sehr tMebiigr Stelle eidiiimni! 

ws •’■■" '-mra ».rinn Lie| l !.n|v..sM,Ue» «westki 

a “; nJs W» Jto schwierige Lauf-Äü ,1er 
l‘rl.rrfi..ij hak.. Id. uhergehe dir ia.üvj-. 

k-M.,.«.irr |i " p*^»- «»* 

M-.ti'.,'[ '. th-Sngteii; «-rii nämlirii wdne 

4 Sto ft Ä mw ^kranKhcif, g*9#M> hl Si 

mir -uilsuvial ( 1 1 * 1 Ön — l,rn ^ i}{ ‘*I*T&9Xis 

'■rJ d,.i ,r, ,l '*' U1 ‘ : 1,111 .. t- Vm 

-ivn? !^ 3r r hrnil ' khf ' it ^ iiu4: to« 

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^vptw urzei iü ninnm Felil^r i!r*s ikz^p.ii h»«-. 

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.. f ^r Pifinni. V» Ti h aus. 

^ ■lölivp«. ziMnihj} ,L; Jl Heutn vor^teijr, ein Mahn von 

:,,|u - ^Phüiuvi. ■*},:»'^T° r ■ Kr TOn VV ' ein Uri AlkdtöIÄ 
^ ein ^ AüfaU vou sn!> ; 

"- --;■ ■-■ ‘ ■ h uu gelmht; aber seine orsten IJerz- 

Rliniker, diüm £cgeu~ 

^ Ui*mh • ^feshen und ron ihm seifest 

- tüUi VoncuLr. (Md Bcptömber J893.I. 


leui.jn ,. Atlivihbescfewerjinit .hei körprriie'ni' Ansih'u-tgmtg, dHioen 
^ mt mm Juhrj und seit zwei Monaten sind «ie 

uLp^ h ^ h ‘ a ‘; *$** er I|,, T‘ Fntsrhlus« fasste :{?, ÖfteuUicilon 
Lioapu.nlftrn- sein«- Zuflucht zn suuIiht 1 

, ^oY;h, wenn Sie einen - Biiek auf diesen Kranknii Averfen, 

der f'uiug iitliimit, sie« ungezwnngen auf seinem TieU bew^r um! 
nmdrel.l, uim ,.Ky dim« mUM^ m Aussehen, .in der ArjgusehwuÜeu- 
4 "r 1 ’ '"njn in (l<'n PijUvhjin u der [laU- und f>.-i h*Mi^Mien 
<n “ v ‘-.'!enr ihreri SiU im Heiee-n bei. v.-eral.h, 

m 4v dft} ' SlH ^‘ia, zu g-kiiben, daass ej- nie kl krank ist 

^ ,c u ‘ 4 ;- ,,n berasmn , m ,i dmm. dies Bild ;mus*s 

lüh?s ImolmchBrn: tUuI Sie vmrdeu darin nicliU odnr 1 \isi fünftes 
aii.^iuoi-neütiu'jif^ bnüeji. Sie• Immum sogar, einen.. Verrdc-ieh ;m* 
meilen v.mwi»>u di^ni «piiigniogn.iiiiisdMu Bilde und demjoui-on, 
welidm;, K it Biumi >’d* «ti.iM *rf- m, t uum i, n;.i li m In* 
MLlmienz in*r Aorrenkhippmi leidenden Patienten. Tn diesem '/wei töm . 
bemerken Brn das rapme Anstei^Ch der dksrJiH^kui Puislinie nml 
ttUen Abs< luu« ? , in mrmm ilnkebeö wegen des j anidcu ixinaimtmgen* 

1 UrUtniJ ‘* His T - ,S ‘ VSt °’ ei 1 lYi ' {vt n sphrgmoefitpiuschM» 

imh«.i unserem Ivrunkcn ii.mbm Sie von aiiedeju ned;iK ouer fast, 
nichts. 1 


Pulsbilf) von einer immffiejHivz dar Aortenklappen. 


Bnishilfi rmgore»;. Knwkoii mit ingtiflieionz der Aurtefl- ;md' ÄJitraltüa’öjieu. 

i\un t . in. tp,. Sie bruuckuTi mir olnoh HUek ani* die linkt« Thura*- 
seütft zn werTen, um. öögle.inh. zu erkcnflim, di&$ die^or Md tu* an 
einer ünhwernp Horzkraniklieit leidet, 

Man .bemerkt-, in der l’hnt oiric .betruehtliffev Stekwufirg der 
Auödoliaimg und ItfSeüSität derf „latm •iorcüs“; dm Hnrz^4t*e 


Co gle 





26 


DEUTSCHE MHPIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


schiäfft auf dem sechsten Spatium intercostale, 5 cm ausserhalb 
der Mammillarlinie. Bei der Percussion stellt sich eine verbreiterte 
Herzdämpfung in den verticalen und horizontalen Diametern heraus. 
Wir haben hier also eine ausserordentliche Ausdehnung der Herz- 
diameter, ja so zu sagen ein „Cor bovinum“ vor uns. 

Schreiten wir jetzt zur Auscultation dieses Herzens, bie 
nehmen an den verschiedenen Auscultationspunkten folgendes wahr: 
an dem Auscultationsorte der Aorta ein sanftes, nicht kurzes 
Insufficienzgeräusch; dieses Geräusch verhindert Sie jedoch nicht, 
gleichzeitig den wenn auch etwas reducirten Klappenton zu ver¬ 
nehmen. An dem Auscultationsorte der Mitralis haben wir ein 
anderes Insufficienzgeräusch, welches jedoch sehr kurz und sanft 
ist Hier existirt also eine doppelte, sowohl Aorta- als Mitral¬ 
erkrankung. Und aus der Zeit, Qualität und Richtung dieser Ge¬ 
räusche ziehen wir den Schluss, dass die beiden Klappenapparate, 
mit denen die beiden Orificien der linken Kammer ausgestattet 
sind, schlussunfähig sind. m ... c . ,. 

Nun macht gerade der Zustand relativen Wohlbefindens bei 
unserem Kranken, ja gerade die Verstecktheit der eigentümlichen 
Charakterztige des Pulses bei Äorteninsufflcienz (wegen der beiden 
sich compensirenden Erkrankungen) die wichtigste Erscheinung an 
unserem Fall aus. 

Bei den Affectionen der Herzklappen ist es von der grössten 
Wichtigkeit, festzustellen: zunächst welcher Nexus zwischen den 
anatomischen Veränderungen und dem klinischen Bilde der Herz¬ 
krankheit besteht; dann welche Compensationen von Seiten der Herz¬ 
muskulatur bei den verschiedenen Klappenerkrankungen stattfinden, 
welche sich untereinander gegenseitig ausgleichen, so das3 die End¬ 
resultate, statt sich zum Nachtheil aufzusummen, eine wahre patho¬ 
logische Compensation ergeben, welche auf das allgemeine Befinden 
des Kranken einen fast wohlthätigen Einfluss ausübt. 

M. H., die Art und Weise, wie das Herz seine Mängel 
compensirt und diejenige, wie die Compensation plötzlich und 
oft ohne hervortretende Ursache abgebrochen wird, ist ein bei 
weitem complicirteres und geheimnissvolleres Problem, als man ge¬ 
wöhnlich glaubt. Ich will Ihnen ein ganz besonders opportunes 
Beispiel anführen, welches fast Actualität besitzt, da es sich auf 
die letzten Influenzaepidemieen bezieht. Wir und mit uns viele 
andere haben erlebt, dass sich während oder nach überstandener 
Infection das symptomatische Bild eines Herzleidens einstellte bei 
Patienten, welche bis dahin nicht die geringste Spur eines solchen 
gezeigt hatten. Handelte es sich hierbei immer um Influenzaendo- 
carditis? Bisweilen kann man es beweisen. Wenn man jedoch genau 
nachforscht, ist es nicht selten, dass man in diesen Fällen einen 
Beweis in ferner Ueberlieferung findet; in den Erkundigungen 
nach der Erblichkeit, welche dem erfahrenen Kliniker die mora¬ 
lische Gewissheit einer Herzkrankheit einflösst, die bis dahin 
infolge einer Compensation seitens des Herzmuskels verborgen ge¬ 
blieben war. Nun, eine nicht einmal ernstliche, selbst glücklich 
überwundene Infection hat es zustande gebracht, dass jene Com¬ 
pensationen auf einmal ausgeblieben sind, während sie bis dahin 
das schwere Leiden verbergen konnten. 

Und wie viele starke, robuste Männer habe ich kennen ge¬ 
lernt, bei welchen sich, nachdem sie lange Jahre unter den An¬ 
strengungen der Jagd und des Reitens, oder unter Orgien und 
Tanz zugebracht hatten, plötzlich eine Herzkrankheit herausstellte! 
Und die Störung der Compensation vollzog sich in unvorhergesehener 
Weise, oft ohne dass sich ein Grund dafür angeben liess. 

Welche Lehre können wir aus diesen Beobachtungen ziehen? 
Die folgende: dass die anatomisch-pathologischen Fehler nicht die 
ganze klinische Krankheit ausmachen; dass diese fast immer in 
verwickelteren Thatsachen zu suchen ist, welche wir nicht immer 
vollständig nachweisen können. Dies ist es gerade, was einem 
hervorragenden- englischen - Kliniker (Graves) die Worte einge¬ 
geben hat: „dass auch die einfach functionellen Alterationen des 
Herzens tödtlich sind.“ 

Aber es kommt noch etwas wichtigeres in Betracht: Ge¬ 
räusche, die anscheinend mit schweren Fehlern des Circulations- 
centrums in Verbindung zu bringen sind, treten an innerlicher Be¬ 
deutsamkeit vor auscultatorisch kaum merklichen Anomalieen zurück. 
Ich habe erlebt, dass Aerzte von grossem Ruf eine schwere Herz¬ 
krankheit, welche tödtlich zu wirken drohte, nicht erkannten; wie 
sie denn in der That zwei sehr bekannte Politiker unserer Tage 
getödtet hat. Und doch könnte niemand an der Tüchtigkeit der 
Aerzte einen Zweifel hegen! Andererseits habe ich auch mehrere 
Fälle vor mir, welche bei einer vollkommen compensirten Mitral¬ 
stenose objective Daten darbieten, die für sehr schlimm gelten 
sollten und es doch nicht sind. 

Vergessen Sie also bei Ihren Prognosticirungen solche Lehren 
ja nicht. Die schwerste Schädigung der Herzcirculation besteht 
in der Coexistenz zweier entgegengesetzter Fehler in einer Herz¬ 
kammer, z. B. einer Aortenstenose und einer Mitraünsufficienz. 


Wenn aber die Verletzungen an beiden Oeffnungen gleichnamig 
sind, mag es sich um Stenose oder Insufficienz handeln, so ist das 

Unglück weit weniger gross. . _ i j 

Die doppelte Stenose z. B. verengt eine Herzkammer so, dass 
sie dieselbe in ihrer Cavität wesentlich reducirt, das Myocardium aber 
ausserordentlich verstärkt; in solcher Weise, dass man an die „con- 
centrische Hypertrophie“ Bertin’s erinnert wird Ich habe dieses 
Factum mehrmals vor Augen gehabt. Die Patienten, anämisch, 
kalt mit sehr schwachem, aber regelmässigem Puls schlag, schienen 
ziemlich gut zu leben, so lange eine beträchtliche Hypertrophie 
des rechten Herzens, eine vorzugsweise compensatonsche Hyper¬ 
trophie andauerte. . . . 

Die beiden Insufficienzen werden, wie in diesem Fall, so lange 
der Herzmuskel kräftig bleibt, ziemlich gut ertragen werden. 
Jedoch, wenn hier die Belästigung bei weitem geringer ist im 
Vergleich zu derjenigen, welche bei einem einzigen dieser Uebel 
(Aorta- oder Mitraünsufficienz) eintreten würde, so ist damit nicht 
gesagt, dass die Gefahr geringer sei. Das Herz könnte auf einmal 
von einer tödtlichen Syncope betroffen werden; ein Factum, welches 
im Fall einer doppelten Stenose nicht leicht eintreten würde. 

Ist alles dies wohl verstanden, so wird Ihnen damit nicht nur 
eine werthvolle Norm für die Prognosticirung, sondern auch eine 
Anleitung für die Behandlung und für die Prophylaxe geboten. 

Unauslöschlich wird in meinem Gedächtniss der Fall eines 
Dienstmannes bleiben, welcher lungenkrank im Hospital S. Spirito 
gestorben ist. Bei diesem Kranken waren ohne Uebertreibung 
Herz und Arterien in dem ganzen Circulationsapparat an Volumen 
und Capacität verdoppelt. Die Klappentöne sowie die diastolischen 
Töne und die Erschütterungen der Gefässwände waren ebenso für 
das Auge wie für Gehör und Gefühl ausserordentlich verstärkt 
ohne irgend ein anormales Geräusch. 

Meine Diagnose war: Hypermegalia cardio-arteriosa. Und 
dieser entsprach der Befund am Leichnam. Auf meinen Wunsch 
wurde das Herz mit dem Gefässbiindel präparirt und aufbewahrt 
zum Andenken an den merkwürdigen Fall. Nun dieser Mann ver¬ 
nachlässigte sein Handwerk nicht, so lange er lebte; er stieg müh¬ 
same Anhöhen hinauf mit den schwersten Gewichten auf den 
Schultern; und abgesehen davon, dass er das Schlagen aller Arterien 
vom Kopf bis zu den Füssen empfand (was er der Wirkung des 
Weines zuschrieb, den er täglich ohne Sparsamkeit, aber gewiss 
nicht in grossem Uebermaass zu sich nahm), fühlte er keine andere 
Unbequemlichkeit, noch beklagte er sich über andere Leiden. Hier 
erzeugte die zwischen dem Myocardium und den Cavitäten be¬ 
wahrte Proportion, die Unversehrtheit der Klappenapparate iind 
die Harmonie zwischen dem Herzen und den Arterien, zwischen 
den Venen und ( dem Herzen ein seltsames Phänomen, dass näm¬ 
lich bei einem an Volumen verdoppelten Herzen, da die Propor¬ 
tionen eingehalten waren, keine eigentliche Krankheit vorhanden 
zu sein schien. 

Das wahre, schwere Uebel besteht also immer in der That- 
sache der materiellen und dynamischen Unproportionirtheit, woraus 
die anatomische Veränderung und die functioneile Störung entspringen. 
Dieser Fall zeigt noch einmal, in welchem Sinne man von geringeren 
Leiden bei schwereren Uebeln sprechen kann und warum in unserem 
Falle die beiden Insufficienzen bei einem noch kräftigen Myocardium 
dem Kranken erlauben, eine weniger peinvolle Existenz zu führen, 
als es möglich gewesen wäre, wenn nur eine einzige dieser beiden 
Verletzungen vorhanden gewesen wäre. 

Bevor ich den Kranken Ihrer Beobachtung übergebe, muss ich 
Ihnen die Grundgesetze ins Gedächtniss zurückrufen, nach denen 
in meiner Schule die Auscultation der endocarditischen, autochthonen 
und diffusen Geräusche vorgenommen wird, um zur Diagnose der 
verschiedenen Erkrankungen der Klappen zu gelangen. Bei der Aus¬ 
cultation eines kranken Herzens muss man sich die beiden folgenden 
ebenso einfachen, wie sicheren Gesetze gegenwärtig halten: 

1. Das Maximum der Intensität eines Herzgeräusches findet 
sich dort, wo es seinen Ursprung nimmt; d. h. an der Stelle, wo 
eine gut ausgeführte Topographie des Herzens die Gegenwart des 
Ostiums oder der kranken Klappe anzeigt. Dieses von mir auf¬ 
gefundene Gesetz, auf welches ich seit langer Zeit mit Nachdruck 
hingewiesen habe, ist später als Neuigkeit von einem hervor¬ 
ragenden Kliniker Deutschlands aufgestellt worden; wurde aber 
nach dem Recht früherer Veröffentlichung von meinem theuren 
und berühmten Schüler Murri unserer Schule wieder zugesprochen. 

2. Ein Geräusch im Innern des Herzens pflanzt sich von seinem 
Ausgangspunkt nicht immer auf dieselbe Weise fort. Je nachdem 
das Geräusch von Klappeninsufficienz oder von Ostiumstenose her¬ 
rührt, wird es sich respeotiv in entgegengesetzter oder identischer 
Weise mit der Richtung des Blutlaufes fortpflanzen. In allen 
Fällen werden wir also feststellen können, dass die Geräusche 
im Herzen sich gemäss der Strömung, die sie hervor¬ 
bringt, fortpflanzen. Dies ist das Gesetz Hope’s. 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MEDICiNiSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Diesen beiden Gesetzen kann man mit Nutzen eine wichtige 
Lehre Grocco’s hinzufügen, welcher, indem er in den möglichen 
Deformationen der Klappentrichter die daraus entspringenden 
Deviationen des Blutlaufes in einer bestimmten Höhle studirte, 
nachgewiesen hat, dass die Verstärkungen der normalen Vibrationen 
sich an einem Punkt mehr als an dem anderen constatiren lassen. 
Hat man diese Gesetze wohl verstanden und angewendet, so kann 
man zur genauen Bestimmung der Herzklappen Veränderungen ge¬ 
langen. 

So wird sich ein Mitralstenosengeräusch, welches sein Maximum 
im Ursprungsheerd hat und sich nach der Herzspitze hin ausdehnt, 
nur wenig oder gar nicht über den linken Vorhof verbreiten. Letzterer 
ist übrigens, wie ich seit vielen Jahren gezeigt habe, mit beson¬ 
derem Nutzen auf der mittleren Linie vom inneren Rande des Schulter- 
beins bis zur Wirbelsäule zu auscultiren: an einem Punkt, an welchem 
man auch ein leises Geräusch von Mitralinsuffieienz wohl hören 
kann, wenn man den Kranken den Athem anhalten lässt. 

In der That, auscultiren Sie diesen Kranken, und Sie werden 
mit vollkommener Klarheit finden, was ich Ihnen gesagt habe. Es 
ist wahr, dass hier, wo es sich um zwei Insufficienzen handelt, die 
Geräusche, welche sie offenbaren, sanft sind und dass ein jedes 
von ihnen seinen besonderen Charakter bewahrt, mit anderen 
Worten: das der Aorteninsufficienz ist sanft, setzt sich längere 
Zeit fort und richtet sich nach der Herzspitze hin; während^das 
der Mitralinsuffieienz gleichfalls sanft, aber von ganz kurzer Dauer 
ist und sich über den Sinus quadratus verbreitet. 

Zwei Worte über die Prognosticirung. Es ist klar, dass diese 
sehr reservirt sein muss, gerade weil das Compensationsvermögen 
des Herzens leicht ausbleiben kann. Daraus folgt die absolute 
Nothwendigkeit strenger prophylaktischer Maassregeln, wie die Er¬ 
sparung von Muskelanstrengungen, Strapazen, Ausschweifungen und 
auch von starken Gemütsbewegungen. Die Bedeutung der letzteren 
für das Herz, welche heutzutage ein wenig in Vergessenheit ge- I 
rathen ist, darf nicht in Zweifel gezogen werden; und gewiss haben 
mppokrates, Plato und Galen nicht ohne guten Grund den 
bitz des Zornes in das Herz verlegt und haben es das Organ des 
Ehrgefühls und der Rache genannt. 

Ueber die cardiotonischen Heilmittel wäre viel zu sagen. Er¬ 
lauben bie mir, dass ich Ihnen in aphoristischer Weise mittheile, 
wm mich eine nicht kurze Praxis inbetreff der Medicamente gelehrt 
.\ D ? 1die Therapie für diesen Zweck angefüllt ist. Für 
micb ist die Königin in der Therapie des Herzens immer die Digi¬ 
ti hl ^ 0 . rau ^ ese ^ z ^ dass es die wahre „Digitalis purpurea“ sei, 
besitzt ’’ 1Ut€aU ’ W0lche dne unendlich geringere Wirksamkeit 

™nu!L dCn Händdspraparaten ist es schwer, in dieser Beziehung 
wpU.T™ 6 Slcl ! erileit z o erlangen. Das Aussehen der Digitalis, 
mrm Hi« aus der Schweiz kommt, gewährt keine Sicherheit 

ColWpn . ern !{ sehu Jg der beiden Species. Ich erinnere mich, einem 
Pflanff» rißt. er Tv lhr ^• durfte, gerathen zu haben, er soUe sich eine 
ßchattio-pn a + lta i ? P ur P urea “ verschaffen und sie an einem feuchten, 
die Blattizr Ih wach ® en la ?sen. So oft er sie anwendete (er löste 

CentiCTflmm - U ? d 168S s * e troc ^ nen )t die Wirkung bis auf 
v^nngramme sicher und unfehlbar. 

AnweIld ^ lln<r de^ ^r« Dlgita ^ S, , aber immer eine gewisse Zeit nach ihrer 
gepriesenen ? 16 leber als zu allen anderen heutzutage an- 

Digitaliq mne 1 mitte ^ n ZUTn Coffein und Strophanthus greifen. Die 
des DifWhtliom ausgesetzfc werden, sobald sich die Erscheinungen 
Coffein anzuwemtan na T m ^ nt ! lch am Ma f® n ’ kundgeben. Dann wäre 
Werth hat ™ 6n ‘ dedocb vergessen Sie nicht, dass dieses weniger 
vegumren ’hIu 8 ’ We ? n es auch die Systole verstärkt, die Be- 
sie die 6 SvstniA beschleunigt, während die Digitalis, indem 

Die Wirkn’ die Bewe g un g verlangsamt. 

Mittel identicoK? des Strophanthus ist mit keiner der beiden anderen 
charakteristispho em zu dem man nur greift, falls die 

wünschenswert!, ° .^ lr knngen der Digitalis und des Coffeins nicht 
Wirkung anscreenf^’ ° d ? r beide durch das Uebermaass ihrer 

An den g F n Zt Werden md ssenJ) 

schliesst sioh af. * T on do PP e lter Mitral- und Aorteninsufficienz 

Ludwi d T f ° lge ü Dde von ^PPelter Stenose an. 
^neminiRtArinT« aUS 51 Jahre alt, Ordonnanzoffizier im 

sehr starker HnnJ -/?^ beirat . bet , ohne Kinder, ist ein Mann von 
ansserordentbVh o • i,’ eble robuste Erscheinung, mit einem 

__ ntwickelten Knochensystem, namentlich des Ge- I 


27 


sichtes. Die Bogen der Augenbrauen, die Backenknochen, die 
Ecken und Winkel der Kinnlade stehen stark hervor, und man em¬ 
pfängt auf den ersten Blick den Eindruck einer fast übermensch¬ 
lichen, löwenmässigen Kraft und wäre versucht, an einen Fall von 
Akromegalie zu denken. 

Er ist gesunder Eltern Kind. Sein Vater ist im Alter 
von 84 Jahren, wie man versichert, an Alterschwäche gestorben, 
und seine Mutter ist den Folgen einer schwierigen Niederkunft 
erlegen. Er hat einen Bruder und eine Schwester, welche beide 
leben und sich einer vollkommenen Gesundheit erfreuen, während 
sie keineswegs seine robuste Constitution besitzen. 

In der Geschichte der Familie kommt kein Factum vor, welches 
sich mit der Krankheit, an der T. leidet, in Verbindung bringen 
Hesse. Er selbst behauptet entschieden, nie von Syphilis angesteckt 
worden zu sein während der 16 Jahre, in welchen er in dem jetzt 
eingegangenen Corps der Marineinfanterie gedient hat und wo er 
den Grad eines Feldwebels erlangt hat. Ebenso wenig während 
der weiteren 16 Jahre, seit welchen er Civilbeamter im Ministerium 
ist. Auch erklärt er, nie an Gliederrheumatismus gelitten zu 
haben, obwohl er sich während der Zeit, als er unter den Waffen 
gestanden, allem dem, was gewöhnlich den Rheumatismus be¬ 
günstigt, ausgesetzt habe. Genug, er hat die blühendste Gesund¬ 
heit gehabt, abgesehen von einigen Malariafiebern sporadischer 
Natur, die er sich im Jahre 1868, als er in Venedig in Garnison 
stand, zugezogen hat, und die ihn nachher dann und wann im 
Verlauf von zwei Jahren belästigt haben. Er erinnert sich nicht, 
in seinem ganzen Leben an einer anderen Krankheit geUtten zu 
haben. 

Er gesteht jedoch ein, seit vier Jahren ziemlich viel Wein ge¬ 
trunken zu haben (nicht weniger als einen Fiasco täglich, d. h. 
etwas mehr als zwei Liter). Auch leugnet er nicht, die geschlecht¬ 
lichen Genüsse sehr übertrieben zu haben. Dagegen stellt er 
durchaus in Abrede, dem Branntweingenuss ergeben gewesen 
zu sein. 

Die ersten Krankheitserscheinungen zeigten sich bei ihm gegen 
Ende März. Beim Hinabsteigen vom Omnibus bei Porta Pia ver¬ 
dunkelte sich plötzlich sein Gesicht; zugleich fühlte er Uebelkeit 
und hatte Neigung zum Erbrechen. Er weiss nicht, was Herz¬ 
klopfen und Beklemmung ist, wenn er die Treppen oder einen 
steilen Weg hinaufsteigt. Er schläft gut, ebenso auf der rechten 
wie auf der linken Seite, aber gewöhnlich auf der letzteren, 
und niemals wird er während des Schlafes von beängstigenden 
oder in anderer Weise beklemmenden Träumen gequält. 

Er hat viel Appetit, aber seine Verdauung ist sehr langsam 
und vollzieht sich mit ausserordentlicher Schwierigkeit. Nur während 
der Verdauungsthätigkeit kommt es vor, dass er Herzklopfen und 
nervöse Unruhe fühlt, dass er sich nicht auf den Füssen zu halten 
weiss, beim Gehen schwank und ein Gefühl von Leere im Kopfe 
hat. Er leidet bis zu einem gewissen Grade an gewohnheits- 
mässiger Verstopfung, welche in der letzten Zeit mehr zugenommen 
hat. Er kann sieh nicht lange mit Lesen und Schreiben beschäf¬ 
tigen, weil die vorher angedeuteten nervösen Erscheinungen sich 
nach kurzer Zeit einzustellen pflegen. 

Das Resultat der objectiven Prüfung ist folgendes: Der 
weite Brustkasten hat eine viereckige Form. An den Venen des 
Halses ist weder AnschweUung noch Oscillation bemerkbar; ebenso 
wenig ist Klopfen der Arterien zu constatiren. Die Herzspitze 
schlägt nicht sichtbar. Bei der Palpation und Percussion befindet 
sie sich jedoch auf der Höhe des unteren Randes der vierten Rippe, 

5 mm ausserhalb der Mammillarlinie. In der Herzgrube ist kein 
Pulsschlag bemerkbar. Die rechte Herzlinie lässt sich mit dem 
Plessimeter 5 cm ausserhalb des Brustbeins in ihrem Curvenmaxi- 
mum bestimmen. Die Querfläche der absoluten Dämpfung in der 
Herzgegend ist 9 cm lang. 

Die Klappentöne der Mitralis und der semilunaren Klappen 
dor Aorta werden vollkommen maskirt durch zwei verlängerte Ge¬ 
räusche. Der Klappenton der Lungenarterie tritt stark hervor, 
obwohl das gleichzeitige Geräusch des Aortenostiums bedeutend ist. 
Der Mitralton erreicht das Maximum seiner Intensität auf der 
Klappenhöhe. An der Herzspitze ist weder ein charakteristisches 
Geräusch noch ein anderes Merkmal von Mitralinsuffieienz. 

Bei der Auscultation auf der linken vertebralen SchulterHnie 
in der Höhe des Sinus quadratus hört man das Geräusch der 


Kranker narlirfJL (be8e . r Vorlesung müssen wir hinzufügen, dass 
Zustand im “ er Zeit in der Klinik zugebracht, als sein 

Nachdem er iedoch eid ^ c ^ das Hospital verlassen wollte, 

^hmmerte sich RAin t 16 ? ^ eiten Spaziergang unternommen hatte, ver- 
8em Zu8taa d plötzlich, und er ist gestorben. 


Mitralstenose fern und verlängert; aber es ist dort keine Spur von 
Mitralinsufficienzgeräusck. 

Unsere Diagnose geht auf doppelte (Mitral- und Aorten-) 
Stenose. Abgesehen von jenen unbedeutenden Symptomen, die wir 
aus seiner Krankengeschichte kennen, leidet dieser gigantische 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


28 


Mensch an keiner Beklemmung, selbst nicht, wenn er viele Treppen 
hinansteigt; er schläft ruhig in jedweder Lage und hat weder 
Husten noch Bronchialkatarrh. 

Hier haben wir also eine neue Thatsache zur Bestätigung des 
Paradoxon’s, dass eine Stenose allein schlimmer ist als zwei. Ab¬ 
gesehen vom Myocard, welches hier eine doppelte Hypertrophie 
aufweist (eine concentrische in der linken und eine excentrische in 
der rechten Herzkammer), wiegen die gleichen Krankheiten zweier 
Herzostien einander auf. Die nach meiner Methode ausgeführte 
trigonometrische Vermessung des Herzens bestimmt die Form des¬ 
selben als eine halbkreisförmige nach der rechten Seite geneigte 
Hypertrophie. 


II. Die diesjährigen CholeraföUe im städ¬ 
tischen Krankenhause am Friedrichshain.') 

Von Prof. Dr. P. Fiirbringer in Berlin. 

Wenn ich der freundlichen Aufforderung unseres Herrn Vor¬ 
sitzenden, über die diesjährige Cholerabewegung im Krankenhause 
Friedrichshain zu berichten, Folge leiste, so kann ich das nur unter 
der begründeten Voraussetzung mit gutem Gewissen thun, dass Herr 
College Renvers weitaus den Löwen an theil unseres heutigen Themas 
übernimmt. So ausgiebige Aufschlüsse er Ihnen geben wird, für 
so dürftige Mittheilungen muss ich Ihre Nachsicht in Anspruch 
nehmen, dessen Mission mit der Beobachtung von im ganzen fünf 
Cholerafällen erfüllt war. Nur der Zufall, dass sie im Osten wohn¬ 
ten, hat sie mir zugeführt. Es sind das dieselben Fälle, welche 
bereits der betreffende Assistenzart Herr Dr. Balster mit geeigne¬ 
tem Commentar in dieser W ochenschrift (1893, No. 38) veröffentlicht 
hat. Da diese wohl der Mehrzahl von Ihnen bekannte Publikation 
so ziemlich alles Bemerkenswerthe enthält, kann ich mich in 
vorwiegender Anlehnung an dieselbe sehr kurz fassen. Selbst¬ 
verständlich liegt es mir fern, Ihnen irgendwelche klinischen Kranken¬ 
geschi chtsbei träge zuzumuthen. 

Was unsere Fälle, deren erster den zweiten diesjährigen Fall 
in unserer Residenz repräsentirt, in Bezug auf die Frage nach der 
Bezugsquelle der Krankheit bezw. die näheren Umstände der In- 
fection auszeichnet, ist ihre Zusammensetzung in zwei Gruppen, 
von denen die erste ihre Krankheit sicher von dem allerersten 
Fall Kynal bezogen, die zweite den Typus einer Familieninfection 
darstellt. Die erste Gruppe ist durch zwei verkommene Repräsen¬ 
tanten der polnischen Arbeiterklasse gebildet, durch Gawrun und 
seine Geliebte Miederatschek, mit welcher er in intimem, sträf¬ 
lichem Verhältniss lebte. Die Nachforschungen unserer Polizei¬ 
behörde, das Examen der Kranken durch Herrn Geheimrath Koch, 
der wiederholt in unserer Anstalt persönlich erschienen, und durch 
uns selbst lässt keinen Zweifel, dass beide ihrem cholerakranken 
Landsmann Kynal (der am 5. August verstarb) in dessen durch 
Dejectionen besudelten Kellerwohnung hülfreiche Hand geleistet 
hatten. Beide haben sich ausserdem grober Diätfehler schuldig ge¬ 
macht. Bei der zweiten Gruppe, repräsentirt durch die Buchbinder-' 
frau Schuster mit ihren zwei jüngsten Kindern, erkrankten letz¬ 
tere, darunter ein vierwöchentlicher Säugling (!) zuerst, um ihre 
Mutter zu inficiren, während bei zwei weiteren Kindern und dem 
Hausmädchen im Krankenhause Moabit Cholera constatirt wurde. 
Also eine kleine, sechs Personen umfassende, Haus- oder richtiger 
Wohnungsepidemie. Hier gelang es nicht, die Infectionsquelle aus¬ 
findig zu machen. Das Resultat des eingehendsten Examinirens 
der intelligenten und sauberen Frau war derart negativ, dass ich 
fast dem Gedanken Raum geben möchte, es sei eine Infection der 
Milch oder anderer Nährmittel durch Insectenübertragung erfolgt. 
Es ist selbstverständlich eine Laune des Zufalls, dass gerade in un¬ 
seren Fällen der sozusagen regelrechte Modus der Infection aus 
den Flussläufen nicht stattgehabt. Hier dürfte Herr Renvers die 
Lücke durch drastische Beispiele füllen. 

Der letztgenannte Säugling und die beiden Polen starben, die 
anderen genasen. Bei Allen war das bekannte klinische Cholera- 

, in versc ^ e ^ enen Abstufungen ausgeprägt. Bemerkenswerth, 
obwohl nach der Schilderung der Lehrwerke nicht eigentlich neu 

^ er Umstand, dass bei Gawrun, der aus desolatem algiden 
Stadium in beginnende Convalescenz herübergerettet wurde — ob 
in Folge der Hypodermoklyse, sei dahin gestellt — erneute blutige 
Durchfälle sich einstellten. Dieselben wandelten sich unter zuneh- 
mender Somnolenz des Kranken zu rein blutigen, fast beständig 
abfliessenden Stühlen, als deren Quelle die Section eine 15 cm 
lange Nekrotisirung der Rectalschleimhaut unter der Form einer 
tiefen, dysenteroiden Verschwärung ergab. 

Dass in allen unseren Fällen asiatische Cholera Vorgelegen, 
iolgere ich aus dem bestimmten baeteriologischen Nachweis von 


*) Vorgetragen im \erein für innere Medicin in Berlin. 


Koch’sehen Kommabacillen, der dank der rastlosen Thätigkeit der 
Assistenzärzte, insbesondere von Herrn Balster, und in Rüchkicht 
auf die dringenden telephonischen Anfragen von den städtischen 
und Polizeibehörden mittels des neuen Lautenschläger’schen 
Brütapparates prompt, in einem Falle bereits nach 15 Stunden ein¬ 
schliesslich des Plattenculturverfahrens, geführt wurde. Die meisten 
Präparate haben ausserdem dom hygienischen und dem Institut für 
Infectionskrankheiten Vorgelegen. Ich erachte hiernach Zweifel nicht 
für zulässig, weil ich auf dem Standpunkte stehe, dass Cholera asi- 
atica ohne den Kommabacillus nicht möglich ist. Ich hoffe 
mit dieser Formulirung mich in keinen principiellen Gegensatz zu den 
Ausführungen von Herrn Leyden in der Sitzung vom 16. October 
gesetzt zu haben, denen ich mich insofern nähere, als ich neben der 
einfachen Uebertragung des Parasiten noch andere Factoren zum Zu¬ 
standekommen der Infection in Thätigkeit wähne. Was die neuen 
Concurrenten der Koch’sehen Kommas aulangt, so darf ich an¬ 
deuten, das auch dem Typhusbacillus, dem Gonococcus und dem 
Bacillus der Tuberkulose solche Nachbaren dicht auf dem Nacken 
sitzen, ohne dass ihre Bedeutung deshalb besondere Einbusse erlitte. 

Ich möchte hierbei nicht unerwähnt lassen, dass Mitte August 
ein 14 jähriges Mädchen mit dem klinischen Bilde einer schweren 
Cholera ins Krankenhaus Friedrichshain eingeliefert worden, bei 
welchem die minutiöseste bacteriologische Untersuchung die Ab¬ 
wesenheit des Kommabacillus ergeben hat. Somit stellt sich der Fall 
in directe Parallele mit dem von mir im vorigen Sommer publi- 
cirten (diese Wochenschrift 1892, No. 34), sowde den einschlägigen 
Beobachtungen von Beck,unserem verstorbenenCollegen Guttmann 
u. a. Alle diese Fälle müssen der „Cholera nostras“ zugezählt 
werden, und ich möchte noch einmal an dieser Stelle mit Rücksicht 
auf die von Senator auf dem letzten Congress für innere Medicin 
vorgebrachten Bedenken mit Quincke, Koch u. v. a. diesen 
nichts präjudicirenden Terminus als bezeichnendsten Sammelbegriff 
in Anspruch nehmen. Von den möglichen Beziehungen solcher 
Choleraepidemieen durchsetzender Fälle von lebensgefährlicher ein¬ 
heimischer Cholera, die wohl immer isolirt bleiben, zur asiatischen 
Cholera heute kein Wort mehr, nachdem ich mich auf dem er¬ 
wähnten Congress zur Sache geäussert. Aber denen, welche 
meinen, der Cholerabacillus wäre in solchen Fällen dem Beobachter 
entgangen, und sie seien nichts anderes als schlichte Cholera, noch 
einmal der Zuruf, dass ich völlig entsprechende Fälle mit Sections- 
befund in Thüringen und Berlin (1887) zu einer Zeit beobachtet 
habe, in welcher von einer Invasion unseres Vaterlandes durch 
die Cholera keine Rede gewesen. 

Noch ein kurzes Schlusswort über die Choleraniere, soweit 
wir dieselbe in den drei tödtlichen Fällen zu studiren vermocht. 
Als Resultat will ich hier, von allen Details absehend, nur zu¬ 
sammenfassend andeuten, das die Coagulationsnekrose, welche in den 
Fällen Miederatschek und Säugling Schuster mehr weniger 
intensiv aber fleckweise in Rinde und Mark bei relativ intacten 
Glomerulis vorhanden gewesen, im Fall Gawrun trotz der Schwere 
der Complication vermisst worden ist. Vielmehr bot sich hier das 
Bild der intensiven, bis zum Zerfall gesteigerten Trübung und 
Schwellung der Drüsenepithelien ohne Kerntod. Jedenfalls kein 
Bild, das dem der acuten infectiösen Nephritis im Princip wider¬ 
spräche! Und so möchte ich nach wie vor zwar mit Leyden den 
Flüssigkeitsverlust des Körpers als mitbetheiligt am Zustandekommen 
der Choleraniere ansprechen — ich habe bei früheren Gelegenheiten 
mich für einen Combinationseffect von Ischämie und Giftwirkung 
ausgesprochen —, indessen die Wirkung der Choleratoxine auf das 
Nierengewebe als einen unerlässlichen Factor mit der Mehrzahl 
der neueren Autoren hinstellen. Und noch ein drittes Mal: Wenn 
wir fast alle Infectionskrankheiten eine toxische Nephritis liefern 
sehen, warum soll die asiatische Cholera, eine Infectionskranklieit 
kat’exochen, eine Ausnahme machen? Just zur rechten Zeit fiel 
mir im 52. Bande des Deutschen Archivs für klinische Medicin 
die neueste belangvolle Arbeit von Rumpf und Fraenkel über die 
Choleraniere in die Hände. Die Autoren, welche mit ihrem grossen 
Material alle unsere Bemühungen in Berlin schlagen, constatiren 
desgleichen „Plasmolyse“, also Schwellung der Epithelien mit schliess- 
lichem Zerfall und — bei höheren Graden — Kernnekrose. Trotz 
der intravenösen Infusion die gleichen Veränderungen am- Nieren¬ 
epithel. Somit kommt eine Giftwirkung auf das Protoplasma und 
schliesslich die Kerne in Betracht. Entsprechende Bilder fanden 
die Verfasser auch bei der Typhusniere; wir selbst haben im 
Princip gleiche Läsionen („zernagte Säume, vollständigen Zerfall 
und Ausfall“), von der Kemnekrose abgesehen, zum Theil bei der 
Diphtherieniere bereits vor zehn Jahren (Virchow’s Archiv Bd: 91) 
beobachtet, wie wir andererseits in der letzten Zeit einige Male 
Coagulationsnekrose bei anderweitiger Nephritis ohne jede Con- 
currenz von Ischämie gefunden, so erst bei Influenzanephritis vor 
einigen Tagen in recht intensiverWeise. Dass Rumpf und Fraenkel 
den Begriff des Wasserverlustes nicht völlig streichen, entnehme 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



11 Januar- _ _ 

ich aus der Fassung, dass die Wasserentziehung allein die Er- 
icheinimgeu von seiten des Harnapparats nicht erklärt. Dass Herr 
Lcvden gute Gründe hat, auf das Litten’sche Experiment von 
der* Gefässunterbindung zu reeurriren, dafür scheint mir auch der 
Umstand zu sprechen, dass doch alles in allem ausgedehnte 
(oagulationsnekrose im anatomischen Präparat der acuten in- 
fwtiösen Nephritis als solchen kein gewohnter Anblick ist. 

Die Genugthuung, dass auch in diesem Jahre von einer Berliner 
(’holeraepidemie keine Rede gewesen, dass die zersprengten Fälle 
solche geblieben, bin auch ich geneigt gleich Herrn Leyden mit 
dankbarem Verständniss für die getroffenen Abwehrmaassregeln 
unserer Behörden zu empfinden. Gewiss darf ein solcher Causal- 
nexus angesichts ähnlicher Sachlagen in dem oder jenem Nachbar¬ 
land ohne entsprechende Rüstungen nicht schlicht behauptet werden; 
wer indess Gelegenheit hatte, täglicher Zeuge des systematischen 
und energischen Kampfes zu sein, den die Berliner Behörden mit 
der Krankheit aufgenommen, wer mit Wahrscheinlichkeiten und 
nicht mit entfernten Möglichkeiten rechnet, der konnte sich des 
Eindrucks nicht erwehren, dass es ohne solche unentwegte Be¬ 
mühungen leicht hätte anders kommen können. 

m. TJeber Tubarschwangerschaft und die Be¬ 
handlung der Blutungen in die Bauchhöhle 
infolge von Tubarschwangerschaft. 

Von Privatdocenten Dr. Dührssen in Berlin. 

Auch heutzutage noch sind die Fälle recht häufig, wo eine au- 
.'(heinend bis dahin ganz gesunde Frau im geschlechtsreifen Alter 
plötzlich collabirt und unter den Erscheinungen einer inneren Blu¬ 
tung binnen einigen Stunden oder Tagen stirbt. Die Section dieser 
Fälle, die häufig wegen der zweifelhaften Todesursache eine gericht¬ 
liche ist. ergiebt dann als Ursache des Verblutungstodes eine 
geplatzte Tubarschwangerschaft. Solche Todesfälle, bei denen eine 
Frau in dpr Blütlie ihrer Jalire so plötzlich weggerafft wird, 
machen ja stets einen erschütternden Eindruck, um so beklagens- 
werther sind sie aber heutzutage, weil wir in der Laparatomie ein 
Mittel besitzen, um den tödtlichen Ausgang abzuwenden. 

Dass die Laparatomie in derartigen Fällen im Verhältniss zu 
ler Häufigkeit ihres Vorkommens nur selten ausgeführt wird, hat 
mancherlei Ursachen. Zunächst macht häufig die Diagnose 
Schwierigkeiten. Denn es giebt Fälle, wo die betreffenden Frauen 
selbst keine Ahnung davon haben, dass 6ie schwanger sind, Fälle, 
in denen die Menstruation überhaupt nicht ausblieb oder oft ver¬ 
spätet eintrat. So verhielt es sich beispielsweise in dem ersten, 
unten mitgetheilten Fall, wo mir die Patientin angab, die letzte 
Menstruation sei vor 5—6 Wochen gewesen, sie sei aber oft ver¬ 
tätet eingetreten. Und in meinem vierten Fall waren seit der 
letzten normalen Geburt andauernde Blutungen dagewesen, unter 
denen die Patientin schwanger geworden war. 

Mir sind somit zur Feststellung der Diagnose vielfach auf den 
^ jcctneu Befund allein angewiesen. Es fragt sich nun, ob dieser 
uns stets sichere Anhaltspunkte dafür giebt, erstens, dass überhaupt 
? n . e ptotung vorhanden, und zweitens, dass es eine Blutung in die 
reie Bauchhöhle ist. In dieser Hinsicht ist zu betonen, dass auch 
n erweitige Ergüsse in die Peritonealhöhle das Bild einer inneren 
!f J 'V ortausc l ,on können, wie z. B. der Durchbruch eines jauclii- 
j:' 1 , . cnexsudats °der eines Magen- resp. Darmgeschwürs in 
mit Ferner giebt es Fälle von Magengeschwüren 

an 0< 7 ^kitung, ohne dass das Blut erbrochen oder per 

hat «i™ PeF i t ^ in diagnostischer Irrthum ist somit möglich, 
* e . r nicb * zu Bedeuten, da bei solchen Perfora- 

R^ttim m le ^ aucbb Bhle die Laparatomie 1 ) noch eine Chance der 
* Un< * ? a -^ a & en darinblutungen, welche solche Er- 
' f haften M° n ^ nämie ma °Ben, wie geplatzte Tubarsckwanger- 

Tode fübr" ° h a V. snabms ! os (ob mit oder ohne Laparatomie) zum 
handelt ru* • e . s s * cl1 uin Anätzung viel grösserer Gefässe 
«der nicht V me ** eie Blutung in die Bauchhöhle vorhanden ist 
höhle • «nK°n* eilIlt ™ an übrigens schon vor Eröffnung der Peritoneal- 
'lurcWfiihrt ., 1 . läm ^ cb der Bauchschnitt bis auf das Peritoneum 
durch^das Pcritoneu ^d^h ^ reier Blutung das Blut dunkel 

'chaft r n Diagnose auf geplatzte Tubarschwanger- 

^fienken n 1St ’ 80 erbe ben sich gegen die Laparatomie noch 
absolut tödlkh^r- Ruptur einer Tubarschwangerschaft ist kein 
die allerbedrnhi-. tFei ^f ~‘. es enden Fälle mit Genesung, welche 
(; nmd der u Erscheinungen von Anämie darboten. Auf 

‘ * wnkeit einer Naturheilung war es also früher, als 

Berlmer kljn^u^v,!!’ Magenresection beim Magengeschwür. 

1882, p.39 u.407. Mikulicz, Ueber Laparo- 
Dannperforation. Volkmann’s Samml. klin. Vorträge. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


29 


der Eingriff der Laparatomie an sich wegen der Gefahr der Sepsis 
prognostisch so ungünstig war, gewiss gerechtfertigt, sich exspectativ 
zu verhalten — heutzutage aber dürfen und müssen wir, wenn wir 
die Laparatomie unter günstigen Bedingungen machen können, von 
diesem Standpunkt abgehen, zumal die zahlreichen Beobachtungen 
gezeigt haben, dass, selbst wenn es zu einem spontanen Stillstand 
der Blutung durch Abkapselung des ergossenen Blutes, durch die 
Bildung einer Hämatocele gekommen ist, auch später eine Ruptur 
des Hämatocelensackes mit tödtlicher Blutung eintreten kann. 

Eine andere Möglichkeit der Verblutung in die freie Bauch¬ 
höhle ist die durch Nachschübe der Blutung aus der intaeten Tube 
in den von Werth und J. Veit als „tubarer Abortus“ beschriebenen 
Fällen, wo nach dem Tod der Frucht das Ei durch Tubencontrae- 
tionen abgelöst und nach dem Ostium abdominale hin bezw. aus 
diesem herausgedrängt und in die Bauchhöhle hineingeboren wird. 
Um dieses Ereigniss handelte es sich in dem unten angeführten 
vierten Fall. 

Endlich sind es mancherlei äussere Schwierigkeiten, welche 
den Gedanken an eine Operation zurückdrängen, die Schwierigkeit, 
in der Eile einen Specialisten zu citiren, die Schwierigkeit des 
Transports in eine Klinik, die Schwierigkeit der Vorbereitungen 
für die Laparatomie in der Wohnung der Patientin selbst, die 
Schwierigkeit, die Angehörigen von der Nothwendigkeit des so¬ 
fortigen Eingriffs zu überzeugen. Die beliebte Redensart des Laien 
lautet ja vielfach: die Frau ist zu schwach, sie muss sich erst 
etwas erholen. Und wde wir gleich sehen werden, ist ein Kern 
von Wahrheit in dieser Anschauung enthalten. 

Bei der eminenten Lebensgefahr, in welcher eine Frau mit 
freier Blutung in die Bauchhöhle im Anschluss an Tubar- 
schw r angerschaft schwebt, ist die sofortige Stillung dieser Blutung 
nach chirurgischen Grundsätzen indicirt, wenn die hierzu nöthige 
Operation, die Laparatomie, eine ungefährliche Operation ist. 

Die Exstirpation einer graviden Tube der ersten Monate durch 
die Laparatomie ist als eine uneomplicirto Laparatomie zu be¬ 
zeichnen, deren Mortalität nach den klinischen Zusammenstellungen 
heutzutage etwa 4 bis 5 % beträgt. Bedenken wir, dass bei freier 
Blutung in die Bauchhöhle ohne Operation sicher wohl die Hälfte 
der Fälle zugrunde geht, so ist durch die Operation die Möglichkeit 
gegeben, von diesen sonst verlorenen 50% 45% dem Leben zu er¬ 
halten — vorausgesetzt natürlich, dass die Laparatomie unter allen 
antiseptischen resp. aseptischen Cautelen vorgenommen wird. 

In einer Klinik ist dies ohne grossen Zeitverlust durchzuführen, 
und dürfte sich aus diesen Gründen ein Transport in eine Klinik 
stets empfehlen, wo, w'ie in einer Grossstadt, der Transport in 
schneller und bequemer AVeise vor sich gehen kann. Ist ein 
längerer Transport mit schlechtem Fuhrwerk erforderlich, so ist • 
es sicher besser, die Patientin in ihrer Wohnung durch einen zn- 
gezogenen Specialisten operiren zu lassen. Auch in einer Privat- 
wohnung lässt sich unter allen Cautelen operiren, wenngleich die 
Vorbereitungen zu der Operation mehr von dem Operateur controllirt 
werden müssen. 

Zu einer solchen Operation braucht- man einen Operationstisch, 
den man aus zwei aneinander gestellten Tischen improvisiren kann. 
Auch die gerade für die Exstirpation emer schwangeren Tube sehr 
werthvolle Beckenhochlagerung nach Trendelenburg und J. Veit 
lässt sich mit Hülfe von Kissen oder eines Schemels hersteilen. 
Ueber dieses Lager breitet man ein reines Laken. Was man w eiter 
noch nötliig hat, ist kochendes Wasser, womöglich auch schon .zur 
Körpertemperatur abgekühltes, durchgekochtes Wasser, eine Anzahl 
reiner Handtücher, die man eventuell erst ein paar Minuten kocht- 
und dann in eine kalte einprocentige Lysollösung legt, und eine 
Anzahl Schüsseln (mindestens drei), welche man mit Lysollösung 
und einem Handtuch tüchtig innen und aussen abreibt. 

Alles andere, die Instrumente, Schwemme resp. Gazecompressen, 
den Verband, das Nahtmaterial, Operationsmantel, Handbürsten in 
sterilisirtem Zustand, eventuell auch Chloroform und Lysol an Ort 
und Stelle zu schaffen, ist Sache des Operateurs, der, um Zeit¬ 
verlust zu vermeiden, gleich benachrichtigt werden muss, dass es 
sich um eine eilige Laparatomie handelt. 

Ausser der Antisepsis kommt es bei dieser Operation auf 
rasches Operiren an, und es ist daher wohl selbstverständlich, dass 
diese Operation nur von einem Arzt ausgeführt werden sollte, 
welcher in der Ausführung von Laparatoinieen Uebung besitzt und 
welcher den ganzen zur Laparatomie gehörigen Apparat ohne 
weiteres zur Hand hat. Zeit genug, um einen Specialisten herbei- 
zurufen, ist meistens vorhanden, da die Blutung selten schon in 
den ersten Stunden nach Eintritt der Ruptur zum Tode führt. 

Sind somit alle äusseren Vorbedingungen für den guten Aus¬ 
gang der Laparatomie getroffen, so bietot die Operation doch ge¬ 
wisse andere Gefahren dar, welche in dem Zustand der Kranken 
begründet sind, und diese Gefahren sind es, welche uns in unserem 
Entschluss, zu operiren, wieder wankend machen können. Diese 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





DEUTSCHE MEMCmSCHE WÖCE^KSC»gÖ% 


■SO. t 



'Ä*HS 3 H*ä*äss» ä»sss 

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&,« w».. Atfc !,! 3: 

cinoro Frkukdß 4 
fi&isae S choidmvaus sp tHdugeu 
VVitumor Uafctö bii 
ticö gcgaben. weit : 

lAiffhuagtT vöroauueiii «w x■■.»» u«*u4g* #««*. .ww- rrv *>r^ *;rT - :vu irwk-„«u.a, 

Colleges Wimmer schon auf die Walit^dyciioliohk(ot amor ^plulÄtou ^ Lrhnclnü nne 
Tdharycli wangersel 1 nfl hingewieseu war.' konnte« ich &htlftÜ («U allpu m- 
slrumehtuu Mi Steile sein, . , 

Tcli fand tiie Bfdibhhm fysfcgtifeins, vföfchnbleiph, «patutöGw'nnt kültlct 1 
Nasenspitze und Eyirnrn.ilaVoE, das Abdomen nufgetnehen. euiptfudliefo. in 
den Seiten gedämpflc* Schall. Die innere Idaievsarhüng erdicht eiHffla 
reirovertjrtän &\ü ; teu tffcavuK, mbm ifefit keinen Tumor. Ihc genauere 
BegchatTenheit der Adnexe linsa mh «egen der EmpMKnhhßii mui 
^»annimg d«»s Leibes nicht leststellen. 

Auf Befragen gab Patientin un l dass_»fd die letzte M^tnm&W : Wr 



machte ieh'ohuu w« iiere Assistenz als dis de« Herrn Culbea-n;W unin er 
und des Hem« Or. Geisern er, der chlorOoritdvLs diu /Lupnra.tomio, : 

Öiß Päiiötttio kam trötz leichter Narkose schon i&feylpfpubdtie -aut 
den OporätliwtfecH P t Baticli&hmM gal 1 fcciaeh Tropfen Pbd Ute 
linke ruptimrlis Tube rmtsammfc «lern vergrößerten Ovnrnptt kennte ruAcii 
ab^bu»d<m und entfernt, w erden. 

Tod zwei Stundet* mich dor L^üra^mtin. Tiote .mvhmvf suto 
taöef Infusionen mit T»l.«/ktoiogise.h«ir K-tohSuWAdäiift# vur dev Puls- narb 
der Opei-dlm rtbrviiaiip.'t nicht wieder gekehrt, Audi die Athmmig stockte 
h H M oacli der Gpovatiim. kam. über *uf künstliche Athmung zuüifehsr 
wieder in Gang. 

- 1 ]^ eustirplrti*' liih« b^Kthbt aus amem ranetöu und eimmt ^ussbren 
Abschnitt von'.je 3 uns Lange. Dev üussere. Abschnitt ist derart: dilatjrt, 
dass - er- fUr eine bfeitVderdiekö Suade durchgängigist, welche zma 0*14 am 
abdominale hörausgoftfkri imateu kann. Pur inner? AlMwiU w< Ichor 
eine Buptuv VtmTv-Jü Tätige nulVeish hat »dno lichte Weite van l cm, 
tu dennsGrer, der Prep Lu-steife gogenlihec und der . VV>nd fest udljÜrrmt, 
sledv.t d:is zu einer Klutmolr umgewamtehe ' % l k *za Jaiigc, i em dicke 
..Ei, deßt-n Natur durch dofr Nachweis von (.‘hAricmzotten ^sichert wurde, 

Der Biei'Stock. auf wcWlinn von der Tube zart ' 1 pHrimetnsche- Mein- 
brauen üWrgi?h«m und hienUireh diu Tube dreht an das Ovarien« hcniü- 


kiVhl- Auf Bemigkh:: klagt Pi«ffö*Ä- imt nrk^ehemUv /Stinnne 

ülicp Killte. SeinvfW'.e ' .»thd Brccimntuung. Di«', ihrn^e T-Infnrauuliuitg ur- 
;/jeht dun L r tUPIS :M«r:ihrii ti-.it, \«-rl.‘ngi.vi. luijcs nidn-ti ihm eine Wohin 
e.ßipHtuliich^ rfn.sifcUusz. Atnloimm ri\v** uisiget,Hohen und .oupürdlu-h. 

DingTifvs.ii Kiiplm' d«>r Urthm rcbwuntn-cui Tube mit irniT Hlutitm: 
in diu Buuchhahb;. 

.Whdem lVtlhaliß mittels feüakeuwa^cus. der. tfuhr. .in* . . 
BfÜ \wdei-., nahm ich /umdchat uank---d«fy -V.gisGdag«' 

s^t^- _ suhuuUöß lufo^ßTi Äs litcgs w^ i^j3%tgftü Kcehr 

snisilösung wische d^u Euhulfcofbhvttorn vor uni «han HÖiv't. ilA 8 jv;d>! 

uicbi fühl! KI Vf* Puls auch wiüwdnd- der .nuebhdgcnfhm .Orpumiloir 

.’ mi<iK‘! bt’«s;’T wimic. ^ 

Nach der infueuuO ^nfoi-U^t* U(pnr:'!!iUiK: in. .[in'keiiiisx-hhigy; NaO- 
VölUg hluth^cf DUfiGiimmuüvr de? BeuOnh Uon volbi sich bis 
'■.•Miin duadi finnlvG üa'vh>.} »ümii culf B!<d v* j i. Nach ihrer Hr/ül- ' 
nun»/ zeigt <U«.* gatizv Bauehh^bte inrt * thcüs ftjä^ggon^ theUf- go- 
romienuvu UHnt orfülll. fhir Operateur /fthid rufori. tun er TietBi«/ wpim 
F inger ifimui Oecluuups «kifth -das .Ligatimntmi) latum: sinisknin'« hah?- ^n' 

( terus, saebl aa dom iNnhut dio linke Tubum die tA^tei dtn Eadcu 


Ifnicchuürf ln .1 /-selb n'NVcis« werdori nndi die m’hVßOü/nfi Adnnxe,..h]S 
getragen, da die rechte Tube- wr*chlo*sc.n war, nach ihrer Gryhiiu»^ ah. 
Inhalt hrdmilifdien Eitor äufwios und uiu-snKlem mit dem Ovarlp.m durch 
dünn* pejpjprf HiW/he StHhigp vci-W’^chHeu v. av. Naoiv möglichst er KbtJei-. 
nuug «lei* BlaU-uagnlu 'Schluß dir Bau«hwlinde duvcii fM? und obftrllnvb 1 
liehe SOdönkoeptnaluo. 

Buff« h;ud« dt’V OiwralioD mein. s< hleehigr «ls lud uaOH^m '.^.fic.a'.Biu- 

zukosißien. Erbreulum. Ord • Portwein, tjirelöüidwpiäo* 


rjehm. misHl dhN cm-in der Lange. 1,8 cm in der Breite «nul '*ftfhuft. «dß j Die BOhing Wurde• uaduieni der Verlauf bis- ntnf [■ ifsAUur 1893 
’2 l j% m latigns Corpus luteum. - de^sttn J>ntrum von, ei nur Crate sm/r-. j vOUig nomial 


• -Aümmnü/wH;.. „ . .. ..^.J( 

Die Schuld an dnui Tode i,mg in diesem Fall? die ilel«Lire 
Wirkimg* des Chloroforms auf den fast vtiilig ausgBbjuldtmv Or- 
ganisrims. denn das Versdiwiuden «ins .Pulses, brät bereits vor dein 
Begmn der Operation, immPteihar nach Kinltdii-tug dev oborflfeh- 
lioheü Narkose ein. fjm aohdie idden Aosglioge zu mmnddeii, 
•mtiss .es unsere Aufgabe sein, deiL Orgadisjmis vor der Operation 



, ,, _..... go\ve«»%. fb.uUu-ch v«n-7.ögfw!'. dass i'iobor rjutral, und m 

YZ .hmmir rtut fh.mi Süshlgaug. reichlich IltiH^ighs, spater fe» omicnrN Bim- 
Mire j abging- ihNmncb sank d;>> FiVhor aUrödblirb.' und am it. 1'chmar wimlr- 
•|;.atieuüii mii HöniVf .vavlohiter Wunde- und kleinem .•autotteciim.nl IltevoH 
als geheilt tmtiassen. 

Sic stellte M'*h mir am \ t Marz 1893 noch einmal im besten Wehr 
hcfiiideu vor. . 

Die cxMtirplnh Tube is. Fig.. I) ist vom uferinoß Etulg hiH.. znr Rup' 
torKUdiV 1,5 «ui», von liier, wo a.io' sieb Hpitwwdukjia um knickt., iiif zi.uu 

* ' ' ihmMPe Ähspfioitt %■;■•.. 

ihjf’ehine^aer did\ 


Kpchkaiztransfusiorj unmUTelbur ror dpt* LhparatPiöio «m» 
ptohlen „ui jemui Füllen, wo man bei luH-heradigoi Ajillmie den ; 
tddtliehm» Collapft widirend »1er Opcraibni iurdAeü. müss >; . 

Zwar IfüX.inobhht S«'n wai'z ,J ) tiie wov dm T sioher^Ji BlutetiHußö' > 
ausgeführte KoehsHlzmfiudon arg mnm KunsGbhlör, mdo^voii Bisst 
Wy dor diese Auscluu'iuig nur für Falle gelten, wo Jemand hei k- 
U'mw A nümio diese? >l)Hel an wenden wdrde, ohne sofort die Ln- 
purütomic* vurznuchmen. weil duf< b He nun ge-a »zte FrhiUiuuC des 
nrlcrifdlen Bluhliuik«^ die B»ui'i«u> mu stärker, und iuO»!g.-dcßam 
dw-Tml AOrbeachteuaigt wfadc. r SiTihkt luon dagegen unmuted- 
bui‘ ;vor «ln; Operation eine Traßstusion voran 55 ,' ho ist die düreb 
Lvririfmitig der ßntuThöhU- güsetzte Druoh^cbwaftkimg . nnt.so.hicth'u- > 
weniger %w tUnditcu. Per gmschre ßhiwamf, .dnßi durch 4 fe 
'! ...,e-,«j^;i,M «li»; Hintung /uuobme, ist nicht'slichlmltk. Bor- : 


H 




.T-O. ... 


Üü' 


\M Blut udf clm’ Etsswmvde 
t>r4ciiitUob IgJfiiH ,<0m knith 


Uacniätani; Tzz. oterincs rub«trc»j(l« , 0a OftiuiD 
övailum 5 LI ~ Ti^tmärt^se&li#> am Ligameatum kU«n. 

SidiwaiH-ü ganz diehi an das Ovariuru herangcxQ/Oi 
deUv ivnii-k der Tu ho geleum*«* lluptutstedle 



breiten Coipiiü luteum verum ciugmjommpW 


Go gle 





1S(JH E ME DiOXISCHE WOGHBKBOHRI^y 


'M$ii’itifc&fy 
ütttifttrsjj»?),.' 


• .tfiti»^tdaiilldaj,4 j ;rfj;. 
\V0d;r:( : uvAeif uiöjA- 
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■]T 2 r^:™'*** j ’ 1 ” w»kv«sloiUscur r»Urttnc)Mfi;tf .df>s- uhiiürn 

mmmmu fevirift mu^ridom &Hi<‘Vh efe&s <&-> 


/;’ _ El; //-- UaKiaj.uUij; ijt >~ j^-aima jMtfmuiivlji-, 
ltif^yoS izKitti. 


„ „„. m 

Keilic von Jahren dMib’dM Srnridpuiikt o<n h da* Rohm! U 
«Uos^ Wo,h,nM hr. } 893.. An 9), jo<Lh nu ? ,, ln, Vf^‘nöÄ ah 
^wildluu! aue-mehrn wmaR,. - M ' tU - 

,. ]hj ' ! *f lut r, Aow.bummj.e.i «K-r (üiv Vorhut*- 

'* «'* {^'’Fhacho m 4*v Mhm orcmnhhum W«£r um! r„; 

, 'gigiH'ilUP %miw nl.isnni!fil^tij|!m^ ÄUlftesT, in \Vt:]i<hn»h /Air <[u, 
!*' ' ,w ’' <l ; 1 FuhvhdmhuijMdos TlM t -mü..j,ro ljIt „, ;,,, 

i WBWttie ^temfer ariö^oiriiiftfUu^^^JviüötuiTmjH^ i'aii d&rf%taKh 
nurirn, das \ ußamm*m dot ^immUin mdimmtürm Mumm 
Autvmum, und rl!»* «:üHrrttrM-ii5Hsc!H*it KiAmthuuMctKcirm ,i> 
<b> um dmvu ,Uß \W<dStm<r Toll söK 
MaMidliHi wird. dass »m mm- theihvnh« Wird.a-hMum dm pjyy. 
higemoso i*t, dh wKJtfigstüii OimhdbtMm. mV iiii> Ammbmn 

<9r^ZuH;noin t .n!uin^. Mm ist ^ u^Hm'Iv indlrr nicht ^un^,i 
■ S" k * : V;ulr,itm ^ v " V(>i1 - » ^M-Tivr„t:,.i { n»,j) 

^^tzviwwt ^wiHrhnn^üi^ xw;U.d«*n T.hirr' um!. McibiHc, *<>u ,i m 
rnrtnthrojiOH" iiutzuljHil«n. 

\ ii-cbuw h;it Jm»I tiudiivr«-]^ «'it'.lr u -t-rd<cU<'!i dicson tir.Mr.br.«- 
{»üiikt un»i!.*i .vn-dcr hctotd u»(f! u* (lb*:-on* Sr nur» fh*i‘\Or< v « , l)«»t»ci) 
Ohb> rs di T dntl.rouoMc iiicM ...-iiu.ccn .„i. ;.c H) ,i' w . U t,c 
ÄPirhrü ^Qv MU&ttfittrfcui, ihm W\m- m jmUjlniifrr«rji(^ ui'nh 
I ^jwodc. a.Mrt TUwrdmTir uIf fUn PnsTbourn«b;c 

Uni* . \ irr h od tu •'•int ftlwo, <lk^ deii XodiWcis dr*-: 

(J«s Y^.e-^ißtifcvJC^v' I£s 

: . bugl xitr.ht im .Siniut - -KjiüT> iVa-^vn iiirr 

^äiidt- hih! Ai* I5t^k]^>KF 

SitmiJjtimkt. »irr l)c»Krt*mJ**iJztbvori»> MTStiindlicj» jaiiidirh, oh 

Auf'fttniuitg voii ^wi^iitAnriTidnn) zwicbrn. Tiiici und iVi^ndAiir^p 

^■»Jiiir^Ni Kt. Uü.9 »Ksv dtK Foltjwn kntliAti iön-:^s^r1tnndri \ 


'£. & hi* iti “ V : '“ : • ... . - - ^_, r-~~rrt ' 

Nm,-j... t ,H.,u:nH.* i s; & .j (,iu. 5l |. ^cH-nw-Msv mit. eiiiswücr riwijt^o,,. <lu> ' Fb»\vAnd'.»^.«»r dir ^ M'^KriiiVK in <ii-hIVf.Mc 

0!,W ""’- f ’“ Simi v„!..,..,, VinslnW Wim „,• ,| M , i„ J!,l. A*Ä 

- -- f«wi I U<-ftS(iji;In!ralt wie liier zunildi*■•wjo.lfrjiijlK.n -vi-«1Ihb,■«>»•■ Bim* tw* 

rir . ' . ..... ^ l«jri}iiit. R, K:m> Ujjli lunptsii iili.cll ijiiriiuf ))rt z(i (lll.tiiisilitit'l!, iSi 

iv. neuere Anscxiauungeii über Vererbuag ! ,tKl »*•* •»«• fathoii^. ,ii<- m u -.i, w> vv M«i»«B ff wm$ 

•— j> -.. 81 ist,- Mm.(li>r. Kröfienrng iuy ()Kjcrti*((<n;i'.' 


Descendeaz und Pathologie! 

v »n Prof Dr. Elbbort in Ziiiicl!. 

dMjUFK üfts N(): •! j ; V -/'. ; h • 

atf d?K iiKK‘Hir$i ^dl^fiamineo 

fej 1 ,/ ' ’ ;'’ ? ■ *' lj !’ ' !,n \V<-J *- III . 5 II n IV v-m-it} 


ir.f don WiC;^ T T " ;v;‘ . . T ? P: ^ ,acUT i «»-.i»ww am 

iirnV, '^ v „ ?i Wichtigkeit, diHt, wafn-i-nd wir auf Khrh 

N r;! .’Ks l^dolr am 

-fdiuc h > f ; Vi ^ ViiJ1ni ' s ’ U,V(! ? * l * i{, urr?rif> um dir Vmr- 
; ( i ; - '9 1 ivrankliiui om ..Der Atavismus Kiwitt darin, dass 


. . ■ ... ..;-v.\ 1 . 1 uri I .•» v»f, < i iiiii: .)Ci Uf.w-rnoitmx-. 

. -g .Mi’m*ch*>i ( ’Ki.» .Wf/bdKt. -öco.^-i^iiet- Kl, dfUi Ixm'imjVinnistnuc /M\ 
sfutzon, ht<« pvtiljula^io ini weitrsWn Sima-, nW. ificbi nur dir - 
somlrii! oüc.!)' alitv, -was .umsri'Kdh dos: l ji rri.la g alfr 
w^fftmUdieTi KtanldiKtrii iio^il kdirt aus mnDiu'rlH'acbc Atbidr-mn^fi. 
Tiinmfornmtumcn dm- wehr und dar uuv djn.'n •/.ris.imin ob iir.srfztH.n 
Oi^sum keiOflui, um! <$ IVu^t Mrh v yt k dioKd^n <,v]\ für d\y f)n- 
\«nvwthmi kmson hm in Kmh hcf.mudm KrsUi.-muimnn 


Km;; : *Wf.d. Orupi.ira- Kon'dm;n. .Viachow untciVclnmih idtlh 

' ft üt d i I /yijou bdt rctlmurlö . r J?v;u‘t sturm AK 0n v t!K zu pinrv 
....... Oe.««'. i «1 . . . . f- , aki^. -mm aK 'tefli*,i ; ^o 

■^Jkü.'re, dir d?u VorfilTmr oi'^nthin'i>’f <!S • [ h -** |;b#*«Midi'nfet wunic. und omo arWrinulowiKrho Tranofoi nnhidi», 

: •' ' 1 . . ,. lt , 1 , g, V'!,’ 1 *’' '' " 7 V* ’i 1 *' ’ 1 - iri: "' l5:,,,i Im ' 1 v,|,|i ' J -b- Am*« hrnnu .md i uml.mdhor, d- /hhu und ho- 

''» * «'»•!i. u- , . n i ''' , ' K I 1 vri ' ilt>r ¥?i ' W( 'k: Ul do»! hl m„»u •uid K* }}>• a,i' i!»u omo .tdiM ,ou!, viMimt.l 

(iiaiurnfjntr .\J? t,.v T 55 PUnM Wlrtt"- Asiij li mit -aun femmi 


*^drej,fi&»T:iil;Idv' ‘ :{ jll, ' ! ' u * Hn!!!!l, '‘ cf, *i! z\\ m*v mit den ijleu lim 

-'ucruiJ^ ' r '^™ n ’ r ^bonm Kmmndieu, dm dhi^l vor 

1 l " I !„ ' „' , 11 : ', ^ ‘ i ’ , -’ 1 _ 1 -, . 1 . . <’|i J fit I* Vmi- 

hifdhpV fm ti u%r TÜ ' r2? ‘ 11 U| IÖ äK alarn meKt rudi- 

^«d suJcho Eurksnbl^o M,i%er. Jo. 
4fl ; T dö ? YOfiist «inw £rt%haraMors vor-, 

}i S-d^n ÄhiKi«' ur ' wa} ! rs dbhbJidher yvifd das AWictlArniiftmijm 


fjiii ? ■ .'.• «nnlasi 

k. <#iLi^ wf-vij».», wi».* uotm nm h «dnmaj z\i 

:,i ',>■" , f , i!‘‘ ,n ^ ■ i} }rhv.Uihb^xn anyrdd. ft o 'Kt W 
"'W".m ,.h -i 0 «"djnniw nlr- sid* tiji’iu der Krank- 
Vö p -ÖftidMoy, "Ä Uli KnöikhÄif^u-säobo in ft«au|t 

> s m^e )f jj, r ,|j^ 4 ^ '" 1 *' 5J . h M UI Juoi ,nis tsliMtrid hrmd- 

“Kwiirt- e J ?ftäfi»' «.ipwimtätöE li«i Miä 1 !- 


^hicitci mciiials «Ho Anordnung dor 4dU‘H snin houtdm dir 
hf onzo de.,-- jih^i\di»«rK*-|.wi j'vjiu.. Mo!»- j?r flM : ^. „ h.. /idim .und: 
Uowobe hnd zür Mni?4>ia«io. hosdndors. distmnih Das fwf !v<dWm-[,c 
fvniH iimtiowobc oiihdrkt okmsuwmi^ wiMm p.h.y'siidö.eKidm dirH-p. 
^mdmi indin-kr. durch rmdiohtfo .Hiidim^. von idndo^ewolm odrr 
bCntutih. Aus Efnihatonadto inrimr Kinn durch Pütt- : 

^t:\ridjin au»: ffrD»iuu üdfliulfi^eiu Knmdmmnai’k KisuvJipü dwinmlj 
■«mMtidion. <iass sc-’ H«'h mijm hfd in i-<,»li^ Math dami in rasciMv 
Sul-nuiv nnil oü>. dmxr.r in Knmirou amvvfuntcli Kim ni< fu yidim. 
Mrtatdasiu jun^on Knoe'hori^öwciio,- Kt du* Kluirnahtm. »Vi-*,* dma 
- Klton'.idi. ui.niicl.i jiWdrl.. doch sind nach dios.o f>: h«d 

dru? t dl Jo« nur ptmvisnrigidi )•$ fiowoboy das wifdor wr.-sdüviudim 
knum AUo i/maHidoit und ainloir MVuaplasimij wams vor ViK ha c, 
Mkektrir oit^lisrm hmhinu' zngüu^iir, so lat)<»••-. nnm ri.ru«- mrnii ; » S) 
dm KUdUUjtr von Zrlhm nur einen» BJastunt. tuiihm Frei dn.r« h 
; Vh '.!i <■ w lernt. }, nn. dass bh «j.*r MKaplaftio <dm* rotdimdrli-dic 

limii« v»m Zn]l»m c\.Ktir1, dir rin- aus (in aixlurcH here ui »mhm, 
dass also z. Jj lmj dor piwiostnalfu ICnm-.lmunmiHjdun- sii-Jt tm-iu 
|virjO (dHNtis(dir liymplir hr^jaus der /^rUmi onfstrhcri. mhdord 
dass dir hDochrnliddoiidcu Z.dhm dir Ähkdmmliii^r dm oo'wurhrHhi 
'‘crinstzidirlv sind. I )ji ar Aus* hauuueon lirariiKj hkh alloidin-is 
ich! sn^ioiöh ftaha und auch in moddioirJor \VrKr niifsfand eine 
>j)]msifkiu, fnsofctai als man dto !•<! der Kc^mmatim nun waK- . 


rWl 

ansiKüt. fihwi-idTm ^bsiursjtlcjn jür wöüijrec j ^ Jourxuit uh i?uthölu#v «mhiiici^wldgy. Luiidna 1^6)2. 

: Dü Utu . häoi 1 ! 3*98. Xo. t. 


Go gle 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


32 


stehenden Zellen nicht von den alten Elementen glaubte ableiten 
zu sollen, sondern aus den bei den fraglichen Processen auf¬ 
tretenden Leukocyten hervorgehen liess. Diese Anschauung ist 
heute ziemlich allgemein aufgegeben, aber Virchow möchte be¬ 
tonen, dass sie doch vielleicht nicht, völlig beseitigt werden sollte, 
da er nämlich selbst bei der Organisation des Thrombus die Her¬ 
kunft der Bindegewebszellen von Leukocyten wahrscheinlich ge¬ 
macht hat und auch heute noch nicht völlig vom Gegentheil über¬ 
zeugt ist. 

Die Gewebsproliferation hängt also jedenfalls von der W uche¬ 
rungsfähigkeit der Gewebszellen ab, die freilich zum Theil nicht, 
mehr genügende Vermehrung zu zeigen und etwaige Gewebsver- 
luste regenerativ auszugleichen vermögen (z. B.. Ganglienzellen), 
die aber zum anderen Theil dazu noch sehr wohl imstande sind. 
Die Proliferation führt aber auch nicht selten, wie aus den obigen 
Beispielen erhellt, durch Metaplasie zu Produkten, die von den Aus¬ 
gangselementen verschieden sind. Virchow möchte diese im Ge¬ 
gensätze zu den homologen Neubildungen als allotrope bezeichnen. 
Dieselben Gewebe können aber sowohl homologe wie allotrope Pro¬ 
dukte liefern, und innerhalb der beiden grossen Gewebsgruppen, 
dem Epithel und dem Bindegewebe, können die einzelnen Arten 
vielfach in einander übergehen. In welchem Umfange dies aber 
möglich ist, kann noch immer nicht nach allen Richtungen als 
sichergestellt betrachtet werden. Aber wenn es auch sehr weit¬ 
gehend der Fall sein sollte, so würden wir doch sagen müssen, 
dass es keine pathologischen Zellen giebt, die nicht in einem nor¬ 
malen Gewebe ihr Prototyp hätten, dass also keine Zelle atypisch 
ist. „Die Pathologie gewährt keine Stütze für eine weitere An¬ 
schauung des Begriffes der Descendenz“. 

Dieser Satz bezieht sich zunächst nur auf die Metaplasie. 
Wenn diese nun aber keine Stütze für die Descendenz gewährt, 
so darf man wohl hervorheben, dass dies negative Ergebniss an¬ 
dererseits auch keinen Einwand gegen dieselbe enthält. Denn man 
muss doch wohl nicht nothwendig voraussetzen, dass die zu patho¬ 
logischen mit Metaplasie verbundenen Zuständen führenden Ein¬ 
griffe eine Aenderung des Gewebstypus zur Folge haben. Solche 
Eingriffe unterscheiden sich doch durch Art, Intensität, Dauer 
ihrer Einwirkung etc. wesentlich von den Einwirkungen, welche die 
von der Dcscendenztheorie vorausgesetzten, langsam und schritt¬ 
weise einsetzenden Aenderungen des Körpers bedingen. Aber wellten 
wir auch die zu Anpassungen führenden und so allmählich wir¬ 
kenden Einflüsse im weitesten Sinne als pathologisch bezeichnen, 
so würden wir doch nicht in der Lage sein, durch histologische 
Untersuchungen solche Veränderungen nachzuweisen, da sie nicht 
am einzelnen Individuum in einer für uns messbaren Weise und 


wendet, setzt er auseinander, dass man einen Unterschied machen 
muss zwischen den auf Rückschlag beruhenden Abweichungen, die 
man als pithekoiden Atavismus, und zwischen den aus pathologi¬ 
schen Momenten entstehenden Thierähnlichkeiten, die man als 
pathologischen Pithekismus zusammenfassen kann. Ist es nun 
möglich, so fragt Virchow in dem dritten Abschnitt seiner Ab¬ 
handlung die Grenze zwischen den beiden Theromorphieen, der 
atavistischen und der pathologisch erworbenen zu ziehen? Die 
Vererbbarkeit der Abweichung ist kein Kriterium, da auch die er¬ 
worbene Theromorphie gelegentlich vererbt werden könne. Es 
muss also von Fall zu Fall oder besser von Gruppe zu Gruppe 
untersucht werden, und indem Virchow zunächst die Doppel- und 
Mehrbildungen in’s Auge fasst, hebt er hervor, dass nicht alle 
hierher gehörigen Erscheinungen unter einem Gesichtspunkt be¬ 
trachtet werden könnten, da z. B. die Doppelmonstra etwas ganz 
anderes bedeuteten als etwa ein doppelter Finger. Die ersteren 
sind in der Regel als erworbene Variationen anzusehen, während 
bei anderen Mehrbildungen auch andere Deutungen möglich sind. 
Bei den Zahlenanomalieen der Semilunarklappen des Herzens 
betont er, dass eine Vermehrung derselben auf vier die Annahme 
einer atavistischen Ursache näher lege, als die Verminderung auf 
zwei, bei der wohl stets pathologische Verhältnisse vorliegen. Die 
oft beobachtete Vermehrung der Zähne ist nicht genügend ge¬ 
klärt, während Virchow andererseits hervorhebt, er erkenne mit 
Vergnügen an, dass die neueren Forschungen über die Sechs- 
fingerigkeit der Hände und Füsse die Neubildung durch Heran¬ 
ziehung atavistischer Anschauungen in unerwarteter Weise ver¬ 
ständlich gemacht haben. Nun sahen wir aber oben, dass Weis¬ 
mann die Polydaktylie nicht als Rückschlag aufzufassen geneigt 
ist, und zwar ausser aus dem angeführten, auch aus dem Grunde, 
weil ja die weit zurückliegenden Urahnen, die w ? egen der grösseren 
Fingerzahl in Betracht kommen konnten, noch gar keine mensch¬ 
lichen Finger hatten. Auch Zander 1 ) hat auf Grund einer Unter¬ 
suchung einer sechsfingerigen Hand sich gegen die atavistische An¬ 
schauung gewandt und die Erscheinung aus der Einwirkung am¬ 
niotischer Fäden erklärt. Aber auch hiermit stimmt Weismann 
nicht überein, da die Polydaktylie vererblich ist, dies aber nicht 
sein könnte, w r enn sie als eine durch den Druck jener Fäden be¬ 
dingte erworbene Eigenschaft aufzufassen wäre. Er führt die Ab¬ 
normität in Uebereiüstimmung mit Ziegler auf eine Keimesvaria- 
tion zurück, die vielleicht auf einer Verdoppelung der die Finger¬ 
anlagen bestimmenden Determinanten beruhe. Die Frage der Poly¬ 
daktylie bedarf demnach wohl noch weiterer Untersuchung. Da¬ 
gegen stimmt nun Virchow mit Weismann überein, w r enn er bei 
der Polythelie (s. o.) eine atavistische Deutung zuzulassen ge- 


als Abweichungen vom typischen Verhalten der Gewebe auftreten, 
sondern auch bei Annahme einer Vererbung erworbener Eigen¬ 
schaften erst im Verlaufe vieler Generationen deutlich her¬ 
vortreten. 

Etwas anders als mit der cellularen verhält es sich mit der 
organologischen Transformation. Hierüber hat Virchow r 
in drei zusammengehörigen früheren Artikeln, in seinem Archiv 
Bd. 108, sich verbreitet. Wir wollen auch ihren Inhalt hier in 
Kürze wiedergeben, zumal Virchow in seinem jüngsten Aufsatz 
auf sie zurückverweist. 

Nachdem er in dem ersten Abschnitt auseinandergesetzt hat, 
dass, worauf wir sogleich noch eingelien werden, „die Entstehung 
einer Variation mit erblichem Charakter jedesmal eine Abweichung 
von dem Typus, also ein pathologisches Verhältniss des ersten 
Erzeugers voraussetze“, geht er zur Besprechung des Atavismus 
über, den er als einen der stärksten Beweise für die Abstammung 
von der ursprünglichen Art betrachtet und den er in erster Linie 
mit Bezug auf den Menschen erörtert. Es ist schwierig festzu- 
stellen, ob eine gegebene Abweichung vom menschlichen Typus 
atavistisch oder pathologisch ist. Vor allem handelt es sich hier 
um die Monstrositäten, die gewiss nur zum kleinsten Theil 
bei dem Atavismus untergebracht werden können. Schon Job. 
Fr. Meckel hat zunächst hervorgehoben, dass alle, auch die weit¬ 
gehendsten Neubildungen immer noch den Typus des Individuums 
erkennen lassen, aus dem sie hervorgegangen sind. Er stellte so¬ 
dann den Satz auf, dass die höheren Thiere in ihrer Entwickelung 
Perioden durchlaufen, w r elche von den niederen Thieren fixirt er¬ 
scheinen. Dieser Ausspruch giebt zwar nicht mehr ganz unsere 
heutigen Anschauungen wieder, indessen konnte Meckel darauf 
basirend ausführen, dass, da die Embryologie vielfache Aehnlich- 
keit mit thierischen Formen zeigt, durch Hemmung des Wachs¬ 
thums und durch ein auf diese Weise bewirktes Stehenbleiben von 
Theilen des Embryo auf früheren Entwickelungsstufen eine gewisse 
Thierähnlichkeit zustande kommen muss, die dann aber keinen 
Atavismus bedeuten, sondern einen pathologischen Process im 
engeren Sinne darstellen würde. Indem Virchow diese Fragen 
dann weiterhin auf das Verhältniss vom Affen zum Menschen an¬ 


neigt ist. 

Kommen wir nun auf den obigen die Metaplasie betreffenden 
Ausspruch zurück, dass die Pathologie für eine weitere Ausdehnung 
des Begriffes Descendenz keine Stütze gewährt, so sehen wir jetzt, 
dass bei der organologischen Transformation die Sache etwas 
anders liegt. Sind auch gewiss die meisten Monstrositäten als 
erworben oder nach Weismann zum Theil als Folgen einer Keimes¬ 
variation anzusehen, so giebt es doch auch solche, bei denen die 
atavistische Auffassung Berechtigung hat. Sie sind dann aber 
allerdings als eine Stütze der Descendenz anzusehen. 

Virehov T hat aber noch im Anschluss an seine Besprechung 
der Polydaktylie und Polythelie hervorgehoben, dass auch eine 
atavistische Erscheinung als pathologisch oder teratologisch zu 
betrachten sei. Nach Weis mann’s oben wiedergegebener Erklä¬ 
rung würde sie das freilich nicht sein. In dem gleichen Sinne 
schliesst dann Virchow seinen neuesten Aufsatz damit, dass seiner 
Meinung nach jeder Fall von Descendenz im Sinne Darwin’s.d. h. 
jede Abweichung vom Typus des elterlichen Organismus einen 
pathologischen Vorgang darstellt. 

Dasselbe hat er, wie oben erwähnt, auch in dem ersten Ab¬ 
schnitt seiner Abhandlung im 103. Bande seines Archivs ausein¬ 
andergesetzt. Er führte dort aus, dass jede äussere Ursache zu 
einer Veränderung, einer Störung und eventuell zu einem Reizzu¬ 
stand führt, dass diese Begriffe aber ebensogut eine pathologische 
wie eine allgemein biologische Bedeutung haben, dass es ferner 
eine scharfe Grenze zwischen den pathologischen und physiolo¬ 
gischen Processen nicht giebt. Eine Varietät aber ist eine blei¬ 
bende Störung der Einrichtung eines Organismus und insofern 
pathologisch. Virchow meint ferner, dass, auch wenn die Stö¬ 
rung durch eine als Anpassung an die äussere Ursache zu deu¬ 
tende Variation ausgeglichen ist, diese dadurch allein noch nicht 
physiologisch würde. Es müsse mindestens noch die Vererbung 
hinzukommen, durch welche die Abweichung als neuer Artcharakter 
bei den Nachkommen fixirt wird. 

Etw'as anders stellt sich die Sache vom Standpunkte Weis» 


l ) Virchow's Archiv Bd. 125. 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


mann’s. Wenn die Vererbung einer erworbenen Eigenschaft aus¬ 
geschlossen ist, wenn also die Abänderungen nur auf einer Va¬ 
riation des Keimplasmas beruhen, so könnte die Bezeichnung patho¬ 
logisch nur auf jenen Theil der Vorgänge Anwendung finden, die 
in den von Weis mann angenommenen wechselnden Ernährungs¬ 
einflüssen auf das Keimplasma gegeben sind. Bei den so ent¬ 
stehenden Modificationen des Keimplasmas könnte man allenfalls 
von pathologischen Erscheinungen im weitesten Sinne reden. 

Diese Auseinandersetzungen rufen nun aber schliesslich die 
Frage hervor, ob dadurch, dass man die Variation als pathologisch 
bezeichnet, ein Bedenken gegen die Descendenztheorie in dem 
Sinne geäussert würde, dass man doch nicht wohl eine fortschrei¬ 
tende Entwickelung der organischen Welt auf pathologische Pro- 
i-esse würde basiren wollen. Aber von Pathologie im Sinne von 
Krankheit ist hier natürlich keine Rede. Sahen wir doch, dass 
gerade bei den pathologischen Vorgängen im engeren Sinne, die 
mit Metaplasie verbunden sind, und zwar nicht nur bei Krank¬ 
heiten, sondern auch bei anderen pathologischen Zuständen, z. B. 
einem Knochenbruch, eine Abweichung vom Typus des elterlichen 
Organismus nicht- zustande kommt. Wenn eine solche aber bei 
der organologisehen Transformation sich einstellt, so haben wir es 
entweder nicht mit vererbbaren Anpassungen im Sinne der Des¬ 
cendenztheorie zu thun, oder es handelt sich um Atavismus. Und 
selbst wenn wir mit Virchow pathologische Rassen, z. B. das 
Hollenhuhn annehmen, so sind diese doch nicht unter der Ein¬ 
wirkung der gemeinhin zu pathologischen Processen führenden 
Lrsachen plötzlich entstanden, sondern sie bildeten sich gewiss 
ebenso allmählich im Verlauf von vielen Generationen aus uns 
anbekannten Einflüssen aus, wie die Artänderuugen, welche die 
Descendenztheorie voraussetzt. 

Vill man also die Varietät als pathologisch bezeichnen, so 
würde man dazu besonders dann berechtigt sein, wenn sie unver¬ 
mittelt aufträte. Da sie nun aber allmählich und fast unmerklich 
zu Stande kommt, so ist jede einzelne Stufe dieses „pathologischen“ 
\organges doch nur ein Ausdruck für die Fähigkeit des Proto¬ 
plasmas, die Erscheinung der Reizbarkeit und Anpassung zu zeigen 
durch we che die Aenderung entsteht. Die Varietät ist dann also 
nur m gleichem Sinne pathologisch, wie man diese Eigenschaften 
des rrotoplasmas pathologisch nennen kann. Bildet sich aber eine 
Aenderung durch die Vereinigung der Geschlechtszellen, so liegt 
eme Abweichung vom Typus der Eltern lediglich insoweit vor, 
as die Varietät bei diesen sich noch nicht ausgebildet hatte, wäh¬ 
rend sie doch m den Grundlagen bereits vorhanden war. 


33 


V. Neuere Arbeiten über Epilepsie. 

Von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle. 

(Fortsetzung aus No. 1.) 

dor lÄ , der überwältigenden Thatsachen, welche die Reizung 
Wei?p an al t 1 - ?! rar, ? de , au * ex Perimentellem wie pathologischem 
über Hin Pqh? 10 ^ Spracht hat, haben sich unsere Anschauungen 
-eändert iy ? g f nes . e de s epileptischen Anfalls vollständig 
!med n 1 13 ro 6 “ ei P T er ^gemeinen Anerkennung, sich erfreuende 

in das mrir ^f°ne Nothnagel’s, welche das „Krampfcentrum 14 
neuere pn? 1 ? und die drücke verlegte, ist durch die 
JSer* ) , t 0 Ca i e J he0lie stark erschüttert worden. Bins- 
Hand exnprim Ehrenrettung der medullären Theorie an der 
Versuch/ v„f! eUer Untersuchungen, bei welchen er die früheren 
Das Ergebnis«! aa & el ® ein er Nachprüfung unterzog, versucht. 

Sätzm zusainmengefMstT 6 ^ 11 ^ 6 hat Binswan S er in folgende« 

«luitteB'vm'rt™ del ,.lj aut e l igrübe liegen in den lateralen Ab- 
zeitlichen TW™/ media ? e n Abhängen der Clava bis zum vorderen 
elektrisch um re “ zun «S r ^ 1 des Ventrikels reichend eine Reihe 
auf Heizung mif am . kei * mechanisch erregbarer Punkte, welche 
der Extremitäten ° nis ^ en Krampfzustftnden des Rumpfes, Kopfes, 
Bewegumrsformtm j UÜ( L ^ömplicirtereu Erscheinungen associirter 
Extremitäten (Lauf-, Tret-, Stoss, Schlag-, 
Welchen die lfpfH?? ^Worten. Die erregbarsten Stellen, von 
werden könnpn iE SteU .^meinen Krampferscheinungen ausgelöst 
2. Se n ^f " y ordere « Theilen dieses Gebietes. 

Vrt. Die Heiz«atoiiEpizerscheinungen sind reflectorischer 
Hehmlieii die ö„f cf • blld ? n die sensiblen Trigeminuswurzeln, vor- 
Felde der Formati/^ 6 ?^ 0 ’» v .teDeicht ist auch eine im seitlichen 
Mittlerin des Reizes retlcuar * 8 £ e tegene sensible Hauptbahn Ver- 


^ ft ^ (HauWhpn e H tre ü Sin ? vorzu gäweise in der dorsalen Brücken- 
ist an dem 7 ,,!+ Kriegen. Die centrale basale Brücken- 
ante rior nicht w h .r 8 bekommen dieser Reflexvorgänge der Fovea 
l8t basalwärts nah* a*’ ^ le °^ ere Grenze dieser Reflexcentren 
em vorderen dorsalen Rande des Pons, 


, . d ' Durchschneidungen der Brücke rufen, ausser für Oeulomo- 
tonus und Trochlearis die stürmischsten Reflexactionen hervor 
getroffen‘werden“ 11 Sehnittreiz die erregbarsten Stellen 

5. Elektrische Reizung der Schnittfläche bedingt allgemeine 
Krampfbewegungen, wenn die Haubenregion der Brücke gereizt 
Wird; der mechanische Reiz der Berührung ist unwirksam 

6. Diese Reflexcentren der Brücke besitzen die Bedeutung 

einer bammelstation der Niveaucentren des Rückenmarks; sie dienen 
der Vermittlung umfassender associirter Bewegungen Die Be¬ 
zeichnung Krampfcentren“ entspricht sicherlich nicht der physio¬ 
logischen Stellung derselben. F J 

7. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass unter bestimmten 
Voraussetzungen beim Vorhandensein einer pathologisch gesteigerten 
Erregbarkeit oder durch abnorme Reize die Erregung dieser Centren 
zu ausgebreiteten Krampfbewegungen führt. .Nur in letzterem 
binne kann die Bezeichnung „Krampfcentrum“ beibehalten werden. 

8. Die Form des Krampfes ist diejenige der tetanischen Er¬ 
regung und krampfhaften Steigerung der associirten Muskelbewe¬ 
gungen des ganzen Gliedes. 

9. Es gelingt niemals, weder durch elektrische, noch mecha¬ 
nische Reizung von der Brücke aus wahre epileptische Anfälle aus¬ 
zulösen. 

Durch eine spätere Reihe von Versuchen hat Binswanger 45 ) 
dargethan, dass bei Hunden von der Medulla oblongata aus über¬ 
haupt irgend welche zuckende Krämpfe nicht ausgelöst werden 
können, sondern nur tetanische Gliederstarre, während beim Ka- 
| ninchen ausserdem klonische Gliederbewegungen sieh zeigen. 

Endlich hat Ziehen 31 ) bei Versuchen an Kaninehen in der 
Gegend des Thalamus opticus und der vorderen Vierhügel motorische 
! Centren für höher coordinirte Bewegungen (Lauf bewegungen) gefunden. 

| Als unbestritten kann seit langer Zeit wohl gelten, dass die 
j Reizung der sogenannten motorischen Region epileptische Krämpfe 
i zur Folge hat. Nun hat man aber auch Fälle beobachtet, in wel¬ 
chen die Läsion ausschliesslich das hinter der motorischen Region 
belegene Rindengebiet betraf, insonderheit das Occipitalhirn. Diese 
epileptogene Aeusserung des Occipitalhirns hatte S. Rosenbach 
(Virch. Arch. Bd. 97) als eine Fernwirkung auf die motorischen 
Rindenpartieen gedeutet. 

Gegen diese Auffassung hatte Unverricht (Deutsch. Arch. 
f. klin. Med. Bd. 44) polemisirt und behauptet, dass die hinteren 
Rindengebiete durch eigene Erregung einen epileptischen Anfall 
auslösen können, dass ihnen epileptogene Eigenschaften innewohnen. 
Unter anderen hatte er zur Stütze dieser Behauptung einen Ver¬ 
such angeführt, in welchem auch nach Abtragung der motorischen 
Centren auf der gereizten Hemisphäre die Reizung der hinteren 
Rindengebiete doch halbseitige epileptische Anfälle auslöste. Hier¬ 
auf bezügliche von Rosenbach 49 ) angestellte Controllversuche 
ergaben folgendes: 

Rosenbach fand von neuem, dass Reizung der Occipitalrinde 
mit Inductionsströmen von hoher Intensität und langer Dauer nach 
vollständiger Auslöffelung der motorischen Rindencentren derselben 
Hemisphäre keine epileptischen Krämpfe mehr hervorruft, obgleich 
es gelang, bei den nämlichen Thieren bei unversehrtem Gehirn durch 
Reizung der Oceipitalregion solche zu erzielen. Nach Exstirpation 
des motorischen Rindengebietes an einer Hemisphäre hatte Reizung 
der anderseitigen motorischen Region sowohl, als auch des ander¬ 
seitigen hinteren Rindengebietes halbseitige Anfälle zur Folge. Nach 
beiderseitiger Abtragung der motorischen Centren war es in keiner 
Weise mehr möglich, epileptische Krämpfe hervorzurufen. Es ist 
hierbei zu bemerken, dass es auch bei völlig unversehrtem Gehirn 
nicht immer gelingt, durch Reizung der Occipitalrinde convulsive 
Anfälle zu erzielen. In einem seiner Controllversuche (an einem 
jungen Hunde) blieb allmähliche Verstärkung des Stroms bis auf 
übereinandergeschobeno Rollen des Schlittenapparates ohne den er¬ 
warteten Erfolg, obgleich der Strom minutenlang hindurchgeleitet 
wurde; dass dieses negative Resultat nicht etwa durch Verlust 
der Erregbarkeit der motorischen Rindencentren bedingt war, ist 
daraus zu ersehen, dass sowohl im Anfänge des Experimentes als 
auch bei wiederholter Prüfung, Application der Reizung an die 
Regio cruciata beider Hemisphären ohne Schwierigkeit Einzel¬ 
bewegungen und allgemeine epileptische Krämpfe zur Folge hatte. 

Im Anschluss an seine bekannte Theorie von der temporären 
Entladung der Nervenzelle während des Anfalls unterscheidet 
Hughlings-Jackson 61 ) drei Klassen von Convulsionen, welchen 
als Ausgangspunkte ebenso viele Abtheilungen des Centralnerven¬ 
systems entsprechen. Diese aber sind alle ebenso sensibel wie 
motorisch, aber einander untergeordnet. Von der untersten Ab¬ 
theilung, dem Rückenmark, der Oblongata und der Brücke gehen 
die einfachsten Krampfbewegungen in Gestalt von ponto - bulbären 
Anfällen aus, nämlich die respiratorischen Krämpfe, der Laryngis¬ 
mus stridulus und die toxischen Convulsionen, wie nach Absynth etc. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Von der mittleren Abtheilung, den motorischen Rindencentren, 
vielleicht auch von den Ganglien des Streifenhügels, gehen die 
epileptiformen Anfälle mit ihren zusammengesetzteren Bewegungen 
aus Als dritte und höchste Abtheilung bezeichnet er den Prä¬ 
frontallappen, den motorischen Bezirk des Bewusstseinsorgans. 
Von hier gehen die Anfälle von genuiner Epilepsie mit ihren höchst 
zusammengesetzten Bewegungen aus. Bewusstseinsyerlust kann 
bei schweren Anfällen aller drei Klassen eintreten, früh, wenn dei 
Präfrontallappen den Ausgangspunkt darstellt, später, infolge des 
Zusammenhanges der tieferen Abtheilungen durch aufsteigende 
Fasern mit der höchsten, bei den beiden anderen Klassen. 

Aus zahlreichen Versuchen an Thieren ziehen Todorsky und 
Bechterew 73 ) den Schluss, dass während der epileptischen Anfälle 
verstärkter Blutzufluss zum Hirn mit Erweiterung seiner Capillaren 
stattfindet. 

Zur Symptomatologie der Epilepsie sind zunächst als inter¬ 
essant zu verzeichnen die Untersuchungen zweier italienischer 
Aerzto über die Sinnesorgane der Epileptiker. Venturi 8 ) 
kommt durch seine Untersuchungen zu dem Schlüsse, dass im 
allgemeinen bei Epileptikern eine bedeutende Abschwächung des 
Gehörs gegenüber Gesunden zu constatiren ist, und dass bei 
Plagiocephalen auf der Seite, welche der Schädelabdachung gegen¬ 
überliegt, das Gehör vermindert ist. 

d’Abundo 1 ) hat 40 Epileptiker auf das genaueste in Bezug auf 
ihr Sehorgan untersucht: Verengerung der Pupille (Siemens) im 
Beginn des Anfalls wurde von d’Abundo nicht gefunden. In der 
tonischen Periode des Anfalls ist die Iris stark contrakirt, so dass 
ihr Innenrand beinahe die Cornea berührt. Während der klonischen 
Periode besteht die dadurch hervorgebrachte Erweiterung der Pupille 
noch fort: bei starken und mittelstarken Anfällen erfolgt das 
Zurückgehen der Erweiterung sehr langsam, bei leichten Anfällen 
schneller. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab, dass nach den 
Anfällen eine Congestion der Gefässe des Augenhintergrundes statt¬ 
findet, welche im geraden Verhältnisse zur Stärke des Anfalls steht, 
und zwar nicht nur bei den eigentlichen Anfällen, sondern auch 
bei dem einfachen epileptischen Schwindel. Diese Congestion der 
Retina dauert Stunden lang an und kann somit als ein wichtiges 
Unterscheidungsmittel des wahren Anfalls von den simulirten an¬ 
gesehen werden. Störungen des Farbensinns werden nur nach 
schworen Anfällen gefunden; sie sind constant und so hochgradig, 
dass für einige Farben das Unterscheidungsvermögen vollständig 
aufgehoben sein kann. 

Nach Wiglesworth und Bicherton S1 ) ist der Procentsatz der | 
Refractionsanomalieen bei epileptischen Geisteskranken ein sehr j 
grosser. Indessen wurden durch corrigirende Brillen sichere Er¬ 
folge ebensowenig erzielt, wie schon früher durch die Stevens-Com¬ 
mission. Besser scheint das Resultat sich bei einigen epileptischen 
Kranken in der Privatpraxis zu gestalten. 

Ueber das epileptische Fieber sind namentlich von Wit¬ 
kowski 2 ) u. Bourneville 14 ) ausführliche Untersuch ungen angestellt 
worden. Die Ergebnisse der beiden Autoren stimmen in manchen 
Punkten nicht überein. Wir geben zunächst in kurzem Auszug 
die Angaben von Witkowski. Bei Epileptikern kommen nicht 
ganz selten hohe Temperaturen vor, ohne dass eine andere Fieber¬ 
ursache nachzuweisen wäre, als die Neurose. Charcot’s Angabe 
freilich, dass jeder ausgebildete epileptische Anfall mit einer I 
Temperatursteigerung von lo und mehr einhergehe, ist nicht I 
richtig. Ja, es ist selbst beobachtet, dass kleinere Aufallsreihen 
ganz ohne Fieber verlaufen. Indessen ist es Regel, dass mit 
Häufung der Anfälle Fieber sich einstellt. In denjenigen Fällen, 
in welchen sich im Verlaufe von mehreren Tagen unter progressiver 
Zunahme der Anfälle ein Status epilepticus entwickelt, steigt 
auch die Temperatur stufenweise. Die Fälle mit staffelförmigem 
Ansteigen des Fiebers verlaufen meist ungünstig; andernfalls 
erfolgt Temperaturnachlass ebenfalls staffelförmig. Beim Status 
epilepticus sah Witkowski Atropin subcutan sowohl auf die 
Zahl der Anfälle, wie auf die gefahrdrohende Herzschwäche günstig 
einwirken. Das Abfallen des Fiebers geht stets parallel der psychi¬ 
schen Störung: mit dem Freiwerden des Bewusstseins hört auch das 
Fieber auf. Ueberhaupt sind die Krämpfe nur dann von Fieber 
begleitet, wenn das Bewusstsein dabei stark und anhaltend gestört 
ist. Das Fieber hält einige Stunden bis höchstens 4—5 Tage an. 
Sind die Krampfanfälle weniger ausgesprochen, so fällt die höchste 
Temperatur mit der stärksten Erregung oder dem tiefsten Sopor 
zusammen. 

Bourneville bestreitet zunächst die Angabe von Witkowski, 
dass bei vereinzelten Anfällen und kleinen Serien von Anfällen die 
Temperatursteigerung fehlen soll, vielmehr soll auch hier eine 
Steigerung, zwischen 0,1 und 1,5» wechselnd und im Mittel 0,5 bis 
0,6o betragend, die Regel sein. 

Lernoine 33 ) bestätigt die Angaben von Bourneville und 


macht auf die differentiell diagnostische Bedeutung der Temperatur¬ 
steigerung bei simulirten Anfällen aufmerksam. 

Legrand 12 ) betont die Wichtigkeit der Temperaturmessungen 
im Status epilepticus, weil man nach der Höhe der Temperatur 
beurtlieilen könne, ob der Kranke durchkommen werdo oder nicht. 
Er nimmt eine convulsivische und meningitische Periode 
des Status epilepticus an. Die Symptome der convulsivischen 
Periode sind: rasche Folge der Anfälle, beschleunigter Puls, rasches 
Athmeu, warme Haut, feuchtes Gesicht, Nystagmus, Verlust der 
Contractilität der ungleichen Pupillen, Cyanose der Lippen, trockne 
braune Zunge, Erschwerung des Schluckens, Stuhlverstopfung, 
Incontinentia urinae. Oft ist eine Seite gelähmt. Die Intelligenz 
erlischt, es tritt Sopor und Coma ein. Die Temperatur steigt bis 
42,1, und zwar um so höher, je grösser die Zahl der Anfälle, 
und in je höherem Grade die Geistesthätigkeit beeinträchtigt ist. 
Bei Temperaturen über 40 erfolgt häufig der Tod. Die menin¬ 
gitische Periode beschreibt er: die Anfälle werden seltener, und 
verschwinden schliesslich ganz, die Intelligenz aber bleibt in hohem 
Grade geschwächt. Es können Hallucinationen und maniakalische 
Erregung eintreten. Die Ernährung geht zurück, die Haut wird 
trocken, die Augen fallen ein, es tritt Abmagerung und Decubitus 
ein. Die Temperatur kann mit Auf hören der Anfälle sinken; steigt 
sie aber rasch wieder, so wird der Zustand bedenklich, die De¬ 
pression nimmt zu geht in Coma über, und der Tod tritt ein. War 
die Temperatur nicht über 40,5 gestiegen, nimmt der Collaps ab, 
wird die Zunge feucht, so kann trotz schwerer Erscheinungen 
noch Genesung eintreten, wenn die Temperatur erheblich sinkt. 
Der Status epilepticus dauert in der Regel 3—9 Tage, 3 /5 der 
j Befallenen gehen darin zugrunde. — Dieselben Angaben macht 
Bourneville. 

Hornön 4 ) fand bei einem 25jährigen kräftigen Epileptik 61 '- 
welcher schon im 14. und 15. Lebensjahre an periodischem Sür n_ 
kopfschmerz, seit dem 21. aber an epileptischen Anfällen gelitten 
hatte, eine epileptogene Zone mit Herabsetzung der Sensibilität 
in der Umgebung des linken Auges, der linken Nasenseite, sowie 
der Stirn- und Schläfengegend ebendaselbst. Das Gefühl war auch 
für Schmerz und thermische Reize herabgesetzt. Wenn Honten 
durch Reiben des linken oberen Augenlides einen Anfall auslöste, 
so stellten sich die Krämpfe zunächst in der linken Gesichtshälfte, 
dann im linken Arm, dem linken Bein und schliesslich auch in 
der rechten Körporhälfte ein. Vor dem Anfalle empfand der Kranke 
Spannen im linken inneren Augenwinkel, der linken Nasenhälfte 
und an der Nasenwurzel. 

Rivano 28 ) hat bei Epileptischen die Phosphor säure an 
Anfallstageu constant und um circa 38% vermehrt gefunden, und 
zwar infolge der gesteigerten Ausscheidung der an Erden gebundenen 
Phosphorsäure. Ebenso fand er die Harnstoffausscheidung an An¬ 
fallstagen stets vermehrt, im Mittel um 9 °/o, die Extreme be¬ 
trugen 2 und 20 0 o- Beide Körper erfahren auch bei Schwindel¬ 
anfällen eine Steigerung ihrer Ausscheidung. Albuminurie hat 
Rivano niemals als Folge eines epiloptischen Anfalls beobachtet. 
— Voisin und Peron dagegen fanden in 50 »0 nach dem An¬ 
falle Ehveiss im Urin. 

Von französischen Autoren, besonders von Bourneville und 
Bricon 36 ), sowie von Ladame 37 ), Mairet 47 ) u. a. sind in neuerer 
Zeit die Fälle von Epilepsie, welche mit einem eigenthüinlichen 
auch bei anderen Nervenkrankheiten beobachteten Symptom, dem 
sogenannten Laufphänomen, la procursion, einhergehen, als eine 
besondere Form, Epilepsia procursiva, Laufepilcpsie, be¬ 
schrieben worden, welcher eine ganz besondere Stellung in Bezug 
auf Symptomatologie, Prognose und pathologische Anatomie ge- 
i bühre, insofern in den Paroxysmen die Phase des tonischen und 
des klonischen Krampfes ganz oder theilweise ausgefüllt (ersetzt) 
ist durch einen Anfall von schnellem Vorwärtslaufen in gerader 
Linie oder in Kreisen von grossem Radius, meist ohne Sturz und 
nachfolgende Hemmung, aber mit starker Congestion nach dem 
Gesicht. Die Laufepilepsie ist später einer Transformation in ge¬ 
wöhnliche Epilepsie fähig; sie ist von schwerer Prognose imd 
wahrscheinlich durch Kleinhirnsklerose bedingt. Die Procursion 
scheint bei Epilepsie im Kindesalter häufiger vorzukommen. Zu¬ 
weilen tritt sie auf, ehe es zu irgend einer anderen Kundgebung 
der Epilepsie kommt und bleibt lange Zeit als alleinige bestehen. 
Oft wechselt sie mit Krampfanfällen ab oder sie stellt den Vor¬ 
läufer des eigentlichen Anfalls dar. Manchmal stellt sich der Pro- 
cursionstrieb unter der Gestalt von automatischen Handlungen, so¬ 
genannten „Fugen“ dar, welche Stunden und selbst Tage lang dauern 
können und wie das Phänomen überhaupt schon seit dem Alterthum, 
besonders aber seitErastus und Bootius im 16. bezw. 17. Jahr¬ 
hundert bekannt sind. Während dieser Fugen verlässt der Kranke z.B. 
sein Haus oder seine Arbeit und kann sich benehmen wie einer, der bei 
! voller Besinnung ist, insofern er ein Eisenbahnbillet nimmt, sich zu 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MEDJCINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


essen geben lässt, bezahlt u. s. w. Ueber alle diese Vorgänge kann ihm 
hinterdrein jede Spur von Erinnerung abgehen. Diese Procursions- 
erecbeinimgen fallen oft mit perversen Instincten oder mit Folie 
morale zusammen. Anatomisch beziehen Bourneville und Bricon 
diese Erscheinung, wie gesagt, auf Läsionen im Kleinhirn; indessen 
waren Kleinhirnläsiouen in der Mehrzahl der Fälle nicht der einzige 
Hirnbefund, und sodann fehlten Lauferscheinungen in einer grossen 
Zahl von EpilepsiefSUen mit Kleinhimläsionen. Li einer ausführ¬ 
lichen Studie über die Laufepilepsie, welche durch zwei einschlägige 
Fälle von Seeligmüller veranlasst war, kommt Büttner 62 ) zu 
folgenden Schlussfolgerungen: 

1. Das Laufphänomen ist nicht als eine Zwangsbewegung, 
sondern als eine willkürliche Bewegung, höchstens als eine Zwangs¬ 
handlung anzusehen; sie ist nicht als ein epileptischer coordinirter 
Krampf, sondern als ein psychisch-epileptisches Aequivalent auf- 
znfassen. 

2. Die Epilepsia procursiva ist weder anatomisch noch pro¬ 

gnostisch als besondere Form der Epilepsie charakterisirbar. Das 
specifische Merkmal ihrer Anfälle giebt keinen principiellen, sondern 
nur einen formellen Unterschied von gewöhnlichen Anfällen und 
hat keine andere Bedeutung als die sonst bei leichter Epilepsie 
bekannten Automatismen. ' : 

Eine Beobachtung von L. Kramer 03 ) zeigt, dass neben den 
eigentlichen Laufbewegungen nach vorwärts, also neben den cur- 
sorischen auch rotatorische Zwangsbewegungen bei demselben 
Kranken Vorkommen können, welches Zusammenvorkommen La- 
<lame 3T ) in Abrede gestellt hatte. 

Therapeutisches. Trotz der grossen Zahl der in unserer 
Zeit, gegen Epilepsie angepriesenen Mittel behaupten die Brom- 
präparate sich immer noch als die zuverlässigsten. 

Gausterj 0 ) fasst seine Erfahrungen über die Behandlung der 
hpilepsie mit-Brompräparaten in folgenden Sätzen zusammen: 

. ßromtherapie ist dermalen noch die entschieden vortheiIhafteste 
bei der Epilepsie verschiedener Art, namentlich der idiopathischen 
? le muss la dpr Re S el d. h. Jahre lang in Verwendung 

kommen. Die Grösse der Gaben ist individuell durch vorsichtige 
versuche und Beobachtungen zu suchen, sowohl bei der Steigerung 
als beim Rückgänge bis zu der nach Besserung der Krankheit 
durch Jahre festzuhaltenden Dose. Unter sorgfältiger Beobachtung 
“i“ des, Kranken kann oft bis auf 20 g pro die ge- 
5 , diese Gabe eine zeitiang fortgesetzt werden, ohne dass 
ÄlllF.,*“ ? ra ” ken beobachtet wird. Steigerung der Gabe 
Ir Z a" V er alImähliche Verminderung bis zur zeitweisen 
mL • eB ., V f rtret !? g durel1 ein anderes Mittel ist durchzu- 
SrTmai,.“ f^beeer Verdauungsstörung mit höherer Gefährdung 
Dämnfniiir nn ^’ u Entwickelung von Spitzenkatarrh mit leichter 
Z. ?! "L. C) bf ‘‘.^eferen L Inerationen der Haut. Hemmungen 
Grund St,lm P f werden, ist in der Regel kein 

m r ’ : . i herapie zu verlassen oder die Gaben wesentlich 

erkranSn ;i»f L p ng l ntuberku - lose ’ schwere chronische Häut¬ 
ig BromtWani e Ernährungsstörungen sind Gegenanzeigen gegen 
ist Massive u WeDn dle Bekämpfung der Anfälle nicht Lebensfrage 
^ '“l" 6 Gegenanzeige, da später das 
Während Hpr n Fortsetzung der Bromcur noch steigen kann. 
Äzu ZeHSVl SUf faäfti e e Ernährung zu halten, 
(rioht • nd d,e sowie die Haut zu untersuchen. 

die Anwendung JE®* 06 ' H ono f»P bieM ) folgende Vorschriften für 
^Wendung der Bromsalze bei Epilepsie: 

von Jodsalzp^^rui 111 ! 88 /^ 11 Se * n? vor aRem fr©i von Beimengungen 
Da die Bromsalze schwefel ” und kohlensaurem Kali. 

Ursachen so S llt*™ ge \ omraen ’ leicht Magenkrämpfe ver- 
1)3 sie ai def Zäh^n^^ b ? ste ? beim der Mahlzeit, 

fleissige Reinifnin^H? » cht Ca 1 nes hei ^ orruf en, so muss man auf 
^nnLn nuf re !hn!H S ben Und des Mundes halten - Erfolg 
H äussern. Ä. T?, * es . elbe » ihre Physiologische Wir- 
Aufhebung des Rronh ’ Schlafsucht, Anaphrodisie, 

basi 's und des RaohJnf 68 n ? 1 mecbanis(ber Heizung der Zungen- 
wi ssermaassen dafkri/ . Dies f le tztgenannte Zeichen ist ge- 
uberschreiten unnütz^t 6111 “ 1 ^ d , 6S Säfctl £ ua gszustandes, den zu 
so lan,v ? a j g Heilnn ^ ,U ?* dea man au frocht erhalten muss, 


7 lan ge als die H P1 r i„Z’ ■ ULI ! man a^reent erhalten muss, 
da die Heilung niemal s g R ;ph Cht - g * eS1Chert ist ’ oder besser gesagt, 
gedrückt hat idas u P nmfv er lst ’ so rauss > wie Voisin es aus- 
Mischen ein stänrlil!. xr L Urn sozasa gen für den geheilten Epi- 
J 11 « seit 1_2 Jahr? 08 ^ ahran g smit tel bleiben. Haben die An- 
} r ersu eh machen d^ Br? Ufge , hÖrt ’ 80 kann man al Mählich den 
fa e um den andern n^ u Z "««fassen, alle drei Tage, einen 
pand de Saul lei ’ t 5 ^ Ta ^ e lan g in jedem Monat (Le- 
Wenden Rächend Jedem Falle ^ es gut, sich des 
triu n i emals PlötzHc? e ® 2u ve sichern. Die Bromcur 
H meist innerhalt» ab £ ebr ochen werden, denn sonst 

etn Kranken das T oh ß ^ a £ en ein starker Anfall ein, welcher 
Eeben kosten kann; selbst wenn der Kranke 


tftdHn h h« fc A h ?n A n [ äU ® bl ® lbt - kann doch noch nach Monaten der 
tödtliche Anfall emtreten (Legrand de Saulle). Ueber die Dosi- 
rung ist noch folgendes zu sagen: Gegenüber dem gewöhnlichen 
Modus Tag für Tag dieselbe Dosis zu verabreichen, hat Charcot 
vorgesch ageu, mit steigenden Gaben vorzugehen, indem man die 
Dosis jede Woche um 1 g steigert, z. B. binnen vier Wochen von 
4 auf 7 g kommt und dann auf 4 g zurückgeht 

In England giebt man alle drei oder vier' Tage eine grosso 

Dosis, und zwar zur Zeit der Mahlzeit auf einmal 15 — 20_25 & 

™?, h ® hat an demselben Tage 40 g ohne Schaden nehmen sehen! 

J h t a !r. b S blS zu . 20 g schon Bron dsmus eintreten 

sehen. Weitere Beobachtungen sind daher abzuwarten 

| . „ Di .® Bromsalze äussern ihre günstige Wirkung bei allen Formen 

der Epilepsie, sowohl bei den psychischen wie bei den mit Schmerzen 
Migräne oder Migraine ophthalmique, sowie endlich bei den mit 
äusseren wie inneren Krämpfen (Spasmus glottidis) verbundenen. 

_| , ^ _ (Schluss folgt.) 

VI. Referate und Kritiken, 

Philipp stöhr, Lehrbuch der Histologie und der mikroskopi¬ 
schen Anatomie des Menschen, mit Einsohluss der mikro- 
™? P T i f < ? len TeohnJk - Fnnft e verbesserte Auflage, 313 S mit 
Alb Holzschnitten. Jona, Gustav Fischer. Ref. S. G. 

Kaum nach Jahresfrist ist wiederum eine neue Auflage die 
fünfte, des oben genannten Lehrbuches nothwendig geworden. ’ Der 
Begleitbrief, den wir den früheren Auflagen dieses vorzüglichen 
Lehrbuches gegeben haben, ist dahin zu ergänzen, dass alles, was 
unserer Kenntniss über den feineren Bau des Körpers neu gewonnen 
worden ist, der neuen Auflage einverleibt wurde; die Abbildungen 
sind vermehrt, ältere zum Theil vergrössert worden. Von neuen 
Methoden ist die Ehrlich’sche Methylenblaufärbung nach Dogiel's 
Modification, ferner die Darstellung der Gallencapillaren nach 
Bdhm-Oppel aufgenommen worden. Die Methode über Härtung 
des Celloidins und Aufhellung der Celloidinschnitte hat Dr. Over^ 
ton, Privatdoeent der Botanik an der Züricher Hochschule mit- 
getheilt. 

Bii;oh-Hirschfeld, Grundriss der allgemeinen Pathologie. 

Leipzig, F. C. W. Vogel. Ref. Buchwald (Breslau). 

Bei der grossen Anzahl von Arbeiten, welche neuerdings in 
gewissen Gebieten der Pathologie veröffentlicht worden sind, bei 
den vielfach widerstreitenden Ansichten ist es für den Arzt unge¬ 
mein schwer, sich auf der Höhe der Situation zu halten und 
wirklich Gutes von Vergänglichem zu unterscheiden. Ein Lehr¬ 
buch, weiches, kurz gefasst, dabei anregend geschrieben, wesentlich 
das Brauchbare bringt, ist daher mit Freuden zu begrüssen. 
Cohnheim’s classisches Lehrbuch reicht für manche Fragen nicht 
mehr aus, wenn es auch immer seinen Werth behalten wird. Obiger 
Grundriss, von dem geschätzten Verfasser geschrieben, füllt eine 
Lücke in unserer Litteratur aus. Das Buch ist in drei Abschnitte 
getheilt: 1) Allgemeine Aetiologie, 2) Die allgemeine Morphologie 
der krankhaften Veränderungen, 3) Allgemeine Pathogenese. Jeder 
dieser Abschnitte ist in die zweckentsprechenden Unterabtheilungen 
gebracht. Um sich über den heutigen Standpunkt der Lehre 
von der Entzündung, der Regeneration, der Blutbildung etc. voll 
zu informiren, lese man die entsprechenden Kapitel. In sehr über¬ 
sichtlicher, zweckentsprechender, dabei kurzer Weise sind auch die 
pathogenen Mikroorganismen abgehandelt. Wir wünschen dem Lehr¬ 
buch die grösst mögliche Verbreitung. Die Ausstattung ist eine 
vortreffliche. 

F. v. Winckel, Die königliche Umversitätstrauenklinik in 
München in den Jahren 1884—1890. Berichte und Studien. 
Leipzig, S. Hirzel. Ref. Wiener (Breslau) 

In der, seinem Vater gewidmeten Zueignung der vorliegenden 

WC« _*4. _1_ • _ tihmIa 


aii uci, ötjineiu vttujr gewiumei-en Ziueignung aer vorliegenden 
Berichte erklärt Winckel es mit Recht als eine Pflicht der 
Direktoren klinischer Anstalten, von Zeit zu Zeit Mittheilungen 
über die Vorkommnisse in den Anstalten zu bringen, die sowohl 
für den klinischen Lehrer, wie für den Verfasser von Lehrbüchern 
die einzig sichere Basis einer erspriesslichen Lehrtätigkeit liefern. 
Bekanntlich ist Winckel hierin schon früher, während seiner 
Dresdener Thätigkeit mit gutem Beispiel vorangegangen, und seine 
Veröffentlichungen aus dem Dresdener Entbindungsinstitut haben 
allerwärts die anerkennendste Aufnahme gefunden. Nicht minder 
wird dies mit den jetzigen Münchener Berichten der Fall sein, die, 
was Genauigkeit der Beobachtung und Gewissenhaftigkeit der Dar¬ 
stellung betrifft, sich würdig den Dresdener Berichten anreihen, 
sie aber an Reichhaltigkeit des Inhalts noch übertreffen. Natürlich 
kann an dieser Stelle ein erschöpfender Auszug aus dem stattlichen 
Werke nicht gegeben werden; nur einiges sei hervorgehoben. 

In der Einleitung giebt Winckel einen geschichtlichen Ueber- 


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36 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


blick über die Entstehung und die Einrichtungen der Münchener 
Klinik, über den Etat und das Krankenmaterial derselben, die 
Frequenz der Studirenden u. s. w., überall interessante Vergleiche 
mit anderen Kliniken ziehend. 

Der I. Th eil berichtet über die Klinik als Pflege- und Kranken¬ 
haus, wobei die Vorgänge der geburtshülflichen und der gynäko¬ 
logischen Abtheilung, des Ambulatoriums und der Poliklinik ge¬ 
sondert geschildert werden. Aus dem Bericht des Assistenzarztes 
Dr. Kleinschmidt über die Schwangerschafts-, Geburts- und 
Wochenbettsverhältnisse in den Jahren 1884—1890 sei erwähnt, 
dass in diesen sieben Jahren von 5993 Personen, die die geburts- 
hülfliehe Abtheilung der Klinik aufsuchten, im Wochenbett 22,24 °/r> 
fieberhaft (mit einer Temperatur über 38,2°) erkrankten und 45 
(0,795 %) starben. Beckenenge ist bei 5980 Gebärenden 141 mal 
(2,3 %) notirt, eine Zahl, die wohl deshalb so klein ist, weil eine 
Reihe geringerer Verengerungen übersehen worden sein mag. — 
In einer Casuistik aus den Jahren 1886—1890 berichtet Klein- 


schmidt des weiteren über einige seltenere Geburtscomplicationen. 

Einem Bericht Dr. Sehaeffer’s über die Verhältnisse der 
Neugeborenen ist zu entnehmen, dass von 4313 in den Jahren 
1886—1890 geborenen Kindern 470 = 10 89 0 o (einschliesslich 39 
Aborte) zugrunde gingen. (Die Durchschnittssterblichkeit der 
Kinder in grösseren Entbindungsanstalten beträgt nach Win ekel 
11,5 °/o). Die Sterblichkeit an Erkrankungen nach der Geburt ist 
in der Münchener Anstalt gegen früher von 18,22 % auf 11,14 °/o 
gesunken. 


Interessante Vergleiche vorstehender Berichte mit den 
Berichten anderer deutschen stationären geburtshülf¬ 
lichen Kliniken und mit der geburtshülflichen Statistik 
einzelner Länder liefert Winckel. Das Material zu diesen 
Vergleichen entnimmt er den von Guttstadt in den klinischen 
Jahrbüchern herausgegebenen Berichten von den stationären Kliniken 
der zelm preussischen Universitäten. Aus dem Vergleich der ge¬ 
burtshülflichen Statistik der Kliniken und des ganzen Landes — 
es wurde hierzu die Statistik des Königreichs Bayern und des 
Grossherzogthums Baden benutzt — geht hervor, dass die Resultate 
der Klinik, trotz der zu ihren Ungunsten in’s Gewicht fallenden 
Verschiedenheit des Materials, im ganzen doch besser sind, als die 
der allgemeinen Praxis. 

Aus der Abtheilung für kranke Frauen bringt Amann 
eine Statistik und Casuistik der Erkrankungsfälle der in den Jahren 
1884—1890 auf der gynäkologischen Abtheilung behandelten Per¬ 
sonen. Von 1306 Patientinnen starben 49 (3.7 %), darunter 34 
(2,56 °/o) nach operativen Eingriffen. — Es folgen dann Berichte 
über die Separatabtheilung der Klinik von Winckel, über das 
gynäkologische Ambulatorium und die geburtshülfliche Poliklinik 
von den Assistenzärzten Amann, Stumpf und Lamping. 

Die II. Abtheilung schildert die Klinik als Unterrichts¬ 
anstalt für Hebammen, Studirende und Aerzte. In einem 
vortrefflichen Aufsatz legt Winckel seine Ansichten über die 
klinische und praktische Ausbildung des Arztes, ihre Mängel 
Verbesserungen und Ergänzungen dar. Man wird Winckel’s 
Ausführungen durchweg beistimmen und besonders auch seine 
Forderung billigen müssen, dass es zur besseren Ausbildung der 
Mediciner nöthig sei, die Zahl der Volontär- und Assistenzärzte 
an den klinischen Instituten wesentlich zu vermehren, die einzelnen 
Assistenten aber nur 1—2 Jahre in ihren Stellungen zu lassen. 

Die III. Abtheilung enthält neue wissenschaftliche Abhand- 
lungen von Aerzten der Klinik, und zwar von Fuld: „Ueber das 
Verhältniss 0er Sturzgeburten zu den puerperalen Erkrankungen“ 
vonSchäffer: „Zur Pathologie des Fötus“ und vonKleinschmidt:’ 
„Ueber künstliche Entfernung der Nachgeburt“. Besonders werth¬ 
voll ist, Sch äffe r’s umfangreiche Arbeit, die u. a. genaue Ge¬ 
wichts- und Maassbestimmungen des Fötus und der fötelen Organe 
l } 1 einzel nen Schwangerschaftsmonaten bringt. Den Schluss 
des Werkes macht ein Beitrag Winckel’s: „Zur Behandlung der 
ExtrauteringrayidRät . Winckel berichtet darin über weitere 
durch frühzeitige Morphiuminjectionen in den Fruchtsack geheilte 
Extrautermschwangerschaften und tritt abermals für diese Behand- 
lungsweise in der ersten Schwangerschaftszeit ein, ohne die Noth- 
T Igkeit Laparatomie für gewisse Fälle von Extrauterin¬ 
schwangerschaft m Abrede zu stellen. 


VII. Journalrevue. 

Chirurgie. 

l’n=t^I ert ’n. I "* <älC ? tions et valeur de la risection dan 
; th T° fo . ngueuse do l’articulation des deu 
® pl6ces du Sternum, compliqu6e de luxatio 

Chirurgief Januar"l89i£”* dU °° rPS SUr U manche ' d 

Em 21 jähriger, aus gesunder Familie stammender Cavalleris 


hatte sich eine leichte Contusion an der rechten Hand zugezogen. 
Drei Monate später wurde er in’s Hospital aufgenommen; die Unter¬ 
suchung zeigte drei vom Knochen ausgehende Abscesse: einen am 
rechten Metacarpus V., einen zweiten am äusseren Rande des linken 
Fusses, einen dritten am Sternum, an der Grenze vom Manubrium 
und Corpus. Sie wurden in Zwischenräumen eröffnet. Am Sternum 
zeigte sich später Nekrose und eine Luxation des Körpers nach 
vorn auf das Manubrium. Mehrere Centimeter mussten hier rese- 
cirt werden; die Knorpel der dritten Rippen wurden gelöst und zur 
Sicherstellung beim Husten der Thorax mit Heftpflasterstreifen 
umzogen. Langsame Besserung, dann wieder etwas Verschlimmerung; 
man fand einen grossen Abscess der rechten Hinterbacke, aus dem 
wohl 300 g Eiter entleert wurden. Jetzt hält die Besserung an. 
die Abscesse heilen, und nach Monaten wird Patient mit einer 
kleinen Fistel am Sternum entlassen. Auch diese heilte einige 
Zeit später. Patient konnte sodann wieder dem Militärdienst ge¬ 
nügen. Yvert ist überzeugt, dass es sich um eine tuberkulöse 
Affection gehandelt hat, und bedauert nur, dass eine mikroskopische 
Diagnose nicht gestellt werden konnte. Einige von anderen beob¬ 
achtete Fälle von Tuberkulose am Sternum werden noch angeführt. 

Booth und Curtis, Report of a case of tumor of the 
left frontal lobe of the cerebrum; Operation; Recovery. 

I Annals of Surgery Vol. XVII, No. 2, Februar 1893. 

| Bei einem 24jährigen Manne wurde folgendes gefunden: Chro¬ 
nisches Hüftgelenkleiden, aber trotzdem gute, allgemeine Gesund¬ 
heit, bis sich vor einem Jahre einstellten: öfters heftige Kopf¬ 
schmerzen der Stirngegend, Neigung zu Lethargie und Depression, 
Verlust des Gedächtnisses, epileptische Anfälle, Verminderung der 
Geruchsempfindung, Erblindung mit optischer Neuritis, endlich 
Schwellung der linken Schläfengegend. Hier fühlte man einen 
nicht pulsirenden flachen Tumor, der den Knochen zur Resorption 
gebracht hatte und unter der Haut gelagert war. Es wurde die 
Operation beschlossen und zu diesem Zwecke ein grosser hufeisen¬ 
förmiger Schnitt mit der Basis nach unten gemacht. Durchmeisse- 
lung der verdickten Knochen in der Umgebung des Loches; die so 
geschaffene Oeffnung hatte Durchmesser von 2 l /4 und 2 1 /-2 Zoll. 
Nach Durchschneidung der Dura mater konnte der flache, durch 
eine Kapsel vom Gehirn abgegrenzte Tumor entfernt werden. Im 
hinteren Theil des blossgelegten Gehirns fand sich noch ein kleiner, 
ganz gesonderter Knoten, der leicht herausgeschafft werden konnte. 
Die Geschwülste erwiesen sich als tuberkulöser Natur: die charak¬ 
teristischen Bacillen wurden gefunden. Der Operateur hielt es für 
zweckmässig, die Wunde nur zum Theil zu nähen und zwischen 
Lappen und Hirn zunächst Jodoformgaze und später gar eine Alu¬ 
miniumplatte zu schieben. Dem entsprechend heilte die Wunde 
nur langsam durch Eiterung. Zur Zeit der Veröffentlichung war 
die Wunde noch nicht geheilt, eine Besserung der Symptome nicht 
zu beobachten. 

Thiriar, Contribution ä l’ötude des tumeurs de l’omo- 
plate. Annales de la Soetete beige de Chirurgie, 1. Jahrg. No. 5, 
September 1893. 

Der interessante Fall, von dem Thiriar ausgeht, betraf ein 
riesiges Cystoehondrom, das bei einem 43jährigen Landmann vor 
zehn Jahren als kleiner Tumor des rechten Schulterblattes be¬ 
gonnen hatte, anfangs langsam, zuletzt aber sehr schnell gewachsen 
und beschwerlich geworden war. Kurz vor der Excision, die im 
Juni 1893 stattfänd, nahm der Tumor mehr als die obere und 
hintere Hälfte des rechten Thorax ein und hing wie ein grosser 
Sack auf der rechten Schulter. — Zwei Photogramme zeigen den 
Zustand des Kranken. Das Allgemeinbefinden des letzteren war 
recht gut. Durch zwei lange Bogenschnitte, die vom Halse bis in 
die Gegend der falschen Rippen reichten und ein grosses elliptisches 
Hautstück in sich fassten, wurde der Tumor blossgelegt. Ohne 
viel Blutverlust liess er sich im ganzen leicht mit dem Schulter¬ 
blatt auslösen; schwieriger war nur die Durchsägung an der Ge¬ 
lenkpfanne und des Processus coracoideus. Nachträglich wurde 
auch das akromiale Ende der Clavicula entfernt. Naht, vier Drain¬ 
röhren, Verband. Die Heilung erfolgte schnell, ohne wesentliche 
Störungen, bei vortrefflichem Allgemeinbefinden; Hand und Vorder- 
arm konnten alsbald ausgiebig benutzt werden. (Photogramm nach 
der Heilung.)^ Der Tumor wog 20 kg, war wahrscheinlich in der 
Jossa infraspinata entstanden und hatte den unteren Theil der 
Scapula zerstört. Daran knüpft Thiriar interessante Unter¬ 
suchungen über die Geschichte und Operation der wenigen, bisher 
bekannt gewordenen Schulterblattgeschwülste. Auch Bemerkungen 
über den Stoffwechsel des Patienten werden gemacht; in Thiriar’s 
hall steigerte sich z. B. die Ausscheidung von Harnstoff nach der 
Operation um das dreifache. Hoffentlich wird Thiriar noch über 
das Endresultat berichten. A. Bidder (Berlin). 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MED ICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


VHI. Vereine und Congresse. 

Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 18. December 1893. 

Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Fürbringer. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange- 
noramen. 

1. Herr Ehrlich (Demonstration vor der Tagesordnung): Ueber 
Farbatoffreactionen. (Die Mittheilung wird ausführlich in dieser 
Wochenschrift veröffentlicht werden.) 

2. Herr Ullmann (Demonstration vor der Tagesordnung): 
Entleerung von Schleimconcretionen bei einem Neugeborenen. 
Bei dem grossen Interesse, das neulich die Discussion über Ent¬ 
leerungen von Schleimconcretionen hervorrief, möchte ich ein Prä¬ 
parat demonstriren, das ein Unicum darstellt. Am 29. September 
er. Morgens 8 Uhr wurde das von gesunden Eltern stammende ge¬ 
sunde Kind geboren. Es war den Tag über so ruhig, wie normale 
gesunde Neugeborene zu sein pflegen. Als es Nachmittags zwischen 
drei und vier Uhr trocken gelegt wurde, fand man in den Windeln 
ausser normalem Meconium noch die beiden Gebilde, die ich hier 
zeige. Es ist erstens ein Gebilde, das wie eine Wurst oder viel¬ 
mehr nach Form und Farbe aussah wie eine junge Gurke d. h. es 
war drehrund, aber an dem einen Ende war es dicker, ca! 2,5 cm, 
am anderen Ende ca. 1,5 cm dick, etwa 7 cm lang, am dickeren Ende 
wie gestielt, oder gezipfelt. Der mittlere Th eil war dunkelgrün ge¬ 
färbt, nach beiden Enden hin ging diese Färbung allmählich in 
hell grüngelb über. Die Consistenz war schwappend, auf der Unter¬ 
lage sich abplattend, etwa wie eine frische Leberwurst: hob man 
es empor, so blieben einige durchscheinende dünne Membranen, 
sieh in zähe Fäden ziehend und schliesslich durchreissend, also von 
der Consistenz des Schleimes, haften. An einer Stelle zeigte sich 
ein flacher Substanzverlust auf der Aussenfläche, der terrassen¬ 
förmig nach der Mitte abfiel, sodass es den Eindruck machte, als 
wenn mehrere Membranen über einander geschichtet wären. Beim 
Durchschnitt zeigte sich erst recht die grösste Aehnlichkeit mit 
einer frischen Murst; es fand sich ein dunkelgrüner, schmieriger 
Inhalt, der sich als aus normalem Meconium bestehend er- 
TOS, umschlossen von einer glatten, im ganzen dunkelgrünen 
gallertigen Haut, die überall 3 —i mm dick war, an den beiden 
laden aber sieh verdickte, am breiteren auf 1,5 cm am schmäleren 
auf ea. ’/, ein. Die Haut war im ganzen glatt geschieden vom 
Malt, von Zeit zu Zeit zog von ihrer Innenfläche eine feine durch- 
»Cbemende beim Abdrängen der Haut sich anspannende Membran 
in den Malt hinein. Die dichteren und dickeren Stellen der um- 

“ Ha,,t jedoch am oberen und unteren Ende waren nicht 
sciart vom Inhalt abgegrenzt, sondern gingen allmählich und 
jwi mmg mit demselben vermengend in ihn über. Die dunkel- 
. de rr r , urall “ llellden Haut rührte von Imbibition mit 
an dm K™? rt6 ^. des Mec<miuminha ltes her, da die Verdickungen 
«arrn\, b , el i, den Enden ? ur “ ihrem innersten Theii grün gefärbt 
•TtlnlicWlh 3 'F Se ü ZU Jed , 0 ' ,| ‘ »Umahllch jene vorher erwähnte liell- 
hTut t “nahmen. Die Consistenz dieser Umhüllungs- 

fern «lal r ! hre “ Tb ei cn wie die weicher Gallerte. Auster 
,.j n 6ir a n^,™ hr ‘ 1Chen ,?. ebllde fand sicI > “ jener Entleerung noch 
«nemSfr 8 ?’ sokd t s ’ Ton ea. 7 cm Län|o, an 

Färb” and fW t Cm * ck \. am “deren etwa 1,5 cm, von gleicher 

iiLte w,e p\iü wähn ^ n dickeren st * uen der Um - 

Un "a t lltJ, .?" ? eblldes - Ein ähnlicher Fall ist von 

Geb^t dureh ’ ,'•!! eelnem Kinde 26 Stunden nach de '' 

solides birnfnrm/ P solides strangförmiges und ein gleichfalls 

e *f P In k meinem Falle /schab die 
sondere kt 1 btu ^ de ? nach der Geburt spontan, und das Be- 
oben aus der diek^n^u '^ Ich habe von der Haut und 

topischen Untpr-i.n^ Stelle bei letzterem einige Stücke zur mikro- 
makroskopische Arisnh^^ en *j noiam en. La zeigt sich, wie schon die 
diese Haut au/vf? S n f-^ S Subst ' anzv erlustes ahnen liess, dass 
äch bei den sSiJh Schl , chtei1 zusammengesetzt ist. Es zeigt 
%s Aussehen nn ? n aUS < l em ddnneren Theii der Haut ein strei- 
^sdieeinffelaveiten 2 ^ lst ,. dies . e ^ 7 0r allem dadurch bedingt, 
re ihenweiser Anm’Hm.n •? n ’ dl , e Slcb . ln grosser Menge finden, in 
’dso zum ffrösstp« rr, ziehen; das Aussehen ist hier 

j! ic bt dadurch" dass nf« V bedui&t J dur . ch die Lagerung der Zellen, 
llc b freuen einanrW Grenzen der einzelnen Schichten sich deut- 
alle Zellen deutliob i A,s ich frisch untersuchte, waren 
J en Arten: Rundzplif!^ uv’ , Und es fanden sich die verschieden¬ 
en etc indessp« • V ^P^helzellen, vacuolenhaltige geschwänzte 
fKcm. durch nn n ^/l m,r an . den ßxirten Präparaten nicht 
1 den aus den dir-kl^c^n 011 ^ 611 d * e ^ erne sichtbar zu machen, 
gleichfalls und nnrh 1 j !f. entnommenen Schnitten zeigte sich 
aufen hier die Straifon <k ^ ut ! cbe . r iamellöse Anordnung, und zwar 
teilweise in Bogenform, um aus dem Seiten- 


-- 37 

öÄÄSttei“ 

wahrscheinlich dichterem und sich anders als die iihri<^Lh?™ 8<me 'j 
substamz färbendem Schleim 

„esetzt sm d aus dicht an- und hintereinander gelagerten Zellen 
Diese Stränge finden sich in gleicher Weise in allen Präparaten 

liioo dle <j e i r - 9®g end ’ t le , siad also der Querdurchschnitt von lamel- 
} 6 ®“ n Sc p. ch ^ n ’ schalenförmigen, flächenhaft sich ausbreitenüen 
PoKiia e }b Floppelmesserschnitt aus dem strangfürmigen soliden 
Gebilde zeigte m ganz ähnlicherWeise geschichteten Bau und das 
Vorhandensein solcher dunklen Stränge; die genauere Architektur 

hafi> eS Jehärt 6 ? W P -? 01 d ? m - n i Cht ” ut Se'uugenen Schnitt aus dem 
halb gehärteten Präparat nicht deutlich zu erkennen und wird 
Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Die mikroskopischen 
und P der t6 Jbht S h‘ er a “ S d f m dünneren Theii der umhüllenden Haut 
r 6r re ? bta hl ?r a “ s dem dickeren sind mit Thionin gefärbt 
Sträi ,6g ä n *5) Farblösung; hier sind die Zellen und dieVeken 
t d ( U " k rt °L ? U ?, d blau « efärbt . die Zwischensubstanz ist 
i othviolett. Die Behandlung und Conservirung der Präparate if?t 
schwierig da die Nuancirung sehr schnell versehwinde^Das Piä 
pärat m der Mitte ist mit Alkohol behandelt und in Canadabalsam ' 
gebettet Bei Behandlung des Schnittes mit Alkohol schrumpft 
er entweder “ sich zusammen, oder bei Fisirung der Ränder reissen 
die Lamellen wie hier an ihren natürlichen Grenzen von einander 
es entsteht ein maschenfßrmiges Gefüge, und man kann sehen, wie 
die einzelnen Lamellen sich wieder aus feineren Lamellen zusam- 
mensetzen etc. Diese Präparate zeigen, was auch Herr Roth mann 
neulich schon bewies, dass die entleerten Schleimconcretionen ent- 
T^ Ud s 611 S 'rt dureh . elne succcssive Thätigkeit der Darmschleimhaut: 
Um den Mecomummhalt des Darms hat sich eine feine Schleim- 
hulle gelegt die gerinnt, um diese wieder eine andere u. s. w.. so 
dass allmählich eine solche Haut bis zur Mächtigkeit von 1 5 cm 
am einen Ende gebildet wurde. Die dunklen Stränge in den Prä¬ 
paraten zeigen, dass von Zeit zu Zeit mit der Schleimsecretion 
tmd der regelmässigen Deponirung von Zellen eine stärkere Ab¬ 
schilferung derselben verbunden und manchmal die eine von den 
ochleimschiehten irgend wie von den andern verschieden ist. Für 
den Ort der Entstehung halte ich ebenso wie Longuet die Am- 
puHe des Rectum; über die Aetiologie lässt sich nichts sagen 
wie wir über die Aetiologie der Schleimconcretionen ja überhaupt 
noch nichts Sicheres wissen; auf die Zeit der Entstehung will ich 
heute nicht emgehen; ich will mich nur damit begnügen, Ihnen 
die makroskopischen und mikroskopischen Präparate zu zeigen. Ich 
muss noch hinzufügen, dass das Kind vollkommen gesund war und 
ist, niemals hat sich wieder etwas ähnliches oder ein stärkerer 
Schleimgehalt in den sonst stets normalen Entleerungen des Kin¬ 
des gezeigt, auch nicht in denjenigen, die der hier beschriebenen 
unmittelbar folgten. (Demonstration.) 

Herr Max Rothmann: Ich habe zufällig in letzter Zeit bei einem 
neugeborenen Kinde eine Enteritis membranacea beobachtet und werde 
mir erlauben, m einer der nächsten Siteungen die Präparate des Darmes 
zu demonstnren. Das Kind wurde normal geboren; bald nach der Geburt 
stellte sich Kotbbrechen ein. Auf eine Darmeingiessung wurde ein von 
Schleimmassen umhüllter Ballen von Meconium entleert. Bei spätcron 
Emgiessungen kam nichts mehr aus dem Anus, dagegen brach das Kind 
ziemlich regelmässig vier Stunden nach der Nahrungsaufnahme Koth. Da 
sich m diesem Zustand trotz mehrfacher Magenausspillungen nichts änderte 
so wurde von Herrn Direktor Körte im Krankenhaus am Urban ein Anus 
praeternaturalis angelegt. Das Kind ging trotzdem am zwölften Tago nach 
der Geburt zugrunde, nachdem zwei Tage vorher durch den Anus schleimig- 
membranöse Massen entleert waren. Die Section ergab Darmverschlingung 
im unteren Theii des Ileum, das Colon war zusammengefallen und zeigte 
im Innern reichliche, an der Darmwand haftende Membranen. Ein Stück 
des Dickdarms, das ich untersuchte, zeigte genau wie bei Erwachsenen 
sehr prägnante Bilder, die Drüsenschläuche ganz mit Schleim ausgefüllt, 
der sich von dort aus in das Lumen des Darmes fortsetzte. Auffällig 
war aber, dass, während mit Thionin die Färbung ebenso deutlich war, 
wie in meinem früheren Falle, sich mit der Weigert’schen Fibrinfärbung 
nur eine ganz schwache Tinction des Schleims erzielen liess. Es muss 
jedenfalls ein Unterschied in der chemischen Beschaffenheit der Membranen 
in dem früheren und dem jetzigen Falle bestehen, die in der grösseren 
oder geringeren Verwandtschaft zum Fibrin ihren Ausdruck findet. 

3. Discussion über die Vorträge der Herren Fürbringer und 
Renvers: Die diesjährigen Cholerafalle in den städtischen 
Krankenhäusern. 

Herr Leyden: Ich hätte gewünscht, dass die beiden Herren Vor¬ 
tragenden sich nicht so streng an ihr Thema gehalten, sondern uns einen 
kleinen Ueberblick über die ganze diesjährige Epidemie gegeben hätten. 
Vielleicht können uns die Herren noch einige Bemerkungen über die 
therapeutischen Erfahrungen geben, welche in diesem Jahre gemacht 
sind. Ich habe mich vielleicht nicht genau genug mit allen Publicationen 
über die Cholera beschäftigen können; aber es bat mir geschienen, als ob 
die Zahl der Todesfälle in der diesjährigen Epidemie eine wesentlich ge- 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHIUFT . 


rrngere gewesen ist. Des kann zwei Gründe haben, fn^. ^ss die 
Epidemie resp. die Infectionsträger nicht eme so ff s «. 
wie früher, oder aber es kann auch an den Aerzten liegen, welc “® 
Patienten besser behandeln. Nun glaube ich bemerkt /u haben ’ d ^’ 
jenigen therapeutischen Methoden, welche un vorigen Jahr als ne«.ge 
rühmt wurden, an Vertrauen verloren haben; denn cs ist sehr streiti 
geworden, ob die intravenöse Infusion überhaupt gewagt werd ®* 
die Hypodermoklvse ist auch zweifelhaft geworden, und Herr 
redete* nunmehr der Enteroklyse das Wort, so dass ich nicht, umhin 
kann, zu glauben, dass die therapeutischen Indicationen ! md ^ ss ’ 
nahmen immer mehr zu demjenigen zurücklühron, was wir in früheren 
Epidemieen beobachtet haben. Es scheint mir im ganzen, dass das C a- 
lomel und ein analoptisches Verfahren sich auch jetzt am meisten 
bewährt hat, wozu ja auch die Wärme, Wein u. s. w. ^^drt. Nur das 
eine möchte ich sagen, dass die Ernährung mit Bouillon und Kraftbrühe 
wohl in Misscredit, kommen muss, da wir wissen, dass sie für die Komma¬ 
bacillen einen besonders günstigen Nährboden bilden. Ichglaube wohl, 
dass die Vervollkommnung der ärztlichen Kunst om wesentliches Moment 
ist, wenn die Cholerakranken jetzt besser davonkommen als früher. Mail 
könnte auch noch meinen, dass die verbesserte Diagnose eme Rolle spielt. 
Wenn wir die leichteren Fälle sicherer diagnosticiren können als früher, so 
resultiren im allgemeinen bessere Chancen für ihre Genesung, und es ist wohl 
möglich, dass dieser Umstand auch für die Cholera m Betracht kommt. 
Wenn ich nicht irre, ist die Mortalitätszififer bei Cholera nicht mehr als 
40 gewesen. — Sodann möchte ich eino Bemerkung über die Cholera 
nostras machen. Bezüglich dieser Krankheit stehen wir auf dem Stand¬ 
punkt, dass man überall dann Cholera nostras diagnosticirt, wenn jemand an 
choleraähnlichen Erscheinungen stirbt und keine Kommabacillen nachge¬ 
wiesen werden können. Das ist begreiflicherweise ein recht unvollkom¬ 
mener Standpunkt. Herr Senator hat schon auf dem Congress für innere 
Medicin hervorgehoben, dass wir für Cholera nostras gar kein positives 
Merkmal haben, sondern nur ein negatives, das nicht ausreicht, die Sache 
zu entscheiden. Ich halte es für unzweifelhaft, dass eme Anzahl von 
Fällen, die unter choleraähnlichen Erscheinungen gestorben oder auch ge¬ 
sund geworden sind, und die, weil man keine Kommabacillen nachweisen 
konnte, zur Cholera nostras gerechnet wurden, in der That wirkliche 
Cholerafälle gewesen sind. Ich habe im vergangenen Jahr m einem sol¬ 
chen Falle p. m die Nieren untersucht und Coagulationsnekrose nachweisen 
können, die ich geradezu für charakteristisch für Cholera asiatica halte. 
Ich will damit den herrschenden Anschauungen über die Cholera keines¬ 
wegs entgegentreten, sondern nur wissenschaftlich hervorheben, dass wir 
hier keinen Abschluss haben, und muss auch hente sagen, dass, so glänzend 
die Resultate über das Vorkommen der Komraabacillen sind, doch noch 
der wissenschaftliche Nachweis fehlt, wie die Cholerabacillen die Symp¬ 
tome der Cholera erzeugen. Es ist. doch auffällig, dass Cholera nostras 
gerade während der Choleraepidemie besonders häufig Vorkommen soll. 
Wir haben sonst ausserordentlich selten Cholera nostras-Fälle. Ich bestreite 
nicht das Vorkommen solcher Fälle, aber erklärt und definirt halte ich 
dieselben keineswegs. 

Mit einigen Worten gehe ich noch ein auf mehr theoretische Be¬ 
trachtungen, weil ich durch meinen vorjährigen Vortrag über die Cholera¬ 
niere einigermaassen engagirt bin. Ich habe nicht etwa gesagt , dass 
ich das Bestehen eines Choleratoxins in Abrede stelle, sondern nur, dass 
sämmtliche Symptome sich wohl begreifen lassen, wenn eine starke Wasser- 
entziehung aus dem Blut stattfindet; schliesslich worden auch hierbei 
durch die Eindickung des Blutes chemische Zersetzungen zustande kommen. 
Ich habe also nur gesagt, nachweislich ist ein Choleratoxin aus den Symptomen 
nicht, und die Summe der Erscheinungen, die der Cholcrakranke im Leben 
und nach dem Tode zeigt, lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu, 
dass ein Toxin eingewirkt haben muss. Ich meine, dass diese mehr kri¬ 
tische Anschauung insofern eine Bestätigung gefunden, als Herr Sobern- 
heim gezeigt hat, wie die toxische Wirkung, welche die Culturen der 
Kommabacillen bei Einspritzung in die Bauchhöhle von Meerschweinchen 
bewirken, ebenso beobachtet werden, wenn man andere Culturen, wie Bac- 
teriurn coli etc. cinspritzt, so dass hierin etwas Specifisches nicht zu 
liegen scheint, bisher ist also ein specifisches Toxin nicht erweislich. 
Diese Bemerkungen habe ich auf die Niere bezogen und möchte nun eine 
Bemerkung hinzufügen bezüglich des Herzens. Herr Renvers sprach über 
Tod durch Herzlähmung. Ich habe an dem Ausdruck nichts auszu¬ 
setzen, denn schliesslich geht der Cholerakranke daran zugrunde, dass das 
Herz still steht; aber als eino toxische Herzlähmung kann ich es nicht 
anerkennen und nicht sehen, dass diese Herzlähmung durch eine toxische 
Substanz nothwendig bedingt ist, sondern ich finde auch hier die Erklä¬ 
rung einfach darin, dass die Circulation durch Eindickung des Blutes in 
höchstem Maasse herabgesetzt ist. Lässt die Circulation auf solche Weise 
mehr und mehr nach, so muss natürlich das Herz Stillstehen. Das Ar- 
tcriensystem ist ähnlich wie bei einer Verblutung, mehr oder minder leer, 
im Arteriensystem besteht gar kein Druck, schliesslich arbeitet sich das 
Herz zu Tode, es bekommt keine neue Blutzufuhr. Man kann dies auch 
vielleicht eine toxische Wirkung nennen, aber es ist keine direkte, son¬ 
dern eine indirekte. In der That hat diese Erklärung ausserordentlich 
viel mehr Wahrscheinlichkeit wie die einer direkten toxischen Wirkung. 
Bei der letzteren sehen wir Dyspnoe, allmähliches Schwächerwerden des 
Pulses, wie. z. B. bei der Diphtherie, alsdann tritt ein Collaps mit den 
charakteristischen Erscheinungen ein. Bei der Cholera dagegen sehen 
wir, dass die Pulsfrequenz sehr gross wird, sie steigt auf 140—200, der 
Radialpuls wird immer kleiner, es tritt Pulslosigkeit, Asphyxie ein, wäh¬ 
rend das Herz noch kräftig arbeitet. Bei einem Diphtheriekranken tritt 
bei Pulslosigkeit unvermeidlich bald der Tod ein, hier dauert es noch 
lange, ja bei Einspritzung von Flüssigkeit erholt sich das Herz schnell 
und arbeitet kräftig. Uebersteht Patient die Asphyxie, so erholt er sich 
sehr schnell, und cs ist mir nicht bekannt, dass erhebliche Nachkrank¬ 


heiten von seiten des Herzens auftraten, wie man sie bei Infectionskrank- 
heiten so häufig sieht. Die Beschränkung aber, dio ich hier machen 
muss betrifft das Choleratyphoid. Hier tritt eine starke Dyspnoe ein, 
und diese hat eine sehr schlechte Vorbedeutung. Ich kann nicht beur- 
theilen ob dies auf Blutveränderimgen zu beziehon ist oder auf einen 
urämischen Zustand. Eine Nachkrankheit von Herzkrankheiten nach 
der Cholera ist mir nicht bekannt, wie ich überhaupt wahrgenommen 
habe dass hier Nachkrankheiten wie nach Infectionskrankheiten kaum 
beobachtet sind. Aehnliches habe ich auch zu betonen für die Nieren- 
affection. Ich halte meinen Standpunkt durchaus aufrecht Die gegen¬ 
wärtigen Beobachtungen und Untersuchungen über die Nieren haben 
ergeben, dass das charakteristische für die Choleraniere wesentlich die 
Coagulationsnekrose ist. Wenn ich sage charakteristisch, so sage ich 
nicht constunt, das habe ich auch nicht gefunden, sondern unter meinen 
4 Fällen beobachtete ich sie nur zweimal. Das ist sehr begreiflich, 
da eine Zeit vergeht, ehe sie eintritt, und später eine Regeneration 
eintritt, ohne dass deshalb die Prognose sehr gut ist, d. h. wobei der 
Tod auch noch erfolgen kann. Das zweite charakteristische ist die Er¬ 
weiterung der Canälcheu, auf die Aufrecht mit Recht, aufmerksam ge¬ 
macht hat. Mir ist es ebenfalls aufgefallen, nur lag es nicht auf der 
Linie meiner Deductionen. Es ist behauptet worden, auch von Herrn 
Fürbringer, dass zwar die Wasserentziehung bei der Entstehung der 
Choleraniere eine Rolle spielt, aber auch das Toxin. Ich bestreite das 
nicht, sehe aber kein bestimmtes Zeichen, dass eine toxische Einwirkung 
auf die Niere sicher bewiese. Mehrfach ist behauptet worden, dass die 
Choleraniere ganz analog aussieht, wie die Niere nach anderen Infec¬ 
tionskrankheiten, oder umgekehrt, das die Nierenveränderungen nach 
acuten Infectionskrankheiten ganz analog aussehen, wie man es bei der 
Cholera findet. Dass das für diejenigen Stadien Geltung haben mag, wo 
die Veränderungen der Choleranieren und anderer Nieron sehr geringe 
sind, das will ich nicht bestreiten. Dagegen besteht der grosse Unter¬ 
schied darin, dass die Nephritis der Infectionskrankheiten eine ganz 
andere ist. Sie tritt erst auf, wenn die Infectionskrankheit vorbei ist, so 
bei Scharlach in der Desquamationsperiode. Wenn bei einem frischen 
Typhus eine Niere untersucht ist, findet man nichts als trübe Schwellung. 
Das hat aber nach meinem Urtheil nichts charakteristisches, sondern ist. 
etwas ganz allgemeines und zufälliges. Bei der Choleraniere sind die 
Glomeruli frei, die bei den secundären infectiösen Nephritiden fast immer 
betheiligt sind, es sind die Interstitien frei und intact, während sie bei 
der Infectionsnephritis ziemlich constant betheiligt erscheinen, so dass 
ich wiederhole, ich kann in der Choleraniere keine Analogie rpit der 
infectiösen Nephritis erkennen. Das schliesst nicht aus, dass die An¬ 
gaben der Autoren richtig sind, dass man ähnliche Dinge sehen kann, 
aber nur in den Stadien, die meines Erachtens nichts charakteristisches 
enthalten. Ebenso wenig ist bei der Choleraniere von Hydrops oder chro¬ 
nischem Verlauf die Rede, bei Choleranephritis ist nie eine chronische 
Nephritis boobachtot, entweder tritt Exitus oder aber baldige Reconva- 
lescenz ein. Hiernach glaube ich, meine Beobachtungen und Unter¬ 
suchungen und die Deutung derselben aufrecht erhalten zu müssen. — 
Ich möchte zum Schluss die Herren Vortragenden noch fragen, ob sie 
Erfahrungen oder Untersuchungen über die neuen Kommabacillen mit¬ 
theilen können. 

Herr Siegheim: Ich möchte kurz einen Fall aus meiner Praxis er¬ 
wähnen. Im October erkrankten in einer Familie Vater und sechs Kinder 
unter heftigen choleraartigen Erscheinungen. Bei näherer Nachforschung 
ergab sich, dass sie von einer Gänseleberpastete gegessen hatten, welche 
die Mutter zubereitet hatte. Ich habe noch keine Cholera gesehen, wohl 
aber ähnliche Erscheinungen nach Genuss von Kalbsleber. Als der Zu¬ 
stand der Kinder sich am zweiten Tage bedrohlich gestaltete, zog ich im 
Einverständniss mit dem anderen, ebenfalls dieselben behandelnden Collegen 
noch einen dritten, älteren Collegen hinzu, und da dieser auf die Gefahr 
aufmerksam machte, dass der Fall vielleicht als Cholera aufzufassen sei. 
bat ich noch Herrn Professor Renvers, sich die Kranken anzusehen. Er 
that es und veranlasste die Ueberführung der drei am schwersten er¬ 
krankten Familienmitglieder ins Krankenhaus Moabit, wo aber die bac- 
teriologische Untersuchung nicht« von Cholera ergab. Es hat sich also 
thatsächlich um eine durch den Genuss von Gänseleberpastete hervorge- 
rufene Vergiftung gehandelt, die klinisch dieselben Erscheinungen zeigte, 
wie wir sie bei Cholera zu sehen gewohnt sind. Die Patienten sind 
sämmtlich genesen. 

Herr Fttrbringer (Schlusswort): Ich darf mich mit wenigen Worten 
ablösen. Die Erfüllung des Wunsches, über unsere neuen therapeutischen 
Erfahrungen und die Concurrenten des Koramabacillus zu berichten, 
möchte ich der berufenen Kraft von Herrn Renvers überlassen. Was 
die Genese der Choleraniere aulangt, so glaube ich, stehen Herr 
Leyden und ich keineswegs auf einem so differenten Standpunkt, wie es 
für’s erste den Anschein haben mag. Eins muss ich erwähnen: ein Be¬ 
weis der toxischen Natur ist nicht erbracht, geschweige denn ein dem 
mathematischen entsprechender. Aber wie sollten wir hier anders als mit 
Wahrscheinlichkeiten, mit Analogieschlüssen rechnen können? Zunächst 
handelt es sich um solche allgemeiner Natur. Wenn wir bei jeder acuten 
Infectionskrankheit Gifte mit entzündungserregender Wirkung auf die 
Nieren in Thätigkeit sehen, so darf eigentlich die Cholera keine Aus¬ 
nahme machen. Dann specielle Analogieschlüsse: Das im Princip ent¬ 
sprechende histologische Bild hei der Diphtherie-, Typhus- imd der er¬ 
wähnten Form der Influenza-Nephritis. Ich bedaure, das Präparat der 
letzteren nicht zur Stelle gebracht haben, kann versichern, dass es mir 
schwer geworden Aväre, dasselbe von einem Choleranierenpräparat sicher 
zu unterscheiden. Die Lokalisation der Coagulationsnekrose anlangend 
darf ich zur Schilderung von Herrn Renvers nochmals bemerken, dass 
ich doch die Marksubstanz der Choleraniere auch sehr wesentlich von 
fleckweiser Coagulationsnekrose befallen gesehen habe. Ueberhaupt muss 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ich den neuen Untersuchungen von Rumpf und E. Fraenkel beistimmen, 
dass die Hauptveränderung, abgesehen von der Coagulationsnekrose, in 
der bedeutenden Vergrösserung der Epithelien der gewundenen Canälchen 
mit Neigung zum Zerfall besteht. Wir haben vielfach von einem Lumon wenig 
oder garnichts mehr sehen können. Betreffs des von Herrn Leyden 
monirten Zeitpunktes des Auftretens der Nephritis bei anderen Infections- 
krankheiten besteht ja eine gewisse Differenz, aber m. H.!, gerade 
die das Exeretiousorgan schädigenden Krankheitsgifte wirken in recht 
verschieden langer Zeit. Bei Diphtherie z. B. entwickelt sich die Acme 

.Im ninlitliapianisrn auf Hör TTfiho Hoi* rrnin/Uri-nnl-lintl. i. _ 


aussert. Lnd «u.... "«'■k“ «ü «>viai \>uiueimmg. uevor aas 

Gift in seiner Wirkung auf die Niere in sinnfällige Thiitigkeit tritt. Dass 
wir bei der Oholeraniere stets den Hydrops vermissen, gicbt allerdings 
trotz der grossen Wassenerarmung des Körpers zu bedenken; ich weiss 
dafür keine Erklärung. Aber diese eine Eigenart kann mich nicht 
veranlassen, darauf zu verzichten, neben der 'Wasserentziehung eine 
Wirkung des Choleratoxins als unerlässlichen Factor beim Zustande¬ 
kommen der Choleraniere anzusprechen. 

Herr Renvers (Schlusswort): Die Thatsaclie. dass seit der Veröffent¬ 
lichung der Koch’schen Arbeit über die Choleradiagnose eine Anzalil dem 
Choleravibrio ähnliche Vibrionen im Wasser aufgefunden wurden, hat in 
manchen Kreisen eine Bestürzung hervorgerufen, da man dadurch die 
Diagnose der Cholera gefährdet, sah. Allerdings sind eine Reihe schon 
früher bekannter und neuerdings aufgefundener Vibrionen, so der Vibrio 
Deneke. Finkler, Prior, Metschnikoff, der Vibrio berolinensis, im 
mikroskopischen Präparat nicht mit Sicherheit von dem echten Vibrio 
cholerae zu unterscheiden, aber ihr biologisches Verhalten bietet so wesent- 
liche Unterschiede, dass diese eine Differenzirung möglich machen, 
nichtig ist es aber, dass obige Vibrionen bisher nicht im Danninhalt ge¬ 
funden worden sind, also bei der Choleradiagnose zunächst nicht in Frage 
kommen. Eine besondere Bedeutung scheint mir dem Dunbar'sehen 
Vibrn ziizukommcn, der m seinem biologischen Verhalten, namentlich 
auch, im ITiierexperiment dem Choleravibrio so ähnlich ist, dass eine Unter¬ 
scheidung sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Nach Untersuchungen, 
die wn im Krankenhause angestellt haben, sind hinreichend charakteristische. 
Alerkmale an ihm zur Unterscheidung nicht aufzufinden. Die vor kurzem 
C1 u e | 8Se T 3 u r 1 7^ ien ' sc ^ en Histitut mitgetheiltc bemerkenswerthe 
Eigenschaft der Phosphorescenz des Dunbarischen Vibrio ist an dem bei 
in> gezüchteten Duubar sehen Vibrio nicht vorhanden. Weitere Unter¬ 
er * erd £ i dje •t de - nt l tÄt res P* charakteristische Unterscheidungs- 
ÄJ? Cbo ! e ™' lbl ?° hoffentlich feststellen. Bei Berücksichtigung 
& KT,’“!? i, f ü , ol f' ls ' l . len Verhältnisse des einzelnen Falles bietet 
Choleradiagnose jedenfalls hinreichende Sicherheit, die 
!? d ''' r l ^ e ". * id *° von Cholera asiatica festznstellen und damit 

BezWiVh T- r 0P , ' f MC 1” rch Isohrun S der ersten FäUe zu ermöglichen. 
ClÄfflA IVf der ,? e 8 e “ wär % ■" Deutschland beobachteten 
KiSeit erlegeS h d Vorl,cg ' ,nden Nachrichten etwa die Hälfte der 

Berliner medicinisdie Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 20. December 1893. 

Vorsitzender: Herr Siegmund. 

der P C:S : r Demonstration von Hülfsinstrumenten hei 

'lemonstoTe Untersuchong L«pns. Herr Liebreich 

süchung des Lumm riZJn eim ^ n für d ? e diagnostische Uuter- 

die phaneroskonSnL RHjrtcn Methoden, nämlich den Glasdruck und 
Er hat seit Veinpr' •! md ( l• dabei verwan dten Instrumente, 

düng genommen imH S ^ Ml . t , th,?,luD » die Methoden dauernd in Anwen- 
Da de? Lupus unter hI^h 0 “^ 1, pr ^- Ischen Verwendbarkeit überzeugt. 
Cutis über der kmnkpn ci 1 ?, T*? SltZ bat ' wird der Arzt, wenn die 

'Äden FiVeSf n? .^ 6 ! ye $ e } lt ™si>- vernarbt ist, Knoten mit dem 
geneigt sein "L i“ •^deutheh durchgefühlt worden können, häufig 
der Tiefe noch LÄt Hei ] Ung “Rehmen. während das Leiden in 
Recidiven äussert TTiVr t ? nd micb eiai g er Zeit sich auch in äusseren 
Methoden. specieU die nk? 611 ® ul *>.die Liobreich’schen Untersuchuugs- 
dja?nostische PDurch ,l eucht,in gf «1s werthvolle 
Veränderungen sich ( r ima em > deren die etwa noch krankhaften I 

"erden nänfik-h die unter Hp/^^ c 11 a f 6I1 \ Dllrch das PBaneroskop 
Ner lupöse Heerd vprrrtu 61 - ? & U t ll t e g enden Gewebe durchleuchtet, und 
Färbung und wird daiWh* sich darch eine eigenthümlich roth glühende | 
welchem Werthe ItuV°? . d ?, m norraalei1 Gewebe differenzirt. Von 
Thempie sind, lässt sirl. , Einteilungen für eine etwa fortzuführende 
5^ Heilungen wird dniWi!' crmessc J u 1 ; das Sichbegnügen mit schein- 
^ baneroskmipc „„i.*. urch ausgeschlossen. Bei der Anwendung des 


uanerciskopes achte , ~ T»u^esemossen. üei der Anwendung des 
ampe oder Kerze) zu“ no «^wache Lichtquelle (Petrolcum- 
H'hiede der Gewebe tzen \ da bei starkem Lichte die Gltthunter- 
We i Apparate, mit denen J e ™ ,sc Een* Herr Liebreich demonstrirt 
pndlung eines Falles vl T 1Cb auf j. em T facbe Weise im Verlaufe der Be- 
gesunden und dem hm« LüP n Unterschiede im Glühen zwischen 
' ^^tiv feststolleu lassen 8611 Gewebe und som it die Heilungsfortscliritte 

^ndkrteit de^Litbre^V.!*?“ T 1 ’ d ? r fttr die Praktische Vor- 
' en .^Ojährigen allem . sc E e . n Methode spricht. Es handelte sich um 
\ F°*»P zeigt aieraSS, • ?>d 5 eme nach ^üten Lupösen. Das Pha- 

' YkrtC aucb Recäv e a^f Terd5lChfcige Stellen ’ und Dach eini ^ en 

sEubt. dass dasselbe beson^f 0 * 1 j^ ä i- ro . n . bber das Verfahren aus und 
ders für die Limitirung der Therapie bei Lupus 


_ . 39 

Maa r ss rtA°„wend ; ungzä rd n , CS tt “' seiMr AbM >'”F * ausgedehntem 

a r^ n Veit: Aseptische Grundsätze in der Gebartshillfe. Während 
tischen hZ G A uilk ? lo ^ i( ! die Grundsätze inbetroff der asep- 

r’ b vT e ^ A^J boden . “ cht me Er discutirt werden, herrscht hierüber in der 
Geburtshülfe noch durchaus keine Uebereinstimmung; die oinen verwerfen 

als nutzlos gänzlich, während andere sie auch hiei steeng Wott 
wissen wollen. Herr Veit geht auf die einzelnen Fragen speciell ein 
Desinf f c l iou der Aerzte und Hebammen betrifft, so 
wirHnn ? 1Cht ur U eatb ^ re . n - Jeder Versuch, hier nachlässiger zu 

werden, straft sich. Wie die Desinfection vorgenommen wird, ist gleich- 

FTrh;.;?rp USge r t vr t, i a ? sl f y aa f ek 'EF nd ^t. % empfiehlt besonders die 
Fürbiingei scho Methode. 1) Bezüglich der Desinfection der Ivreissenden 
ist die der äusseren Genitalien zweckmässig; sie sind gründlich zu seifen. 
Man kann auch eigentliche Desinficientien anwenden, jedoch ist eine 
energische Desmfacirung, wie die unserer Hände, hier natürlich nicht mög¬ 
lich, deshalb auch von geringerem Werthe. Die Desinficirung des Vaginal- 
Ca « a |r St 1 dS 5 t ai ! f Schwierigkeiten, sie ist der Oertlichkeit wegen nicht 
gründlich durchzufuhron; es besteht auch die Gefahr, etwa vorhandene 
pathogene Mikroorganismen dadurch in die Cervix uteri zu bringen und so 
zu septischen Entzündungen Anlass zu geben. Uebrigens hat sich nach 
den Untersuchungen von Dödcrlein u. a. ergeben, dass verlniltniss- 
mass!g selten pathogene Mikroorganismen in den Secreten Vorkommen und 
auch bei unterlassener Desinfection bei sonst gesundheitsmässiger Be¬ 
handlung der Geburtsperiodo zu deletären Erkrankungen keine Veranlassung 
geben: jedenfalls wird so eine Jntoxication, wie sie durch Desinfection mit 
oiibliinat zu befürchten ist, vermieden. Die schweren septischen Er¬ 
krankungen nach Entbindimgen sind wohl ausschliesslich auf Einführung 
pathogener Keime von aussen durch die Finger resp. Instrumente zurück- 
zutttkren. Ahlfeld's entgegenstehonde Berichte beweisen für die Praxis 
noch nicht die NothWendigkeit der Desinfection der Vagina, hat er doch 
z. B. bei Gonorrhoe eine sehr hohe Morbidität. 3) Es ergiebt sich, dass 
die innere Untersuchung Kreissender auf das äusserste zu beschränken ist 
und die äussere Untersuchung die Hauptsache hleibt. Die Palpation von 
aussen, besonders auch von der Incisura ischiadica her, ist in den meisten 
Fällen ausreichend, um den Geburtshelfer zu orientiren. Sie wird in der 
Dresdener Gebäraustalt jezt ausschliesslich geübt und hat sich in den 
letzten 1000 Geburten völh’g bewährt. Eine innere Untersuchung darf 
nur emtreten, wenn ganz besondere Gründe vorliegen, und ist dann in der 
weise auszuführeu, dass die Finger dor einen Hand die Labien aus¬ 
einander ziehen und der untersuchende Finger direkt in die Vagina oin- 
führt wird. Die gewöhnliche Methode, den untersuchenden Finger vom 
Damm aus vorsehiebend in die Vagina zu bringen, hat die Gefahr, dass 
pathogene Keime auf diese Weise eingeftthrt werden können. Neuere Unter¬ 
suchungen haben nämlich ergeben, dass die gefährliche Tyinpania uteri 
durch das Bacterium coli bewirkt wird, einen Mikroorganismus, der ja oft am 
Damme vorhanden ist. Was 4) die Lösung der Placenta durch die Hand 
betrifft, so ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass diese Operation aufs 
äusserste zu beschränken ist. Die Golahr drohender Blutungen, wegen 
deren die Lostreimung der Placenta in der Regel gemacht wird, stammen 
um' zum kleinsten Theile aus einer Atonie des Uterus, sind vielmehr 
| meistens Einrissblutungen. Man gehe daher mit der Hand nur in die 
Vagina, orieutire sich über den Einriss und nähe ihn noch vor Abgang 
der Placenta, während man Reibungen des Fundus uteri ausüben lasse. 
5) Der Unterricht der Studirenden in der Orientirung durch äussere Pal¬ 
pation geschieht wohl am besten so, dass man dieselben zuerst in der 
inneren Untersuchung unterweist, sie dann in der Poliklinik mit Opera¬ 
tionen vertraut macht und endlich zur Erlernung der äusseren Palpation 
in grösserer Anzahl zugleich Geburten beobachten lässt. Auch die Heb¬ 
ammen sind natürlich mit diesen Grundsätzen vertraut zu machen, ihr 
Unterricht möglichst zu verbessern. 

Herr Olshausen ist mit Herrn Veit im wesentlichen einverstanden. 
Es wird im allgemeinen viel zu viel Antisepsis in der Geburtshülfe ge¬ 
trieben. und er ist ein Feind der permanenten Ausspülungen der Kreissen¬ 
den. Wenn auch fast immer pathogene Baeterien in der Vagina vor¬ 
handen sind, so geben sie doch kaum je Veranlassung zu sch werer Infection. 
Anders gestalten sich aber die Verhältnisse bei operativen Eingriffen und 
besonders bei dem gefährlichsten, der Placentarlösung. Hier muss eine 
möglichst gründliche Desinfection der Vagina stattfinden, weil wir aus 
der Vagina mit ihren pathogenen Mikroorganismen bis an die offenen Gefäss- 
lumina des Uterusinneren kommen. Dasselbe gilt für die Wendung. 
Hinterher ist die Desinfection bei Seite zu lassen, vorausgesetzt, dass bei 
fieberloser Kreissenden lind nicht zersetztem Uterusinhalt unter strenger 
Asepsis operirt worden war. 

Herr Dührssen: Die Reinigung der Vulva ist auch energisch durch 
Desinficientien auszuführen, und zwar empfiehlt sich hier besonders das 
Lysol. Auch die Desinfection der Vagina wird meistens vom Arzte 
nicht zu umgehen sein, der bei uns in Deutschland ja in der Regel nur 
zu pathologischen Geburten gerufen wird und damit zu rechnen hat, dass 
von der Hebamme schon pathogene Keime eingeführt sind, da ferner eine 
Selbstinfection (Ahlfeld) möglich ist. Die Lösung der Placenta durch 
die Hand ist doch wohl häufiger indicirt, als Herr Veit annimmt, da 
die gefährlichen Blutungen durchaus nicht in der Mehrzahl Rissblutuugen, 
sondern häufig die Folge einer Atonie des Uterus sind, und in solchen 
Fällen die Lösung lebeusrettcud wirkt, falls die milderen Mittel, Massage. 
Ergotin, heisse Ausspülungen nichts helfen. Wollte man erst die Risse 
nähen, die oft klein und schwer aufzufinden sind, so könnte mittlerweile 
eine Verblutung ex atonia uteri eintreten. Vor jeder Operation ist zu 
desinficiren, aber auch nach der Geburt, die unter Fiebererscheinungen der 
Kreissenden beendet wird. 

Herr Martin ist mit den theoretischen Ausführungen des Vor¬ 
tragenden im allgemeinen einverstanden. Allein Theorie und Praxis 


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40 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHRIFT. 


No. 2 


decken sich hier durchaus nicht Eben so wenig, wie es möglich ist, 
den Hebammen die innere Untersuchung zu verbieten, gelingt es den 
hinzugerufenen Aerzten, abgesehen von seltenen Ausnahmen, sich so durch 
die äussere Untersuchung zu orientircn, dass sie mit Sicherheit die Ge¬ 
burt leiten können. Bei der Retention der Placenta ist die Einführung 
der Hand thuulichst zu beschränken; Blutungen durch Cervixrisse sind 
nach Herrn Martin’s Erfahrung nicht so häufig, wie von dem Herrn 
Vortragenden betont. Die Anlegung der Naht erscheint ihm besonders 
für den Praktiker nicht so leicht, wie es dargestellt worden ist. 

Max Salomon. 

Nachtrag zu der Sitzung am 29. November 1893. 

Zu dem Bericht über die Mittheilung des Herrn Harke (Hamburg) 
über eine neue Methode der Section der oberen Atlimungswege fügen 
wir berichtigend folgendes hinzu: Die Methode gestattet jedem Kliniker, 
da eine äussere Entstellung der Leiche nicht stattfindet, auch bei den diffi- 
cilsten äusseren Verhältnissen sich durch die Section von vorhandenen 
oder vermutheten krankhaften Veränderungen auf dem Gebiete der oberen 
Athemwege bis in alle Nebenräume hinein, leicht zu überzeugen. Die 
Methode hat der Verfasser u. a. auch Virchow und Koch vorgeführt; 
eine Beschreibung derselben ist in die letzte Auflage der Virchow’schon 
Sectionstechnik aufgenommen. Eingehende Sectionsprotokolle wird der 
Verfasser demnächst veröffentlichen. 


Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 
in Bonn. 

Sitzung am 18. März 1898. 

Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo. 

1. Herr Binz berichtet über Versuche, die Dr. P. Krautwig 
im pharmakologischen Institut über die erregenden Wirkungen 
deB Essigäthers (Aether aceticus des Arzneibuches) angestellt 
hat. Sie ergaben, dass er die Athmung vortrefflich anregt, sei 
es, dass sie normal war, sei es, dass sie durch Morphin eine be¬ 
deutende Abschwächung erfahren hatte. Der Essigäther übertrifft 
darin den gewöhnlichen Aethyläther, der gegenwärtig neben dem 
Kampher das gebräuchlichste Erregungsmittel in bedrohlichen 
Schwächezuständen acuter Art ist. Der Aethyläther spornt zwar 
ebenfalls die Athmung zu grösserer Thätigkeit an, jedoch schlägt 
die Wirkung leicht in ihr Gegentheil um, was beim Essigäther 
nicht in demselben Maasse geschieht. Auch ist dieser weniger 
schmerzhaft beim Ein spritzen unter die Haut, als jener. Im Magen 
erzeugt der Essigäther ein Gefühl angenehmer Wärme und Er¬ 
regung, was bekanntlich schon längst zu therapeutischen Zwecken 
bei Magenschwäche verwerthet wurde. Der Essigäther bildet den 
bei weitem grössten Bestandtheil des Aroma des echten Cognacs, 
Arracs und Rums und der Weine, woraus der Cognac bereitet 
werden kann. Es ist wahrscheinlich, dass die angenehm erregende 
Wirkung solcher Getränke in mässigen Mengen — im Gegensatz 
zu den geistigen Getränken, die dieses Aroma nicht oder nur in 
viel geringerer Menge enthalten — auf die Anwesenheit des Essig¬ 
äthers und der verwandten Aether zurückzuführen ist. Die Einzel¬ 
heiten dieser experimentellen Untersuchung über den Essigäther 
sind in der Doetordissertation des Herrn P. Krautwig, Bonn 
1893, niedergelegt. 

Discussion: Herren Oebecke, Binz, Koester. 

2. Herr Boennecken: Ueber Stomatitis und deren Be¬ 
handlung. Die acut oder subacut verlaufenden entzündlichen Ver¬ 
änderungen der Mundschleimhaut, für die wir den Sammelnamen 
Stomatitis angenommen haben, sind sammt und sonders parasitäre 
Schleimhauterkrankungen, und alle die mit verschiedenen Bezeich¬ 
nungen belegten Processe, wie die Stomatitis epidemica, die Sto¬ 
matitis ulcerosa, die Stomatitis scorbutica, die Stomatitis nach 
erschöpfenden Krankheiten, nach Typhus, nach schweren Gelenk¬ 
rheumatismen u. s. w. sind nur Variationen eines und desselben 
Krankheitsbildes, dessen Erscheinungsformen allerdings die mannich- 
faltigsten graduellen Unterschiede zeigen. 

Zur Erklärung des Symptomcomplexes einer acuten Stomatitis 
sind stets drei Momente in Betracht zu ziehen: 1) prädisponirende 
Ursachen, 2) lokale Reize, 3) Pilze. 

Zu den prädisponirenden Ursachen müssen wir alle die Fac- 
toren zählen, welche geeignet sind, die Widerstandsfähigkeit der 
Mundschleimhaut herabzusetzen, also schwere Ernährungsstörungen, 
ungünstige hygienische Verhältnisse und constitutioneile Erkran¬ 
kungen. Infolge der mit diesen Zuständen verbundenen Schwächung 
der Herzenergie kommt es in der Mundschleimhaut, besonders aber 
am Zahnfleisch und hier wieder vorzugsweise an den Interdental- 
papillen zu venösen Stauungen und zu einer verstärkten Trans¬ 
sudation in das Gewebe. Die Bedeutung dieser für die Entstehung 
einer Stomatitis prädisponirenden Momente darf nicht zu hoch an¬ 
geschlagen werden. 

Wichtiger schon sind die lokalen Reize. Als solche haben 
wir Zalmsteinablageiungen, Wurzelreste, scharfe Schmelzränder, 
defecte Füllungen, kurz alle jene Schädlichkeiten anzusehen, die 
sich so ungemein häufig in der Mundhöhle bei vernachlässigter 


Mundpflege vorfinden. Jede Stomatitis beginnt an Schleimhaut- 
partieen, die mit den Zahnreihen in Berührung kommen. Im zahn¬ 
losen Munde beobachtet man Stomatitiden erheblicheren Grades 
nicht. Ist die Schleimhaut in ihrer Widerstandsfähigkeit herab¬ 
gesetzt, so kommt es bei der ständigen Reibung an den krankhaft 
veränderten Zahnreihen sehr rasch zu Epithelabschtirfuugen. Be¬ 
sonders charakteristisch tritt der Einfluss des mechanischen Mo¬ 
ments für die Entstehung einer Mundentzündung bei einer schweren 
mercuriellen Stomatitis zu Tage. Hier finden wir die Haupt¬ 
veränderungen, abgesehen vom Zahnfleisch, stets an der Wangen¬ 
schleimhaut und an den Zungenrändern dort, wo dieselben den 
Zahnreihen anliegen. Die Stomatitis scorbutica findet sich nur im 
zahntragenden Munde; sind die Zahnreihen durch Lücken unter¬ 
brochen, so findet man die Schleimhaut, welche die Zahnlücke 
(sc. Lücke ohne Wurzelrest) überkleidet, unverändert. Im zahn¬ 
losen Munde werden scorbutische Schleimhautveränderungen nicht 
beobachtet. 

Was nun den Antheil der Mundpilze an dem Zustandekommen 
einer acuten Stomatitis anlangt, so dürfte die Frage, ob es sich 
bei der Stomatitis um eine Infection der Schleimhaut durch einen 
bestimmten Entzündungserreger, oder um eine Mischinfection handelt, 
zu Gunsten der letzteren Anschauung zu entscheiden sein. Be¬ 
kanntlich bietet der mit Mundschleim und Epithelien vermengte 
Speichel ein vorzügliches Nährmaterial für Fäulnisskeime. Tritt 
durch lokale oder constitutionelle Ursachen veranlasst („ver¬ 
schmutzter Mund“, Quecksilber) eine vermehrte Speichel- und 
Schleimabsonderung auf, so ist auch die Vermehrung der Fäulniss- 
erreger der Mundhöhle eine entsprechend grosse. Es kommt daher 
bei jeder stärkeren Salivation rasch zu entzündlichen Zuständen 
in der Mundhöhle. Die Hauptursache der mercuriellen Stomatitis 
dürfte in dem durch das Quecksilber hervorgerufenen Speichelfluss 
zu suchen sein. Wird bei ein tretender Salivation die Mundhöhle 
nicht peinlich sauber gehalten, so tritt innerhalb 24 Stunden eine 
Gingivitis marginalis und weiterhin eine allgemeine Stomatitis auf. 
Dass die Fäulnisserreger der Mundhöhle als ätiologisches Moment 
für die Entwickelung von Stomatitiden angesehen werden müssen, 
das zeigen die überraschend schnellen Heilerfolge, die wir bei der 
Anwendung von passend gewählten Antisepticis bei bestehender 
Mundentzündung erzielen. 

Bei der Therapie der Stomatitis müssen wir die Beseitigung 
einmal der prädisponirenden Momente, weiterhin der lokalen Reiz¬ 
zustände und endlich die Unschädlichmachung der Fäulnisspilze 
der Mundhöhle anstreben. 

Ich möchte an dieser Stelle besonders betonen, von welcher 
Wichtigkeit es ist, dass bei Patienten, die an schweren erschöpfen¬ 
den Krankheiten Wochen und Monate lang darniederliegen, eine 
methodische Mundpflege eingeleitet wird. Unterbleibt dieselbe, so 
kommt es im Munde des Kranken rasch zu Zahnsteinbildung, 
Röthung und Schwellung des Zahnfleisches, zur Lockerung der 
Zähne und endlich zur allgemeinen Stomatitis. Besonders bei acut 
fieberhaften Krankheiten, die mit Störung des Bewusstseins einher¬ 
gehen, bei denen infolge der Ruhigstellung der Mundorgane die 
Selbreinigung des Mundes durch Zungen- und Wangenbewegungen 
ausfällt, treten diese Erscheinungen sehr schnell auf. Ein derarti¬ 
ger Zustand der Mundhöhle ist geeignet, die Reconvalescenz in die 
Länge zu ziehen. Dem Kranken mit entzündetem Zahnfleisch und 
gelockerten Zähnen wird jede Mahlzeit zu einer Tortur, weil er 
bei jedem Kauversuclie die unerträglichsten Schmerzen hat. Die 
Ernährung eines derartigen Kranken wird also einmal aus rein 
mechanischen Gründen durch Beeinträchtigung der Kaufähigkeit 
erschwert. Weiterhin ist aber auch die so häufig zu beobachtende 
andauernde Appetitlosigkeit bei Reconvalescenten, wenn wir von 
den Fällen absehen, wo dieses Symptom durch die Natur des Lei¬ 
dens erklärt wird, vielfach durch eine putride Mundhöhle veran¬ 
lasst. Miller 1 ) bestimmte die Zahl der züchtbaren Bacterien in 
einem daraufhin untersuchten Munde durch Culturversuche auf 
1140 000 000. Von dieser Bacterienfluth gelangt mit jedem Schluck¬ 
act ein Theil in den Magen und ruft hier Gährungserscheinungen 
und dyspeptische Beschwerden hervor. Ich kann aus eigener Er¬ 
fahrung bei ähnlichen Fällen berichten, dass der Erfolg der Ein¬ 
leitung einer rationellen Zahn- und Mundpflege auf die Wieder¬ 
belebung des Appetits und auf den Verlauf der Reconvalescenz ein 
überraschend günstiger ist. Es sollte jeder Arzt sich zur Pflicht 
machen, bei längerem Krankenlager das Wartepersonal zu instruiren, 
die Zahnreihen des Kranken morgens und abends mit einer weichen 
Zahnbürste und einer antiseptisch wirkenden Zahnseife gründlich 
zu säubern. Es wird dies den wohlthätigsten Einfluss auf den Ver¬ 
lauf der Reconvalescenz ausüben. Leider ist die Erkenntniss der 
Wichtigkeit der Pflege der Zähne und des Mundes selbst in ärzt¬ 
lichen Kreisen noch wenig durchgedrungen. 


*) Miller, Die Mikroorganismen der Mundhöhle, 2. Auf!., 1892. 


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11. Januar. 


DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Bezüglich der Behandlung der lokalen Reize in der Mundhöhle 
bei bestehender Stomatitis gilt folgende Regel: Zahnstein und 
Schleimauflagerungen müssen mechanisch von den Zähnen entfernt, 
Worzelreste extrahirt werden. Alles dies kann, weil schmerzhaft, 
in Bromäthernarkose geschehen, die ja, wie bekannt, für zahnärzt¬ 
liche Operationen sich vorzüglich eignet. 

Was nun endlich die Wahl eines passenden Antisepticums für 
entzündliche Zustände der Mundhöhle anlangt, so verdient natur- 
üemäss dasjenige Mittel den Vorzug, welches die grösste desinfi- 
cirende Kraft einerseits besitzt und andererseits den geringsten Reiz 
auf die Mundschleimhaut ausübt. 

Man darf nicht vergessen, dass eine Stomatitis erheblicheren 
Grades ein ungemein schmerzhaftes Leiden ist, und dass Spülungen 
mit einem Antisepfcicum, welches schon die normale Mundschleim¬ 
haut reizt, in der entzündeten Mundhöhle unerträgliche Schmerzen 
bereiten. 

Die für die Mundhöhle weitaus am häufigsten verordneten Anti- 
septica sind Lösungen von Kalium hypermanganicum und von 
Kalium ehloricum; ersteres in einer Concentration von 1:2000 bis 
1:1000, letzteres in 2—3%iger Lösung. Ueber die desinficirende 
Kraft dieser beiden Antiseptica haben neuere Untersuchungen fol¬ 
gendes ergeben. Nach Miller 1 ) wird die Entwickelung von Mund¬ 
pilzen verhindert durch Kalium hypermanganicum in einer Concen¬ 
tration von 1:1000; Kalium ehloricum in einer Concentration von 
1:8. Miquel 2 ) fand, dass für das hypermangansaure Kali noch 
eine erheblich stärkere Concentration, nämlich 1:286 erforderlich 
sei, um Spaltpilzentwickelung zu verhindern. Diese Versuche sind 
aber alle im Reagensglase angestellt bei langdauernder Einwirkung 
des Antisepticums auf die inficirte Substanz. Ueberlegen wir uns 
nun, dass bei einer Mtindspülung das Antisepticum nur ganz kurze 
Zeit im Munde bleibt, dass es sich sofort mit Speichel und Mund¬ 
sehleim vermengt, so erkennen wir, dass die angegebene Concen¬ 
tration durchaus nicht genügt, um Bacterienvegetationen zu tödten, 
ganz abgesehen davon, dass wir das chlorsaure Kali in einer Stärke* 
von 1:8, also in 12 V-> %iger Lösung überhaupt nicht für den Mund 
»rdmiren können. Das Kalium hypermanganicum hat ausserdem 
noch die unangenehme Eigenschaft, dass es die Zähne mit. einer 
Kruste von Braunstein bedeckt, die nur schwer wieder zu entfernen 
ist. Diesen theoretischen Erwägungen entspricht die Beobachtung, 

‘ ff 8 ptomatitiden erheblicheren Grades bei Anwendung von Kalium 
chloncum imd Kalium hypermanganicum nur sehr langsam heilen, 
ja dass bisweilen trotz aller Spülungen neue Ulcera in der Schleim- 
naut auftreten, und der Process sich verschlimmert. Wir bedürfen 
m ie Behandlung der Stomatitis eines Mittels, welches in einer 
in den Mund gebracht werden kann, in der es sofort 
jefebpaltp.l.entwmkelung sistirt, und welches zweitens bei der 
™!n5 U u “SJ der erkranIcten Schleimhaut keinerlei Schmerzen 
s(d(dles Mittel ist das Wasserstoffsuperoxyd in 
- • /oiger Lösung. Das reine Wasserstoffsuperoxyd 3 ) H>0> 
fi - n tS ^H'upähnliche Flüssigkeit von 1,45 specifischem Gewicht, 
^ h t ihr T er Zersetzun g da s 475fache Volum an 
Sln)p , lsto ? abgiebt. In den Handel kommt das Wasserstoff- 
ihres vL, zumeist ™ einer wässerigen Lösung, die das zehnfache 
loL™ ?® eils a ? freiem Sauerstoff enthält, für gewöhnlich als 
Mar°nnnrt^azeichnet. Die hiesige chemische Fabrik von 
Mark q \ ? l ° H y dro ^ enilim peroxidum (10%) für eine 

^^ftoffsuperoxyd besitzt selbst bei starker Verdün- 
verfind ft rt%= eU ^ d(? . antise P tisch e Eigenschaften; nach Miquel 
ttam der Fä u £e“eAT £ oncentration Ton 1:20000 das Wachs- 


in Da das völlig ungiftig ist und 

als Reii A mn f n ^ in? T 0 ? der entzündeten Mundschleimhaut nicht 
oxvd ein .w; WIrd ’ 80 ^sitzen wir in dem Wasserstofisuper- 
tration auf di^Xf ? elc ^ es wir in 400 fach stärkerer Concen- 
wendfe wä P r,;l U D SC ! ,le . imhaut einwirken lassen können, als noth- 
2 u machen ’ tu ^ ctenen vegetationen auf derselben unschädlich 
Abgabe vnn w Wasserstoffsuperoxyd wirkt antiseptisch durch 
HoO-> Molekfil - 1 ? In ^ auers l’°^ nnd zwar erfolgt die Zerlegung des 
mit gewissen 1 Ur< ^ 80 £ enan nte Contactwirkung bei der Berührung 
uardh wird w? msC ^ e 2. bt<)ffen - Nach Paul Bert und P. Reg- 
die stickstoffhfllf; SSerS i t ^ ffßUpero:syd augenblicklich zersetzt durch 
Blutfibrin und j imgebe ? den Stoffe , durch das Myosin, das 

^ird nicht zerßetIf C a led t ne J - Stl ^ kstoffhaltiffe Pfl anzenproducte. Es 

-- tzt durch die bette, die stärkemehlhaltigen Stoffe, 

;»i c. 

- a %P 403 ^’ ^ntwlblatt für allgemeine Gesundheitspflege, H. Jahr- 

MundhöUe. Verhandln»^* 6 -Anwendung von Wasserstoffsuperoxyd in der 
agen der deutschen odontologischen Gesellschaft 


1. 3. 

.), Action de r 


41 


die löslichen Fermente, 


j ij- das Eieralbumin, das Casein, die Peptone 

das Kreatin, das Kreatinin und den Harnstoff. 1 

Besonders lebhaft wird das Wasserstoffsuperoxyd zersetzt 
äV rc ! 1 das . Blut und Blutbestandtheile, wie seröses Exsudat und 
* e -‘ , Br 1 in ° en . wir Wasserstoffsuperoxyd in Berührung mit einer 
entzündlich gereizten Schleimhaut, so wird letztere augenblicklich 
mit einer Schicht von Sauerstoffbläschen bedeckt. Dieser Sauer- 
stott weil m statu nascendi, hat starke antiseptische Eigen¬ 
schaften. Mit dein Moment der Berührung mit der Schleimhaut- 
Oberfläche geht, aber auch das zersetzte H->0 2 Molekül seiner des- 
mficirenden Kraft verlustig, und daraus erklärt sich die Thatsachc 
dass das \\ asserstoffsuperoxyd nur eine Oberflächenwirkung aus- 
ubt, dagegen die tiefer liegenden Ge websschichten durchaus nicht 
beeinflusst. Die Empfehlung des Wasserstoffsuperoxyds zur Des- 
mfection einer putriden Mundhöhle ist von Busch-Berlin 1 ) aus¬ 
gegangen. Leider sind die Mittheilungen desselben, die in den 
Verhandlungen der Deutschen odontologischen Gesellschaft er¬ 
schienen sind, nur wenig von den Aerzten beachtet worden, so 
dass heutzutage das Wasserstoffsuperoxyd in dem ärztlichen Arznei¬ 
schatz noch nicht die Stellung einnimmt, die es verdient Auf 
Grund der Erfahrungen, die ich seit der Zeit, in der ich mich mit 
den Erkrankungen des Mundes speciell beschäftigt habe, mit dem 
Wasserstoffsuperoxyd gemacht, kann ich dasselbe als das souve¬ 
räne Mittel für die Behandlung putrider Zustände der Mundhöhle, 
also in erster Linie bei allen Stomatitiden empfehlen. Lässt man 
die Mundhöhle bei bestehender Stomatitis einige Minuten lang mit 
einer 2°/ 0 igen H 2 0 2 -Lösung ausspülen, so ist der vorher so pene¬ 
trante Foetor ex ore verschwunden. Nach 24stündiger Anwen¬ 
dung des Mittels hat sich der schmierige Belag der Zaluifleiseh- 
ränder abgestossen, und die Geschwüre an den Zungenrändern und 
in der Wangensclileimhaut haben sich gereinigt. Nach abermals 
24 Stunden beobachtet man, dass die Epithelialisirung der gerei¬ 
nigten Geschwürflächen begonnen hat, und in 5—6 Tagen können 


® e »tations. ComntM sur * es mat ieres organiques et les fer- 

‘ p. ISfiQ ««uv» ren< Hl 8 des slances de l’AparlÄmia dee Spisn/>oc 


3—1386. 


selbst schwerere Fälle von Stamatitis unter dieser Behandlung zur 
Heilung gebracht werden. Ein günstiger Zufall fügte es, dass 
gerade in den letzten Tagen in der hiesigen Königlichen Klinik 
für Hautkrankheiten mehrere Patienten mit Stomatitis mer- 
curialis, darunter einige schwere Fälle mit starker Exulceration 
der Zungen- und Wangenschleimhaut sich vorfanden, bei denen 
Herr Geheimrath Doutrelepont mir gestattete, die Behandlung 
mit Wasserstoffsuperoxyd einzuleiten. In sämmtlichen Fällen 
konnte ich zusammen mit Herrn Dr. Wolters die überraschend 
schnelle Heilwirkung des Mittels feststellen. Man darf freilich 
nicht erwarten, dass man mit Spülungen von Wasserstoffsuperoxyd 
imstande ist, eine Mundhöhle, in der sich eine Reihe von putriden 
Wurzelresten befindet, in dauernd aseptischem Zustand zu erhalten. 
Es ist eben, wie Busch in seinem mehrfach citirten Aufsatze her¬ 
vorhebt, kein Mundwasser imstande, in die engen W r urzelcanäle 
einzudringen und dort, die in Zersetzung befindlichen Pulpareste 
zu desinficiren. Auch ist die in ärztlichen Kreisen vielfach herr¬ 
schende Ansicht irrig, dass Medicamente, sei es nun Alaun, Tan¬ 
nin, Tiiictiira Myrrhae oder irgend ein anderes Adstringens imstande 
sind, das gewucherte und geröthete Zahnfleisch, wie es sich in der 
Umgebung von Wurzelresten findet, zur Norm zurückzuführen. 
Hier nützt nur ein Mittel, und das ist die Extraction der Zahn¬ 
reste. Ist das geschehen, dann erfolgt unter der Einwirkung von 
H-/(VSpiilungen in wenigen Tagen die Rückbildung des entzün- 
zündeten Zahnfleisches zu seinem normalen Zustande. 

M. H.! Sollten Sie sich durch meine Mittheilungen veranlasst 
fühlen, in Ihrer Praxis bei entzündlichen Zuständen der Mund¬ 
höhle statt der bisher gebrauchten Lösungen von Kalium hyperman¬ 
ganicum und Kalium ehloricum das Wasserstoffsuperoxyd in 2°/oiger 
Lösung zu ordiniren, so werden Sie einmal Ihren Patienten die grosse 
Annehmlichkeit bereiten, bei der Anwendung dieses Mittels keine 
Schmerzen erdulden zu müssen, und zweitens werden Sie die Rück¬ 
bildung des Krankheitsprooesscs unter dem Einflüsse dieses Anti¬ 
septicums in kürzerer Frist erzielen, als dies mit irgend einem an¬ 
deren der zur Zeit bekannten Mittel erreicht werden kann. 

Herr Leo wendet das Wasserstoffsuperoxyd seit etwa fünf Jahren 
fortdauernd an und muss sich dem günstigen Urtheil des Vorredners 
über die Wirkung desselben in jeder Beziehung anschliessen. Auch 
er hält dieses Mittel für das weitaus beste bei den verschiedenen 
Formen der Stomatitis. In zahlreichen Fällen, wo die sonstigen Mund¬ 
wässer versagten, erwies sich das Wasserstoffsuperoxyd als wirksam. 
Uebrigens ist es sehr wesentlich, ein frisches Präparat zu benutzen, du 
das Wasserstoffsuperoxyd schon nach kurzer Zeit in Wasser umgewan¬ 
delt wird. Zuweilen, bei torpider Stomatitis, sah Leo sich veranlasst, 
eine stärkere Concentration als 2% anzuwenden. Uebrigens reicht das 
Wasserstoffsuperoxyd selbstverständlich nicht immer aus. Und beson¬ 
ders bei tieferen Ulcera ist man genöthigt, nebenbei noch andere Mittel, 
besonders das Argentum nitricum, anzuwenden. 


*) loc. cit. 


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42 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0CHENSCHR1FT . 


No. 2 


Herr Krukenberg bespricht nur die Prophylaxe gegen Stomatitis 
Laparatomirter. Er empfiehlt Ausspülungen des Mundes mit schwacher 
ThymoUösiing, ausserdem solle mau die Patienten, welche in Rückenlage 
liegen, anhalten, den Mund zu schliessen, oder durch einen vorgelegten 
feuchten Mulllappen athrnen lassen. War bei der Operation ein Gebiss 
entfernt, so lässt man es gleich nach der Operation wieder emlegen, da¬ 
mit die Patientin den Mund besser schliessen kann. . . 

HeiT Wolters hat gefunden, dass bei mercurioller Stomatitis das 
Wasserstoffsuperoxyd als Mittel zum Gurgeln, in 5 10% Lösung ange¬ 

wandt, in der günstigsten Weise wirkt. Der Foetor ex ore ist bald be¬ 
seitigt, und nach 24 Stunden lilsst sich auch der Belag schmerzlos ent¬ 
fernen. Dagegen hat Redner nach Verordnung von chlorsaurem Kali in¬ 
nerlich bei mercurieller Stomatitis keine Wirkung gesehen. Auch helfe 
bei letzterer, wenn sich schon tief greifende Geschwüre gebildet haben, 
das Wasserstoffsuperoxyd nicht mehr, allein daun müsse man Tinctura 
Jodi etc. anwenden, vor allem den Zahnstein, Wurzelreste etc. entfernen, 
von denen die Affection immor wieder von neuem ausgehe. 

Herr Binz empfiehlt sehr Kalium chlorieum innerlich bei Stomatitis. 
Schon früher sei nachgewiesen worden, dass, es innerlich gegeben fort¬ 
während durch die Speicheldrüsen ausgeschieden werde. Seine Wirkung 
sei alsdann dieselbe, wie die des örtlich angewandten Wasserstoffsuper¬ 
oxyds durch Abspaltung von atomistischem 0; es wirke also in statu 
nascendi seines Sauerstoffs. Mit faulendem Fibrin bei Körperwärme in 
V erbindung gebracht, werde es reducirt, wie er 1873 in einer Sitzung der 
Niederrheiniseken Gesellschaft zuerst gezeigt habe, das sei der Grund 
seiner therapeutischen Wirkung auf der faulig entzündeten Mundschleim¬ 
haut. Demnach sei es in den Fällen, wo man nur innerlich beikommen 
könne, w r ohl zu beachten. 

3. Herr Leo: Tod durch Glottiskrampf bei Hysteria vi- 
rilis. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift 1803, No. 34 er¬ 
schienen.) 

Discussion: Herren Schultze. Ungar. Koester, Leo, 

Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 21. November 1893. 

Vorsitzender: Herr Rumpf; Schriftführer: Herr Manchot. 

1. Herr Jessen demonstrirt einen Fall diflhser Sklerodermie. 
Die Affection ist im Anschluss an eine vor sechs Jahren über¬ 
standene Masernerkrankung allmählich zur Entwickelung gekommen. 
Betroffen sind das Gesicht, das infolgedessen einen maskenartigen 
Ausdruck bekommen hat, ferner die Schultern,Vorderarme und Hände. 
Die skierodermischen Partieeil sind zum Theil bereits im dritten, 
atrophischen Stadium. An den Endgliedern der Finger fanden sich 
einzelne trophische Ulcerationen. Die Kranke ist mit Massage und 
der inneren Darreichung von Salieyl in grossen Dosen behandelt 
worden. Mit dieser Therapie ist eine erhebliche Besserung des 
Zustandes erreicht worden. 

2. Herr Sa eng er stellt einen chirurgisch geheilten Pall 
von Abscess im rechten Schläfenlappen vor. Es handelt sich 
um ein 20jähriges Dienstmädchen, welches seit drei Jahren ein 
rechtsseitiges Ohrenleiden hatte. Bei der ersten Untersuchung 
befand sich die Patientin in halbbesinnlichem Zustande; hatte 
keinerlei Lähmungserscheinungen in der willkürlich innervirten 
Muskulatur, dagegen geringe Nackensteifigkeit; Hyperästhesie bei 
Nadelstichen. Die Sehnen- und Hautreflexe waren beiderseits gleich, 
ausser dem linken Plantarreflex, der etwas abgeschwächt war. 
Fieber war nicht vorhanden. Puls war 96; jedoch wurde mehrere 
male eine Verlangsamung constatirt. Die bedeutungsvollsten Ver¬ 
änderungen konnte man an den Augen beobachten. Die rechte 
Pupille war erheblich weiter und reagirte träger auf Licht als die 
linke. Eine entsprechende Differenz fand sich im Augenhinter¬ 
grund; denn rechts war eine deutliche Stauung am Sehnerven zu 
beobachten, während links die Papille und Gefässe noch annähernd 
normal sich verhielten. Am folgenden Tage war eine erhebliche 
Verschlechterung im Befinden der Patientin eingetreten. Sie war 
total unbesinnlich. Die rechte Pupille, welche noch immer doppelt 
so weit wie die linke war, reagirte nicht mehr auf Licht. Ferner 
war rechts jetzt eine exquisite Stauungspapille zu constatiren, 
während am linken Augenhintergrund sich auch schon Stauungs¬ 
erscheinungen bemerklich machten. Sonst waren keine Ver¬ 
änderungen zu beobachten. Herr Sa enger besprach nun die. in 
Frage kommenden differentiell-diagnostischen Momente, wies nament¬ 
lich darauf hin, dass er öfter bei Hirnabseessen exquisite Stauungs¬ 
papille beobachtet habe, und begründete seine Diagnose auf otitischen 
Abscess im rechten Schläfenlappen. Herr Dr. Wiesinger machte 
die Operation. 

Herr Wiesinger: Nach den Auseinandersetzungen des^Herrn Saen- 
ger konnte es für uns nicht zweifelhaft sein, dass ein schleuniger chi¬ 
rurgischer Eingriff in diesem Falle berechtigt war. Denn wenn auch die 
Prognose durch die bereits bestehenden moningitischen Symptome wesent¬ 
lich beeinträchtigt wurde, so w T ar es doch andererseits klar, dass ohne 
Operation die Patientin jedenfalls verloren sein würde. Es wurde daher 
auf der rechten Seite, und zwar mit der Basis gerade über dem Ansatz 
des rechten Ohres, die osteoplastische Resection des Schädels nach 
Wagner vorgenommen, und zwar ein etwa 6—8 cm im Durchmesser 


haltendes, annähernd kreisförmiges Stück des Knochens durchmeisselt, 
mit dem Elovatorium aufgehoben, die Brücke über dem Ohr durchbrochen 
und der Hautperiostknochenlappen nach unten umgeklappt. Die Dura 
lag nun vor uns, ohne jede Pulsation, prall gespannt, eher anämisch. 
Nach kreuzförmiger Spaltung derselben trat ein bedeutender Prolaps des 
Gehirns ein, und als wir gerade im Begriff standen, mit einer Punctions- 
nadel in das Gehirn einzugehon, um den supponirten Abscess zu suchen, 
spaltete sich von selbst das Gehirn in der Mitte des Vorfalls auf der 
Höhe eines Gyrus, und es spritzten uns etwa zwei Esslöffel voll stin¬ 
kenden Eiters" entgegen. Sie können aus diesem Vorgänge sehen, wie 
stark die Spannung innerhalb der Sehädelkapsel gewesen ist. Der in die 
Oeffnung eingeführte Finger konnto eino ziemlich geräumige Höhle ab- 
taston. aus der sich noch Eitor und theilweise vereiterte Gehirnbröckel 
durch vorsichtige Spülung entleeren liesson. Nach dieser Entleerung ver¬ 
kleinerte sich der Vorfall des Gehirns allerdings um ein weniges, jedoch 
blieb noch ein guter Theil desselben bestehen. Pulsation war noch immer 
nicht sichtbar. Es bestand also noch immer eine sehr bedeutende Druck¬ 
steigerung im Schädelinnern fort, und es war mir nicht zweifelhaft, dass 
dieselbe wohl zum grössten Theil auf eine Ansammlung von Flüssigkeit 
in dem Seitenventrikel zurückzuführen sei, auf einen Hydrocephalus in¬ 
ternus acutus, welcher durch Druck auf die Vena magna oder durch 
collaterale Fluxion entstanden sein konnte. Ich würde mich auch nicht 
gescheut haben, denselben durch Function zu entleeren, wie dies bei 
chronischem Hydrocephalus internus mehrfach mit Glück versucht ist. 
wenn man nicht hätte erwarten können, dass diese Wasseransammlung 
nach Entleerung der Abscesshöhle rasch wieder zurückgehen würde, und 
andererseits die Punction des Seitenventrikels nur durch die Abscess¬ 
höhle hätte stattfinden können, was die Gefahr, _ etwaige Infektionsträger 
aus derselben in den Ventrikel zu tragen, mit sich gebracht haben würde. 
Es handelte sich nun um die Frage, was mit dem Gehirnprolaps zu ge¬ 
schehen habe. Ihn abzutragen, wie es bereits öfter ausgeführt wurde, 
dazu konnten wir uns nicht verstehen, da wir damit einen grossen Theil 
des Schläfenlappens geopfert haben würden. — Wir beschlossen daher, 
ihn ruhig liegen zu lassen, in der Erwartung, dass er sich mit dem Rück¬ 
gänge der intracraniellen Spannung von selbst zurückziehen würde. — 
Um die Drainage der gerade in der Mitte liegenden Abscessöflnung mög¬ 
lichst günstig zu gestalten, bohrten wir in die Mitte der resecirton Kno¬ 
chenscheibe ein Loch und führten durch dasselbe ein Drainrohr in die 
Gehirnhöhle. Der reponirte Hautperiostknochenlappen kam nun direkt 
auf den Gehirnprolaps zu liegen. Die Haut wurde vereinigt, die beiden 
unteren Ecken zur Seite der Brücke mit etwas Jodoformgaze versehen. 
Der Knochen konnte sich, da er durch den Gehirnprolaps ganz erheblich 
abgehoben wurde, nicht in seine frühere Stelle oinfügen. Bei Druck auf 
denselben hatte man das Gefühl, als ob er auf einem Polster läge. — In 
völlig bewusstlosem Zustande wurde die Patientin in’s Bett gebracht, und 
dieser Zustand hielt auch noch einige Tage an, so dass die Kranke Urin 
und Stuhl unter sich gehen liess. Nach dem fünften bis sechsten Tage 
kehrte allmählich das Bewusstsein zurück. Alle Gehirnerscheinimgen 
hatten sich verloren. Die Eiterung war von Anfang an eine noch sehr 
bedeutende, und es entleerten sich durch dasDrainrohr auch noch häufig 
grössere, halb vereiterte Gehirnbröckel. Diese verstopften dasselbe wieder¬ 
holt, und der Eiter bahnte sich einen Weg nach dem unteren, hinteren 
Wundwinkel, so dass das Drainrohr nach etwa 14 Tagen als unnöthig 
weggelassen wurde. Die Eiterung dauerte noch einige Wochen fort, 
während die Patientin sich langsam erholte, und noch in der vierten 
Woche konnte man kleine Gehimstückchen im Eiter nachweisen. 
Offenbar unter dem Einfluss dieser langdauernden Eiterung, vielleicht auch 
dadurch, dass der Knochen längere Zeit durch den Gehirnprolaps abge¬ 
hoben war, wurde etwa die Hälfte des resecirten Knochenstückes nekro¬ 
tisch und musste entfernt werden. An dieser Stelle fühlt man jetzt Ge¬ 
hirnpulsation und ist keine Knochenneubildung entstanden. Es besteht 
die Absicht, nach völliger Vernarbung nach König’s Vorgang einen 
knöchernen Verschluss dieser Stelle herzustellen. 

3. Herr Sa enger stellt im Anschluss an den eben gezeigten 
Fall einen Mann vor, der vor vier Jahren einen otitischen Hirn- 
abscess im linken Schläfenlappen hatte. Der Vortragende 
stellte damals diese Diagnose hauptsächlich auf Grund einer sen¬ 
sorischen Aphasie und einer geringen linksseitigen Stauungspapille. 
Herr Dr. Sick führte die Operation aus. Die Heilung ist eine 
geradezu ideale geworden, da der Operirte im Vollbesitz seiner 
geistigen und körperlichen Fähigkeiten seinem Beruf ebenso gut 
wie vor seinem Leiden nachkommen kann. 

4. Herr Reiche hält seinen angekündigten Vortrag über das 
Verhalten der Nieren bei der fibrinösen Pneumonie. In einer 
in Gemeinschaft mit Herrn Fraenkel durchgeführten Unter¬ 
suchung der Nieren von 40 an uneomplicirter Pneumonie in diesem 
Jahre verstorbenen Erwachsenen, von denen über 60% int-ra vi- 
tam Albuminurie geringen Grades gezeigt hatten, wurden aus¬ 
nahmslos Veränderungen in diesem Organ constatirt. Die In- und 
Extensität derselben schwankte, es waren fast immer Läsioneu 
allein des Rindenepithels; in einer grösseren Zahl überwogen plas¬ 
molytische, in der kleineren coagulationsnekrotische Vorgänge. 
Das interstitielle Gewebe war nur sehr vereinzelt und stets in 
geringem Grade betheiligt.. In allen Fällen lagen Exsudate, oft 
einfach körniger Natur, oft mit Zellen verschiedener Provenienz 
untermischt in den Bowmanschen Kapselräumen. Cylinder wur¬ 
den relativ häufig gefunden. Unter 24 daraufhin untersuchten 
Fällen wurden Pneumococcen in den Nieren nur in vier vermisst; 
meist waren sie spärlich, sehr vereinzelt zahlreich in ihnen nacli- 


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11. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


weisbar. Culturversuche und Impfungen von Nierengewebe unter 
die Rückenhaut von Kaninchen erwiesen Lebensfähigkeit und Vi¬ 
rulenz dieser von ihrem primären Ansiedelungsort in die allge¬ 
meine Blutbaiin geschwemmten Mikroben. (Eine ausführliche Ar¬ 
beit über dieses Thema wird von den Herren Fraenkel und Reiche 
an anderem Orte publicirt werden.) 

Herr Edlefsen fragt, ob auch in den Fällen, wo intra vitam Albu¬ 
minurie constatirt sei, keine Glomerulusveränderung an der Pneumonie- 
uiere zu linden sei. 

Herr Reiche betont das constante Vorhandensein der Glomerulus- 
exsudate in allen untersuchten Fällen: eine eigentliche Glomerulonephritis, 
ein activ entzündlicher productiver Process konnte nicht nach bewiesen 
werden; die Capillarschlingen waren intact, das Glomerulusendothel nur 
gelegentlich abgehoben, wie proliferirt, jene Exsudationen waren vor¬ 
wiegend körnig, enthielten aber nicht selten zellige Bestandtheile und 
Kerntriimmer, desquamirte und gequollene Endothelzellen, mitunter selbst 
spärliche rothe Blutzellen, welche jedoch als Ausdruck der sub fineni 
wachsenden venösen Stauungen in den Unterleibsorganen anzusprechen 
sind. 

Herr E. Fraenkel: Diese von Herrn Reiche geschilderten Glome- 
rulusveninderungen bildon fast das einzige Kriterium, welches das mikro¬ 
skopische Bild einer Pneumonienierc von demjenigen einer Choleraniere 
unterscheiden lässt. Nach Leyden sollen die Nierenveränderungen bei 
Cholera durch den Wasserverlust des Organismus und eine dadurch 
bedingte Ischämie hervorgerufon werden. Die Pneumonieniore mit ihren 
der Choleraniere analogen Veränderungen spricht gegen die Auffassung 
Leydens. Herr Fraenkel nimmt vielmehr mit Herrn Reiche an, dass 
im Organismus kreisende organische Gifte schädigend auf die Nieren- 
epithelien einwirken. Ferner muss die Frage aufgeworfen werden, ob die 
vorherrschende Auffassung zu Recht besteht, welche die urämischen Er¬ 
lernungen im zweiten Stadium der Cholera mit den Nierenverände- 
ntngen in einen direkten, ursächlichen Zusammenhang bringt. Da ^anz 
analoge Xierenveränderungen bei der Pneumonie ohne jede Urämie* be¬ 
stehen. muss man annebmen. dass bei der Cholera doch wohl noch an¬ 
dere nicht näher gekannte Einflüsse für das Zustandekommen dieses 
Stadiums wichtig sind. 

Aas dem allgemeinen ärztlichen Verein in Köln. 

k -. H v e IL Eberhart: Heber die Erfolge der praktischen G-e- 
burtshülfe unter Privatverhältnissen und Vorschläge zur Ver- 
beasonng derselben. Vortragender zeigt aus den verschiedenen 
Statistiken!, dass die praktische Geburtshülfe unter Privatverhält- 
mssen noch nicht die Resultate erzielt, welche in gut geleiteten Ent- 
bmdungsansta ten erzielt sind. Aus den verschiedenen Statistiken 
SIcb ® 8 durchschnittliches Minimum der Privatpraxis über- 
v V Mortalität, Aus allen diesem ist zu er- 

-ekomnfpn ^ ze . n /er Antisepsis noch nicht recht zur Geltung 
da domri-’ 1St aber aucb die Mortalität eine noch höhere, 

Fälle vo??i.Am tlS ifl k l n ^ SC ? We i r herzustellen ’ und auch ni cht alle 
Lltllh | n Uer P erai fi! be / to d als solche angegeben sind. Da be- 
biDdumrcn <L den Ha ?t® n . 1 er Hebammen etwa 95 o/ 0 aller Ent- 

wirkunw a nf di/v^ru 16 --, S1 °i 1 daraus, dass also eine besondere Ein- Gönner, Samaschin und Winti 

müsse Von sehr 0 Tn«eAm ! v ei t Uü ^ der Hebammenverhältnisse erfolgen Mikroorganismen gefunden haben, 

in Gie«r^w Werd(iQ Slcher die zuerstvonLöhlein ” * ' ~ 

erwünscht weon h lr en ^ lederb <>Iungscurse sein, und wäre es sehr 
frage ^rhentp n d r ^Ugemeinert würde. Diese Hebammen- 
eine <;ehr erörtert werden, nur sei es gestattet, 

getroffen wordof ^ Eln f lch ^ welche von Schatz in Rostock 
Hebamme in T* machen * Ls wird nämlich der 

v °rgekominen If/™ 8 e , Ine fieberhafte Erkrankung oder Tod 
Oeffhr zu bringen ^ en ^ acht ’ and ere Kreissende in 

folgen lmt w g 7 .,' n + k i\ ufsic htsarzt, an den die Meldung zu er- 
'lics der Fall* so w ;,,^ C r eid . e o’ . ob ^ fection vorlag oder nicht. Ist 
■Sachen in die Klinli- 1 J® clrt ' e Hebamme mit allen benutzten 

Sachen desinfieirt ßo ? tock geschickt und dort mit ihren 

Hebamme meist wLi eUna * g eba det etc.). Nach 48 Stunden ist die 
besser als eine 10—Ufa n -° rt .^.Stelle. Es ist dies entschieden 
zur Anzeige kommt ^ gl ? e ^ ba ^ nenz » falls die Sache wirklich 
'-'oceen virulent sind ^ H. nicllt wissen, wie lange die 
Hen Städten fresebohan t? S misste dies natürlich unentgeltlich von 
Statistik und «inr. Es milss deshalb eine genauere Erkrankungs- 
schluss an die vpr8Ph ,e ^ aUere 8 aa itätsp ol i z eil ich e Aufsicht im An- 
abe des Todesm™7 edenen Stand esämter statt haben. Bei An- 
(,< b‘r nicht, (conf TTRt,®? na -n an S e £ eben werden, ob Infection vorlag 
J' brift für Gebürtshfiif« ! He^trag zur Hebammenfrage in der Zeit- 
[ass aber auch (üi ah ld i J S ä . kolo ^ ie 1892 > KXV. Band, 1. Heft). | 

die Höhe dar v eis . e de s Eingreifens des praktischen | 

Aus der Statistik . ^ ortallt ätsziffer beeinflussen wird, ist klar. | 

Hntbind un g en se j t dass die Zahl der operativen 

von He 11 J ‘ 


vom Arzt 
Correferenten dieses 


lll ”gen soit ^k- ’ aer operativen 

.'y 11 ne gar) j a _ hrung der Antisepsis zunimmt (Statistik 

™ jS 9 ist ^ieMch. d dÄ Stik d6S K8n J^s Sachsen 1883 
r em Süsserer 4 ' 

Bohrn 


ein grösserar "Arr., ucu °P° rat i v en Entbindungen von Jahr 
ist. Dohm '^Hcil an den Wochenbettstodesfällen bei¬ 
der über dieses Thema auf dem Bonner 


43 

| Gynäkologencongress 1891 referirte, hält deshalb das Zusammen- 
wken eines Arztes mit einer Wärterin nicht für richtig, er glaubt 
dass dadurch mehr operative Entbindungen vorkämen. Er glaubt’ 
dass den Frauen am meisten genützt wird, wenn sie sich fn den 
Händen einer verständigen Hebamme befinden, welche 
ihre Directiven erhält. Von Ahlfeld, dem 
Themas, wurde folgendes vorgeschlagen: 

a) Allgemeine hygienische Maassnahmen. Belehrung mittels 
Wort und Schrift (conf. Eberhart, Die Verhütung der Sterblich¬ 
keit im Wochenbett und mancher Frauenkrankheiten). Unterkunfts¬ 
hauser Frauenvereine, welche die im Hause Nicderkommendeu mit 
passender Wäsche und Desinficientien versehen. 

b) Speciell hygienische Maassnahmen. Herstellung eines 
sauberen Bettes mit Unterlage. Reinigung der Frau ausserhalb 
des Geburtsbettes. V ürde entschieden auf die präliminare Scheiden- 
douche dringen, wenn bessere Hebammen; der Arzt soll sie machen 
bubjective peinlichste Reinigung. Sehr seltene Untersuchungen' 
Ihermometrische Messungen. 

c) Die Disposition vermindernde Maassnahmen. Schonende 
Leitung der Nachgeburtsperiode. Abwartende Methode. Keine 
Wendung und schwere Zange bei todter Frucht. Auch bei lebendem 
Kinde Einschränkung der Operationsfrequenz. 

Auch ist die Ausbildung der Studirenden eine zu geringe: die 
Zahl derselben im Verhältnis zu den Schwangeren ist eine zu 
grosse. Es müsste entschieden noch Gelegenheit geboten werden, 
zu untersuchen und selbst Operationen unter Leitung der Assi-’ 
stenten oder des Anstaltsdirektors zu machen. Der gewissenhafte 
Arzt geht dann mit mehr Ruhe und Selbstvertrauen an einen ope¬ 
rativen Eingriff und wird auch besser entscheiden, ob und wann 
derselbe nöthig ist. Es wird auch so die Antisepsis bis in ihre 
kleinsten Details gründlich erlernt; denn wie schwer es ist, wirk¬ 
lich aseptisch zu sein, hat uns Fürbringer durch seine „Unter¬ 
suchungen des Nagelschmutzes" gezeigt, auf die ich jetzt nicht 
weiter eingehen kann. Ich möchte jetzt nur noch auf den hohen 
Werth der präliminaren »Scheidendouche verweisen, wie sie zuerst 
von Kaltenbach, meinem früheren Chef, empfohlen und ange¬ 
wendet wurde. Es machen sich freilich Stimmen gegen dieselbe 
geltend, unter diesen Leopold, Merraann, Glöckner, Keller. 
Merinann z. B. verwirft sie vollständig, auch bei operativen 
Entbindungen, und will nur eine peinlichste subjective Antisepsis 
ausgeübt wissen. Um eine Infection zu verhüten, geht er sogar 
so weit, dass er die Wöchnerinnen nie katheterisirt und dieselben 
lieber knieen oder sogar stehen lässt, damit sie spontan Urin 
lassen können. Ich glaube, dass dies doch zu weit gegangen ist, 
da die Gefahr eines Descensus oder Prolapses entschieden grösser 
ist, als eine höchst selten vorkommende Cystitis oder eine Sckei- 
deninfection der Wöchnerin. 

Wir wissen jetzt durch die schönen Untersuchungen von 
Steffeck und besonders von Döderlein, welche im Gegensatz zu 
P-d nner ’ Samaschin und Winter im Vaginalsecrete pathogene 

dass darin der Staphylococcus 
albus, aureus und der Streptococcus Vorkommen. Döderlein be¬ 
schreibt das Secret der normalen Scheide, als käsig, krümelig, 
auch kleisterähnlich und sauer reagirend. Im Deckglaspräparat 
fand er Bacillen zwischen Plattenepithelien lind vereinzelte Schleim¬ 
körperchen. Der zweite Typus ist ein flüssiges, eiterähnHchcs Se¬ 
cret. Die Reaction ist schwach sauer, neutral oder alkalisch. Die 
Plattenepithelien treten gegen die Eiterkörper in den Hintergrund. 
Man findet Coccen in Haufen, daneben Kurzstäbehen mit einzelnen 
Bacillen. Im normalen Secrete fand er niemals pathogene Pilze, 
wie Staphylocoecen oder Streptococcen. Döderlein sagt, dass eine 
Infection bei der Geburt durch normales Scheidensecret nicht mög¬ 
lich , somit eine Desinfection einer solchen Kreissenden nicht 
nöthig sei. einerlei, ob untersucht oder nicht. Bei Puerperalfieber 
fand er in den Uteruslochien den Streptococcus pyogenes, bei den 
Puerperalgesehwiiren scheint der Staphylococcus Infectionsträger 
zu werden, und in den seltenen FäUen, w r o abgestorbenes Gewebe 
der Fäulniss anheimfällt, sind saprophytiseke Keime durch putride 
Intoxication Ursache der Erkrankung. —Döderlein sagt ferner: 
Wird eine Schwangere mit pathologischem Scheidensecrete unter¬ 
sucht, so kann der untersuchende Finger die Keime nach oben 
bringen. Wird ausgespült, so ist die Gefahr jedenfalls geringer, 
event. ganz beseitigt. Vieles Touckiren ist jedenfalls gefährlich. 
Von 51 Schwangeren mit eitriger Seeretion der Scheide hatten 29 
normales, 22 fieberhaftes Wochenbett, unter den letzteren ivaren 
16 vorübergehende Temperatursteigerungen geringeren Grades ohne 
Jocalisirte Erkrankung, 6 erkrankten schwer, 1 starb. 81 von 
diesen 51 waren bei der Geburt von Studenten untersucht worden, 
die oben erwähnten 6 Kranken waren alle unter den Touchirten; von 
den 20 nicht Untersuchten erkrankte keine schw r er. 8 zeigten 
Wochenbettsstörungen. Von 70 zu derselben Zeit in der Anstalt 
Entbundenen, bei welchen in der Schwangerschaft das Secret 


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u 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WQCHE NSCHRIF T. 


No. 2 


als gesund befunden war, erkrankten keine, 41 waren touchirt, 29 
nicht untersucht worden. Von den letzteren zeigten 10 gestörtes 
Wochenbett, von den Untersuchten 16. 

Diese Zahlen zeigen, dass die Hauptgefahr für die Kreissen¬ 
den in der inneren Untersuchung besteht, die besonders gross ist 
bei Frauen mit eitriger Secretion. Nach Döderlein müsse man 
also in Zukunft ein normales und anormales Secret der Scheide 
unterscheiden. Die neuesten Untersuchungen über diesen Gegen¬ 
stand sind von Menge aus der Leipziger Klinik. Er verwirft 
nach seinen Resultaten jede Desinfection. bei der gesunden Scheide 
sei dieselbe überflüssig und schädlich, bei der gonorrhoisch infi- 
eirten unmöglich. — Für den praktischen Arzt ist es nun aber 
unmöglich, eine Untersuchung des Scheidensecrets zu machen, und 
da wir Aerzte häufig, ja sogar meistens, zu Geburten gerufen 
werden, wo schon vorher durch Hebammen untersucht worden ist, 
und wir nie genau wissen können, ob dieselbe eine genaue Des¬ 
infection an sich selbst vorgenommen hat, so dürfte es nach meiner 
Ansicht am richtigsten sein, in diesen Fällen stets eine vaginale 
Spülung zu machen. Kaltenbach 1 ) lässt sowohl jetzt in Halle, als 
auch liess er früher in Giessen stets vaginale Ausspülungen machen. 
Die Resultate sind die denkbar günstigsten, trotzdem die Kreissen¬ 
den manchmal von 10—12 Studirenden, der Hebamme und dem 
Assistenzärzte 1—2 mal untersucht werden. Dass'dabei natürlich 
auf die peinlichste subjective Antisepsis gesehen wird, brauche ich 
wohl kaum auseinanderzusetzen. 

Nach gründlicher Abseifung der äusseren Genitalien wird eine 
vaginale Sublimatspülung 1 :3000 vor der ersten Untersuchung 
vorgenommen und nach Beendigung der Geburt abermals eine mit 
derselben Lösung; bei länger dauernden' Geburten werden noch in 
der Zwischenzeit mit Kalium permanganicum oder schwächeren Subli¬ 
matlösungen Ausspülungen gemacht. In meiner Arbeit über die Be¬ 
handlung der Eihautretentionen (Zeitschr. für Geburtsh. und Gynä¬ 
kologie XVI. Bd., 2. Heft) erwähnte ich nochmals diesen Modus, 
bemerkte auch, dass dann im normalen Wochenbett keine weiteren 
Ausspülungen gemacht würden, während bei Eihautretention Aus¬ 
spülungen gemacht würden, um die Scheide aseptisch zu halten; 
auch biete dieses von Kaltenbach angegebene Verfahren die besten 
Chancen gegen die Blenorrhoea neonatorum. 

Ich möchte mich hier noch einmal gegen das Ciirettiren post 
partum aussprechen. Oefters hörte ich von Collegen, dass sie einige 
Tage post partum den Uterus wegen Blutungen mit der Ctirette 
ausgekratzt hätten. Dies ist einj höchst gefährliches Vorgehen; 
zumal, wenn, wie dies meistens geschieht, vorher nicht die Scheide 
ausgespült wird; der Finger ist hier das beste und ungefährlichste 
Instrument, um bei Retention das betreffende zu entfernen. 

Auf das Wesen der Selbstinfection will ich heute nicht weiter 
eingehen, nur möchte ich erwähnen, dass bis jetzt noch keine 
Einigung erzielt worden ist; alle Gegner sind Gegner, alle An¬ 
hänger noch Anhänger derselben. — Steffeck stellte zwar seinerzeit 
fest, dass einfache Ausspülungen nicht genügen, und dass eine Aus¬ 
waschung des unteren Cervicalabschnitts und der Vagina mit Hülfe 
von zwei Fingern und nachfolgenden zweistündlich zu wieder¬ 
holenden Ausspülungen mit je einen Liter Sublimat 1:3000 oder 
3 °/n Carbol den Genitalcanal desinficiren. Steffeck berichtete 
damals über 439 Geburten mit prophylaktischer Desinfection mit 
einer Morbidität von 6,5 %. Freilich würde dieses Verfahren für 
die Praxis allzulästig, überhaupt nicht möglich sein, und glaube ich. 
dass die einfachen Ausspülungen mit 1 Liter Sublimatlösung 
1: 3000 vor der ersten Untersuchung, vor jedem operativen Ein¬ 
griff und nach Beendigung der Geburt genügen, wie dies ja die 
Resultate Kaltenbach’s zeigen. Dieses Verfahren wende ich auch 
jetzt in meiner praktischen Thätigkeit mit ausgezeichnetem Erfolge 
an. Ich habe jedoch insofern den Modus etwas geändert, als ich 
vor den operativen Eingriffen nicht mehr Sublimat nehme,’ welches 
die Scheide rauh und weniger elastisch macht, sondern eine 1 % 
Lysollösung. Diese hat ja auch den Vortheil der Ungiftigkeit und 
eignet sich daher für intrauterine Spülungen ganz besonders. 

• Stärkere Lösungen als 1 °/o haben freilich den Nachtheil, dass 
sie Brennen verursachen, was aber auch bald vorübergeht. Dringend 
warnen möchte ich hier nochmals vor den intrauterinen Spülungen 
mit Sublimat, hierzu darf es keineswegs angewandt werden auch 
verwirft Kaltenbach vollständig das Carbol. Für intrauterine 
Spülungen würde das Lysol obenanstehen, wenn man nicht Aus¬ 
spülungen mit Chlorwasser. Kalium hypermanganicum oder Salicyl- 
säure machen will. Als Nachtheil des Sublimats wurde von Mikuli cz 
hervorgehoben, dass es mit den Albuiuinaten des Blutes und der 
Wundsecrete unlösliche Quecksilberalbuminate von nur geringerer 
oder ohne alle antiseptische Kraft eingehe. Es bleibt aber*immer 


) Bei der Gorrectur dieser Zeüen befindet sich leider der Genannte 
nicht mehr unter den Lebenden, er starb am 21. November 1893 plötzlich 
und imerwartet. Sein Verlust ist für ims alle unersetzlich. 


eine gewisse Menge zurück, und diese macht den Boden zum Pilz¬ 
wach stimm ungeeignet: ausserdem werden aber die an der Oberfläche 
befindlichen Bacterien auch mechanisch entfernt. — Ich empfehle 
Ihnen daher nochmals die präliminare Scheidendouche mit Sublimat 
1:3000, ausgenommen bei Fällen hochgradiger Anämie und bei 
Nephritis, wo man Lysol anwenden kann. Auf alle Fälle müssen 
Scheidenausspülungen gemacht werden: 1) bei Gonorrhoe, 2) bei 
sonstigen reichlichen Ausflüssen, 3) wenn die Secrete übelriechen. 
4) wenn Temperaturerhöhung eintritt, 5) wenn ein operativer Ein¬ 
griff, namentlich ein intrauteriner vorgenonmien werden soll. 

Sonst kann man sie in der Privatpraxis entbehren, in Ent¬ 
bindungsanstalten aber nicht; auch wird man sie in der Privat¬ 
praxis am besten stets machen, wenn schon eine Untersuchung mit 
zweifelhafter subjectiver Antisepsis stattgefunden hat. 

M. H.! Prüfen Sie diese Methode, machen Sie desinficirende 
Vaginalausspüliingen und Sie werden günstigere Resultate erzielen 
und nicht allein die Mortalität, sondern auch die Morbidität herab- 
setzen. Mir ist es unverständlich, wie eine derartige Ausspülung, 
richtig ausgeführt, schaden kann. Ich empfehle Ihnen diese Methode 
auf das wärmste. 

IX. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Die Hülfsstation für Geschlechtskranke Weiber im Arbeits- 
haushospitale za Berlin. 

An den Berliner Magistrat war im November 1890 seitens der König¬ 
lichen Charitedirection das Ersuchen gerichtet worden, auch syphilitisch 
Kranke in ein städtisches Krankenhaus aufzunehmen und zu heilen, 
da wegen der in der Charite herrschenden Uebcrfüllung die Aufnahme 
dieser Kranken zeitweise geschlossen und dieselben in zahlreichen Fällen 
vor ihrer völligen Heilung entlassen werden mussten. Dieses Ersuchen 
wurde von dem Königlichen Polizeipräsidium im Interesse der sitten¬ 
polizeilichen Einrichtungen unterstützt. 

Wenngleich seitens des Magistrats die Ansicht vertreten wurde, 
dass die Königliche Charitf'direction nicht blos contractlich, sondern auch 
auf Grund der Allerhöchsten Cabinetsordre vom 6. Juni 1835 die unbe¬ 
dingte Verpflichtung habe, die venerischen foilen Dirnen jederzeit un¬ 
weigerlich aufzunehmen, während der Stadtgemeinde nur die Tragung 
der Kosten dieser Fürsorge (sächliche Polizeikosten) obliege, so ent¬ 
schloss der Magistrat unter voller Wahrung seiner Rechte sich doch, um 
den offenbar vorhandenen Missständen abzuhelfen, und da in den städti¬ 
schen Krankenhäusern Räume nicht zur Verfügung standen, vorläufig 
während des Winters 1890/91 im Städtischen Obdach eine syphilitische 
Station mit 35 Betten einzurichten, die am 22. December 1890 eröffnet 
und mit geschlechtskranken Weibern belegt wurde. Die Zahl der zur 
Verfügung gestellten Betten entsprach dem von der Königlichen Charite¬ 
direction geäusserten und durch statistische Angaben über die Frequenz 
der syphilitischen Kranken begründeten Bedürfnisse. Schon im Januar 
1891 wurde indess, da die Ueberfüllung in der Charit.6 keineswegs nach- 
liess, eine Erhöhung auf 60 Betten ermöglicht, welcher sich im August 

1891 aus demselben Grunde eine weitere Vermehrung auf 100 Betten 
und im November 1891 eine nochmalige Steigerung auf 130 Betten an¬ 
schloss. Inzwischen war aus Verwaltungsrücksichten und Gründen der 
Disciplin die Verlegung dieser Krankenstation aus dem Städtischen Ob¬ 
dach nach dem Arbeitshause beschlossen worden, woselbst die im Ho¬ 
spital verfügbaren Räume zur Aufnahme der Station hergerichtet werden 
konnten. Am 31. März 1892 wurde die Station im Städtischen Obdach 
aufgohoben, und die vorhandenen 94 syphilitisch kranken Weiber nach den 
nunmehr für ihre Aufnahme fertiggestellten Hospitalräumen des Arbeits¬ 
hauses überführt. Ferner wurde der durch Verlegung von 150 Hospitaliten 
frei gewordene Pavillon nebst einem angrenzenden Garten der Hülfs¬ 
station zur Benutzung überwiesen. Hierdurch war es möglich geworden, 
syphilitische Weiber auch über die auf 150 festgesetzte Zahl hinaus auf¬ 
nehmen zu können; die Ansprüche, welche in dieser Hinsicht an die 
Hülfsstation gestellt wurden, gingen fortdauernd bis an die Grenze 
ihrer Leistungsfähigkeit. Die höchste Belegung fand am 27. November 

1892 mit 194 Frauen statt; neu aufgenommen wurden 1264 Frauen, und 
die durchschnittliche tägliche Krankenzahl betrug 144. 

Die in der Hülfsstatiou zur Aufnahme gelangenden Frauen gehörten 
zwei verschiedenen Kategorieen an. Die erste umfasste die von der Sitten¬ 
polizei überwiesenen Kranken; sie enthielt sowohl eingeschriebene Prosti- 
tuirte, als auch noch nicht unter sittenpolizeilicher Controlle befindliche 
Frauenzimmer, deren Geschlechtserkrankung der Polizei bekannt geworden 
war. Der zweite Theil setzte sich zusammen aus Kranken, deren Ueber- 
führung von Organen der Armenverwaltung uud aus anderen städtischen 
Anstalten angeordnet worden war, oder welche durch Dienstherrschaften, 
durch Krankenkassen und auf eigene Meldung Aufnahme fanden, wenn 
ihr Krankheitszustand nach ärztlichem Gutachten eine Zurückweisung 
nicht zuliess. Durch die Polizei wmrden im Berichtsjahre überwiesen 
1165 Frauen = 92,2o/ 0 der Neuaufgenommenen, der Rest von 99 Frauen 
= 7,8 °/ 0 gehörte der zweiten Kategorie an. Die Kranken der letzteren 
wurden von den von der Polizei überwiesenen Kranken möglichst ge¬ 
trennt gehalten. Es musste aber bei dieser Trennung berücksichtigt wer¬ 
den, dass einerseits unter den zwar polizeilich eingelieferten, aber noch 
nicht den Controllvorschriften unterstellten Frauen sich Personen be¬ 
fanden, welche kaum den ersten Schritt auf dem Wege des Lasters ge- 
than hatten; andererseits waren unter den auf eigene Meldung etc. auf¬ 
genommenen Kranken Individuen, die ihre Hingabe zur gewerbsmässigen 


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11. Januar. 


Prostitution so wenig verhehlten, dass ihre Trennung von den übrigen 
Kranken ihrer Klasse im eigensten Interesse dieser letzteren geboten war. 

Nach dem Gesetz vom 20. April 1892, betreifend die Kosten König¬ 
licher Polizeivenvaltungen in Stadtgemeinden — G.-S. p. 87 von 1892 
- ist die Stadtgemeinde Berlin nicht mehr verpflichtet, die Cur- 
irad Pflegekosten für die seitens der Polizei der Stadt und der Charitö 
zur Ausheilung überwiesenen syphilitisch kranken Männer und Frauen 
zu tragen; dies ist vielmehr vom 1. April 1893 ab Sache der Ortspolizei. 
Dementsprechend haben die Communalbehörden beschlossen, die König¬ 
liche Charitedirection zu ersuchen, vom 1. April 1893 ab diejenigen 
Kosten, welche durch die ärztliche Behandlung etc. der poBzeilicherseits 
derselben überwiesenen Syphilitischen (Männer und Frauen) erwachsen 
nicht mehr bei der Armendirection, sondern beim Königlichen Polizei¬ 
präsidium als Ortspolizeikosten zu liquidiren. Andererseits wird die Stadt 
von demselben Zeitpunkte ab auch die Cur- und Pflegekosten auf der 
Hülfsstation für die ihr polizeilich überwiesenen syphilitisch Kranken bei 
dem Königlichen Polizeipräsidium in Rechnung stellen. Die Aufhebung 
der Hülfsstation ist aus denselben Gründen bereits zum 1. October in 
Aussicht genommen. 

lieber die Krankenbehandlung auf der Hülfsstation hat der Sta¬ 
tionsarzt Pnvatdocent Dr. Behrend, folgendes berichtet: 

Bei der etlichen Behandlung wurde seit Errichtung’der Station das 
Pnncip festgehalten, die Genitalien einer täglichen Besichtigung zu unter¬ 
ziehen, nicht nur bei denjenigen Personen, welche nur an Lokalerkrankun- 
gen derseJben htten, sondern auch bei denjenigen mit constitutioneller 
Syphilis Es hat sich dies als zweckmässig erwiesen, einmal um neben 
einer AllgemembehantHung eme regelmässige Lokalbehandlung consequent 
durchzufnhren sodann auch, um eine Art von Aufsicht über die Kranken 
ÄTn UI l d dadurcb f ewissa lasterhafte Neigungen, welche ihnen der 
J / p W, sind ; “^glichst zu beschränken. Gleichwohl kamen 
r d / er , B p eh f d,Ua / h l ufig mec hanische Verletzungen der Genitalien 
, eIche *1 Reiben oder Kratzen mit den Fingernägeln erzeugt waren 
oder selbst Scheidenflüsse vor, welche zuvor nicht bestanden hatten und 
S f °ben Z1 T ei f?i P - r °^ hll,te Beh f dlun S erforderlich machten. Neben der 
finp TnhluÄ eSlchtl § UDg wurde wöchentlich ein- oder auch zweimal 
4llSnf! htlgUng der gesam j nte ° Körperoberfläche und der sichtbaren 
£Ttt \ das Auftreten constitutionell-syphilitischer 
^mptome möglichst frühzeitig zu entdecken. ^ 

a) R P i d l B n a ? dlail if “S S P®? iellen ^betrifft, so wurden angewandt: 
Salbf‘hH^ii tU r 0n i! er SyP o Üls ausschliesslich Einreibungen mit grauer 
;A!i / g , l heD . Gaben von 3 8- Die Zahl der Einreibungen schwankte 

inneren ttZndJnl Erkran ^ ung und nach der schnelleren oder 
Sfvfr(olge voraufgegangener Recidive, belief sich aber 
20. Dieben ^“Sf * md betrug in den leichteren Fällen mindestens 

oefohrt stets noch eme consequente Lokalbehandlung durch- 

wurde dw Enreibungsc.fr regel- 
^hen Fällen vomusgeschickt. die sich in man- 

bi Lokaler F Ü ubf T ne . n der Emreibungscur anschloss. 
Wattebäuschen dfe 5? ^ G ? ltahe “ wurden durch Auflegen von 
handelt. Dieselben Fldssi £ keiten getränkt waren, be- 

der l’ntersuchmiff Vienna * emeu ert : einmal täglich bei 

durch die Krankpn rpH, den ® tatl ® nsa f z i t » bezw. die Assistenten, dreimal 
der GeschO? der Wärt ^innen. Aetzungen 
dagegen eineVersion i s f em , e u tc * wurden nur ausnahmsweise, mehrinals 
h WÄe^3pn S r be ^ it dem PIa ^enner vorgenommen, 
mit adstringirenden Flüsst*pit! mtalien Jamen Ausspülungen der Scheide 
unter Aufsicht der Wiirtpr^n^^j Z ^ F Amvendun g- Dieselben wurden 
fernoch ^üch e Sd täglich ausgeführt, ausserdem 

Partieen der Scheide sowip , är . z , tllc J| ei ! i Untersuchung die hinteren 
Jufell auch der Gebärmuttorhai/ Scheidentheil der Gebärmutter und even- 
Einstreuen von Pulver pR* <«in Caiia dl }, rc ? medic amentöse Eingiessungen, 
nicht allein, die acuh> n Tri g s P ecie11 .behandelt. Hierdurch gelang es 
«%n, m an e; Fällen vollständig zu be¬ 

reit gebessert, dass i pJI Se pu V1 , e e chromsche Fälle dieser Art 
Äscbivunden war Von 12Pä r^ 6 p barak l er des Ausflusses vollständig 
nnmhÄ 3 ^ de ' ten w “r d “ 1063 geheilt entlasset 
^dens fa *?PMÄ d6 * rfol i* “ drei Fällen wegen 
imt Genehmigung der Sitt«nn ,. d ® n der Sittenpolizei Ueberwiesene) 

fei ^Än’r^^en™ 1 “ ( “ f 
’tetrS f‘«tg US un7l e e n rwe; b n e Tb f :r h t eL “ r ^ 

, 1- hokalerkra^b^in 2 ^ 11611 ^h^nkungsformen war folgende: 

*}*■*■ der Gebtoutter SV' Tn £ P<ir (der aussereQ Genitalien, der 
^schwüre (weiche SchankerMßn e S“n-? a " Chfe ] IUb ^ 1 ? ttge) J 31 - 2 ) Iokal e 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT 


_ _45 

ÄÄen Z werde e n baCht,mg ka “’ ^ Stelle noch besonders • 

erkrankungen nach Quecksilbergebrauch 45 ° Ma&en ' und Darm - 

An Operationen in der Chloroformnarkose wurden vor<renommpn • p n t 


—» cj Psoriasis vulgaris q 7\uT ^V'von grosserer 

r , ß - Constitutionöll o . d ^ Herpes tonsurans 7, e) Favus 2. 

, Ausschläge 8 ^ Frtihform en (Initialsklerosen 

der äussertn Ä 16 Feigwa rzen): a) mit Lokalisation an 
iL, Lokalisation an % md den Schleimhäuten (Mund, Nase) 
mit Lokalisation auf (Au ^ 4 ’ 2 > Spätformen 

ii dl? t? chl f,häuten (Cd l d \ u / so ™ Haut 9, b) mit Lokalisation 
Las Vo?ko Q UQd G «Äen 2. ' Mastdarm ) ^ c ) «it Lokalisation 

Bisswunden an den Genitalien, das im Berichts- 


Stand der Cholera. 

In der Woche vom 17. bis 23. December v. J. wurden in Gartz n 0 

BerichTe?wän3 d(ei ? er An gohörig e n der im vorigen 
Deutsch«Tppitn Ch .° f leraba ^ dle a nachgewiesen. Seitdem sind im 
deutschen Reich weitere Cholerafälle nicht mehr festeestpllt 
worden. Im ganzen wurden während der letzten Epidemie Seit dem 
Sommer v. J. m Deutschland 569 Erkrankungen, 288 Todesfälle an Cholera 
eohachtet. Ferner wurden bei 92 anscheinend gesunden Personen Cholera 
nachgewiesen. Diese Zahlen erscheinen verschwend Weüi 
f i dl T Op E 0r ’.welche die vorige Epidemie forderte: im Jahre 1892 und 
1- . Jaguar bis 4. März 1893 erkrankten (starben) 19932 (8679) Per¬ 
sonen im Deutschen Reich an Cholera. v ' rer 

Ln französischen Departement Pas de Calais kamen vom 2 bis 
t^?r C ^ mbe I der Gemeinde Izelles-Equerchin, Canton Wimy vier 
tödtheh verlaufene Cholerafälle vor. y ’ 

^i Ui J eV }? Se k T en0rifa wurden nach amtlicher Angabe vom 30. No- 
December 604 (102) Choleraerkrankungen (Sterbefalle) 
SfViQ?®? 4, da J.°V a ® anta Cruz 520 (88), vom 15. bis 22. December 

dfJlw beZ ^ f° Fä . lle ‘ Nach neueren Nachrichten soll die Cholera 
daselbst am Erlöschen sein. u 

, Hie für italienische Orte im vorigen Bericht angegebenen Zahlen be¬ 
ziehen sich auf Cholerasterbefälle. In Palermo ist die Epidemie, welche 
neuerdings täglich wieder 1—4 Todesfälle verursachte, erloschen. 

ln Galizien ist seit dem 17. December kein Fall von Cholera 
? e Anm e ? annt f eworden - Die Gesammtzahl der bis dahin seit dem 
vo £ff ek ®? imenen Erkrankungen (Todesfälle) beläuft sich auf 
ij Dieselben vertheilen sich auf 37 politische Bezirke bezw. 
mit A “ st ärksten betheiligt waren die Bezirke Nadworna 

“ f Stamsiau mit 208 (124), Sanok mit 206 (98), Kolomea 

mit 149 (89) Fällen. — ln Triest wurde am 12. December bei einem 
fäü Z festgestellt 0n Konstantino P eI eingetroffenen Dampfers ein Cholera- 

T J? 1 ngarn ka “en vom 6. bis 16. December 17 Erkrankungen. 

8 lodesfälle vor, davon m emer Gemeinde des Bacs-Bodrogh’er Co- 
mitats noun Erkrankungen; auf Budapest fallen 4 Erkrankungen. Die 
Comitate Marmaros und Torontal wurden als seuchenfrei erklärt. 
Nach dem 16. December sind Cholerafälle nicht beobachtet 
worden. 

In Bosnien wurden vom 23. bis 29. November 104 (48) Cholerafälle 
festgestellt. Betheihgt waren die Kreise Banjaluka, Dolnja Tuzla, 
Iravnik. In der Stadt Gradacac kamen 36 (13) Fälle vor, in Der- 
venb AI 2 );,, 1 “ de , r e J?^ n Decemberwoche (1. bis 8* December) wurden 
noch 102 (54) Cholerafälle aus denselben Kreisen gemeldet, davon in 
Gradacac 11 (11), in Dervent 5 (1); in einigen ländlichen Ortschaften 
wurden ebenfalls zahlreichere Erkrankungen beobachtet. Seit dem 8. De¬ 
cember ist die Cholera in Bosnien zurückgegangen und in den Städten 
Derv-ent und GradaSac erloschen. (Oesterreichisches Sanitätswesen.) 

J . . S “ llna (Bulgarien) kam am 19. December wieder ein choleraver¬ 
dächtiger Todesfall vor. 

In Konstantinopel, wo Anfang December täglich etwa 100 Per¬ 
sonen an Cholera erkrankten, 30 bis 40 starben, zeigte die Epidemie seit 
der zweiten Decemberwoche eine erhebliche Abnahme; nach den Ver¬ 
öffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes betrug die Zahl der 
Cholerafälle vom 3. bis 9. December 405 (182), vom 9. bis 16. December 
176 (109). Neuerdings ist die Seuche in Adrianopel epidemisch auf¬ 
getreten, ebenso in Lule Burges, Demotika, Hamsabey und in dem 
Sandschak Kirkklisse. 

In Saloniki waren bis zum 15. December 46 (34) Personen erkrankt 
(gestorben); am 16. und 17. December wurden daselbst 4 (6) Cholerafälle 
festgestellt. In Trapezunt herrscht die Seuche ziemlich stark, vom 
10. bis 17. December 56 (50) Fälle, ebenso in der Umgegend von Samsun 
und in jener von Kjutahia. Aus verschiedenen Oertlichkeiten Kleinasiens 
werden vereinzelte Fälle gemeldet. 

In Tripolis kamen vom 30. November bis 18. December 14 Todes¬ 
fälle im Militärlazareth vor. 

In Persien wurden vom 8. bis 18. December noch aus zahlreichen 
Orten Cholerafälle gemeldet, doch in geringerer Menge wie früher. Neu 
ist die Seuche in Kermanschah ausgebrochen. 

In Petersburg hat die Cholera in der Woche vom 13. bis 20. De¬ 
cember noch zugenommen; die Zahl der Erkrankungen (Sterbefällo) betrug 
145 (65) gegen 107 (47) in der Vorwoche. Neuerdings ist die Seuche in 
Odessa und Yalta am schwarzen Meere aufgetreten. Die sonst aus 
Russland bekannten Nachrichten liegen sämmtlich bereits etwas zurück. 
Aus der letzten in den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amtes gegebenen Liste seien folgende Daten hervorgehobon: in den 
Gubernien Plock 26. November bis 2. December 23 (16), Warschau 
26. November bis 2. December 12 (5), Radom 26. November bis 2. De¬ 
cember 40 (15). Sie dl ec 26. November bis 9. December 25 (12), Su- 
walki 26. November bis 2. December 7 (7), Lomza 26. November bis 
9. December 81 (13), Kowno 26. November bis 9. December 44 (20), 
Wilna 3. bis 9. December 12 (7), Grodno 26. November bis 9. December 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE) MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


46_- ; v; 

22 (9), Minsk 26. November bis 9. December 13 (8), Wolhynien 
2. November bis 2 December 90 (42), Podol.en 19. November bis 3. De- 
cember 144 (61), Cherson 26. November bis .6. Becember 13 (9), Kiew 
26 November bis 2. December 31 (12), Taunen 19. November bis 2. De- 
cembor 66 (26), Dongebiet 3. bis 11. December 20 (8), Kursk 19. No¬ 
vember bis 2. December 49 (17), Orel 15. November bis ^ December 
28 Cll) Tula 19. November bis 9. December 33 (11), Saratow 14. No 
vember bis 2. December 60 (27), Kubangebiet 27. November bis 
10. December 77 (48), Stadt Warschau 5. bis 9 December * (») &• 
krankungen (Todesfälle). Man ersieht daraus, dass bis in den December 
hinein iS Russland die Cholera noch weit entfernt war, erloschen zu sein , 
ganz besonders in den uns vorzugsweise mteressirendenden Westprovinzen 
war dies nicht der Fall. _ Sperling. 

Zar Iuf)uenzaepidemie. 

Soweit man aus den allgemeinen Sterblichkeitsziffern der grösseren 
deutschen Städte schliessen darf, macht sich ein allmählicher Rückgang 
der Epidemie bemerkbar. Besonders im Osten ist dies der Fall. In den 
drei Wochen vom 3. bis 23. December v. J. zeigten die nachstehenden 
Städte folgende Gesammtmortalität. auf 1000 Einwohner: Königsberg 36,1, 
33,0, 31,4; Elbing 43,3, 46,9, 30,0; Danzig 42,6, 44,3. 34.2; Stettin 
304 23.7, 22.5; Posen 33,3, 81,1, 21,4.— Berlin (18,4), Charlotten¬ 
burg (14,8), Rixdorf (20,9) hatten in der letzten Berichtswoche geringe 
Sterblichkeit, wieder höhere dagegen Potsdam (85,4) und Spand au 
(34.8). In Lübeck (32,2, 38,3. 29,1), Hamburg (24,8, 21,0, 17,3), 
Bremen (28,6, 23,5, 14,7) hat sich der Zustand wesentlich gebessert, da¬ 
gegen war in Kiel die Sterblichkeitsrate in der letzten Woche noch 
36 6%o. In den Rheinlanden scheinen besonders Bonn (38,6), Dort¬ 
mund (33.8), Münster (38,9), Remscheid (39,3) schwer betroffen. In 
Darmstadt ist die Sterblichkeit in den letzten fünf Wochen stetig von 
43,2 auf 15,9 zurückgegangen. Günstig liegen die Verhältnisse auch in 
Frankfurt a. M. und Mainz. Die badischen Städte hatten noch eine 
verhältnissmässig hohe Sterblichkeit. In Süddeutschland fallon sonst 
Mühlhausen, München, Augsburg durch hohe Ziffern auf. Im 
Königreich Sachsen zeigt nur Zwickau hohe Sterblichkeit. Die Zahl der 
gemeldeten Influenzatodesfälle ist fast überall geringer geworden. 
In Berlin wurden in den letzten beiden Berichtswochen 31 bezw. 21, in 
Königsberg 13,6, in Danzig 20,7, in Hamburg 14,9, in Frank¬ 
furt a. M. 12,5, in Lübeck 16.4, in München je 12, in Stuttgart 
8,14 Todesfälle gemeldet. — In Kopenhagen und Stockholm herrscht 
die Seuche stark, an ersterem Orte wurden 1514 (10) und 1335 (13), an 
letzterem 460 (12) und 424 (14) Erkrankungen (Todesfälle) angezeigt. In 
London betrug die Zahl der Influenzatodosfälle 164 und 147 während der 
letzten beiden Berichtswochen. Einzelne Todesfälle werden aus Moskau, 
Amsterdam, New-York berichtet. In den österreichisch-ungarischen 
Staaten scheint die Epidemie bis jetzt milde aufzutreten; nach Wiener 
Blättern war in der letzten Woche eine rapide Abnahme derselben in 
Wien bemerkbar. Sperling. 

X. Therapeutische Mittheilungen. 

Um sch an über die neueren Arzneimittel im Jahre 1893. 

Von Dr. I. Boas in Berlin. 

(Fortsetzung aus No, 1.) 

II. Hypnotioa und Anaesthetica. 

1. Trional und Tetronal. Schon in unseren letzten beiden Be¬ 
richten (für 1891 und 1892) konnten wir über die günstigen Erfolge mit 
den beiden neuen hypnotischen Mitteln berichten. Die Erfahrungen des 
verflossenen Jahres haben im ganzen die günstige Prognose, die wir in 
der Umschau des vorigen Jahres dem Mittel stellten, bestätigt. Dass 
Nebenwirkungen nicht ganz ausbleiben, ist bei der Verwandtschaft der 
genannten Hypnotica mit dem Sulfonal nicht zu verwundern. Doch 
sind dieselben verglichen mit denen bei Sulfonal geringfügig. So beob¬ 
achtete Köppers drückendes, unangenehmes Gefühl im Kopf, Schläfrig¬ 
keit, starke Empfindlichkeit gegen Geräusche und Hyperästhesie der 
Haut. Ungünstige Einwirkungen auf das Herz beobachtete Köppers 
bei einem Patienten mit Vitium cordis und warnt daher vor der Anwen¬ 
dung des Trional bei Herzkranken im Stadium der Compensations- 
störungen. J. B. Mattison beobachtete in einzelnen Fällen Magen¬ 
schmerzen, in einem Falle Erbrechen nach Gebrauch von Trional. Dass 
das Trional aber selbst in grosson Dosen nicht wesentliche toxische Eigen¬ 
schaften besitzt, folgt aus einem von 0. Co 11 atz mitgetheilten Vergif¬ 
tungsfalle, wobei von einem Epileptiker 8 g Trional auf einmal in selbst¬ 
mörderischer Absicht genommen wurden. Ausser einem tiefen Schlaf, 
Schmerzen im Leibe, Harndrang mit Retentio urinae traten keine beson¬ 
deren Erscheinungen ein. Bemerkenswerth ist, dass in dem genannten 
Falle bald nach Einnahme dos Hypnoticums ein epileptischer Anfall er¬ 
folgte. Bezüglich der hypnotischen Wirkung des Trionals wird dieselbe 
von mehreren Seiten (M. Horvath, Köppers, Mattison) als der Sul- 
i'onalwirkung überlegen bezeichnet und zwar ans dem Grunde, weil der 
Schlaf schneller ein tritt. Uebrigens scheint das Tetronal das energischer 
wirkonde von beiden Hypnoticis zu sein. Mattison lenkt besonders auf 
die überraschenden Erfolge die Aufmerksamkeit, die er mit Trional bei 
Agrypnie infolge übermässigen Gebrauches von Morphium, Chloral, Cocain 
erzielt haben (will. Zu erwähnen ist noch, dass Trional imd Tetronal 
ebenso wie Sulfonal anidrotisek wirken, wozu bereits 0,25—0,5 g genügen. 

Dosis und Anwendungsweise: In den meisten Fällen genügt 
eine Dosis von i g, bei stärkeren Erregungszuständen 1,5—2 g. Zweck¬ 
mässig ist die Lösung des Mittels in warmem Wasser, Theo, Bouillon, 


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Go igle 


Milch kurz vor dem Schlafengehen. Wo die Einnahme per os verweigert 
wird, kann man das Mittel mit gutem Erfolge auch per rectum geben. 

Litteratur: H Köppers, Inaug.-Diss. Würzburg 1893. M.Hor¬ 
vath Ungar. Arch. für Medicin 1892. Mattison, Medic. News 1893. 
Collatz, Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 40. . 

2. Pental. In unserer lotzten Umschau haben wir eme ausführ¬ 
liche Üebersicht über die Erfahrungen mit Pental gegeben und darauf 
hingewiesen, „dass ein abschliessendes Urtheil über den Werth und die 
Gefahren des Mittels zur Zeit noch nicht gefällt werden kann. Schon zu 
dieser Zeit lagen Mittheilungen über einige höchst auffallende und zur 
grössten Vorsicht mahnende Nebenwirkungen vor. Im abgelaufenen Jahre 
hat sich die Zahl der Unglücksfälle nach Pentalgebrauch noch gesteigert. 
Wir verweisen in Bezug auf die toxikologische Frage auf die un ver¬ 
flossenen Jahre von Rieh. Friedländer erschienene zusammenfassende 
Studie und begnügen uns mit dem Hinweis, dass nach den Thierexpen- 
menten von H. Rieth das Pental in drei verschiedenen Richtungen auf 
die Athmung einwirkt; es erfolgt nämlich: 1) Athmungsstillstand infolge 
von Reflexwirkung vom Trigeminus aus. 2) Steigerung der Frequenz und 
Tiefe der Athemzüge infolge Reflexwirkung seitens der sensiblen Lungen¬ 
äste des Vagus. 3) Abnahme der Frequenz und Tiefe der Athmung in¬ 
folge herabgesetzter Thätigkeit des Respirationscentrums. Der Verfasser 
kommt in seiner Arbeit zu dem Schluss, dass das Pental für kurzdauernde 
Operationen, 'welche keine vollständige Muskelerschlaffung erfordern, ein 
brauchbares, aber keineswegs gefahrloses Narcoticum ist. Die ge¬ 
fährliche Wirkung besteht darin, dass bald nach Eintritt der Anästhesie 
ein Stillstand der Athmung bewirkt wird, dem ein secundäres Auf hören 
der Herzthätigkeit sich anschliesst. Gleichsam als Illustration hierzu dienen 
zwei von Sick aus dem Neuen Hamburger Krankenhause im vorigen 
Jahrgang dieser Wochenschrift mitgetheilte Todesfälle nach Pent&l- 
narkose. In beiden Fällen handelte es sich um respiratorisch und circu- 
latorisch durchaus gesunde Menschen, so dass die Todesursache aus¬ 
schliesslich auf das Pental zurückgeführt werden muss. Verfasser warnt 
daher vor der Anwendung des Pental als Narcoticum. < Ausserdem ist, 
wie aus den politischen Zeitungen bekannt wurde, auch in der Hallenser 
Zahnklinik ein Todesfall nach Pentalnarkose bekannt geworden, über dessen 
nähere Umstände wir mangels entsprechender authentischer Nachrichten 
kein Urtheil abgeben können. Das Mittel ist bekanntlich schon einmal 
im Jahre 1856 in England zu ausgedehnter Anwendung gelangt, bis im 
Jahre 1857 kurz auf einander zwei Todesfälle mit dem damals Amylen 
genannten Anästheticum dem Mittel den Todesstoss versetzten. Dem 
Amylenum redivivum scheint kein besseres Schicksal bevorzustehen! 

Litteratur: R. Friedländer, Therap. Monatsh. 1893 Januar. 
M. Bauchwitz ibid. Juli. H. Rieth, Inaug.-Diss. Tübingen 1893. 
Sick, Diese Wochenschrift 1893, No. 13. 

8. Hypnnl. Hypnal, ein zuerst von Bardet 1890 hergestellter Körper, 
ist eine Verbindung von Chloralhydrat und Antipyrin und wurde erhalten 
durch Mischen concentrirter Lösungen gleicher Theile Chloralhydrat und 
Antipyrin. Es stellte sich aber heraus, dass es verschiedene, theils wirk¬ 
same, theils unwirksame Verbindungen von Chloralhydrat und Antipyrin 
giebt. Neuerdings hat Herz unter Leitung von Filehne ein wirksames 
Präparat dargestellt, das von den Höchster Farbwerken in den Handel ge¬ 
bracht wurde. Das Präparat löst sich leicht in siedendem Wasser, 
schmilzt bei 67,5° C und giebt mit Eisen Chlorid und Natriumnitrit die 
charakteristischen Antipyrinreactionen. Es hat die Formel 
ÖCLj ’ CH(OH)a ’ C,i HiaNvO . 

und hat einen Gehalt von 45o/ 0 Chloralhydrat und 55% Antipyrin. Die schlaf- 
machende Wirkung des Mittels hängt nun nicht allein von dem Chloral¬ 
hydrat, sondern auch von dem Antipyringehalt ab. Besonders indicirt ist 
das Mittel bei leichteren Aufregungszuständen Geisteskranker, bei begin¬ 
nendem Delirium tremens, Chorea minor, während schwerere Aufregungs¬ 
zustände die Anwendung von Chloralhydrat bezw. Hyoscin erheischten. 
Essentielle Schlaflosigkeit, sowie Schlaflosigkeit infolge von Schmerzen 
werden durch das Mittel erfolgreich beeinflusst. Die hypnotische Wir¬ 
kung tritt 20-30 Minuten nach der Aufnahme des Mittels ein. Er¬ 
brechen wurde nur bei schwereren Magenerkrankungen beobachtet. 

Anwendungsweise und Dosis (nach Filehne): Da das Mittel 
fast geschmacklos ist, so kann es einfach in wässeriger Lösung gegeben 
werden ev. mit Zusatz von Sirupus Aurantiorum corticum oder aromatischer 
Tinctur, oder in Pulverform gereicht werden. Die Dosis beträgt 1,0—1,5-^- 
2,0—3,0 g. Filehne verschreibt Rp. Hypnali (Höchst) 10,0 solve m 
Aqu. dest. 100,0. DS. Abends 1 Esslöffel z. n. Bei nicht eintretender 
Wirkung kann man nach % Stunde noch einen Esslöffel geben; statt 
Aqu. dest. 100 kann man auch Aqu. dest. 80,0 und Sir. Aur. cort. 20.U 
verschreiben, oder Hypnali (Höchst) 1,0 f. pulv. d. t. dos. X. S. Nach 
Vorschrift Abends ein Pulver z. n. 

Litteratur: Filehne, Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 5. 

4. Aethylchlorid. Das Aethylchlorid ist eine farblose Flüssigkeit, von 
nicht unangenehmem, ätherischem Geruch, die bei ca. 10° C siedet. Es 
ist ein Substitutionsproduct des Aethylalkohols (CaHs -OH), in welchem 
das Hydroxyl durch Chlor ersetzt ist. Es wird aus Alkohol und Chlor¬ 
wasserstoffsäure hergestelllt. Seine Wirkung beruht auf seiner raschen 
Verdunstung, wodurch es dem Körper, den es benetzt, schnell Wärme 
entzieht. Das Aethylchlorid kommt in kleinen, geschlossenen, capmär 
auslaufenden Glasröhrchen von 12 cm Länge in den Handel. Zum bre; 
brauch befindet sich nahe am Ende des Röhrchens ein Feilstrich, bei 
dem die Spitze abgebrochen wird. Hierauf wird das Röhrchen in die 
volle Faust genommen und direkt auf den afficirten Theil gerichtet. D a 
das Aethylchlorid bereits bei 10o C siedet, so genügt die Wärme der 
Hand, um den Inhalt der Röhre zum Sieden zu bringen. . Durch die 
hierdurch in derselben entstehende Tension wird die Flüssigkeit in fernem 
Strahle durch die geöffnete Capillare herausgetrieben, ln den meisten 
Fällen genügt der Inhalt eines Röhrchens (10 g enthaltend) für die An- 


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university of michigan 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


II Januar. DEUTSCHE MEDICIN1S 

irendnng, in seltenen Fallen sind zwei Röhrchen erforderlich. Der Effect 
des Aethylchlorid ist zunächst Röthung, dann Weisswerden der betreffen¬ 
den Stelle, von da an tritt Eisbildung in Form eines schneeartigen Ueber- 
znges auf. Nach den Untersuchungen von Gans an Kaninchen hat das 
Mittel selbst bei wiederholter Anwendung keinen ungünstigen Einfluss 
auf die Hautcirculation. Praktische Versuche am Menschen sind zunächst m 
der Zahnheilkunde angestellt. Sodann ist das Mittel in einer Publication von 
Rougier bei Intercostalneuralgieen und von S. Ehrmann als Local- 
anästheticum bei Scarificationen, Eröffnung von Furunkeln, Bubonen, Acne- 
knoten. Pusteln, Abtragung kleiner Geschwülste und namentlich bei 
Lupusbehandlung empfohlen worden. Aus dem verflossenen Jahre liegt 
eine Mittheilung von Edgar Gans vor, der das Mittel bei Supraorbital¬ 
neuralgie. Neuralgie der Brustdrüse, Lumbago, Gichtanfällen, Migräne, 
Pruritus scroti mit Erfolg versuchte. 

Litteratur: Rougier, Bull, mddic. et du dispensaire gdneral de 
Lvon 1890. No. 10. Ehrmann, Wien, medicin. Wochenschr. 1890, 
No. 26. Edgar Gans, Therap. Monatsh. 1893, Märzheft. 

Ueber die Verwendung des Gunjakols durch Schüller. 

Von Prof. Dr. H. Griesbach. 

Man findet in der Welt immer Leute, die sich infolge einer höheren, 
mehr oder weniger verdienten Lebensstellung über weniger Bevorzugte* 
derartig erhaben fühlen, dass sie glauben, dieselben nicht beachten zu 
dürfen. Leider giebt es etwas Analoges manchmal auch in der Wissen¬ 
schaft. Daraus entspringen dann leicht gewisse literarische Unarten eines 
Autors, die darin bestehen, bei der Bekanntmachung einer Arbeit über 
Dinge, die ein anderer bereits beschrieben oder anders gesehen oder ge¬ 
deutet hat. wissentlich Stillschweigen zu bewahren. Glücklicherweise lässt 
eine unparteiische Kritik derartigen Schäden, für die es keine Entschuldigung 
giebt, stets schonungslose Rüge zu Theil werden. Für den Betheiligten 
aber — ich rede aus Erfahrung — ist es natürlich wenig erfreulich, wenn 
er sich in historischen oder litterarischen Angaben, in denen sein Name 
nicht fehlen sollte, unberücksichtigt oder vergessen fühlt. 

Herr Prof. Schüller wird, wenn er andere Arbeiten von mir durch- 
sieht hoffentlich die Ueberzeugung gewinnen, dass ich die einschlägige 
litteratur nach bestem Wissen anführe, auch die kleinste mir bekannt 
gewordene Notiz nicht unberücksichtigt lasse, und dass es daher im 
vorliegenden Falle nicht meine Absicht gewesen sein kann, ihm seine 
Priorität hinsichtlich der Anwendung des Guajakols zu bestreiten. 

Allem man kann nicht alles kennen, und ich bin daher Herrn Prof, 
bchüller sehr dankbar, dass er mich auf seine Arbeiten, welche ich beim 
buchen der Guajakollitteratur nicht gefunden hatte, aufmerksam machte. 
Oass sie mir entgangen, liegt wohl zum Theil daran, dass man unter dem 
iitel: Experimentelle und histologische Untersuchungen über die Ent¬ 
stehung und Ursachen der skrophulösen und tuberkulösen Gelenkleiden, 
und selbst unter dem Zusatz: nebst Studien über die tuberkulöse Infection 
venn^h«?^ ersuchen ’ nicbt gleich ein e Behandlung mit Guajakol 

UW* ^ b . t . H ® rr P^f. Schüller wohl zu, wenn er auf p. 1707 der 
SrSft Presse von 1887 No. 50 - nicht No. 52 - wo er 
t Sah J- wahrt * sa ^, dass seine Versuche, .weil 

weiteren Buch « e veröffentll cht wurden, augenscheinlich in 

weiteren kreisen nicht bekannt“ wurden. 

kulosebesonlw: ^ eI: Eiae n ® ue Behandlungsmethode der Tuber¬ 

auf die Veru- 7 der cbi roi'g^ c hen Tuberkulosen kann man nicht gleich 
demselben * V ° D Glli,J Ü ko L 1 »chliessen. Was nun die Anwendung 
Gabli mbel<U1 ^ so konnte die Kenntnis! 
satze von Home P^vatmittheilung erhalten werden; denn in dem Auf- 
nebt deÄ iK? rage j me(bcmische Wochenschrift 1888, No. 17, p. 149) 
d ^ SS n er darüber v °r Sahli nichts publicirt hatte 
icb ^0 von Herzen zustimme, 
^bte zu wahren 1n h nS Che G A er f btlgke ^ verlan gt, sich seine Prioritäts- 
anderweititr zu wirw me ^ em .i^ U ™ abze uber ^ as ch em i sc h reine Guajakol 
imInteresse d^»^ P T henden Bemerkungen Anlass findet, so dürfte es 
würden; denn der Bemerkungen von ihm gemacht 

durch “/er Wissenschaft wird wesentlich da- 

, dass man seine Memungen unumwunden austauscht. 

Zungen iS r H- skr , ankenvere ^ ü bafc in seine Bestim- 

^fglnommen Arzneiverkebr ^r 1894 folgende Maglstralformeln neu 

x> n L P^ eum Chloroformii. 

ttp. Chloroform. 20 0 

Olei Rapae 80,0 

p p P, u .l v is antirhachiticus. 

«P- Calcu carbon. praecip. 32,0 

» # Phosphor. 15,0 

Jemladaci 3.0 

oacchan Lactis 50.0 

Rn Chloroforraii. 

Cnlorofonnii 20 0 

Spiritus camphor. 80*0 

U Rn U A^!7 m dia chylon carbolisatum. 

«P- Acidi carbohci liquef. 1 0 

Unguenti diachylon ad 50*0 

Rn A Gn S u . en tnm Ichthyoli. 

«P- Ammonu sulfo-ichthyolici 10.0 
Adipi8 suilli 40 0 


Unguentum rubrum sulfuratum. 

Rp. Hydrargyri sulfurati rubri 0.5 

Sulfuris subHmati 12,5 

Olei Bergamottao 0*5 

Vaselini americani . ad 50,0 
Die Zahl der Magistralformeln ist hierdurch auf 92 gestiegen. 

Tnh^n/i 11 seineü Berichten über die Behandlung des Lnpus mit 
Tnberknlin kommt Kossel (Dermatol. Zeitschr. I., 1, 1893) auf Grund 
der Beobachtungen im Institute für Infectionskrankheiten zu dem Schlüsse 
dass eine combmirte chirurgische und specifische Behandlung mit Tuberkulin 
bei der Heilung des Lupus und der tuberkulösen Hautaffectionen über¬ 
haupt Platz zu greifen habe. Es wurden im Institute im ganzen 33 Ludus- 
kranke behandelt. Alle bis auf einen Patienten mit Lupus der Nates 
litten an Lupus des Gesichtes. Boi der Differenzirung der Hauttuberkulose 
von syphilitischen oder unschuldigeren lupusähnlichen Hauterkrankungen 
bess das Tuberkulin niemals im Stich, und eine lokale Reaction trat nur 
bei wirklich tuberkulösen Erkrankungen auf. Es wurde mit Dosen von 
0,1 bis 0,5 Müligramm begonnen und dann die Dosen so gewählt, dass 
stets deutliche lokale Reactionen auftraten. Die Injectionen wurden meist 
m drei bis viertägigen Pausen gemacht. Man muss mit möglichst kleinen 
Hosen lauge Zeit hindurch Reactionen erzeugen, so dass man allmählich 
bis zur Enddosis von 0,1 g Tuberkulin steigt. Nach dieser Methode ist 
es m dem Institute für Infectionskrankheiten gelungen, Lupusfälle zu 
heilen, und fünf beigegebene Tafeln illustriren diese Beobachtungen. Ein 
Patient starb während des Krankenhausaufenthaltes an tuberkulöser 
Meningitis. Kossel kommt daher zu dem Schlüsse, dass das Tuberkulin 
em unschätzbares und unentbehrliches Heilmittel für die tuberkulösen 
Hautaffectionon darstellt. _ 

— G* Coupard und E. Saint-Hilairc (Revue de Laryngologie, 
dOtologie et de Rhinologie) bezeichnen das Antlpyrin als eines der 
kräftigsten örtlichen schmerzbeseitigenden Mittel bei Erkrankungen des 
Pharynx und Lorynx. Es erscheine ihnen in manchen Fällen wirksamer 
als Cocain, wenn es auch weniger anhaltend als dieses wirke. Sie 
empfehlen es als werthvolles Mittel in allen schmerzhaften Erkrankungen 
des Schlundes und des Kehlkopfes, insbesondere auch bei allen frischen 
Entzündungen. In stärkeren Lösungen (4,0—16.0:10,0 Wasser) wird es 
zwei- bis dreimal wöchentlich eingepinselt; in schwächerer Lösung 
(6,0:200.0 Wasser) wird es dreimal täglich während fünf Minuten zer¬ 
stäubt eingeathmet. __ M. Bresgen. 

- T A - Freudenberg (Berlin) empfiehlt im Centralbl. f. klin. Med. 
1893, No. 26 nach seinen Erfahrungen bei ca. 30—40 Patienten Ichthyol¬ 
zäpfchen gegen chronische Prostatitis. Nur in wenigen Fällen ver¬ 
sagte die Medication; in den übrigen sah er, häufig in überraschend kurzer 
Zeit, unter dem Gebrauch der Zäpfchen Rückgang bezw. vollständige 
Heilung der subjectiven Beschwerden (Schmerzen beim Stuhlgang, Druck¬ 
gefühl am Damm, Urindrang etc.) und der objectiven Symptome 
(Schwellung und Verhärtung der Drüse). Die Einzeldosis beträgt 0,3. 
steigend bis 0,6, selten höher. Zu achten hat man darauf, dass das 
Ichthyol gleichmässig im Zäpfchen vertheilt ist. Verf. verschreibt daher 
Rp. Ammon, sulfoichthyol. 0,3—0,6—0.75. 01. Cacao 2,0—2,5 misce 
exactissime f. suppositor. NB. Keine Hohlsuppositorien! Bei letzteren 
fliesst nämlich nach dem Schmelzen der Cacaobutterhülle das unverdünnte 
Ichthyol aus und erregt heftige Schmerzen und Stuhldrang. 

__ Schwalbe (Berlin). 

XI. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Der ordentliche Honorarprofessor in der medicinisclien 
Facultät der Universität Leipzig, Dr. 0. Heubner, hat den an ihn er¬ 
gangenen Ruf auf den durch den Rücktritt Henoch’s erledigten Lehr¬ 
stuhl der Kinderheilkunde an der Universität Berlin angenommen. 

— Der Privatdocent in der medicinisehen Facultät der Universität 
Berlin Dr. Winter ist zum a. o. Professor ernannt. Den Privatdocenten 
Dr. 0. Lassar, Dr. E. Remak, Dr. J. Veit und Med.-Rath Dr. P. Güter¬ 
bock ist das Prädicat Professor, dem Secundärarzt an der Universitäts- 
Frauenklinik Prof. Dr. Winter und dem ersten Assistenten an der chirurgi¬ 
schen Universitätsklinik Privatdocenten Dr. Schlange die Amtsbezeich¬ 
nung als Oberarzt beigelegt worden. 

— Mit Rücksicht auf den Internationalen medicinisehen 
Congress in Rom ist der diesjährige Chirurgencongress auf den 18. 
bis 21. April verlegt. 

— Der bisher mit dem Kreisphysikat Teltow vereinigt gewesene 
Stadtkreis Charlottenburg soll von jenem abgetrennt und als be¬ 
sonderes Kreisphysikat eingerichtet werden. Das betreffende Physikat war 
bisher in Bezug auf Einwohnerzahl (300000) das grösste im preussischen 
Staate. 

— Dr. A. Blaschko hat in der Friedrichstrasse 104a eine Privat¬ 
klinik für Haut- und Geschlechtskranke errichtet. Die Poliklinik 
befindet sich seit 1. Januar Köpenickerstrasso 68. — Dr. Georg Müller 
hat seine orthopädische Anstalt und Klinik nach der Friedrich¬ 
strasse 23 II verlegt. 

— In Berlin hat sich ein Verein für gesundheitsgemässo Er¬ 
ziehung der Jugend gebildet. Den Vorstand bilden die Herren 
Direktor Dr. Schwalbe. Dr. Jacusiel, Lehrer Siegert, Lehrer Janke, 
Dr. Sommerfeld und Taubstummenlehrer A. Gutzmann. 

— Bonn. Prof. Dr. Heinrich Hertz, einer der genialsten Physiker 
der Jetztzeit, ist in dem jugendlichen Alter von 37 Jahren gestorben. 

— Breslau. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft 
hält am 14. Mai und den folgenden Tagen in Breslau ihren IV. Congress 
ab. Als wissenschaftliche Hauptthemata sind auf die Tagesordnung gesetzt: 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



48 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


Ueber die modernen Systematisirungsversuche in der Dermatologie (Ref. 
Prof. Dr. Kaposi [Wien]); Ueber den gegenwärtigen Stand der Lehre 
von den Dermatomykosen (Ref. Prof. Dr. Pick [Prag]). 

— Paris. Der Y. Congress der französischen Irrenärzte 
und Neurologen wird vom 6.—11. August 1894 in Clermont- 
Ferrand abgehalten werden. Auf der Tagesordnung stehen folgende 
Gegenstände: Ueber die Beziehungen zwischen Hysterie und Geisteskrank¬ 
heit; Ueber periphere Neuritis; Die Vorbeugungsmaassregeln und die Gesetz¬ 
gebung gegen den Alkoholismus. — Es ist ein Comite zusaramengetreteu. 
welches die Errichtung eines Denkmals ftlr Charcot in die Hand ge¬ 
nommen hat. Der „Conseil general de la Seine“ hat demselben 500 Fr., 
der Pariser Municipalrath 1000 Fr. zur Verfügung gestellt. 

— Budapost. Der VIII. Internationale Congress für Hygiene 
und Demographie wird am 2. September eröffnet werden und bis zum 
9. September dauern. Das wissenschaftliche Programm ist bereits versendet, 
und Anmeldungen von Vorträgen sind in grosser Zahl erfolgt. Auch die 
im Anschluss an den Congress zu veranstaltende hygienische Ausstellung 
wird bereits vorbereitet; dieselbe wird sich von den bisherigen ähnlichen 
Ausstellungen dadurch unterscheiden, dass sie keine Industrieausstellung 
sein, sondern nur solche Gegenstände umfassen wird, welche zur Er¬ 
klärung und zum Studium der in das wissenschaftliche Programm auf¬ 
genommenen und auf dem Congress zum Vortrag gelangenden Fragen 
dienen. Zu den wichtigsten und interessantesten Berathungen wird die 
für den vierten Sitzungstag anberaumte grosse Diphtheritisdebatte 
zählen. Diese Frage gelangt bekanntlich im Sinne der Beschlüsse des 
Londoner Congresses zur Verhandlung, und es wurde dieselbe durch das 
Executivcomitd auf dor breitesten und zwar auf internationaler Grundlage 
derart vorbereitet, dass in jedem Lande eine besondere Commission nach 
gründlichem Studium seine Vorschläge verfasst, welche in der vereinigten 
Sitzung der Sectionen für Bacteriologie, Prophylaxis und Kinderhygiene 
die Grundlage der Berathung bilden werden. Das Präsidium in diesen 
Commissionen haben in den einzelnen Ländern die folgenden Forscher 
übernommen: in Deutschland Prof. Fr. Löffler (Greifswald), in Oester¬ 
reich Prof. Wiederhofer (Wien), in England Dr. Edward Seaton 
(London), in Bayern Prof. H. Ranke (München), in Belgien Dr. Ed. Tor- 
deus (Brüssel), in Frankreich Dr. Roux (Paris), in Ungarn Dr. Kornel 
Chyzer (Budapest), in Italien L. Pagliani (Rom), in Schweden Prof. 
E.. Almquist (Stockholm), in den Vereinigten Staaten Prof. Billings 
(New-York), in Russland Prof. Nicolaus Filatow (Moskau), in Serbien 
Dr. Paul Szteics, Oberphysiküs (Belgrad), in Spanien Prof. Francis 
Criado y Aguilar (Madrid), in Rumänien Dr. D. Sergiu (Bukarest), in 
der Schweiz Prof. Ed. Hagenbach-Burkhardt (Basel), in Dänemark 
Prof. S. T. Sörensen (Kopenhagen), in Norwegen Prof. Axel Johanessen 
(Christiania). Nach dem Congress wird ein Ausflug nach Konstantinopel 
veranstaltet werden. 

— London. Einen erfolgreichen Schritt zur Einschränkung 
des Handels mit Geheimmitteln hat die Britische pharmaceutische 
Gesellschaft gethan, indem sie durchsetzte, dass alle derartigen Präparate, 
welche Gift enthalten — und bekanntlich enthalten viele Geheimmittel 
Morphium, Chloroform und andere differente Stoffe — mit der Gift- 
etiquette zu versehen sind. Dieser Maassregel wird der Rückgang des 
Verkehrs mit Gehpimmitteln zugeschrieben, der sich in dem Abfall des 
Ertrages der Geheimraittelsteuer um fast 20 000 £ von März 1892 
bis März 1893 zu erkennen giebt. Bisher war der Ertrag dieser Steuer 
in stetiger Zunahme begriffen gewesen. 

— Der soeben abgeschlossenen officiellen Bevölkerungsstatistik 
fttrFinnland im Jahre 1892 entnehmen wir, dass bei einer Bevölkerung 
von 2431753 Personen im genannten Jahre 208 Personen im Alter von 
mehr als 90 Jahren starben, und zwar 69 Männer und 139 Frauen. Davon 
waren zwei Frauen 100—101 Jahre alt geworden und eine 105 Jahre. 

— Im Verlage der F. A. Davis Company (Philadelphia, New-York, 
Chicago und London) ist der sechste Jahrgang des von Charles E. Sajous 
im Verein mit einer grossen Anzahl von Fachleuten herausgegebenen 
Annual of the Universal medical Sciences erschienen. Der fünf starke 
Bände umfassende Jahresbericht behandelt das gesammte Gebiet der me¬ 
dicinischen Wissenschaft und giebt, ähnlich wie die bekannten in Deutsch¬ 
land erscheinenden Jahrbücher, ein Gesammtbild des Fortschrittes der 
vertretenen Fächer während des abgelaufenen Jahres. Die Mitarbeit einer 
Reihe von Angehörigen aller Culturländer giebt dem Werke, obwohl es 
in erster Linie für amerikanische Aerzte bestimmt ist und die bekanntlich 
sehr umfangreiche amerikanische Fachlitteratur berücksichtigt, ein inter¬ 
nationales Gepräge. 

— Im Verlage von Max Jaffe, Kunstverlagsanstalt in Wien, ist er¬ 
schienen: Professoren der Chirurgie unserer Zeit an den Universi¬ 
täten von Oesterreich-Ungarn, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Holland, 
Dänemark, für das 25jährige Professorenjubiläum des Herrn 
Hofrath Dr. Theodor Billroth gesammelt und herausgegeben von Dr. 
med. Heinrich Rieger und nach den Originalphotographieen in Licht¬ 
druck ausgeführt von Max Jaffd. 

— Das Vademecum der Gebursthülfe für Studirende und 
Aerzte von Dr. M. Lange, Privatdocenten für Geburtshülfe und Gynä¬ 
kologie an der Universität Königsberg i. Pr. (Verlag von Ferd. Beyer’s 
Buchhandlung [Thomas & Oppermann], Königsberg 1893) liegt bereits in 
zweiter vermehrter und verbesserter Auflage vor. Der Umstand, dass in 
kaum zwei Jahren die erste starke Auflage dieses Buches vergriffen ist, 
zeigt zur Genüge, •welch’ freundliche Aufnahme dasselbe gefunden hat. — 
ln demselben Verlage ist ferner zur Ausgabe gelangt ein Compendium 
der Hautkrankheiten einschliesslich der Syphilide und einer 
kurzen Kosmetik für Studirende und Aerzte von Dr. S. Jessner in 
Königsberg i. Pr. 


— Im Verlage von Gustav Fischer in Jena ist zur Ausgabe gelangt: 
Die diätetische Behandlung der Magendarmerkrankungen, mit 
einem Anhang: Die diätetische Küche, von Dr. C. Wegeie, Arzt in Bad 
Königsborn (Westfalen). Verfasser hat ^ einen Diätplan ausgearbeitet, 
welcher sich möglichst streng an die Fortschritte der Diagnostik der 
Magendarmerkrankungon anschliesst, während er im Anhänge eine genaue 
Anleitung zur Bereitung bestimmter, den geschwächten Verdauungsorganen 
angepasster Speisen giebt. 

— Im Verlage von Harald Bruhn (Braunschweig 1893) ist erschienen: 
Der Tuberkelbacillus und die Tuberkulinlitteratur des Jahres 
1891, als Separatausgabe des Kapitels „Tuberkelbacillus“ aus dem Jahres¬ 
bericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro¬ 
organismen, herausgegeben von Prof. Dr. med. P. Baumgarten in Tü¬ 
bingen. 

— Universitäten. Marburg. Die Leitung der durch Prof. Cr am er’s 
Tod erledigten Universitätsirrenklinik ist Prof. Tuczek übertragen worden. 

— Freiburg i. B. Der Assistent am pathologischen Institut Dr. H. 
Stroobe hat sich als Privatdocent für pathologische Anatomie habilitirt. 

— Graz. Dem Priv.-Doc. Dr. A. Ritter v. Hei der ist der Titel eines 
a. o. Professors beigelegt. — Innsbruck. Zum Nachfolger des nach Graz 
berufenen Professors der Augenheilkunde Dr. Borysiekiewicz ist Prof. 
Dr. Czermak ernannt. — Lüttich. Der a. o. Professor der allgemeinen 
Pathologie Dr. Francotte ist zum ordentlichen Professor ernannt. — 
Groningen. Dr. Reddingius ist zum Professor der allgemeinen Patho¬ 
logie und pathologischen Anatomie ernannt. — Upsala. Dr. A. 0. Letfors, 
bisher Docent in Lund, ist zum Professor der Geburtshülfe und Frauen¬ 
krankheiten ernannt worden. — Stockholm. Prof. Rossander hat 
seinen Abschied genommen. — Christiania. Dr. med. Chr. Leegaard 
hat sich als Docent für Nervenkrankheiten niedergelassen. — Oxford. 
Der Lector Dr. Arthur Thomson ist zum Professor der Anatomie er¬ 
nannt. — Chicago. Dr. J. B. Murphy ist zum Professor der Chirurgie 
am College of Physicians and Surgeons ernannt. 


XII. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Sammelwerke, Jahresberichte u. s. w. Bibliothek 
der gesammten medicinischen Wissenschaften für praktische 
Aerzte und Specialärzte, herausgegeben von Hofrath Professor 
Dr. A. Dräsche. I. Abtheilung (Interne Medicin und Kinderkrankheiten), 
11. Heft. — II. Abtheilung (Pharmakologie und Toxikologie), 7. und 
8. Heft. Wien und Leipzig, Max Merlin, 1893. 

Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher 
und Aerzte. 65. Versammlung zu Nürnberg, 11-.—15. September 1893. 
Herausgegeben im Aufträge des Vorstandes und der Geschäftsführer von 
A. Wangerin und 0. Taschenberg. I. Theil: Die allgemeinen Sitzungen. 
158 S 0 Leigzig, F. C. W. Vogel, 1893. 

Arsberättelse frän Sabbatsbergs Sjukhus i Stockholm för 
1892. Herausgegeben von Dr. F. W. Warfvinge. 264 S. Stockholm, 
Isaac Marcus, 1893. 

Anatomie. R. Klemensiewicz: Ueber Entzündung und 
Eiterung. Histologische Untersuchungen an der Amphibienhomhaut. 
Abdruck aus der Festschrift für Alexander Rollet zur Feier seines 
dreissigjährigon Jubiläums als Professor. 57 Seiten Text und vier Tafeln. 
Jena, Gustav Fischer, 1893. 

Chirurgie. W. Martig, Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege. 
Mittheilungen aus Kliniken und medicinischen Instituten der Schweiz 
I. Reihe, 3. Heft. 391 S. Basel und Leipzig, Carl Sallraann, 1893. 

Geburtshillfe und Gynäkologie. A. Koettiiitz, Ueber Becken¬ 
endlagen. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge N. F. No. 88. 
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1893. 

Hygiene und Sanitätspolizei. Handbuch der Hygiene, heraus¬ 
gegeben von Dr. Th. Weyl. I. Band, I. Abtheilung, zweite Lieferung: 
v. Fodor, Hygiene des Bodens mit besonderer Rücksicht aut 
Epidemiologie und Bauwesen. 246. S. 4,50 Mark. Jena, Gustav 
Fischer, 1893. 

J. Oscar Peterson, Unsere Nahrungsmittel in ihrer volks- 
wirthschaftlichen und gesundheitlichen Bedeutung. Eine 
praktische Ernährungslehre für Gesunde und Kranke. 335 S. Stuttgart, 
A. Zimmer’s Verlag, 1894. 

Innere Medicin. Stanislaus Klein, Die diagnostische Ver- 
werthung der Leukocytose. Vollkmann’s Sammlung klinischer Vorträge. 
N. F. No. 87. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1893. 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infectionskrankheiten. 
Arnd, Ueber die Durchlässigkeit der Darmwand eingeklemm¬ 
ter Brüche für Mikroorganismen. Aus dem bacteriologischen Labo¬ 
ratorium des Herrn Prof. Dr. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken 
und medicinischen Instituten der Schweiz. Basel und Leipzig, Carl Sall- 
mann, 1893. 

Militärsanitätswesen. W. Roth’s Jahresbericht über die 
Leistungen und die Fortschritte auf dem Gebiete desMilitär- 
sanitätswesens, herausgegeben von der Redaction der Deutschen 
militärärztlichen Zeitschrift. XVIII. Jahrgang. Bericht für das Jahr 1892. 
Supplementband zur Deutschen militärärztlichen Zeitschrift. 216. S. Berlin, 
E. S. Mittler & Sohn, 1893. 

Physiologie und physiologische Chemie. K. Francke, Die 
Schwankungen der Reizzustandsgrösse, d. i. der Intensität bezw. 
des Umfangs des Lebens im menschlichen Körper. 32 Seiten Text und 
93 Abbildungen. Leipzig, Georg Thieme, 1893. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


Digitized by 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


18. Januar 1894. 


JV 3 . 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin 

Lafcowir. 60a. Potodamaratr. 116. Poatadreasa: Lalpalg, Seabunsstr. 3L 


Potsdamerstr. 116. 


I. Ans der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg i. Pr. 

Ueber Drucklähmungen im Gebiete des 
Plexus brachialis. 

Von Professor H. Braun. 

1. Ueber Narkosenlähmiingeu. 

Mehrfache Beobachtungen, welche ich im Laufe der Jahre über 
Lähmungen im Gebiete des Plexus brachialis bei Personen, welche 
längere Zeit chloroformirt waren, zu machen Gelegenheit hatte, 
veranlassen mich zu dieser Mittheilung, die mir um so gerecht¬ 
fertigter erscheint, als seither diese Lähmungen fast keine Er¬ 
wähnung gefunden haben. Nichtsdestoweniger nehme ich mit Be¬ 
stimmtheit an, dass auch anderen Operateuren diese Lähmungen, 
welche ich der Kürze wegen als Narkosenlähmungen (analog 
der allgemein angenommenen Bezeichnung Schlaflähmungen) be¬ 
zeichnen möchte, vorgekommen sind, und hoffe, dass diese Publication 
' eranlassuug zu weiteren, bestätigenden Berichten geben wird. 

vor etwa zwölf Jahren sah ich als Assistent von Czerny in 
Heidelberg: zum ersten male bei einer Dame, die wegen Deus laparo- 
omirt wurde, unmittelbar nach dem Erwachen derselben aus der 
-iilorofornmarkose eine vollkommene Lähmung des rechten N. ra- 
|. la ls : . * Kranke, über deren Haltung des Armes in der Narkose 
«ainals nichts näheres bemerkt wurde, starb bald nach der Operation, 
o (asi> über den \ erlauf dieser Lähmung nichts weiter anzugeben ist. 

hm.ge Jahre später fand ich bei einem Manne, der wegen 
if . ein ? ek lemmten Leistenbruches operirt wurde, ebenfalls un- 
Tyi.1 ar n ? C ^ J T PSSen Erwachen aus der Chloroformnarkose eine 
uiimung des N. ulnaris und des N. medianus. Bei diesem 
,1c, On" de [ rechte Arm während der etwa V/ 2 Stunde dauern- 
HvnJLT * 1 ■ ld J er dea em P°rgezogen gehalten worden. Die 
jperextensmn des Armes war so stark, dass dadurch der Puls 
7ur rwf , ra ^ la ^ ls j . am Handgelenk vollständig unterdrückt wurde, 
dass ifri rUD ^ d , leses Verhaltens war ich dadurch gekommen, 
di e v . dlr k en< ^ ( * er Operation von dem unter meiner Aufsicht 
als ein esar £ en den Studenten das Ausbleiben des Pulses, 
Bei dem sntJür a r u .^ ören(ien Herzthätigkeit gemeldet wurde, 
nicht die man ^u fÖ ^ en -^ onnte ^ j e( *och feststellen, dass 

dos Armee o nde . ^ era action, sondern die zu starke Erhebung 
einander Lmn / e \ e . n( ^ ei1 Pulse schuld war. Mehrmals hinter¬ 
er Puls in H 0 DS A? e - 1C1 d ? n ?’ wie durch Emporheben des Armes 
schwinden ra( ^alis am Handgelenk zum völligen Ver- 

kräftiir Zm v lch ^: er ^ en ^nnte, während derselbe sogleich wieder 
Leider sind ^, am ’ S0 J )a ^ der Arm herabgesenkt wurde, 

genaueren Anfvr,; l 6r den weiteren Verlauf dieser Lähmung die 
SLml Z f! lni,n ? en fanden gekommen. 
t>ei denen einp A^V^ dann no(dl ^ Franken, besonders solchen, 
war. beobacht pI P uta yonder earcinomatösen Brustdrüse gemacht 
Ungern oder eft S1 ® , ü ^ er unangenehme Empfindungen in den 
EnJheinniSi, “ d . er Hand und den Fingern klagten, 

*Ta»en wieder d0(dl ?* me weitere Behandlung meist in wenigen 
y or j.“ 1 Volll £ verschwanden. 

wieder ei ne 'sehwer^^j^r« 1100 ^ lan & er Zeit zum ersten male 
Gütige AnnscImlterl'ihm ung ^^ oro ^ ormnar ^ ose entstandene doppel- 

verfoigt und so11 des ‘ 

(lllrcl ‘ die meine ^ * n Gegenwart verschiedener Collegen, ! 

ÄUfiQerks amkeit von der Lagerung der Kranken abge- , 


lenkt war, wegen eines Carcinoms die Resectio pylori. Beide Hände der 
Kranken waren, wie dies nachträglich festgestellt wurde, von dem die 
Narkose besorgenden, sehr kräftigen Ammanuensen über den Kopf empor¬ 
gezogen worden, theils um den Puls besser controlliren zu können, theils 
um das Herabfallen der Arme vom Operationstisch zu vermeiden, theils 
um einem Hineingreifen der Hände in das Operationsfeld vorzubeugen. 
Nach dem Erwachen aus der etwa zwei Stunden dauernden Narkose hatte 
die Kranke an den beiden oberen Extremitäten gar kein Gefühl und 
konnte auch nicht die geringste Bewegung mit den Armen und den 
Händen ausführen, so dass sie sich in einem äusserst haltlosen Zustand 
befand und, wie ich gleich erwähnen will, noch viele Wochen lang blieb. 
Eine genaue Untersuchung der Muskeln konnte bei der schwachen Pa¬ 
tientin erst am 15. März, also sechs Tage nach der Operation ausgeführt 
i werden. Dieselbe ergab, dass am rechten Arm ausser den Extensoren 
sämratlicher Fingor noch gelähmt waren der M. triceps, M. biceps, M. 

I brachialis internus, M. deltoideus, M. latissimus dorsi, M. supraspinatus und 
M. infraspinatus. Wenig functionirte der M. cucullaris und der M. pectoralis 
major, die Beuger der Finger und der Hand, die Musculi interossei, die 
[ Muskeln des Daumen- und des Kleinfingerballens. Die Sensibilität war 
vorhanden, wenn auch herabgesetzt, bis auf eine kleine Stelle am Daumen, 
woselbst sie erloschen war. Noch vollkommener war die linke obere Ex¬ 
tremität gelähmt, an dor nur eine geringe supinirende Bewegung der 
Hand activ ausgeführt werden konnte. Ausser den bei dem reckten Arm 
als gelähmt angeführten Muskeln, zeigte auch der M. pectoralis major nur 
spurweise Contractionen. Die Sensibilität war überall vorhanden, aber 
herabgesetzt. Längere Zeit konnte die Kranke absolut keine Bewegungen 
mit den Armen und den Fingern ausfükren, so dass ihr jede Lage- 
yeründerung der Hände gemacht dass sie gefüttert werden musste uud 
sich in trostloser, deprimirter Stimmung befand. 

Am 13. April konnte man rechts Beugung und Streckung im Hand¬ 
gelenk und an den Fingern wahrnehmen, während die Schultermuskcln 
noch alle gelähmt waren. Am linken Arm functionirteu der M. deltoideus 
und die .Schultermuskeln wieder, nur war noch der M. pectoralis major. 
der M. triceps und der M. biceps vollkommen gelähmt. Schwer ausführ¬ 
bar war die Pronation und Supination der Hand, ebenso die Beugung und 
Streckung der Hand, die Beugung der Finger. Noch nicht möglich war 
die vollkommene Streckung und die Spreizung der Finger. Bis Anfang 
Mai konnte eine geringe Besserung in der Beweglichkeit der linken Hand 
festgestellt werden. Am 10 Mai hatte Herr Privatdocent Dr. Valentin 
die Güte, nochmals einen genauen Befund aufzunehmen. Dabei fand sich 
am rechten Arm der M. cucullaris, ebenso wie der M. pectoralis major, 
M. latissimus dorsi und M. triceps normal, schwach functionirte der M. 
biceps, ferner alle anderen Vorderarm- und Handmuskeln mit Ausnahme 
des M. supinator longus, der gelähmt war, ebenso wie der M. deltoideus. 
der M. subscapularis, M. supraspinatus, M. infraspinatus, M. teres major 
und M. teres minor. 

Die faradische Prüfung ergab bei dem sehr schwachen M. biceps eine 
Zuckung, ebenso rcagirten auch derM. deltoideus und der M. supinator longus. 
Die Schulterblattmuskeln konnten nicht untersucht werden. Die galvanische 
Untersuchung ergab in den Muskeln des Vorderarms und im M. biceps 
normal schnelle Zuckungen, aber herabgesetzte Erregbarkeit; der M. 
deltoideus und M. supinator longus gaben träge Zuckung, die K.S.Z. war 
stärker als die A.S.Z. bei sehr stark herabgesetzter Erregbarkeit; Sensi-- 
bilitätsstörungen waren nicht nachweisbar. Am linken Arm wurde voll¬ 
kommen functionstilchtig gefunden: der M. cucullaris. M. deltoideus, M. 
supraspinatus, M. infraspinatus, M. teres major und minor. M. pectoralis 
major, M. latissimus dorsi, M. triceps, M. brachialis internus, und supinator 
longus, während der M. biceps noch gelähmt w r ar, aber keine Entarfuugs- 
reaction zeigte. Die Vorderarm- und Handmuskeln functionirteu alle, 
wenn auch wenig. Bei faradiseher Erregung rcagirten alle Muskeln nor¬ 
mal, auch der M. biceps, ebenso verhielten sich alle Muskeln gegenüber 
dem galvanischen Strom normal. Im M. biceps war keine Entartungs- 
reaction nacbznweisen, ebensowenig in einem der anderen Muskeln. Sensi¬ 
bilitätsstörungen waren nicht vorhanden.' 

Am 12. Mai wurde die Kranke entlassen, starb aber wahrscheinlich in¬ 
folge ihres Magencarcinoms am 2. Juli. Nach der gütigen Nachricht de? 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3 


zuletzt behandelnden Arztes, des Herrn Stabsarzt Dr. Krause in Lötzen, 
der die Kranke noch am 20. Juni, also etwa 13 Wochen nach der Operation 
gesehen hatte, waren die Lähmungserscheinungen, besonders an dem rechten 
Arm bedeutend besser geworden, aber ebensowenig wie an dem linken 
Anne vollkommen verschwunden. . 

Was nun die Aetiologie dieser verschiedenen, im Gebiete des 
Plexus braeliialis vorgekommenen Narkosenlähmungen anlangt, so 
sind dieselben jedenfalls entstanden durch eine sehr starke Ab- 
duction oder Hyperextension des Armes, durch welche ein erheb¬ 
licher Druck auf die betroffenen Nerven ausgeübt wurde. Die 
Stelle, an welcher dieser Druck stattfand, scheint mir aber bei den 
verschiedenen Lähmungen nicht die gleiche zu sein. 

In der zuletzt mitgetheilten Beobachtung handelte es sich 
ohne allen Zweifel um eine Lähmung, welche durch den Druck der 
Clavicula auf den Plexus brachialis in der Gegend des sechsten 
und siebenten Halswirbels entstanden war. Die Theilnahme der 
Schulterblattmuskeln, des M. pectoralis major und des M. latissimus 
dorsi weisen mit Sicherheit auf diesen Punkt hin. Die Lähmungen 
beider Arme bieten, abgesehen von kleinen Verschiedenheiten unter¬ 
einander, so grosse Aehnlichkeit mit der jetzt allgemein bekannten 
Erb’schen Armschulterlähmung, dass auch die gleiche Ursache für 
sie angenommen werden muss. 

In den beiden anderen oben erwähnten Fällen, in denen einmal 
der N. radialis, das andere mal der N. ulnaris und der N. me¬ 
dian us gelähmt waren, ebenso auch in denjenigen Fällen, in denen 
Paresen und Parästhesieen nach der Chloroformnarkose beobachtet 
wurden, scheint mir der Druck des Schlüsselbeins nicht die Ursache 
für die Lähmung sein zu können, da es schwer erklärlich sein 
dürfte, w r ie dadurch nur einzelne Nervenstämme so schwer ge¬ 
schädigt werden können, während alle anderen Nerven dem Druck 
vollkommen entgehen. 

Bei der Narkosenlähmung des N. radialis könnte man noch 
daran denken, dass dieser Nervenstamm an seiner Umschlagsstelle 
um den Humerus einen Druck erfahren könnte, wenn während der 
Operation der Arm über die Kante des von mir benutzten hölzernen 
Operationstisches herabhing. Jedoch ist mir nicht bekannt, dass 
anderwärts derartige Erfahrungen bei diesem, besonders früher viel¬ 
fach gebräuchlichen, Operationstische gemacht worden wären: jeden¬ 
falls habe ich bei mehr als 10000 Kranken, die ich zum Theil auf 
einem solchen Operationstische operiren sah, zum Theil selbst ope- 
rirte, niemals etwas davon beobachtet. Viel 'wahrscheinlicher ist 
mir, dass die Lähmung des N. radialis ebenso entstanden war, 
wie die Lähmung des N. ulnaris und des N. medianus bei dem 
zweiten von mir erwähnten Kranken, nämlich durch die starke Ab- 
duction des Armes, durch welche ein Druck des Caput liumeri in 
der Achselhöhle auf diese Nerven ausgeübt wurde. Als ein direkter 
Beweis für einen solchen in der Achselhöhle stattfindenden Druck 
muss das Verschwinden des Pulses in der Arteria radialis am 
Handgelenk bei emporgezogenem Arme angesehen werden. Dasselbe 
kann nur durch einen Verschluss der Arteria axillaris zustande 
kommen. Eine Compression der Arteria subclavia durch das Schlüssel¬ 
bein, an welche man denken könnte, war sicherlich nicht die Ur¬ 
sache für diese Erscheinung, denn bei dem Emporziehen des Armes 
geht die Clavicula in die Höhe, und das Gefäss wird von jedem 
Drucke völlig befreit. Durch die entgegengesetzte Bewegung, durch 
die Verschiebung der Scapula und indirekt auch der Clavicula nach 
hinten und unten kann eher eine Compression der Arteria sub¬ 
clavia gegen die erste Rippe hervorgebracht werden, wie dies durch 
die Untersuchungen von Klotz und von Adelmann auch längst 
bekannt ist. Wenn aber die Arteria axillaris bei forcirtem Empor¬ 
ziehen des Armes durch den in die Achselhöhle stark vortretenden 
Gelenkkopf des Humerus so vollkommen abgeplattet wird, dass 
dadurch die Blutwelle aufgehalten werden kann, so müssen auch 
unbedingt die dem Gelenkkopf noch näher liegenden Aeste des 
Plexus brachialis ebenfalls stark gedrückt und gedehnt werden. 
Von der Richtigkeit dieser Annahme kann man sich an der Leiche 
unmittelbar überzeugen. Ganz bestimmt kann aber ein solcher 
Druck und eine solche Dehnung, je nach der Dauer, eine leichte 
oder eine schwere motorische und sensible Lähmung einzelner 
Nerven herbeiftihren. 

Meiner Ansicht nach werden also die in der Narkose entstan¬ 
denen Lähmungen des Plexus brachialis durch den Druck der 
Clavicula, diejenigen einzelner Aeste desselben durch den Druck 
des Caput humeri herbeigeführt. 

Bei genauer Durchsuchung der Litteratur konnte ich über 
Lähmungen, die in der Narkose entstanden waren, nur eine vor 
kurzem durch Bernhardt 1 ) sehr ausführlich veröffentlichte Beob- 
achtung finden. Dieselbe betraf eine Kranke, bei der im März 
1892 eine über eine Stunde dauernde doppelseitige Salpingo- 

*) M. Bernhardt, Ueber einen Fall von doppelseitiger, traumatischer 
LMjmung im Bereiche des Plexus brachialis. Neurologisches Centralblatt 
1892, p. 258, 


Oophorectomie gemacht war. Während dieser Zeit waren die 
beiden Arme von einem Assistenten mit ziemlicher Kraft nach 
oben und hinten gehalten worden. Nach der Narkose fand man 
beide Arme gelähmt. Die vollkommene Heilung dieser Lähmung 
wurde angenommen, war aber zur Zeit der Publikation noch nicht 
erfolgt. 

Ueber Narkosenläkmungen einzelner Nervenstämme, die als 
solche erkannt und mitgetheilt wurden, habe ich überhaupt keine 
Notiz finden können. Nur eine von Seeligmüller 1 ) gemachte 
Angabe fiel mir auf. Dieser Autor nimmt nämlich an. dass eine 
Drucklähmung des N. ulnaris bei schwerfälligen Personen, die 
lange Zeit in der Rückenlage zubringen müssen, vorkomme. Als 
Beweis für die Richtigkeit dieser Angabe führt er eine mit An¬ 
ästhesie verbundene Lähmung im Ulnarisgebiete an, welche er bei 
einer an Brustdrüsenkrobs operirten Dame fand, die eines hinzu¬ 
gekommenen Erysipelas migrans wegen lange Zeit in der Rücken¬ 
lage hatte aushalten müssen. Eich hörst, 2 ) der diese Angabe von 
Seeligmüller in seinem Handbuch erwähnt, bringt keine eigene 
Bestätigung für dieselbe bei. Mir erscheint diese Erklärung der Ul¬ 
narislähmung unwahrscheinlich. Wäre dieselbe richtig, so müssten 
bei dieser häufig vorkommenden Gelegenheitsursache analoge Be¬ 
obachtungen doch auch von anderer Seite schon gemacht worden 
sein, was meines Wissens aber nicht der Fall ist. Viel wahrschein¬ 
licher ist mir, dass diese von Seeligmüller beobachtete Läh¬ 
mung, analog der von mir beschriebenen, durch den Druck des Ge¬ 
lenkkopfes auf den N. ulnaris in der Achselhöhle entstanden war, 
indem bei der Amputatio mammae und der Ausräumung der car- 
cinomatösen Lymphdrüsen aus der Achselhöhle der Arm lange 
Zeit stark in die Höhe gezogen worden war. Leicht kann aber 
unmittelbar nach einer schweren Operation, zumal wenn bald ein Ery¬ 
sipel hinzutritt, eine Ulnarislähmung übersehen und erst später 
zufällig erkannt werden. Uebrigens macht Seeligmüller keine 
Angabe, wie lange nach der Operation die Lähmung gefunden 
wurde. Mir selbst sind Paresen und Parästhesieen von kurzer 
Dauer nach Mammaamputationen, wie schon oben erörtert, einige 
male vorgekommen. 

Wenn aber die Thatsache richtig ist, dass in der Narkose 
durch eine starke Hyperextension des Armes Lähmungen einzelner 
Nerven der oberen Extremität hervorgerufen werden, so ist auch 
sehr wahrscheinlich, dass manche Schlaflähmungen dieselbe Ur¬ 
sache haben können. Sicherlich kann im tiefen Schlafe dieselbe 
Stellung des Armes eingenommen werden, die bei genügend langer 
Einwirkung eine Lähmung herbeiführen muss. Soweit mir bekannt 
ist, hat man bis jetzt dieses ätiologische Moment für die Schlaf¬ 
lähmungen nicht gekannt. Bei der am häufigsten vorkommenden 
Schlaf lähmung des N. radialis wird weitaus in den meisten Fällen 
der allgemeinen Annahme nach der Druck auf den N. radialis am 
Oberarm durch die Last des Körpers oder durch den Kopf oder 
durch dieKante eines Stuhles u.s.w. ausgeübt werden. In diesenFällen 
ist der M. triceps von der Lähmung verschont. Für die seltenen Beob¬ 
achtungen aber, in denen dieser Muskel an der Lähmung theilnimmt, 
erscheint der Druck des Gelenkkopfes gegen den N. radialis in 
der Achselhöhle als Ursache wahrscheinlich. Die gleiche Entstehungs¬ 
ursache wird man auch für manche der, überhaupt nicht oft vor¬ 
kommenden, Schlaflähmungen des N. ulnaris und des N. medianus 
annehmen dürfen. Schwer denkbar ist, dass auch diese Nerven, 
wie man annimmt, im Schlaf von aussen her einen starken Druck 
erfahren können. Abgesehen von der Stelle oberhalb des Condylus 
internus humeri, an welcher der N. ulnaris oberflächlich und 
dem Knochen nahe liegt, ist kaum eine geeignete Stelle am Ober¬ 
arme vorhanden, an welcher ein zur Lähmung führender Druck 
auf den N. ulnaris oder den N. medianus einwirken könnte. 

Die Prognose der Narkosenlähmungen fällt selbstverständlich 
mit derjenigen der Drucklähmungen überhaupt zusammen, ebenso 
wie die Behandlung. Die oben mitgetheilte Beobachtung zeigt 
aber, wie lange Zeit die Wiederherstellung der Function der ge¬ 
lähmten Muskeln auch in solchen Fällen dauern kann, und genügt, 
um die Gefahren zu zeigen, welche eine zu starke Abduction des 
Armes in der Narkose haben kann. 

2. Lähmungen durch Anlegung der elastischen Binde 
zur Erzeugung der künstlichen Blutleere. 

v. Langenbeck 3 ) machte wohl zuerst darauf aufmerksam, 
dass die Constriction der Glieder mit dem Gum misch lau clie 
nicht ohne Bedenken sei, weil Paralysen des Nervus medianus und 

*) Seeligmüller, Lehrbuch der Krankheiten der peripheren Nerven 
und des Sympathicus, 1882, p. 275. 

*) H. Eichhorst, Handbuch der speciellenPathologie und Therapie, 
1883, Bd. 2, p. 353. 

^ B. v. Langenbeck, Ueber die Esmarch’sche Constriction der 
Glieder zur Erzeugung künstlicher Blutleere bei Operationen. Berliner 
klinische Wochenschrift 1873, No. 52, p. 617. 


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18. Januar 

des Nervus ulnaris dadurch entstehen könnten, indem die genann¬ 
ten Nerven zu fest gegen den Knochen angedrückt würden, 
v. Langenbeck gab an, dass er, durch solche Beobachtungen ver¬ 
anlasst, nicht mehr den Gummischlauch angewendet habe, sondern, 
nachdem die peripherische Einwickelung gemacht worden, eine zweite 
Gummibinde um das obere Drittel des Oberarmes fest anlege und 
seit Anwendung dieser Modification keine Störungen in der Nerven¬ 
leitung beobachtet habe. Hauptsächlich infolge dieser Publication 
wurde gewiss ziemlich allgemein die Abschnürung der oberen Ex¬ 
tremität (an der unteren kommen derartige Lähmungen nicht vor, 
da die Nerven durch dicke Muskeln vor dem Drucke geschützt sind) 
durch die elastische Binde eingeführt. In fast allen Lehrbüchern 
der Chirurgie wird in der Folge auch angegeben, dass durch die 
Anlegung des elastischen Schlauches an der oberen Extremität 
Lähmungen entstehen könnten und dass man deshalb die elastische 
Binde anweuden solle, aber in keinem Lehrbuche l ) oder in anderen 
Mittheüungeu wird, soweit mir bekannt, speciell darauf hingewiesen, 
dass auch hei Anlegung der elastischen Binde Vorsicht beobachtet 
werden müsse. Sicherlich kommen aber durch Anlegung der elas¬ 
tischen Biude in der Praxis Lähmungen an dem Arme vor, wenig¬ 
stens ist es mir unwahrscheinlich, dass ich dieselben allein gesehen 
haben soll, Selbstverständlich entstehen diese Lähmungen durch 
zu festes Anlegen der elastischen Binde; aber da es schwer ist, 
genaue Angaben über die Kraft zu machen, mit der die Binde an¬ 
gezogen werden muss, so kommt es gewiss jüngeren Aerzten vor, 
die mit Sicherheit eine feste Abschnürung zur Verhütung einer je¬ 
den Blutung herbeiführen wollen, dass sie die Binde zu fest schnüren. 
Aus diesem Grunde muss mit Nachdruck auf die Gefahr hingewiesen 
werden, welche auch durch die zu fest angelegte elastische Binde 
herbeigeführt werden kann. 

Zum Beweis, dass leichte und schwere Lähmungen durch einen 
Bruck der elastischen Binde, wie man ihn zur Abschnürung des 
Blutstroms für nothwendig gehalten hatte, entstehen können, möchte 
ich die von mir beobachteten Fälle hier anführen. 

Fall 1. Ein 14 Jahre alter Junge wurde am 28. November 1885 in 
die chirurgische Klinik zu Jena wegen einer Nekrose am Oberarm aufge- 
nomnien und am 12. December, nachdem die elastische Binde von einem 
Assistenten angelegt war, von mir operirt, Unmittelbar nach dem Er¬ 
wachen aus der Narkose wurde eine fast völlige Lähmung aller Finger 
constatirt. Der Daumen, sowie die anderen vier Finger konnten nur 
mmima gebeugt, und der Daumen nur in geringem Maasse opponirt 
werden ausserdem war die Extension der Hand und der Finger unmöglich, 
wahrend die Sensibilität überaU erhalten war. Am folgenden Tage wurde 

, r ,i \ ? ewe ( s ^ die obige, vielleicht unwahrscheinlich lautende An- 
?lLr e S- dle . fo fe den ^tate fo, S en - H - Fischer, Lehrbuch der 
nift Pnriii^K A h ‘ n a gle ’ P- 405. Zu lange Anwendung des Schlauches 
1 . , Anästhesie und Lähmungen des Gliedes, Thrombose derVenen, 

^dründer und Wundlappen hervor. Um die Schnürwirkun- 
zwpitpln^^j 1 ftU TT heS zu beseitigen, nimmt v. Langonbeck eine 
188f> Rrt r' e pi.Q^ e r V" ^ ueter (Lossen), Grundriss der allgem. Chirurgie, 
dert inäßV^’k j ie Anwendung des Esmarch’schen Verfahrens erfor- 
schnÄr beSOn ^ er l, Vorsicht und Ge8 chick $ vor allem bei dem Zu- 
die Xen-cn l L cIl ® s ‘ Eest geschnürt gefährdet der Schlauch 

XHnciNfSnim ° tatsächlich sind in manchen Fällen Paresen einzelner 
Kön *r u r, von , ktl 1 rzerei ; und längerer Dauer beobachtet worden. - Fr. 
nicht z;Ä B - Ch 6 i r al S emeill6n Chirurgie, 1889. p. 84. Es ist 
auch einen C » nC' aD 0 )C T e ? Extremität, um selbe blutleer zu machen, 
Man hat mehrf«A» m i SC u 1 , in der 01)611 beschriebenen Art anzulegen, 
des Sclilaiirho b beobachtet, dass durch den isolirten schnürenden Druck 
näher liecrpnäfn V' 0rÖ ^? rg L^^nd e Lähmung einer der der Oberfläche hier 
buch der ? ;?^ VeQ berb6 igeführt wurde. - G. Wolzendorff, Hand- 
b Äw im,rg,e 1889, p. 290. Da der Schlauch zu 

dne zweite PErui* b ° em P beblt es sich nach v. Langenbeck’s Rath, 
uwgefährt wird Z t ' 6nvea den, welche in mehrfachen Cirkeltouren her- 
ftehuntr dieser TnK D dem Lc-hrbuche vonTillmanns wird über dieEnt- 
warter) und I Anl? 1Ungen Oberes angegeben; Billroth (Wini- 
haupt nicht und D ; erer envabaen in ihren Lehrbüchern dieselben über- 
konnte ich leider nicht Auda ^ e des Lehrbuchs von v. Bardeleben 

dh 1 man seinem vüüp'?* 1 g * ebt nocb neuerdings unter den Vorwürfen, 
d'-n S c h n fl r s e.h 1« n vt 11 * 611 »eracht hätte, an die Lähmungen der durch 
'ki' Xaturforscherverc £ odrück * en Nerven (Selbstbericht über einen auf 
Bhitsparuno- bei ' mg /u Nürnberg gehaltenen Vortrag: Ueber 

^3, Xo. 45 n o^ 9 J l onea und \ erletzungen. Centralblatt für Chirurgie 
künstliche viL» einer früheren Abhandlung sagte v. Esmarch 
5-294). Wenn andPTO t avf’ Archiv für klinisch6 Chirurgie 1880, Bd. 25, 
d as * sie durch »Ihn i ' mi ! ngon gesehen haben, so möchte ich glauben, 
standen sind, v F c larke8 A:nziehen des Kautschuckschlauches ent- 
’-raschuürung seihe/ ü? arc Vx S? 6 !** dann auc h an, dass er deshalb die 
Assistenten geneigt J» eiMcbt babe , weil er gefunden habe, dass seine 
• Mit BeSJ3 . är ° n ’ des guten zu viel zu thun. 

^ selbst auch nienwfit 6 . erQ6rkun g möchte ich noch hervorheben, dass 
rnndo passirt ist j 61 , ne Lähmung durch Anlefi'nno - der elnst.isrhen 
le von Ai««™ ! 0ndern d ass 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


hiufi g auf die i 
entstehen könm 


einem • r JU vuu mir i 

faLÜZüf Assi ?tonz&rzto angelegt 
•n nnn „ . ungen, welche durch zu fesl 


ihmung durch Anlegung der elastischen 
in allen von mir beobachteten Fällen die 


aufmerksam gemacht wird. 


„ war, obgleich von mir 
durch zu festes Anlegen der Binde 


51 


hauptsächlich über Kribbeln und Ameisenlaufen in den Findern ffeklaet 
Nach zwei Tagen war die Streckung der Finger * wieder möglich die 
Beugung derselben «her nnn.h sehr wenig; ebenso waren g a „ch die 


Parasthesieen geringer. Nach weiteren zwei Tagen waren die*Bewegungen 
der Finger fast völlig normal, und das Gefühl von Taubseki nur noch 
schwach vorhanden. Am 20. December waren die Bewegungen normal 
schwunden ^ ra ^ ° S ’ die unan g ene huaen Empfindungen in der Hand ge- 

FaH 2. Diese Beobachtung wurde bei einem 15 Jahre alten Mädchen 
gemacht, bei welchem unter Anwendung der elastischen Binde am 
25. September 1888 in der Marburger chirurgischen Klinik eine Nekrotomie 
des Humerus ausgeführt wurde. Die Muskulatur des Oberarms war 
äusserst atrophisch. Nach dem Erwachen aus der Narkose, klagte die 
Kranke über Bewegungsstörungen der Hand und über ein taubes Gefühl 
!.l e n D r J? J bt 1 re f kun L r der Finger war nur schwer und langsam 
ausführbar, die Endphalangen des zweiten bis fünften Fingers konnten 
nicht gestreckt, die Finger selbst nur unvollkommen gebeugt und nicht 
gespreizt werden. Die Sensibilität war nur au der dorsalen Fläche des 
kleinen Fingers nicht ganz normal. Vom 8. October an wurde die Kranke 
in der medizinischen Poliklinik täglich elektrisirt, aber trotzdem kamen 
die ersten Zeichen von Besserung erst am 24. October, also vier Wochen 
nach der Operation, zum Vorschein. Allmählich nahmen die Lähmungs- 
erschemungen im Gebiete des N. ulnaris immer mehr und mehr ab so 
dass die Kranke bei ihrer Entlassung am 18. November die Hand bewegen 
und die Finger fest schliessen konnte. Nachdem das Mädchen zu Hause 
fleissig gearbeitet hatte, wurde bei einer acht Tage später vorgenommenen 
nochmaligen Untersuchung nachgewiesen, dass der Händedruck krfifti" 
war und die Lähmung als vollkommen beseitigt angesehen werden musste! 
•ioonu - . Em 45 Jabre alter Gensdarm hatte sich am 25. October 

1889 bei emem Dienstgange durch einen Sturz auf den Ellenbogen oine 
Gelcnkfractur zugezogen, die mit Anchylosenbildung in einem Winkel 
von 155 ausheilte; die weitere Flexion wurde durch Callusmassen, welche 
in der Ellenbogenbeuge vorsprangen, verhindert. Zur Besserstellung des 
Arms, womöglich zur Erzielung eines beweglichen Gelenkes wurde von 
mir am 24. März 1890 in der chirurgischen Klinik zu Marburg, nachdem 
der Arm mit einer elastischen Binde eingewickelt und abgeschnürt war, 
die Abmeisselung des abgebrochenen und nach vorne dislocirten Condylus 
extemus humeri und die Kesection des Ellenbogengelenkes ausgeführt. Als 
der Kranke aus der Narkose erwachte, waren die Finger vollkommen 
anästhetisch und alle ihre Bewegungen unmöglich. Da von den beiden 
Seitenschnitten aus eine Verletzung sämmtlicher gelähmter Nervenstämme 
unmöglich war, musste gleich die zu feste Anlegung der elastischen Binde 
als Ursache der Lähmung angesehen werden. Während die Sensibilität schon 
am folgenden Tage wiederkehrte, blieb die motorische Lähmung bestehen, 
der Kranke konnte nicht die geringste Bewegung mit den Fingern machen. 
Erst am 7. Mai, also etwa sechs Wochen nach der Operation,"konnte man 
die erste, aber kaum wahrnehmbare Bewegung, eine Beugung des Zeige¬ 
fingers, erkennen. Fünf Tage später wurden schon alle Finger in den 
Metacarpophalangealgelenken gebeugt. Von nun an besserte sich unter fort¬ 
gesetzter elektrischer Behandlung die Beweglichkeit immer mehr, aber erst 
am 2. Juli konnte die Faust fest geschlossen werden. Später stellte sieh die 
Fimction der Hand und der Finger so vollkommen her, dass dor Mann 
seinen Dienst als Gensdarm wieder wahmehmen konnte. 

Fall 4. Bei einem 16 Jahre alten Jungen wurde am 11. Februar 
1891 in der chirurgischen Klinik in Königsberg eine Nekrose des linken 
Humerus, nachdem die Abschnürung mit der elastischen Binde gemacht 
war, von einem der Assistenzärzte operirt. Unmittelbar nach der 
Sequestrotomie war eine Lähmung der Hand und der Finger nachweisbar. 
Erst am 8. April waren leichte Bewegungen in den Fingern ausführbar, 
aber noch nicht im Handgelenk. Unter Anwendung des elektrischen 
Stromes, der Massage und passiver Bewegungen wurde die Beweglichkeit 
der Hand und der Finger langsam besser. Bei der Entlassung des Jungen 
am 15. Mai war die Bewegung im Handgelenk noch nicht vollständig wieder¬ 
gekehrt, während die Finger normal, aber noch kraftlos gebeugt wurden. 

Wie die mitgetheilten Beobachtungen zeigen, muss am meisten 
Vorsicht bei der Abschnürung des Armes mit der elastischen 
Binde angewendet werden bei Kindern und bei Personen mit 
atrophischer Muskulatur des Oberarms, wie dieselbe besonders bei 
Nekrosen des Humerus, bei Entzündungen des Ellenbogengelenkes 
und bei veralteten Luxationen desselben Vorkommen. Auch muss 
die Umschlagsstelle des N. radialis um den Oberarm für die An¬ 
legung der Binde vermieden werden. 

Vielleicht erscheint manchem Leser meine Mittheilung über¬ 
flüssig, da sowohl die Lähmungen, welche in der Narkose, als auch 
diejenigen, welche durch den Druck mit der elastischen Binde ent¬ 
stehen, durch Fehler in der Ausführung der betreffenden Methoden 
veranlasst werden. Meiner Ansicht nach wird aber der junge Arzt, 
dem am leichtesten derartige Fehler Vorkommen können, dieselben 
am sichersten vermeiden, wenn er genügend auf ihr Vorkommen und 
auf ihre schlimmen Folgen aufmerksam gemacht ist, was bis jetzt, 
wenigstens durch unsere Lehrbücher der allgemeinen Chirurgie, 
nicht geschehen ist. Jedenfalls müssen diese Lähmungen jedem 
Arzte, dem sie Vorkommen, ebenso wie alle anderen Fehler in der 
Behandlung eines Kranken höchst peinlich sein. Denkbar ist auch, 
dass diese Drucklähmungen Veranlassung zu gerichtlichen Klagen 
über Kunstfehler geben können. Also nur, um andere Collegen 
vor unangenehmen Erfahrungen zu bewahren, glaubte ich die 
meinigen veröffentlichen zu sollen. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3 


II. Die Choleraerkrankungen im städtischen 
Krankenhaus e Moabit. 1 ) 

Von Prof. Dr. Renvers in Berlin. 


Ein Rückblick auf die vergangenen Monate, während welcher 
das sporadische Auftreten der Cholera an den verschiedensten 
Stellen nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas die ärztliche 
Welt in Spannung hielt, zeigt uns vor allem die erfreuliche That- 
sache, dass jene lähmende Angst, welche im vorgangenen Jahre 
unter dem frischen Eindruck der Hamburger Ereignisse namentlich 
die Laienwelt befallen hatte, einer ruhigeren Auffassung gewichen 
war. Dank der Zurückhaltung der Presse, "wurde nicht jeder 
einzelne Fall weitläufig besprochen und damit die andauernde 
Beunruhigung vermieden. Als im Spätsommer sich die spora¬ 
dischen Cholerafalle in Deutschland mehrten, wurden auch in 
Berlin von neuem die Maassregeln erwogen, welche bei Auftreten 
der Cholera zu entfalten waren. Von den Erfahrungen des ver¬ 
gangenen Jahres ausgehend, wurde auf möglichst wirksame Iso- 
liruug der ersten Ckolorafälle Bedacht genommen, dann aber auch 
der Wasserversorgung eine besondere Aufmerksamkeit um so mohr 
geschenkt, als namentlich an den Wasserläufen durch den Wasser¬ 
verkehr das erste Auftreten der Cholera beobachtet wurde. Mit 
Rücksicht auf die in der Hamburger Epidemie gewonnene Er¬ 
fahrung, dass gerade der Cholerakranke am meisten einer geord¬ 
neten Krankenpflege in einem gut eingerichteten Krankenhause be¬ 
darf und namentlich einen weiten Transport nicht verträgt, waren 
bereits im vergangenen Jahre sämmtliche städtischen Kranken¬ 
häuser für die Aufnahme von Cholerakranken des betreffenden 
Stadttheilcs bestimmt worden. Wegen der leichteren Möglichkeit, 
die Kranken zu isoliren, sollte nur zunächst das Krankenhaus 
Moabit zur Aufnahme der Cholerakranken sich in Bereitschaft 
setzen. Einzelne Baracken wurden zu diesem Zwecke besonders 
für die Cholerabehandlung eingerichtet, im übrigen aber der Be¬ 
trieb des Krankenhauses in keiner Weise verändert. Damit über 
den bacteriologischen Arbeiten die Behandlung der Kranken selbst 
nicht vernachlässigt werden konnte, wurden besondere Aerzte für 
die Behandlung sowie für die bacteriologischen Untersuchungen 
bestimmt. Letztere führten die Herren Dr. Lazarus und Dr. 
Pielecke aus. 

So vorbereitet, kamen am 23. August die ersten Cholerafälle 
zur Behandlung, welche ungefähr an demselben Tage wie im ver¬ 
gangenen Jahre und auffälligerweise an derselben Stelle Berlins, am 
Nordhafen, aufgetreten waren. Seit jenem Tage sind im Moabiter 
Krankenhause 122 choleraverdächtige Personen der bacteriologischen 
Untersuchung unterworfen, und bis zum 21. November im ganzen 
13 Fälle von asiatischer Cholera festgestellt worden. Von diesen 
starben vier im Choleraanfall. Von den als Cholera verdächtig ein¬ 
gelieferten starb einer an acuter Enteritis, je einer an Tuberkulose 
und Pneumonie. 

Scheiden wir von den 122 choleraverdächtigen Personen alle 
diejenigen aus, welche bei genauer ärztlicher Untersuchung als 
anderweitig krank festgestellt werden konnten, und untersuchen 
wir nur die Fälle, bei denen auch ärztlich die Frage, ist echte 
Cholera vorhanden oder nicht, aufgeworfen werden musste, also 
aus dem klinischen Krankheitsbilde eine Entscheidung nicht ge¬ 
troffen werden konnte, so wird es zweckmässig sein, der Uebersicht 
halber diese Fälle in vier Gruppen zu bringen. 

Zur ersten Gruppe gehören 13 Fälle, in welchen der Cholera- 
vibno gefunden wurde. Von diesen boten aber nur fünf Fälle das 
Ihnen genügend bekannte klinische Bild des Choleraanfalls, während 
fünf Kranke nur über leichte Durchfälle ohne wesentliche Störung 
des Allgemeinbefindens klagten, und drei Personen keinerlei Krank¬ 
heitserscheinungen darboten. Letztere waren als verdächtig zur 
Beobachtung eingeliefert, da in ihrer Familie Cholera vorge¬ 
kommen war. ® 


Eine zweite wichtige Gruppe betrifft sieben Erkrankungen an 
Enteritis acutissima, die, abgesehen von dem Nichtvorhandensein 
des Gholeravibno, von der asiatischen Cholera klinisch nach keiner 
Kichtung zu unterscheiden waren. Nicht nur klinisch, auch patho¬ 
logisch-anatomisch boten zwei zur Obduction gelangte Fälle dieser 
Gruppe genau dieselben Darm-, Blut- und Nierenveränderungen dar, 
d, . e «He der ersten Gruppe. Diese Erkrankungen waren 
ätiologisch entweder auf Fleischvergiftungen zurückzuführen und 
die reiswasserähnlichen Stuhlgänge enthielten auffällig wenige ja 
rcl, H ln t Ze - e Da ™ bacterien , »der aber dieselben wurden auch 
^ •«n“ er r^ UChe ™ n f en bedin ^- obne dass eine bestimmte 
,? tl0l °S ls ® h festgestellt werden konnte. Neben dem 
actermm c oli waren Streptococcen in diesen Fällen vorherrschend. 


') Vorgetragen im Verein für innere Medicin in Berlin. 


Während die bisher erörterten Gruppen fieberlos einsetzten, 
im Reactionsstadium aber mit Fieber verliefen, ist eine dritte 
Gruppe durch sofortiges hohes Fieber charakterisirt, welches etwa 
drei Tage andauert, dann plötzlich unter Nachlass aller Erschei¬ 
nungen vom Magendarmcanal aufhört. Das starke Erbrechen, die 
Reiswasserstühle, der starke Collaps, die heisere Stimme, die 
Muskelkrämpfe sind auch dieser Gruppe eigenthümlich, die offenbar 
auf eine bacteritische Darmerkrankung zurückzuführen ist. 

Endlich gehören zur vierten Gruppe die zahlreichen auf Diät¬ 
fehler zurückzuführenden acuten Magendarmkatarrhe, wie solche 
auch ausserhalb der Cholerazeit aufzutreten, aber in kurzer Zeit 
in Heilung überzugehen pflegen. 

Nach dieser Uebersicht wollen wir heute unser Interesse den 
Fällen der ersten Gruppe zuwenden, in deren Darmentleerungen 
Choleravibrionen gefunden wurden. Da ist es zunächst in ätiolo¬ 
gischer Beziehung von hohem Interesse, dass die beiden ersten 
eingelieferten Cholerafälle, wie auch die ersten in Berlin ent¬ 
standenen Fälle im vergangenen Jahre vom Nordhafen herstammen, 
und zwar vom einem Kahn, der am 18. August in Berlin am 
Nordhafen von Stettin kommend eingetroffen war. Die beiden 
erwachsenen Töchter des Kahnbositzers Pinnow, Anna und 
Emilie Schlüsselburg, erkrankten mitten im besten Wohlsein 
am 22. resp. 23. August. Die ältere Schwester erlag der Er¬ 
krankung. Alle Nachforschungen führten zu keinem Nachweis 
einer Infectionsquelle. Die Infection musste in Berlin stattgefunden 
haben, und blieb nur die Möglichkeit offen, dass das Wasser des 
Nordhafens, mit welchem die beiden Mädchen allein beim Reinigen 
des Kahns zu thun gehabt hatten, als Infectionsquelle angesehen 
wurde. Die sofort vorgenommene Untersuchung des Wassers im 
Nordhafen auf Choleravibrionen blieb erfolglos. Dass aber unsere 
Vermuthung bezüglich des Wassers als Infectionsträger doch richtig 
war, und wie gerechtfertigt die sofort vom Magistrat angeordnete 
Schliessung der im Nordhafen befindlichen öffentlichen Badean¬ 
stalten war, sollte ein zweiter Cholerafall beweisen, der ebenfalls 
mit dem Nordhafen in Verbindung stand und geradezu einem 
Experiment gleichzustellen war. — Wie ich oben mitgetheilt, 
kamen die ersten Erkrankungen am Nordhafen am 22. August vor. 
Am 24. August gegen 4 Uhr nachmittags wurde ein vierjähriger 
Knabe Martens von seinen Gespielen in das Wasserbecken des 
Nordhafens gestossen. Dem Ertrinken nahe, wurde er aus dem 
Wasser gezogen und bewusstlos auf das Polizeirevier gebracht. 
Dort verblieb er bis gegen 9 Uhr Abends, zu welcher Zeit die 
Mutter ihn abholte. Am folgenden Tage erkrankte der Knabe an 
Brechdurchfall, der denselben am 31. August dem Krankenhause 
zuführte. Hier wurden Choleravibrionen im Stuhlgänge festgestellt 
und die Diagnose auf Choleratyphoid gestellt. Jeder vorurteils¬ 
freie Beobachter wird diesen Fall als eine Wasserinfection anerkennen 
müssen, zumal die angestellten Nachforschungen keine anderen Be¬ 
ziehungen zu Cholerakranken bei dem Kinde ergaben. Auch ein 
dritter Fall, den Instrumentenmacher Baumgarten betreffend, hat 
zu dem Wasser als Infectionsträger besondere Beziehungen, insofern 
derselbe nach einem Morgenbade im Spreewasser erkrankte, bei 
welchem er reichlich Wasser verschluckt hatte. 

Ein vierter Cholerakranker, Seedorf, Bootsmann, erkrankte 
während der Fahrt auf der Havel, deren Wasser er getrunken 
hatte, weil es kühler war. Sein Vater, welcher stets Brunnen¬ 
wasser getrunken, blieb gesund. 

Die weiteren Fälle betreffen den Kahnbesitzer Wilke nebst 
Frau und Bootsmann Thiele, die am 12. September von Prieros 
kommend in Berlin am Oberbaum eintrafen und am 18. September 
auf ihrem am Hafenplatz gelegenen Kahn ohne nachweisbare Ur¬ 
sache erkrankten. 

Der zuletzt am 21. November eingelieferte Cholerafall, Warten¬ 
berg, betrifft ebenfalls einen Kahnarbeiter, der am Schleswiger 
Ufer auf einem Kahn beschäftigt gewesen, aber angeblich kein 
Spreewasser getrunken hatte. 

Diese bisher aufgeführten neun Fälle betreffen demnach Per¬ 
sonen, deren Infection mit Choleravibrionen zum Theil mit Sicherheit, 
zum Theil mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Wasser als 
Infectionsträger zurückgeführt werden kann. 

Von den übrig bleibenden zur Beobachtung gelangten vier 
Erkrankungen sind die Geschwister Schuster und das zu dieser 
Familie gehörende Mädchen Schmidt nur im bacteriologischen 
Sinne als cholerakrank aufzufassen, da sie keine Krankheits¬ 
symptome darboten. Ihre Infection ist aber mit Sicherheit auf 
die m der Familie Schuster vorgekommene Choleraerkrankung 
zurückzu führen, deren Verlauf im Friedrichshainer Krankenhaus beob¬ 
achtet wurde. 

Endlich bleibt mir noch die Pflicht, einen Cholerakranken zu 
erwähnen, der einen Assistenten des Krankenhauses betrifft. Seme 
Erkrankung ist ätiologisch als Laboratoriumscholera aufzufassen, 

(a dieselbe zu einer Zeit stattfand, wo das Krankenhaus frei von 


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Original fro-m 

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1 8. Januar. .^ .. 

Cholerakranken war, und der Erkrankte sich mit Choleravibrionen 
im Laboratorium beschäftigte. 

Wie steht es nun mit der Diagnose der Cholera? Die Wich¬ 
tigkeit der frühzeitigen Diagnose der asiatischen Cholera wird 
jeder zugeben, da ein wirksames prophylaktisches Eingreifen 
wenigstens bei der sporadisch auftretenden Erkrankung nur da¬ 
durch ermöglicht wird. So leicht es aber ist, inmitten einer 
Epidemie den ausgeprägten Anfall als echte Cholera zu erkennen, so 
schwierig, ja unmöglich ist es, die vereinzelt im Anfänge einer 
Epidemie auftretenden, selbst tödtlich endigenden Fälle aus den 
klinischen Symptomen oder dem pathologisch-anatomischen Be¬ 
fund zu erkennen. Nach meinen Beobachtungen am Kranken¬ 
bette giebt es kein sicheres klinisches Symptom, die oben an¬ 
gedeuteten verschiedenartigen selbst schweren Formen der En¬ 
teritis zu unterscheiden, geschweige denn die leichten! Weder 
die Reiswasserstühle, noch die Wadenkrämpfe, weder die rasche 
Eintrocknung des Körpers, noch der Gang der Temperatur, weder 
die Anurie, noch der Eiweissgehalt oder die Aetherschwefelsäure 
im Urin sind der Cholera- asiatica pathognomonisch. Nur allein der 
bacteriologische Nachweis des Vibrio cholerae in den Abgängen 
kann die Differentialdiagnose zwischen den verschiedenen Formen 
der Enteritis acutissinia stellen. Allein auch nur dann mit Sicher¬ 
heit, wenn möglichst frühzeitig die Stuhlgänge untersucht werden, 
da in manchen Fällen schon in wenigen Tagen die Vibrionen im 
Darminhalt verschwinden, und dann trotz vorhanden gewesener 
Cholera die Vibrionen nicht mehr nachweisbar sein können! Zur 
bacteriologischen Choleradiagnose gehört aber nicht nur das Auf¬ 
finden von Kommaformen im Stuhlpräparat, sondern, will man nicht 
grossen Irrthümera ausgesetzt sein, eine genaue Erforschung auch 
des biologischen Verhaltens des gefundenen Vibrio, und zwar stets 
unter gleichzeitiger Berücksichtigung des klinischen Krankheits- 
bildes und der ätiologischen Verhältnisse. Es gehört eben Kritik 
zur bacteriologischen Diagnose, wie zu jeder anderen klinischen 
Diagnose, und wendet man diese an, so lässt die bacteriologische 
Diagnose trotz der mannigfachen Kommaformen, die im Wasser bis 
jetzt gefunden wurden, und trotz der bisher den Choleravibrionen 
aiinhchen Formen nichts an Sicherheit zu wünschen übrig. Eine 
wir lieh praktische Bedeutung kommt den bisher gefundenen, den 
holeravibrionen selbst in ihren Reactionen ähnlichen Vibrionen 
p. c , . zu ’ “ a dieselben im Darminhalt ätiologisch oder klinisch ver- 
achtiger Personen bisher noch nie gefunden worden sind, ja 
einzelne z B. der Vibrio berolinensis, nur ein einziges mal im 
wor den ist, dem eine Choleracultur vorher zu 
(W? T*? ^gesetzt worden war. Am schwierigsten würde 
rrlnH Unba n S i Che V 1 ? rio zu beurtb eilen sein, falls er im Stuhlgang 
»Sh“ J/ nt? VOn ihm ist 68 nocU fragil*, ob er nicht 
„ u ? Choleravibrio identisch ist. Wir haben im Kranken- 

getheilt werden amit ^ Versucbe angestellt, die besonders mit¬ 
tler n,nU- Ug w ^ mö £ bebsfc frühzeitige bacteriologische Diagnose 
reicheruiifr-vpn/i da ® T 0 . 1 ! Focb im Mai d. J. angegebene An- 
an^ehpnM? 8 « 1 '^ 11 m , 1 °/o Pe P toills:ocIlsalzl ösung, sowie die damals 
vollauf hpwah4 tl0 u*** deß 9 b ° leranachweises in der Praxis sich 
’nitU-L <br r\V w * r h 1 Moabit nach demselben Verfahren 
vemiwS J t itwepUtteneuitiiren allein gearbeitet, wie dies im 
«ntereuK.ii hFe T ]l £ e8cbehei \ so würden 50% der Cholera- 

hacteriologischen 11 Dn+ 1V . leben Sein ' Wäbrend friiber sicheren 
ein big 7 JL m n Untersuchung von dem geübtesten Bacteriologen 

neuen Verfahrelf mit^ eb J aucbt wurden, gelang es nach dem 
-len XaohwpiK 7. 8 der T Anreicherung, in einem halben Tage 

:ll Kh*meiner An f .w fern \ Iu klin . iscb ausgeprägten Fällen kann 
schon entscheidend^ , nac ' b das einfache mikroskopische Präparat 
' ibrionen zeirrt t Sem .’ s > dasselbe eine Reincultur von Cholera- 

^roskopische u Drittel . u . nserer Fälle war das erste 

man aus dem + ‘ s J bo1 ? positiv. Selbstverständlich wird 
läufige Diaimnc fl 1 Dllkro ® ko P iscben Präparat immer nur eine vor- 
die nöthijren \f n » ea en ,’ aber doch schon imstande sein, frühzeitig 
Kebung zu treffen F6 ^ e n lm ^ n * eresse ^ es Kranken und der Um- 

'h«m E “er Vibrilf’“ 116 ??? t T Dia g nose wird durch das Wachs- 
halten der Gelatin* ln 1 J° e P ton hochsalzlösung, durch das Ver¬ 
haften Fällen fwä e ^ 1 en * u ®J. Agarplattenculturen und in zweifel- 
Anreicheruujr in Pnnf lü® Tbi erexperiment zu erlangen sein. Die 
Entscheidung in brachte ™ unseren Fällen die früheste 

wolkige Trübuno- an a s Pjbeste in sechszehn Stunden. Eine 
f el) en Stunden das w ei wv Grfläctle schon nach sechs bis 

Zeit könnt* in i der Vibrionen an, und schon nach 

5 a °bgewiesen werde,, n Mehrzahl eine Reincultur von Vibrionen 
das Anreicheruno*c V< ivf'«i E8S a £ e] ; das mikroskopische Präparat und 
“Massgebend für°d;n tv n allein trotz positiven Ausfalls nicht 
M1, hung eines Falio • Z 3 ^ 1086 se i n darf, zeigte uns die Unter- 
N ei unter choleraverdächtigen Erscheinungen 


DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


auf 


_ 53 

erkrankt war, aber an den Folgen einer Oberiappenpneumonie 

nXw UDden " a0h der n. 1 5 lieferungin das Krankenhaus verstarb. 
5 ® 8 ° f ° rt ^orgenoramene Obduction bestätigte zunächst die klinische 
Diagnose der Oberiappenpneumonie, allein die Beschaffenheit des 
Darmes wies auf eine acute Enteritis hin, so dass eine bacterio- 

r»w Untersuellun S gerechtfertigt erschien, die Herr Lazarus 
ausltmrte. 

Im ersten mikroskopischen Präparat fanden sich neben anderen 
Bactenen deutliche Kommaformen, die morphologisch selbst von 
einem geübten Auge nicht von echten Choleravibrionen zu unter¬ 
scheiden waren. Nicht wenig erstaunt waren wir, auch in den 
reptonröhrehen neben anderen Bacterien an der Oberfläche Komma¬ 
formen zu finden, die nach zehn Stunden schon sehr zahlreich 
nach siebzehn Stunden vorwiegend vorhanden waren. Während 
die primären Gelatineplatten nichts charakteristisches darboten 
zeigten die aus der neunstündigen Peptonröhre angelegten Agar¬ 
platten deutliche Colonieen, deren Uebertragung auf Gelatine aber 
eine deutliche Wachsthumsverschiedenheit von dem echten Cholera¬ 
vibrio erkennen liess. Dazu erwies sich dieser Vibrio nicht pathogen 
für Thiere und zeigte in Reincultur in Peptonlösung keine Cholera- 
rothreaction. 

Wir wissen, dass die Cholerarothreaetion kein specifisches Merkmal 
für den Vibrio cholerae asiaticae ist, sondern in Reinculturen auch 
anderer Bacterien eintritt, ja durch Verunreinigung der Reagentien 
oder der Nährböden erzeugt werden kann. Immerhin ist der Ein¬ 
tritt derselben ein Glied mehr in der Kette der Beweisführung und 
jedenfalls in allen von uns beobachteten Fällen stets vorhanden 
gewesen. Je jünger die Peptoncultur ist, um so langsamer tritt 
dieselbe ein, manchmal erst nach zehn Minuten. 

Auf das charakteristische Vorhalten der Gelatineplattenculturen, 
die kleinen morphologischen und biologischen Abweichungen 
der Choleravibrionen, je nach der Beschaffenheit des Nährbodens oder 
der Temperatur, bei der dieselben gewachsen sind, sowie auf die 
allbekannten Erfolge des Thierexperimentes zur Begründung der 
Diagnose brauche ich wohl nicht, weil bekannt, noch einzugehen. 

Fassen wir unsere Erfahrungen bezüglich der bacteriologischen 
Choleradiagnose zusammen, so gelang es, unter Berücksichtigung 
des klinischen Krankheitsbildes, nur in oinem Drittel der Fälle, 
eine vorläufige Choleradiagnose in wenigen Minuten durch das 
mikroskopische Präparat zu stellen, eine sichere Diagnose konnto 
unter Zuhülfenahme des Peptonculturverfahrens am frühesten bei 
der Anna Schlüsselburg in sechs Stunden, am spätesten bei 
dem Knaben Martens erst in 22 Stunden gestellt werden. 

Schwieriger gestaltet sich die bacteriologische Diagnose bei 
den Leuten, die keinerlei Krankheitserscheinungen darbieten, wo 
also die klinische Diagnose nicht mit zu Hülfe genommen werden 
kann. Dass in diesen Fällen sämmtliche bacteriologischen Hülfs- 
mittel zur morphologischen und biologischen Feststellung der 
Identität des gefundenen Vibrio mit dem Vibrio der Cholera un¬ 
bedingt nothwendig sind, ist selbstverständlich. Geradezu dia¬ 
gnostisch beruhigend ist in dieser Beziehung die Thatsachc, 
dass in den drei Fällen, in welchen Cholerabacillen im an¬ 
scheinend gesunden Darminhalt gefunden wurden, auch ätiologisch 
die Möglichkeit der Infection reichlich vorhanden gewesen war. 
Diese drei Fälle betreffen zwei Kinder und das Dienstmädchen 
der Familie Schuster, von welcher Frau und Kind an Cholera 
erkrankt im Friedrichshain behandelt worden sind. Dieses Ergeb¬ 
nis legte es nahe zu erforschen, ob nicht auch im Darm anderer, 
dem Krankenhause zu dieser Zeit zugegangener Menschen oder 
im Darminhalt der Wärter oder Aerzte sich etwa auch Vibrionen 
finden würden. Alle diese Untersuchungen, an den verschiedensten 
Menschen und zu verschiedenen Zeiten angestellt, blieben erfolglos. 
Andererseits will ich auch betonen, dass die ebenfalls genau unter¬ 
suchten Familienmitglieder der übrigen Cholerakranken, die zum 
Theil in engste Berührung mit den Choleradejectionen gekommen 
waren, ein negatives bacteriologisches Resultat gaben. Am auf¬ 
fälligsten ist mir in dieser Beziehung das Verhalten der aus fünf 
Köpfen bestehenden Familie Michalek geblieben, in deren Familien¬ 
stube die im Friedrichshain verstorbene Midraczyk die ersten 
Stunden des Choleraanfalles unter den primitivsten Verhältnissen 
durchmachte. Trotzdem die kleinen Kinder in der Stube sich auf¬ 
hielten, und die 15jährige Tochter die Reinigung des Zimmers etc. 
ohne besondere Vorsicht vornahm, blieben alle ohne Infection. 

Wie wichtig aber gerade die frühzeitige bacteriologische Unter¬ 
suchung für diese Fälle von Cholerainfectionen ist, brauche ich 
nicht erst auseinanderzusetzen. Gerade diese Fälle sind es, welche 
den Choleravibrio aussäen, deren Beobachtung den grössten pro¬ 
phylaktischen Nutzen bringt. 

Gleich wichtig ist die bacteriologische Choleradiagnose aber 
auch für die Beurtheilung der vollendeten Reconvalescenz. Erst 
das Verschwinden der Vibrionen aus dem Darminhalt giebt uns 
den Moment an, wo das Individuum als geheilt betrachtet werden 


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54 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ No. 3 


kann. r Nach unseren Untersuchungen waren die Choleravibrionen 
in vier Fällen am sechsten Tage, in drei Fällen am siebenten, 
in zwei anderen Fällen erst am achten Tage der Erkrankung 
dauernd verschwunden, im Danninhalt der vier Verstorbenen stots 
post mortem noch nachweisbar. 

Die Entlassung unserer Kranken geschah erst, nachdem eine 
mehrmalige Untersuchung negativ ausgefallen war. 

Die choleraverdächtigen, klinisch nicht kranken Personen 
wurden bei negativem Resultat der Untersuchung vier Tage der 
Beobachtung unterworfen, da nach den vorliegenden durch Conta- 
gion weiter verbreiteten Fällen gewöhnlich innerhalb 1 4 Tagen 

die Erkrankung aufzutreten pflegt. 

Auf das Ihnen allen genügend in den letzten Jahren geschil¬ 
derte klinische Bild der Cholera will ich hier um so weniger ein- 
gehen, als ich Wichtiges und Neues Ihnen nicht mittheilen kann. 
Sind das Erbrechen, die profusen Diarrhöen, der rasch ein¬ 
tretende Kräfteverfall, die Somnolenz wohl als toxische Einwir¬ 
kungen aufzufassen, so sind die das Krankheitsbild noch beherrschen¬ 
den qualvollen Muskelkrämpfe, ja manchmal tetanische Starre der 
Muskulatur, zum Theil auch die Anurie wohl als Austrocknungs- 
erscheinungen der Gewebe anzusprechen. Verläuft auch die Cholera 
in den ersten Tagen meist fieberlos, ja mit subnormalen Tempera¬ 
turen, so möchte ich doch davor warnen, Temperatursteigerungen 
im ersten Anfall gegen die klinische Diagnose Cholera zu ver- 
werthen. Gleich die ersten zur Beobachtung gelangten Fälle bei 
dem Geschwisterpaar Schlüsselburg zeigten, trotzdem die eine 
Kranke etwa 20 Stunden, die andere erst drei Stunden krank war, 
Temperatursteigerung bis zu 89°. Der bei allen Fällen beobachtete, 
in wenigen Tagen verschwundene Eiweissgehalt des Urins, der j 
Gehalt desselben an Indican und Aetherschwefelsäuren, die mehr 
oder weniger gallige und reiswasserähnliche, zuweilen blutige Be¬ 
schaffenheit der Stühle hat nichts charakteristisches. Bemerkens- ! 
werth ist es, dass mit Rücksicht auf die von Emmerich aufge¬ 
stellte Hypothese der Nitritvergiftung in Uebereinstimmung mit den 
Resultaten am Thier von K lern per er im Blut Cholerakranker bei 
spektroskopischer Untersuchung keinMethämoglobin gefunden wurde. 
— Der Tod trat in drei der beobachteten Fälle infolge langsam zu¬ 
nehmender Herzschwäche im algiden Stadium ein, in einem Falle 
aber ganz unerwartet bei vorher kräftig gespanntem Pulse infolge 
plötzlichen Herzcollapses. Prognostisch sind selbst die klinisch 
leicht verlaufenden Fälle von echter Cholera sehr vorsichtig zu be- 
urtheilen. Welch eine Rolle bei der Cholera Diätfehler spielen, 
lehrte uns der Fall Seedorf. Mit Erbrechen, Durchfall und 
Wadenkrämpfen mitten in voller Gesundheit erkrankt, erholte 
er sich in 24 Stunden so weit, dass er wieder mit der Arbeit be¬ 
ginnen wollte. Ein reichliches Abendessen aus Kartoffeln und 
Häring bestehend wurde für ihn verhängnissvoll. In der folgenden 
Nacht trat ein zweiter heftiger Choleraanfall auf, dem nach zwei¬ 
mal 24 Stunden der Kranke erlag. 

Pathologisch-anatomisch boten die zur Section gelangten vier 
Cholerafälle neben der auffälligen Austrocknung der Gewebe und des 
Blutes, der klebrigschleimigen Beschaffenheit der serösen Flächen 
die Zeichen der auch anderen Processen zukommenden Enteritis 
acuta. Röthung der gesammten Darmschleimhaut, am stärksten 
im Ileum, Blutextravasate in die Schleimhaut, Schwellung der. 
solitären Follikel und der Pey er'sehen Plaques, einzelne folliculare 
Geschwüre im Ileum und Dickdarm waren in allen Fällen vor¬ 
handen. Verschieden war zunächst makroskopisch schon die Be¬ 
schaffenheit der Niere je nach dem Stadium, in welchem der 
Kranke gestorben. Je länger der Krankheitsprozess gedauert, um 
so deutlicher und ausgedehnter war die parenchymatöse Trübung 
der Rindenschicht. In den frühesten Stadien traten nur fleckweise 
makroskopische Veränderungen der Mark- und Rindensubstanz auf. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab an diesen schon makro¬ 
skopisch veränderten Stellen der Nierenrinde eine Aufquellung und 
Trübung der Epithelien der gewundenen Harncanälchen, deren Kerne 
aber meist noch gut färbbar waren. Nur vereinzelt fanden sich 
gequollene Epithelien, in denen die Kerne keine Färbung mehr 
angenommen hatten. Die Glomeruli zeigten keine nachweisbaren 
Veränderungen, die geraden Harncanälchen sowie die Henle’schen 
Schleifen waren in den rasch verstorbenen Fällen ohne nachweis¬ 
bare Veränderungen. Auffällig waren in einem Falle, bei dem 75 
Stunden lang Anurie bestanden, eine Ausweitung der gewundenen 
Harncanälchen und zahlreiche Gerinnungsproducte sowohl in den 
gewundenen wie in den geraden Canälchen. 

Von Wichtigkeit dürften auch die Veränderungen am Herz- 
se i n > der sowohl unter dem Peri- und Endocard als auch 
mi Muskel selbst zahlreiche kleine Blutungen namentlich an den 
Papillarmuskeln erkennen liess, sowie deutliche Trübung der Muskel¬ 
substanz. 


In therapeutischer Beziehung habe ich leider wenig Erfreuliches 
Ilmen zu berichten! In den leichten Fällen von Choleradiarrhöen 
ist die Calomeltherapie wohl am günstigsten. — Ist der Choleraanfall 
entwickelt, so handelt es sich darum, den Collaps durch Zufuhr von 
Wärme und Flüssigkeit aufzuhalten, und dies geschieht wohl am 
besten durch heisse Enteroklysmen und Injection grosser Wasser¬ 
mengen unter die Haut, Die Injection von heissem Wasser in die 
Venen, zumal im algiden Stadium, bei schon vorhandener Herz¬ 
schwäche ist, abgesehen von allen anderen Gefahren, nicht unschäd¬ 
lich wegen der allzu raschen Ueberlastung und Ausdehnung des 
schon geschwächten Herzens. 

Mögen noch so viele choleraähnliche Krankheitsbilder sich 
unter der Einwirkung von organischen oder anorganischen Giften, 
ja selbst infolge der Einwirkung von Bacterien und von Toxinen 
entwickeln, die sich klinisch nicht von dem Bilde der asiatischen 
Cholera unterscheiden lassen, eine Form dieses Krankheitsbildes, 
die epidemisch auftritt und die deshalb uns besonders interessirt, 
ist nur in Verbindung zu bringen mit dem Vibrio der Cholera 
asiatica. Wie keine echte Tuberkulose ohne Tuberkelbacillen, ent¬ 
steht keine Cholera asiatica ohne den Vibrio cholerae. Auf 
dieser Basis ist es Sache der Forschung, die Widersprüche zu 
lösen, welche sich den Epidemiologen bei der Beobachtung der 
verschiedenen Epidemieen ergeben haben. Halten wir bei allen 
epidemiologischen Forschungen die ätiologische Bedeutung des 
Choleravibrio fest, so werden wir die epidemiologische Schwierig¬ 
keit langsam lösen, inzwischen aber nicht die Hände in den 
Schooss legen und prophylaktisch einwirken können bei einer Er¬ 
krankung, der wir therapeutisch fast machtlos gegenüberstehen. 

So sicher die Cholera in einzelnen Fällen durch Contagion von 
Mann zu Mann verbreitet werden kann und thatsächlich verbreitet 
worden ist, so sind doch zum Zustandekommen einer Epidemie be¬ 
sondere Bedingungen örtlicher und zeitlicher Art nothwendig. Der 
durch den Menschen durchgegangene Vibrio cholerae hat offenbar nur 
geringere Giftigkeit für den Menschen als der unter günstigen Be¬ 
dingungen saprophy tisch ausserhalb desselben im Boden oder Wasser 
gewachsene Vibrio. Wir kennen diese dem Vibrio cholerae günstigen 
Bedingungen noch zu wenig, und hier muss die Forschung weiter 
ansetzen, um so manche epidemiologisch unklare Thatsache zu 
ergründen. Findet der Choleravibrio zu seinem saprophy tischen 
Dasein ausserhalb des Menschen infolge vorangegangener Sanirung 
der Boden- und Wasserverhältnisse einen ungünstigen Nährboden, 
so wird sein Vorhandensein sich nur durch ein sporadisches Auf¬ 
treten der Cholera zeigen, und verhindern wir durch Isolirung des 
einzelnen Choleraträgers die Contagion, so wird dieselbe bald 
erlöschen. Bringen wir aber denselben Vibrio unter Bedingungen 
in den Boden oder das Wasser, die ihm sein saprophytisches 
Wachsthum erleichtern, seine Virulenz steigern, so wird, eine rasche 
Verbreitung durch Wasser z. B. vorausgesetzt, eine Epidemie 
durch ihn angefacht werden. Dass alle diese Verhältnisse noch 
complicirt sind durch die mehr oder weniger hohe Immunität der 
einzelnen Individuen, ist für die Cholera ebenso sicher wie für 
alle übrigen Infectionskrankheiten. Nach obigem Gesichtspunkt 
i ist aber weder das Thierexperiment noch das Experiment am 
Menschen mit Choleraculturen von entscheidender Bedeutung. 

; Der unter günstigen Bedingungen gewachsene Choleravibrio ist 
nach seinen klinischen Aeusserungen ein anderer Gast als der 
auf Bouillon oder sonstigen Nährböden gezüchtete Choleravibrio 
; oder selbst der aus dem Darm entleerte anaörobiotisch ge- 
| wachsene Vibrio. Allzu viel Werth kann man nach den epidemio¬ 
logischen Erfahrungen auf die natürliche Immunität nicht legen, 
j Dass so selten ein Arzt oder Wärter sich inficirt, dass selbst 
die Laboratoriumscholera ein seltenes Ereigniss bleibt, ist nicht 
der Immunität, sondern dem Umstande zuzuschreiben, dass durch 
, Contagion nur selten die Erkrankung sich verbreitet, und dass der 
i aus dem Darm gelangende Vibrio seine Giftigkeit mehr oder 
I weniger eingebüsst hat. Das beweist uns aber die Epidemiologie 
' zur Genüge, dass der Choleravibrio seine Giftigkeit durch örtliche 
j und zeitliche Verhältnisse wieder erlangen kann. 

! Darum isoliren wir den Vibrio, wo wir ihn antreffen, dann 
' werden wir am sichersten einer Epidemie Vorbeugen. Inzwischen 
j lassen Sie uns aber nicht einseitig die Bacillepjagd betreiben, 
, sondern die mühsam erworbenen epidemiologischen Erfahrungen 
! gleichzeitig beachten, dass die Sanirung der Boden- und Wasser- 
I Verhältnisse in einer Stadt dem Choleraerreger eben seine sapro- 
| phytischen Lebensbedingungen abschneidet und dadurch ihn unge- 
j fährlich macht, wo wir denselben in seinen Schlupfwinkeln nicht 
j mehr aufsuchen können. 


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18. Januar. 


DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


55 


III. Aus der Privatklinik für Frauenkrankheiten von 
Dr. L. Landau in Berlin. 

Die Aethernarkose. 

Von Dr. O, Grossmann in Giessen. 

Dass die Aethernarkose die Narkose der Zukunft sein wird, 
darüber sind diejenigen Aerzte, die sich mit der Frage Chloroform 
oder Aether beschäftigt und welche sich mit der Aethernarkose 
vertraut gemacht haben, klar. Es ist sonderbar, dass man in 
England und vor allem in Amerika seit Jahrzehnten sich der bei 
weitem ungefährlicheren Aethernarkose fast ausnahmslos bedient, 
während man in Deutschland nicht von dem heimtückischen Herz¬ 
gifte Chloroform lassen will. Ich glaube nicht zu viel zu sagen, 
wenn ich das Chloroform ein heimtückisches Gift nenne, dessen oft 
unberechenbare, lähmende Wirkung auf das Herz wir manchmal 
bei der Narkose, neben anderen Maassnahmen, durch die An¬ 
wendung von Aether in der Form von subcutanen Injeetionen, 
theils mit, hie und da aber auch einmal ohne Erfolg zu paralysiren 
nöthig haben. 

Im Gegensatz zu dem Chloroform muss der Aether als ein 
absolut ungefährliches Mittel zur Erzeugung der Narkose bezeichnet 
werden, als ein Mittel das in seiner Wirkung der Alkoholwirkung 
viel näher als der Chloroformwirkung steht. Wie schon chemisch 
der Aether eine grosse Verwandtschaft nüt dem Alkohol hat, so 
hat auch der Aetherrausch in jeder Beziehung viel Aehnlichkeit 
mit dem Alkoholrausch, ganz besonders aber darin, dass auch die 
höchsten Dosen das Herz nicht nur intaet lassen, ja vielmehr noch 
kräftigen und stärken. 

Diese Vorzüge sind an der Br uns’sehen Klinik durch tacho- 
metrische Messungen festgestellt worden. Professor Garr6 berichtet 
hierüber in seiner Arbeit: Die Aethernarkose (Tübingen 1893, 
Laupp’sche Buchhandlung) folgendes: „Viel wichtiger als die ab¬ 
solute Pulszahl ist der Blutdruck und die davon abhängende 
Stromgeschwindigkeit des Blutes. Es ist bekannt, dass das Chloro- 
orm den Blutdruck ziemlich rasch herabsetzt, was auf 
Keehnung der verringerten Herzthätigkeit oder einer Alteration 
■les vasomotorischen Centrums zu setzen ist. Taehometrischo 
-lessimgen am Menschen, die an der Bruns’schen Klinik bei einer 
giossen Zahl von Narkosen von Dr. Holz ausgeführt wurden, 
a en ergeben, dass bei der Aethernarkose eine bedeutende 
• teigerung der Pulsstärko, eine Zunahme des Blutdruckes zu 
lr °t’ 0 erba hte Strömungsgeschwindigkeit ist ein 

mgernctor für den vermehrten respiratorischen Gasaustausch.“ 
k m ei e . r ««t Garr6: „Die reflectorische Synkope, die im Beginn 
i 0I ; Of ?r na ^ OSe blitzäImJich den Patienten dahinrafft, kommt 
,,fI ^ Aethernarkose nicht vor.“ 

folffptiripc 9 /I er Aether- und Chloroformnarkosc ergiebt 

1 Totliofin° °^ 1 ? ed ‘ Journ - 21 - Januar 1888 ) berechnet 

sfhon auf 2 meu Aethernarkosen, dagegen einen solchen 

berichtet Ha Je • C S’°/^? lnark o s ei L Vallas (Revue de chir. 1893) 
kein m H ? tel Dleu zu Ij y° n unter 40 000 Aethernarkosen 
U Nach Gurlt ( Archiv f - Chirurgie, 

Todesfälle aicn b f S i, 1892 auf 95 249 Chloroformnarkosen 37 
Afmnnr i T 1 , To , de ,f a " auf 2 574 Narkosen, auf 8 433 Aether- 
«jähriCTn Vfi TodeSf f Und dieser einz >g« Todesfall betrifft einen 
io der Trauma die beiden Vorderarme 

Tur ,»?t “ ^ in Bonn amputirt wurden. Patient 
To,i „ a eh I raU , ma ’ d J£ ch Shok und Alkohol sehr collabirt. 
Umständen auf ü U ^ en ' ^ er wo0te einen Todesfall unter diesen 
Ieh R f lmu ^ des Narkotikums schieben? 
uu-inor Meinunowiii^Qi- Gelegenheit aussprechen, dass nach 

weitem luuninstio-ß ^Dstok d * r Chloroformtodesfälle sich noch hei 
recht erheische f len Jf drd( N wenn eine i wie ich vermuthe, 
käme. sinri dt ab van 1 Chloroformtodesfällen uns zur Kenntniss 
jede Narkose nmfTii- 8 ? 01 ? Todesfä Ue, die nickt in Kliniken, wo 
^sonders auf Jim t ° 5 r w J rd ’ sondern in der Privatpraxis und 
‘ch auf dem Land« v .°! kommen ; Während der sechs Jahre, die 
und zwar echten J ndttlcir ^ habe ich von 6 Chloroformtodesfällen, 
und ähnlichen FrönA l ’ Ausschluss von Shok, Verblutung 
^nntniss erhalten ei \ T ^ m * r bekannten Collegen passirten, 
^tistik njQggl .. Aa ®k der ob igon von Gurlt aufgestellten 
bie genaue Zahl der in 6 ? ^ Todesfällen 15444 Narkosen entsprechen. 
Nimmt lieh allfrpmpino r> en . secbs da kren von den fünf Collegen, die 
‘-•'t mir zwar nicht ra ^ ls i ausübten, bewerkstelligten Narkosen 
ZI1 hoch gegriffen sein aber 4 ^00 & anz erheblich 

aller Vorsicht dass d * e Chloroformnai’kose, selbst wenn sio 
Todesfällen aufzuweic? 6W w* t e * ne erschreckende Anzahl von 
-Jonient kommt der rm * Aber aucb e ^ n zweites unangenehmes 
llrr ‘ llt und die darn..- 1 ° rof0 i r ? lnarlcose hinzu, das ist die beständige 
arain, resultirende Aufregung, die der Operateur, ' 


vor allem der welcher, wie der Arzt auf dem Lande, über keine 
3 A ssistenz hei jeder Chloroformnarkose haben 

muss. Auf einer grossen Klinik — giebt es doch solche, wo man 
daran gewohnt ist, dass alljährlich ein solcher Fall vorkommt - 
kann man sich über eine unglückliche Narkose leichter hinweir- 
setzen. In den engen Verhältnissen einer Privatpraxis und be¬ 
sonders auf dem Lande, wo man oft ohne Assistenz eines Collegen 
narkotisiren muss, bat eine unglückliche Narkose nebenbei noch 
eine schwere Schädigung des Arztes im Gefolge.») Ich meine, diese 
beiden Momente sollten genügend sein, um die praktischen Aerzte 
zu veranlassen, sieh mit Entschiedenheit der fast absolut ungefähr- 
liehen Aethernarkose anzunehmen, welche leider in Deutschland 
bis vor wenigen Jahren überhaupt nicht, und seitdem auch nur in 
wenigen Kliniken regelmässig angewendet wird. 

Woran liegt es nun, dass trotz der Gefahren des Chloroforms 
die Aethernarkose so wenig Anklang findet ? Ich glaube nur daran 
dass erstens die Aethernarkose in ihrer Technik etwas anders’ 
vielleicht etwas umständlicher und auch nicht so leicht und rasch 
zu ei zielen ist wie die Narkose mit dem energisch wirkenden 
Chloroform, und dass zweitens eine Methode geübt wird, die aller¬ 
dings nur wenig vertrauenerweckend aussieht. 

Im Anfang dieses Jahres beobachtete ich eine Chloroform¬ 
narkose, die mir so charakteristisch für die unheimliche, herz¬ 
lähmende Wirkung des Chloroforms erscheint, dass ich es mir nicht 
versagen kann, über dieselbe zu berichten. 

Bei Gelegenheit einer unbedeutenden Operation hei meinem 
Knaben, einem kräftigen Kinde von 4 ! / 2 Jahren, hatte ich als den 
wichtigeren Theil der Operation, die Narkose, übernommen. Das 
Chloroform wurde tropfenweise aufgegossen, und es dauerto etwa 
| zehn Minuten, bis der sehr aufgeregte Knabe zu schlafen schien. 

I Cornealreflex am Erlöschen. Als jetzt eine Ineision gemacht wurde, 
trat sofort heftige Reaction mit Armen und Beinen ein. Es wird 
| Chloroform tropfenweise, bei erlöschendem Cornealreflex, weiter 
I gegeben, und dann nach eingetretener Toleranz sofort die Maske 
| entfernt. Ltwa zwei Minuten später, während einige Suturen gelegt 
, werden, wird der Puls klein und frequenter, bald darauf die 
| Athmung oberflächlich und hört schliesslich ganz auf, ohne dass 
ein Respirationshinderniss bestand. Das sonst frischrothe Gesicht 
wird fahl, verfallen, die Lippen blassblau. Sofort wird künstliche 
Athmung gemacht und die Herzgegend mit Tüchern gepeitscht. 
Die Respiration kehrte wieder, aber ist noch fast eine Stunde 
lang oberflächlich und bedarf noch mehrfach angewandter Haut¬ 
reize, bis sie wieder normal tief und ausgiebig geworden ist. 
Ebenso lange Zeit bedarf es, bis die fahle, verfallene Gesichtsfarbe 
sich wieder frisch roth färbt, und der Puls zur kräftigen Norm 
zurückkehrt. 

Das war Herzlähmung und eino treffliche Illustration meiner 
Behauptung, dass das Chloroform ein heimtückisches Herzgift ist, 
dessen Wirkung sich hier, trotzdem die grösste Vorsicht geübt 
wurde, und trotzdem das Chloroform tropfenweise gegeben wurde, 
so hemerklich machte. 

Bald darauf hatte icli durch die Güte des Herrn Professor 
Garr6 in Tübingen Gelegenheit, die Aethernarkose zu sehen, die 
mich nach dem obigen, abschreckenden Beispiele um so mehr 
interessirte. Allein was ich sah, war nicht dazu angethan, mich 
zu enthusiasmiren. Ich verzichte, um nicht subjectiv zu erscheinen, 
darauf, den Eindruck zu schildern, den ich von der auf der Tübinger 
chirurgischen Klinik ausgeübten Methode der Aethernarkose erhielt, 
ich will lieber dafür die Mittheilungen anderer Beobachter citiren. 

Die Methode, die in Tübingen angewendet wird, ist die soge¬ 
nannte Genfer und wird ausgeübt mit der von Julliard (Genf) ange¬ 
gebenen Maske. Dieselbe besteht aus einem grossen, das ganze Gesicht 
bedeckenden Drahtgestell, ähnlich wie bei der Chloroformmaske, aber 
dreimal so gross. Aussen ist dieses Gestell mit einem impermeablen 
Stoffe (Wachstuch) umhüllt, innen mit Flanell ausgekleidet. In die 
Maske giesst man zunächst 10 bis 20 ccm Aether und lässt den 
Patienten, ohne dass man die Maske ganz auflegt, sich erst an die 
Aetherdämpfe gewöhnen. Sehr bald, nach weniger als einer halben 
Minute, wird die Maske fest aufgesetzt, und es werden bald (in der 
zweiten Minute) 30 ccm Aether nachgeschüttet. Der Rand der Maske 
wird, um die Abdunstung des Aethers nach aussen möglichst zu 
verhindern, mit einem Handtuch umwickelt. Die jetzt folgende 
Wirkung wird von Garrö 2 ) mit den Worten beschrieben: „Mit den 
ersten Aetherinhalationen beschleunigt sich der Rhythmus der 


*) Fritsch (Bericht über die gyn. Operationen des Jahres 189D92) 
sagt: „Ich habe, ehe ich Kliniker wurde, viel in der Privatpraxis operirt. 
Hier ist die Verantwortung viel mehr auf den Operateur concentrirt. Es 
besteht keine collective Verantwortung. Der Weite Mantel der Klinik 
deckt nicht den Operateur. Jeder Misserfolg ist im höchsten Grade 
verhängnisvoll.“ 

*) Garrö, Die Aethernarkose. Tübingen, Laupp’scho Buchhand¬ 
lung. 1893. 


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56 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3 


Athmung, sie wird oberflächlich. Die Wirkung ist wahrscheinlich 
eine reflectorische von der Nase aus, erzeugt durch den unange¬ 
nehmen Reiz der Aetherdämpfe. Nur wenige Patienten vermögen 
dem Reiz zu widerstehen und regelmässig und tief zu athmen. 
Nicht selten löst die Einathmung der Aetherdämpfe Husten aus, 
der aber rasch vorübergeht. Im Excitationsstadium zeigt die 

Athmung mannigfache Verschiedenheiten, bald ist sie beschleunigt 
und regelmässig, baidaussetzend, durch mächtige Contractionen 
der Athemmuskeln unterbrochen. Die Kranken werden cya- | 
notisch, sie pressen heftig, und die Extremitäten in uskel n sind , 
in tetanischer Starre, Der Zustand kann beängstigend 
erscheinen, er geht aber vorüber ohne unser Zuthun, oder aber ; 
indem wir einen heftigen Hautreiz einwirken lassen. Wieder in ! 
anderen Fällen sind die Atliembewegungen so seicht, dass sie nur : 
mit Mühe controllirt werden können. Mit dem Eintritt der Periode i 
der Muskelerschlaffung wird die Athmung tief, nicht selten | 
stertorös. Hat sich nun im Pharynx, wie das bei länger fort¬ 
gesetzter Narkose oft der Fall ist, eine grössere Menge Schleim 
an gesammelt, so emulgirt die Athemluft denselben zu feinem 
schneeweissem Schaum. Die Athmung bekommt dadurch einen 
höchst widerwärtigen röchelnden Ton. Dem Kranken erwächst 
dabei keine Gefahr. Wer nur Chloroformnarkosen gesehen hat, auf 
den wird diese röchelnde und scheinbar mühsame Respiration einen 
höchst peinlichen Eindruck machen/ 

Füter (Bern) (Zeitschi-, f. Ch. 1889, Bd. 29) sagt von der 
nach der Genfer Methode mit der Julliard’schen Maske, derselben 
die auch Garrö gebraucht, ausgeübten Aethernarkose folgendes: 
„Der Eindruck, den die ersten übrigens ganz glatten Nar¬ 
kosen auf uns Aerzte und das Wartepersonal gemacht hat, war, 
ich muss es gestehen, ein höchst un gern üth lieh er, ja beängsti¬ 
gender. Es traten Symptome von Seiten des peripheren Gefäss- 
systems und der Respiration auf, die uns bei Anwendung von 
Chloroform wahrscheinlich veranlasst hätten, sofort die Narkose 
zu unterbrechen, und doch waren es nur Zeichen, die sich in der 
Folge stets in mehr oder weniger hohem Maasse einstellten, und an 
die wir uns daher auch als zur Sache gehörend sehr bald gewöhnten. 
Schon nach wenigen Inspirationen tritt nämlich eine Dilatation 
des Hautcapillarnetzes ein, die sich in einer vermehrten Wärme 
der Haut und namentlich im Gesicht in ausgesprochener Cyanose 
äussert, die Conjunctiven sind dabei geröthet, das Gesicht wird 
aufgedunsen und nimmt mitunter eine tief dunkelrothe bis 
bläuliche Färbung an. Diese nach Schiff auf einer Lähmung 
der peripheren Gefässnerven beruhenden Stase, in Gemeinschaft mit 
der Hebung der Herzkraft und Steigerung des Blutdruckes, hält 
sich während der ganzen Dauer der Narkose mehr oder weniger; 
nur wenn letztere sehr lang, und das Individuum geschwächt 
ist, weicht sie einer normalen Farbe oder geht in Blässe über. 
Eine zweite für den Ungewohnten unangenehme Erscheinung ist 
sehr häufig das Verhalten der Athmung, während der nebenbei 
ganz guten Narkose. Durch den chemischen Reiz des Aethers auf 
die Mund- und Nasenschleimhaut werden diese zu stärkerer 
Secretion angeregt. Sei es nun, dass sich dieser Reiz auch auf 
den Larynx und die Trachea fortsetzt, oder dass der reichlich ab¬ 
gesonderte Speichel aspirirt wird, genug es bildet sich oft eine sehr 
unheimliche stertoröse Athmung aus, die einen zu beun¬ 
ruhigen imstande ist, bevor man sich deren Aetiologie klar 
gelegt hat. Abgesehen von diesen beiden Factoren gestaltet sich 
die Narkose folgendermaassen: Mit dem Aufsetzen der Maske be¬ 
fällt fast durchgehende alle Personen das Gefühl, als müssten 
sie ersticken, einige athmen daher nur sehr selten und ober¬ 
flächlich, bis der Lufthunger sie zwingt, tief Athem zu holen; 
andere, namentlich Kinder und nervöse Personen, gerathen in grosse 
Aufgeregtheit, schreien, schlagen drein, wollen aufsitzen u. s. w., 
alles Acte, die zu um so tieferen Inspirationen veranlassen, daher 
solche ausserordentlich schnell schlafen.“ 

Nach Füter wird in die Julliard’sche Maske beim Er¬ 
wachsenen ca. 50 g Aether gegossen und dieselbe allmählich dem 
Gesichte des Kranken genähert, damit er sich an den ein unan¬ 
genehmes Erstickungsgefühl hervorrufenden Geruch gewöhnt, als¬ 
dann wird ein Tuch über die Maske und den Kopf gedeckt und 
nun ohne die Maske zu heben zugewartet, bis völlige Erschlaffung 
der Extremitätenmuskulatur eingetreten ist. Dieser Zeitpunkt 
wird fast regelmässig in zwei Minuten, oft auch in noch kürzerer 
Zeit erreicht. Die Grundzüge dieser Aetherapplication beruhen 
also in zwei Worten auf Darreichung ziemlich concentrirter Dämpfe 
mit möglichst seltener Entfernung der Maske. 

Butter (Dresden) (Archiv für Chirurgie 1890, Bd. 40) sagt 
Über die Aethernarkose: „Bei Beginn der Narkose treten einige 
eigentümliche, aber höchst bemerkenswerte Erscheinungen auf, 
bemerkenswert deshalb, weil sie dem Anfänger in der Aether¬ 
narkose fast gefährlich erscheinen können, während sie dem¬ 
jenigen, welcher öfters ätherisirt hat, als völlig unbedenklich 


bekannt sind. Die ersten drei bis vier Athemziige haben natür¬ 
lich für den Patienten eine mehr oder weniger beängsti¬ 
gende Wirkung, deshalb versucht er unwillkürlich nach der 
Maske zu greifen und sie zu entfernen. Eine auffallende aber 
durchaus imbedenkliche Erscheinung ist die starke Cyanose, 
welche schon nach wenigen Athemzügon einzutreten pflegt und 
sich in manchen Fällen zu sehr hohem Grade steigert. 
Dieselbe wird durch die starke Dilatation der Hautcapillaren, 
welche der Aethereinathmung zuzuschreiben ist, herbeigeführfc. 
Ferner ist als stehende Begleiterscheinung der Aethernarkose das 
besonders auffallende starke Trachealrasseln zu erwähnen, welches 
seine Ursache in der durch die Aethereinathmung abnorm ver¬ 
mehrten Speichel- und Schleimsecretion im Nasenrachenraum 
und in den Bronchien hat. Diese letztere Erscheinung ist es vor 
allem, welche bei einem erstmaligen Versuche, wie schon oben 
erwähnt, höchst beunruhigend wirken kann, die sich aber nach 
unseren Erfahrungen bei der Aethernarkose als ganz ungefährlich 
erwiesen hat.“ 

Weiter berichtet Butter: „Bei fast allen Patienten trat ferner 
bald nach Beginn der Narkose ein eigentkümlickes Erythem auf, 
welches sich ausser auf den Hals auch auf Brust und obere Ex¬ 
tremitäten, in einzelnen Fällen sogar über den ganzen Körper er¬ 
streckt.“ 

Ich komme auf diese Beobachtung später zu sprechen und 
erwähne noch dabei, dass Butter in die Julliard’sche Maske 50 ccm 
Aether giesst und die Erschlaffung der Extremitätenmuskulatur 
innerhalb 2, völlige Narkose nach 2 l /2 bis 3 Minuten erreicht. 

Der „peinliche“, „ungemüthliehe“, ja „beängstigende“ Eindruck, 
den auch ich bei der ersten Aethernarkose mit der Jul liard’schen 
Maske, die ich in Tübingen sah, empfing und welcher so stark 
war, dass ich den Gedanken an Anwendung des Aethers in eigener 
Praxis fallen liess, war noch frisch, als ich im März dieses Jahres 
auf der Klinik des Herrn Dr. L. Landau in Berlin Gelegenheit 
hatte, die Aethernarkose nach einer anderen Methode kennen zu 
lernen. 

Welcher himmelweite Unterschied besteht zwischen den beiden 
Methoden. Hier von allen den oben beschriebenen Zuständen, von 
„Cyanose“, von „Schaum vor dem Munde“, „stertoröser Athmung“, 
ja „Trachealrasseln“ keine Spur, oder höchstens eine Andeutung 
davon, die aber dann nur eine Folge von fehlerhafter Technik war, 
wie ich später auseinandersetzen werde. 

Im Juni und Juli hatte ich durch die Güte des Herrn Lan¬ 
dau, dem ich hierfür meinen aufrichtigen Dank sage, Gelegenheit, 
in Vertretung eines Assistenzarztes etwa 60 Aethemarkosen selbst 
zu leiten und bei etwa 80 Narkosen anwesend zu sein. 

Die Vorzüge dieser Methode der Aethernarkose sind so gross, 
dass ich aus voller Ueberzeugung jedem Arzte den Rath geben 
muss, von dem Chloroform zum Aether überzugehen. 

Die auf der Landau’schen Klinik gemachten Beobachtungen 
erstrecken sich ja allerdings nur auf Frauen, und will ich hier 
ausdrücklich betonen, dass meine Mittheilungen schliesslich nur 
für die Aethernarkose bei Frauen Gültigkeit haben, indessen zweifle 
ich keinen Augenblick, dass die Aethernarkose vermittels dieser 
Methode sich in gleicher Weise bei Männern anwenden lässt. Viel¬ 
leicht zeigt dieselbe bei Kindern und bei Potatoren einen anderen 
Verlauf, vielleicht ist es hier nöthig, die Technik der Narkose 
etwas anders zu gestalten. 

Die auf der Landau’schen Klinik gebrauchte Maske ist von 
Professor Wan scher in Kopenhagen angegeben und bei demselben 
seit 1880 im Gebrauch. Landau hat an die Maske statt eines 
Bleirandes einen Gummirand gefügt. 

Die Maske besteht aus einem halbkugeligen Trichter, dessen 
breite Oeffnung mit einem hohlen, lufthaltigen Gummirand ver¬ 
sehen ist und so auf das Gesicht gelegt wird, dass er Mund 
und Nase bedeckt. Am Grunde des Trichters, im Anschluss an 
eine für 2 bis 3 Finger bequem durchgängige Oeffnung befindet 
sich ein etwa IV2 Hand langer Gummisack. 1 ) Damit der herab¬ 
hängende Gummisack sich nicht da, wo er am Trichter ansetzt, 
abknickt, sind an der Oeffnung des Trichters zwei sich kreuzende, 
in den Gummisack kuppelförmig hineinragende Metallbügel be¬ 
festigt. Der Aether wird in beliebiger Menge circa 50—100 g 
durch den Trichter in den Beutel gegossen, und die Maske mit 
dem Trichter dem zur Seite gewandten Gesichte des Patienten 
langsam genähert. Erst dann wenn der Patient die Aetherdämpfe 
gut tolerirt, d. h. wenn kein Reflexkrampf mehr eintritt, welcher 
sich durch ein sofortiges Stocken der regelmässigen Respiration 
bemerkbar macht, wird der Trichter mit dem Gummirande je nach 

*) Da bei den auf der Landau’schen Klinik gebrauchten Masken die 
Oeffnung im Trichter, etwa für zwei bis drei Finger durchgängig, mir zu 
klein erschien, so habe ich Herrn Instrumentenmacher Schmidt veranlasst, 
diese Oeffnung bedeutend grösser zu machen. Solche Masken sind von 
Herrn Schmidt, Berlin C, ZiegelstrasBe 3 zu beziehen. 


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18. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Bedarf mehr oder weniger fest aufgesetzt. Es bleibt auch bei 
festem Auflegen der Maske immer noch an einzelnen Stellen so viel 
Zwischenraum zwischen Maskenrand und Gesicht, dass noch atmo¬ 
sphärische Luft zu dringen kann. Man achte aber besonders darauf, 
dass namentlich der untere Rand der Maske gut aufliegt, damit hier 
nicht die Aetherdämpfe, welche schwerer als die atmosphärische 
Luft sind, abfliessen können. Der Gummisack hängt jetzt nach 
abwärts. Am Grunde desselben befindet sich ein Aethersee, von 
dessen Oberfläche verdunstend die Aetherdämpfe aufsteigen, in 
den Trichter gelangen, sich liier mit Luft vermischen und so von 
dem Patienten eingeathmet werden. Im weiteren Verlaufe der 
Narkose werden dem Patienten durch Schütteln der Maske immer 
Loncentrirtero Aetherdämpfe zugeführt, indem man dabei achtet, 
dass niemals ein Stocken der Respiration eintritt. Ist dieses der 
Fall, so ist es ein Zeichen, dass der Patient die eoncentrirteren 
Aetherdämpfe noch nicht tolerirt, vielmehr durch einen Reflex- 
krampf darauf reagirt. Ist die Tolerauz eingetreten, dann lässt 
mau so lange durch Schütteln der Maske den Patienten concen- 
trirtere Aetherdämpfe einathraen, bis der Corncalreflex total er¬ 
loschen, resp. völlige Narkose eingetreten ist. Wenn dieses der 
Fall ist, dann kann man die Maske wegnehmen, aber nicht zu 
lange, denn die Nachwirkung beim Aether ist viel kürzer als beim 
Chloroform, und Patient wacht sehr rasch wieder auf. In den 
allermeisten Fällen lässt man nach eingetretener völliger Narkose 
die Maske weiter locker aufliegen, vermeidet aber dabei das 
Schütteln. Wenn die Maske nicht geschüttelt wird, dann sind die 
geringen, von unten aufsteigenden Aetherdämpfe gerade eben hin¬ 
reichend, um die Narkose weiter zu unterhalten. 

Der Unterschied mit der Julliard’schen Maske besteht in 
der Art, wie der Aether verdunstet. 

Hier ist erstens die Oberfläche des Aethers. wo derselbe ver¬ 
dunstet, relativ klein, während bei der Julliard’schen Maske 
das die Innenfläche der Maske auskleidende, mit Aether getränkte 
Flanell dem Aether eine ungeheure Oberfläche zum Verdunsten 
darbietet. 

Zweitens kommen bei der Julliard’schen Maske die Aether¬ 
dämpfe von oben nach unten, während hier die Dämpfe von unten 
nach oben steigen müssen. Dieser Umstand ist sehr wichtig, wenn 
man bedenkt, dass die Aetherdämpfe schwerer als die Luft sind. 

Lässt man Aether in einer offenen Schaale verdunsten, so 
lessen die Dämpfe nach dem Boden des Zimmers ab und sam¬ 
meln sich hier an. Wenn man in die Wanscher’sche Maske 
i_ er den Kopf sofort darüber beugt und die Aether¬ 
dämpfe, die sich in der Maske befinden, einathmet, so erhält man 
* ne gern grosse, den Athem erstickende Menge von Aether 
artet man einige Momente, bis der beim Eingiessen die Wände 
allseitig benetzende und somit bei grosser Ober¬ 
ohe Aether abgedunstet ist, so kann man jetzt 

Si - C -?f n . und ohne das fasfc unerträgliche Erstickungs- 
LS. d ejf geringen, von der kleinen Oberfläche des am Grunde 
i " J 7, Aethersees aufsteigenden Dämpfe einathmen. Hält 
wird -a r ! cht ru ^£’ so d ass der Aethersee wenig bewegt, 
denselben verdlmst e t sogar so auffallend wenig Aether. dass man 
aMben fast kaum beim Einathmen spürt. 

sofort C Mnp^-J nail Ä er i etz J, die ^ aske tüchtig, so strömt einem 
Wir h- 1 K St erstlc J ien de Menge von Aetherdampf entgegen. 

'*ir haben es also hei 


Hand (ienTpV*- e ! as ® bei de r Wans che r’schen Maske in der 
durch Schütt,^ 11 weni ^ Aether zu geben, oder denselben 
nach Beliph»»n 7 r ^f as ^ e un d dadurch vermehrte Verdunstung 
athmeii zu lassei^Arf 61, , Wenig £ r r concent rirte Aetherdämpfe ein¬ 
lässt eine Da Mlt , äderen Porten, die Wanscher’sche Maske 
Hub“£*r A eth S? Zu ' B . el der Julliard’schen 
dunstuntrsobprflä h m . ögbcbl U Hier findet infolge der grossen Ver- 
‘US*'“' , mächti g« Verdunstung statt, und da die 
neue Dämefe A e ‘ heldän |P fe nach unten abfliessen, so können sofort 
Art de, vjl„ L entW l ck ! ln - Wie gross der Unterschied in der 
Klinik Ton „1!““? . ls *\ er e oben einige in der Landau’schen 
5 erm 77 S estellte Versuche. 

__ _ 6 her werden in eine mit Wachstaffet und Flanell- 

"üd. wie es schemt^n^. ^Hrsache der von Garre p. 32 beschriebenen 
rwtionssynkope: „Mehr se ( !, t i en von ü*m beobachteten Respi- 




vr, i . v “ u seiien von 

volW v ! S diesen Störungei_ 

... 1 a, kose Bedeutung beizumessen. 


ist der Respirations- 

— „„ Dlirimv . „„ . v, -sen. Sie ist das 

ranonscentrums, erzeutn T d T le , Folge einer Lähmung des Respi- 

»endong d er WansrhL-T? e !£ Uebermaass von Aether“. Ist bei An- 
urch Prüfen des Corne-ilmf? 1611 ¥ a f ke di® v °H e Narkose, wie man sich 
Maske ganz wee odlr 1 ? b ® rzeu ff t ’ eingetreten, dann lässt man 
'«hustet dann M mindestens mit dem Schütteln auf. Es 

j ^ v on Aether“ bekomm etb i er ’ da ~ der Patient niemals ein „Ueber- 
; a ; d »u’schen Künik t““* Bei . den Cft ‘ 1200 Narkosen auf der 

»achtet und niemals lriwrv* a l* c , b “ em£ d s ®i&e Respirationssynkope 
nsthehe Athmung gemacht worden. 


_J>7 

s treifen improvisirte Julliard’sche Maske gegossen und die Maske so 
gehalten dass das Wachstaffet nach oben gerichtet ist: somit der 
im Flanell verdunstende Aether nach unten abfliessen kann 

Nach weniger als 3 Minuten zeigt der Flanellstreifen keine Spur 
mehr von Aethergeruch, die 5 ccm sind somit vollständig verdunstet 

Sodann werden 5 g Aether in ein grosses Uhrschälchen ge¬ 
gossen. Nach 2o Mmuteu sind dieselben verdunstet Wird da¬ 
gegen während des gleichen Versuches die Schaale bewegt oder mit 
einem Biatte Cartonpapier die Luft über der Aetherschaale in leb¬ 
hafte Bewegung versetzt, so dass also die entstandenen Aether¬ 
dämpfe durch den Luftstrom immer weggeführt werden, dann sind 
die o ccm Aether in 5 Minuten völlig verdunstet. 

Hierauf werden 5 ccm Aether in ein Reagensrohr gegossen 
und dasselbe, oben offen, stehen gelassen. Zu meinem Erstaunen 
war nach Verlauf von 24 Stunden der Aether noch nicht völlig 
verdunstet. 6 

Woher kommt nun diese so langsame Verdunstung im Re¬ 
agensglase? Die Erklärung ist einfach. Die Aetherdämpfe die 
das Reagensglas vom Spiegel der Flüssigkeit bis zur Mündung er¬ 
füllen, sind schwerer als die Luft. Infolge dessen sind dicht über 
dem Aetherspiegel die Dämpfe nahezu concentrirt. Je weiter nach 
oben, nach der Mündung des Reagensglases, desto verdünnter, weil 
mit Luft vermischt, ist der Aether. Die über der Oberfläche des 
Aethers lagernde, concentrirte Aetherdampfschicht bildet ein 
Hinderniss für die weitere Verdunstung des Aethers. 

Die gleichen Verhältnisse wie im Reagensglase liegen bei der 
Wanscher’schen Maske vor, wenn der Gummisack ruhig gehalten 
wird, auch hier verhindern die über dem Aethersee lagernden 
Dämpfe eine rasche Verdunstung. 

Bei der Julliard’schen Maske dagegen findet eine ungehin¬ 
derte, unendlich viel raschere Verdunstung statt, und der Patient 
bekommt sehr concentrirte Aetherdämpfe zu athmen. Wenn 
man nun in Betracht zieht, dass die bei aufgelegter Julliard’- 
scher Maske nach unten abfliessenden Aetherdämpfe die atmo¬ 
sphärische Luft und damit den Sauerstoff verdrängen, so wird 
man die oben von Garrö, Fueter und Butter geschilderten, bei 
der Anwendung der Julliardschen Maske eintretenden Erschei¬ 
nungen verstehen. Es sind das die Erscheinungen von Asphyxie, 
von Sauerstoffmangel, hervorgerufen durch die von dem Aether- 
reflexkrampf erzeugte Respirationsbehinderung und durch die Be¬ 
schränkung der durch die concentrirten Aetherdämpfe verdrängten 
atmosphärischen Luft und damit des darin enthaltenen Sauerstoffs. 

Ich sagte schon oben, dass bei der richtigen Anwendung der 
Wanscher’schen Maske niemals Cyanose, Trachealrasseln, Schaum 
vor dem Munde, stertoröses Athmen eintritt. Im Gegentheil, die 
Patienten athmen ganz ruhig und schlafen bei oft ganz minimalem 
Excitationsstadium allmählich ein, genau so wie bei einer ruhigen 
glatten Chloroformnarkose, wie man solche oft bei Frauen, speciell 
bei kreissenden, beobachtet. 

Allerdings — und hiermit möchte ich den einzigen Nachteil 
dieser Methode berühren, wenn man es überhaupt einen Nachteil 
nennen will — es dauert ziemlich lange bis zur völligen Narkose. 
Im Durchschnit 15 bis 20 Minuten. Selten, dass völlige Narkose 
schon mit 8 bis 10 Minuten eintritt. Manchmal vergehen auch 
30 oder gar 40 Minuten. Das letztere, besonders bei solchen 
Frauen, wo ein grösserer Alkoholconsum zu vermuten war. 

Die Julliard’sche Maske unterscheidet sich von der Wan- 
scher’schen dadurch, dass, wie Garrö sagt, „der Aether mög¬ 
lichst concentrirt und in grossen Dosen eingeathmet werden muss, 
damit seine Wirkung eine prompte werde“. Die durch diese An¬ 
wendung von concentrirten Aetherdämpfen schon nach 2 bis 3 
Minuten eintretende Bewusstlosigkeit kommt, wie ich mit Be¬ 
stimmtheit behaupte, nur zum Theil auf Rechnung des Aethers, 
zum grösseren Theil ist sie die Folge einer durch Sauerstoffmangel 
hervorgerufenen Asphyxie. Diese Asphyxie ist um so stärker, je 
plötzlicher und unvermittelter die Maske aufgesetzt wird. Am 
stärksten nach der Methode von Dumont und Füter, welche von 
Garrö wie folgt beschrieben wird: „Die zweite Abweichung bewegt 
sich nach der entgegengesetzten Richtung. Man überrascht den 
Patienten sofort mit einer aufgeschütteten Dosis von 50 ccm und 
legt schon nach wenigen Athemzügen die Maske dicht vor das Ge¬ 
sicht. Der Kranke glaubt durch die concentrirten Aetherdämpfe zu 
ersticken, er wehrt sich einen kurzen Augenblick sehr energisch, 
bald schwinden die Sinne, die Muskeln erschlaffen, die Athmung 
wird tief und regelmässig, und durchschnittlich in zwei Minuten ist 
die volle Narkose da“. 

Hier möchte ich hinzufügen: der Patient glaubt nicht nur zu 
ersticken, sondern er befindet sich tbatsächlich in der Erstickung, 
in der Asphyxie. 

Nach der von Garrö beschriebenen Methode, wobei man dem 
Patienten etwas Zeit lässt, sich an die Aetherdämpfe zu ge¬ 
wöhnen, tritt die volle Narkose durchschnittlich in 4 Minuten ein. 


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58 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHRIF T. 


No. 3 


Bei der Anwendung des Princips der ganz allmählich steigen¬ 
den Aetherzufuhr mit der Wan Beherrschen Maske tritt die 
Narkose nun allerdings nicht so rasch ein, sondern, wie gesagt, 
erst nach circa 15 bis 20 Minuten. Für beschäftigte Operateure 
ist dieser Umstand deshalb nicht gleichgültig, weil ein. ziem¬ 
licher Zeitverlust zwischen den einzelnen Operationen eintntt. 
Verfügt man über genügende Assistenz, dann kommt dieser 
Umstand nicht in Betracht, man fängt mit der Narkose des 
zweiten Patienten schon während der Operation des ersten an. 
Aber auch das ist im Nothfall nicht nöthig, denn auch beim 
Gebrauch der Wan sch er’sehen Maske ist es möglich, die Genfer 
Methode, d. h. die Methode der Asphyxirung, welche eine volle 
Narkose schon nach einigen Minuten erzielt, anzuwendeu. Man 
setzt in diesem Falle unter fortwährendem Schütteln des 
Gummisackes die Maske so auf, dass dieselbe überall möglichst gut 
abschliesst. Dabei muss die Patientin, die sich ausnahmslos gegen 
eine solche Aetherdosis auf das heftigste sträubt, durch zwei Per- ■ 
sonen an Annen, Beinen und Kopf festgehalten und so verhindert 
werden, sich die Maske wegzureissen. Der Effect ist dann genau 
derselbe wie nach der oben angegebenen, von Garrö geschilderten 
Methode von Dumont und Füter. 

Namentlich in solchen Fällen, wo aufgeregte mul unverständige 
Patientinnen, wie es hier und da vorkommt, im Beginn der Narkose 
anfangen zu schreien und förmlich zu toben, hat Herr Dr. Ti and au 
wiederholt angeordnet, „die Patientin asphyktisch zu machen“, d. h. 
die Genfer Methode vermittels der Wanscher'schon Maske anzu¬ 
wenden. Es muss zugegeben werden, dass die Wirkung (allerdings 
unter Begleitung der von Garr6, Füter und Butter geschil¬ 
derten Erscheinungen) prompt eintritt. Indessen bin ich der Mei¬ 
nung, dass man diese Methode doch, wenn es geht, vermeiden soll, 
weil die auf diese Asphyxirung folgende Narkose niemals so glatt 
und so ruhig ist, als wenn man den Aother langsam und mit gutem 
Luftzutritt emathmen lässt, so dass bei den Patienten niemals das 
Gefühl, als müssten sie ersticken, auftritt. 

Dieses Gefühl der Erstickung ruft bei den Patienten eine 
furchtbare Erregung hervor, welche sich auch später nur sehr 
schwer verliert und so die Narkose zu einer unruhigen macht. Ich 
glaube hierzu ein vollkommenes Analogon in der Chloroformnarkose 
zu finden. Es ist noch nicht so lange her, da hat man die Forderung 
aufgestellt, dass es, um eine gute Chloroformnarkose zu erzielen, 
nöthig sei, dass bei der Einleitung der Narkose völlige Ruhe in der 
Umgebung des Patienten herrsche, damit derselbe nicht aufgeregt, 
und dann die folgende Narkose unruhig werde. 

Das Gefühl der Erstickung und die damit verbundene mächtige 
Aufregung des Patienten ist es, die der Narkose mit der Julliard- 
sehen Maske ihren ganzen Charakter verleiht. Bei der richtigen 
Anwendung der Wanscher’schen Maske kommt etwas derartiges 
nicht vor. Hier ist die Narkose oft ausserordentlich ruhig, keine 
Spur von Cyanose, von Traehealrasseln, von Schaum vor dem 
Munde, oder von stertoröser Athmung. (Schluss folgt.) 

IV. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am 
Friedrichshain in Berlin, Abtheilung des Herrn Professor 
Dr. Fürbringer. 


geringen Bruchtheil auf Verwechselung und Unvorsichtigkeit; sehr 
selten hat man das Gift für Morde in Anwendung gezogeu, haupt¬ 
sächlich wohl, weil der ihm eigene knoblauchähnliche Geruch und 
Geschmack schwer zu verdecken ist und es überall herauserkennen 
lässt. Endlich sind auch Intoxicationen durch medicinale Gaben, 
vor allem durch das Phosphoröl und die Phosphorpillen, die früher 
in geradezu ungeheuren Dosen üblich waren, veranlasst worden. 
Ganz ohne Analogie aber bezüglich der Aetiologie steht eino Ver¬ 
giftung da, die jüngst im Krankenhause Friedrichshain zur Beob¬ 
achtung kam, und die ich mir ihrer Absonderlichkeit wegen nicht 
versagen kann, hier in Kürze mitzutheilen. 

Anamnose: In den letzten Junitagen dieses Jahres meldete sich ein 
junger Mann zur Aufnahme in die Anstalt, der unterwegs von heftigen 
Leibschmerzen befallen sein will. Auf Befragen erzählt er mit einem ge¬ 
wissen Stolze seine an Abenteuern reiche Lebensgeschichte. Er ist Artist 
und zieht seit etwa zwei Jahren auf Jahrmärkten und in Schaubuden 
herum, um sich unter dem fingirten Namen „Vitreo Rombellino aus 
Westindien“ nach dem Vorbilde dos bekannten gleichnamigen Negers als 
„Mann mit dem Straussenmagen“ zu produciren. Er verspeiste bei seinen 
Schaustellungen Sägespühne, Glas, Leder, Lampencylinder, Seife, Kohlen, 
Wichse und dergleichen mehr. Unter anderem debUtirte er auch mit 
einem Bravourstück, das er im Laufe der Jahre als eine Paradenummer 
i herausgebildet hatte und das in dem Verschlucken von Streichhölzern 
bestand; er begnügte sich aber nicht etwa mit den ungefährlichen schwe¬ 
dischen Zündhölzchen, sondern wählte mit Bedacht und in schwer zu be¬ 
greifender Verblendung späterhin auch solche aus, deren Kuppen aus 
Phosphor gefertigt waren. 

Eine geraume Zeit hindurch, nach seiner eigenen Angabe vielleicht 
ein Jahr und mehr, konnte er das erwähnte Kunststück ausführen, ohne 
irgend welchen Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen. Erst Mitte 
Juni dieses Jahres, als er nach einer mehrmonatlichen, durch eine Unter¬ 
suchungshaft bedingten Spielpause auf den Jahrmärkten Vorpommerns 
wieder auftrat und mit seinem alten Glanzstück paradirte, blieben die ver¬ 
derblichen Folgen seines Thuns nicht aus. Die Geschäfte gingen in der 
damaligen Zeit über Erwarten gut; eino Vorstellung löste die andere ab; 
infolge des starken Zuspruchs, dessen sich seine Schaubude zu erfreuen 
hatte, musste Vitreo sehr oft, etwa 30 mal am Tage, auftreten und 
verzehrte bei jeder Schaustellung mindestens drei oder vier Phosphor- 
streichliölzchen, manchmal auch mehr, im ganzen also eine tägliche Ration 
von etwa 100—150 Zündhölzern. Er hatte dieses Experiment kaum acht 
Tago lang fortgesetzt, als sich heftige Digestionsstörungen einstellten, 
Leibschmerzen, Uebelkeit und Erbrechen von unangenehm riechenden 
und leuchtenden Massen, Erscheinungen, die aber einer baldigen Besse¬ 
rung wieder Platz machten. Er befand sich sogar einige Tage später 
wieder so wohl, dass er beschloss, einem an ihn ergangenen — Rufe nach 
Thüringen Folge zu leisten und abzureisen. Aber schon in Berlin traten 
I die Störungen von seiten des Verdauungstractus wieder mit solcher 
Vehemenz hervor, dass er hier die Reise unterbrechen und Hülfe in einer 
Poliklinik nachsuchen musste. Nach mancherlei Irrfahrten und mehrfachen 
| Abweisungen gelangte er dann endlich in unser Krankenhaus, 
i Status: Der stämmige, überaus muskulöse Patient windet sich vor 
j Schmerzen; in's Bett gebracht, wirft er sich umher, wühlt in den Kissen. 

: fasst nach dem Leibo und stöhnt von Zeit zu Zeit laut auf. Die Haut 
ist durehgeliends gelb verfärbt; auch die der Inspection zugänglichen 
| Schleimhäute zeigen in gleicher Weise ein gelbliches Colorit. Die Tem¬ 
peratur ist subfebril; der Puls etwas frequent, aber sonst von guter Be¬ 
schaffenheit; die Respiration oberflächlich und jagend. Der Urin wird 
spärlich gelassen, ist tiefbraun mit gelbem Schüttelschaum, reich an Gallen¬ 
pigment und enthält Spuren vonEiweiss; Nierenelemente finden sich nur 
sehr vereinzelt im Sedimente vor. 


Ein merkwürdiger Fall von Phosphor- 
vergiftung. 

Von Dr. Freylian, Assistenzarzt. 

Erst seitdem sich der Phosphor inmitten der dreissiger Jahre 
durch die Erfindung der Streichhölzer in ausgedehntestem Maass¬ 
stabe Eingang in den Kleinhandel verschafft hatte und jedermann 
leicht und bequem zugänglich geworden war, ist die eminent 
toxische Bedeutung dieses Giftes in seiner ganzen Gefährlichkeit 
zu Tage getreten. In rascher Folge stieg die Zahl der Vergif¬ 
tungen , die bald zu den bestgekannten und gefürchtetsten Intoxi¬ 
cationen überhaupt gehörten; schon seit einer ganzen Reihe von 
Jahren kann das überaus charakteristische und typische Bild des 
acuten Phosphorismus im wesentlichen als ein abgeschlossenes und 
fertiges gelten und hat in letzter Zeit nur noch in vereinzelten 
Zügen, so durch die von v. Jaksch 1 ) kürzlich bei ihm gefundene 
Polycythaemia rubra, einen weiteren Ausbau und Vervollständigung 
erfahren. 

Es dürfte daher kaum angängig erscheinen, die casuistische 
Litteratur noch um ein weiteres Blatt anzufüllen, ohne dass ganz 
besondere Umstände eine solche Veröffentlichung rechtfertigen 
würden. ö 

Die Ursache der Phosphorvergiftung beruht in der über- 
wiegenden M ehrzahl der Fälle auf Selbstmordversuchen, in einem 


, • Jaksch ’ Beitrag zur Kenntniss der acuten Phosphoiwergiftui 
beim Menschen. Deutsche med. Woclienschr. 1893, No. 1. 


Das Sensorium ist in den schmerzfreien Intervallen ungetrübt; der 
Patient giebt klare und bestimmte Antworten und erzählt sein Vorleben 
in anschaulicher und zusammenhängender Rede. 

Ueber den Lungen werden spärliche Rhonchi hörbar; die Herztöne 
sind leise und blasend. 

Der Leib ist gespannt und aufgetrieben, das Epigastrium überaus 
druckempfindlich. Desgleichen ist das Betasten der Leber sehr schmerz¬ 
haft; die Leber selbst ist deutlich vergrössert. von harter Consistenz und 
glatter Oberfläche. Die Milzdämpfung hält sich in den normalen Grenzen. 

Kurz nach der Aufnahme erfolgt Erbrechen, das dunkelblutige Massen 
in reichlicher Menge zu Tage fördert und sich späterhin noch mehrfach 
wiederholt. In dem Erbrochenen lässt sich durch die Reductionsprobe 
Phosphor mit Sicherheit nachweisen. 

Schon am nächsten Morgen hatte das Befinden des Kranken eine so 
sichtliche Wendung zum schlechteren genommen, dass die Prognose als 
absolut hoffnungslos erscheinen musste. Nach einer sehr unruhigen, theil- 
weise durch furibunde Delirien gestörten Nacht liegt der Patient soporös 
und mit glasigen Augon da; die Zunge klebt am Gaumen; er reagirt 
selbst auf starke Reize nur schwach und ungenügend und lässt Stuhl und 
Urin unter sich gehen. Der Icterus hat seit gestern entschieden zu- 
genommon; die Herzschwäche tritt von Stunde zu Stunde mehr in den 
Vordergrund; der Puls wird kleiner, äusserst frequent; die peripheren 
Körpertheile fühlen sich kühl und cyanotisch an. Die Leberdämpfung er¬ 
scheint etwas kleiner als Tags zuvor; die intensive Schmerzhaftigkeit des 
Organs ist trotz der Somnolenz des Kranken noch immer deutlich zu 
constatiren. Die Urinsecretion versiegt allmählich ganz, ohne dass übrigens 
der Ham jemals Beimengungen von Leucin oder Tyrosin aufweist; der 
Sopor wird zum völligen Coma; unter den Erscheinungen des Lungen¬ 
ödems geht der Patient, ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen, um 
vierten Beobachtungstago zugrunde. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



18. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Pie Sectio n, deren Ergebnisse ich nur in kurzem Auszuge mittheile, 
zeigte in typischer und ausgeprägter Weise alle Organveränderungen, 
welche als die prägnanten Charaktere der Phosphorvergiftung beschrieben 
werden. 

Kräftige Leiche mit starkem, universellem Icterus; keine Oedeme. 
Auf dcu serösen Häuten, dem Pericard und den Pleuren, spärlicher 
auf dem Peritoneum sind multiple, kleinere und grössere Petechien aus- 
; ausgedehntere Blutungen finden sich zwischen den Platten des 
Mesenteriums vor. ferner im perimusculären Zellgewebe des Halses und 
im siibcutanen Fettgewebe des Rumpfes. 

Bauch- und Brusthöhlen sind leer; die Lungen sind blutreich und luft¬ 
haltig. Pie parenchymatösen Organe sind durehgehends stark verfettet. Am 
hochgradigsten erweist sicli die Leber verändert, sie ist vergrössert, von 
fester und teigiger Consistenz; ihre Oberfläche und Schnittfläche ' sind 
fettglänzend und gleichmässig safrangelb; die Klinge beschlägt beim 
Durchschneiden. Die mikroskopische Untersuchung fällt völlig conform 
mit dem makroskopischen Befunde aus; die Leberzellen präsentiren sich 
gebläht, von grossen Fetttropfen erfüllt und zum Theil zu Conglomeraten 
von Fetttröpfchen zerfallen. Nächst der Leber kommt die fettige Dege¬ 
neration in den Nieren am schönsten und sinnfälligsten zum Ausdruck. 

Im Verdauungstractus, dem bei dem Vorleben des Patienten natur¬ 
gemäß ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde, fanden sich nur 
an einer einzigen Stelle Veränderungen vor, nämlich am Uobergange des 
Oesophagus in die Cardia. Hier war die Schleimhaut von längsgcstellten. 
bis zu 3 cm langen, narbigen Defecten gefurcht, die wahrscheinlich von 
früheren Verletzungen herrflhrten, welche die Speiseröhre durch vorbei- 
passirende Glassplitter erlitten hatte. 

Diese dramatisch bewegte Krankengeschichte spricht ohne 
tommentar für sich selbst. Sie gewährt einen erschreckenden und 
zugleich betrübenden Ausblick auf die sonderbaren Blüthen, welche 
der Kampf um’s Dasein gelegentlich treiben kann. Denn über die 
iriebfedern der Handlungsweise des Patienten kann ja ein Zweifel 
kaum obwalten; sie wurzeln in dem Bestreben, Auskommen und 
Hroderwerb zu finden, und sind in diesem speciellen Falle noch * e - 
paart mit einer gehörigen Portion Stupidität und Grossmannsucht. 
Iraktisch durfte der traurige Fall lehren, dass man behördlicher¬ 
seits derartigen Schaustellungen eine geschärfte Beachtung widmen 
und gefährliche Productionen dieser Art, besonders da sie doch 
>tets einer vorherigen polizeilichen Genehmigung bedürfen, rundweg 
verbieten soll. ’ ö 

Nur in einem Punkte bedarf unsere Krankengeschichte noch 
jiner besonderen Erläuterung, inwiefern es nämlich zu verstehen 
s ; aSis e . bei dem Kranken Intoxicationssymptome hervor- 
^ re en sind, während er doch schon seit zwei* Jahren fast un- 
enroc cn so unerhörten Missbrauch mit dem Gifte getrieben 
; „r “«etwaige Angewöhnung des Organismus an Phosphor, 
wird tinn fUr - a w ere ^1’ beispielsweise für das Arsenik, erworben 
rr era stlich discutirt werden; einmal ist von einem 
eine vi«i nLrTi ! 1188 nichts bekannt, und dann liegt auch 

M « ThI^ 10 h v. ere K /“ är “ n g far die nur auf den ersten Blick 
uunauige Thatsache auf der Hand. 

lieh hmprtfJrn * ( ^ F Streichholzköpfchen an Phosphor variirt # näm- 
* hiedenen «■ Se ^ 1 .^ et ^ uten( i er Breiten und wird von den ver- 
reciinrt An«? to T* “ hundert Kö P fe n auf 0,01 bis 0,06 g be- 
«Undlich w!! 1C * S < ? lese ^ gossen Schwankungen wird es ver¬ 
schon nach roi f . emzen . e Antoren, wie zum Beispiel Kessler 1 ), 
lungserschpimin ^ 17 ®, enn ^ en Mengen überaus stürmische Vergif¬ 
ten ohne i , P af en v Sa ! le I! , ., wä ^ reild * n anderen Fällen weit höhere 
für den erwachet ^ Sa ^J t beil vertragen wurden. In der Regel wird 
liehe Dosis anw J!)! n ^ en8chen ^,06 bis 0,1 g Phosphor als tödt- 
gehalt der h«U*i eD ’ S ° das . s a ^ so se ^st bei einem hohen Phosphor- 
toxischen H«} len ers . t m ^ .ändert Köpfen die unterste Grenze 
'•rklärt sich nun IL erre l. <dlt A w ' rd - An der Hand dieser Thatsachen 
Patienten ganz von Auftreten der Vergiftung bei unserem 

^ekomLn der S 8 - ^ un ^ ezwun ^- Benn für das Zu- 
kommenden » mussten die beiden in Betracht 

bölzchen un^lfu.n,vi ’ ^ uan ^ät sowohl wie Qualität der Streich- 
'(rzehrten StrpinM.~i zusa ! nmenw i r ken; einmal musste die Zahl der 
*#i einer ungewöhnHpT 6106 8ehr .& rosse seia — dies konnte nur 
faden — un a p-ip-vu C l 11 grossen Anzahl von Vorstellungen statt- 
gerade bei diesen cif musste der Phosphorgehalt der Kuppen 
n nr einem Zufall 7 ..» eic JM zern der maximale sein. Sicher ist es j 
dieser beiden Factnran S chreiben, dass die unglückliche Combination 
llat aber gelehrt ri QO ß ° aus g e blieben ist; die Erfahrung 

‘ ills gewohnte Glück iesslich . unserem Kranken doch einmal 


59 


b Kossl 


untreu geworden ist. 

CP ' V ,ertel jabrsschr. f. gerichtl. Med. 186G. 


V. TJeber Tubarschwangerschaft und die Be- 
nandlimg der Blutungen in die Bauchhöhle 
infolge von Tubarschwangerschaft. 

Von Privatdocenten Dr. Dü hissen in Berlin. 

(Schluss aus No. 2.) 

ir I*}} ?' A ™ 6 - Gctober 1893') wurde ich von Heim Dr. Retslag zu 
jT “^jährigen Frau H. morgens 4 1 / 2 Uhr consultirt wegen Verdachts" auf 


der _ ^ __ 

Extrauterinschwangerschaft. 


zu 

™ ü ..egen Verdachts auf 

•v . .... . «2.,,- rrau n. hat, wie die Anamnese ertrab in 

ihrer vierjährigen Ehe zweimal geboren, das letzte Mal im März diese* 
vt ! St uuterleibskrank gewesen. Nachdem die letzte regel¬ 
massige Menstruation am 24. Juli eingetreten, stellten sich vom 29. August 
ab Blutungen ein die bis jetzt fortdauern. Am Abend des 4. October 
wurde Patientin auf dem Closet ohnmächtig und bekam darnach sehr heftige 
Leibschmerzen. Herr Dr. Rotslag, der alsbald gerufen wurde, eonstatirte 
emo sehr bedeutende Anämie, die allmählich immer mehr zunahm und 
erhob ausserdem den gleich zu beschreibenden Befund. 

Ich fand eine kräftige Frau mit leichenblasser Gesichtsfarbe, kühler 
Nasenspitze, mit einer Temperatur von 36,3 und einem sehr kleinen Pul* 
von 9(>, die apathisch daliegt, bei der Berührung dos etwas aufgetriebenen 
Leibes jedoch vor Schmerzen wimmert. Infolgedessen ist eine genaue 
bimanuelle Untersuchung nicht möglich, doch lässt sich constatiren das* 
der Uterus vergrössert ist und rechts hinter ihm eine sehr schmerzhafte 
Resistenz liegt. Das Hemd und die Umgebung der Geschlechtsteile sind 
mit eingetrocknetem Blut bedeckt. 

Auf Grund der plötzlich eingetretenen Anämie und der lokalen 
Symptome seitens des Abdomens stellte ich die Diagnose auf freie 
Blutung in die Bauchhöhle infolge geplatzter rechtsseitiger 
luben schwanger Schaft und veranlasste die sofortige Ueberführung der 
1 atientm mittels Krankenwagens in meine Privatklinik. Als die Patientin 
daselbst gegen 7 Uhr morgens ointraf, war der Puls noch kleinor geworden 
Ich nahm jetzt sofort eine subcutane Infusion eines Liters einer 
physiologischen Kochsalzlösung vor (Ort der Infusion zwischen den 
Schulterblättern) mit dem Effect, dass der Puls bereits während der 
ca. zehn Minuten dauernden Infusion besser wurde und sich während der 
sofort angeschlossenen Laparatomie noch mehr hob. 

In Beckenhochlage und ruhiger Narkose wurden rasch die Bauch¬ 
decken durchtrennt, woranf sich ilüssiges und geronnenes Blut in grosser 
Menge entloerte. Sofort führte ich unter Leitung des linken Zeige- und 
Mittelfingers mittels Dechamps einen Seidenfnden unter dem Isthmus tubae. 
dexter durch, den ich anzog; hierdurch und durch gleichzeitiges Eingehen 
mit der linken Hand in den Douglas konnte ich sofort die rechten Adnexa 
in die Bauchwunde emporheben, wobei aus einer Ruptur der spindelförmig 
angeschwollenen Tube im Strahl Blut hervorspritzte. Nunmehr führte 
ich eine Ligatur durch das Ligamentum infundibulo-pelvicum dextrum. die 
der Assistent, ebenso wie auch die erste Ligatur, knotete, worauf mit 
einer dritten Sutur der Rest des Ligamentes abgebunden und die Adnex«* 
abgetragen wurden. Ein einfacher Faden wurde noch unterhalb der an¬ 
gelegten Ligaturen um den Ligamentstumpf geschnürt, und ein kleiner 
Einriss an der Hinterfläche des Ligamentum latuni unterhalb der Ligaturen 
durch eine Naht versorgt. 

Die Besichtigung der linksseitigen Adnexa erwies diese als völlig 
' normal. Sorgfältige Entleerung der Bauchhöhle, speeiell der Beckenhöhle, 
von Blut. Schluss der Bauchwunde mit Silkwormnähten. Dauer der 
Operation 20 Minuten. 

! Die exstirpirte Tube zeigt einen Finger breit vom uterinen Ende 
: beginnend eine wallnussgrosse Anschwellung, von deren abdominellem Ende 
aus die Tube sich in normaler Dicke ca. 3 cm weit bis zu dem offenen, 
zierlich gefranzten offenen Ostium abdominale erstreckt. An der hinteren 
Wand der spindelförmigen Anschwellung liegt eine runde, linsengross«! 
Perforationsöffnung, in welcher geronnenes Blut und blutdurchtränktes 
Zottengewebe liegt. An der Vorderwand ist eine sehr dünne Stelle, an 
l welcher das die Tube erfüllende Blut durchschimmert, 
j Das zugehörige rechte Ovarium zeigt ein haselnussgrosses Corpus 
i luteum verum mit erbsengrosser centraler Cyste. 

Nach Härtung des Präparates in absolutem Alkohol zeigt die auf¬ 
geschnittene Tube näher dem uterinen Ende eine starke Ausdehnung 
durch ein rundes, 2‘/scm dickes Blutgerinnsel, während nach aussen und 
innen von dieser Auftreibung der Tubencanal die normale Weite und Be¬ 
schaffenheit aufweist. Im Umkreis der Rupturstelle und der ihr gegen¬ 
überliegenden verdünnten Partie der vorderen Wand adhärirt das Blut¬ 
gerinnsel der Tubenwand so fest, dass beim Versuch der Ablösung des 
Blutgerinnsels an beiden Stellen die papierdünne Tubenwand einreisst. 
Der aussen und innen der Tubenwand nicht adhärente Pol des Blut¬ 
gerinnsels ist von einer besonderen, ebenfalls papierdünnon Hülle umgeben, 
welche an den genannten Partieen mit der nach aussen gelegenen Tuben- 
wand gar keine Verbindung zeigt und bis nahe an die Ruptur- und die 
verdünnte Stelle sich von der Tubenwand abziehen lässt, wobei sich spinn- 
gewebige Fäden spannen (Decidua reflexa?). 

Die Reconvalescenz verzögerte sich durch die Bildung eines Exsudates 
im Douglas (Haematocele?) und Fieberbewegungen. Unter Behandlung 
mit Eisblase, später mit heissen Ausspülungen und Ichthyoltampons ging 
das Exsudat jedoch zurück, und Patientin konnte am 4. November 1893 
mit lineärer Narbe als geheilt entlassen werden. 

Ehe ich auf die Besprechung dieser Fälle eingehe, möchte ich 
noch zwei weitere Fälle von Tubenschwangerschaft anfiihren, 

*) Während das Manuscript dieser Arbeit bereits im April 1893 
der Redaction eingereicht ist. habe ich diesen Fall noch nachträglich 
beigefügt. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






Blutung einig* Tage stand.. Dmm Koiu’tfa sio -puloeb botti^r wieder, ebne 
durdi Seeale ttder HvdiASli* . svri .Wurden. Ain 2.Fwbi»my: 

laudn-o daher Herr DrF Mfilujiifli* ilav. OufCtU«.: worauf die Blutung 
drei W.cu-Hen vtfllkv yjUiml, tun. dann ni «ÄfeM 
km 10. Mär/ .müteftfvsäfll^ H^^öfUogu'AViniiii^rUnrl Wk 

Wimpunadu ver xWiÄ -fe Dinre*,. m ; t 

xinktitzung. »im 14, v(U‘»>rdn«jtM w ShwU»’ * Mi 18. irvfr/iutefitte idf&lrn- 
Ivlii-rltr tfehuudllriig. $Tüt& alter -dinier Mäussn.dumn dHuTte Am lUütböT 
fori. Patientin war «ebr miiimisrh geworden.- 

Der vlijeutiyp Refmtd wAf Rdgendm: bteiftb nsiroyertut, vergrdsMÜ 
\v<>ieh, uT.jpömidCU. X&fh m*Vt* iw wn ihm liegt um brtimm'eigro^w 
T»unoi\ dt.« üo itiun' iu den Diuu* übngvhl, Ms er Uni (Jcr 
UnWsueUung für Uns i‘ pii.u e'< n uut«’0o>i ^«-luill-ii wm- J da eim.se * 

Tdyofu -, itoun Eilntfyrnnnv ‘ judy/ttwru, dein - I/djim peiT v^ibM h<> 

- ehi H wird . 

oft Die Cutoiviudigim in Narkose toi dm Dingbosn 

auf intrsdieauic-nf:dvn nvarinUuiuur stellen, da der Tumor Tch - nh Ti, 

itypm iiiulit Jiaft geling .KufiÖdl /iHul wtmwu Ikmu#tl jg&fr PiuFhA 

zu iMii|stnru'.Mi ui. Bs" wird db \ <nmibine der l .ipmrUnnio in p’.rwegnt'V 
aezükeu. tilleiu suiiliounltnh doch di‘- v, : oin du-iA'sUrperion ^nwJtldi.. web 
uii/li Ji< r pumoi iodeejhlh auch t u . vaghiftiö niRi’nen Uhsst 

XiO’h DHid'numr des vorderen riehrjdennowfipUeH Werden zwei Inga- 
iyrrtjn \*U>- die UgatvtpürtbnsLs beKkwiuiM. dhr 'Sfchiiitt-. mmb kitttitov 

herum vnrl.'inoi 11 . der pungUis eriuliuji und das Pontoiwnnft mit der 
hü'Mitv.U t äiiif'.deui.d Vf mähr -ehr nuti'Mim ist «ln: starke RhtUim aus 
den Baulsehuii ivn und die fii’iiehfükvii de?. «tnw»d.ws. Vom vorderen-. 


tw^ufötms und imitülrmAtya er-s^jüpiMdtw Blutungen aus d rm. 
tRj-ms, weWf^nn JDiTuk, ntprurirte Tufm mui HdmiitmT.tohtdc 
per vagimun exsDrfuri Avurdeii. 

Fall 4. Tn W 1. U{.;; t !n'/r Mülitnar. J. :.-l. * .-D-lJ vor , 1 -Ua-a. ia.hreii 

Am jß. Juli I8d*d jfisrubft, Uielltw mir Fron, \l mH. *to t?fo v«e .Gijeua- 
drei Woniien d.rn Rege! um acht ’j>go-\o^puteh und mit, starkem idük- 
: 'Verlust i-eluiht habe. Diesnlhe trab ilifolge uineK Slnrzcy hm-m'. Ihrd a.ünn 
advus thnuibns ein. wobei du m.-oh eine Slmeku von »R-ti» vVugen tue 
geschleift wurde. Zn Hause liel. sie olmpduditig sr.n Beden und UM «n, 
Stark zu bluten'. Dubai sm rdm Haut ah^bgaQgHr. welubu uaeu tlnf Dv- 
sahrciittmg eine Docidna war. \Veitorhuj Snien ■drajmui AniaHu vmi iW#' 
.irtignu Seknierzen im iTukuduti md'ggtreten. bei w-tdeliHi uaitaurd 
r-heinitehttg -r\vo>dnn' sei und tfacUli»?*;,-.grosse ^c.hwucbf gnlCui*l hvw. 
Aneb die Blutung deunru nvrb an. 

Am 1 didi U'ibn n'i nul Demi Reu v. undidou niu-»» eun 

sudift batte, uiTuü' Hutersnülimig Tu ifarkoW ynv, -prujwdbn erg^dt den 
Tjfurnh vnu'grUssert. rptmUe-ctiif, • iUirt, dir Du u § lye'iBidiur'), T«Uifi' di Pr uh n 
Maasup, wpleho her Druck diu Jvinr^r 3d>n orkfiau^u- .fpktl- 

goidrusul), jYM-bts neben- •*Je.n? .('tnniH cüneu ddnsjnvtsbsoü., suhwnr liewr’gr 
Hub tun hnru*u Tmuur, dm- fmdt *n din melde l't( YuskutUu tfberyeld. 

Auf Orund dm Aii'tmnnSr und des ledniub-w wurdr*. du* p/Hgiiose 




•2r Jü l ; tHbe />? ■. tl^duia 4kdüfi»tWtler H ^ =s 

iiv r g(ii;»a- Verna, J)if Tc'it i Ti r-’t uitlVCKctniUrtu, null »::.«r du-- Uhtirrrti r ue 

Uoam..tl.A U'a\ ut' '.'•»jtjvrgscht Imltuf wiaUer Ua.v*! t-it-eu Fakmi . 

reaior fUuMtbvujrrm. beruisärngi. dw-swr B.ysk von sidiori !nakg‘SkopiS < }i 
*i'<ditbmv*R ZnrUMUifUiiHejmH avb?!(ja|. wird. . D*e uiihrnskupu-ebf* l. tiMT; 
sawliUod t-i'iddili juRi KtdthpJ ye;v*'.lerne Obnmuiztdiert. Die Ptdift w tUj 
Kori'iVtv do; Ifnptur dilelui.. g - 

%'t- bündelte sieb sondl, um eine ieebt.jisfdiige geplid^iö'"- Tttbbh' 
geiiw^vigavvelrjiR niife ;• pcaiiufUli^j' IPiTUUtdyAle. urAguterimi. DaT Hoc}» d tr 
Tbeuidm-dm wa> vom byptu’tmfiidseisen Aelz ^eldlduk. 

■ N’unuuler VrrLiul jbüinutiu wird nach di<*i \V n lt.,'0 mit gnttu: 
bitiunstuidiir'g im BtiieM«mgr*Wi}lb.j. "und ’ nbue .Hese.l't\-fci4evt ?;*' > boi.l.t uaj*' 
la.'A-Ü ' 

Wiis dir Afd ioiogin dar Tbiivus. hw ung*-r*.' hott a libcmiigR sa 
Vvu.rdiuHedbe. sü-br klar in.«mm zweiten Falle. Hier Imfubdte ns Autb um 
eiftu iViftuh anqninrtu f Futurrb/m, W(detu* diu dng 3S&’iö 
Pyofenlpijvs, yidwawkdt haite. Auf dur aiidurnit SdilA ^vaP din Tultr 
diireh^'ingig- gebliidmn. ulhdr. die nn'krf‘.vl?6p?scbd Hnt^miei-nng 
efwnh annb hier •'ld^iitidlii.tte Vordmlentnareiu der iVideiihbauf.. 
welebi MigiU mit, ttirils .ohne non^u^uiive PuriineU-iti« iliu badh^tc 
ITt'sacdo der' TubeuRöJiw r sttigertehdH hiideu, 

Duz%‘ii(di der iietioation zur Opointicuv bestaRd . uddii tü den» 
Fall T .koin Zweifel, liier war das Ei ailterdi.rjg^ ahgestoHuMi. tdlfiiu 





18. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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es war wie J. Veit 1 ) sich ausdrückt, in der Tube noch nicht zur 
Ruhe gekommen, wie die wiederholten Schmerzanfälle, der Abgang 
von Blut nach aussen und die bei der Laparatomie constatirte 
frische Blutung in die Bauchhöhle bewiesen. 

Fall 5 ist dadurch interessant, dass in der Anamnese absolut 
keiuc Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer tubaren Schwanger¬ 
schaft ffpgebeu waren, und dass auch hier noch die Indication zu 
operativem Vorgehen bestand, trotzdem die Tubenschwangerschaft 
ids solche mit der Ruptur und der Bildung einer Haematocele 
iuiteuterina vorläufig wenigstens zum Abschluss gekommen war. 
Allein der so gebildete Tumor erzeugte derartige Uterusblutungen, 
dass diese beseitigt werden mussten. Zu diesem Zwecke musste 
der Tumor entfernt werden. Wäre die wahre Natur des Tumors 
vorher mit Sicherheit erkannt worden, so hätte ich die Laparatomie 
gemacht und den Uterus nebst den linken Adnexen erhalten. Ob 
mit derselben allerdings die Blutungen aus dem sehr mangelhaft j 
involvirten Uterus sofort beseitigt worden wären, bleibt immerhin 
zweifelhaft. Die Anämie der Frau hatte andererseits einen solchen 
(Rad erreicht, dass eine prompte Blutstillung nothwendig erschien. 

Ich habe übrigens ausser diesem noch drei andere Fälle mit 
Erfolg laparatomirt. wo derartige Tubenmolen hartnäckige Uterus- 
blutuugen erzeugt hatten. In zwei mit Hämatocele combinirten 
Fällen war die Diagnose auf Tubarschwangerschaft vor der Operation 
gestellt worden, in dem dritten Fall nicht, weil hier die Hauptmasse 
des Adnextumors durch eine apfelgrosse Ovarialgeschwulst gebildet 
wurde. Zu einer Hämatocele war es in diesem Fall nicht gekommen, 
Weil die mit Blut gefüllte Tube frühzeitig mit dem Rectum verklebt 
war. Die Aetiologie der Tubenschwangerschaft war auch in diesen 
drei Fällen in entzündlichen Veränderungen der Tubenschleimhaut- 
zu suchen, deun in sämmtliehen Fällen fand sich auf der anderen 
Seite ein Hydrosalpinx. 

Die Aetiologie der Ruptur der schwangeren Tube ist ganz klar 
in Fall f>. Hier ist die Ruptur entstanden durch ein Durchwachsen 
der Zotten durch die Tubenwand, da bei dem weiten Tubenlumen, 
dem kleinen Ei und der Implantatation des Eies, 1 cm von dem 
klaffenden Ostium abdominale entfernt, eine mechanische Dehnung 
der Tubenwaud nicht stattgefunden haben kann. Dagegen hat eine 
derartige Dehnung in Fall 2 eine Rolle gespielt. Hier lehrt die 
Betrachtung des Präparates (s. Fig. 2) folgenden Verlauf: Frucht- 
tod. Bluterguss in das Tubenlumen, Stauung des Blutes durch das 
verengte Ostium abdominale, Sprengung der Tubenwaud an der 
>ehwächsteu Stelle, nämlich der Implantation des Eies. 

Die Verengerung des Ostium abdominale war in diesem Fall 
durch eine gonorrhoischeEudosalpingitis und Perimetritis entstanden, 
welche auf der anderen Seite bereits zum Verschluss der Tube und 
m Pvosalpinx geführt hatte. 

lür Fall 1 scheint mir die Ursache der Ruptur dieselbe zu 
\ ( ‘in >u Fall 2, nämlich: Fruchttod. Bluterguss in die Tube. 
Stauung des Blutes durch Unnachgiebigkeit des peripheren Tuben- 
lohrs (infolge einhüllender perimetritischer Schwarten), Sprengung 
. 'j ur( h das Ei dilatirten und verdünnten Tabenabschnitts. Eine 
pnniare Usur der Tubenwand wie in Fall 5 ist in Fall 1 dadurch 
.lu^-schlossen, dass die Rupturstelle der Placentarstelle gerade 
gpgenüherlag. und in Fall 2 durch die Erweiterung des peripheren 
uhenabschnitts und pralle Füllung mit Blut, Um durch das in 
'**11 peripheren luhenabsclinitt einströmende Blut eine derartige 
-1 Weiterung ^° r Tube herbeizuführen, ist ein so starker Druck 
In 1^11 ,me * 1 R u I )tur der Tube sicher nicht mehr existirt. 

, . ^ lst ebenfalls eine mechanische Dehnung der Tuben- 
anc die Ursache der Ruptur gewesen. Die Dehnung kam dadurch 
in'r r-i -f* ( ^ as abgestorbene Ei durch consecutive Blutergüsse 

( ie EmüUen hinein vergrössert wurde. 

\c-l e ri S*ns scheint mir ein Moment noch der Erwähnung werth: 
f ‘ (Monatsschrift f. Geburtsh. Bd. 13) statistisch 

nach * C ( ^ ass Extrauterinschwangerschaften autfallond häufig 
Fäll an 5 Pne £ , erili tut Vorkommen, habe ich unter neun operirten 
^liwanr° n . i uarschwangerschaft drei Fälle, wo der ectopischen 
^ ^ ona t° vorher eine normale Geburt voraus- 

L , innend»m*T r ‘i S * D( * ?* eS ^ un( * eln von ^ e " 

freunde Ti. y nilt Hämatocele, welchen ich mit meinem 

der C’harifi* . er * Assistenten der geburtshülllichen Poliklinik 
ist in diu- ’ °v-!', llto ' . Auch dieser Fall verlief günstig. Vielleicht 
-♦‘blieben ^ ff. e * ue Schwellung der Tubenschleimhaut zurück- 

Die V^fr i ecto P lsc h e Einbettung des Eies veranlasste. 
in d en uhning von physiologischer Kochsalzlösung 
"ppration } ^ r £ anismus unmittelbar vor der 
Kall 2 und ~ " le V yder es empfohlen, und ich es in dem 
Gutschrift • aUS f e ^ ü ,p 1 T — halte ich für einen bedeutenden 
—_____ ln (ier Therapie der Ruptur einer schwangeren 

Fr, * ih urg.Gesellschaft für Gynäkologie zu 


Tube mit lebensgefährlicher Blutung in die freie Bauch¬ 
höhle. Es sei mir daher gestattet, mit einigen Worten auf 
den Ursprung und die WeitcrontWickelung dieser Methode in der 
Geburtshülfe einzugehen. Die intravasculäre und die subcutane 
Transfusion einer physiologischen Kochsalzlösung liefern einen 
glänzenden Beweis des Wert lies von Thierexperimonten für ein*‘ 
erfolgreiche Behandlung gewisser Kranklieitszustände bei Menschen, 
der von den Gegnern der Vivisection schwerlich angei'ochten werden 
kann. Durch die Arbeit von Goltz 1 ) über den berühmten Klopf¬ 
versuch, durch weitere Thierversuche von Cohnheim, 2 ) Kr o necke r 
und Sander, 3 ) E. Schwarz 4 ) und v. Ott 5 ), war der Nachweis 
erbracht, dass die Leistungsfähigkeit des Herzens aufhört, wenn 
durch grössere Blutverluste der Gefässtonus herabgesetzt wird, und 
dass trotz stärkerer Blutverluste die Leistungsfähigkeit des Herzens 
erhalten werden kann, wenn man durch Einführung einer indifferenten 
Flüssigkeit in das Gefässsystem den Druck auf die Gefässwand 
und damit die Gefässspannung wieder erhöht. 

Die Arbeit von E. Schwarz gab (len Anstoss zur Einführung 
der intravenösen Infusion in die Geburtsluilfe, und die Zahl der 
Fälle ist keine kleine, wo nur durch dieses Verfahren Kreissende, 
welche infolge von Placenta praevia, von Atonia uteri lebensgefähr¬ 
liche Blutverluste erlitten hatten, dem Leben erhalten wurden. 
Die Misserfolge, welche natürlich auch nicht ausblieben, sind theil- 
weise dadurch zu erklären, dass man die Transfusion vor Erzielung 
einer definitiven Blutstillung anwandte — ein Blutstillungsmittel 
ist nun aber die Transfusion ganz und gar nicht, im Gegentheil 
wird eine noch vorhandene Blutung durch die Transfusion ver¬ 
stärkt. 

Auch ich selbst 0 ) habe bei einer perforireinlen Scheideiiruptur. 
nach Stillung der lebensgefährlichen Blutung durch Tamponade der 
Beekenbauchhöhle und der Scheide, durch die intravenöse Kochsalz¬ 
infusion einen eclatanten Erfolg erzielt, indessen führte mir schon 
dieser erste Fall die Schwierigkeiten recht lebhaft vor Augen, 
welche die oxacte Ausführung der Methode in der Privatpraxis 
darbietet. 

Mit Freuden begrüsste ich daher die Publication von Münch - 
mey er 7 ) aus der Leopold'sehen Klinik (Ueber den Werth der 
subeutanen Kochsalzinfusion zur Behandlung schwerer Anämie), 
die wohl die meisten Geburtshelfer veranlasst hat, au Stelle der 
intravenösen die so einfach auszuführende subcutane Infusion zu 
setzen. Die Anregung zu dieser Behandlungsmethode haben eben¬ 
falls Thierversuche von Michael 8 ) in Hamburg gegeben, welcher 
dann später seinen Vetter Ivan Michael veranlasste, sich auf der 
Leopold'schen Klinik für die Ausführung des Verfahrens beim 
Menschen zu bemühen. I. Michael machte daraufhin in Gemein¬ 
schaft mit Korn 9 ) die erste Infusion wegen puerperaler Anämie. 

Die Anwendung der subeutanen Infusion physiologischer Koch¬ 
salzlösung bei freier Blutung in die Bauchhöhle geschieht im 
Gegensatz zu den übrigen Fällen vor der definitiven Blutstillung 
— allerdings hat diese sich dann sofort anzuschliessen, nachdem 
an der Besserung des Pulses festgestellt ist, dass die infundirte 
Flüssigkeit in das Gefässsystem übergegangen ist. Berechtigt sind 
wir zu diesem Verfahren, weil die innere Blutung bei geplatzter 
Tubenschwangerschaft nur langsam erfolgt, so dass die Infusion 
dem Organismus viel mehr Flüssigkeit zuführt, als bis zur defini¬ 
tiven Blutstillung durch die fortdauernde Blutung verloren geht. 
Durch diese Art der Infusion sind wir imstande, die gestörte Herz- 
thätigkeit zur Norm zurückzuführen, und gewinnen an der einge¬ 
tretenen günstigen Wirkung der Infusion zu gleicher Zeit einen 
prognostischen Anhaltspunkt für den Erfolg der nachfolgenden La- 
paratomie. Hat sich der Puls nach der Infusion gehoben, so sind 
die Chancen dafür, dass die Patientin durch die Operation gerettet 
wird, ganz andere, als wenn wir die Laparatomie an der fast puls¬ 
losen Patientin vornehmen und nachher erst die Infusion an- 
schliessen. Für die Wichtigkeit dieses Satzes sind die ersten 
beiden mitgetheilten Fälle beweisend. Die Anämie war in Fall 1 
nicht grösser als in Fall 2 und 3. In Fall 1 erwies sich schon die 
leichte vor der Operation eingeleitete Narkose als deletär, die nach 
vollendeter Operation gemachte Infusion nützte nichts mehr, in 
Fall 2 und 3 wurde trotz Narkose und Laparatomie der Puls nach 
der Infusion immer besser. 


') Virchow’s Archiv Bd. 20. 

*) 1. c, Bd. 45. 

:I ) Berliner klin. Wochenschr. 1879, No. 52. 

l ) Ueber den Werth der Infusion alkalischer Kochsalzlösung m uns 
efässsystem bei acuter Anämie. Habilitationsschrift, Halle, 1881. 

5 ) Virchow’s Archiv, Bd. 93. 

6 ) Berliner klin. Wochenschr. 1888, No. 1. 

7 ) Archiv f. Gyn., Bd. 34, p. 3. , . . „ . 

®) A. Michael, Subcutane Infusionen hei Cholera und acuter Ananu .. 

eutsche med. Wochenschr. 1892, No. 39. 

y ) Centralbl. f. Gvn. 1886. No. 30 und 1. c. 188 1 . p. 2b2. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



No. 3 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Dein von Frommei, 1 ) Schwarz-) und Gusserow 8 ) ausge¬ 
sprochenen Satze, dass man bei freier Blutung in die Bauchhöhle 
infolge von geplatzter Tubenschwangerschaft sofort die Laparatomie ■ 
machen solle, schliesse ich mich mit der Einschränkung an, dass 
in diesen Fällen von freier innerer Blutung mit bedroh¬ 
lichen Erscheinungen, nachdem die Vorbereitungen zur 
Laparatomie getroffen sind, zunächst eine subcutane 
Kochsalzinfusion vorzunehmen ist. Bessert sich dar- 
nach der Puls, so ist sofort die Laparatomie zu machen. 
Hilft eine subcutane Infusion nichts, so ist noch ein Versuch mit 
der intravenösen zu machen, um dann nach erreichter Besserung 
des Pulses ebenfalls zu laparatomiren. Erzielt keine der beiden 
Infusionsarten eine günstige Wirkung auf den Puls, so wird die j 
Patientin mit oder ohne Operation wohl stets verloren sein. j 

Die Technik der subcutanen Infusion ist ja ungemein einfach, i 
Mau hat nichts weiter nöthig als eine ca. bleifederdicke scharfe 
Canüle, auf welche der mitgeführte Heber- oder Irrigatorschlauch ! 
passt. ' Ein Litertopf mit warmem Wasser, mit einem Theelöffol 
Kochsalz versetzt, ist rasch beschafft, in diesen wird der Heber¬ 
schlauch hineingehängt, auf den Schlauch die Canüle aufgesetzt, 
die Patientin auf die Seite gelegt, und die Canüle in das Untor¬ 
hautfettgewebe zwischen den Schulterblättern eingestossen. Je 
dicker dio Canüle ist, und je höher man den Topf erheben kann, 
desto rascher fliesst das Wasser ab. Die entstehende Geschwulst 
wird durch Massage vertheilt. In einer Viertelstunde lässt sich 
auf diese Weise bequem ein Liter infundiren. Benutzt man die 
viel zu dünnen, von Münchmeyer angegebenen Canülen, so stockt 
der Abschluss vielfach ganz, und die Infusion dauert viel länger. 

Trotzdem man glauben sollte, dass auf diesem Gebiete dem 
Erfindungseifer ziemlich enge Grenzen gestellt sind, hat merk¬ 
würdigerweise die vorjährige Choleraepidemie den Anlass zur Er¬ 
findung einer ganzen Reihe von mehr oder minder complicirten 
Apparaten für die subcutane Infusion gegeben. 

Während der subcutanen Infusion kann man bei freier Blutung 
in die Bauchhöhle für alle Fälle schon die Vorbereitungen für die 
intravenöse Infusion treffen lassen, wozu vor allen Dingen abge¬ 
kochtes und dann auf 40° C abgekühltes Wasser gehört. Auf 
den Schlauch • kommt eine passende Glascanüle, welche zur Einfüh¬ 
rung in die Vene eine abgerundete Spitze hat. Bei der intrave¬ 
nösen Infusion müssen ferner viel peinlicher als bei der subcutanen 
alle Cautelen der Asepsis und alle Vorsichtsmaassregeln getroffen 
werden, um einen Lufteintritt in die Vene zu vermeiden. Das 
Verfahren ist daher viel zeitraubender. 

Zwar haben, nachdem Fromme) den ersten Fall 4 ) mit günsti¬ 
gem Erfolg operirt und veröffentlicht hatte, viele Gynäkologen bei 
Ruptur einer schwangeren Tube mit freier Blutung in die Bauch¬ 
höhle mit Erfolg ohne vorausgeschickte Transfusion operirt — ich 
erinnere nur an die kürzlich veröffentlichte glänzende Statistik 
meines hochverehrten früheren Chefs, des Herrn Geheimrath 
Gusserow, 8 ) welcher von 20 derartigen Operationen nur zwei 
Fälle verlor (10°/ 0 Mortalität) — indessen, wenn man alle Opera¬ 
tionen zusammenrechnet , so ist die Mortalität immer noch eine 
recht grosse, und es ist daher gewiss gerechtfertigt, ein Mittel an¬ 
zuwenden, welches geeignet erscheint, diese hohe Mortalität herab- 
zudrückon. 

Ich selbst habe unter 9 Exstirpationen eines tubaren Frucht¬ 
sacks einen Fall (Fall 1) verloren, der meiner Ansicht nach durch 
die vor der Laparatomie vorgenommene Infusion ebenfalls gerettet 
worden wäre. 

VI. Neuere Arbeiten über Epilepsie. 

Von Prof. Dr. Seeligmüllet’ in Halle. 

(Schluss aus No. 2.) 

Um die Hauteruptionen bei Bromgebrauch zu verhüten, 
empfiehlt sich strengste Reinhaltung der Haut, vor allem häufiges 
Baden. Gegen den zuweilen eintretenden Speichelfluss ist Tannin 
und Hyoscyamus wirksam. Um das Auftreten von wirklichen Ver¬ 
schwärungen der Haut, die besonders bei sehr grossen Doseu bis 
zu 14 g pro die auftreteu, zu verhüten, empfiehlt Förö eine Me¬ 
thode, welche er als Antisepsis des Darms bezeichnet. Er giebt 

') Cf. Sanduer, Münchener med. Wochensehr. 1887, No. 15 und 17 
und Frommei, Archiv f. klin. Med. Bd. 42. 

3 ) Verhandlungen der Deutschen Ges. für Gyn. zu Halle. 

3 ) Berliner klin. Wochenschr. 1892, No. 22. 

4 ) Der von E. Schwarz spater publicirte günstige Fall, ist noch vor 
dem Fromm ersehen operirt, Lawson Tait (Brit. med. Journ. 1884, I, 
p. 1250) hat im Jahre 1884 ebenfalls schon einen Fall von freier Blutung 
laparatomirt, der, ebenso wie der älteste Fall von J. Veit (von 1878). un¬ 
günstig verlief. 

5 ) Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 22. 


nämlich Naphthol in Dosen von 4 g und Bismuthum salicylicum 
zu 2 g. Dadurch werden überdies die Anfälle als Nebenwirkung 
der bei grossen Bromdosen auftretenden Verdauungsstörungen be¬ 
seitigt, ^Monate lang wird diese Medication gut vertragen. 

Um überhaupt die üblen Nebenwirkungen der Brompräparate 
zu verhüten, soll man auf reichliche Diurese, eventuell durch diu- 
retische Mittel halten. 

Werden bromvergiftete Epileptische von einer Infektionskrank¬ 
heit ergriffen, so stellt sich leicht ein adyHämischer oder typhoider 
Zustand ein. Auf den Fötus dagegen hat Bromgebrauch während 
der Schwangerschaft kernen schädlichen, sondern wahrscheinlich 
sogar einen heilsamen Einfluss. Ausserdem sollen die Brom¬ 
präparate. sogar eine prophylaktische Wirkung äussern, wenn in 
früheren Schwangerschaften puerperale Eklampsie sich gezeigt 
hatte, und auch bei ausgebrochener Eklampsie ebenso günstig 
wirken wie beim Status epilepticus. 

Sehr zu beherzigen ist die zeitgemässe Warnung des eng¬ 
lischen Psychiaters Savage l9 )v or dem kritiklosen Gebrauch 
der Bromsalze, indem er einen Fall aus seiner Erfahrung be¬ 
sonders hervorhebt, in welchem der psychische Zustand, wie es 
schien, infolge von Unterdrückung der epileptischen Anfälle durch 
Brom rapid sich verschlimmerte. 

Wildermuth 13 ) empfiehlt gegen die psychischen Symptome 
der Brom Vergiftung neben Aussetzen des Brom: schwarzen Kaffee. 
Regendouchen auf den Rücken im warmen Bade und Massage der 
Extremitäten. 

Ausser den gewöhnlich angewandten Bromsalzen, Bromkali um. 
-natrium und -ammoniumsalzen hat man eine ganze Reihe anderer 
Bromverbindungen mit mehr oder weniger Erfolg versucht. 

Zunächst stellt jenen das Bromlithium ziemlich ebenbürtig 
zur Seite. 

Neuerdings ist in denselben Dosen wie Bromkalium das Stron¬ 
tiumbromid von Förö empfohlen worden. Bestätigung des Er¬ 
folges durch andere ist abzuwarten. 

Interessant ist der Befund von Doyon, welcher in den Or¬ 
ganen von Menschen und Thieren, welche längere Zeit mit Brom¬ 
salzen gefüttert worden waren, dieselben abgelagert fand: übri¬ 
gens in der Leber viel reichlicher als in dem Gehirn. 

Das von Da Costa besonders gegen Kopfschmerzen und Con- 
vulsionen empfohlene Bromnickel ist von Bourneville 43 ) an 
18 Kranken, darunter 7 mit idiopathischer, 11 mit symptomatischer 
Epilepsie, versucht worden, hat sich aber nur in einem einzigen 
Falle als wirksam erwiesen, insofern die Anfälle fast ganz .auf¬ 
hörten und dieser Erfolg seit drei Jahren anhielt. In zwei an¬ 
deren Fällen war nur wenig Erfolg zu spüren, in den 15 anderen 
I aber sogar Verschlimmerung. Die gewöhnliche Dosis beträgt 0,3, 

; die Maximaldosis 0,6. Es treten leicht Magenbeschwerden ein. 
i Bromcampher (Deneffe, Bourneville, Pathault) soll 
besonders bei der vertiginösen Form der Epilepsie günstig wirken. 
Bromarsenik ist von Clöment, Bromcalcium 0,5—2 g von 
| Hammond, Bromzink in derselben Dosis von Charcot, Rocke¬ 
fontaine, Bourneville, Bromgold 8 mg von Bourneville 
und Goubart 71 ) empfohlen bezw. versucht wurden. Alle diese 
Präparate haben gelegentlich eine günstige Wirkung gezeigt, sind 
aber in keiner Weise so zuverlässig wie die gewöhnlich gebrauch¬ 
ten Bromsalze. Auch das als Anaestheticum bekannte Aethyl- 
bromid, Aethylum bromatum, ist als Einathmung täglich 
mehrmals versucht worden (Bourneville, d’Olli er), wie es scheint, 
aber ohne besonderen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit. 

Dagegen soll das hiermit nicht zu verwechselnde Aethylen- 
bromid, Aethylenum bromatum, nach den Beobachtungen von 
Donath 69 ) an 21 Kranken, eine ähnliche Wirkling wie die ge¬ 
wöhnlich gebrauchten Bromsalze haben. Donath empfiehlt fol- 
! gende Formel: 

Rp. Aethylen. bromat 5,0 ad Emuls. oleos. 100,0; 

01. Menth, piperit. gutt. 2. MDS. 

Erwachsene nehmen 2—3 mal 30 Tropfen in einem halben 
Glase Zuckerwasser, jeden dritten Tag um 10 Tropfen mehr, bis 
1 70 Tropfen erreicht sind = 1 Theelöffel voll. Kinder von 8—10 
i Jahren beginnen mit 10—20 Tropfen. Sollte der Magen diese 
: Lösung nicht gut vertragen, was selten vorkommt, so kann man 
i einige Tropfen Opiumtinctur zusetzen. Exanthem erschien bei 
! diesen kleinen Dosen nie. Man kann das Mittel auch in Gelatine¬ 
kapseln zu 3 Tropfen mit je 6 Tropfen 01. Amygd. dulc. versetzt 
verschreiben und täglich 2—3 mal 2—4 Kapseln nehmen lassen. 
Bei 3 Kranken beobachtete Donath während dieser Behandlung 
; neben den Krampfanfällen Muskelzuckungen in den Extremitäten 
| bei erhaltenem Bewusstsein, die er als Abortivanfälle deutet. 

: Das Rubidium-Ammonium-Bromid ist als Antiepilepti- 

cum zuerst von Lauffenauer 44 ) empfohlen, bei 17 Epileptischen 
versucht und bei 6 wirksamer gefunden als Bromkalium. Da das 
von Kahl bäum hergestellte Präparat 160 Mk. pro kg kostet und 


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18. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


die Dosis 2—5 g , die Tagesgabe 7—8 g beträgt, werden ausgiebige 
Versuche vorläufig kaum gemacht werden. Rottenbiller hat 
5 Epileptische damit behandelt und bei einer Tagesgabe von 6 g 
allerdings eine erhebliche Verminderung der Anfälle beobachtet, 
indessen war diese Wirkung nicht anhaltend, sondern vielmehr 
kehrten nach Aussetzen derselben die Anfälle in alter Häufigkeit 
zurück. 

II eher osmiumsäure in Pillenform, Dosis pro die 5 mg, 
allmählich auf 10—15 mg steigend, versuchte bei 10 Epileptischen 
Schröder in Sachsenberg ohne Erfolg, ausser in einem Falle, 
wo sich ein Einfluss auf die Anfälle zeigte. 

Der zuerst von Gowers, Folsom 10 ) u. a, vorgeschlagene 
Borax ist in neuerer Zeit von Föite und Lamy, sowie von 


03 


i Ph 1 !®“', Dagegeri fa, ‘ d d g sl ' ll)e Amylnitrit ohne Wirkung und 
| Chloroform nur m einem Falle günstig. 

Ueltfr die Erfolge der operativen Behandlung der Epilepsie 
gedenken wir später in einem zusammenfasseiiden Aufsatze Bericht 
zu erstatten. Hier soll nur noch hervorgehoben werden, dass die 
; Vervollkommnung der chirurgischen Technik bei den Geliimopera- 
I tionen ungleich günstigere Resultate erhoffen lässt als früher unter 
der Voraussetzung, dass dieselben sich im Laufe der Zeit als an- 
| dauernde erweisen. 

Li 1 teratur 


1885. 1 ) d’Abundo, Klinische Untersuchungen Uber Störungen <hs 
Gesiehtsinnes bei Epilepsie. La Psichiatria. h 

. , . . r _ - - — i , 2 ). Witkowski, lieber epiieptisches Fieber und einige 

Stewart bei Epilepsie angewandt worden. Die Tagesgabe beträgt, ! andere die Epilepsie betreffende klinische Fragen. Perl klin Wochenschr 
1—2—8—6 g. Sherrington betont die günstige Beeinflussung | 13 u - 14 * ~. H) W ranfl du Saulle, Epilepsie infolge'von Schreck! 

der nächtlichen Anfälle und räth daher da, wo auch am Ta«e An- 1 , f' m ® d- ^°- ^ Honten. Bidraj t-ik läran om de epi- 

flllle Vorkommen, gleichzeitig Brom anzuwenden. Schon Gowers ! ntSio« 0 °- na Z nn Cn l a 'v” i » xl eil 5 urg ’' Ein schwerer Fall von Reflex- 
der mit der Tagesgabe von 1 g zu beginnen, aber bis 6 g zu’ 1 & 1rV »Inswan, 

steigen räth, hat auf zwei üble Nebenwirkungen des Borax auf¬ 
merksam gemacht, nämlich auf Durchfälle und Psoriasis. Fe re, 
der unter 22 mit Dosen von 1—3 g behandelten Epileptikern nur 
8 mal momentane Besserung beobachtet hat, hebt ebenfalls die 
Klagen der Kranken über Uebelkeiten und Durchfälle hervor. Da¬ 
zu kamen bei 2 Kranken Ekzeme auf den Seitenflächen des Rumpfes 
und den Armen, die erst nach Aussetzen des Borax in etwa sechs 
Wochen heilten. Wahrscheinlich bestand in beiden Fällen schon 
«ine Prädisposition zu Ekzemen. 

Sf-lerot in säure in einer Tagesgabe von 10 cg zu Anfang, 
allmählich auf 25—30 cg gesteigert, subcutan 15—36 mg, Maximal- 


j psychiatria 111, p. 401. — 9) Krause. Deutsche'med."wichenschrift 
j iNo. 1 1 . — 10) lolsorn, Gases of epilepsy treated with borax. Boston 
| med. and surg. Joura. No. 7. - 11) Zohrel», Erweiterung der Hinter- 
hörner bei Epilepsie. Arch. de Nourolog.. Mai. — 12) Legrand du 
, baulle. Status epilepticus. Ann. med. psychol. No. 3. — 13) Wilder- 
muth lieber die Behandlung der Epileptiker in Anstalten. Ztschr. f. 
Benandl. ^Schwachsinniger u. Epileptiker No. 2—6. 

^87.^14) Bourneville, De la temperature centrale dans l’epilepsie. 
Arch. de Neurol. p. 209. — 15) Lemoine. De l’epilepsie d’origiue car- 
diaquo et de son traitement. Revue de mdd., Mai p. 365. - 16) Lemoine. 
De l’action de rantinvrm« rinn« co 


dosis 6 cg, wurde von Bourneville und Bricon bei 12 Epilep- | De Pactiou de l'antipvrine dans l’epilepsie. ’ Ga/ möcL div^Paris^ No. 52 ! 

ihme der Aji- 71. Marie, Note sur T4tiologie.de i'epUepsie. Progres mtkl.-No. 44. — 


tischen versucht und bei fünf eine unbedeutende Abnahme 
talle, bei einigen aber gleichzeitig eine beträchtliche Abnahme des 
Körpergewichts beobachtet. 

Das von Kunze zuerst, von Edlefsen dann wieder empfoh¬ 
lene Curare haben dieselben Autoren bei 23 Kranken versucht 
nut so wenig Erfolg, dass sie dieses nicht gleichgültige Mittel aus 
möchte 6 ^ an ki e pil e P tischen Mittel gänzlich gestrichen sehen 

Aus einer südamerikanischen Frucht Simulo, von oiner zur 
tannJie der lsope gehörigen Pflanze, der Capparis corriacea, lier- 
•'tammend, welche in Peru und Bolivia eines besonderen Rufes als 
rrr d, ? m g e f niesst i hat die Firma Christy & Co. in Lon- 
v Diese TinctU1 ’ ist zuer st 

sieben K 6 ,l U -^ “ Dosis von 3-5 g, dreimal täglich, bei 
hi. Klaü . ken k ni f t ennuthigendem Erfolg gegeben worden. Eulen- 
Th . vler A Epile P tischen mit derselben Tinctur in Dosen 
/2 ee 0 el im Anfang und bis auf zwei Theelöffel zwei- bis 


i 18 ) Biebcrt, Epilepsie durch Extraction eines Zahnes geheilt. Deutsche 
med. Wochenschr. No. 37. — lff) Savnge. Somo of the relatiouship 
1 between epilepsy and insanity. Brain. Jan. — 20) Salm. Ueber Anti- 
febnn als Antiepilepticnm. Neurol. C’bl. No. 11. — 21) Kelp, Beob¬ 
achtungen über Epilepsie. Ztschr. f. Behandl. Schwachsinniger und Epi¬ 
leptiker No. 4 11 . 5. 

1888. 22) Brubaker. Dental irritation as a factor in the causa- 
taon of epilepsy. Journal of nerv, and mental disease p. 116. 

23) Wagner, Ueber Trauma. Epilepsie und Geistesstörung. Wiener Jahr¬ 
buch f. Psychiatrie VIII, No. 1 u. 2. — 24) Jelgorsma. Die Patho¬ 
genese der Epilepsie. Ncderl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 1. - 25) Bins- 
wanger. Kritische und experimentelle Untersuchungen über die Patho¬ 
genese des epileptischen Anfalles. Arch. f. Psvch. "XIX, 3, p. 759. 

26) Bourneville et P. Bricon, De l’epilepsie procursive. Arch. de 
Neurol. XIII., XIV. u. XV, p. 75, 229, 379, XVI, p. 234. 27) Bourne¬ 

ville et Sollier. Epilepsie et asymmetrie frouto-faciale. Progres med. 
XVI, 36. — 28) Rivano, Ricerclio sulla eliminazione del acido fosforico 

■ . - - —* —uiuug uuu uns aui zwei .ineeionei zwei- Dis 1 orine negli opilet-tici. Annali di freniatria Mai, 1. p. 3/. 

Heilversuche gemacht hat, bezeichnet ! faL? C n^ d ?rI;f P °^ r ;m! e m} l ^ 1Bg w r M Ep U^»si<;. 


das! Miffni „1 • rr ’ gemaent nat, bezeicimet 

Weute„VMcJÄ WlrkUngSl ° S ’ ® b6r d6n Br ° mprilparaten 

veisuche^s/nd nn D 0slpr ^ mifc Nitroglycerin gemachten Heil- 
»n musstl Z a Z U JT mgem Erf0lg be ^ Ieifcet ^wesen; in zwei 
Kopfschmervpn % S?®. wegen unangenehmer Nebenwirkungen, 

Endfloh ^ f S ^ hw ?del, ausgesetzt werden, 
febrin 04-90 ? eha ^ lun & der Epüepsie mit Anti- 

jardin-Beaumet? R le keinen .Erfolg aufzuweisen gehabt (Du- 
pvrin(SalnO T ’ B . oro ® n y 01 )^ ebensowenig die mit Anti- 
wsehwei?,’,. Bemoi ” e ? dagegen hat von Antipyrin Erfolg 
zutreten pfl e£ ren • dlG zur Zeit der Menstruation auf- 

bei Epilepsia larvata; und drittens bei 

Anii|ivrii 1 ' , Ju I )I. np J’ e „^ t k 6 ‘ cb ^“eCembiiiiition von Broinkalium mit 

'>« Anfalfe erzieh habtn 1 riÜ“ adei } Tiermonatliches Ausbleiben 

lWene dl AMv? on tl hL a . llC . h dÄS Ton Wilderinnth 48 ) zuerst em- 
mentatoren. Umntenui de ?v E^artungen der späteren Exjieri- 
"kht entsprochen ’ J ^ 1 ‘ ews7 ^ Eulen bürg und Dünn, 

kommen. Näck^L dÜrf | e der bohe Preis iu Betracht 
Epilepsie die Zahl , a £ e £ en Jjfh selbst bei langem Bestehen der 
später aber blnh ff? 1 ® her abgesetzt, oft in auffälliger 
tpi he von 30 eDilentic .i^ aC 61 e * ner anderen Beobachtungs- 
b|ne Zunahme der KV lei f ^ äl \ nern nach mehrwöchigem Gebrauch 
Mb Cuiiosum !? fe Und ^ osse Benommenheit, 

('raeonisirte Behandlnnt n 1 !°° h d,e von Professor Babos«) 
•ojH;irte Epileptikern f.w 11 !/ 10 ' ®, der Epilepsie mittheilen. Er 
Ku, kenmark von Spi.:, bls , sechsj nal per Woche das Gehirn und 
äderen Mittel 8ah davon Erfolge, wie bei keinem 

Für den 8t T kpiIe P sle - 

f ^ ht eEinpackunl; US , epiIe P ti|,us empfiehlt Wildermuth 18 ) 
* r subcutan und J”? Dosen Bromkalium event. per Klysma 
ilht ™ hoch ist das dreifache der Tagesdose. wenn diese 

erzschwäche: grosse Dosen Campher sub- 


Inaug.-Diss.. Kiel. — 30) White, W. Hall, On the treatment of «ypi- 
lepsv bv simulo. Lancet I, 13. — 31) Ziehen. Zur Physiologie der sub- 
corticalen Gauglien und über ihre Beziehungen zum epileptischen Anfall. 
Neurol. Cbl. p. 429. — 32) Osler. Note on nitroglyeorine. in-epilepsy. 
Journ. of nen r . and ment, disease XV. p. 38. — 33)‘Lemoine. De la 
temperature dans les accös isoles depilepsie. Progr. med. No. 5. 

34) Lemoine, Sur la patliogenie de l’epilepsie. Progr. med. No. 16. - 

35) T 0 m a s e h e w s k i und Simon w i t s c h. Zur Lehre von der Pathogenese 
der IJallucinationen und Epilepsie. Russisch. Deutsch. Referat in dem 
Neurol. Cbl. 1889. p. 22. 

1889. 36) Bourneville et Bricon. Del'epilepsieprocursive. Arch. 
de Neurol. XVI, p. 420, Nov. — 37) Ladame, De l’epilepsie procursive. 
Revue med. de la Suisse rom. IX, I. p. 5. Jan. — 38) Nicolai, 18 Mo¬ 
nate bestehende Epilepsie und Neuralgie (Xeurastlienio) unterhalten durch 
Dentitio diffieilis eines Weisheitszahnes. Dtsch. Monatsschr. f. Zahnldk. 
VII, 1, p. 34. Jan. 39) Lemoine, G.. De l'epilepsie consecutive aux 
maladies infectieuses; theorie de la course epileptique. Gaz. de Par. 87. 

— 40) Gauster. Die Bromotherapie bei Epilepsie. Wien. med. Presse 

No. 13—15. — 41) Schloss, Ein Beitrag zur Lehre der sogenannten 
Reflexepilepsie. Wien. med. Wochenschr. No. 48. — 42) Wildormuth, 
Amylenhydrat gegen Epilepsie Neurol. Cbl. p. 451. -43) Bourneville, 

Traitement de l’epilepsie par la bromure de nickel. Progres möd. No. 26. 

— 44) Laufenauer, Neurol. Cbl. p. 628. -- 45) Binswanger. Neurol. 
Cbl. p. 396. -- 46) Weinstom, Ueber Laufepilepsio. Inaug.-Diss. - 
47) Mairet. De Tepilesie procui*sive. Revue de med. IX. 7, p. 641 und 
IX, 8, p. 741. — 48) Bourneville, Epilepsie idiopathique; bromure de 
nickel. Progr. med. XVII, 24. 26. — 49) Rosenbach. Zur Frage 
über die „epileptogeno Eigenschaft” des hinteren Hirariudengebietes. 
Neurol. Cbl. No. 9, p. 249. — 50) U11 verricht, Die Beziehungen der hin¬ 
teren Hinrindengebiete zum epileptischen Anfall. Dtsch. Arch. f. klin. 
Med. Bd. XLIV. — 51) Wiglcsworth. Joseph.' and Thomas H. 
Bickerton, O11 a Connection between epilepsy and errors of ocular rc- 
fraction. Brain XLIV, p. 468. — 52) Schneider. Einige Fülle von ge¬ 
heilter Reflexepilepsie der Nase. Berliner klin. Wochenschr. No. 43. — 
53) Sommer, Atlasankylose und Epilepsie. Virch. Arch. Bd. CXIX. 

1890. 54) »Schtscherbau. Zur Frage der antiepiloptischen W ir¬ 
kung des Aurum bromatum. Wratsch No. 9. — 55) Fere, Lcs Epi- 
lepsies et les epileptiques. Paris. - 56) Amadei. Neurol. Cbl. p. 635. - 
57) Nitcke. Allgein. Ztschr. f. Psychiatrie 1, p. 68. — 58) Längcr- 


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64 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


haus, Ueber Atlasankylose. Virch. Arch. Bd. 121. ' 

verricht, Ueber tonische und klonische Muskelkrainpfe. Dtsch. Arch. 
f. klin. Med. Bd. XLVI, p. 413. — 60) Yamagiva, Beitrag zur Aero¬ 
logie der Jackson’schen Epüepsie. Virch. Arch. Bd. 119. — 01) Hugh- 
lins Jackson, Ueber convulsive Anfälle. Bnt. med Journ., März, Apiil. 

— 62) Büttner, Ueber Epilepsia procursiva und die Bedeutung des 
Uaufphänomens. Ztschr. f. Psyeh. XLVII, 5, p. o49. -- 63) Kramer, 
Leopold, Ueber Epilepsia cursona seu rotatona. Zeitschr. f. Heilk. Al, 

v 267 — 64) Rüssel and Taylor, The treatment of epilepsy by bibo- 
rate of soda. Lancet I, 20. — 65) Report of a commission (Stovens- 
Commission) on the treatment of epilepsy and chorea bythe correction 
of ocidar defects. Journ. of nerv, and ment. dis. XIV, 14 p. 

— 66) Sommer, Atlasankvlose und Epilepsie. \ irch. Arch. ( aia, 4 


1891. 67) Bourneville. De la temperature centrale daus epilepsie. 
Revue de möd. XI, 4, p. 272. — 68) Walton and Carter. On the etio- , 
logy of epilepsy with special reference to the eonnection hetween epi- , 
lepsy and infantile convulsions. Boston, med. and siirg. Journ. p^48«). 

69) Donath, Aethylenum bromatum. ein neues Heilmittel gegen Epilepsie, j 
Therap. Monatsh. No. 6, Juni. — 70) Stewart, Borax in epilepsy. Aliment. 
and Neurol., Jan. — 71) Goubart, Bromide of goldin epilepsy. Ahm. 
and Neurol., Jan. — 72) Drews, Amylenhydrat gegen Epilepsie. Münch, 
med. Wochenschr. No. 4. — 73) Todorski, Ueber den Blutkreislauf im 
Gehirn während epileptischer Anfälle. Neurol. Cbl. p. 494 u. 684. 

1892. 74) Babes, Ueber die Behandlung der genuinen Epilepsie 

und der Neurasthenie mittels subcutaner Injection von normaler Nerven- 
substanz. Dtsch. med Wochenschr. No. 30. — 75) Voisin undPeron. 
Recherclies sur ralbuminurie postpai'oxystique des epileptiques. Arch. de 
Neurol. p. 353. — 76) Eulenburg, lieber den jetzigen Stand der Epi¬ 
lepsiebehandlung. Therap. Monatsh. 11 u. 12. i 


VII. Referate und Kritiken. 


Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 

Gottstein, Die Krankheiten des Kehlkopfes. Mit Ein¬ 
schluss der Laryngoskopie und der lokal-therapeutischen Technik, 
für praktische Aerzte und Studirende. 4. Auflage. 428 S. Wien 
und Leipzig, Franz Deuticke. Ref. A. Rosenberg (Berlin). 

Diese um 46 Seiten vermehrte und mit elf neuen Abbildungen 
versehene Neuauflage berücksichtigt in ruhiger und kritischer Art 
die seit der vor drei Jahren erschienenen dritten Auflage erfolgten 
Fortschritte der Wissenschaft. So ist insbesondere das Kapitel 
über Influenza hinzugekoramen; ebenso das über Sklerom. Der 
Pachydermie, die ja gerade in den letzten Jahren im Vordergründe 
des Interesses stand, ist mit Recht ein eigenes Kapitel gewidmet 
worden. Das Buch zeugt von der reichen Erfahrung des Verfassers 
und einem gewiegten Urtheil. Wenngleich Referent nicht in der 
Lage ist, nach seinen Erfahrungen überall und immer die An¬ 
sichten des Autors zu bestätigen — so z. B. dass beim Pseudo¬ 
croup keine subchordalen Schwellungen vorhanden, sowie seine 
Erklärung des bellenden Hustens, oder dass es keine hämorrhagische 
Laryngitis ohne Borkenbildung giebt —, so zeigt sich doch anderer¬ 
seits, dass der Verfasser selbst Gesehenes berichtet und seine 
eigenen sorgfältigen Beobachtungen niedergelegt hat. Andererseits 
versäumt er nie, die Anschauungen anderer Autoren zu erwähnen 
und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Eine angenehme 
Zugabe dieser neuen Auflage ist ein Autorenregister und ein aller¬ 
dings nicht vollständiges Litteraturverzeichniss, das aber die wich¬ 
tigsten Arbeiten berücksichtigt und den Weizen aus der Spreu 
gesammelt hat. Referent kann über die vierte Auflage nur das¬ 
selbe Urtheil abgeben wie über die vorletzte 1 ), dass das Gott- 
stein’sche Werk ein ausgezeichnetes Lehrbuch der Kehlkopfkrank¬ 
heiten ist; nicht bloss der praktische Arzt sondern auch der 
Specialist wird viel Belehrung und Anregung durch seine Lectiire 
erhalten. 


Francke Huntington Bosworth, A treatise on disea¬ 
ses of the nose and throat in two volumes. Volumei: 
Diseases of the nose and naso-pharynx. 670 S. New-York, William 
Wood and Company. Ref. Gottstein (Breslau). 

Die wissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten zehn Jahren 
sich mit den Erkrankungen der Nasenhöhlen beschäftigten, sind 
so bedeutende, die Bereicherung, die hierdurch die Rhinopathologie 
erfahren hat, ist eine so wesentliche, dass es uns nicht Wunder 
nehmen darf, wenn der Versuch, die Resultate der wissenschaft¬ 
lichen Forschungen in zusammenfassender und übersichtlicher Weise 
in Gestalt von Lehrbüchern erscheinen zu lassen, zur Zeit von den 
verschiedensten Seiten gemacht wird. Bosworth, der hervorragende 
amerikanische Laryngorhinologe, dem wir eine Reihe werthvoller 
Arbeiten verdanken, hat im Jahre 1881 bereits ein Lehrbuch der 
Nase und des Halses erscheinen lassen. Bei der Absicht des Autors, 
jetzt eine neue Auflage des Werkes herauszugeben, fand sich, dass 
die Umänderungen, die die Disciplin durch die Fortschritte er¬ 
fahren, so bedeutende waren, dass nicht eine Umarbeitung, son- 

*) Vcrgl. diese Wochenschrift 1891, No. 49, p. 1334. | 


dern eine vollständige Neubearbeitung des Werks erforderlich wurde. 
Es muss rühmend hervorgehoben werden, dass die einschlägige 
Litteratur der verschiedenen Sprachen mit ausserordentlichem 
Fleisse berücksichtigt ist, und dass infolge dessen das Buch ein 
getreues Bild von dem heutigen Stande der Disciplin uns giebt. 
ö Das Buch zerfällt in drei Abtheilungen; die erste behandelt 
die Krankheiten der Nasenhöhlen, die zweite die des Nasen- 
Rachenraums, die dritte die äussere Chirurgie der Nase. In sehr 
ausführlicher Weise werden die Untersuchungsmethoden be¬ 
schrieben und durch gute Abbildungen illustrirt. Unter den zur 
Laryngo-Rhinoskopie verwendbaren Lichtquellen vermissen wir die 
Erwähnung des elektrischen Lichts. Bei der Beschreibung der 
Rhinoscopia posterior hätte der Verdienste Voltolinis um die 
Einführung des Gaumenhakens gedacht werden sollen. Wir 
erfahren, dass Desgranges schon im Jahre 1855, also in der 
vorlarvngorlnnoskopisehen Zeit, das später von Störk empfohlene 
Verfahren angegeben hat, ein Band durch die Nase durchzuziehen, 
um den Raum zwischen Velum und Pharynxwand zu erweitern. 
Verf. hält diese Methode auch jetzt noch für die beste. Er ver¬ 
wendet ein Band mit rauher Oberfläche, führt das eine Ende durch 
die eine Nasenöffnung bis an den Rachen, dann das andere Ende 
durch die andere Nasenöffnung; die beiden Enden werden vom 
Rachen nach vorn durch den Mund gezogen und entweder hinten 
am Nacken mit einander verbunden oder durch einen Assistenten 
gehalten. Gaumenhaken, Gaumenretractoren sowie alle complicirten 
Instrumente, bei denen Spiegel mit Retractor vereinigt sind, ver¬ 
wirft er als unpraktisch. 

So sehr wir damit einverstanden sind, dass Verf. der Patho¬ 
logie einen kurzen Abriss der Anatomie und Physiologie der Nasen¬ 
höhlen vorausschickt, so wenig begreifen wir, weshalb er in einem 
besonderen Kapitel eine Besprechung der histologischen, physio¬ 
logischen und pathologischen Verhältnisse der Schleimhaut im all¬ 
gemeinen bringt und in einem zweiten Kapitel die verschiedenen 
Theorieen über „Erkältung“ (taking cold) bespricht. Wir können 
den Verf. von einer unnöthigen Breite der Darstellung nicht frei¬ 
sprechen. Das Werk hat ohnedies einen Umfang erreicht, der 
seiner wünsehenswerthen Verbreitung unter den Aerzten hinderlich 
sein muss. Wozu dient in einem Lehrbuch der Nasenkrankheiten 
eine Beschreibung der laryngoskopischen Untersuchungsmethoden 
und der verschiedenen Beleuchtungsapparate, wozu die Beschreibung 
und Illustration der verschiedenartigsten Zerstäubungs- und Inhala¬ 
tionsapparate, von denen ein Theil nur noch einen historischen 
Werth hat, ein anderer bei der Behandlung der Nasenkrankheiten 
keine Verwendung findet. 

Im übrigen müssen wir bekennen, dass der Verf. überall auf 
der Höhe der Wissenschaft steht. Er beherrscht den umfangreichen 
Stoff vollkommen, verfügt über reiche Erfahrung, gute Beobach¬ 
tungsgabe und umfassende Litteraturkenntnisse. Wir können auf 
Einzelheiten des Werkes nicht näher eingehen, bemerken nur, dass 
der Besprechung der verschiedenen Behandlungsmethoden eine be¬ 
sondere Sorgfalt gewidmet ist. Neben der Lokaltherapie wird der 
allgemeinen Behandlung die nothwendige Berücksichtigung zu Theil. 
Eine besondere Bereicherung erhält das Werk durch den dritten 
Abschnitt, der die „äussere Chirurgie der Nase“ enthält. Ver¬ 
fasser versteht darunter alle diejenigen Operationen, durch welche 
ein grösserer Zugang zu den Nasenhöhlen oder dem Nasenrachen¬ 
raume behufs Entfernung von Tumoren erzielt wird, sei es, dass 
eine Spaltung des harten oder weichen Gaumens oder beider ge¬ 
macht war, sei es, dass eine Incision der äusseren Hautdecken 
allein oder mit nachfolgender Resection der Knochen erforderlich 
ist. Er beschreibt 33 verschiedene Operationen, die zu diesem 
Zweck empfohlen worden sind, und illustrirt dieselben durch eine 
Reihe von Holzschnitten und chromolithographischen Tafeln. 
Man kann darüber streiten, ob dieser Abschnitt überhaupt in 
ein Lehrbuch der Nasenerkrankungen gehört und nicht vielmehr 
den chirurgischen Lehrbüchern zu überlassen ist. Immerhin wird 
man zugeben müssen, dass die Darstellung eine äusserst instruc- 
tive ist. 

Wie man sieht, betreffen unsere Ausstellungen nur die äussere 
Form des Werkes, inhaltlich gehört dasselbe zu den besten, die in 
irgend einer Sprache über die Krankheiten der Nase und des 
Nasenrachenraums geschrieben sind. Wir empfehlen dasselbe den 
Specialisten. den Chirurgen und den Aerzten zum Studium aufs 
angelegentlichste. Die Ausstattung des Buchs ist eine ausge¬ 
zeichnete. 

Onodi, Die Nasenhöhle und ihre Nebenhöhlen. Nach 
anatomischen Durchschnitten in zwölf Tafeln dargestellt für Aerzte 
und Studirende. Wien, Alfred Hölder. Ref. Michael (Hamburg). 

Obgleich die letzten Jahre uns zwei vorzügliche Illustrations- 
worke über die Anatomie der Nasenhöhle beseheert haben, die 
photographischen Reproductionen von B. Fränkel und die illustrirtc 


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18. Januar. 

Anatomie der Nasenhöhle von Zuckerkandl, wird doch das vor¬ 
liegende kleine Buch vielen willkommen sein, besonders den prakti¬ 
schen Aerzten, welche keine Veranlassung haben, sich für die 
monographische Behandlung eines einzelnen Körpertheiles kostbare 
Specialwerke zuzulegen. Auf den zwölf Tafeln befinden sich ebenso 
viele sehr gut ausgesuchte Durchschnitte durch die Nasenhöhle 
und deren Nebenhöhlen. Dass die Bilder in der Ausführung leicht 
schematisirt worden sind, kann man als einen Vorzug bezeichnen, 
da die Übersichtlichkeit derselben dadurch entschieden gewonnen 
hat. Der Autor hat den Tafeln eine concinne und klare anato¬ 
mische Beschreibung der betreffenden Organe vorangeschickt. 

Avellis, Cursus der laryngoskopischen und rhino- 
skopischen Technik. 131 S. Berlin, Fischer’# medicinische 
Buchhandlung. Ref. Max Schaeffer (Bremen). 

Das vorliegende Buch von 131 Seiten mit 49 guten Abbildungen 
ist zunächst für den Studenten, in zweiter Linie für den Arzt 
bestimmt. In den Lehrbüchern kann die Technik nicht so aus¬ 
führlich besprochen werden, wie es für den Lernenden wünschens- 
werth ist. Der Student sollte das Uebrige in den Cursen lernen- 
doch lernt man da für gewöhnlich auch nicht zuviel, ist vielmehr 
auf späteres Selbststudium und Selbstlernen am Patienten ange¬ 
wiesen. Hier war eine Lücke in den Hülfsmitteln für den Lernenden, 
welche in ganz vorzüglicher Weise von dem vorstehenden Buche 
ausgefüllt wird. Man liest aus den vielen praktischen Winken, oft 
Kniffen, heraus, dass Verfasser bei einem unserer ersten Laryngo- 
Rkinologen (Dr. Moritz Schmidt) lange als Assistenzarzt thätig 
ist, fühlt aber gleichzeitig heraus, wie richtig Verfasser seinen Lehr¬ 
meister verstanden hat. Wie Verfasser selbst mit weitergearbeitet 
hat an der Vervollkommnung der Untersuchungsmethoden, zeigt er 
uns durch die Angabe einer solchen für die Larynx seiten wand, 
namentlich den Ventriculus Morgagni durch Seitwärts¬ 
beugung des Kopfes und Schiefstellung des Spiegels, und 
einer zweiten für die Rhinoscopia posterior mit stark nach 
vornübergeneigter Kopfstellung. Mit wirklichem Vergnügen 
hat Referent das Büchelchen gelesen; alles ist klar, leicht ver- I 
handlich dargestellt, und wusste Referent durchaus keine Aus- I 
Setzungen daran zu machen. Mit gutem Gewissen kann Referent j 
es allen empfehlen, welche sich mit der Laryngoskopie und Rhino- 
>kopie schon beschäftigen und noch beschäftigen wollen. 

£* e Untersuchung der hinteren Larynx wand. 

i'JVu i / TT Ab ! )ildun £eii im Text. Jena, Gustav Fischer. 
Ref. Michael (Hamburg). | 

.. ^ ^ erk bespricht in seinem ersten Theile die verschiedenen 
mehr oder weniger Erfolg gemachten Versuche, die hintere 
narynxwand zu beleuchten und zu besichtigen. Diese Partie des 
. • * f lst Y e S ea Direr Localisation bei Anwendung des Kehlkopf- 
egels an der üblichen Position bei nach hinten gebeugtem Kopf 1 
El*, ver ^ter Weise sichtbar. Durch Anwendung von 
Prismen hat man diesem Uebelstande abzuhelfen 
L h0f ^J lfaSS - bat nun mit Erfolg eine neue und einfachere ! 
Der Ar 7 t n /fT an ^’ u , m dle hintere Larynxwand sichtbarzu machen: 
vor ihm d? , ei ’-n k ! 1 . let vor dem mit stark herabgebeugtem Kopf 
die so en2Sp P f Bten und fübrt 80 den S P ie S e] ein. Durch 
möelich ^ ^? sl ^ lon 1 sverände rungen der hinteren Wand ist es 
Anzahl vnn* V^ 6 ?^ edc . derselben weniger verkürzt zu sehen. Eine 
Migrationen lÄ*® ? n ’ ln T dene11 68 möglich war, sonst verborgene . 
p rläateru den f L ^' llxwand zur Anschauung zu bringen, 

Ädt t i^^ en . Wepül dw Methode. Behufs Haftbar^ i 
übrigen? allp-pm^ 616 ^?^ 16611 der Tracllea empfiehlt Verfasser die 
weiteLeifi!r n r/ bh ^ e gerade Haltun g Kopfes. Die etwas 1 
erinnert «ehf an i 1 . at 2J n i®?h© und mathematische Auseinandersetzung 
^opie in denen f f ubl f atl0nea a « 8 den ersten Zeiten der Laryngo- 
quelle oder de< \v^l ? Ut ? r ’ T elcber eine Veränderung der Licht- 
dnandersetzun^en i.l 8 , d ? s La ryngoskops empfahl, seine Aus¬ 
fon Auserwählten ^lehrte, nur einer kleinen Gemeinde 

Hercchnuncen 7 ., ers J andkcke mathematische oder photometrische 
sprechen für «irh J 11 erstfitze “ pflegte. Werthvolle Methoden 
'wh so ereistrpif.iif !i? r ’ P r . aktisck unbrauchbare werden durch eine 
Zweifellos bildpt m . oretlsc he Begründung auch nicht besser, 
«bungsmethode eine'sehr T ° m X erf * sse i'. inaugurirte Unter- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


65 

zu folgendem Resum£: 1. Nach den klinischen Beobachtungen 
hingen .die Motilitätsstörungen des Gaumensegels mit Erkran¬ 
kungen im Gebiet des Vagus zusammen. 2. Aus den anatomischen 
und physiologischen Versuchen geht ebenfalls hervor, dass der Vagus 
als der ausschliessliche motorische Nerv des Gaumensegels angesehen 
werden muss 3. Die für den Levator veli palatini bestimmten 
motorischen Fasern verlaufen in den Nervenwurzeln des Vagus und 
auch der Ramus internus des Aecessorius muss anatomisch und phy¬ 
siologisch als zum Vagus gehörig betrachtet werden. 4 Die moto¬ 
rischen Levatorfaseru sind stets im Ramus plmryngeus vagi ent¬ 
halten und verlaufen in dem aus dem Plexus pharyngeus hervor- 
gehenden, hinter der Tonsille nach oben führenden Aste. 5. Der 
bacialis betheiligt sich nicht an der motorischen Versorgung des 
Gaumensegels und auch eine doppelte Innervation desselben’ 
näm ich durch den Vagus und zugleich den Facialis, muss aus¬ 
geschlossen werden. 6. Vaguslähmung kann aucli durch hyper¬ 
trophische Mandeln bedingt werden. 7. Parese des Velum infolge 
von Halsdrüsen und vergrösserten Tonsillen kommt häufiger vor 
als im allgemeinen angenommen wird. 8. Die Richtung nach 
welcher das Zäpfchen sieht, kann zur Bestimmung der gelähmten 
beite nicht verwendet werden, da es einmal nach der gesunden 
em anderes Mal hingegen nach der kranken Seite sieht 9 Nicht- 
selten ist Degeneration einer Hälfte des Musculus azygos uvulao 
vorhanden, so dass Deviation der Uvula auch bei ungestörter 
Nervenleitung stattfinden kann. 

Jos. Halbeis, Die adenoiden Vegetationen des Nasen¬ 
rachenraumes (Hyperplasie der Tonsilla pharyngoa) bei 
Kindern und Erwachsenen und ihre Behandlung. 52 S. 
j München und Leipzig, J. F. Lehmann. Ref. Max Schaeffer 
; (Bremen). 

An der Hand von 542 beobachteten Fällen schildert Verfasser 
in eingehender Weise diese Erkrankung. Bei der Aetiologie 
kommen alle durch die Erfahrung vieler Specialcollegen neuge- 
j Avonnenen Gesichtspunkte zum Vortrage. Beim Symptomencomplex 
sind namentlich die unangenehmen Folgen der Erkrankung für das 
! Gehörorgan, die Einwirkungen auf das Nervensystem (Aprosexia), 

| auf die Entwickelung des Thorax hervorgehohen.' Die Therapie der 
Erkrankung besteht auch nach Verfasser allein in der chirurgischen 
Entfernung derselben, und giebt Verfasser wie die Mehrzahl der 
Collegen dem Gottstein’schen Ringmessor den Vorzug vor anderen 
Instrumenten; ebenso spricht er sich gegen die Anwendung der 
Narkose bei der Operation aus und gesteht ihr die Berechtigung nur 
in Ausnahniefällen zu. Die Arbeit kann allen praktischen Aerzten 
aufs angelegentlichste empfohlen werden, damit die Diagnose der 
Erkrankung zu einer Zeit gestellt wird, ehe bereits bedeutendere 
Schädigungen des Gehörorganes und des AUgemeinbefindens Platz 
gegriffen haben. 

VIII. Journalrevue. 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infections- 
krankheiten. 

Hühner, Beitrag zur Lehre von den Wasserhacterien. 
Archiv für Hygiene Bd. IX, 4. Heft. 

Es war bekannt, dass die einem natürlichen Wasserlauf oder 
einem Brunnen entnommenen Wasserproben bei stunden- oder tage¬ 
langer Aufbewahrung eine von der Temperatur und anderen 
Factoren abhängige, mehr oder weniger starke Vermehrung der 
in ihnen enthaltenen Bacterien aufweisen, dass andererseits in 
einem nicht benutzten Brunnen der Keimgehalt ansteigt und höher 
ist, als w r enn bei reichlicher Benutzung desselben ein Ersatz seines 
Inhalts durch Nachströmen aus dem mehr oder w-eniger keimfreien 
Grundwasser stattfindet. Rubner wollte nun zunächst den Grenz¬ 
werth ermitteln, bis zu welchem sich die Keimzahl in einem sich 
selbst überlassenen, unbenutzten Kesselbrunnen vermehrt. Er führte 
diese Untersuchungen in einem im Keller des Marburger hygienischen 
Instituts gelegenen ausschliesslich diesen Versuchszwecken dienen¬ 
den Kesselbrunnen aus. Wider Erwarten ergab sich, dass in dem 
stagnirenden Brunnen während einer siebenmonatlichen Beobachtung 


___ ^ ^ die Keimzahl sich in den für ein stagnirendes Wasser von 9—10° C 

sköpi^xrrv 006 ein . e sehr ( l an kenswerthe Bereichening'der larvngo- sehr g erin gea Zahlen zwischen 800 und 1000 erhielt, ohne während 
Diagnostik. - j der Versuchsdauer eine Zunahme zu zeigen. Weitere Versuche 

erwiesen, dass es sich hierbei nicht etwa um einen stationären 
Zustand, sondern um ein labiles Gleichgewicht handelt, welches 
durch stete Vermehrung der Keime und stetes Niedersinken der¬ 
selben erhalten wird. Dies Sediment iren der Keime liess sich 
darthun durch den verschiedenen Keimgehalt in Gefässen, von 
denen das eine mit nach unten, das andere mit nach oben ge- 
^ener Beobachtung™ öcü r ifte ^ citirt — und an der Hand einiger I richteter Ooffnung im Brunnenwasser suspendirt wurde, w r obei in 
II,l( l *^oluuiumj en st . Erfasser die bisherigen Erfahrungen | letzterem die absinkenden Keime aufgefangen wurden. Dement¬ 
er seinen Gegenstand zusammen und gelangt sprechend enthielt denn auch der Bodenschlamm eine ganz ausser- 


klinische Stiidi^^^Q^ 6111 ^ 08611 des eichen Gaumens. Eine 
'Hamburg). w Seiten. 


Iß 


Wien, Alfred Hölder. Ref. Michael 


Benutzung einesgearbeiteten Monographie und mit 
P ? and über hundprf cTl ei ^i lcb gossen litterarischen Materials — 
«Buer ndert Schriften citirt - uu 


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66 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3 


ordentlich grosse Menge von lebensfähigen Keimen, und konnte 
durch Aufrtthren derselben eine excessive Steigerung der im Wasser 
enthaltenen Keimzahl horbeigeführt werden, welche sich erst all¬ 
mählich durch Sedimentiren wieder zurückbildet. In den tieferen 
Schichten des stagnirenden Wassers findet sich infolge des lang¬ 
samen Absinkens der Keime eine grössere Zahl von Keimen als 
in den oberen. (Bekanntlich ist schon von anderen Forschern das 
Sedimentiren der Bacterien zur Erklärung der Keimarmuth des 
Wassers grosser Seebecken herangezogen worden. Ref.) Durch 
besondere Versuche ermittelte Rubner das specifisehe Gewicht 
verschiedener Wasserbacterien, allerdings von Culturen, welche auf 
Kartoffeln gewachsen waren. Für die verschiedenen untersuchten 
Arten schwankte das specifisehe Gewicht zwischen 1,088—1,065. 
Die Abhängigkeit des Keimgehaltes im Brunnenwasser von der 
Menge der darin enthaltenen organischen Substanz, bezw. der 
Einfluss plötzlicher Verunreinigungen des Brunnens wurden geprüft 
durch Zusatz steriler Fleischextractlösungen in den Brunnenkessel. 
Eine auf diese Weise herbeigeführte nur geringe Vermehrung der 
organischen Substanz brachte eine zwar schliesslich vorübergehende, 
aber doch längere Zeit anhaltende, sehr beträchtliche Vermehrung 
der Keime zustande, welche jedoch nicht sofort, sondern erst 
einige Tage nach Einbringung der organischen Substanz zu Tage 
trat,. 0. Riedel (Lübeck). 

E. Leyden, Zur Niereuaffection bei der asiatischen 
Cholera. Zeitschrift für klinische Mediein 1893, XXII, 1—22. 

Aus der mikroskopischen Untersuchung von vier der Hamburger 
Epidemie entstammenden Nieren gewann Leyden folgende An¬ 
schauung über den Verlauf der Choleranephritis. Tritt der Tod 
sehr rapid, also innerhalb 24 Stunden, bei schon ausgesprochener 
Anurie ein, so ist die Niere klein und ohne Turgor, die Glomcruli 
sind ebenfalls klein und füllen die Kapseln straff* aus. Das Lumen 
der Canälchen ist eng. Tiefere anatomische Läsionen finden sich 
nicht. Bei etwas langsamerem Verlauf tritt Hyperämie der Niere 
ein. Die Epithelien der gewundenen Canälchen gehen in Coagu- 
lationsnekrosc über, in den Canälchen der Rinde und der Pyramiden 
liegen Cylinder und wenig körnig-amorphe Massen. Bei noch 
längerer Dauer wird die Niere blutig durchtrünkt und in die 
Malpighischen Kapseln wird ein seröses Transsudat ausgeschieden, 
das den Glomerulus halbmondförmig umfasst und eomprimirt. Auch 
die Epithelien sind zum Theil durchtränkt und geschwellt. In den 
Canälchen beginnt zugleich mit der Losstossung der Epithelien 
ihre Neubildung. Diese Losstossung nimmt späterhin noch zu. Die 
Zellen liegen massenhaft in den Kapseln und Canälchen, bis sie 
durch die wieder erwachende Secretion ausgestossen werden. Die 
Epithelien reponiren sich völlig, und auch die Nierenfunction stellt 
sich vollkommen wieder her. Tiefere, entzündliche Veränderungen 
in den Interstitien treten nicht auf. Sowohl der anatomische Be¬ 
fund, wie der klinische Verlauf ist hierbei ganz verschieden von 
dem Bilde der Nierenentzündungen bei anderen Infectionskrankheiten, 
hingegen bietet der mikroskopische Befund vielfach die Ueber- 
einstimmung mit den Nierenveränderungen, wie sie Litten durch 
zeitweise Ligatur der Nierenarterie zu erzeugen vermochte. Leyden 
führt daher die Nieronveränderungen nicht auf die Wirkung eines 
Choleratoxins zurück, sondern auf die starke Herabsetzung des 
Blutdruckes. Die Annahme wird gestützt durch den fast ganz 
negativen Befund an der Niere bei schnell eintretendem Tode, durch 
das Fehlen entzündlicher Veränderungen im interstitiellen Gewebe 
und den. Nachweis der Coagulationsnekrose an den Epithelien, die 
stets. bei der Nephritis im Verlauf anderer Infectionskrankheiten 
vermisst wird. Dass die Choleravibrionen, die Leyden selbst ' 
schon im Jahre 1866 mikroskopisch beobachtet hatte, giftige 
bubstanzen bilden, nimmt auch Leyden an. Toxische Symptome 1 
treten aber erst im zweiten Stadium der Cholera, dem Typhoid 
auf, beruhen aber hier zum Theil wohl auch auf Urämie. Leyden j 
prüfte noch speciell, ob der Choloravibrio im Darm eine chemische 
Substanz ausscheidet, die eine grosse Anziehung auf das Blut¬ 
wasser ausübt. Es liess sich aber bei mit Kommabacillen inficirter 
und nicht inficirter Nährbouillon keine wesentliche Attraction auf- 
nnden. 

Goldscheider, Bacterioskopische Untersuchungen bei 

«irÄStttÄ'"' 1 "*'"' ; 

Bei Anginen ohne Belag fand Goldscheider nur Staphylo- ! 
coecen, vorwiegend Staphylococcus albus. Unter den Anginen mit : 

eag gab es solche, die fast nur Staphylococcen, andere, die nur : 
Streptococcen zeigten, und endlich solche, mit Staphylo- und Strepto- 

nnH C( Q+ ZU f eiclL Es ^ ssen Slch also bacteriologisch Staphylococcen- ! 
und Streptococcenangmen trennen. Klinisch existiren in dem Aus- I 
Gelages in der Rachenhöhle keine durchgehenden ! 
Ui terschmde zwischen beiden Formen. Hingegen erfahren die 
k. ti eptococrenangmen emo längere Behandlung (12,6 Tage) gegen- 1 


über 9,2 Tagen boi der Staphylococcenangina, und es bleiben bei 
ihr durchschnittlich die Beläge einen Tag länger nachweisbar (4,6 
gegenüber 3,6 Tagen). Bei Combination beider Formen ist der 
Verlauf gleichfalls schwerer und langdauernder als bei einer Staphylo¬ 
coccen erkrankung. Ein wesentlicher Unterschied ist aber zwischen 
Staphylococcen- und Streptococcenanginen nicht zu constatiren. 

: Einmal bewirkte die gleichzeitige Gegenwart von Bacillen und Diplo- 
coeeen dicke, gelbe, ausgebreiteto, aber leicht abstreifbare Beläge 
ohne Fieber. Diphtheriebacillen wurden fünfmal nachgewiesen. 
Auch nach der Heilung bleiben die Bacillen noch längere Zeit im 
Mundo vorhanden und lassen nach längerer Entfernung antiseptische 
Gurgelungen empfehlenswerth erscheinen. Staphylo- und Strepto- 
, coecen kommen auch in der gesunden Mundhöhle vor. Die mehr¬ 
fach nachgewiesenen Pseudodiphtheriebacillon erzeugen nicht das 
[ klinische Bild der reinen Diphtherie, aber doch einen abnormen 
Verlauf mit Fieber und Drüsenschwellung. Durch Zusammenzüchten 
des Pseudodiphtheriebacillus mit Streptococcen gelang es nicht, 
ihm die Virulenz des Diphtheriebacillus zu verleihen. 

E. Sehrwald (Freiburg), 

Eugene Hodenpyl, Actinomycosis of the lung. Medical 
Record, 13. Deceinber 1890. 

Zwei Fälle von Actinomyeose der Lunge werden hier ver¬ 
öffentlicht als Arbeit für den Joseph Mat her Smith-Preis für 
1890. Der erstere betrifft eine junge Schwedin, welche sechs 
Monate hindurch gekränkelt und seit drei Wochen vor ihrer Auf¬ 
nahme acutere Symptome geboten hatte. Als deren wesentlichste 
werden Schmerz in der rechten Seite, Dyspnoe, Husten mit 
profusem fötidem Auswurf, Fieber, Nachtsehweisse, Blässe und 
Abmagerung genannt, während physikalisch ausgesprochene 
Dämpfung hinten rechts in der Mitte und zur Axillarlinie hin 
nachgewiesen war, welche an der Basis absolut wurde. Ueber dem 
Dämpfungsbezirk entstand später ein Abscess, aus welchem sich 
fast V 2 Liter Eiter entleerte. Patientin starb an Erschöpfung nach 
ungefähr fünf Monaten. Die Section ergab diffuse Pneumonie be¬ 
sonders rechts mit Eiteransammlung an der rechten Basis, von wo 
ein Gang nach dem Abscess am Rücken führte. Der Gestank war 
entsetzlich, ohne dass Gangrän vorlag. Mikroskopisch zeigten sicli 
die kleineren Bronchien abscessartig verändert, und darin wurde 
Actinomyces nachgewiesen. Der zweite Fall betraf ein 13jähriges 
Schulmädchen, bei dem äusserlich Abscesse auftraten, hier trat 
der Tod iu vier Monaten ein. Der mikroskopische Befund an den 
Lungen war ähnlich dem bei dem ersten der beiden Fälle. Ver¬ 
fasser verweilt bei den Symptomen, wie sie nach allen bisher ver¬ 
öffentlichten Fällen zusammengestellt sind, und indem er die 
Seltenheit der Hämoptoö hervorhebt, betont er nach anderen 
Richtungen die Aehnlichkeit dieser Fälle mit Tuberkulose. Das 
Vorkommen von Fötor ohne Gangrän sollte uns immer zu sorg¬ 
fältiger Untersuchung des Sputums veranlassen, da die Gegenwart 
des Actinomyces darin das einzige zuverlässige diagnostische 
Zeichen sei. Zum Schluss bringt Verfasser eine sehr umfangreiche 
Zusammenstellung aller Arbeiten über diese Krankheit. 

__ Predöhl (Hamburg). 

IX. Vereine und Oongresse. 

Niederrlieiiiisclie Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 
in Bonn. 

Sitzung am 15. Mai 1893. 

"Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo. 

1. Herr Ungar: a) Ueber Veränderungen der Nabelsohnur. 
b) Ueber einen Fall von Pneumonie nach. Trauma, 

Herr Schult ze bemerkt in der Discussion: In Uebereinstimmung 
mit dem Herrn Vorredner glaube ich auch, dass man ausser einer Con- 
tusion auch noch besondere Entzündungserreger für das Zustandekommen 
einer Pneumonie annohmen muss, die leichter im contusionirten Gewebe 
eindringen und haften können, als im gesunden Gewebe. Freilich kann 
man das Eindringen solcher Entzündungserreger von bestimmten Theüen 
des Körpers her oft nur vermuthen. Auch Eiterungen können auf 
diese Weise nach Contusionen zustande kommen, wofür folgender inter¬ 
essante Fall angeführt wird. Ein College kam mit einer starken rechts¬ 
seitigen Occipitalneuralgie in Behandlung. Später gesellten sich starke 
Kopfschmerzen. Somnolenz, verlangsamter Puls und Er¬ 
brechen in lang dauernden Anfällen hinzu. Es musste eiu Tumor cerebri 
angenommen werden. Da der betreffende College angab, er habe seine 
Occipitalneuralgie nach einem „Typhus“ bekommen, und da von einem 
Trauma nichts angeben wurde, so konnte ein Abscess nicht als irgendwie 
wahrscheinlich angenommen werden, zumal Fieber und jede Entzündung 
und Eiterung sonst im Körper fehlte. Indessen kam später heraus, dass 
der Kranke nicht lange vor seinem „Typhus“ von seinem Velociped 
heruntergestürzt war und nachher Erscheinungen von Gehirnerschütterung 
gezeigt hatte. Es sollte nunmehr doch bei etwaiger erneuter Ver¬ 
schlimmerung des Zustandes des Kranken zu eiuer Trepanation geschritten 
werden; da starb der Kranke ziemlich rasch. Die Autopsie ergab nun in 
der I hat einen Gehimabscess in der rechten Kleinhimliemisphüre. der 


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DEU TSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


18. Janua r. 

wahrscheinlich ohne Schaden hätte entleert werden können. Woher war 
nun die Eiterung gekommen, die sich auch in der Leiche nur im Klein¬ 
hirn und sonst nirgendwo vorfand? Auch von Tuberkulose war keine 
Spur nachweisbar. Da der Kranke früher eine Blennorhoea urethralis 
mit chronischem Ausfluss durchgemacht hatto. so lässt sich annehmen, 
dass von dieser Krankheit her noch Entzündungs- und Eiterungserre^er 
in den Siiften und im Blute circulirten, welche an der contusionirten 
Stelle nun jene verderbliche Folgeveränderung hervorriefen. Indessen 
mögen auch zufällig noch andere Entzündungserreger im Körper vorhanden 
gewesen sein; die Diagnose des „Typhus“ hatte ein anderer behandelnder 
College seiner Zeit nicht bestätigen können; er hatte an eine Meningitis 
nach dem Trauma gedacht. Ein weiterer Fall kam mir ferner vor einiger 
Zeit zur Begutachtung, welcher ebenfalls nicht ohne Interesse für die be¬ 
handelte Frage sein dürfte. Ein junger, vorher gesunder Mann stürzte I 
vom Velociped nnd erlitt dabei Contusionen der vorgestreckten Hand des 
einen Kmees und der Gegend des linken Jochbeines. 14 Tage nachher 
stellte sich, als der Kranke noch im Bette lag, eine Erkrankung ein 
welche als Pneumonie aufgefasst werden musste, später schlossen sich 
daran Erscheinungen von Lungenbrand an. welche schliesslich zum Tode 
führten. Verschiedene Vorgutachter meinten, es sei nicht denkbar diese 
(jangnin mit der Contusion in Zusammenhang zu bringen, zumal ia über 
schmerzen m der Brust nach dem Unfälle nicht geklagt worden wäre 
Man muss aber demgegenüber daran denken, dass bei einem Trauma oft 
nur che Hauptschmerzen angegeben werden, und deshalb möglicherweise 
der Brus schmerz weniger auffiel. Indessen ganz abgesehen davon musste 
memer Meinung nach auch an eine andero Möglichkeit gedacht werden 
namheh die, dass der Patient, bei seinem Falle mit dem Gesicht auf die 
btrasse Entzündungserreger besonders tief einathmen konnte, die allmählich 

5?elü hi 8e \b^ aild Mi g U ? d Ga *lo r ^ D führten, so dass man die Möglichkeit 
nicht m Abrede stellen kann dass der Fall doch mit der Pneumonie in 
\erbmdung zu bringen sei. Der Lungenbrand war übrigens durch die 
bection bestätigt worden; tuberkulöse Erkrankungsheerde fehlten. 


^ ?. err Schultze: Ueber Leukämie. Der Vortragende er- 

il iL U f ' d ? ejeU T g u ei1 Fä . Ile Ton Leukämie Bericht, welche er in 
den letzten vier Jahren m der medicinischen Klinik und in der 

dinÄ PraX,S be0 ^ acllte ? hat - Es ist dj e Zahl derselben aller- 
mafckn rS mdessen wurden die ^älle doch nach 

inte^ D P gen gGnauer studirt und zeigten manches 

^ewöMiÄlf ^ gaUZ v eD uin 13 Fälle ’ es überwog der 
m sS worn S • entsprechend das männliche Geschlecht, aber 
TL n ?• sieb ? n Männer und sechs Frauen. Vorherrschend 
und einmal Ti™*" 11 ^ h f” aleForm; eininal wurde ein e lymphatische 

Irgend eine «Reichende 
niemals 21, flLipn Erkraokung war trotz aller Aufmerksamkeit 
W ^ Man besc v huld i^ ja bekanntlich besonders als 
S on afX 6113 ’ >\ US ’ ebenso a » da ™ Infeetionskrank- 
ab6r bei unseren Fällen ™hts z « ^den: 
kulose, da ia der vS Worden ’ ferner ehlmal Tuber- 
hatte. Bei Syphilis kJ™ ^ -v a ? e ? de ^ Handgelenke bestanden 
Milztnmor e / in , ahnliches Bild entstehen, nämlich 

«mger Zeit JLl?l e i Uk °^ t0Se : wie . es von dem Redner vor 
sich' nicht • <fie Autonsi^ a Elue eigentliche Leukämie entwickelte 
Torbenen l W / ö< S ch info1 ^ ™ Misshandlung 

Lues und Milztumor mit*f &ab n G1 \ Diagnose entsprechend tertiäre 
^ibnpfve 0benfalls keine Leukämie. 

Klinik «iSrtärwÄ T Dr -. Eick «nbusch seinerzeit in der j 
zielen. Auch Pirrmont li 1GS ? f lcb e * ne Hebertragung nicht er- 
darauf besonderst *“ü? ^ ^ altor Malaria wurden in einem 1 
Wa,d ’a f " tereuthtcn Falle nicht vorgefunden. 
m kätifiKSten /nS 8 m mP o°. mC der Krankheit bctiiflt, so wurde 
linken untern Ban^h™ !i* r ^, c . lmerzcn und Druckgeföhl in der 
Lei manchen Kranken^° nd l mi 1 . m ^rechten Hypochondrium geklagt, 
^»iss sehr harmlos steh zunächst Verstopfung — ein 

vie häufig, ferner MmuSymptom —, in anderen Fällen, 
im Anfang der Kran^ edem an den Fussen und einmal 
Als ein ganz gewöhnlich . das .^ tene Symptom des Priapismus, 
ähnlich da.« Bestehpn • 68 wei ^ eres Symptom wird alsdann ge¬ 
geben. Der anämischen Aussehens des Kranken 

Mi besonders beton I ?, uss . nun na °b seinen Erfahrungen 

j 1 ! 1 ' Krankheit eine anämisch^ n l d ? n Tor g eschrit tenen Stadien 
haut e roUstiindi^ ^Beschaffenheit der Haut, und Schleim- 

Milztamor und mH nrtffhr 1 i^ n Erankei ' mit grossem leukämischem 
Klinik, dessen I innp 1C1 q j^Kämischer Blutveränderung auf 
'^sen Wangen eben faH o n ’ ^ C1 1 eimbäute £ anz r °th waren und 
,' zt f. n Stadium der Krnnti 01 ?^ 6 ! Böthe zeigten. Erst in dem 
butheh gewesen; in (]pn kl f eit lsb gewöhnlich wirkliche Anämie 
jdtfankiing ,] eutet . , , eisten and in den mittleren Stadien der 
Erkrankung hin “ h J? ^«toges auf die schwere Milz- und 
ÄUt wird. Eine ? de f we » en auch oft die Diagnose nicht 
, E Devi el stärkeres anam^ Che A Chlorose zeigt 8chon ihrem 
Leukämie. 1 m,scbes Aussehen als vorgerückte Stadien 

hat der \ ortragende ferner auf das 




. _ 67 

bekannt« Symptom des Sternalschmerzes fferieht.t ,,.„i,i • 

ÄÄÄrai »- 1 

ÄSTLt 

V eränderungen des Knochenmarkes überhaupt zu Schmerzen führen 

onnen wurde es bei diesem Erklärungsversuch schwer verständ 
lieh sem, weshalb nur so ausnahmsweise 

Weise veränTert^sT V0rk0mme "- daran Mark doch in gleicher 

Annn D fL ^ arfcra f ende fand nun, dass in seinen Fällen gewöhnlich 
dann dei Sternalschmerz vorhanden yvar, wenn zugleich^die Leber 
an f. es - C ^hwollen und druckempfindlich war. Bei Druck auf 
das Biustbem wird nun auch auf die Leber und auf die ebenfalls 
^drückt und dadurch wahrscheinlich 

sonders eine Vermehrung der Harnsäure. Herr Dr. Bokland 
\UthnT”’ d “ SS der , Thllt auoh bei Anwendung einwurfsfreier 
handen war'"* Vormehrun S der Harusäureaussolieidung vor- 

Ebenso wurde der respiratorische Gas Wechsel genauer uuter- 
sucht. Dabei hat sich nacii den Untersuchungen von Herrn Dr 
kWn.v geZ , ei?t ’ daSS , auch , bei stark vorgeschrittener Leukämie 
I» a \ e ln “ deru "ü “ der Aufnahmefähigkeit, fflr Sauerstoff und 
in der Abgabe von Kohlensäure vorhanden war; der respiratorische 
Gaswochsei war normal, oder sogar noch eher etwas erhöht, was durch 
Uebercompensation infolge häufigerer Athmuug erklärt werden kann 
berner waren einige der beobachteten Complieationen be- 
f*“" 11 ' Gewölinlich wird, wie in der letzterschienenen 
Arbeit von A. Hoffinann, behauptet, dass Störungen in der Harn- 
secretion selten sind. Der Vortragende konnte das fflr seine Fällo 
nicht bestätigen, da zunächst ein Patient über häufiges Wasser¬ 
lassen klagte, da ferner bei einem der Fälle ein zeitweiliges Auf- 
horen der Harnentleerung bemerkt wurde: ausser vergrössertcr 
Leber und Milz war noch eine stärkere umschriebene Resistenz im 
unteren Abschnitt des Abdomens nachzuweisen, so dass an Hydro- 
nephrose gedacht wurde, zumal auch bei der Katheterisation weniger 
Harn als normal zum Vorschein kam. Bei der Section wurde aber 
kerne Hydronephrose gefunden, sondern nur eine weisse Verfärbung 
der Niere, wie nicht selten bei der Leukämie. 

In einem anderen Falle trat das exquisite Bild einer Nieren¬ 
kolik ein, ohne dass Nierensteine früher constatirt werden konnten 
und ohne dass schon vor der Leukämie derartige Koliken bestanden 
hatten. Es musste aber auch an Nierenblutimg mit Gerinnsel- 
bildung in den Ureteren gedacht werden, da auch Blutkörpor im 
Harne zeitweilig nach dem Anfalle nachgewiesen wurden. 

In einem weiteren Falle war endlich das evidente Bild einer 
chronischen Nephritis mit Polyurie neben der Leukämie nacli- 
zuweiseD. 

Eine Complication anderer Art trat ferner bei einer zur 
Autopsie gekommenen Patientin ein. Es bildete sich nämlich an 
den varicös erweiterten Venen des Unterschenkels eine deutliche 
Phlebitis aus. Die geschlängelten Venen schwollen an und be¬ 
kamen zu beiden Seiten einen rothen Hof, sie waren ferner auf 
Druck schmerzhaft, und ihre Umgebung war deutlich infiltrirt. 
Zugleich bestand Fieber, welches keine anderweitige Ursache haben 
konnte. Die Section ergab in der That, Thrombosen iu den Venen 
und exquisite Phlebitis und Periphlebitis. 

Bei einer anderen Kranken kam eine andere Complication, 
nämlich ein richtiges Erythema nodos um am Unterschenkel zum 
Vorschein. 

Eine seltene Complication der Leukämie ist schliesslich der 
Priapismus. Zunächst waren bei einem der in der Klinik beob¬ 
achteten Kranken auffallend lang dauernde Erectionen unter 
Schmerzen während des Schlafens aufgetreten, schliesslich wurde 
die Erection permanent und dauerte sechs bis acht Wochen lang. 
Das Glied war stark vergrössert und auf Druck schmerzhaft. Als 
Ursache für diese Erscheinung können unmöglich Blutungen in die 
Umgebung der Corpora cavemosa in Betracht kommen, denn dann 
müsste sich irgend eine charakteristische Verfärbung gezeigt, haben. 
Eine Entzündung kann auch nicht Vorgelegen haben, da Fieber 
nicht bestand. Man hat in ähnlichen Fällen deswegen nervöse 
Einflüsse beschuldigt und eine permanente Reizung der Nervi 
erigentes angenommen. Aber es wäre jedenfalls sehr sonderbar, 
dass gerade diese Nerven allein bei der Leukämie betroffen werden 
sollten und noch dazu in der Form einer chronischen Reizung. Der 
Nervus acusticus wird ja beispielsweise auch gelegentlich bei der 
Leukämie betroffen, so dass Schwerhörigkeit eintritt, ferner treten 
zuweilen leukämische Neuritiden sonstwo auf; es handelt sich aber 
dabei stets um Lähmungserscheinungen und gewöhnlich um schwere, 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


irreparable Störungen mit groben Veränderungen der Nerven. Davon 
kann aber bei den Nervi erigentes nicht die Rede sein. 

Am wahrscheinlichsten verhält sich die Sache wohl so, dass 
bei irgend einer der normalen Erectionen das Blut entsprechend 
seiner veränderten Beschaffenheit nicht mehl* aus den Corpora 
cavernosa herauszufliessen vermag, sondern gerinnt. 

Es handelt sich somit um eine richtige Thrombose mit 
Schwellung und Schmerzhaftigkeit, gerade wie bei den gewöhnlichen 
Thrombosen in den Venae femorales, und es erklärt sich damit 
auch die völlige Heilbarkeit des pathologischen Zustandes. 

Die Therapie bei der Leukämie ist bekanntlich ziemlich 
trostlos. Heilungen in frühen Stadien der Krankheit werden aller¬ 
dings ja berichtet. Der Vortragende hat sowohl bei lymphatischer 
als auch bei lienaler Leukämie Arsenik angewandt und hat ein¬ 
mal zeitweilige Verkleinerungen der Lymphdrüsen sowie Besserung 
constatiren können. . . 

Im Jahre 1889 wurde eine Methode von Kirnberger in Mainz 
veröffentlicht, die darin bestand, dass Sauerstoffinhalationen ange¬ 
wandt wurden. Bei der Begründung dieser Therapie war. man 
offenbar von der Ansicht ausgegangen, es würde wegen der geringen 
Anzahl der rotlien Blutkörper Sauerstoff in geringer Menge aufge¬ 
nommen, und es müsste deswegen eine grössere Menge zugeführt 
werden. Herr Dr. Bohl and hat jedoch, wie schon bemerkt, nach¬ 
gewiesen, dass auch bei vorgeschrittener Leukämie noch genug 
Sauerstoff absorbirt wird, so dass von vornherein jene Methode 
nicht allzuviel Vertrauen einflösst. Da jedoch Probiren über 
Studiren geht, und da Kirnberger sowie später Herr Dr. Pietz er 
über gute Erfolge berichteten, hat der Vortragende ebenfalls diese 
Methode anwenden lassen. Die betreffenden Kranken gaben aller¬ 
dings Besserung an; indessen war dieselbe nicht von Dauer und 
ist wohl auf Suggestion zurückzuführen. 

Eine Operation wurde niemals gemacht, da dieselbe stets den 
Tod herbeigeführt hat, ausserdem auch die Veränderungen der 
lieber nicht beseitigt und somit geradezu als Kunstfehler betrachtet 
werden muss. 

Sitzung am 12. Juni 1898. 


angab dass in einem früheren Stadium der Krankheit die Knöchel¬ 
gegend so angeschwollen war, dass keine Schuhe mehr angezogen 

werden konnten. _. , , , , 

Angesichts dieses Befundes muss wohl gefolgert werden, dass 
ausser der Sclerodermie ein centrales Nervenleiden besteht; denn 
eine periphere Neuritis lässt sich nicht annehmen, da ja keine 
Schmerzen bestanden, die Reflexo normal oder gar stark erhöht 
sind; die Sensibilität ist allerdings etwas verändert, aber nicht 
hochgradig, und zwar in eigenthümlicher Weise so, dass am linken 
Beine eine partielle Empfindungsschwäche bestand. Auch die 
Blasen- und Mast darmstör ungen, welche früher vorhanden waren, 
sprechen gegen eine Neuritis. 

Ob nicht noch eine gewisse Atrophie und einfache Degeneration 
der peripheren Nerven daneben besteht, ist schwer zu sagen, aber 
bei der langen Inactivität durchaus nicht unwahrscheinlich. 

Da weiterhin stärkere Schmerzen in der Rückengegend und 
ebenso Gürtelgefühl fehlen, da ferner die Sehnenreflexe vorhanden 
sind und an den Wirbeln keine Anomalie sich zeigt, so ist man 
nicht berechtigt, anzunehmen, dass seitens der Wirbel irgendwo 
ein Druck auf die Medulla spinalis stattgefunden hat. Es fehlt 
zudem jeder Anhaltspunkt für die Annahme einer Tuberkulose, 
Carcinomatose oder ein Trauma. 

Da ferner die Arme, die Pupillen, die Augen und ihre Muskeln 
in jeder Beziehung normal sind, so ist auch von einer multiplen 
Sclerose abzusehen und die Diagnose auf eine chronische Mye¬ 
litis dorsalis zu stellen, die möglicherweise mit Lues zusammen¬ 
hängt, welche der Mann der Kranken gehabt haben soll. 

An eine Syringomyelie wäre vielleicht wegen der partiellen 
Empfindungsparese zu denken; indessen spricht die Localisation 
der Lähmung, der bisherige Verlauf der Erkrankung, der Mangel 
der fibrillären Zuckungen in den Muskeln dagegen. 

Es fragt sich nun, wie sich die gefundene Sclerodermie zu 
der Myelitis verhält. Dass ein rein zufälliges Zusammentreffen 
I vorliegt, ist nicht anzunehmen, da gerade innerhalb der gelähmten 
! Partieen sich die Hautveränderung zeigt, wenn auch andererseits 
! sich Myelitis sonst kaum mit Sclerodermie verbunden zeigt. Nur 
| bei der Syringomyelie können partiell ähnliche Zustände vor- 


Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer Herr Leo. ■ 

1. Herr Peters: Ueber die Wirkung des Scopolamins bei j 
Augenerkrankungen. (Die Mittheilung wird in extenso in dieser 
Wochenschrift erfolgen.). 

Discussion: Herren Schultze. Peters, Lieb mann. 

2. Herr Schultze: Ueber einen Fall von Sclerodermie bei 
Myelitis dorsalis. Im December 1892 wurde eine Kranke in die 
Klinik aufgenommen, welche angab, bis vor drei Jahren gesund 
gewesen zu sein: darauf habe sie Druck und Schmerzen in der j 
Lebergegend und im Magen verspürt, alsdann sei die grosse rechte i 
Zehe steif geworden, ebenso das rechte Knie und die rechte Hüfte. 
Ferner seien Schmerzen im rechten Bein dazugekommen. Nach 
einigen Monaten sei auch das linke Bein steif geworden. Die 
Kranke konnte ohne Hülfe nicht mehr gehen. Bemerkenswerth ist, 
dass einige Monate nach Beginn der Krankheit Blasenstörungen 
eintraten, die später wieder schwanden. Es bestand Incontinenz, 
und auch der Stuhl erfolgte nur zweimal in der Woche. Als man 
die 29 Jahre alte Patientin zuerst sah, war in erster Linie die 
grosse Steifigkeit der unteren Extremitäten auffallend, welche aber 
von der gewöhnlich bei spastischer Paralyse vorhandenen abwich. 
Besonders liess sich bei der Untersuchung der Sehnenreflexe zu¬ 
nächst nichts Abnormes bemerken, später aber zeigte sich doch, 
dass, wenn man die Steifigkeit im Fussgelenk überwand, bei der 
Dorsalflexion Fusszittern, beliebig lange dauernd, zustande kam. 
Patellarreflexe vorhanden, aber nicht erhöht. Ferner waren auch 
massige Sensibilitätsstörungen vorhanden, und zwar Herab¬ 
setzung der Schmerz- und Temperaturempfindung an der Haut des 
linken Unterschenkels, während die Berührungsempfindlichkeit 
normal erschien. In der linken Glutaealgegend eine sehr tiefe 
Decubitusnarbe. Das Gehen nur an zwei Krücken mit Mühe 
möglich; die Muskeln atrophish, elektrisch weniger erregbar, aber 
ohne Entartungsreaction. 

Das Auffallendste ist aber folgendes: Besonders an den ab¬ 
hängigen Stellen der ganzen Unterextremitäten, besonders in der 
Gegend der Achillessehnen und der Kniekehlen, war die Haut 
straff und nicht abhebbar, sie bot völlig die Beschaffenheit 
wie bei Sclerodermie; sie ist glatt und etwas glänzend, aber ohne 
abnorme Pigmentirung. 

Wenn auch bekanntermaassen die Haut an den genannten 
Stellen überhaupt fester aufsitzt, als an andern Stellen, so war 
doch das Verhalten in unserm Falle ganz pathologisch, besonders 
auch gegenüber anderen Kranken mit Paraplegieen. Man hatte 
durchaus den Eindruck, als ob schon die Veränderung der Haut 
allein einen Theil 'der vorhandenen Steifigkeit bedingen könnte. 
Von Oedem war nirgends etwas zu finden, wenn auch die Kranke 


kommen. 

Bei der früheren Besprechung der Sclerodermie in unserer 
Gesellschaft habe ich mich dahin ausspreclien müssen, dass man 
nicht berechtigt ist, einen direkten nervösen Einfluss anzunehmen. 
Bekannt ist aber, dass die gewöhnlichen Sclerodermieen sich nicht 
selten nach Oedemen entwickeln, und auch in dem besprochenen 
Falle muss man daran denken, dass die ödematöse Durchtränkung, 
welche vorher bestand, eine gewisse Rolle gespielt hat, wenngleich 
Oedeme allein zur Erklärung der Krankheit auch wieder nicht ge¬ 
nügen ; denn Leute mit Hydrops haben wohl oft eine härtere Haut, 
die sich auch weniger leicht abheben lässt, aber so starke Ver¬ 
änderungen wie bei unserer Kranken sind doch selten, und wir 
haben sie speciell bei mehreren jüngeren Kranken mit Paraplegieen 
und Oedemen der Unterextremi täten nicht nach weisen können. 

Es spricht aber die Unabhängigkeit der Sclerodermie von 
dem Ausbreitungsbezirke einzelner Nerven sowie die Localisation 
der Erkrankung an den Prädilectionsstellen des Anasarca in un¬ 
serem Falle durchaus für den Zusammenhang beider Erkrankungen. 

Möglicherweise hat sich dann — in Anbetracht der nicht 
unwahrscheinlichen Lues — eine Erkrankung der Hautgefässe 
dazugesellt, welche ihrerseits wie in anderen Fällen ohne Myelitis 
und ohne nachweisbare Veränderungen der Nervensubstanz das 
Zustandekommen der Sclerodermie in den besonders stark ödema- 
tösen Partieen der Haut bewirkt hat. 

3. Herr Trendelenburg: Demonstrationen: a) eines 
Falles von Exstirpation einer Niere; b) eines trepanirten 
Patienten; c) einer aus einem Magen extrahirten Gabel. 

Discussion: Herren Hummelsheim, Schultze, Trendelenburg. 


Naturwissenscliaftlich-medicinischer Verein in Strassburg. 

Medicinische Section. 

Sitzung am 10. October 1893. 

Vorsitzender: Herr Hoppe-Seyler; Schriftführer: Herr Kuhn. 

Herr Schwalbe: Ueber Zahnentwickelung und Bahn¬ 
wechsel: Angeregt wurde der Redner zu einer kritischen Be¬ 
sprechung der verschiedenen Dentitionstheorieen durch eine in¬ 
teressante Zahnanomalie, welche er hei einem drei Tage alten 
K inde am linken Oberkiefer antraf. Bei vollständig normaler una 
gleicher Beschaffenheit der Alveolen rechts und links enthielt die 
Alveole des rechten medialen Incisivus die normal gestaltete Krone 
des Incisivus I der ersten Dentition; die hintere Ausbuchtung 
dieser Alveole, in welcher der Ersatzincisivus zur Entwickelung 
kommt, enthielt noch kein Zalmscherbchen. In der Alveole des 



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18. J anu ar._ _ 

linken Incisivus I fand sich nun ein merkwürdiger Doppelzahn, 
bestehend aus der vollständig normal beschaffenen Krone eines 
medialen Incisivus und einem kegelförmigen hinteren (lingualen) 
Xebenzahne, welcher mit ersterem durch eine niedrige Dentinleiste 
einheitlich verschmolzen war. Der Incisivusbestandtheil dieses 
Zahnes nahm genau den Raum ein, welchen rechts die normale 
Incisivuszahnkrone beanspruchte, während die kegelförmige Neben¬ 
krone in der hinteren (lingualen) für den Ersatzzahn bestimmten 
Abtheil ung der Alveole gelegen war, den Raum dieses Reeessus 
ausfüllend. 

Der Vortragende deutet nach allem diesen Doppelzahn als aus 
einer Verschmelzung der Krone eines normalen Milchincisivus mit 
der partiell vorzeitig entwickelten Krone seines Ersatzincisivus 
herrorgegangen. Es liegt hier also der Fall vor, dass ein Zahn 
der ersten Dentition mit dem entsprechenden der zweiten 
sieh zu einem Doppelzahn vereinigt hat. 

Der Vortragende sieht in diesem Fall zunächst eine Bestäti¬ 
gung der Ansicht von Rose, Kükenthal u. a., dass Zähne mit 
complicirter Krone, die Prämolaren und Molaren des Menschen, 
durch eine Verschmelzung von kegelförmigen Einzelzähnen ent¬ 
standen seien. Er spricht sich ferner für die Meinung von 
Kükenthal aus, dass die Molaren beiden Dentitionen ent¬ 
sprechen, und deutet speciell die äussere (labiale) Höckerreihe der 
Molaren als Kegelzälme der ersten Dentition, die innere (linguale) 
Reihe als Kegelzähne der zweiten Dentition. Die erste Dentition 
des menschlichen Gebisses würde also nach dieser Ansicht um¬ 
fassen die Milehincisivi und Canini und die äussere Reihe der 
Höcker der Milch- und bleibenden Molaren, die zweite Dentition 
dagegen die Ersatzincisivi und Canini, sowie die innere Reihe der 
Höcker der Milch- und bleibenden Molaren. Eine Schwierigkeit 
bereiten hier die Prämolaren der bleibenden Dentition. Der Vor¬ 
tragende hält es für höchst wahrscheinlich, dass auch diese letz¬ 
teren deren Krone ja ebenfalls aus getrennt entstehenden inneren 
und Süsseren Kegelhöckern zusammengesetzt ist, ebenfalls beiden 
lMimionen entsprechen, aber infolge einer Raumbehinderung früh- 
T'.k’u! 11 1 x n e , rs *i eri Anlagen in die Tiefe gedrängt wurden und 
deshalb erst nach xAusfallen des Milchmolaren hervortreten konnten, 
tur diese bleibenden Prämolaren würde also die Baume’sche 
neorie der Dentition ihre volle Berechtigung haben. 

eohrribi^ v ® n ® au “ le » Zuckerkandl, Röse u. a. beschriebenen 
v!r f Zah ü ru ^nte des Menschen betrifft, so erinnert der 
nac^n!d e n*a Be ® ba , chtun ^ n von Leche, welcher bei Eri- 
cehendpn n l f ( ?. e .l )bys Anlagen einer dem Milchzahngebiss vorher- 
\nl a /pn i• T , gefunden hat - Die betreffenden rudimentären 
Müden !!vf\ abl ^ Wärt t VOn den Milchzähnen; in analoger Lage 
so dass j p aber dle . s jbmelzlosen Zahnrudimente des Menschen, 
bilde eüier dpr 6 \n\ 6 T ht unberech % t erscheint, dass diese Ge- 
Mgehören Dlchzahngeneration vorausgehenden Dentitionsreihe 

Sitzung am 24. November 1898. 

Toni Spricht 0ber ^ Wirkung des Labyrinth- 

finfiii kleinen Annüf d ? s Muskels. (Demonstration.) An 
art wS\ ApParat T lr - d e,n Frosch in vertikaler Stellung der- 
den frei hfrahhän™'' , auf p‘“ er Sta »ge gewissermaassen reitet. Mit 
ünabhäne-io- von gend ®. n Be J. nen T sind zwei Hebel verbunden, welche 
aufzeichnen Bi, d ! e Bew ^ngen der Beine als Curven 

in einer erhoheiiA^ofl werden durch Gewichte beschwert und dann 
dieser Höhe herahfai? te UDg . f ® st K ebalten - Lässt man sie nun von 
08 entsteht dm-Dfc « fl eben s * e plötzlich an den Beinen, und 
welche der Vnrtra ^ B ^ r astlcl ^ t der Beinmuskulatur eine Curve, 
c 'urve ändert sieh fn 11 ^ Zl }£ cu . rv ® nennt. Die Gestalt dieser Zug- 
Labyrinthe an d Q£!0 cbara kteristischer Weise nach Zerstörung der 
nnthe oder einas m il n aUS der Lurve das Fehlen beider Laby- 
2 jf emes Selben entnehmen kann. 

° y8te ^ ^teMoheniels^ 0 * 1 * Öb6r traumatische Lymph- 
Discussion betheiligt sich Herr v. Recklinghausen. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Herr P SitZUng am 8 - Lecember 1893. 

Jknd der Lehre e « en Leberblick über den gegenwärtigen 

Erklärung der vensphi ^ ^ 0 “ 0rrl10 ® beim Weibe und hebt zur 
Lfantilismus o- Pn Jt r flen .^rnn^heitsbilder besonders die durch 
Position zu schSl gegebene individueUe Prä- 

schwerer Erkrankung hervor. 


_____ 69 

X. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Die städtischen Heimstätten für Genesende bei Berlin. 

M»k Jw 

Verfahren, behandelt worden sind, und bei denen 
zu einem gewissen Stillstände gekommen ist, um ihnen dort Gelegenheit 
hfiLL eiteren Erh ?i U u g u T ? d Kräftl g^g durch Gewährung reichlicher und 
^!=n^ S T aU ^ geW lh J ter verbunden mit beständigem Aufenthalt in 
.süchtte^ i ZU A eben ' fS- S ° leU bi erdurcl1 die besonders durch Schwind- 

mtbSS ! e , daSte i Cn städtischen Krankenhäuser von solchen Patienten 
entlastet werden, dio nicht mehr als Gegenstand der klinischen Kranken¬ 
pflege zu betrachten sind. Soweit die Raumverhältnisse es gestatten 
Ä- U k ed0 v h a l lcbPersonen aufgenommen werden, die in anderen nU 
städtischen Krankenhäusern oder in freier Pflege behandelt worden sind 

, „ J ^ as Heimstattenetablissement besteht aus: 1) dem Heimstätten. 
ranm Ud S H d ®m Waschhause mit Desinfectionsanlage, Leichen- und Secir- 
raum, 3) dem Filtergebaude mit Pumpenanlage, 4) den Wohnräumen für 

dl6 S DflI e H e - m 'rtt - den im ? utshause ’ 5 ) dem Pa rk mit Trockenplatz, 
hat pJ™ Heimstuttengebäude mit seinem otwa 40 m breiten Vorgarten 
hat eine Länge von 82 m und eine Tiefe von 13,50 m bezw. 15.58 m. 
Es gliedert sich in einen Mittelbau mit drei Geschossen und zwei Flüeel- 
oauten mit zwei Geschossen und ist an den Schmalseiten mit zwei Ve¬ 
randen und an der Hinterfront mit zwei Wandelbalmen versehen, durch 
Sf 1 PAhh ian d -f 6kt de S- A “staltspark gelangt. Das Gebäude ist massiv 

Hnlfppnw i Tt r ° the I Tf bl0 r? dU A ng gestellt ,md mit überstellenden 
Holzcementdächern gedeckt. Die Aussenwände und das Dach sind ausser- 
dern mit einer Luftisolming versehen, das Untergeschoss ist mit Stampf¬ 
betongewölben überspannt. Die Heizung und Lufterneuerung erfolgt durch 
eine Dampfniederdruckheizung mit zwei getrennt liegenden Dampfkesseln 
und einer \entilationsanlage; nur fünf Wohnräume im Untergeschoss 
werden mit Kachelöfen geheizt, 

• n m ? ber ' u , nd Hauptgeschoss befinden sich im Mittelbau das Vestibül 
ein L/orridor, das Aufnahmebureau, zwei Schwesternzimmer und zwei 

« ?r e wn me ’ , H !?’ ran schliessen sich in jedem der beiden Flügelbauten, 
östlich für männliche, westlich für weibliche Pfleglinge, zwei IsolirzimnW 
mit je zwei Betten, zwei grosse Schlafsäle mit 25 bezw. 19 Betten und 
ein Speise- bezw. Aufenthaltsraum für die Pfleglinge bei Tage Aus 
diesen gelangt man durch Schiebethüren in die Veranden und von dort 
\UAn q} i em Froitreppon in den Park und die überdachten 

Wandelbahnen. Die Schlafsäle habon eine Länge von 11,87 bezw. 814 m 
eine Tiefe von 12,40 m und eine Höhe von 5,17 m, so dass also auf 
jedes Bett ein Luftraum von etwa 30 cbm kommt. Es ist hierbei zu er¬ 
wägen, dass die Schlafräume nur des Nachts und nur von wenigen Pfleg¬ 
lingen auch einige Tagesstunden benutzt werden. Im dritten, nur über 
dem Mittelbau liegenden Geschoss befinden sich an einem Corridor zwei 
Räume zur Aufbewahrung der Wäsche, das Laboratorium, ein Untersuch- 
ungszimmer für den Arzt, und ein zur Zeit noch disponibles Wohnzimmer. 

Die äussere bauliche Ausstattnng der Anstalt ist einfach, aber würdig 
gehalten. Die Küchen- und Baderäume sind in Oelfarbe, alle übrigen 
Räume in Leimfarbe gestrichen. Die Schlafräumo haben in Paneelhöhe 
Emailanstrich, die Speisesäle Holzpaneele erhalten. Die Wasserversorgung 
erfolgt durch einen auf dem Gutshofe gelegenen Brunnen. Um dieses 
Wasser von seinem nicht unbeträchtlichen Eisengehalte zu befreien, war 
es nöthig, eine Filteranlage nach dem System Piefke herzustellen, wie 
sie bereits in den Heimstätten zu Blankenburg und Heinersdorf vorhanden 
sind und sich bewährt haben. 

Die Kosten für den Bau des gesammten Heimstättenetablissements, 
m denen auch die für die Herstellung einiger Umbauten von Beamten- 
wohnungen, Renovirung des Parks u. s. w. enthalten sind, betragen 
187951,66 Mark, die für die Beschaffung des Inventars 56706.79 Mark. 
Die Gesammtkosten belaufen sich also auf 244658,45 Mark. Die Anstalt 
bietet Raum für 48 männliche und 48 weibliche, zusammen für 96 Pfleg¬ 
linge. Die Gesammtkosten für ein Bett belaufen sich also auf 2548,53 Mark. 

Die Verwaltung der neuen Heimstätte ist. abweichend von den übrigen 
Heimstätten wegen der fortwährenden Beaufsichtigung, deren die Pfleg¬ 
linge hier bedürfen, und da die Verhältnisse hier schon mehr denen eines 
Krankenhauses ’ ' 1 ’ 


-- ähneln, einem Arzte und einer Schwester des Victoria¬ 
hauses für Krankenpflege übertragen worden. Die Oberleitung des ge¬ 
sammten Betriebes und die Vertretung der Heimstätte nach aussen erfolgt 
durch den Arzt, der auf dem Gute Dienstwohnung erhalten hat, um be¬ 
ständig für den Dienst in der Heimstätte zur Verfügung zu sein. Dio 
Administration findet jedoch selbstständig und unter eigener Verantwortung 
durch die leitende Schwester, der zu ihrer Unterstützung sowie zur Pflege 
der Patienten noch einige Schwestern beigegeben sind, statt. Für den 
Betrieb der Heimstätte ist eine besondere Geschäftsanweisung erlassen, 
deren Bestimmungen sich im wesentlichen an die Grundsätze für die Ver¬ 
waltung der übrigen Heimstätten anschliesst. Die Kosten für die Ver¬ 
pflegung einer Person befragen für alle Heimstätten gleichmässig 
zwei Mark für den Tag. 

Die Heimstätte wurde Mitte October 1892 zur Belegung fertig. Die 
ersten Pfleglinge gelangten am 24. October 1892 zur Aufnahme. Die 
Frequenz entwickelte sich anfänglich nur langsam, aber doch stetig, und 
erreichte bis zum Schlüsse des Berichtsjahres wenigstens auf der Männer¬ 
abtheilung eine Höhe, die erwarten lässt, dass die Zahl der hier zur Ver¬ 
fügung stehenden Betten bald nicht mehr hinreichen wird, um dem Be¬ 
dürfnisse zu genügen. 

Der Betrieb der Heimstätten für Genesende in Blankenburg und 
Hemersdorf gestaltete sich in dem Berichtsjahre in gleicher Weise wie 
in den Vorjahren. 


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Original frorn 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIFT, 


No. 3 


Die Heimstätte für genesende Wöchnerinnen zu Blankenfelde hat 
immer noch nicht den Zuspruch gefunden, der bei ihrer Errichtung erhöht 
•wurde, obgleich die Erfolge an den dort bis jetzt verpflegten Wöchne¬ 
rinnen sehr günstig waren und das Bedürfniss für eine solche Anstalt in 
Berlin nicht zu verkennen ist. . , 7J , , 

Gewöhnlich ist die Aufnahme von Wöchnerinnen an der Kosten- 
zahlungsfrage gescheitert, da die Krankenkassen es bisher grundsätzlich ab- 
crelehnt haben, die Kosten für die Pflege reconvalescenter Wöchnerinnen 
zu zahlen, aus eigenen Mitteln die Wöchnerinnen aber hierzu nicht in 
der Lage sind. Bei den verheirateten Frauen kommt noch der Umstand 
hinzu, dass diese schwer auf mehrere Wochen von ihrem Haushalteab- 
kömmlich sind, da der Mann für eine geeignete Vertretung seiner Frau 
in der Wirtschaft nicht zu sorgen vermag. Durch mehrere, namentlich 
im vorigen Jahre eingerichtete Stiftungen in Verbindung mit dem all¬ 
jährlich durch den Stadthaushaltsetat zur Verfügung gestellten Betrag 
'von 2000 Mark für jede Heimstätte ist aber das Curatorium m die Lage 
versetzt, in grösserem Umfange Freistellen auch an bedürftige Wöchne¬ 
rinnen geben zu können, als dies bisher möglich war. 

Belegung: Zur Verfügung standen in Blankenburg 70, in Heiners¬ 
dorf und Blankenfelde je 60 und in Malchow 96, im ganzen also 
286 Betten. _ - 



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Bestand Ende März 1892 . . 

31 

_ 

_ 

25 

7 

5 

_ 

— 


Aufgenommen wurden 1. April 
1892/93 . 

386 

4 

_3 

462 

28 

21 

81 

79 

|ll 

Also im ganzen verpflegt . . 

417 

4 

3 

487 

35 

26 

81 

79 

In 

Zur Entlassung kamen . . . 

394 

4 

_3 

472 

35 

26 

81 

39 

1 6 

Im Bestände blieben Ende März 
1893. 

23 

j 

j 

- 

15 

- 



40 

js 


lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes gegebenen Zahlenübersicht 
sind folgende Daten hervorzuheben: Gubemien Plock 3. bis 9. December 
19 (21) Radom desgl. 39 (22), Lomza 10. bis 16. December 5 (2), 
Suwalki 3. bis 9. December 19 (9), Wilna 10. bis 16. December 5 (3). 
Wolhynien 26. November bis 9. December 53 (30), Bessarabien 
25 November bis 6. December 28 (7), Kiew 19. November bis 3. De¬ 
cember 56 (20), Woronesch 22. November bis 3. December 21 (15), 
Tschernigow 26. November bis 3. December 55 (26), Kasan desgl. 
22 (10). Saratow 5. November bis 2. December 47 (24), Kars 29. No¬ 
vember bis 5. December 16 (9) Erkrankungen (Todesfälle). Sperling. 


Zur Influenzaepidemio. 

Die grösseren deutschen Städte weisen in der letzten Jahreswoche 
fast durchgehende einen weiteren Rückgang der allgemeinen Sterblichkeit 
auf. So im Osten Königsberg (26,8), Danzig (30,0). Elbing (24,0). 
während Bromberg eine Steigerung (17,7, 26,0, 29,5) zeigt. Stettin, 
Rostock, Lübeck, Bremen, Hamburg, Altona, Kiel haben 
niedrige Sterbeziffern. Für Berlin betrug dieselbe 20,0, trotzdem noch 
20 Influenzasterbefälle gemeldet wurden, für Potsdam dagegen 30,8, in 
der Vorwoche 35,4. Von den westlichen Städten hat sich der Zustand 
in Bonn (28,6), Remscheid (26,2), Dortmund (23,4) wesentlich ge¬ 
bessert, Münster hatte noch eine Sterblichkeit von 30,0 gegen 38,9 und 
40,9 in den Vorwochen. In Baden ragt Freiburg (36,2) durch hohe 
Sterblichkeit hervor, sonst in Süddeutschland noch Stuttgart, während 
München, Augsburg, Würzburg, Mülhausen niedrigere Sterbe¬ 
ziffern aufweisen. Influenzatodesfälle wurden aus folgenden Orten ge¬ 
meldet: Berlin 20, Danzig 4, Görlitz, Kiel, Münster, Barmen, 
Rostock, Bremen, Köln je 3, Essen 6, München, Dresden, 
Lübeck je 9, Stuttgarts, Karlsruhe, Hamburg je 4, Freiburg 5, 
Braunschweig 6. — In Kopenhagen wurden 2018 (20), in Stock¬ 
holm 246 (19), in Moskau (4), in New-York (5), in Budapest, Wien, 
Prag. Amsterdam vereinzelte Erkrankungen (Todesfälle) an Influenza 
gemeldet. Ende December soll sich die Epidemie in Konstantinopel 
stark verbreitet haben. (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amtes.) _ Sperling. 


XI. Therapeutische Mittheilungen. 


Stand der Cholera. 

Im Deutschen Reich ist für die letzte Decemberwoche ein Cholera¬ 
todesfall aus Städtisch-Janow, Kreis Kattowitz, Oberschlesien, zu 
berichten. Der Fall war wahrscheinlich aus dem benachbarten Russisch- 
Polen eingeschleppt und blieb vereinzelt. 

Italien ist Ende December amtlich als cholerafrei erklärt worden, 
nachdem in Palermo seit zwölf Tagen, auf dem Festlande seit mehr als 
einem Monat Cholerafälle nicht beobachtet worden waren. 

In Galizien wurde in der Gemeinde Lutowiska, Bezirk Lisko, 
ein umschriebener Choleraheerd festgestellt. Es scheint sich bisher um 
sechs Fälle zu handeln, von denen drei tödtlich verliefen. Erst bei dem 
dritten dieser letzteren wurde Cholera entdeckt, und darauf wurden infolge 
der amtlichen Erhebungen drei weitere Erkrankungen ermittelt. 

In Bosnien wurden in der Woche vem 8. bis 15. December 50 Er¬ 
krankungen, 26 Todesfälle festgestellt, und zwar in den Kreisen Banja- 
luka, Dolnja-Tuzla und Tranik. In den Städten Gradaöac und 
Dervent kamen noch 1 (2) bezw. (1) Erkrankungen (Todesfälle) vor. 

Aus Rumänien, wo letzthin in S ul in a noch zwei vereinzelte Fälle 
beobachtet waren, sind weitere Erkrankungen nicht gemeldet. 

In Konstantinopel erkrankten (starben) in der Woche bis zum 
23. December 132 (82) Personen an Cholera. In Adrianopel sind weitere 
Cholerafälle nicht beobachtet, dagegen scheint sich in Demotika und 
Lule Burgas ein Epidemieheerd auszubilden (Oesterreichisches Sanitäts¬ 
wesen). In Saloniki wurden vom 18. bis 25. December 17 (16) Cholera¬ 
fälle festgestellt. In Trapezunt betrug die Zahl der festgestellten 
Cholerafälle vom 18. bis 25. December 11 (4); einzelne Fälle wurden aus 
Amasia, Tokat, Sinope, Kjutahia, Küplü gemeldet. Auch im 
Distrikt Terme sind Cholerafälle vorgekommen. 

In Persien hat sich die Zahl der gemeldeten Choleratodesfälle in 
der Woche vom 18. bis 25. December weiter verringert; es werden solche 
aus Kermanschah, Demirkapu, Firuzabad, Kaswin, Zendjan ge¬ 
meldet; Rescht, Kum, Sultanabad, Teheran sollen cholerafrei sein. 
(Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) 

In Tunis wird Ende December die Epidemie als erloschen be¬ 
trachtet. 

In Tripolis kamen vom 17. bis 25. December unter dem Militär 
fünf Todesfälle vor; die Civilbevölkerung war frei. 

Aus Algier wird neuerdings gemeldet, dass in der Oase El Milia, 
Departement Constantine, die Cholera wieder aufgetreten sei. Vom 
20. bis 27. December sollen daselbst 30 Fälle festgestellt worden sein. 

In Petersburg herrscht die Cholera noch immer stark. Nach der 
Petersburger medicinischen Wochenschrift erkrankten (starben) daselbst 
vom 21. bis 27. December 180 (79) Personen, gegen 145 (65) in der Vor¬ 
woche. Nach den \ eröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
ist die Zahl der bis zum 21. December festgestellten Cholerafälle noch 
grösser, wm früher angegeben: vom 8. bis 14. December 126 (53), vom 
15. bis *j 1. December 206 (72). Sonst lauten die Nachrichten aus Russ¬ 
land günstig. Nur im Kreise B al ta, P od oli en, soll in der dritten December¬ 
woche eine nicht unerhebliche Steigerung der Epidemie beobachtet sein. 
In den Gubemien Jelissawetpol, Olonez, Twer, Tobolsk, Tomsk, 
Ufa, Rjaesan sind seit Ende November Cholerafälle nicht vorgekommen 
bezw. zur Kenntniss der Behörden gelangt. Aus der in den veröffent¬ 


Zur medicinischen Elektrotechnik. 1 ) 

Von Prof. Eulenbnrg in Berlin. 

Schon vor sieben Jahren hatte ich in einer Mittheilung über galvanische 
Messinstrumente (1887, No. 22) die strikte Forderung hingestellt, „dass kein 
Arzt eine transportable Batterie kaufen, kein Fabrikant eine 
solche verkaufen sollte, die nicht mit einem praktisch brauch¬ 
baren absoluten Messinstrument, am besten Horizontalgal¬ 
vanometer, ausgestattet ist“. Eingehender hat neuerdings Stint- 
zing in einem schriftlichen Referat für die Elektrotherapeuten-Versamm¬ 
lung in Frankfurt a. M. (vergl. „Elektrotherapeutische Streitfragen“, Wiesbaden, 
1892, p. 81) die Forderungen präcisirt, die an einen der Praxis Genüge 
leistenden elektrotherapeutisehen Apparat, von nicht nothwendigen Zutbaten 
abgesehen, gestellt werden müssen. Er betrachtet als „conditio sine qua 
non“ für den Elektrotherapeuten: Inductionsapparat; constante Batterie von 
mindestens 25 Elementen; an dieser Elementenzähler von 5:5 Elementen, 
Stromwender, Rheostat (am einfachsten der kleine Flüssigkeitsrheostat nach 
Eulenburg-Hirschmann), Milliamperemeter (für die Therapie genügt es, 
dass dasselbe ganze M.-A. erkennen lässt; Messumfang mindestens bis 20, 
besser bis 50 M.-A.) und Sortiment von Elektroden mit eingravirter Quadrat¬ 
fläche oder Durchmesser, und fügt sehr treffend hinzu: „Wer sich nicht m 
den Besitz dieses Instrumentariums setzen kann oder will, thut besser sich 
aller Elektrotherapie zu enthalten.“ 

Die von Stintzing aufgestellten Postulate für eine constante Batterie 
werden nun vollständig erfüllt, ja bei sehr massigem Umfang und Preise noch 
wesentlich übertroffen durch die neueste Form transportabler Batterieen 
von W. A. Hirschmann (vgl. den beistehenden Holzschnitt, Figur 1). Die - 
selbe besitzt 30 Elemente und einen Elementenzähler (Schlussschieber), der 
die Elemente einzeln und in jeder beliebigen Reihenfolge zu benutzen ge¬ 
stattet, Stromwender, Rheostat und ein aperiodisches Horizontalgalvanometer; 
Letzteres — nach demselben Princip construirt, wie das in einer früheren 
Mittheilung (1890, No. 30) beschriebene — lässt direkt Ströme bis zu 20 M.-A., 
mittels einer einfachen Uraschaltung aber bis zu 100 M.-A. ablesen, so dass 
auch den Bedürfnissen bei Galvanisation des Magens, der Blase u. s. w. mehr 
als reichlich entsprochen wird. Der kleine Flüssigkeitsrheostat unterscheidet 
sich von dem früher beschriebenen und abgebildeten (vgl. Berliner klinische 
Wochenschrift 1889, No. 16) nur dadurch, dass die mit dem Wasser in Be¬ 
rührung stehenden Elektroden jetzt aus Platin hergestellt werden, also un- 
oxydirbar sind, und dass statt der früher üblichen halben Umdrehung des 
Knopfes (K), um vom Minimum der Stromstärke zu ihrem Maximum fortzu¬ 
schreiten, eine noch allmählicheres Anschwellen gestattende zweimalige Um¬ 
drehung benutzt wird. — Die Verbindung eines Inductionsapparates 
mit dieser Batterie ist leicht zu ermöglichen. Am meisten empfiehlt sich da¬ 
zu der kleine Inductionsapparat., Figur 2. Von den gewöhnlichen kleinen 
Apparaten nach Spamer’schem Typus unterscheidet er sich einmal dadurch, 
dass der Zinkpol nach stattgehabter Benutzung nicht aus seiner Ver¬ 
bindung gelöst und entfernt zu werden braucht, sondern in einen eigenen 
kleinen Glasbehälter neben dem Elemente eingestellt werden kann, wobei 
nur eine leichte Drehung des den Zinkpol tragenden Führungsstabes erfordei- 
lich ist; sodann auch durch die eigenartige Construction des Elemementes, 


*) Vgl. Deutsche med. Wochenschr. 1886, No. 26, 1887, No. 22, 1888, 
No. 26, 1890, No. 30. 


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j:il |, ' l:, ‘ ¥ I ii- mit \t unmhit r a i/> , -- P , - r , t | 

ür:ti i^n : ,\> nvt -io U Si-br 

{^v Sofien m tehwervif j &f<Mü)Mtömkü&ne imtont- 

iicb ^rrrssm^ti »fb4ti¥n»*n tsu «empfttWßu. hwt rMwtt dieselbe*J&tferie 

| n Veö«*Jw©u»n«iJ 4U>- Tei ffdrVfärr*- 

f U M&zJm «yoim.««!«genjuii. ^ die 4ocmaufan,rom' 

'»«U-- 1 ! VOM v'ii-n- t>\-Ki«nt)>!)asc)HU- au? vm rcireunivnn. 


&n%fl%&f$9pgTt NAntM güscii;t8Wu, wi iml a]> ^u^jin^r ftirakUrt 

^Hstrifekünil; ttod brjrbtjciers dtvrc»!» die Opiltiduii^ ntifi l^ifb 
>00 Sww Lcip^gdf mfo 

cn^n^fttori^ühts TitirwJ. uni' H-wu-w-n. t!.m --d-t 

f oudlicb der JjJuf r.rnt'r hftij'ytttyit.d'e.ir Lolir-krti/f wj.nij l 4S 4 . 

Ln tiwr- l.rnfflichen S'/Unlp WitüdoriAA.A, dom /.-it. bils, 

As.-i^fo-nr zur 'S-wif* rilnad; mis^bLJ(b»c, igf: Jolon^ü nun I,r.*ni !f ml 
DoübiVftr (vr«'if,.r«) 1843 w ¥n’fU>iMtl i«; wlm m)i« in di - a k;.- 

; iteiüiHchn Laufliahu findeti'*-lt*n. B^n *f s i tM JMdM Induiif ii-ut 
iti ‘Leipd? nls i Downl ith- imji.r« Alr-dieiu. Nft«h- W: Ävtiv.V*- 

mdess teilte Ldtrüiö%keii. dtiroji -It-t, daüio<-h-ibuiv a i S ;soü--n ] C» o-i}. ,;u •ir-m 
*::• ; j{div fJuninahiTi, i«ititrbrt.rl»»‘ii. Ai.e Krm-lu iii \W i mupj^n.o 

■jj«WfHHloaen Ejldhrdm^n 1871 vmnluu diw mi intdoia-n 

Krie^mndirin“ (Liüpai^K in w*5j(dj»u <-r ich tdnpdueiml -liWr <Ko Ibiisr 
eria-fjukuu^ji hn IJs.n’n-, dlu-r dn- Afioi-hinfmn i|w »"»».d.ini.-Vj in»-j!irf ^ \ her 
vGnpJitli arui diG«. vörlwibdr ■ 

Durrjs ditjsti' uw) oini^o: kJeinci’i' J/iddiraliouen. «{utv! ( •■sj.; Av !; ,-!,‘,.. : 

;sn Uumn-äHAt und 3£!mifc flocu>mdn i-rb> nr so solir itomo {ygdiikr'kHrt-i/u-iiv' 
uml diu Bnlähigu«^ «nui l,f*hh*e, ß< x &4 iph ir/u 


Ai,. ?/}. li^oiuiwdW.Mn 
fl r e«frB. imw-ß üd'rrn. Ant 
, i; r, ‘ ~; i1u »'i'x'-wUwt h^uia-t S 

! ‘ T»* * f'fiüt» tj 4 -J i,.,i ii;jf uUr Ubntivi 

y iil ’ r Ati.Hwr AödvC •i.rA.*; ; 

%TSfl*iwfr :»nedL)rur.lU- ‘iäl,. 


‘Ui-l nb^'ltiKb'bm _i.Jl(jrrÄ»jrMat,- : 

•'Sitsij • fiu.- J7aülV 
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nndjr. .m •nc-r dlitio» d»-^ &U&- 

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i'J.A'ch ij.-f hr An ri-t'jJrü-H^i-n. }>jo 1 S‘r- 
’*’> w dwf^CWHkUjrAbiitUlfil'- 

t r: y if k%mv-Aiyidf: m 

«*5i]Sl4rj Anpuifs m? 

linv \'<m ArcninaUtor^i ’4fr/$tÄnt 

'IJmtYiU, Votdüuff« ^4 ei fumni- 

-! [■ A (i ein 1 u Ci )! r [ \ y ;, ^ ;. j, j\ ; , |- a j f , ^ 

wn Aj od fr 4} dHA^äUttnL «in» ö.li Er- 
iBsu. äovitr :uudi icrb&abi t AiaiA;- 
ntnbi dpfoli njnj: Acßiamd^tarolvbAtlAHe 
,- F I& «»*«!- Pie Firma W. \ 

1 H ' 1ü - i;i, ‘ ,i]::ioii;diV di« v ui) ,1er 

ii? ftHlu'nm Aü HrAöämlk-h ch T e 

i&4 SS r** tH $p r *n ie- 

,ii ' h "’ ri,i -A u.nim.n, lür fa- 

itän^orlnhimui w^eutlicbv VorHioIIe 

rp: f** v>4iftb«te. ^IVaAkcber. 
gefftirafiin• Wirkirt!^. JH)d«*f«is-wtu 

MWbattrrie. rnit ^ r ’ Ji!S|: ‘ rl ^ Knini^ji? i; 1w | l-njlmi.<- 

►Mvnuune. fjut äiem<o»£^ nrlttv-i .., 


•irte. riüi Siemeni- oder 1 »v<;bü.d»i‘-jgjtmi«?ui«S 



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jjK'frefor AufeÄ w s«: ^uf SchamHung; den : Uyr«t^pe ”» 

aei»tm> n-eJÄi'hv«iuahiw*jt.u*^, .Ä 1?ol) von mbfefefemr ?£*&*'& bei 
intim Ki.ii)ü.tt»Jubfunir]*ru Kinde \ Jf« fe'll '"<> ! ,r ‘ w ^ a*’‘Mus\ 
l’,\ll von M*!Wüi.o^ydr>S^ouv‘MisJ t Hau^ mir i'im.i;i^iif;r ) , eiit..!u^ , ) 
”nU*. Ffeb' vor, Ifeu^krfeisfet wülsfen in, 'ioliirit"x „KryOMfw« 

ewufe(i*fon mitluferm^ - .Ina «fühlt im wrt»& <* löife »,#V 

über „di«; <**» V^rfii-e RfeuHM-fe AwgwtS 

.im ; 

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•DEBTStTIE MKOlCiN^OUlu WU<-HFN8CTIRIPT. 




Ut ,smn wubfeu ’iuögo, tvefeb.« dio Fmge iVoi* Srhular/.lo *dm>r 
Boiirhoiluug »utörfefeHni soll. J . ' . M . 

],. > -i,.. ,j,i .n». r«-n^:«'r.n Je: hi-nWl^n <oo-dU- halt Juf 
ßM.ltuiölocW wird ‘mit RiWkmrhi auf Jeu mforufeimifefev moäfeiiiikfejew 
CWjfcjss «i hfem ru-sfelfem ' ,. , . , . 

“ («er vom l'r»D»C» Alln ^lil; vm Sobnwlwoumuhv m s ufern,. 
{•t,{Vii<> und u*'RiiU't«- ise ho VVrijiiv Brna n f^Ka“ . liai IVon^uv 

k,? h:.nb« r/ i»i Berlin tf’utn Ehren mfegUou eroAimt. ■ 

ihr-Lehott?iVhräii.-hfrHügßV'tVreiri f«U doui g-fen: Aorat., er- 



Tfe §t‘j-iiivh^-o"Eykln*-dur Berber Fern a.kursö für prükÜ-jfeM 
AhC-z/tp beginnt. ipjr 5. Mürz d.J. Daf, Vcrzojrhü-fes der VnrlfesuuRen 
’siul» ml JÄraMmthKi! ;di«snr $\mmr 
Bit« ßnfektuoü - eint*» W ny r «in |i frij« 0 ?U r A fc'F.S fce *:-R. afebt nahe 
i'-over. Wui. Aörztivfe \Wßhg ihre Milglr«id?l;Uaft bnri'Us ofkifet haben, 
si;nf »*-?,- d.i* .rminrfe kfeirmöi «hebt, bereif? 100000 Aik, g«?fefe:iife.. 

-• Örtfelnfe BW ^hriW. •dDfv‘:Uöi< i ß.c§Ä Brtsfeu fefet ämr DfjbthnK 
moifefen lieh. Mfe.fetfeh Prfei In. Iferrfevf mv Prü^Giufiim für : m 


' rtlso . 
Vor* 
ergülfe.. 

■,,,,... v . ; -. [ _ | bö*’- 

-mv Ke»intnH>. ifer RifeiHn-rfeA ijhdv.M .Ih- ^ribtnodulfeh- • ^^7 18 MJ0 Mk für eine (icfeminJvorferhrruug <Ct> JVUoeti/ töo. niM 
1,'rrie iIml *(hMm lb-fe«t««lllib^ JXm- .liphtbavis^bo \m mm W- -B.cr Ehürili üfe W^inBuhi-ür«? cHoigt ■ üü(Ji Aumdduü- 

^rct I ( mi < t! l MVÜ,. .1. , , 11 ; , |„vf .Ä i1t^fsmobü0t«>ü tUifor dfi» ytorbölßefc. Uü* Lnbensvei-Buheiw 

'/• ... '«IHM ’ , *' ‘ '* , .« i r , , , n tu^e T i, i e Io« h • r j \ r e,»t J h’ ü *hn tb Af.« t 

Hw Vt-rlntHrfty ihn- Säiu-o» webir-inl her Ao^«'i*v*.nhuful^ «».'«• ^ ütaUü wirf] nuf Vödiai^ni com B'nie^eirhnefe« ein^eaudt. ifeyn- 

iKüii.,I of l, 1 ? die afttji'huOrriiire IrioK»*;*nkrl»nri'.iiär-rSnu^.liu^*/ • u n. -««i hiiU6e.fi, -.l'atiujir 1894. Uv. 1;- L*^ U «o an iu .'BirtUilitaystb 
öl)öV'Sowttv'^ox , höfeBsu'ft*»)ii Tlnit^kW^Wö 11 
ihedfeiu m«4il v«rn.«'hfe^5^ia. ,fe% hi fern lätättfr* AitfÄa> 

Mll.-ft. -in lt<biVn»^cK*|jnjife\. han«entlieh nber die ßegrUndyiiii 

der Lofe* .p'tf. ^UdtrlHnaih^fmoit-r-Bopeusahns «nU 1>m*titea Xratgni^ 

3m Aafeu 1887 \nndn als «mlmitlielies Bi'nie^-er nÄ Pr&£ hn- 
■/HJVn, jbhfei- übt?c • d't't*** Außdrdnnin^ irln A'nj/Ifefehl des*eilb, Veil äc)i 
ihm id. dfeset» AhihVo dfe A iwscrha iHMftVte, hi Uhii^fe^r, HerMahuus gevhMt* 

,,i| lf '^ Hhji (IipKm I.iiiim Uh-- neun l’.fi. * k-* ik« ntu-UM * venvirk- | ‘ “ _ ‘München.' In Milttdiftu ist ein h«kuh 

ih-hf.’y.u ?rt<ni. Dank Bemu»,; ittrtfeson DiDr; in ' 'Vfrlel^wg dieeei; Mi^vi-brnurb iroUfeuor OetrUnke wi?i‘üud«t, . 

I.. --•’••- ”•■ r %■:-;.7 V :^ 

rinöv in .■.yrnriiv. un-isijvuubu- «Ir: bekamptUL und /war durch Kmßiduug einer tau^nü arme Pü£tr 

Chuiufelvfe' hu dun« Bau b' , i‘ :V - ) nnU «niDerouibm- iHJlt .<1na H'iUB a' i iuruti ■ ('„spenden Curavauöyrei, weluiie •>ir< fvtank-nhiiUB, eiiif Apotlirke, Lfesiufet:- 
/MnrkH i.io)u-»ppöwto, Bader oD-' eßtbaltui > ; oJh Oh.-irb-^dtiir bnabüehüfi, mu. 

gjW t/ h Hör üb^unlint Ü^hvilmv dfeser n ; v.-b. ?nin«m Au-ubou er- durch BinrklUunii wmo iwv**.n ^’U r ! )nl ,'>-■« nmbny ond 

.... . . , den Gmuus «io.«; f •iateninn^'ash'ßrs m . verbiet«m* fbh an.B lüdi**» **pm u&t«\ 

hnutuu aU-ui «indemeii nvn ( rm,nm'!i ,iutortferuiigwi aufHpr^'homien. «’Oiu- ( koinfrtf „ u i tJIJ 'pii >cer wm'don in den. Lawr«;)imi: m Cdmümi) . Elvaesüu and 
h»rOib*4 .inftft <l,iM:‘1-.n AHr’teJf« X>A-> ‘aaisen TliHligkuif in. ifeinsöibpfi gifdd ; Abu-Sn;-!. wnfehh verta'OBBerl. werdau boIIou, eitler Uruumui BhuimtilAnc 
& r Kuu iv.bii'Mt-' I. U;il ;f 'f Duu'^-t.j ( ;i n \i[ t M- t .., H*]*| : ■ .mtonvorteii werden, tra Mou.ae Kaä.'uujan i^vden :iJl|.Mhrii«*h zv./.lt Amte 

|iwflni.i,„r tfi* MH..- «.i««- bfebsris:«« Wirl;«mk.'it vi.vl.isBt, ! «wg Hebe* Ap-jUiU»r imsMlfewtswi. weh Mgk!m «rtw.i-toi.. v-enl«i. ^ Jjf 
k' ; '.. , . . ; j\u{h»-hftfüdinr' Konten, sollen tlieife durch omo bpvncfe vujl dOöikl tiula-vbv.ii 

er der iRuur eini^ mduiDihbUi lJt*unr ; ariu’otfi?.j5,i^ jsog&i den- ; pp, r ,,p dep T’rivatiudiatuilo des- S'ulte. tf«oife_ aus BUidsuntialh r- 
'jeufeen i’-hies n.nk.-;i>i , ord<UltlJ'd«eti BroitWenis. e’m-'gr9)«?.a;r|.fe*,v; Krankenbft«is j sfecJvl• werden. Jhesölhetl Wrdöji dorfb eine der- ^li'W. a!ilh‘%%| t:- 
-Y/ 1 M, ..in»-'Ah«Jv,'i)itnjr {Ihr kbarita niiii.jiUri.diL, «laivp.Ofest .lafauf <d>hes^n. : . rm.t'fUt'fe«: Bleuer mm gissten Tbeil w.bnfe.r bereiuLrohrucljl v/erthin. _ 

iebmrm zu lc«un<>n i •— DniversU-iiteii: Wien. Xlas <uedirtiiiä4ifae r BrofeswMiC'dfe^miii 
4 ' ! hat dir von dmit TWe-tmtea Pl- v. -Lixuhuck ir. Vmu envurbuno Y# 

iogendi für «die- Wicifer TJmver$iBU ufuM-konnt. — f>nv^ Di-m Pryl^tr 
der PfeyDofegjo Ür. Ak,\nnder Rollet ist der Tifiu* UfloK Hofmtes 
Ifelfen. — Wuj£ Der Ifeiv.-Pue, Dr, J. Itfi.vi. fet xum n. o; Prö>i$ov 


yüß‘ b(U'h' ej’ U'S Orni X ü ne fee unn,i*b» 

Wif btjid n.iideriu^it-v gerade ile«hn«r um ihn« Vuluel 

des AiiUiiUiUir- dnr Kindbrh-iikundt’ wmiiii.-r s.iutuo'zü.di v-lrd emphndou 
i.as.-t u ^ _ J. SehWillbr. 


vhr AugtiubeiiM.ude au cl«;r IdilunibcUwi Kecuibit enwuuB - UurpD 
iOof. Dr. Thumu ist um soioeu AteAiied «dn^ekuurmeii oiul -•= 

'Oiue [adofhatiekfe! aofeu^eluMi. 


XIII Klein© Mittheiluiigeii. 

.' - jii^JSTefe^ dgp lloHfnpt Aer.Ä-tysehhft oft Vh^tiljrjkD^üJid j . . . 

uiit groM^etöi 3witT0<Jsc'- verihfet- Eva^v. iishb, der iiOjjbwtfei RotSrJb itr tlev . - 

D< iiv-fi Leitiiii^ i\ 'r, ■- ! au? 1 i:e s < Ki ahke'ii’üusei vvu/d in ! XIV. Zur B^eension emgegangene Bncxier. 

alUTiuluhsLor-.? ( t:,{: Hm' dfdhhtueu .F'.jdsidhmtun^ Vehmgim, Bohmmtlieh ! , { ;s--, lt -, l(l ™i 

bait.a ,u- e D.t du -i Mj.U.h, i'p.v;-, tu: Oih «b-undb.-it- , (Duiphendvu <: JjHvprvH hül)^, V -' ■- D 

jjth.i/t- dun Magistrat v-.u-gosehja^ejt, ^-wpi'd an dou obinirpuehen nie m» AUgeimdmiRj SaWlfTW^-» JahreHberJeah* u. s. fl^.D 

«hm inneren Ahlbukioaen d i ei h i »e ä'de''.A e, \ Ä t o ainuuleshni, .vvnfebu dun t netiuns ' oi 1 b •; Medien! and V b ir n rtp«'; >*] 1’ aau 1 t.v v.u - 0 - ■pk'.X 

Dunkfruim e.mtikihf ^ nmu sullthn ßu*w Aütrai/ fet mdt^suu vom “f M«rv/und ^ .Iabf«M f urmuu«luu^, JfelBmefV 18fef. ION »au 

Äife.iatr'Ktv verworfen nstiftjfau. Rü 'wmnth viUtnehr iii Künw^elktfi i mW'* ^rifito. Cxirfey A Cfeu 18-9R 


mit uhenviilfigvi-dor Majorit-li- dev Bf^tbhuH , out der 

umeirn Sioiion Dhevarxl-e nj»:mst!*M,>r. wtl« In .w»,' die Bob und) oü-' 
i «m 1 hv'-tumihui Z,dd 'iBB .ui l'ni -< ]\ U( r.dv 'O-un^himi, J.j. 

jipP hi adihh,i>trativen An;.-'« ]reujJ*-u: rn, b.*, dpi A^uwahL «;ad V um bei 
»:tnp - d.er Kranken auf die . femvinen l'.ivilbm* fee. den lAit.-Uni-e,! aui)- 
«>c-tn»ii{ ?.em vdhn ,Avd‘ der itn^jmre«, f.-fe ein DD.efi? 5^ ist ojv/,- 

■ii’Äl i.'dt iirbnMem Golwjft aeiihOellt ayerden, wfeubur: Hfeae hifeme 


Alain-dfem* bujtii. wohl mit der fum.inu* b^*r.M»t \eW.j. du*. Direktnr 
in. keiiier AlnviisWlfebH. SiU vÄrltfefei- ^ißsev AlA^tprUhn^yhjiii^ mv& 

denvaiiiilust. dsr- SladtverurdnerenvemmmJuDir als Vferinge ii^lmn, Bfeife 
'»-"Dt,.* ab^obdurl wc*d« u r-u bar. man. wie wir v»>u ’utlunhUiu r -uut« 
(irfehrtMu mit <h-r MAfeiuik-*« m r<*ebnu. ;i,w- u,m M.-*;i>ti.*t «in r um- 
An.ctdegmdmit anfeegetmu tyid der bislmrice ,Statu? erlul ton wird, — Wir 
wertlcu ftkdtl veriVhlmj, dem wfet^rpu Verlüde diesef bedoUkuugsvoUeti 
Frngb unu-fu Anfmorksninkefe zu «oboakon. 

— I’u d'itBh:' hat d,c .'it;f du- IiH*‘rtial ittuu 1 cii Snnitäis- 
culitorniiH »is Du'ädeü >iTii ifi, April 185111 'njil.er^eirbnute OEberoin-» 
k ou.HttöU uliger.ionutiffii'. Ihduinutlu-b tumiulle es sieb hm <h.>st>r « Vm.mikmn 
dfefeiüv xtnjj. SnUut’/.e dm iijöonili.'ben öf^uodhidt in Seiten Auf* cpbWnji^tben 
Aud.re5.eua drr('ludera gtuneiusjiüinABiassreguIn hu vereinbaren, dürfet wnb.im 
denv Bündels*- nnd BE‘ise?»rfeebi kfeue unn^ldiigeB Sebraukvm. nüil’i'lect, 

wetifeji.. 

- In der Bet iiunr mudieinisehen GöäUlisebüft liegt ein. Aü- 

'rpÄg,%ß DK Th. W«^V vor, 4fl,bfegehwdrdH9S die Qp^älstilfcaft jiljie Gooi- 


und 23. Juhrn^btirjcht der r»v«utig«lliehen 
aajtjtaH Belheuiü ü hü Slotriii*^i-eu~Turßu>*„ Ülf dl- *j ! 'hrn W$ : 

und 1H92. Bucbdnmkerfe joc A. Sträube iivjwdif’8, ■-.' 

<i. 3 anmmello A bhknd 1 ungen v <*n D t Ffe-trstFleiseh 1 v.Mnrsuv:. 
Bfeeusgegobui von Dr. Otto Fl feige hi viAldT^ow. Mit ufeem Pe ftra -*' 
<i 05 V'eHhsgor^ tmd oiher hingvftphtsfeien Bkrz&a vnn 4Vob n e r 

54H KriUm, XIX Tafeln J,einzig, .loh, Ajßhr. Baifbk löfed. 

'- K. Rhehfger,; Gurdutte. Ifeviere n-m Uafd^^fe 

i\\. Aul!.. 84 S., 1.20 '\l Beftiu, Julius •Springor.; 1894. ; 

Chirurgie. Xüükv. .Diu Bsstirpai-inn'der. Sehii.Hr>i- »h« ’hr* 
Befeoutuuig für die .Behandlung der Sarkome detf llivmuruw 
Voikmnnufe .Smmnbm.g. UB.oieeb.er \*v«f!a%e N. F. No. Stk Bcipztg, ibv’i- 
ko|»f Ä- iiüvlol, 1.893. 

ttnroiatolbgto und SyphÜfe. ,!. K. tfeintz, Kbur^ Krfnbrung^r 

Übet.dl ö Behfe.n«iHr%g der fe-VithBv? und nuerbsüberkiu,«ikbeB• 
Mit bf-sondt.rfe *t ,m ;ife. i.e:: dfe S«'itwfeeiwfeSHer üffe Smtllkidfe'- 
ii Aüilag'V I •** r Di \; i Bevor 1894'. 

Mygiewr nml SimitiltMinlixfe, A rhoifeii uuh dem' lvai»orlfonf-o 
Ge.suüdheitÄ.i mi.,-. IX. {hi, i. B.v.fe, 138 B., feit sieben .'Molo dun 
in den iWt. '/Adrufefeon .AhbUiinnsfou ' Berlin, Jul. SpmgfeF 1893. 


nUeniheih 

Geämckt bei Jullun SittenfeW i« ««rUfi W. 


Vaoante Stelle: 

Kr.eiS'Wundarztstelle Rügen. (Din übrigen Personalietl vsiohe ‘Th 


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Donnerstag 


JW 4 . 


25. Januar 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilun»-en der öffent 
üchen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.“ ’ 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

**-“Vi“'’»—• - ***** ™.»., 

mcrsir. uu Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 3L 


L Ein Fall von Rindenblindheit 

Von Professor Dr. H. Magnus in Breslau. 

Seitdem Förster in seiner classischen Arbeit (Archiv für 
OphthalmologieXXXVI, Abth. 1) den sicheren Nachweis geführt hatte, 
dass doppelseitige homonyme Hemianopsie keineswegs, wie wir dies 
nach unseren gegenwärtigen anatomisch-physiologischen Anschau¬ 
ungen anzunehmen wohl berechtigt gewesen wären, stets zu voll¬ 
ständigem Verlust des Sehvermögens führen muss, vielmehr ein mehr 
oder minder grosses oder besser gesagt kleines centrales Gesichtsfeld 
dabei erhalten bleiben kann, sind bereits vier neue einschlägige Fälle 
pubicirt worden, von Schweigger (Archiv für Augenheilkunde 
v * P- Groenouw (Archiv für Psychiatrie XXIII, H 2) 
t erster (Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie XLIX, p. 227) und 
iuiidt-RimpIer (Archiv für Augenheilkunde XXVI, p. 181). 
YuZllv durfte die Mittheilung weiterer Fälle von wesent- 
. , «th seub dadre doppelseitige homonyme Hemianopsie schon 

221 TT eme sehr se,tene Erkran kung darstellt und, ist sie 

Jie ofchTh^ rcPnlngS -’ii anCh n ° Ch klinische Zü S» ^ haben scheint, 
|1“ J ' bl0to . s P m ell augenärztliches, sondern das allgemeinste 
es S. b / anSprUC j e " ^eignet sein dürften. Besonders sind 

hlindheiV ,. S r,T der , Gehirnthätigkeit, welche die Rinden- 
dnrt* «itth„ihf grC,ten sch « 1 ?, en und deren genauere Kenntniss 

Vfc'Ä* ?TV F * 6 nur gefSrdert werden k ann- Ich 

sihläjrigen Äaun^X" 6 “ " eUen mi '' h **** t * t * a Hn ‘ 

I- ic ? “ dic Provinz 2 “ einem Herrn 

Jahre Ä ^ * Pl#tl l f h erblmdet 8ein »«Ute- Ich fand einen 
1‘äitnissen lebte Md V in sehr S eord neten Ver¬ 

tu sein „'“„“ d v toe durch emen bestimmten Beruf gebunden 
Ämtern zuTebcn hi Und deu von ihm bekleideten Ehren- 

te Kn L l a „i'L Cr Lage ? ar - Was 211 vorderst das Vorleben 
seine m 31 i“ ’ s0 war derselbe vor 13 Jahren, d. h. also in 
Hemiparese mV* -V“ -!“ er pl8t2lich eintretenden linksseitigen 
"ährend das W, 1( ! ger . homonymer Hemiopie erkrankt, 
»gen « r zeiT .; f m , di . esera Anfa11 nicht verloren ge- 
'^äehtmssschwfl to n “ n B egieiterecheinung eine sehr auffallende 
i» lauf der de m \„Ml° C f , V ®‘nr di , eSe ’ SOwie die Hemiparese 

'Vegen die linken HaiftL lösenden Wochen vollständig, während 
blieb eine enteehfeün/^ • d#r ^‘“der verloren blieben. Auch 
i™ Patienten auch zu Kopfsclimerzen zurück und hat ! 

'lifwm ersten AnfJV? 6 Dlcht mehr verlassen. Zehn Jahre nach 
da -s BeM-usstseiu Z, ! ei ?*r ein ’ hei dem Patient plötzlich j 

Jw-Kürperniuskulatur iiiht C Lt Cb0mt eS ZU elgentlic l lB " Lähmungen | 

kranke schon weniw T. b gekommen zu sein, und befand sich der 
w °W, dass er sein. i* a ?h diesem zweiten Anfall wieder so : 
konnte. fr Vl , rw • .Lebensweise ohne weiteres aufnehmen ! 
der von ihm heol." . dlC , lllm übertragenen Ehrenämter, | 
11 nach wenigen tJ 5 ° bä !S Zt * n Ja gdpassion nach, kurz, fühlte i 
dm linksseitige Hemionh! v ®H g gesund. Wenn ihn nicht 

' p| ne frühere Erkranken. ^ Vü Neigung zu Kopfschmerzen an I 
braunen gesund haben haltT""}?- 1 hättf!r V, würde er “ob für voll- ; 

’ d |r <‘'. drei Jahre k °" nen - Da trat *m Lauf dieses | 

' |,|t 'b’n Hemiopie ein p„ t - m , 2w otien Anfall, plötzlich die rechts- 
!"°«llsohaft einiger H!'“ tbefan< } si °h- a,s dies geschah, gerade 
|; h , h ;r vollständig^?Tw V f d6 / Strasse ; mit dem Ausruf, 

,,r '™ U6 stsein scheint ? vvovdeu, brach er plötzlich zusammen. I 
"• Unmittelbar naeh .n* ** kurze ^®it verloren gewesen zu , 
nach diesem Anfall, sowie wohl auch noch in ' 


den allernächsten Tagen, scheint Patient dabei der Ansicht iro- 
wesen zu sein, völlig blind geworden zu soin; doch machte er 
; schon nach kurzer Zeit die Beobachtung, dass er unter gewissen 
Umstanden doch noch, selbst kleinere Gegenstände, zu sehen ver¬ 
mochte. Allerdings war er sich über die Art seines Sehvermögens 
keineswegs im Waren Lähmungen irgendwelcher Körpermuskcln 
fehlten vollständig, doch machte sich eine recht beträchtliche 
Vergesslichkeit für die zeitlich nächstliegenden Ereignisse bemerk¬ 
bar; während er sieh aller vor dem Anfall liegenden Thatsachen 
ohne weiteres erinnern konnte, vergass er alles, was nach dem An- 
fali sich ereignete, ganz auffallend schnell. Er konnte sich des 
Anfalles selbst in keiner Weise mehr erinnern, und alle Ereignisse 
eines jeden Tages entschwanden seinem Gedächtniss aufs schnellste. 
Nachdem drei Wochen in dieser Weise verstrichen waren wmrde 
ich zu dem Patienten berufen. Ich fand in demselben einen Mann 
der zuvörderst den Eindruck eines vollständig Erblindeten machte • 
er betrat, an jedem Arm geführt, tappend und suchend das Zimmer’ 
Bei der näheren Untersuchung ergab es sich, dass in dem Gesichts¬ 
feld jedes Auges noch ein kleiner centraler Theil functionsfähig 
sich erhalten hatte, während in den übrigen Gesichtsfeldpartioon 
vollständige Erblindung vorhanden war. Patient vermochte nach 
Correction seiner Presbyopie jederseits noch einzelne Buchstaben der 
Snellen’schen Tafeln zu erkennen, allerdings rechts viel sicherer und 
schneller als links: als kleinste Probe wurde Sn. IH rechts er¬ 
kannt. Doch machte das Lesen überhaupt bedeutende Schwierig¬ 
keiten, da Patient ganz ausser Stande war, die vorgehaltenen Probe¬ 
buchstaben aufzusuchen; selbst wenn ich den Zeigefinger des 
Kranken unter den zu lesenden Buchstaben setzte, vermochte Pa¬ 
tient doch den Buchstaben nicht zu finden; dio Augen schweiften 
planlos hin und her, und es blieb immer Sache des Zufalles, wenn 
Patient bei diesem ziellosen Herumschweifen der Augen einmal 
einen Probebuehstaben zu erhaschen vermochte. Und selbst wenn 
er einen Buchstaben glücklich gefunden hatte, so verlor er ihn 
stets wieder so schnell, dass an ein geordnetes Lesen überhaupt 
gar nicht zu denken war. Dieselben Uebelstände machten sich 
auch in höchst störender Weise bei dem Versuch, dio Gesichts¬ 
felder beider Augen aufzunehmen, bemerkbar. Patient vermochte 
die Fixationsmarke des Perimeters nicht zu finden; trotzdem ich 
seinen rechten Zeigefinger unter das Object führte und ihn auf¬ 
forderte, nunmehr seinen Finger zu fixiren, gelang dies doch nicht. 
Allerdings vermochte er ein oder das andere mal das Fixations- 
object des Perimeters zu erblicken, doch verschwand dasselbe seinen 
Blicken immer wieder so schnell, dass an eine Aufnahme des Ge¬ 
sichtsfeldes gar nicht zu denken war. Ich machte, da mir an der 
Aufzeichnung des Gesichtsfeldes viel lag, wiederholte Versuche; ich 
Hess den Kranken längere Zeit völlig ruhen und begann dann aufs 
neue mit meinen Versuchen. Aber stets vergebHch! Die Aufnahme 
eines verlässlichen Gesichtsfeldes erwies sich als vollständig un¬ 
möglich. Auch dann, als ich nach Wegnahme des Perimeters den 
Patienten aufforderte, seinen Zeigefinger zu fixiren, zeigte sich die 
Unfähigkeit, ein gegebenes Object aufzufinden. Trotzdem ich den 
Zeigefinger des Patienten an dessen Nasenspitze legte, Patient also 
durch das Tastgefühl der Nasenspitze über die Lage des Fingers 
hätte orientirt sein müssen, konnte er doch nicht den Finger mit 
den Augen aufsuchen. Ich Hess ihn alsdann den Finger der Nasen¬ 
spitze nähern und wieder entfernen, doch konnte er dabei dem 
Finger mit den Augen niemals folgen; die Augen schweiften ziel¬ 
los umher, waren zu einer geordneten Convergenzbewegung nicht 
zu bringen. Es ist diese Thatsaclie um so befremdlicher, da ja 


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74 


iiKUTÜC.HE Wwi'llKNSi'njUFF. 

SeDwiWig;kBi{4tt 


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vtiiir^ T>lcf^U' oft- uhtift Uösowter**" Stejw-ifcri&kmxo. .hn 
iKheu Kverrtefon den UiAbirm^n dev Fte^m* mte iMl a. T AU rf U j 

f.iWi» können: *. Iflitm Id* tHo l : ou>.«-i^üZi/n\v^nnp der Mkhhm ; 
Asi.i Tuhc-xhlindm« n*iL Hult*! iltfteüObm»»te ; uZtejMobternuwcpntXn : 

«ft. HucliveWn mmu SYttofi'xW- Vvrm^ *etol» Ufafttt* 
Zeit total VtUuU stete Um*»» Fi^r uut djjl Au^n : 

komm» h> ra. e~ mi» >m mHliteb-udej. »!a-^ um-« c i'aln-xiL dm Äg : 
M^li) Jvlu’i]r*<4 cv/terub* mit ItmtiUMv Wnu 

und. AorU erte, Hvit drei Wm-I.t'ii mti«? Mbtehrumr ..•nvom«im 
lujl;. untete keiiFi»Aterhrilüns*sHi mein hiFkimte Kte den. mre m.. 
l'iViuh, mUznümhx an «Fm sieh s»>!» teurer- btenuite, | h< ^ ! ' iHl ; .; 

falliu«* i!» ■"’hcioiux ist* »-iri ; TVi»-ii chice. randeiT.n ' 


^'m liiiusar/t mi.ttiF.in, ite seihte jette* »Dn nn> »*U VWh«m 
uar'k «Mni Anfall und imbt WoteKh hiitev hicmrr Cutcmiteumg;, 
l'M-knti ruK-.U immer au^m-tennde, AU lm£mieii> wm die- Mobte xuix 
Zimmers stellen. 

• Dirv genannte; Stünws OnimMningKVtüimü^Mrn ist umx« 

aütinllmttler. weil im «ihrigen das oidteelm'tedib htnix d««t Kranken 
Sa keiner Weise zteteten tat., Br kan» ulte tte^mteümbv, tedmhl 
ry sil* mit. ym'nmn kh-men centralen (bete hrteold »utei mu ganz, 
lliieltetei tet urtesseis• rermm bk bat, als sOkhe st«:her- erhteiüen.; Umf : 
!;.,!,,, or nicht sflundi gvnitg mit «hm« Vag» nufHmten^so A-hügt 
ein■ n.n nt je-»" iMastem um m m erkennen Audi die KeniteoteHe 
«nltem ci uii aWrmMi \ m ImIMbv-« n i» über erwmte u hüte testen 



(Vi. n^uiiii^sv«tete%eus. Keimt* Mä stete WA mtemte avitmerbtem soiumH WM teebm . zu.. boaul wet ten und (IcvAohteeii m^nv 

avumtete' ' dax uMü Iktejmit :hmte^eütego .KiAohte dos Unrnv- utetui. s« hteibf um! reteimte m ansiymistes, xWr 

liruin-su't'mütiwa ilarjfolmtf.n Intern und Ur ilbhiniteuu Sinne br>- S \a nyrmab .T.»jr;PtiF^teßt«r?WoguugOH konnten von mir Umier: umM 
rirlitet Uroe nonw T)»o Kranken vnu 'Voi stcr \uW S-«{, m i.d i • eefprüh AymnteUi da kitez vmVe Atr«j*iii elngogOHHiii ;w^r f . (louli 
Firnj*{-r:te Krmtemite ivmm auob kemnti wirkliohl’u ■Verlust «tes '; juit mir der Hausarzt bteteelmr mitietdheilt, tlims ihdam Iteaoteuikn 
Ori«.«lirüo^r«U‘!»«iirr-tm, So doste vonyimdte dm^rteotou ,s u r>m>l. soier». Die Äutetestet'fifoiuntersochirno ;m^ab im. altern mm 

m liRftKir;'^« vsM'WMtin-clte ster-Pnfhmt .Schmält * Kim}«ior‘s bo- *on-mulo ; .‘VHfl)iUt.n:teso i wen«. am.te vi^ivtetht die, irmcuiamt IKiKtou 
InviM’liite-röobte ithil links. .Mein kimtem .tetet nun tlcu Amtete ' ,^ er iv^iiteiv .etwas \vetes b*:iuou moojikm: altem hli teo.teor 
,}o8 Ortentiinui.^’Svorniögojiis in . Iiobeni Gteihv; ja meu m«is> wohl j A.tfsuirjil' internem hierin «eliot« ein .y*tiuduirMteoH Znn bmr^u «m 


mmi er luten die fahiptemt. ei* h dir 
tifugk im Tvaum vmAu»tuljou, voUsUtetepr ^xf tuten. - li/»‘ 


imr-tamho io Kcivu-in Si hi«sl/,imitit‘i . , das; -er »vlinn '• ich. .hterc. he* ; 
wsdsnk, sidj m«« h xiitevlit zw li-.olcn. m kann sliten «••i«- ] H .»im.meinem :, 
\WU iiji«h dem ^r-vtetem lirmMuhm S‘n>ha m isnu*». ÄuteMonlcn-t., 
mir ulm'it Wöjjr.» weh iun er Jishte liu»o k-teiieh pstemmit hät. ?w\ 
1.(W hM'liict., «>iki;ut er, di“' s‘.e ihm ummtetMi. ,j,l o» 

*«'Hu'.'i.Mt uklit einmal >m oh er Ach, um dics«. ! , W*^ . n,- 

^USt'liUt^eUt mtii det’ l'hdr „mdnns. Umiritvr fciJiin mihi 1 liiilte wem Um 
IHIISM. 1 he ' idi um liehen \ »** .««■ -«im--- Hmmes, xVite’bte te' 

llihKete -Zrnh temtezt- teml üoxHwmsv '‘fowoimk &inÄ tem ter 
froirul “'ovvord'.'i!; ■ «ias^ «••f w'c.te-r «he Kap;«: . der Zim'ne 
Zuhi (Kr Tliürmi n ;!e], m. air/u““hm. J-K M.-llt sbh ehvr, 

iieraur, «titeS or SiMe tnipn^T.-tidii*.« (mt* \ urf-t' H»ui.m r> Mel« he er m 
soirnnn triitouam Lob« v n ^esmumeil. hatte, celikemumm 'terlmen hüt 
und dass »n* auel. »m 1»t in «Kr Ute 1 » 1 tek mu.e zu ♦•rwethm*. ’l «mte* 
(hoi. H: le'reitx Orel Worheti meh Ims( »u^seblii.N-lleli in seinem 
klomon »Sohlatv.irumer aui'hnlk Uni er 7 m«’h nietij *lö< denkbar ein-, 
teelmtei) tnimerapisi-elo'ii VeHuUl.hiSse. deaseiiieti zu eftermeu Ve!-- 
moalvt? er kann «ich nieUt- «lantuf htm innen, iüish .' sein 1 kH dom 
Snnhs, riwi dem or t..iulirb m«djrnro SUoulett eeeht nrnf , wdifbg'- I 

^ep:«te(iher «idte. Hin vdlUw HKnhh 
iflrklmi teAumbWlolu >yür«bv dtosh (drdae 
kiVv^tFt'. Zeit: bn^teiten oihT ohnr F« 

Soplm xurtickte^ii iten»ernannter Ih-viumt *.m-uuijr djem ni,te. IS 
ist atee iviebt. btefte s\\v.. Djo]H>^U.ion ul mm; dte Küher acmmmeHeii 
tote^tteijidsxdLon VoistbUmmoh yfivtenfygwgWiixWj, soiiteü’ü <m mm Ut 
sieb ztijKMnK di f5 • teom - topo^rajdiiSrhn KHmid-, 

rüngstdldni- v ; tv I41ü4ft nnd yu boWbJtenn, »ind - {fteiiKs 
schonte ¥n’ fite'kbibimig' : zü htteruv deini ;wte, mir 

, - r «.•*;?•. 


hagC jjbr .1 bhck«te t du ja bnlnmitljiib die ■ inneulate)} KKÜftem der I*uyiJlttii 
tete Iii. lit i * o« !»i m'l. hei c«'>'indm« Mmim lo n auÜalimü! In-il Mild. 

Wan nun tem .sonstigen A.-sumlmdtetesteted des Kraut cj, me 
laiieK -o sind ktineihd krankhafte ite-ttenrnnmen narliweislmr. Aas 
‘hi. i-t -mel. links zwar eki ««'ei. j wiLe^'n anet ^esumk 

Artei h> L kl. , « , e^e ir-r niebt naehwcisleir.- Iter wtedeehMk unterMt« ht<‘ 
fi-in hui zu komm- Zeit’ pathnjooMdio IMmcnguthceu mh’saihhi 
Die- kainü'nu sind “esinui. wie auch die ac» derer* i te^anch- Irgend- 
vcieie-u Ahusus hat dm- Kranke weder mit Alkohol mwh 'lAltek 
., , ., mdriohmi. lia^cpten Jst. Luo.s «kdior teA* l*u»'tei^un; «liv^clbo S' lmnn 

»te tem nn ^| vll f n Adurr Klm msmievn o«>Uo*ni gnmm ht iö inihmi. itis, m 

hn\C c« ne tejMViditevt -oii.m* Ftm.i mit Altem AboW pieudut zu hahrn 

. ‘ “ ■(-• iete « it:.■ zv an. Sehuun^ersAuft fnd dann nutet mehr ein 

Soweit reichen die von mir *>m uoduom Itesunli (ir" Ke.niee 
“•* ij.,e M“i* ihmhat-hlnn.-O'U l.hteer doa Weiteren WrlauKtmtte H«*ri’ 
Dr. I’ die Ite'ite, mir wimhdlödt hriciln'dlo 'MitebriHingcn za rmo;IiO«t f 
rnd-h kieiuüi die- V.fpJiftltftiF'W d. Tn elf Wne&b nach dem 

} ; ;lulltet «hm AltenHrn; um! ateih Wr.Jimi nadi meiner perfföhivtemh 
UbthiSmtemng-, folmehderbinn rsten. 'Ov^eTt; 


r mit soutte lincetiiilAcu. «-ere ; nie Sehsebfirto hereite uummh-eh wioi.t \^:A\w\U^-u, Ifa* reehic AmA 

inbihbo Thrte^m ho m}*on brich Kat Wci Myojdo te 4 nicht ^auz Kcbhi'Uiteo voq l>«b> iiükr Än^o 

bübrnv d<m \V“u; v.mn Ib'J t zone . bat hei dcju.vcllnoi ihdVaeahnhSz\mti>.fid iviin> erheblich gornreer“ Scii- 


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Das SoltFci’mAr'en ist jite^t aMte-übUos ciit J.msstU’Lte, uiid UUst- 

tim ?dcbte Äbi(k 

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Hriiai-h; Um 7 ,\: dfihei >!:lU‘iut him das best« Keiuenuogefrliidd 
i?n « e.jtlnrj» sej.bte zü testen, denn I hUieut. da i« i luov »-xeHj{ite«d. 
mit heiicuee d“*> l>nlh«>s nuAi nuten orte minm. Auch d® 

-n Mt - 1 . htet (uibnreu mul aufb'etnnnmon wer?Um, was hm uu '«><« 
e.r ; ni : **n t oitermedeui^ ImkarinUifd« unuu%lic!i. ’NVhv. Im 1‘ ol«r ,, R ,, e ,M 
sa»d i.whic Unslolte^Mteü vn . tete W'xs-^t*.;- Äj^drui-kti, wie sie tun’ 

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cntviilc ti.esiühtak'tdur, xtüsh VVo«.'}n ; n uiw.li dem hOizhoi Anbjdb*. ^nf^foii’OÄilucu-. 


Go gle 



25. Januar.__ _ 

Herr College P. geschickt hat. Sie sind, wie mir Dr. P. schreibt, 
mit einem Papierqiiadrat von 0,5 cm Seite in einem Abstand von 
20" aufgenommen. 

Es ist in unserem Falle, genau so wie in dem von Groenouw, 
Schmidt-Rimpler undVorster, eine allmähliche Besserung des 
centralen Sehens nachweisbar. Während unser Kranker unmittelbar 
nach dem Anfalle ganz blind zu sein glaubte, dann allmählich 
wieder einen Rest von Sehvermögen bemerkte, der allerdings drei 
Wochen nach dem Anfall noch keine numerische oder perimetrische 
Bestimmung gestattete, kann heute das centrale Sehvermögen nicht 
allein numerisch wieder ermittelt werden, sondern auch eine peri- 
metrische Messung erfolgen. Ob in meinem Falle, so wie in dem von 
Schmidt-Rimpler und Vorster, wirklich anfänglich völlige Er¬ 
blindung vorhanden gewesen sein mag, wie dies Schmidt-Rimpler 
annimmt, scheint mir doch nicht ganz sicher nachgewiesen. Die 
plötzliche Reduction des Gesichtsfeldes auf einen kleinen centralen 
Theil kann anfänglich, ehe der Patient es gelernt hat, diesen mini¬ 
malen centralen Rest zu benützen, bei dem Betroffenen schon die 
Vorstellung einer vollständigen Erblindung hervorrufen. Wenn wir 
es also dahingestellt sein lassen wollen, ob unser Kranker zuerst 
wirklich ganz erblindet gewesen sei oder nicht, so steht doch so 
viel fest, dass sich im Laufe der dem Anfall folgenden Wochen 
eine erhebliche Besserung des centralen Gesichtsfeldes, sowohl was 
die Ausdehnung desselben als den Werth der Sehschärfe anlangt, 
geltend gemacht hat. 

Das Orientirungsvermögen ist jetzt, elf Wochen nach dem 
Anfalle, noch genau so mangelhaft, wie bei meiner drei Wochen 
nach der Erkrankung erfolgten Untersuchung; der Patient vermag 
auch jetzt noch nicht, wie Herr Dr. P. schreibt, so einfache topo¬ 
graphische Verhältnisse, wie Stellung der Möbel seines Zimmers 
ii. dgl. m., zu begreifen rcsp. festzuhalten. 

Der Geisteszustand des Kranken, der bei meiner Untersuchung, 
abgerechnet eine gewisse Vergesslichkeit für Dinge der jüngsten 
' ergangenheit, eigentlich normal genannt werden musste, scheint 
inzwischen doch gelitten zu haben, denn Herr College P. schreibt 
mir darüber: „Der Kranke, früher ein witziger, intelligenter Mann, 
der sich für Tagesfragen und Communalangelegenheiten lebhaft 
mteressirte, ist jetzt melancholisch, in weinerlicher Stimmung und 
zeigt wenig Interesse für die Aussenwelt. Sein Intellect, der Denk¬ 
art scheint dabei nicht alterirt“. Uebrigens hat sich im Laufe 
™ u m u h ? auch eine Störung der Herzthätigkeit geltend 
gemacht; wahrend bei meiner Untersuchung an Herz und Puls 
üicms abnormes nachweisbar war, ist jetzt der Puls oft arhytlimisch, 
d 6 n° D A ngina pectoris steUen sich des öftern, meist 
»l e n ^ er Cinn . ist auch J’ etzt normal - Die Pupillen sind 
hat piten- e l^ l F n ? piegeIbefund ’ welchen College P. jetzt erhoben 
P ri cht durchweg dem von mir früher gefundenen. 

Hpcrd \ S °°- bei l ^^t’hcilte Krankengeschichte bestimmt mich, den 
2 Ä 6n i?, fÖr - ? ie T zweite Hemianopsie, in der Rinde zu 
der Puniilei, • en Hähmungserscheinung, das Verhalten 
vermöZl ^ «^artigen Störungen des Orientirungs- 

Fs cpj - Sen deut hch au f die Rinde als Erkrankungsheerd hin. 

Bemerku n gen m L z SlSen? ieSem F “ lle n ° Ch ei, ’ ige e P &ritische 

'mns'-ens * a'iün^f ^ S .° ei j> enar tig« Störung des Orientirungs- 
'iroeJonwl i!, 8 *’ lst dleselbe in z »ei Fällen (Förster, 
der dopuelsiitio-on aas £ e P rä £ tester Weise als Begleiterscheinung 
worden- in ?w • cor ficalen Hemianopsie beobachtet 

wenn au h Z' ^ (Schmidt-Rimpler, Vorster) Hegen, 
wie in jenen zwei Fäll™*™ 11 ? G1 ? he! ? Orientirungsmangels 

^önde in o. T’ doch sind auch hier die Verdachts- 

ß^inträchifinmo- riJTr?* 8 **- 6 vorbandei1 ’ welcll e auf eine gewisse 
^nvechseltrrll 0 . v ^ leatl ™ngsvermögens schliessen lassen; so 
und ünks wabr^^ r w Dke Scllmi dt-Rimpler’s beharrlich rechts 
gut zurechtfindon J° rSter angiebt, sein Patient habe sich nicht 
aehtunc ZTl n’ Qen; . leider wird die Vorster’sche Beob- 
inihrer°Reinhpit ^ 6meine ps 5 c ^ sc ^ e Alteration des Kranken 
Kranke bot dairer/en UIr 7 es ® n H* c kgetrübt. Der Schweigger’sche 
dar, doch ist hierL; aUC { nicbt d ^ e geringste Orientirungsstörung 
Hereiche des heminni Z ,? be ® e ^®n, dass bei diesem Patienten im 
ständig verloren J? Scben Hefectes die Lichtempfindung nicht voll- 
excentrisch noch JLfc angen War ’ v * eluie h r Bewegungen der Hand 
die Erhaltung- dp? n ^ en . orainen wurden, ein Umstand, welcher für 
? erklärendes Mnl 6 ” lru ?g s 7 ennögens in diesem Falle vielleicht 
fresse bietet dip l?..« nt a . bffe ^ en kann. Ein ganz besonderes 
den Eintritt d P « A n w . le . w °hl die Orientirungsstörungen durch 
gerufen worden n ^ lgen hemiopischen Defectes hervor- 

!" de, ‘ Weise 7 n T en °uw hat es versucht, diese Frage 

Irtssinnes beruhten aunwl^v d f ss , e ? sa gt: die Störungen des 
hnnneningsbilder Di . 7 er usb emer grossen Zahl optischer 
e>,e Erklärung steht mit der Thatsache, dass 


DEUTSCHE MEDrCfNISCHE WOCHENSCHRIFT. 


. _7ö 

der betreffende Patient noch sämmtliche Begriffe besass und jeden 
verlangten Gegenstand aus dem Kopfe zeichnen, sowie jeden vor" 

ffllhinT al ? sölcl,en erkennen konnte, wie Groenouw 

selbst hervorhebt, in einem nicht zu leugnenden Gegensätze. Allein 
Groenouw hat diesen Gegensatz in sehr geistvoller Weise zu 
widerlegen gesucht. Der Begriff ist, so meint Groenouw nur 
einer schematischen rollen Zeichnung des Gegenstandes vergleich¬ 
bar, welche mit wenigen Strichen skizzenhaft entworfen ist, während 
das einzelne optische Erinnerungsbild, wenn es zum Wiedererkennen 
des einzelnen Individuums genügen soll, schon einer mehr oder 
weniger gut gelungenen Photographie des Gegenstandes gleichen 
also eine grosse Zahl von Merkmalen enthalten muss. Es gehört 
aber so fährt Groenouw fort, zur Unterscheidung eines Ge^en- 
stan d es von einem anderen derselben Art ein besseres optisches 
Gedachtmss, ein treueres Erinnerungsbild, als ein Festhalten des 
betreffenden Begriffes. Bei seinem Patienten seien, so meint 
Groenouw, die Begriffe von früher her schon vorhanden und 
wenn auch eine grössere Zahl von optischen Erinnerungsbildern zu¬ 
grunde gegangen seien, so wäre hierdurch der Begriff nur wenig 
alterirt, indem er durch andere, nicht der optischen Sphäre an- 
gehönge Erinnerungsbilder ergänzt werde. Es genügen dann, wie 
Groenouw annimmt, die wenigen noch vorhandenen optischen Er¬ 
innerungsbilder zur Erhaltung der optischen Componente des Be- 
grmes. Soweit Groenouw. Allein so geschickt und geistreich 
dies Kaisonnement Groenouw’s auch sein mag, so vermag es eine 
wirkliche Erklärung für den Verlust des Ortssinnes nach unserer 
Meinung doch nicht zu geben. Vor allem ist es meiner Ansicht nach 
schon völlig verfehlt, wenn Groenouw im Anschluss an Wilbrand 
das optische Erinnerungsbild als ein wirkliches, in den Gehirnzellen 
vorhandenes Bild auffasst und es in weiterer Consequenz, genau 
wie Wilbrand, einer Photographie gleich erachtet. Nach der bahn¬ 
brechenden Arbeit von Lissau er (Archiv für Psychiatrie Bd. XXI, 
Heft 1), sowie nach der glänzenden Darstellung von Sachs (Vor¬ 
träge über Bau und Thätigkeit des Grosshirns, Breslau 1893) wissen 
wir doch, dass die sogenannten optischen Erinnerungsbilder keines¬ 
wegs wirkliche Bilder sind, sondern nur Erinnerungen an gewisse 
Verknüpfungen von Erregungen des retinalen Centrums mit anderen 
Centren, vor allem mit dem oeulomusculären Centrum. Wir können 
nicht glauben, dass ein Verlassen dieser geläuterten Auffassung 
von dem Wesen der optischen Erinnerungsbilder und ein Zurück¬ 
greifen auf die W ilbrand’sche Theorie für das Verständniss der 
uns hier beschäftigenden Frage von Vortheil sein kann, und deshalb 
vermögen wir Groenouw in diesem seinem Vorgehen nicht zu 
folgen. Aber selbst wenn wir uns unserer principiellen Wider¬ 
sprüche, welche wir gegen den Groenouw-Wilbrand’schen Stand¬ 
punkt erheben, begeben und die optischen Erinnerungsbilder mit 
Groenouw als im Gehirn existente Bilder gelten lassen wollten, 
so würden selbst dann die erheblichsten Zweifel an der Groenouw- 
sehen Erklärung übrig bleiben, Zweifel, für die wir wenigstens 
keine Erklärung finden können. Lassen wir nämlich einmal die 
Groenouw’sche Erklärung gelten und nehmen mit ihm an, dass 
die Störungen des Ortssinnes wirklich auf dem Verlust einer grossen 
Zahl optischer Erinnerungsbilder beruhen sollen, so ist diese 
Erklärung in der Form, wie sie uns Groenouw giebt, doch nicht 
genügend. Denn der Verlust optischer Erinnerungsbilder schlechthin 
— wie ihn Groenouw im Schlusssatz seiner Arbeit für den Ver¬ 
lust des Ortssinnes verantwortlich macht — kann ja gar nicht so 
ohne weiteres Orientirungsstörungen hervorrufen. Sollte dies der 
Fall sein, so müssten die in Verlust gerathenen optischen Erinne¬ 
rungsbilder auch alle der nämlichen Kategorie angehören, mit der 
Erkenntniss topographischer Verhältnisse unmittelbar verknüpft 
sein. Denn wenn eine grosse Zahl optischer Erinnerungsbilder be¬ 
liebiger Art, wie z. B. die eines Apfels, Stiefels, Hutes, Baumes, 
Kleidungsstückes (wie im Groenou w’schen Fall) verloren gegangen 
wäre, so könnte mit diesem Verlust schliesslich der Ortssinn doch 
nicht im mindesten betroffen werden, da zum Orientiren in einer 
Stadt die genannten Erinnerungsbilder doch belanglos sind. Wir 
sehen also, Groenouw darf nicht, wie er dies thut, den Verlust 
einer grösseren Anzahl von Erinnerungsbildern schlechthin als die 
Ursache der Orientirungsstörungen hinstellen, sondern er muss die 
Kategorie der verloren gegangenen optischen Erinnerungsbilder auch 
quaütativ genau bestimmen. Und damit wären wir dann, voraus¬ 
gesetzt, dass wir an die Existenz wiridich im Gehirn vorhandener 
Bilder mit Groenouw-Wilbrand glauben wollten, wieder zu der 
Annahme gedrängt, dass die Bilder im Gehirn nach Kategorieen 
geordnet wären, eine Annahme, für die weder klinische noch andere 
Anhaltspunkte beizubringen sind. Und als weiteren Einwand gegen 
die Groenouw’sche Erklärung müssen wir noch die Frage stellen, 
wie es denn komme, dass, wenn ledigüch nur der Verlust einer 
grösseren Anzahl von Erinnerungsbildern die Orientirungsstörungen 
bedinge, dass das functionsfähige centrale Gesichtsfeld die verloren 
gegangenen Bilder nicht schnell ersetze? Denn wenn das centrale 


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lilis 


J.Kt'TBCiiE MBTOiv’ISCilE WMWENSHUHFT . 


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auch m k*\m wwr m°x;-w üoHm mugimh r .,l,« ,,rl tA f^ iM __ 

XiJX ^sin’J.m^hü’V^-1 i• 1 *t,‘ {1 Am (ter mefücinischen Universitätsklinik in Bonn. 

Ä i£rl.:.t”aS^ Ueber dis Grundlagen der Martius'sehen 
Ä pö>Ji.i s »fi *r»«i«rw Herzspitzenstosstheone. 

WÄ^iie« ß*klAT'töteten. *U«Mw On.^itir.W': YVm T)r A, Schmidt, I./As^togKiPzi.fjßr Klinik. 

.W. WJ «•*; f».. . . **"• . . «mm» '**«..» ». - 

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,l f . n , t,i;- Sinri’ii«--r'M iu ToipCom 1 if,>r«e*• hrs.leben. V\ omi ' nof Inmll^ zu pi «uUritmm . T - , ,., , 

SVlkU derV pi-I«Vi £u« p-w^r« AuzuH vom Krmooni^ | Di, Marl. us^i-Uo«. I n hw 

win dies un !t .!.,M!'v DÜ, den i JnhmiinmiMniyrt bewirkte. mm nw.-hhdi.- lairdiogramin ) ftroj* 

*>■’würk- bei PatHut.eH rtiwwp. Y'eritiH, *u*vat: es .in, bei ; wündnnc tisio* r» nou Mbur UatadL 

nHiWrun* im-tfiumo* in V&W tommuU# Knmuwtmg;*M|äm •* desselben, der .mknstmehon , bei»«» 

,fci ^ioHaffohinHihiiP» im-burgi, «lud» *-»uro lümrst b»m:h YvmiiUm : rtwultntn uml-. eine Uaro B.umcH m w<* >?' kwttvuhk i 

h -; ni ,r 0u i,.' : ,i.-» Mmu an^iu-Inn« sein ; 1 ‘U^tkali^'hvfi VerhäHHss« Hmdeu dm ?.u ! W .\rfnariua», ;»wh 

& i,t,i. Mmn cif W.i,, t n vmmu Ztattr»; am fArdu^mm to ****** 4m ^ itaptal*dm te ^ 

>udi v uni eflcotüU, di, Mbl.el Alle Th^ und i*m 4* ^ di, , V w «ttd ^ k ÄJ 

Wforemw Kriruuu’iin^bild^ und dnniii »och das OrmHirou^ mPei^hmucn rJr-Ä 

vortini.’-», wd.^DiMiiri. Vuibeiv liiÜSHCTl, inU-H db‘ Urne u-it d^m Antausil dor f oidrMot >am der \ out,r»n.oi \\ t \hi?. | 

(ill ,V; r ;^ i- rküiriiü- rHui- wdfH. ■:. m Arv \ ^V^\ <u* kiumuw *.;.^ ; 

Mit dor AbiobnS^ UeUM'Oiunuw'srben Iöi• i;l<!tuiie':■;yei’ ä> bvk*■ *'i ; »>«- zur lldhu m BUitdrufke^. mi A ^ ?ui’ 

<tvdu>n mr dem \Tet’st4udnt^ *%v milder dont'^dtiktm Imman.) «n»n d-vt» ^vtdi<><$fArdreH jitHahmd. w& ^} Ll b W! M : Sr / )tu \ 

U^iLiJ* vpftininlcm’ii. nruUU^UIn»^ ?>“ ^ 

,AV. rnlieii rat b los Aurb ich bin nullt d -Uv h m & ym KluHum der AöH-a, dnr Hiuldt'urk hl mH aut dei U<di 

••ti'M&ßiöitigtj idkidtiuc -tu ^d-csi, wojvu i«;h w*sh vm^iiehrn xvlil, d<m udin* umgi; und, Abei' dnr Ui'M //ofihü«! eme nmhr odm 
\v4 zu fiudmv, auf dem Wir •vHlldidlit zu ümi Vridäudnkd M‘;ü uhfulhmd.i Um'*? auf da* l'Apicr. Am r.ndc 

oviali.uM. k.'uml-on. MuuU.'uut'urei- Anmrht iiHisf^u'-w '-?ur zuit. -nteo um ernten I u^inmUt um« eordioprapbmufmf 

3ur fra^üidmn ZuHdindn upbdinift, von- cbm Vorgang (alUm von MarUus),. dm- uudi *«ft 

auf Grniid dem» unter phfüiolü^isdbcn Vmbulfu?^ru; unner»? murr ,. \'efh»rn’«Mpzmr iumu^ ^e.iou»*> von Mai mu^,, e dd d v 

KrU-mihtnisÄ *jfd Orion der pepobmuMi li«du.ni;Utndö' im Uiiimu* mW t drhinf^ dm 8mn-linünrkltcßiinfi dff Aorta* und o« oiUis- »m ^ 

'-w.5die.iti.- bHOnimtirun^-im- Raum fus.^ .ilip-itt'wm' .t.o|)u^m|drMtdH - -l-loi^tön, Der HorzHfiitzntisfalso, r*o -jy stoliHehe ! »r- 
Bodininiun-<lm- fb^mmi,ind.Mrn Ikuiiu ist oicm mmHd Ire ihn n$ dor; Tbnraxwnnd erfolgt mir ^ahr«-iui de.» vw^ 

• Vö.rwtdi.e.lto'-lA)»»H-ioi». *-Uc ploü aus dw' ZuKammotrivirhuug / sehiusszeil'vdf ist a-rne unotion d<» r $o).neu . : 

♦lonor ^aoloreri xusamfiirddotiti; d^egnft^eBVik^-K ; üj»töi? ; Oiosür- Hfzlft Satz. )>Hd# M>i rtte AiW ß*$ 

navcmiii^n der Au^nmuskuHl ur mp. dift aus all’ djoFon }hm~ üo^ründ»»*? di.rsotbmi. kmd\to Afn rU\) ?■ n« eiuem VemvMe am 

■•^nff 0 ii 7 : n?tdtiH»ito.Alu«kek bcictriimvryai4t)<4^uifn}Ui>: x'UKumrhWi'jri^ -'.- Mmismu o, in vyolrhm or gi‘twktettg Oardiog;riu?im. und 1 ulftmir\> 

<1ot idiphiidodi dm.' s(»gonanut:öfi LoodzeicdHu -der' Netzhaut g>c. '.aufzeirhueio, Madi Abzug der i'ort.plbiU-^ingszou. »hu- ulswei.*' i« s 
wiUivmi Am« die MdgüelrUmt dm- Ort-d.mst.iuu.iuu- im Kaum.. Nur dor idrgimv dm Kultes mit »trnr. UvpM do^ tiirdibgmmmaF.znsjunmoi!. 
lü^n die jruiwrmtf'jt Fa< inivu uügostdrf. -ziiHänmifttiwirUea, bmo omo Iho Mar l i u s'srhmj Ausuhaüungen über lArdiogramm uim 

f)rjüijti)Ai4? i«ii lim.iUK; OihvtgM^ Uüd dH vSpit2-0X^tc>ss wurden, wie imkuhnt., m der Foigemt theus ;u *rnpmi, 

w.'dclu' wir von HUKerer .Utfi^ehun^ gryeiiirioi'v und vi memmn Grc Umils he&HinJift Die rüüwaude, welrdro gugetr &in orhobrn ivütnrn, 
dimlit.nHs mifho\valu*Hi, bevuher» • auf der : l$rhvueruug ub jfustimmto ! ht'/ogen sid» sowohl anl di«» B.odkao-litt?ng5re^nUate I* uul ! .m 
i imübiii.-dionen de* Zuso.uvmm»wirkeüs jonov drei Fnotoreo. :Iias Mh^frllsohnU HehKjsslolgoran^OTi. Us wuvüa- die E4'ar-Un>it t.^r ?oi(. 
iopographisuhe l^ioomiugsbiid ist liimumb -.pMm otmnso ihre vm o-rminlo?! giutphi-rheii Apparate, die Zovorhjsmvl-m 

Produöf .olncr absm-ialivmi VorknupfuTig'Y.dfßv’biedouM* Uifu{H».ntrOi, ' der'. ; ,aku^ti8uhon.M^rkirmAtHHe”, ganz: he.stmdors aber dm J iU'urU! 
wie .ilt«s--U}».tisH4b •ßtrimu.’fimsräHjci üWfhdiiid-. XVü. der h<nn.oti.f.«ViuTi des SidDamsiöBsos atigognffeft, ^ . .. . 

•(k»p'nelbcitlg«).i' Bxm)5au6|->sio scheutot nuu «:■ in er mkr Paetunw» au- Die Fnvge nauli d»m Ormtuhbgrkml diu- vomduedrnu?» Appmvm 

der»»ti -Z UÄvmftie^i\vi*ü;,o das Orif ntii tnursvermdirmi umr nrwHehst, ildrf Iuuttn _al« onisehiedmi h«»tfachtet werdou. V.s »st ed} uesuniu'res 
so £nt ;w:H ganz »ms, dmui die l^ooalzoiohon d<>r K'otaUnnt. gehen ; Yerdhümt 11 (i i-t.hledureh oino sehr HurgtiUtige liritm^uuhimgs^- 
grdssmutmijs -vorlnrou. Wcrm der Verlust der mmaipn Umab i reibe «uzwi'UlUnift üiUdvgewiosen tiu haben, dass woher -uw y ^' 
z.-ithno nuf io-.ind periphbrer, im Aügo kolbst grgwbomu rroeosso • Martin^ voroa-ndoie Oruiimaeü*srho Luftfruiisi?iif?uiojiÄ*td>;»r‘U 
erfolgt. s<? kann rioo Störung des c.>rioulirimgsvermdgeos oder sagen !■ noch der Apparat von K’naeU, mit wclditüil v. Zbbih«sen:.> 
wir lieber du* i-opognipUi.s»-.liej» GoditrJiLuises uathrlioh niemals -er- j avbeiteto, ausroieivend sind, die Hinen SAhwafHoihgc’ü >m Herz- 
idlgon, denn die filmneruhp: &c. die fi?pogfapUi«ohtaf VerimlUiisse j stopsos fbblerAni wienHi^ugobcrn Jbo Curvon dieser Apparate sm* 
liegt Ja im Gr-ldrn, ist in der «ingestnr-ton- V erhiiuiun^ der (Vnlrhl) j durch BchletHeruiig gownUig vernustalbd.. tipl sich pm*&U 


:■ ■ - ' C. .• • . r • .-• •.. > ; , • •' • « 

{t A us der meflieinischen ÜBivemtätskliilik in Bonn. 

XJebsr dis Grundlagen der Martius'selien 
Herzspitzenstosstlieorie. 

Von T)j* A. Schmidt, T. Assi^nawzt der Klinik 

In :.\V. aö (Irr ürui.s.-'iH'ü im*i).:!ii.fcf;hcjt Wnr.hwisoJu-Uf h;it 

iHat-tiu#' m««cfiiingy. <gHiomnn,!. ^cim' 'ri{«»tto (te 


imfhmals zu, pnuAslrtm. ^ ' , 

Die Beilmitw ctc?r' Mart iüs’seiimc I id-imsuvliäugen «bov «las 
Tuenuidiftdh- t^irilrogranun { ) hurüht uuf ühr pHunuVHtgro An- 
Wt^rHrtti^ rüittih- sehefti Irühor bokamUen AevHhn^. ?.&' iHHnng 
: AessöäbW, üpi Äfk1rmi)Uiode w . Soiw Beohaeliitinits-' 

re^ulfafer Uhd-. diifB ' kJfl-t’O; -'Kiu^h*k-t ici -$.& 4p DUtriaeiih hnttunemioti 


X5iue Bogründung (iiirselbru. Pbjdifo M'artj us ju eiBem v.ersumu* 1 

Mt’iisohou, in wclrhrm er gleichzeitig Ciirdiugriuivm -und l'ularurvi- 
aufzciehmdA. Kfl»h Abzug dm- (rortpAauwmgszeit der Puls wolle öri 
cto.e Beginn »iW-Pulses mit dmn Gipfel des Onrdiogramme* zusiunumi!. 

‘ - Die MaT’tiuä^fith.ü Aii^uhauufigeia übpr Cavhbd^n’hmiti ••uüd ; 


/.Irr Ü 6 v der iöpigp$\&}hm Mostirnfnung '^iu^k^lA 

untl Ät«liddtgcvfÖ!.vih kogriihdnl -Bei dbr : Aidpp.fdspi%dfi'. 

fJurnh Kiudt-ueidvVJjidvung bedingten HeftühflöpsH wird.iUmp die ge- 


dass di» mit fohlnrtreien Appuruter»' aufgoopminotmii Horzstiitzmmte^. 
eurvei! eine gonz iiudon* Uestaft. aufwoHou» als die Marti uy sehen 
iiiut jUitilirhö Curvrti. Deo syslolievhe Theil »{es (.ln , »lidgramim'--'. 


iirtJinte f;e.iir.ve!»vtudiiauccug''b{ür»mm, und daruiri gerad«» tousj? aus-ihr •! welcher Txi 'dldübit Cun r »ui im wesentliehen aus «mdiO .Aiih und 


' eben eine SiAruug iles i ji-i'-nnrunosvei’UingoHS fOKutUren. Nathi’Ueh 
kann sieh du^e Storung nur zu diu'«i»v mfk|h?Mi Vöffjktt. bteuyeru, 
wetit) weHons »He gtAsaih Alehrzatd der Weg* j 

fall g-ekuntmeu ist ; bei mit museiijger* lmmtmyntor cmd.iailor iiemia- 
üojiHir liuntt md wii'Ü die oi-lmlteno Kt*föbnwth^lfto iüit ihren Locnh 
zöioJfeiY Oh 1 Or^ 

lAfe 'Ihtttsai-hi*, ,cUh$ dd_rKrüdkdj \y ? ,‘jiöl|ur H den 
peripheren AfetÄlui.n|j(^ft{odfi nöefd so viol BidlitüiTnpftndtrng: l?osass^ 
uep |b|hdi>e\yhgdtt^eM zu orkuimen, Win» Cddehtij-uiigsstdrungen 
ZL‘igfe ? hdmdu vhdMrhfc für unsere Auflassung ipreidum; denn bei 
diesem Kranken die reliaah*» .L'u-Ahmrimn oie-n heine-wegs 

jo s»h hem Umikrige. ynrloron g^ganglvn. Wie in dem Fdrsfotv 
schon und husitium j’'ol) : sio waren viehuohr grd^stentheiis, worin 
auch in aJ>geglump{'ter VVijksamhoiK noch vorhanden. 


f-fg. iA N irürrwahg dos BöÄ ; 

Ajestoht [tf. Fig.. 1 %)> 
zeigt ln jonoii Ih'ig. 
omen st^ibxn, DM /hdty 
?etwh ' Anstieg, 
ijui 5 sehr wöntg sontögtt 1 ^. 
PlaHau, «ihd-, 

die Utitorseliiodo h«Uof 
Oürtati. dass z, B. dir 
Zeitdauer * UüirriV 
. apstijpges-; 

’i ZoUsehf-m f. klm. Modiciu 'Kilt im. Hell 3 oid y XV.. 

Haft 5 üöd Ü; XIX. .IBOU Heft 1 ua<l % döl^ßü^. 
schrill l^SB, N». 13, - JS ); Bilügers Amh. 53, p. '■*$$$, : 



TO : J yii 

... V'.-Jl; /• '■')>’ r<\ 


I GA N 

,... •'.,-' 1 "V^g-Vv'V.?i';'r.'' : -. ' v '■. : ’•<•'*■• C''" "-''S *,'■ V Y»'•'••'• "’i'' .• "- ■ *** ‘> v '.''.i '.■ ;, V ’ .• *K' > "■ ’\i. 



25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


also die Zeitdauer des Spitzenstosses einer und derselben Person, 
bei Aufeahme mit der Grün mach’schen Kapsel (B) dreimal so 
lange dauert als bei Anwendung der fehlerfreien Hürthle’schen 
Kapsel {A). 

Es ist klar, dass der Nachweis einer so grossen Fehlerhaftig¬ 
keit der Martius’schen Herzspitzenstosscurven, welche doch die 
Grundlagen seiner Schlussfolgerungen gewesen sind, auf diese 
selbst nicht ohne Einfluss sein kann. Wenn auch an der Unter¬ 
scheidung von Verschlusszeit und Austreibungszeit dadurch nichts 
geändert wird, so zeigt sich doch, dass die erstere wesentlich 
kflner ist, als Martius annahm, und dass während der Aus¬ 
treibungszeit die vorgewölbte Thoraxstelle noch nicht wieder 
zurücksinkt, sondern vorgewölbt bleibt, — eine Thatsache, 
von welcher man sich bei manchen Personen durch die Palpation 
direkt überzeugen kann. 

Wie stellt sich nun Martius diesen neueren Resultaten gegen¬ 
über? Die grössere Exactheit der neueren (Hürthle’schen) 
Apparate und also auch der neueren Cardiogramme giebt er zu 
aber er verwahrt sich dagegen, dass mit seinen Curven zugleich 
seine Herzspitzenstosstheorie als falsch über Bord geworfen werde. 
Er sagt 1 ): _Erweist sich der Grunmach’selie Apparat wirklich 
als wesentlich unzuverlässiger als die anderen, so werden wir ihn 
bei Seite stellen. Vielleicht ist auch die Auffassung einiger 
secundärer Zacken und Knicke‘der von ihm gelieferten Curven zu 
modificiren. (Freilich muss ich immer wieder hervorheben, dass 
vor groben Irrthümem auf Grund von durch den Apparat ver¬ 
schuldeten Deformirungen ja gerade die akustische Markirmethode 
schützen soll und schützt. Meine Behauptungen lauten ja immer 
nur: an diesen Curven, wie sie dieser Apparat geliefert hat, liegt 
die Marke des ersten Tones hier, die des zweiten dort!) Aber 
was ich als ungerechtfertigt und darum ungerecht zurückweise, 
das ist der, die wesentlichen Zwischenglieder überspringende 
Schluss: Die Herzstosstheorie von Martius ist falsch, weil der 
'irnnmach’sche Apparat schlecht.ist.“ 

Dem gegenüber muss ich betonen, dass dieser letztere Schluss 
wenigstens von mir, bisher niemals gezogen worden ist. Die Herz- 
^pitzenstosstheorie von Martius könnte trotz der Fehlerhaftigkeit 
.einer Apparate richtig sein, das wäre möglich. Es ist denkbar, 

bei gleichzeitiger Aufzeichnung von Spitzenstosscurve und 
;™y e .r- auf deren Vergleich sich diese Theorie stützt — die 
5? der ^ urven s,ch compensiren. Aber wahrscheinlich ist 
Marti»Jtb?Ti, eS • mUS - durchau3 v ^angt werden, dass die 
J3“ 8 f he Tbeone emer erneuten Prüfung mittels der ver- 
«nten Apparate unterworfen wird. Nur wenn sie diese Prüfung 
»steht, kann sie als richtig gelten. 

die FestsWlm?f U ^ er ^ ord !T t ausser einem richtigen Cardiogramm 
Verschluswpi't”ni 0n - Punkten in demselben, des Beginnes der 
z,it rBeeirm un< * des Endes der Verschluss- 

di« p” nbungszeit). Zur Ermittelung des ersteren 

Martius der „akustischen Maririr- 
ieifce Anfs ’ rpih, un 5 d ®? letzteren kann nur durch gleich- 
DeD rerwh b a g V0 J! Car <!'ogramm und Puls geschehen. 

akustischen MaAirmethfdT/"^ 11 i? ege . n . d ‘ e Zulässigkeit der 
^ntcrsuchune 1 ?n h tb ° de SUC Jl te Martius durch eine besondere 
Methode nicht in J? anach besteht das AVesen dieser 

sondern in dem • R f actl - ( l I ! auf den einzelnen Gehörsreiz, 

p ingepräi*ten Rh^h!? ronis eJi en Mitklopfen nach einem bestimmten, 
'^^ kfnn dabÄ 8 v ^ ertra ^^szeit, das „psychicai 
thode unbedingt eil"! M Ch ? dei1, Dagegen erfordert die Me- 
m. Ist dieser l? bs °J Ut ® RegeJmässigkeit des primären Rhyth- 
taindesten Fehler vnn ®£ e I m ässig, so . haften der Methode zum 
Das ist eine einfache u** i? r ™ S ? dieser Unregelmässigkeit an. 
öliges günstigeres v oglscbe Folgerung, die auch durch ein zu¬ 
kann. ersuehsresultat nicht umgestossen werden 

w »^KundÄ hab r e T igt ' dass das Pulsintervall auch 
^4«™ k i in « enau glcichmässiges tot*) 
gewöhnliches, n/i Aoo Secunden (Martius) sind nichts 
rcsultaten wiederkehren 6 ? ^ e ^ er müssen an den Markinmgs- 
fIner grösseren Anzahl vn n F ^ enn ® s durch Summation 

? > etwas geringer!^>u Emzelmarkirungen den mittleren Fehler 
Fphlp f immerhin 8 SL® herabzndrücken, so bleibt dieser 


»nmerhin v.,' ~ uu»ou, su uiciut 

^fellun^ der Lage d^Br^H°e S rlf- fÜr dea Zweck einer genauen Fest- 
£ hl . ,es *t sich Xsem tS v 6 - im Car diogramm. Auch v. Frey 
■soviel ist sicher dass se . mer letzt en Publication an : *). 

,e »seite setzen wird w ^.»akustische Markirmethode“ jederzeit 
zur Ausmessung der pT ?- n eine be88ere > mehr objective Methode 
—— S 6r Urdl0 ^amme gefunden werden kann. 


5 Sch^H\ m |^:^^enschr. 1893 No. 29. Separafcabzu* p. 10-1 
1 Münchener med Wo/’ ^ Medicin 22 > P- 369. 
med ‘ Wochenschrift 1893, No. 46. 


schritt U H i .rt e Ml e Ä ke ä "Ir ? Ur . thle wesentlichen Fort- 
schritt. Hürthle führte den Nachweis, dass der systolische Th«ii 

Pulscurve, nämlich die Zeit vom Beginn des Pulses bis zum Auftreten 

kfinde 1 ^ 18 - 0 ^ ^ lle ’ bis auf einen mittleren Fehler von 2 / 100 Se¬ 
kunden gleich ist der Systole der Herzkammer, der Zeit vom Be 

Krit r / U n mm rr k , n - bis zum Be S inn der Erschlaffung der 
^ Uurch A ergleich der Spitzenstosscurve mit der Puls- 
curve der grossen Arterien ist also eine bessere Deutung der 

der ^ Herz tön e^ 1 * 7611 mÖghch ’ als durch die akustische Marfirung 

4 bei \ ai L cb diese Methode ist noch keine ideale. Sie wird 
weit ubertroffen durch die mechanische Markirmethode Hürthle ’s 3 ) 
welche darauf beruht dass die Herztöne einen in einem Stethoskop 
angebrachten Mikrophoncontact erschüttern und dadurch Strom¬ 
schienen in einem Inductionsapparat veranlassen, durch welche ein 
Froschmuskel in Zuckung versetzt wird. Letztere wird gleich- 
zeitag mit dem Cardiogramm registrirt. Diese Methode entscheidet 
principiell über die Lage der Herztöne im Cardiogramm. 

\ T A r a ?. acb der erste Ton durchaus nicht immer, — wie die 
Vertheidiger der akustischen Markirmethode übereinstimmend an- 
geben — nnt dem Beginn des ansteigenden Schenkels zusammen 
sondern häufig mit dem Knick in der Mitte dieses Schenkels • und 
der zweite Ton, über dessen Lage in der Spitzenstosscurve die 
Meinungen sehr weit auseinandergingen, trifft auf den Beginn des 
absteigenden Schenkels. 

Die genaue Feststellung dieser Thatsachen zusammen mit der 
(jewmnung correcter Cardiogramme ermöglicht nun eine viel ge¬ 
nauere Deutung der menschlichen Spitzenstosscurve, als es s. Z. 
Martius möglich war. Martius konnte und musste auf Grund 
seiner Curven die völlige Verschiedenheit seiner Cardiogramme von 
der durch Tliierversuche gewonnenen Kammerdruckcurve betonen 
Die neueren Curven zeigen, dass statt der völligen A^erschiedenheit 
eme grosse äussere Aehnlichkeit beider Curvenformen besteht. 

Die Erörterung dieser Frage bildet den Hauptgegenstand der 
jüngsten Mart ms’schen Arbeit. Die äussere Formähnlichkeit 
beider Curven ist ihm gleichgültig. Beide Curven sind principiell 
verschieden. Spitzenstosscurve und Druckcurve sind Curven ganz 
verschiedener Ordnung, ebenso verschieden von einander, wie von 
der Volumeurve und der Zuckungscurve. Er sagt 4 ): „Wenn man 
sich nicht auf die blosse Formähnlichkeit verlassen will, so bedarf 
es besonderer Methoden der Vergleichung, um identische Punkte 
zu finden (z. B. gleichzeitiges Schreiben zweier verschiedener 
Curvenarten an einem und demselben Thier). Gerade zwischen 
menschlicher Stoss- und thierischer Druckcurve ist aber der Natur 
der Sache nach eine solche direkte Methode der Vergleichung nicht 
anwendbar. Daher die besonderen Schwierigkeiten.“ 

Ich glaube, dass über diese Frage sich völlige Einigkeit er¬ 
zielen lässt. Weder Hürthle noch mir ist es jemals eingefallen, 
aus der Aehnlichkeit beider Curvenformen ihre Uebereinstimmung 
abzuleiten. Es geht das u. a. schon daraus hervor, dass wir die 
einzigen sind, welche hervorgehoben haben, dass der Fusspunkt 
des aufsteigenden Schenkels durchaus nicht immer mit dem Beginn 
der Zusammenziehung des Kammermuskels zusammenfällt. Die 
Aehnlichkeit hat nur dazu geführt, mittels „besonderer Methoden 
der Vergleichung“ identische Punkte beider Curven zu suchen, 
ganz wie es Martius fordert. An der Kammerdruckcurve kommt 
der Vorgang der Zusammenziehung und Erschlaffung des Muskels 
unmittelbar zum Ausdruck, und der Beginn dieser Phasen kann 
an ihr abgelesen werden. Der Vergleich der complicirten Spitzen¬ 
stosscurve mit der verhältnissmässig einfachen Druckcurve hat nun 
jedenfalls den Sinn, dass man mittels desselben feststellen kann, 
welche Abschnitte des Cardiogrammes sich durch die Zusammen¬ 
ziehung und Erschlaffung des Kammermuskels erklären, und welche 
Abschnitte durch andere Factoren veranlasst sein müssen. 

Dieser A r ergleich ist von Hürthle am Hunde vorgenommen 
worden 5 ) und hat ergeben, dass die Spitzenstosscurve der Kammer¬ 
druckcurve in einzelnen Fällen nicht nur ähnlich ist, sondern dass 
sie derselben direkt gleichen kann. Das gilt für den Hund. Beim 
Menschen ist eine Vergleichung beider Curvenformen ausgeschlossen. 
Nur auf Umwegen (durch Vergleich mit der Pulscurve der grossen 
Arterien und durch die mechanische Markirung der Herztöne) kann 
man erweisen, dass gewisse markante Punkte des Cardiogrammes 
auch beim Menschen dieselbe Bedeutung haben, wie beim Thier: 
der Knick im ansteigenden Schenkel entspricht dem Beginn der 
Kammersystole und fällt mit dem ersten Ton zusammen, der Be¬ 
ginn des absteigenden Schenkels fällt mit dem zweiten Ton zu¬ 


sammen. 


1 ) Pfltiger’s Archiv 49, p. 95. 

D Zeitschrift für klin. Medicin XXII. H. 4 und 5. 

3) Deutsche medic. Wochenschrift 1892. No. 4. — 4 ) 1. c. 
5 ) 1. c. p. 2. letzter Absatz. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDIGINIS.CHE WOCHENSOIIRIPT. 


Ob Resultat m <bv B0ha4i£r,mi£$%chUgfc* dass eme . 

Aidinlicbkeii. beider Ciii'venfurmrn auch für Am Mmmcho« oxi^frrt. 
mag dem tJrftwir des tum* überlassen hUdbrni, Darüber hinaus 
gftlii n;is«'vc Behauptung nicht. Im OgeuthmL Om Untersuch um: 
hat da ks rttif^r 13 ttCftriu untergiVcUteu Füllen kum t)'m~ 

ziems C-a-rdirmTamin sich Im/änd, wckdteK :oh!ijv wdi^rcs mit dev 
Druck ei irvo hicutihtiri wen Ich könnt.»’. und nur zehn. in welchen 
ei m lVtu.iUii.iir m der Hand dm i'nkscurvo der gro'Sämt Artönen 
möglich war. Die •vm.v:»-hic»b-.ust.rtu Moüieufö,' nicht allein die 
Pvih % k%UM‘hiUOiD$‘> in» Innern des VcnU-d-nls, hüben liu«dHSß. ^Hi , 
«He OwAUtung des Spitze« stossos:. der Druck te HebyV-T die Vor* 
bopnonttar^fe^D dm Ph&sun der RespiratimiD, dih VjjrtyiimynfhÖifc* 

nPsc des rChnruK. Dumfcfttw mit Rocht betont Mart ins in Bezug 
auf den kd/Hui Punkt, dass der Stos* bei völlig; injri.iiÄlim'Mu^liöa" 
manobmaT g>yr plchü vorhanden TsB’ Es i£& dmse Vcr- 

H» icotühm .jetzt zu der Frage. ob der Dpit/.onstc.MS der Her- : 
■mv&~ mit tfor VrrächiitSHzcit zutnimmcmRUlU dorn aynshuHUdiftn Punkte 
dm’ M'ai’tn!bischer». Theorie. 

VohvfdVmßP der StössU sagt M^i r t Du^ i ),= rdanmt nur> 

ürpj>t kuj'Vih 3£e|t Gerade drehnruermr C^i^b^aiTihtadfiiakniru mit 

sehr w<mby-odm •gar flicht shhlondettKb-ü „Apparaten • iKvvtbsVn fkvn 
; X)cT Ktos* ist jkebD' VÜH tküt’tfnh *|J& dru Systnle, Stdir iehdjt ist 
cs 'nun. zu ühcrftAgbih da«£ der 4ü «lun Aiitanks- 

ttu-ji <V-I Ky.-hd»- tüiD V • bedarf dazu nicht eomptieiUer Apparate 
Dleiob/oiHirc-' Fühlen um! Am oiiKin-n drr Ib rztonc gemigü Die 
graphische») Autfuiinm-n njeirluoini' mit nkn?ubwhu Mmkiniec i»r- 
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Kripsei«, du- nur .-HaiT IHM, XmngeHdoHf nnundlickHi zur Vem 
fnv«--!in»' ste'it»- \vicd«M'holf’. Das wt'smddhdmResuilat. bli«b.d^ssdb^. 
i'»er Stous ist ;-»».» Fumdiop: der Vm>-<')«!m->v.»‘it ■.• AV?üV» frnhVr mir 
Mddäctpvf' (pn<di<m»?emh n, »i b M'hlouucrmum Instruujti'ntnn dtb 
.Vnr^vdj!u!fiy;>-1 \V^\i ynam.-hmal uTn^-m', d. hi später j<mh*nd 

p-oinirden nm'ik ‘.vi* ; , die Vcr^ciiVns^mt iHiVheeb, • Rech 
und oiiik’F’i, so sprh-Ut dae a loHjpvt für ;mvtiin Anruvi«»-»*.», d;*a-,- 
Vtcjdo /.uHooiioeii'uiivii .Auf diese T.hersu.’.dU' erfindet stell mfciün 
HcrzMiimrin" 

Önvool iÄC fojüende^ ~w evadderVi: Znuibdtxr. bat moh ^«ji^k 
tlass, tniti.eD der veibesfterteH Ajiparuio •aufo'C’tinin-oien; ttec Anstiee 
der Spitzenstossmirvd häuhR darüh einen Knick in zwer Theile zer¬ 
füllt, Pd Pie;. Ri und «baa panh. «b'n Rfgadmiason der ineehanDohep 
MutXftiacHtöik de> dtyp ^Alpe erstu. Tofi, ^j^g.ö;it : 

Punkt irad nicht an i df>n- Bk^riun tVer Erbebiloe, iSHI 
■ Ge^Mt.rdiev diesen P^saRntmi* kdoneu die v. Zic iuse A | 

der obt uu'/.ydH.t\jjb.« t;e.u A.ppnrattm ^u;irbeikk. : baf, nicht als Beweis 
U) tB.nl aiiiVufub rt nvamdem. tudVr dfuj ptirvt?n Ederen’s, wtiltdud 
mit b»*-i (?»•!> Aimnvattm _eari»t'pt'l bat.., f-»da»bd >ii h eine AninbD), 
ln' wcUhcn dm* VfcWjrhibh ütii tk>r- klei/dtzeitig? i’elistdrdj^abFuDbucro 
M>ibdd.,- dn.sjS .der TDftniti der Ayaf/de in ihm Verlaul des amdeioen- 
den Beimtikels und zwar auf den hier deutlich {las^prä^u 
Knick föltt. Di^e ^dirv/m u]yreebnn jn.jcMaik -mtdir gkgm als P|r 
MttHiua 

,AD<> Oie VersehlosÄzcik bn^lhnt — wc.nig.stons- in diesen Fälle« 
— ^piHer als der Hebe? »ins Oardlo^raphnn an steift°). Fs fea^d 
^ick weder; ob der Angtmir des Rehlds Wende t ist Airichzeitin; rrnd 
dem Ende «kr Verschlug/««!? 

Inn dieses zu bewmeeu, stützt fc-ivJ» 'Mart in £ auf einen Ver¬ 
such am. Alenseheii, W q dio Ausmeguunic er^ah, dasa tifielf Absug 
(ler Fuvtpti nnzune t, ihi fh>r Pulsfuirve der Oarotife rnit 

d«)i pnylö tbv V.^chla^eit Elan /Aveite Stitt.gn 

iami Al arid ns in einem FaUn. von Aort<mrkfno.MVg 7 mrp, dessen 
Forven «her- higher mfats -T'bröjföBtJU-kt- sind 

Dem •^n.i» , imÖber' «teilen die cRc^tJlthtd »mderer Forsclmr. ^icM. 

izääp f; Diu; Mcü. xxri. n, «t u 5 ,. 

y ) P ny eful A <1:110 i. TSh‘. Pra«':t.iliom>r, Folinufr bis dnli IKCiO. 

: A Z«ömrhr;U X ldi». Medkin TM. 2^. n. 407 «v 
I. i. f>. b.. * 

>climWir 1. w p. 4(»(l. 

") «•-(. IHirtl«Tu. Deut, nv‘d. Woi’htMiüubnii - B-chmrdt.•ZfeitkcliHft 
. f. Hin. Mod 

0 Xilsdm. r kiii-: Akfi XIn n ?At) . . . 

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’.yo-: :C reccuitdea abcr.dktndd.- 

Huob Xiluikth k^un wohl liininand tnölir be^vwMa, d^.m* 
manclum Fitlka weder dev Beginn des ungtdgcndcu Schenkels rnit 
#m Bc^mu der VcrFchlokszeit, noch dns Ende teselhcu nut deni 
Etulc dev Vots^la/&«cil zu^avrc^i^lilt - 

ViP'fieicht hat Si^rthts .dies« Betnusfiihrmiir YnnTu^^ehun* 
wann er «agt 5 }. .„Aber ich mus?’ noch rdtien SrlirKt umit-eyj^eD?u 
kh hpite iiioiue Derz^tossthearie aufrecht, aadt' imalduipui;^ ' ;,)l1 

hkrrlio^rapbie und Inder ÜumrnnrkUinm^ hbcHmupt. Ehruwf» 
wk* jcdo «»Kien* Hcr/.sf«.!K : .nht?övir‘- hat :-w da- be ( *' lt > 11 h' sulche gc- 
■ mint umi ito den klinischen Thntsucb«« >ven..essc!i zu u»u’iimi “ 

Ith verzichte darauf, AI a r ti a s mi das Bei »im der kümcchcr 
Tha-igacheu zu ibige«. Meine eigimeu Dritersuchtuigcu bobeu mick 
zu der. Ansicht.' .geführt, dass eine klinisch« Verwthumr der ID- 
sulbitvt 4w CHrdiogiuphie voidduhg- munbglicl» i^v Ich Tmßndc mich 
darin i p üidnn-ninHldaruttdfjg mit Hilbert, Hoch häufe' a«A athjAr«i! 
Forsch m*n ; 

& genügt mir Au zeigen, dass dir .jp^jS«ik^>\h'e.*öruftdl^ ,> 
der Marti ti s'srhau- Spitze«stösstbeone “aslialtbar ißt-, ^-eil Dr den 
diircli eittote Methoden- lestgostcHtcn Thutsaolum niebt. entspricht.. 

l )[ Zeitscki'. f. klm Med. aIX. SnppifeUibftthC-Tt; 

H fnftngurabDIssüfcaiion. Ron« ls.90. 

D Die JQfltistSuclVuirg. des. Pulse?, .Berlin 1892,'|K‘U 7 -; ,^ 

1 'Arclii-T, 1“ 'ya&mvl. PätMogi* yad PIo>rntufe)lkk5‘f * 1893/, p. v*^f. 

A 1. c p li. ' 


Co gb 


25. Januar. 


J)BUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


in. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin 
chirurgische Abtheilung des Herrn Professor Dr. Sonnenburg! 

Die bisherigen Erfahrungen bei Aether- 
narkosen. 1 ) 

Von Dr. Paul Tschmarke. 

Die Frage, ob zur Narkotisirung Aether oder Chloroform ge¬ 
braucht werden soll — ein JStreit, der fast so alt ist, wie die Me¬ 
thoden der Narkotisirung überhaupt —, ist gerade in jüngster 
Zeit wieder vielfach Gegenstand der Discussion gewesen. Auch 
auf dem letzten Naturforscher- und Aerztetag zu Nürnberg ist 
diese Frage wieder nach dem Vortrage des Herrn Professor Garrä 
aus Tübingen, welcher warm für die Aethemarkose eintrat, lebhaft 
erörtert worden. Ich gestatte mir, in folgenden Zeüen Mittheilungen 
über Erfahrungen mit der Aethemarkose zu machen, welche auf der 
chirurgischen Abtheilung des städtischen Krankenhauses Moabit 
gesammelt worden sind. 

Ich verfüge zu dieser Mittheilung über etwa 500 Narkosen 
\\ewi ich aucn weit davon entfernt bin, aus dieser immer noch 
viel zu geringen Zahl ein abschliessendes Urtheil fällen zu wollen 
so glaube ich doch, dass gerade jetzt jede neue Mitteilung über 
diesen üegenstand willkommen sein muss, damit auch andere an¬ 
geregt werden, Versuche anzustellen, und mehr Erfahrungen ge¬ 
sammelt werden können. ® & 

Angeregt durch die warmen Empfehlungen der Aethemarkose, 
»eiche namentlich aus Amerika, England und der Schweiz zu uns 
tagen, wurden wir direkt veranlasst, diese Art der Narkose ein- 
altuuen durch einen Chloroform-Todesfall, der im April vorigen 

iS t' üe ° b “? t,mg kam ' £s handelte sich damals um eine 
Wjähnge trau mit einem Careinom des Colon ascendens. Es sollte 
he Uparatomie gemacht werden, und war zn diesem Zwecke ein 
S durch die Bauchdecken gelegt, als die 

trat Ce aufll ® rte zu atbmen, und ein tiefer Coilaps ein- 

trat. Die Operation wurde sofort abgebrochen und Wiederbeleb untrs- 
erauche angesteilt 2 l / 2 Stunden lang wurden künstliche Athmung 
d btoöse gegen die Herzgegend nach König ausgeluhrt welche 
Erfolg gekrönt laren g als Äu 

'^hef AhXn^ 6111 Tj Urde ^ uf Anordnu ng des Leiters der chirur- 
tatsetwent?’ Sonnenburg, Aether zur 

dem Aether Pino-php ^ be i(dl Jedoch auf unsere Erfahrungen mit 
in kurzen ?M° bte lcb ^ bei uns angewandte Methode 

^ Verwendung gelangt Aether»), 
Wir haben wSL*^^ ürfc| frei von Wasser und Säuren ist. 
übt, und zwar mit dpr^f . s og e nannte Erstickungsmethode ausge- 
uns veo-en der Jnillard sehen Maske. Dieselbe hat bei 

rosette°als unprfkÜsch e firu* Uberk - ei - t ’ U f d Weü sick ^ Flanell- 
bc&tebt aus einem dnnLif 68 ’ e **Y ge Aen derungen erfahren; sie 
^össertem Maassstah^ ■ ve ^ m ^ eiten Kähmen, in etwas ver- 

take; zwiseta gen Sch ! mme ^ uscl >'^e Chloroform- 

fe wieder mit fi iniL KablD8Il ., WU ' d eme Bage yaze gelegt und 
der Maske Vt «T ^ ser<üohten Wachstuch bedeckt. Inner- 
stiuunt. em Schwamm zur Autoahme des Aethers be- 

|»w. 1Jl L'S r gle“m zu S ? atieaten ist dieselbe wie beim Chloro- 
bls3 «g AtherluTd» «^“ 8 eme Menge, etwa 20 

,est aw dss Gesicht MfeHT?. geS x? hüttot * und die Maske bald 
“twas Luft hinzutrelen nnwT* 0 ^' ,- Eur kur z® Zeit lassen wir 
Reuden Geruch d ^ atienten etwa s an den scharfen, 

etwa 5_ly „ g ®^ ötmen - Spater wird dann je nach Be- 

% »Ue, welche eewohnt 8 * 8 ^ 86 “' •. ^ ie Srstickungsmethode hat 
«ittst etwas BeäStiffMH« d ’ f“* Chloroform zu narkotisiren, 
f.*“» Bcheu flbMwmden ’ U “ d ma “ mUSS in der That er8t eine 
JE“*® will. Die Patient.»»' 7777 tata dieselbe in Anwendung 
^Maeke vom üesieto ^ Strdube “ sich meist «nd suchen 
Uielt mau nun newohnlifh^^u'l 8611 ' **»* dem ersten Aufguss 
» 'iederhoit grössere Mon°° b keU I e ru i»»S e Narkose, man muss 
glichen VerbrauTs “W" ““»»giessen. lieber den durch- 
f'U»nteä mittheUen h e^ e t Aethere bei Narkose “ lasst sich nichts 
j r Schlaf vers,V,T mt T °u’ dass Potatoren sehr bald in 
KiT Lcute »der Frauen nnu ’ ? rährend a “f der anderen Seite 
^taeusstadium £t 2U nsrkotisiren sind. Bas 
Jdocb nn r ron kui^er n! fl ^ i® 1 * 1 «’ naoh “»»seren Erfahrungen 
uer ‘ -Auffallend ist, dass oft eine völlige 

^ ortra S e i gehalten in der Freien Vereinigung der 

^ ^gen 2 u d ® r fuschen Fabrik von Kahlbaum, 

rrei8e etwa 2 Mk. per kg. 


_ _ _79 

Anästhesie eintritt, wenn noch lange nicht Hia Pn,. nn ni j 

mV™ f l0SChe s n ftheriäÄZtidli £ 

sehlechts und in jedem Alter und wenden Chloroform nur „nrh 
unter gewissen, nachher näher bezeichnten Umständen an 
iw Laufe der Narkose den Kranken sehr viei Aether 

bef nnQ aC ^ heil f -f F f die8e !? en S eben - Die kürzeste Narkose, welcho 
H»l, 77 a “sgefuhi't worden ist, betrug 10 Minuten. Vierziamal 
dauerte die Narkose über eine Stunde. g na 

Bei einem 23jährigen Manne, der mit einer frischen Vorder- 
also nicht vorbereitet war, währte 1 
Narkose l»/ 4 Stunden; er hatte ein äusserst starkes Excitaüons- 
stadium, verfiel aber bald in ruhigen und tiefen Schlaf; es wurden 
?n°a5 T8rbr f UCht -- E *, ne 32 J ähri S e l”rau wurde 8 Stunden und 
{S f“" 1 “ 1 laa S m Narkose genalten; Aetherverbrauch 150 g. 
E “ e ^Jahnge hYau mit einer Blasensoheidenüstel inht 

JjfJ? “ 3 I* S , ta “?. e ? 320 S Aether; sie hatte schweres Röcheln 
und ausserordentlich starken Schweisausbruch. Eine 60jährige 
Frau wurde nut 25° g etwa zwei und eine halbe Stunde lang 
äthensirt. Aus den angegebenen Zahlen ist ersichtlich, dass man 
sehr ausgedehnte Narkosen mit Aether erzielen kann ohne jede Ge¬ 
fahr für die Kranken. J 

Kh glaube jedoch, dass man mit weit geringeren Mengen 
Aether denselben Erfolg wird erreichen können, wenn man die 
Technik mehr beherrscht. Besonders zu Anfang ist man unwillkür¬ 
lich geneigt, die Maske vom Gesicht zu entfernen, wobei dann ein 
grosser Iheil des Aethers schnell verdunstet. 

, . ^ sind uun von altersher dem Aether und der mit ihm her- 
beigeführten Narkose mancherlei Vorwürfe gemacht worden auf 
weiche ich bei der Besprechung der einzelnen störenden und nicht 
störenden Nebenwirkungen näher eingehen werde. 

Ich komme dabei im grossen und ganzen zu denselben Re¬ 
sultaten wie Garrö, welcher in der Deutschen medicinischen 
Wochenschrift vom 5. October v. J. einige Vorwürfe gegen die 
Aethernarkose zurückzuweisen sucht. 

Die-Wirkung des Aethers auf das Herz ist allgemein bekannt. 
Her Puls wird meist voller und frequenter. Gefanren von Seiten 
des Herzens drohen nicht; doch muss man wie beim Chloro- 
iorin auf den Puls achten. Fünfmal ist im Krankenhause Moabit 
Aether bei ausgesprochenen Herzfehlern zur Anwendung gekommen; 
dreimal bei Mitralinsufticienz, einmal bei Pericarditis und einmal 
bei acuter Endocarditis. Jedesmal wurde eine ruhige, ungestörte 
Narkose erzielt. 

Ich muss hier zwei Fälle erwähnen, welche doch zeigen, dass 
man, namentlich bei Kranken, bei denen das Herz vielleicnt durch 
die bestehende Krankheit geschwächt ist, Coilaps erleben kann. 
Der eine Fall betrillt eine 44jährige Frau, welche wegen einer 
Hemiotomie 45 Minuten in Narkose gelegen und dabei 100 g 
Aether verbraucht hat. Die Narkose war ruhig, zum Tlieil ober¬ 
flächlich; die Kranke war bei vollständiger Anästhesie zuweilen 
halb wach. In den letzten 15 Minuten der Operation erhielt sie 
keinen Aether mehr; die ganze Naht wurde ohne tiefe Narkose 
ausgeführt. Nach Anlegung des Verbandes, nachdem die Patientin 
sich unmittelbar zuvor beim Erwachen noch heftig gesträubt hatte, 
wurde die Athmung plötzlich oberflächlich, der Puls kaum fühlbar. 
Nach Darreichung der übrichen Mittel und nach rhythmisch ausge¬ 
führtem btossen der Herzgegend erholte sie sich ein wenig; doch 
blieb der Puls sehr klein, die Athmung flach; die Kranke fühlte 
sich kalt an. Die Reflexe sowie AbwehrDewegungen waren während 
der ganzen Zeit des Collapses erhalten. Nach etwa % Stunden 
hatte sich die Patientin völlig erholt, der Puls war wieder voll und 
kräftig. Der andere Fall betraf einen 28jährigen Mann mit einem 
Empyema dextrum; auch bei ihm trat unmitteloar nach der Narkose 
ein kurzer Coilaps ein. 

Ich glaube, dass diese beiden Fälle von Coilaps auf eine vor¬ 
übergehende Erlahmung des vorher schon geschwächten und nun 
überreizten Herzens zurückzuführen sind. Andererseits muss ich 
den Ausführungen Garrö’s vollkommen beistimmen, dass der 
Aether gerade bei Herzfehlern, besonders bei Herzverfettung, am 
Platze ist. Sind doch die meisten Chloroformtodesfälle bei Herz¬ 
schwäche als Folge von Herzfehlern u. s. w. vorgekommen und auf 
eine primäre Synkope des Herzens zurückzuführen. 

Aeusserst unangenehm sind die Nebenwirkungen des Aethers 
auf die Respiration; sie bilden auch den Hauptangrili'spunkt der 
Gegner der Aethernarkose. 

Bekanntlich wirkt der Aether ausserordentlich reizend auf die 
Speichelsecretion und die Bronchialschleimhaut. Es Üiessen reich¬ 
liche Mengen Schleim und Speichel in die Luftwege, wodurch 
die Athmung sehr bald röchelnd und schnarchend wn-d, für den 
Anfänger ein scheinbar bedrohliches Symptom. Man kann diese 
Erscheinung jedoch einmal durch öfteres Auswischen des MundeB 
mittels Stieltupfer, dann durch Seitwärtslegon des Kopfes sehr 
.mildern. Viel unangenehmer sind die eventuellen Nachwirkungen, 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIFT. 


welche wohl durch Aspiration der abgesonderten Schleiinmassen 
hervorgerufen werden können. 

Wir baben bei einer 42jährigen Frau eine echte Pneumonie 
erlebt mit typischer Fiebercurve und Auswurf. Dieselbe war jedoch 
leichter Natur, und die Patientin genas bald. Eine andere Frau hatte 
zwei Tage lang an einer Bronchitis zu leiden mit einer grossen Menge 
schleimigen Auswurfs, ohne dass vorher Katarrh bestanden hätte. 

Meist hört die Speichel- und Sckleimabsonderung bald nach der 
Narkose auf. In dieser lästigen Nebenwirkung liegt denn auch eineCon- 
traindication des Aethers, und wir wenden daher bei bestehender Bron¬ 
chitis, bei Lungenkranken überhaupt nach wie vor Chloroform an. 

Störend ist ferner das von uns zuweilen beobachtete Auftreten 
von Singultus. Es muss dabei die Maske vom Gesicht entfernt 
werden, und die Narkose erleidet namentlich zu Anfang jedesmal 
eine kurze Unterbrechung. 

Erbrechen tritt oft zu Anfang der Narkose wie auch kurz vor 
oder während des Erwachens aus derselben ein, aber durchaus 
nicht häufiger als beim Chloroform. Ferner wurde auch zuweilen 
eine vermehrte Secretion der Thränen- und Schweissdrüsen con- 
statirt, was jedoch den Verlauf der Narkose nicht weiter beein¬ 
flusst.’ Sehr häufig ist ein flüchtiges, eigenartiges Erythem der 
Haut, welches da entsteht, wo der Aether aus der Maske auf die 
Haut’fliesst. Dasselbe verschwindet meist bald, kann aber auch 
stundenlang anhalten. 

Einen Einfluss des Aethers auf die Nieren haben wir nicht 
beobachten können. Nach der Statistik, welche Garrö giebt, 
kommt Albuminurie nach Inhalation von Aether mindestens nicht 
häufiger vor als beim Chloroform. 

Einem weiteren Vorwurf, der dem Aether gemacht wird, 
können wir bis jetzt nicht ganz Unrecht geben. Es tritt in der 
That eine völlige Muskelerschlaffung bei Aetkerisirung 
schwerer ein als bei Anwendung von Chloroform. Dies hat nun 
bei sehr vielen Operationen, namentlich solchen an den Extremi¬ 
täten, nicht viel zu bedeuten, störender ist es schon bei Opera¬ 
tionen an anderen Körperstellen. Am unangenehmsten ist die spät, 
oft garnicht vollständig auftretende Muskelerschlaffung bei Unter¬ 
suchungen der Gelenke (Coxitis), bei Untersuchungen des Leibes, 
speciell der Organe des Unterleibes. Auch die Kaumuskeln er¬ 
schlaffen sehr spät, und ist der Unterkiefer während der Narkose 
meist fest gegen den Oberkiefer gepresst, wodurch das Oeffnen des 
Mundes erschwert wird. Freilich braucht man daher nicht so oft 
den Kiefer nach vorn zu schieben oder die Zunge vorzuziehen, wie 
dieses in der Chloroformnarkose geschieht. 

Die Feuergefährlichkeit des Aethers wird von den Gegnern 
meist übertrieben. Allerdings darf man nicht in der Nähe des 
Gesichtes oder Halses mit dem Paquelin arbeiten. Aber eine 
offene Gasflamme, einen Meter über dem Operationstisch, ist ganz 
ungefährlich, da die Aetherdämpfe schwerer als die atmosphärische 
Luft sind und daher nach unten sinken. Natürlich muss ein 
Zimmer, wo viel Aether verdunstet, gut ventilirt sein. 

Auf einige Nachwirkungen des Aethers, welche rein subjectiver 
Natur sind, möchte ich noch liinweisen. Viele Patienten klagen einen 
Tag oder noch länger über schlechten Geschmack im Munde. Die 
Ausscheidung des Aethers findet nämlich zum grössten Theil durch 
die Lungen und ich glaube auch durch den Schweiss statt. Aetheri- 
sirte Patienten riechen manchmal noch Tage lang intensiv nach Aether. 

Anhaltendes Erbrechen oder Uebelbefinden haben wir auffälliger 
Weise nicht so häufig beobachten können, wie nach dem Chloroform. 
Es ist mir aufgefallen, dass Patienten oft schon eine Stunde nach der 
Narkose mit dem grössten Appetit ihre Mahlzeit einnahmen und 
keine Uebelkeit empfanden. 

Ich will noch hinzufügen, dass wir besonders in der letzten 
Zeit ruhige, schnell eintretende und feste Narkosen erzielt haben 
durch die Combination des Aethers mit Morphium. Wir pflegen 
zu diesem Zwecke eine halbe oder eine ganze Stunde vor Beginn der 
Narkose 1,0 bis 1,5 Centigramm Morphium subcutan zu verabreichen. 

Es lassen sich die auf der chirurgischen Abtheilung des 
Krankenhauses Moabit gemachten Erfahrungen kurz in folgenden 
Thesen zusammenfassen: 

1. Die Aethernarkose scheint ungefährlicher als die Chioroform- 
narkose, dabei ebenso einfach und leicht und in jedem Alter zu 
verwenden. 

2. Die Aethernarkose ist bei Herzkranken indicirt, da der 
Aether den Blutdruck steigert. 

3. Die Aethernarkose soll nicht zur Anwendung kommen: 

a) bei Operationen im Gesicht oder in unmittelbarer Nähe 
desselben, besonders wenn mit dem Thermokauter gearbeitet wird; 

b) bei bestehender Bronchitis und anderen Lungenkrankheiten; 

c) wenn es darauf ankommt, schnell eine völlige Muskelent¬ 
spannung zu erreichen. 

4. In diesen angegebenen Fällen ist das Chloroform in alter 
Weise zu gebrauchen. 


i 5. Das Chloroform bleibt vollständig neben dem Aether zu 
Recht bestehen; jedes Narkoticum hat seine unläugbaren Vortheile. 

Ich wiederhole nochmals, dass die Anzahl der bei uns ausge¬ 
führten Narkosen viel zu gering ist, um aus ihr ein abschliessendes 
Urtheil über den Aether fällen zu können. Wir haben aber in 
dieser Zeit in dem Aether sein vorzügliches sicheres Anästheticum 
kennen gelernt und sind .mit unseren bisherigen Erfahrungen zu¬ 
frieden, so dass wir auch weiteren Kreisen empfehlen möchten, ihrer¬ 
seits Versuche anzustellen und die Sammlung der Erfahrungen zu 
bereichern. 

Nachtrag. Noch bevor obige Mittheilung zum Druck fertig 
gestellt war, ereignete sich ein Todesfall, der wohl dem Aether zu¬ 
geschrieben werden muss. Herr Professor Dr. Sonnenburg theilte 
denselben in der „Freien Vereinigung der Chirurgen Berlins“ am 
11. December 1893 mit, und es erhob sich gegen die Deutung des 
Falles als Todesfall durch Aetherinhalationen kein Widerspruch. 
Ich bin von Herrn Professor Dr. Sonnenburg beauftragt, den 
Fall als Nachtrag zu den Mittheilungen über Aethernarkosen zu 
veröffentlichen. Ich lasse daher kurz die Krankengeschichte und 
das Seetionsprotokoll folgen. 

Am 17. November v. Js. wurde G., ein 35jähriger kräftiger Arbeiter, 

! von einem schweren, mit Dung beladenen Wagen gegen einen Thorweg 
gedruckt, kam dabei zu Fall und wurde von einem Hinterrade quer über 
Brust und Unterleib überfahren. Er wurde sofort ins Krankenhaus Moa¬ 
bit gebracht und zeigte ausgedehnte Sugillationen über der Symphjm 
in der Gegend beider Hüftgelenke, am Hodensack und Damm. Aus der 
Harnröhre floss Blut, Einführung eines Katheters war unmöglich. Da eine 
ausgedehnte Zerreissung der Harnröhre vorlag, ausserdem eine, vielleicht 
selbst mehrfache Beckenfracturen angenommen worden mussten, so wurde 
bei der Unmöglichkeit, vom Damm aus in die Blase zu gelangen, und bei 
dem Verdacht einer gleichzeitig vielleicht bestehenden Blasenruptur sofort 
der retrograde Katheterismus in der Aethernarkose ausgeführt (Aether- 
i verbrauch 250 g, Dauer der Operation zwei Stunden), ln den nächsten 
Tagen war der Zustand recht befriedigend, ohne Fieber. Am 20. Novem¬ 
ber trat Fieber ein, der Verband- und Katheterwechsel wurde in der 
Aethernarkose vorgenommen (Dauer 25 Minuten; 120 g Verbrauch). Der 
Patient vertrug auch dieses mal die Narkose gut. Auch am tolgenden 
Tage musste wegen Spaltungen des tiefen Beckenbindegewebes in der 
Nähe des Dammes die. Aethernarkose wieder angewendet werden (Dauer 
20 Minuten, Verbrauch 120 g). Patient zeigte auch dieses mal keine Stö¬ 
rungen nach der Narkose, trotzdem sein Allgemeinbefinden schlechter und 
der Puls kleiner gewesen war. 

Am 22. November ist das Allgemeinbefinden des Patienten nicht 
be§ser. Er klagt über Schmerzen im Unterleibe. Trotz ausgedehnter 
Tamponade mit Jodoformgaze zeigt sich in den zerrissenen Muskeln be¬ 
ginnende Eiterung. Auch ist trotz genügenden Urinabflusses aus dem 
Katheter in der Umgebung des Blasenhalses Urininfiltration, wenn auch 
nicht hochgradig, wahrzunehmen. Etwas rechts vom Nabel in der Mammillar- 
linie hat sich in den Bauchdecken ein Abscess gebildet. Herr Professor 
Sonnenburg hatte den behandelnden Stationsarzt beauftragt, diesen Ab¬ 
scess in der Aethernarkose zu spalten. 

Der Puls war frequent, 116 in der Minute, die Temperatur betrug 
38,7, doch waren keine septischen Erscheinungen vorhanden. Der Patient 
hatte vor der Narkose infolge seines grossen Durstes ziemlich viel ge¬ 
trunken (Wein, Selterwasser und Müch), ausserdem zwei rohe Eier zu 
sich genommen. Schon nach wenigen Zügen, etwa fünf Minuten nach 
Beginn der Narkose, ist der Patient narkotisirt. Er röchelte infolge 
starker Schleimabsonderung sehr viel; Patient sieht während der kurzen 
Narkose — im ganzen wurden nur 50 g Aether verbraucht —■ schlecht 
und cyanötisch aus. Beim Einschneiden der Haut fällt die dunkle 
Farbe des Blutes auf; der Puls verschlechtert sich um dieselbe Zeit 
sehr. Die Athermaske wird sofort weggelassen, ln diesem Moment 
erbricht der Patient; der Kopf wird sogleich auf die Seite gelegt; es 
muss der fest zusammengekniffene Mund mit dem Heister gewaltsam 
geöffnet und ausgewischt werden.. Das Erbrochene besteht aus gelb¬ 
licher Flüssigkeit mit kleinen, weissen Bröckelchen untermischt. Es ge¬ 
lingt nur äusserst schwer, aus dem halbgeöffneten Munde die erbroche¬ 
nen Massen zu wischen. Gleichzeitig musste künstliche Athmung ernge- 
leitet werden. Da durch dieselbe keine Luft aus der Brust ausgepresst 
werden konnte, und der Thorax ganz starr war, wird schnell die Tracheo- 
tömia inferior gemacht und die Trachea mit Stiltupfern ausgewischt; dabei 
werden ziemlich grosse Mengen der erbrochenen Flüssigkeit entfernt. Trotz¬ 
dem gelingt es nicht, Luft aus den Lungen auszupressen,, der Thorax bleibt 
starr. Der Puls, der eine Zeit lang noch schwach fühlbar gewesen, ist 
verschwunden; die Pupillen sind dilatirt, die Gesichtszüge schlaff; Herz¬ 
töne sind nicht mehr hörbar. . Der Tod ist eingetreten. 

Die Section wurde von mir in Anwesenheit meines Chefs, des Herrn 
Prof. Sonnenburg, 30 Stunden post mortem ausgeführt. Der wichtigen 
Beobachtung halber lasse ich das Seetionsprotokoll in exstenso hier folgen. 

Section am 23. November 1893. Leiche eines grossen, kräftig ge¬ 
bauten Mannes von etwa 35 Jahren; starkes Fettpolster. Todtenflecke 
an den abhängigen Theilen des Rumpfes, Leichenstarre, ln der Mittel¬ 
linie am Halse eine frische, etwa 5 cm lange Operationswunde. Oberhalb 
der Symphyse, ebenfalls in der Mittellinie eine 10 cm lange, und am 
Damm eine 6 cm lange Operationswunde. Beide letztgenannten Wunden 
sind mit Jodoformgaze ausgestopft. Im Penis steckt ein elastischer 
englischer Katheter. Etwa in der Höhe des Darmbeinkammes rechts, m 
der Mammillarlinie eine oberflächliche, 10 cm lange Incision. Am rechten 
Oberarm eine halbkugelige Schwellung und blaurothe Verfärbung. Blau- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





DEUTSCHE MEp/eim&CHE WOOHENSUKXUPT 


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MÄtan- des Akku njnir /Eftßtafi. Und triaiHvef’sVSy der Infi iMtfgüt T) tiMg* 
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•M.'.^r, iu der Tiefe .lief 0].ieraticc»*wumte über <kr Symph^e Hegt 
•{•:•!;;b'.M*’ vor; ilv- OiitTaliomswuitde arij H.ibVyieM mi'&'V Tm ! M in AVr~ 
ibut'b einen SiiHniU- droHt de« \uui dntkn Tpm'hmdriior 

Vm! de.- Xwi’m lif-il *j M'V dh rtnl *i/ii.*rct> iVodi du \ ,,.rler. 

[Va". TlV'vri-vy ItiMl- *kh mrM eompri'miren, 

Ve'i EiitihniiUis» de:, Brite.! kdu* Ib-imn die Lungci; cor, wrJVi ■ y u4 - 
üLht colMüru Die Bmalonian* werden sM*ttüftmü hemariße.noimiii n/n.v. 
Wir mli uns der messeu lloldYiiiic viel dunk-kv. tltU*Mt#«$ Bku 
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; durch erhrmlicno Masm-n. mk- r uh cU 

| Ldhrniing 1 -i»rs AHiniiuiüftt-cnti'umä de/vh den Act 

I l#t f j f der Sratistik HankrilV Verde die Trm h 
1 ä«nii dem T.ade dfjrtdi Hrhrtfeliänt* Ma&i^u roMhfü 
- frn vorHejrvmulnn Hille avur-lcn hei der Sorlnm Hdie 
1 Wm*' PHcfiUiuhmi In de» miu.Vvo^ci 

r .mnrteji. _ welche imimiBtlls nVht . iruHänd»* y.u«- 
j Uespira tim« xu hmdevir. One ir»ö«.*h.-ta.i.«ehc «Vf-h» 
] w ^‘dms durch die in die TracJ.cy aepinrttp. »>rbi- 
! kn?.et7.t avaiA he^tnrid dfnr turxc V^cit sind VUrd'e dl 
I'.: in uhd das ÄnswisrhrT? der- Tiw4ieö j^nUr stdit 

. wdmiid., pomlich : ^cdMän/% ^{ohott. Ti ut ^y 
nln&t s dur<-h die kunstj^nrnnhl ^u^efübrt 
Athdjung. Un4t cirtü dem Vpiirrei;! 

Whpr^^ni. E* hntto alan vinjh-.Vhr. ^.}, 0jl -,'b^ 
völligen Aufliclmn^ iter 'J£öap.iiut-«iii ^‘hünt, "mh * 
m »len Btinjrcn lierimijuführeu. wvi.ÜM* in der [ 

‘*^ n | r - ^V' m:i"i»r.jh:»ft‘> Krtvlilnffnnt* der Knmmmk 
mtiar ilfo Afiptfut-ion der nrhfoidimihö M^seai, da 
mit Mphc hedilhct uml nuMireMiaehf. .worden konnte, 
dör Imi Aetliemyrkoadti eher bnoicaeiltet virtj aj# 
ftai-kosmi uml vm-lhlnguDsvoll sa-in Hirns. 

So wird man äu der- /Vmmtmu* Inii^ujidüV. da 
um .cum richtige priman* IVlinmiig- der BvpijVtti.m 
Wie kern» Thitu'eximnhK'nt atu 
tleip Paiierdon die Alhmmig'. r?y 
rnnrrum wt< nie gelahmt, iW'. 
vor iJm* Syuiiiipe ein ukhtvnd 
der;ist. I)or A tluunxigfssti 
Ketmi Iti^pfralien Ivehep, (iec 1 
iduivhtAHiAr ItihIc jcfi tin^ends 
lint Harr^ ,m iseinm 
Uinfvhen tliinirg’h- XÜ. | 
intmer-, 

ih-he Athnvuiig 
(l-ie eihk gtifo 


ti die Trucimotmu'iiA 
pirnnlm. wird und dttrkjjj 
.Tiesp'ij-H iJonHyimieriiisan Alf 
SflbjM wurden. g>iaug hb 
. Ebenso wuulg Irattk tikt' 
duhihaut tmf, ^ffoetöPiÄcli 

unfm) iu*t*vtirgVbt>A*. 

die di^ußge.t'ft ••'W|edoi*libJ.».iDsf der gVifell^ffiStfcoSihn, 
r die infolge rmuitiigfaflier W ü n dasinpiicd.tionr- 11 

Hde \Vifkuvtiihd^krutf dos l’atinfitcu, duy vor- 
dip ScJirvm* der V erJstziiiigmj wlfe .m dpm 
todUiehtm Ausgange beigrdragßn oder drmsnJben- beoinllusrd, häbeu. 
wugo ich nicht -äh euk-mhrideo. 


IV. Am tJbr Frivaiklinlk fpu: .Fr^uenkranklidtep 
Br. L. Lflftdaxi in Berti«. 

Die AetBarnarko$th 

Voö - Dr ’O. (■»roRsrnftiin ia ifiessdü. 


.An <l«r üiliiiifc; :id*s Tfi*ri'ft T‘r. firinijivi! wird die AeMmrisurkuse 
mit Vr XASihäSIcIm ’-.(duoi Mu>k»* ye.it Oe.tidmi 5 . LH‘.H) ;ut-.*.•■< isüc^lieh 
■; • jBigi'W'midr. \'nm Novem-’ 

ItUiitriuo^kö uäcli «low auf LaadauVoOm) IvlinjU t_d«‘ genaue Uesa.uilMt- 

^«bfwtjßhlen Modcn.^ Äöjit fflför -Earkpftgii ‘ Seit 

dt'; JXgrlü: C-. 


^rs ; u,V Na ( ;ü Ertiffuuiig des Sehoihd^ woleher 
5 ■ d ie glatt ca fy-uelrt gliiu ze,ii<Je? Du» r H 

1 cefgllt tmt duoklem tiösVgcu), Bim. 

^ Ueföeki- #r Bk stark 

-k^üm : lh;Äi'ikfTu{ten 

Bjiifpunkte fiiöbt miiUdUgVonoeWt. ‘ s 
orhmf (hw verhängrsi^eollen Auiko«o und 
■iightfct,- so vnrstehf die Frage, oh der l»e- 
-■mtei* AuMmrtmj anfzuiHsbon ist. oder nicht, 
' Un< b . B'dlier 0dm- duieb Aspirutiow er- 
irkl iv Von dein, wes 'hie ietsV über die 
W.hiftnen ^ he.fjamleih pmer andei^ji 
Von ]>r, Bi'osh flaufcejf) «lie ver- 

Huadbueh der. ; .tub'td&fchjng*ttUiÄtheBv:;, i i, 

>m. itoch uw* A ilitityn von Kanni« 1 crr 


V) Die AbbiMüng kt dytu Knj;i)n* 
-•), eDhunnmioiu 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4 


82 

October 1890 ist nicht mehr zu eruiren, beträgt schätzungsweise 
ca. 1200, hierunter mehr wie 250 Laparatomieen. Hierbei hat sich 
der Aether als ein durchaus zuverlässiges und gefahrloses Mittel 
gezeigt. Zehn Minuten vor Beginn der Narkose wird in der Kegel 
0 01 Morphium subcutan injicirt. Man ist auf der Landau sehen 
Klinik der Meinung, dass dadurch die Narkose etwas schneller ein- 
tritt., besser verläuft, und der Aetherverbraueli verringert wird. 

Ich habe indessen eine ganze Reihe von Narkosen, wobei auf 
meinen Vorschlag hin das Morphium weggelassen wurde, geleitet 
und konnte keinen wesentlich anderen Verlauf constatiren. Es 
scheint mir, als ob nicht viel darauf ankommt, ob man vorher 
0,01 Morphium giebt oder nicht. 

Der wichtigste, ja fast der einzige Punkt, auf welchen man 
bei der Aethemarkose zu achten hat, ist die Respiration. Es 
sind hier einige Erscheinungen zu beobachten, die man kennen 
muss, wenn man eine gute und ruhige Aethemarkose erzielen will. 
Aetherdämpfe, wenn nicht gerade in sehr starker Verdünnung, 
erzeugen reflectorisch eine krampfartige Verengerung des Kehl¬ 
kopfes, wie man sich durch einen Versuch sofort selbst überzeugen 
kann. Wenn der Patient noch völlig bei Bewusstsein ist, dann bedarf 
es nur einer geringen Menge von Aetherdampf, um einen Reflex¬ 
krampf mit sofortiger, oft sehr lange anhaltender Stockung der 
Respiration zu erzeugen. Im weiteren Verlaufe der Narkose wird der 
Patient nun immer toleranter gegen den Aether. Es sind schon 
concentrirtere Aetherdämpfe nöthig, um einen Krampf, eine Stockung 
der Respiration auszulösen. Schliesslich giebt es einen Zeitpunkt, 
wo man durch starkes Schütteln des Gummisackes den Patienten 
fast concentrirte Aetherdämpfe einathmen lassen kann, ohne dass 
er irgendwie reagirt. Es muss sich deshalb unser Augenmerk 
darauf richten, dem Patienten gerade soviel Aether zuzufüren, als 
er im betreffenden Augenblicke tolerirt, nicht mehr und nicht 
weniger. Giebt man weniger, so verzögert man unnöthig den Ein¬ 
tritt der vollen Narkose. 

Ich habe Fälle gesehen, wo das Schütteln der Maske vergessen 
wurde, und die Patientin deshalb kaum zum Schlafen kam. Auch 
kommt es vor, dass der in die Maske gegossene Aether völlig ver¬ 
braucht, resp. verdunstet ist, und dass dieser Umstand, weil der 
Gummi undurchsichtig, übersehen wird. 

Auf eine halbstündige Narkose rechnet man etwa 50—100 g 
Aether, selten mehr. Tolerirt der Patient die Zuführung der con- 
centrirteren Aetherdämpfe, so fahre man mit dem Schütteln der 
Maske so lange fort, bis der Comealreflex total erloschen ist. 

Bei der Julliard’schen Maske, welche die Augen bedeckt und 
nicht entfernt werden soll, ist es unmöglich, den Comealreflex zu 
prüfen. Ich halte es für einen grossen Vortheil der Wan sch er¬ 
sehen Maske, dass man sich jederzeit durch Prüfung des Comeal- 
reflexes von dem Stande der Narkose überzeugen kann. Manchmal 
indessen lässt uns der Comealreflex, ebenso wie auch bei der Chloro¬ 
formnarkose, im Stich. Er ist schon verschwunden, während die 
Patientin noch spannt. Hier muss man sich nach der vorhandenen 
oder fehlenden Muskelspannung richten und das Verhalten der Pupille 
beachten. 

Ob man im Verlaufe der Narkose mehr oder weniger den 
Gummisack schütteln darf, das merkt man sofort an der ruhigen oder 
stockenden Athmung, die man am besten mit dem Ohr controllirt. 

Wie schon gesagt, erzeugen concentrirtere Aetherdämpfe 
reflectorisch eine krampfartige Verengerung des Kehlkopfes, zugleich 
aber auch durch den direkt auf die Schleimhaut des Respirations- 
tractus einwirkenden Reiz eine vermehrte Schwellung und Secretion 
der Schleimhaut, weiter auch durch direkte Einwirkung auf Gaumen¬ 
segel, Zungenbasis und Kehldeckel eine Anästhesie resp. Lähmung 
dieser Theile. Alle diese Umstände, ebenso wie auch das bei 
Chloroformnarkose vorkommende Zurücksinken der Zunge, tragen 
dazu bei, die Respiration zu einer behinderten zu machen, und sind 
die Ursachen der fast bei jeder tiefen Aethemarkose zu beobachtenden 
lauten und schnarchenden Respiration. 

Wenn nun somit eine gewisse Beschränkung der Luft und 
damit der Sauerstoffzufuhr einmal eingetreten ist, so kann dieser 
Mangel noch hochgradiger werden, wenn wir die Maske weiter auf- 
legen. Es wird jetzt durch den Aetherdampf so viel Luft verdrängt, 
dass das Sauerstoffbedürfniss nicht mehr gedeckt wird. 1 ) Jetzt fängt 
die Asphyxie an, jetzt wird das Gesicht cyanotisch, und das Blut 
im Operationsfeld wird schwarz. Derselbe Zustand beim Chloroform 


*) Da in der Narkose in der gleichen Zeit etwa dreimal so viel 
Aether als Chloroform gebraucht wird, so wird durch den Aether¬ 
dampf natürlich auch eine wesentlich grössere Menge von Luft resp. Sauer¬ 
stoff verdrängt als durch die Chloroformdämpfe. Es entsteht daher bei 
der Aethemarkose leichter Sauerstoffmangel und Asphyxie und viel 
häufiger, als bei der Chloroformnarkose, sieht man das Blut im Operations¬ 
feld dunkel werden, besonders aber dann, wenn der Narkotiseur nicht 
aufpasst und nicht fortwährend dafür sorgt, dass die Respiration völlig 
frei und unbehindert ist 


wäre alarmirend, weil die Ursache der Cyanose hier sehr oft nicht 
in dem behinderten Luftzutritt, sondern in der mangelnden Cir- 
culation des Blutes, also in einer Störung der Herzthätigkeit liegt. 
Bei der Aethemarkose ist dieser Zustand ungefährlich, er hat 
dieselbe Bedeutung und kann ebenso stundenlang ohne Gefahr er¬ 
tragen werden, wie die Cyanose, die auf einer Behinderung der 
Respiration infolge eines mechanischen Hindernisses beruht, z. B. 
in den Membranen bei Croup. Butter, der den Aetherdampf in sehr 
concentrirter Form anwendet, also asphyxirt, fand, wie schon er¬ 
wähnt, bei fast allen Patienten ein Erythem. Ich möchte die Ver- 
muthung aussprechen, ob es sich hier nicht am ein Erythem 
handelt, welches durch die bei der Asphyxie sich im Blute an¬ 
häufende Kohlensäure bedingt wird und welches mit dem Aether als 
solchem nichts zu thun hat. Auf der Landau’schen Klinik ist 
ein solches Erythem niemals beobachtet worden. 

Es ist aus den oben angeführten Gründen bei der Aethemarkose 
ganz besonders wichtig, für vollkommen freie Respiration zu sorgen, 
was manchmal gar nicht leicht ist. Am sichersten geschieht es 
durch zwei Maassnahmen. 

Erstens, dass man das Gesicht während der ganzen Narkose 
auf die Seite dreht. Hierdurch wird einem Zurücksinken der Zunge 
vorgebeugt, auch eventuell erbrochenen Massen das Ausfliessen aus 
dem Munde erleichtert. 

Zweitens, indem man das Kinn energisch nach oben zieht. 
Man giebt gewöhnlich den Rath, den Kiefer vorzuschieben, indem 
man beiderseits den Daumen auf die Fossa canina, die anderen 
Finger hinter den Kieferwinkel setzt. Dieser Griff ist sehr oft un¬ 
genügend. Prompt wird dagegen die Respiration frei gemacht, 
wenn man das Kinn energisch mit hakenförmig gekrümmten Fingern 
in die Höhe zieht, dadurch die dicke Basis der Zunge streckt und 
schmäler macht und zugleich die Epiglottis hebt. — Die Ausübung 
des Griffes ist folgende: Der Patient liegt auf dem Rücken, sein 
Gesicht wird so nach der Seite gedreht, dass es von dem Narkotiseur 
sich ab wendet. Der Narkotiseur greift nun mit der Hand, welche der 
Seite entspricht, nach welcher das Gesicht des Patienten gerichtet ist, 
um den Kopf des Patienten herum. Die Spitzen des dritten, vierten 
und fünften Fingers werden unter dem Kinn eingehakt und so das 
Kinn energisch in die Höhe gezogen. Der Daumen und Zeigefinger 
fixirt die Maske am Munde des Patienten. Sollte der Patient un¬ 
ruhig sein, den Kopf bewegen, so kann der Narkotiseur gleich¬ 
zeitig den Kopf wider seine Brust drücken und denselben auf diese 
Weise fixiren. 

Man hat jetzt die eine Hand frei und kann damit eventuell 
die Arme festh alten, den Comealreflex prüfen etc. 

Als ich die erste Narkose in der Klinik des Herrn Dr. Landau 
übernahm, verlangte ich die Kiefersperre und eine Zungenzange, 
da ich gewohnt war, die Instrumente nicht nur bereit zu haben, 
sondern auch öfters zu gebrauchen. Ich war höchst erstaunt, als 
man mir erklärte, dass derartige Instrumente auf der Landau’scheu 
Klinik nicht gebraucht werden, man müsse nur verstehen, durch die 
richtigen Handgriffe die Respiration frei zu machen. Damals staunte 
ich. Heute bin ich derselben Meinung, und wenn ich manchmal 
sehe, wie von Collegen die Zunge des Patienten maltraitirt wird, 
dann muss ich sagen: Die Häufigkeit des Gebrauches von Kiefer¬ 
klemme und Zungenzange steht im umgekehrten Verhältniss zu 
der Kunst des Narkotiseurs. 

Den Puls des Patienten während der Aethemarkose zu con- 
trolliren ist unnöthig. Es ist von den verschiedensten Autoren, zum 
Theil auch experimentell an Thieren, festgestellt worden, dass beim 
Aether niemals das Herzcentrum vor dem Respirationseentrum 
alterirt oder gar gelähmt wird, wie solches bei der Chloroform¬ 
narkose öfters vorkommt. e . 

Da mau den Puls nicht zu beobachten braucht, die Respiration 
aber durch das Gehör oder an dem sich auf blähenden Gummisack 
der Maske controlliren kann, so ist es, wie Füter sagt, möglich, 
dass man die Narkose bei Mangel an fachmännischer Assistenz 
ohne grosses Risiko einer unerfahrenen Person übertragen kann, 
ohne den Vorwurf von Gewissenlosigkeit auf sich zu laden, der 
stets auf dem allein chloroformirenden und operirenden Arzte 
lastet. 

Bei anämischen Personen ist der günstige Einfluss des Aethers 
auf die Herzthätigkeit während der Narkose ein ganz bemerkens- 
werther und wurde von mir an verschiedenen Fällen, darunter auch 
eine geplatzte Tubenschwangerschaft mit hochgradigem Bluterguss 
in die Bauchhöhle, beobachtet. Merkwürdig war auch ein Fall von 
Carcinom, wo von Landau die Totalexstirpation gemacht wurde. 
Als die sehr schwächliche Patientin den Operationsstuhl bestieg, 
war beiderseits der Radialpuls, der am Tage vorher schon sehr 
schwach gewesen, vollkommen unfühlbar, offenbar infolge der Auf¬ 
regung. Auch mehrere anwesende ältere Collegen überzeugten sich 
von der absoluten Unfühlbarkeit des Radialpulses und der ganz 
ausserordentlich schwachen Herzaction. Trotzdem wurde ruhig 


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25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ätherisirt. Im Verlauf der Narkose wurde der Radialpuls beider¬ 
seits ziemlich kräftig und gut fühlbar, ca. 80 in der Minute. Bei 
Entlassung der Patientin bestand wieder schwacher und schlechter 
fühlbarer Radialpuls, 96 in der Minute. 

Ueber diese Verhältnisse sagt Garrö: „Man muss wirklich 
Afters diesen auffallend günstigen Einfluss der Aetherinhalationen 
auf ein schlecht functionirendes Herz beobachtet haben, um den 
augenfälligen Vortheil des Aethers vor dem Chloroform bei Herz¬ 
fehlern zu verstehen.“ 

Bei fettiger Degeneration des Herzmuskels ist das Chloroform 
so sehr zu fürchten, denn viele Todesfälle führen sich auf diese 
Affection zurück. Unter den Aethertodesfällen ist keiner mit 
Herzverfettung. Dumont leitet aus dieser Thatsache im Hinblick 
auf die Verantwortlichkeit des Arztes die Forderung ab, dass Herz¬ 
kranke nie chloroformirt, sondern nur ätherisirt werden dürfen. 

Die bei der Julliard’schen Maske constante, meist erhebliche 
Vermehrung der Secretion der Speicheldrüsen und der Tracheal- und 
Bronchialschleimhaut ist vielleicht weniger eine Folge der durch die 
Aetherdämpfe vermehrten Secretion, als vielmehr der Asphyxie. Bei 
der Narkose mit der Wanscher’schen Maske, falls man nur das 
Asphyxireu vermeidet, fehlt in der Regel fast jede Secretion der 
Tracheal- und Bronchialschleimhaut. Die Secretion der Speicheldrüsen 
sieht man öfters, aber auch bei weitem nicht in allen Fällen etwas 
vermehrt. Liegen nun die Patienten mit dem Gesicht nach oben, 
womöglich auch noch mit durch Kissen etc. erhöhtem Kopf, dann 
iliesst der Speichel in die Trachea und trägt dazu bei, die ohnedies, 
wie schon aus einandergesetzt, meist beschränkte Respiration noch 
mehr zu behindern. 

Es ist deshalb auch aus diesem Grunde wichtig, das Gesicht 
fortwährend nach einer Seite gedreht zu halten und den Kopf nicht 
durch Kissen erhöht zu lagern. Es fliesst alsdann der sich in 
manchen Fällen bildende Speichel in die Backentaschen. Führt 
man nun den Zeigefinger in den tiefer liegenden Mundwinkel ein 
so kam man jetzt leicht den Speichel durch den am tiefsten 
liegenden Mundwinkel ausfliessen lassen. Es muss aber alsdann 
auch wirkheh der mit dem Zeigefinger offen gehaltene Mundwinkel 
der tiefste Punkt der Mund- und Nasenrachenhöhle sein, man darf 
also den Kopf gegen den Oberkörper nicht erhöht, sondern eher 
sogar noch etwas tiefer lagern. 

^\&iederh°lt babe i c h gesehen, dass bei Laparatomieen der 
»Operateur durch eme energische Zwerchfellrespiration, welche die 

^^. da f 1 ?- P f a u tionsfeld drän ^ t ’ £ estört ^rde. Ich möchte 
mmu ausdrücklich betonen, dass an einem solchen Vorkommniss 

ääs: sät h8rt> der Aether ’ soadeni immer 

kanr/öT!! ^ am P^ la ^^ e J 1 tig-© und beschleunigte Z werchfellrespiration 
Z lt re y eT ^ denen Sfcadien der Narkose auftreten. Nur 
Maasso fl hm?n eS f S l adle » genÄU kennt ’ wird man auch die richtigen 
Aspiration Pr «+ tri tt die heftige Zwerchfell- 

der ^rkose auf, als Reiz oder 
dabei nnrh K g D bei zu c . oncent,ri rtem Aetherdampf. Patient ist 
ZweLrL b h e o tsem. Hier lasse man etwas Luft zu. 
einer völlig des Bewusstseins, aber noch vor Eintritt 

gehört L das ^ ^ er auftretende heftige Respiration 

sehr häufi* b deS Excit aDonsstadiums, das sich beim Aether 

Hier vmsmZ eiTe £ ten Respirationsthätigkeit zeigt. 

« muss man die Aetherdns c rinm.ii vr® 


83 


Hier muss man eiTe ^ ten Respirationsthätigkeit zeigt. 

«rstarkenlTsn^» Aetherdosm durch Schütteln der Maske rasch 
tritt eine heftie “ . tlefe Narko ? e bringen. Drittens 

bei längst völlifo-oo , erc HRllrespiration auch bei tiefer Narkose, also 
° w,,T, idenem Cornealreflex ein. In diesem Falle ist 


, . - X2W* 1U U1ÜÖC1U X alle löt 

des Patient™ ei ncr Asphyxie, eines Luftmangels, der Athem 

ist dann immer T? aue ^ toff ' . Das Blut im Operationsfeld 

Bestimmtheit behaunfr!' Hle ^ llegt die ürsa che, wie ich mit aller 
eben wie oben ft „ ca P ’j nur daran \ dass auf die Respiration, die 
einer beschr 3 nir+ nailde - r , ges ^ z ^ kt, Hei der Aethemarkose leicht 
dafür »soret ^ d ’ ^ cht & enü £ e °d aufgepasst und nicht 

Hier liegt eino *■’ das ? dieselbe immer genügend frei war. 
unangenehme KlmL'!? 8 un ^ e ^ ä hrliche, aber jedenfalls sehr 
Hüppe zu verm<55«Ti er Narkose. Nur derjenige, welcher diese 
’nimer für recht fr«?* J eiB ?> ^ er also von Anfang der Narkose 
^aratomieen den n Aspiration sorgt, wird gute und ruhige, bei 
der Chloroformnarkn C f e - ra ^ Ur ^Ht störende Narkosen haben. Bei 
ffi achen. Dazexrpn ;*+ 1St ? s ei ^ kiehtes, die Respiration frei zu 
ich aus Erfahrne«. 68 ? e / nz ^ n ®n Fällen oft sehr schwierig, 
[d zu erhalten und ^ der ^-othemarkose die Respiration 

Aufmerksamkeit d« a 111 manc hen Fällen die fortwährende 

nchtig ausgeführt w•? tl8e ? rs : ü)er oben angegebene Griff, 
^Ahrt. 1 S1 °H mir in allen Fällen als ausreichend 

ki der durch Shhuw^T 3 ’ eseken ’ dass un ®rfahrene Narkotiseure 
ac K in der Meim,«„ Aspiration bedingten heftigen Zwerchfell- 
Meintmg, dass das zweite Stadium, also noch eine 


Excitation der Respiration, vorliege, dem Patienten weiter Aether 
gaben, anstatt die beschränkte Respiration frei zu machen Durch 
die, die Luft verdrängenden Aetherdämpfe wurde der Sauerstoff- 

m ^ ng rV d ' h . dle As P h ^ xie und damit die heftige Zwerchfellaction 
natürlich noch vermehrt. In einigen, jedoch seltenen Fällen wo 
der Cornealreflex sehr früh, d. h. noch vor den übrigen Reflexen 
erlischt, ist es allerdings für den Ungeübten schwierig zu unter¬ 
scheiden, ob das zweite oder dritte Stadium vorliegt, oh man Aether 
weiter gehen, oder denselben fortlassen und die Respiration frei 
machen soll Irgend welche besondere Gefahren birgt aber dieses 
Dilemma nicht in sich, denn wenn man auch mein’ Aether giebt 
als nöthig ist, so wird zwar der Operateur durch die schlechte 
Narkose gestört, indessen erwächst dem Patienten bei der Gefahr¬ 
losigkeit seihst sehr concentrirter Aetherdämpfe kaum ein Nach- 
, eil, vorausgesetzt natürlich, dass man diesen Zustand nicht allzu 
lange dauern lässt. 

,. dm Anfänge meiner Thätigkeit in der Landau’schen Klinik 
hielt ich den mir aus schlechten, die Laparatomio störenden 
Narkosen erwachsenen Tadel für unberechtigt und schob die Schuld 
auf den Aether. Da es jedem Anfänger in der Aethemarkose so 
gehen wn-d wie mir, so will ich meiner jetzigen Ueberzeugung, dass 
nicht der Aether als solcher, sondern nur die mangelhafte Technik 

ui ^ wen dung, vor allem die behinderte Respiration, an den 
schlechten Narkosen Schuld ist, nochmals Ausdruck verleihen. 

Auf die Niere hat der Aether keinerlei ungünstigen Einfluss 
wie sich unter anderem auch in mehreren Fällen von Exstirpation 
einer erkrankten oder wegen Ureterenfistel operirten Niere zeigte. 

Die Gefahr der leichten Entzündlichkeit des Aethers ist bei 
der Wanscher’schen Maske, wo der Aether in dem Gummisack gut 
abgeschlossen ist, eine kaum nennenswertke. Nach Füter ent¬ 
zündet eine brennende Kerze, welche einer mit Aether gefüllten 
Schaale genähert wird, denselben bei einer Annäherung von oben in 
der Entfernung von 3—4 cm, bei Annäherung von der Seite in 
b—7 cm, bei Annäherung von unten, weil die Aetherdämpfe nach 
unten abfliessen, in der Entfernung von 40—50 cm. 

Die Nachwehen der Aethemarkose sind ähnlich, wie nach der 
Chloroformnarkose, doch scheint das Erbrechen nicht so häufig 
aufzutreten. Der unangenehme Aethergeschmack und das Er¬ 
brechen sind bis zum Abend verschwunden, in seltenen Fällen 
dauert es auch 24 Stunden oder noch länger an. 

Leichte Bronchialkatarrke bilden keine Contraindication. 
Solche Fälle wurden wiederholt mit gutem Erfolge ätherisirt. 
Stärkere Bronchialkatarrhe mit vermehrter Schleimabsondorung, 
überhaupt alle Fälle, wo die Atkmung und damit die Sauerstoff¬ 
zufuhr einer gewissen Beschränkung unterliegt, also Emphysem, 
grössere Exsudate, Lungeninfiltrate, mechanische Behinderung der 
Sauerstoffzufuhr durch Hindernisse in dem Kehlkopf oder der Trachea, 
dürften eine Contraindication für die Anwendung des Aethers geben! 
Die Begründung hierfür habe ich oben gegeben, wo ich auseinander¬ 
setzte, wie die Sorge für freie Respiration und während der Ein¬ 
leitung der Narkose für genügenden Zutritt von athmosphärischer 
Luft bei der Aethemarkose in viel höherem Maasse als bei der 
Chloroformnarkose nöthig ist. 

Zum Schluss möchte ich nochmals auf die prineipiellen 
Unterschiede zwischen den beiden Methoden der Aetheranwendung 
hinweisen. Garr6 sagt: „Die Einleitung der Aethemarkose unter¬ 
scheidet sich von der Chloroformnarkose vor allem dadurch, dass 
der Aether möglichst concentrirt und in grossen Dosen eingeathmet 
werden muss.“ Auf Grund der mit der Wanscher’schen Maske 
gewonnenen Erfahrung sehen wir, dass es durchaus nicht nöthig 
ist, den Aether concentrirt einathmen zu lassen. Ja ich gehe noch 
weiter und halte diese Methode direkt für falsch. 

Als Analogon berufe ich mich auf die Wandlungen, die die 
Chloroformnarkose durchgemacht hat. Früher gab man fast all¬ 
gemein die Chloroformdämpfe sehr concentrirt zu athmen, indem 
man die ganze Maske vollgoss. Jetzt sind wohl die grossen Vor¬ 
züge der Tropfmethode unbestritten. Dass mancher früher vor¬ 
gekommene Todesfall auf eine Herzsynkope infolge von Einathmung 
zu concentrirter Chloroformdämpfe zu beziehen ist, wird allgemein 
zugegeben. 

Nun könnte man mir einwenden, bei der Anwendung von noch 
so concentrirten Aetherdämpfen ist kaum je etwas derartiges vor¬ 
gekommen. Selbst die Richtigkeit dieser Behauptung zugegeben, 
beweist mir das weiter nichts, als dass der Aether auch bei un¬ 
vorsichtiger Anwendung in concentrirter Dosis ein sehr ungefähr¬ 
liches Mittel ist. 

Ich spreche nicht aus dem Grunde gegen die Julliard’sche 
Maske, weil ich die Anwendung von concentrirten Aetherdämpfen 
für besonders gefährlich halte, sondern weil ich gesehen habe, dass 
alle die bei dieser Methode eintretenden unangenehmen Erscheinungen 
sich bei der Anwendung einer anderen, der Tropfmethode bei der 
Chloroformnarkose entsprechenden Methode vermeiden lassen. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT- 


Während ich Vorstehendes niederschrieb, hatte ich mich brief¬ 
lich an Herrn Prof. Dr. Wanscher in Kopenhagen gewandt und 
die schon vorher erwähnte Mittheilung erhalten, dass die oben be¬ 
schriebene Gummimaske von Herrn Prof. Wanscher angegeben 
und bei ihm seit dem Jahre 1880 ausschliesslich in Gebrauch ist. 
Zugleich hatte Herr Prof. Wan scher die Liebenswürdigkeit, mir 
eine von ihm im Jahre 1882 verfasste Brochüre, „Om Brugen af 
Aether som Indaandingsmiddel“, wofür ich ihm an dieser Stelle 
meinen verbindlichsten Dank sage, zu übersenden. Der dänischen 
Sprache unkundig, gelang es mir erst nach Niederschrift meiner 
Arbeit, einen Uebersetzer zu finden. Zu meiner grossen 1 reu de 
finde ich, dass meine Ansichten über die Methoden zum Aetherisiren 
mit denjenigen des Herrn Prof. Wan sch er im wesentlichen über¬ 
einstimmen, und dass somit die von mir ausgesprochene und näher 
begründete Verurteilung der Methode der Asphyxirung und damit 
der Julliard’schen Maske eine so gewichtige Stütze findet. Ich 
halte es für sehr bedauerlich, dass die Wanscher’sche, schon 1882 
gedruckte Brochüre in Deutschland total unbekannt ist, und kann 
es mir deshalb nicht versagen, das wichtigste daraus hier mit- 
zutheüen. Auf die Frage: „kann der Aether zu allen Operationen 
mit ebenso gutem Erfolg angewandt werden wie das Chloroform“ 
antwortet Wanscher: 

„Es bedarf eigentlich nur eines Hinweises auf die oben genannten 
grossen Hospitäler (in Amerika und England), wo der Aether seit 
1847 bis jetzt ausschliesslich und ohne irgendwelche üblen Zufälle 
angewandt wurde. 

„In Amerika ist das Chloroform an einzelnen Spitälern ver¬ 
boten, und der Arzt, welcher einen Patienten in der Chloroform¬ 
narkose verliert, muss gewärtig sein, dass er von der Jury wegen 
Mord verurtheilt wird. Das Gefühl der Sicherheit beim Aether ist 
so gross, dass die Ausführung in der Regel den jüngsten Studirenden 
oder Krankenwärtern überlassen wird. Ja an einigen Stellen 
narkotisirt sogar der Portier die Verunglückten vor Ankunft des 
Arztes. 

„Die Dublin medical Press and Circular sagt: Die, welche nun, 
da die Gefahren des Chloroformirens so bekannt sind, fortfahren, 
dasselbe zu gebrauchen, sind verbrechersich fahrlässig und unwissend. 
Sie geben zwar zu, dass der Aether ungefährlicher sei als das 
Chloroform, finden es aber nicht der Mühe werth, sich darum zu 
kümmern, wenn hin und wieder ein Menschenleben zugrunde geht. 

„Diday in Lyon sagt, es sei ein Verbrechen, Chloroform anstatt 
Aether zu gebrauchen. 

„Keith in Edinburgh sagt 1874 im Brit. med. Journ.: „„Je mehr 
ich den Aether anwende, desto mehr liebe ich ihn. Es ist merk¬ 
würdig, dass das Chloroform so schnell die Ueberhand bekam. Vor 
dem Chloroform hielten wir alle den Aether für ein ausgezeichnetes 
Anästheticum. Ich zweifle daran, ob die Menschheit einen Nachtheil 
erlitten haben würde, wenn man niemals von dem Chloroform etwas 
gehört hätte. Seit 1870 habe ich ständig Aether gebraucht. — 
Man spart ganz sicher fünf bis zehn Minuten beim Gebrauch von 
Chloroform und ein Theil Mühe. — Ais ich im Jahre 1870 den 
Aether rühmte, nahm man es als vollständig heidnisch und von 
persönlichen Motiven herrührend auf. Jetzt kann ich nur unter¬ 
schreiben’ was ich damals sagte.““ 

„Nicht selten, jedoch mit Unrecht, hört man den Einwand, dass 
der Aether sich nicht zu lange andauernden Narkosen eignet. Ich 
will nur daran erinnern, dass Keith denselben bei 145 Ovariotomieen 
gebraucht hat.“ 

Ueber die Technik der Aetheranwendung sagt Wanscher 
folgendes: 

„Es giebt zwei Methoden den Aether zu geben, die 
asphyxirende und die berauschende: 

„Die erste Methode, die asphyxirende, besteht darin, dass man 
ein zusammengerolltes Handtuch, oder einen ähnlichen mit Aether 
stark benetzten Gegenstand vor Mund und Nase hält und den 
Patienten zwingt, den ungemischten Aetherdampf einzuatkmen, 
indem man mit Gewalt ihn abhält, den Aetherapparat vom Munde 
wegzureissen. Nach einigen wenigen Athemzügen und einem kurzen, 
in der Regel gewaltsamen heftigen Kampf wird der Patient 
cyanotisch und fällt schlaff hin. Der Aether wird nun wegge¬ 
nommen, und nach einigen Athemzügen hat der Patient seine frische 
Farbe wieder und ist nun in tiefer Narkose, welche jetzt ohne 
weiteres Asphyxiren fortgesetzt werden kann, indem man den Aether 
gemischt mit Luft weiter giebt. 

„Diese Methode, genannt die amerikanische, weil Jeff ries 1872 
dieselbe in London demonstrirte, ist jedoch keineswegs die allge¬ 
meine in Amerika, und die meisten sowohl amerikanischen, wie 
englischen Aerzte verwerfen sie und ziehen es vor, die Narkose, 
weirn auch mit etwas Zeitverlust, so doch ohne das unheimliche 
Zwischenglied der Asphyxie hervorzurufen. Jeff ries hat auch 
später erklärt, dass er kein Freund dieser Methode sei und sie nur 
deshalb demonstrirt habe, um die Londoner Aerzte zu überzeugen, 


dass man nicht so lange Zeit braucht, wie allgemein angenommen 
wird, um eine völlige Narkose mit Aether zu erzielen. 

Die Methode der Asphyxirung ist jedoch in so viel hallen ohne 
Unglück gebraucht worden, dass man sie mit vollem Recht für 
relativ unschädlich halten kann. In ganz exceptionellen 1 allen 
scheint sie mir sogar empfehlensvrerth, zum Beispiel wo wir es mit 
einer Fractur und delirirenden Patienten zu thun haben. 

Die zweite Methode, die berauschende, besteht dann, dass man 
den Aether in ähnlicher Weise wie das Chloroform mit oder oline 
Apparat gemischt mit Luft giebt. Doch gilt es hier genau darauf 
zu achten, dass man den Aether nicht , zu stark mit Luft verdünnt 
giebt sonst erreicht man nichts anderes, als eine endlos lärmende 
Berauschung mit Erbrechen und nachfolgendem starkem Kopfschmerz, 
wie beim Alkoholrausch. 

„Das Geheimniss einer guten Aethernarkose liegt 
darin, so wenig Luft wie möglich, aber doch genug zu 

„Es erfordert allerdings einige Uebung, diese Mischung von 
Aether mit Luft richtig zu dosiren, indessen macht es doch keine 
besonderen Schwierigkeiten, da ja, wie schon erwähnt, in ameri¬ 
kanischen Hospitälern die Aethernarkose jüngeren Studenten und 
Krankenwärtern überlassen wird. 

„Mit Unrecht hat man nun diese Methode beschuldigt, dass 
zu viel Zeit damit verloren gehe und dass sie oft nicht zum Ziele 
führe. Es mag wohl Individuen geben, die unempfindlich oder 
intolerant dem Aether gegenüber sind, indessen ist deren Anzahl 
kaum grösser als die Anzahl der Patienten, welche sich ebenso 
zum Chloroform verhalten. • . 

„Will man eine ungeschminkte Darstellung der Methode der 
Aethernarkose haben, so kann man sich an Simpson s eigene Aus¬ 
sage halten. 

„Simpson hat nie den Aether übertrieben gerühmt. Jeder¬ 
mann kann leicht constatiren, dass, wenn man sich an seine Vor¬ 
schriften hält, die Aethernarkose nicht schwierig zustande zu 
bringen ist, man muss sich dabei nur wundem, wie man lange 
Zeit die Aethernarkose für so unbequem gehalten hat, dass sie 
fast nicht zu gebrauchen sei. Da man von dem Chloroform 
rühmt, dass das Excitationsstadium geringer sei oder gänzlich fehlte, 
so sagt Simpson weiter (pag. 158): Uebrigens habe ich gefunden, 
dass man auch beim Aether im Excitationsstadium jede Neigung 
des Patienten, zu lärmen und zu toben, vermeiden kann, wenn man 
nur den Aether in der richtigen Weise giebt. Man soll nämlich 
dem Patienten sofort eine starke übermannende 1 ) Dosis von Aethei- 
dampf geben und soll darauf achten, dass es ganz ruhig um ihn 
ist, kein Lärm, keine Anrede oder Gespräch. 

„Unter überwältigender Dosis versteht Simpson so stark mit 
Aether gemischte Luft, wie Patient es gerade ertragen kann und 
lässt ihn mit Mund und Nase athmen. . 

„Hier ist also keine Rede von irgendwelcher Suffocation odei 
irgend welchem asphyktischen Stadium. 

„Die angebliche Unbequemlichkeit bei der Anwendung de& 
Aethers, nämlich dass dieselbe lange Zeit in Anspruch nimmt, hat 
nicht viel auf sich. Selbst wenn man den Aether mit etwas mehr Lut 
giebt, als gerade nothwendig, kann man doch, wie viele angeben, 
darauf rechnen, mit einem mehr von 5 bis 10 Minuten über die 
Zeit hinaus, welche das Chloroform verlangt, zum Ziele zu kommen. 

„Was die Apparate zur Aethernarkose anlangt, so muss ic 
mich möglichst kurz fassen. Deren Anzahl ist sehr gross, grösser 
noch als die entsprechende Anzahl von Apparaten zur Chloroiorm- 
narkose, und es herrscht bei dem Aether dieselbe Nichtüberein¬ 
stimmung zwischen den Autoritäten, wie bei dem Chloroform. - 11 
beiden Fällen wird jedoch als unumstösslich fest behauptet, dass 
man sich mit den einfachsten Mitteln helfen und noch dazu grosse 
Autoritäten citiren kann, welche gerade dieses für das allerbes 
halten. Ein hohler Schwamm, ein zusammengelegtes Handtuc 
oder etwas ähnliches ist alles, dessen man bedarf, um Aether zu 
geben. Indessen ist es doch vortheilhafter, complicirtere Appara 

*) Der Ausdruck „eine starke übermannende Dosis (en stör over- 
manende Dosis)“ halte ich für nicht glücklich gewählt. Gerade 
„übermannen“, d. i. die sofortige Betäubung durch die Darreichung 
möglichst concentrirten Aetherdämpfen, ist das Characteristicum 
Methode der Asphyxirung. Dass diese Methode aber nicht gemeint 
das geht aus der nachfolgenden Erläuterung hervor: „so stark mit Ae 
gemischte Luft, wie Patient es gerade ertragen kann.“ Eine Aetherao , 
die der Patient noch ertragen kann, ist aber keine überwältigende. 
liegt doch der Kernpunkt der ganzen Frage über die Methoden der Ae 
darreichung. Sollen wir den Patienten möglichst concentnrte » u 
wältigende“, aber auch asphyktisch machende Dosen von Aether, we 
die volle Narkose schon binnen zwei Minuten hervorrufen, darreic i 
oder sollen wir die Methode der langsamen Narkotisirung, die „De 
sehende“ Methode, unter Vermeidung jeglicher Asphyxie, bei Darme B 
von nur so viel Aetherdampf, als jeweils vom Patienten ertragen wir - 
an wenden ? 


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2 5, Ja nuar._ _ 

zu gebrauchen, welche z, B. die Entzündungsgefahr vermindern 
und den unnöthigen Verlust von Aether und die zu starke Ab¬ 
kühlung der Athmungsluft verhindern. 

„Zum Schluss will ich noch kurz die Regeln zusammenfassen, 
welche für die Aetherbetäubung durch Einschläfern (for Aether 
bedovelsen ved Indaanding) gelten. Es sind im wesentlichen die 
selben Regeln wie beim Chloroform. 

„1. Der Aether soll reiner Aether sulphuricus von einem Ge¬ 
wicht von 0,725—0,730 sein. 

„2. Es muss Ruhe und Stille um den Patienten sein, wenn die 
Narkose beginnt. 

„3. Man soll, einerlei, ob man einen einfachen oder einen com- 
plieirten Apparat benutzt, den Aether mit so wenig Luft vermischt 
wie möglich geben, doch stets genügend, um die Oxydation des 
Blutes im Gange zu halten. 

„4. Beim Aether, wie beim Chloroform, kann eine Steifigkeit 
des Körpers eintreten und unregelmässige oder stertoröse Athem- 
züge. Diese letzteren darf man nicht verwechseln mit dem schnar¬ 
chenden Laut, welcher von dem herabhängenden Gaumensegel 
kommt. Der stertoröse, croupöse Laut rührt von einem Spasmus in 
der Stimmritze her und zeigt an, dass ein Krampf des Muskel¬ 
systems im Anmarsch ist, welcher zur vollständigen Schliessung 
der Stimmritze, zum Stillstand der Respirationsmuskeln und zum 
secundären Stillstand des Herzens ausarten kann. 1 ) Sobald diese 
Phänomene eintreten, soll der Aether entfernt und die Zunge 
hervorgezogen oder die Maxilla inferior vorgeschoben werden, 
gerade sowie bei der Chloroformnarkose, damit der Patient frische 
Luft bekommt. 

„5. Zeigt eine bläuliche Gesichtsfarbe, dass das Blut nicht ge¬ 
nügend bewegt ist, sei es mit oder ohne gleichzeitig stertoröse 
Athemzüge oder Krampf, so muss ebenfalls der Aether entfernt 
werden, bis die Gesichtsfarbe zur Norm zurückgekehrt ist. 2 ) 

„6. Der Puls muss ebenso wie die Respiration überwacht wer- 


DEUTSCSE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


_. __ __ 85 

“ ° ( r ratl ! m ; während der Patient betäubt 'ist eine 

Ohnmacht eintritt und dass man dann genöthigt sein kann dio 
Nstfkose abzubrechen und Stimulantien anzuwenden. Wie bekannt 
haben vmie einflussreiche Autoritäten gelehrt, dass man beim 
Chloroform nicht nöthig habe, sich um den Puls zu kümmern 
wenn nur die Respiration überwacht wird. Dieses ist wohl mit 
echt eifrig bekämpft worden, und wenn man auch gegenüber den 
bhtzschneUen Herzlähmungen durch Chloroform hilflos ist so 
kann man doch unzweifelhaft durch Ueberwachung des Pulses und 
Beachtung der Winke, welche uns der Puls giebt, in vielen Fällen 
rfidif° y PS dadurch verhindern, dass man, wenn der Puls klein wird 
rechtzeitig mit der Narkose auf hört. 2 ) Da der Aether in weit <re- 
als da * Chloroform noch über den Zeitpunkt, wo 

drnS 68 ' 1 ^ 16 * W ^? e l eine Wü * un s ausübt, so weicht ein solch* 
drohender Zustand bei weitem sicherer. 

„7. Beim Aether, wie bei anderen Änaestheticis, muss die Nar¬ 
kose complet sein* bevor man die Operation beginnt 

^.i; 8 ;. De fo P ? tienten wird am besten Kopf'zur Seite ge¬ 
dieht, damit Salivation und Schleim frei ablaufen kann. Mund und 
Rachen müssen, wenn die Respiration dadurch gehindert wird ve¬ 
reinigt werden. ’ 6 

„9. Alle allgemeinen Vorschriften zur Behandlung der Asiihvxie 
gelten ebenso wie für Chloroform auch für Aether. 

„10. Nach beendigter Narkose muss der Patient vor Abkühlung 
und Einathmung von kalter Luft behütet und so lange überwacht 
werden, bis das Bewusstsein vollständig zurückgekehrt ist. 

„11.. Besondere Rücksicht ist auf die leichte Entzündbarkeit 
des Aethers zu nehmen.“ 


) Mit der Beobachtung und Beschreibung des „stertorösen, croi 
i? eS? Welc t er voa ? inem Spas““« in der Stimmritze herrtlh 
Krampf im Muskelsystem anzeigt, der zur völlige 
aber rinnm’ 8t . immn £ ze führt“, bin ich völlig einverstanden. Niel 
Zf dass dieser Zustand m „Stillstand der RespirationsmuskeJ 
sun/L Sr dar T 8 i lUst f nd des Herzens ausarten“ kann. Diese Schlie: 
conantnrifln ID A ,1 rt M jJ er, ? :t au J eine,n reflectorischen Krampf infolge yo 
I ch möchte Jedem ’ der 8ich hierüber ei 
Athem 1 ,::^ WÜ1, u athen ’ ® mmal üur einen einzigen, aber tiefe 
mjeses'‘ j Z j U SG l f ir j Imt Luft verdünntem Aetherdampf zu thui 

geschüttelte WaL!K UrC ’ h, i daS » S f m , an die mit Aether versehene undtüchti 
£5r D Ir ♦ ! r ^ SCh ? Ma r: ke P. lötzlicl1 fest auf das Gesicht au 

an wenn mat eatstelieild0 reflectorische Stimmritzenkrampf hält noc 
txslZZt Mask • längst ™ eder vom Gesichte entfernt hat. We 

Sich selbst g emachfc hat ’ der 
den Setzt ^ Erscheinung bei der Aethernarkose sehr klar wei 
geben dSh ^it^? bßl ? m ? m f at [ entcn ’ ihm fris'che Luft z 

oder weniger ZU Aetberd arreichung diesen Krampf meh 

^bung(KohlLlto r !t d Ä^ dm ? eme Asphyxie und eine rasche Be 
Zustand mit AbSbf ‘ + Aethernarkosej Die Genfer Methode wiU diesei 
besondere Gefah™\^!S B< ? r l e ? e Narkose zu erzielen, herbeifahren 

gehörig cyanoSh lIn ^ d dabei ^ chfc vorhanden. Ist der Patien 
krampf ga L von selbst i!SW tlB ° b ’ dann lö . s ^ si< r h der Stimmritzen 
bas alles tritt aber ^ A thmung wird wieder ruhig und frei 

auch wieder unvollständig 111 re 5 p ' bei n . ocl1 unvollständiger ode; 

habe. ht der Pationt dl ^ f gewordener Narkose ein, wie ich oft beobachte 
Stimmritzenkramnf narkot isirt, dann habe ich niemals einet 

ei n solcherS P nft thfS ht S n kön ? ea ’ & laube auch nicht, dass überhaupi 
lähmung- Vorkommen i rn 8 ’ eild t! n - » Atbe mstillstand und secundärer Herz- 
htrfe einer AethemarW^ 11 ' *i? ei - ^ j 11 Störungen der Respiration im Ver- 
j 8t derselbe noch vorhnndl*^ Icb , d nn S eil d, den Cornealreflex zu prüfen, 
Kämpfe, Cyanosen A , anden ’ dann lasse man sich durch alle Stimmritzen- 
J era gebe^ruhiv^den Lfk n8tlge - Erscheillungei1 uichfc verblüffen, son- 
Respiratiou freifn , weiter ’ . suclie aber auf jede Weise die 

gemangen, sondprn ^ e ü und zwar nicht durch Anwendung von Zun- 
tÄirnealreflex total 0nts prechende Handgriffe). Erst wenn der 

eui fall nicht meS rS W ? den \°^ er gar ^ dilatirte Pupille auf Licht- 
entfemen and die , ba te . icb es ^ tlr nöthig den Aether zu 

s Piration wieder völlio- t , eher wieder aufzusetzen, als bis die Re¬ 

eder deutlich veworHpn^ 31 jmd regehnässig und auch der Cornealreflex 
ComealrefleT di esP o Jf 1 ’* .? a f s bei der Julliard’sehen Maske 
J taod der Narkose unttrrT? s f eathch0 Merkzeichen, welches uns über den 
kft na das halte ich w ;! 80 lan S e Maske aufliegt, nicht prüfen 

\Auch diesem g68 ^ t ” fUr einen & rossen Nachtheil. 

^Cjano&e, Kramnf oHpr e o i ka J ln lcb l nicbfc ganz beistimmen. Werbei 
ton)eairefl ei dieSL^»der stertorösen Athemzügen und noch vorhandenem 
; eri ^u hat, der wird Und wartet bis das Gesicht seine Cyanose 

bt zu einer völligen Nnrif ^ e , nge ^ 0lt unnöthig verlieren, ja oft gar 

Riehes wiederholt D^ gi ^ a - k f O8e 1 ^ 00!lmei1 * Ich das deshalb, weü Sr 
W^^^oscheTS r- ist es natürlich, wenn der 

* Wertung »usgesprochen *“ erdber babe lck nodeh in der vorhergehenden 


V. Ueber die sogenannten „Leukocyten- 
sebatten“. 

Von Dr. Benario, Arzt in Frankfurt a. M. 

In einena in No. 87 der Volkmann’schen Vorträge erschienenen Auf¬ 
ratz über „die diagnostische Verwerthung der Leukocytose“ beschreibt 
Riem eme besondere Species von Zellen, denen er den Namen „Leuko- 
cytenschatten“ beilegt. Dieselben haben Granulationen und gleichen in 
ihrem tinctoriellen Verhalten den neutrophilen und eosinophilen Leuko- 
cyten. Morphologisch sollen sie sich aber von den genannten Zellarten 
dadurch unterscheiden, dass die Granulationen nicht den Zellleib dicht 
ausfiUlen, sondern auf eine grosse Ebene zerstreut sind. Jedem, der sich 
mit Blut beschäftigt hat, sind diese Gebilde wohl schon vorgekommen, 
aber keinem ist es eingefallen, aus ihnen eine besondere Zellspecies zu 
bilden. Nach meinen Erfahrungen, und andere Autoren stimmen wohl 
damit überein, sind diese Zellen lediglich Kunstproducte, dio durch starken 
mechanischen Druck auf die Deckgläschen bei der Herstellung der Blut¬ 
präparate hervorgebracht werden. Man kann sich davon leicht überzeugen, 
wenn man einen Tropfen Blut zwischen zwei Deckgläschen stark quetscht! 
Man begegnet dann den „Leukocy tenschatten“, id est den durch mecha¬ 
nischen Druck zerstörten Zellen, deren Granulationen bei gut tingirten 
Kernen über eine weite Ebene zerstreut sind, sehr häufig. Fertigt man 
aber von demselben Blute lege artis die Präparate an, dann sind alle 
Zellen wohl erhalten, d. h. die Granulationen im Zellleib. Es ist ja 
möglich, dass gewisse chemische Veränderungen des Plasmas bei Krank¬ 
heiten das Platzen solcher Zellen erleichtern, aber als präformirte Ge¬ 
bilde kommen dieselben im Blute nicht vor. Ich möchte daher vor der 
diagnostischen Verwerthung der „Leukocytenschatten“ dringend warnen. 
— Das Argument Klein’s, dass junge Zellen z. B. kleine Lymphocyten 
nie ihre Granulationen eliminiren, trifft insofern zu, als Zellen, die keine 
Granulationen haben, dieselben auch nicht ausstossen können. 


VL Referate und Kritiken. 

Sohmans und Horn, Ueber den Ausgang der cyanotischen 
Induration der Niere in Granularatrophie. Herrn Ober- 
medicinalrath Prof. Dr. Bölling er zur Feier seines fünfzigsten 
Geburtstages gewidmet. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1893. 
Ref. Ribbert (Zürich). 

Durch eingehende Untersuchung zahlreicher Nieien bei allge¬ 
meiner venöser Stauung kommen Verfasser zu dem Resultat, dass 
die bekannte cyanotische Induration der Nieren in vielen Fällen 
bis zu einer Granularatrophie fortschreitet, die mit den durch inter¬ 
stitielle entzündliche Processe entstandenen Veränderungen grosse 


') Auf der Landau'schen Klinik- wird auf die Controlle des Pulses 
kein Werth gelegt. Ich habe oben angeführt, weshalb solches völlig 
überflüssig ist. 

D Collaps oder Kleinwerden des Pulses kommt wohl beim Chloro¬ 
form, aber niemals beim Aether vor. 



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Original fro-m 

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86 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4 


Ähnlichkeit hat. Horn giebt zunächst an der Hand von Sections- 
protokollen eine allgemeine Uebersicht über d.e makroskopischen 
und mikroskopischen Verhältnisse, während Schmaus die letzteren 
noch weiter im einzelnen erörtert. Er bespricht die unter dem 
Einflüsse der Stauung zustande kommende, an die Geßsse sich 
anschliessende heerdförmige Atrophie in den obersten Schichten 
der Nierenrinde, die Verdickung der Wände von Venen CapiUaren 
und Arterien und die Zunahme des Bindegewebes, welches meist 
einen hyalinen Charakter hat und nur selten lebhafte Kerover- 
mehrunff zeigt, die aber dann nicht entzündlicher Natur ist, sondern 
nur eine Steigerung des Vermehrungsproeesses darstellt. Er dis- 
cutirt auch die Frage, in wie weit die Verdickung der arteriellen 
Gefässwände durch die Stauung allein bedingt ist, oder in wie weit 
sie in anderen Fällen durch eine vor Beginn der Herzinsufhcienz 
vorhandene stärkere Inanspruchnahme des arteriellen Gefässgebietes 
entstanden war. Durch sechs auf drei Tafeln vertheilte Figuren 
werden die histologischen Beschreibungen illustnrt, 

Hermann Vierordt, Anatomische, physiologische und Physi¬ 
kalische Daten und Tabellen. Zum Gebrauch für Mediciner. 
Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage. Jena, Gustav Fischer, 
1893. ’Ref. Buchwald (Breslau). 

Dass schon nach kurzer Zeit eine neue Auflage dieses Werkes 
nothwendig wurde, beweist nur, dass Verfasser einem vielgefühlten 
Bedürfnisse abgeholfen hat. Welches Gebiet der Medicin man auch 
bearbeiten mag, überall hat man das Bedürfnis, Daten und ver¬ 
gleichende Tabellen über das Bekannte zur Hand zu haben. Dies 
war vor Erscheinen des Vierordt’schen Werkes nur mit grosser 
Mühe möglich. Wir können dem Verfasser nur alle unseren leb¬ 
haften Dank aussprechen, dass er mit seiner mühevollen Arbeit 
uns selbst so viele Mühe erspart hat. 

Das Buch ist in vier Theile gesondert. Im anatomischen Theil 
findet man alles über Körperlänge, Gewicht, Wachsthum, Dimen¬ 
sionen an Herz, Lungen, Leber etc. Im physiologischen und 
physiologisch - chemischen Theil werden das Blut, der Kreislauf, 
die Athmung, Verdauung, der Stoffwechsel, etc. besprochen. Im 
physikalischen Theil finden wir das Wissenswerthe über Thermo- 
meterscalen, Wärme, Spectrum, Elektricität etc. Als Anhang sind 
praktisch medicinische Analecten beigefügt. Hier sind die klima¬ 
tischen Curorte, Incubationszeit der Infectionskrankheiten, Maximal¬ 
dosen etc. näher erörtert. Das Buch ist für jeden medicinischen 
Forscher nach unserer Ansicht unentbehrlich. Die Ausstattung 
ist eine sehr gute. _ 

C. Posner, Ueber Pyurie. Nach einem auf der Naturforscher- 
Versammlung zu Nürnberg 1898 gehaltenen Vortrage. Berliner 
Klinik Heft 64, October 1893. Ref. A. Freudenberg (Berlin). 

Posner bespricht in dem vorliegenden Vortrage zunächst die 
neueren chemischen und mikroskopischen Befunde bei der Harn¬ 
untersuchung, welche, im Verein mit der Untersuchung des Kranken, 
der Nierenpalpation und der Cystoskopie, eventuell der Ureteren- 
katheterisirung in vielen Fällen eine exacte anatomisch-ätiologische 
Diagnose bei Auftreten von Eiter im Harne, insbesondere auch in 
Bezug auf die Localisation des Processes gestatten, wo man sich 
früher mit der symptomatischen Diagnose Pyurie begnügen musste. 
Er erwähnt bei der mikroskopischen Untersuchung des Eiterharnes 
die auf seine Veranlassung mittels des Thoma-Zeiss’schen 
Apparates vorgenommenen Leukocytenzählungen Hottinger’s, 
welche nicht selten die kolossalen Zahlen von 30 000 bis 40 000, 
einmal selbst 152 000 Leukocyten im Cubikmillimeter Urin er¬ 
gaben, Zahlen, welche in ihrer enormen Grösse die Frage nach 
einer Eiterproduction seitens der Gewebe erneut 'wachzu¬ 
rufen geeignet sind, — die wenig sicheren Schlüsse, die man aus 
der Gestalt der dem Eiter beigemischten Epithelzellen ziehen kann, 
— das von Senator gefundene Vorkommen zahlreicher mononucleärer 
Zellen bei Nephritis, — den von Posner besonders bei Pyelitis, 
aber freilich auch sonst, constatirten Befund zahlreicher eosino¬ 
philer Leukocyten. Er bespricht die gelinge Wichtigkeit, welche 
im allgemeinen der Urinreaction in Bezug auf die lokale Differential¬ 
diagnose zuzumessen ist, wobei er erwähnt, dass in Fällen von 
chronischem, saurem Katarrh die Frage einer Tuberkulose der Harn¬ 
organe mit besonderer Sorgfalt erwogen zu werden verdient. Er 
erwähnt bei der chemischen Untersuchung die, ebenfalls auf seine 
Veranlassung in Verbindung mit Eiterkörperchenzählungen vorge¬ 
nommenen Albuminbestimmungen Gold b erg’s, die die Aufstellung 
einer bestimmten Scala ermöglichten, dergestalt, dass Leukocyten- 
mengen unter 15 000 im Cubikmillimeter nur Spuren, Leukocyten- 
mengen von 15 000 bis 20 000 etwa y 5 bis pro mille, 40 000 
bis 50 000 etwa 1 / 2 i 80 000 bis 100 000 etwa 1 pro mille Albumin 
ergaben, so dass Eiweisszalilen, die darüber hinausgehen, nicht mehr 
durch den Eitergehalt allein zu erklären wären. 

Sicherere Anhaltspunkte für die Localisationsdiagnose als 


die chemische wie die mikroskopische Harnuntersuchung giebt in¬ 
dessen die Untersuchung und Beobachtung der Kranken selber, 
wobei Posner mit Recht der Nierenpalpation und insbesondere der 
Cystoskopie, vielleicht in Zukunft auch der Ureterenkatheterisirung 
eine besondere Wichtigkeit beimisst. 

Bezüglich der Therapie warnt Posner zum Schluss davor, 
in Ueberschätzung der bacteriologischen Befunde und in Missachtung 
alter klinischer Erfahrungen nun in jedem Falle, namentlich 
bei acuten Erkrankungen, von vornherein mit einer lokalen 
Behandlung Vorgehen zu wollen. 

A , Lewandowski, Das elektrische Licht in der Heilkunde. 

*Mit 307 Illustrationen. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzen¬ 
berg, 1892. Ref. Eulenburg (Berlin). 

Der durch seine vorzügliche Bearbeitung der Elektrodiagnostik 
und Elektrotherapie rühmlichst bekannte Verfasser hat sich die 
sehr dankenswerthe und zeitgemässe Aufgabe gestellt, der Gesammt- 
heit die Hülfsmittel und Methoden, welche die Anwendung des 
elektrischen Lichtes in der Heilkunde bietet, in ihrer all- 
mäligen Vervollkommnung anschaulich vorzuführen. 

Das vermehrte Lichtbedürfniss überhaupt, speciell aber auch 
das Bestreben, die der gewöhnlichen direkten Besichtigung un¬ 
zugänglichen Körperhöhlen der Ocularinspeetion zu unterwerfen, 
hat der Benutzung elektrischen Lichtes in der Heilkunde immer 
neue und weitero Gebiete erschlossen. Wenn auch, wie Lewan¬ 
dowski bemerkt, „die älteren Specialisten sich nur schwer von 
ihren langgeübten bisherigen Beleuchtungsmethoden trennen mögen 
und sich daher mitunter dem elektrischen Lichte gegenüber ab¬ 
solut ablehnend verhalten“, so giebt dafür die ganze jüngere 
Generation der elektrischen Beleuchtungsmethode den Vorzug, und 
diese bahnt sich in der letzten Zeit auch zu den praktischen 
Aerzten ihren Weg, „auch zur Verallgemeinerung von Special- 
fächem beitragend, die bisher nur nach langjähriger Uebung prak¬ 
tisch verwerthet werden konnten“. 

Das Buch zerfällt in zwei Hauptabtheilungen. In der ersten 
(p. 2—150) schildert Lewandowski die Entwickelung und den 
jetzigen Stand des Instrumentariums zur Anwendung des 
elektrischen Lichtes in der Heilkunde, wobei der Löwen- 
antheil den mannigfaltigen Leit er’sehen Vorrichtungen zu¬ 
fällt; der zweite (p. 151—289) behandelt das elektrische 
Licht in der Heilkunde vom klinisch-praktischen Stand¬ 
punkte, die diagnostisch - therapeutischen Verwendungen der 
„Elektro-Endoskopie“ im weitesten Sinne. — Lewandowski 
hat hierbei, abgesehen von zahlreichen eigenen Beobachtungen 
auf den Gebieten der Stomatoskopie, Pharyngoskopie, Laryngo¬ 
skopie und Rhinoskopie, eine äusserst weitschichtige Litteratur 
benutzt; auch sind ihm überdies von einer Reihe von Fach¬ 
männern Originalbeiträge über einzelne Specialfächer zur Ver¬ 
fügung gestellt worden, die als solche ausdrücklich eingefügt 
w r urden; so. von v. Reuss „über die Verwerthung des elek¬ 
trischen Lichtes in der Augenheilkunde“, von Beregszasy 
für Pharyngo-, Laryngo- und Rhinoskopie, von W. Roth 
für Laryngo-Rhinologie, von Finger über Elektro-Endo- 
skopie der Harnröhre, von Oberländer über „die Vorzüge 
des Elektro-Urethroskops in klinischer und therapeu¬ 
tischer Beziehung“ u. s. w. -— Ein Eingehen auf Einzelheiten 
ist natürlich hier ausgeschlossen; überdies wird Niemand, der 
sich mit der Benutzung der elektrischen Beleuchtung im allge¬ 
meinen oder auch nur auf einem einzelnen Specialgebiet ver¬ 
traut machen will, das Buch unberücksichtigt lassen können. Der 
Werth desselben gewinnt durch die sehr zahlreichen (307) Holz¬ 
schnittillustrationen von Instrumenten, Darstellung der Unter¬ 
suchungsmethoden und der (namentlich cystoskopischen) Befunde. 
Für eine zweite Auflage wäre dagegen die Beigabe eines Inhalts¬ 
verzeichnisses und Registers zu wünschen. 

Politzer, Lehrbuch der Ohrenheilkunde. Stuttgart, Ferd. Enke, 

1893. Ref. Barth (Marburg). , 

Mit Beginn des Jahres ist die dritte Auflage von Politzer 
Lehrbuch der Ohrenheilkunde erschienen. Es empfiehlt sieb sowoiii 
durch seine sorgfältige und eingehende Beaibeitung, als auch durc 
die gute Ausstattung ebenso wie die beiden ersten Auflagen von 
selbst. Es sei hervorgehoben, dass man wohl kein Kapitel darin 
findet, welches nicht durch Umarbeitung dem Fortschreiten diesei 
Specialwissenschaft, bis in die neueste Zeit gefolgt ist. Da auc 
mehrere ganze Abschnitte neu eingefügt sind und die Zahl der A - 
bildungen von 285 auf 331 gestiegen ist, kann es nicht Wunder 
nehmen, dass die neue Auflage, trotz des überall bemerkbaren Be¬ 
mühens zu kürzen, 50 Druckseiten- mehr umfasst als die vorher¬ 
gehende. . So wird auch sie Aerzten und Studirenden sich als aus¬ 
gezeichneter Führer und Rathgeber bewähren. 


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25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT 


VII. Joumalrevue. 

Innere Medicin. 

0 . Honigmann, Epikritische Bemerkungen zur Deutung 
des Salzsäurebefundes im Mageninhalt. Aus der medici- 
nisehen Klinik des Herrn Geheimrafch Riegel in Giessen. Berl. 
klin. Wochenschrift 1898, No. 15. 

Im Eingang seiner Arbeit liefert der Verfasser einige histo¬ 
rische Ergänzungen zu Martius’ kritischem Ueberblick über 
die Entwickelung der Salzsäurefrage in der Magenpathologie, 
in welchem er namentlich die Resultate seiner 1887 mit 
v. Noorden aus der Giessener medicinischen Klinik publicirten 
Arbeit in das Gedächtniss zurückruft und Martius gegenüber 
betont, dass ihnen schon damals die Bedeutung der gebundenen 
Salzsäure (als der eigentlich physiologisch wirksamen und nicht 
„böswillig verdeckten“), wie auch der Begriff der freien Salzsäure 
als einer „überschüssigen“ Mehrleistung des secernirenden Magens 
geläufig gewesen sei. Zu den damals von ihnen präcisirten Grund¬ 
sätzen hätten also eigentlich die Arbeiten der nächsten Jahre 
nichts wesentlich neues gebracht. Verfasser unterwirft die Be¬ 
deutung der Salzsäure, namentlich die der quantitativen Bestimmung 
derselben, einer sehr zeitgemässen Kritik und kommt zu dem 
Schlüsse, dass für die Bedürfnisse der Praxis das Bestreben so 
neler Autoren durchaus überflüssig sei, die Methodik der HCl-Be- 
stimmung zu einer „idealen“ zu vertiefen. Denn „was würde durch 
diese zahleninässigen Beträge mehr gewonnen als durch das Aus¬ 
bleiben der Riegel’schen Farbenreactionen“, deren Bedeutung 
Martius neuerdings sehr schmälert. 

Die Farbstoffreactionen, welche das Vorhandensein freier HCl 
un Mageninhalt beweisen, zeigen die Sufficienz der Magensecretion 
hinsichtlich der Sättigung der angebotenen Eiweissmenge an; fehlen 
die Keactionen, so ist die Salzsäureproduction relativ insuffieient 
was nachgewiesen zu haben, zunächst für die Bedürfnisse der 
I rans genügt. 

Sollen für beide Fälle zahlenmässige Werthe gegeben werden 
so giebt bei positivem Ausfall der Farbstoff reaction die nahe- 
egen e Titnrung der freien HCl unter Verwendung eines Farb- 
stoßes, am besten Congopapier, als Indicator, einen Maassstab 
tür die Grosse der üeberproduction. Für den zweiten Fall wird 
Arnmt \ S ~ U1C ^ 5 l uantita tive Bestimmung der abgesonderten Ge- 
em j , zahlen massiger Werth durch die schon früher 
<J,* r 5 lsser em P fohlene Feststellung des Salzsäuredcficits, d. h. 
aL^Tn lche zu einem Ma &eninhalt bis zur Sättigung 
m W6rden muss ’ ^ eben sein ’ weil dieses 

und zu Li-tn^ Vo /t e ! u ^ r / oa dem Verhältniss von geleisteter 
i« \ LI' 1rad " Arbe, ,S lell ‘-. De '- qualitative Nachweis von HCl 
Dmath ™ fi\n°i St i nd,ges Versie 8 en »iaht gut vorkommt. 
ReartiS 7 . P it eh « Varfasaer ’ gelbst auf die Gefahr hin, als 
Rivgel’ihen fÄV ^ Praktiker ’ ^nächst an den alten 
an in d« i rlZ arbstoffreactwnen festzuhalten, wie diese von Beginn 

Ä wS e s r ind Uk angeWandt Und T0D dS immer “ 

niaiw'biti n Ausf(lbruu 8 en enthält die vorliegende Arbeit 
stimmnnT™ w Be, " erkun g™ betreffs der Technik der HCI-Be- 
Methodo durch ,al, ,s undLiittke, der Fehlerquellen dieser 

lir Bindung dir HcTm“*! 8 ^ 1 ' ( emer einige Bemerkun gen Ober 
nicht dienenden v L*. Ncutralsalzen und anderen der Verdauung 
^rkensw rthe 7 l n dun! ; en (= vorlOTene HCl) und einige be- 
bezügl ,' ch der Ver >>ä'‘nisse von HCl zu Eiweiss. 
glnal zu vergleichen ist. Kuhn (Giessen). 

•Jouir^of\heInwüc™Sciences*No* *257** ™ yocardit * s - TheAnierie. 

1 ^Qorrhoe^ bei dem zehn Tage nach einer acuten 

5, /i Wochen unter' a £ dere Gelenke erkrankten und der nach 
^nkumlaniPeri starb ’ fanden sich im Knie- 

r °n den <r ewö h n £h d ^dmm acut entzündliche Processe, die 
tünischen VeS Ä P urul 1 en . ten «tark differirten, wie auch am 
'»Wel lag ein hLJrä er -° S ! gkei ^ bemerkenswert war. Im Herz- 
^erschiäge. es heltif^ ^ r .^ uss ohne nennenswert,he Fibrin- 
eitnw r..cu and entzündliche Verdickung des Pericard und 
irzfleisnhpc Kio oh _ 


_ 87 

Coceen, so dass Couucilman trotz fehlender Culturversuche hie,- 
eine reine Metastase der Gonococcen aiuiimmt. 


dinge Infiltration Jl? ^fzündliche Verdickung des Pericard und 
f »ehr oder E . fle f cbes bis zu N<*rot» der Muskelfasern 

??' e,)es . in kmm r»? mtensiver Reaction des nicht ergriffenen 
infiltration reichliche Bi l rh^ bei D V r oberflächlicher eitriger 

Regeneration der Zellnn ^ Granulationsgewebe mit schleimiger 
f 8 v erschieden stirkder Urethra stellt der Process sich 
Jer oberen Schichten 'P 1 ^®^ 61,1118 ^. entzündliche Durchtränkung 
mdegewebe dar Hipr n d kramilationsbildung im umgebenden 
V^een gefunden dL"™* 11 G .°? oc occen in den oberflächUchen 
im pericardiHlpif l p 0Cardl ^ j^ ben un d gonitischen Heerden, 
bältnissen, Anordmin dieselben, d. h. nach Färbungs- 

mig und Vorkommen nur in Zellen gleiche 


F. Reiche (Hamburg). 

VIII. Vereine und Congresse. 

Berliner medieinlsche Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

, Sitzung am 10. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Siegmund. 

Präparaten einer äertnÄ We'Frag^^ber d°ie 

i V6r Arbeftende^VortragendOTeinenähereB™ 
leuchtung, durch welche die apnoristische Annahme, dass hier die Placentu 
e . m , e . Wichtige Rolle spiele, eine Bestätigung erhält. Vortragender be- 
nchtet über folgenden Fall. Eine Patientin, die an chronischer Tuberkulose 
1893 'Zm!, 1 h 1681 ?™ Entbmdnngsanstate in der Charit« am 1. December 
d T s t rd i 6n ’ d, 5,? 1 ? T d starb zehn Tage nach der Geburt ohne 
Zeichen \on Tuberkulose. Bei Untersuchung der Placenta ergaben sich 
tuberkulöse Gewebsveränderungen in den Chorionzotten. Die Heerde waren 

St^Tuhprlpm T n ei ge J bhch ? r . Farb ®’ durchscheinend, rund und ent- 
Ta berkelbacillen. Aus einigen Präparaten scheint hervorzugehen. 

Z S1 'i h ZUe ^ t ^ der Decidua entwickelt hat und v-on da 

aus auf das Chorion übergeht. (Präparate werden demonstrirt.) 

Pr«nonot7 err - 0 ‘ if rae I Ö 01 * der Tagesordnung): Demonstration von 
Präparaten einer Hirnaffectlon im Gefolge chronischer Nephritis. Die 
SÄ ergab ^»^»tropbische Nieren und multiple Aneurysmen der 
Hirngefässe wodurch es zu' ausgedehnten Butungen im Gebiete der Arteriae 
corpons caüosi und cerebelh inf. ant. und post, gekommen war, die 
infolge von Hirndruck den Tod herbeigeführt hatten. Ein besonders 
grosses derbes Blutgerinnsel, das beim ersten Anblick für ein Angiom 
demonstrirt ) Fden befindet sich ira Cer ebellum. (Präparate werden 

3. Discussion Uber den Vortrag des Herrn Weyl: Einflnsg liygie- 
nischer Moassnahmen anf die Gesundheit Berlins. Herr Zadek be- 
streitefc, dass Herr Weyi den Beweis, das Herabgehen der Gesammt- 
sterblichkeit stehe m engem Zusammenhänge mit der Durchführung der 
Canahsation m Berlin, m irgend wie überzeugender Weise erbracht habe. 
Hatte er sieb damit begnügt, die Abnahme der Sterblichkeit an Typhus 
und Dysenterie daraus herzuleiten, so könne man dem wohl zustimmend 
beitreten, allem sein Fehler sei eben gewesen, dass er sich hiermit nicht 
begnügt, sondern die Abnahme der Gesammtsterblichkeit auf Rechnung 
der Canalisation geschoben habe. Und wenn er selbst in seinen Schluss¬ 
folgerungen noch eine gewisse Vorsicht beobachtet habe, so sei diese bei 
den über den Vortrag referirenden politischen Tagesblättem völlig ausser 
Acht gelassen, die mit grosser Emphase über die herrlichen Wirkungen der 
hygienischen Maassnahmen der Stadt Berlin lobpreisend berichteten. Dem 
gegenüber müsse Vortragender hervorheben, dass ein ganz anderer Factor 
hier eine maassgebende Rolle spiele, nämlich das Herabgehen der Geburts¬ 
ziffer, mit der seit dem Jahre 1876 die Sterblickkeitsziffer parallel 
gehe. Es seien seit dieser Zeit im Verhältniss zur früheren Periode 
weniger Kinder geboren worden, und das starke Wachstkum Berlins sei auf 
den Zuzug von ausserhalb zurückzuführen. Es sei doch ganz klar, dass, 
wenn die Zahl der besonders stark an der Mortalität participirenden 
Kinder im Verhältniss sinke, dagegen ein stärkerer Zuzug arbeitskräftiger 
gesunder Menschen hauptsächlich aus der Altersklasse zwischen 20 und 
30^ Jahren stattfinde, die Gesammtsterblichkeit herabgemindert werden 
müsse.. Ebenso missglückt sei der versuchte Nachweis der günstigeren 
Mortalitätsziffer der canalisirten Bezirke im Verhältniss zu den nicht 
canalisirten. So zeige z. B. der nicht canalisirte Wedding ein weit 
rapideres Sinken der Gesammtsterblichkeit, als irgend einer der canali¬ 
sirten Bezirke, und auch hier ergebe sich im speciellen Falle der gleiche 
Grund für diese Erscheinung, nämlich ein rapides Sinken der Geburts¬ 
ziffer. Mit den Forderungen des Herrn Weyl erkläre er sich einver¬ 
standen; diese Forderungen wären aber schon vor Herrn Weyl fast in 
derselben Fassung von der socialdemokratischen Fraction der Stadtver¬ 
ordnetenversammlung erhoben worden. Er sähe keineswegs mit Be¬ 
friedigung auf das bisher von der Stadt Berlin in hygienischer Beziehung 
Geleistete, müsse vielmehr derselben vorwerfen, in solchen Fragen bisher 
wenig Verständnis und guten Willen gezeigt zu haben — wären doch 
alle sanitären Anregungen und Anträge zur Besserung des Looses der ar¬ 
beitenden Klasse — und gerade von hier aus seien erspriesslicke hygienische 
Fortschritte zu erwarten — abgelehnt worden. Das gewichtige Votum der 
„medicinischen Gesellschaft“ vor 1 l /a Jahren in der Sypkilisfrage habe es 
bewirkt, dass sämmtliche Krankenhäuser den syphilitisch Kranken ge¬ 
öffnet worden wären. Eine der Gesellschaft würdige Aufgabe sei es, auch 
ferner ihre mächtige Stimme für nothwendige sanitäre Maassnahmen in 
die WaagschaalO' zu legen, er erwähne hier besonders die ganz unhalt¬ 
baren Znstände in den Krankenhäusern. (Die Fortsetzung der Discussion 
wird auf die nächste Sitzung vertagt.) 

Sitzung am 17. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Treitel (vor der Tagesordnung) stellt eine circa 40jährige 
schwerhörige Patientin vor, die in ihrem 15. Lebensjahre einen vollstän¬ 
digen Defect des Gaumens erlitten hatte, der durch einen damals von 
Snersen angefertigten Obturator so ausgezeichnet ausgefüllt wird, dass 
beim Sprechen durchaus keine Abnormität, der Sprache bemerkt werden 
kann, obgleich Patientin nie Sprachunterricht gehabt hat. Bei direkter 
Untersuchung kann man bei der Patientin schon deutlich den Passavant- 


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DEUTSCHE“ MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4 


88 


sehen Wulst und den Recessus medius der Bursa pharyngea beobachten. Was 
die Aetiologie des Gaumenverlustes betrifft, so kann man nur Lues.annehmen, 
obwohl jegliche syphilitische Erkrankung seitens der Patientin geleugnet wird. 

2. Fortsetzung der Discussion über den Vortrag des Herrn Weyl: 
Einfluss hygienischer Maassnaliuien auf die Gesundheit Berlins. 

Herr Guttstadt bemerkt gegenüber, der Aeusserung des Herni 
Wevl, dass die statistischen Unterlagen in solcher Vorzüglichkeit wie 
für Berlin für keine andere Stadt des Reiches vorliegen, eine Vergleichung 
daher nicht angängig sei — hierin täusche sich Herr W ey 1, denn die 
durch polizeiliche Verfügung für Berlin eingeführte Registrirung der 
Todesursachen seitens der Standesämter sei von einer grossen Reihe von 
Städten nachgeahmt worden. Für Berlin ergebe sich nun eine ganz er¬ 
heblich fortschreitende Besserung inbetreff der Sterbeziffer in den letzten 
zwanzig Jahren, und zwar für alle Altersklassen, ausschliesslich der 
höchsten, wie keine andere Stadt des Reiches sie aufweise; es müssten 
daher auch gleichmässig wirkende Ursachen dies günstige Resultat her¬ 
vorgerufen haben. Herr Zadek hebe, nach den Ansichten von Böckn, 
ausschliesslich die Abnahme der Geburtsziffer und den grossen Zuzug 
kräftiger, gesunder Menschen im besten Mannesalter hervor. Dagegen sei 
aber anzuführen, dass statistisch nachweisbar die Anzahl der dem produc¬ 
tiven Alter angehörigen Einwohner Berlins in ihrem Procentverhöltniss 
seit 1875 sich nicht wesentlich geändert habe. Man müsse daher immer 
wieder auf den günstigen Einfluss der sanitären Maassnahmen, deren Kreis 
Herr Weyl wohl etw T as zu eng gefasst, zurückkommen, die ja auch den 
Zugezogenen zugute kommen, so dass diese ohne grössere Schädigung 
die Acclimatisirung überständen. Ein Factor sei allerdings auch nicht 
ausser Acht zu lassen, nämlich die ärztliche Thätigkeit. Die Einwirkung 
dieses Factors auf das Herabgehen der Sterbeziffer sei freilich zahlen- 
mässig schwer nachzuwoisen, allein bei einzelnen Krankheiten doch nicht 
zu verkennen. Er erinnere nur an die durch die neuere Behandlungs¬ 
methode wesentlich herabgedrückte Mortalität des Abdominaltyphus. 
Man dürfe sich übrigens bei dem einmal Erreichten nicht beruhigen, da 
die Statistik ergebe, dass mehrere Altersclassen in Berlin nicht so 
günstige Sterbeziffern zeigen, wie die anderer Städte. Es sei daher dahin 
zu streben, die bisherigen Einrichtungen noch zu verbessern, und dazu 
seien vor allem häufige Revisionen nöthig. Diese seien aber nur mög¬ 
lich, wenn das dieselben ausführende ärztliche Beamtenpersonal in aus¬ 
giebiger Weise vermehrt werde. 

Herr Oldendorff wendet sich zunächst gegen die Auffassung des 
Herrn Zadek, dass der gesammte Rückgang der Sterblichkeit in Berlin 
lediglich durch den Rückgang der Geburten verursacht sei. Allerdings 
sei die Geburtenziffer und infolge dessen auch die Sterbeziffer nicht nur 
in Berlin, sondern auch im ganzen Staate zurückgegangen. Der Grund 
davon sei zu suchen in der durch Rückgang der wirthschaftlichen Ver¬ 
hältnisse verursachten Verminderung der Eheschliessungen. Dieser Ein¬ 
fluss könne sich aber doch nur äussern auf die Kindersterblichkeit, nicht 
aber auf die der anderen Altersclassen. Vergleiche man die Serblichkeits- 
verhältnisse in Berlin mit denen der Provinz Brandenburg und des ganzen 
Königreichs, so ergebe sich, dass die Säuglingssterblichkeit in Berlin um 
45 p. M. der Geborenen, in der Provinz Brandenburg dagegen nur um 
2 p. M. und im ganzen Königreich sogar nur um 0,7 p. M. abgenommen; 
die Sterblichkeit der über ein Jahr alten Personen habe sich in Berlin 
um 2,4 p. M. der Bevölkerung, im ganzen Königreich dagegen nur um 
0,6 p. M. vermindert, und in der Provinz Brandenburg habe dieselbe sogar 
um 0.3 p. M. zugenommen. Unzweifelhaft seien die sanitären Maass¬ 
nahinen in Berlin von sogensreichem Erfolge begleitet gewesen. 

Max Salomon. 


Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr. 

Sitzung am 11. December 1893. 

Vorsitzender: Herr Dohrn: Schriftführer: Herr Nauwerck. 

1. Herr V öl sch bespricht (unter Vorlegung mikroskopischer 
Präparate) im Anschluss an den Vortrag des Herrn Stieda „Ueber 
den Bau des Rückenmarks“ (Sitzung am 27. November) die Frage 
nach der Existenz eines Nervennetzes im Centralnervensystem, 
wie es von Gerlach und neuerdings, in anderer Form, von Golgi 
angenommen ist. Vortragender glaubt, dass die Golgi-Cajal’sche 
Untersuchungsmethode zur Klärung beigetragen hat. Die That- 
sache, dass man in solchen Präparaten häufig ganz isolirt im- 
prägnirte Zelleinheiten, d. h. Zelle nebst ihren Fortsätzen findet, 
dass auch da, wo mehrere Zelleinheiten nebeneinander imprägnirt 
sind, wo also reichlich Gelegenheit zur Beobachtung des Ueber- 
ganges der Fortsätze einer Zelle in die einer anderen gegeben ist, 
ein solcher Uebergang fehlt, dass man vielmehr in solchen Fällen 
oft sicher constatiren kann, dass die durch die Färbung sichtbar 
gemachten Fortsätze nicht miteinander in Verbindung treten — 
diese Thatsachen sind ein nicht unerhebliches Argument zu Gunsten 
der Ansicht Cajal’s, der die Existenz einer netzförmigen Ver¬ 
bindung der Zellenfortsätze leugnet, gegenüber der Ger lach* s, der 
bekanntlich ein aus den Protoplasmafortsätzen der Rückenmarks¬ 
zellen hervorgegangenes Netz annimmt. Ebenso scheint die 
Thatsache, dass Cajal und Lenhossek auch an den sogenannten 
Golgi sehen Zellen (Zellen mit kurzem, verzweigtem Achsencylinder- 
fortsatz) die Verästelungen dos sich dicht an der Zelle auf¬ 
splitternden Achsencylinderfortsatzes isolirt dargestellt und ihre 
freie Endigung nachgewiesen haben, gegen das Vorhandensein eines 
Netzes, wie es Golgi anffahm, zu sprechen, das aus den Auf¬ 
splitterungen der Nervenfortsätze dieser Zellen hervorgehen sollte 


2. Herr N ei s s er: Ueber den Pfeifferschen Inflnenzabacillus 
und sein Culturverfahren (mit Vorweisung von Culturen und 
mikroskopischen Präparaten). Nach einem Ueberblick über die 
Litteratur berichtet Vortragender über die Resultate von Sputum¬ 
untersuchungen, die er während der herrschenden Influenzaepidemie 
auf der medicinischen Klinik von Professor Licht heim ausgeführt 
hat. Es wurden die Sputa von ca. 20 Influenzapatienten untersucht, 
und zwar genau in der von Pfeiffer angegebenen Weise: Auf¬ 
fangen eines Bronchialsputums in sterilem, trockenem Schälchen, 
Entnahme eines Partikelchens und Verdünnen desselben mit circa 
1 ccm steriler Bouillon, Impfung auf Agar, der mit Blut und zwar 
mit Taubenblut bestrichen und im Brütschrank auf seine Sterilität 
geprüft war. 

In sämmtlichen Fällen gingen reichlich, zum Theil fast in 
Reinculturen tröpfchenartige C-olonieen auf, deren Identität mit den 
Pfeiffer’schen Bacillen durch das Mikroskop, vor allem aber durch 
die Fortimpfung auf Blutagar und gewöhnlichem Glycerinagar, sicher¬ 
gestellt wurde. Während sie auf dem ersteren reichlich weiter¬ 
gediehen, war es auch dem Vortragenden nicht möglich, eine noch 
so üppige Cultur auf gewöhnlichem Nährboden über die erste Gene¬ 
ration hinaus zu züchten. 

In Bouillon, der ein Tröpfchen Taubenblut beigegeben war, 
fand ein mässig reichliches Wachsthum statt, das am zweiten Tage 
den Höhepunkt erreichte; die Bouillon wurde dabei nur ganz leicht 
getrübt. Alle Thierversuche fielen negativ aus. 

Es wurden ferner die Sputa von neun Patienten untersucht, 
die an Tuberkulose* oder Bronchjalkatarrhen ohne Influenzasymptome 
litten. Von diesen fanden sich nur bei einem Phthisiker, der übri¬ 
gens in einem Zimmer lag, in dem Influenzaerkrankungen vorkamen, 
einmal zwei Colonieen sicherer Influenzabacillen. 

Eigentümlich war ein Fall, der ein Dienstmädchen der Kliuik 
betraf; hier entwickelte sich bei der Patientin, die unter zweifel¬ 
haften influenzaartigen Symptomen erkrankt war und aus deren 
Sputum fast Reinculturen von Influenzabacilleu angingen, ein 
leichter Abdominaltyphus; auch im Verlaufe desselben, acht Tage 
nach der ersten Impfung, wurden noch reichlich Influenzaculturen 
gewonnen. 

Zur Autopsie kam eine Patientin mit Aortenaneurysma, die 
an einer schweren Influenza erkrankte, ohne dass sioh übrigens 
Infiltrationserscheinungen über den Lungen nachweisen Hessen. Bei 
der Section fand sich ein nussgrosser, pneumonischer Heerd; der 
ganze Bronchialbaum war mit dicklichem Eiter erfüllt, der mikro¬ 
skopisch enorme Mengen von Influenzabacillen enthielt; die an¬ 
gelegten Culturen ergaben fast nur Reinculturen von Influenzabacillen. 

Vortragender betont schliesslich die NothWendigkeit der An¬ 
wendung des Culturverfahrens gegenüber der blossen mikroskopi¬ 
schen Untersuchung von Sputumpräparaten: auch sei eine allge¬ 
meinere Ausübung der Sputumuntersuchung nach den Pfeiffer’schen 
Angaben wünschenswert, so lange wenigstens, als der Nachweis 
der Influenzabacillen in den Producten von Complicationen oder 
Nachkrankheiten, Eiterungen etc. noch so selten geglückt sei. 

3. Herr Jessner; Dermatotherapeutische Neuigkeiten. Je 
grösser die Fluth neuer Heilmittel und Heilmethoden, desto strenger 
muss die Kritik, desto grösser die Skepsis sein. Von diesem Ge¬ 
sichtspunkte aus lässt der Vortragende unter Demonstration der 
betreffenden Präparate die Neuigkeiten der Dermatotherapie auf 
Grund eigener Erfahrungen und der einschlägigen Litteratur Revue 
passiren, wobei er sich heute auf die Applicationsmethoden 
beschränkt. Diesen kommt in der Dermatologie eine besondere 
Wichtigkeit zu, da man durch Variiren derselben mit dem näm¬ 
lichen Medicament die verschiedensten Wirkungen erzielen kann. 
Ihre Vermehrung ist deshalb als eine grosse Bereicherung unserer 
Therapie willkommen zu heissen. 

Von Sälbenconstituentien hat in erster Reihe das Lanolin, 
gleichgültig ob die theoretischen Ausführungen Liebreich’s in 
allen Stücken zutreffen, zahlreiche Vorzüge aufzuweisen. Es ist 
nicht zersetzlieh, reizlos, aseptisch, dringt leicht in die Haut und 
nimmt viel Wasser auf. Ein Nachtheil ist die Consistenz. Von 
Concurrenten desselben ist Oesipus und Adeps lanae zu nennen. 
Oesipus hat sich wegen seines üblen Geruches nicht einführen 
können. Bemerkenswerth ist, dass dasselbe trotz des starken Ge¬ 
haltes an freien Fettsäuren doch auffallend gut von der Haut ver¬ 
tragen wird, vielleicht hat es gerade durch dieselben (Analogie mit 
Leberthran!) besonders gute Wirkungen. 

Der Adeps lanae hat alle Vortheile des Lanolins ohne seine 
Nachtheile und scheint berufen zu sein, das letztere etwas in den 
Hintergrund zu drängen. 

Das von Ledermann jüngst empfohlene Resorbin ist eine 
Fettemulsion, deren Haltbarkeit doch füglich noch bezweifelt werden 
kann. Seinen Namen durch entsprechende Experimente zu recht- 
fertigen, hat man. auch nicht einmal versucht. 

Erwähnenswert sind die Vasogene, mit Sauerstoff impräg- 


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25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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nirte Kohlenwasserstoffe, welche sich zum Vaselin verhalten wie 
Oel zu Fett. Von Interesse sind sie besonders wegen der Fähig¬ 
keit, Jodoform zu lösen. Sie werden von Haut uud Schleimhaut 
gut vertragen; ob sie weitere Verwendung verdienen, muss noch 
abgewartet werden. 

Die Pasten, durch Pulverzusatz consistenter gemachte Salben, 
sind auf unbehaarter Haut in allen Fällen an Stelle der Salben zu 
setzen, wo es auf die Massagewirkung nicht ankommt. Als Muster 
derselben kann man die vielgebrauchte Zink-Amylum-Paste Lassar’s 
ansehen. 

Die Unna’schen Salben und Pastenstifte werden erläutert; 
sie sind wohl entbehrlich. 

Dagegen befreundet sich der Vortragende immer mehr mit den 
Salbenmullen, die eine saubere und sparsame Salbenanwendung 
darstellen. Besonders sind die mit Lanolin hergestellten zu 
empfehlen. Die Präparate von Beiersdorf und Dietrich werden 
demonstrirt. 

Eine bedeutende Vervollkommnung haben die Pflaster er¬ 
fahren. An ein gutes Pflaster muss man die Anforderungen stellen: 
1 ) dass es unerwärmt gut klebt, 2) dass es ohne besondere Vor¬ 
sichtsmaassregeln, ohne an Klebkraft zu verlieren, haltbar ist, 3) dass 
es eine indifferente Basis hat, 4) dass diese mit den meisten Medi- 
camenten mischbar ist, 5) dass der Preis kein zu hoher ist. — 
Die meisten Pflaster haben jetzt als Grundlage Kautschuk und 
Lanolin. — Die Guttaperchapflastermulle sind wegön ihrer Imper¬ 
meabilität da vorzuziehen, wo eine Maceration, eine energische 
Tiefenwirkling, Resorption gewünscht wird; dadurch sind die zahl¬ 
reichen Contraindicationen leicht zu construiren. Wo solche vor¬ 
handen, sind die Pflaster der Fabrik Austria in Wien am meisten 
zu empfehlen; ihnen nahe kommen diejenigen von Koenig in 
Bnckeburg. % ° 


Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 
in Bonn. 

Sitzung am 10 . Juli 1893. 

Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo. 

1. Herr Eigenbrodt stellt einen Fall von Meningocele 
8 puria traumatica vor. Es handelt sich um ein zehn Monate altes 
hmd, das aus durchaus gesunder Familie stammt und dessen Ge- 
urt ganz normal verlief. Am Ende seines ersten Lebensmonates 
stürzte es mit dem Kinderwagen eine Treppe hinunter und schlug 
ab« nut dem Kopfe auf. Es war sogleich bewusstlos und lag 
zwei läge m elonischen Krämpfen. Gleich nach dem Fall bildete 
hochgradige Schwellung auf der rechten Seite des 
1 1 , es hlauschwarzer Verfärbung der Haut in der Umgebung, 
m soll sich bis ins Gesicht erstreckt haben. Nachdem die 
JS“*“ ZW6iten Tage nac hgelassen hatten, schien das Kind 
üocü l / 2 läge lang somnolent. Den Eltern fiel nach dem Nachlass 
. ’ un g eD aul, dass Arme und Beine steif, unbeweglich waren 
löstpn 1C ß .- t bl ' ett t ha ? fühlten. Diese tonischen Krampfzustände 
GlipfW eil d 1 er .^ eifc ’ aber eine wachsartige Steifigkeit der 
mtssp rTo .k 1100 ? 1 <t drei ^NI°nate lang bemerkbar gewesen sein. Die 
und Rftii n! . r ^ bts halten am Kopfe ging allmählich zurück 
KindM 1 ™, C , ^ onaten » besonders bei aufrechter Lage des 
w uc t ( ,t aU r m merken gewiesen sein. Von da ab aber 

erreicht w jj.^ er . und bat langsam ihre jetzige Grösse 

“unter < ^' s * ni ersten Lebensmonat lebhaft und 

wie die Mutt en ? < ? n 80 ^ “t es ße ^t dem Unfall apathisch und, 
Z ] Utte A r ? lch aus drückt, „geistig todt“. 

Hinterkoofcro 1 !,^ 11 ^ 16 des ^ aben in die Klinik zeigte sich am 
and dem 6 !? e *5* ? em binteren Theil des Scheitelbeines 

ca. 10 cm 1™°“ ‘9 le ^ der Hiaterhauptsschuppe gelegene 
welche an ihroPb • . braite deutlich fluctuirende Schwellung, 

aufwies. 7 nn a n h . en P- e ^ e ringsherum einen knochenharten Wall 
an ein aha« p! St natürlich daran gedacht, dass es sich 

Beobachtung . Aber es er S ab sicb bei genauerer 

und mehr nnU o im Tumor bei horizontaler Lage 

vertikaler Stell L len des Kindes zunahm, während sie bei 

Sonders bei tipff ab P abm ’ weiterhin zeigte die bedeckende Haut 
Hebungen und tarnen synchron mit der Respiration leichte 
k*it waren nirht UI ?£ en ; Pulsationen synchron mit der Herzthätig- 
spuria traumatte« acbweißbar - Offenbar lag also eine Meningocele 
<ÜeseAflection nftrmp°^ er ^Pkalhydrocele, wie die Engländer 
flüssigkeit unter dp \\? T -\ e * ne Ansammlung von Cerebrospinal- 
Oeflhung der Sehüdni^i eicbtb ?üen des Schädels, welche durch eine 
afeirt, 7 up g: h de °^ e dem intracraniellen Raum commu- 
eiae Probepunetm« ng . A . Diagnose wurde unter allen Gautelen 
wasserklare ?^ er ^ rav az’schen Spritze vorgenommen 

%enthümlichkaiten a l ^?. eit en Ueert, deren Untersuchung alle 
& WortTta»■ cerebrospinalis ergab. 

ucn versucht, die Geschwulst zu reponiren. 


r and ® re n *ällen .allerdings nicht selten unter dem Auftreten 
von Gehimdruckerscheinungen möglich war. In unserem Falle se- 
lingt dies nur zum Theil wenn man nur massigen Druck anwendet, 
es treten dabei aber keine typischen Hirndruckorscheinungen 
wenigstens keine Pulsverlangsamung und keine Krämpfe auf 
Zweimal aber wurde bei diesen Versuchen das anfangs schreiende 
und zappelnde Kind plötzlich still uud regungslos, athmete dabei 
tief und^ häufig und zeigte sehr frequente, kräftige Herztätigkeit. 
Diese Bewusstseinsstörung dauerte noch wenige Secunden nach 
dem Aufhören des Druckes an, um dann dem gewohnten Ver¬ 
halten Platz- zu machen. 


Ausser der Geschwulst, welche die eben erwähnten Eigen¬ 
tümlichkeiten zeigt, fällt bei dem äusserst mageren Kinde die 
Configuration des Schädels und Gesichtes auf. Die Stirn ist auf¬ 
fallend niedrig, das Gesicht macht einen sehr imbecillen Eindruck 
imd der Schädel scheint im Verhältnis zu ihm zu klein; man 
glaubt entschieden einen Mikrocephalen vor sich zu haben; immerhin 
beträgt der fronto-occipitale Umfang des Schädels 42 cm, wovon 
doch nur höchstens 2 —3 cm auf Rechnung der flachen Erhebung 
zu setzen sind, welche die Geschwulst verursacht. Der Hinterkopf 
ist offenbar stärker ausgebildet als die Stirngegend. Geistige 
Regungen, wie sie bei gleichalterigen Kindern doch schon deutlich 
zu bemerken sind, scheinen bei diesem Kinde fast ganz zu fehlen. 
Es greift nach keinem Gegenstände, lacht nicht u. s. w. Die 
Mutter versichert, dass dies vor dem Unfälle alles ganz anders 
gewesen sei. Ganz apathisch gegen seine Umgebung soll sich das 
Kind übrigens doch nicht immer verhalten, seine Eltern z. B. soll 
es erkennen. Eine Assymmetrie am Schädel oder am Gesicht, die 
in anderen Fällen beobachtet worden ist, lässt sich nicht nach- 
weisen, auch sind keine Lähmungen vorhanden. Immerhin fällt 
eine Steifigkeit der meist in den Gelenken gebeugt gehaltenen 
Glieder auf, die am linken Bein zu einer wirklichen Contractur im 
Hüftgelenk geführt hat, dasselbe lässt sich auch bei Anwendung 
ziemlicher Gewalt nicht strecken. Die Patellarreflexe sind beider¬ 
seits lebhaft; Fussclonus lässt sich rechts hervorrufen, links nicht. 

Dieser eigentümliche Folgezustand wird bei Kindern nach 
Kopfverletzungen nicht gerade häufig beobachtet; in der Litteratur 
lassen sich etwas über 30 Fälle sammeln. Billroth war wohl 
vor etwa 30 Jahren der erste, welcher eine Meningocele spuria 
traumatica beim Lebenden beobachtet und beschrieben hat. Er 
hat auch bei der Section des betreffenden Kindes die anatomischen 
Verhältnisse feststellen können. Ein Sectionsbefund ist übrigens 
schon von Rokitansky (1856) beschrieben worden. Erst durch 
die späteren Beobachtungen von Lukas u. a. in England und von 
Weinlechner u. a. in Deutschland haben wir die in Rede stehende 
Affection genauer kennen gelernt. Mit wenigen Ausnahmen sind 
es Kinder unter drei Jahren, bei welchen sich nach einem geringeren 
oder schwereren Trauma, das den Schädel trifft, eine solche Ge¬ 
schwulst bildet. Ein Kephalhaeinatom kann der Entwickelung der 
Kephalhydrocele vorausgehen, kann aber auch fehlen. Eine 
„Meningocele“ ist diese Geschwulst nur ihrem Inhalte, nicht aber 
ihrer Wandung nach; letztere wird nicht durch die Meningen, 
sondern durch die abgehobene Galea und das Periost oder durch' 
die Galea allein gebildet. Mit Recht hat man daher dieser Meningo¬ 
cele den Beinamen „spuria“ nach Analogie der Nomenclatur bei 
Aneurysmen beigegeben. Voraussetzung für das Entstehen der 
Affection ist, dass durch das Trauma eine Cotinuitätsverletzung 
des Schädeldaches, zum mindesten eine Fissur zustande gekommen 
und die Dura mater dabei eingerissen ist. Ein solcher Einriss der 
harten Hirnhaut kommt bei kleinen Kindern, wo die Dura viel 
inniger mit dem Schädeldach verwachsen ist, offenbar bei Schädel¬ 
brüchen verhältnissmässig leichter zustande als bei älteren Per¬ 
sonen. Das in diesem Alter besonders rasch wachsende Gehirn 
erlaubt nicht, dass die Fissur im Knochen sich schliesst, sondern 
treibt ihre Ränder auseinander, eine Erscheinung, die z. B. auch 
experimentell durch die Versuche von Gudden erwiesen ist. Dazu 
sollen besonders bei bestehender Rhachitis auch noch Resorptions¬ 
vorgänge an den Rändern kommen, wodurch der Knochenspalt im 
Schädel immer mehr vergrössert wird. Hätte man in unserem 
Falle die ganze Flüssigkeitsmenge aus dem Sacke durch Punction 
entleert, so hätte man sehr wahrscheinlich in dem Knochenwall, 
der durch das anfängliche Haematom entstanden ist, die Lücke im 
Knochen durch die Haut hindurch fühlen können. Mehrfach haben 
andere Beobachter sie in ihren Fällen nachweisen können. 

Es ist auffallend, dass die Impressionen des Schädeldaches und 
die Kephalhaematome, die so häutig als Geburtstraumen beobachtet 
werden, sehr selten zur Entwickelung einer Kephalhydrocele führen. 

In der Litteratur finden sich nur drei Fälle, in denen sich an eine 

derartige bei der Geburt entstandene Kopfverletzung eine Meningo- 

cole spuria angeschlossen hat; in allen übrigen Fällen ist die 
Affection infolge eines Traumas, das im Späteren Leben eingewirkt 
hat, entstanden. Ich kann mir dies nicht anders erklären,- als dass 



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DEUTSCHE MED1C1N1SCHE WOCHENSCHH1FT. 


No. 4 


eine langsam und quetschend wirkende Gewalt wie bei der Geburt 
seltener einen Riss in der Dura bei der Herbeiführung einer 
Schädelfractur veranlasst, als ein kurz und kräftig einwirkender 
Stoss und Fall im. extrauterinen Leben. In recht vielen Fällen 
war das die Bildung einer Kephalhydrocele veranlassende Trauma 
ein so schweres, dass ausser der Schädelfractur auch noch beträcht¬ 
liche Gehirnverletzungen die Folge waren. Auch in unserem Falle 
wiesen nach der Verletzung die Symptome nicht nur auf eine 
Commotio, sondern auf eine Contusio cerebri hin. In einem grossen 
Theil der bis jetzt vorliegenden (zwölf) Sectionsbefunde hat man 
dementsprechend auch schwere Verletzungen des Gehirns nach- 
weisen können. In verschiedenen, gerade in den schwersten Fällen, 
wurde sogar eine direkte Communication des Seitenventrikels mit 
dem Sacke der Kephalhydrocele constatirt. Offenbar erstreckte 
sich der Contusionsheerd von der Oberfläche der Hemisphäre bis 
in diesen Hohlraum, und die Hirnsubstanz ging bei der nach¬ 
folgenden Erweichung und Nekrose in solcher Ausdehnung zugrunde, 
dass sich diese Communication entwickelte. 

Aber eine solche ausgedehnte Hirnverletzung und der daraus 
resultirende Folgezustand ist sicher nicht in allen Fällen anzu¬ 
nehmen, wie englische Autoren meinen, ich glaube sogar, dass er 
nur in den allerwenigsten Fällen vorliegt und nur deshalb so 
häufig gefunden wurde, weil eben nur die schwersten Fälle zur 
Seetion kamen. Wenn man die Gesammtheit der Fälle in Betracht 
zieht, besteht wohl meist bloss eine Communication des Meningo- 
celensackes mit dem Araclmoidealraum, und nur indirekt durch 
diesen eine solche mit den Hirnventrikeln. Hirncontusionen und 
im Gefolge davon Erweichungsheerde, später Narbenbildungen u. s. w. 
compliciren aber, wie gesagt, recht oft diese Affection, und da¬ 
durch ist es wohl auch zu erklären, dass die Kinder, wenn sie 
weiter leben, dauernde Störungen der Gehirnthätigkeit aufweisen. 
Dies war selbst noch der Fall bei dem Knaben, welchen Bayer¬ 
thal sieben Jahre nach der Verletzung beobachten konnte. So 
wird erwähnt, dass in der späteren Zeit nach der Verletzung epi- 
leptiforme Anfälle aufgetreten sind, und in dieser Beziehung erscheint 
es bemerkenswert!!, dass auch bei dem eben vorgestellten Kinde 
vor wenigen Wochen ein vier Stunden andauernder Anfall von Be¬ 
wusstlosigkeit mit Krämpfen aufgetreten ist, der sich bis heute 
nicht wiederholt hat. Eine so starke diffuse Störung der Gehirn-, 
entwickelung, wie sie zur Zeit in unserem Falle vorzuliegen 
scheint — denn man kann wohl sagen, dass ein gewisser Grad 
von Blödsinn bei dem Kinde zu bemerken ist —, findet sich aller¬ 
dings nirgends als Complication einer Meningocele spuria be¬ 
schrieben, und es liegt ja auch die Frage nahe, ob hier nicht ein 
zufälliges Zusammentreffen von Mikrocephalie und Kephalhydro¬ 
cele anzunehmen ist. 

Was nun die Prognose betrifft, so hat man dieselbe seither 
durchweg als eine recht ungünstige betrachtet. Die Hälfte der 
22 Fälle, welche Smith 1885 aus der Litteratur zusammengestellt 
hat, sind an Meningitis gestorben. Eine wirkliche Heilung in dem 
Sinne, dass die Geschwulst verschwindet und die Schädellücke sich 
schliesst, wird selbst in den neuesten Publicationen (Bayerthal, 
Christern) wenigstens bezüglich des letzteren Punktes als un¬ 
möglich angesehen. Nun, m. H., ich glaube, dass wir in dieser 
Reziehung unsere Anschauungen doch etwas modificiren müssen, 
und zwar nach der günstigeren Seite hin. Bezüglich der schwer¬ 
sten Fälle, bei welchen die Geschwulst unaufhaltsam fortschreitet 
und schliesslich, wenn nicht eingegriffen wird, perforirt, oder da 
wo ausgedehnte Gehirnverletzungen vorliegen und immer wieder 
eklamptische Anfälle u. dergl. veranlassen, wird die Prognose 
immer eine schlechte sein. Bei den mittelschweren Fällen, wo die 
Gehirnverletzung weniger oder gar nicht in Betracht kommt, wo 
die Geschwulst schliesslich stationär bleibt, aber eine grössere 
Lücke im Schädel sich ausgebildet hat, kann späterhin die Com¬ 
munication des Sackes mit dem Schädelraum sich verlegen und die 
Meningocele sich zurückbilden, aber eine offene Stelle am Schädel 
wird Zurückbleiben und einen bedenklichen Locus minoris resi- 
stentiae traumatischen Einwirkungen gegenüber darstellen. Auch 
die Anomalieen auf psychischem Gebiete infolge der corticalen 
Hirnveränderungen, die sich unter Umständen erst spät einstellen 
können, sind prognostisch in Betracht zu ziehen. Dem gegenüber 
aber muss meines Erachtens darauf aufmerksam gemacht werden dass 
ganz leichte Fälle von Meningocele spuria traumatica bei 
Kindern Vorkommen, die in jeder Beziehung eine durch¬ 
aus gute Prognose geben, und die noch so gut wie gar nicht 
bekannt zu sein scheinen. So haben wir z. B. in der hiesigen 
chirurgischen Klinik im Laufe der letzten Jahre ausser dem eben 
besprochenen prognostisch recht ungünstigen Falle drei weitere 
Kephalhydrocelen bei Kindern von zwei Monaten, zwei Jahren resp. 
fu^ Jahren zu beobachten Gelegenheit gehabt, bei welchen niemals 
Gehirnerscheinungen vorhanden, und die überhaupt durch verhält- 
mssmässig geringe Traumen hervorgerufen waren. Ein grösseres 


Kephalhaematora ist in keinem Falle bemerkt worden, und in einem 
Falle wussten die Eltern von einer Verletzung überhaupt nichts 
anzugeben. Vielleicht disponirt. Rhachitis zur Entstehung dieser 
Affection, aber nur bei einem von unseren Kindern war eine solche 
nachweisbar vorhanden. In zwei von diesen Fällen konnten wir 
vollständige Heilung ohne Hinterlassung einer Knochenlücke con- 
statiren, das dritte Kind wurde unserer Beobachtung zu früh ent¬ 
zogen. Ich bin geneigt anzunehmen, dass solche leichte Fälle viel 
häufiger Vorkommen, als man glaubt, dass sie nur häufig über¬ 
haupt nicht zur ärztlichen Beobachtung kommen oder nicht richtig 
diagnosticirt werden. J ) 

Die Therapie spielt bei dieser Erkrankung bis jetzt leider 
nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Punction der Kephal¬ 
hydrocele hat zwar an und für sich, wenn aseptisch ausgeführt, 
keine Bedenken und kann zur Feststellung der Diagnose auch 
ganz zweckmässig sein; einen therapeutischen Werth hat sie nur 
in den wenigsten Fällen. So lange die Communication des Sackes 
mit dem intracraniellen Raume noch besteht, füllt sich die Ge¬ 
schwulst in kürzester Zeit nach der Punction immer wieder an. 
Auch eine drohende Ruptur wird man durch das Ablassen der 
Flüssigkeit auf die Dauer nicht abwehren können. Punction mit 
nachfolgender Jodinjection verbietet sich meines Erachtens von 
selbst, so lange man eine Communication mit dem Schädelinnern 
annimmt. Wenn sich der Sack gegen das Schädelinnere ab¬ 
geschlossen hat, oder die Oeffnung anscheinend nur noch sehr 
klein ist, dann befördert die Punction mit nachfolgendem Corn- 
pressionsverband das Zurückgehen des Tumors und kann mit 
Nutzen Anwendung finden. Bei allen schweren Fällen muss man 
sich vorerst darauf beschränken, die erkrankte Stelle am Schädel 
durch eine gutsitzende Kappe gegen mechanische Schädlichkeiten 
zu schützen. 

2. Herr Becker: Ueber halbseitige Kehlkopfexstirpation 
; wegen Carcinom. Patient, 63 Jahre alt, klagte im April d. J. 

; zuerst über Schmerzen im Halse, darauf stellte sich Heiserkeit ein 
1 und Anfang Mai dyspnoische Erscheinungen. Ende Mai wurde Pa¬ 
tient in die Klinik aufgenommen. Aeusserlich war nichts abnor¬ 
mes am Halse zu fühlen ausser zwei harten Drüschen an der 
rechten Seite. Syphilis war nicht zu ermitteln, auch keine Tuber¬ 
kulose; nur bestand difluse Bronchitis. Bei der laryngoskopischen 
Untersuchung sah man rechts im Kehlkopf einen Tumor mit zwei 
Buckeln, in das rechte Ligamentum ary-epiglotticum und den Kehl¬ 
deckel übergehend. Die Geschwulst war von gerötheter, aber nicht 
ulcerirter Schleimhaut überzogen. Da die Dyspnoe stärker wurde, 
machte Herr Geheimrath Trendelenburg am 5. Juni 1893 zu¬ 
nächst die Tracheotomie tief unten im Jugulum; dabei trat ein 
heftiger dyspnoischer Anfall ein. Einlegung einer Pressschwamm- 
canüle nach Hahn. 

Ein solcher Pressschwamm wird in der Weise hergestellt, 
dass man einen Badeschwamm einige Tage lang in eine lU ü /o Lö¬ 
sung von Jodoform in Aether legt, darauf einige Tage in einer 
Presse presst, bis er etwa die Dicke eines Bogens Carton erreicht 
hat. Dann wickelt man ihn um die Canüle und näht ihn fest. 

Nachdem der Patient sich von dem dyspnoischen Anfall er¬ 
holt hatte, wurde ein Schnitt geführt vom Ringknorpel nach oben 
und nach rechts abweichend, der Kehlkopf darauf vom in der 
Mittellinie gespalten und mit Haken auseinandergehalten. Man 
sah jetzt deutlich den Tumor in der Gestalt, wie man ihn bei der 
Untersuchung mit dem Spiegel gefunden hatte. In der Furche 
zwischen den beiden Buckeln war die Geschwulst ulcerirt, was 
man bei der Spiegeluntersuchung von oben nicht hatte sehen 
können. Nachdem von dem Schnitte aus ein grosser Schwamm 
j auf den Boden der Mundhöhle und ein zweiter in den oberen Theil 
der Trachea gelegt war, um das Einlliessen von Blut und Mund- 
fiüssigkeit auf das Operationsfeld und in die Luftwege zu ver¬ 
hüten, wurde die rechte Hälfte des Kehlkopfes mit Messer und 
Scheere exstirpirt und darauf die Blutung durch Unterbindungen 
gestillt. Die Wundhöhle wurde, mit Jodoformgaze ausgestopft und 
darüber die Haut zum Theil vernäht. Die Tamponcanüle blieb 
liegen. Eine im Laufe des Nachmittags eintretende Nachblutung 
wurde durch einen neuen Tampon gestillt. Am Abend konnte der 
Patient schon Wein und Milch schlucken. Nach 48 Stunden wurde 
die Tamponcanüle entfernt, ebenso der Tampon, da er etwas faulig 
roch. 

Zwar wurde sofort ein neuer Tampon wieder eingeftihrt, aber 
kein so fester Verschluss gegen die Mundhöhle erreicht, wie ihn 
der erste, durch Blut ganz fest gewordene bildete. Daher konnte 
auch nicht verhindert werden, dass Flüssigkeit beim Schlucken 


l ) Eine eingehendere Bearbeitung der einschlagenden Litteratur und 
des Materials aus der hiesigen chirurgischen Klinik wird demnächst von 
mir in den Beiträgen . zur klinischen Chirurgie (Bruns) veröffentlicht 
! werden. 


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25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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neben der Canüle herauslief und zum Theil in die Trachea ge¬ 
langte. Deshalb wurde der Patient vom dritten Tage an mit der 
Sehlundsonde ernährt, die er sich in der Folgezeit selbst einführen 
lernte. 

Der Tampon wurde anfangs jeden Täg, später öfters entfernt, 
und alsdann keine Jodoformgaze, sondern sterile Gaze dazu ver¬ 
wandt wegen leichter Jodoformintoxications-Erscheinungen. Jetzt 
trägt Patient eine Fenstereünüle' durch welche er sich verständ¬ 
lich machen kann. Störend ist bei dem alten Manne die bestehende 
Bronchitis und sein Emphysem. Vom 25. Tage ab wurde die Wunde 
nicht mehr tamponirt, und Patient konnte flüssige Nahrung gut 
schlucken. Jetzt bekommt er feste Speisen. Die Canüle kann 
wegen der dann auftretenden Atheranoth nicht entfernt werden, 
so dass Patient in den nächsten Tagen mit Canüle entlassen wer¬ 
den muss. Bei der laryngoskopischen Untersuchung sieht man 
die Wundhöhle mit Granulationen ausgekleidet. 

Die mikroskopische Untersuchung des Tumors ergab ein Car- 
cinom. 


3. Herr Schultze: Vorstellung von Fällen einer heredi¬ 
tären Nervenerkrankung. Es handelt sich um zwei Kinder, von 
denen das eine ein Knabe von 14 Jahren, das andere ein Mädchen 
von 17 Jahren ist. Beide sind Geschwister und für ihr Alter schwach 
entwickelt. Ein älterer 27jähriger Bruder mit weiter vorgeschrit¬ 
tener gleicher Erkrankung befindet sich noeh in der Klinik. 

Der 14jährige Knabe geht schwankend, wackelnd, langsam. 
Beim schnelleren Gehen tritt Taumeln ein; auch kann er sich 
schlecht umdrehen. Der Gang ist für Tabes dörsalis nicht typisch. 
In der Rückenlage des Knaben findet sich bei Bewegungen des 
Beines nach einem vorgehaltenen Finger ein wenig Schwanken des 
Beines, ebenso ist ähnliches, wenn auch nur schwach, an den Hän¬ 
den wahrzunehmen. Also Ataxie ist vorhanden, aber nur in massi¬ 
gem Grade, dagegen kein Zittern und keine Chorea. 

Weiterhin ist auffallend eine Veränderung, welche man sieht, 
wenn man den Kranken auffordert, nach einem vorgehaltenen Fin¬ 
ger seitwärts zu sehen: Dabei entstehen Nystagmusbewegungen, 
sogenannter Intentionsnystagmus, wenn auch nur in schwachem 
'Wie. Sonst nichts Abnormes; nur fehlt der Patellarreflex beider¬ 
seits: der Pupillarreflex ist vorhanden: auch die Sensibilität ist 
mtaet. 


Bei dem 17 jährigen Mädchen ist der Gang in ähnlicher Weist 
'mildert. nur in sehr viel geringerem Grade. Sie kann nach ihre] 
‘ schlechter nähen und stricken, als früher, was allerdings 
ucod ihrer Anwesenheit in der Klinik sich noch nicht beobacli- 
on ics-s. Auch besteht bei dem Mädchen dieselbe Art von Ny- 
ÜÄf 3 ™ b ®i deia Bruder, besonders wenn man den Fingei 
PatenaiTCflexe^vöUig 1111 ^ ^ CS ^ rfc ’ ebenso fohlen auch bei ihr die 

^ bei dem . 27 J ähri £ en Bl ‘ u< for auf der Abtheilung ist die Geh¬ 
kann i We l^ vor K® scbr it’ten, dass er überhaupt nicht mehr gehen 
fu eD , Contracturen in einzelnen Muskeln, Muskel- 
„„„ y A r, U f an den Unterschenkeln ohne fibrilläre Zuckun- 

n v/ erhält er sich wie se foe Geschwister, 
über rhe l?;! n a yh nicht recht haben gehen können, doch ist 
falls hah™ ze . lei fo n d ®? Leidens nichts näheres zu erfahren: jeden- 
Kiüder ^ Und daSSdbe Leiden in Terschie - 

dereefben 0 ?!^ v* Stvon cen tralenNervenerkrankungen bei Mitgliedern 
trAL'r 16 l Uer . 8t von F riedreich die sogenannte heredi- 
gam anderen ^.° rden - ^ a ch ihm sind, abgesehen von 

schrieben ^^Erkrankungen, auch solche be- 

identificirt vrnJU!' W f cb ® pit der Friedreich’schen Krankheit 
den können a ^ er keineswegs eigentlich so bezeichnet wer¬ 

tlose ErkraiiVnnn. e S s * cb auc ^ be i unseren Fällen, ob man 
auch in andfiro °5, or ü 11 annebme u soll. Es fehlt indessen hier wie 

m£zt^ en Fa ! le " die starke Ataxie ’ " in 

Chorea oder am multini« ql?i stark ausgeprägt war, dass man an 
Störung d er Fri«^^ er08e denken konnte. Auch die Sprach- 
ältesten Bruder ntt reiC £ Scb ? n ^ älle fehlt bei uns, oder ist bei dem 
was stockend und monoton^ aus ^ 6 ^ det; er spricht allerdings et- 

'tand, dasfdifvl!!, 6 ^ das foniiliäre Auftreten und der Uin- 
*ie der Mangel h# * m JaBre begonnen hat, ebenso 

teni ist die KranMiü* ** arreflexe und der Nystagmus. Ausser- 
tie geschilderten pan °? en 5? r . fortschreitender Art, und somit sind 
stehend. 6 der Friedreich’schen Krankheit sehr nahe- 

publicirt worden^ W * 6 vor gestellten sind auch schon sonst 
beschrieben, welph* W1 j rden z - B. von Nonne drei Geschwister 
Atrophie, aber ^WpEartige Zuckungen, Ataxie, Opticus- 
^ e jüe Dogeneration &t ?^ e \lr € j^? tellarre ^ exe ’ ^ abben - Es fand sich 
b ei t des Kleinhirne 1 ^ ' BduBa spinalis, sondern nur eine Klein- 
und der Medulla spinalis vor. Noch mehr 


stimmt ein Fall von Menzel mit den unseligen. Die erwähnte 
Kleinheit der Medulla oblongata und Medulla spinalis hat Redner 
seinerzeit zuerst bei der Friedreich’schen Ataxie gefunden und 
als congenitale gedeutet. . 

Ufoser Deutung haben sich später Viele angeschlossen; Redner 
selbst ist aber von seiner Hypothese mehr und mehr zurückgekom¬ 
men; weil eine derartige Verkleinerung nach Degenerationen be¬ 
stimmter Faserstränge auch rein secundärer Art sein kann, beson¬ 
ders wenn die betroffenen Individuen noch nicht völlig erwachsen 
sind JedenfaUs kann er für die Friedreich’sche Ataxie dieser 
Kleinheit der genannten Organe bis auf weitere Beweise keine aus¬ 
schlaggebende Bedeutung zuerkennen. Auch Senator hat vor 
kurzem einen ähnlichen Fall wie die unserigen beobachtet: Bei 
einem 19jährigen Manne war Schwanken beim Stehen und Gehen 
und Schwindel vorhanden; die Patellarreflexe waren schwach, ausser¬ 
dem bestand etwas Nystagmus und zögernde Sprache. Senator 
benennt dieses Krankheitsbild trotz fehlender Ataxie mit dem Na¬ 
men der hereditären Ataxie Friedreich’s. Der Vortragende kann 
ihm hierin nicht beistimmen und ebensowenig die weitere Dedue* 
tion Senator’s anerkennen, dass ein solcher Fall die Friedreich- 
sche Krankheit in ihrer vollen Reinheit zeige und bloss auf Klein¬ 
heit des Kleinhirnes zurückzuführen sei. 

Für seine eigenen Fällen nimmt er neben der möglichei-weise 
ebenfalls vorhandenen Cerebellarkleinheit auch Degeneration der 
Hintersträuge und bei dem ältesten Bruder auch eine solche der 
Pyramidenbahnen an. Bei der Vergleichung von Grössenverhält- 
nissen der inneren Organe kommt es auch auf die Gesammtgrösse 
der verglichenen Individuen an. Wie sich die Krankheit schiesslich 
in dem Falle von Senator noch weiter entwickeln wird, lässt sich 
nicht Voraussagen, während in den Friedreich’schen Fällen sowie 
in den unsrigen die Sache klar liegt. 

Discussiou: Herren Samelsohn, Schultze, Oebeeke. 

4. Herr Samelsohn (Köln): Seltenere Beobachtungen zur 
Semiotik der Pupillarreaction. 


a) Hemianopische Pupillenreaction. Diese von Wer- 
nicke theoretisch abstrahirte Form der Pupillenreaction ist jetzt 
als ein sicherer Bestand unserer Kenntnisse zu betrachten. Samel¬ 
sohn hat bereits 1889 einen solchen Fall mit anatomischem Befund 
an dieser Stelle bekannt gegeben, der als der erste durch Section 
beglaubigte Fall zu betrachten ist. Im ganzen hat Samelsohn 
vier Fälle dieser Reaetion beobachtet, einen davon hat noch jüngst 
Dr. Peters demonstrirt. Wo die Reaetion vorhanden ist, ist sie 
ein mit groben Hülfsmitteln nachzuweisendes Symptom. Diagnostisch 
wird sie sehr wichtig, wo sie, wie in jenem anatomisch beglaubig¬ 
ten Falle, im Beginne vergebens gesucht, im Laufe der Beob¬ 
achtung plötzlich auftritt und nunmehr deutlich ein Fortschreiten 
des Hirnprocesses in einer bestimmten Richtung erweist. Ein 
zweiter charakteristischer Fall dieser Art wird von Samelsohn 
an Gesichtsfeldschematen eines Hirntumors demonstrirt. 

b) Pupillencontraction synergisch mit dem Nervus 
abducens. Von dieser seltenen Anomalie existiren nur vier 
Beobachtungen, drei von v. Graefe (1857) und eine von Weise 
(1875). Samelsohn hat davon sechs Fälle beobachtet. In allen 
war beiderseitige Pupillenstarre, in fünf einseitige Oculomotorius- 
parese, in einem einseitige Abducenslähmung, mit deren Ausheilung 
die genannte Pupillencontraction auftrat. In einem Falle, der später 
an allgemeiner Paralyse starb, konnte mit Sicherheit nachgewiesen 
werden, dass das fragliche Symptom erst im Verlaufe der Er¬ 
krankung auftrat, dass es sich also nicht um ursprünglich vor¬ 
handene Anomalieen von Nervenanastomosen handeln könne. Viel¬ 
mehr muss man annehmen, dass im Verlaufe von centralen Hirn¬ 
processen unter noch unbekannten Bedingungen anomale Mitbewe¬ 
gungen sich ausbilden, wie sie für Rückenmarkserkrankungen durch 
das Symptom der Allocheirie bereits bekannt geworden sind. 

c) Schwinden der accommodativen Reaetion bei Er¬ 
haltung der Accommodation und des Opticusreflexes. 
Dieses Symptom, also das Gegentheil des von der Tabes bekannten 
Argyll-Robertson’schen Phänomens, bisher noch nicht be¬ 
schrieben, hat Samelsohn einmal combinirt mit Abducenslähmung 
und leichter Ptosis nebst peripherer Amblyopie beobachtet. 

Discussion: Herren Peters, Samelsohn. Schultze. 


IX. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Stand der Cbotara. 

Im Deutschen Reich kam ein zweiter, tödtüch verlaufender Fall 
in Städtisch-Janow, Kreis Kattowitz, vor; ferner ein Choleratodes- 
fäll in Beuthen, Oberschlesien. 

Im französischen Departement Finistöre ist, wie den Verönent* 
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes zu entnehmen ist, d * e pholera 
noch immer nicht erloschen. Im Monat December kamen daselbst 
45 Sterbefälle aus 16 Gemeinden zur Anzeige; auch im Januar wurden 
schon einige Choleratodesfillle gemeldet. 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4 


92 

In Galizien sind Choleräerkranküngen nicht weiter beobachtet 
worden, auch Ungarn war frei von Cholera. 

In Bosnien wurden vom 16. bis 22. December aus 18 Gemeinden 
54 (16) Erkrankungen '(Todesfälle) gemeldet, und zwar in den Kreisen 
Banjaluka und Dolnia Tuzla. Ein Theil der Fälle gehört indessen 
der vorhergehenden Woche an, so dass ein weiterer Rückgang der Epi¬ 
demie zu erkennen ist (Oesterreichisches Sanitätswesen.) 

In Konstantinopel betrug die Zahl der täglich angezeigten 
Choleraerkrankungs- (Todes-)fälle 15—20 (5—7). In Saloniki und Adria¬ 
nopel sind in letzter Zeit Cholerafälle nicht mehr vorgekommen, in De- 
motika und Lule Burgas nur vereinzelte; sonst im District Kirkklisse 
ist die Seuche erloschen. In Trap e zu nt sind nur noch einzelne Cholera¬ 
fälle vorgekommen, dagegen hat sich in Amasia die Epidemie stärker 
verbreitet und auch Tokat und Erban ergriffen. 

Tenerifa ist seit dem 22. December frei von Cholera. Ueber die 
Entstehung und den Verlauf der dortigen Epidemie bringt die „Lancet 
Bemerkenswerthe Einzelheiten. Die Einschleppung der Seuche wird dem 
italienischen Schiff „Remo“ zugeschrieben. Dasselbe hatte in der zweiten 
Augustwoche mit Auswanderern von Genua die Reise nach Rio di Janeiro 
angetreten. Unterwegs brach Cholera und Typhus aus, und wurde das 
Schiff daher in Rio zurückgewiesen. Auf der Rückreise landete es am 
29. September in Santa Cruz auf Tenerifa. Bis dahin hatte es 123 (37) 
Erkrankungen (Todesfälle) an Cholera, 10 (3) an Typhus und 26 Todes¬ 
fälle an „gewöhnlichen“ Krankheiten gehabt. Das Schiff ging sofort in 
Quarantäne, und die Einnahme von Kohlen und Wasser geschah unter den 
grössten Vorsichtsmaassregeln. Nach wenigen Tagen verliess es die Rhede. 
Unter dem Hafenpersonal, welches das Verladen der Kohlen besorgt hatte, 
kam am 2. October eine Choleraerkrankung vor, die Frau dieses Arbeiters 
erkrankte ebenfalls und starb, und bald schlossen sich andere Fälle an. 
doch stehen bis zum 1. November genaue Erkrankungs- und Sterbeziffern 
nicht zu Gebote. Erst am 10. November ging man an die bacteriologische 
Untersuchung; in Madrid wurde Cholera festgestellt und am 21. November 
der Hafen von Tenerifa als verseucht erklärt. In Santa Cruz, einer 
Stadt von 15000 Einwohnern, kamen in den einzelnen Wochen seit dem 
1. November nachstehende Erkrankungen (Todesfälle) an Cholera vor: bis 
7. November 17 (18). bis 14. November 59 (36). bis 21. November 234 (50), 
bis 28. November 399 (71), bis 5. December 337 (53). bis 12. December 
167 (33). bis 19. December 59 (13). am 20. December 6 (1). am 21. .De¬ 
cember 2 (0), am 22. December 4 (0). im ganzen 1559 (275). Am 27. De¬ 
cember wurde die Epidemie amtlich als erloschen erklärt. 

In Petersburg erkrankten (starben) in der Woche vom 28. De¬ 
cember bis 3. Januar nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift 
155 (70) Personen an Cholera gegen 170 (79) in der Vorwoche. Nach 
demselben Blatte ist Livland seit Mitte, Taurien seit Ende November 
frei von Cholera. In Russisch-Polen wurden nach dem Oesterreichischen 
Sanitätswesen im Monat December im ganzen 474 Erkrankungs-. 
248 Todesfälle an Cholera angezeigt, und zwar in den Gubemien Warschau 
99 (40),. Plock 108 (61). Lomza 41 (19), Suwalki 53 (31). Siedlee 
62 (34), Lublin 12 (7). Radom 99 (56). Gegen Ende des Monats war 
eine Zunahme der Epidemie in der Stadt Garwolin nur im Bezirk 
Janow, Gubernium Siedlee, erkennbar. Die Bezirke Plock, Lomza. 
Suwalki grenzen unmittelbar an Ostpreussen. Die Zahlenangaben der 
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes liegen weiter zurück 
und reichen etwa bis Mitte December. Es seien daraus folgende Daten 
hervorgehoben: in den Gubernien Wilna vom 17. bis 23. December 4 (6). 
Kowno 10. bis 16. December 41 (11), Wolhynien 24. November bis 
12. December 83 (30) ausser den früher gemeldeten. Podolien 26. No¬ 
vember bis 16. December 100 (61). Bessarabien 6. bis 12. December 
13 (7), Kiew 26. November bis 9. December 19 (9), Odessa (Stadt) 
10. bis 16. December 2 (2), sonst im Gubernium Cherson 10. bis 16. De¬ 
cember 21 (12), Jekaterinoslaw 19. November bis 10. December 18 (6). 
Woronesch 19. November bis 10. December 18 (12). Kursk 3. bis 
16. December 36 (15), Tschernigow 24. November bis 9. December 
61 (27), Tula 3.bis 16. December 18 (8). Petersburg (Gubernium) 10. bis 
16. December 24 (3), Stawropol 4. bis 16. December 52 (28) Erkrankungen 
(Todesfälle). Sperling. 


Znr Influenzaepidemie. 

In der ersten Jahreswoche ragen folgende grösseren deutschen Orte 
durch hohe bezw. gegen früher erhöhte allgemeine Sterblichkeitsziffern 
hervor: Bochum 30.7°^no (Vorwoche 17.3°'nn), Bonn 30,6 (28.6). Glad¬ 
bach 38,9 (26.8), Königsberg 34.7 (26.8), Mülhausen 38.0 (27,1), 
Münster 39.3 (30.0), Plauen 30.2 (24,3). Potsdam 32.1 (30.8), Rem¬ 
seheid 37.0 (26.2), Rixdorf 30.1 (19,6), Stuttgart 35,1 (29,8), Kaisers¬ 
lautern 34,2. Danach zu urtheilen, herrscht die Influenza besonders im 
westlichen und südwestlichen Deutschland. In vielen Orten dieser 
Gegenden finden sich, auch wenn die allgemeine Sterblichkeit dadurch 
nicht auffallend erhöht ist. sehr zahlreiche Todesfälle an acuten Krank¬ 
heiten der Athmungsorgane. Letztere waren die Todesursache in */« bis 
'3 aller Sterbefälle in folgenden Orten: Barmen. Bielefeld. Bochum, 
Bonn, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Elberfeld» Freiburg, 
Mülhausen, Stuttgart, aber auch von östlicher gelegenen Orten in 
Braunschweig. Halle. Charlottenburg, Elbing, Rixdorf (hier 
fast die Hälfte). Todesfälle an Influenza unmittelbar wurden aus folgenden 
Orten gemeldet: Königsberg, Stettin, Halle, Wiesbaden, Frei¬ 
burg je 5, Köln. Stuttgart, Rostock, Lübeck. Hamburg je 6, 
Braunschweig, Bremen. Duisburg, Münster je 3, Danzig, Frank¬ 
furt a. M., Barmen, Mülhausen je 4, Dresden 7. München 8, 
Berlin 15. 

* In Kopenhagen wurden 1640 (14), in Stockholm 167 (15), in 
Moskau (6), in New-York (6) Erkrankungen (Sterbefälle), in Wien 


und Prag vereinzelte Fälle angezeigt. In Savannah (Georgia U.-S.) 
soll die Seuche seit Ende November stark verbreitet sein. (Veröffent¬ 
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) Sperling. 


X. Standesangelegenheiten. 1 ) 

Die Berufsgenossenschaffcen und die Aerzte. 

Von Dr. Henius in Berlin. 

Der Geschftftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine hat in 
seinen beiden letzten Sitzungen am 1. December vergangenen Jahres, in 
der Herr S. Alexander ein orientirendes Referat über die Frage er¬ 
stattete. und am 12. Januar dieses Jahres Uber das Verhältniss der Aerzte 
zu den Berufsgenossenschaften verhandelt. Die Angelegenheit ist insofern 
dringlich, als im Februar schon auf die Tagesordnung des Reichstages die 
Novelle zum Unfallversicherungsgesetze kommen wird, durch welche unter 
anderem dieses Gesetz, welches sich bisher nur auf die Unfälle in grösseren 
Betrieben bezog, auf das gesammte Handwerkerthum ausgedehnt werden 
soll, und als leider trotz der dann eintretenden riesigen Erweiterung der 
Versicherungspflicht die beiden Factoren, welche nächst den Versicherten 
selbst am meisten durch das Gesetz getroffen werden, nämlich die Be¬ 
rufsgenossenschaften und die Aerzte, noch nicht zu einer Einigung be¬ 
züglich ihrer Stellung zu einander gekommen sind. Die Schuld daran 
liegt nicht an den Aerzten. welche von vornherein und unausgesetzt sich 
in entgegenkommender Weise bemüht haben, eine allseitig befriedigende 
Lösung der Schwierigkeiten herbeizuführen; namentlich hat das für die 
Vertretung sämmtlicher deutscher Aerzte berufene Organ, der deutsche 
Aerztevereinsbund, auf verschiedenen Aerztetagen sich bemüht, ein Zu¬ 
sammengehen mit den Berufsgenossenschaften zu ermöglichen. Da ich 
annehme, dass auch die Leser dieser Wochenschrift sich für diese unsern 
Stand sehr nahe angehende Frage interessiren. so sei es mir gestattet, 
in historischer Weise zu entwickeln, in welcher Art bisher die Ver¬ 
handlungen geführt worden sind. 

Das Unfallversicherungsgesetz trat am 1. October 1885 in Wirksam¬ 
keit. Schon vorher wurde auf dem in demselben Jahre stattfindenden 
Aerztetage in Stuttgart eine Commission ernannt, welche nach Berathung 
mit Vertretern der Berufsgenossenschaften dem nächsten Aerztetage eine 
Vorlage zur Regelung der gemeinsamen Beziehungen machen sollte. Es 
fand denn auch am 16. Januar 1886 eine gemeinsame Sitzung in Berlin 
statt, auf der 19 Berufsgenossenschaften vertreten waren und in welcher 
als vorläufige Beschlüsse angenommen wurden, dass die (sogenannten) 
Vertrauensärzte bei den Berufsgenossenschaften dieselbe Stellung haben 
sollten, wie bei den privaten Unfallversicherungsgesellschaften, dass eine 
Honorirung der Einzelleistungen nach der ortsüblichen Minimaltaxe ein- 
treten. dass auch die Aerzte der Krankenkassen für Atteste, die sie über 
die Zeit der ersten (dreizehnwöchentlichen) Behandlung ausstellen, ein 
Honorar erhalten und dass- für ausführliche Gutachten höhere Sätze 
liquidirt werden sollten. — Auf Grund dieser Vereinbarung gelangten auf 
dem Aerztetage in Eisenach im Jahre 1886 Thesen zur Annahme, welche 
durch die Bescheidenheit ihrer Forderungen zeigen, dass es den Aerzten 
von jeher Ernst war, so viel an ihnen liegt, für die Durchführung der 
socialen Gesetzgebung einzutreten, ohne dabei eigene Vortheile zu ver¬ 
folgen. Gemäss diesen Beschlüssen sollte der Vertrauensarzt nur dann ein 
Gutachten abstatten, wenn er vorher den behandelnden Arzt davon in 
Kenntniss gesetzt hatte, so dass eine Consultation beider stattfinden 
könnte; in die Behandlung soll der Vertrauensarzt nur in Ueberein- 
stimmung mit dem behandelnden eingreifen; ferner soll die Einzelleistung 
nach der ortsüblichen Minimaltaxe bezahlt werden; für die Ausfüllung 
eines das Attest vertretenden Fragebogens wurde der Satz von zwei Mark 
festgesetzt. — Die angenommenen Sätze wurden der Commission der 
Berufsgenossenschaften mitgetheilt mit dem Hinzufügen, dass für die 
Atteste der Vertrauensärzte ein Minimalsatz von fünf Mark vorgeschlagen 
würde. — Auf diese geringen Ansprüche gingen die Berufsgenossen¬ 
schaften nur zum Theil ein. ihre Uneinigkeit und ihre verschiedene 
Stellung waren für den Berufsgenossenschaftstag in Köln (1888) dje.Ver¬ 
anlassung, wenigstens in einer Frage, nämlich bezüglich der einheitlichen 
Regelung der Atteste ein Einvernehmen mit den Aerzten anzubahnen. 
Die darauf bezüglichen Vorschläge gelangten jedoch so spät zur Kenntniss 
des Geschäftsausschusses, dass sie nicht mehr auf dem Aerztetage in 
Bonn, der ohnedies eine sehr reichhaltige Tagesordnung zu verarbeiten 
hatte, zur Verhandlung kamen, da sie noch nicht als spruchreif angesehen 
werden konnten. Um in eine Besprechung derselben einzutreten, berief 
Herr College Busch aus Crefeld. der seit dem In siebentreten der social¬ 
politischen Gesetze bis heute unablässig und mit grösster, nicht genug 
anzuerkennender Sorgsamkeit bemüht gewesen ist, die den Aerzten durch 
diese Gesetzgebung zugefügten Schädigungen zu mindern, eine Versamm¬ 
lung von Vertrauensärzten der Genossenschaften nach Cöln. wo gerade 
die Naturforscherversamralung zusammengetreten war. Naturgemäss 
konnten dort keine bindenden Beschlüsse gefasst werden, und nunmehr 
ruhten die Verhandlungen bis zum Jahre 1891. wo die Berufsgenossen¬ 
schaften durch ein überraschendes und für sie unerfreuliches Ereigniss 
aus ihrer Ruhe' aufgerüttelt und zu neuen Schritten veranlasst wurden. 
Es hatte nämlich die Klinik in Göttingen der Strassenbahnbenifsgenossen- 
schaft gegenüber abgelehnt, einen Unfallverletzten zur Beobachtung auf¬ 
zunehmen und ein Attest über denselben auszustellen, und die höheren 

’) Wir eröffnen mit dem vorliegenden Artikel eine neue Rubrik, 
worin wir von Zeit zu Zeit Erörterungen und orientirende Ueberblicke 
über wichtige, das ärztliche Standesinteresse nahe berührende Fragen 
aus berufener Feder zu bringen gedenken. Wir glauben hiermit den Be¬ 
dürfnissen und vielfach laut gewordenen Wünschen der überwiegenden 
Mehrzahl unserer Leser entgegenzukommen. Die Redaction. 


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25. Januar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Behörden, an welche sich die Genossenschaften gewendet hatten, das 
preussischc Cultusministerium und das Reichsversicherungsamt, bestätigten 
die Ausführungen der Klinik, dass es nicht zu ihren Aufgaben gehöre, 
in gewünschter Weise den Berufsgenossenschaften dienstbar zu sein. 
Infolge dessen wollten die Genossenschaften wiederum mit dem Aerzte- 
vereinsbunde Vereinbarungen, und zwar bezüglich der Ausstellung von 
Obergutachten treffen. Der ärztliche Geschäftsausschuss lehnte es in¬ 
dessen ab, über diese Frage allein zu verhandeln, wenn nicht auch gleich¬ 
zeitig über alle anderen streitigen Punkte ein Abkommen getroffen würde, 
lind 'verwies die Berufsgenossenschaften an die Aerztekammern. Aber 
auch diese waren zum grössten Theile nicht geneigt (eine Ausnahme 
machte die Berliner Aerztekammer) den Genossenschaften willfährig zu 
sein, meist aus dem Grunde, weil sie sich nur berechtigt glaubten, über 
Anträge Beschlüsse zu fassen, die ihnen von Behörden zugingen, und als 
«nlche seien die Berufsgenossenschaften nicht zu betrachten. Es wurde 
den letzteren anheim gegeben, sich wegen Regelung aller bezüglichen 
Fragen an den Aerztevereinsbund zu wenden, der auch allein in der Lage 
?ei, für ganz Deutschland bindende Beschliessungen zu fassen. (Später 
haben übrigens die Aerztekammern, da ihnen von Seiten des Reichsver- 
«ichcrungsamtes eine bezügliche Vorlage zukam, über die Errichtung von 
Gutachter-CoUegien sich zwar in bejahendem Sinne ausgesprochen, doch 
ist auch diese Angelegenheit noch nicht zum endgültigen Abschlüsse ge¬ 
diehen). Und als jetzt die Berufsgenossenschaften, mehr der Noth ge¬ 
horchend als dem eigenen Triebe, ihre Bereitwilligkeit erklärten, über die 
strittigen Punkte mit dem Geschäftsausschusse gemeinsame Berathungen 
zu pflegen, wurde von beiden Parteien eine Commission ernannt (ärztlicher¬ 
seits bestand sie aus den Herren Graf, Aub und Busch), und am 21. 
Februar 1892 fand zu Berlin eine gemeinsame Sitzung beider Commissionen 
statt, über welche ein Protokoll aufgenommen und in welchem ausdrück¬ 
lich ausgesprochen wurde, dass weitere Verhandlungen mit den Aerzten 
stattfinden sollten. Entsprechend den in dieser Sitzung zu Tage getrete¬ 
nen Gesichtspunkten hatte die ärztliche Commission .Thesen aufgestellt, 
welche auf dem Aerztetage in Leipzig 1892 wiederum Busch als Referent 
in seiner anerkannt klaren und ruhigen Weise vertrat und nach kurzer 
Debatte zur Annahme brachte. In diesen Thesen wurden zunächst einige 
Wünsche an die Aerztekammern bezüglich der Gutachtercommissionen 
ausgesprochen, die Frage der Taxe für die Gutachten und für die Behand¬ 
lung der Verletzten berührt, ferner nochmals, wie 1886 in Eisenach, Grund¬ 
sätze aufgestellt, durch welche Zwistigkeiten zwischen den Vertrauens¬ 
ärzten und den behandelnden Aerzten vermieden werden und überhaupt 
die Rechte des behandelnden Arztes ohne Schädigung der Bcrufsgenossen- 
schaften möglichst gewahrt werden sollen, endlich der Satz aufgestellt, 
dass in den Vorständen der Berufsgenossenschaften und deren Sectioneu, 
sowie im Reichsversicherungsamte ein Arzt Sitz und Stimme haben 
solle. Auf die Mittheilung dieser Beschlüsse sind die Berufsgenossen¬ 
schaften noch bis heute die Antwort schuldig geblieben. — Im An¬ 
fänge des Jahres 1893 trat nun die Novelle zum Krankenkassengesetz 
in kraft, durch deren § 76 c den Berufsgenossenschaften die Erlaubniss 
v ’ st ’ .^ e y erletz ten sofort selber in Behandlung zu nehmen, wäh¬ 
rend bis dahin die Krankenkassen in den ersten 13 Wochen für die Be- 
ha ” ( “ a ®? zu sorgen hatten. Daraufhin erliess der Vorsitzende des ge- 
Knaftsfiihrenden Ausschusses des Berufsgenossenschaftsverbandes, Herr 
|ösicke, im März 1893 ein Rundschreiben an die Krankenkassen, in wel- 
inem er mittheilte, dass von einigen Berufsgenossenschaften vom dem neuen 
eciite Gebrauch gemacht werden würde, und in welchem er die Kassen 
^ y tl . *^ er ?te darauf aufmerksam zu machen, dass ein Vermeiden von 
Into, eiten z f isc ^ en ihaen und den Vertrauensärzten in beiderseitigem 
h • ^ ^ünschenwerth wäre. — Dieses einseitige Vorgehen ohne vor- 
enac der Commission des Geschäfts-Ausschusses, die 

ge “ ei ?. same n Protokoll eigentlich Pflicht gewesen wäre, rief 
in ^arzthehen Lager eine grosse Verstimmung hervor, der Busch 
aueh v l e ^ es ä^ichen Vereinsblattes Ausdruck gab; und da 
man n<!\ Vorsit,zen< * 6 des Reichsversicherungsamtes, HorrBödiker, dem 
ierW Tr- muss ’ dass er die gerechten ärztlichen Bestrebungen in 
wies P u . nt6rs tützen bemüht ist, Herrn Rösicke darauf hin¬ 

ter letz? flurc . e .jj Schreiben die Aerzte sich verletzt fühlten, richtete 
bund<w r 8 "V' , den Vorsitzenden des deutschen Aerztevereins- 
schrpihon em j , e ! nei1 . Brief, in dem er betonte, dass durch das Rund¬ 
bild.- _ n ^ e< ? er beabsichtigt war, eine endgültige Regelung in dem Ver- 
Vereint-m ^ 80 • r beiderseitigen Aerzten herbeizuführen, noch etwaigen 
zu erwart/»« 1ln < * les ® r Hinsicht vorzubeugen“. Danach war doch wohl 
erfolgen «mLi 8 ^ e “ e \ Ilsame Berathungen zur Regelung der Streitpunkte 
tofie°wnrrin dem Ende Juni in Breslau stattfindenden Aerzte- 

nichts PPtKai 6 » • ^Wbeilt, dass Seitens der Genossenschaften bisher 
V'erhalten um . diese Erwartung zu erfüllen, und diesem dilatorischen 

und es wim^Ir be 7 besc hloss man, an den vorjährigen Thesen festzuhalten, 
derselben pvp«i 11 • ^ e * n £ ese b z te Commission ermächtigt, auf Grund 

Handlung 7n *- U f e mi r, 7 ?® Berufsgenössenschaftsverbande weiter in Vor¬ 
derhand in q*?« »fällig tagte zu derselben Zeit der letztgenannte 

Genossenschaft^ m . dieser Versammlung traten die Berufs- 
•lie grösste Pntwi* eQ ^siebten hervor, die in den ärztlichen Kreisen 
und klar in«««« bervorrufen mussten. Es wurde nicht nur klipp 
nicht verhandftln^iu ' D ’ ^ ass Genossenschaften mit den Aerzten gar 

<•5 fielen auch 4 pl 1 Q 0Ilt€11, son< l?U ] nur mit den Kassen zu thun hätten, sondern 
aber gegen die £ e £ en den ganzen Aerztestand, insbesondere 

bewiesene Belpi'/i;„ Üän ^ er der. freien Aerztewahl empörende, durch nichts 
einzelne dieser \ f, Ungei1 enthielten. Wir können es uns nicht versagen, 
w i e derzug e K en . “gerungen hier wörtlich und ohne jeden Commentar 
'ks Kassenarztes” „ ^ ro ^ en Mehrzahl der Fälle dürfte die Behandlung 
2,1 machen und di« r * n ' ^ ur eine Ausnahme ist unter allen Umständen 
" eiche die frei« a«* ,T or ! wenn der Unfallkranke einer Kasse angehört, 
Arztwahl emgeführt hat. Bei diesen Kranken ist keine 


Gewähr für die dringend nothwendige Einheitlichkeit und Stetigkeit der 
Behandlung vorhanden, sie haben die Auswahl unter einer grossen An¬ 
zahl von Aerzten, z. B. in Berlin Uber 800, und können jeden Tag zu 
einem anderen gehen. Diese Aerzte haben nicht einmal das Recht, den 
Kranken in seiner Wohnung zu besuchen, wenn sie nicht direct von ihm 
aufgefordert werden. In diesen Fällen dürfte das Heilverfahren stets zu 
überwachen sein.“ 

„Die erzielten günstigen Resultate sind zum nicht geringen Theile 
dem Umstande zuzuschreiben, dass die Verwaltung auch diejenigen Fälle, 
die der Krankenkasse verblieben sind, fortwährend im Auge behält und 
dass man den betheiligten Factoren (seil, den Aerzten. H.) sozusagen un¬ 
ablässig anf dem Dache sitzt.“ 

„Der Arzt (der freien Arztwahl) wird die Patienten möglichst sich 
zu erhalten suchen, um keinen Verlust zu erleiden, da er für Einzel¬ 
leitungen bezahlt wird. Und mehr wie je wird es nothwendig sein, dass 
der Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaft dafür besorgt bleibt, dass 
der betreffende Patient eventuell die zweckmässige Behandlung durch 
einen Specialisten, Chirurgen oder dergl. erhält.“ 

Wir können nicht annehmen, dass solche Ansichten auch unter den 
Vertrauensärzten Boden finden, sonst wären Conflicte in grosser Zahl un¬ 
ausbleiblich, die dem gesammteu ärztlichen Stande zur Schädigung ge¬ 
reichen würden. 

Wie man aus dem Angeführten ersieht, sind die Berufsgenosson- 
schaften nicht gewillt, zu einer Verständigung zu gelangen, -wohl aber 
versuchen einige derselben ärztliche Mithülfe für ihre Zwecke zu erhalten, 
ohne die Aerzte für ihre Mühewaltung zu entschädigen. An verschie¬ 
denen Orten sind Anfragen und sogar Fragebogen betreffend den Befund 
und die Behandlung von Unfallverletzten an Aerzte gesandt worden, mit 
der Aufforderung, dieselben zu beantworten resp. auszufüllen, ohne dass 
dafür eine Honorirung erfolgen sollte. Man will eben wieder im „Inter¬ 
esse der Humanität“ die Aerzte mit weiteren Arbeiten belasten. 

In neuerer Zeit sind die Berufsgenossenschaften hier in Berlin mit 
einem Novum hervorgetreten, nämlich der Gründung von Unfallstationen, 
von denen zwei (in der Wilhelmstrasse und in der Prenzlauer Allee) be¬ 
reits eröffnet sind; zwei weitere (am schlesischen Bahnhof und in Moabit) 
werden demnächst folgen. Von den 66 bestehenden Berufsgenossen¬ 
schaften haben 29 ihren Hanptsitz in Berlin, und von diesen haben nur 
vier, nämlich die der Brauerei und Mälzerei, der chemischen Industrie, 
der Spedition, Speicherei und Kellerei und die Norddeutsche Holzberufs¬ 
genossenschaft es für nothwendig gehalten, diese Stationen, mit denen 
kleine stationäre Kl inik en von je 20—30 Betten verbunden sein sollen, hier 
in Berlin zu errichten, obwohl ihnen gerade hier sowohl eine grosse 
Menge von Krankenhäusern als auch Polikliniken zur Verfügung stehen, 
die doch ebenso schnell zu erreichen sind als die genannten Stationen, 
obwohl es ferner an trefflichen Chirurgen nicht mangelt, die ohne 
Ausnahme geneigt sind, jedem Rufe zu einem Verletzten Folge zu leisten. 
Von den materiellen Schäden, die den Aerzten durch dio Entziehung 
der Behandlung einer grossen Reihe Verletzter erwachsen, wollen wir 
gar nicht sprechen, denn diese stehen uns wirklich erst in zweiter 
oder dritter Reihe, aber eine grosse, nicht zu unterschätzende Gefahr 
droht den Aerzten von diesen Stationen, nämlich eine Einbusse ihres 
wissenschaftlichen Könnens. Wenn zahlreiche äussere Verletzungen (und 
es handelt sich jährlich um mehrere Tausende) der freien Behandlung 
nicht mehr zugänglich sind, so geht dadurch den Aerzten die Möglich¬ 
keit verloren, das auf der Universität Erlernte auch in der Praxis auszu¬ 
führen, es wird ihnen an Uebung und damit auch an der Fähigkeit fehlen, 
äussere Verletzungen richtig zu beurtheilen und zu behandeln. Diese 
Gefahr ist um so grösser, als zu befürchten ist, dass die neuen Stationen, 
deren Betten unmöglich nur mit Verletzten werden belegt sein können, auch 
zur Aufnahme anderer Kranken bereit sein werden, dass ferner die Sta¬ 
tionen seitens des Publikums als grosse, gowissermaassen von Behörden 
eingerichtete Polikliniken werden benutzt werden. Da sich rechtlich 
gegen die Errichtung der Stationen nicht ankämpfen lässt, können wir 
nur an die ärztlichen Leiter derselben das Ersuchen richten, sie aus¬ 
schliesslich zu den Zwecken zu benutzen, zu denen sie begründet sind. 
Wir geben uns der Hoffnung hin, dass die anderen Berufsgenossenschaften 
den vier vorangehenden nicht folgen werden, da sich hald herausstellen 
dürfte, dass die Resultate nicht dem grossen Apparate und den bedeu¬ 
tenden Kosten entsprechen. . 

Noch eines bleibt uns zu erwähnen. In der Brandenburgischen Aerzte¬ 
kammer gelangte ein Fall zur Kenntniss, in welchem ein Arzt dadurch 
Nachtheile erlitt, dass sein Attest dem betreffenden Rentenempfänger 
mitgetheilt wurde. Die Kammer wandte sich deshalb an das Reichsver¬ 
sicherungsamt mit der Bitte, es möchten die ärztlichen Gutachten den 
Entschädigungsberechtigten nicht mehr zugänglich gemacht werden. Unter 
dem 23. September 1893 erging darauf die Antwort, dass nach Lage der 
Gesetzgebung die Atteste den Betheiligten mitgetheilt werden müssten. 
Das Reichsversicherungsamt vertraue dem bewährten Tacte der Aerzte, 
von denen jeder Einzelne gegebenen Falles den richtigen V eg zu finden 
wissen werde, um unliebsamen Vorkommnissen vorzubeugen. „Es werde 
sich wohl stets eine der Form nach vorsichtige Fassung der Gutachten 
ermöglichen lassen, welche eine Mittheilung an die Parteien ermögliche, 
ohne dass die Zuverlässigkeit und Objectivität des Urtheils darunter leide. 

Auf Grund der eben ausgeführten Gesichtspunkte nahm der Geschäfts- 
Ausschuss der Berliner ärztlichen Standesvcreine folgende Thesen an, die 
den Collegen zur Nachahmung empfohlen werden: 

1. Der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine 
spricht sein Bedauern darüber aus, dass die Berufsgenossenschaften eine 
Vereinbarung mit dem deutschen Aerztevereinsbund über gemeinsam. 
Fragen für nicht nothwendig erachten. . , . __ , mu/vUo/W 

^ 2. Der Geschäftsausschuss verwahrt sich im Namen der 
der ärztlichon Standesveroine Borlins gegen dio Angriffe, welche a 


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94 


DEUTSCHE MEDIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No, 4 


Berufsgenossenschaftstage in Stuttgart gegen die freie Arztwahl und gegen 
diejenigen Aerzte, Welche an Krankenkassen mit freier Arztwahl thä ig 
sind, gerichtet worden sind. Er erachtet diese Angriffe f ^Jinberecht,igt 
und hervorgegangen aus mangelnder Kenntmss der einschlägigen Ver 

hAltnisse^er Geschäftsausscliuss erblickt in der Uebernahme desHeilver- 
fahrens vom Tage des Unfalles ab durch festgestellte Vertrauensiü'zte dor 
Berufsgenossenschaften eine ernste Gefahr für den ganzen ürzthchen Stan 
und für das System der freien Arztwahl und behält sich weitere Schritte 

m spricht die Erwartung aus, dass die Ver- 

trauensärzte bei der Controlle von Unfallkranken n , a ch jeder Richtung hm 
die Grundsätze der Collegialität gegenüber den behandelnden Aerzten be¬ 
folgen w D e e ^ e “ eschäft g aU gg chuss fordert di e Mitglieder der Standesvereine 
auf, keine ärztliche Thätigkeit für die Berufsgenossenschaften ohne 
standesgemässe Honorirung zu leisten, und vor Uebernahme der Leistung 
mit den Auftraggebern eine Vereinbarung über das Honorar zu treffen. 

6. Insbesondere warnt der Geschäftsausschuss die Mitglieder der 
Standesvereine vor unentgeltlicher Ausstellung von Attesten u ^d Gut¬ 
achten in irgend welcher Form und empfiehlt als angemessenen Satz tür 
kürzere Atteste 5 Mark, für ausführliche Gutachten 10 Mark. 

7. Der Geschäftsausschuss macht die Mitglieder der Standesvereme 

darauf aufmerksam, dass die Unfallverletzten das Recht haben, Kenntmss 
von den zum Zwecke der Festsetzung der Rente ausgestellten Attesten 
zu bekommen, so dass zur Vermeidung von Schädigungen der Aerzte 
Vorsicht bei Ausstellung solcher Atteste geboten ist, . 

8. Der Geschäftsausschuss spricht die Bitte aus, dass die Aerzte- 
kammem die Gewährung von Obergutachten abhängig machen mögen von 
einer Vereinbarung, wie sie vom deutschen Aerztevereinsbund den Beruts- 
genossenschaften vorgeschlagen worden ist. 

9. Der Geschäftsausschuss richtet an die Aerztekammer der Provinz 

Brandenburg und des Stadtkreises Berlin die Bitte, durch Eingaben bei 
den zuständigen Behörden dahin wirken zu wollen, dass die bevorstehende 
Novelle zum Unfall versicherungsgesetz vor ihrer Berathung im Reichstage 
den Aerztekammem bekannt gegeben wird. ' 

Da die letzte These sich möglicher Weisö nicht mehr wird durowühren 
lassen, beschloss der Geschäftsausschuss eine wirksame Agitation für die 
ärztlichen Interessen dadurch herbeizuftihren, dass er zu einer m 14 Tagen 
stattfindenden Sitzung diejenigen Aerzte, welche Mitglieder des Reichs¬ 
tages sind, eihladen will, um sie mit unseren Wünschen genauer bekannt 
zu machen, die auf solche Weise am schnellsten und sichersten zur 
Kenntniss des gesämmtdn Reichstages gelangen können. Ich werde nur 
erlauben, über die betreffende Sitzung demnächst einen kurzen Bericht zu 
erstatten. - - . . _ „ , „ 

Nachschrift: Nach Fertigstellung dieses Referats fällt uns die 
erste Januarhummer (270) des ärztlichen Vereinsblattes in die Hände, in 
welchem Kenntniss gegeben wird von einem Briefwechsel zwischen den 
Herren Graf und Rösioke. Danach hatte Herr Graf an Herrn Rösicke 
den oben erwähnten Beschluss des letzten Aerztetages in Breslau mit 
Wiederholung der im Jahre zuvor aufgenommenen Thesen gesandt. Daraui 
erfolgte die Antwort, dass „der Ausschuss des Verbandes der deutschen 
Bemfsgenossenscliaften der Ansicht ist, dass zu einer gemeinsamen Er¬ 
örterung der Frage (bezüglich der Uebernahme des Heilverfahrens seitens 
der Berufsgenössenschaften während der ersten 13 Wochen) keine Ver¬ 
anlassung vorliegt, da sich Unzuträglichkeiten aus der Anwendung der 
den Berufsgenossenschaften durch die §§ 76b und 76c des Kranken¬ 
versicherungsgesetzes verliehenen Rechte bisher nicht ergehen haben“. 
Als weiterer Grund für den Abbruch aller Verhandlungen wird angegeben, 
dass die auf dem Leipziger Aerztetage angenommenen Thesen nicht mit 
den im Februar 1892 gemeinsam gefassten Beschlüssen übereinstimmen. 
Nachdem so ohne stichhaltige Ursache, wie jeder Unbefangene zugeben 
muss, weitere gemeinschaftliche Berathungen ausgeschlossen sind, ist es 
Sache der Aerzte, fest zusammenzuhalten und genau die Thesen des 
Geschäftsausschusses zu befolgen. Die Berufsgenossenschaften brauchen 
uns Aerzte, und mögen sie noch so viele Vertrauensärzte anstellen und 
noch so viele Unfallstationen errichten, sie können der Hülfe der anderen 
Aerzte nicht entbehren und werden über kurz oder lang mit neuen Ver¬ 
handlungen kommen müssen. Nur wenn wir dann einig sind, werden wir 
für uns günstige Resultate erreichen. 

— In der 53. Plenarsitzung der bayerischen Kammer der Ab¬ 
geordneten am 10. d. M. kam es gelegentlich der Berathung des Etats 
des Ministeriums des Innern beim Kapitel: Etat für Gesundheit (Ober- 
medicinalausschuss) zu einer interessanten, wichtige Fragen der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und des ärztlichen Standes berührenden Dis- 
cussion, welche auch zu ebenso bemerkenswerthen Aeusserungen vom 
Ministertische aus Veranlassung gab. Zunächst war das Re ich s- 
seuchengesetz Gegenstand einer sehr abfälligen Kritik seitens des 
socialdemökratischen Abgeordneten Grillenberger, die in einer Anfrage 
an die Regierung, welche Stellung sie diesem Gesetzentwurf gegenüber ein¬ 
zunehmen gedenke, gipfelte. In seiner Erwiderung, in welcher er, wie schon 
vorher der Abgeordnete Medicinalrath Aub. viele Befürchtungen Grillen- 
berger’s als übertrieben zurtickweisen konnte, gab Minister v. Feilitzsch 
die Erklärung ab, dass die bayerische Regierung kein Bedürfniss für 
ein Reichsseuchengesetz anerkenne, und zwar um so weniger, als 
ja erst jüngst durch die Dresdener Conferenzen die Verhältnisse geregelt 
worden seien, welche in erster Linie zur Vorlage eines Reichsseuchen¬ 
gesetzes Anlass gegeben haben, nämlich die Bestimmungen in Bezug auf 
die Cholera. -Er stehe nicht an, zu erklären, dass die bayerische Regierung 
im Bundesrath diesen Standpunkt vertreten werde. Der Entwurf liege 
gegenwärtig wieder dem Bundesrath vor, es stehe jedoch noch nicht fest, 


ob er wieder dem Reichstag vorgelegt werde oder nicht. Diese Erklärung 
wurde seitens des Hauses mit Befriedigung aufgenommen, welcher ms- 
besondere Abg. Dr. Aub Ausdruck gab, wobei er betonte, dass die Er¬ 
klärung der Regierung auch den Anschauungen der Aerzte und der 
Aerztekammem entspreche. Eine ebenfalls sehr befriedigende Antwort 
seitens des Ministers wurde den Worten, durch welche der Abg. Dr. Aub 
der Regierung den Antrag der oberbayenschen Aerztekammer, die Be¬ 
handlung geschlechtlich erkrankter Kassenmitglieder be¬ 
treffend ($ 6 a, 2 und § 26 a, 2 des Krankenversicherungsgesetzes) warm 
empfahl. Nachdem dieser Antrag auch seitens anderer Abgeordneten 
lebhafte Zustimmung erfahren hatte, erklärte der Minister seine Bereit¬ 
willigkeit, wenn es notliwendig erscheine, eine Hntschliessung im Sinne 
der Anregung Dr. Aub’s zu erlassen, was ebenso im Sinne der Regierung 
Hege wie es andererseits mit den Bestimmungen des Krankenversiche¬ 
rungsgesetzes in gar keiner Weise m Widerspruch stehe. Eine längere Er¬ 
örterung galt der^tellung der sogenannten Naturheilärzte zu den 
Krankenkassen und zu den ärztlichen Bezirksveremen. Anknüpfend an 
die bekannten Fälle von Nürnberg und Fürth wo dem Emtntte von 
Naturheilärzten in die Bezirksvereme, deren Mitglieder nach Vertrag mit 
den Gemeindekrankenkassen allein zur Ausübung der Kassenpraxis be¬ 
rechtigt sind, Schwierigkeiten bereitet wurden, imputirte Abgeordneter 
Grillenberger den Aerzten, dass dies nur geschehen sei, um die un¬ 
bequemen Gollegen von der Praxis bei Arbeiterkrankenkassen auszu- 
schliessen. Für die so angegriffenen Vereine trat abermals Dr. Aub ein, 
der für die Vereine das Recht in Anspruch nahm, unlautere Elemente 
femzuhalten. Klagen, wie die vorgebrachten, würden aufhören, wenn erst 
die freie Arztwahl, die von der Mehrheit aller Aerzte gewünscht, 
werde, zur Annahme gelangt sei. Sein Eintreten für die freie Arztwahl 
trucr Herrn Dr. Aub noch die besondere Anerkennung des Abgeordneten 
Grillenberger ein, der seine Freude aussprach, auch bezüglich der 
freien Arztwahl (wie bezüglich der Behandlung Geschlechtskranker) 
Herrn Dr Aub als gemeinsamem Kämpfer zu begegnen. Zur spräche 
kamen ferner die Verpflichtung der Gemeinden zur Tragung der 
Kosten der Impfung und das Verfahren der Verleihung von Apothekei- 
concossionen. (Münch, med. Wochenschrift.) 

— Inwieweit die preussischen Medicinalbeamten zur unentgelt¬ 
lichen Ausstellung amtsärztlicher Atteste über den Gesundheitszustand 
Königlicher Beamten verpflichtet sind, liegt eine Entscheidung ües 
Ministers des Innern vor, die dieser iin Einverständnis mit den Munstern 
für Medicinalangelegenheiten und für Finanzen getroffen hat, und die in¬ 
folge dessen eine principielle Bedeutung hat. ln ihr wird die Böjechtagung 
der Medicinalbeamten auf Gebühren bei der Ausstellung von „ausführlichen, 
mit wissenschaftlichen Gründen unterstützten Gutachten anerkannt; da¬ 
gegen werden die Grenzen für ein „Befundattest“ ziemlich weit gezogen, 
Io dass darunter auch solche fallen, die in der durch Runderlass vom 
20. Januar 1853 und 11. Februar 1856 vorgeschriebenen Form abgegeben 
sind, z. B. Atteste über die Pensionirung von Gendarmen u. s. w. 

— Die neugewählte Aerztekammer für die Proriiiz Branden¬ 
burg und den Stadtkreis Berlin hielt ihre constituirende Sitzung am 
18. d. M. unter dem Vorsitz des Oberpräsidenten Dr. Achenbach ab. 
Der Vorstand der Kammer ist folgendermaassen zusammengesetzt: vVor¬ 
sitzender Herr Becher, stellvertretender Vorsitzender Herr Zinn; kchriit - 
führer Herr Posner, stellvertretender Schriftführer Herr L epp man , 
Kassenführer Herr Saatz; Beisitzer die Herren Koerte, S. Marc < J® 11 ’ 
Ipscher, Laehr, Wibecke, Liersch. Als Vertreter bezw. Stell¬ 
vertreter sind in die wissenschaftliche Deputation die Herren Zinn 
Mendel, in das Medicinalcollegium die Herren Landau und Liers , 
C. Küster und Göpel, als Vertreter im Aerztekammerausschuss Herr 
Becher gewählt. __ 

— Der Gesch&rtsaussclmss der Berliner ärztlichen Standes¬ 
vereine hat sich in seiner Sitzung vom 12. Januar 1894 m , 

Weise constituirt: erster Vorsitzender wurde Becher, zweiter Lonr 
Küster, erster Schriftführer Alexander, zweiter Hemus Kassentiuu-er 
Schöneberg. Zu Curatoren für die Wilhelm-Augusta-Stiftung wu 
Döbbelin, S. Davidsohn und Schöneberg eraannt. Fs warne 
ausserdem die drei ständigen Commissionen für wirthschaftliche, hyg 
und Pressangelogenheiten erwählt. — Ferner wurde beschlossen, aas 
kunftsbureau der Standesvereine, welches früher sehr segensreich ge¬ 
wirkt hat, aber seit dem Tode seines letzten Leiters, des Herrn A. 
lischer, etwas zurückgegangen ist, zu reorganisiren. Zu seinem 
wurde Herr Merten (Wartenburgstrasse 16 a) ernannt und • _ 

rath, bestehend aus den beiden früheren Vorstehern des Bureaus 
und S. Davidsohn), zur Seite gegeben. Da die schrifthchen Arb 
bei der Besetzung von Stellen und Beschaffung von Vertretunge 
viele Zeit in Anspruch nehmen, sollen Verhandlungen mit dem n g 
Rechtschutzverein stattfinden, damit dessen Bureau den Briefwechse 
des Auskiinftshureaus mit übernimmt. 


XL Therapeutische Mittheilungen. 

Etij aseptisches Instrumentarium für Geburtshelfer. 

Von Prof. Dr. G. Winter in Berlin. 

Auf dem Gynäkologencongress in Breslau im Mai a. c. habe ich em 
Instrumentarium demonstrirt, welches wegen der Principien, ^ 

es construirt, und wegen seiner praktischen und eleganten au & 
Beifall fand. Nachdem dasselbe jetzt in poliklinischer und privater 
häufig gebraucht worden, stehe ich nicht an, es den Geburtshe 
brauchbar zu empfehlen. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




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Fi^clicliau uni Msirpbinrii. OumpImrUtliej. Lu;..ii>; li$ fY.< Si>r-i MS -. 

lampt) (ddi L rn Jßjw» ßtobso mit Xieh»>*cftUticU. 

^chiüuoh für •y.uctio lAtiagö^A, SelikuHt ssum ßttft^N^fc'öV ‘iföKU^tcn- 

Ma^(?armau^U::-roiu' NahYYml. 20f ZvV'ii hri^:;üan->i-khfv! ^uln 

( Mas. . 'JX) : iviij/i/ti.-iHUt/i'; aa« Z-*.r. lbm-nLf.au ielururgiwiu« ijn:l •HititaiuUrbO. 
-‘M j>j; bnahc fe'jitwiT. 24} YjKipJhalftvr 25) ZWO fnfiifciwisümla't!; 
20} Zwm kleine tY*nlYelie KYiimuem. 27) (Vuln>e$Ti<i Kyruv-.ongu.' 8&f 
ÜdOdtütr. 20) Ai'ortlüfü'i .»Or Abor.t>;&ü^,v 30} (YmOitlu-ici-. 31V tYatuY 
kntJmier, 02) I YenissnmO. 2Mi 01 ui mit V imvuOsiUmr Spritism OO Y.-’- 
mklgiiv. 

TOäY.-C^ wf- inV rujciO'l , . -Xo :• ipi • Kosten t ' .NV.'Sfö—3.4.',iff'dfi 

$e!U*nw«ftd unterbracht. 

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ZiUtt^o-’ H) Koinu’Hdmr Sfciiiiissftihi.ikcu; 4i Si*rb*>ijf's;*«^ Sr.ia.-.vrv 
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J3 t^üi hofiä^i üSficJcaiiiikiisl au init••'VifSf Kiiu'rn- 
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.%VftSf ü ^ t Tn'* ln , ? ?.•'? f - fe ü . ut !l Menyib <)ft ;>us/ak.«:iH-ndHii 
\Wxdini aJ' ir \^ u ?‘ Bödou des Kastcny f. Die fit - 

Ka^rS\v ir^Hiefü in io^uiMer Weise: Mm ffll.it. dan 

k * *u.ter.rm}j#n..il»rie: J%fc rtuT cvu^nkoclii-mte. 
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füstrun/ * C * **-^*i-' kÄffos.^acIi 1 .»5trpV ÄiViiuwir-Minbt'äm 

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VN- k.-mu> h,/. '', 1 , uu,u 'b>a Appurut ua *i*niiaHfUr ib.-n ^nt hi»'ei diu 
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Her kü-P/di-'h •-vrmnvivaiio IIr. Ad (Dl Dl»st.6i’hi>/r ha(. de: 
B-Hinw* Vm C*pitsi von HK)000 Mk. vennaoht ,Dia.Ä^n 

;jvt|««.n zweioini im Jahr zm Urdm-DBwng nt »es flri»sigim mm Würdig 
ShuRui«.-» der Ak<arm -.‘M wandt weitton. ,. . 

_ Tm den TbeHueHrnm atn iui.ornatlounioa tir&öiemärdien 
Vionvrc^ das Auftritten von Wuhminge» mol dm» Besuch Z«r mtofom«: 

twuu und feciitmsHß Punkto SttwSwil au wjeichteni. bftt das 

dtH fX^m^s die J%iüv Tbos. Cook' & Bon HeRtitegk öidi net, 
JA-M-A.-HV.n- von I'nierkunft UH tü« Gongrc^hosnchm zu uatmtrlmn 
und AusUögo in Bom seftst, m die CingkgwJ vnn ßu.VH 

v -o,h=-n z»« vorar^Udten; Di Girmu iVmi; iiotr.obtuH U»P Aotimmg, 
At ; dilz,duo<. Hcdmimng und Byleuidniuig in dno ni^rc.u HoMs-mnl imr- 
ssonuo Born* 12.AO Frcs. fm Tug und Torson, nv.nidue!! tmnr uaob Mau^- 
uns: i ninm-nudilvn hdb-run ConHV.rU, Dm K-xi-unsionci. von -Neapel 
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h'VhnriguD SnbrKi.mhrer Abraham noti DsRn- mrfon nbnufnlls » 

dur-cli Anrilarufttipü wifi^üvgdWnliH. Ilfe Sewfijil swüim SviiHHfi&rer aa ) 

Sscliü dm Xlorrmi Senalor und B. FrAeniiei, welch' iotzrorw mtu; j), 

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s.;;Uordinanats für dR UmvmsiOH OndKwald. KnRidnng ehme Krsatz. 
mdMuriafs lür d.io K?ovor-,i!■,{, Hali-. AnaUdliiim eines As-ji^Ouitnn au 
.der_ psvf-bijx-fri.uehnri und NervuuklbUl; dusclhst. Krnolituug oines .Er$-ui;/.- 
ovdioauais und edu^ Ersa^oxlrani'dirmriaO: für die Diuvm-Dtd! .Boiui. ; Kr 
^ Aystfübnar Eöus* örste TXa.^ff z»rr EpwuitftPuiM der jußdlrini- I sii 


4 «ii* 3 U 8 Siftenfeld iu Berlin Wl 


Donnerstag 


Jtf 5 


1. Februar 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Kedaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lützowstr. 60a. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 3L 


L Ueber die Indicationen, die Technik und 
die Erfolge der Adnexoperationen. 1 ) 

Von Prof. Dr. Schauta in Wien, 

Es ist mir die ehrenvolle Aufgabe zu Theil geworden, die 
Discussion über Adnexoperationen mit einem Vortrag einzuleiten. 
Ich werde mich in demselben, entsprechend der mir gestellten Auf¬ 
gabe, nur auf die Besprechung der Therapie bei entzündlichen Er¬ 
krankungen der Adnexa einlassen. Ich werde also das Thema der 
Tubargravidität hier nicht berühren. Aber auch bei Besprechung 
der entzündlichen Adnexerkrankungen muss. ich mir Beschränkung 
auferlegen, um mein Thema nicht zu breit zu gestalten. — Ge¬ 
statten Sie mir, bevor ich auf mein eigentliches Thema eingehe, 
D ^ e ^ 0I ^ e ^ er Frequenz, Symptome und Diagnose der ent¬ 
zündlichen Adnexerkrankungen. — Die Frequenz der entzündlichen 
Adnexerkrankungen beträgt in meinem eigenen Materiale 1130 Fälle 
unter 6314 gynäkologischen Kranken, d. i. 17,8 %. — Ausser den 
ekapten typischen Symptomen fand ich unter nleinen Fällen 
atypische, mit der Krankheit zweifellos in Zusammenhang stehende, 
un zwar unstillbares Erbrechen (siebenmal), Einklemmungserschei- 
nungen seitens der Blase und des Darmes, Urticaria menstrualis, 
Ausbleiben der Menses durch zwei bis fünf Monate (fünfmal), 
schwere Geistesstörungen (acht Fälle). 

nirii^ n \^ erS ^ un ^ norma * er anatomischer Verhältnisse ist dann 
Fiwau r zu erwai *ten, wenn die Tube fingerdick geworden oder 
/ r !_ } e vor handen sind. Nicht nur die Gesundheit ist bei Adnex- 
IrhhÄ 11 sch 7 er geschädigt, auch das Leben ist in Gefahr. 
ohlbLf - IT Jahr esfrist unter meinem Material vier Fälle be- 
?el?W l m i Qen J bei diagnosticirter Pyosalpinx die Operation ah 
LXLl Urde ? nd kürzere oder längere Zeit darauf Tod unter de: 
Falle ff,,./ 6 !. der Perforativperitonitis eingetreten war. In einer 
züfflirh Aar tv 6 Ela £ nose au °h durch die Section bestätigt. Be 
mich an e iagn J? e der entzündlichen Adnextumoren halte icl 
Isthmus Aar ”- a rtin angegebene Zeichen der Verdickung de 
dem Sinn« -rP 16 Dia ? nose des Inhaltes der Eitersäcke ii 

^taphvlocopppnhou- . r _ steri l.°der gonococcen- oder strepto- resp 
»teilen da «ii 7 ^ sei ’ äss ^ S1 °h erst während der Operation siche 
gegeben Lr, f Zeichen .’ die für die Diagnose in dieser Hinsicht an 
Anamnese 1 S T e, £ zelnen Falle im Stiche lassen. Weder di« 
TemperatuWpr^i/^ 8 Resultat der Untersuchung, noch auch di« 
für die Erkennt - tms ! e d £ r ^r anken vor der Operation lassen siel 
zur Beantwnrtnü 1S V der ^ atur des Eiter s verwerthen. Von den mii 
hatten 112 keiwrr* k dl6S oJ E rage zu r Verfügung stehenden 184 Fällei 
vor der O D ernHL r ^ 22 . Fleber vor der Operation. Von den 112, di« 
kein Eiter orW cf 11 ^ W S? bar nicht fieberten, fand sich in 88 Fällei 
Fällen StreDtn- n/ n * n drei Fällen Gonococcen, in neui 

v °r der Oneratinn ktaphylococcen im Tubeninhalt. Bei den 25 
kein Eiter oder st/? 61 ™}® 11 Patientinnen fand sich in 13 Fällei 
Fällen StreDtornrv »n W , El . ter >. in drei Fällen Gonococcen, in fün: 
;°li commune njl ° nd ? n . e * nem Falle wahrscheinlich Bacteriuir 
Fällen von steril«™ 1 '!' u es mir erwähnenswerth, dass ii 
nicht etwa nur Wh*« “^emnhalt und Fieber vor der Operatior 
Fieber, So j n ^ pari IG m er beobachtet wurde, sondern auch hohes 
U,ni " d ‘e höchL t Tem P er aturen von 38—39,8°. Da gegen 

i -. emperatur bei mehrtägiger Beobachtung iE 

Iur Gynäkologie V Kongress der Deutschen Gesellschaft 


Fällen von Streptococceneiter in den Tuben in fünf Fällen 36,7 bis 
i 37,6 Die Bedeutung dieser Zahlen liegt nicht darin, dass bei 
j 22 Fiebernden nur sechsmal pathogene Organismen gefunden wurden, 
obwohl man in allen diesen Fällen dieselben hätte erwarten können’ 
son«iern darin, dass unter 112 Fällen ohne jegliche Temperatur¬ 
erhöhung neunmal Streptococcen gefunden wurden. Während in den 
ersten Fällen eine zu weit gehende Vorsicht in der Technik der 
Operation den Patientinnen sicherlich nicht geschadet hätte, auch 
wenn der Eiter sich steril oder gonorrhoisch erwies, so konnte in 
der zweiten Kategorie das Vertrauen auf die Unschädlichkeit des 
Tubeninhaltes mit Rücksicht auf das Fehlen von Fieber vor der 
i Operation für die Patientinnen zu schweren Nachtheilen führen, 
j Durch alle diese Erwägungen und durch traurige Erfahrungen be¬ 
lehrt, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Diagnose des 
Inhaltes des Tubeneiters mit Sicherheit erst während der Operation 
möglich ist und deshalb während der Operation die bacteriologische 
Untersuchung des Inhaltes der Tubensäcke in allen Fällen, in welchen 
( der Sack nicht unverletzt entwickelt werden kann, ausgeführt 
werden muss, ufh die weitere Technik je nach dem Resultate der 
Untersuchung zu modificiren, wie ich später zeigen werde. 

Die Therapie der entzündlichen Adnexerkrankungen theilt sich 
naturgemäss in eine conservative und eine radikale. Die conservative 
Therapie hat ihre Berechtigung in allen Fällen, in denen die 
I Symptome keine drängenden sind, ein längeres Zuwarten gestatten, 
i und die anatomischen Verhältnisse nicht solche sind, dass sie eine 
! radikale Therapie fordern. In dieser Richtung scheint mir den ersten 
I Platz in der Behandlung der entzündlichen Adnexerkrankungen die 
| Massage zu verdienen. Sie eignet sich nur für Fälle, in denen 
i leichte Schwellungen und Verdickungen der Tube bis Rabenfeder- 
( kieldicke oder wenig darüber bestehen, jedenfalls aber keine Eiter¬ 
ansammlungen vorhanden sind. Die anderen Fälle, bei denen 
weder die Operation noch die Massage indicirt ist, fallen unter die 
Rubrik der symptomatischen Behandlung. Gegen den begleitenden 
Katarrh muss man sich auf Ausspritzungen oder systematische 
Badebehandlung beschränken. Eine energische Therapie in Form 
von intrauterinen Aetzungen oder Ausspülungen der Uterushöhle 
widerrathe ich bei bestehenden entzündlichen Adnexerkrankungen, 
da letztere durch eine derartige Behandlung recht häufig acut ver¬ 
schlimmert werden, wie mir zahlreiche Beispiele meiner Erfahrung 
beweisen. Ebenso möchte ich auch vor der in den letzten Jahren 
von vielen Seiten empfohlenen galvanischen Behandlung bei ent¬ 
zündlichen Adnextumoren warnen. Ich habe einige traurige Fälle 
von schwerer Verschlimmerung der Erkrankung hei dieser Behand¬ 
lung beobachtet und keinen Fall von Besserung oder Heilung. 

Ich erachte die Indication für die Operation als gegeben bei Zu¬ 
sammentreffen schwerer Symptome mit gewissen anatomischen Ver¬ 
änderungen, von denen erfahrungsgemäss anzunehmen ist, dass bei 
ihnen eine dauernde Rückbildung zur Norm ausgeschlossen ist. 
Ich sage ausdrücklich „dauernde“ Rückbildung, denn es kommt bei 
Hydro- und auch bei Pyosalpinx vor, dass vorübergehende Ent¬ 
leerung des Sackes den Tumor verschwinden lässt, der aber nach 
kürzerer oder längerer Zeit wiederkehrt. Ist die Tube mindestens 
fingerdick, fehlen aber dabei schwere Symptome, dann halte ich die 
Operation nicht für berechtigt; aber auch ohne drängende subjective 
Symptome rathe ich zur Operation in allen jenen Fällen, in denen 
grössere Eiteransammlungen in den Adnexen eine drohende Gefahr 
für die Trägerin bilden. 

Bei der Technik der Adnexoperationen muss uns folgende 
Ueberlegung. leiten. Wir haben es zunächst mit einer Peri- 



Original fro-m 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 






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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


solchen, die 
die Aseptik 
— und da¬ 
von den meisten 
— haben wir es 


tonealoperation zu tliun, mit allen Gefahren einei 
allerdings durch die hochentwickelte Technik und 
auf ein Minimum redueirt erscheinen. Ausserdem 
durch unterscheidet sich die Adnexoperation 
anderen gynäkologischen Peritonealoperationen 
hier mit der Entfernung von Organen zu tliun, m denen meist 
Eiterungsprocesse bestehen. Der eiterige Inhalt ist wie ich noch 
zu zeigen haben werde, durchaus nicht gleichgültig für das Bauch¬ 
fell. Wir müssen hier unterscheiden zwischen den Fällen, in denen 
kein Eiter oder steriler Eiter in den zu entfernenden Organen sich 
befindet, zwischen Fällen, in denen sich Gonococcen im Eiter der 
Tube und endlich zwischen Fällen, in welchen sich btrepto- 
oder Staphylococcen finden. Wenn Eiter, der keine Organismen 
enthält, bei der Operation an’s Bauchfell gelangt, so kann das als 
ein gleichgültiges Ereigniss betrachtet werden. Die Erfahrung 
lehrt dass in solchen Fällen der Verlauf sich ebenso glatt ge¬ 
staltet, wie wenn überhaupt kein abnormer Inhalt vorhanden ge¬ 
wesen wäre. Fraglich ist es schon, ob Gonococceneiter immer und 
sicher gefahrlos für das Peritoneum bleibt. Die bisherige Erfah¬ 
rung gestattet uns, diese Frage zu bejahen, doch verfüge ich unter 
meinen Fällen über zwei, bei denen während der Operation Gono¬ 
coccen im Tubeneiter mit Sicherheit nachgewiesen wurden. Dennoch 
erfolgte der Tod an eitriger Peritonitis, und die bactenologische 
Untersuchung des Bauchfelleiters bei der Section ergab wieder 
Gonococcen. Diese beiden Fälle wären für mich vollkommen be¬ 
weisend, wenn die Gonococcen allein im Peritonealeiter gefunden 
worden wären. Während jedoch im Tubeneiter während der Ope¬ 
ration sich neben den Gonococcen andere Organismen nicht vor¬ 
fanden, konnte man im Peritonealeiter bei der Section auch andere 
Organismen, wahrscheinlich Staphylococcen, nachweisen, und es 
bleibt die Frage offen, ob es sich hier nur um zufällige Verun¬ 
reinigung' bei der vielleicht nicht ganz zweckmässigen Alt dei Er¬ 
öffnung des Abdomens bei der Section, oder um eine bei der Ope¬ 
ration von aussen erfolgte Infection handelte. Obwohl mir das 
letztere äusserst unwahrscheinlich ist, sowohl aus äusseren Gründen, 
als auch deshalb, weil es dann begreiflich gewesen wäre, wenn man 
im Peritonealeiter Staphylococcen, aber keine Gonococcen gefunden 
hätte, während die letzteren an Zahl weit überwiegend waren, so 
bin ich doch vorläufig nicht in der Lage, den Beweis zu erbringen, 
dass durch das Einfliessen von Gonococceneiter letale Peritonitis 
entstehen könne, sondern muss die Entscheidung dieser Frage 
weiteren Beobachtungen überlassen. Dass aber Strepto- oder Sta¬ 
phylococcen ebenso wie die seltenen Fälle von Pneumoniecoccen- 
eiter für das Peritoneum äusserst gefährlich sind, daran kann kaum 
gezweifelt werden. Gewiss giebt es auch hier individuelle Diffe¬ 
renzen inbezug auf Pathogenität der Bacterien, Resorptionskraft 
des Peritoneums, Disposition des Individuums. Allein trotzdem 
kann man den Ausspruch tliun, dass eine Laparotomirte, bei der 
Staphylo- oder Streptococceneiter an’s Bauchfell gelangt ist, sich in 
der grössten Lebensgefahr befindet. Klarheit über diese Thatsachen 
habe ich erst gewonnen, seitdem ich in jedem Falle von Adnex¬ 
operationen in dem Eiter, der "während der Operation zum Vor¬ 
schein kommt, sofort durch ein Deckglaspräparat die etwaige An¬ 
wesenheit von Mikroorganismen und deren Art feststellen lasse. 
Seit October 1890 wird mit wenigen Ausnahmen in jedem Falle 
von Adnexoperation noch während der Operation die bacteriolo- 
1 ogisehe Untersuchung des Eiters der Tumoren durch Dr. Wert¬ 
heim ausgeführt und danach die Technik modificirt. Und so hat 
sich allmählich auch die Technik entwickelt, die ich Ihnen im fol¬ 
genden zur Discussion stelle, und deren Begründung in den damit 
erzielten Resultaten liegt, die ich im Anschlüsse mittheilen werde. 

Von diesem Standpunkte aus möchte ich bei Besprechung der 
Technik die Fälle von Adnexoperationen in drei Gruppen trennen. 
Die erste Gruppe betrifft die Fälle, in denen keine Eitersackbil¬ 
dung stattgefunden, das Austreten von Eiter also nicht zu be¬ 
fürchten ist. Die zweite Gruppe bilden die grossen, den Bauch¬ 
decken oder dem Scheidengewölbe dicht anliegenden Eitersäcke; 
die dritte Gruppe endlich die Fälle, welche anatomisch die Mitte 
halten zwischen den beiden vorgenannten Gruppen. Das sind die 
Fälle von Eitersäcken mittlerer Grösse, von Ei- bis Orangengrösse, 
die weder der Scheide noch den Bauchdecken anliegen. 

Die Operation der einfachen Fälle wird in bekannter typischer 
Weise bei Beckenhochlagerung ausgeführt. Grundsätzlich werden 
die Adnexa zuerst aus ihren Adhäsionen gelöst, das Ligamentum 
latum vollständig entfaltet, und dann erst wird zur Unterbindung 
des Ligaments durch fortlaufende Partialligaturen geschritten. 

Wir gehen nun sofort über zur Behandlung der grossen, den 
Bauchdecken oder dem Scheidengewölbe anliegenden Eitersäcken. Da 
mich die Erfahrung gelehrt hat, dass gerade die grössten Eitersäcke 
diejenigen sind, welche pathogene Organismen enthalten, dass gerade 
bei diesen sehr feste Verwachsungen bestehen, welche es meist un¬ 
möglich machen, den Sack beim Versuch der Radikaloperation un- 


eröffnet zu entwickeln, und ferner beim Platzen solcher grosser 
Eitersäcke der Eiter sich stromweise und in solcher Menge er- 
giesst dass es auch bei der allergrössten Raschheit nicht gelingt, 
denselben von den Darmschlingen fernzuhalten, so wird die Ope¬ 
ration zunächst so begonnen, als wollte man ein conservirendes 
Verfahren einschlagen, bis durch die sofort auszuführende bacterio- 
logische Untersuchung des Eiters dessen Natur erwiesen ist. Je 
nach dem Resultate der Untersuchung wird dann das conservirende 
Verfahren weiter beibehalten oder sofort die vollständige Exstir¬ 
pation des Sackes eingeleitet. Handelt es sich also um eine grosse, 
den Bauchdecken in grösserer Ausdehnung anliegende Pyosalpinx, 
so besteht das von mir geübte Verfahren in folgendem: Ich er¬ 
öffne die Bauchhöhle in gewöhnlicher Weise, überzeuge mich von 
dem Zustande der beiderseitigen Adnexa. Ist ausser dem grossen 
Eitersacke eine weniger weit fortgeschrittene Erkrankung auch auf 
der anderen Seite vorhanden, so löse ich zunächst die Adnexe 
dieser Seite und entferne dieselben. Hierauf nähe ich das Perito¬ 
neum parietale mit Freilassung einer entsprechenden Stelle der 
Sackwand an die Oberfläche der grossen Pyosalpinx fest, nachdem 
vorher Darmschlingen oder Netzadhäsionen von denselben entfernt 
wurden, sehliesse auch die übrige Bauchhöhle durch dicht gestellte 
Peritoneal-, Fascien- und Hautnähte, punctire dann durch die 
in der offen gelassenen Lücke der Bauchdecken freiliegende Sack¬ 
oberfläche mittels eines feinen Troicarts und aspirire mit ent¬ 
sprechendem Saugapparat (Potain) einige Tropfen des Inhalts des 
Sackes, der nun sofort der Untersuchung mittels Deckglaspräparat 
zugeführt wird. Ergiebt diese Untersuchung, der Eiter sei steril 
oder enthalte Gonococcen, dann wird sofort der Sack mittels aus¬ 
giebigen Einstiches entleert, ausgewaschen, dann die sämmtlichen 
Nähte entfernt, die Bauchhöhle neuerdings eröffnet und nun zur 
Lösung der Adhäsionen und Entfernung des Sackes geschritten. 
Erweist sich aber der Inhalt des Sackes als strepto- oder staphylo- 
coccenhaltig, so wird die Operation vorläufig abgeschlossen, die 
Bauchhöhlenlücke, in der der Sack freiliegt, mit Jodoformgaze 
locker ausgestopft, um erst dann, wenn die Umklebung des Peri¬ 
toneum parietale mit der Sackwand sicher erfolgt ist, also gewöhn¬ 
lich nach fünf Tagen, durch Einschnitt den Sack zu eröffnen, zu 
entleeren und zu drainiren. Ist der Eitersack an irgend einer 
Stelle mit den Bauchdecken verwachsen, so dass man, ohne in die 
freie Bauchhöhle zu gelangen, den Sack eröffnen kann, so gestaltet 
sich der operative Eingriff noch viel einfacher, die zweizeitige Ope¬ 
ration wird dann überflüssig, im übrigen gehe ich je nach dem 
Resultat der bacteriologischen Untersuchung auch in diesen t ällen 
genau so vor, wie in den früher erwähnten. 

Ist der Eitersack sehr gross, nicht aber den Bauchdecken, wohl 
aber dem Scheidengewölbe dicht anliegend, so wird ebenso wie frühei 
bezüglich des abdominellen Weges nunmehr vaginal verfahren, nur 
entfällt hier die Nothwendigkeit eines zweizeitigen Verfahrens, da der 
Eiter nach dem Gesetze der Schwere abfliessend, zwischen das Peri¬ 
toneum des Douglas und die mit letzterem vernähte Sackoberfläche 
kaum eindringen wird. Doch auch in anderer Beziehung unterscheidet 
sich der vaginale Weg von dem abdominellen, welch’ letzterem ich, 
wenn die Wahl frei ist, den Vorzug geben möchte. Ist die Natur 
des Eiters erkannt, so wird man auch dann, wenn er sich steril 
oder gonococcenhaltig erwiesen, nun doch nicht wie beim abdomi¬ 
nellen Wege zur Radikaloperation schreiten. Auf dem vaginalen 
Wege halte ich eine solche nicht für möglich, zum mindesten nicht 
für räthlich, da es mir widerstrebt, zahlreiche dichte und feste 
Verwachsungen mit Darm und Netz in weiter Entfernung von dei 
Wunde im Finstern zu lösen, und an eine abdominelle Operation 
gehe ich unmittelbar, nachdem ich vaginal operirt habe, nicht gern 
heran. Die Operation per vaginain wird also gewöhnlich eine 
palliative bleiben, und es wird uns benommen sein, über den Zu¬ 
stand der Adnexa der anderen Seite sicheres in Erfahrung zu bringen. 
Sollte sich das von Pdan und Segond mit grossem Erfolge in 
Frankreich geübte Verfahren der vaginalen Totalexstirpation des 
Uterus bei Adnexerkrankungen bei uns Eingang verschaffen, so 
wären es vielleicht gerade die Fälle dieser Art, die sich besonders 
dafür eignen würden, also die Fälle, in denen man bei grossen, 
dem Scheidengewölbe dicht anliegenden Eitersäcken den vaginalen 
Weg betreten hat, und wo sich bei der bimanuellen Austastung dei 
Sackhöhle herausstellt, dass ausser dem bereits eröffneten Sacke 
sich noch andere in der Umgebung vorfinden. Für diese läie 
würde die Entfernung des Uterus breiten Zugang zu den Adnexen 
beider Seiten verschaffen und es möglich machen, die eröffne_en 
Eitersäcke beider Seiten nach aussen zu drainiren. Eigene rn- 
fahrungen über die Pöan’sche Methode stehen mir bis jetzt nie 
zu Gebote, da ich den vaginalen Weg bis jetzt nur selten betre en 
habe und es mir jedesmal gelungen war, auf diese Weise die ein¬ 
zige vorhandene Eiterhöhle vollkommen zu entleeren. 

Wir kommen nun zur Besprechung der dritten Katgorie Aon 
Eitersäcken bei entzündlichen Adnexerkrankungen, das sind die Säe e 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



1. Februar 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


99 


von mittlerer Grösse, von Ei- bis Orangengrösse. Da in diesen Fällen 
der Sack weder den Bauchdecken noch der Scheide gewöhnlich so 
dicht anliegt, dass man auf einem dieser Wege direkt in die Sack¬ 
höhle vorzudringen imstande wäre, so bleibt nichts übrig, als die 
typische Entfernung des Sackes mit Lösung der Adhaesionen und 
Ligatur des Stieles anzustreben, ähnlich wie in den Fällen der ersten 
Kategorie, doch mit der Vorsicht, den Sack womöglich nicht zu er¬ 
öffnen. Bei sehr langsamer, sorgfältiger Lösung unter fortwähren¬ 
der Controlle seitens des Auges gelingt es auch in schweren Fällen 
nicht selten. Doch müssen wir zugeben, dass auch bei der grössten 
Vorsicht die Entwickelung des Sackes in unverletztem Zustande 
nicht immer möglich ist. In manchen Fällen ist es sogar in den 
anatomischen Verhältnissen begründet, dass der Sack eröffnet 
werden muss, so z. B., wenn das Ostium abdominale im Douglas 
adhaerent ist und diese Verwachsung selbst den Verschluss be¬ 
dingt. Dann muss dieser Verschluss bei der Entwickelung der 
Tube unbedingt aufgehoben werden, und der Eiter fliesst durch 
dieses Ostium nach aussen. Da jedoch bei diesen Fällen von 
mittlerer Grösse die Ueberschwemmung des Operationsfeldes nie 
eine so plötzliche imd rasche ist, dass man nicht des Eiters sofort 
nach seinem Austritte mittels Tupfer habhaft werden könnte, so 
erfolgt, wenn man schon vorher die Därme gegen das Zwerchfell 
geschoben und mit Compressen bedeckt gehalten hat, bei BeGken- 
hochlagerung die Beschränkung des Eiterabflusses auf das Cavum 
Douglasii fast ausnahmslos, und es handelt sich nur darum, einer 
weiteren Verbreitung der Infection auf das übrige Peritoneum vom 
Douglas aus. wenn eine solche zu befürchten ist, vorzubeugen. 
Darüber entscheidet nun wieder die sofort während der Operation 
ausgeführte baeteriologische Untersuchung. Ist der Eiter steril, 
oder enthält er Gonococcen, so kann man nach vorheriger Reini¬ 
gung die Bauchhöhle unbesorgt schliessen; enthält derselbe Strepto- 
oder Staphylococcen, dann wird das mit dem Eiter in Berührung 
gekommene Operationsfeld mittels eines Tampons aus Jodoform¬ 
gase nach Mikulicz durch die Bauchdecken nach aussen drainirt. 


I)ie Wirkung der Drainage besteht erstens in der Ableitung der 
Secrete. sodass den eingedrungenen pathogenen Organismen der 
Nährboden entzogen wird, zweitens aber — und das scheint mir 
das Wichtigste — in der Herbeiführung rascher Verklebungen der 
umgebenden Darmschlingen, durch welche das übrige Cavum Peri¬ 
tonei von dem inficirten Öperationsterrain in kurzer Zeit abge¬ 
schlossen wird. Ich werde mir erlauben, den Beweis für die 
Richtigkeit dieser Anschauungen bei Mittheilung der Erfolge der 
Adnexoperationen zu bringen. 

Abgesehen von den Fällen von Einfliessen pathogenen Eiters 
in den Douglas, kann die Drainage auch erforderlich werden bei 
Hflweren Operationen mit Verletzung der Darmserosa oder der 
Dannwand selbst, um im Falle von Versagen der Naht den Darm- 
mhalt nach aussen zu lenken, ebenso auch dann, wenn ein zu ent- 
emender Eitersack schon vor der Operation nach dem Darm oder 
in die Scheide durehgebrochen ist. 

Gestatten Sie, bevor ich zu den Erfolgen der Adnexoperationen 
übergehe noch ein Wort über eine Operationsmethode bei Salpin- 
p welche wir Martin verdanken und welche von ihm als Tu- 
ttnresection, von Skutsch als Salpingostomie bezeichnet wird. 
e nn wir im Vorhergesagten es als unser Ziel betrachten mussten, 
a- *n -, un ® von Adnexgeschwülsten die Eröffnung derselben 
.. ^ erü „ n £ des Inhalts mit dem Peritoneum möglichst zu 
s .° können wir im allgemeinen auch dieser Operations- 
Iji e das Wort reden, weil diese Eröffnung hier absicht- 
w ^d. Ich glaube also, dass dieselbe beschränkt 
Charaüf mU *j S a S f . S 0 ! che .Fälle, in denen im voraus der gutartige 
dsn Flüssigkeitsansammlung in der Tube wahrscheinlich, 

Ho,' ydrosalpinx, und ausserdem durch eine sofortige bacte- 
darf ,t lsu< ?k un £ noch sichergestellt worden ist. Dabei 

aus dpr t T eP8tan dlich ein Austritt von bacterienhaltigem Eiter 
sein da v G d er anderen Seite bei der Operation nicht erfolgt 
N'älu-hode»!V aUS ,i • 6r erö ff ne ten Tube nachsickernde Flüssigkeit den 
Ich hah UF f "w aus .^ re ^ n den Mikroorganismen abgeben könnte. 
Fälle in dei? 1 , er die Bemerkung gemacht, dass in zweien meiner 
lag der T^ eü V» 1 . u . n .d v °n Gonococcen bei der Operation vor¬ 
eiter ebenfaii aa i ent '°nitis eingetreten ist und in dem Peritoneal- 
läuflr ^ Gonococcen naehgewiesen wurden. Ich kann vor- 
,: °ccen allwAm • 6 luc ^ lt . a ^ 8 beweisend dafür ansehen, dass Gono- 
i critonealeito • .^dGiphe Peritonitis hervorrufen können, da der 
Sollte girii J . • 1 e J n ^ c bb Reinculturen von Gonococcen ergab. 
Fälle aneerpJT v ^ er er ff e ben, dass die durch vorliegende 

des GonocripSn •! ermut bung zutrifft, dann müsste die Behandlung 
wie ich sie eh ^ m ?? nau na °b den Grundsätzen geleitet werden, 
gesetzt habe ^ dle ^ älle von Streptococceneiter auseinauder- 

Wir müssen 111 1!- 01 ) nun zu ? en Erfolgen der Adnexoperationen. 

101 unterscheiden zwischen den unmittelbaren Er¬ 


folgen und den Dauerresultaten. Von 216 in der Zeit vom 
3. Februar 1887 bis 15. April 1893 operirteu Fällen sind 13 
gestorben, das giebt eine Mortalität von 6°/ 0 . Von diesen Fällen 
können zwei der Operation nicht direkt zur Last fallen; in 
beiden Fällen war der Tod infolge von Pneumonie und 
Lungengangrän eingetreten, das Bauchfell wurde bei der Section 
vollkommen frei gefunden. Weit interessanter noch ist die Be¬ 
trachtung der Resultate, wenn wir, von dem Gesichtspunkte der 
von mir betonten NothWendigkeit der bacteriologischen Untersuchung 
während der Operation ausgehend, die Fällen ordnen, je nachdem 
kein Eiter oder steriler Eiter in den Tuben nachgewiesen wurde 
oder zweitens Gonococcen oder drittens Strepto- oder Staphylcoccen 
an’s Peritoneum gelangten. Ich habe die Fälle, welche in dieser 
Beziehung venverthbar sind, in Tabellen gebracht, deren Re¬ 
sultate ich im folgenden mittheile. Die eiste Gruppe umfasst 
144 Fälle, in denen kein Eiter oder steriler Tubeninhalt gefunden 
wurde. Steriler Eiter fand sich in 73 dieser Fälle. Dazu kommen 
jedoch noch 71 Fälle, in denen überhaupt kein Eiter vorhanden 
war, so dass die Gruppe numerisch weit über die beiden nächst¬ 
folgenden hervorragt, da ich wie begreiflich in dieselbe auch die 
Fälle aus der Zeit aufnehmen konnto, in der noch keine bacterio- 
logischen Untersuchungen ausgeführt wurden, insofern bei den¬ 
selben kein Eiter vorhanden w T ar. Von diesen 144 Fällen sind vier 
gestorben, das giebt eine Mortalität von 2,8%. 

In die zweite Gruppe gehören die Fälle, in (lenen Gono¬ 
coccen im Tubeueiter nachgewiesen wurden. Es sind das 33 

Fälle. Von diesen starben 3, d. i. 9 %. Nach meinen An¬ 
schauungen muss man hier die Fälle trennen in zwei Gruppen, 
solche, bei denen der Tubensack unverletzt entwickelt wurde, 

und solche, in denen das nicht gelang. In der ersten Gruppe 
finden wir unter 16 Fällen einen Todesfall (6,2 °/o), in der 

zweiten Gruppe unter 17 Fällen zwei Todesfälle (11,7 %). Der 
Todesfall der ersten Gruppe erfolgte an Lungentuberkulose und 
bronchiektatischen Cavernen, also an einer mit der Operation nicht 
direkt im Zusammenhang stehenden Erkrankung, die zwei Todes¬ 
fälle der zweiten Gruppe aber an Peritonitis. Es sind das die 
mehrfach erwähnten Fälle, in denen die Wahrscheinlichkeit einer 
tödtlichen Infection des Peritoneums mit Gonococceneiter vorliegt, 
vorläufig aber noch nicht zu erweisen ist. 

Wir kommen zur letzten und wichtigsten Gruppe, den Fällen 
nämlich, in denen Strepto- und Staphylococcen im Tubeneiter nachge¬ 
wiesen wurden. Wir verfügen hier über 15 Fälle mit drei Todesfällen, 
das entspricht einer Mortalität von 20 %. In einem Falle gelang es, 
den Eitersack unverletzt zu entwickeln, der Fall wurde geheilt. In 11 
Fällen wurde bei der Laparotomie der Eitersack verletzt, drainirt 
wurden davon 6 Fälle, wovon einer starb (16,5 %), nicht drainirt 
wurden 5 Fälle, davon starben zwei (40%). Diese Fälle sprechen also 
mit der Kraft eines Experimentes zugunsten der Drainage. Noch besser 
springt der Vortheil der Drainago in die Augen, wenn wir auch die 
Todesursachen der unglücklich verlaufenen, sowie den Verlauf in 
den Fällen von Heilung berücksichtigen. In dem einen Todesfälle 
nach Streptococceninvasion und Drainage war der Tod infolge 
von Darmperforation eingetreten, die drainirte Höhle war voll¬ 
kommen gegen das übrige Peritonealcavum abgeschlossen. In den 
beiden Todesfällen ohne Drainage war der Tod an eiteriger Peri¬ 
tonitis erfolgt. In. allen den fünf Fällen von Verunreinigung des 
Peritoneums mit Streptococcen- oder Staphylocoeeeneiter, welche 
nach der Drainage in Heilung ausgegangen waren, war der Verlauf 
ein vollkommen fieberloser. Von den drei Fällen, die ohne Drai¬ 
nage schliesslich geheilt wurden, war der Verlauf in zwei Fällen 
ein sehr complicirter, indem nach langem schwerem Fieber in beiden 
Fällen die Heilung erst dann eintrat, als in einem Falle der Durch¬ 
bruch eines Jaucheheerdes durch die Bauchdecken, im zweiten Falle 
durch das Rectum erfolgte. Zwei Fälle von zweizeitiger Operation 
per laparotomiam und einer per vaginam in oben geschilderter 
Weise heilten ohne Zwischenfall. 

Betrachten wir endlich die Dauerresultate unserer Ope¬ 
rationen, so muss ich zunächst erwähnen, dass wir über den 
weiteren Verlauf in sämmtlichen überlebenden Fällen vorläufig 
nur von 121 Patientinnen etwas in Erfahrung bringen konnten, 
demgemäss also auch nur mit diesen Fällen rechnen können. 
Von diesen 121 konnte ich aus den Berichten der Patientinnen 
oder durch die Untersuchung derselben in 100 Fällen voll¬ 
kommenes Wohlbefinden constatiren. Die früheren Schmerzen 
waren verschwunden, keine neuen hinzugetreten, die Periode 
meist weggeblieben, der Fluor verschwunden oder sehr spär¬ 
lich, die Patientinnen arbeitsfähig. In 17 Fällen war wohl 
Besserung der Symptome, doch kein vollkommenes Verschwinden 
derselben zu constatiren. Entweder bestanden zeitweise Schmerzen 
im Kreuze oder unregelmässiger Blutabgang, stärkerer lluor, in 
vier Fällen endlich waren die alten Beschwerden vorhanden wie 
früher. Die Patientinnen müssen als ungeheilt betrachtet w erden. 



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No. 5 


100 

_ Nach diesen Zahlen würde also der Procentsatz der durch die 
Operation dauernd geheilten 82,6 % betragen. 

Im Vorstehenden glaube ich Ihnen, wenn das überhaupt bei so 
kleinen Zahlen möglich ist, den Beweis geliefert zu haben, dass es 
durchaus nicht angeht, alle Fälle von Adnextumoren schematisch 
gleichartig zu behandeln, und dass ein strenger Unterschied gemacht 
werden muss zwischen der Art des Inhaltes der Eitersäcke, wo 
solche vorhanden sind. Dann werden auch die Resultate der Adnex¬ 
operationen in Zukunft noch viel bessere werden als diejenigen sind, 
die ich Ihnen heute vorlegen konnte, da in diesen Resultaten ge- 
wissermaassen die Folgen aller der Fehler zum Ausdrucke ge¬ 
kommen sind, die mich zu den Grundsätzen geführt haben, welche 
vorzutragen ich heute die Ehre hatte. 

II. Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich. 

Die bisherigen Resultate experimenteller 
Untersuchungen über die Art der Wirkung 
des Tetanusgiftes auf das Nervensystem. 

Von Dr. Conrad Brunner, Privatdocenten für Chirurgie. 

Im ersten Theil meiner Arbeit: Experimentelle und kli¬ 
nische Studien über den Kopftetanus 1 ) wurde durch Ver¬ 
suche an warmblütigen Thieren (Meerschweinchen, Kaninchen) der 
Nachweis geliefert: 1) Dass das Tetanusgift nicht die Muskel-, 
Substanz direkt in den Krampfzustand zu versetzen vermag. Nach 
Lähmung der motorischen Nervenendigungen durch Curare schwanden 
die tetanischen Krämpfe. 2) Dass das Tetanusgift keine Krämpfe 
hervorzurufen vermag in einem Muskelgebiete, dessen motorische 
Nerven vom Centrum abgetrennt sind. Unter Berücksichtigung 
der ersten Thatsache war daraus zu folgern, dass ein vom Centrum 
abgetrennter motorischer Nerv durch das Gift nicht in den zur 
Erzeugung des Krampfes nothwendigen Erregungszustand versetzt 
werden kann. 8) Dass das Gift nur dann in bestimmton Nerven¬ 
gebieten die Muskeln in den Krampfzustand zu versetzen vermag, 
wenn die zu diesen Nervengebieten gehörenden Centralorgane er¬ 
halten sind. Vaillard und Vincent hatten schon constatirt, dass 
die Krämpfe in jenen Innervationsgebieten verschwenden, deren zu¬ 
gehörige Rückenmarksabschnitte zerstört wurden. 

Wir zeigten durch einen besonderen Versuch, dass das Gift 
zur Auslösung des Facialiskrampfes der Gegenwart der Grosshirn¬ 
rinde nicht bedarf, sondern dass das Vorhandensein von Pons und 
Medulla oblongata genüge, um diese Wirkung erzielen zu lassen. 
Aus einem weiteren Experimente folgerten wir, 4) dass die Krämpfe 
beim Tetanus nicht durch einen Reiz des Giftes auf die sensiblen 
Nerven erzeugt werden, sondern in einer Veränderung der nervösen 
Centralorgane (Medulla und Rückenmark) ihre Ursache haben. Wir 
durchtrennten beim Kaninchen auf einer Seite den Trigeminus 
intercraniell und injicirten im anästhetischen Gebiete subcutan das 
Gift. Der Facialiskrampf trat ein, wenn auch lange nicht mit 
derselben Intensität wie beim Controllthier. 

Während der Zeit nun, die seit der Publication dieser Versuchs¬ 
ergebnisse verstrichen ist, haben andere Autoren mit denselben 
Fragen sich beschäftigt und dieselben ebenfalls auf experimentellem 
Wege zu beantworten versucht: 

1. Autokratow, Recherches experimentales sur le mode de 
production des contractures dans le Tetanos. Archives de mßdecine 
experimentale. September 1892. Tome IV, H. 5, p. 700. 

2. Courmont und Doyon, M6eanisme de production des 
contractures du Tetanos. Societe de biologie 24. D6cembre 1892. 
Semaine m6dicale 7. September 1892. Archives de Physiologie 
Januar 1893. 

3. Buschke und Oergel, Beitrag zur Kenntniss des Tetanus. 
Nachtrag von Dr. Buschke. Deutsche medicinische Wochenschrift, 
16. Februar 1893. 

Keiner dieser Autoren kennt meine früher erschiene¬ 
nen, oben citirten Arbeiten. 

Ich referire zunächst die zuerst ausführlich publicirten Ver¬ 
suchsergebnisse Autokratow’s: 

Gestützt auf die Resultate einer ersten Versuchsreihe (über 
die im Original nachzulesen ist), gelangt der genannte Autor zu 
den Schlüssen: 1) Les contractures locales qui sont provoquSes 
chez les animaux dans la premiäre p6riode du tetanos ä la suite 
de l’inoculation de la culture dans le membre postdrieur, disparaissent 
si l’on vient ä dßtruire ou ä sectionner la moelle 6pini&re 
dans la rßgion du renflement lombaire: ces contractures 
n apparaissent pas aprös l’inoculation de la culture du tetanos, si 

/) Ä^ r ^£. zur mimischen Chirurgie Bd. IX, 1, erschienen im Monat 
April 1892. Eine vorläufige Mittheilung über diese Versuche publicirte 
ich m dem Aufsatze: Zur Pathogenese des Kopftetanus. Berliner klin 
Wochenschrift 1891, No. 36. 


pr6c6demment la moelle 6pini&re a 6t6 d6truite dans cette rtgion. 1 ) 
Durch dieses Versuchsresultat wird der von uns unter 3) als be¬ 
wiesen aufgestellte Satz bestätigt. 

Das zweite Ergebniss der Versuche Autokratow’s lautet: „Ces 
contractures disparaissent aussi soit par la section des racines 
sensibles, soit par la section des racines sensibles et motrices 
faite en möme temps, soit par la section des nerfs p6ri- 
phöriques.“ — Von diesen Resultaten stimmt das zuletzt angegebene 
mit der unter 2) von uns festgestellten Thatsache überein. Was 
das Ergebniss der gleichzeitigen Durchtrennung der motorischen 
und sensiblen Wurzeln des Rückenmarkes betrifft, so kommt das¬ 
selbe der Durchschneidung der peripheren Nervenstämme gleich. Es 
ist dadurch wieder bewiesen, dass nicht der motorische Nerv oder 
der Muskel direkt vom Gifte bis zur Krampferzeugung erregt wird, 
nicht aber, dass das Gift nicht direkt auf das Rückenmark einzuwirken 
vermag. Aus der Beobachtung, dass nach Durchtrennung der zu 
einer Extremität gehörenden sensiblen Rückenmarkswurzeln der 
Krampf in dieser Extremität verschwand, zieht nun aber Auto- 
kratow den Schluss, dass der Krampf beim Tetanus ein durch 
Reizung der peripheren sensiblen Nerven bedingter Reflexkrampf 
sei: „Ces exp6riences montrent que le poison tßtanique produit. 
une irritation des nerfs sensibles p6riph6riques, laquelle ä l’aide 
des racines postörieures dätermine l’irritation des cellules motrices 
dans la rtgion correspondante de la moelle 6piniöre.“ Mit dieser 
Folgerung stellt sich Autokratow in Widerspruch zu dem von 
uns unter 4) formulirten Schlüsse. 

Es galt nun, dieses Experiment der Wurzel durch trennung 
beim tetanischen Kaninchen nachzuprüfen. Der Ausführung des¬ 
selben musste jedoch eine genaue Kritik des von Autokratow 
publicirten Versuchsberichtes vorausgehen. 

In diesem Berichte vermissen wir das Versuchsprotokoll. Es 
wird nichts gesagt über die Technik und den Verlauf der Ope¬ 
ration, nichts darüber, ob nach Vollendung derselben totale An¬ 
ästhesie an dem betreffenden Beine zu constatiren war, noch wie 
die Motilität des letzteren sich verhielt. Bei der Beschreibung 
einer Operation, die schwere motorische Störungen immer nach 
sich ziehen muss, dürfen unserer Ansicht nach diese Angaben 
nicht fehlen. Ferner aber muss ich die Beweiskraft des betreffenden 
Versuchsergebnisses direkt bezweifeln wegen der getroffenen Ver¬ 
suchsanordnung. Die Durchtrennung der hinteren Wurzeln ist 
nur bei warmblütigen Thieren angestellt worden, welche bereits 
den tetanischen Krampf darboten. 

Bei diesem Vorgehen ist es unmöglich, den Effect der Ope¬ 
ration richtig zu beurtheilen; denn tritt nun eine Erschlaffung der 
Muskeln an Stelle der Contractur, so ist auch nach sorgfältigst 
ausgeführter Operation der Experimentator nicht imstande zu 
sagen, wie viel von diesem erzielten Effecte auf Ausschaltung des 
sensiblen Reizes und wie viel auf die bei einem so schweren blu¬ 
tigen Eingriff niemals ganz vermeidliche Schädigung der moto¬ 
rischen Rüekenmarkseentren zu setzen ist. 

Autokrat ow schildert das Resultat der Operation nur mit 
dem kurzen Satze: „Les contractures disparurent“. Ob dabei das be¬ 
treffende Bein, nun frei von jedem Krampfe, normale Beweglichkeit 
darbot, oder ob Lähmung oder nur eine sonst veränderte Motilität 
zu beobachten war, erfahren wir nicht. 

Hat der Versuch der Wurzeldurchtrennung überhaupt eine 
Beweiskraft in dieser Frage, so kann er dieselbe beim Warmblüter 
nur dann haben, wenn er so ausgeführt wird, dass am normalen 
Thiere die zu einem Bein gehörenden hinteren Wurzeln alle durch¬ 
trennt werden. Das Experiment ist als gelungen zu bezeichnen, 
wenn totale Anästhesie an der ganzen Extremität (auch an der 
Innenfläche des Oberschenkels) vorhanden ist, und wenn das Bein 
bewegungsfähig geblieben ist. Erst nachdem das Thier vom 
Shok des Eingriffes sich erholt hat, ist ein genauer Status auf¬ 
zunehmen, in welchem die stets vorhandenen motorischen Störungen 
genau constatirt sind. 

Im Sinne dieser Darlegung gingen wir vor, indem wir diesen 
Versuch ausführten. Herr Prof. Gaule unterzog sich der äussersfc 
schwierigen und mühevollen Arbeit, ein Versuchsthier mit den 
verlangten Eigenschaften für die Impfung mit dem Gifte vorzu¬ 
bereiten. Nach vielen misslungenen Versuchen gelang an einem 
Kaninchen das Experiment, dessen genaues Versuchsprotokoll lc h 
in der Fortsetzung meiner ausführlichen Arbeit in den „Klinischen 
Beiträgen“ publicire. 

Nach subcutaner Injection des Giftes an dem an¬ 
ästhetischen Hinterbeine zeigte es sich, dass analog 
unserem Trigeminusversuche die Krämpfe sich wiederum 
einstellten, wenn auch später und mit geringerer In¬ 
tensität, als beim Controllthier. 


'* *) Um nicht durch die Uebersetzung am Sinne dieser Schluss¬ 
folgerungen etwas zu ändern, gebe ich dieselben im Originaltexte wieder. 



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1. Februar. 


101 


Denselben Versuch mit der nämlichen Anordnung suchten wir 
beim Frosche anzustellen 1 ), doch trat hier leider die lange Incu- 
bationszeit hindernd in den Weg. Die operirten, bei erhöhter 
Temperatur gehaltenen Thiere starben vor Eintritt der tetanischen 
Symptome. Ferner wurde die analoge Durchführung des Experi¬ 
mentes dadurch verhindert, dass beim Frosch nach Impfung an einer 
hinteren Extremität nicht wie beim Meerschweinchen oder Kaninchen 
der Krampf hier zuerst und mit grösster Intensität auftritt, sondern 
zuerst in den vorderen Extremitäten. Die Durchtrennung der zu 
diesen gehörenden hinteren Wurzeln ist nun aber bedeutend 
schwieriger, und es zieht dieser Eingriff, wie wir beim nicht ver¬ 
gifteten Frosch uns überzeugten, die Centren des entsprechenden 
Abschnittes des Rückenmarkes entschieden in Mitleidenschaft. Aus 
diesen Gründen sahen wir uns genöthigt, beim schon tetanischen 
Frosch die Operation an den Hinterbeinen auszuführen. Nach 
Durchtrennung der zu einer hinteren Extremität gehörenden sen¬ 
siblen Wurzeln beim allgemein tetanischen Frosch zeigte es sich 
nun, dass trotz Ausschaltung des peripheren Impulses an diesem 
Bein der Tetanus nicht verschwand, wohl aber vermindert wurde. 
Von intacten sensiblen Gebieten anderer Körpertheile aus konnten 
durch beliebige Reize die heftigsten Krämpfe auch im anästhetischen 
Beine producirt werden. Wurden an demselben Thiere auch die sen¬ 
siblen Wurzeln des anderen Beins durchtrennt, so konnten durch 
Berührung der intacten vorderen Extremitäten die Streckkrämpfe 
iu den Hinterbeinen ausgelöst werden. Erst nach Durchschneidung 
des Rückenmaikes oberhalb des Abganges der zu oberst durch¬ 
trennten Wurzel verschwanden die Krämpfe gänzlich. Das von 
jedem sensiblen Impuls abgeschlossene Hinterthier wurde bewegungs¬ 
los, schlaff, das Vorderthier blieb tetanisch. 

Diese Versuchsergebnisse 2 ) sprechen dafür, dass dieCentren 
des Rückenmarkes durch das Gift direkt in einen Zu¬ 
stand abnormer Erregbarkeit versetzt werden. Gegen die 
Annahme, dass der Reiz des Giftes auf die peripheren Nervenorgane 
allein den Krampf in nicht primär erregten Centren auslöse, 
spricht die Thatsache, dass die Krämpfe in den zu einem be¬ 
stimmten Rückenmarksabschnitte gehörigen Nervengebieten keines¬ 
wegs aufhören, wenn die zugehörigen hinteren Wurzeln durch¬ 
trennt werden. Die Krämpfe im anästhetischen Gebiete können 
durch den geringfügigsten Reiz von intacten sensiblen Nerven- 
gebieten aus angeregt werden, welche zu einem ganz entfernten 
Niveau des Markes gehören. In einem Rückenmark mit normaler 
Lnegbarkeit und normal functionirenden, reflexhemmenden Central¬ 
apparaten wäre dieser Vorgang nicht erklärlich. 

Gestützt schon auf diese Versuchsresultate müssen wir die 
Richtigkeit der Behauptung Autokratow’s bestreiten. 

Zu der Ueberzeugung, dass das Gift das Rückenmark direkt 
in einen Zustand erhöhter Erregbarkeit zu versetzen vermag, 
wurden wir aber weiter durch die Ergebnisse von Versuchen ge¬ 
ehrt, bei denen wir wieder die Durchtrennung der hinteren Wur¬ 
zeln Vornahmen, dann aber an dem isolirten hinteren Rücken- 
roarksabsehnitte die centralen Stümpfe der Wurzeln durch den fa- 
? isehen Strom reizten. Dabei zeigte es sich, dass bei geringsten 
eizen Bewegungen der hinteren Extremitäten hervorgerufen wer- 
en konnten welche entschieden den Charakter des Krampfes dar- 
jj f. n ' Uer vergleich mit den Bewegungen eines unter denselben 
mgungen gereizten nicht vergifteten Rückenmarksfrosches Hess 
darüber keinen Zweifel zu. 

schliessen wir aus diesen Versuchen, stei- 
r le Erregbarkeit des Rückenmarks, wirkt aber nicht 
r egungauslösend. Zur Erzeugung einer Bewegung, 
sihi» ^ ram P^ es bedarf es der Einwirkung eines sen- 
hat w m P u ^ ses au * das Rückenmark. Dieselbe Thatsache 
c f orau w . lr nachher zu sprechen kommen, H. E. Hering für 
,as Strychnin festgestellt. 

suc h e n tr ^ e weiterer von Autokratow an gestellter Ver- 

führliche Arbeit ^ e * n * son d ern verweise auf meine aus- 


beit i 


Das 


seinen 


je Resum<*. welches Buschke in der citirten Ar- 
bisherigen Versuchsergebnissen giebt, lautet: „Der 
Dem fcpt!r»; 0 n? SCh curarisirt; sofort hört der Tetanus auf. 
schnitten wil 11 ^* osc ^ w * r d der linke N. ischiadicus ausge- 
EterührunV ailr ®nd vorher die Extremität starr bei der leisesten 
ab nad \ e ffffestreckt wurde, hängt sie jetzt schlaff herab, nur 
Manische tVnk . cllte Zuckungen in derselben auf. Der 
Einem y 9T1 ; c enthirnt; der Tetanus bleibt bestehen. 

—_____ chen Frosch wird der untere Theil des Rücken- 

Beitragen publiciVff 0 ^ ^ en . ers t en Theil der Arbeit in den klinischen 
za Aachen. * war es noch nicht gelungen, den Frosch tetanisch 

i werden ausführlich in den „Beiträgen zur 


marks durch eine eingeführte Nadel vernichtet. Darauf hört der 
Tetanus in den unteren Extremitäten auf, nur ab und zu zeigen 
sich leichte Zuckungen; in den oberen Extremitäten scheint der 
Tetanus etwas schwächer zu sein. Einem Kaninchen wurde Toxal¬ 
bumin auf die Centralwindungen gebracht, ohne dass eine Wirkung 
eintritt. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, dass das t£ 
tanusgift nicht auf die Muskulatur direkt wirkt, auch nicht auf 
die peripheren Nerven motorischer Natur, auch nicht auf das Ge¬ 
hirn. Das Rückenmark scheint der Angriffspunkt des Giftes zu 
sein.“ 

Diese Schlüsse bestätigen in allen Punkten unsere 
Folgerungen, ohne neue Thatsachen zu erbringen. 

Vielseitiger iu der Variation der Experimente und präciser in 
der Logik der Schlüsse als die Arbeit von Autokratow ist die¬ 
jenige von Courmont und Doyon. 

In einer ersten Versuchsreihe beobachten . die genannten 
Autoren den Effect des Curare auf die tetanischen Krämpfe. Sie 
gelangen dabei zu folgendem Resumö: „Les expöriences effectuös 
avec le Curare sur Fanimal t6tanique dömontrent que le poison 
tßtanique n’a aucune action directe sur la fibre muscu- 
laire“. — Wir sehen darin wieder die Bestätigung unseres, zwei 
Jahre früher ausgeführten und publicirten Versuches. 

In einer zweiten, am Warmblüter und am Frosch ausge¬ 
führten Versuchsreihe wird dßr Effect der Durchtrennung moto¬ 
rischer Nerven auf den bestehenden Krampf geprüft. Das Resultat 
ist: „que le poison tßtanique möme introduit localement ne pro- 
duit pas de eontraetures dans les muscles, dont les nerfs moteurs 
sont söparös de la moelle par une section. Elles d6montrent 
ögalement que les museles doivent ötre complötement önervös pour 
6tre sousstraits au tötanos“. — Auch dieses Ergebniss stimmt mit 
dem unsrigen überein. 

Die dritte Versuchsreihe umfasst Experimente, durch welche 
beim tetanischen Thier das Rückenmark zerstört wird. Dabei wird 
das Verschwinden des Krampfes constatirt. Daraus folgern die 
Autoren: „Le poison n’agit donc ni sur la fibre musculaire, 
ni sur le nerf moteur“. — Wir sehen darin wieder die Bestäti¬ 
gung des von uns aufgestellten Satzes: Das tetanische Gift ver¬ 
mag nur in solchen Nervengebieten den Krampf zu erzeugen, deren 
zugehörige Centralorgane erhalten sind. 

Zu demselben Schlüsse gelangen die beiden Forscher, indem 
sie bei Anwendung von Chloroform eine Abnahme der Krämpfe 
constatiren. 

Im letzten Theil der Arbeit nun berichten diese jedenfalls 
sehr geübten Vivisectoren über Versuche mit Durchschneidung der 
hinteren Rückenmarkswurzeln. Sie gelangen dabei zu demselben 
Resultate wie Autokratow, d. h. sio werden zu der Annahme 
geführt, dass der Krampf beim Tetanus nur die Folge eines die 
peripheren, sensiblen Nervenenden treffenden toxischen Reizes sei. 
„Elles (les eontraetures) sont le fait d’un röflexe, produit par l’ac- 
tion du poison tötanique sur les extrömitös pöriphöriques des nerfs 
sensitifs“. 

Wie wir, so fanden diese Forscher es für nothwendig, auch 
vor der Impfung die Operation vorzunehmen und dann zu be¬ 
obachten, ob am anästhetischen Beine die Krämpfe auftreten. Be¬ 
trachten wir diese Versuche genauer: 

Bei einem jungen Hunde werden die zu einem Hinterbein ge¬ 
hörenden hinteren Wurzeln durchtrennt. Vier Tage nach der 
Operation wird das Gift am anästhetischen Beine applicirt. Ueber 
den Status nach der Operation wird im Versuchsprotokoll nicht« 
angegeben. Während nun beim Controllthier der Tetanus auf 
sämmtliche Muskeln des Körpers sich ausbreitet, bleibt beim ope¬ 
rirten Thier das anästhetische Bein frei von Krampf. „La patte 
insensible et le seul point de ces deux chions, qui n’est pas 6tö 
eontraetures“. 

Bei einem weiteren Versuche wird an einem Hunde, der schon 
ausgebreiteten Tetanus darbietet, die Operation der Wurzel- 
durchtrennung vorgenommen. Das betreffende Hinterbein, dessen 
zugehörige Wurzeln durch trennt werden, erschlafft, aber die Con- 
tracturen verschwinden nicht in allen Muskeln. „La patte postö- 
rieure gauche devient aussitöt souple, mais les eontraetures ne 
disparaissent pas dans tous les muscles“. Dieses nicht vollstän¬ 
dige Verschwinden des Krampfes erklären Courmont und Doyon 
nun durch die Annahme, dass bei dem hier schon ausgebreiteten 
Tetanus der den Krampf auslösende Reiz von sensiblen Nerven 
anderer Körperregionen auf das anästhetische Bein übertragen 
werde. „Notre chien 6tait atteint de tötanos g6n6ralis6 et. des rö- 
flexes pouvaient partir des nerfs sensitifs des autres points du 
corps oü le poison t^tanique avait diffusö“. 

Der Versuch der Wurzeldurchtrennung wird deshalb wieder¬ 
holt bei einem Hunde, welcher nur an dem geimpften Bein 
den localen Krampf darbietet. Diese locale Contractur ver- 



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No. 5 


102 

schwindet nach der Operation, nur der Triccps bleibt zum 
Theil contrahirt. Während der Operation traten Krämpfe 
(„.quelques contractures“) im gegenüberliegenden Beine auf! — 
Dieser Versuch, heisst es, „est absolument demonstrative, 
la contracture du tötanos n’est qu’un röflexe“. 

In der Interpretation dieser Versuchsresultate, wie sie von den 
geschätzten Autoren gegeben wird, liegt nun aber ein schwacher 
Punkt: Beim Durchschneidungsversuche nach schon entwickeltem 
allgemeinem Tetanus wird die Reflexübertragung von intacten, 
durch das Gift erregten sensitiven Nerven aus zur Erklärung des 
nicht vollständigen Verschwindens der Contractur am anästhetischen 
Beine supponirt. Warum tritt nun aber bei functionstüchtig ge¬ 
bliebenen Reflexcentren diese Uebertragung des Reflexes nicht ein 
beim Versuch mit Durchschneidung vor der Impfung? Warum 
bleibt hier das anästhetische Bein vollkommen schlaff, nachdem 
der Tetanus alle übrigen Körpermuskeln ergriffen hat? 

Wir können uns des Verdachtes hier nicht erwehren, dass 
eben bei diesem ersten Versuche durch den schweren Eingriff die 
motorischen Centren lädirt wurden. Nur so können wir den 
Widerspruch zu dem beschriebenen Resultate unseres selbst aus¬ 
geführten analogen Experimentes am Kaninchen erklären. 

Wenn nun die Verfasser, gestützt auf den keineswegs ein¬ 
deutigen Erfolg dieser Wurzeldurchtrennungen, den Schluss ziehen, 
dass das Gift zweifellos durch Irritation der peripheren, sensiblen 
Nervenenden die Contractur erzeuge, „que le poison tötanique 
n’agit pas directement sur la moelle“, so sind sie zu diesem 
Schlüsse nicht berechtigt. Bekanntlich werden auch beim 
Strychninthier, bei dem das Gift sicher central, d. h. auf das 
Rückenmark direkt wirkt, die Krämpfe von den sensiblen 
Nervenenden aus erst angeregt, ohne dass dabei die 
letzteren durch das Gift selbst auf eine erhöhte Stufe 
der Erregbarkeit gebracht werden. 1 ) Beliebige schwache, zum 
Theil unbeabsichtigte Reize werden hier vom vergifteten Marke in 
abnormer Weise verarbeitet. Die bekannten, schon vor Decennien 
ausgeftihrten Experimente am Strychninfrosch zeigen, dass nach 
Ausschaltung aller sensiblen, zum Rückenmark führenden Impulse 
der Strychnintetanus ebenso aufhört, wie der Krampf bei unserem 
Tetanus. Stannius 2 ) machte im Jahre 1837 schon die nämlichen 
Experimente, wie wir sie am Frosch ausgeführt haben, nur mit 
dem Unterschied, dass er bei der raschen Wirkung des Strychnins 
zuerst die Operation ausführen durfte und nachher erst das Gift 
applicirto. Die Vergiftungserscheinungen traten nach Durch¬ 
trennung der hintern Wurzeln und Theilung des Rückenmarks 
nur in der vorderen Körperhälfte auf, in der hinteren blieben 
alle Krampfanfälle aus. Am schon vergifteten Thiere wurde die 
Operation unter anderen von H. Meier 3 ) schon 1846 ausge¬ 
führt. Der Erfolg war genau derselbe wie bei unserm Versuch. 
Der Tetanus hörte plötzlich auf. Aus Versuchen, die in neuester 
Zeit H. E. Hering 4 ) anstellte, geht dasselbe Resultat hervor. 
Nach Durchtrennung sämmtlicher hinteren Wurzeln erfolgt beim 
nicht vergifteten Rückenmarksfrosch Bewegungslosigkeit. Wird 
bei einem solchen Thiere Strychnin auf das Mark gebracht, so 
wird niemals eine selbstständige Bewegung beobachtet, nur durch 
Reizung des centralen Stumpfes einer durchtrennten sensiblen 
Wurzel kann eine Bewegung ausgelöst werden. Alle diese Ver¬ 
suche beweisen, dass aus einem Rückenmark, welches durch ein 
rein central wirkendes Gift in den Zustand höchster Erregbarkeit 
versetzt worden ist, kein Krampf ausgelöst werden kann, wenn jeder 
sensible Impuls abgeschnitten wird. Daraus folgt aber auch, 
dass beim infectiösen Tetanus das Verschwinden des 
Krampfes nach Durchtrennung der sensiblen Wurzeln 
keinen Beweis gegen die centrale Wirkung des Giftes 
liefern kann. Es ist vielmehr selbstverständlich, dass auch, 
wenn das Gift nur das Rückenmark und nicht die peripheren 
sensiblen Nerven erregt, die Beseitigung des sensiblen Impulses 
auf die Krämpfe wirken, d. h. dieselben vermindern oder auf- 
heben muss. 

Durch alle die Versuche der Wurzeldurchtrennung ist ein 
Beweis dafür, dass das tetanische Gift die sensiblen Nervenendi¬ 
gungen direkt erregt, nicht erbracht worden, ebensowenig aber 
ist durch dieselben bewiesen, dass eine solche Erregung 
nicht stattfindet. 

Die hochgradige Steigerung der Reflexerregbarkeit kann nicht 
zu Gunsten der Annahme einer solchen peripheren Erregung aus¬ 
gelegt werden; denn ständen die sensiblen Nerven unter dem Ein- 

! ) G. Walton, Ueber Reflexbewegung des Strychninfrosches. Arch. 
f. Physiologie 1882. 

*) Ueber die Einwirkung des Strychnins auf das Nervensystem. 
Mtiller’s Archiv f. Anatomie 1837, p. 223. 

®) Ueber die Natur des durch Strychnin erzeugten Tetanus. Zeit¬ 
schrift f. rat. Medicin 1846, p. 257. 

. - 4 ) Pflttger’s Arch. f. Phys. 1893. p. 614. 


flusse einer starken Erregung, wolche durch das Gift bedingt wird, 
so wären sie durch neu hinzutretende Reize eher weniger leicht 
erregbar. 

Für das Strychnin ist der Beweis, dass die periphere Erregung 
nicht statt hat, längst durch toxikologische Versuche geleistet 
worden, die wir leider vor der Hand mit dein Tfetanusgifte nicht 
erfolgreich anwenden können. Stannius, 1 ) Bernstein, 2 ) Walton 3 ) 
und andere bedienten sich der Methode des lokalen Abschlusses, 
d. h. sie verhinderten die Zufuhr des Strychnins zu bestimmten 
Theilen des Nervensystems. Die Anwendung dieser Experimente, 
die uns in der Kenntniss der Giftwirkung beim Tetanus sicherlich 
rascher weiter gebracht hätte, scheitert beim Tetanusgifte an der 
Länge der Ineubation. Die Versuche sind nur beim Frosche aus¬ 
führbar: wir können aber bei diesem Thiere nicht die Circulation 
in einem Gliede ausschalten, dann das Gift appliciren und nun 
sechs bis acht Tage warten, bis der Tetanus auftritt. 

Das toxikologische Experiment vermochte uns also vorläufig 
keinen Aufschluss darüber zu geben, wie die sensiblen Nerven¬ 
enden dem Gifte gegenüber sich verhalten. 

Was die motorischen Nerven betrifft, so haben wir mit 
Vaillard und Vincent nachgewiesen, und es ist dies von Auto- 
kratow, von Courmont und Doyon, sowie von BuSchke be¬ 
stätigt worden, dass das Tetanusgift, wenn es mit den vom Centrum 
abgetrennten Nerven in Berührung kommt, keine Krämpfe hervor¬ 
zurufen vermag. Wir sind dabei in unserem Schlüsse nicht so weit 
gegangen, wie die genannten Autoren, welche gestützt auf dieses 
Versuchsresultat annehmen, dass das Gift auf die motorischen 
Nerven überhaupt nicht zu wirken vermöge. Wir geben der Mög¬ 
lichkeit Raum, dass eine periphere Veränderung doch hervor¬ 
gerufen werde. Ueber eine Reihe von Versuchen, dir wir am 
Warmblüter anstellten, um die periphere Giftwirkung — welche 
anzunehmen das klinische Bild des Tetanus (Kopftetanus!) uns 
fast zwingt — experimentell nachzuweisen, will ich hier nicht 
Bericht erstatten, weil sie negativ oder nicht entscheidend ausfielen. 
Ich werde dieselben an anderem Orte mittheilen. 

Wir haben oben angedeutet, dass unsere Bemühungen, auf 
dem Wege des Experimentes zu klarer Einsicht in das Wesen des 
tetanischen Processes zu gelangen, an dem Hindernisse scheitern, dass 
wir mit einem chemisch noch unbekannten Bacteriengifte arbeiten, 
welches erst lange Zeit nach der Application seine Wirkung auf 
das Nervensystem erkennen lässt. 

Ich habe bereits im ersten Theil der erwähnten Arbeit die 
Ursache dieser Ineubation zu erklären versucht. Ich suchte diese 
1) darin, dass zur Erzeugung der tetanischen Erscheinungen durch 
das Gift eine Summation des Reizes auf das Nervensystem noth- 
wendig sei, welche Zeit beanspruche; 2) wies ich darauf hin, dass 
das Krampf erregende Agens durch das zu den Versuchen benutzte 
Gift (bacillenfreies Filtrat) in Verbindung mit den Körpersäften 
erst gebildet werden könnte, dass wir — welche Vermuthung zu¬ 
erst Tizzoni und Cattani aussprachen — es mit einem Fermente 
zu thun haben könnten. Zur Vollendung dieser chemischen Um¬ 
setzung, nahm ich an, sei Zeit nothwendig. 

In der Frist, die verstrichen ist, seitdem ich dies niederge¬ 
schrieben, ist an der Analyse der chemischen Beschaffenheit dieses 
Bacteriengiftes viel gearbeitet worden. Wichtig für meine Zwecke 
war vor allem eine aus neuester Zeit stammende Mittheilung von 
Courmont und Doyon. Die verdienten Autoren suchten Beweise 
dafür zu erbringen, dass durch den Nicolaier’schen Bacillus in den 
künstlichen Nährböden wirklich nur ein Ferment fabricirt werde. 
Als erste Stütze für diese Ansicht gaben sie an, dass der Frosch 
im Winter refraetär sei gegen das Gift, nicht aber im Sommer, 
weil es einer günstigen Temperatur bedürfe, damit die Fermentation 
vor sich gehen könne: „La grenouille est röfractaire en hiver, 
tötanisable en 6t6, sans doute parce qu’il faut une tempörature 
favorable, pour qu’une fermentation se produise“ 4 ). 

Zum weiteren Beweis berichten sie über Versuche, bei denen 
es ihnen gelang, aus den Muskeln tetanischer Thiere eine Substanz 
zu gewinnen, welche typischen Tetanus ohne Ineubation zu 
produciren imstande sei. 

Diesen Versuch prüfte ich nach, denn es schien mir von 
grossem Werthe zu sein, dieser Substanz für die uns fehlenden 
mit dem gewöhnlichen Gifte nicht practicablen Experimente habhaft 
zu werden. Indem ich im chemischen Laboratorium von Herrn 
Prof. Egli, unter gütiger Hülfe desselben, dieses Gift darzustellen 
mich bemühte, verfuhr ich genau nach den Angaben eines Referates 
in der Semaine mödicale 5 ); eine andere Publication stand mir nicht 
zur Verfügung. 

*) 1- c. pag. 228. 

2 ) Moleschott’s Unters. X, p. 280. — 3 ) 1. c. p. 56 und 57. 

4 ) Bericht über die Sitzung der Sociötd de biologie vom 11- 
1893. Semaine mddicale 1893, No. 16. 

5 ) Semaine medicale 12. Juli 1893. 


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1. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


103 


[iie.se Angaben lauten: „Lorsqu'on vent isoler chimiquemont cette 
»ubstance, on se bcurte aux plus grandes difficultds, raais nous pouvons 
indiquer las moyens de la mettre en relief ä Taide d’un simple extrait 
aquens. Les muscles tetaniques ont et<$ empruntes ii des chiens ou des 
lapins, et l'injection de 1‘extrait a 6te faite uniquement ä des grenouilles. 
Lextrait aqueux A chaud est celui qui nous a donn£ les meilleurs resultats. 
Le muscle finemcnt hach£, additionne d’eau est soumis a l’ebullition 
pendant une heure. Ec residu est repris par l’eau, passö a la presse et 
filtn*. Le liquide obtenu est alors injecte a une grenouille. Suivant la 
dose employec, 1‘aninial presente soit simplement de l’hyperexcitabilitd 
seit uü viritable strychnismc. Nous avous obtenu les plus beaux effets 
avec des doses d’extrait correspondant ä 5 et a 7 g de muscle t^tanique. 
Si l.i dose est trop forte, la grenouille tombe dans le coma paralytique et 
meurt rapidement. On remarquera que les extraits ne peuvent contenir 
aucune trace des produits solubles du bacille de Nicolaier, lesquels sont 
rendus inactifs par une chauffage de plus de 65°.“ 

Wir injicirten nun von der nach dieser Vorschrift aus den 
Muskeln eines hochgradig titanischen Kaninchens gewonnenen 
Flüssigkeit die vorgeschriebenen Quantitäten sowohl weissen Mäu¬ 
sen und Meerschweinchen, als auch Fröschen, aber — ohne Erfolg. 
Die weissen Mäuse erkrankten sichtlich, gingen zum Theil unter 
paralytischen Erscheinungen zugrunde. Tetanische Symptome tra¬ 
ten bei keinem der Thiere auf. Die Frösche blieben vollständig 
gesund. ö 

Später erfuhr ich aus einem Aufsatze von Uschinsky 1 ), dass 
Courmont und Doyon im weitern unmittelbaren Tetanus ohne 
Ineubation dann erzeugen konnten, wenn sie Blut von einem durch 
Vergiftung tetaniseh gemachten Thiere einem andern Thiere inji- 
• irten. Ueber diese Angabe musste ich mich wundern, weil ich 
wiederholt schon Blut tetaniseher Thiere und Menschen übertragen 
und damit auch Tetanus erzeugt hatte, dabei aber immer erst nach 
längerer Ineubation die Erscheinungen hatte auftreten sehen. Ich 
?tand indessen nicht an, diesen Versuch ebenfalls zu wiederholen. 
Ich entnahm einem hochgradig tetanischen Meerschweinchen aus 
der Carotis Blut und spritzte davon weissen Mäusen in Quantitäten 
\on 1— -1V 2 ccm ein. Der Tetanus trat auf, aber erst nach der 
gewöhnlichen Incuhationszeit. Auch Uschinsky hat diesen Ver¬ 
buch wiederholt, ohne die Angabe der französischen Forscher be- 
stätigen zu können. — Woran der Fehler liegt, ist mir unbekannt. 
Gleicht sind wir durch ungenaue Referate irregeleitet worden. 

M ir sahen damit unseren experimentellen Studien vorläufig eine 
Jirenze gesetzt. Die bisher gewonnenen Resultate auf ihren richtigen 
«erth zu prüfen, war die Aufgabe, die wir in diesem Aufsätze 


RI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau. 

Chirurgische Beiträge zur Localis ation der 
Grosshimrinde. 

Ion Dr. med. Georg Troje, Assisstenzarzt der Klinik. 

Hit? i d^u i? 6 k £. run( ^ e & en den Reizversuchen von Fritsch und 
rimei/nnStt 11 . ln “ erhalb de . r beiden verflossenen Jahrzehnte Expe- 
der Fiflcra Wunsch-pathologische Beobachtung so viel Material zu 
da^ HW Q iK° n • Bocalisation der Grosshirnrinde herbeigeschafft, 
hat da«« Ai e p ne wes6nt bche Förderung in dem Sinne erfahren 
tion«lftf a u^p e k e genBätze zwischen den für und wider eine Func- 
lic h gemildert ha a ben reten< ^ en ^ orsc ^ ern allgemeinen erheb- 

unvemit U f 1 rl! < ‘^ rre J 1 e “ 2elrle Autoren auch heute noch auf völlig 
£ *" Standpunkten, wie H. Munk einer- und Brown- 
Litteratur nar^^ 1 ^^-^ 00 * 1 * st P* r Anhang, den Stimmen in der 
Während erstÄ™ 2 ?! Sc ^ J ess ® n , kein 80 bedeutender mehr wie früher, 
fest hält ha Kon w ? ach ^, le vor an 8einer starren Projectionslehre 
tionen von 1 f t *. tere “ Forscher**) auch die neuerlichen Publica- 
?emachten evflftf 57 un . d Beevor 4 ) über ihre am Hirn von Affen 
motorischer S Expenmentalbeobachtungen nicht von der Existenz 
er denselben oi encent . ra zu überzeugen vermocht. Vielmehr stellt 
wonach io n d ene annullirende Beobachtungen gegenüber, 
oder die d , er K °P f <•<* Versuchstieres auf die eine 

Steile der semm!,? 1 * 6 ^ a ® er *i w “rde, auf elektrische Reizung einer 
>n den Gliedern h ten motorischen Zone gleichartige Bew'egungen 
Körperhälfte eintna* ent g e gengesetzten oder der correspondirenden 
bonslehre untemnm! 11 ' ** a sal bst die auf Grund der Localisa- 
Piffe am Mensch™* 116 / 1811 ’ Von gekrönten chirurgischen Ein- 
heitsveriaufes anffr.K Ä! 1 * 611 v p kurzem R^sumö des Krank- 

‘ fl dip Hand. ’ geb . en ilim nur Waffen gegen diese Lehre 

Operation aus»-pfiiW der Ur ? lrt . er ’ dass bei den im Verlauf der 
* ei %e Lageverhältm‘c 0 n ^ Kälvanischen Reizungen sich das gegen- 
"Prechenden Rindonfou ^ er üen verschiedenen Muskelgruppen ent- 
p——der als ein dem Localisationsschema wider- 

üüd3 J l9. entraIblatt för Bäcteriologie 1893, Bd. XIV, No. 10, p. 318 


sprechendes herausstellte, oder dass trotz Abtragung von Partieen 
aus dem Gebiete der angeblichen motorischen Rindencentren keine 
Lähmung eintrat, oder in der grossen Zahl der Fälle von nach¬ 
weislichen Heerderkrankungen, dass die Operationswunden, die doch 
nur emo und zwar eine bedeutendere Lähmungsursache an 
bteile einer andern setzen sollten, zu keiner vermehrten Läh¬ 
mung geführt hatten, dass vielmehr die durch den Krankheitslieerd 
gesetzten Functionsstörungen nach der Entfernung desselben ge¬ 
schwunden waren. So kommt er zu dem Schluss: „Que les par- 
ties considöröes comme centres psychomoteurs ne possMent pas la 
fonction, qu on leur attribue et que s’ils causent la paralysie, c’est 
par suite d’une irritation faisant disparaltre le mouvement volon- 
taire par une influence exercöe sur d’autres parties des centres 
nerveux.“ 


Sieht man aber auch von den gekennzeichneten Extremen in 
der Auffassung des zur Entscheidung der Frage vorliegenden Ma¬ 
terials ab, so bleiben doch selbst unter den weniger schroffen 
Gegnern, als deren Hauptrepräsentanten Hitzig und Goltz zu 
nennen sind, eine grosse Zahl der Hebung bedürftiger Streitpunkte 
übrig, die sich namentlich auf die Stellvertretung der Hirnfunc¬ 
tionen durch ursprünglich nicht damit betraute Rindengebiete, sowie 
auf den Umfang des Ineinandergreifens resp. die Möglichkeit einer 
mehi* oder weniger scharfen Differenzirung der einzelnen Functions¬ 
heerde beziehen. 

Dazu kommt, dass die für einzelne cerebrale Functionen an¬ 
gegebenen Rindenfelder zum Theil auch von localistischer Seite ver¬ 
worfen werden, zum Theil noch der Bestätigung bedürfen, während 
für andere Functionen des Grosshirns bestimmte Angaben über¬ 
haupt noch fehlen. 

Angesichts dieses Standes unserer Kenntnisse von den Func¬ 
tionen des Grosshims, die selbst Hitzig 0 ) vor nicht langer Zeit 
als „noch höchst rudimentär“ charakterisirt hat, verdient jeder 
Beitrag in dieser Richtung das allgemeine Interesse der medicini- 
schen Welt. Namentlich aber wird jenen Erfahrungen, die der 
Chirurg bei seinen operativen Eingriffen direkt am Menschenhirn 
zu machen Gelegenheit hat, ein besonderes Gewicht beizulegen sein: 
sind letztere doch nach Brown-S^quard 5 ) als „vöritables vivi- 
sections faites sur l’homme“ zu erachten. 

Ganz wie der Physiologe beim Thierversuch, ist auch der 
Chirurg in der Lage, 1) die Cortex cerebri nach Freilegung der¬ 
selben im Verlaufe der Operation direkt zu reizen und die unmittel¬ 
baren Reizerfolge zu registriren. und 2) durch den operativen Ein¬ 
griff einen bestimmten Defeet der Hirnrinde zu setzen und in der 
Folge die danach eintretenden Ausfalls- resp. Reizsymptome zu 
beobachten. 

Das erstere Verfahren wird sich auf Eingriffe im Gebiete der 
sogenannten motorischen Zone beschränken müssen, da nur von 
hier aus beim narkotisirten Patienten ein schneller und zugleich 
sicherer Effect — in Gestalt von Muskelzuckungen — zu erzielen 
ist. Dasselbe dient, dem Operateur als vorzügliches Mittel, sich 
auf der Hirnoberflächc zu orientiren, wird also nicht etwa nur 
experimenti causa geübt. — Der zweite Modus zur Bestimmung 
der Functionslocalisation sollte bei keinem hirnchirurgischen Ein¬ 
griff ausser Acht gelassen werden. 

Dies vorausgeschiekt., wollen wir kurz über drei in der letzten 
Zeit in der Breslauer chirurgischen Klinik operirte Hirnfälle be¬ 
richten, von denen zwei die Gelegenheit boten, während der Ope¬ 
ration elektrische Reizversuche im Gebiete der sogenannten psycho¬ 
motorischen Centren zu machen, während zwei derselben interessante 
und, wie es scheint, bisher noch nicht beobachtete Symptome im 
Verlauf der Nachbehandlung aufwiesen. 

Fall 1.‘) Corticale Epilepsie infolge von Hirncysticerken 
im Gebiet der sogenannten motorischen Zone. Julius Tschöpe, 
51 Jahre alt. litt seit 23 Jahren an den Erscheinungen einer corticalen 
Epilepsie, die sich im Anschluss an eine Schlägerei, bei der Patient 
zahlreiche Knüttelhiebe über den Kopf erhalten hatte, eingestellt hatten! 
Lange Zeit hindurch erfolgten die einzelnen Anfälle in weiten, bis halb¬ 
jährigen Intervallen, meist des Nachts, so dass Patient nur durch die 
zerbissene Zunge und durch die Mitteilungen seiner Zimmergenossen von 
denselben erfuhr. Erst nach Jahren folgten sie sich etwas häufiger und 
traten auch nicht selten bei Tage unter Bewusstseinsverlust auf. Seit 
sieben Jahren trat eine Aenderung insofern ein, als jetzt jedem Anfalle 
eine deutliche Aura in Form eines Gefühls von Eingeschlafensein 
und Muskelspannung in den linksseitigen Extremitäten und in der 
linken Gesichtshälfte vorausging. Seit etwa drei Jalircn setzten die 
Anfälle indess auf der rechten Seite ein, und zwar in Gestalt von 
Zuckungen in verschiedenen Muskelgruppen der rechten Gesichtshälfte 
und des rechten Armes, namentlich in den Flexoren der Finger. Oefter 
blieb dann der eigentliche Anfall nach solchen Zuckungen auch aus. In 
der Folge stellte sich eine rechtsseitige partielle Facialislähmung. 
sovHe eine rechtsseitige Armparese ein, die die Gebiete aller drei 

*) Ueber den Fall hat bereits Herr Dr. Tietze in der Sitzung der 
schlesischen Gesellschaft für Vaterländische Cültur vom 4. Novbr. 1892 
kurz berichtet (Deutsche med. Wochenschrift 1893. Nr. 5). 



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104 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


Armnerven gleichmässig derart betraf, dass sie sich im weseutiichen auf 
die Hand beschränkte, besonders aber in der Unmöglichkeit, Oppositions¬ 
bewegungen auszuführen, Ausdruck fand, so dass Patient weder jemandem 
die Hand drücken, noch eine Weste auf- und zuknöpfen konnte. Alle 
Qualitäten der Sensibilität incl. Muskelsinn waren dabei m vollem Umtange 
erhalten. Zugleich trat eine durch Anarthrie charaktensirte bpracn- 
störung, sowie Vergesslichkeit auf. Ausserdem konnte bei der Ab¬ 
nahme des Patienten eine Hemiopia dextra incompleta nachgewiesen 
werden. In der letzten Zeit vor der Operation setzten die epileptischen 
Anfälle 4,6, sogar 8 Wochen aus, wiederholten sich dann aber oft an einem 
Tage mehrfach. 

Fig. l. 



selbe war bei dem erwachsenen Mädchen 9 cm lang, sie begann vorne 
oben 2 cm hinter dem obersten Viertelpunkt des vorderen Koch er sehen 
Schräo-meridians und endete, schräg nach hinten unten verlautend. 1 cm 
hinter” dem hinteren Schrägmeridian und 3 cm Uber der Aequatoriallmie. 
Sie begann also entsprechend dem mittleren Drittel des Gyrus postcentralis 
und lief über den Gvrus supramarginalis und angulans hinweg. Delle und 
Fissur waren von spindelförmiger Gestalt, an ihrer breitesten mittleren 
Partie hatte erstere eine Breite von 2% letztere von 1 , a cm. Hier sah 
und fühlte man die muldenartig eingezogene Kopfschwarte unter dem Ein¬ 
fluss von Hirnpulsationen auf- und niedersteigen. 

Fig. 2. 



Nach dem Mitgetheilten schienen die Localerscheinungen hier so be¬ 
stimmte Anhaltspunkte für eine genaue Localisation des centralen Heerdes 
zu bieten (es wurde das mittlere Drittel der linken vorderen 
Centralwindung angenommen), dass Herr Prof. Wernicke, der den 
Fall in Beobachtung hatte, denselben der chirurgischen Klinik zur Operation 
empfahl. 

Bei der von Herrn Geheimrath Mikulicz ausgeführten temporären 
Schädelresection ergab sich ein unerwarteter Befund. Man hatte die 
Existenz einer stark reizenden narbigen Schwiele angenommen, die das 
Gehirn mit seinen Hüllen und der Schädelkapsel verbände, wie solche nach 
traumatischen Insulten (Blutungen) des Gehirns zimückbleiben können. 
An Stelle dieses einen gesuchten fanden sich nun zwei Heerde: einer im 
mittleren und einer im unteren Drittel der vorderen Central¬ 
windung, jener tief ins Mark reichend, dieser ganz oberflächlich und 
locker in die graue Substanz eingebettet und mit Pia und Dura leicht 
verwachsen (vergleiche Fig. 1). Die beiden Heerde stellten zwei Cysti- 
cerken von etwa Bohnengrösse dar, der erstere einen alten verkalkten, 
der letztere eine junge, zarte Cephalocyste. 

Zur Sicherstellung der topographischen Verhältnisse wurde mit einem i 
schwachen Inductionsstrom die Hirnrinde einmal dicht neben dem oberen I 
und zweitens dicht neben dem unteren Heerde mehrmals gereizt. Die 
Reizversuche an dem oberen Punkte führten zu energischen 
isolirten Flexionszuckungen des rechten Daumens, die am 
unteren Punkte zu weniger deutlichen Zuckungen des rechten 
oberen Auges und des rechten Mundwinkels. Die beiden Cysti- 
cerken wurden hierauf stumpf entfernt, der nach unten geklappte Dura- 
und Hautknochenlappen reponirt und letzterer mittels durch die Haut ge¬ 
legter Silbomähte locker fixirt. 

In der Folge zeigte sich zunächst die Parese des rechten Armes wie 
des rechten Facialis deutlich verschlechtert. Im Verlaufe der reactions- 
losen Wundheilung ging dieselbe indess immer mehr zurück, so dass bei 
der Entlassung des Patienten, l'/a Monate nach der Operation, die 
Facialisparese nur noch andeutungsweise vorhanden und die 
Beweglichkeit und Geschicklichkeit der Hand soweit wieder 
hergestellt war, dass Patient auch die subtileren Verrichtungen beim 
Anziehen ohne Schwierigkeit auszuführen vermochte. Nur eine isolirte 
Parese des Musculus abductor pollicis brevis hatte Patient 
zurückbehalten, weshalb die Opposition des Daumens gegen den fünften 
Finger rechts nur mit Mühe, bisweilen auch gar nicht gelang. — Die 
Sprachstörung war fast ganz gehoben. 

Unbeeinflusst von der Operation war der hemiopische Defect 
im rechten unteren Quadranten des Gesichtsfeldes geblieben, und auch die 
epileptischen Anfälle hatten sich noch mehrmals nach der Operation 
wiederholt, hatten aber in der linken Körperhälfte eingesetzt. 
Aus diesen Symptomen wurde auf das Bestehen eines dritten Er¬ 
krankungsheerdes im rechten Occipitallappen geschlossen, vor¬ 
läufig aber angesichts der Zufriedenheit des Patienten mit dem Erfolge 
der ersten Operation, sowie in Erwägung seiner immer noch grossen 
geistigen und körperlichen Schwäche von einer Entfernung desselben Ab¬ 
stand genommen. 

- Fall 2. Corticale Epilepsie infolge cystischer Entartung 
der Hirnrinde im Gebiete des sogenannten motorischen 
Centrums der oberen Extremität, sowie des Gyrus supra- 
marginaliB und angularis. 1 ) Emma Menzel, 18 Jahre alt, hatte 
sich als lVsjähriges Kind durch den Sturz von einem Treppengeländer 
eine von keiner Weichtheilwunde complicirte Fissur und Depression 
der rechten hinteren Seite des Schädeldaches zugezogen. Die- 

*) Dieser und der folgende Fall wurde von mir im Mai d. J. in der 
schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur vorgestellt. 


Emma Menzel: Cystisclie Eutartung der Hirnrinde, einen binteren’Tliell des miltleren 
Diittels* des Qyrus postcentralis (c,) und einen grossen Thetl des Gyrus snpramargnalis 
und angularis betreffend (C). a und b Reizpunktc. d CorÜcaldefect Im Gebiet des 
Lobus parietalis superior, entstanden durch Abreisscn der resecirten Enochenplatte. 

Das Kind hatte nach dem Falle das Bewusstsein verloren und nach 
dem Erwachen mehrfach Krämpfe bekommen. In der Folge hatte es dann 
bis zu seinem sechsten Lebensjahre, in dem es an choreaartigenEr- 
scheinungen erkrankte, eine ungestörte körperliche und geistige Ent¬ 
wickelung genommen. Auch die Choreasymptome gingen unter elektro- 
therapeutischer Behandlung im Verlaufe eines Jahres zurück und machten 
wieder einem völlig normalen Gesundheitszustände Platz. Erst im zwölften 
Lebensjahre stellten sich Anfälle vom Charakter der Jackson- 
schen Rindenepilepsie ein, indem die sich etwa wöchentlich einmal, 
bei Tage oder bei Nacht, wiederholenden, in der Regel 3—5 Minuten 
dauernden und mit völligem Bewusstseinsverlust einhergehenden Con- 
vulsionen der gesammten Körpermuskulatur sich stets durch ein vorher¬ 
gehendes ziehendes Gefühl, sowie durch Muskelcontractionen in der linken 
Oberextremität anzeigten. Es blieb stets ein starkes Eingenommenem 
des Kopfes zurück, und allmählich entwickelte sich eme eigentümliche 
dauernde Störung in dem Verhalten der Muskulatur der linken 
Oberextremität, die im wesentlichen auf einer deutlichen Steige¬ 
rung des Muskeltonus beruhte. Dadurch erfuhren sowohl die passiven 
als besonders die activen Bewegungen des linken Annes im Schulter- und 
Ellbogengelenk, namentlich aber in den Hand- und Fingergelenken, eine 
gewisse Hemmung, während eine Abnahme der groben Kraft kaum nach¬ 
weisbar war. Die feineren Bewegungen der Finger (Knöpfen u. dergl.) 
erfolgten sichtlich verlangsamt und schwerfällig. Dem entsprach auch eme 
eigenartige Haltung der Finger der linken Hand, welche nicht in Ruhe¬ 
lage aneinandergeschlossen und gebeugt, sondern in einer eigentümlich 
gespreizten Haltung sich befanden, meist mit gestreckten Grund- una 
leicht flectirten Endphalangen. Ganz andeutungsweise zeigte sich 
dieselbe Störung auch an der linken unteren Extremität, in¬ 
dem auch hier der Uebergang aus der Beugung in die Streckung des 
Beines links langsamer und mit einer gewissen Hemmung geschah, und 
auch die Bewegungen der Zehen etwas weniger prompt ausfielen als rechts. 
Der Patellarreflex war beiderseits, aber links in höherem Grade als rechts, 
gesteigert, ebenso die Sehnenreflexe an den Armen. Störungen des lnst- 
sowie des Muskelsinns waren nicht vorhanden. Auch an der Gesichts¬ 
muskulatur war eine Abnormität insofern zu bemerken, als sich hei dei 
Innervation derselben eine übermässige Thätigkeit im unteren 
linken Facialisgebiet einstellte. , 

Die erwähnten Localsymptome Hessen auf eine Heerderkrankung der 
Hirnrinde im Bereiche der Schädelfissur, namentlich auch im Gebiete de 
sogenannten motorischen Centrums der linken Oberextremität schliessen 
und forderten zu einem operativen Eingriff auf. 

Die von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgenommene temporar 
Resection der von der Verletzung betroffenen Schädelregion deckte a 
anatomisches Substrat der cerebralen Functionsstörung eine cystiscii 
Entartung eines hinteren Abschnittes des mittleren Drittel 
des Gyrus postcentralis, sowie fast des ganzen Gyrus sl lPJ a .' 
marginalis und angularis auf (vgl. Fig. 2, b und c). Bei der Mani¬ 
pulation des Elevirens und Umklappens der umsägten, von der * 18S 
durchzogenen Knochenplatte war übrigens ein pfennigstückgross 
und ca. 3 mm dickes Stückchen des untersten "heiles u 
Lobus parietalis superior im Zusammenhänge mit dem Knochen a * 
gerissen worden (vgl. Fig. 2, d), da sich die Dura materin der u * 
gebung der Fissur ziemlich weit hinter die Knochenränder der letzte 
retrahirt hatte, so dass die Hirnsubstanz hier der rauhen, von Kiflen 
Furchen 'durchzogenen Innenfläche des Knochens dicht anlag und z 
Theil fest anhaftete. . .. _ 

Zum Behufe einer genaueren Orientirung wurde darauf mittels ie 
Schliessungselektrode bei schwachem Inductionsstrom die Corticaiis 
zwei, etwa 5 mm von einander entfernten Punkten dicht über una 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


1. Februar 


105 


dem oberen Ende des Erweichungsheerdes gereizt (vgl. Fig. 2, a und b). 
Bei Reizung des Punktes a erfolgte eine kurze Flexions- 
zuckung des linken Daumens, bei Reizung des Punktes b 
eine solche der ulnaren Finger der linken Hand. 

Nachdem die die mehrkmiimerigen Cysten erfüllende wasserklare 
Flüssigkeit abgeflossen und die die Cysten septirende, erweichte, un- 
pigmentirte Hirnsubstanz abgetragen, sowie die hintere, mit besonders 
rauher Innenfläche versehene Spange der durch die Fissur längs ge¬ 
spaltenen Knochenplatte entfernt worden war, wurde der Hautknochen¬ 
lappen wieder zurilckgeschlagen und locker vernäht. 

Der Wundverlauf war reactionslos. Nur in den ersten Tagen 
nach der Operation waren die Bewegungen der linken Hand noch schwer¬ 
fälliger und steifer als zuvor, dann trat in dieser Hinsicht ungefähr 
der Status quo ante ein. Die epileptischen Anfälle sistirten in der 

iTsteu Zeit gänzlich. Erst als Patientin am zehnten Tage nach der 

Operation zum ernten mal das Bett verliess, hatte sie an diesem und 

dem folgenden Tage noch mehrere sehr heftige Anfälle. Es folgte eine 
Pause von 17 Tagen, worauf noch ein sehr abgeschwächter und kurz 
dauernder Anfall auftrat. Seither (über zwei Monate) hat sie keinen 

epileptischen Insult mehr erlitten. (Nachträgliche Bemerkung: Anfang 
Juli kamen wieder vier Anfälle während 24 Stunden; seit dieser Zeit ist 
Patientin frei davon.) 

In den ersten 14 Tagen der Nachbehandlung wurde das Interesse 
bei diesem Falle in hervorragendem Maasse durch Symptome in Anspruch 
genommen, die auf eine Störung der Blasen- und Darminnervation hin¬ 
wiesen. Vom ersten Tage nach der Operation ab konnte Patientin bei voll¬ 
kommen normalem Sensorium trotz Harndrangs nicht spontan uriniren, 
sondern musste täglich dreimal katheterisirt werden. Erst am siebenten 
Tage post operationem gelang es ihr einmal, von selbst Ham zu lassen, 
dann aber wieder bis zum vierzehnten Tage nicht. Ein auffallender 
Sphincterspasmus konnte dabei nicht wahrgenommen werden. 

Ziemlich synchron verlief die Defäcationsstörung. Da Patientin am 
dritten Tage nach der Operation noch keinen Stuhl gehabt hatte, erhielt 
sie einen Einguss von lauwarmem Wasser, dem unmittelbar eine Entleerung 
folgte. Am sechsten Tage nach der Operation erfolgte die nächste Stuhl- 
entleenmg. die normal ablief. Am Tage darauf liess Patientin indess, 
bevor sie noch ein Steckbecken erhielt, dickbreiigen Stuhl unter sich. 
Erfasser fand sie bald darauf in _hränen, weil ihr dies passirt wäre und 
äe es nicht hätte verhindern können. Dasselbe passirte ihr am achten 
und neunten Tage nach der Operation. Am zehnten Tage hatte Patientin 
keinen Stuhl, auch keinen Drang dazu. Am elften Tage stellte sich 
ötuhldrang ein, doch war Patientin zur Defäcation nicht fähig. 
Ne erhielt einen Einguss von lauwarmem Wasser, der indess so gut wie 
nichts zu Tage förderte. Am zwölften Tage erhielt Patientin morgens 
einen Esslöffel Ricinusöl; gleichwohl vermochte sie bei starkem Stuhl- 
drang im Laufe des Tages nicht zu defäciren. Der palpirende Finger 
fand am Abend den Sphincter ani weit offen und stiess unmittelbar 
hinter demselben auf etwa kastaniengrosse, harte Scybala, die er mit 
leichter Mlihe entfernte. Trotz Anwendung starker Bauchpresse rückten 
°ben sitzenden, den ganzen Mastdarm bis zur Flexur hinauf 
tnüiienaen ocybala nicht herab, so dass dieselben mittels langer, leicht 
gekrümmter Kornzange einer nach dem anderen herausbefördert werden 
Kf 1 . dreizehnten Tage wurde noch eine Reihe weiterer, in den 
eingetretener, mittelstarker Kothballen, die Patientin trotz 

dran ge s nicht auszustossen vermochte, mittels Kornzange entfernt, 
nn™ h a tt e Patientin wieder täglich spontan eine 

nri • e »tahlentleerung. wie sie auch von dieser Zeit ab wieder spontan 

(Schluss folgt.) 


ry Heilung eines Falles von Addison’scher 
ajanidieit; Bemerkung über regenerative 
Hyperplasie der rotben Blutkörperchen. 1 ) 

Ion Priv.-Doc. Dr. H. Neumann in Berlin. 

»vlf-hfrdie Ehre, Ihnen einen Mann vorzustellen, 
Reihp v a,l T u 1S0n sc ^e r Krankheit gelitten hat und seit einer 
Si ° n i Ja f ren V ° n d . ieser Krankheit geheilt ist. 

, * R auben, dass ich Ihnen in Anbetracht der ausserordent- 


*‘ c ' len Seltenheit 

auttheile. 


dieses Falles die Krankengeschichte genauer 


litten haben J?n daire , a ^ e . Mann, welcher als Knabe am „Fieber“ ge- 
(“urrens und Winter 1872/73 in der Charite eine Re- 

Flecktynhno d» i G 1878/79 im städtischen Krankenhause Moabit einen 
Jahren elf ^ April 1885, also vor nunmehr acht 

^ankenhaiK wur< * e der Mann wiederum in das städtische 

beobachten künn ” au ^ en ommen, und habe ich ihn seitdem persönlich 
Direktor Pani p 611 ’ zuers ^ während meiner Assistenz bei dem verstorbenen 
Verhältnissen Fr UUmann im Krankenhause und später in seinen Privat- 
Kfaakenhause w* Wa fi am dieses Tages auf dem Wege nach dem 

das Bewußt ««in j °' s zusammengebrochen, hatte auf dem Polizeibureau 

SctaürheVHnc J eder 8ewonnen und wurde dann im Zustande höchster 
Die Krankenhaus eingeliefert, 

^wähnten au fe e . n °mmene Auamnese ergab ausser den schon 

^nnt ist. und dl«, 888 - er ® n, der hat, dessen Schicksal ihm unbe- 
seme Eltern an unbekannten Krankheiten verstorben 

brag, gehalten ini Verein für innere Mediciu. 


sind. Syphilis wird geleugnet. Patient konnte noch bis vor vierzehn 
Tagen Kohlen tragen, dann wurde er, wie er sich ausdrückte, „schlapp 
in den Knochen“ und morkte von Tag zu Tag eine Verschlimmerung 
seines Befindens. Ueber den Zeitpunkt der gleich zu erwähnenden Farben¬ 
veränderung seiner Haut kann der Kranke, der. wie ich später gesehen 
habe, recht intelligent ist und sich gut und objectiv beobachtet, keine 
Auskunft geben. Er glaubt nicht in der letzten Zeit abgemagert zu sein- 
über Schmerzen irgend welcher Art, über abnorme Sensationen oder 
Krämpfe kann er nicht klagen. Nur hat er im Schlummer das Gefühl, 
als ob er eine „Beschäftigung“ habe, während er doch beim Aufwachen 
sieht, dass er ganz ruhig liegt. Bei der Urinentloerung fiel ihm nichts 
auf; der Stuhlgang ist regelmässig und von breiiger Consistenz. Der 
Appetit ist mässig. Seit der Erkrankung fällt dem Patienten das Athmen 
schwer, und besteht wenig Husten. 

Am Tage nach seiner Einliefemng fand ich den Kranken in passiver 
Seitenlage in einem eigentümlichen Zustand, in dem er nur durch lautes 
Anrufen veranlasst werden konnte, Auskunft zu geben. Auch der erste 
genauere Status vom 14. April giebt noch an, dass Patient wio nach 
einem besonders festen Schlaf Athem holt und sich bewegt. Er giebt in 
diesem Zustande der Verschlafenheit nur bei energischen Fragen Antwort. 
Seine Intelligenz ist aber nicht beeinträchtigt und sein Gemütszustand 
nicht abnorm. Er ist ein mittelgut genährter Mann mit schwarzem, etwas 
melirtem Haupthaar. Sklera weiss, Iris blau. Hydrocele mittlerer Grösse. 
Die Untersuchung der Hautdecken zeigt folgendes: sie sind im allge¬ 
meinen von einer rothbräunlichen Farbe, die am meisten an die Hautfarbe 
der Indianer oder an den Ton der rotbraunen Bronce erinnert. Das Ge¬ 
sicht, die oberen und unteren Extremitäten zeigen noch am meisten die 
ursprüngliche, mässig gelbbraune Hautfarbe, wie sie schon hei dem 
früheren Aufenthalt des Kranken im Krankenhause bemerkt worden war; 
Mer findet sich nur fleckweise eine dunklere Färbung. Hingegen ist dor 
Rumpf ziemlich gleichmässig dunkel verfärbt, mit besonders starker Be¬ 
teiligung des Halses, der seitlichen Thoraxpartieen, des Bauches, der 
Schenkelbeugen, der Kreuzgegend und der Analfalten. Hingegen wird 
eine besonders intensive Färbung an den Brustwarzen und Genitalien 
nicht wahrgenommen. Schleimhäute: Die Bindehaut ist blass und 
nicht verfärbt. Die Lippen und die Wangenschleimhaut, weniger der 
harte Gaumen, sind blauschwärzlich gefleckt, dio Schleimhaut ist im 
übrigen höchst anämisch. Der weiche Gaumen und der Pharynx sind 
nicht verfärbt. Lungen: Grenzen erweitert, Athmungsgeräuseh vesi- 
culär, ohne Rasseln. Die Herztöne sind regelmässig, der erste Ton ist 
an der Spitze und im linken zweiten Intercostalraum von einem leichten 
Geräusch bogleitet. Lautes Venensausen in der Vena jugularis. Leber¬ 
und Milzdämpfung percussorisch in den normalen Grenzen. Puls regel¬ 
mässig, 90, tardus, Welle niedrig und leicht zu unterdrücken, Wandung 
weich. Respiration 15, regelmässig, mit tiefem Inspirium. Druck auf 
die falschen Rippon ist links etwas, rechts kaum empfindlich. Sensibi¬ 
lität normal. Kraft in Armen und Beinen entspricht nicht der Ent¬ 
wickelung der Muskulatur, sondern ist in mässigem Grade herabgesetzt. 
Beim Stehen fällt Patient um; der Gang ist taumelnd. Urin reagirt 
sauer, enthält kein Eiweiss oder Zucker. 

Die Diagnose wurde von meinem Chef auf Addison’sche Krankheit 
gestellt und konnte in Anbetracht der abnormen Pigmentirung der Haut 
und Schleimhäute, der starken Anämie und der allgemeinen Körper¬ 
schwäche, welche sich bei einem sonst organisch nicht kranken Manne 
schnell entwickelt hatte, nicht zweifelhaft, sein. Der Kranke ist unter 
dieser Diagnose zahlreichen Aerzten und Studenten in der nächsten Zeit 
demonstrirt. worden. 

Der Verlauf der Krankheit gestaltete sich in der folgenden Weise. 
Die Schwäche war zunächst eine ausserordentliche; wenn der Eiranke auf¬ 
zustehen versuchte, wurde ihm „grün und gelb“ vor den Augen; selbst 
gestützt schwankte er bei dem Versuch zu stehen und zu gehen sehr 
stark. Eine Besserung zeigte sich nur sehr langsam. Erst im Juni 
konnte er anfangen, sich mit Unterstützung etwas zu bewegen. Ende Juli 
zeigte sich aber hierin wieder eine beträchtliche Verschlimmerung. Ende 
October konnte er endlich ohne Hülfe der Wärter das Closet erreichen 
und im Januar 1886 mit Hülfe des Stockes einige Schritte geben, wobei 
sich freilich schnell das Gefühl der Ermüdung einstcllte. Der Gang war 
schleppend, sehr langsam und vorsichtig. Ein Jahr nach Beginn der Er¬ 
krankung kann Patient leidlich mit dem Stock gehen. Im September 
1886 kann er sich schon */a Stunde lang auf den Beinen halten, und im 
März 1887 befindet er sich während des ganzen Tages ausser Bett und 
bewegt sich viel mit Hülfe des Stockes im Freien. Allmählich stellte 
sich dann normale BewegungsfüMgkoit ein. so dass Patient nach seiner 
Entlassung (1. October 1887) in dieser Richtung nicht mehr zu klagen 
hatte. 

Von dem motorischen Gebiet ist weiterhin zu bemerken, dass der 
Kranke, welcher nicht Säufer ist. am 20. Juni 1885 angab, dass sein 
Körper zuweilen zittere, „wie wenn ihn friere“, dieses Zittern^ war be¬ 
sonders stark bei Bewegungen — trat aber in der subjectiven Schätzung 
des Kranken seit Januar 1886 mehr zunick. Dio objective Untersuchung 
der motorischen Sphäre zeigte lange Zeit Mndurch in den Extremitäten 
eine mässig starke Herabsetzung der Muskelkraft und einen mässig star¬ 
ken Intentionstremor (z. B. noch am 23. October 1885). Am 23. Januar 
1886 war zwar eine gewisse Besserung zu finden, aber es brachte der 
Händedruck am Dynamometer doch nur geringe Ausschläge hervor: rechte 
10, 11, 11, 11, 10, 13, 8, 8, 8; links 11, 10, 5, 5, 5, 7 (im Vergleich z. B. 
bei einem marastischen Carcinomkranken 20—25). Hingegen waren die 
Ausschläge am 20. Mai 1886 auf 29, 25 rechts, 32, 25 links gestiegen, 
und war auch sonst die motorische Kraft besser. Wenngleich Patient 
bis heute nicht über eine besonders starke Muskulatur verfügt, so ama 
doch die Kräfte allmählich so weit wieder gewachsen, dass er im Jahre 



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Gowgle 


Original fro-m 

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106 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


1888 die gewiss nicht leichte Beschäftigung des Kohlentragens — aller¬ 
dings nicht ebenso gut wie früher — wieder aulnehmen konnte. Sie 
können an seinem Händedruck ohne weiteres erkennen, dass seine Kräfte 
augenblicklich den gewöhnlichen Anforderungen vollauf entsprechen. Hin¬ 
gegen ist der Intentionstremor bis auf den heutigen Tag nicht vollkommen 
geschwunden und besonders bei intercurrirenden Krankheiten etwas 
mehr hervorgetreton. — Atrophieen oder Spasmen wurden nie be¬ 
obachtet, ebensowenig Spuren von statischer odor locomotorischer Ataxie. 
— Was die Reflexe betrifft, so waren die Patellarreflexe dauernd ge¬ 
steigert, und sind es auch jetzt noch. Auch der Achillessehnenreflex war 
lebhaft; Dorsalklonus nur im Beginn der Beobachtung angedeutet. Fuss- 
sohlen-, Cubital- und Periostreflex vom Radius sehr lebhaft. Muskel¬ 
reflexe boim Beklopfen nirgends erhöht, ebensowenig Bauch- und Cre- 
masterreflex (letzterer infolge einer Hydrocele schwer zu prüfen). Die 
Steigerung der Reflexe, soweit sie vorhanden war, ist auch jetzt noch 
angedeutet. 

Die Sensibilität war dauernd normal. Hingegen bestanden Par- 
ästhesieen in der Richtung, dass ihm vom 8. Juni 1885 an, besonders in 
der Nacht, die Vorderarme und Finder ..abstarben 1 *; auch traten in den 
Gelenken der oberen Extremitäten Schmerzen ein. so dass or sich — be¬ 
sonders nach dem Erwachen — nur schlecht bewegen konnte. Am 9. 
September 1885 wurde die linke Schulter sehr schmerzhaft, und es zeigten 
sich au ihr einzelne fluctuireude Stollen: die Schmerzen strahlten in den 
Arm aus; die Finger konnten nicht gut geschlossen werden; bis in das 
Jahr 1880 hinein erhielt nach Heilung der vielleicht rheumatischen Affec- 
tiou sich eine Bewegungsbeschränkung in der linken Schulter. Nachdem vor¬ 
übergehend (17. Mai 1885) Schmerzen in der Milzgegeud geklagt waren, 
wurden am 11. August 1885 zum ersten male spontan starke Schmerzen 
auf beiden Seiten des Kreuzes geklagt; dieselben zogen sich nach ein 
paar Tagen zu beiden Seiten der Wirbelsäule hinauf bis zu den Schulter¬ 
blättern. 


Bei der Untersuchung am 14. April hatte sich die zwölfte Rippe 
noch nicht deutlich druckempfindlich gezeigt, hingegen war schon am 
‘27. April bei der galvanischen Behandlung die Gegend unmittelbar unter 
den letzten Rippen sehr empfindlich gewesen. Gelegentlich der spon¬ 
tanen Klagen zeigte sich jetzt, eine starke Druckempfindlichkeit unter der 
zwölften Rippe (besonders rechts) unmittelbar neben der Wirbelsäule. 
Noch am ‘25. September 1886 und 29. December 1886 bestanden dort 
spontane Schmerzen, welche beim Stehen und Gehen nach vorne in die 
Hypochondrien ausstrahlton. Am 25. März 1887 waren sie bedeutend 
geringer und traten wesentlich bei längerem Sitzen und seitlichem Liegen 
auf, während sie hei Rückenlage verschwanden. Zum letzten mal liess 
sich in der Nebennierengegend etwas abnormes am 9. April 1887 fest- 
steilen: es hatte sich damals seit ca. drei Wochen ein heftiges ,.Klopfen“, 
bezw. ein Gefühl der Bewegung gezeigt, welches so stark war, dass es 
den Patienten aus dem Schlaf weckte. Seither bestanden weder spontan 
noch auf Druck Schmerzen. 


An den Sinnesorganen wurden nie Abnormitäten aufgefunden. 
Im besonderen war der Augenbefund normal, und der Augenhintergrund 
nicht besonders dunkel gefärbt, wie Herr College Gustav Gutmann 
festzustellen die Freundlichkeit hatte. 

Die Lungen haben bis heute niemals Spuren einer tuberkulösen 
Erkrankung gezeigt. 

Die Herztöne wurden mit der Besserung der Anämie, auf die wir 
erst später eingelien werden, wieder rein; die Venengeräusche ver¬ 
schwanden gleichzeitig. Die Herzaction. zunächst 90 bis 96 bei Bettruhe 
blieb dauernd leicht erregbar, sie schnellte noch im Jahre 1887 beim 
Gehen leicht bis auf 140 Schläge und pflegt selbst jetzt noch, nach halb¬ 
stündiger Ruhe, 90 bis 108 Schläge zu betragen. 

Die Unterleibs organe blieben normal; der Stuhl war dauernd 
nicht gestört. Der Urin, welcher dauernd sauer und ohne Eiweiss, Pepton 
oder Zucker war, hatte am 31. August, und am 14. October 1885 einen 
bedeutenden Indicangehalt (Jaffe’sche Probe), während am 25. September 
1886 am 1. April und 6. Mai 1887 die Reaction nur Spuren nachwics. 
i "l en ^ war m den ersten zwei Monaten der Erkrankung vermehrt, 
durchschnitthch 2500 g bei 1015 specifischem Gewicht (am 22 April sogar 
3-69 g). Spater, vom Januar 1886 an, war im Gegentheil der Urin 
dauernd spärlich und sank zuweilen bis auf 500 bis 300 ccm mit gleich¬ 
zeitigem Steigen des specifischen Gewichtes auf 1025 bis 1028. Vielleicht 
Lung dies mit der allmählich sich einstellenden Neigung zum Schwitzen 
zusammen. & 

Bald nach dem Eintritt in das Krankenhaus entwickelte sich bei 
dem Kranken ein kräftiger Appetit. Das Anfangsgewicht von 54 Kilo 
stieg sehr gleichmässig an, so dass am 3. Juli 1885 ein Maximum von 
63 kg erreicht war; m dieser ungefähren Höhe blieb es ein Jahr und 
sank dann zeitweise wieder bis gegen 58 kg. 

o fi * Die Tcmperatiir stieg am 7. April 1885 bis 39,0o, am 8. April bis 
38.5. am 9. April bis 37,9, am 10. April bis 37,8, am 11. April bis 37.7° 
ilieb m den nächsten W ochen noch an dieser oberen Grenze des Nor¬ 
malen und w r nr später dauernd normal. 

lieber die Färbung der Haut- und Schleimhaut gebe ich die von 

"o 1 T u ii d i8Ba!’ a “\v n | C , Schlc,lt ? «‘“getragenen Notizen wörtlich wieder. 

. . uh 188o. \eifärbung eher geringer, doch vielleicht gleichmässieer 
und allgemeiner verbreitet,“ „4. September 1885: Während der Be- 
!3 ( Wlf* 6 dunkler gefärbte Epidermis allmählich abgestossen. 
und ist. das Colont der Haut, ein gleichmässigeres und helleres — zweifel¬ 
los - geworden Besonders auf dem Rücken ist eine grosse Zahl abnorm 
woisser, pigincnt loser Hecke, die linsengross und auch noch grösser sind 

iin - S ebenfalls etwas geringer 

Haut“ Ä Ziemlich gleichmässige, dunklere Färbung der 

aut. „-3. Januar 1886. Hautdecken im allgemeinen schwarz bräunlich 


und zwar besonders im Nacken und Kreuz, doch ist die gesammte Bräu¬ 
nung bestimmt weniger intensiv als früher; besonders auffällig ist dies in 
der Unterbauchgegend, welche frllhor tief dunkel gefärbt war, während 
sie jetzt dieselbe geringe Färbung wie das übrige Integument hat. Auf 
der braun gefärbten Haut des Rückens (besonders am Kreuz, weniger im 
Nacken) contrastiren mit dem Braun eine grosso Anzahl weisser, voll¬ 
kommen pigmentfreier Flecke von rundlicher Form, zum Theil confluirend, 
welche Linsen- bis Erbsengrösse haben. Schleimhaut des Mundes: nur 
an der rechten Wangonschleimhaut ein paar schwach pigmentirte Flecke- 
an den Lippen und dem harten Gaumen sind Spuren von Pigmentirung 
nur noch eben wahrnehmbar. Schleimhaut injicirt.“ ,,30. Juni 1886: 
Färbung des Integuments ist dauernd ziemlich* hell geblieben, obgleich 
sie auch jetzt noch am Untorbauch. Rücken und Hals dunkler als normal 
und allgemein am Rumpf etwas bräunlich ist. Die pigmentlosen Stellen 
sind unverändert, nur ist der Contrast gegen die Umgebung infolge der 
allgemeinen Abnahme der Bräunung weniger stark. Pigmentirung der 
Mundschleimhaut nur eben angedeutet.“ „25. September 1886. Haut¬ 
färbung an Rücken und Bauch leicht bräunlich; die pigmentlosen Flecken 
bestehen noch, contrastiren aber weniger gegen ihre Umgebung. Schleim¬ 
haut des Mundes imd Rachens nirgens abnorm gefärbt.“ „25. April 1887: 
Hautfarbe an Unterbauch- und Unterrückengegend ganz leicht gebräunt, 
doch kaum als pathologisch erkennbar. Keine Pigmentirung der Mund¬ 
schleimhaut.“ Von jetzt an ergieht der Status der Hautdecken normale 
Verhältnisse (abgesehen von den pigmentlosen Stellen am Rücken, welche 
offenbar alte Narben sind und deshalb von der Broncefärbung verschont 
blieben), und Sie werden sich selbst davon überzeugen können, dass diese 
andauern. 

Wir haben also einen Mann vor uns, welcher im Alter von 
49 Jahren ganz plötzlich und, wie ich hinzufügen will, ohne be¬ 
kannte Ursache, von einer Krankheit betroffen wurde, die sich 
durch Broncefärbung der Haut und Schleimhaut, sehr starke Anä¬ 
mie und sehr starkes Schwächegefühl charakterisirte. Die Krank¬ 
heit soll in 14 Tagen ihre Akme erreicht haben und war, als sie 
in die Behandlung meines früheren Chefs trat, als typischer Fall 
der Addison’schen Krankheit charakterisirt. Im Gegensatz zu dem, 
was man nach unserer Kenntniss dieser Krankheit als wahrschein¬ 
lich annehmen durfte, besserte sich der Kranke allmählich und 
konnte nach ungefähr zwei Jahren als geheilt betrachtet werden, in¬ 
sofern um diese Zeit die letzten Spuren der abnormen Pigmentirung 
verschwunden waren, und nur noch aus einer geringen Schwäche, 
einer leicht erregbaren Herzaction und etwas gesteigerten Reflexen 
hervorging, dass keine vollkommen normalen Verhältnisse bestanden. 1 ) 
In den sechseinhalb Jahren, die seit der Heilung verflossen sind, 
ist dieser Mann übrigens wiederholt krank gewesen: er hat eine 
Pneumonie des linken Unterlappens, später eine Influenza, eine 
Neuralgie im Supraorbitalis, dann wiederum eine schwere Influenza, 
eine Ischias und in diesem Jahr ein drittes mal Influenza gehabt. 
Er hat aber alle diese Krankheiten glücklich überstanden, so dass 
ich ihn heute in guter Gesundheit vorstellen kann. 

Es ist nicht meine Absicht, auf die einzelnen Symptome des 
Krankheitsfalles genauer einzugehen. Einzelnes mag durch die 
hochgradige Anämie bedingt sein, w r elche allerdings ihrerseits in 
einem engen inneren Zusammenhang mit der Grundursache der 
Erkrankung gestanden haben muss. Ich möchte nur eine Beob¬ 
achtung von allgemeinem pathologischen Interesse erwähnen, welche 
ich gelegentlich der wegen der Anämie vorgenommenen Blutunter¬ 
suchungen machen konnte. Die Zahl der rothen Blutkörperchen 
wurde zunächst mit dem Gowers’schen Apparat, dann gleichzeitig 
mit dem Zeis s’schen und schliesslich nur mit dem letzteren be¬ 
stimmt* 2 ); folgendes waren die Resultate: 


1885 

Million 

1886 

Million 

15. April (Gowers):. . 

. . . 1,120 

8. Januar. 

. . 7.700 

17. April. 

. . . 1.180 


7 390 

27. April. 

. . . 1,350 

(Zeiss): . . 

. . L370 

8. Juni. 

. . . 3,330 

26. Januar . 

. . 6,590 

1. Juli . 

. . . 4,320 i 



24. Juli. 

. . . 5,490 | 


5,466 

28. August. 

. . . 5.900 j 

J. UUI Keil ...... 

2. April. 

. . 5.274 

1. October. 

. . . 6.500 ! 

3 Mni 

5,580 

16. November. 

. . . 7,030 j 

6. Juli (Gowers): . . 

. . 5.500 

1886 

j 

7. Juli 1893 (Zeiss) . 

. . 4,75 

3. Januar. 

. . . 7,240 | 

(nach Influenza). 


Sie ersehen aus dieser Tabelle, dass die Anämie eine gleich¬ 
mässige und schnelle Besserung erfuhr, sodass sie schon zu einer 
Zeit ausgeglichen war, wo Patient sonst noch in keiner Richtung 
als geheilt betrachtet werden konnte und auch noch eine deutliche 
Blässe der Schleimhäute zeigte. 

Weiterhin fand sich nun ungefähr vier Monate hindurch — 

!) Ob di® stabile Elektricilät, welche ich längs der Wirbelsäule vom 
Eintritt des Kranken an in Anwendung brachte, auf den Verlauf einen 
Einfluss hatte, w r ill ich nicht entscheiden. 

,, ) w r eissen Blutkörperchen wurden leider nicht bei schwächerer 

Vordünnung gezählt; soweit es sich gelegentlich der Zählung der rothen 
-Blutkörperchen erkennen liess. war ihre Zahl in keinem Stadium ver¬ 
mehrt, 


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1. Februar 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


während der ohne besondere Zwischenfälle fortschreitenden Reeon- 
valescenz — eine übermässig grosse Zahl von rothen Blutkörper¬ 
rhen. die allmählich wieder zur normalen Zahl herabging. 

Diese wahre Polycythämia rubra war nicht in besonderen Ur¬ 
sachen, wie z. B. erschöpfenden Flüssigkeitsverlusten, begründet 
und ebensowenig in einer fehlerhaften Methode der Zählung, sondern 
war offenbar eine Eigentümlichkeit in der Regeneration des Blut- 
jrewebes. 

Ich muss auf diesen Punkt etwas genauer eingehen, weil Sie 
ihn in den zahlreichen Arbeiten auf dem Gebiete der Hämatologie 
bisher nicht principiell gewürdigt finden und er von praktischem 
wie theoretischem Interesse ist. 

l T eber die treibende Ursache bei der Regeneration von Ge¬ 
webe variiren die Ansichten; ich möchte Sie hier an die von 
Samuel und von C. Weigert vertretene Anschauung erinnern. 
Der erstere sagt 1 ) [p. 555): „Dass die Regeneration eine progressive 
Gewebsänderung nach Fortfall von Wachsthumshindernissen infolge 
der Proliferationsfähigkeit der Gewebe ist, bedarf keiner weiteren 
Ausführung'. Sie endet, wenn die Gewebsproliferation durch ihr 
eigenes Wachsthum sich neue Wachsthumshindernisse gebildet hat. 
Wo die Gewebsneubildung anfänglich zu einer Luxusproduction 
über das Regenerationsbedürfniss hinaus geführt hat (Hyperostosen, 
Caro luxurians), pflegt durch nachträgliche Schrumpfung und Ab¬ 
schleifung eine Rückbildung des Gewebes bis zum Maasse des 
Regenerationsbedürfnisses einzutreten.“ Das gleiche Gesetz betont 
Weigert-) für den Verlauf der Entzündung. 

Dass die Regeneration des Gewebes nach dem Wegfall des 
Wachsthumshindernisses zunächst über das Ziel hinausschiesst, ist 
ausser am Knochen und Bindegewebe, am Muskel (Nauwerck 5 ) 
und an zahlreichen drüsigen Organen beobachtet. Es dürfte aller¬ 
dings die Luxusproduction, je nach dem Kräftezustand des Organis¬ 
mus im allgemeinen und dem der verletzten Gewebe im besonderen, 
in sehr wechselnder Ausdehnung in die Erscheinung treten. 

Was nun die Regeneration des Blutgewebes betrifft, so hielt, 
trotzdem schon Vierordt 4 ) sich bejahend hierüber ausgesprochen 
hatte, noch Cohnheim 0 ) die Frage nicht für gelöst, ob es eine 
.über das normale Maass gesteigerte Neubildung rother Blut¬ 
körperchen nach Blutverlusten“ gäbe; nothwendig sei jedenfalls 
eine solche Annahme nicht. Später finden sich aber in experimen¬ 
tellen Arbeiten Bemerkungen und Beobachtungen hierüber. So 
erzeugte Länderer 6 ) Blutverluste bei Hunden und schloss hier¬ 
an Infusionen einer Mischung von Kochsalzlösung und defibrinirtem 
ume ut. Er bemerkt bei einem solchen Versuch anmerkungs- 
dass L die allerdings nur vorübergehende Vermehrung der 
;;Ä?^ nz l hl nach Blutverlusten über die Norm eine häufig 
y c , e e Erscheinung sei. Das Gleiche fand bei einer ähnlichen 
ewichsanordnung (beim Kaninchen) John Marshall 7 ). Voi 
verirr ? f nd V ;P U8 ) bei Versuchen am Hunde, dass bei Blut 
a„ y , a nacbf( %ender Koehsalzinfusion eine Ueberschreitung 
y\ ,f n ,, der rothen Blutkörperchen über die Norm stattfindet 
wliw , expermientellen Ergebnisse aber natürlich nicht ohne 
-■» auf die menschliche Pathologie zu übertragen, 
zähl umron j- ei , auss ®r°rdentlichen Menge von Blutkörper dien¬ 
end findet J 01 ? 1 ^ en . scben 411 den letzten Jahren vorgenommen 
Hvn'ernlatjio fest was das Gesetz der regenerativen 

gleich • r D das men8c hliche Blutgewebe erweisen könnte, ob- 
Blutverlusten 0 Degeneration des Blutes häufig genug nicht nur nach 
zerstörende^ ’ 8 *°, n 1 e ™ nach den verschiedensten, das Blutgewebe 
haben hh pa r 10 ^ Iscben Processen zu beobachten Gelegenheit 
erwähnen fn qÄ! £ Ur «5*® Beobachtung von Laache 9 ) zu 
rose am 9Q Bin 21 jähriges Mädchen trat wegen Clilo- 

3 509 680 in D o u Ct0 j, er mit einer Blutkörperchenzahl von 

springe führe irh^lr U ?f* , Indem ich die übrigen Zählungen über- 
an: 7 Januar iftoi* 16 ?®®ultate aus dem Januar und Februar 1881 
Cut 14. Januar 1881: 5048400; 21. 

Januar 1881: 5 633 200 ; 4. Februar 
5194336 - 281 Fe J’™ ar 1881: 5 121 200; 16. Februar 1881; 
dfft, dass Laaoh ^828 560. Wenn man berücksich- 

v °u 5000000 Pi, ♦ wf 1 , normalen Frauen nur einmal die Zahl 
Fall von Chlnm OQ * Härchen erreicht sah, und dass auch in diesem 
brauch) die 7 oni » fortsehreitender Gesundung (unter Eisen- 
ÄOrfemrir hw• allmählic ! 1 nieder unter 5 000 000 sank, so 
——_ eine regenerative Hyperplasie annelimen. — Aus- 


i Ä z rind1m^ ra 'n Pa ^ logie? Stutt gart 1879. 
r ) Ueber mLi£i1 ReaJ -Encyclopaedie II. Aufl., p. 338. 

XS 189a 
18821 " ”■ 

15> C2 - 

Anämie, Christiana 1883. 


=- - - ■ . _ ===s== _____ _ 107 

serdem ist mir nur noch eine beweisende Zahlenangabe bekannt: 
1. Dronke und C. A. Ewald 4 ) veröffentlichten im vorigen Jahr 
eine „Untersuchung über den Verlauf des Stoffwechsels bei län¬ 
gerem Gebrauche des Levico- Arsen- Eisenwassers“. Die Zählung 
der Blutkörperchen bei dem günstig verlaufenden Fall ergab am 
23. November 1891 5120 000, am 14. December 1891 5 300 000 
am 23. Januar 1892 8 400 000 Blutkörperchen. Es wird hierzu 
bemerkt (p. 490): „Die Menge von ca. 8 000 000 rothen Blutkörper¬ 
chen, welche bei der letzten Zählung constatirt wurde, war so 
überraschend, dass eine Controllbestimmung vorgenommen wurde, 
welche annähernd dasselbe Resultat ergab, was um so sicherer ist. 
als jedesmal zwei Zählungen gemacht wurden“. 

Die Befunde von Lauche und von Dronke-Ewald, sowie 
von mir selbst sind bei Kranken gemacht worden, bei welchen das 
Blut ungewöhnlich lange untersucht worden ist. Diesem Umstande 
dürfte es zu danken sein, dass die regenerative Hyperplasie der 
rothen Blutkörperchen der Beobachtung nicht entging. Wenn man 
hingegen, wie es gewöhnlich geschieht, die Untersuchung abbricht, 
sobald die normale Blutkörperchenzahl erreicht scheint, kann man 
diese, wie mir scheint, ganz interessanten Verhältnisse nicht be¬ 
merken. Zu erwarten sind sie überhaupt nur, wie mich viele 
weitere Beobachtungen gelehrt haben, in Fällen, die zu einer voll¬ 
kommenen Heilung tendiren. 2 ) 


Y. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin, 
Abtheilung des Herrn Dr. W. Körte. 

Zwei Fälle gutartiger grosser ScMeimbeutel- 
hygrome. 8 ) 

Von Dr. Ernst Momnisen, Assistenzarzt. 

Das Vorkommen grösserer, gutartiger, cystiscker Entartungen 
der Schleimbeutel ist im ganzen ein so seltenes, dass es ange¬ 
bracht sein dürfte, der Litteratur zwei in letzter Zeit im städti¬ 
schen Krankenhause am Urban zu Berlin zur Beobachtung und 
Operation gekommene solche, besonders charakteristische Fälle ein- 
zu verleiben. 

Sehen wir bei der Durchsicht der Litteratur über Erkran¬ 
kungen der Schleimbeutel ab von den ja zum täglichen Brod der 
praktischen Medicin gehörenden, meist durch ein Trauma hervor¬ 
gerufenen acuten Entzündungen der Schleimbeutel mit mehr oder 
weniger Erguss, sehen wir ferner ab von den so überaus häufig vor¬ 
kommenden kleineren chronischen Ergüssen, wie sie besonders durch 
die Bursitis praepatellaris (Dienstmädchenknie), oder durch das 
Hygrom der Bursa subacromialis (bei Maurern, Lastträgern etc.) 
repräsentirt werden, schliesslich von allen Neubildungen der Schleim¬ 
beutel, so ist das Ergebniss für grosse, gutartige Schleimbeutel- 
hygrome ein recht spärliches. 

Ein grosses Hygrom in der Sclniltergegend beobachtete Gonter 
(Petersburg) 4 ) im Jahre 1855 an der Leiche. Es handelte sich 
uni einen grossen, gelbliche, synoviale Flüssigkeit enthaltenden 
Sack, der, zwischen der Clavicula und der Sternocostalportion des 
Musculus pectoralis liegend, nach vorn und auch nach hinten in 
das Cavum axillare abwärts vom Pectoralis minor hervorgetreten war. 

Ein nicht ganz so grosses Hygrom beobachtete derselbe Autor 5 ) 
an der linken Schulter eines Mannes; er bezeichnet es als ein 
Hygrom der Bursa mucosa subcoracoidea posterior subtendinosa. 

Vogt 0 ) spricht in der „Deutschen Chirurgie“ von einem aus¬ 
gedehnten Hygrom der Bursa subdeltoidea. Bei demselben ist be¬ 
sonders die Aetiologie interessant. Es war bei einer Daine ent¬ 
standen, die wegen hochgradiger Kypho-Scoliose ein Stützeorsott 
mit Achselstücken Jahre lang getragen und dabei energisch in 
ihrer Wirthsckaft gearbeitet hatte. Es handelte sich um eine 
Cyste mit serösem Erguss mit reichlicher synovialer Zottenwuche- 
rung, die zur Bildung theils gestielter, theils freier Synovialkörper 
geführt hatte. 

Ueber ein enormes, mit grossen Fortsätzen versehenes Hygrom 
des Schleimbeutels auf dem Tuber ossis ischii hat Büngner 7 ) in 
der Berliner klinischen Wochenschrift ausführlich berichtet. 

Fischer 8 ) erwähnt in seiner allgemeinen Chirurgie ein Hygrom 

4 ) Berl. klm. Wochensckr. 1892. 

*) Auf das Verhalten des Hämoglobins gehe ich hier nicht ein. Für 
die Leukocyten gilt wahrscheinlich ebenfalls das Gesetz der regenerativen 
Hyperplasie; vergl. Löwit, Ueber Leukolvse und Lymphbildung. Cen- 
tralbl. f. klin. Med. 1892, No. 9. 

*) Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen 
Berlins. 

4 ) Virchow’s Archiv Bd. 67, p. 361. 

5 ) Virchow’s Archiv Bd. 55, p. 427. 

®) Deutsche Chirurgie Lieferung 64/65, p. 239. 

7 ) Berliner klin. Wochenschr. 1889, No. 29. 

®) Fischer, Allgemeine Chirurgie p. 483. 



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108 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


der Bursa iliaca von kolossalem Umfang, erfüllt mit einer grossen 
Schüssel voll Reiskörperchen von den buntesten Formen, beträcht¬ 
licher Grösse und knorpeligem Bau. 

Schliesslich noch ein Fall von Heinecke 1 ), der dem einen 
meiner zwei Fälle ganz besonders ähnlich ist, wenigstens was die 
anatomische Lage anlangt: „Es fand sich eine erhebliche, deutlich 
fluctuirende, schmerzlose Geschwulst, die sich nach der Richtung 
des Musculus ileopsoas von dem Ligamentum Poupartii nach ab¬ 
wärts erstreckte, die Arteria femoralis emporhob und durch Druck 
vorübergehend verkleinert werden konnte.“ 

Sehr ähnlich diesem ist ein im hiesigen Krankenhause zur 
Operation gekommener Fall von Hygrom der Bursa iliaca. 

Fall 1. Es handelte sich um einen 50 Jahre alten Mann, derselbe 
kam am 25. November 1890 auf die chirurgische Abtheilung des städti¬ 
schen Krankenhauses am Urban zur Aufnahme. Er klagte seit längerer 
Zeit ohne nachweisbaren Grund, vor allem ohne ein Trauma erlitten zu 
haben, über ein erschwertes Gehen, das durch eine langsam zunehmende 
Schwellung in der rechten Leistengegend verursacht wurde und den 
Kranken in seinem Beruf als Gepäckträger erheblich beeinträchtigte. 
Patient gab an, dass er im Mai desselben Jahres, also etwa Va Jahr vor 
der Aufnahme bei uns, von anderer Seite desselben Uebels wegen operirt 
■worden sei. Nach eingezogener Erkundigung bestand die Operation in der 
Incision und Ausstopfung des Sackes, von dessen Exstirpation wegen 
fester Verwachsungen Abstand genommen wurde. Nach rascher Heilung 
seien die anfänglichen Beschwerden bald wieder aufgetreten, vor allem 
habe sich sehr bald wieder eine mehr und mehr wachsende Vorwölbung 
in der rechten Leistenbeuge gebildet. 

Der Aufnahmebefuud im November 1890 ist folgender: In der rechten 
Leistenbeuge des sonst gesunden Mannes findet sich unterhalb des Liga¬ 
mentum Poupartii eine länglich runde Vorwölbnng mit der längsten Aus¬ 
dehnung in der Richtung der Längsachse des Beins von gut zwei Mannes¬ 
faust Grösse. Die Geschwulst setzt sich in die Tiefe der rechten Darm¬ 
beingrube fort. Die über dem Tumor gut verschiebliche Haut zeigt eine 
grosse Längsnarbe. Unter der Haut, gegen den Tumor verschieblich, 
finden sich einige bohnengrosse, unempfindliche Drüsen. Der Tumor an 
sich ist wenig verschieblich, fühlt sich derb an, Fluctuation nicht nach¬ 
weisbar. Die Arteria cruralis liegt der medianen Kante des Tumors dicht 
auf, scheint von demselben etwas nach innen verschoben. 

Nach diesem Untersuchungsbefunde wird vor der Operation an ein 
tiefes Beckenfasciensarkom gedacht, eine Diagnose, die befestigt wurde 
durch das anscheinend schnelle Recidiviren nach der ersten Operation. 

Operation am 26. November 1890 von Dr. W. Körte. Chloroform¬ 
narkose. 15 cm langer Längsschnitt lateral von der Arterie; in grösserer 
Tiefe wird eine weiche, fluctuirendo Tumorpartie freigelegt, deren Probe- 
punction eine klare, farblose, schleimige Flüssigkeit ergiebt. Es handelt 
sich um ein Hygrom der Bursa iliaca. Nach Freilegung der Vorderfläche 
der Geschwulst wurde dieselbe rings ausgeschält. Der untere, im Bereich 
des Oberschenkels gelegene Theil war vermuthlich infolge der früheren 
Incision und Tamponade mit der Umgebung sehr fest verwachsen und 
musste Schritt für Schritt mit dem Messer ausgelöst werden. Ein starker, 
nach aussen hinten von der Arteria femoralis abgehender Arterienast 
(Arteria profunda femoris) wurde dabei verletzt, doppelt unterbunden und 
zwischen den Ligaturen durchschnitten. Der obere, in die rechte Darm¬ 
beingrube hineinreichende Theil der Cyste wurde leichter, meist stumpf 
ausgeschält. Der untere Pol stand in fester Verbindung mit der Hüft¬ 
gelenkkapsel. Bei der Betrachtung von innen her zeigte es sich, dass 
eine circa 3 cm weite, runde Communication mit dem Hüftgelenk be¬ 
stand Die Gelenkkapsel war erweitert, am Rande des Knorpelüberzuges 
des Femurkopfes wurden Knorpelwucherungen gefunden. Die Kapsel 
zeigte zottige Wucherungen. Nach Einlegen eines Drains in das Hüft¬ 
gelenk, welches durch einen Knopflochschnitt an der vorderen Seite des 
Trochanter herausgeleitet wurde, wurde die obere OefFnung des Hüft¬ 
gelenks nach völliger Abtragung des Cystensackes mit versenkten Catgut- 
nähten geschlossen. Die Weichtlieilwunde wurde durch Nähte vereinigt 
in die Wundhöhle im Becken ein kurzes Drainrohr eingelegt 

Der Wundverlauf war ein durchaus glatter, ohne Eiterung. Von 
Seiten des Gelenkes traten keinerlei Störungen auf. Nach vier Wochen 
wurde Patient geheilt entlassen. Die Beweglichkeit des Hüftgelenks war 
infolge der bei der Operation constatirten Arthritis deformans in geringem 
Grade gestört, jedoch ist sein Gang ein nahezu normaler 

Kaum nöthig zu beweisen ist, dass es sich wirklich um ein Hygrom 
der Bursa iliaca gehandelt hat. Nach Jo es sei 3 ) findet sich die Bursa 
itmcosa iliaca zwischen der Sehne des Musculus iliacus und der vorderen 
öeite der Eminentm lleo-pectinea constant vor. Der Schleimbeutel ist 
mit einer dünnen Stelle an der Vorderflache der Hüftgelenkkapsel ver- 
wachsen. Manchmal ist statt der Verdünnung der Kapsel ein Defect vor- 
Sfh 'rii - nUr d " rch Synovialmembran gedeckt ist; relativ 
“JÄ FiU1 eiD6 0ffene Communication zwischen 

■kack e T ie r sich “ ls , cin bindegewebiger, derbfaseriger 

.“i n ; mm Diebe, die Innenfläche war glatt, mit Endothel über- 
«ehwni • Aussenfläche war im Bereiche des femoralen Theiles der Ge- 

3 Albert, Chirurgie Bd. IV, p. 377. 
und i69/l7o SSe1 ’ Topo ^ ra P hi8ch - cW ^rgische Anatomie Bd. I, p. 162 


Nach 27a Jahren (Februar 1893) findet sich folgender Befund: Gang 
leicht hinkend; Patient kann mit zwei Stöcken 7a Stunde hintereinander 
gehen; längeres Gehen ermüdet sehr. Er sitzt ohne Beschwerden. Das 
rechte Hüftgelenk kann bis über den rechten Winkel gebeugt werden. 
Bei Rotation findet leichte Fixation im Hüftgelenk statt. Vorderfläche 
des Hüftgelenks ist vorgewölbt. Arteria femoralis pulsirt oberflächlich. 
Narbe ist verschieblich; im Hüftgelenk fühlt man deutliches Krachen, die 
Gelenkgegend ist nach rechts hin diffus verdickt. 

Das functionelle Resultat ist natürlich durch die bestehende und 
sich fortentwickelnde Arthritis stark beeinträchtigt; ein Recidiv dagegen 
ist nicht wieder eingetreten. 

Während es sich in dem eben beschriebenen Falle um ein ein¬ 
faches sehr grosses Hygrom handelte, lag in dem zweiten Falle 
eine tuberkulöse Erkrankung eines der Schleimbeutel der Schulter¬ 
gegend vor. 

Fall 2. Es bestand hier eine grosse cystische Geschwulst in der 
rechten Schultergegend bei einer 44jährigen kräftigen Frau. Diese bemerkte 
seit etwa einem Jahr Müdigkeit und Steifheit im rechten Schultergelenk, 
erst seit einem halben Jahr beobachtete sie eine mehr und mehr wachsende 
Geschwulst in der rechten Untorschultergelenksgegend. Eigentliche 
Schmerzen bestanden nie, doch war die Bewegung des rechten Annes 
durch das Vorhandensein der grossen Geschwulst mechanisch behindert. 
Der starke kindskopfgrosse Tumor, der mit dem grössten Theil aus den 
vorderen Begrenzungen der Achselhöhle hervortrat, füllte die ganze rechte 
Achselhöhle und die Regio pectoralis aus. Die Haut war prall gespannt, 
nur wenig verschieblich mit stark dilatirten Hautvenen. Der Tumor bietet 
Pseudofluctuation; er lässt sich peripherwärts gut abgreuzen; in der 
Tiefe verschwindet er, ohne dass es gelingt, irgend welchen Zusammen¬ 
hang mit benachbarten Theilen, vor allem Knochen oder Gelenken nach- 
zuweifeen. 

Die Diagnose liess auch hier die Möglichkeit eines malignen Tumors 
nicht ganz ausschliessen. Dafür sprach neben dem makroskopischen Be¬ 
fund, dem raschen Wachsthum der Geschwulst, vor allem auch noch das 
Vorhandensein eines grossen abdominalen Tumors. In der linken Regio 
hypochondriaca bis zur Höhe des Nabels herabreichend fühlte man einen 
beweglichen, nicht schmerzhaften, derben Tumor, über dessen Natur ich 
genauere Angaben zu machen nicht im stände bin; immerhin liess das 

f leichzeitige Bestehen beider Tumoren die Möglichkeit eines metastatischen 
usammenhanges nicht ganz von der Hand weisen, 

Bei der Erwägung, einen Schleimbeuteltumor vor sich zu haben, 
kamen als Ausgangspunkt in Frage zunächst das Gelenk selbst, oder aber 
die beiden in seiner Umgebung befindlichen Schleimbeutel Bursa subdel¬ 
toidea und Bursa subaeromialis. Nach den Versuchen Schüller’s 1 ), der 
die einzelnen Schleimbeutel durch injieirte Flüssigkeit zum Vorwölben 
gebracht hat, „entsteht bei Anfüllung der Bursa subdeltoidea eine gerade 
vorn auf dem Tuberculum majus gelegene Anschwellung, welche die äussere 
Partie des Musculus deltoideus kugelig hervorwölbt. Bei Füllung der 
Bursa acromialis wird mehr die oberste Partie dicht unter dem Acromion 
hervorgewölbt durch eine dicht unter dem äusseren und vorderen Ab¬ 
schnitt des Acromion befindliche, schräg nach dem Processus caracoideus 
herüberreichende Anschwellung.“ — „Die diagnostische Unterscheidung 
der Schleimbeutelanfüllung von der Anfüllung des Schultergelenkes ist 
somit eine sehr einfache und die Diagnose bei den entsprechenden patho¬ 
logischen Anfüllungen auf den ersten Blick zu machen. Während bei der 
Anfüllung des Gelenkes die Anschwellung, wenn überhaupt, nur zu beiden Seiten 
des Caput huineri, unter der hinteren Ecke des Acromion und unter dem 
Processus coracoideus, sowie in der Achselgrube nachzuweisen ist, nie¬ 
mals aber die mittlere Partie des Deltoideus über dem Tuberculum majus 
emporgewölbt -wird, ist eine mehr weniger kugelige Anschwellung dieser 
letzteren Gegend charakteristisch für die Füllung der Bursa subdeltoidea, — 
eine ausschiessliche Emporwölbung der an den vorderen Acromialrand an- 
stossenden Deltoideuspartie für die Füllung der Bursa subaeromialis.“ 
Nach diesen Auseinandersetzungen möchte ich unseren Fall als der 
Bursa subaeromialis zugehörend ansehen. 

Operation am 30. November 1892 von Dr. W. Körte. Chloroform¬ 
narkose. Die Operation bestand in einem grossen Hautschnitt über die 
Geschwulst, etwa entlang dem Rande des Pectoralis major von der Achsel¬ 
höhle bis zur Brust. Nach Durchtrennung des grossen Pectoralmuskels 
kommt man auf eine gut charakterisirte cystische Balggeschwulst, die sich 
zwischen die Muskeln, welche die Achselhöhle begrenzen, fortsetzt, nach 
abwärts zwischen die Oberarmmuskeln unter dem langen Kopf des Mus¬ 
culus biceps nach oben bis zum Schultergelenk, dieses ganz umgreifend, 
den Raum zwischen Gelenk und Acromion ganz ausfüllend. Nach oben 
geht noch ein Fortsatz bis tief hinter den Pectoralis minor herauf. Auch 
in diesem Fall muss die Geschwulst aus den benachbarten Gew r eben über¬ 
all scharf ausgelöst werden. Die Kapsel des Schultergelenks, mit der die 
Geschwulst besonders fest verwachsen ist, aber in keinerlei Zusammenhang 
steht, wird hierbei etwas eröffnet. Das kleine Loch wird sofort durch 
Naht geschlossen. Nach Stillung der Blutung, Austupfen der Wundhöhle 
und Einstreuen von Jodoform wurden die getrennten Muskeln mit Catgut 
vernäht, die Hautwunde vereinigt und ein Drainrohr in die tiefe Wund¬ 
höhle bis auf die Gelenkkapsel eingeführt. 

Die Heilung verlief auch hier völlig normal. Patientin verliess nach 
drei Wochen das Krankenhaus. Nach vier Wochen 3 ) bestand eine 
glatte Narbe, nirgends eine Vorwölbung und vor allem eine völlig freie, 
schmerzlose Beweglichkeit des Arms. Von einer äusseren Untersuchung 
oder gar Behandlung des abdominalen Tumors will Patientin nichts wissen, 
da er ihr absolut keine Beschwerde macht. 

9 Schüller, Chirurg. Anatomie, Heft I, p. 92. 

) Vorstellung des Kranken in der Freien chirurgischen Vereinigung 
zu Berlin am 13. März 1893. 


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1. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


109 


Interessant ist nun vor allem noch der pathologisch - anatomi¬ 
sche Befund des letzten Hygroms: es zeigt sich die exstirpirte Ge¬ 
schwulst als eine Cyste von Zwerchsackform; aufgeschnitten ist 
auffallend die verschieden dicke Wandung; dieselbe ist an einzelnen 
Stellen bis zu zwei cm dick, besteht aus graurothem zottigem 
(Jranulation sgewebe, so dass man makroskopisch an Sarkom oder 
Tuberkulose denkt. Der Inhalt der Cyste ist eine blutige, seröse 
Flüssigkeit mit zahlreichen reiskörperähnlichen Gebilden. 

Mikroskopisch erweist sich die Wand als aus typischem tuber¬ 
kulösem Granulationsgewebe bestehend, welches an vielen Stellen 
in Form typischer Tuberkel mit Riesenzellen angeordnet ist. Ver¬ 
käsungen fehlen. Die rundlichen Stucke aus dem Cysteninhalt er¬ 
scheinen mikroskopisch structurlos, zeigen nur am Rande wenig 
Zellen (Leukocyten) aufgelagert. Fibrin enthalten sie nicht. Die¬ 
selben sind also Bildungen, welche ich als Reiskörperchen bezeichnen 
darf. Tuberkelbacillen sind in den Reiskörpern nicht nachzuweisen. 
Fine Impfung hat allerdings nicht stattgefunden. Kann ich diese 
festen in der Hygromflüssigkeit befindlichen Körperchen also an 
sich nicht als tuberkulöse Gebilde erklären, so sind sie doch jeden¬ 
falls Producte der mit Sicherheit als tuberkulös erkannten Hygrom- 
wandung. Und so darf ich wohl diesen Fall den schon von ande¬ 
rer Seite, vor allem von Goldmann 1 ) gemachten Beobachtungen 
anreihen, wo sich das Reiskörperchenhygrom mit Sicherheit als 
eine tuberkulöse Erkrankung der Schleimbeutelwandung herausge¬ 
stellt hat. 


Beide Fälle bieten nun sowohl ein gewisses operativ-chirurgi¬ 
sches, als vor allem ihres seltenen Vorkommens wegen ein dia¬ 
gnostisches Interesse. Beide Geschwülste waren ohne besonderen 
äusseren Grund in verhältnissmässig kurzer Zeit entstanden, ohne 
ausser der mit der Grösse zunehmenden Motilitätsstörung den 
Kranken wesentliche Beschwerden oder gar Schmerzen zu verur¬ 
sachen. Beide waren aufgetreten bei im übrigen gesunden kräfti¬ 
gen Individuen. Den äusseren Erscheinungen nach imponirten 
beide zunächst als maligne Tumoren der Bindesubstanz — Sarkome. 
Erst bei der Operation stellte sich die gutartige Natur heraus. 
Die Auslösung war durch derbe Verwachsung mit der Umgebung 
sowie durch die Grösse der Geschwulst erschwert, gelang aber 
beide male vollkommen und führte zur Heilung ohne Functions¬ 
störung. 

Die Exstirpation derartiger Schleimbeutelgeschwülste in toto 
ist jedenfalls das empfehlenswerteste Operationsverfahren. Bei 
tuberkulöser Sehleimbeutelerkrankung ist dies ohne weiteres klar, 
aber auch bei einfacher Hygrombildung ist, wie Fall 1 lehrt, die 
lmision und Tamponade unsicher im Erfolge. Die Punction und 
Jnjection reizender Flüssigkeiten (Jodtinctur und ähnliches) giebt 
'ein sicheres Resultat und ist bei der immerhin möglichen, und 
. m unserem Falle vorhandenen offenen Communication mit 
einem grossen Gelenk nicht ohne Bedenken. Aus diesem Grunde 
Y l 1 ? erheblich eingreifendere, aber mit dem heutigen aseptischen 
J 1 ?™ gefahrlose Exstirpation des ganzen Sackes, auch bei be¬ 
trächtlicher Grösse desselben, vorzuziehen. 

u ®, Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem ver- 
Arhfff ^® rrn Ur. W. Körte, für die Anregung zu dieser 
lirhef n Unterstützung bei derselben meinen verbind¬ 

lichsten Dank auszusprechen. 


VI. Feuilleton. 

Atixtliche Bemerkungen über eine Beise um die Erde. 

Von Prof. J. Hirschberg in Berlin. 

4. Ueber den Star-Stich der Inder. 

und eiLn^i 11 ^ er Stadt Jaipur zwei volle Nachmittage frei 
•der in ^ ue f lei1 Wagen zur Verfügung hatte, so beschloss ich 
WSmiiwi , n eu iheimißchen Staate Indiens, den ich besuchte, 
leicht his an/ 1 ^^dischen Heilkunde nachzugehen, die viel- 
Cult,r^;,,r Sere s ^°h gerettet: für den Liebhaber der 
anziehend e Aufgabe. 

sich entwirf? D in d . er brahmanisehen Zeit selbstständig 
nöthii; fQ r ,i.-"rw 116 ??. w * 8se Kenntniss der Zergliederung war 
(otW . ' J Pf er - Die Heilkunde wurde als eine Upa-Veda 

arung) bezeichnet und unter dem Namen 
rung vom Leben) den Göttern zugeschrieben, 
ie m H«r s°"°iritsprachlehre von Pänini 
eine alte Pflege der Heil¬ 


loder 
Ayi 

Ble JVTanthpitar.«^, ?-«vuy U moi u iUgOBÜUUOUOl 

(350 v Chr aE ? en ’ ** le m der Sanskritsprachlehre von Pänir 
^enschaft j J 0r , 0mmen > zeu ^ en für J TT - 



*) Gold 


:heiden ^^urg), Ueber das reiskörperchenhaltige Hygron 


1 ac Böthlink, viel später nach W 


ober. 


Rehen Quellen der indischen Heilkunde, die unter dem Namen des 
Susruta und Ckaraka überlieferten Schriften, gehören den 
späteren Zeiten der Sütra oder Ueberlieferungen an. Wann sie 
in der jetzigen Form niedergeschrieben worden, ist noch nicht er¬ 
mittelt. 


Ein gewaltiger Streit unter den Gelehrten ist entbrannt ob 
die indische Heilkunde selbständig oder von den Griechen’ be¬ 
einflusst sei. Wie bei den Forschern über Alt-Aegypten, so giebt 
es bei den über Alt-Indien zwei Parteien: die einen erheben die 
Kenntnisse ihrer Schützlinge bis in den Himmel, die anderen wollen 
kein gutes Haar an ihnen lassen. Aber die indischen Schriften 
der Heilkunde, ungleich denen über Sternkunde, erwähneu niemals 
die Yavana oder Griechen, enthalten auch keinen Kunstausdruck, 
der auf fremden Ursprung hinweist. Noch wichtiger scheint mir’, 
dass die Inder einzelne Operationen kannten und übten, die den 
Griechen stets unbekannt geblieben, ja die wir Europäer erst im 
Anfang dieses Jahrhunderts staunend von jenen gelernt haben. 

Ist auch ihre Krankheitslehro ganz verworren, ihre Kenntniss 
vom Bau und der Verrichtung des menschlichen Körpers voll¬ 
kommen ungenügend, ihre Heilkunde mit Bezauberungen und 
frommen Gesängen verbrämt; -so sind doch ihre allgemeinen Regeln 
staunenswerth und auch heute noch nachahmungswürdig. Der 
Arzt soll seine Kranken wie seine Kinder betrachten und behandeln. 
Das vorzüglichste aller Werkzeuge ist die Hand. Nur die Ver¬ 
einigung der Heilkunde und der Wundarzneikunst bildet den voll¬ 
kommenen Arzt; ein Arzt, dem die Kenntniss eines dieser Zw T eigo 
abgeht, gleicht einem Vogel mit einem Flügel. 

Die Blüthezeit der indischen Heilkunde scheint übrigens mit 
der des Buddhismus (250 v. Chi’, bis 750 n. Chr.) zusammenzufallen. 
Oeffentliehe Krankenhäuser für Menschen und, was für die Ent¬ 
wickelung der Heilkunde gewiss recht wichtig war, auch für Thiere 
bestanden in jeder grossen Stadt. König Asoka, der Constantin 
der Buddha-Lehre, der seine 14 Befehle durch ganz Hindostan 
zwischen Peschawar und Orissa auf Felsen und Säulen eingraben 
liess, gebot in dem zweiten: Regelmässige ärztliche Hülfe für 
Menschen wie für Thiere ist zu beschaffen, die Landstrassen sind 
mit Brunnen und Baumpflanzungen zu versehen. 

Die Erfahrungen der Jahrhunderte wurden aufgespeichert und 
bilden den Grundstock für die erwähnten Schriften. 

Als der heutige Hinduismus entstand (750—1000 n. Chr.) und 
die Kasten sich fester ausbildeten, gaben die Brahmanen die Aus¬ 
übung der Heilkunde auf. Die Mohammedaner traten an ihre Stelle; 
arabische Uebersetzungen der indischen Heilschriften waren schon 
unter den Kalifen von Bagdad (750—960 n. Chr.) angefertigt 
worden, der Name Charaka kommt oft vor im Avicenna und 
Rhazes. Persische Auszüge und Uebersetzungen sind vorhanden 
und mit den indischen Urschriften verglichen worden. 

In der Mitte unseres Jahrhunderts haben die Engländer 
Schulen der Heilkunde in Indien errichtet. Die in Caleutta und 
Bombay haben englische Vortragssprache und Lehrer. Die letzteren 
sind gewöhnlich Militärärzte, die eine lange Praxis in Indien geübt, 
aber darum doch noch nicht immer Lehrbegabung und theoretische 
Kenntnisse besitzen. Das konnte ich gelegentlich wohl bemerken. 

Ausserdem giebt es noch einige Schulen der Heilkunde mit 
einheimischer Vortragssprache, z. B. in Lahore und Agra. Im 
Jahre 1891 waren unter den Studenten der Heilkunde in Indien 
1677 Hindu, 336 Mohammedaner, 538 eingeborene Christen, Parsi, 
Eurasier, Europäer. Mein Gewährsmann für diese Zahlen (Hunter) 
erwähnt nicht die weiblichen Studenten, doch habe ich solche in 
Caleutta gesehen; sie sind für die Behandlung von Frauen und 
Kindern in Indien recht brauchbar. 228 Schriften zur Heilkunde 
sind 1890 in einheimischen Sprachen Indien’s veröffentlicht worden. 

Von allen Leistungen der indischen Wundarzneikunst erregten 
natürlicher Weise zwei hauptsächlich meine Wissbegier, die Nasen - 
bildung und der Star-Stich. 

Wenn auch das Abschneiden der Nase heutzutage nicht mehr, 
wie früher, als gesetzliche Strafe in Indien vorkommt; so ist 
es doch noch Sitte in den einheimischen Staaten, dass der belei¬ 
digte Gatte die Ehebrecherin zu Boden drückt und so verstümmelt. 
Aber nirgends, auch hier in Jaipur nicht, vermochte ich einhei¬ 
mische, ungelehrte Handwerker, welche die Nasenneubildung aus¬ 
üben, aufzufinden oder von ihnen etwas zu erfahren; die Nasen¬ 
bildung wird ausgeführt in Indien, aber nicht mehr, wie es am 
Ende des vorigen Jahrhunderts englische Aerzte als Augenzeugen 
gesehen, von Mitgliedern der Ziegeist reicher-Kaste, sondern 
von Schülern der englischen Universitäten und Krankenhäuser. 

Eines aber wollen die abfällig Urtheilenden unserer Sanskrit- 
Gelehrten beachten: die Nasenbildung und die ganze plastische 
Wundarzneikunst in Europa hat doch erst ihren Aufschwung ge¬ 
nommen, als jene Kunststückchen der indischen Handwerker bei 
uns bekannt geworden waren. 



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110 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Der Star-Stich war den alten Griechen während ihrer 
Bliithezeit gänzlich unbekannt; weder in den Hippokratischen 
Schriften noch bei Aristoteles und Plato findet sich eine Spur davon. 
Gelsu*s (zur Zeit Nero’s) hat nach griechischen Quellen die erste 
Beschreibung geliefert; Galen (im 2. Jahrhundert n. Chr.) erwähnt, 
dass es zu seiner Zeit in den Weltstädten Alexandria und Rom 
Fachärzte für den Star-Stich gab; Paulus von Aegina (im 7. 
Jahrhundert n. dir.) hat in seiner Wundarzneikunst eine muster¬ 
gültige Schilderung des Star-Stichs und der Vor- und Nachbe¬ 
handlung, nach den verloren gegangenen Schriften des grossen 
Galen uns überliefert. Die Araber des Mittelalters beschreiben 
sowohl die griechische Methode des Star-Stichs, mit einer einge¬ 
stochenen spitzigen Nadel die Linse niederzudrücken, als auch eine 
zweite etwas abweichende, erst mit einem Messerchen einen klei¬ 
nen Schnitt durch die harte Haut dos Auges bis in’s Innere an- 
zulegen und darauf mit einer stumpfen Nadel den Star nach unten 

zu verschieben. . TT 

Von den Arabern haben die Europäer im Mittelalter ihre Heil¬ 
kunde erlernt, etwa seit dem Jahre 1000 n. Chr ; und vier bis 
fünf Jahrhunderte später, nach dem Wiedererwachen der Wissen¬ 
schaften, auch Zutritt zu den griechischen Quellen gewonnen; end¬ 
lich in der Neuzeit ihro selbständige Forschung begonnen. Erst 
seit zwei Jahrhunderten ist in Europa die Star-Operation durch 
wissenschaftliche Wundärzte den umherwandernden, rohen Star- 


Stechern entwunden worden. 

Erst in unserem Jahrhundert hat man bemerkt, dass das 
zweite Verfahren der Araber in Susruta’s Werk beschrieben ist. 
Europäische Aerzt.e haben diesen indischen Star-Stich von Empirikern 
in Indien ausführen sehen, auch in Westasien bis nach Stambul, 
einzelne wandernde Star-Stecher sind sogar aus Asien nach Europa 
gekommen, nach Russland, nach England; im vorigen Jahre, grade 
als ich in Indien weilte, ist ein schlimmer Geselle der Art, Gholam 
Kader aus Singapur, in Berlin gewesen, hat aber, nachdem er ver¬ 
schiedene Augen zerstört oder geschädigt, unsere Hauptstadt wie¬ 
der verlassen müssen. 1 ) 

Die so bedeutungsvolle Frage der Geschichte, welchem Volke 
(oder gar welchem Manne) die Erfindung des Star-Stichs zuzuschrei¬ 
ben sei, scheint mir zur Zeit völlig unlösbar. 

Die Griechen dürften es nicht gewesen sein, da sie vor der 
Zeit ihres Verfalls und der genaueren Bekanntschaft mit den so¬ 
genannten Barbaren in Afrika und Asien gar nichts davon wuss¬ 
ten. Den Aegyptern es zuzuschreiben ist leicht, aber unwissen¬ 
schaftlich, da wir gar keine Belege dafür besitzen. Den Indern 
das zweite Verfahren zuzusprechen ist thunlieh, da es ihnen offen¬ 
bar angehört; das erste kann als eine Vereinfachung aus dem zweiten 
hervorgegangen sein. 

Von wissenschaftlich gebildeten Wundärzten Europa’s wurde 
beim Greisen-Star der Star-Stich (ungefähr nach dem griechischen 
Verfahren) bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts regelmässig, 
seitdem seltener geübt und um die Mitte unseres Jahrhunderts 
gänzlich aufgegeben zu Gunsten des Star-Schnitts. 

Die harte Linse der Greise, wenn sie in die Tiefe versenkt 


ward, löst sich nicht auf und kann eine dauernde Quelle der Ge¬ 
fahren bilden, so dass die ursprüglichen Verluste des Star-Stichs 
(15 Procent) bei längerer Beobachtung bis auf 50 Procent ansteigen. 
Dagegen ist der Star-Schnitt durch Verbesserung der Wundbe¬ 
handlung sehr sicher geworden, so dass man nur in wenigen (1—2) 
Procenten Verlust erlebt und bleibenden Erfolg in den geheilten 
Fällen. 

Sowie ich in Calcutta an’s Land stieg, hörte ich von den 
englischen Aerzten, was ich schon vorher gelesen, 2 ) dass die un¬ 
wissenden und unsauberen einheimischen Quacksalber durch ihren 
Star-Stich die Augen zerstören, und dauernde Erfolge überaus selten 
seien. Aber, obwohl doch nur diejenigen von den so Operirten 
das englische Krankenhaus aufsuchen, welche mit den Erfolgen 
ihrer Star-Stecher unzufrieden sind, konnte ich so erhebliche Miss¬ 
erfolge nicht zu Gesicht bekommen. Bei einer 50jährigen Frau, 
die vor Jahren mittels Star-Stichs operirt worden, fand ich gute 
Sehkraft auf beiden Augen, obwohl die niedergedrückten Stare 
nicht aufgelöst, sondern mit dem Augenspiegel noch zu sehen 
waren. Bei einem alten Mann war allerdings der niedergedrückte 
Star wieder aufgestiegen und sogar vor die Pupille gefallen. 

In dem Mayo-Krankenhaus zu Jaipur, das 150 Betten enthält 


*) Ich habe zwei von ihm operirte Fälle nachträglich gesehen. Es 
ist erstaunlich, wie in Berlin erwachsene Menschen einem hergelaufenen, 
geldgierigen Hinterindier sich anvertrauen konnten, während ihnen zahl¬ 
reiche gelehrte, geübte Wundärzte unentgeltlich zur Verfügung stehen. 

,J ) Diseases of the Eye by Macnamara, Surgeon to Calcutta Hospital. 
London 1868, p. 479. The native Huck eems and Kobrages always 
operate for the eure of cataract (by depression) and hardly a week passes 
that I do not soe several of their patients suffering from either inflam- 
mation of the chorold or from retinochoroiditis. 


und unter einem britischen Arzt (Dr. Hendley) steht, traf ich 
den einheimischen, in der Medicinschule zu Lahore gebildeten 
Hilfsarzt, der viel Selbstbewusstsein zur Schau trug; aber von den 
im Krankenhaus befindlichen Staren, die er nach europäischer Art 
durch Schnitt ausgezogen, war nur einer mittelmässig gelungen, 
vier wenig genügend, einer vereitert. Er behauptete, dass die 
Natives“ (ein Wort, das in seinem Mund recht sonderbar klang), 
nur ein Procent Erfolg hätten. 

Als ich nun eine halbe Stunde später durch das Gewühl der 
Hauptstrasse von Jaipur fuhr, sah ich hinter einander drei Menschen 
mit den bekannten dicken Starbrillen. Eiligst rief ich sie an 
meinen Wagen und begann sie zu befragen, mit Hülfe meines 
Führers, dessen Dummheit und mangelhafte Kenntniss des 
Englischen mir freilich recht grosse Schwierigkeiten bereiteten. 

Sie waren zwischen 50—60 Jahre alt. Der eine war vor 
16 Jahren nach zweijähriger Blindheit von einem Empiriker in 
Lucknow vom Star befreit worden. (Wasser nannten sie es, wie 
die Araber im Mittelalter und nach ihnen die Salemitaner.) Beide 
Augen sahen gut und sahen vorzüglich aus. Der zweite war auf 
einem Auge vor mehreren Jahren operirt worden, das eine Auge 
sah gut, das andere war noch starblind. Der dritte war auf dem 
linken Auge von einem einheimischen Pfuscher operirt worden, 
mit vorzüglichem Erfolg; auf dem rechten durch Schnitt im 
englischen Krankenhaus, mit mittelnuissigem Erfolg. 

Meine Unterredung hatte einen gewaltigen Volksauflauf ver¬ 
anlasst. Die Strasse war fast gesperrt. Ein Mann trat heran, 
zeigte mir den Star auf seinem rechten Auge und fragte, was er 
thun solle. Ich erwiderte, er müsse nach dem englischen Kranken¬ 
haus gehen. Was die Leute bei diesem Rath dachten, weiss ich 
nicht; doch konnte ich keinen andern geben. 

Meine Neugierde war auf das höchste gespannt, ich wollte 
einen der geschickten Pfuscher kennen lernen. Sowie ich am 
nächsten Tage von Amber zurückgekehrt war, machte ich mich an 
das Suchen, aber vergeblich fuhr ich mit dem dummen Führer, der 
meine Absicht nicht begreifen konnte, durch die Strassen. Endlich 
kam ich auf den Gedanken, zu dem ersten Barbier des Ortes zu 
fahren. Ich fand zunächst dessen woldbeleibten, ältlichen Vater 
vor dem Laden vollkommen nackt und fröhlich in der Sonne liegen, 
schüttelte ihm die Hand und machte dem Sohn durch Gebärden 
klar, was ich wünschte, und erhielt dann endlich auch die Woh¬ 
nungsangabe eines Star-Stechers. In einer Nebenstrasse fand ich 
den kleinen Laden und einen hochgewachsenen, ziemlich gut ge¬ 
kleideten, klug aussehenden Mann von kaum 30 Jahren. Aber 
seine Instrumente zeigte er mir nicht, mit dem Bemerken, dass er 
sie zerbrochen und diese Praxis aufgegeben habe; wohl aber wies 
er mir ein Buch über Augenkrankheiten: „Diseases of the Eye by 
Hilson, translated into Urdu. Agra 1884.“ 

In der That ist auf Andrängen des britischen Arztes den ein¬ 
heimischen, ungeprüften Star-Stechern das Handwerk verboten 
worden, bei 2000 Rupien Geldstrafe. 

Zuerst hatte der Künstler mich für einen Späher gehalten, all¬ 
mählich verlor er sein Misstrauen und erklärte, er würde mir 
Nachmittags 40 Star-Operirte zeigen. Hier offenbarte sich aber die 
morgenländische Unzuverlässigkeit. Einer war da, ein Fünfzig¬ 
jähriger, auf beiden Augen vor neun Jahren von jenem operirt — 
mit gutem Erfolge. 

Vergeblich fuhr ich nach dem Gefängniss des Maharadscha, 
an dem ein einheimischer Arzt wirkt; ich konnte weiter nichts er¬ 
fahren. (Dagegen sah ich dort, dass die im Krankenhause des 
Gefängnisses befindlichen Kranken von ihren Ketten nicht be¬ 
freit sind! Die Briten sollten hier Wandel schaffen.) Ich spähte 
in alle Läden hinein, sah auch eine Sechzigjährige, die vom Pfuscher 
gut operirt war. Ich prüfte alle blinden Bettler auf der Strasse, 
nachdem ich sie durch doppeltes Almosen willfährig gemacht; bei 
keinem konnte ich Schrumpfung des Auges durch Star-Stich ent¬ 
decken. . . 

Somit besteht die seltsame Thatsaehe zu Recht, dass einige 
Pfuscher trotz Unwissenheit und Unsauberkeit in vielen Fällen 
brauchbare Erfolge erzielen. 

Das Geheimniss liegt zum Theil darin, dass unter der 
glühenden Sonne in Indien der Alter-Star zwanzig Jahre früher 
reift, als bei uns. In Indien ist das mittlere Alter der Operation 
40 Jahre, bei mir 62 Jahre. Die Gefahr der Niederdrückung ist 
im mittleren Alter geringer, als im höheren. 

Obwohl für uns gar nicht daran zu denken ist, gegen Greisen- 
Star den Stich statt des Schnittes wieder einzuführen, gebietet 
doch die Gerechtigkeit, anzuerkennen, dass in Indien seit Jäh 1 " 
hunderten, vielleicht seit Jahrtausenden, Unzählige dem Star-Sticn 
der Handwerker ihre Sehkraft verdankt haben. Das blosse Verbot 
ist eine halbe Maassregel; man muss besseres an die Stelle setzen. 
wirklich geübte Wundärzte sind auch für die Millionen der ärmeren 
Einheimischen zu beschaffen, sowohl in den britischen Besitzungen 


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1. Febru ai^ 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


111 


Ostindiens , als auch in den Schutzstaaten. Ich will noch er¬ 
wähnen. dass auf Ceylon der englische Wundarzt eines öffentlic hen 
Krankenhauses die Starblinden nicht operiren konnte, da ihm die 
Regierung: für diesen Zweck weder Instrumente noch Arzneien zu 
liefern gewillt war. _ 

VH Referate und Kritiken. 

Lombroso und Ferrero, La donna delinquente, la prostituta 
e la donna normale. Turin, Roux, 1893. 

Das normale Weib. Bei den niederen Thieren übertrifft 
das Weibchen das Männchen durch Volumen und complicirten Bau 
der Organe: je höher man aber in der Thierreihe aufsteigt, desto 
mehr nähert sich das Männchen dem Weibchen, bis es bei den 
Säugethieren der Repräsentant der Species wird. Ziehen wir eine 
Parallele zwischen Mann und Weib, so ergiebt sieh, dass das Weib 
dem Manne an Kraft, Körperlünge, Körpergewicht Hämoglobin¬ 
gehalt, Zahl und specifisehem Gewichte der Blutkörperchen, Volumen 
und Gewicht von Schädel, Gehirn und übrigen Eingeweiden, und 
Zahl der Degenerationszeichen nachsteht. Beim Weibe wird Links¬ 
händigkeit häufiger, Haarabfall seltener als beim Manne angetroffen. 
Im Gegensätze zu der allgemein verbreiteten Ansicht zeichnet sich 
das Weib vor dem Manne durch einen geringeren Grad von 
Schmerzempfindung aus. Bei den Thieren und wilden Völkern ist 
das Weib grausamer und rachedürstiger als der Mann, eine Er¬ 
scheinung, die w ahrscheinlich dadurch bedingt wird, dass das Weib 
das schwächere Wesen und die Grausamkeit ihre einzige Waffe 
ist. Mit den Segnungen der Civilisation wurde das Weib pietät¬ 
voller. — Hinsichtlich der Liebe gilt der Ausspruch Tennyson’s, 
dass die männliche Liebe in derselben Beziehung zur weiblichen 
steht, wie die Sonnenwärme zur Mondwärme. Die Frauenliebe ist 
nach Lombroso eine der Mutterliebe untergeordnete Function, und 
die Anhänglichkeit, welche das Weib für don Mann empfindet, ist 
nicht ein Product des sexuellen Triebes, sondern durch Anpassung 
erworbenes Unterwürfigkeitsgefühl. — Der Sinn für die Moral steht 
beim Weibe ungefähr auf derselben Stufe wie beim Kinde. Denn 
bekanntlich ist das Weib recht oft lügnerisch, eitel, neidisch und 
empfindet selten aufrichtige Freundschaft. Hinsichtlich des geistigen 
Leistungsvermögens weicht das Weib vom Manne darin ab, dass 
es weniger schöpferisch und originell ist und dass bei ihr das 
Reden das Schreiben tiberwiegt. 

leibliche Verbrecherwelt. Im allgemeinen begeht das 
»eib weniger Verbrechen als der Mann. Dem Verbrechen beim 
Manne entspricht zum Theil die Prostitution beim Weibe. Die 
Prostitution war in den Anfangsstadien des Lebens aller Völker 
so verbreitet, dass es naheliegt, anzunehmen, das Schamgefühl sei 
erst ein spätes Ergebniss der Evolution. In der ersten Periode 
verfügte der Mann über das Weib nach Gutdünken und lieh es 
zum geschlechtlichen Missbrauche allen Tribusmitgliedern, in der 
zweiten Periode wurde dieses Recht der sogenannten „prima nox“ 
uur dem Tribushaupte zuerkannt, in der dritten Periode wurde die 
rostitution als ein Verbrechen betrachtet und nur in den niedersten 
olksschichten geübt (Hetären in Griechenland, Tänzerinnen und 
1 aQ porinneii in Japan und Indien). 

, £ at Mogische Anatomie und Anthropometrie der Verbrecherin 
li l Q S , t !. tuil ? €I1 - Verbreeheriimen und Prostituirte zeigen männ- 
( ien c chädelindex und oft makroskopische Gehimläsionen: erstere 
X1 ^ e Papacität- der Augenhöhle, letztere minimale Sohädel- 
^pocitat und maximalen bizygomatischen Durchmesser. Dagegen 
er en die Schädelanomalieen seltener bei weiblichen als männlichen 
!^ u £ nt ? n an &etroffen. Zahlreiche Messungen ergaben, dass bei 
Kfim reCÜer - ln u en un( * P rost iteirten die Körperlänge kleiner, das 
Canlt e ß r ^ sse U die Hand länger, die Wade entwickelter, 
Die vpr- .r U 5 ger ’ ^ a ) vl * ies seltener, Haare und Iris dunkler sind, 
als v n ® n Körperanomalieen sind häufiger bei Prostituirten 
m j s . . erbre cherinnen: unter letzteren sind es vorwiegend Gift- 
zeiehen 'behaftet^ ^ ö ^ erinnen ’ we ^ c ^ 10 am ehesten mit Degenerations- 
lm timen Abschnitte 


' ! ' r Vtrbrecherim 


werden die Biologie und Psychologie 
iüch aus i 7i‘‘ inen P ros tituirten erörtert. Dieselben zeichnen 
k'erimrpp/r FC 1 Torze *% e menstruelle und sexuelle Entwickelung, 
liehe Klpia rucht ' )arkp lL Langlebigkeit, männliche Stimme, männ- 
Anoni a i; 00 , Un f u !^ ! Tlann li ( '‘he Schriftzüge, Abstumpfung der Sinne, 
htfrtenhoK Gesichtsfeldes, Abnahme der Reflexe. Bei Prosti- 
^xualemn« a , man häufig Tribadismus als Ausdruck conträrer 
zeitige ndun 8 und nicht so sehr intensive als vielmehr Vor¬ 
zeit uben^ Ue - 6 Erregbarkeit. — Dio angeborene Verbrecherin 
heit MikL- S*? 11 Erotismus, Mangel an Muttergefühl, Verwegen- 
Rachedur /r „ P ’ ^ e .^ lln L r für Körperübuugen, Hang zur Lüge, 
<1U gjp ip ' laus amkeit, Intelligenz, lauter Charaktereigenschaften, 
Die ™|^?T • Ch ° n Verbrocher nähern. 

r h rp iHiritsverbrecherinnen lassen sich in zwei Kategorieen 


unterbringen; die eine umfasst Individuen, welche eher der ge¬ 
borenen Verbrecherin als dem normalen Weibe gleichen, wie bei¬ 
spielsweise wer Blutdelicte verübt; zur anderen gehören Weiber, 
die vielleicht normal wären, wenn nicht die äusseren ungünstigen 
Lebensbedingungen sie zum Verbrechen getrieben hätten, wie etwa 
die Noth zum Diebstahl. Auffallend erscheint Lombroso’s Be¬ 
hauptung, dass Frauen Delicto viel häufiger mit Praemeditation be¬ 
gehen als Männer. 

Dass nicht Geilheit, sondern moralisches Irresein das ver¬ 
anlassende Moment der Prostitution ist, beweist die anatomisch 
und psychologisch erwiesene Identität der Verbrecherin und ge¬ 
borenen Prostituirten mit den moralisch Irrsinnigen. Grausamkeit, 
frühzeitiger Hang zum Bösen, Müssiggang und Abusus spiritus, 
Indifferenz für don üblen Ruf sind allen drei Mensehenarten ge¬ 
meinsame Charaktere. Demnach stellt das Verbrechen die männ¬ 
liche, die Prostitution die weibliche Form der Criminalität vor. 
Der Grund, weshalb die Prostituirte nicht so oft Verbrechen be¬ 
geht, liegt in der Leichtigkeit des Erwerbes des nothwondigon 
Lebensunterhaltes. 

Schliesslich entwerfen die Autoren ein psychologisches und 
anthropologisches Bild derGelegenheitsprostituirten,welche psychisch 
abnormer sind als dio Gelogenbeitsverbrecherinnon. 

Irrsinn ist im allgemeinen bei weiblichen Delinquenten seltener 
als bei männlichen. Irrsinnige Verbrechern»neu zeigen gerade eine 
Einbusse der specifischen weiblichen Charaktere, zu welchen das 
bescheidene und enthaltsame Wesen und die Apathie zu rechnen sind. 

Die psychische und motorische Epilepsie ist viel seltener bei 
weiblichen, als bei männlichen Verbrechern. Auch der Historismus 
wird bei Verbrecherinnon seltener beobachtet, und die psychologische 
Untersuchung zeigt, dass die hysterische Verbrecherin vollkommen 
analog ist den geborenen Verbrechern, einen höheren Grad von 
Lüge, Volubilität und conträrer Sexualempfindung ausgenommen. 

Das Buch ist eine verdienstvolle Fortsetzung der rühraliclist 
bekannten Abhandlung Lombroso’s „Der Verbrecher“. 1 ) G. 


G. Lewin, Tafel der Anatomie der Haut. Berlin, Karger. 

Ref. Joseph (Berlin). 

Der nach einer grossen Reihe eigener mikroskopischer Präparate 
Lewin’s angefertigte schematische Durchschnitt durch die mensch¬ 
liche Haut zeigt, eine 450fache Vcrgrösserung der Originale und 
ist in 17farbigem Drucke hergestellt. Die Tafel nimmt eine Fläche 
von 0,95:1,45 Meter ein. 

Dieses Kunstwerk ersten Ranges gestattet mit einem Blick 
eine Uebersicht über die verwickelten anatomischen Verhältnisse 
der Haut. Doch ist ein Nacbtlioil hierbei vermieden, wie er sonst 
grossen Uebersichtsbildern eigen ist, wo über dem allgemeinen die 
einzelnen Verhältnisse vernachlässigt sind. Auf der Lewi irischen 
Tafel ist im Gegentheil auch die Detaillmarboitung bis in (las 
Kleinste ausgeführt. Der Beschauer erhält hier nicht, nur einen 
Eindruck von den verschiedenen Nervenendigungen der Haut, 
sondern lernt auch ihre feineren histologischen Details erkennen. 
Die Schweiss- und Talgdrüsen, sowie die einzelnen Zelllagen des 
Epithels sind bis in ihre feinsten mikroskopischen Einzelheiten 
ausgeführt,. Wer genau diese Tafel durchstudirt, wird es erst zu 
schätzen wissen, wie viel enorme Arbeit und Ausdauer zur Aus¬ 
führung dieser grossen, mit bewunderungswürdiger Feinheit im 
einzelnen ausgeführten Zeichnung gehört. Die Haut ist, gerade aus 
so vielen Bestandtheilen zusammengesetzt, dass es immer schwer 
wird, dem Studirenden eine schnelle Uebersicht, in einem noch so 
gut gelungenen mikroskopischen Bilde zu gehen. Dadurch dass 
man in seiner Sammlung viele solcher mikroskopischer Präparate 
hat, welche im einzelnen dem Beschauer die liothwendigen I cin- 
heiten klar machen, geht aber wieder die UebersiehMichkeit über 
das Ganze verloren. 

Hier hat gerade Lewin mit einem glücklichem Griffe das 
Richtige getroffen, indem er in einem schematischen Durchschnitte 
beides vereinigt. Besonders praktisch ist die genaue Bezeichnung, 
welche eine schnelle Orientirung erlaubt. Ausserordentlich bequem 
ist die Art, wie dre pathologischen Befunde bei einzelnen Haut¬ 
krankheiten als Ergänzung dieser Tafel be.igefiigt werden können. 
Hoffentlich wird der Verfasser bemüht sein, in immer weiterem 
Ausbau gerade dieses letzteren Punktes die Tafel zu vervoll¬ 
kommnen lind sie auf diese Weise nicht nur zu einem Atlas doi 
normalen, sondern auch der pathologischen Anatomie der Haut 
auszugestalten. . . , ,, , . 

Aus diesen Gründen hat sieh diese Tafel, wie ich aus Erfahrung 


bedingten 
■lio- 


») Wir können dem Buche Lombroso’s nur einen sehr 

Werth beimossen und halten insbesondere den biologischen und p.^c io- 
loeischen Theil seiner Ausführungen durch das von ihm hcigchnumc 
Material nicht für ausreichend begründet. rebrigens hegt eine trel ^ 
deutsche Uebersetzung von H. Kurella vor (Das Weih als \ erb»eclu m 
und Prostituirte, Hamburg, 1894). A. E. 




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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSC HRIFT. 


No. 5 


112 

kennen gelernt habe, schon in Cursen ausgezeichnet '^'ährt unfi 
wird sich bei weiterer Verbreiterung gewiss noch viele Freunde 
erwerben. Dann wird sie sich nicht nur für den Spemhste , 
sondern für den Kliniker überhaupt und für den praktischen Aizt 
als werthvoll erweisen. _. 

M. Kaposi, Pathologie und Therapie der Hauttoanhfceiten. 

Vierte Auflage. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1893. Kei. 

J °Es P istüberflüssig, diesem allseitig anerkannten classischen 
Werke noch ein Wort der Empfehlung mitzugeben. Dass es in der 
ganzen Welt begeisterte Freunde gefunden hat, ist weht zu vie 
gesagt. Wir fügen dieser Auflage nur noch hinzu, dass Kaposi 
fn gewohnter Meisterschaft sein Werk durch Berücksichtigung der 
neuesten Errungenschaften der Litteratur nach jeder Richtung^ver¬ 
vollständigt hat. Mit besonderer Freude wird man es allseitig be 
grüssen, dass Kaposi gewissen, durch die Zeitstromung an die 
Oberfläche getragenen Anschauungen, deren Gehaltlosigkeit ei 
früher nur angedeutet hatte, dieses mal mit der kritischen Sond 
der Thatsachen etwas näher tritt. 

A. Levertiii, G. Zanders’ Medico-meohanische Gymnastik. Ihre 
Methode, Bedeutung und Anwendung, nebst Auszügen au ® 

{ einschlägigen Litteratur. Stockholm, Norstedt & Söhne, 1WW. 

Ref. S. G. . . . 

Wer Orientirung auf dem Gebiete der medico-mechamschen 
Gymnastik sucht, wie sie durch Zanders als eine anerkannt er- 
spriessliche physikalische Heilmethode eingeführt ist, fin det diese in 
demWerkchen von Levertin in ganz ausgezeichneter Weise. Die 
sämmtlichen Apparate und Manipulationen sind in schönen Ab¬ 
bildungen wiedergegeben. DasWerkchen ist sehr empfehlenswert!!. 

H. Paschkis, Kosmetik für Aerzte. Zweite vermehrte Auflage. 
276 Seiten. Wien, Alfred Holder, 1893. Ref. F. 

Der Arzt thut Unrecht daran, die Verschönerungslehre zu ver¬ 
nachlässigen , denn durch die sachgemässe Behandlung’ derselben 
erweist er sich nicht nur den von kleinen Sehönlieitsmängeln ge¬ 
quälten Patienten gefällig, sondern er kann diese dadurch auch vor 
Schaden bewahren. Diese schlichte, vom Verfasser selbst formu- 
lirte Wahrheit gewährleistet im Verein mit der Stellung desselben, 
dass dem Leser Wissenswertes geboten wird. Die Wiener Schule 
dominirt. Behandelt werden Haut, Haar, Nägel und Mund. 

VIII. Journalrevue. 

Chirurgie. 

Claus, Ein Fall von Doppelschrägbruch am unteren 
Humerusende mit Zerreissung des Nervus radialis. Cen¬ 
tralblatt f. Chir. 1893, No. 39. 

Ein 10jähriger Knabe wies, nachdem drei Wochen lang ein 
Gypsverband an dem gebrochenen Oberarm gelegen hatte, fol¬ 
gende Symptome an der Hand auf: schlaffe Beugestellung, actives 
Strecken und Abduciren unmöglich, Finger sind gebeugt, und 
Streckung der Endphalangen ist nur bei geschickter Streckung des 
ersten Gliedes ausführbar, auch der Daumen kann nicht gestreckt 
und abducirt werden, Sensibilität normal. Bewegungen im Ell¬ 
bogengelenk vollkommen frei. Es musste demnach der N. radialis 
gelähmt sein. Operation: Längsschnitt am vorderen Rande des Supi¬ 
nator longus. Es zeigte sich, dass der Nerv nahe der Stelle, wo er 
sich um den Humerus herumschlägt-, quer durchtrennt war, und- 
zwar höchst wahrscheinlich durch die scharfe Knochenkante des 
oberen Fragments. Wenn schon diese Trennung des Nervus 
radialis bei einem Oberamibruch an dem unteren Ende als eine 
grosse Seltenheit, vielleicht sogar in der Litteratur noch nicht 
beschrieben erscheint, so bietet der Fall noch ein weiteres Interesse 
durch die Form des Bruches. Denn gewöhnlich verlaufen die 
supracondylären Brüche mit schräger Bruchlinie von oben aussen 
nach unten innen, hier aber handelt es sich zugleich um eine Ab¬ 
spaltung des unteren Knochenabschnittes vom obem in der Frontal- 
ebefte des Knochenschaftes, d. h. gewissermaassen um eine Längs¬ 
spaltung. S e n g e r (Crefeld). 

Geburtshülfe und Gynäkologie. 

A. Köttnitz, Ueber Beckenendlagen. Volkmann’s 
Sammlung klin. Vortr. N. F. No. 88. 

Der erste Tlieil dieses klinischen Vortrages bringt einen kleinen 
Beitrag zur Frequenz und Aet-iologie der Beckenendlagen. Ver¬ 
fasser entnimmt sein Material dem Tagebuch einer Hebamme in Zeitz, 
die unter 3410 Geburten 74 Beckenendlagen (ca. 2°/o) beobachtet 
hat. Verfasser spricht die Hypothese aus, dass individuelle Bean¬ 
lagung und vor allem hereditäre Einflüsse bei der Entstehung von 


Beckenendlagen zur Geltung kommen. Der zweite Theil behandelt 
die Beckenendlagen in ihrer Beziehung zum Caput 
obetipum. Auf Grund einer aueftthrlichen Wiedergabe der ein¬ 
schlägigen Litteratur wird hervorgehoben, dass die Schiefhalsfrage, 
so weit sie die muskuläre, sogenannte angeborene Form betrifft, 
noch ihrer endgültigen Lösung harre. Verfasser bekennt sich zu 
denjenigen Autoren, welche neben einer angeborenen, d. h. intrauterin 
erworbenen Form eine traumatische, während und infolge des Ge¬ 
burtsactes entstandene anerkennen. Erstere kommt gleich nach 
der Geburt, letztere erst nach einigen Wochen zum Ausdruck. 
Bekanntlich stehen sich hier zwei entgegengesetzte Auffassungen 
gegenüber. Während Stromeyer den angeborenen Schiefhais 
darauf zurückführte, das der Musculus sterno-cleido-mastoideus bei 
der Geburt eingerissen sei und sich an der Rissstelle durch narbige 
Schrumpfung verkürzt habe, sieht Petersen m dem Schiefhals 
den Ausdruck einer intrauterinen Verkürzung durch temporäre 
Annäherung der Ansatzpunkte des Muskels. Petersen hält den 
Schiefhals stets für angeboren und bringt ihn mit vorübergehenden 
amniotischen Verwachsungen in Zusammenhang. Dem gegenüber 
betont Verfasser mit Recht, dass Caput obstipum zweifelsohne 
infolge von Muskelläsionen inter partum entstehen kann, dass auch 
bei spontanen Steissgeburten Verletzungen und Haematome des 
Musculus sterno-cleido-mastoideus Vorkommen können, die schliess¬ 
lich zur Verkürzung des Muskels führen. Er weist auf die bekannte 
Thatsache hin, wonach gerade nach Steissgeburten das Caput 
obstipum öfters beobachtet wird, als nach Schädelgeburten. Dass 
es ausserdem eine intrauterin erworbene Form giebt dafür 
spricht der Umstand, dass Schiefhals hier und da mit bchädel- 
asymmetrie vergesellschaftet gefunden wird. G o tts ch alk (Berlin). 

Psychiatrie und Neurologie. 

E Remak, Ueber die antiparalytische Wirkung der 
Elektrotherapie bei Drucklähmungen des Nervus radialis. 
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. IV, p. o77 

Der seit mehreren Jahren gewaltig entbrannte Streit darüber, 
ob die Wirksamkeit der Elektrotherapie zum weitaus überwiegenden 
Theile auf den psychischen Einfluss der Behandlung (Moebius, 
Moll) oder auf die Elektricität als physisches (physikalisches) 
Agens zurückzuführen sei, ist durch die vorliegende wichtige Arbeit 
Remak’s in ein neues Stadium getreten und vielleicht seiner Ent¬ 
scheidung in einem für die „alte“ Elektrotherapie günstigen Sinne 
um einen grossen Schritt näher geführt worden. Bis jetzt ist von 
beiden Seiten mit ziemlich stumpfen Waffen, mehr mit allgemeinen 
Behauptungen als mit überzeugenden Beweismitteln der klinischen 
Beobachtung und Statistik gekämpft worden. Remak betritt zum 
ersten male den Boden der Thatsachen, und zwar auf einem e- 
sonders glücklich gewählten Terrain; er knüpft dabei an seine 
früheren Mittheilungen über die Elektrotherapie der Drucb- 
lähmungen des Radialis an — einer Lähmungsform, die wie 
kaum eine andere geeignet ist, den Heilwerth einer in ziel¬ 
bewusster Weise gehandhabten elektrotherapeutischen Procedur un¬ 
mittelbar zu veranschaulichen, ja die fast den Werth eines x 
perimentes besitzt, da es sich dabei um verhältnissmässig einfache 
Vorgänge von durchsichtiger Natur handelt, die dem Beobachter eine 
grosse Reihe gleichartiger Erfahrungen über die fast gesetzmässigeA 
der Heilwirkung zu sammeln gestatten. Schon 1878 hatte Remak (in 
einer in der Deutschen Zeitschrift für klinische Medicrn, Bd. aavu, 
erschienenen Abhandlung) auf ein aus der Hinterlassenschaft seines 
Vaters stammendes elektrotherapeutisches Verfahren aufmer s 
gemacht, wodurch bei Drucklähmungen des Radialis ein eviden ei 
augenblicklicher Erfolg erzielt werden kann, und das in 
stabiler Application der Kathode, mit etwa 5 cm nn Durc- 
messer haltender Elektrodenfläche, auf der nach oben und aussen 
von der gewöhnlichen Reizstelle des Radialis am Oberarm gelegen 
Druckstelle besteht (positive Elektrode beliebig, meist am Sternum). 
Der Erfolg giebt sich bei passend gewählter Stromstärke dadurc 
zu erkennen, dass bei versuchter Dorsalflexion der TT^ n<1 
Patient alsbald eine subjective Erleichterung spürt und die H 
nach und nach immer höher zu heben, die Finger besser zu strec_ 
imstande ist. Remak hat diesen Gegenstand systematisch we 1 
verfolgt und seine seit 1878 bedeutend bereicherten Erfahrungen mcni 
nur über die geschilderte sofortige Wirkung, sondern auch u . 
die Beschleunigung des Heilungsverlaufes durch das 
Rede stehende elektrische Verfahren bereits in den Artikeln „B e 
therapie“ und „Radialislähmung“ der Realencyclopädie (1. Au a » 1 
Band IV und XI; 2. Auflage, Baud VI und XVI) wiederholt zu¬ 
sammengestellt. Er giebt uns liier, angeregt durch die neuem g° 
von Delprat im Moebius’schen Sinne ausgesprochenen Beaen » 
eine ausführliche Casuistik auf Grund von 63 (oder, a 
eine Fall recidivirte, 64) selbstbeobachteten Fällen eie 
diagnostisch leichter Drucklähmung des Radialis. n 
hinsichtlich der Einzelheiten auf die auch für die Pathologie 


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1. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Railialislähinungen sehr beachtenswerte Arbeit verwiesen werden 
muss, sei hier nur das therapeutische Hauptergebnis angeführt, 
das Rem ak selbst dahin zusammenfasst, „dass bei einer in 
Bezug auf ihre Pathogenese übersichtlichen, häufig vor- 
kommenden Lähmungsform der methodischen Elektro¬ 
therapie eine physische, antiparalytische Wirkung zu¬ 
kommt, sowohl bei der jedesmaligen Application wie bei 
wiederholter Anwendung für die Abkürzung des ge¬ 
lammten Heilungsverlaufcs“. Die maassvolle und vorsichtige 
Weise, in der Remak aus dem reichen Beobachtungsmaterial seine 
Schlösse zieht, verdient gegenüber den zahlreichen Publicationen 
einseitiger Parteigänger auf diesem Gebiete rühmend hervorgehoben 
zu werden uud verleiht sicherlich der Arbeit in den Augen aller, 
die unbefangen und von keinen Schlagworten verblendet an die' 
Sache herantreten, ganz besondere Bedeutung. 

A. Eulenburg (Berlin). 

IX. Vereine und Congresse. 

Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 8. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Fürbringer. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. Eingegangen ist ein Werk „Mittheilungen aus der 
inediciniscben Facultät der kaiserlich japanischen Facultät.“ 

1. Herr Leyden begrüsst die Anwesenden im neuen Jahre und 
fährt fort: 


113 


Wie Sie wissen, hat das vorige Jahr nicht abgeschlossen, ohne uns 
einen herben Verlust zu bereiten. Am 21. December wurde uns der 
Geheime Sanitätsrath Dr. S. Guttmann 
durch einen schnellen und unerwarteten Tod entrissen. Wir haben mit 
ihm einen lieben, hochgeachteten Collegen, einen angenehmen, unter¬ 
haltenden, stets bereiten Gesellschafter verloren, vielen von uns 
war er ein guter Freund und ein treuer Kamerad. Was wir und ich 
^peciell über seinen Lebensgang zu sagen haben, ist bereits in 
dem von mir und Herrn Prof. GuttStadt verfassten Nekrolog, der 
m der letzten vorjährigen Nummer der Deutschen medicinischen 
Wochenschrift erschien, ausgedrückt worden. Heute will ich das 
jesagte nicht wiederholen, hier sei in erster Stelle dessen ge- 
aent, was S. Guttmann unserem Verein gewesen, welche Ver¬ 
dienste er sich um denselben erworben hat. Ich erinnere daran, 
ass er eines der ältesten, treuesten und thätigsten Mitglieder 
gewesen ist. Ich weiss nicht, ob es Ihnen bekannt ist, dass die 
'jrundung des Vereins, soweit ich daran betheiligt bin, 
besprachen zwischen mir und Guttmann ' 


aus 

hervorgegangen ist. 
dieses unseres Schrittes überlegt 


Wir haben die.. uic 

mit S? ^t? 11 ans ' Werk gegangen. Er hat mir schon damals 
Fifp- ^ ne ? .^en bekannten Energie und seinem unermüdlichen 
t-flnsHw Z i Ur S o eite S es t an den. Er war nicht nur bei der ersten 
unseren cj 60 ^ dzu “£ anwesend, er hat überhaupt nur selten bei 
derDpntlr.H ZUn ^ eil i— er ^ erner zuerst als Mitredacteur 
Redarw r D ® edlclnisc hon Wochenschrift, später als der alleinige 
pünktlich« v In J~ des V ereins vertreten, wie er für die 
bei (W 7 ^ ero ^ en Gichung der Protokolle Sorge getragen und 
Unserer Handlungen mit thätig ge- 
Stoile’dankh Ja n m 4 er Gedächtniss; doch ziemt es uns, an dieser 
dem Verein 4 ^® nste ? u gedenken, welche Guttmann 
mehrfach vJt - 1Ste ^ ^ afc ; ^ cb erbere ferner daran, dass er uns 
ersten Sammoif S eba {ten» und endlich, dass er sich an der 

Egender über Tuberkulose und in besonders hervor- 

betheilie+ft OKr? n U1 ^ serer „grossen Sammelforschung über Influenza 
grosse Werk üw ® eiI } e Mitwirkung wäre die letztere, sowie das 
Stolz sein darf ^ uenza i auf welches der Verein mit Recht 
überaus thätiVo« ,zustande gekommen. So war er ein 

das allerinni^ta w be * ebendes Mitglied, dessen Verlust wir auf 
langen Zeit Sin«« t trauan1, T)er Verein hat in der noch nicht 
Verluste ffehaht ^pstehens durch den Tod ausserordentlich viel 
grosser An 7 ahi baben augesehene, thätige Mitglieder in 
Zuwachs und den i^^ nn auch . durch don stetigen 

focht bemerkbar d-o 1,5? ^^Heder sich diese Verluste insofern 
darunter nicht baben > als unsere productive Thätigkeit 

durchgeniaeht, w !^ n 80 wird doch jeder, der jene Zeiten 

beklagt haben rinc n bmerz ^ cben Verluste tief empfunden und 
thätigsten er war a* ~* ut !' mann war einer der treuesten und 
wachsen. ’ Mit Q n öurcb seme ganze Persönlichkeit mit uns ver- 
füKluug, war m w ?s die Aerzte Berlins betraf, hatte er 
railrt uns sein VoT^ 6 ^ 111 be ^ annt und befreundet, daher be- 
ujanchem anderen / iU8t , vl ®Ueicht noch schmerzlicher als bei 
iin menschliofc!« ^ eb 2F S0 bo °h schätzten. Es tritt ein 
® 8 j tiefes Bedauern hinzu, dass dieser ener¬ 


gische, 


kräftige Mann so unerwartet nach «Mm so schworen und 
schmerzlichen Krankenlager hingorafft wurde. 

Wenn ich noch über die Geschichte und den Verlauf cphi,*.. 
letzten Krankheit Einiges berichten darf, so geschieht es um 
dasjenige zu vervollständigen, was wir schon in dem Nachruf 
niedergelegt haben. Die Krankheit war eine «heraus qualvolle 
tur mich war es eine schwere und schmerzliche Aufoabe' 
mi dem schweren Krankenlager des Freundes zu sitzen und die 
Behandlung zu übernehmen. Am 10. December liess er mich zu 
sich rufen, ich fand ihn in seinem Zimmer auf der Chaiselongue 
liegend noch nicht im Bette. Er sagte mir, er selileppe sich seit 
einiger Zeit mit Influenza herum; er hatte jedoch keine höhere Tem¬ 
peratur als 38,4. Er klagte über furchtbare Schmerzen in der ganzen 
Urust, die Untersuchung, soweit ich sie zunächst machen konnte 
ergab nichts physikalisch Nachweisbares. Allein unverkennbar 
war es, wenn ein so starker Mann so ausserordentlich lebhaft 
klagte und dalag, ohne sich regen zu können, dass etwas 
Ernstes zugrunde Hegen musste. Ich liess ihn ins Bett bringen 
und constatirte bei der Untersuchung ein pericardiales Reibungs¬ 
geräusch an der Herzspitze; ich dachte zunächst, es würde 
sich Periearditis und vielleicht Pleuritis entwickeln. Aber es trat 
kein stärkeres Fieber ein, im Laufe des nächsten Tages Hessen die 
Schmerzen etwas nach. Abends kam ein erheblicher Aufregungs¬ 
zustand mit unruhiger Respiration, einer Art Dyspnoe, die Gutt- 
mann selbst durch Morphiumeinspritzungen bekämpfte. So ging es 
die ersten vier Tage, seitdem ich ihn behandelte. Am zweiten Tage 
hatte ich wieder Reibungsgeräusch an der Grenze von Pericard 
und Lunge constatirt, aber es verschwand wieder. Der Husten 
war quälend, Auswurf sparsam, einige Ballen blutig tingirt. Am 
vierten Tage, als ich gerade ins Theater gehen wollte, wurde ich 
gerufen und fand ihn in einem so schweren Zustande, wie ich 
es nicht erwarten konnte, im Zustande der äussersten Augst, 
und Dyspnoe, kurz in einem schweren stenocardischen 
Anfall. Der Puls war zwar kräftig, über 100, Bronchialrasseln 
(Lungenödem) trat nicht ein, auch eigentliche Cyanose fehlte, 
aber die Angst war eine so furchtbare, dass sie das Gefühl un¬ 
mittelbarer drohender Lebensgefahr erregte. Er selbst war klar 
über die Bedeutung des Anfalles, so dass er mir sofort noch einige 
letztwillige Bestimmungen anvertraute; — er rief fortwährend nach 
Morphiumeinspritzungen. Erst nach wiederholten Injectionen trat 
einige Ruhe ein, und er hatte eine ziemlich gute Nacht. Am 
nächsten Tage machte er sein Testament. Dann ging es ein 
bis zwei Tage leidlich. Ich behandelte ihn zuerst mit Tinctura 
Strophanthi, dann mit Digitalis, dann bekam er Citronensäure, 
Abends mässige Dosen Morphium, ich fing auch an, ihn etwas 
besser zu ernähren, was aber nur wenig glücken wollte. Wir consta- 
tirten überdies ein Procent Zucker im Harn. Die Untersuchung des 
Herzens ergab: dumpfe Herztöne, aber keine vergrösserte Dämpfung, 
die ich etwa auf Periearditis hätte beziehen können; dagegen be¬ 
standen die Reibungsgeräusche fort, und ich kann sagen, nach¬ 
dem der schwere stenocardische AnfaU eingetreten, habe ich dies 
Phänomen auf eine circumseripte Periearditis an der Herzspitze 
bezogen, die mit der Myocarditis der Herzspitze im Zusammenhang 
stehen müsse, was nachher auch die Autopsie bestätigte. Noch ein 
anderes bemerkenswertes Symptom hat mir der Kranke wiederholt 
und an mehreren Tagen angegeben: wenn er schluckte, besonders 
festere Bissen, so empfand er einen peinlichen Schmerz, sobald 
dieser Bissen die Höhe der Herzgegend passirte. — Zwei bis drei 
Tage ging es wieder leidlich, aber es war keine eigentliche 
Besserung erkennbar, das Gefühl, dass man auf einem Vulkan stand, 
blieb unabweislich. Ich habe leider genug ähnliche Fälle ge¬ 
sehen, um zu wissen, dass einem Nachlasse, selbst wenn 8—14 Tage 
vergehen, doch häufig' noch schwere, letale Anfälle folgen. Es war 
mir schwer, die Fassung zu behalten und dem armen Freunde, der 
in dauernder Angst war, einigermaassen Ruhe zu geben. Sie wissen, 
dass die Theilnahme eine allseitige war, und dass eine Reihe von 
jüngeren Collegen mit der grössten Bereitwilligkeit bei ihm ge¬ 
blieben sind und Tag und Nacht im Nebenzimmer gewacht haben. 
Herr College W. Körte, der in der Nähe wohnte und wieder¬ 
holt in der Nacht gerufen war, hat dieselbe Bereitwilligkeit und 
Treue für ihn gezeigt. In der Nacht vom 20. zum 21. trat 
wieder ein schwerer Anfall ein. Herr Körte stand wieder unserm 
Kranken mit Aufopferung zur Seite. Ich bekam jeden Morgen 
Nachricht, war, so oft es möglich war, bei ihm; aber die Aus¬ 
sichten wurden immer düsterer. Nach zwei sehr schweren nächt¬ 
lichen Anfällen, denen am Tage wieder leidliches Befinden gefolgt 
war, sprach ich am 21. noch um 9 Uhr Abends vor und Hess ihn 
in leidlichem Zustande zurück, aber doch immer mit innerer banger 
Sorge. Nachdem ich gegangen, legte sich der Kranke zurück und 
sagte, er woUe schlafen — er hatte an dem Tage noch keine 
Morphiuminjectionen bekommen — da merkte die Pflegerin dass er 
schwer athmete, kaum merkHches Röcheln trat ein, sie rief den 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



114 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


wachhabenden Arzt, der noch Campheräthereinspritzungen machte, 
aber nach "wenigen schweren Athemzttgen war das Leben erloschen, 
als ich 72 Stunde später hinkam, fand ich ihn als Leiche wieder. 

Die Autopsie hat uns insofern beruhigt, als sie die Diagnose 
bestätigte und zeigte, dass das Schicksal des Dahingeschiedenen 
schon längere Zeit vorher besiegelt war. Herr Dr. Langerhans 
machte im Aufträge Virchow’s die Autopsie. Zwischen der Herz¬ 
spitze und der äusseren Pericardialwand fanden sich frische pen- 
cardiale Verwachsungen. Das Herz war ziemlich stark vergrössert, 
an der Herzspitze bemerkte man schon von aussen her eine starke 
Verfärbung der ganzen Wandung. Der linke Ventrikel war dilatirt-, 
die gelbliche Verfärbung an der Herzspitze entsprach derjenigen, 
die mir schon aus den früheren Fällen von Sklerose der Coronar- 
arterien genügend bekannt ist. Diese Verfärbung war durch fettige 
Degeneration und sehnige Entartung bedingt. Von hier aus nach 
oben zu erstreckte sich in abnehmendem Maasse die Degeneration 
bis zur Mitte des linken Ventrikels. In ihrem Typus entsprach 
diese Alteration genau derjenigen, die ich in meiner vor acht 
Jahren erschienenen Arbeit über die Sklerose der Coronararterien 
bezeichnet habe. An der inneren Seite der Herzspitze sass ein 
wandständiger Thrombus auf. Die Aorta bot starke Sklerose. 
Der vordere absteigende Ast der Coronararterie knirschte beim 
Schneiden und zeigte im oberen Drittel eine stark verengte Stelle, 
die typische Verengerung einer schnell entwickelten Sklerose der 
Coronararterien. Ich erwähne noch, dass die beiden Lungenspitzen 
Einziehungen von alter Tuberkulose zeigten. — So viel wollte ich 
von der Krankengeschichte und dem Leichenbefund demjenigen hin¬ 
zufügen, was schon im Nekrolog mitgetheilt ist. Ich meine, dass 
es für einen bedeutenden Mediciner nicht unwürdig ist, hierüber 
an dieser Stelle zu berichten. 

So wurde das Leben dieses kräftigen energischen Mannes in fast 
plötzlicher und unerwarteter Weise abgeschlossen. Jeder, der ihn 
sah und kannte, hätte ihm ein langes Leben prophezeit. Cito 
mors ruit! Die Theilnahme war unter Aerzten und Klienten eine 
allgemeine. Unser College San.-Rath Dr. Becher hielt an dem 
Sarge im Namen des Vereins eine ergreifende Rede. Wir haben 
einen tüchtigen Mann und einen lieben Kameraden begraben. 
Unser Verein wird ihm ein treues und dankbares Andenken be¬ 
wahren. 

Ehre seinem Andenken! 

Ich bitte Sie, sich von Ihren Sitzen zu erheben. (Geschieht.) 


Der nachstehende Obductionsbericlit ist uns von Herrn 
Dr. Langerhans übergeben, wir schliessen ihn hier an. 

Männliche Leiche mit reichlichem Fettpolster, kräftiger Muskulatur 
von guter rothor Farbe; Netz fettreich, bedeckt bis zur Höhe des Nabels 
die Dünndarmschlingen. Leber überragt fingerbreit den Rippenrand. 
Zwerchfellstand links und rechts: unterer Rand der sechsten Rippe. 
Rippenknorpel verkalkt. Die Lungen sind stark aufgebläht, drängen 
sich stark hervor nach Abnahme des Sternums; die vorderen scharfen 
Ränder legen sich übereinander. Die vorliegenden Abschnitte beider 
Lungen sind weich und lufthaltig. 

Die Spitze des Herzens ist mit dem Pericardium parietale verklebt; 
die Verklebungen sind leicht mit der Hand zu trennen; das Herz ist 
grösser als die Faust (ca. IV 9 Fäuste); der rechte Ventrikel ist fast leer, 
enthält nur wenig weiche Gerinnsel und etwas flüssiges Blut, im linken 
Ventrikel ebenfalls nur ein kleines Gerinnsel. Pulmonalklappen sind zart, 
nicht verändert. Tricuspidalis für drei Finger bequem durchgängig; die 
Muskulatur des rechten Ventrikels ist blass; in derselben sieht man feine 
gelbe Streifen. Die Herzspitze ist schwach aneurysmatisch erweitert, 
Spitze abgerundet; an Stelle der Muskulatur befindet sich daselbst 
eine trockene, gelbliche, ziemlich derbe Masse, welche umgeben ist 
von weichem grauen, durchscheinenden, stark ödematösen Gewebe. 
Die übrige Muskulatur ist sehr blass, etwas brüchig, im mittleren 
Abschnitte zwischen Spitzo und Basis stark gelblich gefleckt, von bald 
mehr weicher, bald fester Consistenz und trüber, graugelblich und grau- 
durchscheinender Farbe. Die Veränderungen des Herzens sind an der 
vorderen Fläche stärker als an der hinteren. Die Adhäsionen beschränken 
sich auf jene am stärksten veränderte Partie an der Spitze. In der 
Spitze des linken Ventrikels befindet sich ein Parietalthrombus mit be¬ 
ginnender centraler Erweichung, von rother Farbe. Nach dem Aufschneiden 
ist der Ventrikel weit, die Muskulatur hat eine Stärke von 2 cm an der Basis, 
l 1 /* cm in den mittleren Abschnitten. Die Aortenklappen sind im ganzen 
verdickt und etwas retrahirt, etwas stärker verdickt nur an der Basis und 
am Nodulus Arantii. Die Ursprungsstelle der vorderen (linken) Coronar¬ 
arterie ist weit; dio Intima derselben, ebenso wie die der Aorta ascendens, 
stark sklerotisch verändert; die Aeste der vorderen Coronararterie sind 
stark verkalkt, starrwandig; 4 cm hinter der Ursprungsstelle be¬ 
steht eine bedeutende Verengerung der Coronararterie mit 
Verkalkung, dahinter folgt wieder ein etwas weiteres Lumen mit un¬ 
regelmässigen Verdickungen und Verkalkungen. Auch die hintere (rechte) 
Coronararterie zeigt sklerotische Veränderungen, aber in geringerer Weise 
als die vordere. 

In der linken Pleurahöhle geringer Flüssigkeitserguss; die Spitze 
der linken Lunge ist narbig, mit dem Thorax verwachsen; im übrigen ist 
die Lunge überall weich und knisternd, der Oberlappen stark ödematüs; 


der Untorlappen blassgrau; die Schleimhaut der Bronchen ist blass, nicht 
geschwollen Die rechte Lunge ist unten und vorn adhärent; auch in der 
rechten Pleurahöhle geringer Flüssigkeitserguss (klare Flüssigkeit). In der 
Umgebung der adhärenten Partie ist das Lungengewebe emphysematos. 
Die Lunge ist in allen Theilen weich, lufthaltig, stark knisternd. 

Milz von gewöhnlicher Grösse, blutreich, etwas brüchig. Linke Niere 
ist gross; die Oberfläche der Niere ist glatt, grauroth. Die Aeste der 
Niorenarterien klaffen etwas weit; die Rinde ist nicht getrübt, Rinde und 
Mark gleichraässig grauroth gefärbt. Rechte Niere wie die linke. Leber 
sehr blutreich, von graurother Farbe. 

Pankreas anscheinend nicht verändert. Im Magen schwach röthlich 
gefärbter Inhalt. Im Fundus ist die Schleimhaut des Magens dunkelroth, 
von ziemlich gleichmässiger Färbung, stellenweise braunroth, in Er¬ 
weichung begriffen, vor dem Pylorus grauroth, hie und da etwas stärker 
rotk gefleckt. Der Oesophagus zeigt starke Verdickung und Abschilfe¬ 
rung des Epithels. 

Die Aorta zeigt auch im Bogen, im Brust- und Bauchtheil starke 
wulstige Verdickungen neben kleinen, pigmentirten Narben und einzelnen 
frischen Ulcerationen. .. . , 

Diagnoso: Endoaortitis mit Endoartemtis (besonders der linken 
Coronararterie) chronica deformans. Endocarditis aortjea chronica levis 
fibrosa retrahens. Dilatatio et Hypertrophia yentriculorum. Degcneratio 
adiposa myocardii ventriculi dextri. Myocarditis parenchymatosa ventriculi 
sinistri. Myocarditis parenchymatosa et chronica interstitialis apicis cordis. 
Thrombosis parietalis apicis ventriculi sinistri. Pericarditis adhaesiva 
recens apicis. Stenosis arteriae coronariae sinistra. Oedema pulmonum, 
Emphysems vesiculare lobi inferioris dextri. Cicatrices et adliaesiones 
apicum pulmonum. Hydrothorax duplex. 

Berlin, den 23. December 1893. 

Obducent: Priv.-Doc. Dr. Langerhans. Protokollführer: Dr.Elsner. 

2. Herr Landgraf (Demonstration vor der Tagesordnung): 
Ich bitte für kurze Zeit um Ihre Aufmerksamkeit für Demonstration 
eines Falles von Stenose des Magens etwas unterhalb des 
Pylorus. Das Präparat stammt von einem 58 jährigen Manne, der seit 
vier Jahren in meiner Behandlung war. Er kam zu mir, weil ihm ge¬ 
sagt worden war, er habe ein Carcinom, aber weder die Anamnese, 
noch der Befund überzeugten mich damals von der Richtigkeit 
dieser Diagnose. Ich glaubte schliessen zu sollen, dass es sich 
um alte Magengeschwüre handelte, die vernarbt waren und nun 
zur Stenosirung des Pylorus führten. Wie richtig diese Ansicht 
gewesen ist, hat der weitere Verlauf gezeigt. Durch vorsichtige 
Diät, abwechselnd mit Abführmitteln, ist es mir gelungen, den Mann 
bis zum October des vorigen Jahres, also S s /4 Jahre hindurch ge¬ 
sund, leistungsfähig und in seinem Körpergewicht zu erhalten. An¬ 
fangs October machte er einen gröberen Diätfehler, er trank fünf 
bis sechs Glas Bier und war seitdem mit den mir zu Gebote 
stehenden Mitteln nicht wieder auf seinen alten Zustand zu führen, 
so dass ich im November die Ueberzeugung gewann, dass ihm nur 
von chirurgischer Seite zu helfen sei. Ich bat daher Herrn Collegen 
Körte jun., sich den Mann mitanzusehen, und wir überlegten 
beide, dass es geboten sei, den eigenwilligen Kranken zunächst in’s 
Krankenhaus zu nehmen, um ihn da an Magenausspülungen, gegen 
die er sich bis dahin geweigert hatte, zu gewöhnen, eventuell 
sollte die Operation gemacht werden. Unmittelbar ehe er in s 
Krankenhaus kam, war es mir zum ersten male möglich, Magen¬ 
inhalt von ihm zu untersuchen. Dieser zeigte so ungemein starke 
Salzsäurereaction, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Die liu 
Krankenhause unter der Narkose vorgenommene Untersuchung ergab 
keinen Tumor, der Mageninhalt gab keine Reaction auf freie Salz¬ 
säure, und auch im weiteren Verlauf war die Salzsäurereaction sehr 
wechselnd, manchmal schwach, manchmal garnicht, manchmal wieder 
bedeutend. Die Magenausspülungen im Krankenhause waren dem 
Patienten sehr gut bekommen, er wollte sich daher nicht zur 
Operation verstehen und wurde wieder entlassen. Zu Hause besserte 
sich das Befinden nicht. Es trat wiederholt Erbrechen auf, und nur 
durch fast tägliche Magenausspülungen gelang es, seinen Zustand 
einigermaassen, was die Beschwerden anlangte, zu bessern, während 
die Macies immer mehr zunahm. Er hielt sich aber in seinem 
Kräftezustand ungefähr bis acht Tage vor Weihnachten. Da trat 
ein Icterus auf; der Urin war dunkelbraunroth, hatte aber weissen 
Schaum und enthielt keinen Gallenfarbstoff sondern Hydrobilirubin. 
Dieser Zustand bestand vier Tage. Als er zurückging, nahmen die 
Kräfte rasch ab. Der Kranke war nun bereit, sich der Operation 
zu unterwerfen, und wurde wieder in’s Krankenhaus gebracht. Zwei 
Tage vorher trat völlige Anurie durch B 6 Stunden ein, und der 
erste Urin, der dann wieder entleert wurde, war eiweisshaltig 
und blieb es bis zum Schluss seines Lebens in geringem Grade. 
Am 2. Januar machte Herr Körte die Gastroenterostomie. Die¬ 
selbe ist vorzüglich ausgeführt , es hat sich auch nicht eine Spur 
von entzündlicher Reizung am Peritoneum gezeigt; aber der* Colla^s 
trat am dritten Tage ein, am 5. Januar Nachmittags starb der 
Mann. Schon bei der Operation hatten wir uns überführen können, 
dass in der That kein Tumor vorlag, und die Section zeigte folgendes 
Bild: einen, wie ich meine, im Verhältniss zur Enge der Stenose, 
die nur gerade noch eine Zinnsonde passiren liess, wenig vergrösserten 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



1. Februar. 


DEUTSCHE MEDIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


115 


Magen, was vielleicht Folge der Magenausöpülungen und vorsichtigen 
Diät ist. Der Pylorüs war durchgängig, unmittelbar unter ihm 
sitzt ein kleines Divertikel, und nun kommt die verengte Stelle. 

Wenn ich noch einige Bemerkungen zur Geschiclito des Falles 
hinzufügen darf, so glaube ich, was die Diagnose anlangt, dass 
diese schon vor vier Jahren zu stellen war, wenn man alle Momente 
richtig abwog. Es haben sich aber auch einige andere bemerkens¬ 
wert!^ Punkte in der Krankengeschichte ergeben, theils bekannter, 
theils unbekannter Natur. Zu den ersteren rechne ich die ungemein 
rasche Maeies, die eintrat, als kein Mageninhalt mehr von dem 
Magen in den Darm überging. Nicht die Magenerweiterung und 
Erkrankung ist es, die die Maeies hervorruft, sondern der erzwungene 
Mangel der Darmthätigkeit. Ferner rechne ich zu den bekannteren 
Dingen, dass der Mann mehrfach während der Magenausspülungen An¬ 
falle von leichten tetanischen Convulsionen an den Händen bekam, die 
bekannten Stellungen, die in ihrer Wesenheit noch nicht erklärt 
?ind. Dass es sieh um Resorption toxischer Substanzen handelt, 
ist mir angesichts dieses Falles zweifelhaft, denn man sieht diese 
Convulsionen auftreten, gerade wenn man die toxischen Substanzen 
aus dem Magen herausnimmt. Zu den weniger bekannten Dingen 
rechne ich die Anurie, die er bot. Es ist sehr auffallend, dass 
36 Stunden lang gar kein Urin abgesondert wurde, und diese Anurie 
zusammen mit den tetanischen Convulsionen und den grossen Klagen 
des Mannes, die auf den Wasser-, nicht Nahrungsmangel zu be¬ 
ziehen waren, stehen in gewisser Beziehung zu den Erscheinungen, 
die bei Cholera foudroyant eintreten, nur dass hier das toxische 
Moment fehlt. Alle Erscheinungen sind einfach auf Wasser¬ 
entziehung zu beziehen, und ich glaube, dass auch der Eiweissgehalt 
des Urins, der später eintrat, auf die Ernährungsstörung der Nieren- 
epithelien durch den Wassermangel zurückzuführen ist. Es gelang 
nämlich, den Mann einige Zeit lang durch Mastdarmklystiere und 
Masserinjeetionen in den Darin wieder aus einem schon bedeuten¬ 
deren Collapszustand zu heben. Ferner erwähne ich als nicht 
gerade häufig und, so viel mir bekannt, überhaupt nicht beobachtet, 
einen derartigen Hydrobilirubinicterus. 

Dieser Fall beweist, dass, wie bei allen Fällen, wo Chirurgen mit 
inneren Medicinem Zusammenwirken sollen, es auf frühzeitige Dia- 
^nose und frühzeitige Operation ankommt. Es ist nicht ausge¬ 
schlossen, dass der Mann bei früherer Operation heute noch lebte 
und noch länger lebte, trotzdem sein Leben noch anderweitig ge¬ 
mordet war, da die Aorta hochgradig arteriosklerotisch war. Das 
ere zeigte wenig Veränderung, die Nieren nur geringe trübe 
öcJiwellimg Der Stuhlgang war immer angehalten, die Fäces 
'aren dunkel gefärbte Massen, spärlich. Sie enthielten nie Blut, 
ebenso wenig wie das Erbrochene. 


rirhtfin Foas: . ^I 1 möc bte an den Herrn Vortragenden die Frage 
u H - n * ai vri iadlGsem Falle die Gastroenterostomie und nicht die 
bariA"^ 1 ^ U1( l z s ,£ be Fyloroplastik gemacht worden ist? 
z R mit janc *£ ra f : Es bestanden Verwachsungen mit der Umgegend, 
aölr nZ. an t h ‘tf kopf -. E £ e Vorziehung des Pylorus war nicht 
stomie aker ents<ddoss sic b Herr College Körte zur Gastroentero- 


plasükL^°/f : v C ii. fragt S deshalb ’ weil Mikulicz'sehe Pvloro- 
iit, währen p erfahren für die Beseitigung gutartiger Pylorusstenosen 
die motorische nur d t. ann ihre Berech f^ung hat, wenn 

selbst nach dpr a GS Magens schon so sta f k gelitten hat, dass 

dass die mobincrX^TiuK?- v , eren ^ Gn Pylorus nicht zu erwarten ist, 
uegsarbeit ausraipkt T ^ tl ?H eit des Jagens zur Bewältigung der Verdau¬ 
ist, dass der PviJ™« Nachdem von dem Herrn Vortragenden mitgetheilt 
dos in diesem Fall - durcb Ad bäsionen festgelöthet war, ist die Wahl 
16Sem FaUe «^geschlagenen Verfahrens gerechtfertigt, 

Erän ^ e J : Eigenartig verlaufene septikopyämi- 
“»yositü ( nü? net)8t .Bemerkungen über acute Dermato- 

veröffentlicht werden)^ extenso i n «bes 01, Wochenschrift 

'u.rositis^nirht ^ 6IT ^ mö chte die Bezeichnung „Dermato- 

ail von Fällen C01 T ec k finden. Wenn auch in einer relativ grossen An- 
Erythem, Urtirjma u Qten ^ ec tiösen Myositis auch Hauterkrankungen — 
dies doch nicht in «u BrP u~h Fur P ura — vorgekommen sind, so geschah 
dem eine ComnliW; J! n * a * - U1 ? d eB war ^ e i n essentielles Svmptom, son¬ 

deren Stellen »ls «’ a ass , erdem zeigten sich die Exantheme oft an 
^meinen Inferti™ Q tv en be fe^ enen Muskeln, somit als Folge der 
mstande gekommen ;’ 0 t ^ le j 6 , xail theme zeigen eben, dass eine solche 
r^ostischer sondam ’ u “ önnen i n dieser Richtung nicht allein von 
schon vor circa 4o v °n prognostischer Bedeutung sein. Verneuil 
Jttd zwar „genmlement jT ren , dl . ese Exantheme als „septische“ bezeichnet, 
d une m 0 rt prochninA“ n- 011 /^eux nature“ und selbst als „l’avantcoureur 
dles Au las näher in Äi« D!? fc V wie wissen, nicht richtig, und hat 

-naner in einer Brochüre«) nachzuweisen gesucht. 


' ^ es ^niptions 


Paris 1870. 


Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Original bericht.) 

Sitzung am 24. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

, , Herr Martin Friedländoi- (vor der Tagesordnung) berichtet «bei¬ 
folgenden Fall: Ein «jähriger Gymnasiast hatte sich einen Wachsslock 
ln die Harnröhre elngefdhri. der dann in die Biaso geglitten war Es 
gelang Herrn Fnodländer. den Fremdkörper mit dem Lithontriptor zu 
lassen und zu extrahiren. p zu 

us a F ortsetzung der Discussion über den Vortrag des Herrn Wevl- 
Einfluss hygienischer Äaa^nahmen auf die Gesundheit Berlins. Herr 
Kleist regt die Unentgeltlichkeit der Desinfection der Wohnungen und 
bachen bei ansteckenden Krankheiten an; die Desinfection unterbleibe jetzt 
^ rl 1 ' ^ ross , en Kostcn wegen. Sein Antrag, die „medicinische Ge¬ 
sellschaft möge für diese Forderung eintreten, wurde vom Vorsitzenden 
als nicht statutengemüss zurückgewiesen. 

Herr Korn, der auf die vortreffliche englische Mortalitätsstatistik, 
die Herr Weyl nicht berücksichtigt habe, hinweist. meint, die Canalisation 
habe wohl einen günstigen Einfluss ausgeübt, doch sei dieser kein ent¬ 
scheidender. Hier kämen noch andere Factoren in Betracht, so die bessere 
MiIchversorgung Berlins gegen früher und die verschärfte Nahrungsmittel- 
controlle. Er tritt für dio Einsetzung von Schulärzten ein. 

Herr Litthauor nimmt an, dass dio Verminderung der Typhus- 
sterblichkeit in causalem Zusammenhänge zur Canalisation stehe, die aber 
und hierin stimme er Herrn Zadek bei, die Tuberkulose und die Kinder¬ 
sterblichkeit in keiner Weise beeinflusst habe. Herr Weyl liabo nicht 
den bedeutenden Rückgang der Todesfälle durch Puerperalfieber in Betracht 
gezogen, der eine Folge der antiseptischen und aseptischen Entbindungs¬ 
und Wochenpflege sei, die aber noch weiterer Ausbildung und con- 
sequenterer Durchführung bedürfe. Die „medicinische Gesellschaft“ möge 
hier fördernd eingreifen. Auch die Begräbnissfrage sei zu regeln; die 
Kirchhöfe müssten aus dem Weichbilde der Stadt entfernt werden. 

Herr Neumann constatirt, dass die Sterblichkeitsziffer in den letzten 
Jahrzehnten horabgegangen sei, wenn auch theilweise, worin er Herrn 
Zadek zustimme, durch Zuzug gesunder Individuen im kräftigsten Lebens¬ 
alter. Woher dio durch letzteren Umstand allein nicht zu erklärende 
günstige Veränderung stamme, sei ziffemmässig nicht nachzuweisen. Dass 
die Canalisation aber einen guten Einfluss auf den Gesundheitszustand im 
allgemeinen gehabt haben müsse, werde jeder, der die sanitären Ver¬ 
hältnisse hier in Berlin seit einer grösseren Reihe von Jahren verfolgt 
habe, sicher zugeben, wenn man es auch mehr wissenschaftlich fühlen als 
beweisen könne.^ Die allmähliche Abnahme der Typhussterblichkeit datire 
schon aus der Zeit vor der Canalisation, auch sei eine Verminderung 
für andere Infectionskrankhoiten nicht wahrzunehmen. 

Aehnlich spricht sich Herr Georg Meyer aus, der bei der im Hause 
infolge der langen Debatte herrschenden Unruhe sehr schwer ver¬ 
ständlich ist. Max Salomon. 


Aerztliclier Verein in Hamburg. 

Sitzung am 5. December 1898. 

Vorsitzender: Herr Schede: Schriftführer: Herr Manchot. 

1. Herr Boltz demonstrirt ein Cholesteatom des Mittel¬ 
ohrs, das nach Durchbrechung des Tegmen tympani durch eitrige 
Meningitis zum Tode geführt hatte. 

. 2. Herr Manchot demonstrirt einen Fall von Sepsis mit 
typhusähnlichem Verlaufe, ausgehend von einer Retropharyngeal¬ 
phlegmone. (Der Fall wird in den Jahrbüchern der Hamburgischen 
Staatskrankenanstalten veröffentlicht.) 

3. Herr Kümmell demonstrirt an einem 42jährigen Manno 
das Resultat einer neuen osteoplastischen Resection des Fuss- 
gelenkes, welche er bis jetzt in vier Fällen ausführte. Die neue 
Methode will die Vortheile des Mikulicz-Wladimirow’schen 
Verfahrens ohne dessen Mängel bieten, indem sie besonders die 
Verstümmelung der eigentlichen Form des menschlichen Fusses, 
wie sie jenes Verfahren mit sich bringt, vermeidet. Das wird 
in der Weise angestrebt, dass der resecirte Mittelfuss direkt vor 
das vordere untere Ende der angefrischten Fibula und Tibia ge¬ 
setzt und dort fixirt wird. Nicht nur in dem vorgestellten, sondern 
auch in den drei anderen in gleicherweise operirten Fällen wurde 
in dieser Hinsicht ein sehr günstiges Resultat erzielt. Der 
resecirte Fuss hat im allgemeinen seine normale Form bewahrt. 
Allerdings fehlt das Fussgewölbe, wodurch der Fuss einem hoch¬ 
gradigen Plattfuss ähnelt. Auch die Function des operirten Fusses 
ist gut. Die Patienten konnten sämmtlich den operirten Fuss 
ohne Beschwerden und ohne Stütze' ausgiebig gebrauchen, ja es 
stellt sich sogar eine mehr oder weniger ausgiebige Beweglichkeit 
im Sinne der Flexion und Extension des Fusses wieder ein. Die 
Verkürzung beträgt 5—5 ! /2 cm und ist durch eine erhöhte Sohle 
leicht auszugleichen. Die Schnittführung muss natürlich auf die 
Beschaffenheit der Haut in der Fussgelenkgegend Rücksicht nehmen. 
Im vorgestellten Falle wurde das Fussgelenk durch einen Quer¬ 
schnitt über dio dorsale Fläche des Fussgelenkes in weiter Aus¬ 
dehnung freigelegt. Diese Schnittführung hat auch den Vorzug, 
dass man den sonst unvermeidlichen Hautwulst auf dem Dorsum 
des Fusses durch Entfernung der nöthigen Hautpartieen ver- 



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meiden kann, Da in diesem Falle sämmtliche Fusswurzelknochen 
q 0 wie die unteren Enden der Tibia und Fibula canös zerstört waren, 
mussten die Sägeflächen einerseits durch das Os cuboideum und 
Os naviculare, andererseits 4 l /2 cm oberhalb der Condylen durch 
Tibia und Fibula gelegt werden. Nach Anfrischung der Vorder- 
lläche von Tibia und Fibula wurde der Vorderfuss an dieselbe mit 
wenigen Nähten befestigt, und die Hautwunde durch Naht ge¬ 
schlossen. Die Wunde heilte nicht per primam. Erst nach Monaten 
konnte sie durch Secundärnaht geschlossen werden. Die functio- 
nellen Resultate sind sehr gut. Der Patient kann mit seinem 
allerdings nicht sehr schönen Plattfuss ohne Beschwerden gehen 
und stehen. Die Verkürzung des rechten Unterschenkels beträgt 
5 cm die Differenz der Fiisse 8 cm. Es ist also durch die neue 
conservative Methode selbst bei ausgedehnten Zerstörungen des 
Fussgelenkes ein functionell und cosmetiscli günstiges Resultat 
erzielt 

4. Herr Kaufmann demonstrirt einen 10jährigen Knaben, 
der im Mai des Jahres mit Halsdrüsen- und rechtsseitiger Spitzen- 
Tuberkulose in seine Behandlung kam. Trotz aller therapeutischen 
Bestrebungen nahm der Kräfteverfall unter andauerndem hectischem 
Fieber unaufhaltsam zu. Im Juni erkrankte der Knabe am 
Scharlach, wahrscheinlich von seinen Geschwistern angesteckt. 
Der Scharlach nahm einen schulmässigen, glatten Verlauf. Seit¬ 
dem ist der Kranke auffallender Weise dauernd fieberfrei 
mul erholte sich unter Zurückgehen der tuberkulösen 

Erscheinung. „ „ . Tr , 

Herr Rumpf berichtet Uber zwei ähnliche Fälle, zwei Knaben mit 
BronchialdrUsentuberkulosc. welche nach überstandenem mtercurrentem 
Typhus auflallige Besserung zeigten. Vielleicht könnten derartige Beob¬ 
achtungen für die therapeutische Inangriffnahme der Tuberkulose neue 
Gesichtspunkte geben. 

5. Herr Thost stellt einen 58jährigen Mann mit Pemphigus 
der Rachenorgane vor. Die weisslichen Plaques an Pharynx, 
Epiglottis und Kehlkopfcingang wurden anfangs für Soor gehalten, 
bis das Mikroskop ihre epitheliale Natur aufdeekte. Die richtige 
Diagnose konnte jedoch erst gestellt werden, als die Entstehung 
eines solchen weissen Plaque aus einer grossen, prall gefüllten 
Blase beobachtet wurde. Lues ist auszuscliliessen, es handelt sich 
um Pemphigus vulgaris, der an den Rachengebilden eine grosse 
Seltenheit darstellt. 

6 . Herr Zarnikow stellt zwei Fälle von operativ geheilten 
Eiterungen der Nebenhöhlen der Nase vor. 


Sitzung am 19. December 1898. 

Vorsitzender: Herr Schede; Schriftführer: Herr Manehot. 

1. Herr Lauenstein hält seinen angekündigten Vortrag: Zur 
Frage der Torsion des Hodens. (Der Vortrag wird an anderer 
Stelle veröffentlicht.) 

Discussion: Herr Schede: Die Ausführungen des Herrn Lauen¬ 
stein lassen das Zustandekommen einer Torsion bei einem fixirten 
Leistenhoden allenfalls verstehen. Aber es bleibt unklar, warum der 
freihängende Hoden sich um 360« dreht und in dieser Stellung fixirt 
bleibt. Es bleibt unklar, welches Moment den Hoden in seiner torquirten 
Stellung fest hält, zumal die Circulation eine Abwickelung der Torsion 
begünstigt. Möglicherweise ist der Zusammenhang der Torsion mit Gangrän 
des Hodens ganz anders wie Herr Lauonstein annimmt. Es giebt Fälle 
von spontaner Gangrän des Hodens ohne jede Torsion. Ferner kann auch 
schwere körperliche Arbeit zu entzündlichen Veränderungen des Hodens 
führen, die spontan zurückgehen, die also nicht auf irreparable Circulations- 
störungen zurückgeführt werden können. Möglicher Weise bestand die 
Torsion in einigen Fällen schon vorher aus ontwicklungsgcschichtlichen 
Gründen. Sio entstand nicht acut durch ein Trauma, sondern der bereits 
vorher torquirte Hoden wurde durch eine Circulationsstörung betroffon, 
wie sie sonst auch andere, nicht torquirte Hoden betrifft. 

2. Herr Michael hält seinen angekündigten Vortrag über die 
Behandlung des Anasarka. (Der Vortrag wird in dieser Wochen¬ 
schrift veröffentlicht werden.) 

Discussion: Herr Rumpf betont die Wichtigkeit der Heberwirkung 
bei Anordnung der Hautpunction. Er beschreibt das auf seiner Abtheilung 
im Eppondorfer Krankenhaus übliche Verfahren. 


X. Oeffentlich.es Sanitätswesen. 

Die Choleraepidemie in der Türkei und speciell in 
Constantinopel. 

Im Nachstehenden erhalten Sie ganz feuilletonistisch gehaltene Daten 
und Einzelheiten über die noch herrschende Choleraepidemie; neben den 
Daten über Constantinopel füge ich auch einige Daten für andere Theile 
des Ottomanischen Kaiserreiches bei. 

Meine Quellen sind zum Theil die officiellen Bekanntmachungen, 
zum Theil Mittheiluugen von Autoritäten, zum Theil eigene Beobachtungen; 
wo es nöthig ist, füge ich das „on dit u bei. 

Die Epidemie des Jahres 1893 in der Türkei hat mit der vorjährigen 
Pandemie nichts zu thun. Sio hat einen ganz anderen Ausgangsheerd. 

Unter den im Yemen seit Jahren zur Unterdrückung der chronischen 
Aufstände stationirten Soldaten herrschte die Cholera seit der Epidemie 


in Mekka 1891 in sehr heftigem Maasse. Auf Drängen des Gouverneurs 
und da die Militärärzte angaben, es herrsche keine Cholera mehr, wurde 
vor einem Jahre etwa die Quarantäne gegen die aus dem Y4men repa- 
triirten Truppen aufgehoben. Es war nöthig, die mehr als decimirten 
Bataillono mit frischen zu vertauschen. — Diese Soldaten haben mit ihren 
nicht desinficirten Effecten die Cholera verbreitet. Auf sie ist die 
Epidemie in Smyrna zurückzuführen, Ebenso ist es constatirt, dass die 
Cholera in Mekka zuerst unter den Soldaten des von Yömen dorthin 
verlegten Bataillons ausgebrochen ist. 

Die Epidemie in Mekka und in den auf der Rückreise von dort von 
den Pilgern zu berührenden Orten, besonders in der Hafenstadt Djeddah, 
ist nun geradezu eine entsetzliche Katastrophe gewesen. Ich will nur 
einige Daten zur Illustration geben. ^ m „ 

Die officiellen Listen geben als Verlust 10 000—11000 Todte an. 
Dagegen muss die Zahl weit grösser sein, wenn man folgende, nicht zu¬ 
gestutzte Zahlenreihen betrachtet, die — das sei ausdrücklich betont 
nur für die zu Wasser eingetroffenen Pilger Geltung haben. 

Es sind nach den Hafenlisten in Djeddah emgetroffen 94963 Pilger. 
Verlassen haben Djeddah nach den gleichen Listen 53 972 Pilger. Es 
bleibt also ein Ausfall von 40 991 Pilgern — 80 000 mehr als die officiell 
angegebene Zahl. Am 8. Juni hatte die Cholera begonnen; an den drei 
Bairamtagen, Ende Juni, sind täglich circa 3000 Personen gestorben. 

Wahrhaft erschütternd sollen die tagebuchartigen, für die inter¬ 
nationale Sanitätscommission eingelieferten, leider nicht zur Veröffent¬ 
lichung kommenden Angaben eines einfachen türkischen Arztes aus Mekka 
lauten; etwa in folgender Weise: „Heute wurden nur 90 Todesfälle ge¬ 
meldet; aber auf dem Wege von meiner Wohnung zum Bureau zählte 
ich auf der Strasse über 100 Leichen; wie viele in den Nebenstrassen 
liegen, weiss ich nicht.“ — „Es sterben so viele, dass man nicht mehr 
melden kann.“ — Ein europäischer Arzt theilte mir persönlich mit: „In 
der Umgebund meines Bureaus, auf dem freien Platze konnte ich kaum 
durchkommen vor Kranken, Sterbenden und Todten.“ Die panikartige 
Flucht lässt sich aus den Choleradepeschen graphisch darstellen; sprung¬ 
weise zeigen die Stationen plötzlich hunderte von Fällen; nach wenigen 
Tagen ist hier die Cholera „erloschen“, aber aus der nächsten Etappe 
werden hunderte von Fällen gemeldet. 

Sehr illustrativ ist die für die türkischen Pilger festgesetzte Zahl. 
Von 8917 türkischen Pilgern haben 5970 die Rückkehr angetreten. 
Dr. Karl in ski, welcher — im Aufträge der österreichischen Regierung— 
die bosnischen Pilger begleitete, hat von 120 Pilgern 61 zurtickgebracht. 
Und diese Leute hatten noch einen ausgezeichneten Arzt, Reisegeld, 
Verpflegung u. s. w. 

Eine Landcarawane kommt am 14. August m Alfn Zerkah bei 
Damaskus an, bostehend aus 450 Soldaten, 900 Kameltreibern und 350 
Pilgern (!). Mehr als die Hälfte der Carawane war in Mekka an_ der 
Cholera geblieben und auch unterwegs starben fortwährend noch Pilger 
an Cholera, Ruhr, Erschöpfung. So hatte z. B. die Carawane an einem 
Tage, innerhalb neun Stunden während eines Samoum circa 100 Personen 


eingebüsst. . , 

Das Schiff Abd el Kader verliess Djeddah am 4. Juli mit 1370 Pilgern, 
(Beiläufig sind die Beschreibungen der Schreckensscenen bei der Ein¬ 
schiffung, wo die Nachdrängenden Sterbende, Todte, Kranke einfach ins 
Meer warfen, ganz haarsträubend). 

In Tor — wo während 14 Tagen 30 000 Pilgey in Quarantäne 
waren, während etwa im alleräussersten Falle für 6000 Pilger Platz ist 
kam es am 8. Juli, mit 20 Todesfällen an Bord. Es lag bis zum 

9. August in Tor und verlor während dieser Zeit 167 Passagiere. 

Zwischen Tor und Beirut — Ankunft am 10. August - starben weitere 
36 Passagiere. In Beirut Quarantäne vom 10. August bis zum 

25. August — 107 Todesfälle! Am 28. August Ankunft in Clazomene. 
Hier Quarantäne bis zum 30. September, während welcher Zeit noen 

4 Todesfälle vorkamen. Am 1. October Ankunft in den Dardanellen, 
am 2. October in Constantinopel. , 

Also: fast drei Monate unterwegs, zwei Monate Quarantäne, aer 
vierte Theil der Passagiere gestorben. . 

Wen die Schuld trifft an diesen Verhältnissen? Und sind sie za 
ändern? Die erste Frage ist schwer zu beantworten, die zweite fast zu 
verneinen. .. 

Eine Einschränkung der Pilgerfahrten durch ein Verbot von scite 
des Khalifen ist aus religiösen Gründen fast unmöglich. Ueberdies is 
zu bedenken, dass die türkischen Pilger ja nur einen kleinen Theil aer 
grossen Masse ausmachen. _, , • 

Es wäre zu überlegen, ob nicht vielleicht England und die iürke 
wenigstens indirekt ähnliche Hindernisse den Pilgerfahrten der grossen 
Masse in den Weg legen könnten, wie es die Franzosen, Küssen iin 
Oesterreicher ihren islamitischen Unterthanen gegenüber thun: Sie 
den Nachweis eines genügenden Reisegeldes, die Erlegung der Eost 
für Hin- und Rückfahrt vor Antritt der Reise. Aber Englands beapsic 
tigte oder unbeabsichtigte Indolenz in allen diesen Fragen ist ’ 

es dürfte auch schwer für die Engländer sein, in ihrem grossen indiscn 
Reiche das Odium auf sich zu laden, den frommen Muselmann m a 
Ausübung seiner heiligen Pflichten zu hindern. Für die Türkei ist m 
Frage nicht so brennend, da die Güte des Sultans den Armen a 
immerhin so viel als möglich zu Hülfe kommt. Andererseits ist aber aur 
eine Erschwerung der Pilgerfahrten eine Autorität besonders gefährde* 
Der Sultan kann aber auch an den traurigen Verhältnissen im - 
mente solcher Calamitäten nichts ändern. Das sind eben Elementarere g- 
nisse. Die Kosten, für Unterbringung solcher Pilgermassen in v&oie - 
Zeiten Unterkunft zu schaffen, können doch auch nur international 
stritten werden. 

Für die trostlosen Verhältnisse im Lazareth von Tor, wo alles m * 
. gelte, was zur Dosinfection erforderlich war, wo besonders an emo v 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


1. Februar .__ 

infection des grossen Gepäckes gar nicht gedacht werden konnte, ist 
überdies die ägyptische Regierung — also die Engländer — verantwort¬ 
lich zu machen. 

Nur grosse rücksichtslose Energie: schnelle Rückbeförderung, gründ¬ 
liche Desinfection der Individuen, Beobachtung der zurückgekehrten Pilger, 
schonungslose Vernichtung der Effecten können hier helfen. Die Quaran¬ 
tänen haben ihre ganze Ohnmacht dieses mal wieder bewiesen. Wenn 
aber darüber gcspöttelt wird, wenn die internationale Sanitütscommission 
durch die Befehle des Sultans ignorirt oder in ihrer Thätigkeit gehemmt 
wird, so dürfen wir doch einen Punkt nicht vergessen: Die internationale 
Sanitätscommission ist der türkischen Regierung aufoctroyirt worden, um 
für Aufrechterbaltung der Quarantänen zu sorgen. Wenn die Türkei, 
sagen wir. wenn der Sultan nun heute von der Wirksamkeit und Zweck¬ 
mässigkeit der Quarantänen überzeugt ist — so kann man ihn nicht zwin¬ 
gen; die Beschlüsse der Dresdener Conferenz, die das negiren, was man 
früher forderte, als überzeugend anzusehen! 

Ueberdies wirkt die internationale Sanitätscommission — Conseil 
superieur de sante de rEmpire Ottoman — gleichsam als Zügelnngsmittel. 
Wie Bismarck seinerzeit die Thatsache, dass sich Deutschland und Oester¬ 
reich der Türkei gegenüber an Russlands Seite befanden, damit erklärte 
dass es ihnen so möglich sei, den Bären zu bändigen, so verhindert die 
Sanitütscommission durch eine zehntägige Quarantäne die Verhängung 
einer 20tägigen von seiten der türkischen Regierung. (Schluss folgt.) 

Stand der Cholera. 

ln Oberschlesien wurde in derZeit vom 14. bis 20. Januar wiederum 
em einzelner, tödtlich verlaufener Cholerafall festgestellt, und zwar in 
Klein-Zabrze, Kreis Zabrze. 

In den Niederlanden sind, wie kürzlich amtlich raitgetheilt wurde 
im Oitober vorigen Jahres im ganzen 53 Personen an asiatischer Cholera, 
14 an Cholera nostras verstorben. 

In Bosnien kamen während der Zeit vom 22. bis 31. December 
•B hrkrankungen, 25 Todesfälle aus den Kreisen Dolnja Tuzla und 
Hanjaluka zur Anzeige. Ein grosser Theil der Verstorbenen betraf 
j* ocn Kranke aus früheren Berichtsperioden. Ende Docember verblieben 
im ganzen Lande nur zwei Cholerakranke. 

Neuere Zahlenangaben über die Cholera in Russland liegen nicht 
vor Die m No. 4 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits- 
jmtes enthaltenen Nachrichten reichen meist bis zum 23. December und 
es atigen, dass die Cholera in den westlichen Provinzen nooh ziemlich 
ver reitet ist, ja sogar in mehreren Gubemien zugenommen hat. Es 
wurden angezeigt m den Gubemien Plock vom 17. bis 23. December 
fjo in ni o a . tt A°* bl ? 16 - December 38 (W, Radom 17. bis 23. De- 
fwp 10 fc (llj - S ^ edl o 6C 10 - bis 23 ‘ December 21 (10), Lomza 17. bis 
^Deeember / {2), Suwalki 10. bis 23. December 28 (20), Kowno 

Volbvn^' D i e n ei ? ber oJ 2 J 42) ’ Grodno 10 - bis 23. December 17 (14), 

! e " 10 T b J s 20 - December 69 (29), Bessarabien 4. bis 20. De- 
ieTh oß v Jekat erinoslaw 10. bis 16. December 18 (8), Woro- 
16^‘D P rpLi 0 9 w b io r i b ? * 7 * December ?2 (23), Tschernigow 10. bis 
10 bis lß V ’ * 3 * bis 24- December lt (5), Eriwan 

esLl D cCm C ber . 21 (17) Eri “*nkungen (Todesfälle). Nach dem 
i dlf!Ä““«tswesen« ist neuerdings inBorowbeiZawichost 
Cholera Dublin, hart an der galizisehen Grenze, die 

Gegend denTv u ^ e freten, so dass die Statthalterei von Galizien in dieser 
I 5^- v ltf h®?^ erke 1 ! , , r ge , spe ^ t bat - Aus Petersburg liegen seit dem 
y p ^bnchten über die Cholera nicht vor. 

nach o 6r . Zeit vom 25 - December bis 1. Januar 

mansehah" 30gamtätswesen“ aus Duenekapp 15, Ker- 
’ lruzabad 20, Kasrin 35 Choleratödesfälle gemeldet. 

- Sperling. 

Znr Infi uenzaepi dem ie. 

von dnrch R^iAnit 0mmen s za Dfr e i c ben deutschen Orten Nachrichten 
big 13. Jan Uap .* Y^H^acbten Sterbefallen. So sind in der Woche vom 
je 3. Görlitz Fr^nir ? ^ omber l 1 ’ München, Remsc.heid 
Strassburg j P * k ( ur t a -M., Essen, Hamburg je 4, Hannöver, 
Bonn 9, PrefbnrcT ir P n.V g ’ Br<Js den je 6 , Köln, Stuttgart je 8 , 
allgemeine SterblieMr’m* ?! b a u 8 en je ^10 Fälle gemeldet worden. Die 
fangen in f 0 i« ftnf i„_ V0I L d®& früher hervorgehobenen lierunter- 
Danzig 238 (31 fti \r ; Bochum 20,8 0 -oo (30,7 in der Vorwoche), 
»•uternM3 ( K M Ä n 8 l e l^^ 8 )» Plauen 18,7 (30,2), Kaisers- 
Sterblichkeit falleiTfnicroJ? nil obe 3 ,e ^ W * £ e & en früher erhöhte allgemeine 
(17,1), Fr ei b r! 97 5 0 n 11 4 D 6 (V orwoche 30,6), Bremen 

Kiel 9 ß i (Vi u i 7 ; 3 i 24 ’ 3) ’ Glad bach 37,9 (38,9),* Hall© 30,2 
^Qlhauscn m 7Ä ^° nigsb ® r ^ 33 > 8 (34,7), Liegnitz 31,6 ( 22 , 1 ), 
l *-beid 30.1 mof BiV?° S p on ?* 4 ( 25,8 )’ Potsdam 29,5 (32.1), Rem¬ 
ote 37.4 (183) ,0 M^ A dor / 39 ’ 3 ( 30 ’1)’ Spandau 35(21,8), Wttrz- 
J^tsdani. Spandau wIEST V °- f Ha ! le (Diphtherie), Königsberg, 
'orzngsweige durch , flrzbu rg ls . b diese hohe Sterblichkeit überall 
Lun ffenschwindsuchO K P ulk beiten der Athmungsorgane (neben 
zu beziehen. Besonder« ,1’ / “} lt , ziem ü c bei-Sicherheit auf Influenza 
PS» die durch S r Fi ahl l eich W* biß ^ er Todesfälle und darüber) 
In des S lle in frigiden Ow!n kU T 3 gen der Athmungsorgäne hervorgerufenen 
r,°“A "“ d Mülhausen (fast rte Hälfte 
r ' fcl ^Stras 3 b„ r l c; f ? ' 1 . Gladb “ ch - p «sen, Rixdorf, Essen, 

’ ^J^-fUgeme&teiuchkeit) ““ letztereI1 rier Stadtetl , ohne be - 

LÖJd’0*” d (75T Ur v e “ V 3 ?°P enl >agen 1176 (22), Stockholm 
A llt ’ Vere 'nzelte Sterilefai| York / 14 ^ Drkrankuhgen (Todesfälle) mit- 
iQ Genu » soll de InS n 5 l6 f Amsterdam, Moskau, Budapest. 

Influenza stark herrschen. ' Sperling. 


117 


XI. Standesangelegenlieiten. 

Ans dem Geschäftsausscliuss der Berliner ärztlichen 
Standesvereine. 

„i“ d * ra A ijfsatzc von Henins in der letzten Nummer dieser Wochen- 
schnft „Die Berufsgenossenschaften und die Aerzte“ « ,!, 
Schlüsse erwähnt worden, dass der Geschäftsausschnss derBorlincr 
ff? V. 1 S 110 j ^ t £ n - d , esv0 re 1 0 beschlossen habe, diejenigen Aerzte, welche 
Mitglieder des Reichstages sind, zu einer Sitzung einzuladen, um sie mit 
E r n en f Wünschen bezüglich der Novelle zum UnfallversicherungsgeSeTze 
bekannt zu machen. Diese Sitzung fand am 26. Januar statt; von den 
sechs eingeladenen Collegen waren zwei, die Herren Langerhans und 
Kruse, erschienen, die zwar nicht selbst in die Debatte eingriffen, aber 
nnt Aufmerksamkeit und regem Interesse den lebhaften Verhandlungen 
folgten. Die letzteren drehten sich hauptsächlich um die Fra*e ob es 
möglich sei, durch eine Aenderung des Unfallversicherungs- & und des 
Krankenkassongesetzes auch den Unfallverletzten dio freie Arzt- 
wahl zu gewährleisten. Es wurde fernerhin von neuem die Nothwendi»- 
keit betont, dass em approbirter Arzt sowohl im Reichsversicherungsamte 
als m den V orständen der Berufsgenossenschaften Sitz imd Stimme habe 
ausserdem gewünscht, dass im allseitigen Interesse die erste Anzeige 
eines Betriebsunfalls von einem Arzte erfolgen müsse, der natürlich dafür 
eine Entschädigung erhalten soll. Allgemein stimmte man darin überein 
dass die Errichtung von Unfallstationen gerade in Berlin absolut unnöthig 
sei, und dass die Eröffnung von berufsgenossenschaftlichen Krankenhäusern 
an anderen Orten gemäss den Wünschen des Aerztetages abhängi® zit 
machen sei von der vorherigen Anhörung der betreffenden ärztlichen 
ötandesvertretimg. Es sollen übrigens von den Berufsgenossenschaften 
selbst nur wenige mit dem in den Unfallstationen gemachten Experimente 
einverstanden sein, und so werden wahrscheinlich trotz der andauernden 
und aufdringlichen Reclame, die in den öffentlichen Blättern für diese 
Stationen gemacht worden ist, nur wenige oder gar keine Berufsgenossen¬ 
schaften den vorangehenden Wer, die in der vorigen Nummer genannt 
worden sind, folgen. — Einen weiteren Punkt der Verhandlungen bildete 
das Verhältnis der Vertrauensärzte zu den behandelnden, welches nach 
unserer Ansicht noch am meisten der Besprechung und der Verständigung 
bedarf. Wenn hier nicht auf beiden Seiten das bereitwilligste collegiale 
Entgegenkommen geübt wird, so sind die unangenehmsten Streitigkeiten 
gar nicht zu vermeiden, unter denen sowohl die Genossenschaften, als 
auch die Unfallverletzten, am meisten aber die Aerzte selber zu leiden 
haben würden. Vor allein ist daran festzuhalten, dass der Ver¬ 
trauensarzt niemals in die Behandlung eingreifen dürfe, wenn er nicht 
vorher dem behandelnden Arzte die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen 
Consultation gegeben hat. Es erregte allgemeine Befriedigung, als im 
Beginne der Sitzung der Vorsitzende Herr Becher ein Schreiben verlas, 
welches ihm von Herrn Blasius, dem Vorsitzenden des hiesigen Vereins der 
Vertrauensärzte der Berufsgenossenschaften, zagegangen war. In demselben 
spricht Herr Blasius Namens seines Vereins den Wunsch aus, dass das 
nothwendige Zusammenarbeiten der Vertrauensärzte und der behandelnden 
stets auf collegialer Grundlage beruhe und dass Differenzen möglichst ver¬ 
mieden werden. Natürlich wird der Geschäftsausschuss die ihm darge¬ 
botene Hand gern ergreifen und in kurzer Zeit gemeinschaftlich mit dem 
\ erein der Vertrauensärzte darüber berathen, in welcher Weise hier in 
Berlin am zweckmässigsten das Vorgehen der letzteren geregelt wird, 
ohne dass die anderen Aerzte dadurch geschädigt werden. — Bezüglich 
der Abänderungsvorschläge zu dem Gesetze kam man noch nicht zu 
festen Entschlüssen, weil es für wichtig gehalten wurde, zunächst die Be¬ 
kanntmachung der Novelle abzuwarten, um festzustellen, an welche Para¬ 
graphen die ärztlichen Forderungen angoreiht werden können. Vielleicht 
lässt es sich ermöglichen, .dass alle diejenigen Vereinigungen, welche sicj» 
bis dahin mit der Frage befasst haben (der Aerztekammerausschuss, die 
aus den Herren Graf, Aub, Busch bestehende Commission des Aerzte- 
vereinsbundes, der Berliner Geschäftsäusschuss), eine gemeinschaftliche 
Petition dem Reichstage überreichen. — Mit der weiteren Verfolgung der 
Angelegenheit wurde die wirtschaftliche Cpmmission (S. Alexander, 
Herzfeld, S. Davidsohn) betraut. 

In derselben Sitzung des Geschäftsausschusses kam auch die Frage 
des ärztlichen Dienstes in den Krankenhäusern der Stadt zu^- 
nochmaligen Besprechung. In einer im vorigen Jahre an die städtischen 
Behörden abgesandten Petition war der Wunsch ausgesprochen worden, 
dass die Stationen in den Krankenhäusern, die m ihrer jetzigen Einrich¬ 
tung für einen dirigirenden Arzt zu gross seien, in mehrere getheilt 
werden sollen, deren jede einem gleichberechtigten dirigirenden Ärzte 
unterstellt werden sollte. Obwohl die städtische Krankenhausdeputation, 
zu deren Mitgliedern die Herren Langerhans, S. Neumann, Spinola 
und Virchow gehören, sich in gleichem Sinne ansgfesprochon hatte, macht 
jetzt der Magistrat nach Anhörung der augenbÜcldich functionirenden 
Krankenhausdirektoron, die, wie man es ihnen nicht verdenken kann, als 
beati possidentes sich gegen eine Theilung ausgesprochen hatten, der Stadt¬ 
verordnetenversammlung eine Vorlage, wonach auf den inneren Stationen 
Oberärzte neben den dirigirenden ängestellt werden sollen, die zwar selbst¬ 
ständig behandeln, aber unter der Aufsicht der DirCctoron stehen, bezüg¬ 
lich der Verwaltung nichts zu bestimmen haben und noch insofern den 
dirigirenden nachgesteilt ’sein sollen, als letztere das Auswahlsrecht den 
Kranken gegenüber haben. Auf den äusseren Stationen, sollen „Ober¬ 
assistenzärzte“ angestellt werden, die keine eigene Station erhalten aber 
den dirigirenden Arzt, dessen Aufsicht sie unterliegen, verträten können. 
Wenn diese Vorlage von den Stadtverordneten angenommen werden würde, 
so würde in den bestehenden Verhältnissen nur wenig gebessert und vor 
allem der Zweck nicht erreicht werden, den die ärztlichen Vertretungen 
schon lange als mit den Krankenhäusern nothwendig zusammengehörig 


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r,..,„ > ; ,l..,r/.t 1 Kl «ff i/.(i.liv.:ii.‘ Kr W nssin-luK!-. wl'.Ui. 

XII. Dreiundzwanzigster Congress 
der Deutschen Gesellschaft für ÖMrurgie. 

j ici' •'i.Wentf* *kr •IMmtselmu Aksdi-nMO Am 

niiriiÄ findet, imi R&&Ä:>«£ M». iuU‘«HJfc«0«Um Whiit.im^k-h 
foutÄ in IKmi. » |K Ü &31 Apni il .in 
^•Usmw.u ihr «Hm Omiiiv^ -fh .HmauMimk-kn MüBHedcr ä*mM t! 

^ 5:- •* V «: r» -PYüi. Ai. HAial dii h’AS • 


tri« jiiir-li »tdHii lür ö*p. in»«rt* ; ^ T . (V^nßi-MA in itmtu vom 4 r>. apr'* •»«>»»-«*7 

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1 , 1 ., Vuisi u.tmf i-bv»:-K kwnfih /y.-itu.. ” !'■>' ‘ ff \;„ U {;-! JHe SlUatiMT Jo* VorsiAUÜi ’.vi’iü'/u s.i sui Ir AfiV'l. 


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karlüml:u«tfss.lsunt-m. vi.n 2 -i i'hi- im ^ro-.Mi lloi-uul- 'K-Iku^oü- 
lM’i'k-iluus.'s sliiM. Von nu.'Wnv's ko'nmnn.lr Kranlü- khmum hu Iv- 
liYÄM-.u IvAntkum tBerlin V- ZwzvbUr«*«:- No. h- d)i Aur.mhn.o- mul«n : 
und. komm» !‘H M u,r U H‘. Bauthmru. {r.A.uun-uk ii_ tnuüUi.miu p>mi- 

Avi rd- n. Ankmnliöur.y-or. von V«w{rM>.-u und AhBbvmm^n vhü i^nt.n- 

c.ivdmm-n hiti,- irlL h:ihi nB mövflkdt ili?m stiimit-'U Hrhr.ltAhrr,' 

l{,ojt'. M.’h M.MÜMndn.U. Brof Uv liitrli (BoHiu \\ . h^ih^v u i 

MOiCnh't’-ti ZU liUS<»'i!. - 

|..|, l.nin-o 4h- tun hsiulun.Jim 4.vi. Mu (hu !ül;r**f..n.«. 

1 1 ««(<inumt .'‘U WH’lHiov .1 (><;.g|.usi4liiii' f|i J l>H - • j.'ijf /j>r ;ih:;UU;. Huk! ivhOi - 

niW - i) llnrv HrjiWtfehtMflWÖ w«i a-»' t»rnf»>»‘ Si^utot^r. mit 6mm 

\ife,, iihnr .,»1U* Aii^im-u 4m tuhurkulAsmi llüfi^loi.ksd.kvumlnn-' 

i M . L ..„h^vvnBver. BebandhiniA huMunun. *A? Herr K,U.tfU*v 

U- 1!( ) mir u.nmo ninloitrmKm Vmlnwo Dhor JA ühopo^dum h,u O^i^tüy- 

IJim 'dM. zwmlr'u JiUUu'^Uni: i-rMFnmu r>) tlvrj v BnrMnltJloa U^ip3 

wn-4 Mn-t jAiihzmimv Ihr.v.'üUiiji -.4nunhmU'V 4JHniK*P. mit 

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•KnrsjH’eeiftMul m.*m .in <hv dntren Silzun^ des XXL i . &- 

Iiisfslr’t Best hius^u die Su,ju<u<:irt*fV v ljunuJlhnr die (Vahmul nmtv i/pc usn 

^eiünxmer von »Km MAiriudem heoharivfuieu Nurkf^uu ibrtxuü.üwm. 

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t'artxiMiKftih;:und tlAh ßbrit'hk v ü f dem- 15 . 

- JnhrjrtHhmn - fkmt -Muh. Mnfü»ünnh i uUi i 5 mf. Hr r 4Aiu;H. (Berlin \\ .. ^ith' 

sjivw Nn, lii Hü ('hoi'-emlfH, mu /1 Ins- -Mit Ju <j,.r ■ !in, '!’ , ‘ - u!) 

vf-4-:‘Kirnnmi' iW-MBum- As« 44i nhc-r '•einen uiu^mm'Äeii'rrnmi als wv v " u 
humvli.hr Atxem .luhrt . ri-Bc.-kcn. «o eütdr 4m«n vnlhH?>um ^Jn^rir 
dun« <fh.mviHkou.mmi u, M ». in den ÜunH.t.-il Bi die Bom; 1 ituu.-h>kwnlev 
Blinkte erVUnsdttr 1 > A'mmtm der BnohnrU>ftt\^2‘eit. -J ■AflP'Jv 
wnleiu: BcrlUvhuti«:aitJ ia.«i n>p, wohde Prnpmnk' ((•Ith.rahxm. AMhöf- 
Mlvehnu««!* dvrselheu o -- n.) und Aue <ut Ai« «mz*4neu AumeAicu im- 
■.tf(*\y6)Vtlb?'-wo'rdßn miuh Mi $<*'/h?**j u^Uvti tl^Sf'tnöiv, 4) Ahi^wen^>e‘ 
Auß 4 rO.Mmn u. >v, \ F>) Anzahl der Ja ne i T .Htig^^uuJi'Wl lau 2 «L 

{vum- ^Uyoön smd dwIlW) Klr< N’ufko^etn 0) \ crhrniiru ü.n 

riMiiuhetihS’iAilel pro Minuie. oiief un litird^ebrüB ulr ;{C«c^ Arrk.^e 
.': oAer »JimUvüihsnudi hm .mtvwolmiieiv- Jaue.-. dmre.tmk-n 

1) Ahü-Äbe. oh u:M in v;ol<:hm ’/M M*?rph inminjfcvUuUCD v.h'HU^ 
«fuduehr wisrAcu. i4j Bei»flu ZuBUi« hm (km N-u'SujA-p: f«) ..vsphvxum.i 
(Bfhundjmk AerseUion. ‘ksuunrntomü' u, s/w.), h> TodepfHUf' il rsaJ.uu, . 
konmusoriujusm^ u i. w.h . ’ n „..,„ 

>JCrr AotU-hh AM btutuCB'ftbi «mi cmöil^rOg»; K«m llc So ? ' . 4 

V tle? ;n i.iRöß:(»il.Ket:b , l3äwit» M • .^iivfc' din. GlffobftiisMijpft ml' -Jti *. 

! jdkdV «hfitugtjMzimefmiön 

K.ei, Aou 20 AiOiuai IHM 

Oiof, ik. TA v, Estbufi b. ko-p.UeruK*!' Mt» tlns .hinr 1«". 

XIII. Herr Büchner and das trockene 
Tetanusgift. 

Voii I s po/. L. Bringer und Prof, (krl Frfleukol- 

t# in N:>. Ä ,1 /r fl.-iliiirr khui-ati'li V.V<«sY1 •«ft- vi.il'll«»* 

11,1,1»,( Artikel „D.-r.ilfl •.Ua W-il'Vwftr BAii.'ilig-®l)«fi;-Hw l ’ w ' ll S''l 
! ßin* w wtt«ra,. g V W-m.<rkl 15i,oImor H. 74 . ..ddioii ^fcw-rtfW» 

; Äim t'Yrlotj AI ui«' •iuiTlifelyltrio Lh.rsMtmm drOr.ruJlieu n ,l * er J^ e |[ u *** 

A iJT'k?) ’U t rock.Ai nm Au^intiAt;/ 1 . iu <Ahfv A Jitnnrkun« Ais/J ;- ■ t ' r | i! "jA 
• noch hjV^u- ^oat'h ,mu Mat nneh Ori ee-cv *'1 a< TetimUstnO iu 
: Fhni! «ewoiihri»; 1 ' ' v . . - , , 

\ MO Aieper BebiUtptnn« Jmlnukt sich Buch nur (l>ji'«hiitsr,om AA; 

' S du wir schüft iu »msoreV-CCeton AtiuKmltH^ Tiber Rftd^rK^W 
| kUntsdi^ 'Wovimn^nUrift t«Wk 11 in»® Bi> trW die ^ 

J iroektomn MM»aTtusüiften hmuchlj (bi. 271 i und Vorsuehn TU<h deiJ)o’° * 

< f ant>at* > Hr Indien. ■ . r , i 

t ] Auch tlüP fun ButJintU' m^eV'.e.ndettY VedhUre-u ^uvlhtmöHUß* »^ / 

; { Tetjimm-Ioxullintim^ (AuhhUluu« (Kircll NutrtUH: 3 -AiniUor\iH!u/U(lah«m>'i^. 

j i -mdms Ausjuiena und Trd&nuu im Vuc«unirtxMrtfatov lB«v kn öt;J~: ";Vh'• 
T i)f ; d. AVi>f,Jj(,iisdu‘. ,1803.' Ko. 24). umcrsdmi.lm. mch wo Am PA‘o Jocu n* t . 
iDi cinztdn.'ji v.<u» iu/ybrei- Cilr «kii «JkrHmv Kwcck KumUzku mr ^ 
u | suulhroH. A)i').ivu' hV>!4dirioh(.5nf:T» MutKmlt’/ kic iienu tjUei jn'-uph - . V /.AA 

> ' zur !t tvj*intlArP.td)uiig ; ‘ fa. Biicterinttprthiu'-B tfbeik&äii 

> i unp em/ftk4iüug<jimti irVii^r- durJVngTfilluug/tluvch AJMw^iP^ r 

- , kUfah und uiiuWul^mliU’ Tiwbuuftir Kn ^Airmum noch m i&fflBß 

luth.i ns «:oko m inon M n4 


Goi -gle 



1. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


XTV. August Hirsch f. 

Am 28. vorigen Monats Abends verschied, 76 Jahre alt, nach 
längerem Leiden hierselbst der Geheime Medicinalrath Professor 
Dr. C August Hirsch, Ordinarius der Geschichte und Litteratur 
der Medicin an hiesiger Universität. 

Noch vor beinahe Jahresfrist, am 17. Februar vorigen Jahres, 
war es dem nunmehr Heimgegangenen vergönnt gewesen, den 
höchsten Ehren- und Freudentag, der dem Leben eines Gelehrten 
beschieden ist, nämlich die Feier des 50jährigen Doctoijubiläums, in 
voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit zu begehen. Wer in 
der glücklichen Lage war, damals dem ihm in Gemeinschaft mit 
drei anderen Jubilaren (Henoch, Langerhans, S. Neumann) zu 
Ehren von der Berliner medicinischen Gesellschaft veranstalteten 
grossen Festessen im Monopolhötel beizuwohnen und seine längere 
Rede zu hören, mochte gewiss nicht ahnen, dass Hirsch schon 
heute nicht mehr zu den Lebenden gehören würde. Indessen 
bereits vor Beginn des verflossenen Sommersemesters nöthigte ihn 
sein ungünstiger Gesundheitszustand, eine Erholungsreise nach Ober¬ 
italien anzutreten, von der er soweit gestärkt zurückkehrte, um, wenn 
auch erst nach Pfingsten, seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen 
zu können. Leider ist die Reconvalescenz nicht nachhaltig ge¬ 
wesen. Denn im laufenden Wintersemester machte die Krankheit, 
eia vitiurn eordis infolge von Arteriosklerose, rapide Fortschritte 
und nöthigte den verehrten und beliebten Lehrer, unseres Wissens 
zum ersten male in seiner mehr als 30jährigen academischen Wirk¬ 
samkeit, den Unterricht für längere Zeit auszusetzen. Das Schicksal 
hat es gewollt, dass Hirsch seinem auf das gewissenhafteste ge¬ 
übten Berufe für immer Valet geben sollte. 

Mit A. Hirsch ist der letzte ordentliche fachmässige Ver¬ 
treter für Geschichte und Litteratur der Medicin an deutschen 
Iniversitäten aus dem Leben geschieden. Sein Vorgänger an der 
hiesigen Hochschule war, wie bekannt, der berühmte Historiker und 
Epidemiograph Justus Friedrich Karl Hecker (f 1850), dessen 
Lehrstuhl jedoch volle 13 Jahre bis zur Berufung Hirsch’s un- 
Itesetzt geblieben war. 

Leber das Leben und die Arbeiten des Verstorbenen ist aus 
verschiedenen Anlässen sowohl in der wissenschaftlichen Fach-, 
wie in der Tagespresse, auch in dieser Zeitschrift, mehrfach und 
ausführlich berichtet worden. Es ist bekannt, dass August Hirsch, 
am 4. October 1817 in Danzig geboren, nach Absolvirung des 
nm^T 111 - 8 ? we * ^ a ^ re dem Kaufmannsstande widmete, jedoch 

m Leipzig zum Studium der Medicin überging, das er an 
luesiger Universität fortsetzte und beendigte. 1843 erlangte er 
tuerselhst mit einer seinem Gönner und Wohlthäter, dem früheren 
erante am Danziger Krankenhause und späteren Greifswalder 

Göttinger Chirurgen Wilhelm Baum, gewidmeten Disser- 
ation De larvngostasi exsudativa vulgo Croup vocata“ den Doc- 
or. ie ungewöhnlich umfangreiche, gediegene, in classischem 
,* ln , a -^ ass ^ e Arbeit, die noch heute lesenswerth ist, verrieth 
Li!* a 8 “ ? x un & ue Tonern — durch die zahlreich einge- 
i; f . n . en ' gründlichen historisch-pathologischen Bemerkungen die 
Belesenheit, den Fleiss, das wissenschaftliche Streben 
lifsi Richtung des jungen Doctors. Zunächst 

trahim/. " lrsc 1 (1844) in Elbing als Arzt nieder. Jedoch — 
p, ms nuai quemque sua fata — Hirsch war zu grösserem geboren, 
wilin^n a ! tot se i n i die folgenden, bei Gelegenheit der oben er- 
seinpK Fin 4 /ff 1 ! 0 - 1 v ° m damaligen Jubilar selbst „aus dem Roman 
tidtät L -w i ln die Wissenschaft“ gegebenen, also volle Authen- 
Wio nm V^ n ^ en Behensdaten an dieser Stelle zu reproduciren: 
als Knall» „7? mi o (? rossera z u vergleichen, Vesal sich schon 
grosse An,," ^eioren von Ratten, Katzen u. s. w. befasste, der 
'iiireifpn r * e< v ? n “ a H e r bereits in frühester Jugend sich mit 
schon ak lt e f atlSchen ,V rsuchei1 beschäftigte,so haben ihn,Hirsch, 
buneen ii firri geographische und historische Lectiire. Reisebescbrei- 
wollte er ynn-i ^o^ders interessirt. Nach Beendigung der Studienzeit 
bereits im m ^°R an disch-indische Dienste treten und sei 

liehe Examp»^ 1 ^ ei f esen > i m Haag zu diesem Zweck das erforder¬ 
en Dr Sol ha U Indessen die abschreckende Mittheilung 

a© Hunfrertnr.ha 8 m a - W., dass er lieber in Deutschland 

'eil? habe ihin ur^f n ‘ a s .* n ^ ava a us goldenen Schüsseln essen 
““gliseh-ostinili'nh nicllt verfehlt. Nun habe Hirsch der 

lind e.s sei ih m S> * en .Gesellschaft seine Dienste als Arzt angeboten, 
Dame fü r g p; n „ p^ Wlsc ^ en gelungen, das Interesse einer hohen 
^moirs ail fr f , rf i n _, anp 3 gewinnen, die ihn zur Ausarbeitung eines 
in rwei kleinan v' e i vorübergehender praktischer Tbätigkfeit 
er, u m j- inter Pommerschen Städten (Cörlin und Neustettin) 

' erfügung zu hai erailse ! ie r Material für sein Memoir besser zur I 
Inanspruchnahmn ^ n ’ ? aca Ranzig übergesiedelt. Infolge grösserer j 
,: ^4en der Lt ^«^he Thätigkeit habe er dann den 
baftlicii übpp a . wande i F un g ganz fallen gelassen, aber wissen- 
nen Gegenstand (angeregt durch einen Aus- ! 


1 » 


Spruch seines Lehrers Schönlein) weitergearbeiietV Als Ergebiilss 
dieser Studien seien dann die bekannten monographischen Arbeiten 
über die geographische Verbreitung verschiedener Krankheiten 
(wie Malariaheber, Lungenschwindsucht), die histoHsch-pathologfr- 
schen Untersuchungen über die typhösen Affectiouen; über endemi¬ 
sches und epidemisches Vorkommen der Ruhr, über das Verhält- 
niss zwischen indischer Pest und schwarzem Tod u. a. zustande ge¬ 
kommen, Arbeiten, die nicht bloss platonische Gefälligfceitsäussehingeh, 
sondern aufrichtige Anerkennung von Männern Wie Al ex. v. HunvJ 
boldt, Schönlein, Frerichs u. a. fanden. Wesentlich Sei es 
ihm (Hirsch) dabei um die Gewinnung und Lieferung ätiologi¬ 
sch or Aufschlüsse zu thun gewesen. Allmählich sei ör abf deit 
Gedanken gekommen, in eine systematische Bearbeitung für die 
gesammte Pathologie in dem Sinne einzutreten, wie sie für die 
obengenannten Affectionen geleistet war. — Soweit seine Mitfebefc. 
lungen. — Es ist bekannt, wie August Hirsch in der Folge 
unter Aufwand eines staunenswerten Fleisses sein gelehrtes,äureiher 
colossalen Fülle litterarischen Materials aufgebautes, monumentales 
Riesenwerk, das „Handbuch der historisch-geographischen Patholo¬ 
gie“ abgefasst , das seinem Autor mit 'Röcht einen .‘ Weltruf ver¬ 
schaffte und unmittelbar zu seiner Berufung alsPrbfessor der Medicin 
an die Berliner Universität führte,’ Das Werk, das vonVirchow 
seinem grossen Sammelwerk über specielle Pathologie üfld : Therapie 
einverleibt und auf alle Weise gefördert würde, stand nicht blos 
in der deutschen, sondern auch in der inedicinisclien Weltliteratur 
in dieser Vollständigkeit und Grossartigkeit lange Zeit unerreicht 
da und ist auch heute von keinem ■ anderen ähnlichen Werk .über-; 
troffen. Auf eine Schilderung dessen, was-in dem Werk-und-durch 
dasselbe geleistet worden ist, kann hier im Rahmen eines: kürzeren 
Nekrologs nicht eingegangen werden. Greift man irgend ein Gai 
pitel heraus und studirt dasselbe, so findet man nicht nur w 
schöpfend orientirende litterarhistorische und geogräphistehe An¬ 
gaben, sondern ausserdem die scharfsinnigstem ätiologischen Unter¬ 
suchungen, und man ist erstaunt zu sehen, wie es Hirsch gelpiigqn 
ist, ohne Experiment, lediglich, als. ein ex libris doctus >vir (wie 
er sich gelegentlich einer Discussion während des Internationalen 
medicinischen Congresses nannte), auf Grund statistischer und ander¬ 
weitiger Berichte und auf dem Wege rationeller Kritik zu sicheren 
und später allseitig als richtig bestätigten and anerkannten Gon-“ 
clusionen zu kommen. So ist er, wie noch kürzlich erst wieder von 
Winckel u. a. hervorgehoben wurde, als einer der ersten Apostel 
für die anfangs über die Achsel angesehene Semmel weissschc Lehro 
von der Entstehung des Puerperalfiebers eingetreten: so ist es ihm zu-, 
weilen sogar möglich geworden, das bevorstehende Wiederaufflammen, 
gewisser Seuchen, Wie z. B. von Meningitis corebro-spinalisv aüß 
ihrem früheren Gang und Auftreten lange vorher zu proguosticiren. 

Der Bacteriologie stand A. Hirsch durchaus nicht feindlich 
oder skeptisch gegenüber, vielmehr anerkannte er mit dem-seiner, 
feinen, zurückhaltenden und kritischen Natur würdigen Maasse von 
Enthusiasmus die Grossartigkeit der F^orschungs- und Untersuchungä; 
methoden und die, namentlich symptomatologische Bedeutung der» 
Lehre jederzeit, warnte aber vor einseitiger Uebertreibung nach 
der ätiologischen Seite hin und war der gewiss berechtigten'.An¬ 
schauung, dass künftige Forschungen über die Biologie idjör ver¬ 
schiedenen Bacterienarten die Identität dieses Factors mit bezW. 
seine Abhängigkeit von anderen bereits bekannten ursächlichen 
Momenten der Krankheiten ergeben müssten. . , ‘ ' 

Dem grossen Handbuche, das in zweiter, wesentlich umgeäi:- 
beiteter Auflage (1881—86) eigentlich ein fast neues Werk, dar¬ 
stellt, folgten später noch zahlreiche, zum Theil sehr umfassend« 
Arbeiten, wie z. B. eine Geschichte der Augenheilkunde, das* mit 
Wernich, Gurlt uiid anderen Mitarbeitern herausgegebene bio¬ 
graphische Lexieon hervorragender Aer'Zte, als besonders erWähflens- 
wert-h ferner seine mit Vir c ho w zusammen herausgegebenen Jahres¬ 
berichte, etc. u. v. a., sodass HiTsch als einer der fleissigsten Und 
fruchtbarsten Arbeiter auf seinen Specialgebieten gelten darf. Seine 
letzte Arbeit ist die, auch in dieser Zeitschrift kürzlich besprochene,, 
zum Theil klassisch geschriebene „'Geschichte der medicinischen 
Wissenschaften in Deutschland“, die er sich selbst als schönstes 
Angebinde zu seinem 50jährigen Doctorjubiläumstage überreichen 
durfte. Unermüdlich thätig, wie A. Hirsoli war. mochte er auch jetzt 
noch nicht rasten. Schon waren die Vorarbeiten zu einer Geschichte 
der Anatomie (wie ich aus privater Mittheilung von seinem Schwieger¬ 
söhne, dem Königl. Bibliothekar Herrn Dr. Valentin weiss), im 
Gange. — Nun hat der Tod auch seinem an Arbeit, wie an Er¬ 
folgen reich gesegneten Leben das Ziel gesetzt, von dem schon 
Horaz klagt: Omnes una manet nox et ealcanda semel via foti; 

Dem bescheidenen und anspruchslosen Manne und Gelehrten 
sind auch die wohlverdienten äusseren Auszeichnungen und Ehren¬ 
bezeugungen mannichfaltigster Art nicht versagt geblieben, haupt¬ 
sächlich in dankbarer Anerkennung der der preussischen Regierung 
erwiesenen Dienste, in deren Auftrag er zur Erforschung von Epi- 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



120 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


demieen mehrere, Reisen unternommen (zuletzt m Gemeinschaft mit 
dem verstorbenen Sommerbrodt nach Astrachan 1 ö 78//9) una 
über die Ergebnisse ausführliche Berichte publicirt hat. — W.enn 
je einer, so hat Hirsch in seinem Leben das Wort bewahrheitet: 
rf.g dperijs npondpot&e i?eoe Idpuna S&yxav. •• 

An A. Hirsch verliert die Familie ein sorglich liebendes und 
geliebtes Oberhaupt, die Berliner Universität einen wegen seiner 
gewandten, klaren, nüchternen, sachlichen und dabei durchaus an¬ 
regenden Vortragsweise, sowie ob der Liebenswürdigkeit seines 
Wesens allgemein hochgeschätzten und verehrten, gewissenhatten, 
treuen und fleissigen Lehrer, die Wissenschaft der mediemischen 
Historie und Epidemiographio einen ihrer namhaftesten Forscher 
und Vertreter, nicht wenige endlich noch einen nicht nur ge¬ 
lehrten, sondern auch praktisch klugen, gemüthvollen, stets zu¬ 
gänglichen und wohlwollend eingehenden, namentlich gern mit 
seinen Bibliotheksschätzen hilfreichen und, wo er es besonders gut 
meinte, aufrichtig und ehrlich auch mit Thaten fördernden Berather. 
Sit ei terra levis! _ Pagel. 

XV. Kleine Mitteilungen. 

— Berlin. Dem Geheimen Medicinalrath Prof. Dr. Henoch ist der 
Rothe Adlerorden II. Classe mit Krone und Eichenlaub verliehen worden. 

— In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschalt 
am 24. Januar wurden zu Schriftführern die Herren Mendel und 
L. Landau, zum Bibliothekar Herr Ewald gewählt 

— Magdeburg. Der Deutsche Verein für öffentliche Ge¬ 
sundheitspflege wird seine XIX. Versammlung vom 19. bis 22. Sep¬ 
tember 1894 in Magdeburg abhalten. Als Verhandlungsgegenstände sind 
in Aussicht genommen: Die Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera; 
Hygienische Beurtheilung von Trink- und Nutzwasser; Die Noth- 
wendigkeit extensiverer Bebauung und die rechtlichen und technischen 
Mittel zu ihrer Ausführung; Beseitigung des Kehrichts und anderer 
städtischer Abfälle, besonders durch Verbrennung; Abtritts- und Ausguss¬ 
einrichtungen in Wohnhäusern; Zulässigkeit der Gasheizung in ge¬ 
sundheitlicher Beziehung. 

— Wien. Das Sanitütsdepartement des Wiener Magistrates hat 
dom Stadtrath Vorschläge zur Reorganisation des städtischen 
Sanitätsdienstes zur Beschlussfassung vorgelegt. ^ Die Zahl der von 
der Commune angestellten Aerzte wird nach diesen Vorschlägen mit Aus¬ 
nahme des Stadtphysikus und seiner beiden Stellvertreter 86 betragen, 
und zwar 26 städtische Bezirksärzte (entsprechend den bisherigen „städ¬ 
tischen Aerzten“), 57 städtische Aerzte für Armenbehandlimg und Todten- 
schau (an Stelle der bisherigen Armenärzte) und 3 Physikatsassistenten. 
Von den 26 städtischen Bezirksärzten soll den Bezirksämtern der Bezirke 
I, IV, VI, VII, VIII, XI — XIX je einer, den magistratischen Bezirks¬ 
ämtern des III, V, IX, und X. Bezirks je 2, jenem des II. Bezirkes 3 Be¬ 
zirksärzte als sachverständige Sanitätsorgane, dem Stadtphysikate ein Be¬ 
zirksarzt zugetheilt werden. Die Todtenschau soll von den neuen „städti¬ 
schen Aerzten für Armenbehandlung und Todtenschau“ in Gemeinschaft 
mit den den Bezirksämtern. zugetheilten Bezirksärzten besorgt werden. 
Die erstgenannten Aerzte werden in die Rangclasse zehn (b) und eilf, die 
Bezirksärzte in die Rangclasse acht, neun und zehn (a und b) eingereiht 
werden. Gleichzeitig wird eine neue Instruction für die Besorgung des 
Gemeidesanitätsdienstes in Wien zur Ausgabe gelangen. 

— Rom. Der Italienische Ministerrath hat, vorbehaltlich der Ge¬ 
nehmigung durch das Parlament, die Summe von 30 000 Lire aus dem 
Dispositionsfonds für die Kosten des Internationalen medicinischen 
Copgresses zur Verfügung gestellt. 

— Paris. Mit der Reform des ärztlichen Studiums und der 
ärztlichen Prüfung geht man gegenwärtig auch in Erankreich um. Das 
Unterrichtsministerium hat vor kurzem der Pariser medicinischen Facultät. 
die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das durch Decret vom 5. Juni 
1891 festgesetzte neue Baccalaureats-Examen als genügende Vorbereitung 
zum medicinischen Studium zu betrachten sei. Dor durch eine Commission 
von fünf Professoren und den Rector repräsentirte Lehrkörper der Facultät 
hat jetzt diese Frage nach sorgfältiger Prüfung des Programms, dessen 
Hauptpunkt die vollständige Unterdrückung des Studiums der classischen 
Sprachen ist, in verneinendem Sinne beantwortet. Der Arzt, so lautete 
es in der Begründung des ablehnenden Bescheides, sei sein ganzes Leben 
hindurch auf den Gebrauch einer Terminologie angewiesen, die durchweg 
dem Lateinischen und Griechischen entstamme, und wenn er sich auch 
mit der Zeit eine oberflächliche Kenntniss dieser Ausdrücke aneignen 
kann, so bleibe es doch ein peinliches Gefühl geistiger Inferiorität, sich 
beständig eines „Handwerkszeugs“ zu bedienen, dessen Ursprung man 
nicht kenne. Dieses Gefühl müsse man im Interesse des Staudesbowusst- 
seins dem zukünftigen Arzt« zu ersparen suchen. Die Commission erklärte 
es ferner für unumgänglich nüthig, dem Studium der alten Sprachen noch 
das einer modernen, und zwar der deutschen, beizufügen. Bei dem gegen¬ 
wärtigen Stande der medicinischen Wissenschaft, die ihre wichtigsten 
Elemente aus allen Theilen der Erde zusammentrage, müsse jeder Arzt 
ein wenig polyglott sein. Was die Erweiterung des Programms der 
Naturwissenschaften betrifft, so hält die Commission diese nicht für 
nöthig, da die beiden ersten Semester des Studiums ihnen ausschliesslich 
gewidmet seien. Eine gründlichere Vorbereitung in der Mathematik sei 
ebenfalls nicht erforderlich. 

— London. In der Jahresversammlung der British Medical 
Association in Nottingham im Jahre 1892 wurde beschlossen, dass weib¬ 


lichen Aerzten die Erwerbung der Mitgliedschaft der Gesellschaft ge¬ 
stattet werden solle. Nachdem inzwischen eine dementsprechende Sta¬ 
tutenänderung vorgenommen und im vorigen Jahre in der Jahresversamm¬ 
lung in Newcastle genehmigt worden, sind jetzt zwanzig weibliche Aerzte 
als vollberechtigte Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen. 

— St. Petersburg. Der Minister für Volksaufklärung beabsichtigt 
das medicinische Studium für Frauen wieder einzuführen. 

_ Universitäten. Berlin. Privatdocent Stabsarzt Dr. Pfeiffer 

ist zum Professor ernannt. — Strass bürg. Der frühere Professor der 
Pharmakologie und Hygiene an der Universität Strassburg, Dr. Strohl. 
ist 'gestorben; — Wien. Der Privatdocent der Hygiene Dr. Adolf 
Herder ist gestorben. Der Privatdocent Dr. Jos. Schaffer ist zum 
ausserordentlichen Professor der Histologie an der Universität Wien 
ornannt. — Innsbruck. Der Privatdocent an der technischen Hoch¬ 
schule in Brünn und Prosector an der dortigen Landeskrankenanstalt 
Dr. Ludwig Kerschner ist zum ausserordentlichen Professor der 
Histologie und Entwicklungsgeschichte an der Universität Innsbruck 
ernannt. — Krakau. Der Professor für Geburtshülfe und Gynäkologie 
Dr. v. Madurowicz ist gestorben. — Genf. Der ordentliche Professor 
der Physiologie an der Universität Genf, Dr. Moritz Schiff feierte am 
24. Januar sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum. — Rom. Prof. L. Luciani 
in Florenz ist als Nachfolger M o 1 e s ch o t t’s auf den Lehrstuhl der Physiologie 
nach Rom berufen. Sein Nachfolger wird Dr. Fano in Genua. — Bologna. 
Dr. L. Sabbatini hat sich als Privatdocent für Materia medica und Pharma¬ 
kologie habilitirt. — Neapel. Dr. F. Gianturco hat sich als Privatdocent 
für pathologische Anatomie habilitirt. — Pisa. Dr. D. Bertelli hat sich 
als Privatdocent für Anatomie habilitirt. — Turin. Dr. A. Catterina 
hat sich als Privatdocent für Chirurgie habilitirt. — Belfast. Dr. Johnson 
Symington in Edinburgh ist zum Professor der Anatomio an Queens 
College ernannt. — Boston. Dr. Collins Warren ist an Stelle von 
Cheever zum Professor der Chirurgie, Dr. W. T. Porter, Professor am 
St. Louis Medical College zum ausserordentlichen Professor der Physiologie 
an Harvard Univorsity ernannt. 


— Die durch den Tod des Geheimen Sanitätsraths Dr. S. Gut t in an» 
erledigte Redaction des Jahrbuchs für praktische Medicin (Stuttgart. 
F. Enke) ist von Dr. J. Schwalbe übernommen worden. Im Interesse 
einer vollständigen Berichterstattung wird es dankbar begrüsst werden, 
wenn Verleger und Autoren Recensionsexemplare (Bücher, Separatabzüge) 
mit dem Vermerk „Jahrbuch für praktische Medicin“ an die Redaction 
einsenden wollen. __ 

XYI. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u.s.w. Klinisches 
’ Jahrbuch. Im Aufträge Seiner Excellenz des Herrn Ministers der geist¬ 
lichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unter Mitwirkung der 
Vortragenden Räthe Prof. Dr. C. Skrzeczka und Dr. G. Schönfeld 
herausgegeben von Prof. Dr. A. Guttstadt. V. Band. 490 S. 6 Tafeln. 
16 Mk. Berlin, Jul. Springer, 1894. 

Realencyclopädie der gesammten Heilkunde. Medicmisch- 
chirurgisches Handwörterbuch für praktische Aerzte. Herausgegeben von 
Prof. Dr. Albert Eulen bürg. Dritte Auflage. I. Band: Aachen — Anti¬ 
sepsis. 724 Seiten. Mit 69 Illustrationen in Holzschnitt und einer Farben- 
, drucktafel: Abdominaltyphus. Preis pro Band 15 Mark. W ien und Leipzig. 
Urban & Schwarzenberg. 

Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. Heraus¬ 
gegeben von der k. k. n.-ö. Statthalterei. I. Jahrgang, 1892. 1041 S. 
i Wien und Leipzig, Wilh. Braumüller, 1893. 

VII. Jahresbericht des Frauenvereins zur Unterhaltung 
des Wöchnerinnenasyls für bedürftige Ehefrauen in Mann¬ 
heim über das Jahr 1893. Mannhein, Max Hahn & Co., 1894. 

Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Atlas der 
pathologischen Gewebelehre in mikrophotographischer Dar- 
i Stellung. Herausgegeben von Dr. Carl Karg und Dr. Georg Schmorl. 
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Birch-Hirschfeld. V. und VI. Liefe¬ 
rung, Tafel XII, XIX bis XXVII. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1893. 

Arzneimittellehre und Arznei verordnungslehre. H. Thoms, 
Arzneimittel der organischen Chemie. Für Aerzte, Apotheker und 
Chemiker. 174 S. 3,60 Mk. Berlin, Jul. Springer, 1894. 

Augenheilkunde. Bericht über die XXIII. Versammlung der 
Ophthalmologisclien Gesellschaft, Heidelberg 1893. Redigirt 
durch W. Hess und W. Zehend er. 258 S. Stuttgart, F. Enke, 1898. 

Balneologie. W. Francken, Menton, Station climatique 
d hiver, sous le rapport mddical et pittoresque. 150 S. Paris. 
Societ6 d’Editions scientifiques, 1894. . , 

Chirurgie. J. F. Horne, Trephining in its ancient and 
modern aspect. 133 S. London, John Bale & Sons, 1894. 

A. v. Eiseisberg, Uebor die äusseren Bedingungen und die 
socialen Indicationen für chirurgische Operationen. Antritts¬ 
vorlesung, gehalten am 2. October 1893. 27 S. Wien. Wilh. Braumüller. 
1893. 


Vaoante Stellen: 

Die Physikate des Kreises Jork und des Stadt- und Landkreises 
Hagen, die Kreiswundarztstellen der Kreise Belgard, Moers und Lose. 
(Die übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.) . _ 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag 


8. Februar 1894. 


jtf e. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHKIET. 

lt Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lützowstr. 60a. Potsdamerotr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. SL 


Bemerkungen zu den „Grundzügen für die Neugestaltung der medicinischen Prüfungen. 1 ' 

Von E. du Bois-Reymond. 


Indem ich mich billig der Beurtheilung der ,Grundzüge 4 ent¬ 
halte, welche sich auf die praktischen Fächer beziehen, halte ich 
mich eher für zuständig, über den propädeutischen Theil der Prü¬ 
fungen ein Wort mitzureden, in welche mich seit bald vierzig Jahren 
als Examinator fungire. Indess greifen die Bedenken, welche ich 
glaube nicht verschweigen zu sollen, mehrfach auch in das Gebiet 
der ärztlichen Prüfung über. 

Die erste Bemerkung, die ich zu machen finde, und zugleich 
die fundamentalste, betrifft die Aufhebung des anatomisch - physio¬ 
logischen Abschnittes der ärztlichen Prüfung. Ich halte die Bei¬ 
behaltung dieses Abschnittes für unbedingt nothwendig, wenn nicht 
ilie wissenschaftliche Bildung unserer künftigen Aerzte auf das 
Empfindlichste geschädigt werden soll. Je erstaunlichere Fort¬ 
schritte die Mcdicin im grossen und ganzen während des letzten 
halben Jahrhunderts gemacht hat, um so onger sah man sie sich 
ihren natürlichen Grundlagen, der Anatomie und Physiologie des 
gesunden Organismus, anschliessen, und um so wichtiger ist es 
für den Arzt, diese Grundlagen sich gegenwärtig zu halten und 
auch deren Fortschritten einigermaassen folgen zu können. Wenn 
die Mediciner nach bestandener anatomisch-physiologischer Vorprü¬ 
fung sich nicht mehr um Anatomie und Physiologie zu kümmern 
brauchen, werden sie sehr bald darin, besonders in Anatomie, be¬ 
denklich unwissend werden, denn das anatomische Wissen ist, weil 
es darin an ursächlich logischen Verknüpfungen fehlt, grossentheils 
reine Gedächtnisssache und lässt sich nur durch öftere Anschauung 
und Vergegenwärtigung einprägen. Das meist recht dürftige Er¬ 
gebnis des anatomisch - physiologischen Prüfungsabschnittes bei 
der jetzigen Examensordnung lässt einen traurigen Ausgang vor- 
ersehen, wenn erst dieser Abschnitt ausgefallen sein wird. Keine 
erschärfung der alsdann einzig übrigbleibenden anatomisch - phy¬ 
siologischen Prüfung kann diese verderbliche Folge abwenden. 

knie andere Bemerkung bezieht sich auf No. 7 der „allge¬ 
meinen Gesichtspunkte“: „Das Ziehen von Aufgaben, wie es bis- 
cr ei verschiedenen Abschnitten der ärztlichen Prüfung vorge- 
iäh!J e en r W ? r ’ luftig weg. 44 Ich muss nach meiner lang- 
FpM^-fr , _ run S diese Maassregel für einen beklagenswerthen 
nriimo er ^ ären - D. as Ziehen der Aufgaben, wie es dem Ver- 
moiir n n d- 1 , auc ^ kei den Officiersprüfungen stattfindet, hat nach 
künn! ren * ausserordentliche Vortheile. Die Candidaten 
ein h • j n ^ ema l s darüber beschweren, dass der Examinator 
auch CrS ? c ^ w ^ er ^. es Thema gewählt habe; sie können 
ihnen kV *! U8 * r £ en< * einem Grunde darauf rechnen, in einem 
kehrt n eso11 1 rs ^sagenden Thema geprüft zu werden oder umge¬ 
be wissp V °? ere ^ €t . au ^ e * n Thema in die Prüfung gehen, weil 
sind . n \ dla,ss in dem vorigen Termin vorgekommen ist. Sie 

'Wb™ n nem v or K * n d * e unbestechlichen Hände des Geschicks 
niata o-i P ; .1 ^ ^ xam inator seinerseits sind auch nicht alle The- 
IJijI, ArLu qn( ? m l i nd an genehm zu behandeln. Fast unvermeid- 
prüft- p i. er im „ kaufe der Zeit das Feld ein, aus welchem 
wovon dann ö ^ er . au ^ dieselben Lieblingsgegenstände zurück, 
durch (lipeo dle .^enntmss bald unter die Candidaten, und theils 
.Ei npail i . s durch die Zuhörer, auch bei den sogenannten 
Widerliche u 8l< -? ver breitet. Ich bezweifle, dass ohne ganz ab- 
[jeriode mit e ? 1Uaua ^ eiu Examinator während einer Prüfungs- 
so vollst^fufr ? ra S en das gesammte Gebiet der Physiologie 
K absuchen wird, wie es durch unsere 26 Loose ge¬ 


schieht. Aus diesen Gründen gab mir, als ich vor Einführung des 
Ziehens von Aufgaben in der ärztlichen Prüfung zu examiniren 
anfing, ein älterer College den Rath, nach jedem Examen zu no- 
tiren, worüber ich geprüft hätte, was ich auch bis heute bei der 
ärztlichen Vorprüfung geübt habe, ohne dadurch, wie ich gestehen 
muss, gegen den obigen Fehler völlig gesichert zu sein. 

No. 6 desselben Abschnittes lautet: „Alle mündlichen Prüfungen 
sind insoweit öffentlich, als . . . keine Unzuträglichkeiten daraus 
hervorgehen. 44 Bei der Vorprüfung, bei welcher nicht geloost wird, 
findet nun in der That ein oft bis zur Unzuträglichkeit sich 
steigernder Zudrang statt. Bei der physiologischen Prüfung in der 
ärztlichen Prüfung, wo geloost wird, findet sieh niemand ein. Bei 
der Vorprüfung kommt es, trotz allen Verwarnungen von Zeit zu 
Zeit immer vor, dass stenographirt wird. Zu welchem Zwecke, 
erfährt der Examinator, wenn er später bei passender Gelegenheit 
die von ihm selber gegebenen oder berichtigten Antworten auf 
seine Fragen wörtlich zu hören bekommt. 

Die Spaltung der bisherigen Vorprüfung in eine naturwissen¬ 
schaftliche und in eine anatomisch-physiologische Prüfung hat beim 
ersten Blick etwas Bestechendes, indem es scheint, als würden die 
Mediciner, unzerstreut durch die sie näher «angehenden und stärker 
anziehenden anatomisch-physiologischen Gegenstände, sich mit 
ganzer Kraft der Physik und Chemie, Zoologie und Botanik zu¬ 
wenden und um so besser vorbereitet in das Studium der Anatomie 
und Physiologie eintreten. Auf der anderen Seite lässt sich geltend 
machen, dass sie nicht begreifen werden, wozu sie sich mit Physik 
abgeben sollen, da ihnen die Probleme noch völlig fremd sind, zu 
deren Auffassung und Lösung Physik nöthig ist, und dass ohne 
eine gewisse Einsicht in den Bau des menschlichen Körpers die 
vergleichende Anatomie, die Zoologie und die Palaeontologie ihnen 
ein verschlossenes Buch bleiben werden. Unter diesen Umständen 
ist sehr zu fürchten, dass sie nach wie vor während der ersten Se¬ 
mester sich dem Genuss der akademischen Freiheit hingeben möchten. 
Meines Erachtens sollten sie mit Osteologie, mit Botanik und all¬ 
gemeiner Chemie in das Studium der organischen Natur eingeführt 
werden, denen dann Zoologie, Anatomie, Physik und Physiologie 
zu folgen hätten. Wie übrigens diese Disciplinen in die fünf dazu 
bestimmten Semester am besten unterzubringen seien, lässt sich 
nicht ohne weiteres und allgemeingültig festsetzen, da es davon 
abhängt, ob das Studium zu Ostern oder im Herbst begonnen 
wird, und wie an der betreffenden Universität die Docenten 
ihre Vorträge eingerichtet haben. Am besten wird es sein, eine 
Vorprüfung beizubehalten, in welcher wie bisher in Botanik und 
Zoologie, Physik und Chemie, Anatomie und Physiologie geprüft 
wird, zu welcher aber erst nach zurüekgelegtem fünften Semester 
Zutritt gestattet ist, indem am besten hier für die abzuleistende 
Dienstpflicht Raum gelassen würde. 

Ein Punkt, auf den ich bei dieser Gelegenheit abermals die 
Aufmerksamkeit zu lenken wünsche, ist die ungemeine Wichtig¬ 
keit, welche gegenwärtig die Anfangsgründe der analytischen Geo¬ 
metrie für die Physiologie erlangt haben. Seit den Arbeiten von 
Ludwig, von v. Helmholtz und anderen kann man bekanntlich 
kein physiologisches Handbuch, keine solche Abhandlung mehr au - 
schlagen, ohne dass das Auge auf Curven fällt, welche dem Kun¬ 
digen mit einem Blick das Gesetz der Erscheinungen vorfuhren, 
es handle sich um so handgreifliche Vorgänge wie Athmung, Kreis- 



Original fro-m 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 





DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


122 

lauf, thieriscke Wärme, oder um die letzten Geheimnisse der all¬ 
gemeinen Muskel- und Nervenphysik. Die Einführung jener so 
fruchtbaren und doch so leicht fasslichen Anfangsgründe in das 
mathematische Pensum der Prima der Gymnasien ist unbegreif¬ 
licherweise von der zuständigen Behörde untersagt worden. Unsere 
Mediciner kommen also zum physiologischen Studium, ohne die 
Worte Abscisse und Ordinate gehört zu haben. So lange dieses 
seltsame Verbot besteht, bleibt in ihrer Vorbildung eine Lücke, 
auf welche ein Hinweis in diesen „Grundzügen“ nicht schaden 
könnte. 

Anstatt die anatomisch-physiologische Prüfung aus der ärzt¬ 
lichen Prüfung zu verbannen, die anatomisch-physiologische Vor¬ 
prüfung selber aber zu spalten in einen theoretischen und einen 
praktischen Theil, würde ich vorziehen, den anatomisch-physiologi¬ 
schen Abschnitt wie gesagt der ärztlichen Prüfung zu erhalten, 
aber zwischen diesem Abschnitt in der Vorprüfung und in der ärzt¬ 
lichen Prüfung den Unterschied zu setzen, dass in jener dieBeliandlung 
des Gegenstandes eine mehr theoretische, in dieser eine mehr prak¬ 
tische sein solle. Die Anatomie würde erst hiervon der topographischen 
Seite aufzufassen sein, deren ganze Bedeutung dem angehenden 
Arzte auch nun erst eingeleuchtet haben wird. Was die 
,Grundzüge 1 in dem praktischen Theile des physiologischen Ab¬ 
schnittes ihrer anatomisch - physiologischen Prüfung von dem 
Candidaten verlangen, scheint mir viel zu viel zu sein. Man sollte 
ihm und sich Glück wünschen, wenn er mit Thermometer, Spiro¬ 
meter, Laryngoskop, Spectroskop umzugehen weiss, vielleicht gar ein 
Daniell’sches Element zusammenzustellen, ein Inductorium in Gang 
zu setzen, einen Nerven zu tetanisiren gelernt hat. Ob er auch 
müsse einen Augenspiegel, ein Ophthalmometer, ein Sphygmo- 
graphion zu gebrauchen wissen, erscheint mir sehr zweifelhaft, ja 
ich zöge vor, dass er in Fällen, wo solche Hilfsmittel nöthig sind, 
lieber an einen Specialisten sich wende, anstatt sich auf seine eigene 
halbe Geschicklichkeit zu verlassen. Die Forderungen im chemisch¬ 
praktischen Theil gehen gleichfalls zu weit. Dass der Candidat 
„mit der qualitativen Untersuchung des normalen wie pathologi¬ 
schen Harnes wohl vertraut sei, dass er mindestens die titrime- 
trische Bestimmung der normalen und pathologischen Harnbestand- 
theile, sowie die einfachsten gewichtsanalytischen Bestimmungen 
ausführen könne,“ halte ich für ein unerreichbares Ideal, und über¬ 
dies die praktische Durchführung solcher Prüfung für so zeitrau¬ 
bend und mühsam, dass bei der Zahl der Candidaten, die wir in 
Berlin haben, nicht daran zu denken ist. Ich würde auch hier 
Loose ziehen lassen, mit Aufgaben etwa wie folgende: Eiweiss- 
reactionen, Darstellung von Harnstoff aus dem Harne, Bestimmung 
des Harnstoffes nach Liebig, Nachweis von Zucker nach Trom- 
mer, quantitative Bestimmung des Zuckers mittels des Polari- 
skops, Nachweis von Harnsäure, Biliphäinprobe u. d. m. 

Indem die Untersuchung des Harnes auf pathologische Be- 
standtheile in die praktisch-physiologische Prüfung als Theil der 
ärztlichen Prüfung verlegt wird, fällt die Schwierigkeit fort, zu 
deren Beseitigung die ,Grundzüge 4 einer besonderen Bemerkung 


bedurften, dass nämlich der Candidat mit der Untersuchung des 
pathologischen Harns vertraut sein soll, obwohl er noch keino 
Pathologie getrieben hat. 

Ich sehe keinen Grund dafür, die Zahl der zu einem Vor¬ 
prüfungstermin vorzuladenden Candidaten auf zwei zu beschränken. 
Die Zahl der Termine wird dadurch in einer für den Examinator 
lästigen Weise unnütz vergrössert. Wird nicht geloost, so gewährt 
eine grössere Zahl von Examinanden eine ihnen wohl zu gönnende 
Erleichterung, indem die später daran Kommenden Zeit haben, 
sich auf das vom Examinator angeschlagene Thema zu besinnen. 
Wenn, was sich leicht ereignet, von den beiden Eingeladenen einer 
ausbleibt, und keine Zuhörer zugegen sind, muss der Termin aus- 
fallen, da ohne Zeugen nicht geprüft werden kann. Ich würde Vor¬ 
schlägen zu setzen, die Zahl solle in der Regel nicht grösser sein 
als vier, aber mindestens zwei betragen. 

Ebenso wenig sehe ich einen Grund für die Bestimmung, dass 
jeder Candidat in der Regel 40 Minuten zu prüfen sei. Die Dauer 
der Prüfung kann füglich dem Examinator überlassen bleiben. Er 
wird meistens binnen 10 Minuten wissen, woran er ist, und wenn 
er mit dem Candidaten zufrieden ist, gern noch andere 5 oder 
10 Minuten zugeben, um sich zu vergewissern, ob er ein blosses 
„genügend“ zu einem „gut“ oder gar „sehr gut“ steigern dürfe; 
während er im anderen Falle die Prüfung wohl auf eine halbe 
Stunde und mehr ausdehnen wird, ehe er sich zu einem verhängniss- 
vollen „ungenügend“ oder gar „schlecht“ entschliesst. 

Bei der bisherigen Vorprüfung (Bundesraths-Verordnung vom 
2. Juni 1883) hatte, wer in einem Hauptfache, oder in Zoologie 
und Botanik, das Prädicat „ungenügend“ oder „schlecht“ erhielt, 
die Prüfung einfach in dem nicht bestandenen Fache zu wieder¬ 
holen. Er konnte dies beliebig oft mit beliebig vielen, ja sämmt- 
liclien Fächern in Zeitabständen bis zu sechs Monaten thun, wofür 
er nur immer wieder 10 Mark zu entrichten hatte. Die Prüfung hatte 
somit die sehr merkwürdige Besonderheit, dass man darin nicht 
durchfallen konnte, und dass, wenn nach mehreren Jahren vielleicht 
„mit Hängen und Würgen“ der Candidat in allen Fächern be¬ 
standen hatte, er ein Zeugniss erhielt, welches von dem eines 
Candidaten, der im ersten Anlauf siegreich durchgekommen war, 
sich in nichts unterschied und keine Spur von der schmählichen 
Art an sich trug, wie es erworben war. Es ist zu wünschen und 
zu hoffen, dass, wenn, worauf ich den grössten Werth lege, die 
ärztliche Vorprüfung in ihrem jetzigen Umfange bestehen bleibt, 
in Bezug auf die Wiederholung nicht bestandener Fächer Bestim¬ 
mungen getroffen werden, welche das soeben geschilderte un¬ 
würdige Spiel unmöglich machen. 

Ob im Sommer die anatomische Prüfung abgehalten werden, 
kann, so dass die Meldungen dazu bis zum 1. April zulässig seien, 
müssen die anatomischen Examinatoren entscheiden. 

Um den gesteigerten Anforderungen an den physiologischen 
Unterricht zu genügen, werden schliesslich erhöhte Geldmittel 
nöthig sein. 

Berlin, 31. Januar 1894. 


I. lieber den Vorgang der Heilung des Malariafiebers durch Chinin. 1 ) 

Von Professor C. Binz in Bonn. 


In der gemeinschaftlichen Sitzung beider Sectionen vom 
4. April 1867 berichtete ich über meine ersten Untersuchungen, 
die das Zustandekommen der Malariafieberheilung durch Chinin 
betrafen. Bis dahin galt ganz allgemein die Ansicht, das Chinin 
heile das Malariafieber vom Nervensysteme aus; die Art und Weise, 
wie das geschehe, war vollkommen räthselhaft, und was darüber 
an Hypothesen aufgestellt wurde, unklar und verschwommen. 

Demgegenüber konnte ich bald nachher auf Grund einer Reihe 
von experimentellen weiteren Untersuchungen folgende Sätze auf- 
steilen^: 

1) Das Chinin heilt das Malariafieber durch direktes 
Einwirken auf dessen Ursache, die wahrscheinlich ein 
niederster Organismus ist; 2) das Nervensystem und der 
Kreislauf haben mit dieser Heilwirkung etwas wesent¬ 
liches nicht zu thun; 3) mit jener Ursache fallen sämmt- 
liche Folgen von selbst fort, also die intermittiren- 
den Anfälle, die Milzschwellung, die Blutarmuth und 
anderes; 4) für die Zellen des Menschen ist das Chinin ein 
viel geringeres Gift als für die Ursache der Malariafieber. 

Diese Thesen fanden manche Zustimmung, aber noch mehr 
Widerspruch, und vor allem machten verneinende Nachunter- 


‘) Vortrag, gehalten in der medicinischen Abtheilung der Niederrhein. 
Ges. für Natur- und Heilkunde in Bonn. 

a ) Vgl. die Zusammenstellung der Chiniu-Litteratur bei A Eulen¬ 
burg, Real-Encyklopädie d. ges. Heilkunde 1885, IV, 174. 


suchungon sich geltend. Wenn es mir auch jedesmal gelang, 
deren Fehler im Experimentiren und in den Schlüssen klarzulegen, 
so konnte natürlich doch eine endgiltige Entscheidung über die 
Richtigkeit des ersten Theiles meiner Behauptungen nicht getroffen 
werden, bis man den von mir vorausgesagten Parasiten der Malaria 
gefunden und als Krankeitsursache erwiesen hatte. 

Das geschah 1880 durch den französischen Militärarzt La- 
veran in Algerien. Er erkannte den Parasiten als eine Amöbe, 
die in die rothen Blutkörperchen eindringt, sich auf deren Kosten 
vergrössert, darin sporulirt und die Körperchen zerstört. Anfangs 
setzte man den Angaben des genannten Forschers grosses Miss¬ 
trauen entgegen, allein allmählich wurden sie so vielfach und so über¬ 
einstimmend bestätigt, dass ein Zweifel daran jetzt nirgendwo besteht. 

Laveran hat auch die Wirkung des Chinins auf den Para¬ 
siten geprüft. Er sah, was ich 1867 für die Protoplasmen der 
Pflanzenjauche überhaupt gefunden hatte, dass der Zusatz von 
Chinin die Malariaamöbe schon in grosser Verdünnung angreift 
und lähmt. Das wurde von anderen Beobachtern bestätigt. Allein 
zwei Einwände von scheinbarer Berechtigung erhoben sich dagegen: 

Als man die Verdünnung des Chinins im Verhältnis seiner 
Auflösung in den Säften eines erwachsenen Menschen nahm und 
so mit dem Blutstropfen mischte, gewahrte man nicht nur keine 
Tödtung der Amöbe zu Anfang, sondern im Gegentheil eine Ver¬ 
stärkung ihrer protoplasmatischen Bewegungen. Das rechtfertigt 
jedoch keinen Widerspruch, denn auch an Infusorien der Pflanzen¬ 
jauche habe ich das beschrieben. Es ist eine Eigenschaft der 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



8. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


123 


allermeisten stark verdünnten Lähmungsgifte, die von ihnen ge¬ 
troffene Zelle zuerst in einen Zustand der Reizung zu versetzen, 
der dann früher oder später in den der Lähmung übergeht. "Wer 
mit der hierzu nöthigen Zeit rechnet, sieht das auch beim Chinin 
und der Malariaamöbe, wenn or mit grossen Verdünnungen ar- 


Rer zweite Einwand war womöglich noch haltloser. Man 
hutte das Blut mit destillirtem Wasser oder mit Kochsalz versetzt 
und gewahrte auch davon ein Absterben der Amöbe. Darüber ver¬ 
wunderte mau sich und sagte, wenn zwei so „indifferente* 4 Mittel 
die Amöbe vernichten, so gebe es keine Berechtigung zu weiteren 
Schlüssen, wenn auch das Chinin das thue. Dabei übersah man, 
dass destillirtes Wasser ein Gift für freies Protoplasma ist und 
keineswegs eine indifferente Substanz, und dass auch eine stärkere 
romentratiou Kochsalz als die, worin das Protoplasma entstanden 
ist und worin es lebt und sich fortpflanzt, ihm zum Gifte wird. 
Leichte Malariafieber durch Eingeben von Kochsalz zu heilen, ist 
eine alte und oft erprobte Maassregel. 

Alle Beobachter sind jetzt darüber einig, dass die Malaria- 
parasiton durch den Gebrauch des Chinins aus dem Blute des 
Kranken verschwinden und dass sie in den perniciösen Fällen, die 
durch Chinin nicht geheilt werden, darin verbleiben. 

ln neuester Zeit wurde dies Verhalten besonders eingehend 
untersucht, Mannaberg, der Assistent NothnageFs, bekam seitens 
i|i*s Professorencollegiums der Wiener medicinischen Facultät den 
Auftrag und die Mittel, in den fieberreichen Gegenden Oesterreichs, 
in Istrien, Dalmatien, Slavonien, eigene Untersuchungen über das 
Wesen der Malaria und ihre Heilung anzustellen. Er hat seine Er¬ 
gebnisse in einer Monographie niedergelegt 1 ). Es heisst darin: 

.Da auf direktem Wege die Chininwirkung nicht mit ge¬ 
nügendem Erfolg studirt werden konnte, unternahm ich es, die 
Parasiten im Blute von Kranken, welche mit Chinin behandelt 
worden sind, ,zu untersuchen und dabei den Structurverhältnissen 
'Pr 'hininisirten Parasiten besondere Aufmerksamkeit zu schenken. 


Ziemlich zu gleicher Zeit und unabhängig von mir hat Roma- 
nowsky mit seiner Färbemethode denselben Weg betreten. Schliess- 
lili haben Baccelli, Golgi, Marcliiafava und Bignami im 
Anschluss an die Chinintherapie methodische, in kurzen Intervallen 
ausgeführte Untersuchungen des nativen Blutes vorgonommen und 
auf diesem Wege die Frage der Chininwirkung zu lösen versucht.“ 
J)as Ergehn iss dieser sämmtlichen Untersuchungen (vergleiche 
i 1 110 bis 181 und die zugehörigen Tafeln) ist nun übereinstimmend 
'fees, dass man bei Malariakranken schon wenige Stunden nach 
‘kr Aufnahme des Chinins die Parasiten in einem gestörten, dem 
raschen Zerfall zueilenden Zustande antrifft, dass sie ihr specifisches 
•rmögen der Aufnahme gewisser Farbstoffe verloren haben, und 
'las> ihren Sporen, falls deren Bildung noch geschehen konnte, die 
ämgkeit genommen ist, sich zu neuen Amöben zu entwickeln, 
urz. eine in der verschiedensten Weise und in mannigfacher Form 
" r '«inbare giftige Wirkung des Chinins auf die Parasiten, die 
na | anfänglicher Steigerung der Protoplasmabewegungen sehr 
und y l übergeht bis zur vollständigen Lähmung 

• H‘er noch einige Einzelheiten nach genannter Quelle. Gleieh- 
j r] le , (le ^nlnriafieber verschieden sind in ihrer Periodicität und 
\n! T™ ' er ^ au ^: so ^ndes auch die sie hervorrufenden Parasiten. 

‘,} t _ e ff u ^firen auf Chinin die kleinen amöboiden Formen der 
lj en ^Ntidiana. Die Verabreichung von 0,5 Chinin genügt, um 
:" n drei Kunden die Färbefähigkeit des Nucleolus bei vielen zu 
jo <■;? u ? ( *^r Protoplasma bröcklich zu machen. Nach weiteren 
'erwehrt e Ü- nur noc ^ verelnze ^ e Parasiten anscheinend un- 
’ , le übrigen sind verschwenden oder in Bruchstücken 
"‘»erhalb der Blutkörperchen zu sehen. 

Um r* e r ™ a( '^ 1,äp ” en Piff^ntirten Formen der Tertiana und Quar- 
.^ 1 : . erier ® n gleichfalls den Nucleolus, wehrend der bisher hell 
aurfi h; 116 i er S färben kann; es verwischt sich also 

erwach«*" ,ias , k truc 'turbild der Körperchen. Nebstdem erleiden die 
nuiiren* ^ ^°P len ailc h noc b andere bemerkenswerthe Verände- 
kr WÖi -* eae . Körper, die der Sporulation nahe sind, werden in 
In , r pi. öe beeiatr äehtigt, dass die Sporulation mangelhaft erfolgt. 

} r äparaten sieht man, dass die meisten Sporen blos 
k'W™.! fi A" d k . d “en Nucleolus besitzen; in manchen Sporu- 
wswstatt 'T c ' Q( ^ en noc ^ eln zelne lebenskräftige, mit Nucleolus 

Uhininwirk 6 ^ P ° lcn zwisc ‘ben den zahlreichen todt geborenen. Die 
äu.s,(. ni , Ung au f die grössten Formen kann sich ferner darin 
i3 ' ltr kon 0 ^ t ^ eSe 8 ^ er ^ bleiben und überhaupt nicht sporuliren; 
Kxt-rn|)iarJ, m man diese grossen Körper in einzelnen 

_____ noch d—4 Tage nach eingeleiteter Therapie im Blute 


L ! ie Malariuparasiten. auf Grund fremder und 
•U Holder. ^93 Un ^ en dargestellt. Mit vier Farbentafeln. Wien, 


findet: sie sind nicht abgetödtet, denn sie bew-egen sieh noch leb¬ 
haft, aber sie sind der Fähigkeit beraubt, sich fortzupflanzen, und 
gehen bald zugrunde. Der höchste Grad der Chininwirkung besteht 
in der Zerreissung der Parasiten. Man sieht in vielen Blutkörperchen, 
ebenso auch frei im Plasma die Trümmer dieser Körper. 

Die vorbauendo Wirkung des Chinins, die besonders vou 
C. Graes er beschrieben wurde (Berliner klin. Wochensehr. 1888, 
No. 43 und 52), erklärt sich von denselben Thatsachen aus. Das 
Chinin wird nur langsam und grössteutheils unverändert aus dem 
Blute ausgeschieden, und die eingedrungene junge Amöbe findet 
also das Gift schon vor, das ihre Entwickelung und Vermehrung 
hemmt. 

Die gesammte Litteratur des Gegenstandes ist bei Manna¬ 
berg in 216 Nummern niedergelegt. 

La v er an hat den Inhalt meiner Abhandlungen auf Gruud 
eines ganz sinnlosen Referates von Bochefontaine aus dem Jahre 
1873 zweimal in grösster Entstellung w r iedergegeben und dem¬ 
gemäss einer unrichtigen und ungerechten Kritik unterworfen. Ich 
habe darauf durch wörtliches Vorführen und Vergleichen der be¬ 
treffenden Originalpassus in der Berliner klinischen Wochenschrift 
1891, No. 43 geantwortet und kann nur annehmen, dass Boche¬ 
fontaine unsere Sprache wenig und dass Laveran sie gar nicht 
verstand, als beide ihre Thorheiten über meine angeblichen Resul¬ 
tate und Meinungen niederschriebeu. 

Betreffs der Leukocyten des menschlichen Blutes stellt 
Mannaberg auf Grund seiner und fremder Beobachtungen und Ver¬ 
suche folgendes auf: 

Bei der freiwilligen Heilung der Malariafieber scheinen in der 
That die farblosen Blutkörperchen als Pliagbcyten eine Rolle zu 
spielen; bei der Heilung durch Chinin ist ihre Mitwirkung nicht 
nöthig und nicht annehmbar, weil das Chinin auf sie in ähnlicher 
Weise w irkt w r ie auf Malariaamöben. Dafür sprechen unter anderm 
die Untersuchungen von Golgi, der eine Abschw'ächung des Phago- 
cytismus im Blute nach Cliininaufnalnne direkt gesehen hat. 

Unsere Kenntniss vom Zustandekommen der Malariafieber- 
heilung durch Chinin ist heute also in der Hauptsache fertig, und es 
giebt darin seitens der Forscher, die mit einem genügend grossen 
Material gearbeitet haben, keine Meinungsverschiedenheit mehr. 
Wo eine solche besteht, erstreckt sie sich nur auf nebensächliche 
Dinge. Mannaberg nennt diesen Stand der Lehre eine glänzende 
Rechtfertigung dessen, was ich seit 1868 betreffs des Wesens der 
Chininwirkung gelelirt und verfochten habe. Diese endliche Klärung 
einer Jahrhunderte alten Streitfrage entschädigt mich für alle die 
unweisen Urtheile und fehlerhaften Nachuntersuchungen, die ich in 
der Chininangelegenheit mehr als bei einem meiner anderen Arbeits¬ 
themata auszuhalten hatte. 


n. Lepra und Syringomyelie. 

Von Dr. E. v. Düring in Konstantinopel, 

Prof, für Dermatologie und Syphilis an der Ecole Imperiale de medecine. 

Einleitung. Die grossen Fortschritte der Nervenpathologie 
müssen der Erkenntniss der pathologischen Veränderungen bei der 
Lepra, die sich durch die hervorragende Betheiligung des Nerven¬ 
systems auszeichnet, besonders zugute kommen. 

Andererseits müsste das klinische sowohl wie das anatomische 
Studium der in Betracht kommenden Organe bei Leprösen sicher¬ 
lich die Nervenpathologie sehr fördern. 

Es ist zu bedauern, dass da, wo die Möglichkeit zu derartigen 
Untersuchungen vorhanden ist, die Lepra und damit die Kenntniss 
derselben selten ist, und dass z. B. hier im Orient, wo wir Lepra 
so häufig beobachten, eine Autopsie fast zu den Unmöglichkeiten 

gehört. . . 

Es würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, w r enn ich 
detaillirte Krankengeschichten und Beobachtungen geben wollte, 
welche die ganze, ausserordentlich mannichfaltige Gruppe der ner¬ 
vösen Erkrankungsformen bei der Lepra behandeln. Es genügt 
hier zu betonen, dass eine grosse Reihe chronischer Erkrankungen 
des Nervensystems ihre Repräsentanten bei den Leprösen findet. 
Wir können hier die ganze Scala vasomotorischer, trophischcr, sen¬ 
sibler und secretorischer Störungen beobachten, die wir bei ner¬ 
vösen Erkrankungen peripherer oder centraler Natur bei Äiclit- 
leprösen aus bekannten oder unbekannten Ursachen kennen gelernt 
haben. Wir finden Bilder, die an tabesche Processe erinnern, 
wir finden — ohne jede Erscheinung von Neuritis — Bilder, die 
dem Typus Aran-Duchenne entsprechen. Die Erythromelalgie, die 
Maladie de Raymond, die Syringomyelie, die Maladie de Alon an 
sind Bezeichnungen für Symptomgruppon mit zum lhei 1111 
kannter Actiologie, die wir vollkommen dem klinischen Bi 
dieser Affeetionen in jedem Punkte entsprechend bei der Lepia 
wiederfinden. 



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Original fro-m 

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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


124 


I. Aufsehen machte vor zwei Jahren die Mittlieilung von 
Zambaco, 1 ) dass ein Theil der als Syringomyelie und als Maladie 
de Morvan in der Litteratur figurirenden Fälle sicher Leprafälle 
seien, und dass er weiter das Ueberleben der Lepra in Frankreich, 
also eine autochthone, meist abgeschwächte Lepra nachwies. 

Es ist unsere Absicht, liier im allgemeinen zu erörtern, was 
über die Beziehungen der Lepra zur Syringomyelie bekannt ist, 
und wie weit wir klinisch, differentialdiagnostisch, imstande sind, 
diese Krankheiten zu unterscheiden. 

Ein Blick in die ersten Arbeiten über Syringomyelie giebt 
zunächst einige sehr interessante Daten, die wir ohne weitere 
Kritik hier einfügen wollen. 

Im Jahre 1867 hat Steudener 2 ) einen Fall von Lepra muti¬ 
lans veröffentlicht; anatomisch hat er Syringomyelie gefunden. 

Langhans 3 ) theilte im Jahre 1875 einen Befund bei Lepra 
anaesthetica mit; die beigegebenen Tafeln zeigen das anatomische 
Bild der Syringomyelie. . 

Schultze, 4 ) dessen Autorität auf dem Gebiete der Syringo¬ 
myelie ja unbestritten ist, weist diese (und andere) Fälle als nicht 
leprös dem Gebiete der Syringomyelie zu. „Wenn man also nicht 
die Annahme machen will,“ heisst es p. 508, „dass die Aushöhlung 
des Rückenmarks auch durch das Lepragift herbeigeführt werden 
könne, wofür keine Spur eines Beweises beigebracht werden kann 
und wogegen alle sonstigen Leprasectionen sprechen — abgesehen 
von sonstigen Gründen —, so müssen die Fälle von Steudener 
und Langhans auf gewöhnliche, allerdings in ihrer Aetiologie 
völlig unbekannte Syringomyelie bezogen werden . . .“ 

Wir fügen den Schluss seiner Arbeit bei: „Was schliesslich 
die Zurückführung aller geschilderten Krankheitserscheinungen der 
nervösen Lepra auf die anatomische Basis betrifft, so bin ich zw'ar 
nicht in der Lage, neue anatomische Untersuchungen beizubringen, 
kann aber angesichts unserer heutigen Kenntnisse der Nerven- 
pathologie einen Zweifel daran, dass es sich wesentlich um neu- 
ritische Processe und nicht um spinale handelt, nicht verstehen.“ 

Besonders die Schultze’sche Publication lenkte die allgemeine 
Aufmerksamkeit auf die Syringomyelie. Es handelte sich um eine 
typische Erkrankung, ausgezeichnet durch bestimmte Störungen 
der Sensibilität, durch trophische, manchmal auch vasomotorische 
und secretorische Störungen, als deren anatomische Grundlage sich 
Höhlenbildung im Rückenmark zeigte. Die meisten Beobachter 
haben aber den oben erwähnten älteren Beobachtungen nur inso¬ 
weit Beachtung geschenkt, als sie für diese Fälle die Schultzc- 
sche Erklärung annahmen. 

Nun werden, unabhängig von den eben erwähnten Forschern, 
unter anderen Bedingungen zahlreiche Beobachtungen gemacht, die 
durchaus dem Bilde dieser — sagen wir Syringomyelie und Mala¬ 
die de Morvan — entsprechen. Anatomische Belege und Unter¬ 
suchungen fehlen allerdings, klinisch stimmen die Beobachtungen 
aber Zug um Zug mit den beschriebenen Fällen überein. Es kommt nur 
noch ein Punkt hinzu — ein Punkt von höchstem Interesse —: diese 
zweite Reihe von Beobachtungen wird an einem Material gemacht, 
bei dem gleichzeitig die Aetiologie klar ist; diese Beobachtungen 
werden gemacht an Leprösen, in einem Lande, wo notorisch die 
Lepra herrscht. 

Zambaco hatte erkannt, dass die klinischen Erscheinungen 
der Syringomyelie und der Maladie de Morvan sich häufig — ohne 
dass klinisch ein anderer Unterschied zu constatiren wäre, als der, 
dass wir hier in einer Lepragegend leben — bei Leprösen fänden. 
Er begab sich nun nach Paris, um sich Aufklärung an Ort und 
Stelle zu verschaffen. 

Auf meine Bitte hatte Zambaco die Güte, mir Notizen mit- 
zutheilen über die Fälle, welche er unter den als Syringomyelie 
und Maladie de Morvan geltenden als leprös erweisen konnte. 

Ich gebe dieselben fast in extenso wieder, indem ich nicht 
versäume, Zambaco meinen Dank für sein liebens'würdiges Ent¬ 
gegenkommen auszusprechen: 

„Der Kranke Marös wurde mehr als sieben Jahre in den Hospitälern 
von Paris als an Maladie de Morvan leidend aufgeftthrt. Zuerst hat Prof. 
Hayem diese Diagnose gestellt. Dr. Monod, der Hayem’s Diagnose 
zustimmte, amputirte dem Kranken allmählich mehrere Finger. Mares’ 
Krankengeschichte wurde dann in den „Archives de mödecine et de 
Chirurgie“ als typischer Fall von Maladie de Morvan von Monod und 
Raoul publicirt. 

Später trat der Kranke in die unter Broca’s Leitung stehende 
chirurgische Abtheilung ein; auch hier lautete die Diagnose auf Maladie 


*) Zambaco-Pacha, Les löpreux de la Bretagne. Communic. laite 
ü l’acadömie de la medecine le 28 aoftt 1892. Paris, Masson. 

8 ) Steudener, Beiträge zur Pathologie der Lepra mutilans. Er¬ 
langen 1867. 

*) Zur Casuistik der Rückenmarksaffectionen (Tetanie und Lepra 
anaesthetica). Virch. Arch. 1875. 

4 ) Zur Kenntniss der Lepra. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 


de Morvan; auch hier amputirte man ihm einige erkrpkte Finger. Broca 
veröffentlichte diesen typischen Fall von Maladie de Morvan in der 
Gazette hebdomadaire de mödecine et de Chirurgie. 

Etwas später erkranken weitere Finger unter Erscheinungen der 
sogenannten „pareso-analgösie.“ Der Kranke tritt wieder in die Hayem- 
sche Abtheilung ein, wo man ihm abermals einen Finger amputirt. 

Einige Monate später tritt Marös in das Höpital de la Salp6triere ein, 
auf die Abtheilung des Prof. Charcot. Hier bildet er den Gegenstand 
der eingehendsten Studien: seine Krankengeschichte wird bis in die klein¬ 
sten Details, in ihrem Verlaufe verfolgt; er wird mehrfach photographirt, 
während der klinischen Lehrstunden erläutert und 11 Monate lang den 
Studenten und fremden Aerzten, deren immer viele bei jenem grossen 
Gelehrten waren, vorgestellt. 

Ursprünglich stellte Charcot Mards als „Maladie de Morvan“ vor, 
die er von der Syringomyelie unterschied; später führten ihn die auf¬ 
fallenden Berührungspunkte zwischen diesen beiden Krankheiten dazu, 
eine Fusion vorzunehmen und die Maladie de Morvan als einen Typus der 
grossen Classe Syringomyelie zu bezeichnen. 

So machte dieser Kranke die Runde durch alle Hospitäler von Paris; 
er diente allen Gelehrten dazu, um an ihm die richtige Maladie de Mor¬ 
van zu studiren. Diese Diagnose war gestellt und wieder bestätigt von 
den ersten Autoritäten — und ganz besonders von denjenigen, welche die 
besten Arbeiten über Syringomyelie und Maladie de Morvan geliefert 
hatten und auf deren Autorität hin diese Krankheitsgruppen geschaffen 
waren. 

Später trat Marös in das Höpital de Bicötre ein, auf die Abtheilung 
Dejerine’s. Auch DAjerine, Autorität auf dem Gebiet der Neuro¬ 
pathologie, hat beachtenswerthe Arbeiten über Syringomyelie und Maladie 
de Morvan geliefert. Er ist, im Gegensätze zu Charcot, der Ansicht, 
dass die Maladie de Morvan und die Syringomvelie verschiedene Krank¬ 
heiten seien. Dejerine stellt die Diagnose: Maladie de Morvan. 

Mares’ Photographieen sind in der Iconographie de la Salp6triere 
veröffentlicht als typischer Fall von Syringomyelie, type Morvan. 

Dr. Gombault hat mehrfach die histologische Untersuchung der 
dem Marös amputirten Finger vorgenommen — ohne positiven Erfolg. 
Auch er schloss deshalb: Typischer Fall von Maladie de Morvan.“ 

De facto ist aber Marös ein gewöhnlicher Fall von 
Lepra mutilans. 

Zambaco stöberte diesen Kranken in Paris in seiner Woh¬ 
nung auf; er untersuchte ihn und stellte für sich die Diagnose 
Lepra. Um aber in seiner Sache sicher zu gehen, beschloss er, 
denselben den Aerzten des Höpital St. Louis vorzustellen, die in 
Paris am meisten Gelegenheit haben, Lepra zu sehen und deshalb 
am competentesten sind. Yidal, Besnier, Fournier, Hallo- 
peau, Quinquaud, Du Castel, Tenneson, kurz alle dermato¬ 
logischen Autoritäten vereinigten sich auf Ersuchen Zambaco’s, 
um — ohne die Anteccdentien und den Namen des Kranken zu 
kennen — Marös zu untersuchen. Alle, ohne Discussion, ohne 
Zaudern erklärten einstimmig, dass es sich um einen einfachen 
Fall von Lepra handle. Die Lepra hatte sich in der letzten Zeit 
derartig entwickelt, dass die Diagnose ganz selbstverständlich war. 

Wenn dieser Fall in seinen Peripetieen interessant ist, so ist 
es der folgende durch die schnelle und prompte Correctur der 
Diagnose. Pitres, ein Schüler Charcot’s, machte der Akademie 
eine Mittheilung über einen fälschlich von ihm als Syringomyelie 
diagnosticirten Fall. J ) , 

Nach seiner Angabe hatte er einige Monate vor Zambaco s 
Veröffentlichung seinen Schülern eine Vorlesung über Syringo¬ 
myelie gehalten und einen Kranken mit Syringomyelie vorge¬ 
stellt. 2 ) 

Nachdem er Kenntniss genommen hatte von der Zambaco- 
schen Mittheilung, dass sich unter den als Syringomyelie bezeich- 
neten Fällen Leprafälle befänden, ^wünschte er seinen Kranken noch 
einmal zu sehen. Er überzeugte sich davon, dass factisch hier ein 
Fall von Lepra vorläge, und konnte überdies diese Dinge durch 
die Biopsie bestätigen. 

Aehnliche Fälle, wo die früher auf Syringomyelie und Maladie 
de Morvan gestellten Diagnosen auf Lepra geändert wurden, theilte 
mir Zambaco aus der Beobachtung Chauffart’s, 8 ) Döbove’s, ) 
Raymond’s, Quinqaud’s und Besnier’s mit. 

Einen weiteren Fall erwähnt Zambaco, der ihm vonPotain 
vorgestellt wurde. Die beiden Aerzte stimmten darin überein, 
dass es sich um einen Fall von Lepra handle: der Kranke war 
überdies in Tonkin gewesen. Derselbe Kranke figurirte seit längerer 
Zeit als „Syringomyelie“; eine Examenjury und der Examinand 
hatten diese Diagnose gestellt. Später entwickelten sich bei dem¬ 
selben Kranken weitere Leprasymptome, so dass jeder Zweifel 
schwand 

Am 18. Mai 1893 stellte Du Castel (in der Soci6t6 de der- 
matologie) einen Fall vor: Löpre ou simili-löpre bei einer Kranken 
aus Dieppe, die nie Frankreich verlassen hatte. Die Discussion 
brachte, da man Bacillen nicht gefunden hatte, keine Einigung. 


*) Seance du 29. Novembre 1892. — 2 ) Am 23. August 1892. 

®) Communic. faite ä la sociätö mdd. des höpitaux. 4. Novellier 
1892. — 4 ) Ebenda. 


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8. Februai\_ 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Wie mir Zambaco mittheilt, hat Du Castel Zairibaco kürz¬ 
lich benachrichtigt, dass auch hier der Verlauf die Diagnose „Lepra“ 
bestätigt hat. 

J)er Zweck, weshalb ich mich mit diesen fremden Federn 
schmücke, ist nur der, zu beweisen, dass mindestens für die¬ 
jenigen. welche Lepra nicht gründlich kennen — und es giebt 
wenige Aerzte in Deutschland und Frankreich, die Gelegenheit ge¬ 
habt haben, Lepra in genügender Menge beobachten zu können —, 
die Gefahr nahe liegt, die Lepra zu übersehen. 

Die Differentialdiagnose ist nach dem Mitgetlieilten oft nicht 
leicht, ja manchmal unmöglich. Eins darf aber doch gewiss nicht 
übersehen werden. Wir, denen Lepra täglich und nicht nur in den 
typischen, in den Atlanten flgurirenden Formen zu Gesicht kommt, 
müssen constatiren, dass es sich in allen Fällen mit dem Sym- 
ptomencoinplex der Syringomyelie hier bei uns um Lepröse han¬ 
delt : mindestens sind wir nicht imstande, die Lepra in diesen Fällen 
auszuschliessen. 

Es ist nicht in allen Fällen möglich, zur Stellung der Dia¬ 
gnose Lepra den Beweis der Bacillen zu erbringen; das Verlangen 
dieses Beweises ist aber auch durchaus unberechtigt. Lepra ist 
hier in den Sprechstunden des Specialisten häufiger als z. B. 
Lupus. Uns muss es mindestens gerade so unberechtigt erschei¬ 
nen, dem, der Erfahrung in der Diagnose „Lepra“ hat, die Be¬ 
rechtigung zu dieser Diagnose ohne den geführten Nachweis der 
Bacillen absprechen zu wollen, wie es unberechtigt ist, für die 
Stellung der Diagnose „Lupus“ in jedem Einzelfalle den Nach¬ 
weis der Tuberkelbacillen zu verlangen. 

Die Lepra ist aber im allgemeinen eine unbekannte und klinisch 
weitaus noch nicht genügend studirte Krankheit. Besonders nach 
den grossen Fortschritten der Neuropathologie muss das Studium 
derselben ganz von neuem aufgenommen werden. 

Meine eigenen Erfahrungen, obwohl ich seit fünf Jahren sammle 
und meine Aufmerksamkeit auf dieses interessante Gebiet gerichtet 
halte, sind noch nicht ausreichend, um sie zu einer Monographie 
über diesen Punkt zu verarbeiten, ich verfüge über bald 200 Fälle. 
Aber natürlich sind diese Beobachtungen nur zum kleinen Theile j 
so vollständig, dass sie klinisch verwertkbar sind. I 

Je länger man sieh in der Praxis mit der vielgestaltigen Lepra 
beschäftigt, desto häufiger stossen einem zweifelhafte Fälle auf, 
desto häufiger ist man in Verlegenheit gesetzt durch die eigen- 
thümlichen Erscheinungsformen, durch die anscheinende Gering- 
ifigigkeit, durch die Complicirtheit der Symptome dieser Erkrankung. 

Es ist leicht begreiflich, dass die meist armen Patienten, die 
nur einen geringen oder gar keinen therapeutischen Erfolg sehen, 
nur schwer zum Ausharren bei einem Arzte bewogen werden 
onnen, und in der Mehrzahl der Fälle verzichten sie überhaupt 

Fo'icho ärztliche Behandlung. Es ist dann nur bei grosser 
Ausdauer und persönlichen Opfern an Zeit und Geld möglich, von 
** zu Zeit die Patienten zu Gesichte zu bekommen. 

i u. i^r' S der £ rossen Zahl der Publieationen über Syringomyelie 
will *f aa,e d e Morvan, die in den letzten Jahren erschienen sind, 

(li ‘ 1,I1 .. lm . r eil 4 re berausgreifen, um zu sehen, welche differential¬ 
er 7 ,°. s 1 , Merkmale sie ergeben für die Syringomyelie (und 
Ualadic do Morvan) und für die Lepra. 

,jj (l Tk'" a ^ e drei sehr ausführliche und vollständige Arbeiten, 
iljtom. u Vf D poatnbution ä Petude de la Syringomyelie 

flsQn- j . ann: Syringomyelie, Volkmann’s klinische Vorträge 
von TV 11 ein ® Unt ^ r d er Leitung Jolly’s gearbeitet« Dissertation 

B mIÜ“J- %5?°stik der Syringomyelie (1893). 
h> nntpr • die Syringomyelie für eine angeborene Krankheit, 
krankbpifß £ ewi8sen Gelegenheitsursachen, besonders Infections- 
Jer t pnr „ ° au sbrechen könne. Die Differentialdiagnose zwischen 
bilitäUstnrn 11 der Syringomyelie beruht besonders auf den Sensi¬ 
blen etrp .v^ n ed>et ’ ^ ans l^pre nerveuse, la 16sion paratt 

ipera auv aiJ* eV J lte; c,esfc ^ dire ü ue la sensibilite tactile parti- 
ca > tres-rnr^c ra “ ons ^ es autres modes de la sensibilite; dans des 
an niveau conin } e ^ans c ®lui de Rosenbach, ona constate 
alt.’ration h« i mac u l as . | a Conservation de la sensibilite tactile avec 
peut encorp 8en ®" >1 ^ a la temperature et k la douleur; on 
^uivants: 1 p« conaa ^ re la növrite lepreuse de par les caracteres 
gulierement anest Lesi e et de thermo-anesthesie sonfc irre- 

parti« ane-tlwv/ eS S0US ^P 1168 de plaques et la transition des 
effet ces ii,i, j, 1 es aux . P ar ües saines se fait brusquement; en 
,JQ peu surelevV> ane f * i 6 . sont ‘ rirconscrits par une ligne rougeätre, 
irtpc .T et l r c 8 sinueuse: on a compar6 cet aspect aux 


°b>:erTe dans P i n 1UeS ‘- ^ est ^solument le contraire de ce qu’on 
'bermo-anesth^ci s y rin S om y^lie, oü les zones d’anesth6sie et de 
'bes rfgulieres 6 “ OC< l u l )eilt de larges surfaces, limitees par des 

%gen »Grosse diagnostische Schwierigkeiten kann 

der Lepra machen, welche den Namen Lepra 


125 


mutilans trägt welche zu trophischen Haut- und Periostaffectionen 
der Finger und der Zehen führt, welche jenen der Syringomyelie 
ganz gleichen können. Hatten die Kranken keine Gelegenheit sich 
mit Lepra zu inficiren, so kann man diese Krankheit schoA von 
vornherein ausschliessen. In zweifelhaften Fällen hat man sich 
gegenwärtig zu halten, dass die leprösen Atrophieen und Muti¬ 
lationen durch eine echte, und zwar lepröse Neuritis hervorgerufen 
werden, welche ausser den Eigenthümlichkeiten der Neuritis iu 
Bezug auf Localisation, Sensibilitätsstörungen, Nervenverdickung 
und Nervendruckempfindlichkeit auch noch die Charaktere der Lepra 
wie Flecke, Knotenbildung in der Haut, Ulcerationen der Schleim¬ 
häute, Augenerkrankungen an sich trägt.“ 

Bei Tornow heisst es p. 22: „Bei der Lepra werden ebenfalls 
th eil weise Sensibilitätsstörungen, Muskelatrophieen, trophisch-vaso- 
motorische Erkrankungen des Haut- und Knochensystems beob¬ 
achtet. Allerdings ist hier die Sensibilität in den meisten Fällen 
mehr gleichmässig herabgesetzt. Nach den Untersuchungen von 
Schultze und Schlesinger treten die partiellen Empfindungs¬ 
lähmungen mehr fleckweise auf, verbreiten sich aber unter Um¬ 
ständen auch über grössere Abschnitte des Körpers, während bei 
der Syringomyelie die Dissociation der Empfindung mehr den 
einzelnen Rückenmarkssegmenten entspricht. Auch sind bei der 
Lepra die Sensibilitätsstörungen nicht selten vorübergehender 
Natur. Fast immer finden wir im Gegensatz zu der Syringomyelie, 
wo das Schmerzgefühl auch in den unter der Haut gelegenen 
Organen gänzlich erloschen ist, die Analgesie nur auf die Haut 
beschränkt, die Empfindung in den tiefer liegenden Theilen aber 
völlig intact. Pemphigusblasen, Schrunden, schwere Ulcerationen 
an Händen und Füssen sieht man bei beiden Krankheiten. Abnorme 
Hautpigmentirung, wie der Wechsel von heller und dunkler gefärbten 
Partieen, das Auftreten von Knoten und derb-infiltrirten Stellen 
spricht für Lepra. Besonders ist hier die Gegend der Stirn und 
Augenbrauen von tiefen Furchen und wulstigen Infiltraten oft 
durchzogen, das Gesicht ist infolgedessen ausserordentlich entstellt 
und bietet zuweilen ein charakteristisches Bild der Facies leontina. 
Wegen dor Mitbetheiligung der Haarbälge an der Hautaffection 
fallen bei Lepra die Cilien, Augenbrauen, Kopf- und Barthaare oft 
aus, bei der Syringomyelie fehlt der Haarschwund. Für gewöhn¬ 
lich werden bei Lepra die knöchernen Phalangen ohne stärkere 
äussere Entzündungserscheinungen zerstört, öfters treten aber auch 
schwere Panaritien auf, und das ganze Krankheitsbild erinnert 
dann oft aufs deutlichste an die sogenannte Morvan’sche Krankheit.“ 

Sehen wir uns alle drei Arbeiten etwas näher an, so fühlen 
wir uns zu einer Behauptung unbedingt berechtigt, ohne den Ver¬ 
fassern zu nahe treten zu wollen, dass sie alle drei sicher eine 
grössere eigene Erfahrung über Lepra nicht besitzen. Denn jeder 
Arzt, der viele Leprafälle beobachtet, wird einer Reihe von Be¬ 
hauptungen in allen drei Arbeiten entgegentreten können — abge¬ 
sehen von direkten Unrichtigkeiten, wie sie in der Tornow’sehen 
Arbeit enthalten sind. 

Einen nebensächlichen Punkt aus der Hoffmann’schen Arbeit 
nehme ich vorweg. Nachdem Zambaco das Ueberleben der Lepra 
in Frankreich nachgewiesen hat, seitdem die Lepra, und zwar zu¬ 
nehmend in den Ostseeprovinzen constatirt ist, ja Fälle in Ost- 
preussen beobachtet worden sind, kann man die Tliatsache, dass 
ein Kranker mit den fraglichen Symptomen „nie der Lepra- 
Ansteckung ausgesetzt gewesen ist“, nicht mehr differential¬ 
diagnostisch verwerthen. Zambaco hat ja bewiesen — und, wie 
gesagt, seine Diagnose ist auch durch mikroskopische Unter¬ 
suchung bestätigt worden —, dass Fälle, die unter der Etiquotte 
Syringomyelie und Maladie de Morvan in Thesen, in der Icono- 
graphie de la Sal6ptriere etc. figurirten, in Wirklichkeit Fälle von 
indigener Lepra waren. 

Da ich den wichtigsten Punkt der Differentialdiagnoso — ob 
es sich um Symptome von Neuritis handelt oder um etwas mehr — 
bis zum Schlüsse lassen möchte, wende ich mich einen Augenblick 
der Tornow’schen Arbeit zu. Tornow denkt sich die Differen¬ 
tialdiagnose doch etwas zu einfach. 

Wenn die Fälle von Lepra immer so einfach und klar wären, 
wenn wir überall so auffallende lepröse Veränderungen fänden, wie 
Tornow sie schildert und wie sie in den Lehrbüchern figuriren, 
so wäre für uns die Frage ja sehr einfach. Aber es giebt eben, 
worauf Zambaco 1 ) hinweist und wie Leloir 2 ), Prince A. 
Morrow 8 ), wie der von Zambaco im Hospital St. Louis vorgestellte 
und mehrere von mir selbst beobachtete Fälle bestätigen, eine 
ganze Reihe von Beobachtungen, die darthun, dass jegliche 

in denen 


kann, 


Pigmentirung, Knotenbildung, Infiltration fehlen 

D Zambaco, Los l^preux de la Bretagne. Paris, Masson, 1892 (mit 
Tafeln). 

*) Leloir, Traite pratique ct tlriorique de la 16pre. 

3 ) Prince A. Morrow, Journal of cutan. and genito-urin. diseases, 
Januar 1890. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


die Diagnose „Lepra“ nur deshalb nicht beanstandet wird, weil 
die Lepra in dem Lande endemisch ist, oder der Kranke sich lange 
an einem Lepraheerde aufgehalten hat. Um derartige Fällo handelt 
es sich für uns wesentlich. 

Aber abgesehen davon, ist überhaupt die Diagnose „Lepra“ 
gar nicht immer so loicht. Princo A. Morrow (1. c.) erwähnt 
ausdrücklich, dass auf Honolulu die Lepracoiumission stets eine 
ganze Reihe von Fällen als „vordächtig“ ausscheidot, bei denen 
man sich über eine Diagnose nicht einigen kann, und speciell unter 
diesen Fälle, die von Syringomyelie nicht zu unterscheiden sind. 

Tornow hat allerdings recht, dass es eine Eigenthümlichkeit 
vieler Lepraanästhesieen sei, dass die Sensibilität der tiefer ge¬ 
legenen Theile intact sei, während an der Haut Analgesie bestehe; 
in vielen Fällen trifft das zu, aber durchaus nicht in allen, durch¬ 
aus nicht „fast immer“. Ich kann Fälle vorführen von ausge¬ 
dehnten Vorbrennungen der Rüokonmuskulatur bis auf die Knochen, 
wo nicht etwa der beginnende Schmerz, sondern der den Ange¬ 
hörigen auffallende Geruch des verkohlten Fleisches die Aufmerk¬ 
samkeit erregte. Ich habe Fälle beobachtet, wo bei vollständig 
erhaltenem Tastsinn eine durch die Oberarmmuskulatur bis auf 
den Knochen, durch die Rückenmuskulatur bis auf die Rippen oin- 
gestossene starke Nadel nicht das mindeste Schmerzgefühl hervorrief; 
einen Fall, iu dem in Ermangelung der gewöhnlich von mir ver¬ 
wandten Reagensgläser mit verschieden temperirtem Wasser, eine 
Verbrennung mit einem Wachskerzchon nicht gefühlt wrnrde, da¬ 
gegen — eine nicht gewollte Demonstration — die Patientin auf 
meine Frage, was ich thue, eine Berührung angab an der Stelle, 
wo ich meinen kleinen Finger auf ihre Hand stützte. 

Also Fälle ohne hervorstechende anderweitige Leprasymptome, 
Fällo in den Anfangsstadien mit ausserordentlich langsamer Ent¬ 
wickelung, bei denen von vornherein die nervösen Symptome mehr 
in den Vordergrund treten, bieten der Diagnose immerhin grössere 
Schwierigkeiten. 

Auch Hoffmann mit Brühl (l. c.) sind in ihren, die Sensi¬ 
bilitätsstörungen betreffenden Angaben zu schematisch. Einmal 
zeigt doch ein Studium der bis jetzt veröffentlichten Beobachtungen 
von Syringomyelie in beschränkten Grenzen eine grosse Variabili¬ 
tät. der Sensibilitätsaltorationen; und zweitens kann ich Fälle dc- 
monstriren, wo die eine Dissoeiat.ion der Sensibilitäten aufweisen¬ 
den Stellen in nichts von den allertypischsten Schulfällen von 
Syringomyelie abweichen; wo die Dissociation die denkbar pronon- 
cirteste, die Grenzen derselben weder durch eine rothe Linie, noch 
durch eine unregelmässige Begrenzung ausgedrückt waren: wo im 
Gegontheil äusserlich jedes Merkmal fehlte, die in ihrer 
Sensibilität charakteristisch veränderten Flecken durchaus scharf 
begrenzt waren und, was ich hinzufügen will, fast stets mehr oder 
weniger symmetrisch lagen. 

Beiläufig will ich hier einfiigen, dass mir die Angaben Tor¬ 
nows über den Ausfall der Haare und die Angabe, dass dieser 
Ausfall die „Hautaflfectionen begleite“, ganz unverständlich sind. 
Ausfall der Kopfhaare wird fast nie, der Barthaare selten beob¬ 
achtet. Wimpern- und Brauenausfall ist häufig eines der aller¬ 
ersten Symptome, zu einer Zeit, wo von Hautaffectionen noch 
gar nicht die Rede ist. 

Der wesentlichste Punkt in den Angaben der Autoren scheint 
mir aber der zu sein, dass sie die leprösen Veränderungen als 
„neuritische“ auffassen. Schultze (1. e.) und Hoffmann (1. c.) 
betonen es ausdrücklich und auch Brüh Fs oben citirte Aeusserung 
durfte dahin zu interpretiren sein, das er die auf nervöse Erkran¬ 
kungen bei der Lepra zurückzu führenden Symptome wesentlich in 
die Peripherie verlegt haben will. Was berechtigt aber zu dieser 
Annahme? Autopsieen von Leprösen liegen so gut wie gar nicht 
vor. Es ist uns hier ganz unmöglich, Autopsieen zu machen. Ab¬ 
gesehen davon, dass die inoisten jüdischen Leprösen ohne Arzt in 
ihren Familien sterben, machen nicht nur die Abneigung der 
Israeliten, sondern auch dio localen Verhältnisse eine Section un¬ 
möglich. Die Muselmanen müssen am Sterbetag vor Sonnenunter¬ 
gang beerdigt werden und sind gleichfalls entschiedene Gegner der 

AXpTie^ 1111 ^ ~ S ° feWt aUCh hier Zeit Und Gele S en ^it zur 

Der Nachweis von Veränderungen im Rückeuraark ist deshalb 
natürlich mangelhaft — wir haben nur die oben erwähnten älteren 
Arbeiten von Steudener und Langhaus, die Schultze als irr- 
thumliche Diagnose bezeichnet. 

Gliassiotis 1 ) hat die Bacillen im Rückenmark nachgowieson 
und kommt zu Schlusssätzen (p. 1047), von denen uns der folgende 
hier mteressirt: 

• l 1 ’ anästhetische Lepra ist nicht nur eine Krankheit des 
peripheren N ervensystems, wie allgemein angenommen wird, son- 

. ') Ueber die bei der anästhetischen Lepra iui Riiekcumaik vorkom- 

inenden Bacillen. Monatshefte f. prakt. Dermatol. 1887. 


dern auch der Centralorgano (des Rückenmarks); ob immer, das 
muss durch die weitere Untersuchung festgestellt werden.“ — 

Wir citirten oben die Aeusserung Sch ul tze’s, dass keine Spur 
eines Beweises beigebracht sei, dass die Aushöhlung dos Rücken¬ 
marks auch durch das Lepragift herbeigeführt werden könne. 

Abgesehen davon, dass für diejenigen Beobachter, welche 
Erfahrung über Lepra haben, für den Steudener’schen und Lang- 
haus’schen Fall klinisch der Beweis fehlt, dass es sich nicht um 
Lepra gehandelt habe — in Fällen also, wo derartige Aushöhlungen 
gefunden sind —, liegt eine, iu ihrer Isolirtheit allerdings vor¬ 
sichtig zu deutende Beobachtung vor von Veränderungen an 
peripheren Nerven, die höchst beaehtenswerth ist. 

Marestang 1 ) theilt Befunde mit, die er bei Untersuchung 
des Nervus cubitalis und ulnaris eines im Hospital an Lepra Ver¬ 
storbenen gemacht hat: 

„On remarque sur ees coupes doux parties distinctes, l’une 
centrale, l’autre periphörique; dans la partie centrale on trouve 
des traces de tubes nerveux dos bacilles, et un nombre assoz 

rostreint. de cellules dites de granulation (Virchow). Ces 

tubes nerveux sont rMuits k leur membrane de Schwann, clle- 
nuhno detruite dans beaucöup d'entre eux. Ils sont tous absolu- 
ment vides saus trace de cylindreaxo et de myeline qu’on ne re- 

trouve pas davantage dans les nerfs dissoeiös.les 

bacilles sont trös-nombroux.: on trouve encore 

dans cette partie centrale deux espaces vides, assez 
grands, vöritables cavitös, bien circonscrites, ronfer- 
mant un assez grand nombro de bacilles ä leur pöri- 
pherio.“ 

Und am Schlüsse der Mitthoilung sagt Marestang (p. 519): 
„Quel cst le möcanismo de la production do cos deux cavites 
trouvees dans certaines parties de nos nerfs, cavites 
qui rappellent si bien cellos, qu’on trouve dans la moBlle, 
dans la myelite cavitaire ou gliomateuse?“ 

Hoffentlich gelingt es bald, in Ländern, wo der Autopsie 
nicht so unüberwindliche Schwierigkeiten gegenüberstehen, durch 
Sectioneu diese Frage zu entscheiden. 

Aber wir wollen versuchen, auf die klinische Beobachtung ge¬ 
stützt, der Frage näher zu treten, ob dio bei der Lepra beobach¬ 
teten nervösen Veränderungen ihre Ursache in peripheren oder 
centralen Erkrankungen haben. 

IH. Wir sehen, dass es eine immer w'iederkehrende These ist, 
dass alle diese Erscheinungen der Lepra anaosthetica auf periphere 
lepröse Neuritis zurückzuführen seien. 

Wenn schon die Abtrennung einer „nervösen“ Form der 
Lepra als ein Fehlgriff bezeichnet werden muss — denn ich habe 
noch keinen Fall von Lepra gesehen ohne irgend ^welche nervöse 
Störungen —, so ist bei bei der grossen Multiplicität der nervösen 
Erscheinungen dio Bezeichnung „anaesthetica“ geradezu wider¬ 
sinnig. Es giebt. überhaupt keine Krankheit mit so mannigfachen 
auf nervösen Störungen beruhenden Symptomen, wie die Lepra, 
Symptome, die in gleicher Weise zwingend auf eine Betheiligung 
des Centralnervensystems hinweisen. 

Wenn ich das auszusprechen wage für die Lepra, nur auf die 
klinische Beobachtung gestützt, ohne mich auf den anatomischen 
Nachweis berufen zu können, so mache ich da von demselben 
Rechte Gebrauch, das Schultze 2 ) für sich in Anspruch nimmt, 
wenn er sagt: „Ich bin zwar nicht in der Lage, neue anatomische 
Untersuchungen beizubringen, kann aber angesichts unserer heutigen 
Kenntnisse der Nervenpathologie einen Zweifel daran, dass es sich 
wesentlich um neuritische Processe und nicht um spinale handelt, 
nicht verstehen.* 

Und weiter weise ich zum Nachweise dieser Berechtigung auf 
den weiter unten citirten Artikel von Eulenburg 3 ) über Erythro- 
melalgio hin. 

Wenn wir das Zusammentreffen so vieler neurotischer Erschei¬ 
nungen, die sich auf sensiblem, vasomotorischem, trophischem und 
secretorischem Gebiet abspielen, näher ins Auge fassen, so müssen 
wir unbedingt eine centrale Ursache annehmen. 

Ich muss hier etwas weiter ausholen und eine Reilio anderer 
nervöser Störungen erwähnen, die wir bei Leprösen treffen. 

Wie schon erwähnt, sind Fälle von Lepra ohne Mitbetheili- 
gung des Nervensystems mindestens äusserst. selten. Sehr häufig 
sind diejenigen Erscheinungen, dio klinisch sich durchaus der 
ganzen Scala von Affectionen nähern, die als Erythromelalgie. 
Arteriospasmus, Akroparaesthesie, Akromegalie, Myxoedem, Sklerem, 
ganz besonders aber als symmetrisches cyanotisches Oedem, Ray * 
naud's disease beschrieben sind. 

') De l’infiltration caseo-calcifiec dans la lepre svstematisce nerveusc 
puro. Anuales de dormatol. 1892, p. 513. 

7 ) 1. c. 1 

3 ) Eulenburg, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 50. 


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8. Februar. 

Eulenburg latent in dem Artikel über Erythromolalgie — dieser 
Artikel m uss von denjenigen, welche sich für die vorliegende Frage 
intcressiren, eingehender zu Käthe gezogen werden, denn er giebt 
den Anschauungen, die sich uns für die Lepra aufdrängen, in 
vollendeter Form Ausdruck — dass in diesen Affeet.ionen vasomo¬ 
torische. trophische, sensible und secretoriche Störungen Zusammen¬ 
treffen. . . 

Eulenburg versucht dann weiter eine Antwort zu geben auf 
die Frage, ob wir den Heerd dieser in bestimmten Gliedabschnitten 
meist symmetrisch auftretenden, combinirten Innervationsstörungen 
lentrafoder peripher zu suchen haben. 

Er meint, dass wir indirekt auf dem Wege der Analogie und 
der Vergleichung unter Heranziehung gewisser anderer, schon 
pathologisch-anatomisch fundirter Erkrankungen des Centralnerv en- 
srstems mit der Berechtigung innerer Wahrscheinlichkeit dazu 
kommen, eine Gruppe zu bilden von Krankheitszuständen, „die 
durch Verbindung von localisirten, theihvefse eigenartigen und 
typischen Sensibilitätsstörungen mit ebenfalls localisirten und eigen¬ 
artigen vasomotorischen, secretorischen und trophisehen Störungen 
eharakterisirt werden, und die in der Regel die Extremitäten (bald 
obere und untere, bald nur die oberen allein) in meist symme¬ 
trischer Weise, und zwar an den distalen Gliedabschnitten be¬ 
ginnend oder auf diese sich beschränkend, befallen; die chronisch 
verlaufen und ihren Ausgangspunkt (mag es sich nun um schwere 
organische oder blos „functionelle“ Schädigungen handeln) in ge¬ 
wissen Abschnitten der grauen Achse des Rückenmarks — vor¬ 
zugsweise in der hinteren und seitlichen grauen Substanz — 
unter gelegentlicher weiterer Querschnittausbreitung und Betheili¬ 
gung auch anderer benachbarter Rückenmarksabschnitte (vordere 
graue Substanz einerseits, Hinterstränge und hintere 
Wurzelfaserung andererseits) haben. 

In diese Gruppe gehören die typische (cervicale) klinische 
Fra der Syringomyelie — die ihr bekanntlich so nahestehende 
Morvan’sche Krankheit — der von Grasset und Rauzier be¬ 
schriebene bulbomedulläre Symptomencomplex — die sogenannte 
.Raynaud“'sehe Krankheit (symmetrische Asphyxie und Gangrän) 
- und endlich der von Weir-Mitehell beschriebene Symptomen- 
«<»mplex, die Erythroinelalgie. — 

Ich könnte, plagiirend, so fortfahren, die Betrachtungen und 
Anschauungen darzuiegen, die sich uns aus der klinischen Be¬ 
obachtung der nervösen Störungen im Verlaufe der Lepra auf- 
drängen. 

Dass wir für die leprösen Krankheitserscheinungen, die dem 
Symptomencomplex der Syringomyelie entsprechen, eigentlich das¬ 
jenige als Beweis antieipiren, was wir beweisen wollen, ist uns 
klar. Aber die Zusammenstellung dieser verschiedenen, auf nervösen 
Erkrankungen beruhenden „Symptomengruppen“ muss doch jedem 
unbefangenen Beobachter wenigstens das Geständniss entlocken, 
j diese Symptome durch eine lediglich „periphere Neuritis“ 
^hwer zu erklären sind. 

Wir sind von dem centralen Sitze der anatomischen Verände- 
rungen. und zwar gerade in dem von Eulenburg angegebenen 
‘inne. so überzeugt, dass wir das Schema, welches Eulenburg 
p ,n ^hlusse seines Artikels giebt, „als Versuch, die klinischen 
arallelisinen der im Vorhergehenden erwähnten Krankheitsbilder 
un<* . ymptomencomplexe in ihren Hauptzttgen zu leichterer Uebcr- 
‘! M zu Jjxiren“. sofort acceptiren könnten zur Registrirung der 
«wuptsäohliehsteii nervösen Störungen, die ihre Ursache 
ln f4 iner leprösen Infection haben.“ 

.lan verstehe mich nicht falsch. Ich bin weit entfernt davon, 
he der vorstehend erwähnten, von Eulenburg einander 
zu w n n ^ r * ir!m h u ngsformen alle stets auf Lepra zurückführen 
>talt°rr Cn 1 ^ e ! ^ er enburg’sche Artikel hat Gedanken Ge¬ 
iler r Sege,en ’ d' e uns beim Studium der nervösen Erkrankungen 
( j a . e,,ra au fgestossen waren. Es ist unmöglich, sich dem Ge- 
,, ; , n zu vers chliessen, dass alle diese Störungen anatomisch nahe 

jungen zu einander haben müssen. 
l,j. ; e f t " äre w >dorsinnig, für alle die.se Störungen — nur weil wir 
Gprl |. anat<)m * se ^ ( ^ en Beweis nicht erbringen können — bei der 
’ tlp ‘ anatomischen Läsionen in den peripheren Nerven zu 
' Wai, ' en( ^ es bewiesen ist, dass der gleiche Syinptomen- 
kmnter aD< ^ e . re L schliesslich zum Theil doch durchaus unbe- 
zurüikzufiihren^t ^ ana t°mische Läsionen im Centralorgan 

'liagiiose**^ uns e ^ ner der Hauptpunkte der Differential - 

worden zn^l’ ' Bn ^ e P ra u,] d Syringomyelie gegenstandslos ge- 
jhese ,i, ht - n denn klinisch verwerthen lässt sich diese Hypo- 

^ilung lJervorhX 11 ZUm ^ c ^ uss e ^ n ^ e Punkte aus unserer Mit- 

myelie und* V \f T j’. ^ eren Erkrankungen als Paradigmen für Syringo- 
aiadie de Morvan galten, haben sich nachträglich als 


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leprös erwiesen. Wir müssen demnach zugeben, dass es eine Er¬ 
krankung giebt mit den Symptomen der Syringomyelie (und 
Maladie de Morvan), die auf lepröse Infiltration zurückzuführen ist. 

2. Da die Lepra zweifellos in Frankreich als überlebend nach¬ 
gewiesen ist, überdios überall in der Zunahme ist, dürfte die That- 
saelie, dass ein Individuum sich nie der „Ansteckungsmöglichkeit 
ausgesetzt habe“, differentialdiagnostiseli nicht mehr zu ver¬ 
werthen sein. 

3. Da der Nachweis der Leprabacillen häufig erst später, 
manchmal gar nicht gelingt in zweifellosen Fällen von Lepra, so 
können wir in zweifelhaften Fällen den nicht gelungenen Nachweis 
der Bacillen nicht als differentialdiagnostisch entscheidendes Moment 
verwerthen. 

4. Es erscheint uns die Annahme unbegründet und der 
klinischen Beobachtung durchaus widersprechend, dass die nervösen 
Symptome der Lepra lediglich auf periphere Erkrankungen zu be¬ 
ziehen seien. Im Gegentheil werden wir klinisch dahin geführt, 
für viele Veränderungen den Sitz dieser Läsionen ins Centralorgan 
zu verlegen. 

Wir sehen also, dass uns keines der bis jetzt gütigen diffe¬ 
rentialdiagnostischen Momente stichhält. Um so weniger, als uns 
bei relativ grosser Beobachtung einschlägiger Fälle noch kein Fall 
mit dem Symptomencomplex typischer Syringomyelie und Maladie 
de Morvan vorgekommen ist, bei dem wir die Diagnose Lepra 
sicher hätten ausschliessen können. 

Wir werden so dazu gedrängt, anzunehmen, dass verschiedene 
Ursachen dieselben Effecte hervorrufen. Ebenso wie ähnliche 
Symptome durch centrale Hämorrhagieen, durch Myelitis u. s. w. 
ausgelöst werden können, müssen wir annehmen, dass die Lepra 
hier Veränderungen setzt, die ein Aequivalent der Gliosis sind. 

Es dürfte sich aber docli empfehlen, soweit es möglich ist, die 
früher publicirten Fälle von Maladie de Morvan und Syringomyelie 
einer Superrevision zu unterziehen. 

Bis neue entscheidende differentialdiagnostische Momente ge¬ 
funden oder entscheidende anatomische Veränderungen nachgewiesen 
werden, stehen wir — besonders in Lepraländern — immerhin 
allen Fällen von Syringomyelie insofern zweifelnd gegenüber, als es 
für uns schwer, ja unmöglich sein wird, Lepra bestimmt auszu- 
schliessen. 

III. Aus der chinirgischen Universitätsklinik in Heidelberg. 

Kritische Bemerkungen und praktische Er¬ 
fahrungen über das Antidiphtherin Klebs. 

Von Dr. Oscar Yulpius, 

Privatdoccnten der Chirurgie. Assistenten der Klinik. 

Nachdem die letzten Lustren hochwichtige Aufschlüsse über 
die Aetiologie der Infektionskrankheiten gebracht haben, scheint 
nunmehr eine Epoche der Medicin zu beginnen, in welcher die Er¬ 
gebnisse dieser wissenschaftlichen Forschungen praktische Ver- 
werthung finden, in welcher nicht nur auf Grund klarerer Einsicht 
in die Ursache der verheerendsten Seuchen, sondern geradezu mit 
Hülfe dieser ätiologischen Factoren die empirische Medication ver¬ 
drängt wird von der causalen oder — wie der moderne Ausdruck 
lautet — von der ätiologischen Therapie. Die Wege, welche die 
Vertrete!’ dieser neuesten Heilmethode einschlagen, sind, wenn auch 
von gemeinsamem Ursprung ausgehend, doch verschiedene: Von 
den einen wird das Serum immuner resp. immunisirter Thiere in 
Form subcutaner Injeetion angewendet und als Heilfactor in dem 
Sinne der Paralysirung von giftigen Baeterienproductcn angesehen, 
sei es. dass letztere unmittelbar durch die im Heilserum enthal¬ 
tenen Substanzen, sei es, dass sie durch Anregung antitoxischer 
Zellthätigkeit. zustande kommt die anderen bekämpfen die Gift- 
erzeuger selbst und scheinen so in der Theorie wenigstens das 
direktere Verfahren gewählt, zu haben. Als Apostel der letzteren 
Richtung ist vor kurzem Klebs mit seinem Antidiphtherin in die 
Oeffentliehkeit, getreten. 1 ) Durch Ausnützung der Thatsaclie, dass 
Bacterienculturen auf ihren Nährböden nur eine bestimmte Zeit zu 
gedeihen vermögen, dass sie dann nicht etwa wegen Erschöpfung 
dieses Nührsubstrates, sondern durch Erzeugung und Anhäufung 
von „Selbstgiften“, von „Autotoxinen“ absterben, hat Klebs sich 
aus Glycerinpeptonbouillonculturon von Diphtheriebacillen eine 
Flüssigkeit verschafft, welche diese ihre Selbstgifte enthalten soll 
und die darum „Antidiphtherin“ getauft wurde. 

Ueber die Herstellung der klaren, hellgelben, leider recht 
kostbaren Lösung, die in kleinen Fläschchen, von Luft und Licht 
sorglichst abgeschlossen, durch die Firma Merck iu Darmstadt auf 
den Markt gebracht wird, machte Klebs einige Andeutungen, ohne 
jedoch den Schleier des Geheimnisses völlig zu lüften. Soviel ist 

») Wiener medicinische Wochenschr. 1893, No. 25, 26, 27. 28. 


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sicher, dass dieselbe zum mindesten 0,2 °/o Orthokresol enthält. 
Von der Giftigkeit des Stoffes für Diphtheriebacillon glaubte sich 


Klebs dadurch überzeugen zu können, dass er Agarculturen damit 
benetzte und dann nach 24 Stunden Tod oder höchstens noch ganz 
geringes Wachsthumsvermögen der weitergeimpften Bacillen con- 
statirte. Ob er dabei wohl die Wirkung der 0,2°/oigen Kresol- 
lösung in Rechnung zog, mit der er im ungünstigen Fall — näm¬ 
lich dann, wenn sein Antidiphtherin weiter keinen wesentlich wirk¬ 
samen Stoff enthielt — arbeitete? 

Auf diese Probe im Reagensglase folgten Thiervorsuche, die 
über die Ungiftigkeit des Mittels sowohl als über seine Wirkung 
bei gleichzeitig vorgenommener Diphtherieinfection resp. -Intoxi- 
cation Aufschluss geben sollten. Aus der offenbar grossen Ver¬ 
suchsreihe — ein referirtes Experiment trägt die Nummer 69 — 
wird uns leider vorläufig nicht viel mehr mitgetheilt, als dass das 
Antidiphtherin bei gesunden Thieren eine ganz mässige Temperatur¬ 
steigerung hervorruft und dass es deshalb eine Maximaldosis nicht 
zu besitzen scheine. Auffallen könnte es, dass Klebs bei diesen 
Versuchen das Mittel subcutan einführte und damit Erfolg zu 
erzielen glaubte bei Thieren, denen er Diphtherietoxine verab¬ 
folgte, dass er also doch nicht so streng bei dem erst vertretenen 
Standpunkt verharrt, dass er vielmehr sein Antidiphtherin bald als 
Bacteriengift, bald als Antitoxinträger verwendet. Ob auch Lunge 
und Magen das Medicament zu ertragen vermögen, wäre wünschens- 
werth gewesen, zu erfahren, um mit der festen Ucberzeugung von 
der Unschädlichkeit an die Befolgung und Nachprüfung seiner 
therapeutischen Rathschläge herangehen zu können. Denn Ein¬ 
träufelung von Antidiphtherin in die Trachea, Verschluckenlassen 
von mehreren Grammen einer Lösung, von der man nur weiss, 
dass sie ausser Kresol Auszüge aus Diphtherieculturen enthalten 
soll, das ist sicherlich eine differentere und darum verantwortlichere 
Medication, als das Umlegen einer Eiscravatte oder das durch 
Klebs streng verurtheilte Sprühen von Wasserdämpfen. 

Wir sind hiermit schon zur Besprechung der praktischen Ver¬ 
wendung des Mittels beim Menschen gekommen, die in einer Ab- 
tödtung der Diphtheriebacillen durch Contactwirkung an der Stelle 
des Krankheitsheerdes, d. i. in Pinselung der speeitischen Mem¬ 
branen bestehen soll. Der Werth dieses Vorgehens steht und fällt 
also mit der Annahme, dass die Diphtheriebacillen mit der Circu- 
lation nicht in den Körper gelangen, sondern dass sie stets am 
Ort ihrer Ansiedelung liegen bleiben oder nur auf der Schleimhaut 
sich verbreitend in die Lungen oder in den Magen gelangon. Ganz 
unbestritten ist diese Ansicht keineswegs: Es wurden von Frosch 
(Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XIII) in 10 
unter 15 untersuchten Fällen die Diphtheriestäbchen in Milz, Niere, 
Herzblut, Pericardial- und Pleuraflüssigkeit, Gehirn und Leber 
nachgewiesen. Ferner fand Kos sei (Deutsche medinische Wochen¬ 
schrift 1893, No. 17) dieselben in einem Falle im Blut und in den 
Organen, und in allerjüngster Zeit noch berichtete Escherich 
(Wiener medieinische Wochenschrift 1893, No. 49), dass er aus 
den Nieren zweier Diphtherieleichen Reinculturen der Klebs-Löff- 
ler’schen Bacillen erhalten habe. 

Freilich scheinen dieselben in den Organen bald zugrunde zu 
gehen, wir können also vorläufig die Grundlage der Kleb suchen 
Therapie als zu Recht bestehend anerkennen. 

Nur ein Bedenken besteht noch, das durch die Möglichkeit 
einer Mischinfection mit Strepto- und Diplococcen gegeben ist. 
Sollten die häufigen und schweren Complicationen der localen 
Diphtherie wirklich durch eine derartige Coccenseptikämie hervor¬ 
gerufen sein — dieser ständen wir mit dem Antidiphtherin macht¬ 
los gegenüber. Doch Klebs beruhigt uns mit der Annahme, „dass 
die Bedeutung der Cocceninvasion vielleicht gegenwärtig über¬ 
schätzt werde“, dass namentlich für die gefürchteten Lungen- 
complicationen „der Diphtheriebacillus von grösserer Bedeutung sei 
als seine Concurrenten“. Er verspricht des weiteren Studien nament¬ 
lich über die Antheilnahme von Diplococcen an den oft und rasch 
zum Tode führenden Collapszuständen bei Diphtherie und stellt als 
Ziel eine ebenfalls antibacterielle Behandlung dieser Mischinfection 
in Aussicht. 


Nach Erledigung aller Vorfragen und Zweifel ging Klebs ai 
das Studium seines Mittels beim Menschen. 

Bei der Anwendung erschien ihm das Verhalten der Pseudo 
membranen auffallend: Dieselben wurden nicht aufgelöst, vielmeh 
beobachtete er in einem Falle, wie die etwa 1 cm messende Ton 
sillenmembran bei der dritten Pinselung rorne ganz gelockert wai 
so dass er sie mit der Pincette von der darunter liegenden glattei 
Schleimhaut abheben konnte — eiu Vorgang, in dem gowis 
niemand etwas besonderes oder gar eine specifische Wirkung er 
blicken wird Auf meiner Abtheilung lag kürzlich ein Junge mi 
ausserordentlich schwerer und ausgebreiteter Rachendiphtherie 
bei dein sich der gesammte Belag des weichen Gaumens und de 
.Tonsillen unter Pinselung mit 10% Salzsäure in einem Stück voi 


der grösstentheils schon wieder epithelbekleideten Schleimhaut 
abstiess. Dass der Vorgang durch das Antidiphtherin beschleunigt 
werde, kann Klebs nicht behaupten, da ihm anamnestische Daten 
über die Krankheitsdauer bei seinem Patienten fehlen. 

Auch schien ihm Linderung der localen Beschwerden 
durch die Anwendung seines Mittels hervorgebracht zu werden: er 
entnahm diese Thatsache den Aussagen zweier Kinder und einer 
hysterischen Dame. 

Als eclatanteste sichtbare Wirkung fand er einen oft schon in 
drei Studen nach der ersten Pinselung eintretenden 
Temperaturabfall von 40° auf 37—38°, einen Erfolg der Arznei, 
der an sich schon mit Freuden zu begrüssen wäre. Was bezüglich 
des Temperaturverlaufes aus den beigegebenen Krankengeschichten 
zu entnehmen ist, soll weiter unten bei der kritischen Beleuchtung 
dieser Journale im Zusammenhang erwähnt werden. 

Wir haben die Besprechung der symptomatischen Erfolge 
vorangestellt und wenden uns nun zu den definitiven Resul¬ 
taten, die dem Klebs’schen Mittel zugeschrieben werden. 

„In einer mittelschweren Epidemie, in welcher leichtere und 
schwerere Fälle nebeneinander vorkamen, 13 ohne Auswahl nach¬ 
einander von verschiedenen Aerzten mit Antidiphtherin behandelte 
Patienten — kein Todesfall, keine Nachkrankheiten.“ 

Wie kleinlich, um nicht zu sagen unberechtigt, kommt uns 
demgegenüber die Freude vor, die wir schon empfanden, wenn 
einmal vier oder fünf Kinder nacheinander schwer vergiftet mit 
Toxinen oder Kohlensäure in die Klinik gekommen waren und ge¬ 
heilt und munter wieder entlassen werden konnten; selbst mehrere 
darnach eintretende Misserfolge konnten uns diese Freude nicht 
ganz verderben. Und nun hören wir von 13 Patienten, die nach¬ 
einander genasen — fast möchte eine gewisse Verstimmung sich 
regen im Hinblick auf so viele bisher vergeblich aufgewendete 
Mühe aller Betheiligten. 

Gespannte Erwartung, erwachte Hoffnung treibt zur Prüfung 
der von Klebs gegebenen 13 Krankheitsnotizen, deren nunmehrige 
Besprechung der Leser mit der eminenten Wichtigkeit der Materie 
entschuldigen möge. 

Fall 1. Elisabeth 0., acht Jahre. Rechte Tonsille total, linke zu 
3 ,/j belegt, hohes Fieber. 

9. Marz 1893. Abends Tomp. 40,1. 

10. März. Temp. 39,9, Abends eine Pinselung, nach drei Stunden 
Temp. 38.2. 

11. März. Temp. Abends 38,2. 12. März. Abonds Temp. 37,4. 

Leider erfahren wir nichts über Entstehung und bisherige 

Dauer der Krankheit, deren diphtherische Natur durch Cultur- 
versuche nicht erwiesen ist. Auch über das Verhalten der Beläge 
nach der Pinselung wird nichts gesagt. Das Fieber fiel keines¬ 
wegs kritisch zur Norm herab, sondern erhob sich am Abend nach 
der zweiten Pinselung nochmals auf 38,2. 

Fall 2. Sch., vier Jahre. Drei erbsengrosse Beläge auf der linkon, 
sechs bis acht kleinere, hirsekorngrosse auf der rechten Tonsillo. 

25. März. Temp. 39,3. Pinselung, drei Stunden später 37,6. 

26. März. Temp. 36,8. 

Die Beschreibung des Tonsillenbefundes passt aufs genaueste 
für eine Angina follicularis, und dieser nicht etwa durch bacilläre 
Befunde ausgeschlossenen Annahme entspricht auch durchaus der 
rapide Temperaturabfall. 

Fall 3. Emilie W., 8'/a Jahre. Zwei erbsengrosse Beläge auf der 
rechten, einer auf der linken Tonsille. 

31. März. Temp. 39,5, erste Pinselung. 

1. April. Temp. 37,8, zweite Pinselung, Abends Temp. 37,1. In 
diesem Falle konnte am 1. April noch von mir selbst (Klebs) ein 
kleiner Belag abgenommen und bacteriologisch untersucht werden. Der¬ 
selbe enthielt keine Diphtheriebacillen, die wahrscheinlich durch 
die vorhergehenden Pinselungen zerstört waren. 

Auch hier spricht nichts gegen eine Angina follicularis, für 
dieselbe aber lässt sich das nachgewiesene Fehlen von Diphtherie¬ 
bacillen recht wohl verwerthen. Aus einem derartigen negativen 
Befunde zu schliessen, dass die Bacillen durch die Pinselung zer¬ 
stört worden sind, das ist doch eine Folgerung, deren Berechtigung 
zum mindesten bezweifelt werden darf. 

Fall 4. Fritz J., 4'/a Jahre. Am 25. März erkrankt, am 27. März 
heiser. Uvula, Gaumen, Tonsillen beiderseits total mit Pseudomembranen 
belogt, eben solche an der Epiglottis und im Kehlkopf. 

27. März. Temp. 40,2, erste Pinselung, Abends 36,7, zweite Pinselung. 

28. März. Temp. 36,8, Puls 128, sehr heiser. Mittags Tracheotonuo 
nöthig. Nach drei Wochen geheilt entlassen. Ich (Klebs) nehme an, dass 
schon durch die ersten Pinselungen die Diphtheriebacillen zerstört waren. 
In der That konnten solche in einem kleinen Membranrest von der rechten 
Tonsille am 29. oder 30. März nicht mehr nachgewiesen werden. 

Auch hier finden wir den vorhin gerügten merkwürdigen Trug¬ 
schluss, der aber nicht hindern soll, eine echte Diphtherie anzu¬ 
nehmen. Die Pinselungen verhüteten die Verschlimmerung des 
Processes im Kehlkopf nicht, das Kind kam zur Operation und 
wurde geheilt, ein gewiss erfreulicher Ausgang, der aber Gott sei 
Dank doch so exceptionell nicht ist, dass er dem Antidiphtherin 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



S. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


129 


nhne weiteres zu verdanken sein muss. Dass nach Anwendung- des 
letzteren das Fieber abfiel, wird gern zugegeben, aber nicht ohne 
das Hiiizufügen, dass bekanntermaassen sehr häufig schwerkranke 
Croupkinder völlig fieberfrei oder selbst subnormal temperirt sind 
resp. es werden während zunehmenden Lufthungers und steigender 
Intorication. Die Mehrzahl der später anzuführenden eigenen Beob¬ 
achtungen kann diese Thatsache des weiteren bestätigen. 

Fall 5. Franz F., 7Vs Jahre. Beide Tonsillen vollständig belegt. 
10 . April. Abends Tonip. 39,1. erste Pinselung. 11. April. Temp. 37,5. 
Am 13. April Scarlatina. 

Nun, meines Wissens ist Scharlachdiphtherie — und um eine 
solche dürfte es sich hier gehandelt haben — nur in den seltensten 
Fällen eine echte Diphtherie, und es bedürfte ganz gewiss des 
Bacillenbefundes, um diesen Fall als hierhergehörig anerkennen zu 
können. Dass trotz wahrscheinlich nicht vorhandener Diphtherie 
gleichwohl nach der Pinselung Temperaturabfall eintrat, benimmt 
.lern letzteren ebenso sehr den Charakter einer Folge der Medi¬ 
ation, wie es die Angina follicularis der Beobachtung 2 und 8 
s hon gethan hat. 

Fall 6 . Kathiuka F., 26 Jahre, beide Tonsillen vollständig belebt. 
H. April, Abends 39,4. 10. April, Abends 39,8. 11. April, Morgens 39^8, 
er>F Pinselung, Abends 37,6. 12. April, Morgens 37,4. 

Eine genaue Anamnese oder ein BaeiUenbefund wäre zur Ver¬ 
vollständigung des Bildes wünschenswerth. Ueber den günstigen 
Verlauf aber würden wir uns bei einer erwachsenen Person auch 
dann nicht wundern, wenn kein Antidiphtherin angewendet 
worden wäre. 


Fall 7. Hedwig F., 13 Jahro. Beide Tonsillen und die Uvula 
belegt mit einzelnen freien Stellen. 9. Mai Temp. 39,3, erste Pinselung, 
Abends 37.8. 10. Mai Temp. 37,2, Abends 37,8. 11 . Mai 37.3. 

Diesmal können wir trotz mangelnder Anamnese confluirende 
Beläge einer folliculären Angina ausschliessen, da Diphtheriebacillen 
nachgewiesen wurden. Zu beklagen ist nur, dass Klebs es sich 
hat entgehen lassen, das Schicksal der Bacillen nach den Pinse¬ 
lungen zu verfolgen und die Zeit der Abtödtung zu constatiren. 

Fall 8 . P. W., kräftiger, erwachsener Mann. 4. Mai mit Frost, 
Halsschmerzen. Schluckbesehwerden erkrankt. 15. Mai, Morgens Temp. 38,8, 
Abends 38,2. Massig starker Belag auf beiden Mandeln. 16. April Temp. 
normal. Erste Pinselung, noch zweimal wiederholt. 17. April Belag ver¬ 
schwunden, Patient wohl. 

. . . Fa . n 9 - ^ri A., kräftiger, gesunder Mann, am 20. April erkrankt- 
Temp $3 0 ^ ande ^ n und der hinteren Rachenwand mässig starker Belag- 

21. April bei normaler Temperatur erste Pinselung. Am dritten 
kmkheitstag Patient wohl. 

Sch., kräftiger, gesunder Mann. Am dritten Krankheitstag 
n , 1 ®’ erau ^ denMandeln, dem weichen Gaumen und der hinteren 
j e ?. wa f. . F® m P- 39,5. Ordination: Eiscravatte, Borsäuregurgelungen, 
is fünfmal tätlich Pinselungen. Nach zehn Tagen geheilt entlassen. 
flen drei Fällen sind Diphtheriebacillen durch das Cultur- 
Faii! reD fest S estel1 !' worden. Auch bei den drei letzterwähnten 
ton.? V< ü\ nac fa& ew iesener Diphtherie, die „gesunde, kräftige“ 
/ r e j- bab es Hiebs unbegreiflicherweise anscheinend 
2I] denKinstriren 1 ^ 0111 ^^ des Antidiphtherin bacteriologisch 

die Pinselung erst angewendet, als 
Patient in , eberun £ ringetreten, die Krankheit im Abklingen war. 
Tavatto da S®& e11 batte hohes Fieber, als die übrigens mit Eis- 
handinl- ? orsäure gurgelungen unterstützte Klebs’sehe Be- 
Zf , u , rpn / e . m T s r etzte - Hier konnte ein rascher Fieberabfall über- 
hkr uhM-ü Ungläubige wirken; doppelt schade, dass wir gerade 
r f den Temperaturverlauf nichts erfahren. 

Mai auf B ',\ 50 . Jahre » 30 - April erkrankt, Temp. 39,2; 

T-mp 3 g 5 t Tonsillen festanhaftende gelbliche Beläge. Vormittags 
% te P,nsel 0 ^- Abends 38,4, zweite Pinselung. * 

Eliten Tonrille a' -*??? P ^selung. Abends 38,2. Auf der 

Obwohl p C - 1 , ^ drei kleme Flecke - 3 - Mai. Fieberfrei, 
um echtp tubul 81 . , er na °b dem Ergebniss des Culturverfahrens 
fieberuna ban deUe, trat doch keineswegs völlige Ent¬ 

ern die^Rapiiin i 1 ei ?I nal na °b der dritten Pinselung. Ob trotz- 
<la kein «nätpr 11 7 ~ a J d ^etödtet wurden, erfahren wir leider nicht, 
eine derart;™ ir** Z u .^ 1 tungsversuch erwähnt wird. Es erschiene 
Achter der Paf+- 61 ^ werthvoller als die, dass eine erwachsene 
e inmalifr e ü I 11 über l e * c fate Halsschmerzen klagte und durch 
Fall k Prophylaktische Pinselung geheilt wurde. 

-25. Md ]) a ttü K K -’ ö Jahre. Genaue Daten fehlen. 
hil * grosse MpmLo« 0n ^ lede ^ holfc £ e P ins elt war, ist Patient fieberfrei. 
| 0n der glatten der Unken Tonsille war gelockert und konnte 

'ÄneSln mehr haUt abgehoben 


l!; irauf 

tniader 


^-..vuo^uien mehr ~ 1 werden. Dieselbe enthielt keine 

1 bebau Ptete Causalnexus zwischen Pinselung und 
ler normal*», ^-, -r^ „ . . . ® . . . 


folgender 


* « n iOVUüil 1 UiOClUUg uuu 

pewatrt a i c 01 ? la er Temperatur des Kranken erscheint nicht 
bhis.s v 0In Fphi der an dieser Stelle wiederholt gezogene Trug¬ 
en der Diphtheriebacillen nach mehrmals aus- 


auf eine für dieselben deletäre Wirkung d*> 


I geführter Pinselung 
Mittels. 

D1 Fa }. 1 , 13 -. Robert R., 10 Jahre. Rechte Tonsille ein grösserer 
I DiphlheriebaciUen vorhanden 

: MarinL^'l^Ä“ “ A erS ‘° PinSelU " S> am Selben Tage «8.« 

Es '™ lde h 'er SO wollig wie frühci- das Absterben der Dipli- 
thenebaciUen constatirt. Die Behandlung setzte erst ein, als die 
brkiankung, besonders das Fieber im Rückgang begriffen war. 

; Ueberblicken wir die besprochenen Klebs’schen Fälle nochmals 
! ?o nnden wir sechsmal die Diagnose durch den Nachweis der 
| Diphtheriebacillen bestätigt, darunter nur zweimal bei 
| Hindern, lieber die antibacilläre Wirkung der specifischen 
| Behandlung, also über ihren wissenschaftlichen Brennpunkt, erfahren 
| wir leider gar nichts. Von symptomatischen Erfolgen wurde 
! eine prompte Entfieberung einmal beobachtet (Fall 7), zwei- 
I mal war der Temperaturabfall kein eclatanter (Fall 11 und 18), 
zweimal wurde bei fieberfreien Reconvalescenten gepinselt (Fall 8 
! u . lld 9), bei einem hochfiebernden Manne fehlt bedauerlicher Weise 
| eine Notiz über den weiteren Temperaturverlauf. 

Es liegt uns fern, alle anderen Beobachtungsfälle deshalb 
I nicht als Diphtherie anzuerkennen, weil die bacteriologisehe Unter- 
I suchung unterblieben ist. Nur die beiden Patienten mit Angina 
follicularis (2 und 3) sowie den Jungen mit Seharlackdiphtherie 
möge gestattet sein auszuschliessen. Es bleiben noch vier Kranke 
übrig, bei zwei (4 und 6) traf in der That ein erstaunlicher Tem¬ 
peraturabfall mit der Pinselung zusammen, bei einem fehlen genaue 
Daten (12), bei einem weiteren ging das Fieber langsamer zurück. 

Unter den zehn in Betracht kommenden Kranken befinden sich 
nicht weniger als fünf Erwachsene, welche der Infection gewiss 
mehr Widerstand entgegenzusetzen vermögen als die darum weit 
mehr gefährdeten Kinder. 

Dass die Epidemie eine mittelschwere war, theilt Klebs selbst 
mit; es ergiebt sich das auch aus der fehlenden Tendenz der Er¬ 
krankung zum Hinabsteigen in Larynx, Trachea und Bronchien. 
Nur ein einziges mal wurde die Tracheotomie nothwendig, und 
auch hier scheint kein eigentlicher Bronchialcroup aufgetreten 
zu sein. 

Man wird nach alledem zugeben müssen, dass das erst geradezu 
imponirende Resultat der Antidiphtherintherapie bei kritischer Be¬ 
trachtung nicht unwesentlich zusammengeschrumpft ist. 


In welcher Hinsicht die in hiesiger chirurgischer Klinik mit 
dem Mittel gesammelten Erfahrungen die Kiebs'schen Mittheilungen 
zu ergänzen, in welcher Beziehung zu corrigiren imstande sind, 
wird sich aus folgenden 19 Krankengeschichten ergeben, welche 
aus dem im letzten Vierteljahre der Klinik zugegangenen Diphtherie- 
material gewonnen sind. Vorausgeschickt soll nur werden, dass die 
ins Krankenhaus von Stadt und Umgegend eingelieferten Fälle aus 
naheliegenden Gründen fast durchweg schwere sind, dass ferner 
die Epidemie dieses Herbstes eine recht schlimme war, was sich 
sowohl durch ernste Allgemeinerscheinungen und überaus häufige 
Descendenz des Croups in den Bronchialbaum als auch durch hoch¬ 
gradige Infectiosität documentirte, welch letztere Schreiber dieses 
und sein Stellvertreter sowie eine Pflegeschwester an sich selber 
zu erfahren Gelegenheit hatten. Es war also In dieser Zeit dem 
Antidiphtherin ganz besonders günstige Möglichkeit gegeben, eine 
ihm innewohnende Heilkraft zu bethätigen. 

Fall 1. Katharina A., elf Jahre. Am 23. August Halsschmerzen, 
am 25. August Heiserkeit, am 26. August beginnende Athemnoth, am 

27. August Aufnahme in die Klinik. 

Status: Hochgradige Dyspnoe mit starken inspiratorischen Einziehun¬ 
gen. Diphtheritische Beläge an Tonsillen, weichem Gaumen, Uvula. Kein 
Fieber. Lungen frei. 27. August Morgens Tracheotomie. 

27. August, Morgens und Abends Pinselung mit Antidiphtherin, 
doppelte Concentration. 

28. August. Morgens Pinselung und Einträufelung, Abends Temp. 38,4. 

29. August. Morgens und Abends Pinselung und Einträufelung, 
Temp. 37,7. Die Beläge völlig unverändert, Husten trocken, Bronchitis, 
schlechtes Allgemeinbefinden. 

30. August, Morgens Pinselung und Einträufelung. Ueber beiden Unter¬ 
lappen Knisterrasseln. Zunehmende Cyanose. Temp. 36,5. Mittags Exitus. 

Sectionsbefund: Croup laryngis, pharyngis, tonsillarum. Tracheitis 
oatarrhalis. Bronchitis et Pneumonia crouposa lobi inf. sin. et lobi sup. 
et inf. dextri. Hämorrhagieen der serösen Häute. Nephritis parenchymatosa 
acuta. Gastritis acuta mit Hämorrhagieen. 

Die Beläge wurden also durch fünfmalige Pinselung nicht 
alterirt. Nach der ersten Einträufelung trat Fieber auf, dann 
descendirender Croup mit ausgedehnter Pneumonie, die den Tod 
herbeiführte. 

Fall 2. Ferdinand R., fünf Jahro. Seit einigen Tagen unwohl, 
seit verflossener Nacht zunehmende Athemnoth. 

1 . September. Status: Tonsillen, weicher Gaumen und Uvula diph- 
theritisch belegt. Starke Dyspnoe mit Einziehungen. Ueber der linken 



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von Julias Spring» 


Y>rlagslmdiliau<limig 

• V :^’?vi .f‘ [ ' . •;:J >■$-. 


Fdr^rr im. 




Prof. Di*. Moritsr. Schmidt 


Mit 132 Abbildungen itu Text und 7 Tafeln. 


XII a, 72S Seiten. Eteg. in tieinw&Tid #ebund*n AI - iS, 


X)cr al?. Laryttgologe rühm liebst bekannte Vetias.ser link in • dem vniiie'gctuien Buche 
■Ä- tnohr >i];> dm.ssiigiäbngeii ErfVilii-iingvh in erster Linie für die prakMsehon Aerzto 
niedftrgeiogt uücl deshalb dem Titel den" Zusatz „Aus der Tru*ik : ffir die Lr-ixis 
Lidern er sieb die Bedürfnisse der praktischen Aetzb- immer vor Augen zu 
iiäUen je«chte, hat er einen besonderen Werth auf den ^iisamtnenli^iiir der ErkiAükuugcu 
^;r/oberen Luftwege mit, denen des übrige ü Körpers gelegt und aueji die eil leihen Ivrun k> 
von dA*r Nase bis in die Luftröhre verfolgt und geglaubt, dadurch zu-samnienbäiigenib 
«nheidicbfi Kraukhcitsbilder geben zu können. 

.Km sprechend der Bestimmung des Buches hat er die Anatomie. mehr vom !♦•}>-•- 
^phiseh&rj Standpunkte aus genommen nnü in einem Anhänge zu derselben die i ür das 
Verständnis* mancher pathologischen Ztistiincie so nothvvegdigen ent'vvicklungsge.sehiolnliclion 
A , erhhh;i\isse > soMe die angeborenen Missbildungen nuseinandcigesetzt. ln «lern Abschnitt« 

' Physiologie sind besonders die Punktion der Nerven und die Bildung der Stimme 
.^rivik^ehtigr und in äw allgenmimui Betrachtnngvu einige ätiologisch wichtige Elgern eine 
Lrkrsnkttngeü besprochen, so weit es der Zweek des Buches verlangte. Andere- Allgemeine 
Rraitkbeiprh sind ab sohdieü Stellen ausführlicher erwähnt worden, wp sie’als wichtige 
«doiogisebe. Faktoreft-ib Betracht kamen, so z. B. die Tabes und die Aortenaneurysmen 
f> e» den. Ibik0 jnmrüdhh imm.gen und wurde daselbst namentlich auch die Pathologie lind die 


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I nha lts - V erzeiclmiss, 


EntWK'kiarjMv«..*- 

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■ Betrndrtungw; 

tt«d’ BgpQriinm.-. 
Kttiirrü» 

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Entzündungen: 


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-^luö;i«.'.k«o»-rven: + Vg(j«ipi> 
und Hypogeusiö — Bjpoor- 
geiuÜG — Pnrageusitä. 

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Nervep; und 

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.■> Erkntnktmgco ddr moln- 
ri^hen Kyn^n; AkiuoMc 


c-f- % * *► TJk j afioir)uiö. 

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f> i'vriftlutmlrir« n. I-Vrif* litis. 

0 ivÄ; O&IjfW. 

;: 0- ■ Efkrattijifigpo dfci: Kklnfn- 
d^olwwi I^jfl- 

' /f\ . *** rmi uiicuiifr- 

h<&nn und akuten Infekt iorum 

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: /.'Vj kiipud. 

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' § 'Aktiödmy körjis. 

& SWürami:. 

, J>; Biptitkorie. 

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Unterzeichnete 


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hierdurch hei der BncliliMudliutg von 


Expi. Schmidt. 


Die Krankheiten der oberen Luftwege. 


rertf .0 VÜU .Mi tu 3)>r inner in iS Min X.) 


drv und p atutn . 


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Verla*. v«n .Julias . 

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W(i Dr r^ c M 

T iier^yeuteftv« 

AU'rfsr^fcea '-<m l)\. rut-si; Lib’otf LC n. nn-c*' U* *1 *.* ^ L<?- 

• r- S Ka J -^v ; IFrt’fs fjfev «n-a i; ju-g/^L' v<^ • ' 

iV 50 Wtn^fc.^wcjrtJ^ 

jA'-- wh*« r >’' r:* ?•£•<«’ lV U»rr^tf v •••.>,-l o" :4 . v. ; .-, - ..v,„ >»' *W>.V-. t‘r>v^ •.» v .y tf J 

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/-■> L ‘ ;>!&'* . 4 $*rc«i ItWt^lTUi^lKip^V -r— y-V y, •;.., 

S :; 7 ' 










Sulfonal „Riedel.“ 


Kurze Auszüge 

aus,den über Sulfonal erschienenen Arbeiten, 
mitgetheiifc von 

J. D. Riedel, Berlin. 



H. Hilblue uml. Dr. F. >V. Pngsmorc (Apothek"i - 
Xniini^ \.. lli, IHjffi, „Sulfonal-Riedel ist eit» 
ausgezeichnetes Präparat* dessen chemische Reinheit 
üie beste Bürgschaft für ylHehniiissigc* physiologische 
Wirkung Ist .. 41 






Original from 


UNiVERSITY OF MICHIGAN 























wird, bildet farblose, glänzende. 


dessen absolute eherni8che Helulielt gurutiim 
leicht. zhrmblu±Q Krystalio sc^inilzt 
und geschmacklos. Das SuKoiijü „Kieüel 
zuverlässig wirkendes Schlafmittel gesvliötzt. 

.KebemyirkMiigeti. welche die Opiate ;und «;.C 
orklärt sich der stetig wachseitde Verbrauch ti 

im fi'ewBgttt.eri Idmintrüdifcigt Wird, durch vemV^ . 7 . ,, , u . 

MittheiluugCM; die gegenüber dmn-8ulfowd gewissen; um das Vielfache \h 
t-oncurreÄ&prÄpäLrt’aton das Wort reden. 

lieber die grossen Vorzüge de» Sutfonalä gegenüber anderen 

mütclh gehen nachstehende Auszüge au« medmmi*eheo ZeitsttoUmi A\ 
Professor l>r. Kiutf-Freitmrg (Berliner klinische IVochenschr 
No, IÖ>, Vefäfcor hemmt auf Grund, von Ä# WO LiuzeU-eobachtu 
filmt’ bO Personen zu dom Resultate, dass das■ Sullönal unter de». Hy 
eine hervonngeinh: Stelle ßiivhimmh dass sciiädheho Einflüsse ani dto h 
des Blutes dem Sult'onul nicht zukornmen, dass jede Imckt schädiget 
Wirkung aut die Schleimhaut- des Dariueawäls fehlt und dass eiu ung 
Vdiihuss dos Snlt'dimD auf des Hw* und das Geflisssyslem durch yolb 
nicht hcrvocgchrrtcW; wird- 







Dr. Aag, Cramer-Frelbiirg (Münchener medlcin. Wochenschrift 1888 
No, 26). 4Ö7 Beobachtungen an 49 Geisteskranken ergabau, dass das Sulfonal 
sin für die psyebmirisehe Therapie wichtiges uud gutwirkendos Mittel ist, 
welches ungünstige ^Nebenwirkungen nicht zeigt. Eine „Angewöhnung“ an das 
Sulfonal tritt in keiner ^feise ein, 

Dr. Julius Schwalbe-Berlin (Deutsche medidn. Wochenschrift 1888 
No. 25). Verfasser berichtet Über Anwendung des Sulfouals bei 50 Patienten 
und constatirte, dass dasselbe als Uypnotieum in Füllen von nervöser Schlaf¬ 
losigkeit in der Dosis von 1—2 g mit sehr annehmbarer Promptheit wirkt. 
..Das -SoIlona! alterirt weder Temperatur noch Puls noch Respiration und ver¬ 
dient deshalb in seiner Eigenschaft und in dein oben bezeichnet«!! Umfange den 
Vorzug vor Morphium und Chioral bei febrilen Krankheiten und allen Affec- 
tionen, in denen man Herzschwäche befürchten muss. NamenlJich dürfte m SO 
weh bei Kindern zu verwenden sein“. 

Fr. Tuczeck-Marburg (Oentralbl. für klin, Medlcin 1888 No. 28.) 

Verfasser ist geneigt, das Sulfonal an die Spitze aller bekannten Schlafmittel 
zu stellen. Al« einziger Rivale könnte Chioral in Betracht kommen, doch 
fand Verfasser, dass das Sulfonal. nachhaltiger, wirkt und mich nicht die Uhlen 
Wirkungen des Chlorals auf den Circulationsapparat t heilt. 

Dr. Joseph Franz (Wirkung des Sulfonals bei chirurgischen Kranken, 
ftßrzbnrg 1888), Als Resultat von 260 Eifizclversüchen an 82 Patienten 
t-rgnb sich eine ausgezeichnete hypnotische Wirkung des SuBbiials. In der 
Mehrzahl der Fälle war der Schlaf ein durchaas guter, sehr wohlthuend und 
efHUickend. Das Mittel wurde Sehr gut vertragen und zeigte keine Spur 
riaer üblen Nköbwirkmig. Bei nervöser Schlaflosigkeit trat ein gesunder 
Schlaf meist schon im Verlauf einer Stunde ein. 

M. Matthe» (Central!)!, für klin. Mediein 1888 No, 40). Verfasser 
bezeichnet das Sulfonal. als ein brauchbares Uypnotieum, welches anderen 
Hypaolieis gegenüber den Vorzug der Geruch- und Geschmacklosigkeit und 
wr negativen W irkung auf lebenswichtige Organe besitzt. Die Dosirung des 
Mittels muss eine sehr verschiedene sein und ist «uszuprubiron. Für die Mehr- 
zahl der Fälle ist 1 gr. genügend, um ausreichende hypnotische W irkung ohne 
.Nrnenrrscheiuungen zu erzielen. 

Dr. Otto-Dalldorf bei Berlin (Deutsche Medtein.-Ztg. 1888 No. 34). 

fir Beobaehlongefi bestätigen die von Käst, Schwalbe, Rösitt und 
Kabbas mitgetheilten günstigen Resultate. Hach Eingabe von 1—2 gr. SulfoiiaJ 
mWb sich bei den Patiente» ein 7~Vj 2 8tund« andauernder ruhiger und 
erqaickend.cr Sohlst ein, Nohen- • oder "Nachwirkungen des SulföiiäJs wurden 
nicht beobachtet. 

. Ton Mösengeil-Bonu (Briefliche Mittheilung vom 1. Oklo- 

cü- ^ irHm <*• O- Riedel)* Verfasser tlmill. mH, dass er 

>niitoual vielfach vorordnet bat, und fahrt dann wörtlich fort: r fch hin, besonders 
a aen fabh-tten, wegen der sehr bequemen Dosimmg und der Vorliebe der 
^auenten nir diese Form so zufrieden, dass ich es gar nicht mehr in meinem 
ftn^P 0 'j m!SSea möchte. Ich habe einige verschiedenartige Erkrankung*- 

. el denen Mangel an Schlaf vorhanden war, mit Ihrem Sulfonal behandelt 
eigentlich ausnahmslos zufriodenstelJondo Resultate erzielt.“ 

Verabreichung ganz abnorm hoher Dosen Sulfonals keine 
GiJuS’f 'V/bung auf den Organismus hat, zeigt ein Fall, in welchem ein 
TPtirT * !* r vll f -r, e ^ sehen Sulfonalfabrik am 5. Januar 1889 Abends gegen 
Htblaf v* 1 F ^ Es^lOflel Bultonfil zn sich genommen hatte uud darauf in einen 


t irgend 


kung 1 


V» ,r*. P as hulfonal „Riedel“ kommt in den Handel in Original-Cartons von 
oSSi^' ^r!? ovalen Pastillen ä 1 gr. zu 12, 25, 50 und 100 Stück in 
vertem änfe *?' T ,. f se Tabletten (nicht coniprimirf) sind aus staubfein gepub 
«^edel“ gefertigt und zerfallen auf der Zunge oder in einem 
"***" n,lt ^a&ser auf das gichtoste. 

ron w, rd etwa 1 Stande vor dem Schlafengehen in Dosen 

oder )i*iaj£ SS ” ?lnc ‘ s} - Pulvf ‘ r oder in Tabietlenform mit wenig Wasser, Woip 
‘» wsem Thee genommen. 








Go gle 


• .-Original frem. 

JtEVlVüRSÜY OF MICHIGAN 














J. D. Riedel, Berlin HL??* 

Chemische Fabrik und Drogen-ftrosshand 1 uag 

(GhgrOndöt ) 

I ; iliaiiäbnk: Bohnsdorf bei Grünau. 


Abtheilung für pharmaceutisclie Präparate. 


Dulcin ,,Riedel ' (ParnpU^n^toloarUatriid), zahlreich») Patente. Süssstod 
vou sehr angönhhtem Cfß&dLfüa&k. .und der facht'ti Sus&k/oif Rohr- 
zuc.kers. In den für Vftrstiasuaßrä?Ä«i>'*l»e itt Betraf h! kommenden Mengen 
uhsotut unyehAdlmh. 

Jodophenin „Riedel“, i», k, y. Xo. »h 4.04, JmbibiiH- tte M 

nach Professur tfefciUJer ftir die \Yuodhtdu'<niluog liehet uurthv/.dj, ' 

Phenacetin „Riedel 1 ', 

Böinhei i oiisgozoic-iviiut. 

i* W •* r? ft. Tf ’ J. i ^ 1 i 1 *T 


\ 0. R, i\ No. 4*543» Wm*ztigte Markt., dttrcli ch»?taiscWt 

.. _ ' t. Phemut’Un. ist. naelt ivoutvster PuLljkatiou Pvotosatu' 

Br. v. Me ri ng’jt * tii>te>nul%h* Ml&tö & 579): „ein vortrefP 
liches AiitiixyreV.h uni n»»d AjüirnuH*$lgtenf w, sieh vor »vlb?« audoröü 

dtfryji «IjVv :><>rings.tdi) \ üli£« h S rkhiiawt tni.stetfteh. D>*89(dh& PoäRxt in 
.imachon JtemUuiigvm Wi?tehhho Yorxli^ vor dem .\iY<i|>yl'iii." 

Salipyrin ,,Riedel‘‘, /.«kJreiche Fntfiito, «stell PfotEfcsro Br. von Mos’opgoil 

feotm- uod ivnih ron Klinikern:eie Yiu'relntu? huhur wirkfetules SpeeiUcaiH 
gegen Influenza. «Mil grösst Im« .Rrjfolgd. ünoewcuuloi. hui ftrkiiiUmg 
uml Helmute. 43e\vilfn fus MUitd gegen Nmtr.dgiu und Oeltiukfheuui;»- 
tisitfus. Bei zu rmchiirher Mcnstrmitte dun Kgude- und ÜyArari*- 

IVÄpnrate weiUais ühurlugun. 

Salumin „Riedel* 4 (AJuminfuniMilieylat), Patent angciuvldet, hui KntaOn- 
duttgeu und IvaUtTlieti des Bm.!mus und der Xifi$e etriptelwi. hat dein 
Jödohmii gugiaiUUrr de« Vorzug. 4 äjss ös auch hoi Uteerer Anwendung 
\md läogvivui Lieghnldrihon der Vurhänd«- mmnais die Haut* reizt, und zu 
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Tannal „Riedel’* (AI»j miui 11 rntaniiat), i>ate«tirt, uin rvhßT-gistdihs, wenig 


Oie Reinheit sämmtiiefcer Producte u*«i>il garantlrt. 

Ausführliche üterglur zu Dienste. 


PP$*5S?«38S 


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8. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


131 


Es wird gern zugegeben, dass nach mehrtägigem Kampf mit der 
steten Neubildung von Croupmembranen im Bronchialbaum erst die 
Xoth zum Antidiphfcherinfläschchen greifen liess,. und dass in der 
That vom nächsten Tage an, obwohl die weitere Anwendung des 
Mittels unterblieb, erhebliche Besserung eintrat. 


Fall 12. Heinrich M., fünf Jahre. Seit drei Tagen Halsschmerzem 
in letzter Nacht zunehmende Dyspnoe. 

26. October. Status: Tonsillen geschwellt, auf der linken graulicher 
Belag. Hochgradiger Lufthunger, starke Einziehungen, leichte Bronchitis. 
Morgens ‘-'all Uhr Tracheotomie, Apnoe. 

S 26. October. Abends kein Fieber, Athmung gut. 6 Uhr Pinselung 
und Einträufelung. 

27. October. Auf der rechten Tonsille neuer Belag. Gegen Abend 
erschwerte Exspiration. 7 Uhr eine grosse Membran ausgehustet, sofort 
zweite Pinselung und Einträufelung. 

28. October. Morgens 6 Uhr Erstickungsanfall, durch Aspiration einer 
grossen Membran beseitigt. Sofort Einträufelung. Belag unverändert. 
Abends Einträufelung. 

29. October. In der Nacht Erstickungsanfälle. Morgens Einträufelung. 

30. October. Athmung freier. Morgens 10 Uhr Einträufelung. 

31. October. In der Nacht Erstickungsanfall, Aspiration grosser 
Membranen. Ebenso Abends, sofort darnach Einträufelung. 

1. November. In der Nacht und während des Tages häufige Er- 
stickungsanfälle. Abends Einträufelung. 

2. November. Befinden unverändert. Abends 6 Uhr Erstickung. 

Sectionsbefund: Diphtheria faucium, tonsillarum, des Laiynx, der 

Trachea, frische croupöse Processe im Bronchialbaum. Katarrhalische 
Gastritis und Enteritis. 

Weder vermochten die Pinselungen die Ausdehnung des Ton- 
sillarbelags auf die gesunde Seite, noch die erst in prophylaktischer 
Absicht gemachten Einträufelungen die croupöse Erkrankung des 
Bronchialbaumes zu hindern. Und obwohl stets gesucht wurde, 
das Antidiplitherin in direkte Berührung mit der Bronchialschleim¬ 
haut jeweils hach Entfernung der Membranen zu bringen, führten 
doch die stets neugebildeten Fibrinausgüsse zu dem traurigen Er¬ 
stickungstod. 


Fall 13. Adam N., vier Jahre. Seit zwei Tagen krank, seit einigen 
Stunden rasch zunehmende Athemnoth. 

21. October. Status: Tonsillen geschwellt, besonders links starker 
diphtheritischer Belag. Stimme heiser, hochgradige Stenosenerscheinungen 
im Laiynx. Massige Bronchitis. Kein Fieber. Mittags 12 Uhr Tracheo¬ 
tomie. 

22. October. Befinden gut. Morgens 10 Uhr Pinselung. Lungen frei. 

23. October. Belag grösser als bisher. Morgens 7al2 Uhr Pinse¬ 
lung und Einträufelung. 

24. October. Belag etwas geringer. 26. October. Belag fast ver¬ 
schwunden. Glatter Verlauf. 

Die Erkrankung stieg nicht unter den Kehlkopf hinab. Der 
Belag wurde unter der ersten Pinselung grösser, nahm dann ab. 


Fall 14. Eva L., 3*/a Jahre. Seit ca. vier Tagen unwohl, seit zwe 
lagen vom Arzte constatirte Diphtherie. Keine Dyspnoe. 

3. November. Status: Tonsillen geschwellt, besonders auf der linkei 
una auf der Uvula starker grauweisslicher Belag. Kein Lufthunger, leicht« 
Bronchitis. Temp. 37,9. Abends »/ a 7 Uhr Pinselung, 
n i *X°'; em J> er - Belag unverändert, am linken Gaumenbogen neue 
Belag, kein Fieber Morgens 11 Uhr zweite Pinselung. 

o. November. Gegen Morgen zunehmende Athemnoth, erschwerte; 
Mspmum loetor ex ore. Belag im Rachen sehr stark. Temp. 36.8 
n- r ^ n ' s ^ V“ r Tracheotomie. Darauf Athmung gut. Abends 6 Uh 
i inselung und Einträufelung, 8 Uhr Temp. 39,8. 

Morgens 0 * 6 To T^hcollabirt, cyanotisch, ohne wesentliche Dyspnoe 

L a n-n S v eC i i0 T Sb l fun l : Diphtherie der Uvula, Tonsillen, Epiglottis, de; 
, ‘pV Qer Trachea, Bronchien. Kleine pneumonische Infiltrationsheerdi 
nospn J a en ^ össse - Diphtherie des Magens: fast der ganze Magen mit fibri 
von (Ipi.qm-T ausgekleidet. die bald croupösen Charakter haben, siel 
und ^lennhaut leicht ablösen lassen, bald mehr adhärireu und rnürb« 

vermessend werden. In Dünndarm und Colon Hämorrhagieen. 

i endnnl** 0 ^ 0 ^^^ 118 ^ 1111 ^ Ausbreitung der Rachendiphtherie, Des 
niinmDh* • 7 rocesses ’ der zur Tracheotomie nöthigt. Obwoh 
die Rmn J^ß^fäufdt werden kann, Weiterschreiten des Croups ii 
den l - 6n ’ ^ ^setzendes Fieber. Und schliesslich Tod untei 
Meinungen hochgradiger Intoxication. 

>eit Jestprn\ ? e i. n ri c h 0., zwe * Jahre. Seit zwei Tagen Mandelbelag 
seit letzter Nacht Athemnoth. 

weisser Rniorr v . ®t a tus: Auf beiden Tonsillen sehr starker, grau 
Athmung eträc hthche Schwellung der Cervicaldrüsen, angestrengtest« 
10 l / 9 Uhr Tronik° S f* . .er den Lungen mässige Bronchitis. Abend: 

13 b Ä 0t °T’ darauf ausgesprochene Apnoe. 

Abends 7 rh r \ A ^ om P- normal. Mittags 12 Uhr Pinselung, ebenst 

14 Nnvp^k A tnniung gut, Temp. Nachmittags 4 Uhr 38,5. 

15 . \ovpTf° r ' A bends Pinselung, Temp. 38. 
unverändert im^r und Abends Pinselung, der Belag völlig 

während der t>b»u * eD m Dnterlappen pneumonische Anschoppung, di« 
tongsam. Weiterer V j j|f e zurüc kbildet. Der Belag Schwindel 


Die Pinselungen wurden unterlassen, nachdem trotz derselben 
der Belag unverändert geblieben war. Die leichte Pneumonie ent¬ 
stand während der Behandlung. 

Fall 16. Veronika St., 2 l /a Jahre. Seit vier Tagen krank, seit 
letztem Abend Athemnoth. 

15. November. Status: Tonsillen und Rachen frei von Belag. 
Starke Cyanose, angestrengteste Athmung, rapide zunehmende Erstickungs¬ 
gefahr nöthigen zur sofortigen Tracheotomie 15. November, Morgens 
1; a4 U1 u\ Darauf deutliche Apnoe. Morgens 8 Uhr Temp. 38,0, mässige 
Bronchitis, Athmung gut. Morgens und Abends Pinselung und Ein¬ 
träufelung. 

16. November. Gegen Morgen exspiratorische Dyspnoe. Morgens 
Temp. 37,5. Auf den Tonsillen deutlicher diphtherischer Belag. Im Laufe 
des Tages zunehmende Athemnoth. Abends 6 Uhr Tod. 

Sectionsbefund: Diphtherie der Tonsillen, des Laiynx, der Trachea 
(in dieser ein völlig zusammenhängender, röhrenförmiger Fibrinausguss), 
Bronchien bis zu den ersten Verzweigungen. 

Auch diesmal das Ergebniss, dass weder die Ausbreitung des 
diphtherischen Processes auf die Tonsillen, noch dessen Descendenz 
im Anschluss an die Pinselung ausblieb. 

Fall 17. Babette H., 3'/a Jahre. Seit zwei Tagen Heiserkeit, seit 
letzter Nacht zunehmende Athemnoth. 

15. November. Status: Tonsillen geschwellt, auf der rechten aus- 

f edehnter Belag. Dyspnoe mit starken Einziehungen. Lungen völlig frei, 
emp. 39,0. Abends ‘/a6 Uhr Tracheotomie. Abends 8 Uhr Pinselung 
| und Einträufelung. 

| 16. November. Morgens Temp. 38,2, Abends 38,4. Belag geringer. 

17. November. Belag schwindet. Glatter Verlauf. Kein Fieber mehr. 
Ein erfreulicher Erfolg! Nach der Tracheotomie und einmaliger 
specifischer Behandlung Stillstand resp. Rückbildung der Krankheit. 

Fall 18. Anna S., fünf Jahre. Seit zehn Tagen Tonsülarbelag, in 
der Nacht vom 24. zum 25. November steigende Athemnoth. 

25. November. Status: Das Kind beinahe erstickt, sofortige Tracheo¬ 
tomie Abends 6 Uhr. Tonsillen, besonders stark die rechte, weissgrau 
| belegt. Diffuse Bronchitis, kein Fieber. Abends 6 Uhr Pinselung und 
I Einträufelung. 

i 26. November. Während des ganzen Tages Erstickungsanfälle, ebenso 
j am 27. November. Am 28. November werden viele Membranen expectorirt, 

| worauf die Athmung frei wird und bleibt. Weiterhin im wesentlichen 
, glatter Verlauf. 

i Es soll in diesem Fall nicht ein strikter causaler Zusammen- 
| hang zwischen der nur einmal gemachten Einträufelung und dem 
! weiteren Verlauf behauptet werden. Müssten wir doch sonst von 
| einer geradezu ungünstigen Einwirkung des Mittels sprechen. 

Fall 19. Friedrich G., 16 Jahre. Seit zwei Tagen Halsschmerzen, 
seit heute früh Athemnoth. 

8. December. Status: Röthung des Gaumens, Belag besonders der 
rechten Tonsille. Lungen anscheinend frei. Hochgradigste Athemnoth 
mit vorgeschrittener Kohlensäurevergiftung. Abends 5 Uhr Tracheotomie. 
Athmung dann frei. Temp. 40,7. 

8 . December. Abends 3 /48 Uhr Pinselung, Abends 12 Uhr nochmals. 
9. December. Belag unverändert, Lungen frei, Temp. 40,4, Albumi¬ 
nurie, Morgens 11 Uhr Pinselung, Mittags 1 Uhr Pinselung und Ein¬ 
träufelung. Während des Nachmittags Erscheinungen von descendirendem 
Croup. 7a4 Uhr Pinselung und Einträufelung. Abends 6 Uhr Pinselung. 
Temp. 40,8. Bald darauf zunehmende Cyanose, starke Krämpfe der ge- 
sammten Muskulatur. Rascher Collaps. 7 Uhr Tod. 

Sectionsbefund: Diphtherie der Tonsillen, des weichen Gaumens, 
des Rachens. Vollständig röhrenförmige Ausgüsse des Laiynx, der Trachea, 
des ganzen Bronchialbaums. Zahlreiche Atelectasen. Milztumor, parenchy¬ 
matöse Nephritis, subpericardiale Hämorrhagieen, hämorrhagische Gastritis. 
; In diesem traurigen Fall schwerster Diphtherie mit enorm 
! hohen Temperaturen wurde durch das Antidiphtherin weder ein 
j Temperaturabfall, noch ein Rückgang der Rachendiphtherie herbei¬ 
geführt. Nach der ersten Einträufelung erfolgte Descendenz des 
Croups, die zusammen mit der heftigen Intoxication den Tod in 
erschreckend kurzer Zeit verursachte. 

Hiermit erhielten die Versuche mit dem Klebs’schen Mittel 
| an hiesiger chirurgischer Klinik einen erschütternd tragischen Ab- 
! Schluss, und es bedarf keines langen Commentars, um aus den 
mitgetheilten Beobachtungen ein Facit bezüglich der Wirksamkeit 
des Antidiplitherins ziehen zu können. 

Was zunächst die Diagnose bei unseren Kranken anlangt, so 
wurde dieselbe freilich nur in vereinzelten Fällen durch den baeterio- 
! logischen Nachweis von Diphtheriebacillen sichergestellt. Allein 
die Anamn ese, das klinische Bild, der weitere Verlauf der Erkran¬ 
kung und leider sehr häufig schliesslich noch der Sectionsbefund 
Hessen bei den meisten Patienten keinen Zweifel darüber auf- 
kommen, dass es sich um echte Diphtherie und recht oft um eine 
bösartige Form derselben handle. Höchstens könnte eine solche 
Ungewissheit bei einem der wenigen leichten Fälle berechtigt er¬ 
scheinen, doch wird deren günstiger Verlauf vielleicht Klebs be¬ 
stimmen, sie mit uns als Diphtherie anzuerkennen. 

I Die Application der Antidiphtherie geschah mit einem lang- 
i gestielten Haarpinsel, dessen Verwendung einfacher und schonender 


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8. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


183 


concentrirt. Sie hatte dauernd Uber profusen, nicht an dieNahrungs- 
aufnahme gebundenen Speichelfluss zu klagen. Langsam, aber 
unaufhörlich träufelte ihr der Speichel als wasserklare, dünne Flüssigkeit 
aus den Mundwinkeln, so dass sie stets ein Tuch zum Abwischen des¬ 
selben in der Hand behielt. 

Dieser Ptyalismus, der nun schon über ein Vierteljahr andauert, 
wird seit einigen Monaten durch Atropingaben gemildert, kann aber durch 
zulässige Dosen nicht aulgehoben werden. Uebrigens leidet die Er¬ 
nährung der Patientin durch den Speichelfluss keinen Schaden. 

Sehen wir uns die von den aufgeführten Fällen gelieferten 
Momente, die sich für eine Functionsloealisation verwerthen lassen, 
genauer auf ihre Bedeutung hin an, so werden wir zunächst die 
Fälle 1 und 2 als Zeugen des Triumphes der Loealisationslehre zu 
betrachten geneigt sein. In beiden Fällen war auf Grund von 
Parese- resp. Reizerscheinungen im Gebiete einer oberen Extremität 
eine Affeetion des mittleren Theiles der sogenannten motorischen 
Zone der entgegengesetzten Grosshirnhemisphäre angenonimeu und 
bei der daraufhin ausgeführten Operation auch gefunden worden. 
Im Falle 1 hatten die Störungen in der Innervation der Gesichts- 
muskulatur zugleich in einem die entsprechenden Rindenfelder des 
Loealisationsschemas betreffenden zweiten Heerde ihr Substrat ge¬ 
funden, während die leichte Innervationsstöruug des Facialis im 
Falle 2 durch die leichte Betheiligung des äussersten Randes 
auch des unteren Drittels der hinteren Centralwindung (vergl. 
Fig. 2), die der unteren Extremität in einer in der Nachbarschaft 
begründeten leichten Miterkrankung des Rindencentrums für letztere 
seine Erklärung finden könnte. 

Die elektrischen Reizversuche hatten die Localdiagnose in er¬ 
wünschter Weise bestätigt, insofern sie bei beiden Fällen im mitt¬ 
leren Drittel der sogenannten motorischen Zone Zuckungen von 
Handmuskeln zur Folge gehabt hatten. 

Gleichwohl lassen sich auch diese Beobachtungen in gegne¬ 
rischem Sinne interpretiren. Einmal reichte der Heerd a im 
Falle 1 (vergl. Fig. 1) bis tief in die Marksubstanz hinein, und 
auch im Falle 2 erstreckte sich die cystische Entartung bis 
in’s Marklager. Zweitens erscheint es auffallend, dass im Falle 2 
trotz der Zerstörung der grauen Substanz im Gebiete des mitt¬ 
leren Drittels der hinteren Centralwindung keine Ausfalls-, sondern 
Reizerscheinungen in der entsprechenden oberen Extremität ein¬ 
traten. Drittens sind die Ergebnisse der Reizversuche in Fall 1 
und 2 doch insofern nicht ganz gleichartig, als im ersteren Reizung 
rines Punktes in der vorderen Centralwindung Flexionszuckung 
des Daumens hervorrief, während dies im Falle 2 bei Reizung 
einer Stelle der hinteren Centrahvinduug erfolgte und dabei Reizung 
einer nur um 5 mm entfernten Stelle derselben hinteren Central- 
windung bereits Zuckung anderer Handmuskeln bedingte. Viertens 
aber lässt sich auch in unseren Fällen der Einwand Browni- 
bequard’s 0 ) erheben: weshalb gingen nach der Operation, die 
doch einen grösseren Defect von grauer Substanz setzte, als der 
ursprüngliche Kranklieitsheerd, die Innervationsstörungen zurück? 
Drängt dieser Umstand nicht in der That zu der Annahme, dass 
die Functionsstörungen keine Ausfalls-, sondem Reizsvmptome 
darstellen? 

Trotz ihrer scheinbar glänzenden Beweiskraft zu Gunsten einer 
eiacten Localisation mahnen also diese Beobachtungen wieder zur 
orsicht in ihrer Beurtheilung, und jedenfalls warnen sie vor einer 
* ren j= eren Diflerenzirung einzelner Centren. 

Auch die Deutung der Störungen in der Blasen- und Darm- 
mnervation im Falle 2 ist keine einfache. Auch hier kann man 
^nächst schwanken, ob man es mit Ausfalls- oder Reizsymptomen 
ili mm ., habe * ^ er Wechsel in der Art der Defäcationsstörung, 
<? vorübergehende Suspension der Erscheinungen am sechsten und 
*, P f n en T ^ a g e i sowie das gänzliche Aufhören derselben am vier- 
ri<JI 611 i e nacb t l er Operation, ferner der Umstand, dass Pa- 
h x* U1 ', °, der Rindendefect schon vor der Operation bestanden 
ein P \ eme derartigen Phänomene gezeigt hatte, lassen eher an 
i «r Zs ^fP tom Senken. Andererseits weisen der völlig reaetions- 
schei ,\ U n erlauf S0Wle die Natur der Blasen- und der vorherr- 
ltin h° D . m \ nnervat ionsstörung mehr auf ein Ausfallssymptom 
defer-t/*- J 1 , eicbt gerade durch die Vergrösserung des Rinden¬ 
der st! ° Ige d es operativen Eingriffs gesetzt und auf dem Wege 
schalt** l!ui‘ etung . durch eine andere Rindenpartie wieder ausge- 


w’orden sein konnte. 


T . Win nuiuiur. 

die vieli m jdürurgischen Litteratur konnten Parallelbeobachtungen, 
fanden eine T n Aufschluss hätten gewähren können, nicht ge- 
obaehtun G ■ eD D • 80 wert ^voller mussten die mit unserer Be- 

der Hirnphysiol s ^ ebeI| d eT b wenn auch spärlichen Angaben 

blase^T* V- ' )e fd^ bcb der Hirneentra für die Bewegung der Harn- 
far die der^i 6 ^ nnei ' va fa° n y on Dünn- und Dickdarm und auch 
zugsweifiA , ülasen - und Mastdarmsphincteren verdanken wir vor- 
te rew imHiIr ^ er d iei *8tvollen russischen Hirnphysiologen v.Bech- 
lslawski bestimmtere Localisationsangaben. Während 


Bocliefontaine 7 ) wenigstens vier Punkte an dem Gyrus sigmoideus 
von Hunden hatte auffinden können, deren Reizung Blasen- 
contractiouen hervorrief, und Francois Franck 8 ) analoge Beobach¬ 
tungen mitgetheilt hatte, vertreten die russischen Autoren 9 ) den 
Standpunkt, dass bei Hunden und Ratzen die Region, deren Reizung’ 
eine deutlich wahrnehmbare Blasencontraction hervorruft, streng 
localisirt sei und sich auf den inneren Theil des vorderen und 
hinteren Abschnittes des Gyrus sigmoideus beschränke. In einem 
im Mai 1892 in der psychiatrisch-neurologischen Gesellschaft in 
Kasan gehaltenen Vortrage erklärte ferner v. Bechterew 10 ), dass 
er bei daraufhin gerichteten Experimenten an Hunden wieder 
seinen früheren Befund habe bestätigen können, demzufolge der 
Mastdarm-, vielleicht auch der Blasensphincter sich auf elektrischen 
Reiz der vorderen präcentralen Windung im Gebiet des Centrums 
für die oberen Extremitäten krampfhaft contrahire. Ferner haben 
v. Bechterew und Mislawski 11 ) an Hunden gefunden, dass 
faradische Reizung der Sigmoidahvindung und der hinten aussen 
anliegenden zweiten Urwindung, sowie des Sehhügels bald Con- 
traction, bald Erschlaffung des Dünn- und Dickdarmes bewirke. 

Aus diesen von den Autoren angegebenen Localisationen in 
der Grosshirnrinde für die centrale Innervation von Blase und Darm 
wollen wir für unsere Zw r ecke zunächst nur das eine entnehmen, 
dass sie fast alle in die sogenannte motorische Zone, zum Theil 
sogar direkt in das Gebiet des Centrums für die obere Extremität 
gelegt werden. 

Unsere Beobachtung lässt daran denken, dass auch für den 
Menschen ein ähnliches topographisches Verhältnis zwischen 
centralem Innervationsgebiet für Blase und Darm einerseits und der 
sogenannten motorischen Zone andererseits besteht. 

Aehnlich w ie in dem eben besprochenen wrird sich unser Stand¬ 
punkt bezüglich der Beurtheilung des Phänomens in dem Falle 3 
gestalten. Auch hier können w T ir im ungewissen darüber sein, ob 
es sich um ein Ausfalls- oder ein Reizsymptom handelt, und auch 
hier haben wir keinen Anhaltspunkt an analogen chirurgischen Be¬ 
obachtungen finden können. Die physiologische Litteratur über 
die Stellung der Grosshimrinde zur Speichelsecretion ist freilich eine 
wesentlich umfangreichere als die über den letztbehandelten Gegen¬ 
stand, aber dafür auch um so widerspruchsvoller. 

Durch Braun 12 ) wurde bekannt, dass bei tetanisoker Reizung 
des Grosshirns beim Hunde vermehrte Speichelsecretion auf trete. 
Külz 13 ) hatte eine Beziehung des Facialiscentrums zum Speichel¬ 
centrum vermutket, durch seine Versuche aber nicht bestätigt ge¬ 
funden. L6pine und Bochefontaine 14 ) hatten sich mit den 
Külz’schen Angaben jedoch nicht einverstanden erklären können, 
da nach ihren an curaresirten Hunden angestellten Untersuchungen 
die Gehirngegend, welche auf die Speichelsecretion Ein¬ 
fluss hat, sich vom vordersten Theil des Gehirns bis 
einschliesslich des Facialiscentrums nach rückwärts er¬ 
streckt. 

Gegenüber dieser Angabe sowie gegenüber einer späteren von 
Bochefontaine, 15 ) dass faradische Reizung der motorischen Rinden¬ 
felder des Gehirns Vermehrung der Speichelsecretion hervorrufe, 
hat. Eckhard 16 ) gewiss Recht, wenn er behauptet, dass Ver¬ 
mehrung der Speichelsecretion bei elektrischer Reizung von einem 
motorischen Rindenfeld aus an curaresirten Thieren nicht als be¬ 
weiskräftig dafür angesehen w r erden könne, dass von diesem Gebiete 
aus die Speichelsecretion direct ausgelöst werde, da curaresirte 
Thiere auch spontan speichelten und zweitens ein durch das Curare 
larvirter Tetanus die Ursache des Speicheins darstellen könnte. 

Aber wie diese Einwendungen Eckhard’s gegen Löpine und 
Boehefontainc, so können auch die gleichen von ihm 17 ) und seinem 
Schüler Fluck 18 ) gegen die Localisationsbestrebungen von v. Beeil¬ 
ter ew und Mislawski 19 ) erhobenen Bedenken nicht als ziehend an¬ 
erkannt werden, wenn die Autoren auch vermehrte Salivation auf- 
treten sahen bei schwacher Reizung von Rindengebieten, die nicht 
zugleich motorische Centra darstellen, und w r enn v. Bechterew 
und Mislawski 20 ) obenein noch versichern, vor Anstellung ihrer 
Reizversuche das Aufhören der infolge der Curaresirung auftretenden 
Speichelung stets abgewartet zu haben. Am wirksamsten erwies 
sich nach den Versuchen der russischen Autoren 19 ) bezüglich der 
Auslösung einer Speichelsecretion derjenige Theil der vierten 
Urwindung, w r elclier oberhalb der Sylvi’schen Furche und 
nach vorn von derselben liegt. (Also ein Abschnitt der vierten 
Urwindung, der nicht zum motorischen Gebiet gehört, da bei Reizung 
desselben sogar mit Strömen von bedeutender Stärke keine Be¬ 
wegung beim Thiere ausgelöst werden kann!) Von dem genannten 
Himtheile gelang es ihnen, die Speichelsecretion mit so schwachen 
Strömen hervorzurufen, welche an andere Regionen der Hirnrinde 
angewandt in betreffender Beziehung völlig wirkungslos erschienen. 
Weniger scharf ausgesprochen und nur bei etw r as stärkerem Strome 
hervortretend, war der Einfluss, den der ganze vordere (nach vorn 
vom Sulcus eruciatus gelegene) Abschnitt des Gyrus sigmoi s> 



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134 


DEUTSCHE MEDIOTNISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


sowie der äussere Theil des hinteren Abschnittes der genannten 
Windung, die vorderen Theilc der zweiten und dritten Urwindung 
und theilweise auch der nach unten von der Sylvi’schen Furche 
liegende Abschnitt der vierten Urwindung in fraglicher Beziehung 
äusserten. 

Wenn diesen Angaben Fluck 18 ) in seiner Inauguraldissertation 
entgegenhält, dass in seinen Versuchen an Hunden, die weder 
curaresirt noch morphinisirt waren, stets eine jede Reizung der 
vierten Urwindung, wo sie auch ausgeführt werden mochte, solange 
keine Speiehelsecretion hervorriefe, als mit der Reizung keine 
Muskelzuckungen verknüpft waren, die zu Tetanus führten, und 
die mit dem Thiere vorgenommenen Manipulationen dies nicht in 
Aufregung versetzten, sowie dass er bei der Prüfung der anderen von 
v. Bechterew und Mislawski angegebenen Punkte nicht glück¬ 
licher gewesen sei, so schein t dieser CI egenstand eben noch einer ; 
genauen Nachprüfung zu bedürfen. ... ' 

Unsere Beobachtung am Menschen spricht jedenfalls durchaus j 
gegen die Deutung Eckhardts, 17 ) als sei der Speichelfluss bei 
Rindenreizung in allen Fällen einfach eine Begleiterscheinung von 
Muskeltetanus, die ihre Entstehung den Verkettungen von Nerven¬ 
erregungen während des Krampfanfalls verdanken. Denn von 
Krampfanfällen ist bei unserer Patientin nichts zu bemerken ge¬ 
wesen, und trotzdem bestand ein andauernder, wohl auf Rindenreizung 
zurückzuführender Ptyalismus. 

Ziehen wir aus den vorliegenden Angaben über die Localisation 
eines etwaigen Rindencentrums für die Speiehelsecretion ein un¬ 
gefähres Facit, so werden wir dasselbe ganz im allgemeinen in den 
vorderen Theilen des Hirns zu suchen haben. Unsere eigene Be¬ 
obachtung scheint für den Menschen direct auf den Frontallappen 
als Sitz eines centralen Innervationsgebietes für das Speicheln hin¬ 
zuweisen. . 

Auch die häufige Beobachtung von Speichelfluss bei Mikro- 
cephalen, bei denen bekanntlich gerade der Frontallappen mangelhaft 
entwickelt und speciell die untere Stirnwindung nur rudimentär vor¬ 
handen ist. glauben wir zur Stütze unserer Localisationsbestrebung 
heranziehen zu dürfen. 

Im übrigen wollen wir uns begnügen, durch unsere Mittheilungen 
einiges neue Material zur Entscheidung der Localisationsfrage bei¬ 
gebracht zu haben und namentlich die Aufmerksamkeit der Chirurgen 
auf Störungen hinzulenken, die durch hirnchirurgische Eingriffe an 
gewissen mit dem vegetativen Leben des Organismus in Beziehung 
stehenden centralen Innervationen hervorgerufen werden können, 
indem wir die Bestätigung unserer Beobachtungen in weiteren 
Fällen, sowie die Verwerthung derselben in der Physiologie des 
Grosshirns der Zukunft überlassen. 

Litte r atu r. 

1) Fritsch und Hitzig. — 2) H. Munk, Ueber die Functionen 
der Grosshirnrinde. Gesammelte Mittheilungen. Zweite Auflage. Berlin, 
Hirschwald. 2) Brown-S6quard. Preuves de rinsignificancc d’une 
expörience c^lebre de MM. Victor Horsley et Beevor sur les centres 
appeles moteurs. Arch. de physiol. normale et patholog. 1890, p. 199. *»4 
4) Ch. E. Beevor and V. Horsley, A minute analysis of the yarious 
movements produced by stimulating in the monthey different regions of 
the cortical centre for the upper limb as defined by Prof. Ferrier. 
Philosoph. Transact. of the Royal Soc. June 1886. London 1887. — 
Ch. E. Beevor and V. Horsley, A further minute analysis electric 
Stimulation of the so called motor region of the cortex cerebri in the 
monkey (Macacus sinicus). Daselbst June 1887. London 1888. — 
Ch. E. Beevor and V. Horsley, A record results obtained by electrical 
excitation of the so called motor cortex and interna capsule in an Orang- 
Outang. Proceed. Royal Soc. XLV1II 1890. — 5)Brown-Sequard, 
Nombreux cas de vivisection pratiquee siu* le cerveau de l’homme, leur 
verdict contre la doctrine des centres psychomoteurs. Arch. de physiol. 
normale et patholog. 1890, p. 762—773. — 6) Hitzig, Ueber Functionen 
des Grosshirns. Biolog.Centralbl. 1886, p. 562—570. — 7) Bochefontaine, 
Citude experimentale de Tinfluence exercee par la faradisation de l’ecorce 
grise du cerveau sur quelques fonctions de la vie organique. Arch. de 
physiol. normale et pathol. 1876, p. 140—172. — 8) Francois Franck, 
Leqons sur les fonctions motrices du cerveau. Paris 1887. — 

9) W. v. Bechterew und N. Mislawski, Die Hirncentra ftlr die Be¬ 
wegung der Harnblase. Neurologisches Centralblatt 1888, No. 18. — 

10) W. v. Bechterew, Vortrag, gehalten in der psychiatrisch-neurologi¬ 
schen Gesellschaft in Kasan. Mai 1892. Mtindl. Mitth. — 11) W. v. Bech¬ 
terew und N. Mislawski, Ueber centrale und peripherische Darminner¬ 
vation. Arch. f. Anat. und Physiol. Phvsiolog. Supplementbd. 1889. — 
12) Braun, Beiträge zur Frage über die Erregbarkeit des Grosshirns. 
Beitr. zur Anat. u. Physiol. von C. Eckhard, VII. Jahrg. Giessen 1876. 
— 13) Külz, Steht das sogenannte Facialiscentram in Beziehung zur 
Speiehelsecretion? Centralbl. f. d. med. Wissenschaften von Rosenthal u, 
Senator. XIII. Jahrg. Berlin 1875, No. 26. — 14) Lepine et Boche¬ 
fontaine. Linfluence de l'excitation du cerveau sur la secretion salivaire. 
Gazette mßdicale de Paris 1875. No. 27. — 15) Bochefontaine, Sur 
quelques phenomenes determin^s par la faradisation de l’ecorce grise du 
cerveau. Compt. rend. des seances de l’Academ. des Sciences. Paris 1876, 
p. 233. 16) C. Eckhard, Kann man vom sogenannten Facialiscentrum 
der Grosshirnrinde aus die Speiehelsecretion anregen? Beitr. zur Anat. 


und Phvsiol. von C. Eckhard. VII. Bd. Giessen 1876. - 17) C. Eckhard 
Die Speiehelsecretion bei Reizung der Grosshirnrmde. Neurolog. Central¬ 
blatt 1889, No. 3. VIII. Jahrg. - 18) G. Fluck, Dio Grosshirnrmde in 

ihrer Stellung zur Speiehelsecretion. Inaug.-Dissert. Giessen 1889. — 
19) W v Bechterew und N. Mislawski, Ueber den Einfluss der 
Hirnrinde auf die Speiehelsecretion. Neurolog. Centralbl. 1888, No. 20, 
VII. Jahrgang. — 20) W. v. Bechterew und N. Mislawski, Zur Frage 
über die die Speiehelsecretion anregenden Rindenfelder. Neurolog. Central¬ 
blatt 1889, No. 7. VIII. Jahrg. 

V. Ueber den Einfluss der Milz auf die 
Immunität. 

Von Prof. Guido Tizzoni und Dr. J. Cattani. 

Unter diesem Titel berichtete Dr. Benario in der Deutschen med. 
Wochenschrift 1894. No. 1 über eine Reihe von Untersuchungen, die er aul 
xlnrcffung von Prof. Ehrlich anstellte, um die Experimente, welche wir 
über "denselben Gegenstand, aber unter anderen Bedingungen, vor langer 
Zeit ausgeführt und in einer vorläufigen Mittheilung anfangs 1892 ver¬ 
öffentlicht batten, zu eoutrolliren. Bei der Kenntnissnahme dieser Arbeit 
von Dr. Benario fiel uns auf, dass der Verfasser eine zweite Abhand¬ 
lung ganz und gar ignorirt. welche von uns über denselben Gegenstand 
in der Riforma niedica No. 189 August 1893 puhlicirt wurde und uns da¬ 
mals zu denselben Schlussfolgerungen führte, wie heute Dr. Benario. 
Wir erlauben uns zur Bekräftigung dieser Angaben hier in toto die dies¬ 
bezügliche Arbeit wiederzugeben, die, wie es scheint, in Deutschland über¬ 
sehen wurde; wir versuchen in derselben die merkwürdige Erscheinung, 
dass bei der Ermittelung des Einflusses der Milz auf die Immunität die 
Ergebnisse von zwei Versuchsreihen verschieden ausfallen, zu erklären: 

..Ueber die Bedeutung der Milz für die experimentelle Immunisirung 
des Kaninchens gegen Tetanus, ln einer vorläufigen Mittheilung, die im 
Februar des vergangenen Jahres erschien, 1 ) führten wir die Resultate 
einiger Versuche an. welche die Ermittelung des Antkeiles, den die Milz 
am Zustandekommen der Immunität gegen Tetanus nimmt, bezweckte, 
und fügten die Bemerkung hinzu, dass wir diese Versuche zu vervoll¬ 
ständigen beabsichtigten, um zu erfahren, ob bei Anwendung anderer 
Imimmisirungsmethoden die Ergebnisse sich gleich bleiben. 

Erst in diosom Jahre vermochten wir endgiltig das Problem der 
grösseren oder geringeren Bedeutung der Milz für das Zustandekommen 
der direkten und der indirekten Immunität gegen Tetanus zu lösen, weil wir 
erst heuer über ein Impfmaterial verfügten, welches sicher und rasch 
wirkt. Mit zwei Injectionen dieses Impfstoffes, einer von 5 ccm imd einer 
von 10 ccm, vermag man es, die Kaninchen dahin zu bringen, dass sie. die 
Einspritzungen einer sehr virulenten Tetanuscultur, zuerst in der mini¬ 
malen tödtlichen Dosis, dann in allmählich steigenden Gaben, ohne jede 
Störung vertragen. . 

Indem wir nun mit diesem Impfmaterial eine bestimmte Zahl Kanin¬ 
chen vorbereiteten, denen seit verschiedener Zeit (8—50 Tagen) mit 
glücklichem Erfolge durch einen Lumbarschnitt die Milz exstirpirt worden 
war, erhielten wir bei denselben constant dasselbe Resultat, wie bei 
normalen Kaninchen; alle entmilzten Kaninchen vertrugen nämlich sehr 
gut, ohne jede Krankheitserscheinung, sowohl dio erste Probeinjection der 
minimalen tödtlichen Dosis, als auch die folgenden stärkeren Einspritzungen; 
ihr Blutserum erwarb w r ie das der nach demselben Principe geimpften 
unversehrten Thiere eine erhebliche immunisirende Kraft. — Zwei bereits 
gegen Tetanus immunisirte Kaninchen, welchen wir die Milz 7 respective 
21 Tage nach Vornahme einer verstärkten Injection in der Dosis von 
5 resp. 10 ccm Cultur entfernt hatten, vertrugen ganz gut die folgenden 
Einspritzungen eiuer doppelten Dosis, welche bei einem Versuchsthiere 7, 
beim anderen 15 Tage nach Exstirpation der Milz ausgeführt wurden. 
Dies veranlasste uns, neue Untersuchungen über Immunisirung mit Blut¬ 
serum geimpfter Thiere anzustellen und solche Bedingungen zu schaffen, 
dass womöglich das Resultat positiv ausfalle. . 

Zu diesem Behüte hielten wir [es für angezeigt, die Immunisirung 
mit einer solchen Quantität Blutserum vorzunehmen, dass dieselbe einer 
bestimmten tödtlichen Dosis Tetanuscultur gegenüber ausreiche, um 
bei den Controllthieren nicht nur den Tod, sondern auch den Eintritt 
jedes Tetanussymptomes zu verhindern. — Wir sahen nun, dass unter 
diesen Versuchsbedingungen die entmilzten Kaninchen (die Versuche landen 
in verschiedenen Zeiträumen 8—21 Tage nach Entfernung der Milz statt) 
ebenso wie die unversehrten Kaninchen nach einer Präventivimpfung immu- 
nisirenden Serums ohne jede Krankheitserscheinung einer letalen Dosis 
Tetanuscultur sehr wohl widerstehen können. 

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stimmen vollkommen mit^den¬ 
jenigen überein, zu welchen in unserem Laboratorium Dr. Orlandi ) bei 
der Wuthkraukheit und andere Forscher bei anderen Infeetionsprocessen 
gelangt sind und stehen im strikten Gegensätze zu den Resultaten, die wir 
auf Grund unserer früheren lmmunisirungsversuche mit Blutserum ge¬ 
wonnen haben. 3 ) — Dieser Gegensatz ist leicht erklärlich, wenn man bedenkt, 
dass unter verschiedenen Bedingungen experimentirt wurde. Denn bei 
unseren ersten Versuchen genügte die den entmilzten Thieren injicirte 
Menge immunisirenden Serums nur zum Theil, um die letale Dosis Tetanus¬ 
cultur zu neutralisiren und die Controllthiere wohl vor dem Untergange, 
aber nicht vor dem Eintritt tetanischer Erscheinungen zu bewahren. 

Sobald daher bei den entmilzten Kaninchen im Vergleich zu deu 

M Riforma niedica 1892, No. 47. . 

-j Dr. Edmund Orlandi. Untersuchungen über den Einfluss uei 
Milz auf den Verlauf, die Impfung und Behandlung der experimentellen 
Wuthkraukheit. Riforma medica 1893, No. 29. 

*) 1. c. 


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ft. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


135 


normalen nur um ein Geringes die Empfindlichkeit für Tetauusgift zu- 
n.ihm. reichte die präservative Kraft dos Serums nicht mehr aus. um die 
Thiere vor dem Tode zu retten. — Dass die Exstirpation der Milz in¬ 
direkt dazu beitragen kann, die Empfänglichkeit für Tetanus zu steigern, 
beweist auch die von uns einigemal beobachtete Thatsache. dass Kanin¬ 
chen. welche bereits gegen Tetanus stark immunisirt worden waren, in¬ 
folge eine? etwas copihsen Aderlasses öder einer, wenn auch leichten 
intercurrenten Krankheit, nach einer gewöhnlichen Injection von Tetanus- 
cultur. die sie früher ohne jede Störung ertrugen, tetanische Erscheinungen 
zeigen und selbst sterben können. 

Gerade weil dio Milz die Empfänglichkeit der Thiere fttr Krankheiten 
erhöht, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Exstirpation der Milz in¬ 
direkt das Zustandekommen der Immunität: beeinflussenkanu. Wenn man an 
cntmilztenThiereu cino Impfmethode befolgt, welche bei unversehrtenThieren 
inconstante Resultate liefert, so werden bei erstereil stets nur negative 
Ergebnisse erzielt; dies widerfuhr uns, als wir an entmilzteu Kaninchen 
Impfmethoden versuchten, welche den bei unseren letzten Versuchen ver¬ 
wendeten an Wirksamkeit nachstanden. In analoger Weise dürften unserer 
Ansicht nach die contradictorischen Resultate gedeutet werden, welche im 
Laboratorium von Prof. Foä hinsichtlich der Bedeutung der Milz für die 
Impfung gegen Pueumococcus erzielt wurden. — Bei den ersten Impf¬ 
versuchen mit Filtraten von Pneumococcusculturen, welche Cesario 
Demel 1 ) in Foä’s Laboratorium anstellte, gingen alle entmilzten Thiere 
bei der Probeiujection zugrunde; dagegen fanden Foä und Scabia 2 ) 
bei Experimenten, die sie mit dem Glycerinextracte der Pneumococcus- 
b iber Vornahmen, bei der Probeimpfung keinen Unterschied zwischen ent¬ 
milzteu und normalen Thieren. 

Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die Exstirpation der Milz, 
insofern sie den allgemeinen Ernährungszustand modificirt, auf das Zu¬ 
standekommen der Immunität einen gewissen Einfluss üben kann, der 
=ich knndgiebt, wenn bei der Immunisirung ein schwachwirkendes Impf¬ 
material zur Verwendung kommt, dass aber die Milz an und ftlr sich 
keinen nothwendigen und direkten Antheil am Immunisirungsprocesse 
nimmt, und dass daher, wenn die immunisirende Substanz wirklich ein 
Product des thierischen Organismus ist (was nach neuesten, in unserem 
Laboratorium angest-ellten Versuchen nicht sehr wahrscheinlich ist), sie nicht 
m der Milz, oder wenigstens nicht in diesem Organe allein gebildet wird. 


VI. Referate und Kritiken. 

P. Ehrlich. Farbenanalytische Untersuchungen zur Histo¬ 
logie und Klinik des Blutes. Gesammelte Mi tth ei hingen. 
Erster Theil. Berlin, August Hirschwald. Ref. Schwalbe (Berlin). 
Die medicinische Welt wird dem genialen Schöpfer der färben- 
analytischen Blutuntersuchungen Dank wissen, dass er dem wieder¬ 
holten Wunsche der Autoren, seine bisherigen, überall zerstreuten 
Arbeiten auf diesem Gebiete zusammenzufassen, nachgegeben hat. 
Knüpft sich doch an diese Abhandlungen nicht allein ein histori- 
nsohes Interesse, nicht blos die literarische Frage, von welchem 
1 unkte aus Ehrlich seine Studien über die rothen und weissen 
blutzellen begonnen und auf welchen Wegen er dieselben fortge¬ 
setzt hat. Die in seinen eigenen Publicationen und demjenigen 
semer bchtiler niedergelegten Resultate bilden vielmehr noch jetzt 
ur alle, welche sich mit der Erforschung des tieferen Zusammen¬ 
langes von Blut- und Organerkrankungen des menschlichen Kör- 
per^ Jesehäftigen, eine lebendige Quelle, aus der sie stetige Beleh- 
ng und Anregung für eigene Arbeiten zu schöpfen vermögen. 
Rinfm dleser 0( * er jener Satz über die Beziehung der einzelnen 
t ze ^°. nnei1 zur normalen oder pathologischen Function der hä- 
SC ' ien Organe durch neuere Forschungen modificirt oder 
«:• ^ worden — die Bedeutung der fundamentalen, für 

T-n,!“ un( * Praxis gleich werthvollen hämatologischen 
Muiiungen E h r 1 i c h ’ s wird stets ihre volle Anerkennung finden. 
^ darauf, dass der grössere Theil der „gesammelten 
' r ewe«w > 1 Un fV- e * nem fiteren Leserkreis bisher nicht zugänglich 
halt««» k ' , nnein es nns niclit versagen, eine gedrängte In- 
\ he der sämmtlichen vorliegenden Arbeiten mitzutheilen: 
7.11 ' n , den rBeiträgen zur Kenntniss der granulirten 
anscfpon,. 6 ^' 0878,1879) legt Ehrlich dar, dass seine früher 
nulirtln d- , ne v <>n der Identität seiner sogenannten gra- 

(= Fmhi - m i e i! ve ^ sze ^ en un< ^ der Waldeyer’schen Plasmazellen 
mehr Men oder perivasculäres Zellgewebe) irrig sei. Viel- 
devei^-rh 1 di im ^ n ^Bck darauf, dass die neuesten der Wal- 
LTanuiirtAn 11 ? ii maz ®^ en charakteristische Farbenreaction der 
die Mehrr vi i en basischen Anilinfarben) nicht geben, dass 
die ffrannUr 4 r, r p ani Dirten Zellen protoplasmaarm ist, und dass 
de verroh« e S/ e en an anderen Stellen finden als die Wal- 
Liaubt Ehr?’>h ^ ^ n hBck auf diese drei Momente 

und die in«» i\T e ^ e ^ en Zellformen scharf von einander trennen 
^stellen 7 . 1 en Zellen oder Mastzellen als neue Zellgruppe 
——___1 m assen. Die letzteren entwickeln sich seiner Meinung 



13, 14, 15. 


nach aus den fixen Bindegewebszollen, nicht aus den weissen Blut¬ 
körperchen. 

2. Die Abhandlung „über die spocifischon Granulationen des 
Blutes“ (1878/1879) bringt die erste ausführliche Mittheilung Ehr¬ 
lich’s über die verschiedenen, u — .«-Körnchenbildungen in den 
weissen Blutkörperchen und die Methodo ihrer Darstellung. Von 
diesen mannigfachen Granulationen, welche er als Substanzen be¬ 
trachtet, die in körniger Form schon im lebenden Zustande der 
Zelle eingelagert sind und sich chemisch von den normalen Eiweiss¬ 
stoffen der letzteren unterscheiden — ist die wichtigste die a- oder 
eosinophile Körnung. Dieselbe ist durch ihre Verwandtschaft zu 
den sauren Theerfarbstoffen charakterisirt; letztere werden nament¬ 
lich aufgeführt. — Dos weiteren wird die Verbreitung der eosino¬ 
philen Zellen beim Frosch und Kaninchen eingehender geschildert. 
— Im Gegensatz zu den eosinophilen, in Indulin-Eosin-Glycerin 
purpurroth gefärbten Körnchen werden die /^-Granulationen — in¬ 
folge ihrer grösseren Affinität zum Indulin — tief schwarz. Das 
Mengenverhältniss der — in denselben Zellen befindlichen — a- 
und ^-Granulationen zu einander ist ein wechselndes. Ihrer Genese 
nach sind die ß- Granulationen als Vorstufe der a- Granulationen 
aufzufassen. 

3. „Ueber Mastzellen“ handelt die unter Ehrlich’s Lei¬ 
tung angefertigte Dissertation von Eugen Westphal (1880). Nach 
einer kurzen historischen Einleitung über die bis dahin von anderen 
Autoren erhobenen — zum Theil irrigen — Befunde von Mastzellen 
ertwickelt der Verfasser eine ausführliche Theorie der Farbenanaly.se 
der genannten Zellen. Praktisch hat sich zur Färbung ihrer sänunt- 
lichen Kerngebilde (/-Granulation) einerseits und ihres Zellleibes 
andererseits eine Mischung von 100 ccm Carmin (Partsch - Gre¬ 
nadier), 100 ccm Glycerin, 100 ccm stark dahliahaltigen absoluten 
Alkohols und 20 ccm Eisessig bewährt. Auf diese Weise vermag 
man drei verschiedene Formen der Mastzellen, nämlich glatte 
kugelförmige und spindelförmige, ausserdem aber Uebergangsformen 
derselben nachzuweisen. Die Verbreitung derselben im Körper ist 
bei den verschiedensten Thieren sehr ausgedehnt und bestimmten 
Gesetzen unterworfen. Im Blut sind sie bei den niederen Thieren 
reichlich, beim Menschen nur während gewisser Krankheiten, z. B. 
Leukämie, vorhanden. Innerhalb der einzelnen Organe kommen 
die Mastzellen in der Nähe der Gefässe und des Epithels in grösserer 
Menge vor. Unter pathologischen Verhältnissen tritt beim Men¬ 
schen überall da eine bedeutende Vermehrung der Mastzellen ein, 
wo eine locale Ernährungsstörung sich eingestellt hat, so bei chro¬ 
nischen Entzündungen verschiedener Organe, bei der braunen In¬ 
duration der Lunge, in der Umgebung von Tumoren. 

4. Methodologische Beiträge zur Physiologie und 
Pathologie der verschiedenen Formen der Leukocyten. 
Nach einem kurzen Rückblick auf Methode und Ergebnisse seiner 
bisherigen Untersuchungen über die verschiedenen Leukocytengranu- 
lationen geht Ehrlich näher auf die neutrophile oder «-Körnung 
ein, welche eine Affinität für neutrale, d. h. durch den Zusammen¬ 
tritt einer Farbbase und einer Farbsäure entstandene Farbstoffe be¬ 
sitzen. Die «-Granulation ist violett, sehr dicht und ausserordent¬ 
lich klein; sie ist wie alle specifischen Granulationen nur dem Zell¬ 
leib, niclit dem Zellkern eingelagört. Dabei ist zu bemerken, dass 
die «-Granulation führenden Zellen zumeist eigentümliche poly¬ 
morphe Kernfiguren oder mehrere kleine, rundliche, stark gefärbte 
Kerne füliren (polynucleäre Zellen), während die Zellen mit grossem, 
plumpem, ovoidem, schwach tingirtem Kern (mononucleäre Zellen) 
frei von ihr sind. — Zum Schluss stellt Ehrlich folgende Sätze 
auf: 1) Bei allen acuten Leufeocytosen sind nur die mono- und 
polynucleären Formen vermehrt, während die eosinophilen Zellen 
dementsprechend scheinbar verringert sind. 2) Eine Vermehrung 
der eosinophilen Zellen deutet stets auf chronische Veränderungen 
der butbereitenden Organe. 3) Verminderung der Zahl der Leuko¬ 
cyten und Ueberwiegen der mononucleären Formen sind — wenn 
vereint ein sicheres Zeichen einer schon längere Zeit bestehen¬ 
den Unterernährung des Organismus. 4) Schwere traumatische 
Anämieen bedingen stets eine Poikilocytose und das Auftreten keim- 
haltiger, rother Blutkörperchen; häufig auch eine Vermehrung der 
polynucleären eventuell mononucleären Elemente. 5) Im leukämi¬ 
schen Blute ist die absolute Menge der eosinophilen Zellen stets 
— oft in hochgradigem Maasse — vermehrt. 

! 5. In seiner Dissertation „Ueber Blutuntersuchungen 

bei Leukämie“ (1880) präcisirt E. Spilling — nach einer kur¬ 
zen historischen Einleitung — die Eigenschaft der er-, /-» 
«-Granulationen, entwickelt die Krankengeschichte und den Obduc- 
tionsbefund eines Falles von Leukämie und legt die Resultate 
seiner mit basischen, sauren und neutralen Farbstoffen aiisgeführten 
Untersuchung des Blutes der betreffenden Patientin vor. Als das 

I wichtigste Ergebniss der letzteren ist hervorzuheben, dass in allen 
mononucleären Zellen eine sehr dichte «-Körnung vorhanden war, 

; während sonst (siehe No. 4) nur die polynucleären Zellen diese 



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136 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


Granulation führen. Diese Ausnahme scheint für die Leukämie 
geradezu charakteristisch zu sein. 

6 Ueber eosinophile Zellen“ handelt die Dissertation 
von G. Schwarze (1880). Auch hier finden wir eingangs der 
Arbeit eine kurze Charakteristik der •verschiedenen Granulationen 
und eine Beschreibung der Ehrlich’schen Blutuntersuchungsme¬ 
thode. Im Haupttheil der Dissertation ist die Einteilung der 
sauren Farbstoffe, die differentielle Combinationsfärbung, die Form 
und Eigenschaften der eosinophilen Körnung eingehend erörtert. 
Zum Schluss bespricht der Verfasser die Verbreitung der eosino¬ 
philen Zellen und betont aufs neue den differentialdiagnostischen 
Werth derselben für die Entscheidung der Frage, ob emo hoch¬ 
gradige Leukocytose oder eine beginnende Leukämie vorliege. ; 

7 Anämische Befunde. De- und Regeneration rother | 

Blutscheiben (1880). Während bis dahin nur zwei Fälle von 
progressiver Anämie mit kernhaltigen rothen Blutkörperchen in dei 
Litteratur bekannt gewesen sind, hat Ehrlich letztere bei allen 
schweren Anämieen aufgefunden. Er unterscheidet im wesentlichen 
drei Formen kernhaltiger, rother Blutkörperchen, und zwar 1) solche, 
deren Grösse derjenigen der normalen rothen Blutkörperchen ent¬ 
spricht, Normoblasten; 2) solche, die als die Vorstufen der Riesen- 
blutkörperchen (Hayem) anzusehen sind, Megaloblasten; 8) die 
einen ausserordentlich seltenen Befund darstellenden — Mikro¬ 
oder Poikiloblasten. Als besonders wichtig betont Ehrlich, dass 
bei einfachen traumatischen Anämieen und bei Leukämie fast aus¬ 
schliesslich Normoblasten, hei der progressiven pemiciösen Anämie 
dagegen in der grossen Mehrzahl der Fälle Megaloblasten nachge¬ 
wiesen w u r den * Normoblasten unterscheiden sich, wie schon 

Rindfleisch angegeben hat, von den Megaloblasten dadurch, dass 
bei den ersteren der Kern als ein weiterhin entwickelungsfähiges 
Gobilde ausgestossen wird, während er bei den letzteren einer 
eigenthümlichen Degeneration verfällt. — Weiterhin erwähnt Ehr¬ 
lich, dass man im anämischen Blute häufig eine Degeneration 
von rothen Blutscheiben nachweisen kann, die in gefärbten Prä¬ 
paraten durch eine rothviolette oder rein violette Färbung her¬ 
vortritt und die schliesslich zu den Ries’schen Zerfallsproducten 
der rothen Blutkörperchen führen kann. Diese Degeneration ist 
wohl am meisten mit der Weigert’schen Coagulationsnekrose ver¬ 
wandt. Auch die Poikiloeyten sieht Ehrlich im Gegensatz zu 
Hayem als Producte einer unter dem Einfluss der Anämie vor 
sich gehenden Fragmentation der rothen Blutkörperchen an. 

8. Ueber einen Fall von Anämie mit Bemerkungen 
über regenerative Veränderungen des Knochenmarkes 
(1888). Bei dem ausführlich beschriebenen Falle von letaler, 
seeundärer, posthämorrhagischer Anämie waren zwei Punkte auf¬ 
fallend: einmal eine Verarmung des Blutes an Leukocyten und 
zweitens der vollkommene Mangel kernhaltiger, rother Blutkörper¬ 
chen. Die genauere tinctoriale Untersuchung des Blutes wies 
nach, dass unter den Leukocyten die Lymphocyten eine beträcht¬ 
liche, das Dreifache des normalen Procentsatzes erreichende Ver¬ 
mehrung erfahren hatten: dieserUmstand sprach nach den Erfahrungen 
Ehrlich’s und Einhorn’s dafür, dass die dem lymphatischen Appa¬ 
rat opponirte Milzknochenmarkgruppe nicht in normaler Weise func- 
tionirte. Der weitere Nachweis, dass die eosinophilen Zellen, welche 
im Knochenmark gebildet werden und im normalen Blute bis zu 
10% vorhanden sein können, hier völlig fehlten, liess sich für die 
Annahme einer Störung im Knochenmark verwerthen. In demselben 
Sinne konnte der absolute Mangel kernhaltiger, rother Blutkör¬ 
perchen gedeutet werden. Ehrlich stellte deshalb intra vitam 
bestimmt die Diagnose, dass die Umwandlung des gelben Knochen¬ 
markes in rothes — die bei schweren Anämieen sich ja gewöhnlich 
findet und die von Ehrlich als eine salutäre Reaction aufgefasst 
wird, welche ausgedehnte Centren hämoglobinbildender Parenchyme 
entstehen lässt — im vorliegenden Falle eine mangelhafte sein 
würde. Die Autopsie bestätigte die scharfsinnige Diagnose. 

In einem Nachtrag zu dieser Abhandlung bekämpft Ehrlich 
eine neue Methode Löwit’s zum Nachweis kernhaltiger, rother 
Blutkörperchen. 

9. Ueber paroxysmale Hämoglobinurie (1881). Bei einer 
Patientin mit einer auf syphilitischer Basis beruhenden Haemoglo- 
binuria e frigore vermochte Ehrlich einige interessante Beobach¬ 
tungen anzustellen. Durch Eintauchen eines mittels elastischer Li¬ 
gatur abgebundenen Fingers in eiskaltes Wasser (74 Stunde) und 
nachher in laues Wasser (74 Stunde) vermochte er das Blut des 
Fingers hämoglobinämisch zu machen. Bei mikroskopischer Unter¬ 
suchung dieses Blutes fand er unter anderem Mikrocyten, Poikilo- 
cyteu = Schistoeyten, Blutschatten, zahlreiche Ries’sche Zerfall¬ 
körperchen, blutkörperchenhaltige Zellen und einige eigentümliche 
mononucleäre grosse Zellen, deren Protoplasma sich in Scharlach¬ 
glycerin dunkelrotb. deren Kern sich gelborange färbte. In der 
Blutschattenbildung sieht Ehrlich das Wesen des hämoglobinuri- 
schen Processes. Während in der Norm das Stroma der Blut- 


sclieiben die Diffusion des Hämoglobins in das Blutserum verhindert 
und das Hämoglobin vor der Umbildung in Methämoglobin schützt, 
hat dasselbe bei der Hämoglobinurie infolge einer Ueberempfind- 
lichkeit gegen Kälte diese Fähigkeit in vielen Blutscheiben ver¬ 
loren : das im Blutserum gebildete Methämoglobin erregt einerseits 
durch direkte Reizung der Gefässwand den Schüttelkrampf und 
sein Analogon die Anurie, andererseits die die Hämoglobinaus- 
scheidung begleitende Albuminurie. _ l . 

10 In dem Aufsatz: Zur Physiologie und Pathologie 
der Blutscheiben (1885) spricht Ehrlich zuerst über die 
Functionen des von ihm als Discoplasma bezeichneten Stroma der 
Blutscheiben. Dasselbe bestimmt nach seiner Meinung die oigen- 
thümliche Form der rothen Blutkörperchen, es bewahrt das Hämo¬ 
globin vor einer fehlerhaften Oxydation (in Methämoglobin) es ver¬ 
hindert die Aufnahme fast aller im Blute gelöst kreisender Substanzen, 
es ist endlich der Erzeuger des Hämoglobins selbst. — Im zweiten 
Theil der Arbeit (Ueber die Blutkörperehengifte nebst Betrachtungen 
über paroxystische Hämoglobinurie) studirt Ehrlich nach einer 
eigenartigen Methode den Einfluss von Carbolsäure, Sublimat, 
Wärme und Kälte auf die Auflösung der rothen Blutkörperchen und 
erklärt, dass seine früher (siehe No. 9) gegebene Annahme von 
der Kälteüberempfindlichkeit der Blutscheiben bei paroxystischer 
Hämoglobinurie sich nicht aufrecht halten lasse. 

11. Ueber die Bedeutung der neutrophilen Körnung. 
Nach einer kurzen Charakteristik der verschiedenen Leukocyten- 
und Granulaformen betont Ehrlich die diagnostische Bedeutung 
der mononucleären, neutrophilen Zellen für die Diagnose der mye¬ 
logen Leukämie und hält Altmann gegenüber die Behauptung, 
dass die Granula Secretionsproducte der Zellen darstellen, aufrecht. 

12. Im letzten Artikel: Zur Geschichte der Granula, 
weist Ehrlich den Versuch Altmann’s, die Verdienste Ehrlich’s 
um die Erforschung der Histologie und Klinik des Blutes zu ver- 
IrloinArn mit. Entschiedenheit zurück. 


VII. Joumalrevue. 

Innere Medicin. 

Hauser, Vergleichende Versuche über die thera¬ 
peutischen Leistungen der Fette. Zeitschrift für klinische 
Medicin 1892, XX, p. 289—271. . . 

Bei dem günstigen Einfluss, den reichliche Fettzufuhr bei einer 
grossen Zahl von Affectionen des Kindesalters mit Sicherheit auf 
die Abzehrung und den mangelhaften Ansatz von Körpereiweiss 
und -Fett übt, war es wünschenswerth, festzustellen, welches Fett¬ 
präparat sich zu diesem Zweck am besten eignet. Verfasser stellte 
daher zahlreiche Versuche an Kindern von dem zartesten Alter bis 
zu 14 Jahren mit Berger Leberthran, Dampfthran, Lipanin, 
Olivenöl und der sog. Kraftchokolade (mit freier Oelsäure verbundener 
Cacaobutter) an und kam dabei zu folgenden Resultaten. Am un¬ 
geeignetsten erweist sich der Dampfthran infolge seines sehr geringen 
Gehaltes an freier Fettsäure. Er wird wegen des üblen Ge¬ 
schmackes ungern genommen, wird sehr schlecht resorbirt, macht 
ziemlich häufig Verdauungsstörungen und ist verhältnissmässig 
theuer. Der ungereinigte dunkele Berger Tbran mit einem mittleren 
Gehalt von 6,5% freier Fettsäure erweist sich, sobald er ver¬ 
tragen wird, recht geeignet. Das Gewicht nimmt beträchtlich zu, 
das Allgemeinbefinden bessert sich bedeutend, die Erscheinungen 
der Rachitis, Atrophie u. s. w. gehen oft schnell zurück. Die Re¬ 
sorption ist eine leidliche bis gute. Dabei ist er sehr billig. An¬ 
dererseits wird er von vielen Kindern überhaupt nicht genommen 
und macht in einem grossen Procentsatz der Fälle länger dauernde 
Störungen von Magen und Darm, die bei fortgesetztem Gebrauch 
des Thrans einen ernsten Charakter annehmen. Zum Theil mag 
diese ungünstige Wirkung auf dem Gehalt an Ptomainen beruhen. 
Eine specifische Wirkung anderer Stoffe des Thrans, wie des Chole- 
stearins, Jods, Trimethylamins u. s. w. scheint nicht zu existiren, 
da sich mit Fettpräparaten, die frei von diesen Beimengungen sind, die 
gleichen günstigen Wirkungen erzielen lassen. Sehr zweckmässig 
erwies sich die Kraftchokolade. Sie wurde roh oder in Milch auf¬ 
gekocht sehr gern genommen. Die Cacaobutter zeigte sich als ein 
sehr gut ausnutzbares Fett. Die Gewichtszunahme war bei grossen 
Dosen eine sehr beträchtliche. Dabei hat sie den grossen Vorzug, 
auf massige Diarrhöen stopfend zu wirken, ohne den normalen 
Stuhlgang nennenswerth zu obstipiren. Sie kann daher auch mit 
Vortheil gerade bei Verdauungsstörungen weiter gereicht werden, 
die sonst eine Fettdarreichung meist verbieten. Sie stellt sich 
nicht wesentlich theurer als die anderen Präparate. Das Oleum 
Olivarum wurde immer sehr gut genommen und vertragen und be¬ 
wirkte selbst neben leichten Diarrhöen beträchtliche Gewichts¬ 
zunahme. Es wurde theils befriedigend, theils vorzüglich ausgenutzt. 
Die gute Resorption erklärt sich wohl aus dem ziemlich hohen 
Gehalt an freier Fettsäure (1 1 /*2 °/o)* Wenn auch seltener als die 


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8. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


137 


beiden Arten des Leberthrans führt es doch zuweilen zu Ver¬ 
dauungsstörungen und Durchfallen und muss dann ausgesotzt 
werden. In England wird es geradezu als Kinderlaxans benutzt. 
Nach jeder Richtung vorzüglich bewährte sich das Lipanin. Es 
bewirkte nie Verdauungsstörung, wurde meist sehr gut, oder doch 
bald willig genommen. Von allen flüssigen Fetten war bei ihm 
die Ausnutzung am besten, und es wirkte daher sehr günstig auf 
Allgemeinzustand, Körpergewicht und Krankheitserseheinungen. Es 
wurde auch in Fällen gut vertragen, wo Thran und Olivenöl zu 
Darmkatarrhen führte. Wenn die Fette natürlich auch keine 
specifischen Heilmittel für Rachitis, Tuberkulose, Scrophulose, 
Anämie u. s. w. der Kinder sind, so wirkten sie doch stets, auch 
wenn sie keine Gewichtszunahme mehr zu ermöglichen vermochten, 
sehr vortheilhaft auf den Allgemeinzustand. 

E. Sehrwald (Freiburg). 

J. Samelsohn, Noch einmal über Atropin und Morphin 
Centralbl. f. klin. Med. 1893, No. 11. 

Zu der durch Unverricht neuerdings aufgorollten Frage vom 
Antagonismus zwischen Atropin und Morphin (siehe unsere Refe¬ 
rate in dieser Zeitschrift 1891 und 1892) bringt der Verfasser vom 
Standpunkt des seitens Unverricht’s citirten „vorurtheilsfreien 
Arztes“ einen kleinen Beitrag aus seiner reichen ophthalmologischen 
Praxis. Im ganzen hat der Verf. neun Fälle von Atropinvergiftung 
gesehen. Sechs dieser Fälle kamen in der Kinderpraxis vor und 
wurden fast regelmässig dadurch verschuldet, dass die Atropin¬ 
lösung durch Ungeschicklichkeit, in den Mund statt in die Augen 
geträufelt wurde. Die bei den Kindern auftretenden Vergiftungs¬ 
erscheinungen wurden durch Morphiuminjection bald und sicher 
zum Verschwinden gebracht. Bei Erwachsenen hat Samelsohn 
dreimal schwere Intoxicationserscheinungen beobachtet. In dem 
ersten Falle war irrthümlicherweise statt Hoffmannstropfen eine 
Atropinlösung geschluckt worden: eine Morphiuminjection von 0,02 
brachte sehr bald Ruhe und schnelle Heilung. In dem zweiten 
lalle, wo die Vergiftung durch die Verwechselung eines Folia 
ßelladonnue enthaltenden Mundwasserthee’s mit St. Germainthee 
hervorgerufen wurde, vermochte die Injection von 0,02 Morphium 
und, als die hochgradigen Vergiftungssymptome sich nach einer 
halben Stunde wiederholten, die Injection von 0,03 Morphium die 
Atropinwirkung zu paralysiren; eine nach dreistündigem Schlafe 
wiederholte Morphiumdosis von 0,02 brachte die Intoxicationser- 
scheinungen nach fünfstündigem Schlafe definitiv zum Verschwin- 
" en - dritte Fall, „welcher in seiner Exactheit dem bestgelei- 
teten Thierexperimente kaum nachstehen dürfte“, verdankt seine 
Aetiologie einer Verwechselung von Pilocarpin und Atropin. Nach- 
em die oOjährige Patientin durch eine seitens eines Assistenz¬ 
arztes des \erfassers ausgeführte Injection von 0,008 Atropin in 
einen Zustand hochgradiger Erregung, Todesangst, starker Dyspnoe, 
enormer Pulsfrequenz etc. gebracht war, bewirkte die fast sofort 
ae geschickte Injection von 0,02 Morphium nach circa fünf Mi- 
en eine sehr bedeutende Besserung der subjectiven Beschwerden, 
Herabsetzung der Puisfrequenz auf 100, der Athemzahl auf 24, Nach- 
driH C !r Troc ^ en ^ e ^ des Mundes und Schlundes etc. etc.; am 
j en Inge war jede Spur der bedrohlichen Vergiftung geschwun- 
häli-• diesen Beobachtungen dürfte ein antagonistisches Ver- 
tji zwischen. Morphin und Atropin wohl ausser Zweifel sein. 
nhvaf 1 *! ^P ^ 0n ^ sinu8 ist nicht sowohl ein chemischer oder rein 
thpraü °? u er ’ s . on dem vielmehr nach des Verfassers Meinung ein 
AtmiÜn * 1 ^ c ^ e 1 r ’. * n dem Sinne, dass das Morphin die von dem 
Detail teten nerv ösen Erregungsänderungen, die wir im 

^t 7 tl° C c lange , genügend kennen, so lange in entgegen¬ 
hat fi ae f «! 11116 beeillfl ^st ; bis der Organismus Zeit gewannen 
’ s Glft auszuscheiden. (??) Schwalbe (Berlin). 

s^lirift^ ar diographische Untersuchungen. Zeit- 

? ‘^klinische Medicin 1893, XXII, 392—410. 

^orzüHif.K era ^ assun g Hürthle’s und unter Benutzung von dessen 
zeiticr ri ac! e p Apparaten zeichnete Verfasser beim Menschen gleich¬ 
viel dip 0 ar( v!°?* amin und den Puls der Carotis auf. Ein Ver- 
^nschlioh^r j- ^ urven er gab, dass an der Mehrzahl der 
Erschlaffiinc ^ 1 V ard i.°^ ramme die Momente der Zusammenziehung und 
v°n vorüber^ eS i ^JPU^uiuskels sich markiren, dass man aber 
dies© p un i-t 1D - , ^ardiogrammen nicht ansehen kann, welches 
Pulses und 1 manc ben Curven der Beginn des Carotis- 

seibst vor a* n- d * e Eröffnung der Aortenklappen auf oder 
auch nao u des Cardiogramms fällt, ergiebt sich, dass 

nand "erifhtftt n a 11 *’ t ^emilunarklappen die gegen die Thorax- 
f iauern^kann 6 , ^adebnung der Herzspitze noch einige Zeit fort- 
welcher der ass die Spitzenstosstheorie von Martius, nach 
Herzthätio-knif ,“? e ? 8 *°ss sich nur während derjenigen Zeit der 
in die Aort.» * n we l c ber noch kein Blut aus dem Herzen 

I’ardiogramm ? lcbt zutreffend sein kann. Ein brauchbares 

688 s *h überhaupt nur von einer geringen Anzahl 


Individuen, zumal jugendlichen, mit nachgiebigem Thorax erhalten. 
Zugleich erleidet das Cardiograinm wesentliche Veränderungen durch 
den wechselnden Einfluss des äusseren Druckes, der Vorhofs- 
contraction und der Respiration. Einen je stärkeren Druck der 
Aufnahmeapparat auf dio Herzspitze übt, um so mehr nähert sich 
die Curve des Spitzenstosses der Kaimnerdruckcurve. Infolge dioser 
Momente bietet die Cardiographie zur Zeit noch wenig Aussicht 
auf klinische Verworthbarkeit. E. Sehrwald (Freiburg). 


Vni. Vereine und Congresse. 

Berliner medicinische Gesellschaft 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 31. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Der Vorsitzendo widmet dem am 28. Januar verschiedenen Geheimen 
Med.-Rath Prof. Dr. August Hirsch einen warmen Nachruf, in dem er 
der grossen Verdienste des Verstorbenen um die Wissenschaft und 
speciell um die Berliner medicinische Gesellschaft, deren erster Bibliothekar 
er war, gedenkt. 

1. Herr Karewski (vor der Tagesordnung) stellt eine Anzahl 
Patienten vor, bei denen er plastische Operationen mittels Ver¬ 
wendung grosser Brilckenlappen aus entfernteren Körperteilen 

ausgeführt hat. Durch dio Thiersch’sche Transplantationsmotliodc seien 
wir ja imstande, grosse Defecte zu bedecken, allein an Stellen, wo dio 
Haut senr boweglich, wie an Gelenken, führe sie nicht zum Ziele, hier 
verdiene der Brückenlappen den Vorzug, bei dem man aber auf eine 
breite Brücke sehen müsse. Die Indication zur Operation geben häufig 
Verbrennungscontracturen. Es werden folgende Patienten vorgeführt: 

1) ein Knabe mit Verbrcnnungscontractur im rechten Ellbogen, die durch 
Einlegung eines Brückenlappens aus der Thoraxwand völlig beseitigt ist; 

2) ein ähnlicher Fall mit noch grösserer Zerstörung der NVeichtheile, bei 
dem ein grosser Lappen aus Brust- und Bauchwand einen gleich guten 
Erfolg erzielt hat; 3) geheilte Contractur eines Fingers nach tuber¬ 
kulöser Ostitis mit rechtwinkeliger Abknickung; 4) und 5) vorzügliche 
Erfolge boi ausgedehnter lupöser Hautzerstörung a) des rechten Haud¬ 
rückens mit starker Bewegungsstörung der Hand, h) eines ähnlichen 
Falles; 6) beträchtlicher Substanzverlust am rechten Arme nach einem 
Hundebiss; 7) vereiterte, mit Narbcncontractur verheilte Risswunde der 
Vola manus sinisträ; 8) Ostitis processus zygomatici mit Ektropium des 
unteren Augenlides (Einfügung eines Stirnlappens, da wegen der in 
Narbengewebe verwandelten Haut unterhalb des Augenlides die gewöhn¬ 
liche Ektropiumoperation nicht ausführbar war); 9) ausgedehnte Ver-r 
eiterung in der Achselhöhle infolge von Schweissdrüsenabscessen, mit 
starker Bewegungsstörung und fortschreitender Tendenz (Transplantation 
eines Rückenlappens in die Achselhöhle nach Exstirpation der erkrankten 
Hautpartie). 

2 . Herr A. Rosenborg (vor der Tagesordnung) stellt einen 51jährigen 
Gärtner vor, bei dem sich eine kolossale Geschwulstmasse an der Vorder¬ 
seite des Halses gebildet hat, die beiderseits bis zur Schläfengegend 
reicht, die Halsgegend einnimmt und bis unterhalb der Schlüsselbeine 
reicht. Die Krankheit begann im Jahre 1888 am Unterkieferrande, 1890 
konnte Schwellung der Achsel- und Inguinaldrüsen constatirt werden, 
seit dem Herbst 1893 klagte Patient über Benommenheit im Kopfe und 
Schwindelgefühl; es besteht leichte Trachealstenose. Bei der pharyngo- 
skopischen Untersuchung sieht man die Tumormasse auch hinter den 
Gaumenbögen bis zum Schädeldach reichen. Die Gaumenmandeln und die 
Zungentonsille nicht hyperplasirt, Leber und Milz nicht vergrössert, Urin 
normal, ebenso das Blut, in dem keine Zunahme der weissen Blutkörperchen 
zu constatiren ist. Die Diagnose wird auf malignes Lymphom gestellt. 
Therapie: Arsonik (Sol. arsenical. Fowl. per os und m subeutaner Injection); 
Patient will darnach leichter athmen und nicht mehr so schläfrig sein. 

Herr G. Lewin räth den Gebrauch des Arseniks in Substanz an, da 
die Wirkung eine promptere und ergiebigere sei. 

3. Herr W. Körte: Zum Vergleich der Aether- und Chloro¬ 
formnarkose. Während das Chloroform den Aether bis in die neueste 
Zeit fast überall völlig verdrängt hatte, macht sich jetzt besonders in 
Amerika und auch in Deutschland eine rückläufige Strömung geltend, 
deren Grund in den Gefahren von seiten der Respiration und des Herzens, 
welche die Anwendung dos Chloroforms als Narkoscmittel mit sich führt, 
zu suchen ist. Während die respiratorischen Erscheinungen bist aus¬ 
nahmslos durch die geeignete Prophylaxe und ein geeignetes Verfahren im 
betreffenden Falle unschädlich zu machen sind, tritt dagegen der Herztod 
fast unmittelbar, ohne Vorboten ein, und ihn zu verhüten besitzen wir 
kein Mittel, weder durch Wahl einer anderen Sorte Chloroform, noch durch 
eine bestimmte Darreichungsmethode, wenn auch nicht zu leugnen ist, dass 
der Kapp eie r'sche Apparat, bei dem die Luft über dem Chloroform hin¬ 
streicht, so dass das Luftgemisch nicht über 15 0 o Chloroform enthält 
(jedoch eine sehr langsame Narkose) und das von Labbee empfohlene 
tropfenweise Aufgicssen des Chloroforms eine grössere Sicherheit gegen 
Unglücksfälle gewähren. Alter, Geschlecht, Constitution sind ätiologisch 
ohne Einfluss. Der Vortragende hat selbst drei Todesfälle bei kräftigon 
Leuten ohne nachweisbare Ursache beobachtet. In einem vierten Falle halfen 
die von König empfohlenen rasch auf einander folgenden kurzen Stösse 
gegen die Herzgegend; ausserdem wurde eine intravenöse Kochsalzinfusion 
gemacht. Nach 40 Minuten kehrte der Herzschlag wioder. Auch die Nach¬ 
wirkungen besonders von lange fortgesetzten Chloroformnarkoson sind in 
ihrer Gefährlichkeit nicht zu unterschätzen. Es sind da zu nennen: an¬ 
dauerndes Erbrechen, Albuminurie, fettige Degeneration der Nieren- 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHRIFT. 


No. 6 


opilhelion, der Leber, der Herz- und Extremitätenmuskeln. Ob es an¬ 
hängig ist, Todeslallo, die mehrere Tage nach langdauerndou Operationen 
unter Narkose eintraten, noch als Todesfälle infolge von Chloroformnach¬ 
wirkung anzusehen (E. Fraenkel), ist noch zweifelhaft. Es wirken 
in solchen Fällen viele concurrirende Umstände ein. Was die Häufigkeit 
des acuten Chloroformtodes betrifft, so stellt sie sich nach den Ergeb¬ 
nissen der Sammelforschung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 
weit höher, als bisher angenommen wurde, nämlich 1:2907. In neuerer 
Zeit sind allmählich immer mehr Chirurgen zur Aethemarkose überge¬ 
gangen, und Körte hat gleichfalls diese Methode ausgiebig ver¬ 
sucht. Die Berichte lauten sehr gut und ihnen sehliessen sich die eigenen 
Erfahrungen an. Nach der Sammelforschung der Deutschen Gesellschaft 
für Chirurgie kam auf 14000 Aethemarkosen kein dem Narkoticum zur 
Last zu legender Todesfall vor. Viel kommt auf eine gute Maske an, 
weil sonst die Narkose zu langsam eintritt und Erstickungsanfälle drohen. 
Das beste Resultat, erhielt Körte mit der Ju 11 iarischen Maske. 
Zweckmässig macht man vorher eine Morphiuminjection; man nehme gleich 
bei Beginn der Narkose eine grosse Menge (30-—50 g) Aether. Zu Anfang 
lasse man-etwas Luft zutreten, setze dann aber die Maske fest auf. Die Be¬ 
hauptung. die Narkose sei bei dieser Methode nichts weiter als eine Kohlen¬ 
säurevergiftung, ist nach exacten Untersuchungen des Luftgemisches unter 
der Maske durch Dresor völlig unberechtigt, da dasselbe neben circa 
4,7 °/o Aether stets 16—18°/o 0 und höchstens 1,7 % COa enthält. Em 
Sträuben der Patienten gegen das feste Aufsetzen der Maske findet selten 
statt, doch tritt die Toleranz etwas später ein — beim Chloroform durch¬ 
schnittlich nach 5 Minuten, beim Aether nach 7,5 Minuten. Der \ erbrauch 
an Aether ist ein recht grosser, bei Herrn Körte in 600 Fällen je 100 
bis 200 g. Man hüte die Patienten bis zur Toleranz gegen jede Störung, 
wie Abseifen etc., da die Narkose dadurch sehr verzögert wird, während 
sie nach Eintritt lange vorhält, durch Nachgiessen geringer Mengen unter¬ 
halten wird und an den normalen Schlaf erinnert. Als wesentliches Moment 
ist hervorzuheben, dass ein Sinken der Pulswelle nie eintritt, vielmehr 
der Blutdruck etwas zu steigen scheint. Dagegen wird die Athmung 
durch eine starko Bronchialsecretion etwas gestört, doch bietet das zu¬ 
weilen auftretende röchelnde Athnien keine Gefahr, wenn es auch ängstlich 
klingt. Erbrechen während derNarkoso ist seltener als beim Chloroform. 
Ein lange dauerndes Excitationsstadium, das aber dann von einer durchaus 
guten Narkose gefolgt war, beobachtete Vortragender 50 mal, in 32 Fällen 
war die Narkose nicht gut; zuweilen traten klonische Muskelcontractionen 
auf, wogegen mit Nutzen etwas Chloroform inhalirt wurde. Das Erwachen 
ist bei einzelnen ein sehr schnelles und rasch voll besinnliches, bei anderen 
kommt ein langer, tiefer Nachschlaf vor (Morphiumwirkung?). Nach¬ 
erbrechen kommt selten vor, der Urin zeigte in sechs Fällen Spuren von 
Eiweiss, das innerhalb weniger Tage wieder verschwunden war; in sieben 
Fällen, wo vor der Narkose Albumen im Urin nachgewiesen war, wurde 
die Quantität durch die Narkose nicht vermehrt. Eine Contraindication 
giebt wegen der Reizung der Bronchialschleimhaut durch den Aether eine 
frische Bronchitis, dagegen Herzschwäche nicht, die sogar durch die 
Aetherisirung gebessert wird: wir werden daher den Aether besonders auch 
bei der radikalen Empyemoperation verwenden, während das Chloroform 
bei Empyem loicht zu bedenklicher Herzschwäche führt. Bei Operationen 
im Gesicht und am Munde ist die Aethemarkose nicht anwendbar, weil 
bei Anwendung des Aethers eine dauernde Narkose ohne zeitweilige Aus¬ 
setzung nothwendig ist. Im ganzen ist Vortragender mit der Anwendung 
des Aethers sehr zufrieden gewesen, seine Wahrnehmungen decken sich 
in allen wichtigen Punkten mit denen anderer Beobachter (Juliiard, 
Garre, Dumond, Vallas u. a.). Aether-Todesfälle sind in der Litte- 
ratur verzeichnet und werden auch hei ausgedehnterer Anwendung des 
Mittels nicht ausbleiben. — Jedoch muss man nach den bisherigen Er¬ 
fahrungen annehmen, dass der Aether ungefährlicher ist als Chloroform, 
weil er nicht schwächend auf das Herz einwirkt. Störungen der Ath¬ 
mung kommen vor, sind aber weniger gefährlich und eher der Behand¬ 
lung zugänglich, als die plötzliche Herzschwäche. Die Nachtheile des 
Aethers (langsamere Wirkung, Reizung der Bronchialschleimhäute, Brenn¬ 
barkeit) werden aufgewogen durch die grössero Sicherheit. 

Max Salomon. 

Nachtrag zu dem Bericht über die Sitzung am 24. Januar 1894. 

In der Discussion Uber den Vortrag des Herrn Weyl macht Herr 
Goorge Meyer zunächst auf einen anscheinenden Widerspruch in den 
Darlegungen des Herrn Weyl aufmerksam, der einmal die schlechte 
Milchversorgung der ärmeren Bevölkerung als Grund der hohen Brech¬ 
durchfallsterblichkeit, andererseits die gute Milchversorgung als Grund 
filr dio Abnahme der Tuberkulose in Berlin angenommen. Die Abnahme 
der Todesfälle an Erkrankungen der Verdauungsorgane im Jahre 1892 in 
Berlin sei wohl auf die durch die Behörden angeregte Aufmerksamkeit 
der Bevölkerung auf jene Verhältnisse zur Zeit der Cholera zurückzuführen. 
Während die Sterblichkeit an Typhus in München abgenommen, sei die 
Sterblichkeit an den Verdauungsstörungen in München seit 1876 eine 
gleich hohe geblieben und betrage in den einzelnen Jahren das zwei- bis 
drei- bis vierfache mehr als in Berlin (im Verhältnis zur Bevölkerung). 
Ferner schlägt Meyer eine Neugestaltung der Sanitätswachen nach den 
Vorschlägen des Aerztevereins von West-Berlin, Umgestaltung des 
Krankentransportes, der wie die Desinfection unentgeltlich erfolgen müsse, 
und andere Aenderungen im Gesundheitswesen der Stadt vor und be¬ 
antragt, eine Commission zur Weiterberathung dieser Dinge zu wählen, 
welche eventuell ein ständiger Gesundheitsausschuss der Berliner 
modicinischen Gesellschaft sein soll. 


Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 13. November 1893. 

Vorsitzender: Herr Sonnenburg; Schriftführer; Herr Langen- 

bUCh l. Herr v. Bergmann widmet einige Worte der Erinnerung dem 
Andenken des jüngst verstorbenen Professor L6on Le Fort in Paris, in 
dessen ganzem Bildungsgänge sowie seiner schriftstellerischen Thätigkeit 
sich das*Bestreben offenbart habe, den Arbeiten auch anderer als franzö¬ 
sischer Chirurgen gerecht zu werden. Infolge dessen habe er sich auch 
der Sympathie von uns deutschen Chirurgen besonders zu erfreuen gehabt. 
Sein Tod sei in der Woche eingetreten, in welcher die Herren v. Esmarch 
und v. Barde leben einen Antrag der deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 
ihn zum Ehrenmitgliede zu erheben, eingereicht hätten. Besonders nahe 
sei er den Berliner Chirurgen getreten, als er 1890 zum zehnten inter¬ 
nationalen Congress hier verweilte und zu seinem Gelingen nicht wenig 
durch sein Präsidium in der chirurgischen Section beitrug. Zum ehrenden 
Gedächtniss des Verstorbenen erheben sich die Anwesenden von ihren 
Sitzen. 

2. Herr Sonnenburg: Bevor ich Herrn Canon das Wort zu seinem 
Vortrage gebe, möchte ich einige Bemerkungen vorausschicken. Es ist 
bekanntlich heutzutage einigermaassen schwierig, in der Vorlesung den 
Studenten und Aerzten, selbst wenn das klinische Bild oft noch Ver¬ 
schiedenartigkeiten genug darbietet, die Unterschiede der Sepsis und der 
Pyämie klar zu machen. Handelt es sich doch, was die Aetiologie beider 
Krankheiten anbetrifft, um ein und dieselben Organismen bei beiden Affec- 
tionen. Selbst wenn wir an einer Sepsis festhalten, die einzig und allein 
durch gelöste chemischs Giftstoffe bedingt wird, die sogenannte toxische 
Form im Gegensatz zu der anderen, häufigeren, durch Spaltpilze hervor¬ 
gerufenen Form, so finden zwischen beiden Formen so viele Ucborgänge 
und Combinationen statt, dass die Grenzen gar nicht zu ziehen sind. Nun 
sehen wir aber auch ferner, dass es eine Sepsis giebt ohne jede Spur 
von Metastasen, Sepsis aber auch mit diffusen Metastasen, Sepsis mit 
Thrombose und Embolie. Auf der anderen Seite beobachten wir Pyämie 
ohne Metastasen, dann wieder Pyämie mit Metastasen, endlich auch eine 
mit Thrombosen und Embolie oder mit Thrombosen allein. Mit Recht 
werden daher immer mehr Stimmen laut, welche beide Krankheiten so¬ 
wohl klinisch wie anatomisch nicht mehr trennen wollen und den zusam- 
menfassenden Begriff der Pyo-Sephthaemie aufstellen. Im grossen und 
ganzen neigen wir auch zu dieser Ansicht und haben versucht, auf bac- 
teriologischem Wege an der Hand unserer Fälle diese Ansicht zu be¬ 
gründen. Wie weit uns das aber gelungen ist, darüber bitte ich Herrn 
Canon zu referiren. 


3. Herr Canon: Bacteriologische Blutnntersnchungen bei Sepsis, 
Pyämie und Osteomyelitis (mit Krankenvorstellungen). (Der Vortrag 
ist in der Deutsch. Zeitschr. f. Chir. Bd. 37, Heft 4 und 6 veröffentlicht). 

Discussion: Herr Sonnenburg (Krankenvorstellung): Abgesehen 
von der schweren septischen Form von Infection, deretwegen Ihnen dieser 
kleine Patient vorgestellt wird. und von der er, wie Sie sehen, sich voll- 

- ständig erholt hat, bietet der Kranke wegen der Localisation der Krankheit 
grosses klinisches Interesse. Er kam in unsere Behandlung wegen einer 
acuten Osteomyelitis der rechten Clavicula und der linken Hüftgelenkspfanne. 
Das Schlüsselbein war schon nekrotisch, musste entfernt werden und hat 
sich, wie Sie sich überzeugen können, recht vollständig regenerirt. Es ge¬ 
lingt bekanntlich äusserst selten, ohne Resection des Kopfes die erkrankte 
Pfanne wirksam zu behandeln. So ging es auch bei diesem Patienten. Trotz 

: Incisionen, Drainage des kleinen Beckens nach mehreren Richtungen, Ab- 
| tragung der kranken Knochen von innen, besserte sich der Zustand erst 
wesentlich, nachdem ich mich entschlossen hatte, den gesunden Fe¬ 
murkopf zu entfernen und die kranke Pfanne zu reseciren. Trotz des 
jammervollen Zustandes, trotz der schweren Infection durch den Staphy- 
lococcus aureus, der bereits im Blute bei ihm vorhanden war — und 
gerade letzterer Umstand verschlechtert nach unseren Erfahrungen die 
Prognose —, fingen die grossen und zahlreichen Wunden an zu heilen, 

- der Patient konnte nach Wochen als gerettet und in bester Heilung 
angesehen worden. Heute erscheint der Knabe vor Ihnen nicht allein als 
glänzendes Beispiel einer mit allen Hülfsmitteln moderner Chirurgie ^ ttber- 

j wundenen Infection, sondern auch um Ihnen einen modificirten Hoffa'schen 
Apparat zu zeigen, der ihm dazu verhilft, die letzten Folgen der Er- 
1 krankung der Hüfte mit Erfolg zu beseitigen. 

Herr Canon: Bei dem zweiten der Patienten, den ich hier die 
Ehre habe Ihnen vorzustellen, habe ich den Staphylococcus albus im Blut 
gefunden. Ich habe den Eiter untersucht: er war im Eiter in Reincultur 
vorhanden, und die Mikroorganismen im Eiter und im Blut stimmten voll- 
I ständig mikroskopisch und culturell überein. Der Patient hatte eine 
i chronische Osteomyelitis der Tibia, welche sich acut verschlimmerte 
und septische Erscheinungen hervorrief; das Bein musste amputirt werden. 
Einige Tage nach der Amputation stellten sich unter hohem Fieber Husten 
; und Auswurf ein. Im Auswurf fanden sich in ziemlicher Menge die 
Staphylocoeeen; in dem unteren Theile der rechten Lunge war Dämpfung 
und Rasseln. Nach einiger Zeit Hessen diese Symptome wieder nach; 
; Husten und Auswurf ist jetzt fast ganz verschwunden^ Es ist sehr wahr¬ 
scheinlich, dass es sich hier um einen Lungeninfarct gehandelt hat, zumal 
. da der Patient noch später einen Glutaealabscess bekommen hat, der eben¬ 
falls Staphylocoeeen in Reincultur enthielt. Der dritte Patient ist ein lall 
von Pyämie. Ich habe nichts bei ihm im Blute gefunden, trotz sehr 
; häufiger Untersuchung. Er hatte eine Phlegmone im Anschluss an eine 
eompHcirte Zehenfractur, kam dieser Complication wegen in das Krankenhaus 
und musste schliessüch amputirt werden. Das war eine Streptococcen- 
infection; es hatte sich kurz vor der Amputation ein Erysipel an dem be- 
! treffenden Unterschenkel gebildet. Ob dies nun durch dieselben Strepto- 
i coccen verursacht war, die im Phlegmoneneiter vorhanden waren, oder ob 


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8. Februar^ __ _ __ ^ _ 

es eine neue Infection war, bleibt dahingestellt. Jedenfalls ist nach der 
Amputation das Erysipel nicht weiter gegangen. Dagegen ging die Eiterung 
in dor Tiefe weiter, und es musste noch viol gespalten werden. Es 
bildeten sich dann einige Abscesse, einer am Arm und einer in den 
(ilutäen. die ebenfalls Streptococcen enthielten. Es ist bei demPatienten fünf-, 
sechsmal untersucht worden, ohne Mikroorganismen im Blute zu finden. 
Diese vierte Patientin hat ebenfalls eine lang dauernde chronische Pyämie 
"ebabt, im Anschluss au eine Mittelohreiterung. Sie hat 8—10 Abscesse 
an verschiedenen Körperstellen gehabt, welche immer Streptococcen ent¬ 
hielten. Ihr Blut ist auch häufig untersucht worden, und es wurde nie¬ 
mals etwas gefunden. Diese beiden Fälle würde ich zu der dritten 
Gruppe rechnen, den Fällen der reinen Pyämie. 

Herr Pfuhl: Ich wollte mir nur ein paar kurze Worte zu der Einlei¬ 
tung des Herrn Professor Sonnen bürg gestatten. Er sagte, dass man 
heutzutage nicht mehr die Begriffe „Pyämie“ und „Septicämie“ ausein¬ 
anderhalten könnte, und hat deshalb vorgoschlagen, den Ausdruck „Pyo- 
septicämie“ zu gebrauchen. Meine Herren, diese Benennungen stammen 
aus einer Zeit, wo man die Ursachen dieser Krankheiten noch nicht 
kannte. Heutzutage aber wissen wir ganz genau, dass wir bei genauer 
I'ntersuchimg in jedem Falle Ton Pyämie oder Septicämie entweder eine 
Allgemeiniufection mit Streptococcen oder eine Allgemeininfection mit 
anderen Mikroorganismen finden. Es geht den Chirurgen mit diesen Be¬ 
griffen so. wie den Bacteriologeu und Epidemiologen mit den alten über¬ 
kommenen Ausdrücken „contagiös“ und „miasmatisch“. Wir haben die 
Ausdrücke „contagiös“ und „miasmatisch“ einfach in die Rumpelkammer 
geworfen und betrachten jetzt jedo Infectionskrankheit für sich. Ich 
ülaube. es wäre gut, wenn die Chirurgen auch die Ausdrücke Pyämie und 
•Septicämie aufgeben und einfach von Allgemeininfection mit Staphylococcen 
oder mit Streptococcen sprechen wollten. Jeder Chirurg muss heutzu¬ 
tage imstande sein, festzustellen, ob eine Infection mit Staphylococcen 
oder mit Streptococcen vorliegt. Nun ist es ja möglich, dass er vorher 
der Krankheit einen Namen geben muss, bevor die bacteriologische Unter¬ 
suchung vollendet ist. Dann kann er sich damit helfen, dass er einfach 
von Sepsis spricht, bis der Nachweis von Staphylococcen oder Strepto¬ 
coccen geglftckt ist. Ich glaube, dass es ganz gut wäre, wenn die 
Chirurgen den Epidemiologen in der Eliminirung veralteter Ausdrücke 
nachfolgten. 

Herr v. Bergmann: Es ist ganz schön, von Staphylococceninfection 
hier und von Streptococceninfection dort zu sprechen, wenn diese zwei 
verschiedenen Infectionen auch klinisch verschieden auftraton, wenn z. B. 
dieStaphylococeusinfection immer Metastasen und die Streptococcusinfection 
immer nur lokal fortschreitende Eiterungen machen würde. Das ist aber 
ni'ht der Fall. Der Kliniker wie der pathologische Anatom müssen an 
das am Krankenbette und dem Sectionstisch Thal sächliche sich halten, und 
das ist und bleibt zunächst noch dio Eiterung mit und die Eiterung ohne 
Metastasen. Für beide kann ein und dieselbe Ursache, der gleiche und 
nämliche pyogene Mikrococcus verantwortlich gemacht werden, denn nicht 
für der Staphylococcus macht metastatische Eiterung, sehr oft, sogar ganz 
gewöhnlich, macht diese auch der Streptococcus. Beide dringen in die 
Thromben phlegmonöser Heerde ein, machen diese bröcklig und zur Quelle 
Metastasen erregender Eiterungen. Es wäre schön, wenn es so wie die 
klinisch diflerenten Können auch differente Ursachen im Gebiete der Eiter 
erregenden Mikroben gäbe, — zur Zeit ist das aber noch nicht erwiesen. 

, Herr .Sonnenbürg: Wenn ich mir noch eine Bemerkung erlauben 
j • S( \ es ja für uns Chirurgen ungemein interessant, wie im 

Laufe der letzten Jahre durch die bacteriologischen Untersuchungen 
Kenntnisse der Sepsis und der Pyämie gefördert worden sind. 

f r 4 n8t1 . ro Kenntnisse sind noch im werden, und es dürfte wohl 
ment richtig sein, bereits heute die bacteriologischen Erfahrungen 
■ l tout pnx den klinischen Bildern unpassen zu wollen. So machte 

mir vor einem Jahre noch den Eindruck, als ob man die Pro- 
. er Sepsis jo nach dem positiven oder negativen Befunde von 
M C J n . IIU Blute modificiren könnte. Weitere Beobachtungen haben ge- 
r* • man sich darauf doch nicht so ganz verlassen darf. Dass ein 
, pn ^med zwischen der Streptococcensepsis und der Staphylococcen- 
\\ e jf* e ^ lr f ^ n ’ T c jH anzunehmen. Beide können in gleich foudroyanter 
IrhTff,» n - J a not 'h lange nicht am Ende diesor Arbeiten, 

in p° [' j S w ' r ? u ^. diesem Wege noch viel lernen werden. Interessant 
surhn« r '-i S ™ Infolge der bacteriologischen Kenntnisse und Unter- 
zllHp ,f n m der Lage sind, nicht allein klinische Erscheinungen richtig 
otomo u sonaeni auch bestimmte, im Wundverlauf auftretende Sym- 
e j De ™'r*j rzusa p n - Ein Beispiel möge dieses erläutern. Ich hatte an 
die L-lin’ demselben Morgen zwei Amputationen wegen schwerer Sepsis, 
ffar der V - aUIÜ Unterschiede zeigten, zu machen, ln beiden Fällen 
minirt t Um ^Kcil gangränös, die Weichtheile vom Eiter unter- 

der StanK 1C i k eanen en tblösst. Bei beiden Patienten fand sich im Eiter 
^dehzeitii* C R] S ^°£ e ? es albus, bei dem einen Patienten aber auch 
tttreit* im^ii 11 ? " u ^’ Bei demjenigen Patienten, bei dem sich die Coccen 
richtig vor Ute V0I * an dcn, zeigte sich am nächsten Morgen, wie wir es ganz 
bei dL ,!j^ esa ^. hatten, eine eitrige Infiltration der Amputationswunde, 
jftliijbt nnri rCn •®1 ) die Wunde intact, d. h. sie sah gut aus, war gut 
Patienten tr Z€ ??. te S - c ^ auc ^ s P ater keine Eiterung. Bei dem ersten 
'liimrtriselipnP- 80 ^'^ 88 ^ 0 ^ 1 kolossale Senkungen auf, die noch zu manchen 
die Amniif a r Veranlassung gaben. Hier waren offenbar durch 

Gelassen an«» 11 - Staphylococcen wieder auf die Wundfläche aus den 
anderen ^ or d en un d fingen wieder an zu wuchern. Bei dem 

obwohl auch’h' F k 0 - 6 Staphylococcen im Blute hatte, blieb die Wunde, 
Falle ler - ^heinbar ebenso schwere Sepsis wie in dem anderen 

gestand, rem und eiterte nicht. 

eines operativ geheilten Falles von 

erfolgen.) * WW * ■ 0 Mittheilung wird in extenso in dieser Wochenschrift 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


139 


5. Herr Sonnenburg: Der retrograde Katheterismns bei imper¬ 
meablen Strlctnren. (Mit Krankenvorstelluug.) M. H.! Ich erlaube 
mir. Ihnen heute einen Patienten vorzustellen, den ich wegen impermeabler 
Strictur operirt habe. Gerade zur Erinnerung an Le Fo rt glaube ich, diesen 
Gegenstand heute berühren zu dürfen, weil, wie Sie wissen, Lo Fort 
auch die Chirurgie der Harnröhre sehr gefördert hat und mancher Vor¬ 
schlag und manche treffliche klinische Beobachtung auf diesem Gebiete 
von ihm herstammon. Die impermeablen Stricturen sind ja sehr häufig 
Gegenstand der Behandlung in unseren Krankenhäusern. Trotzdem es mir, 
soweit orinnerlich. immer gelungen ist, nachdem die Urethrotomia externa 
gemacht war, in die Blase zu gelangen, so habe ich im letzten Jahre in 
drei Fällen vom Damme aus trotz wiederholter Versuche den Weg in die 
Blase nicht finden können. Es handelte sich allerdings in allen drei 
Fällen um Stricturen, die derartig von Narbengewebe und Fisteln umgeben 
waren, wie ich sie bisher solten gesehen hatte. Ich habe nun in ver¬ 
schiedener Weise mir helfen müssen, von allen Methoden aber, die ich 
versucht habe, hat mir der retrograde Katheterismus als die sicherste 
und eleganteste Methode am besten gefaUen. ‘) Ich will hier absehen von 
dem Vorschläge, in der ungefähr angenommenen Richtung der Harnröhre 
ein Spitzbistouri oder einen Troicart in die Blase oinzuführen, da ich 
diesen Vorschlag für unzweckmässig, ja selbst gefährlich halte. Da ist 
es noch besser, wie ich es bei dem einen Kranken gethan habe, das 
ganze Narbengewebe bis beinahe zum Blasenhalse hin von dem Damme zu 
zu spalten und in der Tiefe dieser Wunde in den nächsten Tagen das 
centrale, am Aussickcm des Urins vielleicht kenntliche centrale Ende der 
Harnröhre aufzusuchen. Doch kommt es bei diesem abwartendon Verfahren, 
wie auch in meinem Falle, leicht zu Urininfiltrationen und Abscesscn, die zu 
schweren Störungen, die ein langwieriges Krankenlager erfordern, führen. 
Von den Methoden, deren Wesen darin liegt, dass auf die eine oder die 
andere Art die Entrirung der Strictur von dem der Blase zugekehrten 
Ende, also retrograd, vorgenommen wird, habe ich die von Ditfcel em¬ 
pfohlene Mastdarmablösung, um die jenseits der Strictur gelegene Fars 
membranacea frei zu präpariren und nach Aufschlitzung derselben die 
Strictur zu entriren, bisher zu erproben nicht Gelegenheit gehabt. Es ist 
selbstverständlich, dass dieses Verfahren nur für Fälle anwendbar ist, in 
denen die Verengerung im bulbösen Theile und an der Grenze zwischen 
diesem und der Pars membranacea sitzt. Freilich erstrecken sich die 
gonorrhoischen Stricturen nie auf die eigentliche Pars membranacea, die 
im Gogentheil meist dilatirt zu soin pflogt. Gerade auf diesen letzteren 
Umstand stützt sich die Dittel’sche Methode. Vermittels der stumpfen 
Lösung der Mastdarmwand von der Harnröhre gelingt es, den ganzen 
häutigen Theil blosszulegen und den dilatirten zu erkennen. Es er¬ 
klärt sich aber auch ferner daraus, dass da, wo das Perinaeum narbig, 
von Fistelgängen durchsetzt ist, die Präparation im Dittol’schen Sinne 
nicht gemacht werden kann, und das war auch der Grund, warum ich in 
meinen Fällon nicht zum Dittcl’schcn Vorfahren, sondern zur Epicystotomie 
und zum retrograden Katheterismus mich entschlossen habe. Diesem Ver¬ 
fahren sind alle wStricturen der Harnröhre, sie mögen noch so ausgedehnt 
sein und hoch sitzen, zugänglich. Seitdem der hohe Blasenschnitt mehr 
in Aufnahme gekommen ist, giebt es auch keine inoperablen Stricturen 
mehr. Sollte man selbst von der Blase aus nicht in die eigentliche 
Strictur hinoingelangen können, so wird man doch die Sonde in dem 
centralen Ende der Harnröhre durchfühlen und von jener Stelle aus die 
Strictur successive durchschneidon können. Bei diesem Patienten, den 
ich Ihnen hier vorstelle, habo ich die Epicystotomie mit querem Schnitt 
vorgenommen, wodurch ein bequemer Zugang zur Blase bei mässiger 
Beckenhochlagerung erfolgte. Die Einführung eines englischen Katheters 
von der Blase her in die "Urethra bot keine Schwierigkeit, das Ende der 
Strictur konnte gefunden, die Strictur selber gespalten, der Katheter 
schliesslich in einer Sitzung durch die ganze Harnröhre bis in die Blase 
geführt werden. Die Wunde der Blase wurde durch Catgutnähte ver¬ 
einigt. die Hautwunde einige Tage tamponirt, dann, als die Blasen¬ 
wunde sich als sicher vernäht zeigte, nachträglich durch die Naht ver¬ 
einigt. Beide Wunden heilten per primam. Bei diesem Patienten ist es 
aber ferner noch nöthig gewesen, einen ganzen Theil der Harnröhre neu 
zu bilden. Ich habo den alten Weg, der von dor Oeffnung. die ich zunächst 
durch die Urethrotomio gemacht hatte, bis zur Spitze der Glans führte, 
in dem Narbeugewebe nicht finden können und habe dann Fisteln benutzt, 
durch dieso hindurch einen neuen Canal gebildet, der schliesslich ganz schön 
mit Schleimhaut innen ausgekleidet wurde. Jetzt hat Patient eine breito, 
für den dicksten silbernen Katheter leicht zu passirende Harnröhre ohne 
Fisteln. (Demonstration.) 

Herr Rose: Herr Sonnenburg hat geschildert, wie leicht dor 
Katheterismus posterior sich in solchen FäUen ausführen lässt. Ich kann 
das nur bestätigen nach einer Erfahrung ans dem Jahre 1887, dem einzigen 
Falle unter so vielen, in dem mir der Katheterismus von der Blase aus 
als correct angebracht schien. Ein zwölf Jahre alter Knabe (J.-N. 1783) 
war nach Bethanien gebracht mit Blasenbauchfistel infolge Blasenstich, 
bei dem infolge der Verletzung die ganze Dammgegend in eine narbige 
Schwiele mit Obliteration der Harnröhre verwandelt war. Um dem Harn¬ 
abfluss seinen natürlichen Weg woiter zu verschaffen, musste die Fistel 
breit angefrischt werden, dor Katheter Hess sich von der Blase m 
den Hararöhrenrest sehr leicht cinführen und erleichterte so die Aus¬ 
führung dos Hamröhrensclmits am Damm. Der Knabe wurde vollständig 
geheilt entlassen. In allen anderen Fällen von Urethrotemia externa 
es waren ihrer sicher weit über hundert — schien es mir überflüssig zu 
sein, den Katheterismus posterior vorauszuschicken. Warum kommt das 
wohl, dass er so sehr leicht ausführbar ist? Das zeigen uns dio 

>) Ich hatte vor kurzem Gelegenheit, den retrograden Katheterismus 
auch in einem Falle von hochgradiger Zerrcissung der Harnröhre mit 
Erfolg anzuw'enden. 


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140 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


schliramstön Fülle Von Stricturen, bei denen die Harnröhre die Dicke 
eines Unterbindungsfadens hat, dabei geschlängelt oder wohl ganz ver¬ 
zerrt ist. Sie verrathen sich durch Incontinenz, deren Ursache ja heut¬ 
zutage, zumal bei urämischen Erscheinungen, so oft übersehen wird. Und 
weil das noch so oft geschieht, habe ich heute das Wort ergriffen. Wo¬ 
durch entsteht nun die Incontinenz zuletzt bei dor impermeablen Strictur? 
Legen wir bei der Urethrotomio das Anfangsstück der Harnröhre hinter 
der Strictur bloss, so zeigt es sich mitsammt dem Blasensphincter er¬ 
weitert. Nicht um eine urämische Lähmung handelt es sich, sondern um 
Stauungsdilatation! Daraus folgt, dass man den Katheterismus posterior 
gar nicht von der Blase aus zu machen braucht. Im Nothfall — das lehrt 
die Erfahrung — genügt es, dieses dilatirte Anfangsstück der Harnröhro 
vom Damm aus durch Spaltung aufzusuchen, die Harnröhre von hier aus 
nach vom zu öffnen und mit dem Penisstilck der Harnröhre in Verbindung 
zu setzen. So heilen selbst diese Fälle von Incontinenz infolge Stauung 
bei impermeablen Stricturen. 

Herr v. Bardeleben: M. H.! Vor 25 Jahren gab es wohl eben¬ 
soviel schlimme Stricturen, wie jetzt. Damals, als ich die Leitung der 
ganzen chirurgischen Abtheilung der Charite übernahm, habe ich in den 
ersten Wochen 16 Fälle gehabt, in denen ich den äussoren Harnröhren¬ 
schnitt machen musste, sodass ich fast in Verzweiflung frug, ob es denn 
in Berlin gar keine anderen Operationen gebe, als immer wieder äussere 
Urethrotomieen. Ich hatte eine Zeit lang einen ganzen Saal von lauter 
äusseren Urethrotomieen. Seitdem habe ich diese Operation mindestens 
150 mal auszuführen gehabt. Es ist ein merkwürdiger Zufall, es ist ein 
grosses Glück, was ich gehabt habe: ich habe noch niemals einen Fall 
erlebt, in dem ich bei der äusseren Urethrotomie nicht zum Ziele ge¬ 
kommen wäre. Ich bin deshalb auch einer der unglücklichen Operateure, 
die noch niemals den Katheterismus posterior zu versuchen Gelegenheit 
gehabt haben. Dass die Harnröhro hinter der Strictur erweitert ist, wie 
College Rose bereits erläutert hat, das wird wohl Niemand bezweifeln. 
Es ist ja auch bekannt, ist mir wenigstens immer so ergangen, dass, 
wenn man dann endlich, vielleicht freilich nach einem Suchen von einer 
Stunde, die richtige Harnröhre, das ganz kleine Röhrchen, gefunden und 
eine dünne Sonde durchgeschoben hat, und dann vielleicht eine zweite 
dünne Sonde, und dann eine etwas dickere und dann auf dieser eine Hohl¬ 
sonde, auf der man das Messer vorschiebt, und so allmählich durchge¬ 
kommen ist durch die callösen Massen, dass man dann ganz einfach mit 
dem Finger in die Blase hineingehen kann. Ich lege gewöhnlich, seit 
Spencer Wells zum Drainiren der Bauchhöhle Glasröhren empfohlen 
hat, durch die Harnröhre bis in die Blase eine solche Harnröhre ein und 
finde das sehr bequem. Die dicke Glasröhre, die dicker ist als ein ge¬ 
wöhnlicher Finger, geht, sobald die Strictur gespalten ist. ohne weiteres 
durch. Wenn man sie auch neun, zehn oder gar elf Tage liegen lässt, 
so bleibt doch keine Incontinenz zurück. Man ist absolut sicher, dass 
die Sache aseptisch bleibt; die Glasröhre kann ausgeglüht werden. 
Ich meine, Fälle, in denen man gar nicht durchkommen könnte, müssen 
doch sehr selten sein, und ich möchte ebendeshalb dem Herrn Vorsitzen¬ 
den gratuliren, dass er in diesen Fällen den hinteren Katheterismus mit 
so vielem Glück hat versuchen können. Ich hätte es gar zu gern auch 
einmal getlian, aber ich bin bisher mit dem äussoren Hamröhrenschnitt 
immer ganz gut ausgekommen. 

Herr v. Bergmann ist kein Gegner des retrograden Katheterismus. 
Er fragt ferner an. ob dio Beobachtungen über Stricturen in der Pars 
mcmbranacca am Lebenden oder der Leiche gemacht sind? Dio Beob¬ 
achtungen am Lebenden könnte er nicht als beweisend für das Vor¬ 
kommen derselben gelten lassen. 

Herr Sonnenburg: Ich habe mit dem Hinaufreichen über die Pars 
bulbosa bis in die Pars membranacea nicht die Sticturen selber gemeint, 
sondern das meist von Fisteln durchsetzte Narbengowebe, so dass dor 
ganze Damm ein Narbongewcbe ist. Gerade dioses aber hindert die Operation 
nach Dittel, da man im Narbengewebe die Pars membranacea nicht so 
frodegen kann, um sie einschneiden zu können. Dio Stricturen. wenigstens 
die gonorrhoischen, reichen, das glaube ich auch, selten weiter als die 
Pars bulbosa. Bei den traumatischen kann es ja oft anders sein. Dann 
möchte ich Herrn v. Barde loben gegenüber meine Behauptung auf- 
reclit erhalten, dass es doch Fälle von Stricturen giebt, die unüberwind¬ 
liche Hindernisse bioten und dio Passirung der Enge bei der Urotkro- 
tomia externa nicht ermöglichen, Fälle, die als gänzlich insauabel be¬ 
zeichnet werden. So ist es mir nicht allein, sondern viel älteren und 
bedeutenderen Chirurgen gleichfalls passirt, dass sie im Katheterismus 
postenor das Heil suchten. 

Herr v. Bardoleben: Das habe ich ja gar nicht bezweifelt! 

Herr Sonnenburg: Bei dem Patienten, den ich Ihnen vorstellte, 
habe ich am 4. October v. J. die Uretkrotomia externa gemacht, nachdem 
der untere Theil der Harnröhre durch die Urcthrotomia interna erweitert 
worden war. Ich habe dann jeden Tag versucht, die Harnröhre zu finden, 
habe wieder gewartet und gewartet, und erst am 18. October, 14 Tage 
später, habe ich mich nach vergeblichen Bemühungen dazu entschlossen, 
dio Blase zu eröffnen. Also es war nicht eine Operation, dio ich unmittelbar 
an che erste angeschlossen habe, sondom es lagen 14 Tage dazwischen, 

!T ei - S ^r fÜ ni da8S lch , mir rediich Muhe gegeben habe, nach alter 
Methodo m dio Blase zu gelangen. 

Herr v. Bardoleben: Ich brauche wohl nicht zu wiederholen, meine 
Horren, dass ich das nicht im allermindesten in Zweifel gezogen habe; 
ich habe nur gesagt, wie es mir gegangen ist. 5 

6. Herr Sonnenburg demonstrirt ein Lithopaedion, das einer Pa- 

£ ll D | !i Un i ni i, d - le T Mela ; 110me I 1 zugrunde ging. Das Lithopaedion, 
das ziemlich hoch in der rechten Bauchhälfte lag, hat sie lange Jahre 
getragen, ohne dass es ihr jemals Beschwerden gemacht hätte. Auch das 
Lithopaedion war mit melanotischen Knoten durchsetzt. 

Herr Veit: M. H.! Das vorgelegte Präparat ist ausserordentlich in¬ 


teressant, doch war es mir noch nicht möglich, dasselbe genauer zu 
untersuchen. Ich möchte nur hervorheben, dass es sehr leicht exstirpirbar 
gewesen wäre, da die einzige Schwierigkeit mit der Arteria iliaca externa 
leicht zu überwinden gewesen wfiro. Ich halte es für wahrscheinlich, 
dass es auf der rechten Fossa iliaca lag und tubar oder ovariell ist. Dabei 
möchte ich aber betonen: es ist nicht gerade ein Lithopaedion in dem 
Sinne, >vie man gewöhnlich diese bezeichnet. Es hat sich weder eine 
Kalkschale gebildet, noch ist es im Innern verkalkt. Es ist ein Sack, 
in dem die Knochen des Fötus liegen. Diese Höhle muss also irgendwie 
günstige Verhältnisse dafür gegeben haben, dass es nicht verkalkt ist, 
wie alle sonstigen Formen von Lithopaedion. Es ist also nur ein Frucht¬ 
sack, in dem ein abgestorbener extrauteriner Fötus liegt. Man bezeichnet 
ja das, wie Herr College Sonnenburg mit Recht hervorgehoben hat, 
als Lithopaedion. Aber das sind wörtlich genommen keine Lithopaedien. 
Vielleicht kann ich in späterer Zeit etwas darüber berichten. 

(Schluss folgt.) 

Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i.Pr. 

Sitzung am 8. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Wollenborg; Schriftführer: Herr Nau- 
werck. 

1. Herr Gerber spricht über Affectionen des Nasenrachen¬ 
raums. In erster Reihe über die Tumoren. Unter diesen müsse 
man eigentliche, im Nasenrachenraum selbst gewachsene von solchen 
Geschwülsten unterscheiden, welche anderswoher entspringend, nur 
in diese Höhle hineingewuchert sind. Unter den Pseudonason- 
rachenraumtumoren kommen in Betracht: 1) Sehr starke Hyper- 
trophieen der hinteren Muschelenden, 2) retronasale Polypen. Beide 
Arten können die Symptome eigentlicher Nasenrachenpolypen her- 
vorrufen. Unter den echten Nasenrachengeschwülsten kommen 
klinisch fast ausschliesslich die Fibrome in Betracht. Die beste 
Behandlungsweise für alle derartigen Erkrankungen ist die Galvano¬ 
kaustik, speciell die heisse Schlinge. Es werden Abbildungen ent¬ 
sprechender Fälle (die selbst zur Zeit nicht mehr demonstrirbar 
sind) sowie das Präparat eines Fibroms vorgelegt. Im Anschluss 
hieran werden Zeichnungen von „Syphilis tertiaria oceulta 
cavi pharyngonasalis“ sowie von Tuberkulose des Naso- 
pharynx demonstrirt. 

2. Herr Jessner: Dermatotherapeutische Neuigkeiten. 
Seinen Vortrag weiterführend, kommt Redner auf die Bedeutung 
der Seifen für die Therapie dor Hautleiden zu sprechen. Nach¬ 
dem er die Anforderungen, welche an eine gute Beifenbasis zu 
stellen, und die Schwierigkeiten, welche bei ihrer Herstellung zu 
überwinden sind, erörtert, geht er auf die Indicationen derselben 
ein. Besonders werden die Seifen als Träger von Medicamcnten 
(medicamentöse Seifen) einer eingehenderen Kritik unterzogen, 
die der Vortragende in der diesbezüglichen Littoratur vermisst. 
Bei der Abwägung der Vor- und Nachthoile fallen für erstere in’s 
Gewicht die Sauberkeit und die Sparsamkeit bei der Application von 
Medicamenten in Seifenform. Die den Seifen gegenüber den Fetten 
nachgorühmte grössere Penetrationskraft ist auch nicht zu leugnen 
und auch durch ihre keratolytischen Eigenschaften leicht verständ¬ 
lich. Jedoch liegt eigentlich in der Dermatotherapio kein Bedürf¬ 
nis in diesor Richtung vor, da die Fettsalben allen Ansprüchen 
genügen und trotz aller entgogenstehenden experimentellen Beweise 
tief, oft sogar tiefer als uns erwünscht ist (Intoxicationen!), ein- 
dringen. Unberechtigt ist cs, von einer grösseren Unschädlichkeit 
der Seife zu sprechen, da die beste Seife immer noch differenter 
für die Haut ist als ein gutes Fett. Eher könnte man umge¬ 
kehrt diese differente Wirkung der Seifen als Vortheil derselben 
anführen, die gerade da am Platze sind, wo eine Keratolyso er¬ 
wünscht ist. Die Processe, die eine Keratoplastik erheischen, ver¬ 
bieten meistens dio Seifen, wodurch ihr Wirkungskreis erheblich 
beschränkter ist, als manche Autoren glauben. Zu diesem Nach¬ 
theil kommt dann die stets ungenaue Dosirung in Bezug auf Quan¬ 
tität wie in Bezug auf Concentration des Medicaments hinzu; zwei 
uncontrollirte Factoren, der Fabrikant und der Patient, kommen 
da in Frage. Wo es irgend möglich, soll man principiell nur 
solche Darreichungsformen anwenden, die die Herstellung zu jeder 
Zeit, in jeder Apotheke, in jeder Concentration gestatten. Das ist 
bei den medicamentösen Seifen meistens unmöglich, worunter das 
in der Therapie unbedingt nöthige Individualismen sehr leidet. 
Ein weiterer grosser Nachtheil ist, dass nur eine beschränkte An¬ 
zahl von Medicamenten sich, ohne sich zu zersetzen, mit Seifen 
mischen lässt. Wenn behauptet wird, dass durch diese oder jene 
Reaction das Medicament in der Seife nachweisbar ist, so beweist 
das um so weniger, je feiner dio Reaction ist. Bedauerlich ist es, 
dass dio Seifen dennoch mit den meisten Medicamenten in den 
Handel gebracht werden und deshalb absolut unsichere, unbrauch¬ 
bare Präparate in der Therapie Verwendung finden. — In Anbe¬ 
tracht dos beschränkten Wirkungskreises, der differenten Wirkung, 
der ungenauen Dosirung etc. werden die medicamentösen Seifen 
die Salben resp. Pasten niemals zu verdrängen vermögen. Der- 


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8. Februar^ 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


jenige, der sieh eingehender mit Derinatotherapie beschäftigt und 
vor allem auch unter den zahlreichen Seifenpräparaten (harten, 
weichen, flüssigen, pulverförmigen) das für das betreffende Medica- 
ment geeignetste auszusuchen versteht, wird mit medicamentösen 
Seifen allein in vielen Fällen vorzügliche Erfolge erzielen, für den 
praktischen Arzt aber, welcher der Dermatotherapie ferner steht, 
sollten sie meistens nur Unterstützungsmittel hei der Therapie 
chronischer resp. subacuter Leiden bleiben. Jedenfalls erheischt die 
Anwendung von Medicamenten in Seifenform eine besondere Vor¬ 
sicht des Therapeuten. 

B. Herr Stockmann: Beitrag zur operativen Behandlung 
der Basedowschen Krankheit. Seit Jahren hat sich das Be¬ 
streben bemerkbar gemacht, den Morbus Basedowii, dessen 
Therapie so lange ausschliesslich der inneren Medicin zufiel, auf 
operativem Wege zur Heilung beziehungsweise Besserung zu 
bringen. Der Grund hierfür dürfte nicht sowohl in dem häufigen 
Misslingen der bisherigen therapeutischen Maassnahmen, als viel¬ 
mehr darin zu suchen sein, dass sich in der Auffassung von dem 
Wesen dieses Krankheitsprocesses eine Wandlung vollzogen hat; 
denn während früher fast allgemein die Ansicht herrschte, dass die 
Basedow’sche Krankheit das Product einer Erkrankung des 
Sympathicus sei, wird sie jetzt von namhaften Autoren auf die 
Struma, als die eigentliche Grundkrankheit, zurückgeführt. 
In der theoretischen Begründung gehen die Ansichten der Autoren 
allerdings auseinander. Nach der Meinung der einen soll der ganze 
Symptomencomplex lediglich durch den Druck der vergrösserten 
Schilddrüse auf die umliegenden Nerven, namentlich den Sympathicus, 
bedingt sein, während die anderen die Krankheit als eine Art von 
Giftwirkung auffassen, verursacht durch die gesteigerte Schild- 
drusenthätigkeit. Welche dieser beiden Hypothesen die begründetere 
ist, mag dahingestellt bleiben: beide kommen darin überein, die 
Struma als causa movens hinzustellen. Von dieser Anschauung 
ausgehend, ist bereits eine namhafte Zahl (ungefähr 40) von 
Stramaoperationen zum Zweck der Heilung Basedow’scher Krank¬ 
heit unternommen worden, und zwar mittels dreier verschiedener 
Operationsmethoden. Grösstentheils sind totale und partielle 
Exstirpationen der Schilddrüse gemacht worden; geringer ist 
die Zahl der Fälle, in denen man die Heilung mittels Unter¬ 
bindung der zuführenden arteriellen Gefässe zu erreichen 
gesucht hat. 

Da von Fällen dieser letzten Art, soviel mir bekannt, 
überhaupt nur drei publicirt sind, so dürfte die Mittheilung eines 
neuen Falles dieser Art von Interesse sein. Allerdings ist ausser 
i er Ligatur der Arterien auch noch eine partielle Exstirpation 
* Mulddrttae vorgenommen worden. Die Krankengeschichte ist 

Patientin, ein 26jähriges Dienstmädchen K., wurde am 4. April 
• res m einem Zustande hochgradiger Schwäche und Nervosität 
- nfn ie innere Abtheilung der städtischen Krankenanstalt hierselbst 
H. 1 ^ e L n , 0II1 I n,,n ' Bei der Aufnahme bestand starke Dyspnoe, intensives 
i -i T en 1 l,n< * grosse Herzensangst. Aus der Anamnese ist hervorzu- 
,. r . icn \ 5158 ratientm von gesunden Eltern abstammt, als Kind angeblich 
"Mi*.! Un< l i 111 * * m Lebensjahr zehn Wochen lang an Krämpfen 
weIche , infol £ e von Schreck entstanden und ohne jede Medi- 
krini-t ■ er Ve f sc hwunden sein sollen. Im Februar vorigen Jahres er- 
f 0 u n f. r sl * if 11 jl ner schweren diphtheritischen Halsentzündung mit nach- 
iimlirh »fir C !i^u Un £ * st ^ShaH) in der städtischen Krankenanstalt 
Dämlich ppb* - e ,^ or ^ en ’ P* e Menstruation ist ziemlich verspätet, 
erfahrt ,, n a 1 ^ j pebensjahr eingetreten, dann stets regelmässig 
Vorptwn « tu dem Anfänge des vorigen Jahres wieder ausgeblieben, 
vordprp« Hoi T dl Patientin zum ersten Male eine Anschwellung der 
allmählich Gemarkt haben; dieselbe war schmerzlos und nahm 

tretendes zu \ . S ese Hte sich denn auch zeitweise auf- 

an den Aiifrn ^ P s y c hische Erregbarkeit hinzu. Veränderungen 

Hervortppton Ü 8 * sed L ? a ‘ zwe * Jahren bemerkt worden (zunehmendes 
•Jahr soll d»c if Uß d Auftreten von Doppelbildern). Seit einem 

bis zur i, p ? en seIir an IntensitÄt zugenommen und sich öfters 

erschwertet; gesteigert haben. Mit demselben pflegte stets 

musste Potior,*- e ]^herzugehen. Sobald diese Anfälle auftraten, 
seilten sirh das Bett aufsuchen. In der Folgezeit ge- 

und Fflssen . Ohnmachtsanwandlungen, Zittern in Händen 

auffallende ’Nei^ psychische Erregbarkeit, Taubheitsgefühl und eine 
sichtliche ZU P ro ^ usen und andauernden Schweisson sowie 

um f^t 9n vf& er u ng hinzu - (Das Körpergewicht ist in zwei Jahren 
allmählich" hi« uerontergegangen.) Diese Beschwerden hatten sich 

- bis. z„ dass es der Patientin 

und ihrer Beschäftigung 


unmöglich b JL' ZU . dem &rade gesteigert 
^njäehea. sie vXehr enSt “ 2mlehmen 

ist von 


Die nähprp le n V l edneb L me istens das Bett aufzusuchen gezwungen war. 
in Mittelerössp b ^ der Aufnahme ergab folgendes: Patientin 


schlaffer Mnskiiht, ’ Knochenbau, dürftigem Panniculus adiposns, 

und zu r Weinpri; oh i ■* le en ! c heint psychisch leicht erregbar, zum Zittern 
^bfaausdruck spu«» 1 geneigt. Die Sprache ist etwas heiser, der Ge- 
J^iderseits j , Aussehen leidend, die Haut feucht und kühl, 

fehlt. Strabismna , deut Dcher Exophthalmus, das Graefe’sche Phänomen 
Dartiecn stark vpphÄ^ 6 ^ er ^als ist besonders in seinen unteren 
ckt und hat, über die höchste Prominenz gemessen, 


__141 

einen Umfang von 36 cm. Die Schilddrüsenlappen sind beiderseits 'stark 
geschwollen, ragen nach oben bis zum SchildknoJpel nach unten hinter 
das Stenium Der Isthmus ist weniger betheiligt. Die Struma hat eine 

Ä. B ^ V affenh ^ i nd 1St nur iu geringem Grade gegon die Unter¬ 
lage verschiebbar. Ueber sämmtlichen Partieen derselben ist 

hnrW S TV Se w und .. Sch . w i rr . en > synchron mit dem Radialpuls 
h-P 16 Dcrzaction ist eine stürmische, die Herzdärapfung nach 

fei? a t n 7 k 1 ?hT A lte i Der ?P] tzeast <>ss befindet sich auf der sechsten 
Rippe ; Auch über dem Herzen smd schwirrende Geräusche hörbar. Der Puls 
hat eme Frequenz von 125. Lungenbefund normal. Körpergewicht 47 5 ktr. 

Daraufhin musste die Diagnose auf Morbus Basedowii gestellt werden 
- d Z rd ° z " näc ^ st versucht, durch kräftige Diät und entsprechende innere 
Medication eine Besserung zu erzielen. Obwohl die verschiedensten Mittel 
m Anwendung kamen, machte sich eher eine Verschlechterung geltend 
Patientin war meistens bettlägerig, wurde von den heftigsten steno- 
cardischen Anfällen gequält, nahm an Hinfälligkeit zu und schwitzte sehr 
Stimmung fing an, melancholisch zu werden, und Patientin 
beschäftigte sich viel mit Todesgedanken. Als ihr der Vorschlag einer 
Operation gemacht wurde, erklärte sie sich sofort hierzu bereit und drängte 
selbst auf baldige Ausführung derselben. 8 

Die Operation schien in der That dringend indicirt, denn am 2. Juni 
traten so intensive stenoeardische Anfälle bei sehr kleinem Puls auf, dass 
direkto Lebensgefahr vorhanden war. Es wurde deshalb die Unter¬ 
bindung der.Schilddrüsenarterien, zunächst der oberen, von 
mir am 6. Juni ausgeführt. Die Operationsdauer betrug 3 /< Stunden. Die 
Arterien "wurden ziemlich loicht gefunden und einfach ligirt. Unmittelbar 
nach der Operation war Patientin sehr matt, der Puls klein, mit einer 
Frequenz von 150. Doch schon nach acht Tagen war derselbe 
unter allmählich zunehmender Besserung des Allgemein¬ 
befindens bis auf 90 heruntergegangen. Der Wundveilauf war ein 
normaler beim ersten Verbandwechsel die Wunden per primam geheilt. 
Die Schilddrüse erschien nunmehr in ihren oberen Partieen fast vollständig 
abgeschwollen, die knollige Beschaffenheit war verschwunden, und die ganze 
Halspartie hatte eine mehr teigige Consistenz angenommen. Die Besserung 
des Allgemeinbefindens und namentlich der Umstand, dass die Monate 
lang allen Heilversuchen trotzenden stenocardischen Anfälle vollständig 
beseitigt erschienen, war ganz frappant. — Erwähnen möchte ich noch 
nachträglich, dass das Körpergewicht vor der Operation 45 kg betragen hatte. 

•4m dun * wur d e nunmehr die Unterbindung der unteren 
beiden Sehilddrüsenarterien nach der Rydygi'er’sehen Me¬ 
thode ausgeführt. Bei ruhiger Narkose dauerte die Operation 3 / 4 Stunden. 
Die Arterien wurden loicht gefunden und wiederum einfach ligirt. Sofort 
nach der Ligatur konnte ein deutliches Abschwellen auch des Restes der 
Struma constatirt werden. Der Puls betrug unmittelbar nach der Operation 
122 und sank am selbigen Abend auf 112. Der Wundverlauf war wieder 
ein normaler. Innerhalb acht Tagen ging die Pulsfrequenz auf 90 herab. 
Nach weiteren 14 Tagen war bei gutem Allgemeinbefinden das Körper¬ 
gewicht bereits um 2,3 kg gestiegen. Ausserdem hatte sich die schon 
sieben Monate lang ausgebliebene Menstruation wiederum, wenn auch 
in geringem Maasse, gezeigt. Allein schon nach vier Wochen zeigte sich 
abermals ein deutliches Anschwellen des linksseitigen Schilddrüsenlappens 
in seinen unteren Partieen. Das Allgemeinbefinden, der Puls und das 
Körpergewicht blieben durchaus gut und machten sogar Fortschritte. Die 
Geschwulst entwickelte sich bis Hühnereigrösse, war von sehr derber 
Consistenz und ziemlich beweglich. Trotz des trefflichen Allgemein¬ 
befindens wünschte Patientin aus Furcht vor einer etwaigen Verschlech¬ 
terung auch noch die Entfernung des Geschwulstrestes. Deshalb wurde, 
entsprechend den Kocher’schen Ausführungen, am 29. August die links¬ 
seitige Strumectomie gemacht. Der Schnitt verlief in der alten 
Narbe. Am vorderen Rande des Kopfnickers wurde nur noch ein kleiner 
senkrecht auf seine Mitte angelegt. Dio Operation verlief nahezu 
Die Geschwulst liess sich selbst hinter dem Sternum leicht 
herausschälen. Aus Furcht vor einer Nachblutung wurde die Wundhöhle 
tamponirt. und nach drei Tagen die Secundärnaht angelegt. Trotz normalen 
Wundverlaufes klaffte an der Stelle, wo die drei Wundflächen aneinander- 
stiessen. die Wunde. Innerhalb drei Wochen war, allerdings mit ein- 
gezogener Narbe, die Verheilung per secundam eingetreten. Der exstir- 
pirte Geschwulsttheil war 8 cm lang, 4 cm breit, 3 cm dick und 80 g 
schwer. Die im hiesigen pathologischen Institut ausgeführte mikroskopische 
Untersuchung ergab eine Colloidstruma. Hierdurch erklärt sich auch der 
nur vorübergehende Erfolg der Unterbindung. 

Das Befinden der Patientin machte inzwischen zusehende Fortschritte; 
dio stenocardischen Anfälle waren nicht mehr aufgetreten, die profusen 
Schweisso verschwunden, die Erregbarkeit im Nachlassen begriffen; die 
Arbeitslust kehrte wieder, und Patientin nahm an allen häuslichen Arbeiten, 
selbst schwereren, wie Scheuern, Wassertragen u. s. w., regen Antheil. 
Am 10. October erfolgte ihre Entlassung aus der Krankenanstalt. Das 
Körpergewicht betrug 67 kg. 

Seit der letzten Operation sind nunmehr vier Monate ver¬ 
gangen, und das Befinden hat sich dauernd gebessert. Ueber keine 
der früheren Beschwerden wird geklagt. Patientin fühlt sich 
durchaus wohl und arbeitskräftig. Ihr Körpergewicht ist bis auf 
68,5 kg gestiegen, hat sich also um 21 kg seit der ersten Operation 
gehoben. — Zurückgeblieben sind: geringer Exophthalmus und 
Strabismus und theilweise die Erscheinungen am Herzen. Inwieweit 
auch diese verschwinden werden, muss dahingestellt bleiben. Reim 
stellt ja ein günstiges Prognostikon, indem er sagt, dass die 
Heilung nicht sofort im Anschluss an die Operation erfolgt, sondern 
sich erst allmählich vollzieht, und nach Dreesmann soll dieses 
gerade bei den mit der Unterbindung behandelten Fällen zutreffen. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



142 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT, 


In der Discussion bemerkt Herr Meschede, dass er den Ver¬ 
lauf dieses auf seiner Abtheilung behandelten Falles in seinen ver¬ 
schiedenen Phasen genau zu beobachten Gelegenheit gehabt habe und die 
günstige Wirkung der von Herrn Stockmann ausgeführten Schilddrüsen¬ 
operationen bestätigen könne. Die in Rede stehende Kranke sei von ihm 
zwei Wochen nach ihrer am 10. October vorigen Jahres erfolgten Ent¬ 
lassung aus der ärztlichen Behandlung als Hülfswärterin der städti¬ 
schen Krankenanstalt eingestellt worden und habe seitdem — von 
einer intercurrenten Influenzaerkrankung (16.—28. November) abgesehen 
— in regulärer Weise ihren Dienst versehen können. 


IX. Oeffentliches Sanitätswesen. 


Die Choleraepidemie in der Türkei und speciell in 
Constantinopel. 


(Schluss aus No. 5.) 

Für Constantinopel lässt sich die Einschleppung der Cholera von zwei 
verschiedenen Seiten nachweisen. Nach Ausbruch der Cholera in Rumänien 
wurden die grossentheils aus türkischen Unterthanen — vielen Armeniern 
— bestehenden Arbeiter aus Sulina ausgowieson und kamen mit allen 
möglichen Fahrgelegenheiten, Dampfern und Seglern an der Einfahrt des 
Bosporus an; vom 20. August an füllte sich das Hospital von Sinope mit 
Cholerakranken. Die von hier entlassenen Arbeiter sind die eine Quelle 
der Infection; dieser Heerd ist aber beschränkt geblieben und in sich er¬ 
loschen. 

Sehr viel ernster ist der andere Heerd geworden. Es ist notorisch, 
wird auch als durch die Unzulänglichkeit der Mittel bedingt zugegeben, 
dass die grossen Effecten der aus Mekka zurückkehrenden Pilger — be¬ 
sonders in Tor — nicht desinficirt werden konnten. Diese enthielten aber 
gerade die gefährlichen Kleidungsstücke, schmutzige Wäsche, Lumpen etc. 
Nun steht das eine fest, dass die Cholera sprungweise an verschiedenen 
Stellen bei Türken ausbrach, und zwar bald nach der Rückkehr des ersten 
Pilgerschiffes. 

Am 20. August kam das erste Schiff an „Nime Hu da“ mit 604 Pil¬ 
gern, am 21. August der „Sögütlü“ und am 23. August der „Zeadet“. 
Der zweite Dampfer hat an Ruhr und Cholera in Tor und unterwegs ca. 
60 Passagiere verloren. Am 29. August brach die Cholera im Irrenhause 
von Skutari aus. 

Es ist nun zwar nicht bewiesen, nicht beweisbar, dass gerade ein 
bestimmtes Stück, eine bestimmte Person die Cholera dort eingeschleppt 
hat. Aber wer den Glauben der Türken kennt an die Heilkraft, die von einem 
Hadji ausgeht — die Kranken legen sich auf die Erde und der Mekka¬ 
pilger stellt sich auf sie —, oder an die Wunder, die das heilige Wasser 
Zem-Zem thut —, der wird sich über diesen Ausbruch in Skutari nicht 
wundern. 


Es hat nun kein grosses Interesse für den Leser, der mit den localen 
Verhältnissen nicht vertraut ist, von Tag zu Tag, von Vorstadt zu 
\ orstadt, Zahlen und Ausbreitung der Cholera zu erfahren; ausserdem 
finden die Leser ja die Zahlen in den wöchentlichen Berichten. Be¬ 
tonen will ich nur noch, dass zuerst die türkische Bevölkerung — das 
Irrenbaus, die Kasernen, die Kriegsschiffe und die Marinesoldaten 
überhaupt das bedeutendste Contingent zu den Erkrankungen stellte: 
erst später wurden auch jüdische Quartiere und Quartiere am Bosporus 
verseucht. 

rr^ er ^ er ^ au ^ ^ er Seuche im ganzen hier, die Maassregeln zu 
ihrer Unterdrückung nebst den begleitenden Umständen müssen allgemeine] 
bekannt gemacht werden. 3 

Erinnerung an die furchtbaren früheren Epidemieen machte 
die Nachricht vom Ausbruche der Cholera in Smyrna — die übrigens 
schon längere Zeit dort geherrscht haben, aber abgeleugnet sein soll — 
hier grossen Eindruck. Aber die Presse durfte kein Wort bringen — 
ebensowenig wie nach Ausbruch der Cholera in Constantinopel. Das 
\ ort „Cholera war verboten; es existirte nur eine „maladie suspecte“ 
oder kurzweg „la maladie“. 

Gegen Smyrna wurde eine zehntägige Quarantäne eingerichtet 
dje auch dann aufrecht erhalten wurde, als die Cholera in Cons&ntinope] 
ausgebitochen war; ja, nunmehr mussten die Provenienzen aus Constan- 
machen“n C azomene vor Sm - Vrna eine dreitägige Quarantäne durch- 

J5j‘ a ’ 1 ! r J i r ^ nd '™ kompetenten Persönlichkeiten, wurd< 

""“f ." der Hauptstadt der Kampf gegen die Seuche aufgenommen 
Prtfeclen R U „T PlJ p w " de . nu ‘ er ^m Vorsitz des flbclstheleumundetei 
eme Commiss ‘on aus Militärärzten gebildot. Zui 
r^ehnb S lhrer Besch ' üssc . stellt« dieselbe — angeblich bei doppelten 

tah^Ct,Z?“ Se n AnZfihl J , unger V hier gebildeter, möglichst uner- 
lahrenei Auzte an. Die von dieser Commission beschlossenen Maass- 

De^Hauntnunkt^adeta^“ 1 f tzt f ndnhren gewonnenen Erfahrungen Hohn 
iten Hauptpunkt bildete die locale Quarantäne. Wo ein verdächtiger Fal 

^ HaUSe 2Wd SpazierstÄckchendii 

als Vache S und Ä und zwei bis Soldat« 

f.nd d. h lg ,“ h . t aufgestellt. Ausserdem wurde die Umeebum 

wetsen Pulver tnebrV Mann f hÜhe das ««sgiebigsta “nen 
~ angeblich ungebrannter Kalk — bestreut. Die gleich« 

übelriechenden* 1 dhscreten Ecken 1 ange1l'eihmi nn v eine d H R lpt - stadt un( 

“nd Heutschhmd^wm'eZrmachte man^keinen SSSST “ 
Sanitätscommission, 6 die ifacÄgem’ dta ZT alT d« Ä“ 


No. 6 


de medecine hatte, wurden ganz bei Seite gelassen. Das absolute Miss¬ 
trauen, dessen sich Redwan und seine Commission erfreute, die vexato- 
rischen Maassnahmen der Polizei, die Octroyirung der jungen unerfahrenen 
Municipalitätsärzte (wodurch die Thätigkeit der erfahrenen Praktiker voll¬ 
ständig paralysirt wurde) brachten eine Gährung der unteren Volks¬ 
schichten und eine allgemeine Verstimmung hervor. Da die beschäftigten 
Aerzte spazieren gingen und keinen Cholerafall gesehen hatten, ging die 
allgemeine Ueberzeugung dahin, dass dio Cholera gar nicht existire, ja. 
dass die Agenten und Municipalitätsärzte verdächtige Fälle schüfen und 
sogar durch ihro Medicamente, durch die innerlich statt äusserlich ver¬ 
abreichten Desinficientien die Patienten tödteten. 

Niemand wagte mehr, zum Arzte zu schicken. Ein Praktiker, welcher 
Fälle anzuzeigen wagte, wurde vom Publikum geboycottet. Verdächtige 
Fälle in der besseren Clientei wurden ängstlich geheimgehalten. 

Im Anfang ging der Blödsinn so weit, dass sogar die behandelnden 
Aerzte miteingesperrt wurden. Der Arzt des Irrenhauses in Skutari, 
Dr. de Castro, wurde sechs Wochen lang im Irrenhause intemirt ge¬ 
halten; seine Familie durfte ihn nur von der Strasse aus begrüssen! Auch 
späterhin wurdon die Aerzte beim Verlassen unter Cordon befindlicher 
Häuser vermittels einer Blumenspritze mit einer verdächtig riechenden 
Flüssigkeit bespritzt. Die Kliniken und Polikliniken der Medicinschule, 
deren Warteräume sich unter Gottes freiem Himmel befinden, wurden ge¬ 
schlossen, um eine Anhäufung von Menschen zu vermeiden. 

Hier will ich noch kurz einige Facta anführen, die, wenn ich mich 
nicht von ihrer Thatsächlichkeit überzeugt hätte, mir unglaublich er¬ 
scheinen würden. 

In Mum-Han6 (Galata) war ein Cafdbesitzer an Dysenterie erkrankt 
und ins Hospital geschafft. Als er nach etwa zehn Tagen in eben dem¬ 
selben Hospital gestorben war, wurde das Cafd mit allen zufällig darin 
befindlichen Gästen abgesperrt und zehn Tage unter Cordon gehalten. 
Natürlich musste dio Verpflegung der Insassen auf Kosten des Staates 
geschehen. Selbstverständlich war das Cafe dauerd von einer grossen 
Schaar belustigter Zuschauer umgeben. In einem andeien Falle wurde 
ein Bordell ganz plötzlich mit sämmtlichen Insassen abgesperrt. Man 
kann sich die Situation der hier eingeschlossenen Gar^ons und Ehe¬ 
männer denken. 

Ende October schien die Epidemie, zu erlöschen. Vom 24. August 
bis zum 4. November sind 386 Fälle gemeldet. Die Todesfälle betragen 
über 80%; jedenfalls eine falsche Zahl, durch die Verheimlichung von 
Erkrankungsfällen bedingt. 

Vom 29. October bis zum 4. November bringen die officiellen Listen 
13 Erkrankungen und 12Todesfälle! Die Epidemie schien erloschen, und 
die Rod wan gefügige Presse strömte über in Lobeserhebungen für diesen 
thätigen Mann, dem es gelungen war, die Seuche im Keime zu ersticken. 

Der November setzte mit heissem Wetter und schwülen Südwinden 
ein. Vom 5. November ab brach die Epidemie in verschiedenen Hafen¬ 
quartieren mit grosser Heftigkeit von neuem aus. 

Jetzt verloren Redwan und Genossen den Kopf. Ein Bericht 
Redwan’s an den Sultan besagt, dass die bisherigen Maassnahmen zur 
Erstickung der Epidemie sich als unzureichend erwiesen haben, dass 
ausserdem das Personal zur Bewachung durch den Dienst erschöpft, die 
Kassen durch die Verpflegung der Cernirten und durch die Vergrösserung 
des Personals leer seien. Er schlug vor, Mitglieder des Conseil superieur 
de sante in die Commission zu berufen und von diesen feststellen zu 
lassen, welche Maassnahmen sich in Europa bewährt hätten. 

Sein Vorschlag zur Aufhebung der Hausquarantänen hatte offenbar 
im Palais keine Gnade gefunden. In der Sitzung vom 14. November wand 
er sich, um von der verstärkten Commission die Annahme einer verkürzten 
Quarantäne, genannt „ärztliche Beobachtung“, zu erlangen. In einer 
Sitzung am 16. November kam es zum Conflict. In dieser Sitzung that 
der Minister des Aeusseren auf die Vorschläge und Vorstellungen des 
russischen und französischen Vertreters in der Commission den denk¬ 
würdigen Ausspruch: „Wir sind in der Türkei! D. L. Eure Erfahrungen 
gehen uns gar nichts an.“ 

Man wollte die Mitglieder veranlassen, ein ihrer Ueberzeugung wider¬ 
sprechendes türkisch abgefasstes Mazbata zu unterschreiben. Dieselben 
verliessen die Sitzung, und die Commission wurde nun durch hiesige, 
zwar tüchtige, aber in ihrer Eigenschaft als türkische Unterthanen immerhin 
nicht freie Aerzte ersetzt. 

Die Hausquarantäne, seit dem 13. November auf drei Tage herunter¬ 
gesetzt, wurde durch die Macht der Verhältnisse ganz aufgehoben; denn 
die Cholera nahm derartig zu, und zwar über alle Quartiere vertheilt, dass 
z. B. in der Woche vom 3. bis 9. Decomber die officiellen Listen 
402 Cholerafälle mit 172 Todesfällen brachten. 

Die im ganzen vom 5. November bis zum 30. December gebrachten 
Zahlen sind 1616 Cholerafälle mit 889 Todesfällen. Auch hier dürfte 
wohl die Zahl für die Todesfälle der Wahrheit nahekommen, während die 
Erkrankungsfälle zweifellos sich viel höher belaufen. Erfahrungsgemäss 
nimmt die Sterblichkeit gegen Ende der Epidemie ab. Der oben erwähnten 
Zahl von 402 Erkrankungsßlllen mit 172 Todesfällen entsprechen die 
späteren Zahlen nicht. v 

Die Erkrankungs-(Todes-)fälle für die letzten drei Decemberwochen 
betragen 176 (111), 135 (81), 89 (42). Private Erkundigungen ergaben 
denn auch, dass die Aerzte eine Masse leicht verlaufender suspecter Fälle 
beobachteten, aber nicht mehr zur Anzeige brachten. 

Am 28. December wurde plötzlich auf kaiserlichen Befehl die alte 
Maassregel der Hauscordons, und zwar auf fünf Tage wieder eingeführt. 
Durch die hiermit zusammenhängenden Vexationen werden natürlich die 
Meldungen wieder weit unzuverlässiger. Ich will einige Zahlen aus den 
letzten Tagen mittheilen, die allerdings auf eine Abnahme, immerhin aber 
noch nicht auf ein Erlöschen der Epidemie hindeuten. Am 5. Januar 
8 Cholerafälle (mit 3 Todesfällen); am 6. Januar 2 (2); am 7. Januar 10 (2). 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





8. Februar. 

Seit Mitte December hat man, unter Leitung eines aus Paris ver¬ 
triebenen Sachverständigen, Desinf'ectoren neuen Svstems für die Haus 
desinfection etc. in Gebrauch genommen. Für den Ernstfall genügen aber 
sowohl Angestellte wie Apparate kaum. ° 

Wenn die behördlichen Maassnahmen nicht rationeller betrieben wenn 
besonders die zwecklosen Summen für Hausquarantänen nicht auf eine 
wirkliche Desinfection der Häuser und Effecten verwandt werden so ist 
ein Erlöschen der Epidemie sicher nicht auf Conto der Regierun^smaass- 
regeln zu setzen. ö 

Diese Epidemie hat sowohl in ihrer Entstehung wie in ihrem Verlauf 
hier in Constantinopel die absolute Ohnmächtigkeit der Quarantänen Ge¬ 
zeigt. Es ist sonderbar, dass die türkische Regierung auch heute noch 

k. *ine Lehre daraus zieht. Die Epidemie ist veranlasst in ihrem ersten 
Ursprung durch die Truppen und Truppentransporte, weiter durch die 
Mekkapilger. Die Weiterverbreitung der Epidemie in der Türkei in der 
allerletzten Zeit nach Adrianopel, nach Salonik, nach Trapezunt Triüolis 
Tunis ist auf Truppentransporte, zum Theil aus der hiesigen Selimi6- 
haseme. welche schwer befallen war, zurückzuführen. Der Dampfer Adana 
z. B. brachte 800 Invaliden nach Rizeh am Schwarzen MeerUnte? 
diesen erkrankten einige, und die ersten Fälle in Trapezunt sind bei aus 
Kizeh dorthin gekommenen Soldaten constatirt. 

Wenn die Unsummen, die dem Staate dieses Jahr durch die Handel¬ 
nd Verkehr lähmenden Auslands- und Inlandsquarantänen verloren ee- 
singen sind, nur zum Theü auf eine planmässige Sanirung der Haupt- 
dvr Wel7se n m Würden ’ S ° mÜSSte Constantill opel die gesündeste Stadt 

Ftlr die Unterbringung der Pilger in Mekka, überhaupt zur Für¬ 
sorge für die Pilger an allen grösseren Stationen, für die Versorgung mit 
SU t Ä nacb ?er furchtbaren Katastrophe g vom 
ÄÄSSS U " d emcC ° mmi3si00ist “bgeschiokt., um 

E » id “ 

r 'V s Con^tmopel angeht, so wollen wir hoffen, dass die jetzige 
tpidemie die bis jetzt sehr viel Analogie mit der von 1847—49 bietet 
*' ■■■* darin ähneln möge, dass sie überwintert! ^ 

«.nnircs Weto.r lft s'j 29 ~;[ imuar - Der Jai "Jar brachte dauernd trocknes, 

l, " dos Thermometer sank Nachts mehrfach unter Null. 

W 4 m l 9 f Z T USchrelbeB ’ J d “ ss ' »Epidemie am Erlöschen zu 

k™hin Fall. A J WUrde Ml) Fall gemeldet, zwei Tage vor- 

Stand der Cholera. 

*-S. W C nthVÄt^woÄ raföI,e Während der W ° Che 

BelÄKLE. C M 0ler '\ mit ? iemlic her Heftigkeit wieder in 
veremzelte FäL wL* 5“ November vongen Jahres wurden daselbst noch 
von Cholera Tn s ® ltdem veriaut «te bis Ende des Jahres nichts 

kamea mehrere Erkrankungen 
in/S V am 7r ! ? V v 1Ch vor ,\ B ^onders heftig tritt die Seudie 
i'i ansHon \rnM aU ^’ I F^ amu F sel bst zählte man (bis zu welchem Tage, 
fällen; j n zahlreS* GrtsX T ichtlich j 32 Erkrankungen mit 22 Todes- 
• benfall« die Cho ml c °*'d\ ften S de . r üm ^ ebun g von Namur wüthet 
21' J amines ’ Auvelais, Flawinnes, 
One betroffen waren u* ahread bishervorzugsweise an der Maas gelegene 
Limburg aufoetreton’ a* dle Seuch e auch in St, Trond, Bezirk 

11 TodeslTük Am 17 ‘ Januar zählte ma n daselbst 15 Erkrankungen, 

Brcka ^eko^n.en A ?T fa l lg Januar nur noch ein Cholerafall im Bezirk 
dtolerafrei erklärt wnrä ^ nt °/n d Januar ist das Land amtlich für 

In Pe er fnr d6 i n - 0este ™chisches Sanitätswesen.) 

I J 'Tson*n an f’holer^ e { kranktei1 (starben) vom 4. bis 11. Januar 99 (49) 

^ Kaiserlich» T(lLj de ? S0Dst, ^ en in Xo - 5 ^ Veröffentlichungen 

^sunheitsamtes enthaltenen Nachrichten ' ’ “ ‘ 


DEUTS CHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 



; FodefcfaJlei, ausserdem in elf 17 'v bls 3 ^ Becember 21 (14) Erkrankungen 
In der letzten Hälfte h Jrf f a ? deren Gubermen vereinzelte Cholerafälle 
alIte des December. Sperling. 


in d . t i Znr Infllie,,zae PWön>ie. 

S^lle aus'folgenden Irn ^ ^°? he Z° m U ‘ bis 20 - Januar Influenza- 
Bamburg, Lübeck ie^ M en .° rte ,r bervorzuheben: Altona, Halle, 
jIberf eld. München J f^ etZ ; Jf ünster . J e 4. Frankfurt a. M., 
u . r - Mülhausen w Bre menje5, Leipzig 6, Strass- 

bohe -Ulgemeinst/rbliiti. V ^ r 5 S 1 e - n 14 : . Köln 17 ’ Berlin 21. Durch 
. rd nkbeiten der \thmnmL und ^ eic hzeitig hohe Sterblichkeit an acuten 
tef®mtBterblichkeit ra f ten T /olgende Orte hervor: Bonn 
D & r m « f«<i mS o. ,n der Vorwoche 41,6%,). Bremen 
Gladbach 33 0 d ^ 7 3 ?; 3 Tr 1 - 9, ? ) oA Dortmund 3l ’ 4 ’ Dui sburg 37.6 
Iau sp n 43,1 (44 41 P; 3 i ,9j r5o le 30,6 ^ 26 ’ 1 ), Köln 27,5 (29,5), Mül- 
Km r l5 l (27,ft BMond° rf 28 m ( ? 9 C 3) ’ Stefcfcin 30,0 (29,2), Strass- 
fih k . U ‘ it€n der 'Athmnn^ zahlre f, h waren die Todesfälle an acuten 
vlt Hälfte, hier* i “ rganc * n . Mfllliaiis e n und Strassburg, dort 
Ll?w hendeai ist zu entel ® m D ? ttel &er Todesfälle betragend Aus 
nj*®- und zwar vorwi meD j dass dle Influenza in Deutschland noch 
«enden stark verbreitet ist Gnd m d6U westIich en und südwestlichen 


143 


— —- Sperling. 

X. Aus der Deutschen Gesellschaft für 
öffentliche Gesundheitspflege. 

c m In -, de n r Sitzun g der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Ge 
sundheitspflege vom 29. Januar 1894 sprach Herr A Hart man n «w 
t5 hen Bienst in auswärtigen KrLkenhäuserm In der Litteratu? 
über die Hygiene der Krankenhäuser habe die Frage des ärztlichen Dienstes 

gefunden, so wichtig doch dieselbe 
für die Eiffüllung des Zw eckes der Anstalt sei. Man müsse, wie dies von 
verschiedenen Seiten geschehen, drei Forderungen aufstellen die Be¬ 
grenzung der Zahl der Kranken einer Oberarztabtlieilung auf 100—120* 
A Un ? V ° n BPpmalärzten und diejenige von besonderen patho- 
v£wn Anato “ en - Bie Begründung dieser Forderungen finde sich m den 
Verhandlungen des Breslauer Aerztetages von 1893. Während nun in 
und ?!^ d Q scben Krmikenhäusern keine dieser Bedingungen erfüllt 

und m Köln die Sachlage ähnlich sei, wäre annähernd in Dresden, vor 
allem aber in Hamburg der ärztliche Dienst im Sinne der obigen 
Forderungen orgamsirt. Die Verhältnisse im Auslande dagegen seien, wie 
a ? n i lGS Bcb j 0n lm 9 orres P° ndenz blatte der Aerztekammern aus- 
geführt, durchaus andere und günstigere als in Berlin, wie die Beispiele 
der Krankenhäuser von Pans, London und Mailand beweisen. Hartmann 
schhesst mit dom Ausspruch von Virchow, dass die Ausbildung der 
Maa8S#tab fflr den For “ «« menschüchon 

An der Besprechung betheiUgen sich die Herren F. Strass mann. 
■£: Fraenkel, M. Wolff, W. Körte, Zadek und Spinola. Herr 
btrassmann bestreitet, dass in den städtischen Anstalten Berlins die 
Zahl der speciahsüscher Behandlung unterliegenden Fälle so gross sei 
um die Anstellung besonderer Specialärzto für jede Kategorie zu recht- 
fertigen; immerhin habe der Magistrat die Direktoren angewiesen, wo sie 
G a S J Ür . h , ielten » die Hülfe von Specialisten heranzu ziehen. Herr 

A. h raenkel giebt zunächst zu, dass eine Entlastung für die dirigireuden 
Aerzte der inneren Stationen in den Berliner städtischen Krankenhäusern 
erwünscht sei, hält es aber für unthunlich, schematisch die Zahl der einem 
Ab theil imgs Vorstände zufallenden Kranken feststellen zu wollen. Eino 
sorgfältige Auswahl und Ausbildung der Assistenten sei von viel grösserem 
Belang für den ärztlichen Dienst als die Beschränkung der Abtheilun^s- 
z ?"l‘ Insbesondere erhebt Fraenkel entschieden Einspruch gegen die 
vielfach in der Presse beliebte Herabsetzung der Leistimgen der Assistenten 
an den städtischen Krankenhäusern Berlins und führt unter Berufung auf 
die besonderen Verhältnisse am Urban aus, dass die Forderungen^ von 
Hartmann theüweise zuweitgehend, soweit sie aber berechtigt, erfüllt 
seien. Herr M. Wolff unterstützt unter Berufung auf die vorhandene 
Litteratur die Forderungen von Hartmann. Herr W. Körte beweist 
aus den Hamburger amtlichen Berichten, dass auch dort die Abtheilungen 
nicht kleiner seien als in Berlin; das gleiche sei in Stettin. Magdeburg 
und Breslau der Fall. Man vergesse aber, dass die communalen Kranken¬ 
anstalten der Armenpflege dienten, also jode, auch ganz leicht Er¬ 
krankten, aufnohmen müssten, dass sie ferner nicht dem Unterrichte 
dienten, ein Umstand, der natürlich für klinische Abtheilungen be¬ 
deutend kleinere Zahlen begründe. In England seien die Oberarztstellen 
meist Ehrenstellen, deren Inhaber Entschädigung in der Privatpraxis 
fänden; dementsprechend sei ihre dienstliche Thätigkeit nicht annähernd 
die intensive, wie in den städtischen Anstalten, und der Schwerpunkt des 
Dienstes liege gerade dort bei den Assistenzärzten. Herr Zadek hält 
für den wichtigsten Theil der Frage die Gründung von Specialabtheilungen 
mit coordinirten Oberärzten. Gäbe nicht ein einzelnes Krankenhaus ge¬ 
nügendes Material, so doch die Gesammtheit derselben. Gerade das 
Fehlen spoeialistiseher Abtheilungen hielte einen Theil hingehöriger Fälle 
von den städtischen Krankenhäusern fern, was nach den ihm gewordenen 
Mittheilungen besonders für die Gynäkologie gelte. Herr Spinola hält die 
Vermehrung der Zahl der Aerzto für nothwendig, sieht in der jetzigen 
Vorlage des Magistrats in jedem Falle einen Fortschritt, obgleich er der 
Ansicht ist, dass dieselbe in manchen wesentlichen Punkten eine Aende- 
runng in der Stadtverordnetenversammlung erfahren könne und werde. 

A. G. 

Die vielbesprochene Vorlage ist nun am 1. Februar in der Stadt¬ 
verordnetenversammlung endlich Gegenstand der Verhandlungen geworden. 
Stadtverordneter Jacobi beantragte, dieselbe einem Ausschüsse zu über¬ 
weisen, da sie in der vorliegenden Fassung keineswegs geeignet sei, den 
Missständen abzuhelfen. Sadtrath Dr. Strassmann bestreitet, dass über¬ 
haupt von Uebelständen an den städtischen Krankenhäusern die Rede sein 
könne. Keiner der jetzigen Direktoren habe um Entlastung nachgesucht. 
Es sei thatsächlich in fürsorglichster Weise für die Kranken Sorge ge¬ 
tragen. Einen dirigirenden Arzt für je 120 Betten anzustellen, sei kaum 
möglich. Stadtverordneter Kali sch hält den Antrag des Magistrats fflr 
unannehmbar. Er bittet, die Berathimg im Ausschüsse zu beschliessen, 
damit die Angelegenheit nicht wieder ad calendas graecas vertagt werde. 
Stadri erordneter Dr. Neumann hält eine Ueberwcisung an den Ausschuss 
für überflüssig. Die Vorlage ändere an den jetzigen Zuständen nichts. 

Es sei nur der Titel „Oberarzt“ neu orfunden. Stadtrath Bail erklärt, 
dass die Kranken in den städtischen Krankenhäusern aufs allerbeste ge¬ 
bettet seien, wenige Personen könnten es zu Hause besser haben. Der 
Magistrat habe der Gesundheitsdeputation nicht folgen können, weil diese 
in kurzer Zeit zwei diametral sich widersprechende Gutachten abgegeben 
habe. Stadtverordneter Spinola erklärt sich im wesentlichen mit den 


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144 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6 


Ausführungen des Stadtverordneten Neu mann einverstanden, empfiehlt 

aber Ausscliussberathung. Wenn alles so vortrefflich wäre wie Stadtrath 
Bail geschildert, so sei die Vorlage ja gar mcht nöthig. Ei »alte»cs 
übrigens für schwer, für die in Aussicht genommene Stellung der Ober- 
ärzte“ hervorragende Kräfte zu finden. Stadtverordneter Zadek. Die 
Vorlage sollte a limine abgelehnt werden und sich ein Ausschuss bilden, 
der dem Magistrat selbst Vorschläge zu machen habe Nach kurzer 
Erwiderung durch Stadtrath Dr. Strassman erklärt sich Stadt¬ 
verordneter Virchow für Niedersetzung eines Ausschusses, da aus dem¬ 
selben etwas brauchbares zu erwarten sei. Er vertrete den Standpunkt 
der Magistrats, dass man nicht zwei Chirurgen auf denselben Saal und 
dieselben Instrumente verweisen dürfe, jeder von ihnen verliere dadurch 
zu sehr an Verantwortlichkeit, und der Chirurg sei gu sehr Herr des 
Lebens seiner Kranken, als dass man ihm jemand zur Seite stellen dürfe. 

Er halte ein weitgehendes Bedürfniss überhaupt nicht für vorliegend. Die 
moisten Kranken brauchten nicht jeden Tag besichtigt zu werden. Stadt¬ 
verordneter Zadek möge nicht vergessen, dass man m l^kenhäusem 
unmöglich jeden persönlichen, weitgehendeni Wunsch befriedigen. könne 
Dem betreffenden Chirurgen könne man schon das nöthige Pflichtgefühl 
Zutrauen. Er halte die Vorlage des Magistrats immerhin für einen Fort¬ 
schritt. Ganz genaue Zahlengrenzen zwischen der Zahl der Kranken und 
der sie behandelnden Aerzte Hessen sich überhaupt nicht feststellen. Dr 
halte die Anstellung eines gleichberechtigten dirigirenden Arztes iür 
zweckmässiger als die Anstellung eines Oberarztes. Die von Herrn 
Zadek gesammelten Beschwerden seien nicht zu berücksichtigen, das 
heisse doch, „sich um ungelegte Eier kümmern“. Beschwerden werde es 
immer geben, aber es gebe auch dankbare Personen. Damit ist die Be- 
rathung geschlossen. — Bei der Abstimmung geht die Vorlage an 
einen Ausschuss von 15 Personen. 

XI. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Bei erneuter technischer Prüfung der Verhältnisse der 
Charit6 hat sich ergeben, dass die Bedenken, welche gegen die fernere Bei¬ 
behaltung der sogenannten Bodenstation No. 23 in der alten Charite nach 
verschiedenen Richtungen erhoben w’orden, nicht unbegründet sind. Des¬ 
halb hat die Charitedirection die alsbaldige Schliessung dieser Station 
beantragt, und der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- 
angelegcnheiten hat dieson Antrag bereits genehmigt. Dadurch wird sich 
die Zahl der Krankenbetten in der Charite um etwa 60 vermindern. Es 
ist aber wahrscheinlich, dass ausserdem aus hygienischen Gründen auch 
noch eine weitere Verminderung der Bettenzahl erfolgen wird. Die 
städtische Verwaltung dürfte deshalb gut thun, schon vor der Fertig¬ 
stellung des neuen vierten grossen Kraukenhauses auf eino Vormehrung 
der zu ihrer Verfügung stehenden Krankenbetten Bedacht zu nehmen. 
Eine solche Vermehrung würde sich wohl ohne erhebliche Schwierigkeiten 
durch stärkere Belegung der Heimstätton für Genesende und durch Er¬ 
öffnung einiger Reservebaracken im Moabiter Krankenhause ermöglichen 
lassen. 

— Der Ausschuss der Berliner Stadtverordnetenversammlung zur V or- 
berathung der Magistratsvorlage hinsichtlich der an der weiten Organi¬ 
sation der Verwaltung der städtischen Heimstätton für Ge¬ 
nesende hat beschlossen, der Versammlung zu empfohlen, den Magistrats¬ 
antrag abzu lehnen, dagegen zur Beseitigung der in der V orwaltung herv or- 
getretenen Uebelstände zubeschHessen: l.Das Curatorium für die Heimstätten 
soll mit dem Curatorium der Canalisationsverwaltung denselben Vorsitzenden 
haben; 2. dasselbe stellt die Aerzte und Pflegerinnen an, erlässt die In¬ 
structionen und überwacht die Verwaltung; 3. die Zusendung der Recon- 
valescenten zu den Heimstätten ist bei folgenden Punkten zu erleichtern 
a) aus den städtischen Krankenhäusern, b) aus der freien öffentlichen 
Armenpflege, c) aus den übrigen Krankenhäusern, d) aus den Vereinen, 
Krankenkassen, Versicherungskassen und der Privatpflege, insbesondere 
dadurch, dass die Kostenfrage nach der Aufnahme zu erledigen ist; 4. die 
Zusendung der Rcconvalescenten aus den städtischen Krankenanstalten 
orfolgt nach Anordnung des Krankenhauscuratoriums, durch die Vorstände 
der Krankenhäuser; 5. die Entlassung und Verlegung der Pfleglinge ge¬ 
schieht auf direkte Anweisung des Heimstättencuratoriums. 

— Der Minister der geistHchen, Unterrichts- und Medicinalangelegen- 
heiten hat unter dem 16.December 1893 Vorschriften über Einrich¬ 
tung und Betrieb der Apotheken, Zweigapotheken, Kranken¬ 
kassenapotheken und ärztlichen Hausapotheken erlassen, aus 
denen wir nachstehend einzelne Paragraphen, die den Arzt interessiren, 
herausgreifen: §. 34. Arzneien, welche nicht von approbirten 
Aerzten verschrieben sind, dürfen nur dann angefertigt werden, wenn 
dieselben ledigUch aus solchen Mitteln bestehen, welche auch im Handver¬ 
kauf abgegeben werden dürfen (Ministerialerlass vom4. December 1891). §. 35. 
Die in den Apotheken befindlichen Recepte dürfen anderen Personen, als 
dem verordnenden Arzte, dem Kranken und dessen Beauftragten oder 
Vertreter weder gezeigt, noch in Ur- oder Abschrift verabfolgt werden. 
§. 36. Ge he im mittel dürfen Apotheker im Handverkauf nur abgeben, 
wenn ihnen die Zusammensetzung derselben bekannt ist. die Bestandtheile 
zu denjenigen Mitteln gehören, welche für den Handverkauf freigegeben 
sind, und der Gesammtpreis des Geheimmittels sich nicht höher stellt, 
als dies nach einer Berechnung auf Grund der Bestimmungen der gelten¬ 
den Arzneitaxe der Fall sein würde. §.37. Die AusübungderHeilktinst 
ist den Apothekern untersagt. Bei lebensgefährlichen Verletzungen, Ver- 
giftungen oder ähnlichen besonders eiligen Notlifällen soll dem Apotheker 
ausnahmsweise gestattet sein, mangels rechtzeitiger ärztlicher Hülfe die 
von ihm für zutreffend erachteten Mittel abzugeben. Er hat aber dafür 
zu sorgen, dass beim Eintreffen eines Arztes diesem sofort genaue Mit¬ 
theilung davon gemacht werde. §.49. Für ärztliche Hausapotheken ist 


in einem besonderen tngeshellen, nur für diesen Zweck zu verwendenden 
Raume ein verschliessbarer Schrank mit Fächern und Schiebekästen auf- 
zusteUen. welche die vorschriftsmässige Absonderung der sehr vorsichtig 
aufzubewahrenden Mittel ermöglichen. Ausserdem müssen sich hier befin¬ 
den: das erforderliche Arbeitsgeräth an präcisirten Waagen und Gewh- 
ten Mörsern etc., ein Arbeitstisch mit Schiebekästen, sowie ein Hand- 
dampfkochor mit Zinn- und Porzellaninfundirbttchse. Ebenso müsse“ 
Arzneibuch, die geltende Arzneitaxe, die Bestimmungen über Haus- 
anotheken, das Belaghuch und ein Tagebuch zum Einträgen der Recepte 
nebst deren Taxpreisen, sowie die Genehmigung zum Halten emei Hau^ 
apotheke und die Betriebsvorschriften vorhanden sein. Die Genehmigung 
P zum Halten einer ärztlichen Hausapotheke wird von dem Regierungs¬ 
präsidenten auf Antrag nach Prüfung der Verhältnisse . e n ^’ 

derselbe stellt auch nach Anhörung des Regierungs- und Medicmalraths 
das Verzoichniss der für eine ärztUche Hausapotheke zulässigen Arznei- 

mitteWest^ Reichgtage igt dor Gesetzentwurf zur Bekämpfung 
gemeingefährlicher Krankheiten zugegangen. 

8 — Für die Theilnehmer am XI. medicinischen Congress zu 

Rom wird beabsichtigt, entweder einen Extrazug bis zur italieni¬ 
schen Grenze zu arrangiren, oder hierzu billigereEmzelfahrpreise 
von den deutschen, schweizerischen und österreichischen Eisenbahndirek¬ 
tionen zu erlangen, und sind dahingehende Anträge bei den betr. Verwal¬ 
tungen bereits gestellt worden. Collegen, die für sich und ihre An¬ 
gehörigen davon Gebrauch machen wollen, werden gebeten, schleunigst ihre 
Adresse senden zu wollen an Herrn Privatdocenten Dr. Posner, Berhn, 
Anhaltstr. 14 oder an Herrn Dr. Alwin Müller, Leipzig, Dorotheenstr 2. 
Rechtzeitige Benachrichtigung der Interessenten erfolgt nach Klärung der 

Sachla^e^j® urg. Die Würzburger medicinische Facultät hat den 
Preis der Rineckerstiftung im ‘Betrage von 1000 Mark einstimmig 
Professor Camillo Golgi in Pavia für seine Forschungen auf dem Ge¬ 
biete der Nervenleiden zuerkannt. . XTr . , . c - . , 

— Wien. Der oberste Sanitätsrath in Wien hatte ein bpecial- 
comito eingesetzt, um die von mehreren Vereinen angestrebte Zulassung 
weiblicher Studironder zu den medicinischen Studien und zur ärzt¬ 
lichen Praxis vom allgemein sanitären Standpunkte zu berathen und 
hierüber ein Gutachten zu erstatten. Dieses Gutachten wurde dem obersten 
Sanitätsrathe in der am 27. Januar abgehaltenen Sitzung von Hofrath 
Professor Dr. Albert vorgelegt, und auf Grand desselben gelangte der 
oberste Sanitätsrath zu der Anschauung, dass in dem gegenwärtigen 
Stadium der Entwickelung des Heil- und öffentlichen Sanitätswesens ein 
Bedürfniss. in eine principielle Lösung der Frage des höheren brauen- 
studiums einzugehen, sich nicht ergebe und dass cs zur Hiutanhaltung 
von Störungen in der in vollem Flusse befindlichen Reorganisation dor 
Verhältnisse des ärztlichen Facultätsstudiums und der Entwickelung des 
öffentlichen Sanitätswesens nothwendig sei, in concreten I allen, in denen 
begabte Candidatinnen sich dem Studium der Medicm und dem ärzt¬ 
lichen Berufe zu widmen beabsichtigen, mit vollster und strengster Ob- 
jectivität die Erfüllung aller Vorbedingungen des vollständigen btudien- 
gangos und aller vorgeschriebenon strengen Prüfungen, welchen sich me 
männlichen Candidaten unterziehen müssen, zu fordern, — Wie me 
„Revue scientifiquo“ berichtet, giebt H. Laskowski, Professor an 
Universität Genf, einen sehr wenig ermuthigenden Bericht über die Dage 
der weiblichen Studenten der Medicin. Während der letzten 1/ Jahre 
sind 175 Frauen bei der medicinischen Facultät zugelassen worden. Da¬ 
runter waren 50 PoUnnen, und man hat nur feststellen können, dass vier 
von diesen ihre Studien zu Ende geführt haben; was aus den »»deren 
geworden ist, weiss man nicht. Von den andern 125 haben zehn a 
Doctorwürde erlangt, und von diesen zehn ist eine gestorben, zwei ha en 
die Medicin verlassen und sich verheirathet, vier erwerben mit mune 
ihren Lebensunterhalt, und drei haben eino ziemlich gute Praxis erlangt. 
Was die übrig bleibenden 115 betrifft, so hat man mcht erfahren können, 
in welchen Untiefen sie gescheitert sind, man kann es sich aber de en. 
Das ist in der That wenig ermuthigend. , , . . * 

— Budapest. Der ordentUche Professor der pathologischen Ana¬ 
tomie und Histologie Dr. Gustav Sch cuthau er ist gestorben. 

— Rom. Der König von ItaHen hat J. Lister, Pasteur und Vircho 
den Orden des heiügen Mauritius und Lazarus verliehen. 

— Von dem Internationalen Atlas seltener Hautkrankheite 
ist das sechste Heft erschienen. Dasselbe enthält folgende latein. 
Mitchell Bruce, Anomalous discojouration of the skin and niucou 
membranes. L. Jacquet, Ulceres trophiques, Syringomyelie, b. Giovan- 

nini, Canities unguium. P. G, Unna, Leukonychia et Leukotrichia. 

Wir haben schon früher (diese Wochenschrift 1891 No. 6) Gelegenlr 
genommen, ausführlicher auf den Werth dieser Atlanten einzugehen u 
können auch dieses Mal nur bestätigen, dass die vorliegende Lieleru g 
sich würdig ihren Vorgängerinnen anreiht. ~ 

— Von dem im Sommer vorigen Jahres erschienenen Buch A.ho s - 
berg’s, „Krankheiten der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkop i 
mit Einschluss der Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Der , 
S. Karger) befindet sich eine engUsche und eine französische Ueberseczung 
in Vorbereitung. , , j pt1 

— Fräulein Paula Guenther, Nettelbeckstr. 21, kann na . 
Zeugnissen hiesiger und auswärtiger Collegen und nach unseren eig 
Erfahrungen als wissenschaftliche Zeichnenn für mikroskopische un 
kroskopische Objecte angelegentlichst empfohlen worden. nr K „„; P h 

-Universitäten. Rostock. Die Privatdocenten Dr.Mönmc 0 

und Dr. Will sind zu ausserordentBchen Professoren der rhysi 
Zoologie ernannt. 


Gedruckt bei Julina Sittenfeld io Berlin W. 


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Donnerstag 


JW 7 . 


15. Februar 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilun<>-en der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0 ’ 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. - Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin. 

Lutzowstr. 60a. Potsdamer* 1 ? 11t D .„, . 7 r ® 

°* Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 8L 


Theodor Billroth. 

Ein Nachruf von A* v. Bardeleben in Berlin. 
Einer der glänzendsten Sterne am Himmel der deutschen 
Wissenschaft ist erloschen; der kühnste und glücklichste unter 
den Vorkämpfern der deutschen Chirurgie ist uns entrissen, 
lheodor Billroth ist in der Nacht vom 5. zum 6. dieses Monats 
gestorben. Vielen ist wohl erst durch ein Telegramm vom 5 
welches die Zeitungen brachten, wonach sein Befinden zu 
ernsteren Besorgnissen keinen Anlass geben sollte, der Gedanke 
tre ommen, dass ernste Besorgnisse beständen. Jenes Telegramm 
war, wie es scheint, darauf berechnet, dass er es selbst lesen und 
daraus Beruhigung schöpfen sollte. Aber Alle, die ihm näher 
standen waren schon seit Monaten ernstlich um ihn besorgt, und 
>eine Übersiedelung nach Abbazia, wo er, wie so Viele auf 
^nen Kath Linderung seines Leidens zu finden hoffte und nun 
, f lod ^den hat, war nicht geeignet, diese Besorgnisse zu 
™ eu ' tj in so £ enannter Herzschlag infolge fettiger Degene- 
EndT gemacht 1 * 26118 ^ Seinem thafcenreichen Leben plötzlich ein 

in en .^ ernt von den Orten, an denen er Ruhm und Ehre 
n 0 nf° wie wohlverdientem Maasse ernten sollte, hat 

in innen!^ T ^Uoth sein Leben begonnen. Er war der Sohn eines 
bc(L5 " -Z IP rstorbenei1 Pastors auf der Insel Rügen und 
n seme Studien auf der damals noch wenig ' 
n pommerschen Hochschule - 

•Jahre 1848. 

ein sich der Heilkunde zu widmen, scheint 

in Stettin \Ji T ' ^ POlroth, welcher als angesehener Arzt 
•imfMvald Einfluss gewesen zu sein. Schon in 

i *M g f‘-J he0d0 i r Billroth die Zun ™ Ba ™’s, 
rufen wurde * Oottuigen folgte, als dieser 1849 dahin be¬ 


besuchten, 
19 Jahre alt, im 


der verfrlpir h 011 ,! be80nderer Vorliebe den Naturwissenschaften, auch 
Einflüsse - n Aaafcomie obliegend, scheint er doch unter dem 
211 haben Tn w s r scbon dort eine Neigung zur Chirurgie gefasst 
Allen LuHvi» v 111 V W0 er se * ne Studien beendete, haben vor 
Wirkt. Üiiter ff rip C r n' U ^ e Un< l B ' v - Langenbeck auf ihn einge- 
tation «De natura “ r8teren Leitung schrieb er 1852 seine Disser- 
vago dUw-tn „v . causapulmonum affectionis, quae nervo utroque 
, r ^eto exontnr-; Langenbeck aber machte ihn 1858 zn 


Assistenten. 
Erfüllung er 
£'■ be . schät ‘igte 

Jlda ^e mit 


Neben* den Obliegenheiten seines Amtes, in 
die eigentliche Schulung in der Chirurgie 
Theodor Billroth sich in ausgedehntem 
pathologischer u- 0 f k , opi . schen Untersuchungen, namentlich mit 
^ ihm 1857 H; o li>t0 0gle ’ UD . d 2war mifc solchem Erfolge, 
Anatomie an Har i r a ^ S8er . 0rde otliche Professur der pathologischen 
die %une zt rv 1VerßlU l t Greifswa ld angetragen wurde Aber 
d>^en verlockanHo A Ur P e beberrs chte ihn schon so sehr, dass er 
'l*n zwei Jahre Ho* 1 An ^ ra £ ablehnte, und das Schicksal belohnte 
1 J'irurgie und phin?^ ( |? rc} V d . ie . Eeril fung auf den Lehrstuhl der 
"fhen wir ihn denn F ^ S ? en - Klinik an der Universität Zürich. Hier 
kifrr erfassen Vnr &U n k seme Au feabe mit ebenso viel Glück wie 
' uudflebers und rio a ~? m ^andte er sich der Untersuchung des 
? fJ Anschluc« a j zusammenhängenden Krankheiten zu 
0rk <>nimnisse seiWtfr d ? r genauen Berichterstattung über alle 
pmeine chirur^i?! ^J? lk * Gleichzeitig aber gab er seine „All- 
ht ‘ ra us, welche in lK 0 } 0gl ® und Thera pie in 50 Vorlesungen“ 
mehr als einem Dutzend von Auflagen und in 


I fasti alle lebende Sprachen übersetzt seinen Ruhm über die ganze 
1 Welt verbreitet hat. 

I Sein Ruf als Forscher und als praktischer Chirurg stieg so 
I schnell, dass es Niemand in Erstaunen setzte, als er 1867 nach 
j dem Tode von Schuh zu dessen Nachfolger an der Wiener Uni- 
; versität ausersehen wurde. 

| Kaum war er in der österreichischen Kaiserstadt recht heimisch 
I geworden, da rief ihn der Ausbruch des deutsch-französischen 
[ Krieges auf ein Feld chirurgischer Thätigkeit, welches er vor einem 
| Jahrzehnt vom historischen Standpunkte aus studirt, aber noch 
I nicbt praktisch kennen gelernt hatte. Im Jahre 1859 waren seine 
„Historischen Studien über die Beurtheilung und Behandlung der 
Schusswunden vom 15. Jahrhundert bis auf die neueste Zeit“ er¬ 
schienen; jetzt drängte es ihn, selbst zu sehen, selbst miteinzu¬ 
greifen. Viele Verwundete aus den ersten mörderischen Schlachten 
unserer dritten Armee haben seinem entschlossenen Handeln und 
seiner geschickten Hand die Erhaltung ihres Lebens oder ihrer 
Glieder zu danken gehabt. Wie tief und mit welchem Erfolg er 
sich in diese neue Studienrichtung versenkt hat, das zeigen seine 
„Chirurgische Briefe aus den Kriegslazarethen in Weissenburg und 
Mannheim“ und „Historische und kritische Studien über den Trans¬ 
port der im Felde Verwundeten und Kranken auf Eisenbahnen“, 
von denen erstere in der Berliner klinischen Wochenschrift 1870 
und 1871, letztere in Wien 1874 erschienen. 

Inzwischen war die gewaltige Wandelung in der Chirurgie 
eingetreten, welche wir der grossen Entdeckung Lister’s verdan¬ 
ken. War auch Billroth nicht der erste, sie unbedingt anzuer¬ 
kennen, so hat doch kein anderer Chirurg dieselbe so intensiv für 
die Fortschritte der operativen Medicin zu verwerthen verstanden, 
wie er. Auf ihr fussend, liess er vor der erstaunten Welt eine 
„Chirugie der Eingeweide“ entstehen, von der bis dahin kein 
Mensch auch nur eine Ahnung gehabt hatte. Man wusste wohl, 
dass im Alterthum bereits dem edelsten Eingeweide, dem Gehirn, 
durch Trepaniren des Schädels mit einer Kühnheit zu Leibe ge¬ 
gangen war, welche gegen die Mitte unseres Jahrhunderts fast in 
ihr Gegentheil umschlug; auch die tollen Eingriffe der Bruch¬ 
schneider waren nicht vergessen. Hin und wieder war eine Milz 
aus- oder abgeschnitten worden; aber die einzigen Operationen an 
Eingeweiden, welche wirklich Bürgerrecht in der Chirurgie ge¬ 
wonnen hatten, waren, abgesehen von der Trepanation, die Tracheo¬ 
tomie und Laryngotomie, die Oesophagotomie, die Resection des 
Mastdarms, die Darmnaht, die Bildung einer Magenfistel, die Ova- 
riotomie und die erst kurz zuvor von Gustav Simon ersonnene 
und zuerst ausgeführte Exstirpation einer Niere. Von allen diesen 
gingen nur die Gastrotomie und die Ovariotomie darauf aus, die 
Bauchhöhle zu öffnen, und bei beiden wurden keine Gebilde ent¬ 
fernt, denen man eine lebenswichtige Bedeutung zugestanden hätte; 
auch blieb die Oeffnung der Peritonealhöhle auf eine kurze Zeit 
beschränkt. Bei der Exstirpation der Niere sollte die Verletzung 
des Bauchfells ganz vermieden werden, und die Bedeutung des 
Organs fiel nicht in’s Gewicht, wenn die andere Niere gesund war. 
Diese Erwägungen sind heutzutage, wo zu den verschiedensten 
Zwecken unbedenklich die Peritonealhöhle geöffnet wird, für die 
jüngere Generation erforderlich, um zu verstehen, mit welchem Er¬ 
staunen anfangs, mit welcher Bewunderung dann die beiden Ope¬ 
rationen aufgenommen wurden, welche als die Erfindung Billroth s 


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Ufi ; 

'seinen Ruhm für alle Zeiten begründet haben: die Exstirpation des 
Kehlkopfs und das Ausschneiden des Pylorus. Monumentum ae.e 

perenmus. ■ bedeutendgtoll Leistungen des Verklärten habe ich 
zusammengestellt, um ein Bild seiner Lebensarbeit und ihre. Be¬ 
deutung für die ärztlieho Wissenschaft und Kunst un 1 . e ”f 8 t e " K»h- 
men zu entwerfen. Wollte ich alle von ihm veröffentlichten Weihe, 
Abhandlungen und Aufsätze von seiner Dissertation bis zu seinem 
(soviel ich uäehe) letzten Vortrage über Pulsadergeschwulste in dei 
Gesellschaft der Aerzte zu Wien, auch nui dem Titel nach an 
führen, so würden viele Seiten dieses Blattes dazu erforderlich 

bem Wie erfolgreich neben dieser grossen schöpferischen Thätij- 
keit des Gelehrten und des Arztes sich BiUroth s Lehrthdtigkeit 
erwiesen hat, das sehen wir vor allem aus der stattlichen Reihe 
derjenigen seiner Schüler, welche schnell zu der Stellung k mischer 
Lehrer der Chirurgie oder Direktoren grosser Krankenhäuser auf¬ 
gerückt sind: Czerny, Gussenbauer, Menzel, Gersuny, 
v Winiwarter, Mikulicz, Salzer, v. Eiselsbeig u. a. 

AIS Bernhard von Langenbeck seine Professur nieder- 
legto erschien es selbstverständlich, dass Billroth sein Aach- 
folger werden würde. Er wurde von der Facultät auch an erster Stelle 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCHENSCHRIFT. ^ 


No. 7 


vorgeschlagen: aber er lehnte den Antrag, der von seiten des Vor¬ 
gesetzten Herrn Ministers damals, während Billroth in Berlin 
verweilte in der schmeichelhaftesten Weise mündlich an ihn ge¬ 
stellt wurde, sofort und endgültig ab. Die Anerkennung, welche 
er auch in den allerhöchsten Kreisen hier gefunden hat, wurde 
durch das Beileidstelegramm, welches der deutsche Kaiser seiner 
Wittwe gesandt hat, aufs schönste zum Ausdruck gebracht 

Neben dem Gelehrten, dem Arzt, dem Forscher und Lehrer 
haben wir in Billroth noch einen der liebenswürdigsten Menschen 
zu betrauern, der alle, welche mit ihm in Berührung kamenge¬ 
radezu bezauberte. Sein Gemüthsieben war ein besonders reiches 
durch eine ungewöhnliche Begabung für Musik. Mancher war er¬ 
staunt, wenn er die Finger, welche Vormittags das Messer und 
die Nadel meisterhaft geführt hatten, Abends mit derselben Meister¬ 
schaft die Tasten des Flügels beherrschen sah. Anerkannte 
Meister der Kunst und vollendete Kunstkenner haben sich an 
seinem Spiel erbaut und ihn als Musiker verehrt. 

Wie flüchtig auch der Rückblick sein mag, den wir auf das 
Leben und Wirken Billrotlils unter dem schmerzlichen Eindruck 
seines frühen Todes geworfen haben, das Eine leuchtet doch da¬ 
raus hervor: wir haben in ihm einen ganzen Mann verloren, wir 
werden seines Gleichen nicht oft Wiedersehen! 


I. Ueber die LympbzeUexi.’) 

Von Prof. Dr. A. Kossel in Berlin 


M H * Wenn ich die Lymphzellen zum Gegenstand eines Vor¬ 
trages "gewählt habe, so geschah dies nicht allein wegen des grossen 
Interesses, welches die heutige Pathologie diesen Gebilden und den 
ihnen nahe verwandtenLeukocyten desBlutes entgegenbrmgt, sondern 
auch deshalb, weil die Chemie der Lymphzellen am besten geeignet ist, 
uns einen Einblick in die Chemie der Zelle überhaupt zu gewähren. 

Ehe man es versucht, in das Wesen der chemischen Processe 
einzudringen, welche sich in der Zelle abspielen, muss man le 
Substanzen kennen lernen, welche bei diesen Reaetionen m Be¬ 
tracht kommen. Der chemischen Physiologie der Zelle muss eine 
chemische Beschreibung voraufgehen, demgemäss stehen unsere 
Kenntnisse über die Lymphzellen, welche ja erst in den ersten 
Stadien ihrer Entwickelung begriffen sind, fast ausschliesslich aut 
einem descript.iven Standpunkt. . 

Die chemische Beschreibung der Zelle hat sich nicht, darauf 
zu beschränken, dass sie die Bestandteile derselben aufzählt, ihre 
Eigenschaften und ihre chemische Constitution klarlegt. .Nicht 
minder wichtig ist es, die Verteilung der Stoffe in der Zelle, die 
Beziehung der chemischen Bestandteile zu den anatomischen Ele¬ 
menten zu kennen. Entsprechend diesen beiden Gesichtspunkten 
sind die Forschungen über die chemische Zusammensetzung der 
Lymphzellen zwei verschiedene Wege gegangen. Einerseits hat 
man es versucht, grössere Mengen von Lymphzellen zu isoliren, 
um diese nach unseren chemischen Methoden zu verarbeiten, die 
Bestandteile zu charakterisiren und aus den Eigenschaften dieser 
Stoffe Reaetionen für mikroskopische Erkennung abzuleiten. An¬ 
dererseits ist man von der anatomischen Betrachtung ausgegangen, 
man hat im mikroskopischen Bilde der Zelle mit Hülfe chemischer 
Reagentien gewisse Bestandteile ausfindig zu machen versucht 
und es der makrochemischen Forschung überlassen, die Natur dieser 
Stoffe festzustellen. 

Eine notwendige Bedingung für die Untersuchung in der 
erstgenannten Richtung ist die Beschaffung einer grösseren Menge 
von Lymphzellen. Man hat diese zum Theil aus den Lymph- 
drüsen* hauptsächlich aus der Thymusdrüse durch Auspressen und 
Centrifugiren gewonnen. Die grosskernigen Zellen der Thymus¬ 
drüse erwiesen sich nach dieser Verarbeitung unter dem Mikroskop 
als wohlerhalten. 

Welches sind nun die Bestandteile dieser Lymphzellen? 
Unter der grossen Zahl der Stoffe, welche man in den Zellen über¬ 
haupt verfiudet, giebt es einzelne, die jeder entwickelungsfähigen 
Zelle angehören, die wir nie vermissen, wenn wir jugendliche Ge¬ 
webe einer chemischen Untersuchung unterwerfen. Ich habe für 
diese den Namen primäre Zellstoffe vorgeschlagen. Hoppe-Seyler 
hat schon seit geraumer Zeit als solche Bestandteile die Eiweiss¬ 
körper, das Lecithin, das Cholesterin und einige anorganische Stoffe, 
unter diesen das saure phosphorsaure Kali, bezeichnet. Ich habe 
auch die Nuclein Stoffe als Angehörige dieser Reihe betrachtet. 
Alle diese Stoffe fanden sich auch bei den Untersuchungen, welche 
Herr L. Lilienfeld in meinem Laboratorium angestellt hat, in 
den Lymphzellen vor. Ausser diesen primären Stoffen waren aber 
auch noch secundäre vorhanden, d. h. solche, die wir nicht in jeder 
entwickelungsfähigen Zelle vorfinden, die nur in gewissen Zellen 
und in gewissen Entwickelungsstadien auftreten. Solche sind das 

i ) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin am 5. Februar 1894. 


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Glykogen, die Fette und das Protagon, Stoffe von der weitesten 
Verbreitung sodann ein Körper, der wegen seiner Mittelstellung 
zwischen den Kohlehydraten und den aromatischen Substanzen von 
Interesse ist: der Inosit, und endlich eine Amidosäure, die man 
bisher nur vereinzelt in den Geweben vorgefunden hat: die Amido- 
valeriansäure, ein Zersetzungsproduct der Eiweisskörper. 

Unter den genannten Substanzen nehmen nun die NucleYnstofle 
der Menge nach die erste Stelle ein. Es ist dies leicht verständ¬ 
lich, da der Kern fast den ganzen Raum der Zelle erfüllt. Die 
NucleYnstoffo gehören bekanntlich zu einer Gruppe von Eiweiss¬ 
körpern, welche man unter dem Namen der Proteide zusammenfasst. 
Diese Proteide sind Verbindungen der Eiweisskörper mit organischen 
oder anorganischen Stoffen, und zwar ist es in den NucleYnen eine 
organische phosphorhaltige Gruppe, die „NucleYnsäure , welche 
an das Eiweiss angefügt ist. 

Die chemische Untersuchung dieser Säure enthüllt uns orga¬ 
nische Atomcomplexe, welche von denen des Eiweisses durchaus 
verschieden sind. Ich habe mich seit mehreren Jahren mit der 
Frage nach dem chemischen Bau der NucleYnsäure beschäftigt und 
habe bei diesen Untersuchungen gefunden, dass in dem Moleeu 
dieser Säure Atomgruppen vorhanden sind, welche Stickstoff- und 
Kohlenstoffatome in sehr enger Verbindung enthalten und die wir 
nach unseren heutigen chemischen Theorieen als ringförmige be¬ 
zeichnen. Diese stickstoffhaltigen cyclischen Gruppen, das Adenin, 
Guanin, Hypoxanthin und Xanthin zeigen in ihrem chemischen 
Bau und in ihren Eigenschaften eine nahe Verwandtschaft zur 
Harnsäure. Meine Befunde brachten mich daher sofort auf den 
Gedanken, dass die Harnsäure aus den Nucl eins toffen hervorge , 
und durch diese Untersuchung ist in der That das wichtigste 
Argument gegeben, welches für die Bildung der Harnsäure aus 
den Bestandtheilen des Zellkerns angeführt werden kann, btadt- 
hagen und später Horbaczewski haben diese Idee weiter verfolg . 

Neben den genannten, in ihrer Constitution der Harnsäure 
nahestehenden Stoffen gehen aber noch andere aus den Nuc e n 
säuren hervor. In Gemeinschaft mit Herrn Dr. Albert Neumann 
konnte ich unter den Zersetzungsproducten noch eine sc n 
krystallisirende Substanz von complicirter Zusammensetzung 
(CisHoGNgOo) nachweisen; wir haben ihr den Namen Th y min ei 
gelegt, da wir sie zuerst in der NucleYnsäure der Thymuszellen au - 
gefunden haben. Mit diesen Stoffen ist aber die Zahl der oiga- 
nischen Verbindungen, die ihren Ursprung aus der NucleYns 
ableiten, noch lange nicht erschöpft. Das Molecül der NucleYns _ 
ist ein sehr complicirtes, es ist vielleicht ebenso mannigfaltig 
das der Eiweisskörper. Jedenfalls erhellt aus den von mir an S^ 
führten Thatsachen, dass neben dem Eiweiss noch eigenartige, v 
Eiweiss durchaus verschiedene Atomgruppen in der lebenden 
thätig sind. Die NucleYnsäure ist im Kern entwickelungsta ig 
Zellen stets vorhanden, sie muss also für die Functionen 16 
Organs unentbehrlich sein. r 

Sie ersehen aus diesen Ausführungen, dass man zu völlig 
richtigen Vorstellungen gelangt, wenn man das Eiweiss ajs 
wichtigsten Bestandtheil der lebenden Substanz, als den 
des Lebens betrachtet. Ich nehme für die NucleYnsäure eine e 
•wichtige Rolle in Anspruch. Nichts berechtigt uns dazu, aus . f 
chemischen Bestandtheilen der Zelle einen einzelnen herauszugr 
und in diesem das ganze Räthsel des Lebens zu suchen. 


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university of michigan 




15. Februar __ 

Eine sehr merkwürdige Eigentümlichkeit, der NucleYnsäure ist 
Ihre Fähigkeit, mit Eiweiss in Verbindung zu treten. Wie Alt¬ 
mann gezeigt hat, kann man eine solche Verbindung künstlich 
darstellen, wenn man NucleYnsäure in wässeriger Lösung zu einer 
Eiweisslösung hinzufügt. Es entsteht ein Niederschlag und dieser 
ist das Nudeln. Mit der Bildung des NueleYns aus der NucleYn¬ 
säure und dem Eiweiss ist aber der Aufbau der NueleYnstoffe noch 
nicht vollendet, denn wir finden in der Lymphzelle das NucleYn noch 
wieder in Verbindung mit einem neuen Körper eiweissartiger Natur 

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit, auf diese eigentümliche* 
Substanz lenken. Ich habe sie zuerst in den kernhaltigen rothen 
Blutkörperchen in Verbindung mit dem NucleYn dieser Zellkerne 
vorgefunden und sie mit dem Namen Histon bezeichnet Herr 
Lilienfeld hat sie später auch in den Lymphzellen der Thymus¬ 
drüse, sowie in allen zelligen Gebilden des tierischen Körpers 
nachgewiesen und eine Verbindung des NucleYns mit Histon das 
Nueleohiston, in reinem Zustand dargestellt. 

Als ich die Eigenschaften des Histons zuerst keunen lernte 
glaubte ich in ihm einen der einfachsten Eiweisskörper, eine Al- 
bumose, vor mir zu haben, aber meine neuen Untersuchungen haben 
mich zu einer anderen Ansicht geführt. Es ist mir gelungen aus 
zwei Bestandteilen tierischer Gewebe künstlich eine Substanz 
darzustellen, welche sich vom Histon nicht unterscheiden lässt 
Der eine Component dieser Substanz ist in freiem Zustand bisher 
nur m den Spermatozoen des Lachses vorgefunden worden es ist 
•las von Miescher entdeckte Protamin. Fügt man eino Lösung 
es Protamins zu einer Lösung von Albumose (oder Eiweiss), so 
»leibt die Flüssigkeit zunächst War, setzt man nun ein wenig Am- 

T&lT'XSy**? “"Niederschlag, und dieser besitzt 
die Eigenthumliehkeiten des Histons. Wir haben in dieser Ent- 
dehungsweise des Histons ein Gegenstück zu der Entstehung des 

h, ™. i m ^ aS , Pr , 0ta S m i st eine Base ’ es ist in alkalischer 
^u ne imstande, das Eiweiss zu binden, und es entsteht ein ProteYd 
n bas^chen Eigenschaften, das Histon; die NucleYnsäure hingegen 
^ s( f k sauren Charakter und fällt das Eiweiss nur in saurer 
dne Säure h *** hl6rbei entstehende P™teYd, das NucleYn, ist 

w H l St0n wirklich aus Protamin und Albumose zu- 
IVoSn fif 1S \J° mÜ8sbe man es . auch unter Bildung von 
bemüht Hioc eg \? können - Ich habe mich bisher noch vergeblich 
prfoiff ’ h jjjädiweis za führen, ich finde aber diesen Miss¬ 
bekannte q,,w ht Verst . äad l lch - Protamin ist eine noch wenig 
Merkmale ^ aüZ ’. es lst durch keine besonders charakteristischen 
set Z an,:iH ek ? nZe i Chn . et ’ ! ind seiner Auffindung unter den Zer- 
entgegen P UCteU der E lweiss kürper stehen grosse Schwierigkeiten 

welch D c aZ l k °Tf n °^ Ch eÜle Eigentümlichkeit der Eiweisskörper. 
Cenulrl^ U ^ g augcfügter, sog. „prosthetischer“ 
Las Eiweiss ist £ anz ausser °rdentlich erschweren kann, 

allmählich immer f ® t f T,de ’ dl ° an fangs nur locker angefügte Gruppe 
verbo Ü in T! T feSt6r ? d {f ter zu binden und sie _ sit venia 
erklären dass \vir D v e Moleculs aufzunehmen. So ist es zu 
vorfinden die ^[ blndun f en von Eiweiss und NucleYnsäure 
^gefügte \ u ,L cg l0Cker . ? md ’ . und andere > uns denen man die 
^rden die -+ niCb l w * eder frei machen kann, und so 

Bwei&smolecül verstfndlfrh ^ L ° slösung> an ^ efü ^ ter Stoffe vom 

körper durch*!!^!!^ d o es ? n | erkw ürdige Eigenschaft der Eiweiss- 
von Eiweiss mit nchmiedeberg untersuchten Verbindungen 
deutlich, wie da« V' ^* yden _ des Eisens illustrirt: hier zeigt sicli 
oder weniger innicrf^f T GCÜ ! au( ? h künstlich zu einer mehr 
Diese^Loslösim» ^ ufDahma des Eisens veranlasst werden kann, 
iationen des C hem nF der an S e fügten Gruppen, welche den Manipu- 
Zellp Vorhang KrMt S0 schw f r .gelingt,.wird von den in der 
vollzogen. In Hp« anscke iuend mit grosser Leichtigkeit 

Histon, bei m D„; fn aßrei ^ en Spermatozoen des Lachses findet sich 
Freiheit gesetzt ~ g . Sp / 0 ? e88 uird au s diesem das Protamin in 
M<-nge vorhanden L i i den reifen 0r ^ anei1 in beträchtlicher 
f :t die NucleYns^,r^ d le i C : ht . nachzuweise n. Im ruhenden Zellkern 
losgelöst und ersohm*? , lweiSÖ gebunden, bei der Mitose wird sie 
. Man kllfr i t als un S e Paarte Säure, 
diesen Process nnt!! , ra S e aufwerfen, wie es denn möglich ist, 
fUndlieh zu machnn dem M f krosko P zu verfolgen. Um dies ver- 
Hch erinnern wpipn’ ^J? 88 lck an üi 0 Untersuchungen von Ehr- 
n< % Weise ’ anwinrH dle or £ anisc hen Farbstoffe zuerst in ratio- 
ß^isser Zellstoffe \ Um , d *® chemischen Eigenthümlichkeiten 
<klu Gemisch einer Tr^ arakterisi ^’ e n. Wenn man eine Zelle mit 
? ne ^nen gewiss Tn e * nes sau ren Farbstoffs behandelt, 

Farbsäure 7 pJ arbba8e ’ z - B. das Methylgrün, an- 
Ul| d gleichzeitig 0 ?!-*’p' das Säurefuchsin auf. Herr Lilienfeld 
* llf ‘ n Mischung vnn vr + < ? S ? er . haben <las Verhalten der Ehrlich- 
e bylgnin und Säurefuchsin zu deu Eiweiss- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


147 

körpern und zu einem von mir dargestellten Präparat von NucleYn- 
säure untersucht, und beide sind zu dem Resultat gekommen dass 
d J ]lwe f lsskorpor den sauren, die NucleYnsäure de/basischenFarb- 
f a 5v U ? e H men ; A-Us den Versuchen des Herrn Lilienfeld über 
das Verhalten der NueleYnstoffe ergiebt sich, dass die NucleYnsäure 
eme reini grüne, das Histon eine rein rothe’Färbun- anidmmi In 
Und Nuclpülsäure zusammengesetzte^ Verbindungen 

der Farbenton ein gemischter, und zwar ist er in dem ziemlieh 

oto r viofrtto?. NUC rtn dn blaUgrÜI,er > in dem neutralen Nudeohistoii 

Man ist also durch die Farbenanalyse in den Stand o> e setzt 
die reine NucleYnsäure mikroskopisch naclizuweisen, und es zei^t 
^J? e 1 kaßnt r J, 1< ‘ h ’ dass 111 den ruhenden Kernen der Lymphzellen 
der violette Ton vorherrsc ht, während bei der Mitose und in ande- 
len physiologischen Zuständen die der ungepaarten NucleYnsäure 
entsprecliende grüne Färbung durch das Ehrlieh’sche Gemisch 
zum Vorschein gebracht wird. 

Die Bedingungen, unter welchen das Freiwerden der NucleYn¬ 
säure m den Zellen stattfindet und die Verhältnisse der mehr oder 
^ er J eS ^ n ® lndun £ an . das Eiweiss 1 ) sind bisher noch wenig 
erforscht. Durch die gemeinsam mit Herrn Dr. Albert Neumanii 
angestellten Versuche konnte ich feststellen, dass die Lymphzellen 
der Ilnmusdrüse von allen bisher untersuchten Organen zur Dar- 
s «Ilung der freien NucleYnsäure am besten geeignet sind. Aus 
l Kdo gereinigten Thymusgewebes erhielten wir nach einem wenig 
eingreifenden Verfahren 25 g NucleYnsäure, aus 1 Kilo Milz 5 4 o- 
aus Pankreasgewebe gelang die Darstellung der freien Säure nach 
der gleichen Methode nicht, obgleich in diesem Organ die Verbin¬ 
dung der NucleYnsäure mit Eiweiss in sehr erheblichen Quantitäten 
vorhanden ist. Die NucleYnsäure ist also in den verschiedenen Orga¬ 
nen mit verschiedener Festigkeit gebunden. 

Eine Vorstellung von der Function der NucleYnsäure in der 
lebenden Zelle können wir erst dann erhalten, wenn wir eine 
tiefere Einsicht in die chemische Constitution derselben gewonnen 
haben, aber wir haben in der eiweissbindenden Fähigkeit der 
NucleYnsäure doch schon eine Eigenschaft derselben kennen gelernt, 
welche bei der Beurtheilung ihrer physiologischen Rolle in Erwä¬ 
gung gezogen werden muss. Schon vor längerer Zeit machte ich 
die Beobachtung, dass organisirte Theile, welche man in eino 
Lösung der NucleYnsäure bringt, schnell opak werden und absterben, 
indem das Eiweiss sofort mit der NucleYnsäure in Verbindung tritt. 
Ich machte schon damals darauf aufmerksam, dass auf diese Weise 
ein \ erständniss für die bactericide Wirkung gewisser Zellen ge¬ 
geben werden kann. 

Mein Bruder, Herr Dr. H. Kos sei, hat die Einwirkung der 
NucleYnsäure auf die Mikroorganismen zum Gegenstand einer ein¬ 
gehenden Untersuchung gemacht und ist dabei zu dem Resultat 
gekommen, dass die NucleYnsäure selbst in einer Verdünnung von 
L.5 n /o noch eine abtödtende V irkung auf Cholerabacillen, Typhus¬ 
bacillen, Streptococcen, Staphylococcen ausübt. Die Zeit, in wel¬ 
cher sich diese Wirkung offenbart, ist je nach der untersuchten Spe- 
eies eine verschiedene. Die Cholerabacillen erfordern nur eine Ein¬ 
wirkung von wenigen Minuten, während Streptococcen und Staphylo¬ 
coccen bei dieser Concentration erst nach mehreren Stunden abge¬ 
storben sind. Zum Vergleich wurde die Wirkung einer Essigsäure 
von gleicher Acidität studirt. Hier erfolgte die abtödtende Wir¬ 
kung — wenn sie überhaupt eintrat — erst nach längerer Zeit. 
Die Gegenwart von Eiweiss verlangsamt die bactericide Wirkung 
der NucleYnsäure, hebt sie aber nicht auf. 

Bekanntlich hat man sich schon seit längerer Zeit bemüht, 
die baeterientödtende Wirkung der Zellen auf gewisse von der 
Zelle produeirte Stoffe zurückzuführen. In der NucleYnsäure ist 
ein chemisch gut charakterisirter Stoff bekannt geworden, welcher 
diese Wirkung selbst bei Gegenwart von Eiweiss ausüben kann. 
Die Zelle besitzt in ihr eine Waffe gegen die Mikroorganismen. 
Es ist bisher zw T ar noch keine Beobachtung vorhanden, welche uns 
beweist, dass diese Waffe wirklich angewandt wird, aber wir 
dürfen w r ohl kaum annehmen, dass sie nur zum Schmuck diene. 
Es ist sehr bemerkenswerth, dass die Lymphzellen von allen unter¬ 
suchten Organen diejenigen sind, aus denen die NucleYnsäure am 
leichtesten ohne tiefer greifende chemische Einwirkungen dargestellt 
werden kann. 

Diese Betrachtungen sind der Lehre Metschnikoffs von 
der Phagocytose leicht anzupassen. Ich zweifle nicht daran, dass 
die NucleYnsäure bei diesen bactericidcn Processen eine Rolle spielt ; 
aber ebensowenig, wie man die Phagocytose als den einzigen Appa¬ 
rat zum Schutz des Organismus gegen die organisirten Krankheits¬ 
erreger betrachten darf, ebensowenig ist auch die NucleYnsäure der 
einzige Stoff, dem diese Wirkung in den Zellen zukommt. Die von 

r ) Wahrscheinlich ist auch das quantitative VerbJlltniss zwischen Nu- 
delnsäure und Eiweiss von Einfluss auf die Festigkeit der Bindung. 


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148 


DEUTSCHE MEDlCiNtSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ko. 7 


Hankin, Bitter, Christmas, Vaughan u. a. untersuchten 
bactericiden Stofife sind nicht ohne weiteres auf die Nuclelnsäure 
zu beziehen. 

M. H.! Ich glaube, durch diese Darlegungen erwiesen zu haben, 
dass die chemischen Bestrebungen auf dem Gebiete der Zellenlehre 
mit den wichtigsten Problemen der heutigen Medicin Berührung 
finden. Bisher freilich haben sich unsere Kenntnisse über die 
Pathologie der Zelle fast ausschliesslich auf anatomischer Grund¬ 
lage aufgebaut. Man hat mit Hülfe des Mikroskops die gesetz- 
mässige Aufeinanderfolge der Erscheinungen studirt und durch 
rein morphologische Betrachtung gezeigt, wie im Gebiete der 
krankhaften Vorgänge eine Gestaltung mit NothWendigkeit auf die 
andere folgt, wie die Zelle ihre Form verändert und ihren Ort 
wechselt. 

Durch solche Untersuchungen können wir zwar ein zusammen¬ 
hängendes Bild von dem Ablauf der GestaltungsVorgänge erhalten, 
aber wir gewinnen kein Verständniss für den ursächlichen Zu¬ 
sammenhang der Erscheinungen. Dies Verständniss, das eigentliche 
Ziel aller physiologischen und pathologischen Studien, ist nur mit 
Hülfe chemischer Methoden und chemischer Betrachtungsweisen zu 
erreichen. Niemand zweifelt daran, dass die Vorgänge der Er¬ 
nährung und des Wachsthums, welche alle Thätigkeiten der Zelle 
beherrschen, auf chemischen Processen beruhen und dass die leben¬ 
dige Kraft, welche bei der Reizung frei wird, aus chemischen Um¬ 
setzungen hervorgeht. 

Die chemische Untersuchung der thierischen Gewebe, von 
deren Ergebnissen naturgemäss der weitere Ausbau der Zellenlehre 
abhängt, hat in neuerer Zeit noch einen besonderen Antrieb 
erhalten. Die ätiologischen Forschungen über die Infectionskrank- 
heiten haben uns ausser der Kenntniss der Bacteriengifte auch 
eine Vorstellung von denjenigen Mitteln verschafft, durch welche 
der thierische Organismus sich gegen die oindringenden Krank¬ 
heitserreger schützt. Diese Mittel beruhen auf der Bildung che¬ 
mischer Producte, welche theils von den ein gedrungenen Mikro¬ 
organismen, theils von dem erkrankten Körper selbst geliefert 
werden. Selbstverständlich muss unser Streben dahin gerichtet 
sein, eine Einsicht in die Natur dieser schützenden Stofife zu ge¬ 
winnen, um sie in rationeller Weise therapeutisch zu verwenden. 

Diesen Bestrebungen gesellen sich andere hinzu, welche eben¬ 
falls zu den natürlichen Hiilfsmitteln des Thierkörpers greifen. 
Man hat die Erfahrung gemacht, dass in einzelnen Organen, zum 
Beispiel in der Thyreoidea, Stofife enthalten sind, welche dem Körper 
einen Schutz gegen gewisse Krankheiten gewähren können, also 
auch hier heisst es: chemische Untersuchungen, chemische Methoden! 

Durch die heutige Entwickelung der Medicin sind der Thier¬ 
chemie neue Aufgaben von unabsehbarer Tragweite erwachsen. 
Freilich entsprechen die Hiilfsmittel, welche der physiologischen 
Chemie heute zu Gebote stehen, diesen grossen und schwierigen 
Problemen durchaus nicht. Der Entwickelung ihrer eigenartigen 
Methoden und der Ausbildung genügender Arbeitskräfte sind grosse 
Schwierigkeiten bereitet worden. Man hat ihre Erhebung zu einer 
selbstständigen Wissenschaft zu hindern gesucht, und vielfach hat 
man sie auf die Hinterstuben fremder Institute verwiesen. Die 
Folgen dieses Systems machen sich jetzt zum Nachtheil der ge- 
sammten Medicin geltend. Heute erwartet nicht nur die theoretische 
Wissenschaft, sondern auch die praktische Heilkunde von der 
Thierchemie die Lösung der wichtigsten Probleme. Aber die 
Schwierigkeiten, welche der erfolgreichen Bearbeitung dieser Auf¬ 
gaben entgegenstehen, sind lediglich äussere, lassen Sie uns hofifen 
dass dieselben bald überwunden sein werden! 


II. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie de 
Universität Bologna, Director Prof. G. Tizzoni. 
Untersuchungen über das Infectionsfleber. 
Das Fiebergift der Bacterien. 

Von Dr. E. Centanni, Assistenten. 

, !v oh habe , eine allgemeine Untersuchung über das Infectionsfiebe 
mit Verwerthung der neuesten Errungenschaften der Wissenschai 
“rr A S r beffrei , ft u drei Reihen Ton Untersuchungen 
2 n w M ge “ k le -’ Welche das lnl 'ectionsfieber hervorbringei 
A Ueber den Mechanismus, mittels dessen sie auf den Organs 

dM Ftow n 'TV 3 ' Ueb f r dl , e , thera Pe u tischen Fragen in Bezuf au 
1 einzelnen Untersuchungen werden den Gegenstam 
einer Reihe von vorläufigen Mittheilungen bilden. S 

Das Fiebergift der Bacterien (Pyrotoxina baoterioa). 

1. Zubereitung. 

Qnf ßacterienculturen sind die auf flüssigem Nährbode] 

entstandenen, gut entwickelten und schon einige Wochen alte! 


vorzuziehen; wie wir sogleich zeigen werden, darf der Nährboden 
keine Peptone enthalten. 

Die Extraction der Cultur geschieht in der Wärme, zuerst bei 
einer Temperatur von 60° ungefähr drei Stunden lang, dann ebenso 
lange bei Siedehitze, wobei das verdampfende Wasser ersetzt wird. 
Darauf trennt man die Bacterien mittels Filtration durch poröse 
Kerzen ab und dampft das Filtrat zur Syrupsdicke ein. So erhält man 
ein wässeriges Extract, welches das Fiebergift, gemischt mit vielen 
Unreinigkeiten, enthält (Bestandtheile des Nährbodens und andere, 
lösliche Producte der Bacterien); durch Fällung mit absolutem 
Alkohol entfernt man zuerst einen grossen Tlieil der Substanzen und 
erhält einen Niederschlag, welcher fast ganz aus Albuminoidsub- 
stanzen und dem Fiebergifte besteht. Dieser Niederschlag wird 
wieder in destillirtem Wasser gelöst, und diese Flüssigkeit, von dem 
reichlichen unlöslichen Bodensätze befreit, innerhalb eines Dialj'sators 
von Pergamentpapier in ein Gefäss mit destillirtem Wasser gebracht; 
durch Hinzufügung von ein wenig Chloroform oder Thymol verhin¬ 
dert man die Fäulniss. Das erste den Dialysator umgebende Wasser 
wird nach 24 Stunden weggegossen, weil es verhältnissmässig reich 
an fremdartigen Stoffen ist (Salze, Farbstoff), die folgenden Wässer 
werden alle zwei bis drei Tage, nachdem sie sich mit dem Fieber¬ 
gifte beladen haben, gesammelt und auf ein sehr kleines Volumen 
abgedampft. Diese concentrirte Lösung des dialysirten, wirksamen 
Stoffes, frei von den im Dialysator zurückgebliebenen Albuminoiden, 
wird von neuem mit absolutem Alkohol versetzt, lind das hierdurch 
gewonnene Präcipitat durch weitere Auflösungen in Wasser und 
Fällungen mit Alkohol gereinigt. Zuletzt wird das Präcipitat durch 
Abgiessen des Alkohols isolirt und im leeren Raum über Schwefel¬ 
säure getrocknet. Dieses Verfahren beruht, in wenige Worte gefasst, 
auf den Eigenschaften des wirksamen Stoffes, dem Kochen zu wider¬ 
stehen, durch den Dialysator zu gehen, in absolutem Alkohol un¬ 
löslich und in Wasser löslich zu sein. Die Rückstände, welche 
auf diese Weise nach und nach ausgeschieden werden, sind in Be¬ 
ziehung auf das Fieber wenig oder nicht wirksam und werden es 
immer weniger, je mehr die Dauer der Extraction verlängert wird. 
Nach den Reinigungen bildet der letzte alkoholische Niederschlag 
nur einen unendlich kleinen Theil der ursprünglichen festen Bestand- 
theile des wässerigen Extracts der Culturen. 

2. Chemische Eigenschaften. 

Der nach vorstehenden Angaben zubereitete wirksame Stoff, dem 
ich den Namen „Pyrotoxina bacterica“ beigelegt habe, erscheint in der 
Gestalt eines grauweisseir, zerreiblichen Niederschlages, welcher sich 
unter dem Mikroskop in der Form feiner, amorpher Granulationen 
darstellt. Er ist sehr hygroskopisch und zerfliesst nach kurzer Zeit 
an der Luft. Im Wasser ist er löslich, wenn es neutral, leicht sauer 
oder alkalisch reagirt, oder wenn man ihm Neutralsalze hinzufügt. 
Auch der Alkohol löst das Pyrotoxin bis zu starker Concentration; 
um eine vollständige Präcipitation zu erreichen, muss er stärker 
sein, als 90 °/o. Weder die Fällung noch tagelanges Verweilen in 
Alkohol vermindert die Wirksamkeit des Stoffes merklich. Auch 
Glycerin löst das Pyrotoxin und vermag es langsam der Bacterien- 
masse zu entziehen. In Aether und Chloroform löst es sich nicht, 
scheint auch durch deren Berührung nicht verändert zu werden. 

Die Untersuchungen zur Bestimmung der chemischen Natur 
dieses Agens des Bacterienfiebers haben bis jetzt folgendes ergeben. 
Vor allem handelt es sich nicht um eine Albuminoidsubstanz. Den 
Beweis dafür erhält man, wenn man, wie schon erwähnt wurde, Nähr¬ 
flüssigkeiten anwendet, welche keine Peptone enthalten — die ein¬ 
zigen Albuminoide, welche leicht dialysiren — oder noch besser, 
welche gar keine Albuminoide enthalten. 

Ich habe mich zu diesem Zwecke der Flüssigkeit von Nägeli, 
des Urins, der einfachen Fleischbrühe oder einer Lösung von Fleisch- 
extract bedient, wozu ich jedesmal, um die Vermehrung der Bacterien 
zu befördern, Glycerin und oft Zucker fügte; auch oberflächliche 
Culturen auf Agarplatten, welche dann in leicht alkalischem Wasser 
aufgelöst und gekocht werden, sind zweckmässig. Das so erhaltene 
Pyrotoxin giebt weder die Reaction von Millon, noch die von 
Adamkiewicz, noch die des Biurets, noch die der Xanthoprotein¬ 
säure, auch keinen Niederschlag mit Ferrocyankalium und Essig¬ 
säure. So werden alle Albuminoidstoffe ausgeschlossen, zu denen 
bis jetzt die toxischen Producte der Bacterien gerechnet wurden; 
die gerinnenden Albuminoide (Toxalbumine) sind schon durch das 
Kochen abgeschieden, und durch die genannten Reactionen sind 
die anderen (Toxipeptone, Toxalbuminosen, Proteine und Alkal- 
albumine von Büchner, Nuclelne von Gamaleia) ausgeschlossen. 
Gegen den Vergleich mit den letzteren spricht auch die Thatsache, 
dass das Pyrotoxin im Gegensatz zu den Nuclelnen nur in ge¬ 
ringer Menge durch Alkohol von 50—55° niedergeschlagen wird 
und während der Pepsindigestion aufgelöst bleibt. Ausserdem 
wird es weder durch diese, noch durch die Trypsindigestion merk¬ 
lich verändert. Man kann auch nicht an ein Derivat der Nuclelne 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


149 


15. Februar. 


der Xanthingruppe denken, denn nach dem Niederschlag mit essig- 
saurem Blei bleibt eine wirkungslose Flüssigkeit übrig. 

Es ist leicht, das Pyrotoxin aus der Classe der Ptomaine und 
Enzyme auszuschHessen. 

Die Ptomaine besonders entstehen nur selten in Culturen im 
Vergleich zu der Häufigkeit, in welcher man Fieber erhält. Die 
Methoden der Ausziehung dieser organischen Basen, die von Brieger 
für die Ptomaine und von Pelletier und Caventou für die 
Pflanzenalkaloide angegeben worden sind, haben mir von Anfang 
an wirkungsloses Material geliefert, sowohl wenn ich eine alko¬ 
holische und ätherische Lösung des wässerigen angesäuerten 
Extraetes verdampfte, als auch wenn ich mit einem erdigen 
Alkali einen Niederschlag hervorzubringen suchte. Was die En¬ 
zyme betrifft, so muss man bedenken, dass erstlich das Agens 
der Febris bacterica kein Albuminoid ist, und ferner, dass es 
der Siedehitze lange widersteht, dass es mit einer zur Dosis 
proportionalen Intensität wirkt und dass es durch die feinen Prä- 
cipitate (Collodium) nicht mitgerissen wird. Die Pyrotoxinlösungen 
geben übrigens Niederschläge mit nicht wenigen Reagentien, 
welche auch die Albuminoide und Alkaloide fällen: Alkohol, essig- 
saures Blei, Sublimat, Phosphormolybdänsäure, Gerbsäure, Pikrin¬ 
säure, Schwefelsäure und molybdänsaures Ammoniak; aber es ent¬ 
steht kein Niederschlag mit Platinchlorür, Goldchlorür, auch nicht 
durch starke Säuren und Basen oder durch schwefelsaures 
Magnesia-Ammoniak. 

Kurz, wir befinden uns vor einem Producte, welches sich in 
keiner von den Kategorieen unterbringen lässt, in welche man heut¬ 
zutage die Producte der Bacterien einordnet; seine Eigenschaften, 
obgleich noch zum grossen Theile negativ, bilden schon ein hin¬ 
reichend grosses Ganzes, um es zu einer bestimmten chemischen 
Individualität zu machen, und erlauben, es von einer grossen Menge 
anderer Materien zu differenziren und seine Gegenwart nachzuweisen. 

Ich behalte mir vor, durch fernere Studien die Substanz, 
soweit es möglich ist, in einem höheren Grade von Reinheit dar¬ 
zustellen und die chemische Stellung zu bestimmen, welche ihm 
zukommt. 

3. Biologische Wirkungen. 

Die Fieber sind, wie bekannt, von verschiedener Art, je nach 
len Agentien, welche sie hervorrufen, und nach den allgemeinen Er¬ 
scheinungen. welche sie aufweisen; unter Fieber im allgemeinen 
versteht man einen verschiedenartigen Complex von Symptomen, 
an deren Spitze immer eine Erhöhung der Körpertemperatur, die 
Pyrexie steht. Das Bacterienfieber, womit wir uns jetzt beschäftigen, 
umfasst jene Reihe von allgemeinen Störungen, welche im Orga¬ 
nismus infolge der Wirkung eines Bacterienheerdes, oder besser, 
infolge allgemeiner Intoxication durch ein in diesem Heerde er¬ 
zeugtes und in den Kreislauf gelangtes Product erscheinen. Mittels 
des auf die beschriebene Weise zubereiteten Pyrotoxins und im 
allgemeinen durch Bacterien und ihre Extracte kann man an 
Kaninchen alle Haupterscheinungen hervorbringen, welche die 
klinische Beobachtung bei dem Bacterienfieber verzeichnet. 

Zuerst die Aenderungen der Temperatur. Die Tem¬ 
peratur beschreibt einen Cyclus, welcher mit einer Erniedrigung 
beginnt, bis zur Akme aufsteigt, um dann wieder langsam auf die 
normale Höhe herabzusinken. Die Stärke und Dauer der ein¬ 
zelnen Phasen stehen im Verhältniss zu der Dosis, sowie zu der 
eichtigkeit, mit welcher das inficirte, pyrogene Material in den 
Kreislauf einzudringen vermag. 

In Bezug auf diese letzte Angabe kann man bemerken, 
man ^bereitetes Pyrotoxin oder sehr alte, lange ge- 
oc te Culturen einsprifczt, die Temperaturerniedriguiig ziemlich 
Hi» u-u* s zu C und in der ersten halben Stunde erfolgt. 

_ • Temperatur, von 39° bis 41,5o, wird innerhalb 

, tm e t r stunden nach der Ipjection erreicht, und auf einen kurzen 
L: 6 e \u rascher Abfall. In diesen Fällen kann man 

utlerer Dosis die Parabel der Temperatur oft im Ver- 
4 «? Plnz i?en Tages vollständig verfolgen. Wenn man 
ist der 11 Jun ° e a( *er flüchtig sterilisirte Bacterienculturen injicirt, 
oiä^iir Pr!* u ' , w ®Diger deutlich und dauert länger, indem 

üc SterT ■ er H s ^ re * Tage * an £ herrsc,1 t. Da hier durch 
onjgg 1 lsm j D £ jede Vermehrung der Bacterien unmöglich ist, 
Wenden 1 ? 11 P n ^ ersc ^” e ü zwischen diesem und dem vorher- 
'len Rant f a He einer langsamen Ausziehung des Pyrotoxins aus 
dafür*!? 1 dUFC -* 1 ^ ie Säfte des Körpers zuschreiben. Zum Be- 
und d^Pii 16nt p ( ^ e Tatsache, dass man mit demselben Bacterium 
iie ren Fi«h >6n , lturmenge nach Belieben den einen oder an- 
'velcher • her Vorbringen kann, je nach der Behandlung, 

der p vre • juaterial unterworfen wird. Während des Verlaufs 
jeetioa and kan ?> man } n der Wärmecurve durch geeignete In- 
vorbrinjj eti ^tt ,° yrotox ^ le die launischsten Schwankungen her- 
^bwai^unp. , 4 en natürlichen Verhältnissen werden diese 
° ea au f natürliche Weise durch, Veränderungen hervor¬ 


gebracht, welche in den das Fieber unterhaltenden Bacterienheerden 
stattfinden. Wenn so aus neuen Ursachen ein Entzündungsprocess 
im Organismus sich verschlimmert., dann sehen wir, dass der 
Temperaturgrad zuerst die Aufmerksamkeit auf diese Verschlimme¬ 
rung lenkt; andererseits sinkt bekanntlich das Fieber sehr schnell, 
wenn man für die Desinfection oder Entfernung des inficirten Ma¬ 
terials sorgt. Wir betrachten hier nicht den Temporaturabfall 
durch die Krisis, welche auf dem Gebiete der Immunität eine 
ganz andere Bedeutung hat und in einer späteren Arbeit unter¬ 
sucht werden soll. 

Eine andere, sehr wichtige Wirkung des Pyrotoxins auf 
den Körper, welche einen bedeutsamen Unterschied zwischen ihm 
und den vielen anderen Substanzen, die ebenfalls die Körper¬ 
temperatur verändern können, begründet, ist die Abmagerung 
des Organismus, welche den Grad eines unheilbaren Marasmus 
erreichen kann. Es ist nicht nöthig, hinzuzufügen, dass diese Ab¬ 
magerung und das schlechte Aussehen auch beim Menschen zu den 
auffallendsten äusseren Zeichen des Infectionsfiebers gehören, z. B. 
bei Typhus und Wundfieber. Nach einigen wiederholten, bisweilen 
nach einer einzigen reichUchen Einspritzung sieht man das Ge¬ 
wicht des Thieres bald abnehmen. Bei Unterbrechung der Injectionen 
kann das Thier sich nach einigen Tagen erholen; aber gewöhnlich 
magert es progressiv ab, bis es zum Skelett wird und schliesslich 
einige Wochen nach den Injectionen stirbt. Dies ist eine experi¬ 
mentell wohlbekannte Thatsaehe, denn es ist das Schicksal der der 
Vaccination mit unvollkommen zubereiteten Culturen unterzogenen 
Thiere. 

Wenn man zu Anfang diesen Marasmus dem vermehrten Ver¬ 
brauche der Gewebe durch die höhere Intensität der Oxydations- 
processe des Fiebers zuschreiben kann, so gilt diese Erklärung 
nicht für die späteren Perioden, wenn die Injectionen von Pyro¬ 
toxin und jede Zunahme der Temperatur aufgehört haben und das 
Tbier dennoch immer fortfährt, abzunehraen. Ausserdem habe ich 
beobachtet, dass man durch Injection kleiner, eine Zeit lang fort¬ 
gesetzter Dosen von Pyrotoxin, wobei geringe oder keine Pyrexie 
entsteht, zuletzt gleichfalls Marasmus hervorbringen kann. Man 
muss also mehr die toxische Wirkung des Stoffes auf die Elemente 
der verschiedenen Körpergewebe in Betracht ziehen, was zum Theil 
auch durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird: denn 
da Theile von grösster functioneller Wichtigkeit tief geschädigt 
sind, wird der für das Leben nöthige, ernährende Stoffwechsel un¬ 
möglich gemacht. Ich habe wiederholt beobachtet, dass der Maras¬ 
mus leichter durch das zubereitete Pyrotoxin hervorgebracht wird 
als durch die entsprechende Menge von Bacterien und dass ferner 
Einspritzungen in die Venen und in die Bauchhöhle verderblicher 
sind, als solche unter die Haut. 

Dies begünstigt nicht die von verschiedenen Beobachtern 
ausgesprochene Ansicht, die toxischen Producte der Culturen 
nähmen durch die Extraction mittels Wärme oder chemischer 
Mittel zu, sondern lässt vielmehr vermuthen, dass die wirksame 
Substanz, wenn sie wenig günstige Bedingungen für ihre Ver¬ 
breitung im Blute findet, ihre toxische Wirkung nicht auf den 
ganzen Organismus ausübt, sondern ihre Thätigkeit in örtlichen 
Einflüssen auf die den Heerd umgebenden Elemente erschöpft. 
Eine der wichtigsten Rollen bei diesem schützenden Vorgänge 
kommt unzweifelhaft den weissen Blutkörperchen zu, welche ihren 
Dienst verrichten, indem sie sieh selbst vergiften, denn wir sehen, 
dass die in einen Infectionsheerd eingewanderten Leukocyten in 
Verfall gerathen und unfähig werden, wieder in den Kreislauf 
einzutreten, während das Schicksal derjenigen, welche die Auf¬ 
saugung aseptischen Materials bewirken, ein ganz anderes ist. 

Auch der Verdauungsapparat spielt bei den Fieber¬ 
erscheinungen eine wichtige Rolle. Die Diarrhoe ist eine Störung, 
welche regelmässig auf Injectionen von Pyrotoxin folgt; ebenso 
constant ist Appetitlosigkeit, Diesen Störungen entspricht eine 
Reihe anatomischer Veränderungen, welche die Section nachweist: 
man findet den Darm mit flüssigen Fäces gefüllt, mit hyperämischen 
Gefässen, schleimigem Ueberzug und starker Schwellung der 
Peyer’schen Drüsen. 

Bei den mit Pyrotoxin vergifteten Kaninchen fehlen auch die 
anderen klinischen Erscheinungen des Bacterienfiebers nicht. 
Die Häufigkeit des Herzschlags und der Athmung nimmt zu, bis¬ 
weilen ist die Dyspnoe so stark, dass die Respiration eine rhyth¬ 
mische Erschütterung des ganzen Körpers hervorbringt. Die Ab¬ 
stumpfung des Sensoriums zeigt sich in dem betäubten Blicke und 
dem Verluste der Lebhaftigkeit. Aus allgemeiner Schwäche bleibt 
das Thier auf dem Boden des Käfigs unbeweglich liegen, und wenn 
man es zum Laufen zwingt, taumelt es. Ebenso ist es mit den 
anderen, geringwerthigen Fiebersymptomen. Auf den Urin werden 
wir zurückkommen, wenn wir von den chemischen Zersetzungen 
sprechen werden, welche die Injectionen von Pyrotoxin im iga 
nismus hervorbringen. 


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150 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


Kurz, wir müssen annehmen, dass das Pyrotoxin, ebenso wie 
die anderen Stoffe von allgemeiner, specifischer Wirkung, mit denen 
sich die Pharmacie beschäftigt, wenn es durch das Blut mit den 
verschiedenen Elementen der Körpergewebe in Berührung gebracht 
wird, seine Electivwirkung beständig auf eine gewisse Zahl der¬ 
selben ausübt, je nach der Natur der molekularen Aggregate, 
woraus sie bestehen, um darin eine gewisse Reihe von chemischen 
und entsprechenden funetionellen Veränderungen hervorzubringen. 
So können wir uns von der Wirkungsweise auch dieses Giftes und 
von dem typischen Bilde der Art von Fieber, welche es hervor¬ 
bringt, eine Vorstellung machen. Das Pyrotoxin ruft nicht nur 
die allgemeinen, sondern auch die wichtigsten örtlichen Erschei¬ 
nungen eines Bacterienheerdes hervor. Wenn es in Röhrchen 
unter die Haut gebracht wird, zeigt es sich als mit energischer, 
positiver, chemotactischer Kraft begabt. Wenn es aber in 
Lösung injicirt wird, bringt es keine Eiterung hervor, denn 
es vermag wegen seiner leichten Aufsaugbarkeit nicht, ein 
Attractionscentrum für die Leukocyten zu bilden, wie es bei den 
Bacterien der Fall ist. Statt der Eiterung bemerkt man oft ein 
ziemlich ausgebreitetes gelatinöses Oedem; die benachbarten Ge- 
fässe sind hyperämisch, und starke Dosen bringen hämorrhagische 
Heerde hervor, nicht nur örtlich, sondern auch in den Einge- 
weiden. (Schluss folgt.) 

III. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin, 
Abtheilung des Herrn Prof. Dr. Renvers. 

Zur Kenntniss der Influenzapneumonieen. 

Von Dr. Alb. Alba, Assistenzarzt. 

Die zu Ausgang des Jahres 1893 über Berlin hereingebrochene 
Influenzaepidemie hat zwar an Ausdehnung und Intensität nicht 
entfernt ihre Vorgängerin im Winter 1889/90 erreicht, sie hat uns 
aber dennoch wieder eine grosse Anzahl von Influenzaerkrankungen 
zugeführt, die, in ihrer Gesammtlieit betrachtet, ein so buntes Bild 
darboten, wie es eben nur die Influenza mit ihrer proteusartig 
wechselnden Erscheinungsform zu bieten vermag. Einen eigent¬ 
lichen Typus für die Influenza vermag man kaum aufzustellen, 
weil die Mehrzahl der Erkrankungen mit Complicationen verbunden, 
deren Art wiederum eine sehr mannichfache ist. Es ist bekannt, 
dass die meisten derselben den Respirationstractus betreffen, und 
unter den Affectionen desselben nimmt die Pneumonie das haupt¬ 
sächlichste Interesse in Anspruch, sie ist die wichtigste und zu¬ 
gleich gefährlichste Complication der Influenza. 

Ueber die Influenzapneumonie ist in den früheren Epidemieen 
viel geschrieben und discutirt worden, ohne dass bisher völlige 
Klarheit über das Wesen derselben erreicht worden ist. Aus diesem 
Grunde will ich mit Erlaubniss meines Chefs, Herrn Prof. Renvers, 
hier kurz die Erfahrungen mittheilen, welche wir im städtischen 
Krankenhause Moabit während der letztverflossenen Epidemie über 
die Influenzapneumonieen gemacht haben, und zugleich über das 
Beispiel einer Complication der Influenzapneumonie berichten, die 
in der bisherigen ungemein reichen Influenzalitteratur nur wenige 
Seitenstücke hat. 

In der Frage der Influenzapneumonie sind zwei Punkte be¬ 
sonders strittig: 

1. Kommt der Influenza eine besondere Form der Pneu¬ 
monie zu? 

2.. In welchem Verhältniss steht die genuine croupöse Pneu¬ 
monie zur Influenza? 

Was die erste Frage anlangt, so kommt man, wenn man die 
ungeheure Influenzalitteratur der letzten Epidemie überschaut, zu 
der Erkenntniss, dass man sie auf Grund der Beobachtungen der 
meisten Autoren unbedingt bejahen muss. Nur einige wenige Au¬ 
toren, wie z. B. Nothnagel 1 ), haben sie verneint. Die besondere 
Form der Pneumonie, die im Verlauf der Influenza auftritt, ist 
nun freilich keine, die nur dieser Erkrankung allein eigen wäre; 
sie ist wohl für sie charakteristisch, aber nicht specifisch. 

Die nach Influenza auftretende Pneumonie ist dieselbe, die im 
Verlauf anderer acuter Infectionskrankheiten, wie Diphtherie, Morbilli 
ryphus abdominalis u. a. m. auftritt. Diese Form ist die sogen! 
katarrhalische oder Bronchopneumonie, in deren Wesen es 
begründet ist, dass ihr Krankheitsbild kein so bestimmtes wie das 
der genuinen croupösen Pneumonie ist, dass ihre Krankheitserschei¬ 
nungen vielmehr entsprechend der Verschiedenheit der localen Affec- 
tion mannichfach schwanken. Dass es im Verlauf der echten Influenza 
ast immer zur Entwickelung dieser Form der Pneumonie kommt 
erklärt sich ohne weiteres durch das Wesen der Influenza, die 
wenn sie sich, wie in der Mehrzahl aller Fälle, in dem Respirations- 
trac tus local isirt, in demselben einen Katarrh der Bronchien her- 

1 ) Wien. med. Blätter 1890, No. 2. 


vorruft, der sich meist bis in die feinsten Verzweigungen derselben 
fortsetzt. Der Influenzakatarrh ist das prägnanteste Bei¬ 
spiel einer Bronchitis capillaris. Von den kleinsten Bron¬ 
chiolen geht der Entzündungsprocess nur gar zu leicht auf die 
Alveolen über, und so erklärt sich die Häufigkeit der Pneumonie 
im Verlauf der Influenza. 

Auch wärend der letztjährigen Epidemie haben wir in unserem 
Krankenhause eine Anzahl von Influenzapneumonieen zu beobachten 
Gelegenheit gehabt, die wir als solche zumeist schon aus ihren klini¬ 
schen Erscheinungen feststellen konnten. Ohne auf die einzelnen 
Fälle näher einzugehen, will ich nur erwähnen, dass wir die Influenza¬ 
pneumonie ihrer oben gekennzeichneten Natur entsprechend, fast 
stets so haben verlaufen sehen, wie sie in klassischer Weise vor 
allem durch Finkler, 1 ) ferner durch Leyden, 2 ) Mosler, 8 ) Krehl, 4 ) 
Ribbert 5 ) u. a. m. beschrieben worden ist. 

Ich glaube, die Influenzapneumonie von der genuinen croupösen 
Pneumonie durch folgende klinische Unterschiede ziemlich scharf 
trennen zu können. 

1. Die Anamnese weist in der Mehrzahl der Fälle das Vor¬ 
aufgegangensein von Erscheinungen der Influenza nach. 

2. Der physikalische Befund: a) DieDämpfung über der 
infiltrirten Lungenpartie fehlt oft ganz (centrale Pneumonie), oder sie 
ist nur rasch vorübergehend vorhanden, oder sie tritt nach kurzer 
Zeit an einer andern Stelle auf. In letzterem, nicht seltenen Falle 
bietet die Influenzapneumonie das Bild der Pneumonia migrans 
dar. Die Dämpfung ist in den typischen Fällen der Influenza¬ 
pneumonie nur klein und circumseript. b) Das Athmungsge- 
räusch ist bronchial an den Stellen der Infiltration und oft das 
einzige Zeichen derselben, c) Die Rasselgeräusche sind die 
constantesten Erscheinungen der Infiltration. 

3. Das Sputum ist niemals exquisit rostfarben, nur im ersten 
Beginn öfters gelblich, meist schleimig schaumig. 

4. Das Fieber setzt meist, nicht immer, ohne Schüttelfrost 
ein, steigert sich nur allmählich, erreicht nur eine geringere Höhe 
und endet lytisch. 

5. Der Verlauf ist ein weit weniger acuter als der der ge¬ 
nuinen croupösen Pneumonie. Die Infiltrationen gehen nur lang¬ 
sam zurück, ihre vollkommene Resolution zieht sich oft über 
Wochen hin. Die Reconvalescenz ist eine längere und schwerere. 
In den subjectiven Beschwerden während der Höhe der Erkrankung, 
wie im Allgemeinbefinden, Athemnoth, Cyanose, Seitenstechen u. 
dgl. vermag ich im Gegensatz zu anderen Autoren keine wesent¬ 
lichen Unterschiede zu erkennen. Wohl aber scheint mir die in 
Begleitung der Influenzapneumonie einhergehende Pleuritis mehrere 
Eigenthümlichkeiten zu besitzen, a) Die Pleuritis tritt häufiger 
im Verlaufe der Influenzapneumonie auf, als bei der genuinen 
Pneumonie, b) Ihre Resorption zieht sich sehr lange hin. c) Der 
Uebergang in ein eitriges Exsudat tritt seltener ein, und nur in 
den Fällen, in denen sich Streptococcen vorfinden. 

Die Häufigkeit der secundären Streptococcusinfec- 
tion nach Influenza ist geradezu ein pathognomonisches 
Kennzeichen für dieselbe. Diese Infection findet in der Pleura 
eine ihrer häufigsten Localisationen. Die Streptococcenempyeme 
nach Influenza zeichnen sich durch ihre Bösartigkeit aus. Die in 
nicht wenigen Fällen anscheinend primär auftretende Pleuritis bei 
Influenza, die auch wir öfters beobachtet haben, dürfte vielleicht 
doch auch nur eine secundäre Infection von einem kleinen Heerde 
in der Lunge aus darstellen, der kaum merkliche Krankheits¬ 
erscheinungen gemacht hat. 

In Uebereinstimmung mit den klinischen Erscheinungen der 
Influenzapneumonie stehen die anatomischen Befunde, wie sie schon 
während der Epidemie von 1889/90 von Ribbert, 6 ) Kundrat, 7 ) 
Marchand, 8 ) Weichselbaum 9 ) u. a. erhoben worden sind. 

Einen Theil dieser anatomischen Eigenthümlichkeiten wenigstens 
haben wir in einigen wenigen Fällen von Influenzapneumonie, die 
während der letzten Epidemie bei uns zur Section gekommen sind, 
bestätigt gefunden. 

Die anatomischen Unterschiede der Influenzapneumonie sind 
folgende: 

l. # Die Infiltration dehnt sich nur über einzelne Lobuli 
aus, die theilweise durch lufthaltige Lobuli von einander getrennt 
sind, öfters aber auch so confluiren, dass eine lobäre Pneumonie 
vorzuliegen scheint. 


*) Deutsch, med. Wochensckr. 1890, No. 5. 

2 ) Berl. klin. Wochenschr. 1890, No. 10. 

*) Deutsch, med. Wechenschr. 1890, No. 8. 

4 ) Deutsch, med. Wochenschr. 1890, No. 6. 

5 ) Deutsch, med. Wochenschr. 1890, No. 4. 

6 ) a. a. 0. 

Wiener klinische Wochenschrift 1890, No. 8. 

8 ) Berliner klinische Wochenschrift 1890, No. 23. 
'*> Wiener klinische Wochenschrift 1890. No/6. 


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15, Februar. _ __ 

2. Die Schnittfläche ist a) weniger gekörnt, mehr glatt 
!>) ihre Farbe ist nicht grauroth, sondern heller, rosafarbig ’ 

3. Das Infiltrat ist weicher, ärmer an Fibrin, aber zellen¬ 
reicher, so dass es zuweilen die Eigenschaft einer eitrigen Flüssig¬ 
keit hat. 

Die geschilderten Eigenthümlichkeiten der Infiltration bei der 
influenzapneumonie machen es erklärlich, dass dieselbe häufiger 
schwerere Complicationen nach sich zieht, als es bei der genuinen 
Pneumonie der Fall zu sein pflegt. Insbesondere hat Kahler 1 ) 
auf den Eintritt von Abscess und Gangrän in den infiltrirten 
Lungenpartieen aufmerksam gemacht, 

March and, 2 ) Kundrat 8 ) u. a. haben die anatomische Grund¬ 
lage dieser Veränderungen erhoben: sie besteht in einem nekro¬ 
tischen Zerfall der infiltrirten Heerde, der im Verlaufe der 
< roupösen Pneumonie zu den grössten Seltenheiten gehört. 

In einem unserer secirten Fälle fanden wir den oberen Theil 
des Unterlappens der rechten Lunge von zahlreichen kleinen Ab¬ 
szessen bis zu Kirschengrösse durchsetzt, von denen mehrere bis 
dicht an die Oberfläche der Lunge heranreichten. 

Erreicht ein solcher nekrotischer Heerd die Lungenoberfläche 
so ist der Durchbruch in die Pleurahöhle die Folge. Der Eintritt 

eines Pneumothorax im Verlauf einer Influenzapneumonie _ bei 

der echten croupösen Pneumonie ist dieses Ereigniss soweit ich 
die Litteratur übersehen konnte, bisher überhaupt noch nicht be¬ 
obachtet — ist nur dreimal mitgetheilt worden: von Mosler 4 ) 
Dräsche*) und Fürbringer.«) Auf dem Sectionstisch hat 
Kundrat 7 ) einmal Pneumothorax nach Influenzapneumonie gesehen, 
len bin m der Lage, diesen wenigen Beobachtungen eine neue 
tonzuzufügen, die in einem Falle eintrat, der wegen der Fülle seiner 
lomplicationen und seines Verlaufs auch sonst hervorragendes 
Interesse beansprucht. Ich gebe hier die Krankengeschichte in 
ihren wesentlichen Zügen wieder: 

mit Dienstmädchen Sophie H. erkrankte am 24. November 

ltnf j r r M und Hitze, heftigem Kopfweh, Schmerzen in den Augen, Kreuz- 
Pnfct 1 eders gHm« rz P n «nd allgemeiner Mattigkeit, Am 26. stellten sich 

ha“oomtn e “ ** ^ am 2? ‘ Wurfe sie ins X™*»* 

Keml^ S pm Pr r* Sen n ^ Kräf % gut genährtes Mädchen. 

nSf% h(3 “’ 1 k 8 eme . 0edeme - Temperatur 38,8° C. Puls kräftig, regel- 
Dvcnnde n,v. CU r g f m u Gr M * nute ; Zunge trocken, belegt. Massige 
Untersuchung der Lungen ergiebt die physikalischen 
ImlT S fl Kr Um T Cnpten JußJtration des Unterlappens der rechten 
"efärbt Rohem Pun ö enabsc h m tte sind frei. Sputum ist graugelb 
Abdominal• Herztöne rein, Herzdämpfung normal. An den 
*E« besteht besonderes. Milz nicht merklich geschwollen. 

"esteM eine febnle Albuminurie. 

Patientin r? r näckstea Tage verschlimmerte sich der Zustand der 

schÄor° 19o7 SP a° e si & (30 ^ Der Plüs wurde noch b e- 

an 40° P u-L schwächer. Die Temperatur blieb dauernd nahe 

änderte Dip rSt der objoetne Befund an den Lungen sich nicht ver- 
Inflaenzabacilie^fltr"^ 11 ^ d ? S S ? u f u,ns ei ’g ab die Anwesenheit von 
Am K 85 V n Hemcultur, keine Fraenkel’sche Diplococeen. 
geschwächte ShS veranlagte das leise Bronchialathmen und der 
panS f P ^p “ M mitUS lm Bereich der Dämpfung eine Probe- 

'« Bdiaüto roTst^ P 7ococcT e F ‘ ÜSSigkeit ergah ' Dkse,be ™ thielt 

Auftreten ühmdiror rv Cllte s l cl * ” nter Steigerung der Dyspnoe und 
Dieselbe ^ a J 0!s , e der Eintritt einer Pericarditis geltend, 

ernst, a* w ^ 1Pend der nächsten Tage das Krankheitsbild sehr 

loschen Abfall aJ. t 1neum ° me den Beginn ihrer Resolution durch den 
ftricaiditifi sofort «• '? m P eratur kund gab, stiog die letztere infolge der 

T » n ^md nwischeny» md e 39 m » 6 teh“ d M ”“ e S elmä8s « em 

den LuDgen Hccember hatte sich der objective Befund über 

rechts Ä eine nWt V ' ves * nül * h verändert. Während bis dahin hinten 
Dämpfung consfotirt ^ una b Jlle des pleuritischen Exsudates stetig steigende 
waren nunme^t a ^ 'S? “ dio P ^icarditis blieb constnnt 
thorar whwJLl ™ oraxb älfte alle Zeichen eines Pneumo- 

d cr subjectiven Rock der , sicb plötzlich, aber ohne merkliche Steigerung 
C hatte - Bei "bsoiuter Ruhelag! 

nnü war am K n ei ! Euftgehalt im Pleuraraum wieder langsam ab 
«wischen über der e ff 1 !r er T mcht mekr nac bweisbar. Während sich in- 
Plß gestellt hatte «Jf, ge ® 1 ? e circumscripte trockene Pleuritis 
Riegen. Di e PiinMfor, a re< ?htsseitige Exsudat bis zur Clavicula ange- 
Öeschaffenheit und Se be ? am .^* Dec-ember ergab eine eitrige 
Flüssigkeit. Di e u Um e , ine . Heincultur von Streptococcen in der 

? p sunkener KräftefHerzschwäche der Patientin und ihr erheblich 
fjbge Pleuritis dl ?, au8 g ed ehnte Pericarditis und die links- 

^einen, und dieselhe wf”? 6 9 pe f a » on des Empyems als bedenklich er- 
^^ahrdrohenden Ersrh«^ 11 ^ 6 deska ^ 80 fange hinausgeschoben, bis jene 
Am 30 LZ!? eUlUngen verschwunden waren. 

waren Pericarditis und die trockene Pleuritis 


DEOTSCHE MED ICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


151 


*} iTo. Wochenschrift 1890, No. 9. 

J DeS e m ^ d ed W ° chensc brift 1890, ^o. 6. 

1 a. a . a d ‘ Wochenschrift 1890,. No. 4. 


nachweisbar Der Puls der Patientin war. wieder kräftiger 
^ d ph l\ gei 'i besckleuai ^ rr geworden, das Allgemeinbefinden hatte sich 
erheblich gebessert, der Kräitezustand sehr gehoben, so dass Patientin 
am 2. Januar 1894 behufs Eröffimng des Empyems auf die chirurgische 

Jon ff ^ t a K Z Z V ° r d6r °P erati °n machte sich ein 
stattgefundener Durchbruch des Empyems in die Lunge durch das Aus¬ 
husten reinen Liters bemerkbar. 

, „ , Nach . der Operation ist Patientin schnell fieberfrei geworden und 
befindet sich zur Zeit in voller Reconvalescenz. 

Dass der Pneumothorax in diesem Falle weder durch Gas¬ 
bildung m einem eitrigen Pleuraexsudat, wie sie mehrfach beob¬ 
achtet ist, noch von einem Lungenabscess aus, wie in Fürbringer’s 
balle, entstanden ist, beweist die nachgewiesene Thatsache, dass 
zur Zeit der Entstehung des Pneumothorax ein seröses Exsudat 
vorhanden war. In unserem Falle ist der Pneumothorax zustande 
gekommen durch den nekrotischen Zerfall eines kleinen, infiltrirten, 
aber noch nicht vollständig luftleeren Lungenheerdes, der bei 
seinem Fortschreiten in der Peripherie der Lunge auch schliesslich 
das Pleuragewebe mit ergriffen hat. Nach dem Eintritt der Luft 
ist aus dem serösen Exsudat schnell ein eitriges geworden. Diese 
Entstehung des Pneumothorax ist der Influenzapneumonie eigen¬ 
tümlich. 

Wenn ich nun zum Schluss auf die zweite oben gestellte 
Frage, das Verhältnis der croupösen Pneumonie zur Influenza 
eingehe, so glaube ich jede direkte Beziehung der beiden Er¬ 
krankungen zu einander in Abrede stellen zu müssen. Meiner 
Ansicht nach handelt es sich bei der croupösen Pneumonie 
Influenzaerkrankter entweder um eine zufällige Complication oder 
um eine secundäre Infection. Zunächst müssen wir es als eine 
feststehende Thatsache betrachten, dass, wie zur Zeit jeder Cholera¬ 
epidemie die Brechdurchfälle, so während der Influenzaepidemie 
die Lungenentzündungen sich häufen. Diese Beobachtung ist 
während der Epidemie von 1889/90 in gleicher Weise in Berlin, 
Wien, Paris, Moskau und anderwärts gemacht worden und sicher¬ 
gestellt. 

Es ist leicht erklärlich, wenn bei diesen Pneumonieen die 
fehlende und unbestimmte Anamnese vielfach zugunsten der 
Influenza gedeutet wird. Andemtheils hat wohl öfters der scheinbar 
lobäre Charakter der Infiltration zu der Annahme einer croupösen 
Pneumonie geführt, während in Wirklichkeit eine confluirte Broncho¬ 
pneumonie nach Influenza vorlag. 

In zweiter Reihe kommen nun auch zweifellos echte croupöse 
Pneumonieen bei Influenzakranken vor. Sie entstehen durch 
secundäre Infection mit demFraenkel’schenDiplococcus, welchem 
durch den Influenzakatarrh der Bronchialschleimhäute der Boden 
geebnet ist. Die Influenza setzt gelegentlich ebenso eine Disposition 
zur Diplococcenpneumonie wie die Masern und andere Infections- 
krankkeiten in seltenen Fällen. In der Lunge selbst kann eine 
einfache Infection mit Fraenkel’schen Diplococeen vorliegen oder 
eine gleichzeitige doppelte Infection mit Influenzabacillen und 
Fraenkel’schen Diplococeen.] 

Diese Doppelinfection ist sicherlich häufiger als sie bisher 
nachgewiesen ist. Zu Beobachtungen dieser Art hat sich nach 
Entdeckung des Influenzabacillus (Januar 1892) anscheinend noch 
nicht genügend Gelegenheit geboten. Es verdient deshalb dieser 
Punkt in der zukünftigen Influenzaforschung noch eine besondere 
Beachtung. 

IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Krankenhauses 
der jüdischen Gemeinde in Berlin. 

Congenitale Hydronephrose, geheilt durch 
Nephrectomie. 1 ) 

Von Dr. Adler in Berlin. 

Bei der relativen Seltenheit operativ behandelter Hydro- 
nephrosen im Kindesalter, erlaube ich mir, Ihnen einen solchen 
Fall vorzustellen, welcher ausserdem durch einige ungewöhnliche 
Complicationen ein gewisses Interesse bietet. 

Dieser 3 l 2 jährige Knabe wurde am 5. Mai dieses Jahres aufge* 
nommen, und die Eltern gaben an, dass das Kind vor etwa V/a Jahren 
begonnen habe, über Schmerzen im Leibe zu klagen, und .dass ihnen auch 
seit dieser Zeit eine starke Auftreibung des Leibes, besonders links, auf¬ 
gefallen sei. Nachdem der Knabe ein Jahr lang erfolglos intern behandelt 
worden war, wurde er im November vorigen Jahres auf die chirurgische 
Abtbeilung der Königlichen Charitd aufgenommen und daselbst operirt. Durch 
die Freundlichkeit des Herrn Prof. Köhler sind wir in den Besitz der 
Krankengeschichte gelangt, aus welcher ich Ihnen nunmehr das Wesent¬ 
lichste mittheiien will: 

„Die enorme, seit einem Jahr entstandene Anschwellung des Leibes war 
durch eine Flüssigkeit bedingt, welche geringe Mengen Harnstoff enthielt. 

D Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen 
Berlins am 12. Juni 1893. 


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152 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No: 7 


Ein Schnitt in der Linea alba unter dem Nabel legte den Tumor frei, 
welcher fast die ganze Bauchhöhle einnahm und die Darmschlingen auf 
einen kleinen Raum unter der Leber zusammengedrängt hatte. Die Wand 
der Geschwulst wurde mit der Bauchwunde vernäht, und dann die Oeffnung 
vorgenommen und ein Stückchen der Wand excidirt. In diesem Stück¬ 
chen fand sich mikroskopisch Nierensubstanz (Gloraeruli und ge¬ 
wundene Canälcken). — Entleert wurden 650 ccm heller klarer Flüssig¬ 
keit von mässigem Harnstoff- und ganz geringem Eiweissgohalt. Ueber 
den Verlauf nach der Operation ist zu berichten, dass der Knabe stets 
munter und bei gutem Appetit war, dass dio Höhle sich stetig, wenn 
auch langsam verkleinerte, dass aber in der langen Zeit der Beobachtung, 
vom November 1892 bis zum April 1893, also während eines Halbjahres, 
per vias naturales nur selten, kaum jeden zweiten Tag, eine 
geringe Menge Urin entleert wurde. 

Ende März war die Fistel noch 6 cm tief, die Secretion hatte be¬ 
deutend nachgelassen, so dass ein einmaliges Wechseln der Mooskissen 
täglich genügte. Auf die wiederholten Bitten der Mutter wurde das Kind 
nach Hause entlassen. In der Fistel lag ein 4 cm langes Gummirohr. 
Schon nach wenigen Tagen kam die Mutter mit dem Kinde wieder; es 
hatte Fieber, und der Bauch war wieder ganz beträchtlich ausgedehnt, das 
Gummirohr war herausgerutscht. Die Erweiterung der Fistelöffnung 
gelang leicht mit dem Finger: das Entleerte war jetzt zum ersten 
male mit Eiter vermengt. Durch Ausspülungen, langdauernde Bäder. 
Drainage, Moosverband wurde diese Complication beseitigt, das Kind war 
wieder fieberfrei, ass mit Appetit und erholte sich in kurzer Zeit; die 
Fistel, welche bei der Aufnahme dreimal tiefer war als bei der Entlassung 
(18 ccm), fing an, wieder kürzer zu werden. Am 1. Mai wurde der Knabe 
wieder auf den Wunsch der Mutter entlassen. 

Die Nephrectomie wurde nicht für angezeigt gehalten, weil sich nur 
selten und auch dann nur sehr wenig Urin per vias naturales entleerte 
und weil deshalb dio rechte Niere nicht für ganz leistungsfähig gehalten 
wurde; die Gefahr einer reflectorischen Anurie erschien grösser, als bei 
gesunder zweiter Niere. Der Befund von Nierensubstanz in der Wand 
der Hydronephrose Hess auf Lageveränderungen schliessen, welche viel¬ 
leicht, wenn auch geringer an der anderen, während der Beobachtungs¬ 
zeit wenig functionirenden Niere vorhanden waren. Auch die Möglichkeit 
einer Hufeisenniere wurde in Betracht gezogen.“ 

Wir erhoben nun bei der Aufnahme am 5. Mai d. J. folgenden Be¬ 
fund: Etwa in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse eine 6 cm lange 
Längsnarbo, in deren Mitte sich eine Fistel befindet, aus welcher auf 
Druck eine leicht getrübte gelbliche Flüssigkeit hervorquillt. An Stelle 
der linken Niere fühlt man die Contour eines derben leeren Sackes, wel¬ 
cher vom linken Rippenbogen abwärts in leicht nach aussen convexem 
Bogen zur genannten Fistel zieht, medianwärts die Mittellinie um zwei 
Querfingerbreite überschreitet, hier aber nicht so präcise abzugrenzen ist. 
wie lateralwärts. Der untere Rand des Sackes lässt sich vom Rectum 
aus bequem erreichen und bis an die Fistel verfolgen. Die Lage des Co¬ 
lon descendens ist durch Aufblasung nicht zu ermitteln! 

Die rechte Niere ist in normaler Grösse, an normaler 
Stelle zu fühlen, und ihre Beweglichkeit überschreitet nicht 
die physiologischen Grenzen. 

Was nun den Urinbefund anbetrifft, so konnten wir dadurch, dass 
wir den Knaben sehr häufig bei Tag und Nacht zum Uriniren aufforderten, 
täglich durchschnittlich 200 ccm eines absolut klaren, sauren 
Urins auffangen, der ein specifisches Gewicht von durchschnittlich 1025 
hatte und weder chemisch noch mikroskopisch irgend welche pathologische 
Bestandtheile erkennen liess. Andererseits entleerte sich aus der Fistel 
der linken Niere ein trüber alkalischer Urin, dessen 24 stündige 
Menge auf mindestens 2—3000,0 ccm geschätzt werden muss, da es uns 
gelang, in 8 Stunden durch Drainage 900 ccm aufzufangen, wobei noch 
ein Theil neben dem Drain vorbei in den Verband ging. Das speci- 
fische Gewicht dieses Fistelurins betrug durchschnittlich 
bloss 1004—1007. Er enthielt beträchtliche Mengen Eiweiss, mikro¬ 
skopisch viel Eiter- und Blutkörperchen, sowie vereinzelte Nierenbeeken- 
epitheüen. 

Nach diesem überaus charakteristischen Urinbefund im Zusammen¬ 
hang mit dem exacten palpatorischen Nachweis einer vorhandenen zweiten 
Niere von normaler Grösse an normaler Stelle und ohne abnorme Beweg¬ 
lichkeit, konnten wir die oben gegen die Nephrectomie ausgesprochenen 
Bedenken nicht theilen, und es wurde deshalb am 15. Mai durch Herrn 
Dr. Israel die Exstirpation des Sackes ausgeführt. 

Die Operation war nun durch drei Umstände in recht unangenehmer 
Weise complicirt. Zunächst lag der Sack vollständig intraperitoneal, es 
hatte sich eine Art Mesonephron gebildet, und die Umschlagstelle des 
Pentoneum reichte bis an den lateralen Rand des Musculus sacrolumbalis 
heran. Hie Aushülsung des Sackes wurde dadurch nicht wenig erschwert. 
r emer war das Colon descendens weder vor der Niere, noch sonst irgend¬ 
wo nachzuwoisen.. und so die Gefahr einer Verletzung desselben nicht 

nnftCTACph! neenn a 


Am allermeisten Schwierigkeiten machte jedoch, die durch die vo] 
ausgegangene transperitoneale Nephrectomie bedingte Fixation der Niei 
an der vorderen Bauchwand. Hier war eine Eröffnung der Peritonea 
höhle schlechterdings nicht zu umgehen. Da nun unglücklicherweis 
nicht das Nierenbecken, sondern die Nierensubstanz in die vordere Baucl 
1 Und £i e n eröffnet war ’ so war eine sichere Abklemraun 
aZ dl{ Sm Stelle unmöglich und so die Gefahr des Einfliessei] 

n ? ■ Flt ' ssi £ k ® lfc m J ie erüffnete Bauchhöhle eine ziemlic 
p? cl . rc . a 6 , cm la hge Oeffnung im Peritoneum wurde sofort vei 
näht, die Fistel in der Bauchhaut excidirt, und die ganze prä- resp. r< 
tropentoneale Höhle tamponirt. — Der Wundverlauf war ein vollständi 
normaler, die grosse Höhle verkleinerte sich sehr rasch, und heute; nac 


vier Wochen, sehen Sie an Stelle der grossen Wundhöhle nur noch eine 
kleine granulirende Fläche. 

Die geringe Menge concentrirten Urins, welche von der gesunden 
Niere vor der Nephrectomie geliefert wurde, erklärt sich unschwer aus 
der enorm reichlichen Secretion aus dem Nierensack. Nunmehr nach der 
Entfernung des letzteren ist die 24 stündige Urinmenge auf durchschnitt¬ 
lich 600 ccm (specifisches Gewicht 1017) gestiegen, wobei noch betnerkt 
werden muss, dass der Knabe noch immer die Untugend besitzt, nachts 
den Urin in’s Bett zu entleeren, wenn er nicht durch häufiges Auffordern 
zum Uriniren daran verhindert wird. Der Urin ist vollständig klar und 
frei von pathologischen Bestandteilen. Das Allgemeinbefinden des Knaben 
ist boreits jetzt ein erheblich besseres, als vor der Operation. 

I Die intraperitoneale Lage der Niere, die abnorme Lage des 
i Colon, im Zusammenhang mit dem am vorliegenden Präparat zu 
constatirenden nahezu horizontalen Verlauf des Ureters und einer 
fächerförmigen Insertion der Nierengefässe machen es in hohem 
Grade wahrscheinlich, dass es sich in diesem Falle um eine con¬ 
genitale Hydronephrose gehandelt hat. Bei der erfahrungs- 
gemäss schlechten Prognose dieser congenitalen Form quoad resti- 
tutionem und bei der vorher präcise gestellten Diagnose einer vor¬ 
handenen zweiten gesunden Niere war gewiss die Exstirpation des 
Sackes das richtige Verfahren. 

Meinem verehrten Chef, Herrn Dr. J. Israel, verfehle ich 
nicht, an dieser Stelle für freundliche Ueberlassung der Kranken¬ 
geschichte meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

V. Hämatop orphyrin im Harn nach. Trional. 1 ) 

j Von Dr. Ernst Schultze, 

I. Assistenzarzt der Provinzialirrenanstalt in Bonn. 

Als im Jahre 1889 von Käst und Baumann das Sulfonal in 
die medicinische Therapie eingeführt wurde, begrüsste mail in dem¬ 
selben ein sicher wirkendes und unschädliches Schlafmittel; es 
dauerte aber nur kurze Zeit, bis man nach Sulfonaldarreichung 
zahlreiche unangenehme Nebenwirkungen auftreten sah. Klinisch 
am interessantesten, praktisch auch wohl am wichtigsten ist das 
Auftreten von Hämatoporphyrin im Urin, was, soweit mir die dies¬ 
bezügliche Litteratur zur Verfügung stand, bisher in 19 Fällen 
von sieben Autoren (Salkowski, Jolles, Bresslauer, Frieden- 
reich, Koller, Schaffer, Käst) beobachtet worden ist. 

Dies war Veranlassung, das Sulfonal durch einen nahe ver- 
wandten Körper, das Trional, zu ersetzen, ebenfalls einen Sulfon- 
körper, bei dem aber an die Stelle einer Methylgruppe des Sulfonals 
ein Aethyl getreten ist. Nachdem Barth und Rumpel (Deutsche 
med. Wochenschrift 1889, No. 32) dasselbe zuerst am Hamburger 
Krankenhause angewandt haben, habe ich es an der Provinzial¬ 
irrenanstalt zu Bonn in grösserem Umfange erprobt: ich kam zu 
dem Schluss (Therapeutische Monatshefte 1891, X.), dass es ein 
empfehlenswerthes Schlafmittel sei, das vor Sulfonal wegen des 
schnelleren Eintritts und der grösseren Milde der Wirkung sowie 
wegen des Mangels einer Cumulation den Vorzug verdiene. Nach 
mir wurde es dann noch von Horvath, Raimondi und Ma- 
riottini, Brie, Böttiger, Beyer, Köppers und anderen unter¬ 
sucht; alle Autoren stimmten in dem Lobe des Trionals überein. 

Allerdings hatte man inzwischen auch einige unerwünschte 
Nebenwirkungen nach Trionalgebrauch eintreten sehen, wie Müdig¬ 
keit beim Erwachen oder Verdauungsstörungen leichteren Grades, 
in nur wenigen Fällen Ataxie oder schwere Benommenheit mit 
starker Cyanose und Erbrechen. Köppers (Internationale klin. 
Rundschau 1893, No. 29) machte insbesondere auf den nachtheiligen 
Einfluss des Trionals auf die Herzthätigkeit bei Herzfehlern auf¬ 
merksam, und ich pflichte ihm nach den weiterhin von mir ge¬ 
machten Beobachtungen bei, wenn er vor dessen Anwendung bei 
Herzfehlern mit Gompensationsstörung warnt. 

Dass aber dem Trional eine noch weit verderblichere Wirkung 
zukommen kann, das lehrt ein Fall, der in jüngster Zeit in der 
hiesigen Anstalt zur Beobachtung kam. 

Es handelte sich um eine 54 Jahre alte Dame, die am 12. September 
1893 freiwillig hier eintrat. Sie fühlte sich sehr unglücklich, hielt sich 
und die Ihrigen für verloren, hatte einige Tage vorher auch einen Selbst¬ 
mordversuch gemacht; sie klagte Uber Mangel an Appetit, über das Fehlen 
von Sättigungsgefühl nach einer Mahlzeit, sowie Stuhl Verstopfung. Im 
Vordergründe von allen Klagen stand aber die über Schlaflosigkeit, wes¬ 
halb ihr verschiedene Schlafmittel gegeben würden, die sich alle als wir- 
kungslos erwiesen bis auf Trional; dasselbe hat sie Mitte December 1893 
bis Mitte Januar dieses Jahres in abendlichen Dosen von l /a—-1 1 / 2 " g er¬ 
balten; im ganzen mag sie etwa 24—25 g bekommen haben. Mit Ende 
des Jahres 1893 trat in dem Befinden der Patientin eine wesentliche Ver¬ 
schlechterung ein; sie nahm noch weniger Nahrung zu sich als vordem 
und verweigerte sie schHesslich ganz. Der Versuch,.sie mit der Sonde zu 
füttern, misslang, weil sie die Speisen wieder, heraus würgte; zugleich 
nahin die Obstipation immer mehr und mehr zu, ohne irgend einer der 

*) Naeh einem am 22. Januar 1894 in der NiCderrheinischen Gesell¬ 
schaft für Natur- und Heilkunde gehaltenen Vorträge. 


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15. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


angewandten therapeutischen Maassregeln zu weichen; dazu traten noch 
starke epigastrische Schmerzen mit zeitweiligem Erbrechen. Trotz sorg¬ 
fältigster Untersuchung Hess sich ein Grund für diese Erscheinungen 
nicht auffinden. Die Kranke wurde unter den eben geschilderten Sym¬ 
ptomen zunehmend elender, und da sie noch ab und zu collabirte, wurde 
sie am 18. Januar von den Ihrigen abgeholt, bei denen sie zwei Tage 
darauf verschied. Eine Section ist nicht gemacht. 

Wenige Tage vor dem Weggange der Kranken fiel der sie 
verpflegenden Wärterin der Harn wegen seiner rothen Farbe auf. 
Der Harn sah in dicker Schicht bei auffallendem Lichte dunkel- 
roth, fast schwarz aus, in dünner Schicht bei durchfallendem Lichte 
schmierig braunroth. Er reagirte stark sauer, hatte ein specifisches 
Gewicht von 1021, war frei von Eiweiss, Zucker und Hämoglobin; 
mikroskopisch betrachtet enthielt er einzelne Plattenepithelien mit 
einem braunroth gefärbten Kerne. Die merkwürdige Farbe Hess 
mich Hämatoporphyrin im Harn vermuthen. Versetzte man den¬ 
selben mit Salzsäure, so nahm seine Farbe einen Stich in’s Violette 
an; bei Zusatz von Ammoniak wurde er gelbroth; kochte man ihn 
energisch mit Salpetersäure, so blasste die Farbe ab. Wurde der 
Harn bis zur Sirupconsistenz eingekocht, dann mit Alkohol und 
darauf mit Aether versetzt, so hinterblieb ein dunkelrother, fast 
schwarzer Rückstand, der sich in destillirtem Wasser leicht und 
vollständig löste. Versetzte man den Harn mit einer Lösung von 
essigsaurem Blei oder einer alkalischen Chlorbaryumlösung, so ent¬ 
stand ein chocoladefarbener Niederschlag; wurde dieser zuerst mit 
destillirtem Wasser und darauf einmal mit absolutem Alkohol ge¬ 
waschen, dann auf dem Wasserbad mit etwa 10 ccm Alkohol und 
acht Tropfen Salzsäure gelinde erwärmt, so erhielt man nach Fil- 
triren ein dunkelrothes Filtrat. Das Spectrum dieser Lösung zeigte 
zwei Absorptionsstreifen, einen im Orangen, mit der Linie D scharf 
abschliessend, und einen zweiten breiteren und dunkleren Streifen 
im Grünen. Versetzte man dieses Filtrat mit Ammoniak im Ueber- 
schuss, so nahm die Lösung eine gelbliche Farbe an, und im Spec¬ 
trum zeigten sich nunmehr vier Absorptionsstreifen, einer im 
Orangen, zwei im Gelben und der vierte, sehr breite im Grünen 
sich bis m’s Blaue erstreckend (cf. Spectraltafel zu der Arbeit von 
Kratter, Ueber den Werth des Hämatoporphyrinspectrums für den 
forensischen Blutnachweis. Viertelj. f. gerichtl. Med. HI. 1892). Es 
imterliegt somit keinem Zweifel, dass der Harn Hämatoporphyrin 
entmeit. Beiläufig bemerke ich noch, dass dieser Ham auch die von 
•j U (Pharmaceut. Zeitung 83, 812) angegebene Sulfonal- 
i entitatsreaction bot; da diese nun darauf beruht, dass aus dem 
. n onal eine lösHche, ziemlich beständige Schwefelverbindung ent- 
"f’ d,e m den Harn übergeht, so erscheint die Annahme be- 

Jr: , ® der untersuchte Ham auch noch eine entsprechende, 

> lnonal herrührende Schwefelverbindung enthielt. 

. Ba nacb Sulfonal Hämatoporphyrin im Urin hat auftreten 
" V° kann nn i s die gleicheErscheinung nach der Einverleibung des 
Y . t e + verwan dten Körpers, wenn sie bisher auch noch nicht be- 
dsmif e ; W ^ r ^ n 1S ^’ ^ht wunder nehmen, ohne dass wir indess 
gekommen der Tatsachen auch nur einen Schritt näher 

. 0M 5b o5!L h (ArÄel Harn, Eulenburg’s Realencjclopädie H, XXIV, 
achtJ.rSn mach ‘. darauf aufmerksam, dass alle bisher beob- 
zortcWnfr.i, 6 T ° n - ^ äm . a t <> P or Phyrin im Urin auf Sulfonalmedication 
theiltp <3nK re \ Se - en ’ J e d° c ^ trifft dies heute nicht mehr zu. So 
Xo 2b n!n er p 1 . e , lm . (Deutsche medicinische Wochenschrift 1892, 
hat wo ein Hnabe, der nie Sulfonal bekommen 

Phrrin i m tt^ ^ a ^ re J 1 . °h ne irgend welche Störungen Hämatopor- 
Müller r7H^• a J 1 ® 80111641 • Dann hat in allerletzter Zeit Arthur 
niediriniihp w ElI l eitU ? g der künstlichen Frühgeburt, Münchener 
No ‘ 4 ) Hämatoporphyrin im Urin 
liehen FrüWh ® inei * Frau, der er behufs Einleitung der künst- 
intrauterin Pin Urt & ^y cer m nach dem Vorschläge von Pelzer 
hücher Bd Und Garrod (ref. Schmidt’s Jahr- 

phyrin hat sogar im normalen Ham Hämatopor- 

diesen Kn™ ^. se 5? geringen Mengen, gefunden und 
Trotz dieser dir . ekt 1111 Harn spectroskopisch nachgewiesen, 

“instimmen j Wlrd man a ^ er darin mit Salkowski über- 

ni indesten P in k^Y?-*? 8 das Auftreten von Hämatoporphyrin zum 
aufmerksam a» droab<dles Zeichen ist; er macht mit Recht darauf 
»tarben »ml w • * V ? n . den zuers t beobachteten sechs Fällen drei 
der Hämofflnhinma bei J einem se ' mer Fälle nach, dass täglich i/äß 
wunde gi D g nmenge der betreffenden Person ohne Ersatz zu- 

Tnona], dip D 7 tl !? U8S 68 ers ?keinen, dass hier die so geringe Menge 
Jochen verabfniÜ? D0C j * n eineni Zeitraum von vier bis fünf 
^lfonalverriftnnS 1 T urde ’ 80 deletär gewirkt habe. Bei den 
^gliche Mitthiu ban i e \t 68 s i°h, so weit überhaupt eine dies- 
klärlich wird ahm. ®t®» * mmer um grössere Mengen! Er- 

die während h m 6 . von 11118 beobachtete Erscheinung, wenn 

ues Trionalgebrauches vorhandene Nahrungs-, 


Verweigerung und Obstruction berücksichtigt. Ob und inwieweit 

au/Rechminf^c^T?® z " sammen mit den epigastrischen Schmerzen 
auf Rechnung des Tnonals zu setzen sind, entzieht sich bei dem 
Mangel einer Section, die einen andern Grund etwa hätte ergeben 
UnS< £ er Beurth flung. Möglich wäre es immerhin, da die 
Sulfonalvergiftungen unter ganz ähnlichen Erscheinungen wie wir 
sie hmr beobachtet haben, verliefen. Und wäre dem so dann 
hätten wir in der Wirkung des Trionals, ebenso wie bei Sulfonal 
einen sehr verhängnisvollen Circulus vitiosus. ’ 

Ich will noch darauf aufmerksam machen, dass alle Fälle von 
bulfonaivergiftung wie auch der vorliegende von Trionalintoxication 
weibliche Individuen betrafen. Sollte das nur Zufall sein? Weist 
doch Beyer (Archiv für Psychiatrie XXV, 2) darauf hin, dass 
nacH seinen Beobachtungen unangenehme Erscheinungen von Trional- 
wirkung bei Weibern nach weit geringeren Mengen auftraten als bei 
Männern. 


Wir sehen also, dass man mit der längeren Verabfolgung von 
lrional sehr vorsichtig sein muss, dass man immer auf den Urin 
achten und das Schlafmittel sofort aussetzen muss, wenn der Harn 
die charakteristische rothe Färbung (Löbisch vergleicht sie mit der 
emer alkohoHschen Lösung von Drachenblutharz) annimmt; und 
dies gilt, wenn von Sulfonal Wirkung auf Trionalwirkung ein Rück¬ 
schluss gestattet ist, um so mehr, als nach Schäf fer (Therapeutische 
Monatshefte 1893) das Erscheinen von Hämatoporphyrin im Urin 
eins der allerersten Zeichen der eingetretenen Vergiftung sein kann. 


VI. Referate und Kritiken. 

Paul Ziegler, Studien über die intestinale Form der Peri¬ 
tonitis. 28 S. München, M. Rieger’sche Universitäts-Buch¬ 
handlung (Gustav Himmer), 1893. Ref. Meissner (Göttingen). 

Verfasser giebt zunächst eine kurze Uebersicht über die bis¬ 
herigen Resultate der Untersuchung über die Permeabilität (1er 
Darm wand für Mikroorganismen und hebt die Angabe Boennecken’s 
(1890) hervor, nach welcher eine nur geringe venöse Stauung 
bereits genügen sollte, um den Mikroorganismen den Weg zu er¬ 
leichtern, während andere Forscher eine schwerere Veränderung 
der Darmwand in Form der Nekrose für die Durchgängigkeit postu- 
liren zu müssen glauben. 

Verfasser hat nun theils an Menschen die ihm zu Gebote 
stehenden eingeklemmten Hernien untersucht, theils auch künstlich 
hei Kaninchen solche erzeugt und zu seinen ungemein sorgfältigen 
Untersuchungen benutzt, wobei als besonders wichtig betont werden 
muss, dass die Thiere nach erfolgter Herniotomie am Leben er¬ 
halten wurden. Das Resultat der sehr zahlreichen Untersuchungen 
ist besonders gegenüber dem Boennecken’s überraschend. Ver¬ 
fasser fand beim Menschen keine und in 29 Thierversuchen nur 
achtmal Bacterien im Bruchwasser, und zwar auch da nur eine 
beschränkte Zahl, und unter diesen wieder besonders häufig das 
Bacterium coli commune (Escherich). Was nun das Ver¬ 
halten der Darmwand betrifft, so kommt Verfasser zu dem Schluss¬ 
resultat, dass venöse Stauung allein nicht genügt, um das Peritoneum 
permeabel zu machen, sondern dass erst im Stadium der fibrinösen 
Auflagerungen mikroskopische Nekrosen entstehen, durch welche 
Bacterien vom Darm aus einwandern können. Ein glänzendes 
normales Bauchfell ist undurchlässig für Bacterien. Die Thiere, 
bei welchen Verfasser die Mikroorganismen fand, starben, während 
bei den übrigen reactionslose Heilung erfolgte. 

Im zweiten Theil der Abhandlung erörtert Verfasser die Frage, 
ob das Bacterium coli commune die Uraclie des tödtlichen 
Verlaufes der erwähnten Fälle sei. Diese Annahme wird auf Grund 
der grossen Zahl von Thierexperimenten zur Gewissheit, und der 
Verfasser knüpft hieran eine Besprechung über die Art des ein¬ 
getretenen Exitus letalis, ob derselbe eine Folge einer Massen- 
intoxication sei oder nicht. Bei dieser Untersuchung kommt der 
Verfasser zu dem interessanten Ergebniss, dass der tödtliche Ver¬ 
lauf der durch das Bacterium coli commune erzeugten Peritonitiden 
eine Folge der Nervenüberreizung und aufzufassen sei wie der von 
Tarchanoff modificirte Goltz’sche Klopfversuch beim Frosch. 

In dem letzten Abschnitt der Abhandlung verbreitet sich der 
Verfasser, indem er auf die bei den Untersuchungen im zweiten 
Theil hervorstechende Thatsache, dass Austritt von Darminhalt 
Peritonitis erzeugt, zurückgreift, über die Diagnose, Prognose und 
Therapie der Bauch- und Darmverletzungen. Er erörtert die Be¬ 
rechtigung des differenten Standpunktes hinsichtlich der Therapie, 
der absoluten und relativen Intervention. Nachdem er dann durch 
Anführung zahlreicher statistischer Belege nachgewüesen, dass 
Darm Verletzungen bei penetrirenden Baucliwunden wieder unbedingt 
nöthig, noch aber, wenn vorhanden, unheilbar sind, glaubt er sich 
auf die Seite der absoluten Intervention stellen zu müssen, und 
präcisirt seinen Standpunkt durch folgende Forderungen: 



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154 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


1. Für alle Verletzungen mit grossen Stich- und Schnittwaffen 
die sofortige Laparatomie, wenn nicht schon die äussere Wunde 
durch ihre Grösse genügende Uebersicht gewährt. 

2. Für alle Schussverletzungen ebenfalls die sofortige Lapara- 
tomie. 

3. Für alle Stichverletzungen mit kleinen Instrumenten die 
sofortige Erweiterung der Wunde, an die sich dann, wenn nöthig, 
die sofortige Laparatomie anschliessen kann. 

Sodann bemerkt der Verfasser hinsichtlich der Differential¬ 
diagnose, ob penetrirende Bauchwunde vorliegt oder nicht, dass er 
eine Freilegung resp. Erweiterung der Wunde jeder Sondenunter¬ 
suchung vorzieht. 

Der ganzen Untersuchung liegt eine grosse Zahl an der Leiche 
vorgenommener Versuche im Verein mit dem gerade in München 
nicht geringen klinischen Material zugrunde. 


Einschluss des alphabetischen Registers 238 Seiten füllt. Die 
Bibliographie ist in einzelne Gruppen getheilt, wodurch die bequeme 
Uebersichtlichkeit wesentlich erleichtert wird. Diese Gruppen sind 
unter die vier Hauptabtheilungen gebracht: Erziehung in Rücksicht 
auf abnorme Zustände, Genie, Irrsinn, Idiotie, Cretinismus u. s. w. 
und viertens Socialpathologie. In dieser letzten Abtheilung finden 
sich auch die Gruppen: psychische Criminologie, Todesstrafe, und 
Geistesstörungen und Verbrechen. Vorangestellt sind Erörterungen 
über das Verhältniss der Erziehung zu dem Verbrechen, über 
Criminologie, über die italienische Mafia, die Verbrecher-Aristokratie, 
über Alkoholismus, Irrsinn und Genie u. s. w. In diesen Abschnitten 
sind aus der einschlägigen. Litteratur und aus den Verhandlungen 
verschiedener Congresse übersichtliche Referate gegeben. 


VII. Jouraalrevue. 


Schauta, Grundriss der operativen Geburtshülfe für Aerzte 
und Studirende. Zweite Auflage. Wien und Leipzig, Urban 
& Schwarzenberg, 1892. Ref. Wiener (Breslau). 

Die kürzlich erschienene zweite Auflage des Schauta’schen 
Grundrisses präsentirt sich in theilweise völlig neuer Gestalt. 
Entsprechend den Fortschritten > der operativen Geburtshülfe, haben 
eine ganze Anzahl Kapitel eine umfassende Umarbeitung erfahren. 
Am meisten betrifft dies die Abschnitte über Kaiserschnitt, 
Porrooperation, Laparatomie bei Uterusruptur und bei Extrauterin¬ 
schwangerschaft. Aber auch sonst merkt man vielfach die ver¬ 
bessernde Hand des Verfassers. Im Anhänge sind dieses mal neben 
den Verletzungen der Mutter auch die des Kindes und ihre Be¬ 
handlung aufgeführt. Im übrigen nimmt der Grundriss in don 
meisten Fragen den gleichen Standpunkt ein, wie die übrigen 
deutschen Lehrbücher der Geburtshülfe. Dass man nicht in allen 
Einzelheiten dem Verfasser beistimmen wird, ist klar. So z. B. 
ist es nicht richtig, wenn Schauta angiebt, dass zur Extraction 
des Steisscs nur der Finger gebraucht werden soll: es giebt. Fälle, 
in denen man mit dem Finger einfach nicht zum Ziele kommt und 
genöthigt ist, zur Schlinge oder zum Haken zu greifen. — Boi der 
Perforation mit» der Seheere wird gerathen. mit dem Instrument 
mit. einem herzhaften Ruck rasch durch die Schädeldecke vorzu¬ 
dringen. Es dürfte aber, zumal für den Ungeübteren, sicherer und 
gefahrloser sein, die Seheere statt mit einem Rucke lieber unter 
vorsichtigen drehenden Bewegungen einzustossen. — Bei der Perfo¬ 
ration des nachfolgenden Kopfes hätte erwähnt werden müssen, 
dass die Scheoro vorn hinter der Symphyse einzuführen ist. Dass 
die Operation jedesmal, wie Verfasser meint, sehr leicht gelinge, 
ist zu bestreiten. — Betreffs der relativen Indication zum Kaiser¬ 
schnitt meint Schauta, dass nicht die Gebärende, sondern der 
Arzt entscheiden müsse, ob die Perforation des lebenden Kindes 
oder der Kaiserschnitt vorzunehmen sei. Diesen Standpunkt 
Schauta’s wird man, so lange der Kaisersclinitt für die Mutter 
gefährlicher ist, als die Perforation — und das ist er zweifellos — 
nicht gelten lassen können. — Abgesehen von diesen wenigen Punkten, 
in denen man dem Verfasser nicht beistimmen kann, muss man 
sich in fast allen übrigen Fragen mit Schauta’s Ausführungen 
einverstanden erklären. Erschöpfende und streng wissenschaftliche 
Darstellung, sowie gute Kritik der Methoden sind ein besonderer 
Vorzug des Buches. Dasselbe wird dem praktischen Arzte zweifellos 
ein guter und zuverlässiger Führer sein. 


A. Auvard, Hundert illustrirte Falle aus der Frauenpraxis 

In’s deutsche übertragen von Dr. A. Rosenau. Leipzig, Ambr 
Abel, 1893. 

Prof. Win ekel-München giebt dem Werke von Auvar< 
einen Begleitbrief mit, aus welchem wir wörtlich folgendes an 
fuhren: „Jeder Arzt, welcher dasselbe in die Hand nimmt wirc 
sich sagen müssen, dass die Abbildungen, wenn auch nur Schema 
tisch ausserordentlich instructiv sind und der Text der wichtigste 
einschliesslich der operativen Therapie enthält. Für den Praktikei 
!e ei t es daher weitaus mehr, als die meisten Compendien der Gy 
nakologie und enthält zugleich in seinen zahlreichen, farbigen Ab¬ 
bildungen eine Anleitung zur differentiellen Diagnostik, wie sh 
compendioser und klarer und rascher zu Überblicken, kaum darge¬ 
stellt werden kann. Das wird genügen, dem verdienstlichen Werk« 
Auvard s auch in Deutschlane eine günstige Aufnahme zu sichern 

A ^7,.“ aC Do f al d> Abnormal Man. Being essays on educatio. 
and crimo and related subjects, with digests of literature anc 

Nn b ä h0 S P q ' o B 0 lire w Education ’ Circular of Informatioi 
(Berlin) ^ S ' 8 * Washin S fcon 189B - Ref. Max Bartel* 

7 n e « Die Red ® utun S dieses Circulars liegt in der sorgfältiger 

Zusammenstellung der weit verstreuten Litteratur, welche mil 


I Chirurgie. 

I L. Huismans (Heidelberg), Ueber die Ausgänge der 
j tuberculösen Coxitis. Beitr. z. klin. Chir. VIII. Bd;, 1. Heft, 
Der Autor hat bei 128 Fällen von Coxitis, welche in den 
Jahren 1877—1886 in Behandlung der Heidelberger Klinik waren, 
Nachforschungen über den Erfolg derselben angestellt, welcher, da 
mindestens vier Jahre seit der Entlassung vergangen sind, als ein 
definitiver angesprochen werden kann. 76 °/o der Erkrankten ge¬ 
hörten dem Alter vor dem 20. Lebensjahre an, der älteste Patient 
war 74 Jahr alt, fast alle gehörten aber den niederen Ständen 
mit schlechteren Lebensbedingungen an. Von besonderem Interesse 
ist das Resultat dieser Nachforschungen für die Beurtheilung der 
verschiedenen Behandlungsformen der Coxitis. Der Autor fasst 
sie in zwei grosse Gruppen zusammen, die conservative, zu welcher 
er ausser der Verband-, Fixations- etc. Behandlung auch die ein¬ 
facheren operativen Eingriffe rechnet, wie Incisionen, Auskratzungen 
und die Resectionsbehandlung, Die Gesammtmortalität bei 62 der 
conservativen Behandlung unterzogenen Patienten bis zum Datum 
der Berichterstattung beträgt 40,62 %. Zur Zeit leben noch 
38 Patienten, von denen 18 guten Erfolg, 9 mittelmässigen Erfolg, 
11 schlechten Erfolg aufzuweisen haben. Dabei ist unter gutem 
Erfolg volle Ausheilung ohne irgend welche functionelle Störungen — 
mit Ausnahme der nothwendigen Verkürzung — verstanden, unter 
mittelmässigem Erfolg Bewegungseinschränkung und bedingte Ar¬ 
beitsfähigkeit, unter schlechtem Erfolg Vorhandensein von Fisteln oder 
Tuberkulose. Die typische Resection ist 41 mal ausgeführt, in der 
Mehrzahl der Fälle mittels des Langenbeck’schen Schnittes, da¬ 
runter 25 mal unterhalb des Trochanters, 12 mal im Collum, 3 mal 
zwischen den Trochanteren. Es starben im ganzen 24 = 58,8 °/o, 
acht Patienten leben noch, von denen fünf vollkommen geheilt 
sind, zwei befriedigendes Verhalten zeigen. In Bezug auf das 
functionelle Resultat bei den verschiedenen Reeectionshöhen am 
Femur ergiebt sich, dass zwar die Beweglichkeit bei der sub- 
trochanteren Operation häufiger erreicht wird, dass dagegen ein 
freier Gang ohne Stütze nur bei den im Collum Resecirten erzielt 
worden ist. Nach dieser Richtung hin wäre also letztere Methode 
vorzuziehen. Im allgemeinen lehrt ein Vergleich der Erfolge der 
conservativen und operativen Behandlungsmethode, in Ueberein- 
stimmung mit mehreren anderen Stimmen (König, Ollier etc.), 
dass die conservative Methode entschieden erhöhte Würdigung 
verdient. In Bezug auf die Mortalität hat sie sicher keine 
schlechteren Resultate aufzuweisen, als die Resection, in functio- 
neller Beziehung aber entschieden bessere. Die Resection ist nur 
bei acuter Vereiterung oder Verjauchung des Hüftgelenks zur 
unmittelbaren Rettung des Lebens am Platze. Dasselbe gilt be¬ 
sonders auch für die eitrige Coxitis Erwachsener, die freilich auch 
bei conservativer Behandlung ein schlechtes Mortalitätsverhältniss 
ergiebt (66,6%). — Anhangsweise erwähnt Czerüy zu dieser 
Arbeit, dass er in der Behandlung der Coxitis stets streng indi- 
vidualisire, zur Resection aber erst dann schreite, wenn die 
conservative Behandlung nicht imstande ist, Fieber, Schmerzen 
oder Eiterung hintenanzuhalten. Aus dieser Neigung zur Spüt- 
resection erklären sich dann auch die schlechteren Resultate der 
Operation. (Andererseits ist dann aber auch die Gegenüberstellung 
der Resultate bei conservativer und Resectionsbehandlung bei der 
Ungleichheit in der Schwere der Fälle nicht ohne weiteres be¬ 
weisend. Ref.) 

E. Sattler (Heidelberg), Ueber die Resultate der Trache¬ 
otomie bei Croup und Diphtherie. Statistik aus der Heidel¬ 
berger chirurgischen Klinik vom 1. Juli 1880 bis 31. December 
1889. Beitr. zur klin. Chir. Bd. VIII, 1. Heft. 

Von 163 Fällen von Croup und Diphtherie wurden 156 
traoheotomirt, in der Regel mittels des oberen Schnittes, nur 
14 unterhalb der Schilddrüse. Es wurden geheilt 80 = 51,3 %, 


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15. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


es starben 76 = 48,7 %. Das Resultat ist also, namentlich im 
Hinblick darauf, dass prineipiell die Operation möglichst hinaus¬ 
geschoben wurde, ein recht günstiges. 

Riedel, Die Fixation der Wanderniere an die vordere 
Fläche des Quadratus lumborum und an das ZAverchfell. 
Sep.-Abdr. 

Die mangelhaften Erfolge der Wandernierenfixation an der Lende 
sieht Riedel begründet in der Wahl der Anheftungsstelle. Hier 
liegt sie nicht geschützt genug, und der von Riedel vorausgesetzte 
günstige Einfluss der Zwerch fellbewegung auf den Durchgang des 
Harns durch die Harncanälchen kann sich nicht voll übertragen. 
Um die Niere höher hinauf an der normalen Stelle zu befestigen, 
bedient er sich folgenden Verfahrens: Freilegung der Niere von 
dem gewöhnlichen Lendenschnitt aus; Spaltung und Ablösung der 
Fett* und fibrösen Kapsel in der ganzen Ausdehnung; Hinauf¬ 
schieben unter das Zwerchfell, so dass nur die untere Hälfte her¬ 
ausschaut; Vernähung dieser unteren Kapseltheile einerseits mit der 
Vorderfläche des Musculus quadratus lumborum, andererseits mit dem 
tief eingestülpten Peritoneum und subserösem Fett. Um der oberen 
Hälfte nun auch noch eine feste Verwachsung mit dem Zwerch¬ 
fell zu geben, werden die Flächen erst durch Eingiessen einer mit 
Wismuth gemischten Sublimatlösung, dann durch Einschieben einer 
glatten Jodoformgazeplatte zwischen ihnen gereizt, was einer dau¬ 
ernden Verwachsung Vorschub leisten soll. Ein zweiter Gazetampon 
stopft die Stelle aus, wo die dislocirte Niere gelegen hat, ein dritter 
liegt auf der dem Quadratus lumborum anliegenden unteren Nieren¬ 
fläche auf. Naht der Muskulatur. Ausstopfung der Hautwunde. 

Ler erste Verband bleibt mit den eingelegten Tampons möglichst 
vier Wochen lang liegen. Dann werden die Muskeln wieder stumpf 
getrennt, die Tampons entfernt und die ganze grosse Trichterwunde 
der branulationsheilung überlassen. Im ganzen bleiben die Kran- 
, lü “ 12 Wochen im Bett. Das Verfahren ist bis jetzt sechs¬ 
mal an fünf Kranken ausgeübt, in fünf Fällen schon vor 1—1 */ 9 

• ähren. Stets war voller Erfolg, Befreiung von allen Besch wer- 
< en erzielt, während seine früheren Operationen ihm kein befriedi¬ 
gendes Resultat ergaben. Anhangsweise berichtet Riedel über die 
‘ m !r un f derselben Methode — Schaffung erst einer grossen 
granuhrenden Höhle durch breite Ausstopfung, um dann zwei Flä- 

u ln raö gbchst innige Verwachsung zu bringen — bei einem 
gewaltigen I rolapsus recti von 15 cm Ausdehnuug bei einer Dame, 
uie Hohle wird hergestellt von hinten her durch Resection des 

• teissbems. Nach subperitonealer Ablösung des Darms wird der- 

w rM° eh ^ es( ' hobe ?’ ^ Höhle ausgestopft. Der Heilungsverlauf 
Ganor*! ersei 5 s S es tört durch die Ausbildung einer thalergrossen 
T fl S n T ; 6 i’ bmte . ren Darmwand, welche Riedel auf den Druck der 
durrh A' 6 ^ n , lcb ^ Ablösung?) schiebt, wurde andererseits aber 
Endempil!- en ^ Stail u ene verstärkte Narbenbildung vervollkommnet, 
eine ?Sl!^ 4 den * Er ? artu,lgen «^sprechend. — (Da Riedel selbst 
durch wi P fiop^ USS i^ P n n ?i. der Höhle widerräth, so entsteht da- 
Höhe hält dass der Darm sich nicht in seiner 

schnitt Hnrr.i? le k eicllt . einpfielllt es sich ’ ihn in seinem oberen Ab- 
Vernpnii i, . su bpucös durchgeführte Fäden hochzuziehen, wie es 
schnitt Hör a @ 1 Hectopexie thut, und nur den unteren Ab- 
PexieistVnhT^° P ^ g './ C f tZllhalt,en - Bei der Hi ®d ersehen Nephro- 
und die w de J 8 ? ten Erfo,ge auf die lange Bettruhe 

zu beziehen nnu der ^^ de durch Ausstopfung und Granulation 
der Hahn 'iL f uM“ schon der Ref. bei Beschreibung 

auf Gran U ]atLn n c Meth0d !. au ^ merksa m gemacht hat. Das Verfahren, 
erreichen ist Iah dle E ^f a ^°. n der höher gelagerten Niere zu 
abgelanfene U11 8 efä hrlicher als der einmal unglücklich 

«r\ d - e an d <* oberen Fläche der zwölften 

m auizuhängen. Ref.) Herrn. Frank (Berlin). 

C 6 hh Geburtsllülf e und Gynäkologie. 
f Hurtshülfe Bd d 21 Ueber öublimatintoxicati °n. Zeitsohr. f. 

^chtitrstp^p^y 611 ^ 1111 ^ de ® Sublimats in der Geburtshülfe ist das 
bandelt es ^ 6m ?. r e J? ol £ ten Intoxication die Diarrhoe. Meist 
Dysenterie dle El *scheinungen der schweren, brandigen 

Eichen GeKha +1 .T ollkommen er Anurie ist ein ominöses 
auf der Ölakne , bheut einen interessanten Fall mit, welcher 
■‘«er Patientin w«? 8C n 6T1 Elillik beobachtet wurde. Nachdem bei 
■ iT,f -r Sublimatiric»,„i t^!T boe eine intrauterine Ausspülung mit 
sofort unter hAft^ gemacht worden, erkrankte Patientin 

^cinuneen c. 1 ?^ Schmerzen. Bald traten die schweren Er- 
JV darauf Vergiftung auf, und die Kranke starb acht 

f^orationsöffminn-A« er Eect j( o n fanden sich im Fundus uteri zwei 
Bauchhöhle iniieiS ' , le SuWi matlösung war so direkt in die 


n Bei ^ . ^nsecutiver Peritonitis beschleunigte 

^hrdt Kanrohu!z!r 8kop . lschefr Untersuchung der Nieren fand 
agerung m denselben, und zwar derart, dass er 


_ __155 

VerkwWjmg der Epitkelien der Harncanälchen constatirio Uni 
:, l del Kalk nicht 111 das Lllinen der letzteren ausgeschieden 
rrte - _ Flaischlen (Berlin). 

VIII. Vereine und Congresse. 

Verein für innere Mediein in Berlin. 

Sitzung am 15. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Gerhardt; Schriftführer: Herr Litten 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. * 

Der Bibliothek sind von Herrn Fürbringer als Geschenk 
mehrere Schriften überwiesen worden: Ueber die inneren Krankheiten 
der Harn- und Geschlechtsorgane, 2. Auflage; Untersuchungen und 
Vorschriften über Desinfection der Hände; Ueber Gallensteinkrank¬ 
heiten. Ferner sind durch Ankauf erworben das British medical 
Journal, Jahrgänge 1870—87. 

1. Herr Boas (Demonstration vor der Tagesordnung): Ein 
Fall von acuter Dilatation des Magens. (Der Vortrag wird iu 
dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.) 

uv* Diskussion: Herr A. Fraenkel: Ich möchte im Anschluss an das 
MitgetheHte über zwei Fälle solcher auf acuter Atonie beruhender, hoch¬ 
gradiger Magen dilatation berichten, die ich in den letzten Jahren beob¬ 
achtete. Der eine Fall ist insofern von Bedeutimg. als er mit Tode en¬ 
digte, woraus Sie entnehmen können, dass die Prognose nicht so einfach 
und günstig ist. Der erste meiner Fälle ging mich dadurch noch beson- 
ders an, (lass es sich um mein eigenes Kind handelte, ein sechsjähriges 
Mädchen. Das Kind gehörte zu den starken Essern und wurde nach 
einer Indigestion infolge Genusses grüner Erbsen anscheinend von einer 
acuten Dyspepsie befallen, wie sie schon mehrfach vorgekommen war. 
Diese Dyspepsie war mit erheblichen Nauseis, mit Erbrechen verknüpft und 
dauerte vier Tage. Das Kind wurde bezüglich der Diät vorsichtig gehalten, 
aber am dritten Tage nach Beginn der dyspcptischen Beschwerden war 
bereits eine erhebliche Ausdehnung und Auftreibung dos Magens, dessen 
tympanitischer Schall bis zur Nabelhöhe reichte und der sehr druckempfind¬ 
lich war, nachweisbar. Als ich am Abend des Tages nach Hause zurück¬ 
kehrte, fand ich das Kind im höchsten Collaps, mit tiefliegenden Augen, 
ausserordentlich blass. Den ganzen Nachmittag über waren die forcirte- 
sten Brechversuche von ihm unternommen worden, ohne dass etwas her¬ 
ausgebracht war; dabei bestand lebhafter Durst. Als ich das Kind unter¬ 
suchte, constatirte ich, dass der laute Magonschall jotzt bis vier Querfinger 
unterhalb des Nabels herabreichte und'"dass noch weiter nach abwärts 
eine schwappendo Anschwellung (der mit Flüssigkeit gefüllte Fundus) sich 
befand. Es war mir sofort klar, dass eine acute Magendilatation Vor¬ 
lage infolge dessen ich in Gemeinschaft mit unserem Collegen A. Ba- 
ginsky die Entleerung des Magens mittels der Schlundsonde vornahm. 
Als dieselbe eingeführt wurde, floss im Strahl ein Liter bräunlicher Flüssig¬ 
keit ab, in welcher sich eine Anzahl grüner, vier Tage zuvor genossener 
Erbsen befand, die nicht die Spur angedaut waren. Wir gaben Eiweiss¬ 
wasser in kleinen Quantitäten, am nächsten Tage musste nochmals die 
Ausspülung vorgenommen werden, wieder kamen Erbsen, und allmählich 
besserte sich der Zustand; nur nach sechs Wochen trat ein vorübergehen¬ 
der Rückfall ein, nach dessen Ueberwindnng das Kind unter fortdauernd 
sorgfältigster Ueberwachung der Ernährung dauernd genas. Der nach 
den Auspumpungen sofort sich stark contrahirende Magen erschien 
jedoch auch in den nächsten Monaten leicht vergrössert (untere Grenze 
zwei Querfinger über dem Nabel). 

Der zweite Fall betraf eine Patientin, die in das Krankenhaus am 
Urban gekommen war und bei der das Leiden tödtlich endete. Es war 
ein 27jähriges Dienstmädchen, das früher sehr anämisch war und in den 
Jahren vorher an Erscheinungen gelitten hatte, die von den behandelnden 
Aerzten auf Ulcus ventriculi bezogen waren. Ich habe diesbezügliche 
Notizen von Herrn CoUegen Hofmeier, der sie 1887,88 und 1891 im 
Elisabethkrankenhaus behandelte, erhalten. 1887 bestand noch keine 
Hämatemesis. sondern wegen Druckempfindlichkeit dos Magens wurde 
Patientin auf Ulcus ventriculi behandelt. 1888 kehrte sie mit Dlutbrechon 
in das Elisabethkrankenhaus zurück; dasselbe erneuerte sich 1891. Auch 
zu uns kam die Kranke mit den Erscheinungen der Hämatemesis; daneben 
wurde reichlicher Abgang schwarzen Blutes mit den Stuhlentleerungen 
festgestellt. Ich zweifelte also nicht, dass ich es mit einem Ulcus ven¬ 
triculi zu thun hatte, und Sie begreifen, dass ich in Rücksicht darauf keine 
ausgedehnte Untersuchungen, namentlich keine Sondirung des Magens 
vornahm. Unter vorsichtiger Diät besserte sich in den nächsten fünf 
Tagen der Zustand. Darauf trat von neuem stürmisches Erbrechen ein, 
und nun ging Patientin im Collaps in kurzer Zeit zugrunde. Das Bild, 
das sich bei Eröffnung der Abdoininalhöhlo zeigte, war sehr eigonthüm- 
lich. Der Magen befand sich in vollkommener Verticalstelluug. indem der 
Pylorus stark nach abwärts gezerrt und mit dem Antrum pylori zu einem 
schlauchförmigen Darmstück von etwa 15 cm Länge ausgezogen war; der 
an das Antrum grenzende Theil des Magens stand drei Finger oberhalb 
der Symphyse, und der übrige Theil des Magens, insbesondere der Fundus, 
war vertical gestellt. Es hatte also eine complete Abknickung des Py¬ 
lorus am horizontalen Schenkel des Duodenum stattgefunden. Die Gefahr. 


.. . _in welche die Patientin dadurch versetzt wurde, war die, dass sie, wie in 

infoü i 16 T ln J lc i r t worden Der RWritf p +• dem ersten Falle, den Darminhalt nach dem Duodenum gar nicht, per os 

Z I nur unvollkommen zn entleeren vermochte. .Als der“Magen eröffnet 

wurde, waren wir erstaunt, nicht eine Spur omes Ulcus zu finden, üs 
lagen ausschliesslich kleine capilläre Erosionen vor. In letzter Zeit sind 
verschiedene Berichte über Fälle von profusen Magenblutungen erschienen, 


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156 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCIffiNSeHRIFT. 


•No. 7 


in denen der Sectiönsbefund negativ war. Ich selbst habe ^ ie J hat £ . S ^^ 
mehrfach bestätigen können, namentlich bei Anämischen können solch 
m-ofuse Blutungen sogar zum Exitus letalis führen. Ich bin nun aber 
nicht der Meimmg, dass es sich bei den hier mi te eth «^ 
hochgradiger acuter, auf Atome beruhender Magen^weite 
rungm Wirklichkeit um eine sozusagen ganz unvorbere^t airftrotende 
Affection handelt, sondern es muss für die Entstehung derselben allemal 
eine durch besondere Umstände erzeugte Disposition wigemnnme 
werden. Dieselbe besteht zunächst in einem bereits vorliegen¬ 
den leichteren Grade von Atonie, d. h. mangelhafter Triebkraft 

des Organs. Bei meinem Kinde lag es nahe, die Ursache davon 
Ueberfütterung zu suchen, bei der zweiten Patientin m der q ^ s ^^ k it 
Anämie. Unter dem Einfluss einer plötzlich hmzutretenden Schädlichkeit 
wird die mässige Atonie zu excessivem Grade gesteigert. Dieses 
bruch der Erscheinungen unmittelbar vorausgehende schädigende Moment 
bestand das eine mal in der acuten Dyspepsie, das andere mal m dem 
Auftreten einer Magenblutung. Beide müssen in leicht begreifliche 
Weise zur weiteren Abnahme des Tonus beitragen können. \ leileicht 
spielt bei dem raschen Fortschreiten der Krankheitserschomungen dann 
noch die infolge gesteigerten Durstgefühls statthabende unzweck¬ 
mässige Aufnahme grösserer Flüssigkeitsmengen eine Kolle^ 
Wir wissen aus neuerer Untersuchung (v. Mering), dass der Magen 
schon in der Norm wenig von den in ihn emgeführten Flüssigkeiten 
resorbirt. Besteht daher ein, wenn auch ursprünglich nur massiger 
Grad von Atonie, so kann reichlichere Flüssigkeitszufuhr — im \ erein 
mit den vorhin erwähnten schädigenden Momenten — sehr leicht den 
Kranken in einen Circulus vitiosus versetzen: die Triebkraft des Organs 
wird noch mehr vermindert, die Resorption von Flüssigkeit gleichfalls, 
damit steigert sich wiederum der Durst mehr und mehr, es werden neue 
Quantitäten Flüssigkeit aufgenommen, und so geht der Zustand ganz acut 
in hochgradige Magenorweiterung über. Trotzdem sind die Fälle sehr 
selten und prognostisch sehr schwer zu beurtheilen. 

2 


Herr A. Fraenkel: Demonstration eines kleinapfel¬ 
grossen, sackförmigen Aneurysma des Arcus aortae, welches 
in wenigen Tagen durch Erstickung zum Tode führte. Ich 

lege hier ein Präparat vor, das nicht bloss ein praktisches Inter¬ 
esse hat, sondern auch wegen des wahrhaft tragischen Verlaufs 
des Falles gezeigt zu werden verdient. Ich habe schon mehrmals 
in unserer Gesellschaft Aneurysmen demonstrirt. Dieser Fall be¬ 
trifft einen 85jährigen, in der Blüthe seines Lebens befindlichen, 
ausserordentlich kräftigen Mann, der am 10. Januar 1894 mit 
den Symptomen hochgradiger Trachealstenose, laut hörbarem Stri¬ 
dor, tönendem Husten u. s. w. in das Krankenhaus am Urban auf¬ 
genommen wurde. Die Untersuchung ergab ein ziemlich negatives 
Resultat. Beide Radialpulse waren gleich; ich untersuchte sofort 
den Kehlkopf, aber es war nichts wahrzunehmen, weder an den 
Stimmbändern noch im Larynx und der Trachea, ausser einer lividen 
Färbung der Theile, auch keine Pulsation oder Dämpfung am 
Thorax. Es fragte sich, ob es sich um eine Stenose durch extra- 
trachealen Druck handele oder um Veränderungen in der Trachea 
selbst, bezüglich deren in analogen Fällen ja immer zunächst an 
die syphilitische Form der Verengerung zu denken ist. Man 
konnte bei dem Kranken tief in die Trachea hineinsehen, jedoch 
konnte weder ich, noch Herr College A. Kuttner, den ich rufen 
liess, und der den Patienten nach der Killian’schen Methode mit 
horizontal gestelltem Spiegel in knieender Stellung untersuchte, ein 
Hinderniss sicher erblicken. Nur in der Tiefe, in der Gegend des 
linken Bronchus glaubte Herr Dr. Kuttner das Lumen der 
Trachea etwas verengt zu sehen. Nachdem der Zustand 48 Stunden 
gewährt hatte und wir die Ueberzeugung gewannen, dass der 
Patient an Erstickung zugrunde gehen würde, fühlte ich mich 
gedrängt, noch einen letzten Versuch zu machen. Ich veranlasste 
Herrn Collegen Körte zur Tracheotomie, um eventuell einen 
Katheter in einen Bronchus einzuführen. Das gelang nicht, und 
der Patient ging sechs Stunden nach der Tracheotomie zugrunde. Im 
Krankenhaus war er im ganzen drei Tage, die Krankheit hatte in 
Summa sechs Tage gedauert; bis dahin war Patient anscheinend völlig 
gesund gewesen, nur in den letzten vier Wochen hatte er manchmal 
beim Treppensteigen ein leichtes Oppressionsgefühl, das ihn aber nicht 
an der Ausübung seiner Pflichten hinderte. Ich hatte ein Aneu¬ 
rysma am Bogen der Aorta oder ein solches der Anonyma dia- 
gnosticirt. Bei der Section fand sich in der That ein sackförmiges 
Aneurysma von der Grösse eines Borsdorfer Apfels, am Arcus; 
dasselbe communicirte durch eine markstüekgrosse Oeffnung : mit 
der oberen und hinteren Wand des Arcus in der Strecke zwischen 
Abgang der Arteria anonyma und der Subclavia sinistra. Es war 
zu einer unvollständigen Perforation, bezw. einer bereits dem Durch¬ 
bruche sehr nahen Usur der vorderen Trachealwand gekommen. 
Dies ist nicht der einzige Fall meiner Beobachtung, wo ein Aneu¬ 
rysma durch seinen Sitz in kürzester Frist zum Tode geführt hat. So 
tragisch der Hergang dieser Fälle ist und so sehr man sich versucht 
fühlt, einen Eingriff vorzunehmen, um dem Patienten Erleichterung 
seines qualvollen Zustandes zu bringen, würde ich doch in-Zu¬ 
kunft von solchen Versuchen Abstand nehmen. Hätte der Patient 
wenige Tage länger gelebt, so wäre er an einer tödtlichen Blutung 


zugrunde gegangen, und die Einführung des Kätheters hätte leicht 
den Eintritt derselben befördern können. Zum Schluss weise ich 
darauf hin, wie außerordentlich schwer die Differentilaldiagnose 
zwischen Aneurysma und Tumor unter Umstanden ist. Gerade 
dieseiFallgiebt ferner eine schöne Erklärung dafür wie ein 
solches Aneurysma zu Blutungen führen kann und solche Blutungen 
durch Gerinnung > zum Stillstand kommen können, um paturhch 
nach einiger Zeit sich zu wiederholen. Einen solchen Fall habe ich 
eben wieder in den letzten Tagen in der Privatpraxis gesehen. 

Ich habe mich schon öfter* dahin geäussert, dass diese bei jugend¬ 
lichen Individuen sich findenden Aneurysmen vielfach, vielleicht 
immer syphilitischen Ursprungs sind. Ern Blick auf die Aorta 
zeigt, dass die Veränderungen der Intima sich hier wesentlich 
von denen bei der Altersarteriosklerose unterscheiden Es han¬ 
delt sich fast stets um auffallend weiche, nicht verkalkende Plaques. 

8. Herr Lennhoff (vor der Tagesordnung): Demonstration 
eines Palles von Venenthrombose. Es kamen zwei Fälle inner¬ 
halb der letzten Tage in der Poliklinik von Herrn Prof. Litten 
zur Beobachtung, von denen einer demonstrirt werden kann. Der 

andere betraf ein 23 jähriges Mädchen, welches im übrigen gaoz 
gesund war; es ist nur bemerkenswerte, dass die Thrombose 
während einer Influenzaerkrankung entstand. Dieser Patient, ein 
48 jähriger Kaufmann, ist seit vier Jahren wegen Emphysems in 
Behandlung der Poliklinik, im übrigen ist er ganz gesund. Er hat 
nun seit 15 Jahren ohne auffindbare Ursache grosse Vancen am 
rechten Bein. Vor acht Tagen fühlte er plötzlich Schmerzen in 
der Gegend des rechten Kniees und sah zugleich dort eine schwache 
Röthung. Er machte einige Tage Einreibungen und kam dann zu 
uns- wfr konnten constatiren, dass in der Vena saphena eine Throm¬ 
bose in einer Länge von 25-30 cm und einer Dicke von 3-4 cm vor¬ 
handen ist. Wir Hessen natürlich keine Einreibungen mehr machen 
und mussten überhaupt von jeder mechanischen Behandlung ab- 
sehen, weil es sich zeigte, dass die Vene nicht, w}e es scheint, 
durch den Thrombus vollständig verstopft, sondern dass sie noch 
für Blut durchgängig ist. Wenn man sie nämlich oberhalb der 
thrombosirten Stelle comprimirt, oder den Patienten durch Aus¬ 
übung der Bauchpresse dies selbst besorgen lässt, so schwillt, wie 
Sie sehen, die Vene sehr bald zwischen Thrombus und Lom- 
pressionsstelle prall an. Wir beschränkten uns darauf, absolute 
Bettruhe anzurathen, Hessen Bleiumschläge machen und Quecksilber¬ 
pflaster auflegen. Schmerzen und Röthung sind zurückgegangen, 
der Thrombus zeigt natürlich noch keine Veränderung. _ 

Herr Gerhardt: Mir sind in letzter Zeit auffällig viele Venenthrom- 
bösen vorgekommen. Dabei hat sich die merkwürdige Thatsache hera^ 
gestellt, dass von meinen Charit6abtheilungen eine fast ausschliesslich 
die Venenthrombosen liefert, nämüch die Frauenklinik. In letzter 
Zeit kam ein Fall von schwerer Chorea bei einem Mädchen vor, das eDen 
das Kindesalter überschritten hatte. Die Krankheit besserte sich , 
es entstand dann aber unter Temperaturanstieg eine ausserordentlich 
schwere Femoralthrombose, die sich bis in die Bauchdecken e r st J ec ^ e ’ 
dann aber wie gewöhnlich bei völliger Bettruhe allmählich hedte .. je 
möchte fragen, ob vielleicht noch mehrere Herren Collegen em gehämws 
Vorkommen von Venenthrombose in letzter Zeit zu Gesicht be o 

hab6 Herr Becher: Die Fälle sind doch nicht so selten. Vor zwei 
Jahren behandelte ich eine Venenthrombose bei einem 52jähngen » 

die ausgedehnter war als diese. Der Kranke hatte Vancen, ■ - 

dadurch zugezogen hatte, dass er hohe Strümpfe trug und die P 
bänder eine Abschnürung herbeiführten. Ich liess ihn mehrere c 
lang liegen, weil ich befürchtete, dass sich em Stück des Throm 
ablösen und in die Circulation gelangen würde. Der Fall wur g • 

Ferner hatte ich neuerdings eine Dame von 40 Jahren mit .au e 

langer Thrombose in Behandlung, auch hier behandelte ich nur dur * 

Ich möchte warnen, bei diesen Thrombosen Einreibungen zu m » 
ist leicht möglich, dass man durch Massage einen Thrombus löst, 
giebt ja auch Todesfälle bei Venenthrombosen. Ich erinnere daran öass 
der Landesmarschall v. R. an Embolie infolge von Thrombose m kurzer 
Zeit zugrunde gegangen ist. Ich glaube, die richtige The p 

d ” Ue H d e™Lfue L nT'Dor heute demonstrirte Fall-hat doch ein «■> ^ 
vorragendes Interesse, das aber nicht zur Geltung gekommen i . 

würde den Fall nicht haben zeigen lassen,,, da Venenthrombosen jeder 

schon oft genug gesehen hat, wenn hipr nicht ganz besondere i _ 
Verhältnisse vorlägen. Die enorme Varicenbildung reicht, ™ Rand- 
vom Ligamentuni Poupartii an bis weit auf den Unterschenkel he ■ • , 

breit oberhalb des Kniegelenkes beginnt die Thrombose, ,, « 

die bis auf Dreifingerdicke ausgedehnten Venensehlingen, dies « 
ständig ausfüllend, über den ganzen Unterschenkel fort, nbe ,^ 

rücken und auf der Planta pedis weiter bis zur Vena popli . ^ eS 
erstreckt. Dicht oberhalb des Kniegelenks auf der vorderen ■ ’ • 

Oberschenkels fühlen sich die Thromben als dicke fleischige 
welche eine weiche Consistenz haben. Niemand, der diesen ’ 

würde glauben, dass'die Vene an diesen thrombosu-ten Absc ^ 

flüssiges Blut enthielte; und doch ist dem so. Wenn ich d 16 . an . 
halb des Thrombus Cornprimire oder den Kranken die Baue P 
wenden lasse, so tritt eine enorme pralle Anfüllung sämmtkehe , q . ten 
Venenschlingen ein, ein Beweis, dass die Vene" auch in den tnr 


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15. Februar. 


diastolischen Ton °rk j lr c A on8ta tirten einen lauten, klappenden, 
^räusch in der CarnfuT n** Aorta ’ ein systolisches, dumpfes 
^alarterien rvc* r L Garotidenpuls hüpfend, Pulsus celer der 
Tönen der AortJ ^n! 1 !r h f ’ dumpfes Geräusch über der Carotis, 
der h6ufaci enz der d AoÄlap p a ^ larpUlS ’ 3180 ErsclleinuD g en 

kzogen, abe/daf 1 ™. 0 E * s ®“ ss i° I > habe ich mich auf diesen Fall 
baldig Autan«. j* mir nicht drucken lassen, weil ich 

, Kranken vorhersehen konnte. 

fäU« in der habe ich zwei ähnliche, aber leichtere 

'fsonde Croner S ^l®. mi i. meinem wehrten CoUegen und 
^«hkumaüsmus, Beldes ware “ J un g e Männer, welche 
Selten hatten RuifTu^ 611 und ein Vitium cordis zurück- 
^Pitzeund einnn .!• atfc ?? em : systolisches Geräusch an der 
Ventrikej 8 tark w dia8tollsck ©n Ton über der Aorta, der 
H Spitzenstosf ho^ ^\ H T 8p i tze Iinks von der Mammillar- 
S er Patient Puls überaU hoch und celer. 

Herzklopfen, zeitweisn wenig Beschwerden, nur 

Erschwer zuW S L Atheinb ? Wejnmun g’ es war für den Arzt 
Ä üthet ^rdeu koS n ’ ^ ^ regelmässige Thätigkeit ihm 
ßeörtheilmuf d®a p 1 ^ 6 # Dieses Maass hmg nicht wenig von 
* 8 Herzfehlers ab. — Der zweite Fall, ebenfalls 


Stellen von Blut durchfloBsen wird. Natürlich liegt unter diesen Um 
ständen die Gefahr, dass sich Bröckcl des Thrombus loslösen und als 
Emboli in die Lungenarterien gelangen, nahe,., und dementsprechend muss 
man die Thrombose behandeln. Die frühere Therapie, welche in Ein¬ 
reibungen mit grauer Salbe bestand, ist wohl überall gänzlich verlassen- 
statt dessen lagere man das Bein hoch und bedecke die throfnbosirten 
Partieen mit kahlen Umschlägen. An und für sich hat der Fall auch 
insofern Interesse, als em Mann, der nicht eine stehende Lebensbeschäfti- 
gung hat, sondern sich viel bewegt, ein® einseitige Venenthrombose von I 
dieser gewaltigen Ausdehnung bekommt. Ich kann keinen Anhalt für 
die Entwickelung geben, wahrscheinlich beruht sie auf primärer Erkran- ' 
kung der Venenwand. Der andere Fall von Thrombose der Vena tibialis 
ant, welchen , wir wenige Tage vorher beobachteten, beruhte auf voran¬ 
gegangener Influenza. 

4. Herr Leyden (Demonstration vor der Tagesordnung)• Ich 
habe zwei Herzen zur Demonstration mitgebraeht. 

a) Das eine Herz gehörte einem 19jährigen Mädchen an das 
mehrere Monate auf der Klinik wegen chronischer Herzkrankheit 
krank gelegen hat und unter den gewöhnlichen Erscheinungen zugrunde 
gegangen ist. Die Herzkrankheit hat sich im Zusammenhang mit 
Gelenkrheumatismus entwickelt. Der Fall würde nichts ausserordent¬ 
liches darbieten, wenn nicht die am Herzen und Gefässapparat beob¬ 
achteten Erscheinungen ihn in gewissem Sinne an die von Herrn 
M.Litten kürzlich vorgetragenen Fälle von Pseudoinsufficienz 
der Aortenklappen anschlössen. Ich sage, in gewissem Sinne 
denn m anderer Beziehung weicht dieser Fall wiederum davon ab’ 
Herr Litten berichtete über solche Fälle, bei welchen am Gefäss¬ 
apparat die bekannten Erscheinungen der Aorteninsufficienz deutlich 
und constant vorhanden waren, nur fehlte das. diastolische Ge- 
räusch und die Autopsie einiger dieser Fälle erwies volkommen 
normale, zarte Aortenklappen. 

s ,hii«. de f Sf l ? us l s i on * ies ich auf andere, aber doch hieran an- 
“ Fi * u ® hm ’ die mir im Hospital und in der Privatpraxis 
i W i r 1 '“Seliommen and, nämlich Herzfehler grösstentheils bei 

X hLf f ldU f n J Und “ Anechluss an Gelenkrheumatismus, 
Murch charaktenart, dass die betreffenden Patienten am Gefäss- 
'S dem Herzen die Erscheinungen darboten, die der In- 
^artenUappen entsprachen; aber es bestand kein dia- 
L dfr Privo^f ew systolisches. Die Erscheinungen, welche 

untercnrhf Pla f 1S ^[‘ edlc ^ nicht nach allen Richtungen so ganz genau 
W6rden , kowiten ’ wie Herr L ^ten sie vorgetragen hat, 
prä ^ ant: der ü Q ke Ventrikel war hypertonisch 
SLt nnl Spitze A nstos8 ^it nach links dislocirt, hoch, re- 
an der D - 16 Au , scultatlon er gab ein systolisches Geräusch 

der Aorta P nnri d 6men de ^ llchen reinen diastolischen Ton über 
gerecht laut™ ^ P 11 ^ 611 Herzen, so dass die Diagnose schul- 
ÄÄ müBste A V &B ^ denz der Mitralis ohne Betheiligung 
SÄl,| Ab f di ? | rosse . Dilatation des linken Ven- 
Puls d er p arnt;H u ^ a end » sowie der weit-dislocirte Spitzenstoss. Der 
erJÄ? ™ le F un i d hü Pfend, die Auscultation derselben 
Hohes Tönen der ArW^fp 168 Geräusch, ferner constatirte man deut- 
Ich fiusserte (C ™ ra H in *wei FäUen auch Capillarpuls. 

wäre ob diese Faiizf V* ? er Ljspussion, dass ich zweifelhaft geworden 
gleic In f uffi A Clenz der mMis und ^ht vielmehr als 
insofern für di« Pro^ d ? r ,f- or t e . nkla PPen zu deuten wären. Das ist 
Mitralis für iu^end^haT^ & leich g dl %« als die Insufficienz der 
stattet als die Lidmduen eme vieI bessere Prognose ge- 

Zu die fe safficienz der Aortenklappen. 

Dinen demonstrirA ^ nu ? der vorliegende, dessen Herz ich 

bei uns gelegen und El ? Patl „ tm bat lange (seit November a. p.) 
^guniStwnJ St V w. Herrn Goldscheider und mir sehr 
diastolischen Ton °nf n ’ Y lr c ° nst atirten einen lauten, klappenden, 


DEUTSCHE MEDlCfNISCHE WOCHENSCHRIFT. 


157 


ein junger, blühender Mann, hatte, auch nur wenig Beschwerden 
is er un vergangenen Herbst nach kaum angedeutetem Gelenk* 

W%Zt S 7 S T SCh r r6 i End °- und Heriearditis erkrS 
Während des langen Krankenlagers, welches schliesslich in Ge¬ 
nesung bis auf den früheren Zustand endigte, hatten wir, College 
Croner und ich, viel Gelegenheit und Veranlassung, Herz- und 
^Vir haben niemals ein diastolisches 
Geräusch gehört, der diastolische Ton ganz rein, die übrigen Er¬ 
scheinungen sind schon berichtet. Auch hier glaube ich, ist das 
Bestehen einer Aorteninsufficienz anzunekmen. 

He r z .8j eb * nan e! “« epikritischo Illustration 
sicher Fälle, Welche wie ich glaube, abgesehen ton dem allgemein 
wissenschaftlichen Interesse, auch eine praktische Bedeutung haben. 

Das Herz ist, wie Sie sehen, stark vergrössert, besonders ist 
der hnke Ventnkel stark hypertrophisch und dilatirt Auch der 
ff™, Vcntrikei t ist in mässigem Grade hypertrophisch. Auf der 
überfläche des Herzens ist eine totale, ziemlich feste Synechie 
beider Pencardialblätter zu constatiren. 

Wäß nun die Klappen des linken Ventrikels betrifft, so zeigt 
sich nicht nur die Mitralis verdickt und insufficient, sondern auch 
die Aortenklappen sind deutlich erkrankt, und zwar in solcher 
Weise, dass sie uns vom Herrn Obducenten positiv als insufficient 
bezeichnet worden sind. 

u Obductionsprotokoll über das Herz lautet: Synechie 

beider Blätter des Herzbeutels im gahzen Umfange. Herz bedeutend 
vergrössert; starke Verdickung der. freien Ränder der Mitralklappe 
Verkürzung der Sehnenfäden, starke Dilatätion des linken Vorhofes 
und Ventrikels mit auffälliger Dünnheit der Wandung an der 
Spitze. Fibröse Veränderungen in der Substanz der Papillar- 
muskeln. Enge, dünnwandige Aorta-Synechien, der Aortaklappen 
an den seitlichen Insertionen, starke Verkürzung und Verdickung 
der ganzen Klappe, besonders auch der überschlüssigen Stücke, an 
denen einzelne frische, verrueöse Wucherungen sitzen. 

Hier an dem Präparat sehen Sie, der Beschreibung ent¬ 
sprechend, die verdickten und verkürzten Aortaklappen. 

Wenn ich nun diesen Fall an die von Herrn Litten mitge-' 
theilten Beobachtungen anschliesse, so besteht die Aehnlichkeit 
darin, dass intra vitam alle Erscheinungen einer Insufficienz der 
Aortenklappen bestanden, nur ein diastolisches Geräusch fehlte 
dauernd. Die Differenz besteht darin, dass Herr Litten in seinen 
Fällen ganz intaete Klappen gefunden hat, während hier die 
Klappen stark afficirt sind. Intra vitam besteht also eine grosse 
Aehnlichkeit der Symptome. Man wird auf den Verdacht einer 
Betheiligung der Aortenklappen in unseren Fällen schon durch den 
vorangegangenen schweren Gelenkrheumatismus geführt werden. 
Das Interesse solcher Fälle liegt nun darin, dass eine typische In¬ 
sufficienz der Aortenklappen mit allen Erscheinungen am Gefäss¬ 
apparat, mit Hypertrophie und Dilatation des linken Ventrikels 
lange Zeit bestehen kann, ohne diastolisches Geräusch, mit 
lautem, reinem, klappendem, diastolischem Ton. Ich kann natürlich 
nicht behaupten, dass in diesen Fällen nicht früher einmal ein 
diastolisches Geräusch aufgetreten ist; aber in der langen Zeit der 
Beobachtung dieser drei Fälle ist ein diastolisches Geräusch bei 
sorgfältigster Untersuchung nicht beobachtet worden. Es ergiebt 
sich also, dass eine typische Insufficienz der Aortenklappen be¬ 
stehen kann ohne diastolisches Geräusch; ferner ergiebt sich daraus 
für solche Fälle, wo gelegentlich das diastolische Geräusch ver¬ 
schwindet, dass hieraus nicht auf eine Heilung der (physikalischen) 
Insufficienz geschlossen werden darf, so lange die übrigen Erschei¬ 
nungen am Gefässapparat noch denen entsprechen, welche für diese 
Herzfehler charakteristisch sind. 

Ich möchte mich im Augenblick nicht darüber aussprechen, 
ob und wie sich physikalisch das Fehlen des diastolischen Ge¬ 
räusches bei der Aorteninsufficienz erklären lässt. Das sind so 
schwierige und complicirte Fragen aus dem Gebiete der physio¬ 
logischen Physik, dass ich kaum wage, darauf näher einzugehen. 

b) Auch das zweite Herz, welches ich zur Demonstration mit¬ 
gebracht habe, verdient Ihr Interesse. Es stammt von einer Patientin, 
die an puerperaler Sepsis gestorben ist. In schweren Fällen 
von puerperaler Sepsis sind Erscheinungen von Seiten des Herzens 
nicht selten. Meistens handelt es. sich um mehr oder minder ausge¬ 
sprochene Erscheinungen der Herzschwäche, schliesslich der Herz¬ 
lähmung, welche für Prognose und Ausgang dieser schweren Fälle 
die grösste Bedeutung haben. Wir leiten sie gegenwärtig von der 
Einwirkung toxischer Substanzen auf das Herz ab, Products der 
rapiden Entwickelung septischer Bacterien (meist Streptococcen, 
seltener Staphylococcen). Bemerkenswerth iet auch die Tachy- 
cardie, welche in der Regel den Herzcollaps begleitet, aber 
durchaus nicht immer in correspondirendem Verhältnis zur Herz¬ 
muskelschwäche steht. Wir beobachteten Fälle, wo ein schneller 
Herzcollaps bei 120 Pulsen auftrat, wir haben auch Fälle gesehen, 
wo die Patientinnen lange Zeit mit 140—160 Pulsen bei leidlicher 


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IBS- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


Herzkraft’ daliegen. In einem unserer Fälle hat die Patientin vier 
Wochen lang 160 Pulse; gehabt und ist schliesslich genesen 

Neben; diesen bekannten Erscheinungen der Herzschwäche und 
der 'Tachycardie beobachtet man bei Puerperalkranken auch endo- 
cardiale Herzgeräusahe, die auch wieder verschwinden können, und 
Zeichen einer mehr oder minder ausgesprochenen Dilatation des 
linken Ventrikels. Die Herzspitze rückt nach aussen beträchtlich 
über die i linke Papillarlinie -hinaus, der Spitzenstoss ist breit mehr 
oder minder kräftig: Muh hört zuweilen ein kurzes systolisches 
Geräusch, oder den bekannten, wiel besprochenen Galopprhythmus 
der Herztöne, welchen ich von unregelmässiger Ccntraction des 
Herzmuskels herleite und als Zeichen einer Dilatation des lrnken 
Ventrikels betrachte: Man beobachtet ihn übrigens auch bei anderen 
Infectionskrankhoiten, namentlich bei Diphtherie. 

i Der vorliegende Fall bot die geschilderten Erscheinungen m 
• - ’ --■* j-*- v.nf e i n e so erhebliche 


sehr exquisitem Grade, und die Autopsie hat , , 

Dilatation des linken Ventrikels ergeben, wie sie nicht häufig beob¬ 
achtet wird. . , 

•Die Patientin.erkrankte iin zweiten Wochenbett, nachdem sie 
sehr starken Blutverlust gehabt hatte. Der Uterus wurde aus¬ 
geräumt, .die Blutung stand und wiederholte sich nicht; aber es 
entwickelte sieh Fieber. Dies schien eine Zeit lang leidlich zu 
verlaufen, dann aber traten Schüttelfröste ein, Thrombose der 
Vena - femorälis; sinistra, und schliesslich bildete sich ein peri- 
tonitisches Exsudat. Die Pulsfrequenz war hoch, 130—140, der 
Herzstoss ziemlich schwach, Herztöne rein, dann trat Galopp- 
r-h.ythm.uB auf, und schliesslich constatirten wir ein Hinausgehen 
des Spitzenstosseß über die Mammillarlihie hinaus. Am letzten 
Tage war der Galopprhythmus so stark, dass die aufgelegte Hand 
ein P-römissement fühlte, das an' den Tremor cordis erinnerte. Von 
Geräuschen wurde, nur ein ganz kurzes systolisches an der Herz¬ 
spitze constatirt; Die Autopsie ergab ein sehr blasses Herz, das 
keine tiefere Degeneration der Herzmuekelfasem zeigte, und diese 
vorliegende beträchtliche Dilatation des linken Ventrikels hei 
einer mässig grossen Frau. Sie bemerken gleichzeitig die Abrun¬ 
dung .und eine gewisse Verdünnung der Muskulatur der Herz¬ 
spitze. Niohts von Endooarditis. Die mikroskopische Untersuchung 
hat bisher nichts wesentliches, namentlich keine nennenswerthe 
fettige Degeneration der Muskelfasern ergeben. 

■ Herr Litten: Der erste Fall, den Herr Leyden vorstellte, ist eine 
sehr Werthvolle Bereicherung der seltenen Fälle von Aorteninsufficienz 
ohne diastolisches Geräusch* die Herr- Gerhardt und Herr Ftirbringer 
beobachtet und hier nutgetheilt haben. Nachdem, was Herr Leyden über 
den Verlauf der Krankheit mittheilte, muss ich an das Wort des Collegen 
Fürbringer erinnern, der neulich in der Discussion, welche sich an 
meinen Vortrag anschloss, sagte, man sollte die Diagnose der Pseudo- 
Äortehinsufficienz erst nach dem Tode stellen. Dieser Fall beweist eben 
hur, woraüf wir schon neulich aufmerksam machten, dass die Diagnose 
der • Pseudoaorteninsufficienz nur eiiie klinische ist; natürlich kann es 
dabei Vorkommen, dass man bei der Autopsie durch Veränderung an den 
Klappen unangenehm überrascht wird. Dann möchte ich noch einen 
Punkt berühren, der die Frage nach der Entstehung des Geräusches hei 
den Aörteninsuffieienzen betrifft. Wir nehmen an, dass der zweite Ton an 
den Semilunarklappen durch die plötzliche Spannungszunahme erzeugt 
wird, welche die Klappen erleiden, wenn sie sich entfalten, um zu ver¬ 
hüten, dass das Blut regurgitirt, Die Entstehung des Geräusches beider 
Insufflcienz wird. dadurch erklärt, dass die Klappen mit Auflagerungen 
bedeckt und nicht mehr fähig sind, einen reinen Ton hervorzubringen, 
solidem statt dessen ein Geräusch zu erregen, und wenn beides der Fall 
ist, dass neben einem Theil erkrankter noch gesunde Klappen vorhanden 
sind, kann man neben dem Geräusch, nach einen Ton hören. Eine zweite 
Erklärung für das Geräusch ist das Zusammenprallen der beiden Blut¬ 
säulen, welche aus der Aorta und dem linken Vorhof stammen und im 
linken Ventrikel Wirbel erzeugen. Dass diese letzteren allein ausreichen, 
üin ein Geräusch zu erzeugen, lehrt das Experiment. Wenn man Aorten- 
insuffleienz künstlich dadurch erzeugt, dass man die Klappen verletzt, so 
tritt ein diastolisches Geräusch ein in dem Augenblick, in welchem man 
die Klappen zerstört hat, das Blut also regurgitiren kann. Ich meine 
also, dass diese Erklärung allein genügen muss, um das diastolische 
Geräusch zu erzeugen, und ich wollte gerade den Herrn. Vortragenden 
fragen, wie er sich das vorstellt, dass bei einer bestehenden Aorten¬ 
insufficienz das Geräusch nicht zustande kommt oder vielmehr vollständig 
fehlen kann. Er hat allerdings von vornherein abgelehnt, eine Erklärung 
dafür zu geben. Ich meine aber, dass diese Fälle, wie sie Herr Leyden 
vorgetragen hat, deshalb von ganz besonderem Werth sind, weil sie uns 
lehren können, wie sich, je nach den anatomischen Verhältnissen, die in 
jedem einzelnen Falle verschieden sein werden, die physikalischen Ver¬ 
hältnisse gestalten, damit das diastolische Geräusch ausbleiben kann. 

.. Herr Leyden: Auf die Bemerkung von Herrn Litten erwidere ich, 
dass die Diagnose der Insufflcienz der Aortenklappen eine physiologische 
und keine anatomische ist, dass eine Functionsstörung der Klappen aus 
den. physikalischen Erscheinungen diagnosticirt wird und die Autopsie 
nur darüber Aufklärung geben kann, ob und in wie weit die Klappen 
erkrankt sind. Wir können und wollen also nicht auf den Exitus warten, 
um eine Insufficiönzr zu diagüosticiren. Wenn Herr Litten behauptete, in 
seinen Beobachtungen wären die Klappen gesund, so konnte er das nur 
durch die Autopsie beweisen, aber die Erscheinungen der Insufflcienz kann 


man nur bei Lebenden constatiren, und hier handelt es sich um die Fälle, 
wo durch die Symptome von seiten des Aortensystems der Verdacht einer 
Tmiifficienz der Aortenklappen sich aufdrängte, ohne dass diastolische 
Geräusche 2 vorhanden waren, und dieser Verdacht hat sich dann auch 
bestätigt. Ueber die Deutung habe ich mich nicht ausgesprochen, weil 
ich doch nicht als mcdicinischer Physiker ganz au fait bm Seiner Zeit habe 
ich mit dem verstorbenen Professor H. Jacobson m Königsberg über die 
Oirculationsverhätnisse bei Herzfehlern viel gesprochen und die Theoneen 
der Schwingungen und der Wirbelströme viel discutirt. H. Jacobson 
war bekanntlich ein ausgezeichneter Physiker er hatte fünf Jahre bei 
Neumann Physik gehört. Soweit mein physikalisches Verständmss 
reicht, will es mir nicht so ausserordentlich merkwürdig erscheinen, dass 
diese Flüssigkeitswirbel nicht immer zu emem hörbaren Geräusche führen 
Die Wirbeltheorie ist meines Erachtens nicht so allgemein anerkannt 
worden, dass die Erzeugung der endocardialen Geräusche aus Wirbeln so 
absolut feststeht, und viele physiologische Physiker und physikalische 
Physiologen haben sich dieser Theorie nicht ohne weiteres angeschlossen, 
sondern die Schwingungstheorie angenommen. Diese lässt das Fehlen des 
diastolischen Geräusches wohl erklären, denn wenn die Klappen sehr 
schwingungsfähig sind, geben sie einen regelmässigen kurzen Ton, und es 
kommt nicht zu fortdauernden Schwingungen. Ich sehe also weder in 
der Schwingungs- noch in der Wirbeltheorie einen Widerspruch dagegen 
dass eine Insufflcienz bestehen kann, ohne ein diastolisches Geräusch 
hervorzurufen. Gerade wenn die Klappen sehr schwingungsfähig sind, 
kann der zurückfahrende Strom wohl derartig sein, dass er nur kurze 
regelmässige Schwingungen erzeugt, welche einen kurz abklmgendeu Ion 

erzeugen^ ß Lewy: Wenn man Hunden eine Verletzung der Aortenklappen 
beibringt, so entsteht nicht immer ein diastolisches Geräusch. Am vorigen 
Sonnabend habe ich bei einem Hunde, der allerdings schon zwei Stunden 
hindurch zu Experimenten gedient hatte, dessen Herzkraft aber noch gut 
war, eine Sonde durch die Carotis oingeftihrt und die Aortenklappen 
durchstossen; es entstand darnach gar kein Geräusch, sondern die iöne 
blieben absolut rein. Nach einer Viertelstunde wurde das Thier getödtet, 
es zeigte sich, dass die hintere Aortenklappe fast ganz abgerissen war 
und nur noch an einem dünnen Stiele hing. Sie konnte daher weder 
einen Ton noch ein Geräusch erzeugen. Dies spricht dafür, dass me 
Geräusche wesentlich in der von Herrn Leyden besprochenen Weise, 
durch unregelmässige Schwingung der Klappen, zustande kommen. 

Herr Gerhardt: Wenn ich ganz kurz meinen Standpunkt präcisiren 
soll, so halte ich allerdings daran fest, dass Herzgeräusche entstehen 
jenseits einer verengten Stelle der Blutbahn und dass Herz- und lie ss 
geräusche abhängig sind von dem Grad der Verengerung dieser &tel 
und der Geschwindigkeit des Blutstromes. Das Fehlen diastolischer 
Geräusche bei bestehender Aorteninsufficienz ist mir bekannt bei t>eg i nn 
der Aorteninsufficienz, wo die Erscheinungen am Gcfasssystem f schon 
voll entwickelt sein können, während das Geräusch erst später eintnt, 
und dann bei Aörteninsuffieienzen, die neben anderen Klappenfehlern yo - 
handen sind. So würde ich mir vorstellen können, dass, wenn . z u mne 
Mitralisinsufficienz auch Aorteninsufficienz kommt, die Geschwindigkeit 
des Blutstroms nicht gross genug sein kann, um Geräusch zu erzeuge . 


Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 7. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr VircHotf. , np 

Der Vorsitzende gedenkt mit einigen herzlichen Worten des rer- 
gestem verschiedenen Hofrath Prof. Dr. Billroth. 

1. Herr A. Baginsky (vor der Tagesordnung) legt die Organe ei ► 
unter den Erscheinungen der pernieiösen Anämie gestorbenenKj 11 
vor. Dasselbe ist 3Va Jahre alt, stammt aus gesunder Familie; Arniaiis- 
punkte für Lues nicht vorhanden. Das Kind hat vor_ emem Janre g 
legentlich eines Falles aus Mund und Lippe sehr viel Blut verlöre . 
Neuerdings ist bei einem Hustenanfall eine starke, kaum stillbaretfiu g 
erfolgt. Tief anämisch und erschöpft wurde es in das Kaiser- und Kais 
Friedrich-Kindorkrankenhaus gebracht. Daselbst zeigte sich ne hed 
ungemeinen Blässe ein wechselvolles Fieber, zumeist in t^rnii ttrr e im er ’ 

mit grosser Abgeschlagenheit und tiefem Elendsein des Kindes. Das 
machte den Eindruck, als sei es einer schweren Infection unterworfen, 
man dachte an Maul- und Klauenseuche, weil an den Lippen gescb g 
Rhagaden vorhanden waren, auch am Daumen der rechten rian 
grössere eitrig-vesiculäre Affection sich zeigte. Anhaltspunkte 
Annahme einer Infection waren anamnestisch indess nicht zu _ 

Blutuntersuchung ergab erst Aufschluss; es fand sich eme Heräbmin 8 
der rothen Blutkörperchen auf 2680000, mit gleichzeitiger Vermi => 
der weissen Blutkörperchen (Verhältniss Roth : Weiss = 100 :1) im 
Verminderung des Hämoglobingehaltes bis 17% (Fleischl) u - 
specifischen Gewichtes bis 1037. Im weiteren Verlaufe stellte si 
stetig zunehmende Herabminderung der Blutkörperchenzahlen “ erau 
zeigte sich am 9. Januar: rothe Blutkörperchen 1804000, weisse> ’ 

Hämoglobin 22—24, specifisches Gewicht 1020; am 31. Januar: _ 

körperchon 1296000, weisse 12000, Hämoglobin 22—24, specifisc 

Wicht 1020. Der Knabe verfiel langsam trotz sorgsamster Pflege, 

lieh stellte sich noch ein Abscess in der Kniekehle heraus, der P 
werden musste und dessen Eröffnung eine schwer zu stillen » . . 

auch nur geringe Nachblutung folgte. Es traten Diarrhöen em > 
dazu zwangen, die verabreichte arsen-eisenhaltige Guberquelle aus ’ 

dabei hohes Fieber mit intermittirendem Charakter, dem de - 

schliesslich erlag. Während der ganzen Beobachtungsdauer k( m 
einenqüälendenHusten constatiren mit hier und da auftretendem d 
athmen an der Lunge, ferner eine erhebliche Dilatätio corois mi 


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15. Februar. 


Schiebung des ganzen Herzens jiach rechts, augenscheinlich unter dem 
Einfluss der links etwas geblähten voluminösen Lunge Die mehrfach 
TOderholte mikroskopische Blutuntersuchung ergab ferner während der 
Beobacbtungsdauer schwere Veränderungen in demselben, Poikilocvten 
Mikrocvten, keinhaltige rothe Blutkömerchen vereinzelt, Megateblaiten’ 
sehr ungleiche VertheUung des Hämoglobins in den Blutkörperchen ferner 
grosse Hauten oder mehr einzeln liegende kleinste, wohl den Kemo-ebiWen 
ursprünglich zugehörige Partikelchen rundlicher Art, die sich methvlen 
blau Srbtem endlich vollständiges Fehlen der eosinophilen Zellen und sehr 
sparsames Vorhandensein poljmucleärer Leukocyten. Die SecUon zehrte 
neben tiefster Anämie von Dokh-n und Rückenmark eine erhebliche Diktate 
cerdis nut schwerster Verfettung der Herzmuskulatur. Verfettung des Tiber 
und Nierenparenchyms. Leber und Milz im übrigen derb und T 

llih mit reichlichen Follikeln. Nebennieren intact. Darm anänmch leicht 
katarrhalisch. Im Knochenmark der grossen Röhrenknochen und in dej 
bpougiosa des Sternum nichts abnormes. Die mikroskopische Unter- 
suchung der Organe bleibt Vorbehalten. p unter 

luni* 2 ' Her L S l? a l or ste A fc zwei Patienten vor, von denen einer an 
bUiirer atrophisch* r , der andere an hypertrophischer Leber. 
«ÜThose leidet, a) ein 46jähriger Handelsmann aus Russland, nicht über- 
mässiger Alkoholiker, hat vor 20 Jahren an bald vorübergehendem Ictei^ 
gehUen. Im Juni 1893 trat wieder Icterus ein, der aber sehr hartnäckig 
wurde, so dass Patient un September Karlsbad aufsuchte, wo sich aber 
M-m AUgemembefinden verschlechterte, so dass die Cur abgebrochen wm-de 
Am 10 November kam er nach Berlin mit folgendem Status praesens : 
hehr starker Icterus, quälendes Hautjucken, grosse allgemeine Schwäche’ 
pisse Leber, bis zum Nabel reichend, glatt und nicht druckomnfiT 1 f^Kfh , 
Cgend dCi; Ga !! eablase ein gjatter Tumor, keine MilzvergrüLerung’ 
““T* 1B ?T?r fä f. syst ??, Stuhlgang ungefärbt, Urin dunkel mit 
Ski, Re , act , 10D p au / Bihrubin. Die eingeleitete Behandlung blieb erfolglos 
vielmehr trat Fieber auf mit einer Vergrösserung des Gallenblasen- 
urnors bis zur Apfelgrösse. Eine Diagnose wurde nicht mit Bestimmt¬ 
heit gestellt. ^sprachen das Fehlen von Gallenstein- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


koliken und die Ektasie der Gallenblase. Aber“ äid^für^cin malimies 
^jdasma waren kerne bestimmten Anhaltspunkte zu finden, die Leber^ar 
fi a . ’ Drüsenschwellungen bestanden nicht. Allerdings war im Verlauf im 

SeS Ätdnmt ****** 6rh5hte R-'^nz zu cInsteDrem 

IVv ?„ j den r mdruck eines Tumors machte. Vielleicht dass durch 
eine Entzündung der Ductus choledochus verschlossen war Bei der star 
UnbchweUungderOollenblaso und in der Hoffinmgdurch e£e (Wten 
J»r Dupiose gelangen zu können, wurde am 27 November 1893 di! 
kert eC ''Beim m \bta!te ÖCbb ”!? d ^ durch . ca ’ 200 ccm klare Flüssigkeit ent- 
fnr den VeraM™LT»!?™ °I >cratl0 ? s w l " 1 <i«. “is konnte eid Grund 
kein Stein kein Tumor r , en 8 ln f es , n * c ' lt e ™ rt; "'erden, es fand sich 
MMerÖüeratlmIAA> r Z “ sta J> d Patienten änderte sich dann 
Leber sich beMXlirh L*', 1 ! e8 ^ hende ’: GMlenblasenfistel insofern, als die 
äit Umlane ühnnlmi Ai Lleinerte und die Resistenz im Epigastriuni anfangs 

» Lozeichnen, daS 

Stehen s idzrtS i!firh t »»»geschieden wird, die durch 

hestandlheilf wie a ?f, sieht - j edoc b Leine Gallen- 

Lr-aebedes iChlussSo^ T “• Cholesterin - enthält. Ob die 

lieber, sicher ist . Z “•?amor der Gailienwege ist, scheint noch nicht 
fysticus und Ductus heDaticuTnrW , hl f r m [ fc emem Verschlüsse des Ductus 
riar RfestauratPiir S A uf i r S i oder . ck °lcdochus zu thun haben.-h) ein 40jäh- 
I<«Wb nac T hdem im 0 ^ober ein temporärer 
hat nie kolikartifre Sehmernseit-emem Jahre permanent ikterisch. Patient 
gemagert. Die Untersnrün™ geh . a w bat S^ten Appetit, ist aber stark ab- 
glatten, nicht höckeriirpn T oi, g , er ^ ie ^ eme bedeutende Vergrösserung der 
Stahl dunkel, im Urin ist koin ? r?-f- rg S sse *j te Milz, ke bie Gefässstauungen; 
haben hier aS da ^ e ^ en «ichlich Urobilin. Wir 

^Wcirrhose mit Icterus^und^Mil^ i V °i? IIan °S s hypertrophischer 
ihn als Urobilin-Tpton.o rjilzschwellung. Man könnte versucht 

hterusform begegnet noch vioif U ^ eze Jjhnen, allein die Lehre von dieser 
stehung des lleraf dnrfh tt! f v - 6n Zw , eif ® ln - Man bestreitet die Ent- 
Anwosenheit von Bilirubin in ifp ,ln u nimmt . m solchen Fällen eine I 
' e D wurde im Blute Bilimhin de . n Gew eben_an. Auch bei diesem Patien- ' 
dafür können wir bm/f U ? en ' < ^ eshalb dieser Körper im Urin 
Herr A Fr^ni^ \ Gshm ™^ Erklärung geben, 
des Herrn Senator inV^ 1 ^ Zeit ei ? en ähnlichen Fall wie den 
P ch ^t, da er vielleicht *Jr aJÜ}* 1 * 1 ™* gebabt ’ über den er kurz be- 
bleten möchte. Der 45iäW™ Kf“ 11 / Jen f s FalIes eini ^ e Anhaltspunkte 
Krankenhaus aufgenommen Patlen . t vor circa acht Wochen in’s 
^ erkrankt. Die tSlV'’ 31 * stark ikterisch, seit August 1893 mit 
ftMbaren wie sichtbien Tnm ? ejgab Vergrösserung der Leber und 
Abmagemng Di P T n?^ in der Ge S end d <* Gallenblase, starkes 
5* m ^gnem Processe neSSf 10 ? 6 !. s . cbwaakte zischen Cholelithiasis 
ftzterem zu. Da die Knrhi^ 6 S1C J 1 jedocb we g en der Kachexie mehr 
bedrohlich zunahrn^ 6 zeit ^ eise auftretenden Schüttel- 
r J 5le ?ang der GallenbWwnrilJ^ 6 ZUr °P eration geschritten. Nach 
;‘5! a 8keit entleert- !! n e! de die ® e P l . inctirt 150—200 ccm trübe 

p l6 bündsackartiV In Hpf* p 511 ^ 0 , n jcht gefunden, die Gallenblase 
^n,lT u st ’ der ektatische GaTloiP e ^ end de i ® dus £f nd 8 ^ c h eine zweite 
zu fi?i ° Sei1 Eite r entarte G ^ g \ Q - g ’ T. de S ^ Puncfcion ca. 100 ccm 
Ä' Es wurden AuUnni^ hl6r kein . Stein nach de m Darm zu 
Kl eber fieI in der Fl fi P i f n v g ? aC - ht und eino Fistel angelegt. 

v ltlent starb. Dio ab ’ die Eachexie nahm aber zu und aer 

JS 1 »,»«* demIkaÄ' da ? T ?^ dro P s vesicae felleae mit 
Die fw, cbok dochus ein klrino? p 1CU:S bestai } den hatte; am Ausgang des 
dö h? er - mit Eiter erfüUten d ? n Ausgan ^ verschloss. 

Wle der Ductus h fi n n tt, gä f ge i. d ‘ h ’ sowohl der Chole- 
g ge des rechten ÄI n t P n f 1C " s , UIld M dle intrahepatischen GaUen- 
^eDeriappens stark ^dalatirt. ' Offenbar hatte der Sitz 


_ 159 

Stauung das Eindrkgen 158 ^^Bacterie^n^ie^ 0 ? 11 !! 111 bedii ^^- 
wodurch es einerseits* zu einer ^ E^tztodnn? vermittelt, 

andererseits zur Eiterung im Choledochus und dftn^T^h^ 10 ?! des C ^ sticus ’ 
kommen war. eooenns und den Eebergallengängen ge- 

richte?Tlginden r ß^fuSd* RechtefLeh^nl inz ^ rischen untersucht und be- 
horizontalen. aber glatt und^ scharfran^Ä! n vergrö t ss ^ bk ^ Kabel- 
Leberlappen hart, höckeri-^ oSÄ d • ° n norraaIer C cnsistenz, Unker 
setzt. Beim Eingehen du?ch dTe Fistel sinTar der TlT T *! m0 / d r Urcl1 - 

sü-~- —“Ä'SiÄ 

habe 6 

ssüüps 


i^f^'sss^ssös 

“len äc bis^o Ä ft Z “p ‘*'■ Ob fc “ü 
Foiiicf w -k* i iy9 °l Ü Reiche die Berechnung noch nicht vorliege der 
Fall ist, bleibt abzuwartfen. Sowohl Herr Neumann als Herr Guttstnd? 
semn im Irrthum wen f n sie mit Herrn Wey 1 aus d«r vSidch^ d» 

Ii fft 7 ^ gS T tate T tgehende Schlüsse zögen. Der erstere übesehe 
dass 1871 em abnonnes Pockenjaiir, der letztere? dass die Betheiligung de; 
Bp?» C l^? dfiIleil i Ge T f chl . ec hter und Altersclassen an der Zusammensetzung der 
Bevölkerung doch erhebliche Differenzen zeige; beide aber?da^ die sociale 
Zusammensetzung der zum Vergleich herangezogenen Bevölkerung wesent- 
SÄwf" armen, kindeiTeichen Leute wuS inf2 e 
^ ohnungsmiethen nicht nur an die Peripherie gedrängt, son- 
deni gezwungen Berlin zu verlassen und sich in den Vorortef anzu- 
siedeln. Auch der Abfall der Geburtenziffer sei dXTnur eln 
scheinbarer, hervorgerufen durch die Verschiebung in der Zusammen? 
Setzung der Bevölkerung. Während in Berlin Geburten und Sterbeziffer 
a ° S p C n he T nd a q, ü ® br y ea ’ steigen sie in rascher Progression in den Nachbar- 
orten, deren Statistik allerdings — dank der Haltung des preussischen 
statistischen Amts — bis auf Charlottenburg selbst eine recht mangelhafte 

ooo f,?wi N ß7 d ^ ar ? im p ei r die Gebartenziffer v °n 44,81 in 1885 auf 63,5 
1889 und 67,^1 / n der Berliner Ziffern im Jahre 1890 gestiegen, und dem¬ 
entsprechend die Sterbeziffer von 43,8 auf 60,48 resp. 63.5. Man müsse 
Berirn statistisch ü 2 tt den Vororten zusammennehmen, wie das Boeckh 
bmher leider vergeblich verlangt habe. Würde Gross-Berlin, die Einverleibung 
?•? / n° rte i Tbatsa ^ he ; so würde zum grossen Erstaunen der Schwärmer 
für die Canalisation Gehurten- und Sterbeziffer mit einemmal steigen. Frei¬ 
lich sei die Canalisation etwas sehr angenehmes, eine selbstverständlicho For¬ 
derung des Culturmenschen, aber ihr Einfluss auf die Gesundheitsverhältnisse 
sei eben bis jetzt erheblich übertrieben worden. Sie wirke doch wesentlich 
nur indirekt m der Richtung der Verbesserung des Trinkwassers, einmal 
dadurch, dass sie den Boden vor Verseuchung bowahre und uns in 
Strassen und Höfen brauchbares, imschädliches Brunnenwasser sichere, 
zweitens indem sie die Flüsse vor Verunreinigung mit den Abfallstoffen 
behüten soll und uns damit ein zuverlässigeres Loitungswasser garantirt 
Seitdem wir durch Koch wissen, dass zur Infection das Hineingelangen 
körperlicher Elemente in den Organismus erforderlich sei, kann doch von 
den Gefahren der Grubengase und der Bodenluft im früheren Sinne nicht 
mehr die Rede sein. Gegenüber der Verherrlichung der Canalisation 
werde die centrale Wasserversorgung in ihrer Bedeutung entschieden 
unterschätzt; das hätte wohl in der wenig rühmenswerthen Beschaffenheit 
des Berliner Leitungswassers seinen guten Grund. Die Vergleiche der 
Berliner Sterblichkeit mit der anderer Grossstädte müssten noch viel 
vorsichtiger beurtheilt werden, da seien jedesmals die individuellen Ver¬ 
hältnisse jeder Stadt zu prüfen. Wenn Herr Guttstadt erklärt die 
Sterbeziffer sei m Berlin stärker gesunken als in den meisten anderen 
preussischen Grossstädten, so hat schon Herr Oldendorff daran er¬ 
innert, dass auch die Geburtenziffer stärker gesunken sei. Die Vergleiche 
des letzteren mit. der Provinz Brandenburg seien aber ebenso wenig 
beweisend, denn die Berliner Vororte rechnen ja zur Provinz, Berlin ver¬ 
schlechtere ja erheblich die Statistik der Provinz. Die von Herrn Weyl 
„unanfechtbar bewiesene** wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes 
in Berlin halte einer objectiven, gewissenhaften Kritik gegenüber nicht 
Stand, die allein im Jahre 1892 infolge der Canalisation geretteten 14 000 
Menschenleben seien ein leeres Phantasiegebilde der Tante Voss, um so 
nüchterner zu beurtheilen und schärfer zu verurtheilen, als sie diese Un¬ 
wahrheit zu einem Vorstoss gegen weitere hygienische Fortschritte benutzt. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr. 

Sitzung am 22. Januar 1894. 

Vorsitzender* Herr Do lirn; Schriftführer: Herr N au wer ck. 

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-SS.1ÄÄ K*räi 

Verlauf bei Erwachsenen gegenüber dem Fä“6g 0re “ wenn u e [ 
an sich sehr seltenen, noch nicht hei 50 beschriebenen - bei 
jüngsten Hindern. 

o Herr Neisser: tJeber die Züchtung der Gonococcen 
bei einem Pall von Arthritis gonorrhoica. (Mit Vorlegung von 
Culturen und mikroskopischen Präparaten.) Ein 46jähriger Mann 
wurde unter dem Bilde eines acuten Gelenkrheumatismus m die 
niedicinische Klinik aufgenommen, Das 

ein Fingergelenk waren geröthet und geschwollen. Wedei diese 
Localaffection noch das Fieber gingen auf grosse 0°«® ^num 
Riilicvlicum zurück. Eine Probepunction ins Gelenk föi derte eine 
weisslichc trübe Flüssigkeit, in der sich ausschliesslich Eiter¬ 
körperchen mit zahlreichen, nach Form, Lagerung und Färbung 
tVDischen Gonoeoceen vorfanden. Die Züchtung auf Wert¬ 
heim'schein Serumagar lieferte ebenfalls nur typische Colomeen 
von Gonococcen. Leider Hess sich beim Patienten das Bestehen 
einer . Urethralgonorrhoe nicht nachweisen; Ausfluss war nicht vor¬ 
handen, und die Untersuchung auf Faden im Urin durch eine 
starre Phimose mit Smegmapartikelchen und Epitheldesquamation 
sehh erschwert. Im Verlaufe der Krankheit kam es zu geringer 
Eiterbildung über dem ergriffenen Fingergelenk mit Uvider Haut- 
Verfärbung und Fluctuation. Bei der Incision entleerten sich nur 
einige Tröpfchen Eiter; die Impfung desselben lieferte nur drei 
kleine Gonococcencolonieen, auch mikroskopisch liess er nur äusserst 
spärlich Gonococcen erkennen; diese lagen um so reichlicher im 
Granulationsgewebe. (Eine eingehendere Veröffentlichung des Falles 
wird in dieser Wochenschrift erfolgen.) 

3 Herr Schreiber: Zur Behandlung der Oesophagus- 
stenosen. Im Anschluss an frühere Mittheilungen über obiges 
Thema (Berl. Min. Wochensohr. 1893, No. 32 und Volkmann s Samm¬ 
lung klin. Vorträge No. 85) berichtet der Vortragende über jetzt 
26 Fälle von Oesophagusstenosen als Beobachtungsmatenal des 
abgelaufenen Jahres. Nach Besprechung der Beziehungen von 
Alter und Geschlecht zur Entwickelung von Oesophaguscarcinom 
geht Vortr. auf die von Ed. Reichmann angegebene „neue 
Sonde zur Dilatation von Strieturen“ über, welche bei oberfläch¬ 
licher Betrachtung der eigenen nicht unähnlich sei; sie gleiche 
einem der unvollkommenen Modelle, deren sich der Vortragende 
bei seinen ersten Vorversuchen selbst bedient hatte (Demonstration). 
Von den constructiven Fehlern lind der durchaus unzweckmässigen 
Verwerthung von comprimirter Luft (Doppelgebläse) bei der 
Reichmann’schen Sonde abgesehen, liegt der wesentliche Mangel 
in der Unverrückbarkeit der Sondenspitze, darin also, dass die 
Blähung der elastischen Membran event. lediglich über, nicht 
in der Stenose erfolgt. Gerade auf der eigenen Verschieblichkeit 
der Sondenspitze (Itinerarium) beruhe der Schwerpunkt eines 
wirklichen Dilatationsinstruments für Oesophagusstenosen. Wäre 
dem nicht so, dann könnte man sich begnügen, über die Augen 
eines dünnen Schlundrohrs oder besser noch über feine, in der 
Nähe der Spitze eines dünnen Bougies angebrachte Oeffnungen 
ein Gummiröhrchen zu befestigen, die Befestigungsstellen zu 
glätten und mit solcher Sonde durch Luft- oder Wasserüberdruck 
die Dilatation zu bewirken (Demonstration). Dass derlei nicht 
zum Ziele führe, davon habe sich Vortragender vielfach über¬ 
zeugt; Reichmann dagegen habe sich begnügt, seine Sonde 
zu empfehlen nach „mehrfacher“ Anwendung bei „einem“ einzigen 
Kranken! 

Des weiteren bespricht der Vortr. auf Grund des vorge¬ 
nannten reichen Beobachtungsmaterials und einzelner Sectionen 
seine Erfahrungen in Beziehung auf die Leistungen mit der „Dila¬ 
tationssonde“. Unter anderem hebt er die geringere Gefahr bei 
grösserer Dilatirungsfähigkeit derselben gegenüber den bisher ge¬ 
bräuchlichen Sonden hervor: während er bei früheren Sectionen 
kaum je einen Fall gesehen, bei dem nicht mehr oder minder aus¬ 
gesprochene Veränderungen sich fanden, die auf vorausgegangene 
Sondirungen bezogen werden mussten, hat er derlei nach selbst 
lange Zeit durchgeführter Anwendung der Dilatationssonde bis 
jetzt nicht zu beklagen gehabt. Speciell habe er die Section 
an zwei Fällen machen können, von denen der eine fünf 
Monate, der andere [circa neun Monate täglich dilatationssondirt 


worden sei, ohne dass auf der Schleimhaut der betreffenden Speise¬ 
röhren weder oberhalb noch unterhalb noch in der Fläche des 
Carcinöms die geringste traumatische Anomalie hätte entdeckt 

Werd Diese ö rnach neunmonatlicher Behandlung zur Section gelangte 
Fall an Welchem beiläufig das Careinom nicht un Zerfall be¬ 
griffen schien, ist T., der eine der drei Kranken, mit Deglutitions- 
beschwerden ohne anfängliche Nachweisbarkeit der Stenose mit den 
bisher gebräuchlich gewesenen, selbst stärksten harten und weichen 
Schlundröhren (cfr. Volkmanns Sammlung klin. Vorträge 1885, 
n 18 u ff.). Mit der „Dilatationssonde gelang bei T. der objee- 
tive Nachweis der Stenose nach Lage und Ausdehnung zu Beginn 
der ersten Schluckbeschwerden. , , . 

Im Anschluss hieran entwickelt der Vortr. eingehender die 
Mängel der derzeitigen Differentialdiagnose zwischen den ein¬ 
zelnen, zur Stenose in der Speiseröhre führenden krankhaften Zu¬ 
ständen; er warnt vor der Verwerthung der Erscheinung von herz- 
rhvthmischen Bewegungen des freien Sondentheils bei Compressions- 
stenosc infolge von Aneurysma, sowohl weil diese Erscheinung 
trügerisch, vor allem aber auch, weil es gefährlich werden könne, 
in solchen fraglichen Fällen zu sondiren; hier verzichte man besser 
auf die sichere Diagnose. Ueberhaupt unterlasse man niemals, 
das Herz zu auscultiren, ehe man eine Sonde in die Speiseröhre 
einführe, auch dann nicht, wenn der Verdacht auf Aneurysma fern 

zu hegen yon ge i e g en tlich hartnäckigen spastischen 

Stenosen empfehle sich neben dem bisherigen Vorgehen die Ein- 
gieesung von warmem Wasser, mehr noch die Einblasung von Luft 
in die Speiseröhre. In dieser Weise habe die spastische Natur der 
Stenose, welche alsdann momentan sich löse, wiederholt sich glat 

de m °h we“überwiegenden Mehrzahl aller Fälle von dauernder, 
wachsender Dysphagie handele es sich um Carcinoma oesophagi, 
selbst dann, wenn, wie dies oft genug vorkommt, mit den ge¬ 
wöhnlichen stärksten Sonden die Verengerung an sich noch nicht 
nachgewiesen werden könne. Oefter freilich, als wir glauben, 
mögen hierbei grobe diagnostische Irrthümer unterlaufen. Denn 
davon abgesehen, dass die Schlingbeschwerden an sich kein aus¬ 
schliessliches Merkmal der Verengerung, sondern ganz un Gegen¬ 
teil auch der Erweiterung, der Lähmung der Speiseröhre ist, 
kommen zweifellos anscheinend auf maligner Ursache beruhende 
Dvsphagieen vor, deren carcinomatöse Natur dem Verlaute nacn 
mehr als fraglich ist, ohne dass wir jedoch bisher sie ihrem währen 
Wesen nach mit Sicherheit zu beurtheilen vermögen. So hat Vortr. 
vor etwa zehn Jahren einen nach Alter und Beschwerden, von 
vielen Seiten sicher diagnosticirten Fall von Oesophaguscarcinom 
(aus Russland) gesehen im fast zweiten Jahre seit Beginn aes 
Leidens, der erst zu Ende des vierten Jahres durch Inanition unü 
Marasmus zum letalen Ausgange führte; noch einen anderen, 
scheinend ebenso sicher an Krebs der Speiseröhre leidenden Mann I 

(aus New-York), der in kurzer Zeit an 30 Pfund vom Körper¬ 
gewicht verloren hatte, der aber im Laufe des nächsten halben 
Jahres unter künstlicher Ernährung und sonstiger, manmglac 
variirter localer Behandlung sich vollständig erholte und von seinem 
Leiden vollständig genas. , h . 

In diesem Sinne ist auch der folgende, neuerdings heo 
achtete Fall bemerkenswerth. Es ist dies H., der zweite jen^ 
drei Kranken mit Dysphagie ohne objective Nachweisbarkeit d 
Stenose mit den üblichen Methoden (cfr. 1. c. H. p. W)- 

Ein 45jähriger, grosser, kräftig angelegter Mann, bereits JA 

gemagert imd anämischen Aussehens. Seit ca. vier Mona ... er2e hend, 
ihm Schlingbeschwerden für festere Speisen, anftnghch vo 8 ^ 

beim Eintritt in die Behandlung längst beständig. Keine fmchcn i 
Hysterie, kein Anhalt für Lues. Mit der „Ddatationssonde 
jectiv empfundene Verengerung entsprechend der Stelle, *2 so- 

als Sitz des Schluckhindermsses aussen markirt, . m1 ^ Be n s ^ t ^ i E s 
gleich nachzuweisen. Anscheinend a so ein Carcinoma oew p h««L 
glich der Kranke z. B. dem fast gleichzeitig beobachteten 
wähnten, später secirten T. ganz und gar, nur dass bei T. r® n0 ch nicht 
in ihrer Intensität noch wechselte und das Aussehen dam 

gelitten hatte^ anföngHch ein _ f dann zweimal zu je, emer^Wer^ 

stunde mit der Dilatationssonde»behandelt, ^achdemdntteb s ^ 
Versuche trat eine wesentliche Erleichterung /as S^lucken ^ 
dem 16. bis 18. war jede Schluckbehinderung ^ür den Kranken voUKomin^^ 
nicht in demselben Maasse für die Untersuchung g halten- 

Kranke fühlte sich geheüt und war nicht mehr K« Verlau f es 

Soweit schien die Diagnose auf Carcmom trotz des günstigen ^ 

selbstverständlich noch nicht erschüttert. Allem der erz Kranken 

wochenlang, monatelang an, und jetzt noch lauten die Ben frisch 

wie seiner Umgebung dahin, dass er geheilt sei ^d 
aussehe. 


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SS6Ü6. 4 

Jetzt nach s / 4 Jahren wird man die Annahme eines so erostten 
Leidens nicht mehr festhalten können. Worum abe 


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15. Februar. 


DEUTSCHE MED1C1N1S0HE WOCHENSCHRIFT. 


m 


sich bei H.? Das ist schwer zu sagen; vielleicht ursprünglich um 
geringfügige Ulcerationen benigner Natur, die zu bindegewebiger 
Verdickung mit verminderter Erweiterungsfähigkeit des Speise¬ 
röhre führten und direkt oder unter Hinzutritt von secundärem 
Spasmus zu der erwähnten Verengerung. Wie dem nun aber auch 
pathogenetisch sei, es beweist der Fall H. neben T. unter anderem, 
dass mit der „Dilatationssonde“ Verengerungen der Speiseröhre 
nachweisbar sind, welche sich den bisherigen Methoden der Unter¬ 
suchung vollständig entziehen, und hierin scheint nicht die ge¬ 
ringere Bedeutung der „Dilatationssonde“ zu liegen. 

Es lehren die Beobachtung bei H. wie die zuvor angeführten 
beiden Fälle (X. Russland, Y. New-York) ferner, dass man selbst 
nach ohjectiver Feststellung einer organischen Verengerung im 
Oesophagus bei Leuten in und jenseits der vierziger Jahre mit 
der Diagnose Carcinom vorsichtiger zu sein hat; selbstverständ¬ 
lich auch dann, wenn die übrigen, gewöhnlich in Betracht 
zu ziehenden Leiden, Divertikel, Compression, Lues, toxische 
Stenosen, Spasmus haben excludirt werden können. Endlich lehren 
sie auch dies noch, dass, so lange unsere Kenntnisse über die 
krankhaften Processe im Speiserohr noch so mangelhaft sind wie 
bisher bezw. so unsicher diagnosticirbar, diejenigen nicht, im Recht 
sind, welche bei „Carcinom des Oesophagus 14 auf die Sondirung 
verzichten wollen, weil durch sie ein rascherer Zerfall des 
Carcinoms herbeigeführt werde. Denn erstens scheint es, dass 
derlei mit der „Dilatationssonde“ einigermaassen zu vermeiden ist, 
und zweitens: würde bei dem mitgetheilten Falle H., der dem Krank¬ 
heitsbilde nach sich in nichts von dem eines Carcinomkranken 
unterschied, die Dilatationssondirung nicht versucht worden sein, 
so würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Stenose mindestens 
unverändert fortbestanden, wahrscheinlich sogar (mit wachsender 
secundärer Erweiterung des Speiserohrs oberhalb der Strictur schon 
aus diesem Grunde) stetig zugenommen und dann wie immer zu 
fortschreitender Abmagerung u. s. w. geführt haben. Vielleicht 
würde der Kranke so sich noch ein, zw r ei oder drei Jahre gehalten 
und dann, an Marasmus gestorben, die Zahl jener auffallenden 
Fälle vermehrt haben, in denen man ein sicheres (?) Oesophagus- 
cardnom drei selbst vier Jahre andauern gesehen hat. 

Der hier erzielte therapeutische Erfolg darf, nach % jährigem 
Bestände, als definitiver gelten; sollte Gegen theiliges zur Kenntniss 
kommen, so wird Vortragender darüber berichten: in jedem Falle 
verdient er aber auch so schon Berücksichtigung. Ob freilich die 
Gelegenheit zu ähnlichen Erfolgen öfter vorhanden ist. das wird 
die spätere Erfahrung lehren müssen. 


Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 9. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Schede; Schriftführer: Herr Möller. 

1. Herr Schede stellt im Anschluss an den Vortrag des Herrn 
bauenstein in voriger Sitzung einen torquirten Leistenhoden 
u° r ' ^ er vor einiger Zeit wegen Sarcoms exstirpirt wurde. Der 
^ Leistencanal; es bestand gleichzeitig ein Leistenbrueh. 
weshalb Patient ein Bruchband getragen hat. Der Hoden hatte 
en j ma l völlig um seine Axe gedreht. Trotz dieser Torsion 
^ der Hoden ausser Oedem und einigen Hämorrhagieen in dem 
eichten Sarcomknoten keine Circulationsstörungen, im Gegen- 
ba?t Wai °- r so ernä ^ rt > d^ss sich ein grosser Tumor in ihm 
fest*f’ 611 ^ 1 ^ 11 können. Ursprünglich für Thromben gehaltene, 
-^ewebsmassen in den Samenstrangvenen erwiesen sich mikro- 
s piscli als in diese hineingewucherte Sarcommassen. 

des w ? P1T ^ rän ^ e i denttostrirt einen Fall von Tuberkulose 
Bpi <in° t , 8 und EpididyiÄtis gummosa des Nebenhodens. 

los« nr' ® r kul°se betont Herr Fränkel das fast ausnahms- 
.^ r ^ enw<1 rden des Nebenhodens und die grosse Sel- 
UehproTV e ^ en tlichen Hodentuberkulose, sowie das frühzeitige 
berknWi Erkrankung auf den Samenstrang. Bei der Tu- 
dem lu« 6 deS ' aS ^ erens unterscheidet Herr Fränkel je nach 
Erkrank^^rJHkt' desselben eine ascendirende und descendirende 
Im f! er Samenstrang ist in der Regel knotig verdickt. 

3b. Man 8 * hlerz ^ s PicH sich die Syphilis im Hodenparenchym 
^lben *T Sch *id e t eine fibröse und eine gummöse Form der- 
Vas deferen denei ! ers ^ ere die häufigere ist. Nebenhoden und 
zarte Wandungen 11 n * e e ^^ en ’ letzteres zeigt immer dünne 

demonstrirt einen Fall von Epiglottisrand- 
Kehlkopf r ,k °roupöser Pneumonie. Wenn ich Ihnen den 
reichen wnr^ ^ ßn ^ ^nen berichten will, ohne weiteres über- 
fyphöse Lacii!’ , S °. wür( ^ eri Sie ohne Zweifel die Diagnose auf 
^ an( lgeschwnr XVerä i? erun ^ en ste Een. In der That sind die tiefen 
und unir 6m oi n e £ ra " e bldeckel, wie Sie sie hier sehen, ein häufiger 
charakteristischer Leichenbefund bei Typhus abdomi¬ 


nalis. Aus den tiefen taschenförmigen Geschwüren mit ihren 
wulstigen Rändern ragt der nekrotische Knorpel der Epiglottis 
hervor, der zum Theil bereits zerstört ist und daher wie ange- 
freösen aussieht. Dieser Kehlkopf stammt aber von einem Manne, 
der an einer schweren croupösen Pneumonie gestorben ist. Damit 
gewinnt der Befund die Bedeutung einer grossen Seltenheit. Denn 
über derartige Kehlkopf Veränderungen im Gefolge der croupösen 
Pneumonie ist bisher meines Wissens nichts bekannt. Die Hand¬ 
bücher der pathologischen Anatomie enthalten keine Angaben über 
diesen Punkt. Auch Herr Dr. Fränkel, der seit einer langen 
Reihe von Jahren das grosse Obductionsmaterial des Allgemeinen 
Krankenhauses übersieht, sagte mir, als ich ihm meinen Fund 
zeigte, er könne sieh nicht entsinnen, derartige Kehlkopfverände¬ 
rungen bei croupöser Pneumonie jemals gesehen zu haben. Auch 
von ätiologischen Gesichtspunkten aus betrachtet, hat der vor¬ 
liegende Fall sein Interesse. Bekanntlich sind derartige Kohlkopf¬ 
veränderungen vielfach für specifiseh typhöse Processe gehalten 
worden und werden es zum Theil noch. Herr Dr. Fränkel hal 
im Jahre 1887 nachgewiesen, dass diese im Verlauf des Abdominal¬ 
typhus auftretenden ulcerativen und nekrotisirenden Processe des 
Kehlkopfs von dem speeifischen Typhusgift unabhängig sind, dass 
es sich vielmehr um secundäre Infection mit anderen Mikro¬ 
organismen. meist eitererregenden Staphylococcen handelt, welch«* 
nur in dem durch das Allgemeine geschwächten Organismus be¬ 
sonders günstige Bedingungen der Entwickelung finden. Diese 
Auffassung Franke Fs findet in unserem Fall eine weitere Be¬ 
stätigung. Denn hier sind die gleichen Veränderungen bei einem 
nicht Typhösen zur Ausbildung gekommen. Die begünstigenden 
Bedingungen sind hier durch eine schwere, von Lappen zu Lappen 
wandernde Pneumonie gegeben, welche sich nicht lösen wollte und 
schliesslich theilweise in chronisch interstitielle Pneumonie überging. 
Dieselbe ging mit einem protrahirten Delirium und schwerer Be¬ 
nommenheit einher und führte schliesslich durch Collaps zum Tode. 
Wie in den früheren Typhusfällen Fränkel’s, wurde auch hierin 
den Tiefen der Geschwürstaschen ein staphylococcenhaltiges Socret 
gefunden. Zum Vergleich möchte ich Ihnen noch kurz einen 
anderen Kehlkopf zeigen, der von einer Typhuskranken stammt, 
welche in der 13. Woche unter myocarditischen Erscheinungen 
zugrunde ging. Sie sehen dieselben Veränderungen wie im vorher¬ 
gehenden Fall, aber bereits deutliche Zeichen der beginnenden 
Heilung, der linke Rand ist bereits vernarbt, während rechts noch 
Knorpel freiliegt. Ich demonstrire dieses Präparat, um zugleich 
daran zu erinnern, dass die bleibenden Defecte nach der Ausheilung 
das Bild der Lues Vortäuschen können. 

4. Herr Schede: Demonstration eines wegen Tuberkulose 
exstirpirten Hodens mit zugehörigem Samenstrang nebst 
Samenblase. Letztere ist mittels sacralen Schnittes exstirpirt 
worden. Herr Schede erinnert an früher vorgestelltc Patienten, 
denen die Prostata nach der Dittel’schen Methode exstirpirt wor¬ 
den war, und an das bei ihnen erzielte glänzende Resultat. Einem 
Vorschläge Dr. Sick’s folgend hat er später die Prostata auf sa- 
cralemWege entfernt, analog der sac-ralen Uterusexstirpation. Herr 
Schede empfiehlt die Operation sehr gegenüber der DitteUsehen. 
da sie viel leichter ist und ein viel übersichtlicheres Operationsfeld 


schafft. Durch diese Operation wurde er auf deü Gedanken ge¬ 
bracht, auch die tuberkulösen Samenblasen nebst Samenstrang von 
diesem Wege aus zu operiren. Der erste Fall dieser Art wurde 
im September 1893 operirt. Die Operation wmrde dadurch erschwert, 
dass die linke erkrankte Samenblase in einen grossen Abscess um- 
gewandelt war, in den das Vas deferens frei mündete, wie mit einer 
in dieses von der Hodenwunde aus eingeführten Fischbeinsonde 
nach ge wiesen werden konnte. Der Erfolg war ein glänzender. Acht 
Wochen später w’urde der Patient mit acht Kilo Gewichtszunahme 
geheilt entlassen. Der erste typische Fall wurde jedoch erst heute 
operirt. Es bestand Nebenhodentuberkulose, die durch ein vor neun 
Wochen erlittenes Trauma hervorgerufen worden war. Die link** 
Samen blase war vom Rectum deutlich als Tumor zu fühlen. Nach 
erfolgter Castration, wobei 18 cm Samenstrang mit entfernt wur¬ 
den, wurde die Samenblase auf sacralem Wege nach Rydygier 
mit temporärer Resection des Steissbeins entfernt. Dieselbe gelang 
leicht. Das rostirende periphere Ende des \as deterens wurde im 
Zusammenhang mit ihr in toto exstirpirt. Herr Schede empfiehlt 
die Rydygier’scbe Methode, da sie einen guten Beckenboden bil¬ 
det und herniöse Vorstülpungen des Mastdarms vermeidet. Herr 
Schede schliesst eine Kritik des Büngner’schen Verfahrens an. 
der das Vas deferens durch langsamen Zug am centralen Ende ab- 
reisst und es immer im Gesunden atyzutronnen vorgiebt. Tubein-u- 
lös erkrankte Samenstränge bieten dabei nach seinen Erfahrungen 
die Gefahr, an fungösen Stellen abzureissen. 

5 Herr C Lauenstein stellt eine 29jährige Patientin vor. 
der er am 26. November 1893 eine rechtsseitige Hydrosalpmx 
vom Kindskopfgrösse entfernt hat. Die Patientin war mit lö Jaüieu 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 


zuerst menstruirt, die Periode kehrte regelmässig wieder. Vor 
vier Jahren verheirathete sich Patientin, vor drei Jahren machte 
sie einen Ahortus im siebenten Monate durch. Nach demselben 
stellte sich die Menstruation wieder regelmässig ein. An Be¬ 
schwerden von Seiten der Beckenorgane. Brennen beim Wasser¬ 
lassen, Tenesinus von Seiten der Blase, an Fluor albus hat Patientin 
früher nie gelitten. Vor etwa zehn Monaten begannen Kreuz- und 
Riiekenschmerzen, vor etwa sechs Monaten gesellten sich Be¬ 
schwerden von Seiten der Blase hinzu. Es trat Drängen zum 
Wasserlassen ein, während andererseits wieder Beschwerden da 
waren bei der Entleerung der Blase. Ausser Dr. Haeckermann, 
auf dessen Veranlassung Lau enstein die Kranke sah, hatte sie 
noch ein Gynäkologe hier am Orte untersucht. Beide stellten die 
Diagnose auf Ovarientumor. Lauenstein konnte am 23. No¬ 
vember folgenden Befund feststellen: Im kleinen Becken, dasselbe 
nahezu ausfüllond, mehr nach rechts liegend, fühlte man einen j 
prall gespannten, kindskopfgrossen, glatten Tumor, dessen Längs¬ 
achse parallel der Bockenachse lag. Der Uterus, dessen Cavum 
7 l /o cm lang war, war nach vorn gedrängt, die Portio lag dicht 
hinter der Symphyse. Während man das linke Ovarium als be¬ 
weglich und etwas vergrössert fühlen konnte, war das rechte nicht 
abzutasten. Das rechte Ligamentum sacrouterinum war stark ge¬ 
spannt. Zog man bei bimanuelle.r Fixirung des Tumors am Uterus, 
so konnte man feststellen, dass beide durch einen kurzen, breiten 
Stiel zusammenhingen. Der den Douglas ausfüllende untere Pol 
der Geschwulst fluctuirte. 

Auf Grund dieses Befundes stellte Lauenstein die Diagnose 
einer intraligamentär entwickelten rechtsseitigen Ovarialcyste. Bei 
der Operation liess sich der Tumor eben vor die Bauchwunde 
heben. Er hing mit der rechten Uteruskante durch einen kurzen, 
breiten Stiel zusammen, der vor der Durchschneidung in zwei Por¬ 
tionen unterbunden wurde. 


I Alter von 7 Monaten bis zu 14 Jahren, drei betrafen jugendliche 
Individuen unter 20 Jahren. Alle sind mit Rippenresection behan¬ 
delt, 16 genasen, zwei — die beiden jüngsten Kinder im Alter 
von 7» und ein Jahr sind an Bronchopneumonie der anderen 
Seite bezw. Pericarditis sehr bald nach der Operation gestorben. 
Der Drain konnte meist nach etwa drei Wochen entfernt werden, 
die vollkommene Heilung erfolgte im Durchschnitt nach 42 
Tagen. Bemerkenswerthe Veränderungen des Thorax wurden bei 
der Entlassung an keinem Kinde beobachtet. Man soll operiren, 
sobald das Empyem erkannt ist: ein längeres Warten bringt keine 
Vortheile, aber grosse Gefahren. Beim linksseitigen Empyem tritt 
in kurzer Zeit Pericarditis ein; deswegen hat der Vortragende 
z. B. zweimal je zwei Kinder an demselben Tage operirt. 
Schütz resecirt ein 3—4 cm langes Stück der vorletzten Rippe 
dos Thoraxraumes in der Nähe der Wirbelsäule und spült mit er¬ 
wärmter Salicyllösung die Empyemhöhle aus. Der Drain ist dick 
— circa 2 cm — aber nicht besonders lang zu wählen. Schütz 
hat früher durckgehends die Heberdrainage auch bei Kindern an¬ 
gewandt, konnte aber bei unruhigen Kindern das Hinausgleiten 
des Schlauches mehrmals durch keine Art des Verbandes verhin¬ 
dern und verlor einen 13jährigen Knaben an Erysipel, der sich 
wiederholt den Schlauch herausgerissen hatte. Die Erwägung, 
dass durch das Herausgleiten des Schlauchsystems der Vortheil 
der Aspiration beim Bülau'sehen Verfahren verloren geht, dass 
die Gefahr der Wundinfection bei dem nicht vollkommen schliessen- 
j den Verbände droht, die bei der Resection mit Sicherheit ver- 
j mieden werden kann, dass ferner bei Kindern die Gefahren der 

l Narkose und des schnellen Abfliessens des Secretes nicht die- 

| selben sind, wie bei Erwachsenen, veranlassten Schütz, bei 

j Kindern nur noch die Resection in Anwendung zu bringen. Die 

; beiden letzten Punkte, dass bei Kindern die Narkose und der 
| schnelle Abfluss des Secretes geringere Gefahren bieten als bei 


Schon bei der Durchschneidung des Stieles schien es, als ob ' 
derselbe das rechte Ovarium enthielte, was sich bei der nack- 
lierigen mikroskopischen Untersuchung bestätigte. Der Tumor 
hatte eine entfernte Aehnlichkeit in seiner Form mit einer Thee- 
kanne. Von dem Haupttumor, der die Grösse eines Kindskopfes 
hatte, ging am unteren Pol ein wurstförmiger Fortsatz nach vorn 
und aufwärts, das centrale Tubenende, während die Hauptgeschwulst 
von dem lateralen Tubenantheile gebildet wurde. Die Wandung 
des Tumors war papierdünn, hellgelb glänzend, von reichlichen 
Gefässen durchzogen. Der glattovale, aufrecht gestellte Tumor 
wandte seine eine Fläche nach hinten und rechts und seine andere, 
an der sich die Schnittfläche des Stieles befand, in der noch einige 
Ovarialfollikel sassen, nach links und vorn. An dieser nach links 
und vom gewandten Fläche, etwa zwei Finger breit oberhalb der 
zu Thalergrösse auseinandergezogonen Schnittfläche des Stieles, 
fand sich eine strahlige Narbe, in deren Peripherie sich ganz 
charakteristisch hervortretende. Andeutungen von buckelförmiger, 
radiär getheilter Vortreibung der Geschwulstwandung fand. Bei 
genauerem Zusehen fand man, dass die radiäre Streifung in der 
Peripherie dieser Narbe bedingt war durch feine Fäden, die im 
Innern der Geschwulst lagen und die von der Innenseite der Narbe 
radiär nach der Innenwandung der Geschwulst verliefen. Es unter¬ 
liegt keinem Zweifel, dass diese Narbe der Punkt ist, wo das ab¬ 
dominale Tubenende obliterirt ist. Die innerhalb der Geschwulst 
liegenden, radiär verlaufenden Fäden rühren von den nach innen 
gestülpten ausgezogenen Fimbrienenden her. Die Erweiterung der 
Tube reichte bis einen Finger breit an den Uterus heran. Die 
Geschwulst enthielt circa ein Pfund einer klaren, serösen Flüssig¬ 
keit von 1005 spee. Gewicht. Die Patientin machte eine unge¬ 
störte fieberlose Heilung durch. 

. Lauenstein weist auf die Unmöglichkeit der Differential¬ 
diagnose zwischen einer derartigen Hydrosalpinx und einer intra¬ 
ligamentär entwickelten Eierstockscyste hin und betont ferner die 
Seltenheit der zu solcher Grösse entwickelten Affection. Ihm 
ist. unter circa 50 Operationen von Geschwülsten der Beckenorgane 
cm solcher Tumor jetzt zum ersten male vorgekommen. I 


6. Herr Schütz hält seinen angekündigten Vortrag* Zur 
Behandlungdes Empyeme bei Kindern. Der Vortragende er- 
wähnt kurz die noch nicht entschiedene Frage, welche Operations¬ 
methode beim Empyem der Brusthöhle, dievonBülau angegebene 
Heberdrainage oder die von Koenig eingeführte Rippenresection, 
zu wählen sei, und erwartet die Entscheidung derselben, sobald 
die auf dem Gongress für innere Medicin in Wien im Jahre 1890 
beschlossene Sammelforschung erschienen ist. Das Kindesalter hat 
seine eigene Physiologie, seine eigene Pathologie und Therapie, 
auf die letztere allein beziehen sich seine heutigen Erörterungen, 
ln den letzten drei Jahren kamen auf seiner Abtheilung im Neuen 
Allgemeinen Krankenbause 18 Fälle von Empyem zur Beobach¬ 
tung: sämmtliche waren metapneumonische. 15 bei Kindern im 


Erwachsenen, hat Schütz an seinem Material beobachten können 
und scheint die veröffentlichte Statistik von Hofmokl u. a. zu 
beweisen; dieselben werden als mit den physiologischen Beobach¬ 
tungen an Herz- und Lungenthätigkeit. beim Kinde übereinstim¬ 
mend ausführlich erörtert. 

IX. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Die Frage der Neuorganisation der städtischen 
Krankenhäuser in Berlin, 

welche lange Zeit in ärztlichen Kreisen und in der Tagespresse discutirt 
wurde, ist nunmehr in ihr letztes Stadium getreten, nachdem der Magistrat 
eine diesbezügliche Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet 
hat, die von der letzteren nach lebhafter Debatte einer Commission von 
15 Mitgliedern überwiesen worden ist. Es hat in diesem ganzen Kampfe 
nicht an leidenschaftlichen Erörterungen gefehlt, bei welchen hüben und 
drüben nicht immer, wie uns scheint, das nöthige Maass objectiver Be¬ 
trachtung vorhanden war, welches die Wichtigkeit des Gegenstandes noth- 
wendigerweise erheischt, wenn die beiden hauptsächlichen Factoren, welche 
hier in Betracht kommen, die Behandlung der Kranken und die Finanzen 
der Stadt, nicht ernstlichen Schaden leiden sollen. 

Die Forderungen, welche in dieser Beziehung an die städtischen 
Behörden gestellt werden, beziehen sich auf zwei Punkte; es wird ver¬ 
langt: 

1. Die Theilung jeder der beiden Abtheilungen, der chirurgischen so¬ 
wie der inneren, in mehrere Abtheilungen und Unterstellung derselben 
unter die Leitung je eines dirigirenden Arztes; 

2. Die Anstellung von Specialisten. 

Der Verfasser dieser Zeilen steht diesen Fragen vollkommen objectiv 
gegenüber, er befindet sich nicht in einer amtlichen Stellung, hat sich in 
den Discussionen in den Vereinen und in der Presse persönlich niemals 
betheiligt, er hat keine näheren Beziehungen oder gar persönliche Zu¬ 
neigung zu irgend einem der jetzigen Krankenhausdirektoren, er ambirt 
keine der etwa neu zu schaffenden Stellen, weder die Stelle eines Ober¬ 
arztes, noch die eines dirigirenden. Er ist aber auch den ärztlichen 
Standesvereinen, obwohl er Mitglied eines derselben ist, sowie dem Central- 
ausschuss derselben gegenüber vollkommen unbefangen, so dass sein Urtheil 
weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung hin in irgend 
einer Weise als beeinflusst gelten kann. 

Es war erforderlich, diese Bemerkung vorauszuschicken, weil es au 
Beschuldigungen der am Kampfe betheiligten Parteien in Bezug auf diese 
Punkte nicht gefehlt hat. Während man auf der einen Seite sagte, dass 
die jetzigen Krankenhausdirektoren als „beati possidentes“ im Interesse 
ihres Einflusses und ihrer Stellung sich dem widersetzen, gleichberechtigte 
Factoren an ihrer Seite zu haben, hat man andererseits den Gegnern der¬ 
selben, welche in den ersten Reihen stehen, wenn auch nicht öffentlich, 
so doch privatim recht häufig den Vorwurf nicht erspart, dass sie für ihre 
eigene Sache kämpfen. Es wäre deshalb sehr erwünscht gewesen, wenn 
man von dieser Seite diesem Vorwurf von vornherein die Spitze abge¬ 
brochen und die bündige Erklärung abgegeben hätte, dass keiner der 
Wortführer im Kampfe die Stellungen, welche sie geschaffen zu wissen 
wünschen, für ihre Person beanspruchen, dass es ihnen vielmehr aus¬ 
schliesslich darauf ankomme, Verbesserungen herbeizuführen, wo solche 
erforderlich sind. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



15. Februar. 

Denn dass Uebelstände vorhanden sind, kann in keiner Weise in 
Abrede gestellt werden. 

Hauptsächlich ist es der zu grosse Umfang der einzelnen Ab¬ 
theilungen, welcher einer Abhülfe bedarf. Wenn jedoch verlangt wird, 
dass für je 120—150 Betten ein dirigirender Arzt angestellt werde, so 
kennt man einerseits offenbar gar nicht das Krankenmaterial in unseren 
Krankenhäusern, andererseits aber entlastet man die Direktoren von etwa 
i/ 3 derjenigen Arbeit, welche sie der Stadt zu leisten verpflichtet sind, 
während man um genau denselben Bruchtheil den Stadtsftckel höher be¬ 
lastet. 

Man sagt 120—150 Kranke nehmen die Tageszeit eines Dirigenten 
vollauf iu Anspruch. Zuerst hat Win ekel diese Ansicht geäussert. ein 
Gynäkologe und klinischer Lehrer. Das mag für die Verhältnisse, unter 
denen sich Win ekel befindet, richtig sein. Wer eine Station mit 120 
gynäkologischen Fällen hat, wer sich dazu noch mit Geburtshülfe be¬ 
schäftigt, wer uicht allein ein solches Krankenhaus zu versehen hat. son¬ 
dern ausserdem noch eine umfangreiche cousultative gynäkologische und 
■reburtshülfliche Praxis in der Stadt besitzt, daneben auch Unterricht er¬ 
teilt. vielleicht auch noch ein Hebammouinstitut leitet und sieh mit 
wissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigt, der kann meiner Ansicht 
nach selbst eine so kleine Station von 120 Betten nicht in der Weise 
leiten, wie man es von den ärztlichen Leitern der städtischen allgemeinen 
Krankenhäuser verlangt. 

Dieselben sollen jeden Kranken täglich sehen und behandeln; was 
aber dann die beiden Assistenten thun sollen, die gleichzeitig für jede 
Station obligatorisch gemacht werden, die Frage ist auch der Beantwor¬ 
tung werth: sie haben Recepte zu schreiben. Krankengeschichten zu 
führen und vielleicht gelegentlich noch nach Bacillen zu suchen, Ver¬ 
richtungen, die man schliesslich ebensogut Studenten iu höheren Se¬ 
mestern übertragen könnte. Und das wäre alles noch einigermaassen 
acceptabel. wenn es sich ausschliesslich um Kranke handelte, die täg¬ 
lich untersucht werden müssten. Wir haben, um uns ein Bild von 
dem Krankenmaterial zu verschaffen, die Verwaltungsberichte aus den 
letzten drei Jahren einer Durchsicht unterworfen, welche folgendes Re- 
'Ultat ergab: 

Krankenhaus Moabit, Abtheilung für innere Kranke: 

_ 1890 91 Gesammtzalil der Kranken 3961, darunter chronisch Kranke 
1955 = 50°/o. 247 chronisch constitutionelle Kranke, 173 chronische 
Nervenkranke, 104 Klappenfehler, 953 Phthisiker, 181 Ham- und Ge¬ 
schlechtskranke, 170 chronische Rheumatismen etc. etc. 

1891/92 Gesammtzalil der Kranken 3758, darunter clironische Kranke 
1819 = 50%. 157 chronisch constitutionelle Kranke, 163 chronische 
Nervenkranke. 91 Klappenfehler, 747 Phthisiker, 76 Ham- und Geschlechts¬ 
kranke. 130 Rheumatismen etc. etc. 

__ 1892/93 Gesammtz.ahl der Kranken 4523. darunter chronisch Kranke 
-ln = 50%. 222 chronisch constitutionelle Kranke. 145 chronische 
Nervenkranke, 111 Klappenfehler. 748 Phthisiker. 150 Ham- und Ge¬ 
schlechtskranke. 247 Rheumatismen etc. etc. 

Ein ganz gleiches Zahlenverhältniss finden wir auch auf den inneren 
Abtheilungen der anderen beiden Krankenhäuser, so dass wir also im all¬ 
gemeinen sagen können, dass die chronisch Kranken überhaupt etwa die 
Hälfte aller Kranken bilden. Wir wollen jedoch ausdrücklich bemerken, 
dass wir hier als chronisch Kranke ausschliesslich nur solche gerechnet 
“iben, die der Arzt in der Privatpraxis höchstens zwei bis dreimal 
wöchentlich besucht und die auch im Krankenhause einer genaueren 
täglichen Untersuchung nicht bedürfen, so dass bei einer Gesarnmtzahl 
von 120 bis 150 Betten, selbst wenn dieselben das ganze Jahr 
inaurch sümmtlich belegt wären, der Chefarzt doch nur ein recht 
wscheidenes Maass von Arbeit zu leisten hätte, zumal da unter den 
'tfuten Krankheiten sich viele Formen finden, die in der Regel einer 
^glichen Intersuchung gleichfalls nicht unterzogen werden, oder bei 
fieselbe geradezu schaden würde (Lungenblutung, Aneurysmen etc.), 
li fr a- v c Ei ru fgiscben Abtheilungen der städtischen Krankenhäuser 
tgen die \ erhältnisse ganz genau ebenso, wie die Jahresberichte ergeben, 
der ^ a £^ tr at in seiner Vorlage an die Stadtverorduetenver- 
Un ^ r <^ esen Umständen das Winckel’sehe Krankenhaus- 
zti v* der Geschäftsausschuss der Berliner Standesvereine Geltung 
Stfn»woiTi en SUC E^ nicht aeeeptirt. so kann das im Interesse der 
uJT 1 , nur gebilligt werden, denn diese haben ein Recht zu ver- 
^te/flen schaffe und besolde, welche Sinecuren 
ihnen bilden, vielmehr ist von ihnen für das Gehalt, welches 

auch #L ,1 , , Stellung, welche ihnen verliehen wird, unbedingt 

UCh «He Arbeitsleistung zu verlangen. 

allenlinvs es ^balb auch für vollkommen gerechtfertigt, wenn die 
Entlastung der jetzigen ärztlichen Direktoren iu 
vorWe a 0 «/p-v5 ren Grenzen eintritt, und glauben, dass in der Magistrats- 
Arbeit mif lcbt,1 g e getroffen ist, dass jeder Direktor die ihm obliegende 
z ^ eiten Kraft theile. Ob es zweckmässig sei, dem neu 
Arzt* beizule zwe . lten .Arzte den Titel «Oberarzt“ oder „dirigirender 
und be™ n i;.r n St ?‘ ne Frage von ganz untergeordneter Bedeutung 
Minner von Cm Geschmack. An auswärtigen Krankenhäusern führen 
-Oberarzt“ nn ?* 0S - S0r T} wissenschaftlicher Bedeutung die Bezeichnung 
gärende“ ° ? berliner Krankenhäusern giebt es einzelne „diri- 
zeiclmen mn^' * L ma « ^ Kräfte zweiten und dritten Ranges be- 
'orlage eegc urir A . ^ .«Oberarztstellen“, wie sie die Magistrats- 

Bie Berliner IT* 1, wis . sen will, werden sich hervorragende Kräfte finden. 
Sender PrivütIf V . erS * ltä ^ verfügt über eine grosse Anzahl hervor- 
*ie man <;n<rt Centen ’ • denen ga» 2 äussere Gründe, meist weil 
lortkominen V ?* nem Lehrbedürfniss fehlt, für ihr weiteres 
galten und di« kolfe man diesen ihre Kräfte weiter zu 

<T ^iete zn verwo^k ^“^“tfn, welche sie besitzen, auf praktischem 
rtnen, wo sie auf dem Gebiete der Lehrthätigkeit, wie 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


163 


man sagt, überflüssig sind. Ich würde es geradezu für notliwendig halteu. 
diesen Aerzteu die Ertheilung klinischen Unterrichts zu verbieten, um 
eine Gewähr zu haben, dass die Zeit und die Mühe, welche der Unter¬ 
richt erfordert, dem Krankenhausdienste gewidmet bleibe. Diese Aerzte 
müssten allerdings in Bezug auf Krankenbehandlung unbedingt vollkommen 
selbständig sein, während die ärztliche Verwaltung des Krankenhauses 
in der Hand des bisherigen Direktors verbleiben muss. Zwei gleichge¬ 
stellte ärztliche Direktoren auf einer und derselben Abtheilung"halten 
wir für eine Unmöglichkeit. Das hat beispielsweise auch Dr. Za- 
dek, der für die Gleichstellung beidor Aerzte in der Stadtverordneten¬ 
versammlung eintrat, wohl herausgefühlt, denn er wollte noch einen ärzt¬ 
lichen Direktor geschaffen wissen, welcher über beiden stände. 

Was uns am meisten befremdet hat, ist der Umstand, dass in der 
Stadtverordnetenversammlung sowohl Herr Spinola als Herr Virchow 
die Anstellung eines dem ärztlichen Direktor untergeordneten Oberarztes 
zurüekwiesen, weil sie glaubten, für eine solche Stolle nicht erste Kräfte 
gewinnen zu können. Wir wollen nur daran erinnern, dass an zwei städ¬ 
tischen Krankenanstalten, nämlich an der Irrenanstalt in Dalldorf sowie 
an der neuen in Herzberge Oberärzte fungiren. die dem Direktor unter¬ 
geordnet sind, und glauben nicht, dass diese Stellen in den Händen ge- 
ringwerthiger Aerzte sind. Es ist bekannt, dass der jetzige Direktor der 
Irrenanstalt Dalldorf lange Zeit hindurch Oberarzt an derselben Anstalt 
und als solcher sowohl dem Direktor Ideler als dem Directör Jenson 
untergeordnet war. 

Was endlich die Anstellung von Specialärzten betrifft, so hat man 
sich dieselben offenbar so gedacht, dass in jedem Krankenhause Special- 
abtheiluugen für dieselben errichtet werden, etwa 20 Betten für Augen-. 
20 für Ohren-, 50 für Frauenkrankheiten. 100 für Syphilitische etc., jede 
dieser Abtheilungen einem Specialarzte unterstellt. Ob die letzteren den 
ärztlichen Direktoren gleichgestellt oder untergeordnet sein sollen, darüber 
hat man sich bisher überhaupt nicht geäussert. Jeder dieser Specialisten 
müsste daim aber auch ein besonderes Untersuchungs- und Operations¬ 
zimmer haben; woher dasselbe beschafft werden soll und ob es beschafft 
werden kann, ist gleichfalls nicht erwogen worden. Was in dieser Be¬ 
ziehung nothwendig ist und ohne erhebliche Belastung der Steuerzahler 

f eleistet werden kann, wäre die Zuziehung von Specialisten in solchen 
ällen, für welche die Krankenhausärzte die Verantwortung allein nicht 
tragen können, und Einstellung von Mitteln in den Etat, um die consul- 
tirten Aerzte zu honoriren. Ständige Specialstationen im Rahmen der 
jetzigen Krankenhäuser zu schaßen, halten wir für unmöglich und für 
überflüssig, da Kranke, welche einer dauernden specialistischen Behand¬ 
lung bedurften, bisher, wie die Krankenhausberichte ausweisen, nach 
Specialstationen der Charite übergeführt wurden. 

Vielleicht tragen diese wenigen Zeilen des Verfassers, wolcßer einen 
von dem allgemein getheilten etwas abweichenden Standpunkt einnimmt, 
dazu bei, die obigen Fragen auch von einer anderen Seite zu erwägen; 
nicht immer ist die Ansicht der Minorität die falsche. n. 

Stand der Cholera. 

Im französischen Departement Finistere sind nach demBritish medical 
Journal im Januar (bis zum 22.) 22 Erkrankungen. 7 Todesfälle an Cholera 
beobachtet worden; die letzteren vertheilen sich mit 2 auf Beuzoc-Conq. 
2 auf Concarneau, je 1 auf Quimpor. Brest und Treboul. 

Aus Belgien liegen neuere Nachrichten nicht vor. 

In den Niederlanden wird nachträglich amtlich erklärt, dass da¬ 
selbst während des Novembers vorigen Jahres an Cholera 11 Personen er¬ 
storben sind, ausserdem 3 an „Cholera nostras“. 

In Rom kamen nach amtlicher Angabe im November 22. in Livorno 
1 Cholerasterbefälle zur Feststellung. 

In Konstantinopel wurden in der Woche bis 8. Januar im ganzen 
91 Erkrankungen, 51 Todesfälle angezeigt, davon 54 (31) in Stambul. 
Seit Ausbruch der Seuche zählte man in Konstantinopel 1973 (1114) 
Erkrankungen (Sterbefälle). In Adrianopel kam am 24. Januar ein 
Choleratodesfall vor. Neu ist die Cholera in einigen Ortschaften des 
Vilajets Erzerum aufgetreten: vom 17.—20. Januar wurden für Nowik2o, 
für Kurvn 5 Todesfälle gemeldet (Veröffentlichungen des Kaiserlichen 
Gesundheitsamtes). Nach dem „Oesterreichischen Sanitätswesen“ sind auch 
in Bassorah und Haneguin unter dem Militär wieder einige Cholerafiule 
vorgekommen. ,, , 

In Persien sind vom 1. bis 8. Januar 63Todesfälle gemeldet worden, 
nämlich aus Dunekapu 30, Kasrin 15, Kermanschah 18. 

In Tripolis sind seit Anfang Januar weitere Cholerafälle nicht be¬ 
obachtet. Ä r ,.. A . 

In Petersburg erkrankten (starben) vom 12. bis 17 . Januar 71 (dü) 
Personen an Cholera. Nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift 
herrscht die Seuche ziemlich stark im Gubernium Radom, wo vom 
31. December bis 6. Januar 108 Erkrankungen, 22 Todesfälle festgestem 
wurden; auch in den Gubemieu Lublin und Kursk kam neuerdings wiedei 
eine grössere Zahl von Erkrankungen vor. In den Gubermen Bess- 
arabien. Wilna. Kiew, Lomza, Mohilew. Smolensk. Suwalki. 
Siedlcc. Charkow. Cherson, Baku ist die Seuche im Laufe des 
Monats December (alten Stils, d. h. bis zum 12. Januar) erloschen. De» 
Verüflentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes entnehme ich noch tol- 
gende Zahlenangaben: Es kamen vor in den Gubernien Plock vom 31. De¬ 
cember bis 6. Januar 21 (21). Warschau vom 24. bis ^. December 8 (-). 
vom 31. December bis 6. Januar 24(9), Lublin riöm -**. bis 30. Decem 
12 (7). Petersburg 27. December bis 6. Januar 44 (24), AAolbyuien 
18. December bis 3. Januar 21 (12), Kursk 24. bis 30. Decemboi-18 (o). 
31. December bis 6. Januar 49 (20), Tschernigow 24. bisJO ^ecemb 
33 (8). Tula 10. bis 30. December 18 (9) Erkrankungen fTodesmile).^ 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



164 


DEUTSCHE MEDICmiBCHE WOCHENSCHRIFT 


No. 7 


Zur Influenzaepidemie. 

fast durchweg und insbesondere für A,® ü war> einen starken 

die Gesammtsterblichkeit ungewöhnlic . » • überall auch die 

Rückgang der letzteren, Dementsprechend ^ bedingten 

Zahlen der durch acute Erkrankungen der ver- 

Todesfälle geringer geworden, wenn auch® unter den Orten, wo 

Strassburg, Stuttgart,, V ürzbi a* i k •* snac hweise nicht vor. 

»' 5 Ä 

isvwskäÄSS isiÄSfr«: 

gart sechs, Leipzig acht, Be ; liclie B ess erung des allgemeinen 

“■ 

nBhme , **^^1 f 0 w„de ,br<v, vor, Kopeoliogeri 

X. Standesangelegenheiten. 

Bemerkungen über die geplante Neugesrtaltung der medi- 

• . •_T_ « w% Dmutii 11 irDTt 


cinisclien Prüfungen. 

V T on Dr. raed. et phil. R. Kossmann. 

Grossherzoglich badischem a. o. Professor, Berlin. 

\u< dem was über die im Cultusministerium ausgearbeiteten Grund- 
/üi/e für die^ougestaltung der medicinischen Prüfungen verlautet, nimmt 
3 Tedei wahr dass deren Haupttendenz dahin geht, dem jungen Medi¬ 
ziner durch Aenderung der Prüfungsordnung eme gründhchere praktische 

r ei Kone 
!md 

Äng Ä— Äf »pZünik 

oderliutorisirten Krankenanstalt als Unterassistent thatig gewesen sein 

mÖSS Es kann allerdings keinem Zweifel unterliegen, dass die Prüfungen, 

wie sie heute sind, über die wirklich praktische ^ usblldu, !f. 

daten keine genügende Auskunft geben können, und dass auch tatsächlich 

der grossen ffehrzahl unserer Mediciner unmittelbar nach Vollendung ihrer 
akademischen Studien noch viele. unentbehrlichen Fertigkeiten abgehen 
die sie sich erst in der Praxis, sei es in der privaten, sei es in der emes 

Assistenten,^dlm^ich g a r ^ e ^ ebelstaud ist? k ann zweifelhaft erscheinen 
Wir dürfen wohl nicht übersehen, dass es damit in den anderen gelehrten 
Berufsarten nicht wesentlich anders steht. Kein Jurist verfügt, ® r 

die Universität verlässt, über solche praktischen Kenntnisse und Fertig¬ 
keiten dass er als Richter oder Anwalt sofort thatig sein könnte, kein 
Theologe oder Philologe wird sogleich nach Abschluss seiner akademischen 
Studien in eine selbstständige Stellung zugelassen. Niemand verlangt 
auch etwa eine Aenderung in diesem Sinne, sondern es sind im Gegen- 
theil neuerdings sehr beachtenswerthe Stimmen laut geworden, die es 
beklagen, dass gerade auch in den letztgenannten Fächern immer noch 
allzuviel Werth auf die praktische Ausbildung des Studirenden gelegt 
und darüber die eigentliche Aufgabe der Hochschule vernachlässigt werde. 
Diese besteht nicht in der praktischen Ausbildung, sondern m der 
wissenschaftlichen Vorbildung des Jünglings. Er soll an unfl m 
irgend einer Wissenschaft zu selbstständigem Denken und Urtkeil erzogen 
werden. Erscheint dies schon für jeden höheren Beruf wünschenswerte 
no ist es für den ärztlichen durchaus erforderlich. Gegenüber der ver¬ 
wirrenden Mannichfaltigkeit der Krankheitsbilder, angesichts des ewig 
wechselnden Chaos rein empirisch begründeter Therapieen ist alles 
erlernte Wissen unzureichend, aller Dogmatismus verderblich; nur scharte 
Beobachtung und selbstständiges Urtheil befähigen den Arzt zu eimger- 
maassen befriedigenden Leistungen. Und wenn wir auch unbedingt zu- 
< re stehen, dass es unseren in die Praxis eintretenden Aerzten vielfach 
selbst an einer nothdiirftigen praktischen Ausbildung fehlt, so ist doch 
ihre mangelhafte wissenschaftliche Schulung, ihre Unfähigkeit, zu beobachten, 
und ihre Unselbstständigkeit im Denken weit auffälliger. Und überdies 
ist doch nicht zu leugnen, dass die Lücken in der praktischen Aus¬ 
bildung relativ leicht nachträglich noch ausgefüllt werden können, wie 
denn auch tatsächlich viele junge Aerzte freiwillig nach bestandenem 
Examen noch in Assistentenstellungen und Feriencursen ihre Fertigkeiten 
ergänzen. Viel schwerer ist es, nach Absolvirung der Universität noch 
etwas für seine wissenschaftliche Schulung zu thun — theils ist 
man mittlerweile über die empfänglichsten Jünglingsjahre hinausgekommen, 
theils fehlt es an der äusseren Gelegenheit, theils drängen die Lebens¬ 
umstände zu möglichst baldigem Beginn der Erwerbsthätigkeit, sobald 
den mehr äusserlichen Erfordernissen genügt werden kann. 

Hiernach muss ich als die wichtigste und dringlichste Reform 
die Rückkehr zu wissenschaftlichem Streben und Arbeiten während 


<*- st— . ä Ä ÄÄÄ SÄ 

und°_die ^ j0 ^ rel n ri^rrhebUcher^^ns'üger Einfluss 

Prüfungsordnung nach dmser medt^g ^ ^ nach meincn eigenen. 

ausgeübt ’ ht f n Erfahrungen der jetzt noch gültigen Prtt- 

in reifen J^ 1 ®“ ■£ betri ichtliche ändernde Einwirkung zuzusehreiben. 
u'nd gä fürchte dass auch die ins Auge gefasste Umgestaltung diesem so 
wesentlichen Uebel nicht abhelfen wird. 

Die alte Prüfungsordnung nämlich, wie die neue, legen einen meines 
Die alte ® ,TF n .ti, oll f 4nn Nachweis von „Kenntnissen. 

“ ÄWÄÄÄ Bas 

weiss, dass es nur ^sserst s j n d theils künstliche Systeme 

meiste von dem, was so g ’ Gewalt anthun, theils unver- 

und Nomenclaturen, die der WnUichkwt . deren Wissen- 

»äsmäc-ss-äx 

Med * Dennoch muss der junge Mediciner heutzutage, um den gesetzlichen 

r? ig Ä^ an d “ Ge - 

nSÄ Ät« 

SÜSW 

Nur ausnahmsweise kommt es vor, aass , ärztliche 

Lehrer selbst solche Gedächtmssleistungon als studfen^ng be- 

Tauelichkeit ansieht oder einen rem memonstischen Studl ® a £ an &r. . 
günftigt. Jeder Versuch aber, zu Höherem anzuregen und nach Wich- 

T? fl w kann kaum über etwas anderes, als auswendig gelernte Daten 
Aufschluss ge a hen; k «nd wenn ein 

machte, eine Bethiitigung eigener Kntik v0 ” st eUen^so würde 

ltn b ^ün l dlfch ausgebih^^^ 

Jüngling so aus dem Stegreif ^ xl g® mugs s i c h der Examinator 

wenn er dies verschmäht, sich mit f äserst genngen Leistung ^ 
gnttgen. Die natürliche Folge aber ist die, dass die Hörer, de 

Ansprüche ihrer Examinatoren bald gcnug be k annt werden. ibre S.t 
entsprechend einrichten, d. h. für Jenen blosse „Daten , füi Diesen g 

“"“Di'cTkänn mm dadurch geändert werden, dass 
die entscheidende Stelle in emer Prüfung erUtoi, d«e daf 
akademische Studium abschliesst, und deren Absolvrru g ^ ] iaup t- 
zu den klinischen Studien gewährt. Es j st als ü f un « die ich 

sächlich eine Reform der bisherigen ärztlic P Grundzügen 

wünsche; aber nicht etwa eine Theüimg, wie Vamen^och be- 

voreeschlaeen — diese würde das Memonren für s Exa vHtisch- 
günstigen sondern eine Umwandlung in eine> Pn>tag to tatisch 
sind wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Demn 

schlage ^ bisherige ärztliche Vorprüfung fällt tort. __ ist 

2 Nach dreijährigem Studium — ausnahmsweise auch ,■ allP 
der Studirende zu einer wissenschaftlichen Pnlfung zuzulassen, 

theil eines Thieres aus ^schreibe. 


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Gck igle 


? Thieres aus einer aer nouereu beschreibe, 

dass er das Object schriftlich und mit erläuternden ^ 

festzustellen suche, was es ist, und darlege, ^ ihnen unterscheide, 

menschlichen Theilen übereinstimme, yonn de m Candidateu 

Geeignete litterarische und mstrumentelle . Hl J fs ^ fct ^^ ® kau „, ohne 
zur Verfügung zu stellen, sodess er die Aufgabe bewäUigen kami,^ ^ 
auf sein Gedächtniss angewiesen zu sein. Zm Vollen g ^ gi(1 
der folgenden Prüfungsarbeiten hat der Candidat je sec ag 

unter Clausur anzufertigen. „ . ro^aidaten eine nicht all- 

b) Im physiologischen Abschnitt soll^ dem gestellt 

zuschwere Aufgabe aus der physiologischen inysi soweit zur ^ er- 

werden, für die ihm ebenfalls Instrumente und lAttorat o Formeln inl 
fügung gestellt werden müssen, dass er, ohne Zahlen ^ Bücher 
Gedächtniss zu haben, lediglich durch Anwend ZU begrün- 

Ueberlegung zu einem Resultat gelangen kann, da 

ist. der pathologisch?n Anatomie soll dem. ^^“ht “ntecS- 
vorgelegt werden, an dem eme in der Wissenscha Object mit den 

dene Frage erörtert werden kann. Der Candidat hat d un ,i 

gelieferten technischen tHUfsmitteln zu i untersuohen, zu.bescnre 


Original frnm 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



15. Februar. 


DEUTSCHE MEDTCINISCBE WOCHENSCHRIFT. 


unter Bezugnahme auf seine Befunde ein kritisches Referat über eine 
oder mehrere Publicalionen zu veiffassen, die denselben Gegenstand be¬ 
handeln und ihm für seine Arbeit im Original zur Verfügung zu stellen 
sind. 

d) Schliesslich ist ein mündliches Examen von einstttndiger Dauer 
anzustellen, in welchem lediglich festgestellt werden soll, ob der Candi- 
dat eine allgemeine Orientirung in der Anatomie, Physiologie und patho¬ 
logischen Anatomie besitzt. 

Die Prüfung in den drei Abschnitten a, b und c soll so gehalten 
werden, dass der Studironde, der die Aussicht haben will, sie zu bestehen 
eine über den Durchschnitt gebende Verstandesschärfe besitzen nnd in 
wissenschaftlicher Arbeit geschult haben muss. 

Ob der Studirende neben der besonders wichtigen Schulung des kri¬ 
tischen Verstandes auch auf die Erwerbung der unentbehrlichen Kennt¬ 
nisse den nöthigen Fleiss verwandt hat, lässt sich in dem Prüfungsab¬ 
schnitte d genügend erkennen. In diesem sollte meines Erachtens der 
Examinator durch kurze Fragen aus möglichst vielen verschiedenen Thoilen 
seines Gebietes, doch immer nur nach besonders wichtigen und möglichst 
unanfechtbaren Thatsachen, sich überzeugen, dass der Candidat keine 
grossen Lücken in seiner medicinischen Allgemeinbildung gelassen hat. 

Am besten wäre es, wenn diese Fragen so gehalten würden, dass 
man ihre ausnahmslos richtige Beantwortung von dem Candidaten fordern 
kann. Es würdem demnach in diesem Abschnitte nur die Censuren „ge- 
nrigeud 1 ' und „ungenügend“ 4 zu crtheilen sein; und zwar letztere schon bei 

völlig. unrichtiger oder ausbleibender Beantwortung von wenigen _ sagen 

wir: drei — Fragen. In den ersten drei Abschnitten sollte auch eine 
Unsur „vorzüglich“ zulässig sein. 

In jedem ungenügend absolvirten Abschnitt kann das Examen nach 
einem Jahre wiederholt werden. Sind zwei Abschnitte ungenügend ab- 
soivirt. so können sie erst nach zwei Jahren wiederholt werden; sind 
drei ungenügend absolvirt worden, so erfolgt keine Zulassung zu ferneren 
medicinischen Prüfungen. 

Wie man sieht, ist damit die naturwissenschaftliche Vorprüfung der 
„brundzüge ganz gestrichen. Ich meine auch wirklich, dass der Staat 
em Jnteresse daran hat, von dem Arzte eine weitergehende Kenntniss 
der Botamk zu fordern, als dieser bei Gelegenheit der pharmakologischen 
rtflfmig wird nachweisen müssen. Gewiss ist die Botanik als Zweig 
lei Biologie ein vorzügliches Bildungsmittel für den Mediciner, aber doch 
nur emesunter vielen anderen. Hier muss darauf gerechnet werden, dass 
di Hebung des wissenschaftlichen Strebens im allgemeinen, die meine 
regen wird beZWecken ’ auch zur Betätigung freiwilligen Fleisses an- 

AnJh^4 iedei i näher steh * der Medicin die Zoologie; aber ich bin der 
Prüfung mil w vorgeschlagene Modus der anatomischen 

_. a , usre . 1 J :1 Sendern Maasse darauf hin wirken wird, dass der 
Soweit T l1 ? er alI r gemei f iei1 Zoologie und vergleichenden Anatomie 

lieh is t hhäftlgt » ^ es für seme wissenschaftliche Ausbildung erforder- 

verkeMe i li? e nMl'! m<3 f Öge ? K L b ?* onte Wichtigkeit der Physik und Chemie 
schlauen«» \rt k ab ® r , lcb 1)111 überzeugt, dass die von mir vorge- 
di^er sti’inJ p by si ol°pschen Prüfung dafür Gewähr leisten würde, 
denken t 1 ph ‘ VS * aJlS(?h beziehungsweise chemisch arbeiten und 
mX ! fl mt ~ ™ d h,e !‘ auf kommt für den Mediciner unendlich 
dass der cLfiHl a ? SW f d .- g , gelerute Formeln Ulld Gesetze. Der Umstand, 
der phvsiolo*ds«‘hAn J orailsse ben kann, ob ihm eine Aufgabe aus 

Karaltirt woh r lfn L !f mie ° der . der physiologischen Physik zufallen wird. 

fÖ im daSS i- er slch “jt beiden Fächern gleichmässig be¬ 
rgen die Stril,; n „ S ° llten f er f e § ei1 Bedenken obwalten, so würde ich 
und einer Dhvsinfe • V °k z ' vei . ~ einer physiologisch-chemischen 

einer phj siologisch-physikalischen - nichts einzuwenden haben. 

'lass in VT A • gegen m . einen Vorschlag eingewendet werden können, 
ganzen Stoffes «fehf V °m e i ner & ecIäc htnissmässigen Beherrschung des 
von mir an^emthenf W° ^ werfen könne und dass dafür die 

Ich glaube nun I 61 * ^ lu / ung k ? me genügende Sicherung gewähre. 

T °n demjenigen J w ird hlnm? 8 ’ da Üj dl ? sch nftliche Prüfung sub a) nur 
bauliche Beschäftiannf 0 ^ ? er ? ei ? ^ önnen ’ der sich dl,rch intensive, 
die gediichtiii8smäRKil g ir g der De^be gründlich vorgebildet hat; dass 
Helegt wird, meist sm ’ fl? T m den gewärtigen Prüfungen j 
®«sten jungen Apr*f US i?”! ^brbiich gewonnen ist; endlich, dass die I 
^genommen KPhrkif 6 ^ Assistenten chirurgischer Kliniken nicht 
^lernten wieder vorauf der Fröfun £ den grössten Theil des so 

dle Praxis nicht hfe£»sen haben. Em grosser Nachthoil erwachst für 
ungenügender anatomief’ "jhrlässige Schädigung von Patienten infolge 
schwierigen. Oneratinn« ber Kenntnisse sind sehr selten, da der Arzt vor 
!Hre seine anatomifi/ aS i/ mn ! e ^ Zeit bat “. sich vorzubereiten, insbe- 
gar zu grosser en J^ en I ltmsse » so weit erforderlich, aufzufrischen. 

Arbeit wird 8 der • . raac Müssigung der dem Gedächfcniss zuzumuthenden 
^rksam abhalten. ^ V ° n mJr vor geschlagene Abschnitt der Prüfung 

diese Prüfung- absoKHri n ®b e nsächlich erscheinen, ob man demjenigen, der 
i? si « mir als ertheilen will; jedenfalls denke 

kö H 8i e leicht ln,,f ht -* 8 f at H he ’ 80nd ® rn akademische, und man 
• e tzen. Jfan j iönn g & dein Doctorat in eine gewisse Verbindung 
jtentiatus medicinae S Beispi , e [ dera rito Absolvirten den Titel eines 
^mtte „vorzüglich“ sol I ctie a aber, die in mindestens einem Ab- 

n«L ^° cl °rtitel UC [eh K f nd ?^ ha , ben ^ eine Dissertation publiciren, 
ne Häcbü cllen ; lch betrachte diesen Vorschlag natürlich als einen 

jdinischen StudiefzuzllLf ese .Prüfung bestanden hat, wird zu den 
htn «*■ Mcbes Ä n Sem ’. för die ein zweites Triennium vorzu- 
rachtens reichen die vorhandenen Universitüts- 


. _ 165 

KZ 1 " 1 '! e i verbunden - ™ di <*e» Krankenhansern aucl. e“mn nathö 
logischen Anatomen nnzustellen. Die Vßrtliftiliinn- fl™, t • *• . P atno 

diese Krankenhäuser „nd Kliniken erfolgt seitens des Cerri'eht“ 
ministenums nach Maassgabe des in den Kliniken vorhandene^ Kinken' 

•“ unter billiger Berücksichtigung dor Wünsche der Stuiiircnden • 

i - S °’ d ?| S j- diese i Wil brend je eines Jahres ihre Hauptthätigkcit 
p k Medicin, beziehungsweise auf die Chirurgie und auf die 

GeburtehfJfe richten können. Ich bin weit entfernt, für diese Licentiatcn 4 “ 
eine Wirksamkeit als „Unterassistenten“ in den Kliniken bezw Kranken¬ 
häusern, wie sie m dem Entwurf des Ministeriums in Aussicht genommen ist 
Frt«h gend " »nschenswerth zu halten. Es ist wohl jedem in den Verhältnissen 
Erfahrenen bekannt, dass der Unterassistent in der Regel zu solchon 
Diensten gebraucht wird, bei denen unverhältnissmässig wenig zu lernen 
mt In den mneren Klimken muss er tausende von HaraunteVsuchungen 
und^fhffl fl “ f Bacillenjagd«*n nnstellen; in den chirurgischen 

und ^ebmtshülflichen hat er die Narkosen zu übernehmen; in allen dreien 
aUf lhn * alle ? «»erquickliche Schreibwerk abgeladen. Dabei 
profitirt er ausserst wenig Das Richtige wird es allein sein, wenn dor 
„Licentiat noch während des ganzen klinischen Trienniums einen svste- 
' * emc * st \ theoretische Vorlesungen in der internen 
hnlfo «S p^^ er?P,C ’ 'a de ,J. »Hgemeineii Chirurgie, in der Geburts- 
K, iw?T ° gie ' i n d ^Pharmakologie, Hygiene und gerichtlichen 

Medicin hört und an den Kliniken als „Praktikant“ theUmmmt. Bei 
^sem eigentlich klinischen Unterricht allerdings sollte eine Theilung der 
„I raktikanten in so kleine Gruppen vorgenommen werden, dass jeder 
der Anwesenden bei jeder Aufnahme eines Status, bezw. Operation bezw 
Kntbmdung zur Untersuchung bezw. Assistenz mit herangezogen werden 

Naeh Ablauf des klinischen Trienniums — ausnahmsweise auch 
•r5~of nne J n ’ nach Ab ! uuf eines vierten klinischen Jalires müssen 
sicü die btudirenden einem klinischen Examen unterziehen, das im wesent¬ 
lichen den Vorschlägen des Ministeriums entsprechend einzurichteu ist. 
Mur würde, da über die pathologische Anatomie schon in dem akademi¬ 
schen Examen eine gründliche Prüfung erfolgt ist, in der Staatsprüfung 
tur don pathologisch-anatomischen Abschnitt die Section ausreichon. 

Soviel ich abztisehcn vermag, wird durch diese meine Vorschläge 
auch das m dem Entwurf des Ministeriums angestrebte Ziel, nämlich eine 
Besserung der praktischen Ausbildung, erreicht werden. Das klinische 
Biennmm wird nicht nur von den anatomischen und physiologischen, 
sondern auch von einem Theil der pathologisch-anatomischen Studien ent¬ 
lastet, und es wird um ein Jahr verlängert, in welchem nicht ein un¬ 
fruchtbarer Unter-Assistentendienst geleistet, sondern tüchtig studirt wird. 

V or allem aber werden den Kliniken junge Männer von einer ungleich 
besseren Vorbildung zugeführt werden; solche, dio medicinisch beobachten 
und denken gelernt haben. 

Unter der Voraussetzung, dass die hier in den Hauptlinien skizzirte 
Reform Verwirklichung fände, blieben noch einige Einzelheiten des Ent¬ 
wurfs zu erörtern. 

Die darin enthaltenen Bestimmungen über die Studiendauer werden 
in meinen Vorschlägen dahin abgeändert, dass das eine Examen nach dem 
ersten, das zweite nach dem zweiten Triennium abzulegcn ist. Ich habe 
jedoch an den betreffenden Stellen die Worte „ausnahmsweise auch früher“ 
eingeschaltet, weil ich der Meinung bin, dass diese Zeitbestimmung nur 
andeuten soll, wie hoch die Anforderungen in den Prüfungen zu stellen 
sind. Es soll eben soviel verlangt werden, dass ein genügend begabter, 
fleissiger Student die angegebene Zeit braucht, um die Reife für die 
Prüfung zu erlangen. Ein Interesse daran, dass auch ungewöhnlich be¬ 
gabte Jünglinge, oder Männer, die anderweitig vorgebildet wurden, diese 
beiden Triennien an deutschen Universitäten absitzen. hat der Staat ganz 
und gar nicht; ich bin daher der Meinung, dass denen, die um eine 
Kürzung der Fristen nachsuchen, diese iu liberalster Woise gewährt, bei 
der Prüfung selbst aber durchaus nichts von den normalen Anforderungen 
nachgelassen werden soll. 

Weiter ist zu erörtern die Frage der Aufstellung eines Studienplanes. 
Eine solche ist nützlich, insofern damit die Lehrer gezwungen werden, 
sich über die Vertheilung der Stunden so zu einigen, dass der Studirende 
nicht zu unnöthigem Zeitaufwand gezwungen wird. Sehr wünschenswerth 
wäre es jedoch, dass neben einem auf die kürzeste Studiendauer bemessenen 
Plane auch noch einige auf längeres Studium bemessene entworfen 
würden, bei denen vorausgesetzt wird, dass der Studirende einen Theil 
seiner Zeit entweder auf die Ausbreitung seiner allgemeinen Bildung 
oder auf die Vertiefung seiner Kenntnisse in einem oder mehreren 
medicinischen Specialfächern verwenden will. Wenn nun aber der Nach¬ 
weis einer methodischen Einrichtung des Studiums verlangt wird, so 
scheint es doch, dass man jene Studienpläne nicht als Rathschlflge für 
den Unerfahrenen, sondern als verbindliche Vorschriften für jeden Stu- 
direnden erlassen will. Dies würde ich durchaus nicht empfehlen. Auch 
wenn wir annehmen, dass der Studienplan unübertrefflich wohl erdacht 
und die Lehrer überall gleich vorzüglich seien, würde ein solcher Zwang 
insofern nachtheilig wirken, als die Ausbildung eine allzu gleichartige 
würde. 

Bedenkt man aber, dass auch im günstigsten Falle das Wissen und 
Können des Absolvirten nur Stückwerk sein kann, so erscheint es doch 
gewiss nicht erstrehenswerth, dass es bei jedem Mediciner dasselbe 
Stückwerk mit den gleichen Mängeln und Lücken werde. Nun kommt 
dazu, dass doch fast an jeder Universität die eine oder die andere Lehr¬ 
kraft schlaff, fast untauglich ist, auf die Hörer keine anregende Wirkung 
auszuttben vermag - was denn oft genug durch die ungewöhnliche 
Tüchtigkeit einer anderen compensirt wird. Wio viele wahrhaft eilrige 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



166 


No. 7 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CH RIFT.___ 

Studenten werden dadurch veranlasst, die Universitäten zu wechseln und BomorkuilgBIl ZU dom vorstehenden Artikel, 

ihren Studiengang mehr oder weniger den Lehrverhältnisson anzupassen! Von A ElllenblirfT 

Die heutigen Bestimmungen beschränken diese Lernfreiheit schon unge- r * J 

mein, und oft genug erzwingt der Examinator es, dass man bei ihm noch Die Redaction hat dom \ erfasser der vorstehenden Abhandlung gern 

ein langweiliges Colleg absitzt, nachdem man es bei einem weit vorzüg- das Wort gegeben. Um aber kein Missverständniss aufkommen zu 

licheren Vertreter des Faches an einer anderen Hochschule bereits gehört lassen, fühle ich mich persönlich zu der Erklärung^ verpflichtet, dass 

hat. Die jetzt in Aussicht genommene Bestimmung würde das Absitzen ich mit dem Verfasser weder in den maassgehenden Grundanschauungen, 

gewisser Collegia ohne allen inneren Drang und das mechanische Ein- noch auch hinsichtlich der meisten Einzelpunkte seines Entwurfs überein¬ 
ochsen der Lieblingsthemata bestimmter Lehrer nocli fördern. Wird hin- stimme. Es liegt in dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit wohl 

gegen dem Studirenden bei Einrichtung seiner Studien die Bethätigung kaum eine Veranlassung vor, um die Examenfrago ihrer ganzen tlieore- 

soiner individuellen Neigungen und Fähigkeiten in vollstem Maasse ge- tischen Länge und Breite nach „aufzurollen“; aber ich kann die Bemer- 

stattet. so wird dadurch nicht nur das Interesse an der wissenschaftlichen kung nicht unterdrücken, dass mir wenigstens die Mehrzahl der vom 

Arbeit angeregt, sondern auch die Gewöhnung an selbstständige, Charakter- Verfasser formulirten Vorschläge als sehr bedenklich, theilweise ganz 

volle Lebensführung wesentlich begünstigt. unausführbar und, falls sie ja zur Ausführung kommen sollten, für die 

Uebrigens lehrt auch ein Blick auf das Hochschulwesen anderer Ausbildung der Medicin-Studirenden geradezu verhängnissvoll erscheinen. 

Länder, in denen der Studirende an solche Lehrpläne gebunden ist. dass Auf Grund einer eigonen langjährigen Thätigkeit bei sämmtlichen 

dabei der wissenschaftliche Sinn, das selbstständige Urtheil und die ge- modiciniscken Prüfungen (nicht bloss im Staatsexamen) glaube ich zu 

lehrte Production keineswegs gewinnen. einem Urtheil über diese Dinge wohl einigcrmaassen berechtigt zu sein. 

Die vorgeschlagenen Bestimmungen über Beaufsichtigung der Prü- Als völlig verfehlt erscheint mir nun schon der Gedanke, bei der nach 

fungen durch den Vorsitzenden der Prüfungscommission genügen meines dem ersten Triennium veranstalteten, das „eigentliche akademische Studium 

Erachtens nicht. Allgemein beklagt sich die medicinstudirende Jugend abschliessenden“ Prüfung das Schwergewicht auf schriftliche Arbeiten 

heute, und meiner Erfahrung nach mit Recht, darüber, dass: zu verlegen und diesen, im Interesse einer vermeintlich erhöhten Wissen- 

1. Die Anforderungen der Prüfungscommissionen an verschiedenen schaftlichkeit, die entscheidende Stelle bei der Beurtheilung einzuräumen. 

Universitäten höchst ungleich sind; Es widerstrebt das von vornherein den während des ganzen Studiums 

2. Einzelne Examinatoren ihre Ansprüche in’s Unangemessene steigern, stetig im Auge zu haltenden Zielen aller ärztlichen Ausbildung, wobei es 

so dass das Studium des von ihnen vertretenen Faches einon ungebühr- weit mehr auf scharfe Beobachtung, auf rasches und sicheres Erfassen, 

liehen Theil der insgesammt verwendbaren Zeit kostet und die sonstige Durchdenken und Combiniren des Beobachteten und auf die Fähigkeit, 

Ausbildung beeinträchtigt; sich selbst und Anderen augenblicklich davon Rechenschaft zu geben — 

3. Dass oinzelne Examinanden, insbesondere solche, die bei dem mit einem Worte mehr auf stete Präsenz und praktische Ver- 

Examinator kein (,’olleg gehört oder ein solches unregelmässig besucht werthbarkeit des erlangten Wissens, als auf die Schulung in 

haben, ungerecht behandelt wurden; „wissenschaftlicher Arbeit“ und auf eine gleichmässig abgerundete „rne- 

4. Dass manche Examinatoren ein durchaus unhöfliches und unan- diemische Allgemeinbildung“ ankommen sollte. Speciell erscheint weder 

gemessenes Betragen gegen den Examinanden beobachten. die für den anatomischen Abschnitt beantragte Clausurarbeit (mit 

Alle diese Uebelstände, die thatsächlieh vorhanden sind, werden in sechstägiger Frist), noch die für den physiologischen Abschnitt 

der von mir vorgeschlagenen ersten (akademischen) Prüfung sehr zurück- vorgeschlagenc Lösung einer „Aufgabe aus der physiologischen Physik 

treten, weil sie eine in der Hauptsache schriftliche ist. Eventuell kann oder Chemie“ — noch vollends die dem pathologisch-anatomischen 

dafür noch festgestellt werden, dass alle schriftlichen Arbeiten einer Abschnitt vorbehaltene „Erörterung einer in der Wissenschaft noch nicht 

Centralbehörde ohne nachträgliche Aenderungen zur Controlle vorzu- entschiedenen Frage“ irgendwie geeignet, um gerade dasjenige heraus 

legen seien. und zur Geltung zu bringen, um das es dem künftigen Arzte doch 

Für die zweite (Staats-) Prüfung muss verlangt werden, dass aus- beim Studium dieser Disciplinen in erster Reihe zu thun ist! Ein Miss- 

nahmslos ein Vorsitzender die Prüfung leitet, der der Ortsfacultät nicht griff scheint mir auch darin zu liegen, die pathologische Anatomio übor¬ 
angehört. Ihm müsste das Recht zustehen, selbst in die Prüfung einzu- haupt zum Gegenstände der Vorprüfung, neben Anatomie und Physio- 

greifen, die "Vota des Examinators zu annulliren und dem Examinanden logie machen zu wollen und sie so aus ihrem organischen Zusammen- 

die unentgeltliche V iederholung des Prüfungsabschnittes vor einer anderen hange mit der Pathologie und Thorapie, mit den klinischen Fächern der 

Commission zu gestatten. Für eine gleichmiissige Behandlung der Prü- zweiten Studienhälfte loszureissen. Entweder wird der angehende Medi- 

tungen wäre es vorteilhaft, wenn die Vorsitzenden einer Centralprüfungs- einer, vor seinem Eintritt in den klinischen Betrieb, der pathologischen 

behörde als Mitglieder angehörten und an den verschiedenen Anstalten Anatomie aus llnkenntniss ihror Wichtigkeit und Bedeutung nur ein 

und Universitäten die Leitung der Prüfungen abwechselnd übernähmen. verhältnissmässig geringes, den Gegenstand nicht erschöpfendes Interesse 

Damit diese Centralprüfungsbehörde der Lehrpraxis einerseits, den mo- entgegenbringen; oder er w T ird (und diese Gefahr ist vielleicht noch 

demen Richtungen der Wissenschaft andererseits nicht allzu fern stehe, grösser) mit den aus der pathologischen Anatomie herübergenommenen 

wäre es gut, dass sie aus zeitweilig berufenen Universitätslehrern zu- Anschauungen allzusehr imbuirt und in einseitiger Richtung präoccupirt 

sammengesetzt wäre. _ an die Objecte der späteren klinischen Beobachtung herantreten. Beides 

Hinsichtlich der Oeffentlichkeit der Prüfungen ist zu bemerken, dass gehört eben zu und neben, nicht nach einander: die pathologische Anatomie 

diese, wenn ein wirklich unparteiischer Vorsitzender anwesend sein muss. zur Klinik, und die Klinik zur pathologischen Anatomie. — Beachtenswerth. 

entbehrt werden kann. Durch den Nachsatz in diesem Paragraphen aber schwer ausführbar erscheint mir der Vorschlag eines an das erste 

würde ohnehin die Zulassung der Oeffentlichkeit ganz in die Willkür des akademische Triennium augehängten zweiten, klinischen Trienniums, wo- 

Examinators gestellt sein, wie sie es jetzt thatsächlieh auch ist. Sie ist durch die rogelmässige Studiendauer auf zwölf Semester steigt, während 

jetzt übrigens nur schädlich, insofern sie die den Prüfungen wiederholt bei- wir schon mit der Abschlagszahlung von zehn Semestern ganz zufrieden 

wohnenden Studirenden mit gewissen Lieblingsfragen des Examinators sein würden. Unrealisirbar, wenigstens unter unseren gegenwärtigen 

bekannt macht und indem sie manchen tüchtigen Candidaten einschüch- inländischen Verhältnissen (und die so viefach abweichenden Ver- 

tert, sodass seine Antworten em unrichtiges Bild von seinem Können hältnisse des Auslandes können uns dabei nicht kümmern), ist dagegen die 

geben. Die Unparteilichkeit andererseits wird nach meiner Erfahrung vorgeschlagene Absolvirung des klinischen Trienniums an einer Anzahl 

VVTfh ie ^f Oeffentlichkeit durchaus nicht gefördert. Ich lege also keinen grösserer Krankenhäuser, ausserhalb der eigentlichen Universitäts- 

v\ ertn aut sie. anstalten. Von allen sonstigen aus der Sache ent springenden Schwierig¬ 

keiten abgesehen, müssten entweder die dirigirenden Aerzte dieser 
Krankenhäuser sämmtlich vom Staate angestellte akademische Lehrer 
sein, die Krankenhäuser müssten zu Kliniken, oder zu Succursalen der bis¬ 
herigen staatlichen klinischen Lehranstalten umgeschaffen werden (wogegen 
die betheiligten Gemeinden und Corporationen wohl mit Recht Einspruch 
erheben würden) — oder der Staat verzichtete auf die ausschliessliche 
Ausbildung der Studirenden durch von ihm berufene und beaufsichtigte 
akademische Lehrkräfte, er gäbe die Leitung des klinischen Unterrichts 
somit mehr oder weniger aus der Hand: und wir trieben dann Zuständen 
entgegen, wie sie allerdings in England bestehen, dort auch ihr Gutes 
haben, für die aber bei uns alle inneren und äusseren Vorbedingungen 
fehlen und die jedenfalls einen völligen Bruch mit allen Traditionen 
unseres geschichtlich entwickelten ärztlichen Unterrichtswesens voraus¬ 
setzen. Andere naheliegende Bedenken will ich hier gar nicht berühren 
und behalte mir eine eingehendere Besprechung des Gegenstandes für die 
Zeit vor, wo die von den Herren du Bois-Reymond. und Kossmann 
vielfach erwähnten „Grundzüge für die Neugestaltung der medicinischen 
Prüfungen“ in authentischer Form der Oeffentlichkeit vorliegcn. 

— In der Sitzung der Aerztekaniiner für die Provinz Branden¬ 
burg und den Stadtkreis Berlin am 10. Februar 1894 wurden nach 
einer Eröffnungsrede des Vorsitzenden zunächst einige Fragen von gß* 
ringerem allgemeinem Interesse erledigt, wie dio Wahl von gerichtlichen 
Sachverständigen bei Honorarstroitigkeiten für jeden Regierungs¬ 
bezirk, die Festsetzung des Beitrages für dieKammerin der alten Höhe 
von 3 Mark. Es wurde ferner beschlossen, nicht mehr ein Correspondenz- 
blatt der Kammer, welches zugleich Organ der Vereine wäre und deren 
Berichte enthielte, herauszugeben, sondern nur die Stenogramme der \ er- 


Die Vorschläge über das erforderliche Maass allgemeiner Bildung 
scheinen nur m ihrer Unbestimmtheit durchaus unglücklich. Man kann 
sie sehr missbrauchen, wird sie aber in der Regel unbeachtet lassen, zu¬ 
mal da das erforderliche Maass allgemeiner Bildung durch die Bedingun¬ 
gen für die Zulassung zum Studium gesichert ist. Dass die geschicht¬ 
liche Seito bei den einzelnen Prüfungsgegenständen beachtet wurden soll, 
ist eine Forderung, die veniiuthlich wieder eine Vermehrung des Memorir- 
stoffes nnt sich bringen würde. In wirklich wissenschaftlicher, causalisti- 
scher Werne die historische Entwickelung eines Zweiges oder einer Lehre 
der Medicin darzulegen, ist in einem mündlichen Examen nicht möglich. 
Dass den Studirenden Gelegenheit geboten werde, die historische Ent¬ 
wickelung ihrer Wissenschaft in Vorlesungen eines geistreichen Lehrers 
kennen zu lernen, muss ich allerdings für höchst wünschenswert!! erklären. 

wenn endlich in dem Entwürfe verlangt wird, dass bei der Prüfung 
besondere Rücksicht darauf zu nehmen sei, ob dem Candidaten die sitt¬ 
lichen Pflichten des ärztlichen Standes gebührend zum Bewusstsein ge¬ 
kommen sind, so sollte diese Bestimmung meines Erachtens ganz ge¬ 
strichen werden. Der ärztliche Stand hat keine anderen sittlichen Pflich- 
ten als die der gesummten heutigen Culturwelt. Bei einer ärztlichen 
Prüfung danach forschen, ob diese dem Candidaten gebührend zum Bewusst¬ 
sein gekommen sind hiesse höchstens der Heuchelei Vorschub leisten. 
Wenn durch klare Bestimmungen der Zulassung solcher Leute, die noto¬ 
risch wegen unsittlicher Handlungen aus einem anderen Stande haben aus- 
treten müssen, vorgebeugt würde, so wäre das ein sehr erfreulicher Fort- 
S’ttr hk~t JedC,lfa S Wlrksamer ’ als eino theoretische Prüfung ärztlicher 


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i 





15. Februar. 


handiungen drucken und jedem den Beitrag zahlenden Arzte zugehen zu 
lassen. Die trage der Erweiterung der Disciplinarbefugnisse der 
Kammer wurde endgillig erledigt. Bekanntlich war durch den Minister 
dcr Jn-. 1 !, IU , SS ( der da ?, s . ihre 5 Disziplinargewalt auch beamtete 

and Militärärzte unterstehen sollten, abgelehnt; unter diesen Umständen 
beschloss die Kammer auf eine Erweiterung ihrer Disciplinarbefugnisse 
Oberhaupt zu verzichten In diesem Sinne haben sich nunmehr sechs 
Kammern entschieden, während drei Kammern trotz der veränderten Sach 
läge für die Erweiterung der Ehrengerichtsbarkeit sich erklärten und die 
Entscheidung von zwei Kammern noch aussteht. Die Fra-'c betreffend 
die Errichtung zweier getrennter Kammern Stadtkreil Berlin und 
Provinz Brandenburg wurde, nachdem in der Berathung auch der Ober“ 
pitadcot v. Achenbach die Gründe für und wider beleuchtet und zum 
vorläufigen Zusammenbleiben gerathen hatte, dem Vorstände der Kammer 
zur Berathung und zum späteren Berichte überwiesen 

Pen Hauptpunkt der Verhandlungen bildete der Bericht des Herrn 
S. Mareuse über die Beziehungen der Aerzte zu den Berufs“ 
eciiossenschuften. In einstttndiger Hede, welche das gründlichste 
»tudnim des Gegenstandes und sorgfältigste Ueberlegnng bei der Auf¬ 
stellung der Forderungen bewies, begründete HcrrMaFcuse die von ihm 
aufgestellten Thesen deren Theil A Anfrage an die Behörden, Theil B 
Resolutionen enthalt. Diese Thesen wurden dann auch nach eingehender 
Berathung, und zwar der erste Theil fast einstimmig, der zweite Theil 
mit grosser Mehrheit und unter Zusatz einer vierten These (Antrag 
ha lisch er) angenommen. 

Der Wortlaut dieser Beschlüsse ist folgender: A. Die Aerztekammer 
»olebcseMiessen bei den zuständigen Behörden zu beantragen: 1 ) Die 
>> 16 und 8 / des Lnfallversicherungsgesetzes vom 16. Juli 1884 dahin 
abzuandern, dass a) m die Vorstände der Berufsgenossenschaften resD 

mt“ie Se Ä l iii‘<:i e Schiedsgerichte, cf in das Reiehsversicherungs-' 
amt je em Arzt mit Sitz und Stimmo gewählt wird. 2 ) Den $ 51 des 
Infallversicherungsgesetzes dahin zu ändern, dass der ersten Unfall“- 
nzeige cm auf Kosten der Berufsgenossenschaft auszustellondes ärzt 
iSt ' 3) 1>ett « 54 ' 2 dahin zu ändere d^s zu 
de? n?r reh Tor S esc, ™i>enen Untersuchungen des Unfalls seitens 

der OrtspohzeibchOrden em ärztlicher Sachverständiger auf Kosten d?? 
Bernfsgenossenschaft zngezogen werden muss. ' 

tekammer wolle beschlossen, sich mit folgenden Grund- 

eines Krankvoh ».!? 1 =* , cmcs ” edl «>-meehanische]i Institutes, oder Leiter 

Berlin, vertunden mit «MtnJ ® rricht, '?S Unfallstationen in 
erDUD(len Ini J; stetionären Kliniken, wie sie vier Berufsgenocspn- 

eliemlclieTndustii? Beruft.?“ 0 ™' ““h ^ sl 7 :? re i; Berl ' f sgenossenschafC die 
Kfllerei tLw“stiic-Beiufcgcnossenschaft, die Spediteur-, Speicherei- und 
und die NorddeuJche HoIz-ßLfsgcnösscu 
tehUigMie i i e r I 1 Tr‘ , ? d ,, no, i h ( ™ ter “" s 7 f«Brenlieab 1 ichtigen. 

4i Die \erztekammpr Se wnli er k n ^|y er ^ e tzten und des ärztlichen Standes, 
vorstellig/ 7,1 / ^ bcschliessen * bei den zuständigen Behörden 

nnigsffesetzo und etwatee er Entwurf der Novelle zumÜnfallversiche- 

wbunlrvorderStellnn^fL/ i ^4 A ^ en zur Arbeiterschutzgesetz- 
- s der Stellungnahme d er Aerzte kammer vorzulegen sei. A. G. 

''olle^n^on au< ? h fü r die nicht direkt betheiligten 

HaifskaMensä« 0 .^nrfte, ist, zwischen dem Verein der Ber¬ 
einigung freier eimresrhri'h 6 Icher 150 Mitglieder zählt, und der Ver¬ 
beiden Vereinigungen besteht^pte v Ul , fskass ® n ansgebrochen. Zwischen 
Quantum von (frei \lark nrn vw ^ e i’ tr ?*V d 4 rch den ff e ff*a ein Pausch- 
Hölfskassenruit'heder dom A? P / Und - Jah t r dle ärztliche Behandlung der 
während der Vrtrtsdauor «t Nachdem bereits 

hat, , dCr Reinigung wiederholt ver- 

^‘hUertigten Druck w ^ bestehenden Bestimmungen einen unge- 
-}blauf des \ erte,?L o , i ^ Tr auszuüb ™> benutzt er die durch 
J ( - ärztlich« WTemsonraniLteF" d ‘ J * Slch dar b ietendo Gelegenheit, um 
Bestimmungfen, die wohl t n .^ U spr ® D S? n ^ durch überaus rigorüse 
knebeln. Die Miiliedef V , b 1 ‘ es Gle eben finden, die Collegen zu 
dl ^en Bestrebungen Ltii JiT ? er Hüjfskassenärzte haben bisher 


DEUTSCH E MEDICINISCH E WOCHENSCHRIFT. 


diesen Bestrebuno-fn 6 G \i d<?r \ ereins der Hülfskass 
b-hnt. Die \vS dp= T ld ° r 4 tail(if4n und den neuen Vertrag abge- 
d |le Berliner c°ji e welche ® S - a - ber ^n^nd, dass 

,Uu ‘- m gleicher Weise «ich ohioif H ^ ska f s ® nve remigung sich wenden 
^ etliischen und wirthth»ffr ** verhaIten ffegen die Versuche, 
b'Tabzudrücken. Es ist orfrpnr^ h ^ U Interessen auf ein niedriges Niveau 

"ssaSsÄ'Äi" 
& 4 *iä"«- 5 r 


Ve M,i 1 , s 'T , ‘J le ” Kas s 

““ gChMde bereits’ gef assYhaben" S. A. 

[ s an 1 6* Februar brachte beim Kapitel 
Iath-Schönaich die Zulassung der 
zur Sprache. Man könne ja sagen, dass 


Pw« ~ UKiri( ‘ 1 tsnmt Prinv r,'n - T :r X’ , ° ,J ‘ ulu ,Ji acuce Deim Aapitel 

H ÄB . en Z| »m ärztlichen o tn j l , 1 _^ aro ^ at,k '^ c hönaich die Zulassung der 

; r 4 ^>.. fü't" ®? d r,, ; r rS i! ri ‘ d,e ' M “ k . 8nne > «««.*« 

^udiun» dorModirin iiSiif - r ungünstig sei, zumal gerade 
)l dlese . ^age im llten T Se *' A . nderersüi ^ s oi aber das Interesse 
SIi fJ S|t 'h für Zulaso.ncr ft’ J gestiegen, mediciuische Autoritäten 
£® chen *. P p r StJssec?eW d b h f T en 4 ZUI ? ärzf Hchen Studium ausge- 
^ gewiesen, die EüiSlihj? be d, . e Angelegenheit vor die Einzelland- 
inu n genheit - Wenn selbst vÄ W1 ^ d . eru f ^'klärten das für Reichs- 
ÄY Uln M edicin S tudium Emz . elre g ierii ngen grundsätzlich die 

PmU daV0 - n - Penn sie hät^ g - S ; S ? n s ? hfit i ten di e Frauen noch 

w ( . < rr i„ ausu b ,!n könnten tt- mc bb. die Gewissheit, ob sie auch die 
S* m(lssp - Das Reich h!L gC , e - m u Bedürfniss vor, dem abgeholfen 
- tr ashburg zur Verfügung Ä ®* il IeiC 5 t ’. . Wandel Zl1 schaffen, da ihm 
»ff stehe, das Reichsumversität sei. In England 


, = __167 

und Frankreich seien Frauen bereits zum ärztlichen StnHium i 
Staatssecretär Dr. v. Bötticher wies darauf p ^ i geIatiSeu * 

dem Gebiet in der Richtung, die der VoÄe? weit 5Sf ..‘S?““ “ f 
bestehe nach der Gewerbeordnung für Frauen kein TtinH« ke ]^ en - 

ä-ä ssbS k, FS 

XI, Therapeutische Mitteilungen. 

üeber Tolypyrin und Tolysal. 

Von Dr. Otto Dornblüth, 

Direktor der Prbvinzialpflegeanstalt Freiburg (Schlesien). 
v , .® lt etwa einem dahr e habe ich in einer grösseren Anzahl von Fällen 
FrA e n den gen T 5 . en ^1 angewendet und ich bin von den kHnisJhen 
Ä !!, 80 befriedigt dass ich einen Bericht darüber nicht unterlassen 
will, obwohl eine pharmakologische Autorität wie Herr Liebreich fW 1 

Ich 6 ?m nteb? G flp M0 M at - Sh ' 189 ?’ P \ 1 1 80ff ’ ) beide Mittel für überflüssig häft“ 
Ji ^ t dei Meinung, dass Abweichungen in der Formel chemischer 
R I T er ; die dem . Gbemiker praktisch bedeutungslos erscheinen klinische 
ihltt tUnge . W l derl ? gen - k ^ nen * VieImehr bedauere ich solche a priorD 
? f b Ü l; T Ü ■ S1 u Prüfungen zu beeinträchtigen geeignet? sind 

Mag der chemische Unterschied des Tolypyiin vom Antipyrin noch so 
genng sein imd mögen beide eine Anzahl von Wirkungen gemein haben 
so begegnet man doch zweifellos Fällen, wo das eine vers^t und 
andere wirkt. Und selbst wenn beide Mittel in ihren Wirkungen trleich 
waren^ so hätten doch wir Aerzte sicher keinen Anlass, dem 0 Antipyrin 

:Ll°i^ Mh ‘ ne f,i gebeD ’ das mit einer so "»aasslosen Reclame P dem 
k<a,en ^n j U m ^ e & enfl b er grossgezogen worden ist. 

dem A n r tivl 01 , ‘W ri ^. das n na i ch don P arl egungen der Fabrik J. D. Riedel 

als P-Tolydiroo%lpyrazolon 
oOgeiiübersteht, lasst sich kaum etwas besseres anftthren, als dass es dem 
Antipyrin wie Paul Guttmann 1 ) sich ausdrückt, „als antipyretisches, 
antuheumatisches und antmeuralgisches Mittel in der Stärke seinerWir- 

Np^f;nnm 1 C S We frr lg 1St ' U . ^b kan11 das besonders für die Wirkung als 
Nenmum bestätigen, wohin meine Versuche sich bei' der Art meines 
Krankenmatenals vorzugsweise erstreckt haben. Nicht nur Neuralgicen 

r AncrfnT p ^ sonderü auch Entzündungsschmerzen 

A *’ |! arulls )’ nervöse Schlaflosigkeit , Kopfdruck nach epiloptischen 
Anteilen. Enuresis nocturna bei Kindern und andere Leiden habe ich durch 
iolypyrm so gut wie durch Antipynn beseitigen können, und dabei hat 
Mch wmderholt das Tolypynn in Fällen (z. B. bei ausgebildeter, viel- 
jahnger Migräne) bewährt, wo Antipyrin nicht half. Bei den Versuchen 
wurden beide Mittel in völlig gleichen Amylumkapseln gereicht, und die 
latienten hatten keine Ahnung, welches Mittel ihnen gegeben wurde 
Eine reizende oder erregende Wirkung ist mir- bei dem Tolypyrin nie 
vorgekommen, obwohl ich zumal seit dem Liebreich’schen Hinweis genau 
darauf geaditet habe. Soweit ich bis jetzt urtheilen kanu, haben Anti- 
pyrm und Tolypyrin im ganzen gleiche Anzeigen, und es w'ird nur in 
einzelnen Fällen erst festziistellen sein, welches gerade dort am besten 
wirkt. Dagegen sprechen meine Erfahrungen deutlich dafür, dass in dem 
lolysal ein Mittel gefunden ist, das als Antirheumaticum eine neue 
Stellung omnimmt. Das Tolysal ist das salicylsaure Salz des Tolypyrins; 
zu seiner Herstellung hat wohl die immer wachsende Anerkennung des 
^alipyrins boigetragen, das bekanntlich das salicylsaure Salz des Anti¬ 
pyrin s ist. Eine so nahe Beziehung wie zwischen Antipyrin und Tolv- 
pynn scheint mir zwischen Salipyrin und Tolysal der Wirkung nach nicht 
zu bestehen. Während ich jenem eine ganz hervorragende Wirkung bei 
Influenza zuschreiben muss, und zwar nicht nur auf die subjectiven Sym¬ 
ptome, sondern namentlich auch als Verhütungsmittel der langsamen 
Genesung und der nervösen Nachkrankheiten, hat sich mir das 
Tolysal 3 ) sowohl bei acutem Gelenkrheumatismus, wie bei den ver¬ 
schleppten, mit Gelenkschmerzen und gelegentlichen Fiebersteigerungen 
einhergehenden Rheumatismen ganz vorzüglich bewährt. In den acuten 
Fällen wirkt es, in Gaben von 0,5—1,0 fünfmal täglich genommen, min¬ 
destens so gut wie salicylsaures Nation in den üblichen Gaben, und dabei 
fehlen Ohrensausen und ähnliche Nebenwirkungen ganz; Rückfälle kommen 
nicht häufiger als bei der anderen Behandlung vor. Oh die Verbindung 
von salicylsaurem Natron und Antipyrin oder Tolypyrin ähnlich wirkt wie 
das Tolysal, habe ich nicht erproben können; entsprechende Versuche be¬ 
züglich des Salipyrins haben mich zu der Ansicht gebracht, dass cs doch 
etwas anders wirkt, als seine Compouenten. — Bei verschleppten Fällen 
von acutem Gelenkrheumatismus, wie sie namentlich nach blosser Anti- 
pyrinbehandlung nicht selten Vorkommen, zeigte sich das Tolysal wirksam, 
während gerade diese Fälle durch das salicylsaure Natron nicht besonders 
stark beeinflusst werden und meist auch anderen inneren Mitteln nicht 
recht weichen wollen. Ich Kabe hier zunächst fünfmal täglich 1,0. dann 
noch einige Zeit hindurch ebenso oft 0,5 Tolysal gegeben. Die Patienten, 
die sich meist schon einige Erfahrung im Arzneigebrauch nothgedrungen 
ungeeignet hatten, waren mit dem Tolysal sehr zufrieden; nur einer gab 
an, nach dem Einnehmen eine Art Beklemmung in der Magengegend zu 
fühlen; die Empfindung verschwand, als das Pulver nicht mehr bei leerem 
Magen genommen wurde. Ich kann also das Tolysal als Antirheumaticum 
bestens empfehlen. Eine Wirkung auf die Menstruation wie beim Sali¬ 
pyrin, das die Blutung in den meisten Fällen verringert und abkürzt, 
konnte ich beim Tolysal nicht feststellen. 


‘) Berliner klin. Wochenschr. 1893. 

~) Vgl. Honnig, Deutscho med. Wochenschr. 1893, p. 193fT. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCH EN SCHRIFT. 


No. 7 


168 __ . , 

SS® 

wmmwmm 

asÄM Bow, Ä 

kpif und Uehelkeiten, auch vorübergehende Amaurose ein, welche übu 

vtt Kleine Mittheilungen. 

_ Berlin. Sanitatsrath Prof. Dr. Langenbuch, dirigirender Arzt 
des Lazaruskrankenhauses ist zum Geheimen ^nitutsrath emttnnt 

— Oberstabsarzt Dr. Zunker, Leibarzt Threr Majestät, der Kaiserin 
und Königin, ist zum Generalarzt a la suite ernannt. 

D?e Gesellschaft der Chariteärzte hat Herrn Generalarzt 
Dr. Sch aper delegirt, um die Gesellschaft beim internationalen medi- 

cinischen Congress in Rom zu vertreten. . ».. T - 

Stabsarzt Dr. R. Zenthoefer. Assistent, am Institut für Infec- 

tionskrankheiten, ist gestorben. , r 

Jena Der frühere Professor der Geburtshuln an den Lnnci 
sitüten Jena und Zürich, Dr. Frankenhäuser, ist gestorben 

- Mainz. Der Geheime Medieinalrath Dr. Karl Wenzel ist ge 

.torben. ^ ^ ^ p ül . 0 j n j n Wien zu errichtendes Tuberkulosenheim 
hat der Kaiser von Oesterreich am Todestage des Kronprinzen Rudolph 

einen Betrag von 10 000 Gulden gestiftet, 

— Budapest. Das rege wissenschaftliche Leben, welches sich 
schon seit, lange in den hiesigen ärztlichen Fachkreisen bekundeC hat 
wieder darin neuen Ausdruck gefunden, dass sich neben dm schon seit 
56 Jahren bestehenden und 440 Mitglieder zahlenden Anhöhen Wem 
• seit kurzem zwei neue Vereine gebildet haben, nämlich 1) der nach dem 
Muster der Berliner Charitegesellschaft gebildete Verein der Spitalsarzte, der 
gleich bei seinem Inslebentreten 216 Mitglieder zahlte, und 2) der \ ere 
der Ohren- und Kchlkopfärzte. - Zu dem am 1.-9. September 1. J. hier 
abzuhaltenden internationalen hygienischen und demographischen Congrcss 
sind bis jetzt über 257 Vorträge vom In- und Ausland angemeldet, der¬ 
selbe verspricht demnach sehr rege und besucht zu werden. Der demo¬ 
graphischen Classe ist auch eine anthropomet,rische Abtheilung und eme 
solche für physische und psychische Defecte beigeordnet, was bei anderen 
ähnlichen Congresscn nur ausnahmsweise der Fall war. — Der 1 rofessor der 
chirurgischen Klinik, Dr. Josef Koväcs, feiert am 25. d. M. sein 25jM.riges 
Professoreiijubiläum, zu welchem Zwecke ihm seine Schüler und gewesenen 
Assistenten grosse Ovationen bereiten werden, auch wurde ihm in An¬ 
erkennung seiner Verdienste das Com thurkreuz des Franz Josefs-Ordens 

verliehen. . . . « 

Paris. Ein von der verstorbenen Madame Boucicaut. der Be¬ 
sitzerin des grossen Kaufhauses Bon Marehe, gestiftetes Kapital von 
7 000 000 Francs, welches durch Anhäufung der Zinsen durch sieben Jahre 
auf 10 000 000 Francs angelaufen ist, wird nunmehr zur Errichtung 
eines grossen Krankenhauses, „Höpital Boucicaut“ verwandt. Die 
Baukosten werden sich auf 2 000 000 Fraucs belaufen, während von den 
Zinsen der verbleibenden 8 000000 Francs die Unterhaltungskosten be¬ 
stritten werden sollen. Ein Tlieil der Krankenbetten wird für erkrankte 
Angestellte des Bon Marehe reservirt bleiben. 

— Kairo. Dr. Alexander Brugsch, ein Sohn des bekannten 
Aegyptologen, der in Kairo als Augenarzt prakticirtc, ist gestorben. 

— Ashmead (Journ. of cutan. and genito-urin. diseas., Januar 1894) 
giebt. einen kurzen Auszug aus einem bereits im Jahre 1801 in Kioto 
erschienenen japanischen Werke Uber Syphilis. Besondere interessant 
ist, dass hiernach die Syphilis in ihren wesentlichen Erscheinungen schon 
700 Jahre vor Christi Geburt bekannt gewesen sein soll. 

— In einer kurzen übersichtlichen Zusammenstellung bespricht 
Malcolm Morris (British medical Journal, 27. Januar 1894) die neuesten 
Errungenschaften der Dermatologie. Im Anschluss an die bactcrio- 
logische Richtung wird der Gebrauch der Antiscptica und einzelner localer 
therapeutischer Methoden, besonders der Elektricität und der Massage, 
geschildert. 

— Das Lohrbuch der Syphilis und der venerischen Krank¬ 
heiten von Finger (Wien, Deuticke, 1892) liegt uns in der dritten, 
wesentlich vermehrten und verbesserten Auflage vor. Als besonderen 
Vorzug möchten wir hervorheben, dass Finger der ursprünglichen 
alleinigen Bearbeitung der Syphilis auch noch die Besprechung der 
venerisch-contagiösen Helkosen und der Blenorrhoe hinzugefügt hat. 
Freilich wird derjenige, welcher sich genau über den letzteren Gegenstand 


AusstattvSftat vorzüglich. Die fünf dem Buche beigegebenen Utho- 

i mi S Karger in Berlin) von welchem bereits früher französische, 
italienische ^russische Übersetzungen erschienen sind, liegt nun auch 

ei “ e seltener Hautkrankheiten 

• t a „„i,,., riftff ftrschienen Dasselbe enthält folgende Tafeln. 
Mitchell Bruce Anomalous discolouration of the dein andIn«» 
membranes. L. Jacquet, Uleöres trophiques, Syringomyelie. S. Gioyan- 

Wte hab^^ schon g frü^r (diis^Ä ?) Gelegeriieit 

■“ Ä^dTÄSirp.Ä.!, ™ 

vemehrt end Die neuen JoÄf ÄeÜtalt: ,La° Medertne iufan- 

Zi t&asas&rtsas wää 

Rectu'u-undvGasti.ointestinal-Chtrurg.e ^mot ist. ^ 

laudwirthschaftlichen Hochschule in Berlin, ist als Docent für Thierphysio- 

sä*? iiis. p "S”M;r.SÄ »vS'Sit 

Professor der Physiologie ernannt. — Kiew. Dr, N. A. Obo e i 
ausserordentlicher Professor der gcrichtlichen Medicm. tat . zum ordenk 
liehen Professor ernannt. - Genua. H. G. Profeta, lrotessor an 
medicinischen Facultat in Palermo, ist zum ordenlUchen Professor ™ r 
Dermatologie imd Syphiligrapbie ernannt. — Pisa. Di. G. B. Gueiioio. 
Professor an der medicinischenFacultät in Genua, ist r.um Pr r 
medicinischen Klinik ernannt. Dr. A. Nannotti hat sich als Invat 
docent für chirurgische Pathologie habilitirt. 

vttt. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. J’ 

der Städtischen allgemeinen Krankenhäuser zuMüuc e • 
Verein mit den Aerzten dieser Anstalten herausgogben von 1 rote . 

Dr. V. Ziemssen. 181)0-1892. 477 S. 10 M. München, J. 1 ■ Len 

"'“"jafMoleschott’s Rede bei seiner Jubiläuinsfeier in Rem 
am lfi. Deeembcr 1892. 28 S. Preis 1 M. Giessett Emd Roth, 189 

O. Dornblüth. Wörterbuch der klinischen Kunstausdraenc 
Für Studirende und Aerzte. 148 8 8 .Mark Leipzig Veit & ^,1894. 

Anatomie. A.Rauber, Lehrbuch der Anatomie des Menschen. 

IV. Auflago von Quain-Hoft'mann s Anatomie. II. Band, 2. Abth rnng^ 
Nervenlehre. Sinnesorgane, Leitungsbahnen. 840 S., 463 Abbild. 

11 M. Leipzig. Eduard Besold, 1894. . , • . 

Chirurgie. F. *v. Esmarcb, Handbuch der kriegschiru 
gischen Technik. Gekrönte Preisschrift. IV . Auflage, neu bea e te 
von Prof. Dr. F. v. Esmarch und Dr. E. Kowalzig. II. Bd W 
rationslehre. 823 S. 9 M. Kiel und Leipzig, Lipsius ^ | sc j^ c i ien< 
I). Hellin, Struma und Schilddrüse, 105 b. 3 M. munui« 

E ' W GeburSlfe and Gynäkologie. A. M Y 3 T°s 6 s^,gS F. E.E 
Theorie der septischen Krankheiten. 181 S. btuttgait, 

Geschichte der Medlcln. W. Marshall, Neu er«ffnetes wunder- 
sarnes Arzonei-Kästlein. 127 S. Leipzig, A. Twietm y , y 
Hygiene und Sanlt&tewesen. C. F1 «g?J’.. ( f ru 1 ndr i l vo/wMtungs- 
giene. Für Studirende und praktische Aerzte, Medicinal- und 
beamte. III. Auflage 698 S. Leipzig, Veit & Co., 1894. ht 

L. TiOewy, Die Typhusepidenne in Fünfkirchen, ver i 11 c f it . 
durch Infection der Wasserleitung. Klinische Zeit- und S 
fragen VII. Bd., 9. Heft. Wien, Alfred Hölder 

Gust. Beck, Zur Frage der unentgeltlichen Kia P 
62 S. 0,70 M. Bern, Schmid, Francke & Co. 1894. Mehrheit 

Psychiatrie und Neurologie. S. Landmanu, l)S ycho- 

geistiger Persönlichkeiten in einem Individuum. E 1 . 
logische Studie. 168 S. Stuttgart, F Enke, 1894. 

A. Forel. Die Heilung der Stuhlverstopfung durch b 
gestion. 10 S. Berlin, Hermann Bringer, 1894. R P hindlung 

b Zahnheilkunde. J. Parreidt, D i e _p r o t h e 11 sch e B eh an i^ b 
der Kiefer- und Gaumcndefecte. 4o S. 1,-^0 M. 

Felix, 1893. 


Gedruckt bei Julius Sitfenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




Donnerstag 


JW 8 . 


22. Februar 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtUchen Mitteilungen der öffenfc- 
liehen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Bedaction: Prof. Dr. 1. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. - Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin 

Lutzowstr. 60 a. Potadameratr. 11t ~ . . , , , „ . * ö 

* v»uaiu«Hbr. ixo. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. SL 


L Antitoxisch wirkende Desinfectionsmittel. 

Von Stabsarzt Prof. Dr. Behring in Berlin. 

Allgemeine Bemerkungen über antitoxische Mittel. 

Analyse der giftzerstörenden Action chemischer Agentien 
gegenüber Giften von bekannter Constitution. 

. B*® literarische Discussion hat sich bei den von mir und von 
meinen Mitarbeitern mitgetheilten Thatsachen über die specifischen 
ümtantitoxwe einiger Fragen, insbesondere über den Wirkun^s- 
modus bei der HeHun^ j n einer ganz absonderlichen Weise be¬ 
mächtigt. Begriffe, die meinem Denken ganz geläufig sind, werden 
z -H. von Prof H. Büchner in München in so ungewöhnlicher 
lieh wheint* Art gebraucht ’ dass eine Verständigung kaum mög- 

Wenn aber ein so vielgewandter Autor, wie Büchner, in 
relativ einfachen Fragen Schwierigkeiten findet, über welche er 
ri « aicht . hl ? we f zu helfen weiss, so muss ich annehmen, dass 
aie von mir in den bisherigen Publikationen gegebene Darstellung 
der experimentellen Resultate, betreffend die Blutantitoxine, zu viel 
an bpecialkenntmssen bei den Lesern voraussetzte, und ich will 
lm - fol £ endea die . Begriffe „antitoxisch“, „giftzerstörend“, 
erhnfo? 181r , en ^ 1 Und »^hend“-in noch mehr elementarer Weise zu 
soUdifl m'ft eiSU ?« en ^ a S A da ? frülier H esc behen ist. Zu dem Zweck 
an (ipn g ; n tZ -K StÖrC n de Actl ? n c bemischer Agentien zunächst nicht 
sondpr^ ln ii rer «och unbekannten Bacteriengiften, 

setzuno- an a £^ neme *’ bekannten Giften von einfacherer Zusammen¬ 
hang analysirt werden. 

Analyse bekannter Heilungen durch Chemikalien. 

i»feh„*?I„ d ir aCt0re “’ T e i Che bei der Ana 'y se eines Processes 

siehtieer JLh» Z !i ebe ?r S ? d ,’ dedmrt werden können, um so dureh- 
Kechnen Y 6 , rhäl, l nisse ^gestellt werden können. Das 

erlaubt zwar 22 un ^ ekann J ten M. d bloss hypothetischen Grössen 
dersetzunaen ,„ tre "^° ( - UI J d vle Ueicht auch geistreiche Auseinan- 
bisher in^er’Med.v 1 *^ 18 ? jr 1 auchbare “ Resultaten hat es aber 
einzelnen “ 0cb " ,cht . ^er auch wenn die 

noch nicht fihit. j T bekannt, aber einer genauen Definition 
vor Trugschlüsse n»’ w“* *?, s . chon einer grossen Uebung, um 

^wissen Grade der Pal^ w U b 8lb ® n ' , Das D ist nun bis zu einem 
Wirkung der Blntlntu : Wlr den Process der heüenden 

hacteriengifte nn iw to 4- gegenübe1 ' einer Erkrankung durch 
die Wtr wissen noch nicht, was für Körper 

• s jnd, und der lebend»Tn W18 . sen au . ch was Bacteriengifte 

Kräften so definirbar P rgan *® mu . s lst gleichfalls nicht in seinen 
verth wäre Aher J; ^ e ^ eS ? me £ enaue Rechnung wünschens- 
drei bei der AntitnvinU b , aben V enigstens . die Gewissheit, dass diese 
Kactoren wirklich pviof* 1 Ung baa Ptsächlich in Betracht kommenden 
dass alle diejenigen ^ ich hofie nach weisen zu können, 

«teilten wel ? he wir för die von mir ange- 

kp it definirt werden t- n ° thlg baben ’ mit der erforderlichen Genauig- 
ai 'ch schon definirt cinT^ ^ in L meinen früheren Mittheilungen 
wn anderer Autoren b' ? rst J dur £ h dle verwirrenden Darstellun- 

anders wäre Do kon ? lt ® der Schein erweckt werden, als ob 
ßl utantitoxme nicht iiir^i 01, das . Verst ändniss der Heilung durch 
Processen, will ichvnnaiif * dar - n sind ’ als . bei anderen Heilungs- 
Alkalien gegenüber z ® 1 g en , indem , ich die Heilwirkung der 

;erdünnteu Säuren und - V ® rglftun & Pflanzenfressender. Thiere mit 
bliemikalien ZUIn v d ° Q l ? 1 p andere Heüungen mit gut bekannten 
vergleich heranziehe. Der erste zu berück¬ 


sichtigende Factor ist dabei das Verhalten des Thierkörpers gegen¬ 
über dem vergiftenden Agens, der zweite dieses letztere lelber 
der dritte das heilbringende Mittel. s 

Analyse der Heilwirkung von Alkalien bei Vergiftung* 
mit verdünnten Mineralsäuren. 

Bei der Heilwirkung der Alkalien gegenüber der Salzsäure¬ 
vergiftung sind die beiden letzten Factoren, nämlich die Salzsäure 
und das AlkaU, z. B. die Natronlauge, von sehr einfacher chemischer 
Constitution, so dass wir uns eine klare Vorstellung von ihrer 
gegenseitigen Einwirkung machen können. Wenn wir Salzsäure 
mit Natronlauge zusammenbringen, so entstehen neue Körper nach 
der Formel HCl + NaOH = NaCl + H 2 0. Die Salzsäure ist ein 
Gift für den Thierkörper, auch die Natronlauge ist ein Gift, aber 
weder das Kochsalz noch das Wasser können als Gifte angesehen 
werden. Die Salzsäure wird also durch die Natronlauge ungiftig 
und wir können die Natronlauge als ein Antitoxin für die Salz¬ 
säure bezeichnen. Da die Natronlauge selber ein Gift ist, so passt 
auf sie auch der deutsche Ausdruck „Gegengift“. Nun können 
wir aber auch die Salzsäure ungiftig machen durch solche Mittel, 
die selber keine Gifte sind, z. B. durch doppeltkohlensaures Natron’ 
nach der Formel HCl 4- NaHCO* = NaCl -f- H>0 + C0 2 ; das ent¬ 
spricht dann im Effect dem, was wir bei der Einwirkung der Blut¬ 
antitoxine auf Bacteriengifte beobachten, wo die ersteren gleich¬ 
falls antitoxisch wirken, ohne selber Gifte zu sein. Wir können 
die Parallelen noch weiter ziehen, indem wir folgende verschiedenen 
Fälle setzen. Wir können erstens den Process des Ungiftigmachens 
der Salzsäure in’s Reagensglas verlegen, wir können aber auch die 
antitoxische, d. h. die giftwidrige Wirkung des Alkali auf die Salz¬ 
säure im Thierkörper stattfinden lassen. In beiden Fällen haben 
wir weitere Unterschiede zu machen. Im ersteren kann sofort 
nach dem Zusammenbringen der Salzsäure mit dem Alkali die 
Mischung incorporirt werden, oder man kann auch beide Körper 
erst einige Zeit im Reagensglase auf einander einwirken lassen. 
Für den antitoxischen Effect ist beides ziemlich gleichwerthig, wenn 
als Antitoxin die Lauge gewählt wird; dagegen bedürfen kohlen¬ 
saure Alkalien etwas längerer Einwirkung, um die chemische 
Umsetzung, welche zum Ungiftigwerden der Salzsäure führt, voll¬ 
ständig erfolgen zu lassen. Bei der Einwirkung des Alkali auf die 
Salzsäure im Thierkörper wiederum macht es einen erheblichen 
Unterschied im antitoxischen Effect aus, welche Applicationsmethode 
wir für beide Agentien wählen. Der Einfachheit halber nehme ich 
an, dass wir das Gift, nämlich die Salzsäure, stets subcutan appli- 
ciren. Dann ist es ohne weiteres verständlich, dass die Chancen 
für eine Paralysirung der Giftwirkung am grössten sind, wenn 
auch das Alkali subcutan und zwar an dieselbe Stelle hingebracht 
wird, wo man die Säure eingespritzt hat. Wählt man z. B. die 
stomachale Einverleibung, so ist die Alkaliwirkung nur von der 
Blutbahn aus möglich, und ob sie auf diese Weise überhaupt ein- 
treten kann, ist von mancherlei ZufälHgkeiten abhängig; wenn der 
Mageninhalt zufällig stark sauer ist, so kann das Gegengift da¬ 
durch ganz unwirksam werden; aber auch mangelhafte Resorption 
u. a. kann den antitoxischen Effect vereiteln. Besseren Erfolg ver¬ 
spricht schon die direkte Einführung des Alkali in die Blutbalm, 
und zwar wählt man da zweckmässig die intravenöse Infusion. Da¬ 
mit sind aber die zu beachtenden Unterschiede noch nicht erschöpft. 
Auch die subcutane Injection des antitoxisch wirkenden Alkali 
kann gänzlich resultatlos bleiben, wenn seit der Giftapplication 
einige Zeit verstrichen ist. Die Salzsäure ist dann in die Blutbahn 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIFT. 


170 __ _ _ 

aufgenommen worden, hat in der Blutflüssigkeit chemische Altera¬ 
tionen verursacht, und auch lokal ist die Salzsäure dann nicht 
mehr als solche wirksam, sondern es sind hier Verbindungen ent¬ 
standen, die nicht mehr ohne weiteres durch Alkali unschädlich 
werden. Auf die Salzsäurewirkung im Blute wird aber, soweit 
dieselbe überhaupt noch durch Alkali zu paralysiren ist, das letz¬ 
tere offenbar sicherer einwirken, wenn wir es unter eine frische 
Hautstelle appliciren, wo es besser resorbirt wird, als von der 
krankhaft veränderten Salzsäureinjectionsstelle aus; noch besser 
aber erreicht man, wie das Experiment gezeigt hat, eme antitoxi¬ 
sche Wirkung, wenn das Alkali intravenös injicirt wird; m diesem 
Falle kann selbst wenige Stunden vor dem erfahrungsgemäss 
bei unbeeinflusstem Verlauf der Salzsäurevergiftung — eintreten¬ 
den Tode eine lebensrettende Wirkung erzielt werden Wir haben 
endlich noch den Fall zu unterscheiden, dass wir das Alkali nicht 
o-leichzeitig mit der Salzsäure incorporiren, auch nicht hinter¬ 
her sondern vorher. Wenn durch voraufgehende Alkalimsi- 
rung das später mit Salzsäure zu behandelnde Thier g e g ei * 
Giftwirkung der letzteren geschützt werden soll, so ist die Sache 
nicht so dringlich, und wir haben freie Wahl, durch stomachale, 
durch subcutane und durch intravenöse Application dies zu ei- 
reichen; nur die Dosirung wird eine verschiedene sein müssen. Am 
meisten Alkali brauchen wir zur Erreichung des Effectes bei sto- 
machaler, demnächst bei subcutaner, am wenigsten bei intravenöser 
Application; auch ist der Eintritt der giftschützenden Wirkung bei 
diesen verschiedenen Applicationsmetlioden verschieden. 

m Giftzerstörung und Giftabschwächung. 

Bei dieser Analyse hat man es, wie man sieht, mit denselben 
Verhältnissen zu thun, die auch für die Einwirkung der Antitoxine 
aus dem Blute immunisirter Thiere auf Bacteriengifte in Betracht 
kommen. Hier wie dort wird ein Gift durch Zusammenbringen 
mit einem anderen Körper im Reagensglase unschädlich. Ich glaube, 
dass für diese Thatsache der Ausdruck „zerstören“ im landläufigen, 
nicht im chemischen Sinne des Wortes, am wenigsten präjudicirt. 
Selbstverständlich wird keine Substanz zerstört in dem Sinne, dass 
sie in ein Nichts aufgelöst wird. Wenn ich diesen Ausdruck 
brauche, so besagt derselbe, dass die Wirkung des Giftes aufge¬ 
hoben oder vernichtet wird. Wollte man bei der Alkaliwirkung 
den Ausdruck „neutralisiren“ brauchen, so würde der Sinn des 
Geschehnisses damit nicht präciser bezeichnet werden; ausserdem 
aber würde die Correctheit dieser Bezeichnung noch erst bewiesen 
werden müssen. Der Ausdruck „neutralisiren“ wird hergenommen 
von dem chemischen Process der Umwandlung einer Säure, wenn 
dieselbe dabei ihre das Lakmuspapier röthenden Eigenschaften ver¬ 
liert. Nun ist aber schon bei den Mineralsäuren „Neutralisiren“ 
nicht identisch mit „Ungiftigmachen“; denn ungiftig werden Salz¬ 
säurelösungen schon lange bevor sie ihre Wirkung auf Lakmus 
verlieren. Noch viel weniger sind für andere Säuren die Ausdrücke 
„neutralisiren“ und „ungiftigmachen“ gleichbedeutend; ich brauche , 
bloss an die Blausäure zu erinnern, welche bekanntlich keineswegs 
durch Neutralisirung ungiftig wird. Wollte man aber das Wort 
„neutralisiren“ im übertragenen Sinne nehmen und damit bloss 
ausdrücken, dass eine Wirkung aufgehoben wird, so sehe ich nicht 
ein, welchen Vorzug diese Bezeichnungsweise vor der von mir ge¬ 
wählten, weniger zweideutigen „giftzerstörend“ oder „giftvernichtend“ 
haben soll. Ich habe als Ersatz an das Wort „paralysirend“ ge¬ 
dacht und dasselbe auch zeitweise für die giftzerstörende Action 
der Blutantitoxine gebraucht, bin aber wieder davon abgegangen, 
um nicht dadurch den Anschein zu erwecken, als ob wir es mit 
Verhältnissen zu thun haben, die von den bei anderen giftigen und 
giftwidrigen Mitteln zu beobachtenden Processen im Princip ver¬ 
schieden sind. Der chemische Begriff des Neutralisirens kann uns 
aber nach der Richtung nützliche Dienste thun, dass wir uns über¬ 
haupt einmal klar zu werden suchen, worauf im chemischen Sinne 
die antitoxische Wirkung anerkannter gift widriger Mittel beruht. 
Dabei sehe ich gänzlich ab von dem Versuch, physiologische oder 
philosophische Erklärungen dafür zu geben, warum die Salzsäure 
für ein Thier giftig wirkt, das Kochsalz aber nicht; warum das 
Jodoform giftig ist, auch die aus dem Jodoform unter Umständen 
entstehende Jodwasserstoffsäure, während das Jodkalium, das Sumpf¬ 
gas und das Wasser, welche Körper beim Zusammenbringen mit 
Alkali unter geeigneten Bedingungen schliesslich aus dem Jodoform 
entstehen, dem Thierkörper keinen Schaden verursachen. Solche 
Thatsachen als gegeben voraussetzend, will ich nur untersuchen, 
welche chemischen Umsetzungen Körper von bekannter Constitution 
erleiden, wenn sie aus dem giftigen in einen ungiftigen oder weniger 
giftigen Zustand übergehen. Als Beispiel wähle ich die Blausäure, 
welcher die Formel CHN zukommt. Da begegnet uns, noch ehe 
wir bei diesem anscheinend so einfach zusammengesetzten Körper 
irgend etwas hinzuthun oder hinwegnehmen, eine sehr merkwürdige 
Thatsache. Die Chemiker haben herausbekommen, dass es zwei 


No. 8 


Modificationen des Zusammentritts der Elemente in der Formel CHN 
geben muss. Bei der einen ist der Stickstoff dreiwertlug^und man 

hat sich die Verbindung der Atome nach der Formel I zu den- 

ken; bei der anderen ist der Stickstoff fünfwerthig, so dass die 
s N—C 

Formel folgendermaassen aussieht: | ; in dem einen Fall hängt 

H 

das Wasserstoffatom am Kohlenstoff, im anderen am Stickstoff und 
die o-rosse Differenz dieses verschiedenen Verhaltens kommt im 
physiologischen Experiment dadurch zum Ausdruck, dass die erstere 
Verbindung, die eigentliche Blausäure, eines der stärksten Gifte 
ist die andere aber, die Isocyanwasserstoffsäure, als nur sehr wenig 
oder gar nicht giftig zu betrachten ist; vielleicht kann auf eme 
solche Umlagerung der Atome die Abnahme der Giftigkeit von 
Blausäurelösungen bei längerem Stehen zurückgeführt werden; wir 
wissen das nicht sicher, da in reinem Zustande die Isocyanwasser¬ 
stoffsäure nicht bekannt ist. Ganz unzweifelhaft aber wird die 
Ungiftigkeit dieser Art der Atomverkettung, wenn wir die Derivate 
der Isocyanwasserstoffsäure, die Isonitrile oder Carbylamine, physio¬ 
logisch prüfen. „ . , , 

Dass durch Neutralisation die Giftwirkung der Blausäure nicht 
zerstört, höchstens etwas abgeschwächt wird, haben wir schon ge¬ 
sehen; was die Hydratation betrifft, durch welche die Cyanwasser¬ 
stoffsäure in der Cyansäure (CNOH) übergeht, so kennen wir bis 
jetzt diese Verbindung nur mit fünfwerthigem Stickstoff; diese 
aber ist ungiftig: sie steht in naher Beziehung zum Harnstoff, aus 
welchem beim Erhitzen unter Ammoniakabspaltung die Cyansäure 
entsteht nach den Formeln: 

1. 3 CON 2 H 4 = (CONH) 3 + BNH ? , 

Harnstofl Cyanursäure Ammoniak 

2. (CONH) 3 = BCONH. 

Cyanursäure 3 Molecüle Cyansäure. 

Man könnte weiter zeigen, dass der Sauerstoff bei höherer 
Temperatur und bei Lichteinwirkung die Blausäure oxydirt und 
dadurch ungiftig macht; dass Substitutionsproducte der Blausäure 
mit Metallen zum Theil ungiftig sind, wie die Ferrocyanwasser- 
stoffsäure und die Ferricyanwasserstoffsäure; zum Theil aber giftig, 
wie die Silber- und Quecksilbercyanide. Es mag das bisher Ge¬ 
sagte aber genügen, um den Beweis zu liefern, dass schon bei 
Giften mit bekannter chemischer Constitution die Bedingungen, 
unter welchen sie ungiftig werden, so zahlreich sein können, dass 
es vergeblich sein würde, einen allgemein zutreffenden, den chemi¬ 
schen Process charakterisirenden Ausdruck dafür zu finden, und 
dass es nicht bloss erlaubt, sondern einzig und allein zweck¬ 
entsprechend ist, wenn ich für die antitoxische Action die nichts 
präjudicirenden Worte „giftzerstörend“ oder „giftvernichtend wähle, 
falls die Giftwirkung vollständig aufgehoben wird, und wenn ich 
von „Giftabschwächung“ spreche, wenn die antitoxische Action sich 
bloss in einer Verminderung der Giftwirkung äussert. 

Heilung. 

Die Giftzerstörung und die Giftabschwächung constatiren wir 
bei den Giften mit bekannter Constitution, wie bei solchen, deren 
chemische Natur wir noch nicht kennen, in- der Weise, dass wir das 
antitoxische Agens ausserhalb des giftempfindlichen Organismus 
einwirken lassen und hinterher durch Incorporation der Mischung 
Zusehen, ob der Körper, welcher vorher ein Gift war, ^ ^ 
kein Gift mehr ist. Für ärztliche Zwecke liegt nun der Gedanke 
gewiss nahe, solche Mittel, die bei einer Einwirkung ausserha 
des lebenden Organismus sich als giftzerstörend erwiesen haben, 
auch daraufhin zu prüfen, ob sie imstande sind, das Gift unschä 
lieh zu machen, wenn dasselbe schon in die Säftemasse eingedrungen 
ist. Wir haben gesehen, dass dies bei den Alkalien gegenüber dei 
Giftwirkung der Salzsäure thatsächlich der Fall ißt. Wir kennen auc 
andere Beispiele für eine derartige Wirkung, die man mit dem 
landläufigen Ausdruck des „Heilens“ bezeichnet. 

Kobert hat durchseinen Schüler Krohl gegenüber der Blau¬ 
säure das Wasserstoffsuperoxyd prüfen lassen, welches ausserha 
des Thierkörpers sich mit der Blausäure zu dem relativ ungiftigen 
Oxamid nach folgender Formel verbindet: 

H 2 0 2 + 2 CHN = C 2 0 2 (NH 2 ) a 

und er hat in der That positive heilende Resultate bekommen, 
kanntlich wendet man ferner activen Sauerstoff enthaltendes 
Terpentinöl an, um Phosphorvergiftungen zu bekämpfen; manka 
sich leicht überzeugen, dass ausserhalb des Thierkörpers so c 
Terpentinöl den Phosphor sehr schnell ungiftig macht, indem 
ihn oxydirt. Ein Sehl* interessantes Beispiel ist ferner die t er 
peutische Wirkung der Natriumsulfatlösungen bei Carbois 
Vergiftung. Wie Sonnenburg fand, wirkt das Glaubersalz ß 
günstig auf Menschen ein, die nach chirurgischem Gebrauo 
Carbolsäure Intoxicationserscheinungen zeigen. Das würde 


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22. Februar. 


aber nicht veranlassen, dieses Beispiel zu citiren wenn nicht der 
Wirkungsmodus unserem Verständnis näher gebracht worden 
wäre dadurch dass Baumann die gepaarten Schwefelsäuren ent¬ 
deckte. Die Garbolsäure geht mit der Schwefelsäure verschiedene 
Verbindungen ein; mag nun aber die ätherartige Verbindung ent- 
stehen, bei welcher der Schwefelsäurerest den Wasserstoff Her 
Hydroxylgruppe ersetzt (C 6 H5-0-S0 3 H), oder eine von den Sulfo- 
säuren, bei welchen ein Wasserstoffatom im Phenolkern durch den 
C(OH) 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


whi( H mHSO,\ ; 

\H\/H / 


in beiden Fällen ist 


Schwefelsäurerest ersetzt wird . 

\hVh 

N H 

die Carbolsäure weniger giftig geworden. Man hat für die Des- 
mfectionpraxis diese Thatsachen ausnützen wollen und unter dem 
Namen „Aseptol“ die Orthophenolsulfosäure in den Handel ze- 
bracht mR dem Vorgeben, ein weniger oder gar nicht giftiges und 
dabei desmficirend noch wirksameres Mittel als die Carbolsäure 
bmten zu können Leider hat sich gezeigt, dass mit der Ungiftig¬ 
keit für lebendes thiensches Eiweiss auch die Ungiftigkeit für 
ebendes pflanzliches Eiweiss Hand in Hand bei difsem Substi- 
tutionsproduct der Carbolsäure einhergeht, und bekanntlich hat 
a t fr, 6 '^ ^ x P enm eiitell nachgewiesen, dass, um zum Zweck 
der Löslichmachung roher Carbolsäure die Schwefelsäure anwenden 
(Wh? bfn sor ^ f t 1 . tlg ® Kuhlun £ des Gemisches stattfinden muss. 

h l daS v 10ht ’ dan ^ erhitzen sich die Carbolsäure und die 
kresok beim Zusammenbnngen mit Schwefelsäure, es entstehen 
die Sulfoverbmdungen, und diese sind sehr viel weniger desinficirend 
wirksam als ein solches Gemisch von Schwefelsäure und Carbol- 

m ? lG w m dUPch Kühlung die Gemische Umsetzung ver- 
ThtZh * WaS ™ hi £ r aber besonders interessirt, fst die 
Thatsache, dass durch den Eintritt des Schwefelsäurerestes in die 

k.]rn«r^ UP h e ’ T ebdlen Bauma ™ und Preusse auch im Thier- 
korper nachgewiesen haben, es verständlich geworden ist wie 

können SaUFe ^ * 6 heÜend &Uf die Carb olsäurevergiftung einwirken 
Immunisirung. 

von b ? tte sobon g flfunden . dass die Verabfolgung 

«iftaw hM^Ii.d aUCh Pr i >phjlakti6ch gegen die Carbolsäurever- 
T ,“? g “ lft > *“d wenn das zuerst, als man wohl mehr an die 

jarhtt n ' lrkU ° gdleSesMittels bei seiner therapeutischen Leistung 
v^Baumann* 1 nnTp ld ^ iCk f° ist da “ Untersuchung» 

Autoren fanden n? 8 * aUCk dies erklärbar geworden.' Diese 

ÄhfaV* ^ Garboiharn stets reichlich Hydrochinon, einen 

Lndto im Wr K ? rpe ^' Dl ® Umwandlung der Carbolsäure muss 
Hand das^ nur H* 6S 0rgams f“ s folgen, und es liegt auf der 
Organismus wiriL^i schwefeIsaures Natron antitoxisch im 
SchweSnrp ^ “ kanD ’ •, Wenn auch das Hydrochinon mit der 
tatsächlich derFalil ^ ff bindung sich paart. Das ist 

durch Schwefelsäure bat sicdl danacb die Schutzwirkung 

faktischem Getmmf / at ^! n S0 , zu erklären > da «s bei prophy- 
dass die CarbolsW dess 1 el ! ) , ei1 das Blut dieses Salz enthält und 
Peinlich schon fn L ur lh J G Umset-zungsproducte — die wahr- 
dann i ns ß lut de ° Wunden entstehen, von welchen aus sie 

geschwefelte Verbindung™ 611 Werde ? ~ nach der Resorption in 
werden. Aber cr ftn7 ^gewandelt und dadurch unschädlich 
erklären ist wenn 4 ° b d j. e Sache so oder anders zu 

der Schwefelsäuren Thatsache von der Schutzwirkung 

ferner Immunisiruno- ^ 80 baben wir es bier mifc 

muss ferner die f w, Carbolsäure zu fc bun. Zum mindesten 
txische Action wähl° bkeit zu gestanden werden, dass die anti- 
weisen kann wenn SphwTi^ 1188611 ^^ deS Tbierkör Pers nach¬ 
bracht wird auch innn°n 7? e |f äUI ^ mit Carb olsäure zusammenge- 
Oenau das Gldche^««?^.n dGS 0r / anismus sich abspielen kann, 
ich habe von Anton o- Q SK ? V °~ den B ^ utan Gtoxinen sagen, und 
Modalitäten für B0 Li de 7 Zusammenhang dieser Wirkungs- 
pnommen habe darüber iff erachtet ’ dass icb Abstand 
bäbte ich das nicht J^n! ele W ? rte zu verlieren. Auch jetzt 
heter von ihm auf dif L? o an ’ T 6nn mcbt Huchner und einige Nach- 
fepe Heilung ausschlieaoi gekammei1 wären, dass die Immunisirung 
Heilmittel fein könne wf7 d ( ? aSS ein Imra tinisirungsmittel kein 
oi'fen angegebenen , rt denn » immer die Richtigkeit der 
Heilmittel^zu sen^w? 1616 vorausgesetzt, das Glaubersalz auf ein 

,— OCUL wenn mar» j , 


Heilmittel au 

^rkt? WördrSaikn^eir™^- fi ^ det ’. dass es aucb inununisirend 
luere nicht mehr eine Ti •/ j 16 ■^ dka HbehandIung säurevergifteter 
d ^ 6 sie auch pronh^flwf t ! 1 t nde . 11 1 ennen ’ wenn sicb herausstellte, 
immunishtp jV ist ’ also gegen Säurever^ 
haben, durch welchen 1Cb g aube den Grund gefunden zu 
assen. I c h habe nämli h cbl } er U1 jd andere sich haben irre machen 
^toxische Wirkumr ^Jefe^hch die Frage erwogen, ob die 
lr ckte oder indirekte im rp^^tutoxine auf Bacteriengifte eine 
^direkte ,m Thierkörper ist; ob nämlich im Thier- 


- . 171 

schMlioh wird, 1 ode^auf'kgend anderenwtge^Tch will 

ÄÄS ÄÄ Ä™ dB 

Ä aufhörm! 1 würde 

WrkLg“be?wriftot ädli0h rt ma0 lI lt ’ r d ° b ’ maD die l6 bensretode 
als ÄfiaSSSTÄ te°n n n k [“ k d n ^Ä^e 

Z“;-!“* 611 ™ 5 / 0 " ZustaldekZmen derTeben ? 

rettenden Wirkung zurechtmacht. 

Schlussbemerkung: Ich habe aus meinem demnächst er- 
lÄÄ 116 ” Infeotion Desinfeotion“ den vorstehenden 
iS““ herausgenommen, um Prof. Büchner und diejenigen 
welche durch seinen letzten Artikel in der Berliner klinischen 

Hä°rer en an= n w 1 ^' jf r ? fä . hren . lassen > sc hon jetzt darüber aufzu- 
AntX’vin V.r ^ en Gr :'" den ' eh mein Diphtherieheilmittel als ein 
bezeichne. Vas H. Büchner sonst an Bedenken in 
»Nrh ° b T genannten Artikel äussert, ist implicite in meinem Buch 
2. 1 T ta . r dargestellt, dass die Haltlosigkeit der auf un- 
schar“ Sir Ken “ tmss e n . Md Experimenten beruhenden Büchner- 
sehen Behauptungen leicht erkennbar sein wird. 


H. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin. 

Ein operativ geheilter Fall von Gallenstein* 
ileus. 1 ) 

Von W. Körte. 

, A, H dem ietzten Chirurgencongress habe ich Gelegenheit ge¬ 
habt über drei Fälle von Darmverschluss durch Gallenstein zu 
sprechen, die ich operativ behandelt habe. Im October d J habe 
ich einen vierten derartigen Fall zur Operation bekommen und 
wollte mir erlauben, das Präparat und den geheilten Patienten 
Ihnen vorzustellen: 

Der 52jährige Herr hatte vor einem halben Jahr, wie der Hausarzt 

mehrfach^Vn 6 ‘ d ', Z '!. I U1 ! S in ’ s Krankenhaus brachte, an trab] 

mehrfach Anfälle von GaUenstemkolik durchgemacht, in deren Verlauf auch 
eme grosse Anzahl Steinchon aus dem Darm abgegangen sind. Er er¬ 
krankte am 30 September d. J. ohne eine bekannte Ursache, während 

ISITÄ ^ Ste r durC u aU ® gewesen war, mit sehr 

vlw L ^ bs . c . hmerzon ' die er bestimmt in die linke Unterbauchgegend 
verlegte Stuhlgang oder Flatus waren seitdem nicht mehr abgccai^on. 
Es trat Erbrechen hinzu, Singultus; am 3. October fing Kothbrechen an 
l elcbes n am , Sq'qq U nd 6 ' anhielt . der Aufnahme in’s Krankenhaus 
am 6 October 1893 war er mässig collabirt, hatte einen leidlich cr e - 
spannten Puls von etwa 100, der Leib war aufgetrieben, wenig druck- 
ICh ftinn Beberdäm P b l n f , bls auf die Breite von etwa 3 cm redu- 
cirt. Man fühlte links vom Nabel etwas praller gespannte Darraschlingen. 
worauf wir ja jetzt nach dem Vorschläge von Wahl immer zu unter¬ 
suchen pflegen. In der Blinddarmgegend fand sich nichts; die Bruch¬ 
pforten waren frei Im Mastdarm kein Hinderniss. Es bestand also eine 
JJarmocclusion. Die Anamnese schien mir nun einigermaassen darauf 
hinzudeuten, dass es sich vielleicht um Galleusteineinklemmung im Darm 
handeln könnte. Es sprachen dafür ferner der plötzliche Eintritt mit hef¬ 
tigen Schmerzen, das baldig eingetretene Erbrechen zersetzten Darm- 
mhaltes, bei massiger Schmerzhaftigkeit des Leibes. Die bisherige Be¬ 
handlung hatte bestanden erst in Abführmitteln, nachher in Darreichung 
von Opium. Eispillen und hohen Darmeingiessungen. Dieselbe war er¬ 
folglos geblieben; es war weder Abgang von Flatus noch Stuhlgang erzielt 
worden. Der Kranke erbrach lebhaft Koth, eine Magenausspiilun 0, ent¬ 
leerte sehr grosse Mengen kothiger Flüssigkeit aus dem Magen, so dass 
ich mich veranlasst sah, gleich zur Operation zu schreiten, mit der Wahr- 
scheinliclikeitsdiagnose auf Darmverschluss durch einen Gallenstein. Ganz 
sicher konnte die Diagnose nicht sein. Die prall gespannte Darmschlinge, 
die ich links vom Nabel auch in der Narkose deutlich fühlte, Hess auch 
das Vorhandensein einer Darmabklemmimg durch einen Strang in jener 
Gegend möglich erscheinen. Es fand sich bei dem Bauchschnitt, den ich 
10 cm lang um den Nabel herumführte, nichts von Sfcrangabklemmun*. 
Der vorliegende Dünndarm war aufgetrieben durch Gas und Flüssigkeit. 
Das Peritoneum war stark geröthet und getrübt, in der Tiefe des Beckens 
fanden sich einige Esslöffel voll einer sehr verdächtig aussehenden, blutig- 
serösen Flüssigkeit. Bacteriologisch untersucht ist dieselbe nicht, da die 
Operation etwas in der Eüe stattfand. Ich machte die typische Ab¬ 
suchung des Bauches: der Blinddamigegend, der Bauchpforten, der Fora- 
mina obturatoria, und fand, dabei rechts tief unten im kleinen Becken zu¬ 
sammengefallene Darmschlingen. An diesen entlang gehend, kam ich auf 
einen festen Körper, welcher vielleicht 20—30 cm oberhalb der Valvula 
Bauhim im untersten Ende des Heums festsass. Ich versuchte ihn hin- und 
herzuschieben im Darm; das gelang nicht, er sass fest. Die Darmschlinge 
liess Bich leicht vor die Bauchwunde ziehen, und dor feste Körper wurde dann 

*) Vorgetragen in der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins am 
13. November 1893. 


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172 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


in der üblichen Weise entfernt durch Längsschnitt an der Convexitilt. Beim 
Aufschneiden des Darmes zeigte sich, dass die Darmwand sehr prall um 
ihn gespannt war. Indess war die Darmschleimhaut durchaus intact, Ge¬ 
schwüre fanden sich nicht vor, ebenso wenig war Invagination der Darm¬ 
schleimhaut vorhanden. König hat auf dem Chirurgencongress in der 
Discussion über die Entstehung vou Einklemmungen durch manchmal 
nicht sehr grosse Concremente die Ansicht geilussert. dass es sich um 
Invagination der Schleimhaut handle, welche der Stein gewissermaassen 
vor sich herschiebe. Ich hatte bei früheren Operationen derartiges nicht 
bemerkt, habe bei dieser naturgemäss besonders darauf geachtet und habe 
auch diesmal das nicht gefunden. Die Längswunde im Darm wurde in 
der Quere vernäht, der Darm versenkt, ein kleines Streifcheu Jodoform¬ 
gaze im unteren Wundwinkel eingeführt, sodann die Bauckwunde ge¬ 
schlossen. Der Wundverlauf war durchaus glatt. Der Patient hatte nur 
einige Tage psychische Störungen (Unruhe, Wahnvorstellungen), die enL 
tveder durch das Jodoform oder durch früheren Alkoholgcnuss herbei¬ 
geführt waren. Nach der ersten Stuhlentleerung am fünften Tage trat 
prompte Heilung ein. Ich erlaube mir, den Stein herumzugeben. Er ist 
sehr mürbe und ist beim Trocknen durch eine etwas unsanfte Berührung 
in viele Fragmente zerplatzt. Jedoch kann man sich aus der Sammlung 
im Kästchen eine ungefähre Vorstellung von der Grösse machen. Der¬ 
selbe war von elliptischer Gestalt, rund, ohne Druckfacetten, von deutlich 
schaligem Bau. Die Grösse war die eines mässigen Hühnereies. 

Die Erscheinungen, die der Patient darbot, deckten sich durch¬ 
aus mit denjenigen in den drei früher operirten und dem einen 
nicht operirten Falle, über welche ich auf dem Chirurgencongress 
berichtete. Die Eigentümlichkeit ist das plötzliche Entstehen, 
das sehr schnelle Eintreten von Kothbrechen bei sonst noch leid¬ 
lichem Allgemeinbefinden. Der Mann machte, wenn man ihn sah, 
noch nicht den Eindruck, den eine sehr schwere Darmerkrankung 
zu machen pflegt. Ich glaube, dass der Hergang ebenso gewesen 
ist, wie ich damals annahm: Ein Stein, welcher schon längere 
Zeit im Darm gewandert ist, ohne erhebliche Beschwerden zu 
machen, wird durch eine plötzlich dazu tretende Kolik im Darm 
festgeklemmt. Nun entstehen heftige Schmerzen, und die gereizte 
Darmwand umschliesst den Fremdkörper immer fester, so dass 
dauernder Darmverschluss erfolgt. Die Muscularis des oberhalb 
gelegenen Darmstückes erlahmt bei den fruchtlosen Versuchen zur 
Weiterbewegung des Darminhaltes, und es tritt Kothbrechen ein. 
Die Darreichung von Opiaten w r ar in diesem wie in den früheren 
Fällen ohne Erfolg. Von den vier Patienten, die ich operirte, ge¬ 
nasen drei. Bemerken möchte ich noch, dass Naunyn in seinem 
sonst ausgezeichneten Werk über die Gallensteine von der Opera¬ 
tion bei Gallensteinileus abräth, da von 13 Operirten 12 gestorben 
und nur einer genesen sei. Dies ist nach den neueren Erfahrungen 
nicht ganz richtig. Was die Diagnose anbelangt, so glaube ich, 
dass es überhaupt sehr schwer ist, mit apodictischer Gewissheit 
zu sagen: es handelt sich um einen Gallensteinileus; und für noch 
viel schwerer halte ich es, daraufhin eine Behandlung zu bauen, 
etwa derart, dass man sagte: wenn es ein Gallensteinileus ist] 
dann operire ich nicht, sondern warte ab. Nur mit Wahrschein¬ 
lichkeit kann man aus der Anamnese und gewissen typischen Er¬ 
scheinungen auf einen Gallenstein als Ursache der Darmocclusion 
schliessen. Die Entscheidung, ob und wann zu operiren ist, muss 
in jedem Falle je nach dem Erfolge oder Nichterfolge der exspec- 
tativen Behandlung sowie nach den Symptomen gefällt werden. 
Wenn ein Patient sieben Tage lang Darmverschluss hat und vier 
Tage lang kothiges Erbrechen, ohne dass die bisherige Behand- 
lung Nutzen schaffte, dann ist es jedenfalls Zeit zu operiren 
Denn bei weiterem Abwarten kann jeden Augenblick Collaps ein- 
treten. 


III. Ein Fall von acuter Magendilatation. 1 ) 

Von Dr. I. Boas in Berlin. 

Während die chronische Ektasie des Magens, selbst in ihren 
höheren Graden, oin ziemlich beträchtliches Contingcnt aller Magen¬ 
krankheiten ausmacht, gehören Fälle von acuter Ausdehnung des- 
selben zu den grossen Seltenheiten. In den Lehrbüchern der 
Magenpatho ogie sowie in der älteren Litteratur werden Sie vergebens 
Belehrung hierüber suchen; aber auch in der so überaus reich- 
lichen Litteratur der letzten Jahre habe ich nur zwei FäUe von 
acuter Magendilatation ausfindig machen können. Der eine Fall 
ist von Kelynack im Jahre 1892 in Medical Chromcle, der zweite 
in demselben Jahre von Schulz in den Jahrbüchern der Hamburger 
Staatskrankenanstalten beschrieben. Beide Fälle sind insofern ziem¬ 
lich analog, als es sich hierbei um sehr geschwächte, kachektische 
Individuell handelte, bei denen sich ohne erkennbaren Zusammen¬ 
hang eine ausserst stürmisch verlaufende Magendilatation entwickelte 
die in beiden Fällen zum Tode führte. Durch die Autopsie wurde 
die Diagnose bestätigt, übrigens ohne dass eine wirklich befriedi- 


gende Erklärung für die so verhängnissvolle Erkrankung aufge¬ 
funden wurde. 

Bei der Spärlichkeit dieser Beobachtungen glaubte ich, dass 
es nicht ohne Interesse sei, Ihnen einen Fall von acut entstandener 
Magendilatation zu demonstriren. 

Der Patient, den Sie hier sehen, ist ein 20jähriger Gymnasiast, der 
von gesunden Eltern stammt und selbst stets gesund gewesen ist. Ganz 
besonders ist hier hervorzuheben, dass er sich vorzüglicher Verdauungs- 
functionon erfreute; jedenfalls konnte er bis zum Beginn seiner Erkran¬ 
kung Getränke und Speisen selbst von der difficilsten Qualität und Zu¬ 
bereitung ohne Beschwerden vertragen. 

Am 10. December vorigen Jahres machte der Patient einen brüsken 
Diätfehler, er ass grosse Quantitäten fetten Gänsebratens und erkrankte 
am Tage darauf mit Appetitlosigkeit und Aufstossen, das er wie nach 
faulen Eiern riechond schildert. Sonst — und das ist vielleicht be- 
merkenswerth — keine Uebelkeit, kein Erbrechen, keine Diarrhoeen. Erst 
am dritten Tage traten mässige Diarrhoeen auf, die etwa drei Tage an¬ 
hielten, dann spontan sistirten. Obwohl Patient nun auf Suppenkost ge¬ 
setzt wurde, stellte sich von jetzt ab Erbrechen ein, das etwa alle zwei 
Tage, besonders am Abend auftrat. Das Erbrochene bestand wesentlich 
aus flüssigen Substanzen, schmeckte und roch intensiv sauer. Allmählich 
wurde das Erbrechen copiöser, und es fiel ihm auf, dass die Menge des 
Erbrochenen die eingeführte Flüssigkeitsmenge zu übersteigen schien. 

Hand in Hand mit dem Auftreten des nun in regelmässigem Turnus 
wiederkchrenden Erbrechens ging ein qualvoller Durst und hartnäckige 
Obstipation. Die Diurese soll angeblich normal gewesen sein. Der 
Appetit fehlte anfangs gänzlich, in den letzten Tagen wurde er etwas 
reger. Patient hat während seiner relativ kurzen Krankheitsdauer in 
seinem Kräftezustande auffallend Einbusse erlitten, so dass er den Schul¬ 
besuch zu unterbrechen genöthigt war. 

Mit diesen Klagen trat Patient am 10. Januar d. J., also ge¬ 
nau vier Wochen nach seiner Erkrankung, in meine Behandlung. Die 
Untersuchung ergab das Vorhandensein eines äusserst schlaffen 
Magens, die grosse Curvatur lag bei massiger Füllung vier Finger 
unterhalb der Nabelhorizontalen, bei Aufblähung mittels eines 
Brausegemisches trat die grosse Curvatur sehr deutlich etwa hand¬ 
breit unter dem Nabel hervor. Vom Epigastrium bis zu der ge¬ 
nannten Stelle starkes Plätschern, bei Lagewechsel klang es, als 
ob Flüssigkeit in einer Tonne hin und her geschüttelt wurde. Im 
übrigen bestand im ganzen Magenbezirk nirgends Druckempfind¬ 
lichkeit. 

Es war also keinem Zweifel unterworfen, dass hier eine mecha¬ 
nische Mageninsufficienz vorliegen musste. Die am nächsten Tage 
nach Probefrühstück vorgenommene Mageninhaltsuntersuchung be¬ 
stätigte zwar die Diagnose, aber es zeigte sich zugleich, dass die 
Insufficienz weiter vorgeschritten war, als ich zuerst anzunehmen ge¬ 
neigt war. Es flössen bei der Einführung der Sonde sofort im Strahle 
mehrere hundert Cubikcentimeter eines dünnflüssigen Inhaltes her¬ 
aus, der zum Theil in einer gut verschlossenen Flasche aufbewahrt 
wurde. Es konnte sofort constatirt werden, dass die Menge des 
Mageninhaltes die des Morgens eingeführte Wassermenge erheblich 
überstieg, und es zeigte ferner schon die oberflächliche Untersuchuug, 
dass dem Mageninhalt Reste vorgängiger Mahlzeiten beigemischt 
waren. 

Bei der genaueren Untersuchung ergab sich zunächst schon 
durch den Geruch, sodann durch Eintauchen eines mit Kalilauge 
angefeuchteten Bleipapiers, dass der Mageninhalt beträchtliche 
Mengen von Schwefelwasserstoff enthielt, eine Gasart, auf deren 
häufiges Vorkommen bei gutartigen Ektasieen ich vor einiger Zeit 
zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt habe. 1 ) Die weitere Prüfung 
des Mageninhaltes ergab reichliche Anwesenheit freier Salzsäure, 
die Gesammtacidität belief sich auf 52,5, befand sich also ungefähr 
in normalen Grenzen. Das Sediment enthielt zahllose Sarcineballen 
bezw. Coccen, welche in Haufen aneinandergereiht waren, die gleich¬ 
falls zum Theil cubisch anein andergelagert waren. Ausserdem viel 
Hefepilze, Bacterien, Muskelfasern, Fettnadeln, Amylumreste u. s. w. 

Während der nächsten Tage wurde die Untersuchung stets bei 
nüchternem Magen vorgenommen, wobei regelmässig durch die Sonde 
stagnirende Reste in einer Menge von 200—400 ccm durch Ex¬ 
pression entleert wurden. Die Beschaffenheit des genannten Magen¬ 
inhaltes verhielt sich analog dem oben geschilderten Befund. Unter 
Anwendung regelmässiger Magenspülungen besserte sich das Be¬ 
finden insofern, als das Erbrechen sofort sistirtc, das saure Auf¬ 
stossen schwand, der Appetit reger wurde, jedoch wurde trotz vor¬ 
sichtiger Ernährung der Magen im nüchternen Zustande bis zum 
heutigen Tage (4. Februar —Anm. b. d. Correktur) nicht leer gefunden. 

Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass wir es hier mit einer 
bei einem bisher völlig Gesunden, speciell Magengesunden acut 
zur Entwickelung gelangten Magendilatation zu thun haben, und 
zwar im Gefolge eines nicht gerade aussergewöhnlich schweren 
Diätfehlers. Man hat bisher nur den Uebergang der acuten Dys¬ 
pepsie in die chronische Form gekannt, dieser Fall beweist, dass 


^Demonstration, gehalten im Verein für innere Medicin am 15. Ja- 
nuar löi/T. 


*) Boas, Ueber das Vorkommen von Schwefelwasserstoff im Magen. 
Deutsche medicin. Wochenschr. 1892, No. 49. 


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22. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


173 


me acute Dyspepsie auch zur Bildung von Magendilatationen !i 
führen, kann. - - — 

Dass dieses Vorkommniss kein häufiges, ist, erklärt sich da- ' 
rws T . dass in der Regel der in Zersetzung begriffene Mageninhalt ; 
schnell nach oben oder unten entfernt wird. Bei unserem Patienten ’ 
trat das, wie früher erwähnt, nicht ein, der Mageninhalt könnte : 
also längere Zeit stagniren, es musste dies zur Bildung theils fester, 
theils gasförmiger Producte führen, welche, gleichviel ob mechanisch 
oder chemisch, deletär für die Magenmuskulatur wurden. 

Es hat dieser Zustand, wie leicht ersichtlich, eine grosse Aehn- ; 
lichkeit mit einer in der Pathologie der Herzkrankheiten viel er- 
örterten Affection, der von 0. Fräntzel sogenannten „acuten 
Ueberanstrengung des Herzens.“ Wie bei dieser ein ein¬ 
maliger heftiger Insult den Herzmuskel trifft und ihn hierdurch 
dauernd insufficient macht, so auch bei der hier in Frage ' 
kommenden Form der Magendilatation. Es erscheint daher viel¬ 
leicht nicht unpassend, diese Form der Distension der Magen wand 
als „acute Ueberänstrengung des Magens“ zu bezeichnen, 1 
zumal wir auch bei chronischen Magenaffectionen eine gewissei 
Gruppe isoliren können, für welche die 1 Bezeichnung chronische \ 
Ueberanstrengung des Magens gerechtfertigt, wäre. I 

Noch ein Wort bezüglich der Prognose. Ich halte dieselbe j 
quoad restitutionem ad integrum keineswegs für absolut günstig, 
da erfahrungsgemäss bei den schweren Formen der 'Magendilata¬ 
tionen immer eine gewisse Schädigung der motorischen Function i 
zurückbleibt. Zwar hat die schöne Beobachtung von Klemperer 1 ), j 
bei einer nach Schwefelsäurevergiftung entstandenen und durch 
Pyloroplastik beseitigten Pylorusstenose gezeigt, dass eine hoch- ! 
gradige Dilatation völlig zurückgehen kann. Dies dürfte aber, so- 1 
weit ich sehe, nur- für solche Fälle Geltung haben, wo mit einem 
Schlage das Hinderniss beseitigt wird. In Fällen von chronischer ; 
Dilatation — und dasselbe gilt für den vorliegenden Fall — wird 
die Wiederherstellung der Magendynamik in der Regel dadurch 
iflusorisch werden, dass der Magen eben nie leer öder nur vor- j 
übergehend (durch Ausspülungen oder Erbrechen) leer wird. 

Abgesehen von dem sonstigen Interesse liefert der Fall auch 
eine praktische Illustration für die Wichtigkeit der rationellen Be¬ 
handlung einer im ganzen sq harmlosen Magenaffection, wie 
sie die acute Dyspepsie darstellt. Durch ein zur rechten Zeit ! 
gereichtes Emeticum hätte in diesem Falle zweifellos die Bildung i 
der Magendilatation vermieden werden können. 


IV. Ein Beitrag zur Chirurgie des Magens: 
Pyloruscarcinom; Resection; Heilung. 

Von Dr. Joseph Znrndzki und Dr. Thomas Solman, 

Primararzt der therapeutischen Klinik Primararzt der chirurgischen Klinik 
in "Warschau. 

Ungeachtet der grossen Fortschritte in der Diagnostik der 
Magendarmkrankheiten und neuer Behandlungsmethoden derselben 
sind-wir doch in der Therapie der Magenkrankheiten nicht so weit 
gelangt, dass uns die Resultate zufriedenstellen können. Sehr i 
«ft sind wir, nachdem wir den Kranken genau untersucht haben * 
und nachdem so Zusagen, die Diagnose ausgemeisselt worden ist, 
machtlos, und die einzige Rolle, welche dem Therapeuten übrig 
bleibt, ist die weitere Beobachtung des trostlosen Krankheits- 
processes, den wir weder zurückhalten noch zu zerstören imstande 
jmd Das Eingreifen der Chirurgie in das Gebiet der Magen- 
- ten war deshalb d* 6 Entwickelung der Therapie dieser 
rankheiten unentbehrlich. Namentlich bei Magencarcinom im 
a ge .^ e ;P en un d spcciell bei Pyloruskrebs erzielen wir mit den 
gewo^chen therapeutischen Methoden keine Resultate.' Alle Be- 
n mngsincthoden lassen im Stich, und das einzige Resultat, 
c “ es ^} r durch dieselben erreichen, ist eine momentane Linde¬ 
haff ^Leiden: wir sind aber nicht imstande, weder den krank* 
j 11 , r( JP ess seiner Entwickelung aufzuhalten, noch eine 
t. seru P& zü erzielen. Mit dem Augenblick, w r o der 
Vfträn/ S Lei( ^ en diagnosticlrt und die Ausdehnung, dor krankhaften 
u, _ ei ’ ung . un d die Localisation der Neubildung bestimmt hat, 
ob*es h -V lch se ^ ne Intervention auf die Entscheidung der Frage, 
Locali•'fr dem . ^S en l®inzustande des Kranken, bei der gegebenen 
rationell 0n ^ rocesse s etc. möglich ist, dem Kranken, ein 

rathen **** “ e ^ m ^t 0 l, d. h. eine chirurgische Operation anzu- 

1 er wo im Jahre 1879 sich entschlossen hat, 

PvlorucU v, ^ .^günstigem Resultate, bei einer Kranken mit 
Operation* . S .i e . esec ti°n der Neubildung auszuführen, hat die 
-__geschiedene Entwiokelungsphasen durchgemacht. 


FaU geböDter Magendilatation. 


1 leutsche med. I 


Wir sehen, dass nach der ersten Periode des Misstrauens, 
dieselbe überall mit Enthusiasmus angewandt wird, später sehen „ 
wir eine ganze Reihe von Zahlen, welche die Kraftlosigkeit 
dieser Bemühungen beweisen; in einer noch späteren Periode 
sehen wir wiederum ein Entzücken über den Nutzen des Mittels, 
und schliesslich beweist die allgemeine Apathie und die verhältniss- 
mässig kleine Zahl der ausgeführten Operationen, dass die Chi¬ 
rurgen nicht besonders zufrieden mit den erzielten Resultaten 
gewesen sind. Wie überall, wiederholt sich auch hier das alte 
Gesetz, dass jedes neue Heilmittel, bevor es das Bürgerrecht 
erhält, alle diese Phasen durchmachen muss, um später entweder 
den Sieg davon zu tragen oder in diesem Kreuzfeuer der Probe 
in Vergessenheit zu verfallen. 

Wie überall hemmen auch hier die eifrigsten Anhänger am 
meisten die Verbreitung der Methode, indem sie derselben das 
zumuthen, was von keiner Behandlungsmethode an und für sich 
erreicht werden kann, in ihren Händen bildet sie eine Panacee, 
Welches sie kritiklos larga manu appliciren. Es wurde die Exstirpa¬ 
tion des Krebses in den letzten Stadien der Krankheit, bei Meta¬ 
stasen, bei allgemeiner Kachexie des Kranken ausgeführt, und alle 
diese Thatsachon wurden als Zahlen zur Statistik benützt, und 
ergaben eine trauriges Zeugniss für die Operation. 

Die Zusammenstellungen von Hacker, Winslow, Kramer, 
M. Ardle, Czerny. Eiseisberg, Jonesco, Jalaguies, Guinard 
•und Billroth ergeben ein recht hohes Procent von Sterblichkeit 
nach Exstirpation des Pylornskrebses. Wenn wir aber die neueren 
Angaben berücksichtigen, dann wird das Resultat nicht so un¬ 
günstig ausfallen. Winslow, welcher im Jahre 1885 alle bis zu 
dieser Zeit beschriebenen Fälle von Magenresectionen zusammen¬ 
gestellt hat, giebt ein Mortalitätsprocent von 78% an. In einer 
Zusammenstellung von Guinard beträgt die Mortalität in 
250 Fällen, welche bis zum Jahre 1890 operirt wurden, blos 58°/o; 
schliesslich sind von 41 Fällen, welche Billroth und seine 
Assistenten in den Jahren 1878—1890 operirt haben, 22 gestor¬ 
ben, oder mit anderen Worten, die Mortalität betrug ungefähr 
50%. 

Dieses stufenweise Sinken der Mortalitätsprocente lässt uns 
die Hoffnung hegen, dass die Mortalität eine noch geringere werden 
wird. 


Die Resultate sind heute noch nicht sehr glänzend, selbst wenn 
wir diejenigen Fälle abziehen, welche nicht hätten operirt werden 
sollen und unnütz die Statistik belasten; aber bei der Vervollständi¬ 
gung der Operationstechnik müssen wir doch annehmen, dass der Me¬ 
thode eine bessere Zukunft bevorsteht. Etwas Achnliches sahen wir ja 
bei anderen Operationsmethoden, namentlich in den Höhlen des 
Körpers, und heute verlaufen dieselben günstig und sind immer 
indicirt, und die mit ihnen erzielten Resultate müssen als glänzend 
betrachtet werden. Der ungünstige Verlauf beim Pyloruskrebs 
wird von folgenden Ursachen beeinflusst: 1) von der zu spät vor¬ 
genommenen Operation, 2) von den nicht genau gestellten Indi- 
cationen zur Resection und zur Gastroenterostomie, 3) von der nicht 
genau ausgeführten Resection in Betreff der Technik und Aseptik, 
.4) von der Häuflgkeit der Recidive. 

Im allgemeinen sind sowohl die Chirurgen, wie auch die inneren 
Kliniker daran Schuld. 

Was den ersten Punkt anbetrifft, so zögern die Aerzte oft 
mit der Operation, weil die bisherigen Operationsresultate nicht 
sehr anlockend sind und weil die Diagnose der Neubildung in den 
Anfangsstadien der Krankheit, wenn die Symptome der Pylorus¬ 
stenose noch nicht in ihrer vollen Klarheit auftreten, bei dem jetzigen 
Stande der Lehre von den Krankheiten des Magens selten gestellt 
werden kann. Bei der Untersuchung des Mageninhaltes können 
wir schon frühzeitig den Krankheitsprocess, mit dem wir es zu thun 
haben, vermuthen, wir können aber in diesen Anfangsstadion nicht 
mit voller Sicherheit behaupten, ob überhaupt eine Operation indicirt 
ist und ob dieselbe bei der Localisation der Neubildung ausführbar 
sein wird, und wiederum den Kranken einer Probelaparatomie aus¬ 
zusetzen, das können wir nicht immer thun und nicht jeder Arzt 
wird sich dazu entschlossen. Erst wenn mit der fortschreitenden 
Kachexie der Tumor immer deutlicher hervortritt und Symptome 
von Pylorusstenose hervorruft, dürfen wir von einer Operation 
sprechen, leider oft zu spät, da die Neubildung zu dieser Zeit 
schon beträchtliche Dimensionen erreicht hat und sich Adhäsionen mit 
den Nachbarorganen. 'welche die Exstirpation des Tumors erschweren, 
ja oft unmöglich machen, gebildet haben. Da wir nicht immer die 
Adhäsionen ohne Eröffnung der Peritonealhöhle beurtheilen können, 
so können wir auch aus diesem Grunde das Resultat schwerlich vor 
der Operation voraussehen. Es ist selbstverständlich, dass bei aus¬ 
gebreiteten Adhäsionen die Resection contraiiulicirt ist-, und das 
einzige, was in diesen Fällen bei Pylorusstenose ausgeführt werden 
kann, ist die Gastroenterostomie. Auch diese letztere Opera lon 
muss rationell angewandt werden, denn wir unterwerfen mim 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





_ 

hierbei den Kranken einer schweren Operation und müssen noth- 

wendiger Weise die Kräfte des Kranken berücksichtigen. 

Wenn wir möglichst frühzeitig das Leiden diagnosticiren, Avas 
ohne Untersuchung des Chemismus und Mechanismus des Magens 
unmöglich ist, dann Averden wir imstande sein, die ynapnehmlich- 
keiten, welche durch das Wachsthum des Tumors und die späteren 
Veränderungen resultiren, zu umgehen, und dann werden auch die 
Resultate besser sein und das Vertrauen der Aerzte und der Chi¬ 
rurgen zu dieser Operation wird sich zweifellos st««?™. 

Die zweite Ursache einer grossen Anzahl ungünstiger Resultate 
bildet die nicht genügende Würdigung der Indicationen zur Resection 
und zur Gastroenterostomie von Seiten der Chirurgen. 

Bei dem jetzigen Stande der chirurgischen Technik müssen 
wir annehmen, dass die Resection ausschliesslich m denjenigen 
Fällen indicirt ist, in welchen der Tumor klein, deutlich begrenzt, 
hart beweglich und ohne Adhäsionen mit den Nachbarorganen er¬ 
scheint, wo keine Metastasen im Mesenterium, in den Lympkdrusen 
und in der Leber vorhanden sind und in welchen schliesslich 
der kachektische Zustand des Patienten mehr von einem 
mechanischen Hinderniss als von einer wirklichen Krebs¬ 
kachexie abhängig ist. 

In denjenigen Fällen, in welchen nur ein obengenannter Um¬ 
stand ungünstig ausfällt, dürfen wir nicht mehr an eine Resection 
denken und müssen durch die Gastroenterostomie den Speisen einen Ab¬ 
fluss in den Darm verschaffen; der Wunsch einer momentanen chirur¬ 
gischen Hülfe war schon oft die Ursache eines tödtlichen Ausganges 
in Fällen wo bei einer Gastrojejunor oder ileo-tomie ein verhältniss- 
mässig gutes Resultat hätte erzielt werden können, indem der Kranke 
mehrere Monate in einem leidlichen Gesundheitszustände leben konnte. 
Dass dem so ist, dass nicht die Bösartigkeit der Neubildung, 
sondern die Unmöglichkeit einer normalen Ernährung einen rascheren 
Exitus letalis hervorruft, beweisen bösartige Tumoren, Avelclie nicht 
in der Gegend des Pylorus localisirt sind und bei denen die Lebens¬ 
dauer eine viel grössere ist. Wenn wir dies Hinderniss aus dem 
Wege schaffen, geben wir dem Kranken die Möglichkeit einer 
besseren Ernährung und ausserdem Kräfte, den Kampf mit der 
sich entAvickelnden Neubildung aufzunehmen. 

Was die Operationstechnik anbetrifft, so Avaren oft Fehler in 
derselben Ursache des Todes. Strafbar sind diejenigen, welche 
diese schwere Operation unternehmen, ohne genügende Uebung in 
der Anlegung der Darmnaht zu besitzen und ohne die Operation 
früher an der Leiche und an Thieren eingeübt zu haben. — Wir 
müssen genau, rasch und aseptisch operiren, und dann werden wir 
gute Resultate erzielen, und die moderne Chirurgie wird auch auf 
diesem noch wenig bearbeiteten Felde ihre Triumphe feiern. 

Was die Recidive anbetrifft, so kommen dieselben leider sehr 
oft vor. Viele scheinbar günstigen Fälle endeten mit dem Tode 
infolge rascher Recidive und zwar öfter als in anderen Fällen. 
Auch in diesem Falle hängt Sehr viel von dem Chirurgen ab. 
Wenn sich derselbe bei der Resection der Neubildung überzeugt, 
dass es unmöglich ist, sei es infolge von grossen Dimensionen des 
Tumors, sei es wegen grosser Ausbreitung des krankhaften Pro- 
cesses auf der Schleimhaut, im gesunden Gewebe zu operiren, 
dann ist es besser den abgeschnittenen Pylorustheil anzunähen und 
die Gastroenterostomie auszuführen. Die Beurtheilung des Zu¬ 
standes der Schleimhaut, d. h. ob dieselbe gesund oder von der 
Neubildung eingenommen ist, ist schwer, und die persönliohe Er¬ 
fahrung des Chirurgen wie auch ein feines Gefühl sind hier ent¬ 
scheidend. Jedenfalls glaube ich, dass die Sache nicht sehr pes¬ 
simistisch beurtheilt werden muss. Wenn die Regeneration später 
als nach Verlauf von einigen Monaten eingetreten ist, dann dürfen 
wir das Resultat als günstig bezeichnen, denn der Kranke hat 
diese Zeit ohne Schmerzen verbracht und war imstande Kräfte 
zum weiteren Kampf mit der Krankheit zu sammeln, und dies ist 
doch bei Magenkrebs nicht zu verachten. 

Schliesslich verhilft uns manchmal bei der Prognosestellung 
die Untersuchung der benachbarten Lymphdrüsen, deren Zustand 
bei Krebs die Sache oft entscheidet. 

Was die Metastasen anbetrifft, so will ich die Meinung von 
Prof. Jaworski citiren, welcher bei der Besprechung der Indi¬ 
cationen. zur Operation in seinem Handbuch der Magenkrankheiten 
sich folgendermaassen äussert: „Wie die Erfahrung lehrt, kommen 
Metastasen nicht so .sehr oft vor, und die Nachbarorgane wie auch 
die entfernt gelegenen werden seltener afficirt als bei Krebs an¬ 
derer Regionen, z. B. beim Mammakrebs, wo wir gar nicht zwei¬ 
feln, ob wir die Operation ausführen sollen.“ 

Bei der Besprechung der Indicationen zur Pylorusresection 
möchten w die Aufmerksamkeit der Chirurgen auf einen bis jetzt 
wenig berücksichtigten Punkt lenken. 

Im allgemeinen hat man in den bis jetzt publieirten Arbeiten 
den Grad der Magendilatation Avenig berücksichtigt , was aber bei 
den Operationsresultaten eine wichtige Rolle spielt. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No.« 


Wenn die Dilatation klein ist, daun wird, wie dies die Er. 
t'alirung und die Untersuchung des Verdauungsmcchamsmus naeb 
der Pylorusresection lehrt, die mechanische Thätigkeit des Magens 
eine normale. -Es haben dies in der letzten Zeit Kaensche und 
Th Rosenheim thatsächlich bewiesen; wahrscheinlich kommt dies 
infolge von Elimination entarteter Muskelfibrillen und ersatzweiser 
Entwickelung von festem Bindegewebe zustande Dort wo die 
Degeneration einen bedeutenden Entwickelungsgrad erreicht hat, 
können wir einen Rückgang der mechanischen Thätigkeit des Ma¬ 
lens zur Norm niemals erwarten. Aehnlicli war es m dem 
Falle von JaAvorski und Obalinski, in welchem Kaensche, 
unrichtig, wie war glauben, die Ursache des Zurückbleibens des 
Inhalts in der Retraction sucht, da doch aus der Beschreibung 
zu ersehen ist, dass nicht die mechanische Strictur am Anfang des 
Pylorus sondern die Atroplüe der Muskulatur die Ursache der 
Retention der Speisen gewesen ist. Wir können im allgemeinen 
sagen, dass Avir kein Recht haben in denjenigen Fällen, wo die 
untere Grenze des Magens niedriger als 8-4 cm unterhalb des 
Nabels liegt, wo eine Dilatation lange anhält, namentlich Avenn 
schon vor dem Auftreten der Symptome eines Krebses Störungen 
in der Motilität bestanden haben, ein Wiederkehren normaler me¬ 
chanischer Functionen zu erwarten. Bei einer sehr niedrig stehen¬ 
den unteren Grenze des Magens wird sogar nach der Entfernung 
des stricturirten Pylorus, nach dem Gesetze der Schwere,, der 
Uebergang von Speisen in den Darm erschwert sein, und wir wur¬ 
den in diesen Fällen die Idee einer Entfernung der Neubildung 
aufgeben und eine Gastroenterostomie an der am niedrigsten ge¬ 
legenen Stelle der grossen Curvatur ausführen. 

Bei der Vornahme einer Resection von Pyloruscarcinom stellten 
wir die obigen Reflexionen an. Wir erlauben uns diesen Fall mit 
günstigem Ausgang zu beschreiben: 

Ende Februar v. J. kam in das Specialambulatorium des Dr. 2 a- 
wadzki Herr P., Beamter, 43 Jahre alt, und klagte über erschwertes 
Schlingen und Schmerzen im Magen nach dein Essen. Der Kranke giebt 
an, dass er stets gesund gewesen ist. Im Jahre 1884 hat der Kranke 
einen kurzdauernden Ptyalismus und eine vorübergehende Dysphagie ge¬ 
habt; die reichliche Ausscheidung des Speichels trat in nüchternem Zu¬ 
stande und nach dem ersten Bissen auf und war immer von Dysphagie 
begleitet. Diese Symptome sind aber recht bald geschwunden, und Pa¬ 
tient fühlte sich bis zum Jahre 1887 vollständig wohl. 

In diesem Jahre hat Patient eine Entzündung beider Sehnerven 
durchgemacht, die ihn nöthigte, zeitweilig seine Beschäftigung zu-änderm 
Obgleich die Sehfälligkeit zur Norm zurückkehrte, so hat doch seit der zeit 
sein Allgemeinzustand gelitten, der Kranke fühlte sich stets schwach, 
seitens des Verdauungstractus traten aber keine Beschwerden em. arst 
im Sommer 1891 hat Patient bemerkt, dass er nicht alle Speisen gieicn 
gut verträgt, gröbere Speisen verursachten ihm Aufstossen. Druck m der 
Magengrube, manchmal auch Erbrechen. Gleichzeitig hat der Kranae 
eine im nüchternen Zustande und vor der Nahrungsaufnahme auftremnde 
„reichliche Ausscheidung einer etwas salzigen, wie aus dem Magen kom¬ 
menden, farblosen Flüssigkeit“ bemerkt. T _, ~ Tr. n „u 

Die Menge dieser Flüssigkeit erreichte einige Löffel. Der Kramte 
wurde traurig, verlor sichtlich an Gewicht und fühlte, wie er selbst an- 
giebt. er habe ein schweres Leiden. Der Stuhlgang war normal, . e 
Appetit mittelmässig, einen ausgesprochenen Widerwillen gegen gewisse 
Speisen hatte der Kranke nicht. Im December hat sich der Zustand aes 
Patienten verschlimmert, und es trat neben Steigerung der früheren qym- 
ptome Dvsphagie auf. Der Kranke fühlte, dass die Speisen in der Gcg® 
des Processus xiphoidens aufgehalten wurden und hatte bald naen 6 
Essen ein Bedürfniss zum Erbrechen; ungeachtet dessen kam es nie 
zum Erbrechen, und es wurde unter Brechbewegungen die bpeicne- 
flüssigkeit ausgespieen. _ „ . , 

In diesem Zustande hat der eine von uns (J. Zawadzki) den KrauK 
zum ersten mal gesehen. Die Hauptbeschwerden des Kranken waren 
Schwierigkeit beim Schlingen und die Ausscheidung der obengenaan ^ 
Flüssigkeit. Bei der Untersuchung wurde folgendes constatirt: uer 
Kranke ist von mittelmässigem Ernährungszustand, von normalem KorperD. 
die Haut normal gefärbt, massiger Paimiculus adiposus. Die Muskulatur 
elastisch. Im Herzen und in den Lungen nichts abnormes. Die^ Leber 
die Milz nicht palpirbar. Die Zähne verdorben, in der Mundhöhle untt im 
Rachen leichter chronischer Katarrh. Der Bauch etwas aufgetrieben undm 
Gegend des Nabels etwas schmerzhaft; in der Nabelhöhe, 1/3 cm “ 
rechts, fühlt man eine taubeneigrosse, etwas keilförmige geschwuistm'ugv 
Erhebung, das spitze Ende derselben ist nach links gerichtet, aie . 
schwulst ist ziemlich weich und verschwindet unter dem r mgor 
leichtem Glätten. Der über die GeschAvulst befragte Patient gie - 
dass er dieselbe vor nicht langer Zeit bemerkt habe, dass sie g 
Stunden nach dem Essen erscheint und bei leichtem Watten 

Bei der Untersuchung des nüchternen Magens last sich der Tumoi 
schwerer palpiren, beim Eingiessen von Wasser entsteht em rlä < 
und gleichzeitig kommt die Geschwulst deutlicher zum \ L ’ j 
deutlicher treten die Contouren der Geschwulst hervor beim Anfüll , * 

Magens mit Gasen; die untere Magengrenze liegt dann /a C .J? u0 _ 
des Nabels, der im nüchternen Zustande mit Flüssigkeit gm u |* te , ® 
zeigt eine weit nach unten reichende untere Grenze. Die Unters 
der ausgeworfenen Flüssigkeit ergab reinen Speichel ohne bpew • 
Die Untersuchung mit der Sonde, des Chemismus. und ; des Meoh 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



22. Februar. 


des Magens war wegen des Widerstandes des Patienten nicht möglich 
«üe Salolprobe ergab, wie gewöhnlich, keine sicheren Resultate Auf 
Grund dieser bymptome wurde eine Dilafatio ventriculi e stenosi * pylori 
mrcinoraatosa diagnosticirt. 

Das gute Aussehen des Kranken stand in einem gewissen Wider- 
jjruch nut der absoluten Behauptung, dass wir es mit einer bösartigen 

V 0 „liiUn nf r tKlm Knt ' nn A -V flrlflllf fW T\_l J*_• 


DEUTSCHE MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT. 


T Tu * 7 "««»Upi-UUK, uass wir es mit emer bösartigen 

Neubildung zu thun haben, aber der \ erlauf der Krankheit, die Dysphagie 
und die Schmerzen Dessen uns daran festhalten. namentlich legte ich 
grosses Geincht auf die Dysphagie, welche in mehreren anderen von uns 
beobachteten Fä len den Vorläufer eines beginnenden Krebses ab*ab in 
lallen, m welchen von einer Palpation der Neubildung und tmderon 
Symptomen noch keine Rede sein konnte. Es wurde dem Kranken Tinct 
Xuc. vomic. und eine entsprechende Diät verordnet, und bald soll sich 
nach seiner Angabe, nachdem er ein künstliches Gebiss zu tragen anfing 
der Allgemeinzustand soweit gebessert haben, dass er sich eine zeitlan* 
nicht mehr vorstellte. Die Dysphagie ist geschwunden, und der Tumor 
soll, wie der Patient angab, nicht mehr vorhanden sein, was wirklich bei 
dem mit Speisen gefüllten Magen der Fall war. 

Nach einem längeren Zwischenräume sah ich erst den Patienten zum 
zweiten male am 15. Mai 1892. Diesmal hat schon das Aeussere des Patienten 
auf die Richtigkeit unserer Vermuthung hingewiesen. Der Kranke ist 
bedeutend magerer geworden, die Haut ist dunkler und das Unterbaut- 
lettgewebe ist fast geschwunden. Patient behauptet, er habe sich bis 
Apnl old gefühlt und habe ungeachtet des Verbotes sehr viel gearbeitet 
i dama,s habe er bemerkt, er magero stark ab, er verlor den 
Appetit, bekam sogar Widerwillen gegen Fleisch, es trat Aufstossen der 
speisen und Erbrechen ein. 

Die Bauchhaut ist, pergamentartig. Die Geschwulst hat die Grösse 
eines Apfels erreicht, die Gestalt derselben ist wie früher bimförmig, 
and sie ist mit ihrem dünneren Ende nach links gerichtet, der Tumor 
ist nach allen Richtungen hin beweglich, wenig schmerzhaft. Die untere 
Magengrenze reicht vier fingerbreit unterhalb des Nabels. Ich habe dem 
?i! n r\ Sof0rtl I° T 0p( ; ration v orgeschlagen, derselbe ist aber noch 
au vier Wochen auf s Land gereist. Hier hat er Erbrechen bekommen, 

!fLiT 0r v St f ewacbsei b der Appetitmangel wurde noch grösser, ob¬ 
gleich der Kranke behauptete, seine Kräfte wären besser. 

te Sr IlCh gestl,tt ® te Patient eine Untersuchung des Magens mit 

"“chtemen Magen war der zwei Liter betragende Inhalt 
iiUUF f d tV«" er(2 ° /o) ' ? ak f ure fehlte vollständig, eine bedeutende Quan- 
KmU. * "' ar J' orhanden ' Ausserdem waren Speisereste, welche der 
Hm n Ta f, n , Z 'i. SI '’,''- na , hm ' za hlreiche SchleimzeUen, Hefe und 

(r!LS S p Qua ri lMt Fäl »hussbacterien enthalten. Nach dem Probe- 
StmdLLet, " ar em ?hsoluter Mangel an Salzsäure and sechs 

Zu (War 7 -f em ^. tta ^ es ? en nacb Leube fand man unverdautes Fleisch. 

Ä J;U"os C e h “ itDr Szte - Vner ' " nd d< ™ lbe b «* 

e - n ? S hftr » n T™ 0 ™ ^ der Gegend, welche der 
Magensaft Am/*? 8 vollständiger Mangel an Salzsäure und 

und Duodinnm tl0 ? el 6 ^Ymptome, we H‘he einer Stenose zwischen Magen 
l d^ fl Ti“l en , tSpraChen ’ eme bedeu <*nde Kachexie des Patienten - 
mit einem Pv£ Chen - ZWangen * ur -Annahme, dass wir es im obigen Falle 
n i O doru8Ca rcmom zu thun haben. 

nach rechtTmTn 0 ' , bewe £ lich war ’. e 1 r üess sich nämlich mit Leichtigkeit 
gleich von. ’cq <a fv unte . n verschieben und da derselbe ausserdem, ob- 
sieh abs^nSnlSlt Dl “ en *° nen - J ed och deutlich von dem seitlichen Magen 
Abmagerung nirfct h ta ? tason imd da schliesslich die grosse 

dem viel mehr «jnr^A ® ,demer wahren Cachexiae carcinomatosae, son- 
dauung hot so entenhf USZebni ° g a s Fo J ge der gestörten Nahrungsver- 
Behandlun« 71, ll ^ cWosS f ü wir uns ’ den Kranken einer chirurgischen 
Underung°seiner uras ° m <J r ‘ der dringend eine 

zu entscheiden «k ;™ SC ,y er ! an ?J ;e - Es war sehr schwer, a priori 

oder ob wir uns m’t ^ ft e die Fylorectomie gemacht werden würde, 
wir konnten rWwIf Gastroenterostomie würden begnügen müssen; 
^Realisation des Tnml na ®k der - Laparatoraie uns Rechenschaft über die 
äderen Organen 8e,ne Ausbreitung, über das Verhältniss zu 

erst die enfsTraehS P £ dhi!Uj i? nen und ^Metastasen abgeben und dann 
liehe Erfahr?™«w* Operationsmethode wählen. Da wir keine persön- 
hatten, mussten wt.« ^ C ^ 1I } ir ?? scbe Behaniting des Magencarcinoms 
Hacker UnS die Angaben von Billroth Wölffier, 

JrzebiekvrM’Ardfe 1 ^ TecjQPf 1,11 ?’ * Sb *l eit * Rj d Jgior, Szram, 
^rationsmethoden von i esset ’ Gumard u. a. stützen. Da wir den 
■Dichtigkeit zugeseliri ? Bernay, Loreta und Hahn keine besondere 
s ‘chtigt Nachdem P n( -“ hab ® n » so m Haben wir dieselben nicht berück- 
■eiehter Purgantin meb f ere .Tage zur Operation mittels Bäder, 

d« r Operation den Mn °!?r r ? lteb wurde ’ baben wir am Abend vor 
s5 »m ausgewaschen. gr0ndhch mit einer Lösung von Soda und Bor- 

’ r “*ViTjähium e ! t T-i >atii ®? t e j ni * c Dosen Wein, Kaffee, und es 
jor der Operation \lp IClrt ‘ • 4 m , Agenden Tage wurde am Morgen 
Kraken nicht auälnn -? n ^ cbt ^urengespült,- wir wollten nämlich den 
schlecht vertrug. mi emer Manipulation, ie er überhaupt sehr 

J nd *der Rumnf e m;f U u^? aU do f^ cb * t ' und die unteren Extremitäten 
br - Solma n am IS Tni^ono nd ®?“ da gß n umwickelt worden, schritt 
Hs der Linea alba oS&h^ ™ T 0 P^ tion - Der Bauchschnitt wurde 
JJhoideus. und enditrtA k \ b v^ 1 ? n P d 3 cm unterhalb dos Processus 
Heiden des PeriÄJ! oberh ? Ib des Nabels. Nach dem Uiirch- ; 
H dass der Hauntsitg ei ^ vies , s,cb ’ dass der Tumor im Magen sass | 
Hand m die PeritoneaShöhin 6 v® 11 ? er ty 0 ™* Wa i\ Durch EinfSiren der j 
P|n< * Normale Adhäsion«!,®* 81c u der Operateur überzeugen, dass 

6,1 zwl8C hen der von der Nenbildtmg eingenoni- 1 


175 


menen Magenpartie und den Nachbarorgauen existire: es wurdo 
nni <5 ^ tlgk p t ( J ei ! Tl i? 0r Sftmmfc dem horizontalen Theil des Duodenum 
^inn 6m ^ d D M ^ en f’ welcber hinter dem Pyloruscarciuom la^ iäc 
aussen von den Bauchdecken gebracht. Der Tiimor war deutlidi' von 

P'J° d “ u f ,^ e S^ des ausserhalb des Tumors zekt 

jedech stark verdickte Wiiude. ähnlich wie wir das oft in den Wänden 
ä®* ® armes oberhalb von Narben oder einer durch Neubildung bedineten 
Stenose antreffen Es musste entschieden werden, ob in, “2 
Falle die Pylorectomie oder die Gastroenterostomie ausgefBhrt wei-deü 
soll Ememmte gestattete der Mangel von Adhitsionen die Resec-tion der 

Se"o‘beShf d ere M itS k ° nnt ? dic en> ss ® Ausdehnung des Tmno™ - 
die-Oberflache des Magens, welche von der Neubildung ergriffen war. be- 

uigefthr 10 cm - gewissennaassen als Contra- 
“ d rr S' r n < ’f e0tl ? n des Pylorus betrachtet worden. Es wurde bo- 
nnTl S/n P Y lorecto “ 1B - «me m diesem Falle vcrhültnissmUssig leichte 
aüsznfnhrm, *“* ” 0hr ‘'“'bf 1 ® Operation als die Gasti-oenterostomie, 
i““,™“’ ," cn “ Wlr Ullä “«eh der Resection des Tumors überzeugen 
?1 bu' Zusammennähen des Magens schwer auszuführen wäre 
odei gefährlich m seinen Folgen sich erweisen sollte (in Folge stärkerer 
Anspannung und dadurch bedingter Haltlosigkeit der Nähte) so wollten 
wm nachträglich die Billroth’sche Operation machen, d, h. den Magen 

GTLro™te™Z,osrrus D füte n n Und “ <,in ° r Stelle die 

, Ger nach aussen gebrachte Theil des Magens wurde in warme, steri- 
!J 8 i tu bemettea ? eIe & fc ! und es wm*de zur Resectiou des PyJorustheils 
des Magens geschritten. Das Ligamentum gastrocolicum und die schwachen 
Adhäsionen auf der hinteren Magenfläche und in der Gegend der Guiva- 
profus im0r k ° nnt€n sebr leicht ?elöst werden ; die Blutung war nicht 

, T P ai j n wiu *den zwei dtlnne elastische Ligaturen angelegt: die eine um 
A num ;v dle andere um.den Magen 2cm unterhalb und oberhalb 

der fühlbaren Grenzen der Neubildung. Auf diese Weise konnten wir 
?“ s vor cmei* Blutung und einem Ausfliessen des Magen- und Darrn- 
mhaltes bei der Resection der Neubildung schützen. 

Die ganze Magenpartie, welche zwischen den Ligaturen lag, wurde 
ausgeschnitten, der Schnitt wurde hierbei 1 cm weit über die Grenzen 
der Neubildung geführt.. 

Nachdem die abgeschnittenen Enden des Duodenums imd des Magens 
abgewaschen waren, hat Dr. Kijewski den Magen mit den Fingern 
oberhalb der Ligatur znsammengedrückt und die Ligatur gelöst; die 
reichliche Blutung aus den Wänden des Magens wurde durch zahlreiche 
Ligaturen gestillt, und es wurde in den ausgespülten Magen ein Tampon 
von stenlisirter Gaze hineingelegt; in ähnlicher Weise wurde mit dem 
abgeschnittenen Ende des Duodenums verfahren; bei Beachtung dieser 
\ orsichtsmassregeln kam nur Blut und ■ kein Magendarminhält in die 
Bauchhöhle. Den schwierigsten Act der Operation bildete das Zusamnien- 
nähen des Magens mit dom Duodenum; wir schritten aber zu einem sol¬ 
chen, da wir uns überzeugt hatten, dass ein Annäliem und eine Adapta¬ 
tion der durchschnittenen Th eile ohne bedeutende Spannung möglich war. 
Zuerst wurden also, wie gewöhnlich, auf die Magenwand Nähte, welche 
die Oeffnung verengten, angelegt, und zwar so, dass die Oeffnung des 
Magens derjenigen des Duodennms gleichkam und dass ausserhalb der 
Stelle, an welcher der Dann in den Magen eingeniilit wurde, kein sack¬ 
förmiges Divertikel entstanden ist, und zuletzt wurde der Magen mit dem 
Duodeum vereinigt. Die Nähte wurden sehr genau und dicht angelegt, die* 
selben wurden genügend stark zusammengezogen und ein genaues An¬ 
liegen und Vereinigung der ziemlich grossen Peritonealfläcben angestrebt. 

Die Exstirpation von sechs Lvmphdrüsen des Mesenteriums, das An¬ 
nähen des abgetrennten Theiles des Ligamentum gastrocolicum mittels 
dreier Knopfnähte, das Austnpfen von geringer blutiger Ausscheidung aus 
der Peritonealhöhe, das vollständige Nähen der Bauch decken und schliess¬ 
lich das Anlegen eines Jodoformverbandes — alles dies bildete den 
Schlussact der nicht ganze 3 Stunden dauernden Operation. 

Am Abend nach der Operation war die Temperatur 35° C., Puls 96. 
ziemlich stark, Uebelkeit, von Zeit zu Zeit expectorirte der Kranke unbe¬ 
deutende Mengen eines blutigen Magensecretes. Nährclystiere nach Boas. 
Eis zum Schlingen und */« Gnin Morphium subcutan injieirt. 

Am folgenden Tag nach der Operation war die Morgentemperatur 
36,6, Puls 92, ziemlich voll. Der Bauch wenig schmerzhaft, eingefallen 
i * ra Epigastrium. Abendtemperatur 36.8, Puls 104 und bedeutend schwächer, 
j Am 15. Juli. Morgentemperatur 37°, Puls 88. schwach. Uebelkeit. Dy- 
1 spnoe; des Abends klagt Patient über Schmerzen in der rechten Seite, 
unterhalb der Scapula, trockner Husten. 

Ara 16. Juli wurde bei der Untersuchung des Kranken eine rechts¬ 
seitige Pleuritis diagnosticirt und ein Einstich mit Aspiration von 200 ccm 
eines serös-eitrigen Exsudates ausgeführt. Am Abend \Var die Athmung 
freier, der Puls jedoch schwach. 

Am 18. Juli fühlt sich Patient sehr schwach^ kein Fieber, Puls 90. 
Aiythmie. . 

Am 19. Juli ist der Zustand viel besser, der Kranke verlangt nacli 
Essen und erhält kleine Portionen Milch und Cognac. 

Am 20. Juli ein reichlicher Stuhl. Kein Fieber. Der Kranke klagt 
nur über Schmerzen in regione epigastrica. Am 9. Tage nach der Ope¬ 
ration wird der Verband gewechselt und die Suturen der Bauchdeckcn 
entfernt. Die Wunde ist per primam gehoilt, unter den Buuclidecken 
fühlt man aber eine beim Druck schmerzhafte Schwellung. Am zwölften 
Tage nach der Operation bildete sich im Centrum der geheilten Wunde 
ein Abscess. nach Eröffnung dessen der Inhalt des Magens heraussfliesst. 
Die zweimal vorgenommene L 7 nlersiichiing dieses Ausflusses ergab Milch¬ 
säure, etwas Pepton und • unbedeutende- Quantität unverdaut,-r Fleisch¬ 
fasern. Am 19. Tage noch der Operation trat aus der Fistel »las Ende 
eines Seidenfadens heraus und'beim leichten Anziehen an demselben wurde 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHK IFT. 


No,.S 


ein «rosset Theil eines Fadens sammt einer I 

«ä dSÄaJ sä k ä»^ i 

sttekä »s ^ 

^ OP«- 

,.ation A L 3 diclnSeid,mg des 

trat nur durch die Fistel eine unbedeutende 

■; Ä"Ä g« 

SS 

Gesellschaft am 18. Oetober v. J. " and I V m vom Duodenum, 
der Magenwand, vom Pylorus gerechnet und A . 12 cm der Umfang 
Der Umfang des abgeschnittenen Duodeums betlägt 12 ®*^ 9 “ er D J 
an der Stelle wo dasselbe vom Magen .abgeschnitten wurde cm \ 
n • v.+ katvSrrf 17 R a Das Ganze hat die Gestalt eines geknickten 

welche erhalmno Räudcr un/einen glatten Boden zeigt. v ZlTZZs 
Die stricturirte Oeffhung lässt kaum die Kuppe eines k ^? n h F ^ g ® 
durch Der ganze Tumor ist hart, nur ein 1 cm an dei ^eripneine *,e 
leaener Theil ^erweist sich als normale Magenwand. Aut dem Eurchschm 
‘»ind die Ränder der Ulceration hart, grauweiss und bestehen aus emem 
compacten Gewebe, theilweise aus Granulationsgewebe, die Submiicosa 
hat am Ulcerationsboden ein ähnliches Aussehen. die Sdi lei “^ ist ^ 
ständie- zerstört. Die Magen wand ist vier- bis funftach vei dickt unü in 
der Richtung zur Serosa sieht man grauweisse Bmdegewebszüge. as 

subseröse Bindegewebe ist wenig hypertrophisch, die Se ™ sa J^ 
verdickt. Beider mikroskopischen Untersuchung der hypei*trophischen 

Gewebe, welche die Subserosa ersetzen, erweisen sich dieselben als fibröses 
Gewebe in welchem hie und da kleine Krebskörper nachzuweisen sind; 
an den Rändern der Neubildung sehen wir steUenweise emen Zusrniimen^ 
hang dieser Körper mit den Resten der EpithehMbildungen. Daimts e 
sehen wir, dass die Neubildung ein Carcinoma fibrosum darsteUt, Die 
obige Untersuchung hat Dr. Przewoski gütigst ausgeführt. . 

g Die Untersuchung der Magenfunction wurde mehrmals durch einen 

von uns (Zawadzki) ausgeführt. • , t» i ' „ 

Beim Auf blasen mit Gasen lag die untere Grenze (bei da-Palpation, 
Percussion und percutorischen Auscultation) schon nach Whiuf von 
sechs Wochen zwei fingerbreit über dem Nabel; b “ d . e J 
nüchternen Magens mit Flüssigkeit smkt die obere F üche der Flüssig¬ 
keit nicht herunter — d. h. die Contractilität der Winde ist eine noi 
male. Der nüchterne Magen ist vollständig leer, enthalt in den ersten 
Monaten etwas Galle, Pankreassaft ist aber nicht nachzuweisen. Bei der 
Untersuchung, welche nach Verlauf von ner Monaten vorgenommen 
wurde, enthielt der nüchterne Magen keinen Inhalt. Nach einem Probe- 
frühstück nach Ewald war nach yorlaufvon 1 upd , 1, ^ 0 ! ’ tuII , dcn c ,, 8 
Inhalt sauer, nicht stinkend, die Acidität (Phenolphtaletn) 25 ®fe, trete Salz- 
säure nicht vorhanden, grosse Quantitäten Milchsäure, flüchtige rett 
säuren nicht nachgewiesen; ausserdem wurde eine kleine Quantität Pep¬ 
ton grosse Quantität Zucker, Spuren von Erythrodextnn und ungelöster 
Stärke constatirt. Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden- wie 
ausser Stärkeresten eine unbedeutende Quantität Hefepilze. Nach einem 
Mittagessen nach Leube wurden nach Verlauf von vier Stunden 50 cm 
etwas mit Galle gefärbten Inhalts von saurer Reactjon, keme Salzsäure, 
unbedeutende Quantität Müchsäure, grosse Mengen Pepton nachgewesen. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden wir zahlreiche unver¬ 
daute Fleischfasem. Das Filtrat welches wir nach dem Probefrühstück 
von Ewald erhielten, verdaute nicht Eiweiss, nach Zusatz von Salzsäure 
war die künstliche Verdauung des Eiweisses eine vollständige (Gegenwart 
von Pepsin), Labferment vorhanden. ' 

Nach dem Leube’schen Mittagessen ist der Magen nach Verlaut 
von fünf Stunden vollständig leer, und der Kranke empfindet einen pein¬ 
lichen Hunger. Die Resorption von Ka-J. erfolgte im nüchternen Zu¬ 
stande nach Verlauf von 15—17 Minuten. 

Die Untersuchung der Faeces, welche mehrmals vorgenommen wurde, 
ergab folgendes: geringe Quantität unverdauter Fleischfasem und das 
nur nach reichlicher Fleischnahrung, sehr viel elastische Fasern, Detritus 
und pflanzliche Speisereste. 

Wir ersehen aus der Untersuchung der Magenfunctionen, dass 
die mechanische Thätigkeit des Magens fast zur Norm zurück^ 
gekehrt ist. Der dilatirte Magen ist fast normal geworden und hat 
zur normalen Zeit den ganzen Inhalt in den Darm geführt; dieser 
Inhalt enthält, wie wir sehen, absolut keine Salzsäure, ebenso wie 
in allen bis jetzt publicirten Fällen von Magenresectionen infolge 
von Krebs, deshalb geht die Saccharisation der Stärke im Magen 
vollständig frei von statten, und deshalb finden wir nach Sein 
E w ald’ sehen Probefrühstück diese grosse Quantität von Zucker 
Es ist schwer zu erklären, warum wir im Magen nach . dem 
Leube’schen Mittag diese grosseh Mengen Pepton finden, viel¬ 
leicht wirkt , hier die Milchsäure, welche in ziemlich, grosser Quaii- 


vorhanden ist, pöptonisirend, möglich, dass dies andere Um- 
sufnile beeinflussen jedenfalls beweist die grosse Quantität unver- 
fhniter Fleischfasern, dass die Hauptmenge des Eiweisses unver- 
daute Fleiscmasein « H iov war dafür die Verdauung 

iönbvorzügncL wir konnten uns davon hei der Untersuchung 
der Faeces überzeugen, da wir nur minimale Quantitäten unvei- 
dauter Fleischfasern nachgewiesen haben. Das Bindegewebe 
schwerer verdaut bei unserem Kranken, und dies darf uns nicht 
wundern, da die Salzsäure dasselbe nicht vonständig löst und es 
erst verdaulicher unter der Einwirkung d ® 8 .. Pa ] !lkre ?f 8a ^! r 8 „ n w 
der Mangel an Salzsäure im Magen war die Ursache davon, dass 
dasselbe im Darm nicht vollständig verdaut werden konnte. Alle 
diese Thatsachen der mikroskopisch-chemischen Untersuchung hat 
das busselten des Kranken am besten bestätigt, derselbe ist zu 
dieser Zeit corpulenter geworden und hat immer mehr an Gewicht 
zugenommen. Der Magen hat in diesem Falle die Function eines 
Behälters übernommen, und die Hauptfunction in der Verdauung 
des Kwcisses Zrdm Pankreassaft zu Theil. Eine genügende 
Function dieser Drüse beweist, dass die Magenverdauung ohne 
besonderen Schaden für den Organismus auspschaltet werdeu 
kann und bietet einen Beweis mehr, dass es lohnt, eine Resection 
des Pvloius bei earcinomatöser Stenose vorzunehmen; wenn wir 
den Speisen den Uebergang in den Darm ermöglichen, dann wird 
sieh der Zustand des Kranken, Dank einer besseren Ernährung, 

be<le i)te d Untersuchungen von Fr. Müller, C. v. Noorden und 
Ogata haben dies bewiesen. Der Darm kann die Functionen des 
Magens vollständig übernehmen, natürlich bei normaler Ausscheiduq, 
des° Mageninhaltes und normaler Thätigkcit der Verdauungsdrüsen 

deS Wemfwir dies alles, was wir oben gesagt haben, zusammen- 
fassen, so müssen wir zum Schluss kommen, dass dies Resultat 
der Operation in unserem Falle ein durchaus ln 

dem Augenblick, wo wir diese Zeilen schreiben (Ende März),) fühlt 
sich Patient snbjectiv vollkommen wohl, ^“Körpergewicht . is 
noch immer im Ansteigen, und die Kräfte des Patl ^ nt8n 
gut Es sind schon neun Monate verflossen, und man sieht keine 
Symptome eines Reeidivs. Sollen wir eine solche bei unserem 
Patienten befürchten? Die Untersuchung der resecirten Magen- 
partie hat gezeigt, dass die Operation im gesunden Oewebe aus 
geführt worden ist, die Chancen eines Reeidivs sind also bedeut u 
vermindert. Ein ganz analoger FaU von Rosenheim ha 
Verlauf von iy 4 Jahren keine Symptome eines Re^divs geze'gt, 
wir glauben deshalb berechtigt zu sein, eine verhältnissmä.. g 
günstige Prognose zu stellen. 


V. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der 
> Universität Bologna, Director Ptof. G. Tizzoni. 
Untersuchungen. über das Infectionsfieber. 
Das Fiebergift der Baeterien. 

Von Dr. E. Centanni, Assistenten. 

(Schluss aus No. 7.) 

4. Das Pyrotoxin verschiedener Baeterien. 

Ich habe ziemlich ausgedehnte Untersuchungen angestem, uw 

qualitative und quantitative Nachweise über das Vorkomme 
Fiehergiftes in der Familie der Baeterien zn erhalten. \ »P 1«“' 
genen Baeterien habe ich. untersucht: den Diplococcus de 
monie, den Bacillus pyocyaneus, den Streptococcus^des ^ rys^-- 
den Bacillus aärogenes der Meningitis, die pyogenen Stapy . 
den Bacillus der Tuberkulose, den Milzbrandbacillus, d^bole 
spirillen, die Bacillen von Metschnikoff, von Finkleruud Prio 
und vok Deneke, den BaciUus typhi das Bact. ^rcommunr 
und einen zu den pseudotyphischen gehörenden BaciUus, ^ cn 
in einem Falle von acuter Meningitis isohrt «'»rden 
Bacillen des Tetanus, der Influenza und den der D p 
Von nicht pathogenen: den Bacillus subtilis, die Sarcina 
den Micröcoecus' versicolor, den Micrococcus roseus, d Tur asseI1 - 
epidermidis, den Proteus vulgaris, den Bac. rad ^ormi , ende 
culturen von Bakterien der Luft und des Wasse , * ^ 

thierische Gewehe und Urin, sowie viele pathogene Bacter 

abgeschwächter Form. _. c ; P h iiber- 

Aus dieser langen Reihe von Untersuchungen -Racterien, 

.einstimmend, dass die Injection von Culturen jedes die rac ten, 
pathogenen oder nicht pathogenen^, sowie von ^ ■ bringt, 

beständig <das Bild des Bacterienfiebers h 


• l y Zum letzten Mal haben vdr den Kranken am 7. A P^ ll 1Ä eT1 
Körpergewicht betrug 70 kg, der Allgemeiuzüstand war 
friedigend (Nachschrift bei der Correctur). 


das 

he- 


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22. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


177 


besonders Pyrexie und bei längerer Fortsetzung Marasmus. Dieser 
Schluss darf in Bezug auf nicht pathogene Bacterien nicht über¬ 
raschen, denn wir besitzen schon, in der Bacterienlitteratur zer¬ 
streut, eine grosse Zahl von Beispielen, dass diese Bacterien. in 
genügender Menge injicirt, toxische Erscheinungen und selbst den 
Tod des Thieres hervorgobracht haben. Beim Menschen findeu 
wir übrigens die Saprohämieen mit sehr starkem Fieber, welche 
durch nicht pathogene Bacterien erzeugt werden, so beim Genuss 
verdorbener Nahrungsmittel, bei der Zersetzung nekrotischer 
Theile und stagnirender Secrete, bei gastrointestinaler Störung 
u. s. w. Es ist auch zu erwähnen, dass die ersten Studien 
über das Baeterienfieber (Traube und G sch ei dien) an Fäulniss- 
producten gemacht wurden, und dass Zuntz und Aronsohn ihr 
Pyrogenin aus dem Heubacillus bereiteten. Ausserdem hat heut¬ 
zutage der wesentliche Unterschied zwischen pathogenen und nicht 
pathogenen Bacterien viel von seiner Wichtigkeit eingebüsst, da es 
jetzt leicht gelingt, die Bacterien durch äussere Ursachen künstlich 
zu verändern und aus einer Klasse in die andere überzuführen. 
Xoch viel leichter muss dies durch die so verschiedenartigen uud 
dauernden Einflüsse geschehen, w r elche die Natur ins Werk setzt. 

Den biologischen, am lebenden Thiere zu erforschenden Eigen¬ 
schaften kommt die Chemie zu Hülfe, indem sie diese Beständig¬ 
keit und Gleichheit des Fiebergiftes bestätigt: denn nach 
der angegebenen Methode kann man nicht nur aus allen 
Bacterieiiculturen ein toxisches Product ausziehen, sondern die viel¬ 
fältigen wiederholten Reactionen, welche ich an ihm in den ver¬ 
schiedenen Fällen angestellt habe, bew eisen mir, dass dieses gemein¬ 
schaftliche toxische Product alle Eigenschaften besitzt, welche für 
das Pyrotoxi» festgestellt worden sind. 

Es ist behauptet worden, besonders von Ga mal eia, bei Giften 
dieser Art könnte es sich um Kunstproducte handeln, je nach 
den Culturmitteln und der Zubereitung. Ich habe diesen Ein¬ 
wurf wohl beachtet und gefunden, dass bei unserer Substanz 
von einem künstlichen, wechselnden Product nicht die Rede sein 
kann. Um die Begründung des Einwurfs über die Cultur- 
raittel zu prüfen, wendete ich ausser den gewöhnlichen künst¬ 
lichen Nährböden auch solche an, welche den Verhältnissen des 
Körpers möglichst nahe kommen: Blut, Emulsionen und Extracte 
von Organen. Nährflüssigkeiten mit Eiereiweiss bereitet ; ich be¬ 
handelte diese .Stoße aseptisch und sterilisirte sie, nicht durch 
Kochen, sondern mittels Filtration durch poröse Kerzen. Was den 
Einfluss der Präparationsmethode betrifft, so kann sich der Einwurf 
nicht auf die vorgenoinmene Trennung des Toxins von den Bac¬ 
terien beziehen, weil unter natürlichen Verhältnissen bei Infectionen 
bekanntlich die Bacterien gewöhnlich entweder gar nicht oder nur 
'ehr sparsam in den Kreislauf eindringen und durch ihre löslichen 
Producte wirken, welche sich von dem Vennehrungsheerde aus ver¬ 
breiten. 


Ueber die Wirkung der Reagentien, mit welchen die Extraction 
«es Pyrotoxins ausgeführt wurde, habe ich jedesmal versucht mir 
Rechnung abzulegen, indem ich die biologischen und chemischen 
Eigenschaften des Materials, von der unberührten Cultur an durch 
die verschiedenen Stadien der Zubereitung, mit einander verglich, 
bevor und nachdem das Reagens angewendet worden war. Ausser¬ 
dem ist es möglich, ein ziemlich concentrirtes Pyrotoxin mit allen 
>emen Eigenschaften unter Vermeidung der energischen Wirkung 
der Wärme und des Alkohols durch indifferentere Mittel zu erhalten, 
jne das Altwerdenlassen, die Dialyse und die Filtration der Cul- 
«ren; das Pyrotoxin behält auch dann alle seine biologischen und 

vhcmischen Grundeigenschaften bei. 

'Vir können also schliessen, dass die ganze Familie der 
|. a \terien ein wesentlich gleiches Gift gemeinschaftlich 
besitzt, welches unzertrennlich an ihre Existenz gebun- 
1 n ist und von welchem das typische Bild der allge- 
*inen Störungen bei den verschiedenen Bacterienkrank- 
j i 1 p? 11 a . ^n gt. Auch auf dem klinischen Gebiet können wir 
mit lnl0 ™ 1 ekeit der Fiebererscheinungen beobachten, im Vergleich 
hpn * ani dgfaltigkeit der Bacterienarten, welche die Krankheit 
lieh ° nU - un( * die Physiognomie dieser Krankheiten wird gewöhn¬ 
te ^ urc ‘h die Qualität der allgemeinen Störungen, als durch 

'iureh i c- UÜ< * Entwickelung dieser Störungen, sowie besonders 
\ ( e JJ un d durch die Virulenz des Infectionsheerdes bestimmt, 
p, * aoh( em so die Hauptsache festgestellt ist, bleiben noch einige 
V Geringerer Bedeutung zu erledigen. 
itfMi + an . n fragen, welchen Unterschied die verschiede- 
jt 0 ff c J en /*n arten in Bezug auf ihren Gehalt an Fieber- 
annähern l' ei Q Cn ’ ^ e ^ er diesen Punkt kann man nur zu einer 
Ma.ssfnr..H Schätzung gelangen, indem man die Wirkung von 
^ an ein* ^ Reicher Dosis beobachtet, denn bis jetzt fehlt 
lyg e allPß 1 *' 0 • n ^ en Extractionsmethode zur quantitativen Ana- 
BacteripnnJf 61ner enthaltenen Pyrotoxins. Ich wählte elf 

e », pathogene und nicht pathogene, und legte von 


ihnen oberflächliche Culturen auf Agar an. Am dritten Tage wurde 
die Schicht abgenommen, getrocknet und in Dosen von 5 cg für 
jedes Kilo von dem Körpergewicht des Kaninchens getheilt. Die 
Dosis für jedes Thier wurde zum Gebrauch in Wasser vertheilt 
und durch kurze Erwärmung sterilisirt/ Nach der Injection wurde 
die schnellste Temperaturerhöhung, 1,5° in drei Stunden, beim 
Pneumonococcus, bei der Sareina, bei dem Bacillus aörogenes und bei 
dem der Diphtheritis beobachtet. Nach sieben Stunden ergab die 
Sareina eine Zunahme von 2,4°, der APrögenes von 1,9°, der Bacillus 
coli und epidermicus von 1,8°, der Radiciformis von 1,7°, der Sub- 
tilis von 1,6°, der Pneumonococcus von 1,4°, der des Milzbrands 
und der Cholera von 1,2° und der der Diphtheritis von 0,9°. 

Am folgenden Tage bestand das Fieber noch bei allen mit 
Temperaturerhöhungen von 0,8° bis 1,5°: es war stark bei Coli, 
Cholera, Pneuinonococcen, Sareina; mässig bei Radiciformis, Milz¬ 
brand, Epidermicus, Aörogenes, Diphtheritidis und Subtilis. 

Dies alles beweist, dass bei den verschiedenen Bacterienarten 
die pyrotoxische Kraft nicht, im Verhältnis zu ihrer 
Pathogenität steht. Die Ueberlegenheit, welche die pathogenen 
Bacterien in dieser Beziehung zeigen, ist nur scheinbar: denn diese 
besitzen die Fähigkeit, wenn sie in kleiner Dosis eingeführt wer¬ 
den, sich zu vermehren und weit zu verbreiten, während die nicht 
pathogenen nur durch die Höhe der Dosis und an der Injections- 
stelle wirken. Infolge dieser Experimente und der im Laufe dieser 
Studien erworbenen Kriterien glaube ich vorläufig annehmen zu 
können, dass die verschiedenen Bacterien bei gleichem 
Volumen das Fiebergift in nicht sehr verschiedener 
Menge enthalten. 

Nach diesen Folgerungen war es von geringem Interesse, die 
Schwankungen zu bestimmen, denen der Gehalt einer bestimmten 
Baeterienart an Gift unter verschiedenen Umständen unterworfen 
ist. Es schien mir nicht, als fände man einen grossen Unter¬ 
schied. wenn ein pathogenes Bacterium in den Zustand der Ab¬ 
schwächung übergeht. Was den Einfluss des Nährbodens betrifft, 
so habe ich bemerkt, dass Fleischbrühe bei gleicher Concentration 
eine mehr pyrogene Cultur hervorbringt, als das von Agar auf 
Platten gewonnene Material. Einen wesentlichen Unterschied be¬ 
merkt man zwischen den sporificirten und den nicht 
sporificirten Culturen. Ich habe mit dem Milzbrandbacillus 
und dem Subtilis, nach Sterilisirung, Versuche angestellt und be¬ 
obachtet, dass bei sporificirten Culturen das Fieber fast ganz aus¬ 
bleibt, im Vergleich mit einer gleichen, einen Tag alten Dosis, 
welche Fieber erzeugte, wie bei anderen. Man muss also annehmen, 
entweder dass mit der Sporenbildung das vorher vorhandene toxische 
Princip zerstört wurde, oder viel wahrscheinlicher, dass es in die 
Sporen eingeschlossen wird und von da aus seine Wirkung nicht 
auszuüben vermag, denn die Sporen werden von den Säften des 
Organismus schwer angegriffen und können w r egen der vorherge¬ 
gangenen Sterilisirung nicht keimen. 


5. Ort der Bildung und das Pyrotoxin 
begleitende Gifte. 

Eine andere Frage ist die nach dem Orte der Bildung 
des Fiebergiftes. Hierüber besitzen wir schon zahlreiche Studien, 
welche bewiesen haben, dass diese Producte einen Theil des 
Körpers der Bacterien ausmachen. Es ist besonders das Ver¬ 
dienst Büchner’s, gezeigt zu haben, dass man durch Kochen von 
Bacterienmassen der verschiedensten Arten toxische Producte er¬ 


hält, welche er jedoch zu den Proteinen rechnet. 

Auch ich habe wiederholt beobachtet, dass man durch Filtrirung 
junger Culturen eine wirkungslose Flüssigkeit erhält, während das 
Gegentheil bei abgekochten Bacterien und bei Massenculturen der 
Fall ist. Bei fortschreitendem Alter fängt auch die Cultur fl üssigkeit 
an, sich wirksam zu zeigen, und es ist nicht leicht zu bestimmen, 
ob es sich um eine secretorische Function des Bacteriums, oder um 
ein postmortales Diffusionsproduct, oder um dessen Zerfall handelt. 

Für die erste Meinung lässt sich die Thatsache anführen, dass 
man bei heftigen Infectionen, z. B. bei den am Kaninchen durch 
Milzbrand oder Pneumonococcus hervorgebrachten, nicht immer im 
Blute degenerative Formen in hinreichender Menge bemerkt, um 
die hohe Temperatur zu rechtfertigen; freilich kann man glauben, 
dass in solchen Fällen das Pyrotoxin auch in kleiner Menge, da 
es sich im Kreisläufe befindet, seine ganze Wirksamkeit zu ent¬ 
falten vermag, oder auch dass die Degeneration der Bacillen an 
anderen Stellen stattfinden könnte. 

Für die zweite Hypothese spricht die Thatsache, dass man 
zugleich mit dem Eintritt der Toxicität der Flüssigkeit Bac¬ 
terien bemerkt, welche sich auf dem Wege zur Degeneration 
befinden. Ausserdem liefern die dem Zerfall kräftig widerstehen¬ 
den Bacterien, welche die Flüssigkeit klar lassen, eine wenig 
oder gär nicht wirksame Lösung; dies ist der Fall mi 
Bacillus epidermicus, dem des Heues, mit einigen Formen von b r p 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


coccen und besonders mit dem Tuberkeibacillus. Ich habe Gelegen¬ 
heit gehabt, Culturen des letzteren in glycerinirter Fleischbrühe 
mehr als anderthalb Jahre nach ihrer Anlegung zu beobachten und 
gefunden, dass sie an die Flüssigkeit keinen Theil ihres pyrogenen 
Productes abgegeben hatten; wohl aber konnte man letzteres zur 
Erscheinung bringen, wenn man die Bacterien selbst injicirte. Da¬ 
gegen liefern die Culturen von Bacterien, welche zerfallen und die 
Flüssigkeit trüben, sodass sie ihr ein leimiges Ansehen geben 
(Pyocyaneus, Cholerae, Coli, Aörogenes, u. s. w.) ein Filtrat von 
stark ausgesprochener toxischer Wirksamkeit. Aus dem Körper 
der Bacterien strömt das Pyrotoxin langsam nicht nur m Fleisch¬ 
brühe, sondern auch in neutrales, leicht alkalisches oder saures 
sterilisirtes Wasser und in Glycerin aus. Die Ausziehung wird 
befördert durch Kochen, durch Auflösung der Bacterien mittels 
der Pepsin- oder Trypsin-Verdauung, oder auch durch Kali oder 
einprocentige Salzsäure. Keines von diesen Mitteln übt übrigens 
auf die Bacterien eine so allgemeine, vollständige Wirkung aus, 
dass es als Extractionsmethode für eine quantitative Analyse be¬ 
nutzt werden könnte. 

Nebenbei möchte ich bemerken, dass von den beiden Be- 
standtheilen der Bacterienzelle, dem Linin und dem Chromatm, 
das Fiebergift einen Theil des zweiten auszumachen scheint. Denn 
das Chromatin verschwindet zuerst, sowohl wenn das Pyrotoxin 
freiwillig in alte Culturen oder in den Organismus diflundirt, als 
auch wenn es durch künstliche Mittel ausgezogen wird. Wenn das 
Chromatin sich in den Sporen angesammelt hat, so ist ferner das 
nicht färbbare Skelet des Bacteriums, wie wir gesehen haben, 
wenig oder nicht wirksam. 

Ob es ausser dem gegenwärtig untersuchten Fiebergifte m 
den Bacterien noch andere, ähnliche, dieses unterstützende Fieber¬ 
gifte giebt, das ist eine Frage, über welche wir noch keine beson¬ 
deren Untersuchungen angestellt haben: doch scheint es nichtsehr 
wahrscheinlich, weil die dem Fieber eigenen Symptome vollständig 
durch unser Pyrotoxin hervorgebracht werden. 

Es ist also hier nicht die Rede davon, ob die Bacterien ausser 
dem Fiebergifte, je nach ihrer Art, noch andere Substanzen 
hervorbringen, mögen sie unschuldig oder giftig sein; so viel aber 
ist sicher, dass das Pyrotoxin immer neben ihnen vorhanden ist. 
Sie können dem Bilde des Fiebers einige Nebensymptome hinzu¬ 
fügen oder durch ihre ausserordentliche Stärke die schwersten 
Folgen hervorbringen, ehe das Fiebergift sich im Organismus in 
solcher Mengo anhäuft, dass seine Wirkung deutlich wird. Diese 
Gifte entstehen nur in besonderen Fällen, und wenige davon sind 
genau bekannt. Dagegen lässt sich der grösste Theil der von ver¬ 
schiedenen Autoren gewissen Bacterienarten zugeschriebenen Gifte 
auf das Pyrotoxin zurückführen; das angenommene spezifische Gift ist 
entweder nicht vorhanden, oder es gelingt nicht, seine Bildung in 
unseren künstlichen Culturmitteln hervorzurufen. So ist das 
Choleragift in unseren Culturen nichts arls gewöhnliches Pyrot-oxin; 
wahrscheinlich ist es ebenso mit dem Tuberkulin, denn es ist be¬ 
wiesen, dass man seine Wirkungen durch Bacterienextracte von 
den verschiedensten Arten, auch von nicht pathogenen, erzeugen 
kann , und wir werden von dieser Thatsache Rechnung ablegen, 
wenn wir unter den secundär9n Wirkungen des Pyrotoxins die 
Electivwirkungen auf die Zellenheerde des Organismus mit alte- 
rirtem und sehr thätigem Stoffwechsel studiren werden, wie die 
infectiven Granulome, die bösartigen Geschwülste (Spronk), viel¬ 
leicht auch die Epiphysenlinien (Miccoli) u. s. w. Gut unter¬ 
schiedene Gifte dagegen sind die des Tetanus, der Diphtheritis, 
der Influenza und die zur Gruppe der Ptomaine gehörenden. Wenn 
man Thiere mit Culturen derartiger toxischer Bacterien ver¬ 
giftet, so sieht man im allgemeinen kein Fieber auftreten, ja, in 
der Diphtheritis und bei einigen Ptomainen (Neurin) sinkt die 
Temperatur, und klinisch sehen wir auch beim Menschen Tetanus 
und Diphtheritis, wenn sie ohne Complication sind, mit geringem 
oder keinem Fieber verlaufen. Wenn man jedoch aus diesen Cul¬ 
turen das specielle, energische Gift entfernt (durch Erhitzung bei 
Tetanus, Diphtheritis und Influenza, durch Ausziehung mit Alkohol 
bei den salificirten Ptomainen), oder auch wenn man von denselben 
Bacterien abgeschwächte, kein Toxin mehr liefernde Culturen an¬ 
wendet, dann findet man immer, dass diese Culturen in hin¬ 
reichender Dosis, wie alle anderen gewöhnlichen Bacterien, das 
Krankheitsbild des Fiebers hervorbringen. 

Man muss also das Pyrotoxin wegen seiner Beständigkeit für 
das Hauptgift der Bacterien halten, im Gegensatz zu den anderen 
Giften, welche man wegen ihrer Zufälligkeit secundäre oder besser 
specifische Bacteriengifte nennen kann, zum Unterschied von 
dem anderen allgemeinen. 

6 . Folgerungen. 

Wir haben das Studium des Infectionsfiebers mit der Auf¬ 
suchung des das Fieber erregenden Agens der Bacterien begonnen; 


die bis jetzt erhaltenen Resultate stellen sieh als folgende Grund- 
thatsachen dar.^ des Bacter ienfiehers wird durch allge¬ 
meine Intoxieation mit einem Gift (Pyrotoxina bactenoa) 
hervorgebracht, welches sich im Innern der Bacterien 
bildet und sich durch seine Eigenschaften von den bis 
jetzt besser bekannten Baeteriengiften (Ptomaine, En- 
zyme, Toxalbumine) unterscheidet. 

2. Dieses Gift ist allgemein verbreitet und allen Bac¬ 
terienarten gemein, denn es findet sich bei den ver¬ 
schiedensten Arten, sowohl pathogenen als nicht, patho¬ 
genen, und immer mit denselben Eigenschatten 

Ich halte mich augenblicklich nicht dabei auf. die Bedeutung 
dieser Schlüsse auf dem allgemeinen wissenschaftlichen Gebiete der 
Infectionskrankheiten hervorzuheben. Sie sind geeignet, die Einheit 
der verschiedenen Glieder der Bacterienfamilie und die Entwicke¬ 
lung der Bacteriologie in der Richtung nach der pathologischen 
Chemie zu immer mehr zu beschleunigen, sowie viele bis jetzt an¬ 
genommene Ideen über die Specificität der Bacterien, über die 
wesentliche Natur ihrer Pathogenität, über den respectiven Werth 
der Bacterien und der begleitenden Ursachen für ein gegebenes 
Krankheitsbild abzuändern. „ 

Besonders die praktische Frage über die rationelle Therapie 
des Bacterienfiebers erhält durch diese Untersuchung, eine ganz 
bedeutende Förderung. Denn wenn das Fieber auf eine einfache 
Intoxieation zurückgeführt und deren Gift bestimmt ist, so haben 
wir die Krankheit neben den Tetanus, die Diphtheritis, die Ver¬ 
giftung durch Ricin, die Hundswuth u. s. w. gestellt; wenn wir 
also Bacterienculturen von geeigneter vaccinirender Kraft zu¬ 
bereiten, so kann es uns gelingen, Thiere auch für diese Intoxi¬ 
eation unempfänglich zu machen und aus ihrem Blute nach schon 
bekannten Methoden die betreffenden Gegengifte zu bereiten. Ausser¬ 
dem ist es wichtig, dass es, wenn die Einheit des Fiebergiftes bei 
den verschiedenen Bacterien zugegeben wird, nicht mehr nöthig 
sein wird, für jede Art die besondere immunisirende Substanz 
zuzubereiten, sondern man wird hoffen können, das Antitoxin gegen 
das Fieber aller Bacterien gefunden zu haben, sobald man ein wirk¬ 
sames Antitoxin gegen das Fieber eines einzelnen Bacteriums ent¬ 
deckt hat. Dieser Schluss ist zwar kühn, hat aber schon an¬ 
gefangen, in experimentellen Thatsachen die beste Bestätigung zu 
finden, wie die nächste Mittheilung zeigen wird. 


VI. Ein historischer Rückblick auf die 
Entwickelung der Lehre von der blutbildenden 
Function des Knochenmarks. 

Entgegnung auf den Artikel des Herrn Prof. Neumann. 

Von Prof. G. Bizzozero in Turin. 

„In seinen Schriften älteren und neueren Datums hat Professor 
E. Neu mann in Königsberg, mit Wenig beneidenswerther Beharr¬ 
lichkeit, den vor Zeiten zwischen uns entstandenen Prioritätsstreit 
wegen der blutbildenden Function des Knochenmarks wieder aul¬ 
zuwärmen gesucht. Meine Absicht war es, mich darauf gar nick > 
einzulassen, weil meines Dafürhaltens es in der Wissenschaft vie 
mehr auf die Entdeckung selbst als auf den Namen des Entdeckers 
ankommt: doch ist mir das Stillschweigen nicht mehr gestattet, 
seitdem Herr Neu mann sich nicht damit begnügt, mich allem 
anzugreifen, sondern auch, in nichts weniger als höflicher Form, 
seinen polemischen Eifer gegen diejenigen richtet, die in ihren 
Schriften den mir gebührenden Antheil an dem Nachweise^ dei 
hämatopoötischen Verrichtung des Knochenmarks anerkennen- 

Mit diesen Worten begann ich im Jahre 1878 1 ) einen Artike^, 
betitelt: „Geschichtliches über die Kenntniss des Knochenmarks , 
und mit denselben Worten kann ich diesen Artikel beginnen, um 
auf das zu antworten, was Prof. Neumann hinsichtlich meiner m 
No. 51, Jahrg. 1898 dieser Wochenschrift geschrieben hat. Denn 
dieser letztere Artikel Neumann’s ist nichts anderes als ein neu .®J 
Sprössling einer vor einem Vierteljahrhundert begonnenen Polemi , 
die er von Zeit zu Zeit mit den gleichen Beweisgründen wieder 
erhebt und die den Zweck hat, die Welt zu überzeugen, dass ai » 
was man bezüglich des Ursprungs der rothen Blutkörperchen g 
funden zu haben meint, nur eine mehr oder weniger erwei e 
Wiederholung dessen ist, was er in seiner 1868 erschienenen 
beit goschrieben hat. . . 

Ich will mich hier nicht mit dem von Neumann in 861 
Artikel angeschlagenen Tone beschäftigen und auch nicht 
seinen Auslassungen gegen mich. Es ist dies eine Form 
Polemik, an die ich nicht gewöhnt bin und über die gewiss 
Leser hinlänglich geurtheilt haben werden. 

J ) Wiener med. Jahrb., II. Heft, 1878. 


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22. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


179 


Im Interesse der Frage werde ich mich auf die Anführung : 
einiger Thatsachen beschränken, die darthun werden, welchen An- 
theil ich und Neu mann, jeder für. sich, an dem Nachweise der 
hämatopoötischen Function des Knochenmarks gehabt haben; und 
da es mir widerstrebt, die Feder einer einfachen Prioritätsfrage 
wegen zu ergreifen, werde ich ganz kurz sein. 1 ) 

1. Die erste Kenntniss von den Beziehungen zwischen dem 
Knochenmark und den morphologischen Elementen des Blutes da- 
tirt nicht von 1868, dem Jahre, in welchem Neu mann die kern¬ 
haltigen rothen Blutzellen im Knochenmark entdeckte; sondern sie 
datirt drei Jahre weiter zurück, von dem Jahre nämlich, in welchem 
ich entdeckte, dass die Markzellen contractil sind; denn von jenem 
Augenblicke an konnte das Knochenmark zu der Gruppe gezählt 
werden, zu welcher die Milz und die Lymphdrüsen gehören. Die 
Entdeckung, die ich dann machte und 1866 veröffentlichte, dass 
nämlich die Markzellen sich rasch durch Theilung vermehren, führte 
zu dem Schlüsse, dass das Knochenmark ein beständiger 
Leukocytenerzeugungsheerd ist. Und eben diese Schluss¬ 
folgerung ist es, die zuerst ich gemacht und die ich in meiner 
Mittheilung vom 10. November 1868 veröffentlicht habe. 

2. Es ist richtig,, dass die erste Kenntniss vom Vorhandensein 
kernhaltiger rother Blutzellen im Knochenmark Neu mann zu ver¬ 
danken ist, und ich habe dies in meinen Schriften auch immer an¬ 
erkannt. 

Aber diese Entdeckung that nicht dar, dass a) die kernhal¬ 
tigen rothen Blutzellen wirklich im Knochenmark entständen und 
nicht von anderen Theilen des Organismus dorthin geschafft w T ürden, 
um so mehr als sie sich im Lumen der Blutgefässe finden; b) stellte 
nicht fest, dass die kernhaltigen rothen Blutzellen wirklich junge, 
in Evolution begriffene Elemente seien und nicht alte, einer be¬ 
sonderen Hämoglobindegeneration verfallene Elemente, für die sie 
in der That von Pouehet gehalten wurden; c) erklärte nicht ihre 
Herkunft und entschied noch weniger, ob ihre Erzeugung eine so 
thätige sei, wie es zum Ausgleiche der beständig im Organismus 
stattfindenden Zerstörung rother Blutkörperchen erforderlich ist. 
Alle diese Fragen wurden von mir schon bei meinen ersten Unter¬ 
suchungen (Mittheilg. vom 10. November 1868) gelöst; denn durch 
meine Entdeckung, dass die kernhaltigen Blutzellen sich im Knochen¬ 
mark lebhaft durch Theilung vermehren, wurde auch gleichzeitig 
dargethan, dass sie nicht in Involution begriffene Elemente sind, 
dass ihre Erzeugung wirklich im Knochenmark statthat und dass 
das Knochenmark somit eine beständige Bildungsstätte 
rother Blutkörperchen ist. 

3. Ich war es, der nachwies, dass im Knochenmark Riesen¬ 
zellen mit in Sprossung begriffenem Kern vorhanden sind, die sich 
gänzlich von den schon vorher unter dem Namen Myeloplaxen 
(Osteoklasten) bekannt gewesenen unterscheiden. 

4. Ich war es, der nachwies, dass im Knochenmark bisweilen 
unter normalen, häufiger und in grösserem Maasse unter patholo¬ 
gischen Verhältnissen, besondere Zellen vorhanden sind, in denen 
die rothen Blutkörperchen zerstört werden. 

0 In Prioritätsfragen trete ich sehr ungern ein, und nur wenn ich 
ment anders kann. So habe ich z. B. noch kein Wort geschrieben, um 
mein Prioritätsrecht bezüglich der Entstehung des weissen Thrombus 
zu vertheidigen. In mehreren Werken und Journalartikeln (z. B. in 
juebs, AUgem. pathol. Morphologie 1889, p. 137; Birch-Hirschfeld. 
Grundriss der allgem. Pathologie 1893, p. 161; Landois, Lelirb. d. Phys. d. 
lenschen, 8.Aufl.. 1893, p. 34; Grützner, Deutsche med.Wochenschr.1892, 

P-H) wird Eberth und Schimmelbusch „das grosse Verdienst beige- 
die Blutplättchenthrombose nachgewiesen zu haben“ (K1 eb s, op. cit. 
FK i ^' UD es .l eic ht- festzustellen, dass die erste Mittheilung von 
n ,m( l Schimmelbusch über die Thrombose sich in den 
rortschr. der Medicin 1885, No. 12. findet und ihr Werk „Die Throm- 

se nach Versuchen und Leichenbefunden“ im Jahre 1888 er- 
; rtf e . n; , während ich schon am 9. December 1881 in einer vorläufigen 
Best Rauptet hatte, dass die Blutplättchen den überwiegenden 

lanataeü des weissen Thrombus bilden, und in meiner einige Monate 
1889^ verö ~® D ^ lc ^^ n auslührlichen Arbeit (Virchow's Archiv, Bd. 90, 
am S °J° Tu^ UrC ^ < ^ rp kte mikroskopische Untersuchung der Gefässe 
Gefas 6n i ™ aier ’ a ^ s durch mechanische oder chemische Reizung grösserer 
lefctJ!* , auc b durch Einführung von Fäden in das Lumen dieser 
dun» ^ habe, „dass die wesentlichste Rolle bei der Jiil- 

Blntti- eS w ® lssen Thrombus den Blutplättchen und nicht den farblosen 
Thrombf erC ^ n , zu ^ t,u Denn erstens besteht bei der Bilduni des 
der * rQ kest zu beobachtende Erscheinung in einer Anhäufung 

feine sppiiV^a u’ Steckenbleiben von weissen Blutkörperchen ist 
Plättchen aä *T L C “ einu ng u ; und zweitens erleiden die angehaltenen Blut- 
aadenimr^ 6 C j ^ en P oe ^ en entstandenen Thrombus bilden, rasch Ver¬ 
nix,. W0(lurc h s |e zuletzt mit einander zu der wohlbekannten kör- 
Eberth ,, S u? we issen Thrombus verschmelzen. Die Arbeiten von 
reiche Vers c k lmn ielbusch Uber den Thrombus, die sich auf zahl¬ 
stützen bn« Che j n< * au ^ ein reiches pathologisch-anatomisches Material 
*1« eine emnac ^’ V* 3 Entstehung des Thrombus betrifft, nur 

beiten betrachtet^’ ^ wi ^ kommene * Bestätigung meiner Ar- 


5. Ich war der erste, der durch ausgedehnte Untersuchungen 
am Menschen die Veränderungen nach wies, die das Knochenmark 
in einigen krankhaften Zuständen des Organismus (Hungerzustand, 
Typhusinfection, Anämie u. s. w.) aufweist. In Fällen von schwerer 
Anämie z. B. habe ich die kernhaltigen rothen Blutzellen in sehl- 
zahlreicher Menge gefunden und habe hier die Aufmerksamkeit 
auf jene Blutkörperchen mit grossen Durchmessern (bis zu 18 -u) 
gelenkt, denen man jetzt eine grosse diagnostische Bedeutung bei- 
misst und die unter dem Namen Gigantobiasten bekannt sind. 

In neuerer Zeit habe ich eine weitere Reihe von Arbeiten über 
die rothen Blutkörperchen veröffentlicht, in denen ich 'unter andern 
nachwies, dass diese bei allen Wirbelthierklassen und das 
ganze Leben hindurch durch einen TheilungsVorgang und, 
genauer gesagt, durch indirekte Theilung besonderer Elemente, der 
Erythroblasten, erzeugt werden, und habe festgestellt, dass diese 
letzteren bei den verschiedenen Wirbelthierklassen einen verschie¬ 
denen Sitz haben, so dass sie, während sie z. B. bei den Säuge- 
thieren, bei den Vögeln, bei den Reptilien und den anuren Ba- 
trachiern sich im Knochenmark befinden, bei den Urodelen in der 
Milz und bei den Fischen sowohl in der Milz als im Lymphold- 
gewebe der Nieren ihren Sitz haben. Aber von diesen meinen Ar¬ 
beiten brauche ich hier nicht zu sprechen, denn auf sie, glaube 
ich, wird Neu mann nicht seine Prioritätsansprüche ausdehnen 
wollen. Das, was er an Thatsächlichem zur Lehre der Her¬ 
kunft der rothen Blutkörperchen beigetragen hat, liegt, kann 
man sagen, ganz und gar in der von ihm im Jahre 1868 gemach¬ 
ten Entdeckung der kernhaltigen rothen Blutzellen. Der wissen¬ 
schaftlichen Bewegung, die sich betreffs dieser Lehre in dem 
letzten Vierteljahrhundert entfaltet hat, ist er fremd geblieben. 
Nur mit heftigen polemischen Artikeln hat er daran theilge- 
nommen. 

Was das Urtheil anbetrifft, das Neumann am Ende seines 
Artikels über meine Arbeiten fällt, so wird man leicht begreifen, 
dass ich, wie es auch immer sein mag, nicht geneigt bin, es an¬ 
zunehmen. Nicht von ihm kann ich ein uneigennütziges und un¬ 
parteiisches Urtheil erwarten. 


VTI. Erwiderung betreffend das trockene 
Tetanusgift. 

Von Prof. H. Büchner. 

Nachdem die Herren L. Brieger und C. Fraenkel in No. 5 dieser 
Wochenschrift behaupten, das Tetanusgift bereits bei ihren früheren „Unter¬ 
suchungen über Bacteriengifte“ (1890) in trockener Form dargestellt 
zu haben, habe ich keinen Grund dies weiter zu bezweifeln. Doch fehlt 
in jener Arbeit die ausdrückliche Angabe, dass das Gift getrocknet 
wurde und dennoch wirksam blieb. Nach dem Zusammenhang musste 
man vermuthen, dass es nur mit Alkohol gefällt wurde, und dass dieser 
Niederschlag zu den Versuchen diente. Die Angabe der Trockendarstellung 
wäre wichtig gewesen, weil gerade das Tetanusgift bei seiner leichten Ver¬ 
änderlichkeit. im Verhältniss z. B. zum Diphtheriegift, relativ schwer zu 
behandeln ist und leicht seine Wirksamkeit verliert. 

Auch durch die späteren Publicationen Brieger’s musste man in 
der Meinung bestärkt werden, dass ihm trockenes, haltbares Tetanusgift 
nicht zur Verfügung stand, da nie von einem derartigen Präparat die 
Rede war, sondern zur Conservirung der Tetanusbouillon ein Zusatz von 
Glycerin empfohlen wurde. 

Ferner ist zu beachten, dass Tizzoni und Cattani (Arch. f. exp. 
Path. XXVII. Bd., 1890, S. 144) nach dem Vorgänge von Brieger und 
Fraenkel das Tetanusgift durch Alkoholfällung zu isoliren suchten, 
jedoch auf diesem Wege nicht zum Ziele kamen, da das Gift durch die 
Alkoholbehandlung zerstört wurde. Dagegen gelangten diese Autoren — 
was mir bei Beanspruchung der Priorität der Trockendarstellung ent¬ 
gangen war — durch Fällung mit Ammonsulfat in der That dazu, das 
Tetanusgift in trockener Form zu gewinnen. 

Das Hauptgewicht war von mir nicht nur auf Gewinnung eines 
trockenen, sondern eines haltbaren, für vergleichende Untersuchungen 
verwendbaren Präparates gelegt worden. Mein trocken dargestelltos 
Tetanusgift besitzt jetzt, nach Ablauf eines Jahres, ganz unveränderte 
Wirksamkeit. ___ 

VIII. Referate und Kritiken. 

Th. Bosenheim, Pathologie and Therapie der Krankheiten 
des Verdaunngsapparates. II. Theil: Pathologie und The - 
rapie der Krankheiten des Darms. 8°, 681 S. Wien-Leipzig, 
Urban & Schwarzenberg, 1898. Ref. G. Klemperer (Berlin). 

Seitdem vor 20 Jahren die Dannkrankheiten in Ziemssen’s 
Sammelwerk durch Leube, Leichtenstern und Heller die be¬ 
kannte ausgezeichnete Darstellung erfahren haben, ist eine mono¬ 
graphische Bearbeitung dieses Gebietes in Deutschland nicht er¬ 
schienen, trotzdem doch auch hier Theorie und Praxis in reger 
Fortentwickelung. sich. ausgestaltet haben. - Der Grund für - diese 
Zurückhaltung vieler berufener Autoren inag wohl darin liegen, 
dass trotz mancher Fortschritte doch eine Reihe drängender Fragen 


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180 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No, 8 


gerade dieses Kapitels noch immer ungelöst sind; vielen wird die 
Zeit geeigneter dünken, zu schaffen als zu sammeln. Im ärztlichen 
Publikum aber besteht zweifellos das Bedürfniss nach einem Werke, 
in dem unser Wissen und Können auf einem praktisch so wichtigen 
Gebiete kritisch und nutzbringend zusammengefasst wird. Es ist 
das Verdienst des vorliegenden Buches von Rosen heim, dieses 
Bedürfniss in ausgiebigster Weise zu befriedigen. Alles Neue, 
was die letzten Jahrzehnte der Pathologie und Therapie der Darm¬ 
krankheiten hinzugefügt haben, wird eingehend und klar vorge¬ 
tragen und erfährt eine sachliche Beurtheilung. Vou den Be¬ 
reicherungen unseres therapeutischen Könnens möchte ich die Magen¬ 
ausspülung bei Ileus, die Oeleingiessungen bei vielen chronischen 
Darmleiden, die Carbolinjectionen bei Hämorrhoiden, die Anwendung 
vieler neuer Arzneimittel, wie Salol und Dermatol, herausheben. 
Besonders ist die Sorgfalt zu rühmen, mit der der Verfasser die 
Indicationen der internen Chirurgie würdigt; beim Ileus wie bei 
der Perityphlitis zieht er in besonnener Weise das Facit der vielfachen 
Discussionen, die in letzter Zeit zwischen inneren Aerzten und 
Chirurgen stattgehabt haben. — In den stets sehr reichhaltigen 
Bemerkungen über die Diagnostik ist ebenfalls kaum eine neuge¬ 
fundene Thatsache übergangen; die bekannten Untersuchungen von 
Nothnagel speciell über die Mikroskopie der Stuhlgänge sind er¬ 
schöpfend gewürdigt; die Diagnose des gefährlichsten Darm¬ 
schmarotzers, Anchylostoma, ist der praktischen Wichtigkeit ent¬ 
sprechend erörtert. Auch die chemische Untersuchung des Urins, 
welche die hier erfolgende Ausscheidung vieler Darmzersetzungs- 
producte (Phenol, Indol, Diamine) für die Diagnose verwerthet, 
erfährt ausführliche Darstellung. Wo die klinische Forschung neue 
Krankheitsbilder aufgestellt hat, wie bei der Enteroptose, oder alte 
wesentlich vertieft hat, wie bei der Duodenalstenose, werden die 
neuen Kenntnisse berichtet, ohne dass der abwägenden Kritik ihr 
Recht verkümmert wird. Im übrigen ist der altbewährte Inhalt 
der Darmpathologie nicht vernachlässigt, sondern überall in er¬ 
schöpfender Weise — an geeigneter Stelle in deutlicher Anlehnung 
an die Darstellung bekannter Vorgänger — durchaus klar vor¬ 
getragen. In der harmonischen Verschmelzung unserer neuen 
Kenntnisse mit dem überlieferten Besitzthum alten Wissens möchte 
ich einen wesentlichen Vorzug des Rosenheim’schen Werkes er¬ 
blicken. 


Das ganze Buch besteht aus 14 Kapiteln. Eine knapp ge¬ 
haltene Darstellung der anatomischen und physiologischen Verhält¬ 
nisse und eine kurze Schilderung der Untersuchungsmethoden 
bilden den Inhalt der ersten beiden Abschnitte. Acute und chronische 
Enteritis mit der Atrophie der Darmschleimhaut, Typhlitis und 
Perityphlitis folgen im dritten und vierten Kapitel. Der nächste 
Abschnitt ist in dankenswerther Ausführlichkeit den entzündlichen 
Affectionen des Ma?.tdarms und dem Hämorrhoidalleiden gewidmet. 
Der Ileus umfasst nicht weniger als drei grosse Kapitel, es folgen 
die verschiedenen geschwürigen Processe, unter denen auch die 
syphilitischen eingehend abgehandelt werden, der Darmkrebs, die 
Neurosen, schliesslich die Darmwürmer. Ein ausserordentlich reiches 
Material ist in übersichtlicher und klarer Weise in diesen Kapiteln 
verarbeitet, die therapeutischen Anweisungen sind rationell be¬ 
gründet, dabei ins einzelne eingehend und überall dem praktischen 
Bedürfniss angepasst. Es ist natürlich, dass bei einem so mannich- 
faltigen Inhalt manches Detail auch Widerspruch herausfordern 
dürfte. Wenn ich einiges, was ich mir bei der Lecttire ange¬ 
merkt habe, aufs Gerathewohl herausgreifen darf, so ist mir 
nicht recht klar, warum bei der chronischen Obstipation unter 
anderem gerade Thee, Weissbrod, Kakes und Chocolade ganz be¬ 
sonders zu meiden sein sollen. Auch kann ich es nicht billigen, dass 
Verfasser bei der habituellen Atonie des Darmes einen schematisi- 
renden, übrigens nicht gerade reichhaltigen „Speisezettel“ vorschreibt. 
Gewiss ist Genauigkeit der ärztlichen Anordnungen sehr erwünscht, 
aber wenn bei irgend einer Krankheit, werden wir uns doch bei der 
Behandlung der Obstipation vor Einseitigkeit zu hüten haben Auch 
was Rosenheim über Wassereingiessungen bei diesem Leiden sagt 
dürfte wohl nicht allgemeine Zustimmung finden. Er empfiehlt 
geringe Wassermengen, am besten durch Klysopomp beigebracht- 
den Irrigator will er am liebsten in Knieellenbogenlage angewandt 
wmsen, von grösseren Wassereingüssen befürchtot er schädliche 
Ueberdehnung des Dickdarms. Ich möchte eine Beförderung der 
Atonie durch W asseremgiessungen für ganz ausnahmsweise halten; 
auch „grössere \Y asserströme“ werden viel zu schnell durch den 
Dickdarm resorbirt, als dass die Zerrung wesentlich in Frage käme 
und in der systematischen Anwendung der Irrigation sehe ich nach 
wm vor ein unschätzbares Mittel zur Kräftigung der erschlafften 
Muskulatur des Dickdarms. So Hessen sich wohl noch mehr 
Einwände gegen manche Ausführung des Autors erheben. Es 
würde dadurch der Werth des Buches nicht vermindert, vielleicht 
eher bezeugt, dass reiche Anregung zur Erwägung mancher 
schwierigen Fragen in dem Werke gegeben wird. Nur ein mehr 


principielles Bedenken möchte ich nicht unterdrücken; es will mir 
scheinen, als ob die Bacteriologie in dieser Bearbeitung der Darm¬ 
krankheiten etwas stiefmütterlich behandelt sei. Die aphoristischen 
Mittheilungen, die der Verfasser über die Darmbacterien macht, er¬ 
schöpfen den Gegenstand nicht vollkommen, und die diagnostische 
Verwerthung bacteriologischer Befunde, die freilich die Anwendung 
aller einschlägigen Methoden voraussetzt, wird zu wenig berück¬ 
sichtigt. Das ist aber auch der einzige wirkliche Mangel, den ich 
hervorheben möchte. Wenn hoffentlich recht bald eine zweite Auf¬ 
lage des vortrefflichen Buches nothwendig wird, so glaube ich, 
wird es sich rathsam erweisen, hier und da einige bezeichnende 
Krankengeschichten einzuflechten; hierdurch, wie überhaupt durch 
eine stärker hervortretende Betonung der persönlichen Erfahrungen 
des Verfassers würde die Darstellung eine lebhaftere Färbung er¬ 
halten und den Charakter des Schulmässig-Schematischen abstreifen, 
der ihr jetzt an einzelnen Stellen noch anzuhaften scheint. 


IX. Jouraalrevue. 

Allgemeine Pathologie und pathologische Auatomie. 

F. Fiscliel, Uebertragungsversuche mit Sarcom- und 
Krebsgewebe des Menschen auf Thiere. Aus dem hygieni¬ 
schen Institut der deutschen Universität in Prag. Sep.-Abdr. 

Um die wiederholt experimentell in Angriff genommene, in 
verschiedener Weise beantwortete Frage von der Infectiosität. bös¬ 
artiger Tumoren zu fördern, hat der Verf. eigene Heber tragungs¬ 
versuche auf 23 Ratten vorgenommen. An Tumoren waren ver¬ 
wandt drei Fälle von Scirrhus mammae, neun Fälle anderer Carci- 
nome, ein kleinzelliges Oberarmsareom, ein Melanosarcom der 
Drüsen. Das Geschwulstmaterial entstammte der Gussenbauer- 
schen Klinik. Sämmtliche Uebertragungen erfolgten längstens ] /4 
Stunde nach Exstirpation der Tumoren; letztere wurden vom Mo¬ 
mente der Exstirpation bis zur Verimpfung in steriler physiologi¬ 
scher Kochsalzlösung bei 38° gehalten. Die Impfungen geschahen 
intraperitoneal, subcutan und intravenös. — In keinem der mikro¬ 
skopisch untersuchten Tumoren war vor oder nach der Implantation 
eine Bacterieninvasion oder der Nachweis von Psorospermien durch 
Färbung möglich. Ebenso gelang es dem Verfasser nicht, die von 
Rüssel beschriebenen sogen. Fuchsinkörperchen zu finden. An 
zahlreichen Stellen bemerkte man in Schnitten der Carcinome vor 
der Implantation, namentlich bei Färbung mit Carbolfuchsin, Ge¬ 
bilde, welche an die von Gussenbauer beschriebenen Körnchen 
erinnerten. Impfungen auf die verschiedensten Nährmedien blieben 
vollkommen steril. In keinem Falle gelang die Uebertragung der 
Tumoren vom Menschen auf das Thier. Ueberall fand sich an den 
Tumorstückchen bald nach der Implantation eine starke seröse 
Durchtränkung und Leukocyteneinwanderung, später dagegen eine 
auffallend schnelle Nekrose des Gewebes. Schwalbe (Berlin). 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infections- 
krankheiten. 

E. Neisser, Untersuchungen über den Typhusbacillus 
und das Bacterium coli commune. Zeitschrift für klinische 
Medicin 1893, XXIH, p. 93—112. 

Neisser züchtete bei Typhuskranken gleichzeitig das Bacterium 
coli aus dem Stuhl und Typhusbacillen aus der Punctionsflüssigkeit 
der Milz, um zu sehen, ob dem Typhusbacillus in verschiedenen 
Stadien des Typhus Eigenschaften zukommen, die zum Verlauf der 
Krankheit in direkter Beziehung stehen und ob diese Eigenschaften 
auch dem gleichzeitig dem Darm desselben Patienten entnommenen 
Bacterium coli zukämen. Eine solche Upbereinstimmung liess sich 
-äber nicht finden. Denn während der Typhusbacillus die stärkste 
Virulenz im Beginne der Erkrankung zeigte und bald an Virulenz 
einbüsste, schwankte die Virulenz der Colibacterien in weiten 
Grenzen und war oft gegen das Ende der Krankheit erheblicher 
als anfangs. Ein weiterer Unterschied beider Bacterien wurde 
darin gefunden, dass der Typhusbacillus nie die geringste Gas¬ 
bildung zeigte, regelmässig hingegen das Bacterium coli bei richtiger 
Versuchsanordnung. Da schliesslich auch gegen Typhusinfection 
immunisirte Mäuse keinen Impfschutz gegen Colibacterien erlangt 
hatten und umgekehrt, hält Verfasser beide Bacillen für nicht 
identisch. Dass trotzdem das Bacterium coli gleichfalls enteritisehe 
Affectionen zu erzeugen vermag, ist damit nicht ausgeschlossen. 

E. Sehrwald (Freibnrg). 

Psychiatrie und Neurologie. 

J. P. Putnam, Cases of myxoedema and acromegalia 
treated with benefit by sheep’s thyroids. The American 
Journ. of the medic. Sciences No. 256 und 258, 1893. 

Zwei neue, den hohen Werth der Behandlung des Myxoedems 
mit Thyreoideaprftparaten illustrirende Fälle. Krankheitedauer bei 
der einen, 48jährigen Frau zwölf, bei der zweiten, 55jährigen zwei 


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22. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Jahre; diese war hereditär myxoedematös belastet und litt be- 
raerkenswerther Weise an einer vor Beginn des Myxoedems mit 
Tachycardie combinirten Struma. Prompter, aber nur unter an¬ 
dauernder Behandlung gesicherter Rückgang der Symptome, doch 
blieb im ersten Fall eine beträchtliche Anaemie zurück. — Auch 

hier erwies sich grosse Vorsicht in der Dosirung als erforderlich._ 

Putnam ventilirt die verschiedenen Theorieen über das Myxoedem 
die physiologischen Correlationen zwischen Schilddrüse und Hypo¬ 
physis cerebri, die pathologischen zwischen Myxoedem, Akromegalie 
Morbus Basedowii und den seltenen Fällen von Adipositas dolorosa’ 
Diese Beziehungen veranlassten ihn zu gleichem therapeutischen 
Vorgehen bei einer Frau mit Akromegalie und zwei weiteren 
Patienten, bei denen die Diagnose unklar, einmal dieser Krankheit, 
einmal Myxoedem sich zuneigte. Bei allen dreien und zweimal 
auch unter drei Fällen von Obesitas erzielte er erhebliche Besserung 
Er giebt das Mittel am liebsten in Pulverform. ° 

F. Reiche (Hamburg). 

Joseph Collins, Aeromegaly. Journal of nervous and 
mental disease, 1893. 

Eine fleissige Zusammenstellung der neueren Litteratur über 
Akromegalie, ohne Hinzufügung neuer eigener Befunde. Collins 
knöpft an die bekannte Monographie von Sou za-Leite au dip 
(in der englischen Uebersetzung) die Zahl der beobachteten Fälle 
biß auf 48 gebracht hatte. Diese Zahl wird durch neuere aus¬ 
führliche Mittheilungen bis auf 83 gesteigert: jedoch befinden sich 
darunter manche von offenbar sehr zweifelhaftem Werthe, die auch 
Collins selbst nur „unter Protest“ verzeichnet, wie z. B. der 
Fall 66 (von Redmond). 

Unser Verständnis der Akromegalie wird übrigens durch die 
rublicationen der letzten Jahre nicht wesentlich gefördert. Noch 
immer ist unentschieden, ob eine und welche von den vier bisher 
aufgestellten „Theorieen“ der Krankheit eine wirkliche Berechtigung 
hat: diejenige, die das Leiden als eine von der Glandula pituitaria 
herröhrende eigentümliche Dystrophie ansieht (Marie), — oder 
«hevon klebs, die das Leiden mit der anomalen Persistenz der 
hymusdrüse in Zusammenhang bringt, — oder die Annahme 
üass es sich bei dem typischen Befunde der „Akromegalie“ nur 
um das spätere Stadium eines ursprünglich mit Muskelhypertrophie 
verbundenen, zumeist hereditären Processes handle, — oder end- 
ücü die nervöse“ Theorie, die wohl am meisten für sich hat, aber 
einstweilen auch noch einer sicheren Definition und Begründung 
ermangeU, Auch Collins entscheidet sich nicht bestimmt für 
\Wh 3 H S ^ r ^ e0n * e , n ' — Differential-diagnostisch wird das 
ernmmss der Akromegalie zur hypertrophischen Osteo- 
(W ^ 1C ( wob T* besonders Anschwellung und Deformation 
üelenke an den Extremitäten besteht, im Zusammenhänge mit 
\frv-^ Pn T ll * eu von septischer Natur) besprochen: ferner zu 
SZ’.M 0 “ tlasis i defomirend er Osteitis (Paget), Elephantiasis, 
Äft,“ zur Arthritis deformans. Die Prognose 
sollen- rH 0 ’ ? eiC ^. vereinzelte Besserungen stattgefunden haben 
Xebenersrhßin era P 1 .® lediglich symptomatisch, gegen gewisse 
i, all^mp7, g i? n , K °P fschmerz > Glykosurie) oder auf Hebung 
allgemeinen Ernährungszustandes gerichtet. 

Eulenburg (Berlin). 


181 

m em .- Sc !l luSS<! ’ dass au . el1 <«^0 nicht zu einem absoluten 
sultat für die Diagnose, ob die Gehörstörung am schallleitenden 
oder schaUpercipirenden Theile liegt, führen, und erklärt diese The? 
Sache nicht allein aus der Unzulänglichkeit der “gs.nethoden 
sondern zugleich aus der Unmöglichkeit, zwischen dielen Dingen 
llharfc £“ atomisc ' her and anatomisch-pathologischer Beziehung eine 
scharfe Grenze zu ziehen. Man wird daher bei der Bestimmung 
des Sitzes einer Gehörstörung unter Anwendung aller der bis! 
herigen 1 rüfungsinethoden nur immer zu einer Wahrscheinlichkeits- 
diagnose kommen und nur angeben können, welcher der beiden in 
Betracht kommenden Theile besonders ergriffen ist. Als die rela¬ 
tiv zuverlässigste Methode empfiehlt Schwabach die Prüfung der 
Berceptionsdauer von den Kopfknochen aus. Magnus empfiehlt 
nochmals zur Erleichterung des Meinungsaustausches der Fach¬ 
genossen seinen auf dem internationalen Congress zu Amsterdam 
gemachten Vorschlag, die normale Hörfähigkeit eines gesunden 
Ohres gleich 100 zu setzen und die verminderte Hörfähigkeit eines 
erki’ankten Ohres durch einen Bruch auszudrücken, dessen Nenner 
1 ;“ ucb Magnus empfiehlt als beste praktische Prüfungs- 
methode die Wolf f sehen Prüfungsworte. Da die verschiedenen 
Berufstätigkeiten ein versclüeden feines Gehör bedürfen, empfiehlt 
Magnus, zum Vergleiche das Gehör eines normal höronden Men¬ 
schen gleichen Alters aus der gleichen Berufsklasse zu prüfen. 
Der Bruch, welcher die Differenz der linearen Entfernung, in der 
diese beiden auch sonst gut vergleichbaren Personen unsere Laut- 
sprache verstehen und nachsprechen können, ausdrückt, wird uns 
die Verminderung der Hörfähigkeit des erkrankten Individuums 
versinnbildlichen. Hugo Davidsohn (Berlin). 


■ Litten. 


Ohrenheilkunde. 

teitüche*Bp7 b i!h d ^ a £ nus ' Heber Hörprüfungen und ein- 
«rtiTS* Hörfähigkeit. Archiv f. Ohren- 

bach'deÄV' 8 Hör “ esser angegebenen Apparate hält Scliwa- 
■iolachei-Tö;. fä nngeeignet, weil dieselben nur für das Hören 
der meiNphH^ maa | s ^ eb 1 end Slnd , nicht aber für die Hörfähigkeit 
»ai ab Ä Spr f lle: daher 8011 die Jetztere selbst, und 
werden. Die Pw*/ 1 *™ 0 le - SSV. Ohrenkranker angewandt 

weil die ZahiA« Flüsterzahlen giebt ungenaues Resultat, 

dagegen sind 7n S6hr von den Patienten errathen werden; 

f ie vou 0. Wollt angegebenen Prü- 
nommen sind Wh we !® be , den verschiedenen Lautgruppen ent- 
^hörmesser“.W M mit von Lichtwitz als „universellem 
hach nach e i nD .S^ h \ ene ü E ? ison,sc ! len P hono & l,a P llenIiatSc bwa- 
er gab sich dass^infr1 er ^ liifl i ng: o kein £ utes Resultat erzielt; es 
st *be schwach nd^! le To * e t der Stimmgabel, Koenig sehen Klang- 
Kurden; eine AU( gar vom Phonographen wiedergegeben 

in d8a Annarat ,.® tufun ^ dar Phonogramme durch Hineinsprechen 
ermöglichen nnri , verscb J eden grosser Entfernung war nicht zu 
f^aphen dieselben pü?* er hörten Schwerhörige durch den Phono- 
w %lichen Wei«« Frufu J£ sworte schlechter, als wenn in der ge- 
Jwecken, ob Lahrrin^i PrÜ ? ^ Urde ‘ Eu differentiaI - diagnostischen 
bisher der W e kLu odej ; Schallleitungsaffection vorliegt, werden 
Würdigung- dfJw* ^inne’sche Versuch angewandt. Bei 
Oberen AngSL i V? . . dleser Prüfungsmethoden, wovon die 
un Original einzusehen sind, kommt Schwa- 


X. Vereine und Gongresse. 

Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 29. Januar 1894 
Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Dinen. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. & 

1. Herr Gutzmann: Heilungsversuohe bei centromoto- 
nscher und eentrosensorischer Aphasie. (Der Vortrag wird 
m dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.) 

Discussion. Herr Jastrowitz: Die interessanten Versuche von 
Herrn Lutzmann finden schon darin ihre Berechtigung, dass wir sehen, 
wie viele Aphatische bis zu gewissem Grade von selber der Sprache 
mächtig werden, und zwar auch Erwachsene, vorausgesetzt, dass die Zer¬ 
störung un Gehirn keino zu grosse gewesen ist. Es bleibt natürlich auch 
dem Lrtheil von Herrn Gutzmann anheimgestellt, wie viel in seinen 
f Allen die Natur selber geholfen hat und wie viel seine eigene Mitwirkung 
in Frage kommt. Es spricht für ihn, dass er auch solche Fälle hatte, 
bei denen der Sprachdefect schon Jahre lang cinigermaassen auf demselben 
Standpunkt verharrt hatte, wo man also sagen konnte, dass hier dasjenige 
erschöpft war, was die sich selber überlassene Natur hat leisten können. — 
Bezüglich seiner Darlegungen möchte ich dann eins berichtigen, dass nicht 
Broca, sondern Dax zuerst die Verletzung der linken Hemisphäre als 
für Aphasie von Bedeutung betont hat. Also der Reihenfolge nach hat 
Bouillaud zuerst die Stirnlappen, Dax die linke Hemisphäre und Broca 
die linke untere Stirnwindung betont. Es ist zu bedauern, dass Herr 
Gutzmann seine Forschungen nicht genauer auf die motorische 
Aphasie ausgedehnt hat. Es würde interessirt haben, wie weit die 
Sprachfähigkeit in der linken Hemisphäre vicariiren kann, bei nicht 
linkshändigen Leuten. Was die centrosensorisehe Aphasie angeht, so 
möchte ich das eine noch erwähnen, dass ich bei einzelnen solcher 
Patienten gefunden habe, dass sie oft das nicht verstanden, was sie selber 
sprachen resp. nachsprachen. Ich entsinne mich eines Kranken, den auch 
Herr Gutzmann kennt, eines Gerichtsvollziehers, der im Kriege von 1866 
verwundet war, später eine sensorische Aphasie bekommen hatte, sonst 
intelligent war, bei dem ich die ganz bestimmte Ueberzeugung hatte, dass 
er oft das, was er sprach oder nachsprnch, selber nicht verstand. Wenn 
das der Fall ist, so kann es natürlich nicht helfen, wenn man nach Herrn 
Gutzmann’s Idee andere Wege einschlägt, um das Wort zu erzeugen 
als durch das Ohr, wie zum Beispiel durch das Gesicht, indem man lesen 
lässt; das würde dann nicht helfen. Ich möchte wissen, ob Herr Gutz¬ 
mann auch bei diesem Mann seine Versuche angestellt hat und ob mit 
Erfolg. — Herr Gutzmann: Nein. 

Herr Jolly: Die Mittheilungen des Herrn Gutzmann scheinen wir 
von erheblicher praktischer Bedeutung zu sein. Ich möchte aber doch 
einige Einschränkungen machen. Zunächst kommt in Betracht, was Herr 
Jastrowitz schon im Auge hatte, dass man etwas unsicher in der Be- 
urtheilung dieser Resultate deshalb ist, weil man ja nicht ganz genau 
Vorhersagen kann, in wie weit die Natur selbst nachhelfen wird, das heisst 
in wie weit ein Heerd, der ursprünglich eine totale oder partielle Aphasie 
gemacht hat, sich wieder verkleinern und Bahnen frei lassen wird, die bis 
dahin nicht durchgängig gewesen sind. Je älter die Fälle sind, um so 
mehr kann man natürlich ein bestimmtes Urtheil darüber gewinnen. Was 
non zunächst die motorische Aphasie betrifft, so giebt es, glaube ich, 
Fälle dieser Art, in welchen von der vorgeschlagenen Behandlung nichts 
zu erwarten ist, das sind diejenigen, in denen die Patienten bereits seit 
Jahren auf eins oder wenige Worte beschränkt sind. Hier besteht ein 
totaler Ausfall, offenbar durch Zerstörung des centralen Sprachapparats 



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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MED1C1NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


bedingt, der wohl auch durch Uebung nicht auszugleichen i.st■ 
oiebt es Fälle der Art, wie sie Herr Gutzmann durch das Schreibheft 
demonstrirt hat, mit mehr partiellem Defect, die auch nach meiner Er- 
fahrung im ganzen recht günstige Aussichten bieten, ichhabe wenn 
auch nicht so systematische Hebungen so doch sehr 
suche angostellt und den Eindruck erhalten, dass, je mehr maa die kranken 
dazu bringt, Schreib- nnd Sprechübungen zu machen um so mehr auch 
die Störung gebessert werden kann. Ob wir den Schluss ziehent dürfen 
dass wenn mit der linken Hand das Schreiben gelernt wird, deshalb nun 
anzunehmen sei, dass durch Uebung der rechten 
die Ausbüdung des rechtsseitigen Sprachcontrums . 
das scheint mir nicht erwiesen zu sem; denn es sind 1 älh bekannt, 
welchen die linkshändige Schrift vollständig erlernt wurde, ohne dass im 
Sprechen auch nur der geringste Fortschritt gemacht wurde, und es kann 
andererseits Vorkommen, dass der motorische Sprachdefect grossentheils 
ausgeglichen wird, während die Schreibfähigkeit eine sehr unvollkommene 
bleibt. Jedenfalls lässt sich der Erfolg der Uebung auch so auffass.en dass 
das linksseitige Spraehcentruin in solchen hüllen nicht ganz zmstört ist. 
sondern nur eine' Beeinträchtigung (Hemmung) seiner Function erfahren 
hat, die durch die systematische Anregung allmählich venmndert. wd. 
Günstige Resultate habe ich in Bezug auf diese Form der atactischeu 
Aphasie öfter gesehen. Ich beobachte zur Zeit einige Kranke in der 
Klinik, bei denen auffallende Besserungen des Sprechens auf solche 
Hebungen eingetreten sind. Hervorzuheben ist- aber hierbei noch, da*, 
man nur dann mit den Uebungen vorwärts kommt, wenn nicht eine weiter¬ 
gehende Beeinträchtigung der Gehirnfunctionen mit der Aphasie Verbünde 
ist. Bei vielen der Aphatischen wird die geistige Leistungsfähigkeit 
überschätzt. Man ist verwundert, dass man überhaupt noch eine Anzah 
von geistigen Leistungen erhält von Leuten, die nicht sprechen können, 
und man übersieht, dass thatsächlich ein grosser geistiger Defect besteht, 
und dieser macht sich bemerkbar, wenn man die Kranken zu systematischen 
Uebungen anhalten will: sie ermüden sein- rasch und zeigen nicht die 
nöthige Ausdauer und Intelligenz, um diese Uebungen durchzufuhren. 
Ich möchte also doch glauben, dass hierdurch die Erfolge solcher Uebungen 
auf einen bestimmten Theif der motorisch Aphatischen beschränkt werden. 
Von noch grösserem Interesse scheinen mir die Versuche an den sen¬ 
sorisch Aphatischen zu sein, und da glaube ich, dass m der That manches 
Neue in den Mittheilungen des Herrn Vortragenden liegt. Dabei müssen 
aber ebenfalls Unterscheidungen gemacht werden. Wenn man die eigent¬ 
lich Wernicke’schen Fälle ins Auge fasst, denen dieser zuerst den 
Namen der sensorischen Aphasie gegeben hat, so sind das doch schon 
ziemlich coraplicirte Dinge: Die Kranken hören, verstehen aber nicht 
Worte und sie sprechen unsinnige Worte, während sie glauben, ver¬ 
ständige zu reden. Hierbei scheint mir immer eine etwas complicirtere 
Störung vorzuliegen, als sie nach dem einfachen Wern icke sehen bcheina 
angenommen wird. Kussmaul hat bekanntlich aus dieser sensorischen 
Aphasie später die Worttaubheit als einzelnes Cardinalphänomen hervor¬ 
gehoben; es sind Fälle bekannt, zum Beispiel der Fall von Lichtheim, 
wo diese Worttaubheit schliesslich als reines Phänomen vorhanden war. 
Es scheint mir, dass dasjenige, was der Heilung oder Besserung durch 
Uebungsversuche zugänglich ist, gerade dieser Zustand der ziemlich isolirten 
Worttaubheit nebst einem mehr oder weniger erheblichen Reste von 
amnestischer Aphasie sein dürfte, dass wir da ähnliche Bedingungen vor 
uns haben wie bei den Taubgewordenen, die überhaupt nichts hören. 
Solche Kranke sind nicht in solchem Grade verwirrt und leicht in \ er- 
wirrung zu bringen, wie es bei den sogenannten sensorisch Aphatischen 
der Fall ist. Bei der letzteren Gruppe glanbe ich, dass die Resultate 
gering sein werden, sofern es sich nicht um vorübergehende Hemmungen, 
sondern um bleibende Zerstörungen der betreffenden Gehimpartieen handelt, 
während bei den Worttauben in der That wesentliche Resultate durch 
die dem Taubstummenunterricht nachgebildeten Seh- und Sprechübungen 
zu erhalten sein dürften 


Herr Gutzmann: Ich möchte gegenüber Herrn Jastrowitz nur 
kurz erwähnen, dass Marc Dax als Vorgänger von Broca nur die Fälle 
zusammengestellt hat, bei denen mit gleichzeitiger Lähmung der rechten 
Körperhälfte der Gehirnaffect sich links befand. Sein Sohn G. Dax 
hat 1863 das constant-e Zusammentreffen von Sprachstörungen mit Ver¬ 
letzung der linken Hirnhälfte behauptet. Broca hat aber zuerst die 
Rechtshändigkeit mit der Linkshimigkeit in Zusammenhang gebracht. 
Was die automatische Thätigkeit der rechten Hirnhälfte betrifft, so er¬ 
wähne ich folgenden Fall von P fl ei derer. Eine alte Frau wird nach 
einem Schlaganfall aphasisch, behält aber noch ein einzelnes Wort, das 
sie stets ausstösst und auf alle Fragen erwidert: „o mein“. Gab man ihr 
den Rosenkranz in die Hand, so hob sie ihn und betete ganz fliessend 
Vaterunser und Ave Maria. Sprach man das erste Wort von dem Vater¬ 
unser vor, so konnte sie es nicht allein nachsprechen, sondern sie leierte 
dann das ganze Vaterunser ab. also eine automatische Sprechthätigkeit, 
die, wie Pfleiderer gemäss Kussmaufs Ansicht annimmt, die rechte 
Gehirnhälfte versieht. Ich habe im übrigen auch nicht absolute Schlüsse 
ziehen wollen oder können. In meinem Falle war es reine Worttaubheit 
insofern, als der Betreffende nicht verwirrt sprach. Er versprach 
sich oft, fand ein Wort nicht — zeigte, wie ich schon im Vortrage er¬ 
wähnte, motorische Aphasie und Paraphasie — war aber nicht verwirrt, 
sondern sprach ganz richtig und verständig. Einzelne psychologische 
Eigentümlichkeiten zeigte er aber doch. Wenn er ein Wort abgesehen 
hatte, z. B. das Wort Feder, so wusste er im Augenblick nicht, was es 
war, und war erstaunt über mein verwundertes Gesicht; schrieb ich es 
ihm auf, so wusste er es sofort. Das Schriftbild brachte also gleich 
das Verständniss hervor, während das Bewegungsbild nicht immer 
dazu imstande war, namentlich wenn er lange geübt hatte und müde war. 

Herr Jastrowitz: Ich kenne den Fall von Pfleiderer nicht, aber 
möchte doch bemerken, dass sich auch bei Aphasischen irgend welcher 


Art mögen sie kleine oder grosse Verletzungen haben, auch da, wo 
die Sectfon gemacht ist, ergeben hat, dass die Kranken zuweilen einen 
über”„d g grossen Wortschatz hatten, nicht direkt sondern wenn 
sie wie halbvorloren gleichsam zu sich selber sprachen. Em kranker 
College zum Beispiel, den ich behandle, der aphasisch ist und sonst 
nioht° sprechen konnte, sagte zu sich selbst halblaut: „Nun wenn sie 
meinen“, u. a. dergl. m. fes wäre also möglich, dass es pathologische 
Hemmungen gäbe, so dass solche Redewendungen noch möglich sind 
indem in einem Moment gewisse Hemmungen wegfallen. Zum Beispiel 
können Aphasische bekanntlich im Affect manchmal schimpfen. Hiei 
geschieht das aber ganz ohne Affect. Kranke, die sonst einen recht 
geringen Wortschatz haben, können ganz fliessend einen Satz oder eine 
Bemerkung, die sogar treffend sein kann, hersagen, und zwar m einer 
gleichsam verlorenen Weise — wie im Selbstgespräch. 

Herr Goldscheidor: Ich möchte bemerken, dass gerade diese Er¬ 
scheinung genügend in der Litteratur niedergelegt ist und dass sie nicht 
anatomisch erklärt werden kann. Vielmehr ist das Moment der zeitlichen 
Folge der Association zu beachten. Schon Kussmaul und andere haben 
darauf hingewiesen, dass diejenigen Associationen, seien es gleichzeitige 
oder aufeinander folgende Verknüpfungen, welche am geläufigsten sind und 
am häufigsten Vorkommen, am schwersten verloren gehen. In demselben 
Sinne möchte ich mich, wie Herr JoUy, gegen die Erklärung, auf welche 
Herr Gutzmann hinaus wollte, entscheiden, als ob irgend etwas bewiesen 
wäre dafür, dass das rechte Hirn etwas übernähme, obwohl ich von der 
Zweckmässigkeit seiner Sprachübungen überzeugt bin. Ebenso ist es 
Gleichgültig, ob der Fall von Pfleiderer secirt ist oder nicht, oder ob 
andere Fälle vorliegen. Gerade die Beispiele, die Herr Gutzmann und 
Herr Jastrowitz gaben, sprechen dafür, dass man die Sache nicht rem 
anatomisch erklären kann._ 

Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 14. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. ^ , 

1 Herr Rotter (vor der Tagesordnung) stellt emen Patienten vor, 
an dem sich vom 4. December 1898 bis zum 30. Januar 1894 eine merk¬ 
würdige Affection in der Haut des rechten Beines abgespielt hat, nämlich 
eine Pnstelbildnng mit nachfolgender ausgedehnter Hautgangrftn. Es 
sind danach grosse Geschwüre entstanden, von denen das eme sich an 
der Innenseite des Unterschenkels vom Condylus internus tibiae bis fast 
ziun Malleolus internus erstreckt; es soll durch Hauttransplantation zur 
Heilung gebracht werden. An der Aussenseite des rechten OberschenKes 
hat der Vortragende eine Pustel, welche demonstrirt wird, künstlich 
durch Einimpfung von Bacillen erzeugt, die er aus den primären Pusteln 
cultivirte. Am Tage nach der Impfung zeigte die Impfstelle einen rothen 
Hof, der aber am folgenden Tage wieder verschwand. Am siebenten läge 
traten an der Impfstelle Schmerzen auf, und am nächsten Tage konnte 
man ein kleines entzündliches Infiltrat constatiren, das sich später zur 
Pustel ausbildete und jetzt, am 9. Tage, ist eine erbsengrosse Pustel mit 
einem thalergrossen entzündlichen Hofe zu sehen. Der Mikroorganismus 
ist ein kleiner, kurzer, dünner Bacillus, der mit einem der bekannten 
Bacillen noch nicht identificirt werden konnte, auf Agar einen grauen 
Ueberzug bildet, Gelatine verflüssigt und Mäuse in wenigen Tagen tüdtet. 
Weitere Untersuchungen werden Vorbehalten. 

2. Herr J. Israel: Vorstellung eines Falles von Darmresectlon. 
Es handelt sich um eine 85jährige Dame, die nach 20monatlicher Be¬ 
handlung von einem Darmcarcinom geheilt worden ist. Patientin ha e 
20 Jahre vor ihrem Eintritt in die Behandlung ihres letzten Leidens schon 
an einer Darmocclusion gelitten. Vor zwei Jahren trat habituelle 
Stuhlverstopfung auf, und in den letzten sechs Wochen vor ihrer aui- 
nahme ins Krankenhaus soll gar kein Stuhlgang mehr erfolgt sein, zei 
weises Erbrechen, zuletzt mit fäculentem Charakter der ausgebrochenen 
Massen. Status praesens bei der Aufnahme: Grosser Schwäcnezustan , 
Erbrechen, schlechter Puls, stark aufgetriebener Leib. Die Palpation aes 
Leibes ergab kein Resultat, ebenso wenig die Untersuchung per rectum. 
Bei der lange dauernden Occlusion musste angenommen werden, dass aas 
Hinderniss tief unten, vielleicht in der Gegend der Flexura sitze und em 
Tumor sei. Als Indicatio vitalis wurde die Colotomie in der linken oei 
gemacht; es stellte sich sofort eine stark geblähte Dickdarmschlinge em, 
die geöffnet wurde und aus der sich grosse Mengen Fäces entleerte • 
Eine Untersuchung von der Darmöffnung aus war diagnostisch er * 01 »v 
ebenso der Versuch, vom After aus Luft oder Flüssigkeit durchzutieiDeii, 
da der erschlaffte After keinen Verschluss bildete. Mit einem künstlic 
After wurde Patientin am 9. Juli 1892 ins Siechenhaus verlegt. 

21. April 1893 kehrte sie wieder ins Krankenhaus zurück, da der Anus 

praeternaturalis sich stark verengt hatte und Occlusionserscheinungena 
traten. Der Anus praeternaturalis wurde erweitert, die Folge war aDer 
bedeutender Dannprolaps, weshalb nun die Oeffnung wieder . 

wurde, doch liess sich der Prolaps nicht ganz zurückhalten. Die I 
wurde wieder ins Siechenhaus entlassen, kehrte aber am S 

wegen des schlecht zu reponirenden Prolapses zurück. Der in ca. 
vorfallende Prolaps wurde durch eine Invagination in das V0 *J der j _ 
. nach dem Rippenrande zu verlaufende Darmstück gebildet. Als nun 
Finger in den prolabirten Darm eingeführt wurde, war in Höhe von . 
ein Carcinom zu fühlen. Es stellte sich also, die eigentümliche ar 
scheinung heraus, dass der Tumor sich in dem Darmstücke befan i 
seiner Lage und seinem Verlauf nach das zuführende war. Da nun ja a■ 
auszuschliessen war, dass das Hinderniss oberhalb der Operation 
sass, weil offenbar die Fäcalansammlung nicht unterhalb der 
stattfinden kann und die Operation ja die Oeclusionsfolg 
seitigt hatte, so musste der Tumor in einem abführenden ■ 
stücke sich befinden, das aber . einen . abnormen, nach oben 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






22. Februar. 


den Verlauf hatte. Vielleicht handelte es sich unTdie Flexur 
abnormen Windungen. Es wurde die Darmresection beschlossen X c ;‘ 
bffl starkem Prolaps ejtraabdominell gemacht werden konnte und am 
8 September angeführt. Es zeigte sieh nun, dass der Anus praete“ 
natnrahs gar nicht m der Flexur angelegt war, sondern im Colon tams- 
versnm, das in einem grossen nach unten absteigenden und nach oben 
nieder aufsteigenden Bogen verlaufen war; in dem aufsteigenden Schenkel 
welcher demnach der abführende war, befand sich der Tumor: am rose¬ 
arten Darmstucke sitzt ein Stück Netz. Am 11. Januar d. J wu“de der 

5 S esch '°. s . s ™- “t dem folgende Weise die urch- 
gkngigkeit des Darmes constatirt war: Es wurde ein 40 cm langes Gummi- 
roh . r !“i e ; U ?™ emgefuhrt, und zwar zur Hälfte je nach ob<Ua!bZl 
nnterhalb der Dannöffnung, und dann ein Abführmittel gegeben; es zeigte 
achjölhg ungehinderte Defflcation. Die Vereinigung der Wundränf^ 
geschah vorsichtigerweise innerhalb der Adhäsionen! 8 ndrander 

Herr Hahn glaubt, dass alte Frauen diese Operation besonders <mt 
vertragen können. Er habe vor circa einem Jahre eine Frau in den 
70 er Jahren mit gutem Erfolge operirt. wo die Occlusion in der Flexurä 
coh simstra sass. Vielleicht habe der Tumor im Falle des Hem 1,3 

ÄUÄTi. ,ra s Ro “ seinem Site «•“>*■ « Ä! 

I»; .ÄTp '“so'^eim bemerkt, dass die Dislocation des Colon transversum 
bei alten Frauen nach den Sectionsresultaten etwas alltägliches sei. 

.., “f/ 7 R ° tte |. bei chromschem Ileus den Anus praeternaturalis 
Jaks über dem Ligamentum Poupartii nur dann an. wenn er sicher ist 
dass dBs Careinom im Rectum oder im S. Romanum (zwei Fälle) seinen 
j ä8St n S1C ^ i le . Stelle des Darmverschlusses nicht bestimmen 
ma , cbt . , er d J; u . Bauch schnitt in der Mittellinie, sucht das Hinderniss auf 

te i ? e t nLh e e- d - rA “t^ 6 i. deS kUnsUichen Afters die Verhältnisse so ein 
w i.a ” a '. k e ' n| gen Wochen vorzunehmende Radicaloperation, — welche 
l^f ra n lhtat Neubildung io der Entero-Enterostomie TonsUn der 
- ®j>“ Schwierigkeiten vorgenommen 

werden kann. So openrte er drei Fälle mit Erfolg, wobei einmal die 
Entaroanastomose und zweimal die Daimrosection zur Anwendung Tamm 
Herr Israel ist mi Pnncip mit Herrn Kotter einverstanden doch 
Ä““ ^‘vidualisiren md die Widerstandsfähigkeit des Patienten 
Lu 77 Z , leh e n; das Aufsuchen des Cai-ciuoms gehe nicht immer so 

StaadpMkte »M e üntm b fl'le^ , '® 8 . be>0 " de ”, Tom W»» k »i®Kis«l<eii 

8 • * j. er aR en Symptomencomplexen bietet der Ascites 

Ä;.r rf- ä; ätk 

vtSiS^eT/^' ? - die X ena caTa “ feri » r » d ®" Te 

SchwelW Z Extromtaf! ^ rankl)elt , , ls t- Im erstcron Falle besteht 
m letzteren FalÄbt S; der Bauc 1 hha ® t ®?d der Geschlechtstheile, 
auf dem Abdomen- dort bTTT T 1 ?“ ® ntwlc kelung sichtbarer Venen 
Circulationsapparates bter^!?f n ' t 81 ? Erk U ank H?£ en des Respirations- und 
(CaremoteTubeniulo'sph'perfZ Ä’ dcr I ' i, 'i-en und des Peritoneums 
Ursache zu sogenanntem ? bros ^’ .letztere manchmal wohl die 

Ascites nicht 0 nachzuwpispn° PntblSCbem ^ scit, ? s - eine Aetiologie des 
sein, ob dennTh/J f D ; 80 muss man Immer der Frage eingedenk 
WsebT 5S Pt ÄJ, 0rtode V' Bt ’. #der of.uWS ehe 
Processen können vorknmmPTi™i? bSe i! ingei i des A scl ^ es mit anderen 
Magens und Darms 1 1 sebr .selten, mit Erweiterungen des 

Andral und Louis selungen mit Magenerweiterung haben schon 

beobachtet bei einer K ri fn? neb 5?- Herr Litten hat selbst einen Fall 
geliefert und beT der ^ 80p ° rös auf die Breslauer Klinik ein- 

nur einen colossal ausArtel.nA a ?f enom ? 1 5 n 1 wurde - Bie Seetion ergab 
^‘-•hselumren mit DarnS?^ e j inf<d £ e von Pylorusstenose. Ver¬ 
kommen infolge von fast iS .f md dem ' ertragenden zweimal vorge- 
^es Darms. §) Häuftepr i- durcb o } m& 1 g en tuberkulösen Narbenstrieturen 
^ten der O^iriStÄJv’T? Verwechselungen mit einkammerigen 
mc kt überall dicht den Rn,' V dflrfen letzten? nicht zu gross, also 
‘«na verwachsen seb aüIie - end und nicht mit letz- 

jvcchsel eintreten kann Vte , sonsfc 1 . b ^ 1 Lage Veränderungen kein Schall- 
Ile Untersuchung der V^ ff l reD f tiaIdiagnostisch e 8 Zeichen fehlt 

Anhaltspunkte; ift sie iSte öfe7fc o f t, ab er nicht immer, wichtige 
* ha ben wir einen Ascites ^'nT*** bei Luftzutritt blau gefärbt, chylös, 
Dermoidcvste dl« n» • un!s > gerinnt sie bald nach der Entleerung, 
Wen für I StJ Leucin- und Zuckergehalt 

keine ßeSJu^T“ n i? v “ tu mor. Das specifische Ge- 
Plnssigkeit so stark , ce . 11 llren ^ ör P er verändern sich in der 

leten - X»r ein «Ites HÄr«?%- k ?i“ e wes . entIiehe a Anhaltspunkte dar- 
'[^de, näraHch d?e TT n d * ff3ren u tiaId,a ^ n ostise ,, es Mittel kennt der Vor- 
lr ^ nämlich Ascitesfln s:s ,vt Sl -f blm '; der .Flüssigkeit mit der Centrifuge. 
feinend ganz klier hpl f ke / entnf P L rt - so bUdefc sich bei selbst an- 
'ocderschlag im lLlimV i imd an ^ e ?i rbL er Flüssigkeit ein kleiner Blut- 
n S PfHtrifugalröhrchens. welcher wie ein 
S zu censtatiren ^ tum , 0 . ren isf . Thatsache bis jetzt 

tn ? 1 ^ten auch das Nebenan* ? me ? iagnostlsche Schwierigkeit bietet 
feen, wenn feste Ä w dervorkomiliei1 von Ascit cs und Ovarial- 
SMächenpapilioi 3 nicht zu fühlen sind, wie beim 

un 7 i 1 A Ue Ä n 4 -T P ^ hIt T in ^Fällen, wo die 
Qlcb t nachzuweisen isT n .^ et p^f 16 - ^ scbem bar vorhandenen 
Q ^tersuchen. 18en 18 - eme Probemcision zu machen und genau 
_ Max Salomon. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCTTFWfiPTTpnzT 


Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 13. November 1893. 

(Schluss aus No. 6.) 

Si irK^-ÄsSSS 

TeÄ Ä ‘,5 Säsf 

wää" t s ? 

toeh“% e T.t h r ! "’d W T I . 0hn 1 Erfolg “ : a ® ch d- dLsteTng niet 
emt 

e Drüsen zu f ? hlen waren ’ hab e ich dann — Herr Professor 
lt n ; r V W VeiTeiSt -7 dea Oesophagus freigelegt, um wenu 
“ l ch ’ das Oarcmom zu exstirpiren. Ich fand hinter dem RingknZS 
dlcke wallartige Geschwulst, die so fest mit der Umgebung Er¬ 
wachsen war, dass es mir nicht gelang, sie zu lösen. Beim Versuche der 
Trennung des Tumors vom Kehlkopf riss die Membrana cricothvreoidea 
1 ’f° da ® s lcb sch-nell die Tracheotomie machen und einePressschwamm- 
^ n Ä gen K mU - Ste x>f ne ? Thoil d ^ Kehlkopfes mit zu entfernen ” 
dadurch , w ?-. re . ei “ e Radicaloperation mit- Aussicht auf Erfolg möglich 
gewesen hatte ich nicht die Einwilligung. Daher beschied ich mich 

rekh?e e Eu h Sne^Teh aIb ^ VÖ J en ^ n Stelle ’ die sehr weit nach unten 

? löffn en. ich musste denselben zu dem Zwecke bis in’s Media¬ 
stinum hinein verfolgen Es war unmöglich, das untere Ende bis zur 
Haut vorzuziehen ich habe es deshalb ^nur mit einer Seidennaht an¬ 
geschlungen, eine dicko bchlundsonde eingelegt und dem Patienten bald 
nachher eine reichliche Mahlzeit zugeführt. Vom 5. August, dem Tage 
der Operation, bis zum 19. August ist sein Körpergewicht bis auf 48 kg 
bS e ^ iT 7 \ ber gestiegen, in einer Woche um 3,5 kg und 

SnSLi 1 l fi 6 7 i kg 'i Y 1 !!. haben 11111 Jetzt eine Aluminiumcanüle in die 
Tnchter h hiHpf te iÄ e i! g ; g eräum jgen median-abwärts führenden 

rite d Q ^ aut se . ,bs ^. benUtzfc daQ n einen Trichter und spült 

fIrrA rkle < J nert e n Speisen mit Flüssigkeit nach.') Ich habe mir die Ehre 
fXf ’ d?n Fa U Zl ! Ze, & eu ’ da das Resultat dieser Oesophagotomie 
Opf t mem Fa e “ wo , da f Carcinom docb sehr tief binabreichte und 
der Oesophagus so ganz leicht nicht zu erreichen war. doch wohl ein sehr 
viel besseres ist, als dasjenige der Gastrostomie. Auch die Witzel’sche 
Metho de über die ja neuerdings aus der Mikulicz’schen Klinik sehr 
günsüg benchtet ist, bietet doch lange nicht diesen guten Verschluss wie 
hier. Ich möchte bemerken, dass in unserem Falle niemals, vom ersten 
läge ab, irgend etwas regurgitirt ist. 

b) Demonstration zu der Bler’schen Methode der Tnberkulosen- 
bebandlong. M. H A Als Herr Dr. Bier auf Grund der anatomischen 
Beobachtungen von Rokitanski, Heller und anderen, dass die hyper- 
amische Lunge einen gewissen Grad von Immunität gegen Tuberkulose 
zeigt, und dass bei Hyperämie durch Herzfehler, welche eine Stauung in 
der Lunge hervorgerufen haben, Phthisen vielfach geheilt oder gebessert 
werden — nachdem Bier auf Grund dieser Beobachtungen seine Methode 
der I uberkulosenbehandlung auf dem Chirurgencongress empfohlen hatte, 
haben wir \ersucht, dieselbe zu prüfen, da sie eine gownsse Aus¬ 
sicht bot — obwohl man jedem neuen Mittel gegen Tuberkulose ja recht 
skeptisch gegenübersteht —, mit Erhaltung der Form der Gelenke und 
mit einer nahezu vollkommenen Erhaltung der Function die Tuberkulose 
zu bessern, vielleicht zu heilen. Wir sind an die Prüfung sehr vorsichtig 
herangegangen, um den Patienten vor allen Dingen nicht zu schaden, 
haben deshalb nur frische, nicht aufgebrochene Fälle von Gelenktuber¬ 
kulose genommen, und nur einmal einen schweren alten Fall mit zahl- 
reichen I isteln. bei dem offenbar schon eine Mischinfection vorhanden war. 
mit Stauungshyperämie behandelt. Bei letzterem Falle aber haben wir eine 
Phlegmone entstehen sehen — es war ein Ellbogengelenk, das ja sehr zer¬ 
klüftet ist, bei dem die Drainage stets eine sehr unvollkommene ist — und 
haben von der Behandlung Abstand genommen. Eine Kniegelenkstuberkulose 
bei einem hochgradigen Phthisiker zeigte nach einer kurzen Zeit der Be¬ 
handlung eine gewisse Besserung. Der Patient hat sich dann der Be¬ 
handlung entzogen: er ging wieder aufs Land, ist später mit einer Ver¬ 
schlimmerung seines Gelenkes zurückgekommen und hat nmputirt werden 
müssen. Ls handelte sich da um einen älteren Mann. Im übrigen haben 
wir nur frische Fälle gestaut, und auch nur bei nicht sehr alten Patienten. 
Die Methode ist dieselbe gew r esen, wie sie Bier angegeben hat. Wir 
haben bei erhobener Extremität die unterhalb des Gelenkes gelegenen 
Theile sehr sorgfältig mit Binden eingewickelt, haben darauf die betreffende 
Extremität herunterhängen lassen, um sie recht hyperäinisch zu macheu. 
und dann mit einem Drainschlauch über einem Wattestreifen oberhalb des 
kranken Gelenkes massig abgeschnürt. Die Patienten lernten sehr bald 
den Schlauch selbst so fest anzulegen, wie sie es gerade vertragen konnten. 
Zuerst haben wir nach einigen Stunden den Schlauch nochmals ab¬ 
genommen; aber nach wenigen Tagen wussten die Patienten die Stauung 
so zu reguliren, dass sie Tag und Nacht den Schlauch umbehalten konnten. 
Wenn ich nun auf die Ergebnisse, die wir mit Stauungshyperämie ge¬ 
habt haben, mit einigen Worten eingehe, so kann ich wohl sagen, dass 
wir in allen Fällen eine wesentliche Besserung der beiden Symptome, 
der Schmerzhaftigkeit und der behinderten Beweglichkeit gehabt Laben 


') Herr Prof. Sonnenburg hat im Jahre 1884 (9. Jnli) einen in 
derselben Weise von ihm operirten Patienten in der Berliner med. Ge¬ 
sellschaft vorgestellt und die Art der Ernährung des Patienten demonstrirf. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No/8 


184 


Einen geheilten Fall kann ich Ihnen nicht vorstellen, wenn ich nicht 
vielleicht den einen bei dieser Patientin, die an Lungenphthise und Lupus 
gelitten hat, als solchen betrachten darf. Die Patientin war hier auf der 
inneren Abtheilung wegen Phthise in Behandlung, hatte sich auch schon 
wegen Lupus der Wange, den ich gelegentlich exstirpirt und transplan- 
tirt habe, im Krankenhause aufgehalten. Bei ihr entwickelte sich also, 
während sie unter ärztlicher Beobachtung stand, eine starke Anschwellung 
des linken Handgelenks. Am Processus styloidcus radii bestand eine 
umschriebene Druckschmerzhaftigkeit, die active und passive Beweglich¬ 
keit im Handgelenk war ganz gering und äusserst schmerzhaft. Schon 
14 Tage, nachdem die Erkrankung bemerkt war, kam die Patientin auf 
die chirurgische Abtheilung. Nachdem sie vom 14. Januar bis zum 
22. April 1893 unter Stauungswirkung gestanden hatte, war die Beweg¬ 
lichkeit, activ und passiv, völlig hergestellt. Die erwähnte Stelle am 
Radius war noch druckempfindlich; indessen wurde hior nicht, wie ich zu¬ 
erst geglaubt hatte, ein operativer Eingriff nöthig; vielmehr verschwand 
im Juni unter erneuter Stauung von mehrwöchentlicher Dauer auch die 
Schwellung und Empfindlichkeit am Knochen. Die Patientin hat nie einen 
fixirenden V erband getragen, sondern fortwährend mit dem Arm herum- 
hantirt. Die Besserung ist bis jetzt von Bestand gewesen. Von den 
anderen Fällen, die ich Ihnen vorstellen möchte, ist ein Theil nur mit 
Stauungshyperämie, olmo fixirende Verbände, ohne Jodoform behandelt 
worden, um reine Beobachtungen zu haben. Die übrigen sind gestaut, 
aber ausserdem punetirt und mit Jodoformglycerin injicirt, Combinntionen, 
die namentlich auch in Betreff der Function recht gute Erfolge hatten 
und häufiger angewandt zu werden verdienen. Die eine Patientin, die ich 
hier habe, ist auf der einen Seite, im rechten Arm, wo der Fungus noch 
nicht aufgebrochen ist, lediglich mit Stauungshyperämie, und zwar seit 
dem 19. Mai behandelt worden. Der Arm war damals sehr viel stärker 
spindelförmig geschwollen als jetzt wo doch die Stauung Nachts noch 
fortgesetzt wird, während wir bei Tage den Arm massiren. Vor allem 
ist die Beweglichkeit, die früher ausserordentlich schmerzhaft und auch 
passiv und in ganz geringen Grenzen möglich war, in überraschender 
Weise gebessert. Wie Sie sehen, ist die passive Beweglichkeit fast uor- 
mal und ganz schmerzlos, auch die Pronation und Supination, die sich am 
spätesten wieder hergestellt hat. Activ freilich vermag die Patientin noch 
wenig zu leisten, da der Deltoideus und die Oberarmmuskeln sehr atro¬ 
phisch sind. Dieselbo Patientin hatte am linken Arm einen schon auf¬ 
gebrochenen Fungus. Man kam mit der Sonde tief in den Knochen hin¬ 
ein und fand sowohl ira Olecranon wie im Humerus käsige Heerde. Die 
Beweglichkeit war die gleiclio wie rechts. Hier haben wir nicht gestaut, 
weil der Fungus schon offen war, sondern haben fixirende Verbände 
tragen lassen und Jodoforminjectionen gemacht. Der Arm ist recht 
gut geworden, das Gewebe fest und straff. Ich will nicht sagen, dass 
das Gelenk ausgeheilt ist, doch ist es sehr viel besser geworden, die 
Fistel geschlossen. Aber wir haben liier nahezu vollkommene Ankylose 
und auf der anderen Seite sehr starke Beweglichkeit. Ob es nun ge¬ 
lingen wird, auf der rechten Seite bloss mit Stauungshyperämie völlige 
Heilung zu erzielen, lasse ich dahingestellt. Eine bedeutende Besserung 
ist jedenfalls vorhanden. Wir haben niemals Verschlimmerung nach der 
Stauung gesehen, weder ein Fortschreiten der lokalen Tuberkulose, noch 
eine Verschleppung derselben in andere Organe. Allerdings ist bei diesem 
Patienten, der wegen einer hochgradigen Tuberkulose des linken Ellbogen¬ 
gelenks mit starker Druckempfindlichkeit am Olecranon und am Condylus 
internus humeri und sehr verminderter, äusserst schmerzhafter Beweglich¬ 
keit seit dem 23. März 1893 mit Stauuugshyperämie behandelt ist, während 
der Behandlung eine Hämoptoö aufgetreten, und es hat sich, während er 
im 'Krankenhause war, eine Tuberkulose des Fussgelenks entwickelt. Aber 
wie ich jetzt erfahren habe, ist der Patient schon ein .Jahr, bevor er hier¬ 
her kam, wegen Bronchialkatarrh im Krankenhause behandelt, und es ist 
damals schon der Verdacht auf Phthise rege geworden, obgleich im Spu¬ 
tum keine Tuberkelbacillen nachgewiesen wurden. Der Patient ist nach 
der Anstalt für Phthisiker in Malchow überwiesen worden, wo er bis zum 
17. März war, und wo sich diese Tuberkulose des Ellbogengelenks ent¬ 
wickelt hat. Die Fussgelenkstuberkulose ist allerdings während der Be¬ 
handlung hier entstanden, aber der Mann hat vorher auch schon an Mast- 
dannfistel gelitten, die auch tuberkulös gewesen zu sein scheint. Also 
ist eine \ erschleppung der Tuberkulose durch die Behandlung wohl kaum 
anzunehmen. Ellbogen- und Fussgelenk haben sich lediglich unter Stauung 
bei fortwährendem Gebrauch der Glieder wesentlich gebessert. Der nächste 
Patient ist nicht allein mit Stauuugshyperämie behandelt. Bei ihm war 
schon ein kalter Abscess auf dem Fussrücken durchgebrochen und cs lag 
eine Mischinfection. vor. Wir haben deshalb incidiren müssen und später 
Jodoformglycerin eingespritzt. Aber der Patient hat die Gebrauchsföhig- 
keit seines Fusses. die ja noch keine vollkommene ist —- er geht immer 
noch mit zwei Stöcken — erst seit dem September 1893 wiedergewonnen, 
wo er den Schlauch umbekommen hat. Auf dem Fussrücken besteht noch 
eine k eine Granulationsflftche, der Fuss ist in Folge der Hyperämie 
ziemlich stark geschwollen; doch lässt die Straffheit des Gewebes auf be¬ 
ginnende Vernarbung schliessen. Also ich möchte wiederholen: wir haben 
nin Ver | chh ^ eru ° g ’ y ielmeh r in frischen Fällen immer Besse- 
a 1 Fur 111 denen sclj011 Fl ^eln vorhanden sind, halte 

T*? r ach • un J ser ??. bisherigen Erfahrungen nicht für ge- 

habe allerdings in der Kieler Klinik Fälle gesehen, wo schon sfhr 
Äf ?^ ln T VOr ^ en w £ r ?i n ™ d wo trotzd em ein recht gutes Ergebniss 
SLf f Ze !? en Fll ] e £ hab . en sich "ährend der Behandlung kalte 
Ich hfthe ine hief : f d ! e und Jodoforminjectiou ausheilten, 

btmir 7 f da ^ i Jet , zt mcbt beobachtet. Auf die Theorie, wie die Wir- 
a 5 dek T m i- m 2x Chtü ich nicht n äher eingehen. nur das will ich 

Lf d8 5L?!i- die vx7?P 0the8 - e l die Profes80r Heller in Kiel auf- 
gestellt hat, dass die Wirkung nicht bloss auf Hyperämie beruht, sondern 
dass es sich um ein Zurückhalten der Producte der Bacillen, also um eine 


Art von Tuberkulinwirkung handelt. Manches spricht, was ich bei unseren 
Fällen gesehen habe: erstens, dass gewöhnlich in den ersten Tagen 
massiges Fieber nach der Stauung eintrat und zweitens, dass gerade die 
Fälle am schnellsten sich gebessert haben, d. h. also, dass bei denjenigen 
am schnellsten die Beweglichkeit sich wiederherstellte und die Schmerz¬ 
haftigkeit abnahm, welche zuerst am stärksten geröthet, am dicksten ge¬ 
schwollen waren. Auf Grund der Versuche glaube ich, dass es wohlge- 
rechtfertigt ist, in frischen Fällen diese Methode weiter zu prüfen. Wie¬ 
viel sie für die endgültige Heilung leisten wird, will ich dahingestellt 
sein lassen. 

Herr v. Bardeleben: Eine Patientin würde, glaube ich, für uns alle 
beweisend sein; diese kleine Patientin mit dem kranken Ellbogengelenk. 
Ich möchte die Bitte an Herrn Collegen Zeller bezw. an Herrn Collegen 
Sonnenburg richten, uns diese Patientin wieder vorzuführen. bei welcher 
unzweifelhaft die Erkrankung noch nicht erloschen ist. Wenn diese voll¬ 
ständig geheilt würde, dann wäre das, glaube ich, ein ganz beweisender 
Fall. Er ist sonst ganz rein, es ist nichts anderes dabei geschehen, und 
ich glaube, die anderen Fälle sind nicht in dem Grade beweisend, wie 
dieser sein würde, wenn wir ihn später ganz geheilt sehen könnten. 

Herr Rotter: Ich habe auch einige male Versuche mit der Bi er¬ 
sehen Methode gemacht und bin weniger glücklich gewesen als Herr 
Zeller berichtet hat. Zunächst wandte ich dieselbe in Fällen mit Fisteln 
an, und zwar bei zwei Ellbogengelonkentzündungen, doch schon nach 
wenigen (acht bis zehn) Tagen hatten sich phlegmonöse Abscesse ent¬ 
wickelt, welche gespalten werden mussten. Ausserdem habe ich die 
Constrictionsmethode noch bei zwei tuberkulösen Gelenken ohne Fisteln 
angewandt. Es handelte sich um zwei relativ frische Kniegelenksentzün¬ 
dungen bei Frauenzimmern im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Der 
eine Fall ist recht hübsch verlaufen; nach sechs bis acht Wochen hatte 
sich die Schwellung fast ganz zurückgebildet, die Beweglichkeit ist eine 
sehr gute geworden, und es macht jetzt den Anschein, als ob der Fall in 
Heilung übergehen wollte. Dagegen gestaltete sich in dem anderen Falle 
der Verlauf ganz anders. Vor Beginn der Behandlung bestand ein leichter 
Erguss ins Gelenk und eine geringe schwartige Verdickung der Kapsel. 
Drei Tage nach dem Aulegen der Binde klagte die Patientin schon über 
heftige Schmerzen. Ich Hess die Binde eine Zeit lang weg, legte sie dann 
wieder an — damit kehrten aber auch die Schmerzen zurück. Nach einem 
weiteren Versuche mit einer Flanellbinde stellte sich hohes Fieber ein. 
das Kniegelenk schwoll stark an, es bildete sich ein starker Erguss in 
demselben. Ich liess die Binde weg und suspendirte. Das Fieber ver¬ 
schwand erst nach acht Tagen, die Schwellung wurde zwar geringer, aber 
es blieb ein erheblicher Erguss im Kniegelenk zurück. Ich ging nunmehr 
zur Jodoformbehandlung Uber, und bei dieser Gelegenheit machte ich eine 
Punetion und entleerte eine grosse Menge Eiter. Ich will noch dabei er¬ 
wähnen, dass das Gelenk früher nicht punetirt worden war. Dieser Fall 
lehrt uns also, dass auch bei einer geschlossenen frischen reinen Gelenk¬ 
tuberkulose unter vorsichtiger Anwendung der Bier’schen Methode einmal 
eine rasche Vereiterung eintreten kann. 

Herr Zeller: Bei einem achtjährigen Knaben mit noch nicht auf¬ 
gebrochenem Kniegelenksfungus haben wir ebenfalls unter der Stauungs¬ 
behandlung eine Ansammlung von Flüssigkeit, aber rein seröser, im Gelenk 
beobachtet und das letztere "mehrfach punctiren und mit Jodoformglycerin 
anfüllen müssen. Das Bein des Knaben, der schon entlassen und heute 
leider ausgeblieben ist, stand zwar gestreckt, war aber so wenig beweglich 
und so schmerzhaft, dass er fast gar nicht zu gehen vermochte. Unter 
der Stauungsbehandlung besserte sich das Knie bald dermaassen. dass der 
Kleine den ganzen Tag umherging und die active Beugung und Streckung 
im Knie völlig wiederkehrte. Der Hydrops des Gelenkes stellt sich freilich auch 
jetzt noch wieder her. \lso ich betone nochmals, dass in keinem unserer 
Fälle eine Verschlimmerung eingetreten ist, weder Verschlimmerung des 
lokalen Processes, noch eine Verschleppung in andere Organe. 

8. Herr Sarfert: Diplococceu im Eiter bei Mastitis (Demonstration). 
M. H.! Ich stelle Ihnen hier eine Patientin vor, die vor ungefähr drei Wochen 
im Krankenhause Moabit wegen Mastitis suppurativa beider Brüste operirt 
worden ist, nachdem sie vor sechs Wochen normal geboren und ein fieber¬ 
loses Wochenbett durchgemacht hat. Die Untersuchung des Eiters ergab 
einen auffälligen Befund insofern, als sich nur Diplococcen in demselben 
fanden. Ich hatte ihn in der Meinung untersucht, dass es sich um eine 
Streptococcen- oder Staphylococceninfection handele, und war überrascht, in 
sämmtlichen, zahlreich angefertigten Präparaten nur Diplococcen zu finden. 
Dieselben ändern sich nur innerhalb der Zellleiber der weissen Blut¬ 
körperchen, wie die aufgestellten Präparate zeigen, und bei Färbung nach 
Gram haben sie sich entfärbt. Da ich nicht sogleich menschliches Blut¬ 
serum zur Verfügung hatte, habe ich Culturversuche mit Agar und 
Gelatine gemacht, die sämmtlich erfolglos blieben. Ausserdem habe ich 
den Eiter suspendirt gehalten in der von Koch angegebenen Nährlösung 
zur Anreicherung von cholerabacillenhaltigem Material (Pepton- und Koch¬ 
salzlösung, die hier im Laboratorium immer vorräthig gehalten wird) und 
war schon der Meinung, dass ich am zweiten oder dritten Tage Rein- 
culturen vor mir hätte. Aber es zeigte sich, dass nach Zugrundegehen 
der weissen Blutkörperchen sich diese Diplococcen darin nur gehalten und 
mit einer Schleimhülle (starker lichtbrechender Hof im Präparat) umgeben 
hatten. Am vierten und fünften Tage war von ihnen nichts mehr zu 
sehen. Der auffällige Befund, dass sich diese Diplococcen nur aussehHess- 
lich in den Zellleibern der weissen Blutkörperchen finden, ferner dass sie 
sich bei der Färbung nach Gram entfärbten, dass Culturversuche mit Agar 
und Gelatine negativ geblieben sind, fernerhin, dass die Frau eine 
Gonorrhoe hat — ich habe in dem aus der Cervixhöhle ausfliessenden 
Secret Gonococcen gefunden, aus der ausserordentlich charakteristischen 
Form (Semmelform resp. der Form zweier ihre planen Flächen sich zu¬ 
kehrender Kaffeebohnen) aus alledem, und da ich fernerhin eine puerperale 
Infection sowohl als eine Erkrankung der Lungen ausschHessen kann. 


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22. Februar. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


185 


bei der ein Abscoss resp. ein Empyem nncli der Brust durchgobrochen 
sein könnte, möchte ich die Behauptung aufstellen, dass cs sich in diesem 
Falle um Gonococeen gehandelt hat. 

9. Herr Tschmarke: Die bisherigen Erfahrungen hei Aether* 
narkosen. (Der Vortrag ist. in No. 4 dieser Wochenschrift veröffentlicht.) 

Discussion: Herr v. Bardeleben: M. H.! Wenn auf dem 
Chirurgeneongress festgestellt wäre, dass auf 14000 Aethernarkosen nur 
ein Todesfall und auf 3Ö00 Chloroformnarkoscn schon ein Todesfall kommt, 
dann, glaube ich. wären wir alle verpflichtet, nur noch Aether anzuwenden, 
so weit es geht. Die Zahl der Aethernarkosen. über welche Herr College 
Gurlt in seiner so überaus dankenswerthcn und mühsamen Arbeit be* 
richtet hat. betrug aber noch lange nicht 14000. Es handelte sich um 
Schlüsse, welche gezogen wurden aus den Erfahrungen an einer un¬ 
geheuren Menge von Chloroformbetäubungen und einer verhältnissmässig 
geringen Zahl von Betäubungen durch Aether. Darum halte ich das Er¬ 
gebnis der Gurlt'sehen Zusammenstellung noch nicht für durchschlagend. 
Lassen Sie einmal ebenso viele Aethernarkosen zur Prüfung kommen, 
wie Chloroformnarkosen zur Prüfung gekommen sind, dann können wir 
erst den maassgebenden Procentsatz ermitteln. Meine Herren, ich bin 
vielleicht einer der wenigen unter Ihnen oder der einzige, der den An¬ 
fang der Aetherbetäubung noch erlebt hat. Herr College Gurlt. sehe 
ich, ist anwesend, der den Anfang der Aetherbetäubungen bei Dieflen- 
bach mitgemacht hat. Weshalb sind wir denn vom Aether abgegangen 
und haben das Chloroform mit Freuden begrüsst? Weil es beim Aether 
eine ganze Reihe von unangenehmen Zufällen gab. weil es gar so lange 
dauerte, bis die Patienten gut und dauerhaft betäubt wurden. Dauerhaft 
betäubt wurden sie, so viel ich sah, nie. niemals so, wie man es mit dem 
Chloroform erreichen kann, dass man die Maske ganz weglässt, sondern 
man musste immer wieder Aether aufgiessen. Seine Schattenseiten hat 
der Aether doch auch, und ich glaube, es ist in sehr daukenswerther 
Weise von dem Herrn Vortragenden soeben hervorgehoben worden: alle 
die Leiden der Respirationsorgane, bei denen schnell eine Anhäufung von 
vielem Schleim in den Bronchien entsteht, sind sozusagen eine Contra- 
mdication gegen die Anwendung des Aethers. Die Gefahren liegen beim 
Aether auf seiten der Respirationsorgane, beim Chloroform auf seiten des 
Herzens. Herzfehler, die man vorher erkennen kann, führen freilich nicht 
leicht zum Chloroformtode. In den Fällen, in denen der Chloroformtod 
eintrat, hatte man vorher genau das Herz untersucht, ohne einen Klappen¬ 
fehler zu finden. Man kam immer auf eine individuelle Herzschwäche 
hinaus, die man mit dem Stethoskop nicht erkennen kann. Ich habe, 
wesentlich auf Grund der Anregungen, die durch die Zusammenstellung 
von Herrn Collegen Gurlt gegeben sind, aber auch früher schon in der 
Charite Aethernarkosen wieder vornehmen lassen. Unabhängig davon 
bat Oberstabsarzt Köhler eine grosso Anzahl von solchen Betäubungen 
auf der Nebenabtheilung gemacht, so dass wir lange Zeit neben einander, 
er auf seiner Abtheilung Aether und ich auf der mehligen Chloroform 
angewandt haben. Ich wiederhole, wäre ich überzeugt., dass der Aether 
minder gefährlich ist. so würde ich es für unzulässig halten, noch weiter 
Chloroform anzuwenden. Da ich mir aber sagen muss: beide haben ihre 
Gefahren, und es ist noch nicht erwiesen, dass es so schlimm mit den 
Gefahren des Chloroforms steht, so mache ich den klinischen Standpunkt 
geltend: man braucht für die Betäubung mit Aether sehr viel längere 
*eit. Man kann diese Zeit etwas abkürzen und, so viel ich gesehen habe, 
es den Patienten auch angenehmer machen, wenn man eine kleine Quan- 

iu° tWa ^ ^ Bromäthyl vorher athmen lässt; für dauernde Brora- 
äthylbetfiubungen bin ich durchaus nicht eingenommen. Wenn 15 g 
«omäthyl in die Maske geschüttet worden, und der Pat ient athmet diese 
ein. so wird er sehr schnell, jedoch sehr wenig dauerhaft betäubt; aber 
nie Aethemarkose geht hinterher sehr viel leichter und sehr viel schneller 
von statten. Damit wäre vielleicht die eine Unbequemlichkeit des Aethers 
*ii beseitigen. 

, . 4 l ‘ ch au ^ den zweiten Punkt haben wir sofort unsere Aufmerksam* 
e]t nchten müssen, den der Herr Vortragende erwähnt hat. Wenn man 
\ 1 , 0( * er am oberen Theil des Halses operiren will, so ist das mit 

fL-n • un . mö KUch. Alan kann den Patienten daun für den Anfang 
v ni!Ü era i 1011 Eidliche Betäubung bringen; aber diese goht schnell 

u ° „ 7 ; dann muss man die Operation unterbrechen, wieder Aether geben 
_ \ '• Ehrend cs mit dem Chloroform, wenn man das Verfahren an- 
nufin u College Rose uns gelehrt hat, doch überaus be- 

i n '; enn man den Schlauch des Junker’schen Apparats, noch^ 

(■infnhH 0 1 " as ^ e davon abgenoramen hat, dem Patienten in die Nase 
.'i(ht m 5 * ann maQ während dor ganzen Operation, die man ira Ge- 
mit s *° n * c * lt gerade an der Nasenöfliiimg stattfinden soll, 

ir tief il?« \ chlauch dem Patienten so viel Chloroform beibringen, dass 
felfit 11 e ibt' Ich kann dies Verfahren, welches ich im Laufe 
en Jahre sehr oft angewendet habe, durchaus empfehlen, 
irune sehr wünscheiiswerth, wenn gerade unsere Vereini- 

hWrnR r . C * D6 £ rosse Masse von Material dafür aus den Krpnken- 
machte 1 n ri pl, ZUSÄmnien * )r i n g en kann, es sich auch weiter zur Aufgabe 
CharitA * e vo « Bedeutung recht sorgfältig zu sammeln. Inder 

Gurh „J? Sammlung für das künftige Referat des Herrn Collegen 
Gebiet i -t ^ fo ^etzt Ich glaube in der That, dass dies ein 
möchte vnr- t i • Statistik ein wenig mitzureden hat. Aber ich 
: ‘llzu klMn ön eine j l eic htfertigen Statistik warnen, vor einer Statistik mit 
immer wi*^ 1 Tor a ^ em mit «»gleichwerthigen Zahlen. Ich möchte 
aber ein rpI. * ( T? n er * nnern « dass ein Mann, der zwar nicht Mediciner, 

< egt le m<* r 6chlauer Mann war, gesagt hat: Messieurs, la statistiqüe 
H„“?*?•'" d»iffres. J)as w V Talleyrand. •; 

in mskrüArr; v aa nac h 18jähriger. Anwendung des Chloroforms 
Aether Mw>£ 8Caer un ^ geburtshülflicher Praxis vor drei Jahren' zum 
Fällen benS^ 1 !- 61 * dieser Zeit denselben in etwä 200 

diesem Uebergang hat er sich nicht veranlasst 


gesehen durch besonders unglückliche Erfahrungen während der Cliloro- 
formnarkosc selbst, sondern durch die Ueberzeugung. dass eine 
Reihe von Todesfällen, die nach geschehener Chloroformnarkose im Ver¬ 
lauf nach schweren Operationen cintreten, wesentlich dem Chloroform 
zur Last zu legen sind. Zu den Kranken, welchen vor allem das Chloro¬ 
form verderblich wird, gehören diejenigen, die bereits Fettherz haben, 
also aus Myomen ausgeblutete Patientinnen, oder solche, die durch stunden¬ 
lange Dauer der ClUoroformnarkose in kurzer Zeit Fettherz acquiriren. 
Der Aether hingegen entfaltet diese verderbliche Wirkung auf das Herz 
weder während der Narkose, noch hat er verderbliche Nachwirkungen auf 
dasselbe zur Folge, so dass er in dieser Beziehung als ganz ungefährlich zu 
betrachten ist. Herr Landau ist der Ueberzeugung. dass eine Reihe von 
Patientinnen, bei denen schwierige und langdauernde Operationen mit 
Hülfe der Aethemarkose mit glücklichem Ausgange von ihm gemacht 
wurden (schwere Myomoperationen, Darmnaht. Darmresectioneu etc.) bei 
Anwendung der Chlorpfonunarko.se nicht mit. dem Leben davougekouimen 
wären. Was von Hans aus gegen den Aether stutzig machen musste, war 
der Umstand, dass man sich sagte, es müssten doch gewichtige Umstände 
gewesen sein, weshalb das Chloroform den Aether verdrängt habe. 
Eine befriedigende Antwort auf diese so gerechtfertigte Frage hat Herr 
Landau nirgends erhalten. Herr Landau glaubt, dass es wesent¬ 
lich Unannehmlichkeiten und Incouvenienzen bei der Technik des Aetheri- 
sirens sind, welche den Gebrauch des Aethers verhindert haben. I 11 - 
convenienzen, die im wesentlichen nur uns Aerzte und nicht die Kranken 
berühren. Freilich ist zuzugeben, dass es auch beim Aetherisiren Ju- 
eonvenienzen für die Kranken giebt, wenn man hierbei das Verfahren au- 
wendet, welches von Juillard empfohlen und auch von Herrn Sonnen¬ 
burg adoptirt worden ist. Man muss nämlich zwei verschiedene Methoden 
beim Aetherisiren unterscheiden, die asphyxirende und die berauschende 
Methode. Beide Methoden sind toto coelp verschieden, nicht blos bezüg¬ 
lich des widerlichen, unangenehmen und erschreckenden Anblickes, welchen 
die Kranken bei der asphyxirenden Methode darbieten, sondern auch be¬ 
züglich der Wirkung auf die Kranken selbst. Bei der Juillard’sckeu 
Maske sinken die schworen Aethordämpfe mit Vehemenz nach dem Munde, 
die leichtere Luft bleibt oben, und der Kranke wird in wenigen Minuten 
geradezu asphyktisch gemacht. Er wird schnell betäubt, nicht etwa weil 
er so schnell äthorisirt wird, sondern weil das Blut so überaus rasch mit 
Kohlensäure überladen wird. Man hätte vielleicht das Recht, diese Me¬ 
thode mit der der Kohlensäure-Aether-Intoxication zu bezeichnen. Die 
Kranken werden sehr schnell blauroth. fangen bald an zu schnarchen, oft 
tritt auch Singultus ein, es genügt, wenn man die Maske lüftet, allerdings 
nur kurze Zeit, um die Asphyxie zu heben, aber die Narkosen werden, 
wenn man fortführt, die asphyxirende Methode anzuwenden, nicht an¬ 
genehmer. Ganz anders, wenn man die Art von berauschender Methode 
anwendet, wie sie von Wan sch er in Kopenhagen dem Vortragenden 
beim Besuche seiner Klinik gezeigt worden ist und wie er sie seitdem 
angewondet hat. Die Methode besteht darin, dass man, um es kurz zu 
sagen, so viel Aether wie möglich und so wenig Luft wie möglich 
gleichzeitig dem zu operirenden Individuum zuftthrt. Zu diesem Zwecke 
bedient sich der Vortragende der von Wan sc her angegebenen Gummibeutel- 
maske, welche den grosson Vortheil hat, dass die schweren Aethordämpfe, 
welche hier unterhalb des Niveaus dor Respirationsorgane gelegen sind, 
nur mit Luft gemischt in die Respirationsorgane gelangen, während sie bei 
der Juillard’schen Maske oberhalb derselben gelegen, gewissermaassen 
unvermischt in dieselben hineinfallon. Ausserdem fällt bei dieser Methode 
das beständige Nachgiessen weg, und der Narcotiseur hat es in jedem 
Augenblicke in der Hand, mehr oder woniger Luft zutreten zu lassen. 
Zuzugeben ist, dass es allerdings hei dieser Methode mitunter etwas 
länger dauert wie beim Chloroform, aber das kann man unmöglich als 
einen Grund betrachten, das Chloroform anwenden zu wollen. Herr 
Landau will nicht auf diesen rein empirischen Gebieten weitere theo¬ 
retische Raisonnements anführen, um so weniger, als in eitler jetzt 
erscheinenden Publicntion aus seiner Klinik von Dr. Grossmann aus¬ 
führlicher auf diese Verhältnisse cingegangon werden wird, er möchte nur 
die Bitte an die Collegen richten, wenn sie von der Chloroform- zur 
Aethemarkose übergehen, von der Juillard’schen.Maske abzusehen, da 
diese geeignet ist, die Aetheruarkoso zu discreditiren; hervorliehen möchte 
er jedoch gegenüber den Ausführungen eines der Herren Vorredner, dass 
es bei längerer Dauer keineswegs nothwendig ist, die Kranken beständig 
Aether einatbmen zu lassen. Bei länger dauernden Lapamtomieen sind 
nicht selten Pausen von fünf bis zehn Minuten Dauer gemacht worden. 
Zuzugeben, ist. dass die Technik des Chloroformirens viel leichter zu. er¬ 
lernen ist. als die Technik des Aetherisirens, denn heim Chloroformireu 
genügt die objective Beobachtung des Pulses und der Respiration, beim 
Aetherisiren jedoch kommt es auf den Grad der Muskelspannung allein 
an; hier durch richtige Lagerung des Kopfes, durch Pausen im Aether- 
darreichen, durch Zuführen von Luft das richtige Maass zu treffen, ist 
Sache vielfacher Uebung und des Verständnisses der Aetherwirkung; aut 
Respiration und Puls braucht der Narcotiseur im wesentlichen nicht zu 
achten, denn das Herz wird thatsächlich durch den Aether nur günstig 
beeinflusst, so sehr, dass ausgeblutete Patientinnen (Beratung eines extra- 
uterinen Fruchtsackes), welche pulslos auf den Operationstisch kamen, wenn 
sie mit Aether narkotisirt wurden, einen fühlbaren Radialpuls bekamen- 
wie sich Herr Landau in einigen Fällen überzeugt hat. Ein Merkmal, 
die Narkose sofort zu unterbrechen, .geben asphyktische Zustände, wie sie 
sich bei unvorsichtigem Narkotisiren natürlich einstellen können und wie 
sie sich durch Schwarzworden des Blutes, livide Färbung der kippen und 
Singultus kennzeichnen. Unter allen vom Vortragenden beobachteten 
Fällen — und es befinden sich mehrere Uber zwei Stunden dauernde 
Operationen darunter — war es nur einmal zum Gollaps gekommen, una 
dieser Fall betraf eine nephrectomirte Patientin, aber bei Nephrectotmrten 
sind solche Attaquen, die auf Anurie beruhen, bekannt, und im übrigen 


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186 


DEUTSCHE MEDlClNlSCHE WOCHENSCHRIFT. 


No: '8 


gelang es paradoxer Weise, diese Patientin durch , zehn Aethe^ectioiion 
Ls dem Collkps zu befreien. Pie Patent», welche m den erste 
24 Stunden nach der Operation 10 ccm . Ham secermrte, ist im übrigen 
„Lesen. Nach seinen Erfahrungen kann Herr Landau die Anwesenden 
nur außerdem, die Aethernarkose zu versuchen. 

Herr Körte: M. H,! Ich habe die ZaWen des Herrn Guiltso 
verstanden, dass er von zuverlässigen ChiriirgenMitthei^ v 

und so und so viele Aetherivarkosen bekommen hat, und dass unter cli . 

14000 Aethernarkosen nur ein Todesfall angeführt ist, den «'l ul;!! 
einen Narkoscntodesfall rechne, denn wenn, wie »dem aus Bonn benen- 
teten Falle, ein Mensch von der Eisenbahn UberMiren-wird, doppclt am- 
putirt wird und drei Stunden-nach der Amputation - so stirtt ei 

im Collaps, wie solche Leute zuweilen «terben. olme dass »an etwas 
thut. aber man kann dem Aether nicht die Schuld beimessen^md das 
er ferner von einer grossen Anzahl von Chirurgen über 133 000 U loro 
formnarkosen Mittheilungen bekommen hat. unter denen P™ ce ^™be¬ 
rechnet ein Todesfall auf 2900 kommt. Diese Zahlen schienen mir so 
beredt zu sein, und wenn Zahlen auch lügen können, war t 

Schein der Wahrheit für mich so stringent, dass ich mich für verpflichtet 
hielt, den Aether zu versuchen. Natürlich kann man erst rede», wenn 
man eine sehr grosse Zahl von Narkosen gemacht hat, Die ZahlP®“®* 
Aethernarkosen, seit dein 1. Juni d. J. beläuft sich auf ca. 400 ^10 
Aufzeichnungen ermöglichen es mir, diese Narkosen mit der entsprechen¬ 
den Anzahl von Chlorofommarkosen zu vergleichen. Genauere Mittei¬ 
lungen darüber werde ich an anderer Stelle geben, jedoch kann ich sagen, 
dass meine Erfahrungen für den Aether günstig sind. Ich empfinde ganz 
entschieden eine grosse Erleichterung, seitdem ich ätherrsire, und werde 
mich schwerlich ~ natürlich weitere Erfahrungen Vorbehalten — dazu 
enfcschliessen, den Aether ganz fallen zu lassen. Für eine gowisse An¬ 
zahl von Fällen kann man ihn ja nicht brauchen; also z. B..bei einer 
floriden Bronchitis würde ich nicht wagen, zu äthensiren. Bei Empjem 
habe ich es anfangs auch nicht gewagt, thue es jetzt aber auch und bin 
Sehr viel angenehmer daran, als beim Chloroform. Ferner bei Operationen 
im Gesicht, bei gewissen Operationen am Halse kann man auch nicht, gut 
ätherisiren wegen der umfänglichen Maske. Was nun die rheorie \ on 
der Asphyxie und der Erstickung durch Kohlensäure betrifft, so ist das 
nach meinen Erfahrungen nicht richtig. Es ist vor kurzem darüber eine 
exacte Untersuchung erschienen, die unter Leitung von AU, 11 . 1 } 9 
Dr. Dreser gemacht ist. (Bruns 1 Beitr. z. klin. Chir. Bd. 10,11.) Er hat 
Unter der Juillard’schen Maske, die entweder frei aufgelegt oder 
mit dem Handtuch umwickelt war — also ich muss annehmen, dass das 
die Methode der Asphyxie ist, vbn der gesprochen War — die Luitproben 
entnommen und hat nachgewiesen; dass ganz ungemein schnell em Aus¬ 
gleich eintritt. Der Aethergehalt der Maskenluft betrug 1,2—4,7 Vol. , 0 . 
Der Kohlensäuregehalt stieg — ich glaube nicht zu irren — auf 1,7 im 
höchsten, jedenfalls war er weit unter denjenigen Werthen — und- das 
hebt der Betreffende besonders hervor —. bei denen die Kohlensäure 
lähmt; imGegentheil, sie ist innerhalb der Wertho geblieben, bei denen 
die Kohlensäure das Athmungscentrum reizt. Kerner hat er auch ge¬ 
funden, dass der Sauerstoffgehalt der Maskenluft niemals unter die¬ 
jenige Höhe sinkt, welche nach P. Bert als gefährlich anzusehen ist. 
d. i. die Hälfte des normalen O-Gehaltes. Allerdings hat er einmal bei 
einem Kinde, wo die Athmung nicht frei war, gefunden, dass die Kohlen¬ 
säure Btieg und der Sauerstoff druck auf 11,7 gefallen war, was also der 
Gefahrengrenze, die bei 10 herum liegen soll , sehr nahe liegt. Ich lasse 
so narkotisiren, dass die Juillard’sehe Maske:, die nach demselben Prin¬ 
zip- construirt ist. wie die eben gezeigten, mit 30—50 ccm Aether 
begossen zunächst allmälich genähert Wird, nachher wird ein Handtuch 
umgelegt. Ich kann versichern und habe das durch statistische Berech¬ 
nungen herausbekommen, dass die Zahl der unruhigen Narkosen beim 
Aether entschieden kleiner ist. Bei Aethernarkosen ist sehr häufig notirt: 
anfangs Excitation, nachher eine ruhige Narkose, und ich möchte gerade 
das hervorheben: man muss anfangs etwas Geduld haben. Hat man aber 
den Patienten einmal narkoti'sirt, so ist meistens die Narkose eine ideale 
Und-mit sehr kleinen Gaben Aether weiter zu erhalten: Das Erbrechen 
ist entschieden seltener. Ganz besonders fällt das ins Gewicht bei Leuten, 
die von dor Strasse hereingebracht weiden, bei Potatoren, die in potu 
gefallen und verletzt sind und bei denen man grössere Eingriffe machen 
muss. Ich habe vor wenigen Tagen eine offene Kniescheibenfractur nähen 
müssen, wobei also eine Muskelerschlaffung wichtig ist, und habe das 
vollständig erreicht. Bei dem Chloroform tritt durchschnittlich die Tole¬ 
ranz" etwa zwei Minuten früher ein als - beim Aether (5.3:7,4 Minuten). 
Nun Stellt sich das so, dass beim Aether eine Anzahl Leute lange Zeit 
gebrauchen; 10, 15 bis 20 Minuten. Diese drücken die Zahl so sehr in 
die Höhe. Die Mehrzahl der Menschen schläft nach Aether in drei bis 
fünf bis sechs Minuten ein, und ich glaube, nach den bisherigen Er¬ 
fahrungen; die natürlich noch lange fortgesetzt werden, kann ich den 
Aether*nur sehr empfehlen, vor allem Wegen seiner geringen Einwirkung 
uuf das Herz. • 

Herr Karewski* M. H.l Ich habe iU den 7 letzten drei Monaten im 
jüdischen Krankenhause und in meiner privaten Thätigkeit den Aether in 
ungefähr 100 Fällen angewendet: Ich habe Bronchialerkrankungen von 
vornherein ausgeschlossen und in diesen Fällen'stets Chloroform ange- 
wettdet; Ich will über meine Erfahrungen nür insoweit sprechen, als ich 
•doch auch recht unangenehme Folgen beim Aether gesehen habe. Ich 
bähe sehr langwieriges Erbrechen erlebt bei Patienten, die vorher mit 
Chloroform behandelt waren, ohne Erbrechen zu bekommen. Es handelte 
eich'in dem einen Falle um eine Narkose, die ungefähr eine Stunde gedauert 
hatte. Unmittelbar im Anschluss an die Narkose hatte die Patientin, bei 
der eine Darmnaht gemacht WoTden war. 48 Stunden lang, ununterbrochenen 
iV'omitüS; der natürlich unter diesen Umständen besondere' unangenehm 
war. In einem Falle habe ich ‘einen" Zustand gesehen, von dem ich nicht 


weiss ob er von irgend Jemand sonst noch beobachtet worden ist. ich 
hatte bei einem Manne eine ziemlich complicirte Laparotomie ausgeführt. 

Er war ungefähr l'/s Stunden narkotisirt gewesen, hat erst etwas Chloro¬ 
form bekommen. und dann im ganzen 200 g Aether Nach Beendigung 
der Narkose war seine Respirationsfrequenz auf acht m der Minute ge¬ 
sunken: das war ein höchst peinlicher und bedrohlicher Zustand, den ich 
zeitweise dadurch zu heben suchte, dass ich den Mann künstlich respmren 
liess Ich habe eine Stunde gebraucht, um ihn wieder auf eine Rospirations- 
frequenz von zehn zu bringen, und es dauerte ungefähr drei Stunden, bis 
der Q Mann wieder normal geathmet hat. Ich glaube, dass diese Störung 
der Athmungsthätigkeit. da ich derartiges me beim Chloroform gesehen 
habe, auf den Aether zurückzuführen ist. Hingegen habe ich den allge¬ 
meinen Eindruck gehabt, dass der Aether besonders auch da vmverthbar 
ist, wo man kurze Narkosen nöthig hat, also bei ambulant behandelten 
und poliklinischen Fällen. Da kann man mit der Erstickungsmethode in 
sehr kurzer Zeit eine genügende Toleranz für kleinere Eingriffe erreichen 
und den rasch wieder, ohne hässliche Folgezustände erwachenden Patienten 

sehr schnell nach Hause schicken. ■ . . , , , , . 

Herr Rose- M. H.! Der Grund, weshalb ich seit zehn Jahren bei 
einer grossen Zahl meiner Fälle zum Aether übergegangen bin, ist be- 
sondere dor Umstand gewesen, dass ich so sehr viel darunter zu leiden 
gehabt habe, dass nach grossen Operationen die Kranken manchmal tage¬ 
lang hinterher gebrochen haben. Die Verklebung der Nähte litt darunter, 
und mancher ging mir leider an diesem Erbrechen, wenn sich sonst auch 
die Operation ganz schön anliess, zugrunde, selbst nach vollendeter Heilung 
durch Erschöpfung infolge des anhaltenden Brechens. \ on zweifellosen 
Asphyxieeu habe ich bei der Anwendung des Junker sehen Apparats 
nichts gesehen. Dieses traurige Erbrechen hat mich damals bestimmt, 
mich nach anderen Methoden mbzusehen. und das ist der Grund, weshalb 
ich seit zehn Jahren Aether erst versuchsweise, seit 1887 dagegen in zahl¬ 
reichen Fällen anwende. In den letzten sechs Jahren sind m Bethanien 
3618 Narkosen verzeichnet worden, von denen 2488 nur mit Lhlorofonn. 
591 nur mit Aether, 539 mit beiden gemacht worden sind. Ick haltemieh 
deshalb für verpflichtet, meine Erfahrungen mitzutheilen. Zunächst ist 
es durchaus gar nicht nöthig, dass man diese Maske von Juillard an¬ 
wendet. Ich wende die „asphyktische Methode“ niemals an. Ich bin 
bei dem Junker’schen Apparat, wie ich ihn früher empfohlen habe, 
stehen geblieben. Ich muss natürlich zugeben, dass es damit noch längere 
Zeit dauert, als schon mit Chloroform; aber er besitzt doch sehr grosse 

Vortheile. Es fällt mir nicht ein, bei dieser Langsamkeit der Narkotasirung 
ohne weiteres jeden Menschen mit Aether zu betäuben. Aber ich suc e 
mir die Fälle aus. Ich glaube, es ist besonders nützlich, die Leute mit 
Aether zu betäuben, welche besonders schwach sind, und so werden hei 
uns alle Kinder ätherisirt, alle Frauen, bei denen die Operation länger 
dauert, alle Greise und Säufer, bei denen es sich um Herzschwäche 
handelt, und vor allen Dingen alle längeren Operationen werden mit 
Aether ausgeführt, sowie es sich bei ihnen von vornherein oder im ver¬ 
lauf um Herzschwäche handelt. Dass Herzfehler nicht eine Contramdicataon 
der Chloroformnarkose sind, davon habe ich mich sehr olt überzdigt, len 
bähe viele Herzkranke ohne jeden Schaden zum Theil täglich chlorofonni 
Das ist ganz richtig. Aber ich bin doch so überzeugt wie etwas davon, 
dass man durch die Anwendung der Aethernarkose die Fälle von Loh» 
wie sie durch Chloroformerbrechen Vorkommen, vermindert. Wenigsten, 
bin ich durchaus damit zufrieden. Ich habe niemals gesehen, dass .einer 
nach den schwersten Aethernarkosen, die zwei bis drei Stunden dauern, 
tagelang gebrochen hat. Dass hier und da einmal einer danach bne, 
gebe ich zu, aber im Operationssaal, nicht nachher. Und es ist nur aoon 
ausserordentlich angenehm, dass, während ich mich früher immer gelürcM 
habe, den Leuten nach der Chloroformnarkose, wenn sie lange getanen 
hät, hinterher Wein zu geben, was man bei Herzschwäche ja sonst tnuu 
würde, ich jetzt in solchen Fällen den Leuten womöglich gleic e 
Flasche Portwein hinterher verordnen kann, ohne mich .fü o e 1 nire **’, V. 
ohne dass sie infolgedessen Erbrechen bekommen. Ich will noch envänn ^ 
dass ich es vielleicht auch dieser gelinderen Methode der Aetherna ^ 
zuzuschreiben habe, dass ich dabei weder etwas von jenem anha 
Singultus gesehen, noch von Bronchitis, noch etwas von den „apn 1 
Zuständen“, die mein Vorgänger geschildert hat, so dass ich im g 
schwerlich von meiner Art der Aethernarkose abgehen werde. . 

Herr Olshausen: Meine Erfahrungen sind sehr genng, denn w 
haben erst etwas über 100 Fälle von Aethemarkoseh. Es smd aber las 
sämmtlich Operationen von längerer Dauer gewesen. Ich^möcn 
einen Umstand die Aufmerksamkeit lenken, der^ mir sehr bald ]>e 
Aethernarkosen aufgefallen war und der unter Umständen recht » 
nehm sein kann; nämlich dass nicht nur oft stertoröse Athmung, so 
auch sehr intensive Zwerchfellathmung auftritt. Bei Operationen im • 
besonders wenn man am Dann zu operiren hat, kann das manenma 
stören. In den meisten Fällen gebe ich zn, ist die Erscheinung g.. 
gültig. Dann will ich nur noch hervorhdben, dass wir doch auch B • 
als Folge der Narkose gesehen haben, wie mir scheint, soweit i . 
der geringen Zahl von Fällen urtheilen kann, ziemlich häufig, 
werde in Zukunft in allen Fällen, wo die Athmungsorgane mc 
sind oder wo Bronchiten bestehen, doch nicht mehr den Aetne 
den. Wir haben nicht die Jtiillard’sche, sondern die Wa 
sehe Maske angewandt, den'grossen Gummibeutel, der nur das jj 
nehme hat für den,, der die Narkose leitet, dass er lmmerfoi 
werden muss. Aber unangenehme Zufälle sind^ auch sonst mc . - st 
eingetreten. Die Speichelabsonderung und die Schleimabson 8. 
aber doch in einzelnen Fällen so kolossal geworden, dass ich m j“®, 
damit weiter zu arbeiten.’ In drei Fällen haben wir aus die s® . ff 
die Aethernarkose ’unterbrochen und haben zütti Chloroform gegn • 

. Herr Rose: Darf ich noch eins hinzufügen, sollst es das, g _ 
die Abkürzung der Aethernarkose in einer anderen Weise sebi 


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Original frnm 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





Uh UtSCHE^MEU] CIN JBCFi JE WOCHENSCHBIFT. 


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.Ottortforoiap^iat Hö.^moujmf.n nuti •&»- A vtherappum i,« 
wv sehr gemischte Narkosen imlum. Xji 
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^fübn * k;'', imana «üiilifisst, an iitu jJumoiidintKU! »J!u Kabuuu-. 

•'VQrdftn J. d •'dli-n 1 ’uIIm«, :,yo .um Fracfutvi, oi*m> eilt* ^ rA -:>i»niidi ur- 

id; d-^ bö\vulrem\ni^onuun humldt. ti. do.r ( J n;^r,sr v^b-id.- 

h.- ungi*’- | x !u Uui-iU-Kudtuu^ auf L-j.wt;. vur- 

d ' j! ' ; Oaaduno Ui‘feK^bt?n -eiitp Spofd-anftaef.u/- voraim^h^t^.. 

t Ffw UV riefe Geber *J*raö8i>Jimtfttion «aob 




Oroltoald^r medk 


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•erj if 5 ohrifti(ifii-ur: Htri* 


*£*'{ iilt: Or Xirzth« 

Cop.riano (Omsk). 

‘»sunt; &) Geber ^bphrejueeb^ Behiiio- 
Tftut! * K«JJöiIteji FnJ te?}. 'fDw Vwt rair 
MtsdiWif Pmifn-uiürlii wvrtleii.) 

* esir.m rsiipdtaw^ twv SpobtanÄ^ctur 4er 
• " - 1 ™ molQgems »arköip; 

ÄS*! ««»?«' !Vlt,:,„. W.i» 

•* 4 rucOX wteTpk nIMfc 
.. ...i rcchs-nt ICiiiu heknmuifii. u: 

FjnUörtvatt; livhantlftiv 
ctr. wno ■ Anzolil von 
-**t' g<Mn?tdit. wdulift diA 
ui im rfm^. hermugdion konnte. 


NledorrheiiilgcbtJ «eae|Ig«liftft fUr Natur« und HeUknuAe 

-in Boftjrh 

^.Havn^'ai« äO. NmiOfdu-r 2803 
\ iiisi(2(u.uk|- Hm 1 Schnitte-; &’Jii'iftfUOrei\ Hcn U$\b 
2 4 {brr Se4iaxHit' GaiüiJxietrÄtiovi jpift dem StaM aus- 
geeehjßdsner O VfKrisj*ebJüoehe ven Asearfs iumbrieoideSc Vmn 

iici'n; j?r FetO^no juks- wunO* y« d?< 


num^t “r J, r ,d ^ U 
^ sidir 


■■■H . ., , v ... . .... . ^ VT5y . v , V3r ^ HjHÖPjgf 

mAdjV-MjiÄcIic Kiinik ein''Präparat-aus düm Muhfii'Ad/.'uitu.^. Pa<..ioMf« ; n 
sCi*5dliiuktv vvbhdiPK von &> Dfnuipuvukl wut-ft. 

uiir: mit lü.'kauiiibn Pi.u-nj^it iiiriO, idi.mtiucii w-.u* Muia-iwktijUM II 
s'&ii. .ein tluiiner Kniiael ;Fdn--Pddttfi- ufkemuui. .AVtöduO' 




DEUTSCHE MEDICINIS CHE WOCHENSC HRIFT. 


No. 8 


188 ,,___ 

deutliche Abgrenzung nach Gliedern zeigte. Aus rfhiuio 

Sen an zlei Stellen mehr: bandartige, ca. 10 cm Inge Gebilde 
hervor welche sich zu einem kurzen gemeinsamen Stamme 'er 
Sn und wo^Uche Flecken zeigten Unter dem. Mtoo kop 
51 sich diese Flecken als Anhäufung von unreifen Eiein, 
deren Form aber so wenig charakteristisch war 
stimmte Diagnose nicht stellen liessen. In dem fädigen 

konnte* man^nur grosse Zellformen unterschei em W.r ^n n 
das Präparat in Abwesenheit des Herrn Prot. Schultze an neri 
p * T dwio- welcher es für abgestossene Ovarialschläuche von 

bitten. 

2 Herr Ungar berichtet über Untersuchungen, die er in 
Gemeinschaft mit cand. med. Selbach “"mmen luan um 

“rechend der früher von ihm nachgewiesenen 

der Chloroforminhalationen. Als Ursache einer todt chen N^ 
Wirkung der Chloroforminhalationen habe er ja eine duich die 
nähme des Chlorforms hervorgerufene fettige Entartung ^r Orgaue 
namentlich des Herzens, dargethan. Die Frage, ob nicht a 
längere Zeit andauernde. Aethennhalationen eine solche fottjge‘En 
artung bewirken könnten, habe um so näher gelegen, als seiner Zeit 
Nothnagel mitgetheilt habe, dass bei Aethenjergiftun em 
fettige Degeneration der Organe eintrete. Vermrti» *n Himden 
Katzen und Kaninchen hätten nun ergeben, dass selbst nach viele 
Stunden andauernden Aetherinhalat-ionen, ja selbst 
lialationen mehrere Tage nach einander wiederholt wurden, eine 
irgendwie in Betracht kommende fettige Entartung ^ 
nicht eintrete. Hätten sich auch, wenn die Yersuchsthiere auf 
andere Weise getödtet worden seien, hin und wieder in feinen 
Organen, so auch an der Herzmuskulatur, einzelne Stellen gezeigt, 
wo eine fettige Entartung eingeleitet gewesen sei. so sei doch in 
keinem Falle eine das Leben gefährdende tettige Entartung zu¬ 
stande gekommen, auch daun nicht, wenn man die Thiere erst 
mehrere Tage nach Beendigung der Inhalationen getödtet, hätte. 
Ueberhaupt sei der Einfluss längere Zeit durchgeführtei Aetlier- 
narkosen auf das Wohlbefinden der. Tluere bei weitem nicht 
ein so ungünstiger gewesen, als es bei den entsprechend lange 
Zeit andauernden Chloroformnarkosen der Fall gewesen sei. - Die 
Thiere seien nach beendigter Narkose fast immer vollkommen 
munter gewesen, hätten Esslust gezeigt, nicht erbrochen kurzum 
sie hätten keinerlei Krankheitssymptome dargeboten. Eine ver¬ 
breitetere, ausgesprochene fettige Entartung der Organe batten auch 
subcutane Injectionen grösserer Aethermengen nicht im Gefolge 
o-ehaht Diese Versuche hätten also gelehrt, dass die Aether- 
narkose vor der Chloroformnarkose auch den Vorzug habe, dass 
eine das Leben bedrohende Nachwirkung der Inhalationen nicht zu 
befürchten sei. Sie hätten fernerhin die ärztliche Erfahrung be¬ 
stätigt, dass die Aethernarkose das Gesammtbefinden viel weniger 
ungünstig beeinflusse, als die Chloroformnarkose. v ■ 

Discussion: Herr Trendelcnbiirg, welcher seit einiger Zeit last 
ausschliesslich Aether zur Narkose anwendet, glaubt nicht, dass die durch 
Chloroform Iierbeigeführten Unfälle mit Herzverfettung Zusammenhängen, 
nass vielmehr entweder Fehler bei der Application des Chloroforms, wie 
z.B. zu stürmisches Aufschütten auf die Maske, die Ursachen des lodes 
in der Narkose seien oder der Tod in unerklärlicher Weise pötzlich, oft 
schon ganz im Beginn der Narkose eintrete, also auf jeden Fall nicht in 
Folge von Herzverfettung. Fälle von Tod durch etwaige Herzverfettung 
einen oder mehrere Tage nach glücklich vorübergehender Narkose seien 
auf jeden Fall sehr selten. In Bezug auf die Aethernarkosen bemerkt Hep 
Trendelenburg unter anderem Folgendes. Bei längeren Narkosen, wie 
z. B in einem Fall von Operation der Blasenscheidenfistel, in welchem 
5 Stunden lang narkotisirt würde, zeigt es sich, dass die Patienten bedeu¬ 
tend weniger leiden, als bei ebenso langen Chloroförmnarkosen. Bei 
Aether tritt wohl gelegentlich Erbrechen bei oder nach der Narkose ein, 
aber wenn die Operation am Morgen stattfand, können die Patienten 
gewöhnlich bereits Mittags etwas essen, und Abends ist der Appetit meist 
völlig wiederhergestellt. Auch die Aussagen des Pflegepersonals lauten da¬ 
hin. dass die Nachwehen der Aethernarkose weniger heftige sind als 
nach der Chloroformnarkose. Nicht ohne Bedeutung. ist die Art des 
Narkotisirens: Gebraucht mau.bei der Aethernarkose eine kleine Maske, 
so schlafen die Patienten. nicht- ein, haben eine starke Salivation und 
nachher- viele Beschwerden, wird dagegen mit grosser Maske und mög¬ 
lichstem Luftabschluss schnell narkotisirt so zeigt sich derartiges nicht; 
besonders die unangenehme Salivation ist geringer. Tritt letztere in 
stärkerem Maa'sse ein, wie das bei manchen Personen vorkommt, so nimmt 
man statt des Aethers besser Chloroform. Die Einen lassen sich besser 
durch Chloroform, die Anderen besser durch Aether narkotisiren. Oft 
ist'der Unterschied der- individuellen - Empfindlichkeit gegen Gbloroform 


Digitized b" 


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, * AtW Rß h r auffallend. So hatte Redner z. B. eine Dame mit 

und gegen Aether sehr^au " Mainmacarcinoms zu openren. 

chronischer Bronchitis und Astnma^weg^^ wurde. Die Narkose machte 
wobei die 9 h j 0 r °JrT^Eind r uck der Puls wurde wiederholt sehr, klein, 
«inen recht bedrohhehen Operationen, welche 

fei SW B&tef 

wohl der Aether die Ursache gewesen sein. Ein 

lmft Din Kranken leiden dabei weniger, und nach allen ötatistiKen is 
die Gefahr eine geringere. Redner gieht an, dass nach semer ErWc-ung 
der Tod durch Herzverfettung noch nach zwei T^en infoUeJBngere 
Narkosen jedenfalls sehr selten verkommt. Man hat die ürtanrung ge 
macht, dass auch absolut reines Chloroform giftig ™ke“ kanm erC ü oro . 

Herr Pelman erinnert sich, dass der Kampf, ob Aether oder UMOio^ 
form zur Narkose gebraucht werden soll, schon alt. un . 

Ende der fünfziger Jahre hier in Bonn ein Fall vo “ t 'b°rofo ein 

gekommen ist. Es handelte sich damals um eine Mensur, »ei Jß> 
Student über einem alten Schmiss auf der StimemenneuenerhUtZu 
Vereinigung wurde Chloroformnarkose angewandt, und Patient versemeo 
bereits nach ein paar Athomzügen. Die Anamnese ergab 
Patient seit zwei Tagen nichts gegessen dagegen eine giosseMen^ 
Bier getrunken hatte. Es entstand durch diesen r ^ f „ möglichst 
artige Panik, dass Geheimrath Busch seitdem ^.^Chlorofonii mOglicti 
vermied und mit Aether narkotisirte. Augenblicklich wiid in Eugl d 
Aether in grossen Quantitäten, getrunken, und es haben strotiz 
habituellen Missbrauches des Aethers bisher wenig Schädlichkeiten, hem 
chronischer Aethcrismus gezeigt, obwohl <he Massen mM) 

den Schluss auf leringerl SeSiehkOU des Aethers gegenüber dem Chlore- 

f °™ 3.“ Herr“ Paters berichtet über die Resulate enier Unter¬ 
suchung über das Vorkommen und <Me Bedeuti^ des^FOTSto 

sehen sogen. Versohiebungstypus des Gesichtsfeldes mit 

sonderer Berücksichtigung der traumatischen Neurosen. Z 
Untersuchung gelangten 150 männliche Personen, welche vor kW 
zerer oder länierer Zeit eine Verletzung 

des hiesigen berufsgenossenschafflichen Rcconvalcscentenhauscsj. unn 

105 Personen, welche weder Verletzungen erUtten hatten M 
nachweisbare Störungen von seiten des Nervensys Redner 

darunter 74 Rekruten ■ des hiesigen Infanteriebataillons. Kecm 

" zu dem Resultat, dass der yerschiebungstypus m h^ls 

ein objeetives Zeichen der traumatischen Neurose aufgefas t 
den dürfe, weil er auch bei Gesunden vorkommt, ferner, da 
sich nicht um eine Ermüdungserscheinung haiideln kann (Bez^ 
lieh der Details muss auf die demnächst erscheinende ausführhen 

Arbeit verwiesen werden.) ^ ■ ' 0 Thomsen, 

Discussion: Herren Schultze, Samelson, 

Hillemanns, Peters. ___ 

XI. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Noch einmal unsere Anstalten für Idioten und Epileptiker. 

Von Dr. Schlipp in Stettin. p T 

Im verflossenen Sommer ist eine xiuseinanderset^ng^ zwüsch^ ^ 

chiatern und Seelsorgern, Leitern psychiatrischer n . d * 0 Namen 

stalten erfolgt. Die Haupttage des heissen Kampfes bezmehn 
Frankfurt, Halle und Berlin. Eine ganze Lvtteratur entstan , 

Kreise nahmen Partei. : at mne Ruhe* 

Nun ist der Kampf zwar noch mcht beendet, ininffenommenen 
pause eingetreten. Da gilt es, Umschau zu halten über d ^. gfc reicht 
Stellungen. Zu beantworten werden die Fragen sein, wa 


Original from 

UNIVERSITT OF MICHIGAN 





22. Fe bruar. 

bezw. nicht erreicht, was muss erreicht werden? Ist der eingeschlagene 
Weg der richtige? 

" Im Anschluss an den La ehr’sehen Aufsatz, betreffend „die Fürsorge 
ftlr Epileptische vom ärztlichen Standpunkte und das Gesetz vom 11. Juli 
1S91“. führte ich seiner Zeit ungefähr folgendes aus: „Es erscheint in 
der That gerade jetzt nothwendig, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf 
hinzulenken und zu fordern, dass in den Anstalten für Epileptische und 
Idioten die ungehinderte Krankenbehandlung ondlick in die Hand der 
Aerzte gelegt w’erdc. Dies Thema dürfte nicht verschwinden, bis die 
volle ärztliche Mitwirkung an diesen Anstalten gesichert sei. 

Bis dahin wäre es wünsekenswerth, wenn weiter Anstaltsärzte be¬ 
wogen werden könnten, ihre bisherigen Erfahrungen mitzutheilen. Sie 
würden zur Zeit das Lahmgelegtsein jeder crspriesslichen ärztlichen 
Thiitigkeit, sie würden schreiende Missstände berichten müssen. 

Nicht ein Jahr mehr geht in das Land, dann stehen wir und unsere 
Kranken und unsere Kranken und wir entweder vor offenen Thüren oder 
vor verschlossenen für lange Zeit. 

Bezirksvereine, Aerztekammern und Congresse müssen veranlasst 
werden, Stellung in dieser Frage zu nehmen, sie können positive Erfolge 
schaffen. 

^ Aber leicht wird der Kampf nicht w T erden: das afte Curatorium wird 
wie bisher fortmachen, die Leiter werden unumschränkt, die Aerzte ab¬ 
hängig bleiben, ihr Einfluss ungenügend und nur bedingungsweise tolerirt!“ 

Jetzt nach dem Kampfe, in welcher Position befinden sich dio Aerzte 
in den fraglichen Anstalten? Diese Frage ist leider auch heute noch 
nicht erschöpfend zu beantworten. Doch sie wird gestellt, harrt ihrer 
Beantwortung. Clericus (bisweilen auch Doctor) clerieum non decimat! — 
es ist schwer, reinen Wein zu erhalten! Die Anstaltsärzto sind eben 
verpflichtet-abküngig, und „wess' Brot ich esse, dess’ Lied ich singe“. 

Und doch würde hier allein offene Klarlegung aller Verhältnisse 
helfen. Nur ein berechtigter Sturm kann die alten unwürdigen und un¬ 
haltbaren Zustände hinwegfegen. Ein jeder Arzt einer epileptischen otc. 
Anstalt müsste seine „Dienstanweisung und Bestallung“, vom geistlichen 
Direktor (Curatorium) redigirt, zur Verfügung stellen. 

Von einer solchen „Dienstanweisung“ (Kraschaitz, Graf v. d. Recke- 
\ olmerstein) hörte ich auf Grund persönlicher Kennlnissnahme seitens 

• ines C'ollegen: „Zu alloin, fast zum Schuhputzen, sei der Arzt durch 
M-in Laien-Direetorium verpflichtet worden!“ 

Zur Aufnahme aller Epileptischen etc., die der Anstaltsbehandlung 
bedürfen, wird jetzt Raum geschafft. Aus Communalmitteln werden überall 
uossartige Erweiterungen vorgenommen. Wird auch für die ärztliche 
Hülfe nur einigermaassen ausreichend gesorgt? 

Mich dünkt, die alte böse Parole seit der ersten Irrenseelsorger- 
conferenz (Bielefeld 1889), die damals und überall laut den Aerzten eut- 
regengerufen wurde: „je weniger wir den Arzt in unseren Anstalten 
*chen, desto besser ist es (für die Geistlichen? oder für die Anstalt?),“ 
und: „wenn es in Idioten- etc. Anstalten nur halb so aussieht, wie es 
aussehen könnte, dann müssen wir schon zufrieden sein“ — diese Parole 
begeht immer noch, ausgesprochen bei einzelnen Anstaltsleitern, im 
füllen bei vielen! Es sickert nur wenig in die Ooffentlichkeit durch. 

. wiederhole es, aber w T as man sieht, ist „Grundwasser“. Während 
mer \ prtretung ergab es sich, dass in einer Anstalt bei circa 600 
Insassen dio ärztlichen Visiten jedesmal in — einer Stunde beendet 
wurden. Bromvergiftungen hatten in der Anstalt nie aufgehört, auch 
m i ( ' r ' ertre tungszeit kam eine solche vor. Ob diese Intoxicationen 
wohl als solche zur Kenntniss der Behörde gelangen oder als chronische 

• agenkatarrhe figuriren? Auch dieser Punkt ist klarzustellen. 

< 2 .; ' Idioten- etc. Anstalten giebt die Zeitschrift für Behandlung 

• cüwachsmniger und Epileptischer, also hier ein gewiss unparteiisches 
att. mbetreff der ärztlichen Tkätigkeit folgende Uebersicht. 

Es waren im Jahre 1890 in folgenden Anstalten: 

1. Aus- 2. Hausarzt. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


I- Möckern ... 

| Schreiberhau 

Nossen. 

f Mariaberg . . 
Stetten 

Schleswig . . 

*■ Ecksberg 
Neudettelsau 
J I’olsingen 
M.-Gladbach . 

[I- Deinstedt . . . , 
Hasserode . . ’ 
Kiel .... 

Kraschnitz. 


schliess- 

mit 


3. Bestimmte 

licher 

ander¬ 


ärztliche 

Anstalts¬ 

arzt 

weitiger 

Praxis 


Visiten 

• ja 

ja 

ja 

(Dr. Kern) 

• nein 

ja 

nein 

. nein 

•i a 

ja 


. nein 

•! a 

ja 


■ ja 

ja 

ja 

(Arzt Mitvorstand, täglich 



Besuche) 

nein 

ja 

nein 


. nein 

ja 

J a . 



°- Langenhagen . 

A] sterdorfer An- 
r r stalt - 

iJsSr*- 

*:ta rg " 


nein 

•J a 

j a 

nein 

ja 

ja ( 

nein 

ja 

ja ( 

nein 

ja 

nein 

nein 

4 a 

nein 

nein 

ja 

ja ( 

ja 

ja 

ja 

nein 

j a 

ja ( 

nein 

J a 

I a 

nein 

ja 

I a 

nein 

J a 

J a 

nein 

ja 

ja ( 


suchen!) 


be- 


(zweimal tägl. Vorsitzende 
zwei Grafen v. d. R e c k e - 
V olmerstein) 


(zweimal wöchentlich) 


lieh) 


21. Neu-Eckerode. . 

nein 


22. Darmstadt.... 

nein 

ja 

23. Lantrach .... 

nein 

ja 

24. Scheuem .... 

nein 

ja 

25. Leschnitz .... 

nein 

ja 

26. Dresden. 

nein 

ja 

27. Bischweiler- 



Oberhofen . . . 

nein 

ja 

28. Herthen. 

nein 

nein 

29. Mosbach. 

nein 

ja 

30. Nieder-Marsberg 

nein 

ja 

31. Dalldorf. 

nein 

ja 

32. Liegnitz. 

nein 

ja 

33. Sohland. 

nein 

ja 

34. Gmünden .... 

noin 

ja 

35. Savu. 

ja 

ja 

36. Volmerdingen. . 

nein 

ja 

37. Kloppenburg . . 

nein 

ja 

38. Oldenburg.... 

nein 

ja 

39. Idstein. 

nein 

ja 

40. Grosshennersdorf 

nein 

ja 

41. Essen. 

nein 

ja 

42. Dessau. 

nein 

ja 


189 


ja (zw'eimal wöchentlich) 
ja (einmal wöchentlich) 

.ja (dreimal wöchentlich) 

ja (täglich) 

nein 

ja (täglich) 
nein 

ja (dreimal wöchentlich) 
nein 

ja (zweimal wöchentlich) 
ja (täglich) 
nein 

nein (nur nach Bedarf ) 
ja (zweimal wöchentlich) 
ja (zwei ärztliche Leiter) 
nein (monatlich) 
nein 

ja (einmal wöchentlich) 
ja (zweimal wöchentlich) 
ja (zweimal wöchentlich) 
nein 
nein 


Rubrik 1 und 3 haben entschieden ein pathologisches Aussehen, sie 
sind Zeichen einer Organerkrankung! 

Oh nun, seitdem die Anstalten für Epileptiker etc. riesenhaft ge¬ 
wachsen sind, hier Gesundung eingetreten ist? Auf Grund meiner Er¬ 
fahrungen bezweifle ich es. 

Vielleicht ist das Gehalt der Aerzte erhöht, vielleicht die Zahl ihrer 
Besuche vermehrt worden. 

Aber sind die Aerzte überall Mitglieder der Curatorien? Haben die 
entstandenen Riesenanstalten einen Arzt in ihren Mauern wohnen? Oder 
ist CreYrung eines eigenen Arztes auch nur beabsichtigt? Nein, das ist 
nicht geschehen. Das wird auch nicht geschehen: nicht nach officicllen 
Reden ist zu urtheilen, des Pudels Kern zeigt sich nur bei besonderen 
j Gelegenheiten, intra muros — nicht extra! 

i Der Jahresbericht einer Anstalt für Idioten etc. liegt mir vor. Er 
! stammt aus der Zeit nach der diesjährigen Auseinandersetzung. Es steht, 
j dort: Eine Dienstwohnung auf dem Anstaltsgebiet selbst ist für den Arzt 
i in Aussicht genommen. Ebenso wird das Curatorium gern die ärztlichen 
! Kräfte vermehren, sobald die Nothwendigkeit hierzu von dem derzeitigen 
; Arzte erkannt wird. 

i Nun sind in der letzten Zeit in derselben Anstalt eine Kirche und 
neun oder zehn zum Theil sehr grosse Häuser gebaut worden, — ftlr eine 
! Arztwohnung war kein Geld übrig. Oder sollte diese noch nicht noth¬ 
wendig sein? Vor Jahren schon hatte derselbe Arzt, der auch heute 
wiederum (zum zweiten male) der Anstaltsarzt ist, diese Nothwendigkeit 
dem Curatorium in einem Promemoria dargethan, damals sein Bleiben 
! unter anderem von diesem Punkte abhängig machend. Ja, er hatte das 
I betreffende Haus auf eigene Kosten bauen wollen. Es ist also auch in 
| diesem Fall vom ärztlichen Standpunkte aus als nothwendig anerkannt, 
dass der Arzt in der Anstalt wohnt und arbeitet, wie viel mehr jotzt. 
nach so gewaltiger Vergrösserung. Diese grossen Geldaufwendungen aber, 
beweisen sie nicht, dass nichts fehlte als der Wille, eine Arztwohnung 
zu beschaffen? 

Und auch im Curatorium hat der Arzt keinen Platz — ein Platz 
zum geistig Bauen ist ott theurer. als einer für ein Hausl 

Es ist nicht anders, wir stehen noch unter der Parole von 1889! Lud 
doch kann v. Bodelschwingh, ein Mann, dessen grosse Verdienste voll 
anerkannt werden, zur „Verantwortung“ sagen: „Wir verlangen für die 
Kirche nicht von ferne die Alleinherrschalt auf diesem Gebiet, sondern 
wir verlangen — nur in die Mitarbeit einzutreten. Soweit mir bekannt 
ist, stehen alle diese Anstalten unter staatlicher Aufsicht, alle an diesen 
Anstalten Angestellten Aerzte haben die vollo eigene Verantwortlichkeit 
für ihr Amt und sind niemals und nirgends einem Geistlichen unter¬ 
geordnet! Wenigstens ist es liier nicht der Fall.“ „Ich nehme für den 
Arzt, der an einer Irren-, Blöden-, epileptischen Anstalt angestellt ist, 
vollkommen die gleichen Rechte und die gleiche Autorität in Anspruch, 
wie für den Arzt, der an einem Krankenhause für chirurgische und innere 
Krankheiten dient — und dabei ist es völlig einerlei, ob der Staat oder 
die Kirche eine solche Anstalt einrichtet. Einen speciellen Unterschied 
zwischen solchen Krankenhäusern kann ich nicht mehr anerkennen! In 
beiden Fällen sind es leibliche Kranke, die ärztlich behandelt werden!“ 
So heisst es jetzt; aber selbst durch die Erklärung der Bielefelder Aerzte 
kann die Maxime der ersten Seelsorgercouferenz nicht aus der Welt ge¬ 
schafft werden! 

Nach diesen Aussprüchen brauchen die Hallenser Thesen nicht mehr 
angeführt, doch sollen sio lobend erwähnt werden. Sie besagen, was nie 
angefochten ist: dem berufenen Anstaltsgeistlichen soll das Recht der 
freien Ausübuug der Seelsorge gewährleistet werden. Ausserdem aber: 
einträchtiges Zusammenwirken mit den Aerzten ist zu erstreben! Anders 
die Berliner Conferenz; dieselbe wird noch weitere Kreise ziehen 1 

Im ganzen aber könnte es scheinen, als bliebe uns nichts zu wünschen 
übrig, ja, als hätten die Aerzte offene Thüren autstossen wollen! Als 
wären sie die Störenfriede, die das Ruhigbeieinanderwohnen hinderten. 
Es darf die Vergangenheit, es darf die Thatsache: uns ist der Kampf 
aufgezwungen worden, nicht entstellt und nicht vergessen werden! 

Mehr als ein Promemoria mit Klagen über Vergewaltigung, den 
Aerzten widerfahren, ist geschrieben worden, ehe die ersten Strahlen einer 
aufgehenden Friedenssonne haben leuchten können. Wärmen aber wer 
den diese Strahlen erst, wenn unser ceterum censeo erfüllt sein wird. 
Vestigia terrent, und Worte sind keine Thaten! 


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Go igle 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 























190 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


‘Mit Recht sprachen übrigens v. Bodelschwingh und Kapellmann 
ihre Verwunderung darüber aus, dass, ausgenommen in einzelnen An¬ 
stalten, Revisionen durch die zuständigen Medicmalcommissare in den 
Idioten- etc. Anstalten bis jetzt nicht vorgenommen werden. Diese Ke 
Visionen verlangen wir, zumal sie Gesetz sind (vgl. auch H. 

Reform des Irrenwesens in Preussen; B. Ascher, z m staatlichen Beauf 
sichtiffung der Irrenanstalten; Siemens, Zinn u. a.). Das öflentiicüe 
lntere g sse g erheischt eine wirkliche Beaufsichtigung, dieselbe ist nunmehr 
einfach Consequenz des Gesetzes vom 11. Juli 1891 . . . , 

Was haben wir also bis heute erreicht? - Unsere Aussichten sind 
nicht ungünstig, wenigstens sind unsere Hauptforderungen voll anerkannt 
- abeTIrreieht haben wir noch nichts, bis jetzt. Doch für uns ist das 
öffentliche Interesse, das auf dem Spiele steht, für uns ist die öffentliche 

Meinung, ja für uns das Gesetz! • , f diA 

Sind unsere Forderungen Thatsachen geworden, so ergiebt sich die 

Stellung von Arzt und Direktor von selbst. , , , Ronif 

Mn* erscheint der Modus vivendi zwischen beiden durch den Berul 
selbst gegeben. Jedenfalls aber haben sich die Aerzte me auf den Wieder¬ 
vergeltungsstandpunkt gestellt, nie ist ärztlicherseits gewünscht wmden 

das! dT GeistUchen je in eine solche Abhängigkeitsstellung kommen 
möchten, wie die ist, in der bisher die von ihnen angestellten Aerzte sich 

befunden hab nicht wieder Vorkommen, dass der geistliche Direktor 

controllirend, um den Zügel fühlen zu lassen, fragt: „was ist b^der Kip- 
penfellentzündung verordnet? Wo soll die Jodtmctur eingepmselt werd 

Wie oft? Als Direktor habe ich danach zu tragen, werde auch bei ärzt¬ 
lichen Visiten zugegen sein!“ Oder, unter den Idioten befinden sich Epi¬ 
leptische; sie sind bisher nicht ärztlich behandelt worden; der Arzt er¬ 
klärt dies für nüthig, — der Direktor macht Schwierigkeiten. Das ist 
kein Miteinander-, sondern Entgegenarbeiten. Nach dem Grundsätze 
aber: schiedlich-friedlich lässt sich Hand in Hand arbeiten. 

In diesem Sinne verlangte ich (Deutsche med. Wochenschrift 189 , 
No. 18) „eine zweite Stütze für die fraglichen Anstalten, dabei müsse der 
Anstaltsarzt in der Anstalt selbst Wohnung haben, ausschliesslicher An¬ 
staltsarzt, Curatoriumsmitglied sein“. Der Azt muss, — eine selbstver¬ 
ständliche Forderung, — unabhängig, er muss später nur der Aufsichts¬ 
behörde Rechenschaft schuldig sein. , A 

Sehr richtig zieht v. Bodelschwingh die Parallele mit anderen An¬ 
stalten, und auch ich weise auf die Diakonissenkrankenhäuser hin. 

Beaufsichtigung aber des ganzen Verwaltungs- und Mitleitung des 
Erziehungswesens, dazu seelsorgerische Thätigkeit, wahrlich es ist 
kein kleineres Arbeitsfeld als das ärztliche, dies ist Domäne des Geist¬ 
lichen Oder sollte etwa eine Dreitheüung: Verwaltungsdirektor, Arzt, 
Pastor empfehlenswerth sein? Zu rechnen wäre da doch auch zunächst 
mit Thatsachen, zunächst mit den thatsächlich vorhegenden Abschlüssen 
zwischen Landesdirektoren und Anstalten. Wie ich, urtheilen auch an¬ 
dere Aerzte; ich nenne nur die Namen: Eulenburg, Sick, Körner, 

Bäumler, Kapellmann. . . „ ^ , tv i • « 

Sie dürften aber auch kaum prmcipielle Gegner der Diakonissen¬ 
krankenpflege in den qu. Anstalten sein. Und dem schliesse ich mich 
durchaus an, vorausgesetzt, aber auch angenommen ist dabei, dass die ärzt¬ 
liche Autorität, die Krankenbehandlung nicht Schaden leidet. (Vgl. auch 
den Standpunkt des Professor Haupt (Halle): „Evangelische Diakonissin 
und katholische Krankenpflegerin“.) . , 

Zur Zeit aber gebrauchen, in den evangelischen Gegenden wenigstens 
ist das der Fall, die Diakonissenkrankenhäuser ihre Schwestern zumeist 
selbst. Es besteht Diakonissenmangel; das zum Theil erklärt auch das 
Fehlen einer ausreichenden Anzahl perfekter Krankenpflegerinnen m Nord¬ 
deutschland. Mit der Zeit wird das besser werden, und werden andere 
Aerzte dann auch mit Berechtigung so zufriedene Berichte wie die 
Aachener Alexianer-Anstalten geben können. 

ln den letzten fünf Jahren ist bei vielen Idioten- etc. Anstalten in 
der Diakonissenfrage ein guter Schritt vorwärts gethan, und zwar in 
Selbsthülfe, in Gründung eigener Diakonissenhäuser. Dies Werk hindern 
wollen, hiesse aufkeimende Saat zertreten. Dieser Weg würde zu keinem 
guten Ziel führen, und ist von demselben abzurathen. ln einem Zeitalter, 
das unter dem Zeichen gemeinsamer, christlicher, freiwilliger Arbeit steht, 
wäre dies kein Fortschritt, sondern Rückschritt. 

Zu Stätten von Intriguen gegen den Arzt werden diese Anstalten 
nicht werden, wenn derselbe frei dasteht. Sich aufopfernde, selbst ver¬ 
leugnende, thatkräftdge ärztliche Wirksamkeit hat sich noch allemal Ach¬ 
tung verschafft. Auch das Quacksalbern wird dann auf hören, mit Recht 
ist jetzt darüber zu klagen gewesen. Die ungenügende ärztliche Ueber- 
wachung und Arbeit hat die hierzu vorhandene Neigung in manchen An¬ 
stalten so auswachsen lassen. 

Noch einmal präcisire ich meine Forderungen dahin: 

1) Psychiatrisch vorgebildete, fest angestellte Aerzte, die in der An¬ 
stalt selbst wohnen 


worden Bromvergiftungen werden aufhören. Augen-, Ohrenleiden, Ver¬ 
krüppelungen etc. werden behandelt und gebessert, die Idioten- und Epi- 
rSvünnftMten werden Heil- und Pflegeanstalten in dem Sinne werden, 
wfe es der heutige Standpunkt der Humanität und die ärztliche Wissen¬ 
schaft mit vollstem Recht verlangt. 


vtt Therapeutische Mittheilungen. 
Behandlung des Anasarka. 1 ) 

Von Dr. J. Michael in Hamburg. 


selbst wohnen. 

2) Gleichstellung mit den Geistlichen (Direktoren), Sitz und Stimme 
im Curatorium. 

3) Staatliche Revisionen durch den Kreisphysikus bezw. Medicmal- 
rath; später auch durch eine neu einzurichtende psychiatrische Central¬ 
behörde. 

Sind diese Forderungen erreicht, so sind auch „Teufelaustreibungen“ 
nicht mehr zu fürchten. Väter und Mütter werden ihre Kinder in den 
Anstalten nicht mehr nach ihren Vorschriften behandeln lassen können. 
Riedeselblut l ), Eistemasche, Dresdener Diakonissenpulver werden Curiosa 

x ) cf. Gottfried Samuel Bäumlers Mitleidiger Artzt, Strassburg 
Verlegte J. R. Dultzecker 1731, Kapitel XXII, Von der Unsinnigkeit: 
„Dieses war ein geheimnis der seel. verstorbenen Fürstin zu Weisenheim, 
womit sie viele rasende auch andere melancholische leute curirt hat.“ 


Es ist mir häufig aufgefallen, dass ein grosser Theil gerade sehr 
erfahrener Collegen, wenn es sich um die Behandlung eines mit Anasarka 
complicirten Falles handelte, gegen die mechanische Entfernung der Flüssig¬ 
keit eine gewisse Abneigung zeigte, obgleich doch zweifellos durch diese 
Maassnahme, wenigstens momentan, für die Patienten eine wesentliche 
Verminderung ihrer Beschwerden erzielt werden kann. Ebenso wenig 
herrscht eine Einheit der Meinungen betreffs der anzuwendenden Methode 
das Wasser zu entleeren. Erklärlich wurde mir beides bald durch die 
Unvollkommenheit und Unzuverlässigkeit der bisher angewendeten Ver- 
fahrungsweisen. Solcher Methoden giebt es bekanntlich zwei Die ältere 
derselben, die schon aus dem Zeitalter des Hippokrates stammt, ist die 
Entleerung durch kürzere oder längere Hauteinsckmtte. Diese Methode 
ist in jüngster Zeit von Gerhardt wieder vertheidigt worden ^ Aber 
die Nachtheile und Unzuträglichkeiten derselben sind doch recht grosse. 

Im besten Fall, wenn alles nach Wunsch verläuft, muss der Patient fort¬ 
während im Nassen sitzen, was für die ohnedies schwerkranken Leute 
eine neu hinzugefügte Belästigung ist und auf das nieist vorhandene, Herz¬ 
oder Nierenleiden doch sicher nur unvorteilhaft wirken kann. Ausserdem 
aber droht hier stets Wundinfektion in Gestalt von Erysipe oder Phleg¬ 
monen. Dass bei der grossen Menge der abgesonderten Müdigkeit hier 
die Anwendung der Antiseptica irgendwie schützen kann, glaube mtL 
nicht; ich würde im Gegentheil befürchten, durch dieselben die Wider¬ 
standsfähigkeit der Haut herabzusetzen un ^.Infe^onageWir m w 
grössern. Ausserdem kommt es vor, dass die Schmtte wieder verkl 
oder sonst nicht genügend absondem. .... , « 

Die zweite Methode, die seit circa 25 Jahren existirt und Dach 
Gerhardt (1. c.) an mehreren Orten zu gleicher Zeit erfunden wurde, ist 
die Punction mit Southey’schen Röhren oder Probetrokaren, verbunden 
mit Drainage. Wenn diese Methode gelingt, ist sie sehr schön und 
zweckentsprechend, indessen kommen auch hier unliebsame Zwischenfälle 
vor. Erstens Wundinlectionen; ich habe freilich dieselben noch nicht er¬ 
lebt, doch ist die Anzahl meiner Erfahrungen nicht sehr gross und dahei 
ein glücklicher Zufall nicht ausgeschlossen. Ein sehr grosser Uebelstand 
iedoch ist, dass die Röhren nur sehr langsam das Wasser entleeren und 
sich sehr leicht verstopfen. Die gewöhnlichen Probetrokare sind den 
Southey’schen Röhrchen vorzuziehen, denn die letzteren haben auss 

den unteren auch noch seitliche Oeffnungen. Durch diese soll sich auch 

noch mehr Flüssigkeit entleeren. Dies ist sehr schön gedacht, aber es 
geschieht nicht, vielmehr wachsen in die seitlichen Oeffnungen sehr schnei 
kleine Granulatiousknöpfe hinein, welche das Rohr verstoplen un spi 
auch die Entfernung desselben schmerzhaft machen. 

Ich möchte Ihnen nun im Anschluss an einen Fall, der auch sonst 
manches Interessante bietet, eine Modification der Punctionsbehandlung 
mittheilen, welche die angegebenen Unzuträglichkeiten vermeidet und aci 
deshalb ganz vorzüglich bewährt hat. . . , , T , 

Patient, ein 40jähriger Kaufmann, leidet seit seinem siebenten J 
an Asthma bronchiale. Das Asthma wurde von den verschiedensten Aerzten 
in jeder nur denkbaren Weise behandelt, jedoch ohne den {? eri ^p s e , 
folg. Seit zwölf Jahren befindet sich Patient in meiner Behandlung, um 
ich habe keines der empfohlenen Mittel unversucht gelassen, un 
einzigen Resultat, dass ich bei den allerschlimmsten Attaquen i 
schwerden durch Morphium etwas lindem konnte. Die Anfälle s 
einer Intensität, wie man sie selten zu sehen bekommt. Aut aer 
derselben macht Patient den Eindruck eines Moribunden. Wenn er sic 
trotzdem fast 30 Jahre lang bei relativ gutem Allgemeinzustand erhalten 
hat, so hat das darin seinen Grund, dass die Krankheit Pausen macht, 
denen er sich wieder erholen kann. Das Asthma tntt alljährhc 
Anfällen von mehrmonatlicher Dauer auf. Einer derselben ersc 
Mai und dauert bis zum Juli, der zweite erscheint im ^ oveD ? re 
dauert bis Februar. Die Sommerattaque pflegt die ^ ei weitem g 
zu sein. Während also, wie gesagt, bis vor einigen Jahren lati^tm 
den Zwischenzeiten ziemlich frei war, stellten sich dann die u , , 

liehen Conseeutiverscheinungen ein, ein allmählich hochgradiger w ... 
Emphysem, Hypertrophie des rechten Ventrikels, Leberschwellung, 
minurie, Schwellung der Venen an Armen und Beinen und > . 

Dem Frühlingsanfalle lolgte seit drei Jahren ausserdem eme y_ on G urc h 
Anschwellung der Beine, welche sich in den ersten beiden Jmlt . 

interne Therapie, speciell durch Anwendung der Tinctura fen: j 

(nach J. P. Frank) beseitigen liess. Nach dem letzten Anfall i • 

erkrankte Patient mit Icterus und sehr stark vergrösserter Leb • 
gesellte sich bald ein sehr intensiver Hauthydrops, welcher 
Mediation (Digitalis, Calomel) eine grosse Ausdehnung annabm, s 
der sonst ziemlich magere Patient zu emer unförmlichen M | ßn 
schwollen war. Obgleich Hydrothorax imd Ascites ausgeschlosseni ^ 

konnten, machte der Zustand dem Patienten ausserordentliche öe r. - nen> 
weil er vollständig unbeweglich sitzen musste mit gesperr e 
welche die Dicke von Elephantenbeinen erreicht hatten und ein 


x ) Vortrag, gehalten im ärztlichen Verein zu Hamburg am 19- D 
cember 1893. 

3 ) Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 7. 


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Gck igle 


Original ffom 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



22. Februar. 


von Mannskopfgrösse. In diesem Zustand wurde er von 
er sich erholen sollte, nach hier zurückgebracht Ich ’ W0 

beiden Beinen je eine Punction mit einem ^ 

befestigt war. Auf jeder Seite entleerte sich circa >/, IFIüsffgkeUDaX 
hörte die Secretion wieder auf. Der Zustand hatte s.Vh “ 8 »JgKeit. Dann 
verbessert, und die Sache wurde dringlich theih weLi d P T • 7*™ 
schlechtemden Allgemeinzustandes, besonders jedoch wco-en T 1 er ‘ 

Gangrän des Scrotums. welches dunkelblanrothund vom herüherfl^ 011 ^ 11 
Inn exconirt war. Ich verfuhr deshalb in folgende? ü - [< * seü { en 

statt der Probetrokare zwei dicke Trokare mit efncnf T„ “ 86: lch 0 nahm 
Um dem Patienten die schmerzhafte Empfindung beim UpiLv\ 3 T*’ 
Drains über die Trokarröhren zu ersparen?z 0 T? c hdSL?? Z1 f hen des 
führen über das Rohr, stach den Trokar dimck°dm ^ V0 L de . m Em - 

die Röhre hindurch ind machte iT dem t ? e \ Drams ™d 

Punction. Die kleine Oeffnung schliesst sich hint^d™?V nStrUment die 
T* (Fig. 1, Diese Methode ÄnTCs“ 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


191 



Koinigimgsdraht 


Trokar 


Aufsatz - 



Darehsticbmethodc. 


Kare in einem t« ^“ as “FKa. Auch in dies 
^okare heraus ifnV^r 11 E( und Flüssigkeit. 
“J dUS \ und die Wunden w,,rL„ ^ 


» vT“ und die Wunden Pann . ri ss der Patient die 

^•Uos sen Auch iie“s d “ich dfn D d?nn mit Jodof ormcolIodium 
t Allgemeinbefindens rnncfL- dann , em .e wesentliche Besserung 

r ‘W e m, obgleich Paüent hirtü^ ■ Iuer , trat keine Spur von 

J r die Beme laufen kess und v™ * • b öd ? 1 T nniff L und unsauber war. Urin 
«enpss. ÜG8S Und von semer Umgebung kaum irgend welche 

ügkchen^Da^^^ Fäll - n die , Puilcti ou des Anasarka 

1 . ‘'ich eben meistpna ab ®*h wie in dem oben mitgetheilten 

^'» handelt, bei dem nur efae“” Unbeilb6 r es J fortschreitendes Grund-’ 
«nsch™ kann. Jedoch ^“F tomatlsc : he Behandlung zeitweilige 

«»«heuswerth. aber eine M»in / h un ! 4,686 zu erreichen, ist es 
«St mcllt zu I »iig S amen I \Muss 2 d J n f ditJ ein6rs6its fdr einen 
.«il OologcnheU zue ,- Hj u? P . S . gar ?S tlrt ' <“*>reraeits 

vM 1Catlon w ird auch am ho dü ^ e ^ 1011 bietet. Die Erfüllung der 
v, V «topft sich die Röhrp , sten der zweiten Rechnung tragen. 

»irj l, d * p Abfluss einfach auf V P . robe f tro . kars mit einem Gerinnsel, 
FlL? s ens das Gerinnsel naph /. ersto £ ft ? lch d <* dicke Trokar, so 
Wh macht aus ? st<) ssen, uld man T de ? du ™ h die nach dringende 
acht a ach dies eine nnHphe ß d u dasselbe * dem Abflussgefhss. 

eme unliebsame Verzögerung, denn es kommt 


— 1 Draiu 


Neuer Punctionstrokai 

baden beschrieben und sie wird jetzt auf mehreren 
Kliniken angewendet, allerdings mit der Modifiea- 
tion, dass der Name des Autors verändert iqf. T)n C 
Instrument sowie das Drain waren in Salicvllösung 
getaucht und letzteres mit der Lösung gefüllt so 

Trukarröhre Drains T *°$ Wwh ^nen konnte. 

üie Drains tauchten dann m ein Gelbes mit Soli 

und^CrdDid’ ^ . Tr ? karrühreu wurden “ mit Watte' 
fnW ^ ,odlu ™ i n , lhrer La #e befestigt. Den Er- 
folg dieses \ erfahrens in diesem Falle darf ich 
als mehr als glänzend bezeichnen. Es entleer 

ten sich durch diese beiden Trokare in fünf 

«jten beide ziemlich «uglmcher 7oit U wohHus , M ^ llss ^ffkeit. Dann ver- 
PTgo, wurden entfernt und rli« Qt lf ' t Mangel an der nöthigen vis a 
Hebt. Das noch SeChlt^ Jodoformcollodium und Watte ver- 

rt^desKö^rümfaSs atf »Ä 1 s r ff ^ im Verhältnis* zur Ab- 
eines Brennnesselinfuses^ unddpr^ Tinnt^ ü ? ter . de 1 !? Gebrauch der Massage, 
™*enge von 5oä g auf ’fflä)^*““5“ bob 8fcb ^ie 

14 Tagen war die letzte n J ^° 0 ) und wurde eiweissfrei. Nach 

f ath Entfernung der TroC e d ko^ e tl e p^* Ve ? CL ' V 5 üde - n ^ Und drei Wochen 
Er ist seit der Zeit wohT ho Wieder m ’ s Geschäft gehen, 

p ] .= e Winterattaque seines Astlim^f 5 ^ 1 ^! J?d.die Anfang November 
; " K11t hat sich trotz des so teimlich at if' cU b,S nicbt ei “gostellt. 
kfttmsgemaebt, als in frieren fahr scb ' ver ? r ?V Anfalles viel schneller 
Auseinandersetzung znrOckkromniei t“^ lcb nocb am En<le dieser 

3*’« dritten Tage ab „ ac h der P? d /• Inter6 f?“ nt war es noch, dass 
infolge des grossen ?v d P '“ ct 'on, wohl ebenso wie bei der 
S*f. 'ierzfhn TafraldCTd d U?teS A ^/“^merzen einstcllten 
i-rderiich machten. k “ Iten ttnd * e Anwendung des Morphiums er- 

AXr^vJrf^e^b^ der Freundlichkeit des Collegen 
M°rbus rordis und Anasarka a? t 7 f . e “? n ^ dementen Mann hiit 
Ure m e,npm nasarka. Auch in diesem Fall entleerten die Tro- 


Oeffnunge'n ‘ioÄVi^"«'W'^ iCb8 ‘ ^ ig 
und je weniger Eingangspforten J fla u J ? kür zer die Zeit 
zur Infection. Diesen Aufgaben zu pnnfWn 1 w ^ ni .^e r Gelegenheit 
Strumentarium construirt (Fig 2) g ü ^ en ’ babe lck das folgende In- 

Bein E l?nI r ° k D^ ! W* ^ 

ziemlich kurz, damit etwaine Bliita-PT? Urcb i m f S - Ser und sind 
stossen werden können üfe ranfflonh S k leick ter ausge- 
damit sie möglichst in spitzem Wrifkoi baben keine Platte, 
können; denn wenn sie das TTntprha t ei °& es bochen werden 
Fascie oder Muskulatur l!irnthon tgeW °, be , verfßblea und in 
Sollte ein Blutgerinnsel nicht sehr’hnM erfol ^ t kein Abfluss, 
so kann man dSsBelbJ mit einem Draht*^ w 0 erden - 

ausläuft, leicht herausziehen Dur nri i« \ ü . e l ne Spirale 
leicht improvisiren. Um für denselben h dip ä p St « 1 i° h übri ? ens 
zu machen, habe ich auf die oben beschrilhono^? z ^g ä ngig 
weise des Drain verzichtet Dasqplho 0 ^ ? ®. ef estigungs- 
Kappe befestigt und kann n! tr V ld au / dleser kleinen 

rr,-..* Kä-ä ä 5 ä^ -£ ™'» Sfäss-* 

CoLrrhat z^feSdc^ZwöcT k T ‘» 

zu schützen und damit widerstandsLger™ erhalten g6gen Ben6teu »g 

.i. 

Bsmüi 

viertens kann es schliesslich für den aS& 

AnsflisfX e Ä r D . Infu . sion8n “ llcl “ ur >/. Liter SÄtelS? Z 
Ausfluss am rechten Bein einmal ms Stocken gerietb, konnte er durch 

brwhtTefdeT 3 Blutg6nnD66ls mit de '» Draht'leicht wieder in Gang gl 


Witter internationaler medicinisclier 
Congress. Rom, 29. März bis B. April 1894. 

Die Eröftiiung des Congresscs findet Donnerstag, den 29 März 1894 
Morgens, ,m Costanzitheater (in der Nähe der Via NazioSale) Im Beisein 
Sr. Majestät des Königs von Italien statt. 

m ...r aS , V ,° rliiU ? g0 Programm der Congresswoche ist folgendor- 
SrCdkÄ li MlttW0C n dcn 28 - Miirz: ErOfri-g der Ausstellung 
Inn,, ,l , “ d H .'g! 6ne - Donnerstag, den 29. März. Morgens: Eröff- 
30 V“ s°S gri if S T C T s f Naehjmttags: Wahl der Functionäre. freitag, den 
ij ' 1 “’- 8 llls , 3 l . ?hr , : Sitzungen der Sectionen. 4 Uhr: erste Plenar- 
?mr°. jTt Dä - d f“ 31 - b £ ära ’ 8 bis 3 Dtr: Sitzungen der Sectionen. 

, P J lena ^ tz . U ?,?-„ Sonutag ’ der L A Pril. bleibt frei, um zu 
den 2 S Anrii aC 8 w? Q? 0nuull ‘ benl ‘ tzt wer den zu können. Montag, 

.Z,i n-’ 8 . b J üb S : Bitzungen der Sectionen, 4 Uhr: dritte Plenar- 
E den ., 3 ' Apnl. 8 bis 3 Uhr: Sitzungen der Sectionen. 

4 Uhr. vierte Plenarsitzung. Mittwoch, den 4. April. 8 bis 3 Uhr- 
Sitzungen der Sectionen und Schluss der Ai-beiten, 4 Uhr: fünfte Plenar- 

Morg^s:' sZasJ^unt^ ^ Sedi ° ne "' D ° nBerStag - den 8 ' Aprib 
Via f?inm lei r rS a ZUn v?? u ? d Y?. rt rSge werden im Amphitheater Eldorado 
i^ Polikfioikum abÄon ° DaIe) - ** SUzUngeD der SeCti ° ne " 

n tZUDg ? n S L ad * 0 , g ende Vorträge angemoldet: Babes 
^ukarest). Die Stellung des Staates zu den Resultaten der modernen 
Bactenenforsckung. Bizzozero (Turin): Accrescimento e rigenerazioue 
Brouardel (Paris): La lutto contre les epidemies. Cajal 
(Madnd): Morphologie des cellules nerveuses. Danilewsky (St. Peters¬ 
burg): Le role biologique du phosphore dans ses eombinaisons organiques. 
Poster (Cambndge): The Organisation of Science. Kocher (Bern): 
t 1 “ 6 5 öse JT e - Jacobi (New-York): Non nocere! Laache (Christiania): 
nypcrtrophie ldiopathique du coeui* et la degeneration du inusch* 

D . ! ) Uas Instrument wird von der Finna Bodenkeimer und Schuster, 
rickhuben 4 m Hamburg geliefert zum Preise ven 8 ^Mark. 


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Gov gle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






DEUTSCHE MTHDTfilKTSCHE WOCHENSCHRIFT 


No. 8 


192 

^fS:rÄ£ 2 ?i»i=rEs: 

SSu S ObjL.te! l 2 aV'dio Mcdicin, die Hygiene und das Bau-SamtMs- 
weseu Bezug haben, in sich j™ d e ™f?“ offldeUen Sprachen des Congresses 

rL’ssÄT-ÄTÄ 

rjafewttc K,sf,,?s't 

S?l“oto S. B iSSStaT&ta^ ta Hotel“ und Privathäuseni 
^^rimTld^nnd Auskunftsbureau. Die Congressbesuche, 

r t;r%-Ä£ s rri? fr tärSss* 

ci “SÄ ä«Sr-’5 ÄS"SÄ 

, ■ tiroir>v>ft «ir>h 711 inscribiren wünschen, könnGn m einem diesei 

beidenBureaux gegen Erlegung der Gebühr Mitgliedskarten erhalten. Die 
Mitgliedskarte ist unbedingt erforderlich, um Zutritt zu den Raumen des 
tur Ausstellung, in die Spitäler, Museen, Kunstsammlungen 
? s S w1u eritngeu towte zur Theilnakme an allen Festlichkeiten, zu 
welchen keine besonderen Einladungskarten ausgegeben wer ™ , 

Die C’orrespondenz der Congressmitgliedei. Im Polikümimm 
i<t ein königliches Post- und Telegraphenamt mstallirt, welches zu allen 
Expeditionen befugt ist. Briefe und Telegramme, deren Zustellung in 
* 'R ur eau des Congresses gewünscht wird, sind zu adiessiren. (P. 

E adressirte Correspondenzen werden den Adres¬ 
saten im Anmeldebureau im Poliklinikum zur Verfügung stehen. Die 
dort während des Tages nicht erhobene Correspondenz wird^bend®, naA 
Schluss der Sectionssitzungen, in das Bureau in der Genova überführt 
werden. Die Herren Congressmitglieder können sich dieses Mittels be¬ 
dienen, um rasch und ohne Francaturspesen untereinander brieflich zu 
verkehren. — Die Bureaux des Congresses werden denselben Weg be¬ 
folgen um den Herren Congresstheilnehmer ihre Mittheilungen zu- 

k ° m B 6 ureaux^der fremden Nationen. Die ausländischen Comites 
werden im Poliklinikum über besondere Bureaux verfügen, m welchen 
sich die Herren Congresstheilnehmer zusammonfinden und Auskünfte ei- 

halt6 V k e Ö chse 1 s tub en. Zur Bequemlichkeit der Herren Congressbesuehei 
werden im Bahnhofsgebäude, im Bureau in der Via Genova und im 
Poliklinikum Wechselstuben installirt sein. 

In den dem Publikum zugänglichen Bureaux des Congresses werden 
die vier officiellen Sprachen des Congresses: italienisch, deutsch, franzö¬ 
sisch und englisch, gesprochen werden. 

Verkehrsmittel. Das Poliklinikum ist vom Centrum Roms 
(Piazza Colonna) nur 15 Minuten weit entfernt; besondere Omnibus- imd 
tramwaylinien werden dasselbe mit den regelmässigen Limen der inneren 
Stadt verbinden. Nächst dem Poliklinikum werden ständig ein- und zwei- 
SDünuige Wagen zu finden sein. Die Herren Congressbesuchor werden 
in den Gebäuden des Congresses ein Post- und Telegraphenamt, ein 
Telephon, sowie Lese- und Schreibzimmer finden. 

Besondere Festlichkeit en werden den Congressbesuchern zu Ehren 
veranstaltet werden. Am*Abend des 28. März wird das Organisations- 
comite die Herren Congressmitglieder und deren Damen im Palaste der 
raedicinisch-hygienischen Ausstellung festlich empfangen. Die Stadtver¬ 
waltung Roms wird auf dem Capitol einen feierlichen Empfangsabend für 
die Herren Congressmitglieder und deren Damen veranstalten. Ein Comite 
römischer Bürger wird" die Illumination der Platea Archeologica veran¬ 
lassen. Den Herren Congresstheilnehmern wird an den Thermen des 
Caracalla ein Lunch augeboten werden.. Andere Festlichkeiten sind in 
Vorbereitung begriffen. In Rom hat sich ein Damencomitd constituirt, 
welches sich die Aufgabe stellt, den Damen der Congressmitglieder den 
Aufenthalt in Rom so angenehm als möglich zu gestalten. Die mit der 
Gastkarte versehenen Damen der Congressmitglieder sind zur Theilnahme 
an den Festlichkeiten berechtigt, _ .... 

Eine Erinnerungsmedaille für die Herren Congressmitglieder wird an 
dieselben vertheilt werden. Dieselben erhalten ferner einen besonderen 
Führer für Rom, in sehr schöner Prachtausgabe, zum Geschenk. Zur 
Anmeldung zum Congresse und um der Reisebegünstigungen theilhaftig 
zu werden, genügt die Einsendung einer Visitenkarte an das General- 
Secretariat des NI. Internationalen Medicinischen Congresses in Rom, von 
welchem man postwendend die nöthigen Legitimationspapiere empfangen 
wird. Anfragen um Auskünfte irgend welcher Art sind ebenfallsten das 
Goneral-Secretariat zu richten. 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

TWlin Dass die neuere sociale Gesetzgebung mit besonderer 
Rücksicht auf dje^ti^eM^cin 

stände an^Brandenburg jetzt cingebrachten Anträge befürwortet. 

Äafess 

dan, Saatz und A. jj 3 j s t nothwendig, dass die Studirenden der 

beschUesser.zu erklären: « |^Tniss von den für den Arzt wichtigen 
Medicm auf < ^ er ” n 1 . , Unfall- Alters- und lnvaliditätsversicherungs- 

Bestimmungendes Kranken , m kUnischen Unterrichte 

gesetzes ^langem 2 )^Es st Demon6to ,tionen mit dem Begriff der 

BSSÄI 

soliderer Rücksicht auf das Krankenkassen- und Unfallgesetz von Pro 

^ SS»“ « H„ 

Prof. Dr. Sonnenburg zum Delegirten für den internationalen medici- 
nischen Congress in. Rom ^ Mediein vom 

17. Februar hielt zuerst Herr Leyden einen ^^empfundenen Nachruf 
für den verstorbenen Professor Billroth, zu dessen Ehren sich die Ue 
Seilschaft von ihren Platzen erhob. Darauf demonstnrteHen Klemperer 
einen Fall von tiefsitzender Strictur des Oesophagus infolge 
ventriculi simplex mit Divertikelbildung (Vormagen), welcher von der erste 

C A S £wn u H nrKiem a p r e-.’Än wurde in 

die Discussion dt Vortrages von Herrn 

laufene septico-pyämische Erkrankungen nebst Bemerkungen über a 
De ™^o^'of i t s fa«fl!t r dWgireuder Arzt der chirurgischen Abtheilung 
des jüdischen Krankenhauses hat denProfessortitel^ 
unserem verehrten Mitarbeiter zu dieser wohlverdienten Auszeichnung 

unsere herzlichsten Glückwünsche dar. j- Talires 

_ Professor Dr. C. v. Noorden legt am 1. April dieses Jahres 
seine Stelle als erster Assistent an der zweiten medicnnschen Umversitets- 

“^AnfEinladung der Herren Dr. Becher, Hartmann und Küster 
versammelte sich am 19. dieses Monats eine tT-üssere Anzahl hiesig 
4erzte um über die noch vielbestrittene Opportunität der Gründung 
‘eines Waarenhauses für Aerzte eine Ve [ s ^“^f d n ® /“"ferren 
Nach längerer Debatte wurde eine Commissmu bestehend aus _dcu H ^ 
Hartmann, Philipp, Reinsdorf, Ruprecht, SperliUoi % n p _ 

Eulenburg mit der Ausarbeitung eines speciellen Programms i 
richterstattung beauftragt. ^ ^ der med!ci mschen Facultät und 

im St. Vincenz-Krankenhause eine Abtheilung für Unfal 

nchtot Ueber ^ Thäti keit der Heimstätte für Verletzte te Nmdei- 

Schönhausen bei BerUn veröffentlicht der d^guende Arzt deiselb^, 

Dr. G. Schütz, einen zweiten Jahresbericht (Lomm. venag 

F. Schneider & Co., Berlin). n-osell- 

_ Alvarenga - Preisaufgabe. Die Dufeland sch ^ 

schaft hat in der Sitzung vom 11. Februar 1894 aus 

Preisaufgabe zu stellen: Ueber Automtoxication vom I beträgt 

und über Verhütung und Beseitigung derselben Der 1?»» £ d ?n 
800 Mark. Einzureichen sind die Arbeiten bis zum \*^^ Profe88or 
Vorsitzenden der Hufeland sehen Gesellschaft, G . • müssen 

Dr. 0. Liebreich, Berlin W., Margarethenstr. 7. Die.^Seichenden 
mit einem Motto versehen sein, welches auf einem dabei ° gich befin den 
Briefcouvert, in dem eingeschlossen der N^e des \ er « Französ isch. 
soll, zu stehen hat. Zulässige Sprachen: Deutsch, Englisc , r ^^ 

Die nicht preisgekrönten Arbeiten werden aiff Verlange Zuerthei- 

1895 den Einsendern zurückgegeben. Die Bekanntmachung 
lung des Preises findet am 14. Juli 1895 statt. 011 c R «rordentlichen 

b - Universitäten. Königsberg i. Pr. Dem ausserorclen^ ^ 

Professor in der medicinischen Facultät Dr. A. Der ordent- 

Charakter als Geheimer Medicinalrath verliehen, ' ist ’ m den 

liehe Professor der Geburtshülfe und Gynäkologie Doctoren 

Ruhestand getreten. Als Pnvatdocenten h ^ be ^_^ h - 1 ^ e un d Otologie. 
Stadirini für Anatomie und Toti für . czki haben 

— St. Petersburg. Die Doctoren Ketscher und [ Jr miHtärmedicinischen 
sich als Privatdocenten für innere Medicm an / p ro f e ssor der 

Akademie habilitirt. - Stockholm. Der ^„Xso? 'toi KarcüUcheu 
Chirurgie J. W. Berg ist zum ordentlichen P , r ^ ess ^ r Der em critirtcProf, 
medicinisch-chirurgischen Instituts ernannt worden. Polster ist zum 

H.A. Abelin ist gestorben. - Helsmgfors. Dr. Rud. Koisne 
Docentun für pathologische Anatomie ernannt worden. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Gok igle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag ft* 1. März 1894. 


DEUTSCHE 



Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr; Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Enlentmrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lützowstr. 60a. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31. 


1. Aus der inneren Abteilung des städtischen Kranken¬ 
hauses am Urban in Berlin. 

Ueber eigenartig verlauf eite septakopyämische 
Erkrankungen nebst Bemerkungen über acute 
Dermatomyositis. 1 ) 

Von Professor A. Fraenkel. 

Es ist eine bekannte und den Aerzten geläufige Thatsache, 
dass im Verlaufe einer grossen Anzahl acuter Infeetionskränkheiten, 
ja wir können sagen bei der Mehrzahl derselben, der Krankheits- 
process gar nicht selten zu dem Auftreten gewisser örtlicher Sym¬ 
ptome an den peripheren Körpertheilen, der Haut, den Gelenken, 
den Knochen etc. Veranlassung giebt. Ich habe hier natürlich 
nicht bloss die exanthematischen Infeetionskränkheiten im engeren 
Sinne des Wortes, welche ja eine Gruppe für sich bilden, im Auge. 
Als Beispiele solcher peripherer Localisationen, soweit dabei zu¬ 
nächst die Haut in Betracht kommt, führe ich in erster Linie die 
Roseola an. welche wir, wie beim Typhus, auch bei anderen Infec- 
tionskrankheiten, so bei der acuten Miliartuberkulose, der Meningitis 
cerebrospinalis gelegentlich antreffen und welche in Gestalt der 
Roseola typhosa eine echte Localisation des Typhuserregers dar- 
stellt. In entsprechender Weise wie sie, sind die meist unter der 
Form von Petechien erscheinenden Hautembolieen bei der Endocar- I 
ditis ulcerosa aufzufassen. Noch nicht genügend gewürdigt und 
zum Theil auch von anderer pathogenetischer Bedeutung sind gewisse 
Formen der Hautausschläge, welche in die Kategorie der Erytheme 
gehören und trotz ihrer Seltenheit höchst bemerkenswerthe Compli- 
cationen verschiedener Infeetionskränkheiten bilden können. Ich 
werde auf dieselben im Verlaufe meines Vortrages nochmals zurück¬ 
zukommen haben, da hinsichtlich ihrer Entstehungsweise eino gewisse 
Analogie mit einigen derjenigen Processe besteht, welche den eigent- 
lichen Gegenstand meiner heutigen Auseinandersetzungen ausmaehen. : 
hier sei nur bemerkt , dass diese Erytheme, welche bald sich unter | 
dem Bilde eines Erythema multiforme, bald als scarlatinaartiges 
er morbillöses Exanthem darstellen, gleichfalls bei einer Anzahl, | 
! rei ?/ r . sen nac h durchaus von einander unterschiedener Infections- ■ 
rankheiten gelegentlich zur Beobachtung kommen. Unter ihnen 
uire ich wiederum den Typhus, ferner Diphtherie, Scharlach, 
-_asern, einfache Angina, Endocarditis, Septicämie, Gonorrhoe und 
lind m L-n können wegen ihrer Aehnlichkeit mit Scarlatina I 
, -' lor 'ulhn sehr leicht zu schweren Täuschungen Veranlassung 
? en una die irrthüraliche Meinung erwecken, dass sich zu der 1 
an ^ erer Ursache hervorgegangenen Grundkrankheit eine 1 
Di.; 1 ’ -t a* exatl th em ^tische Krankheit secundär hinzugesellt habe, 
das • dl ° e * ne ^ res Interesses. Die andere besteht darin, 
artippr ( \ P + SeCU ^ ären El 7 tbeme, obwohl sie oft genug ganz gut- 
vorsrin•7 Ur sin( * un d nac h einigen Tagen ihres Bestehens wieder 
"■empinE« e f’ ail( * er . e Malö mit den schwersten Störungen des All¬ 
ste f . aaens ’ mit hohem Fieber, mit den Symptomen eines 
kurzpr F • f° SUS ’ e * ner ^ndtiiehen Intoxication einhergehen und in 
bei der ♦ ZUm ^°d e Ifibren können. Es handelt sich nicht, wie 
kung des e,rWäimten Gruppe von Hautausschlägen um eine Wir- 
lich stett pnm S ren Eran kheitserregers, sondern höchstwahrschein- 
um becundärinfectionen. In neuerer Zeit haben nament- 

Berlm Januar Kulten im Verein für innere Medicin in 


lieh französische Aerzte ! ) auf sie die Aufmerksamkeit gelenkt, und 
scheinen sie im allgemeinen mehr bei Kindern, welche von den in 
Rede stehenden Infeetionskränkheiten heimgesucht werden, als bei 
Erwachsenen vorzukommen. Die sie veranlassenden Secundärin- 
fectionen nehmen in der Mehrzahl der Fälle-ihren Ausgang von 
Ulcerationen des Mundes und der Halsorgane, der Lippen, 
Wangen, Raohenschleimhaut oder von aphthösen Geschwüren der 
Zunge. 

Eine zwar gleichfalls nicht gerade häufige, darum jedoch prak¬ 
tisch nicht minder wichtige Form der peripheren Erkrankung sind 
die Gelenkaffectionen, die sich zuweilen ebenfalls im Verlaufe 
der verschiedensten Infeetionskränkheiten, bei Sepsis, Scharlach, 
Typhus, Dysenterie,^ Diphtherie, Pocken und Pneumonie entwickeln 
können. Es sind oftmals nur seröse, unter Umständen jedoch auch 
eitrige Entzündungen, die in letzterem Falle besonders durch die 
Schwere der Complication Bedeutung gewinnen. Scheinbar noch 
weniger häufig sind die Knochenaffectionen und am seltonstcn 
jedenfalls Muskel erkrankungon. Nicht ohne Grund sage ich von den 
Knochenaffectionen, sie seien nur „scheinbar“ seltene Localisationen 
der Infectionsträgor bei den acuten Infeetionskränkheiten. Denn 
diejenigen der Herren Collegen, welche der vor kurzem stattgehab¬ 
ten Festsitzung der Berliner medieinisclien Gesellschaft zu Ehren 
Rudolf Virchow’s beigewohnt haben, worden sich der interessan¬ 
ten Mittheilung Ponfick’s 2 ) erinnern, dass bei verschiedenen In- 
fectionskranklieiten (Typhus, Scharlach, acuter Gelenkrheumatismus, 
Endocarditis) gar häufig nach dem Tode Veränderungen am Knochen- 
System gefunden werden, welche nicht nur auf einzelne Theile 
desselben beschränkt sind, sondern fast das gesanunte Skelett be¬ 
treffen. Es handelt sich um oberflächliche Usuren der Corticalis 
der Knochen, welche von einer Wucherung der inneren Periost- 
schicht ausgehen und durch granulationsartige, aus derselben hervor¬ 
wachsende Gefässknospen verursacht werden. Dass diose periostalen 
Entzündungsvorgänge an gewissen Punkten des Skelettes, nament¬ 
lich an den Röhrenknochen, aber auch an den platten Knochen, 
den Rippen, dem Becken, dem Schädel, einen besonderen Intensitäts¬ 
grad erlangen und wegen der damit verbundenen Schmerzhaftigkeit 
zu überaus qualvollen Beschwerden der Patienten \ eranlassung 
geben können, wissen wir ebenfalls aus einer Reihe neuerer klini¬ 
scher Beobachtungen. 3 ) Der entzündliche Process braucht keines¬ 
wegs auf die Knochenhaut beschränkt zu bleiben, er kann sich 
mit einer wirklichen Ostitis bezw. Osteomyelitis verbinden und 
sogar zur Eiterung führen. Mag die eine oder die andere Affection 
vorliegen, jedenfalls handelt es sich auch hier um Vorgänge, die in 
letzter Instanz auf Bacterieneinwirkung, sei es auf einer solchen 
der specifischen Infectionsträger der ursprünglichen Krankheit, sei 
es auf einer hinzugetretenen Mischinfection, beruhen. 


i) Hutinei et M. de Gimard, Eiytheraes infectieux>dans ln fievre 
rphoide. Med. moderne, 1890, p. 81, 101, 124. — Hutine 1. Notes sur 
□elques erythemes infectieux. Arch. gön. de med. 1892, bept. et Uct. 
-Jean Mussy. Contribution & l’etude dos örythemes infectieux etc. 
h&se de Paris 1892. . .,. 

») P|onfick, Ueber Metastasen und deren Heilung. Herl. klm. 
Vochenschr. 1898, No. 46, p. 1114 u. fl. . . 

3 ) cf. G. S. Freund, Knochenentzttndungen in der Keconvalescenz 
on Typhus abdominalis. Iuaug. Dissert, Breslau 1885. — \V ltz0 J; B« 3 
relenk- und Knochenentzündungen bei acut-infectöson Ei-krankun^en. 
lonn 1890. — F Urb ringer, Zur Klinik der KnochenentzUndunptii 
f'phösen Ursprungs. Verhaudl. des IX. Coiigr. für innere Median. V\u..- 
aden 1890, p. 207 u. ff. 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 






194 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFL 


No. 9 


Ebenso wie die zuletzt geschilderten Erkrankungsformen der | 
peripheren Theüe zählen die auf infectiöser Basis beruhenden 
Muskelerkrankungen, wofern wir von der nicht hierher gehö¬ 
rigen Trichinosis absehen, zu den klinisch seltener m die Erschei¬ 
nung tretenden Affectionen. Es kommen hier eigenthoh nur in 
Betracht die wachsartige Degeneration der Muskeln beim I 
tvnhus, welche jedoch mcht einen entzündlichen, sondern einen, 
degenerativen Process darstellt; ferner die Muskeierki^ankimgen bei 
Svnhilis die in zwei verschiedenen Formen, als ciicumscripte 
gummöse oder als diffuse ächte Myositis (letztere ^ kleinzelliger 
Infiltration der Muskelinterstitien und Wucherung dei Sarkolemm 
kerne einhergehend) auftreten kann*); drittens eit nge Myo- 
sitis welche gleichfalls sich entweder als umschriebener oder als 
ein mehr ausgebreiteter, diffuser zuweilen eme } P™ e 
Muskeln zu gleicher Zeit befallender Process aussert. \\ ährend 
die erst erwähnte Form der Myositis suppurativa, der circumscripte 
Muskelabscess, verhältnissmässig noch öfter namentlich im befolge 
von Pyämie, Puerperalfieber und verwandter Erkrankungen be¬ 
obachtet wird, bei denen sie entweder für sich oder häufiger als 
Theilerscheinung gleichzeitiger phlegmonöser Entzündungen der Haut 
decken oder Gelenke auftritt, kann dies 7 «n der diffusen und zu 
gleich multiplen Muskeleiterung nicht in gleichem Maasse behauptet 
werden. Dieselbe verdient umsomehr Beachtung, als ihre Knt- 
stehungsweise zuweilen eine ziemlich dunkle ist, was einzelne Au¬ 
toren wie Walther 2 ), dazu veranlasst hat, eine idiopathische Form 
derseiben aufzustellen. Zwar kann diese idiopathische Form unter 
Umständen ebenfalls nur einen oder wenigstens nur einige wenige 
Muskeln befallen; vielfach aber erstreckt sie sich zu gleicher Zeit 
auf mehrere Muskelgruppen, befällt verschiedene Extremitäten oder 
auch die Stammmuskulatur zu gleicher Zeit und bietet in solchen 
Fällen, wo alle Muskeln oder doch ein grosser Theil derselben be¬ 
theiligt ist, eine schlechte Prognose dar. Unter 19 von Walther 
zusammengestellten Fällen verliefen acht tödtlich. Bemerkenswerth 
sind vier von Scriba mitgetlieilte Beobachtungen dieser Erkran¬ 
kung, bei welchen kleine Haut- (Furunkel) oder Schleimhauteiterun- 
o-en die Quelle der Infection abgegeben zu haben schienen. 

° In neuerer Zeit ist endlich eine vierte Fonn der Muskelerkran¬ 
kungen beschrieben worden, deren Eigenthümlichkeit darin besteht, 
dass sie unzweifelhaft entzündlicher Natur ist und einen mehr oder 
minder grossen Theil der Skelettmuskulatur zu gleicher Zeit er¬ 
greift, dass sie ferner mit Entzündungserscheinungen an der Haut, 
insbesondere auch im Bereiche der Subcutis einhergeht und dass 
endlich nach der Meinung der meisten Autoren, die einschlägige 
Beobachtungen über sie zu machen in der Lage waren, auch bei 
ihrer Entstehung höchst wahrscheinlich ein infectiöses Agens die 
Krankheitsursache bildet. Die ersten eingehenden Mittheilungen 
über sie sind in kurzer Aufeinanderfolge im Jahre 1887 durch 
E. Wagner 8 ), Hepp 4 ) und Unverricht 5 ) gemacht worden. Kli¬ 
nisch stellt sie sich als ein Morbus sui generis dar. Sie geht mit 
Fieber einher, und es werden, wie schon angedeutet, nach einander 
oder gleichzeitig eine ganze Reihe von Skelettmuskeln befallen, 
deren Erkrankung sich durch Schwellung und Schmerzhaftigkeit, 
sowie stellenweise durch gewisse Hautveränderungen über den ergriffe¬ 
nen Muskeln auszeichnet. Meist besteht ein Oedem der Haut, oder 
dieselbe ist zugleich geröthet, wie bei einem Erysipel; auch Formen 
der Hautentzündung, welche dem Erythema nodosum ähneln, kom¬ 
men vor, während andere male ein urticaria-, roseola- oder purpura- 
artiges Exanthem vorhanden ist. Dabei ist es bemerkenswerth, 
dass diese Hautausschläge nicht gerade immer ihren Sitz bloss an 
den Hautpartieen über den erkrankten Muskeln haben, sondern dass 
sie auch auf andere Theile des Integumentum commune, beispiels¬ 
weise auf Brust und Bauch sich erstrecken können. In vielen 
Fällen bestanden Schlingbeschwerden und Störungen der Athmung 
(Befallensein der Athemmuskeln: Pectorales, Intercostales etc.); 
Augenmuskeln, Zunge, Herz und Zwerchfell sollen dagegen für 
gewöhnlich von dem entzündlichen Process, der zunächst und vor¬ 
wiegend die Extremitätenmuskulatur, aber auch, wie gesagt, die des 
Stammes ergreift, verschont bleiben. Da zuweilen auch — wenig¬ 
stens vorübergehend — Gedunsenheit des Gesichts bestand, so 
kann das Krankheitsbild eine gewisse Aelinlichkeit mit Trichinose 
darbieten; dies hat einen der ersten Beobachter, Hepp, veranlasst, 

*) cf. G. Lewin, Myositis syphilitica diffusa. Charitö-Annalen Jahr¬ 
gang XVI, p. 753 ff. 

^Walther, Ueber idiopathische, acute eiterige Muskelentztlndung. 
Deutsche Zeitschr. für Chiurgie, Bd. 25, p. 260. 

*) E. Wagner, Ein Fall von acuter rolymyositis. Deutsches Archiv 
f. klin. Medicin, Bd. 40, p. 241. 

4 ) Hepp, Ueber Pseudotrichinose, eine besondere Form von acuter 
parenchymatöser Polymyositis. Berl. klin. Wochenschrift 1887, p. 297 und 
322, sowie Ueber einen Fall von acuter parenchymatöser Myositis, welche 
Geschwülste bildete und Fluctuation vortäuschte. Ibid. p. 389. 

5 ) Unverricht, Polymyositis acuta progressiva, Zeitschrift f. klin. 
Med., Bd. XII, p. 533 u. ff 


dasselbe geradezu als Pseudotrichinose zu bezeichnen Obwohl 
wiederholentlieh Ausgang in Heilung und vollständige Genesung 
constatirt worden ist, so ist in der Mehrzahl der Fälle der Ver¬ 
lauf ein tödtlieher gewesen. Dem Tode selbst hat man Storungen 
der Athmnngsthätigkeit, theilweise bedingt durch die erwähnte 
Betheiligung der respiratorischen Muskeln, theilweise durch hmzu- 
getretene finale Lungenentzündung (hypostatische oder Schluck- 
pneumonie) voraufgehen sehen. Die meisten Autoren die über den 
Gegenstand aus eigener Erfahrung zu urtheilen m der Lage sind, 
stimmen darin überein, dass es sich um einen infectiösen Process 
handeln müsse, wobei jedoch die Natur des infectiösen Agens, so¬ 
wie die Art seiner Einwirkung als zweifelhaft hingestellt und na- 
mentlieh die Frage offen gelassen wird, ob es sich um direkte oder 
indirekte, durch toxische Produkte vermittelte Wirkungsweise der 
fraglichen Krankheitserreger handelt. Für die Behelligung solcher 
überhaupt spricht endlich das Vorhandensein eines fast m allen 
Fällen nachweisbaren Milztumors. 

Während Unverricht 1 ) in seiner ersten Veröffentlichung über 
die von ihm beobachtete Affection ihr den Namen Polymyositis 
acuta progressiva beilegte, hat er in einer wenige Jahre später 
erfolgten Mittheilung, 2 ) in der er über einen zweiten in Heilung 
ausgegangenen Fall berichtete, vorgeschlagen, sie ^hinfort als 
Dermatomyositis acuta zu bezeichnen. Die \eranlassung 
hierzu bildete für ihn der Umstand, dass inzwischen auch von 
anderer Seite ähnliche Beobachtungen zur Kenntmss gebracht 
worden waren, in denen der Verlauf nicht progredient und auch 
nicht der Tod erfolgt war, bei denen aber die oben erwähnten 
Hautveränderungen sich in besonders sinnfälliger Weise bemerkbar 
gemacht hatten. Speciell sein eigener zweiter Fall welcher eine 
im achten Monat schwangere Frau betraf, war dadurch ausge¬ 
zeichnet dass ein zunächst die Unterextremitäten befallender später 
sich auf Brust und Bauch erstreckender, juckender -und schmerz¬ 
hafter Ausschlag das Hauptsymptom bildete. Die. Haut an den 
Unterschenkeln, namentlich vorn, war glänzend roth, sehr gesinnt 
und fühlte sich heiss an; an den Oberschenkeln war sie zum Theil 
derb infiltrirt, und auf Leib und Brust gewahrte man den Anflug 
eines Exanthems von quaddelartiger Beschaffenheit; die einzelnen 
Prominenzen desselben erschienen bläulichroth. Von einer Er¬ 
krankung der Muskeln war, wie Unverricht sich selbst ausdrückt, 
so wenig zu merken, dass wohl kaum Jemand, der das Krankhel s- 
bild nicht kennt, dasselbe unter den Muskelaffectionen aufgesucht 
haben dürfte. Indem Unverricht schliesslich die Möglichkeit 
hinstellt, dass die Haut gelegentlich die einzige oder wenigstens 


ninSLCllL, UrtS» UlC AJ.rt.uu -- r - • 1” 

die Hauptansiedelungsstätte des infectiösen Agens sein konn, 
erweitert er meiner Meinung nach die Grenzen des neuen Krank¬ 
heitsbildes so erheblich, dass man bereits von Uebergängen des¬ 
selben zu den oben erwähnten infectiösen Erythemen sprechen darl. 
In wie weit die Annahme solcher Uebergangsformeu berechtigt ist, 
das zu entscheiden muss weiteren Beobachtungen und Erfahrungen 
Vorbehalten bleiben; einige Anhaltspunkte für die Beurteilung 
dieser Frage, deren Bedeutung gerade mit Rücksicht auf die nocn 
dunkele Aetiologie der Affection nicht zu unterschätzen ist, werden 
Sie vielleicht den am Schlüsse meines Vortrages folgenden Aus¬ 
einandersetzungen entnehmen können. # 

Im Laufe der letzten beiden Jahre habe ich mehrere taue 
von diffuser Muskelerkrankung zu beobachten Gelegenheit genant, 
von denen einer klinisch und anatomisch vollständig der nver 
rieht'sehen Schilderung entsprach, wogegen die beiden anderen 
sich mehr den gewöhnlichen Formen der im Gefolge pyämis 
oder septischer Infection auftretenden Muskelentzündungen 
ziehungsweise Eiterungen anschliessen. Ich würde die » el 
letzteren Fälle nicht einer besonderen Mittheilung werth ge a 
haben, wenn nicht ihre Entsteh ungs- und Verlaufs weise £? ewl " 
Eigentümlichkeiten darböte, die es verlohnend erscheinen lassen, 
gerade sie dem ersten Falle gegenüberzustellen und auf der 
Seite die Uebereinstimmung in der Aetiologie und dem klmi 
Bilde, auf der anderen die Differenzen in den anomische*! ■ 
Änderungen zu kennzeichnen. Alle drei Fälle verliefen in _ 
Zeit tödtlich. In dem Falle von Dermatomyositis gelang es, eoensu 
wie bei den beiden anderen, nicht bloss die Emtnttsp er 
Krankheitserregers, sondern diesen selbst in den befallenen 
nachzuweisen. Da die Zahl der genauen Sectionen von Dermato¬ 
myositis bisher eine geringe ist, so liefert meine eo 
jedenfalls einen neuen Beitrag zur Aetiologie der Anec ■ 
werde mich ferner bemühen, durch Vergleichung -R AWe is 

den übrigen in der Litteratur niedergelegten Beispielen ... 

zu liefern, dass mindestens ein Theil der als acute Derma - , 
beschriebenen Krankheitsbilder auf septische Infection 
führen ist. 

3 ) Unverricht, Dermatomyositis acuta. Deutsche med. V'och 
Schrift 1891, No. 2, p. 41 u. ff 


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Gck igle 


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1. Mürz. 

Erste Beobachtung: Dermatomyositis acuta im Gefolge 
chronischer eitriger Mittelohrentzündung. 

Patientin Frau Schulz eine 32jährige Bildhauerfrau, deren 62jährige 
Mutter angeblich gelähmt ist weiss sonst nichts von hereditärer Belastung 
anzugeben. Sie hat dreimal geboren. Seit dem September 1891 
leH l e , fc S VLA IU eitrigem Ausfluss aus dem linken Ohr Am 
1° März 1892 empfand sie m den Gelenken, namentlich in den Armen 
heftige ziehende Schmerzen; zugleich stellten sich solche auch im linken 
Ohr ein. Sie suchte desswegen am 14. März die Anstalt auf. 

Status vom 14. März. Temperatur 39,5 o C., Puls 120 Mittel 
grosse, gracil gebaute und mässig genährte Frau, welche über Schmerzen 
m den Armen und Beinen klagt. Am linken Fussgelenk, besonders 
am Malleolus extemus ausgebreitete Iiöthung und Schwellung die 
sich nach aufwärts bis zum mittleren Dritth.eil des uiter- 
schenkels.erstreckt; Haut daselbst mfiltrirt, brennend heiss; Gelenke 
selbst frei Die betreffenden Stellen der Haut sind auf Druck bis zum 
Kniegelenk höchst schmerzhaft; Beklopfen der Tibia schmerzlos Am 

“IT di f, U “ ter ? UuteUenkeb gerade“ 

Pa Q S f welI ^, nmi 1 mt * e Innenfläche der Tibia, sowie 
den größten Theil der Aussenfläche des Unterschenkels ein. Druck auf 
die geschworenen Theile schmerzhaft; Gelenke auch hier frei. Patella?- 
und Fusssohlenreflex erhalten. Wliar 

Am Hand g eIenk und der Streckseite des Vorder¬ 
arms befanden sich eircumscnpte, geröthete und prominente Stellen in 
deren Bereich die Haut geröthet, heiss, infiltrirt und auf Druck schmerz 
haft ist; am ausgedehntesten sind diese Veränderungen im Bereiche des 
Handgelenks, woselbst diffuse Infiltration der Haut besteht. Gelenke frei 
Link Die Innp^J-t rr U m Htodicher, aber geringerer Weise befallen. 

JJie Innenseite des linken Oberarmes zeigt geringe Röthp und 
Stimmhaftigkeit. . Cen-ical- und Iuguinaldriisen lelchrgSwoUeu 
7 Slch ‘ ™ d sichtbare Schleimhäute stark gerötbet.“ Lippen trocken 
linken b Oh t r ar ^i^ e T ft p Ra ? h6 “sdiicimhaut geschwollen, mcht gerathet. 
'mJ t.flZ?W i Ckm , ? er ^ r Mcht gebört; Flüstersümme nur in 
S hmenhSÄ b p b!,r; le,Se St “?“ e in ein Metor Entfernung. Keine 
gk f d Pl;oc ' !ss 1 us “«stoideus. Rechtes Ohr normal. Geringe 
ÄT* ÄTJSSTf Z b u iS Z " m R iPPenbogenrand vfr- 
' 0toslr7ni.il n th , hcbgelb f ]elcbt g etrUbt - stark albumenhaltig. 

ÄS Si“ras.‘ 
sssftirssjsr“ 

in Tr ? tz ,?>°® Morphium kein Schlaf; Klage über Schmerzen 

d Lin™ r Fi u » de ” Be “ en - Temperatur 39,2-39,7»C. Puls 120. 

ln der Peripherie dt^Rath™“^'U*® Aussenseit ° stark gerathet. 
schenke! demlS v! , bung . Veaenektasien; auch am linken Unter- 
infiltrirt abncLenl V‘• Un 1 , ter ? T“ 6 des Unterschenkels 

Urin ist das F™sseelenk ^ n,e ' 0be fchenkoi völlig frei. Am rechten 

b -ntd f SssÄth d e e L MTnt nkeI ^ «"«h* 

derselben S anzer Ausdehnung geschwollen. Haut 

Hruck schmerzhafr 50 ^’ dan i nter Agende Weichtheile infiltrirt und auf 
geringer wird An den ^? ze nen Stellen blasse Röthe, welche auf Druck 
leicht flectirt, Daumen 1S ^ die J Jlfiltration g erin ger. Finger 

üten^ämmtlich völlig frei gescllla & en - Die Gelenke der oberen Extremi- 

'ick herabgesetzt^ so d ^’ St ™ cka f» der Finger der linken Hand dent- 
Stechen mft der Nadel Wd ^ inse herührung ungenau empfunden wird. 

den Beinen und den , ^hierselbst als stumpfe Berührung empfunden, 
erhalten. Au“h d t tt.i! Tu? 111 ? der Arme ist die Sensibilität 
»w normales Zuntre" ^ erhalten des Nervensystems ist ein durch¬ 

lässig angestrengt T h trooken mit graugelbem Belag. Athmung 36, 
39 ’?\ Im Harn reichlich Albumen 
15 MarTw ’ u e . mzeIte Nierenepithelien. 

Gesichts/ Klage ^bot S n 4 ^ .P^tzlich cyanotische Färbung des 

collabirt meÄmeA ÄfÄi £ dar Wiegend. Patientin 
rotl » gefärbten Stellen hlmirnt^ c ' PP A ! hem zöge. Haut an den vorher 

senpte Verfärbung nebst Infilf e r rbt; / me 'ix? h - nhcho blaurotbe circum- 
Glutaealgegend P, P JS b8t rj? fi !, tra , tl0n der Weichtheile an der linken 
Sectfon 7« P v? h6de tÖbl; Schweissansbrnch. 6 Uhr Exitus 
Unterextremitäten von dPPV ^ 3 1 L Uhr ^ Dr ‘ St roebe): An beiden 
fration der Haut sowie TlntSf^f 1116 a , bwärts dlffuse ’ derbe teigige Infil- 
^ bis auf den Fussrück^te/ \ . re ^ hfcs nur . bls zum unteren Drittel, 
Innenseite des Obersrhßni- T l lok bmab erstreckend, und nach oben an der 

DritM bu ‘“ uf - F - b6 d - 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


- ... _. 195 

aÄrasaüS 

d,^t^ CCU en r er a [S die tlG t, r ^ ele ö enen - Einzelne Muskeln, so der Flexor 
d i?pW f Pr °\ flU i dUS h? n f ablreicben Punkt- und streifenförmigen Blutungen 
dui-chsetzt. Andere Muskeln, so der Museal.« flexor digitororum JuMüS 

Prnw tCn gra / g f be? bosond ^ rs W0lche matsche Partieen. Andre, so der linke 
mnto!l° r 9 ,uadratus zeigen dunkel blaurothe Farbe imd sind ebenfalls von 
P, at c . hor Gonsistenz Ueberall quillt beim Schneiden eine trübe, graurothe 
Flüssigkeit heraus Normale blasse Farbe zeigen die Musculi pectorales und 


v iivuvi UUiclUJ. J? ttl Uo Uüi 

’ nd «ss von *henTräuS g rntl 1Cl1 b I, s t dunkelbraunroth, zum grössten Theil 
Dasselbe Infiltrat der Ilant/Wi/ r J ä r bun ?-, Die Venen stark injicirt. 
Men vom oberen Drift/»] A / nde ^ sicb an den beiden Oberextremi- 
Whneiden i n die Haut L r f ? ben 5 1 5 e ® bis zum Handgelenk. Beim 
a «»kulatur der ExtremhVtf CötlS Subcutis ’ aber auch die Gesammt- 
f nd v «n Blutungen dS pm' 0 ? , s ? b mutzig trüber Flüssigkeit infiltrirt 
1 n eQke zeigen sich intakt h ID h dabe i brüchi ^ Die eröffneten Ge- 
Seh7ä„ r ,ich und . Rflckc - nmark no ™ aI - Herz ™“ 


~-r 77 T JlXVLX. VÜU 

roth. Im Epicard Blutungen. Klappen 


inbrt iw i sse : * arl 

“ui, aiuskulatur v nn ----- um inuuuxigen. i 

is mal grösser als nnrmnP 11 ^ Gonsistenz und blasser Farbe. Milz 
bvniatöse Trübung von Niln“ 1 , w ? lcber vorquellender Pulpa, Paren- 
F . D *e Muskeln der vn? und Leber. Digestionsapparat normal. 
™remitäten zeigen eW ontzündllchen Aenderungen betroffenen 
jabme des linke/fLwpt, er ? cblede J n e Farbe und Consistenz. Mit Aus- 
.1 a ^ se ^umhtränkung hftT 0 ^ 1111 ?- ’J nd Cruralis ’ die uur eine geringe öde- 
r,,let «u. zeigen die n ° rmalef * efcwaa blasser Rothfärbung 

mgen Streck- und Beugemuskeln der Unter- 


«““““»'uc uuu uumwutucii an cier Spitze der PvTamide 
graugrünhehe Verfärbung. Auf dem Durchschnitt des durchsägten Organes 
Tim mn? 011 ^ o raur 9 tdie .Granulationen in den Cellula? masto?deae, 
m de m Mittelohrraum sowie im mneren Ohr wahrgenommen. 

(T)v M l r !I k ° pis fe Untersuchung der erkrankten Muskeln 
8i* n JL K 'ubhmann): 1) Musculus tnceps sinister Gram-Weigert- 
Präparat: sowohl auf Längs- wie auf Querschnitten sehr zahlreiche Strepto- 
m - a - im Bmdege ? ebe hegen und zw ischon die einzelnen Muskel- 
S do1 e ^ dri f gon - 111 mit Haematoxylin-Eosin gefärbten Schnitten zeigen 
sich die Muskelfasern an einigen Stellen durch ödematöse Zwischenmasse, 
wiW C J?,m e Tr-i S v h f St ; auseinander gedrängt. Die Muskelfasern selbst 
weisen zum TheiH erlust der Querstreilung mit leichter Kernvermehrung, 
an anderen I unkten dagegen wiederum völlig normale Structur auf. Blut 
gefmäse prall gefüllt, m der Umgebung derselben geringe Blutungen. — 

• wü S - C ? US f J exo ^ Higitorum sublimis sinister. Auch hier finden 
smh (bei Anwendung der Gram-Weigert-Färbung, sowie in mit Haema- 
toxylm-Eosm tinprten Schnitten) zahlreiche Streptococcen in der zwischen 
den Muske bündeln befindlichen Oedemflüssigkeit. Abgesehen von dem stellen- 
weisen \ erlust der Querstreifung w r eisen einzelne Muskelfasern scholligen Zer- 
tail auf, die Kerne in denselben nicht mehr erkennbar. Besonders auffallend 
sind die ungemein ausgedehnten Blutungen, die an verschiedenen 
i unkten den ganzen Raum zwischen den Muskelfasern einnelimen und 
sogar hier und dort bis in das Innere derselben eindringen. Die Blut¬ 
gefässe selbst sind prall mit Blut gefüllt, eine Verdickung ihrer Wandungen 
nicht nachweisbar. 3) Die gleichen Veränderungen bietet die Unter¬ 
schenkelmuskulatur beiderseits, nur dass hier dieselben sich im 
wesentlichen auf interstitielles Oedem und perivaskuläre Blutungen be¬ 
schränken, während die Fibrillen selbst keine Abweichung vom 
normalen Verhalten aufweisen. 4) Auch im interstitiellen Bindegewebe 
des Zwerchfells finden sich vereinzelte Coccenanhäufungen. 5) Ein 
btückchen Haut des rechten Oberarms zeigt eine vollständige Ueber- 
säung von Cutis und subcutanem Zellgewebe mit Streptococcen. 6) Die 
Musculi sternocleidomastoidei, Poctoralis minor und linke Herzkammer sind 
von normaler Beschaffenheit. 

Zweite Beobachtung - : Multiple eitrige Myositis und 
Arthritis im Gefolge linksseitigen acut entstandenen 
eitrigen Mittelohrkatarrhes. 

Frau Eichholz, 43 Jahre alt, Markthallenverkäuferin, ist zweimal 
m das Krankenhaus aufgenommen worden. Erste Aufnahme: 30. Juni 
bis 8. Juli 1892. Anamnese: Im Jahre 1884 Erysipel; seitdem An¬ 
schwellung des Gesichts, die an Myxödem erinnert, aber auf Fettanhäufung 
beruht. Mitte Juni. i. e. 14 Tage ante receptionem, Anfall von Schwindel 
und Bewusstlosigkeit. Patientin will öfter Herzklopfen und Kurzathmigkeit 
beim Treppensteigen gehabt haben. Nach dem Anfall von Bewusstlosigkeit 
Zustand dauernder Somnolenz, in welchem Patientin auch ins Krankenhaus 
kommt. 

Status vom 1. Juli. Auffallend gedunsenes Gesicht, dessen Lid¬ 
spalten durch die Gedunsenheit verengert sind; in der Unterkinngegend 
und am Halse bildet die Haut dicke Fettwülste. Lippen und Wangen 
leicht cyanotisch; die ebenfalls auf Zunahme des Fettgewebes beruhenden 
Hautwtllste über den Clavikeln sind von eigentümlich schwappender Be- 


uaumuuiv uuoi ucu v/mviKtJiu »um von eigeninumiicn senwappenaer Jöe- 
schaffenheit, so dass sie zunächst den Eindruck machen, als wenn bei ihrer 
Entstehung Emphysem betheiligt sei; sie setzen sich in eine ziemlich derbe 
Schwellung der Nackenhaut fort, welche sich vom Occiput bis zum ersten 
Brustwirbel erstreckt. Gleiche Wülste in den Achselhöhlen. Am Thorax 
unterhalb des Jugulum bis zur dritten Rippe, namentlich auf dem oberen 
Theil des Sternums, treten eine Anzahl oberflächlich gelegener Hautvenen 
hervor. Ferner bemerkt man in der Mittellinie des Abdomen eine 
schlangenartig gewundene Vena epigastrica superior, welche mit einer ebenso 
beschaffenen Epigastrica inferior anastomosirt; der Blutstrom geht in beiden 
nach abwärts. Normaler Stand der unteren Lungengrenzen. Leichte 
Schallerhöhung über dem oberon Theil der rechten Hinterwand, woselbst 
fortgeleitetes Bronchialathmen hörbar. Spitzenstoss fast in der Mitte 
zwischen Mammillar- und vorderer Axillarlinie. Herzdämpfung überschreitet 
die linke Mammillarlinie um drei, den rechten Sternalrand um l 3 /* cm. Auf 
dem oberen Theil des Sternums ziemlich intensive Dämpfung in Gestalt eines 
6 cm breiten Streifens, welcher den rechten Sternalrand um fast 3, den 
linken um */a cm überschreitet. Ueber der Herzspitze dumpfes systolisches 
Geräusch, noch dumpferer diastolischer Ton; der zweite Pulmonalton 
nicht verstärkt. Radialarterie etwas eng und geschlängelt, von massiger 
Spannung. Keine Spur von Paradoxität das Pulses. Keine Oedeme. 
Pupillen etwas eng,, gleich und normal reagirend. Schilddrüse von normalem 
Umfang. Sensorium leicht benommen. Am gestrigen Tage Fieber bis 
39° C. Im Laufe des 1. Juli kritischer Abfall der Temperatur, welche in der 


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196 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


Folge subnormal bleibt, und Absinken der Pulsfrequenz von 114 be¬ 
ziehungsweise 120 auf 84. 

ln der Folge schnelle Besserung des Allgemeinbefindens und des 
Verhaltens des Sensoriums. Kein Auswurf. Patientin verlässt am 6. August 


das Bett. Auch die Venenschwellung in der Oberbauchgegend scheint etwas 
abgenommen zu haben. Dämpfung hinten rechts oben ist verschwunden, 
und Patientin wird auf Wunsch am 7. Juli entlassen. Diagnose: Pneu- 
monia dextra superior, Tumor in Mediastino antico (Lipoma?). 

Zweite Aufnahme vom 17. Juli bis zu dem am 22. Juli 1892 
erfolgenden Tode. Schon am dritten Tage, nachdem Patientin die An¬ 
stalt verlassen hatte, kehrte die sensorielle Benommenheit zurück; zu¬ 
gleich erkrankte sie mit Kopf- und rechtsseitigen Ohrenschmerzen; bald 
darauf Schmerzen in beiden Fuss- und Kniegelenken. Am 15. und 16. Juli 
je ein Schüttelfrost. 

Status am 18. Juli. Die Stauung im Bereiche der epigastrischen 
Venen hat erheblich zugenommen, auch das Gesicht erscheint stärker 
geschwollen als früher und cyanotisch. Sensorium gegenwärtig völlig klar. 
Um neun Uhr Vormittags und um ein Uhr je ein Schüttelfrost von zehn 
Minuten Dauer. Schwellung und Röthung des rechten Fussgelenkes, desgl. 
des Metacarpophalangealgelenkes des rechten zweiten und dritten Fingers; 
auch das linke Fussgelenk und beide Kniegelenke schmerzhaft. Tempera¬ 
tur nach den Frösten 38,8° C, 108 Rcsp.. 120 Pulse. Herzdämpfung hat 
erheblich an Breite nach beiden Seiten zugonommen, überschreitet jetzt die 
Mammillarlinie nach links um 4. den rechten Stemalrand um 3 l /a cm; 
reicht nach abwärts bis zum sechsten Intercostalraum (Breite daselbst 
18 cm). Geringe Dämpfung in Fossa supra- und infra-spinata dextra mit abge¬ 
schwächtem Athmen ohne Rasselgeräusche daselbst. Leichte Röthung 
des rechten Trommelfelles, im unteren vorderen Quadranten 
pulsirender Lichtreflex. 

Am 20. Juli erstreckt sich die Röthung und Schwellung der rechten 
Unterextremitäten vom Fussgelenk bis hinauf zur Mitte des Unterschenkels. 
Temperatur ist inzwischen zur Norm abgefallen, zeitweise subnormal (36,9). 
Sensorium zuweilen leicht benommen. 


21. Juli. Temperatur 35,7, Puls 96. Es besteht heute 1) Schwellung 
des rechten zweiten Metacarpophalangealgelenks, 2) Schwellung der Gegend 
des Malleolus internus am rechten Fussgelenk. 3) Schwellung und Röthung 
der Aussen fläche des rechten Unterschenkels hinauf bis zum Knie und 
4) Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Muskulatur des linken Oberarms. 

Die Röthe in der Gegend des Malleolus internus dexter ist handteÜer- 
gross. An allen gerötheten Theilen fällt die eigenthümlich livide bläulich rothe 
Farbe derselben auf. Die rechte Oberextremität ist mit Ausnahme der 
beschriebenen Schwellung im Metacarpophalangealgelenk des Zeigefingers 
frei. Dagegen zeigt die eine sehr beträchtliche Röthung und Schwellung 
darbietende Haut der linken Oberextremität dieselbe bläulich livide Be¬ 
schaffenheit wie an den übrigen Stellen. Sie dehnt sich über die 
ganze Streckseite des Armes aus und betheiligt auch die Gegend 
des Ellbogengelenkes. Bei der Betastung gelingt es nicht, die Haut über 
den geschwollenen Partien in Falten zu erheben. DerM. triceps sinister 
fühlt sich derb infiltrirt an. und seine Betastung ist der Patientin 
ungemein schmerzhaft. Ebenso zeigen M. biceps und brachialis 
internus eine eigentümliche teigige Consistenz. Druck auf die 
Haut in dieser Gegend hinterlässt seichte Gruben. An der Dorsalseite des 
linken Vorderarmes, ungefähr vier Querfinger unterhalb des Olecranon be¬ 
findet sich ein Zehupfennigstück grosser bläulicher, sehrschmerzhafter Buckel. 
Färbung der sämmtlichen geschwollenen Theile, besonders an 
den Füssen, ähnelt derjenigen des Erythema nodosum. Der 
Vorderarm lässt sich im linken Ellbogengelenk ohne Schmerzäusserun¬ 
gen flectiren. An den Muskeln der Oberschenkel keine Schwellung oder 
Consistenzänderung; nur Druck auf die Adductoren beiderseits schmerzhaft. 
Linke Wade auf Druck sehr, die rechte nicht empfindlich. In der Tiefe 
beider Achselhöhlen sind durch die vorhandene Fettanhäufung hindurch 
haselnussgrosse Drüsen fühlbar. Keine Dämpfung am Thorax, 
allenthalben normales Vesiculärathmen. Raohenorgane normal. Ham 
normal. Sämintliche Reflexe vorhanden. 


22. Juli. Völlig benommenes Sensorium, stöhnende angestrengte Respi 
ration. . Temperatur 35,5, Puls 108. Cyanose des Gesichts und Kühl 
der peripheren Theile. Schwellung über den Gelenken der Unterextremi 
täten wie gestern, nur die Färbung ist eine noch lividere geworden. Hin 
zugetreten ist Schwellung des linken Kniegelenkes. Trotz der Benommen 
heit verursacht die Betastung der geschwollenen Partieen lebhafte Schmerz 
Uusserung. Am Metacarpophalangealgelenk des rechten Zeigefingers ha 
die Schwellung zugenommen; auch die Hand sowie das rechte Handgelen: 
zeigen leichte Schwellung. Die ganze Aussenseite des linken Armes vor 
Olecranon bis hinauf zum Uebergang des mittleren in das obere Dritt 
theü von blaurother Farbe, stark intumescirt; bei Druck blasst die livid 
Farbe ab. Sowohl Triceps, wie die Beugcmuskeln, letztere weniger, biete: 
teigige Beschaffenheit dar. Dieselbe Infiltration ist am linken Unterarm 
und zwar in der oberen Hälfte desselben vorhanden und bietet dort eben 
aüs einen Stich ins Blaurothe. Haut über den infiltrirten Partieen deut 
lieh ödematös. Die V enenschwellung im Bereich des oberen vorderen Thorax 
Segmentes, welche bis dahin sehr deutlich war, hat abgenommen. Au 

“iS Z jT Ch graUer ’ UDgemem “»“ende 


Section den 23 Juli (Dr. Stroebe): An den unteren Eitremitäi 
keine Oedeme; bloss die Gegend über dem rechten Fussrtlcken deutli 
über dem linken etwas weniger geschwollen. An beiden gnsseren Mal 
ölen Oedeme. Starke wulstige Verdickung des Fettgewebes am Hals u 
P j. kiibmentalregion, sowie an den Ober- und Unterschlüsselbeingrub 
Reichliche substemale, dem Sternum direkt anliegende Fettanhäufui 
Desgleichen starke Fettanbäufung auf dem Herzbeutel, welche mit Bluti 
gen durchsetzt ist. Lungen normal. Herz gross; linker Ventrikel hvp 
trophiBch und wenig dilatirt. Beeilter Ventrikel kaum erweitert. Ve 


cava superior und Vena anonyma dextra durchgängig. Linke Vena anonyma 
nicht zu finden; an der Stelle ihros Abganges findet man in der Cava superior 
eine Verziehung der Intima. Daselbst, liegt zwischen Höhe des Aorten¬ 
bogens und Anonyma dextra ein Packet harter schiefrig indurirter Lymph- 
drüsen, die in schwieliges Bindegewebe eingebettet sind. Bei näherer 
Untersuchung findet sich auf der linken Seite des Aortenbogens noch die 
Fortsetzung der (offenen) Vena anonyma sinistra, welche blindsackförmig 
endet und von deren blindsackförmigem Ende ein derber rabenfederkiel¬ 
dicker Strang nach der Cava superior durch das Drüsenpacket und durch das 
Fett hindurchzieht, und zwar zu der narbig veränderten Stelle dieser Vene. 
— Im Mediastinum anticum vor den grossen Gefässen und zu beiden Seiten 
zwischen denselben und den mediastinalen Flächen der Lungen sehr reich¬ 
liche, über den Lungenhilis angeordnete Fettmassen. Herzklappen normal, 
arteriosklerotische Plaques auf der Intima Aortae. Milz vergrössert 
12, 5, 7 l /a; feste, ziemlich braunrothe Pulpa mit vergrösserten Follikeln, 
Nieren nichts besonderes. Mesenterium sehr fettreich. Beckenorgane 
normal. Leber leicht getrübt. Auf der Schleimhaut des oberenDünndarmes, 
welche etwas geschwollen und ödematös ist, mit dunkelroth injicirten Falten, 
stellenweise strichförmige Hämorrhagieen. Auch im unteren Theil des 
Dickdarms ist die Schleimhaut geröthet. Im linken Kniegelenk reichlicher 
Eiter; ebenso im rechten Talo-cruralgelenk. An der Innenfläche der Dura 
beiderseits reichliche pachpneningitische hämorrhagische Membranen; auch 
die Dura an der Basis in der mittleren Schädelgrube mit pachymenin- 
gitischen Auflagerungen. Der linke Oberarm und rechte Unterschenkel 
zeigen starkes, theils mehr seröses, theils purulentes Oedem des intra¬ 
muskulären Bindegewebes. Am Oberarm neben und im Biceps reich¬ 
lich seröse, im Triceps eitrige Flüssigkeit. Am rechten Unterschenkel 
im M. peroneus eitrig getrübte Flüssigkeit. Die Muskelfasern selbst 
gequollen, von blassgraurother Farbe, in hohem Maasse brüchig. Im 
Mittelrohr des durchsägten linken Felsenbeines geringe Menge dünnflüssigen 
Eiters. Die Sinus des Felsenbeines, sowie der Sinus transversus zeigen 
keine Veränderungen. 

Ausstrichpräparate aus der Oedemflllssigkeit der Muskulatur der 
linken Oberextremität sowie der rechten Peronealmuskeln ergeben zahl¬ 
reiche Streptococcenculturen; dieselben Mikroben finden sich im 
Eiter des rechten Fuss- und linken Kniegelenkes. 

Die mikroskopische Untersuchung von Schnittpräparaten, 
welche von Herrn Dr. M. Rothmann ausgeführt wurde, ergab Folgendes: 
1) M. flexor digitorum sublimis dexter. Lithion-Carmin-undGram- 
Weigert-Färbung: Spärliche Streptococcen zwischen den Muskelfasern, die 
jedoch nirgends die eigentliche Muskelsubstanz durchsetzen. Bei Anwendung 
von Hämatoxylin-Eosinfärbung weder Kemvermehrnng noch Gefässver- 
änderung erkennbar; Querstreifnng zum Theil undeutlich. 2) Den gleichen 
Befund hinsichtlich der Bacterien ergiebt die Untersuchung des M. biceps 
sinist er. Während die Querstreifnng der Fibrillen hier ziemlich vollkommen 
erhalten ist, besteht massige interstitielle Kernanhäufung. 4) M. triceps 
sinister. Deutliche Kernvermehrung der Muskelfasern; nnr an einigen Fi¬ 
brillen Querstreifung erkennbar. Zwischen den Muskelbündeln liegt eine leicht 
gekörnte, blassroth (Hämatoxylin-Eosin) gefärbte Masse, welche zahlreiche 
Leukoeyten enthält. Pralle Füllung der Blutgefässe, aber nirgends Extra¬ 
vasate. Spärliche Streptococcen, vorwiegend in der zwischen den Muskel¬ 
bündeln befindlichen Oedemflüssigkeit und in den Gefässen, zum Theil aber 
auch zwischen den Primitivbündeln, welche keine Quellung des interstitiellen 
Stützgewehes erkennen lassen. 5) Musculi intercostales: Zwischen 
den Muskelfasern reichliche Mengen von Fibrin; stellenweise in den Gefässen, 
sowie in deren Umgebung spärliche Coccen. Die 'Primitivbündel selbst 
von normaler Beschaffenheit. 6) Diaphragma: in den Gefässen verhält- 
nissmässig reichliche Coccenanhäufungen, Muskulatur selbst normal. 

__ (Fortsetzung folgt.) 

II. Ans dem städtischen Krankenhause in Barmen. 

Zur Behandlung der Oberarmbrüdie. 1 ) 

Von Oberarzt Dr. L. Hausner. 

Schon Hamilton hat vorgeschlagen, bei Brüchen am oberen 
Ende des Oberarmes die Kranken ambulant zu behandeln und das 
Gewicht des herabhängenden Oberarmes zur Exteusion zu be¬ 
nutzen, und Clark aus St. Louis liess die Kranken mit gebeugtem 
Vorderarm umhergehen, indem er an dem Vorderarm mittels Heft¬ 
pflasterstreifen ein Extensionsgewicht in Gestalt eines Sandsäokehens 
herabhängen liess. 

Diese sinnreichen und zweckmässigen Methoden scheinen jedoch 
wenigstens bei uns zu Laude keine Nachahmer gefunden zu haben, 
und es äussert sich z. B. Albert in seinem Lehrbuche für"Chirurgie 
über das Clark’sche Verfahren ziemlich absprechend. Wir haben 
nun in dem Barmer Krankenhause bei den Brüchen am oberen 
Schaftende den Hamilton’schen Vorschlag aufgegriffen und seit 
mehreren Jahren die Brüche des Collum anatomicum et chirur- 
gicum in der Art behandelt, dass wir das gebrochene Glied dhne 
jeden Verband am Rumpfe herabhängen Hessen, während Hamilton, 
wie es scheint, in seinen Fällen noch eine 1 Guttaperchalängsschiene 
für nöthig hielt. Des Nachts legt der Kranke sein verletztes'Glied 
so gut er kann neben sich hin, was, wie schon Hamilton be¬ 
merkt, ohne Schwierigkeit erlernt wird, und es • hat sich heraus¬ 
gestellt, dass die Tagesextension genügt, um etwa sich einstellende 

*) Vortrag, gehalten in der Abtheikmg für Chirurgie der 65. Ver¬ 
sammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 









DEUTSCHE MEI) i C? NT9CJ5E WO CH ENSC HIHFT. 


YerUu-zmigrn ausäüglpichen, dass bei diesem Verfabroo die- -R^ 
Hiltütfr buGm, }iy<H^ifmüu und Verküpungen .in der Bruchstelle, 
,,.. v i, .üGnglmmn der Gelenke zu turxlif^i sind, als- imi 

(!,■'!• uidhheij )'hIuimI|ungsn;ethode;< ; 

I>j,< Bewegungen. welche etwa nn dnj- Bruchstelle^ rtati.fi tvdftu 
m\ unheiieititmd, weil moft die Truuntmg sehr nalm dfuu Aufhängo- 
pvmknfi das langen Pimdel.-»'; Iiottlidet» welvhAk dar lipf.lldiiltj^ende 
Amt damfetd. Er? Erm hm b\ der Mitte des Oberarmes ist diä 
B^eglithkiub -d#/Arnimn: bed.nttttjdd^i: s -tbxsf GiiwitdäP• tlW 
Hi)-;d,irt in-nen unteren Atfütbeiies. geringer, und V* nraviW *idh 
•t;im**hüit v l» beim AuGteüen und Niederlegm: an der BniehstL'ltn. 
ä|®^in scliiuM'Zhaftet* Run hm bemerkbar Daher |dlogm wir 
.iU.-.vit WbjzViug’hn- -tftai Blmmm durch eiium .biahter, Verbund 
,ia<. bdirhabindeu und Sniiümelien üuü EohrgeÜuAt ml«r Pwpjie 7 .u 
•düUwfi um! an der Hand' ein Exfrimiouseewichf Vm t-2 Uni. zu 
vuuim'W Audt hierbei waren iumm* Husulinke tie^H'eb Stflittug 
ü!:<! huu-tuin tadellos, 

Bei den (irTfchou Am. unten'*; Ende des ÜbrrnnrA, mit Aus- 
nalima dn' inV UejcTik düngen den Cguijvbutbrticdir T ist um ahn- 
liehen, Omnien wie bei Ptfunr in der Mitte ein FixaUoMveitnifcd 
,wvt>«-km.1cisiti*. poi h brnniief die ÄuJwiuginjg; eines solchen einig* 
bEmrdgkihtun:. Ob der Ujsfenirm gebeugte Btadlung: eihulte« 
>*nU. aussofdiym aut Beweglichkeit 
mp 


notl S>4)admi awichten’ kann, wird rin Skdierlieitpband 
daran befestigt! und lucker über die .g< i g<mfibft}'ii«‘g.(nideH( > hultet‘ gu- 
hiUuit Gin Kranken geben mit, dem beschwerten Apparate Tags 
Über nrnfrev. .und fc'im 7/ubebl,eueheu wird dann vom AValler Certw 
aut'Ji vom Patienten selbst das Gewicht hcrausgenouimr« und bbi- 
üeite gelegt. Alle paar luge wird durch Veränderung des E\teu- 
niunägfiwielUeK wter anbh durch Ahwilrtsbiegen des Stübchens, \v$V 
Ghes das Gewicht trügt, eine Aendernngdm WihUnifbdlhug iiu 
Ellbogen vorgenommehr ohne d/iss der Avuumit entfernt zu werden 
brauritt ; Hoi Alan inM Gnionp Geinguiuiw CondYleDbrüchen, bei wd- 
\'Mn in ftmlirte? Hiltung gen* Abweichungen des Vorderarmes 
von. der göradeU JRirhUing »mtStdUfn, .'ist. ns jedoch be.vsee keinen 
Vhrbatid .Ittsubrbndün, fingdnnv dio Hatul 

Imsohwurt bis xttm Wiedeviioginu heml»' 

hängen 211 lassen, liiiiu! es? sieii dabei meist uni jüiigerc Kinder 
hanäult’ tVr vvhbdm d«‘ obon imsfeli»?h?bniui Appsrnt zu seb.wurfUilig- 
tiiid oofuplbüft sein würde> ^ 


III. lieber Laryngitis flbrmosa.') 

Von 'Prof. Gr Hfißdion. 

M. VI. t Ich .möchte Ihnen beute über eine APfottion benchbrit■■ 
die., wie ich aus dem nahe“/.*) völligen Mangel uw lltieralunmgaben 
und OiG der. Eriahniug meiner buu ^äjahrigt n Praxis Miibssmr 
muss, zu dmh alibrsel tunst tu gehörei] dürfte. leb tuditm diolmmn- 
nltm tibrinösa öder die chroivijtdie HHdnng von iMßudoiimtiibroinm 
im I.mryux. leb Ycrstelie (iarmifeiMtlehr, '«t : i» protraiurt Yerleufeuden 
Kallt' von gemiirmm Group ml er .von tVrfdtvii'otHbou tli (iV 1 1 !ur ibcli ♦ • n 1 
(Voup. Ihrnei' auch- niuiii jeuc Fülle voo Metubpouliildmig, die 
meeli an Geher, ehemlsidter ndei UidrmiseDer iulzuag dar Schleim- 
isiuit ihre Ent-stehung. verdanhof). som?<v !! Gm> Ad'cetitm, welche 
yjs rollslüftiUge? Amihigoh Hro»pfiiHä JibrinoSd zu helvmluen 

isi, Das GeFneinsamr hehier Aüeetiondi ist der heberinsh Ver¬ 
lang diu in gewissen EeitraurHen ivi«'ti-K»ui»le.. bis zur Asphyxie' 
sifli sleigcetM.le Dyspno»' und dir Expm.Gtrutinr«. fiHilnosnr Massen, 
die iu-i KrgriHeusern dos C.iiryux aus Ausgüssen des KMilkopfinmi-u: 

oder chmhier Thuiie dussWiimi. ^ l »»l Alice timt der l5rond*itlV aus 
dendritisch v<U7,neigten Abdrücken grbsöcuxu: oder kh'umred' tlwti-, 
chieß bestellt., 

Bei dem Mangel ntjdciwveiiigo»* Erfahiuuigen. erlaube ich mir, 
Thiieii tlie Kittukeleesidodite des v<*n mir beobachteten Felles und 
die dabei gt-wuntte-nee Rosulrate fnStziitheilen. 

Frau B..-17-.bibre alt. aus Aiimlelhein«, kam am 10. Mai 181)2 
in tubino Buhafrdlmig,. Sio giYb un. . Fauju'Mörz 1B92 von Ift-isVp-. 
keil und Viustim bei'alfcn weitleh ?u sein und anfangs diesen )G- 
seheinuügen üfu.irrlej Atitmerk-nmkeii. grsi henkt, zu haben. Nat-h 
(uva arbi Tbgeu sieütnu sinh niter Äilmtnimstdiwei-flim ein, die. 
rasch hu lieftig wurden, das- Sie zu erslickcu gjan.lne und den 
Arzt holen lies-;: hecnndee& aufhiUend war tilrscm und der Patientin, 
dass die hochgradige IKkjrnoe sofort ein Ende nidthi, äiv sie eine 
.weitst! Masse vr»f» ytißdiu her Fortit ausbuGete mul daun gewbnulielt 
2 Aj Tagv furstriehev:, bis wieder AUveinnutb uuftvnt, die mv li 
Aushustm ilnr vvnGsnn Masse wieder ruhiger AUmuihg Platz 
m'mdite. AG frei/» ftitep afigewojjdle.n Mittel keine Jh saeuug ein- 
Ij-nt, Wurde Fauemjn Hm itirem Arzt, mir dberWieSeU.. I)A am 
JO, Mai vorgenoimmvuc Ühtefsurhutig ergab solche hmAgrmlige 
FeinyeÜung des finken faseUrnbond»*^ dass das linke .Stimmhäud 
vrmter währfW^ der P)imxhHoü amfih bei der Ju^pirMmn gesellen 
wurden kemnt'u Am freiet» Bümib de> g^ehwelUcn MhUrm lAselum- 
b.!nd< s hattet f’in dicker, w-nkser Belag: der sn h unk*u iVH- 

setzi;' der übrigi k KOhikopl völlig Ji.ofmal, ehuuso l»üf:h»*ftv . Nase. 
Lunuen; Ue^diAtioii s tri * b ü <".s, Stirn u > e ö plm h i s<di. kein (Aemr. Um 
Kütienimig Hör P^üdoftiPhtbräft vüi (ter Kuhlkop%ffgÄ> wim i?ehV 

schwiMig, itä di" Membrnci wdednrhült abriss: cndlieb gelang **-s, ’.mb'i 
uuiom dciitiu fü’iy pnek. einen hihglkhrundeu Pfropf ZU enimrumn wie 
Sie deenn mH Ui diesem; Glase sehen. T >ie Form der meist 1 nti 
heniien, ■ 1 A H.1 um laugen pl'röpfh, deren vülrrchd »h r /aut mninee 
Benbaehtnüg fünf Stürk tlndls -5lwnt?uj nxpemnriru tl.eil- künMimh 
CötF'nA wbulefi, scar Kiel« dieselbe und ganz eloti^kP'rpilseiU'; 
auf eine rund!lebe AnsvUweliimg folgt eine deutliche Eumehniiruuü' 
und auf dißim wieder eine Verbreiterung; die merkliche Ausehwel^ 
laug stellt «ingn Aufguss lieg botrticbtlmh erweitertem v entimciduF 
Morgagni vor, die Fifischnüning etitspHeht der Grenze zwischen 
Stinirabaiid mid Eingang iö den Ventrikel, die VerbrefOd-uug dejn 
taschhabuml Bis mv RegeneratiOo dhr p^cudmnenihranbsmrM?.h^r ; 
YerRtiieh gowöhßlich iiu? oin "'Pag, duuü vergriBsimte sieh dmsn.be 
stetig, um m ÄiiÄ ; öiit uiilmiinlirhcr SiciKirbsP- Atliym- 
hteHivvtm in Änt WfrAffßuödB *rwjf*s Mwfj 

sehen E'iJigi’iffuu gegenatmf pehr hurtmkkig, Faehdcni Inliülatjon _i 

V,.rt«tr «ctoit«a fn-lw feÄ rar Ua^Aft vai BtolVW 
d*,e (u>: VuitiAimiduoc der GeseBs.ohiift Dwatscber Niiturfors'für 1 


)i«fl»k*(i .Lpri^GiFh. Behiene bergest eilt Ist, umfasst die uluate 
v ’ i,p Vordoranmis uiul muss, da er »las KxU*nsion.<gewieUt :?n; 
{ b'-* 7 : lat .sohr aulide, mit Wahl uuterivulstrrt»m Stiii knbihite.n au- 
rMi.-ieii worden. l»ic geheugie HiUtung des Vorderarme- wird 
"i-'O'i- cims kleinen sfatisrlhu) Kunsfsfückchens Iiorge^teUt. Am 
.. ......... .1.. 


; igei Auswahi 

‘>ud Sfiilie iioulün ge 

. .v .lcntnu die rcchir 
i.»bigte, oder je nach 
o.e i Mahl stunipf- 
{1 atetspitzwinkdigt 
BtclJung cir> und 
Vcrfiai'rt dariu 


ieli tuiscrp 
Schicno all ge¬ 

ht muh der Gene 


üFWH'ht nie 


DEUTSCHE MEDICINIBCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


von Carbolwasser, Creolin, Kalkwasser, Oleum Terebmtbmae, sowie 
Bepinselungen mit 5 % Carbolöl, Sublimat und Kreosotglyoerin er¬ 
folglos geblieben waren, touchirte ich die von den Pseudomembianen 
befreite Schleimhaut mit 10% Lapislösung und rieb auf dieselbe 
mit einem an einer Kehlkopfsonde befestigten Wattebausch Jodo¬ 
formpulver ein, was schon nach zweitägiger Anwendung ein Aus¬ 
bleiben der Membranbildung zur Folge hatte. Auch die Schwel¬ 
lung des Taschenbandes bildete sich unter dieser Behandlung zurück- 
am längsten brauchte das Stimmband, um aus seiner Fixation m 
Respirationsstellung horauszukommon. Als ich die Kranke enthess, 
wa , P die Beweglichkeit des linken Stimmbandes noch eine trägere, 

als die des rechten. „ n a 

Die mikroskopische Untersuchung der pseudomembranösen Ge- 
bilde ergab als Hauptbestandteil Fibrin, ferner eine grosse Menge 
Leukocyten und an einzelnen Stellen ungeheuere Massen ab- 
gestossener CyUnderflimmerepithelien; auf dem Quersehnitte fand man 
zwischen den Fibrinmassen eingelagerte zahlreiche Pilzcolomeen, die 
sich als Strepto- und Staphylococcen erwiesen. Es erscheint daher 
sehr wahrscheinlich, dass diese Mikroorganismen als die Ursache 
der Membranbildung anzusehen sind: dafür spricht auch die Ihat- 
sache dass eine auf dem rechten Stimmbande angebrachte kleine 
Verletzung am anderen Tage eine deutliche pseudomembranöse Auf¬ 
lagerung zur Folge hatte; Culturen und Impfversuche an Thieren 
konnte ich leider wegen Mangel an Zeit nicht vornehmen. 

IV. Neurologische casuistische Mittheilungen. 

Von Dr. Benno Herzog, Nervenarzt in Mainz. 

I. Bin Fall von Sklerodermie. 

Die Veröffentlichung des vorliegenden Falles von Sklerodermie 
hat ihre Berechtigung durch einige Ergebnisse, welche eine genaue, 
speciell auf nervöse Veränderungen gerichtete Untersuchung zutage 
förderte. Die Erscheinungen bestanden: 1) in Degenerationszeichen, 

2) einer eigentümlichen Veränderung des elektrischen Leitungs¬ 
widerstandes der erkrankten Hautpartieen. 

Johann B., 47 Jahre, aus Rainrod, Beamter am Hospital. Hereditäre 
Belastung mit Sicherheit nicht festzustellen. Der Vater ist nach viertel¬ 
jährigem Leiden gestorben, er hat auch ein „böses Bern“ gehabt. Todes¬ 
art der Mutter unbekannt. Der älteste Bruder des Patienten lispelt 
(ebenso wie er selbst) von Jugend an. Ein Sohn des Patienten ist mit 
Drüsen“ behaftet, zwei andere Kinder sind gesund. Patient war in seiner 
Jugend ganz gesund, machte die Kriege von 1866 und 1870 mit. Während 
des letzteren überstand er einen Typhus. 

Seine jetzige Krankheit begann 1887. Im linken Bein zunächst 
Kriebeln, Kältegefühl; au der Vorderfläche des linken Unterschenkels 
treten kleine „Löchelchen“ ein, die in sechs Wochen heilen. Dann 
Schmerzen im ganzen Bein. Erst October 1891 traten die jetzt noch sicht¬ 
baren Veränderungen der Haut auf, zuerst Verdickung, Spannung, später 
an einzelnen Partieen Schuppung. Durch die Spannung wird das Gehen 
erschwert, doch nimmt auch die Kraft des Beines an sich ab, und ausserdem 
zeigen sich besonders an den schuppenden Stellen (Kniekehle, Ferse) immer 
wieder kleine, blutende und stark schmerzende Schrunden. Ueber 
Aenderungen der Schweisssecretion kann Patient nichts angeben, da er 
von jeher nur an der Stirn schwitzt. Die rechte Hand ist in der letzten 
Zeit etwas „steifer“. Sonst alles in Ordnung; nur hat die Stimmung des | 
Patienten eine allmähliche Veränderung erfahren: er ist deprimirt, menschen¬ 
scheu, weinerlich. Dabei macht er sich Uber sein Leiden gar nicht 
übermässig viel Gedanken, die Verstimmung tritt primär auf. 

Status: Mittelgrosser, ziemlich kräftig gebauter, in massigem Er¬ 
nährungszustände befindlicher Mann. Intelligenz seiner Sphäre ent¬ 
sprechend, Stimmung leicht deprimirt, weinerlich. Kopfform ohne Besonder¬ 
heiten. Rechte Gesichtshälfte deutlich breiter als die linke. Entfernung der 
Nasenwurzel vom Meatus auditorius externus rechts 11,8, links 10,3 cm. 
Rechter Facialis in der Mundpartie schwächer innervirt. Bulbi auffallend 
klein. Rechte Pupille > linke; leichter Strabismus convergens. Ohr¬ 
muscheln sehr wenig modellirt. Zunge weicht beim Vorstrecken deutlich 
nach links ab und zittert, die rechte Hälfte ist wesentlich breiter als die 
linke (etwa in der Mitte 2,5, gegenüber 2 cm). Fibrilläre Zuckungen in 
der Muskulatur. Gaumen sehr flach gewölbt. Patient lispelt. 

Obere Extremitäten: Kraft deutlich herabgesetzt; leichter Tremor 
beim Spreitzen der Finger; beim Greifen nach vorgehaltenen Gegenständen 
ist Patient nicht ganz geschickt, leicht ataktische Bewegungen. Keine 
Spasmen; Periostreflexe an dem Processus styloideus radii beiderseits. Die 
Spitzen der fünften Finger, rechts auch die Uebergangsstelle von zweiter zu 
dritter Phalanx gegen Pinselberührung anästhetisch. Bauch- und Cremaster¬ 
reflex fehlt. 

Linker Unterschenkel: Haut blau verfärbt, Venen erweitert und 
überall sichtbar. Die blaue Verfärbung ist am deutlichsten ausgesprochen 
am linken Kniegelenk und verliert sich ganz allmählich bis zur Mitte des 
linken Oberschenkels, wo sie einer normalen Platz macht. Nach unten 
geht sie auf der Streckseite schon oberhalb des Fussgelenks in eine Partie 
mit starker lamellöser Schuppung über, welche bis herab zu den Zehen 
sich erstreckt, am stärksten aber ausgesprochen ist über dem Fussgelenk. 
Auch in der Beuge des linken Kniees besteht starke Schuppung, die 
einerseits bis etwa zur Hälfte des Oberschenkels, nach unten nur wenig 
auf die Wade hinübergreift. Die Haut erscheint im allgemeinen gespannt, 
glänzend, verdünnt, und zwar am stärksten auf den schuppenden Partieen, 


dagegen leicht erhaben, ödematös in den an die normale stossenden 
Theilen des Oberschenkels. An einzelnen Stellen zeigt sich deutlich starke 
Pigmentation, an anderen Verminderung des Pigmentgehaltes, so dass 
dadurch und durch die Venenerweiterungen ein eigenartig marmonrtes 
Aussehen entsteht. Die Farbe des Pigmentes; isj gelbbräunhch. Diese 
Veränderungen gehen hinauf bis zum unteren Drittheil des Oberschenkels 
und hinunter bis zur Hälfte des linken Fussrückens. In demselben Bereich 
sind die Haare fast gänzlich geschwunden, die vorhandenen kürzer als die 

der anderen g^eckseite beider Kniegelenke befinden sich.schliesslich runde, 
unter das Niveau der Nachbarhaut eingesunkene Stellen, schwankend von 
der Grösse einer Linse bis zu der einer Kirsche von gan^ hellweissem Aus¬ 
sehen. An den eingesunkenen Stellen zeigt die Haut beim Emporheben 
eine auffällig feine Fältelung (Atrophia cutis). Der rechte Unterschenkel 
erscheint im übrigen nur noch durch (geringere) Venenenreiterungen ver¬ 
ändert. Die Haut des linken Unterschenkels fühlt sich derber an als die 
des rechten und ist absolut unfaltbar; auf und oberhalb der Patella nimmt 
die Härte allmählich ab, es können Falten erhoben werden, aber schwerer 
als auf den correspondirenden Partieen rechts. Sonst ist die Haut am 
ganzen Körper normal. Der Unke Unterschenkel ist dünner als der rechte : 
10 cm unterhalb des Capitulum fibulae beträgt der Umfang links 30,5, 
rechts 32 cm. Gang steif, das linke Bein wird etwas nachgeschleift. Die 
grobe Kraft ist beiderseits gering, links mehr wie rechts. Das linke 
Knie kann activ nur bis zum rechten Winkel gebeugt werden. Patellar- 
reflex beiderseits leicht erhöht. Rechts Achillessehnen- und Stnchreflex 
an der Fusssohle, links nur der letztere angedeutet. Am linken Fuss- 
rücken ist die Sensibüität für Pinselberührung herabgesetzt, auch werden 
leichte Berührung mit Spitze und Knopf einer Stecknadel nicht deutlich 
unterschieden. Die Prüfung mit dem faradischen Strom ergiebt S t e i ge r u n g 
der Schmerzempfindlichkeit, derart, dass der Beginn des Schmerzes 
auf dem rechten Unterschenkel und Fussrücken bei 85 mm R.-A., auf 
dem linken Unterschenkel schon bei 100, auf dem linken Fussrucken bei 
110 mm R.-A., auf der rechten Kniekehle bei 80 mm, dagegen links bei 
105 mm R -A ; auf dem rechten Oberschenkel bei 85 mm, auf dem linken 
schon bei 130 mm R.-A. zu constatiren ist. Der Temperatursmn ist mcht 

V6rä z ur Bestimmung des Leitungswiderstandes wurde eine Batterie von 
20 Leclanchd-Elementen, ein Hirschmann’scher Horizontalgalvanonieter, 
biegsame Bleiplattenelektroden mit Torfmoosfüllung von 50 und 70 qcm 
Grösse benutzt. Die Bestimmung der Widerstände erfolgte durch bub- 
stitution mittels eines Rheostaten. Von der Bestimmung der absoluten 
Widerstandsminima musste wegen der zu grossen Empfindlichkeit (s. o.) 
gegen starke Ströme abgesehen werden. Die relativenWiderstands- 
minima betrugen also auf dem: 

Unterschenkel 
unteres Drittheil, innen 
oberes Drittheil, innen . 
unteres Drittheil, aussen 
oberes Drittheil, aussen 
Fussgelenk 

Dorsalseite. 

Oberschenkel 
unteres Drittheil, Mitte 
„ „ innen 

,, .. aussen 

mittleres Drittheil, Mitte 
„ „ aussen 

Kniekehle. 

Achillessehnengegend 
oberer des Fussrückens 
Hals-Nacken .... 


rechts 

links 

5270 

3860 Ohm. 

1860 

1050 „ 


3000 Ohm. 

3000 

2000 „ 

3000 

39400 „ 

3860 

930 „ 

1350 

830 „ 

1600 

1050 „ 

1350 

830 „ 

1600 

1050 „ 

1350 

16780! „ 

3000 

89400! „ 

2600 

3860 „ 


1350 Ohm. 


UIU t/lüÄ-Ulla ULI O UUtülöUDllUUg UOC muoAUiMtv«* ^ 

Setzung gegen den faradischen Strom: 

Tibial ant. rechts bei 104 mm R.-A., links bei 95, Ext. dig. comm. 
rechts bei 92 mm R.-A., links bei 80. Flex. halluc. brev. 82 mm K.-a., 
Ext. halluc. long. 68 mm R.-A., Peron. long. .100 mm R.-A., Peron. brev. 
rechts bei 86 mm, links bei 75 mm R.-A., Soleus 86 mm ’ 

Tibial. ant. rechts bei 1% links bei 1»/* Milliampere,, Ext. digit. comm. 
bei l l / 4 , Ext. hall. long. rechts bei 2 % links bei l 8 /* Milliampere, überall 
schnelle Zuckung, KaSZ>AnSZ. . . „ • 

Innere Organe normal; Urin in Ordnung. Temperatur etwas ff’ 
um 37,0 herum. Pilocarpin (ein Infus von 6,0 Fol. Jaborandi mn 
einer halben Stunde) ruft starke Schweisssecretion, aber nur aul btirn unu 
in der Achselhöhle hervor. . , . w 

Unser Fall von Sklerodermie reiht sich jenen an, .» el , wei( f e f n 
die „nervöse“ Basis in causalen Zusammenhang mit der ^Um¬ 
stellung des Leidens gebracht wurde (Rossolino, 1 ) MLaiman, 
Hallopeau und andere). Ohne uns auf Grund dieses einen Bei- 
spieles für die eine oder die andere Ansicht zu engagiren, ,. 
wir doch auf die ausgesprochenen „nervösen“ Veränderungen 
weisen und zwar: u QllftTn 

1. die oben beschriebenen „Degenerationszeichen , vor jumu 

die Differenz der beiden Gesichts- und Zungenhälften, das Y sp T; 
die Kleinheit der Bulbi, die wenig modellirten Ohrmuscheln, neu 
auffallend flachen Gaumen; ^ 

2. die seit Beginn des Leidens bestehende Stimmungsano ’ 

3. die wenn auch leichten, so doch ausgesprochenen Mo 11 
Störungen im Facialis- und Zungengebiet, die Motuitä 

>) Ruskaja Medicina 1891, No. 11; im übrigen vergl. 
verzeichniss bei Wolters, Archiv f. Dermat. u. Syphilis 1892, 


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Gck gle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 









talST " de “ T ° n d6r Hautveriin derung freien 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ein weiteres Interesse aber beansprucht unser Fall durch 
die Veränderungen des Leitungswiderstandes. Dieses Symptom 
!st ja schon wiederholt bei unserer Krankheit beobachtet werde“ 
wahr<md aber einige Autoren eine Verminderung fanden (Erben’ 
Gade) constatirten andere eine Vermehrung (Eulenbur») Ü 
Dabei betont aber schon der letztgenannte A^tor dass Ä2 
'eichten und fleckweise erkrankten Stellen und Lx bisher v er ” 
schonten Hautbezirken nur sehr viel unerheblichere Differenzen 
Runden wurdÄ und stellenweise sogar die noch unversehrte 
, H “1 d r T , Skleromkranken etwas geringeren Leitungswiderstand 
darbot. Unser Fall zeigt nun dieses Verhalten in viel auso-e- 
E h m el T nT 6 ' Bw , »«gemeinen geringem Leitungswider- 
W öS TT er |?„ em I? latives Widerstandsmini3m von 
J/C.r Z T er “Steilen, die noch im Beginne der Erkrankung 
sind (Stadium elevatum), also im unteren Drittheil des linken Ober? 
Schenkels und dem oberen Drittheil der inneren Fläche des linken 

DrittM e rf keS hif 0W1 n T? a ? noch gesunden Stellen (mittleres 
Drittheil des Oberschenkels) eine deutliche Herabsetzung des 
Leitungswiderstandes gegenüber der anderen Seite, die an weiter 
y chrittonen Stellen einer leichten und an den mH dS£ 
Lederhaut überzogenen Partieen (Kniekehle Ferse) einer 

bedeutenden Widerstandsvermehrung Platz macht. 'Wenn 

an an die anatomischen Veränderungen denkt, erscheint dieses 
interessante Resultat nicht wunderbar erseneint dieses 

,. Anwendung von 10 und (an wenigen Stellen) 30 Elementen 
ÄTieZLfT “T ^ «?**»••» doch^nTchtsTsehr 
STso’if d^ L u' 1 - ganz ä J hn]ich6m Verhältniss stehende 
um also in derselben Weise zu deutende Kahlen, 2 ) so dass ich 

«LachTstrflm»with’s, 2 ) der bei Anwendung allerdings ganz 
scawacher Ströme Zunahme, mit nur wenig stärkeren aber Abnahme 

ÄÄ n d ’ »'»^iiteressant, aber für“die 
aUs belanglos bezeichnen zu können glaube Denn selbst 
träten T T Lewith “geführten Erscheinungen oft zu Tm 
Werfen solang ™ s ° re P n ^ rsucIl ungsmBthodc noch nicht zu ver- 

S £TV 0n gewisser mittlerer Stärke 
■a Risses gesetzmässiges Verhalten gefunden wird. 

^2^7^% auf Grund der bekannten 

ständiger ÄonlicaHnn dl6 { nte “ sit ‘ l t des Stromes noch nach mehr- 
rielm grosser WM» TT U “ d 2) durch die Polarisation ein 
welche nkTüherofTT vor g e “uscht wird - Fehlerquellen, 

dimmV^lh„dT»Ä° h T ss seien unBere ganze B e : 

nicht belichten S ° T“ man . ihm hierin g ewiss auch 

Sache bewusst bleih»»TT wird man sich allerdings der That- 
in sehr erossen rTmTk der 1 T tun ® s ™ derstand normaler Weise 
«•» « sicTum e.ÄL a T , und dem « emäss “it dem Urtheil, 
tumal in FäUen. wTkeiTf TT’ s ? hr T °rsichtig sein müssen, 
gesunden Hautstellen T ^ er g ® lc ^ mit symmetrisch gelegenen 
in unserem Falle we rden kann. Wo aber, wie 

genauer, gleich 6 ’ langerM^chkejt; vorhanden ist, kann man bei 
Applicatioif der ElelHrL ^ Minu . t . en .genügen!) und gleichartiger 
durchaus ^enügende^Fpifnu ^ ei ? em / uten Galvanometer ein 
^iderstfÄnfmn™ ^ i ber daS VerhaIten des relativen 
auf die ZahleiTnicht rw t rteD ’ ^ enn man sich natürlich auch 

Dap P ht aUza sehr eapneiren wird. 

rechtigt seiTo^ d S Pol ^ isation könnte an sich be- 

z u dürfen. Denn fiir ^ n™ Slnne L6with ’ s verwerthet werden 
fiüg, ob in gewissen Fan^ 086 Wäre es Ja zunäc hst gleich¬ 
en oder nurTrTonf eia vermehrter Widerstand Vor¬ 
gefecht würde * ent £ e Sengenchtete Polarisationsströme vor- 

L e w i t 8ine 80 ^ r08Se Bedeutung zukommt, 

^ese (mmplicirte^FraJ! • ohne . dass ich für heute auf 

fal . ls genügten seine ^r«f.M, gehe -V ZUm 111111(1681611 fraglich. Jeden- 
? la er J^Snu^?«rl!fw he nnt *! {i ! nmt den wechselnden Resultaten 


199 


^®er . j^jjehe mitsammt den wechselnden Resultaten | V ' H J, -v-—, -- JO uuuu »uuu merin ments neues: 

P^immungsmethodo ungen meht zur Verwerfung der ganzen ? a J e ^? n ^ a ?° S1 » Hutchinson und einigen anderen Autoren 

leirh* —* - uoae - Ub die u— u_--I halben hier und da gleiches und ähnliches gezeigt. Auch nach der 

ätiologischen Seite hin darf man diese Congruenz nur indirekt und 


P^unmnngsmethode Oh ®r n nic uj zur Verwerfung der ganzen 
kfcht auf die VersehiA^ ^ 6 ^ erscluedenheit der Ergebnisse viel- 
Kranken war dieselbe at der Stadien (denn auch bei seinen 

Pu bU»tion^icht" 2Urackzuführen ist - lasst 


Qj. || i“' A- 

nach TlSL 2 Mb d6r Gberschenkel fand ich mit 10 Elementen : 

3% einen Ausschlag von 

. 2 2 l I, ov 5 /■ Milli-Ampere links, 

} Archiv 1 Dennat. n. Schills 1891, 2. Mmi ’ Am P 6re rechte * 


V. Aus der medicinischen üniversitätspoliklinik 
in Leipzig. 

Einige casuistische Beiträge zur Kenntniss 
der Sklerodermie. 

Von Privatdocenten Dr. L. Friedheim. 
ssmtenzarzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Poliklinik 
Wenn ich über einige Fälle von Sklerodermie berichte so hin 

heft ft ^ ei ^^m^^T^' 0g ^* 8del ^e^»»b*® del mii f F 8 omen^o S ner'Krank- 

lässt es gleichwohl wünschenswert^ ja nothwenSg erscheinen dass 
jeder einzelne Fall in seinen wesentlichen Grundzügen zur Kennt¬ 
niss gelange, um zu etwaigen Schlussfolgerungen beitragen zu 
de™i^7n 1C - he lkre r seits 0 die ursächlichen Momente der Sklero- 
dermie nach irgend einer Seite hin aufzuhellen vermöchten. 

, f a11 . Im ersten Falle ist die Patientin Fräulein R 

ein» h hen r elss ™ Fleckens geführt hatten. Die Form desselben wrn- 
Theile der TJuü’ w daSS e [- mlt s ?“ er erbssten Ausdehnung vom hinteren 
sich hinzo/ rhe U nten zur ftehtenMundwinkel^gend 

mto^ en d el j B '?^ d ^« <! be C ge^^unte Randzra™ a ihrereeite m meä 1 ich' 1 iSei! 
S cM^ntotoSet EiidTk““?“ F ‘ eCkeB 1 '^“ do Haut maäiTiZ 

Se Haut dT link^ E w d t; v“ War ,™ S mzen lebhafter gerOthet als 

scÄurideÄelT’ bl6r “ nd d ° rt leicht schi "» rad » d mit 

«n, m» 1 f=*» alpati0I1 J d t r . Ha T erga j > nnr an der zuer »t beschriebenen und 

GWtto Hter TPTT- Varä ^ de , r . un g ü»s Gefühl einer narbenartigen 
Platte. Hier gab auch die Patientin selbst — als einziges ihr lJLstn™«* 
subjectives Symptom — ein starkes Spannungsgefühl an fls fehlten Ver- 

Ano e STde? e T»l emPe T«T P ? ndU,,g .™ *r Son“ bili tkt ; Tr 
Anomalie der Talg- und Schweisssecretion liess sich gleichfalls nichts 

KöTO^bArtüffhA dW16 - auffilIlige Erscheinungen an der gesammten übrigen 
Körperoberfläche sowie an den sichtbaren Schleimhäuten fehlten durchaus 

der Affp^ reS ^ eS v e di T SeS PalIes lie £ fc ^ der Halbseitigkeit 
der Affection. Halbseitige Localisation des Skleroderma ist zwar 
keine neue Beobachtung, immerhin aber eine seltene Form der 
Krankheit. Wir finden sie von Hutchinson 1 ) beschrieben; Kaposi 2 ) 
erwähnt mehrere derartige Fälle; Netteiship und Higgens führen 
sie gleichfalls an. Die halbseitige Localisation des Skleroderma 
speciell auf der Haut des Gesichts erhielt noch ein erhöhtes Inter- 
esse ais Hallopeau und Grasset dieselbe zusammen mit Hemi- 
atrophia faciei progressiva erwähnten. Weitere Beobachtungen 
von EulenburgS) und Gibenet*) haben diese Complication in 
noch bemerkenswerterer Weise hervorgehoben. Auch unser Fall 
erinnerte auf das lebhafteste an eine solche bis zu einem gewissen 
Grade, indem die eigentümliche Verziehung des Gesichts ein sehr 
ähnliches Bild vortäuschte: durch die Spannung der sklerosirten 
Haut war der Unterkiefer aus seiner normalen Lage herausgedrän°-t 
und von unten links nach oben rechts, d. h. nach der Seite des 
Skleroderma hin, verschoben, so dass das Gesicht ein unsymmetri¬ 
sches und m seinem unteren Theile durchaus schiefes Bild gewährte 
und somit auf der ursprünglich gesunden Seite eine Pseudohemi- 
atrophie vorzuliegen schien. Wesentlich wichtiger ist wohl in 
unserem Falle die Frage der Uebereinstimmuug mit dem Verlaufe 
analoger Nervenfasern. Eine solche ist hier ohne Zweifel gegeben: 
das Skleroderma der Wange scheint offenbar Verzweigungen des 
zweiten und dritten Trigeminusastes zu entsprechen. Wenngleich 
von hohem Interesse, so liegt jedoch auch hierin nichts neues: 

Fäll« vnn Kanne; + ~•_ , * . 


- ^***** uou mau ulest? Kongruenz nur maireKt und 

nur mit sehr grosser Reserve verwerthen, da die Gefässe den Nerven 
in ihrem Verlaufe mit grosser Regelmässigkeit folgen, 
rr P t! 1 ?' zweiten Falle, der mir durch die Liebenswürdigkeit des 
Herrn Irofessor Kölliker überwiesen worden ist, handelt es sich wie¬ 
derum um eine weibliche Kranke. Frau K. . . ., zur Zeit im 32. Lebens¬ 
jahre, ist seit neun Jahren verheirathet und Mutter dreier gesunder Kinder. 
Infolge eines Abortes hat die Frau im letzten Jahre an starken Blutungen 
ge litten. Seit l'/a Jahren klagt die Frau über Frösteln im linken Beine 

*) Lectures of clinical surgery. London 1879, p. 314. 
y Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten. IV. Aufl., p. G46. 
*) Zeitschrift f. klinische Medicin, 1883, V, No. 4. 

1879* Gn^Histology and Pathology of Morphaea. Arch. of Dermatol. 


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200 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


eitenmg derRego 

£<“»XS isfam*Kniebeuge entwickelt, Nach 
S^vÄtÄ Ob-chen^s i zu findet ein £gg« **5JE 

Dritter des Oberschenkels, und z ” ar , ari , Niveau der Haut deutlich 
markstttckgrosser rMhhcher Fleck d«d» Niveau^ aa^ 

SÄ und Z 'con* r ähuiichen kleinereu ^imgeben befindet sich an^er 

im ganzen narbenartig, weisshch, ohne besonderen ^ “J d ^ Bezug 

veränderten Flecke — atropkisch. schilfernd; deutliche Zeichen 

gleichfalls abnorm trocken und rauh, Krankhaft verändert 

SsfÜSsÄ 

Stkr ’ 

Lut f 

fflSTÄÄ £ "ÄÄlS 

scher Fleck hin. Die gesammte sonstige Oberfläche des Rumpfes entbehrte 

^sige^rSt'tÄe 

grö*sen imd g Formen t *der 0 ndhen I1 w^e n der 1 weis^in 1 B?utk8^er! SSen ' B g ' 

& Ö Die Behandlung der Kranken bestand in kräftigen warmen Bädern, 
continuirlicher Einfettung mit müden Salben und lokaler vorsichtiger 

radisation. nach der erste n Untersuchung bildete sich an der la- 

tpmlen Seite des linken Knies ein entzündlicher Frocess aus mit deutlich 
erhabener scharf abgegrenzter Infiltration und centraler Fluktuation, der 
unter exspectativer Behandlung schon nach vier Tagen sic umw 
in ein etwa thalergrosses flaches Geschwür von 

«jnerkiffem Belage und germger Secretion. Der Zerfall des uescnwurs 
Ä sehr stark; Umfchläge mit 2 % essigsaurer Thonerde sowie 
eine S 5 % Jodoformsalbe brachten es alsdann nach nahezu zwei Wochen 
zur Verheilung Auf der Höhe des Processes war das Geschwür unregel¬ 
mässig begrenzt, seine Oberfläche dunkel, missfarbig, entschieden nekroti- 
£3 Eskg nun die Vermuthung sehr nahe, dass auch jene anam¬ 
nestisch erwähnte Vereiterung der Regio cruralis ®^ e h n i ^°| t en u ^ r0 s^ 
dargestellt hatte. Die Art der Vernarbung war an beiden bte ^ ® e “ 
ähnlich: straff zusammengezogen, glatt, eingesunken gegenüber der Um 
gebung, peripher dunkel pigmentirt. 

Hinsichtlich eben dieser Geschwürsbildung ist es wohl ange¬ 
zeigt an einen weiteren Fall von Sklerodermie zu erinnern, der 
auf dem Dermatologen-Congress zu Leipzig 1891 von mir demon- 
strirt und in dem Archiv für Dermatologie und Syphilis von mir 
publicirt worden ist. Das zarte Kindesaiter war hier bereits von 

besonderem Interesse. . .. . , ..... 

Es handelt sich um ein 3 l / 2 jähnges Kind ohne jegliche hereditäre 
Beanlagung. Nach Ablauf des zweiten Lebensjahres hatten sich 
auf der Bauchhaut rechts flecken weise Entfärbungen derselben ge¬ 
bildet, welche eine gewisse Starrheit und Trockenheit, sowie einen 
weissschimmernden Glanz annahmen und sich sehr rasch ver- 
grösserten. Als ich im Frühjahr das Kind zum ersten male in der 
üniversitätspoliklinik untersuchte, fand ich dasselbe blühend, wohl¬ 
genährt; von der unteren rechten achten Rippe an zog sich unterhalb 
der Axillargegend eine infiltrirte Fläche, welche oberhalb des Rippen¬ 
bogens vorn und unmittelbar vor der Axülarlinie hinten abgegrenzt 
war, bis nahe zum Nabel hin. Dieselbe war glänzend weiss, an ihrer 
Oberfläche trocken, starr, jeglicher Elasticität entbehrend; in dieselbe 
waren linsen- bis bohnengrosse, vorwiegend ovaläre dunkelbraune 
Flecke eingestreut, welche unterhalb des Niveaus ihrer Umgebung 
lagen, ln der Umgebung der erkrankten Partie war die Haut 
auffallend dunkel und stumpf, mit allmählicher Abstufung dieser 
Veränderungen in normale Hautflächen übergehend. In sehr viel 
geringerem Maasse waren ähnliche Veränderungen auf der Bauch¬ 
haut der linken Seite entwickelt. 


und verfiel rasch zu einem soharfrandigen, gangränescirenden Ge¬ 
spür das innerhalb dreier Tage fünfmarkstückgross ward. Gleich¬ 
zeitig hatten sich die rechtsseitigen Verändernngwi bis über das 
obere äussere Drittel des Oberschenkels ausgedehnt mit einer aus- 
wnräo-ten Fixation der sklerosirten Haut auf ihrer Unterlage. Un¬ 
mittelbar vor dem Trochanter major entwickelte sich wenige Tage 
nach der soeben geschilderten Ausbildung des ersteren Geschwürs 

nach vorheriger Gangränesceirt der^ Haut ein zwertes^voii^ganz 

?—f - 

eine ziemlich reichliche Absonderung aufwiesen, verheilten inner¬ 
halb zweier Wochen unter Jodoform und Jodoformsalbenverband 
mit Hinterlassung: röthlicher eingezogener Narben. 

Dif übereinftimmende Neigung zu Ulceration uud Gangrän 
lässt sich hier nicht verkennen. Was aber in beiden Fällen beson¬ 
dere überrascht, das ist der frühzeitige Eintritt der Ulceration und 
ihr so ungemein rascher Uebergang in Gangrän, wahrend sonst, vor 
allem bef der Sklerodaetylie (Sklerodermie des extrdmitfe nach 
Besnier) derartige Umwandlungen weit langsamer vor sich 
gehen pflegen Übereinstimmend war ferner die Vertheilung der 
Erkrankung in allen drei Fällen auf das weibliche Geschlecht allein. 
Participirt S dich das letztere nach Kaposi » drei " 

Skleroderma. Das Kind ging ein Jahr nach Aufnahme von obigem 
Status marastisch zugrunde, das Befinden der Frau ist 2 
noch befriedigend, während über den ersten h aU - d er 6,n « “™ ä, ff 
tige Patientin betraf, weitere Notizen leider nicht zur Verfügung 
stehen. 


VI. Ein neues Verfahren der Gonococcen- 
färtmng. 

Von Dr. Alfred Lanz, 

Ordinator am Miassnitzkyhospital in Moskau. 

Die mikroskopische Untersuchung der Secrete auf Gonococceu 
hat entschieden eine grosse Bedeutung für die D>agn« s e 'ind d e 
Therapie des Trippers. Dieser Umstand ist von Neisser bereits 
mehrfach hervorgehoben worden; erst kürzlich hat er ^h -ede 
eingehend mit dieser Frage beschäftigt in emem Arükel , der 
durch eine Mittheilung Brüse’s veranlasst wurde. BroSe J S ^ t 

in dieser seiner Mittheilung der mikroskopischen Gonococcenunte^ 
suchung bekanntlich jeden diagnostischen Werth ab Der n. 
punkt der Frage ist nicht der, ob der Gonocoecus als Uisache- 
des Trippers betrachtot werden soll — an der pathogenen 
tung des Gonocoecus ist nach den Arbeiten Neisser s, 
und Wertheim’s wohl kaum noch zu zweiMn - sondcrn dei, 
dass wir den Gonocoecus häufig durch die üblichen Untersuchung ^ 
methoden nicht nachzuweisen imstande sind in ’ TT ms t an( i 

den noch nicht aufgehört hat, infectiös zu sein. Dieser Umstanu, 
worauf Neisser auch schon früher hingewiesen hat, beruht eme 

theils auf der UnzulängUchkeit unserer Untcrsuchungsmethod™, 
anderentheils auf anatomischen Eigenthümlichkeiten de 
Organe und den Eigenschaften des' Gonocoecus selbst. 

8 Die mikroskopische Untersuchungsmethode betreffend, h 
BummS) richtig bemerkt, dass dieselbe, wenn sie wirklich p^ 
tisch verwerthet werden soll, nicht zu zeitraub w j r( j 

Bumm hat nun folgendes Verfahren angegeben: das Secret w 
auf dem Objectträger mit einer Messerklinge fein ansgeb ^ 

über der Flamme getrocknet, • 7*-l Minute ^ einer ^concentrirteu 

wässrigen Fuchsinlösung ausgesetzt, abgespült, Ar homogenen 
Flamme getrocknet und ohne Deckglas ‘b 18 ^. 111 ? 0el „ , u{&rb 8 n g S - 
Immersionslinse besichtigt. - Eine Presche .fijichVWefse 
methode wird auch von Finger 4 ) empfohlen: d ^ ^blaulösung 
hergestellte Deckgläschenpräparat wird in eine Met ^ 
gebracht, die man sich herstellt, indem man eoncentrirte alk 
sehe Methylenblaulösung in ein Uhrechälchen mit Wasser od 

i) A~Neisser, Welchen Werth hat die mikro^opmehe^no- 
coccenuntersuchung? Deutsche med. .Wochenschr. » * gucken 

») Bröse, Zur Aetiologie, Diagnoseund^rhertip.e der wen. 
GonoiThoe. Deutsche med. Wochenschr. 1893, N°. » Schleimhaut- 

*) E. Bumm, Der Mikroorganismus der gonorrhois^ 
erkrankungen „Gonocoecus Neisser“. Zweite ergänzte 

gab6 '4) ^Finger, Die Blennorhoe der Sexualorgane and ihre CompU^ 
cationen. Dritte wesentlich vermehrte und verbesserte && 
und Wien, 1893, p. 18. 


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1. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


201 


caasticumlösung 1 : 10 000 so lange zutropft, bis die Flüssigkeit 
einen dunkelblauen Ton hat. Die Gonococcen erscheinen dunkel¬ 
blau und heben sich schön von den graublauen Kernen und dem 
ganz blassblauen Protoplasma ab. — Es unterliegt wohl keinem 
Zweifel, dass diese Methoden in der Mehrzahl der Fälle als aus¬ 
reichend zu betrachten sind, dennoch möchten wir hier ein Ver¬ 
fahren angeben, welches, wie wir anzunehmen uns für berechtigt 
halten, iu vielen, besondere chronischen Fällen mit geringem Secret 
uns bessere Resultate geliefert hat. Indem wir eines der oben ge¬ 
nannten Verfahren anwandten, haben wir in einigen Fällen die 
Ueberzeugung gewonnen, dass die Gonococcen sich entweder zu 
schwach färbten und dadurch übersehen wurden, oder aber es fiel der 
Unterschied in der Tinction der Gonococcen und der Zellelemente 
zu ungenügend aus, was wiederum das Aufsuchen der Gonococcen 
sehr erschwerte. Das von uns mehrfach angewandte Verfahren ist, 
nach unseren bisherigen zahlreichen Untersuchungen zu schliessen, 
von diesen Uebelständen frei. Ausserdem aber — und diesen Um¬ 
stand möchten wir besonders hervorheben — lassen sich nach un¬ 
serem Verfahren eine grössere Menge von Gonococcen nach weisen. 

Der wesentlichste Unterschied unseres Verfahrens besteht in 
einer vorläufigen Bearbeitung des Präparates mit Trichloressigsäure, 
welche wir vor etwa drei Jahren zur Behandlung der chronischen 
Urethritis empfohlen haben. 1 ) Das Verfahren wird folgendermaassen 
ausgeführt. Das in gewöhnlicher Weise auf Deckgläschen fein auf¬ 
gestrichene Secret wird, nachdem es eingetrocknet ist, über der 
Flamme fixirt, wobei ein Ueberhitzen zu vermeiden ist: darauf 
kommt das Deckgläschen auf V 2 —1 Minute in eine 20 0/0 wässrige 
Trichloreßsigsäurelösung (Acidi trichloracetici 5,0, Aq. dest. 20,0), 
das eingetrocknete Secret nimmt hierbei fast sofort eine weisse 
Farbe an; die überschüssige Säure wird durch ganz kurzes Ab- 
spülen in Wasser entfernt, worauf das Präparat mit Fliesspapier 
abgetrocknet, wiederum über der Flamme fixirt und dann mit der 
chargirten Seite nach unten schwimmend auf eine Methylenblau¬ 
lösung gebracht wird, welche man sich folgendermaassen herstellt: 
in ein grösseres Uhrechälchen kommen etwa 80 ccm destillirtes 
Wasser, 1—2 Tropfen einer 5° 0 Kalicausticumlösung - und soviel 
von einer gesättigten alkoholischen Methylenblaulösung, bis die 
Flüssigkeit dunkelblau wird; das Deckgläschen wird nach Verlauf 
von 2—5 Minuten, selten einer längeren Zeit (im allgemeinen muss 
das Präparat in einer frisch bereiteten Lösung länger verweilen), 
herausgenommen, mit Wasser abgespült, getrocknet (über der 
Flamme) und in Canadabalsam eingeschlossen. Auf diese Weise 
hergestellte Präparate lassen sich gut aufbewahren: wenigstens 
haben wir an jetzt schon über l 1 /^ Jahre alten Präparaten ein Ab¬ 
blassen der Gonococcen noch nicht wahrnehmen können. W r ie aus 
dem obigen ersichtlich, erfordert das Verfahren nicht viel mehr 
Zeit, als die üblichen Methoden. 

In den auf diese Weise hergestellten Präparaten erscheinen 
die Gonococcen etwas kleiner, aber ihre Contouren um so distincter 
und deutlicher, so dass dieselben durch ihre charakteristische 
Semmelform sofort auf fallen; die Gonococcen erscheinen tiefblau 
und heben sich vorteilhaft von den Zellen ab, welche immer in 
nel matteren Tönen erscheinen, und zwar färben sich die Zell¬ 
kerne hellblau resp. blau, das Zellprotoplasma aber nimmt einen 
kaum sichtbaren blauen Ton an; unter der Einwirkung der Tri¬ 
chloressigsäure treten die Umrisse der Zellkerne sehr deutlich her- 
'°U zugleich aber werden sie selbst, wie auch das Zellprotoplasma 
auffallend durchsichtig; dadurch erklärt sich der Umstand, dass 
mcht nur diejenigen Gonococcen, welche innerhalb der Zellen in 
. r . Ochsten Umgebung der Zellkerne liegen, sondern auch die¬ 
jenigen, welche die letzteren optisch decken, ungemein deutlich 
ervortreten. Vergleicht man zwei Präparate, von denen das eine 
? ne trichloressigsäure und das zweite nach der von uns empfoh- 
cnen Methode hergestellt ist, so erkennt man sofort, dass der 
esenthehste Unterschied beider darin besteht, dass, während im 
cren eine Menge Gonococcen, welche in der nächsten Umgebung 
er kerne liegen, entweder gar nicht oder nur mit Mühe zu sehen 
ziv ' lm K dieselben sehr deutlich sichtbar werden, und 

ar Sletlt ® an nicht nur diejenigen Exemplare, welche den Kern- 
ouren dicht anliegen, sondern auch diejenigen, welche die letz- 
JJ °Pj 1 seh decken; es werden dabei aber auch diejenigen Gono- 
frcilirU ßlCh u- r ’ we ^ e von den Kernen optisch gedeckt werden; 
raton ers . eioeu dieselben weniger deutlich. Bei einigen Präpa- 
Gonoco^ WUm * maÜ entsc ^ le den den Eindruck, dass ein Theil der 
traten 7^ *?, ^ en Kernen selbst eingeschlossen ist; wenigstens 
Wj es6 ^ occen deutlichsten hervor bei Einstellung der 
zöndumr-° Ure ?’- ^ esen Fällen handelte es sich um heftige Ent- 
Jjberseheinungen, profuse Eiterung, meist war das Leiden 


erst seit einigen Tagen aufgetreten und die Kranken waren noch 
keiner Behandlung unterzogen worden. In letzter Zeit, wo die 
Thatsachen, welche auf eine active Rolle der Gonococcen hinweisen, 
immer zahlreicher werden 1 ) (im Gegensatz zur phagocytären Theorie, 
nach welcher die Gonococcen von den Zellen aufgenommen würden, 
d. h. nur eine passive Rolle spielen sollen), erscheint uns ein sol¬ 
ches Eindringen der Coccen in die Zellkerne selbst nicht unwahr¬ 
scheinlich. 

Unser Verfahren lässt auch die Anwendung einer Doppelfärbung 
zu. Schöne Bilder giebt z. B. eine Nachfärbung mit einer schwachen 
wässerigen Eosinlösung, wobei die Gonococcen dunkelblau bleiben, 
die Zellelemente hingegen einen rosa Ton annehmen. Aber be¬ 
sonders schöne und distincte Bilder erhält man, wenn man nach 
Behandlung der Deckgläschenpräparate mit Trichloressigsäure und 
Methylonblau (wobei die Einwirkung der Farbe eine längere sein 
muss, um eine intensive Tinction zu erzielen), Abspülen in Wasser 
und Trocknen, dieselben auf kurze Zeit (V 4— 1 /-2 Minute) in eine 
schwache wässerige Bisraarckbraunlösung bringt; die Präparate 
nehmen schnell einen grünlichen Farbenton an, wobei der Farben¬ 
wechsel zuerst in den Zellen eintritt; daher bleiben die Gonococcen 
noch dunkel tingirt, während das Zellprotoplasma und die Kerne 
schon bräunliche und grünliche Töne angenommen haben; in sol¬ 
chen Präparaten heben sich die Gonococcen sehr deutlich und schön 
von ihrer viel blässeren Umgebung ab. 

Versuche, welche wir mit Essigsäure (anstatt Trichloressig¬ 
säure) anstellten, ergaben keine befriedigenden Resultate. Es 
scheint somit, dass die Trichloressigsäuro in besonderem Verhält¬ 
nis zum Methylenblau steht, wofür auch noch folgende Thatsacho 
spricht: bereitet man eine Methylenblaulösung und fügt man zu 
der einen Hälfte derselben einige Tropfen Essigsäure, zu der an¬ 
deren aber etwas Trichloressigsäure hinzu, so bleibt die erste Lö¬ 
sung eine längere Zeit unverändert, während sich in der zweiten 
schnell ein Bodensatz bildet, der unter dem Mikroskop betrachtet 
aus dunklen, langen, spiessförmigen Krystallen besteht, welche 
stellenweise zu sternförmigen Figuren zusammentreten. 

Indem wir in einigen Fällen den Eiter bei phlegmonösen Ab- 
scessen, pleuritischem Exsudat u. s. w. untersuchten, haben wir 
uns davon überzeugen können, dass sich auch einige andere Mikro¬ 
organismen nach unserem Verfahren sehr schön färben lassen 
(Streptococcen, Staphylococcen). Dass übrigens nicht nur dio Gono¬ 
coccen, sondern auch andere Mikroorganismen sich mit Methylen¬ 
blau nach vorläufiger Bearbeitung der Präparate mit Trichloressig¬ 
säure sehr schön färben lassen, hatten wir mehrfach Gelegenheit 
zu constatiren an Präparaten, welche wir aus dem Sepreto hei 
chronischer Urethritis herstellten; bei letzterer finden sich bekannt¬ 
lich im Seerete eine grosse Anzahl verschiedener Coccen und Ba¬ 
cillen. In den meisten Fällen erstreckten sich unsere Unter¬ 
suchungen auf das unmittelbar aus der Harnröhre gewonnene Se¬ 
cret; in einer Anzahl von Fällen wurde das Secret durch Centri- 
fugiren des frisch gelassenen Urins gewonnen oder, wo dasselbe 
nur in Gestalt von Tripperfäden vorhanden war, wurden diese ver¬ 
mittels einer geglühten Platinöse herausgefischt. Wir haben da¬ 
bei mehrfach den interessanten Befund von Jadassohn und Fin¬ 
ger bestätigen können, dass nämlich die Gonococcen in dem Secret 
der Urethra anterior gefunden, in dem der Urethra posterior aber 
gleichzeitig vennisst werden können. 

Bekanntlich ist das Auffinden von Gonococcen in Gewebs- 
schnitten mit grossen Schwierigkeiten verbunden. In diesem Punkte 
stimmen alle Autoren überein. Diese Thatsache hat erst vor kurzem 
eine neue Bestätigung in dem hochinteressanten Leyden’schen 
Fall 2 ) gefunden, in welchem die bacteriologische Untersuchung von 
Dr. Michaelis ausgeführt wurde. Wir sind bis jetzt aus Mangel 
an einschlägigem Material nicht in der Lago gewesen, unser Ver¬ 
fahren auch in dieser Beziehung zu prüfen, glauben aber auf Grund 
unserer Secretuntersuchungen annehmen zu dürfen, dass sich das 
Verfahren bei entsprechender Modiflcation auch hier bewähren wird. 


VII. Ueber die sogenannten Leukocyten- 
schatten. 

Bemerkungen zu der Notiz des Herrn Benario. 

Von Dr. S. Klein, 

Assistenzarzt an der I. medicinischen Klinik in Warschau. 


In No 4 der Deutschen medicinischen Wochenschrift macht mir Herr 
Benario den Vorwurf, als wären die von mir beschriebenen neutro¬ 
philen Leukocytenschatten lediglich Kunstproducte, die durch starken 
mechanischen Druck bei der Herstellung der Blutpräparato hervorgebracht 
werden können. Ich möchte dagegen folgcndo Thatsachen anfüiiron: 


fiautbRn{.ii nz, .^-tidum triehloraceticum bei einigen Geschlechts- und 
Ob^ Demagogie Bd. XIH, 1891, auch 


») Vergl. hierüber 11 . a. bei E. Finger, . c. p. 90 u. f- , 

a ) E. Leyden, Ueber Endocarditis gonorrhoica. Deutsche med. 

Uochenschr. 1893, No. 38. 


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202 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


1. Durch starke Quetschung werden nicht allein die Granula¬ 
tionen der Leukocyten aus den zerstörten Zellen herausgepresst, sondern 
es ändert sich auch mehr oder minder die Structur der rothen 
Blutkörperchen und der übrigen Leukocyten, was man in den 
Blutpräparaten mit Loukocytenschatten — wie ich es in meiner Arbeit 
hervorhob — durchaus nicht zu sehen bekommt. Diese mechanische 
Alteration aller Blutgebilde müsste man doch in den Präparaten finden, 
falls sie thatsächlich gequetscht wären. 

2. Die Leukocytenschatten besitzen nie, wie es Herr Benario will, 
„gut tingirte Kerne“, sondern sie stellen, wie ich es in meiner Arbeit 
deutlich sagte und zeichnete, nur „Spuren schwach tingirter und ver¬ 
wischter Kerne“, somit ebenfalls eine morphologische Deconstitution 
des Kernes dar. Ja die Granulationen selbst der Leukocyten¬ 
schatten unterscheiden sich, wie ich betonte, sehr bedeutend 
von denen der gesunden Leukocyten: hier sind sie ziemlich deutlich 
und von verschiedener Grösse, dort bedeutend feiner, beinahe gleich gross 
und machen den Eindruck atrophischer. 

3. Es giebt Uebergangsstufen zwischen den gesunden 
neutrophilen Leukocyten und deren Schatten. Diejenige Ueber- 
gangszelle, die eigentlich schon als Schatten aufgefasst werden kann, 
besitzt in der Regel eine sehr feinkernige Granulation und einen sehr 
schwach tingirton Kern. Auch diesem Punkte schenkte ich genügende 
Berücksichtigung in meiner Arbeit. Solche Zellen verlieren auch boi 
leichtem Druck ihre Granulationen, wogegen die normalen Leukocyten 
dabei ziemlich widerstandsfähig sind. 

4. Ich behauptete nirgends, dass die Schatten mit den ausgefallenen 
Granulationen im Blute präformirt sind. Die Unwahrscheinlichkeit solcher 
Voraussetzung liegt auf dor Hand. Ich machte auf diesen Zustand der 
Loukocytenschatten aufmerksam, weil er sich auch bei der vorsich¬ 
tigsten Präparationsweise aus den sub 3 besprochenen, ver¬ 
änderten, sehr zarten Blutelementen bilden muss. Er kann des¬ 
halb nur als Kriterium der Präexistenz solcher Leukocyten dienen. Ich 
glaube übrigens, dass Herr Benario selbst, indem er die Möglichkeit des 
Ausfallens der Granulationen aus den veränderten Leukocyten zugiebt, 
gleichzeitig die Existenz der Uebergangsformen zu den Leukocytenschatten 
anerkennt. 

5. Herr Benario irrt, wenn er glaubt, es sei noch keinem einge¬ 
fallen, aus diesen Schatten eine besondere Zellspecies zu bilden. Uskow 
(„Blut als Gewebe“) zeichnet diese Gruppe als „zerfallende Leu¬ 
kocyten“ aus. Eine besondere Aufmerksamkeit wird denselben auch 
von anderen russischen Untersuchern geschenkt (Kikodze, Luboumum- 
drow etc.) Von „zerstörten polynucleären Leukocyten mit 
verwischtem Kern und Protoplasma“ spricht auch Botkin (citirt 
in meiner Arbeit), dessen Präparate Prof. Ehrlich durchmusterte. 

6. Die zerfallenden Leukocyten als Schatten finden wir 
nicht allein im Blute, sondern auch in jedem Eiter, der bekannt¬ 
lich aus abgelebten Leukocyten besteht. Fertigen wir uns noch 
so vorsichtig ein Präparat von Eiter an, so werden wir immer doch in 
jedem Felde eine Unmenge sehr feiner neutrophiler Körner finden, die 
den theils schon zerfallenen, theils im Absterben begriffenen Leukocyten 
entstammen. Aehnlichen Verhältnissen begegnenwir im Knochenmarke 
eventuell im Blute Leukämischer. Ich habe mich, nebenbei er¬ 
wähnt, zu wiederholten Malen überzeugt, dass die neutrophile Granulation 
der Myelocyten im Blute der Leukämiker viel feiner als im normalen 
Blute ist, strotzend die Zelle ausfüllt und dieselbe ziemlich leicht verlässt. 

7. Schliesslich komme ich auf den letzten Vorwurf des Herrn Be¬ 
nario, der ihm die Gelegenheit giebt, einen schlechten Witz zu reissen. 
Dieser Vorwurf betrifft einen meiner Beweise, der die mechanische Ent¬ 
stehungsweise der Schatten auszuschliessen sucht (die Resistenz der kleinen 
Lymphocyten). Dieser Vorwurf erscheint dem allzu oberflächlichen 
Studium des betreffenden Satzes meiner Arbeit seine Herkunft zu ver¬ 
danken und verdient deshalb keine nähere Berücksichtigung. 

Auf Grund der angeführten Daten halte ich die Warnung des 
Herrn Benario vor der Anerkennung der Leukocytenschatten 
als besonderer Zellcnspecies mindestens für verfrüht, desto 
mehr als er selbst ihre Existenz im Blute keineswegs absolut negirt. 


Tin. Feuilleton. 

Wiener Brief. 

Schwerer hätte das Schicksal unsere Facultät nicht treffen können 
als es durch Billroths Tod in diesen Tagen geschehen ist. Ein gnädigei 
Geschick hat ihn vor längerem Leiden bewahrt und ihm einen raschen 
doch nicht unerwarteten Tod beschieden. 

Mit dem Hinscheiden dieses Mannes hat die Chirurgie einen Verlus' 
erlitten, dessen Grösse nur noch übertroffen wird von der Grösse de« 
Verlustes, der dem medidnisehen Wien durch dieses Ereigniss widerfahrer 
QurfM Billroth so bedeutende Werke und so hervor 
ragende Schüler hmterlassen, dass er für diese Wissenschaft nicht gan: 

und niemals wird die Spur seiner Wirksamkeit verlöschl 
? e 2 : Y ir * be J mtt8 J sen mcht nur den grossen Chirurgen, wii 
müssen auch die strahlende und unvergessliche Persönlichkeit Billroth’' 

unserer Pacul'tät^'goMdet hl ^ ^urch Stob 

Was Billroth als Chirurg gewesen, das ist in diesen Blättern von 
„!™ fe ?. cr T® cl *° geschildert worden, nur Uber seine Stellung in Wien und 
b W;,. L H, C „ k °K d ‘ e -Ti lllcr z ur(tcklässt. sollen diese Zeilen berichten. 

Wie die beispiellose Popularität Billroth’s, so kann auch seine 
einflnssreiche Position m der Facultät nicht durch seine wissenschaftlichen 
Dazu muss vielmehr auch der Zaubei 
herangezogen werden, dem sich kaum jemals einei 
entziehen konnte. Ungewöhnliche .Schönhoit, eine melodische Stimme und 


das Auftreten, das die Grösse dieses Menschen sofort erkennen liess, 
mussten jedermann für Billr o th einnehmen. Man empfand für ihn nicht nur 
kalte Verehrung, die uns jeder grosse Forscher abringt, sondern es mengte 
sich immer eine wärmere Empfindung bei, die nicht dem Gelehrten, sondern 
dem Menschen galt. Zwei Jahrzehnte lang war Billroth der Liebling der 
Aerzte und des Publikums in Wien. In den allerletzten Jahren war er durch 
seine Krankheit häufig auf längere Zeit von Wien abwesend und hat sich 
auch an dem geselligen und künstlerischen Leben unserer Stadt, dem er 
stets wärmstes Interesse entgegengebracht, nur mehr selten betheiligt 
Was er in diesen, für ihn so qualvollen Jahren an Arbeitskraft und Energie 
erübrigen konnte, das widmete er der Gesellschaft der Aerzte, deren 
Präsident er seit Bambergor’s Tod war. Seiner Initiative hat diese 
Gesellschaft den Besitz eines eigenen prächtigen Hauses zu danken, dessen 
Eröffnung wohl Billroth’s letzte grosse Freude war. Noch vor wenigen 
Wochen hat er administrative Vorschläge im Interesse der künftigen Ge¬ 
staltung dieser Gesellschaft vorgebracht und damit documentirt, wie sehr 
ihm das Schicksal dieses Vereins am Herzen lag. Schrankenloses Ein¬ 
treten für Angelegenheiten wie Personen, die ihm werth waren, gehörte 
mit zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften.. Es ist bekannt, mit 
welcher Energie er für seine Schüler stets eintrat, und wenn heute an 
sechs Universitäten ehemalige Assistenten Billroth’s als Professoren der 
Chirurgie thätig sind, so haben sie dies nicht nur ihren Fähigkeiten und 
Leistungen, sondern gewiss auch in hohem Grade dem Einflüsse zu verdanken, 
den Billroth persönlich auf den Lebenslauf seiner Schüler zu nehmen wusste. 

Mehr als einmal hat man es hier auch zum Ausdruck gebracht, wie 
hoch man Billroth schätzt, und er hat nicht zu jenen Männern gehört, 
denen erst der Tod Anerkennung verschafft. Als vor mehr als zehn Jahren 
Billroth die Berufung nach Berlin ablehnte, wurden ihm Ovationen dar¬ 
gebracht, wie sie seit Oppolzer keinem klinischen Lehrer dargebracht 
worden waren. Und noch sind nicht zwei Jahre verflossen, seitdem im 
Festsaale der neuen Universität der Antritt des 51. Semesters klinischer 
Lehrthätigkeit Billroth’s in Wien in erhebender Weise gefeiert wurde. 
Damals hat Albert in einer meisterhaften Rede die bleibenden Leistungen 
seines grossen Collegen hervorgehoben und zum Ausdrucke gebracht, wie 
hoch die Verehrung der Wiener medicinischen Facultät für Billroth war. 

Wer Billroth damals sah, der konnte sich wohl schon banger Be- 
sorgniss nicht erwehren, dass die Lebensdauer dieses grossen Mannes ihrer 
Grenze nahegekommen sei. Und mit nachsichtsloser Raschheit hat sich 
seitdem der Zerstörungsprocess in Billroth’s Organismus fortgesetzt und 
in der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1894 seinem Leben ein Ziel gesetzt. 
Zwei Gedanken, die sich an Billroth’s Tod knüpfen, können uns einen 
Trost gewähren. Zunächst der, dass er der Wissenschaft ein bleibendes 
Vermächtniss hinterlassen hat und dass sein Werk von seinen Schülern 
fortgesetzt werden wird. Und dann der zweite Gedanke, dass das Schicksal 
gegen Billroth gerecht gewesen, dass er die Stellung erlangt hat, die 
ihm gebührte und dass er das Leben so voll genossen hat, wio es nicht 
oft einem Menschen vergönnt ist. Seine Stellung in der Wissenschaft 
und in der Gesellschaft, seine Fähigkeit, zu gemessen, sie haben ihm das 
Leben verschönert, und sein Verständniss und seine Neigung für die 
schönen Künste haben sein Leben veredelt. 

So bleibt uns in der Erinnerung ein grosses, glänzendes Bild dieses 
seltenen Menschen, der, ein Souverän auf dem Gebiete seiner Wissenschaft, 
auch sein Leben gestaltet und genossen, wie ein Fürst. Die Erinnerung 
an ihn wird nie erlöschen. _s. 


Zur Illustration dieser Mittheilungen unseres Wiener Correspondenten 
geben wir (nach der Neuen Freien Presse) den folgenden ergreifenden Brief 
Billroth’s wieder, welchen der Verblichene kurz vor seinem Tode an 
einen berühmten ärztlichen Freund in Wien gerichtet hat. 

Abbazia, 20. Januar 1894. 

Lieber Freund! Wie kannst Du auf den Gedanken kommen, dass 
ich etwas gegen Dich habe! Dass ich, wie die meisten Herzkranken, 
Hypochonder und meist verstimmt bin, darf Dich doch nicht wundern; 
sollte davon mehr als wünschenswerth in meinen letzten Zeilen hervor¬ 
getreten sein, so bitte ich Dich, darin nichts anderes zu sehen, als dass 
ich mich einem Freunde gegenüber mehr gehen lasse als anderen gegen¬ 
über. Ich muss meiner Familie gegenüber schon immer in allen Briefen 
— und ihrer werden nicht wenig verlangt — so viel Comödie über mich 
und meine Stimmung spielen, dass ich froh bin, wenn ich diese Fessel 
einmal abthun kann. Ich mag nicht viel reden, am wenigsten Uber mich, 
und wenn ich da kurz angebunden bin, so musst Du mich eben als einen 
Schwerkranken betrachten, der nach fast siebenwöchentlicher Schlaflosig¬ 
keit nicht mehr ganz Herr seiner Stimmungen ist. Seit drei Tagen hatte 
ich bessere Nächte, dafür unangenehme Morgen, denn wenn ich länger 
als zwei Stunden schlafe, so bekomme ich natürlich Dyspnoe, weil ich 
im Schlaf selbst in sitzender Lager flacher athme. Man gewöhnt sich 
auch daran und muss nichts Unmögliches verlangen. Im vorigen 
Sommer habe ich in St. Gilgen zwei Monate Ruhe gebraucht, um 
in einen erträglichen Znstand zu kommen, an welchem ich bis Mitte 
December gezehrt habe, warum sollte die Besserung denn jetzt schneller 
gehen?!! Von körperlicher oder geistiger Anstrengung ist überhaupt 
nicht die Rede. Die grösste Leistung ist, eine gute, nicht lange Stiege 
hinab und von da äusserst langsam 50 Schritte an’s Meer zu gehen, wo 
ich l‘/a bis 2 Stunden in der Sonne sitze, dann zurück in den Speise- 
saal zum Essen, dann mit dem Lift hinauf. Das ist alles, was ich an 
Bewegung vermag. Ist das Wetter trübe, wie jetzt (Sciroccoluft, die 
sich wie ein Kataplasma in meine Bronchien legt), so sitze ich bei 
offenen Fenstern und bleibe den ganzen Tag im Zimmer, dusle im 
Lehnstuhl. Von geistiger Anstrengung kann schon deshalb keine Rede 
sein,. weil ich meist nach einer Seite Lectüre einschlafe, ganz gleich, ob 
ich einen dummen Roman, ein geschichtliches Werk oder Helmholtz 
lese. Ich schlafe heim Lesen ein, erwache aber sofort wieder, um dann 


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Original fro-m 

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1. März. 


wieder emznschlafen Fauler und dümmer kann ich nun schon nicht sein 
aad werden. Menschen, auch die liebsten, habe ich nie lämrer wem im, 
Bich als höchstens eine Stunde Ich bitte daher die Meinem dass n“ 
Niemand herkommt. Meine Lebensfreude ist der Bück aufs Meer auf 
die Inseln, auf don Himmel, auf die Lorbeerbäume: den ganzen’ Tmr 
scheint mir die hebe Sonne ins Zimmer und ins Herz. Da bin ich wlttck 
üch Du kennst gewiss die schöne Akademierede von J. Grimm fich 
hin dem alten Herrn in Berlin im Thiergarten oft begegnet) über das 
Älter, ein Pendant zu Cicero's „De senectute“. Alles, was Grimm da 
sagt entspricht so ganz meinen Empandungen. Die Menschenwelt versinkt 
so allmählich unter unseren Füssen, wir sehen Erde und Himmel mit 
neben unten Uber uns allüberall; wir fühlen uns aber als ein Stück Na- 
tur, gleich Fels und Wald, gleich Sturm und Himmelsbläue, vertheilt hi 
Ä und dadurch als Gesammtnatur, nicht ein Stück des Weltalls son 
dem als das gesummte AU zngbicb. Das AUes habe ich hier in mir 
und brauche die Menschen hier nicht. - Hier folgen einige mehremale 
durchsrichene Stellen. Billroth fährt daun fort: Auch ein Zeid.cn 
des Alters, das häufig© Verschreiben; es wird jetzt bei mir oft sehr arg 
tont. So gar alt wäre ich eigentlich noch nicht, doch früh gealtert 
So.c.n sagte einmal sehr gut: Nicht die Jahre bestimmen unser 
V 7 der . Zustand unserer Arterien. Manfred meint wiederum, 
nicht die Zeit mache uns alt, sondern was wir darin erlebt haben So 
|Sj s J un f «- GrelSe und a * te Jünglinge. Wie verschieden doch die 
ätiologische Auflassung auch auf diesem Gebiete? Hast Du schon die 

5? w t6n TOD Gom P erz ’ „Griechischen Denkern“ ge- 

lesen? Wenn nicht, so nimm sie auf die nächste Heise mit. Es wird 
” , , d , er . scllöIlst ™ Bttcher äus dem letzten Viertel unseres Jahrhunderts 
?flr d Ä sch5 °- hst graziös geschrieben. Herzüchsten Dmk 

tar Deinen Brief._ Dein Th Billroth. 

ix. Referate und Kritiken. 

Jos. Bauer und O. Bollinger, TJeber idiopathische Herss- 
vergraasemng. Festschrift. 103 Seiten. 1 Tafel. München, 

J. F Lehmann, 1893. Ref. E. Sehrwald (Freiburg). 

^ Herzh.per.ropbieen, denen weder ein Klappenfehler, noch ein 

relatw e h 5 b T S S i r m m i hmdl!rIliss , zugrunde lie ^ t ’ sind in München 
Sie nru Und des habituellen, übermässigen Biergenusses. 
nimmt 511 Ü / ei1 s ?? h ” elst als dilatative Hypertrophieen, und Bauer 
to S dle Her f rw « lt ? r ““g infolge Terminderter Elasticität 

u, , rzwa " du "g zue ret auftritt und, wenn die Elasticität nicht 
Sit her <«™ d . sieh dann bei ausreichenden Er- 
VelSl ^HyP^ophie anschliesst. Da meist beide 

bloss dip T „l 1C \r tirt Und hypertrophirt erscheinen, kann nicht 
che tin B «i J U ge 5 Ullg mfolge der Alkoholwirkung die Ur- 

mÜ T- aU ^ 1 nufcritive Wirkungen des Bieres 
*berinässige Körperarbeit aUein erzeugt niemals 
ffHl P e . rzh yP ert ropliie, sondern nur-dann, wenn 

ausser durch Zagleich eingebüsst hatte, wie dies 

Tabakmissb^ch n P ^ US genügende Ernährung, Anämie, 
eintritt im ’ n p I T, öse Erregungen oder senile Veränderungen 

Terme^te wStäfrTi • ^ alIerdings häufi S auch noch 

Formen ist ? im Kreislauf hinzu. Im Gegensatz zu diesen 

centrische mit^rS' 1 zh . ypertropllle ?> ei Nierenschrumpfung eine con- 
eicessive MuskelhvnpI?rn U ^ d i? S dlas ? 0 p chen Lumens. Eine solche 
mechanische^Vp^H • Phl6 kai i n nicht einfach auf den Einfluss 
zu der D AnnaLnp e p! 1 Tfii n ^ Se w ZUrdck ^ e ? dkr ^ w . erden > andern nöthigt 
Der Genese entsDrechpnH^^ü nut fitiven Reizung der Herzsubstanz. 
Männern weitaus am V/V*? eigentliche Säuferherz bei jüngeren 
vergrösserune* im ^ ha ?*K sten ’ während idiopathische Herz- 
nähemd gleifh hänfil^if2 ktere p Alter beide Geschlechter an- 
zurückbilden Bpdpnf a b ^ äl V- ^ eringe Grade können sich völlig 
Je rascher das Leidpn ^f ade , werden mitunter lange ertragen, 
cs in der Regel Amif S1C p . ei l twickelt , um so ungünstiger verläuft 
leichte intercurrent, F E ? ? h . mung des Herzens stellt sich durch 
UQ d nervöse Errpo-i 6 Eran ¥ leiten ’ Heberanstrengungen, Excesse 
«™Äe,®t l r i e "rK ft P ' Ötz , lioh ein - Euhfufd Herztonioa 
sich vor einer Vp^t erübergehend zu helfen. Die Diagnose hat 
Bringern pericardialom b F e “1?. mdt Verwachsung des Herzbeutels, 

&r Tf B S n” den des “ns e Iu n hüten aUCh " erTSSeD 

^össerungen° all^dL Schüess , fc . YOn dea idiopathischen Herzver- 
primäre Organerh’anknn^’ ^ A de ? e * ? ich Klappenfehler oder 
Pbysem u s w Wle Arteriosklerose, Nephritis, Em- 

, he r z “ als eine 'Cisch funnr^l^sen Br fasst das „Münchener Bier- 
habituellen BieraUnh r 1 neUe Hypert rophie auf, bedingt durch 
übermässige kör^erliohpT 113 * ^ concurrirende Plethora, wobei 
^eansolchenWzen ^fi 8tr ^ n&Unff -i° ft ^ Hülfsursache dient, 
nicht bloss der AurHmi ^ e ^ und ®? en mikroskopischen Veränderungen 
arteriitiK, Tuberkulös!^ V ° n Compl, 'cationen sind, wie von End- 

J? die Herzvergrösseruiiff j 8teh o noch dahin - Physiologisch 
fasert sich m . der Schwangerschaft. Hier ver- 

des Mütterlichen E«rm».? enaU ii 11 demse ^en Maasse, wie die Masse 
vorausgesetzt. Auch^ aL^ 11 ^ 1111, Jug6nd und gute Ernährung 
h starke Körperanstrengung bei reichlicher I 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


203 

Nahrimgszufuhr bewirkt bedeutende Massenzunahme des Herzens 
ohne lr gend welche Gefahr dadurch zu bedingen. Hund Pferd und 
Gemse haben dementsprechend ein relativ viel grösseres Herz als 
der Mensch und zwar ist an der Massenzunahme vor allem auch 
Rphr re « h h te ^ fl trikel , mitb fheiligt, noch grösser wird das Herz bei 
sehr schnell fliegenden Vögeln; das relative Herzgewicht ist bei 

^ sser als beim Menschen. Fälle direkt 
tödtlicher idiopathischer Herzvergrösserung wurden unter 4200 
Sektionen von Erwachsenen bei 6,6 o /o Männern (im Durchschnitts¬ 
alter von 4072 Jahren) un d bei 1,5 o/ 0 Frauen gefunden. Compli- 
cationen, die ebenfalls meist durch die Wirkung des Alkohols be- 
dmgt sm d finden sich natürlich sehr häufig, so Fettherz, hyper¬ 
trophische Lebercirrhose, Pericarditis, zumal hämorrhagische, leichte 
Alappenanectionen, Sklerose der Coronararterien, degenerative und 
hyperplastische Processe in den Arterien, Neigung zu Apoplexieen 
Stauungsschrumpfniere (die zwar die Folge des Herzleidens ist! 
aber auch umgekehrt wieder zu weiterer Herzhypertrophie der 
Anlass wird), ferner Pneumonieen und gar nicht so selten auch 
luberkulose. Grosse Herzen schützen durchaus nicht gegen Tuber¬ 
kulose, da die mit dem Alkoholismus zunehmende Herzschwäche 
der Lunge ihre physiologische Resistenz gegen das tuberkulöse 
Gift raubt. Eine wesentliche Förderung hat das Verständnis der 
rathogenese der alkoholisch-plethorischen Herzhypertrophie durch 
die experimentellen Untersuchungen von Maximowitsch und 
fahren. Sie fanden, dass Muskelarbeit, verbunden mit 
Flüssigkeitszufuhr Blutdruck und Pulszahl viel bedeutender steigerte 
als jeder dieser Factoren allein, dabei trat nach Genuss alkoholischer 
Getränke der normale Zustand erst nach doppelt so langer Zeit 
wieder ein, wie nach Genuss von Wasser. — Wegen zahlreicher 
interessanter Einzelheiten wird auf das Original selbst verwiesen. 

Kobert, Compendium. der Arzneiverordnungslehre fiir Stu- 
dirende und Aerzte. Zweite erweiterte Auflage, mit 121 Ab¬ 
bildungen. Stuttgart, Ferdinand Encke, 1892. Ref. Buchwald 
(Breslau). 

Ein recht vortreffliches Buch, welches durch die sorgfältige 
Bearbeitung aller Kapitel und namentlich durch die zahlreichen, 
sehr guten Abbildungen mehr leisten muss, als die meisten solcher 
Compendien. Der fromme Wunsch, dass junge Mediciner erst in 
einer Apotheke die wichtigsten Grundzüge der Materia medica und 
Arzneiverordnungslehre kennen lernen, wird wohl noch lange uner¬ 
füllt bleiben. Bei sorgfältiger Durcharbeitung obigen Buches ge¬ 
winnt der Leser einen guten Einblick in die Herstellung, Verord¬ 
nung und Anwendung der Medicamente und macht gewissermaassen 
einen Cursus in einer Apotheke durch. Im „allgemeinen Theile“ 
wird die Benennung und Geschichte der Arzneiverordnungslehre, 
Begriffsbestimmung und das Allgemeine über das Recept mitgetheilt. 
Es werden dann die wichtigen gesetzlichen Bestimmungen, die 
Maximaldosen, unrationelle Arzneimischungen, Maasse und Gewichte 
und Applicationsmethoden besprochen, letztere durch besonders 
zahlreiche Abbildungen der neuesten Instrumente anschaulich ge¬ 
macht. Im „speciellen Theile“ werden die Arzneiformen in die 
bekannten vier Gruppen: trockene, festweiche, flüssige, elastisch¬ 
flüssige (gasige, dampfförmige, fein zerstäubte) eingetheilt. Die für 
den inneren und äusseren Gebrauch bestimmten Formen werden 
gemeinsam abgehandelt. Ein Verzeichniss der Abbildungen ist 
beigeftigt. Sehr lehrreich sind auch die XVH Tabellen. Hierbei 
ist vieles geboten, was man in ähnlichen Lehrbüchern nicht findet; 
so die Tabelle über die wichtigsten Synonyme, Tabelle explosibler 
Arzneimischungen etc. Bei den einzelnen Arzneiformen sind überall 
genügend Beispiele angegeben, nicht zu viel, was wir besonders 
rühmend hervorheben wollen. Es soll eben dem angehenden Me¬ 
diciner nur der Weg gezeigt werden. Die unendlich zahlreichen 
und möglichen Combinationen soll er sich durch eigenes Denken 
herstellen. Das Compendium wird Jeder, auch der Erfahrene, gern 
studiren. Die Ausstattung, namentlich aber die Herstellung der 
theilweise schwierigen Abbildungen ist eine musterhafte. 

Adolf Lesser, Atlas der gerichtlichen Medicin. Zweite Abthei¬ 
lung, sechste Lieferung. Breslau, S. Schottländer, 1892. Ref. 

F. Str ass mann (Berlin). 

Mit der sechsten Lieferung ist das Lesser’sche Werk 
vollendet, und können wir inbezug auf das ganze wiederholen, 
was wir bei Besprechung früherer Lieferungen über Auswahl 
und Ausführung der Abbildungen bemerkt haben, sowie über die 
vielfachen Anregungen, welche der erläuternde Text, eine Zusammen¬ 
fassung der reichen Erfahrungen des Verfassers, auch dem engeren 
Fachgenossen bietet. Aus eigener Erfahrung möchte Ref. noch 
hervorheben, ein wie dankenswertes Hülfsmittel die Lesser’schen 
Tafeln für den demonstrativen Unterricht in der gerichtlichen 
Medicin bieten, in wie werthvoller Weise sie das innerhalb eines 
bestimmten Zeitraums begreiflicherweise stets unvollständige Lei-- 


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Original from 

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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


204 _ 

chenmaterial und die durch conservirte Präparate gewährte An- 

Die & letzte Lieferung speciell enthält in drei Tafeln Abbildun¬ 
gen cadaveröser Veränderungen, von Blut- und Haarpräparaten. Aus 
dem Text möchten wir hervorheben, dass Lesser bei einem mumi- 
ficirten Neugeborenen, das nach 3—4 Monaten zur Section kam, 
noch lufthaltige Lungenalveolen neben Fäulnissblasen m und aut 
den Lungen nach weisen konnte; bei einer neun Monate nach dem 
Tode secirten mumificirten Leiche einer durch Strychninvergiftung 
gestorbenen Person fand er die Lungen luftleer. Die warzige Ober¬ 
fläche der Adipocireleichen führt er entgegen der alten Lehre De- 
vergie’s nicht auf die veränderten Hautpapillen zurück, sondern aut 
die in ihren Formen annähernd erhaltenen Fettläppchen, stellt sic i 
überhaupt in der viel umstrittenen Frage von der Entstehung des 
Fettwachses auf die Seite derjenigen Forscher, die die Adipocire aus¬ 
schliesslich auf das ursprüngliche Fettgewebe zurückfuhren und 
eine Betheiligung der Muskulatur leugnen, unter gleichzeitiger An¬ 
nahme der von Zillner aufgestellten Lehre, wonach Fettbestand- 
theile an der Leiche in die sonst von Muskeln eingenommenen 
Räume ein wandern, dort zu Adipocire werden und so eine bett;- 
wachsbildung aus Muskulatur Vortäuschen. — Bezüglich der ge¬ 
naueren Zeitbestimmung des Leichenalters aus dem I äulnissgrad, 
sowie bezüglich der Möglichkeit einer Unterscheidung emgetrock- 
neten Menschen- und Säugethierbluts äussert sich der Vorf. sehr 
skeptisch. Um das Gebotene zu einer vollständigen Darstellung 
aller wichtigen, die gerichtliche Medicin betreffenden und bildlich 
wiederzugebenden Gegenstände zu machen, möchten wir dasselbe 
noch durch eine Reihe von Abbildungen des unverletzten und ver¬ 
letzten Hymens ergänzt sehen. 

X. Journalrevue. 

Physiologie und physiologische Chemie. 

Arbeiten aus der chemischen Abtheilung des physio¬ 
logischen Instituts in Berlin. Aus der Zeitschrift für physio¬ 
logische Chemie, 3. Heft, Bd. XVI und XVII. 

Wiederum liegt ein Jahresbericht vor, welcher Zeugniss ablcgt 
über das eifrige und erfolgreiche Arbeiten in dem von Kos sei ge¬ 
leiteten Laboratorium. Auch diesmal finden sich neben Mittheilungen, 
die wesentlich nur den Fachmann interessiren, solche, die auch 
eine allgemeine Bedeutung in Anspruch nehmen dürfen. So theilt 
Krüger Untersuchungen mit, in denen es ihm gelungen ist, nach¬ 
zuweisen, dass in dem Adeninmolecül ein Alloxan- und Harnstoff¬ 
kern enthalten ist, so dass damit die Analogie der Constitution 
des Adenins und der Harnsäure erwiesen ist. 

Die Arbeit von Gumlich giebt wichtige Aufschlüsse über das 
Verhalten der Componenten des Gesammtstickstoffes im Harn unter 
physiologischen und pathologischen Umständen. Ausser dem Ge- 
sammtstickstoff wnrde jedesmal der Stickstoff des Ammoniaks, des 
Harnstoffs und der sogenannten Extractivstoffe bestimmt. Ohne 
auf die Einzelheiten der sehr fleissigen Arbeit näher einzugehen, 
seien im folgenden nur die Resultate mitgetheilt: Es zeigte sich 
deutliche relative Vermehrung des Harnstoffes bei Fleischkost, 
starke Verminderung desselben bei Pflanzenkost; beträchtliche Ver¬ 
minderung des Ammoniaks bei Pflanzenkost, keine wesentliche Ver¬ 
änderung desselben bei Fleischkost; deutliche relative Verminderung 
der Extractivstoffe bei Fleischkost und starke relative Vermehrung 
derselben bei Pflanzenkost. Die Untersuchung pathologischer Harne 
Ivurde bei 44 Patienten, welche an den verschiedensten fieberhaften 
Krankheiten litten, vorgenommen. Bei den Kranken mit hohem 
Fieber ergab sich eine relative Verminderung der Harnstoffmenge, 
dagegen Vermehrung des Stickstoffes, der Extractivstoffe und des 
Ammoniaks. Bei vier Diabetikern war der Ammoniakstickstoff 
relativ hoch und der der Extractivstoffe gering. Lebercirrhose, 
schwere Anämie, Herzfehler zeigten dasselbe Verhalten: Relative 
Verminderung des Harnstoffes, Vermehrung des Ammoniaks und 
der Extractivstoffe, während bei Nierenkranken die Ammoniakaus¬ 
scheidung herabgesetzt, die Extractivstoffe dagegen nach Beendi¬ 
gung urämischer Anfälle beträchtlich vermehrt waren. Gumlich 
spricht schliesslich den Satz aus, dass die Ausscheidung der 
Extractivstoffe bei Gesunden und Kranken vermehrt ist, wenn das 
Körpergewicht schnell abnimmt. 

Von den übrigen Arbeiten sei besonders hingewiesen auf eine 
wichtige Abhandlung von Ko.ssel und Fr. Frey tag über einige 
Bestandtheile des Ncrvenmarks, in der Untersuchungen über das 
Protagon und dessen Zersetzungsproducte mitgetheilt werden. 

Diese sowie die übrigen Arbeiten müssen im Original nach¬ 
gelesen werden. 

Rumpf, Untersuchungen über die quantitative Be¬ 
stimmung der. Phenolkörper des menschlichen Harns. 
Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. XVI, p. 220. 

Die wichtigen Beziehungen der Fäulnissvorgänge im Darm- 


No. 9 


canal zu den Phenolkörpern im Harn, deren Erkenntnis wir den 
Arbeiten von Baumann und seinen Schülern verdanken lassen die 
Bedeutung exacter Bestimmungsmethoden dieser Körper . ohne 
weiteres erkennen. Nach dem Vorgänge von Baumann und Bneger 
hielt man bisher die Ueberführung der Phenole in Tnbromphenol 
und das Wägen dieses Körpers für eine hinreichend genaue Me¬ 
thode zu vergleichenden Bestimmungen, obgleich die erwähnten 
Autoren bereits die Mängel derselben hervorgehoben haben. Humpf 
kommt nun auf Grund sehr genauer Untersuchungen zu dem Re¬ 
sultat, dass diese Methode in keiner Weise als ^eme genaue und 
wissenschaftlichen Anforderungen entsprechende bezeichnet werden 
kann Sowohl die quantitative Ueberführung des Phenols als auch die 

des Parakresols in Tribromphenol erweist sich als unausführbar. 
Da nun diese beiden Körper stets und in wechselnden Mengen im 
Urin vorhanden sind, so ist damit die Unbrauchbarkeit der Iribrom- 
phenolmethode dargethan. In Betreff der sonstigen interessanten 
Einzelheiten der Arbeit muss auf das Original verwiesen werden. 

Leo (Bonn). 

Innere Medicin. 

S. Laache, Pneumothorax durch innerliches Trauma, 
eine heruntergeschluckte Fischgräte, hervorgerufen. 
Norsk Magazin f. Laegevidenskaben 1893, No. 12, p. 1—- ä). 

Bei der Aufnahme auf der medicinischen Abtheilung B. des 
Reichshospitals zu Christiania bot der Kranke, ein. 47jähriger 
früher gesunder Matrose, die Erscheinungen eines mittelgrossen, 
linksseitigen pleuritischen Exsudates dar. Erst nach einigen Tagen 
liess sich der Pneumothorax nachweisen. Nach einem vierzehn¬ 
tägigen schmerzhaften Krankenlager trat der Tod ein. — Der 
Patient war gesund bis zum Tage vor der Aufnahme, als er während 
des Mittagessens (Brod und Wittling) Schmerzen in der Höhe des 
Processus xiphoideus fühlte. Er glaubte eine Fischgräte hmunter- 
geschluckt zu haben. Als vollkommen sicher konnte aber diese 
Aetiologie intra vitam nicht angesehen werden; verschiedene Mög¬ 
lichkeiten wurden discutirt, jedoch konnte Tuberkulose mit an¬ 
nähernder Sicherheit ausgeschlossen werden. Vor Einführung 
von Instrumenten wurde in der stattgefundenen klinischen Vor¬ 
stellung jedenfalls gewarnt. Die Section zeigte nun, dass der 
Kranke Recht hatte. 2 cm unterhalb der Bifurcation fanden sich 
in der Speiseröhre, wie aus der begleitenden. Abbildung hervor¬ 
geht, zwei erbsengrosse, scharf begrenzte, einander gegenüber¬ 
stehende Perforationsöffnungen, und von diesen führte die eine direkt 
in die linke Pleurahöhle hinein. Auch die Lunge war ladirt; 
der grösste Theü der extravasirten Luft rührte wahrscheinlich 
eben von der Lunge und nur in untergeordnetem Maasse vom Oeso¬ 
phagus her. Die linke Lunge zeigte sich ferner compnmirt, war 
aber sonst, wie die rechte, vollkommen normal. Von Tuberkulose 
keine Spur. In der linken Pleurahöhle reichliche, dünne, purulen e 
Ansammlung. Das Corpus delicti, die Fischgräte, liess sich bei 
der Section leider nicht nachweisen; wahrscheinlich ist dieselbe bei 
der Entleerung des Exsudates verloren gegangen. An der Aetio¬ 
logie selbst konnte aber keine Spur von Zweifel obwalten. Der 
Fall ist jedenfalls äusserst selten. In der imposanten Statistik des 
gewaltigen Wiener Materials, von Alois Biach aus nich t wenige 
als 918 Fällen von Pneumothorax zusammengestellt (Wiener me . 
Wochenschrift 1880, No. 1, 2, 3, 6, 7, 15, 16), finden -wir nuT 
zwei Fälle, die von der Speiseröhre ausgingen; von einem rre 
körper wird in der statistischen Tabelle ausser Spulwürmern ( e 6 " 
falls zweimal) nichts erwähnt. Verfasser citirt noch eine ™ 
23 Jahren in der norwegischen Litteratur von Wilse veröne 
lichte Krankengeschichte, wo bei einem Offizier eine herun e 
geschluckte Fischgräte von der Speiseröhre aus in die rechte uun& 
perforirt war. Der Tod trat nach drei Wochen unter wieder¬ 
holten Lungenblutungen ein. Bei der Autopsie fand H. He 1 6 ° 
eine Fischgräte in einer kleinen bluterfüllten Höhle im. rec 
Unterlappen. Kein Pneumothorax. — Die unter Laien \ 
verbreitete Furcht vor verschluckten Fischgräten findet als 
weilen ihre volle Begründung. Nur ist es etwas auffallen , 
die Gräten des Gadus merlangus, welche gewöhnlich nur 
sind, unter Umständen so viel Unglück verursachen können, 
fasser kommt in der Epikrise nochmals auf die Gefalu’ eme , h r 
tuellen Sondirung der Speiseröhre zurück. Der Fremdkörper, 
in diesem Fall offenbar quergestellt war , konnte dadurc 
Pleurahöhle resp. in die Lunge direkt hinein gestossen werden. 

, M. Jakowski, Zur Aetiologie der Brustfellentzündung. 

Zeitschrift für klinische Medicin 1893, XXH, p. 23—42. , 

Seit dem Jahre 1886 hat Verfasser im ganzen 52 Fäile exsuaa 
tiver Pleuritis bacteriologisch untersucht,. und zwar sowo 
skopisch, wie auch culturell durch Verimpfung der as P„. 
Flüssigkeit auf Agar und Züchtung bei 37—38 C, Unter . 
Ziehung der analogen Beobachtungen anderer Autoren Regen, 
jetzt im ganzen etwa 300 bacteriologisch pntersuchte Jäii 


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1. März. 


. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


205 


Pleuritis vor, aus denen Verfasser folgende Schlussfolgerungen ab¬ 
leitet: Jede Brustfellentzündung ist bacteriellen Ursprungs, aller¬ 
dings gelingt es nicht immer, die Bacillen im Exsudat nachzuweisen. 
Alle sonstigen ätiologischen Momente wandeln nur die Gewebe in 
einen der Bacterienentwiekelung günstigeren Boden um. Diejenigen 
serösen und eitrigen Exsudate, in denen Mikroskop und Cultur 
keine Bacterien nachzuweisen vermag, sind tuberkulöser Natur, 
wie durch Impfung an Thieren sich, öfter beweisen lässt. Bei 
manchen septischen Pleuritiden mit purulentem oder jauchigem 
Exsudat sind keine Bacterien aufzufinden, entweder weil sie wieder 
zugrunde gegangen sind oder weil das Exsudat nicht durch die 
Bacterien selbst, sondern nur durch chemische Bacterienproducte 
hervorgerufen wurde. Die meisten primären, nicht tuberkulösen 
Brustfellentzündungen werden von den F r aenkel’sehen Bacterien 
veranlasst, einige auch durch Eitercoccen, zumal Streptococcus 
pyogenes, dann besteht eine grössere Tendenz zur Vereiterung und 
eine schlechtere Prognose. Pleuritis bei oder nach Pneumonie hat 
auch meist die Fraenkel’schen Bacterien zur Ursache. Doch 
scheinen diese bald ihre vitalen Eigenschaften zu verlieren und 
geben daher eine günstige Prognose. Kommen eitrige Exsudate 
bei Typhus, Tuberkulose u. s. w. neben gleichzeitigem Vorhandensein 
von eitererregenden Bacterien vor, so muss eine Mischinfection an¬ 
genommen werden. Das Auftreten pyogener Bacterien bedingt stets 
einen schwereren Verlauf und giebt viel früher zur totalen Ent¬ 
fernung des Exsudates oder zur Radicaloperation Veranlassung. 

E. Sehrwald (Freiburg). 


XI. Vereine und Congresse. 

Verein für innere Mediein in Berlin. 

Sitzung am 5. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr A. Fr aenkel; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

Eingegangen ist ein Exemplar des Centralblattes für technische 
Hülfemittel der Heilkunde. 

1. Herr A. Fraenkel: Bevor wir in die Tagesordnung ein- 
treten, habe ich des Verlustes zu gedenken, den unsere Gesellschaft 
durch das Dahinscheiden eines unserer Ehrenmitglieder erlitten 
bat. Am 28. vorigen Monats ist August Hirsch an den Folgen 
eines auf arteriosklerotischer Basis entwickelten Herzleidens ge¬ 
storben. Als unsere Gesellschaft im vorigen Jahre drei Professoren 
unserer Hochschule, welche der Gesellschaft nicht als Mitglieder 
angehörten, zu Ehrenmitgliedern ernannte, that sie das in be¬ 
rechtigter Anerkennung der hohen Verdienste, welche die be¬ 
treffenden Herren sich nicht nur um ihre Special Wissenschaft, 
sondern auch um die ganze medicinische Wissenschaft erworben 
naben. Von den drei Ehrenmitgliedern, die wir damals ernannt 
haben, hat Hirsch uns eigentlich am nächsten gestanden, insofern 
seme Arbeiten zum grossen Theil direkt dem Gebiet der inneren 
iledicin angehören. Der Lebenslauf Hirsch’s ist den meisten 
von Ihnen bekannt, und Sie haben sicher aus der Tagespresse 
sowohl wie aus den medieinischen Journalen der letzten Woche 
die näheren Angaben über die Entwickelung seines medieinischen 
anps erfahren, so dass ich mich hier auf wenige Daten be¬ 
schränken kann. Hirsch wurde am 4. October 1817 zu Danzig 
geboren. Seine ursprüngliche Absicht war, sich dem Kaufmanns- 
ande zu widmen; er gab dieselbe indessen bald auf, besuchte 
_ n neuem das Gymnasium und bezog nach der Absolvirung des 
amens die Universität, um sich dem medieinischen Studium zu 
keine Dissertation handelt über den Larynxcroup. Schon 
.u ^®dig scheint bei ihm eine Neigung für geographische Studien 
gewaltet zu haben, und dieser Neigung ist es zu danken, dass 
snätT dle Anregung Schön lein’s hin sich ganz dem von ihm 
wirW Veri t e k nen Zweige der historisch-geographischen Pathologie 
er 7 „n 3 V academ sei n Eiamen in Berlin absolvirt hatte, ging 
Danzi * n&C ! 1 um dort zu prakticiren, und von da nach 

lo?i«joh p V !?• aus Zeigten schon einige wichtige epidemio- 

bildetpn , ub lca ?* onen , die aber nnr Vorarbeiten desjenigen Werkes 
Handhn h ® au Ptthat seines Lebens war, nämlich seines 

lieh z\s ■ er q ^ e ?^ ra Pl 1 i sc h-historischen Pathologie, das bekannt- 
PathftW* em j ^es & rossen Handbuchs der speciellen 

das kpiff v . era Pie von Virchow 1863 erschien. Dies Werk, 
foln-er tn/ 1 Vor . gän £ Gr gehabt hat und sobald auch keinen Nach- 
i T nivprsU:i? n . Wlr( l’ tru g ihm die Berufung als Ordinarius an unsere 
las anPin.rr e i n 'n ^ r . begann hier 1863 seine Lehrthätigkeit. Er 
nur wenige 7 i/ esc ^ c ^. te der Mediein, doch scheint dies Colleg 
ich mich dae i V ? n gehalten zu sein, wenigstens entsinne 
nicht meiner u- se ^ er anfing zu studiren, Hirsch schon 
beschichte der Mediein las, sondern- ausschliesslich 


specielle Pathologie und Therapie, worüber er bis an sein Lebens¬ 
ende vortrug. Seine Vorträge zeichneten sich durch Formvollendung 
und durch Klarheit aus, so dass er durch dieselben eine grosse 
Zahl von Schülern an sich fesselte. Hirsch hat einen wesent¬ 
lichen Antheil an der Entwickelung der hygienischen Forschung 
genommen und wurde von der Regierung wiederholt zur Erforschung 
von Seuchen in die Provinzen unseres Landes geschickt. Er hat 
seiner Zeit mit Pettenkofer die Commission für die Cholera¬ 
erforschung im Jahre 1873 begründet, und Sie alle werden sich 
noch genau entsinnen, dass er 1879 bereits als 60jähriger Mann 
mit dem jetzigen Oberstabsarzt Sommerbrodt 1 ) und dem ver¬ 
storbenen Professor Küss ner sich nach Astrachan zum Studium 
der Pest, die damals im südlichen Russland ausgebrochen war, 
begab. Diese Reise hat allerdings nicht den beabsichtigten Erfolg 
gehabt, da die Pest, bald nachdem Hirsch in Astrachan anlangte, 
erlosch. Auch auf historischem Gebiet ist Hirsch mehrfach thätig 
gewesen. Für das grosse Handbuch der Augenheilkunde von 
Gräfe-Saemisch hat er eine Geschichte der Augenheilkunde ge¬ 
schrieben, und noch im letzten Jahre erschien von ihm als Einzel¬ 
werk des grossen von der bayerischen Akademie der Wissenschaften 
herausgegebenen Sammelwerkes der deutschen Wissenschaften eine 
Geschichte der medieinischen Wissenschaft, ein Werk, welches, 
obwohl für Laien berechnet, doch in der Form seiner Abfassung 
auch dem Interesse der Medieiner durchaus gerecht wird und das 
eigentlich auf dem Studirtisch keines Arztes fehlen dürfte. Es 
ist durch eine populäre Darstellung ausgezeichnet und überaus 
lesenswerth wegen seiner vollendeten Darstellungsform und wegen 
der vielen Detailangaben sowie deshalb, weil in diesem Werk, 
welches eigentlich nur die Entwickelung der deutschen Mediein 
behandelt, trotzdem von ihm ein Abriss der gesammten Mediciir 
von ihrer Entstehung an bis auf die Jetztzeit gegeben wird. Es 
ist Ihnen ferner bekannt, dass Hirsch in Verbindung mit Virchow 
seit einer langen Reihe von Jahren den bekannten Virchow- 
Hirsch’schen Jahresbericht herausgab. Bis an sein Lebensende 
war er in reger Thätigkeit und hatte noch in letzter Zeit zu 
neuer Arbeit Bich entschlossen, indem er sich mit Studien für die 
Abfassung eines neuen Werkes, einer Geschichte der Anatomie 
befasste. Er war durch grosse Liebenswürdigkeit, durch ein ein¬ 
nehmendes persönliches Wesen ausgezeichnet und gehörte zu den¬ 
jenigen Männern, die wegen ihres reichen, mit Bescheidenheit ge¬ 
paarten Wissens zahlreiche Freunde und wenige oder keine Feinde 
haben. Wir werden ihm auch fernerhin ein ehrendes Angedenken 
bewahren. Ich bitte Sie, sich zum Andenken des Verstorbenen 
von den Sitzen zu erheben. (Geschieht.) 

2. Herr Th. S. Flatau (Demonstration vor der Tagesordnung): 
Ueber einen Fall von auffallend grossen Nasenrachenpolypen. 
Ich will nur wenige Worte der Erklärung zu dem von mir aufge¬ 
stellten Präparat sagen, das ein schönes Specimen von Nasenrachen¬ 
polyp darstellt. Ich habe auch den dazu gehörigen Patienten mit¬ 
gebracht, damit Sie ihn rhinoskopisch untersuchen können. Ich 
glaube, dass so grosse Polypen in den ersten Athemwegen heute 
seltener sind als früher, wo man ohne Cocain operirte und die 
Untersuchungsmethoden noch weniger entwickelt waren als heute, 
wo die kleinen schon früh erkannt und operirt werden. Der Patient 
klagte seit einem Jahre über eine Verlegung seiner Nasenathmung, 
und schon bei der äusseren Untersuchung zeigte sich, dass diese 
Verlegung besonders die linke Seite betraf, Bei der vorderen 
Rhinoskopie liess sich auch feststellen, dass man links nicht bis 
zu der hinteren Rachenwand herankommen konnte, sondern dass 
glatte, harte und elastische Gewebsmassen Vorlagen. . Auf ^ der 
rechten Seite konnte man über diesen Punkt nicht ins Klare 
kommen, da die untere Muschel stark geschwollen und in toto sehr 
gross entwickelt war. Man konnte aber pharyngoskopisch die 
untere Kappe der Geschwulst sehen, die das Velum überragte und 
den Nasenrachenraum einengte, so dass von der hinteren Rhinoskopie 
nichts zu erhoffen war. Bei der Palpation zeigte sich die obere 
Partie des Tumors, der sich schwer umgreifen liess und sich wie 
Zungengewebe anfühlte, nach links gezogen und bis zu der linken 
Choane verfolgbar. Schädelbasis und seitliche Rachenwand frei. 
Die Entfernung wurde so ausgeführt, dass eine galvanokaustische 
Schlinge zunächst ohne Griff von vorn in die Nase eingeführt und 
dann vom Munde aus entfaltet, über den Tumor hinüber- und dann 
nach dem Ansetzen des Schlingengriflfes zusammengezogen wurde. 
Es lockerte sich dabei eine Schraube: ich bemühte mich, sie fest¬ 
zuziehen, dabei liess ich den die Geschwulst vom Rachen her 
fixirenden Finger los. In diesem Augenblick war der Tumor 
plötzlich verschwunden. Der Patient hatte ihn verschluckt, und 


In einigen Nachrufen ist fälschlich von dem verstorbenen „Professor“ 
ommerbrodt die Rede. Wir möchten die Gelegenheit benutzen, um 
f die hierbei stattfindende Verwechselung aufmerksam zu mafc . ae “* ed> 


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206 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


ich wusste ihn : efst durch Ausspülung des Magens hervorbringew 
Ich habe den Tumor, um ihn im Ganzen zu zeigen, noch n c 
untersucht, glaube aber nach seinem Aussehen, nach seiner Glitte, 
und weil er die Nachbarschaft intaet gelassen hat kemerlei Ver¬ 
änderungen der umgebenden Gewebe bewirkt hat, dass es sich 
einen benignen Tumor, ein Fibrom des Nesenraehenraums handelt. 
Die postrhinoskopische Untersuchung nach der Operation besUti L 
dass der Ursprung von den flügelförmigen Fortsätzen des linken 

Keilbeins genommen ist. Die Tumor ist 9 cm lang und an der 
breitesten Stelle 4,5 cm breit. 

3. Herr Bernhard: M. H.! Gestatten Sie mir Ihre Aufmerk- 
samkeit auf einen Gegenstand zu lenken, der, wie ic‘ ^ e A, olera _ 
die zahlreichen Veröffentlichungen und Erörterungen über die Cholera 
niere jetzt ein actuelles Interesse bekommen hat. Ich ^ ™ 

über die Resultate berichten, die mein College Dr. Felsenthal 
und ich bei Untersuchungen, der Niere bei Cholera nostras ge¬ 
funden haben. Die Arbeit wurde im Kaiser und Kaisern Friedrich 


tunaen Hauen. meiiruwu w.uiuo ^ -- 

Kinder-Krankenhause gemacht, und unser hochverehrter Chef hlerr 
Prof. Dr. Baginsky; hat uns in liberalster W eise das Matenal des 
Krankenhauses zur Verfügung gestellt. 

Was vorerst die Klinik unserer Fälle betrifft, so haben wir bei 
unseren poliklinisch oder klinisch beobachteten Patienten in circa 
60 °/o Albumen und morphotische Bestandtheile gefunden, und die 
Präparate, die wir zu mikroskopischen Zwecken in Alkohol und 
Flemming’sche Flüssigkeit eingelegt, entstammen sammtlich Pa¬ 
tienten, die Ehveiss und pathologische Formelemente im Unn aul¬ 
wiesen Diese setzten sich nun zusammen aus granulirten, seltener 
hyalinen Cylindern, aus meist nur mässig fettig-metamorphosirten 
Nierenepitbelien, aus LeUkocyten und spärlichen rothen Blutkör¬ 
perchen. Harnblutungen konnten wir in unseren Fällen nicht nach- 
weisen Oft fanden sich reichliche Harnsäure und Bactenen so¬ 
wohl Coccen als auch Stäbe., Der Harn war gewöhnlich hellgelb, 
bisweilen direkt farblos, selten trübe, In einem Falle von länger 

dauerndem Magendarmkatarrh fanden wir ihn von fast gelatinöser 
Consistenz, stark sauer reagirend, im Sediment zahlreiche Nieren¬ 
zellen, Leukocyten und Harnsäure enthaltend; zur Eiweissprobe 
war seine Menge zu gering. Indican war sehr oft, vielfach in be¬ 
trächtlichen Mengen, vorhanden. Tagesmengen und specifische Ge¬ 
wichtsbestimmungen konnten aus leicht begreiflichen Gründen nicht 

erhoben werden. ^ 

Seitdem von Kjellberg im Jahre 1870 auf den Gegenstand 
aufmerksam gemacht wurde, haben sich zahlreiche Autoren mit 
demselben beschäftigt, doch hauptsächlich die Klinik berücksichtigt, 
während über die mikroskopischen Befunde nur hin und wieder 
kürzere Notizen vorliegen. — Näheres über die Litteratur findet sich 
itt unserer im nächsten Hefte des Archivs für Kinderheilkunde er¬ 
scheinenden ausführlichen Arbeit. 

Wir haben e^f Nieren von Kindern, die an acutem Magen- 
darmiatarrh gestorben, untersucht; die chronische Erkrankung des 
Gaströintestinalapparätes sei hier in dem kurzen Referate nicht be¬ 
rücksichtigt. 

Makroskopisch boten die Organe kein besonders auffälliges Bild. 
Die Kapsel liess sich stets leicht abziehen, die Oberfläche war grau- 
roth oder grau-gelblich-roth, die Stellulae Verheynii meist mässig 
injicirt, an einzelnen Stellen des Organs stärker, an anderen 
weniger. Die Rinde zeigte meist die Farbe der Oberfläche, war nicht 
oder nur mässig verbreitert, die Zeichnung mehr oder weniger ver¬ 
wischt, die Grenze zwischen Rinde und Mark deutlich. Das Mark 
war rosa-roth, die Papille öfter geschwollen, geröthet und liess 
meist eine trübe Flüssigkeit auspressen. Das Nierenbecken zeigte 
öfter die Zeichen leichteren Katarrhs, doch haben wir eine eiterige 
Pyelitis wie andere Autoren nicht nachweisen können. 

: Bei der frischen Untersuchung fiel vor allem eine starke Ver¬ 
fettung der Epithelien der gewundenen Canälchen auf, die sich in 
neun von den elf Fällen nachweisen liess;. die Fetttropfen über¬ 
trafen an Grösse oft rothe Blutkörperchen und kamen im Mark 
nur spärlich und in winzigen Tröpfchen , zu Gesicht. Im übrigen 
waren die Nierenzellen, ebenfalls besonders in der Rinde, gequollen 
und getrübt, doch niemals in der hochgradigen Weise, wie wir sie 
bei der Diphtherieniere gesehen, wo die Zellen wie „bestäubt“ aus¬ 
sahen, ein Verhalten, das Brault als fast charakteristisch für diese 
Niere hält. Die Glomeruli schienen intaet. 

Am gehärteten F l ern min g-Präparat überrascht die hochgra¬ 
dige Verfettung der Nierenzellen der gewundenen Canälchen. Wie 
aufgereihte Perlen liegen die Tropfen nebeneinander und nehmen 
einen grossen Theil der Zellen ein. Nur die der Kapsel am näch¬ 
sten gelegenen Partieen sind relativ verschont, wohl infolge aus¬ 
giebigerer Versorgung dieser Theile durch Collateralen von der 
Capsula adiposa her. — Im Mark finden sich nur hin und wieder 
kleinstet Tröpfchen, ebenso sind die Glomeruli fast verschont. 

Ihr ^Übrigen sind Quellung des Epithels und Verengerung der 


Lumina der Hamcanälchen so^e ^Thiaus^dfm^Isweit 

der Chilera asiatlea bÄibt nnd das vor .hm ^h Leubusc^ 

der geraden Hamcanülchen und Henle’schen Schleifen, sowie der 
Sammeleefasse mit Cylindern und Dilatation der gewundenen Ca- 
Sn Ausgedehnte Nekrosen haben wir nur in einem Falle 
und in dreien kleinere nekrotische Partneen gesehen. 

Ich kann hier nicht auf weitere Einzelheiten emgehen, möchte 
aber bemerken, dass wir die Veränderungen der Niere bei Cholera 
nostras für identisch mit denen hei der asiatischen halten Wir 
verfügen allerdings nur über Nierenpräparate von 'vemgen Fä len 
Phnifivfl asiatica aber diese scheinen uns die Berechtigung 
lu unserer Behauptung zu gehen, und ebenso decken sich unsere 

Befunde mit denen, die andere Autoren von der echten Cholera- 
niere entwerfen. , . , 

Auf die starken, schon früh auftretenden Verfettungeu bei der 
Cholera asiatica ist vielfach aufmerksam gemacht worden so von 
Reinhardt Leubuscher, Ludw. Meyer, Griesinger, Lebert, 
Rosenstein Die Intactheit der Glomeruli ist noch m neuester 
Seit von Leyden, Aufrecht, Rumpf und Fränkel betont wer- 
den und die Veränderungen an den Nierenzellen haben wir — aus¬ 
genommen die starken Nekrosen -- ebenfaUs constatmen konnem 
Im übrigen finden sich Nekrosen des Nierenepithels auch ^hei der 
asiatischen Cholera nicht immer, und beim einheimischen Brech 
durchfall sind sie von anderer Seite (Chiari-Epstem, Leyden) 
gesehen worden. 

Wenn nun die Nierenveränderungen bei Cholera asiatica 


Wenn nun tue >— - 

und nostras die gleichen sind, so Uegt es auch nahe dieselbe 
sache für beide Affeetionen anzunehmen. Unwillkürlich denkt man 
natürlich an den Wasserverlust, den bei beiden ^rankungen 
Organismus erleidet. Wollte man einen toxischen Einfluss sup 
poniren, so wäre man gezwungen, den Toxinen b 
nostras dieselbe Wirkung zuzuschreiben, wie den von den Clm 
leravibrionen erzeugten, und müsste annehmen,d b 

leratoxin keine ihm allein zukommende specifische Wirkung be 
sitzt im Gegensatz zur Diphtherie und Scariatma. Denn das moch 
wir behaupten, dass die Diphtherie- und Scharlachniere ein 
anderes Bild bieten als die beim Brechdurchfall und bei 
Cholera asiatica. Als Besonderheit glauben w a ' )t * f f 
Cholera nostras hervorheben zu aussen: 1) das Metamor- 

beschriebene Choleranierenbild und 2) die enorme“ e ^“°mt 

phose der Zellen der gewundenen Canälchen. Diel ^„„„.„««hlich 

uns zu der Meinung, dass es sich bei dem Process P 
um eine Iscbaemie handelt, bedingt durch das Smken des Blut 
druckes und die Eindickung des Blutes. Die letztere Faben sowohl 
Hock und Schlesinger als auch wir selbst nachweisen konn. 
Toxische Momente können hier nur eine untergeordnete Kolje P 
len. Dahingegen mögen diese Toxine P räva * lr ? n , m , d ™Z ' le ’ be . 
sowohl bei der asiatischen als auch der einheimischen CholBra 
obachtet werden, hei denen Erbrechen und Durchfal • 

und die in schwerem Coma unter dem Bild el ?® r j von 

cation zugunde gehen. Diese Fälle sind noch nicht g f 
den anderen getrennt und einer speciellen Untersuchung un 
worden; wir haben leider keine derartigen unter den von uns 
suchten gehabt. . . . 

Herr A. Baginsky: Zu den Mittheilungen ^nes Hera teSretenen 
habe ich zu bemerken, dass ich der von ihm selbstständ g eUÄ t 

Anschauung, dass die Nierenaffection durch den Was q s ® I Tntgressant und 
werde, nicht in ganzem Umfange beistimmen kann. So Vorände- 

bedeutungsvoll di! an den Präparaten demonstnrten schweren Veüad 
rangen dir Nieren bei Cholera nostras sind so ist doch 
dass allzeit der Wasserverlust dieselben bedinge, nicht 1 fe y er . 

Umfange zu acceptiren, wie Herr Bernhard angegeben hak - 
hältnisse liegen bei den Erkrankungen an Cholera nost e . gt 
Säuglinge denen der Cholera asiatica sehr analog. Der rapiden 

in kurzer Zeit auch bei Cholera nostras enorm, wie s betragen 

Körpergewichtsverlusten, welche IV 2 Pfund und mehr mhiiLe inaer 
können, erweisen lässt; dass dies für die Circulationsv „ „e^yms 
Niere nicht gleichgültig sein und dass Schädigungen.des Nier npa^e 
dauernd daraus hervorgeben können, ist wohl emlenchte « Auftreten 

hin nicht zu vergessen? dass auch bei Cholera nostras mfantum dw Aam M >_ 
toxischer Substanzen erwiesen ist. Ich erinnere hier an • dass die 
hagen 1 ) gemachten Untersuchungen, aus welchen basischen 

Eiweissfäulniss bei Cholera nostras unter Auftreten ^n giftigen °^ lB Uegt 
Producten vor sich geht und bis zum Ammoniak foit Kreislauf der 
näher, als dass mögücberweise derartige Producte m ^ rf ^l T ‘ mgC u. 
Nieren gelangen und. dort heftige Reizungserscheinung ^ c ^ er g ubgtanzeI1 
So wird also der Wasserverlast mit der Einwirkung asiatica 

concurriren; wir sehen also bei beiden Erkrankungslorme , 

*) Archiv für Kinderheilkunde Bd. 12, p. 42. 


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1. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


207 


and nostras, ganz analoge Bedingungen. Daher ist es denn auch begreif¬ 
lich, dass beide Erkrankungsformen, Cholera asiatica und Cholera nostras 
infantum, einander so ähnlich sehen, dass es wohl sehr schwer werden 
soll, im Einzelfalle aus den klinischen Symptomen eine Differentialdiagnose 
zu stellen. — Weiterhin möchte ich noch hinzufügen, dass ich die Nieren- 
affection auch für das weitere Leben der erkrankten Kinder nicht für 
gleichgültig halte. Gewiss bildet sich die weitaus grösste Anzahl der 
Kierenerkrankungen bei der Reconvalescenz der Kinder vollkommen 
zurück, indess bleiben, wie schon Kjellberg und Hirchsprung er¬ 
wiesen haben und wie ich bestätigen konnte, immerhin auch Fälle mit nicht 
völlig ausgeheilter Nierenaffection übrig. — Bei diesen Fällen kann nach 
längerer Zeit das Nierenleiden unter dem Bilde oklamptischer Attaquen 
sich kund geben. — Es ist nicht zu übersehen, dass derartige Fälle als 
Reflexeklampsieen, selbst als Zahnkrämpfe in der Praxis gedeutet werden, 
weil die Harnuntersuchung fehlt. In Wahrheit sind es urämische Krämpfe, 
mit denen man zu thun hat. 

Herr Leyden: Da die Demonstration des Herrn Bernhard mich 
speciell interessirt, so möchte ich einige Worte dazu sagen. Die Aehnlichkeit 
des anatomischen Verhaltens der Niere in den eben vorgetragenen Fällen 
von Cholera nostras bei Kindern mit der echten Choleraniere ist wohl in 
die Augen springend. Natürlich bin ich nicht imstande, aus dem einen 
Präparat, das vorgelegt ist, zu sagen, ob es gerade dem, was ich an der 
Choleraniere gesehen habe, genau entspricht, aber nach dem Vorgetragenen 
besteht zweifellos eine grosse Aehnlichkeit, zumal auch das charak¬ 
teristische Moment der Choleraniere, die Coagulationsnekrose, 
an einzelnen Stellen gefunden wurde. Ich bemerke dazu, wie ich 
schon früher vorgetragen habe, dass ich ebenfalls Gelegenheit hatte, zwei 
Stückchen der Nieren von Cholera nostras Erwachsener zu untersuchen, 
und dass ich bei einer nichts wesentliches fand, in dem zweiten 
Falle aber eine sehr grosse Uebereinstimmung mit den Nieren der echten 
Cholera. Ich schloss damals: Entweder kann auch die Cholera nostras 
ein solches analoges Bild in der Niere erzeugen, oder man müsste an¬ 
nehmen, dass dieser Fall von Cholera nostras, der bei sorgfältigster Unter¬ 
suchung keine Cholerabacillen zeigte, dennoch wirkliche Cholera gewesen ist. 
Ich befinde mich mit meinen Vorstellungen also ganz im Einklang mit den 
eben im Anschluss au die Demonstration entwickelten Ansichten. Was 
die Schlüsse betrifft, welche man daran über die Pathologie der Cholera 
knüpfen kann, so will ich nicht weiter darauf eingehen. Die ganze Dis¬ 
kussion spricht zu Gunsten der Auffassung, dass die Wasserentziehung 
eine grosse Rolle spielt. Herrn Baginsky gegenüber bemerke in nochmals, 
wenn ich schliesse. dass die Erscheinungen und Veränderungen an der 
Niere sich aus der Wasserentziehung erklären lassen, so habe ich damit 
nicht gesagt, dass ich ein Choleragift in Abrede stelle, sondern nur, dass 
ich aus den Symptomen den Nachweis desselben nicht erkennen kann. 
Die Choleraculturen enthalten ja ein Gift, aber daraus folgt doch noch 
nicht, dass die Choleraniere einer toxischen Nephritis entspricht. — Ich 
erlaube mir im Anschluss noch einige Bemerkungen hinzuzufügen bezüg¬ 
lich einer anderen Arbeit, die aus dem Institut des Herrn Baginsky her¬ 
vorgegangen ist, 1 ) über die Nephritis bei Diphtherie. Ich habe selbst mehr¬ 
fach Gelegenheit gehabt, die Nierenaffectionen bei Diphtherie zu unter¬ 
suchen. Ich möchte gleichzeitig aber auch auf einige andere neuere Publi- 
cationen über die Nierenaffectionen bei Infectionskrankheiten Bezug nehmen. 
Bei den Nierenaffectionen nach Infectionskrankheiten sind zweierlei Dinge zu 
unterscheiden, sowohl symptomatisch, wie pathologisch-anatomisch. Die eine, 
erste Veränderung der Nieren, die sich noch unter dem Einfluss des acuten 
Stadiums entwickelt, ist im Leben durch eine mehr oder minder ausge¬ 
sprochene Albuminurie ausgedrückt (febrile Albuminurie) ohne bestimmte 
Reichen einer eigentlichen Nephritis; diese Form ist, wenn es zur' 
Autopsie kommt, nur durch relativ unbedeutende Alterationen gekenn¬ 
zeichnet: die Niere ist blutreich, mehr oder minder geschwollen, auf dem • 
^chmtt trübe; mikroskopisch finden sich die Nierenepithelien geschwollen, 
kurmg trübe, hier und da leichte Fettdegenerationen; die Interstitien. die 
kapseln frei, höchstens vereinzelte Cylinder in den geraden Canälchen. Hior- 
'on ist nun wohl zu unterscheiden die spätere eigentliche Nephritis. 
Tt Cnn hteriHÜ speciell auf die Scharlachnephritis beziehe, so wird 

nnen deutlicher sein, was ich meine. Beim Scharlach sehen wir während 
es fieberhaften Eruptionsstadiums häufig eine mehr oder minder ausge¬ 
sprochene Albuminurie. Diese giebt keinen Maassstab dafür, ob sich 
•■pater eine Nephritis entwickelt oder nicht. Die Scharlachnephritis ist 
ne ganz bestimmt ausgesprochene klinische Erscheinung, sie tritt zur 
Np 1 j, v ■*^ esc l uam p'tj ori sstadiums mit den prägnantesten Symptomen einer 
TT» ™ 1S au ^ Hämaturie, starker Albuminurie, Beschränkung der 
(V raSeC i retl ? n , UI1( * Hydrops. Ebenso prägnant ausgebildet ist in der Niere 
intjun'vn^^j der Entzündung, Hyperämie. Schwellung, Blutung, 

a melle und parenchymatöse Processe, Glomerulitis u. s. w. Ich stelle 
* Abrede,.dass sowohl die erste Form, die Albuminurie 
beidp A* * ums ’ wie auch die Nephritis des Desquamationsstadiums 

fimtnr, ‘'i j bacteriellen Toxine erzeugt sein können, trotzdem sie 
affertin k klinisch sehr verschieden sind. — Was nun die Nieren- 
Tatrpn a pHiphtherie betrifft, so beobachten wir bereits in den ersten 
Form häufig Albuminurie, welche also der ersten febrilen 

blutifi- C Vf-? 1 * 61 , en wiir de. In der That ist der Harn gewöhnlich nicht 
Flüefirri- * s jP ä v lc hem Sediment, und seine Menge entsprechend der 
Her 7 ^u.! S r Qahme - ^weilen ist die Harnbeschränkung auf die so häufige 
Scharia,k , e zurückzuführen. Eine typische Nephritis analog der typischen 

-^Anschluss an Diphtherie seltenf ich habe vor 


«estelllt , me l ncn Erfahrungen deren Vorkommen überhaupt in Abrede 
verkommt j- er über ?eugt, dass dieselbe allerdings in seltenen Fällen 
__ ‘ Jvllt dl0sen klinischen Erfahrungen müssen wir die anatomischen 

der Dinhtw rn - hard F - Felsenthal, Beitrag zur patholog. Anatomie 
phthenemere. Archiv f. Kinderheilkunde Bd. Xfa. 


Befunde post mortem vergleichen. Die Mehrzahl der Diphtheriekranken stirbt 
in einem so frühen Stadium, dass die Veränderungen der Niere sich auf 
Schwellung, Hyperämie und parenchymatöse Trübung resp. Körnung der 
Epithelien beschränken. Interstitien und Glomeruli bleiben frei. Eine 
ausgesprochene acute Nephritis (interstitielle und Glomerulonephritis) wird 
nur selten beobachtet, Nun aber möchte ich Ihre Aufmerksamkeit darauf 
lenken, dass in den Diphtherienieren noch, wie ich glaube nicht selten, 
ein anderer Vorgang hinzukommt, welcher das anatomische Bild complicirt, 
nämlich Mikrococcenembolieen der Gefässo. und zwar nicht etwa mit 
Diphtheriebacillen, sondern mit septischen Bacterien (Streptococcen). 
Hiervon erlaube ich mir, Ihnen mikroskopische Präparate vorzulegen. Sie 
sehen die Mikrococcencolonieen mit Methylenblau gefärbt, deutlich an dem 
derben Korn zu erkennen (sie sind übrigens mit der Abbeschen Oel- 
immersion controllirt) sowohl in den Capillaren der Interstitien, wie in den 
Schlingen der Glomeruli. Sie verhalten sich also genau so wie die 
capillären Embolieen bei soptischer ulcerativer Endocarditis — trotzdem 
bestand in diesem Falle keine Endocarditis. Die entzündliche Reaction 
um diese Embolieen hernm ist nur gering, ein Zeichen, dass sie nicht 
lange vor dem Tode entstanden sind. Wio Ihnen bekannt, findet in den 
schweren Fällen von Diphtherie nicht selten eine Mischinfection statt, in¬ 
dem gleichzeitig mit den Diphtheriebacillen eine Infection des Organismus 
durch Streptococcen stattfindet. Herr A. Fraenkel gehört zu den ersten 
Autoren, welche diese wichtige Thatsache für die sogenannten septischen 
Fälle von Dipththerio (und Scharlach) fest-gestellt haben. Es kann daher 
nicht überraschen, dass sich gelegentlich die Zeichen einer solchou septischen 
Infection auch im mikroskopischen Bilde der Nieren wiedererkennen lassen. 
(Septische Nephritis.) Wie häufig dies etwa geschieht, kann ich nicht 
sagen. Ich habe in den letzten Monaten mehrere Diphtherienieren unter¬ 
sucht, ohne etwas Gleiches zu finden. Immerhin ist aber die Zahl meiner 
Untersuchungen aus begreiflichen Gründen nicht gross. Doch glaube ich, 
dass dieser Befund der Mikrococcenembolieen in der Diphtherieniere von 
Interesse und Bedeutung ist und dass man bei der Deutung der histo¬ 
logischen Veränderungen solcher Nieren in den Interstitien un<l im Paren¬ 
chym mit diesen complicirenden Vorgängen wird zu rechnen haben. 

Herr Litthauer: Ich möchte mir die Frage erlauben, ob Herr 
Leyden der Ansicht ist, dass der typische Choleraanfall, die Cholera- 
krankheit nicht durch die Einwirkung von Toxinen bedingt, also eine All¬ 
gemeinkrankheit ißt, wie Scharlach, Masern, Diphtherie etc. 

Herr Leyden: Darüber möchte ich mich nicht bestimmt aussprechen, 
nur bemerken, dass wir vorläufig nicht imstande sind, zu erklären, woher 
die Transsudation im Darm abzuleiten ist. Die Symptome und die anato¬ 
mischen Veränderungen sind durch Wasserentziehung wohl zu erklären. 
Ich wiederhole aber, dass ich nicht etwa behaupte, dass Toxine nicht vor¬ 
liegen, sondern nur, dass die Erscheinungen am sichersten und einfachsten 
aus der starken Wasserentziehung zu erklären sind, allerdings nur die 
des ersteren Stadiums, nicht die späteren des Typhoids, welche mit Be¬ 
stimmtheit auf die Einwirkung einer toxischen Substanz hindeuten, deren 
Entstehung auf verschiedene Weise erklärbar wäre. 

Herr Litthauer: Ich schliesse aus zwei Umständen, dass die Cholera¬ 
krankheit eine Allgemeinerkrankung darstellt: 1) aus dem Umstande, dass 
eine überstandeno Cholera oder dass eine entsprechende Impfung eine 
Immunität gegen eine neue Choleracrkrankung oder Impfung bei Menschen 
bezw. Thieren bewirkt; 2) ex nocentibus et juvantibus. Ich bin. der Ansicht, 
dass die subcutanen Injectionen oder Transfusionen einer physiologischen 
Kochsalzlösung viel häufiger wirksam sein würden, um die yita minima 
bei Cholera in Genesung des Kranken hinüberzuführen, wenn dieselbe ein¬ 
fach durch den Wasserverlust und nicht durch Toxine bewirlri; worden wäre. 

4. Herr Kossel: Ueber die Lymphzellen. (Der Vortrag ist 
in dieser Wochenschrift No. 7, p. 146, veröffentlicht. 

Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 21. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Vircbow. 

1. Herr A. Fraenkel (vor der Tagesordnung): Vortr. hat in den letzten 
Jahren mehrfach Gelegenheit gehabt, vor der Gesellschaft Aneurysmen zu 
demonstriren und über ihren ätiologischen Zusammenhang mit Syphilis 
einige Bemerkungen zu machen. Während Welsh die Behauptung auf- 
stelite, dass ca. 60% aller Aneurysmen auf syphilitischer Basis beruhen, 
sei von anderen sogar die Ziffer auf 80% erhöht worden. Er selbst habe 
in den letzten vier Jahren 19 Fälle von Aneurysma der Brustaorta beob¬ 
achtet und auch obducirt, von denen sechs das 40. Lebensjahr noch nicht 
erreicht hatten. Diese letztere Thatsache sei ätiologisch von Wichtigkeit, 
weil die zum Aneurysma disponirende Altersarteriosklerosc erst im 
späteren Lebensalter auftrete. Von jenen 19 Patienten litten 9. also ca. 
50 °/o, sicher an Lues. Ein Präparat, welches Vortragender heute vorlege, 
sei deshalb von Literesse, weil bei einer jungen Person allerdings nicht 
ein Aneurysma, aber Arteriosklerose mit Ilerzsyphilis gefunden wurde. 
Die 37j übrige Frau kam 1893 ins Krankenhaus am Urban mit den 
Symptomen einer Insufficienz der Aortenklappen, starken Kopfschmerzen 
und Ohnmachtsanfällen. Als Ursacho des Herzleidens wurde ein früher 
überstandener Gelenkrheumatismus angenommen. Der Ehemann war 
syphilitisch gewesen, die Frau will Kopfgeschwüre gehabt haben, doch 
waren dieselben jetzt verheilt und von ihnen nichts mehr wahrzunehmen. 
Patientin wurde nach einiger Zeit gebessert entlassen, kehrte dann abei 
mit den Erscheinungen der Angina pectoris wieder zurück und 111 

einem solchen Anfalle. Bei der Seetion zeigte sich die vordere (Unke) 
Arteria coronaria cordis unverändert, die hintere (rechte) dagegen an 
Einmündungsstelle in die Aorta durch hochgradige Arteriosklerose \ g 
obliterirt; ein Gumma im Septum ventriculorum. Aasgedehnte Arterio¬ 
sklerose der Brust- und Bauchaorta. 


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Original fram 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



208 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No..9 


Der Vortragende demonstrirt noch kurz ein zweites Präparat, sack 
förmiges Aortenaneurysma uiit Durchbruch in den eine Anzahl 

msmmmssB 

vnr die Vulva so dass man nun an den so sichtbar gemacnte 

bis drei Fixationsnäbte durch den Scheidenmund- und deri Ut^^f 4^ 

durchweinen fortlarfendln Ca^uTfaden^uTneni Be¬ 

sammengezogen. Verfasser bat nach d,eser Openat on IJe.luug <^1* 

Äug rtZlleÄeÄX behält sich der Vortragende 

mr e TlZX^omtZlZ%%Zri^ng) hatte vor längerer Zeit 
seine zum ersten male gelungenen Relnculturen d^ 

Zm h Erfolge m0 g n ei t mp r ft wtrdl“ Xin 8 ““ Geschwulstbildung war damals 

SüA.tÄ ÄÄfit' 

dÄ Geschwülate theUs der Bauchwand, theils dem Wz, teeüs den 
Därmen etc. aufsassen, allein eine generalisirte Actinomykose, wie so oft 
beim Menschen, oder wenigstens ein Eindringen m die parenchymatösen 
Organe des Unterleibes wa? damals nicht erreicht worden. Dies hat der 
Vortragende jetzt bei einem Thiere erreicht, das l‘/i Jahre nach der Bei- 
bringung einer Eeincultur in die Bauchhöhle am Leben gebbeben war, 
während die früheren Thiere nach Ablauf von vier bis sieben Woche 
getödtet wurden. Bei diesem Thiere fand sich ausser “ehreren Tumoren 
m der Bauchhöhle ein grosser Tumor m der Leber, dessen Inhalt von 
weicher talgartiger Consistenz war und an dem sofort Körnchen von ganz 
derselben schwefelgelben Färbung sichtbar wurden, wiesie in dei acti- 
nomvkotischen Heerden beim Menschen Vorkommen. Die mikroskopische 
Untersuchung wies nach, dass diese Körnchen typische Actmomyccsvcge- 
tationen waren; Drusen mit centralem Netz dicht verfilzter Fäden und 
schönsten peripherischen Keulen; auch freie Keulen fanden sich lmlnhMt 
vor Es lag also in diesem Falle noch em zweifelloser Fortschntt gegen¬ 
über den früheren Versuchen vor, insofern es gelungen war, m seltener 
Weise eine Metastasenbildung der Actinomykose in der Leber beim lhier 
experimentell zu erzeugen, ganz analog der häufigen Lebermetastase bei 
Intestinalactinomykose des Menschen. Sodann demonstrirt der Vortragende 
Actinomycesculturen, die gegenüber den frühere? 1 .f^ bl os e n oder nur sehr 
schwach gelblich gefärbten Culturen eine erhebliche Farbstoffproduction 
von gelbgrünem Farbstoff zeigen, wie solche auch bei menschlicher Acti- 
noroykose vorkommt. Zum Schluss legt der Vortragende ein ganz aus- 
gezeichnetes Specimen von colossaler Kieferactmomykose des Rindes vor. 
Es sind mehrfache Tumoren im Knochen, in den benachbarten Weich- 
theilen und ein Durchbruch durch die Haut mit colossaler actmomykoti- 
scher Neubildung sichtbar. . , . „ 

4 Herr Horst Brehm (vor der Tagesordnung) demonstrirt einen, 
besonders am Kopfe stark SdematSsen Fötus, der mit vorliegenden Annen . 
zur Geburt kam und, nachdem dieselben gelöst, mit grosser Schnelligkeit, 
wie aus der Pistole geschossen“, sich entwickelte. Er bittet die Herren 
pathologischen Anatomen um Auskunft darüber, wodurch dies starke 

Oedem entstanden sei. „ , . . 

Herr Virchow sagt eine spätere Untersuchung des Präparates zu. 

5. Discussion über den Vortrag des Herrn Weyl: Einfluss hygie¬ 
nischer Maassnahmen auf die Gesundheit Berlins. 

Herr Auerbach geht auf die von Herrn Zadek angeregte Ueber- 
nahme der Milchversorgung Berlins durch die städtische Verwaltung in 
längerer Ausführung ein und sucht deren Einführung in wirtschaftlicher 
und pecuniärer Beziehung als ausführbar zu erweisen. 

Ein Antrag auf Schluss der Discussion wird angenommen, einer Reihe 
von Rednern aber noch die Vorbringung factischer Berichtigungen ge¬ 
stattet. . , „ . TT , 

Herr Oldendorff: Herr Zadek hat, sich stützend auf eine Unter¬ 
redung mit Herrn Boeckh, bezüglich meiner Vergleichung der Sterblich¬ 
keitsverhältnisse der beiden Stadtbezirke: jenseitige Luisenstadt und 
Wedding 1875 und 1885 die Behauptung aufgestellt, 1) die Unterschiede 
bezüglich der Säuglingssterblichkeit seien nur gering; 2) dieselben seien 
durch eine grössere Geburtenhäufigkeit auf dem Wedding bedingt. Beido 
Behauptungon seien falsch. Eine Verminderung der Säuglingssterblichkeit 
von 8.2 °/oo der Geburten in der Luisenstadt gegenüber einer Zunahme 
von 2,0 %o auf dem Wedding könne füglich nicht als gering bezeichnet 
werden* und die Zahl der Geburten betrug 1875 in der Luisenstadt 6583, 
auf dem Wedding nur 2765 und 1885 6389 bezw. 3381 

-r-r TT_ TT - J - 1. 1_1. - J_ C _ 


tt o Vonmann 1 Hfirr Zadek habe behauptet, es sei statistisch 
Herr S. Neuman . t r blichkeit beim Proletariat 120mal so 

nachgewiesen, dass die Säug g Die Angaben, aus denen Herr Zadek 
gross sei wie bei ? über Dresden? geben aber ein ganz anderes 

Öf Dte Wahlen‘seien ^lerdings richtig wiedergegeben worden 
Resultat, l-ne ^au insofern von einer bestimmten Anzahl 

allem es seiender besitzlosen l /‘J% der besitzenden Klasse ange- 
ges orbener Kinder^60ßisiteraden zu den Besitzlosen in 

v 6 ™Heremvl'wendet sich in längerer Ausführunggegen die von Heren 
7 ad ek behauptete Abhängigkeit der Sterblichkeitsziffer von der Gebürte- 

Staaten ntehtXgeUimen worden Er sei 

Ss fto hygienische Zwecke und die reformatonsche Initiative von 

“^retaLktirt’d^ÄngXTegen H^rre Boeckh zurück. 

Herr Korn will die Ausführungen Boehr’s nur 
geführt haben. 


aut aem weaamg nur zioo una xoou ooo» uezw. oöoa. 

Herr Guttstadt: Herr Zadek habe darauf Bezug genommen, dass 
die Einverleibung der Vororte einen ungünstigen Einfluss in Bezug auf 
die Sterblichkeitsziffem Berlins ausüben werde. Allerdings seien diese 
Verhältnisse in den Vororten noch nicht genau studirt worden, weil das 
statistische Bureau die Hergabe des nöthigen statistischen Materials ver¬ 
weigere, so zum Beispiel gegenr k '«* An ™ Aa ° Tr ™ io< “ 1 

dem verstorbenen Professor Falk. 


lUtlligCU DIUUIOULOV/UÜU XUttUül 11UO » 

vUer dem Physikus des Kreises Teltow, 
dem verstorbenen rroiessor raut. Dies sei nicht richtig, das statistische 
Bureau habe ihm vielmehr alles Material, welches es besitze, zur Verfügung 
gestellt, er habe aber nie Zeit gewonnen, es einzusehen. 


Niederrheinisclie Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 
in Bonn. 

Sitzung am 11. December 1893. 

Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer Herr Leo 

Vorstandswahl für 1894.' Es werden gewählt: als Vorsitzender 
Geheimrath Binz, Schriftführer Prof. Leo, Schatzmeister San.- 

Rath^Zartmann^^ Ueber Nebennierensarkome. Seit den 
Untersuchungen von Grawitz über die Entstehung von Ge¬ 
schwülsten der Nieren aus abgesprengten Nebennierenkeimen be¬ 
anspruchen auch die primären Tumoren der Nebennieren selbst hin 
sichtlich ihrer histologischen Structur und ihrer Histogenese em 
besonderes Interesse. In der älteren Litteratur die wegen der 
mangelhaften mikroskopischen Untersuchung freilich wenig zu ver 
werthenist, finden sich die Angaben über das V °X™”haben 
primären Carcinomen recht häufig. Im Gegensatzhierzuhaben 
neuere Untersuchungen gezeigt dass die Nebeimieren in der Regri 
Sitz sarkomatöser Gesehwulstbildung werden, und A^men 

sind so weit gegangen, das Auftreten von primären Carcinomen 
in diesen Organen überhaupt zu leugnen. . p„,. 

Die einschlägigen Verhältnisse sollen an der Hand zweier D äl 
von primären Nebennierensarkomen besprochen werden. . 

Fall 1 betrifft einen ca. 30jährigen Paralvbker. 0 J>" 

(26. Mai 1893) ergab folgende wesentlichen Befunde: ^“^aonven des 
Innenfläche trocken, glatt. Pia nicht getrübt, anäm.sch^ Wmdnngen des 
Gehirns stark abgeplattet. Seitenventnkel etwas erweitert, ent 
massige Mengen eines grauröthlichen Breies. Ependym derselbon sehr 
weichf ebenso das des §. Ventrikels. In der Marksubstanz des rechten 
Frontallappens ein klcinapfelgrosser Tumor aus grauröthhehen au^ 
weichen Massen bestehend. Ein etwas grösserer Tumor von dereelbe 
Beschaffenheit befindet sich im rnken Hintcrhauptslapp^ 
steht mit dem Hinterhorn des linken Seitenventnkels in Verbindun 
Die Brustorgane boten nichts von besonderem Interesse, ln der 
höhle fand sich ein- und aufwärts von der linken Niere em 
etwas flacher Tumor ohne Zusammenhang mit der Niere. 

Nebenniere war nicht auffindbar. Der Tumor selbst, *»^8 fe“ 1 stark 
zeigte auf der Schnittfläche eine grauröthhehe Färbung mit ei%e st^K 
gelben fleckigen Partieen. Im Centmm eine wMlnussgresse, bren, ecn 
Stelle. Rechts enthält die Nebenniere an ^fläche eLcheTnt 

hühnereigrossen abgekapselten Tumor. Auf der J^hpitt ffrauro ther 
derselbe gegen das Nebenmerengewebe scharf ^gegrenzt, von g 
Farbe und weicher Consistenz. Die Nieren enthielten ke , 

die übrigen Baucborgano ebenfalls nicht, boten auch kerne ^ 

wertben Veränderungen. Broncefärbun war nicht vorband • Die 

solaris zeigte makroskopisch und mikroskopisch uic ts e * g 

mikroskopische Untersuchung liess keinen Zweifel d ? Tumoren 
um ein primäres Sarkom der Nebennieren mit metastatiscta 
im Gehirn handelte. Die Gehirntumoren wurden nur Gehirns 

da die Härtung wegen der zu weichen ^nsistenz des gau A - den 
nicht gelang. Es fanden sich kleine rundliche Z&m, Q 
Formen ähnlich. Die mikroskopische Untersuchung d. denselben Bau 
geschwülste ergab zunächst, dass beide ^ escll ü .^ t f 1f .. : fi . eil Hellen 
hatten. Sie bestanden aus kurzen und Weinen sp m delfömg eiü0 
mit verhältnissmässig grossem spmdeligem Kern. Die spärlichen 

Anordnung in Zügen und waren unterbrochen von Peri- 

Stroma dünner Bindegewebsbalken, in denen Gefösse v„ nwer k zu- 

pherie trat das Stroma an manchen Stellen zu emem l j^^en 

sammen. Die Spiridelzellen waren hier vielfach mit Deber- 

vermischt. In dem kleineren Tumor der rechten Seite liess 


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1. März. 


DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ginge des Nebennierengewebes zur Geschwulst nachweisen. An manchen 
Stellen setzten sich die Maschen der Zona fasciculata in das Stroma des 
Tumors direkt fort. Die Parenchymzellen der Nebennieren wandelten 
sich in Geschwulstzellen uin. Man sah in einer Alveole noch erhaltene 
Nebennierenzellen und rundliche Geschwulstzellen nebeneinander liefen 
Nach dem Innern der Geschwulst zu nahmen die Zellen dann spindelitre 
Formen an, während die alveoläre Structur schnell verloren gingf 6 
Die Stellen, aus denen sich nachweisen lässt, dass die Ge¬ 
schwulstzellen aus den Parenchymzellen der Nebenniere direkt 
hervorgehen, sind es, die dem vorstehenden Fall ein besonderes 
Interesse verleihen. Nachdem schon F. Fraenkel für einen von 
ihm beobachteten Fall geschlossen hatte, dass die Geschwulstzellen 
Abkömmlinge der Nebennieren zellen seien, gelang es Beneke in 
einem Sarkom der Niere, welches aus Nebennierenkeimen hervor¬ 
gegangen war, direkte Uebergänge der Zellen der Zona fasciculata 
in die Zellen der Geschwulst nachzuweisen in gleicher Weise wie 
ich dies in dem vorliegenden Falle gesehen habe. * 

Diese Thatsache liesse sich nicht mit unseren onkologischen 
Anschauungen in Einklang bringen, wenn man wie Horn (Virch 
Arch. 126) an der epithelialen, drüsigen Natur der Nebenniere 
festhielte. Die Histologie stellt heute als im höchsten Grade wahr¬ 
scheinlich hin, dass die Nebennieren zellen bindegewebigen oder 
wenigstens indifferenten Charakter haben. Ich halte es mit Beneke 
für durchaus berechtigt, die durch mehrfache Beobachtung festge¬ 
stellte Thatsache des Uebergangs von Nebennierenzellen in sarko- 
matüse Wucherung für die obige Anschauung von der Natur dieser 
Zeilen zu verwerthen, ebenso wie man dafür annehmen kann, dass 
me Adenome oder Strumen der Nebennieren, wenn sie im weiteren 
Wachsthum malignen Charakter annehmen, sarkomatösen Bau auf¬ 
zuweisen pflegen. 

Freilich macht Horn dagegen geltend, dass er selbst einen 
aus abgesprengtem Nebennierengewebe in der Niere entstandenen 
lumor beobachtet habe, der in seinen centralen Partieen carcino- 
matfee b teilen aufwies. Indessen darf man diese Beobachtung 
gerade in Bezug auf die vorliegende Frage wohl nur mit grosser 
Hrmcht aufnehmen. Zunächst ist es für den Horn’schen Fall 
nicht über alle Zweifel erhaben, dass die Geschwulst wirklich sich 
aus Nebennierengewebe entwickelt hat. Dies wurde nur geschlossen 
i CF ,? clla !* n J Abgrenzung des Tumors vom Nierenparenchym, 
aus der Verschiedenheit der häufig fetthaltigen Epithelien der Ge- 
»Cüwulst von denen der Hamcanälchen, .sowie aus der reihenförmi- 
emAnordnung der ersteren. Reste von Nebennierengewebe oder 
f än £ e T 5 n solchem in das Geschwulstgewebe konnten nicht 

SaiW 7 er w D k F - erner kann man nicht S enu S betonen, dass 
ST n r Nebenmeren häufl g einen den Carcinomen überaus 
«umenen Bau zeigen. 

i® 4 ff eei gnet, unter anderem auch diese Car- 
n der Nebennierensarkome zu illustriren. 

Odematö«? poiii™ 6 ? Ernährungszustand, Leib etwas aufgetrieben. Pia 
cites Ttti p .J 11111 hyperämisch ohne Heerderkrankungen. Geringer As- 
p ?; riet t le und viscerale zahlreiche kirsch- bis wall- 
üch ^ Geschwulstknoten. Die letzteren treten nament- 

Tainoren bi ZpTsehr zahlreich auf. Weiter finden sich 
gewebe und in de ? y orde , ren Mediastinums, im pericardialen Fett¬ 
aach das ^arenchvm Vorhöfe '. und Pleuren sind frei, 

einen kleinen Tniü de J‘ ®J uc borgane mit Ausnahme des Pankreas, das 
öeschwuIstmasQ^ 1 m entha l t ’ . ln der Gegend beider Nieren liegen grosse 
lassen sich dip * r .p emoi Jstration des conser virten Präparats). Aus ihnen 
Nieren sind mit cTu mtact ^ausschälen. Die Fettkapseln der 

den der GeschwnU?« hw , Ulstknote n dicht durchsetzt. An den oberen En- 
r von den h übri^rfc!I!^- 1St J e f 1 » f austgrosser etwas platter Tu- 


209 


mor von den ÄhdZ l lst J e ein Jaustgrosu.. r __ 

Tumoren die dpn k G \j Auch hier keine Broncefärbung. Die 

einen alveolären Hm ? 1 n- entsprachen, zeigten mikroskopisch 

BindegewebsbSkpn lu * Die Raschen wurden gebildet von äusserst dünnen 
ziemlich kleine rundliVv? £ a ^ reicl1 ? Gefässe enthielten. Sie umfassten 
gäg bis in beträchtlich«? m. e ! en , P lfc . grossem Kern. Der alveoläre Typus 
Jen daselbst grösser nhnPlf 6 h i nem o nicht verl °5 en - Bie Alveolen wur- 
Heckweise waren dip < l aSß da ? Struma an Dicke zugenommen. Nur 
bar. Hier bot dip r Zel ihaufen nicht mehr deutlich von einander abgrenz- 
ferie beider GethwüLt W w ^ UtI [ ch ^komatösen Bau. In der Peri- 
Jw der Zona fascicni?? 6 be + and S1 , ch n ° c b erhaltenes Nebennierengewebe, 
,a gen eingestreut snlrh«^ 611 k Sp ™ ch * j Zw . ischei1 den Maschen derselben 
enthielten, auch Ai™^’ die deutlich erkennbare Geschwulstzellen 

^'ährend sich da« q*- 6n S em i sc hteii Zellen liessen sich erkennen, 
Geschwulst tortspt7f 0 UD rv der ^ ona fasciculata unmittelbar in das der 
s&mmensetzunir wip «r n me tastatischen Knoten hatten dieselbe Zu- 
gewebe bildete JiWHpn 6 , au P. ttun30ren - Gas gefässhaltige zarte Binde- 
e «nander gesondert der Peripherie kleiner und streng von 

wewe die strenge ^ er zu an Grösse Zunahmen und hier fleck- 
Man muTH ptT?. gissen liessen. 

Jullären Carcinomp dl 6 be n l stlmroe /b wenn er sagt, dass die me- 
fbrmen zu imWifi„- er Oberen Autoren mit diesen Geschwulst- 
ßuhl (1875) beohlnh 1 /? Die von Fränt zel (1867) und 

hinsichtlich der m b u-H n ^ e von Nebennierenkrebs haben auch 
Sehnlichkeit. tiplen Metastasenbildung mit dem obigen 


Bau Ä!iho eitS habG a di k 1 ^ m< 2 ren auch -Sehnlichkeit mit dem 
Bau der Nebenmeren, durch die Art und Anordnung ihres Stromas 
Ich kann mich aber nicht zu der Auffassung entschliessen als 
b ^ de r le m e r S1Ch n 1 ? e T. urs P rün gli c h adenomatöse Wucherung, die 
später malignen Charakter angenommen. Der Umstand dass die 
“ D . neb A e ^ ie renähnlichen Bau zeigen, spricht da- 

fflflAn’ ,*n^S gen i? UCh m A . den ® men der Nebennieren manchmal die 
Zellen m ihrer Form von den Parenchymzellen abweichen (Beneke) 
ra allgemeinen hat man, je mehr die Geschwulstzellen denen der 
Nebenniere unähnlich werden, sarkomatösen Charakter zu ver- 
halten^lriben^ 011 ^ nebennierenähnliche alveoläre Bau lange er- 

2 - Her ^ Boennecken: üeber Zahnersatz. Redner demon- 
strirt an der Hand von Kiefermodellen die zur Zeit üblichen 
Methoden des Zahnersatzes und unterwirft dieselben, insbesondere 
me neuerdings vielfach angewandten sogenannten Kronen- und 
Druckenarbeiten, einer Kritik von ärztlich-hygienischem Stand¬ 
punkte aus. 

y ei > us am vei 'breitetsten ist die Methode des Zahnersatzes 
mittels Gaumenplatte. Hierbei verdient das Gold den Vorzug vor 
dem Käutsehuk, da die Kautschukplatte bei längerem Gebrauch 
Mutig nachtheilig auf die Gaumenschleimhaut einwirkt und einen 
chronischen Reizzustand in derselben unterhält, so dass man in 
einzelnen Fällen geradezu von einer Kautschukerkrankung der 
Schleimhaut sprechen kann. — Bei der Brückenmethode verzichtet 
maii ganz auf die Gaumenplatte und benutzt gesunde Zähne oder 
Zahnwurzeln als Träger des Ersatzstückes, welches für gewöhnlich 
nicht abnehmbar ist, sondern mit seinen Pfeilern durch Cement 
fest verbunden, viele Jahre lang unbeweglich im Munde getragen 
wird. Diese Art des Zahnersatzes empfiehlt sich besonders bei 
kleineren Defecten in den Zahnreihen, beispielsweise da, wo durch 
den Verlust von 2—3 Zähnen auf einer Seite die Kaufähigkeit so 
gelitten hat, dass nur die andere Seite noch zum Kauact benutzt 
werden kann und wo die Lücke durch gesunde Zähne begrenzt 
wird. Nicht abnehmbare Brückenarbeiten müssen so hergestellt 
sein, dass sie leicht zu reinigen sind und dass die Zunge oder die 
Bürste überall das Zahnfleisch erreichen kann, weil sonst mit 
Sicherheit Exulcerationen des Zahnfleisches auftreten. Unbedingt 
zu verwerfen ist das vielfach übliche Verfahren, kranke Wurzeln mit 
Zahnfleischfisteln zur Fixirung solcher Ersatzstücke heranzuziehen. 

Weiterhin rügt Redner einen ganz allgemein verbreiteten Un¬ 
fug, der von dem Gros der Zahntechniker, aber auch leider von 
manchen Zahnärzten ausgeübt wird, das ist die Anfertigung von 
Gebissplatten über Zahnwurzeln mit gangränöser Pulpa. Die Tech¬ 
niker kommen den Wünschen des Publikums bereitwilligst ent¬ 
gegen und extrahiren die verlorenen Zahnreste nicht, sondern 
schneiden die Kronen ab und setzen dann das Ersatzstück auf die 
Wurzelreste. — Wenn nun die in der Wurzel zurückgebliebenen 
Reste der Pulpa dentis entfernt, sodann die Canäle antiseptisch 
gefüllt und dadurch vor der Infection durch die Mundhöhle ge¬ 
schützt würden, so wäre das Verfahren zu entschuldigen, weil in 
diesem Falle nachtheilige Folgen für die Gesundheit nicht zu be¬ 
fürchten wären. Dies geschieht aber nicht, weil dem Zahntech¬ 
niker natürlich die Antisepsis eine Terra incognita ist. — Kommt 
nun eine derartige Mundhöhle nach etwa einem halben Jahr zur 
ärztlichen Untersuchung, so ist der Status folgender: Erstes Symp¬ 
tom — (schon auf eine gewisse Entfernung hin zu constatiren) — 
starker Foetor ex ore. 2) Das Zahnfleisch ist entzündet, auf Druck 
schmerzhaft und zu Blutungen geneigt. 3) An der facialen Wand 
des Alveolarfortsatzes findet man — besonders häufig über den 
Wurzeln* der Prämolaren und Molaren — Zahnfleischfisteln, aus 
denen sich auf Druck ein Tröpfchen Eiter entleert. Diese Fisteln 
kommen dadurch zustande, dass die auf den Wurzeln liegende 
Gebissplatte den Pulpacanal mit seinem septischen Inhalt nach dem 
Munde hin verschliesst. Die Folge davon ist der Eintritt von 
putriden Stoffen in die Alveole des Zahnes. Die dann entstehende 
Alveolarperiostitis endigt nach einigen qualvollen Tagen mit der 
Bildung einer Zahnfleischfistel. 

Die Pulpacanäle solcher Wurzeln unter Gebissplatten be¬ 
herbergen selbst in einer sonst gut gepflegten Mundhöhle gefähr¬ 
liche Giftstoffe. Der Versuch einer Desinfection derselben mit den 
bekannten Mundwässern ist ein unnützes Beginnen. Taucht man 
nach vorangegangener gründlicher antiseptischer Spülung eine feine 
Sonde in einen solchen Wurzelcanal hinein, so erhält man von der¬ 
selben einen Geruchseindruck von einer Qualität, wie sie nur aus¬ 
nahmsweise einmal erreicht wird von einem perityphlitischen Abscess 
oder dem putriden Exsudat einer Pleurahöhle. — Injicirt man einem 
Kaninchen einige Tropfen des Inhalts unter die Haut, so sieht man 
das Thier nach 2—3 mal 24 Stunden unter dem Bilde der acuten 
Sepsis zugrunde gehen. 

Es ist einleuchtend, dass ein solcher Zustand der Mundhöhle 
nicht gleichgültig für die allgemeine Gesundheit sein kann. In 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



210 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCH ENSCHRIF T. 


No. 9 


der That leidet denn auch ein grosser Procentsatz der Personen, 
welche Jahre hindurch eine Gebissplatte auf putriden Wurzelresten 
tragen, an gewissen Krankheitserscheinungen, die, besonders bei 
Patienten mit herabgesetzter Widerstandsfähigkeit des Nerven¬ 
systems, zu einer Quelle des grössten Unbehagens werden Man 
kann dabei unterscheiden zwischen Kopfsymptomen und Magen- 

und Darmsymptomen. , 

Zu den ersteren gehört der Zahnkopfschmerz, welcher ein 
besonders beim weiblichen Geschlecht häufig vorkommendes Kran - 
heitsbild sui generis darstellt. Hierher gehören auch die neural¬ 
gischen Gesichtsschmerzen und die gelegentlich auftretenden Lymp 
drüsenschwellungen am Halse. . , 

Erscheinungen seitens des Verdauungscanales sind dyspeptische 
Beschwerden mannigfachster Art, Cardialgieen und habituelle 
stipation. — Nun könnte man ja einwenden, alle diese Symptome 
sind gänzlich unabhängig von dem Zustand der Mundhöhle, und 
es ist nur die Phantasie des Arztes, welche hier den ätiologischen 
Zusammenhang schafft. Gegen diese Auffassung sprechen aber die 
geradezu überraschenden Heilerfolge einer eorrecten Behandlung des 
Mundes. Wer — wie Redner — bei allen Patienten, welche einen 
Zahnersatz auf kranken Wurzeln tragen (und die Zahl derselben 
ist Legion) principiell zunächst die Extraction sämmtlicher Wurzel¬ 
reste vornimmt, wird wissen, dass bereits wenige Wochen nach 
dieser Behandlung stets eine Besserung, und im weitern Verlaut 
häufig eine Heilung von den angeführten Beschwerden erzielt wird. 

Es darf wohl nicht Wunder nehmen, dass nach Entfernung so 
vieler Trigeminusreize die Kopfsymptome sich bessern. Ob die 
dyspeptischen Erscheinungen sich zurückbilden infolge der Auf¬ 
besserung der Kaufähigkeit, der besseren Zerkleinerung und Ein- 
speichelung der Speisen (nach Herstellung eines eorrecten Zahn¬ 
ersatzes auf gesunder Unterlage), oder infolge des Aufhörens der 
Ueberschwemmung des Magens mit den Fäulniss- und Gährungs- 
erregern aus der Mundhöhle, lässt sich im einzelnen Falle schwer 
entscheiden; beide Momente kommen wohl gleichzeitig zur Geltung. 

Redner ersucht zum Schluss die ärztlichen Praktiker, diesen 
meist nur dem Zahnarzte geläufigen Wechselbeziehungen zwischen 
Zahnerkrankungen und Allgemeinleiden ihre Aufmerksamkeit zu 
schenken und dem leider allgemein verbreiteten Unfug der Zahn¬ 
techniker in ihrem Wirkungskreise mit Entschiedenheit entgegen¬ 
zutreten. 

Discussion: Herren Ungar, Boennecken. 

3. Herr Binz: Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kennt- 
niss von dem Zustandekommen der Heilung des Malanaflebers 
durch das Chinin. (Der Vortrag ist in No. 6, p. 122, der Wochen¬ 
schrift veröffentlicht.) 

Discussion: Herren Schultze, Binz. 

4. Herr Ungar macht Mittheilung über Behandlung des 
Keuchhustens mittels subcutaner Injection von Chininum 
bimuriaticum, über welche Behandlungsweise cand. med. Lau- 
binger in seiner Inauguraldissertation ausführlich berichten wird. 
Vermöge seiner Eigenschaft, sich schon in gleichen Theilen Wasser 
zu lösen, eigne sich das Präparat besonders zur subcutanen Injection 
grösserer Chinindosen, wie sie erforderlich seien, wenn die Chinin¬ 
behandlung von Erfolg sein soll. Diese subcutanen Injectionen 
hätten die günstige Wirkung des Chinins bei Keuchhusten bestätigt, 
fast ausnahmslos sei durch sie die Heftigkeit der Erkrankung so¬ 
fort gemildert und überhaupt der ganze Verlauf offenbar günstig 
beeinflusst worden. 

Discussion: Herren Binz, Leo. 

XTI- Oeffentlielies Sanitätswesen: 
Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwnn- 
deten auf dem Schlachtfelde. 

Von Prof. Dr. Langenbuch. 

In der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1892, No. 18 ver¬ 
öffentlichte ich einige Vorschläge zur ersteh Versorgung der Leichtver¬ 
wundeten auf dem Schlachtfelde, und zwar deren drei, die sich von einem 
Grundgedanken aus logisch entwickelten. Dieser Grundgedanke entsprach 
meiner Ueberzeugung, dass die Gewehrschusswunden im allgemeinen nicht 
primär inficirt, also aseptisch seien und folglich schon durch den ersten 
Verband vor der secundären Infection durch die Aussenwelt geschützt 
werden müssten. Ich schlug deshalb vor, die einfachen Gewehrschuss¬ 
wunden sogleich vorläufig hermetisch zu verschliesson. Dies sollte 
hei den zu erwartenden zahlreichen sehr kleinen Ein- und Ausschuss¬ 
öffnungen um der Einfachheit willen zunächst vermittels eines gut 
klebenden, über die Wundränder weit hinausragenden Kautschuckpflasters 
bewirkt werden, und das war mein erster Vorschlag. Zweitens schlug ich 
vor, etwaige grössere Hautdurchtrennungen, soweit diese immer noch zu 
den Leichtverwundungen gerechnet werden konnten, durch die Naht zu 
schliessen, und drittens bei einer vorauszusehenden Ueberfülle der Arbeit 
und bei Mangel der Aerzte das Nähen auch einem hierzu eigens ge¬ 
schulten und vorher geprüften Unterpersqnal zu überlassen, Meine Ideen 
gipfelten also in einer Aenderung der bis dahin vorgesehenen Methode 


des Verbandes, nicht, wie offenbar von mancher Seite angenommen 
wurde 6 in einem Rütteln an den bis heute und wohl noch lange gültig 
blelbenden Principien der Wundbehandlung. Diese missverständliche 
Auffassung des von mir Gewollten entsprang zunächst dem bis heute noch 
wenig erschütterten Vorurtheile, dass die Schusswund ,bdl zum gissten 
Theile und zwar durch das Miteindnngen von Fremdkörpern (Zeugfetzen) 
£ inficirt seien und deshalb offen behandelt werden müsten. 

P So sagte König noch auf dem Chirurgencongress von 1892 be¬ 
züglich dieser Frage folgendes: „Von jeder Hose, durch welche das Ge¬ 
schoss dringt, kann es Mikroben mitnehmen und wird sie sehr häufig mit¬ 
nehmen. Wenn ich das weiss, habe ich, wenigstens nach meinen Erfah¬ 
rungen bei anderen Wunden, niemals die Berechtigung, die Wunde zu 
verschliessen, ich muss die Wunde offen lassen . . 

Diese Ansicht war und ist eine traditionelle und stammte in letzter Linie 
noch aus der erst unlängst vergangenen Epoche, wo, wie noch lm deutsch- 
französischem Kriege, die grosse Ueberzahl der Schusswunden m Mectm 
gerieth und diese Erscheinung in etwas ungeklärter Weise gestern dem 
Schüsse selbst, heute sowohl diesem als den Fmgern Instrumenten_und Ver¬ 
bandstoffen und morgen vorzugsweise nur den letzteren auf die Rechnung 
geschrieben wurde. Die letzte Auffassung trat praktisch am meisten in den 
Vordergrund und war auch insofern die verwendbarste, als sie alle un¬ 
fruchtbar erscheinenden Betrachtungen über das einmal Geschehene ab- 
schnitt und zur thatkräftigsten Verhinderung weiteren Unheils anspornte. 
Was war auch anders zu machen? Auf dem Schlachtfelde konnte keiner 
es den Wunden ansehen, ob sie inficirt waren oder nicht, sie mussten 
schnell verbunden und die Verwundeten ebenfalls schnell nachrückwärts 
in die grossen Lazarethe transportirt werden. Was auf der oft tagelangen 
Reise bis zu den grösseren Lazarethen mit den Wunden geschah, 
konnte nicht immer überwacht werden; jedenfalls gelangte ein grosser 
Theil der Patienten erst wieder unter die Herrchaft der rationellen Wund¬ 
pflege, nachdem es für die ihr gebührende und zustehende schnelle Be¬ 
währung viel zu spät geworden war. . , . 

Ambrosius P ar 6 lehrte, dass die Schusswunden mcht von vornherein 
vorgiftet seien, und bemühte sich, die primäre Behandlung derselben mit 
siedendem Oel und Aetzmitteln abzustellen, die Blüthe der deutschen 
Chirurgen hinwiederum sah sich in den Lazarethen unseres grossen 
Krieges ohne eigenes Verschulden genöthigt, vielfach noch zur Behand¬ 
lung mit Glüheisen und der rauchenden Salpetersäure zurückzukehren. 
Die Lehren Lister’s hatte man im Kopf, aber die Hände konnten sie 
nicht bethätigen, denn meistens war es dafür zu spät. ^ Woran lag das:' 
Es tritt immer deutlicher zutage: der erste Verband hatte die Wunden 
nur schlecht und recht bedeckt, aber nicht abgeschlossen und vor der 
secundären Infection geschützt. Ich entsinne mich noch eines grossen 
Sanitätszuges, der direkt aus dem Innern Frankreichs her auf das lem- 
Delhofer Feld bei Berlin geleitet wurde und den ich zu evacuiren hatte. 
Den Verwundeten war die denkbar grösste Sorgfalt gewidmet worden, 
und trotzdem hatte der mehrtägige Transport in den wunderbar praktisch 
eingerichteten Waggons eine erhebliche Verschlechterung der Wunden 
nicht hinzuhalten vermocht. Am besten befanden sich noch die leich¬ 
teren complicirten Schussfracturen der Unterschenkel und oberen Extre¬ 
mitäten, weil sie in einem frühzeitig und gut angelegten Gipsverbande mög¬ 
lichst unberührt geblieben waren. Trotz des Gestankes der Verbände 
sah man unter ihnen nicht selten gut granulirende Wunden hervor¬ 
kommen, und wenn diese nach dem Uebergang in die bestmögliche Be¬ 
handlung dennoch zuweilen hospitalkrank wurden, so traf doch Jveine 
ein Vorwurf, denn wir waren damals mit unserer neuen Wundbehandlung 
für einen so grossen Krieg bei weitem noch nicht genügend reu. Wi 
hatten das Unglück, dass die Antiseptik etwas zu spät oder der Erieg 
zu früh kam. Lister war damals nur erst von einem Bruchtneu aer 
Chirurgen verstanden worden und von einem Theile dieser auch nur miß ¬ 
verstanden. Man sah zu viel in der Carbolsäure und verfügte noch mcht 
über zuverlässig sterilisirte Finger, Instrumente und Verbandstofle. 

Die leichteren aus dem eben erwähnten Sanitätszuge stammen 
und nicht von Contentiwerbänden umschlossenen Schusswunden sahen 
dagegen unvergleichlich schlechter aus, sie waren grösstentheils im zu¬ 
stande der Jauchung, und viele Patienten zeigten hohes Fieber. W 
waren diese täglich ein- bis zweimal sorgMtigst ausgespült und neu ver¬ 
bunden worden, aber ihr Zustand hatte sich zusehends verschlunme , 
den ärztlichen Dienst vertraten junge Candidaten der Medicin, wie mir 
däuchte ohne eigentliche Führung eines erfahrenen Fachmannes, 
dieser viel mehr leisten können? Ich glaube unter den bestehen en 
hältnissen kaum. Ein grosser Theil der Wunden, ahnungslos im Wag 
erst inficirt, hätte baldigst gespalten und regulirt werden müssen, 
das lässt sich in einem Sanitätszuge nicht immer gut machen. 

Freilich erzeugte das damalige Projectil grössere Ein- und Ausschuss 
wunden, und ihre Känder waren auch wohl mehr, resp. ausgedehnte g 
quetscht, als wir dies heute zu erwarten haben, und demgemäss au 
leichter secundär inficirbar. 

Meine oben erwähnte Arbeit hatte auf dem vorjährigen Chfrurgen- 
congress das Schicksal eines überladenen Schiffes; ich hatte 
zuviel der Vorschläge gemacht; es sank, doch weis:3 ic h no<\ 
liegt, und vielleicht ist auch noch etwas von der Ladung , 

Theile davon sind noch über dem Wasser sichtbar. Die Fluth 
hinten, denn mein letzter Vorschlag sank zuerst und nss dann e 

mit sich hinab. ,, TT , 7 tir 

Die Heranziehung eines wenn auch geschulten Unterper _ 
Vemähung der Wunden schien Allen gefährlich. Man wollte se 
den nicht die nöthige Geschicklichkeit und Reinlichkeit zutrau • 
auch der zweite Vorschlag, etwas grössere Ausschusswunden, der 
Schluss durch ein Pflasterstück unzuverlässig erscheinen kann, . 
nähen, fand keine Aufnahme, und zwar aus demselben Grunde, 


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1. März. 


ersten Propositum, die kleinen Gewehrschusswunden mit Pflastern zu 
gcUiessen die AWehnung bereitete. Nur v. Esmarch trat bedingungsweise 
< 0r Pflasteranwendung ein; er wollte aber, um des abfliefsenden 
Sektes wiUen, die Wunden erat mit emem aufsaugenden Verband- 
Stückchen bedeckt haben und darüber dann das Pflaster legen 

Die Discussion war nur kurz und wenig eingehend und wurde durch 
einen Schiassantrag des Herrn Thiersch, der die Beibehaltung der 
.offenen Wundbehandfong für den Krieg empfahl, zum Ende gebracht 
Die Einzelheiten der Discussion können in den Verhandlungen der 
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1892, p. 21 ff., nachgesehen worden 
Aus allem, was gegen mich vorgebracht wurde, ging hervor dass 
hervorragende Vertreter der deutschen Chirurgie an der Primiirinfcction 
der bchusswunde, wenigstens für die Ueberzahl der Fälle, festhalten 
demgemäss einen sofortigen hermetischen Verschluss als gefährlich von 
der Hand weisen und in einem das Wundsecret aufsaugenden Verbände 
das Heil sehen. Bewiesen ist zwar diese Anschauung durch nichts 
denn unsere früheren Kriegserfahrungen sind für diese Frage gar nicht 
zu verwerten. Wie konnte man wohl unterscheiden, ob die zahllos 
mficirten Wunden schon m statu nascendi vergiftet waren oder erst 
Stunden und Tage nachher? Wie wenig wusste man überhaupt von dem 
W T ^W^dmfection! Man sah nicht selten aus eiternden Schuss- 
wunden Bekleidungstetzen hervortreten und hielt nun diese für die allein 
schuldig gewesenen Infectionstrüger. Dies einmal angenommen, schloss 
man anscheinend^folgerichtig weiter, dass alle eiternden Schusswunden durch 
mitgenssene Partikel oder Partikelchen primär inficirt waren, und wie sehr 
musste sich diese Ansicht noch befestigen, als List er mit der Lehre von 
den Luftkeimen auftrat, gegen die hunderttausende von Sprays in Be¬ 
wegung gesetzt wurden. Wenn ich nicht irre, befreite Trendelenburg 
uns von dieser Qual, wofür wir Chirurgen ihm im Namen unserer Ge- 
2'* T zu ...^ 08 f. em Da ? k verpflichtet sind. Dies Dogma von der so¬ 
fortigen Luftinfection spielte in der Entwicklungsgeschichte der Anti- 
SjpLk und jeder glaubte daran, eine Hauptrolle; jetzt ist es zu einem 

zuröckopfnh sc ^ ir !. im P^'* Auch die Antiseptik ist auf die Aseptik 
jorflekgefahrt worden, und so sehen wir. wie grosse mit orthodoxer In¬ 
fi™ 3 * au !g en I ? r V I ?f e . Lehrmemungen nur zu bald auf den Index kommen 
önnen. Vielleicht sind auch für die Lehre von der Primärinfection der 

&r den ^ Züg lC ? lhrer Lebensdauer einige Befürchtungen gerecht¬ 
fertigt; das nöthige hohe Alter hat sie jedenfalls erreicht. 

kJ**" ü , bri S® ns gn Unrecht, wenn ich behaupten wollte, dass man 
Shpn g H 0Ch J * d i e Scb ^ ss r nde X ör primär inficirt hält; dagegen 
EjjT.Jjt!'ü.^eiejohibekannte Erfahrungen aus den letzten ^eld- 
aelber .. sa fJ? \ ur ' dass ™ jedem die Bekleidung 
KGeschosse die Mikroben „sehr häufig“, und in „50% de? 
tPm Anff nicht immer, mitgenommen werden. Das ist eine gemässig- 
Se?te A ai!nh S «" g ’>, a f ber aU ? 1 Esse ^tiaUtät steht ein Beweis nicht zur 
Eindruck? DUr * de , n , Wertb ei ner blossen Annahme, eines blossen 

fachster ab ? r trotzde . m das Wesen der ersten Versorgung ein- 

£! ie tlZr f ca 5 0mscb bestimmen «nd beherrschen und ver- 
Endzweck Ü q ’i d J e mdessen ’ genauer betrachtet, nicht den höchsten 
Halbheit ' ctl< ? n J vo ? a . ussen ^ verfolgt und in ihrer 

nnd stets bpwafhtAn 1 ^* w ? rd s * e den Küniken bei liegenden 

und wiederum n b f en - ^ ra ? ken Ms eine glückliche Combination der offenen 
ThmJ ™“^ Ius,veaW nnd b ehandl u ngd a s beste leisten, im Felde aber 
»mit def in d^fps man , wi rd<“ um mit v. Esmarch zu reden, 

s«in die rnrnnrh«/^ 0 ^ vorhandenen Mullbinde schwerlich imstande 
Transport verarhiekf « S ° A S1C !? ei \. 7 ' 11 be /estigen, dass sie sich nicht beim 
düngen Mn Hai? b L q u dl ® emfa c hsten und leichtesten Verwun- 
mit den Verhandnöok h ® cb ?^^ ern ’ Rumpfe, den Hüften etc. werden 
noch s?Ä^ be ^ ausreichend versorgt werden können; man 
oder verschieben Verbande werden sich alsbald abheben 

wollten offenen WunriuH? I ^ 1 I 8srat,be . ne Gcclusion wird von einer nicht ge- 
^ , allen ibren Fo] " m SeMgt sein, 

fachen Gewehrschuß™,? mg n -i. cb ^ , d ? n sofor . ti g en Verschluss der ein- 
fürchtet eine Serretvpri? 1 !* 611 mifc j kleinem Ein- und Ausschuss? Er 
häufig“ einer Sn W ?’ U ? d warum diese? weü das Secret „sehr 
bekannten diffusen PM^ Unde e ?^?^ ammen ’ und ’ fMls zurückgehalten, zur 
bin hat Köni«? vnllkA legm0I1 D fbkren würde. Auf seine Voraussetzung 
ihm hieiS R ? Cht ’ und - ich wäre wohl der letzte, der 

diese Voraussetzung ffe^a a beiSt r? m ?‘ ^Y ie wir 8päter sehen werden, ist 
“*8 indessen eimmd f?™ 8 ? DU £ f 5 r Ausnahmsfölle zutreffend. Wir wollen 
fache ScrusUn^ a rOhe lrCh kleinkalib "> Gewehr gesetzte ein- 
Partikel hinein^erissen 111 welche die Kugel inficirende 

^nge haben die de« b A ätte ' v Die El . DScbu sswunde wird circa 4 mm 
durch vielfache Versuch i SS !r USSes ^ circa 10 mra - Maasszahlen, welche 
stellt sind. Auch eine am bäu figsten zu beobachtenden festge- 

Eatient kommt ziemlieh c U £ Cb n Cbung - des Humerus mag vorliegen. Der 
beiden mit den Mullenm BCbne z , u j> einem Verbande; die Schussöffnungon 
hebst gut und festsit™«/? 1 * 6886 ! 1 bede $ k b und darüber die Mullbinde mög¬ 
end, und wir freuen nn« aDge 6gfc ' ^i 88611 ’ der Schuss wirkte infi- 
der im übrigen nicht oder H?® eres Werkes, denn der Secretabzug aus 
^fang und Fortran p- neh mcbt ® ebr blutenden Wunde kann nun seinen 
jerden. - Können wir aWw* 1 ^ dad ^ ch die Wunde wieder desinficirt 
wir es für n,2 letzteres un Ernste wirklich hoffen wollen ? Wohl 
offene Wunde, der vöüiß q &SS f 1 ?« mit lofectionsstoffen verimpfte weit 
accidentellen Wundkrankh ö ^ eCreta ^ fluss ^ ew ährt ist, von einer schwereren 
aöndung, auch eine bleibt ’ ab «r ^ gewöhnliche Ent- 

orepart bleiben. Diese w a te - e Wundkrankheit, dürfte ihr wohl schwerlich 
ann nur das Secret"immer Ja uaverme i d Hoh wohl noch zu ertragen, 

S® 1 dem von uns vora^e«et g f g ^1 abfliessen könn be- Wird dies aber 
J 01 ; p nedenspraxi8 iJt^ ös ® tzt « 11 FaHe genügend gewährleistet sein? In 
"eiterungsschnitte Snd Pin?,S! g8tens - 111 8olcben ™en nicht ohne Er- 
Emfübr ung einer Drainage zu machen. Wir 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


211 


dass man sich fast scheuen muss, sie hier zu erwähnen Wie «fßl, 1 ^ nge, 
d6n Abflussverbältn issen unserer Schusswunde? Ein- undAn? 
znn5eW n d Ung, i VOn mir weni gf a Millimetern idealem Durchmesser werden 
zunächst durch geronnenes Blut und Serum ausfrefüllt nnH viu ! 
ihr Ve^hluss wird noch durch die SchweTlung d 
räuder bald vervollständigt werden. Wie gern würden ^dr bei feem 
Bilde verweilen, wenn es sieb um eine aseptische Wunde handelte und 

wdt d “chlltzM kn r nnt l M| dll A C h 0men h l ermetis . cI ‘“ Abschluss vor derAussen- 
Kör,;» pl- Ab es kann mcht sein < "' ir setzen ja mit 

Pflaster noch durch die Naht geschlossen worden, und zudem liegt ein 
aufsaugender Verband darüber! Man sollte es beinahe glauben aber 
vi/f “ cht 80 ? die Wundöffnungen sind, wenn auch nicht’durch 
Menschenhand, doch so gut wie geschlossen, und das kärgliche Mullcom- 
Frtf? 6 ?, tan - n Sei T° capill . ar l e Wirkung so gut wie gar Glicht entfalten. 
vn?«fpt b e / mg / n 7 Ta ? ( i? ,f ebt es etwas Luft ’ denn der im Wundinnem 
Zer , fi i de J ge / onae J nen Secretmassen löst endlich auch 
die orgamscheu V erschlusspfröpfe, und nun können die mittlerweile jauchig 
r- de i n T en ^ ulldflü8Slgkeiten austreten. Aber leider nicht viel anders 
als die Unnmengen bei der paradoxen Isehurie. Auch diese Verhältnisse 
liegen so klar vor, dass man sich scheuen muss, sie hier derartig zu zer¬ 
gliedern, und doch muss es geschehen, um dem Leser die Verworrenheit 
der Vorstellung von einer „offenen“ Behandlung der inficirtenSchuss- 
Z i e rJ£n S i A fTi ZU fübre ^ M^rweile hat sich Fieber eingestellt. 
d "^ ra 1 nke , bat Schmerzen und wird elend, sein Zustand wird erkannt, 
der Verband heruntergenommen — die Entfernung von Pflaster oder Nabt 
ginge, nebenboi gesagt, nicht minder schnell von statten — und die be¬ 
kannte Spaltung und Drainage der Wunde tritt zum Heil des Patienten 
m ihre Rechte. Leider sind auch einer oder mehrere Knochensplitter 
osteomyelitisch oder schon nekrotisch geworden und halten vorläufig noch 
d 10 V“ n dhe llu ng auf. Venn die Schusswunden, wie König "meint, 
„sehr häufig pnmär inficirt sind, ist allerdings der von uns geschilderte 
Verlauf in keinerlei Weise aufzuhalten, aber es frägt sich doch, welche 
positiven Verdienste denn die „offene Wundbehandlung“, an der auch 
ihiersch festzuhalten räth, hierbei aufzuweisen hat. Dass etwa der erste 
verband sich allmählich und sichtlich mit stinkendem Secret tränkt? Das 
würde bei der Ueberfülle der Arbeit, und wenn sich der Patient sonst 
wohl befindet, wohl kaum zur schleunigsten Umschau nach der Wunde 
drängen, wohl aber würde ein mit Schmerzen und Fieber verknüpftes 
üebelbennaen des Patienten zur schleunigen Abnahme des Verbandes 
drängen, sei er nun mit Secret durchsetzt oder nicht. Eine solche Nötlii- 
gung würden wir bei jedem Verbande empfinden, sei er nun occlusiv oder 
nur ein Deckverband, und es kommt in dieser Beziehung wirklich alles 
auf ems heraus. Immerhin würde ich, wenn König mit der Annahme 
einer sehr häufigen“ primären Infection Recht hatte, nur die Wund¬ 
bedeckung wählen, welche sich im Felde als die praktischste, d. h. am 
leichtesten und schnellsten herzustellende erwiese, und mich von Wund- 
behandlungstheorieen überhaupt gar nicht leiten lassen, denn der Patient, 
dessen VV unde ich auf dem Schlachtfelde doch nicht prophylaktisch spalten 
und desinficiren kann, ist seinem Schicksale vom ersten Augenblicke 
seiner Verwundung an so w r ie so verfallen und kann erst in den rück¬ 
wärtigen grossen Lazarethen die wahre chirurgische Behandlung finden. 

Somit gewährt die auf dem Chirurgencongress von 1892 zum Aus¬ 
druck gekommene allgemeine Befürchtung, dass der bei weitem grösste Theil 
der Schusswunden als primär inficirt anzusehen ist, ein recht trübes Bild 
und könnte alle Bemühungen, der grossen Masse von Verwendeten, die 
die Leichtverwundeten nun einmal darstellen, zu einer schnelleren und 
ungestörteren Heilung in ihrem und der Armee Interesse zu verhelfen, 
Ms gegenstandslos erscheinen lassen, und dem entsprach auch dio Auf¬ 
nahme meiner Vorschläge. 

Aber liegt die Sache denn wirklich so trostlos, und müssen wdr wirklich 
entsagend die Hände in den Schooss legen? Ist die öffentliche Meinung 
der Chirurgen wirklich so zur Resignation geneigt, oder widerstrebt der 
Instinct noch einer zu pessimistischen Auffassung der Sachlage? Ganz 
und gar hat man sich dem Pessimismus doch nicht ergeben wollen. W'ie 
wären sonst die von unseren ersten Chirurgen angeregten Bestrebungen, 
den ersten Verband mit grossen Kosten antiseptisch zu machen, zu ver¬ 
stehen? Wozu sollte das Sublimat in den Mullstoffen dienen? Um das 
aus der Wunde stammende inficirte Secret zu desinficiren, das hätte wohl 
kaum einen Sinn gehabt, oder vielmehr zu verhindern, dass sich von 
aussen an den Verband heran tretende infectiöse Keime in einem an sich 
aseptischen und obendrein sublimatisirten Wundsecret nicht weiter ent¬ 
wickeln und somit auch die Wunde nicht mehr bedrohen? Letzterer 
Gesichtspunkt war wohl der entschieden leitende, und er wiederum musste 
die Voraussetzung hegen, dass noch viele Wunden primär aseptisch seien 
und vor der Secundärinfection zu schützen seien. Der angegebene Haupt¬ 
zweck, für den Verband nur sterilisirtes Material zur Verfügung zu 
stellen, rechtfertigt allein schon den ganzen Aufwand, aber er kann nicht 
der stillen Voraussetzung entbehren, dass durch einen nicht sterilisirten 
Verband an der Wundo noch etwas zu verderben ist, und dass die also 
noch jungfräuliche Wunde keiner Bekeimung ausgosetzt worden darf. In¬ 
wieweit der vorgesehene Verband diesen Bestrebungen in Wahrheit zu 
entsprochen vermag, will ich hier nicht untersuchen, sondorn nur darauf 


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DEUTSCHE MEDICINISC HE WOCHENSCHRIFT ^ 


No. 9 


212 - 

efgenen Erfahrungen und hat den Vorzug, dass es nirgends im Dienste 
dor von mir vertretenen Tendenz gestanden hat. . 

Als erste deutlichere Wirkung einer Wundinfection dürfen wir das An- 
^t^ifren der Temperatur, also die Ausbildung des Wundfiebers betrachten, des- 
ienifen Fiebers? welches in der vorantiseptischen. Zeit fast.regelmässig als 
Folie der Verletzungen beobachtet wurde. Da wir es jetzt nur^ausnahms- 
weise auftreten sehen, müssen wir das vormals so wohlbekannte Wundfieber 
einer iedesmaligen Infection zuschreiben, und in dieser Beziehung konnte 
ein Unterschied zwischen Friedens- und Schusswunden nicht bestehen. 
Sowie der inficirende Keim versät war, musste der Organismus den uns 
ietlt ^läufigen Regeln der Bacteriologie zufolge meiner gewissen Zeit 
darauf mit dem Beginn des Wundfiebers reagiren, und m dieser Beziehung 
konnte ebenfalls em Unterschied zwischen Friedens- und Schusswunde 
nicht bestehen. Ich erinnere bezüglich dieser Gleichartigkeit an die 
Trendelenburg auf dem vorjährigen Chirurgencongress ausgesprochenen 
Sätze: „Die Chirurgie ist doch immer dieselbe, die Fnedenschirurgio wie 
die Kriegschirurgie: die Kriegschirurgie ist bloss im wesentlichen die 
Chirurgie der cSnplicirten Fracturen unter erschwerenden äusseren Um¬ 
ständen“ Sätze, die ich vollständig unterschreibe. Doch nun zurück zu 
unserem’Fieber. OttoWeber sagt in seiner bekannten allgemeinen 
Chirurgie p. 599 folgendes: „Wenn eine erhebliche. Verwundung den 
Körpel 1 trifft, so tritt gewöhnlich, besonders wenn sie mit Blutverlust 
verbunden ist, in den ersten Stunden ein Collapsus ein. Früher oder 
später, meist aber nach Ablauf der ersten 24 Stunden stellt sich eine 
entgegengesetzte Störung des Allgemeinbefindens ein; es 
lieber. Gussenbauer betont in seinem Werte: Sephthäme, Pyokamie 
und Pyosephthämie, Billroth und Lücke, Lief. 4., dass das e J nfac ko 
septische Wundfieber offene Continuitätstrennungen meist vom ersten bis 
zum vierten Tage nach der Verletzung begleitet und dann mit dem Ein¬ 
tritt einer reichlichen Eiterabsonderung schwmdet. In diesen Fällen pflegt 
an den Wunden eine mit massiger Anschwellung und leichter, aut die 
nächste Umgebung der Wunde beschränkter Röthung emhergehende Ent¬ 
zündung einzutreten, welche ätiologisch auf athmo sphärische Infection 
zurückzuführen ist.“ Wie steht es nun mit dem Wundfieber bei Schuss¬ 
verletzungen, gemäss den Erfahrungen der neueren Zeit, in der die Wunden 
ohne vorheriges Sondiren und Kugelsuchen einfach .verbunden wurden? 
Fischer sagt in seinem Handbuch der Kriegschirurgie darüber folgendes: 
Das Wundfieber tritt bei Schusswunden meist spät, am 4.-6. läge, 
selten schon in den ersten 24-36 Stunden nach der Verwundung ein 
und endet bei Eintritt lebhafterer Eiterung am 7.—9. Tage. Diese An¬ 
gaben stehen in auffälligem Gegensätze zu denen anderer knegschirur- 
gischer Autoren, wie Stromeyer, Longmore u. a., welche bezüglich 
des zeitlichen Eintritts von Wundfieber bei Schusswunden und dem des 
gewöhnlichen friedenschirurgischen keinen Unterschied machen. Es ist 
natürlich zu bemerken, dass der hier figurirende Begriff des Wundfiebers 
heute nur wenig mehr als zu recht bestehend empfunden wird, da wir jetzt 
die früher unvermeidliche typische Wundinfection und demgemäss, auch 
das reguläre Wundfieber kaum mehr kennen; es sei denn, dass wir das 
sogenannte „aseptische“ Fieber als eine noch nicht überwundene letzte 
Andeutung desselben zu betrachten hätten. Wenn nun das Wundfieber 
nach Schussverletzungen einige Tage später auftrat, als das typisch m der 
Friedenschirurgie beobachtete, so liegt der Schluss nahe, dass auch die 
Schusswunde also nicht primär, sondern wohl entsprechend später, aber 
erst an den nächsten Tagen wahrscheinlich durch Menschenhand oder 
längere Lufteinwirkung secundär inficirt wurde. Ich erlaubte mir, Herrn 
Fischer persönlich über seine auffällige Angabe zu interpelliren, und er 
hatte die Güte, mir zu versichern, dass er diese Angabe speciell auf 
Grund seiner nach der Schlacht von Spichem gemachten Beobachtungen 
formulirt habe. 

Es kann ja wohl sein, dass die Fischer sehe Erfahrung noch kerne 
durchschlagende ist, es wäre andererseits aber auch möglich, dass die gleich¬ 
zeitigen anders berichtenden Autoren diesem Punkte keine specielle Auf¬ 
merksamkeit gewidmet hätten; mir lag es nur daran, den auffallenden 
Unterschied in den Angaben hervorzuheben, ohne ihn schon als stärkere 
Beweisstütze für die von mir vertretene Anschauung betrachten zu 
wollen. _ (Fortsetzung folgt.) 

Stand der Cholera. 

Im französischen Departement Finist&re wurden nach den Ver¬ 
öffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes vom 22. bis 29. Januar 
4 Choleratodesfälle festgestellt, davon 2 in Concarneau, je 1 in Brest 
und Pouldergat. 

Der erste Cholerafall in Namur wurde nach der Lancet bereits am 
10. December beobachtet; von da ab bis zum 25. Januar kamen 41 Er¬ 
krankungen, 23 Todesfälle in der Stadt zur Anzeige. In dem benach¬ 
barten Flawinne wurden 7 (3), in Auvelais 15 bis 16 (8), in mehreren 
anderen Ortschaften 18 (13) Cholerafälle festgestellt. In Saint Trond 
waren, anscheinend bis zum 25. Januar, nach der Lancet 15 Cholera¬ 
todesfälle vorgekommen. Neuere Nachrichten aus Belgien fehlen. 

In Konstantinopel hatte im Januar die Seuche abgenommen Tn 
der zweiten Jahreswoche waren daselbst 54 Erkrankungen, 40 Sterbefälle, 


. , nr 1 . _ iR 99 Tamiar 20 (19) Fälle festgestellt worden, 

!?,!l?2M18) bezw 6 'l9 (13?' in Stambul. Ende Januar erschien die 
ChoC sLr^nahezTerloschen; nach neueren Nachrichten sind jedoch m 
Cholera sogar nane wieder Choleraerkrankungen in täglich sich 

fte?g radeV ZaS L™a“orfen Am 21. Januar kam^ ein Todesfall 
obacS.T Trapezunt betrag die Zah der 

dcr'Beya^kerungT'dic^ah^der^Todes'f&lle aSS. ^ 0e f ter ^ Sani ‘ i “ te d " e | e a n h ) 1 

s irr»” ar äää« 

47° W“ polis wurd6 der letzte Cholerafall am 27. December beoh- 
i. + -pt-_ Qpuchfl blieb nach wie vor auf das Militär beschränkt. Im 

ganzen erkrankten (starben) 210 (80) Mann. (Oesterreichisches Sanitäts- 


In Persien sollen in der zweiten Januarwoche Cholerasterbefälle nicht 

me ^ülber Russland entnehmen wir den Veröffentlichungen des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamtes nachstehende. Daten. Es - 

in der Stadt Petersburg vom 18. bis 24. Januar 45 (23), vom 25 bis 
31 Januar 32 (19), in den Gubermen Petersburg vom 7. bis 13. Januar 
19 (9) vom 14. bis 20. Januar 29 (12), Lublin vom 31 December bis 
« lan j.Q ( 90 \ Plock vom 7. bis 13. Januar 6 (4), vom 14. bis 

20. lanuur 5(l)?Kowno desgl. 12 (12)bezw. 10 JanÄM’ 

bezw 2(2). Tschernigow vom 31. December bis 6. Januar 19 (10), 
vom 7 bis 13, Januar 6 (1), Eriwan vom 31. December bis 6. Januar 
11 (4), Podolien desgl. 7 (4), Wolhynien vom 4. bis 6 .Januar4 3, 
Warschau vom 7. bis 13. Januar 1 (0). vom 14. bis 20. Januar 11 (5), 
Radom vom 7. bis 13. Januar 50 (9), Woronesch vom 30. Decembei 
bis 13. Januar 15 (6), Stawropol vom 30. December bis 6. Januar 10 (2) 
Personen. Einige neuere amtliche Angaben bringt das Oesterreichische 
Sanitätswesen: Stadt Petersburg vom 25 Januar bis 8. Februar 5 6 (36). 
Gubernien Petersburg vom 14. bis 31. Januar 72 (26). Eriwan vom 
7. bis 13. Januar 16 (5), Koarno 14. bis 27. Januar 31 Kadom 

7. bis 27. Januar 67 (11) Erkrankungen (Todesfälle). Sperling. 

XLIl. Standesangelegenheiten. 

Replik in Sachen der Nengestaltnng der medicinischen 
Prüfungen. 

Mein Artikel in No. 7 dieser Wochenschrift hat seitens des eineni Herrn 
Redacteurs einen kritischen Nachtrag erhalten, der zu Missverständnissen 
Anlass giebt. Ich möchte solchen alsbald Vorbeugen; denn, wollte ich 
die weitere Erörterung verschieben, bis die im Cultusmin^tenuma g 
arbeiteten „Grandzüge“ „in authentischer Form der 0effentll ^" (! ' t 
liegen“, so könnte das leicht bis zum St. Nimmermehrstage whton. 

8 Einstweilen bitte ich also, mir auch ohne Belage zu glauboi, dass 
die Heranziehung „autorisirter Krankenanstalten für die A “ sbll ‘ iu "S d . 
Mediciner vor dem Staatsexamen nicht meine Idee ist, sondern eben 
jenen „Grundzügen“ vorgeschlagen wird. Ich habe nur die 
ausgesprochen, dass man die Studirenden in solchen Anstalten mcht e> 
nur als „Unterassistenten“ anstellen dürfe — wie es geplant ist , 
wirklich klinisch unterrichten müsse, ^ter dieser Bedingung schem 
mir - angesichts der Ueberfüllung der klinischen Hörsäle - die Absicnt 
der Regierung durchaus plausibel, und ich halte es nicht f . 

Sache, ihr die, im letzten Grunde doch nur ökonomischen. Schwierig 
keiten vorzurücken. Das wird Herr Miquel schon besorgen! ■ 

Dass ich die pathologische Anatomie zumGegenstände der „v 
prttfung“ machen wolle, ist doch insofern kaum richtig, als 1 
vorgeschlagene wissenschaftliche Prüfung am Schlüsse des^ akademischen 
Trienniums mit der bisherigen Vorprüfung gar nichts mehr gemein ^ 
Und wenn nun Herr Eulenburg mit Nachdruck erklärt; „die pathologiscb 
Anatomie gehört zur Klinik und die Klinik zur pathologischen^ Anatomie^ 
so muss ich doch auch unsere Leser inständig bitten, mch _ 
glauben, dass ich einer solchen Ansicht irgendwo entg 
Habe ich nicht sogar ausdrücklich gesagt, es wurde die „«nabwe Stare 
Notwendigkeit“ eintreten, an den zum klimschen Untemc> j n 

Krankenhäusern auch einen pathologischen Anatomen f“ 2 “® . . be _ 
der That, zwischen Herrn Eulenburg's Meinung und der “eing __ 
steht nur der Unterschied - und ihn will ich gern betagt sehen 
dass ich wünsche, der Mediciner soUe für seine klinischen Studien berei 
grttndUche Vorkenntnisse in der pathologischen Anatomie 
wogegen Herr Eulenborg fürchtet, jener würde in solche “”„ en 
den aus der pathologischen Anatomie hertibergenommenen ° 

allzusehr imbuirt“ an die klinische Beobachtung.herantreten. 

Sehr auffällig ist es mir, dass Herr Eulenburg mir g J it me hr 
zu müssen glaubt, dass es bei der ärztlichen Ausbildung do » uu( f 
auf scharfe Beobachtung, auf rasches, sicheres Erfassen, D' , 

Combiniren“, als auf eine „gleichmässig abgerundete „medic Ansicht 
meinbildung“ ankomme. Ich dächte doch wahrhaftig, gera e y ,j er 
hätte ich selbst in meinem Artikel aufs schärfst«».verfochten! Von 
Prüfung, die sich auf die „medicinische Allgemeinbildung 
verlange ich in meinen Vorschlägen doch gerade, sie so 
besonders wichtigen und möglichst unanfechtbarem Ina g e . 

schränken. Ist denn in der bisherigen Vorprüfung. etwa © j a 

sp.hrttnknmr frm'iht, wordßn? Und andererseits: bietet sie 


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Got igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



1. März. 


DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ihrer jetzigen mündlichen Form, die Herr Eulenburg vertheidigt über¬ 
haupt Gelegenheit, festzustellen, ob der Candidat in „scharfer Beobachtung 
raschem Erfassen, Durchdenken und Combiniren“ ausgebildet ist? Wer 
diese Frage bejahen wollte, der triebe die Ironie weit über das richtige 
Maass. Worauf könnte denn in dieser Prüfung die Beobachtung das 
Auffassungsvermögen Und die Combinationsgabe gerichtet werden’, als 
etwa auf das Mienenspiel des Examinators und die Zuflüsterungen der 

Corona? da doch niemals — oder in den allerseltensten Ausnahmen _ 

dem C'andidaten überhaupt irgend welches Beobachtungsmaterial vorgelegt 
wird! Das soll nun gerade nach meinen Vorschlägen künftig geschehen- 
und wenn ich dem Candidaten für die Beobachtung, das Durchdenken und 
Combiniren sechs Tage vergönnt sehen möchte, also auf die „Fixigkeit“ 
wie Onkel Bräsig sagt, verzichte, so geschieht es nicht, weil ich diese 
unterschätze, sondern, weil ich glaube, dass die Gründlichkeit zuvörderst 
noth timt, die „Fixigkeit“ aber eine Frucht langer Uebung ist und auch 

' nrä r R. Kossmann. 

(Ich darf annehmen, dass die Leser der Wochenschrift nunmehr über 
die Anschauungen des Herrn Prof. Kossmann wohl genügend informirt 
smd, um sich selbst ein Urtheil zu bilden, und verzichte deshalb auf eine 
Entgegnnng. A. E.) 

„. ~ J 1 ä er Sitzung des Geschärtsaussclmsses der Berliner ärzt- 
Hriien Stmidesverei ne am 23. Febr. kam, angeregt durch einen conereten 
MI die Frage zur vorläufigen Erörterung, ob es möglich sei, solchen 
Aerzten, die zwar durch gerichtliches Urtheil als geisteskrank erklärt sind, 
die sich aber wegen Mangels der Gemeingefährlichkeit auf freiem Fusse 
befinden, die Erlaubnis zur Praxis zu entziehen. Es wird wohl nöthig 
Saftigen 88 S1Ch die Aerztekammern eimnal dieser Angelegenheit 

Da die Ansichten, welche der Verein der Vertrauensärzte der 
Berufsgenossenschaften in Bezug auf das Verhältnis zu den 
ttbrigen Aerzten ausgesprochen hat, zum grossen Theil nicht mit den 
, peschäftsausschusses übereinstimmen, wurde eine Commission 
A ,e bet i r l effe P r < 3en Punkte mit einer Commission der Ver- 

n b ? h i™w ■ vo !!f" hoffen ’ dass diese Verhandlungen 
zu einem alle Theile befriedigenden Ergebnisse führen. 

Debatt V*tspann sich über das Verhältniss der j 
w ül k Sk ‘ a J 8 -I? 211 den Aerzten (cf. die Notiz in No. 7, p. 167, 
rW°^ enSC ? nt) -. Erstere zählen 20000 —25000 Mitglieder und 
lbrer bi shengen Aerzte 150 Mitglieder. Die Htllfskassen gehen 
SLn \ dl T ü Y erem zu s P^ngen und durch Contractabschlüsse mit 
diese unter ihre Botmässigkeit zu bringen. Nachdem 
L; StÄn dcsveremen sowie im Vorstande des Vereins der 

S i e11 ^ £ e g en dieses Vorgehen der Kassen 
li I)er fi«eÄ n lst I Dahm der Geschäftsaussehuss folgende Anträge an: 

u ac ,j tet den von dem Vorstande der Viremi- 
^eleS v£.^ hne , bei i er ^Kskassen einzelnen Aerzten zur Unterschrift 
and eiwartfif a j 5 . d ?J-}Y^ r ? e des ärztlichen Standes zu widerlaufend 
unter «mo!. ^ m®* v 6 . Mlt ^ beder der Standesvercine die Unterschrift 
Ss Mit ?! \ eTtTUg ve ]7 vei e ern werden. 2) Der Geschäftsaus- 
freieu eintrLM,« den unwürdigen Anerbietungen des Vorstandes der 
HoSbs^fl^ 6be IJ en H Vj fska sfn für geboten, dass der Vorstand der 
abbricht und mnvft weitere Verhandlung mit den freien Hülfskassen 
das Svi P r \ d,e . Erwartun S au< b dass in den freien Htllfskassen 
Laheit i re V en Al ’ztwahl eingeführt werde. - Die Ge- 

wir möchten ^ ? durchzusetzen, ist augenblicklich recht günstig, und 
befindlichen ■ auci \ ai L die »«"erhalb der Standesvereine 

Mlgemeinheit alf’fii d " D gende Ersuchen richten, im Interesse der 
den die letyfArtm 6 ' 6 uVerhandeln mit den Kassen zu vei-zichten. Fin- 
Aereten, die sieh We W1 f ® s . anne h men * die nöthige Anzahl von 

^bliesslich dorb w lkü j n scll uhriegeln lassen wollen, so wird ihnen 
freigSdten^ übri * bIeiben ’ als mit dem Verein der 
‘«an es nächsten ml/n m Unterhandlung zu treten, dessen Vorstande 
die Interessent 7? 1 dass , er es bisher trefflich verstanden hat, sowohl 
für das Gedeihen wahraunek ®en, als auch, soweit er es vermag, 

sorgen. die femere Lebensfähigkeit der Kassen selbst zu 

Schusses "und 1 der y ei ^ enb li c hung der "Verhandlungen des Geschäftsaus- 
in einem dem emi& te man sich dahin, dass dieselben 

sohehen solle und Jf ausscku . sse zur Verfügung stehenden Organe ge- 
dieser Angeleienbmf eine Commission zur weiteren Betreibung 

des AerztevereinsblatiA« sc .?d le sslich zu ständigen Correspondenten 

| Alexa^rS r 8 !?^ Eerlmer Ärztliche -Verhältnisse die Herren 

Atzung m 121/4 Uhr geschk)sse h n er em&ant wordcn waren ’ wurd ® die 

frage J, m ® d ^® ilia,Äll8selM18S ist vor kurzem die 

ta streitigen UnfallvJ2!iä er CoUe ^® n Mr Erstattung von Gutachten 

Ergebniss war die Ann m T" °f 8 . 8 * 0 * 1 ,® 11 zur Verhandlung gelangt. Das 
Dr - Aub und MedicinalJfk n 61 * f? gen d en - von den Hen-en Medicinalrath 
scheint wünschtswS rkel /orgeschlagenen Thesen: 1) Es 

um den Berufseenos^ncÄ’ f f rztll( ; he Sachverständigencollegien zu bilden, 
pnicherunggamte^rTS 1 ^ - den Schied sgerichten und dem Landes- 
besonders zweifelhaften F« l if bkeit - zu geben? dieselben in wichtigen und 
f oil Jedoch erst mSh usJsi 6 ! emz «yernehmen. Ein solches Verfahren 
leitet werden. 2) F« ^ er äderen Erhebungsmittel einge- 

einzelnen Aer 7 fpir 0 Pfieblt Slc ^' soIcEe Collegien innerhalb der Bezirke 
^rnngsbezirken zn beziehungsweise in den einzelnen Re- 

nnndestens ein Colleim»!? 1 *- en ’ A so dass m Jedem Regierungsbezirke 
f n er R egel mit drd E; ö H mgesetzt L ^ 3) Jedes Collegium wäre in 
Banner 2u beitiSJfSj de f n ? u be f etzen , fQr welche auch drei Ersatz- 
• ln besonders gelegenen Fällen würde ausser- 


213 

ÄSrlÄ 

@§|Sp^ 

bethfttigen haben, dass jede Aerztekammer für ihren Bezirk .i! i* m 

sara sä“; ss a 

legten Personalvorschläge die ihr die Besetznng der Sgi™ 'nofh' 
wendige Auswahl treffen. (Münch, med. Wochenschrift,) K n0tl “ 

XIV. Therapeutische Mittheilungen. 

Aseptische Halsspiegel. 

Von Sanitätsrath Dr. C. Hop 111 ann in Köln. 

„ S , eit , Mltte n, 892 gebrauche ich zur Untersuchung der Halsonrano 
Spiegel, deren Glas aus der Fassung des Halters ohno weitere Mühe 
herausgenommen werden kann, so das! Glas und Hafter jeJes fUi sich 
naeh jedesmaligem Gebrauch m chirui-gischem Sinne sich reinigen, d h 
aseptisch machen lassen. V on verschiedenen Constructionen g die nach 
i?h m aaa, f he 'S 1 ?™’ hat sich besonders eine bewährt, dt 

Sdt dea ersten Monaten dÄros 

1893 fast ausschliesslich bei mir Anwendung gefunden, weiteren Kreisen 
SÄ kaM " De ^ elbe ist tibri ^ n8 “ der Augustnummer 6 des unter 
w:o R T d ?tl ° n i V?n £ r -, B( ? te J erscheinenden Archivos Intern, d. Rhino- 
logia, Lanngologia. Otologia schon kurz beschrieben worden. 1 ) 

flie p R l a T tllCb f haben , r e .? och J. efczt T gebräuchlichen Kehlkopfspiegel 

1 r , 1111 ,e ^ a hrt, welche ihnen die Väter der Laryngoskopie, Türck 
^L Czer ? ak ’ gegeben hatten. In einer runden oder eckigrunden Metall¬ 
hülse, an deren Hmterflächo der Stiel stumpfwinkelig an^olöthet ist ist 

de"? Hülfe 6 ü S bM a r, da<iUrCh **> V S der hberstohende Rand 
T d T as ®. las ““gekrämp, und möglichst dicht an dieses 
JJffp,™’. Um allzu rasches Uobergreifen der Hitzo vom Metall 
auf das Glas, beim Erwärmen des Spiegels, zu vermeiden, pflegt man 
zwischen Metall und Glas eine Lago Fliesspapier zu legen, welches auch 
^s a plZ d ri ngend ^ Elüssl S keite ? aufsaugt. Vor dem lindringen solcher 
Ininfi? Und Fftssu ?^ schützt , selbst sorgfältigste Anfertigung des 
Spiels m ckt gaaza 'V ei1 die Capillaranziehung durch noch so genaues 
" dar • Metallhtfise nicht aufgehoben wird. Die meisten'"Spiegel 
J ® do , ch ’ die ™ den Handel kommen, haben mangelhafte Fassungen, 
° { l an t fnSCh i geigten, wenn auch gut abgetrockneten 
Spiegeln beim ^Erwärmen kleine Wassertröpfchen aus der Fassung vor- 
treten neht Die Fassung muss demnach als besonders geeignet zur 
Aufnahme infectiöser Stoffe angesehen werden. Da nun diese Stoffe nur 
bei Preisgebung des Spiegelbelags durch Auskochen oder Antiseptica 
vernichtet werden können, so giebt es heutzutage kaum ein Instrument, 
welches den berechtigten Anforderungen der Asepsis weniger genügte, 
als der gebräuchliche Halsspiegel. Die grosse Umwälzung, welche fast 
das gesammte chirurgische Instrumentarium in den letzten zwanzig Jahren 
erfahren hat, scheint bei ihm nichts haben ausrichten zu können. Zwar 
wurde das Bedürfnis, hier Wandel zu schaffen, anerkannt, doch glaubte 
man emen genügenden Ausweg durch den Vorschlag zu finden, jedem 
ranenten seinen eigenen Spiegel zu geben. Um dieses besser und billigrer 
zu bewerkstelligen, liessen Harke 3 ) und später Winkler 3 ) und Avellis 4 ) 
Spiegel unfertigen, welche vom oberen Ende des Griffes abnehmbar sind, 
und yeranlassten ihre Kranken zur Anschaffung solcher Spiegel. Diese 
selbst haben die herkömmliche Fassung und können also im chirurgischen 
Sinne nicht sterilisirt werden. Ohne nun die Möglichkeit einer ReYn- 
fection des Kranken durch seinen eigenen Spiegel in Anschlag bringen 
zu wollen, kann doch ein gebrauchter Spiegel durch Unachtsamkeit oder 
Ligennutz später bei anderen Kranken wieder Anwendung finden. In der 
poliklinischen Praxis ist es aber überhaupt undurchführbar, jeden Kranken 
zur Anschaffung eines besonderen Spiegels zu bestimmen oder solche 
aHf anderer Kosten für die Kranken zu beschallen. Um die Gefahr der 
Uebertragbarkeit von Krankheiten durch den Kehlkopfspiegel auszu- 
schliessen, sind demnach die genannten Vorschläge nicht ausreichend, 
vielmehr muss der Spiegel selbst nach jedem Gebrauch aseptisch gemacht 
werden können. Dieses lässt sich aber nur dadurch erreichen, 
dass das nackte Spiegelglas aus der Fassung ebenso bequem 
zu entfernen, als wieder in dieselbe cinzufügen ist. 

Dieser Aufgabe entsprechen am besten Halter mit federnder Fassung. 

Der erste Halter, den ich construiren liess, hatte als Glasfassung 
in Stück Uhrfeder von etwa 3 /* des Spiegelumfangs. Die Feder wurde 
n ihrer Mitte mit dem Ende eines Stiels verlöthet, welcher an dieser 
Stelle eine Vertiefung zur Aufnahmo des Glases hatte; zwei weitere 
Stützpunkte für letzteres wurden durch Umbiegung der Feder an ihren 

x ) Infolge Aufforderung zur Betheiligung an der laryngologischen Ab¬ 
theilung der deutschen UnterrichtsausstellOng in Chicago seitens des Herrn 
Prof. B. Fränkel sandte ich zwei Constructionen aseptischer Halsfcpiegel 
nebst anderen Ausstellungsobjecten (unter anderem eine kleine Sammlung von 
Gipsabdrücken asymmetrischer beziehungsweise verengter Chonnen Leben¬ 
der) an das Berliner Comite. welches die Gegenstände der Collecfcivaus- 
stellung einverleibte. Der hier beschriebene Spiegel war demnach seit dem 
1. Mai 1893 in Chicago ausgestellt. 

*) Deutsche med. Wochenschr. 1891, p. 478. 

*) Therap. Monatsh. November 1892. 

4 ) Archiv f. Laryngol. 1893, I. 


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Gck igle 


Original fram 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




214 _____ _ _ 

sarsr- £: £ 2 ». 
qsre sra'fiÄ s. 

ausserdem gut reinigen Hess. Solche Spiegel Wütete ich 
etwa 3 U Jahr hindurch und fand, dass aut die Länge dei 
Zeit der Belag vom Rande aus schadhaft wurde, dass also 
die Verkittung in aseptischer Hinsicht nicht empfehlens- 
werth war. Da auch die Feder seihst nur schwierig in v - 
kommener Güte hergestellt werden konnte, so ersetzte ich 
diese Construction durch folgende: . 

Das Ende des Stieles selbst, der m omem Griff von 
Aluminium fest Verschraubt ist, wird (etwa ^veidnttel dei 
Grösse des gewünschten Spiegelumf^ges en sprechend) zu 
einem seitlich offenen Ringe umgebogen und dieser ^ sei^ 
Innenseite ausgefurcht, so dass eine Rmne zur Aufnahnm 

des Spiegels entsteht. In diese lässt sich das an der Be 
legseite verkupferte und mit einem dünnen Firmss uber- 
zogene Glas ohne Mühe ein- und. ausfedern, indem.man es 
von hinten her in den Halbring emklemmt. Um das Glas 
beim Einsetzen nicht zu trüben, klemmt man seinen Rand 
zwischen Mittelfinger imd Daumen linker Hand und federt 
den mit der rechten Hand gefassten Halter vom freien Ende 
des Halbrings an beginnend, über. Nach dem Gebrauch 
hebt man das Glas nach hinten heraus, indem man seine 
Flachen zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und dcn 
Ring mit der rechten Hand etwas auffedert, wäscht Glas 
und Halter in Wasser rein und legt beide in eine neutrale, 
antiseptische Lösung, wenn man nicht vorzieht, den Halter 
oder wenigstens dessen oberes Ende mit dem Halbrmg am- 
zukochen. Als neutrales Antisepticum zum Stenlisiren des 
Glases empfiehlt sich am meisten Solveol, welches den Belag 
des Spiegels nicht angreift. Uebrigens bedarf es nur eines 
kurzen Abwaschens in der Lösung, um das Glas aseptisch 
zu machen, wenn es schon vorher mit Wasser gut ge¬ 
reinigt war. 

Trotzdem 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


© 

© 


lrotzuem das Glas von allen Seiten gewaschen und 
abgetrocknet wird, hält es sich doch auffallend lange gebrauchs¬ 
fähig, was hauptsächlich dem guten Kupfertlberzuge zuzu¬ 
schreiben ist. Nur muss mau die Vorsicht gebrauchen, 
dasselbe mit weichen Tüchern abzutrocknen und nicht zu 
hart dabei zu reiben. Selbstredend wird der Belag, je nach 
dem Gebrauch in längerer oder kürzerer Zeit, schliesslich 
schadhaft, namentlich vom Rande aus, wo er schon durch 
das Einklemmen am ehesten leidet. Dennoch bleibt das Glas 
eben so lange brauchbar, wie das der alten Spiegel und 
lässt sich nach dem Versclileiss durch ein neues ersetzen, 
welches so billig in den Handel kommt, dass der Kosten¬ 
punkt gar nicht in die Wagschale fällt. Die Halter lassen 
sich für jede gewünschte Spiegelgrösse anfertigen; indessen kommt man 
mit drei derselben für alle Fälle aus (zwei für laiyngoskopische Zwecke, 
bei denen der Ring mehr stumpfwinklig vom Stiel abgebogen ist, von l- 
beziehungsweise 18 mm Spiegeldurchmesser, und einem tiir Khmoskopie 
mit mehr rechtwinkliger Abbiegung des Ringes von 18 mm Durchmesser). 

Man könnte nun beim ersten Anblick des Halters die Besorgmss 
hegen, derselbe sichere das Glas nicht genügend, so dass dieses beim 
Gebrauch herausfallen könne. Diese Besorgniss ist indessen unbegründet, 
da ich bei einer zehnmonatlichen, täglich oftmaligen Anwendung ein und 
desselben Halters nicht das geringste Nachlassen seiner Federkraft be¬ 
merkt habe und ein ganz besonders hoher Grad von L ngesclneklichkeit 
dazu gehören würde, den Ring durch Verbiegen unbrauchbar zu machen. 
Sollte aber der Kranke selbst kräftige Würgbewegungen bei der Unter¬ 
suchung machen, so sind dieselben doch nicht imstande, das Glas aus dem 
federnden Ring herauszudrucken. Dieser gewährt eben, wenn er vor 
Verbiegungen geschützt wird (oder, falls er einmal aus Unvorsichtigkeit, 
etwa beim Abtrocknen, verbogen worden sein sollte, vor dem Gebrauche 
wieder gerichtet wird), vollkommen sicheren Schutz gegen das Heraus¬ 
fallen des Glases. Da er nun auch vollkommen sicheren Schutz gegen 
Uebertragung von Krankheitstoffen gewährt und in diesem Sinne ein 
wirklich aseptischer Spiegel ist und stets aseptisch erhalten werden 
kann, so brauche ich zu seiner Empfehlung nichts weiter hinzuzufügen, 
will aber doch nicht unterlassen, zum Schluss darauf hinzuweisen, dass 
schwierig zu laryngoskopirende Kranke mit diesem Spiegel leichter als 
mit dem alten zu untersuchen sind, was wohl darin seinen Grund hat, 
dass der aseptische Spiegel dünner, an der Hinterfläche glatter sowie 
weniger fühlbar ist als die dickere Metallhülse des alten Spiegels, welche 
dazu durch das aufgelöthete Stielende eine Unebenheit aufweist. 

Der'Halter wird nebst 1 /a Dutzend Gläser durch Herrn C. Hilgers, 
Köln, Friesenstrasse 63, für 5 Mark verkauft, einzelne Gläser ä 50 Pfg., 
im Dutzend ä 40 Pfg. Der Musterschutz für den Spiegel datirt vom 
3. März 1893 No. 11860. _ 

— 0. Witzei. Das aas SaUcylidchloroform gewonnene Cliloro- 
forin-Anschütz. (Centralbl. f. Chir. 1893, No. 52.) In dem gegenwärtigen 
Streite der Chirurgen, ob dem Chloroform oder dem Aether der Vorzug 
zu geben sei, empfiehlt Witzel, in der Ueberzeugung, dass die Gefahren 
des Chloroforms nur in der unzweckmässigen Art der Anwendung und 
, der Unreinheit liegen, auf das dringendste das Chlorofonn-Anschütz, als 
ein chemisch absolut reines und sich rein erhaltendes Chloro¬ 
form. Von der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin im 
grossen angewandt, soll die von Prof. Anschütz gefundene Reinigungs¬ 
methode bisher die einzige sein, welche für oin reines Chloroform sichere 


I'i.wiiln- leistet Obwohl Witzol soiuo Versuche mit diesem Chloroform 

"'©lip 0 Aufnierksanikoit aiff* die^Arbeit lenken möchten. - „Man glaubt,“ 
Witze“^Anwendung des Mittels gar nicht mit Chloroform zu 
thun zu haben ““Denn 1) Athmungsverweigerung und Husten kommen 
S vor 2) Das Ezcitationsstadium verlauft in sehr milden Grenzen, 
selbst V potatoren beschenken ^"41 g^zÄko^'d^S 

bU haltunff fc d 1 eTS^shirns ’ist’ eine allmähliche. 4) Die Gefahren für das 
Herz Sn als so gut wie beseitigt gelten, ja Witzei benchtet, dass ern 
pi!;Lr i,nd schneller Anfangspuls schon nach einigen Minuten besser 
wurde. 5) Der sogenannte Chloroformkatzenjammer ist so selten wie 
i - Aßther* einige Patienten nahmen unmittelbar nach der Narkose an 
der Maiilzeft theil. Wenn alle diese Vorzüge wirklich Bestätigung finden, 
dann dürfen wir wohl nicht anstehen, dieses Chloroform als einen erheb- 
liehen Fortschritt in der Chirurgie zu bezeichnen. Freilich tan ja em 
nWhliessendes Urtheil nur eine reiche Erfahrung bringen. Wir wollen 
die Beobachtungen Witzel’s keineswegs anzweifeln, aber es wäre doch 
mLuch dass e? zufällig eine Reihe solcher Patienten zu chloroformiren 
ffehabt hätte die sich zur Chloroformnarkose sehr gut eignen. Dass wir 
^j nifon Chloroform hei vielen Patienten durch die Tropfmethode 
gelegentlich ganz vorzügliche Narkosen haben, dürfte wohl jedem bekannt 
fein- auch dfss Patientin nach der Betäubung sofort essen kommt öfter 
vor.’ Wenn aber die obigen Vorzüge nicht^plegenthch son^^^^ 
sind, so können wir Anschütz recht dankbar sem. Senger (Crefeld). 

— P Filleul beschreibt in einer Inauguraldissertation eine Be- 
handlangsweise oberflächlicher Verbrennungen mit n P r ik ^ l “f?^V^ P f 

seit mehreren Jahren im „Höpital de la Chantd“ von Dr. ThiÄ«,Lhet 
de clinique von Prof. Tillaux. mit Erfolg angewandt ^ urde : D ‘ es 1 f be 
besteht m der Application von Gazecompressen auf die verbrannten Stellen, 
die mit einer gesättigten Lösung (0,5 °/o) von Piknnsaure getrta 
Die Compressen müssen vor dem Auflegen sorgfältig auSe,edrttckt we * 
Wenn die Wunde aseptisch bleibt, braucht der Verband nur selten er 
neuert zu werden, zuerst alle drei Tage, dann alle vier, fünf oder sechs 
Tage. Ausserdem ist nichts nöthig, als dass man die Compressen mit 
einem impermeablen Stoff bedeckt den man einfach: 

Ausser ihrer antiseptischen und heilenden Wirkung übt die Pikrinsäure 
oüTdeuSSiS^ schmerzstillende Wirkung aus Eine ntoxicationsge ah 
liegt nicht vor. Ebenso wird keine Reizung der Haut oder irgend eme 
andere unangenehme Nebenwirkung beobachtet. Das emzige Un a n|en|hme 
ist eine dauernde Gelbfärbung der Partieen, welche mit dem Mittel in 
Berührung gekommen sind (Sem. med. 1894, Wo. <)• 


— Ostertag, Zur Jodtherapie der Actinomykose. (Monatsscbr. f. 
prakt. Thierheilkunde, Band IV.) Die von ThomaBBen m JatoMga 
angeregte Behandlung der Actinomykose der Thiere mit Jodpräparat 
hat nach Ostertag’s Ansicht nicht die allgemeine Verwendung gründen 
welche sie verdient. Es ist nach seinen Erfahrungen, welche a « ch 
anderer Seite bestätigt werden, das Jod, beziehungsweise d^ ^dk© 
geradezu ein Specificum gegen Actinomykose. Bei cutane:nund subcutinnen 
Geschwülsten wurde ein tiefer Kreuzschmtt gemacht und dasba £© 
webe mit Jodtinctur täglich einmal bepinselt. Innerlich 
gleichzeitig-oder allein zweimal täglich 5 g Jodkalmm, m Waese: gelöst, 
gereicht (Kühen). Nach 2-4 Wochen trat Heilung em. Bass, bürtn 
mayer, de Jong und andere haben gleiche Erfolge zu verzeichne g 
habt. Es sei der Erfolg nur zu vergleichen mit dem 
Geschwülste. Obige Thatsache verdient deswegen 1 
gehoben zu werden, weil der Versuch beim Menschen bei de F ff nl(dlt ' J hmen 
seltenen ^Actinomykose in gleicher Weise energisch m Angriff 

— Dehio, Klinische Erfahrungen über Oie Cathartlnsfinre der Senna. 

(St. Petersburger med. Wochenschr. 1893, No.27.) Sennesblattor, F 
rinde und Rhabarberwurzel werden zwar seit langer Zeit allgemein a . 

verwendet, jedoch ist es bisher noch nichUgelungeii, das wksamejnncip 
rein darzustellen. Man nimmt zwar an, dass m allen ei M865) 

Stoff vorhanden sein möge. Aus den Fol. Sennae stellte Kubly WJ) 
die Cathartinsäure dar, doch erwies sich der Körper ^ ^ hat 
lässig und hat allgemeine Verwendung niemals erlangt. Neuerdings 
A. Gensz im Dragendorff sehen Laboratorium aufs* 
wirksamen Stoff herzustellen. Er nennt den von ihm gewonnen 
welcher ein- gelbbraunes Pulver darstellt, ebenfalls Cathartl 
obgleich dieselbe mit der Kubly’schen nicht ldentise • rea girt 
ist in kaltem Wasser schwer, in heissem Wasser leicli r ’ ula im d 
schwach sauer. Es muss unentschieden bleiben, ob ^ n ,. p Pulver von 
Rhabarberwurzel sich der gleiche Stoff vorfindet. Mit di folgender 

Gensz hat Dehio Versuche angestellt. Er verschreibt es nach tol 0 e 

Formel: . 

Cathartinsäure (Gensz) 0,05—0,lo 

Sacchar. alb. 0,3 — 0,5 v r „„rhpn. 

M. f. pulv. S. täglich oder alle 2 Tage em Pulver zu gebrauchen. 

Erstere Dosis ist für Kinder, letztere für Erwachsene ber^ sein, 
scheint nach Dehio*s eigenen Angaben noch zß bo © zu er f 0 lgen, 
Die Wirkung scheint prompt in ca. sechs bis. acht btu ftrre in in 
doch sind heftige Koliken wiederholt bemerkt worden. _ i zu 
Moskau will das Mittel im Grossen darstellen. V orläu g ' _ können, 
wenig ausprobirt, um dem praktischen Arzte (Breslau). 


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1. Mürz. 


DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


215 


XV. Albert Lücke. 

Ein Nachruf von E. Gurlt. 

Der Februar 1894 war ein Unglüeksmonat für die deutsche 
Chirurgie: am 6. starb Theodor Billroth, einige Wochen später 
erhielten wir die unerwartete Trauerkunde, dass am 20. plötzlich 
auch der Strassburger Chirurg aus dem Leben geschieden sei. 

Georg Albert Lücke war in Magdeburg am 4. Juni 1829 
geboren, studirte in Heidelberg, Halle und Göttingen, wurde in 
Halle 1854 mit der Dissertation „De monstro quodam humano“ zum 
Dr. med. promovirt, war später daselbst Assistent in der chirur¬ 
gischen Klinik von Blasius, darauf aber in Langenbeck’s Klinik 
in Berlin. Seine ersten Veröffentlichungen waren zwei chemische 
Arbeiten: „Die Hüllen des Echinococcus und die Echinococcusflüssig¬ 
keit“ und „Ueber die Anwesenheit der Hippursäure im mensch¬ 
lichen Harn und ihre Ausscheidung“ (Virchow’s Archiv Bd. 19, 
1860), und als Assistent Langonbeck’s schrieb er in dessen 
Archiv: „Ueber Atheromcysten der Lymphdrüsen“ (1.1861), „Ueber 
die sogenannte blaue Eiterung“ und „Beiträge zur Lehre von den 
Rescctionen“ (HI. 1862), ferner „Entstehen und Wachsthum von 
Geschwülsten während der Schwangerschaft“ (Monatsschrift für 
Geburtskunde XIX. 1862). Nachdem er während des Krieges gegen 
Dänemark 1864 als Chef eines preussischen Feldlazareths in 
Schleswig mit bestem Erfolge thätig gewesen war, veröffentlichte 
er seine daselbst gemachten Erfahrungen in einer Abhandlung 
.Kriegschirurgische Aphorismen aus dem zweiten schleswig-holsteini- 
selien Kriege im Jahre 1864“ (Berlin 1865, zuerst in Langen¬ 
beck’s Archiv VII. erschienen), die mancherlei Bernerkenswerthes 
darbietet, ln Berlin bereits als Privatdocent habilitirt, wurde er 
1865 als ord. Professor der Chirurgie an die Universität Bern be¬ 
rufen und gehörte derselben bis 1872 an, wo er bei der Eröffnung 
der neu begründeten Kaiser Wilhelms-Universität in Strassburg 
an dieser dieselbe Professur erhielt, die er in Gemeinschaft mit 
mehreren befreundeten Collegen übernahm und bis zu seinem Tode 
mit glänzendem Erfolge bekleidet hat. Schon in Berlin hatte er 
bei dem reichen Material, welches ihm die Langenbeck’sche Klinik 
an krankhaften Geschwülsten darbot, und mit der Anregung und 
Interstützung, die ihm bei seinen Untersuchungen durch Virchow 
und v. Recklinghausen zu Theil wurde, sich sehr viel mit den¬ 
selben beschäftigt, und eine Frucht seiner Studien waren seine 
.Beträge zur Geschwulstlehre“ (Virchow’s Archiv Bd. 28, 38, 35, 
1888—1866), zusammen mit Klebs: „Beitrag zur Ovariotomie und 
zur Kenntniss der Abdominalgeschwülste“ (ebenda Bd. 41, 1867), 
und die 1869 in Pitha-Billroth’s Handbuch der allgemeinen 
und speciellen Chirurgie (H. 1) erschienene Monographie „Die 
hehre von den Geschwülsten in anatomischer und klinischer Be¬ 
ziehung“, die später (Barcelona 1874—75) in’s Spanische und 
•Boston 1880) in’s Englische übersetzt worden ist. Auf einige 
Arbeiten in Langenbeck’s Archiv (VHI. 1867, XI. 1869) „Aus 
der chirurgischen Klinik in Bern“ und „Araputatio femoris trans- 
[° .yhea“ folgten einige Arbeiten, zu denen ihm sein Wirkungs¬ 
kreis m der Schweiz das Material geboten hatte, nämlich „Ueber 
ie chirurgische Behandlung des Kropfes“ (Sammlung klinischer 
orträge, 1870, No. 7), und einige Jahre später, 1875, nachdem er 
»ereits nach Strassburg übergesiedelt war, die auf ausgedehnte, 
a . . statistische Studien basirte Arbeit „Die Krankheiten der Sehild- 
^ruse" (i n Pitha-Billroth’s Handbuch 1H. 1. Bd). Inzwischen 
leLucke Gelegenheit gehabt, sich neue Kriegserfalirung zu 
erben indem er, nach Ausbruch des deutsch-französischen 
icges 18/0, infolge einer Aufforderung des Darmstädter Hülfs- 
ems, die chirurgische Leitung der Lazarethe in Darmstadt und 
im ^ ent Übernommen hatte und, begleitet von einigen Schülern, 
„,-^edes August dorthin abgegangen war. Es wurden da-. 
unJ August bis Ende Oktober etwa 1000 Verwundet^ 

theilu fceiner Oberaufsicht behandelt, während er selbst eine Ab- 
hatte n ^xl-° n ..u ^ e H en sich zu eigener Beobachtung Vorbehalten 
Kripo-.i- lerÖ - berichtete er in der sehr lehrreichen Schrift 
aus ii c,u P lr £ ,sc he Fragen und Bemerkungen. Nach Erfahrungen 
Wnic eserve * azare th en in Dannstadt während der Monate 
Arbeit™ ' epte ™ be r und Oktober 1870“ (Bern 1871). Von grösseren 
lumr tu - aU f , Folgezeit führen wir an die beiden in der Samm- 
AbhanHu r } T orfcrä S e ( 1871 No. 16, 1872 No. 35) erschienenen 
ü^n gPr ! !, ^ el)er den angeborenen Klumpfuss“ und „Ueber 
en entzG »d]ichen Plattfuss“. 

Zeitschrift e . r ’ zusamme n mit C. Hueter, die „Deutsche 

Gemeiner i, u* .™ rur £ie“, die er bis zu seinem Tode, seit 1883 in 
Ä F - R °^ Verausgab und 
Jl Ban Je gediehen i B < ‘ ' 


die bis jetzt bis zu 

sehr trrosKe ”*7 *= euienen ist - In derselben hat er, ausser einer 
mehreren v 7 von Besprechungen neu erschienener Schriften, 
Von grösser» Un< * klinischen Berichten, auch eine Reihe 
hl n ,'ieiten erscheinen lassen, unter denen wir die 
rvorheben: „Fractura condyii int. femoris und Genu 


valgum consecutivum“ und „Behandlung des Hydrops der Sehnen¬ 
scheiden und der Ganglien“ (Bd. 1), „Infectiöse Osteomyelitis und 
Periostitis“ und „Reseetion des zweiten Astes des N. trigeminus“ 
(Bd. 4, 6), „Struma pulsans“ (Bd. 7), „Die Aetiologie der chroni¬ 
schen Ostitis und Periostitis“ (Bd. 13, 14), „Nephrektomie“ (Bd. 15), 
„Traumatische Insufficienz des M. quadriceps femoris und ver¬ 
wandte Affectionen an Schulter und Hüfte“ (Bd. 18), „Die Aetio¬ 
logie der entzündlichen Gelenkstellungen“ (Bd. 21), „Laparatomie 
und Darmnaht bei perforirendem Typhusgeschwür“ (Bd. 25), „Chi¬ 
rurgisch behandelte Perforationsperitonitis“ (Bd. 26), „Angioma 
ossificans der Highmorshöhle“ (Bd. 30), „Die späteren Schicksale 
des stationär gewordenen Plattfusses“ (Bd. 34). In die Zwischen¬ 
zeit fällt ein von ihm auf dem Chirurgencongress 1877 gehaltener 
Vortrag „Ueber Percussion der Knochen“ (Langenbeck’s Archiv 
Bd. 21). 

Ln Jahre 1879 rief er, als Neubearbeitung des Handbuches 
von Pitha und Billroth, in Gemeinschaft mit letzterem, die auf 
66 Lieferungen berechnete „Deutsche Chirurgie“ in’s Leben. Unter 
den zahlreichen Lieferungen dieses in seiner Leitung nunmehr 
gänzlich verwaisten Werkes, die noch nicht erschienen sind, be¬ 
findet sich auch die über „Geschwülste“, deren Bearbeitung Lücke 
selbst übernommen hatte. 

Wir haben bisher ausLücke’s arbeitsreichem Leben nur seiner 
einen guten Theil dieser Arbeit ausmachenden literarischen 
Leistungen gedacht, die in der früheren Zeit hauptsächlich der 
Geschwulstlelire und den Kriegsverletzungen gewidmet waren, in 
seiner späteren Lebensperiode sich aber sehr verschiedenartige 
Gegenstände zum Vorwurf genommen hatten, mit besonderer Vor¬ 
liebe jedoch den Erkrankungen der Knochen und Gelenke gewidmet 
waren. Auf allen diesen Gebieten ist ein durch seine Arbeit her¬ 
beigeführter entschiedener Fortschritt in der Erkenntniss der ein¬ 
zelnen Erkrankungen unzweifelhaft vorhanden, und hat Lücke sich 
dadurch um die Chirurgie überhaupt und um die deutsche Chi¬ 
rurgie insbesondere dankbar anzuerkennende Verdienste orworben. 
Es würde noch übrig sein, von seinen Leistungen als Operateur 
und als klinischer Lehrer zu sprechen; allein, wenn wir auch nicht 
bezweifeln, dass er auch in diesen Eigenschaften von grosser Be¬ 
deutung gewesen ist, so steht uns doch darüber aus eigener Er¬ 
fahrung kein Urtheil zu, und müssen wir seinen Schülern über¬ 
lassen, sich des Näheren darüber auszusprechen. 

Was endlich seinen Charakter anlangt, so war er die Bieder¬ 
keit, Geradheit, Offenheit selbst, gepaart mit einer entschiedenen 
Neigung zu harmlosem Spott und trockenem Witz. Seinen Freun¬ 
den war er ein zuverlässiger und treuer Freund, mit einem Worte 
ein Ehrenmann durch und durch. Das Andenken an ihn, auch als 
Mensch, wird bei allen, die ihn gekannt haben, für lange Zeit un¬ 
vergessen bleiben. _ 


XVI. Kleine Mitteilungen. 

Ad. T. Bardeleben. Der Senior unter den chirurgischen Klinikum 
Deutschlands, Adolf v. Bardeleben, feiert heute in voller körperlicher 
und geistiger Frische und Regsamkeit sein vollendetes 75. Lebensjahr 
(geboren am 1. März 1819). Je schmerzlichere Ernte der Tod unter den 
grosson Namen der Gegenwart halten zu wollen scheint, um so mehr 
dürfen.wir uns freuen, Männer wie Bardeleben noch zu den Unserigon 
zu zählen und bei hohem Alter aufrecht und in voller schaffensfreudigor 
Wirksamkeit zu erblicken. Wir brauchen ja nicht immer den Tod unsoror 
grossen klinischen Meister abzuwarten, um uns der Dankesschuld gegen 
sie bewusst zu werden und um diesem Bewusstsein auch bei dar¬ 
gebotener Gelegenheit etwas erhöhten stimmungsvollen Ausdruck zu 
geben. Wer das Glück genossen hat, Bardeleben als Schüler oder 
(wie es bei dem Schreiber dieser Zeilen der Fall war) als Assistent 
Jahre hindurch nahe gestanden zu haben, der weiss, dass Barde- 
leben nicht bloss ein hervorragender chirurgischer Kliniker — dass 
er ausserdem ein Meister des Wortes, eine akademische Lehrkraft 
allerersten Ranges — dass er aber vor allem eine in schlichter vor¬ 
nehmer Grösse wahrhaft vorbildlich wirkende ärztliche Persön¬ 
lichkeit ist! Und dieser Reiz vorbildlicher ärztlicher Persön¬ 
lichkeit ist es doch wohl in erster Reihe, wodurch die grossen Meister 
der Klinik zu jeder Zeit gewirkt haben und noch wirken — nicht durch 
technischen Kleinkram oder die Conlissengeheimnisse ärztlicher Politik, 
die sie ihren Schülern beibrmgen sollen, wie man das in neuester Zeit 
hier und da von ihnen verlangt hat. Dass Barde leben mit dem Meister 
der That und des Wortes auch den Meister der Schrift in seltenstem 
Maasse in sich vereinigt, das weiss eine ganze ärztliche Generation, die 
an den vielen Auflagen seines classischen Lehrbuches chirurgisch erzogen 
worden ist - und davon haben gerade die Leser dieser Wochenschrift 
noch in allerjüngster Zeit eine Probe genossen, da der altere M*i»t<i IHi 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISC HE WOCHENSCHR IFT. 


No. 9 


216 _______ J|__ 

den zu früh daliingesoliiedonen jüngeren, für Billrot h. zu einem form¬ 
vollendeten Nachruf das Wort nahm. Möge dem gefeierten mit Ehren 
überh&uften Manne, der ein langes arbeit- und erfolgreiches. Leben hinter 
sich hat, der auch schmerzliche Schicksalsschläge m antiker Buhe un 
Grösse zu überwinden gewusst hat, ein glücklicher Lebensabend be- 
schieden und uns der Genuss seiner Persönlichkeit noch recht lang 

. . , A. E. 

vergönnt sein! .. . . , p Q . n ii 

— Berlin. In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesell- 
schaft vom 22. Februar hat Herr Zadek folgenden Antrag emge ' 

.Die Berliner medieinisehe Gesellschaft erklärt es un Interesse de 
liehen Gesundheitspflege für geboten dass dm Seitens der ;stodtrsehen 
AnBtalt ausgeführte Desinfeetion von \\ olinungen und Effecten a , 
der KraS in allen denjenigen Fällen unentgeltlich ansgeftthrt w.rd m 
welchen sie auf ärztliche Anordnung erfolgt, und beschliesst, ™ n “ s « 
Erklärung den städtischen Behörden Mittheilung zu machen. 

An trage 1 bemerk te Herr Virchow als Vorsitzender, dess jrdensolbenn 
der folgenden Sitzung gern zur Abstimmung bringen wolle, er fühle sich aber 
vernflichtet dm'auf hinzu weisen, dass die Berliner me dicmische Gesellschaft 
in erster I.inie zur Pflege der Wissenschaft gegründet sei imd dassJmse 
Tendenz erheblich verkümmert werde, wenn die Geselischaft so allgemmne 
„finanzielle“, den Etat der Stadtverordnetenversammlung 
in den Rahmen der Discussion hinemziehen wolle. Sei , 

artiger Präcedenzfall geschaffen, so würden ähnliche Antrhge 
und ein Ende sei nicht abzusehen. - In den Aussohu der Berliner 

medicinischen Gesellschaft sind die Herren_ Gerhard , ^ ’jollv 

bringer, F. Körte, v. Bardelebep, Liebreich, B. Fränkel, Jolly 

und ^ e '' D d e * B A °^„ 1 s ^ weIchcm die Stadtverordnetenversammlung die_Vor¬ 
borathune der Vorlage des Magistrats wegen Vermelirung des ai /.t- 
liehen Personals bei den städtischen Krankenhäusern über 
tragen hat, ist in. der unter Vorsitz des Stadtverordnetenvorstehers 
Dr Langerhans abgehaltenen Sitzung, in welcher unter anderen die 
Stadträthe Bail und Dr. Strassmann, sowio die s ^tverordneton 
Virchow, Dr. Neumann, Spinola, Dr. Bergmann und Dr..Zadek 
anwesend waren, dahin schlüssig geworden, den ,Antrag d es M aystm 
wegen Anstellung, eines dem Direktor subordmirten Oberarzte, für die 
innere Abtheilung an jedem der drei städtischen Krankenhäuser• im 
Friedrichshain, in Moabit und am Urban, sowie eines Oberassistenzarztes 
für die chirurgische Abtheilung an jedem der drei Krankenhauser ab zu- 
lehnen, dagegen zu beschliessen, dass für jedes der drei Kiankenhäusei 
ein dritter, in der Krankenbehandlung selbstständiger dirigirender ■ Ar z 
für innerlich Kranke, welcher in Bezug auf ärztUche Praxis nicht be¬ 
schränkt sein und auch nicht im Krankenhaus? wohnen soll, angestellt 
werde, wobei diejenigen, welche eine specialistische Vorbildung besitzen, 
vorzugsweise berücksichtigt werden sollen; für Moabit jedoch soll der 
dirigirendo Arzt ein erprobter Bacteriologe sein. Auf der chirurgischen 
Abtheilung soll ein dem ärztlichen Direktor untergeordneter Oberarzt 
angestellt werden. Die im Ausschuss gestellten weitergehenden An¬ 
träge, nämlich: 1) für je 100 Kranke einen dingirenden Arzt, und 
mindestens zwei Assistenzärzte anzustellen, 2) durch Abzweigung 
von den bestehenden chirurgischen und inneren Stationen besondero 
Specialstationen für Frauenkrankheiten, für Haut- und Geschlechtskrank¬ 
heiten, für Nervenkranke, für Hals-, Nasen- .und Ohrenkranke und für 
kranke Kinder, zu bilden, 3) für jedes der drei städtischen Krankcnkausei 
einen, im Einkommen und in Stellung den dirigirenden Aerzten gleich- 
stehenden pathologischen Anatomen anzustellen und 4) für die städtischen 
Krankenhäuser einen ärztlichen Verwaltungsdirektor zu bestellen, welchem 
die nichtamtlichen Verwaltungsdirektoren der einzelnen Krankenhausei 
untergeordnet sind, empfiehlt der Ausschuss abzulehnen. 

— Die Stadt Berlin, welche die Ausstellung des Internationalen 
medicinischen Congresses in Rom beschicken wird, hat die Stadt- 
rätlia Dr. Strassmann und Marggraff als Deputate bestimmt. Den 
Preussischen Medicinalbeamtenverein und die Deutsche Ge¬ 
sellschaft für öffentliche Gesundheitspflege wird Regierungs¬ 
und Medicinalrath Dr. Wemich in Rom vertreten. . 

— Die XI. Hauptversammlung des Preussischen Medicinal- 
beamtenvereins wird am 23. und 24. April dieses Jahres in Berlin 
stattfinden. ^ . ' T .. 

— Elfter internationaler medicinischer Congress. Die 
Falirpreisermässigungen, welche die italienischen Eisenbahnen den Con- 
gressbesuchem gewähren und welche auch für die Familienangehörigen 
derselben gelten, falls für diese eine Karte gelöst wird, sind am be¬ 
deutendsten für Rückfahrtkarton. Die Benutzung dieser Billets wird dar 
durch noch besonders vorteilhaft, dass es ausdrücklich gestattet ist, den 
Rückweg über eine andere Grenzstation einzuschlagen als diejenige, welche 
auf dem Hinweg passirt ist. Für die meisten deutschen Collegen wird 
es also am empfehlenswertesten sein, bis zur Grenze eine combmirte 
Fahrkarte zu nehmen, die den Hinweg über die Brennerroute (Ala), den 
Rückweg über die Gotthardroute (Chiasso bezw. Luino) oder vice versa 
gestattet, und für Italien das Retourbillet zu lösen — auf diese Weise 
können, da sechsmalige Fahrunterbrechung gestattet-ist, mehrere grosse 
Städte — Verona, Florenz, Pisa, Genua etc. — mit in die Reise ein¬ 
bezogen werden. Die Gesammtkosten für ein derartiges Billet, bis zur 
Grenze U. Classe, in Italien I. Classe, werden sich auf circa 190 Mark 
belaufen. _ , 

— Der Verein der Apotheker Berlins hat mit einer Pressburger 
Ungarweinfirma ein Abkommen getroffen, wonach für sämmtliche Apotheken¬ 
besitzer Berlins und Umgegend ein vorzüglicher, absolut reiner Ungarwein 
in Sendungen von je 5000 hl nach einem besonderen Lagerhause in Berlin 


gebracht, dort b ®“ f ßfi? ,r und'“da^inTlaschTn^en Apothetobesitzem zu- 
Commission abgefüllt und aan . besonderer Etikette, Stopfen- 

*. V..1 «. alle* Apotheken 

“ Mnn U cT,e'f°lu? “gelegentlich der Feier des ™. Geburtsfestes 
, ^u Mö i iip r Pettenkofer vom Münchener Magistrat ge- 
des Geheimratbs Ir* . worden jüngst wieder drei hygienische 

gründeten Pottenkof er-Stiftung j 8 Prof. Dr. Emmerich in 

Arbeiten prämurt. ™ÄSung eines haltbaren Heilserums 

München erhielt den Preis Jür JJarsici uug Würzburg f ür expeyi- 

gegen Schweinerothlaaf P™ f r h y gienLh wichtige ffite 

m °H mL^ U prof C frPraus b nitz fttr Untersuchungen über Verunreinigung 
Zr fsar durch die Canalisation von Mönchen und über die Selbstremigung 

der Fittsee. Wahrend der Osterferien 1894 werden an der Uni- 

der E °ya' j d ‘™' r0 _ Dr . w. Havelburg ist zum Arzt und 

Direktor des Uborotormms fttr wissenschaftliche Untersuchungen am 
Leprahospital ernannt. rma tologisclie Preisaufgabe j fttr 1892/93. 

Von den D eiitgereichten Arbeiten wurden z * 6 p r pr ^Dr"mtd Z R^d^'r 
Kurt Passargo, j, te* pfe^ fifufg^ab'e^dr^lS^tantetI es 

diesjährigen Preiäuf^bÄ^ra fahren von der Verlagsbuchhandlung 

LC0 ^‘ProÄ^F^urg bat einen Rufauf den 

p r R Altmann ist als ausserordentlicher Professor nach Halle berufen. 

- Milnclun Dr. J. Fessler, früher Assistent an der chmngtschen 
Klinik unter Nussbaum, hat sich als Pnvatdocent habilitirt. 

XVII. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung. Vorbehalten.) 

Augenheilkunde. J. Deyl, Geber einige Entzündungen derAugen- 

bd ° r A 1 B äu e rleTn,' Mei n e Erfahrungen über Star 

53 SÄ SÄ fte^ r ÄDia 6 no t knndTh Ä 

in der inneren Medicin. Antnttsvorlesung, gehaltan am .0. üctob 
1893. 27 S. Wien und Leipzig, Wilh. Braumüller, 18SW. 

A. v. Strümpell, Ueber die Alkoholfrage vom ärztlichen 

Standpunkte aus. Sonderabdruck aus den Verhandlung 

Sammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforcher und Aerztc. & 

0,60 M. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1898 Kinderhcil- 

Kinderhellkunde* Carl Seitz Grundriss der Kmderbe 
künde. Für praktische Aerzte imd Studirende. 478 b. J w. n 

herrührenden Krankheiten. II. Aufl., I. Bd. 4 5. Lief. b. 

9 Mk. Leipzig, C. F. Winter, 1894i in der Lehre 

A. Koch, Jahresbericht über die Fortschritte i ^ g 

von den Gährungsmikroorganismen. III. Jahrgang, 1892. 

8,60 M. Braunschweig, Harald Bruhn, 1893. « r»,i e 310, 

• Militärsanitätswesen. Marinesanitätsordnung. 6 a 

464 und 313 S. Berlin, E. S. Mittier & Sohn,. 18 f 9 o 3 -, pr Mediciu . '47 S., 
H.FrÖlich, Die Brustmessung im Dienste der Meüic 
1,40 M. Leipzig, Alfred Langkammer, 1894. Verhältnis 

Physiologie. M. v. Frey,. Die Geftthleun d ihr Verh^ 
zu den Empfindungen. Antnttsvorlesung. 24. S. Preis 1 
Eduard Besold, 1894s «vomianhen Ab- 

Physiologische Cheokle«. Arbeiten aus d . er Hell, 

theilung des physiologischen Instituts in Her 
Strassburg, Karl Triibner, 1894s . A TTrankheiton 

Rhino-Laryngologie.« L. Grünwald, Atlas fi q Abb üd in Färben¬ 
der Mundhöhle, des Rachens und der Nase. 69 Abbild, in 

druck. 6 M. München, J. F. Lehmaim. > u nf the Bu- 

VeterinttnnesUels. ^11. and IX. ton Govem- 

reau of Animal Industry for- thie yeare 1891/92. Was ng , 
ment Prihting Office, 1893. 

V&oante Stellen: . w mi e 

Die Physikate der Kreise Putzig, Schrimm und Oldenbm’g 1. «• 
übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.) 


Gedruckt bei Julia» 8ittenfeld in Berlin W. 


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Donnerstag 


J» IO. 


8. März 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

“ 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

™ “it™“ 1 ’"» ” d 1>r l ” 1 - "«»• - "*.= TUm* Leipzfg-Berfi.. 

__ - • - rotsaamentr. 116. Postadreue: Leipzig, Seeburgstr. 3L 

I. Quetschung und Ausrottung des 
Ganglion coeliacum. 

Experimentelle Stadien. 

Von Professor G. Lewin und Sanitätsrath 0. Boer. 

Das Ganglion coeliacum zeigt verschiedene Formen. Bei einigen 
riuerepecies ist es abgeplattet und länglich, bei anderen halbmond- 
formig, zuweilen auch vierseitig. Ebenso findet man mehrere kleine 
3 n ah V nebe “ eina ?der und in innigem Zusammenhänge 
22t S“ Kaninchen hat zwei Ganglien, ein superius und ein 
Ga “f llon sll .I' enus Ke«* oberhalb der UrsprungssteUe 
k-Li™ mesentenca, ist meist dreieckig und hat oft mehrere 

mS hir„f- nS 7 6 Gan ®! en - Das Ganglion inferius sehen w" 
meist birnenfoimig, bisweilen retortenförmig, mit der Spitze nach 

un ^ erhaIb der Arteria mesenterica superior. — 

und istS°diT P p nU8 i. ßend ® t , Z . weige zum Ma £ en und zur L eber 
lmnden d Gang 10n Aerius durch graue Nervenfäden rer- 

'larakr^i^vJrl' 0116 . 11 d | ese . r Ga “S lie “ betr ™. 80 cxistiren 
„1 il '7 'edoostce Ansmhten. Bichat scheint zuerst sich 

darin da« O c g !j 0 - n zu haben. Seine Ansicht gipfelt 

indem diese nur* E ( ? fl “ 86 al f f die Bewegungen des Darmes hat, 

widersprach* alsbald^ Joh^Mn?“? 8regulirt würden - Ihm 
Bei ilLl n . !. 1, Malier 1 ) und nach diesem Longet'O. 

'femnaen hJiK b “ ht r Sen ’ nämlicl1 die peristaltischen Be- 
Ä anfana^hl7fi n “ ^ Un<len nach der Oeffnung der Bauch- 
sie con^aüref ,it b . i / e r den .’ später aber ““Massen, konnten 
des GanHio n iu K a i dU ? h 7 emlsc1 !? Bei“, *■ B. durch Betupfen 
keit wieder ausserortatUchSunt BeWegUU * e ° an Lebhaft ^ 

•tirpation defÄr föhrte “/i“““ 8 «“ d Samuel») die Ex- 
nach 15—30 Stunfo« D ^l 18 * unc L ßaben » dass der Tod schon 
Hämorrhasrieen nÄ £ m ~ rat - Die Section ergab Hyperämie, 

Budge 4 ) ei-wähnt der Mucosa der Digestionsorgane, 

und zwar S ’t^L n- ^ S< ?° n ^ ersten Ta S e steten, 

ftL t. v T sertu “ d S«“ der Section zeigte sich 

™<'sentericum 8 si D S e ’,ma i - W f eI 7 en sebr vorsichtig das Ganglion 
«stirpirt wurden büeh™ d i f6nUS , s0 ' vle das Ganglion coeliacum 
Lu man ski 8 ) 77“ ‘ an f ," acb d “ Operation am Leben, 
den Hunden Katzen Kani G °ntrol]versuclie derart an, dass er neben 
W anderen TMeren hT 0 »™’ d 7 en 016 Ga “S lion exstirpirt wurden, 

1 exponirto. Bei<l» A S !Ü!!| n Ga 7l° g dlcse Ganglien nur der 


Luft exponirte ua ™ ung mcse UangUen nur der 

Runden bis etlichen T.iO®“ 7“ Tbleren starben nach einigen 
derselbe, nämlich wL- “’ and war der Sectionsbefund ziemlich 
Hund »lieh bUe b ar/T 16 “ der Mucosa des Darmcanals. Ein 
Wieder vollkommen ^ magerte zuerst ab, erholte sich aber 

nicht nur die Ex- 

s ) Long^t Ö1 Anat^ buC ] 1 ™ er Physiologie p. 575. 

d6S NerveDS y ßtems - Deber- 

^ S 8W ltt Physiologie de la digestion. 


. Rossbach'y operirte an Fröschen, denen alle zu beiden Seiten 
der Aorta liegenden Ganglien entfernt wurden. Die Thiere blieben 
noch einen bis drei Monate am Leben. 

. Brause 2 ) giebt nach Hinweis auf Budge und Lumanski an 
dass die Kaninchen unter Temperaturabnahme schon nach zwe 
branden starben. 

, Pn 6 Drage nach der Sensibilität des Ganglion suchte man 
ebenfalls experimentell zu lösen. Flourens, Bracht, Meyer 
Longet Müller fanden, dass das Kneifen dieses Organs selbst 
bei narkotisirten Thieren Schmerzen erzeugt, noch mehr natürlich 
hei den aus der Narkose erwachenden. Maassgebend sind die Ver¬ 
suche Longet's, „welcher sich sehr hütete, die naheliegenden 
JNerven mit zu berühren oder durch Zerrung der beiden Eingeweide¬ 
nerven die Kückenmarksnerven mitzureizen“. Die Thiere gaben 
deutlich Schmerzenszeichen von sich. Den Plexus solaris fand 
f 6t _ en }P findlicher als den Hals- und Lendenwirbelknoten. Ge¬ 
stützt auf diese Erfahrungen construirten einzelne Autoren Krank¬ 
heitsformen, deren Hauptcharakteristicum eigenthümliche, von den 
gewöhnlichen Unterleibsleiden abweichende Schmerzen in der Gegend 
des Bauchsympathicus sein sollten. 

So behauptete Bichat, dass wesentlich nervöse Koliken, welche 
unabhängig von irgend einer localen Affection der serösen und 
muskulösen Gewebe der Unterleibsorgane auftreten, offenbar den 
Nerven der Unterleibsganglien entsprängen. Es seien wahre 
Neuralgieen des Plexus coeliacus. Nach Jolly sind diese Neuralgieen 
ganz eigentümlich, entbehren des Charakters der gewöhnlichen 
sensiblen Neuralgieen des sympathischen Systems und haben in 
der That eine eigene Art des Empfindens und Schmerzes. 

Aus dieser Zeit stammen auch einige pathologische Befunde. 
Bichat fand bei einem Kranken das Ganglion semilunare ver- 
grössert, ja in einem Falle von periodischer Manie in der Grösse 
einer Nuss mit einem Knorpelkern im Innern. Lob stein beschreibt 
bei einer verstorbenen Schwangeren mit unstillbarem Erbrechen 
„Ganglia in aqua frigida parum pallescerent. Nervus splanchnicus 
in ganglion ingressus, multo latior mihi apparuit.“ Aehnliehe Be¬ 
funde will Lobstein bei Keuchhusten mit krampfhaftem Erbrechen 
gesehen haben. Ray er constatirte bei der Section eines Kranken, 
der an Kolik gelitten, eine intensive Entartung des Ganglion. 

Romberg 3 ) construirte ein bestimmtes Krankheitsbild: die 
„Hyperästhesie des Plexus solaris“. Die charakteristischen Symptome 
seien ein jählings oder nach vorangegangenem Drucke ein heftiger, zu- 
sammenschnürender Schmerz in der Magengrube, sich bis zum Rücken 
verbreitend, mit Ohnmachtsgefühl, verfallenem Gesichte, Kälte der 
Hände und Füsse mit aussetzendem Pulse. Der Schmerz steigt 
so, dass der Kranke laut aufschreit; dann nimmt der Schmerz ab 
mit Zurücklassung grosser Schwäche. Die Bestätigung dieser 
Krankheit durch ein Sectionsergebniss ist nicht geliefert. 

In neuester Zeit beschreibt S. Gee 4 ) eine „Cöliac Affection“ 
von 1—5jährigen Kindern, welche jetzt in Indien „weisse Diarrhoe“ 
genannt, früher als chylöse Diarrhoe bezeichnet wurde. Die 
charakteristischen Zeichen seien breiweiche Faeces von fahlem 
Aussehen, starkem fauligem Geruch, Schwäche, Abmagerung, 
Hautblässe, Appetitlosigkeit. Die Dauer erstrecke sich über Monate 

*) Rossbach, Virchow’s Archiv Bd. 51, p. 187. 

*) Krause, Anatomie des Kaninchens 1884, p. 853. 
v Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten 1857, I, p. 156. 

4 ) S. Gee, On the coefiac affection. St. Barthol. Hosp. Rep. 1888. 

—^Virchow-Hirsch’s J.-B. 1889, II, 292. 


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218 


DEUTSCHE MEDICnnSCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


und Jahre und meist ende sie tödtlioh mit Kachexie und inter- 
currenten 'Darmerkrankungen. Sectionen, welche die Betheüigung 
des Plexus coeliacus beweisen, scheinen auch hier nicht gemacht 

ZU S 'Bonome 1 ) fand nach Exstirpation der Ganglia coeliaca die 
Auerbaoh’schen und Meissner’schen Plexus meh r oder wenige 
atrophisch, vorzüglich in den Fällen, in welchen sich Neurome oder 
Fibrome gebildet hatten (?). Eine Atrophie der Darmmuskulatur 
wurde aber nicht dabei beobachtet. . , 

Eine neue Richtung erhielten die Experimeute m den letzten 
Jahren. Ph.MunkundKlebshattenbehauptet, dass dieExstirpaUon 
des Plexus coeliacus theils Diabetes insipidus, theils verschieden¬ 
artige Verdauungsstörungen und Atrophie des Pankreas erzeuge. 

Alex Lustig 2 ) sucht nun nachzuweisen, dass die ausgeführ¬ 
ten Experimente strengen Anforderungen nicht genügen, da sie 
durch peritonitische Processe gestört, in zu geringer ZaW an 

gestellt wurden und die vollständige Entfernung des Plexus nicht 
bewiesen worden sei. Seine eigenen Versuclie wiU LusUg untei 
allen Cautelen ausgeführt haben. Die meisten Thiere^Iunde Katzen 
Kaninchen, starben in der zweiten bis dritten Woche nach der 
Operation plötzlich „nach alarmirenden Symptomen . 

P Bei den am Leben gebliebenen Thieren war der Ham in 
vielen Fällen an den ersten Tagen zuckerhaltig, doch verschwand 
der Zucker regelmässig nach 2—8 Tagen. Dann trat Aceton au 
später Eiweiss, die Haramenge wurde geringer, ausserdem fanden 
sich hyaline Cylinder, rothe und weisse Blutkörperchen und Nieren- 
epithelien. Lustig hält die vorübergehende Mellitune durch den 
schweren Eingriff auf das Centralnervensystem entstanden. Fan- 
kreas, Leber, Magen und Darmcanal blieben aber normal „die 
Lehre Munk-Klebs sei also falsch.“ 

In einer späteren Publication, in welcher er nochmals hei- 
vorhebt, dass man infolge der Exstirpation des Plexus coeliacus 
manchmal eine vorübergehende Glykosurie von .kurzer Dauer 
erhielt, niemals aber Diabetes mellitus mit darauf folgender Atro¬ 
phie des Pankreas, führt er noch Experimente bei 5 Kaninchen an, 
in welchen nach der Exstirpation des Plexus coeliacus durah die 
piqüre Diabetes mellitus erzeugt wurde, so dass also der Plexus 
coeliacus kein für die Entstehung des Diabetes nothwendiges Nerven- 

element ist. , , , ~ • q\ • A 

Im Anschluss an obige Untersuchungen hat Peiper d ) eine 
experimentelle Studie über Ausrottung des Plexus coeliacus ver- 
üffentlicht. Yon 15 Yersuchsthieren (Kaninchen) starben vier 
24—80 Stunden nach der Operation, und zwar zwei infolge der 
Narkose oder des Eingriffes, eins an Peritonitis, eins an Verblutung. 
Bei den übrigen 11 Thieren konnte Verfasser Abmagerung trotz 
gesteigerter Fresslust constatiren. Von Seiten des Danntractus 
beobachtete er keine Störungen, so dass er einen Einfluss des 
Plexus auf die quantitative Secretion des Darmsaftes bestreitet. 
Eine sorgfältig durchgeführte Untersuchung des Urins zeigte bei 
einzelnen Thieren vorübergehende Melliturie. Die Zuckermenge 
war jedoch nicht bedeutend und verschwand bei einigen Thieren rasch 
wieder, während bei 4 Kaninchen nach vorerst intermittirendem 
Auftreten die Quantität sich vermehrte und constant bis zum Tode 
nachzuweisen war. Eine Atrophie des Pankreas wurde niemals 
beobachtet. , . , 

In neuerer Zeit hat das Ganglion coeliacum dadurch eine be¬ 
sondere Bedeutung erhalten, dass man in seiner Erkrankung vor¬ 
züglich die Ursache des Morbus Addisonii, namentlich der Pigmen- 
tation und der Adynamie annahm. Früher waren es bekanntlich 
die Nebennieren, welche man nach dieser Richtung hin anschuldigte. 
Da sich aber in einer relativ grossen Anzahl von Obductionen, 
etwa in 20%, diese Organe in ganz normaler Beschaffenheit be¬ 
fanden, dagegen, wenn auch in geringerem Procentsatz, die Ganglien 
degenerirt waren, so imputirte man diesen die Hauptbetheiligung 
beim Morbus Addisonii. Die Erkrankung der Ganglien war von 
verschiedener Qualität und Qantität, wie folgende Tabelle ergiebt. 

Wir führen die genaueren Daten dieser Befunde hier nicht 
näher an, weil sie Lewin 4 ) in seiner Arbeit über Morbus Addisonii 
publicirt hat. 

Zur Eruirung dieser Bedeutung des Ganglion coeliacum beim 
Morbus Addisonii unternahmen wir zwei Serien von Experimenten; 
die erste bestand in Quetschung des Organs, die zweite in Aus¬ 
rottung desselben. 

Die erste Serie dieser Experimente wurde im Laboratorium des 
Herrn Prof. Salkowski ausgeführt, der selbst uns manchen Rath 
ertheilte. Gleichzeitig unterstützte uns Herr Dr. Meyerson in 


Sympa- 

thicus. 


Normal 


(verkäst oder 


Degeneration 

tuberculös). 

Atrophie. 

Verdickung, Hypertrophie . . 

Verhärtung . .. 

Erweichung . . . • • • ■ 

Acute Entzündung (Rund- 

zellen).. • • 

Chronische Entzündung (fibröse 

Bildung). 

Graue Färbung. 

Pigmentirung. 

- Fettumhüllung .. 

In Abscess eingebettet . . . 


Beobachtungen 
Normal -. . . • 


Krank 


Splanch- Plexus 
nicus. solaris. 


Gang! 

semil. 


Summe. 


15 

8 


6 

2 


21 

3 


21 


30 

2 


17 

13 

7 

11 

5 

0 


72 

17 


55 


*) A. Bonome, Sulla patologia dei plessi nervosi del intestino. Archiv, 
med. T. XIV, No. 17. 

*) A. Lustig, Centr.-Bl. für Physiol. 1889, No. 13. 

*) Zeitschr. für klin. Medic. Bd. XVH, Heft 6. 


J XJUU'ÖVm« ÖJiU. AtAVUÄV. AXVIV V. 

4 ) Lewin, Charit^-Annalen XVII, Jabrg. 1892. 


werthvollster Weise. Leider war 

suche sehr niedrig, so dass eine Anzahl Kaninchen bald nach dei 
Operation zugrunde ging. Von 25 Kaninchen blieben nur 15 am 

Leb6 Die Technik wurde in ähnlicher Weise wie bei der zweiten 
Serie ausgeführt und werden wir diese später bestechen. 

1. Serie, a) Quetschung der Ganglien. Bei sechs Kanin¬ 
chen von mittlerer Grösse, von denen drei Albinos waren, wurde 
die Quetschung beider Ganglia coeliaca ausgeführt. 

Die Lebensdauer war bei zwei Kaninchen 3 bis 5 Tage, bei emem 
Kaninchen 7 Tage, bei drei Kaninchen 16 bis 18 Tage. Symptome 
im Leben, soweit sie beobachtet werden konnten, waren: Grosse Un- 
ruhe bei allen, Convulsionen bei drei Kaninchen, Appetit in den 
ersten Tagen vermindert, später ziemlich gut (pro die 60I bis W) g 
Kartoffeln, 12 bis 20 g Brod). Fäces bei zwei Kaninchen ziem¬ 
lich normal, bei vier Kaninchen schleimig, serös, diarrhoisch. Fuls 
und Athmung in den ersten Tagen beschleunigt. Temperatur ei- 
höht Geringe Abmagerung. . . 

Alle Thiere hatten an Gewicht etwas verloren, ihr Aussehen, 
ihre Unruhe, Entkräftigung deuteten auf ein inneres tiefes Leiden hiu 
Tod wurde nur bei zwei Kaninchen näher beobachtet und üat 
unter convülsiven Erscheinungen ein. Die anderen Kamnchen 
wurden todt aufgefunden. «.. f 

Das Ganglion coeliacum war bei der Section von funt Ka¬ 
ninchen nicht mehr erkennbar, weil cs in grauweisse Masse dege- 

nerirt sich zeigte. . . Dl , 

Gehirn ohne auffallende Veränderung; bei vier Kamnchen 
scheinbare Anämie. Lungen bei zwei Kaninchen hyperämisch, 
bei einem Kaninchen Pneumonie. Herz bei einem Kanmchen 
fettet. Bauchhöhle bei zwei Kaninchen bedeutender Ascites. Ma^en 
bei drei Kaninchen ausgedehnt, bei zwei Kaninchen ecchymosirt. 
Nieren bei einem Kaninchen parenchymatös entzündet, Dünn- un 
Dickdarm meist voll flüssigen Inhaltes. , . j\ arm 

b) Exstirpation des Ganglion coeliacum. Die Befunde im Darm 
canal waren ziemlich dieselben wie in den weiter unten ausge 
tenVersuchen. Dagegen beobachteten wir mehr die anderen Organ, 
welche später weniger berücksichtigt wurden. Das .Gehirn ^ 
Rückenmark bei vier Kaninchen untersucht, zeigte keme abnorm ■ 
Beschaffenheit. Herz, bei sieben Kaninchen linker Ventrikel istM 
contrahirt mit mehr oder weniger geronnenem Blute; rechter ve 
trikel theilweise überfüllt mit sowohl flüssigem als geronneneil 
Blute. Lungen normal, lufthaltig mit wechselndem Blu g • 
Cavum peritonei bei zwei Kaninchen etwas Ascites. Die 
meist verklebt. Magen mehrfach ecchymosirt. Nieren 
Kaninchen Corticalsubstanz sehr blutreich, bei zwel hene 

Marksubstanz stark bluthaltig. Bei einem Kaninchen ausgesprochen 
parenchymatöse Nephritis und leichte Albuminurie. 

Temperatur in .vier Fällen stieg den ersten Tag a i 
fiel den anderen Tag auf 38,0, später auf 37,3. n n neben 

2. Serie. Die zweite Serie der Ausrottung der g 

führten wir im Vivisectorium des physiologischen Insti . •- 

unter specieller Leitung des Herrn Professor Gad, der mi g 
hafter Sorgfalt sich für diese Arbeit interessirte und um• in 3 
Hinsicht mit seinem Rathe unterstützte und control • .... . 
grösseren Theil der Operationen, speciell in der ersten Zeit, iu 
derselbe persönlich aus. Wir sind dem Herrn zu gro 

•verpflichtet. „ . , n Die 

Es wurden 40 Thiere behandelt; 38 Kaninchen, 2 Hunde 
beiden letzteren Thiere waren für unsere Versuche we . m £J^ nl - ß ij es ’ 
da der vielen parenchymatösen Blutungen wegen ein 


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8. März. 


übersichtliches Operationsfeld nicht geschaffen werden konnte wo 
durch es nicht möglich war, die Exstirpation vollkommen zu beenden’ 
Die Kaninchen wurden eine halbe Stunde vor Besinn der 
Operation durch Injection einer Lösung von Chloralhydrat 1*2 Aaua 
eine bis zwei Pravazspritzen narkotisirt. Die Narkose wurde stets 
vertragen, und ist diese Methode dem Chloroform bei weitem vor- 
zuziehen, da bei Anwendung des letzteren häufig sofort Asnhvxie 
oder Tod emtntt. F - 

Nach Eröffnung der Bauchhöhle und Auspacken der Därme 
m gewännt« trockene Tücher beginnt man über der nun sicht- 
hären Indien Nebenniere eine vorsichtige Präparation bis zur Vena 
cava inferior. Hat man diese neben der pulsirenden Aorta er¬ 
reicht dann wird sie von der Gegend der Arteria mesenterica inferior 
frei präpanrt und das Ganglion coeliacum superius zeigt sich dicht 
auf der Vena cava hegend, während das Ganglion coeliacum inferius 
etwas nach unten und seitlich links, gewöhnlich in Begleitung- 
der oben erwähnten Arteria und Vena mesenterica erscheint 
Dies Ganghon ist meist schwächer entwickelt als das superius 
Zuweden sind beide Gangha, dicht aneinander liegend, eng ver- 
ST Sehr gute Dienste haben uns beim Freipräpariren und 
Abheben der Ganglien von der Vene der Ludwig’sche stumpfe 
und scharfe Finger — abwechselnd angewendet — geleistet. Nach 
Beendigung der Operation wurde wie bei der gewöhnlichen Lapa¬ 
rotomie unter Beobachtung peinlichst strenger Antisepsis verfahren. 

ln der Regel war die Entwickelung der genannten Ganglien 
und der angrenzenden nervösen Elemente mässig kräftig, und zwar 
1?“ rae ‘ st ™ Thieren gleichmässig, immerhin aber wollte es uns 
feinen, dass bei den im Frühjahr und Herbst operirten Thieren 
»ich ihis Ganghon kräftiger und stärker entwickelt zeigte. Es ist 
k “ um “2 unehmen, dass hier vielleicht ein Zusammenhang 
2u < hes™ Jahreszeiten stattfindenden Mauserungsprocesi 
(Haarwechsel) ersichtlich wäre. 8 y 

Kaninchen, welche einem schnellen Tode erlagen, gehörten 

bSf F a e wf U l men S “ rte welche sich i“ ^ Mauserzeit 
0 „“, im E ' s wär « aber »“eh möglich, die wenigen, bald nach der 
oEwL emge ‘ reten ™. Todesfälle in der That als missglückt« 
«lSgen “ vielleicht auch durch Shok verursacht zu be- 

nnr LT hatten wir nur ausnahmsweise und dann auch 
verzeichnen. Die Wundfläche hatte fast stets 

A« taÄchst srfterein. ^ 7Dlat8Se Blutun e en störende ‘- 

sowoU e ah«i n HU 0l f e ?? e ? TabeU . 811 sehen ein übersichtliches Bild, 
ilauer cnrt w Za J Ü / er , «Pemten Thiere, als auch über Lebens- 
dass Hip öd S ® ctloasbefu nd. Die Anordnung ist derartig gewählt. 
Xten^h^° l0 r e Lebensdauer und die Gewfchtsver-' 
mit besonrWßr . z y e . lte C°ionne den Sectionsbefund umfasst, 

der Bauchhöhl« der efcwai g en Veränderungen in 

keiten und m der dritten Colonne besondere Schwierig¬ 

ration sotifÄT if T der Norm bei Ausführung der Opl 
werden sollen 9 on *; roUe . der stattgehabten Operation geschildert 
die Ce mit *5 e , Gr Wirungund Reihenfolge ist derartig, dass 
ebenso die mit „ i^stirpation gesondert beschrieben werden, 

coeliacum s^nLn^ 16 ^ 1, i“ 10 z . war zusammen die das Ganglion 
betreffenden P Und dann ^ as Ganglion coeliacum inferius 

__ Eis tirpation des Ganglion coeliacum superius bei 17 Kaninchen 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


tesas 

Gewicht 


12.Febr., 6C 
17. März = 
24 Tage. 
1670-1230 



HFebr.,g< 
15 März = 
28 Taj 


8 Tage. 

23 Ti 

“ “ R.” 

'ff- 



Därme durch dünnflüssigen Inhalt sehr 
ausgedehnt. Nebennieren und Mesen- 
tenaldrüsen schiefrig verfärbt; letz- 
fnm m ^ u /u e seift- Magen wenig ge¬ 
füllt, nicht lufthaltig. 

D p!J m , m '? ten Da ™« machen den 
Eindruck hochgradiger Paralyse, in 
Partieen stark ausge- 
dehnt, theils mit flüssigem, theils 
gasförmigem Inhalt. Von Duodenum 

-chhesslich den übrigen Darm erfüllt. 

D ^?r P^sch. Kaninchen war in 

-SÄ** ” nd “ 

'mmiftiiu** ®JJ 8s *8 ei u dünnem Inhalt 
Rectum keine 


Alle gangliösen Mas¬ 
sen auf der Vena 
cava inferior fehlen. 


Auf der Cava keine 
gangliösen Elemen¬ 
te nachzuweisen, 
wohl aber rechts 
unten. Die gangliö¬ 
sen Massen im Be¬ 
reich der Arteria 
mesenterica fehlen 
ebenfalls. 


219 


Operationst&g. 
Lebensdauer, 
Gewicht 

1. März, gest. 
24. April = 
56 Tage. 

1680—1200 g 

4. März, gest. 
8. Mai = 

65 Tage. 
1820—1300 g. 

12. Mai, gest. 
13. Mai = 

1 Tag. 
1550 g. 


21. Mai. gest. 

22. Mai = 

1 Tag. 
1650 g. 

10. Mai, gest. 

23. Nov. = 
196 Tage. 

1650—2360 g 
12. August. 
1630g23.Noi 


26. Mai 

I. Operation 
Ganglion su¬ 
perius, 8. Dec. 

II. Operation 
Ganglion in¬ 
ferius, gest. 

9. Dec. = 
200 Tage. 
1560—2700 g. 


Sectionsbefund. 

Darm flüssiger Inhalt. Magen Ecchy- 
mosen, linke Nebenniere etwas ver¬ 
färbt. 

Dünndarm contrahirt. Coecum stark 
tympanitisch; wenig Inhalt. Magen¬ 
wände dünn, stark glänzend, mit 
wenigem Schleim. Urin dunkel. 

I Dünndarm stark tympanitisch. Duo¬ 
denum leer. Coecum gefüllt und 
lufthaltig. Im unteren Darm Scybala, 


Därme zum grössten Theil mit diarrhö 
ischem Inhalt gefüllt. Unten im 
Rectum Scybala. Im Magen viel 
Ecchymosen, auch an der oberen 
dem Zwerchfell anliegenden Seite. 

Därme machen einen normalen ge¬ 
sunden Eindruck, Dünndarm weiss- 
lieh rosa gefärbt. Dickdarm breiig 
gefüllt. Keine Diarrhoe. Neben¬ 
niere bräunlich gefärbt. Blase über¬ 
mässig ausgedehnt, gefüllt, faust¬ 
gross. Urin klar. Magen nicht luft¬ 
haltig, mit ziemlich viel trockenem 
verdautem Inhalt. Starker Nasen- 
katarrh, mit eitrig dickem Schleim 

In der Bauchhöhle viel Blut, theils 
flüssig, theils geronnen. Namentlich 
auf der Vena cava zahlreiche Blut¬ 
punkte. Därme blass, zum Theil 

f efüllt. Leber fettig, gross. Magen 
lechymosen der Schleimhaut. 


24. Mai, gest. 
28. Mai = 

5 Tage. 

2000 g. 

19. Oct., gest. 
20. Oct. = 

1 Tag. 
1580 g. 

22. Oct., gest. 
23. Oct. = 

1 Tag. 
1670 g. 


2. Nov., gest. 

4. Nov. = 

2 Tage. 
1550 g. 

5. Nov., gest. 

5. Dec. = 

31 Tage. 

1650-1250 g. 

9. Nov., gest. 
10. Nov. = 

1 Tag. 
1950 g. 

14. Nov., gest. 
13. Dec. = 
29 Tage. 
1650—1620 g. 


Nichts besonderes. 


Unterhautzellgewebe ödematös infil- 
trirt. Zahlreiche Ecchymosen im 
Magen. Wahrscheinlich infolge star¬ 
ken Carboisäuresprays äusserlich an 
geätzt. 

Dünndärme in grosser Ausdehnung 
mit Luft angefüllt, ohne merklichen 
Inhalt; collabiren bei Punction. Dick¬ 
darm breiig angefüllt. Magen ge- 
röthete Schleimhaut; ziemlich er¬ 
weicht, mit Ecchymosen. Frischer 
Inhalt, Thier bis zuletzt gefressen 

Därme diarrhöisch; collabirt. Keine 
Scybala. Im Magen wenig Luft. 
Geringe peritonitische Auflagerun¬ 
gen. Etwas seröse Flüssigkeit. 

Därme starke Diarrhoe. Koin Meteo¬ 
rismus; collabirt. Leber Narben, 
vermuthlich durch Parasiten ent¬ 
standen. Magen klein, ohne Ecchy¬ 
mosen, dünnflüssiger Inhalt. 

Därme mit flüssigem, braunem diar- 
rhoischemInhalt; namentlich Coecum 
und Dickdarm. Magen voll unver¬ 
dauter Speisereste. 

Starke Diarrhoe, Därme lufthaltig in 
grosser Ausdehnung. 


Bemerkungen. 


Das obere Ganglion 
fehlt. Das untere 
ziemlich gering ent¬ 
wickelt. 

Ganglion war sehr 
stark entwickelt; 
bei der Operation 
wurde derSplanch- 
nicus mit durch¬ 
schnitten. 

Ganglion war sehr 
stark entwickelt. 
Ebenfalls Lymph- 
gefässe stark ge¬ 
füllt. 

Das Ganglion supe¬ 
rius fehlt vollkom¬ 
men. Das inferius 
erscheint stark ver» 
dickt, vergrössert, 
gleichsam vicari- 
lrend. 


Bei der zweiten 
Operation entstand 
durch zufälliges 
Zucken des Thieres 
ein Hämatom und 
durch starke Blu¬ 
tung wurde Opera¬ 
tionsstelle, die be¬ 
reits bis Gangl. int 
freipräparirt war, 
verfärbt, so dass 
Differenzirung nicht 
mehr möglich war. 
Auch bei Obduction 
war deshalb von 
gangliösen und ner¬ 
vösen Elementen 
nichts zu unter¬ 
scheiden. 

Ganglion war sehr 
stark entwickelt. 


Beide Ganglien lagen 
dicht zusammen. 
Nur das obere, ohne 
Blutung exstirpirt. 


Bei Lebzeiten war 
schon Diarrhoe zu 
constatiren gewe- 


Heftige Diarrhoe. 



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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


Opcrationstag, 

Lebensdauer, 

Gewicht. 

22. Februar, 
gest. 23. Febr. 
= 1 Tag. 


1. März, gest. 
21. März = 
20 Tage. 
1420—1200 g. 
3. März, gest. 
4. März = 

1 Tag. 


9. März, gest. 
3. April = 
25 Tage. 
1750—1500 g. 

10. März, 
gest. 10. März 
Nachm. = 

- 7a Tag. 

15. März, 
gest. 17. März 
= 2- 3 Tage. 


Totalexstirpation des Ganglion coeliacum. 


30. April, 
gest. 1. Mai 
= 1 Tag. 

2220 g. 

2. Mai, gest. 
3. Mai = 

1 Tag. 
2070 g. 

5. Mai, gest. 
5. Mai Abends 
= 17s Tag. 
14. Mai, gest. 
14. Mai = 
7a Tag. 


15. Dec., gest. 
18. December 
= 3 Tage. 
1838—1650 g. 

17. Dec.. gest. 
31. December 
= 14 Tage. 
1700—1280 g. 


7. Jan., gest. 

8. Januar = 

1 Tag. 
1650 g. 


Sectionsbefund. 

Duodenum ödematös gequollen. Därme 
zum Theil meteoristisch aufgetrieben. 
Magen enthält geformte Kothmassen, 
die keine Stärkereaction ergeben. 
Schleimhäute Ecchymosen. Keine 
Peritonitis. 

Darm zum Theil mit breiigem Inhalt 
erfüllt. Rectum Kothballen. Magen 
ohne Ecchymosen. Nebenniere links 
zeigt einige Höckerehen. 

Keine Peritonitis. Därme enthalten 
reichlich flüssigen Inhalt. Magen 
Ecchymosen und einige fragliche 
Kothballen, sonst mit frischer Kleie 
ungefüllt. 

Darm enthält flüssige diarrhoische 
Massen; unten Scybala. Magen 
mässig viel frische Nahrung. Linke 
Nebenniere schiefrig. 

Der zu kurzen Lebensdauer wegen 
nichts zu bemerken. Zahlreiche 
Ecchymosen bis Linsengrösse in der 
Nähe des Pylorus. 

Der ganze Darm ist angefüllt mit 
flüssigem, sehr wässrigem Inhalt, Im 
Rectum Scybala. Magen zahlreiche 
Ecchymosen der Schleimhautdrüse 
und J^ylorus. 

Darm mit diarrhoischem Inhalt er¬ 
füllt. Unten Scybala. Magen zahl¬ 
reiche Ecchymosen. 


Bemerkungen. 

Bis zur rechten Ne¬ 
benniere alles Fett 
und Nervengewebe 
weggenommen. 


üpe rationstag, 
Lebensdauer, 

Sectionsbefund. 

Gewicht. 



Beide Ganglien waren 
eng zusammenlie¬ 
gend und sind in 
toto entfernt. 


perius, gest. 
21. April = 
420 Tage. 
1680—2310 
1850 g. 

7. Mai, gest. 
12. Mai = 

5 Tage. 
1550—1310 g. 
25. Mai, gest. 

31. Mai = 

6 Tage. 
1580—1400 g. 


Das ganze Ganglion 
fehlt. 


Das ganze Ganglion 
entfernt, bis nach 
oben zur Leber hin. 


Darm zum Theil dünnflüssiger Inhalt. Bei der Operation 
Im Magen einige Ecchymosen. Ganz zeigte sich der Darm 
geringe Spur von Peritonitis. meteoristisch. 

Därme mit Luft und flüssigem Inhalt 
erfüllt. Starke Diarrhoe. Magen 
Ecchymosen, Keine Peritonitis. 

Der kurzen Lebensdauer wegen nichts Beide Ganglien waren 
Bemerkbares. nicht zu isoliren. 


Dünndärme reichlich flüssiger Inhalt, j 
sehr blass. Im Rectum Scybala. 
Magen gross, voll, lufthaltig mit 
geringen Ecchymosen. Blase wenig 
gefüllt. 

Därme collabirt, mit gelbflüssigem 
diarrhoischen Inhalt gefüllt. Unten 
im Dickdarm erweichte Scybala. Milz 
sehr klein, atrophisch. (Leber normal.) 
Blase ziemlich gefüllt. Urin enthält 
weder Albumen noch Zucker. Magen 
einige Ecchymosen. 

Därme mit dünnflüssigem Inhalt er¬ 
füllt. Auch äuss erlich Diarrhoe be¬ 
merkbar. 


Exstirpation des Ganglion coeliacum inferius. 


Operationstag, 

Lebensdauer, 

Gewicht. 


21. Februar, 
gest. 22.Febr. 
= 1 Tag. 
1670 g. 


24. Februar 

I. Operation 
Ganglion in¬ 
ferius, 28. Nov. 

II. Operation 
Ganglion su- 


Sectionsbefund. 


Duodenum und ein ca. 20" langes 
Darmstück mit dünnen diarrhoischen 
Massen erfüllt. Ebenso Dickdärme. 
Im übrigen Darmtractus stark inji- 
cirt, zum Theil Meteorismus. Zahl¬ 
reiche Ecchymosen des Magens, der 
mit Speisen gefüllt ist. Im unteren 
Theil desselben eine grosse Quantität 
Koth. 

Därme in gutem Zustande. Kein Me¬ 
teorismus. Keine diarrhoischen Er¬ 
scheinungen. Coecum erfüllt mit 
gut verdauten Massen. Magen klein, 
ohne Luft, wenig Inhalt. Blase ent¬ 
hielt trüben Urin. Kein Eiweiss. 


Bemerkungen. 


ivein ZiUCKoi. «wiuu ‘- 

nieren normal. Leber dunkelbraun. 


Därme zum Theil contrahirt. Geringe 
diarrhoische Erscheinungen. Ge¬ 
ringe Peritonitis. 


Bemerkungen. 


Adhäsionen mit der 
Scheere gelöst. 


Beide Ganglien waren 
nicht zu isoliren. 
In toto entfernt. 
Lymphgefässe zer¬ 
rissen. 

Ganglion sehr ent¬ 
wickelt und zusam¬ 
menhängend. In 
toto entfernt. 

Bei der Obduction 
keine Spur von 
Ganglion mehr vor¬ 
handen. Vene in 
ziemlicher Ausdeh¬ 
nung frei. Ganglion 
war sehr stark ent¬ 
wickelt. 

Ganglion ziemlich 
zusammenhängend. 
Bei der Operation 
entstand eine reich¬ 
liche Blutung. 


rhoe. An der Ope¬ 
rationsstelle imVer- 
lauf der Arteria me- 
senterica verdickte 
Stränge. 


Bei der zweiten Ope¬ 
ration zeigt sich das 
obere Ganglion sehr 
stark entwickelt. 
Ein Theil’ des Diok- 
darms mit Perito- 


25. Mai, gest. Därme lufthaltig, diarrhoisch. Unten 
31. Mai = im Darm Scybala. Oben stark diar- 
6 Tage. rhoischer Inhalt. Nebennieren 
1580—1400 g. verfärbt. Magen mit schleimigen, 
wässrigen Mengen angefüllt. Leber 
stark parnsitenhaltig. Blase leer, 
collabirt. „ „. , rv . 

26 Februar, Därme mit flüssigem Inhalt erfüllt. Gans tobe Dn,- 
trest 11 März Magen lufthaltig, mit Chylus ange- rhoe. An der Ope- 
g = 14 Tage füllt. Schleimhaut zeigt cadaveröse rationsstelle lmVer- 

1785—1470 g. Veränderungen. Nebennieren ver- lauf der Arteria me- 
1785 4/ug. veran senterica verdickte 

31. Oct., gest. Därme stark aufgetrieben, sehr wenig tränge. 

5. November flüssiger Inhalt. Augenscheinliche 
= 5 Tage. Darmparalyse. Magen dünnwandig; 

2200 g. zum Theil blasenartig, durchsichtig. 

Auf Eiweiss, Zucker und Aceton haben wir ausserdem noch 
vier Kaninchen, und zwar das Aceton nach der Methode von Legal 
u a untersucht. Bei dem ersten Kaninchen, welches zehn Tage 
lebte, fand sich in den ersten fünf Tagen keiner der genannten 
Stoffe. Vom sechsten Tage an wurde Aceton im Urin nachgewiesen. 
Beim zweiten Kaninchen, dem vor 22 Tagen das Ganglion total, 
und zwar mit Durchreissung einiger Lymphgefässe exstirpirt wurde, 
fanden wir weder Zucker noch Eiweiss, dafür aber am dreizehnten 
Tage Aceton in kleinen Quantitäten. Beim dritten Kaninchen mit 
totaler Exstirpation des Ganglion wurden ebenfalls Spuren von 
Aceton, und zwar vom siebenten bis zehnten Tage, und Spuren 
von Eiweiss am elften Tage nachgewiesen. Beim vierten Kaninchen, 
welches aber schon am vierten Tage von einem Hunde todtgebiss 
wurde, fand sich keiner von den genannten drei Stollen. 

Gehen wir auf die Resultate ein, die wir aus unseren Ver¬ 
suchen ziehen können, so ergiebt sich folgendes: ,, 

1. Die Ganglia coeliaca gehören zu den schmerzempfindlichsten 
Organen. Schon geringe mechanische Reizungen erzeugen sowom 
bei noch nicht völlig eingetretener Narkose als auch am Ende 
derselben Zeichen von Schmerzen, wie sich dies auch nacü den 
Experimenten von Joh. Müller ergab. 

2. Die nach der partiellen Exstirpation zurückgebliebenen Gan¬ 
glien hatten sich in einigen Fällen kräftiger entwickelt, woraus 
möglicherweise geschlossen werden kann, dass diese Kestgangnen 
vicariirend für die exstirpirten fungiren. 

3. Weder die Quetschung noch die Ausrottung der Ganglien 

führt einen raschen Tod herbei. Wärend nach Pincus und Samue 
die Thiere 15—30 Stunden, nach Krause nur zwei Stunden die 
Operation überlebten, blieben unsere Thiere bis auf einzelne vi 
länger am Leben. _ . fon 

Folgende Uebersicht ergiebt die Lebensdauer der operirwm 

Kaninchen: . „ . , 

Von den 17 Thieren, bei denen die Totalexstirpation erfolgte, 
lebten 7 Thiere nur 1 Tag, 2 Thiere 3 Tage, 1 Thier 14 Tage, 
3 Thiere 20—25 Tage, 1 Thier 4 Tage, 1 Thier 10 Tage, 2 über 
30 Tage. • . . . f 

Bei 17 Thieren wurde nur das Ganglion supenus exstirpir . 
Die Lebensdauer betrug: 

bei 5 Thieren 1 Tag, 

„ 1 Thier 2 Tage, 

« 1 « 5 . 

n 1 n 8 „ 

„ 5 Thieren 20—30 „ 

„ 1 Thier 56 „ 

„ 1 „ 63 „ 

„ 1 „ 196 „ 

„ 1 „ 200 „ 

Summa 17 Thiere : 463 = circa 27 Tage. 

Die Zahl der Exstirpationen des Ganglion inferius betrug 6. 
Es lebte 1 Thier 1 Tag, 2 Thiere 5 Tage, 1 Thier 6 Tage, 1 lhier 
14 Tage, 1 Thier 10 Monate. , • 

Als besonders interessant hervorzuheben sind zwei lniere, 
denen die Totalexstirpation in zweiPhasen ausgeführt wurde, indem 
eine mal zuerst das Ganglion inferius und mehrere Wochen später a 


Digitized by AjOusie 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







8. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


221 


Ganglion superius entfernt wurde, und bei dem zweiten Thiere in 
umgekehrter Reihenfolge. 

4. Einen Haupteffect bildet die stark hervortretende Parese 
der Därme, meist verbunden mit Diarrhöen und starkem Meteo¬ 
rismus. Wie auch schon Joh. Müller beobachtete, hatten Rei¬ 
zungen der Ganglien den Erfolg, dass die nach Eröffnung der 
Bauchhöhle nachlassenden oder ganz aufhörenden peristaltischen 
Bewegungen des Darms sich wieder einstellten. Diese Thatsache 
lässt wohl den Schluss zu, dass, während der Nervus splanchnicus 
nach Pflüger’s Versuchen den Hemmungsnerv für den Darm 
büdet, speciell das Ganglion coeliacum die Bewegung des Darms 
bewirkt; so dass also ein ähnliches Verhältniss zwischen dem 
Nervus splanchnicus und dem Ganglion coeliacum besteht, wie 
zwischen dem Nervus vagus und dem sympathischen Ganglion des 
Herzens. 

Da nun somit der Darmtractus als das meist afficirte und in 
seinen Functionen gestörte Organ betrachtet werden musste, so 
war es selbstverständlich indicirt, zu untersuchen, ob etwa die ner¬ 
vösen Elemente der verschiedenen Membranen des Darmes irgend 
welche pathologischen Veränderungen mikroskopisch nachweisen 
Hessen. Zu dem Zwecke wurde von den Thieren mit der grössten 
Lebensdauer der Darm aus verschiedenen Regionen kurz nach dem 
Tode mittels Goldmethode gefärbt und maeerirt, um die einzelnen 
Membranen zu trennen und oiner genauen histologischen Unter¬ 
suchung zu unterziehen. 

Die Technik war hierbei die folgende, von Ran vier angegebene: 
Zunächst legt man die kleinen aufgeschnittenen Darmstückchen in 
eine Lösung von 1 Ameisensäure in 2 Aqua. Nach kurzer Zeit, 
V 2 —1 Minute, bringt man die Stückchen in eine l°/oige Goldchlorid¬ 
lösung, worin sie circa 15 Minuten verbleiben bis zur Gelbfärbung. 
Dann bringt man sie in verdünnte Ameisensäure eine zeitlang im 
Finstern und überträgt sie schliesslich für 24 Stunden in reine 
Ameisensäure, ebenfalls in einem dunklen Raum. Hierauf maeerirt 
man, trennt die einzelnen Schichten und untersucht die Nerven¬ 
gebilde. Auf diese Weise erhält man gute übersichtliche Bilder des 
Auerbach’schen und Meissner’schen Dannplexus, deren Unter¬ 
suchung uns von besonderer Wichtigkeit erschien. Es w r ar aber 
durch diese Art der Behandlung insofern eine Alteration der Nerven- 
gobüde eingetreten, als es unmöglich wurde, Degenerationen oder 
ähnliche Processe mit Sicherheit wahrzunehmen, weil das sonst voll¬ 
saftige Aussehen der Nervenzellen unter dieser Methode leidet und 
sich verändert. 

Auch die folgende von Kühne 1 ) veröffentlichte Methode zur 
(Untersuchung der Nervenendigungen wurde aufs sorgfältigste für 
die Darstellung der Ganglien zu verwerthen gesucht. Die Darm- 
stfleke wurden für einen bis mehrere Tage in schwefelige Säure ge¬ 
legt. Darauf mehrmaliges Aufkochen in Aqua destillata, nach 
jedem Aufkoehen erkalten lassen oder kaltes Wasser zufügen, mit 
nachfolgender Färbung in Pikrinsäure oder Vergoldung. 

Wir haben nach eben beschriebener erfolgter Maceration meist 
die Goldbehandlung vorgezogen, und zwar in folgender Weise: Auf 
10 ccm Wasser ein bis drei Tropfen einer l°/o igen wässerigen 
(loldehloridlösung, in diese die macerirten Darmstückchen einlegen, 
nach ein bis zwei Minuten die überflüssige Goldlösung abgiessen, 
nachher waschen, in Wasser mit einem Tropfen Essigsäure erhitzen 
ns zum Sieden (!), darauf Glycerinwasser mit etwas Essigsäure 
zum Einschliessen. 

Auf diese Weise erhielten wir vorzügliche Bilder des ge¬ 
wünschten Darmplexus, waren jedoch auch hierbei nicht imstande, 
irgend welche Degenerationsprocesse in denselben mit Sicherheit 
nachweisen zu können. 

Hiermit stehen wir also im Gegensatz zu den oben angeführ¬ 
ten Behauptungen von Bonome. 

. ^ le nac h der Operation anfänglich trotz der zuerst ge- 
8 €1 8 er ten Fresslust eintretende Abmagerung, welche auch von den 
anderen Autoren beobachtet wurde, verschuldet sehr wahrscheinlich 
ie meist nicht zu vermeidende Durchschneidung oder Zerreissung 
er strotzend gefüllten, die Ernährung vermittelnden grösseren 
jymphgefässe in der Gegend der Ganglien. Da auch hier mit der 
ei die erhaltenen Lymphgefässe die Function der fehlenden über- 
an p en ' u° s *? fclrt s P ä tor die Abmagerung, und die Thiere nehmen 
nho | t e . w [ c J* wieder zu — wie dies schon Adrian und Schiff be¬ 
obachtet habon. 

a °* ^. e Ganglia coeliaca gehören zu den für’s lieben nöthigen 
nach n f n n enü ^. e * ^ en Thieren, welche mehr oder weniger längere Zeit 
Gamrl* er Y® ration sterben, konnte anatomisch ausser dem Defect der 
ein * ei ?, e ant * ere Todesursache constatirt werden. Dass aber 
dem T i°i^ ausa teexus zwischen dem Defect der Ganglien und 
welch«« 6 bestan( *’ wurde wohl dadurch bewiesen, dass die Thiere, 
_ nur ein Ganglion exstirpirt war, viel länger am Leben 

l ) Zeitschr. f. Biologie von Kühne und Voss. Bd. XIX, Heft 4. 


blieben, als diejenigen, bei welchen beide. Ganglien entfernt waren. 
Von den ersteren erreichten einige Kaninchen die Lebensdauer von 
30 Tage, bei den letzteren lebten mehrere Thiere 200 und 300 Tage. 

Schliesslich wollen wir noch hervorheben, dass wir, wie schon 
unsere angeführten Experimente ergeben, Leber, Milz und die 
Nervengeflechte der Unterleibshöhle, wie Plexus mesentericus, renalis 
etc. nicht in den Beroich unserer Beobachtungen zogen und des¬ 
halb derartige Angaben über diese Organe weder bestätigen noch 
negiren könpen. 

Die Albuminurie bei einem einzigen Kaninchen kann ebenso 
wenig wie die in der ersten Serie unserer Versuche beobachteten 
sechs pathologischen Processe in den Nieren einen allgemeinen 
Schluss zulassen. 

Ebenso möchten wir betonen, dass wir mit Sorgfalt be¬ 
müht waren, die die Ganglia coeliaca umgebenden kleineren, den 
Plexus coeliacus constituirenden sympathischen Ganglien und Ner¬ 
ven zu schonen, während der grössere Theil der Experimentatoren 
bewusst oder unabsichtlich einen Theil der nicht zu den Ganglia coe- 
lica gehörenden anderen benachbarten Ganglien, so namentlich die 
des Plexus mesentericus in den Bereich ihrer operativen Eingriffe 
hineinzog. 

Was die Bemerkungen über Melliturie, Albuminurie und Ace- 
tonurie betrifft, so haben wir, wie erwähnt, nur bei 4 Kaninchen 
den Urin näher darauf untersucht. Wir haben weder Eiweiss noch 
Zucker gefunden, doch bei 3 Thieren kleine Quantitäten Aceton. 

Stellen wir die Resultate unserer Experimente, i. e. die durch 
Quetschung und Exstirpation der Ganglia coeliaca erzeugten Er¬ 
scheinungen mit den Symptomen des Morbus Addisonii in Parallele, 
so möchten einzelne von ihnen sich decken und einen auf hellenden 
Blick in die mosaikartige Gestaltung der bisher räthselhaften 
Krankheit ermöglichen. Wenn die Zahl der bisher publicirten Be¬ 
funde nur im geringen Verhältniss zu denen der Nebennieren 
steht, so muss man daran denken, dass erst in neuerer Zeit bei 
den Sectionen die Aufmerksamkeit auf das Ganglion gelenkt und 
dieses untersucht worden ist. Ausserdem scheint aber in diesen 
Fällen die mikroskopische Untersuchung, namentlich die nach 
Härtung des Präparates in Chromsäure, nicht oft vorgenommen 
zu sein. 

1. Die in der Regel beim Morbus Addisonii vorhandenen Schmer¬ 
zen im Epigastrium, Hypogastrium, Hypochondrium und in der 
Lumbargegend können wohl von einer Affection des Ganglion her¬ 
rühren, da dieses eine grosse Empfindlichkeit besitzt. 

2. Die Störungen von Seiten des Darms, welche beim Morbus 
Addisonii meist vorhanden sind, können durch eine Affection des 
Ganglion erzeugt werden. 

3. Ein Einfluss des Ganglion auf Chroinatose ist weder bei der 
Quetschung noch bei der Ausrottung beobachtet. 

4. Ebenso wenig wurde die beim Morbus Addisonii durch¬ 
schnittlich beobachtete, lange Zeit anhaltende Anorexie constatirt. 

5. Der letale Ausgang beim Morbus Addisonii kann durch 
Zerstörung der Ganglia coeliaca bewirkt worden. 

6. Dem bei 3 Kaninchen nachgewiesenen' Aceton können wir 
keine Bedeutung für die Symptome des Morbus Addisonii beilegen. 
Die Bedeutung des Aceton, früher überschätzt., verliert ihren Werth, 
da es im normalen Harn vorhanden ist. 

II. Aus dem Laboratorium der medicinischenKlinik in Breslau. 

Ueber Nierenveränderungen bei Sulfonal- 
vergiftung. 

Von Dr. R. Stern, Privatdocenten und Assistenzarzt. 

Während in den ersten drei Jahren nach Einführung des 
Sulfonals in die Praxis trotz ausgedehnter Anwendung nur ver¬ 
einzelte Beobachtungen über schädliche Wirkungen dieses Mittels —- 
und diese meist nach einmaliger Einführung zu grosser Dosen — 
mitgetheilt wurden, ist seitdem bereits eine ganze Reihe von Fällen 
bekannt geworden, in denen nach längere Zeit fortgesetztem Ge¬ 
brauch von Sulfonal in mässigen Einzelgaben schwere Vergiftungs¬ 
erscheinungen, mehrfach mit tödtlichem Ausgange, auftraten. 

Der klinische Verlauf derartiger Fälle, die trotz mancher Ver¬ 
schiedenheit im einzelnen doch in vieler Beziehung eine bemerkens- 
werthe Uebereinstimmung zeigten, ist in meliroren Beobachtungen 
ausreichend beschrieben; ich darf in dieser Beziehung auf die 
kürzlich von Käst 1 ) gegebene, zusammenfassende Schilderung ver¬ 
weisen. Dagegen ist uns die pathologische Anatomie der Sulfonal- 
vergiftung bisher fast gänzlich unbekannt. 

In 10 von 13 tödtlich verlaufenen Fällen, die Käst (1. cj aus 
der Litteratur und nach privaten Mittheilungen zusammenstellen 
konnte, fehlt ein Sectionsbericht, in zwei Fällen war der Sections- 

') Archiv f. experim. Pathol. u. Pharmacol. Bd. XXXI. 1892. 





DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCM Eä«i«.'H R)FT._ _____ •*“ 

telW» sehr dhxMs» B 1&4 


befund *81%. negativ, in einem Fall« von UeUl. c-rg»b Hi» AuwjisJf . ■ 

„nichts, was ttir Hi« Brkl&rimg, der V wg!il,migsws<Htmmii.>ri.rt vw • ' U, t „ii a -lr«n nornml. 


BwinufcvUi 4 * äNUt, von &dchnö chTöiitstdiftc ivnphntt^ 

VetHvanhsuftgiro der NierenkapsfU Tniimufc- de* NHmrmmrencbyms’ 
Seitdem sind Äinveit ich nu* der mir zugänglichen LiRer.Uttr »>r* 
sehen konnte,' noch fünf weih** U>dttfdrwia&fcn* fö]lc von 


Golune Pia idwa* verdickt. srttUifl. rHojjvhH^rm, «‘Hw** Wl 
Brt«iü bucht sklcrodrl um] etwas ausgedehnt, d<» KUmenm >'»*»• . 

Die ^rjjojet m riciiirnv icibst m-gmbt k «Mtf* makci^M.piKmu. - -- 

ftaUerongif«. 


däiHschcü Aubrcn, Penr r ) »ml F tTmiuimTnlj*} -tni^ctheilt werden: Dir SecMou cr^nb nonii-t nichts wae als H'dfonidsyt^tmv: \\,uW 

fimlol skih fci» Hoetjon^^icht 1 *UßP;*»* werden Jtöftowa. li< todm im Vöi-- 



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r MiU* däßuat vß^hhiÄfrte Ao\\ der /ruR&ml d$r ö® ‘ .JMWw’ 

Hotodii TtTJcJmÄy mi»«sh ftftew «aüwchQ«* .dne WnvirrihtMt «nu. 
Sdnv^iie mmm ‘Mi. 7 m Mit wokJm jL^ «Utftvn»1 A«r t»ft«U W»«* [ 

An-. L>2. Xuanur M dem Md»:mdoimlen A^ledb- eiRTuMininbce.-. : 
dunkln Fkrbunü des Urins auf,- rr überpuh mir 4?i»«oibcn mt j 

MUh 'th, p..;b.. des Uli NI y war duuk'.-t blnuhvb r'.fu tm dir -Fiifbum; 
von Burh’Utvb'r oder von dunkler .Rir»dt?in.uee ^ onntienjd «m- UcnUiöü 
stAfk suiUiTy Der tlurn kehrte einen <H^enfhünt|idhöii nt&Tiiien ! 

I, nu }i si,m-mIiI‘ bi vdii !02h brnriu-hr thu-nimn^r bumi 


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des' Urobilins' ontspnudu Hi>cwavdoi>iu wm- wvdoj ^p.? < -h*oskn,d5eb : $ßß 
dtöffijt- Beitor'seiie Trohe imohweisbaj.*, Uer Bum weder Env» 

rmrf. Zucker. Tho Uuter6uchtmg atif UaUenfurhHÜ)«; Aceton upd A.cotcsng- ; 
skarn hei ebenftdlH- negativ uns. Mikr^i<k*M.*'‘? i «'h fundc-n sich nur smjgo ; 
Imofcoeytru. In einem zwei Tage s|i5it«r lint.ni^uebf «mi Hnrn. Jie3.s sieh 
eine Spur Eiweiß mudnvoisem nükioskopiscVi w»re« in diesem; Hwi ävreb 
oi«igß ‘ nUygoUvugtt' mibe BluikiH-pejt^en und sehr spärliche.: hynime-/ 
Cylinder /J? finden. Die kürlmnv des Hunt? wr-mt^r. Intuitiv als ur 
dem ucter^urhton Linrn Uie sper-rwskuptsdie rnrcrsur'htmp: orunh 

witnier das Vorhainicliscitt von Tlimouii.oiMU'pb^rim 

r.ofort- nstuh U e *pslelhim< der HLiomäiopoq.hyrinUrm . ou.-de U;m 
isiüionnl tlrünitiv foUgehirsmi^ fg?fc votiifil Pnüdntin tun *^1. d:inm>T m 
vollfvuodiges Conia- tu»ob thst 48stöpdiger Umier mit- 4m 'Ü’odf. 

endete. vViibroiid des üpmft« war die Athimum wouig bcschlonmg;. ni.tU 
tief, (hm f’uJs bis kurz vor dem Tod» voll und gospujyü. Uie> ijroaimjrut* 
mkügO dpS (>m kaufe von fünf Ahmuf tuij -vcfbri-iiiihicu Hulfoqals (jtws .sich 
nicht' ui.-to pinuu Ihslsiolbm me -MinV m>. ungofM.t h>‘‘ / "' ! > '*.» • 
/.ii^rbl;ig(:Ti sein; , . . . 

Die äm Tage ruudi dein Tode von Honui Piiv-ntdoi.-enltni Dr. h n ntmaiiii. 

mttip’u!blii'to Antop ei e nrgäb: 

■' Bdu- mtlreichc Liücho, goriniyet’ i-Amm- ; A Ur.rx md. Fntf hederkt, 
AhiMkuiatiiA bfilunbch >relb, ^fnuti, sehr btdU’h-^p vuo Fett fhö’chwftbhsotl. 
|Jie KraüzartoruiU sr-urk' skleroairt. 

Lungen. Omken.. niHssigos Emphysem, Hyposuso. und t.hbtJweiöi’. 
\t<vb?cHi-se in beiden nncerb.ppers. Ureter -der Plonru okii'^0 schieffiiy 
iuduvirfr. 8bdb?m 

Milz. Nir.bi- Mn-gTö^eri iib:bU;4,5 etnj ziumltch tveidv. dunkelrcoh. 

Rechte NiemAVjO.D:4A-3). von blass nd.Ugrancr Fnrbirng, Ziem- 
Itcli woidi, OberflUcbe glatt, hier und da siebt: man verkalkte Uinmomlv 
und .kleine OyJbton. 'Rinde n« a-Ugemebicu vm-w-hmHlert. Msrkkopci v-r- 
klemeid, dufcii dunklree FiU’bung kebaxf »hgesolist. ?Aigty\ -rtdchljche Uulk- 
einiagemngeii in .Perm von getblichcn Strichen. 

Linke .Niere (10:4,6:0.7 mi). BtwuS dunkler ^tdilrbt, sonst vdu 
dersoliicn BesetuiffmihnÜ wie diu feebie: Uijilgc Stellen ihrer Rinde 
mgoe etwas 6iärkm*o Hyporümk-. 

■- ’* Leber (22:18 -7 ein) BÜrk: verfoHet: mubuii mnige kleine Anütome. 
In '<fer. (tttlleabks*.* ein grosser Sictru im Umdns opticus. (Hu mehrere alte 
Narben zeigt, kloinorr krflLubehe Conuremontc. 

h no^ptlals-Tj'kude jX. 44, .ciürl nach dem K'deraC in.der Omiiseb.m 
Mmbbind-Zcitung IHAh.No. 73. 

? i Uospits'ijs-Tidhade X. 2H, roforirt. ibid 

a ) rhtv;pit,nls-TiÖend'> X% 89. referirt ibub 

■) Vorgi. Sa ik vmsk 1 (Zdtsehr. t. pbysiol.. Ohmn. XV i. dessoti. Vor*; 
fulireö idionMU -Hflgewcnctefc wurde- 

Di.t^r mich SüUou l&ügi^.Uioif- vor dom T'odts lud dbr I^ütintin 
benbahUkdo schwnehö Icterns btpg offenbar mit der auch bei der Soc.ih.m 
coiiötatirien Cboleliiliiasis zusummon. 



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klTnigcr Pbudunungsionscer): ui? eiiügeyi Stßlhut ünih/n «oh inmiv. fcjouu. 

Ob; dicid unter der Rindfe gMcgencsi OidnsS«;. ^dgHb, - bl-SUluiers 

itt-''iX , kp'arftt^n. von -.der lihkeiii Niere -- siaä'ko' ; BluftlUluo^; 4 {v_ r e!iizeuic 
(mdcn sicL mich kleine RlutäugGii J.n Uewefm Uhu m mH.bm d«! 
Hiu-mainübdiHn. RumbelleyJitmrflo ^ind nirgends zu &Mty im »¥’; 
sliVinl?« Bifi&gäv;oM h& r M\*&i vm-myhU: die Arterie« äwgtot m0 ^c 0 ’“ 



becondnr.*. Mi di«» <Ucr Secrotiou di»?!)f»3i^ii'rt Abscdtnitt(‘n der ruiHc 
('Htmichoc — He?' einer töxiMr.hn;n Nophritiä (AusSnbeidfinc^ 


H Trotzdem thiUvuliu.- in .dg« ••ietztbü acht Tugeü kein SnHounJ :tn’i 
erhalten baU« , f war Oie diirnlö ttaarnwtjr_ipv>?|)hyrit} bedingte- Farbifng \ es? 
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f’iüvns Mttr.n-fuO, woit Ins wopr^tv s<*jiHM' H;>rh* 
ne- nf*j Oe? )-5tnu;l^uiuue Si‘MV.HjtrkuUe« 
,w.itggüj s.vinne iu»vW F \v’ö.sriirli»n 

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; ä{>n* ,iM! \n.j u,vo-.-M!. ,0» lOdu pij*;il. ul» > *J.mi 

i 'iVstiviu. voMfnridii d’-v üu^-j.^i i,u«i w».jlirh das 

j kudp »lü! Sf.nnl dun h »Ojuä« öi 0,i'> oh»*n 

; Ji?r .l<*r \uli> iiriosfici.,- \\nt-’ aÜn-r vnn 4 Au* l'utiuufJu (lUiünfü)u-t' 

J vvX'nitui kutiii. NKiiru.ihi' \tml' von min- 4:o ’Sjiirak* 

I ^Htc’jH.’cnjinjoior \V<*.i.^ iDif'S|y]nik iiolVoi» dir o-nn-os Diidj? in dv.t 
| f*i* iiittup SnpiiiiOii'n /wnini.j! »m .Ion Ol..u'f»nii ufns'cfiUirt 

UMii snhliVaslii li an dm- tinfvfttf wird, 

V; i** Bio hnnivf kno. isi gnlungi-tt. >ivi 0 ihtiu-n Vordnraiui 
nnvni'fo- f'oünitHn iIihv.Ii «fnr» Äpe^’-it -uirt«! stark at<s\v;irt8 rotirt.«» 
'XtelJmijyr' >.u ^iuVir, o!i(iö <ijo Dovvv^uue'tai drr XrJmiior. du«. KU- 
iiögimr; und du»* Foi^or .^es-t'Qlliefi ?<m vofi-in^fu. und luiin darf 
wutO fiofflm, dass durek tuD^v^vi-ztAu (/«luun. li iifc der Vuxpina tioit 
vni.y;ug»«wt^iiPndVn Hindmiksu ühoi'winiduvi ivordoi, . 

Öfte gnw veiNüIiitttleue An w^utiiHij.wöi^e Jpt* >>pkalfedut 

Rolfen Sie; inii din$ntjj ?'\veiO*n kleinen 

Ouiguf ui»? v-imori .Ifilirc 0n Daruior Ivrar/kenlutuöe m CariHB 
»lut Oihl'ttiKjnld'ung- der oberen Drusl \* iri»-l bohnndoli wir»! ber- 
selhfi triigt ein teste.s ;ü»er leirbtus Hl ütz<''i s'-tt ju»t* wuu hem l f "dz, 
Uola'firwbt'W^k wd St4rkebiudefi nebst eingein^teii 
;in,j Aebseistüeken» \vie ich euielies »uf dev ■•N’.tturCeWvbe-H utSiOntt!- 
dnng. m Halle' vorswi^i •und tin'Rnlifiebeo habe, De Düg l'nrüfsv 
bfe .vor kniv.m .«len ehentailß m Halb viöi mrr «iernttUHtjirte/i 
SiöUkm^en iiU' d^n sToibier initteD \dai?Usdber 25üj?^ an 

den A<• Stse"lst’ützen. d?v O'W'fH'IA </ngeh!ingt ^ird, aM die Aür- 
hdilü-ng.- seines Leidens 'maobfr bei dieser DeiUantlluög sn ■bwlidäib--- 
gfuide DürtsrhnttCj dass icflv keinen Grund gehabt davon 

abzu^hen, mm mwjv inMtt det Wun«fb naidi ihß^üdreter .xV fis- 

öutÄijng aller Torzdgn der Spiralfeder, tu drin Bte öu<?li 

nie Kopfträg’er zu bmntMu, veranlagt bitte. ;D?e präbfaöirale 




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.DEUTSCHE MEUIOTISCUE WWBENSCERIFT- 


«rfcdvemt '4tif .ikn msfew Uled* hiemi sehr &mgjtk 
doppelten Vützugv d> lihntK«-AVn.-»'>.'.^}uitu zu. r* 1 -?' 
•denv •' {dis«ütige.; Ff« 

kßit an vevb taffen Lotte-1** abv* 

Anlegen füm>$r iß .Byjj*^i4:(iUiw3Ä' 
don ih* ünikeoismiikm Sruhi- .; 
tka.hi.6s feelihifu-h ■ ausführbar* ^ 

und *;-= uuwwu- »du«: umlm Losung Y : y/ 

<W gerne du *v«-nbm. y;' v 

Ühwdhn Wci;h»- tkfiU. ilar> MMÜ •: k 
l h-ni-J m sr!:h.ri--:iUU'l!U;J' U 'A H. 
dtmgon y«< der vorderen und mn~ 
ybn dmti /Mf>ii6rü> 


einigt. \’jn*wr klnutttt? Hiblt 

■ititli m cUnii Verbände, «km nun 
firtvn* »fitärti Wmten ÄrL 
volil: s?f*m Kojd und Hals wird m- 
du»vii t wie Bic sehen, sehr muIvu 
imti , 'tiirtl • wte 

ihn Hei ne m früh.ücdb VjN r ; 

Tier .XppafAt ist- iHisumhVft ‘Hir *lö> 
AuHm^ÄA^Hum' d&jP 
deri Ausf^ÜivTr^^H «n 
T0®* ßklWl ^ 

Uio HefWem \vi 
üer io- te .ffwbf 

J w«y<ft«r 5 l&äi*teB &JU 1 . <4> p 

v.oeh anderen Zwecken dienstbar 7M müenet' 
Btatekroft mit \lw rüdorlmüt; imtom w 
ürnümij, -owohl über du- Maebe »1s ülmt 
Wurden können und dann mit KfcoVgm in fl 
i’ücksulmpUoii, 

{Jiuvatiä begßbüb sudi ..nun sowohl tür.»U* 
für die OiinirgE im wlitremomen ciw ffcrjjb^ 
wvfetm. ich beamte jh?r Beitem ja Www 
UH 1 - Gestalt tiiier wVr 

rmiu?. k« «item, te gecen die 
eines cHntvrwmne irren Kute »uir*-i ; Ellbngo'm* 
}ftr/HV3cfo*ltH >md miteite \virksame?: BtÄliV 
Apparat int. fertig. L«te bei snuohummler 


i; 


: HöA fern uhser© Immm opirai- 
hui^j v aM -i» 1 üyr» z v & Höbe, 
Uie.KolU; bei JBnu bou unU Y'ir- 
rti.ukuß^ö üer bibgeie die uit 
so lHitinä*Jdg \ü Ui« feE&riiatt'ö 
Lag.©- ziiru('k,'t!ebe.n, in An¬ 
wendung 7 M bringen. Etil* \m- 
deraniibi’ticlie Jiabe kdi fjistül*?«- 
iüHg gesbogene Di'nUtsehiwmn 
ünirrtignu lasuuiw Ton der 
F©rnr T ^yie ich sie Ünnm 

hier vön&igw (ver.gl. Fig- />)-, 

\iütl ilie Selrieoe hat Sieb bereits 
jba i'ibbtn Bruuh© beider Vdrtier- 
ru KTuv,-,hen. mit bödfUtmdei’ 
Neigung zu ■ bajn«©tÄW#r 
Verschiebung gut bewahrt, m- 
Uem eie du; Diskuuüon nun'h 
ihren ©1 AstiseUen Widerntaml 
überwand Hiermit. .v;üi n:b 
jedrudi meine Mit-Umilun^ti 
über die oldrabirabtvei’bifcßib' 
srhHe & eün« -oml uiebL 
alte Afiwendu ngswetäen clei'Beb 
beü Weife mitgetbeilt ^b 
rumdem, weil,, wie ich giaubt, 
- thv JaiieiysHe: an dem Gegen¬ 
stand erschöpft idi. 


swdrbeb;üiieä geeignet., während mau ht 
puHfÄfff** ™ ,t0eiu,um' drüliecen;- Btutz^bpHfütv. HfrJf'heV 

umlüfikiHt' ÄÄÄL •üfetgöhmi- . 

- dchg. du^eb die btäft r hn©k*me umg^tutinng 

yucktmddüruugw sjUraJu gAWonuen 
goringm- fiteren» wh keli.iig. um _cte auch 


IV. Üeber subphrenischen Echlnocoecus. 1 ) 

Voa Pnv.-Dw. Cr, Ba. Hofl'nuwiu üi Unuiswiiia 

i >i<' subldireiiistdibfi t{< bitiui'.n‘U:Oii, d h ; dtejeuignij }ib v v^enw m 
weküue >i‘ h beim AVeWorvvHulisen an dir Übermüden der 
linupi.KHublod) nach oben, aW gegen des Zymebfeb bm tvn^n^ 
— diu gkücbmi VethfUtümse bei der Mil» lassen, jive hmr m’ » *» 
Beü-m-kt.uug - brauspruehei! wegen ihrer iiesouderUmtmi »nwj 

in, dingnosiisfliep wie in tlmraheu übdim* Um/iehhüg v ‘ )} l f > - 
Imtmre; H?uo. iceeo eiiif l>£m».mdrro B'^ehtaug. . ( 

Dir Lbuiuoxc ist *< bwim-ig, \vgiL m-)\ dirsr Euhrnommce.! m 

Evtunmvntwit’kebr deruusprr{dtvsjkajisvluurljnfershühiiugsme m- 
^ zugäugticb m Wtoond Mm pvvöbhlieiwm 
Lebet nach unten rückt um.! die der _Btt.ncUwaml smb 
Hübet- oder spüt.m* um tu oder wmuigcr deutikh nlwprali . 

iupun /a\ iedhirmt ist, blie Frpnitmiiuugmi mtnde^umn anr ) _ 

kruuiaing Um T^brr idnwdw», wird Imin» ^ubjdtwujt'r.bem,.u . 
m/oj.s ilie Le))«i weuigev mith uhUuj gedrhugr, als vteM. 

u Yeiärag, gehabeu inrGretf^Wftldhit mv'Ur»H.i?cU©n ^ 1- • 





8. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


225 


Zwerchfellskuppe nach oben. Hierbei ist der kegelförmige Tumor 
zunächst noch von Lungengewebe umgeben, die physikalischen Er¬ 
scheinungen weichen, wenn wirklich eine Untersuchung vorge¬ 
nommen wird, wenig von der Nonh ab. Es entwickeln sich daher 
zuweilen derartige Echinococcen fast unvermerkt und veranlassen 
erst, wenn sie zerfallen und Fieber und Schmerzen machen, dass 
die erkrankte Körpergegend untersucht wird. Auch später, wenn 
die Cyste und mit ihr der Dämpfungsbezirk grösser wird, macht 
die genauere Diagnose noch Schwierigkeiten, da Verwechselungen 
mit Erkrankungen des Pleuraraumes möglich sind, und zwar mit 
einem pleuritischen Exsudat oder einem intrathoracalen Echino¬ 
coccus. 

Bei der Unterscheidung von einem pleuritischen Erguss 
giebt zunächst die Anamnese einen werthvollen Anhalt, indem eine 
Pleuritis acut beginnt mit den bekannten Seitenschmerzen und 
anfangs vorhandener Athemnoth, während der Echinococcus ganz 
allmählich sich entwickelt, manchmal ohne Schmerzen, meist mit 
zunehmenden irradiirenden Schmerzen und stetig zunehmeuder 
Athemnoth, die sich bis zur Erstickung steigern kann. 

Die Aspection ergiebt beim Exsudat eine gleichmässige, fass- 
förmige Erweiterung des Thorax, während beim Echinococcus die 
Erweiterung eine mehr glockenförmige ist durch Vergrösserung der 
unteren Apertur, oder eine circumscripte, nur eine Wand be¬ 
treffende, wenn sich der Echinococcus vorzüglich nach dieser hin 
ausdehnt. Von besonderer Wichtigkeit ist die Percussion, welche 
heim Exsudat eine geradlinige Begrenzungslinie der Dämpfung er¬ 
giebt, die sich eventuell bei Lageveränderungen des Patienten 
ändert, während beim Blasen wurm die Begrenzungslinie eine fest¬ 
stehende und bogenförmige ist, so dass, je nachdem der Echino¬ 
coccus mehr an der vorderen seitlichen oder hinteren Wand des 
Thorax emporgewachsen ist und derselben anliegt, die Dämpfung 
vorn, seitlich resp. hinten am höchsten emporreicht. 

Sollte trotz Berücksichtigung des Gesagten noch Unsicherheit 
in der Diagnose bestehen, dann würde eine Probepunction alle 
Zweifel heben. So harmlos eine solche jedoch, unter antiseptischen 
Maassregeln ausgeführt, bei einem pleuritischen Exsudat ist, so 
verhängnisvoll kann sie bei einem Echinococcus werden. Einmal 
können bei einem erweiterten Sack, wenn die Wandung desselben 
mit dem Zwerchfell nicht verwachsen ist, Infectionsstoffe in die 
Bauchhöhle, oder wenn diese Verwachsung vorhanden ist, in die 
Pleurahöhle dringen und so zu eitriger Peritonitis oder Pleuritis 
führen, andererseits wirkt auch die Flüssigkeit eines nicht ver¬ 
eiterten Echinococcus toxisch, wenn sie beim Eindringen in die 
Brust- oder Bauchhöhle zur schnellen Resorption kommt, und 
schliesslich kann es auch durch Eindringen lebendiger Scolices zur 
Weiterverbreitung der Echinococcuskrankheit in der Peritonealhöhle 
kommen, ein Ereigniss, das durch das multiple Auftreten der 
Echinococcen meist trotz aller Eingriffe zum Tode führt. 

Zu dem Ausfliessen von Inhalt aus dem Echinococcussack wird 
Ps um so leichter kommen, als derselbe zuweilen unter sehr hohem 
Drucke steht. Man wird also die Probepunction nie zu machen 
haben, wenn es sich um muthmaasslich vereiterte Echinococcen 
handelt, und sie auch in den anderen Fällen durch genaue Unter¬ 
suchung unter Berücksichtigung des oben Gesagten zu umgehen 
suchen. 

Ausser mit pleuritischem Exsudat kann, wie ich schon sagte, 
<lor subphrenische Echinococcus auch mit einem supraphrenisch 
gelegenen verwechselt werden. Die Aehnlichkeit beider besteht in 
der bogenförmigen Dämpfungslinie, der circumscripten Ausdehnung 
des Thorax, der allmählichen Entwickelung des Leidens. Die 
Differentialdiagnose wird sich hauptsächlich darauf zu gründen 
naben, dass beim subphrenischen Sitz die Leber weniger nach unten 
gedrängt wird, als vielmehr die Zwerchfellskuppe nach oben. Die Be¬ 
wegungen des Zwerchfells werden durch den zwischen dasselbe und 
nie Leber eingeschobenen Tumor eingeschränkt. Die Leber folgt 

^ geringem Grade den Athembcwegungen. Schliesslich kann 
< ie Dehnung der Zwerchfellskuppe so hochgradig werden, dass die 
e reffende Zwerchfellsseite durch Druck atrophisch wird. Es wird 
ann die merkwürdige Erscheinung auftreten, dass bei der Inspi- 
a ^ e ^ er un( * mit ihr die Dämpfungslinie nach oben 
ext, da das Zwerchfell angesogen wird, während bei der Exspi- 
Umgekehrte cintritt. Bei dem in der Thoraxhöhle gele- 
nip T ™ ococcu s wird, wie beim pleuritischen Exsudat, ähnliches 
n , ultr ? teu - E® wird mit dem Wachsthum des Tumors die Leber 
ul unten gedrängt werden. Sie folgt wie das Zwerchfell den 
numr« eW ^T Dgen ' ^ anc Bmal werden auch hepatische Erschei- 
jp ? n ; wie Ipterus, das Fühlen einer cystischen Anschwellung an 
luoh 6 - 6r ’ au * ^ en ^ es Leidens hinweisen. Schliesslich kann 
führen 111 * ? Wa au . s ^ ölirte Probepunction die Entscheidung herbei- 
die pi« k 0 i einer supraphrenischen Flüssigkeitsansammlung 

bei i? l l wä ! lreild der Exspiration stärker ausfliessen wird, 

subphrenischen dagegen während der Inspiration. 


Die in dem Thoraxraum gelegenen Echinococcen, welche hier 
für die Differentialdiagnose mit subphrenischen in Betracht kommen, 
können sowohl pleurale wie in der Lunge gelegene sein. Letztere 
müssen jedoch, um hier in Frage zu kommen, die Thorax wand 
erreicht haben und daselbst eine mit der Leberdämpfung con- 
fluirende Dämpfung machen und dürfen noch keine Lungenerschei- 
nungen, wie Expectoration von Blut oder Echinococcustheilen, ge¬ 
macht haben. Ob in solchem Falle dann ein pleuraler oder ein 
Lungenechinococcus vorliegt, wird sich vor der Operation kaum 
feststellen lassen. Von zwei von mir operirten und hier im me- 
dicischen Verein demonstrirten Fällen von Lungenechinococcus 
konnte bei dem einen erst während der Operation mit Sicherheit 
der Sitz im Lungengewebe festgestellt werden. 1 ) 

Ist nun unter Berücksichtigung des Gesagten der subphrenische 
Sitz des Leidens festgestellt, so kann, wenn man aus hier nicht 
zu erörternden Gründen annehmen muss, dass es sich um eine 
eitrige Flüssigkeitsansammlung handelt, noch die Differentialdiagnose 
zwischen Echinococcus und subphrenischem Abscess anderer Ursache 
Schwierigkeiten machen. 

Wir werden hierbei zu berücksichtigen haben, dass beim sub¬ 
phrenischen Abscess meist nachzuweisen ist, dass eine Erkrankung 
des Magens oder eine mit Abscessbildung verlaufende Leher- 
erkrankung vorangegangen oder noch vorhanden ist, dass ferner 
Compressionserseheinungen der Lunge nie in so hohem Grade auf¬ 
treten wie beim Echinococcus. Doch wird in manchen Fällen die 
Differentialdiagnose schwer oder gar nicht zu stellen sein. 

Wie für die Diagnose, bieten die subphrenischen Echinococcen 
auch für die Behandlung besondere Schwierigkeiten gegenüber den 
anderen Leberechinocoecen. Während man bei letzteren in der 
Regel in der Weise verfahren kann, dass man durch die Bauch¬ 
wand direkt auf die Cyste einschneidet, dieselbe mit der Bauch¬ 
wand vernäht und sie ein- oder zweizeitig incidirt — eine Ope¬ 
ration , die meist zu den leichtesten der Bauchchirurgie gehört —, 
kann man beim subphrenischen Sitz desselben nur dann von der 
Bauchhöhle an den Echinococcus heran, wenn sich derselbe mehr 
auf dem vorderen Theile der Leberconvexität entwickelt hat oder, 
vermöge seiner Grösse die Leber in Anteversionsstellung bringend, 
sich an der Vorderfläche dieses Organs nach unten vorgedrängt 
hat. Man kann dann nach Landau 2 ) in der Weise verfahren, 
dass man unter dem Rippenbogen eindringt, die Anteversions¬ 
stellung der Leber noch vermehrt, ihren Rand mit dem unteren 
Wundrand vernäht und dann nach oben dringend den Sack er¬ 
öffnet. Ob man den Schnitt mehr am vorderen oder mehr an den 
seitlichen Theilen des Rippenbogens macht, hängt von der Lage des 
Tumors ab, der sich einmal mehr nach vorn, ein anderes Mal mehr 
nach der Seite entwickeln kann. Sitzt aber der Echinococcus auf der 
Höhe der Convexität oder mehr an der hinteren Fläche der Leber, 
dann kann man nur durch den Pleuraraum und das Zwerchfell in 
die Cyste gelangen. So wurde unter anderen von Volkmann 3 ) 
und Israel 4 ) verfahren. Das Ungünstige dieses Vorgehens besteht 
einmal, wenn keine Verwachsung der Pleurablätter vorhanden ist, 
in der Eröffnung der Pleurahöhle, welche dadurch der Infection 
besonders bei vereitertem Echinococcus ausgesetzt wird, und ferner 
in der Läsion des Zwerchfells. Ersterer Gefahr begegnet man, ab¬ 
gesehen von dem selbstverständlich streng aseptischen Operations¬ 
verfahren, am besten dadurch, dass man mehrzeitig verfährt. Man 
macht zunächst die Resection einos Rippenstücks und lässt durch 
Tamponade oder besser Vernähung eine Verwachsung der Pleura¬ 
blätter eintreten, dann erst dringt man durch das Zwerchfell auf 
den Sack ein. Stellt sich heraus, dass auch zwischen diesen letz¬ 
teren keine Verwachsung vorhanden ist, so kann man, wenn man 
ganz vorsichtig sein will, zunächst eine Vernähung derselben aus¬ 
führen und erst in einem dritten Act die Cyste eröffnen. Bei ver¬ 
eitertem Echinococcus wird jedoch meist eine \ erklebung vorhanden 
sein, und im anderen Falle wird, bei dem guten Anliegen der beiden 
zu vereinigenden Flächen, eine Vernähung meist genügen. So wird 
man also meist mit einer zweizeitigen, manchmal wohl auch mit 
einer einzeitigen Operation auskommen. 

Vor vier Jahren stellte an dieser Stelle Prof. Loebkor 5 ) einen 
Fall von subphrenischem Echinococcus vor, bei welchem die Opera¬ 
tion von der vorderen Bauchwand aus ohne Schwierigkeit ausgeführt 
werden konnte. Heute erlaube ich mir, Ihnen eine Patientin vor¬ 
zustellen, bei der ein solches Vorgehen unmöglich gewesen wäre und 
durch den Thoraxraum und das Zwerchfell die Eröffnung der Cysto 
vorgenommen werden musste. 


l ) Deutsche med. Wochenschr. 1890, No. 50. 

a ) Ueber subdiaphragmatische Echinococcen und deren Behandlung. 

eutsche med. Wochenschr. 1886, p. 832. . VI ir 

•*Y xr _i__j_für Ghirnrfirie Bd. \ 111, 


4 ) Desgleichen p. 17. 

5 ) Deutsche med, Wochenschr. 1889, p. 3o3. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



226 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


Der Fall illustrirt das über die Diagnose und Therapie Ge¬ 
sagte aufs deutlichste. 

Minna W., 9 Jahre alt, aus einer kleinen Nachbarstadt stammend, 
wurde Mitte Juni vorigen Jahres zum erstenmal von mir untersucht, nach¬ 
dem zwei Aerzte vorher die Diagnose auf beginnende Skoliose, em an¬ 
derer auf Pleuritis gestellt hatten. Diese diagnostischen Irrthumer zeigen 
schon, dass die Symptome nur unbestimmte gewesen sein müssen. Vor 
allem fehlten alle subjectiven Erscheinungen. Von der Mutter des Kindes 
war beim Baden eine SchweUung der rechten Brustseite bemerkt worden, 
die sie veranlasste, ärztlichen Rath einzuholen. Irgendwelche subjectiven 
Symptome, wie Schmerz irgendwelcher Art. Husten fehlton vollständig 
und waren auch nie vorhanden gewesen. Sowohl bei der Betrachtung 
von vorn als von hinten sah man, dass die seitlichen Thoraxpartieon etwa 
zwischen Mammillar- und hinterer Axillarlinie in der Gegend der sechsten 
und siebenten Rippe rechts deutlich vorgetrieben waren. Die rechte 
Thoraxseite ist 2 cm im Umfang grösser als die linke. Die Intorcostui- 
rilume sind nicht verbreitert. Eine mit der Leberdämpfung zusammen¬ 
hängende Dämpfungslinie beschreibt einen Bogen, der am höchsten ist in 
der vorderen Axillarlinie und daselbst bis 2 cm m die Höhe der Brust¬ 
warze heranreicht. Nach unten reicht die Dämpfung etwa zwcifangerbreit 
unter den Rippenbogen. Daselbst ist der Leberrand in seiner ganzen Aus¬ 
dehnung deutlich zu fühlen. Die Leber erscheint als ganzes nach unten 
gedrängt- An der betastbaren Oberfläche ist nichts von einer isolirten 
Hervorragung, keine weichere Partie etc. zu fühlen. Bei den Athembe- 
we^ungen wird die Leber nicht nachweisbar nach unten verschoben. Die 
Auscultation ergiebt oberhalb der Dämpfung Vesiculärathmen. Wahr¬ 
scheinlichkeitsdiagnose auf subphrenischen Echinococcus. Nach einem 
halben Jahre, als die Patientin sich wieder vorstellte, hat die Dämpfung 
nach unten zu garnicht, nach oben um 1 cm zugenommen. Thoraxumfang 
nur wenig, kaum 1 cm grösser als das vorige mal. Auch jetzt wurde 
von einem Eingriff noch Abstand genommen, da jegliche Beschwerden 
fehlten uud ich abwarten wollte, ob etwa unter dem Rippenbogon sich An¬ 
haltspunkte für das Vorhandensein einer Cyste und damit die Möglichkeit 
der Eröffnung derselben von der Baiichvvaml aus bieten würden. 

Auch im Juni dieses Jahres war das Erkrankungsbild wenig von dem 
früheren verschieden, nur erschien das seitliche Hervortreten des Tumors 
deutlicher. Die Dämpfung hat sich gegen das letztemal nicht, wesentlich 
verändert. Es wird noch constatirt. dass in der rechten Scapular- und m 
der Parastemallinio keine abnorme Dämpfung besteht. Es wird auf Ver¬ 
anlassung der Eltern, um alle Zweifel in der Diagnose zu heben, die 
Probepunction und zwar im sechsten Intercostalraum in der vorderen 
Axillarlinie gemacht. Ich glaubte dieselbe verantworten zu können, ein¬ 
mal, weil jegliche Erscheinungen einer Vereiterung fehlten und das lang¬ 
same, zuletzt sogar anscheinend unterbrochene Wachsthum für Vorhanden¬ 
sein eines nur geringen Druckes im Sacke sprach. Die Punction ergab 
klare, beim Kochen nicht gerinnende Flüssigkeit. Beim Entfernen der 
Spritze floss aus der Punctionsnadel nur bei der Inspiration Flüssigkeit ab 
— ein Beweis für den subphrenischen Sitz der Cyste. Für denselben 
hatte auch der Umstand gesprochen, dass die Punctionsnadel zuerst in 
einen Hohlraum einzudringen schien und dann nach einigem Widerstand 
in einen zweiten. Hierbei äusserto die Kranke lebhafte Unruhe, und die 
Nadel wurde heftig, offenbar durch die Contractionen des Zwerchfells, hin- 
und herbewegt. 

Am nächsten Tage, dem 29. Juni, wurde zur Operation geschritten, 
die doch unvermeidlich war und die ich jetzt nach der Punction nicht 
gern noch länger aufschieben wollte. Resection eines 6 l /a cm langen 
Stückes der siebenten Rippe. Die Pleurablätter sind nicht miteinander 
verwachsen, wie das Hin- uud Hergleiten derselben aneinander deutlich 
erweist. Es wird daher, ohne die Pleurahöhle zu eröffnen, mit stark ge¬ 
krümmten kräftigen Nadeln ein Vernähen der Pleurablätter miteinander 
und mit dem Zwerchfell vorgenommen. Tamponade der Wunde. Die 
nächsten Tage klagte Patientin über Schmerzen beim Luftholen. Eine 
Störung des Allgemeinbefindens trat nicht ein. Nach fünf Tagen wurde 
wiederum in Narkose durch die verwachsenen Pleurablätter eingegangen 
und das Zwerchfell in der Richtung der Wunde theils incidirt, theils 
wurden die Muskelfasern stumpf getrennt. Die Leberoberfliiche zeigte 
sich nicht mit dem Zwerchfell verwachsen und auch nicht durch die bei 
der vorigen Operation angelegten Nähte erreicht. Vernähen dieser beiden 
Flächen durch vier Nähte — zwei für die Winkel, zwei für die Seiten¬ 
ränder der Wunde —. wobei die Leberoberfläche sich als Cystenwand er¬ 
weist, Eröffnung des Sackes, Entleerung einer Blase, die im gefüllten Zu¬ 
stande einen Durchmesser von 10—12 cm gehabt haben mochte. Tochter¬ 
blasen sind nicht vorhanden. Einlegen eines Drains. Keine Störung des 
Wundverlaufs. Fünf Verbandwechsel, nach vier Wochen Entfernung des 
letzten Drainstückes, nach fünf Wochen vollständige Heilung. 

Zur Zeit ist nur nachzuweisen, dass über der etwas eiugezogenen 
Narbe die Leberdämpfung etwa 2 cm höher reicht als normal. Die 
Leber folgt den Athembewegungen, Beschwerden bei letzterer sind in 
keiner Weise, auch nicht bei Anstrengungen vorhanden. 

Mit den epikritischen Bemerkungen zu diesem Falle kann ich 
mich kurz fassen, da ich das meiste über die Begründung der 
Diagnose und Operation schon in der Krankengeschichte gesagt 
habe. Auffallend ist in unserem Falle, dass gar keine subjectiven 
Erscheinungen bestanden, obwohl der Tumor doch schon beträcht¬ 
liche Grösse erreicht hatte. Es ist dies zum Theil wohl darauf zu 
schieben, dass der Echinococcus, anscheinend abgestorben, sein 
Wachsthum einstellte. Nur die Deformation des Thorax wies auf 
eine Erkrankung und auf ihren Sitz hin. Die Dämpfung zeigte 
die typische bogenförmige obere Begrenzungslinie. Die Diagnose 
„Echinococcus“ gründete sich auf den symptomlosen Beginn und 


Verlauf, sowie auf die Art der Thoraxdeformation und Dämpfungs- 
Der subphrenische Sitz wurde wahrscheinlich durch die 


linie. 


Fixation der Leber, die den Athembewegungen nicht folgte, und 
gesichert durch die Erscheinungen bei der Punction. 

Die Operation wurde nicht von der Bauchwand aus versucht, 
weil der Weg zur Cyste unter dem Rippenbogen zu weit erschien. 
Die circumscripte Vorwölbung der Thoraxwand ergab den Ort für 

den ^ gl |^* ection (]os Pleuraraumes wurde vermieden durch die 
Vermthung der Pleurablätter ohne Eröffnung desselben und das zwei- 
zeitige Vorgehen, die Infection der Bauchhöhle durch das Annähen 
des Cystensacks an die Zwerchfellwunde vor Eröffnung des erstoren. 
Die schnelle Heilung kam zustande durch vollständige Entfernung 
des Cystensacks gleich bei der Operation. Bemerkenswerth ist, 
dass sich keine Beschwerden, die auf eine Störung der Zwerchfell¬ 
function und auf die Verwachsung der Leberoberfläche mit dem 
Diaphragma zurückzuführeu wären, nach der Oparation einstollten. 

Y. Aus dem Knappschaftslazareth in Neunkirchen. 

Ueber einen Fall von Stichverletzung der 
Schlüsselbeinarterie. 

Von Dr. Kirchgässer, Assistenzarzt. 

Veranlasst durch einen von Dr. Rotter in der Berliner mc- 
dic-inisehen Gesellschaft gehaltenen Vortrag: „Ueber Stichverlotzung 
der Schlüsselbeingefässe“ 1 ) möchte ich zur Vervollständigung der 
Statistik einen von Dr. Füller, dirigirender Arzt des Knapp- 
scliafts-Lazareths, behandelten und zur Heilung gebrachten Fall 
mittheilen. . 

Am 28. December 1891 wurde früh Morgens em 23 jähriger 
Bergarbeiter in das Neunkirclmer Knappschaftslazareth gebracht, 
welcher in der vorhergehenden Nacht bei einer Prügelei mehrere 
Stichwunden erhalten hatte. Gleich nach der Verletzung war 
Patient, infolge des starken Blutverlustes olmmächtig zusammen¬ 
gebrochen und hatte sich erst nach Anlegung eines Nothverbandes 
etwas erholt. Bei der Aufnahme in’s Lazareth, sechs Stunden nach 
der Verletzung, war sein Puls sehr klein und schwach, seine Haut¬ 
farbe tief blass. In der linken vorderen Axillarlinie, handbreit 
unterhalb der Achselhöhle, befand sich eine 3 cm lange, annähernd 
horizontal verlaufende, scharfrandige, durch Blutgerinnsel wenig 
klaffende Wunde. Nach vorn und unten von derselben war die 
Haut in der Grösse zweier Handteller bläulich verfärbt und vor¬ 
gewölbt. Durch Druck auf die Anschwellung floss geronnenes und 
flüssiges Blut in ziemlicher Menge aus der Wunde. Der linke 
Radialpuls war noch schwächer als rechts, aber immerhin deut¬ 
lich fühlbar. Die in die Wunde oingeführte Sonde dringt in der 
Richtung nach dem Schlüsselbein in die Tiefe. Hierbei erfolgte 
eine starke Blutung, von der sicli nicht genau feststellen liess, ob 
sie arterieller oder venöser Art war. Nach Stillung der Blutung 
durch Tamponade wurde die Wunde seitlich erweitert. Doch be¬ 
vor man bis zu dem blutenden Gefäss Vordringen konnte, colla- 
birte Patient derartig, dass die Operation unterbrochen werden 
musste. Es wurde deshalb die ganze Wunde tamponirt und unter 
Festbindung des Oberarms am Rumpf und Einlegen von Watte¬ 
bäuschen in die Schlüsselbeingruben ein Druckverband angelegt. 

Die übrigen Verletzungen waren nur oberflächliche Hautwunden. 
— Da weder Fieber, noch Nachblutung erfolgte, und Patient sich 
verhältnissmässig wohl befand, blieb der Verband sieben Tage 
(4. Januar) liegen. Nach Entfernung des Tampons spritzte Blut 
im Strahl aus der Wunde. Der Tampon wurde darauf wieder em- 
gefiihrt, und Patient, chloroformirt. Weil die Quelle der Blutung 
viel zu tief lag, um ihr von der Achselhöhle aus beikommon zu 
können, und der Tampon, den man wegen der Blutung nicht ent¬ 
fernen konnte, die Operation sehr erschwert haben würde, wurde 
parallel mit dem Schlüsselbein ein langer Einschnitt in der M ohren- 
heim’schen Grube gemacht- Das Eindringen in die Tiefe war bei 
dem muskelkräftigen Manne sehr erschwert; jedoch gelang es nun¬ 
mehr ziemlich leicht, das ganze Gefässbündel gegen die unter¬ 
liegende Rippe zu drücken und so die Blutung zu beherrschen. 
Hierauf wurde durch combinirtes Vorgehen von oben. und von dei 
Achselhöhle aus die Schliisselbeinarteric mit Ruhe isolirt und unter¬ 
bunden. Fast, gleichzeitig erfolgte eine starko eollateralc arterielle 
Blutung aus dem distalen Artorienende: die bereits vorbereitete 
Unterbindung machte keine weiteren Schwierigkeiten. Man konnte 
jetzt die Stelle der Verletzung übersehen. Die Arterienwunde batte 
ungefähr nebenstehende Gestalt; die Länge 
des Schnitts betrug 2—3 cm. Die Vene war 
unverletzt; ob Nervenstränge durchschnitten 
waren, liess sich nicht feststellen, Patient. 
9 Im Druck erschienen in der Sammlung klinischer Vorträge von 
v. Volkmann, Neue Folge No. 72 (12. Heft der 3. Serie). 



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8. März. 


der gegen Ende der Operation etwas eollabirt war, erholte sich 
sehr bald und auch die Schmerzen im Arm und das Kältegefühl 
über welche er heim Erwachen klagte, schwanden gegen Abend’ 
Die Wundheilung wurde durch Eiterung etwas verzögert Bereits 
am 6, Januar, beim ersten Verbandwechsel, war links ein rleni 
licher Radialpuls zu fühlen. Am 15. Januar wurde mit passten 
Bewegungen begonnen. Patient klagte dabei über starke Schmerzen 
im Ellbogengelenk; im übrigen war die Sensibilität im ganzen Arm 
herabgesetzt. Am 19. Januar wurde folgender Befund aufgenommen- 
der linke Arm erscheint dem Au^e schwächer, als der rechte • der 
Einfang des Oberarms beträgt it/s-2 cm, der des Unterarms 
VI cm weniger, als rechts. Die Beweglichkeit im Schulter- 
gelenk ist activ und passiv nach allen Richtungen frei, desgleichen 
Beugung und Streckung im Ellbogengelenk, jedoch fehlt fm Ver¬ 
gleich mit. der gesunden Seite den Bewegungen ein gewisser Grad 
von Sicherheit und Leichtigkeit. Pronation und Supination sind 
nicht so ergiebig und kräftig wie rechts. Beugung und Streckung 
ilcr Hand, Abdnction und Adduetion sind behindert. Beugung der 
hnger im Grundgelenk erheblich beschränkt, Streckung normal 
ßeugang im Mittclgclenk unmöglich, Streckung normal. EncL 
gelenk activ unbeweglich. Am Daumen ist Opposition und Beu¬ 
gung möglich. Beim Ballen der Hand zur Faust bleiben die Finger- 
spilzen 4 cm von der Grifffläche der Hand entfernt. Dio Sonrfhi- 
ta ist, auf der Vorderseite der Schulter und des ganzen Armes 
rtaas herabgesetzt, m der Hohlhand und auf der Greiffläche der 
ringer ist sie fast ganz aufgehoben; ebenso bestellt in den vom 

uiAeUmmT" 1 V f e -M rgt m Thoi,e,, dcs »““Rekens nur dumpfes, 
unbestimmtes Gefühl. Temperaturunterschiede wurden gar nicht 
hei höheren Graden pervers, als Stechen, empfunden. Patient klagt 


DEUTS CHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


227 


J.etu mulmeLsen lässt. Der Puls ist, immer nrwh dentliph iirmnn., i «Jetzige Erkrankung datirt seit fttw« vi<»»- 


I m, • h ", elsen 1 l«sst. Der Puls ist immer noch deutlich dünner 
WVf . rcobts - Die Behandlung des Patienten bestand in 
iirwi'7-7i' iJecstandsgymnastik, kalten und warmen Behrausungen 
eflveiw !'. ,SlrC '; ,mt . ? dden Stromarten. Am 26. März wurde das 
11cm erfühlen abgeschlossen, und Patient zur Arbeit entlassen 
Bei seiner Entlassung war der Befund wie folgt; Auf der 

WuTVii- to » k ™ WBd,,t sioh P ara,,ei u,,d unter- 

v om , Schlüsselbein eine 5 cm lange, strichförmige, verschicb- 

iorLntTl be , ; , MBe , zwei V be , nso S^tältote Narbe verläuft ziemlich 
Z R VOrderen Rand der Achselhöhle. Schultergelenk frei 

lih Ob r ™hr eSU " g0n u lm DRkogengelenk möglich; jedoch sind 
ai " ll)e,, ? ei so schwach, dass schon ein geringer Zug am 

i-lihli- in» l f tl A i™ st T kt - ßesonders geschwächt ist der Bra- 
sin,l hll il™“ 5 ' d0r Slch - k!lum fnh . lbar anspannt. An der Hand 
j,.( f a ' st <! " es ' f m tP’ n möglich. Die active Beugung der Finger 

rnnfitlt Z au V h 4 ° b,,n , ; lä . sst man si( -h die Hand drücken, so 
Ä‘l,. vl 1" v / T° !eiclltp ßel 'ührung. Das Gefühl 
Oder venL, V «f 61 . deS Armp ’ dcr Hand « ad d <“f Finger mehr 
ist auch -n,f a . m nK ' lstPr ’ au den Fingern; an letzteren 

'•fllli,'nni-malp e pmn« k i eit<> des z "’ eitl ' n und dritten Gliedes keine 
aus Und fflb ^ P P, d ; mfr yorhand <®- Die Hand sieht blnuroth 
gefüllt als rechts * * 01 aU a * S d * e rec ^ ,te - ^ er Puls ist, weniger 

sich‘der*Mann’u-'i 1 ' ~ 2 ' /:l ' Jahr nach d «r Verletzung — stellte 
eltenso ItS V d 'w V ° r n,. D<<r linke Arm war im Umfang fast 
nicht, mehr B ,„i, e re, . ,ts - ß * Ile Herabsetzung der Sensibilität war 
Hand , AU? Bewegungen des Armes und der 

länger amhuermfe^Ti 'i"' d kraftl . !r - Aber trotzdem konnte man bei 
die Ä^w* b PPEi W, , t f hweren Hanteln deutlich merken, 
müduii«. Ä pP'V" Muskeln auch jetzt, noch schneller Er- 
hing ,1 p,. HaPt h- t n* ?- Uhpr m, ' bt S'elähmten, so dass die Stcl- I 
ähnelte Jj., ,le r '\f' r ' C v f d , r k . mzp '-eit der typischen Klauen hand i 
mitzt %aube leb rnf «■ n d l^™ e ^massig zur Arbeit, be- ; 
Zeit, eine vollste," VP-fP 1 * annelln > en z " dOrfen. dass mit der I 
Der Full nd lt f 'Rfstitutm ad integi-um eintreten wird. ' 

seit» beweist cTlPV“? 2Wefer,ei Gl '«nden Beachtung. Einei- 
der Schl," Pi den "iinstigen Ausgang, dass die Unter- 
... hlnsselbeinarterie am Orte der Verletzung jeder 


bedingten Ernährungsstörung der nervösen Elemente ansehen soll 

; ~; n ThSt smä® 

«ihmh. Am wenigsten, oder vielmehr fast garnicht war der Ra¬ 
diales ergnffen. Dies würde aus anatomischen Gründen sehr für 
eine direkte Nervenverletzung sprechen: denn der Nervus modianus 
und ulnans verlaufen an der vorderen und äusseren Seite der Ar- 
tene, wllircnd der Nervus radialis von derselben ganz verdeckt 
wnd. Höchst wahrscheinlich hat aber auch die seeundäre Ernäh¬ 
rungsstörung einiges dazu beigetragen. 

VI. Aus der inneren Abteilung des städtischen Kranken- 
hauses am Urban in Berlin. 

Uebereigenartigverlaufeneseptikopyämische 

Erkrankungen nebst Bemerkungen über acute 
Dermatomyositis. 

Von Professor A. Fraenkel. 

(Fortsetzung aus No. 9.) 

!nn 1 iV,?^ CO M l0ll i fcl V 1 f : Eitri ge Strumitis mit nachfolgenden 
u 11 1 p 1 e n Muskel ab sc essen in beiden Oberoxtrem i tat en- 
muskeln und Eitoransammlung im linken Schultergelenk. 

•„ 3? o a - l f T / ep ^ W r 2 i 5 Ja ? r e» angenommen am 26. September 1893. Anam- 
nce. Seit dem 18. Jahre kropfartige Anschwellung des Halses, welche in 
slzten Zeit, namentlich m rlcn ia ... i . 


hindune 


. *3«-'UlUSSeiDl 

iiwnd VelchM G? j St Z ",' llal v'R dies für s’otciie FäHe." diemis 
werden können n; 'T , sofort nacb dpr Verletzung operirt 

vorliegenden Falle a-leieb^ 6 ®? ,,at<>rale Blutung, wie sie auch im 
Arterie eintrat n j° h T ( ei P roximaleT1 Unterbindung der 

wnen Blutveriucjtn ^ as Eet)en durch die vorausgegan- 

iiu.sserste, und der FrfT^j S ? r " escIlwä cbten Patienten' aufs 
v °n der Schnellirrirfif ° i der Operation hängt einzig und allein 
Bntorbindung X J& Blutotillui« ah. Dass eine doppelte 
1 nterbindun^ 7 ™, S hnel e . r »usgeführt werden kann als je eine 

Andererseits bkten'T'?^ BMn Ste,le t’ auf d,lr Hand - 

vorliegenden Falle h»fn < \ ) dle uelTfisen Störungen, wie sie im 
Sich ”h hoohaebtei wurden, einiges Interesse. Es fragt 


■ y ieh, 

oder ob 


oh man wuruen, ei 

man sie ak Fni auf die Verletzung zurückführen, 

olge einer durch die verminderte Blutzufuhr 


V 7 ’ , . ,u ucu lagen zugenommen hat. 

L, in Erkrankung datirt seit etwa vier Wochen; Patientin hatte 
jihmoifuindou Armen, die bisweilen auch etwas angesehwollen waren. Am 

i°M^ ptWU i r f 11 ’* fl . ass ilu ’ beim Holzhauen der linke Arm 

.xlilatt winde, zugleich bekam sie starke stechende Schmerzen in beiden 
Armen, »-eit jenem Tage besteht stärkerer Husten und schweres Athmen 
Am Jago der Aufnahme starker Schüttelfrost; auch sollen die Arme otwas 
angesehwollen gewesen sein. Keine Bruststiche, kein blutiger Auswurf. 
- . o r-- tU / S am -^September. Grosse kräftige Frau, mit starker, 
labt _ auste grosser Struma, welche sich ziemlich hart anfülilt und nicht 
puDirt. leinperatur 39,7, Puls 125. heisere Stimme, schleimig eitriges, 
lucht rostfarbiges Sputum. Hinten links über den Vier untersten, rechts 
über den drei untersten Rippen Dämpfung; im Interscapularraum rechts 
bronchiales Athmen, Schnurren und mittelgrossblasiges klingendes Rasseln. 
An allen anderen Stellen reichliches, das Athemgeräusch fast verdeckendes 
Schnurren; ebenso vom. Herzdämpfung leicht vergrössert; percussorische 
Milzvergrösserung. ' ' 

„besondere Schwellung der Anne fällt nicht- auf, doch ist der 
rechte Ellbogen, desgleichen der linke und das linke Handgelenk ausser¬ 
ordentlich schmerzhaft: die Schmerzen scheinen nicht genau 
aut die Gelenke beschränkt zu sein, sondern sich auf die'Mus- 
kelnuuszu dehnen. Gelenke der unteren Extremitäten frei, kein Oedem 
1 atellameflexe normal; ebenso das Verhalten der Pupillen. Urin enthält 
reichlich Albumen, keine Piazoreaction. kein Sediment. Cvanose der Wamren 
und Lippen. b 

28. September. Temperatur 39,2, Puls 136. Status idem, nur 
etwas geringere Cvanose und fast fehlende Dvspnoe. Seit vier Uhr 
Morgens schwitzt Patientin stark. 

Auf dem Rücken der rechten Hand, dicht unter dem Carpus, hat sich 
mne zweimarkstückgrosse, prominente, gerttthete und leicht fluctuirende. 
dabei sehr schmerzhafte Stelle entwickelt Während noch Morgens 7 Ulm 
| von einer Röthung und Schwellung der Anne nichts bemerkt wurde, zeigt 
j ?>ch um 11 Uhr Vonnittags eine beträchtliche Röthung und Schwellung 
I in der Umgebung des rechten Ellbogens, welche sich nach abwärts über 
| das obere Drittel des Unterarmes, nach aufwärts bis zur Hälfte des Ober- 
j armes erstreckt. Im Bereiche desselben ist die Temperatur erhöht. Die 
j Schwellung hat die Muskulatur ergriffen; wenigstens ist dieselbe 
; im Bereich des Bieeps sehr empfindlich, und die Muskeln fühlen sich teigig 
an. 1 loxiou im rechten Ellbogen gelingt mit mässigen, Extension nur 
untei' starken Schmerzen. Fast genau ebenso sind die Verhältnisse an 
der linken Oberextremität. _ Umfang des Oberarmes beträgl: hier 10 cm. 
oberhalb dos Olecranon 28.25 cm, oberhalb desselben nur 24.5 cm. Rechts 
sind die Maassc dio gleichen. Schulter- und Fingergelenke anscheinend 
frei. Muskulatur und Gelenke der unteren Extremitäten intact. 

An der Lunge ist das Verhalten wie früher, d. h. in der oberen 
Hälfte des rechten Interscapularraumes schwach bronchiale Respiration, an 
den übrigen Orten weiches, fast unbestimmtes, von Rhonchis begleitetes 
Athmen. Sehr beschleunigter Puls, keine deutliche Milzvergrösserung. 
Wangen stark geröthet, von bläulich rother Färbung. 

Ohren normal, am Augenhintergrund beiderseits ältere choriorel!- 
nitisehe Veränderungen. 

Die Punction der fluetuirenden Geschwulst über dem 
linken Handrücken ergiebt ziemlich dicken Eiter, in welchem 
massenhaft Streptococcen (Deckglastrockenpräparat und 
Züchtung) enthalten sind. Verordnung: Natron salicylicum (5.0) 
150,0, zweistündlich. 

29. November. Temperatur 38,2° 0, Puls 136. Die Schmerzen 
haben nach dem Salicylgebraueh nicht wesentlich nachgelassen. Lippen 
rissig, mit borkigem Belag, Gesiebt stark geröthet und ryanotisch. Die 
Haut an den Oberarmen ist so infiltrirt, dass sie sich nicht in Falten ver- 


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228 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCHENSCHRIFT. 


No. 10 


schieben lässt. Auch hat die Schwellung des linken Oberarmes zugenom¬ 
men, so dass derselbe jetzt im Bereiche des oberen Drittels einen Umfang 
von 27,5 (statt 24,5 gestern) darbietet. Keine Drüsenschwellung in der 
Achselhöhle, linkes Handgelenk frei beweglich und schmerzlos; desgleichen 
scheinen Schulter- und Ellbogengelenk frei. Von der Muskulatur ist besonders 
der Musculus triceps linkerseits schmerzhaft. Auf der Haut des linken Unter¬ 
armes macht sich eine unregelmässige, fleckige, blasse Röthung bemerkbai. 

Am rechten Arm besteht jetzt fast totalo Schwellung mit Ausnahme 
des unteren Drittels des Unterarms. Nur am Handrücken erscheint hier- 
selbst die Haut stärker geröthet, sonst ist sie von fast normaler barbe. 
Auch hier lässt sich eine Betheiligung der Gelenke mit Sicherheit nicht 
nach weisen. Ueber den geschwollenen Partieen ist wie links die Haut¬ 
temperaturerhöht. Unterextremitäten frei. Leichter Icterus derConjunctiven. 
Milz nicht palpirbar. . . . 

Im Laufe des Tages nimmt die Dyspnoe zu. Punctionen des linken 
Ellbogens und der heute etwas verminderten und weniger gerötheten ln- 
tumescenz der rechten Hand sind ergebnislos. Gegen Abend tritt unter 
den Erscheinungen des Lungenödems der Exitus ein. 

Section: Rücken der rechten Hand stark geschwollen, desgleichen 
der ganze rechte Unterarm bis zum Ellbogen. Diese letzteren Theile 
ödematös. Das gleiche gilt vom Ellbogen des linken Armes, woselbst 
sich die ödematöse Schwellung auf die Streckseite des Unterarms erstreckt. 
Beim Einschneiden in den Handrücken zeigt sich das Unterhautzellgewebe 
stark ödematös, während bei Vertiefung des Schnittes sich aus den 
tiefen Schichten röthlich gelber, dünnflüssiger Eiter entleert. Beim Ein- 
schneiden in die Aussenseite des rechten Oberarms werden ausgedehnte, 
der Länge nach verlaufende, intramusculär belegene Abscesse erößnet. 
Ein besonders grosser Abscess und eine grössere Anzahl kleinerer liegen 
an der Aussenfläche des rechten Ellbogens. In den Muskeln (Supinator) 
an der Innenseite des Oberarms sehr starkes Oedem. Die Gelenke 
dieser Seite sind frei. An der Streckseite des linken Armes ebenso 
starkes Oedem. Im linken Oberarmgelenk Eiter mit Schwellung und Hyper¬ 
ämie der Synovialmembran. In der Tiefe der Armmuskulatur zahlreiche 
Muskelabscesse, am stärksten in der unteren Hälfte des Triceps und an 
dem Ansatz der Bicepssehne. 

Der Unterlappen der linken Lunge, ebenso der rechten zemt ver¬ 
mehrte Consistenz und entleert auf Druck trübe, graurothe dicke Flüssig¬ 
keit. Hier und dort über der Schnittfläche prominirende gelbröthliche 
derbere Herde. 

Im linken Sternocleido-raastoideus und in den über der linken Hälfte der 
Struma und unter ihr befindlichen Muskeln Eiter; rechts fehlt derselbe. 
Die Vergrösserung der Schilddrüse erstreckt sich nur auf den Isthmus 
des rechten Lappens, welcher in eine grosse Cyste mit chokoladefarbigem 
Inhalt verwandelt ist, dem grünlichgelbe Eiterflocken beigemengt sind. 

Bacteriologische und mikroskopische Untersuchung. Es 
wurde im vorliegenden Falle von Herrn Assistenzart Dr. Aschoff durch 
mikroskopische Untersuchung und mittels gleichzeitiger Züchtung das 
ausschliessliche Vorhandensein von Streptococcen an folgenden Orten 
nachgewiesen: 1) in dem durch Punction aus dem Abscess am rechten 
Handrücken erhaltenen Eiter, 2) in den pneunomischen Herden der Lun¬ 
gen, 3) in dem eitrigen Inhalt der Strumacyste, 4) in den Muskelabscessen 
des rechten und linken Armes. Das Blut erwies sich als bacterienfrei. 
Von den geimpften Thieren (eine Maus, zwei Meerschweinchen, zwei Ka¬ 
ninchen) starb die mit Punctionseiter inficirte Maus nach 24 Stunden; in 
ihrem Herzblut fanden sich Streptococcen. Die Kaninchen und Meer¬ 
schweinchen, welche theils Injectionen von Muskeleiter, theils solche von 
Aufschwemmungen der Reinculturen erhalten hatten, blieben am Leben. 

Mikroskopische Schnittpräparate wurden von gehärteten Stücken 
folgender Organtheile durch Herrn Dr. Aschoff untersucht: Haut des 
rechten Ellbogens, Musculus biceps dexter, Triceps dexter et sinister, 
Extensor digitorum communis dexter, Diaphragma, Intercostales, 
Musculi pectorales. Die Färbimg geschah mit Pikrokarmin - Methyl¬ 
violett. In sämmtlichen Theilen, auch in den zuletzt genannten 
Muskeln, wurden Streptococcen gefunden. Dieselben lagerten haupt¬ 
sächlich in dem intermuskulären Bindegewebe, und zwar besonders 
reichlich in den ödematösen Partieen desselben, theils auch in den 
Blutgefässen. Stellenweise umscheideten sie die einzelnen Muskel¬ 
fasern und erfüllten sogar das Innere einzelner Primitivfasern, deren 
quergestreifte Substanz an solchen Stellen gänzlich zugrunde ge¬ 
gangen war und Lücken bildete, die von Coccenhaufen erfüllt waren. 
Am geringsten war die Streptococceninvasion im Zwerchfell, den In- 
tercostalmuskeln und den Pectorales. Hier fanden sie sich nur 
in Gestalt spärlicher Häufchen, theils in Gefässen, theils aber auch im 
interstitiellen Bindegewebe. Obwohl in diesen Muskeln die Querstreifung 
vielfach verschwunden war, bemerkte man an ihnen doch keine weiteren 
Veränderungen, namentlich keinen scholligen Zerfall der Primitivfasem und 
keine interstitielle Rundzellenanhäufung. Gänzlich bacterienfrei und ohne 
jeden sonstigen pathologischen Befund Ovaren die ausserdem noch unter¬ 
suchten Musculi quadriceps femoris und der sternocleido-mastoideus dextri. 
An den am meisten ergriffenen Muskeln der Oberextremitäten wechselten 
Partieen, die ausser einer ödematösen, stellenweise sehr beträchtlichen 
Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes gar keine Veränderungen 
darboten, mit solchen ab, in denen eine geradezu massenhafte Strepto¬ 
cocceninvasion nebst entsprechenden schwereren entzündlichen Gewebs- 
läsionen vorlag. Letztere bestanden einerseits in Leukocyteninfiltration 
und Wucherung der zelligen Bindegewebselemente (am reichlichsten im 
M. triceps und biceps), andererseits im Verlust der Querstreifung der 
Muskelfasern, scholligem und körnigem Zerfall derselben von verschieden¬ 
stem Grade bis zur völligen Auflösung und Lückenbildung des Inhalts 
der Sarkolemmschläuche. Die Haut wies verschiedene Coccenmengen, 
besonders im Unterhautbindegewebe, welches zugleich mit Rundzellen in- 
filtrirt war, auf. 


Wenn ich nunmehr zu einer kurzen Epikrise dieser 4:ei Krank¬ 
heitsfälle übergehe, welche ich mit der Besprechung des ersten 
beginne, so sei es mir zuvörderst gestattet, nochmals auf die rela¬ 
tive Seltenheit der unter dem Bilde der Dermatomyositis 
acuta verlaufenden Formen der Muskelerkrankungen hinzuweisen. 
Trotzdem ich bereits seit geraumer Zeit mein besonderes Augen¬ 
merk auf die scheinbar primären entzündlichen Muskelaffectionen 
richte, so ist der hier mitgetheilte Fall doch bisher der erste und 
einzige von mir beobachtete geblieben, welcher in Bezug auf die klini¬ 
schen Symptome und die anatomischen Verhältnisse dem von Un ver¬ 
richt gezeichneten Krankheitsbilde zu entsprechen schien. Die Dauer 
desselben betrug kaum sechs Tage. In neuerer Zeit hat sich 
Herr B. Lewy 1 ) der dankenswerthen Mühe unterzogen, in einer 
diesbezüglichen Arbeit die hauptsächlichsten bisher publicirten Fälle 
dieser Erkrankungsform zusammenzustellen. Es fehlen zwar in der 
von ihm entworfenen Uebersicht einige, wie z. B. der Winckel- 
sche und die beiden vonWaetzoldt mitgetheilten Fälle; auch hat 
erst kürzlich Herr Senator 2 ) über zwei neue Beobachtungen be¬ 
richtet, die in der früher erschienenen Abhandlung Lewy’s natur- 
gemäss nicht Aufnahme finden konnten. Aber selbst diese Fälle 
eingerechnet, dürfte die Zahl der bisher beobachteten sich kauin 
auf mehr als einige zwanzig belaufen, wobei noch zu berücksich¬ 
tigen ist, dass es von einigen derselben mehr als zweifelhaft ist, 
ob sie überhaupt der Kategorie der entzündlichen Muskelerkran¬ 
kungen zuzuzählen sind oder nicht. Unter den gesicherten Beob¬ 
achtungen befindet sich eine von Plehn mit zehntägiger Dauer; 
im ersten Falle Senator’s betrug dieselbe 14 Tage. Der von mir hier 
mitgetheilte gehört jedenfalls zu denen, welche die kürzeste Dauer unter 
den bisher veröffentlichten gehabt haben, so dass wir es im wahren 
Sinne des Wortes mit einer Myositis acutissima zu thun haben. 
Die grob anatomischen Veränderungen glichen in jeder Beziehung 
denjenigen, welche von Unverricht u. a. als charakteristisch für 
die Erkrankung angegeben werden, d. h. es bestanden entzünd¬ 
liche Veränderungen der Haut über den befallenen zahlreichen 
Muskeln, welche intra vitam geschwollen, schmerzhaft und von 
eigenthümlich teigiger Consistenz waren. Corium sowie Unterhaut¬ 
zellgewebe boten einen Zustand entzündlichen Oedems dar, und aus 
letzterem entleerte sich beim Einschneiden p. m. schmutzig trübe 
Flüssigkeit. Ebenso wiesen die befallenen Muskeln ödematöse 
Durchtränkung auf, welche ihnen eine eigenthümlicbe gallertartige 
Beschaffenheit verlieh; ihre Substanz selbst war getrübt, von 
blassem, grauröthlichem Aussehen und von zahlreichen Hämorrhagieen 
durchsetzt. Von Eiter nahm man nirgends eine Spur wahr. 
Ich bin im Eingänge meines Vortrages, wo ich Ihnen ein kurzes 
Bild der klinischen Symptome entwarf, auf die grob anatomischen 
Verhältnisse der Affection nicht eingegangen, da die Schilderung 
des Befundes im vorliegenden Falle genügt, um diejenigen Beson¬ 
derheiten kennen zu lernen, auf welche von anderer Seite Gewicht 
gelegt wird. . . 

Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass, trotzdem die Muskeln 
zu Lebzeiten der Kranken unzweifelhafte Symptome der Entzündung 
darboten und auch das bei der Section constatirte Oedem derselben 
in anbetracht der massenhaften, die Muskulatur durchsetzenden 
Hämorrhagieen als entzündliches aufzufassen ist, von einer leukocy- 
tären Infiltration der Muskelinterstitien so gut wie nichts zu sehen 
war. Das ist indess, wie ich betone, kein Grund, die Hinzuzählung 
des Falles zur Krankheitsgruppe der acuten Dermatomyositis zu 
beanstanden. Denn ein ähnliches Verhalten bestand auch in einem 
Theil der anderen, in der Litteratur niedergelegten Beobachtungen. 
In dem einen Falle Hepp’s, und zwar dem ersten von diesem Autor 
mitgetheilten, dessen Dauer elf Wochen betrug, trat die Rundzellen¬ 
anhäufung gegenüber den anderweitigen Muskelveränderungen, der 
wachsartigen Degeneration und dem Zerfall der Fasern, so in den 
Hintergrund, dass Hepp den Process geradezu als acut verlaufende 
und weit verbreitete „parenchymatöse“ Muskelentzündung bezeich- 
nete. Ebenso vermisse ich in seinem zweiten Falle, welcher in 
Heilung überging und bei dem behufs mikroskopischer Untersuchung 
ein Stückchen aus dem erkrankten Glutaeus ausgeschnitten wurde, 
eine besondere Notiz über etwa vorhanden gewesene Leukocyten¬ 
infiltration. Mit dem zur Section gelangten Falle Prinzing:s') 
(Krankheitsdauer fünf Monate) verhält es sich ähnlich; mindestens 
scheint auch hier die kleinzellige Infiltration gegenüber den ge¬ 
fundenen anderweitigen Veränderungen von mehr nebensächlichem 
Umfange gewesen zu sein. Die erkrankten Muskeln bestanden zum 
Theil aus auffallend breiten, zum Theil aus sehr schmalen Fasern, und 
der Hauptbefund war neben umfangreichen Blutungen, sowohl im 

l ) B. Lewy, Zur Lehre von der primären acuten Polymyositis. Ber¬ 
liner klin. Wochenschr. 1893, No. 18 u. ff. . . 

*) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Diese 
Wochenschr. 1893, No. 39. . 

*) Prinzing, Ein Fall von Polymyositis acuta haemorrhagica. Mün¬ 
chener med. Wochenschr. 1890, No. 48, p. 846. 


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8. März. 


interstitiellen Bindegewebe wie zwischen den Muskelfasern sein«,» 
Oedem und parenchymatöse Veränderungen, nämlich Veriusfder 
Querstreifung, scholliger Zerfall der Muskelsubstanz und voi allem 
- zumal m den breiten Fasern _ ausgedehnte Vacuolenbüdung 
Auffallend erschienen besonders die massenhaften, offenbar aus zer¬ 
fallenem Blutfarbstoff hervorgegangenen Ablagerungen feinkörnigen 
gelbgrunen Pigmentes welches sich theils zwischen den Fasern S 
direkt innerhalb der Sarkolemmschläuche befand. Nur auf Längs 
schnitten konnte Prmzing zwischen den schmalen Muskelfasern 
ein kerareiches, interstitielles Gewebe constatiren, welches so be¬ 
schaffen war, dass, wie er sich ausdrückt, „an manchen Stellen 
geradezu von kleinzelliger Infiltration“ zu reden war. Also auch 
m diesem Falle tntt — bei unverhältnissmässig langer Dauer der 
Erkrankung gegenüber der des unserigen — das entzündliche Oed«™ 
" B ' UtUn ? als Merkmal der Entzündung indetv.trgrtd 
Erwägen wir dass der ganze Process bei unserer eigenen PifaS 
m kaum sechs Tagen ablief, so hat es auch nichts überraschendes 
dass die sogenannten parenchymatösen Veränderungen in denMuskefn 
»eiche ja jedenfalls mehr secundärer Natur sind, nur angedeutet 
waren. Bei längerer Dauer würde es zweifelsohne auch hier zu 
cho hgem Zerfall, wachsartiger Degeneration, Yacuolenbüduig und 
dergleichen mehr gekommen sein, ebenso wie eine Emigration von 
Leukocyten Platz gegriffen hätte. Emigration von 

von mir beobachteten Krankheitsfälle 
betnfft, so habe ich Ihnen bereits die Gründe dargelegt, welche mich 

Z^en ä^nbchA d-ff Wer r tZU ^ eiIen - bat schon manche!? 

Iwi-i ? h , nllch ® dl f use oder multiple, über eine ganze Anzahl von 
Sf ? v Ch K- e ^ trecke ? de Entzündu ngen eitrigen Charakters zu- 
? k m Verbindung mit acuten Gelenkempyemen beobachtet ’ Sie 

t eTsctiÄ im G i ef0l ^ e P»her P Infectionen^ 

kein vnr h Wac ^ ne - C1 ™ umsc npte Abscedirungen der Mus- 

keln vor. Was mir jedoch die beiden obigen Fälle in gewissem 

ersten G Patipni"[ era ^ e Rücksicht auf die Krankengeschichte der 
i bemerkenswerth erscheinen lässt, sind folgende 

dch wie Fairi S?,,'eitrige Muskelentzündung 
MssknUhw™,«^? Eichholz) beweist, mit Veränderungen de“ 
atu r verbinden kann, die sich auf grossen Strecken, d h über 
rj!^ u a skelgrup v? en nur aIs entzündliches Oedem darstellen- 
2) dass dies 68 Vorstadium unter Umständen der eigen?- 
liehcn Suppuration Wochen lang vorausffehen kann^ Tnii 

Patientin ffrau T d ® m , VerIau £ e der Krankheit bei meiner dritten 
Krantpi? T rept°y)> welche vier Wochen vor Eintritt in das 
er£kte aU d1» ber u ltS - mit; Scl ? merzen ^ Schwellungen der Muskeln 
Kranke wäh^nH H bWeiS V e ^ ttlrten ’ zeitweise exacerbirten. Da die 
richtete M P r° e n ! ch sohwere körperliche Arbeit ver- 

Zeitraum die FntzUn^ als . un J ahrsci| einli(:h, dass schon in diesem 
schritt™ „ En * z öndung m den Muekeln bis zur Eiterung vor«-e- 

Ä aut I I6 tZ S T “^öhichte hervorge g ht,° r bot 

Zeichen entzfln«Ch Auftlah ? e ln 8 Hospital noch kein 

„• oh “ entzündlicher Röthung und Schwellung dar- 3) fanden 

eine Bedenken'’fita }l ? e “ Muskeln Mikrococcen, welche 

Eiterung mantw^lich Entste . hun e. der Entzündung bezw. der 
theilum? dersetam rt i-o h “ mache ? 81nd : ab «r die Menge und Ver¬ 
engen es uns b höeW e T„ du .7 h J aus verschiedene. Insbesondere 
(ErauEichhoizTdbf^n ' dass ’ während in Beobachtung 2 

ceccen wimmrite^ «Ä“*“/ Oedemfliissigkeit geradezu von Strepto- 
internum sowohl’ win^n d"* Schnl l t Pr‘iP a raten in dem Perimysium 
Primitivfasern n'ur L'p dam 8 P arbcben Bindegewebe zwischen den 
umfangreicher Anhniif* Gestalt sehr wenig zahlreicher und wenig 
lennt^man Uberitenn/nöriff nach "' e,sbar waren. In vielen Schnitte? 

® langen Suchen e 1 ntdeeke n: in anderen bedurfte 

Anzahl kettenförmiiAr^ e ! De ?? er dle andere > aa8 einer massigen 
stiess. Und trotzLn" 660 ^!! 164 ^ ^°?? en zusammengesetzte Gruppe 
linken Oberarms snwi» z ?. 1 ? te . fa3tdl « gesammte Muskulatur des 
gieichmässige'sdematöto ? es rechten Unterschenkels eine 

*0 die Entaüudnn?“ D “ rch «" k ung. Auch in Beobachtung 3, 
lener Abseess/hf den V m 6 k Punkton bls zur Büdung umschrie- 
Sicl die hier sehr betrantar 1 ? 6 !?. T0r S e8cbr itten war, beschränkte 
schliesslich auf ,i;if tr ^ htJ i che Str eptococceneinwanderung fast aus- 
iitedzelle„^tJ'! J : ni f“ St( : llea ' ia d enen zugleich mikroskopisch 
Barschaft derselben^ ^ ar * 111 unmittelbarer Nach¬ 
zahlreichen Schnitten umfän f llclie Bezirke, in denen auf 

Dieses streckenweise FeMp^ tZT« S P altpilzen wahrzunehmen war. 

®>en verdient deswemn hl? ® ntzfl J duil & erregender Mikroorganis¬ 
mus mit welcher Snro*Qif S0nder8 , b ? tont zu werden, weil es dar- 
Päüe Vorgehen muss^nm bei ^ Untersucb ung derartiger 
^üch abwesend sind ™ S ? m ’ dass Mikr oorganismen 

die sich auf di^miw d i - W ? m ^ beweisend ne ^ ative Befunde 
nen oder nur einiger k ° pi ? che Du £ ch musterung eines einzel¬ 

ne entnommener Muskp^Ffrf’n- S v. 1 es u zu . Lebzeiten , sei es nach dem 
Rücksicht auf dfn i ? n «^p Ckch ^, 1 beZie . hen - Hat ^ sich doch 
Üen m andereD Bällen nicht gelungenen Bacterien- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


sstä sä 1 r£ = 

SL SiÄ'ÄÄ 

m allen Fällen Spaltpilze in den befallenen Muskeln ^efund^ 8 ^ 6 ” 
ÄSCÄtdtS gteug de «m n besthnmt 

Fä,te n r’, di t K r h f UigUng VOn serin “öSÄ 

gÄrch^tÄrrÄ^ gewesen - ich komme ^ 

tungml^'und^S ^r^it^'ist^der'eigOTthümdich^Ausga^^p'unkt 

der Erkrankung. In Fall 3 bildete .eine Strumacyfte dta^chV 
bare Invasionsstätte der Streptococcen, in Fall 2 dagegen eine an 
scheinend acut entstandene Otitis media. Auch fü/IL Fall 

wS^rA oK“»? X) glaube ich die MiMelolu-eiterang, 
„ chronischer Natur war, ohne wesentliches Bedenken 
? r die p rimäraffection ansehen zu dürfen, welche die weitere Ver- 
Sn?h«n g i? 6r ? tre P to ? occen im Kö rper vermittelte. Trotz eifrigsten 
nfor^ ft- ko , nnt l. w , en . 1 ff stens bei der Section keine andere Eingangs¬ 
pforte für das Eindringen der Mikroben in den Organismus ermittelt 
werden, und da wie ich später mittheilen werde ™orkTmr^n 
schwerer septischer Infectionen auch ohne das Dazwischentreten 

von 6 Oh 1 rni , tA thr0nib08e Und °i ne Caries des Belsenbeines im Gefote 
von Ohreiterungen von anderer Seite beobachtet worden ist so 

memen , drei Fallen die beid en ersten Beispiele für die 
h ^ngsweme diffuser, tödtlich verlaufender Muskelentzündungen 
b fJ- B^erungen nach derartigen Affectionen des Gehörorganes 
Diese ätiologische Zusammengehörigkeit, sowie ferner der Umstand 
da y V* trot . z n ! ch ^ ^erkennbarer Unterschiede in den Symptomen 
n d d ^ D anat °mischen Verhältnissen des Leichenbefundes doch in 
ui!« h dm - B ®° T bachfcu u ngen gioiehe Schädlichkeit als nächste 
b^n lChTet r ra n , h? '- zur Zusammenfassung dersel- 

ffl c b te S1 f al » n ^ ur üusserlich verschiedene 

verursach tnr T SC f be *• dU u C - b I Streptococ ceneinwanderung 
verursachter Infection, bei denen die Einwirkung der Spaltpilze 

m^Rt,ii a t SSCh ^Imsshch (FaH i) auf einen grossen Theil derKörper- 
miiskulatur und Ilaut, theils zugleich auf letztere Gewebe und die 
Gelenke stattgefunden hat (Fall 2 und 3). (Schluss folgt) 


VII. Referate und Kritiken. 

Realencyclopädie der gesammten Heilkunde. Medicinisch- 
chirurgtschcs Handwörterbuch für praktische Aerzte. Dritte 
gänzlich umgearbeitete Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr 
A i b ^ t Ea lenburg. Mit zahlreichen Illustrationen in Holz¬ 
schnitt und Farbendrucktafeln. Erster Band. Wien und Leipzig, 
Urban & Schwarzenberg, 1893/1894. Ref. Schwalbe (Berlin). 

Past konnte es überflüssig erscheinen, die Eulenburg’sche 
Realencyclopädie, die nach Ablauf von circa zehn Jahren zum 
dritten male ihren Siegeslauf durch die medicinische Welt antritt 
mit einer Empfehlung oder Erläuterung auszurüsten. Wenn je bei 
emem Werke die nach den verschiedensten Gesichtspunkten rich¬ 
tende Kritik der Presse mit dem vorwiegend durch praktische 
Interessen geleiteten Urtheil des ärztlichen Publikums in vollster 
Uebereinstimmung sich befunden hat, so ist die Eulenburg’sche 
oder die Realencyclopädie schlechthin mit dieser Anerkennung und 
Auszeichnung gekrönt worden. Alle Vorzüge, welche einem der¬ 
artigen Sammelwerke nachgerühmt werden können, alle glänzenden 
Eigenschaften, welche einer solchen Schöpfung den beliebten Ehren¬ 
titel eines „Standard work u zu verleihen vermögen, sie sind be¬ 
reits bei der Besprechung der ersten und zweiten Auflage der 
Realencyclopädie nach Gebühr gewürdigt worden: des Heraus¬ 
gebers origineller, grossartig angelegter, die gesammte Materie 
durchdringender Plan, die treffliche Auslese und Anordnung der 
einzelnen Kapitel, die Wahl der geeigneten Mitarbeiter, die Voll¬ 
ständigkeit des behandelten Stoffes —- der Mitarbeiter klare, 
auf eingehender Saclikenntmss beruhende, sämmtliche einschlägige 
Fragen erschöpfende Darstellung — der Verlagshandlung vor¬ 
zügliche, dem hervorragenden Inhalt würdig sich anpassende, durch 
Druck, Illustration und Papier den Leser bestechende Ausstattung. 

Die dritte Auflage ist, soweit sich das nach dem bis jetzt vor¬ 
liegenden ersten Band beurtheilen lässt, ihren Vorgängern im all¬ 
gemeinen völlig ebenbürtig. Zwar ist sie von „Anachronismen“ 
nicht überall frei und erweist sich nicht an allen Punkten als 
„gänzlich“ umgearbeitet — ich nenne hier nur den nach dem 
plötzlichen Tode des Verfassers (Zülzer) in letzter Stunde vom 
Referenten revidirten Artikel „Abdominaltyphus“, oder greife z. B. 
aus dem Aufsatz „Abscess“ die wohl „nicht mehr“ richtige Be¬ 
hauptung: „Lungenabscesse sind bisher nur von K. Bell der chir- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIF T. 


No. 10 


230 

urgisehen Behandlung durch Eröffnung mit dem Messer unter¬ 
worfen worden“ heraus —, allein diese und ähnliche kleine Un¬ 
vollkommenheiten treten gegenüber den Fortschritten des Werkes 
völlig in den Hintergrund und vermögen das UrtheiR dass die 
Realencyclopädie wiederum völlig auf der Höhe der W issenschaft 
steht, ja im weitesten Sinne des Wortes den jetzigen Stand unseres 
Wissens repräsentirt, nicht im mindesten zu trüben. Artikel wie 
„Abortus“ (Kleinwächtor), „Accommodation“ (Schmidt- 
Rimpier), „Actinomykosis“ (Uffelmann), Albuminstof to 
(I. Münk), „Albuminurie“ (Senator), „Alkohol“ (Binz), „Amy¬ 
loidentartung“ (Birch-Hirschfeld), „Aneurysma“ (Vogt- 
Löbker), „Angina pectoris“ (A. Fraenkel), „Antipyrin“ 
(L. Lewin), „Antisepsis“ (E. Küster) kann man nicht, nur zu 
den besten Aufsätzen unserer deutschen, sondern sogar der Wolt- 
litteratur rechnen. 

Von äusseren Veränderungen ist hervorzuheben der tortlall 
der Fussnoten und die Anfügung einer zusammenhängenden Litte- 
raturübersieht an den Schluss eines jeden Artikels, ferner die Ver¬ 
besserung des Druckes, die Vermehrung der Illustrationen und die 
Beigabe von farbigen Tafeln, deren erste, enthaltend die Abbil¬ 
dungen von Typhuspräparaten, als vortrefflich bezeichnet werden muss. 

Friedländer, Mikroskopische Technik, zum Gebrauch bei 
medicinisohen und pathologisch-anatomischen Untersuchun¬ 
gen. Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage, bearbeitet von 
Prof. Dr. 0. J. Eberth. Mit 86 Abildungen im Texte. Berlin, 
Fischer’s medicinische Buchhandlung, 1894. Ref. Ribbert (Zürich). 

Aus der ursprünglich kleinen von Friedländer herausge¬ 
gebenen mikroskopischen Technik ist unter Eberth’s Bearbeitung 
ein stattliches Werk geworden, welches in der vorliegenden fünften 
Auflage über 800 Seiten umfasst. Ein erster Theil bespricht das 
Mikroskop und dessen Nebenapparate, ein zweiter die Herstellung 
des mikroskopischen Präparates, das Zeichnen, Photographiren und 
die Vervielfältigungsverfahren, ein dritter die Untersuchung patho¬ 
logischer Gewebsveränderungen, den Nachweis der Mikroorganismen 
und, die Untersuchung der einzelnen Organe und Organsj T steme. 
In der neuen Auflage sind, wie Verfasser hervorhebt, fast alle 
Kapitel den neuesten Fortschritten der Technik entsprechend um¬ 
gearbeitet und erweitert. Die neu aufgenommene Mikrophoto¬ 
graphie würde von Herrn Privatdocenten Dr. Braun schweig be¬ 
arbeitet. Der Abschnitt über die Vervielfältigungsverfahren wird 
gewiss manchem erwünscht sein. Die Abbildungen wurden ver¬ 
mehrt, und insbesondere wurden auch die wichtigsten Mikroorganis¬ 
men zur Darstellung gebracht. 

So zeichnet sich in der That das Buch durch eine möglichst 
grosse Vollständigkeit aus, und man wird für jeden Fall darin die 
gewünschte Belehrung finden, da es nicht nur für Anfänger, son¬ 
dern auch für den in pathologisch-histologischen Untersuchungen 
bereits Geübten geschrieben ist. Die einzelnen Methoden sind mit 
möglichst grosser Genauigkeit wiedergegeben und in dankenswerther 
Weise vielfach durch eigene Erfahrungen des Verfassers ergänzt. 
So kann deshalb die Technik nur wann empfohlen werden. Wenn 
Referent einem Wunsche Ausdruck geben soll, so wäre es der, 
dass in künftigen Auflagen die Untersuchung frischer Präparate 
noch • ausführlicher besprochen und ihre Bedeutung namentlich für 
das Studium vieler pathologischer Objecte mehr betont würde. 


J. Mannaberg, Die Malariaparasiten, auf Grund fremder und 
eigener Beobachtungen dargestellt. 196 Seiten mit 4 litho- 
graphirten Tafeln und 6 graphischen Darstellungen. Wien, Alfred 
Holder. 1893. Ref. Bein (Berlin). 

•Die Anregung zu der vorliegenden Monographie ging von der 
medicinischen Facultät in Wien aus, die dem auf dem Gebiete der 
Malariaforschung bekannten und geschätzten Autor einen Preis aus 
der Oppolzer-Stiftung zuerkannte mit dem Aufträge, die bis dahin 
beinahe ausschliesslich von französischen und italienischen Forschern 
gepflegten: Malariastudien auch deutscherseits in grösserem Um¬ 
fange und systematischer Weise . aufzunehmen, wozu in den noto¬ 
rischen Fiebergegenden der österreichisch-ungarischen Monarchie 
reichlich Gelegenheit geboten war. Verfasser hat seine Aufgabe 
in ausgezeichneter Weise gelöst. An der Hand seiner reichen Er¬ 
fahrungen, die er innerhalb dreier Jahre in Istrien, Dalmatien, 
Croatien und Slavonien sammeln konnte, giebt er uns ein über¬ 
sichtliches Bild von' dem heutigen Stande der Malariafrage. So 
jung verhältnissmässig dieser Zweig der Wissenschaft noch ist, 
so umfangreich ist bereits die Litteratur über diesen Gegenstand 
geworden, und wenn auch über die Aetiologie der Malaria bei 
sämmtlichen Forschern kein Zweifel mehr besteht, so gehen doch 
die« Ansichten im einzelnen bei den verschiedenen Autoren so sehr 
auseinander, dass besonders der Nichtforscher grosse Schwierig¬ 
keiten-hat, sich ein klares Bild von dem Wesen der Malariapara¬ 
siten, der Classificirung der. verschiedenen Formen etc. zu ver¬ 


schaffen. Der Mangel einer umfassenden und verständnisvollen 
Bearbeitung dieses Gegenstandes, wie sie in der vorliegenden Mo¬ 
nographie gegeben ist, ist deshalb schon lange empfunden worden. 
Wir empfehlen dieses Buch zum eingehenden Studium allen, die 
sich über die ungemein interessante und wichtige Lehre von der 
Parasitologie der Malaria informiren wollen, auf’s angelegentlichste. 
Der Verfasser hat mit grossem Geschick und Verständnis«, wie 
es nur bei eigener reicher Erfahrung möglich ist, das Wesentliche 
und thatsächlieh Begründete aus dem umfangreichen Gebiete unter 
Zugrundelegung der neuesten Entdeckungen zu einem klaren und 
anschaulichen Bilde vereinigt. Uebersichtlichkeit der Darstellung 
und knappe, präcise Form sind die Hauptvorzüge des Buches. Ein 
ausführliches Litteraturverzeichniss am Schlüsse der Abhandlung 
macht das kleine Werk auch für den Specialforscher zu einem 
werthvollen Nachschlagebuch. Die reiche Ausstattung durch vier 
Tafeln ausgezeichneter, naturgetreuer Abbildungen der Parasiten 
in Buntdruck erhöhen das Verständnis und den Werth des Buches. 


Carl Seitz, Grundriss der Kinderheilkunde. Gr. 8. 478 S. 

Berlin, S. Karger, 1894. Ref. H. Neumann (Berlin). 

Es muss anerkannt werden, dass trotz der bekannten Bücher 
von Henoch und Baginsky bei dem ärztlichen Publikum ein 
Bedürfnis vorhanden ist, die Kinderheilkunde auch in Form eines 
Coinpendiums behandelt zu sehen. Die jetzt so beliebte zusammen¬ 
fassende Darstellung hat trotz ihrer wissenschaftlichen Nachtheile 
ihre praktische Berechtigung; sie trägt, wenn auch nicht zur Ver¬ 
tiefung, so doch zur Verallgemeinerung der medicinischen Wissen¬ 
schaft bei. — Eine kurze Zusammenfassung der Kinderheilkunde hat 
mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass die Abgrenzung weniger 
scharf als bei anderen Specialfächern gegeben ist und dass der 
klinische und therapeutische Theil stark individualisiren muss, wenn 
er für den praktischen Fall zuverlässig berathen will. Im wesent¬ 
lichen hat Seitz die angedeuteten Schwierigkeiten geschickt über¬ 
wunden, wobei freilich Grösse und Preis des Werkes die Grenze 
erreicht, die noch für ein Compendium zweckmässig ist. Der 
Grundriss ist knapp und klar gehalten und liest sich angenehm. 
Der allgemeine Theil, der dem Anfänger und Praktiker auch 
manche praktisch wichtige Kleinigkeit nebenher giebt, umfasst 
106 Seiten, und hierauf folgt mit 362 Seiten der specielle Theil, in 
den auch die wichtigsten Krankheiten der Augen, Ohren und der 
Haut eingefügt sind. 

Wie zu erwarten, hat Seitz die neueren Anschauungen und 
Ergebnisse möglichst berücksichtigt — freilich, wie es Referent 
scheint, nicht unter ganz gleichmässiger Würdigung ihrer prakti¬ 
schen Bedeutung. So würde Referent zum Beispiel die Andeutung 
über Prophylaxe des Tetanus und der croupösen Pneumonie mittels 
Präventivimpfung gern vermissen, während er bei der Scrophulose 
eine rückhaltlosere Anerkennung ihrer tuberkulösen Natur nicht 
nur aus theoretischen, sondern auch aus sehr praktischen Gründen 
lebhaft gewünscht hätte; insofern man bei der echten Scrophulose 
bei einiger Sorgfalt die Veranlassung für eine bacilläre Infection 
in der Regel nachweisen kann, kann die Prophylaxe der Scrophu¬ 
lose aus der Fernhaltung der Infectionsquellen sehr erheblichen 
Vortheil ziehen. Auch manche praktisch wichtige Kleinigkeit Hesse 
sich vielleicht später nachtragen oder ändern; beispielsweise wird 
nicht erwähnt, dass als bleibende Zähne zuerst die ersten Molar¬ 
zähne (im fünften bis sechsten Jahre) kommen, obgleich sie bei 
ihrer grossen Neigung zu frühzeitiger Caries sofortige Aufmerk¬ 
samkeit beanspruchen. Im übrigen kann man natürlich in diesen 
und in vielen anderen Punkten seine abweichende Meinung haben, 
ohne darum dem Werke als solchem seine Anerkennung zu ver¬ 
sagen. Wir stellen ihm eine gute Prognose. 


VIII. Journalrevue. 

Geburtshülfe und Gynäkologie. 

F. Ahlfeld, Ueber Exantheme im Wochenbette, be¬ 
sonders über den sogenannten Wochenbettscharlach. Zeit¬ 
schrift für Geburtshülfe und Gynäkologie Bd. XXV, 1. Heft. 

Vom December 1890 bis April 1892 kamen in der Marburger 
Frauenklinik 14 Fälle von Scharlach- oder masernähnlichen Aus¬ 
schlägen zur Beobachtung, unter denen sich eine Laparatomirte, 
sonst nur Wöchnerinnen befanden. Die Aehnlichkeit dieser Fälle 
mit Scarlatina und Morbilli lag einerseits in der Art. des Haut- 
ausschlages, während andererseits auch oft noch einige ihrer 
sonstigen wichtigen objectiven Merkmale wenigstens zur Zeit des 
Ausbruches des Exanthems zu constatiren möglich war. Trotzdem 
sieht sich der Verfasser aus verschiedenen Gründen veranlasst, 
diese Erkrankungen als septische und nur zufällig mit Exanthem 
verbunden anzunehmen. Eine Ansteckungsquelle war für den ersten 
Fall von scarlatinöBem Exanthem nicht zu ergründen, trotzdem qer- 


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8. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


231 


selbe schon 2Va Monate lang vor dem Ausbruch des Exanthems 
unter Beobachtung stand. Ebenso wenig war die Uebertragung 
von Scarlatina auf die übrigen Hausbewohner (Schwangere, 
Schülerinnen, Kinder der Beamten) zu constatiren, obgleich die 
Verhältnisse der dortigen Anstalt keine absolute Isolation ge¬ 
statteten. Der Ausbruch des Fiebers und des Exanthems stimmte 
überein mit den sonstigen kritischen Tagen des Wochenbettes. Be¬ 
stimmte Anhaltspunkte für die Annahme des septischen Charakters 
der Erkrankung wies nur ein Theil der Fälle auf, und unter diesen 
wieder besonders deutlich zwei: Bauclideckenabscess einer Lapara- 
tomirten und Lochiometra mit dem Nachweis von Streptococcen. 
Auch dieselbe Ursache für die übrigen Fälle anzunehmen, hält sich 
Verfasser um so mehr berechtigt, als doch oft bei fieberhaften 
Wochenbetterkrankungen der Nachweis der localen Affection miss¬ 
lingt. Auch ist die Einreihung obiger Fälle in die septischen 
Exantheme nach Ansicht des Verfassers um so eher angebracht, 
als dieselbe ohne jede Annahme aussergew'öhnlicher Verhältnisse 
für Gravidae und Puerperae möglich ist. — Bezüglich der Ursache 
des Exanthems pflichtet Verfasser der Ansicht Renvers’ bei, die¬ 
selbe der Aufsaugung eines durch die Anwesenheit pathogener 
Organismen im Lochialsecret erzeugten Ptomaines zuzuschreiben. 
Und zwar handelt es sich um die Ptomaine bestimmter Arten dieser 
Mikroorganismen, da ja die meisten Fälle septischer Erkrankungen 
ohne Exanthem verlaufen. Zum Schluss giebt Verfasser der Ver- 
muthung Ausdruck, dass in den bisher veröffentlichten Fällen 
inodificirter Scarlatina des Puerperiums cs sich wohl meist um 
spetische Fälle gehandelt haben kann. C. Keller (Berlin). 

W. Schlajer, Ueber die Complication der Schwanger¬ 
schaft-, Geburt und dos Wochenbetts mit chronischen 
Herzklappenfehlern. Zeitsehr. f. Geburtshülfe und Gvnäkologie 
Bd. XXIII. 

Bei der Beurtheilung der Prognose eines durch Schw angerschaft 
complicirten Herzfehlers kommt es weniger auf den gestörten 
Klappenmechanismus an, als auf den Zustand des Herzmuskels, 
auf seine Fähigkeit, sich den erhöhten Anforderungen anzupassen. 

Schlayer hat aus den Protokollen der Berliner Universitäts- 
Frauenklinik 25 Fälle von mit chronischen Herzfehlern complicirten 
Geburten zusammeng-estellt. Von den 25 Frauen kamen neun zu 
früh nieder, ohne andere nachweisbare Schädlichkeit. I-parae tragen 
trotz des Herzfehlers verhältnissmüssig leicht und häufig aus, 
während der Procentsatz der Frühgeburten bei Mehrgebärenden 
entschieden ein höherer ist. Im Wochenbett starben acht Wöchne¬ 
rinnen infolge ihres Herzfehlers, zwei während der Geburt und 
zwei bald nach ihrer Entlassung, also 48 % Todesfälle. Die 
Complication mit Herzfehler ist daher prognostisch sehr 
ungünstig und gefährlich. Fast 29% der Kinder kamen todt 
zur Veit, und nur 46,5% aller Geborenen waren ausgetragen. 

Auf die Therapie übergehend betont Schlayer, dass die Be¬ 
handlung der schwangeren herzkranken Frauen hauptsächlich in 
guter Pflege und Ruhe bestehen muss. Der künstliche Abort wird 
nur sehr selten indicirt sein. Derselbe giebt keine gute Prognose. 
V as die Leitung der Geburt bei Herzkranken betrifft, so be¬ 
steht die Hauptindication darin, die Kreissendo sobald als möglich 
und so schonend als möglich zu entbinden. Nach dem Austritt, 
des Kindes ist es zweckmässig, einen schweren Sandsack auf das 
Abdomen zu legen, um dem sinkenden Abdominaldruek entgegen 
zu wirken. Mit dem Verlassen des Wochenbettes soll möglichst 
lange gewartet werden; wenn möglich drei bis vier Wochen. 

Flaiselilen (Berlin). 


F. Waschaur, Report of four hundred cases of infcu- 
bation of the larynx with practical doductious. The Journal 
of the Amer. med. Association 1892, 17. December. 

Die vierhundert in der Privatpraxis ausgeführten Operat.iönen 
sind bei allen Arten von Larynxstenose vorgenommen, und die Zu¬ 
sammenstellung ist ohne Rücksicht auf das Alter der Patienten, 
die Malignität des Krankheitsprocesses und ungünstige äussere 
Verhältnisse gemacht. Unter diesen Umständen muss das Gesammt- 
resultat. — 34,74% Heilungen — als günstig bezeichnet, werden. 
164 operirte Kinder waren noch nicht drei Jahre alt, die Zahl der 
Erfolge betrug hier 25,37%. Nach der Ansicht des Verfassers 
ist die Operation so schwierig, dass sie nur vom Specialisten aus¬ 
geführt w r erden kann, der auch am besten die richtige Grösse der 
Caniile bestimmt. Dieselbe darf nicht zu weit gewählt werden, 
da anderen Falles Erstickung durch Membranen, die sich darunter 
festsetzen und nicht ausgehustot werden können, zu gewärtigen 
ist. Deutet ein heiserer Husten auf eine solche Complication hin, 
so muss die Canüle sofort entfernt werden. Einer ausreichenden 
Ernährung werden sich bei genügender Geduld und richtiger 
■ Lagerung des Kranken keine grossen Schwierigkeiten entgegen¬ 
stellen. Die bei der Diphtherie übliche Behandlung ist auch nach 
der Intubation fortzusetzen. Reunert (Hamburg). 

H. Hochsinger, Ueber Sondenfütterung saugschwacher 
I und dysphagiseher Kinder. Allg. Wien. med. Zeitung 1893. 

Hoch singer macht im Anschluss an die Publication 
H. Neuinanu's (Mainummer 1893 der Therapeutischen Monats¬ 
hefte) Mittheilung über Sondenfütterung, die in vier Fällen geradezu 
lebensrettend gewirkt hatte. Bei dem ersten, sechs Monate alten 
Kinde handelte es sich um eine nach Soor auftretende Schlund- 
lähmung, infolge welcher der Saug- und Schluckact vollständig 
aufgehoben waren. — In der zweiten Beobachtung Hoch singer’s 
war eine völlige Sistirung der Saug- und Schlingfunction als Folge 
von Erschöpfung nach Brechdurchfall bei einem ebenfalls sechs 
Monate alten Kinde aufgetreten. Ein weiterer Fall der mitge^ 
theilten Casuistik betrifft ein dreimonatliches kräftiges Brustkind, 
bei welchem hochgradige Coryza eine schwere, Erschöpfung be¬ 
dingende Saugbehinderung hervorgerufen hatte. Endlich wurde 
bei einer achtmonatlichen, saugschwachen Frühgeburt die Sonden¬ 
ernährung als einzige Möglichkeit der Nahrungs zu fuhr in An¬ 
wendung gezogen. In allen vier Fällen wurde vor Uebergang zur 
Fütterung durch die Sonde die Ernährung der Kranken durch 
Löffoleingiessungen versucht, aber es zeigte sich dieselbe als völlig 
unzureichend für die zum Leben erforderliche Erhaltung der Kräfte. 
Hoch singer weist im Anschluss an seine Beobachtungen be¬ 
sonders darauf hin, dass die systematische Anwendung der Sonden¬ 
fütterung sieh zur Zeit auf einen viel zu kleinen Kreis von Er¬ 
krankungen — meist nur bisher bei tracheotomirten, an Schlund¬ 
lähmungen leidenden Kindern vorgenommen — erstrecke. Die 
Sondenfütterung ist demnach: 1) bei allen Formen von Scliling- 
schwächc und Schlundlähmung, 2) bei Saugschwächo lebens¬ 
schwacher Neugeborenen oder durch schwere Krankheiten erschöpfter 
oder atrophischer Säuglinge, 3) bei allen Formen erschwerter 
Nahrungsaufnahme, welche durch Erkrankungen der Mund-, Rachen¬ 
oder Nasenhöhle bedingt sind anzuwenden. 

| Silbermann (Breslau). 


IX. Vereine und Congresse. 

Berliner medicinisehe Gesellschaft. 


Kinderheilkunde. I 

Kosinski, Ueber gonorrhoische Erkrankung der Mund- j 
Schleimhaut bei Neugeborenen. Zeitsckr. f. Geburtsliülfe ! 
'ind Gynäkologie Bd. XXII. ; 

Kosinski hat in der Königsberger Frauenklinik fünf Fälle ; 
hmi Gonorrhoe der Mundschleimhaut bei Neugeborenen beobachtet. ! 

ie Erkrankung charakterisirte sich makroskopisch durch anfangs ! 
'u*is>gelMiche. dann mehr schmutziggelbliche Verfärbung, welcho I 
»cli besonders am Gaumen, zu beiden Seiten der Rhaphe und auf den { 
'orderen Zweidritteln der Zunge localisirte. Um einen wirklichen j 
elag handelte es sich nicht, sondern um eine oberflächliche eitrige 
uichtrankung des Gew r ebes. Die Epithellagen sahen aus wie ge- , 
Quo len. In dem Secret. der erkrankten Pnrtieen wurden Gono- j 
;.;; u r n m . grossen Mengen nachgewiesen. Bei der Untersuchung j 
i exddirter Stückchen ergab sich, dass im Bindegewebe selbst 
I oocen sich befanden, dass dieselben jedoch die Epithellage 
in lWan( * ert hatten und dann zwischen Bindegewebe und Epithel 
p-nn a , n ^. est *’ ec bf e n Rasen sich ausstreckten. Als Aetiologie der 
dpr °f ,r , 01t,Caen Mund affection sind wohl meistens die Vorgänge bei 
erci 6 v!^ . a, ! zus °ben. Die Heilung erfolgt spontan, w’enn auch 
v pr . n f h eiI »gen Wochen. Eine dauernde Verfärbung oder narbige 
'Erziehung tritt nicht ein. Flaischlen (Berlin). 


(Originalbericht.) 

Sitzung am 28. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. . 

1. Herr Bergen grün aus Riga (als Gast): Lepra laryngis (Demon¬ 
stration). Der Herr Vortragende legt acht vortrefflich angeführte Photo- 
graphieen verschiedener Falle von Lepra laryngis vor und giebt eine 
Analvse der 'veranschaulichten leprösen Veränderungen. Bei letzteren 
iibenvien-t bald die Form der allgemeinen diffusen Verdickung, bald nie¬ 
der Knötchenbildung. Oft ist die Degeneration so weit vorgeschritten, dass 
nicht allein alle Theile des Kehlkopfes befallen, sondern last, bis zur Ln- 
kenntlichkeit verändert und zerstört sind. 

2 Herr Vogel: Zur Aethernarkose. In der Klinik des Herrn 
Landau ist der Aether seit Herbst 1890 im Gebrauch. Vortragender 
meint, dass, um mit der Aethernarkose gute Resultate zu erzielen, alles 
auf die Technik des Actlierisirens ankommt. Die in Deutschland bis jetzt 
fast allein geübte nsphyxirondo oder Juillard’scfee Methode hat dem 
Aether nicht viele Anhänger verschaffen können; sie ist quälend und nie 
ungefährlich für den Kranken, beunruhigend für den Narkotiseur in 
den Zuschauer wegen der st finnischen Begleiterscheinungen. Viol fflattrio 
und ruhigere Narkosen erzielt man mit der \\ an sc her sehen * • 

die im Gegensatz zu der asphyxiremlen, bei welcher man d 
den Sauerstoff entzieht und die Kohlensäure zur Unte " pi . 

Narkose bonutzt, als die „einschleichende" bezeichnen ^ 

Methode verfahrt mau nach dem Princip, den Kranken allmahlicl . . 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


232 


die Schleimhaut der Respirationsorgane stark reizenden Aetherdampf zu 
»•ewöhnen und stets für genügenden Luftzutritt zu sorgen. Vortragender 
demonstrirt die Wanseher-Landau’sche Maske 1 ), welche das sehr gut 
zulässt. Nach den Erfahrungen des Vortragenden ist auf folgende Punkte 
besonders zu achten: Der Aether muss durchaus frei von Verunreini¬ 
gungen wie Essigsäure, Schwefelsäure, schweflige Säure, Fuselölen etc., 
das specifisclie Gewicht genau das von der Pharmacopoo vorgeschriebene 
von 0,720 sein. Redner beschreibt hierauf eingehend das Narkosenverfahren 
nach der Wanscher’schen Methode. 1 ) Die nach derselben erzielten 
Narkosen unterscheiden sich, was Tiefe des Schlafes und Erschlaftung der 
Muskulatur anlangt, in nichts von den mit Chloroform erzeugten. Die 
Ansicht, dass hei der Aethernarkose die Patienten sofort erwachen, wenn 
man die Aetherzufuhr unterbreche, ist unrichtig; richtig ist, dass die 
Patienten leichter als aus dem Chloroformschlaf erwachen. — Das Haupt- 
geheimniss, ruhige und glatte Aethemarkosen zu erzielen, scheint dann 
zu gipfeln, die Athmung frei zu halten. Diese erheischt daher die volle 
und stete Aufmerksamkeit des Narkotiseurs. Die gepriesene Ungefähr¬ 
lichkeit des Aethers lässt leicht ein zu grosses Gefühl der Sicherheit 
aufkommen und wirkliche alarmironde Symptome übersehen, insbesondere 
bei der Juillard’schen Methode, bei welcher derartige Erscheinungen nach 
Füter „als zur Sache gehörig“ betrachtet werden. Die vermehrte Salivation 
und Schleimabsonderung macht bei der nöthigen Aufmerksamkeit keine 
ernstlicheren Störungen. Die Herzaction und der Puls werden nur günstig 
beeinflusst. Die Beobachtung des Pulses ist daher nur soweit geboten, als 
die Operation mit ihren Gefahren sie vorschreibt. Erbrechen kommt bei 
der Aethernarkose weniger oft und in weniger anhaltendem Maasse vor. 
Der Verbrauch an Aether ist sehr wechselnd; durchschnittlich wird auf 
eine einstündige Narkose 120—150 g verwandt. 

Nach den geschilderten Grundsätzen wurde seit 3 l /a Jahren aus¬ 
schliesslich Aether zu sämmtlichen Narkosen verwandt. Combinirte Nar¬ 
kosen wurden nicht gemacht. Dagegen ist früher l fi — 1 /a Stunde vor 
Einleitung der Narkose meist eine subcutane Injection von 0.01 Morphium 
gegeben worden, weil man glaubte, dadurch die Narkose gleichmässiger 
zu machen etc. In letzter Zeit unterblieb die Injection, ohne dass da¬ 
durch eine wesentliche Abweichung von dem gewöhnlichen Verlauf zu 
constatiren gewesen wäre. Die genaue Zahl sämmtlicher Narkosen ist 
nicht mehr gut zu eruiren, übersteigt aber die Zahl 1200. Von grösseren 
Operationen wurden ausgeführt: 258 Laparotomieen, darunter viele Myom¬ 
operationen, ferner Nierenexstirpationen, Echinococcus- und Darmopera¬ 
tionen; ferner wurden in Aethernarkose ausgeführt 111 Totalexstirpa¬ 
tionen des Uterus per vaginam, theils wegen Carcinom, theils wegen Fi- 
broiden und Beckenabscessen. Andere gynäkologische Operationen wurden 
665 mal in Aethernarkose ausgeführt, wobei Abrasionen, Dilatationen und 
andere kleine Eingriffe mitgerechnet sind. Dazu kommen noch eine grosse 
Zahl von Untersuchungen in Narkose etc., die in Journalen nicht notirt, 
daher bei diesen Zahlen nicht mit berücksichtigt sind. Der Aether hat sich 
dabei als ein durchaus zuverlässiges und ungefährliches Anaestheticum 
bewährt. Todesfälle oder Asphyxieen, welche die Einleitung künstlicher 
Athmung nöthig gemacht hätten, sind nicht vorgekommen. Leichtere 
Respirationsstörungen sind einige male vorgekommen, aber bei entsprechen¬ 
der Behandlung stets rasch zu beseitigen gewesen. Instrumente zum 
Vorziehen der Zunge etc. sind nie nöthig gewesen. 

Als Folge der Aethernarkose sind die mitunter auftretenden Bronchi¬ 
tiden zu nennen, welche nach Laparotomieen in der That eine unange¬ 
nehme Zugabe bildeten; dauernder Schaden ist indess nie daraus er¬ 
wachsen, diese Complication vielmehr ausnahmslos nach 5—6 Tagen be¬ 
seitigt. In fünf Fällen, namentlich ältere Frauen betreffend, sind schwe¬ 
rere Lungenerkrankungen beobachtet; dieselben waren indess als Aspira- 
tionspneumonieen aufzufassen. In einem Fall, dem schwersten überhaupt 
beobachteten, war dieselbe auf die steile Beckenhochlagerung zurückzu¬ 
führen, welche das Freihalten der Athmung sehr erschwert. Schluck- 
pneumonieen sind keine Eigentümlichkeit der Aethernarkose, sondern 
kommen auch beim Chloroform vor; sie sind umso seltener, je geschulter 
und geschickter der Narkotiseur ist. Bei schon vorhandenen patholo¬ 
gischen Zuständen der Respirationsorgane — einerlei ob frischen oder 
alten — insbesondere älterer Frauen ist der Aether contraindicirt. Bei 
Nephritis scheint der Aether ebenso wie das Chloroform nicht ungefähr¬ 
lich zu sein. Puls und Herzaction sind niemals ungünstig beeinflusst 
worden; im Gegenteil ist ein vorher sehr kleiner, ja unfühlbarer Puls 
während der Aetherisirung häufig voll und kräftig geworden. Selbst 
bei Operationen an sehr ausgebluteten Personen (geplatzte Extrauterin¬ 
gravidität, Myome, achsengedrehte Ovarialtumoren mit Blutung) und bei 
einer ganzen Reihe von Operationen, die über zwei Stunden dauerten, 
blieb der Puls bis zu Ende der Operation gut. Vortragender führt eine 
Anzahl besonders lange dauernder, schwerer Operationen an, bei denen 
der Puls bis zu Ende gut blieb, ferner solche, bei denen zwar zu Ende 
der Operation eine bedrohliche Herzschwäche auftrat, die aber auf die 
Schwere des Eingriffs, Shok und Blutung zurückzuführen war und bei 
denen im direkten Anschluss an die Aetherisirung paradoxer Weise durch 
subcutane Injection von 8—10 g Aether camphorat. die Herzkraft wieder 
hergestellt wurde. Wie unschädlich der Aether gerade bei sehr lang 
dauernden (3—4stündigen) und bei sehr schweren Laparotomieen ist, be¬ 
weist der Umstand, dass sämmtliche erwähnten Fälle, die schwersten 
vagino-abdominalen Operationen, complicirte Myomohysterectomieen und 
drei circuläre Darmresectionen glatt genesen sind. 


0 Herr Windler, Dorotheenstrasse 3, hat für die Landau’sche Klinik 
die Modelle angefertigt, unter anderen eine ganz aus Gummi bestehende 
Maske, welche sich wegen ihrer Handlichkeit und leichten Transporta¬ 
bilität ganz besonders eignet. 

*) Vgl. den Aufsatz Grossmann’s über denselben Gegenstand in 
No. 3/4 dieser Wochenschrift. D. Red. 


Herr Landau ist des festen Glaubens, dass bei Anwendung des 
Chloroforms nicht die gleichen Resultate erzielt wären. 

Herr Karewski ist der Ansicht, dass dem Chloroform mehr Nach¬ 
theiliges zugeschrieben werde, als ihm zukomme, und der Aether über 
Gebühr gepriesen werde. Auch lauten die Berichte der einzelnen Autoren 
nicht gleich. So werde zum Beispiel von einigen Operateuren behauptet, 
dass das Erbrechen nach der Aetherisirung eben so häufig vorkommo wie 
nach derChloroformirung. Die Julliard’scheMaskewirke nichtasphyxirend, 
denn sie werde nicht sofort fest aufgesetzt, sondern, wie beim Chlorotor- 
miren, allmählich Mund und Nase genähert. Dass die Dosmrng beim 
Aether leichter sei, sei doch erst zu beweisen, jedenfalls sei der bhJoro- 
formverbrauch, nachdem die Methode der tropfenweisen Aufgiessung wohl 
allgemein eingeführt sei, ein sehr geringer im Verhältniss zum Aether, 
nämlich 10 bis höchstens 25 g gegenüber 120 bis 150 g. Im Gegensatz 
zum Vortragenden behaupte er, dass die Aetherisirung nicht minutenlang 
unterbrochen werden dürfe, da sehr rasches Erwachen emtrete. Bisweilen 
trete nach dem Erwachen aus der Aethernarkose eine höchst unangenehme 
Excitation der Patienten ein. Bei allen Respirationsaffectionen sei der 
Aether zu verwerfen und daher bei allen scrophulösen Kindern, die so 
sehr zu Bronchialkatarrhen neigen, zu vermeiden; Kinder unter sieben 
Jahren dürfe man überhaupt nicht ätherisiren. Eine vorangehende Morphium- 
iniection verwirft Herr Karewski wegen drohender Asphyxie. . Nach lang- 
dauernder Aetherisation habe er eine sehr bedrohliche Respirationssynkope 
beobachtet; die Äthemfrequenz ging auf acht herunter, und künsthche 
Respiration wurde erforderlich. Es sei doch wirklich kein Unterschied, 
ob die Patienten an Respirations- oder an Herzsynkope zugrunde gingen. 
Denn es seien bis jetzt gar nicht so wenig Todesfälle bei der Aetherisirung 
bekannt geworden. Gar re habe 45 Todesfälle zusammengestellt, davon 
aber 25 als infolge von Complicationen erfolgt, ausgeschieden. Diese 
Ausscheidung sei aber nicht zu rechtfertigen, dann müsse man dieselbe 
Rechnungsart auch beim Chloroform anwenden. Rechne man sämmtliche 
45 Todesfälle dem Aether zu, so bekomme man einen Todesfall auf 5000 
Narkosen, wogegen sich die Zahlen beim Chloroform wie 1:3000 stellou. 
Zu empfehlen sei der Aether bei Herzaffectionen und für kurzdauernde 
Narkosen wegen des schnellen Erwachens der Patienten. Eine dritte Indr- 
cation seien Potatoren, die durch Aether schneller betäubt würden, als durch 
Chloroform. Dagegen sei der Aether nicht anzuwenden bei Laparatomieen, 
wo längere Zeit m der Bauchhöhle zu arbeiten sei, weil die Kranken 
nicht so tief narkotisirt würden, und durch Pressen leicht gewaltsames 
Hinausdrängen der Därme und Schwierigkeiten beim Hineinbringen der¬ 
selben eintreten könnte. . , 

Herr E. Hahn. Er habe das Chloroform seit 1866 in 21000 Fällen 
angewandt und sechs Todesfälle dabei zu beklagen gehabt; es waren 
meistens kräftige Leute, die nach kleinen Dosen Chloroform zugrunde 
gingen. Die Vertheilung dieser Todesfälle über die einzelnen Jahre war 
eine sehr ungleiche: Bis zum Jahre 1880 ereignete sich keiner und ebenso 
in den letzten vier Jahren. Aber bedrohliche Zufälle traten oft auf, so 
dass Herr Hahn stets sehr ängstlich gewesen sei und sich gern dem 
Aether zugewandt habe. Hier seieu seine Erfahrungen, allerdings noch 
nicht sehr ausgedehnte, da sich die Zahl seiner seit Mai 1893 gemachten 
Aethemarkosen erst auf 700 belaufe, darunter bei 40 Operationen von 
mehrstündiger Dauer. Er habe dabei nie ein übles Ereigniss auftreten 
sehen. Im Gegensatz zu Herrn Karewski müsse er betonen, dass 
bei Laparatomieen von langer Dauer die Aetherisirung besonders günstig 
verlaufen sei, so bei einer Magenresection und in einem Falle von 
lebensgefährlicher Blutung bei einem Leberschusse, wo die Erforschung 
des Blutheerdes eine beträchtliche Zeit erfordert habe. Contraindicationen 
des Aethers seien Bronchitis, Operationen im Gesichte und am Halse (da 
die dabei nothwendige Unterbrechung der Narkose ein rasches Erwachen 
herbeiführe) und ein hohes Alter der Patienten, weil der starre Thorax 
die Expectoration erschwere; dagegen habe er bei Aetherisirung kleiner 
Kinder keine Unzuträglichkeiten beobachtet. Herr Hahn resümirt seine 
Erfahrungen dahin, dass er — abgesehen von jenen Ausnahmen wohl 

• - • J1 _ mi r _— 1 __Mnv SalnmOll. 


Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Cultor 
in Breslan. 

Medicinische Seotion. 

Sitzung am 27. October 1893. 

1. Herr Adler demonstrirt mikroskopische Nerven- und Muskel¬ 
präparate eines auf der Abtheilung des Herrn Primärarztes Buch¬ 
wald beobachteten Falles einer besonderen Form von Neuro- 
myositis. T) 

Der betreffende Patient, ein 36jähriger, kräftig gebauter Manu, i °- 
tator strenuus, vor 10 Jahren luetisch inficirt, bot bei seiner Aufnahme 
in das Allcrheiligenhospital am 23. Mai 1893 das Bild einer Herz- 
insufficienz: Dyspnoe und Cyanose, Oedeme an Rumpf und Lxtremi- 
täten, Ascites, Hydrothorax, starke Leber- und Milzschwellung, im tri 
eine Spur Eiweiss und einige hyaline Cylinder; der Puls klein, besohlen 
nigt, unregelmässig, der Herzshok matt, die Herzdämpfung nach recn 
bis zum rechten Stemalrand verbreitert, die Herztöne leise, der erste l°n 
an der Herzspitze unrein. Die Form der Oedeme an Armen und Deine 
war indessen eigentümlich: Hände und Fllsse waren völlig frei davon, 
die Arme hatten eine spindelförmige Gestalt, mit dem grössten Um¬ 
fang der Spindel im oberen Drittel der Unterarme. Auffallender wei 
war ferner der Umfang des rechten Oberarms, der kein Oedem zeig , 
um 2,5 cm grösser als der des linken, und zwar war diese Volumenzu¬ 
nahme durch Schwellung der sich abnorm prall aniählenden Mubku- 
latur bedingt; auch an den Unterarmen und Beinen erweist sich die 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



8. März. 


Muskulatur nach Aufhebung einer Hautfalte erheblich^es^hwon^T Die 
geschwollene Extremitätenmuskulatur ist auf Druck ausserordentlich 
schmerzhaft während die Nervenstämme an den uiÄS 
und die Nem ulnares keine, die Nervi radiales und niediani nur gcni.co 
Druckschmerzhaftigkeit aufweisen. Die geschwollenen Muskeln sind fenmr 
KJ Strecker an Armen und Beinen sind er" 

hebheh mehr betroffen als die Beuger. Im Gebiete beider Nervi radiales 
sind fast aUe Muskeln völlig gelähmt; rechts kann nur der Zeigefhiger 
links der Zeige- und Mittelfinger gestreckt werden. Die Beugung und 
Pronation der Hand und die I lngerbeugung zeigt erhebliche Kraftver- 
minderung, im Gegensatz hierzu functioniren die kleinen Handmuskeln 
gut Die Musculatur am linken Oberarm verhält sich normal rechts ist 
die Obenirmmuskulatur paretisch, der Triceps weit mehrmals die Beu-er- 
auch der M. deltoides ist rechts dnickempfindlich und schwach. Anoden 
unteren Extremitäten ist beiderseits das Peroneusgebiet am meisten er“ 

\ die Ftlsse befinden sich in Equino-varus-Stellung und können nur 
wenig dorsalflectirt werden, die Streckung der Zehen ist sehr gering- 
s i nd auch Unterschenkelstrecker, während 
die Beuger der Unterschenkel, der Ftlsse und Zehen nur wenig gelitten haben 
Die elektrische Erregbarkeit der betroffenen Extremitäten- 
muskulatur ist für beide Stromesarten bei indirekter und direkter Reizung 
m . df? völll g gelähmten Muskeln im Gebiete der Nem 
radiales und peronei (Mm. extens. digit. commun. long. und extens. halluc) 
,n^L n C °r P f Iete Entartu . n P reaction > in der Beugemuskulatur 
P f art } ell e Entartungsreaction, wobei die 
für beide Stromesarten erhalten ist, bei di¬ 
rekter galvanischer Reizung eine träge Zuckung mit Yorwiegen der Ano- 
denwirkimg resultirt. während der faradische Strom be" direkter 
Application keine Zuckung hervorruft (nach Stintzing ist dies die 
schwerste Form der partiellen Entartungsreaction). 
roüov b . ebnenreflexe fehlen an .Armen und Beinen. Die Haut- 
nWpnHc Sm i d hei ? b gesetzt; ob Jective Sensibilitätsstörungen sind 
cK d „ U f p UWei \ e , n ’ doch wird über ein Taubheitsgefühl in den Hand¬ 
tellern und Fusssohlen geklagt. Bei völliger Ruhetage sind Muskel- 
Ä,"S: ,taäe "' erheblich, sind dieselbe» bei activen und 

fall w^ k AL St <? a K ti ™a J ? it ^, Apri , 1 1893 rait Erbrechen und Durch- 
Erhrecle^hnrt? S™ de - g S. rahl ünd , " r09se Mattigkeit gesellten; das 
Sten nf. P h “?/■ " i,hr ™ d die Durchfflle 14 Tage 

cJe ge“teilt” 6 Teniorbencr ^Nahrungsmittel wird durchaus in Ab- 

m 1.5 M SI i g ! s *S 3t * s * cb ’ unter Auftreten eines Spannun<'sseffthls 

Mt b^u et’ eZwt* 1° ™, ™ bteI V ^ '^e^pTrlS iin 
Ta«. “ Woche danach begann im rechten Arm, und wieder 
«aige läge spater auch im linken Arm die Kraft abzunchmen. 

»e„;r. T,:n;n.JL ( erSCh rö’o?^ hrei ‘ < ? die bis dabin normaI «der subfebril 
«Iwnkel et^E t « U , r t aU a 38 D anstle? ’ an der Vorderfläche beider ünter- 
nächsten „ '“hedeutendesPurpuraexanthom. welches innerhalb der 
KctlÄd rt al ’ bli n„ Anfa "8 Jnni wurden die oberen 
T Eehlhopfmuskeln druckschmerzhaft ; Schling- 
'rato nkht tf t ^“gensduneram oder Augenmuskellühmungen 
»«terzT L “,,H„ ;Pp !f“-, lU i- d 5? Extremitäten nahmen nicht 
Md Kassen eJa^L,'? F: egentbe,i die Bewegungsfähigkeit an Händen 
Fatient ober T.nMi.'t Sb o?ki ger ’. den ersten Tagen des Juni begann 
klagen und Aussenflächen beider Unterschenkel zu 

'ätsvermindA^ , T‘ bS - “ UCh ob d ectiv ei “ geringe Sensibili- 
\rn t ff nach ^ ewi esen werden. 

tonstatirt• enYwJrkfi t &m - Eerzen e * n pericar ditisches Reibegeräusch 
dat. wahrend rW «11 elte ■ S1C V rö t ch em starkes pericardiales Exsu- 
v «m 25/96 J U11 ; Kräftezustand erheblich sank; in der Nacht 

Nachmittag des Ofi LnfV^ Dy ?f n ?f nnd blutiges S P utum auf > und am 
KL.?- ,5 erfoI ^ e der Exitus letalis. 

nosis m ulV^T° St % Ch k J? ien im vorliegenden Falle Tr ich i- 
p °lymyositVqNeuritis, Nem-omyositis (Senator), acute 
5 dl f " K * k “ ke der Ja P anerU in Betracht, 
haftigkeit n E 1°^ T 1 we S en der Schwellung, Schmerz- 
dazu der Beginn d6 u Musku ) atur denken, auch stimmte 

gegen TrichfLsifl d ^ r Er l krai ? kun ^ mit Erbrechen und Durchfall; 
Augenschmerzen Kan™ 011 , a ^® r das fehlen von Gesichtsödemen, 
handensein wirklich* 11 " J! nd Schlingbeschwerden,' sowie das Vor- 
|l| ekWschen EntertSngeSot^ mUngen und der Nachweis der 

b °ehgiudfgen mialht-' rlClC< * ,m ? verbreiteter Muskellähmungen, die 
der völlig 5? Aenderungen in der elektrischen Reaction 

re «Mep^ el “ t mtan . Mu t® “ u ? d die Aufhebung der Sehnen- 
h| ieb auffallendstas V*M Bl de der multiplen Neuritis, doch 
ginn der Erkrank«* 6 “S n ei ^ eatIl cher Nervenschmerzen zu Be- 
-Nervenstämme und di?’ -Druckschmerzhaftigkeit der 

selbe Hess sTch^L« le ® rh ? bllcke Schwellung der Muskulatur; das- 
nator) sagem gg die Annahme einer „Neuromyositis“ (Se- 

es vo^Wa^nA? S“ 11 ® 0116 Eild der acuten Polymyositis, 
brund der bish^ k V Unverricht zuerst aufgestellt, auf 

zeichnet worden Falle zuletz t von Strümpell ge- 

üche DruckemnfinHr Ji ie . Muskelschwellungen, die erheb- 

Purpume^tTem ^Muskulatur, die Hautödeme, das 

war aber das Auftreten dieser ungewöhnlich 

^Störungen femep wi ? eutll 5! ler » wenn auch geringer Sensibili- 
i rner wichen die bedeutenden oualitAi.ivnn Aandn. 


DEUTSCH MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


- . __233 

rungen in der elektrischen Reaction der völlig gelähmten Muskeln 
von dem bisher bei der acuten Polymyositis erhobenen elek- 

FaHtfso ffihr n in e v’ } d UUd eb f nS0 u 0nig ^ ehört die im vorliegenden 
1 alle so sehr im Vordergrund stehende Herzschwäche und der all¬ 
gemeine Hydrops sowie die Complieation mit Pericarditis zu den 
Symptomen der acuten Polymyositis. 

Dagegen ist, bei der von Scheube beschriebenen hydro- 
Sih . n e fi,” Kak ' ke der Japaner“, welche auch zu ausge- 

Hvdrnn ^ uskelIäkman g® n ^hrt, Herzschwäche und allgemeiner 
Hydrops die Regel, die Locabsation der Lähmungen, die Verände¬ 
rung der elektrischen Reaction wie im vorliegenden Fall aber es 

STT m 1 u 6 i r ? ak n ke die Sensibili tätsstörungen erheblicher zu 
aw; Mllskels ^ bwellun geu aber nur selten und dann einzig an 
den Wadenmuskeln vorzukommen. 

mit Obduction ergab am Herzen eine sehr starkePericarditis 
dl! ^ 0 , s ® embä f.°/y ba g ls , cbem Exsudat im Herzbeutel, Erweiterung 
des rechten \ entnkels, mehrere Infarcte in der rechten Lunge, eine 

SIzscTwenlTag 8 ’ ’ H >' drothora *’ bedeutende lobor- 

• Die u mikroskopische Untersuchung des Herzens zeigte ausser 
entzündlichen, pericardialen Schwarte ausgedehnte und 
hochgradige V e r f e 11 u n g der Muskelfasern. Die Extremitätenmuskeln 
erschienen grösstentheils geschwollen und von abnorm blasser Farbe 
Mn=i,ni ie f 1 ? 1 . krOSk0piS n he Untersuchung der Muskeln (es wurden 
Muskelstuckcken aus allen erkrankten Gebieten untersucht) ergab an 
frischen Präparateu n!rgen d s trübe SchweUung oder fettige Degenera¬ 
tion der Fasern; Trichinen wurden nicht gefunden. 

d ? r in M bl . ler ’scher Flüssigkeit gehärteten und mit 
in A' E °ui in - und Eicro-Carmin gefärbten Muskeln fielen 
zunächst eine Anzahl interstitieller Veränderungen auf: die einzelnen 
rinfn<W Sei ? y iel { ach durch abnorm grosse Zwischenräume von 

emandei getrennt (Oedem); auf der Wand der kleinen intramuskulären 
t«!! 11 befan d? n si ch hier und da Heerde von dichter kleinzelli¬ 
ger Infiltration, dieselben zeigten sich aber nirgends in dem Bindegewebe 
zwischen den Primitivfasern, wie solches in so hohem Grade in dem ersten 
Senator sehen Falle von Polymyositis statthatte [cf. die Abbildung 3 ) 
ia ? eaa t° r s Arbeit: „Ueber acute Polymyositis und Neuromvo- 
sitis, Deutsche medicimsche Wochenschrift 1893, No. 891. An einzelnen 
otcilen war es auch zu Blutaustritten in das intactitielle Bindegewebe 


Die Muskelfasern selbst zeigten ein sehr verschiedenes Ver¬ 
halten; eine erhebliche Anzahl erwies sich sowohl hinsichtUch ihrer 
urösse als m ihrer Querstreifung und im Kernreichthum als normal- 
viele aber erschienen mehr oder weniger verbreitert (der Querdurchmesser 
der breitesten maass 90 /Jt ), tingirten sich nur schwach mit Farb- 
stofien, zeigten abnorm wenig Muskelkerne und hatten ihre Quer¬ 
streifung verloren, manche unter ihnen wiesen Spalten, andere 
Vacuolen auf („ödematöse“ Fasern Wagner’s, breite Fasern 
Prinzmg’s). 

An anderen Stellen (insellörmig zwischen Gebieten mit normalen 
und „breiten Muskelfasern angeordnet) zeigten sich die Primitivfasern 
ausserordentlich verschmälert, sehr kernreich, mit welliger Con- 
tour, mit tlberaU gut erhaltener Querstreifung; vielfach sind die 
Muskelfasern ganz untergegangen und Fett oder kernreiches 
Bindegewebe an ihre Stelle getreten. 

Die Untersuchung der peripheren Nerven, welche an frischen 
an mit Osmiumsäure und nach Marchi behandelten und an 
gehärteten mit Hämatoxylin-Eosin und nach Weigert gefärbten 
Präparaten vorgenommen wurde, ergab nur im Gebiete der feineren 
Muskelästchen deutliche Veränderungen, bestehend in einem hoch¬ 
gradigen Schwund der Nervenfasern und deren Ersatz durch Binde¬ 
gewebe; vereinzelt wurden auch Nervenfasern mit scholligem Zer¬ 
fall der Markscheide angetroffen. 

Das in Müller’scher Flüssigkeit gehärtete Rückenmark zeigte 
im oberen Brustmark eine blässere Färbung der medialen Partieen 
der Goll’schen Stränge, und an Weigert-Präparaten konnte man einen 
massigen Faserausfall in diesen Abschnitten constatiren. Die Vor¬ 
derhorn-Ganglienzellen erschienen sowohl im Hals- als im Lenden- 
mark normal. 

Ein Theil der an den Muskelfasern gefundenen Veränderungen 
dürfte als secundäre Degeneration infolge Erkrankung der 
Muskelästelien aufzufassen sein; die im interstitiellen Gewebe 
aber nachgewiesenen entzündlichen Processe und das Oedem 
der Muskelfasern sind der Ausdruck einer primären Myositis. 
Es liegt also eine Neurorayositis vor. 

Im klinischen Bilde nun überwogen die durch die Muskel¬ 
entzündung hervorgerufenen Erscheinungen weit die auf die Er¬ 
krankung der Nerven zurückzuführenden. 

Der von Senator beschriebenen Form von Neuromyositis 
(cf. Zeitschrift für klinische Medicin 1888, XV), bei welcher die 
Symptome der Nervenerkrankung dem Krankheitsbilde sein 
Gepräge geben, würde also eine zweite anzureihen sein, bei welcher 
die Zeichen der entzündlichen Muskelerkrankung klinisch 


x ) Nur in einem FaUe Lewy’s war partielle Entartungsreaction an 
den kleinen Handmuskeln vorhanden. 

*) Die betreffenden Präparate hatte ich durch das Entgegenkommen 
des Herrn Geheimrath Senator Gelegenheit zu sehen, wofür ich ihm 
auch an dieser Stelle meinen besten Dank sage. 


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234 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHR IFT. 


No. 10 


in den Vordergrund treten. Von der reinen, acuten Poly¬ 
myositis scheint sich dieselbe vorzüglich durch das Auftreten 
von Entartungsreaction in den gelähmten Muskeln und Ver¬ 
minderung der Sensibilität zu unterscheiden. 

Was die im vorliegenden Falle nachgewiesene Erkrankung der 
Goll’schen Stränge im oberen Brustmark betrifft, so sind 
bei Potatoren (Patient war Potator strenuus) zuweilen solche 
Veränderungen gefunden worden. 

Die Erweiterung des rechten Ventrikels und die hoch¬ 
gradige Verfettung des Herzmuskels werden bei der japani¬ 
schen Kak-ke regelmässig beobachtet, und auch die Compli- 
cation mit Pericarditis kommt bei der Kak-ke zuweilen vor; 
die in den Muskelästchen der Nerven und in den Muskeln gefun¬ 
denen Veränderungen weichen ferner nicht sehr von den Be¬ 
funden Scheube’s an Kak-ke-Leichen ab, welcher in den intra¬ 
muskulären Nervenstämmchen erhebliche degenerative 
Processe und in den Muskeln degenerative und entzündliche 
Veränderungen nachwies. 

Der vorliegende Fall scheint mir daher eine Uebergangsform 
zwischen der japanischen Kak-ke und der acuten Polymyositis 
dar zu stellen. 

2. Herr Koch stellt den Fall von multiplen Dermatomyomen, 
den Jadassohn im Jahre 1890 in Virchow’s Archiv (an zweiter 
Stelle) publicirt hat, vor. Das Krankheitsbild — es war für 
die in letzter Zeit noch mehrfach beschriebene (Lukasiewicz, 
Wolters) Afifection absolut charakteristisch und besonders durch 
spontane Involution einzelner der histologisch als Leiomyome con- 
statirteu Gebilde ausgezeichnet — ist in der Zwischenzeit im ganzen 
unverändert geblieben; nur am oberen Rande der (von der vor drei 
Jahren vorgenommenen Excision zurückgebliebenen) Narbe ist ein 
in die Subcutis reichender, den Papillarkörper ganz freilassender, 
über zelmpfennigstückgrosser, flacher und derber Knoten, über dem 
die Narbe selbst verschieblich ist, zurückgeblieben, über dessen 
Natur, da die Patientin eine Operation verweigerte, nichts Be¬ 
stimmtes ausgesagt werden kann. Schmerzanfälle, wie sie bei 
einzelnen Fällen von Dermatomyomen in grosser Intensität Vor¬ 
kommen (z. B. in dem ersten Fall von Jadassohn), sind bei der 
Patientin bisher niemals aufgetreten. 

3. Herr Jadassohn demonstrirt ein Syphilid mit bemerkens- 
werthem klinischem Verlauf und anatomischem Befund. 

Di«; Patientin, eine Prostituirte, bei welcher der Zeitpunkt der In- 
fection nicht genau festzustellen ist, kam Anfang Mai 1893 mit einer 
typischen secundären Lues (Papeln an den Genitalien, Plaques an den Ton¬ 
sillen, multiple Seleradenitis, leichte diffuse Alopecie) auf die Abtheilung. 
Sie erhielt Thymolquecksilber, und zwar eine Injection zu 0.1, drei zu 0,05; 
dann musste die mercurielle Behandlung wegen Stomatitis ausgesetzt 
werden. Während die bestehenden Symptome abgeheilt waren, trat schon 
vor der letzten Injection zuerst am rechten Oberschenkel ein sehr eigen¬ 
artiges Exanthem auf: zuerst hellere, sehr bald aber dunkelbraunroth 
werdende, schnell bis zu Daumennagelgrösse anwachsende, massig erhabene, 
auffallend weiche, rundliche Efflorescenzen, denen dann an anderen 
Stellen des Körpers kleinere, helle, derbe Knötchen zum Theil in gruppen¬ 
förmiger Vertheilung sich zugesellten. Zugleich zeigten sich bei der 
Patientiu die Symptome einer tuberkulösen Lungenaffeetion. Auf Grund 
dieser und wegen der grossen Neigung der Patientin zu Stomatitis konnte 
eine regelrechte energische Schmiercur nicht durchgeführt werden. Die 
Diagnose war wegen der eigenthümlichen Beschaffenheit der Efflorescenzen 
an den Beinen zuerst in suspenso geblieben; als auch weiterhin die Er¬ 
krankung auf eine, allerdings immer nur sehr milde Hg-Behandlung nicht 
heilte, wurde ein Stück der braunrothen Heerde excidirt; die histologische 
Untersuchung ergab das Vorhandensein von starker rundzeiliger Infiltration 
mit eingelagerten Heerden von Epithelioid- und typischen Langhans’schen 
Riesenzellen; ein solches Stück wurde auch einem Meerschweinchen intra- 
peritoneal inoculirt. Das Thier ist nach fünf Monaten wahrscheinlich durch 
Erfrieren gestorben; bei der Section fand sich keine Spur von Tuberkulose. 
Im klinischen Verlauf ist seither insofern eine Veränderung aufgetreten, 
jils sich allmählich fast über den ganzen Körper ein aus hirsekorn- bis 
linsengrossen Knötchen zusammengesetztes, überall in oft grossen Gruppen 
localisirtes Exanthem schubweise ausgebreitet hat; die einzelnen Knötchen 
heilen theils spontan, theils unter Hg-Einwirkung mit dunkelpigmentirten 
narbenähnlichen Atrophieen ab, hier und da haben sich auf ihrer Höhe 
auch Pusteln entwickelt. An einzelnen Stellen sind sowohl im Beginn 
als auch im weiteren Verlauf der Erkrankung unter lebhafteren Ent¬ 
zündungserscheinungen tiefer in der Cutis sitzende, erbsen- bis kirschgrosse 
sehr derbe Knoten aufgetreten, welche sich theils spontan involvirten, 
theils nach Usur der Epidermis zu secerniren begannen und kleine granu- 
lirende Ulcerationen bildeten. Ein grosser Theil der Efflorescenzen ist 
spontan und ganz besonders auf Druck sehr empfindlich. 

Der Fall, über den nach Abschluss der Beobachtung noch aus¬ 
führlicher berichtet werden wird, ist bemerkenswerth: 

1) wegen der Eigenart der zuerst auftretenden sehr weichen, 
lupusähnlichen Heerde, die sich aber spontan oder unter Mitwirkung 
des Hg involvirten; 

. 2) wegen der histologischen Beschaffenheit dieser Heerde — 
typische Tuberkelstructur — und dem auch durch das Thierexperiment 
erbrachten Nachweis der nicht tuberkulösen Natur, derselben; 


3) wegen des ausserordentlich chronischen Verlaufes, der ge¬ 
ringen Rcaction gegen Hg, des Auftretens von derben cutanen 
Knoten bei einer zweifellos „secundären* 4 Lues. 

4. Herr Hamburger: Ein Fall von Insufflcienz der Tri- 
cuspidalis. 56jähriger Mann, der im Jahre 1854 eine links¬ 
seitige Pleuritis überstanden, seit einem halben Jahre über Kurz- 
athmigkeit, Husten, spannende Schmerzen über der Brust und im 
Unterleib zu klagen hat. Status: Starker Venenpuls am Halse, 
namentlich rechts. Die rechte Thoraxhälfte aufgetrieben, lauter 
Schall, Vesiculärathmen mit trocknen Rhonchis, links zwischen der 
8 und 12. Rippe Thorax eingezogen, kurzer Schall, undeutliches 
Athmen, schwaches Reiben. Also links Schrumpfung (wohl im 
Anschluss an die Pleuritis), rechts vieariirendes Emphysem. Herz: 
mässige Hypertrophie des rechten \ entrikels bis zum rechten Ster- 
nalrand nachweisbar, Herztöne laut, rein, kein distincter Spitzen- 
stoss, diffuse Erschütterung zwischen 3. und 5. Rippe. Von dem durch 
eine Trieuspidalinsufficienz bedingten Symptomencomplex ist ausser 
der Hypertrophie des rechten Ventrikels nur noch der Venenpuls vor¬ 
handen, es fehlt das systolische Geräusch, die Abschwächung des 
zweiten Pulmonaltons und das Pop off’sehe Zeichen (Verminderung 
der Stärke des rechten Radialpulses). Trotzdem ist an der Diagnose 
„Insufflcienz der Tricuspidalis“ festzuhalten und der Fall nicht den 
von Fried reich beschriebenen an die Seite zu stellen. 

5 Herr Hermann Cohn stellt zwei Kranke vor, denen er 
aus der Tiefe des Auges Bisensplitter (einen 3 mg, den anderen 
17 mg schwer) nach Einschnitt in die Sklera in der Nähe des 
Sehnerven mit dem Elektromagneten extrahirt hat. Bei 
einem derselben ist jetzt nach l l /-2 Jahren die Sehschärfe = 1. 
Die Fälle werden ausführlich mit anderen ähnlichen, vom Vortra¬ 
genden operirten in der Deutschen medieinischen Wochenschrift dem¬ 
nächst beschrieben werden. Der Vortragende zieht aus seinen Beobach¬ 
tungen folgende Schlüsse: Man verzage nicht bei Cyclitis trauma¬ 
tica; denn sie schwindet w'ie mit einem Zauberschlage, sobald der 
Fremdkörper herausgezogen ist; man verzage ferner nicht, w r enn 
der Eisensplitter nach mehrmaliger Einführung des Elektromagneten 
nicht erscheint : in einem Falle folgte das Eisenstück erst beim 
achten Male der Einführung, ohne dass das Auge Schaden nahm. 
Man verzage auch nicht bei dem tiefsten Collapsus bulbi: denn 
der Glaskörper ersetzt sich doch wieder nach 2—3 Tagen. Man 
stelle die Prognose nicht auf beginnenden Cataract, wenn die Linse 
durchschlagen wurde; denn der zarte Duchsclilagscanal kann, ohne 
dass sonst die Linse sich trübt, Jahre lang isolirt bestehen bleiben. 
Man höre nicht auf, Schlossern und Schmieden die Nothw r endigkeit 
des Tragens dicker Schutzbrillen zu predigen, und man ermahne 
auch die Meister, einer Unfallversicherungsgesellschaft beizu¬ 
treten, da sie, die nicht gezwungen sind, sich zu versichern, bei 
Verletzungen dann am schlimmsten daran sind. 

6. Herr Schwarzschulz stellt einen 33jährigen Mann mit 
beiderseitiger Radiaüslähmung vor. Patient ist seit 2 l /2 Jahren in 
einer Metallfabrik thätig gewesen und hatte angeblich mit Blei- 
glätte zu thuu. Er ist bereits dreimal an Bleikolik, das letzte Mal 
verbunden mit Arthralgieen, mit Erfolg behandelt worden. Mitte 
Juli erkrankte er mit heftigen reissenden Schmerzen in beiden 
Unterarmen und Händen, besonders rechts. Zugleich bemerkte er 
eine sich ziemlich schnell steigernde Schwäche der Extensoren 
beiderseits. Zur Zeit besteht vollkommene Radialislähmung mit 
Entartungsreaction in der Extensorenmuskulatur. Rechts ist auch 
der M. s u p i n a t o r 1 o n g u s ergriffen. Die eingesclilagene Therapie. 
Elektricität, Massage, Schw efelbäder, innerlich Jodkali ist ohne Er¬ 
folg geblieben. 

7. Herr P. Stolper demonstrirt: a) die Brustorgane eines 
Falles von primärem Bronchialkrebs. Der 73jährige Patient 
war erst seit 6 Wochen erkrankt und hatte seitdem stärkeren, 
nicht charakteristischen Auswurf, Die Erscheinungen der Recui- 
renslälimung führten ihn ins Hospital, wo er an foetider Bronchitis 
mit Bronehiectasen und Aspirationspneumonie starb. Das Garci- 
nom, ein Cylinderzellenkrebs, sass im linken Hauptbronchus ha c 
hinter der Bifurcation und hatte nur die nächstgelegenen Lymph- 
drüsen mit ergriffen; sonst keine Metastasen. 

b) Mikroskopische Präparate von Iritis tuberculosa. Nach 
einem leichten, jedenfalls nicht perforirenden Trauma stellte sici 
bei einem 6jährigen Knaben, der noch keinerlei Zeichen sonstigei 
tuberkulöser Erkrankung zeigt, von dem aber ein älterer Bruder an 
Meningitis (tuberculosa?) gestorben ist, eine Iritis ein. Enucleation. 
Die vertiefte vordere Kammer völlig von Exsudat erfüllt, die Mem¬ 
brana Descemeti stellenweise durchbrochen, Iris und Ciliarkörpei 
ganz eingeschmolzen. Typische Tuberkel, Verkäsung und Lang- 
hans’sehe Riesenzellen machen die tuberkulöse Natur zweifellos, 
obwohl Bacillen nicht dargestellt werden konnten, vielleicht weil 
der Bulbus nicht entsprechend conservirt war. Die Leiche zeigt 
die charakteristischen Veränderungen sowohl des Kapsel- wie de& 


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8. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


235 


Kernstaares: Wucherung der vorderen Linsenkapsel, des Kapsel¬ 
epithels, Auffaserung, Vacuolenbildung, Morgagni’sche Kugeln. 
(Die ausführliche Veröffentlichung erfolgt anderweitig.) 

8. Herr Fl. Meyerhold: Ein Fall von acuter Arsenikver- 
giftung. Die Vergiftung (27. Juni 1893) erfolgte durch Genuss 
von Fleisch, welches Arsen entliielt. Auf welche Weise letzteres 
in das Fleisch gelangt war, konnte nicht eruirt werden. Wir 
haben Gelegenheit gehabt, die Arsenikvergiftung in drei ver¬ 
schiedenen Stadien zu beobachten, nämlich unmittelbar nach 
dem Genuss des vergifteten Fleisches, auf der Höhe der Symptome, 
wie sie von seiten des Bewegungsapparates dargeboten wurden, und 
drittens jetzt im Stadium des Schwindens letzterer Erscheinungen. 
Die einzelnen Stadien gingen ganz allmählich in einander über. 
Zuerst wurde das Bild der Arsenikvergiftung von einer schweren 
Gastroenteritis beherrscht. Häufiges Erbrechen grüngefärbter 
Flüssigkeit, zahlreiche diarrhoische Stühle, erst gelblich tingirt, 
dann farblos, reiswasserähnlich. Dabei bestanden heftige Cardialgieen 
und wehenart ige Schmerzen bei der Defäcation. Zusammenschnürung 
des Schlundes. Collaps, wie bei Cholera. Diese Symptome hielten 
drei bis vier Tage an, dann machten sich leichte Schmerzen in 
den Extremitätenmuskeln bemerkbar, es traten leichte Parästhesieen 
in Fingern und Zehen auf und ein unbeholfener, schwankender 
Gang, wobei deutliches Schleudern des linken Fusses zu bemerken 
war. Patellarreflexe waren nur schwach. Mit diesen zuletzt er¬ 
wähnten Symptomen verliess Patientin, nachdem sie vorher noch 
einen ausgedehnten Herpes facialis durchgemacht hatte, das Hospital, 
um sich zu Hause zu erholen. Das zweite Stadium der Ver¬ 
giftung konnten wir beobachton, als Patientin wegen der in¬ 
zwischen eingetretenen unerträglichen Schmerzen in beiden Waden 
das Hospital wieder aufsuchte. Die Schmerzen waren so heftig, 
dass Patientin Nachts nicht schlafen konnte, dabei bestand eine so 
starke Hyperästhesio, dass die geringste Berührung der Waden- 
muskulatur ihr die heftigsten Schmerzen verursachte. Parästhesieen 
an Fingern, Zehen und Fusssohlen haben inzwischen zugenommen, 
der Gang war sehr unbeholfen, schwankend, ausgesprochene Ataxie 
der unteren Extremitäten, deutliches Romberg’sches Phänomen. 
Keinerlei Lähmungen der Muskeln. Jetzt am Tage der Vor¬ 
stellung sehen wir Patientin im dritten Stadium der Arsenikver- 
giftung, wo die oben erwähnten Symptome im Schwinden begriffen 
sind. Schmerzen in den Waden haben ganz nachgelassen, Parästhe¬ 
sieen in Fingern und Zehen sind ganz verschwunden. Es bestehen 
keinerlei Sensibilitätsstörungen. Dagegen sehen wir noch deutliche 
Ataxie, ausgesprochenes Romberg’sches Phänomen, 
Fehlen der Patellarreflexe, leichtes Schwanken beim 
Gehen. 

9. Herr Landmann demonstrirt ein sechsjähriges Mädchen 
(Abheilung des Herrn Sanitätsrath Riegner). Anamnestisch nur 
zu eruiren, dass die Mutter an Phthisis pulmonum leidet. Die 
Schleimhaut des rechten oberen Lides ist bei freier Uebergangs- 
tdte mit hahnenkammartigen Wucherungen besetzt: nahe der 
äusseren Commissur ein speckiges Geschwür, welches bis in den 
Tarsus reicht; letzterer stark verdickt. Das Lid hat mässige 
ctosisstellung, und durch die Haut fühlt man einzelne Knötchen, 
"raeaurieulardrüsen käsig zerfallen. Lungen frei. Mikroskopisch 
hnden sich an einem excidirten Stückchen typische Riesenzellen¬ 
tuberkel; Bacülennachweis gelang bis jetzt nicht. Impfung in 
<lie vordere Kammer eines Kaninchens ergiebt nach Verlauf von 
ner Wochen tuberkulöse Iritis. Es handelt sich um eine (wahr- 
■rtuunlicli primäre) Lidschleimhauttuberkulose. Therapie: intern 
Kreosot, local Exeisionen und Galvanokaustik, 
i ^ 0n ^°£ ner stellt vor a) den Enderfolg der vor einem 
’t/J™ Jahre ausgeführten Dieffenbach’schen Operation einer 
tre8ia ani vaginalis. Der After befindet sich an normaler Stelle, 

' tT iJ\ \ kt< r ^ ct i°nirt gut, der Damm ist 2*/o cm breit. 

b) Mehrere Fälle von Coxitis, welche ambulant mittels der nach 
iOrenz schein Princip angefertigten Gyps- resp. Holzfournirhülse 
nut bteigbügelschiene behandelt worden sind. Der Erfolg war zu¬ 
friedenstellend. 

,"hi^ nen Knaben, dessen nach einer wiegen Diphtherie aus- 
"j! > i i n Tracheotomie entstandene Trachealstenose zuerst ein 
2'u* . ve H?eblieh mit Ausschabung, Larynxspaltung, Einlegung 

* u P u is sehen Schorusteinfegercanüle etc. behandelt w’orden 
t'. 1 llna Jessen schlicsslichc Heilung jetzt durch fünfmonatliches 

»gen einer Mikulicz'ßchen Glascanfile gelungen ist. 

I j ' tJ erT Hointze stellt zwei Frauen und einen Mann vor, 
<'elprt ? i We £ en Carcinoma cardiae eine Gastrostomie an- 
f'inp^ h w ® r den war. Di e drei Patienten zeigten bei der Aufnahme 
(j r . 0l , glri *£ e Abmagerung, und die Speiseröhre war in der 
cärnri, qx 1 . art ^ a Jurch eine selbst für dünne Sonden undurcli- 
muuöri’ L tnct,ur ^ vollständig verlegt, dass jede Nahrungsaufnahme 
dpr j AVar ‘ Operation wurde bei den beiden Frauen nach 
ode von Witzei, bei dem Manne nach Frank_ ausgeführt. 


Das Auffinden des Magens wurde dadurch sehr wesentlich er¬ 
leichtert, dass es in der Narkose gelang, eine feine Sonde durch 
die Strictur durchzuführen und den Magen aufzublähon. Die 
Patienten erholten sich nach der Operation sichtlich und nahmen 
in fünf Wochen fünf resp. zehn Pfund an Körpergewicht zu. Das 
Verfahren nach Witzei hat sich auch hier wieder als die beste 
und einzig empfehlenswerthe Methodo erwiesen. Während bei der 
ursprünglichen Operationsweise die Patienten durch das Auslliessen 
von Mageninhalt und die damit verbundenen Qualen sehr belästigt 
wurden, und während die Modifieationen von Hacker und Hahn 
den ihnen nachgerühmten Verschluss in den von Herrn Dr. Riegner 
früher danach operirten Fällen ebenfalls nicht gewährten, fanden 
sich bei den beiden Frauen an der äusseren Fistelöffnung nicht die 
geringsten Erscheinungen von Ekzem oder sonstiger Hautreizung, 
und obgleich der Schlauch immer nur zum Zwecke der Nahrungs¬ 
zufuhr eingeführt und dann wieder entfernt wurde, üoss niemals 
auch nur die geringste Menge von der eingegossenen Flüssigkeit 
wieder zurück. Die bei dem Manne ausgeftihrte, neuerdings von 
Frank (Wien) empfohlene Methode war nicht imstande, dieses 
günstige Resultat aufzuw r eisen. Hier zeigte sich in der Umgebung 
der Fistelöffnung ein lästiges Ekzem, und sobald das Drainrohr 
entfernt wurde, entleerto sich bei Hustenstössen oder bei Be¬ 
wegungen. welche den abdominellen Druck steigerten, nach der 
Nahrungsaufnahme Mageninhalt aus der Fistel. 

12. Herr May: Zwei Fälle von Arthrodese des Fussgelenkes. 
In dem ersten Falle handelt es sich um ein neunjähriges Mädchen, 
welches im zweiten Lebensjahr eine spinale Kinderlähmung über¬ 
standen und davon eine Lähmung des linken Fusses mit Verkürzung 
der unteren Extremität um 6 cm zurückbelialten hatte. Das Tibio- 
tarsalgelenk schlotterte; der Fuss stand in hochgradiger Valgus- 
stellung. Die Arthrodese wurde hier in der Weise ausgeführt, 
dass nach Eröffnung des Sprunggelenkes durch einen von einem 
Malleolus zum anderen reichenden Schnitt die Knorpel flächen der 
Tibia, Fibula und des Talus mit einem starken Messer abgetragen 
wurden, worauf Talus und Tibia durch Elfenbeinstifte zusammen- 
genagelt wurden. Gyps verband in redressirter Stellung. Der 
zweite Fall betrifft einen 21jährigen Mann mit hochgradigem, links¬ 
seitigem paralytischem Klumpfuss und einer Verkürzung der linken 
Extremität um 8 cm. Hier wurde die Talusexstirpation ausgeführt. 
Was dio Resultate dieser beiden Operationen anbelangt, so ist in 
dem zweiten Falle eine vollständige knöcherne Ankylose im Sprung¬ 
gelenk eingetreten, während im ersten Falle noch eine ganz geringe 
Beugung und Streckung passiv möglich ist. In beiden Fällen ist 
die Gehfähigkeit der Patienten durch diese operativen Eingriffe eine 
erheblich bessere geworden. Während sie früher nur mit Krücken 
sich mühsam fortbewegen konnten, sind sie jetzt imstande, mit 
Hülfe eines Schuhes mit Soitenschienen und erhöhter Sohle grössere 
Strecken ohne Anstrengung zurückzulegen. 


X. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwun¬ 
deten auf dem Schlachtfelde. 

Von Prof. Dr. Langenbuch. 

(Fortsetzung aus No. 9.) 

Ic h komme jetzt zu einer Gruppe von kriogschirurgischou Erfahrungen, 
lie an Knieschüssen gemacht sind und sich an die Namen Gustav 
Union, Socin und v. Bergmann knüpfen. Ihre grössere Bedeutung 
ür unsere Frage wird sich nicht so leicht von der Hand weisen lassen. 
)ie perforirenden Kniegelenkschüsso haben von jeher durch die sich so 
läufig daran knüpfenden entzündlichen Folgezuständo zu den gefürch- 
etsten Verwundungen gezählt und namentlich bei gleichzeitigem ver¬ 
lacht auf Knochenläsion als absolute Indication zur Primäramputation ge¬ 
golten; sie sind also für die Behandlung ein wahres Testobject und deren 
Resultate bilden nach jedem Kriege die Unterlage für die Controlle der 
5 ur Zeit herrschenden kriegschirurgischen Anschauungen über die primäre 
Lnfectiositüt der Schusswunden und der daraufhin einzuschlagenden Be- 
landlung. Stromoyer (Maximen etc. 2. Aufl., p. 519) formulirte seine 
Grundsätze Uber die Behandlung der Knieschüsse in folgenden Worten: 
.Bei jeder Verletzung mit zurückbleibender Kugel, welche möglicher¬ 
weise* in's Kniegelenk eingedrungen sein könnte, darf man es n i® ra »l 8 
unterlassen, die Wunde sofort mit dem Finger zu untersuchen; findet 
man dann ein articulirendes Ende oder mehrere von der Kugel verletzt, 
30 muss die Amputation gemacht werden. — Am besten ist es natürlich, 
wenn diese Untersuchung schon auf dem Schlachtfelde stattfand. Der La- 
aaretharzt. welcher die Amputation zu machen hat, kann dann zu seiner 
Beruhigung die Untersuchung wiederholen, während der Verwundete be¬ 
reits in der Chloroformnarkose liegt. . Es genügt die Thatsache. dass die 
Kugel durch das Kapselband tief eingedrungen und im Gelenke stecKen 
geblieben ist. um die Amputation zu rechtfertigen“. Auf p. olo dess - 
ben Werkes ist von den einfachen Kapselwunden des IJ 7 

Rede: „Man muss vorzüglich die Richtung der Wunde ins , A “J • d ’ 
miias in frischem Zustande untersucht werden, und zwai m aei 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHR IFT. 


No. 10 


Stellung, in welcher das Glied getroffen wurde, weil der Finger sonst 
nicht auf denjenigen Theil der articulirenden Flächen geleitet wird, wel¬ 
cher verletztem konnte.“ P. 520 wird gesagt: »Jf® 
neben der Patella eindringt, hat das Kapselband geöffnet, hat dasselbe 
aber wieder verlassen, ausserhalb desselben eine Knochenverletzung ge 
macht, der Finger erkennt die Verletzung der Kapsel, er erreicht aber 
nicht inimer die eingedrückte Stellung am Femur. Hier erfolgt Vereite¬ 
rung des Kniegelenks, welche zur Amputation zwingt. — Ist eme Kugel 
extrakapsulär in ein articulirendes Knochenende tief eingedrungen, so muss 
man sofort amputiren, weil die Kapsel doch jedenfalls m Mitleidenschaft 
gezogen würde Sitzt die Kugel mehr oberflächlich im Condylus so dass 
eine ins Gelenk reichende Knochcnfractur nicht anzunehmen ist, kann die 
Behandlung nach Extraction der Kugel eme abwartende sein. Bei der 
grösseren Härte der Tibia in ihrem ganzen Umfange darf mani nicht das 
Gleiche von diesem Knochen erwarten, welcher mehr zu Splitterungen 
bis in die Kapsel geneigt ist. Leider lasst.sich die Entfernung nicht mit 
Bestimmtheit angeben, bis zu welcher die Tibia von der Kugel „etroffen 
sein müsste, um keine Spelten ins Gelenk mehr zu erwarten, weil dieses 
zu sehr von individuellen Verhältnissen abhüngt Kann man bereits in 
der Wunde mehr als ein cirkelrundes Loch im Knochen entdecken und 
daraus auf Spalten schliessen, so muss man die Amputation vorziehen. 
Nach dem. was ich Uber die Splitterung gesagt habe, kann man leicht an¬ 
nehmen, dass man bei Continuitätstrennungen derselben die Erhaltung des 
Beines nicht versuchen sollte, wenn der Anschlagspunkt der Kugel sich 
in der Nähe des Kniegelenks befindet. Nach meinen Präparaten zu ur- 
theilen, würde ich nicht mehr unter dem Knie amputiren. wenn das 
Proiectil nicht wenigstens vier Zoll vom oberen Ende der libia ent¬ 
fernt getroffen hat. Drang eine Kugel in die Kniekehle ein, und man 
kann die verletzte Stelle der Kapsel mit dem eingeführten Finger 
nachweisen, so ist die Amputation unvermeidlich, da die Eröffnung des 
Kniegelenks von hinten nicht ohne Knochenverletzung stattfinden kann . 

Diese kleine Blumenlese aus dem Hauptwerke des hochgefeierten 
Altmeisters der Kriegscliirurgio zeigt uns die Maximen, welche die Köpfe 
der Chirurgen beherrschten, als wir 1866 in den Krieg zogen .Maximen, 
welche auch bei der grösseren Zahl der Collegen im Kriege 1870/71 noch 
nicht überwunden sein konnten. Sie gipfelten darin, dass die Gewebs¬ 
verletzung an sich die Hauptschuld an der Wundentzttndung trage und 
dass die Knochenverletzungen die grosse Gefährlichkeit der Gelenkwunden 
bedingen. Von einer Primär infection (im modernen Sinne) durch den 
Schuss war weniger die Rede, — man beschuldigte mehr den Zutritt der 
Luft —, und das müssen wir dieser Epoche eigentlich zugute schreiben, 
dagegen war Begriff und Würdigung der secundären Contactinfection 
durch die sofortige meist nicht aseptische Untersuchung der Wunde 
ebenso wenig ausgebildet. Freilich bereiteten Forscher wie v. Esmarch 
(schon vor 1866) und Klebs (1870/71) die Grundlagen für eine neuere 
heilsamere Anschauung vor, aber man hörte sie nicht überall, auch heute 
noch nicht. Erst im russisch-türkischen Kriege von 1877 war es meh¬ 
reren Chirurgen, darunter in erster Linie v. Bergmann Vorbehalten, 
ganz neue und viel heilvollere Wege zu gehen; wir werden bald darauf 
zurückkommen. . . 

Doch nun zurück zu unseren Knieschüssen, die wir ja als das wahre 
Probeobject für die Leistungsfähigkeit der Kriegschirurgie bezeichneten. 

Vereinzelte Heilungen solcher ohne eitrige Synovitis und Ankylose 
sind wohl in allen Feldzügen beobachtet worden; so erwähnt schon 
Stromeyer in seinen Maximen p. 517 drei solcher Fälle aus der Schlacht 
von Idstedt; zwei davon hatte ein Dr. Schwartz und einen Dr. Dohrn 
behandelt. Beide Herren waren schleswig-holsteinische Landsleute von 
mir, deren ich mich aus meiner Kieler Knabenzeit her noch sehr gut er¬ 
innere, und aus denen, wenn ich nicht irre, später die beiden berühmten 
Gynäkologen geworden sind. Ich nehme an, dass die drei Schüsse (wie 
die meisten anderen) aseptische Wunden erzeugten und dass diese ent¬ 
gegen der herrschenden Sitte von einer Finger- oder Sondenuntersuchung 
verschont geblieben waren. Stromeyer selbst scheint bis 1861 keine 
glatte Heilung von Knieschüssen erlebt zu haben, was nach den obigen 
Citaten aus seinem Werke nicht weiter wundern darf. Weitere Fälle von 
ohne Eiterung und Entzündung geheilten Schussfracturen grösserer Ge¬ 
lenke wurden von Simon, Pirogoff, Lideil, Longmore, Cortese, 
v. Langenbock, Lücke, Tamworth, Socin, v. Volkmann, v. Berg¬ 
mann, Reyher und auch wohl noch Änderen beobachtet. Ich will mich 
liier nur an die Autoren halten, welche über eine grössere Anzahl von 
Beobachtungen verfügen und aus deren Erfahrungen sich bedeutsamere 
Schlüsse ziehen lassen. 

Beschäftigen wir uns zunächst mit den Beobachtungen von Simon. 
Schon Stromeyer spricht von sehr seltenen Kapselschüssen des Knie¬ 
gelenks ohne Knochenverletzung, kannte aber nur solche mit Eröffnung 
der oberen Ausbuchtung x der Kapsel. Erst Simon machte die berühmte 
Entdeckung, dass die Kugel das Kniegelenk eines flectirten Beines auch 
von vorn nach hinten und umgekehrt zwischen den knöchernen Gelenk¬ 
enden, ohne diese zu verletzen, durchfliegen kann. Im Kriege von 1866 
beobachtete er bereits 5—6 solche Schüsse, welche ohne oder mit sehr ge¬ 
ringer Eiterung geheilt waren. Im Kriege von 1870/71 sah er in den 
badischen Lazarethen bereits 20—25 solcher glücklich verlaufenen Knie¬ 
schüsse, eine Zahl, die etwa ein Dritttheil aller beobachteten Kniever¬ 
letzungen ausmachto. Gleiche Wahrnehmungen machten die meisten 
der in diesem Kriege beschäftigten Chirurgen, und Pirogoff wies bei 
seinem Besuche in Heidelberg darauf hin, dass nach seinen Beobachtungen 
besonders die von vom erhaltenen Schüsse in der angegeben Weise gut 
geheilt wären. Simon giebt für diese auffällige Erscheinung eine sehr 
gute Erklärung. Er sagt: „Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass 
die so räthselhaften, schnell heilenden Knieschüsse als Wunden aufzu¬ 
fassen sind, bei welchen das Kniegelenk in Beugung ohne Knochenver¬ 
letzung von dem Geschoss durchbohrt ist und welche unmittelbar nach 


der Verletzung bei Streckung des Gelenkes durch Hautverschiebung aus 
offenen in subcutane Gelenk wunden verwandelt wurden. Ihre rasche und 
reactionslose Heilung findet ein Analogon in dem Verlaufe der subcutaneu 
Gelenkwunden bei nicht complicirten Luxationen oder der Schnittwunde 
des Gelenkes nach Hautverschiebung, welche mit ausgezeichnetem Erfolge 
zur Entfernung von Gelenkmäusen angewondet werden. Sio heilen 
rascher als zufällige Schnitt- und Hiebwunden des Gelenkes, weil bei 
diesen die Wunde häufig nicht durch Hautverschiebung geschlossen wird 
so dass die Luft eindringen, die Synovia ausfliessen kann. Der \erlaul 
der Knieschüsse ohne Knochenverletzung fand in der Mehrzahl der Fälle 
in der Weise statt, dass eine Synovitis geringeren Grades mit unbedeu¬ 
tenden Schmerzen und Schwellung des Knies entstand. Die Hautwunden 
eiterten (was bei der damaligen Behandlung ganz natürlich war und auch 
heute noch nicht immer zu vermeiden sein wird), während sich aus der 
Tiefe weder Wundflüssigkeit noch Eiter entleerten. In 3—4 Wochen 
war die Synovitis (soll heissen: Synoviaansammlung) verschwunden und 
auch die Hautöffnungen vernarbt.“ Simon giebt weiter an, dass bei 
anderen nicht so häufigen Fällen die Synovialkapsel m Entzündung von 
mehr oder minder heftigem Grade überging, vorzugsweise bei solchen 
Schüssen welche das Gelenk von Seite zu Seite quer durchbohrt hatten 
und bei welchen demzufolge die Hautverschiebung geringer, der Ver¬ 
schluss der Hautwunde nicht so genau ist, wie bei den sagittal verlaufenen 
Schüssen; aber auch hier kam die Heilung in 8—10 Wochen mit verhält- 
nissmässig guter Gebrauchsfähigkeit zustande. Nur in ganz vereinzelten 
Fällen trat eine totale tödtlich wirkende Gelenkvereiterung ein. Die 
Resultate der conservirenden Methode waren bei den penetrirenden Ge¬ 
lenkschüssen ohne Knochenverletzung (letztere wurde nur auf Grund 
einer äusseren Untersuchung des Gelenks ausgeschlossen) ganz ausser¬ 
ordentlich günstig. Neben 20-25 Heilungen hatte Simon nur zwei Fälle 
von tödtlicher Knievereiterung beobachtet, bei welchen die Knorpel und 
Knochen durch die Kugel nicht nachweisbar verletzt waren. 

Von den übrigen Knieschüssen, welchen nicht der merkwürdige 
Mechanismus des Selbstverschlusses eigen war, die mit Knochenfracturen 
complicirt waren und conservativ behandelt wurden, starb die überwiegende 
Mehrzahl, selbst wenn die Verwundung des Knochens verhältmssmässig 
unbedeutend war.“ (Wir können annehmen, dass bei diesen „offenstehen¬ 
den“ Knieschusswunden sowohl die innere Untersuchung, als die mclit 
aseptische Verbandweise die Infection nothgedrungen herbeiftthren mussten.) 

Aus den Mittheilungen Simon’s ist wohl ganz ungezwungen der 
Schluss zu ziehen, dass zum mindesten 92°/o seiner Knieschüsse mit so¬ 
fortigem Selbstverschluss und ohne Verletzung der Knochen primär 
aseptische waren, denn sonst wären sie nicht reactionslos geheilt. 
Selbstverständlich können auch Uniformpartikelchen mit eingedrungen 
sein, aber auch diese haben nichts geschadet, obwohl ein Abfluss von 
nachweisbarem WAndsecret niemals stattfand, sondern letzteres der ^ elbst- 
resorption überlassen ivurde. Was aber von Knieschusswunden 
gilt, muss auch von jeder anderen einfachen Schusswunde 
gelten’ Der ungünstigere Verlauf der Knieschussfracturen muss dagegen 
auf die bei diesen unter der Herrschaft der damaligen kriegschirurgischen 
Lehrmeinungen vorgenommenen inneren Untersuchung zur Stellung der 
Amputationsindication, Extraction von Splittern etc. zurückgeführt werden. 

Bemerkenswerth für unsere Frage erscheinen auch die von bocin 
(Kriegschirurgische Erfahrungen. Gesammelt in Karlsruhe 1870/71. Leip¬ 
zig 1872) mit den Knieschüssen gemachten und vorzüglich geschilderten 
Erfahrungen. Er nahm 32 Fälle m conservative Behandlung, konnte diese 
aber nur an 25 Patienten durchführen. Von diesen starben 10, die an¬ 
deren 15 wurden geheilt. Schloss Socin von seiner KniegelenksstatistiK 
secundär Resecirte und secundär Amputirte aus, so sind von den bis zu¬ 
letzt conservativ Behandelten 40% gestorben und 60% geheilt; fürwahr 
ein den Autor ehrendes günstiges Resultat, welches mit Billrotns .Be¬ 
rechnung der Mortalität für Kniegelenkschüsse: Mortalität überhaupt 
73,2°,'o und für die conservative Behandlung 83,0% in lebhaftem aber an¬ 
genehmem Contraste steht. Bei näherer Betrachtung der geheilten Kme- 
schüsse So ein’s finden sich darunter nicht weniger als 11, welche last 
ohne Eiterung, wenigstens ohne diffuse Gelenkeiterung ver¬ 
liefen. Vier von diesen können als Gelenkperforation. ohne Knochenver¬ 
letzung im Sinne Simon’s aufgefasst werden. Bei dreien handelte es sich 
um Durchbohrungen in sagittaler Richtung mit bedeutender Hau ver 
Schiebung; sie verliefen ohne irgend welche bedenklichen Erscheinungen, 
ohne Fieber, mit nur mässiger Schwellung der Gelenkgegend und mit 
Beibehaltung eines grossen Theils der Function. Der vierte hatte ein 
Querdurchbohrung hinter der Patella mit nicht bedeutender -“.au - 
Verschiebung. Der ganze Schusscanal kam zwar in Eiterung, und es 
wurden sogar wiederholt grössere Tuchfetzen (wohl zu beachten!.) a 
demselben entfernt, der übrige Theü des Gelenks aber schloss sich iran- 
zeitig durch Adhärenzen davon ab, und die Heilung geschah mit Ern - 
tung einer guten activen Beweglichkeit. Interessant ist n0 ®J l 
erwähnen, dass diese Fälle erst am 17. August und 17 Tage nac 
Verwundung zur Aufnahme und in Socin’s Behandlung gelangt wa 
und dass demgemäss der sofort eingetretene selbstthätigo Naturversc 
auch bei Anwesenheit grosser Tuchfetzen im Gelenk seine bchuidig _ _ 
gethan hatte. Nur im vierten JPalle war er mangelhaft gewesen, und - 
leicht aus diesem Grunde waren die Tuchfetzen nicht wie m eu ^. m , s ? lnmr 
noch zu erwähnenden Falle v. Bergmann’s zur aseptischen Emne fe 
gelangt. Ueber die Tuchfetzen noch später! „Bezüglich der ‘ 

sehen Knieschüsse“, sagt Socin, „ist der Mangel der ^ochenverletzung 
nur der eine Factor zur Erklärung der glücklichen Heilung; der 
auf den ich nach dein früher Gesagten noch mehr Gewicht legen in , 
ist die unmittelbar nach der Verletzung durch Lageveränderung (btrec g 

des Gelenkes) stattfindende sehr bedeutende Verschiebung der Ha- , 
welche Simon bei seinen Experimenten jedesmal nachweisen konnte, 
ich bin der Ansicht, dass selbst bei vorhandener Knochenv 


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8. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


287 


letzung eine solche Verschiebung die Heilung ohne Eiterung 
durch völlige Abhaltung der Luft vermitteln kann“. Dieser 
Ansicht bin auch ich, und zwar nicht nur für die Simon’schen Knie¬ 
schüsse, sondern für alle einfachen Schusswunden, an denen wir mög¬ 
lichst früh, d. h. schon auf dem Schlachtfelde bei der ersten Versor¬ 
gung das von Simon, So ein u. a. entdeckte und so bewährt gefundene 
Geheinmiss der Natur, den sofortigen zuverlässigen Verschluss der Wunde 
auf irgend eine Weise nachzumachen, gelernt haben. 

Ich kann es mir nicht versagen, noch einige wahrhaft prophetische 
Sätze So eins den vorhergehenden lose anzureihen. Sie finden sich als 
Betrachtungen an einem ganz anderen Orte in seinem Buche (p. 149) 
und sind ohne alle Tendenz in meinem Sinne gedacht, es ist einem aber 
beim Lesen derselben, als wolle ein Frühlingswehen in der Kriegs¬ 
chirurgie anbrechen. Er sagt z. B.: „Fragen wir nun, worin eigent¬ 
lich die grosse Gefahr der Gelenkverletzungen liegt, so müssen wir ant¬ 
worten, dass sie durch nachfolgende diffuse eitrige oder jauchige Syno- 
vitis bedingt wird. Kommt diese nicht hinzu, so kann die schwerste Ge- 
lenkfractur fast symptomlos verlaufen und mit geringer Functionsstörung 
zur Heilung kommen. Wenn solch’ glückliche Verläufe auch noch so 
selten sein mögen, so beweisen doch thatsfichliche Beobachtungen, dass 
sie möglich sind. d. h., dass selbst am Kniegelenk Schussfracturen nicht 
nothwendig eitern müssen. Freilich gehören dazu besonders günstige Be¬ 
dingungen, und für die'.Behandlung kommt alles darauf an, dieselben ge¬ 
nau zu kennen, denn wenn sie sich wiederfinden. dürfen wir mit Recht 
die Heilung auf gleichem Wege wieder erwarten; in anderen Fällen können 
wir vielleicht dieselben künstlich hersteilen. (Ich bitte diesen Satz be¬ 
sonders zu beachten. Verf.) Es ist nun nicht schwer nachzuweisen, 
dass die Abhaltung der Luft durch Verschiebung (also natürliche oder 
künstliche Schliessung der Wundhöhle. Verf.) der Weichtheile im Moment 
der Verletzung (oder sobald als möglich danach. Verf.) die Hauptursache 
des unerwartet guten Verlaufes ist (oder mut. mut. immer sein wird. Verf.). 
Wo also eine solche Verschiebung (resp. sofortige Verschliessung. Verf.) 
constatirt worden, dürfen wir uns wohl zuwartend verhalten und erst 
dann operativ eingreifen, w*enn die Gefahr, d. h. die suppurative Entzün¬ 
dung sich wirklich einstellt. Eine andere Frage ist es, ob wir imstande 
sind, in den bei weitem häufigeren Fällen, in welchen bei der Verletzung 
Luft eingetreten ist, die schädliche Wirkung derselben völlig zu anul- 
liren und so das der Eiterung günstige Moment zu beseitigen. Was mich 
betrifft, bin ich der vollen Ueberzeugung, dass eine allgemeinere An¬ 
wendung der antiseptischen (aseptischen. Verf.) Behandlung ganz 
frischer Verletzungen die Frage bejahend zu beantworten erlauben 
wird etc. etc.“ 

So So ein, der schon im Jahre 1872 auf Grund seiner Erfahrungen 
ungefähr dasselbe aussprach und anstrebte, was ich jetzt vertrete: die 
erste Wundversorgung provisorisch so zu bewirken, dass sie der j 
natürlichen Hautverschiebung in deren Cardinaleffect, dem Wundabschluss j 
von der Aussenwelt, gleicht, und das übrige abwarten. Von der Nothwen- 
digkeit, zugleich für die Absaugung des aseptischen Wundsecrets Sorge 
tragen zu müssen, wie es die augenblicklich herrschende Lehrmeinung ver¬ 
langt. wissen weder Simon noch So ein etwas zu vermelden, da dies | 


äusseren Einflüssen blieben, diese — ich darf wohl sagen — Entdeckung 
von Klebs war der Wendepunkt in der Beurtheilung der Gefahr sowohl, 
als der Therapie der Schussverletzungen. Auf Grund dieser Errungen¬ 
schaft wurde das Resultat von v. Volk mann’s vergleichender Mortalitäts¬ 
statistik analoger Kriegs- und Friedensverletzungen begreiflich. Sie zeigte, 
dass für die Mortalität einer complicirten Fractur der Zustand der Weich- 
theile von viel grösserem Einfluss ist, als der der Knochen, und zwar 
in einem bis dahin ungeahnten Maasse.“ 

Ich finde in dieser von Klebs herausgefundenen Thatsache eine 
nachträgliche Rechtfertigung folgender von mir in der genannten Dis- 
eussion des vorjährigen Chirurgeneongresses vorgebrachten Behauptung: 
einem oinfach Schussverletzten mit kleiner Ein- und Ausschussöffnung 
naht die Hülfe; wir haben jetzt einen schnell und leicht zu Versorgen¬ 
den vor uns, und das ist für mich das Kriterium eines Leichtverwundeten, 
nicht die klinische resp. anatomische Diagnose, und es ist daher bei kleiner 
Ein- und Ausschussöffhung auch ganz gleichgültig, ob zugleich ein 
Knochen durchbohrt oder gar fracturirt wurde. Die kleinen Wunden — 
welche ich als Vorbedingung für meine Vorschläge immer im Auge zu 
behalten bitte — werden als solche mit dem hermetisch abschliessenden 
Pflaster (vorläufig) versorgt, und wenn sich eine Extremität gebrochen er¬ 
weist, die übliche Schienung für den Transport hinzugefügt. Wie sehr 
Klebs Recht hat, erhärtet v. Bergmann mit folgender geradezu ver¬ 
blüffender Angabe: „Obgleich die Schussfracturen in der Regel Splitter¬ 
brüche sind und die complicirten Friedensfracturen das nicht sind, starben 
selbst unter den verrufenen Verhältnissen des Krimkrieges weniger Schuss¬ 
fracturen des Unterschenkels (25%) als in den Musterspitäiern Mittel¬ 
europas während des Friedens complicirte Unterschenkelbrüche zu sterbeu 
| pflegen (32.5o/o). Die Arbeit des Chirurgen war im Einklang mit den 
Funden des Anatomen. Weil die complicirten Civilfraeturen in ganz 
anderer Weise offen sind, wie die Schussfracturen, so schloss Volkmann, 
öffneten sie den einwirkenden Noxen in ungleich breiterer Weise das Thor 
und die bequeme Bahn in die Tiefe, als die kleine Wunde der Weich- 
theile bei einer Schussfractur es tliut. Nimmt man dazu, w r ie häufig nach 
den Ludwigsburger Erfahrungen diese kleinen Wunden unter dem Schorf 
sich schliessen, so liegt auf der Hand, dass es Schussfracturen geben 
kann, die wie die subcutanen des Alltagslebens einfach und rasch verheilen. 
Auch So ein betont schon, dass die bedeutende Verschiebung der Haut, 
welche Simon bei seinen Experimenten jedesmal nachweisen konnte, zur 
Erklärung des glücklichen Verlaufes herbeigezogeii werden müsse. Sie 
eben verleiht, wie die Hautfaltung bei unseren Sehnenschnitten, der Wunde 
den subcutanen Charakter. Ob dabei der Knochen mit verletzt ist oder 
nicht, die Frage hat hinfort nur secundäre Bedeutung.“ 

v. Bergmann wohnte dem Donau Übergang der Russen bei Simnitza 
bei und war, mit dem ganzen antiseptischen Apparate damaligen Stiles 
sowie einem trefflich geschulten Assistentenpersonal ausgerüstet, bereit, 
die Verwundungen nach dem Li st er - v. Volkmann’schen Arbeitspläne 
— äussere Desinfection. Erweiterung der Wunde, Regulirung derselben. 
Auswaschung mit Carbol, Drainage, grosser antiseptischer Verband — 
anz ugreifen. Es handelte sich um 480 Verwundete, für die die helfenden 
Hände in Fülle vorhanden waren. Trotzdem musste hauptsächlich des 


irezen die Natur wäre, die nur für den Verschluss sorgt, damit von aussen 
nichts hereinkomme, und das beispielsweise im Knie angesammelte Wund- 
Uuidum der Natur zur Resorption überlässt. Ihnen erscheint der Ab¬ 
schluss von aussen das wichtigste, und sie warten dann ab, ob er sich 
aufrecht erhalten lässt oder einer offenen Behandlung zu weichen hat. 

komme nunmehr zu den Erfahrungen, welche v. Bergmann 
18<7 im russisch-türkischen Kriege zu machen Gelegenheit hatte und die 
er in einem kleinen Buche (Die Behandlung der Schusswunden des Knie¬ 
gelenks iin Kriege, von Ems t B ergmann, Stuttgart 1878) niedergelegt hat, 
einer Arbeit, welche als ein wahres Juwel unserer neueren kriegschirur¬ 
gischen Litteratur betrachtet und immer wieder und wieder gelesen werden 
kann. 


Ehe ich auf seinen statistischen Inhalt eingehe, sei es mir gestattet, 
einige v. Bergmann’s klare und glückliche Anschauungen kennzeich¬ 
nende Sätze aus demselben zu citiren. p. 9 heisst es: „Die Knieschüsse 
sind zum Prüfstein unserer Behandlungsweisen besonders geeignet, weil, 
*as man auch mit ihnen anfing, in zweifelhaften und ungenügenden Re¬ 
sultaten abschloss. In den grossen Zahlen des amerikanischen Bürger- 
öneges findet dieses unheilvolle Verhältniss seinen Ausdruck. Von 1000 
P?i u e ' er l etz teh starben 837!, während von der gleichen Summe der 
Uenbogenschüsse nur 194 tödtlich abliefen.“ Bei der Besprechung der 
imon sehen Knieschüsse heisst es: „ln der That schien es unvermeid- 
d« ; ^° n dem fehlen der Knochenverletzung den glücklichen Ausgang 
wenigen Schüsse abzuleiten, bei welchen ihrer Richtung nach nur die 
ehf verletzt »ein dürfte. Allein seit dem Kriege 1870/71 hat man für 
„ , e glückliche Heilung noch andere Gesichtspunkte kennen 

srh« 1 l ^hwere der Verletzung an sich. Diese Reform der An- 
dem interessanten Bericht der Württemberger 
■iHrTtju -, m Ludwigsburger Reservehospital, in welchem sie 15% 

Liept h- bthefischüsse unter dem Schorf, ohne Eiterung verheilen sahen. 
wumiR 1116 . hwendigkeit einer Eiterung nicht im Wesen der Schuss- 

( ]u r f ’ sie nicht ohne weiteres schlimmer beurtheilt werden 

ihre snp'fi 6 o™ Messerstich. Nachdem einmal den Schusswunden 
reichliph® 1 P-* Bösartigkeit, wie sie sich in der unvermeidlichen und 
nd in-fl ♦ offenbaren sollte, genommen war, schuf den nächsten 

suchS^u V^chritt in unserer Erkenntnis derselben Kleb[s’ Unter- 
scImphJL* r lhre J? n . orma len Heilungsvorgang. Sein Fund, dass die ver- 
U| ri Gehirn V °* n ^jectilen durchbohrten Organe, Lungen, Leber, Milz 
Eeiz antw* ^ au ^Mlend geringen Reactionen auf den traumatischen 
irfentio iri** ? en äderen Worten: ihre Wunden in eine der prima 
irpsnprH j Wcte« dann sich schlossen, wenn sie entfernt und ab- 
P von der Oberfläche (sic! Verf.) und den auf ihr waltenden 


trüben reichlich sedimentären Wassers wegen die beabsichtigte Form der 
Wundversorgung bald aufgegeben werden; sie erwies sich im Felde als 
nicht durchführbar. Es blieb nichts weiter übrig, als die Verwundeten 
einfach mit Lister’schen Stoffen zu verbinden und vermittels mehr¬ 
tägigen Transports auf offenen mit Stroh gefüllten Wagen nach einem in 
Piätra gelegenen Lazareth zu schaffen. Schon nach einer halben Stunde 
Fahrt waren die Verwundeten mit einer Centimeter dicken Schicht des 
schweren und dunklen wallachischcn Steppenstaubes bedeckt. Erst nach 
3 und 4 Tagen fand v. Bergmann seine „streng nach Listor“ Ver¬ 
bundenen wieder. Staub und Jauche hatte ihre Verbände in gleicher 
Weise durchdrungen. Das Aussehen und der Verlauf mancher Fracturen 
des Unterschenkels und einiger primären Resectionen befriedigten ihn 
trotzdem und veranlassten ihn, diese Fälle in gedachter Art weiter zu 
behandeln — seine Kniewunden aber mit primären Einschnitten, 
Drainagirungen und Desinfectionen (offen behandelt!) verliefen 


sehr schlecht. 

In Bälde wurden v. Bergmann neben diesem Lazareth (No. 53) 
noch zwei weitere, das Lazareth No. 57 und das baltische Lazareth des 
rothen Kreuzes, welche letztere in dem von Piätra 5 Kilometer entfernten 
Dorfe Simnitzelli otablirt waren, zugetheilt, In diesen drei Hospitälern 
gelangten 59 Knieschüsse zu seiner Beobachtung, so dass über jeden Fall 
genaue Notizen erlangt werden konnten. Von diesen 59 Fällen starben 
15 ohne Amputation. 9 mit Amputation, der Verlauf von 5 Fällen ist 
zweifelhaft geblieben, 28 Fälle heilten ohne Amputation und2Fälle 
mit Amputation. Es ergiebt sich also mit Abzug der 5 Fälle unbe¬ 
kannten Ausganges, welche übrigens bei ihrer letzten Besichtigung eine 
durchaus gute Prognose zuliessen, ein Heilungsprocent von 55,5, das, wie 
es schien, überhaupt höchst erreichbare, zumal die sanitären Verhältnisse 
in diesen überfüllten Lazarethen bqjammerungswürdige waren und eine 
mörderische Dysenterie weder Kranke noch Aerzte verschonte. Von den 
Geheilten waren wie schon gesagt 2 Amputirte; 8 andere Fälle wurden 
in ihrer Heilung durch secundäre Eiterungen gestört, darunter zwei an 
Dysenterie erkrankte; 21 Fälle von Knieschüssen heilten ohne 
jede oder irgendwie erhebliche Eiterung! Unter den 28 (nach 
Abzug von zwei mit Amputation Geheilten) Heilungen fand sich nur 
1 mal eine verbreitete Eiterung! . 

Unter den 23 raschen Heilungen ohne oder mit nur geringer bup- 
puration ist 5 mal bloss die Kapsel verletzt gewesen, 7 mal handelte es 
sich um eine Schussrichtung von vorn nach hinten, die mehr oaei 
weniger der Simon’schen Perforation ohne Knochenverletzung entspricht. 
Aber unter diesen 7 Beobachtungen ist eine Patellarfractur un em 
zweite Kochenfractur an Veränderungen des Condylus extemus tibiae nachzu- 


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238 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0 CHEN SCHRIFT. 


No. 10 


weisen, in den übrigen hat sie möglicherweise gefehlt. In dem Rest von 
11 Fällen ist die Richtung des Schusses an sich schon Beweis einer 
Knochenverletzung, welche durch die Fractur der Patella einmal, sowie m 
einem anderen Falle durch Splitterextraction ausser Zweifel gestellt ist. 
Also: In der grösseren Hälfte der geheilten Knieschüsse lagen 
Knochenverletzungen vor! 

Zwei von den an Knieschüssen Geheilten starben später aus ander¬ 
weitigen Ursachen; beide Gelenke konnten secirt werden und gaben fol¬ 
gende beachtenswerthen Befunde: in dem einen Falle war ein Knochen¬ 
stück sichtlich aus dem Condylus extemus ausgesprengt worden, m die 
Kreuzbandinsertion geschleudert und dort eingeheilt. Im zweiten Ge¬ 
lenk. und zwar an den Seiten der knorpeligen Menisken, lagen fest in 

die Umschlagsstellen der Kapsel eingewachsen mehrere kleine 

Tuchfetzen, die offenbar einem durch die Kugel mit hinemgetragenen 
Stück von der Hose des Patienten angehörten. Hier hat also Heilung 
ohne Entzündung und Eiterung stattgefunden, obgleich mehrere luch- 
stücke — Stücke der schmutzigen Soldatenhose — im Gelenk zurückge¬ 
blieben waren und dort einheilten. (Fortsetzung folgt.) 


— M. Pistor, Das Apothekenwesen ln Preussen, nach deutschem 
Reichs- und preussischem Landrecht. 277 S. Berlin, Schütz, 1894. 

Die Herausgabe eines, die sämmtlichen gesetzlichen und Verwal¬ 
tungsverhältnisse des preussischen Apothekenwesens umfassenden, auf 
amtliche Quellen sich stützenden und daher in jeder Weise zuverlässigen 
Werkes wird vom deutschen Apothekerstande mit Freuden begrüsst 
werden. Im Abschnitt I des Buches sind die Bestimmungen über die 
Anlage und Berechtigung zum Betriebe der Apotheke, sowie die Be¬ 
stimmungen der Reichsgewerbeordnung über die Ausbildung des Apo¬ 
thekers in übersichtlicher Weise zusammengestellt, während Abschnitt II 
die Einrichtung und den Betrieb der Apotheken in reichsgesetzlicher Hinsicht j 
sowohl, als auch die für Preussen allein gültigen Bestimmungen beleuchtet. | 
Nachdem Verfasser die Entstehungsgeschichte des neuesten Ministerial- j 
erlasses über die Einrichtung und den Betrieb der Apotheken mitgetheilt, 
werden sehr zweckmässig die für das Deutsche Reich in dieser Beziehung 
maassgebenden Vorschriften zunächst aufgeführt und im Anschluss hieran 
die noch gültigen alten und sodann die neuen preussischen Vorschriften 
erörtert. In sehr praktischer Weise sind die früheren, nicht mehr gül¬ 
tigen Bestimmungen mit Angabe des Datums am Rande zu dem ent¬ 
sprechenden Paragraphen erwähnt, wodurch die stattgehabten Abände¬ 
rungen und Zusätze leichter erkannt und übersehen werden können. Auch 
im Abschnitt III, Beaufsichtigung des Apothekenbetriebes, sind die älteren 
preussischen Vorschriften ausfürlich behandelt worden und bieten einen 
werthvollen Commentar zu dem neuesten Erlass vom 16. December 1893 
(Vorschriften über Einrichtung und Betrieb der Apotheken, — Anweisung 
zur amtlichen Besichtigung der Apotheken). 

Die chronologische Nachweisung erstreckt sich vom 27. September 
1725 (Datum des Medicinaledicts) bis zum 1. Februar 1894. Die kritischen 
Zeiten, wie sie für den Apothekenbesitz 1842 — mit vorübergehender 
Einführung der rein personellen Concession, auch 1886 — mit dem Ver- 
äusserungsverbot vor Ablauf von zehn Jahren und dem Verpachtungs¬ 
verbot sich bemerklich machten, sind besonders sorgsam behandelt. 
Hervorzuheben ist auch die Behandlung der persönlichen Stellung des 
Apothekers im Abschnitt IV, seiner Beziehungen im Gemeinde- und 
Staatsleben, wobei sowohl der noch mangelnden Standesvertretung im 
Vorgesetzten Ministerium, als der Instruction für die technische Commission 
für pharmaceutische Angelegenheiten und der geschichtlichen Entwickelung 
des Deutschen Apothekervereins gedacht wird. Durch Einsicht des 
Actenmaterials ist es dem Verfasser ermöglicht worden, die nur in öffent¬ 
lichen und privaten Sammlungen (Eulenberg, Horn) im Preussischen 
Med.-Kalender, dem Böttger’schen Kalender, den Veröffentlichungen des 
Gesundheitsamtes publicirten Bestimmungen, Erlasse etc. auf die Richtig¬ 
keit der Zeitangaben und des Inhalts zu prüfen. Aus dieser Zuver¬ 
lässigkeit schon allein wird sich die Zustimmung herleiten lassen, deren 
das Werk auch bei den Medicinalbeamten und Verwaltungsbehörden 
sicher sein darf. _ W. 

— J. Förster, Ueber Tapetenpapiere. Ein Beitrag zur Hygiene 
der Wohnungen. Arch. f. Hyg. Bd. XVII. 

Seit einigen Jahren ist in Amsterdam eine neue in Oeldruck mittels 
Kupferplatten hergestellte Art Tapetenpapier, englischen Ursprungs, ein- 
geführt worden, welches, abgesehen von seiner Glätte, gleichmässigon 
Stärke und Haltbarkeit dadurch sich auszeichnet, dass es einerseits ohne 
Beschädigung der Farbe oder des Musters mit den üblichen Desinfections- 
mitteln, wie Sublimat- oder Carbolsäurelösungen, wiederholt abgewaschen 
werden kann, andererseits vollständig staubdicht ist. Es ist also die bei 
gewöhnlichen Tapeten vorhandene Gefahr ausgeschlossen, dass Infections- 
erreger durch die Tapeten hindurch hinter die Wandbekleidung gelangen, 
um dort ihr Dasein zu fristen und bei Gelegenheit wieder an die Ober¬ 
fläche auszutreten. Die Undurchlässigkeit der „sanitären Tapeten“ für 
die in der Luft bezw. dem Luftstaube enthaltenen Bacterien hat Förster 
experimentell erwiesen. Er empfiehlt diese Tapeten daher zur Wand¬ 
bekleidung speciell in Kranken-, Schlaf- und Kinderzimmem — eine 
Empfehlung, die besonders für Amsterdam angezeigt ist, wo grundsätzlich 
die Tapeten nicht direct auf die Mauer, sondern auf einem mit Leinwand 
überspannten Lattenrahmen geklebt werden, welcher gleich den Zwischen¬ 
decken zur Ansammlung von Ungeziefer und Unrath Gelegenheit giebt. 
(Die „Gesundheitstapeten“ werden inzwischen auch in Deutschland in 
einer Elberfelder Fabrik angefertigt, eine allgemeinere Verbreitung jedoch 
haben sie bei dem etwas höheren Preise (um 25°/o) und der weniger 
warmen Farbengebung (im Vergleich zu den gewöhnlichen Leimfarben) 
wohl noch nicht gefunden. — Ref.). 0. Riedel (Lübeck), 


XI. Therapeutische Mittheilungen. 

Ein neues Knochenbohrverfahren. 


Von Dr Ludwig Loewe, 

Ohren-, Nasen- und Halsarzt in Berlin. 

Auf meiner Klinik hat sich eine Methode ausgebildet, mit der man 
imstande ist, beliebig weite und lange Canäle in Knochen fast schmerz¬ 
los und fast ohne Blutung, dabei aber vollkommen sicher auszuführen. 
Man hat mithin nicht nöthig, zu chloroformiren und bedarf keiner 
Assistenz. Die Sache ist so einfach, dass jeder Arzt, auch wenn er gar 
keine Uebung in chirurgischen Dingen hat, sofort die einschlägigen Opera¬ 
tionen ausführen kann. ... , , 

Da ich nur über Oliren-, Nasen- und Halsmatenal verfüge, so habe 
ich die Methode bisher nur zur Eröffnung des Warzenfortsatzes (zwölfmal) 
und der Stirnhöhle (zweimal) verwenden können. Es unterliegt aber 
keinem Zweifel, dass sie sich ebenso für alle anderen Knochenbohrungen 
resp. für die breite Eröffnung aller anderen von Knochen umschlossenen 

Hohlräume eignet. ^ . , . - ... f _, 

Die 14 von mir poliklinisch ausgefttkrten Operationen betrafen fünfmal 
Erwachsene, alle übrigen waren halbwüchsige Individuen, das jüngste ein 

TT- 1 1/» T 1_ T-I — TI. * -rrri.wla nhlnmfAfmipl. 


Fig. 1. Fig. 2. 


Fig. 3. 


O 

Grösse des durch das 
von mir angewandte 
Oirculirmesser ge¬ 
setzten Hantdefectes. 


Rollin’sches Circulir- 
messer (Vs uatürl. Grösse.) 

Das Neue der Sache liegt in der Com- 
bination zweier wenig bekannten Instrumente, 
einer Art Trepan des sogenannten RoHin¬ 
sehen Circulirmessers (Fig. 1), womit der 
Schnitt durch Haut und Weichtheile ge¬ 
macht wird und der StolTschen Rhykano- 
Trephine (Fig. 3), womit die Bohrung im 
Knochen ausgeführt wird. 

Das von mir angewandte Oirculirmesser 
(von denen es eine ganze Anzahl verschieden 
weiter Nummern giebt) hat eine Lichtung 
von l l /a cm, setzt also einen eben so grossen 
kreisrunden Haut- und Weichtheildefect. 

Das Instrument wird mittels einer Zahn¬ 
bohrmaschine in Bewegung gesetzt; verfügt Die Rhykano-Trephine ( l /$ natür- 
man über eine solche nicht, so genügt ein licher Grösse), a die Löffelbohrer, 
gewöhnlicher Drillbohrer, wie man ihn für b die Böhre > c der nop • 
eine Mark in jeder Eisenhandlung erhält. 

Die Rhykano-Trephine besteht aus zwei länglichen Löffelbonrern 
(Fig. 3 a), die in eine Röhre (Fig. 3 b) gesteckt und mittels des Hand¬ 
griffes (Fig. 3 c) in Umdrehung gesetzt werden. Die Löffelbohrer decken 
einander nicht vollständig, sondern lassen jederseits eine scharfe Kante 
frei, mittels deren sie sich in den Knochen hineinarbeiten. Die Bewegung 
ist so sanft, dass sie vom Patienten fast nicht verspürt wird. Der von 
meinem Instrument gebohrte Canal hat ungefähr die Dimensionen der beiden 
Endphalangen des Meinen Fingers einer Damenhand. Natürlich wird auch 
dieses Instrument in grösseren und kleineren Nummern hergestellt. 

Sämmtliche Warzenfortsatzeröffnungen, die in dieser Weise gemacht 
wurden, sind mit Ausnahme eines Todesfalles innerhalb vier Wochen ge¬ 
heilt. Die kleine kreisrunde Narbe ist viel weniger auffallend wie die 
nach der Schnitt- und Meisselungsmethode zurückbleibende, und merk¬ 
würdigerweise nicht eingezogen, der Knochen regenerirt sich also. Die 
Technik des operativen Eingriffes bezüglich der Asepsis, Blutstillung, des 
Verbandes etc. ist natürlich die übliche. Alle Patienten waren aus¬ 
nahmslos sofort nach der Operation vollkommen wohl, es war ihnen so, 
als wenn gar nichts geschehen wäre. Die meisten gingen zu Fuss nach 
ihren theilweise weitentfernten Wohnungen, ein paar Arbeiter gingen sogar 
trotz des grossen Verbandes unmittelbar vom Operationstische weg an 

Die Blutstillung während der Operation macht gar keine Schwierig¬ 
keiten. Der Knochencanal blutet überhaupt nicht; nur die kreisrunde 
Haut- und Weichtheilwunde blutet etwas, aber bedeutend weniger als bei 
der Schnittmethode. Bei der ganzen Eröffnung des Warzenfortsatzes messt 
gewöhnlich noch nicht ein Viertel Fingerhut voll Blut. , 

Ein grosser Vortheil der Methode ist noch der, dass man bei dei 
Rhykano-Trephine sicher vor unbeabsichtigten Neben Verletzungen ist Das 
Instrument fasst nämlich nur am Knochen; so wie man auf nicht knöcherne 
Gebilde stösst, merkt man dies sofort an der Führung des Instrumentes. 

Es erübrigt noch, mit ein paar Worten den relativen Werth de 
eben geschilderten Methode alten Aufmeisselungsverfahren gegenüber abzu¬ 
schätzen. 




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8. März. 


A pnon leuchtet ein, dass von einer vollständigen Verdrängung des 
letzteren durch die erstere nicht die Rede sein kann. Der Meissei wird 
für viele Knochenoperationen immer imentbehrlich bleiben Aber es Hebt 
doch eine sehr grosse Zahl von Fällen, bei denen man ihn durch die Rhv 
kano-Trephine ersetzen kann. Z. B. schon bei allen einfachen Canalboh- 
rungen. Da muss man doch sagen, dass, wenn ein Fall überhaupt für die 
Rhykano-Trephme geeignet ist, man nicht unterlassen soll, sie anzuwenden 
Denn mit der Rhykano-Trephme werden die Operationen soviel einfache?- 
Eingriffe, die, mit dem Meissei gemacht, unzweifelhaft der Grosschirunrie 
^gehören, lassen sich mit der Rhykano-Trephine so spielend leicht aus- 
fflhren, dass man sie mm noch als Klemchirurgie betrachten kann. Und 
dabei fallen sie technisch viel vollendeter aus, der Canal wird viel sauberer 
und glattwandiger. e 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


- Ueber die therapeutische Bedeutung des Natrium benzolcum hat 
Dr Ltegois eine ausführliche Arbeit geliefert. Er hebt zuvörderst den 
Erf ° ^ h r.° r ^ welcb g r d urch das ^^1 in hohen Dosen bei 
n Entzundung Schmerz und Schluckbeschwerden inner- 

100 bk l^n^^tL^PVTf Ch - T Td '- P nder erllalten 5 A Erwachsene 
10,0 bis 15,0 g täglich. Nicht minder wirksam ist das benzoßsaure Natron 

bei Laryngitis und Bronchitis, während es bei Diphtheritis weder innerlich 
noch äusserhch zu Insufflationen irgend einen Erfolg darbietet. In Ver- 

Är Tamm ie, f p t ^,s ic gutc Dienste bei Bright ' schw 

_ Tannin, ana 5,0 

Extr Gent q s. ut f. pilul. No. 100, dreimal täglich 2 Pillen, 
ln kleinen Gaben gereicht, verändert es bei Harnsäurebildune die 
iTElSn UnlÖS i 1Che m SalZe in , Hippursäure und bewirkt auf diese Weise 
Mitt?i^3 g n??f e T '■? aU3 d / m F nn * ünter den gallenausscheidenden 
oin^ lr das XT be nzoösaure Natron den ersten Rang 

Wgeoder Weise SaHCyliCUm ” d 

Natr. saJicvl. 

Pulv. rad. Rhei. ana 6,0 
- , ,. . Pulv. Nuc. vom. 2,0 

■M.f.pulv. div. m p. aeq. No. XX, zweimal täglich 1 !*illo zu nehmen. 

h, S t< 1 henI 0 n r MmL r n? ril “in nC bchar,de,t ,iie eicht nach einer den bisher 
folce Er ve«.dJft d n- entgegengesetzten Art mit gutem Er- 

,, .verwirft d e Alkalien vollständig. da sie nur palliativ* schmerz- 
il.vlfe?’ dafü ;, aber Urate nicht lösen, die löslichen vielmehr 
*el?uäte löse?^»' Er T‘ d , et , ehensowenig solche Medicamente. 
«olche wpIpIip l tv 11 '- *?•’ W I e An algetica oder Antirheumatica. sondera 
das Jod in Vprlf li nUnatl0 v der , Harnsäure bewirken, und zwar vor allen 
006 ft) S D 5 mit g< T7 en Alkalien - besonders Coffein in Dosen 
Valetk?h,V ^ U n SSerdem empfiehlt er verschiedene Mineralsäuren, sowie 
ca^nte 3 ’T 4g ‘ Eei ü A,lfa11 selbst Siebt er diese Medi- 
Bouillon C ^’ dazu /Verwirft er den Patienten einer Diät aus 

stündlich ein Gh« ”, nd ™ r . aUen Puigen Champagne diy; von letzterem 
Har^aure Tn and besonders als Eliminationsmittel der 

in -erin4-en T D^on - fre1 ^ Z ? lfc glfibt er die erwäb nten Medicamente 
fbeßfalls"^? E . r uährungsvoi-schriften für diese Zeit sind 

medicale 13. ^pteLbre lgöir^ ^ widers P rechend - (LaSemaine 

wird von^PhilC?^ ew ^ s . e ^ Hautaffectionen, besondei-s im Gesicht, 
^in LÜ vi n iP p S döS V^ U, Ä aufs wärmste empfohlen. Es ist dies 
pinseln auf die Haut° ^ “ Methylalkohol und bildet beim Auf- 
Jedoch viel heller h“ i?®? . Gol ¥ m ™ a J^mhes Häutchen, welches 
01. Kicini und 50 PrÄn Sch ® ln l ei l der lst Durch Zusatz ™n 25 Procent 
elasticum ähnlieh^^ p anadabalsam erzeugt man ein dem Collodium 
01 . Ricini nnd 24 Prnn!! S t Ch 7 - S l C,7 ‘ st 1 all,a und durch Zusatz von 12 Procent 
können noch andere 52?« Zmkox> ; d eu * en wissen Firniss. Ausserdem 
f’hiysai-obin und SubfimaM^f^V b f sond ^ Pyrogallus- und Salicylsäure, 
des Mittels eimet Sh k “ ChystiiHm aufgelöst werden. Die Anwendung 
'narginatum. L?nus Ä bei + Herpes , ^mmrans, bei Warzen, bei Ekzema 
Ganz besonders P emDfiH 0 f e ? a i O vT S ’ f el Ak ? e ’ Kerat °sis und Syphilomen. 
Gesicht, und zwar in S1 ? w Anw ® ndun & bei confluirender Akne im 
mit Lysollösung welche g m^ er — eiS ?i- E 7 t ' Be P insel ung- der Hautpartieen 
Abtrocknung mit Sl! pr lmge Minuten lang einwirken lässt, hierauf 
^Hfcutche^^.S^hf^r 1, UIld B e P^elung mit Ciystallin; 
es nöthig ist dann nnphm i* f“ 8 , ai i{ der sitzen ’ T, m, wenn 

m ,alige Application treSt * dle M i g f 1C 1 he Proced ur vorzunehmen; zwei- 
l! 5emaine med. 1893 gowöbnbcb ’ um d m Heilung zu erzielen. 

>’o-37) behandelt (Sem. raed. 1893 

»Itenurend mit concciItHrf^ M P .k b f '°uT e , werdeI > nlit ChromsSure (1:5) 

Jen Medikamenten dÄL™ ^ 1 ? 8 , 11 “ 8 (1:10) beba n d elt- Um 
Krusten vorerst entfernt v Il.? gen f in dle . Ti0 fe zu ermöglichen, werden 

stnehen. rat ’ verb <>rnte Partieen mit dem Galvanokauter be- 

iZeltsohr*;. U^Med’ 1891 *^^ 1 ? n ? d T her *P le der »steomnlacie. 
Eichung von Phosphorieberthm^^’ 26b ~^-) ^ Verf asser hat durch Dar¬ 
ren Kaffeelöffeljbei vW ™ ^^phor 0 , 0 o, Ol.Jecor.Aselli 50,0 täglich 
erzieht und hält den PhosnhS-°?i. V011 - 0s | eo ? laJacie sebr günstige Resultate 
dfr psteomalacie, das in Ä h f n direktes Ulld definitives Heilmittel 
nicht. . m J ?u Fallen zu empfehlen ist, wo die Castration 


239 


XII. Kleine Mittheilungen. 


—«uimacie ( 

fm möglich ist oder T;“ u " u l uut5 “ 7,1 empiemen ist, wo die Castration 
früh zu beginnen und lamf'VüP'^ Wlrd ' Dle Behandlung ist möglichst 
'Vechtelung mit AffectÄ JÄH 1 ”"' . Bei d » Diagnose ist eine Ver- 


'vechseju^ mit Affecti i^zusetzen. Bei der Diagnose ist eine Vor¬ 
deren Knochenerkranknn trurf 8 ^ ervens y ste ms und der Gelenke und mit 
“Zungen zu vermeiden. E. Sehrwald. 


||Sfs 

mH Hn 1 A n s . obald al ® möglich ausser den beiden ärztlichen Direktoren 
K’nnHi ^ 11 Assiste uzär z ten, zunächst mit beiderseitiger dreimonatlicher 
a T StelIt r rden: a > für ^ innere Abtheilung m ? n in de? 
Krankenbehandlung vollkommen selbstständiger dirigirender Arzt mit 
im Hrankenhause wohnt u?d b Bez^g 
auf ärztliche Praxis nicht, beschränkt sein soll; dabei sind vorzugsweise 

K™kmw!f M d 'r eino specialistische VorbUdung besitzt. Im 

Krankenhause Moabit soll dieser dirigirende Arzt ein erprobter Bacterin- 
loge sem; b) für die chirurgische Abtheilung ein dem ärztlichen Direktor 

Bef dl?°/fhfiC 61 0berarzfc , mit , e 4 em jährlichen Gehalte von 3500 Mark 
Bei der Abstimmung wurde der Ausschussantrag mit der Maassgabe an 

«*öht"w£d. da “ ^ KündigUngsMst von drei ^ouaten auf sech S 8 Monate 

• 4 ^r In ^ Sitz ung des Vereins für innere Medicin vom 5 Mär^ 

flhpf^ e ^°Jl rtm 4 ann ij de11 V S- reitz fübrte ’ wurde zuerst in die Discussion 
über den Vortrag des Herrn Kossel „über Lymphzellen“ (vgl. No. 8 
dieser Wochenschrift) eingetreten. Die Discussion, an der sich die Herren 
K v S l el betb eüigten, drehte sich wesentlich um die in 
dem Kossel sehen Voitrage berührten Fragen der Entstehung der Ham- 
S T i de “ Nuclei'nstoffen, sowie der bactericiden Wirkungen der 
UDd ^ A ^ passurig diesor Thatsachen an die Metschni- 
,uT der Phagocytpse. Hierauf hielt Herr Fürbringer 
einen nut lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag „über die Gcwebs- 
safttherapie in ihrer modernon Ausbildung, mit besonderer Be- 
der . B r °/ 11 ; s .^q u a r d ’schen Injectionsflüssigkeiten, des 
Ln«f,^i ' 11 ^ pe / mms? v der bR1 Ml?. oedem erfolgreich angewandten Sohild- 
drüsensubstenz, ferner des gegen Diabetes mellitus empfohlenen Pankreas, 
der Babes sehenInjectionen von Nen^ensubstanz, eudlich des sogenannten 
ar xi 7 U ? d Ne P bl 3 n - (°er Vortrag wird in einer der nächsten Num¬ 
mern dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.) Im Anschluss daran wies 
M Uf seme I scho " beim vor jährigcn Balneologencongress ge¬ 
machten Mittheilungen über die m verschiedenen Formen (subcutan Der 
os und per anum) versuchte Anwendung von Pankreas bei Diabetikern 
tun wobei jedoch keine positiven Resultate erzielt wurden, und stellte 
weitere Mittheiiungen über seine klinischen Erfahrungen bezüglich der 
Gewebssafttherapie m Aussicht. Die Discussion über den Fürbringer , - 
schen Vortrag vmrde auf die nächste Sitzung verschoben. A. E. 

— Die Leitung des Berliner ärztlichen Auskunftsbureaiis, 
welches sa-li damit beschäftigt,, vacante Arztstellen zu besetzen, sowie die 
Stellvertretung behinderter Aerzte zu vermitteln, und an das man sich im 
Bedarfsfälle schriftlich wenden kann, ist, von dem Geschäftsausschusse der 
Berliner ärzthehen Standesvereine Herrn Dr. Merten übertragen worden. 
Den betreffenden Gemeinden, die das Auskunftsbureau behufs Besetzung 
vacanter Arztstellen benutzen, erwachsen daraus keinerlei Kosten. Adresse- 
Dr. Merten, Aerztliches Auskunftsbureau, Berlin SW., Wartenburg- 
strasse. ® 

— In Preussen sind vor kurzem neue Bestimmungen über die 
Immatriculation an den Universitäten erlassen worden. Durch 
dieselben wird die wichtige Neuerung herbeigeführt, dass Nichtpreussen 
nicht mehr, wie das früher der Fall war, ohne das für den Preussen er¬ 
forderliche Reifezeugniss immatriculirt werden können. Früher konnte es 
Vorkommen, dass ein von der Prima abgegangener Angehöriger eines 
anderen deutschen Staates in Berlin als Student der Medicin immatriculirt 
wurde und auf Grund dieser Einschreibung nach achtsemestrigeni Studium 
dort den medicinisehen Doctorgrad erwarb. Mit dem Doctordiplom aus¬ 
gerüstet, begann er alsbald die ärztliche Thätigkoit auszuüben. Es war 
ihm durch geschickte Ausnutzung der Lücken in den amtlichen Be¬ 
stimmungen über das akademische Studium eine Gelegenheit gegeben, sich 
für die Curpfuscheroi vorzubereiten und diese obenein noch mit einem 
ganz gesetzlich envorbenen deutschen ärztlichen Titel versehen zu be¬ 
treiben.. Dies ist in Zukunft nicht mehr möglich, weil Deutsche in der 
medicinisehen Facultfit einer preussischen Universität nur dann immatriculirt 
werden, wenn sio das in ihrer Heimath dafür nothwendige Zeugniss, d. h. 
das Reifezeugniss besitzen. 

— Das preussische Kriegsministerium hat zur Theilnalime am 
internationalen medicinisehen Congress in Rom den Generalstabs¬ 
arzt der Armee, Professor v. Coler, Oberstabsarzt Dr. Werner und 
Stabsarzt Dr. Schjerning delegirt. — Zur Leitung der deutschen 
Collectivausstellung, die unter Leitung des Reichsgesundheitsamtes statt¬ 
findet, begiebt sich Regierungsrath Dr. Petri nach Rom. — Die Billets 
der italienischen Eisenbahn für die Besucher des Congresses sind im 
Reisebureau von .Carl Stangen, Berlin, Mohrenstrasse 10 , zu entnehmen. 

_— I m königl. Garnison - Lazareth No. 1 fand am 25. Febr. die Be¬ 
sichtigung einer neuen Construction der von der Firma Selberg & Schlüter, 
Berlin, gelieferten Selberg-Döcker’schen Baracke seitens des Vor¬ 
sitzenden des Vereins vom Rothen Kreuz. Kammerherm Baron von dem 
Knosebeck, Sr. Excellenz von Drigalski Pascha und verschiedener 
Botschafter und Gesandter auswärtiger Mächte statt. Vorher hatte die 
Aufstellung dieser Baracke auf Veranlassung des Kriegsministeriums 
gleichzeitig mit einer der bisher verwandten stattgefunden, und hierbei 
stellte es sich heraus, dass der Oberbau der Selberg’schen Baracke allein 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT, 


Nö. 10 


240 __ _ _ 

um zwei Stunden, der Fussboden der gleichen Baracke um weitere 1 
Stunden früher fertig war, als die bisher verwandte Baracke. Allgemeines 
Interesse erregte der sinnreich erdachte Fuss, welcher es gestattet, die 
Baracke auf unebenem Terrain ohne Unterbau und Plamrung des buss- 
bodens aufzustellen. Die Verpackungskisten dieser Baracken bilden zu¬ 
gleich den Fussboden, und zeigte die Aneinanderfügung derselben eine 
ausserordentliche Vereinfachung und Erleichterung des bisherigen Systems. 

— Oeynhausen. Am 1. März feierte der durch seine vieüacheu 
und zum Theil bahnbrechenden baineologischen Arbeiten bekannte Sanitäts¬ 
rath Dr. L. Lehmann in Oeynhausen seinen 70. Geburtstag in voller 
körperlicher und geistiger Frische. , „, . ~ . , .. , 

— Budapest, Das Semmelweiss-Denkmal soll bei Gelegenheit des 
in Budapest am 1.—9. September d. J. abzuhaltenden VIII. internationalen 
hygienisch-demographischen Congresses enthüllt werden. Für dasselbe 
sind bis jetzt durch internationale Sammlung im ganzen 8217 11. emge- 
kommen. — Der IV. ungarische balneologische Congress wird am 12., 13. 
und 14. März d. J. in Budapest abgehalten werden. Vorträge von all¬ 
gemeinem Interesse sind angemeldet u. a. von Prof. Stiller über die 
Wirkung des Höhenklimas auf die Basedow’sche Krankheit. 

— Paris. In dem Jahresberichte für 1892/93 der Pariser 
Universität wird über den grossen Zulauf von Studenten geklagt, welcher 
die Provinzialanstalten veröden lasse und in Paris zur UeberftÜlung aller 
Fakultäten führe. Unter anderen seien die Räume der Pariser Lcole 
sup6rieure de Pharmacie ganz unzureichend geworden, und die Zahl der 
pharmaceutischen Prüfungen, welche im Jahre 1892/93 abgehalten wurden, 
betrug 1887. Die Gesammtzahl der Studirenden betrug in diesem Jahre 
11914, d. i. 1166 mehr als im vorausgegaugenen Jahre, und imter der 
erstgenannten Zahl befanden sich wiederum nicht weniger als 1358 Nicht¬ 
franzosen, zu denen namentlich das weibliche Geschlecht einen verhältuiss- 
mässig nicht geringen Procentsatz stellt. Die sechs studirenden Pharma- 
ceutinnen waren jedoch sämnitlich Landesangehörige. 

— Moskau. Die Moskauer hygienische Gesellschaft hat 
Geheimrath Prof. Dr. v. Pettenkofer in München zum Ehrenmitgliede 
ernannt. 

— Dr. med. A. Steinbach’s Formulare zur Geschäfts- und 
Buchführung des praktischen Arztes und Medicinalbeamten: 1) Journal 
nebst Cassabucli und Anleitung zur Buchführung, 6. Aufl., 100 Seiten, 
gebunden 4 Mk.; 2) Hauptbuch und Anleitung zur Buchführung, 5. Aull., 
200 Seiten, gebunden 6 Mk.; 3) Leitfaden für die Geschäfts- und Buch¬ 
führung des praktischen Arztes und Medicinalbeamten, 2. Aull., 0,80 Mk., 
herausgegeben von Sanitätsrath Dr. Kollm, königl. Physicus in Berlin. 
G. T hie me. Leipzig 1894. Diese Formulare zeichnen sich wegen ihrer 
grossen Handlichkeit, Einfachheit und Uebersichtlichkeit in hervorragen¬ 
der Weise vor anderen ähnlichen Formularen aus. Mit Rücksicht auf die 
Bestimmungen des neuen Einkommensteuer-Gesetzes haben sie einige 
Aenderungen erfahren, durch welche es den Aerzten ermöglicht wird, 
jeder Zeit, vornehmlich nach Schluss des Jahres, eine Uebersicht über 
die Einnahmen sowohl der Gesammtpraxis, als auch im einzelnen des 
festen Einkommens aus Gehältern von staatlichen und privaten Stellungen 
zu gewinnen, wobei auch besonders auf die eigenartige Stellung der 
Medicinalbeamten Rücksicht genommen worden ist. Der Leitfaden ent¬ 
hält eine Tabelle zur Berechnung der Besuche, das Cassabuch diejenigeu 
gesetzlichen Bestimmungen, welche für den Arzt von Interesse sind, so¬ 
weit sie sich auf das Gerichtsverfassungsgesetz, die Concursordnung, die 
Strafprocessordnung, die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverstän¬ 
dige und das Verfahren vor den Amtsgerichten beziehen. Eine Anleitung 
zur Steuerdeclaration der Aerzte auf Grund des preussischen Einkommen¬ 
steuer-Gesetzes mit vier beigegebenen ausführlichen Beispielen ist in der 
neuen Auflage des Hauptbuches den gesetzlichen Bestimmungen zugefügt 
worden. Als Anhang dienen Zinstabellen, sowie der Deutsche Wechsel- 
Stempel-Tarif und die verschiedenen Stempelbeträge. 

. — Das Werk von L. Pfeiffer „Ueber die Protozoen als Krankheits¬ 

erreger“ wurde von Dr. Salaro ins Italienische übersetzt und ist als 
I. Band der „Bibliotheca medica contemporanea“ bei Dr. Francesco 
Vallardi in Mailand erschienen. 

— Das Lehrbuch der Hautkrankheiten von Dr. M. Joseph 
(Verlag von Georg Thieme, Leipzig) ist von Dr. A. M. Goldberg, ordent¬ 
lichem Arzt des Kalinkinhospitales, und unter der Redaction des Privat- 
docenten J. A. Majew, Oberarzt am Kalinkinhospitale und früheren 
Assistenten des auch in Deutschland wohlbekannten Prof. Tarnovsky 
ins Russische übersetzt. 

— Der Selbstmord, eine kritische Studie von Dr.Rehfisch, mit 
einem Vorworte von Prof. Dr. Mendel, ist in Fischer’s medicinischer 
Buchhandlung (H. Kornfeld) in Berlin 1893 zur Ausgabe gelangt. Durch 
dieses kleine Werkchen scheint manche streitige Frage über Ursache, 
Ausdehnung und Zunahme des Selbstmordes der Erklärung näher geführt 
zu werden. 

— Der III. Band der Annalen des Instituts für Pathologie 
und Bacteriologie in Bukarest ist erschienen. Derselbe enthält 
Beiträge von Prof. V. Babes, Dr. A. Motoc, Dr. F. Tamassion, 
Dr. V. Oprescu, Dr. V. Cornil, Dr. A. Babes, Dr. G. Stoicescu, 
Dr. N. Kalindero und Dr. D. Gheorgin. Die Institutsleitung erbietet 
sich, soweit der Vorrath reicht, Aerzten, welche sich mit Arbeiten be¬ 
schäftigen, die in den Annalen vertreten sind, dieselben sowie die früheren 
Bände gratis zuzusenden. 

— Universitäten. Bonn. Der Privatdocent Dr. Krukenberg 
ist zum ausserordentlichen Professor für Geburtshülfe und Gynäkologie 
ernannt. — Göttingen. Der Privatdocent und Prosector an der Anatomie 
Dr. J. Disse ist zum ausserordentlichen Professor ernannt. — Würz- 
burg. Dr. C. Arens hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. 


y-TTT Zur Recension eingegangene Blioher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines« Jahresberichte, Sammelwerke u. s.w. Bibliothek 
der gesammten medicinischen Wissenschaften. Für praktische 
Aerzte und Specialärzte. Herausgegeben von Hofrath Prof. Dr. A. Dräsche 
in Wien. 21 und 22. Lieferung: L Abth. (Interne Medicm und Kinder¬ 
krankheiten), 12./13. Heft. 23. und 24. Lieferung: II. Abth. (Pharmakol. 
und Toxikol.), 9./10. Heft. Wien, Max Merlin, 1893. 

The Johns, Hopkins Hospital Reports. Vol. III. Report in 

Gynaecology II. 762 S. Baltimore, The Johns Hopkins Press, 1894. 

J. Hirschberg, Um die Erde. Eine Reisebeschreibung. 531 S., 

1 Karte. Leipzig, Georg Thieme, 1894. . . 

M. Mendel sohn,Aerztliche Kunst und medicinische Wissen¬ 
schaft. Eine Untersuchung über die Ursachen der ärztlichen Misere. 
II. Auflage. 44 S. 1,00 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 

Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Professor 
Dr. M. Perls’ Lehrbuch der allgemeinen Pathologie. Für Aerzte 
und Studirende. HI. Auflage, herausgegeben von Prof. Dr.F. Ne eisen. 
735 S. Mit 256 Abbildungen im Text und 2 Farbendrucktafeln. Stutt¬ 
gart, F. Enke, 1824. . ^ . . , 

Lukjanow, Grundzüge einer allgemeinen Pathologie des 
Gefftsssystems. 428 S. 10 Mark. Leipzig, Veit & Co,1894. 

Carpenter, Congenital affections of the heart. 103 S. 3 s 6 d. 
London, John Bale & Sons, 1894. . .... . 

Chirurgie. H. Fischer, Die Eiterungen im subumbilicalen 
Stroma. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge No. 89. Leipzig, 
Breitkopf & Härtel, 1894. w , 

M. Jaffe, Principien und Technik der heutigen Wund¬ 
behandlung. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 34—36. 
151 S. 1,50 M. Leipzig, C. G. Naumann. 

Terrier und Pöraire, Petit Manuel d’ Anesthesie Chirur¬ 
gie ale. 220 S. Paris, F. Alcan, 1894. Tr , t 

Winkelmann, Die erste Hülfe bei schweren Verletzungen. 
Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 27 und 28. 152 S. 
1,00 M. Leipzig, C. G. Naumann. 

J. H. Akerman, Ueber die operative Behandlung der Mikro- 
cephalie. Volkmaun’s Sammlung klinischer Vorträge No. 90. Leipzig, 
Breitkopf & Härtel, 1894. r , , 

Geburtshülfe und Gynäkologie« Runge, Lehrbuch der Geburts- 
liülfe. 545 S. 9 M. Berlin, Jul. Springer, 1894. 

Sänger und Odenthal, Asepsis in der Gynäkologie und 
G e b urtshü 1 fe. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 31—33. 
128 S. 1,50 M. Leipzig, C. G. Naumann. 

R. Müllerheim, Die Symphvseotomie. Volkmanns Sammlung 
klinischer Vorträge No. 91. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1894. 

Hautkrankheiten und Syphilis« S. Jessner, Therapeutische 
Neuigkeiten auf dem Gebiete der Hautkrankheiten und Sy¬ 
philis. 131 S. 2,00 M. Berlin, Fischer’s medicinische Buchhandlung 
(H. Kornfeld), 1894. , J ^ 

Radestock, Die Inunctionscur, ihre Anwendung und Be¬ 
deutung gegenüber anderen antiluetischen Curen. Medicimscne 
Bibliothek für praktische Aerzte No. 29 und 30. 128 S. 1,00 M. Leipzig. 
C. G. Naumann. „ , ., 

Hygiene und Sanitätswesen. Blass, Die Impfung und ihre 
Technik. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 2. /b. &. 

0,50 M. Leipzig, C. G. Naumann. 

Innere Medicin« v. Leube, Specielle Diagnose der inneren 
Krankheiten. Ein Handbuch für Aerzte und Studirende, nach Vor¬ 
lesungen bearbeitet. H. Band: Nervensystem, Rückenmark, Hirn, bto ■ 
Wechsel, Infectionskrankheiten. 515 S. 12 M. Leipzig, F. C. W.^ ogel. 1°33. 

Specielle Pathologie und Therapie. Herausgegeben von tloi- 
rath Prof. Dr. H. Nothnagel. I. Band: Die Vergiftungen, von 
Prof. Dr. R. v. Jaksch, 1.-Heft. Wien, Alfred Hölder, 1894. . 

L. Krehl, Grundriss der allgemeinen klinischen Pathologie. 
238 S. 6 Mark. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1893. . ... 

W. Eysoldt, Kurzes Lehrbuch der inneren Krankheiten. 
Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Erkennung und Behandlung. 1* A 
theilung. 336 S. 7,50 M. Merseburg, Paul Steffenhagen, 1894. 

Kinderheilkunde. Verhandlungen der X. Versammlung üer 
Gesellschaft für Kinderheilkunde, Nürnberg 1893. Im Aufträge 
der Gesellschaft herausgegeben von San.-Rath Dr. Emil P^riier 
Wiesbaden. 168 S. 4,60 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. . 

Klimatologie und Balneologie. J. Glax, Aerztliche Mittnei- 
hingen aus Abbazia. II. Heft: Abbazia als Terraincurorti ™ 
C. Rubbia. 28 S. mit einer Karte. Wien und Leipzig, Wilhelm tfrau- 
müller, 1894. , 

Wagele, Die Wirkungsweise der Sool- und Seebäder, 1 
IJndicationen und Anwendungsweise. Medicinische Bibliothek 
praktische Aerzte. 240 S. 2,50 M. Leipzig, C. G. Naumann. 

Psychiatrie und Neurologie. E. Kraepelin, Ueber geistig 
Arbeit. 26 S. 0,60 M. Jena, Gustav Fischer, 1894. 

Berichtigungen. 

In dem Bericht über die Sitzung der Freien Vereinigung der Chiruigtü 
Berlins in No. 8 dieser Wochenschrift, p. 185, 1. Spalte, 2. Zeile von un 
ist statt 200 zu lesen: 12ÖO. 0 . ft . r 

In No. 9, p. 195, ist zu lesen: erste Spalte, Zeüe 3 von unten tur 
Cruralis: Snralis; ferner ebenda Zeile 38 von unten für innerer he 
gang: äusserer Gehörgang. _ _ _ 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Original frorri 

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Donnerstag 


•At 11 . 


15. März 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Begründet Ton Br. Faul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. 1. Eulenburg und Dr. Jul. Scliwalbe, Berlin 

LlcbtenstoInaUee 8. Potsdamers!,. U6. 


Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Aus der geburtshilflich - gynäkologischen Universitäts¬ 
klinik in Giessen. 

Ueber Schwangerschaften im ventriflxirten 
Uterus. 1 ) 

Von H. Löhlein. 

liaüc ItÄ ol) darc h dle Anheftung des Corpus uteri an die 
l S tt g6r EmfluSS auf die Conceptions- und 

Bli<* MfÄ d T Frau a Sfg eül >t wird oder nicht, ist, wie ein 
Uufe L ITiIT , d6S Faches lehrt - Besonders lebhaft im 
folgenden rfhll Z®? 1 dlsei ! tl r t . worden. In den beiden darauf- 
[„tmss? mt weleh T 6le r er , h . ebheh hi den Hintergrund vor dem 
leütere Tw 7 “ Ind ' cat ‘“" 0n 11110 Technik - namentlich die 

,“7ekJ* c ‘ > “ currirelld nn Operation, der vaginalen Antefixation 
Olwrleieh ßelsgerten Gebärmutter, überall erörtert wurden. 
Erfahrungen d^p 1 " ^achtens durch die zur Zeit vorliegenden 

Einfluss ff.? ,?‘f ™ elsten der gegen die Ventrifixation 2 ) und ihren 
«■iderl('fnimr d fff,‘?p t ? tUS 5 r , ay,duS ? oäussert ™ Bedenken bereits ihre 
"ifrene zu rS ctu nden haben, möchte ich doch im folgenden zwei 

Äbaehtunwn ■ 1 der T^. enannte . n °P erat ion sprechende 

Pflichtet alf int ??’ ^ cb halte mich nm so mehr hierzu ver- 

sobienawn P, hHnf? ^“sse einer vor etwas über Jahresfrist er- 
diessenerPranp 1 t?f I *! 1 >rv U i! >e i r ^ FäUe TOn Ventrifixation aus der 
in der LaJp ~!? kl i Illk ^. bet . ennen musste, dass ich bis dahin nicht 

lief denvon mi>’n de "-^ lntritt Und Abla,,f Ton Schwangerschaften 
aen von nur Openrten zu verzeichnen. 

23 Owril/S uÄ/'?. freiUch hinzu, dass bei 15 von den 
Frage kam fzehnmnf C1Der Oonception überhaupt nicht in 
post climaetenW v- Ab - tra f Ung der beiderseitigen Anhänge, Status 
ie Chancenund dass auch unter den übrigen 8 

»eichen Schz itin" ^ f aren > da . 3 ™" ihnen! bei 

sich im Alter von fll oder hfyomotomie ausgeführt war, 

an Phthisis „„lTnIÜ' 4 ! Jahren , befanden und die vierte später 
Kommen nur vmr SC ^ W f. r er k ran kte. So blieben streng ge- 
Frage verwendbar ra V en die Beurtheilung der vorliegenden 

« »SÄrLnÄ”" wMm ™‘ *■— 

and zw^baw'^ps 6 ? letz ^ e “annton ist eine (Frau D.) inzwischen, 
Worden, und Schwan ^ ener . ^dheren Veröffentlichung, schwanger ge- 
r on uns genau verfnfT 80 ^^’ ^ ntk i ndun £ UQ d Wochenbett konnte 
tritt und Ablauf p[Ä7 erden ‘ Ausserdem konnte ich den Ein- 
tniheren Liste Tim>h • angersehaft beobachten bei einer in der I 
im September 1899^», >‘cht aufgeführten Kranken, bei der sich die I 
anschloss. Beide'Wrü? 6 i U , br e ^ cntrifixation an eine Myomektomie 
=o dass ihre Mittho.i“ ac h tun S en bieten interessante Einzelheiten, 
wird, der die im AnÄ?* demjenigen berechtigt erscheinen 
«m 9 ausgetrLt^ i 8 ? 1 Von Sän S el ' 4 ) veröffentlichte TabeUe I 
^ entrifixationen ^, 1T wi j- hwangorschaften nach 86 conservativen 
falle von dle ln g'eicher Weise günstig verlaufenen 

cntritixation geäussert™" rpH “‘l Sch ?? durch Sle die ? e S un die 
TvoT rt Bedenken für genügend widerlegt hält. 

^ n “a r 1894.^° n ^ der me ^ c i n ischen Gesellschaft zu Giessen am 

" hno ZweifelVeutrifi^ation^riVVi ^päckig Ventrofixation. während doch 

3 ?. höhlein P T t! s \r! Ch ^i 19t ;., 

' 228 . 


) H I,nk • T 10n richtig ist. 

4 ) Contralbl^t n iü^Si°f S ^ e HJ agesfragen p - 

' ibid. p. Sn 10 ‘ äkolo ^ e 189 P p. 310. 


Bevor ich meine Krankengeschichten berichte, möchte icli in¬ 
dessen bezüglich meiner Stellung zur Ventrifixation die Bemerkung 
'vorausschicken dass sich dieselbe durch die inzwischen erreichten 
Fortschritte in der Technik der vaginalen Antefixation gegen früher 
mcht geändert hat. Die Ventrifixation hat sich als eine zuverlässige, 
mit keinerlei lästigen Folgezuständen verknüpfte Methode den 
retrodevnrten (und auch unter Umständen den prolabirten) Uterus 
dauernd m \orwärtslagerung mit mässiger Elevation zu 
eihaHen, hinlänglich bewährt. Die erwähnte Elevation, welche der 
Methode vielfache Vorwürfe zugezogen hat, ist nicht grösser ja 
meist sogar geringer als diejenige, welche wir hersteilen, wenn wil¬ 
den retrodevnrten Uterus mit der Sonde aufrichten oder den ante- 
flectirten _ durch Einführung der Sonde strecken — wie man sich 
■ leicht bei vergleichenden Untersuchungen überzeugen kann. Der 
I Fundus uteri steht daher für gewöhnlich nicht oder doch nur ganz 
unerheblich über der Ebene des Beckeneinganges. — Trotzdem wird 
die Ventrifixation wie jede operative Fixation wegen Retro- 
I versio-flexio uteri an sich nur selten, und immer nur dann 
i an |f eze 4rt sein, wenn sehr erhebliche Beschwerden mit Sicherheit 
; auf die Lageabweichung zurückzuführen sind und letztere durch 
! die 01 'thopädische Behandlung von der Scheide aus nicht befriedigend 
| corrigirt werden kann. 3 

| Es mag auffallen, dass ich die operative Antefixation überhaupt 
nur selten wegen der Retrodeviation angezeigt finde und im Gegen¬ 
satz zu der Mehrzahl der Fachgenossen nur ganz ausnahmsweise 
ausführe, da ich auf die grosse Häufigkeit der Rückwärts¬ 
lagerungen und auf die beschränkte Zahl von Dauer- 
heilungen durch Pessarbehandlung (Löhlein 18%, ebenso 
Fritsch, Centralblatt für Gynäkologie 1893, p. 299) wiederholt 
aufmerksam gemacht habe. Der Grund hierfür ist zunächst darin 
zu suchen, dass ich in den durch Bildungsanomalieen (Kürze 
der vorderen Scheiden wand, Hypoplasie des Uterus und anderes) 
bedingten, resp. mit, solchen verbundenen Fällen sowie in allen 
denjenigen, die im climacterischen und postclimacterischen Alter 
constatirt, werden, auf jede Orthopädie gemeinhin verzichte. 
Ferner, dass bei zahlreichen Frauen mit den gewöhnlichen, zumal 
im Puerperium erworbenen Retrodeviationen nicht diese, sondern 
die Inversion der Scheidenwände, der Dammdefect, die begleitende 
Endometritis und Colpitis die wahre Ursache der Beschwerden und 
der Angriffspunkt für die Therapie sind. Endlich, dass in den 
Fällen, wo zweifellos die Lage rectificirt werden musste und durch 
ein Pessar rectificirt wurde, sehr häufig eine dauernde Beseitigung 
der Beschwerden auch da erzielt wird, wo wir den längere Zeit 
aufgerichtet gewesenen Uterus später in die falsche Lage zurück¬ 
gesunken finden, eine „definitive Heilung“ also nicht erreicht war. 
So habe ich denn die ventrale Fixation am häufigsten ausgeführt 
und gedenke sie zur Lageverbesserung des retroflectirt oder pro- 
labirt gefundenen Uterus auch ferner stets gebührend zu berück¬ 
sichtigen bei Gelegenheit anderweitig angezeigter Laparot.omieen: 
Ovariotomieen, Castrationen, Myomotomieen. 

Fall 1. Der erste Fall betraf eine 30jilhrige Bauernfrau P., die zweimal 
geboren^ hatte, als sie im Sommer 1892 zur Operation aufgenonimen wurde. 
Erste Entbindung 1886, dabei Dammriss, weiterhin Prolapsus uteri et 
vaginae utriusque, dessentwegen 1887 von Jlofmcier die Oolpoperine- 
orrhaphia ausgeführt wurde. Im Anschluss an das zw eite Wochenbett (1890) 
bildete sich der Vorlall von neuem aus: Descensus uteri retroversi. 
Inversion der Scheidenwände; grosse gemflthlicbe Depression. Am 
27. JuH 1892 Ventrifixatio. Dritte Schwangerschaft: Letzte Menses in 
der zweiten Hälfte des März 1893; in den ersten drei Monaten häufiges 
Erbrechen, lästiger als in den beiden früheren Schwangerschaften. Vor- 


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242 


Stellung am 24. September 1893. Status gravidus VI mensium, starke 
Varicositäten an den Labia majora und dem Introitus vaginae. Durch dio 
Bauchdecken fühlt man bei tiefem Eingreifen Stränge, die von der vorderen 
Wand des Fundus gegen den unteren Theil der Bauchsckmttnarbe lauten, 
bei seitlicher Verschiebung des Uterus werden sie gespannt. 

Bei der Entbindung, die in der Klinik am 21. December 1893 statt¬ 
fand und innerhalb sieben Stunden verlief (L. K. 2900 g), wurdefolgender 
Befund notirt: die braunpigmentirte Operationsnarbe verläuft, der .Linea 
alba entsprechend, vier Querfinger unterm Nabel beginnend bis nahe an 
den oberen Symphysenrand; ihr unteres Ende erscheint verbreitert, aber 
nicht hernienartig vorgedrängt. Etwa 3 cm unterhalb des oberen Endes 
der Schnittnarbe zieht, von einer höckerigen Prominenz ausgehend, ein 
rundlicher Strang in der Richtung nach rechts und oben gegen den Fundus. 
Sein Lauf schneidet die linke Linea alba in sehr spitzem \Y inkel. Hinter 
den dünnen Bauchdecken erscheint für das Auge wie für die palpirende 
Hand das Corpus uteri namentlich während der Wehen m zwei „Cornua 
getheilt durch jenen an der vorderen Körperwand sich an¬ 
spannenden, wie ein Ligamentum teres sich anfülilenden Att- 

häsionsstrang. , _ , , ... . 

Wochenbett: 21. December 1893, Abends. Fundus daumenbreit, untei 
Nabelhöhe, an der vorderen Wand der beschriebene Strang, wenig ge¬ 
spannt. 27. December 1893. Portio kurz, aber deutlich formirt, Corpus 
anteflectirt, kugelig; der runde Strang ist deutlich verkürzt gegen früher 
und erscheint eher mässig gespannt als schlaff; ähnlich am 31. De¬ 
cember 1893. Am Anfang der dritten Woche (5. Januar 1894) wurde die 
Wöchnerin auf ihren dringenden Wunsch entlassen. Das Kind hatte seit 
der Geburt 700 g (!) zugenommen. Die Portio war gut formirt, das 
Corpus in etwas weniger als R. anteflectirt, etwa noch aufs doppelte ver¬ 
dickt, der gegen das rechte Horn ziehende \ erbindungsstrang erscheint 
weniger gespannt und glatter als früher. 

Bei der acht Wochen später (2. März 1894) vorgenommenen Unter¬ 
suchung fand sich der völlig zurückgebildete Uterus in gleicher Weise 
anteflectirt und in normaler Höhe beweglich lixirt. Die Frau stillte ihr Kind. 

Das Interesse des Falles beruht zunächst darin, dass hier ein 
durch die Scheiden- und Scheidendammnaht nur vorübergehend 
beseitigter Prolapsus uteri et vaginae durch die Annähung des Fundus 
uteri an die Bauch wand in befriedigender Weise geheilt wurde. So¬ 
dann in der bei den wiederholten Untersuchungen constatirten, 
geradezu auffallenden Fähigkeit der fixirenden Adhäsion, nicht nur 
dem Wachsthum des schwängern Uterus nachzugeben, son¬ 
dern auch der sehr prompt erfolgenden puerperalen Ver¬ 
kleinerung sich anzuschliessen, ja bis zu einem gewissen Grad 
mit ihr Schritt zu halten. Da ich nicht die Kuppe des Uterus, 
den Fundus im engeren Sinn, sondern die oberste Partie der vor¬ 
deren Fläche des Corpus uteri rechts wie links je mit zwei Catgut- 
nähten oder jo mit einer Seiden- und einer Catgutnaht zu fixiren 
pflege, konnte man durch den sich spannenden, derberen, nach rechts 
oben verlaufenden Adhäsionsstrang während der Wehe, in der der 
Längsdurchmesser des Uterus zunahm, der Fundus höher stieg, die 
vordere Corpuswand gleichsam in zwei Abtheilungen getrennt fühlen. 

Fall 2. Der zweite Fall betraf eine 35jährige Frau L. aus S., bei welcher 
am 22. November 1892 die Myomektomie vorgenommen werden musste. 
Der mehr als mannskopfgrosse Tumor, dessen Kuppel cystisch erweicht 
war, war im zweiten Monat der ersten Gravidität bei der phthisischen 
Patientin onucletrt worden. (Das Präparat wurde mit anderen ungewöhn¬ 
lichen Myomen in der Sitzung der Medicinischen Gesellschaft zu Giessen 
vom 14. März 1893 vorgezeigt.) Das bereits vor der Operation in der 
Entwickelung stehen gebliebene Ovulum wurde am Tage nach der Opera¬ 
tion, bei welcher das Cavum uteri uneröffnet blieb, ausgestossen. Nach 
theilweiser Resection seiner Wände wurde das dem Fundus uteri angehö¬ 
rende Geschwulstbett etagenweise vernäht und der ursprünglich retrotlec- 
tirte Uterus durch Fixirung des vereinigten Geschwulstbettes in der Bauch¬ 
wunde mittels einer oberen und einer unteren Seidennaht aufgerichtet. 

Fünf Monate nach der Entlassung wurde ich von den die Kranke in 
ihrer Heimath behandelnden Aerzten zu ihr gerufen, da eine Reihe von 
bedenklichen Störungen, namentlich anhaltende Brechneigung und lästiges 
Erbrechen, die mit den peritonealen Verwachsungen nach der Operation 
in ätiologischen Zusammenhang gebracht wurden, ihre Kräfte zusehends 
untergrüben. Es war leicht zu constatiren, dass eine Schwangerschaft 
im dritten Monat bestand und dass das Erbrechen durch sie bedingt war. 
Adhäsionen zwischen dem anteflectirten Uterus und der Bauchnarbe dessen 
sich wohl fühlen, doch gestatteten sie dem Corpus uteri freie Beweglichkeit. 
Hiervon konnte ich mich auch im sechsten Monat der Schwangerschaft 
nochmals überzeugen, da die Kranke um diese Zeit nochmals einen kür¬ 
zeren Aufenthalt in der Klinik nahm, um gleichzeitig den Rath meines 
Herrn Collegen Riegel einzuholen. Denn ebenso wie nach der Operation be¬ 
standen auch jetzt unverkennbare Erscheinungen von Phthisis pulmonum bei 
ihr. Die Krankheit machte indessen in den letzten Monaten der Schwanger¬ 
schaft und — nach einer brieflichen Mittheilung — auch in dem sich an¬ 
schliessenden Wochenbett keine weiteren Fortschritte. Am 11. September 
1893 wurde sie in ihrer Heimath von einem lebenden kräftigen Mädchen 
entbunden (Forceps), das leider bald nach der Geburt starb. 

Die Art. der Fixation des Uterus an der Bauchwand war in 
diesem zweiten Fall nicht unwesentlich verschieden von derjenigen 
im ersten. Sie war auch nicht lediglich zu dem Zweck vorge¬ 
nommen worden wie jene, nämlich zur Rectification der Lage der 
Gebärmutter, sondern auch, und zwar in erster Linie, um gegen 
Nachblutung sowohl wie gegen Infection des Peritoneums grössere 
Sicherheit zu gewähren, ln letzterer Hinsicht hat mir das hier 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. . 

eineeschlagene Verfahren, nach welchem die Seidennähte, die das 
Geschwulstbett nach der Enucleation grosser Myomknoten vei- 
einigten, durch die Bauchwunde nach aussen geleitet und das obere 
und untere Ende der Uteruswunde im unteren Winkel der Bauch¬ 
wunde angenäht wurden, wiederholt zuverlässige Dienste geleistet. — 
Bei einem jungen Mädchen (A. aus N.), bei dem wegen eines eben¬ 
falls über mannskopfgrossen Myoms im April 1892 die Enucleation 
ohne Eröffnung der Gebärmutterhöhle vorgenommen und das etagen- 
weise vernähte Geschwulstbett anfangs intraperitoneal versenkt 
war wurde am zweiten Tage nach der Operation wegen bedrohlichen 
Ansteigens von Puls und Temperatur die Einnähung des vernähten 
Gesehwulstbettes in die Bauchwunde noch nachträglich ausge¬ 
führt. Die Symptome besserten sich danach sofort. Nach Jahres¬ 
frist fand sich der obere Abschnitt des Corpus uteri durch einen 
Strang der indessen völlig freie Beweglichkeit gestattete, mit der 
unteren Partie der Laparotomienarbe verbunden. Nach der oben 
mitget.heilten Erfahrung zweifle ich nicht daran, dass auch für die 
eben erwähnte jugendliche Operirte eine Beeinträchtigung der Ge- 
Stationsfähigkeit durch die Art, wie die Myomenucleation nach 
A. Martin von mir ausgeführt wurde, nicht geschaffen worden 
ist — Darum bin ich auch bei einer Myomkranken (Frau Fr.), 
die wesentlich ihrer Sterilität wegen im October 1893 hier Hülfe 
suchte und bei der wir ein reichlich kindskopfgrosses subseroses 
Fibroid des Fundus uteri enucleiren konnten, wiederum in der oben 
beschriebenen Weise vorgegangen. Auch hier war vier Monate 
später der jetzt normal grosse Uterus durch Adhäsionen, die nach 
allen Richtungen genügende Beweglichkeit gestatteten, mit dem 
untern Ende der Bauchnarbe verbunden. 

Wenn ich gern zugebe, dass man gegen^ Fälle wie unser 
zweiter einwenden kann, dass sie nicht den Aentrifixationen 
im engsten Sinn zuzuzählen seien, so behaupte ich doch, dass 
die Analogie bezüglich der hier intercssirenden Frage der Concep- 
tions- und Gestationsfähigkeit eine vollständige ist, nur dass wegen 
der derberen und ausgiebigeren Anheftung an die Bauchwand a priori 
die Schwangerschaft in noch erhöhtem Maasse gefährdet erscheint. 
Unsere Beobachtungen lehren, dass weder durch diejenigen Ante- 
fixationen, die zur Lage Verbesserung, noch durch die, welche ge¬ 
legentlich der Myomektomie ausgefülirt werden, die spätere Gesta¬ 
tionsfähigkeit ungünstig beeinflusst wird. Durch Befürchtungen 
in dieser Hinsicht wird demnach die Indication der Ven- 
trifixation nicht eingeschränkt werden. 

Es fragt sich indessen, ob in unseren beiden Fällen nicht, viel¬ 
leicht besonders günstige Verhältnisse obgewaltet haben, mit 
denen nicht allgemein gerechnet werden kann. In dieser Hinsich 
kommt namentlich in Betracht, dass in dem einen Fall bereits im 
achten, in dem andern schon im dritten Monat nach der Operation 
die neue Schwangerschaft eintrat. Es lässt sich annehmen, das* 

um diese Zeit die frischen, gefässreichen Verbindungsbrücken, zumal 

unter dem Einfluss der auch für sie mit dem Eintritt der Schwanger¬ 
schaft neu gesteigerten Blutzufuhr eine grössere Dehnbarkeit 
und Nachgiebigkeit besitzen, als wenn Jahre lang bestehende 
sehnig-derbe Pseudoligamente die Gebärmutter antetixirt halten. 
Dass Verhältnisse der erstgenannten Art in dem ersten r all voi - 
gelegen haben, dass es sich namentlich nicht etwa um grössere 
Brüchigkeit und dadurch leichtere Trennung der neu gebildeten 
Adhäsionen handelte, war ja in Schwangerschaft, Geburt und 
Wochenbett leicht und bestimmt zu erhärten. . 

Von besonderem Interesse war in diesem Fall, wie ich berei > 
hervorgehoben habe, die nicht zu verkennende Theilnahme des yei- 


bindungsstranges an der puerperalen Involution der Gebai- 
mutter. Sie erfolgte, soweit man es beurtheilen konnte, in vollkommene^ 
Analogie mit derjenigen der Ligamenta lata und utero-sacralia. 1 iesei 
Umstand lässt uns hoffen, dass die Fixation durch die Dehnung, 
die sie in der Schwangerschaft erfahren hat, die Fähigkeit, t en 
descendirten Uterus in Elevation zu erhalten, nicht eingebüsst ha. 
Ob und wie weit hierauf bei den verschiedenen Arten der An 
tixatio uteri retroflexi oder prolapsi überhaupt gerechnet werten 
darf, wird dio Zukunft lehren. ... 

Am Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass bei bei o 
Operirten, w r enn auch keine Unterbrechung der Schwangei sc a 
ein trat und wenn auch nicht einmal Erscheinungen des drohen eu 
Abortus bemerkt wurden, doch sehr lästige Schwangersclia s- 
beschwerden, namentlich Erbrechen in den ersten drei bis vie 
Monaten bestanden. Wenn es sich nun auch beidemale um schwül 
liehe, nervöse Frauen handelte und wenn auch der Nachlass o 
Erscheinungen mit dem Ende des vierten Monats genügend beweis , 
dass wir es mit Schwangerschaftserbrechen, nicht etwa mi on 
Erscheinungen peritonealer Reizung zu thun hatten, so bin ich • 
weit entfernt, allen und jeden Einfluss der Antefixation auf üie 1 
Vergleich mit den früheren Schwangerschaften vorhandene steige 
rung der molimina graviditatis in Abrede zu stellen. 


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15. Mürz. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


II. Zur Behandlung des Anasarka. 

Von Prof. Dr. C. A. Ewald in Berlin. 

In No. 8 dieser Wochenschrift bringt Herr Dr. Michael eine 
kurze Mitteilung über ein Verfahren, Oedemflüssigkeiten mit Hülfe 
dicker Troicarts abzulassen. Ich kann die Wirksamkeit und Zweck¬ 
mässigkeit dieses Vorgehens vollkommen bestätigen, denn in den 
letzten Jahren verfahre ich überhaupt nicht anders und habe die 
Punction mit den Pravaz’schen Nadeln, die ich übrigens stets von 
der Dicke einer starken Stopfnadel an wen de, bei irgend stärkeren 
Oedemen ganz aufgegeben. 

Wir verwenden die dicksten Troicarts, die wir zur Punction der 
Pleurahöhle gebrauchen, d. h. von etwa 2—2,5 mm Lichtung, deren 
Einstechen übrigens kaum schmerzhafter als das einer stärkeren 
Pravaz’schen Nadel ist. Ein Gummischlauch wird, falls der Troicart 
keinen seitlichen Ansatz hat, über die Hülse gezogen, und das Stilet 
durch den Gummi, der etwas angezogen wird, durchgestossen und 
das so arinirte Instrument nach ausgiebiger Reinigung der Haut mit 
Aether, Alkohol und Sublimat in das ödematöse Gewebe schräg 
eingestochen. Das Stilet wird dann entfernt und die Einstichstelle 
um dieCanule herum mit Jodoformcollodium bepinselt. Wir haben nie¬ 
mals, obwohl die Röhre oft Tage lang liegen blieb, eine Entzündung 
oder gar ein Erysipel gesehen. Man hat nicht nöthig, den Schlauch, 
der am Bett herimterhängt, erst mit Salicylsäurelösung oder einer 
anderen Flüssigkeit zu füllen, denn dieOedemflüssigkeit, stellt bekannt¬ 
lich unter einem positiven Druck — ich habe ihn früher mehrfach ge¬ 
messen. er betrügt, meist zehn und mehr Centimeter Wasser — und 
drängt die Luft aus dem Schlauch heraus. Das Verfahren, den Gummi- 
schlauch mit der Nadel zu durchbohren, ist übrigens auch ein altes 
und im Princip z. B. von Fräntzel bei Construction seines be¬ 
kannten Troicarts angewendet. In der Chirurgie findet, es eigent¬ 
lich bei jeder Befestigung eines Drains Anwendung, jedenfalls habe 
ich dasselbe, ohne von der Mittheilung von Michael zu wissen, 
Sf ‘it fahren angewendet, und so wird es wohl vielen Anderen auch 
gegangen sein. Nach meinen Erfahrungen sind einfache gerade 
Troicarts ohne seitlichen Ansatz besser als die mit einem solchen, 
obgleich sich letztere leichterwieder durchgängig machen lassen, wenn 
*1! verstopft sind. Bei seitlichem Ansatz zieht der Gummischlauch 
mhnhch die cingestossene Röhre schräg nach unten und lockert sie: — 
im anderen Falle pflegen wir den Schlauch in der Richtung der ein- 
gc.stossenen Röhre eine kurze Strecke am Bein entlang zu führen 
und dort durch einen angelegten Heftpflasterstreifen zu befestigen 
und dann erst herunterliängen zu lassen. Dadurch wird jeder Zug 

j ,n 1 em troicart vermieden, und er bleibt vollkommen in seiner 
Lage, 

Auf einen Uebelstand hat aber Herr Michael nicht, auf- 
Jijorksam gemacht: das Nachsickern nach Entfernung der Röhre 
(hf’ l ”l ,,ei ^ )si( ;htigtem Herausgleiten derselben. Dann kann die 
flemflüssigkeit trotz Jodoform Verschlusses, Watteverband, Torf- 
mu jl UIld Sehnlichem tagelang aussickern — einer unserer Patienten 
'‘Tlor auf diese Weise an drei Tagen je 600—900 ccm —, und die 
• a ! 1 . ' v J r( l > inaceiirt und ekzematös. Unter diesen Umständen bleibt 
V S a ^ s eke durch die Stichöffnung zu stecken 

,i!L cl- . mem Faden, der in Aektertouren herumgelegt wird, 
den Stichcanal zu schlossen. 

n ® U11 . s selten begegnet-, dass sich die Röhre verstopfte. 

,, , . w ^ r entweder das Stilet wieder durch den Gummi- 

. auc ' e |agestossen oder die Röhre herausgenommen, gereinigt 
n<1 aut s Aeue eingelegt.. 

.• I üaben wir eine, in letzter Zeit oft auch zwei Röhren, in 

t,n Plae ’ 0(kr eine in den Ober-, eine in den Unterschenkel 
Stpfl* !!! i ' B ! nes ® ill g eIe gt- Einige Male traten in der betreffenden 
rlip n; C 1 ,, ^ Berausnehmen der Canüle leichte Schmerzen auf, 
die bis zu 24 Stunden anhielten. 

StimüB 01 * ft ? uss p ^ n ausserordentlich reichlicher, in wenigen 
den Po? ° ein Bit er und mehr betragend, und die Erleichterung für 
sehr ( ‘J n en durc J l dle . Abnahme der ödematösen Schwellung eine 
eiitfenif SS<? j 8 w * rd n * c ht nur die local angesammelte Flüssigkeit 
teren Stpif 0D( u tIas Ze]1 g ewe üswasser fliesst auch von entfern- 
Resorntm . deD / Bauchdecken ab, und es scheint auch eine 
,lurr-h ... n . ln d * e sei ’ösen Höhlen ergossenen Flüssigkeit da- 

r a angeregt, zu werden. 

über 2„ ei S e S sc ^ ver en Nephritiker haben wir auf diese Weise 
mehrerp Ti+ a ri- Ja . hr ! an ® beinahe alle vier Wochen jedesmal 
l'tome wi Gr * lussi ffkeit entfernt und die gefahrdrohenden Svm- 

/u n P a< ? lger .^ ta ; uun & beseitigt. 

Riankeno-pJiTr.ff T* 11 ich a . us don k ‘ tzleu drei Jahren nur je eine 


243 


Eine zweite Punction 


"•anken^schiebte kurz anführen 
“• August enfl ^raesehke, 49 Jahre. Parenchymatöse Nephritis. Recipirt 
Extremitäten af Sen , * September. Hochgradige Oedeme der unteren 
-0. August mi/pt aSar m 4 scites - Punction im rechten Oberschenkel am 
i leura-Troicart. An einem Vormittag 1500 ccm entleert. 


Canüle bleibt »mÄÄIS 
wcnd«ng e von fcS *** AU S" mMai ™ mtCT gleichzeitiger An- 

1892. Barth 39 Jahre. Mitraliusufficienz und -Stenose, Stauung. 

Ani }- October durch dicken Troicart 2100 ccm, am 13. October 
1340 ccm entleert, am 14. bis 16. October jo 800—1000 ccm abgeflossen 
Die Diurese hebt, sich nach der Punction unter Gebrauch vonDigitalis 

?ctPsrs.f W6oo : uf 1200 ~ 1500 ccm - Vorhe ‘' hat,en Ä 

.... 1 ^ 893, l Schiente, 25 Jahre. Nephritis parenchymatosa et inler- 

Chr ioof* P!f S ° r A ? atie , nt war vo . m 10 - Januar 1893 bis zum 
16. rebruar 1894 auf der Abtheilung und ging schliesslich im urämischen 
Uma zugrunde Er wurde, wie oben bemerkt, zu wiederholten malen, in 
den letzten fünf Monaten nahezu alle vier Wochen in der oben beschrie¬ 
benen VY eise in die Ober- und Unterschenkel punctirt. wobei die Nadeln 
gewöhnlich 36 bis 48 Stunden liegen blieben. Die Gesammtmenge der 
jedesmal entleerten II(lssigkeit wechselte, betrug aber mindestens zwischen 
o und 6 1. so dass der Patient im ganzen wenigstens 30 1 auf diese Weise 
verloren hat. Nur gegen Ende der Krankheit war der Abfluss geringer 
und es wurde knapp 1 1 entleert. Der Erfolg war hei den ersten Func¬ 
tionen subjoctiv und objectiv ein ganz ausgezeichneter und geradezu über¬ 
raschender, weil Diurese und Diaphorese nicht ausgiebig genu«- wirkten, 
opäter war er der Natur der Sache nach schwächer und schwächer doch 
trat jedesmal eine merkbare Erleichterung des Kranken ein, der'selbst 
immer wieder nach den Functionen verlangte. 

Auch in diesem Falle haben wir, ausser dass einmal ein 
leichtes Erythem auftrat, keine Complicationen gehabt. 

Ich kann also auch nach meinen Erfahrungen das Einstechen 
dicker Troicarts wohl empfehlen. Ich hatte geglaubt, dass dieses 
so einfache Verfahren, welches schliesslich nur die weitere Aus¬ 
bildung der viel geübten Punction mit Pravaz’schen Nadeln ist, 
weit verbreitet und angewendet wäre. Nach der Veröffentlichung 
von Dr. Michael zu schlossen, scheint dies nicht der Fall zu 
sein, und so möge auch diese meine Mittheilung der Sache zu gute 
kommen. 


III. Aus der Poliklinik für innere Krankheiten des Herrn 
Prof. Dr. M. Litten in Berlin. 

Ueber das Vorkommen und die Bedeutung 
eigenartiger Figuren erweiterter Hautvenen 
am unteren Tbeil des Thorax. 

Von Dr. W. Hirsch]aff. 

Die subeutanen Venenerweiterungen am Thorax haben von 
jeher das Interesse des Diagnostikers in hohem Grade in Anspruch 
nehmen müssen, weil sie schon beim Anblick eines Kranken sichere 
Schlüsse auf pathologische Zustände der lebenswichtigen Organe 
innerhalb der Thoraxhöhle gestatten. Es sind Veränderungen der 
Lunge, des Herzens, der sie einschliessenden serösen Häute, der 
Pleura und des Pericardium, ferner des Mediastinum und der 
grossen Gefässe, die zu solchen Phlebektasieen führen können, 
gewiss eine Menge von Organen, deren Krankheiten das Studium 
der schon mit blossem Auge sichtbaren Erscheinungen der Mühe 
für werth erachten lassen. 

Sehen wir ab von den Fällen allgemeiner Stauung, wo es 
zugleich zur Erweiterung des ganzen venösen Apparates kommt, 
so dürften sieh für die Aetiologie des sich ausbiidenden Venen¬ 
netzes in der Haut des Thorax zwei Gesichtspunkte finden lassen: 
es werden sich Zustände ergeben, bei denen einerseits durch Be¬ 
hinderung des Blutabflusses zum Herzen übermässige Füllung der 
Hautvenen eintritt, andererseits solche, bei denen durch Verschluss 
gewisser venöser Wege sich collaterale Bahnen in der Haut äus- 
bilden, bei denen vielleicht vorher mit blossem Auge noch unsicht¬ 
bare Venen, weil von grossen Blutmengen durchflossen, sichtbar 
werden. Natürlich lässt sich praktisch eine durchgreifende Unter¬ 
scheidung dieser der Entstehung und ihrer Bedeutung nach ver¬ 
schiedenen Phlebektasieen nicht durchführen, denn meist kommen 
beide Erscheinungen zugleich vor. 

Da nun die Venen der vorderen Thoraxwand sich vermittels der 
Venae intercostales, mammariae internae, der Trunci brachiocephalici 
in die Vena cava superior ergiessen, so wird aus den angeführten 
Gründen der völlige oder theilweise Verschluss irgend eines dieser 
grossen Gefässe schon ein subcutanes Venennetz am Thorax, sei 
es durch Stauung, sei es durch Collateralen bilden müssen. Je 
nach dem Sitze der Venenerweiterungen, ob auf der linken oder 
rechten Brusthälfte, je nach ihrer Ausbreitung auf Arm und Hals, 
je nach ihrer Füllung wird man den Ort des Hindernisses für den 
venösen Abfluss, den Grad der Verengerung des Gefässhimens be¬ 
stimmen können. 

Die Ursachen des Verschlusses dieser Gefässe können sein: 
Compression, Thrombose oder beides. Die Compression findet ge- 


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211 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No 


wöhnlich durch primäre oder metastatische Neubildungen im Me- 
diastinalraume: Lymphome, Lymphosarcome, substernale Strumen, — 
oder solche der Lungen, Aneurysmen der Aorta oder verkäste 
Bronchialdrüsen statt. Oft bilden die Venenausdehnungen die 
ersten Merkmale des beginnenden Leidens und sind schon vorhanden, 
lange bevor andere diagnostische Zeichen für diese Leiden gefunden 
werden können. Eiue andere nicht zu seltene Ursache der Bildung 
eines zuweilen recht ausgebreiteten Venennetzes am Thorax sind 
die zuweilen erst viele Jahre nach vorangegangenen Exsudaten 
auftretenden Schrumpfungen der Pleura und des Perieardium, 
welche die grossen Gefässe fast vollständig zur Obliteration bringen 
können und so zum Tode führen. Am interessantesten aber scheint 
mir die Beobachtung der innerhalb weniger Stunden sich an der 
Brust entwickelnden Pklebektasieen zu sein, welche bei Thrombose 
der Venae jugulares, subclaviae oder anonymae auftreten können. 
Da die Thrombose jener Venen — ich meine natürlich die nicht 
durch Compression hervorgerufene — aus gewissen anatomischen 
Gründen häufiger die linke Körperhälfte 1 ) betrifft als die rechte, 
so werden auch die in der Haut sichtbar werdenden Collateralen 
linkerseits häufiger gefunden werden. 

Diese durch gröbere mechanische Störungen des Blutabflusses 
entstehenden Phlebektasieen können eine beträchtliche Ausdehnung 
erreichen, nicht zu selten bilden sich Venen von Kleinfingerdicke. 
In einigen derartigen Fällen, die ich in der Poliklinik von Herrn 
Prof. Litten zu sehen Gelegenheit hatte, zeigte sich in mehreren 
Gefässen am Thorax eine so auffallende Pulsation, dass die Ver¬ 
suchung nahe lag, dieselben für Arterien zu halten. Jedoch über¬ 
zeugte man sich leicht von der venösen Natur der Gefässe, wenn 
man den Kranken im Sinne der Exspiration zu pressen aufforderte, 
wobei dann die Pulsation sofort auihörte und pralle Füllung der 
Gefässe eintrat. Man wird annehmen müssen, dass hier infolge 
der Rückstauung des venösen Blutes schon eine so hochgradige 
Gapillarektasie bestand, dass sich der arterielle Puls durch die 
(’apillaren in die Venen fortsetzte. Auch einen Fall von Thrombose 
der erweiterten Gefässe 2 ) am Thorax fand ich beschrieben. 

Eine andere Bedeutung als die beschriebenen, durch grobe 
mechanische Vorgänge in der Thoraxhöhle entstandenen Erweite¬ 
rungen grösserer venöser Gefässe haben eine Art von Venen- 
ektäsieen, die ungleich häufiger gefunden werden, deren Vorkommen 
aber diagnostisch von nicht geringerer Wichtigkeit ist. Abgesehen 
von den an allen Theilen des Thorax, am Rücken, Nacken etc. 
nicht selten vorkommenden Ektasieen kleiner venöser Gefässe findet 
man nämlich öfters zierliche Figuren von einer Reihe sich baum¬ 
artig verästelnder Venenstämmchen in der Nähe des unteren Rippen¬ 
randes, die, soweit ich in der Litteratur finden konnte, bisher nur 
von Schw r eninger, 3 ) Th. Schmidt 4 ) und Sahli 5 ) Beschreibung 
fanden. Ja zwischen dem erst- und letztgenannten der Autoren 
kam es sogar zum Streit bezüglich der Priorität der Beschreibung 
jener eigenthümlichen Venenerweiterungen, obwohl doch die An¬ 
nahme für berechtigt gelten konnte, dass jene Erscheinung schon 
wegen ihrer Häufigkeit und der Leichtigkeit ihrer Beobachtung 
auch anderorts keine überraschende Neuigkeit mehr sein durfte. 
So ist das Vorkommen derselben auch seit vielen Jahren in der 
Poliklinik von Herrn Prof. Litten bekannt und bezüglich ihres 
diagnostischen Werthes gewürdigt worden. Jener Venenkranz 
kleiner im Zickzack verlaufender, je nach ihrer höheren oder tie¬ 
feren Lage, der Füllung der Gefässschlingen bald dunkler oder 
heller blauroth erscheinender kleinster Phlebektasieen findet sich 
zumeist nur am unteren Theile des Thorax, gewöhnlich in einer 
Linie, welche der Grenze des Ansatzes der Brust- und der des 
Ursprunges der langen Bauchmuskeln an den Rippen entspricht. 
Immer hört dieser Gefässkranz in der Gegend der Axillarlinie auf, 
dort w'o die ersten Zacken von Rückenmuskeln an den Rippen 
inseriren, ebenso bleibt in der Regel die Gegend des Sternum frei. 
Was die Längenausdehnung der Venen betrifft, so schwankt die¬ 
selbe zwischen ein und drei Fingern Breite, die Dicke der einzelnen 
Gefässstämmchen liegt zwischen der eines Spinnwebenfadens und 
der einer Stecknadel. Die grösste Aehnlichkeit zeigen die Figuren 
mit jenen, welche man bei Alkoholisten und mit Acne rosacea be¬ 
hafteten Individuen an Nase und Wange hinlänglich kennt. Schon 
Schweninger und Sahli betonen, dass sie diesen Gefässkranz 

\> Par montier, Archives goner. de m6dec. 1889, Juillet. 

') Raniskill, Med. Tim. and Gaz. 1874, 28. November. 

3 ) Schweninger, Vorläufige Mittheilung über bisher unberücksich¬ 
tigte Gefässoktasieen am unteren Rippenrando in ihrer Bedeutung für 
Diagnose und Therapie gewisser Leiden. Char.-Ann. 1886. 

• m idt. Üeber einen Gefässkranz am unteren Rippenrande 

(.mit Abbildung). Mittheilungen aus der dermatologischen Klinik der kgl. 
Oharitd, 1887, Heft I—II. 6 fe 

ß ) Sahli, Ueber das Vorkommen und die diagnostische Bedeutung 
einer Zone ektasirter Hautgefässe in der Nähe der unteren Lungengrenze. 
< ’orresp. Bl. f. Schweizer Aerzte 1885, No. 6. ^ ’ 


zumeist bei Männern beobachteten, eine Thatsaehe, die ich vol 
bestätigen kann. Unter den mehrere Hundert zählenden Patiei 
mit den beschriebenen Erscheinungen, die ich in der Poliklinik 
Hrn. Prof. Litten zu sehen Gelegenheit hatte, waren in über 
gender Zahl Männer damit behaftet, und zwar jeden Lebensab 
seltener allerdings des jugendlichen. 

Was nun die Deutung dieses eigenthümlichen Befundes bet, 
so fand Sahli dio Füllung jener kleinsten sichtbaren Hautgef 
fast ausschliesslich bei hustenden Kranken und nimmt an, < 
sie dadurch entstehen, dass durch Druck auf die Vena mamm 
interna und die Intercostalvenen eine periphere Stauung bow 
wird. Durch chronische endophlebitiseke Processe, glaubt er, k( 
ten die so entstandenen Gefässerweiterungeu nicht mehr rück 
dungsfähig sein. Schweninger fand die Venenentwickelung 
sonders häufig bei Fettleibigen und glaubt, dass sie das Zeic- 
einer allgemeinen Plethora sei, in den selteneren Fällen bei Mage 
das einer lange bestehenden Abdominalplethora. Das über 
häufigere Vorkommen bei Männern als bei Frauen will er da 
erklären, dass er das Vielessen und -trinken und die daraus ree 
tirenden Zustände bei Frauen seltener zu finden glaubt. A 
führt er an, dass die Wirkung des Corsets vielleicht diese Geft 
ektasie nicht zustande kommen lässt. Th. S chmidt’s Erklärung 
für das Zustandekommen des Gefässkranzes decken sich im wese 
liehen mit denen Schweninger’s; er macht einen ständigen o 
doch häufig wiederkehrenden Druck im Abdomen verantwortl 
sei es, dass derselbe von der Leber, dem Netz, den Nieren, 
es von dem von Schweninger sogenannten Magenpolster 
hängig ist. 

Man wird zugeben müssen, dass die citirten, zum Theil rc 
auseinander gehenden Auffassungen bezüglich der Aetiologie 
eigenthümlichen Venenkranzes in keiner Weise eine befriedige: 
Erklärung geben können. Für diese locale Erscheinung wert 
sich auch genau loealisirte Ursachen auffinden lassen müssen, 
wir anatomisch und klinisch begründen können. — Dieser Versi 
soll im folgenden gemacht werden. 

Das venöse Blut der Haut und der Muskeln der vordem 
Brustwmnd sammelt sich grösstentheils in den Venae intereosta 
anteriores und den sogenannten Rami perforantes, welche alle 
Musculi intercostales durchbohren, um dann ihr Blut den Vei 
mammariac internae und intercostales zuzuführen, die in die Vei 
azygos und hemiazygos münden. Die Entleerung der vordei 
Intercostalvenen und der Rami perforantes wird nun wesentlich a 
durch die Action der Intercostalmuskeln bei der Athmung ; 
schellen müssen, indem bei ihrer Contraction die Venenvanduu«. 
abwechselnd genähert und auseinandergezogen werden. Ueber < 
Einmündungen der Venae intercostales in die Vena azygos ist d 
nach Ilenle 1 ) und Dybkowsky-) dio Pleura so fest von ( 
Rippen zu den Wirbelkörpern hinübergespannt, dass die an ihr ; 
geheftete Intercostalvene ein stets offenes Lumen zeigt und s 
angeschnitten nicht entleeren kann, so lange die Pleura über 
unverletzt ist. Es ist also anzunehmen, dass die ausgespan 
Vene bei der Rippenbewegung als Pumpe zum Vortheil des Bild¬ 
laufes wirksam ist. Es besteht demnach für den Abfluss des Venen¬ 
blutes am Thorax ein ähnlicher Saug- und Druckapparat, wie ihn 
Herzog 3 ) für die Venen der oberen, Braune 4 ) für die der unteren 
Extremität beschrieben haben, nur dass dieser Mechanismus am 
Thorax eine noch vollkommenere Einrichtung darstellt: ist jener 
von der Bewegung der Extremitäten abhängig, ist es dieser von 
der Athmung, dem lebenswichtigsten Vorgänge. 

Warum aber, wird man fragen, entwickeln sich jene Venener¬ 
weiterungen vorzugsweise am unteren Theile des Thorax? Auch 
. diese Thatsaehe findet ihre anatomische Erklärung. Die Mündun¬ 
gen der unteren Intercostalvenen in die Venae azygos und hemi¬ 
azygos besitzen nach Henle 5 ) nie oder nur ganz ausnahms¬ 
weise Klappen, während sie bei den oberen selten fehlen. Ferner 
wird am oberen Theile des Thorax die reichliche Muskelmasse den 
Blutabfluss noch besonders befördern, w r as unten nicht in dem 
Maasse geschehen kann. Diese Thatsaehe stimmt ja auch mit der 
Beobachtung überein, dass sich der Gefässkranz zumeist an der 
Grenze der Brust- und Bauchmiiskulatur entwickelt und lateral- 
wärts, wo die Ansätze der kräftigen Rückenmuskeln beginnen, stets 
aufhört. Auch das bei w r eitern häufigere Vorkommen bei Männern 
erklärt sich so leicht, weil bei dem abdominalen Athmungstypus 
des Mannes im Gegensätze zum costalen der Frau nicht eine so 
prompte Entleerung der Venen der Brust stattfinden kann. V ir 

*) Ilenle, Gefüsslehre 1868, p. 356. 

-) Dybkowsky, Berichte d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1866, p. 194- 

’*) W. Herzog, Beiträge zum Mechanismus der Blutbewegung tui 
der oberen Thoraxapertur beim Menschen. 

4 ) W. Braune, Berichte d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1870, XXII. 

p. 261. 

5 ) Honlo, Geffisslehre 1868, p. 355. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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15. März. 


werden also jene Venen bei allen Zuständen 6ehen müssen, bei 
denen eine nicht genügende Ausdehnung des Thorax bei der Ath- 
mung stattfindet, wo keine genügende Contraction der Intercostal- 
muskeln, keine genügende Spannung der Pleura für den Blutabfluss 
sorgt. Dies wird besonders beim Emphysem der Lunge der Fall sein, 
wo die inspiratorische Ausdehnung de9 Thorax nur gering ist. Die 
meisten der in der Poliklinik zur Behandlung kommenden Emphyse- 
matiker zeigten auch jene Varieenbildung mehr oder weniger stark 
ausgebildet. Ueber vier Fünftel aller Fälle, wo der Gefässkranz 
zur Beobachtung kam, waren Kranke mit diesem Lungenleiden, das 
unter unserer arbeitenden Bevölkerung ja so überaus verbreitet ist. 
Bei den anderen zeigte sich zumeist eine geringe Ausdehnungs¬ 
fähigkeit der Lungen, eine Erscheinung, die sich folgendermaassen 
am besten documentirt; beobachtet man das von Prof. Litten be¬ 
schriebene Zwerchfellsphänomen 1 ) bei gesunden Individuen, so sieht 
man etwa in der Höhe des sechsten Intercostalraumes einen 
Schatten in Gestalt einer Wellenlinie oder seichten Furche bei 
tiefster Inspiration zwei bis drei Intercostalräume oder selbst bis 
zum Rippenbogen hinabsteigen, während er bei behinderter Athmung 
kaum in der Ausdehnung von ein bis zwei Intercostalräumen sicht¬ 
bar ist. In solchen Fällen handelt es sich zumeist um chronische 
Lungen- und Herzleiden. Nicht unrichtig ist also der Schluss, den 
schon Sahli macht, dass die sichtbaren Varicen darauf hindeuten, 
dass der damit Behaftete an Husten leidet, da die angeführten 
Krankheiten ja mit diesem Symptom fast immer einhergehen. Auch 
Schweninger’s und Schmidt’s Beobachtungen der Gefässektasieen 
bei Herzkrankheiten, bei gehemmter Zwerchfellthätigkeit infolge 
übermässiger Ausdehnung des Magens durch Gas oder Speise¬ 
massen etc. würden hier als bestätigend für die angeführte Er¬ 
klärung aufgezählt werden können. Jedoch wird aus dem Gesagten 
hervorgehen, dass die weiteren von jenen Autoren angeführten 
Thatsaehen, die eine Erklärung für die Entstehung des Gefäss- 
kranzes geben sollten: wie allgemeine oder Abdominalplethora, von 
Leber, Netz oder Nieren ausgehende abnorme Druckverhältnisse für 
die Aetiologie der Phlebektasieen keine oder nur nebensächliche 
Bedeutung haben, indem ja nicht bestritten werden kann, dass 
solche Zustände bei Leuten, die mit dem Gefässkranz behaftet sind, 
wohl Vorkommen können. Auch scheint mir ihr Schluss bezüglich 
der Prognose, dass jene Phlebektasieen „später zu Erschwerung 
der Herzarbeit, zu Ermüdung des Herzmuskels, zu seiner Entartung, 
zu mehr oder minder ausgebreiteter Arteriosklerose führen müssen“, 
zum mindesten für etwas sehr weitgehend. 

Doch folgendes, glaube ich. wird aus den angeführten That- 
sachen hervorgehen: dass die Entwickelung jener Zone ektasirter 
Gefässe in der Nähe des unteren Rippenrandes eine nicht abzu¬ 
leugnende Bedeutung für die Erkennung gewisser Krankheits¬ 
zustände hat, ja dass man in manchen Fällen, wenn alle diagnosti¬ 
schen Methoden noch versagen, aus dem Anblick des zierlichen 
Gefässkranzes schon wird gewisse Schlüsse bezüglich der Prognose 
ziehen können, weil sich durch jene Erweiterungen kleinster Haut¬ 
venen bereits Veränderungen von Organen innerhalb der Thorax¬ 
höhle bemerkbar machen, die später zu schwerwiegenderen Er¬ 
scheinungen führen können. 

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor- 
Litten für die Anregung zu dieser Mittheilung und für die mir 
gütigst zu Theil gewordene Unterstützung meinen ehrerbietigsten 
und aufrichtigsten Dank auszusprechen. 


IV. Aus der inneren Abtheilung des städtischen Kranken¬ 
hauses am Urban in Berlin. 
Uebereigenartigverlaufeneseptikopyämische 
Erkrankungen nebstBemerkungen über acute 
Dermatomyositis. 

Von Professor A. Fraenkel. 

(Schluss aus No. 10.) 

Es fragt sich, ob man gegenüber der Unverricht’schen Der- 
S a '®®y° s Ris, den durch bekannte Krankheitserreger bedingten 
autrMuskelaffcctionen, die, wie der Fall unserer ersten Patientin 
sonst sich in keinem wesentlichen Punkte von jener unter- 
jc eiden, eine Sonderstellung einräumen soll? Sind beide gänzlich 
da«- e I na ? ( I e f zu trennen, oder spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, 
reih ^ ätl0 ^°K lsc hes Bindeglied besteht, welches ihre Ein- 
W* Ung m . e P e gemeinsame Krankheitsgruppe erwünscht bezw. ge- 
öffe Vk eiüen ^ ässt ’ Geht man die in den letzten Jahren ver- 
l)prm f eQ Kr&akcngeschichten von acuter Polymyositis oder 
druck 5 -^ 8 ^ 8 au ^ mer ^ sam durch, so kann man sich des Ein- 
—' e s nic " t erwehren, dass hier — ob mit einer gewissen Be- 

*) Deutsche medicinische Wochenschrift 1892, No. 13. 


rechtigung oder nicht, mag zuvörderst dahingestellt bleiben — der 
Versuch gemacht wird, Beobachtungen, deren Zusammengehörigkeit 
noch erst zu beweisen ist, unter einen Hut zu bringen. Der Fehler, 
in den man verfallen ist, erklärt sich zum Theil daraus, dass in 
einzelnen Fällen, namentlich in der Mehrzahl der geheilten, gar 
keine anatomischen Untersuchungen der erkrankten Organe, der 
Muskeln, vorgenommen worden sind; zum Theil ist er bei den 
tödtlich verlaufenen durch die nicht mit genügender Sorgfalt aus¬ 
geführte Autopsie oder durch die unzureichende bacteriologische 
Durchforschung der Fälle bedingt. Die Zahl der auf genaue 
Sectionsergebnisse sich stützenden Beobachtungen ist überhaupt 
eine geringe, sie beläuft sich kaum auf ein halbes Dutzend. Weder 
bei Unverricht, noch bei Wagner und Hepp findet sich indess 
eine Notiz, dass post mortem eingehend nach Bacterien gesucht 
wurde; dagegen wurde mehrfach auf Trichinen oder, wie schon an¬ 
geführt, auf Gregarmen gefahndet, aber mit negativem Erfolge. Der 
erste Unverrieht’sche Fall wurde überhaupt sieben Jahre vorder 
Publication beobachtet und fällt somit in eine Zeit, in welcher die 
bacteriologische Forschung noch nicht so sehr Gemeingut der 
Aerzte war und mit annähernd gleicher Vollkommenheit der Me¬ 
thode geübt wurde wie jetzt. Selbst in der sonst so ausführlichen 
Strümpell’schen 1 ) Mittheilung vermisse ich eine direkte Angabe 
darüber, ob und nach welchen Methoden bacteriologisch untersucht 
wurde. Beweisend für die Abwesenheit von Spaltpilzen ist auch der 
zweite Fall Hepp’s und der jüngst veröffentlichte Senator’s nicht. 
Bei Hepp’s Patienten wurde mittels Punction eine kleine Menge 
blutiger Flüssigkeit aus dem erkrankten Triceps und Glutaeus 
aspirirt, welche sich bei ihrer Aussaat als steril erwies. Aus 
meinen obigen Auseinandersetzungen über die verschiedene Reich¬ 
lichkeit und variirende Vertheilung der Bacterien in Muskeln, die 
thatsächlich solche enthielten, geht aber hervor, wie wenig Gewicht 
auf einen derartigen negativen Befund gelegt werden darf. Den 
gleichen Ein wand muss ich Senator gegenüber machen, in dessen 
Fall post mortem serös-eitrige Flüssigkeit unter der Haut des 
Ober- und Unterarmes gefunden wurde, die nicht einmal auf 
Bacterien untersucht wurde, während die ganze übrige Section sich 
auf Entnahme eines einzigen Stückchen Bioeps beschränkte! Ledig¬ 
lich Prinzing’s Angabe, der in der Epikrise zu seinem durch eine 
fünfmonatliche Versuchsdauer ausgezeichneten Krankheitsfall be¬ 
merkt, dass bei Anwendung verschiedener Färboverfahren Bacterien 
in den befallenen Muskeln vermisst wurden, scheint mir nach dieser 
Richtung eine gewisse Beachtung zu verdienen. Doch berechtigt 
das noch nicht zu der Annahme, dass sie nicht in einer früheren 
Periode der verhältnissmässig protrahirten Krankheit vorhanden 
gewesen sind oder dass ein verborgener Bacterienherd an anderer 
Stelle des Körpers bestand. Wie leicht derartige Heerde übersehen 
werden können, werde ich alsbald darlegen. So viel lässt sich allein 
aus sämmtlichen bisher zur Section gelangten Beobachtungen ent¬ 
nehmen, dass die Muskelerkrankung nicht in Beziehung oder gar 
in einem Abhängigkeitsverhältniss zu irgend einer Affection des 
Nervensystems, sei es einer Poliomyelitis oder Neuritis, steht. Ins¬ 
besondere kann gar keine Rede davon sein, dass dieselbe ausser 
der nicht einmal constant vorhandenen kleinzelligen Infiltration des 
interstitiellen Bindegewebes irgend welche Verwandtschaft mit jener 
Form der infectiösen Polyneuritis, welche unter dem Bilde einer 
„Neuromyositis“ verläuft, aufweist. 

Wenn also, wie aus dem Vorhergehenden sich ergiebt, die 
bisherige Erforschung der Krankheit keine Veranlassung dazu 
bietet, die Vermuthung Senator’s, „dass die acute Polymyositis 
wohl nicht auf einer parasitären Infection beruht“, als eine be¬ 
gründete anzusprechen, so scheint mir der nächste Weg, um in 
das ätiologische Dunkel der Dermatomyositis eine gewisse Klärung 
hineinzubringen, der zu sein, dass man zuvörderst die acuten und 
subacuten Fälle gesondert von den mehr chronisch verlaufenen be¬ 
trachtet. Die Verlaufsdauer erwies sich in den bisher gemachten 
Beobachtungen als eine sehr verschiedene, so dass Krankengeschichten, 
in denen der Process sich in einem ein- bis zweiwöchentlichen Zeit¬ 
raum abspielte, neben solchen stehen, in denen des Leiden sich 
über viele Monate hinzog. So betrug die Dauer in dem ebenfalls 
letal verlaufenen (aber nicht zur Section gelangten) Loewen- 
feld’schen Falle 2 ) nicht weniger als 16 Monate; man ist daher 
vollkommen berechtigt, denselben zur Kategorie der chronisch 
verlaufenen zu zählen. Ob letztere den acuten ätiologisch als 
gleichwertig an die Seite zu stellen sind, darüber könnte 
ich mich, da mir einschlägige Beobachtungen nicht zu Gebote 
stehen, höchstens vermuthungsweise äussern. Ich lasse die¬ 
selben daher hier ausser Betracht. Dagegen lässt sich mit Be¬ 
stimmtheit aussagen, dass unter den acuten Fällen sich eine 

ifStrümpell, Zur Kenntniss der primären acuten Polymyositis. 
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. I, p. 47?. ., . 

•) Loewenfeld, Ueber einen Fall von Polymyositis acuta. Münchener 
medicinische Wochenschrift 1890, No. 31 und 32. 


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246 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHRIET. 


No. 11 


Anzahl von solchen Fällen befindet, die ihrem ganzen Wesen sowie 
ihrer Entstehungsweise nach mit dem hier von mir mitgetheilten 
zu identificiren sind. Es sind dies unter anderen der Winckel’sche 
Fall, die beiden Waetzoldt’schen und der zweite Hepp’sche. 

Der Winckel’sche Fall 1 ) betraf eine Ill.-para, bei der durch Wehen¬ 
schwäche die Geburt verzögert worden und Eihautreste im Uterus zurück¬ 
geblieben waren. Schon nach 24 Stunden erfolgte ein Schüttelfrost, der 
sich an den beiden folgenden Tagen noch zweimal wiederholte. Es kam 
zur Entstehung einer Metritis und Vulvitis sowie eines grossen Puerperal¬ 
geschwüres an dem einen Labium majus. Am vierten Tage post partum 
traten die ersten Muskelschmerzen und Schwellungen an den Unter- und 
den Oberextremitäten mit den auch in meinen beiden ersten Fällen vor¬ 
handen gewesenen bläulichen Flecken auf Beuge- und Streckseite auf. 
Tod am fünften Tage, ca. 24 Stunden nach dem Bemerkbanverden dieser 
Veränderungen. 

Die Muskeln zeigten post mortem das bekannte, mit Hämorrhagieen 
in der Muskelsubstanz verbundene gallertige Oedem; daneben aber fand 
sich Metritis und Endometritis sowie eitrige Parametritis. In den Muskeln 
konnten ausser parenchymatösen Veränderungen (Verlust der Querstreifung, 
körnige Trübung, Quellung und Vermehrung der Kerne) Bacterien, wenn¬ 
gleich nur an wenigen Stellen nachgewiesen werden. Im Eiter der Para¬ 
metrien ebenfalls Streptococcen. Der Verfasser glaubt, dass die Muskel¬ 
erkrankung weniger auf einem massenhaften Transporte geformter Elemente 
als Träger des Giftes beruhte, dass vielmehr das Gift flüssiger Natur ge¬ 
wesen sein dürfte. Das symmetrische Befallen werden der Extremitäten 
spricht nach ihm für eine Miterkrankung der nervösen Centralorgane (!?). 

In dem ersten Waetzoldt’schen Falle handelte es sich um eine 
38jährige, zum elften Male entbundene Patientin, welche am sechsten Tage 
nach der letzten Entbindung verstarb. Sectionsdiagnoso: Endometritis 
diphtherica. Zwei Tage vor dem Tode Schwellung der Oberextremitäten mit 
den Erscheinungen der diffusen Myositis, ebensolche der Unterschenkel. 
Die Muskeln waren von Hämorrhagieen durchsetzt, daneben bestand klein¬ 
zeilige Infiltration des intorfibrilläron Bindegewebes und schwere degene- 
rative Veränderungen in den Muskelfasern selbst. In mit Hämatoxylin 
gefärbten Schnittpräparaten zeigten sich die Primitivbündel wie umrahmt 
von einem Kranze feinster dunkelschwarzblauer Punkte (Mikrococcen). 
Angesichts dieses Befundes erscheint die seitens des Verfassers geltend 
gemachte Möglichkeit, dass es sich in diesem Falle um eine „Concurrenz 
von Polymyositis (im Unverricht’schen Sinne) mit Sepsis puerperalis 
ehandelt haben könne“ und erstere „eine gewisse Selbstständigkeit der 
epsis gegenüber beanspruchen dürfe“, nicht verständlich. 

Der zweite Fall desselben Autors betraf gleichfalls eine Puerpera. 
Zwölf Tage post partum wurde bei übelriechendem Ausfluss aus den 
Genitalien ein perimetritisches Exsudat entdeckt, und nun entwickelte sich 
eine progrediente, mit Exacerbationen verbundene und die Extremitäten- 
und Rumpfmuskulatur nach einander ergreifende Muskelentzündung. Die¬ 
selbe war dadurch noch besonders ausgezeichnet, dass sie in Form von 
Anfällen, deren jeder 4 bis 14 Tage dauerte und deren Gesammtzahl 
acht betrug, verlief. Im ganzen dauerte diese schliesslich in Genesung 
übergehende Erkrankung sieben Monate. 

Was endlich den Hepp’schen Fall anbelangt, so handelt es sich hier 
um einen 21jährigen Gärtner, welcher fast unmittelbar nach einem epilep¬ 
tischen Anfall, der zu einer schweren Bisswunde der Zunge Veranlassung 
gab, erkrankte. Das Geschwür nahm eine diphtherisch gangränöse Be¬ 
schaffenheit an. Schon nach 24 Stunden traten die Erscheinungen der 
Myositis im Gebiete des rechten Triceps und Glutaeus auf. Am 10. Tage 
Punction der rechten Hinterbacke, an welcher sich eine über faustgrosse 
Geschwulst mit scheinbarer Fluctuation entwickelt hatte. Es wird nur 
blutige Flüssigkeit entleert, über deren Untersuchungsergebniss ich schon 
oben berichtet habe. Der Fall ging schliesslich ebenfalls in Heilung aus. 

Ich glaube, Jeder, der die hier im kurzen Auszuge mitgetheilten 
Krankengeschichten durchsieht, muss den Eindruck empfangen, dass 
es sich bei allen vier Patienten um Muskelentzündungen im Gefolge 
einer Infection von einer Wundfläche, beziehungsweise einem Ent- | 
zündungs- oder Eiterungsheerde aus handelte. Sehen wir nun 
einmal einige der anderen Veröffentlichungen durch, um festzu¬ 
stellen, ob dieselben nicht in ihren Erscheinungen Anhaltspunkte 
für eine analoge Entstehungsweise darbieten. Da erscheint die 
wiederholentlich auftauchende Bemerkung von Wichtigkeit, dass 
entweder vor Beginn der Muskelaffection oder bald nach dem Ein¬ 
tritt derselben sich Erscheinungen einer Betheiligung der Rachen¬ 
organe, sei es einer Angina oder einer schweren Stomatitis 
bemerkbar machten. Im ersten Fall Hepp’s, der eine 36jährige 
Frau betraf, bei welcher der Tod nach elf Wochen langer Dauer 
der Erkrankung erfolgte, begann die letztere nach voraufgegangenen 
schweren Allgemeinsymptomen mit Angina und einem erythem¬ 
artigen Exanthem, welches aus dicht gedrängten, nicht erhabenen 
und nicht juckenden Flecken bestand, die sich vom Gesicht aus 
auf Hals und Rücken erstreckten. Daneben bestanden Schluck¬ 
beschwerden. Im weiteren Verlauf, als schon die Muskelaffection 
völlig ausgebildet war, entwickelte sich eine Gaumensegellähmung 
mit näselnder Stimme und Regurgitiren der Speisen und Flüssig¬ 
keiten durch die Nase, so dass das Schlucken gänzlich unmöglich 
wurde und alle flüssigen und halbflüssigen Speisen wieder zur 
Nase herauskamen. Sind das nicht Vorgänge, die es im höchsten 

*) Cftirfc nach Waetzoldt, Beitrag zur Lehre von der Polvmvositis 
acuta. Zeitschrift für klinische Medicin Bd. XXII, p. 612. * v 


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Maasse wahrscheinlich machen, dass eine Rachendiphtherie den 
primären Ausgangspunkt der Krankheit bildete? Hepp selbst giebt 
zu, dass der Beginn des Leidens an Diphtherie denken liess, sucht 
aber diese Möglichkeit damit von der Hand zu weisen, dass die 
gleichzeitige Hauteruption einer solchen Annahme als seltsame 
Erscheinung hindernd im Wege stehe, ebenso wie der Umstand, 
dass keines der Kinder der Patientin vorher oder nacher an 
Diphtherie erkrankte, dagegen spräche. Beide Einwände sind nicht 
stichhaltig; der erstere um so weniger, als man gerade in neuerer 
Zeit, wie ich in der Einleitung ausführlich mittheilte, auf das gar 
nicht seltene Vorkommen von Erythemen sowohl im Gefolge von 
Diphtherie wie von einfacher Angina mit Nachdruck verwiesen hat. 
Auch bei dem Kranken Strümpell’s bestand eine starke allge¬ 
meine Stomatitis mit geringer Angina, und Strümpell führt ins¬ 
besondere an, dass die ganze Mundschleimhaut geröthet, das Zahn¬ 
fleisch gelockert und oin unangenehmer Foetor ex ore sowie be¬ 
ständige Salivation vorhanden waren. Die Zunge war im ganzen 
angeschwollen und schwer beweglich, so dass die Sprache des 
Kranken undeutlich und schwer verständlich erschien. Allerdings 
sollen diese Erscheinungen erst aufgetreten sein, nachdem schon 
zwei Wochen lang heftige Schmerzen in den Armen und Beinen, 
besonders in den Gelenkgegenden, sowie Armanschwellung vorauf¬ 
gegangen waren. Da aber Patient während dieses Zeitraumes sich 
noch ausserhalb des Krankenhauses befand, so fehlt der sichere 
Beweis, dass die Halsorgane nicht gleich schon zu Anfang, wenn¬ 
gleich in einer für den Patienten wenig empfindlichen Weise, bo- 
theiligt waren. Endlich hat Potain über einen Fall von Poly¬ 
myositis berichtet, der von ihm als ungewöhnlich verlaufende 
Rotzerkrankung gedeutet wurde, jedenfalls aber wohl zu der hier 
abgehandelten Krankheitsform gehört und bei dem das Leiden mit 
wiederholter Angina einherging. 

Es ist zur Genüge bekannt, dass voraufgegangene Affectionen 
der Rachenorgane, und zwar nicht bloss Diphtherie, sondern auch 
scheinbar einfache Anginen gar nicht selten zu Infectionen schwerster 
Art Veranlassung geben. Hierbei können, wie ich aus eigener Er¬ 
fahrung auszusagen in der Lage bin, die Symptome seitens des Halses 
so in den Hintergrund treten, dass sie nicht einmal zu subjectiven Be¬ 
schwerden der Patienten Veranlassung geben und infolge dessen leicht 
übersehen werden. Verlaufen derartige Fälle tödtlich, so findet man 
zwar öfter noch Ueberreste der Mandelentzündung in Gestalt eines 
kleinen parenchymatösen Abscesses oder — was häufiger der Fall ist 
— in Form eines peri- beziehungsweise retrotonsillären Eiterherdes, 
welcher als die Quelle der allgemeinen Infection anzusehen ist. 
Zuweilen aber fehlen auch jegliche anatomische Veränderungen, 
ohne dass deshalb ein Zweifel über den Ausgangspunkt, gehegt 
zu werden braucht. Die in der neueren Zeit mehrfach beschriebenen, 
fast ausnahmslos letal endigenden Fälle sogenannter acuter infectiöser 
Phlegmonen des Pharynx, welche sich als diffuse Eiterinfiltrationen, 
vorwiegend des retropharyngealen, zwischen Schlundkopf und Oeso¬ 
phagus belegenen Zellgewebes darstellen, beruhen meines Dafür¬ 
haltens fast immer auf einem Eindringen der Infectionsträger von 
den Mandeln aus. Mitunter bilden aber auch Ulcerationen tiefer 
gelegener Theile der Halsorgane, beispielsweise eine Diphtherie, 
.welche ihren ausschliesslichen Sitz im Laiynx hat, die Eingangs¬ 
pforten für die eine schwere Sepsis erzeugenden Mikroorganismen. 
Wir wissen, dass die Verbreitung der hier in Betracht kommenden 
Bacterien, welche meist zur Klasse der Streptococcen gehören, auf 
dem Wege der Lymphbahnen erfolgt; trotzdem braucht ihr Vor¬ 
dringen sich nicht durch grob sichtbare Veränderungen der Gewebe 
in der näheren und weiteren Umgebung der Invasionsstätte zu ver- 
rathen, ebenso wie diese letztere selbst nach meinen oben gegebenen 
Auseinandersetzungen zur Zeit des Todes bereits wieder zu schein¬ 
bar normalem Verhalten zurückgekehrt sein kann. Untersucht 
man aber die betreffenden Gew r ebe, welche die vermuthliehen Zu¬ 
gangsstrassen zum Körperinneren bilden, mikroskopisch, so ist man 
oft erstaunt über die massenhaft in den Lymphspalten enthaltenen 
Bacterien. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert die folgende 
Beobachtung: 

E. S., 21 jähriges Dienstmädchen, wurde am 16. November in das 
Krankenhaus am Urban aufgenommen. Sie war droi Tage zuvor mit 
Halsschmerzen, Kopf- und Kreuzschmerzen, sowie allgemeiner Mattigkeit 
erkrankt. Am Tage nach dem Auftreten dieser Erscheinungen stellte sich 
mehrmaliges Erbrechen ein, zugleich begann Patientin zu husten und über 
Schmerzen in der rechten Seite zu klagen. Angeblich sollen wiederholte 
Schüttelfröste die Erkrankung begleitet haben. 

Status praesens am 17. November: Temperatur 40,1° C, 144 Pulse, 
28 Respirationen. Mittelgrosses, mässig kräftig gebautes, etwas cyanotisches 
Mädchen, dessen Rachonorgane leicht geröthet erscheinen, während Beläge 
nirgends wahrnehmbar sind. Normale Sprache; keine Schmerzen längs 
des Kehlkopfes; leichte Schwellung der Halsdrüsen. Die Wadenmusku¬ 
latur ist auffallend schmerzhaft, ebenso die Betastung der Tibien; auch 
die Muskeln des rechten Oberarms sind etwas empfindlich. Achseldrüsen 
deutlich zu fühlen und sehr schmerzhaft, 


Original from 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 




15. Marz. 


Lungenbefund: Vom beiderseits normal lauter Schall• 
der rechten Achselhöhle Sehaliabschwächung, ebenso hinten rechte vfn de? 
Spma Scapulae ab intensive Dämpfung, innerhalb deren das Athenisch 
abgeschwächt ist, wahrend Nebengeräusche fehlen. Die übrigen iSeen 

vo?de?“™ab. " e VerhiUtmsse ’ aucb ^ Horabefund weichSt 

Keine Milzvergrflsserung. Die untere Lebergrenze überschreitet den 
Rippenbogenrand in der MammiUarlinie um 1 cm. recnreitet aen 

Es wird sofort eine Probepunction des 'rechtsseitigen Exsudates 
vorgenommen, welche eme dünne eitrige Flüssigkeit niTm S 
Dieselbe enthält eine Koincultur Ion 8tSp??e”oSf(AS!£« 
- Verlegung auf die äussere Station, woselbst unter Resection deracHen 
Rippe am 18. November die Radicaloperntion des Empyems ausgeführt 
inrd. Entleerung re.cUichen, nicht foetiden trüben eitrigen Sdates 
bei der Ausspülung entleeren sich zahlreiche Fibrinmembraueu ’ 

Am 22. November wird Patientin von höchster Athemnoth befallen 
und zeigt ausser starker Cyanose inspiratorische Einziehungen des Thorax 
Die laryngoskopische Untersuchung ergiebfc beträchtliohp ,l mot g ' 
Schwellung der Kehlkopfschleimhaul be?o„ders“d£ X orifflhS 
MteEritt 86 Trache0t0mi6 ’ die momen tan ErleSerüng schafft. 

Sectionsbefund: Die Pleura der collabirten rechten Lunge ist 
rosenroth und an vielen Stellen mit eitrigen Belägen bedeckt. Am rechten 

A^Ä en ™?a der - H i? he d f S .r Vei T t ? n lnt wcostalraums eine bandlömige 
Adhäsion, welche sich nach dem Hilus zu erstreckt. Das lockere 7 p?] 

P* ebe de l, 1 V0 ^ d 1 er ‘?f Mediastinums ist nicht infiltrirt. Herzbeutel ohne 
f.nncflv? Flüssigkeitsanhäufung. Bei der Herausnahme der Halsorgane 

mlet a Re«rhoff i da ? d f Zellgewebe von durchaus nor- I 

Beschaffenheit ist. Beide Mandeln nicht unerheblich vergrößert 1 
etwa pflaumenkerngross, von grau röthlicher Farbe, leicht hyperamisch-’ 
phne Eiteransammiuiig im Parenchym oder der Umgebung. Die Epi-lottis 

verdat g Tben^o^t U d^? rÖthet ^ dlff01 ' m, na . m I entlich ihr oberer Rand sehr 
deS veHiVH ,, 1 d Ll =. ament H m aryepiglotticum sinistrum sehr be- 
X? d u ^ - d y on nussfarbiger Beschaffenheit; beide Aryknornel 
olbiggeöchwollen, ihre Oberfläche mit schmutzig gelben Beläo-ec welche mit 

ttn^ nd li C ^ haU J- fM \-—-gen uÄÄ 

SS • ht °,, 1K gleichzeitiges Mitfolgcn jener fortnehmen lassen 
glottis au?dp^pM 6 ’ m , cmbranöse Beläge finden sich auch unterhalb derEpi- 
Taschenb'änder v« U , der G ^? rde *[ eri Kehlkopfwand, dicht oberhalb <fer 

hi?r t" derStimmbändern ***>*- Dieselben hängen auch 
Sas wenlr fl f T nekrot ^hen Schleimhaut, wenngleich 

derXichKLft 8 Üb ? r deil rp Ar .V' k norpeJn, zusammen. Die Drüsen in 
£frauröthlicW hl F V °, rdereri Frachoahyand sind etwas geschwollen, von 
^Hgewebe welche^ ebe 1 nso J' em ^ Cltri £ infHtrirt wie das peritracheale 
g Die \4hpnhnhfpn ff dl Q C . b fi ,s 1 no f m J aler Beschaffenheit zu sein scheint. 
ie Nebenhöhlen des Schädels sind normal. 

«ra bieten li,™ d °['. ,ink ™ . Lun S e snbseröse Ecchymosen. Im übri- 

^t h ^^ e Xs m,U8,Se Zal " kn0t °” fflrmi =' T lnd '™- 

l'acterio P Ioh m ?tf em Tr™ < n H «™ Asristeiuuirat Dr. Ascho f f vorgenommeno 
sut "oÄlw h i U nt 1 ers 0 u «‘>“»K (Deckglastrockenprüparate und Aus- 
te» Str^”c^ I,1S „ d® Schn ' ttC) d f s ,. FalIes er S ab das Vorhandensein 
feUichi mit f *« r .us.chl.e..I,ch von diesen: 1) in dem 

webssaft der iwhtaTr Instr '"". cnt 5 >[1 entnommenen Herzblut . 2) im Ge- 
lockcrcn Zclhl?w I 'l lnSe ’ 3 \ \ n dcr M llz ' 4) in dem peritraekealen 
durchaus normale*R« a d (r ^ e . lohe ?' wle erwähnt, makroskopisch eine 
tration oder m8bes ® ndere kei “e Spur von Eiterinfll- 

Aus AuwtX * ^ ^ erSnderungen (Hämorrhagieen etc.) aufwies. — 

*JÄSrrA teni Welche mit SiÜckchen d ^ ^mbranösen Belages 
loccen! b) vor f, eao “ men wurden, entwickelten sich a) Strepto- 

bis zu einem' a -evi™ 6 r* 1 f ° °f le l ei1 äus 1 se i' licb deneu dei * Streptococcen 
Muuse den D?nl G .? de f lcbeü und die ihrer . Form nacb io hohem 
Erbten sich auch en a l?° * en> ^ ie wareü J edoc h beweglich und 

von MembraneffiPlpn h ® bc . ns ® erzeugte weder die Ueberpflanzung 

noch die ImnfnnJ^ die Vaginalschleimhaut von Meerschweinchen, 
der Stäbchen nnr-ty 01 ^*? 6 - 1 * 611 • an d ? r £ le i cben Stelle mit der Reincultur 
d» Bauchhaut di««pr tu- Injectl o n e j ner Stäbchenaufschwemmung unter 
Bei Tr Lte Thl T 6 l0 T ? le oder “»««meine Erscheinungen, 
me der in k °?Jf c ! ien Untersuchung gefärbter Schnittpräpa- 
stückchen xt e \ SC ? ob{lrteten und weiter behandelten Organ- 

f iewebsschichten g tW m acb .^ eis vo j} Streptococcen in den oberllächlichen 
UQ d zwar in ohfirDi ^ onsi B en 5 die Anwesenheit derselben Spaltpilze, 
Peritraehealen Gewfw T™ ser Menge, wurde in den Lymphspalten des 
Je mit Belägen vpSaI fest ^tellt; endlich zeigten Durchschnitte durch 
Streptococci h de^nT r te en d g r u A ^ knor P el gleichfalls' zahlreiche 
Gewebe, während i nli l? , 011 Schleimhaut und dem submucösen 
^nem von reichlicbpn \f berfläC j llcbsten Schichten der aufgelagerten Mem- 

dea Sflibchen dmclf°etzt I1 (^scMeni Wa ^ mten, demDi P htheriebacillus ähne l Q - 
_? e nach d f? T ? de im Kehlkopf ge. 


DEUTSCHE ME DICINISCH E WOCHENSCHRIFT. 


247 


Un denen t Tr uie nacn aem T °de im Äeh_ 

Diphtherie“ ni Q s 5 ben Veränderungen solche, dass an der Diagnose 
werden konnte Af g ?^ s P unkt der Erkrankung nicht gezweifelt 
gerade hinsiehilinj hat bact ei'iologische Untersuchung 

^ändigunfr „phr \ i lese l Punktes nicht die erwünschte Vervoll- 
^■hichten' der Po!' y* , wurden zwar in den oberflächlichen 
logisch den I)in?ff d °. Ia 'O 111 bl ' aae r 1 Stäbchen gefunden, welche morpho- 
ooterschieden Li, ° 11 1 eha l cillen in hohom Maasse glichen; dieselben 
durcb ihr cultnrin Jed w Ch L Von den Klebs-Löffler’schen Bacterien 
"'«chsthttm ontwipf!i? erha , lten ’ indom sie auf A » ar Pin üppigeres 
icKeit^n, als man es bei jenen für gewöhnlich be- 


sind. Die weiter gemachte Wahrnehmung, dass weder die Ueher 
tragung von Mombranstüekehen, noch die Impfung mit Reinculturen 
em positives Ergebnies bei Thieren lieferte, fiel in AnSaeht de? 
Umstandes, dass nach unseren heutigen Erfahrungen 1 ) auch die 

£ o?i7 ege Iwf Dipl,thOTie “»•**“««« »rer Vi?nl"nzdl Lt 
bai grössten Abstufungen darbieten, nicht in die Waagschale So 

de ü /^batten Erfolg der bactenolog?S Unt£ 

im flbn^niht 61 '^ e T äh ; te ? Ri< ä tUng ^^«rten, so ist derSe 
flbngen nicht imstande, das Hauptinteresse des Falles zu rer- 

infSn vS' eS Q? eSt ? ht dem Se ,un S enen Nachweis einer Miscli- 
infection von Streptococcen, welche, wie so oft in analogen Fällen 

™" dei \ ne l5;otisirten Stellen der oberen Luftwege aus ihren Ein- 

mittelhara n TT K8rP h 1 f ?“ habcn - Ihr Eindringen war die un- 
STÜ f Empyems, welches seiner Beschaffenheit und 

711 wirrt*,' J nac m ZUr G ™PP e J e,Ktr prognostisch meist ungünstig 
d?n b F?R h eo ? d i e “ F °/ men , d6B , Em Py ema acutissimnm zählte Wal 
hlilfnl r ch n bes0nders , bemcrk( ’ ns "’«rtli macht und mich zurMit- 
heilun e desselben veranlasst, ist die vorhin erwähnte Thatsache 

b?hL? aS ff Zel g * W ü ^ ’ n j er U c ! I ’ ffebun ? der Luftröhre, dessen Lymph- 
d ™ “"dringenden Spaltpilzen von den erkrankten Hak¬ 
organen bis zur Pleura nachweislich als Verbreitungsweg dienten 
keine gröberen anatomischen Veränderungen zeigte. In dieser Be- 
ziehung kann »Iso die Beobachtung geradezu als Aufforderung 
da d] enen in Fällen m denen auch nur der leiseste Verdacht 
hX* Infectl0n rorliegt, bei der Untersuchung mit mög- . 

lichster Sorgfalt vorzugehen und letztere nicht bloss auf Theile zu 

lich tet^ 611 ’ dere " Erkrankun " bereits dem blossen Auge erkennt- 

„ Eehr c en ™““ h dieser Abschweifung zur Dermatomyositis 
zuruck. Sie werden, meine Herren, aus den bisherigen Auseinander- 
setzung en bereits die Vorstellung gewonnen haben, dass ich gegen¬ 
über der vorher aufgeworfenen Frage, ob die durch Streptococcen¬ 
invasion erzeugte multiple, diffuse Muskelentzündung von der 
Dermatomyositis Unverncht’s zu trennen sei, eine ablehnende 
Stellung emzunehmen geneigt bin. In der That ist dies der Fall 
und ich hege die Meinung, dass ein nicht unbeträchtlicher Theil’ 
ja sehr wahrscheinlich die Mehrzahl aller bisher unte^ 
diesem Namen beschriebenen Krankheitsfälle ihrer Ent- 
Stellung nach zu den bacteriellen Infectionskrankheiten 
zu J. ä J lle ' 1 1 \ st : Unter ihnen sind, wie ich dies an den vorher auf¬ 
geführten Beispielen wahrscheinlich zu machen versucht habe, gewiss 
nicht wenige, bei denen das Eindringen der Keime von einer Wund¬ 
flache oder einem Eiterheerde aus stattgefunden hat. Dem üblichen 
öprachgebrauche nach würde man sie als den Ausdruck einer 
septischen Infection anzusehen haben. Nun stehe ich aber keines¬ 
wegs auf dem Standpunkte, dass ich zum Beweise für diese Auf¬ 
fassung den Nachweis von Spaltpilzen, sagen wir z. B. von Strepto¬ 
coccen, in den Muskeln selbst allemal für nothwendig erachte. Man 
wird lediglich in Zukunft den Untersuchungen, die diesen Nach¬ 
weis bezwecken, eine vermehrte Aufmerksamkeit und noch grössere 
Sorgfalt als bisher zuwenden müssen: sodann wird man sich, gleich¬ 
gültig, ob das Ergebniss in der eben erwähnten Richtung ein er¬ 
folgreiches ist oder nicht, zu bemühen haben, eine etwa vorhandene 
Invasionsstätte von Krankheitskeimen, i. e. Bacterien im Körper 
aufzudecken. 

Was den ersten Punkt, den Nachweis der Mikroorga¬ 
nismen in den Muskeln selbst betrifft, so hebe ich unter noch¬ 
maliger Bezugnahme auf den mitgetheilten Fall II meiner Beob¬ 
achtungen hervor, dass die Menge der in die Muskeln eingedrun¬ 
genen Bacterien unter Umständen eine ausserordentlich geringe 
sein kann. Für solche Fälle drängt sich unwillkürlich die Annahme 
auf, dass die Entzündung wesentlich durch toxische Pro¬ 
duc te der Bacterien erzeugt sei; dieselbe wird ferner geradezu 
geboten für diejenigen, in denen trotz eifrigsten Suchens Bacterien 
in den Muskeln überhaupt nicht zu finden sind. Schon von ver¬ 
schiedenen Seiten, namentlich von Strümpell, ist mit vollem 
Recht die Ansicht ausgesprochen worden, dass mindestens ein Theil 
der zur Polymyositis gehörigen Muskelentzündungen toxischen Ur¬ 
sprungs sei. Das schliesst natürlich, wie ich schon einmal bemerkt 
habe, nicht aus, dass an irgend einem anderen, und zwar von den 
befallenen Muskeln entfernt gelegenen Punkte des Körpers sich ein 
Bacterienherd befindet, der die Bildungsstätte jener Producte ist. 
Wiederum komme ich bei dieser Gelegenheit auf die schon in der 
Einleitung meines Vortrags angedeutete Beziehung der Dermato¬ 
myositis zu den infectiösen Erythemen zurück. Sie haben ge¬ 
hört, dass die letzteren sich zu den verschiedensten Infections- 


*) Cf. C. Fraenkel, Ueber das Vorkommen der Löffler’schen 
Diphtheriebacillen. Berliner klin. Wochenschrift 1893, No. 11, p. 252 u. fl’. 


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Go igle 


Original frorri 

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248 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


krankheiten, Entzündungs-, insbesondere aber Eiterungsprocessen 
kinzugesellen können. Man hat sie, wie ich mehrfach erwähnt 
habe, im Gefolge von Angina und Tonsillarabscessen auftreten 
sehen. Die Untersuchung der Haut nun in solchen Fällen, 
die tödtlich verliefen, ergiebt ein sehr verschiedenes Resultat. 
In der Mehrzahl der Fälle — ich stütze mich mit dieser Angabe 
auf die neueste, den Gegenstand behandelnde grössere Abhandlung 
von Hutinel — wurden keine Bacterien in der Haut gefunden; 
ebenso negativ waren die Ergebnisse der Blutuntersuchung. Hu¬ 
tinel schliesst daraus, dass diese Erytheme toxischen Ursprungs 
seien, sodass man sie hinsichtlich ihrer Pathogenese gewissermaassen 
den Arzneiexanthemen an die Seite stellen kann, nur dass es sich 
hier nicht um einen Import der Giftsubstanzen von aussen in 
den Körper handelt, sondern dass erstere in letzterem selbst unter 
der Mitwirkung von Bacterien gebildet werden. Bei der Angina 
und Diphtherie ist der Nachweis dieser Bacterien auf und in der 
Schleimhaut der erkrankten Rachenorgane leicht zu führen, und bei 
den übrigen, gelegentlich mit dem Ausbruch von Erythemen ein¬ 
hergehenden Infectionskrankheiten mangelt es gleichfalls nicht an 
Heerden von ihnen. Jedenfalls also sind auch unter so bewandten 
Entstehungsbedingungen die Hautausschläge in letzter Instanz als 
die Wirkung einer bacteriellen Infection anzusehen. In neuerer 
Zeit hat man jedoch die Beobachtung gemacht, dass dieselben 
Erytheme augenscheinlich auch durch die Ansiedelung von Spalt¬ 
pilzen in der Haut selbst hervorgerufen werden können, und zwar 
derselben Spaltpilze, welche man in den übrigen, der Mehrzahl an¬ 
gehörenden Fällen nur an entfernter Stelle, z. B. in den Rachen¬ 
organen, gefunden hat. Hier kann man daher nicht gut von einer 
toxischen Entstehungsweise in dem vorher geschilderten Sinne, 
d. h. unter blosser Vermittelung der allgemeinen Circulation des 
Blutes und der Lymphe sprechen. So hat Finger 1 ) einen Fall 
von schwerer Diphtherie bei einem 26jährigen Mädchen beobachtet, 
welches in soporösem Zustande in das Rudolfshospital aufgenommen 
wurde und bei dem sich drei Tage vor dem Tode ein über Stamm 
und Extremitäten ausgebreitetes Erythema papulatum entwickelt 
hatte. Das Auftreten desselben bewirkte, dass die Diagnose auf 
Typhus exanthematicus gestellt wurde. Bei der Untersuchung 
p. m. fand sich an den von dem Exanthem befallenen Stellen Oedem 
des Bindegewebes im Papillarkörper und im Stratum reticulare, 
sowie Rundzellenanhäufung in der Umgebung der Gefässe sowohl 
hier wie im Fettgewebe. Die Capillaren selbst aber waren zum 
Theil dicht erfüllt von Streptococcenanhäufungen, welche auch im 
Inhalt der grösseren Arterien und Venen des subepidermoidalen und 
des Fettgewebes als wandständige Klumpen nachweisbar w r aren. 
Eine ähnliche Beobachtung, bei welcher es sich um ein nach einem 
Fliegenstich entstandenes lymphangitisches Oedem des einen Vorder¬ 
armes mit begleitendem Erythema nodosum, nicht bloss im Bereich 
der geschwollenen Extremität, sondern jenseits der Grenzen der 
Anschwellung bis zur Brust handelte, haben neuerdings Orillard 
und Sabouraud' 2 ) gemacht. Auch hier fanden sich im Bereiche 
der knotenförmigen Efflorescenzen die kleinen Gefässe (Venen) voll¬ 
gestopft mit Streptococcen, welche stellenweise die Wände derselben 
durchbrochen und sich in das umliegende Zellgewebe verbreitet 
hatten. Man braucht nun nicht so weit zu gehen, wie die franzö¬ 
sischen Autoren es zu beabsichtigen scheinen, und anzunehmen, dass 
die Mehrzahl aller knotenförmigen Erytheme denselben Ursprung 
habe. Aber jedenfalls geht aus den angeführten Beispielen hervor, 
dass Entzündungen der Haut, über deren infectiöse Natur man keinerlei 
Zweifel hegt, das eine Mal auf vorwiegend toxische Weise, das 
andere Mal durch direkte Verschleppung von Bacterien in die Haut 
entstehen. Und in diesem Punkte der Pathogenese besteht zwischen 
den in Rede stehenden Formen der Exantheme und der acuten 
Polymyositis allem Anschein nach eine Analogie, die hervorzuheben 
mir nicht ohne Interesse zu sein scheint. Sie verdient um so 
mehr Beachtung, als gerade bei der letzteren Affection die Haut 
so häufig und in so mannigfacher W eise an den entzündlichen Ver¬ 
änderungen, die ihren Hauptsitz in den Muskeln haben, bethei¬ 
ligt ist. 

Gestatten Sie mir noch ein Wort über die Invasionsstätte des 
Krankheitserregers bei der Dermatomyositis, auf deren Feststellung 
es meiner Meinung nach bei allen ferneren Beobachtungen mehr 
ankommen muss, als auf die blosse casuistische Vermehrung des 
klinischen Materials. Ich habe an der Hand der bisher vor¬ 
liegenden Fälle nachzuweisen versucht, dass schon jetzt für einige 
derselben eine Erkrankung der Hals- bezw. Rachenorgane als der 
vermuth liehe Ausgang anzusehen ist. Mein Fall 1 weist darauf 
hm, dass man in Zukunft auch der Durchforschung der Nebenhöhlen 


J E. Finger Beitrag zur Aetiologie und pathologischen Anatoml 
des Erythema multiforme etc. Archiv für Dermatologie und Syphilis 1893 
.. , / Orillard et Sabouraud, Erytheme noueux au cours d’une sep 
Ucemie a streptocoques. M6d. moderne 1893, No. 11. 


des Schädels, unter welcher Collectivbezeichnung ich der Kürze halber 
hier die Paukenhöhle mit ihren Adnexen, die Oberkieferhöhlen, die 
Stirn- und Keilbeinhöhle, das Siebbeinlabyrinth etc. zusammenfasse, 
besonders Rechnung zu tragen haben wird. Gerade nach dieser Rich¬ 
tung hin wird gewöhnlich bei den Sectionen nicht mit einer der Wich¬ 
tigkeit des Gegenstandes entsprechenden Gründlichkeit vorgegangen. 
Wir wissen, dass vom mittleren Ohr aus durch eine eiterige 
Entzündung der Paukenhöhle zuweilen die schwersten und ge¬ 
fahrdrohendsten Erkrankungszustände des Gehirns und seiner Um¬ 
hüllungen hervorgerufen werden, indem beispielsweise auf dem 
Wege der Lymphbahnen oder Blutgefässe die Entzündung und 
Eiterung erregenden Mikroorganismen sich durch den Knochen 
auf das Innere der Schädelkapsel fortpflanzen. Ebenso gehört 
die Entstehung einer Sinusthrombose durch Uebergreifen ent¬ 
zündlicher Processe von den unter normalen Verhältnissen mit 
Luft erfüllten Zellräumen des Processus mastoideus auf die Wan¬ 
dungen des Hirnblutleiters und der plötzliche Eintritt einer tödt- 
lichen Pyämie infolge hiervon keineswegs zu den Seltenheiten. 
Während der erstere Ausgang sich zuweilen an ganz acut entstandene 
Entzündungen der Paukenhöhle im Gefolge verschiedener Infections¬ 
krankheiten, beispielsweise der Pneumonie, anschliesst, handelt es 
sich im letzteren Falle in der Regel um chronische Processe. Weniger 
bekannt, weil offenbar viel seltener, ist die Beobachtung, dass unter 
Umständen auch ohne die Vermittelung einer Sinusthrombose, von einer 
einfachen Otitis media aus, allgemeine Sepsis sich ent¬ 
wickelnkann. Nicht bloss der chronische eiterige Mittelohrkatarrh, 
sondern auch die ganz acut entstandenen Entzündungen der 
Paukenhöhle vermögen dadurch im einzelnen Falle eine ungeahnte 
Bedeutung zu gewinnen. In der meinem Vortrage folgenden Discussion 
wird Herr College Schwabach, dessen Rath ich, durch eigene 
klinische Erfahrungen angeregt, wiederholentlich über diese Dinge 
eingeholt habe und der mich durch Mittheilungen über ähnliche 
Beobachtungen aus der Litteratur zu lebhaftem Danke verpflichtet 
hat, noch genauer den für den internen Mediciner wie für den Ohrenarzt 
gleich wichtigen Zusammenhang beider Erkrankungen beleuchten. 
Als feststehend ist anzusehen, dass schwere, selbst tödtlich ver¬ 
laufende septische Infection im Gefolge eitriger Mittelohrentzündung 
auch ohne jedwede Caries vorkommt. Wir dürfen wohl annehmen, 
dass die sie verursachenden Bacterien, ebenso wie in dem Falle 
einer hinzutretenden Meningitis, sich längs der Lymphbahnen vom 
mittleren Ohr aus weiterverbreiten oder direkt in kleinere Blut¬ 
gefässe, sei es des Ueberzuges der knöchernen Theile desselben, 
d. h. der Schleimhaut bezw. der unter ihr befindlichen periostealen 
Gewebsschicht, sei es des Knochens selbst eindringen. 1 ) In dem 
ersten Ihnen mitgetheilten Falle, welcher die mit Dermatomyositis 
behaftete Patientin betraf, lag, wie Sie sich erinnern werden, eine seit 
einem halben Jahre bestehende linksseitige Mittelohreiterung vor. Die 
ganze Paukenhöhle, sowie dieCellulae mastoideae zeigten sich nach dem 
Durchsägen des Felsenbeins von Eiter und graurothen Granulationen 
erfüllt. Leider wurde die weitere mikroskopische Untersuchung 
des Gehörorgans verabsäumt, so dass ich nicht ganz sicher bin, ob 
zugleich Caries bestand oder nicht. In dem zweiten, die Patientin 
Eichholz betreffenden Falle dagegen hatte sich die Otitis anscheinend 
acut entwickelt, und Herr Schwabach, welcher das Felsenbein 
gesehen hat, erklärte, hier von cariösen Veränderungen nichts wahr¬ 
nehmen zu können. Dass die Sinus bei beiden Patienten frei 
waren, habe ich erwähnt. Unter den sonstigen Beobachtungen von 
allgemeiner Sepsis nach Mittelohrentzündung ohne Sinusthrombose, 
welche ich während der letzten Jahre zu machen Gelegenheit hatte, 
schien mir ein Fall namentlich bemerkenswerth. Ich glaube ihn 
daher, wenigstens anhangsweise hier erwähnen zu dürfen, trotzdem 
die Beobachtung desselben noch in eine Zeit fällt, in der ich den 
causalen Zusammenhang zwischen Erkrankungen des Gehörorganes 
und septischer Infection — bei mangelnder Sinusthrombose — 
noch nicht mit solcher Aufmerksamkeit verfolgte, wie jetzt: 

Der Fall betraf einen 29jährigen Arbeiter, welcher einige Wochen 
vor Eintritt/ in das Hospital unter Fieber ohne besondere Lokalsymptome 
erkrankt war. Er hatte nie an Gelenkrheumatismus gelitten. Ich con- 
statirte bei dem Patienten das Vorhandensein eines Herzklappenfehlers 
(systolisches Geräusch an der Herzspitze, diastolisches auf dem Sternum), 
wobei die mangelnde Verbreiterung der Herzdämpfung auffiel. Etwa vier 
Wochen nach der Aufnahme begann er Über Stirnkopfschmerz und Ohren¬ 
sausen zu klagen, und es entstand nach voraufgegangener Schwerhörigkeit 
erst eine Perforation des linken, bald darnach auch eine solche des 
rechten Trommelfells. Von Anfang an bestand unregelmässiges, theils 
remittirendes, theils intermittirendes Fieber, welches dann und wann auch 


*) Eine kurze Zusammenstellung der hierher gehörigen Thatsachen 
findet sich in der neuerdings erschienenen trefflichen Monographie 
0. Koerner’s: Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute 
und der Bliitleiter, Frankfurt a. M. 1894, p. 78ff., woselbst auch bereits 
des Umstandes Erwähnung gethan ist, dass gerade bei der otitischen 
Pyämie ohne Sinusphlebitis viel häufiger Gelenk- und Muskelmeta¬ 
stasen Vorkommen, als bei gleichzeitig vorliegender Sinusthrombose. 


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Gck igle 


Original fro-m 

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15. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


durch einen kurzen Zeitraum völliger Apyrexie unterbrochen war. Da der 
übrige Organbefund negativ war, so blieb nur die Annahme einer 
schleichend verlaufenden, entweder frisch entstandenen oder recurrirenden 
Endocarditis übrig. Dieser Zustand hatte bei leidlicher Beschaffenheit 
der Körperkrüfte ca. 2V* Monate angedauert, als sich ziemlich plötzlich 
eine Dampfung über der hinteren linken Thoraxhälfte mit lebhafter Druck¬ 
empfindlichkeit derselben entwickelte und Patient von Neuem zu fiebern be¬ 
gann. Eine besondere Vergrösserung der Milz konnte nicht nachgewiesen 
werden, dagegen bestand auffallende Empfindlichkeit des Epigastriums 
gegen Druck. Wenige Tage nach dem Auftreten der erwähnten Dämpfung 
gesellte sich auch teigige Anschwellung der entsprechenden Haut partieen hin¬ 
zu. Es wurden nunmehr wiederholte Probepunetionen vorgenommen, welche 
zunächst ergebnisslos waren, schliesslich aber zum Nachweis eines in der 
Tiefe belegenen Eiterheerdes führten, indem es beim Einstechen der 
Punctionsspritze im 10. Intercostalraum hinten links gelang, eine bräun¬ 
liche Flüssigkeit von jauchiger Beschaffenheit zu aspiriren. Dieselbe 
enthielt neben kleinen senfkorngrossen Gewebszundem reichliche Mengen 
von Haematoidin- und Fettsfiurecrystallen. Von wo die Eiterung ihren 
Ausgang genommen, ob vom Darm oder der Milz, Hess sich mit Sicherheit 
nicht uachweisen. In Folge dieser Wendung der Dinge übergab ich den 
Patienten Herrn Collegen Koerte zur Operation. Dieselbe wurde in der 
Weise ausgeführt, dass zunächst ein Stück der 9. linken Rippe resecirt, 
hierauf durch Punction die genauere Lage der Abscesshöhle festgestellt 
und dieselbe von der Wunde aus eröffnet wurde. Es zeigte sich, dass 
cg sich um einen subdiaphragmatischen Eiterheerd handelte; Lunge und 
Zwerchfell waren mit einander verwachsen; letzteres adhärirte zugleich 
der Brustwand. Der Patient verstarb 10 Stunden nach der Operation, und 
die Section ergab: 1) sowohl an dem lateralen Segel der Mitralklappe wie 
auf sämmtlichen drei Semilunarklappen des Aortenostiums frische verru¬ 
köse endocarditische Auflagerungen, die auf älteren Verdickungen sassen; 
ferner ein erbsengrosses Klappenaneurysma am lateralen Mitralsegel; 2) in der 
mit dem Zwerchfell adhärenten. vergrösserten Milz einen scharf abge- 
grenzten grossen nekrotischen Heerd von keilförmiger Gestalt, welcher 
durch Erweichung bezw. Verjauchung die eröffneto Abscesshöhle erzeugt 
hatte; 3) in beiden Paukenhöhlen Eiter, Hnks mit schwammigen Granu¬ 
lationen der auskleidenden Schleimhaut Ob zugleich Caries bestand, lässt 
sich leider aus dem Sectionsprotokoll nicht entnehmen; doch kann die¬ 
selbe nur von geringer Ausdehnung gewesen sein. Keine Sinusthrombose. 

Hier hatten wir es mit einem Falle von Endocarditis acuta zu 
thun, in dessen Verlauf es zu einer Embolie der Milzarterie ge¬ 
kommen war. Der grosse keilförmige Infarct war nicht bloss in 
Eiterung, sondern in Verjauchung übergegangen, und es scheint 
mir nicht zweifelhaft, dass dieser Ausgang desselben durch die 
(beiderseitige) Otitis media verursacht war. Ob nicht auch die 
acute Endocarditis auf sie zurdekgeführt werden muss, liess sich 
um so weniger entscheiden, als Patient in den ersten Wochen seines 
Krankenhausaufenthaltes nicht über Ohrensymptome klagte und zu 
dieser Zeit bedauerlicher Weise eine otoskopische Untersuchung 
nicht vorgenommen worden war. Die Möglichkeit jedoch, dass auch 
sie und mithin der ganze fieberhafte Krankheitsprocess von der 
Otitis seinen Ausgang nahm, muss zugelassen werden und scheint 
mir sogar in hohem Maasse wahrscheinlich. 

Es versteht sich von selbst, dass man in allen analogen Fällen 
infectiöser Allgemeinerkrankung, deren Entstehung unklar ist, nicht 
bioss auf die Untersuchung des Gehörorgans, sondern auch auf die 
der Nebenhöhlen der Nase bedacht sein muss. Ich betone dies 
sowohl als allgemeine Forderung, wie speciell auch wiederum mit 
jkziig auf die Dermatomyositis für diejenigen, welche zukünftig in 
der Lage sein sollten, Beobachtungen über diese Affection anzu¬ 
stellen. Nachdem es einmal erwiesen ist, dass die krankheit¬ 
erregenden Organismen mit Vorliebe von den oberen Luftwegen 
Jüs in den Körper eindringen, muss ein jeder Fall, in dem — bei 
bestehender Unklarheit über den Invasionsort — die Durchforschung 
jener Räume unterblieben ist, als eine unvoUständige Beobachtung 
angesehen werden. Denn es bedarf keiner besonderen Auseinander- 
setzung, dass gerade hier, wo es sich um zum Theil buchtige, zumTheil 
Um durch ungünstig belegene Oeffnungen mit den Hauptluftcanälen 
fommunieirende Hohlräume handelt, Secretstauungen überaus leicht 
»lattfinden können und dadurch eine bevorzugte Ansiedelungsstätte 
, ur Bacterien geschaffen wird. Wiederholentlich habe ich mich 
avon überzeugt, dass bei infectiösen Erkrankungen, deren Verlauf 
16 Au “üchung einer besonderen Eingangspforte des Krankheits- 
rregers nahe legte, dieselbe in Gestalt eines Eiterungsprocesses 
n diesen Stellen aufgedeckt wurde, nachdem an den verschiedensten 
eren Orten des Körpers ohne Erfolg gesucht worden war. Unter 
«neu hierhergehörigen Beobachtungen befindet sich eine Anzahl 
Eh Sa i in denen me ärere Nebenhöhlen der Nase zugleich mit 
waren; ja, ich habe noch vor kurzem bei einem im 
ßach l eü .^“^nde fr die Anstalt verbrachten und 24 Stunden 
einp« , Aefaahme verstorbenen Kranken den seltenen Befund 
höM Ä j ^eitigen Empyems der Siebbeinzellen, beider Kiefer- 
Pati^t der ,ailbeinhöhle und beider Warzenfortsätze erlebt! Der 
wipdp™’ we lch«r nn r kurze Zeit vor dem Tode seine Besinnlichkeit 
f hosknn* ’ kla K te lediglich über Kopfschmerzen, die 

feiles piSc ? e Untersuchung hatte Perforation des einen Trommel- 
ergeben, während das andere geröthet und geschwollen er- 




schien; es war an eine Meningitis als Ursache des Zustandes ge¬ 
dacht worden. 6 

Strümpell hat die Ansicht ausgesprochen, dass man zwischen 
pnmärer und secundärer Polymyositis unterscheiden müsse. 
Er zählt zu der letzteren die nach Puerperalerkrankungen auf- 
tretenden diffusen Muskelentzündungen. Von dem Gesichtspunkte 
einer solchen Trennung aus würde demnach auch der von mir hier 
mitgetheilte Fall 1 gleich den Beobachtungen von Winckel 
Waetzoldt u. a. eventuell zu der zweiten Gruppe, nämlich den 
secundären Formen gerechnet werden müssen. Auch scheint 
Strümpell einen principiellen Unterschied zwischen den eiterigen 
und nicht eiterigen Myositiden, mögen auch die letzteren diffus 
sein, machen zu wollen. In beiden Punkten vermag ich ihm nicht ganz 
beizupflichten. Bereits Waetzoldt hat sieh in seiner ausführlichen 
Abhandlung über die Unzweckmässigkeit der Trennung sogenannter 
primärer und secundärer Muskelentzündungen ausgesprochen. Die 
Bezeichnung „primär“ ist häufig nur eine Umschreibung dafür, 
dass uns die Entstehungsweise einer Erkrankung unbekannt ist 
und dass wir den eigentlichen Locus primae laesionis nicht auf¬ 
zufinden vermögen. Ich würde es als einen Gewinn betrachten, 
wenn meine vorherigen, etwas ausführlichen Darlegungen, durch 
welche ich Ihre Geduld vielleicht schon über die Gebühr in 
Anspruch genommen habe, dazu beitrügen, dass man solchen 
Classificirungsversuchen gegenüber eine gewisse Vorsicht übt. Was 
die Neigung der diffusen Myositis, in Eiterung tiberzugehen, be¬ 
trifft, so ist dieselbe im Verhältniss zu den circumscripten Formen, 
wie es scheint, in der That eine geringe. Dennoch scheint es mir 
gewagt., daraufhin jeden Fall, der eine solche verräth, von vorn¬ 
herein aus der Gruppe der von Wagner. Hepp, Unverricht und 
anderen charakterisirten acuten Polymyositis auszuscheiden. Ueber- 
gänge dürften gelegentlich Vorkommen; dafür spricht der Umstand, 
dass in den Muskeln zum Theil der typische Befund der nicht 
eiterigen Entzündung vorliegen und gleichzeitig doch beispielsweise 
bei demselben Kranken eine Vereiterung einzelner Gelenke bestehen 
kann, wofür mein Fall 2 ein treffendes Beispiel liefert. Auch ist 
es immerhin bemerkenswerth, dass derselbe Mikroorganismus, nämlich 
der Streptococcus pyogenes, den wir sonst als typischen Eiter¬ 
erregerkennen, gelegentlich bloss die charakteristischenVeränderungen 
der nicht suppurativen Myositis erzeugt. Möglicherweise beruhen 
diese Unterschiede in der Erscheinungsweise und dem klinischen 
wie anatomischen Bilde ausschliesslich darauf, dass in dem einen 
FaUe ein massenhaftes, in dem anderen ein nur spärliches Ein¬ 
dringen der Bacterien in die Muskulatur stattfindet oder dieselben 
in letzterer auch gänzlich fehlen und nur von einer entfernten 
Stelle des Körpers aus, d. h. durch gelöste chemische Substanzen, 
ihre entzündungerregende Wirkung ausüben. Wie unsicher die 
Ansicht der Autoren, die sich mit unserem Gegenstände beschäftigt 
haben, über die anatomische Bedeutung der Veränderungen ist, 
mögen Sie zum Schluss aus einem Citate der einen Abhandlung 
Unverricht’s 1 ) entnehmen. Hier heisst es wörtlich über das 
mikroskopische Untersuchungsergebniss seines ersten Falles; „Es 
fand sich in der That die vermuthete Myositis, bestehend in mole- 
culärer Trübung und wachsartiger Degeneration der Muskelfibrülen 
und Extravasation und Eiterung in den Interstitien, aber Trichinen 
als Ursache derselben zu finden misslang“. Auch bei Senator’s 
Patienten wurde, wie ich bereits einmal anführte, unter der Haut 
des Ober- und Unterarmes „serös-eitrige Flüssigkeit“ gefunden, 
während innerhalb der Muskelscheide des Biceps sich kein Eiter 
befand. 


V. Ueber otitische Pyämie ohne Sinus¬ 
phlebitis. 2 ) 

Von Sanitätsrath Dr. Schwabach in Berlin. 

Unter den drei Fällen, welche Herrn Fraenkel’s Vortrag 
über eigenartig verlaufene septico-pyämische Erkrankungen zu¬ 
grunde lagen, befanden sich zwei, bei denen die pyämisehen Er¬ 
scheinungen auf eine eitrige Mittelohrentzündung zurückgeführt 
werden mussten. Nun gehört ja ein derartiger Zusammenhang 
nicht zu den Seltenheiten, allein in der übergrossen Mehrzahl der 
Fälle ist als das vermittelnde Glied zwischen Otitis und Pyämie 
die Thrombophlobitis eines der Himblutleiter nachzuweisen, eine 
solche bestand aber in Herrn Fraenkel’s Fällen, wie die Obductkm 
ergab, nicht, und der Herr Vortragende glaubt deshalb annehmen 
zu müssen, dass es sich hier um Aufnahme und Fortführung der 
Infectionserreger durch die Lymphbahnen gehandelt habe. In der 
Lifcteratur liegt bisher nur eine verhältnissmässig kleine Anzah 


’) Münchener medicinische Wochenschrift 1887, No. 26. 

*) Aus der Discussion über den vorstehenden Vortrag «es Herrn 
A. Fraenkel. 



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250 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


von Fällen vor, bei denen septico-pyämische Erscheinungen nach 
Mittelohreiterungen ohne Sinusphlebitis zur Beobachtung kamen. So 
veröffentlichte Schwartze im Jahre 1867 (Arch. f. Ohrenheilk. II.) 
einen Fall von acuter Mittelohreiterung, der durch metastatische 
Abscesse in den Lungen tödtlich endete und bei dem der Sinus 
transversus frei von Erkrankung und auch sonst keine Veränderung 
an der Dura über dem Felsenbein gefunden wurde. Schwartze 
sieht als die Ursprungsstellen der embolischen Processe die mit 
käsig eingedicktem Eiter gefüllten diploöti sehen Räume in der 
Umgebung der Paukenhöhle an. Aus der Krankengeschichte möchte 
ich noch hervorheben, dass der Patient über rheumatische Be¬ 
schwerden: Steifigkeit der Nackenmuskeln, Schmerzen im linken 
Oberarm klagte, Erscheinungen, die wohl daran denken lassen, dass 
hier ein entzündlicher Process in verschiedenen Muskeln bestanden 
habe. Später (1882) hat auch Politzer (Lehrb. der Ohrenheilk., 

I. Auff, II. Bd.) sich dahin ausgesprochen, dass pyämische Er¬ 
scheinungen nach Mittelohreiterungen ohne Sinusthrombose und 
zwar durch unmittelbare Aufnahme septischer Bestandtheile aus 
den Räumen des Schläfenbeins in den Kreislauf Vorkommen können. 
Als Beweis führt er einen Fall von Chimani an, bei welchem im 
Anschluss an acute Mittelohreiterung pyämisches Fieber und 
Metastasen im Sternoclaviculargelenk, Respirationsbeschwerden 
und Icterus aufträten und der Tod nach 28 Tagen erfolgte. Bei 
der Obduction fanden sich keine Veränderungen in den Blutleitern; 
im Mittelohr übelriechender Eiter, in den Lungen erbsengrosse 
käsige Infarcte. Eine weitere Beobachtung liegt von Dalby 
(Brit. med. Journal 1874, 14. März) vor. Auch am Lebenden ist 
der Beweis für das Vorkommen von otitischer Pyämie bei Intactheit 
des Sinus transversus erbracht worden, und zwar von Schmiegelow 
(Zeitschr. f. Ohrenheilk. XXTV, p. 127), der bei einem fünfjährigen 
Knaben mit rechtsseitiger chronischer Mittelohreiterung wegen 
wiederholter Schüttelfröste mit Temperaturschwankuugen zwischen 
36,0—41,0° zunächst die Trepanation des Warzenfortsatzes aus¬ 
führte und stinkende Cholesteatommassen entfernte, dann aber, als 
die Frostanfälle sich wiederholten und die Temperaturschwankungen 
unverändert blieben, den Sinus transversus freilegte und eröffnete, 
wobei sich nur flüssiges Blut entleerte. Auch jetzt wiederholten 
sich die Frostanfälle täglich, und die Fiebercurve behielt noch 
lange ihren pyämischen Charakter, auch nachdem ein Empyem der 
rechten Pleurahöhle durch Resection der siebenten Rippe entleert 
worden war. Heilung nach sechs Monaten. Ich selbst hatte Ge¬ 
legenheit, im hiesigen jüdischen Krankenhause der Operation eines 
achtjährigen Mädchens durch Herrn Professor Israel beizuwohnen, 
welches, an linksseitiger chronischer Mittelohreiterung leidend, mit 
pyämischen Erscheinungen: Schüttelfrösten, jähen Temperatur¬ 
schwankungen, schmerzhafter Schwellung am rechten zweiten Carpo- 
metacarpalgelenk, Röthung und fluctuirender Anschwellung an der 
rechtenWade zur Aufnahme kam. Der Processus mastoideus erwies 
sich auf Druck sehr empfindlich, ebenso die linke seitliche Hals¬ 
gegend im Verlaufe der Vena jugularis. Die Diagnose „Thrombo¬ 
phlebitis 4 des Sinus transversus schien somit durchaus berechtigt, 
und es wurde daraufhin zunächst das Antrum mastoideum eröffnet, 
aus dem reichliche Granulationsmassen mit dem scharfen Löffel 
entfernt, aber kein Eiter entleert wurde. Alsdann wurde der in 
grosser Ausdehnung freigelegte, keine Spur von Fluctuation zeigende 
Sinus transversus eröffnet. Es entleerte sich flüssiges Blut in 
breitern Strome. Nach Jodoformgazetamponade und Occlusivverband 
wurde der Abscess in der rechten Wade durch breite Incision 
entleert. Schüttelfröste und Temperaturschwankungen wiederholten 
sich auch nach der Operation noch häufig. Exitus letalis nach 
drei Wochen. L ~ * 

Bei der Obduction fanden sich in keinem der verschiedenen 
Hirnsinus krankhafte Veränderungen. Die Untersuchung des mir 
freundlichst überlassenen Felsenbeins ergab das Vorhandensein eines 
durch die vordere Fläche des Felsenbeins in der Gegend des 
Tegmen antri mastoidei in die mittlere Schädelgrube durchge¬ 
brochenen Cholesteatoms des Mittelohres, von dem aus die bei der 
Obduction gefundene Meningitis ihren Ausgang genommen hatte. 
Die septico-pyämischen Erscheinungen waren in diesem Falle ebenso 
wie in dem von Schmiegelow mitgetheilten zweifellos durch den 
Zerfall des Cholesteatoms im Mittelohr bedingt. — Abgesehen von 
diesen Fällen, bei denen der Nachweis der Intactheit der Hirnblut¬ 
leiter geführt werden konnte, liegen nun noch eine Anzahl von Be¬ 
obachtungen vor, bei denen ebenfalls im Anschluss an eitrige 
Mittelohrentzündungen, und zwar acut verlaufende, ausgesprochene 
Erscheinungen von Septicopyämie auftraten, bei denen dieser Nach¬ 
weis jedoch deshalb nicht möglich war, weil sie sämmtlich in Heilung 
endeten. Die in diesen Fällen beobachteten Metastasen localisirten 
sich im wesentlichen in den Gelenken, Muskeln und im Unterhaut¬ 
bindegewebe, während die Lungen frei blieben. 

Als bemerkenswerth sind hervorzuheben zwei Fälle aus der 
Ohrenklinik in Halle a. S. (Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XXVH, 


p. 288), in deren einem, einen 24jährigen Mann betreffend, nach 
einer stürmisch beginnenden Otitis media acuta Schüttelfröste mit 
Temperaturschwankungen zwischen 37,2 und 40,2 und ein isolirter 
metastatischer Heerd im linken Glutaealmuskel auftraten. In dem 
aus dem Abscess durch Incision entleerten Eiter wurden Strepto¬ 
coccen nachgewiesen. Die Paracentese des Trommelfelles war 
wegen stets sich erneuernder Secretanhäufung in der Paukenhöhle 
zehnmal vorgenommen worden. Im zweiten Falle (25jähriger Student) 
traten ebenfalls während einer acuten eitrigen Mittelohrentzündung 
Schüttelfröste und jähe Temperaturschwankungen auf, die auch nach 
der Eröffnung des Antrum mastoideum sich noch häufig im Verlauf 
der nächsten drei Monate wiederholten. Während dieser Zeit 
magerte der Patient zum Skelett ab, und es traten Metastasen in 
beiden Augen (septische Retinitis mit multiplen Netzhaut- 
hämorrhagieen), eine Schleimbeutel Vereiterung, Abscedirung im 
linken Schultergelenk und in der Muskulatur des Oberarmes ein. 
Aehnliche Fälle sind von Moos, Hessler, Emerson, Hecke, 
Eulenstein, Wild und anderen beschrieben worden. Einen Fall, 
der bezüglich der Localisation der Metastasen, speciell den Muskel¬ 
apparat betreffend, den Beobachtungen des Herrn Fraenkel am 
nächsten zu stehen scheint, fand ich in einer Mittheilung Chatellier’s 
über Influenzaotitis (Annales des mal. de l’or. 1890, p. 169). Bei 
dem 31jährigen Patienten traten im Verlaufe einer acuten Influenza¬ 
otitis wiederholte Schüttelfröste und Schmerzhaftigkeit des äusser- 
lich unveränderten Warzenfortsatzes ein. Die Trepanation desselben 
förderte keinen Eiter zu Tage, trotzdem Hessen die Schmerzen am 
Ohr nach. Bald aber zeigte sich eine circumscripte schmerzhafte 
Anschwellung an der vorderen äusseren Seite des rechten Unter¬ 
schenkels, die später sich über die ganze äussere Seite desselben, 
vom Kopf des M. peroneus longus bis zum Malleolus externus aus¬ 
dehnte. Die Haut über dieser Anschwellung war geröthet. Im 
Verlaufe der nächsten Tage traten an verschiedenen Stellen der 
oberen Extremitäten schmerzhafte Anschwellungen auf, so am 
rechten und linken Trieeps brachii und am linken Schultergelenk. 
Die letzteren sowohl, als auch die Anschwellung am rechten Arm 
ging allmählich zurück, dagegen kam es am Unken Arm zur 
Bildung eines Abscesses, der durch Incision entleert wurde. 
Weiterhin musste auch noch ein Abscess im M. deltoideus derselben 
Seite incidirt werden. In einem Falle, den ich selbst im vorigen 
Jahre zu beobachten Gelegenheit hatte, traten im Verlaufe einer 
acuten eitrigen Mittelohrentzündung ebenfalls Erscheinungen auf, 
welche an die von verschiedenen Seiten beschriebenen Fälle von 
infectiöser Polymyositis erinnerten. 

Es handelte sich um ein sechsjähriges Mädchen, welchem am 14. März 
vorigen Jahres die Rachenmandel ausgekratzt worden war. Im Anschluss 
an diese Operation traten Schmerzen in beiden Ohren und einige Tage 
darauf eitriger Ausfluss aus denselben ein. Die vom ersten Tage an vor¬ 
handenen Fiebererscheinungen Hessen auch nach eingetretener Perforation 
nicht nach und bestanden, als ich am 5. April das Kind zum ersten male 
sah, noch fort. Die Temperatur schwankte zwischen 36,5 Morgens und 
39,5 Abends. Auf dem rechten Ohr hatten die Schmerzen bedeutend zu¬ 
genommen, so dass das Kind in den letzten drei Nächten, trotz der 
applicirten Eisumschläge, nicht geschlafen hatte. Bei der Untersuchung 
fand ich das Kind sehr heruntergekommen, beiderseits eitrige Mittelohr¬ 
entzündung mit kleiner Perforation vorn unten; rechts hochgradige 
Schmerzhaftigkeit des Warzenfortsatzes bei geringer Röthung und 
Schwellung. In der wohl gerechtfertigten Voraussetzung, dass es sich 
hier um eine Betheiligung der Zellräume des Warzenfortsatzes an der 
eitrigen Entzündung handle, machte ich am nächsten Tage, als die Tem¬ 
peratur wieder auf 39,0 stieg, die Trepanation. Die Corticalis war sehr 
dick, der Knochen im ganzen ziomlich fest, enthielt nur wenig pneuma¬ 
tische Zellen, und erst in der Tiefo von etwa 1,5 cm wurde das Antrum 
eröffnet, das jedoch keinen Eiter enthielt. Um sicher zu sein, dass ich 
wirklich das Antrum vor mir hatte, würde eine vorsichtige Durchspülung 
mit Vs °/oo SubHmatlösung gemacht, wobei das Spülwasser durch den 
äusseren Gehörgang und zum Theil durch die Nase abfloss. Nach der 
Operation hörten zwar die Schmerzen im Ohr auf, allein die Fieber¬ 
erscheinungen bHeben unverändert, so dass am nächsten Mittag die lern* 
peratur wieder auf 39,9 bei einem Pulse von 140 stieg, dabei war das 
Kind apathisch, der Stuhl war retardirt; Pupillen beiderseits gleich, 
reagirten gut auf Licht, Urin frei von Eiweiss. Während der nächsten 
14 Tage gestaltete sich der Verlauf dann so, dass das Befinden des Endes 
Morgens ziemlich gut, die Temperatur niedrig (zwischen 36,2 und ob,8) 
war, während bereits in der Mittagsstunde es den Eltern auffiel, dass das 
Kind unruhig wurde, über Hitze und Kopfschmerz klagte; Abends ver¬ 
schlimmerte sich der Zustand weiter, und die Temperatur stieg auf 
bis 39,8. Schon am Tage nach der Operation klagte Patientin über 
Schmerzen beim Schlingen, doch zeigte sich bei der objectiven Unter¬ 
suchung keinerlei Veränderung an der Pharynxschleimhaut, nur die Be¬ 
wegung des Velum palatinum war etwas mangelhaft. Einige Tage später 
traten sehr heftige Schmerzen bei Bewegung des Unken Armes ein. Bie 
Untersuchung ergab vollständig freie Beweglichkeit in allen Gelenken, da¬ 
gegen erwies sich Druck auf den M. pectoralis major sehr empfindlich. 
Röthung und Schwellung der Haut bestand nicht. Nach weiteren zehn 
Tagen traten ähnliche Schmerzen in der Muskulatur an der äusseren Seite 
des linken Oberschenkels ein, auch hier war keine Veränderung an der 
Haut zu sehen. Die Schmerzen hielten an [allen den genannten Stellen 



Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





15.. März. 


nur einige Tage an, doch blieb auch nach der Entfieberung fl4 Taee nach 
der Operation) eine leichte Beschränkung in der Beweglichkeit des linken 
fünf*Wodien ßem6S ^ ^ ZUrÜck * Vollständige Heilung nach 

, Ic , h S laabe nicht fehlzugehen, wenn ich die in den verschiedenen 
Muskeln aufgetretenen Schmerzen auf eine vom Ohr ausgeo-angene 
infectiöse Polymyositis zurückführe. Freüich kann es sfeh nur 
um geringfügige entzündliche Veränderungen in der Muskulatur 
gehandelt haben, da dieselben so schnell und ohne Folgen zu hinter¬ 
lassen verschwanden. -- Die Frage, auf welche Weise in diesen 
acut verlaufenen und in Heilung übergegangenen Fällen die All- 
gemeininfection stattgefunden habe, lässt sich natürlich mit Sicher¬ 
heit nicht beantworten. Dass es sich nicht um Thrombophlebitis 
emes der grösseren Hirnblutleiter (Sinus transversus und cavernosus) 
gehandelt habe, dafür spricht der Mangel aller darauf hindeutenden 
localen Erscheinungen. Ob aber, wie Moos (Zeitschrift für Ohren¬ 
heilkunde Bd. XI, p. 238) glaubt, Phlebitis eines der kleineren 
Himsmus (Petrosus superior und inferior), oder, wie Hessler 
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XX, p. 223) und Körner ( Die 
otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und der Blut¬ 
leiter“ M. 1894, p. 79) annehmen, Osteophlebitis der 

kleinen Venen des Schläfenbeins als Ursache der Septicopyämie anzu- 
sehen sei, oder ob, nach Herrn Fraenkel’s Auffassung, eine direkte 
Aufnahme der Infectionserreger durch die Lymphbahnen statt¬ 
gefunden habe, lässt sich auf Grund des vorliegenden Materials 
schwerlich entscheiden. Für die Praxis ist nur die erste Frage 
d. h. die eventuelle Annahme oder Ausschliessung einer Phlebitis 
der grösseren Blutleiter, speciell des Sinus transversus, von Be¬ 
deutung weil wir danach unser therapeutisches Handeln ein- 
nchten, d. h uns darüber entscheiden müssen, ob wir im gegebenen 
halle nur die Paracentese des Trommelfelles oder die einfache 
irepanation des Warzenfortsatzes vornehmen, oder ob wir der 
letzteren die Eröffnung des Sinus und die Ausräumung des septischen 
Materials aus demselben folgen lassen sollen 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


VL Wirkt Antitoxin giftzerstörend? 

Von Prof. H. Büchner in München. 

Die Darstellung Prof. Behring’s in No. 8 dieser Wochenschrift 
muss bei Lesern, denen mein Aufsatz: „Beruht die Wirkung 
, n D n ^ chen . Heilserums auf Giftzerstörung?“ in 
\ ‘ -p. j r Berliner klin. Wochenschrift unbekannt geblieben ist, 
dLw“'™ «wecken, als handle es sieh in letzterer nur um 
j* rr lscbe Streitigkeiten, wobei Unklarheit und Missverständniss 
mal, s P^ en - Keine Annahme könnte irriger sein. Viel- 

* eS8ich ^ du rch ihren praktischen Ernst 
dem p 0 S i Un ^ v ,fangende Frage: Dürfen wir bei einem Menschen, 
npiitic*!, lri ?u 8c ? es Tetanus- oder Diphtherieheilserum in thera- 
Sn^ AbS c. Cll i "5 idrt wird « erwarten, dass die einverleibten 
r“ en das 1111 ? ör P er vorhandene, in den erkrankten 

mifToi. H er * eitS WLr hsame Gift zerstören? Oder müssen wir uns 
EmrLc c!“! ein 5 im munisirenden, schützenden Wir- 
S !? Se a “ f die nocl1 nictlt to“ der specifischen Gift- 
ergriffenen Organe und Organtheüe begnügen? 

zweifelhaft 111 . ch ^ e u°® sen Wird die Bedeutung dieser Alternative 
theranpnt;Lt em eb ® nsowem g die Nothwendigkeit, bei serum- 
habftif \f ben Versuchen von vornherein hierüber Klarheit zu 
zweit« T,® 111 ® Expenmente haben nun ergeben, dass nur die 
habe «lg ngsa.rt der Wahrheit entspricht, und ich 

genau 8 I eitere ?. Gewährsmann Tizzoni anführen können, der 
dar^f gleicben Resultate kommt. Und zuletzt habe ich 


darauf hi«—7— a-uiumu. uuu zuiclzl naoe len 

Wochenqphlif^TöQQ da ® S Be hring’s eigene neueste, in No. 48 dieser 
Denn wi«^^ 3 mit K etbeilte Erfahrungen das gleiche ergeben, 

keit Z 7ZZ T lhm . geschilderte „Ueberempfindlich- 
möglich ««a n d en Organismus“ gegen Tetanusgift überhaupt 
Sernm’vü eiDe . s 0 ^ anism us, der gleichzeitig ein 

wenn die An«+ °? b antitoxischen Eigenschaften besitzt, 
möchten? ltoxine uu Körper giftzerstörend zu wirken ver- 

nöthi^kf 0 ,,^ 6 j 6 let ^ er eu Ergebnisse beweisen, dass Vorsicht 
Körper niohf Vorgänge bei der Antitoxinwirkung im 

deuten suchte em * acb sin d wie man sich dieselben anfangs zu 


Erwiderung auf vorstehende Bemerkungen. 

Von E. Behring. 

wiedenm^ein^ W»r von Prof ‘ H * Büchner lassen 
auf deren * ar ® Stellungnahme zu derjenigen Frage vermissen, 
Diese Fräs« iä CQ + 0r ^ g 68 . dem Praktischen Arzt allein ankommt. . 
*6 asst sich iu die Worte zusammenfassen: „Kann die I 


Antitoxinbehandlung bei diphtheriekranken und bei 
tetanuskranken Individuen lebensrettend wirken?“ 

TW \ nehme d , aSS Prof ‘ H ' Bahner mit den experbnenteUen 
Thatsachen genügend vertraut ist, durch welche dieseTriebe- 
dingungslos mit „ja“ beantwortet wird ^ b 

Wenn das aber der FaU ist, dann wird Bueliner auch nicht 
umlim können, die Blutantitoxine als Heilmittel zu bezeichnen 
und ich glaube, er wird dann bei näherer Ueberlegung die Forderung 
nicht mehr aufrecht erhalten, dass vor der praktischen Anwendung 
dieser Heilmittel die Gelehrten über das Zustandekommen der 
Heilwirkung einig sein müssten. Wie wenig Theorie und Praxis 

™Te™“n H n nd -ti n i der Madi ? i11 . e obcn . Iehrt ja auch die Geschichte 
andern Heilmittel zum Beispiel des Quecksilbers für die Syphilis 
und des Chinins für die Malaria. 

Ganz unrichtig ist es, wenn Büchner dafür, dass wir uns 
mit einer prophylaktischen Antitoxinwirkung begnügen müssten, 
Tizzoni als Gewährsmann anführt. Tizzoni hat im Gegentheil 
positiv für den Tetanus die lebensrettende Wirkung des Tetanus- 
eilserums bei typischem Tetanus auf Grund eigener Beobachtungen 
behauptet, und er ist meines Wissens auch weit entfernt sich aus 
der biographisch interessanten, wissenschaftlich aber ganz ergebnis¬ 
losen Publication Buschke’s Belehrung über angebliche Neben¬ 
wirkungen des Tetanusantitoxins zu holen. Als experimentell 
ei fahren er Mann ist Tizzoni weiterhin nicht so unvorsichtig wie 
Büchner über die Heilbarkeit der Diphtherie negirende Urtheile 
abzugeben, ohne das Diplitherieantitoxin in Händen gehabt zu 
haben. 

Es ist freilich richtig, dass in manchen Fragen Tizzoni immer 
noch sich durch Buchner’sche Theorieen irreführen lässt. Dies 
Schicksal theilt er mit manchen anderen Medicinern und das ist 
eben auch der Grund, aus weichem ich mir die Mühe mache, die 
rehlerquellen in Buchuer’s Auseinandersetzungen aufzudecken. 
Ich habe schon früher erwähnt, dass dies in meinem noch in diesem 
Monat erscheinenden Buche „Infection und Desinfection“ aus¬ 
führlicher geschehen ist. Hier will ich bloss noch auf einen be¬ 
stimmten Punkt die Aufmerksamkeit lenken. 

Nach den Ausführungen Büchner’s muss der Leser glauben 
dass irgend jemand das speeifische Tetanusgift in kranken Organen 
antitoxinbehandelter Individuen nachgewiesen habe. Das ist aber 
weiter nichts, als eine luftige Hypothese von Büchner, wovon 
jedermann mit Leichtigkeit durch experimentelle Untersuchung 
sich überzeugen kann. Gerade umgekehrt liegt in Wirklichkeit die 
Sache. Nicht darin lag die Schwierigkeit des Verständnisses der 
Antitoxinwirkung im tetanuskranken lebenden Organismus, dass 
Giftreste in Organen gefunden wurden, sondern dass anscheinend 
ein Antitoxinüberschuss im Blut und in den Organen solcher 
Individuen vorhanden ist, die trotzdem an typischem Tetanus zu¬ 
grunde gehen. Diese zuerst von Metschnikoff zur Discussion 
gestellte Thatsache ist für mich der Ausgangspunkt einer sehr 
grossen Reihe von experimentellen Untersuchungen geworden, die 
unwiderleglich beweisen, dass sowohl die immunisirende wie die 
heilende Antitoxinwirkung einzig und allein auf der direkten Un¬ 
schädlichmachung des Tetanusgiftes, beziehungsweise des Diphtherie¬ 
giftes beruht. 

Ich bin einigermaassen neugierig, was Prof. H. Büchner 
sagen wird, wenn er nach Kenntnissnahme der in meinem oben 
genannten Buche ausführlich dargestellten experimentellen Resultate 
findet, wie einfach die Lösung des Problems ist, dass „das Blut 
eines tetanusgiftüberempfindlichen Individuums zwar 
genug Antitoxin enthalten kann, um für andere, weniger 
giftempfindliche Individuen das Tetanusgift unschädlich 
zu machen, aber nicht genug, um das Tetanusgift für sich 
selber vollkommen wirkungslos zu machen.“ Soviel will 
ich schon jetzt verrathen, dass der Schlüssel zum Verständniss 
dieser auf den ersten Blick paradox aussehenden Thatsache ge¬ 
funden ist, wenn man sich die Relativität des Giftbegriffs 
und die Relativität des Begriffs der Giftzerstörung recht 
klar gemacht hat. 

VII. Zur Geschichte der Myxödemfrage. 

Von Prof. Dr. Otto Leich tenstern in Köln. 

Herr Felix Semon (London) macht mich darauf aufmerksam, 
dass wie fast in der gesammten deutschen Litteratur, so auch in 
dem historischen Abschnitt meiner jüngsten Myxödemarbeit 1 ) der 
Antheil, welchen er selbst an der Entwickelung der Myxödemfrage 
genommen habe," mit Stillschweigen übergangen worden sei. 

Nach Einsicht des Originales stehe ich nicht an, meiner ge¬ 
nannten Arbeit an der betreffenden Stelle der historischen Uober- 
sicht den folgenden Satz hinzuzufügen: 

') Diese Wochensckr. 1893, No. 49—51. 


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252 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


„1883. Felix Semon (London) spricht in der Sitzung der 
Clinical Society of London vom 23. November 1883 l ) zuerst klar 
und bündig den Satz aus, dass Cretinismus, Myxödem und 
„Cachexia strumipriva“ ihre gemeinsame Ursache in dem 
Verlust der Schilddrüse, i. e. in dem Ausfall der Schild¬ 
drüsenfunction haben. 


VIIL Referate und Kritiken. 

J. Hirschberg, Um die Erde. Eine Reisebeschreibung. 531 S., 
gr. 8 U . Leipzig, Georg Thieme, 1894. Ref. Pagel (Berlin). 

Einen kleinen Bruchtheil des Werks kennen die Leser dieser 
Wochenschrift bereits in Gestalt der vortrefflichen und instructiven 
Aufsätze über japanische und indische Heilkunde, welche der Ver¬ 
fasser, der üphtnalmologe Prof. Hirschberg, im vorigen Jahr¬ 
gange, zuletzt in No. 5 dieses Jahres publicirt und jeder Freund 
der medicinischen Geschichte mit Freuden und Dank wie alles, 
was Hirschberg schreibt, begrüsst hat. ln höherem Maasse 
schulden und zollen wir an dieser Stelle dem Verfasser Dank da¬ 
für, dass er uns auch die ganze Reisebeschreibung, den Rahmen, 
innerhalb dessen die früher veröffentlichten Fragmente sich be¬ 
finden, also gewissermaassen den Makrokosmos vom Mikrokosmos 
nicht vorenthalten hat. Aber nicht bloss Dank für die wunder¬ 
bare Schilderung seiner mannigfachen Erlebnisse und für vielseitige 
Belehrung, sondern auch Bewunderung für seine physische und 
schriftstellerische Leistung gebührt dem Verfasser, ln 171 Tagen 
48092 km, eine Weltreise in der Zeit vom 1. August 1892 bis 
zum 19. Januar 1893 zurückzulegen und schon heute uns eine so 
umfangreiche und gediegene Beschreibung, wie sie in dem statt¬ 
lichen Werke vorliegt, zu liefern, dazu war nur ein so grundge¬ 
lehrter und durch frühere Reisen (viermal nach Italien, zweimal 
nach der Türkei und Griechenland, zweimal nach Nordafrika und 
einmal nach Nordamerika) sowohl sprachlich wie sachlich nach 
allen Richtungen hin präparirter und naturwissenschaftlich ge¬ 
schulter Arzt, wie Prof. Hirschberg einer ist, imstande. Mit 
seiner Weltreisebeschreibung hat er uns ein universelles Quellen¬ 
werk von nicht geringem Werthe geliefert. Vollgepfropft mit reise- 
litteratur- und anderen geschichtlichen Notizen, bietet es dem 
Leser in der That eine ganze Welt von Beobachtungen und Be¬ 
merkungen und dazu zum Theil von solchen, welche sich, wie die¬ 
jenigen über japanischen Religionsculius, in keinem anderen ähn¬ 
lichen Werke hnden. Der Theologe, der Welt- und Culturhisto- 
riker, der Mediciner so gut wie der Naturforscher, der Mathema¬ 
tiker — sie alle werden Hirschberg’s Buch mit Genuss und 
Befriedigung lesen und eine Fülle von Belehrung daraus schöpfen 
können. Aber auch das Herz des Philanthropen, die Phantasie 
des Dichters und Natur Schwärmers fühlt sich an nicht wenigen 
Stellen des Buches warm berührt, um nicht zu sagen tief gerührt 
und sympathisch angeregt. Wir lernen den Verfasser als einen Mann 
kennen und schätzen, bei dem Herz, Gemüth und mathematisch¬ 
naturwissenschaftliches Denken harmonisch mit einander gepaart 
sind, der Patriotismus und Nationalstolz mit Kosmopolitismus und 
Humanität in angemessenster Weise verbindet, und es muss zu 
besonderer Genugthuung gerade den Vertretern des ärztlichen 
Standes der Gedanke gereichen, dass es einer der ihrigen ist, der 
deutsche Wissenschaft und Gelehrsamkeit, deutsches Können und 
Wissen nach den fernsten Ländern hin vermittelt und dort in so 
würdiger Form zur Geltung bringt. Die Einzelheiten, wie Hirsch¬ 
berg gereist ist, wo und wie lange er sich in jeder der von ihm 
besuchten Städte und Länder aufgehalten, was er dort erlebt und 
gesehen hat, welche Ovationen ihm von Collegen bereitet worden 
sind u. a., müssen in dem glänzend durch Druck, Papier, photo¬ 
graphische Abbildungen, sowie eine Weltkarte (mit der durch eine 
rothe Linie gekennzeichneten Reisetour) ausgestatteten Buch selbst 
nachgelesen werden. Auch die hochgestelltesten Erwartungen, mit 
denen man an die Lectüre Hirseliberg’scher Arbeiten heran¬ 
treten darf, werden keine Täuschung und Enttäuschung erfahren. 
Im Geiste wird man mit dem Verfasser eine Weltreise durchleben 
können ganz in derselben Weise, wie nach des Asklepiades Grund¬ 
sätzen eine Cur beschaffen sein soll: tuto, cito et jucunde. 


C. Hose, Ueber Kieferbrüche und Kieferverbände. Jena, 
G. Fischer, 1893. Ref. A. Köhler (Berlin). 

Da bis jetzt noch keine zusammenfassende Darstellung der 
Kieferbrüche und Kieferverbände besteht, wenigstens keine, welche 
die modernen Errungenschaften der Technik bei den Verbänden 
vollständig enthält, übergiebt C. Röse, Privatdocent an der Uni¬ 
versität Freiburg i. B., den betreffenden Abschnitt seines dem¬ 
nächst erscheinenden Lehrbuches der Zahnheilkunde schon jetzt 


l ) Brit. med. Joura> 1883, vol. II, p. 1073» 


der Oeffentlichkeit. Unter den 56 Abbildungen, besonders unter 
den Gipsabgüssen, finden wir einige alte Bekannte, da 
fasser gelungen ist, eine Zahl der von Sauer u. a. dargestellten 
Abgüsse für seine Arbeit zu verwertlien Interessant und für 
die Kriegschirurgie besonders wichtig sind die Besonderheiten der 
Schussverletzungen der Kiefer, bei denen man von altersher mit 
den Splittern sehr conservirend (nicht „conservativ, Ref.) verfuhr 
und welche von Röse überall mit besonderer Sorgfalt berücksich¬ 
tigt werden. Bei der Besprechung der Therapie der Unterkieier- 
brüche folgt auf die ausführliche historische Einleitung über die 
zahlreichen früheren Methoden der Retention (Funda, Capistrum 
duplex, BoyeFs Korkverband, Szymanowsky’s Holzstao Ver¬ 
band nach Rütenik, Bleichensteiner u. s. w.) die durch mstruc- 
tive Abbildungen erläuterte Erklärung der neueren Methoden, bei 
denen die jedesmal besonders angeiertigten Schienen ihre Be¬ 
festigung an dem gebrochenen Kieler seihst finden. Die vortefi- 
lichen Sauer’schen Apparate, welche seiner Zeit wohl in den 
meisten chirurgischen Kliniken Berlins von Sauer selbst und 
seinen Schülern angelegt wurden, und besonders sein Nothverband, 
welcher leicht zu erlernen ist und deshalb bei Kriegsverletzungen 
von grossem Werthe sein kann, werden besonders ausführlich he- 
sprochen. Sie werden nur übertroffen von den in jüngster Zeit 
von Löhers angegebenen Ringmutterverbänden, deren nähere Be¬ 
schreibung im Original nachzusehen ist. (Sie besitzen übrigens 
eine grosse Aehnlichkeit mit den von Angle (Journ. f. Zahnheilk. 
Jahrg. V, Heft 1J empfohlenen „regulating and retaining appiiances". 
Gibson, welcher ebenfalls über Kieferbrüche schrieb (Dental Cos- 
mos 1890, No. 3] hat nur die Haun’schen Schienen Ls. Röse, 
p. 17ff'J aufs neue erfunden. Von Schussverletzungen der 
Kiefer handelt aus neuerer Zeit die Dissertation von L. Brandt, 

A 1SU9. Rnf 1 


B. Sachs, Die TTimiahwiiing en der Kinder. (Volkmann’s Samm¬ 
lung klinischer Vorträge No. 46 und 47. Ref. Eulen bürg (Berlin). 

Eine sehr gute Monographie der cerebralen Kinderlähmung von 
B. Sachs, dem wir schon mehrere schätzbare Arbeiten über den¬ 
selben Gegenstand (Journal of nervous and mental diseases 188/, 
1890 und 1891) verdanken; auch nach* der neuerdings erschienenen 
ausführlichen Studie von Freud und Rie (Wien i89l) noch in 
hohem Grade beachtenswerth. — Sie unterscheidet drei Haupt- 
gruppen: 1) vor der Geburt entstandene Lähmungen; 2) Lahmun¬ 
geninfolge von Geburtstraumen; 3) acute oder acquirirte -Lähmungen 

— und theilt einzelne prägnante Beispiele jeder Gruppe mit. —- 
Unter 225 zusammengestellten Fällen wurden 134 bei Enabeu, 91 
bei Mädchen beobachtet; Hemiplegia dextra bestand 81 mal, sinistra 
75 mal, Diplegie 39 mal, Paraplegie 30 mal. Von den erworbenen 
Fällen scheinen wenigstens zwei Drittel im ersten Lebensjahre 
ihren Anfang zu nehmen; vereinzelte Fälle stammen aber noch 
aus dem achten, selbst aus dem fünfzehnten Jahre. 

ln der Aetiologie der intrauterin entstandenen Läh¬ 
mungen sind von der Mutter erlittene Traumen hervorzuheben 
(5 Fälle). Bei der Aetiologie der acuten Hirnlähmungen spielen 
die verschiedenen lnfectionskrankheiten die wichtigste Rolle; auch 
psychisches Trauma und noch mehr Schädeltrauma sind Momente 
von grosser Bedeutung, ln der Frage, wie sich die Kinderläh¬ 
mung zu den so käuhg vorangehenden Convulsionen verhalte, er¬ 
klärt Sachs gegenüber Freud und Rie, welche die Convulsionen 
nicht als ätiologisches Moment gelten lassen wollen, an seinem 
eigenen früheren Standpunkte festnalten zu müssen; die Lähmung 
kann nicht selten auf der Höhe eines Krampfanfalls, durch Häinor- 
rhagie u. s. w. entstehen. Coma kann im Initialstadium ganz 
fehlen, wenn der Process sich im Innern des Gehirns abspielt, ist 
dagegen bei corticalem Ursprünge gewöhnlich vorhanden; wieder¬ 
holtes oder häufiges Eintreten von Coma und Convulsionen lassen 
sicher auf einen corticalen Ausgangspunkt des Processes schliessen. 

— Von besonderer Wichtigkeit ist die enge Association dieser 
Erkrankungsformen mit Epilepsie; nach Sachs ist „ein nicht 
geringer Procentsatz der sogenannten genuinen Epilep¬ 
sie infolge jener Gehirnläsionen entstanden, welche zu 
den hier besprochenen Lähmungen führen." Nach der 
eigenen Statistik von Sachs kommt Epilepsie in ungefähr 45 u / 0 
aller Hirnlähmungen vor, und zwar häufiger im Zusammenhang 
mit Hemiplegie als mit doppelseitiger Lähmung, last die Hälfte 
der Fälle von cerebraler Hemiplegie bei Kindern lührt zur Epilepsie; 
nur selten zeigt diese in solchen Fällen den rein corticalen Typus. 
Von den Diplegieen waren 29 ü /o, von den Paraplegieen 36 u /o niit 
Epilepsie verbunden. Die Epilepsie steht unzweiielhaft in enger 
Beziehung zu den secundären Degenerationen, die sich im An¬ 
schlüsse an die Initialläsion entwickeln, und hat vollständig den 
Werth einer traumatischen Epilepsie; in allen Fällen besteht an¬ 
fangs ein ganz localer Process, an den sich die secundären Ver¬ 
änderungen anschliessen, die mit dem Auftreten der Epilupsi® 



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15. März. 


• DEUTSCHE MEfrlClNlSCHE WOCHENSCHRIFT. 


253 


Hand in Hand gehen. An diese Verhältnisse knüpft sieh die 
Möglichkeit, durcn operative Entfernung des Krankheitsheerdes die 
Epilepsie zu beeinflussen (Horsley). Sachs theilt einzelne ein¬ 
schlägige Erfahrungen mit (zwei vorübergehende Erfolge, ein Todes¬ 
fall) und spricht sich einstweilen dahin aus, dass die Excision des 
betreffenden Rindencentrums nur dann vollkommen rationell sei 
wenn eine bedeutende secundäre Sclerose sich noch nicht ent¬ 
wickelt habe, ihre weitere Verbreitung aber von dem zu bezeich¬ 
nenden Hirntheile aus befürchtet werden müsse. 


M. Bernhardt, Üeber Franklin’sche oder Spannungsströme 
vom elektrodiagnostischen Standpunkt. Volkmann’s Samm¬ 
lung klinischer Vorträge N. F. No. 41. Referent Eulen bure: 
(Berlin). 6 

Nach einer historischen Uebersicht der bisher vorliegenden 
Litteratur, soweit dieselbe für Elektrodiagnostik von Wichtigkeit 
ist, geht Bernhardt zur Beschreibung seiner eigenen Versuche 
über, wobei das Eulenburg-Hirschmann’sche Armamentarium 
benutzt wurde; die Prüfungen geschahen stets sowohl mit dem 
Funkenstrom, wie mit dunklen Entladungen bei Einschaltung 
i ran klinischer Tafeln (Belegfläche 113 qcm). Strom und Muskel 
wurden stets monopolar untersucht, der andere Pol entweder zum 
Erdboden oder zu der isolirenden Fussplatte abgeleitet. Bei dem 
Funkenstrom wirkt der positive Pol stärker zuckungerregend 
während bei Einschaltung Franklin’scher Tafeln eine stärkere 
\V irkung des einen Pols vor dem anderen nicht bemerkt w'erden 
konnte. 

ln einem Falle von traumatischer Radialislähmung mit 
vollkommener Entartungsreaction ergab auch die Reizung mit ln- 
üuenzelektricität nach beiderlei Methoden keine Reaction in der 
gelähmten Muskulatur. — ln einem Falle von fast vollkommener 
Lähmung des linken Arms nach Sehulterluxation war in 
den Gebieten herabgesetzter, indirekter und direkter faradischer 
Reizbarkeit auch die Franklin’sche Erregbarkeit vermindert, 
aber deutlich vorhanden, die Zuckung dabei gleich der faradischen 
prompt und blitzartig, trotz träger galvanischer Zuckung 
bei direkter Reizung. 


. ^ n, ier ^ ä ^ en von typischer B leilähra ung waren die Muskeln 
mit vollkommener Entartungsreaction auch bei Franklin’scher 
Reizung völlig reactionslos. linter fünf Fällen von Facial 1 ähmung 
ist em schwerer Fall hervorzuheben, in dem nach 14 Tagen die 
mraoische und galvanische, direkte und indirekte Erregbarkeit in 
en gelähmten Partaeen erloschen war; hier konnte auch durch 
unkenentladungen und dunkle Entladungen keine Reaction erzielt 
wemen. ln einem anderen Falle war die faradische Erregbarkeit 
. 6n i“ esten ?ür M. corrugator und M. levator menti erhalten, 
vermindert, bei ausgesprochener galvanischer Entartungs- 
l l ? a ’ D . er er 8P , b auf der gelähmten Seite auch die Frank- 
n , s ? e Beizung in den genannten Muskeln deutliche, prompte 
__ urze Zuckung, jedoch schwächer als auf der gesunden Seite, 
taiö« einem - 7011 Zähmung an den unteren Extremi- 
ri - > war im N. peroneus der kranken Seite die indirekte fara- 
?lfiillfv 12bar i eit r, sehr schwach , die direkte ganz fehlend, bei 
gleichzömger EaR; hier erhielt man auch bei Franklin’scher 

„ 1 ^L 1 Ilur vom ^ ervei1 aus schwache Zuckung, vom Muskel aus 
s»" nichts. 

dßR + m von P er ipherischer Lähmung im Gebiete 

.. . n , ulnaris un( * m ^dianus konnte mit voller 
artun ln h> auni enballenmußkeln eine Franklin’sche Ent- 
danffen gß ^ J h* tl j Il 4 ,VV ex( l uisit trä & e Zuckung bei Funkenentla- 
^erden deutlich hei dunklen Entladungen) — beobachtet 


zeitmpr At! m J al i e V011 lia hsseitiger Hemiplegie mit früh- 
Muskeln, Herabsetzung der elek- 
EaR erinnn^ baF ^? lt m . ^ er ! v en un( i Muskeln und einer an partielle 
— wie an oh . 611 Reaction in einzelnen kleinen Handmuskeln waren 
pberischfir T au der Mehrzahl der vorhergehenden FäUe von peri- 
EucS" ^«nt partieller EaR - die Franklinschen 
als auf^der gemmden^^te 2 ’ a ^ er Gütlich schwächer 

der ,^ U8 heldystrophie mit Betheiligung 

titative H«r 0 h muskulatur bestand theils Aufhebung, theils quan- 
in ganz für faradisc he und galvanische Ströme, und 

linW stl! r WeiS0 . au °h ^r die Funkenentladungen Frank- 
herabgesetztflr fl’™*- ? ei ein ? r mul tiplen Neuritis mit enorm 
Erregbarkeit ; ara( hacher und galvanischer, direkter und indirekter 
düngen o-* r w zaW f eic hen Nervengebieten erzielten Funkenentla- 
(promote nioh! 116 .’ ünuhle Entladungen theilweise noch deutliche 
«chrie P ben 5 en? P.i, Zuckung. - In einem (schon 1885 be- 

sowohl dl«.«*;,, TOn fhomsen’scher Krankheit endlich rief 
oetzung nut Funkenströmen wie mit dunklen Entla¬ 


dungen kurze, prompte, nicht nachdauernde Zuckung hervor; selbst 
bei sehr schneller Rotation und tetanusähnlicher Muskelerregung 
wurde eine deutliche Nachdauer nicht beobachtet. 

Im allgemeinen fand sonach Bernhardt, gleich dem Referenten 
dass, wo der faradische Reiz auf Nerv und Muskel nicht mehr 
wirkte, auch der Franklin’sche Reiz in der Regel erfolglos war; 
träge Franklin’sche Zuckung constatirte Bernhardt nur in 
einem einzigen Fall; bei partieller Entartungsreaction fand 
sich stets ein vollkommener Parallelismus der Franklin’schen 
und der faradischen Reaction, bei beiden stets prompte und kurze 
Zuckung, während der direkte galvanische Reiz mit träger Zuckung 
beantwortet wurde. 


J. Grossmann, Die Erfolge der Suggestionstherapie (Hypnose) 
bei Influenza. Berlin, Herrm. Brieger, 1892. Ref. K. Grubo 
(London). 

Verl, ist ein begeisterter Anhänger der Suggestionstherapie, 
mit der er sich seit zwei Jahren beschäftigt und die er bei mehr als 
351) Fällen mit den besten Resultaten angewandt hat. Dass die¬ 
selbe in der Hand des vorsichtigen und mit der Technik vollkom¬ 
men vertrauten Arztes gefährlich sein könne, bezeichnet Verf. als 
ein Märchen. Ihm ist niemals ein unangenehmes Symptom danach 
vorgekommen, niemals ein nervöser Mensch noch nervöser, oder ein 
nicht Nervöser nervös geworden. 

Die vorliegende Arbeit berichtet über die Wirkung der Hyp¬ 
nose bei Influenza; der erste Theil derselben behandelt im allge¬ 
meinen die Erfolge und die Technik, der zweite giebt die Kranken¬ 
geschichten. 

Bei der Influenza treten eine Reihe von Symptomen auf, denen 
gegenüber die medicamentöse Behandlung vollständig machtlos sei. 
Hierzu gehören vor allem die Schmerzen, ferner eine andauernde 
Appetitlosigkeit, profuse Transspiration, Schlaflosigkeit, Schwindel, 
allgemeine Depressions- und Prostrationsgefühle. Gerade diesen subjec- 
tiven Symptomen gegenüber hat nun die Suggestion dem Verf. so vor¬ 
zügliches geleistet, dass er nicht ansteht, zu behaupten, die Wirk¬ 
samkeit der als Speciflca gepriesenen Mittel beruhe hauptsächlich 
auf ihrem suggestiven Einfluss, d. h. auf der von dem Kranken 
sich selbst suggerirten Idee und der durch die versichernden 
Worte des Arztes imputirten Suggestion, dass die Mittel helfen 
würden. 

Neben der Suggestion seien freilich auch andere Mittel nöthig, 
so einmal zur Bekämpfung des Fiebers, sodann um „dem herrschen¬ 
den Vorurtheil“, dem Verlangen des Kranken nach einer Medicin 
Rechnung zu tragen und somit den suggestiven Nutzen der letzteren 
heranzuziehen. Ehe Verf. aber derartige Mittel verordnete, wurden 
immer zuerst die oben skizzirten Symptome ganz oder theilweise 
wegsuggerirt. In allen Fällen aber, in denen der Controlle wegen, 
oder weil Verf. nicht imstande war, den Patienten zu hypnotisiren, 
oder in denen abwechselnd die Suggestion und medicamentöse 
Mittel angewandt wurden, konnte Verf. sich überzeugen, dass das 
wesentlich wirkende Agens die Suggestion war. Wie Verf. in den 
Fällen, in denen die Hypnose nicht gelang, zu dieser Ueberzeugung 
kam, sagt er nicht. Die Suggestion ist daher in vielen Fällen der 
medicamentösen Behänd!ungsweise, der Elektro- und Hydrotherapie, 
ebenbürtig an die Seite zu stellen. 

Die Krankengeschichten von 32 Fällen sind mehr oder weniger 
ausführlich. Meistens war der Erfolg ein guter, und zwar trat 
derselbe häufig schon nach wenigen Tagen (2—3) ein, nur in 
wenigen Fällen war er weniger eclatant. Im 18. Fall handelte es 
sich um ein 17 jähriges Mädchen, die ausser an den Folgen einer 
durchgemachten Influenza nach Angabe der Krankengeschichte 
auch an starker Anämie litt; sie kam am 27. Januar in Be¬ 
handlung und war am 4. Februar vollkommen gesund. Man weiss 
nicht, ob sich dies vollständige Gesundsein auch auf den 
anämischen Zustand beziehen soll oder nicht. Uebrigens ist der 
Fall auch wegen des angegebenen Einflusses der Suggestion auf 
die Menses interessant. 

Zum Schluss fasst Verf. noch einmal die Vorzüge des Verfahrens 
im Gegensatz zu der viel geringeren Wirkung der medicamentösen 
Behandlung zusammen. Er warnt davor, den Kranken aus der 
Hypnose zu erwecken, ohne ihm zuvor das Gefühl subjectiven Wohl¬ 
befindens zu suggeriren, und meint, dass, wenn dieses vom Hypno¬ 
tiseur unterlassen werde und die Patienten nachher über allerlei 
Beschwerden, wie Benommenheit und Schwindel klagen, nicht 
Hypnose und Suggestion, sondern die Ungeschicklichkeit und Un¬ 
kenntnis des Ausführenden zu beschuld.gen seien. Uebrigens 
werde es manchem, der sich mit der Sache beschäftigen 
werde, gehen wie ihm und aus dem Saulus ein Paulus werden. 
Dass die Zahl dieser Bekehrten gross sein w ? ird, ist billig zu be¬ 
zweifeln. 


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254 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


. NO..U 


Menoke, Welche Aufgaben erfüllt das Krankenhaus der 
kleinen Städte und wie ist es einzurichtenP 4. Aufl. Mit 
6 Tafeln und 10 Holzschn. Berlin, R. Schoetz, 1894. Referent 
Merke (Berlin)! 

Verfasser giebt an der Hand der Erfahrungen, die er in dem 
im Jahre 1869 nach seinen Angaben erbauten und 1879 durch 
einen Anbau vergrösserten Krankenhause zu Wilster gesammelt, 
seine Ansichten über Zweck, Bauart, innere Einrichtung und Ver¬ 
waltung von Krankenhäusern, wie sie ohne übermässigen Kosten¬ 
aufwand auch in kleineren Gemeinden durch Privatwohlthätigkeit 
geschaffen werden könnten. Er empfiehlt das dem englischen 
Cottagesystem nachgebildete Hütten-Hospital, das in der Haupt¬ 
sache aus einem eingeschossigen Gebäude besteht, in welchem sich 
auf der einen Längsseite (nach Norden) der gut belichtete, geräu¬ 
mige Corridor, auf der anderen Seite (nach Süden gelegen) die mit 
einander nicht eommunicirenden, auf diesen Corridor mündenden 
Krankenzimmer für vier resp. zwei Betten befinden. Ausserdem 
ist für ein Isolirzimmer, ein Aerztezimmer, Bad und Closetraum, 
sowie für eine kleine Wohnung mit Küche für die Verwalterin des 
Krankenhauses Sorge getragen. 

Bezüglich des Baues und der Einrichtung bespricht Verfasser 
nacheinander in grösstentheils ausführlicher Weise, und indem er 
an geeigneten Punkten auch grössere Verhältnisse streift, den 
Bauplatz, Baugrund, Fundamentirung, Eintheilung, Belegraum, 
Oeconomie, Badeeinrichtung, Abfuhr, Betten und dergl., Aerzte¬ 
zimmer, Nebengebäude, Eishaus und Desinfoction — wie man 
sieht, ein in jeder Hinsicht reichhaltiges und ausführliches 
Programm. 

Es ist hier nicht der Ort, auf die Besprechung der einzelnen 
Abschnitte einzugehen, jedoch möchten wir wenigstens einige 
Punkte, die uns aufgefallen sind, berühren. Zunächst würde wohl 
bei dem Neubau eines Krankenhauses auch in einer kleineren Stadt 
doch auf eine bessere Trennung der Geschlechter Rücksicht ge¬ 
nommen werden müssen, als sie bei dem besprochenen Hütten-Hospital 
möglich ist. (Verf. bringt übrigens selbst auf Taf. VI den Grund¬ 
riss des Krankenhauses in Birkenfeld, in welchem diese Trennung 
durchgeführt ist). Sodann berührt es etwas seltsam, wenn Verf. 
auf S. 43 empfiehlt: in einem und demselben Gebäude das Leichen¬ 
zimmer, die Waschküche und — ein Zimmer für Krätzkranke 
unterzubringen. Wenn es schon immer noch absolut nothwendig 
erscheint, Krätzkranke zu isoliren, obgleich doch gerade bei dieser 
Krankheit die Weiterverbreitung, wenigstens im Krankenhause, 
mit Leichtigkeit und absoluter Sicherheit zu verhindern ist, so 
sollte man doch stets bedenken, dass dies eben auch kranke Men¬ 
schen sind, denen man ebenso wenig wie anderen Kranken eine 
derartige Nachbarschaft zumuthen kann. Auch mit der Empfehlung 
der schwer zu reinigenden hölzernen Bettstellen seitens des Verf.’s 
an Stelle der eisernen, „da die letzteren viel zu kalt seien“, dürften 
sich nur Wenige einverstanden erklären. 

Bei der Besprechung der Closeteinrichtungen in dem Capitel 
„Abfuhr“ vermissen wir ferner die Erwähnung eines Raumes für 
die Aufstellung von Kochapparaten zur Desinfection von Excre¬ 
menten, Sputa u. dergl. bei gewissen Infectionskrankheiten. Die 
Beschaffung derartiger Apparate ist bei dem geringen Kosten- 
aufwande, den sie verursachen, auch dem Krankenhause der kleinen 
Städte recht wohl möglich. 

Wünschens werth wären schliesslich auch genaue Vorschläge 
über die Einrichtung von Desinfectionskammem, die am zweck- 
mässigsten wohl mit der Waschküche und dem Leichenzimmer in 
einemi Gebäude unterzubringen wären, wie dies beispielsweise in 
dem Krankenhause der Stadt Grätz geschehen ist. 

Verfasser bemerkt zwar, dass bei der Aufstellung des Desin- 
fectionsapparates darauf zu achten ist, „dass sich die Thür zum 
Einladen der Desinfectionsobjecte in einem anderen Raume befinde 
als m welchem sich die Thür zum Ausladen befindet“, um eine 
Neuinfection der desinficirten Gegenstände zu verhüten, beschreibt 
aber gleichwohl ausführlicher nur solche Apparate, bei denen eine 
derartige Scheidung m eine reine und eine unreine Seite nicht an¬ 
gängig ist. 


Abgesehen von diesen und ähnlichen Einzelheiten, wie zu 
Beispiel die Fussbodenfrage, in der wir uns persönlich mit de 
Verfasser nicht m Einklang wissen, können wir auch die nei 
Auflage von Mencke’s „Krankenhaus der kleinen Städte“ all« 
denen auf das angelegentlichste empfehlen, die dazu berufen sii 
o er die Pflicht m sich fühlen, dem in kleineren Ortschaften sowo 
wie auf dem platten Lande mehr und mehr sich geltend machend« 
Mangel an geeigneten, den Forderungen der Hygiene wie d 
Humanität wenigstens einigermaassen entsprechenden Kranke 
Unterkünften abzuhelfen. 


IX. Journalrevue. 

Chirurgie- 

Zweifel, Die Bildung einer künstlichen Harnröhre 
mit künstlichem Sphincter. Centralblatt für Chirurgie 1893, 
No. 37. 

0. Zuckerkandl, Zu Prof. Zweifel’s Bildung einer 
künstlichen Harnröhre mit künstlichem Sphincter. Ebenda 
1893, No. 42. 

0. Witzei, Ueber die Operation der Sackniere mit 
Anmerkungen über die Anlegung der Schrägfistel an 
der Harn- und Gallenblase und am Darm. 

E. Martin, Die Anlegung der Blasenbauchfistel nach 
Witzei an Stelle dos hohen Blasenstiches. Ebenda 1893, 
No. 47. 

Die vier oben näher bezeiehneten Mittheilungen schliessen 
sich an den von Witzei vor zwei Jahren gemachten Vorschlag 
an, die Gastrostomie, abweichend von dem früheren Vorgehen, so 
zu bilden, dass ein in den Magen geführtes Rohr (Nölaton) durch 
zwei Längsfalten der Magenwand übernäht werde, und dass das 
Rohr die Bauchmuskeln schräg durchsetzt, wodurch diese wegen 
ihrer entgegengesetzt wirkenden Faserrichtungen das Rohr gleich¬ 
sam wasserdicht umschliessen. Die Grundidee des Witzel’schen 
Vorschlages ist also die, durch Trennung der Bauchmuskeln, ent¬ 
sprechend und parallel ihrer Faserrichtung, für das umkleidete 
Rohr eine Art Bauchmuskelklammer zu schaffen, um ein unbeab¬ 
sichtigtes Abfliessen von Mageninhalt auf diese Weise zu ver¬ 
hindern. (Centralblatt für Chirurgie 1891, No. 31.) Diese Idee 
hat Zweifel in einem Falle von Carcinoma urethrae zur Bildung 
einer künstlichen Harnröhre verwerthet. Da das Oarcinom sehr 
weit in die Harnröhre bei einer 38 jährigen Frau hineingewuchert 
war, wurde die Symphyseotomie gemacht. Unter starker Blutung 
wird die ganze Harnröhre und der untere Theil der Blase resecirt. 
Abschluss der Blase nach unten und Symphysennaht mittels Drill¬ 
bohrer. Sodann wird zwar nach der Witzel’schen Idee, aber in 
der Linea alba über einem NGlaton durch zwei Parallelfalten der 
hinteren intraperitonealen Blasenwand eine Blasenbauchfistel ge¬ 
bildet; schliesslich wird das grosse Netz hinten und das Peri¬ 
toneum parietale vorn zu einem Abschluss der Bauohhöhle ver¬ 
wandt. Ein Quetschhahn schliesst den N61aton, und so oft die 
Kranke uriniren will, öffnet sie denselben. 

Zuckerkandl bemerkt gegenüber Zweifel mit Recht, 
dass derselbe gar keine „künstliche Harnröhre“ geschaffen habe, 
welche den Begriff der Willkürlichkeit des Urinirens, des Zurück¬ 
haltens des Harns, also eine willkürliche Muskelwirkung involvirt, 
sondern nur eine Blasenbauchdeckenfistel, bei welcher die Fixirung 
des Katheters nur durch die Faltenbildung bewirkt werde* Von 
einer angegebenen Sphincterbildung sei nichts zu merken. Endlich 
warnt Zuckerkandl vor der intraperitonealen Blasenoperation, 
welche besonders bei Prostatikern mit Cystitis sehr gefährlich 
werden kann, und hebt die geringere Gefahrlosigkeit und gleiche 
Sicherheit des alten extraperitonealen suprasymphysären Blasen¬ 
schnittes hervor: alles Bemerkungen, denen jeder Fachmann bei- 
pflichten wird. 

Während Zuckerkandl sich derartig gegen Zweifel aus- 
spricht, beschreibt Martin die Operation einer Blasen-Bauch- 
deckenfistel, nach der Witz ersehen Idee ausgeführt, aber von 
Zweifel dadurch unterschieden, dass er extraperitoneal operirte. 
Es handelte sich um einen 62 jährigen Prostatiker, der seit Jahren 
spontan nicht uriniren konnte und wegen Harnretention mit einer 
bis an den Nabel gefüllten Blase in’s Krankenhaus kam. Katheter¬ 
versuche vergeblich. Daher Operation: In einem ca, 5 cm langen 
extraperitonealen Raume werden um einen N61aton zwei Blasen¬ 
wandfalten vernäht und der Nölaton in die Blase gesteckt. Vier 
Wochen später floss kein Urin neben dem Katheter ab, und Patient 
konnte die Blase durch Oeffnen einer Klemme an dem N61aton be¬ 
liebig entleeren. Martin empfiehlt auf Grund dieses einen Falles 
die Witzel’sche Operation für alle Fälle an Stelle der Blasen- 
punction. Referent möchte sich dieser Empfehlung nicht an- 
schliessen, besonders nicht für Prostatiker, weil diesen seiner Mei¬ 
nung nach durch diese Modification kein Vortheil geleistet werden 
dürfte. Nur dort, wo eine Harnretention durch ein dauerndes, die 
natürlichen Wege verlegendes Hinderniss hervorgerufen wird: durch 
inoperable Geschwülste etc., da könnte die Witzel’sche, an sich 
ja sehr sinnreiche und erfolgreiche Idee discutabel sein. Ein 
Punkt darf aber nicht vergessen werden: Martin ebenso wie 
Zweifel haben nur eiuen Theil der Witzel’schen Operation aus¬ 
geführt; das aber, worauf Witzei ein grosses, vielleicht das 
grösste Gewicht legt, die schräge Durchbohrung der Bauchmuskeln, 
die vermöge ihrer entgegengesetzt wirkenden Muskelfaserrichtung 
hauptsächlich die Klemme bilden, das haben beide nicht ausgeführt, 
vielleicht weil es in ihren Fällen nicht thunlich war. ,0b für 


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Original fro-m 

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15. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


einen Prostatiker, der wie der Martin’sche wohl sicherlich eine 
Menge Residualharn beherbergte, eine permanente, wenn auch 
noch so gut zu schliessende Fistel angebracht war, das möchte ich 
zu bezweifeln mir erlauben. Was die dreitägige Blasenblutun«* 
betrifft, so möchte ich auch nicht, wie Martin meint, eine Ve£ 
letzung durch die Katheterversuche als Ursache annehmen, sondern 
eher die durch zu starke und vollständige Blasenentleerung ent¬ 
standene Haemorrhagia e vacuo aus der Blase. Was die Zweifel- 
sche ebenso kühne wie schwierige Operation anlangt, welche 
wenigstens für den praktischen Arzt hart an die Grenze der chirur¬ 
gischen Unmöglichkeit heranreicht, so wäre es höchst lehrreich zu 
wissen, ob und wann ein Recidiv eingetreten? 

Grossen Erfolg verspricht die Anwendung der Witzel’schen 
Fisteloperation zur operativen Behandlung der Sackniere. Die 
radicale Heilung der Hydronephrose ist zwar möglich durch Exstir¬ 
pation der betreffenden Niere, aber die Mortalität ist eine ab¬ 
schreckend grosse; eine Fistelanlegung hat für den Besitzer eine 
grosse Qual durch die immerwährende Durchnässung der Haut und 
die sich daran sehliessenden Störungen. Witzei führte deshalb 
in einem Falle unterhalb des Rippenbogens einen Hautschnitt von 
der Mammillarlinie bis zur vorderen Axillarlinie. Die drei Bauch¬ 
muskeln wurden stumpf durchtrennt; der Sack wird isolirt punc- 
tirt und ein in den Sack gesteckter Katheter durch zwei Parallel¬ 
falten umnäht. Gleich nach beendeter Naht umfasste die Musku¬ 
latur den Katheter wie mit einer Klammer und bewirkte so eine 
Wasserdichtigkeit. Seit fünf Monaten ist der Erfolg ein ganz 
zufriedenstellender gewesen. Emil Senger (Crefeld). 

& Eigenbrodt (Bonn), Ueber die Radicalbehandlung 
der Prostatahypertrophie. Beitr. z. klin. Chir. Bd. YIH 
Heft 1. ’ 

Obwohl die eigenen Erfahrungen der Bonner Klinik nicht eben 
zu Gunsten der Radicalbehandlung der Prostatahypertrophie auf 
operativem Wege sprechen, da bei fünf Fällen nur einmal ein „un¬ 
getrübter“ Erfolg zu verzeichnen war, während zweimal nur* ein* 
„theil weiser“ Erfolg und zweimal direkter Misserfolg erzielt wurde 
ist der Autor namentlich im Hinblick auf einige von anderer 
Seite berichtete günstige Erfolge von derselben sehr eingenommen 
Leider ist es ihm nicht möglich, zahlenmässige Angaben über die 
Kesultate von circa 80 Prostatectomieen durch Sectio alta, noch 
weniger von den vom Damm aus erfolgten Prostatectomieen zu 
machen Der Autor kommt auch nicht dazu, bestimmte Indica- 
tionen für die Operation aufzustellen, noch die gegen dieselbe er¬ 
hobenen Einwände zu widerlegen. Er begnügt sich mit der Fest¬ 
stellung, dass der Erfahrung nach in den allermeisten (?) Fällen 
von obtunrender Prostatahypertrophie eine Radicaloperation mög- 
Durch die Prostatectomia suprapubica sollen womög- 
£ J 1 • jungen am Blasenhals, die durch die Prostata be¬ 
tätigt sind, beseitigt werden. Die Operation bietet umsomehr Er- 
ioigaussichten je frühzeitiger sie vorgenommen wird, und sie 
wurde m dem Anfangsstadium vor dem Eintritt einer Cystitis ohne 
» allen Fällen empfohlen werden können, wenn man sicher 

016 Entstehung einer Cystitis durch die Operation selbst aus- 
scüiiessen zu können. Auch in weit vorgeschrittenen Fällen kann 
7i Se . nt lche Besser ™S erreicht werden, andererseits ist 
hSLSwi 1 S0 ^ enannter n Heilung“ auf die meist noch zurtick- 
ZL™ i Bla . sensch wäcke zu achten, welche sich in Residualliarn- 
KS nn ^ au88 Sr t und ßtändi £ e nachfolgende Controlle, resp. 
entl!*in!n no ^ w ® n( ^ff macht. Das Hinderniss für die normale Urin- 
versebli.cf 1 - 6gt mcht . so häufig, wie mau denkt, in dem Klappen- 
stAtü q eines prominenten Mittel- oder Seitenlappens der Pro- 

tmL« P^i a T ha i S ’ r iel ? her ist es dadurch bedingt, dass das 
Innere <W tt d m Frostata ,m ganze» hypertrophirt, sich in das 
den UoJT Ha^blase vorwölbt und dadurch die Ausflussstolle für 
Stelle iW Tn m B ®. dei i die Höhe mit hinaufnimmt. Die tiefste 
blindsaekfn?rlf 6 d ?? n hinter fiesem Berg und bildet eine 

stens den V g6 A U8 ^ u ^tung. In diesem Fall muss man wenig- 
toteren TT durch kea f«nnige, tiefe Exeision am 
Sleemn^f g - , deS 0niclum intemnm urethrae eine freie Urin- 
entieerungzu ernelen. Herrn. Frank (Berlin). 


X. Vereine und Congresse. 

Verein fflr innere Hedicin in Berlin. 

Sitzung am 19. Februar 1894. 

Dm P,Äii H j rr L ®y den ; Schriftfahrer: Herr Litten, 
»warnen. d der TOn f>®» Sitzung wird verlesen und ange- 

Worte verstorbenen Prof. Billroth warme 

des genialen ^ le .) vese »d en erheben sich zum Andenken 

genialen Uhirurgen von ihren Sitzen. 


_ 255 

t , G Klemperer (Demonstration vor der Tagesordnung- 

a eine " Pat i 6nten aus der erste “ medicSen Sk 
vorstellen, der wegen Verengerung der Speiseröhre zu uns kam 
"" d 3 interessante Phänomene bei dieser Affection zeiZ. Bis 
vor vier Jahren war Patient ganz gesund* seit dieser 7eit lni/W 
er an Magenschmerzen, die regelmäßig nach dein Essen auftraten 
und einige Stunden nach der Mahlzeit zu Taurem Erbrechen 
führten. Die Schmerzen sollen bei Druck stärker geworden soin- 
in Bauchlage fand er oft Erleichterung derselben. Fleisch Milch 

vor ITT i “ g 6r gUt ’ ? r0d und Fett sehr schlecht. Schon 
vor drei Jahren war er auf der Klinik des Herrn Geh Rath 
Gerhiirdt woselbst Mageninhalt aspirirt und Hyperacidität con- 
QtÜm 1 p Urd n I J ler , wurde di ® Diagnose auf Ulcus ventricuU ge- 
EnH« ° dama J s T “ llkonune “ g»t schlucken. Erst nfeh 
seiner Entlassung von der Gerhardt’schen Klinik _ er brachte 
mehrere Wochen im Reconvaleseentenhause zu — begannen die 

nahme kbe v.- hW6 - rde ü’ dle . - im L ,ä ufe eines Jahres allmählich Zu¬ 
nahmen, bis sie den jetzigen Grad erreichten. Seit zwei Jahren 

der H«L n ä h % F i, .r m ! r . SChlUCken - Feste S P eisea Weib®» i» 
der Hohe des Schwertfortsatzes stecken und werden nach einigen 

Minuten unter Schmerz wieder herausgewürgt. Oft bleiben die 
Speisen auch stundenlang in der Speiseröhre stecken und werden 
mit schleimiger Flüssigkeit regurgitirt; es ist ihm auch begegnet 
dass ein Stück Apfelsine erst am andern Tage zurückkam, nachdem 
er mzwischen vielerlei anderes geschluckt hatte. Er musste ganz 
auf feste Nahrung verzichten und nährt sich seit etwa zwei Jahren 
Wem ’ Eler ?l ®°°illon, hat aber trotzdem immer 
noch 115 Pfund gewogen. Er hat viele Aerzte aufgesueht, von 
denen die einen die Diagnose auf Stenose des Oesophagus gestellt 
haben, während die anderen zweifelhaft waren, weil die Sonde gut 
m den Magen zu gehen schien. Auch ich kam nicht gleich bei 
der ersten Sondirung zur Diagnose, weil die biegsame Sonde be¬ 
quem bis 43 cm passirte; erst als ich eine steife Sonde wählte 
wurae mir klar, dass eine Stenose vorlag; dieselbe war nicht über 
40 cm von den Schneidezähnen vorzuschieben. Für eine 5 mm- 
Sonde ist die Strictur noch durchgängig. Es ist also eine mässige 
Stenose gerade an der Stelle der Cardia zu diagnosticiren. Be- 
merkenswerth sind die Folgeerscheinungen, die sich ausgebildet 
haben. Der Patient hat im Laufe der Zeit dicht oberhalb der 
Stenose eine sackartige Erweiterung der Speiseröhre davongetra"*en. 
In diesem Divertikel können verschluckte Bissen sich stundenlang 
aufhalten. Kommen sie wieder hoch, so sind sie von Schleim um¬ 
hüllt, den wir alkalisch reagirend fanden. Werden Brodstücko ver¬ 
schluckt, so zeigen sie sich nach der Regurgitation stark ver¬ 
zuckert. Der Divertikel fasst 10—15 ccm, so viel betrug öfters 
die Menge des regurgitirten Schleims. Giesst man durch die Sonde 
Wasser ein, so fliesst dasselbe anstandslos in den Magen. So tief 
sitzende Divertikel sind nur sehr selten beobachtet ; die bisher 
beobachteten sitzen fast alle in der Höhe des Halses. 

In unserem Falle haben wir die Schluckgeräusche für die Prä- 
cisirung der Diagnose mit Erfolg verwertliet. Bei Gesunden hört 
man bekanntlich über dem Ripponbogenwinkel beim Schluckact ein 
kurzes Durchpressgeräusch, oft auch nach wenigen Socundeu ein 
zweites Geräusch, welches von ansteigenden Luftblasen herrührt. 
Bei Stenose erscheinen die Schluckgeräusche verspätet oder fehlen 
ganz. Wir konnten folgendes beobachten: Beim Schlucken von 
Wasser hört man zuerst ein ungemein starkes, dröhnendes, erstes 
Schluckgeräusch. Es vergehen dann 12 Secunden, und nun hört 
man Geräusche, wie wenn Wasser in’s Wasser tropft, und dann 
ein metallisches Plätschergeräusch; das ganze dauert nach einem 
Schluck IV 2 —2 Minuten. Nimmt Patient feste Speisen, schluckt 
er Brod, so dauert das Geräusch, oft von langen Pausen unterbrochen, 
mehrere Minuten, man hört oft zwei Minuten gar nichts, dann 
endlich das Pressgeräusch minutenlang. Hier muss also eine Er¬ 
weiterung sitzen, aus der die Speisen erst hinausgepresst werden. 
Kaut Patient nun Brod und nimmt einen Mund voll Wasser und 
schluckt das zusammen hinunter, so hört man zuerst wieder das 
auffallend laute, erste Schluckgeräusch, ihm wird selber unbehaglich, 
er windet und krümmt sich, weint vor Schmerzen, und erst nach 
ein bis zwei Minuten beginnt ein leises Rauschen, das langsam 
anschwillt und schliesslich in ein lautes Dröhnen übergeht, als 
wenn eine Flüssigkeit in stürmischer Weise bewegt, wird, bis nach 
weiteren ein bis zwei Minuten ein metallisches Plätschern das 
Phänomen beendigt; in diesem Moment empfindet der Patient grosse 
Erleichterung und giebt .an, nun sei alles hindurchgerutscht. Aus 
diesen Thatsachen haben wir mit ziemlicher Sicherheit schliessen 
zu können geglaubt, dass es sich hier um den seltenen Fall eines 
tief stehenden Divertikels handelt, welches muskuläre Wandung 
besitzt, denn wir hören ja, wie durch die Contraction des Sackes 
die darin enthaltene Flüssigkeit agitirt wird; anders kann ich mir 
wenigstens die dröhnend rollenden Geräusche nicht erklären. Herr 
Geh. Rath Leyden kam schliesslich auf ein ^originelles Experi- 


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256 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


ment, um das Vorhandensein der Dilatation ad oculos zu demon- 
striren. Wir lassen den Patienten den ganzen Mund voll Brod 
kauen und geben ihm dann reichlich Wasser zu trinken, mit dem 
letzten Schluck muss er den Kopf möglichst tief zum Boden neigen 
— und nun fliessen oft 15 ccm Flüssigkeit aus Mund und Nase 
zurück. (Demonstration des Patienten.) 

Herr Pariser: Die Ulcera cardiae sind in der That ziemlich 
selten. Unter 40 Ulcusföllon des letzten Jahres sah Pariser sie 
nur zwei mal. Tiefstehende Divertikel sind bis zur letzten Zeit fast 
unbekannt gewesen, und erst eine Veröffentlichung von Mintz im vorigen 
Jahre lenkte die Aufmerksamkeit darauf. Wesentlich bereichert aber ist 
gleichfalls im letzten Jahre unsere Kenntniss über tiefstebende Divertikel 
durch eine Arbeit von Reichmann in der Wiener klinischen Wochenschrift, 
welcher schon drei selbstgesehene FiUlo von tiefstehenden Divertikeln mit- 
tkeilt, darunter allerdings auch den Fall von Mintz. Er theilt auch mit, dass 
an dem Warschauer pathologischen Institut bei den Sektionen der letzten 
fünf Jahre siebenmal kleine tiefstehende Divertikel dicht vor dem Ein¬ 
gang dos Magens gefunden sind. Reichmann versichert nach sclbst- 
gesehonen Präparaten, dass es sich in diesen Fällen nicht um Tractions- 
divertikel, sondern um echte Pulsionsdivertikel handelt, und meint, dass 
diese — wohl angeborenen — kleinen auch den Anlass zu wirklichen 
grossen Divertikeln geben. Der Inhalt, boi den Reich mann sehen Diver¬ 
tikeln schwankte zwischen 100—300 ccm. 

Herr Boas: In dem vorgestellten Falle dürfte es sich allerdings 
wohl um ein tiefsitzendes Divertikel des Oesophagus handeln, allein 
ich glaube, dass eine ganze Reihe der in den letzten Jahren als tief¬ 
sitzende Divertikel beschriebenen Fälle vielleicht einer ganz andern Gruppe 
von Erkrankungen zugehöron, nämlich den spastischen Contracturen des 
Oesophagus bezw. der Cardia. Ich sah vor einigen Jahren einen sehr 
interessanten Fall'), der von mehreren hervorragenden Aerzten als Diver¬ 
tikel des Oesophagus gedeutet war. es wurde sogar erwogen, das Diver¬ 
tikel operativ zu beseitigen. Der Patient, in den Dreissigern, consultirte 
mich wegen ausserordentlich starker Schluckbeschwerden, die Monate 
lang bestanden, dann einmal sistirten und wiederkamen. Die Untersuchung 
ergab, dass man etwa 36 cm von den Schneidezähnen entfernt auf einen 
Widerstand stiess, der für die Sonde anscheinend schwer überwindlich 
war. Ich ernährte ihn zuerst mit flüssigen Substanzen, die aber sehr 
schnell regurgitirt wurden. Der Patient kam dabei ziemlich herunter 
und nahm eines Tages gegen meine Weisung feste Nahrung zu sich, ass 
ein ordentliches Diner, und es zeigte sich, dass die festen Substanzen 
ohne Hinderniss passirten. Von diesem Augenblick an ernährte ich ihn 
in anderer Weise, gab nur feste Substanzen, und diese wurden thatsäch- 
lich ohne Hinderniss nach dem Magen befördert. Ich wandte nun 
folgende therapeutische Methode an. Ich sondirte ihn mit immer dickeren 
steifen Sonden und gab zugleich grössere Dosen Bromsalz, und danach 
gingen die spastischen Contracturen schnell zurück. Trotzdem blieben 
oberhalb der Cardia geringe Quantitäten namentlich flüssiger Substanzen 
zurück, so dass ich mir die Ansicht bildete, dass die flüssigen Substanzen, 
die sich in der Ausbuchtung der Cardia angesammelt hatten, Contrac- 
tionen hervorriefen, durch welche der weitere Durchgang der Speisen 
behindert wurde. Jedenfalls muss man diese spastischen Zustände 
von den echten Divertikeln unterscheiden. 

Herr Senator: Ich möchte nur auf den Umstand hinweisen, dass, 
wenn der Kranke sehr grosse Bissen genommen hatte, er diese unter 
heftigen Schmerzen und Würgebewegungen aus dem Divertikel in den 
Magen hineinpresssen musste. Dieses ist vielleicht zu erklären durch 
Contractionen des Zwerchfells. Der Sitz des Divertikels muss unmittel¬ 
bar ober- oder unterhalb des Zwerchfells oder gerade an der Durchtritts¬ 
stelle der Speiseröhre durch das Zwerchfell sein, und man kann denken, 
dass, wenn das Divertikel ausgedehnt wird, das Zwerchfell zu heftigen 
krampfartigen Contractionen angeregt wird, welche die Schmerzen des 
Hinabpressens in den Magen erklären. 

Herr A. Fraenkel: Ich muss sagen, dass auf mich der Fall mehr 
den Eindruck machte, als wenn eine einfache sackförmige Dilatation des 
Oesophagus vorliegt. Sonst würde ich nicht verstehen, wie überhaupt 
feste Speisen den Oesophagus passiren können. Wirkliche Divertikel com- 
primiren bekanntlich noch mehr den Oesophagus bei Genuss von festen 
Speisen. Alle Symptome, einschliesslich des Abfliessens der Flüssigkeit 
bei gebeugtem Rumpf, erklären sich sehr gut, wenn wir annehmen, dass 
es sich um eine sehr hochgradige Verengerung handelt und dass ober¬ 
halb derselben eine sackförmige Dilatation des Oesophagus mit Hypertrophie 
der Muskulatur besteht; vielleicht kommt Spasmus hinzu. Bei einem 
vorliegenden Divertikel würde es auffällig sein, dass, selbst wenn der 
Patient starke Anstrengungen macht, Speisen durch die Verengerung hin¬ 
durch in den Magen gelangen. 

Herr G. Klemperer: Wir haben diese Frage auch sorgfältig über¬ 
legt, aber ich bin doch überzeugt, dass es sich wirklich um ein Divertikel 
handelt, denn erstens biegt sich die weiche Sonde darin um und geht 
bis auf 43 cm, und zweitens halten sich die Speisen lange Zeit über der 
Stenose auf; bei einer blossen sackförmigen Erweiterung wäre es kaum 
möglich, dass die eine Speise am andern Tage regurgitirte, nachdem in¬ 
zwischen andere Nahrung genossen war. Man müsste geradezu annehmen, 
dass sich in der sackartigen Erweiterung eine excentrische Speisenschicht 
bildete und durch dieselbe die Flüssigkeit hindurchginge. Man muss also 
doch wohl eine seitliche Ausbuchtung diagnosticiren. Herrn Senator bin 
ich für seine Anregung zur Deutung der lauten Geräusche verbunden, 
es ist ja nicht ausgeschlossen, dass hier das Zwerchfell sich contrahirt, 
aber ich möchte kaum glauben, dass man zu dieser Annahme berechtigt 
ist; in der Litteratur ist nichts derartiges enthalten. Dass fast immer 

l ) Der Fall ist in extenso in meiner Diagnostik und Therapie der 
Magenkrankheiten Bd. II, p. 190 beschrieben. 


in der Wand der Oesophagusdivertikel. die Muskelschicht vermisst wird, 
habe ich hervorgehoben; aber trotzdem glaube ich in unserem Falle eine 
Muskelhaut annehmen zu müssen. Unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete 
bedürfen noch der Vertiefung. Das Studium der Divertikel ist ja erst 
seit der Ziemsscn-Zenker’schen Bearbeitung wissenschaftlich betrieben, 
und nur sehr selten sind bisher tiefstehende Divertikel constatirt. Ob- 
ductionsbefunde sind äusserst spärlich, so dass jeder Fall als neues 
wissenschaftliches Material zu verwerthen ist. Trotzdem ich nur über 
dio klinische Beobachtung verfüge, scheint mein Fall doch wohl dafür 
zu sprechen, dass es Divertikel giebt, in welchen sich hypertrophische 
Muskulatur befindet. Der interessante Fall von Herrn Boas steht zu 
dem unseren nur iu sehr entfernter Beziehung, weil wir mit Sicherheit 
voraufgegangenes Ulcus diagnosticiren dürfen. 

Herr Litten: Gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung, weil ich 
vor längerer Zeit in der Lage gewesen bin, die Section eines solchen 
Falles zu sehen. Der Fall stammte aus dem Allerheiligen-Hospital in 
Breslau. Es fand sich bei dem ältlichen Kranken ein sogenannter „Vor¬ 
magen“, bei welchem etwas oberhalb des Eingangs zur Cardia sich eine 
grosse sackförmige Dilatation des Oesophagus zeigte, zwischen denen der 
Oesophagus sehr verengt und die Muskulatur in dem Vormagen enorm 
hypertrophirt war. 

Herr G. Lewin: Bei Blasenkatarrh kommt es bekanntlich auch zur 
Divertikelbildung, und zwar an den Partieen der Blase, welche nicht von 
dem in Septa ausstrahlenden Muskelbündel des Musculus detrusor vesicae 
umfasst werden. Selbst in diesen Divertikeln der Blase, als auch in der 
ganzen erweiterten Blase wird nicht selten die Blasenwand hvpertrophisch 
befunden, und zwar sowohl durch wucherndes interstitielles Bindegewebe, 
als auch durch wirkliche Hypertrophie der Muscularis. Aehnliches könnte 
auch in dem vorgetragenen Falle der Divertikelbildung des Oesophagus 
der Fall sein. 

Herr Senator: Darf ich fragen, wovon die Schmerzen dann ab- 
hängen? 

Herr G. Klemperer: Es scheint, als ob die Schmerzen von der 
Wand der Speiseröhre ausgelöst werden; sie treten nur auf. wenn grössere 
feste Bissen stecken bleiben. Möglichenfalls handelt es sich auch schon 
um entzündliche Reizung. Bei den Würgebewegungen sind die Schmerzen 
oft äusserst lebhaft, dabei macht der Patient einen beunruhigenden Ein¬ 
druck. Ich habe oft an die bekannten Fälle von Oesophagusruptur denken 
müssen; ich halte es wohl für möglich, dass bei diesen schmerzreichen 
Contracturen einmal ein Unglück passirt. 

2. Discussion über den Vortrag des Herrn A. Fraenkel: Eigen¬ 
artig verlaufene septieo-pyamisohe Erkrankungen nebst Be¬ 
merkungen über acute Dermatomyositis. 

Herr G. Lewin: Herr Fraenkel hat diese septische Myositis genau 
beschrieben: Rfithung. Schwellungen, Schmerzen. Uebergang in Eiterung 
etc. Bis jetzt sind mir erst 23 Fälle bekannt. Ich glaube aber, dass die 
Casuistik eine viel reichhaltigere wäre, wenn man auf die Krankheit auf¬ 
merksam gewesen wäre. Mir selbst sind zwei Fälle der Nichterkennung 
passirt. Der Nachweis des Streptococcus durch HeiTn Fraenkel ist sehr 
werthvoll; denn bisher ist kein Fall publicirt, wo ein Mikrobe gefunden worden 
ist, nur Strümpell und Pfeiffer, glaube ich, haben Gregarinen gefunden. 
Es sind auch andere Erklärungen für die Myositis gegeben worden; man 
hat an eine Autoinfection vom Digestionskanal aus gedacht. So wies 
Senator auf einen Fall hin, den er vor mehr als 20 Jahren publicirt 
hat, wo Schwefelwasserstoffgas sich entwickelt hatte. Für solche Auto¬ 
infection kämen noch in Betracht Kohlenwassersfoff, Kohlensäure, Stickstoff, 
Ammoniak, kohlensaures, buttersaures Ammoniak etc.; aber der Symptomen- 
complex dieser Vergiftungen deckt sich nicht mit dem der Myositis. Gegen 
solche Autoinfection sprechen auch die vorhandenen Complieationen. In 
mehreren Fällen war Nephritis, Milztumor, Bronchopneumonie und Hydro- 
thorax u. s. w. vorhanden. Ausserdem verlaufen solche Vergiftungen viel 
rascher, während die Myositis acht Monate, ja über ein und zwei Jahre anhält. 
Der schnellst verlaufende Fall ist wohl der des Herrn Senator, er dauerte 
zwei Wochen. Von Bedeutung ist auch, dass unter den 23 Fällen neun¬ 
mal letaler Ausgang eintrat. Aber worauf ich besonders aufmerksam 
mache, das sind die zugleich vorhandenen Exantheme. In 4 Fällen zeigte 
sich Purpura, in 9 Fällen Erythem, in 2 Fällen Erythema nodosum, in 
anderen Urticaria, Herpes. Aile diese Hautausschläge weisen auf einen im 
Blute kreisenden fremden Körper hin, wie z. B. auf Parasiten. Man findet 
solche Exantheme erstens bei K m.nkb piit.en, in welchen pathogene Mikroben 
mit Sicherheit nachgewiesen sind, so bei Cholera, Influenza, Malana, 
Milzbrand, Typhus, dann bei solchen Krankheiten, wo höchst wahrschein¬ 
lich Mikroben vorhanden sind, wie Syphilis, Scharlach, Masern. 

Dass übrigens eine Myositis septica durch Verschleppung des Eiters von 
entfernten He erden stattfinden kann, ergiebt folgender Fall: Vor längerer 
Zeit erkrankte der 5—6jährige Knabe des Generals X. an Dyspnoe und zeit¬ 
weisen suffocatorischen Anfällen. Allmählich entwickelten sich eine An¬ 
schwellung des rechten Arms, namentlich des Oberarms, und zwei Pana- 
ritien an den Fingern der linken Hand. Da die Gefahr der Erstickung zu¬ 
nahm, wurde die Tracheotomie beschlossen. Vor der Ausführung wurde ich 
zu der laryngoskopischen Untersuchung hinzugezogen. Ich fand den Laryux 
frei, und trotz der grossen Verantwortung rioth ich von der Tracheotomie 
ab, — der Tod erfolgte bald. Die Section ergab gesunden Larynx, doch 
eine ulceröse Spondylitis an der concaven hinteren Fläche des 
fünften oder sechsten Halswirbels. Ein Einschnitt in die Muskeln 
des rechten Halswirbels wies Muskelvereiterung nach. Es handelte sich 
also um Transport des Eiters von dem erkrankten Rückenwirbel nach den 
Armmuskeln. Wir hatten die für uns damals räthselhafte Myositis nicht 
erkannt. • 

Ich nehme hier Gelegenheit, um noch eine andere Er¬ 
klärungsweise zu versuchen, nicht allein für die septische 


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5. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


257 


'yositis, sondern auch für,eine Anzahl bisher unerklärter, 
ft, tödtlich verlaufener Erkrankungen, so die von den Herren 
.Fraenkel und Boas vorgetragenen. Ebenso könnte die Ver- 
iftung, welche Herr Siegheim bei sechs oder acht Personen 
ach Genuss von Gänseleber kürzlich boobachtet hat, viel¬ 
ächt aufgehollt werden. Hierher gehören auch die zeitweise vor- 
jkommenen Intoxicationen nach Genuss von Würsten, in denen nie ein 
enenum botulinum chemisch nachgewiesen worden ist. Meine Erklärung 
eser Fälle ist folgende: Bekanntlich existirt bei Thieren eine Immunität 
■gen ganze Gruppen von Krankheiten. Ich verweise auf die Syphilis, welche 
sher Thieren nicht beigehracht werden konnte. Ebenso sind einzelno 
liere immun sowohl gegen animalische, vegetabilische, als auch mine- 
lische Gifte. Wenig empfindlich erscheinen z. B. Hunde, Tauben, Ham- 
j], noch immuner Hühner gegen tetanische Infection. Dieselbe Immu- 
Jt besteht bei Mäusen, Ratten. Pferden etc. gegon Diphtherie. Reb- 
liner können ohne Schaden relativ grosse Dosen von Arsenik vertragen, 
ese Vögel fressen namentlich den Arsenik, der gegen Brand des Ge¬ 
ldes, gegen Ratten und Mäuse auf dem Lande ausgestreut wird. Im 
opfe eines Rebhuhnes wurde z. B. soviel Arsenik gefunden, dass eine 
osse Anzahl Menschen damit hätte vergiftet werden können. Nach 
irsuchen von Philippeau und Galippe können namentlich Hammel 
osse Dosen von giftigem Kupferpräparat gut vertragen. Burg erzählt, 
ss in einer Kupferfabrik ein daselbst gehaltener Hammel nicht allein 
ipferstaub, sondern auch Kupfersalze mit Vorliebe frass, ohne einen 
deren Schaden als Grünfärbung seines Felles davon zu tragen. Ziegen 

issen Massen von Schierling. Auch bei Kühen wurde dies beob- 

htet. Kaninchen und Hasen gemessen ohne irgend einen Nachtheil 
le Atropin enthaltenden Solaneen. Aehnliches wird von Rebhühnern, 
'achteln. Trappen und Krammetsvögeln berichtet. He ekel ernährte 
176 Hasen und Kaninchen mit Belladonna. *) — Das eingenommene 
ift speichert sich in den Muskeln auf, wie dies namentlich He ekel 
ichgewiesen hat. Alle diese Thiere bleiben derartig gesund und 

it aussehend, dass man sie ohne irgend einen Argwohn geniesst 
id doch vergiftet werden kann. So erklären sich vielleicht die 
iher von den Herren Boas und Fraenkel mitgetheilten Erkrankungen, 
i will mir nicht in den Sinn, dass nur Diätfehler, d. h. unmässiger 
'nass von gesunden Nahrungsmitteln, wie z. B. Gänsebraten, die 

hwere Erkrankung veranlasst haben soll. Der von Herrn 
raenkel angeführte Sectionsbcfund des Magens deutet deutlich 
rauf hin, dass die vorhandene Magenerweiterung durch Paralyse der den 
agen innervirenden Vagusfasern verursacht war. Solche Lähmungen des 
igens und der Gedärme fand ich meist bei den experimentell ausge- 
urten Quetschungen und Exstirpationen der sympathischen Darmganglien 
1 des Ganglion semilunare, wie ich sie erst in jüngster Zeit mit Herrn 
'er wiederholt beobachtet habe. Wie die traumatischen Einflüsse 
•ken bekanntlich auch ähnlich giftige Alkaloide. Die häufigen Ver¬ 
engen nach Leber, wie in dem Siegheim’schen Falle, erklären sich 
hrscheinlich dadurch, dass die meisten der oben genannten Narkotica 
den Thieren namentlich in der Leber angehäuft werden, bei 
* ..sehen in dem Rogen. Hierbei will ich auf die Untersuchungen hin- 
■weisen, dass die verschiedenen Mollusken giftige Stoffe, ja selbst Aconit 
enthalten sollen. Durch Anliegen von Austern und Miesmuscheln an solchen 
Mollusken wäre dann eine Uebertragung von solchen Giften auf dieso möglich. 
Herr Behring machte mich darauf aufmerksam, dass ein Theil der Pferde 
an Tetanus stirbt, Hühner, die gelegentlich von den Abgängen solcher Pferde 
etwas fressen, selbst aber gesund bleiben können, von Menschen verspeist, 
Vergiftungen erzeugen. Infolge des Rath es von Herrn Behring stelle 
uh jetzt schon seit einiger Zeit Versuche über die Wirkung injicirten 
Strychnins auf Hühner an. Trotz relativ grösserer Gaben haben sich bei 
denselben noch keine Intoxicationserscheinungen eingestellt. 

Der Aufforderung, meine Erfahrungen über syphilitische Myositis, 
namentlich über die diffuse gummöse mitzutheilen, komme ich im folgenden 
nach: Die Myositis syphilitica ist viel früher als die septica bekannt. Astruc 
hat sie schon 1728 angedeutet, Petit Rodel 1812 einige Symptome her¬ 
vorgehoben. Ricord sie später näher charakterisirt. Auch den grössten 
Iheil der Casuistik verdanken wir französischen Autoren, so Nolla. 
7^ s °n. Mauriac etc. Englische Autoren erwähnen die Krankheit nur 
oberflächlich, der Amerikaner Bumstead giebt ein klares Bild derselben, 
eigene Erfahrungen hat er nicht mitgetheilt. Die deutschen Lehrbücher 
confundiren häufig die Gummata der Muskeln mit denen der diffusen 
gummösen Myositis. In den letzten Jahren wurde die Casuistik und mikro- 
skopische Untersuchung gefördert durch J. Neumann in Wien. Ich 
selbst habe eine grössere Arbeit in den Charitdannalen Bd. XVI, 1891 
geliefert und daselbst sechs Fälle aus meiner Praxis mitgetheilt. Diese 
smd folgende: 

Myositis des Musculus biceps bei einem 23jährigen Beamten mit 
gaioppirendem Verlauf der Lues. Der Kranke hatte trotz Sklerose und 
^xanthemen sich, keiner Behandlung unterzogen, führte eine 17 stündige 
u*V^ n ^ hcizton C° u pee aus; zurückgekehrt fand ich bei ihm die. 

des Musculus biceps, welche eine lähmungsartige Unbeweglich¬ 
in 1 H . ri? 0 * n ^ rmes hervorgerufen hatte. Der Kranke wurde von mir 
^U^sellschaft 'vorgestellt. Bei der zweiten Kranken, einer 
7 jl ^?£ en Huolla publica, handelte es sich um eine Myositis des Musculus 
y y S ' der dritten, einer 39jährigen Puella publica, um eine 
_ 113 oes Musculus gastroenemius, bei der vierten Kranken um Myositis 


öfters^ ^ en Gegenden, wo viel giftige Solaneen wachsen, sind au 
von ani’vv 6I ? "P^nHeen vorgekommen, bei denen weder ein Nachw' 
mfliri.nf’ urst ^ ft n ° c h von Fischgift (Atlantiasis), noch von anderen Gift 
benrpr ürü* nac ^ den Publicationen von Dann, Schlos 

wo vi!l ^ ÖrnGr, .F I aber 1111(1 Bohn 1793-1827 in Württembei 
aneen wild wachsen, 620 unerklärte Vergiftungen publicirt. 


der Musculi gastroenemius und soleus, bei der fünften, einer 36jährigen 
Frau, um Myositis der Musculi biceps und triceps. Der interessanteste 
Kranke war ein SOjähriger Restaurateur. Er zeigte eine Myositis der 
Musculi masseter, temporalis und pterygoideus. Hier bestand eino Kiefer¬ 
klemme, welche das Essen sehr erschwerte. 

Die Symptome der Myositis syphilitica unterscheiden sich charakte¬ 
ristisch von der vulgären und septischen. Es fehlen von den vasomotori¬ 
schen Erscheinungen die Röthe, ebenso sind die spontanen sensiblen Erschei¬ 
nungen, welche wie boi den meisten syphilitischen Erkrankungen äusserst 
gering sind. Der Ausgang ist nicht in Eiterung, sondern meist, wenn nicht 
Resolution eintritt, in Atrophie oder Schwielenbildung. Als am meisten 
hervortretend erwähne ich die scheinbare Lähmung infolge bei Bewegung 
sich einstellender Schmerzen. Die Kranken halten den betroffenen Theil 
deshalb permanent entweder in Flexion oder Extension. Dadurch werden 
eigenthümliche Krankheitsbilder vorgetäuscht. Ein Kranker Ricord’s, ein 
Schauspieler, schwang in einer Heldenrolle sein Schwert immer mit der 
linken Hand. Ein Kranker Bramann’s, von Myositis des Musculus sterno- 
cleidomastoideus befallen, hatte ein Caput obstipum, ein anderer Patient 
mit Erkrankung des Musculus trapezius einen Torticollis. Einer meiner 
Kranken mit Myositis der Musculi gastroenemius und soleus litt an Waden¬ 
krämpfen. Myositis des Musculus obliquus erzeugte Schielen, die des Con- 
strietor pharyngis Schlingbeschwerden. Guyon’s Kranker hatte .eine der¬ 
artige Kieferklemme infolge des afficirten Musculus temporalis, dass kaum 
der Stiel eines Löffels zwischen die Zähne eingebracht worden konnte. 
— Die Aetiologie zeigt, dass unter 41 Kranken 26 Männer und 15 Frauen 
befallen wurden; das Alter der Kranken schwankte zwischen 21 bis 
40 Jahre. Das chronologische Auftreten war verschieden; in einem 
Falle wenige Monate nach der Infection. in anderen Fällen zwischen 1 
bis 15 Jahre. Die Complicationen bestanden in Exanthema maculosum. 
papulosum, pustulosuin, in Pharynxgeschwüren und Knochenaffectionen. — 
Die Casuistik wäre gewiss eine bedeutende, wenn die Krankheit erkannt 
wäre. Dies geschieht meist deshalb nicht, weil die Kranken wegen der bei 
Bewegung eintretenden Schmerzen sich für rheumatisch afficirt halten 
und auch die consultirton Aerzte diesem Irrthum oft verfallen. Das 
Corrigens dieses Irrthums ist die Verordnung von gegen Rheuma be¬ 
währtem Jodkalium, das natürlich auch bei Lues gute Wirkung entfaltet 
Auf die Differentialdiagnose, mikroskopische Untersuchung, die sehr be- 
achtenswerthe Resultate liefert, einzugehen, verbietet hier die vorge¬ 
schrittene Zeit. 

Herr Schwabach (s. diese Nummer, p. 249). 

Herr B. Lewy: Ich habe vier Fälle der von Herrn Fraenkel als Der¬ 
matomyositis bezeichneten Krankheit') beobachtet und in der Berliner klini¬ 
schen Wochenschrift veröffentlicht. Herr Lewin hat schon diese Bezeich¬ 
nung Dermatomyositis zurückgewiesen, weil die Hautaffection nicht charakte¬ 
ristisch genug sei. Ich sehliesse mich dem an und habe selbst die 
Krankneit als Polymyositis bezeichnet Das Erythem ist im ganzen nur 
in neun Fällen erwähnt; ich habe es nur einmal beobachtet, und hier be¬ 
stand es nur drei Tage und kam, trotzdem die ganze Krankheit 2Vt Jahre 
dauerte, nicht wieder; ähnlich ist es mit den anderen Exanthemen.. Ich 
habe die Krankheit ferner in meiner Veröffentlichung als eine primäre 
bezeichnet. Herr Fränkel fasste seine Fälle als secundäro auf. In der 
Veröffentlichung von Strümpell und mir bezog das primäre sich weniger 
darauf, dass die Krankheit von einem anderen Orte des Körpors ausgehe, 
als dass sie nicht einer Neuritis folge. Vor mehreren Jahren war 
hier eine längere Discussion nach einem Vortrage von Herrn Senator, 
der Fälle von Muskeldegeneration nach Neuritis vorstellte. Darauf bezog 
sich das „primär“, dass nicht eine Neuritis voraufgegangen sei, die zu 
einer Muskeldegeneration geführt, sondern dass zunächst die Muskehl 
selbst erkrankten. Herr Fraenkel hielt os ferner für fraglich, ob die 
Krankheit als acut zu bezeichneu sei. Man hat aber doch wohl ein Recht 
dazu, da die Krankheit stets eine abgeschlossene ist; sie führt zum Tode, 
oder die Genesung ist vollständig. Was die Symptome dieser Polymyositis 
betrifft, so hat Herr Fraenkel schon das wesentliche angegeben. Nur 
einige Punkte hebe ich hervor. Herr Fraenkel erwähnte, dass die 
Schwellungen zu einer teigigen Consistenz der Muskeln führten. Das 
habe ich nicht beobachtet, sondern die Schwellungen waren recht prall, 
hart, der Fingerdruck hinterlioss keine Spuren, die Consistenz glich der 
des physiologisch contrahirten Muskels. Auch Wätzoldt erwähnt ähnliches 
von zwei Fällen. Sobald man merkt, dass der Muskel sich nicht mehr 
hart anfühlt, kann man sagen, dass die Schwellung hier zurllckgehen wird, 
wobei natürlich sowohl dieser Muskel zum zweiten male, als auch die 
anderen Muskeln von der Erkrankung befallen werden können. Am 
charakteristischsten erschien mir die ausserordentlich wechselnde Dauer, 
von wenigen Tagen bis zu 2*/a Jahren. Der kürzeste Fall ist einer der 
meinigen, von nur acht Tagen, wo allerdings gar keine Muskelaffection be¬ 
stand und dabei der Fall nur durch seine Zugehörigkeit zu »Beeren 
zweifellosen Fällon als solcher erkennbar war, und ein anderer von PI eh n 
beobachteter, auch nur von acht Tagen Dauer. Die meisten Fälle dauerten 
acht Wochen bis eben so viele Monate, namentlich die tödtlich verlaufenen 
dauerten 2—3 Monate. Es giebt wohl keine andere zur Heilung führende 
Krankheit mit so wechselnder Dauer. Von Bedeutung ist ferner die Prognose 
der Krankheit. Herr Lewin erwähnte, dass eine grosse Zahl von Fällen 
tödtlich geendet sind. Die meisten derselben endeten tödtlich, , 10 
Athem- und die Pharynxmuskulatur ergriffen wurden; in einigen tällen 
trat der Tod durch Erschöpfung oder durch während der Krankheit »ui- 
tretende Phthise ein. Wo die Schluck- und Athemmuskulatur verschont 
blieb, ist fast stets Genesung eingetreten. Man kann also die Prognose mebt 
so schlecht stellen; solange diese wichtigen Muskeln unberührt smd, Han 
man sagen, der Patient kann durebkommen. Was nun die räll 

») Vergl. Berliner klinische Wochenschr. 1893. No. 18. Anin. bei 
der (’orrectur. 


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258 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


Herrn Fraenkel betrifft, so irrt wohl Herr Lewin, wenn er meint, solche 
Fälle seien noch nicht beobachtet worden. Zwei ganz ähnliche Fälle sind 
schon beschrieben worden. Der eine derselben ist sogar in diesem Ver¬ 
eine 1 ) bereits besprochen, wenn auch damals seine Zugehörigkeit zurück¬ 
gewiesen wurde, nämlich ein Fall von Wätzoldt, der im vorigen Jahre 
im Archiv für klinische Medicin ausführlich veröffentlicht ist: Eine Frau 
erkrankte nach der Entbindung mit Schwellungen und Schmerzen in den 
Extremitäten und wurde in die Charite aufgenommen; es bestand Schwel¬ 
lung der Arme, Empfindlichkeit bei Berührung des Unterschenkels; der 
Tod erfolgte am fünften Tage, und es fanden sich Streptococcen in den 
Muskeln (durch die Cultur nachgewiesen), Endometritis diphtherica und 
Myositis hämorrhagica. Der zweite Fall, von Win ekel im gynäkologischen 
Centralblatt I. Band berichtet, betraf auch eine Puerpera, wo drei Tage nach 
der Entbindung Schüttelfrost, am vierten Tage Schmerzen im Unter¬ 
schenkel und Vorderarme auftraten; die Flexoren waren auf Druck em¬ 
pfindlich, die Glieder fühlten sich hart an, die Haut war bläulichroth. 
Nach sieben Tagen trat der Tod ein. Die Section ergab Lymphangoitis 
parametritica apostematosa und Myositis hämorrhagica multiplex; die 
Wadenmuskeln zeigten hochgradige Degeneration; im Eiter der Parametrien 
fanden sich Mikroorganismen, und zwar in Kettenanordnung; in den Muskeln 
fanden sich nur vereinzelte Bacterien. Endlich gehört vielleicht der 
zweite von Unverricht berichtete Fall hierher; es findet sich nämlich 
die Angabe: die normale Muskelbeschaffonheit war fast überall verloren 
gegangen, indem das Gewebe sich von zahlreichen weissen und rothen 
Fleckchen, dem Ausdrucke der Eiterung und Extravasation, durchsetzt 
zeigte. Die Stelle ist jedoch nicht ganz klar, und es muss dahingestellt 
bleiben, ob der Fall hierher gehört; die beiden anderen aber gehören in 
die Kategorie der Fraenkel’schen Fälle. Wätzoldt stellt für das Zu¬ 
standekommen der Affection folgende Theorie auf. Er meint, die Affection 
falle ganz aus dem Rahmen der Pyämie heraus, bei welcher es sonst 
nicht zu einer diffusen Vereiterung der Muskulatur kommt, es seien 
darum verschiedene Krankheiten zusammengetroffen, die Kranken seien 
schon an Polymyositis erkrankt gewesen, und die Eitererreger hätten sich 
in den schon kranken Muskeln angesiedelt. Ich weiss nicht, ob Herr 
Fraenkel für seine Fälle dieselbe Erklärung annehmen möchte, es ist 
immerhin eine ganz annehmbare Theorie. Ich erwähne endlich, dass die 
Zahl der Veröffentlichungen zuzunehmen scheint. Es sind ausser den 
Fraenkel’schen nun schon 31 Fälle veröffentlicht. Auch Leube erwähnt in 
der neuen Ausgabe seiner speciellen Diagnose der inneren Krankheiten 
vier neue Fälle, aus denen er auf eine gemeinsame Infection schliessen 
möchte; drei endeten mit Genesung, der vierte mit dem Tode. Warum 
er diesen Fall hierzu rechnet, ist mir freilich nicht ganz klar; es fanden 
sich nämlich ausgebreitete Thrombosen, die an sich ein ziemlich ähnliches 
Bild geben können; aber er muss doch Gründe gehabt haben, um sich für 
Polymyositis zu entscheiden. Was aber die von ihm angenommene ge¬ 
meinsame Infection betrifft, so ist das doch fraglich; es könnte sich 
auch um ein toxisches Agens handeln. 

Herr Litten: Ich habe zwei Fälle dieser Krankheit beobachtet; der 
eine war ein Fall von Septicämie, der sehr acut verlief und zum Tode 
führte. Hier war die angegebene teigige Schwellung der Muskeln und 
Haut vorhanden, und ferner entwickelten sich während des Lebens diese 
kolossalen Hämorrhagieen, welche Sie auf diesem Bilde sehr natur¬ 
getreu wiedergegeben finden. Es fand sich auf der ganzen Körperober¬ 
fläche nicht eine thalergrosse Stelle, welche frei von Blutungen gewesen 
wäre. Ich glaube, unter der grossen Reihe der Fälle von Septicämie, die 
ich damals in der Charite sah, mag mancher andere dieser Art noch ge¬ 
wesen sein, doch kannte man damals das Krankheitsbild noch nicht so 
genau. Es wurden in der Muskulatur multiple Blutungen bei der Section 
gefunden; die Querstreifung der Muskeln war grösstentheils unterge¬ 
gangen. Pathogene Bacterien konnte ich damals in den Muskeln nicht 
nachweisen. Der andere Fall, von dem ich auch bestimmt glaube, dass 
er hierher gehört — denn er entsprach dem Bilde von Herrn Fraenkel 
genau — nahm auch einen ganz acuten Verlauf, führte aber zur Heilung. 
Hier war die teigige Schwellung der Haut und Muskeln ebenfalls sehr 
ausgesprochen, und die Extremitäten durch das pralle Oedem sehr ver¬ 
dickt. Was die Aetiologie anbetrifft, so handelte es sich um einen Fall 
von Kohlenoxj^dvergiftung. Es wäre also daran zu denken, dass auch 
solche Gifte die Krankheit erzeugen könnten. 

Herr Senator: Wenn ich Herrn Lewin richtig verstanden habe 
so meinte er, dass alle Fälle von acuter Polymyositis durch Parasiten 
hervorgebracht werden und insbesondere auch meine Fälle. In dieser 
Ausdehnung kann ich das nicht gelten lassen. Gewiss sind viele Fälle 
von Myositis durch Parasiten hervorgebracht, wie eben septico-pyämische 
lälle, und diese müssen meiner Meinung nach als secundäre abgetrennt 
T° n anderen da© Hepp, Unverricht, Strümpell und ich als 
pnmäre beschrieben haben. Als pnmär sind sie nicht deswegen bezeichnet, 
™ der von mir beschriebenen „Neuromyositis“ zu trennen, wie 
5 ?' d r/ UC £ hie . r . lst die M y° sitis P™är ^d tritt schon 
3^1üi g ei< i h f e I tlg j de L Ne o ntl ? auf lnfol £ e derselben Schädlichkeit, 
ff f- letzteren be v dmgt. Sondern sie gelten als primär, weil die 
^iskelaffecüon von vornherein das Krankheitsbild beherrscht. Man kann 
sie nach dem jetzigen Standpunkt auch nicht als „infectiös“ bezeichnen 
weü bisher Parasiten irgend welcher Art in den erkrankten Muskeln 

te StrTmfeTrf Fall 11 P Die des Herrn Lewin, dass L. Pfeiffer 

l ?all Gregannon nachgewiesen hat, beruht auf einem 
Irrthum. Weder in diesem noch in dem meinigen fanden sie sich und 
ebenso wenig habe ich bei speciell darauf gerichteter Untersuchung Bac- 
tenen gefunden. Darauf kommt es doch zur UnterscbAidnn^ S 
fection“ und „Intoxication“ an. Bei den secundären Formen und hierher 
g ehören auch **le von Wätzoldt und anderen, ™t ir^ndwo ein 

*) Sitzung vom 18. Mai 1888. Anm. bei der Correctur. 


primärer Infectionsheerd, von dem aus die Bacterien nach den ver¬ 
schiedenen Organen, darunter auch manchmal den Muskeln, verschleppt 
werden, wie eben bei den septico-pyämischen Processen. Davon ist aber 
in jenen Fällen primärer Polymyositis gar keine Rede. Das Krankheits¬ 
bild ist ein ganz anderes, so aass kein Beobachter, von Wagner und 
Kussmaul an, auf den Gedanken einer Pyämio gekommen ist, auch fand 
sich bei den Sectionen kein primärer Eiterungsheerd, und endlich ist in 
einer Reihe von Fällen doch Heilung eingetreton, was wohl auch gegen 
Septicopyämie spricht. Herr Lewin meinte, wenn ich recht gehört habe, 
dass eine Intoxicatiou deswegen nicht anzunehmen wäre, weil auch 
chronisch verlaufene Fälle beobachtet wären. Indessen, es giebt auch 
chronisch verlaufende Intoxicationen im eigentlichen Sinne. Er führte 
dann an, dass nur bei septischen Infectionen Exantheme der Haut Vor¬ 
kommen ; auch das kann man nicht gelten lassen, und ich brauche nur an 
die Arzneiexantheme zu erinnern, dio doch niemand für „infectiös“ halten 
wird und die in allen möglichen Formen bekanntlich Vorkommen. Nach alle¬ 
dem bin ich der Meinung, dass es sich bei der sogenannten „acuten primären 
Polymyositis“ um eine Intoxication handelt, die von den septico-pyämi¬ 
schen Processen zu trennen ist. Natürlich muss auch bei dieser Intoxi¬ 
cation eine Eintrittspforte für das Gift, das Toxin, sein, oder irgend eine 
Stelle im Körper, wo das Toxin entsteht und von wo aus es in die 
Muskeln gelangt. Ich habe auf Grund des einen meiner Fälle, in dem 
ein schwerer Diätfehler mit gastrischen Störungen vorangegangen war, die 
Vermuthung ausgesprochen, dass in diesem und vielleicht noch in 
manchem der anderen Fälle die Quelle des Toxins im Darmcanal zu 
suchen sei, also eine von abnormen YerdauungsVorgängen ausgehende 
Autointoxication Vorgelegen habe, eine Quelle, auf welche ich vor 
mehr als 25 Jahren wohl als erster hingewiesen habe. Damals konnte 
ich natürlich nicht von „Toxinen“ im heutigen Sinne, d. h. von Producten 
des Bactorienstoffwechsols sprechen, sondern konnte nur auf die „Gifte“ 
im damaligen Sinne hinweisen, auf Schwefelwasserstoff, Sumpfgas, sodann 
aber doch auch solche, welchen man heute wieder eine besondere Auf¬ 
merksamkeit schenkt, wie Leucin und Tyrosin, Buttersäure, kohlensaures 
Ammoniak, Aceton, zu denen ich später noch Trimethylamin (bei Zer¬ 
setzungen in der Blase) gefügt habe. 

Herr A. Fraenkel (Schlusswort): M. H.! Die Discussion ist, wie mir 
scheint, insofern von dem Thema abgewichen, als ein Theil der Redner 
nur noch von septischer Muskelentzündung im allgemeinen gesprochen 
hat, während meine hauptsächlichsten Darlegungen sich lediglich mit 
einer und zwar mit einer verhältnissmässig seltenen Form derselben be¬ 
schäftigten, nämlich mit der diffusen septischen (nicht eitrigen) 
Myositis. Muskelabscesse kommen infolge von Pyämie bekanntlich 
garnicht selten vor; aber die Affection, um die es sich hier handelt, ist 
im Gegensätze zu ihnen eine diffuse Entzündung. Ich glaube, durch 
meinen Vortrag wesentlich zwei Punkte angeregt zu haben, nämlich 
erstens die Wahrscheinlichkeit, dass die Unverricht’sche Polymyositis in 
der Mehrzahl der Fälle eine parasitäre Affection ist, und zweitens, dass 
man in Zukunft die Section dieser Fälle mit grösserer Genauigkeit machen 
wird als bisher. Bei dieser Krankheit ist bisher der Wunsch der Vater des 
Gedankens geblieben. Man sucht auf Grund einiger wichtiger Beobach- 
timgen eine neue Krankheit zu construiren, häuft eine Menge von Fällen, 
die zum Theil nicht zur Section gekommen und unvollständig beobachtet 
sind, zusammen und glaubt durch Aufstellung eines neuen Krankheits¬ 
schemas einen erheblichen Fortschritt gemacht zu haben. Da werden 
natürlich eine Menge verschiedener Dinge zusammengeworfen. Ich meine 
nicht, dass bei dieser Affection etwa, wie in meinen Fällen, immer Bac¬ 
terien in den Muskeln gefunden werden müssen; ich halte es aber für 
sehr wahrscheinlich, dass irgendwo im Körper ein Bacterienheerd ist, von 
dem die Affection ausgeht, also möglicher Weise in manchen Fällen durch 
Vermittelung toxischer Substanzen. Herr Senator erwähnt den Strüm¬ 
pell’sehen Fall, der sich auf 8 Wochen belief. In diesem finde ich nir¬ 
gends eine präcise Angabe darüber, dass nach Bacterien überhaupt in den 
Muskeln gesucht worden ist, was mir sehr befremdlich ist. Ferner hat 
der Strümp eil’sehe Patient vom ersten Augenblick der Erkrankung an 
eine ausserordentlich schwere Stomatitis gehabt. Wir müssen heute, 
nachdem die Bacteriologie dahin geführt hat, dass wir für viele Erkran¬ 
kungen den Krankheitserreger kennen, uns befleissigen, im einzelnen 
Falle die Invasionsstelle zu finden. Deshalb kann auch dem citirten Fall von 
Herrn Senator keine volle Beweiskraft zuerkannt werden, weil die Section 
eine unvollständige war; es wurde nur ein Muskelstückchen entnommen, und 
was sonst im Körper vorhanden war, entzieht sich daher der Beurtheilung. 
Wenn keine Bacterien in dem betreffenden Muskelstückchen gefunden 
wurden, so beweist das nicht, dass dieselben nicht an anderer Stelle vor¬ 
handen waren und dass nicht die serös eitrige Flüssigkeit unter der Haut 
Bacterien enthalten hat; häufig findet man gerade in den Muskeln keine 
Bacterien. Ein Beispiel möchte ich noch anführen, das Ihnen zeigen soll, 
mit welcher Gründlichkeit man bei der Section Vorgehen muss, um die 
Pathogenese gewisser infectiöser Erkrankungen zu ergründen. Vor 
14 Tagen kam auf meine Abtheilung ein 50jähriger Mann mit Fieber 
und benommenem Sensorium, der eine Lungenaffection hatte (Dämpfung 
hinten links mit Bronchialathmen und katarrhalischen Geräuschen), über 
deren Aetiologie ich mir nicht ganz klar war; ich glaubte, möglicher 
Weise es mit einer Influenza zu thun zu haben; es waren aber keine 
Influenzabazillen im Sputum vorhanden. Nach einigen Tagen entwickelte 
sich eine Verbreiterung der Herzdämpfung, sodass ich eine Pericarditis diag- 
nosticirte. Unter zunehmender Herzschwäche und Fieber starb der Patient. 
Die Pericarditis gehört bekanntlich zu denjenigen Affectionen. denen meist 
eine infectiöse Ursache zugrunde liegt; entweder ist sie rheumatischer 
oder tuberkulöser Natur, oder es handelt sich um eine andere Infections- 
ursache. Bei der Section des erwähnten Pat. fand sich nun ein ziemlich 
grosses eitriges Exsudat im Pericard, welches Staphylococcen enthielt. 
Von Tuberkulose liess sich auf dem Pericard nichts entdecken; der pri- 


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15. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


259 


märe Heerd wurde au einer ganz unverniutheten Stelle gefunden; es er¬ 
gab sich nämlich, dass der Patient eine Gonorrhoe gehabt hatte, in deren 
Folge eine eiterige Prostatitis entstanden war, welche zu einem zwischen 
Prostata und Symphyse belegenen Abscesse geführt hatte. Von hier aus 
hatte die Infection des Perioard stattgefunden. Dieser Zusammenhang 
wäre nicht erkannt worden und der Fall wäre bezüglich seiner Entstehung 
völlig unaufgeklärt geblieben, wenn man nicht bei der Section, von der 
Ueberzeugung ausgehend, dass ein Invasionsheerd vorhanden sein müsse, 
eifrig nach demselben gesucht hätte. 

Dass Fälle Vorkommen, welche ihrem äusseren Verhalten nach sehr 
leicht zur Verwechselung mit diffuser Myositis Veranlassung geben 
können, hiervon kann ich Ihnen gleichfalls aus eigener Erfahrung berich¬ 
ten: Vor wenigen Wochen wurde ich zu einer 40jährigen Frau consultirt, 
bei welcher im September vorigen Jahres die ersten Symptome der 
Krankheit, an welcher sie gegenwärtig leidet, mit einer ganz leichten 
Anschwellung des Gesichtes einsetzten. Im November gesellte sich dazu 
eine Schwellung der linken Hand, die sich allmählich auf die ganze linke 
Oberextremität ausbreitete. Darauf folgte im December Schwellung des 
linken Fusses, ebenfalls allmählich sich auf die gesammte linke Unter¬ 
extremität erstreckend. Gegenwärtig bietet die Kranke ausser beträcht¬ 
licher Gesichtsschwellung die Erscheinungen eines geradezu colossalen 
Oedems sämmtlicher vier Extremitäten. Das Schlucken ist beträchtlich 
erschwert, so dass feste Speisen gar nicht, flüssige nur mit Anstrengung 
genossen werden können; Drücken auf den Pharynx ist empfindlich. Es 
besteht keine Struma. Die Pupillen reagiren gut, ausserordentlich leb¬ 
haftes Hautjucken, im übrigen Sensibilität völlig normal, Patellarreflexe 
deutlich, ausgeprägter Fussclonus. Urin frei von abnormen Bestandteilen. 
Kein Milztumor, kein Fieber. Keine Magenschmerzen, zeitweise Durch¬ 
falle. Bis vor wenigen Tagen war die Muskulatur nicht schmerzhaft, trotz¬ 
dem die Anschwellung der Extremitäten eine so beträchtliche ist, dass 
Patientin vollkommen regungslos undunfähig, die leichteste Beugebewegung 
im Knie oder im Ellbogen auszuführen, da liegt. Dass es sich hier nicht 
um eine Polymyositis im gewöhnlichen Sinne des Wortes handelt, geht 
aus dem Umstande hervor, dass Patientin nie über spontane Schmerzen 
in den Muskeln zu klagen hatte und bis vor kurzem auch Druck auf die 
Muskeln absolut unempfindlich war. Erst in den letzten Tagen ist letz¬ 
terer mit einer leichten Schmerzhaftigkeit verbunden, auf die jedoch in 
Anbetracht des abnorm hohen Grades der Schwellungen kein allzu grosses 
Gewicht zu legen sein dürfte. Auch die Abwesenheit von Fieber (mit 
Ausnahme sehr geringfügiger, in der letzten Zeit aufgetretener Erhebungen 
der Temperaturcurve) spricht gegen diffuse Myositis. Das Krankheitsbild 
erinnert mich an einen im Neurologischen Centralblatt 1889 von R. Schulz 
mitge theil ten Fall, der den Ausgang in Sklerodermie nahm und in welchem 
neuritische Veränderungen sowohl im Bereiche der Extremitätennerven, 
wie der vorderen Wurzeln des Rückenmarks gefunden wurden. Von der¬ 
artigen Hautveränderungen ist indess bis jetzt bei dieser Patientin nichts 
wahrzunehmen. 

3. Herr G. Lewin stellt einen Fall vor, der die Besonderheit 
der toxischen Exantheme beweisen soll, nämlich ein ausgebrei¬ 
tetes Exanthem nach Quecksilber. 


dünnt, geröthet, durchscheinend. Mitten in dieser Partie befindet sich die 
ca. fünfpfennigstückgrosse, mit Gerinnseln angefüllte, von unregelmässigen 
Rändern begrenzte Durchbrucbstelle. Diese führt direkt in den Unken 
Bronchus unmittelbar unterhalb der Bifurcation. Der Knorpel ist daselbst 
mitdurchbrochen. Die verhältnissmässig hohe Stelle der Perforation im 
Bronchus erklärt sich dadurch, dass wegen der Verbreiterung des Aorten¬ 
bogens ein Theil der Trachea selbst noch der Aorten wand anliegt. Beide 
Bronchien fanden sich mit Blut überfüllt, die Lungen, welche übrigens 
alte phthisische Processe zeigten, boten ein eigentümlich geflecktes Bild 
dar, indem die weissen käsigen Partieon mit rothem blutdurcktränktem 
Lungengewebe ab wechselten. Oesophagus und Magen waren vollkommen 
mit Blut vollgestopft; ein Theil des Blutstroms war also in die Verdauungs¬ 
wege hinabgeflossen. Ein zweites sackförmiges kleines Aneurysma zeigt 
der absteigende Theil der Brustaorta. Die Section ergab noch doppel¬ 
seitige Hydronephrose mit starker Druckatrophie des Nierengewebes und 
compensatorischer Hypertrophie des Hilusfettes. 

Bei dem zweiten FaU handelt es sich um ein Aneurysma dissecans 
des intrapericardialen Aortentheils mit Durchbruch in den Herzbeutel, 
verbunden mit ausgedehnter Hirnblutung. Der 57jährige Mann, von dem 
das Präparat stammt, wurde vor einer Destillation in soporösem Zustande 
aufgefunden. Er hatte eine linksseitige Hemiplegie und starb 6 Stunden 
nach seiner Auffindung im Krankenhause. Der Herzbeutel war stark 
ausgedehnt und enthielt ca. 1 1 zum Theil geronnenen Blutes. Nach 
Entfernung desselben fiol sofort eine blutige Unterlaufung mit 
Abhebung der Adventitia in grosser Ausdehnung auf. Der linke 
Ventrikel ist vergrössert, Aortenklappen an den Basen verkalkt. Anfangs-, 
theil der Aorta und Bogen in leichtem Grade erweitert. Die Aorta 
zeigt arteriosklerotische Erkrankung. Etwa 3 cm oberhalb der Klappen 
liegt der winklige Riss, welcher ca. 3 /s des Aortenumfangs einnimmt und 
Intima und Media durchzieht. An dieser Stelle zeigen sich nur uner¬ 
hebliche Veränderungen der Intima. Auffälliger Weise konnte selbst bei 
genauerer Untersuchung keine Continuitätstrennung in der Adventitia 
aufgefunden werden. Trotzdem muss man bei der Masse des im Herz¬ 
beutel befindlichen, theil weise geronnenen Blutes annehmen, dass eine 
solche bestanden hat, wenn sie auch nur klein gewesen sein kann. Die 
Gefässe der Hirabasis sind verkalkt. Alle Ventrikel sind mit flüssigem 
Blut gefüllt. Die rechte Wand des rechten Ventrikels, ein grosser Theil 
des Corpus striatum, Thalamus opticus, des Planum semiovale Vieussenii 
rechts ist zerstört, mit kolossalem Blutgerinnsel gefüllt, weiches bei ober¬ 
flächlichem Einschneiden der Rinde herausquillt. Es fanden sich Stauungs- 
nieren. Von Interesse ist in dem vorliegenden Falle das Vorhandensein 
einer Aortenruptur mit Aneurysma dissecans neben einer grossen Hirn¬ 
blutung, welche aller 'Wahrscheinlichkeit nach zu gleicher Zeit zustande 
ekommen sind. Der bemerkenswerthe Umstand, dass der Tod erst 
Stunden später erfolgt ist, was immerhin bei einem zwischen Media 
und Adventitia befindlichen Aneurysma dissecans selten ist, mag meines 
Erachtens einmal mit der Blutdruckentlastung infolge der starken Hirn¬ 
blutung in Zusammenhang stehen, welche es ermöglichte, dass die Ad¬ 
ventitia längere Zeit dem andrängenden Blut Widerstand leistete, ein 
anderes mal aber mit der Kleinheit der Continuitätstrennung in der Ad¬ 
ventitia, wodurch nur eine langsame Anfüllung des Herzbeutels mit Blut 
zustande kommen konnte. 


Berliner medicinisehe Gesellschaft. 

(Origmalbericht.) 

Sitzung am 7. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Feilchenfeld (vor der Tagesordnung): Ich möchte Ihnen 
cm Präparat von Aneurysma aortae abdominalis mit Ruptur der nicht 
erweiterten Arterienwond zeigen. Es stammt von einer 80jährigen Frau, 
welche seit mehreren Jahren im Charlottenburger Siechenhause war und, 
abgesehen von einer leichten senilen Demenz, stets völlig gesund war. 
Noch am Mittwoch voriger Woche holte sie sich selbst ihr Essen und 
fühlte sich völlig wohl, Donnerstag des Morgens stand sie zwar auf, klagte 
aber über Unbehagen, legte sich wieder und starb dann Vormittags. Bei 
aer Section zeigte das Herz rechts sehr dünne Muskulatur, geringe Dila- 
mtion, links starke Hypertrophie, keinen Tropfen Blut in den Ventrikeln, 
bei der Eröffnung der Bauchhöhle zeigte sich im rechten Hypochondrium 
cm über kindskopfgrosser Tumor, welcher die Darmschiingen zur Seite 
drängte; er bestand aus frisch geronnenem Blute, welches sich um die 
Aorta abdominalis umlegte. Diese selbst zeigte ein nach links liegendes 
grosses Aneurysma mit völlig organisirton Fibringerinnseln; an der gegen- 
uDeriiegenden Arterienwand bestand ein grosser Winkelriss um eine kleine 
Aalkplatte in der Wand, durch den das Blut in die Bauchhöhle ausgetreten 
war. Interessant an dem Falle ist, dass ein grosses Aneurysma lange be¬ 
standen, ohne irgend welche Beschwerden hervorzurufen, und dass an 
er nicht erweiterten Arterien wand ohne jede Veranlassung, ohne Contu- 
Hon etc eine Totalruptur auftrat, während die Frau ruhig im Bette lag. 
. Herr Edel (vor der Tagesordnung): lm Anschluss an die eben 
ttgefundene Demonstration erlaube ich mir. Ihnen zwei weitere Fälle 
r? n Porten Aortenaneurysmen aus dem städtischen Krankenhause zu 
erst ^Pr* UI ^ vorzuzeigen, welche nicht zu den häufigsten gehören. Das 
T)i i,k '* ßt e * n . walires Aneurysma des Arcus aortae, bei dem ein 
urctibruch m den linken Bronchus erfolgt ist. Der 47jährige Patient 
T„j m P^tzuch einen gewaltigen Blutsturz, der seinen augenblicklichen 
. , ZU1 ! * ol ffo hatte. Die Section der äussersfc blass erscheinenden Leiohe 

eme völlige Ueberlagerung des Herzens durch die rechte sehr volu- 
füllt U D A er rec ^^ Ventrikel fand sich mit flüssigem Blute ge- 

dpn o« eber ri en Aortenklappen beginnend, erstreckt sich das Aneurysma 
Innftnw Z . ^ en ent kmg bis zum Anfang des absteigenden Theiles. Die 
lTpWrr an< * z . ei £b vorgeschrittene arteriosklerotische Veränderungen. Beim 
gang m den Arcus an der hinteren Wand ist dieselbe stark ver¬ 


3. Herr Gottschalk (vor der Tagesordnung) giebt einen erklärenden 
Nachtrag zu der Demonstration des Herrn Horst Brehm, Oedemkind. 
An dem von Herrn Brehm gezeigten Neugeborenen fiel vor allem eine 
starke, goradezu cystische Flüssigkeitsansammlung unter der Haut der 
rechten Thoraxhälfte vom und hinten sowie unter der Kopfschwarte über 
den Scheitelbeinen, besonders wieder rechts, auf. Die linke Thoraxh&lfte 
zeigte mehr diffuses Hautödem; desgleichen war das Gesicht von einem 
starken ödematöseu Hautwulst, der besonders die Unterkinngegend betraf, 
umrahmt. Die von Gottschalk vorgenommene Section hat ergehen, 
dass dieses Kind intrauterin an Hydrothorax, Hydropericard und Ascites 
gelitten hatte infolge einer noch näher zu beschreibenden Erkrankung der 
Choriongefksse. Lues ist nach dem Befunde ausgeschlossen. Das Kind 
hatte sich, wie uns mitgetheilt, mit dem Steiss zur Geburt gestellt, die 
Hebamme hatte an dem Steiss vorzeitig Extractionsversuche gemacht und 
dadurch eine vollständige Zerreissung der Brustwirbelsäule 
in Höhe des vierten Brustwirbels herbeigeführt. Die obere 
Epiphyse hatte sich von dem vierten Brustwirbelkörper auf gut 3 cm 
Entfernung getrennt, der Bandapparat war gleichfalls vollständig zerrissen, 
ebenso natürlich das Rückenmark. Der Riss hatte sich beiderseits auf 
den zugehörigen Zwischeurippenraum fortgesetzt, auf der rechten Seite 
war es dabei zu einer Eröffnung des Pleuraraumes gekommen, so dass 
jetzt die in diesem angesammelte Flüssigkeit mit dem durch die Ruptur 
bedingten Bluterguss vermischt unter die äussere Haut in das subcutone 
Fettgewebe nach allen Richtungen hin austreten konnte. Die Haut ist 
entsprechend weit von ihrer Unterlage abgehoben, am Schädeldach sogar 
auf 5 cm Höhendurchmesser. Offenbar ist die Flüssigkeit zunächst unter 
die Haut der rechten Thoraxhälfte ausgetreten und erst bei der Extraction 
von hinten her bis unter die Kopfsehwarte gepresst worden; wahrschein¬ 
lich beim Durchtritt des unförmig ausgedehnten Thorax durch die Scheide. 
Die inneren Organe boten, abgesehen von einer etwas kümmerlichen Be¬ 
schaffenheit der Thymusdrüse und einer Retroversio uteri, nichts abnor¬ 
mes. Der Ductus Botalli war offen, Nieren und gesammter Harnapparat 
normal; im Herzen kein Blut. Schädel normal gebildet; keinHydrocepha- 
lus; Fontanellen normal. , ... T „ 

4. Herr v. Bergmann: Vorstellung eines Hermaphroditen. In 
dem vorgestellten Falle von Pseudo-Hermaphroditismus handelt es ^ sic 
um einen Hypospadiacus, also um ein männliches Individuum, das 8 ' 
wöhnlicho Vorkommen. Es sind aber mit dieser Verbildung der - 
schlechtstheile in der Regel noch so viele andere ^ ® ril 5^ r ^®“| )0 ,. oucn 
Genitalien verbunden, dass von Laien das Geschlecht des No g 


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260 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCH RIFT^ 


No. 11 


nicht immer richtig bestimmt werden kann. So ging es auch mit diesem 
Kinde, das als Mädchen den Namen Emma erhalten hat. Das nchtige 
Geschlecht wurde erst erkannt, als der kleine Patient wegen schweien 
Blasenkatarrhs der chirurgischen Klinik übergeben wurde. Was die Ent- 
stehung der Hypospadie betrifft, so wird sie ja jetzt allgemein als eine 
Entwickelungshemmung aufgefasst Der Befund bei dem Kinde istj fol¬ 
gender: Gut entwickelter, nach abwärs gebogener Penis an der unteien 
Seite gespaltenes wulstiges Präputium, unperfonrte Eichel, an der unteren 
Seite des Penis von der Eichel beginnend eine am Perineum endigende, 
mit Schleimhaut austapezirte Rinne, keine Spur von Scrotum oder Labmm 
maius. Die Mündung der Harnröhre am Perineum trichterförmig gel¬ 
tet, so dass diese Gegend einer Vagina ähnlich sieht. Hoden sind mch 
zu fühlen. Die Capacität der Blase ist mcht gering; im hinteren Theil 
der Harnröhre scheint sich ein Divertikel zu befinden; links unten im 
Bauche ist ein kleiner fester Körper zu fühlen. Kryptorchismus mit 
Atrophie der Hoden ist in diesen Fällen ein häufiger Befund. Die Folgen 
sind Störungen in der Samenbereitung, verkümmertes Geschlechtsbewusst¬ 
sein, so dass eine ganze Reihe solcher Individuen als Weiber m glück¬ 
licher Ehe gelebt hat. 

5. Discussion über die Vorträge der Herren Körte und Vogel: 
Ueber Aethernarkose. _ , . , . 

Herr B lasch ko sen. theilt in Bezug auf die Entdeckung der Aether¬ 
narkose mit, dass weder Morton, Warrens noch Jackson, die sich 
um die Priorität gestritten haben, sondern Dr. Long m Jefferson (Georgia) 
nach den neuesten Forschungen des Dr. Grandy in Atlanta der Entdecker 
der Aethernarkose bei chirurgischen Operationen gewesen ist. 

Herr P. Rosenberg giebt eine vorläufige Mitteilung über Versuche, 
die er bezüglich der Aufhebung der Chloroformwirkung auf das Gehirn 
im pharmakologischen Institut zu Berlin angestellt hat. Man ist in der 
Lage, diese Chloroformwirkung in überraschend kurzer Zeit zu beseitigen, 
und zwar derart, dass Thiere, welche sonst im Durchschnitt 25 bis 
50 Minuten und länger gebrauchen, um sich nur einigermaasscn aus der 
Narkose zu erholen, in zwei bis drei Minuten in einen so normalen Zu¬ 
stand gebracht werden können, dass sie sich durch nichts mehr von 
einem nicht narkotisirten Thiero unterscheiden. Man erreicht das durch 
Anwendung des stärksten Excitans, das wir überhaupt besitzen, durch 
subcutane Anwendung des Cocains. Vortr. machte seine Versuche derart, 
dass er immer zwei Thiero gleicher Rage (er benutzte Kaninchen) und 
annähernd gleichen Körpergewichtes chloroformirte, eines ohne, das andere 
mit nachfolgender Cocaininjection. Das Chloroform wurde mit Esmarch- 
scher Maske gereicht, die für Kaninchen passend hergerichtet war, 
und zwar in abgemessenen Mengen. Letzteres geschah haupt¬ 
sächlich, um nicht absichtslos etwa das zu cocainisirende Thier durch 
weniger Chloroform zu bevorzugen. Auch wurden bei der grossen 
Empfindlichkeit der Kaninchen für Chloroform und der grossen Ver¬ 
schiedenheit der individuellen Reaction der Thiere auf Cocain, um 
Täuschungen zu vermeiden, die Thiere wechselweise benutzt. . Vortr. ist 
sich sehr wohl bewusst, dass man im allgemeinen nicht vom Thierversuche 
Schlüsse auf den menschlichen Organismus übertragen darf. In diesem 
speciellen Falle aber steht er nicht an, die Cocaininjection bei Chloro¬ 
formnarkose auch beim Menschen zu empfehlen, und zwar erstens, weil 
das Cocain nur in kleinen Dosen gegeben werden soll, in denen es 
die Athmung durchaus nicht beeinträchtigt und durch Herabsetzung der 
Reizbarkeit des Nervus vagus auf das Herz direkt günstig einwirkt; 
zweitens aber auf Grund von Erfahrungen anderer, die, wie zum Beispiel 
Professor Obalinski in Krakau, die Combination von Chloroform und 
Cocain, welch letzteres sie zwecks localer Anästhesie benutzten, wegen 
der günstigen Beeinflussung der Narkose durch Cocain die Cocaininjection 
direkt empfehlen. So wird im „Lancet“ vom Jahre 1888 berichtet, dass 
Obalinski bei dieser combinirten Methode Erbrechen nur in sehr 
seltenen Fällen während der Narkose eintreten sah und dass namentlich 
die Depression nach der Narkose fehle oder wenigstens viel geringer sei. 
Was dieDosirung anbelangt, so hat Vortr. gefunden, dass kleine, höchstens 
mittlere Dosen besser wirken als grosse, und er empfiehlt, unter Vor¬ 
behalt späterer Modificirung, von einer dreiprocentigen Cocainlösung 
zu Beginn der Narkose '/« Pravazspritze und am Schluss l h bis 1 Spritze; 
die erste Injection soll die Narkose selbst günstig beeinflussen, die zweite 
soll die der Narkose sonst nachfolgende Depression und andere Nach¬ 
wehen des Chloroforms beseitigen. 

Herr Schönheimer: Es sei eine übereinstimmende Erfahrung, dass 
die unangenehmste Nebenwirkung bei der Aethernarkose die Reizung der 
Schleimhäute der Athemwege sei, woraus sich die Contraindication bei 
bestehender Bronchitis, Bronchiectasie, alten Leuten, die ja stets zu Bron¬ 
chialkatarrhen geneigt seien, ergebe. Diese Gefahren rufe aber haupt¬ 
sächlich der unreine Aether hervor, speeiell durch seinen Gehalt an Essig¬ 
säure. Die Anforderungen der Pharmakopoe an die Reinheit des Aethers 
waren früher sehr gering, sind aber in neuerer Zeit strengere geworden, 
sie lassen aber noch eine Verunreinigung ausser acht, die nach Vortra¬ 
gendem bei der Narkose schädlich einwirkt, nämlich die durch Aldehyd, 
der sich im öfficinellen Aether stets vorfindet. Dagegen ist der Pictet- 
•sche Aether purissimus völlig frei davon, wie eine Untersuchung mit 
einem von der „Gesellschaft für Herstellung flüssiger Gase“ angegebenen 
Reagens ergiebt. Dieser Aether wirkt fast gar nicht reizend auf die Re¬ 
spirationsschleimhäute. 

Herr Silex: Ueber den Werth der Aethernarkose kann nur 
die praktische Erfahrung entscheiden, und in dieser Hinsicht halte ich 
mich für berechtigt, hier in der Discussion einige Worte zu sagen. 
Geh. Rath Schweigger hat nämlich schon 1876 die Aethernarkose 
auf der Universitäts-Augenklinik eingeführt, und dieselbe ist hier seit 
dieser Zeit mit kurzen Unterbrechungen in Gebrauch. Den grössten Theil 
der Narkosen habe ich selbst mit zu beobachten Gelegenheit gehabt. 
Unsere Narkosen belaufen sich auf über 8000 Fälle und erstrecken sich 


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auf alle Altersklassen vom Kind im zarten Alter von zwei Tagen bis zum 
90iäC ff en Greis Manche von den Patienten hatten Nephritis, andere 
Herzklappenfehler, andere Bronchitiden etc. Aber trotzdem hatten wir 
das Glück niemals bedrohliche Erscheinungen von Seiten des Herzens 
und der Respiration zu erleben. Gelegentlich setzte die Athmung auch 
aus, der Mund wurde fest zusammengekniffen,und die 

In solchen Fällen lüftet man die Maske auf eine halbe Minute, macht 
einige Respirationsbewegungen und schüttelt den Unterkiefer, worauf das 
Aussehen wieder normal ist. Ein Zurücksinken der Zunge wird äusserst 
feiten beobachtet. Wird die Pupille weit, so kann doch weiter narkotisirt 
werden wenigstens ist in unseren bezüglichen Fällen nichts passirt. Pneu¬ 
monieei sahen wir niemals auftreten wohl aber öfters 

und einmal eine sehr unangenehme Mitteiohreiterung. Eine starke Schleim- 
absonderung in den Bronchien und ein Rasseln und Schnauben findet sich 
bisweilen bei ganz gesunden Luftwegen, häufiger eben bei vorher bestehen¬ 
den Bronchialkatarrhen; der vor den Mund tretende Schleim wird einfach 
fortgewischt. Unsere Methode der Aethensrrung weicht insofern von der 
hier angegebenen ab, als wir die sogenannte Erstieg 
Die beste Maske ist meiner Ansicht nach eine einfache Dute aus Wachs¬ 
leinwand, die zur Hälfte mit Watte gefüllt wird. Auf letztere giessen 
wir gewöhnlich 100 g Aether, und wenn die Narkose nicht bald erfolgt, 
weitere 50 bis 100 g, so dass wir bei Erwachsenen ca. 200 g verbrauchen 
Da wir die Luft durch festes Aufdrücken der Maskenränder fernzuhalten 
suchen, hat der Patient ein unangenehmes Erstickungsgefühl. Oftmals 
kommt es zu einer Kohlensäureüberladung, die aus dem cyanoüschen Aus¬ 
sehen erhellt und daraus, dass ein tief dunkelrothes Blut aus den durch¬ 
schnittenen Gefässen rinnt. Mehrere Athemzüge bei entfernter Maske 
genügen, um wieder ein normales Aussehen herbeizuführen. Bei Potatoren 
empfiehlt es sich, vorher eine Morphiuminjection zu machen, skrophulöse 
Kinder bieten nicht, wie es hier hingestellt worden ist, em Contramdica- 
tion. Richtet man sich nach unserer Vorschrift, so tritt die Narkose nur 
um ein weniges langsamer ein als bei Chloroform. Die einmal erzielte 
Narkose kann stundenlang unterhalten werden. Man giesst von zielt zu 
Zeit nach und lüftet gelegentlich die Maske. Das Erbrechen nach der 
Narkose und das Allgemeinbefinden gleichen im ganzen wohl dem Chloro¬ 
formgebrauch. Es ist schwer zu begreifen, weshalb seiner Zeit der Aether 
vom Chloroform verdrängt wurde. Ich glaube, dass materielle Gründe 
eine wesentliche Rolle dabei gespielt haben. 1876 kostete ein Kilo Aether 
neun Mark, früher war er noch theuerer, so dass uns eine Narkose aut 
1,65 Mark zu stehen kam. Die Chloroformnarkose kostete zu derselben 
Zeit 35 Pfennige. Heutzutage ist der Aether so billig, dass ein Preis¬ 
unterschied zwischen beiden Narkosen kaum zu constatiren ist. Es wir 
eingewendet, dass die Augenärzte nur kurze Narkosen gebrauchen. Das 
ist richtig, aber die Narkosen sind tief, und gerade im Beginn der Narkose 
treten ja die meisten Todesfälle ein. Bedenkt man, dass die Mortalität 
in Wahrheit grösser ist als 1:3000,0, wie es die Gurit sche Statistik 
hervorhebt, grösser deswegen, weil sie im ganzen die Zahlen grosser 
Krankenhäuser wiedergeben, die über viele Assistenten etc. verfügen, ment 
aber die Fälle der praktischen Aerzte, die kein Interesse daran haben, 
etwaige Todesfälle zu publiciren, so kann man nicht umhin, die Aetber- 
narkose auf Grund der günstigen Zahlenverhältnisse bestens zu empfehlen. 

Herr Karewski betont, dass die Narkosen bei Augenoperationen nur 
kurze Zeit währen, während sie bei chirurgischen Operationen oft stunden¬ 
lang fortgesetzt werden müssen. Gerade Aethernarkosen von langei 
Dauer würden gefährlich. 

HerrW. Körte: Im grossen und ganzen stimmen die Ansichten über 
die Aethernarkose überein, wenn auch über einzelne Punkte noch Di e- 
renzen bestehen. Mit den Erfahrungen des Herrn Hahn decken sich die 
meinigen völlig. Die Wanscher’sche Maske habe ich mich versuc , 
jedoch noch in zu wenig Fällen, um ein Urtheil zu haben. Die sogenann 
asphyktische Methode, die Julliard, Bruns u. a. ausüben s ° 
scheint mir Herr Vogel etwas zu schwarz geschildert zu haben, 
kann mir nicht denken, dass die genannten erfahrenen Chirurgen in vie en 
Tausenden von Fällen ihre Patienten in den Erstickungszustand versetzt 
haben. Ein Assistent von Julliard, der Narkosen bei mir sah, con- 
statirte, dass sie in Genf ähnlich verführen und ähnliche oder glm 
Narkosen hätten; ich ersticke meine Kranken nicht. Herrn oilex mo 
ich bemerken, dass ich Schwarzwerden des Blutes während der Nark 
stets als etwas Ungünstiges ansehe und sofort durch Düften des Mas 
und Freimachen der Athemwege dem abhelfe. Das möchte ich für 
chirurgischen Operationen, die ja meist länger dauern als Augenoperatio , 
dringend anrathen. Das Cocain habe ich bei langdauerndem Nacherbrec 
nach Chloroformnarkosen mit Nutzen verwendet. Herrn Kai sw 
möchte ich, in Uebereinstimmung mit Herrn Hahn bemerken, dass 
Kinder jeden Alters oft ohne Nachtheil ätherisirt habe. Ferner babe . _ 
die Aetherisirung gerade bei länger dauernden schwierigen Lapaiatomi 
(Darm-, Magen-, Gallenblasenoperationen u. dergl.) besonders sc 
gelernt. Ich kann mich der Meinung derer, die behaupten, die A 
an Wendung werde sich immer mehr Freunde verschaffen, nur ansen ies • 
Dass man genaue statistische Erhebungen fortsetzen müsse, erwann 
schon in meinem Vortrage. . _ , . , 

Herr L. Landau: So schwer es ist, jetzt die Gründe aufzudecken, 
welche fast die gesammte medicinische Welt vor etwa 50 Jahre, 
anlasst haben, vom Aether zum Chloroform überzugehen, so leicht is , 
den Uebergang vom Chloroform zum Aether zu erklären. Vor alle g 
aus statistischen Gründen unwiderleglich hervor, dass der A ® tber ,, , 
nicht so gefährlich ist. Die Sammelforschung der deutschen Gese 
für Chirurgie ergiebt folgendes Resultat: 161800 Chloroformnar , 
52 Todesfälle, Mortalität 1:3111, 14644 Aethernarkosen 1 Todesfall, Mor¬ 
talität 1:14686. Eine in den Medical News 29. October 1892 publicirte 
Statistik: 638461 Chloroformnarkosen 170 Todesfälle, MortMität 
300157 Aethernarkosen, 18 Todesfälle, Mortalität 1:16675. Dr. Kaba 


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15. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Erfahrungen lauten noch günstiger: auf 150000 Aethemarkosen kein 
Iodesfall. Landau ist zu der Ueberzeugung gelangt, dass die Zahl 
der Aethertodosfailo in einem erheblich grösseren Procontsatz vermeidbar 
sind, die Chloroformtodesfälle aber nicht in analoger Weise ein 
Umstand, der seinerseits zu Gunsten der Aethernarkose spricht ’ Die 
Differenz in der Wirkung beider Mittel besteht darin, dass beim Chloro¬ 
form in den meisten Fällen das Herz angegriffen wird und erst Herz¬ 
lähmung eintritt. beim Aether aber das Respirationscentrum so dass 
die betreffenden Kranken aufhören zu athmen, während das Herz noch 
schlägt. — Nun ist es doch von Ertrunkenen, tiefasphyktisch ge¬ 
borenen Kindern, mit CO Vergifteten bekannt-, dass es mit rechtzeitig 
angewendeten Mitteln (künstlicher Athmung etc., Svlvestermothode etc*5 
gelingt, dieselben wieder zum Athmen und damit zum Leben zu bringen- 
jedenfalls viel besser, wie wenn das Herz primär beim Chloroformtode 
still steht. Faradisation, Wiederbelegungsversuche nach König lassen ! 
uns zu leicht im Stich. Dieser Umstand im Verein mit der Statistik 
giebt jedem, der vom Chloroform zum Aether übergeht, namentlich bei 
sehr schwierigen Operationen oder bei entkräfteten," ein erhöhtes Gefühl 
der Sicherheit, von der sonst schädlichen Nachwirkung des Chloroforms 
ganz abgesehen. Freilich muss man es verstehen, den Aether zweck¬ 
mässig anzuwenden. Nicht um die Julliard'sche oder Wanscher’sche 
Maske handelt es sich, sondern um das Princip, ob man die Luft thun- 
lichst abhält oder so viel wie möglich zulässt. Man kann unter Um¬ 
ständen, wenn man das richtige Princip befolgt, selbst mit der Julliard- 
senen Maske gute und gefahrlose Narkosen erzielen, unter Umständen 
jemanden mit der Wanscher’schen Maske ersticken — sogar wenn kein 
Aether dann ist. Auf dem Coutinent aber wird leider ein schlechtes 
1 rincip, das geeignet ist, den Aether zu discreditü-en, befolgt. Es ist das 
von den Anhängern der Julliard’schen Maske befolgte 1‘rincip. die Luft 
tliunlichst abzuschhossen. Landau fuhrt als klassische Zeugen die 
aus seiner Klinik von Herrn Grossmanu sehon citirten, Butter 
tuet er. Garre an. welche in derselben Weise, wie HerrSilcx eben aus 
der bchweigger’scken Klinik es vortrefflich geschildert, beim Aetheri- 
Mren die Maske so dicht aufsetzen, dass nur wenig Luft aspirirt werden 
Kami. Bei Augenoperationen, die nur kurze Zeit dauern, ist dies gewiss 
r zweckmässig; hei grösseren Operationen aber ist die Anwendung 
(böses I nncipes nicht bloss für den Zuschauer beängstigend, sondern für 
;ien Upenrtcn gefährlich, ja unter Umstünden tödtlicli. wie zwei hier in 
Horlm erfolgte Todesfälle beweisen. 

liarre und Herr Körte haben, um zu beweisen, dass bei der 


261 


l ir M i ■«/ iiuuuu, um zu ueweisen, < 

• ulliardscheu Maske nicht asphyxirt wird, auf Versuche von Dreser 
angewiesen, welcher den COa-Gehalt in der Exspirationsluft dermaassen 
•Nai-kotisirter nicht vermehrt fand. Schon vor 20 Jahren haben übrigens 

• lorgau und11 rof. Golloway dieselben Versuche mit demselben"Er- 

»«sg'cftihrt. Allein diese Ergebnisse beweisen nicht das was sic 
•joJlen. Denn UVAusscheidung geht mit COa-Bildung, wie schon 
iermann und Lsindois zeigten, nicht parallel. Ja Horter und Fried- 
nuer wmsen bei der Kohlensäurevergiftung sognr direkt nach, dass die 
nispiratlonslult mit (’0 3 kemesges überladen war, und schliesslich Kt 
Hill- r : J usst ; i ; Acht zu lassen, dass, je weniger Sauerstoff', wie bei der 
•i iiiiarü sehen Maske, den Operirten zugeführt wird, desto weniger CO- 
Ö ? ber i?. aui)t 1 bl,de “ kann. Offenbar wird der gebildete C0 2 im Blute I 
jfn- e 'jV' bt ! n bl *‘J gebunden. Uebrigens sind zum Beweise, dass bei I 
dii> . ia T d s eken Maske asphyxirt wird, keine Thierversuche nöthig: ■ 
tiiu , v re i Un " f Cr Aatoren ’ vor aHem der Anblick der lividen, cyano- ‘ 
Jf!L - deS , sc ^ warzen Mutes etc., lehrt dies evident. Blütgas- 

«liSr Ll im . üb «gen schon von Oliver angestellt sind, dürften in 
Y 7 '! e ^ehr Aufschluss geben, als Analysen der Exspii-ationsluft. 
Herr i n n a*™ l e me fehlerhafte Anwendung der Aethernarkose kann sich 
klären^ rm a i U - d i? S Brt , h . ei1 des Hcrrn Karewski über den Aether er- 
,; übt h,tTf 1Ch er dle . -Aethernarkose bereits bei etwa 1400 Frauen 
sehen, wie rie die Erscheinungen auftraten 


heut 0 M ZnV Mn S auen von keinem einzigen der Herren Redner 

* Schon Herr Vogel hat mitgetheilt. dass sich 
paratomiePT! m a !‘f au . unter Aethernarkose ausgeführten 258 La¬ 

befand™ Snerlll IVa’^tarpaüonen sehr langdauornde Operationen 
schwindend «Lrirm Laparatomicen handelte es sich in einer ver¬ 

um drei circnljirp^rf V“ & latte . Ovariotomieen. Unter anderen aber 
lomieen Ä^J )armr P Set . 10nen mit Naht (Amtlich geheilt), Nephrek- 
n manche Laparatomieen von 3 bis 

untren dochrtS-, fl La ? dau meint ’ dass ™cli solchen Erfahr¬ 
dürfte. Herr K./ T 1 ' / Ur Laparatomieen nicht beanstandet werden 

er gemeint hat ^ a ? C ^, Borrn ^ 7 °g e l missverstanden, wenn 

es sich nicht" «nnripm önnt 5 aucb d ? s ^klorofonn dosiren. Darum handelt 
ist. je ^e're danm \ das * «n Mittel um so ungefährlicher 

die Ueberstei«run<r fiff 11 . raa !7 obne Lebensgefahr reichen kann. Also 
^ebersteimm^vn! v Opium ist gefährlicher als die 

maasses der ^ ^)a^reieh < m^S lllm, T* and< ?ren \Vorten: der Effect eines Ueber- 
f eichung dos Uphpm, ne V ° D Aetbe ,[ ly t ni cht so gefährlich wie die Dar- 
nicht überall indiriw™^ 6 ] V °? Chloroform. Natürlich ist der Aether 
Weh bei NenhritK 1 • i? 61 bereits bestehender Bronchitis ete., vielleicht 
weistauch darauf' hi« 1 ,u, an , V< ? m . Aetber Ahstand nehmen. Landau 
’ueht in horizontaler iwv* bei ‘x 1 en , dea Operationen, wo die Trachea 
auf treten können tw V-* 1011 gestreckt ist, leicht Unannehmlichkeiten 
•Jbsolut horizontale itl i Hi“ T° n ih,n operirten Frauen konnte die 
Uauer der Operation^ t > e , de ^ 0berk örpt-Ts und Kopfes durch die ganze 
dc r Aethernarkose därfiT*^ werde “; . Für . eine . zukünftige Statistik 
f. enau anzugeben in w-„i„u es zw eckmässig sein, hierauf zu achten und 
' ‘‘fstorbenen operirtund'Ä 1 ! PoS l tl , on die bei Aethernarkose eventuell 
ittels welcher Me thode sie uarkotisirt-worden sind. 


Greifswalder mediciuischer Verein. * 

Sitzung am 2. December 1898. 

?- rr Muslel ' : Schriftführer: Herr Hoffmann. 

1. Heu ü. Schirmer; Zur operativen Behandlung hoch- 
gradiger Kurcsrchtigkeit. Die Correction hocligradigTr Kurz- 

nnh! ^‘^.'•“^•"deConcavgläser stösst in dfn meisten 
ha len auf unubenvmdliehe Schwierigkeiten, weil starke Concav- 
giaser erheblich verkleinern. So ist ein grosser Theil dieser Mv- 
open sehr in soiner Arbeitsfähigkeit beschränkt, denn ohne Corroc- 
tronsg äsei; ist ihre Sehschärfe ausserordentlich schlecht. Es wurde 
deshalb seit langer Zeit die Möglichkeit erwogen, durch Entfernung 
der Krystalllinse aus dem Auge die Myopie zu beseitigen, aber die 
mit der Operation verbundenen Gefahren hatten stets von dem 
V ersuch ahgesehreckt. Erst die besseren Extractionsmethoden der 
jüngsten Zeit und vor allem die heutige Antisepsis und Asepsis 
Dessen den Eingriff gerechtfertigt erscheinen. Fukala ist der 
erste, welcher ihn unternommen hat; um die Ausbildung der Me- 
thode haben sich besonders Pflüger und Thier verdient gemacht. 

W ir gehen gewöhnlich in der Weise vor, dass wir die vordere 
Linsenkapsel discidiren und die dadurch entstandene traumatische 
Lataract zum Theil der Spontanresorption überlassen, zum Theil 
die quellenden, getrübten Linsenmassen durch einen Lanzenschnitt 
aus dem Bulbus austreten lassen. Eine Iridectpmie mit dieser Linoar- 
extraction zu verbinden, ist völlig unnöthig: die Entbindung der 
gequollenen Massen über die Iris hinweg ist sehr wohl möglich. 
Ist so die ganze Linse aus .lern Auge entfernt und vielleicht noch 
die Kapsel discidirt, so haben wir also ein vollkommen normal 
aussehendes Auge mit runder, beweglicher Pupille, dessen Ite- 
fractionszustand annähernd emmetropisch und dessen Sehschärfe 
meist erheblich besser ist, als die des corrigirten, myopischen 
Auges vor der Operation war. Es liegt dies daran, dass ein linsen- 
loses, emmetropisches Auge von gleichen Gegenständen wesentlich 
grossere. Netzhautbildor erhält, als ein stark myopisches, nicht 
aphakisches Auge mit Correctionslinsc. 

Zur Operation geeignet sind nur höclistgradig myopische 
Augen; 15—16 Dioptrieen bilden die untere Grenze. In diesen 
Fällen resultirt nach der Extraction Emmetropie, die Patienten 
sehen ohne Glas deutlich in der Ferne. Zum Sehen in der Nähe 
benutzen sie entweder das nichtoperirte Auge, oder man giebt 
ihnen für das aphakische Auge ein Convexglas zur Nahearbeit. 

Ich habe die Operation bisher in zwei Fällen gemacht und 
erlaube mir, Ihnen hier die Patienten vorzustellen. Die Kranken¬ 
geschichten sind kurz folgende: 

Fall 1. Karl H., 24 Jahre alt, Schäfer, kommt mit der Klage, 
seinen Beruf wegen Kurzsichtigkeit nicht mehr ausüben zu können; Gläser 
habe er nie tragen können. Rechts mit -18 Ds- & / 2 s, links mit -18Ds 
= °/ 2 o. Ophthalmoskopisch beiderseits kleines Stapbyloma posticum, geringe 
Dehnuiigsatrophie der Aderhaut in der Maculagegend, keine Chorioiditis. 
Am 5.^ Oetober wird am linken Auge die Vorderkapsel discidirt-, am 11. 
und 25. Oetober werden die gequollenen Linsenmassen durch einen Linear¬ 
schnitt herausgelassen und am 24. November der zarte Nachstar disci¬ 
dirt. Am 30. November ist mit — 1 D s fast ‘/o. Weitere Bessemng zu 
erwarten, doch habe ich den Patienten bisher nicht wiedergesehen. Er 
wird ohne Brille entlassen, da zu seiner Arbeit das uueorrigirte linke 
Auge völlig ausreicht und er sich nur wenig in der Nähe beschäftigt. 

Fall 2. Robert J., 10 Jahre, Musiker, klagt, dass er weder mit 
noch ohne Brille die Noten auf ] /a m Entfernung gut sehen könne. Rechts 
— 20 I) s = V*, links — 18 D s l /z. Beiderseits kleines Staphvloma posticum. 
geringer Schwund des Pigmentepithels in der Maculagegend. Am 17. 
Oetober rechts Discision, am 26. Oetober und 6. November Herauslassen 
der geqnollenen Linsemnasseu, am 28. November Discision des zarten 
Nachstars. Am t. December mit — 1 D O 1 D cyl. A. h. s = '/*• Am 
8. December entlassen. 

Am 15. Januar kommt Patient wieder. Links E s = 2 /a- Mit 4- 
0.75 D wird gewöhnliche Notenschrift auf Va m Entfernung bequem ge¬ 
lesen. 

Herr Stöwer macht darauf aufmerksam, dass bisher gewöhnlich an¬ 
gegeben soi, dass das operirte Auge für die Ferne, das nicht operirtc 
Auge für die Nähe verwendet würde. Da es sich aber um Augen handelt, 
deren Fempunkt in 5—7 cm liegt, die auch durch Gläser nicht genügend 
corrigirt werden können, so kann ein solches Auge eigentlich auch für 
gewöhnliche Nahearbeit nicht als brauchbar angesehen werden. Man 
müsste daher theoretisch annehmen, dass der operirte Myop nach gut ge¬ 
lungener Operation das operirte Auge auch für jede Nahearbeit zu ver¬ 
wenden vorziehen w T ürde, da er dann — mit Hülfe dos passenden schwachen 
Convexglases — in der Entfernung des gewöhnlichen Nahepunktes seine 
Arbeiten vornehmen könnte. 

2. Herr Buschke stellt drei Kranke vor, bei denen er Haut - 
defecte durch ungestielte fettlose Hautlappen gedeckt hat. 
(Wolfe-Krausc): 

Fall 1. In dem ersten Fall handelte es sich bei dom 53jährigen 
Arbeiter D. um ein Ulcus cruris, welches die Vorder- und Aussenttüche 
des linken Unterschenkels zu circa zwei Drittheilen einnahm. Nachdem 
sich das Geschwür unter feuchten Verbänden gereinigt hatte, wurden die 
Granulationen und die darunter liegenden fast 1 cm dicken Narben¬ 
schichten, der callöse Rand abgetragen und nun (las Contrum des De- 


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262 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


fectes, vornehmlich der Knochen mit ungestielten fettlosen Hautlappen 
bedeckt, welche aus der Haut der Beugefläche des rechten Oberarms 
entnommen wurden. Die Lappen wurden ohne Nähte fixirt. Die Peri¬ 
pherie des Defectes wurde durch Thiorsch’schc Transplantationen gedeckt, 
die vom rechten Oberschenkel entnommen wurden. Der Defeet am Ober¬ 
arm wurde durch Naht geschlossen. Die Lappen sind fast völlig, ohne 
dass totale Nekrosen eintraten, augeheilt, nur an einzelnen Stellen ent¬ 
standen Epithelnekrosen. Jetzt ist alles geheilt, der Effect ist als ein 
guter zu bezeichnen. 

Fall 2. Im zweiten Fall handelte es sich um einen liefert im 
1 nterostealraum zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger bei einem 
Förster, entstanden durch eine Schussverletzung: da bei einer Heilung 
per granulationem auch event. unter einem Thiersch’schen Lappen durch 
die eintretende Narbenschrumpfung die Function des Daumens (besonders 
die Abduction) geschädigt worden wäre, so wird der Defeet durch eiuen 
ungestielten Lappen, entnommen vom linken Oberarm, gedeckt. Er ist 
völlig angeheilt. Patient ist mit guter Function im Daumen entlassen 
worden. 1 ) 

Fall 3. Im dritten Fall, bei dem 64jährigen Arbeiter St., bestand 
ein Angio.sarcom der linken Wange; dasselbe wurde radical exstirpirl, 
oberflächliche Knochenschichten vom Oberkiefer mit abgetragen, hierbei 
wurde die Highmorshöhle eröffnet. Die Wunde wurde zuerst der Grauu- 
lation überlassen und dann nach Abtragung der Granulationen gedeckt. 
Zuerst wurde durch einen kleinen gestielten Lappen das Loch in der 
Wand der Highraorshöhle überdeckt: der Lappen wurde aus der Haut 
unter dem linken Augenlide gebildet, sein Stiel war am vorderen Um¬ 
fang des Defectes. Der rechteckig gestaltete Lappen wurde dann umge¬ 
klappt. so dass seine ephitheliale Fläche das Loch bedeckte, während 
seine Wundfläche nach aussen blickte, der Lappen durch zwei Catgut¬ 
nähte auf der Unterlage fixirt. Ueber diesen Lappen, die übrige Defeet- 
fläche und den Defeet, welcher durch die Bildung des gestielten Läppens 
entstanden war, wird ein ungestielter Lappen gelegt, entnommen von der 
Beugefläche des linken Oberarms. Bis auf kleine Raudnekrosen ist alles 
an geheilt; gerade da, wo der ungestielte Lappen den gestielten bedeckte, 
sind auch nicht einmal Epithelnekrosen eingetreten. Patient ist geheilt 
entlassen worden. 

3. Herr Hei den lu* in demonstrit einige Fälle atypischer 
Pussresectionen. 

4. Herr v. Preusehen spricht über die Läsion der Central¬ 
organe bei der Geburt als Ursache der Melaena neonatorum. 
(Der Vortrag wird in extenso im Centralblatt für Gynäkologie ver¬ 
öffentlicht werden.) 

5. Herr Donat: Demonstration eines nicht ausgetragenen 
Fötus von 42 cm Körperlänge. Der linke Fuss weist acht Zehen 
auf, von denen die ersten vier wohl gebildet, die letzten vier an 
Grösse untereinander sehr verschieden sind. Der Vermehrung der 
Phalangen entspricht eine gleiche Vermehrung der Metatarsal¬ 
knochen. Die Stelle der äusseren Geschlechtsorgane nimmt ein 
gerunzelter Hautwulst ein, nach Eröffnung der Bauchdecken fanden 
sich die Hoden im Abdomen. Am Dünndarm sitzt ein Meckel- 
sehes Divertikel 25 cm oberhalb der Ileocoecalklappe. Ferner be¬ 
stellt eine Imporforatio ani. Die Haut ist an dieser Stelle voll¬ 
ständig glatt und giebt für die Auffindung des Darmendes keinen 
Anhaltspunkt. Nach Spaltung der Haut in der Anusgegend durch 
einen Längsschnitt lässt sich der Dann nicht auffinden, erst nach 
Eröffnung der Bauchdecken ergiebt sich, dass der Emldarm kolbig 
stark aufgetrieben hoch im Abdomen blind endigt. 


XI. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Bemerkungen über die Desinfection nach ansteckenden 
Krankheiten. 

Von Dr. Henius in Berlin. 

ln der Sitzung der Borliner medicinischen Gesellschaft vom 28 Februar 
er. wurde der in No. 9 dieser Wochenschrift, p. 216, erwähnte Antra* des 
Herrn Zadek, betreffend die unentgeltliche Ausführung der Desinfection 
von Wohnungen und Effecten nach ansteckenden Krankheiten, durch Ueber- 
gang zur Tagesordnung erledigt. Unserer Meinung nach mit Recht, denn 
die medicinischo Gesellschaft, die sich hauptsächlich mit wissenschaft¬ 
lichen rragen, zuweilen auch mit Standesangelegenheiten beschäftigt, ist 
nicht das Forum, vor welches eine nach der Formulirung des Antrages 
nur als finanziell aufzufassende Sache gehört, Uebrigens ist diese An¬ 
gelegenheit vor nicht langer Zeit in Berliner und anderen ärztlichen 
Kreisen behandelt worden. Bei den Berathungen, die im vergangenen 
Jahre im Geschäftsausschusse der ärztlichen Standesvereine übe? das 
1 eichsseiichengesetz gepflogen wurden, gelangte der Antrag zur An¬ 
nahme, dass die Desinfection kostenlos für dio Betroffenen ausgeführt 
werden solle und in demselben Sinne lautete eine auf dem letzten Aerzte- 
?^^ B r SlaU angenommene These: Die Desinfection soll auf öffent- 
hche Kosten erfolgen. Die Gründe, welche für die Uebcrnahme der 
- 03 v aat f, °. der d ^’ Stadt sprechen, liegen auf der Hand: 
emtir Krankheit wird der Ausgabenetat einer Familie ohne- 
!iLn i b rl! VC " ; d “ 18t es nur billig, dass für diejenigen Aus- 
W ±Ü e J-° n ptaatswegon im Interesse der Allgemeinheit gefordert 
w erden, auc h die Allgemeinheit eintntt, sonst wird es nur zu häufig 

J (dl . lialj0 dan Patienten nach acht, Wochen wiedergeseben. und 
' a Z01 gt e sich bereits eine geringe Narbenschrumpfung. 


Vorkommen, dass dio Betroffenen, um die ihrer Ansicht nach unnöthigen 
Kosten der Desinfection zu sparen, dieselbe entweder ganz zu umgehen 
suchen oder sie nur im kleinsten, unzureichendsten Maassstabe ausführen 
lassen. Bei Eintritt von Viehseuchen findet man es selbstverständlich, 
dass die Besitzer für dasjenige Vieh, welches in Ausübung der Prophy¬ 
laxe getödtet wird, eine gut bemessene Entschädigung erhalten, ist es 
also zu viel verlangt, dass auch bei menschliehen ansteckenden Krank¬ 
heiten die Maassregcln, welche zur Verhütung der Weiterverbreituni; un¬ 
geordnet werden, ohne Kosten für den Einzelnen ausgeführt werden? 
Er kommt dabei immer noch schlecht genug fort, denn wer einmal Sachen 
zurückbekommen hat, die er zum Zwecko der Vernichtung der lnfections- 
keime dem strömenden, überhitzten Wasserdampfe hat überliefern müssen, 
wird noch eine geraume Zeit mit Bedauern und mit Aerger an die Ver¬ 
änderungen denken, welche dieselben in Bezug auf Fagon, Farbe, Dauer¬ 
haftigkeit erlitten haben. Ebenso gereicht es Niemandem zum Vergnügen, 
wenn er die Desinfectionscoloune anrüeken siebt, welche in seinen Wohn- 
räumen den Krieg gegen die nichtsnutzigen Bacterien aufnehmen will. 
Die Männer in ihren weissen. leinenen Kitteln, die mit verschiedenen Giften 
in den Stuben herumhantiren. machen auf das Publicum meist einen un¬ 
heimlichen Eindruck, der natürlich dadurch nicht abgeschwächt wird, dass 
noch mehrere Tage nach ihrem Abgänge ein unangenehmer Geruch in 
der Wohnung sich bemerkbar macht. Indessen man würde sich das alles 
gern gefallen lassen, wenn man nur die Sicherheit hätte, dass durch die 
mannigfachen belästigenden Manipulationen in der Thal ein wirksamer 
Schutz gegen das Fortschreiten der Krankheit geboten würde und dass 
die vielerlei Schädigungen, welche der Einzelne infolge der Desinfection 
erleidet, durch einen entsprechenden Nutzen für die Gesammtheit com- 
pensirt würden. Bezüglich der Erörterung der Desinfectionsfrage von 
diesem Gesichtspunkte aus ist es bedauerlich, dass der Antrag Zadek 
ganz ohne Discussion zu Grabe getragen wurde, denn ein Austauschen 
der Erfahrungen, welche die Berliner Aerzte in dieser Beziehung gemach 1 
haben, ein Ausspreelien darüber, ob nach Einführung der amtlichen Des- 
iufection die Ansteckungsgefahr sich vermindert habe, wäre ein der inedi- 
ciuischen Gesellschaft würdiger Verhandlungsgegenstand gewesen. Wir 
glauben in der Annahme nicht zu irren, dass eine grosse Anzahl sich 
dahin ausgesprochen hätte, dass die Desinfection, wie sie in 
Berlin durch polizeiliche Verordnung eingeführt ist, trotz 
der grossen Kosten und Belästigungen und sonstiger Nach¬ 
theile, mit denen sie verbunden ist, ihren Zweck nicht 
erfüllt und nicht erfüllen kann, da eine thatsächlich wirk¬ 
same Desinfection bei unseren jetzigen Wohnungs- und 
Lebensverhältuissen geradezu unmöglich ist. Es muss doch 
einmal auch öffentlich ausgesprochen werden, was die praktischen Aerzte 
zum grössten Theil für unbestreitbar halten, dass durch die Desinfection 
im allgemeinen nur für die Beruhigung des geängsteten Publikums etwas 
gethaii wird, und dass der hierfür angewendete Apparat seinen eigent¬ 
lichen Zwecken nicht entspricht und einen zu bedeutenden Umfang ange¬ 
nommen hat. Natürlich liegt es uns fern, die wissenschaftliche Berechti¬ 
gung und Begründung der Desinfection zu bestreiten. Die grossen 
Segnungen, welche durch die antiseptischen und aseptischen Behandlungs¬ 
methoden namentlich in der Chirurgie und Geburtshülfe der leidenden 
Menschheit zu Theil geworden sind, liegen zu sehr vor aller Augen, als 
dass man nicht wünschen sollte, es möchte sich die consequente Durch¬ 
führung dieser Methoden auf alle Krankheiten übertragen lassen. Indessen 
was in der Klinik, was hei dem einzelnen Fall zur Verhütung der in- 
foction möglich ist, das lässt sich nicht in jedem Privathause, hei weit 
verbreiteten Epidemieeu. zwecks Verhinderung des Fortschreitens der 
Kraiikheitskeime in Anwendung ziehen. Wie wird bei dem Bau von 
klinischen Anstalten auf diese Verhältnisse Rücksicht genommen! Wie 
wird gesorgt für die möglichst ausgedehnte Zuführung von Luft und Licht! 
Da giebt es keine scharfen Ecken, in denen sich Keime festnisten können, 
da giebt es keine Wandflächen, die nicht abseifbar und für jede andere 
Art der Reinigung zugänglich sind, da ist kein überflüssiger Gegenstand 
in den Räumen vorhanden, da stehen reichliche Mittel zur Verfügung, um 
den Kranken selbst und alles, was mit ihm in Berührung kommt, 
auf das gründlichste zu säubern, da sind Kräfte genug vorhanden, um ln- 
fectionsstoffe dem Patienten fernzuhalten und solche, die von ihm aus- 
gehen, sofort zu vernichten. Wie ist das alles anders in Privatwohnungen! 
Nehmen wir an. es sei in einer wohlhabenden Familie ein Kind von 
Scharlach oder Diphtheritis befallen 1 ). Die gesunden Kinder werden dann 
ganz ferngehalten, um den Patienten soll sich nur die Wärterin kümmern, 
aber Mutter und Vater können es sich doch nicht nehmen lassen, hin und 
wieder das Krankenzimmer zu betreten. Sie glauben, alles nöthige zur 
Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheit gethan zu haben, wenn 
sie vor dem Besuche des Erkrankten über ihren Anzug einen leinenen 
Mantel überziehen, dessen sie sich heim Fortgehen wieder entledigen; im 
Anfänge werden sie sich wohl auch mit zweiprocentiger Carhollösung etwas 
besprengen lassen, bevor sie sich wieder in die übrigen Wohnräume be¬ 
gehen. Von einem Waschen der von dem leinenen Umhange nicht be¬ 
deckt gewesenen Körpertheile ist keine Rede, noch weniger von einer 
gründlichen Säuberung der Kopf- und Barthaare, Die Communication 
zwischen Küche und Krankenzimmer wird zwar eingeschränkt, aber Dicht 
ganz unterbrochen, denn der Kranke und seine Pflegerin müssen doch 
auch essen, und dafür kann nur durch die Küche gesorgt werden, und 


’) Bei unserer Betrachtung haben wir hauptsächlich diese beiden 
Krankheiten im Auge, die in jedem Jahre so viele blühende Leben dahin¬ 
raffen. — Bei der Cholera ist ein Schutz vor Ansteckung eher möglich, 
da die Keime nur in den Dejectionen der Kranken vorhanden sind, und 
deren Vernichtung sowie die Zerstörung der damit beschmutzten Gegen¬ 
stände lässt sich bei grosser Aufmerksamkeit des Wartepersonals viel¬ 
leicht durchführen. 


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15. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


263 


wenn auch zunächst jede 15 er (Urning zwischen der Köchin und der 
Fliegerin vermieden wird, so wird man in der Regel mit der Zeit gleich¬ 
gültiger und lässiger. Da ist es natürlich kein Wunder, dass die 
Krankheitskeimo allmählich durch die ganze Wohnung verschleppt werden. 
Kommt nun nach der Beendigung der Krankheit die Desinfections- 
mannschaft an, so überweist man ihr ein, im besten Fallo zwei Zimmer, 
bei Leibe nicht den Salon, denn er ist ja nur sehr selten von den Eltern 
betreten worden, und um die schönen Polstermöbel wäre es schade, ob¬ 
wohl doch gerade sie unendlich viele Schlupfwinkel für die Keime’dar¬ 
bieten. Wir wollen aber einmal den seltenen Fall ins Auge fasson, dass 
wirklich die ganze Wohnung von sechs bis acht Zimmern, Küche etc. der 
Desinfection unterworfen und dass auch alle in der Wohnung vorhandenen 
Effecten genau nach Vorschrift behandelt worden sind. Ist es denkbar, 
dass in einem bis höchstens zwei Tagen alle Wände, alle Ecken, alle Fugen 
in den Fussböden und unter den Scheuerleisten, alle Thttren, Schwellen 
etc. in den Stuben und auf den meist finsteron Corridoren und Gelassen 
so gründlich vorgenommen werden, dass an keiner Stelle mehr lebensfähige 
Batterien vorhanden sind? Wir behaupten: nein, und jeder Arzt wird 
uns beistimmen und mit Beweisen aus seiner Praxis aufwarten können, 
denn nur zu oft kommt es vor, dass, wenn nach der unergründlichsten 
Desinfection dio bisher lerngehaltenen Kinder wieder in die Wohnung 
zurückkehren, eins oder mehrere von derselben Krankheit ergriffen werden 
Um nur ein prägnantes Beispiel anzuführen, so erkrankte ein Kind eines 
hiesigen sehr angesehenen Mediciners an Scharlach. Nach Ablauf dessel¬ 
ben wurde die Wohnung nach allen Regeln der Kunst desinficirt. aber 
bald darauf legte sich das zweite Kind an derselben Kranheit. Abermalige 
Desintection, und jetzt glaubte man vor neuer Ansteckung ganz sicher 
zu sein, da wurde die Mutter der beiden Kinder ebenfalls von Scharlach 
ergriffen. Aehnliche Beispiele könnte jeder beschäftigte Arzt zu Dutzen¬ 
den ani(ihren. — Und wenn bei den besser situirten Klassen die Desin- 
Kvtion so häufig nicht den erwarteten Erfolg hat, wieviel weniger ist 
darauf zu rechnen bei den unbemittelten Familien. Freilich wird sich eine 
Wohnung, die nur aus einem bis zwei Zimmern und Küche besteht, leichter 
bearbeiten lassen, aber wie viele elende Familien giebt es, in denen die 
einzelnen Mitglieder, deren Absperrung von dem Kranken unmöglich ist, 
nur diejenigen Sachen besitzen, welche sie gerade auf dem Körper haben, 
so dass sie dem Desinfectionsofen weder Kleidungsstücke noch Leibwäsche 
überliefern können. Da nützen die schönsten Verordnungen vom grünen 
lisch aus nichts, in solchen Fällen lässt sich eben eine Desinfection nicht 
durchführen, da bleibt alles beim alten, wie es vor der Einführung der 
amtlichen Desinfection gewesen war. 

Mit diesen Zeilen glaube ich nachgewiesen zu haben, dass die amt¬ 
liche Desinfection trotz des umständlichen und kostspieligen Verfahrens 
mcht das zu leisten vermag, was man von ihr erwartet hat. Gegen die 
. erbreitung der Infectionskrankheiten wird sich nur dann etwas ausrichten 
lassen, wenn jeder Arzt in seinem Kreise für die Anwendung guter hy¬ 
gienischer Grundsätze zu wirken sucht. Strebt jeder dahin, dass den 
Kranken neben zweckmässiger Ernährung recht viel gute Luft zugeführt 
wird, dass in der Umgebung desselben die möglichst grösste Sauberkeit 
errsclit, dass seine Excretionsstoffe durch Vermischung mit (den Armen 
unentgeltlich zu überweisenden) bactcrientödtenden Mitteln unschädlich 
gemacht werden, dass auch den untersten Klassen der Bevölkerung in 
rkrankungsfällen (nötigenfalls durch öffentliche Mittel) die Fähigkeit 
gegeben wird, die Wäsche öfter zu wechseln und die gebrauchte vordem 
Waschen längere Zeit in eine Seifenlüsung zu legon. dass die Kranken 
una ihre I Heger möglichst w'enig mit der Aussenwclt in Berührung kommen, 

| ann wird sich durch die Durchführung solcher Maassregeln in jedem ein- 
^.rankungslulle weit mehr ausrichten lassen, als durch die öffent- 
c e Desmfectiou, und man wird grössere Erfolge mit geringeren Mitteln 
und weniger Belästigung erreichen. 


em solches zu empfehlen, so geschieht dies in der Ueberzougung, dass 
wir eine brauchbare Bereicherung unseres Arznei Schatzes vor uns haben 
Jm r ebruarheft der klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde 
erschien eine Arbeit von Rählmann über „Scopolaminum hydrochloricum 
em neues Mydnaticum und seine Anwendung in der ophthalmologischen 
rraxis. Kahlmann hatte das pupillenerweiternde Mittel von Professor 
Kobert erhalten mit der Angabe, dass es bei innerlicher Darreichung 
eine lteiho von Eigenschaften entfalte, die denen des Atropins entgegen^ 
gesetzt seien. Eine klinische Prüfung sei schon aus diesem Grunde 
geboten. 


Nach zahlreichen Versuchen kam Rählmann zu dem Resultate 
„dass das Seopolamin als Mydriaticum und Antiphlogisticum alle anderen 
IropeYno mit Einschluss des Atropins übertrifft“; ganz besonders em¬ 
pfehlenswert aber sei das Mittel, weil es eine Reihe von üblen Eio-en- 
schaften des Atropins nicht besässe. Ich sah mich dadurch veranlasst, 
das neue Mittel einer näheren Prüfung zu unterziehen,, und erhielt auf 
mein Ersuchen von E. Merck in Darmstadt ein kleines Quantum zu 
Versuchszwecken. Es war das auch von Rählmann benutzte chlor- 
wassorstoffsaure Präparat. Ich verwandte es kurze Zeit, hindurch an 
btelle des Atropins in einer Concentration von 0,02:10,0 viermal täglich 
bei Erwachsenen und Kindern. Im grossen und ganzen fand ich die°An- 
gaben von Rählmann bestätigt; üble Nebenwirkungen wurden nicht 
beobachtet; dagegen fiel mir auf, dass die mydriatischo Wirkung eher 
etwas schwächer war, als die des Atropin. 

Nachdem mir von der obenonvähnten Firma das Scopolaminum hydro- 
bromicum übersandt. worden war, bediente ich mich ausschliesslich des 
letzteren, und ich bin nach zahlreichen Versuchen zu der LTeberzeugung 
gelangt, dass das neue Präparat eine ausgiebigo Verwendung in der 
Praxis verdient. Dio durch die Lösung von 0,02:10,0 hervorgerufene 
Mydriasis tritt schon nach kurzer Zeit ein und ist ebenso ausgiebig, wio 
nach Atropininstillation. Bei frischer Iritis z. B. konnte ich Zerreissung 
von Synechieen und vollständige Mydriasis nach viermaliger Einträufelung 
erziolen. Dagegen ist es zweifellos, dass die Dauer der mydriatischen 
Wirkung nicht eine so lange ist wie bei Atropinanwendung, so dass zur 
Erhaltung einer maximalen Mydriasis hin und wiedor öftere Anwendung 
erforderlich ist. Die durch das Mittel hervorgerufene Accommodations- 
lähmung verhält sich wie die Mydriasis. Sie tritt rasch ein, hält aber 
nicht so lange an wie nach Atropinanwendung. 

Diese Eigenschaften lassen sich mit Erfolg verwerthen, wenn My¬ 
driasis zu diagnostischen Zwecken erforderlich wird. Auch bei eitrigen 
Entzündungen des vorderen Bulbusabschnittes habe ich volle Mydriasis 
erzielen können, jedoch sind die Fälle nicht zahlreich genug, um eine 
Aeusserung über den Einfluss auf die Entzündung selbst, wie ihn Rähl¬ 
mann annimmt, gestatten zu können. 

Von grosser Wichtigkeit scheint mir der Umstand zu sein, dass 
das Mittel keinen Einfluss auf die Druckverhältnisse im Auge hat und 
dass es auch bei bestehender Drucksteigerung vertragen wird. So habe 
ich in einem Fallo von abgelaufcncr Verletzung der Cornea mit Iris¬ 
einheilung und Catara et, in welchem es später zu Reizerscheinungen und 
Drucksteigorung kam, nach mehrmaliger Anwendung von Scopolamiu 
sofortigen Rückgang der bedrohlichen Symptome eintreten sehen. Ich 
würde den Fall nicht besonders erwähnt haben, wenn nicht von Rähl¬ 
mann ähnliches mitgetheilt worden wäre. 

Ein weiterer Vorzug des Mittels besteht darin, dass eine Reihe von 
lästigen Nebenwirkungen, welche nach längerem Atropingebrauch auf- 
treten, vermieden wird. So konnte ich in mehreren solcher Fälle ebonso- 
wenig wie Rählmann irgend eine Wirkung auf das Allgemeinbefinden 
wahrnehmen. Ich möchte diese Eigenschaft besonders dem Umstande zu¬ 
schreiben. dass das zweifellos giftige Mittel schon in so geringer Menge 
wirksam ist. Demgemäss beobachtete ich auch nicht, dass über Trocken- 


* ~7 ^ 1U ^ estverein zu Berlin gelangen am 20. März folgende vom 
wi»n ° C t n ^ en „ Nßumann aufgestellte Thesen zur Discussion: Vor- 
‘. 1; . ir ®' e . Maassregeln zum Schutze aruier Kinder. I. Von der 
en j Ar ™ e ? v ^ waltun S ZU1U Schutze armer Kinder, und zwar 
i t r 6 tt u ^ a H e kinder eine Centralstelle zu errichten. Ihre Aufgabe 
*11 ! e v >ii erw . ac ^ un & der Haltepflege durch einen Arzt und durch be- 
thfülnn ^S^innen. Ferner muss die Centralstelle enthalten a) eine Ab- 
hrin v ® i , kranke Säuglinge, b) ein Asyl zur vorübergebenden ünter- 
obdachloser Kinder (unter Aufhebung der Säuglingsstation im 
S(Ur •, * H. Den Armenärzten sind die Haltekinder ihres Bezirks, 

We : er orderlichzur Behandlung seitens der Armenvenvaltung zuzu- 

schw-m , ' i lsl e * ne Zufluchtsstätte zur Aufnahme von Ledig- 

m „ f .U :P le, K u , von obdachlosen Wöchnerinnen mit deren Kindern 
i!! 1 j- un ^ aus den Gehüranstalten) einzurichten. IV. Ledigen 
stQf % dle ersten 0—8 Wochen im Bedarfsfälle eine Geldunter- 

Säurriirirr ■ b<riQöglichung des Stillens oder billige, bez. unentgeltliche 
werden zu gewähren. Während der Dauer dieser Unterstützung 

Haltefrauen üb^tShtP 0 “ 1 ™ 1810110 ““ “ der gleichen Weise wie die 

XIL Therapeutische Mittheilungen. 

XJeber die Wirkung des Scopolamins bei Angen¬ 
erkrankungen. 1 ) 

. ^ on Pnv.-Doc. Dr. Peters in. Bonn. 

mit Recht *11 den Anpreisungen neuer Arzneimittel gegenüber 

mit Recht skeptisch geworden. Wenn 4 es trotzdem wage. Ihnen heute 

und HeUkiuide’’ ge ^^ ten * u der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- 


heit im Halse geklagt würde. Sehr wesentlich ist ferner, dass die so oft 
eintretenden lästigen Symptome der beginnenden Atropin Vergiftung, 
Röthung des Gesichtes, nervöse Unruhe und Pulsbeschleunigung bei An¬ 
wendung des Scopolamins nicht zu befürchten sind. 

Vor allem aber möchte ich betonen, dass das Seopolamin reactionslos 
vertragen wird in solchen Fällen, in denen eine Idiosynkrasie gegen 
Atropin vorliegt, oder wo dieses Mittel nach längerem Gebrauche zu 
Reizerscheinungen, Schmerzen etc. Veranlassung giebt. So konnte ich 
beobachten, dass in einem Falle von schwerer parenchymatöser Keratitis, 
wo Atropin absolut nicht vertragen wurde, von dem Augenblick an, als 
das neue Präparat zur Anwendung kam, weder örtliche noch allgemeine 
Nebenwirkungen jemals wieder auftraten. 

Auch bei Kindern, bei denen das Mittel in der gleichen Concen¬ 
tration zur Anwendimg gelangte, konnte eine üble Nebenwirkung nicht 
constatirt werden. Auf der anderen Seite aber habe ich mich nicht davon 
überzeugen können, dass in Fällen von schweren sogenannten scrophu- 
lösen Hornhautentzündungen eine Abkürzung der Krankhoitsdauer erfolgte. 

Wir sehen also, dass dem Mittel die Vorzüge des Atropins im 
grossen und ganzen in gleicher Weise zu Gebote stehen, dass aber dessen 
Nachtheile vermisst werden, und so glaube ich, dass es für dio augen- 
iirztlicho Praxis seine Bedeutung bowahren wird, selbst wenn weitere 
Beobachtungen lehren sollten, dass unter Umständen unerwünschte Eigen¬ 
schaften zu Tage treten. 

Die Angaben, welche Rählmann über die Herkunft und über die 
chemische Zusammensetzung des Mittels macht, werden ergänzt in einer 
ganz kürzlich erschienenen Dissertation von Ernst*), der unter Kobert's 
Leitung dio Wirkungen des Scopolaminum hydrobromieum näher studirt hat. 

Ich entnehme dieser Quelle folgendes: Schmidt erhielt aus der 
Wurzel von Scopolia atropoldes einen Körper Seopolamin. dessen hrom- 
wasserstoffsaures Salz sich als identisch mit dem schon früher bekannten 

*) Jurjew (Dorpat) 1893. 



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264 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


Hyoscin um hydrobromicum erwies. Das Seopolamin ist nicht dem Hyoscin 
Ladenburg’s gleich, sondern eine andere, in ihrer Zusammensetzung von 
den bekannten Mydriaticis abweichende Basis. Die Hyoscinpräparate des 
Handels bestehen wesentlich nur aus den Salzen der Base C 17 H 21 NO 4 
(Seopolamin) und nicht, wie bisher angenommen wurde, aus denen einer 
Isomere des Atropins und Hyoscyamins C 17 H 23 NO 3 . Zu den weiteren Unter¬ 
suchungen wurden daher nur reine Krystalle. welche durch einfaches U 111 - 
krystallisiren des käuflichen Hyoscinhydrobromids gewonnen wurden, benutzt. 

Am Schlüsse seiner eingehenden Untersuchungen kommt "Verfasser 
zu dem Schlüsse, „dass die Hyoscin genannten Präparate nichts anderes 
sind, als ein mehr oder weniger verunreinigtes Seopolamin. Wenngleich 
diese Verunreinigungen chemisch nicht sehr bedeutend sind, ändern sie 
doch die Wirkung des Präparates auf Menschen tiefgreifend.“ Hieraus 
erklärt es sich wohl auch, dass von Seiten der Neurologen und Psychiater 
nicht immer dieselben Wirkungen beim Gebrauche der Hyoscinpräparate 
beobachtet wurden. 

Die Wirkimg auf das Auge schildert Verfasser folgendermaassen: 
das Seopolamin erweitert die Pupille, lähmt die Accommodation und ver¬ 
engert die Gefässe der Iris und der Conjunctiva bulbi. Es wirkt vier- bis 
fünfmal so stark wie Atropin, besitzt, wenn rein dargestellt, nicht die 
ungünstigen Nebenwirkungen desselben und ist deshalb in der Augenpraxis 
von grösster praktischer Bedeutung. 

Wir sehen also, dass auch hier die günstigen Wirkungen des Mittels 
auf das Auge bestätigt werden, und ich erfahre aus der gleichen Quelle, 
dass Bellarminoff‘) kürzlich ganz ähnliche Beobachtungen zusammen¬ 
gestellt hat. Die geringen Differenzen führt Ernst darauf zurück, dass 
das Merck’sche Präparat (chlorwasserstoffsaures Seopolamin), mit welchem 
dieser Autor ebenso wie Rählmann arbeitete, nicht so zuverlässig rein 
sei, als das von Schmidt dargestellte. Wenn dem so ist, so ist die 
Verbesserung des käuflichen Präparates ja nur eine Frage der Zeit. Ich 
möchte jedoch nicht unterlassen, nochmals zu betonen, dass mir bei Be¬ 
nutzung des bromwasserstoffsauren Scopolamins Nebenwirkungen nicht 
aufgefallen sind, und auch Ernst giebt zu. dass dieses Präparat weit 
seltener zu solchen Veranlassung giebt. 


XIII. Zu dem Aufsatz des llerru Dr. Albu: „Zur Kennt«iss der 
Influenzapncnmonieen*, von Dr. Jacob Wolff, prakt. Arzt in Berlin. 
Man sollte glauben, dass ein Autor, der es unternimmt, das Wesen dieser 
gefährlichen Complication der Influenza durch Beobachtung oines reichen 
Materials zu klären, mindestens die wenigen Monographieen, die über 
die jüngste Influenzaepidemie veröffentlicht worden sind und selbstverständ¬ 
lich auch dieses Thema behandeln, eingesehen hätte. Würde dem Herrn 
Verfasser z. B. meine Monographie Uber die Influenza bekannt gewesen 
sein, so würde er schon dort (p. 106 ff.) die Unterschiede zwischen der 
genuinen und der Influenzapneumonie im Zusammenhänge geschildert 
linden und bemerken, dass in seinem Aufsatz in Bezug auf diesen 
Punkt uns nichts neues gebracht wird. 


XIY. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. ZurNouordnung des ärztlichen Dienstes in den 
städtischen Krankenhäusern hat das Magistratscollegium beschlossen, 
den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die leitenden Aerzte 
der inneren Abtheilungen abzulehnen, dagegen dem Beschluss über die 
Oberassistenzärzte der chirurgischen Abtheilungen beizutreton. 

— ln der Sitzung des Vereins für innere Medicin vom 12. März 
führte Herr A. Fraenkel den Vorsitz. Vor der Tagesordnung sprach 
Herr Paul Rosenberg über einen Fall von Durchbruch eines Gallen¬ 
steins in den Darm und legte den betreffenden Stein vor. Ueber den 
in der letzten Sitzung gehaltenen Vortrag des Herrn Fürbringer („Die 
Gewebssafttherapie in ihrer modernen Ausbildung“) entspann 
sich eine längere Discussion, an der sich die Herren Goldscheider, 
P(osner, Senator, M. Rothmann und Für bring er betheiligten. Hier¬ 
auf folgte der Vortrag des Herrn Aronson: „Ueber die antiseptischen 
Eigenschaften des polymerisirten Formaldehyds und die inner¬ 
liche Anwendung desselben“. 

— XI. Internationaler medicinischer Congress in Rom. Das 
Reich smarine amt wird auf dem Congress durch Generalarzt W enzel und 
Stabsarzt Brunhoff vertreten sein. — Höchst unliebsam wird es für die 
Congresstheilnehmer sein zu erfahren, dass die bisher allgemein verbreitete, 
durch die Mittheilungen des Congressbureaus verschuldete Annahme, es sei 
bei Lösung einer Rückfahrtkarte in Italien gestattet, auf dem Rückwege 
eine andere Grenzstation als auf dem Hinwege zu passiven, nicht richtig 
ist. Wer also die Hinreise über Ala (Brennertour) und die Rückreise 
über Chiasso bezw. Luino (Gotthardtour) machen will, ist gezwungen, an 
der italienischen Grenze eine Rundreisekarte zu lösen. .Uebrigens em¬ 
pfiehlt es sich wegen der Coursdiff'erenz des italienischen und deutschen 
Geldes, das Billet erst an der Grenze und nicht schon in Deutschland zu 
erwerben. Ein Extrazug kommt in Deutschland nicht zustande. — Ein 
Wohnungsmangel in Rom ist, wie das Comitd mittheilt, nicht zu befürchten. 
— Das Comite der internationalen Ausstellung für Hygiene 
und Medicin, welche bekanntermaassen gelegentlich des Congresses in 
Rom veranstaltet wird, richtet nochmals an die Vorsteher öffentlicher und 
die Besitzer privater Sammlungen die Bitte um Einsendung von Objecten, 
die sich auf die Geschichte der Medicin beziehen. Zu adressiren sind diese 
Gegenstände an Dr. Sambon, medicinischo Ausstellung, Rom. 

— nied. Sander, Direktor der städtischen Irrenanstalt zu Dall¬ 
dorf, ist zum Geheimen Medicinalrath ernannt worden. 


*) Ueber die Wirkung des Scopolamins (eines neuen Mydriaticums) 
auf das Auge. Wratsch 1893, p. 177. 


— Prof. Eulenburg wolmt vom 17. d. M. ab L ich ton stein- Allee 3 
(Berlin W) und verlegt seine Privatsprechstunde für Nervenkranke auf die 
Zeit von 3 bis 4 Uhr. . _ 

—- Posen. Dem Sanitätsrath Dr. Wicherkiowicz ist das Prädikat 
als Professor beigelegt worden. 

— Budapest. Der VIII. Internationale Congress für Hygiene 
und Demographie wird durch Se. Hoheit den Erzherzog Karl Lud¬ 
wig persönlich eröffnet werden. Der Begrüssungsabend wird im Garten 
und Gebäude des Museums abgehalten werden. An einem Congresstage wird 
die Haupt- und Residenzstadt in sämmtlichen Sälen der hauptstädtischen 
Redoute einen Empfangsabend in grossem Stil veranstalten. Der 6. Sep¬ 
tember ist für kleinere Ausflüge reservirt; hierher gehören die systema¬ 
tische Besichtigung der öffentlichen Instituto, andererseits Ausflüge nach 
Balatonfüred-Siöfok, auf Einladung des Grafen Nikolaus Eszterhäzy 
nach Tatis, ferner auf den Schwabenberg, auf die Margareteninsel u. s. w. 
Der Plan der nach dem Congress zu veranstaltenden Ausflüge ist er¬ 
weitert worden, indem ausser der Reise nach Konstantinopel und Belgrad 
Ausflüge nach Schmecks, nach Agram-Fiume und nach Bosnien und der 
Herzegowina in das Programm aufgenommen wurden. 

— Tientsin. Die erste medicinische Unterrichtsanstalt, welche 
diesen Namen verdient, ist von der Chinesischen Regierung in Tientsin 
begründet. Die Leitung ist in die Hände eines Dubliner Gelehrten gelegt. 

— Universitäten. Heidelberg. Dr. B. v. Beck hat sich als 
Priv.-Doc. für Chirurgie habilitirt. — Zürich. Dr. med. Otto Roth ist 
zum Professor für Hygiene und Bacteriologie am Polytechnicum ernannt 
worden. — St. Petersburg. Dr. D. A. Ssokolow ist zum Privat- 
docenten der Pädiatrie an der militär-medicinischen Akademie ernannt. 
— Glasgow. Dr. Mur doch Cameron ist zum Professor der Geburtshülfe 
ernannt. — Constantinopel. Dr. Djelal Mouktha ist zum Professor 
der Dermatologie ernannt. — St. Louis. Dr. J. Grindon ist zum Professor 
der Physiologie ernannt. 


XV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s.w. E. Wester¬ 
marek, Geschichte der menschlichen Ehe. Deutsch von L. Kät¬ 
scher und R. Grazer. Mit einem Vorwort von Alfred Rüssel Wallace. 
589 S. 12,00 M. Jena, Hermann Costenoble, 1893. 

Hygiene und feanitütswesen. Arbeiten aus dem Kaiserlichen 
Gesundheitsamte. IX. Band, 2. Heft. 404 S., 11 Tafeln. 16,00 M. 
Berlin, Julius Springer, 1894. 

Inuere Medicin. J. Glax, Ueber die Wasserretention im 
Fieber. Ein Beitrag zur Frage über die Bedeutung der Wasserzufuhr 
und der Auswaschung des menschlichen Organismus in Infectionskrank- 
heiten. Abdruck aus der Festschrift für Alexander Rollett zur Feier 
seines dreissigjährigen Jubiläums als Professor. 44 S. Jena, Gustav 
Fischer, 1893. 

Klimatologie und Balneologie. A. Moeller, Les Sanatoria 
pour le Traitement de la Phtisie. 113 S. 2 Fr. 50. Bruxelles. 
Socidte Beige de Librairie, 1894. 

Krankenpflege. Mencke, Welche Anfgaben erfüllt das 
Krankenhaus der kleinen Städte und wie ist es einzurichtenV 
IV. Auflage. 178 S. 5,00 M. Berlin, Richard Schoetz, 1894. 

Mathilde Weber, Der Diakonissin- und Pflegerinberuf. 
Ein wichtiger Theil der Frauenfrage. 120 S. 0,80 M. Berlin, L. Oehmigke's 
Verlag, 1894. 

Medicinnlstatistik. Medicinalstatistische Mittheilungen aus 
dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. II. Band 1. Heft. 116. S. 
eine Tafel. Berlin, Jul. Springer, 1894. 

Statistische Mittheilungen des Kantons Basel Stadt Be¬ 
richt über den Civilstand, die Todesursachen und die ansteckenden Krank¬ 
heiten im Jahre 1892. 65 S. Basel, Buchdruckerei von J. Frehner, 1893. 

Mikroorganismen und Aeiiologie der Infectionskranklieiten. 
Stoecklin, Recherches sur la mobilitd et les cils de quelques 
roprosentants du groupe des coli-bacilles. Aus dem Laboratorium 
von Prof. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken und medicimschen 
Instituten der Schweiz. I. Reihe, 6. Heft. Basel, Carl Sallmann, 1894. 

W. Silberschmidt, Experimentelle Untersuchungen über 
die bei der Entstehung der Perforationsperitonitis wirksamen 
Factoren des Darminhalts. Aus dem bacteriologischen Institut von 
Prof. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken und medicinischen 
Instituten der Schweiz. I. Reihe, 5. Heft. Basel, Carl Sallmann, 1894. 

Psychiatrie und Neurologie. V. Magnan, Psychiatrische Vor¬ 
lesungen. Deutsch von F. J. Möbius.. VI. Heft. Leipzig, Georg 
Thieme, 1893. 

M. Benedikt, Hypnotismus und Suggestion. Eine klinisch¬ 
psychologische Studie. 90 S. Leipzig und Wien, M. Breitenstein, 1894. 

Leop. Hirschberg, Ueber die Basedow’sche Krankheit. 
Wiener Klinik 1894, 2. und 3. Heft. Wien, Urban & Schwarzenberg 1894. 

0. Naegeli, Therapie von Neuralgieen und Neurosen durch 
Handgriffe. 114 S. Basel und Leipzig, Carl Sallmann, 1894. 

Tiiierisclie Parasiten. C. W. Stiles and Albert Hassall, A ro- 
■ vision of the adult cestodes of cattle, sheep and allied ani- 

j mals. 101S. XVI Tafeln. Washington, Government printing Office, 1893. 


Vao&nte Stellen: 

Das Physikat des Kreises Huenfeld. die Kreis-Wundarztsteile des 
Kreises Johannisburg. (Dio übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.) 


Gedruckt bei Julius Sittcnfcld in Berlin W. 


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Original fro-rri 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Don nerstag' _ J# 22. März 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent- 
üchen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. 1. Eulenfourg und Dr. JuL Schwalbe, Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. 


— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Ans dem städtischen Krankenhause in Frankfurt a. M 

lieber Morbus Basedowii. *) 

Von Oberarzt Dr. Louis Rohn. 

Die feste Ueberzeugung, dass die Chirurgie berufen ist, wcsent- 
Ft-o ^. ^ u ^ i ^ un o des als Morbus Basedowii bezeichneten 

Kranklieitsbildes und dessen Heilung mitzuwirken, veranlasst mich 
m meinem heutigen Vortrag. 

J rsc !i eint es mir nöthi & dass wir uns über den 
u 5be f lff .. s , elb ^J ers tö nd igen. Was verstehen wir unter 
^mnt Ba ; sedowil t früher hielt man sich nur an die bekannte 
onhth 1 ? 111611 ^ 10 ^ o? m Patient ’ weicher an Herzpalpitationen, Ex- 
7HwpilIn 1US Struma litt, war an Morbus Basedow erkrankt, 
,,. en ’ sa S t ® man, fehlt das eine oder andere dieser Symptome. 
S,l.il.lHwi, WOl r n i bler fc deich einschalten, ohne Veränderung der 
imd vermehrte pT* ¥. or ^. u * Basedow möglich. Herzpalpitationen 
tlial.nel =! rt Pulszahl sind ein constantes Symptom. Der Exoph- 

^H e mr; .,™V ^ ankl f' tS U ScUeillun "’ welcb ® unter Umständen 
schlafend•TO- 1 - 8 W- ', St \ aber meines Erachtens nicht die aus- 
3£ b ‘ !ndl « Wichtigkeit hat, welche ihr bisher von vielen Seiten 

ÄSne de - , E “T 1 giebt es ausser °rdentlich schwere Er- 
.S™’ ve l cbe k< “ m ™ oder nur sehr geringen Exophthalmus 
nach amireT if d , ere J I ‘ “a*® 1 "* er in den meisten Fällen erst 
sind . Krankheit. Für eine frühe Diagnose 

wht^ d m Erankheitszeichen wichtiger, wie z. B. der fein- 

HitiSühT^h«, 46 U " ul 'f, un,i Reizbarkeit des Patienten, das 
gefuhl Schwitzen, die Schlaflosigkeit etc 

ihre C 0 mnl^t i aUSge v P !' 0e i enen FäUe von Morbus Basedow und 
^icS tot h«? b ht r fT sind diese in der Z®it aus- 

ten Mabifsn f„° baC ^ t “V Ich Terweise hier auf «*“ Arbeit 
lieh« zimamm ’ ü + W fu Sh 2 r J dle Herren Fachgenossen alles wesent- 
erosten Schwh,Tf^ ‘ Sie machen der Diagnose keine 

fUäfo s sinn l , J eben Exophthalmus, Stellwag’s und 
*r Anl„ mi k b v eme ^ ? an zuwei 'en mangelhafte Convergenz 
'Ä ( * sicb Veränderungen der Haut, 

fcuehtiieü «nd ^itmgo Haarausfall; als Folge der Haut- 
i|c n elekfriRchpTi ® rmlndf ‘ rt f r Leitungswiderstand der Haut gegen 
«JnÄ i U f er der Struma hört man sauieSde 

Finger. Die Patte . p “ ls f en Iebbaf t und schwirren unter dem 

Veränderuncron * su l d d 7 s P no i sc h- Sehr bemerkenswerthe 

Durchfällen 0 stellt^- 2 er E ™ äh ™gszustand. Unter periodische- 
Fälligkeit ein trete wahr™ 1 "?? ■ A , bma gerung, Schwäche und Hii 
findet man WmnAr^ ahre ?!tL HeiSS1Un ? er der Patenten. Zuweile 
letzter Zeit ist inau^ 11 ^■ meist ces siren die Menses. 1 
Halse aufme^LriT^ ^ymphdillsenschwellungen ai 

steigern sich die v°^ den ‘ ^ dem Fortschreiten der Krankhe 
Hetfn Oedeme auf Ä\ VOn Seiten der Endlic 

falls p er nicht an CempUcationen erUe^ 4 “ *****»«*» 
Interesse a ist e im n j a h!n a isQn W £ S für uns von wesentliche! 

basedowii hino-pwioen aU ^ ^ ene Erkrankungsfälle von Morbu 

tome aufweS mlf’ 7 elcbe bei Weitem alIe ob ^ en Symj 
Hh habe in meinem v dleselben als «formes frustes“ bezeichnei 
- rtrage vor dem ärztlichen Verein zu Frank 

snin m lUg 0 der g öeM l i& fl “‘s de , r Abtheilung für Chirurgie der 65. Ver 
) deutsche ZcitJhr ft /\r Scher Naturf orscher und Aerzte. 

/.ciUchr. f. Nervenheilkunde Bd. I. Heft 5 u. C. 


a ' v ? m 2> JuIi 1883 *) bereits mit Bestimmtheit auf jene 
^ alle aufmerksam gemacht und gezeigt, dass diese unvollständigen 
Dörmen ganz gleichermaassen wie die ausgebildeten von der 
öcmlddrüse aus hervorgerufen werden und durch Operation zu be¬ 
seitigen sind. 

a/t- 44 ^ m erSChein .! i mir nichtig, mit wenigen Worten auf jene frühere 
Mittheilung zuriiekzukommen, weil dieselbe nicht richtig gewürdigt 
worden ist. Es wai’ zu einer Zeit, da das Interesse der Chirurgen 
last ausschliesslich den rein mechanischen Störungen von Seiten des 
Kropfes, also den Druckwirkungen desselben, zugewendet war. Die 
lechnik der Kropfoperation war in rascher Entwicklung begriffen 
Es waren in England und Frankreich einige Fälle von Morbus 
Basedowii durch Operation an der Schilddrüse geheilt worden; allein 
diese Fälle blieben in Deutschland unbeachtet oder sie wurden 
sehr abfällig kritisirt. Mir waren diese Publicationen nicht be¬ 
kannt geworden. Ich hatte bei einem Patienten des Herrn Professor 
Sanitätsrath Dr. Moritz Schmidt eine sehr grosse Kropfcvste in- 
cidirt. Die Entfernung der Kapsel war wegen heftiger Blutung 
mir unvollständig möglich, daher Tamponade mit Penghawar. 
3 7-2 Wochen später wurde der Kranke mit einer kleinen Fistel 
nahezu geheilt entlassen. Nach weiteren acht Tagen entwickelte 
sich folgendes Krankheitsbiid. Zuerst trat anfallsweise Herz¬ 
klopfen ein, dann folgte ausserordentliche Unruhe und Beängstigung. 
Die Anfälle steigerten sich rasch. Der Puls wurde dauernd und 
hochgradig beschleunigt, Patient wurde schwindelig, bekam 
Schwächezufälle, Todesangst bei ausgesprochener Blässe des Ge¬ 
sichtes und Dilatation der Pupillen. Bei diesem höchst besorgniss¬ 
erregenden Zustand war kein Fieber vorhanden. Der Hals war 
inzwischen empfindlich geworden, sodass man an eine Retention 
von Secret denken konnte. Ich erweiterte daher die Fistel und 
entfernte mortificirte Kropfkapselreste. Sofort nahmen die stürmischen 
Erscheinungen ab und waren binnen kurzem verschwunden. 

Wie war diese Beobachtung zu deuten? Das war nicht das 
Bild, wie man es bei Secretverhaltung nach Kropfoperationen sieht. 
Es konnte sich nur um eine und zwar sehr acute Giftwirkung 
von Schilddrüsensubstanz handeln. Das Bild hatte die grösste 
Aehnliehkeit mit einem acuten Morbus Basedowii. Diese Be¬ 
obachtung veranlasste mich zu meinen weiteren Operationen, und 
ich denke, dass man mir jetzt nach den Arbeiten von P. Mario 
und Charcot zugestehen wird, dass ich jene weiteren, damals mit- 
getheilten Fälle mit vollkommenem Recht als Morbus Basedowii be¬ 
zeichnen kann. 

Es wird Sie interessiren, wenn ich Ihnen mittheile, dass die 
Patienten II, HI und IV meiner damaligen Publication bis auf den 
heutigen Tag gesund sind. Ueber den ersten Fall konnte ich 
keine Erkundigungen mehr einziehen. 

Die Ansicht der alten Aerzte über die Bedeutung der Struma 
bei Morbus Basedowii war insofern der Wahrheit nahe gekommen, 
als der Kropf thatsächlieh das Krankheitsbild beherrscht. 

Unterdessen hatte Kocher auf dem Chirurgencongress 
1884 seine hochbedeutsame Mittheilung über die Kachexie nacli 
totaler Entfernung der Schilddrüse gemacht. Jetzt kam mehr Licht 
in die Thätigkeit der Schilddrüse. Hatten doch viele von uns die¬ 
selben bitteren Erfahrungen machen müssen wie Kocher. 

Es ist mir stets aufgefallen, dass der Beginn und die Ent¬ 
wickelung des Morbus Basedowii so wenig studirt worden sind. 

J ) Ueber dio Exstirpation des Kropfes bei Morbus Basedowii. Ber¬ 
liner klin. Wochenschr. 1884, No. 11. 



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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


266 


Die Thatsaelie wird allerdings dadurch erklärlich, dass dio bis¬ 
herige Lehre die Anfangsstadien verkennen liess. Ich habe nun 
seit jener Zeit mein Hauptinteresse jenen Formen zugewendet, 
welche man als beginnende, leichte oder verwischte bezeichnen 
muss. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass diese Formen viel 
häufiger sind, als man gewöhnlich annimmt. So bemerkt man 
Kropfpatienten, welche nur anfallsweise Herzpalpitationen bekommen. 
Allmählich treten diese Palpitationen häufiger auf, und schliesslich 
wird der Puls dauernd beschleunigt. Es entwickelt sich ganz all¬ 
mählich unter zeitweiligen Remissionen das ausgesprochene Bild 
des Morbus Basedowii. Die Herzpalpitationen und die beschleunigte 
Herzaction sind nicht nur das constanteste, sie sind auch in der 
grossen Mehrzahl der Fälle das früheste Zeichen des Morbus Base- 
dqwii. Ausserordentlich frühzeitig ist ferner die psychische Altera¬ 
tion und ein leichter Tremor zu bemerken. In einem Falle war 
als erstes Symptom der feinschlägige Tremor vorhanden. Recht 
oft bleibt die Erkrankung auf ein ganz geringes Maass beschränkt 
und entgeht der richtigen Erkennung, zuweilen bildet sie sich 
zweifellos vollkommen zurück. Es erscheint mir von eminenter 
Wichtigkeit, diese Formen richtig zu deuten, schon aus dem Grunde, 
um zeitig bei fortschreitender Intoxication die nöthigen Maassregeln 
treffen zu können. Gestatten Sie mir, nur ein Beispiel anzuführen. 
Fräulein W., Klavierlehrerin, 19 Jahre alt, war seit einigen Mo¬ 
naten sehr aufgeregt und reizbar. Der Hausarzt meinte, Patientin 
sei zu fett. Sie litt an Herzklopfen, dann trat Schlaflosigkeit ein. 
Diese Erscheinungen wurden der Berufstätigkeit zur Last gelegt. 
Vor kurzem consultirte mich die junge Dame, weil sie einen dicken 
Hals bekam. Es handelte sich um ein blühendes Mädchen. Ich 
constatirte eine Vergrösserung der Schilddrüse, welche von weicher 
Consistenz war und sich auf alle drei Lappen erstreckte. Der 
Herzstoss war verstärkt. Pulsfrequenz 110. Bei der Weisung, 
die Finger auszustrecken, fiel sofort der feinschlägige Tremor auf. 
Nehmen Sie noch hinzu, dass Patientin an quälendem Herzklopfen, 
an Hitzegefühl und Schweissen litt, dass die Menses unregelmässig 
waren, so werden Sie mir vielleicht Recht geben, wenn ich die 
Diagnose auf beginnenden Morbus Basedowii stellte. 

Was wissen wir also von dem Beginn und Verlauf des Morbus 
Basedowii? In der Mehrzahl der Fälle entwickelt er sich schleichend 
und erstreckt sich auf eine Reihe von Jahren. Zuweilen besteht 
Jahre lang ein Kropf, bis sich die bekannten Zeichen des Morbus 
Basedowii einstellen. In seltenen Fällen entwickelt sich die Er¬ 
krankung rapid und führt dann meist rasch zum Tode (acuter 
Morbus Basedowii). Natürlich finden sich auch Formen, welche 
mehr oder weniger acut oder chronisch verlaufen. 

Was ist Morbus Basedowii? Der Morbus Basedowii beruht 
auf einer krankhaften Thätigkeit der Schilddrüse. Es handelt sich 
um eine Intoxication. In den schweren .Fällen kann man mit Recht 
von einer Kachexie thyreoidienne sprechen. Allein der Name 
Kachexie passt nicht für die zahlreichen leichten Erkrankungen. 
„Wir haben immer festzuhalten, dass alle Stufen der Vergiftung 
von den leichtesten bis zu den schwersten zu beobachten sind.“ 
Als Beweis dafür, dass diese Erkrankungen trotz ihres vielgestal¬ 
tigen Bildes nur quantitativ, nicht qualitativ verschieden sind, 
möchte ich folgendes anführen. 

Es giebt sehr acute Vergiftungen von der Schilddrüse aus, 
wie ich s. Z. gezeigt habe. Es ist durchaus nicht angängig, die 
Fälle von acutem Morbus Basedowii, wie deren vor kurzem noch 
von Prof. Müller vortrefflich beschrieben worden sind, von dem 
gewöhnlichen Morbus Basedowii als etwas qualitativ Verschiedenes 
zu trennen. Was die gewöhnlichen Formen anbetrifft, so beweisen 
die cliirurgischen Erfolge, welche sich mehr und mehr häufen, zur 
Genüge, dass sie aus einer Ursache entstehen und zusammen¬ 
gehören. 

Ich möchte noch hinzufügen, dass auch in den beginnenden 
Formen, wo ich es für nöthig hielt, operativ einzugreifen, niemals 
der heilsame Effect auf das Herz und die sonstigen Krankheits¬ 
zeichen ausgeblieben ist. 

Zu allem Ueberfluss kann man die Entwickelung des vollstän¬ 
digen Morbus Basedowii aus jenen unscheinbaren Anfängen ver¬ 
folgen. 

Wir sehen, dass der enge Rahmen, in welchen man den 
Morbus Basedowii fassen wollte, nicht mehr passt. Manche Sym¬ 
ptome sind über Gebühr in den Vordergrund gestellt und als uner¬ 
lässlich für die Diagnose bezeichnet worden, wie der Exophthalmus 
und in jüngster Zeit die arteriellen Geräusche in der Struma. 
Eben dadurch, dass man aus einzelnen Symptomen das Gesammt- 
bild der Erkrankung erklären wollte, entstanden auch die viel¬ 
fachen Theorieen über das Wesen derselben. Erfreulicherweise 
bricht sich auch in der inneren Medicin immer mehr die Ansicht 
Bahn, dass die Veränderungen in der Schilddrüse den gauzen 
bymptomencomplex hervorrufen. Allein mit der Erkenntniss des 
Krankheitssitzes sind wir noch lange nicht zur vollständigen Klar¬ 


heit über das Wesen der Krankheit vorgedruugen. Soviel er¬ 
scheint sicher, dass es sich um eine Giftwirkung handelt, welche 
je nach der Intensität und Dauer sich in dem Zustand der Pa¬ 
tienten ausprägt. Es entsteht nun die Frage, finden sich in der 
Schilddrüse bestimmte pathologische Veränderungen, welche con- 
stant bei der Erkrankung wiederkehren? Bis jetzt hat uns die 
Forschung noch keine Aufklärung hierüber gebracht. Wir wissen, 
dass bei einer relativ unbedeutenden Schilddrüsenschwellung sehr 
heftige Intoxication eintreten kann. Wir wissen ferner, dass bei 
schwerem Morbus Basedowii durchaus nicht immer ein sogenannter 
aneurysmatischer Kropf vorhanden sein muss. Freilich ist dies 
oft genug der Fall. Vielmehr ist die Erkrankung bei den mannig¬ 
faltigsten Kropfformon gefunden worden. Tillaux hat das Leiden 
sogar bei Sarkom der Schilddrüse gesehen. Ein Beweis, dass neben 
den pathologisch nachweisbaren Veränderungen noch andere, uns 
imbekannte Processe in der Schilddrüse vor sich gehen. Wichtig 
erscheint mir die Thatsache, dass nach Entfernung einer Kropf¬ 
cyste, nach Enucleation eines Adenoms etc. der Morbus Basedowii 
zur Heilung gebracht werden kann. 

Ieh habe vor Jahren den Herren Doctoren Popp und Becker 
in Frankfurt a. M. wegen ausgesprochenen Morbus Basedow exstirpirte 
Strumen zur chemischen Untersuchung eingehändigt. Diese Unter¬ 
suchungen haben bei der Schwierigkeit der Sache zu keinem be¬ 
friedigenden Ergebniss geführt. Es wäre jedoch äusserst wünschens¬ 
wert!^ dass nach dieser Richtung weitere Versuche stattfänden. 

Das Gift, welches in der Schilddrüse gebildet wird, ist offen¬ 
bar ein starkes Nervengift. Dafür sprechen alle Anzeichen. Ob 
die häufigen Lähmungen, welche bei Morbus Basedow beobachtet 
werden, als eine Folge der dauernden Einwirkung des Giftes 
oder als Complicationen aufzufassen sind, bedarf noch der Auf¬ 
klärung. 

Die neuen Erfahrungen über Verbitterung normaler Schild¬ 
drüsensubstanz von Thieren scheinen dafür zu sprechen, dass durch 
das Ueberschreiten einer gewissen Dosis höchst bedenkliche Wir¬ 
kungen hervorgebracht werden können. Versuche, welche ich mit 
Darreichen normaler Schilddrüsensubstanz vorgenommen habe, sind 
noch nicht zum Abschluss gekommen. 

Es wäre ja nicht unmöglich, dass eine Art von übermässiger 
Production von Schilddrüsensubstanz, ein Reizungszustand der 
Schilddrüse bei Morbus Basedow stattfände. Die scharfen Contrastc 
im Bilde des Myxoedems und des Morbus Basedow, von Möbius 
treffend hervorgehoben, lassen einen solchen Vorgang durchaus 
möglich erscheinen. Gegen letztere Annahme spricht scheinbar, 
dass Kowalewsky und Sollier Mischformen von Morbus Basedow 
und Myxoedem gesehen haben wollen. Wie nun die Sache sich 
aufklären mag, so können wir nach dem Standpunkt unseres 
heutigen Wissens doch die anderen Theorieen über das Wesen des 
Morbus Basedow zurückweisen, und ich will kurz durch ein Bei¬ 
spiel zeigen, wie der Fortschritt in dieser wichtigen Frage durch 
falsche Voraussetzung gehemmt werden kann. 

Wölfler, welchem wir die vortrefflichsten Arbeiten über die 
Erkrankungen der Schilddrüse verdanken, verhält sich bekanntlich 
völlig ablehnend gegen operative Eingriffe bei Morbus Basedow. 1 ) 
Erstens bezweifelt er bei den erfolgreichen Operationen die Richtig¬ 
keit mancher Diagnose, weil das wichtigste Symptom der 
Exophthalmus gefehlt habe. Wir wissen jetzt, dass der Exophthal¬ 
mus wohl ein sehr in die Augen fallendes, aber gewiss nicht das 
wichtigste Symptom der Krankheit ist. Zweitens, sagt er, muss 
an der bisherigen Annahme, dass der Morbus Basedow eine Er¬ 
krankung des Sympathicus sei und die Anschwellung der Schild¬ 
drüse nur ein Symptom dieser Krankheit, festgehalten werden, und 
fügt hinzu, wie soll nun die Kropfexstirpation nützen. 

Ich denke, die Sympathicus-Theorie ist jetzt endgültig ad acta 
gelegt. Nimmermehr lässt sich aus einer Affection des Sympathicus 
das Krankheitsbild erklären, ganz abgesehen davon, dass zahlreiche 
competente Forscher den Sympathicus intact gefunden haben. Die 
Theorie kann nicht mehr ernstlich in Betracht kommen. 

Beachtenswerther ist jene Ansicht, welche den Sitz der Er¬ 
krankung in die Medulla oblongata verlegt. Gestützt auf die 
Experimente von Filehne, welcher an jungen Kaninchen durch 
Verletzung der Corpora restiformia Herzklopfen, geringen Exoph¬ 
thalmus und Spuren von Schilddrüsenschwellung hervorrufen konnte, 
von Durdufi und Bienfait behaupten manche Forscher, dass in der 
Medulla das Centrum sei, von welchem die mannichfaltigen Sym¬ 
ptome hervorgerufen würden. In der That lassen viele Erscheinungen 
auf eine Störung in der Medulla oblongata schliessen. Allein die 
pathologische Untersuchung hat bisher keine sicheren Anhalts¬ 
punkte für diese Theorie ergeben, und wurden hier und da greif¬ 
bare Veränderungen gefunden, so sind dieselben durchaus inconstant. 


*) Bei Morbus Basedow mit Trachealstenose wird natürlich jedci 
Chirurg operiren. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



22. März. 

Es ist viel einleuchtender, wenn man die bulbären Symptome aus 
einer besonderen Schädigung der Medulla durch das Gift erklärt. 

Auf die Besprechung anderer Hypothesen wie der Neurosen¬ 
lehre Charcot’s verzichto ich. 

Wer Kropfkranke mit oder ohne Trachealstenose aufmerksam 
und öfter untersucht, wird mir beipflichten, dass man recht häufig 
dio Symptome der Schilddrüsenvergiftung mehr oder weniger 
deutlich ausgeprägt findet. 

Wie hat sich die Therapie diesen Störungen gegenüber zu 
verhalten? Es giebt Fälle, in welchen die Krankheitssymptome 
so leichter Art sind, dass der Patient sich wenig belästigt fühlt. 
Andere verlaufen so chronisch, dass erst ganz allmählich unange¬ 
nehme Erscheinungen auftreten. Remissionen und Heilungen werden 
nicht selten beobachtet. So lange also keine Gefahr im Verzug 
ist, kann man recht wohl nach M. Schmidt eine dauernde 
Kälte vermittels Leiter’scher Kühlschlange einwirken lassen. 
Auch der constanto Strom kann mit Nutzen angewandt werden. 
Zuweilen sieht man von einer Masteur gute Erfolge. Ob freilich 
diese Mittel wie so manche andere Curen den Verlauf der Er¬ 
krankung aufhalten können, muss ich dahin gestellt sein lassen, 
da ja das Leiden zuweilen spontan Remissionen macht, ja sich 
völlig zurückbilden kann. Sicherlich kann man in schweren Fällen 
sehen, dass alle diese Maassnahmen vergeblich sind. 

Hieraus ergiebt sich, dass die Morbus Basedow-Patienten auf 
das aufmerksamste beobachtet werden müssen. Sobald unter 
Remissionen die Erkrankung fortschreitet, sobald die Entwickelung 
der Erkrankung in raschem Tempo erfolgt, sollte bei der Unsicher¬ 
heit des Verlaufes und Unzulänglichkeit der bisherigen Mittel die 
chirurgische Hülfe in Anspruch genommen werden. Keinenfalls 
darf ein Patient bis zu dem Stadium der Kachexie kommen. Bei 
Morbus Basedow acutus mit seiner fast absolut schlechten Prognose 
sollte meines Erachtens ebenfalls zeitig die Operation versucht 
werden. 

Ich denke, dass durch chirurgische Intervention ein ausser¬ 
ordentlich erfreulicher Fortschritt in der Behandlung des Morbus 
Basedow gemacht worden ist. Nur darf man nichts Unmögliches 
erwarten. Durch Virchow wissen wir, dass schon Flajani 
Morbus Basedow durch äussere Einwirkung auf den Kropf geheilt 
hat. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass man je nach der Art 
des Kropfes verschieden Vorgehen muss. Sehr gefässreicho Kröpfe 
operirt man am besten durch Ligatur der Arterien (Kocher). 
Cysten und Balgkröpfe wird man ausschälen, derbe Strumen 
rcaeciren müssen. In einigen leichten Fällen habe ich guten 
Erfolg von Jodoforminjectionen gesehen. Je nach der Art des 
Wgehens wird der Erfolg früher oder später eintreten. Am 
schnellsten wird der gewünschte Effect erreicht werden, wenn man 
resecirt. Die verschiedenen Operationen werden je nach der Lage 
der Dinge sich einfacher oder complicirter gestalten. Der Eingriff 
kann relativ gefahrlos und andererseits enorm gefährlich sein. 
Letzteres gilt besonders für die weit vorgeschrittenen Fälle mit 
Herzdegeneration. Ob man resecirt oder die Arterien ligirt, der 
Herztod muss immer gefürchtet werden. Ich habe zwei Patienten auf 
diese \\ eise verloren. Die eine starb nach glatter Operation plötzlich 
heim Aufrichten im Bett am zweiten Tage post operationem, die an¬ 
dere (Ligatur der Arterien) einige Stunden post Operationen!. Der letz¬ 
tere lall war ein rein verzweifelter. Jahre waren mit nutzlosen Curen 
jiDgegangen. Unter mannichfachen Schwankungen hatte das Leiden 
jj 1 * Endstadium erreicht. Starke Oedeme waren aufgetreten. Die 
peration war das ultimum refugium. Ich stellte von vornherein 
( J. , 'j ) & I10 s6 schlecht, zog auch in Erwägung, dass die Patientin 
möglicherweise den Operationstisch nicht lebend verlassen würde, 
n iiDöicht auf den qualvollen Zustand und den zweifellosen Aus- 
H.ang i Leidens entschloss ich mich, die Rettung wenigstens zu 
ersuchen. Eine weitere Patientin verlor ich auf folgende Weise. 
^ war gleichfalls ein ausserordentlich schwerer Fall. Die links- 
r*« Kropfpartie war resecirt., und ich begann die rechte Hälfte 
‘ ^obälen, als eine vehemente Blutung erfolgte. Sofort wurde 
un( ^ e * n Schlauch um die Geschwulst gelegt. Mit dem 
IpirW 6n • ^ 6S Sehlauches trat plötzlicher Tod ein. Damit sind 
mit s | mei ? e un £ anst,, 'gen Fälle noch nicht erschöpft. Eine Patientin 
Pnenrn l; ^ Iem ^ or ^ us Basedow ging einige Tage post operationem an 
welrli °° le r zu £ rim de. Sämmtlicho Todesfälle betrafen Patienten, 
kamen / us ^ ant ^ Loher und höchster Erschöpfung zur Operation 
dröcklifl ea jnöchte rathen, mit grosser Reserve und nur mit aus- 
zu schrfT üet u“ UDg der g ros8e a Gefahr zu derartigen Operationen 
dem TWi* Cn ’ i er un( * Kann es freilich noch gelingen, einen 
kein Fall 6 ' ei * a ^ enei1 Patienten zu retten. Meines Erachtens darf 
Der F .f T 11 V, J . us Basedow' zu einer solchen Höhe kommen, 
besitzen *in , so ^ei leidlichem Kräftezustand operirt werden. Wir 
"der mind * ^ r . a ^ on e * n Mittel, welches die Krankheit heilen 
bessern kn ^ star ^ er Vergiftung des Organismus enorm 


267 

Das führt mich zu der Frage, was kann billigerweise von einer 
Operation verlangt werden? Kann man wirklich erwarten, dass 
sich eine jahrelange Giftwirkung einige Wochen nach Verstopfen 
ihrer Quelle nicht mehr bemerkbar machen sollte? Das wäre doch 
höchst wunderbar! Es ist für jeden Beobachter erstaunlich genug, 
wie rasch sich der Zustand der Patienten nach der Operation 
ändert. Zuerst tritt meiner Beobachtung nach die Wirkung auf 
das Herz ein. Die Palpitationen lassen nach, die Frequenz des 
Pulses sinkt bedeutend. Nach mehreren Tagen vermindert sich die 
Aufregung. Der wohlthätige Schlaf tritt ein. Damit sind die 
Bedingungen zur Kräftigung und Erholung gegeben. Lange Zeit 
aber ist oft nöthig, um alle Spuren der Erkrankung zu verwischen, 
ja manche Patienten werden dauernd ihre Folgen verspüren. Am 
hartnäckigsten scheint der Exophthalmus sich zu erhalten. Der 
Tremor kann schon nach einigen Wochen verschwunden sein, des¬ 
gleichen das subjective Hitzegefühl und das Schwitzen. Dio 
Menses w r erden in der Folge regelmässig. 

In keinem meiner Fälle habe ich eine spätere Verschlimmerung 
eintreten sehen, obwohl dies bei halbseitiger Resection nicht un¬ 
möglich erscheint. 

Ich habe an der Hand meiner Beobachtungen die Ansichten 
über Morbus Basedowii entwickelt., wie ich sie im grossen und 
ganzen bereits vor zehn Jahren vorgetragen habe.* Die An¬ 
nahme, dass eino Giftbildung in der Schilddrüse der Erkrankung 
zugrunde liege, hat durch die verdienstvollen Arbeiten auf dem 
Gebiet der Pathologie der Schilddrüse bedeutend an Sicherheit ge¬ 
wonnen. Bald wird man hoffentlich in ärztlichen Kreisen darin 
einig sein, dass es sich zwecks Heilung hartnäckiger Fälle nur 
um eine Einwirkung auf die Schilddrüse handeln kann. 

Damit wird der Chirurg öfter vor die Frage einer Operation 
gestellt w r erden. Um Sie vor unerwarteten Unglücksfällen zu be¬ 
wahren, habe ich Ihnen über meine Misserfolge berichtet und be¬ 
tone nochmals erstens die Gefahr des Herztodes in vorgeschrittenen 
Fällen, zweitens die Gefahr der Blutung bei den sehr gefässreichen 
Strumen. 

Zum Schluss möchte ich aus einer Anzahl glücklicher Opera¬ 
tionen nur eine Beobachtung herausgreifen. 

Der Fall betrifft einen Patienten, welcher allo Symptome des 
ausgesprochensten Morbus Basedowii aufwies. Es war bereits 
jener bedenkliche Zustand eingetreten, welchen man als thyreogene 
Kachexio bezeichnen muss. Der Exophthalmus war so hochgradig, 
dass dio Augäpfel bei unvorsichtiger Berührung luxirt wurden. 
Der Puls war excessiv beschleunigt. Die Aufregung und die 
Schlaflosigkeit hatten den höchsten Grad erreicht. Es traten 
Angstanfälle auf, in welchen sich Patient aus dem Fenster stürzen 
w’ollte. Der Tremor, das subjective Hitzegefühl, die Schweisse 
fehlten nicht. Daneben war Patient in seiner Ernährung enorm 
zurückgegangen. Kurz, der Zustand war verzweifelt. Von der 
Schilddrüse war hauptsächlich der linke Seitenlappen wie das 
Mittelstück vergrössert. Ueber der Struma hörte man sausende 
Geräusche. Ich beschränkte mich darauf, dio deutlich vergrösserten 
Partieen der Schilddrüse zu entfernen. Der Erfolg w'ar zunächst 
der, dass der Puls sich beruhigte und Schlaf eintrat. Patient er¬ 
holte sich sichtlich. Es blieben aber noch längere Zeit die Spuren 
der Vergiftung zurück. Ganz allmählich nahm der Exophthalmus 
ab. Doch ist noch heute, acht Jahre nach der Operation, eine deut¬ 
liche Prominenz der Bulbi vorhanden. Dagegen hat sich der Er¬ 
nährungszustand ganz ausserordentlich gehoben. Verschwunden 
sind der Tremor, die Schweisse, dio Schlaflosigkeit und die Angst¬ 
anfälle. Der scheinbar verlorene Kranke ist heute ein gesunder, 
arbeitsfähiger Mensch. 


II. Ueber den Secretionsvorgang in der 
Schilddrüse. 1 ) 

Von Dr. K. Hiirthlo, Privatdocentcn der Physiologie. 

Von den vielen Hypothesen, welche über die Bodeutung 
der Schilddrüse aufgestellt w r orden sind, ist heute diejenige am 
meisten durch Thatsachen gestützt, welche annimmt, dass die 
Schilddrüse im chemischen Haushalt des Körpers eine wesentliche 
und specifische Rolle spielt, die durch kein anderes Organ ersetzt 
werden kann, und zwar entweder in der Weise, dass sie einen Stofl 
umw'andelt oder zerstört, welcher der Gesundheit gefährlich ist, 
oder wahrscheinlicher in der Weise, dass sie oinen specifischen 
Stoff erzeugt, welcher für die dauernde Erhaltung des Lebens un¬ 
entbehrlich ist. 

Für diese Hypothese, die wir kurz die chemische nennen wollen, 
sproehen folgende Thatsachen: 

•) Vortrag, gehalten in der medieinisehen Section der schlesischen 
Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


1. Die Krankheits erscheinungen, welche nach vollständiger Ent¬ 
fernung der Drüse beim Menschen und bei Thieren auftreten imd 
nach einzelnen Symptomen als Myxödem oder Kachexia strumipriva 
bezeichnet worden sind; dieselben sind Ihnen aus der Litteratur 
der letzten Jahre so bekannt, dass es überflüssig ist, sie hier zu 
schildern. 

2. Noch mehr spricht für die chemische Hypothese die allseitig 
festgestellte Thatsache, dass diese Krankbeitserscheinungen durch 
innerliche Darreichung von Schilddrüsonsubstanz beseitigt werden 
können, sei es, dass dem Kranken frische oder getrocknete Schild¬ 
drüsensubstanz mit der Nahrung verabreicht oder ein Schilddrüsen- 
extract subcutan einverleibt wird. Daraus geht hervor, dass in der 
Schilddrüse eine Substanz erzeugt wird und deponirt liegt, welche 
für den normalen Stoffwechsel unentbehrlich ist. 

Der chemische Nachweis des specifischen Stoffes, welcher 
natürlich den wichtigsten Beweis für die chemische Hypothese er¬ 
bringen würde, steht leider noch aus. Dagegen sprechen 3) auch 
die morphologischen Untersuchungen der Schilddrüse, denen wir 
heute unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, ganz zu Gunsten 
der chemischen Hypothese. Durch dieselben ist in erster Linie 
festgestellt, dass die Schilddrüse zu den sogenannten Drüsen ohne 
Ausführungsgang gehört; sie ist ein Organ, welches mit dem 
Körper nur durch Blut- und Lymphgefässe, sowie durch Nerven 
in Verbindung steht. Die wesentlichen Bestandtheilo der Drüse, 
die Epithelzellen, bilden die Wand allseitig geschlossener Bläschen 
(Follikel), welche von einem eigenartigen gallertigen Stoffe, der 
sogenannten Colloidsubstanz, ausgefüllt sind. 

Zwischen diesen Bläschen verbreiten sich die Blut- und Lymph¬ 
gefässe und die Nerven der Drüse. Besonders reich ist die Drüse 
an Lymphgefässen: die Spalträume nämlich, welche zwischen den 
Follikeln übrig bleiben, sind mit einer Endothelhaut ausgekleidet 
und müssen daher als Lymphspalten betrachtet werden. Diese 
trifft man theils leer, theils durch einen Inhalt mehr oder weniger 
ausgedehnt, welcher vom Inhalt der Bläschen meist nicht zu unter¬ 
scheiden ist und daher gleichfalls als Colloidsubstanz betrachtet 
werden muss. 

Ungewöhnlich gross ist ferner der Reichthum der Drüse an 
Blutgefässen; diese verzweigen sich gleichfalls zwischen den Bläschen, 
und ihre Capillaren treten in ganz nahe Berührung mit den Epithel¬ 
zellen, ja an manchen Stellen bohren sie sich förmlich in dieselben 
ein, indem die Capillare von Fortsätzen der Zelle umfasst wird. 
Das Blut soll anscheinend in möglichst nahe Berührung mit den 
Zellen kommen. 1 ) 

Wenn nun die morphologische Untersuchung Stellung nehmen 
soll zu der chemischen Hypothese über die Thätigkeit der Drüse, 
so hat sie vor allem zwei Fragen zu entscheiden, nämlich: 1) lassen 
sich an den wesentlichen Elementen der Drüse, den Epithelzellen, 
Veränderungen nachweisen, welche dafür sprechen, dass diese Zellen 
einen specifischen Stoff erzeugen? und 2) lassen sich die Wege 
nachweisen, auf welchen der erzeugte Stoff in den Körper gelangt? 

Beide Fragen sind schon in Angriff genommen worden, und es 
liegen in dieser Beziehung folgende Angaben vor: Vor fünf Jahren 
Lat Biondi in dieser Gesellschaft mikroskopische Präparate 
von der Schilddrüse des Hundes demonstrirt, in welchen einerseits 
eine Ansammlung von Colloid in den interfolliculären Lymphspalten 
und andererseits an manchen Stellon hochgradige Verdünnung der 
Epitholien der Drüsenbläschen zu sehen w r ar; auf Grund dieser 
Befunde, die später durch weitere Beobachtungen vervollständigt 
wurden, hat Biondi folgende Hypothese über die Entleerung 
der Follikel aufgestellt: die Epithelien der Schilddrüse secerniren 
die Colloidsubstanz und bilden dadurch die Follikel; das Wachs¬ 
thum derselben hat aber eine Grenze; hat der Follikel eine gewisse 
Grösse erreicht, so werden die Epithelien an einer bestimmten 
Stelle der Follikelwand, und zwar an der, welche einem Lymph- 
raum zugekehrt ist, immer niedriger, bis sie schliesslich ganz 
schwinden; wenn dies eintritt, ergiesst sich der Inhalt des Follikels 
in den angrenzenden Lymphraum. 

Was die Seeretbildung des Epithels betrifft, so hat Lan¬ 
gen dorff Veränderungen an diesen Zellen beschrieben, welche 
als verschiedene Functionszustände der Zellen aufgefasst werden 
müssen. Langendorff unterscheidet nämlich zwei Arten von 
Zellen, die sich an der Bildung der Follikelwand betheiligen, 
,y u lL'" lin ^ Colloidzellen; der Zellleib der letzteren zeichnet 
sich durch seine mehr homogene Beschaffenheit und durch die 


') Im .Vorträge folgte die Demonstration des normalen Schilddrüse 
gewenes nnt Hülfe von Diapositiven, welche von Mikrophotogrammen c 
fechilcldruse gewonnen und mittels eines Skioptikon projicirt wurden. D 
jenigcn Leser, welche diese Bilder zu sehen und über die histologisch 
Angaben genauer unterrichtet zu sein wünschen, verweise ich auf < 
gloichbetitelte Abhandlung, welche oben in Pflüger’s Archiv Band 
erschienen ist; desgleichen bezüglich der Litteraturangaben. 


Eigenschaft aus, gerade diejenigen Farbstoffe intensiv aufzunehmen, 
welche auch die Colloidsubstanz färben. Zwischen den ausge¬ 
sprochenen Formen dieser Zellen und den Hauptzellen kommt eine 
Reihe von Zwischenformen vor, so dass man in den verschiedenen 
Zellformen eine Stufenleiter von Umwandlungsvorgängen erkennen 
kann, bei welchen die Colloidzellen aus den Hauptzellen durch all¬ 
mähliche Umwandlung ihres Protoplasma entstehen. 

Langendorff hat sich ferner der Biondi’schen Hypothese 
der Follikelentleerung angeschlossen und die Zellveränderungen, dio 
zur Follikelruptur führen, unter dem Ausdruck „Schmelzung des 
Epithels“ zusammengefasst; diese besteht nach Langendorff 
1) in einer Abplattung und 2) in einer eigenartigen Degeneration 
des Epithels, die mit Untergang des Zellkerns und colloider Um¬ 
wandlung des Zellleibes verbunden ist. 

Die Ursache der Schmelzung sieht Langendorff in dem 
steigenden Secretionsdruck in der Follikelhöhle, welcher die Epi¬ 
thelien zum Absterben bringen und die todten Zellen mit Colloid¬ 
substanz durchtränken soll. 

Meine eigenen Untersuchungen über die oben aufgestellten 
Fragen, die an den Schilddrüsen junger Hunde angestellt wurden, 
konnten zum Theil die bisher gemachten Erfahrungen bestätigen, 
in anderen Punkten aber weichen sie von denselben ab sowohl in 
der Frage nach der Seeretbildung, als in der nach der Entleerung 
der Follikel. Bei der Seeretbildung sind nach meinen Beobach¬ 
tungen zwei verschiedene Formen der Secretion zu unterscheiden, 
nämlich 1) Seeretbildung des Follikelepithels mit Erhal¬ 
tung der Zellen und 2) Seeretbildung durch Untergang 
von Zellen. 

Bei der ersten Form der Secret- (Colloid-) Bildung sind die¬ 
jenigen Zellen betheiligt, welche Langendorff als Colloidzellen 
bezeichnet; ausserdem aber scheinen mir noch die ganz niederen 
Formen des Epithels hierher zu gehören, welche Langendorff 
zur Schmelzung des Epithels zählt. Uebersieht man nämlich die 
verschiedenen Zellformen, die sich durch colloide Reaction ihres 
Protoplasma vor den anderen auszeichnen, so findet man einerseits 
darunter solche, welche den Hauptzellen noch ganz nahe stehen 
und sich nur durch grössere Dichte der färbbaren Substanz des 
Zellleibs von ihnen unterscheiden; ferner aber findet man colloid- 
artiges Aussehen des Zellleibs mit Veränderung der Zellform, die 
wesentlich in einem Niedrigerwerden des Epithels besteht und so 
weit gehen kann, dass die Zellen ganz platt werden; in diesem 
Stadium verlieren auch die Kerne ihre runde Gestalt und werden 
flach. 

Die Berechtigung, diese verschiedenen Zellformen unter dem 
Namen Colloidzellen zusammenzufassen und sie damit als die¬ 
jenigen hinzustellen, welche Colloidsubstanz erzeugen und secerniren, 
scheint mir weniger in dem ähnlichen Aussehen ihres Zellleibes, 
als vielmehr darin zu liegen, dass auch der Inhalt der Follikel, 
deren Wand die eine oder andere Form der Colloidzellen in 
grösserer Anzahl enthält, den Fixirungsmitteln und den Farb¬ 
stoffen gegenüber sich anders verhält, als der Inhalt von Follikeln, 
die mit Hauptzellen besetzt sind. Der Inhalt der ersteren zeigt 
nämlich geringere Neigung zur Schrumpfung und färbt sich 
wesentlich stärker als der der letzteren. Dadurch scheint mir die 
Annahme gerechtfertigt, dass die verschiedenen Formen der Colloid¬ 
zellen einem und demselben Prpcesse angehören, welcher den 
Follikelinhalt in bestimmter Weise verändert. (Demonstration 
der verschiedenen Formen von Colloidzellen.) 

Ganz anders ist das Aussehen der Drüse bei der zweiten Art 
von Seeretbildung, die mit Zerstörung von Zellen verbunden ist 
und die wir als Schmelzung des Epithels bezeichnen wollen; diese 
unterscheidet sich von Anfang an von der reinen Colloidbildung; 
während nämlich bei dieser die erste Veränderung der Zelle im 
Protoplasma zu sehen ist, welches sich durch stärkere Färbbarkeit 
auszeichnet, ist es bei der Schmelzung des Epithels der Kern, 
welcher die erste Veränderung zeigt: er verliert seine rundliche 
Gestalt, wird unregelmässig, kleiner und nimmt begierig Farbstoff 
auf, so dass er auffallend gegen seine Umgebung absticht. Später 
gesellt sich dazu eine Veränderung des Zellleibes, gekennzeichnet 
durch scholligen Zerfall und gleichfalls stärkere Färbbarkeit 
des Protoplasma. Dann lockern die Zellen ihren gegenseitigen 
Zusammenhang, lösen sich von der Follikelwand ab und mischen 
sich mit dem Inhalt, in welchem man dann homogene Colloid¬ 
substanz untermischt mit geformten Bestandtheilen an trifft; letztere 
sind theils die Trümmer der Epithelien, bisweilen sind es auch 
rothe Blutkörperchen. Diese rühren ohne Zweifel von kleinen 
Hämorrhagieen her; denn da die Capillaren den Epithelien unmittel¬ 
bar aufliegen, muss ihre äusserst dünne Wand beim Untergang 
der Zellen einreissen. 

Die Bilder, die als Folgen der Zellschmelzung auftreten, sind 
sehr verschieden; häufig sieht man mehrere Follikel unter einander 
oder mit den Lymphspalten communiciren, in welchen dann auch 


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22. März. 


DEUTSCHE MEDlClttlSCHE WOCHENSCHRIFT. 


260 


Colloid untermischt mit den Zelltrümmern angetroffen wird. In 
den am weitesten vorgerückten Stadien ist von der normalen Ge- 
websanordnung gar nichts mehr zu sehen, sondern man findet die 
im Colloid zerstreuten Zelltrümmer in unregelmässig begrenzten 
Hohlräumen, die durch Untergang einer grösseren Anzahl von 
Follikeln entstanden sein müssen. (Demonstration von Schmelzungs¬ 
vorgängen.) 

Es fragt sich nun, ob sich über die Ursache und das Wesen 
der Schmelzung etwas näheres angeben lässt? Wie schon erwähnt, 
hat Langendorff den Vorgang in den Zellen als einen mehr 
passiven aufgefasst, indem er annimmt, dass das Absterben der 
Zellen durch den steigenden Secretionsdruck veranlasst wird, welcher 
eine Folge des Follikelwachsthums ist. 

Dieser Ansicht kann ich mich aber aus folgenden Gründen 
nicht anschliessen: 1) müsste man sich die Follikel als vollkommen 
dichtschliessende Bläschen denken, deren Wand auch bei stei¬ 
gendem Innendruck undurchlässig bleibt, eine Anschauung, gegen 
welche nachher Thatsachen vorgebracht werden; 2) findet Schmel¬ 
zung nicht nur in grossen Follikeln, sondern häufig in ganz kleinen 
und bei ganz jungen Thieren statt. Diese Erscheinungen scheinen 
mir nicht dafür zu sprechen, dass die Schmelzung eine Absterbe¬ 
erscheinung der Zellen darstellt, welche die Folge äusserer Kräfte 
ist; es scheint mir vielmehr wahrscheinlicher, dass die Schmelzung 
eine cigenthümliche, durch innere Vorgänge der Zelle bedingte 
Degeneration ist, bei welcher die Zelle durch ihren Zerfall einen 
besonderen, von der Colloidbildung verschiedenen Beitrag zum 
Secret liefert. 

Nachdem wir nun gesehen haben, dass an den Zellen Verän¬ 
derungen Vorkommen, welche als der morphologische Ausdruck der 
Secretbildung aufgefasst werden können, wollen wir noch die 
Frage aufwerfen, ob wir diese Zellveränderungen etwa 
experimentell erzeugen und damit eine Vorstellung über 
die natürlichen Reize der Drüse gewinnen können. Hier 
ist zunächst die Möglichkeit zu prüfen, dass die Schilddrüse unter 
dem Einfluss des Nervensystems steht und ähnlich wie die Speichel¬ 
drüsen durch Reizung der zuführenden Nerven in gesteigerte Thätig- 
keit versetzt werden kann. Die Drüse erhält Zweige von den 
beiden Nervi laryngei, und ich habe versucht, durch faradische 
Erregung theils der isolirten Nerven, theils des Stammes des Vago- 
s.vmpathicus, der in der Brusthöhle unterhalb des Abganges des 
Recurrens durchschnitten war, die Drüse zu beeinflussen; allein 
ohne Erfolg: die gereizte Drüse unterschied sich nicht oder nur 
unwesentlich von der Drüse der anderen Seite, die vor der Reizung 
exstirpirt war. Da aus diesen Versuchen geschlossen werden muss, 
dass die Secretbildung der Drüse nicht unter dem Einflüsse des 
Nervensystems steht, bleibt als Reiz für die Drüse nur eine be¬ 
stimmte Zusammensetzung des Blutes übrig, die in der Anwesen¬ 
heit oder in dem Mangel eines bestimmten Stoffes im Blute be¬ 
stehen kann. Thatsächlich liessen sich nun auch einige Erschei¬ 
nungen auffinden, w T elche sehr zu Gunsten dieser Annahme sprechen: 
einigen Versuchstieren wurde der grösste Theil„ etwa 5 /c des 
ganzen Schilddrüsengewebes, durch Operation aseptisch entfernt, 
und die Thiere blieben nach der Operation noch acht bis zehn 
Tage am Leben. Darauf wurden sie getödtet und der zurück¬ 
gebliebene Drüsenrest mit den zuvor entfernten Partieen verglichen, 
ln diesen Versuchen zeigte nun der Drüsenrest stets die Zeichen 
erhöhter Thätigkeit; nach der oben gemachten Annahme deshalb, 
weil die im Blut vorhandenen Reize sich auf eine viel kleinere 
Brüsenmasse concentrirten. Die Zeichen erhöhter Thätigkeit des 
Brüsenrestes bestanden in stärkerer Tinctionsfähigkeit der Colloid- 
substanz und des Follikelepithels, in zahlreich vorhandenen Schrnel- 
zungsheerden und in einer Erscheinung, die wir bisher noch nicht 
ennen ^ e ^ ernt haben, nämlich im Auftreten von Colloid- 
ropfen in den Epithelzellen. Im Protoplasma derselben finden 
P dämlich mehr oder weniger grosse homogene Kugeln, welche 
lesejbe Tinctionsfähigkeit und Neigung zu Schrumpfung zeigen, 
' u . e ^ Colloidinhalt der Follikel, so dass man nicht im Zweifel 
sein kann, dass in beiden Fällen dieselbe Substanz vorliegt.. (De¬ 
monstration.) 

• . ^. ra gJ i man nun, warum in diesem Falle die Colloidsubstanz 
da- r' 1 (f ablagert, so lässt sich zunächst so viel sagen, 
\it ?. |. * roduction grösser sein muss, als die gleichzeitige Abfuhr. 
Brr! r Un nun Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass im 
I S a?« es ^ durch eine mit der Operation verbundene Verletzung 
kt ^j lllss wege des Secrets die normale Abfuhr behindert worden 
and». 16 \r e Möglichkeit wird aber sehr unwahrscheinlich durch eine 
Collnvu ^ e ™ Uc j ls reihe, in welcher gleichfalls das Auftreten von 
das« !r r °r! • Epithel experimentell erzeugt wurde, allein ohne 
griff , 16 Brüse direct vom Eiagriff getroffen wurde. Dieser Ein- 
ei™ ^^at nämlich in der Unterbindung des Gallenganges, 
die ich einem glücklichen Zufall verdanke: ich 
1 d* e Schilddrüse zur Untersuchung einem Hunde, welchem 


14 Tage zuvor der Gallengang und 8 Tage nach diesem Eingriff 
auch der Ductus thoracicus vor seiner Einmündung in die Vena 
subclavia unterbunden worden war. In der Schilddrüse dieses 
Thieres fanden sich nun neben reichlicher Füllung der Lymphräume 
an sehr vielen Stellen Colloidtropfen im Epithel. Es war mir nun 
zunächst nicht zweifelhaft, dass diese Erscheinung der Abbindung 
des Ductus thoracicus ihre Entstehung verdankte; denn da wir 
wissen, dass die Lymphspalten der Drüse sehr häufig Colloidsub¬ 
stanz enthalten, so lag die Erklärung sehr nahe, dass mit dem 
Aufhöien des normalen Lymphabflusses, welcher der Unterbindung 
des Ductus thoracicus folgt, auch der Uebertritt der Colloidsubstanz 
in die Lymphräume gehemmt sei und diese Substanz sich daher 
innerhalb der Zellen anhäufen müsse. Allein ein darauf hin ge¬ 
richteter Versuch, bestehend in der Unterbindung des Ductus tho¬ 
racicus allein, bestätigte diese Annahme nicht. In der Schilddrüse 
eines Thieres, dem acht Tage vor seinem Tode der Ductus thora¬ 
cicus unterbunden wurde, zeigten sich weder eine besonders reich¬ 
liche Ansammlung von Colloid in den Lymphräumen, noch Colloid¬ 
tropfen in den Epithelzellen, obgleich die Lymphgefässe des Halses 
sehr stark angeschwollen waren. Darauf hin entschloss ich mich, 
zu untersuchen, ob etwa die Unterbindung des Gallenganges einen 
Einfluss auf die Thätigkeit der Schilddrüse ausübt, und war nicht, 
wenig überrascht, zu finden, dass mit. dem Auftreten von Icterus 
in der Schilddrüse regelmässig die Erscheinungen intensiver Col- 
loidproduction zu beobachten sind, bestehend in reichlichem Auf¬ 
treten von Colloidzellen, von Colloidsubstanz innerhalb der Lymph¬ 
spalten und in den Epithelzellen. In diesen Versuchen liegt nun 
kein Grund vor, anzunehmen, dass das Auftreten von Colloidtropfen 
im Epithel durch Behinderung des Abflusses veranlasst ist, viel¬ 
mehr ist die nächstliegende Erklärung die, dass die bei der 
Gallenstauung ins Blut übergegangeüen Bestandteile einen Reiz 
für die Drüse bilden, der sie zu erhöhter Colloidprodnction ver¬ 
anlasst. 

Nachdem wir nunmehr gesehen haben, dass die Epithelzellen 
der Schilddrüse eine specifische Substanz erzeugen und ausschei- 
den und hierzu höchst wahrscheinlich durch eine bestimmte Zu¬ 
sammensetzung des Blutes gereizt werden, bleibt noch die weitere 
wichtige Frage zu beantworten: Wie und auf welchen Wegen 
wird das Secret aus der Drüse entfernt? Auf diese Frage 
kann man von vornherein antworten, dass nur zwei Wege möglich 
sind, nämlich der Lymph- und der Blutweg; denn nur durch diese 
ist die Drüse mit dem Körper verbunden. Das Vorkommen von 
Colloidsubstanz in den Lymphräumen spricht zunächst dafür, dass 
die Lymphgefässe die Fortschaffung des Secrets übernehmen, und 
wir müssen daher erst untersuchen, wie das Secret aus den Fol¬ 
likeln in die Lymphräume der Drüse gelangt. Ueber diese Frage 
besitzen wir die schon erwähnte ansprechende Hypothese von 
Biondi, welche den Uebertritt des Follikelinhalts in den angren¬ 
zenden Lymphraum durch Schwund der Follikel wand erklärt, ln 
meinen Präparaten fand sich nun reichlich Gelegenheit, die Richtig¬ 
keit dieser Hypothese zu bestätigen, insofern bei der Schmelzung- 
des Epithels die Follikel wand häufig durchbricht und der Inhalt 
durch das entstandene Loch in den angrenzenden Lymphraum Über¬ 
tritt. Nur in dem Punkt, kann ich mich der Ansicht Biondi’s 
nicht anschliessen, dass der Follikelruptur'ein Niedrigerwerden des 
Epithels vorausgeht; denn in meinen Präparaten finden sich häufig 
die ausgesprochenen platten Formen des Epithels ohne jede Ruptur, 
und letztere ist da, wo sie vorhanden, immer durch Zellschmelzung 


So sicher nun auch eine Entleerung der Follikel durch Ruptur 
der Wand vorkommt, so sprechen doch verschiedene Befunde da¬ 
gegen, dass diese Art der Entleerung die einzige, ja, dass sie die 
gewöhnliche ist. Bei der Ruptur durch Zellschmelzung mischen sich 
nämlich die Trümmer der Epithelien mit der Colloidsubstanz und 
gehen mit in den Lymphraum über, ebenso die Blutkörperchen, die 
durch capilläre Hämorrhagieen frei werden. Andererseits findet 
man aber häufig (besonders reichlich nach Unterbindung des Gallen¬ 
ganges), reine Colloidsubstanz ohne geformte Elemente in den Lymph¬ 
spalten liegen und in der Umgebung auch keine Anzeichen von 
Follikelruptur. Wollte man in solchen Fällen an der Annahme 
festhalten, dass die Colloidsubstanz aus entfernteren Partieen der 
Drüse stamme, so müsste man die weitere Annahme machen, dass 
die geformten Elemente die Verschiebung nicht mitmachen. In 
manchen Fällen findet man aber reichlich gefüllte Lymphräume 
und in der ganzen Drüse nur wenige Schmelzungsheerde, und in 
diesen Fällen kann man sich nicht gut vorstellen, dass die zah- 
reichen Lymphspalten von wenigen Follikeln aus gefüllt worden 


ein sollen. , , A ,r 

Diese Befunde legen es sehr nahe, nach anderen Wege 
ie Entleerung der Follikel zu suchen, und es haben f 1 “" 1 ' 

lehrere Untersucher bemüht, solche Wege durch d ® g 

.vmDhsualten der Drüse zu finden; allem stets oh S- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


270 

Hessen sich immer nur die interfolliculären Spalten, aber niemals 
die Follikel selbst füllen. Ich habe diese Versuche mit besserem 
Erfolg wiederholt, und zwar, wie ich glaube, durch den einfachen 
Kunstgriff, dass ich bei der Injeetion einen geringen, aber nicht 
gleichmässigen, sondern pulsatorisehen Druck anwandte. Dabei 
drang die Injectionsmasse jeweils in eine allerdings nur kleine Zahl 
von Follikeln ein und liess sich an manchen Stellen von der Lymph¬ 
spalte zwischen den Zellen der Follikel wand hindurch in die Höhle 
verfolgen, so dass man nach diesen Präparaten die Intercellular¬ 
spalten als Verbindungswege zwischen Follikelhöhle und Lymph- 
raum betrachten muss. Allein es fragt sich, ob diese Wege nicht 
bloss Kunstproducte sind, oder ob sie wirklich im Leben vorhan¬ 
denen Oeffnungen für den Abfluss des Secretes entsprechen. Diese 
Frage lässt sich natürlich nur an nicht injicirten Präparaten ent¬ 
scheiden. Eine daraufhin gerichtete Untersuchung der Intercellular¬ 
linien des Follikelepithels .hat nun folgendes ergeben: 1) In vielen 
Fällen geht das Protoplasma einer Epithelzello ohne jede Grenz¬ 
linie in das der Nachbarzelle über, so dass von einem Zwischen¬ 
raum zwischen den Zellen nicht gesprochen werden kann. 2) In 
der Mehrzahl der Fälle sieht man die Nachbarzellen durch eine 
feine homogene Linie von einander getrennt, welche die Farbe der 
Colloidsubstanz hat. 3) In selteneren Fällen findet man dicke, 
homogene Stränge zwischen den Zellen liegen, welche von der 
Follikelhöhle bis zum angrenzenden Lymphraum reichen, vollkommen 
homogen und in ihrer Farbe von der Colloidsubstanz nicht zu 
unterscheiden sind. (Demonstration.) 

In diesem Falle kann man nicht zweifelhaft sein, dass man 
dieselbe Substenz vor sich hat, welche den Inhalt der Follikel 
bildet; für die Beurtheilung ihrer Bedeutung ist noch wichtig der 
Zustand der Drüse, bei welchem diese Stränge Vorkommen; man 
findet sie nämlich selten in normalen Drüsen, verhältnissmässig 
reichlich dagegen in solchen, welche zu gesteigerter Thätigkeit ge¬ 
reizt worden sind, sei es durch Entfernung des grössten Theiles 
der Drüsen, sei es durch Unterbindung des Gallenganges. Diese 
Thatsache macht es sehr wahrscheinlich, dass die zwischen den 
Zellen liegenden Colloidstränge dieVerbindungswege darstellen, durch 
welche der Follikel mit dem angrenzenden Lymphraum communicirt, 
und wir kommen auf Grund dieser Befunde, sowie der Ergebnisse 
der Drüseninjection zu folgender Vorstellung von der Entleerung 
der Follikel: zwischen der Follikelhöhle und dem angrenzenden 
Lymphraum besteht ein Zusammenhang der Art, dass sich der 
Follikelinhalt durch die zwischen den Epithelien vorhandenen Spalt¬ 
räume in den Lymphraum entleeren kann. Diese Intercellularspalten 
sind aber keine selbstständigen und keine dauernd vorhandenen 
Gebilde, sondern sie entstehen je nach Bedürfniss. Ist die Secretion 
in einem Follikel und infolgedessen auch der Abfluss gering, so 
sieht man keine Intercellularspalten oder nur sehr enge und ihren 
Inhalt als feine homogene Linien: ist die Secretion dagegen reich¬ 
lich, so trifft man breite, mit Colloid gefüllte Spalten, welche die 
Follikelhöhle mit dem Lymphraum verbinden. 

Entsprechend den zwei verschiedenen Arten der Secretion haben 
wir also in der Schilddrüse auch zwei verschiedene Arten der 
Follikelentleerung, nämlich Entleerung durch Ruptur bei der 
Secretbildung mit Untergang des Epithels, bei der reinen Colloid- 
productien dagegen Entleerung durch Intercellularspalten. 

Unsere Aufgabe sollte nun eigentlich darin bestehen, das 
weitere Schicksal des in die Lymphräume ergossenen Secretes zu 
verfolgen. Allein hierüber fehlen uns vorläufig sichere Thatsachen, 
und so müssen wir uns darauf beschränken, die hier in Betracht 
kommenden Möglichkeiten zu erörtern: Die in den Lymphspalten 
liegende Substanz kann die Drüse entweder durch die abgehenden 
Lympbgefässe verlassen und gelangt dann an der Einmündungs¬ 
stelle der letzteren in die Venen ins Blut, oder aber sie kann 
noch innerhalb der Drüse von den Blutgefässen aufgenommen werden. 
Was die letztere Möglichkeit betrifft, so ist vor kurzem ein Befund 
beschrieben worden, welcher diesen Modus der Colloidresorption zu 
bestätigen scheint; es ist nämlich die Angabe gemacht worden, dass 
sich Colloidsubstanz in den Schilddrüsenvenen nachweisen lasse; 
daraufhin habe ich die innerhalb der Schilddrüse liegenden Venen 
in meinen Präparaten untersucht und thatsächlich Stellen gefunden, 
in welchen ein Theil des Veneninhaltes grosse Aehnlichkeit mit 
der Colloidsubstanz der Follikel hat. Da wir aber die Farben- 
reaction der Colloidsubstanz nicht als eine ganz specifische be¬ 
trachten dürfen, habe ich einen Controllversuch gemacht und von 
Mesenterialvenen genau nach derselben Methode Präparate an¬ 
gefertigt, wie von der Schilddrüse. In diesen Venen fanden sich 
nun nicht selten Stellen, wo das Plasma von den Blutkörperchen 
getrennt war, und das erstere war durch seine Farbenreaction der 
Colloidsubstanz zehr ähnlich. Ich glaube daher, dass die Frage, ob 
Colloidsubstanz in den Venen der Schilddrüse vorkommt, vorläufig 
nicht mit Sicherheit beantwortet werden kann, so lange wir keine 
specifische Reaction auf diese noch sehr wenig charakterisirto 


Substanz besitzen. Allein selbst in diesem Falle dürfte ein Nach¬ 
weis von Colloidsubstanz in den Venen — ihren Uebertritt voraus¬ 
gesetzt — mit grossen Schwierigkeiten verbunden und nur bei sehr 
grosser Empfindlichkeit der Reaction möglich sein; denn da die 
Drüse ungewöhnlich reich mit Blut versorgt wird, muss die all¬ 
fällig ins Blut übertretende Substanz sehr verdünnt werden, und es 
müssten von dieser Substanz in der Zeiteinheit sehr grosse Mengen 
in die Capillaren übergehen, um in den Blutgefässen nachweisbar 
zu werden. 

Wenn nun auch vorläufig der sichere Nachweis, dass Colloid¬ 
substanz innerhalb der Drüse in die Blutgefässe übergeht, nicht zu 
erbringen ist, so ist doch noch nicht unwahrscheinlich, dass dies 
vorkommt; dafür spricht nämlich die oben erwähnte Thatsache, 
dass nach Unterbindung des Ductus thoracicus keine auffallende 
Anhäufung von Colloidsubstanz in den Lymphräumen stattfindet. 
Jedenfalls müssen wir aber annehmen, dass das Secret überhaupt 
in den Blutstrom gelangt, sei es nun, dass dies schon innerhalb 
der Drüse geschieht oder auf dem längeren Wege durch die Lymph- 
gefässe. 

Damit reiht sich die Schilddrüse einer Gruppe von Drüsen an, 
die von Claude Bernard als „glandes k s6crötion interne“ be¬ 
zeichnet worden sind, d. h. als Drüsen, welche ihr Secret direkt 
ins Blut entleeren. Claude Bernard kam zu diesem Begriff, 
indem er die „Glykogenbildung der Leber“ als Secretion dieser 
Drüse auffasste und sie der Bildung von Galle, welche in den Darm 
abfliesst, gegenüberstellte. Nach neueren Befunden gehören hierher 
das Pankreas, welches in der Oekonomie der Kohlehydrate eine 
hervorragende Rolle spielt, die Nebennieren, welche ein im Körper 
sich bildendes Gift zerstören, und vielleicht auch die Hypophysis 
cerebri. Bei keiner dieser Drüsen ist die Bezeichnung „glande k 
s6cr6tion interne“ dadurch gerechtfertigt, dass der Uebertritt von 
Secretbestandtheilen in das Blut durch das Auge constatirt worden 
wäre, sondern bei allen führen physiologische Thatsachen mit Noth- 
wendigkeit zu der Annahme, dass diese Organe in eigenartiger 
Weise die chemische Zusammensetzung des Blutes verändern. 

Die meiste Aussicht, den Weg des Secretes von den Drüsen¬ 
zellen zum Blut zu verfolgen, scheint die Schilddrüse zu bieten, 
und so wollen w r ir hoffen, dass dieser Nachweis nicht mehr lange 
auf sich warten lässt. _ 

III. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie 
in Bologna, Direktor Prof. A. Tizzoni. 
Untersuchungen über das Infectionsfleber. 
Das Antitoxin des Bacterienflebers. 

Von Dr. E. Centanni und Dr. A. Bniscliettini. 

Bei dem Studium der Fieberfrage hatte der eine von uns 
(Centanni) nachgewiesen, dass das Fieber durch ein besonderes 
Gift (Pyrotoxina bacterica) verursacht wird, welches bei allen Arten 
von Bacterien immer dasselbe ist, wobei er den Schluss zog, ebenso 
allgemein müsse das neutralisirende, specifische Agens sein. Anderer¬ 
seits hatte der andere von uns (Brusehettini), als er sich mit 
der Influenza beschäftigte, beobachtet, dass die Thiere, welche 
vaccinirt wurden, sehr bald aufhörten, gegen starke Dosen von Vaccin 
zu reagiren, und dass das von ihnen gelieferte, immunisirende Serum 
nicht nur die Infection aufhielt, sondern auch imstande war, constant 
eine schnelle bedeutende Temperaturerniedrigung herbeizuführen. 

Da wir schon aus früheren Experimenten wussten, dass das 
Fiebergift des Influenzabacillus dem der anderen Bacterien gleich 
ist, so waren wir geneigt zu schliessen, das gegen diese. Krankheit 
immunisirende Serum müsse in Bezug auf die antipyretische 
Wirkung dieselbe Kraft gegen das von jedem anderen Bacterium 
hervorgebrachte Fieber besitzen. Durch die folgenden Experimente 
haben wir die Richtigkeit dieses Schlusses geprüft. 

Sie sind in drei Abtheüungen gebracht, je nachdem die 
Wirkungen unseres immunisirenden Serums an Fiebern studirt 
wurden, welche hervorgebracht waren 1) durch das von den Bacterien 
abgetrennte Pyrotoxin oder durch die betreffenden sterilisirten 
Culturen; 2) durch Injeetion lebender Culturen von Bacterien von 
örtlicher Wirkung; 3) durch Injeetion von Bacterien, welche bei 
Kaninchen Septikämie erzeugen. 

Das von uns angewendete immunisirende Serum kam von 
einem gegen Influenza im Verhältniss von 1 : 400000 vaccinirten 
Schafe. 

1. Wirkung auf das durch Injeetion von Pyrotoxin 
erzeugte Fieber. 

Das Gift, dessen wir uns bedient haben, stammt von dem 
Bacterium coli commune, dem Spirillum der Cholera, dem Bacterium 
aörogenes meningitidis, dem Vibrio von Metschnikoff und dem 
Tuberkelbacillus. Die Experimente wurden zu dem doppelten Zweck 


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Original fro-m 

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22. März. 


DE UTSCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Injection von 
Injcction von 


ausgeführt, eine schützende und eine heilende Wirkung des imimini- 
sirenden Serums nachzuweisen. 

Wir führen hier als Beispiel ein Experiment an, welches mit 
dem von Bacterium coli commune stammenden Pyrotoxin aus¬ 
geführt wurde. 

Kaninchen 1 (zum Schutz). 

27. Juli 1893, 9 l /a Uhr vormittags Temperatur 39,8°, 

5 ccm Serum 

11 Uhr vormittags Temperatur 39,4°, 

Pyrotoxin 

l'/a Uhi* nachmittags Temperatur 40,0° 

2 „ 39,8 0 

L » * - 39,8» 

3 7a ., „ „ 39,6° 

U/a „ „ „ 39,6° 

5 » » » 39,7° 

r >A ., „ 39,2° 

28. Juli 1893, 9 i ,2 „ vormittags .. 39.8° 

11 Vs , I 39,6° 

5 „ nachmittags „ 39.8 0 

Bleibt neberlos. 

Kaninchen 2 (zur Heilung). 

27. Juli 1893, 11 Uhr vormittags Temperatur 39.2°. 

Pyrotoxin 

U/s Uhr nachmittags Temperatur 40.9 o, 

5 ccm Serum 

Uhr nachmittags Temperatur 39,0 o 
„ „ 39,3 o 


271 


31. Juli 1893. 

3. August 1893. 


Kaninchen 5 (Cholera, Schutziujection). 

n 4 Uhr nachmittags, Injcction von 5 ccm Serum. 

2 vormittags,Temperatur 39.G<\ Injcction \ 


10 


4. August 1893. 


11 
2 

5 

6 

9 l /s 

27* 


™n 5 ccm Cultur in Fleischbrühe. 


Augnst 1893. 


6. August 1893. 


Injection von 
Injcction von 


28. Juli 1893, 


2 

3 

3 l /o 

4 l /a 

5 

5'/s 

97* 

117. 

5 


vormittags 


39,0o 
39,lo 
89,2o 
39,0 0 
39,5 o 
39,5« 
39,3 o 


28. Juli 1893. 


2 

3 

37* 

47* 

5 

5V* 

97* 

117* 

5 


nachmittags 
Bleibt fieberlos. 

07 t r io™ Kaninchen 3 (Controllthier). 

Juü 189d - 11 Uhr vormittags Temperatur 39,7°, Injection von 
Pyrotoxin 

17* Uhr nachmittags Temperatur 40.9° 

" » „ 40.9° 

„ . 40,7° 

40,8 0 

* „ 40.9 o 

„ 40.5 o 

: „ 40.8 o 

vormittags „ 41.00 

* „ 41.1 o 

41.2o 

n . D - J Rückkehr zur Apyrexie (am 31. Juli). 

I le Re su Jlate haben in allen Fällen ohne Ausnahme bewiesen, 
Turm, W ? nn ^ erum a ^ s Schutzmittel angewendet wurde, die 

bliph* .n^^h^hting und die darauf folgende Intoxication ganz aus- 
“ d da « Thier im Vergleich mit den Controllthieren ein ge- 
w i * üssehen behielt, als wenn keine toxische Substanz injicirt 
vcrmnr.iJ Vt j 6 *' J^ enn . d * e Eieberintoxication schon begonnen batte, 
sic fa i € dle von immunlsirendem Serum fast immer 

iren a fLn gen 5 Ilck i ich zum Stillstand zu bringen, und das Thier 
henas bald und auf die Bauer vollkommen. 

nicht a y f das durch Einspritzung lebender, 

V e P tlkämisc hei- Bacterien erzeugte Fieber, 
haben ?;. e ,- en(len C. ultureü von Bacterien mit örtlicher Wirkung 
< ilhi« nrn 10 Von ^*krio aY i c i da , von dem Choleraspirillus, dem Ba- 
Dio und dem Bacillus aörogenes meningitidis versucht, 

vorigen i der Experimente dieser Reihe waren, wie die 

Experimcntf nahmS ^los günstig, und wir führen als Beispiele zwei 
und des rhA? 11 ’ i We ^? e mit tödtlichen Bosen des Bacillus pyocyaneus 
des Cholerabacillus von Massaua ausgeführt wurden. 

« August 18qq ni ?n h r?u n 4 ( Ba f ÜIus Pyogenes Heilinjection). 

g 1893> 10 r ,Ub r vormittags, Temperatur 89,7o Inject, von 4 ccm 
11 TTU des Bacillus pyocyaneus in Fleischbrühe, 
ii Uhr vormittags, Temperatur 40,8o, Inject, von 3 ccm 
herum m die Bauchhöhle. 

II k Uhr vormittags Temperatur 39,3° 


nachmittags 


• August 1893. 
August 1893. 


G - August, 1893. 


37* 

5 

6 

9 7* 

272 

5 
9 
11 
3 
fi 

r* 

ti 

Bleibt gesund. 


vormittags 

nachmittags 

vormittags 

nachmittags 

vormittags 

nachmittags 


39,5° 

39,5° 

39.40 
39,7° 
39,0o 
39.6" 

39.40 
39,0° 
39,2° 
39,3° 
39.6° 
39,2o 
39,3° 

39,6o 


Uhr vormittags Temperatur 39,4o 
nachmittags „ 39,2 o 

n „ 39,5 u 

* „ 39,3° 

« „ 39,5o 

vormittags „ 39,1° 

nachmittags „ 39.1° 

39.6° 
39,2« 
39,4o 
39.00 
39,3° 
39,4° 
39.2° 


vormittags 

nachmittags 

vormittags 

nachmittags 


9 

3 
6 

974 

4 
6 

Bleibt gesund. 

Wir müssen bemerken, dass der wohlthätige Einfluss des 
♦Serums bei allen diesen Bacterien nicht blos gegen die Temperatur¬ 
erhöhung und die unmittelbaren krankmachenden Wirkungen des 
Pyrotoxins, sondern auch gegen alle entfernteren, örtlichen oder 
allgemeinen Einflüsse desselben ausgeübt wird; denn in der Folge 
haben sich die Thiere immer bei vollkommener Gesundheit er¬ 
halten. 

Zu der hier untersuchten Kategorie von Bacterien gehört auch 
der Bacillus diphtheritidis, welcher nach unseren Experimenten 
ausser seinem specifischen Gifte auch das allgemeine Bacteriengift 
enthält, welches Fieber erzeugt. Wir inficirten zwei Meerschwein¬ 
chen mit 7,o Tropfen einer Cultur dieses Bacillus auf Blut und 
machten dem einen derselben zugleich mit der Infection eine Ein¬ 
spritzung von 5 ccm unseres iramunisirenden Serums. Bie Krank¬ 
heit verlief folgendermaassen: 

Meerschweinchen No. 1. 

! 1. August 1893. 9 Vs Uhr vormittags, Temperatur 38,8«, Injection von 
| Vio Tropfen von Diphtheritiseultur, zugleich mit 5 ccm 

Serum. 

I 2. August 1893. 3 3 /* Uhr nachmittags, Temperatur 39,0». Lebhaft, macht 
j kräftige Bewegungen, auf den Rücken gelegt richtet es 

1 sich sogleich auf. 

2 Uhr nachmittags. Temperatur 38,8°. Etwas weniger 
lebhaft. 

9 Uhr vormittags, Temperatur 38,0. Haar struppig. 
Die Lähmung beginnt. 

4. August 1893. 2 Uhr nachmittags, Tod. 

Meerschweinchen No. 2. (Controllthier.) 

1. August 1893. 9 79 Uhr vormittags, Temperatur 38,5. Infection mit 

Vio Tropfen der Diphtheritiseultur. 

2. August 1893. 3 7g Uhr nachmittags, Temperatur 37,8. Struppiges 

Haar, frist nicht, auf den Rücken gelegt, hat es Mühe, 
sieh aufzurichten. 

3. August 1893. 3 Uhr nachmittags, Tod. 

Man sieht hieraus, dass bei dem behandelten Thiere die In¬ 
fection einen langsameren Verlauf mit abgeschwächten Symptomen 
genommen hat. Dieser Versuch beweist, dass die antitoxische 
Wirkung unseres Serums nicht allgemein ist, berechtigt uns aber 
nicht zu speciellen Schlüssen, auch wissen wir nicht, ob die Wir¬ 
kung des Serums einfach auf das Pyrotoxin, und nicht auf das 
specifische Gift erfolgt ist. 

3. Wirkung gegen Fieber, hervorgebracht durch 
Injection von septikämischen Bacterien. 

Wir haben mit dem Pneumoeoccus und dem Milzbrandbacillus 
experimentirt. Bie Versuche mit dem in Blut cultivirten Pneurno- 
coccus sind folgende: 

Kaninchen 6. (Gleichzeitig, schwache Dosis.) 

1. August 1893. 

1. August 1893. 

1. August 1893. 

1. August 1893. 

1. August 1893. 

2. August 1893. 

2. August 1893. 

2. August 1893. 


August 1890. 
August 1893. 


9 79 Uhr vormittags. Injection mit ccm Pueumo- 
coccus, zugleich mit 5 ccm. Serum unter die Haut. 

11 LThr vormittags Temperatur 39,6°. 


nachmittags 


Pneumo- 


2 1 
4 7a 
« 

8 7a * 

9 7a „ * „ 

H7a * 

coccus im Kreislauf. 

| 2. August 1893. 2 ’/a Uhr nachmittags 

I 2. August 1893. 5 7a „ „ 

; 3. August 1893. 8 79 „ vormittags 

j 3. August 1893. 11 7a n „ Tod. 

I Kaninchen 7. (Gleichzeitig, starke Dosis.) 

I 6. August 1893. 9 7a Uhr vormittags. Temperatur 40,o. Injection von 
| V* ccm Pneumoeoccus, gleichzeitig 10 ccm Serum in 

die Bauchhöhle. 

| 6. August 1893. 4 Uhr nachmittags Temperatur 39,6°. 

! 6. August 1893. 6 39,9°. 

, 7. August 1898. 10 r vormittags .. 39.8°. 

| 7. August 1893. 7 v nachmittags „ 39,20. 


39,5«. 
39,70. 
40,3«. 
39,7 0 . 

39.30. 

39.30. 

39,4o. 

39.6°. 

39,00. 


Digitized fr 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


272 


No. 12 


Temperatur 39,3°. 

„ 39,2o. 

„ 39.50. 

„ 39,4°. Bleibt 


1. August 1893. 

1. August 1893. 
1. August 1893. 
1. August 1893. 


1. August .1893. 

2. August 1893. 
2. August 1893. 
2. August 1893. 
2. August 1893. 


8 . August 1893. 9 „ vormittags 

8 . August 1893. 11 ., „ 

8 . August 1893. 3 ., nachmittags 

8 . August 1893. 6 „ „ 

gesund. 

Kaninchen 8 . (Heilwirkung). 

9 l /a Uhr vormittags Temperatur 39,2°. Injediou von 
l ls ccm Cultur von Pneumococcus. 

11 Uhr vormittags Temperatur 39,0°. 

2 7a „ nachmittags „ 40,8". 

4 l /2 „ „ . „ 40,8°. Injediou von 

10 ccm Serum unter die Haut; Pneumococcus im Blut. 

8 Uhr nachmittags Temperatur 39 , 8 '\ 

8 V 2 « vormittags *, 39, 6 °. 

9 7, , „ „ 39,20. 

11 3 /4 ^ „ , 39,40. 

2 „ nachmittags Tod. 

Kaninchen 9. (Controllthier.) 

9 V *2 Uhr vormittags Temperatur 39,2°. Injection 
unter die Haut von l k ccm Cultur von Pneumococcus. 
11 Uhr vormittags Temperatur 39,1°. 

2 72 „ nachmittags „ 41,2». 

4 7 2 „ „ „ 41,lo. 

8 „ 41.90. 

Am Morgen todt gefunden. 

Diese Experimente beweisen uns auf’s deutlichste, dass unser 
immunisirendes Serum imstande ist, eine kräftige, dauernde Wir¬ 
kung auf die Fieberintoxication auszuüben, so dass bei Thieren, bei 
denen man im Blute zahlreiche Bacterien auffand, die Temperatur 
und das allgemeine Aussehen normal blieben, und dass auch, wenn 
auf die Infection der Tod folgte, dieser unerwartet eintrat, ohne 
dass irgend welche Erscheinungen ihn hätten voraussehen lassen. 

Mit dem Milzbrände haben wir am zweiten Kaninchen der 
ersten Reihe experimentirt, welches vier Tage vorher von der In- 
toxication durch das Gift des Bacterium coli geheilt worden war, und 
haben ihm die infectiöse Cultur eingespritzt, ohne die Injection des 
Serums zu wiederholen. Hier folgt die Tabelle über den Verlauf 
der Krankheit. 


1. August 1893. 

1. August 1893. 
1. August 1893. 
1. August 1893. 

1. August 1893. 

2. August 1893. 


Kaninchen 10. (Heilwirkung.) 

27. Juli 1893. 11 Uhr vormittags Temperatur 39.8°. Injection von 

Pyrotoxin des Bacillus coli. 

27. Juli 1893. 1 7, Uhr nachmittags Temperatur 40,9o. Injection von 

5 ccm Serum. 

31. Juli 1893. 10 74 Uhr vormittags Temperatur 38,8°. Injection von 
1 ccm Milzbrandcultur in Fleischbrühe. 

31. Juli 1893. 11 7i Uhr vormittags Temperatur 39,0°. 

t..i: 4 0oo 4 a i _i onnn 


31. Juli 1893. 

174 „ 

nachmittags 


39,0°. 

31. Juli 1893. 

374 * 



38,9o. 

31. Juli 1893. 

5 7 2 „ 



39,0°. 


1. August 1893. 8 7a Uhr vormittags Temperatur 38,4°. Ist lebhaft 

und frisst. 

1. August 1893. 10 7* Uhr vormittags Temperatur 38,5°. 

1. August 1893. 2 7a „ nachmittags „ 39,Oo. 

2. August 1893. 8 72 „ vormittags „ 39,5°. 

2. August 1893. 11 Va „ ,, . Stirbt unversehens in einem 

Erstickungsanfaile. Bacterien im Blute. 

Kaninchen 11. (Controllthier.) 

31. Juli 1893. 2 7a Uhr nachmittags Temperatur 38,8°. Injection von 
1 ccm. Milzbrandcultur in Fleischbrühe. 

31. Juli 1893. 3 Uhr nachmittags Temperatur 38,Oo. 

31. Juli 1893. 4 74 „ „ „ 28,9o. 

31. Juli 1893. 5 7a „ „ „ 40,0«. 

31. Juli 1893. 6 3 /4 „ „ 40,2'\ 

1. August 1893. 8 7*2 Uhr vormittags Temperatur 39,9®. Niederge¬ 

schlagen, Durchfall. , 

1. August 1893. 2 7a Uhr nachmittags Temperatur 40,2°. 

2 . August 1893. 8 7a „ vormittags „ 40,7°. 

2. August 1893. 11 74 „ ,, „ ' 40,lo. 

2. August 1893. 3 „ nachmittags Tod. 

In diesem Falle bemerkt man, wie beim Pneumococcus, dass 
bei dem behandelten Thierc die Krankheit apyretisch verläuft, ohne 
irgend ein deutliches Zeichen von Intoxication, während sich im 
Blute zahlreiche Bacillen nachweisen lassen. 

Ob unser Serum in passender Dosis ausser seiner antitoxischen 
Wirkung auf das Fiebergift auch eine antibaeterische gegen die 
Ausbreitung der Infection selbst ausüben könne, wie die Ver¬ 
suche mit dem Pneumococcus anzudeuten scheinen, das ist eine 
wichtige Frage, deren Ergründung wir uns für spätere Unter¬ 
suchungen Vorbehalten. 


4. Apyretische Wirkung auf längere Zeit. 

In Bezug auf die Art seiner Zubereitung und seiner Ab¬ 
stammung tritt unser Mittel aus der Reihe der gewöhnlichen 
Antipyretica heraus und gehört zu der Klasse der immunisirenden 
Producte. Es war daher interessant, zu untersuchen, ob es gelänge, 
mit unserem Serum im Körper einen solchen Zustand der Immunität 
hervorzurufen, dass er längere oder kürzere Zeit für das Fiebergift 
unempfänglich würde, wie es mit anderen ähnlichen Substanzen 


der Fall ist. Zu diesem Zwecke, können wir folgende Experimente 

anführen: . ,_ M . 

1. Ein Thier, bei welchem die Intoxication mit Vibrio avieida 
durch unser Serum unterbrochen worden war, wurde vier Tage 
später mit 5 ccm lebender Choleracultur von Massaua inficirt. 
Sowohl der Temperatur, als allen übrigen Symptomen nach blieb 
das Thier immer vollkommen 'gesund, während das Controllthier 
nach 53 Stunden unter sehr auffallenden pyrotoxischen Erschei¬ 
nungen starb. 

2. Wir müssen hier ein früher erwähntes Experiment (Kaninchen 
10) anführen, wo es sich um den Milzbrandbacillus handelte. Das 
Thier, welches, wie die Tabelle angiebt, im Gegensatz zu dem 
Gontrollthiere niemals Fieber gehabt hat, hatte vier Tage vorher 
eine Einspritzung von unserem Serum erhalten, um die durch 
Bacterium coli hervorgebrachte Fieberintoxication anzuhalten. 

3. Das Thier der zweiten Versuchsreihe (Kaninchen 4), 
welches von der tödtlichen Intoxication durch lebenden Bacillus 
pyocyaneus geheilt worden war, wurde sieben Tage später mit 
einer doppelten Dosis derselben Cultur injicirt. Die Einspritzung 
blieb ohne Wirkung. 

Diese Experimente zeigen schon die Möglichkeit, durch nur 
wenige immunisirende Injectionen das Fieber auf die Dauer hintan¬ 
zuhalten, selbst wenn der Infectionsheerd fortbesteht und fort¬ 
während Pyrotoxin in den Kreislauf gelangt. 

5. Schluss. 

Die Folgerungen, welche wir aus den bis jetzt ausgeführten 
Untersuchungen ziehen können, haben eine doppelte Bedeutung, 
eine praktische und eine wissenschaftliche. 

1. Das Serum eines Thieres, welches gegen das von einer 
bestimmten Bacillenart (Influenzabacillus) hervorgebrachte Fieber 
vaccinirt worden ist, übt seinen antitoxischen Einfluss auch gegen 
die Infectionsfieber der verschiedenartigsten Bacterien und ihres 
Pyrotoxins aus. 

2. Diese Wirkung ist constant, kräftig und dauerhaft und 
erstreckt sich auf die Temperaturerhöhung, sowie auch auf alle 
secundären toxischen Erscheinungen, sowohl als Schutzmittel wie 
als Heilmittel. Im ersten Falle hindert es die Entwickelung, im 
zweiten bringt es den Verlauf zu entschiedenem Stillstände. 

3. Die Wirkung dieses Serums erstreckt sich auch auf die 
Zukunft, indem es für eine gewisse Zeit nach seiner Injection die 
Thiere gegen spätere Einspritzungen von Bacterien und ihr pyrogenes 
Product unempfänglich macht. 

4. Unsere Studien haben endlich noch eine andere, wissen¬ 
schaftliche Bedeutung, insofern als durch das, was wir über den 
Mechanismus der Wirkung der antitoxischen Producte und über 
ihre Specificität wissen, die von dem Einen von uns ausgesprochene 
Idee a juvantibus immer mehr gestärkt wird, dass das Fiebergift 
der verschiedenen Bacterienarten ein einziges, allen gemeinschaft¬ 
liches ist, wie auch die Substanz eine einzige, allen gemeinschaft¬ 
liche ist, welche den Complex der Krankheitssymptome neutralisirt. 

Diese Resultate, wenn auch schon an sich sehr wichtig, bilden 
erst den Anfang von Studien, welche wir weiter zu vertiefen be¬ 
absichtigen, indem wir zu diesem besonderen Zweck unter den 
verschiedenen Bacterien das wirksamste Vaccin auswählen und 
den Thieren den höchsten Grad von Immunität verleihen. 

Unterdessen berechtigen uns die übereinstimmenden Resultate, 
welche wir erhalten haben, sowie die erprobte Unschädlichkeit der 
immunisirenden Producte, unser Serum am fieberkranken Menschen 
zu versuchen. 


IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Elisabeth¬ 
krankenhauses in Berlin. 

Beiträge zur Kochsalzinfusion bei 
Vergiftungen. 

Von Max Gordon. 

Die Geschichte der Kochsalzinfusion beginnt erst mit der 
zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts. Und zwar waren es eng¬ 
lische Aerzte, welche dieses Verfahren — rein empirisch — in der 
Praxis auszuüben begannen. Die einzige Indieation der Operation 
war damals der Choleracollaps. Experimentelle Studien über die 
physiologische Wirkung einer infundirten Kochsalzlösung auf den 
thierisohen Organismus begannen erst 1869 durch Cohnheira. Es 
folgten die Versuche von Kronecker und Sander, von Jolyet 
und Laffond, von Schwarz, Pellacani* von .Ott, Sanquirico 
und von Länderer. 

Die Untersuchungen der genannten Forscher führten zu fol¬ 
genden Ergebnissen: 1) Die Infusion einer physiologischen Koch¬ 
salzlösung ist vollständig gefahrlos. 2) Die Infusion einer physio¬ 
logischen Kochsalzlösung hilft nach Sterken Blutverlusten den zur 


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22. März. 


Circulation notwendigen Blutdruck wiederherstellen und ermös 
acht so die baldige und andauernde Versorgung der Centralorgane 
mit zwar stark verdünntem, aber doch zur Unterhaltung der wich¬ 
tigsten Functionen hinlänglich geeignetem Blute. 3) Die Infusion 
einer physiologischen Kochsalzlösung ruft eine Vermehrung der 
Nierensecretion hervor und führt dadurch eine rasche Elimination 
■" den Körper eingeführter Gifte herbei (Sanquirico’s Aus- 


DEOTSCHE MEDICINISCBE WOCHENSCHRIFT 


Waschung des Organismus“). Thiere," denen eüi depletorFs'cher 
Aderlass und nachher eine Zuckerkochsalzinfusion gemacht wird 
vertragen ganz unverhältnissmässig viel grössere Giftmengen als 
nicht behandelte Controllthiere. • ° 

Infolge dieser Ergebnisse wurde die Ausführung der Koch- 
salzinfusion zunächst bei plötzlichen starken Blutverlusten empfohlen 
Bischof! in Basel führte 1881 zuerst diese Operation — intra- 
arteriell — bei einem Falle acuter Anämie aus; der Erfolg war 
ein günstiger. Seither ist eine grössere Anzahl acuter Anämieen 
not Kochsalzinfusion behandelt worden. Der überaus günstige 
Erfolg hat die Anhänger der Bluttransfusion widerlegt, die da be¬ 
haupteten, dass die Kochsalzinfusion den Tod zwar verzögern, nie- 
mal^aber in Wirklichkeit eine „lebensrettende“ Operation sein 

Ausser bei Verblutungen wurde die Bluttransfusion auch bei 
gewissen Vergiftungen angewandt. Da die Kochsalzinfusion ihre 
Stelle im ersteren Falte wirksam einnahm, ging man auch an die 
Erprobung der neuen Operation im zweiten Falle. Kocher in 

remiffo aCh r w in j icirt « 500 g — bei einer Jodoform- 

Vergiftung die Kochsalzmfusion, erzielte durch sie sofortige Besse¬ 
rung des Pulses sowie des Collapses überhaupt und brachte den 
Fall zur Heilung, während er einen zweiten gleichartigen Pa¬ 
tienten trotz Bluttransfusion — 200 g — verlor Bei Leuchtgas- 
vergiftung füllte Wnkie zweimal, Jersey einmal die Kochsalz- 
mfusion mit Erfolg aus. Schreiber bediente sich 1883 zuerst 

salzinfusion Fal e T ° n Kohlenox y dver ^ iftun g mit Erfolg der Koch- 

whtr^Ä 0f hi S0r R i niie .? lachte ™ Jahre 1890 bei zwei Fällen 
JhwnS Kohlenoxydvergiftimg, im Jahre 1892 bei einem Falle 
Le ^ ht ^ a svergiftung die depletorische intravenöse Koch- 

StbZ'erhaZ ^ dUrCh dicses Verfahren 

mir ich ! lie Krankengeschichten dieser drei Fälle gebe, sei 
boi (lt klm SUCh u" de . m . ^Nachweis gestattet, mit welchem Rechte 

6aIzinfiK^?„ h w t °K Jd " undbei der Leuchtgasvergiftung von der Koeh- 
salzinfusion Hülfe erwartet werden darf. 

Diese w!? wl . r H b daa Kohlenoxyd toxisch auf den Organismus? 
Weise ^antwortet- 011 ^ Autoren T erschiedenartig, in dreifacher 

sJsm ff aS J1 l6n0 c Xyd Terd r to g®. ins Blut auigenommen, den 
Ä “ffeTiw m - SaU , e r rS i 0ffllälnoglobi n des Blut «s und gehe mit 
welrhin ^ toff .T 0 Verbindung ein, die diesen unfähig mache, 

stoffmM“el S T rSt °n- a “r‘J. nebmen - Daraus resultire ein Sauer- 
. tonmangel, der schliesslich zur Erstickung führe 

verarm,,™ K(, . hlen “J' d rufe - unabhängig von der Sauerstoff- 
.le ri^ d r\? lne s Peeifische Einwirkung auf das Centrum 
lieirir^irl lsch en Nervensystems eine Atonie der Gefässmuskeln 
sistirt werde^ W ® Ch ® der Blutkreislauf gestört und schliesslich 

Orgaim wirke n8oh Art eines Narcoticum auf die 

der lehen^;X- tra en Nervensystems und führe durch Lähmung 
"ervösen Centren den Tod herbei. 

iregen teTr drM rft d * r Kobl enoxydvergiftung muss sich 
sticliunv ale t„i ^fahren Wenden. Sie muss, falls die Er¬ 
streben^ rrjit, J° < i S ! lrs ? cbe feststeht, eine normale Athmung an- 
eine gehörtee ^° w * ?. er Gefässmuskeln als bedrohlich, so ist 
in der I ah™?, Blutclr e ula tion wierderherzustellen; liegt die Gefahr 

^•ftX" h6g “ DerT8sen Centren s ° iateiner 

»ärene 16 Dann’0^1" ^ gar a,Ie drei Thoorieen richtig 

zwei oder alle dle + ? efahr Ton zwei oder drei Seiten, und 

Die AnhL d i ndl J? tlonen wären zugleich zu erfüllen. 

^eorie- 13 der Bluttransfusion stützen sich auf die erste 
könne keinen Sauerqfnff 8 ^ 6 ^^ daS im ' Körper vorh »ndene Blut 
Körper einverleihw 1 ? bmde , n ’ es müsse also neues Blut dem 
Nun kommen afl v«n 6n ’ wel ^ hes wieder Sauerstoff zuführe, 
öer Mängel an Sau w V °£ ^ oKlen . ox y dve rgiftung vor, in denen 
eation ist n ÖT1T , A offenbar nicht die Ursache der Intoxi- 
Ängen snectrofiirn 8 - B nicbt bei allen Kohlen oxydver¬ 

bin, selbst 2 P U J 1 ? die Reaction des Kohlenoxydhämoglo- 
nnngen darbieten d i? Patienten schwere Erschei- 

üonsfähiger Pi n A* s<dcheu Fällen ist eine Zuführung respira^ 
üche Situation offenbar . unnöthig, und die gefähr- 

klären. urch eine der beiden anderen Theorieen zu er- 


273 


Mag man nun der einen oder der anderen Theorie anhängen 
auch sie sJlTnmfHr.lt oln __ 


etVrL V j^denteUs °wtd tl'tefk?' 

auf einmal bekämpft, jeder Partei willkommen sein müssen, “ünd 
solch ein wirksames Mittel, das gleichzeitig diA TtVc+inL-i,«" 

Centren fctelUt“ wiedei ' berstellt - <«« bedrohten nefvöZn 

phÄÄttXörng" dCT dePlet0riSChea Infusi0 “ einer 

Ad. 1 Durch den Aderlass, den wir bei einem mit Kohlen- 
oxyd vergifteten Menschen vornehmen, befreien wir den Organis 
mus von einem Theil der Materia peccans. Durch die tollende 
J^? 11 wird de . r Re , sfc des GRtes verdünnt und eine Vermehrung 
der Nierensecretion hervorgerufen, welche eine rasche Elimination 
einer weiteren Portion Gift im Gefolge hat. Die Infusion bringt 
ferner durch Wiederherstellung eines geordneten Kreislaufs alles 
™ K 8 '' p er befindliche Blut zur Circulation. Wir dürfen wohi äm 

dem GnuXhf 1 m I " toxlcatlon m!t Kohlenoxyd - entsprechend 
de “ tz sehen Klopfversuch — em grösserer Theil noch nicht 
mit Kohlenoxyd überladenen Blutes sich in einer dilatirten Gefäss- 
partie ange.iauft, der Circulation entzogen, befindet. Das durch 
Rlntm™™\ 8eW l rk ^ erne ü te Kreise >i dieser respirationstüchtigen 
der Skungfu S Zde yerbeSSerte AthmU ® g “ d die Verhinderung 
\ B |e Versuche von Schwarz haben unwiderleglich den 

w«nü- S g pi l °^ rt ’ i daSS - j Ur 2 h d e Infusion der zur Circulation noth- 
wenige Blutdruck wiederhergestellt und dadurch die Störung des 
Blutkreislaufs aufgehoben wird. 

Ad. 3. Dass schliesslich durch die Kochsalzinfusion eine 
En-egung der lebenswichtigen nervösen Centren stattfindet haben 
schon die günstigen Erfahrungen beim Choleracollaps gezeigt. Bei 
den Versuchen an Hunden und Kaninchen, welche nach raschem 
Verluste von y 3 bis 2 / 3 ihrer gesammten Blutmenge dem Tode 
nahe waren, erschien diese Wirkung als eine geradezu über¬ 
raschende. 6 

Was von der Kohlenoxyd Vergiftung und ihrer Behandlung 
durch die depletorische Kochsalzinfusion gesagt worden ist, kommt 
bei der Leuchtgasvergiftung wahrscheinlich in analoger Weise zur 
Geltung. 

Ein nicht gering anzuschlagender Vortheil der Kochsalzinfusion 
gegenüber der Bluttransfusion — der Werth letzterer Operation 
soll uns hier nicht weiter beschäftigen — ist der Umstand, dass 
sie jederzeit mit Leichtigkeit, ohne besondere complicirto Apparate 
auch ohne sachverständige Assistenz und ohne Aufschub vorge¬ 
nommen werden kann, dass sie nicht dazu bestimmt ist, nur „ein 
brillantes Schaustück auf Kliniken“ abzugeben, sondern, dass”sie 
von jedem praktischen Arzt überall ausgeführt werden kann. 

Fall 1. Leo M., Hausdiener, 22 Jahre alt, wird am 19. December 1890 
Vormittags 11 Uhr besinnungslos in das Berliner Elisabeth-Krankenhaus 
gebracht. In diesem Zustande war er Morgens in seinem Bett aufae- 
funden worden. In gleicher Situation befanden sich seine beiden Stuben¬ 
fliegen. Der herbeigerufene Arzt fand die Klappe des Ofens im Zimmer 
der Patienten, welcher am vorhergehenden Tage geheizt worden war, ge¬ 
schlossen und konnte daher sogleich die Diagnose Kohlenoxydvergiftung 
stellen. Er wandte die gebräuchlichen Mittel, auch die künstliche Ath- 
mung, bei dem Patienten an, sah sich aber durch die Erfolglosigkeit 
seiner Bemühungen gezwungen, die Ueberführung nach dem Krankenhaus 
anzuordnen. Bei seiner Aufnahme ist Patient vollständig besinnungslos. 
Die Athmung ist unregelmässig, stertorös; Patient athmet zeitweise lang¬ 
sam, zeitweise beschleunigt. Der Puls ist unregelmässig, schwach, di- 
crot, 72 Schläge in der Minute! Die Temperatur beträgt 37.2 o C. Alle 
Reflexe sind vollkommen erloschen. Die Masseteren sind krampfhaft zu- 
sammenpzogen; Patient knirscht mit den Zähnen. Bei diesen bedroh¬ 
lichen Erscheinungen beschloss Herr Prof. Rinne die sofortige Vornahme 
einer depletorischen intravenösen Kochsalzinfusion. Die Vena media sinistra 
wird in der Ellenbeuge freipräparirt. Es werden 300 ccm Blut aus ihr 
entleert. Dasselbe zeigt dunkle Farbe. Hierauf worden 400 ccm einer 
0,6o/ o igen Kochsalzlösung von_37o Temperatur vermittels einer Spritze 
ganz langsam in das Gefäss injicirt. Die ganze Operation geschah natür¬ 
lich unter strengster Beobachtung aller antisept-ischon Cautelen. Sogleich 
nimh der Injection hebt sich der Puls, er wird voller und regelmässiger. 
Die Athmung bleibt zunächst unverändert; später wird sie etwas freier, 
auch lässt das Röcheln nach. Nach beendigter Operation wird Patient in 
ein warmes. Bett gebracht. Die Beine werden mit warmen wollenen 
Tüchern gerieben. In das Bett werden ihm einige Wärmflaschen mitge- 
geben. Die Fenster des Krankenzimmers bleiben den grössten Theil des 
Tages offen. Abends 9 Uhr erhält Patient ein warmes Bad (27°) und 
darin eine kalte Uebergiessung. Dabei lässt er die erste Reaction er¬ 
kennen, er öffnet die Augen und stöhnt. 

20. December. Patient ist noch immer besinnungslos. Nachmittags 

1 Uhr erhält er ein Bad wie gestern. Auch nach diesem kehrt die Be¬ 
sinnung nicht zurück. Die Temperatur beträgt Nachmittags 1 Uhr 39,6 o C, 

2 Uhr 38,5, 3 Uhr 38,8, 4 Uhr 38,3, 5 Uhr 38,2, 6 Uhr 37,8, 7 Uhr 36.8, 

8 Ukr 37,0, 9 Uhr 36,7. Der Puls schwankt zwischen 100 und 130. Im 
Urin ist weder Eiweiss noch Zucker, noch BItit nachzuweisen. Nach¬ 
mittags werden Hautreflexe wieder ausgelöst. 

21. December. Patient ist heute etwas bei Besinnung. Er öffnet die 


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274 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


Augen, nennt seinen Namen, antwortet auf Fragen. Den grössten Theil 
des Tages liegt er jedoch mit geschlossenen Augen da. Die Temperatur 
beträgt Vormittags 6 Uhr 37,1° C, 8 Uhr 37,7, 10 Uhr 37,6, 12 Uhr 
37,2. Nachmittags 2 Uhr 37,2, 4 Uhr 37,3, 6 Uhr 37,5, 8 Uhr 37,3, 
10 UhF 37,6. Der Puls schwankt zwischen 96 und 100. 

22. December. Die Temperatur schwankt heuto zwischen 36,5 und 
38,2°. Der Puls zählt 100. 

23, December. Patient ist heute den ganzen Tag bei voller Besin¬ 

nung. Das Allgemeinbefinden hat sich bedeutend gebessert. Patient ge- 
niesst ihm dargereichte Speisen, Eiermilch, Wein. Bier. Die Temperatur 
ist wieder normal. ‘ > 

Am 25. December kann Patient schon für einige Stunden das Bett 
verlassen. Am 26. ist er bereits den grössten Theil des Tages ausser 
Bett. Die Operationswunde in der linken Ellenbeuge ist am 27. December 
reactionslos und erhält einen Jodoformgazeverband. Am 29. ist das All¬ 
gemeinbefinden vollkommen gut. Am 15. Januar 1891 wird Patient aus 
dem Krankenhaus entlassen. 

Fall 2. Gustav B.. Hausdiener, 22 Jahre alt, gelangt am 19. De¬ 
cember 1890, Vormittags 11 Uhr, besinnunglos in das Berliner Elisabeth- 
Krankenhaus zur Aufnahme. Er war wie sein Stubencollege Fall 1 in 
diesem Zustande Morgens in seinem Bett aufgefunden worden. Der her¬ 
beigerufene Arzt stellte also auch hier sogleich die Diagnose Kohlenoxyd¬ 
vergiftung. Auch bei B. erwiesen sich die gebräuchlichen Mittel, selbst 
die künstliche Athmung, als machtlos, und der behandelnde Arzt sah sich 
deshalb veranlasst, diesen Patienten gleichfalls nach dem Krankenhaus 
überzuführen. Patient liegt bei seiner Aufnahme besinnungslos da. Die 
Augen sind geschlossen, die Athmung ist unregelmässig, etwas röchelnd, 
der Puls ist unregelmässig, schwach, dicrot, zählt 120 Schläge in der 
Minute, die Temperatur beträgt 37,2° C. Das Aussehen ist Hvid; die 
Muskulatur des ganzen Körpers, besonders die der Extremitäten, ist von 
convulsiven Zuckungen befallen: an den einzelnen Muskeln zeigen sich 
fibrilläre Zuckungen. Patient reagirt nicht auf Anrufen. Der Coraeal- 
reflex ist kaum wahrnehmbar. Herr Prof. Rinne machte wegen dieses 
bedrohlichen Zustandes sofort eine depletorische intravenöse Kochsalz¬ 
infusion. In der linken Ellenbeuge wird die Vena media freipräparirt, aus 
ihr werden 300 ccm Blut entleert. Dasselbe ist von kirschrother Farbe, und 
verändert an der Luft nicht sein Aussehen. Mittels einer Spritze werden 
dann 300 ccm einer 0,6%igen Kochsalzlösung von 37° Temperatur ganz 
langsam in die Vene injicirt. Die ganze Operation geschah natürlich 
auch bei diesem Falle unter strengster Beobachtung aller antiseptischen 
Cautelen. Nach der Infusion wird der Puls voller und regelmässiger, 
doch nur auf kurze Zeit; bald ist er wieder wie vordem. Die künstliche 


Athmung wird von neuem vorgenommen. Das Röcheln lässt mehr und 
mehr nach. Sobald die Operation beendet ist, wird Patient w r ie sein 
Leidensgenosse in ein gewärmtes Bett gelegt. Auch seine Beine werden 
mit warmen wollenen Tüchern gerieben. In das Bett werden ihm gleich¬ 
falls verschiedene Wärmflaschen mitgegebon. Er kommt in dasselbe 
Krankenzimmer wie Fall 1, liegt also auch grösstentheils bei offenen 
Fenstern. Abends 9 Uhr wird Patient warm (27°) gebadet. Im Bade er¬ 
hält er eine kalte Uebergiessung. Dabei bemerkt man die erste Reac- 
tion seinerseits; er öffnet die Augen, stöhnt und schüttelt sich. 

20. December. Patient ist noch völlig benommen. Die Temperatur 
beträgt Morgens 39,7°, Mittags 39,6°. Nachmittags 1 Uhr erhält Patient 
ein Bad. Nach diesem sinkt die Temperatur auf 38,5°. Der Puls 
schwankt zwischen 104 und 140. Patient liegt den ganzen Tag mit ge¬ 
schlossenen Augen, völlig besinnungslos da. Nur im Bade hat er einmal 
die Augen aufgeschlagen. Auf Anrufen erfolgt keine Reaction. Die 
Athmung ist besser geworden, das Röcheln hat sich gelegt. Die Brust 
erhält einen Priessnitz’schen Umschlag. Das Krankhoitsbild hat durch 
unvorsichtiges Anlegen der Wärmflaschen eine Complication erfahren. 
Patient zeigt am linken Oberschenkel, an der rechten Fusssohle und am 
rechten Unterschenkel schwere Brandwunden; feuchter Verband. 

21. December. Patient ist noch völlig benommen. 

Temperatur Puls dicrot 
Morgens 8 Uhr 39,4° 124 

Nachmittags 2 „ 89,1° 116 

„ 6 „ 40,0° 140 


. n au „ 1ZU 

Patient hält den ganzen Tag die Augen geschlossen. Es wird ihm voi 
sichtig etwas Ungarwein eingeträufelt. Dabei zeigt sich bisweilen scho 
regelrechtes Schlucken. Ein Bad wird heute nicht gegeben. 

22. December. Patient reagirt heute zum erstenmal auf Anrufer 
durch Aufschlagen der Augen, aber nur auf kurze Zeit. Wein und Eiei 
milch nimmt er gut zu sich. Nachmittags 2 l / 2 Uhr erhält er ein warme 
k r^ ter Douche - Der Puls ist dicrot, schwankt zwische; 
100 und 112. Temperatur Morgens 8 Uhr 37,8°, 10 Uhr 39,1, 12 Uh 
87,4, Nachmittags 2 Uhr 37,5, 4 Uhr 38,2, 6 Uhr 37,6. Die Priess 
mtz’sche Einpackung der Brust wird erneuert. 

... 23> December. Die Temperatur beträgt Vormittags 38,0°, Nach 
mittags 39,10 Die Athmung ist regelmässig, 40 Athemzüge in de 
Minute. Der Puls ist dicrot, voll, 110-120. Ueber beiden Lungen is 
hmten unten etwa drei Finger breit hinaufreichend, feuchtes Rksselr 
rechts auch bronchiales Athmen zu hören. Eine Dämpfung ist nich 
nachweisbar. F 6 


, December. Patient beantwortet heute zuerst einige Fragen, kur 
undeutlich und langsam, fällt dann aber wieder in seinen lethargische 
Zustand zurück. Beim Verbinden zeigt er sich noch völlig herrei 
los über seine Glieder. Der Puls ist dicrot, voll, 120. Die Athmur 
regelmässig. Temperatur Vormittags 8 Uhr 38,8°, 10 Uhr 39,1, 12 Ul 
37,5, Nachmittags 4 Uhr 39,3, 8 Uhr 38,7, 10 Uhr 38,8. 

25. December. Das Allgemeinbefinden hat sich wesentlich gebessei 
Patient ist völlig unbesinnheh, was mit ihm vorgegangen ist, weiss nich 


wo er sich befindet. Er verlangt Bier; und trinkt es. Die Zahl der 
Athemzüge schwankt zwischen 30 und 40 in der Minute. 

Am 26. December erkennt Patient seine Mutter. Ana 27. ist er 
fieberfrei. Am 28. ist sein Aussehen bedeutend besser, die Athmung 
ruhig. Am 29. hat er Nachmittags eine leichte Temperatursteigerung 
(38 3o); Abends ist die Temperatur wieder normal (37,3°). 

3. Januar 1891. Patient schläft noch immer sehr viel. Er ist m 
Bezug auf das Geschehene völlig unbesinnlich und macht einen recht 
stupiden Eindruck. Am 7. Januar giebt er schon schnellere Antworten. 
Am 17. Januar ist das Allgemeinbefinden vollkommen gut. Die Operations¬ 
wunde in der linken Ellenbeuge ist am 20. Januar geheilt. Die schweren 
Brandwunden verlangen- noch eine weitere Behandlung, so dass Patient 
erst am 25. März aus dem Krankenhaus entlassen werden kann. 

Durch den unseligen Ofen, welcher die Vergiftung von Fall 1 
und 2 mit Kohlenoxyd veranlasst hatte, war gleichzeitig auch 
noch ein dritter Hausdiener in denselben Zustand versetzt worden. 
Dieser wurde aber nicht, wie seine Collegen, in das Krankenhaus 
gebracht, sondern zu Haus von dem herbeigerufenen Arzte weiter 
behandelt. Ein operatives Eingreifen fand bei ihm nicht statt. Er 
ging an der Kohlenoxydvergiftung zugrunde. 

Fall 3. Clara F., Lehrerin, 34 Jahre alt, wird am 9. November 1892 
besinnungslos in das Berliner Elisabeth-Krankenhaus gebracht. Man hatte 
sie. Morgens besinnungslos in ihrem Bett aufgefunden.. Der in ihrem 
Zimmer wahrzunehmende Geruch nach Leuchtgas, das Offensein des Gas¬ 
hahns im Zimmer fuhren zur Diagnose Leuchtgasvergiftung. Das Gesicht 
der Patientin bei ihrer Aufnahme ist gedunsen und cyanotisch gefärbt, 
Inspiration und Exspiration sind krampfhaft, die Athmung setzt theilweise 
aus, Arm- und Beinmuskulatur zeigen tetanoide Krämpfe, das Bewusst¬ 
sein ist vollständig entschwunden. Weder die reichliche Zuführung frischer 
Luft, noch die künstliche Athmung, noch die subcutane Injection von 
Kampheräther, noch Hautreize vermögen es zurückzubringen. Herr Prof. 
Rinne führt daher sogleich bei der Patientin die depletorische intravenöse 
Kochsalzinfusion aus. Die linke Vena media wird in der Ellbeu^e frei 
präparirt. Es werden 165 ccm Blut aus ihr entleert. Das Blut ist dunkel- 
roth und gerinnt bald nach dem Stehen. Ein Theil, der nicht gerinnt, 
ist von kirschrother Farbe. Mikroskopisch zeigt es ausser vereinzelten 
körnig zerfallenden rothen Blutkörperchen nichts charakteristisches. Hier¬ 
auf werden 300 ccm einer 0,6 % Kochsalzlösung von 37° Temperatur in 
das Gefäss eingespritzt. Wie in den vorher beschriebenen Fällen wurden 
natürlich auch hier im Verlaufe der ganzen Operation alte antiseptischen 
Cautelen beobachtet. Der Puls wird nach der Injection ziemlich kräftig, 
100 Schläge in der Minute. Im Laufe des Tages schwankt er zwischen 
72 und 92, bleibt anhaltend ziemlich kräftig. Die Temperatur zeigt Abends 
eine geringe Steigerung. # . 

10. November. Patientin hat das Bewusstsein noch nicht wieder¬ 
erlangt. Die gesammte Muskulatur zeigt tetanoide Zusammenziehungen. 
Keine Reaction. Mittels Schwammes wird etwas Wein eingeflösst. 

11. November. Der Zustand ist nicht rperklich geändert. Patientin 
hat etwas Milch und Wein zu sich genommen. 

12. November. Patientin bleibt steif und starr auf einer Stelle liegen. 
Die eigentümlichen tetanoiden Muskelcontractionen bestehen fort. Ueber 
dem Kreuzbein macht sich ein leichter Decubitus bemerkbar. 

13. November. Patientin vermag heute zu antworten. Dies geschieht 
in leisem Ton und nur in abgebrochenen Wörtern. Mit Unterstützung 
richtet sie sich im Bett auf. 

14. November. Patientin hat mehrere Stunden aufgesessen. Sie 
zeigt noch immer ein ganz apathisches, gestörtes Wesen. 

18. November. Der Zustand hat sich nur wenig gebessert. Patientin 
zeigt eine auffallende Neigung zum Durchliegen. Trotz sorgfältiger Lage¬ 
rung ist auch am rechten Hacken eine Decubitusstelle zustande gekommen; 
feuchter Verband. 

28. November. Patientin ist anscheinend noch schwach, steht aber 
täglich auf. Sie ist vollständig apathisch und giebt auf Fragen nur ganz 
zögernd Antworten. . 

10. December. Patientin ist seit zwei Tagen geistig reger, nimmt 
an den Vorgängen um sich her Antheil. Auf Fragen giebt sie klare Ant¬ 
worten, doch macht sie immer noch einen stupiden Eindruck. Der De¬ 
cubitus am Hacken ist ziemlich tief; am Rande bereits kräftige Granu¬ 
lationen. 

22. December. Der geistige Zustand ist ziemlich unverändert. Pa¬ 
tientin giebt auf Fragen wohl richtige, aber nur langsame Antworten. Sie 
hat noch wenig Trieb, sich selbst zu beschäftigen. Die Decubitusstelle 
am Hacken zeigt gute Granulationen und ist zum Theil bereits geschlossen. 
Zweitäglich Fussbäder; trockener Jodoformgazeverband. 

Am 7. Januar 1893 wird Patientin geheilt aus dem Krankenhaus 
entlassen. _ 

V. Todesfälle durch Pankreasapoplexie hei 
Fettleibigen. 1 ) 

Von Dr. Georg Sticker. 

M. H.! Erlauben Sie mir, Ihnen kurze Berichte über einen 
Krankheitsverlauf, den ich jüngst beobachtete, und einen Sections- 
befund, den ich vor drei Tagen erhob, zu geben. Beide scheinen 
mir sich gegenseitig zu ergänzen und beide sind nicht so häufig, 
dass sie Jedem der anwesenden Herren Collegen schon vorgekommen 
sein werden. 

l ) Vortrag, gehalten im allgemeinen ärztlichen Verein in Köln, 


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22. März. 


Im verflossenen Herbste klagte mir eine 78 Jahre alte comulente 
im übrigen bis zum Eintritt der gleich zu nennenden Beschwerden durch¬ 
aus körperkräftige und geistesfrische Dame über abendliches Erbrechen 
welches sich seit etwa 14 Tagen regelmässig nach dem Nachtessen ein¬ 
gestellt hatte und gewöhnlich von heftigen Schmerzen im Leibe begleitet 
war. Dieselbe Dame hatte ich bereits während der letzten drei Jahre mehr 
mals wegen häufiger schmerzloser, mehr lästiger als besorgnisserregender 
Durchfälle behandelt. Diese waren namentlich nach Gemütsbewegungen 
und Erregungen aufgetreten und von mir in Ermangelung irgend eines 
anderen Anhaltspunktes auf eine Störung der regelrechten Darmfunction 
durch die ausserordentliche Fettansammlung im Bauch zurückgeführt 
worden. Ein halbes Jahr hindurch vor Eintritt der ersterwähnten Brech¬ 
anfälle hatte die Patientin infolge einer traumatischen Kniegelenkentzttn- 
dung fast jeder körperlichen Bewegung entsagen müssen. Dadurch war 
die Fettleibigkeit gestiegen. Die gewohnten Diarrhöen waren in den 
Hintergrund getreten und hatten mit Wiederkehr des Gehvermögens dem 
Erbrechen Platz gemacht, bei welchem die Kranke sichtlich an Kräften 
und Körperfülle herunterkam; zum Erbrechen hatte sich von vornherein 
hartnäckige Appetitlosigkeit, Unruhe im Schlaf, Athembeklemmung beim 
Treppensteigen gesellt, was alles zum Verfall der Kräfte beitrug Die 

C ßste Untersuchung des Körpers ergab ausser der wesentlich den 
betreffenden Adiposität und ausser einer auffallenden Schmerz¬ 
haftigkeit bei Druck m beiden Hypochondrien keinen abnormen Befund- 
Athmunporgane und Circulationsapparat fanden sich in ausserordentlich 
gutem Zustand, Stuhlentleerungen und Urin durchaus ohne Fehler- das 
Erbrochene, welches gut verdaute Speisereste aufwies, gab bei zweimaliger 
Prüfung deutliche Bläuung des Congopapiers, so dass an eine wesentliche 
Störung der secretonschen Thätigkeit des Magens nicht zu denken war 
und auch em Carcinom des Magens mit grosser Wahrscheinlichkeit aus¬ 
geschlossen werden durfte; und dies um so eher, als das Alter der 
Kranken die Annahme eines der seltenen Fälle von erhaltener Magensaft¬ 
absonderung bei bestehendem Magenkrebs deshalb nicht zuliess, weil 
diese Ausnahmefälle, soviel ich sehe, bisher ausnahmslos weit jüngere In¬ 
dividuen betroffen haben. 

Nach zweckmässiger Regelung der Diät derart, dass die Abendmahl¬ 
zeit, welcher bisher unmittelbar das Erbrechen gefolgt war, sehr verein- 
fecht d. h auf ein Glas kräftigen Rheinweines zur Zeit des gewohnten 
i J ! C K al ifi Und £ uf 01 ? en Teller Suppe vor der Nacht reducirt und dafür 
as i rühstück nach Zahl und Menge der Speisen gesteigert wurde, und 
unter Gebrauch eines Macerationsdecoctes der Condurangorinde, womit der 
?. , n T, erden sollte ’ nahmen alle Beschwerden in drei Wochen 
merkwürdig schneü und vollständig ab, hoben sich die Kräfte zunehmend, 
na wurde das ganze Allgemeinbefinden dermaassen hergestellt, dass die 
• 4 - C Sf i ch , blsh ? r auf ihrem Landgut besucht hatte, Ende No- 
ember in die Stadt übersiedeln konnte und sich hier so wohl fühlte, dass 
wp;iT n entb . ehren konnte. Am 8. December untersuchte ich, 

Patientm z^ei Tagen über Schwäche und Augenflimmem 
soÄ^ Ch ei ? m ! H ? rz ’ Pu ! s ’ H™ u : s - fand alles in Ordnung, in- 
Ipfrt« 0lt aucb das Auge emschliesslich des Augenhintergrundes, und 
JS T 80 'weniger Gewicht auf jene Klagen, als die Dame selbst 
wX seP SCh ° n V ° r memer Ankunft eigentlich wieder alles vorüber ge- 

»mA m i? ; D ?, comber de , ich nach Mitternacht eiligst zur Patientin 
beSm ™ durch eine hef%e Kolik im Leibe geweckt worden. 

l5ihcnd™°Pnil 1 . er j^ e, w Iel f hte Athemnoth; ihre Tochter fühlte den er- 
Beschwer!™ 0 S ’,i dl6 Kranke sprach mit völligem Bewusstsein über ihre 

verfloss wo Und ^ ar ' r n . ac kdeni seit dem Aufwachen kaum 10 Minuten 
uniossen waren, eine Leiche. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


«■heiSl 0 - ? cct , ion _ <illrf ' te icl1 nicht ausführen. Auf den Todesschein 
„ lch *l s Todesursache: Schlaganfall, dabei aber im Klaren, 

folge ausTaschHe’ss^Twarim ^ Lungenschla e dem V«MK zu- 

mütJ h T n n k0 ™ te icl1 mir 1110111 einmal eine bestimmte Ver¬ 
bilden ^ U ^ Cr ® rund uml Ursache des völlig unerwarteten Todes 

Katastmn^ rde die schwere Dyspepsie im Herbste mit der letalen 
und nnr-vf • we ^ig s b 0 n in direkten Zusammenhang gebracht 
genden AufenH m dl ° Mö & lichkeit eines emigermaassen befriedi- 
tticht ei^ ^• USS6S Ü ^ er ^ Todesursache gedacht haben, wenn 
den Krankhpiw 01 ] ^ , le ! izte ? Freita & “ür & überraschender Weise 
Begründnncr f- er dadurch erhellt hätte, dass sie die anatomische 
eben erzählte ^p 1116 g£mZ ähnlicbe Krankengeschichte, wie die 

<'iaer H r’Äf® f K8t 4 0hau bat mich ’ die Eröffnung der Leiche 
Frau (24 Tah™ - Morgen 6 Uhr plötzlich verschiedenen jungen 
CTossen Beschwerde 2U maohen - Diese hatte jahrelang unter den 
litt*n eine Pwn . em . er ausserordentlichen Fettleibigkeit ge- 
l«nuittZÄ eb ^V eine ". Ab0 . rt - ™ Vs Jahr eine Ge- 


275 


DännuttATnn ß .„4.-° 7 T . Auuri-, zuietzt, vor 72 Janr eine ue- 
seit Wochen ob^v U11 - ter Chlorof °nnnarkose) überstanden, hatte 
«Cur“ nach m 88611 ^ 68 Arztes einer strengen sogenannten 
fiMirungen sich w PfaiTer Kn . ei PP einschliesslich reichlicher Ab- 
und Anfälle vnn orzo &® n i W0 il zunehmende Athmungsbeschwerden 
die letzten TaJ 0rz ^!°P fen sie belästigten, und hatte übrigens 
gebracht Soif \r res A Gebens ohne bedrohliche Erscheinungen zu- 
Jie besondersnÄ^h 11 sie öfter tiber * Magenkrämpfe“, 

^ageukraniDfaTifnl i bt icber f ei10 auftraten, und in einem solchen 
1 « mau war sie ganz,plötzlich und unvermuthet ver- 


SÄ-ÄÄÄ - 

und Himschlag°aw° m't°'WaSscheTnStit" fc eire n MafenbTu < tunf 
oder eine innere Verblutung überhaupt. Der plötzliche und* am 
scheinend ohne Zusammenhang mit den bisherigen Krankheits 
Symptomen eingetretene Tod Hess denVerdacht auf Giftmord nicht 
ganz abweisen Gelegentlich der Operation vor i/-> Jahre war der 

werden von Zucber Und Eiweiss befunden 

„„ Deichen Untersuchung wies an dem sehr corpnlenten, blas- 

en Körper schon vorgeschrittene Verwesungserscheinungen auf- 

rv.no? Ge p 0ht - un , d an den Gängigen Theilen des Rumpfes starko 
Cyanose. Panmculus adiposus der Bauchdecken ca. 10 em dick 
derart auf Kosten der Musculatur entwickelt, dass vom Rectus ab- 
fnWw! k p?I J ln ölassröthlieher Streifen sich finden liess; das 
subserdse Fett des parietalen Peritoneums von auflallend starker 
zottiger Entwickelung. Appendices epiploicae des Dickdarms meist 

bis zu Daumengrösse entwickelt; Netz mindestens 8_10 Pfund 

S( T W -?r Lungen sehr hyperämisch, dunkelblauroth auf dem Durch¬ 
schnitt; Herzmuskel gelblich, ohne deutliche Grenze gegen das 
subpeneardiale, stellenweise fingerbreite Specklager. 

, ^ A rx f ^ er ® e £ osa des Ma S ens und des Colon fallen linsenförmige 
festhaftende Auflagerungen oder vielmehr Einlagerungen auf die 
ganz das Aussehen von Aetzschorfen haben. Sie erweisen ’ sich 
unter dem Mikroskop als Conglomerate von erstarrtem, zum 
grössten Theil structurlosem, zum kleinen Theil in Bläschenform 
gesondertem Fett, in welches hier und da Kallmadeln eingesprengt 
sind, die bei Essigsäurezusatz unter Gasbildung verschwinden. 

Der Magen, dessen Wandung auffallend dünn, stellenweise fast 
durchscheinend ist, dessen Inhaltsvolum aber nicht vergrössert er¬ 
scheint, ist von chocoladeähnlicher Flüssigkeit erfüllt; an der atro¬ 
phischen Schleimhaut des Fundus von zahlreichen capillären Hä- 
morrliagieen durchsetzt, welche gegen die Cardia hin grösstentheils 
im Centrum stecknadelkopfgrosse bis linsengrosse Defecte (hämor¬ 
rhagische Erosionen) aufweisen. — Die sehr grosse Leber, welche 
bei normalem Stand des Zwerchfells den Rippenbogen um Hand¬ 
breite überragt, bietet genau das Aussehen einer gemästeten Gänse¬ 
leber; m der mässig gefüllten Gallenblase finden sich zwei eichel- 
grosse Maulbeersteine, welche auf der reichlichen hellgelben Galle 
schwimmen; Ductus cysticus und Choledochus sind durchgängig, 
von entsprechendem Kaliber und überhaupt von gewöhnlichem Ver¬ 
halten. — Darminhalt und Darmrohr ohne auffallende Abwei¬ 
chungen. 

Die braune weiche Milz, die hintere Magenwand, die Flexura 
coli sinistra, Pankreas und oberer Theil der Gekröswurzel sind 
durch einen massigen aber brüchigen braunen Mörtel verlöthet, 
der, wie sich beim Auseinanderreissen ergiebt, stellenweise cysten¬ 
artige Hohlräume mit eingedicktem Blut, Blutpignient und nicht 
organisirten Fibrinmassen einschliesst und die ganze Bursa omen- 
talis bis zum Winslow’schen Loch ausfüllt, der gegen die hintere 
Bauchwand als infiltrirte Masse direkt in die Gekröswurzel tief 
bis auf die unversehrte Aorta eingeht, nach oben aber die Neben¬ 
nieren und die zwischen diesen und dem Truncus coeliacus ge¬ 
legenen Ganglien einpackt. Das Centrum der letztgenannten 
Gegend ist Sitz eines frischen wall nussgrossen Blutheerdes. 

Das Pankreas ist, wie Sie an dem vorliegenden Organ sehen, 
durchaus in einen grossen frischen Blutheerd verwandelt, der das 
Gewebe zum Theil ganz zertrümmert, zum Theil auseinander 
gerissen hat. Das Gewebe des Wirsung’schen Ganges lässt sich 
nur am Kopf und im Schwanzende des Pankreas erkennen: aber 
sein Verlauf ist durch einen federspuldicken, langen, rotlien 
Thrombus bezeichnet, der nahe bis zur Vater’schen Papille reicht. 
Bei genauerer Untersuchung findet sich, dass das Parenchym des 
Pankreas auch da, wo es in Fetzen scheinbar erhalten ist, grössten¬ 
theils von Fettgewebe verdrängt wurde, das sich als interstitielle 
Wucherung präsentirt; hier und da sind kleinere Heerde von weissem 
Fett, das keinen Gewebscharakter besitzt. 

Die Nieren zeigen eine körnige, mit der dicken Fettkapsel 
fest zusammenhaftende Oberfläche; die Schnittflächen sind dunkel¬ 
blauroth, von ihnen fliesst reichliches Fett. Auch in den Nieren 
ist das Fett auf Kosten des Parenchyms, zumal in der Marksubstanz, 
gewuchert; stellenweise erkennt man tiefe Fettdegeneration des 
Parenchyms, vorzugsweise in der Rinde. Die grösseren Aeste der 
Aorta zeigen ebenso wenig wie diese selbst sichtliche Verände¬ 
rungen. Das Blut ist schlecht geronnen, mit spärlichem Speck¬ 
gerinnsel. 

An den durch Cervixamputation verstümmelten inneren Geni¬ 
talien fällt im übrigen nur ein schleimigeitriger Katarrh der Uterus- 
liöhle auf. 

Wir haben also neben einer durchaus allgemeinen hochgradigen 
Fettsucht als wichtigsten und zunächst unerwarteten Befund an 


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276 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


der Leiche die Residuen eines grossen alten Blutinfarctes in der 
Umgebung des Pankreas und eine frische Apoplexie im Centrum 
desselben sowie einen kleineren frischen Blutheerd in der Mitte 
zwischen den Nebennieren. 

Zunächst entsteht die Frage, wie diese Blutheerde entstanden 
seien. In Ermangelung irgend welcher erheblicher Veränderungen 
an den Gefässen; in Ermangelung einer tieferen organischen Läsion 
an den apoplektischen Stellen, welche als primäre im Verhältnis 
zur secundären Blutung gedeutet werden könnte, kurz in Er¬ 
mangelung irgend einer anderen örtlichen Disposition für die Blu¬ 
tungen, erkläre ich mir das Zustandekommen der letzteren also, 
dass infolge des stetigen Zuges, welcher in der Gegend der Gekrös- 
wurzel und der oberhalb gelegenen Partieen durch das schwere 
Netz und das ausserordentlich fettreiche Gekröse geübt wurde, 
wiederholt kleine Trennungen des Zusammenhangs stattfanden, wie 
solche in Form der subcutanen Einrisse an den Bauchdecken und 
an den Hinterbacken Fettleibiger häufig gesehen werden; dass diese 
anfangs kleineren Trennungen durch gröbere Zerrungen bei ange¬ 
strengten Körperbewegungen zu tieferen wurden, in welche anfangs 
kleine Blutungen, später, mit dem Morschwerden des durchbluteten 
und fettinfiltrirten Gewebes grössere Apoplexieen geschahen, die 
dann wohl imstande waren, die in der Krankengeschichte erwähnten 
Koliken herbeizuführen. Die frischesten und grössten Apoplexieen 
im Pankreas sind oberhalb desselben entstanden auf dem genügend 
vorbereiteten, so zu sagen unterminirten Boden sub mortem. 

Es fragt sich nun weiter: Erklärt sich aus den zuletzt ent¬ 
standenen Blutungen etwa der unvermuthete Exitus letalis? Es 
braucht nicht hervorgehoben zu werden, dass dieser keineswegs als 
Verblutungstod durch die innerliche Hämorrhagie aufgefasst werden 
kann: dafür ist der Blutverlust des Kreislaufs zu gering gewesen. 

Die apoplektische Zerstörung des Pankreas als Todesursache 
anzunehmen, legt der bekannte Goltz’sche Klopfversuch mit seiner 
Sliokwirkung nahe. In der That ist diese Erklärung, wie ich sehe, 
von Zenker, welcher im Jahre 1874 den Zusammenhang zwischen 
plötzlichem Todeseintritt und umfangreichen Pankreasblutungen auf 
Grund von Leichenbefunden erörtert hat, bereits versucht worden. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1874.) 

Der Blutheerd zwischen den Nebennieren könnte noch direkter 
für die Herbeiführung des plötzlichen Todes verantwortlich gemacht 
werden, da er die grossen Ganglien direkt oder indirekt treffen 
musste. Diesen Erklärungsversuch hat Friedreich in einem Falle 
gemacht, in welchem auch Druck auf ein Ganglion semilunare und 
den Plexus solaris angenommen werden durfte. 

Die ausschliesslich mechanische Erklärung, welche ich nach 
der Section mir für das Zustandekommen der Blutungen und 
namentlich der ersten, ältesten Blutung zurechtlegte, scheint mir 
für meinen Fall wenigstens zu genügen, wenn auch in anderen 
Fällen, die in der Litteratur mitgetheilt wurden, die Verhältnisse 
complicirter gewesen sein mögen. Ich denke hier vor allem an die 
Fälle, welche Baiser 1882 als Fälle von Nekrose des Fettgewebes 
im Pankreas und seiner Umgebung mit tödtlicher Blutung im 
90. Bande des Virchow’schen Archivs veröffentlicht hat. 1 ) In 
diesen wird gerade die Fettnekrose als das primäre Leiden und die 
Blutung als secundärer Zufall infolge der partiellen Nekrose auf¬ 
gefasst. Ich hebe hier die auffallende Aehnlichkeit hervor, welche 
zwischen der von Baiser beschriebenen Fettnekrose im Pankreas 
und zwischen den von mir mitgetheilten schorfähnlichen Einlage¬ 
rungen in der Magenserosa und Dickdarmserosa besteht, kann aber 
nicht umhin, in meinem Falle diesen Fettheerden, die sich ja auch 
hier und da in der zertrümmerten Pankreassubstanz fanden, in 
jedem Sinne nur secundäre Bedeutung zuzuschreiben, schon des¬ 
halb, weil ich nicht verstehe, warum nicht eher an den nekrotischen 
Stellen der Darmserosa Blutungen eintraten als in dem Gewebe 
des Pankreas und seiner Umgebung. 

Auch vermag ich nicht einzusehen, warum die Fettdurch¬ 
wachsung des Pankreas, welche doch noch keine fettige Degene¬ 
ration ist, oder warum selbst die fettige Degeneration, wo sie vor¬ 
handen war, allein im Pankreas zu Blutungen disponiren sollte 
und warum nicht in den Nieren und in anderen Organen. So 
erscheint mir also die Betonung des mechanischen Momentes, der 
Zerrung in der Gegend der abnorm belasteten Gekrös- 
wurzel, für die Erklärung der Blutung unerlässlich. 


oq M? m6 iono n ^ S e ,l < * er Correctur. — Da der Bericht über meinen 
«am 28. März 1892 gehaltenen Vortrag schon vor dem XI. Congress für 
innere Medicm (Leipzig, 20.-28 April 1892) abgegeben war, so konnte 
ich die neuen Mitteilungen von Baiser über unseren Gegenstand auf 
jenem Congress nicht berücksichtigen. Baiser und mit ihm Ponfick 
und Curschmann vermuten Mikroben als Erreger der Fettnekrose und 
mithin der ganzen Erkrankung. Auch ohne dieses moderne aetiologische 
Moment lasst sich, wie ich oben gezeigt habe, eine befriedigende Erklärung 
gel)e 5; ..Wichtig erscheint mir, dass auch Baiser das Zusammentreffen 
von Fettsucht und Pankreasblutungen stark betont. 


Zur weiteren Klärung des merkwürdigen Krankheitsbildes, 
welches ich Ilmen heute an zwei Fällen zeigte, scheint mir gerade 
der praktische Arzt aus der Privatpraxis das Material liefern zu 
müssen, weil wohl in Krankenhäusern zur Beobachtung dieser an 
sich äusserst seltenen Fälle die Gelegenheit aus denselben Gründen 
selten sein mag, aus welchen hochgradige Fettsucht nur ausnahms¬ 
weise in ihnen zur Beobachtung kommt. 

Dass es hier und da gelingen kann, vor der Section die 
Diagnose einer Pankreashämorrhagie oder vielmehr einer retro- 
peritonealen Hämorrhagie in der Gegend des Pankreas mit Wahr¬ 
scheinlichkeit zu stellen, unterliegt wohl keinem Zweifel. Sicher 
darf man sagen, dass ein apoplektischer — von Hirnapoplexie, 
Herzapoplexie, Lungenapoplexie durchaus verschiedener — Tod bei 
hochgradiger Fettleibigkeit den Verdacht auf eine solche Hämor¬ 
rhagie um so mehr rechtfertigt, je zuverlässiger andere Verände¬ 
rungen im Bauche, welche latent verlaufen und dann einen 
foudroyanten Tod herbeiführen können (Magenulcus, Carcinom, 
Gallensteine u. s. w), auszuschliessen sind und je unverständlicher 
früher aufgetretene Koliken, Diarrhöen, Brechanfälle, die in be¬ 
bestimm ter Beziehung zu der physiologischen Verdauungsplethora 
zu stehen scheinen, trotz längerer Beobachtung geblieben sind. 

Es bedarf zum Schluss der kurzen epikritischen Bemerkungen 
kaum der Betonung, dass in dem von mir mitgetheilten Sections- 
falle die Gallensteine gemäss dem negativen lokalen Befund an 
Gallenblase und Gallengang mit dem klinischen Krankheitsbilde 
nichts zu thun gehabt haben. 


VI. Referate und Kritiken. 

Elemensiewicz, Ueber Entzündung und Eiterung. Histologische 

Untersuchungen an der Amphibienhornhaut. Mit vier Tafeln. 

Festschrift für Alex. Rollett. Jena, Gustav Fischer, • 1893. 

Ref. Ribbert (Zürich). 

Die an der Cornea des Frosches nach Aetzung des Centrums 
derselben durch ein Körnchen Argentum nitricum angestellten 
Untersuchungen führten Verfasser zu folgenden Resultaten: An 
der in der Umgebung des Aetzbezirkes entstehenden Eiterung sind 
in Uebereinstimmung mit unseren sonstigen Kenntnissen haupt¬ 
sächlich die polynucleären resp. polymorphkernigen Leukocyten be¬ 
theiligt. Indem sie in die Hornhaut einwandern und sieh an¬ 
häufen, bilden sie den Eiter. Verfasser glaubt aber auch sehliessen 
zu dürfen, dass die Eiterung durch eine lebhafte Vermehrung der 
Zellen durch Theilung verstärkt wird. Er schliesst das aus den 
Lagerungsverhältnissen der Eiterkörperchen und der Anordnung 
ihrer Centrosomen. Die einkernigen Wanderzellen betheiligen sich 
in weit geringerem Maasse, können sich aber auf mitotischem 
Wege theilen. Da Verfasser die Hornhäute auch im überlebenden 
Zustande untersuchte, so sah er auch Bewegungserscheinungen an 
den Leukocyten, die auch sonst schon gesehene spiessförmige An¬ 
ordnung ihres Protoplasmas, ihr Fortkriechen in den Gewebsspalten 
und durch den Leib der fixen Hornhautzellen. An letzteren beob¬ 
achtete er ausserordentlich reichliche, gut ausgeprägte Mitosen und 
an dieselben anschliessende Zelltheilungen. Den neugebildeten Ele¬ 
menten kommt aber nur ein sehr geringer Grad der Beweglichkeit 
zu, so dass sie niemals eigentliche Wanderzellen bilden sollen. Es 
würde sich demnach der Process in der Amphibienhornhaut anders 
verhalten als an Geweben von Säugethieren, an denen wir eine 
Wanderfähigkeit neuer Zellen leicht beobachten können. Die jungen 
Zellen behalten ausserdem durchaus den Charakter der fixen Ele¬ 
mente, sie werden also niemals zu Eiterkörperchen. Diese An¬ 
gaben bestätigen also unsere geläufigen Vorstellungen über die 
Entstehung des Eiters und bilden einen Gegensatz zu den An¬ 
schauungen von Grawitz. Nur müssen wir nach den Unter¬ 
suchungen an höheren Thieren annehmen, dass sich wanderfähig 
gewordene Abkömmlinge der fixen Gewebszellen dem aus Leuko¬ 
cyten bestehenden Eiter beimischen können. 


A. Maassen, Zur bacteriologisohen Diagnose der asiatischen 
Cholera. Ein neues Anreicherungsverfahren für Spirillen und 
Vibrionen. Sonderabdruck aus: Arbeiten aus dem Kaiserl. Ge¬ 
sundheitsamt IX. Bd., 2. Heft. Berlin, Jul. Springer, 1894. 
Ref. 0. Lubarsch (Rostock). 

Während man bisher bei der Vorcultur für den Nachweis von 
Choleravibrionen (Anreicherungsverfahren nennt es Verfasser, weil 
auch bei Anwesenheit geringer Mengen von Choleravibrionen der 
Nachweis gelingt) flüssige Nährböden (Bouillon, Peptonwasser) be¬ 
nutzte, schlägt Maassen zum ersten male den Gebrauch fester 
Nähr Substrate, und zwar des schräg erstarrten Blutserums (Ham¬ 
mel, Kalb) vor. Die Choleraorganismen besitzen nämlich die Fähig¬ 
keit, festes Blutserum unter reichlicher Bildung von Schwefelwasser¬ 
stoff zu verflüssigen, während die meisten Darmbacterien, z. B. 
Bacterium coli commune, nur spärlich darauf wachsen und weder 


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22. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


277 


verflüssigen, noch Schwefelwasserstoff bilden. Bringt man also 
Faecestheile oder sonstiges choleraverdächtiges Material auf die 
schräg erstarrte Serumoberfläche, so erscheinen die besäten Stellen 
nach Ablauf von 6—12, spätestens nach 20 Stunden wie ange¬ 
fressen; es bilden sich Löoher und Rinnen, aus deren Tiefe man 
die Vibrionen fast in Reincultur herausholen kann. Aehnlich wie 
die Choleravibrionen verhalten sicli manche Bacillen und Coccen, 
die im Darm jedoch nur selten Vorkommen, bei Bruttemperatur 
und dann die bekannten choleraähnlichen Vibrionen. Leider sind 
Angaben, ob deutlichere als die bekannten Unterscheidungsmerk¬ 
male zwischen den Choleravibrionen und ihren Doppelgängern auf 
dem erstarrten Serum vorhanden sind, nicht gemacht. Als Haupt¬ 
vortheile des Verfahrens wird man dem Verfasser folgende Punkte 
zugestehen können: 1) Man kann von solchem Material, das nur 
wenige Cholerabacillen enthält, mehr Material zur Aussaat bringen 
als in Peptonröhrchen. 2) Eine Ueberwucherung der Choleravibrionen 
durch andere Bacterien findet auf dem Blutserum weniger leicht 
statt. 8) Das Ausbleiben der Verflüssigung nach 24 Stunden ist 
ein Zeichen, dass Choleravibrionen nicht vorhanden sind. 


W. F. Loebisch, Anleitung zur Harnanalyse. Dritte, durchaus 
umgearbeitete Auflage. 832 S. Wien und Leipzig, Urban und 
Schwarzenberg, 1893. Ref. Leo (Bonn). 

Das bewährte Werk des Verfassers hat in der vorliegenden, 
nach elfjährigem Intervall erschienenen neuen Auflage entsprechend 
den Fortschritten der Wissenschaft eine durchgreifende Umarbeitung 
erfahren. Wenn trotzdem der Umfang des Buches nicht nur nicht 
grösser, sondern sogar etwas geringer als früher erscheint, so kann 
das nur als ein Vorzug angesehen werden. Im Gegensatz zu vielen 
anderen Lehrbüchern der Harnanalyse sind im vorliegenden Werk 
die Untersuchungsmethoden, die Eigenschaften der einzelnen Harn- 
bestandtheile und die klinische Bedeutung derselben zusammen¬ 
hängend dargestellt. Nach Ansicht des Referenten ist dies ein 
entschiedener Vorzug. Die Litteratur ist, wenn auch nicht in der 
tadellosen Genauigkeit wie in dem viel umfangreicheren Huppert- 
Thomas’schen Lehrbuche (dies bezieht sich z. B. auf die Be¬ 
stimmung der Phenole mittels Bromwasser und auf die Verdauungs¬ 
fennente), so doch im allgemeinen sehr eingehend berücksichtigt 
worden. — Die Ausstattung ist so vorzüglich, wie man es bei der 
Verlagshandlung gewohnt ist. Alles in allem muss das Lehrbuch 
den besten seiner Art zugezählt werden. 


A. Wolff, Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten, 

Preis 15Mark. Stuttgart, Ferd. Enke, 1893. Ref. Joseph (Berlin). 

In der von Enke herausgegebenen Sammlung medicinischer 
Lehrbücher, welche die Bibliothek des Arztes ausmachen sollen, 
hat Wolff ein umfangreiches Lehrbuch der Haut- und Geschlechts¬ 
krankheiten erscheinen lassen. Beide Gebiete sind in einem Bande 
vereinigt. Eine kurze Inhaltsübersicht wird darüber Aufschluss 
geben, eine wie sorgfältige Bearbeitung dem Stoffe hier zu Theil 
geworden ist. 

Nach einer kurzen Uebersicht über die Anatomie und Physio¬ 
logie der Haut geht Wolff zur Besprechung der einzelnen Haut¬ 
krankheiten über, welche er zur leichteren Uebersicht in gewisse 
Kategorieen theilt, ohne sich an eines der bisherigen Systeme zu 
binden. Auf die acuten Infoctionskrankheiten, zu welchen er auch 
den Schweissfriesel, Miliaria, rechnet, folgen die chronischen In- 
feetionskrankheiten. Hierzu zählt Wolff auch auflUlligerweise die 
Impetigo herpetiformis und den Lupus erythematodes. Es ist ihm 
zweifellos, dass es sich bei dem Lupus erythematodes um eine in- 
fectiöse bacilläre Krankheit handelt, Beweise dafür besitzen wir 
allerdings noch nicht. Nächst den localen Infectionskrankhciten, 
unter welchen die Aufstellung eines besonderen Krankheitsbildes 
des Ecthyma cachecticorum wohl nicht auf allseitige Billigung 
rechnen dürfte, folgen dann die Anomalieen der Schweiss- und Talg- 
rüsensecretion. Die entzündlichen Dermatosen, sowie die Angio¬ 
neurosen umfassen die bekannten Krankheitsbilder, als eine be¬ 
sondere Gruppe trennt aber Wolff noch die symptomatischen Angio¬ 
neurosen und die Stauungsdermatosen mit Bildung hypertrophischen 
ewebes. Die übrigen Kapitel schliessen sich mit ihren Dermato- 
eurosen, Neubildungen der Haut, parasitären Hautkrankheiten u. a. 

bekannten Eintheilungen an. Als besonderes Kapitel kommen 
TTj C dle Sporozoen bedingten Erkr ank ungen der Haut hinzu. 

unHP es( y, e ^ W das Molluscum contagiosum, die Darier’sche 
hamr S* S< p e Krankheit. Auch über den ätiologischen Zusammen- 
hÜTtit- er Erkrankungen mit den vermeintlichen Sporozoen hat 
lssenschaft noch nicht abgeschlossen. 
avMw 1 dor Bearbeitung des den venerischen Krankheiten ge- 
wa en . zw eiten Theiles dieses Lehrbuches hat Wolff erreicht, 
ietziirAn Q* Se i n hinstellte, eine übersichtliche Darstellung des 
wprtiL unseref Discipliii zu geben und alles Wissens- 

möglichst vollständig zu bringen. Mit Recht hat er grossen 


Werth auf die Beschreibung der Krankheitsbilder gelegt und die 
der Diagnostik sowie der Therapie gewidmeten Abschnitte mit be¬ 
sonderer Sorgfalt behandelt. Ein grosser Vorzug dieses Lehrbuches 
ist es, dass Wolff es verstanden hat, den sehr umfassenden Stoff 
in knapper Form und mit grosser Anschaulichkeit zu bewältigen. 


Sternfeld und Kellner, Zahnärztliche Büoherkunde, alphabe¬ 
tischer TheiL Karlsruhe, Carl Kellner, 1892. Ref. Miller (Berlin). 

Die Verfasser haben sich die sehr mühevolle und zeitraubende 
Aufgabe gestellt, ein bibliographisches Verzeichniss von Büchern, 
akademischen und sonstigen Abhandlungen, sowie von den in medi- 
cinischen und naturwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichten 
Aufsätzen über das gesammte Gebiet der Zahuheilkunde zusammen¬ 
zustellen. Das Buch enthält auf 211 Seiten ca. 4000 alphabetisch 
geordnete Litteraturangaben und ist damit das vollständigste 
existirende Werk seiner Art. — Besonders jedem, der sich in irgend 
welcher Weise mit schriftstellerischen Arbeiten auf zahnärztlichem 
Gebiete beschäftigt, wird das vorliegende Werk unentbehrlich sein. 


VIL Joumalrevue. 

Geburtshülfe und Gynäkologie. 

G. Leopold, Zwei Symphyseotomieen mit glücklichem 
Ausgang für Mutter und Kind. Centralbl. f. Gyn. 1892, No. 30. 

Rob. Mtillerheim, Ueber die Symphyseotomie. ibidem. 

Desiderius von Velitz, Symphyseotomie mit glück¬ 
lichem Ausgang für Mutter und Kind, ibidem No. .40. 

P. Zweifel, Ueber Symphyseotomie und Symphysen¬ 
ruptur. ibidem No. 44. 

Die Symphyseotomie ist seit kurzer Zeit der Vergessenheit wieder 
entrissen worden, und es scheint, als ob die damit erzielten Resultate 
der Operation einen Platz in der geburtshülfliehen operativen Therapie 
gewähren könnten und dass sie imstande ist, die Anzeige zum be¬ 
dingten Kaiserschnitt zu vermindern. Nach den von Morisani 
in Neapel und Pinard in Paris veröffentlichten Fällen sah sich 
Leopold veranlasst, bei zwei Mehrgebärenden die Operation vor¬ 
zunehmen. Er will die Symphyseotomie da anwenden, wo Perforation 
des lebenden Kindes oder bedingter Kaiserschnitt bisher indicirt 
waren. Namentlich den bedingten Kaiserschnitt glaubt er durch 
die Operation bedeutend einzuscliränken und lediglich bei absoluter 
Beckenengevon 6cm Conjugata vera abwärts anzuwenden. Morisani 
verlor von 22 Symphyseotomirten keine. Alle Kinder waren lebend. 
Pinard operirte dreimal mit Glück. — Die Operation ist leicht: 
Man lagert die Gebärende mit vorstehendem Gesäss auf einen Tisch, 
während alles zur Vollendung der Entbindung durch Zange oder 
Wendung bereit sein muss. Zwei Assistenten halten die Beino 
unter den Knieen, die Schenkel ein wenig gespreizt, und drücken 
mit der freien anderen Hand die Troehanteren fest zusammen. 
Hautschnitt von dem oberen Rand der Scham fuge bis circa 1 cm 
oberhalb der Clitoris, Durchtrennen der Weichtheile bis zum Ge¬ 
lenk und quere Durchtrennung der Ansätze der Musculi recti nur so 
breit, dass der linke Zeigefinger hinter die Scharafuge gelangen 
kann. Er gleitet leicht an dieser Stelle hinten herunter bis zum 
Ligamentum arcuatum, und nun durchtrennt man mit geknöpftem 
sichelartigem Messer langsam das Gelenk. Sofort gehen die beiden 
Knochenenden auf 3 cm bei vorsichtiger Spreizung der Kniee und 
gering naehlassendem Trochanterendruck auf 7 cm auseinander, so 
dass der grosse Kopf sofort in den Beckeneingang gedrängt und 
mittels hoher Zange leicht entwickelt werden kann. Sofort 
werden die Troehanteren wieder fest gegen die Mitte gedrängt, 
so dass sich die Gelenkenden berühren, dann werden sie mit Silber¬ 
draht oder stärksten Seidenfäden gleichzeitig mit den Weichtheilen 
aneinander gezogen und vernäht. Ein fester, mit Schnallen ver¬ 
sehener, sehr breiter Gurt hält in den nächsten drei Wochen das 
Becken zusammen und wird je nach Bedürfniss fester angezogen. 

In den beiden Fällen von Leopold handelte es sich einmal 
um eine Viertgebärende, 135 cm lang, allgemein verengtes platt 
rhachitisches Becken, Diagonalis 8 s /4- Wasserabfluss 1 Vs Stunden vor 
Wehenanfang, der Kopf stand hoch und fest auf dem Beckenein¬ 
gang. Circa 7 Stunden nach Wehenbeginn Symphyseotomie. Zehn 
Minuten später Geburt des Kindes mit hoher Zange. Die Symphyse 
wich während der Extraction auf 7 cm auseinander. Bei 
der Operation war auch das Ligamentum arcuatum durchtrennt. 
Dabei entstand eine starke Blutung aus dem angerissenen Bulbus 
cavernosus clitoridis, die durch Naht und Tamponade gestillt 
wurde. Naht der Schamfuge mit drei, der Weichtheile mit vier 
tiefen und mehreren oberflächlichen Seidennähten. Drei Wochen 
lang Beckengurtverband. Das Kind war 49 cm lang, dbbO g 
schwer, der quere Kopfdurchmesser 9% und 874 cm. Das Wochen¬ 
bett war normal, die Patientin konnte am dreissigsten Tage bequem 
gehen. Im zweiten Falle betrug die Diagonale 8 Va cm, tlas A - 
finanderweichen der Symphyse während der Extraction betrug 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


278 


6,5 cm; da das Ligamentum arcuatum nicht durchtrennt war, war 
die Blutung sehr gering. Keine Störung der Harnentleerung, gute 
Heilung. Leopold macht zum Schluss darauf aufmerksam, dass 
es seiner Ansicht nach genügen dürfte, die Symphyse nur theil- 
weise einzuschneiden und zu versuchen, oh die dadurch erzielte 
Erweiterung genügt, um den Kopf iu das Becken hineinzudrticken. 

In der Strassburger Umversitäts - Frauenklinik wurde von 
Freund ebenfalls eine Symphyseotomie mit gutem Erfolge ausge¬ 
führt. Es handelte sich um eine Drittgebärende, bei der das zweite 
Kind lebend durch eine Zangentraction gewonnen wurde, während 
das erste Kind todt zur Welt kam. Die dritte Schwangerschaft 
dauerte bereits drei Wochen über die Zeit. Nach sechstägiger Ge¬ 
burtsdauer, nachdem bereits vor zwei Tagen das Wasser abgeflossen 
war, wurde die völlig erschöpfte Frau nach fünfstündiger Wagen¬ 
fahrt behufs Vornahme des Kaiserschnittes in die Klinik gebracht. 
Conjugata diagonalis 10cm. Symphyseotomie am siebenten Tage nach 
Wehenbeginn. Die Symphyse klafft nur 1 cm. Erst nach Durchschnei¬ 
dung des Ligamentum arcuatum tritt ein weites Klaffen ein. Sofort 
nach der Spaltung wird die Symphysemvunde mit Gaze tamponirt 
und ein Esmarch’scher Gummischlauch fest um das Becken ge¬ 
legt, um eine zu energische Dehnung des Beckens zu verhindern. 
Der Kopf rückte sofort spontan bis auf den Beckenboden vor, wurde 
hier durch den Ritgen’schen Handgriff entwickelt. Die Dauer 
der Operation bis zur Beendigung der Geburt betrug kaum lo Mi¬ 
nuten. Das Kind wog 4000 g und war 51 cm lang, die Nähte 
waren stark verknöchert, die Knochen nicht verschoben, D.bit. = 10 
bip. = 11. Die Heilung erfolgte bis auf ein Hämatom der rechten 
grossen Labie, welches vereiterte, gut. Für besonders wichtig hält 
Müllerheim, der den Fall veröffentlicht, die Operation in diesem 
Falle, weil einmal die Ausführung der Wendung infolge des lange 
vorhergegangenen Wasserabflusses und der starken Cervixdehnung 
contraindicirt war, w r eil ferner bei der Härte des Schädels zweifellos 
eine Perforation des nachfolgenden Kopfes hätte vorgenommen 
werden müssen, und endlich der Kaiserschnitt bei dem lange 
dauernden Kreissen, dem häufigen Untersuchen, der fünfstündigen 
Wagenfahrt zweifellos nicht mehr völlig aseptische Verhältnisse 
vorgefunden hätte. Es ist demnach die Operation noch ausführbar 
in Fällen, wo die Zeit für den Kaiserschnitt bereits versäumt ist. 

Velitz (Pressburg) operirte an einer 21jährigen Drittgebären- 
den. Erste Geburt: Perforation des lebenden Kindes; zweite Ge¬ 
burt: Perforation der abgestorbenen Frucht. Länge der Kreissenden 
144 cm, Conjugata diagonalis 9,5. Kopf beweglich über dem Becken¬ 
eingang. querstehend, Muttermundslippen ödematös, Abgang von 
Meconium. Da bei dem engen Becken keine Aussicht war, die bereits 
asphyktische Frucht lebend durch Wendung oder hohe Zange zu 
extrahiren, so wird die Symphyseotomie ausgeführt. Es wird das 
Gelenk nur zu seinen oberen Dreivierteln durch geschnitten, nach 
Anlegung der Breuss’schen Zange weicht indessen die Symphyse 
unter einem hörbaren Ruck völlig auseinander und klafft bis auf 4 cm; 
Extraction des Kopfes leicht, Naht der Weichtheile bis auf den 
Knochen, elastische Gurtbinde. Gute Heilung, mächtige Callusbildung 
in der Schamfuge; am 22ten Tage steht Patientin auf. Sicherer 
Gang. Velitz meint, durch das nicht völlige Zerschneiden der 
Symphyse die Verletzung des Ligamentum arcuatum, des Corpus 
cavernosum und der Harnröhre besser vermeiden zu können, wenn 
auch durch den Zug der Zange der untere Theil der Symphyse 
ebenfalls zum Klaffen kommt. 

Zweifel operirte in gleicher Weise eine Achtgebärende (nur 
ein Kind — künstliche Frühgeburt — war lebend zur Welt ge¬ 
kommen). Conjugata diagonalis = 10. Wasserabfluss 36 Stunden vor¬ 
her. Kopf hoch, beweglich über dem Beckeneingang. Pfeilnaht quer. 
Da die Wendung stets ungünstige Resultate ergeben hatte, so blieb 
nur der Kaiserschnitt oder die Symphyseotomie übrig. Die Symphyse 
klaffte so wenig, dass auch das Ligamentum arcuatum durchge¬ 
schnitten werden musste, worauf ein Klaffen von 6,5 cm unter den 
Zangentractionen eintrat. Nach dem Durchschneiden des Ligamen¬ 
tum arcuatum entstand eine äusserst starke venöse Blutung, die zu¬ 
nächst durch Tamponade gestillt wurde. Das Kind kam tief asphyk- 
tisch zur Welt, starb am vierten Tage an Pneumonie. Das Umlegen 
des Gummischlauches, wie es Freund-Müllerheim empfohlen 
hatten, war nicht durchführbar wegen fortwährenden Aufwärts¬ 
rutschens desselben. Während der Zangentraction mussten die 
Assistenten die Trochanteren stützen. Zugleich standen die beiden 
Symph. sacro-iliacae in höchster Gefahr, gesprengt zu werden. Sehr 
schwierig war die Stillung der Blutung. Einige blutende Gefässe 
hinter. dem unteren Symphysenrand waren nicht aufzufinden, so 
dass eine tiefe Umstechung unter Leitung des in die Scheide ein¬ 
geführten Fingers und unter Gegendrücken desselben nöthig wurde; 
ein in der Harnröhre beständig liegender Katheter schützte diese 
vor dem Anstechen. Die Heilung erfolgte nach Umlegung eines 
Beckengürtels in 19 Tagen. Besonders überraschend erschien 
Zweifel die Thatsache, dass ein so enormes Auseinanderspannen 


der beiden Ossa pubis möglich ist, ohne dass eine der beiden Symph. 
sacro-iliacae zersprengt werde. Zweifel ist der Ansicht, dass, bei 
starken Beckenverengungen und grossem Kinde eine Sprengung des 
Hüft-Kreuzbeingelenks kaum zu vermeiden sein dürfte. Wie schwere 
Verletzungen die Sprengung der Beckengelenke darstellen, zeigt 
Zweifel an einem Fall seiner Klinik, bei welchem unter dem Zuge 
der Tarnier’schen Zange die Symphysen zersprengt wurden und 
bei dem erst nach langen Eiterungen nach circa sieben Monaten 
Heilung und Gehfähigkeit wieder eintraten. Czempin (Berlin). 


VUL Vereine und Congresse. 

Den verehrl. Lesern unserer Wochenschrift beehren wir uns davon 
Mütheilung m machen , dass die Vereinsberichte vom 1. April ab halb¬ 
monatlich in einer besonderen „ Vereinsbeilagc u veröffentlicht werden. Bed. 

Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 14. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Siegmund. 

1. Herr Gluck (vor der Tagesordnung) demonstrirt ein Präparat von 
Stroma bei perslstirender Thymusdrüse. Die 18jährige Patientin, die 
vor einem Vierteljahre operirt wurde, litt an einem grossen Kropfe. 
Pupillen leicht dilatirt, kräftige Herztöne, inspiratorischer Stridor, über 
dem oberen Theile des Sternums deutliche Dämpfung. Es wurde die 
Strumectomie gemacht, die rasch und ohne Zufälle von statten ging. 
Acht Minuten nachher, nachdem Patientin schon den Operationstisch ver¬ 
lassen hatte, trat Cyanose mit starker Athemnoth auf, so dass zur 
Tracheotomie geschritten werden musste. Einführung der langen König- 
schen Canfile; nach sechs Stunden Exitus letalis. Die Section ergab, dass 
durch die Operation keine Nebenverletzung gesetzt war; das Herz gesund, 
linker Ventrikel etwas hypertrophirt, unter dem Sternum die persistirende 
Thymusdrüse. Der tödtliche Ausgang ist in diesem Falle wohl auf eine 
acute Schwellung der Thymusdrüse zurückzuführen, zu der die Operation 
Veranlassung gegeben. Als Analogon ist auf einen Fall hinzuweisen, den 
v. Recklinghausen publicirt hat. Ein Soldat starb suffocatorisch nach 
dem Baden; die Section ergab in Bezug auf eine Organerkrankung ein 
negatives Resultat, doch fand sich eine persistirende Thymus, die wahr¬ 
scheinlich infolge des Reizes durch das kalte Bad acut geschwellt und 
dadurch zur Todesursche geworden war. Herr Gluck hatte unter dem 
Mikroskope Präparate aufgestellt, die deutlich die Gewebsstructur der 
Thymus, so besonders die geschichteten Körper, zeigen. Der Herr Vor¬ 
tragende meint, dass persistirende Thymus bei Kropf ein entgegen der 
allgemeinen Annahme gar nicht so seltenes Vorkommniss sei; er stellt 
eine Patientin vor, bei der nach der Strumectomie auch suffocatorische 
Erscheinungen aufgetreten waren und wo die Persistenz der Thymus auch 
sehr wahrscheinlich ist. Die Thymectomie ist eine an sich ganz gefahr¬ 
lose Operation ohne Nachtheile für das Allgemeinbefinden; ein vor einiger 
Zeit derartig operirtes Kaninchen, das vorgeftthrt wird, befindet sich an¬ 
scheinend wohl. 

Herr Mankiewicz: Ich fragte Herrn Prof. Gluck, ob er die üe- 
bilde, welche er als geschichtete Körper der Thymusdrüse oben unter dem 
Mikroskop aufgestellt hat, als Producte der regressiven Metamorphose 
ohne jede weitere Bedeutung betrachtet, oder ob er denselben irgend 
welche Rolle bei der Persistenz der Drüse zuweist. In der Prostata 
finden sich bekanntlich sohr häufig solche geschichteten Concretionen, und 
ich habe vor einigen Jahren an dieser Stelle bei Gelegenheit einer Dis- 
cussion über die Prostatahypertrophie der Meinung Ausdruck gegeben, 
dass es theoretisch wohl denkbar wäre, dass diese merkwürdigen Gebilde 

— die zweifellos aus Zerfalisproducten der Zellen entstehen, über deren 
physiologische Function und Bedeutung wir aber keine Kenntniss besitzen 

— bei der Vergrösserung der Vorsteherdrüse eine Rolle spielen, Bei der 
glandulären Form der Prostatahypertrophie finden sich diese Körper be¬ 
sonders zahlreich und gross, so dass der Gedanke nicht fern lieget, sie 
wirken einestheils als Fremdkörper reizend und verlegen andemtheils die 
Ausführungsgänge der Drüsenläppchen, so dass das Secret nicht entleert 
werden kann; beide Wirkungen bedingen durch Secretretention und Ent¬ 
zündungserregung Reizzustände, Rundzellen und Plasmainfiltration, eigo 
Vergrösserung des Organs. Ich frage nun, hat Herr Gluck bei dieser 
Thymus irgend welche Momente gefunden, welche auf eine solche Wirkung 
der Concretionen hinweisen, oder hält er dieselben nur für bedeutungslose 
Gebilde der regressiven Metamorphose? 

Herr Gluck ist nicht der Ansicht des Herrn Mankiewicz, er be¬ 
trachtet die geschichteten Körper als Producte der regressiven Meta¬ 
morphose und ohne Bedeutung für die Persistenz der Drüsen. 

Herr Güterbock macht darauf aufmerksam, dass nach seinen 
Sectionsresultaton die Persistenz der Thymusdrüse gar nicht eine so seltene 
Erscheinung sei; er glaube sie in einem Viertel der Fälle constatirt zu haben. 

— Herr Gluck stimmt dem zu. , . , 

2. Herr Sperling: Die therapeutische Bedeutung minimaler 
galvanischer Ströme. Die Grundlage und Veranlassung zu seinem jetzi¬ 
gen Anschauungen gab dem Vortragenden folgender Fall: Ein Patient 
mit ausgesprochener Tabes dorsalis, der schon längere Zeit mit starken 
galvanischen Strömen erfolglos von Neurologen behandelt worden war, 
trat vor drei Jahren in Herrn Sperling’s Behandlung. Es wurde eben¬ 
falls der galvanische Strom angewandt, aber von geringer Stärke, una 
zwar wurde mit 3 Milliampere und 8 Minuten Sitzung begonnen, all¬ 
mählich aber auf 2 Milliampere bis schliesslich 0,5 Milliampere mit einer 
Stromdichte von ^ und einer Dauer von nur 1 Minute heruntergegangen. 
Mit letzterer Stärke wurden 21 Sitzungen abgehalten, die zu einer bedeutenden 


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*22. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


subjectiven Besserung führten. Nach diesem günstigen Erfolge hat der Vor 
tragende zahlreiche Patienten seiner Poliklinik mit dem genannten schwachen 
Strome behandelt und ist, da augenscheinlich die Leistungsfälligkeit mit der 
zunehmenden Schwäche des Stromes stieg, schliesslich bis auf 0 1 Milli 
Ä e . he ™ 1 , to >««g“ 1 n g e “- Er verfügt jetzt über ein Material’ von 82 
woMbeobachteten Fallen (über 57 sind in seinem Handbuche der Elektro- 
therapie berichtet worden), Neurastheniker, Tabiker u s w bei denen 
die Heilerfolge erstaunlich seien; bei einzelnen Krankheiten, so z B bei 
Epilepsie, sei die Methode erfolglos. Herr Sperling versucht dann in 
Utagerer Ausführung eine Theorie dieser durch die Praxis gewonnenen 
Erfahrungen zu geben. Die sogenannten functioneilen Nervenkrankheiten 
eine Bezeichnung, bei der man sich nichts denken könne, hält er für 
krankhaft veränderte Molecularbewegungen, für die der schwache galva¬ 
nische Strom ein adäquater Reiz sei, der somit causal, nicht symptoma¬ 
tisch wirke, während starke Ströme einen oft schädlichen Reiz in den 
Geweben hervomefen. 

Herr Mendel: Wenn die Ausführungen des Herrn Sperling un¬ 
widersprochen m die medicinische Presse übergingen, würde es den An¬ 
schein erwecken, als ob sie in dieser Gesellschaft getheilt worden wären 
Jur uni dem qui tacet, consentire videtur entgegenzutreten, ergreife ich 
das Wort. Herrn Sperling’s Tabiker, welcher den Ausgangspunkt seiner 
Beobachtungen bildete, ist etwas besser geworden, je schwächer dio 
btröme wurden, welche hei ihm angewendet wurden. Vielleicht wäre sein 
Zustand noch besser, wenn er gar nicht elektrisirt worden wäre Wir 
wissen ja, dass die Tabes bei den verschiedensten Behandlungen und 
auch ohne jede Behandlung Stillstand macht und Besserung de? subiec- 
tiven Beschwerden zeigt. Die Beobachtungen des Herrn Sperling sind 
durchaus nicht irgendwie beweisend. Wir haben an dieser Stelle im 
Lanfe der Jahre so viele neue Heilmittel empfehlen hören, wie viel ist 
davon ubng geblieben? Es scheint mir bei der Beobachtung der Erfolge 
?V ft und za , seh F die Gcmüthsstimmung des Autors mitgewirkt zu 

Znr B P£ r a rfi f n7 elC ^ e ? er S S ?T e r. r ! lng seIbst aufm erksam gemacht hat. 
Zur Begründung der heilenden Wirkung solcher Mittel bedarf es anderer 
Beweise, als sie Herr Sperling beigebracht hat. 

fti,;„ Herr l Remak halt .^e Mittheilungen eigentlich nicht für discussions- 
auch . wena sie m dem abgelesenen Elaborat mit mystischen Er- 
Ä en ei n es , ? dae j* ua * en Reizes nur immer derselben minimalen Strom- 
fljchte bei allerlei Affectionen versehen seien. Wenn Herr Sperling es 

, 0 ° b S l in ,J rfolg der Su ggestion zugeschrieben wird, 

tLll p - 7 die wissenschaftliche Betrachtung unzulässig und in prak- 
Ü Th iehUDg , ZU befürchten ’ dass sie «ich für einen weniger über- 
Sv e T ten , 6““ verflüchtigen werde. Gerade diese Angaben 
alle ihr<» UI T( ,Z ? sehr den Angriffen auf die Elektrotherapie Vorschub, dass 
über cif LrfoJge nur der Suggestion zuzuschreiben seien. Demgegen- 
eine . fe , s . tzuha J ten v dass namentlich die Galvanotherapie sich 
dureb StelI “g durch mehr als ein Menschenalter behauptet habe 

refleefnS \ 1SSe r< UDmitte bare ’ name ntlich schmerzstillende, zur Lösung 
JSfl Contracturen wirksame und hei geeigneter Anwendung 
rR?u»; 1StDngen ’7 elche letztere er sich bemüht Babe, kürzlich 
diesen Wirir Uähmi?I1 f eil L de £ N ' radialis wieder sicher zu stellen. Zu 
sioloffisrb «SÄ 611 aber Stromdichten erforderlich, welche noch phy- 

Fidlen nfltuntir bar h EffeCt6 i, her v eif cf iren ' Dass übri g ens in geeigneten 
wSt hp= te J be i ÜS -° s ? hwacbe Ströme, wie sie Herr Sperling an- 
Siimesn ®n°M erS bei ,schweren Neuralgieen, namentlich auch in den 
vösen Frmf ^ CUS ^ 1CUS ) auch mit Differenzen der Polwirkung, bei ner- 
IX^2? C ä ie " ei, ’^ Kop . fd,,u ^ Schwindel u. s. w. besser vertragen 
samer sind au + C ^ ? leist mcbt causa1, 90 doch symptomatisch wirk- 

dÄi; 1 ^ St bekarmt ,. uad , wie Herr Remak noch zum Schluss 
seiner FloVfr n eiaer persönlichen Bemerkung hervorhebt, von ihm in 
roreehoben wT Ple n d l ule “ bllr §,' 3 Encyklopädie ausdrücklich her- 
Cumpendiiuü Jt tearbetaT Sperhng Gelegenheit hatt «. d:ls Pierson’sche 

™. den therapeutischen Erfolgen des 
MesSeetahln a, i cb dle Theorie von der Molecularbewegung für 

die iIolecularbpw«m er au ^ emea Pnnht müsse er doch aufmerksam machen: 
doch in dreifarh«?^? 6 - 11 kö ^ nte _ n bei iunctionellen Störungen im Nerven 
tung oder in nmlv w 6 stattfinden, entweder in gewöhnlicher Rich- 
Da sei doch Sf ekebrter ^Btung oder mit pathologischer Schwäche, 
.pathologische^7, ein und derselbe Strom für alle jene 
He 0 Z ^ de g 61ch heüsam sein könne. 
sehwache'ffalvanic/!!, 6 ^ c*. « at * n £ ee iS net scheinenden Fällen ebenfalls sehr 
friedensfcellendrRoc.V^ 111 ? an ^ e wandt und in den meisten Fällen zu- 
wenn die Elektrndpn ^if erhalten. Die gleichen Erfolge traten aber auf, 
Theorie, doch oh - ne Str01 ? 1 gesetzt wurden. Die Molecnlar- 

Jahren von andorn^A 1 * * eme une jwiesene Hypothese, sei schon vor vielen 
einer Abhandhinrr-T 61 ^ au ^ gesteRfc worden; so habe auch er selbst 
lichunpn des Herrn Sperlfng^ bescbäfti&t '’ lan £ e vor den Veröffent- 

sehanungen^Q-^ ^y uS8W0rt d f® Vortragenden, in dem er seine An- 
Ät eini R^S^ 611 ^® nüber zu vertreten sucht. 

e persönlicher Bemerkungen schliesst die Discussion. 

• _ Max Salomon. 


279 


Oreifevralder medicinischer Verein. 

Sitzung am 6. Januar 1894. 

haiu. endar - Herr Strfibing; Schriftführer: Herr Heiden- 

(Der VortolA?j!i : ■ Ue ! , . er Lebensdauer der DiphtheriebaciUen. 

w Woohensohrift veröffentlicht werden.) 


BehfnibZ, J b h - I h W,U 2“' wemge Worte üb6r die elektrische 

k - g6 ™ ee ? Erkrankungen des Darmtraotus im 
pr, 6UUgen V 1 h i esi S«>> Universitätskrankenlxaus be- 
5“^“Jatmnten gemachte Erfahrungen gestatten. Von funda- 
r l ^ #r , Bedeutung und weitgehendem Interesse für die Kenn tnis, 
der Wirkung der Elektricitat auf den Vordauungstractus war “er 
™“ Z '' em K a8 ®" ^penment am Hunde erbrachte Beweis 

dass durch die Einleitung eines kräftigen faradischen oder oonstanl 
,™ dur J b d >e Magenwand Secretion von Magensaft erfolgt 

und dieselbe erheblich gesteigert werden kann. Im Jahre 1870 

Z Finkt!nftof 6 “ Hcüerfoige bei Obstipation vermittels 

der Elektricitat von Benedikt mitgetheilt, der mit einem starken 
Inductionsstrom, dessen eine Elektrode auf der Lumbalgegend 
dessen andere auf der Bauch wand ruhte, überraschende Erfolge 
erzmlt haben woHte. Etwas anders verfuhr Mario Gommi der 
eine Elektrode in’s Rectum einführte, die andere auf die äusseren 
Hauchdecken aufsetzte; er erzielte so in einem besonders hart¬ 
näckigen Fälle von Obstipation Heilung, die durch innerliche Medi- 
cation nicht erreicht werden konnte. Constadt empfahl die Gal¬ 
vanisation des Magens und führte dabei die eine Elektrode in den 
Oesophagus, die andere setzte er auf die Magengegend. Dasselbe 
versuchte Duchenne mit dem faradischen Strom. Später wurden 
mehrfache Versuche, die Elektricitat zur Heilung von Magenerkran- 
kungen, besonders bei Atonie und Gastrectasie, zu verwenden 
von Fürstner, ferner von Oka und Harada vorgenommen. Die 
Application w r ar äusserlich, 

Förderer der sich allmählich ausbildenden inneren Applica- 
tionen waren besonders v. Ziemssen und Kussmaul. Letzterer 
wandte sie hauptsächlich bei Magenectasieen und bei der in ihrem 
Gefolge auftretenden hartnäckigen Obstipation an. Er benutzte 
den faradischen Strom in folgender Weise. Die eine Elektrode 
wurde in den mit Wasser gefüllten Magen eingeführt, die andere 
aussen auf die Bauchwand aufgesetzt. Trotzdem die Erfolge im 
allgemeinen günstige waren, sah er in mehreren Fällen drei bis 
vier Stunden nach der Faradisation Schwindelanfälle auftreten und 
mahnt deshalb zur grössten Vorsicht. Die übrigen Arbeiten über 
diesen Gegenstand will ich übergehen und nur noch die interessan¬ 
ten Versuche Schillbach’s (Virchow’s Archiv Bd. 109) über den 
Einfluss der Elektricitat auf den Darm erwähnen. Er hält den 
galvanischen Strom für wirksamer als den faradischen. Er führto 
die eine Elektrode in das Rectum, die andere applicirte er auf das 
Abdomen. Jede Sitzung dauerte 10—15 Minuten. Nach der fara¬ 
dischen Reizung erfolgte der Stuhlgang später als nach der gal¬ 
vanischen. Letztere wurde immer in der Weise ausgeführt, dass die 
Kathode im Rectum, die Anode auf den Bauchdecken sich befand. 
Er leitete bei 15 Personen, die mit hartnäckiger Obstipation be¬ 
haftet waren, das elektrische Verfahren ein. Seine Erfolge theilt 
er in drei Gruppen. Die erste Gruppe bildeten zwei Kranke, bei 
denen überhaupt kein Effect erzielt wurde, wahrscheinlich, weil die 
Obstipation dureh schwere andere Erkrankungen bedingt war. 

In die zweite Gruppe- fiel die Mehrzahl seiner Fälle. Die 
Elektricitat lieferte einen durchschlagenden Erfolg ohne Gebrauch 
von Abführmitteln, nur überdauerte dieses günstige Resultat die 
Cur nur um einige Tage bis wenige Wochen, dann bildete sich allmäh¬ 
lich wieder die Obstipation heraus. In die dritte Gruppe endlich 
mussten vier Kranke gezählt werden, bei denen sich nach herbei¬ 
geführtem Stuhlgang selbst Jahr nach Beendigung der Behand¬ 
lung die Obstipation nicht wieder eingestellt hatte, Fälle, die also 
als geheilt angesehen werden konnten. Der Stuhlgang trat erst 
nach der dritten bis vierten Sitzung ein, und zwar zu verschiedener 
Zeit, 5—20 Stunden nach dem Elektrisiren; allmählich rückte dann 
die Zeit des Stuhlgangs näher an die Zeit des Eiektrisirens heran, 
und die Defäcation erfolgte dann meist zwei bis drei Stunden später. 
Von Wichtigkeit ist hierbei die Consistenz des Stuhlganges; wäh¬ 
rend die Patienten geklagt hatten, dass selbst nach dem Gebrauch, 
starker Abführmittel der Koth hart und trocken gewesen sei, zeigten 
die durch Elektricitat herbeigeführten Stuhlgänge eine weichere 
mehr breiige Beschaffenheit. 

Dies sind in kurzen Zügen die hauptsächlichsten Arbeiten, die 
ich über den betreffenden Gegenstand auffinden konnte. Ich bin 
nicht etwa in der Lage, diesem wesentlich Neues hinzuzufügen, 
sondern mein Zweck sollte sein, diese fast ganz in Vergessenheit 
gerathene Behandlungsweise wieder in Erinnerung zu bringen. 
Berichten kann ich über drei Fälle, in denen die intraventriculäre 
Application des faradischen Stromes mit mehr oder weniger gün¬ 
stigem Erfolge vorgenommen wurde. Das Verfahren war dabei 
folgendes: In einen gewöhnlichen Magenschlauch wurde eine Lei¬ 
tungsschnur so eingeführt, dass der das Ende bildende Kupferdraht 
den Augen des Magenschlauches gegenüberstand. Um nun die 
Leitung herzustellen, musste Patient stets vor Einführen des Magen- 
schlauches ein Glas Wasser trinken. Die andere Elektrode wurde 
auf den Damm, resp. auf die Bauchdecken gesetzt, in welchem letz- 


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280 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


teren Falle die Entleerung der Fäcalien wohl auch noch durch 
Erregung von Contractionen seitens der Bauchpresse begünstigt 
wurde. Die Einführung des armirten Magenschlauches ist ja ein¬ 
fach. Bei Durchleiten des mittelstarken Stromes entstehen keine 
grossen Beschwerden; zwei Patienten geben an, sie spürten wenig 
oder gar nichts, einer behauptete Kneifen im Bauche zu bekommen. 
Die Stuhlentleerung erfolgte nach Vornahme der Faradisation (ge¬ 
wöhnlich zwischen fünf bis sieben) Abends, in der Nacht oder 
Morgens. 

Fal 11. Im ersten Falle hatten wir es mit dem 54 Jahre alten Fleischer B. 
zu thun, der seit einem Jahre an Druck in der Magengegend, Appetit¬ 
losigkeit und Stuhlverstopfung litt. Derselbe bot die Zeichen einer chro¬ 
nischen Gastritis mit Obstipation ohne nachweisbare Magenectasic. Nach¬ 
dem er 14 Tage mit Bismuth, Karlsbader Salz und entsprechender Diät 
behandelt war, fühlte er sich so wohl, dass er das Krankenhaus verliess. 
Doch schon nach noch nicht voll drei Wochen kam er mit seinen alten 
Beschwerden wieder. Wir kamen nun auf den Gedanken, ob nicht eine 
Atonie der Darmmuskulatur vielleicht die Ursache seiner Obstipation und 
damit auch seiner hauptsächlichsten Beschwerden sei. Am ersten Tage 
wurde die Faradisation nur äusscrlich vorgenommen, vom folgenden Tage 
an wurde eine Elektrode auf die oben angegebene Weise in den Magen 
eingeführt. Abends wurde faradisirt, Morgens erfolgte gewöhnlich Stuhl¬ 
gang. Am Abend des zweiten Tages wurde ein stärkerer Strom versucht. 
Ob es nun hierin lag oder ob zufällig eine andere Ursache mitwirkte, in 
der Nacht traten mehrere breiige Stuhlgänge auf. Patient befand sich 
16 Tage im Krankenhause und wurde, da er die letzten Tage ohne Fara¬ 
disation spontan Stuhlang hatte, als geheilt entlassen. Ein halbes Jahr 
später hatte ich Gelegenheit, ihn wiederzusehen. Er w*ar ganz gesund, 
und bis dahin war die Obstipation nicht wiedergekehrt. 

Fall 2. Der zweite Fall kam fast ein Jahr später zur Beobachtung. Es 
handelte sich um denselben Befund, nur waren noch hochgradige nervöse 
Symptome vorhanden. Die Behandlung dauerte in diesem Falle 28 Tage, 
und musste in den ersten acht Tagen neben der Faradisation zweimal 
Ricinus gegeben werden. Ob in diesem Falle die erzielte Heilung dauernd 
geblieben ist, konnte nicht festgestellt werden. 

Fall 3. Der dritte Fall betraf einen 20jährigen Maler, der ebenfalls 
wegen chronischer Gastritis aufgenommen wurde. Die Obstipation hielt bis¬ 
weilen vier bis fünf Tage an. Derselbe wurde ebenfalls faradisirt, doch mit ge¬ 
ringem Erfolge. Während der Zeit, in welcher er faradisirt wurde, erfolgt« 
auf kleinere Gaben von Karlsbader Salz Stuhlgang, was früher nicht der 
Fall gewesen war. Ein vollständiger Erfolg konnte aber trotz nebenher 
angewandter Faradisation und Massage der Bauchdecken nicht erzielt 
werden. 

Leider waren wir nicht in der Lage, die nöthige Anzahl von 
Fällen zu bekommen, um diese Versuche in grösserem Maassstabe 
fortzusetzen, immerhin sehen wir daraus doch, dass es Fälle von 
Obstipation giebt, die mit Hülfe der Elektricität leicht zu beseiti¬ 
gen sind, während auf andere Art dies Ziel kaum zu erreichen ist. 

3. Herr v. Preusehen setzt seinen in der vorigen Sitzung 
begonnenen Vortrag über Läsion der Centralorgane bei der 
Geburt als Ursache der Melaena neonatorum fort. 


Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Cultur 
in Breslan. 

Medicinische Section. 

Sitzung am 24. November 1893. 

1. Herr Methner stellt im Anschluss an die Veröffentlichun 
gen von Ferdinand Bähr drei Fälle von Compressionsbrüchei 
des Fersenbeines vor. 

Fall 1. G. B. Vogt, 49 Jahre alt, verunglückte am 5. Februar 1891 
durch Sturz, aufrecht auf die Füsse, aus einer Höhe von 10 Metern. Gegen 
wärtiger Befund: Der rechte Fuss steht in leichter Supinationsstellung 
der Ballen der grossen Zehe berührt nicht den Boden; die Ferse weicht 
von hinten betrachtet, nach innen ab, und zwar in einem höheren Gradi 
als es der leichten Supinationsstellung des Fusses entsprechen würde 
Der Fersenbcmkörper unterhalb und vor den Malleolen ist stark verbrei 
tert. Die Malleolen selbst sind gut conturirt und ihre Distanz kaum ver 
grössert. {t /* cm rechts: 7 cm links.) Unter dem äusseren Knöche 
fandet sich in der Längsrichtung des Fersenbeines eine durch Dislocatioi 
von Knochenfragmenten und Callusmassen bedingte Knochenleiste. Ii 
der Gegend zwischen den Malleolen und der Achillessehne sind Callus 
bildungen vorhanden, welche dem Fersenbeine angehören. Die seitlichei 
Bewegungen im Talocruralgelenk sind vollständig aufgehoben. Die Flexions 
bewegungen nahezu in vollem Umfange möglich. B. klagt noch übei 
Schmerzen unterhalb des Malleolus externus. Diagnose: Fractura calcauei 
hallw. K. W., Aufseher, 60 Jahre alt, verunglückte am 28 . Juli 1893 

indem er von einer Leiter, welche umfiel, aus einer Höho von 1—l‘/ a Motei 
/jufrecht. auf die Füsse zu stehen. Gegenwärtige] 
Befund: Die Knöcheldistanz ist am rechten Fusse 1 cm grösser als an 
l^ n «c C ^f er n 6 £ US \ Qt ®T s ist > sagittaler Richtung um nahezu 1 cn 
vergrössert. Das Fussskelet ist direkt vor den Malleolen und unterhall 

n U ^ Ch Cd j U 5 mas f en verbrei tert. In der Gegend zwischen der 
Srn Ma ?° A en n Und der Achülessehne > und zwar in Höhe der Malleolen 
t n ,’ ? lnd Auf !^erungen von Callusmassen zu palpiren, welche den 
1 f? eböron -, Der F ersenbeinhöcker hat normale Gestalt. Dei 
- h /^ el n lst , I 1111 J. cm verkürzt. Massiger Plattfuss. Das Fussge. 
ma l b eoli S inteS flaCht ' Diagnose: Fractura calcanoi, fractura tali, fractun 


Fall 3. H. K., Maurer, 36 Jahre alt, verunglückte am 9. Mai 1893 durch 
Sturz aus einer Höhe von 7 Metern und kam aufrecht auf beide Füsse 
zu stehen. Die Knöcheldistanz ist an beiden Füssen vergrössert (rechts 
7,6 cm, links 7,2 cm). Am rechten wie am linken Fusse sind beide 
Malleolen aufgetrieben (rechtes Knöchelgelenk 29 cm, linkes 28 cm). Der 
Körper des rechten Fersenbeines ist deutlich verbreitert. Es besteht ein 
massiger Grad von Plattfuss mit Valgussteilung. Der Fussrücken ist ab¬ 
geflacht. Die seitlichen Bewegungen im Sprunggelenk sind völlig aufge¬ 
hoben. Die Flexionsbewegungen erheblich beschränkt. Diagnose: Frac¬ 
tura calcanei, fractura tali, fractura malleolorum. 

Der linke Fuss ist besser gestellt; die Gruben zwischen den Malle¬ 
olen und der Achillessehne sind durch Knochenauflagerungen, welche dem 
Fersenbeine angehöron, zum Theil ausgefüllt. Der Fersenbeinhöcker zeigt 
normale Gestalt. Die seitlichen Bewegungen des Sprunggelenkes sind 
gleichfalls völlig aufgehoben. Die Flexionsbewegungen etwas freier als 
rechts. Diagnose: Fractura calcanei. fractura malleolorum. 

Der Vortragende ist der Ansicht, dass diejenigen Fersenbein¬ 
brüche, welche durch einen Sturz aufrecht auf die Füsse zustande 
kommen, wie in den demonstrirten Fällen, vorwiegend den Körper 
des Fersenbeins betreffen und sich als Compressionsbrüche charak- 
terisiren, während die Rissfracturen meist als Querbrüche des 
Fersenbeinhöckers beschrieben worden sind. Bei dem Sturz auf¬ 
recht auf die Füsse wirkt die Gewalt zunächst als ein Druck von 
oben, welcher das Fussgewölbe in der Weise einzubrechen sucht, 
dass das Fussskelet gestreckt wird. Dies wird indessen durch die 
Wirkung der starken Plantarfascie verhindert, so dass die von oben 
wirkende Kraft in zwei Componenten zerlegt wird, von denen die 
eine in die Richtung des Vorderfusses, die andere in die Richtung 
des Fersenbeines fällt. Diejenige Componente, welche in der Rich¬ 
tung des Fersenbeines liegt, ist die steilere und daher wirksamere; 
unter ihrem Einflüsse wird das Fersenbein in seiner Längsrichtung 
zusammengedrückt, resp. der Körper gegen den Fersenbeinhöcker 
verschoben. 

Fracturen der Malleolen und des Talus sind häufige Begleit¬ 
erscheinungen der Fersenbeinbrüche. Die complicirte Luxation des 
Fusses nach hinten hat der Vortragende in zwei Fällen mit Cal- 
caneusfractur auftreten sehen. 

2. Herr E. Fraenkel: Demonstration eines über mannes- 
kopfgrossen, diffusen, interstitiellen Uterusmyoms nebst Be¬ 
merkungen über die Myomotomie mit intraperitonealer Stiel¬ 
behandlung. 

Das Präparat stammt von einer 37jährigen Frau, die zwei Entbin¬ 
dungen durchgemacht hat, die letzte vor acht Jahren. Die Entwickelung 
des Tumors wurde seit vier Jahren bemerkt; in der letzten Zeit wuchs 
derselbe sehr rasch, reichte schliesslich bis ins Epigastriumi und machte 
durch starke Blutungen und durch Druckerscheinungen die Operation 
nöthig. Der Vortragende verfuhr hierbei genau nach der von Leopold 
(Arch. f. Gynäk. Bd. 43, Heft I) geschilderten Methode und fand die da¬ 
selbst hervorgehobenen Vorzüge seiner Art der intraperitonealen Stiel¬ 
versorgung: sichere Blutstillung und Fernhaltung von etwa durch den 
Stumpf in die Bauchhöhle eindringenden Mikroorganismen, vollinhaltlich 
bestätigt. Zur Erreichung einer gesicherten Fernhaltung von Organismen 
hat Vortragender bei dem Tumor, der die Ligamenta lata breit entfaltet und 
sich tief ins kleine Becken hinein entwickelt hatte, nach Anlegung der 
elastischen Ligatur und Absetzung der Geschwulst den alsdann noch 
zwei Mannesarme dicken Collumstumpf durch Ausschälung von Mj T om- 
knoten oberhalb und unterhalb des Gummischlauches derartig verkleinert, 
dass er kaum zwei Daumen dick blieb und alsdann durch zwei Quer¬ 
ligaturen der erüffneto Cervicalcanal fest zusammengeschnürt werden konnte. 
Die Querumstechung der Artemae uterinae erfolgte seitlich oberhalb der 
elastischen Ligatur, alsdann die Ueberkleidung des Stumpfes mit vorher 
abpräparirten Peritonealmanchetten und Vemähung derselben von vom 
nach hinten unter leichtem Mitfassen des Collumstumpfes und Einkrem- 
pelung der Serosariinder. Nach Entfernung des Schlauches waren nur noch 
wenige Umstechungsnähte zur vollkommenen Blutstillung nöthig. Bei 
der Besichtigung des versenkten Stumpfes zeigte sich derselbe so kurz 
und wenig umfangreich, dass man ihn kaum mit der Portio vaginalis. 
media Schröder’s bei einem normal grossen Uterus vergleichen konnte. 
Dem Effect nach ist das Zurücklassen eines so minimalen Collumstumpfes 
gleich zu setzen der Totalexstirpation des myomatösen Uterus. Dies be¬ 
wies auch der Heilungsverlauf, der ebenso ideal war, wie er es nur bei 
der Totalexstirpation sein kann. Vom dritten Tage an wurde genau wie 
bei normalem Wochcnbettverlauf eine physiologische Pulsverlangsamung 
(52—60) beobachtet, w’ährend vor der Operation 70—80 Pulsschläge in 
der Minute constatirt worden waren. 

Der Vortragende bespricht die Theorieen der physiologischen 
Pulsverlangsamung im Wochenbett, die sich auch auf diesen Fall 
der Exstirpation eines sehr grossen und schweren Unterleibstumors 
anwenden lassen. Er schildert ferner die Wandlungen, welche die 
Stielbehandlung bei Myomotomieen gleich derjenigen bei Ovario- 
tomieen durchgemacht hat, und weist darauf hin, dass schon 1879 
auf der Badener Naturforscherversammlung* Czerny die intraperi¬ 
toneale Stielversorgung als die anzustrebende ideale Methode auch 
bei Myomotomieen proclamirt habe. Wenn man nun auch indivi- 
dualisiren müsse und für manche Fälle die Totalexstirpation, va¬ 
ginal oder per laparotomiam, das richtige, für andere wieder die 
extraperitoneale Stielversorgung geboten sei, so sei die allgemeine 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



22. März. 


Anwendung der letzteren doch nur ein jetzt überwundenes Ueber- 
gangsstadium gewesen. Der Vortragende demonstrirt schliesslich 
das noch einfachere von Hunter Kobb beschriebene Abschnfl- 
nings- und Versenkungsverfahren, welches unter Weglassung des 
Gummischlauches und ohne Schonung des Ccrvicalcanals denselben 
aut zwei starken Seidenfädon quer umsticht und den CoUumcanal 
mit einer auf und in den Stumpf verlaufenden Circular- oder 
Quadraugularnaht zusammenschnürt, ein Verfahren das ganz 
analog ist der jetzt bei Ovariotomieen üblichen Stielbehandlung 
Der Vortragende bezweifelt jedoch, ob dieses, allerdings sehr einfache 
\ erfahreni bei so grossen Myomen, wie dem von ihm demoiistrirten, 
welches die Beckenhohle und das Ligamentum latum ausfüllte 
anwendbar sein würde. Jedenfalls hat sich ihm das Leopold’sche 
Verfahren bei diesem schwierigen Falle ausserordentlich bewährt 
<i. Herr Müller: a) Demonstration eines Falles (aus dem 
Augusts-Hospital des Herrn Sanitäts-Rath Janicke) von anee- 
borenem Hoohstand der rechten Sohulter bei einem acht- 
jähngen Mädchen. Die Verschiebung nach oben beträgt fast 6 cm 
so dass die rechte Spina scapulae in der Hohe des sechsten Hals- 
wirbels steht. Damit ist auch das ganze Schultergelenk nach 
oben disloeirt Am Schulterblatt selbst keine Veränderung. Musculus 
trapezius und levator scapulae sind entsprechend verkürzt, iedoch 
so gut entwickelt, dass ihre Function gleich gut wie linkerseits 
ist, ebenso kein Unterschied m der Gebrauchsfähigkeit der Arme 
Die Wirbelsäule ist nicht verkrümmt, auch lässt sich keine Asvm- 
metne der beiden Gesichtshälften constatircn. 

b) Demonstration eines Falles von Saroom der Diploe der 
Schadelknoohen, der durch den langsamen, relativ gutartigen 
verlauf interessant ist und dadurch, dass mit der Zeit der Schädel- 
K“ 1 V ehr »“gedehntem Maasse geschwunden ist. Dem 

Thff 1 !“ 1 M \? e fehl J t dla grdssere HäIfte des Stirnbeines und 
1 heile des rechten und hnken Scheitelbeines: daselbst ist das Ge- 
hm lediglich von WeichtheUen bedeckt. Vor zehn Jahren wurde 
Sw T ü mor T Reichte Pulsation) operativ entfernt: in den 
p Se -^ S J ? T hr< l n 111 , regelmässigen Zwischenräumen vier- 

WnZ ,m7 dl I' * Nach “f hr a l? dreijährigem Wohlbefinden ein 
muftes und jetzt em sechstes Recidiv. Die Heilung ging stets 
in wenigen Wochen prompt vor sich. Einziges Symptom f Kopf- 

kroskorisnhe 1 TT t d ° r T J™ 0r gTösser a]s hühnereigross wurde. Mi¬ 
kroskopische Untersuchung: gross-rundzelliges Alveolarsarcom. 

farbit' n w;JL aU J erB ” er (Berlin) aIs Gast: Demonstration 
OewS 1 ^^ ^ a ? hbü dungen von Präparaten ans dem 
Stote ^ BChen Anatoml e. Chirurgie und Laryn- 

mtSt!'i?a em der Vortragende die Bedeutung des Ansehauungs- 
dio^rechiede^ r il?^ra SChen Wissenscba ft hervorgehoben lid 
awreeehe? w der , 0 . u “ an sich 2U diesem Zwecke bedient, 

hat ’ b ! t u onfc er die Vorzüge der farbig-plastischen Re- 
Gemn S ttnde g rt g T b?r . fläohenhaf ‘« a Abbildung körperlicher 
wif z B Hnr d n r n , eme , der vielen graphischen Vorstellungsmethoden, 
Plastischen Bolz f bmtt ' Photographie, Buntdruck. Die farbig^ 

Ausführung ein werth- 
Ersatz fflr h;„ ^?J ur , den Unterricht dar und bieten geradezu einen 
ife\u d p„™ h ! 0nde “ üjitiii'üchen Präparate, soweit es sich um 
steht der nmlrtie , und Darben Verhältnisse handelt. Allgemein be- 
viel w „i„Z abtlsC j. e . Vor | icl derselben darin, dass sie — gleich- 
GcgensaU ra dm'T*^ w t Speoialgebiet s!e entstammen - im 
ßcheiuunrren am^h ll *f er < ? atur Dacb sc hnell vergänglichen Er- 
weniger l 0bje ® t ®’ die immer nur einen mehr oder 

darbieten Sie rwi" b lC a- ge f f tetten ’ stabile und « b jective Bilder 
und demselben m?*?® dl ® Mögllchkeit . etwaige später an ein 
fortschrStei „ n de ? b Ä ““gefetene Veränderungen, das Weiter- 
gleiche zwischen daS Zuruckgehen eines Krankheitsprocesses, Ver- 
S» und späteren Stadium der Er- 

Im weitfren hebt Vn S i tatlreil s Jf;derzeit demonstriren zu können, 
matisch d ?e tv„is!i tr T, nder . herTOr - dass er strebt «i. syste- 
*. B. des Kehlkonfes en dS'M ankUnge “ ® in und desselben Organs, 
solche Modelle zum’ v .“-T" 8 t u ' 8 ; darzustellen, insofern 
gezeichnetes Lehrmitf l T i nebeneinander gehalten ein aus- 

minder wichtig nnd inter - 
zubilden, und es emnf»w e ° baC i. hte ^ ^heinungen plastisch nach- 
man die Orivinalnro b ®* S1 °h, allmählich in gleicher Weise, wie 
iuvbig-plastischen Nsnhh-fa® aufbewabrt , auch Sammlungen von 
charakteristische 1 s , olcber Objecte, bei denen es auf 

legen. onn " und Farben Verhältnisse ankommt, anzu- 

ßemonstratio^szw^ntß^"^^ 8 ^ 86 ! 161 * Präparate für Unterrichts- und 
gesetzten Bemühnn^l ^ erde Ar In \ raer mehr anerkannt. Den fort- 
dem gesammten Gebfeto derarti £° Modelle aus 

weitere medicinischfi^r^ Pat j 10 J. 0 ^ ie darzustellen, sei es gelungen, 
Methode von fräna«? V uf dle farbi g-plastische Nachbildungs- 
2 ahl klinischer ? aufme F ksam zu machen, so dass eine An- 
BUtute, sowie Krankenhäuser und Privatärzte, 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


__281 

welche das ihnen zu Gebote stehende Krankenmaterial wissenschaft- 
Uch verwerthen geeignete Fälle Vortragendem zur plastischen Dar- 
Stellung übergeben. Eine Collection solcher von demselben im 
pathologisch-anatomischen Institut zu Berlin angefertigter XstL 
sehen Präparate wurde auch seitens der Regierung auf die vom 
^ n rhT^ lltSmlniSte rTw gele f €ntlich der diesjährigen Weltausstellung 
weseÄchf“ Ausstellung des deutschen Unterrichts- 

? ierauf S ^dert der Vortragende die Herstellungsweise der 
von ihm \ orgelegten Präparate und demonstrirt zum Schluss die¬ 
selben unter eingehender Besprechung der Krankheitserscheinungen 
welche an ihnen zu beobachten sind. Es waren folgende Präparate: 

a _ Pvzi« ag0 r« eiaer El ? u faustgrossem, eiterig zerfallenem Carcinom 
am Pylonis. Carcinomatös infiltnrte Mesenterialdrüsen 

2. Mast dar m carcinom eines 56 jährigen Mannes 

Tnfnl™ ,u h6 jl f 6me xT 5 , 2j i h , n > n ? rau mifc syphilitischer Erkrankung. 

e ^* ^?r b ®ubddiing ist der ganze rechte Theil des rechten 
eme einzige Narbe zusammengezogen, so dass die Gallon- 
T pW P 016 rGCh J e rücken musste. Sie sitzt gleichsam neben der 
Leber. Compensatonsch ist eine Hyperplasie des medialen Theiles des 
rechten und des ganzen hnken Leberlappens eingetreten. 

Constitution^” 11 flockiger fibrin9sw Verdickung der Kapsel infolge Syphilis 

5. Kehlkopf einer 52jährigen Frau (vergl. No. 3). Totaler Verlust 
der Epi^ottis infolge von Syphilis. Zungengrund atrophisch und glatt, 
^ 6 “*k 0 p f mit Phlegmone des Larynxeinganges. Die eitrige In- 
filtraüon grenzt sich scharf unterhalb der Stimmbänder ab. 

* n5! hl a° P t Luftröhre mit Ulcerationen infolge Tuberku- 
Manne° d der E P^ lottls und der Stimmbänder. Von einem 69 jährigen 

• ,, 8- v?? blk ?P* Ulcerationen infolge von Tuberkulose. Defect der 

halben Epiglottis. Die L lcerationen greifen auf den Oesophagus über. 
Von emem 32jährigen Manne. ^ 

FnJrrWf^ 6 ^ 1 ! 011 / iH nd El jf trö . hre - Vereinzelte Ulcerationen auf der 
Taschenbandes berkU ÖSe Infiltratlon der TrÄ chea. Oedem des recliten 

10. Kehlkopf mit Polyp am rechten Stimmband. 

n - Hand eines vier Wochen alten Kindes mit Fibroma pendulum 
an der Grundphalanx des kleinen Fingers. 

■ ^ aad eines sechsjährigen Knaben. Der Ringfinger ist im Gelenk 
zwischen erster und zweiter Phalange infolge von Narbencontraction, die 
nach Operation wegen Knochentuberkulose eingetreten war, vollkommen 
rechtwinklig abgeknickt, so dass er quer über der Dorsalseite der Grund¬ 
phalanx des kleinen Fingers liegt, welcho er um ca. 1 cm über den Rand 
der Jüand hinaus nach aussen überragt. 

5. Herr Jadassohn stellt a) den Fall von Tuberculosis 
verrucosa cutis vor, den er schon einmal gezeigt hat. 

Es handelte sich um multiple, disseminirte. sehr oberflächliche und 
unscheinbare Heerde dieser Erkrankung, welche damals — im Früli- 
jahr 1893 — bereits zum grössten Theil spontan involvirt waren. Die 
weitere Beobachtung hat ergeben, dass die einzelnen Stellen ohne jede 
Behandlung ganz glatt und flach geworden sind, so dass bei der Ent¬ 
lassung der Patientin im Monat April nur noch weisse, wenig vertiefte 
Narben vorhanden waren. Jetzt kam die Patientin wieder zur Vorstellung 
und Aufnahme. Sie giebt an, dass sich seit Mitte October in diesem 
wieder wie m allen verflossenen (sie glaubt etwa 16) Jahren die Erkrankung 
mit der beginnenden rauheren Witterung eingestellt habe. Die Unter¬ 
suchung ergiebt bei der Patientin auch jetzt einen ganz negativen Befund 
in Bezug auf tuberkulöse Erkrankungen der inneren Organe. Die Haut 
wies bei der Aufnahme speciell am Rücken eine ganze Anzahl von nicht 
irgendwie charakteristischen Kratzeffecton auf, welche auf die zahlreich 
vorhandenen Pediculi vestimentorum zurückzuführen waren. Daneben sind 
an den oberen Partieen des Rückens dieselben flachen Narben vorhanden 
wie im Vorjahre. Ausserdem aber finden sich zwischen diesen Stollen 
fünf bis sechs linsen- bis über zehnpfennigstückgrosse Heerde, welche 
dasselbe Bild darstellen wie früher: flache, unregelmässig rundliche, 
scharfrandige Erhebungen mit sehr unbedeutender, nur in den ober¬ 
flächlichsten Schichten der Cutis localisirter Infiltration, ohne entzünd¬ 
lichen Hof, mit einer feinwarzigen verhornten Oberfläche. Eine solche 
Stelle findet sich auch in der Kreuzbeingegend neben einem noch frischen 
Kratzeflect. Nur an einer der von früher bestehenden Narben ist der 
Beginn der Bildung einer solchen Efflorescenz mit leichter Röthung und 
warziger Wucherung der Epidermis zu constatiren. Die unteron Extremi¬ 
täten und die Hände sind in diesem Jahre frei; dagegen finden sich am 
linken Arm an der Innenseite des Ellbogens zwei dicht bei einander¬ 
liegende Heerde von Zehnpfennigstückgrösse, welche durch ihre viel be¬ 
trächtlichere Erhebung über das Niveau der umgebenden Haut, durch ihre 
starke warzige Zerklüftung, durch den leicht hyperämisehen Saum ein so 
charakteristisches Bild der Tuberculosis verrucosa cutis darbieten, wie es 
bisher bei dieser Patientin noch nicht beobachtet worden ist. 

An dieser Stelle kann die klinische Diagnose der Erkrankung 
mit voller Sicherheit gestellt werden. Histologisch ist das Vor¬ 
handensein von typischen Riesenzellentuberkeln im Papillarkörper 
im Vorjahre festgestellt worden; ein mit einem erkrankten Haut- 

|) Das Originalpräparat dieser Leber wurde von Geheimrath Virchow 
als ein sehr merkwürdiger Fall von visceraler Syphilis in der Berliner 
medicinischen Gesellschaft am 11. Januar 1893 demonstrirt nnd später 
der Sammlung des pathologisch-anatomischen Instituts der Charite ein¬ 
verleibt. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


282 


stück intraperitoneal inoculirtes Meerschweinchen ist an einer 
chronisch verlaufenden Tuberkulose speciell der Leber gestorben. 

Während also die Diagnose ausser allem Zweifel steht, lässt 
sich über die Pathogenese dieser eigenartigen Erkrankung etwas 
Bestimmtes nicht sagen. Die spontane Heilung so oberflächlich 
gelegener Heerde von Hauttuberkulose ist zwar auffallend, aber 
steht doch nicht analogielos da; die Multiplicität der Heerde kommt 
auch beim Lupus vor. Dagegen ist das Entstehen der Erkrankung 
immer beim Beginn des Winters seit vielen Jahren — wovon wir 
uns jetzt durch die Beobachtung überzeugt haben — zunächst 
noch nicht erklärlich. Von den drei Möglichkeiten, wie eine Tuber¬ 
kulose der Haut entstehen kann: Inoculation von aussen, hämatogene 
Infection der Haut, Einbrechen des tuberkulösen Processes von 
einem unter der Haut gelegenen Organ (Lymphgefäss, Lymphdrüse, 
Knochen) in die Haut, liegt gerade bei der Tuberculosis verrucosa 
cutis die erste am nächsten. 

Die gewöhnlich beobachteten Fälle dieser Erkrankung beruhen 
zweifellos auf einer direkten Impfung der Tuberkulose, wofür schon 
die ganz vorzugsweise Localisation an den Händen spricht. Trotz¬ 
dem ist natürlich die Möglichkeit vorhanden, dass auch diese Form 
von Hauttuberkulose von innen her entsteht; ein jetzt in der 
dermatologischen Klinik beobachteter Fall von verrucöser Haut¬ 
erkrankung am Fuss mit beginnender verrucöser Erkrankung im 
Verlaufe der Lymphgefässe am Oborsehenkel beweist wohl diese 
Möglichkeit. In dem vorgestellten Falle aber spricht gerade das 
jetzt so deutlich hervortretende Zusammenvorkommen mit Kratz- 
eflecten und die ausserordentlich oberflächliche Lage der Heerde für 
die Inoculationshypothese. Es liegt natürlich am nächsten, an der 
Patientin selbst das Depot zu suchen, von dem aus sie das Material 
zur Infection bezieht. Bisher ist es nicht gelungen, irgend etwas 
Tuberkulöses an ihr zu finden: ein negatives Resultat ist aber 
gewiss nicht beweisend. Vielleicht orgiebt eine Tuberkulininjection, 
die im Vorjahr wegen des schlechten Kräftezustandes der Patientin 
nur einmal* und in sehr geringer Dosis gemacht wurde, jetzt nach 
dieser Richtung hin einen Aufschluss. 1 ) — In der Beschäftigung der 
Patientin ist ein Anhaltspunkt für die Infection mit Tuberkel¬ 
bacillen, wie er bei der Tuberculosis verrucosa der Hände von 
Fleischern, Anatomiedienern etc. gegeben ist, nicht zu finden. 

b) Herr Jadassohn demonstrirt einen Fall von Pityriasis 
rosea (Gibert) bei einem 10jährigen Mädchen, welcher durch das 
Vorhandensein der Initialplaque dieser Erkrankung ausgezeich¬ 
net ist. Brust und Rücken des Kindes sind übersät mit charak¬ 
teristischen, linsen- bis fünfpfennigstückgrossen, flachen, hellrothen, 
unregelmässig begrenzten, leicht schuppenden Efflorescenzen von 
Pityriasis rosea, welche meist noch auf der Höhe der Entwickelung 
stehen, zum Theil aber in der Mitte schon abgeblasst sind und 
somit der von Vidal zuerst beschriebenen Pityriasis circinata und 
marginata entsprechen. Während die letzteren aber die erwähnte 
Grösse nicht überschreiten, fällt am linken Oberschenkel dicht 
unter dem Poupart’schen Bande eine ca. 5 cm im Durch¬ 
messer haltende unregelmässig rundliche Plaque auf, 
welche im Centrum mit leichter bräunlicher Pigmentirung abgeheilt 
ist, während der Rand noch hellroth, leicht erhaben und leicht 
schuppend ist. Das Kind und seine Mutter geben übereinstimmend 
an, dass diese letztere Plaque schon seit ca. 14 Tagen besteht, 
ohne irgend welche Beschwerden zu machen, dass dagegen der disse- 
minirte Ausschlag am Körper erst vor drei Tagen plötzlich auf- 
gotreten ist und in mässigem Grade juckt. Man ist also wohl 
berechtigt, diesen auffallend grossen Heerd als primäre Plaque 
(„plaque primitive“) zu bezeichnen. Auf diese Art der Entwicke¬ 
lung des Pityriasis rosea hat zuerst Brocq (Annales de Derma¬ 
tologie et de Syphiligraphie 1887, p. 615) aufmerksam gemacht; 
sie ist bisher sehr wenig beachtet worden. Der Vortragende hat 
sie ausser in dem vorgestellten noch in einem anderen Falle be¬ 
obachten können, in welchem die etwa fünfmarkstückgrosse, der 
oben beschriebenen ganz analoge erste Plaque der Erkrankung an 
der Brust eines Soldaten oberhalb der Mammilla sass. Es ist wohl 
zweifellos, dass in der Mehrzahl der Fälle von Pityriasis rosea eine 
Initialplaque in diesem Sinne nicht besteht, denn die Efflorescenzen 
eines Exanthems sind im grossen und ganzen meist von ungefähr 
gleicher Grösse. Brocq hat besonders hervorgehoben, dass zwischen 
dem Auftreten der primären Plaque und dem Ausbruch der disse- 
minirten Efflorescenzen eine Pause von circa einer Woche besteht, 
während deren die erstere peripherisch wächst, und dass das Exan¬ 
them sich nicht allmählich über den Körper ausbreitet, sondern 

*) Anmerkung bei der Correctur: Tuberkulininjectionen sind ohne 
Resultat verlaufen; selbst eine locale Reaction ist — wie auch in anderen 
hüllen von Tuberculosa verrucosa — ausgeblieben. Dagegen ist auch 
diesmal in relativ kurzer Zeit eine spontane Abheilung der Efflorescenzen 
zu beobachten gewesen. Die Annahme liegt in der That sehr nahe, dass 
die gleichmässig warme Zimmertemperatur während des Hospitalaufent¬ 
haltes einen curativen Einfluss ausgetlbt hat. 


plötzlich an verschiedenen Punkten ausbricht. Brocq ist auf 
Grund dieser Erfahrung der allerdings nur sehr hypothetisch aus¬ 
gesprochenen Meinung, dass hier ein analoges Verhältniss wie bei 
der Lues — Primäraffect und Roseola — vorliege. Wenn man die 
Pityriasis rosea als eine den Dermatomykosen anzureihende Er¬ 
krankung auffasst, wofür vor allem die grosse Aehnlichkeit mit der 
Tricliophytia tonsurans spricht, so wird man allerdings dem Brocq- 
schen Gedankengange kaum folgen können, sondern vielmehr an¬ 
nehmen müssen, dass durch irgend eine Gelegenheitsursache die 
an der primären Infectionsstelle entwickelte Cultur über die Haut¬ 
oberfläche ausgesät wird und es so zu einer grossen Anzahl 
seeundärer Infectionen kommt. In einzelnen Fällen scheint eine 
solche Primärefflorescenz auch isolirt bleiben zu. können oder nur 
eine sehr geringe Anzahl von weiteren Infectionen einzutreten. 
In anderen wieder — und diese muss man nach der klinischen 
Beobachtung als die bei weitem überwiegende Mehrzahl bezeichnen — 
kommt es von vornherein oder jedenfalls ehe sich eine Initialplaque 
in für die klinische Beobachtung erkennbarer Weise ausbilden kann, 
zu einer reichlichen Aussaat über den Körper. Auffallend ist jeden¬ 
falls, dass in den von Brocq publicirten Fällen, wie in dem vor¬ 
gestellten, diese primären Heerde zu einer weit stattlicheren Grösse 
anwachsen, als es die gewöhnlich beobachteten Efflorescenzen .der 
Pityriasis rosea, selbst wenn sie längere Zeit therapeutisch nicht 
beeinflusst werden, zu thun pflegen. Die supponirten Mikroorga¬ 
nismen der Pityriasis rosea scheinen dem menschlichen Organismus 
gegenüber eine besonders starke Energie nicht zu besitzen — da¬ 
für spricht die ausserordentlich schnelle Wirkung einer geeigneten 
Therapie — sie scheinen sich auch nicht für die Dauer in der 
Haut acclimatisireu zu können — dafür spricht das spontane Ab- 
lieilen in einigen Wochen, auch wenn eine äussere Behandlung 
nicht eingeleitet wird. Vielleicht ist das auffallend energische 
Wachsthum der Initialplaque darauf zurückzuführen, dass an dieser 
ersten Stelle der Invasion die Mikroorganismen noch eine grössere 
Wachsthumsenergie auf dem ihnen neuen Nährboden besitzen. Wie 
dem auch sei, die Initialplaque hat praktisch eine Bedeutung, weil 
sie die Diagnose der Pityriasis rosea in dubiösen Fällen zu stützen 
vermag und weil sie die grösste Aehnlichkeit mit der Trichophytia 
tonsurans der unbehaarten Haut hat, mit welcher die Pityriasis 
rosea von der Wiener Schule ja bekanntlich auch heute noch idon- 
tificirt wird. Trotzdem ist, wie auch Brocq zweifellos mit Recht 
hervorhebt, selbst klinisch die Trichophytia tonsurans von dieser 
„plaque primitive“ der Pityriasis rosea zu dififerenziren. Auch an 
dem vorgestellten Falle ist zu constatiren, dass die letztere weniger 
regelmässig rund („moins g6om6trique“), dass ihr Rand weniger 
scharf, dass die Schuppung unbedeutender, fester anhaftend, weniger 
lamellös ist, als bei der Trchophytie. 

6 . Herr Kader stellt einen Fall von im Juni 1898 von Ge¬ 
heimrath Mikulicz ausgeftihrter Pylorusreseotion infolge von 
Pyloruscarcinom vor und demonstrirt den Tumor. 

M. H., 31 Jahre alt, Bauersfrau, bis vor vier Jahren durchaus gesund 
und kräftig. Vor vier Jahren erkrankte Patientin plötzlich unter Ei- 
scheinungen eiuos Ulcus ventriculi. Seitdem dauernd dyspeptische 
Symptome. , 

Im März 1893 bemerkt Patientin zum ersten mal in der Nabelgegend 
eine höckerige, etwa wallnussgrosse, nach allen Richtungen ein wenig ver¬ 
schiebbare, spontan und auf Druck schmerzhafte Geschwulst. Ungelahr 
seit derselben Zeit muss Patientin besondere oft aufstossen und erbrechen 
und nimmt rasch an Körper und Kräften ab. Die letzten drei bis vier 
Wochen bricht Patientin alles, was sie zu sich nimmt, aus und ist lntolge 
der Schwäche dauernd bettlägerig. . . . 

Am 2. Juni 1893 erfolgt die Aufnahme der Patientin in die chirur¬ 
gische Klinik. Patientin ist so schwach, dass sie in das Aufnahmezimmer 
der Poliklinik hineingebracht werden muss, und macht einen derartigen 
Eindruck, dass man ihr ursprünglich ohne weiteres die medicinische Klinik 
empfehlen w ? ollte. Die Untersuchung der Patientin ergab im wesentlichen 
folgendes. Sehr stark abgemagerte, mit matter, tonloser Stimme sprechende 
Frau, ist nicht imstande allein ohne Unterstützung auch nur wenige 
Minuten aufrecht zu stehen. Haut graugelblich, ausgetrocknet; erhoben 
bleibt sie in Falten stehen. Die Lippen von einer Farbe, wie man sie bei 
höchsten Graden von clilorotischen Mädchen sieht. An inneren Organen 
nichts von Wichtigkeit (Leber nicht vergrössert). Puls in der Kadialis 
schwach, -weich. Patientin stösst oft übelriechend auf, hat sofort nach 
der Aufnahme erbrochen. Zwei Querfingerbreit nach oben rechts vom 
Nabel ein über wallnussgrosser, höckeriger, nach allen Richtungen etwas 
verschiebbarer Tumor. Auch auf mechanischen Reiz Peristaltik weder 
seitens des Magens noch des Darms zu constatiren. Vorläufig 24 otunde 
lang per Os keine Nahrungszufuhr. Alle vier Stunden ein Nährklystier (gn 
vertragen, behalten). Absolute Bettruhe. Nach 24 ständigem hasten 
Ausheberung (Aspiration und Expression) des Mageninhaltes, befördert übe 
3 /i Liter meist gar nicht verdauter Speisereste. Im filtrirten Magoninhal 
keine freie Salzsäure (Methylviolett, Congopapier, Günzburg s Reagens;. 
Verdauungsthätigkeit minimal. Magen sehr stark dilatirt. Die .grosse 
Curvatur des aufgeblähten Magens steht- kaum zwei Querfinger breit über 
der Symphyse, die kleine handbreit über dem Nabel. .. 

Den 4. Juni bei nüchternem, rein gespültem Magen Probemahlzen 
nach Leube-Riegel. Ausheberung kleiner Portionen nach zwei, vier, sechs 


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22. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


und acht Stunden. In keiner Portion freie HCl, dagegen in letzteren recht 
viel Milch- und Buttersäure. Ausspülung des Magens acht Stunden nach 
der Mahlzeit befördert die fast gänzlich unverdaute Probemahlzeit zu 
Tage. 

Bis zum 13. Juni wird Patientin mit Nährkly stieren und auch mit 
Milch und Wein per os ernährt. Jeden Abend Magenausspttlung 
Subjectives Befinden bessert sich, Körpergewicht nimmt jedoch ab. Kräfte¬ 
zustand schlecht. 

Am 13. Juni 1893 Operation. (Chloroforwnarkose. Aseptisches Ver¬ 
fahren.) Am Abend vorher und zwei Stunden vor der Operation gründ¬ 
liche Ausspülung des Magens zunächst mit gewöhnlichem Wasser dann 
mit Borsäure; 15 Tropfen IIC1 per os und ein Nährklystier mit 
25 Tropfen Tinctura Opii. Eröffnung der Bauchhöhle in der Mittellinie 
Befund: Tumor des Pylorus, mit benachbarten Organen nicht verwachsen, 
nach allen Richtungen gut, wenn auch nicht ausgiebig, verschieblich. Liga¬ 
mentum gastro-colicum ziemlich geschrumpft. Im letzteren dicht am Pylorus 
ein paar verdächtige Drüsen. Sonst nirgends Zeichen einer Metastase. 
Isolirungdes Tumors durch Resection der Ligamenta gastro-colicum. hepato- 
gastricum, hepato-duodenale. Die Drüsen bleiben im Zusammenhänge mit 
dem Tumor. — Vorziehen des Tumors vor die Bauch wunde. Abschluss 
der Bauchhöhle durch dazwischen geschobene Jodofonngaze. Fixation 
und Verschluss der Lumina des Magens und Duodenums durch Assistenten¬ 
hände. Ausschneidung der erkrankten Partie. Schräger Schnitt von der 
kleinen zur grossen (Jurvatur von oben links nach unten rechts, lässt 
zunächst eine Brücke an der grossen Curvatur unberührt. Sofortige Ver¬ 
kleinerung der Magenwunde nach Billroth-Wölfler durch die typische 
doppelreihige Naht (nach Wölfler-Lembert) von der kleinen Curvatur 
an beginnend. Erst dann Durchtrennung der Brücke und Abtragung des 
Tumors vom Duodenum (schräg). Annähen des Duodenums an die ver- 
klemerte Magenwunde (an die grosse Curvatur) nach den Regeln der 
vV ölfler-Lembert’schen circulären Darmnaht, wobei vor allem mehrere 
Serosanähte an der hinteren Fläche angelegt werden. Naht der Bauch- 
decken. Jedes blutende Gefass sofort abgeklemmt und unterbunden. 
Aaht und Unterbindungsmatenal war Seide. Blut von äusserst hydrämischer 
Beschaffenheit. Dauer der Operation 1 Stunde 25 Minuten. Puls in der 
Kadialis während der ganzen Operation kaum fühlbar. Nach der Operation 
tollapszustand bis zum nächsten Tage. Ernährung zunächst nur per roctum 
bchon am neunten Tage per os 1 1 Milch, 150 ccm Bouillon und 2 Eier. 

k ni ftea , Tage Fleisch. Am 31. Tage nach der Operation Patientin als 
geheilt, entlassen, hat bis dahin seit der Operation 7 Pfund zugenommen. 
Der exstirpirte Theil ist 12 cm lang, 10 cm hoch und 6 cm dick. 

as Lumen kaum für dünne Sonde durchgängig. Makro- und mikrosko¬ 
pische Untersuchung des Tumors ergab ein Carcinoma gelatinosum, ent¬ 
standen wahrscheinlich auf dem Boden einer Narbe nach Ulcus ventriculi. 
in Drusen nichts vnn Unreinnm 


nach 


i Drüsen nichts Yon Carcinom. 

Heute (den 25. November 1893) etwas über fünf Monate 
Operation ist die Frau kaum zu erkennen, so wohl sieht sie a US . 0 iu 
at m dieser Zeit 33 Pfund zugenommen, fühlt sich durchaus gesund und 
wattig, verrichtet ohne irgend welche Ermüdung die Arbeit oiner 
i- 1 ?' Keinerlei Magenbeschwerden, trotzdem sie auf die wenig 
• ™ pT.. Kost einer Bäuerin angewiesen ist. Nirgends Zeichen 
• eciaivs. Magen bedeutend kleiner als vor der Operation, aber 
Magensafte auch jetzt keine freie HCl. Motorische 
i 1 ' • ‘ )es ® er als vorher. Sechs Stunden nach der Probemahlzeit im 

sc&aurverCg S d aSt. l0tZteren ' D “ Resol 'P tionsfiüli e keit der 

i A m se ^en Tage mit dieser Patientin wurde eine andere operirt, 
für CÜ6 f ^i^rgisöhen Klinik seitens der medicinischen als ein 
poii even .Ile Resection des Pylorus wegen Carcinoms geeigneter 
rau zugewiesen wurde. 

zwnlfU'™i! r e ? ne .^j^hrige Arbeiterfrau, subjectiv kaum seit zehn bis 
7 iuti»nri v £ nu £’ sonsti von durchaus gutem Ernährungs- und Kräfte- 
warh« ß n Q ^ aC u Eröffnung der Bauchhöhle wurde ein mit dem Pankreas ver- 
menhim s , ve ^ zu mobilisirender Pylorustumor vorgefunden. Im Liga- 
fixirte rinJ!, 0 P °'k 6pa , tlcum eine über kirschgrosse mit der Leber ziemlich 
lieimrath vr n? ? kwidst , ; retr °peritoneal mehrere harte Knoten. Herr Ge- 
Gastropnw U - cz nakn L von der Resection Abstand und machte eine 
mit der m ;f S T ie nack . ^ ac k er - Diese Patientin wurde gleichzeitig 
vor der rw +• m r f. secirten Pylorus in durchaus besserem Zustand als 

lh ™ ^ Tagen - 

ein der Pylorusreseetion ist bei der ersten Patientin 

fähieW tu aus £ eze i c hneter. Ihre frühere körperliche Leistungs- 
“undzurück, sie fühlt sich subjectiv ganz |e- 
iichen ^ Re ^ en w > e zu ihrer besten Zeit, kommt stimmt- 

worden 1611 nack ‘ ^ ist sozusagen das Leben wiedergegeben 

OperatimwL e * ner technisch zu den schwierigsten zählenden 

mehr an nn*;? 1 ei ?? r * ast mor ibunden Person, die immerhin immer 
eine zunLh c + 1Ve + m Boden gewinnende Anschauung, dass das Carcinom 
beruhenH p lvi , n g l°calisirte auf Inoculation eines fremden Agens 
Fall SDrpchpn ? nkun f ist ’ sowie der Vergleich mit dem anderen 
Pylorusc a rpinp abermal8 . sehr stark zu Gunsten der Behandlung der 
ja jede auf v? 16 mitl Exstirpation des Tumors. Jeder Magenttimor, 
allem in dia p Vf gent . ull J or _ v - er dächtige Magenkrankheit gehört vor 
dieser eventnpii™ 1 ^ 1 Klinik und erst nach Begutachtung seitens 
nöthige Prohpio« m x^ 16 . me dicinische Klinik. Lieber mehrere un¬ 
spät“. Und ? a ^ omieei1 als sich einmal sagen zu müssen: „zu 
ist kaum anzunehmen, dass es nicht zu spät wäre, 


, . __ 283 

wenn die Patientin acht Tage später in die Klinik- tsmn i?. 
braucht leider kaum der Erwähnung, dass die vorgestellte Patientin 

Fall r6 m/ 61n T a C hrB d0Ch >! h p 7 Grundleiden erliegen wird. (Billroth's 
Pylorusreseetion ging zugrunde an Recidiv.) 
f rh .?.® nfa s k °™ mt es darauf an, die Pyloruscarcinome möglichst 
frühzeitig dem Chirurgen zuzuführen resp. zu operiren. Wieselten 
man für die Behandlung mit Resection geeignete Fälle von Pylorus- 
earemom bekommt, dafür mag der Umstand beweisend sein, dass Ge- 
heimrath Mikulicz seit der Eröffnung der neuen chfrurgischen 
mik J f n u ? res ( de . n April 1891) bei durchaus regem und 
Sh 66 ? Krankenverkohr bis heute wegen Carcinoms nur 
dreimal l ) den Pylorus resecirt hat. Alle drei Fällo geheilt ent¬ 
lassen. Davon einer ein Jahr nach der Operation an Recidiv ge¬ 
storben. fe 

Operirt wurde stets, sobald die Operation technisch (wenn 
auch noch so complieirt) ausfahrbar war und wenn man auch 
nur dre geringste Aussicht hatte, durch (Uesen Eingriff dem Kranken 
mehr Nutzen als durch ein anderweitiges Verfahren (Gastro- 
enterostomie etc.) bringen zu können. 

. • 7* S 6 , 1 ?* Eraem stellt, anschliessend an den soeben demou- 
strirten Fall a) einen Patienten mit Pylorusstenose vor, deren Er¬ 
scheinungen durch Ausführung der Gastroenterostomie vöBig be¬ 
seitigt smd. 6 

Der 33 jährige Kranke litt seit drei Jahren vor der Operation an 
Magenbeschwerden und Erbrochen das meist mehrere Stunden nach der 
Mahlzeit omtrat. In den letzten Monaten erhebliche Steigerung der Bo- 
qtX u.-.T Entwickelung dos typischen Bildes der Pylorusstenose. 
Starke Abnahme der Kräfte und des Körpergewichtes bis auf 95 Pfund. 
Der Magen ist massig stark dilatirt, von einem Tumor in der Regio pylorica 
nichts zu fühlen. Mageninhalt sauer, ohne freio Salzsäure. Verdauende 
Jvralt nicht wesentlich, motorische Function in hohem Grade herabgesetzt. 
An den Brust- und übrigen Bauchorganen keine Abnormitäten. Die 
Diagnose wird auf Pylorusstenose, wahrscheinlich durch narbige Schruni- 
piung nach Ulceration veranlasst, gestellt. Carcinom konnte wogen der 
langen Dauer der Erkrankung ausgeschlossen werden. Höchstens konnte 
es sich um ein auf dem Boden einer alten Narbe entstandenes Carcinom 
handeln. Am 27. Apnl 1893 führt Herr Gehcimrath Mikulicz die Ope¬ 
ration aus. Magen mässig erweitert. Fundus tiefstehend, Cardial- uud 
Pylorustheil steil aufsteigend, so dass der mittlere Theil geknickt erscheint. 
Derbe, geschwulstartigo Verhärtung am Pylorus, der durch feste Ver¬ 
wachsungen mit der Umgebung verlüthet ist. Wegen der dadurch beding¬ 
ten technischen Schwierigkeiten wird von der Pylorusreseetion Abstand 
genommen und die Gastroenterostomie nach Hacker’scher Methode aus- 
geführt. Nach Eröffnung des Magens wird dessen Inneres anspalpirt. 
Dabei zeigt sich dicht vor der Verhärtung eine von unten ansteigende, 
halbmondförmige, das Lumen dos Pylorus zu mehr als ' 3 jz abschliessende 
häutige Klappe, hinter der eine derbe, wie es scheint, ulcerirte Fläche 
liegt. Glatte Heilung. Patient nach drei Wochen entlassen. Seither 
sind die früheren Beschwerden völlig fortgeblieben, 
gänzlich normal. Vorzüglicher Kräftezustand. Körpe: 

— also um 50 Pfund 

normale Verhältnisse. ^ ____ 

vollkommene, als die Ulceration, die die Stenosirung und Klappenbildung 
veranlasste, du ch die Ableitung der reizenden Mageningesta wohl sicher 
im Laufe der Monate vernarbt sein dürfte. 

b) Herr Braem demonstrirt an drei Patienten die Resultate 
der Transplantation von ungestielten Hautlappen nach der 
Krause’sohen Methode. Sämmtliche Kranke wurden wegen Ulcus 
cruris operirt. Zwei davon, Männer von 55 resp. 62 Jahren sind 
vor 11 Wochen, die dritte, ein Mädchen von 30 Jahren, vor acht 
Wochen operirt. Die beiden ersteren sind einige Wochen nach der 
Operation bereits von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgestellt 
worden. Bei dem einen Kranken, dem 62jährigen Manne, sind an 
mehreren Stellen tiefergehende, jedoch nicht die ganze Dicke des 
Lappens durchsetzende Nekrosen aufgetreten. Dieser Fall war 
sowohl bezüglich des Allgemeinbefindens als wegen der weithin 
narbig veränderten Umgebung der zwei grossen Geschwüre der am 
wenigsten günstige. Bei den beiden anderen Patienten waren dio 
Heilungsbedingungen bessere. Hier sind nur oberflächliche Ne¬ 
krosen in kleiner Ausdehnung eingetreten. Nach sieben resp. acht 
Wochen war hier völlige Heilung erzielt; im dritten Falle erst nacli 
10'/2 Wochen. Die Resultate sind durchweg ausserordentlich be¬ 
friedigende. Selbst bei dem ungünstigsten Falle erscheint die 
transplantirte Haut resistent, zum grössten Theil von normaler 
Färbung und Oberfläche. Nur an den Stellen der tieferen Nekro¬ 
sen ist die Epidermis dünn, glatt und leicht schuppend. Sogar 
eine gewisse Beweglichkeit gegen die Unterlage ist schon jetzt zu 
constatiren. Bei den anderen Patienten haben die Lappen in ganzer 
Ausdehnung das Ansehen fast normaler Haut, sind deutlich ver¬ 
schieblich, gegen die Umgebung durch ganz feine lineare Narben 
abgegrenzt. Diese Kranken gehen nach Einwickelung des erkrankten 

l ) Zur Zeit, den 18. Februar 1894, bereits im ganzen sechs Pylorns- 
resectionen infolge von Pyloruscarcinom. Fünf geheilt, entlassen, das 
sechste wird demnächst ebenfalls als geheilt entlassen. Davon, wio obon 
orwähnt, ein Fall an Recidiv ein Jahr nach der Operation gestorben. 


Appetit, Verdauung 
Körpergewicht bis 145 Pfund 
gestiegen. Am Abdomen fiir die Palpation ganz 
Die Heilung ist voraussichtlich auch insofern eine 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


284 

Unterschenkels mit elastischer Binde ohne irgend welche Beschwer¬ 
den. Der dritte ist noch nicht aufgestanden. 

Die derzeitigen Resultate sind so gut, dass mit Sicherheit zu 
erwarten ist, dass sie bei einigermaassen zweckentsprechender Be¬ 
handlung auch definitive sein werden. 


IX. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwun¬ 
deten auf dem Schlachtfelde. 

Von Prof. Dr. Langenbuch. 

(Schluss aus No. 10.) 

Diese schönen, unter den ungünstigsten Umstünden erzielten Resul¬ 
tate v. Bergmann’s werden heute noch so gut wie damals Bewunderung 
erregen, Verwunderung weniger, wenigstens nicht bei denen, die v. Berg¬ 
mann’s erklärende Aufschlüsse über den Weg, auf dem sie erlangt sind, 
kennen gelernt und nicht vergessen haben. Ich lasse v. Bergmann’s 
Betrachtung hier wiederum wörtlich folgen: „Sieht man sich die Bemer¬ 
kungen zu den geheilten Fällen an, so wird Keinem entgehen, wie oft 
hier angeführt worden ist, dass sofort auf dem Schlachtfelde oder dem 
Hauptverbandplatz in den ersten Stunden nach erhaltener Verletzung der 
Verwundete mit einem Gipsverbande versehen wurde. Unter den 23 
Heilungen gehören 14 hierher, 6 Kapselschüsse und 8 Complicationen mit 
Knochenverletzungen. Von 13 Knieschüssen mit mehr oder weniger 
schweren Läsionen der Gelenkkörper, die genesen sind, wurden demnach 
8 möglichst früh, schon auf den ersten Verbandplätzen mit einem 
Gipsverbande versehen. Mehrfach ist dieser Gipsverband ein fensterloser 
gewesen und lange liegen geblieben, ehe er gewechselt wurde. Ja einige 
male waren, als man diesen ersten und einzigen Verband entfernte, die 
Wunden unter ihm complet geheilt. Dies gilt auch von den beiden 
Heilungen, die hinterher starben und von deren Präparaten (Einheilung 
eines Knochensplitters sowie verschiedener Tuchfetzen) oben die Rede 
war, sie waren im möglichst zeitig angelegten und lange liegen gelassenen 
Gipsverbande erfolgt. Wenn es möglich wäre, eine medicinische Ge¬ 
schichte des russisch-türkischen Krieges zu schreiben, so würde das Ver¬ 
dienst der russischen Militärärzte im frühen Anlegen der Gipsverbände 
entschieden gewürdigt werden“. 

Dieses sofortige Eingipsen, welches zunächst wohl nur im Interesse 
des Transportes, auf dem die Verwundeten infolge der schlechten Wege 
und Fahrzeuge entsetzlich leiden mussten, unternommen wurde, fand auch 
seine weitere vielfache Anwendung vor Plewna und ermangelte ebenfalls 
nicht der guten Resultate. Als v. Bergmann Anfang September von 
Plewna in dife Donauspitäler zurückkehrte, konnte er hiervon vielfach die 
erfreulichsten Beweise sehen und fand z. B. allein im evangelischen 
Hospital in Sistowa 7 Kniegelenkschüsse ohne oder nur nach kurzer 
Eiterung geheilt. „Ich habe durchweg gesehen und hundertfältig consta- 
tirt, dass diejenigen Schussfracturen und Wunden der grossen Gelenke 
am besten gefahren sind, welchen ohne weitere Untersuchung die Ver- 
bandwatte hoch aufgepackt wurde und die dann mit dem ungefensterten 
Gipsverbande die lange beschwerliche Fahrt in die Kriegslazarethe ange¬ 
treten hatten. In anderem Sinne, als es oft heutzutage vom 
antiseptischen Curverfahren behauptet wird, hatte ich an 
meinen Verwundeten erfahren, dass in derThat der erste Ver¬ 
band ihr Schicksal entscheidet.“ 

Auch die von v. Bergmann über die Blutungen bei Kniegelenks¬ 
schüssen gemachten Bemerkungen müssen wir hier wiedergeben. Er be¬ 
tont, dass infolge von Kapselrissspannungen das in ihre Höhle ergossene 
Blut nicht herauskommen kann. „So nur erklärt es sich, dass man 
bei frischen Gelenkperforationen auf den Verbandplätzen die mächtigsten 
intraarticul i : .ren Ansammlungen findet, Hämarthronformationen mit innerer 
Spannung des Bandapparates ohne Ausfluss von Blut und Synovia. — 
Drückt man die aufgetretenen Blutwülste auch noch so kräftig nieder 
oder die ganze Gelenkgegend zusammen, man entleert doch weder ein 
Coagulum noch einen Tropfen Synovia aus dem abgeschlossenen Binnen¬ 
raum der Kapselhöhle.“ 

Weiter heisst es: „Die Bedeutung der Blutinfiltrate für den Ver¬ 
lauf der Schusswunden hat man gewiss unterschätzt. Das Blut ist der 
Zersetzung bestes Substrat. Es verfällt ihr zuerst und zunächst. Die 
Schicht Blut zwischen den Geweben steht mit dem Coagulum im Wund- 
canale und durch dieses mit der Aussenfläche des Körpers in Contact. 
So ist die Bahn zu den Noxen der Aussenwelt hergestellt. Die ganze 
Blutmasse in der Wunde und den Geweben zerfällt prirho loco und bringt 
die oberflächlichen wie tiefen Bindegewebslagen dergestalt mit Zersetzungs- 
producten in Contact, sie mit diesen ebenso weit imprägnirend, als es sie 
vorher infiltrirte. Die Panphlegmone ist so auf das beste angelegt, ein¬ 
geleitet und unaufhaltsam fortgeftihrt.“ 

.v. Bergmann verzichtet auf die Entleerung dieser Blutmassen, ihm 
scheinen alle darauf hinzielenden Maassnahmen unter den obwaltenden 
äusseren Verhältnissen als unzulässig, und ihm lag es daher vor allen 
Dingen mehr daran, seinen Patienten die Vortheile zu wahren, welche 
sie in der Kleinheit ihrer äusseren Wunde besassen (!1 Verf.). „Sollte 
dieses Substrat der Zersetzung, das in die Gewebe ergossene Blut fort¬ 
geschafft werden, so konnte höchstens der Versuch einer rascheren Re¬ 
sorption desselben erlaubt sein. Es verfällt bekanntlich jedes Extravasat 
unter allen Umständen einem verhältnissmässig schnellen Schwunde. Be¬ 
fördert man diesen z. B. noch durch comprimirende Verbände, so ist an¬ 
zunehmen, dass mit dem rascheren Verschwinden des die Zersetzung vor¬ 
zugsweise begünstigenden und weiter leitenden Materiales, auch das Auf¬ 
treten und die Wirkungen dieser selbst gehemmt und gemildert werden. 
Ich wollte m den frischen Fällen die antiseptischen Verbandstoffe, mit 


denen ich die Wunden zu verpacken gedachte, nicht bloss fest andrücken, 
sondern auch das ganze verletzte Glied einer circulären Compression durch 
den geplanten Verband aussetzen.“ 

So überaus glücklich sich auch die Ausführung dieses Verbandplanes, 
wie wir weiterhin sehen werden, erwies und immer erweisen wird, so 
kann ich doch seine Nebenmotivirung durch die BlutungsVerhältnisse in 
der von v. Bergmann dargelegten Weise nicht so ganz zutreffend finden. 
Meiner Meinung nach enthält das ergossene Blut entweder schon Infec- 
tionskeime, die durch den Schuss selbst in die Wunde gelangten, und 
dann würde, namentlich bei bestehender blutiger Gewebsinfiltration, wohl 
nichts die secundäre Entzündung hintanhalten — oder Wuudhöhle und Blut 
blieben bis zum abschliessenden Verbände aseptisch, und dann kann uns 
die Anwesenheit des Blutes ziemlich gleichgültig sein. Es wird nicht 
zerfallen, aber sich über kurz oder lang, vielleicht erst, nachdem die 
Wunden schon längst verheilt sind, vollständig resorbiren. Eine behufs 
Hintanhaltung der Zersetzung des Blutes die Resorption desselben fördern 
sollende mechanische Aufgabe und Wirkung des Verbandes vormag ich 
nur als ganz seeundär bedeutsam anzuerkennen; hier scheinen sich An¬ 
schauungswege zu scheiden, und ich mache nur darauf aufmerksam, dass 
es also anerkanntermaassen Wunden giebt, bei denen ebenso wenig, wie 
bei den subcutanen Fracturen von einer Ableitung des Blutes und der 
Wundflüssigkeit in den Verband die Rede sein kann und dass sie gleich¬ 
wohl, selbst am Kniegelenk zur ungestörten Ausheilung gelangen können. 
Uebrigens ist die Arbeit von v. Bergmann vor 15 Jahren geschrieben; 
zwar prangt sie noch in unvergänglich erscheinender jugendlicher Frische, 
doch legt der Autor vielleicht auf den soeben beregten Satz kein Gewicht 
mehr, wie ich seiner auch gar nicht erwähnt hätte, wenn er mir nicht 
die Gelegenheit zur Hervorhebung einer von mir gehegten andersartigen 
fundamentalen Anschauungsweise darböte. 

v. Bergmann’s Wunsch, frische Knieschüsse nach dem gefassten 
Plane behandeln zu können, ging bald in Erfüllung, und zwar gelegentlich 
von Gefechten, die südwestlich von Plewna auf der auch mir gelegentlich 
eines Kriegszuges bekannt gewordenen Chaussee nach Sophia stattfanden. 
Freilich gelangten die Soldaten erst 24 Stunden nach der Verwundung in 
seine Hände und hatten alle schon eine „erste Wundbedeckung“ mit feld- 
mässig umhergetragenen und anscheinend nichts weniger als aseptischen 
Verbandstoffen erhalten. Ob sie deshalb schon eine secundäre, also vom 
Schüsse unabhängige Contactinfection erlitten hatten? v. Bergmann 
scheint diese Befürchtung gehegt zu haben, und wer hätte das damals 
nicht ebenfalls gethan? Erst ganz neue Untersuchungen lassen diese 
Dinge in einem neuen und weit minder grellen Lichte erscheinen; 
doch davon später, v. Bergmann äusserte seine Besorgniss in folgenden 
Worten: „Ich darf also leider nicht sagen, dass ich Wunden aus einer 
Zeit, wo äussere Schädlichkeiten sie noch nicht getroffen, in Behandlung 
bekommen hätte.“ Die Gelegenheit zu einem ganz reinen Versuch mit 
seinem Verbände war also schon so ziemlich verpasst, und nur ausser- 
gewöhnlich gute Resultate konnten für seinen Werth sprechen, während 
mittelgute oder unbefriedigende Ergebnisse nichts gegen denselben be¬ 
wiesen. Es konnten nun 15 Knieschüsse, sämmtlich mit Knochenfracturen 
complicirt, in der angegebenen Weise verbunden, dann auf Wagen ge¬ 
laden und nach einer ununterbrochenen fünftägigen Fahrt in einem vor¬ 
züglichen Lazareth in Sistowa untergebracht werden. 

Wie waren die Resultate? Unvergleichliche, bis dahin nie gesehene! 
„von den 15 Knieschussfracturen sind 14, also alle bis auf einen mit dem 
Leben davongekommen (macht nur 6,6 °/o Letalität). In acht Fällen er¬ 
folgte die Heilung ohne oder so gut wie ohne Eiterung, unter ihnen be¬ 
fanden sich drei Fälle mit steckengebliebener Kugel, einer mit Splitter- 
fractur der Patella und einer mit grosser seitlicher Beweglichkeit im ver¬ 
wundeten Gelenke. In den übrigen sieben Fällen trat Eiterung auf, zwei¬ 
mal in geringerer, die übrigen male in grösserer Hartnäckigkeit. Dennoch 
erstreckten sich die Eiterungen, wie das sonst so gewöhnlich, nicht längs 
des Femurs hinauf und zwischen der Wadenmuskulatur hinab, sie be¬ 
schränkten sich auf die Gegend des Gelenkes selbst. Das ist wohl auch 
der Grund für das Gelingen der beiden hohen Oberschenkelamputationen. 
Eine Ausnahme hinsichtlich der Eiterverbreitung machte allein em un¬ 
glücklicher Amputationsfall, welcher einen, aber auch den einzigen Pyämi¬ 
schen betraf.“ 

v. Bergmann sagt weiter: „Ich habe mich nicht entschhessen 
können, die Vortheile der kleinen Wunde, wie sie die Schussöffnungen 
repräsentiren, aufzugeben.“ Ein, wie mich angesichts der neuen weit 
kleineren Projectile bedäucht, enorm wichtiger Satz und von der grössten 
Tragweite für die weitere Ausgestaltung der Kriegschirurgie, auf den wir 
noch eingehend zurückkommen werden. Er schliesst das methodische 
sofortige D6bridement und die ebenso schädliche als ohnmächtige chemi¬ 
sche Desinfection des Wundinneren aus. > . 

Auch einer in den Bemerkungen zum Verlaufe der einzelnen hallo 
(p. 47 Fall 5) enthaltenen, an unscheinbarer Stelle wie versteckten Notiz 
muss ich Erwähnung thun. Sie enthält in wenig Worten viel, giebt zu 
denken und lautet: „Erster Verbandwechsel am 25. November, also 44 lag® 
nach der Verwundung. Eintrittsöffnung geheilt (Kugel steckt im Gelenk). 
Patient war während der Schlacht vom Regimentsarzte mit einer Tampo¬ 
nade (blutstillende Watte) seiner Wunde bedacht worden, die ich mit 
vieler Mühe lösen musste. Die Temperatur überstieg keinmal *>«>•• 
Kugel eingeheilt. Hier war die Wunde also sofort quasi hermetisch ge¬ 
schlossen und heilte ohne Fieber und Eiterung! 1“ Ja, der sofortige 
hermetische Verschluss! , 

Dann: „Von der Hülfe auf dem ersten Verbandplätze wird heute 
wie immer eins an erster Stelle gefordert: die schnelle Bereitung und 
Zurichtung der Verwundeten für den Transport. Der immobilisirende 
Verband (bei Gelenkschüssen und Knochenfracturen) muss einer sein, 
der lange unangetastet - liegen bleiben kann.“ — Ich darf wohl, ohne 
Widerspruch zu erfahren, diesen Satz dahin erweitern, dass jede 


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22. März. 


erste Versorgung, also auch die der zahllosen Leichtverwundungen wenn 
irgend möglich schon auf dem ersten Verbandplatz so angelegt sein sollte 
dass auch sie bei Ausbleiben von Fieber und entzündlicher Schwellung 
bis zur Heilung unangetastet bleiben kann. 6 

Von grosser Bedeutung erscheinen mir schliesslich auch folgende 
Worte: „Offenbar sind nicht alle meine Fälle schon von der Ein- oder 
Ausgangsöffnung her mficirt gewesen, als ich sie verband. Die Tabelle 
zeigt, dass je früher verbunden wurde, desto besser meine Patienten 
fuhren und dass die schlimmen Fälle der Verbandapplication des dritten 
Tages angehören. Hier darf freilich angenommen werden, dass die 
Störung schon angelegt und eingeleitet war, die sich später (!) o- anz 
regelmässig und pnmo loco durch das Fieber verrieth“. 

Ja das Fieber! Wie interessant und lehrreich sind hierüber die Be¬ 
obachtungen an den 15 Fällen v. Bergmanns. Der Leser wird sich 
der Fischer sehen Beobachtungen nach der Schlacht von Spichem er- 
mnern, denen zufolge die Verwundeten in der Regel erst am 4. bis 
6. Tage Temperaturerhöhungen zeigten. Wir machten hierzu die Be¬ 
merkung, dass das fnedenschirurgische classische Wundfieber der voranti¬ 
septischen Zeit sich ebenso regelmässig nach Ablauf von 24 Stunden ein¬ 
zustellen pflegte, und zogen hieraus den Schluss, dass die bezüglichen 
Friedenswunden entweder sogleich in statu nascendi et materia laedente 
impura mficirt oder secundär mit emer mit der Behandlung verknüpften 
Contactinfection unterworfen waren, dass dagegen die Schusswunden in 
der grossen Ueberzahl offenbar nicht primär inficirt sind, denn sonst 
würden sie früher Fieber zeigen, sondern erat secundär, da sie mehr 
oder weniger vor äusseren Schädlichkeiten unbeschützt blieben, inficirt 

p mächtlg ? S v tutz £, ( ör die Richtigkeit dieser Annahme bieten 
nun die v. Bergmann’schen Fälle. 

, , In l FUton t»t überhaupt kein Fieber auf, hierunter auch der mit 
der styptischen Watte Versiegelung; bei vier von diesen konnte v. Berg- 
g acb3 ° Stunden seinen Verband anlegen, bei den übrigen drei 
dm Stu “ den : Im Durchschnitt wurde jeder erat nach 37,7 Stun- 

7 w»r Ä lg l GTh iT a en *T- B * 61 den «brigen 8 Fällen trat Fieber auf, und 

4^ 30 12 8 Ta 15 d f I J St l nach % ezmt: am 14., 25., 13., 

ttXv' f ’ l 2 - T ^ e : durchschnittlich aber erst am 20. Tage und meistens 

ectJ^lab? n V h l eln ’a ** W ° W die Gelegenheit zu dieser kleinen Im 
59 X£n3 rbaade n waren diese 8 Fälle durachschnittlich erat nach 
’ / • circa 15 Stunden später als die anderen. Einzeln be- 
“ Urde Gmer nach ^ drei nach 48 ’ und y ier erst nach 60 Stunden 

fällt geschossen wird, zumal bei Verletzung der Knochen, I 

riJJr ld f b ’f {0Tt T H en '^ eine Wunde erl?eut sicb a, so 

band Irmli emtret ® Ilde ? mechanischen Ruhe. Auch der erste Deckver- 
V Bprvimfn Sei ^.'V: e e J "' o le ’ M ' 5lbt ruhi ? 1 legen und wurde in den 
Es Uevfn «ünfn he 5 F w e - n d , urch emcn feinenden Gipsverband abgelOst, 

günstige Süssere Um- 

mmeLu i. S K h dl6 T Leichtverwundeten nicht in gleichem Maasse 

Estrmdst dT» Spt n en u , LeUte T 1 J e,chtOTen Schüssen durch die obere 
SÄJ“]'^fe'sgegeud durch die Lendenmuskulatur, mit 
\S» , ler . Art s ehen umher, verhalten sich bezüglich ihrer 

ans^luenpr^Tni^ 1 ”. 581 ^ komme . n theiIs a » s Mangol an Platz, theils 
| m |t „L , nst entweder gar nicht odor erst später, wenn sie fleber- 

eni “er Ä ’„ n H U ? , L, ? grCn ’ l bT ° Wmdoa babea in der ersten Zeit 
vergfeich^Pkp ^ ? t ch 1 u ‘ z ™ r der Aussenwelt gehabt und sie werden sich 
'■ Berirman n '«Phfn t r '. eichte 5 s , ec ™dfe inficircn, wie ein durch den 
Äff Gipsverband geschützter und geschienter Knieschuss. 
Verlauf . he S b wohl ebenfalls ein Factor für den guten 

ment bleiht fh ?1Se iiefeudelten Knieschüssen. Das maassgebonde Mo- 
eintretende endgültige®Schutz vor 
v.^Berumanl’s f“,t ?”, d , auch J b,cr erfre ? ten si ch die Knieschüsse unter 
brauchten erst i besonders günstiger Verhältnisse. Die Vorhände 

und schützten .wT 48 S ! Undon nach dor Verwundung angelegt zu werden 
l^das ^Es liet L n ° Ch 73 r s ^ lmdär f. Entzündung und Fieber. Woran 
inficirt worden ^ Hand ‘ Sl ° waren weder durch den Schuss 

band. Und du l| C ^ * den erst . en überaus schmutzigen Dcckver- 

Infectionskeime enthielt”* ! etztereri nicbt? Weil er offenbar selber keine 
bei den stillD^/ r" d ’ a™ nu ? von £ rosser Wichtigkeit wurde, 
Dienste eines t^ enden ™ d sich nicht Umhertreibenden die 

der Wunde versah. Auf 
Verbandstoffe werde . St eri litat der zunächst angewandten schmutzigen 
alles sebe Grenzen V ni , W6lter " nten ™ s P rechei1 kon “nen. Wie ater 
des definitiv absehliWn a° v< ?r tra a ea die Wunden wohl einen Aufschub 
denn bis dahin S f w \ erbandes von durchschnittlich 37 Stunden, 

D a tient aber noch^län^ llüde f ^berülirt und gut gedeckt, musste de»^ 
eigentliche AseS niHa 60 &tunde ? ( 4 mal ) warten, dann schien 
wohl walteten w E u h “ ebr consemrbar gewesen zu sein. Gleich- 
Material entstammte on T J*- 06 ] 1 günstige Umstände, denn das inficirende 
sich züchtenden vmiW^ Ch Q? ei \ nicht 1,611611 in den Hospitälern so schnell 
Darasitenspecies wie en . ten Streptococcen, sondern einer weit harmloseren 
v : Bergmann’s 816 Z ‘ ^ den Staphylococcusarten kennen, 

die BehandlunL»- (rpimm ^ egann6 , n 1111 ^ -A- usn ahme eines schon fiebernd in 
^tui-steigerunin ?n ^? enen ^«chnittlich erst am 20. Tage Tempe- 
der Reihe nach " ezä hH gen ' f Es waren deren ja 7 Fälle; sie fieberten 
1 yiimiseh würfe S T 14 ’ 25 v 42.. 39. und 12. Tage. 

Wucherung entsclnPflon” 1 !? starb , und bei ihm hatte die Staphyloeoccen- 
,10Iaa ien. V 0 H e Tn!?i . d “r We » “ die Venen ge- 

mckzubeziehenden Q««*- 1 d,e ^virkung virulenter Streptococcen zu- 

Ich hat von fl. K r urdo kein ^ befallen! 

»lüssen, aber die vir7,ii V ,* llergmann ’ s ein ärmliches Referat bringen 
die ihrer Zeit nur Zn ' UDg ^ ^ nabe » diese hervorragende Publication, 
W01 ’den sein map «, I# 5r ftngeren Fachgenossen eingehender bekannt ge- 
1 emem grösseren Leserkreise wieder einmal nahe 


DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


__ 285 

zu bringen. Es giebt kein Bestreben nach Fortschritt für die erste und 

rnLZiZr w m °H StellS daS Wohl , und Wehe-des Verwundeten schnell' 
Anri ä d Wundversorgung, welches nicht auch aus dieser Arbeit dio 
SCl,ÖPf0,1 m “ SSte ’ UDd ife 0 Consequeuzeu 

Uebrigens stütze ich mich nur auf das in dieser Arbeit Gesagte und 
berufe mtch in keiner V eise auf die Anschauungen, welcho de/Autor 

vXsÄ g er beW U s n M erba " d Z " r St “ nde hegeD mag UDd di0 ”’ ir 

• i .Pf 1 * Leser wird sich gütigst erinnern, dass ich mit allem dem. was 
ich bisher aus den Autoron schöpfte, ihm ein Material Vorfahren wollte 
zum Beweise für die Berechtigung der Ansicht, dass es vor allem darauf 
ankomme, die Wunden möglichst sofort definitiv und „hermetisch“, wie 
auch schon y. Bergmann sagte, von der Aussenwelt abzuschHessen 
und sie mcht der oftenen“ Behandlung unter irgend einer Form zu 
überlassen. Ich selber hatte in meinen früheren Ausführungen den 
sofortigen hermetischen Abschluss gefordert und die Anwendung von 
I flaster und Naht vorgeschlagen. Zur Stützung dieses Vorschlages berief 
ich mich aut einige klinische Erfahrungen an Schusswunden und compli- 
cirten bracturen. In der Discussion verlangte Horr Trondolenburg die 
Veröffentlichung der bezüglichen Fällo. Ich hätte dieso gleich nach dem 
Longresso vornehmen können, doch lag mir zunächst noch daran eine 
andere wichtige und fundamentale Frage bezüglich der ganzen Materie 
zur Lösung zu bringen und danach erat meine Anschauungen noch ein¬ 
mal pubhcistisch zu vertreten. Ueber die „andere“, jetzt gelösto Frien, 
werde ich weiter unten eine Mitteilung machen und jetzt erst an die 
Berichterstattung meiner Fälle gehen. 

o a P oi 011 ™^ 0 ; R ' Kaufmann, 19 Jahre, aufgenommen 

24. März 1888. Perfonrende Schusswunde der Brust in der 
Herzgegend. Schusswunde des linken Zeigefingers mit Bruch 
der Phalanx. Behandlung: Desinfection und Naht der Wunden. Geheilt 
entlassen am 14. April. 

Fall 2. No. 828. R. Kr., 20 Jahre, aufgenommen 15. April 1889. 
Revolverschuss in den linken Vorderarm. Behandlung: Incision 
und Entfernung der Kugel. Naht. Geheilt entlassen am 23. April. 

F a, f 8. No. 288. H. Gr., Handelsmann, 47 Jahre, aufgenommen 
10. Februar 1891. Schuss in den linken Oberschenkel. Breite 
Incision, ohne dass das Geschoss gefunden wird. Naht. Geheilt entlassen 
am 12. März. 

Fall 4. No. 669. Knabe O. M., 5 Jahre, aufgenommen 19. April 1893. 
Fractura tibiae dextrae complicata. 6 cm lange Hautwunde, quer 
zur Achse des Gliedes durch Austritt des Knochenendes entstanden. 
Zackige Ränder. Viel Schmutz aus der Wunde durch den scharfen 
Löffel entfernt. Ausspülung mit Sublimat. Vollständiger Nahtverschluss 
(also keine Drainage). Gypsverband. Es ist weniger anzunehmen, dass 
der Schmutz absolut entfernt wurde, als dass er eben keine Entzündungs¬ 
keime enthielt. Der Heilungsverlauf war absolut fieberlos. 

Die folgenden Verletzungen sind sämmtlich ohne Desinfection 
der Haut und Wunden sofort vernäht, gepflastert und fieber¬ 
frei geheilt. 

Fall 5. X., aufgenommen 20. Februar 1893. Schuss in den 
unteren Winkel der Scapula. Geschoss in der Tiefe belassen. 

Fall 6. Aufgenommen 28. Februar 1893. Messerstich in die 
linke Pleurahöhle durch den zweiten Intercostalraum. Naht und 
Pflaster. Bluterguss in die Pleurahöhle. Am 7. März Entleerung von 
800 ccm Blut durch Aspiration. 

Fa 11 7. 0. H., 30 Jahre, aufgenommen 19. December 1892. Pistolen¬ 
schuss in die rechte Lendengegend. Excision der Kugel. Naht. 
Pflaster. Polikinische Behandlung. 

Fall 8. Mario K., 33 Jahre, aufgenommen 1. Juni 1892. Hy¬ 
drops gen u dextri. Incision, Entleerung, Naht, Pflaster. Da die vor¬ 
gängige Desinfection der Haut unterlassen war, wurde der weitere Ver¬ 
lauf scharf bewacht. Es traten aber weder Fieber noch sonstige Störungen 
auf. Dass die Wiederansammlung von Flüssigkeit nicht ausblieb, ist 
natürlich eine Sache für sich. 

Fall 9._ M. Z., 34 Jahre, aufgenommen 3. Juni 1892. Fractura 
humeri sinistri, complicirt durch Hufschlag. Sutur, Pflaster und 
Stärkeverband. 

Fall 10. Q., 45 Jahre, aufgenommen 10. Juni 1892. Vulnus oc- 
cipitis. Entfernung der Haare auf trockenem Wege durch Schneiden 
und Rasiren. Sutur. Pflaster. 

Fall 11. J. W., 32 Jahre, aufgenommen 11. Juni 1892. Vulnus 
contusum dorsi pedis, 5 cm lang. Sutur, Pflaster. 

Fall 12. A. H., 35 Jahre, aufgenommen 1892. Hydrocele testis 
sinistri. Incision. Entleerung, Sutur, Pflaster. Hier blieb die Wieder¬ 
ansammlung von Flüssigkeit aus. 

Fall 13. E. Dr., 25 Jahre, aufgenommen 14. Juni 1892. Vulnus 
permagnum scroti dextri. Spiesste sich beim Ueberklettern einer 
Umzäunung auf einen spitzen Gegenstand auf, wodurch die Scrotalhaut. 
sowie die Tunica vaginalis in einer Ausdehnung von 10 cm durchschnitten 
wurden. Die Tunica wurde ohne alle Desinfection mit Catgut, dio 
Scrotalhaut mit Seide genäht. Pflaster, schnelle ungestörte Heilung ohne 
Erguss. 

Fall 14. I. G., 41 Jahre, aufgeuommen 20. Juni 1892. Mehrere 
Schnittwunden im Gesicht. Naht. Pflaster. 

Fall 15. W. S., 46 Jahre, aufgenommen 27. Juni 1892. Mehrere 
grössere Schnittwunden am Unterschenkel. Naht. Pflaster. 

Fall 16. M. B., 18 Jahre, aufgenommen am 25. Juni 1892. Brust¬ 
stich in der Herzgegend. Naht. Pflaster. 

Fall 17. X., aufgenommen.31. Juli 1892. Pistolenschuss durch 
„ie linke Hand, Fractur des zweiten Metacarpalknochens. Naht. 

Pflaster. Poliklinisch behandelt. 


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Gck gle 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




286 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCH RIFT. 


No. 12 


Fall 18. Aufgenommen 25. Juli 1892. Pistolenschuss in den 
rechten Oberschenkel. Der Schuss hatte zugleich ein Stück vom 
HausschlUsselbart abgetrennt und mit in die Tiefe getrieben. Naht und 
Pflaster. Da der Patient nicht im Hospital bleiben wollte, musste er po¬ 
liklinisch behandelt werden. Wie in allen Fällen so auch hier ungestörte 

^ e ^Fall 19. Sch., 40 Jahre, aufgenommen 23. October 1892. Fractura 
crurissinistri complicata. Tibiale Durchstichfractur. Naht. Pflaster. 

Fall 20. W., 47 Jahre, aufgenomrnen 1. September 1892. neie 
Schnittwunde am Halse (Conamen suicidii). Naht. Pflaster. 

Fall 21. J., 34 Jahre, aufgenommen 4. November 1892. Lorup U- 
cirter Bruch des rechten Oberschenkels. Hautwunde, aus der das 
obere Fragment herausragte, 2—3 cm gross. Reposition, Naht, Pflaster, 

Streckverband. _ . . 0rt0 ^ _ 

Fall 22. 0. H., 23 Jahre, aufgenommen 3. Mai 1893. Revolver¬ 
schuss in die Herzgegend. Allem Anschein nach zum mindesten der 
Herzbeutel perforirt. Sofort Naht und Pflaster. Die ersten zwei Tage 
Fieber von 39°. Dann allmählicher Abfall bis zur am fünften Tage er¬ 
reichten Norm. „ .. „ . , ono rv • 

Fall 23. Maurer A. S., 19 Jahre, aufgenommen 14. Mai 1893. Drei 
tiefgehende Messerstichwunden, je eine in der Mohrenheim- 
schen Grube, in den rechten Oberarm und den rechten Unterarm. Naht. 
Pflaster. Fieberfreier Verlauf. 

Wir hätten somit 11 Schusswunden (an einem Individuum deren 
zwei), von denen 4 den Thorax perforirt hatten. Das mindeste Ca- 
liber der Geschosse waren Revolverkugeln, deron Durchmesser dem neuen 
Infanterieprojectil entweder gleich kommt oder nur um wenigo Millimeter 
nachsteht. Einmal fand eine starke Pleurablutung statt. Von Stich¬ 
wunden sind drei Fälle notirt; eine war ebenfalls mit starker Pleura¬ 
blutung complicirt, und eine andere hatte den linksseitigen serösen Scro- 
talraum weit geöffnet. Vier complicirte Fracturen betrafen jo einen 
Oberarm, einen Oberschenkel und zwei Unterschenkel. Einmal wurde ein 
Hydrops mit dem Messer operativ verletzt und ohne vorherige Desinfec- 
tion der Haut genäht, und wiederum einmal geschah dasselbe an einem 
bedeutend perforirenden Trauma der linken Hodensackhälfte. An drei 
Personen wurden sechs Stichwunden, davon ein perforirender Bruststich 
mit Hämorrhagie in die Pleura sofort vernäht und gepflastert. Ausser¬ 
dem wurden noch fünf Wunden ohne vorherige Desinfectionen der Fläche 
und umgebenden Haut vernäht und gepflastert. Ueber das Pflaster wurde 
kein weiterer Verband gelegt; es ist mit Kautschuckmasse präparirt und 
besitzt eine enorme Klebekraft, so dass es, wie ich durch Versuche fest¬ 
stellte, selbst bei schwer arbeitenden, corpulenten und stark zum Schwitzen 
neigenden Personen viele Wochen lang festhaftet und auch nach mehreren 
warmen Vollbädern sich nicht lockerte. Ausser den angegebenen Indivi¬ 
duen konnten mangelnder Gelegenheit wegen bisher keine weiteren dieser 
Methode der sofortigen festen Wundverscliliessung unterworfen worden; 
es ist also auch kein einziger Misserfolg zu verzeichnen ge¬ 
wesen. Die Versuche werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit fort¬ 
gesetzt werden. 1 ) 

Die Desinfection der Wunde selbst sowie der umliegenden Haut 
wurde absichlich unterlassen, um möglichst die im Felde herrschenden 
Verhältnisse nachzuahmen. Uebrigens halte ich dieWunddesinfection ebenso 
wio v. Bergmann für machtlos und überflüssig und die nasse Desin- 
fection der Hautumgebung für nicht ungefährlich 2 ), da doch einmal 
virulente Keime, wenn sie an Fingern und Instrumenten vorhanden sein 
sollten, in noch nicht abgetödtetem Zustande durch den Flüssigkeits¬ 
strom in die Wundo eingeschwemmt werden könnten. Zudem ist die 
Desinfection im Felde zeitraubend und bei weitem nicht immer durch¬ 
führbar, und es werden wohl weder in unseren Wunden, noch in deren 
Umgebung, selbst am Sero tum, virulente Mikroorganismen vorhanden ge¬ 
wesen sein, denn bemerklich haben sie sich nirgends und niemals gemacht. 
Alle Verletzungen heilten genau in der Weise, wie die subcutanen dies 
zu thun pflegen. Nur an den Hauträndern der Schusswunden, welche 
namentlich am Einschuss etwas gequetscht waren, zeigte sich, wenn wir 
nach ca. 8 Tagen das Pflaster lüfteten, ein Minimum von eiterartiger 
Flüssigkeit, die auf Verflüssigung des ausser Leben gesetzten Gewebes 
zurückzuführen ist; denn weder hei uns, noch im Institut für Infeetions- 
krankheiten konnten pathogene Organismen darin nachgewiesen werden. 
Einige feuchte Umschläge genügten nunmehr, die kleinen Granulations¬ 
flächen baldigst zur Vernarbung zu bringen. Unser Nähmaterial: Nadel, 
Nadelhalter und Catgut, sowie auch unsere Hände waren natürlich voll¬ 
kommen aseptisch, doch kamen weder Hände noch Nadelhalter mit der 
Wunde in Berührung, was ganz überflüssig und für das Feld von grosser 
Bedeutung ist. 

Es leidet natürlich keinen Zweifel, dass der hermetische Verschluss 
bei Wunden mit ausgedehnten Quetschungen der oberflächlichen Weich- 
theile versagen kann und wieder geöflnot werden muss. Man soll niemals 
zü viel verlangen und ein Princip nicht zu Tode hetzen. Auch machten 
wir diese Versuche ja nur, um über die eventuelle Bedeutung des primären 
Verschlusses bei leichten Schusswunden Aufklärung zu erhalten. 

Ich würde mich sehr freuen, wenn auch Andere meine Versuche 
wiederholten, sie bekommen vielleicht noch mehr Muth dazu, wenn sie 
sich die Resultate der ganz neuerdings erst bekannt gewordenen Unter¬ 
suchungen von Pfuhl (Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten 
1893, Bd. XIII) vergegenwärtigen, welche die von mir vorhin erwähnte 
Frage lösen. 


') Nachträgliche Bemerkung bei der Correctur: Diese Fälle haben 
sich mittlerweile nach der vor Monaten erfolgten Manuscriptabgabe wohl 
um das Doppelte in gleichem Sinne vennehrt. 

2 ) Vergleiche die neuesten einschlägigen Experimente Schimmel- 
busch’s. 


Solche Versuche sind natürlich nur im Interesse der Wissenschaft 
bezw der Kriegschirurgie zu unternehmen und nach erlangten genügenden 
Resultaten abzubrechen. Es liegt mir wenigstens ganz fern, an unserer 
heutigen Civilchirurgie etwas reformiren zu wollen. . , 

Es hatte sich bei mir schon aus Erfahrungen von 1870/71 her, uud 
zwar gemacht an einigen Patienten, deren allerdings eiternde Wunden 
unter meinen Augen geheilt waren, bei denen aber nach Jahren noch sich 
plötzlich Uniformfetzen als wandernde Fremdkörper aus der Wundstelle 
oder deren Umgebung ausstiesson, Erfahrungen, die, wie ich weiss, auch 
mehrfach von anderer Seite gemacht wurden, dann durch die Lectüre 
weiterer solcher Fälle, so z. B. der v. Bergmann’s, und endheh durch dio 
Ergebnisse meiner klinischen Versuche die Ansicht ausgebildet, dass eines- 
theils das Miteindringen von Uniformfetzen ein nicht allzu häufiges Vor¬ 
kommen sei und dass andererseits solche Fetzen wohl nur ganz ausnahms¬ 
weise als inficirend anzusehen wären. Auch v. Bergmann konnte wohl 
einen Fall von vollständiger Einheilung mehrerer Uniformfotzen in das ge¬ 
heilte Kniegelenk demonstriren, thut aber, so weit mir bewusst ist, weder 
iu der Schilderung der Fälle, noch in seinen Betrachtungen dieser Zugaben 
zu den Schusswunden irgend einer Erwähnung. Auffallend war mir daher 
die Aeusserung eines so hervorragenden Chirurgen, wie König es ist, 
dass das Geschoss von jeder Hose, die es durchdrmge, Mikroben mit¬ 
nehmen könne und diese sehr häufig mitnehme, und dass auf Grund dieser 
Umstände durch eine sofortige Vernähung der Wunden mindestens m 
50% enorm rasch Phlegmonen gross gezogen werden, und dass nament¬ 
lich bei enormen Diaphysenzertrümmerungen dann eine acute Phlegmone 
und Sepsis die unvermeidliche Folge seien. Meine Vorschläge waren nur 
auf die erste Versorgung von leichten Verwundungen gerichtet, und ich 
muss dahingestellt sein lassen, ob die „enormenDiaphysenzertrümmerungen“, 
die wir haben worden, immer als leichte Verwundungen gelten dürfen; 
zum mindesten wenigstens nicht, wenn der Ausschuss durch heraus¬ 
gesprengte Knochensplitter zu einer weit aufgerissenen Wunde geworden 
ist. Denn dann haben wir doch wohl eine schwerere Verwundung, und 
ich erscheine mit meinen Vorschlägen vorläufig noch aussen vor. 

Immerhin war der Einwurf König’s, dass mindestens die Hälfte der 
Schüsse als inficirt durch Kleiderpartikel resp. hereingerissene Mikroben 
zu betrachten sei, ein solcher, mit dem schon der öffentlichen Meinung 
gegenüber zu rechnen war, und ich befragte daraufhin die Litteratur. Sie 
gab keine Antwort. Ich ging dann zu Herrn R. Koch und fragte ihn, ob er 
etwas über die Anwesenheit von virulenten Mikroorganismen in den ge¬ 
tragenen Soldatenkleidem wisse. Er meinte nein, war aber auf meino 
Bitte, ob sich diese wichtige Frage in seinem Institute nicht bacteriologisch 
lösen liesse, so liebenswürdig, seinen Mitarbeiter Herrn Pfuhl mit den 
desfälligen Untersuchungen zu beauftragen. Die Ergebnisse der Pfuhl- 
schen Arbeit sind erst kürzlich erschienen und dürften noch nicht überall 
bekannt sein. 

Ausgehend von der jetzt wohl ganz feststehenden Thatsache, dass 
für den Menschen die Gruppe der pathogenen Streptococcen der gefährlichste 
Wunderreger ist, da gerade diese Erysipele, Lymphangitiden, progressive 
Eiterungen und schliesslich Septikämie bedingen, während die virulenten 
Staphylococcen nur örtliche Entzündungen hervorrufen und erst auf dem 
Wege metastatischer Verschleppung durch die Venencirculation zur Pyämie 
führen, und auf die Thatsachen weiter fussend, dass die weissen Mäuse 
und Kaninchen in der Empfänglichkeit für diese Entzündungserreger dem 
Menschen sehr ähnlich sich verhalten, benutzte er diese Thiere für seino 
Versuche. Er entnahm nun getragenen, noch im Gebrauch befindlichen 
Soldatenhosen, -Unterhosen und -Röcken Partikelchen verschiedener Grösse 
und namentlich von solchen Gegenden, die für die Ansammlung von 
Schweiss und Staub die günstigsten Bedingungen boten. Die kleineren 
Partikelchen verimpfte er den Thieren in die Ohren, Körpertheile, welche 
bekanntlich auf jeden Entzündungsreiz heftig und augenfälligst zu reagiren 
pflegen. Grössere Tuchstreifen von 3 cm Länge und 0,3 bis 0,5 cm Breite 
brachte er den Thieren in die Pleura- oder Bauchhöhle. Es ergab sich 
„die sehr bemerkenswerthe Thatsache, dass sich unter 46 kleinen und 
5 grossen Zeugstücken, die direkt vom Körper der Soldaten entnommen 
und ohne Verzug auf empfängliche Thiere verimpft wurden, auch nicht 
eine einzige Probe befand, die eine Entzündung, eine Eiterung oder eine 
noch schwerere Wundinfectionskrankheit hervorgerufen hätte. Alle heilten 
vielmehr im Thierkörper ein. Die sämmtlichen untersuchten^öl 
proben enthielten also keine virulenten Wundinfectionserreger“. Einige 
Parallelversucho mit Partikelchen, die mit virulenter Strepto- und Staphylo- 
coccusbouilloncultur benetzt und verimpft wurden, führten zum septi- 
kämischen Tode resp. zu einer localen Entzündung am Impfort, also m 
der Pleurahöhle. Hiermit war der Beweis erbracht, dass die Thiere wohl 
an der Einimpfung von mit virulenten Organismen imprägmrten Uniform- 
theilen erkranken resp. zugrunde gehen, dass aber die nicht imprägmrten 
Kleidungspartikel sammt und sonders solche pathogenen Organismen nicht 
enthielten. Die grosse Bedeutung dieser Versuche, welche ihrer Wichtig¬ 
keit wegen vielfach nachgemacht werden müssten, liegt auf der Hand. 
Einimpfung von schmierigen Kleidungsfetzen, sofortiger Verschluss der 
penetrirenden Wunden und doch keine Spur von örtlicher und allgemeiner 
Erkrankung, und dasselbe Resultat in 51 Fällen, ohne alle Ausnahme.. 
Aehnliche Versuche waren schon 1888 von Fraenkel in Wien mit voll¬ 
ständig gleichem Resultat vorgenommen worden. 

Aus diesen Versuchen ist noch eine weitere von Pfuhl nicht ins 
Auge gefasste Consequenz zu ziehen: wenn lange getragene, verstaubte 
und verschwitzte Uniformen frei sind von virulenten Organismen, so wei¬ 
den es auch die ihnen eingenähten Verbandpäckchen sein müssen. Ja es 
ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass dio fabrikmässig hergestellten btono 
auch ohne vorherige Sterilisation sich nicht schädlicher als die Unitorm- 
stoffe selbst erweisen werden, v. Bergmann schildert die Unanseim- 
lichkeit und in die Augen fallende Unreinlichkeit, in welche die zu¬ 
nächst von den russischen Feldärzten auf die Kniewunden gelegten N ei- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




287 


22. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


bandstoffe, durch die Märsche in den staubigen Steppen irerathen waren, 
und sah doch nicht soviel Unheil von ihneu, wie zu erwarten war. Sie 
lagen in den gut verlaufenen Fällen 33 bis 48 Stunden den Wundflächen 
an, und erst die Wunden, deren Secrct, wohl durch eine längere Vorent¬ 
haltung des Luftabschlusses in Fäulniss gerathen war, verliefen fieberhaft, 
wenn auch mit Ausnahme eines Falles nie letal und nur ganz vereinzelt 
zur Amputation auffordernd. Also an dem Verbandstoff liegt es auch 
nicht in erster Linie, sondern an dem schnellen Abschluss der Luft, die 
auch in den bestventilirten Palästen das Secret einer einzigen Wunde 
erst zu oberflächlicher, dann zu tieferer Fäulniss bringen wird. 

Diese Fäulniss an sich ist noch relativ harmlos, aber auf den fauligen 
Materien gewinnen die hinzutretenden Streptococcen erst ihre Virulenz 
oder erfahren eine deutliche Steigerung derselben ('s. Goldscheider, 
(’entralbl. f. klin. Med. 1893. No. 33). 

Für das Freisein der Hautdecken von virulenten Organis¬ 
men dürften meine klinischen Versuche, die auch nicht ein einziges mal 
ein ungünstiges Resultat herbeiführten, von ziemlicher Beweiskraft sein. 

Ich habe dem Leser nun eine ganze Kette von Thatsachen vorge¬ 
führt und glaube hiernach, dass auch der grösste bisherige Skeptiker 
sich dem Gedanken, dass die Schusswunden vielfach durch mithineinge¬ 
rissene virulente Potenzen inficirt werden, nicht so sehr mehr wird hin¬ 
geben können. Ich hoffe sogar, dass man zur Ueberzeugung gelangen wird, 
dass die Primärinfection immer nur die Ausnahme ist und dass die 
Wundinfection, wo sie vorkommt, fast immer eine secundäre Contact- 
oder Luftinfection ist, dio wir hintanhalten können und müssen. 

Wäre die Ansicht König’s richtig und ganz zutreffend, dann 
siihe es mit der Zukunft der Kriegschirurgie recht trübe aus, und 
wesentliche Fortschritte in der Rettung des Lebens oder der Glieder 
unserer Verwundeten erschienen ziemlich ausgeschlossen, zumal wenn 
schon die Hälfte der Wunden durch mit dem Schüsse eingedrungene 
virulente Mikroorganismen inficirt wäre. Aber dieser Ansicht wird 
schon seit Jahrzehnten nicht mehr allgemein beigepflichtet. Schon 
Klebs, welcher 1870/71 die sorgfältigste Obduction von 115 Wunden 
vornehmen konnte, kam auf Grund seiner Befunde zur Ansicht, dass die 
Wundinfection zur Schwere der Gewebsläsion in gar keiner Parallele 
stände und dass jene unabhängig von dieser etwas zufälliges, nachträglich 
von aussen her stammendes Secundäres sein müsse, einer Ansicht, der 
sich auch v. Bergmann wenigstens bezüglich der anatomischen Seite 
der Frage offen anschloss. 

Klebs ging sogar als Theoretiker soweit, den sofortigen hermetischen 
Wundverschluss anzurathen. Fruchtbar, wenn auch nicht durchgreifend 
und erschöpfend wirkte die einzig mögliche Deutung des guten Verlaufes 
‘1er Simon’schen Knieschüsse, welcher auf den sofort eingetretenen her¬ 
metischen Abschluss der Gelenkhöhle durch die Haut- und Kapselränder- 
verschiebung von allen Seiten zurückgeführt wurde. So ein sagt (1. c. 
p. 115) ganz frank und frei: „Ich bin der festen Ueberzeugung. dass, 
wenn es möglich wäre, vom Moment der Verletzung an den deletären 
Einfluss der Luft abzuhalten, die meisten, zur Conservation sich eignen¬ 
den Schussfracturen ohne weitere Störung heilen würden.“ v. Berg¬ 
mann sagte (1. c. p. 55): „Offenbar sind nicht alle meine Fälle schon von 
der Ein- oder Ausgangsöffnung (sic!) her inficirt gewesen, als ich sie 
verband. Die Tabelle zeigt, dass, je früher verbunden wurde, desto besser 
meine Patienten fuhren, und dass die schlimmen Fälle der Verbandappli- 
cation des dritten Tages angehören.“ Es ist wohl anzunehmen, dass 
v - Bergmann’s an sich schon glänzenden Resultate noch grossartiger 
missefallen wären, wenn er, der sich vornehmlich mit den Schwerver¬ 
letzten beschäftigen musste und nur zwischendurch die schon vorher ge¬ 
planten Knieverbände anlegen konnte, einen geschickten, mit seinen Ideen 
vertrauten Assistenten hätte veranlassen können, sofort und zunächst einzig 
und allein nichts anderes zu tliun, als die Knieknochenfracturen zu ver¬ 
binden. Vielleicht wären zwei Drittel und noch mehr der Fälle roactions- 
" s . verlaufen — v. Bergmann wird dies« 1 Möglichkeit zugeben —. 
und um wie viel wuchtiger hätto ein solches Heureka! auf die Weiter¬ 
nd Wickelung der Kriegschirurgie eingewirkt. Wir hätten nicht nur das 
Morgenroth. sondern auch den schönsten Sonnenaufgang gemessen können! 
fa» Studium der v. Bergmann’schen Arbeit ist ernst, aber erhebend, und 
muten darin tritt auch ein Quentchen Komik auf: ich meine dio mit der 
* ■'P tlS( -'heö Watte versiegelte Kniefractur, deren Heilung untadelig verlief. 
Wir würden also sicherlich vieles, wenn nicht alles für den nächsten 
neg gewonnen haben, wenn wir uns von vornherein in die Lage ver- 
se zen könnten, alle Wunden, an denen dies möglich, nach v. Berg¬ 
mann zu verbinden. Also eine die Wundo sehr breit überragende Watte¬ 
packung und sorgfältige Befestigung derselben durch Binden. Bei Schuss- 

«r?- käme dann noch der für die Transportirbarkeit des Patienten 
(1 C „, C . Gipsverband darüber. Die Watte würde sich schnell mit 

. " Endflächen verkleben, und wir hätten daim einen auf viele Tage 
I)-, en r hermetischen Wundabschluss ganz nach meinem Geschmack. 
ban^ ef ' i an( * müssto aber möglichst sofort, und zwar als erster Ver- 
weni^t ‘ e gt werden. Dies sind Conditiones sine quibus non! für mich 
j- oStens. In diesem Verfahren läge Einfachheit, Einheitlichkeit und 
Ueales 61 e - n ? S ^ e - ^ Ursor S e - Es wäre die endliche Erreichung des 
schnei u- j un d Weise las, w r ie v. Bergmann seine Knie- 

ivßrlir} 6 fT? konnte und welchen Erfolg er hatte, kam mir Unwill¬ 
en rlf n ^ ,e “ ai B ce * m öchte es doch in den zukünftigen Feldzügen ausser 
v U aüenen nur noch Knieschussfracturen geben, die wir sofort nach 
^ raan .j '' ers °rgen könnten, dann gäbe es nur mehr eine tragische 
Schrei-,« i— to( * cs ' a ^ er Btr die Verwundeten keine eigentlichen 
sehnplio* v 8 ^ ne S es . m ehr. Indessen — wird eine solche erste und 
nöthim.n ? rs ° r £ung ini Kriege durchführbar sein? Werden wir die 
ins Fplri v S0 ^hweren, als fast wolkengrossen Watteballen mit 
dort L'ehnrt me>n * s * e den 0I *sten Verbandplätzen — denn 
fc en sie hin — zur ungeschmälerten Verwendung bereit zu 


halten? Ich kann das nicht ganz heurtheilen, hege aber ernste Zweifel. 
Sollten sie begründet, und der bezügliche Verband nicht durchführbar 
sein, dann wären wir leider wieder ebenso weit, wie vorher oder wenig¬ 
stens beinahe soweit. Freilich könnten wir den v. Bergmann’schen Ver¬ 
band für eine spätere Zeit immer im Auge behalten, er liefert ja auch 
dann noch ansehnliche Resultate, aber für "zunächst müssten wir auf einen 
guten interimistischen Luftabschluss von der Wunde bedacht sein. Hier¬ 
für ist vorläufig nur das bekannte Verbandpäckchen vorgesehen. Würde 
dies einen zuverlässigen Luftabschluss auf Tage hinaus gewähren? Viele 
Collegen zweifeln schon jetzt daran, obenan v. Esmarch, der in der be¬ 
wussten Discussion des Chirurgencongresses von 1892 sagte, dass man mit 
der in dem Päckchen vorhandenen Mullbinde schwerlich imstande sein 
würde, die Compresse so sicher zu befestigen, dass sie sich nicht beim 
Transport verschiebt. Auch er ist für einen sicheren, hermetisch luftab¬ 
schliessenden Verband, denn: „Was aber den Vorschlag betrifft, die Wunde 
mit einem Pflaster zu bedecken, so scheint es mir wohl möglich, dem¬ 
selben beizustiinmen. Ich würde das Pflaster aber nicht unmittelbar auf 
die Wunde legen, sondern nur die in dem Verbandpäcken befindliche an¬ 
tiseptische Mullcompresse damit auf die Wunde festkleben. Wenn aber 
das Pflaster gut klebt, so ist es gewiss imstande, die aufgelegte Com¬ 
presse tagelang auch bei längerem Transport auf der Wunde festzu¬ 
halten“. 

v. Esmarch wünscht zum hermetischen Verschluss noch eine Zu¬ 
gabe, die uuterzulegende Mullcompresse, gegen die ich theoretisch nicht 
das mindeste einzuwenden hätte und die in Hinsicht auf das Praktische 
nur das Erforderniss eines weit grösseren Pflasterstttckes gegen sich hätte. 
Dies v. Esmarsch’sche Begehren könnte auf den ersten Blick als etwas 
Unscheinbares gelten, und doch birgt es melir in sich; es ist wiederum 
ein Ausdruck „der Furcht, dass mit dem Projectil Infectionsstoffe hinein¬ 
gelangt sein können“, und eine Zustimmung zur Ivönig’schen Ansicht, 
dass die Wunden aus diesem Grunde nicht hermetisch verschlossen wer¬ 
den dürften. Soweit wie König geht v. Esmarch allerdings nicht. Er 
will zwischen Pflaster und Wunde nur noch die Mullcompresse einge¬ 
schoben wissen, damit diese Wundsecrete in sich aufsauge. Was von 
der primären Wundinfection durch den Schuss zu halten ist, haben wir 
schon im vorhergehenden genügend erörtert, und es bleibt nur übrig, uns 
jetzt ein wenig mit der Aufsaugung des Wundsecretes zu beschäftigen. 

Unter den Begriff der Wundsecretion fällt nicht die primäre Wund¬ 
blutung. Entstammt diese nur den Parcuchymcapillaren, so wird sie ent¬ 
weder minimal sein und kaum aus den engen Ein- und Ausschuss¬ 
öffnungen zum Vorschein kommen oder doch bald versiegen; ist aber ein 
grösseres Gefäss getroffen, dann ist sie vor Anlegung eines Verbandes 
zum Schweigen zu bringen. Dies kann auf dem Schlachtlelde oder dem 
ersten Verbandplätze nur vermittels der v. Esmarch’schen Constriction 
bewirkt werden. Steht die Blutung, dann bildet sich sowohl im Schuss- 
canal, ganz besonders sichtlich aber in den Wundöffnungen ein Coagulum, 
das die Wunde nach aussen vorläufig versehliesst. Erst viele Stunden 
später tritt eine seröse Absonderung von den Wundflächen ein, welche 
bei den civilen subc-utanen Fracturen, die ja meistens mit grösserer Weich- 
theilszertrüminerung (v. Volk mann) als die einfacheren Schussfracturen 
einhergehen, von der Aussenwelt abgeschlossen bleibt und bald wieder 
resorbirt wird. Bei den subcutanen Fracturen ist das Serum aseptisch; wenn 
dies nun auch bei den Schusswunden der Fall ist? Waren es wenigstens nicht 
die Simon’schen Knieschüsse ohne Abfluss, war es nicht das Serum der so¬ 


gleich mit styptischcr Watte geschlossenen Knieschussfractur des Falles von 
v.Bergmann, sowie das seiner vielen schönenFälle? War es nicht das Serum 
aller meiner klinischen Fälle? War es nicht das Serum der Thierpleuren 
und Bauchhöhlen der PfuhTschen Versuchsthiere? v. Bergmann zwei¬ 
felt daran, dass seine gut verlaufenen Kniefraeturcn vor der Anlegung 
seines Verbandes „von aussen“ inficirt gewesen sein könnten, und schliesst 
damit doch eine Primärinfection derselben gänzlich aus. Setzen wir aber 
einmal den Fall, dass eine Schusswunde primär inficirt sei, können wir 
es ihr ansehen? Würde da wirklich der mühsame Austritt von Serum 
etwas nützen? Müssten nicht überhaupt erst die Blutpfropfen in den 
Wundöffnungen zuvor zerfallen, und würde bis dahin nicht die Infection der 
Wundhöhle bis zur Irreparabilität vorgeschritten sein? Wird überhaupt 
mit etwas Wundserum wirklich die eigentliche Materia pcccans in toto 
ausgestossen? Machen das Panaritium oder der Carbunkel nicht doch 
unentwegt ihre Fortschritte, wenn sie nur oino kleine Ausgangsöffnung 
erhalten, statt breit gespalten zu werden? Und sind die kleinen Oeff- 
nimgen der Sckusswundo nicht wirklich zu klein, um die Wunde ohne 
Kunsthülfe zu drainiren, und doch gross genug, um die faulnisserregende 
Luftwirkung sich allmählich von den faulenden Blutpfropfen aus auf 
das Wundinnere erstrecken zu lassen? Und ist hiernach ein herme¬ 
tischer Verschluss der Wunde durch Pflaster im Falle, dass Wundfieber 
Schwellung, Schmerz und Unbehagen auftreten, nicht ebenso schnell und 
noch schneller von der Wunde zu entfernen, als ein faulig durchtränkter 
stinkender Mullbindenverband, der vielfach gar nicht mal melir auf, son¬ 
dern neben der Wunde liegt? Soll überhaupt der Pflasterverband nicht 
nur ein provisorischer Nothbehelf sein, bis wir an die Wattemassen des 
v. Bergmann’scben Idealverbandes herankommen können, vorausgesetzt, 
dass wir sie noch gebrauchen und die aseptisch gewesene Wunde auch 
aseptisch geblieben"ist? Jetzt komme ich wieder zu meiner anfangs dieser 
Arbeit gemachten Bemerkung, dass ich total missverstanden worden bin. 
Meine vorige Arbeit hatte nicht die Absicht, unsere geheiligten und auch 
mir wohl bekannten Principien der Wundbehandlung zu ändern, sie wollte 
bloss Vorschläge machen, die den Schutz der wundöffnungen vor nei 
schädlichen äusseren Luftwirkung etwas mehr ins Auge fassten, als der 
vorgesehene reglementirte Mullverband. 

Nun noch einiges über die Wundnaht, und zwar zunächst historisch«*,*. 
Es war mir offen gesagt, unbekannt, dass diese schon früher, und zwar 
von mehreren Seiten aus empfohlen war, 


und ich bin sowohl Herrn 


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288 


Thiersch als Herrn v. Bardelebon für den Hinweis darauf dankbar 
dass schon Dieffenback (Brustschüsse und -Stiche) und kurz darauf 
Simon den sofortigen Wundverschluss durch die blutige Naht empfohlen 
hatten. Ich befinde mich mit meinen Ideen also in psgezeichnetei Ge¬ 
sellschaft und will den berühmten Vorgängern gern die Priorität in dieser 
Sache lassen. Auch andere Chirurgen, wie om Dr. Chiskolm in Noid 
Amerika, sind auf diese Idee verfallen und haben \ ersuche angestellt 
Sie würden gewiss, was nicht der Fall gewesen zu sein scheint, e ute 
Resultate davon gezogen haben, wenn die Wunden nicht joiher 
unreinen Fingern, Sonden und Kugelzangen tractirt worden wären. Line 
Wundnaht dieses Decenniums kann aber bezüglich ihrer chirurgischen 
Würdigung mit einer solchen aus der vorantiseptischen Zeit niemals aut 
den gleichen Fuss gestellt werden! Ich habe jedenfalls von meinen m 
den oben aufgeführten Füllen angelegten Nähten ausnahmslos nur gutes 
gesehen. « 

Das Hauptbedenken der Opposition gegen die Naht stützt sich aut 
meinen Vorschlag, ein wenn auch darauf geschultes so doch ausserärzt- 
liches Personal zum Wundnähen zu verwenden. Diese Idee konnte ich 
natürlich nur in der Voraussetzung fassen, dass schon die ersten 
Schlachten eines zukünftigen Krieges eine überaus grosse Menge von 
Verwundeten liefern und dass die eigentlichen Aerzte schon mit der Ver¬ 
sorgung der Schwerverletzten derart überbürdet sein würden, dass sie 
sich der Leichtverwundeten nicht mit der diesen principiell zustehenden 
gleich grossen Sorgfalt würden annehmen können. Den Schwervorletzten 
hilft aber die Kunst im Anfänge nur verhültnissmässig wenig, und bei ihnen 
liegt neben etwaiger Blutstillung zunächst nur die Sorge eines schonen¬ 
den Transportes ob. Die Leichtverwundeten bilden aber durch ihre grosse 
Menge einen nicht zu unterschätzenden Factor, und gerade von diesen 
kann sich durch eine mangelhafte erste Versorgung ein grosser rheil 
alsbald in schwerere und schwer Verwundete verwandeln. Will man aber 
keine ausserärztlichen Personen zur Naht zulassen, so überlasse man diese 
den Aerzten, vorausgesetzt, dass sie in genügender Anzahl vorhanden 
sein können. Uebrigens will ich die Frage von der Naht und den Nähern 
nicht weiter discutiren. Mir wird es wohl nicht gelingen, Vorurtlieile zu 
brechen, vielleicht thut es die Zeit oder der Drang der Zeiten. 

Mein Bestreben liegt auf der Hand. Auch ich will zunächst das 
non nocere, ein Grundsatz der bis jetzt die Warnung und das \ erbot ent¬ 
hielt, die Wunden nicht unnöthig mit Fingern und Instrumenten, zumal 
nicht sterilisirten, zu insultiren. Soweit können wir schaden, aber sicher 
schadet auch das Unbedecktbleiben der Wunde in dem Sinne, dass sie 
längero Zeit den Einwirkungen der Aussenwelt ausgesetzt bleibt, und da¬ 
vor ist sio durch einen provisorisch luftdicht absclüiessondon \erband zu 
schützen. Dieser verhütet ganz sicher die Secundärinfoction und greift 
dem eigentlichen Verlaufe einer primär inficirten 'Wunde, falls. er recht¬ 
zeitig wieder entfernt wird, in keiner V r eise vor. Meistens wird er bis 
zur Ausheilung der 'Wunde liegen bleiben können, kann aber bei ein¬ 
tretender Wundcomplication in demselben Augenblicke und ebenso schnell 
wie jeder andere Verband entfernt werden, um einer operativen und offe¬ 
nen Wundbehandlung Platz zu machen. Ich sehe in der Application eines 
entsprechend grossen und gut klebenden Pflasterstuckes das einfachste 
und vollkommenste Mittel, die Wunde vorläufig zu schützen, halte es 
aber auch nicht für ausgeschlossen, dass man zur Erreichung dieses 
Zweckes auch andere, wenn auch kaum kürzere Wege finden kann, wie 
ich auch gegen das Bedecken der verpflasterten Wunde mit der Mullbinde 
nichts einzuwenden habe. Ein einfacher Watteverband, falls er nicht 
weitbedeckende Dimensionen erreicht, erscheint viel zu unsicher, zumal 
eine genügende Verklebung mit Wundsecret sich nicht immer genügend 
ausbilden und eine schon zustande gekommene zu leicht durch mechanische 
Insulte wieder getrennt resp. zerrissen werden kann. Uebrigens kämen 
wir damit ja auch nur auf den wohl ziemlich allgemein als ungenügend 
erkannten Verband des reglementirten Päckchens zurück. Weitreichende 
Watteverbände nebst garantirter Ruhehaltung des verwundeten Körper- 
theils, wie sie uns v. Bergmann lehrte, wären allerdings immer das 
Idealste. Als die Hauptsache erscheint mir immer die Erkenntniss, dass 
es nicht der Schuss ist, welcher inficirt, sondern die mannichfachen 
Schädlichkeiten, welche die Aussenwelt einer ihr offenstehenden Wunde 
so regelmässig zuzuführen pflegt, und die auf eine oder die andere W r eise 
streng und einheitlich durchgeführte Beschtttzung der Wundöffnungen 
durch eine festliegende, hermetisch abschliessende Bodeckung. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ __ 

XI. Kleine Mitteilungen. 


No. 12 


— Berlin. Die Berliner medicinische Gesellschaft hat. in 
der Sitzung am 14. März ihren früheren stellvertretenden Vorsitzenden, 
den Geheimen Medicinalrath Prof. Dr. Ilenoch, einstimmig zum Ehren¬ 
mitglied gewählt. _ . , . , 

_ Der Rechtsschutzverein Berliner Aerzte hat seinen 

24. Rechnungsabschluss pro 1893 heraus|8geben dem wir folgendes ent¬ 
nehmen: die Einnahmen des Vereinsbureaus pro 1893 betrugen 15391.94 M., 
die Ausgaben 11960 M„ so dass ein Gewinn von 3431,94 M. erzielt wurde. 
Die Activa betragen 33 097,65 M., denen 10 232.69 M. Passiva gegenüber- 
stehen so dass der Ueberschuss der Activa 22 8G4,86 M. beträgt. Im 
Jahre 1893 waren einzuziehen 15 017 Liquidationen im Betrage von 
201352 65 M. Davon sind bis 31. December 1893 eingegangen 7322 
Liquidationen 111111,52 M. In geschäftlicher Behandlung verblieben 
5145 Liquidationen im Betrage von 35 223,08 M. 

— Breslau. Der Geheime Sanitätsrath Dr. Moritz Neisser 
feiert am 28. März sein öOjähriges Doctorjubiläum. Er promovirte 
in Berlin auf Grund der Dissertation „de epidemia morbillosa in suburbio 
Berolinensi hieme anni h. s. XL, III/IV observata.“ Neisser ist nicht 
nur durch seine vieljährige hadeärztliche Thätigkeit in Charlottenbrunn 
(die er auch jetzt während des Sommers noch ausübt) allen Besuchern 
und Freunden dieses Curortes auf das vortheilhafteste bekannt, sondern 
hat sich auch ein nicht geringes litterarisches Verdienst erworben durch 
die in mehreren Auflagen erschienene Uebersetzung und Commentirung des 
berühmten Beard’schen Werkes über Neurasthenie. Wir bringen dem 
Jubilar (dem \ 7 ater des hervorragenden Dermatologen Albert Neisser 
in Breslan) unseren herzlichen Glückwunsch. 

_ Bonn. Die im Jahre 1892 gegründete Deutsche otologische 

Gesellschaft, deren Ausschuss zurZeit aus den Herren Prof. Bürkn er 
(Güttingen), Prof. Kessel (Jena) (erster Vorsitzender), Prof. Kuhn 
(Strassburg), Prof. Lucae (Berlin), Prof. Moos (Heidelberg), Prof. Sieben¬ 
mann (Basel), Prof. Walb (Bonn), Dr. Oscar Wolf (Frankfurt), Prof. 
Zaufal (Prag) besteht, wird ihre diesjährige Versammlung am 12. und 
13. Mai in Bonn abhalten. Bewerbungen um Aufnahme in die Gesell¬ 
schaft sowio Anmeldungen von Vorträgen etc. sind _ an den ständigen 
Secretär, Prof. Dr. K. Bürkn er in Göttingen, zu richten Die Zusen¬ 
dung des Programms wird in einigen Wochen erfolgen. 

— Im Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart ist im Laufe der 
beiden letzten Jahre eine Sammlung kurzgefasster Compendien er¬ 
schienen, die bis jetzt folgende Erscheinungen umfasst: Borchardt, 
Grundriss der Physik; J. Disse, Grundriss der Gewebelehre; Eisler, 
Grundriss der Anatomie des Menschen; H. Frank, Grundriss der Chiiurgie; 
E. Gerdes, Grundriss der pathologischen Anatomie; G. Gutmann, 
Grundriss der Augenheilkunde; Fr. Hersing, Compendium der Augen¬ 
heilkunde; Kobert, Compendium der Arzneiverordnungslehre; A. Kramer, 
Grundriss der Geburtshülfe; Jul. Schwalbe, Grundriss der speciellen 
Pathologie und Therapie. 

— Universitäten. Berlin. Der Lehrer der Zahnheilkunde am 
zahnärztlichen Institut der Universität, Prof. Dr. Miller ist zum ausser¬ 
ordentlichen Professor in der medicinischen Facultät ernannt. — An Stelle 
des verstorbenen Professor Aug. Hirsch ist Professor Rubner mit der 
Vorlesung über Geschichte der Medicin betraut. — Wien. Regiments¬ 
arzt Dr. J. Habart hat sich als Privatdocent für Chirurgie habihtirt. 


X. Zar Kcimtniss der Inflaenzapneumonleen. Erwiderung von 

Dr. Alb. Albu. In No. 11 dieser Wochenschrift führt Herr Dr. Jacob 
Wolff darüber Klage, dass ich in meinem Aufsatz „Zur Kenntniss der 
Influenzapneumonieen“ (No. 7 dieser Wochenschrift) seiner Monographie 
über die Influenza nicht Erwähnung gethau habe, aus der ich hätte er¬ 
sehen können, dass die von mir gegebene Schilderung der Unterschiede 
zwischen genuiner und Influenzapneumonie nichts neues gebracht hätte. 
Ich habe darauf zu erwidern, dass für mich keine Veranlassung .vorlag* 
die Schrift des Herrn Wolff zu erwähnen, da dieselbe lediglich eine Zu¬ 
sammenstellung der Arbeiten anderer Autoren enthält, während der Zweck 
meiner Mittheilung war, durch eigene Beobachtungen am Krankenbett die 
Erfahrungen der früheren, von mir genannten Autoren zu bestätigen und 
zu erweitern. Wie weit man übrigens imstande ist, aus der Darstellung 
des Herrn Wolff eine klare Vorstellung über den Unterschied zwischen 
der genuinen und der Influenzapneumonie zu gewinnen, kann ich getrost 
dem Urtheil derjenigen überlassen, welehe ausser mir die Monographie 
wirklich gelesen haben. 


XII. Zur Recension eingegangene Büclier. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Bibliothek 
der gesammten medicinischen Wissenschaften. Pttr praktisc e 
Aerzte und Specialärzte. Herausgegeben von Hofrath Prof. Dr. A. Dräsche 
in Wien. Erste Abtheilung: Interne Medicin und Kinderlo-ankheiten 
14. Heft; Geburthtilfe und Gynäkologie zweites und drittes Heft. Wien 
und Leipzig, Max Merlin, 1993. „ . 

Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. P. Hertz, 
Abnormitäten in der Lage und Form der Bauchorgane bei dem 
erwachsenen Weibe infolge des Schnürens und Hängebauches. 
Eine pathologisch-anatomische Untersuchung. 55 S., 9 Tafeln. ivi. 
Berlin, S. Karger, 1894. 1 , • •, 

J. Jackson Clarke, Cancer, Sarcoma and other 
Growths considered in relation to the Sporozoa. 97 o. & s. 
6 d. London, Bailltere, Tindall & Cox, 1893. 

Anatomie. K. v. Bardeleben und H. Haeckel, Atlas de 
topographischen Anatomie des Menschen. Für Studirendo un 
Aerzte. 15 M. Jena, Gustav Fischer, 1894. 

Anthropologie. J. Ranke, Der Mensch. Zweite gänzlich neu 

bearbeitete Auflage. I. Bd.: Entwickelung. Bau und Leben des mensen- 
lichen Körpers. 639 S. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut, • 
Lombroso, Der Antisemitismus und die Juden im Licni 
der modernen Wissenschaft. Autorisirte deutsche Ausgabe vo 
H. Kurella. 114 S. 2,00 M. Leipzig, Georg H. Wigand’s Verlag, iw». 

Chirurgie. Senn, Syllabus of lectures on the practice 
surgery. Arranged in conforraity with the American text-book ol sur e y 
221 S. Philadelphia, W. B. Saunders, 1894. t .. 

Jahresbericht über die chirurgische Abtheilung tL 
Spitals zu Basel für 1892. Erstattet von Prof. Dr. A. Soci , h' • 
A. Christ und Dr. C. Hägler. 177 S. Basel, M. Werner-Riehm, 18J*- 


Vaoante Stellen: 

Die Kreis-Wundarztstellen der Kreise Gross -Wartenberg 
Wcissenfcls. (Die übrigen Personalien siehe im Inseratent heil.) _ 


und 


Gedruckt bei Julius Sitteufeld iu Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag M 13 . 29. März 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstetn&Uee 3. Potsdamcratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


Zum 29. März 1894. 

Der Tag, an dem wir diese einen internationalen Charakter tragende Festnummer der Oeffentlichkeit übergeben, 
ist auch der Eröffnungstag des internationalen ärztlichen Congresses in Rom. Dieser Congress ist der elfte 
seiner Art, und so lohnt es sich wohl, einen kurzen Rückblick aut die stattliche Reihe seiner Vorgänger zu werfen 
und den verschlungenen Weg zu verfolgen, der vom ersten Ausgangspunkte des Congressgedankens im Zickzack über 
viele Länder und Städte, über das Weltmeer selbst, endlich doch, wie bekanntlich alle Wege, nach Rom geführt hat. 
..Tantae molis erat Romanam condere gentem.“ 

Der Congressgedanke selbst ist romanischen Ursprungs. Frankreich darf den Ruhm beanspruchen, eine solche inter¬ 
nationale Aerztevereinigung zuerst geplant und verwirklicht zu haben — nachdem freilich internationale Versammlungen 
für einzelne Disciplinen (Hygiene, Augenheilkunde) längst voraufgegangen waren. Bei einer Jahresversammlung fran¬ 
zösischer Aerzte in Bordeaux (1865) stellte Gintrac den Antrag, bei Gelegenheit der für das Jahr 1867 projectirten 
Weltausstellung in Paris daselbst auch eine internationale Aerzte-Zusammenkunft zu veranstalten. Der Antrag wurde 
zum Beschluss erhoben — und so durfte denn, unter lebhafter einheimischer und auswärtiger Betheiligung, der ehr¬ 
würdige Bouillaud — für die lebende Generation schon längst zu einer „überwundenen“ geschichtlichen Erinnerung 
geworden — den ersten internationalen Aerzte-Congress am 23. August 1867 eröffnen. Der Verfasser dieser 
Zeilen, der bei der Eröffnung zugegen war, vergegenwärtigt sich noch den zündenden Eindruck jener denkwürdigen 
Apostrophe: „nous cdldbrons aujourd’hui la fete la plus magnifique de toutes eelles dont Fhistoire de la 
medecine nous ait conservö le Souvenir.“ Es konnte nicht fehlen, dass auf der erfolgreich betretenen Balm weiter 
geschritten wurde. Bereits in der zweiten Abendsitzung des Congresses hatte ein italienischer Arzt, Pantaleoni, dem 
allgemeinen Wunsche Ausdruck verliehen, dass diese Zusammenkunft nur die erste einer langen Reihe von Nach¬ 
folgerinnen sein möge: und so lag eine natürliche Gerechtigkeit darin, dass die damalige provisorische Hauptstadt des 
noch nicht völlig geeinten Italiens, die anmuthige Arnostadt, „Firenze la bella“, zum nächsten Congresssitze für das Jahr 
1869 auserkoren wurde. Seitdem folgten diese allmählich zu einer festen internationalen Einrichtung umgeschaffenen Con- 
gresse einander, anfangs in zweijähriger, dann in dreijähriger, nur gleich im Beginne einmal durch die Kriegsereignisse 
unterbrochener Ordnung. Wien (1873), Brüssel (1875), Genf (1877), Amsterdam (1879), London (1881), Kopenhagen (1884), 
Washington (1887), zuletzt Berlin (1890) sahen die internationale Vertretung der Aerzteschaft bei sich zu Gaste. 
Lrosse,in der Wissenschaft gefeierte Forscher, ein Rokitansky, Warlomont, Carl Vogt, Donders, Paget, Panum, Davis 
und \irchow standen an der Spitze und erhöhten durch den Glanz ihres Namens und die Macht ihrer Persönlichkeit 
d« n Einfluss und die Wirksamkeit dieser Congresse. Die Beteiligung der Aerzteschaft selbst freilich wuchs langsam 
und keineswegs stetig. Auf die aufänglichen 1200 Theilnehmer in Paris folgten nur 357 in Florenz, 671 in Wien, 
112 in Brüssel, 365 in Genf, 630 in Amsterdam: dann aber mit mächtigem Aufschwünge 3161 bei dem, auch nach seiner 
innerlichen Bedeutung einen Markstein bildenden Londoner Congresse, und selbst 1258 in Kopenhagen; und die beiden 
letzten Congresse zeichneten sich durch ausserordentliche Besucherzahlen aus (5000 — worunter 2000 Ausländer 
in Washington; 5526 in Berlin). Gewiss, rein äusserliche Verhältnisse, die mehr oder minder günstigen Zeitumstände, 
ui‘‘ grössere oder geringere Anziehungskraft des Congressortes spielten bei den wechselnden Besuchszahlen eine unver¬ 
kennbare Rolle, doch schwerlich sie allein. Auch die Einrichtungen mussten nach und nach den internationalen 
Anforderungen angepasst, die Organisation musste vervollkommnet werden (ich erwähne nur die seit Brüssel durch¬ 
geführte Scheidung in Sectionen, die erst allmählich durchgedrungene Mehrsprachigkeit der Verhandlungen). Vor allem 
‘Uei musste ein gewisses Misstrauen, die Theilnahmlosigkeit oder — sagen wir es gerade heraus die Trägheit weiter 
zthehur Kreise selbst überwunden werden, bis die Aerzte mehr und mehr zu begreifen anfingen, welche Kräftigung 
1 V es Standesgefühls, welche Erhöhung der universellen Werthschätzung ihres Standes von der wissen¬ 
schaftlichen Förderung ganz abgesehen — aus diesen successiv in den Hauptstädten der gebildeten Welt tagenden 
Zusammenkünften nothwendig hervorging. Alle diese Schwierigkeiten sind überwunden; die internationalen Aerztecongresse 
! a ihren festen Platz, ihre Anerkennung und Geltung innerhalb wie ausserhalb der Aerzteschaft erobert; und so 

<ar wiederum Italien, das am meisten dazu beigetragen hat, den Congress aus einem vereinzelten erfreulichen 
?} cigniss zum Range einer dauernden Institution zu erheben, nun mit dem elften Congresse zur Einleitung 
iner neuen, hoffentlich nicht minder stolzen und stattlichen Reihe die Führung übernehmen. Diesmal aber versammelt 
n ien die aus allen Erdtheilen herbeiströmenden Congressgäste in den alten aurelianischen Mauern der Stadt, le seii- 
‘Jahrhunderten das universelle Wallfahrtziel, die zumal für uns Deutsche stets der Gegenstand ehrfurchtsvolleruna 
*,,? SU j ^. er Bewunderung— die uns selbst in noch höherem Grade als Florenz und 


Ucl VJOgOUOl-dUVi wiuuivu™.—- 

Athen zu einer geistigen Heimatn 


,i -"'“•UUUUK lllc 11 Iln «CJUÖU 111 IlWl/Il IHllieicm Uiuuu ----—— ^ 

,st - Diese Versammlung tagt am Fusse des Capitols, auf dessen Hügel die Stadt Rom ihre G.lste 
" 1 ,)p rfi*ussen sich amarOn’nH rU™ QoinVmn cf orten befreundeten Reerierung — und untei uei 


festlich 

Leitung 


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Original frn-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






DEUTSCHE MEDIOINTSOHE WOC HENSCHR IFT. _ 


No. 13 


290_ __ _ . 

von Männern, deren ausdauernde Energie alle unvermntliel nJISSnwSSlNr^fe'iicliter’wissen- 

arssiasarÄ lwmsää- —* * - - 

römischen Segenspruch „quod bonum felix faustumquc si ■ ö & g Albert Eulenburg. 


Guido Baccelli. 

„Spero fore ut eum yideamus jn Capitolio^Lrum ^^nÄSründ 


diese Worte richtete Virchow in 

te fi £ g 17 a,s er **“* ist wine 

Hoffnung in Erfüllung gegangen. (li „ tv des Aesculap in die Thore der Roma aeterna eingezogen 

wir Tn öpn lpf. 7 ten Taliren hat Baccelli sich wieder vorwiegend der inneren Klinik zugewanat. uie gl( A ^ , 

wissenschaftlicher Abhandlungen, welche er in mehreren Decennien veröffe»^lif GÄn“ ^ “ 

arheit der scharfen Auffassungsgabe, der trefflichen Darstellungskraft des genialen Gelehrt n. , . 

U Ba c c*e 1 ü s po 1 iUsche Laufbahn ist nicht minder glänzend als seine wissenschaftliche. Im Jahre 1875 erlangte ei¬ 
ern Mandat'flir das italienische Parlament, und dank seiner hinreissenden Beredtsamkmt V ‘ 

ständnisses für die socialen und politischen Interessen seines V aterlandes wurde er bald dei h uhier seiner rarte . 

Jahre 1881 nahm er das - aus mancherlei Gründen im Jahre 1876 abgelehnte - Portefeuille des Ministeriums für 
öffentlichen Unterricht an und entfaltete des weiteren auf dem Gebiete des Unterrichtswesens eine umfassende, segensreiche 
Wirksamkeit. Als hervorragendste Reform gilt die Durchführung seines Plans, die Universitäten von der beschrankenden 
Staatsaufsicht zu entlasten und ihnen eine grössere administrative Selbstständigkeit zu gewähren. Lebhafte Anregung 
undDÄlTng B« er Ä« Seiten B «ir Ausgrabung, Erhaltung und Wiederherstellung römischer A terthumcr 
angedeihen; so wurde auf seine Initiative die Reconstruction des Forum Romanum, des Pantheon u. a, anMrer 

Nicht zum mindesten endlich erheischt Baccelli’s schöpferische Kraft auf communalem Gebiete, nameuthch in samtarei 
Hinsicht rühmende Anerkennung. Als wesentliches Verdienst sind an dieser Stelle seine Bestrebungen um die Assaniri ö 

der Campagna Romana hervorzuheben. ,. . , , pnl . Hlr fiir 

Mit rastloser Thätigkeit und jugendMscher Schaffenslust ist Baccelli im Dienste der Median und dei Poht k fm 
die idealen Güter der Menschheit und für das Wohl seines eigenen herrlichen Vaterlandes bemüht. Und wenn uns m 
diesen Tagen auf dem Capitol weithin sichtbar das Banner entgegenweht, auf dem mit goldenen Lettern die u out 
„Humanität und Wissenschaft« geschrieben sind, so gehört zu den vornehmsten Trägern desselben Guido Baccem. 

T 1 •_C1„T-.«Ihn 


L Klinik und Laboratorium. 1 } 

Von Prof. Guido Baccelli. 


Jeder, der als Forscher den Zenith des Lebens überschritten 
hat, ist Zeuge des Kampfes gewesen, welcher einige Zeit hindurch 
zwischen dem alten Nosographismus und den experimentellen Unter¬ 
suchungen des Laboratoriums ausgefochten wurde. Die alten 
Aerzte, welche hartnäckig ihre Augen gegen das aufgehende Licht 
des Experimentalismus verschlossen, riefen eine Reaction hervor 
die in den ersten Zeiten durch den ungerechten Widerstand gerecht¬ 
fertigt, war. 

Die Reaction ging jedoch zu weit, wie das bei allen mensch¬ 
lichen Dingen geschieht, und seitdem wir uns überzeugt haben, 
dass die Wahrheit den Absagen der alten Schule wie den über¬ 
triebenen Anforderungen des Laboratoriums entging, mussten wir 
gestehen, dass die Wahrheit ein Preis sei, der denjenigen ertheilt 
werden würde, welche die medicinische Klinik und das Laboratorium 
auf zwei parallele und befreundete Pfade lenkten. Als begeisterter 
Apostel dieser Wahrheit hatte ich die ersehnte Genugthuung, den 
Lohn dafür auf mehreren Gebieten der medicinischen Forschung, 
besonders aber auf dem der Malaria zu finden. 

Es ist ungefähr ein Vierteljahrhundert her, seitdem ich durch 
eine Fülle klinischer Beweise gezeigt habe, dass das pathogene Agens 
der Malaria direkt das rothe Blutkörperchen treffe, dass ihr noso- 
genischer Process auf zwei constanten Stützen, der Hämodyskrasie 
und der Neuroparalysis der Gangliengegenden ruhe, dass die 
Malaria pyrogenische, aber keine phlogogenische Processe erwecke 
und dass endlich die Malariahämodyskrasie morphologisch und 
chemisch sei. 

Als uns das Laboratorium in jüngster Zeit durch zwei aus¬ 
gezeichnete Beobachter, Klebs und Tommasi-Crudeli, die Be¬ 
hauptung von der Existenz eines specifischen Bacillus der Malaria 
lieferte, vermochte die Klinik nicht, sich der Nachprüfung zu ent- 


l ) Aus dem italienischen Original von Dr. Zori, Assistenten der Clinica 
medica zu Rom, ins Deutsche übertragen. 


ziehen; ich selbst that es persönlich, indem ich das Blut von mehr 
als 200 Individuen untersuchte, und ich kam sehr bald zu dei 
Ueberzeugung, dass jener Bacillus nichts anderes als das Resultat 
fragmentarischer Blutkörperchen sei. , , 

In diesem Falle hatte die Klinik das Laboratorium verbessert. 

Als Laveran bei den Forschungen, welche er in Algier an¬ 
stellte, auf das Hämatozoon hinwies, folgte die Klinik mit grossem 
Interesse der Behauptung des französischen Pathologen, und as 
andere die Bedeutung leugneten, bestätigte sie die Klinik. Hm 
weiterem Fortschritt der Forschung ward nach der Entdeckung 
Laveran’s die wichtigste Arbeit von Golgi vollbracht. 

Dieser erwies durch seine genialen Untersuchungen über 10 
Sporulation den biologischen Cyklus, den der infectiöse Mikro¬ 
organismus innerhalb des rothen Blutkörperchens durchläuft, unt 
erklärte die solange unverstandenen Gesetze der Periode. 

Die Klinik folgte dieser Beweisführung mit grösster Achtsam¬ 
keit, und nach einigen Experimenten Gerhardt’s und anderer, die 
nur das intermittirende Fieber durch Inoculirung des Malariablu es 
in den gesunden Menschen hatten erwecken können, war uns die 
Genugthuung Vorbehalten, nicht nur das Fieber, sondern die hervoi- 
ragendsten Fiebertypen zu reproduciren. Golgi’s Entdeckung er¬ 
hielt somit durch die Klinik den unanfechtbaren Beweis der Wahrhei . 
Doch nicht genug damit! 

Die klinischen Experimente, welche der genannten otrass 
folgten, hatten nämlich auch zwei neue hochwichtige Thatsachen 
erwiesen: . 

1. Dass das Malariainfectionsfieber in manchem der schwers 
Fälle mit so geringer Menge von Parasiten im circulirenden n u 
auftreten konnte, dass kein Urtheil über die Proportionalität zwi 
sehen Ursache und Wirkung erlaubt war, und die Klinik bewies 
auf diese Weise, dass der Anspruch derjenigen übertrieben wai, 
welche behaupteten, zwischen einer typhösen Infeetion und der 1 a- 
laria müsse das Mikroskop einziger Richter sein. Das Laboia 


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20. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


291 


torium wurde somit ein anderesmal durch die Strenge der klini¬ 
schen Studien berichtigt. 

2. Die andere hochwichtige Thatsashe bestand darin, dass 
wenn das Malariablut von einem Fieberkranken mit sicherem Ty¬ 
pus auf ein immunes Subject inoculirt wurde, das auftretendc 
Fieber atypisch werden uncl schnell den Ernst eines subcontinuir- 
lichen und deshalb perniciösen Typus annehmen konnte. 

Durch diese Thatsaehe gelangte dio Klinik zu zwingenden Be¬ 
weisen, auf Grund deren man, ausser dem Vorhandensein des 
Hämatozoons, die toxische Action seiner Producte annehmen 
musste. Und sie bewies es andererseits durch dio Beobachtung, 
dass in den Fieberintervallen manchmal viele rothe Blutkörperchen 
vom Parasiten invadirt sein konnten, ohne durch ihr Vorhanden¬ 
sein den Fieberanfall hervorzurufen; dass man, sobald man bei 
fortschreitender Apyrexie die Parasiten ins Sporulations- oder Spal¬ 
tungsstadium treten sah, den Paroxysmus mit hoher Sicherheit als 
nahe bevorstehend Voraussagen konnte, während sich beim anheben¬ 
den Paroxysmus nicht selten die Parasiten in geringerer Anzahl vor¬ 
fanden, als die, welche man während der Apyrexie gesehen hatte. 

Diese Thatsachen beweisen sonnenklar .die Wichtigkeit der 
glücklichen Verbindung zwischen Laboratorium und Klinik, und 
wie sie sich gegenseitig im Wunsch nach dem Wahren unter¬ 
stützen. 

Es war meine Klinik, welche mit triumphirenden Erfolgen die 
Einführung der Chininsalze ins Blut bei den schwersten Fällen von ' 


JÜTm w Un ? hlerdurch dea Beweis führte, dass sich einer 
mI deutschen Kliniker geirrt hatte, als er an dio 

Identität der therapeutischen Wirkungen sowohl bei subcutaner 
Iiyection des ausgezeichneten Heilmittels als bei endovenöscr In- 
jecüon glaubte. Und hierbei blieben wir nicht stehen 

Wir haben die Physiologie aufgefordert, den Untersuchungen 
beizuwohnen die wir an den Herzkranken vorgenommen halmn 
bot ul CU1 lk am Kra f nl f e nbett ein viel sichereres Beobaebtungsfehi 
bot als die experimentelle Physiologie mit den Vivisectionon um 
die Herzteleologie zu bestimmen. ’ 

r/ .. M . art ius machte in der Gerhardt’schen Klinik vor nicht langer 
Zeit eine wichtige Arbeit, um zu beweisen, dass der Spitzenstoß 
des Herzens bei vollen Ventrikeln erfolge. Lange vor Martins 
war dies’ unser klinischer Glaube, wie ich 1859 in meinem Werk 
gezeigt habe. 


Auch hier wird, falls sich die Kräfte der Physiologen und der 
Kliniker im Wunsche nach dem Wahren vereinen, leicht be¬ 
wiesen werden, wie grosser Vortheil daraus auch bei Erforschung 
der einzelnen Thatsachen und besonders bei denen, die a priori am 
wenigsten zulässig erscheinen, erwachsen kann, wie ich in der „gegen¬ 
seitigen Compensation“ zeigte, die bei manchen gleichartigen Ver¬ 
änderungen an den Herzostien stattfindet (zwei Stenosen, mitralis 
und aortica, zwei Insufficienzen), eine Untersuchung, die in letzter 
Zeit in denselben Blättern 1 ) veröflentlicht wurde, in denen diese 
Worte das Licht sehen werden. 


II. Ueber die römischen Sommer-Herbst-Malariafleber. 1 ) 

Brief an Guido Baceelli, Professor der Medicinischen Klinik an der Universität Rom. 

Von Camillo Golgi, Professor der Allgemeinen Pathologie und Histologie an der Universität Pavia 
Werther College' 

Nachdem 


icli reichlichen Gebrauch von der Gastfreundschaft 
gemacht habe, welche Du mir, von jener tiefen wissenschaftlichen 
Einsicht durchdrungen, aus der heraus Du so beharrlich die Noth- 
wendigkeit einer immer engeren Verbindung zwischen Klinik und 
Laboratorium^ betontest, in Deinem Institut gewährt hast, damit 
ich meinen Wunsch, aus eigener Erfahrung die speciellen Formen 
von Malariainfection, die im Sommer in Rom herrschen, kennen zu 
lernen, befriedigen könnte, wäre es meine Pflicht, Dir von dem, 
was ich in eben Deinem Institut gesehen und erforscht habe, ein 
Nenig Rechenschaft zu geben. Da nun aber, als ich Deine wissen¬ 
schaftliche Gastfreundschaft in Anspruch nahm, meine einzige Ab¬ 
sicht war, solche klinische Formen zu sehen und unter die Hand 
zu bekommen, die ich zu studiren niemals Gelegenheit gehabt hatte, 
"ährend sie Gegenstand tiefer Studien und meisterhafter Beschrei¬ 
bungen Deinerseits gewesen sind; da ich ferner in der verhältniss- 
jnässig sehr kurzen Zeit, die ich in Deiner Klinik zubrachte, mich 
besonders mit solchen Untersuchungen zu beschäftigen hatte, so 
hegt sicherlich keine Veranlassung vor, dass ich, in klinischer 
Hinsicht, den delieaten Gegenstand zu berühren wage. 

Deshalb könnte ich mit der Erklärung, dass ich das mir ge- 
> eckte Ziel erreicht, nämlich am Krankenbett die Processe und 
^rsc lemungen, welche die sogenannte Sommermalaria charakteri- 
l'ireu, gesehen habe, indem ich so noch einmal die Genauigkeit 
^ uner lieschreibungen constatirte, ohne weiteres meinen Bericht 
m.- lessen. . . . Dabei hätte ich aber den einen Umstand ausser 
i- £ e j a sseu, dass, als ich zur Klärung meiner Ansichten über 
k spe , 011 Formen dieser Gruppe von Malariafiebern nach Rom 
p ’ se 1011 _ na ch dem, was sich in den Berichten der medicinischen 
igreshe medergelegt, findet, recht wohl wissen musste, dass unter 
übe/ ? r T n .lehrten wissenschaftliche Meinungsverschiedenheiten 
i, i . 16 , ’ d /° Erscheinungen und die Pathogenese der Sommer- 

I, nJ a ’ >eson ders in parasitologischer Hinsicht zu erklären, vor- 
o U - ld V0ldlaildei1 sind; dass die Klinik durch Deine 
setze -f °l> n lmme zwar me i ne Beschreibungen und meine Ge- 
stätip-t *1 r; ei . au fgeuommen und in ausgedehntem Maasse be- 
h latte, indem sie die letzteren sogar durch die wichtigste 


unter den 


tinn a ex Pe n mentellcn Thatsachen, 
Parasäl..!?!!' 6116 " Malariafiebertypi 


uämlich die der Reproduc- 
Parasiten« ^aiarianebertypen durch die entsprechenden 

strirte q H1 i en an . & esunden Individuen mittels der Inoculation illu- 
lorischp. r n I,? rer ‘ Se1 ^ al)er vei ‘kündigt hatte, dass sie die parasito- 
Anwendnn re . nic ^^ aune hmbar fände, wie solche, durch einfache 
Grunn e C'a] , m f ner Besetze, bezüglich der Sommermalaria von einer 
wohl die Kv'ti entwickelt worden war; auch musste ich endlich 
Lehre entrm 1 lken un< * d * e gegebenen Thatsachen, welche Du dieser 

Lei d' geng f tellt hattest ’ kenüen - 
ich die , D( ^ e der Binge ist es natürlich, dass, während 

meinem j I der klinischen Bilder verfolgte, schon von 

_ a s Beobachter und durch die Art meiner gewohn- 

Lobcisetzt von Dr. phil. Loevinson in Koni. 


ten Studien dazu geführt wurde, meine Aufmerksamkeit auch auf 
einige ganz speeielle Punkte, die aber hinsichtlich der Lehre doch 
von grundlegender Bedeutung sind und sich auf die Entwickelung 
der hämatologischen Befunde im Verhältniss zu eben dem klinischen 
Bilde beziehen, zu richten, um mir auch über diese Punkte, ausser¬ 
halb jeder vorgefassten Meinung, eine persönliche Ueberzeugung 
zu schaffen. Nach dieser Erklärung glaube ich wirklich nicht um” 
hin zu können, Dir die Ueberzeugungen klarzulegen, welche sicli 
nach dem, was ich beobachtet habe, in mir allmählich bezüglich 
der umstrittensten Fragen gebildet haben. Es handelt sich um 
Eindrücke, und da ich für den Augenblick keine analytische 
Auseinandersetzung machen könnte, so gestatte mir, dass ich eben 
unter dem Titel Eindrücke auf den folgenden Seiten meine Art. 
die Sommer-Herbstfieber zu betrachten, Deinem Urtheil unterbreite. 

Pavia, Oetober 1893. C. Golgi. 

I. 

In meinen früheren Arbeiten über die classischen Typen inter- 
mittirender Malariafieber, hatte ich das Glück, u. a. folgende grund¬ 
legende Thatsachen festzustellen: 

1. Die graduell fortschreitende, ja cyklische Entwickelung 
(von den kleinsten, pigmentlosen Amöben bis zur Reproduction 
durch Segmentirung) der bereits als charakteristisch bekannten 
Formen der Malariainfection, womit ich das überzeugendste Argu¬ 
ment für die parasitäre Natur jener Formen lieferte. 

2. Den Zusammenhang der cyklischen Entwickelung der Ma¬ 
lariaparasiten mit der periodischen Aufeinanderfolge der Fieber¬ 
anfälle. 

3. Die constanto Beziehung der einzelnen Anfälle zu der Ent¬ 
wickelung, Reife und Reproduction einer parasitären Generation, 
womit ich die Lösung des Problems, der Quelle so vieler Hypo¬ 
thesen, nämlich des Intermittirens der Malariafieberanfälle, gab. 

4. Die Thatsaehe, dass den verschiedenen classischen Grund- 
typen von intermittirendem Fieber verschiedene (sowohl nach 
morphologischen als nach biologischen Anzeichen) Arten oder Va¬ 
rietäten von Malariaparasiten entsprechen, was, mit Hülfe der vor¬ 
angehenden Thatsachen, eine rationelle Gruppirung vieler der be¬ 
schriebenen Varietäten der classischen Typen von intermittirendem 
Fieber möglich machte. 2 ) Solche Gruppirung ward von mir in dem 
Sinne entworfen, dass mehrere unter eben diesen Typen, auf Grund 
des parasitologischen Kriteriums, auf einen Grundtypus bezogen 
werden können, wobei sich z. B., wie ich seit meinen ersten 
Studien hervorgehoben habe, ergiebt, dass viele Quotidianon 
nur verdreifachteQuartanen oder auch verdoppelte Tertianen sind, etc. 

*) Deutsche med. Wochenschrift 1894. No. 2. 

*) In Beziehung auf diesen Punkt scheint es mir nicht überflüssig, 
zu bemerken, dass, wenn ich bei meinen Untersuchungen von verschiedenen 
Arten oder Varietäten der Malariaparasiten wiederholend sprach, in be¬ 
stimmter Weise von der Frage von dem Ursprung der genannten Varie¬ 
täten (oder Arten) und über ihre mögliche enge Verwandtschaft in auf¬ 
steigender Linie, immer mich fern halten wollte. Meiner Meinung nach 
verlangen solche Fragen neue eingehende Studien und Untersuchungen. 



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292 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


Andererseits jedoch erfuhr ich, dass während meine Beobach¬ 
tungen und Gesetze von der grossen Mehrzahl der Pathologen und 
Kliniker als exact anerkannt wurden und die umfassendsten Be¬ 
stätigungen erhielten, sie umgekehrt von Seiten einiger der be¬ 
währtesten Beobachter, welche die römische Malaria zum speciellen 
Felde ihrer sondergleichen ausdauernden und genauen Unter¬ 
suchungen gemacht hatten, nicht nur lebhaftem Widerstand 1 ) be¬ 
gegneten, sondern auch geradezu für nicht der Wirklichkeit ent¬ 
sprechend erklärt wurden. 

Hiera ach musste ich eine grosse und berechtigte Gonugthuung 
empfinden, als ich vernahm, dass meine Gesetze und Beobach¬ 
tungen von den eben genannten Gegnern nicht nur vollkommen 
bestätigt worden waren, sondern auch eine umfassendere Anwen¬ 
dung erhalten hatten. . 

Mittels ausdauernder Untersuchungen war man in der Iliat 
dahin gelangt, festzustellen, dass das Gesetz des parasitären Cy- 
klus eine genaue Anwendung auch auf die römischen sogenannten 
Sommer-Herbstfieber fand, deren specielle Art zu verlaufen gerade 
in Beziehung zu der eigenthümlichen Biologie (Cyklus innerhalb 
24 Stunden) der bekannten kleinen endoglobulären Amöben 
(Marchiafava’s und Celli’s Plasmodien), welche zuerst als chark- 
teristisch für die Malariainfection im allgemeinen gehalten worden 
waren, hatte gesetzt werden können. 

Gern sah ich ebenfalls die, wenn auch hypothetische, zuerst 
von Dir in genialer Weise formulirte Vorstellung angenommen, 
dass der Malariafieberaccess als Folge einer chemischen Alteration 
der rothen Blutkörperchen anhebt, einer Alteration „derjenigen 
vergleichbar, welche die rothen Blutkörperchen durch die Kohlen¬ 
säure erleiden“ (Bacelli, La perniciositä). Diese Vorstellung 
habe ich mit Unterstützung einiger Thatsachen, doch ohne ihr 
den Charakter einer Hypothese zu nehmen, an etwas concretere 
Grenzen zu beschränken gesucht, indem ich zugab, das vermuthete 
Gift „mache sich von den Parasiten gleichzeitig mit der Segmentation 
und durch dieselbe frei.“ 

In der speciellen Frage über die behauptete ausschliessliche 
Abhängigkeit der Sommer-Herbstfieber „von der kleinen amöboiden 
Form mit ihrem Cyklus in Verbindung mit den Fieberaccessen“ 
musste ich als übertrieben, ja — auf Grund der besten wissen¬ 
schaftlichen Kriterien — als nicht genügend gerechtfertigt be- 
urtheilen, dass man in bündigster Weise hatte erklären wollen: 
„Wie man für die Hervorbringung einer gegebenen Wirkung nicht 
mehr Wesenheiten annehmen darf, wenn nur eine als genügend 
bewiesen ist, so darf man bei den genannten (Sommer-Herbst)- 
fiebera den kleinen amöboiden Formen die grösste Bedeutung bei¬ 
messen. . . , 2 ) Doch da ja dieses im Grunde genommen Rigorismus 
bei Anwendung des Cyklusgesetzes bedeutete, von dem Augen¬ 
blicke an, da der rascheste Cyklus der kleinen Amöben erwiesen 
erschien, so dünkte mir, als könne der beschriebene mehr oder 
weniger active Theil anderer Formen (der Halbmondformen) für eine 
bis zu einem gewissen Punkte unabhängige Frage angesehen werden. 

Bevor man übrigens zu dieser neuen Phase von Untersuchungen 
gelangte, fand ich leicht die Erklärung für den Widerstand gegen 
meine Thatsachen durch die Erwägung, dass die Gelehrten, welche 
meine Beobachtungen unannehmbar gefunden hatten, nothwendiger- 
weise vorwiegend unter dem Eindrücke der ganz besonderen Be¬ 
funde stehen mussten, welche von den Fiebern geboten werden, 
die in einigen Jahreszeiten in Rom vorwiegen; Befunde, welche 
notorisch einen grossen Unterschied im Verhältniss zu denen der 
gewöhnlichen typischen, von mir betrachteten Formen intermit- 
tirender Fieber aufweisen. 

Die neue Reihe von Beobachtungen derjenigen Forscher, welche 
sich hauptsächlich vom parasitologischen Gesichtspunkte aus mit 
der römischen Malaria befassten, hat inzwischen ein klare Scheidung 
der gewöhnlichen und classischen Formen intermittirender Malaria¬ 
fieber von den viel häufiger unregelmässigen und schweren hervor¬ 
gerufen, die in den heissesten Monaten dort herrschen, wo die 
Malaria sehr intensiv ist. Während man jene Frühlingsfieber 
benannte, wurden diese allmählich in einer immer klarer hervor¬ 
tretenden Gruppe unter dem Namen Sommer-Herb st fieber unter¬ 
schieden. 

Ohne zu leugnen, dass vielleicht die Benennung nach dem 
Frühling, auf die Tertiana und Quartana im eigentlichen Sinne 

*) Während ich einige frühere und auch spätere kurze Widersprüche 
beiseite lasse, muss ich daran erinnern, wie noch im Jahre 1889 (auf 
dem XIII. Congress der „ Associazione Medica Italiana“, September 1889) 
Prof. Celli erklären zu müssen geglaubt hat, dass die Beziehung zwischen 
der cyklischen Entwickelung des Malariaparasiten und dem Fiebercyklus, 
eine von mir seit November 1885 sowohl für die Quartana als für die 
Tertiana bewiesene Beziehung „in so absoluter Weise nicht angenommen 
werden kann“ und deshalb „noch untersucht werden muss.“ 

*) A. Celli und J. Sanfelice, Sui parasiti del globulo rosso. 
Annali dellTstitutodi Igiene nella R.Universitn di Roma. Vol.T., fase. I., p. 57. 


genannten Fieber und auf die entsprechenden Parasiten angewandt, 
einen gewissen praktischen Werth für Rom haben mag, kann ich 
mich nicht allzusehr in eben die Benennung finden, gerade wegen 
ihres zu lokalen Werthes. Denn bekanntlich zeigen sich in den 
meisten Malarialändern diejenigen Formen, die man Frühlingsfiober 
nennen möchte, in allen Jahreszeiten. 

Diese nämlichen Formen, und besonders die Tertiana, liefern 
übrigens auch in Rom, weit entfernt davon, ausschliesslich dem 
Frühling eigentümlich zu sein, ein nicht unbedeutendes Contingent 
von Kranken selbst in den wärmsten Sommer- und Herbstmonaten: 
von der Totalsummo der Kranken an primitiver Malariainfection, 
an denen ich während der zweiten Hälfte des Juli im Hospital 
St. Spirito die Blutuntersuchung vorgenommen habe, litt ungefähr 
die Hälfte an wirklicher oder „Frühlings“tertiana (10 oder 12 unter 
22 oder 24). Auch im September gehörte über die Hälfte der be¬ 
obachteten Fälle ebenfalls zu den sogenannten Frühlings- oder ge¬ 
mischten Formen. Doch ist, meinem Erachten nach, diese Namen¬ 
frage keine solche, die eine längere Erörterung verdiente, während 
die Untersuchungen über die Art des Verlaufes der Sommer-Herbst- 
fieber und die über die Biologie der entsprechenden Parasiten sehr 
grosses Interesse erregen. 

Es handelt sich um Dinge, die wir wiederholt gehört haben; 
deswegen ist hier nicht der Ort dazu, den Antheil zu erwähnen, 
den die einzelnen Beobachter an der Entwickelung dieser neuesten 
Phase der Malariastudien gehabt haben, um so mehr, als man bei 
einem rein zusammenfassenden Hinweis allzu leicht in manche Uu- 
genauigkeit verfallen könnte. Es wird deshalb genügen, wenn ich 
daran erinnere, wie durch diese neuen Forschungen zuerst unter 
Hinzufügung zu den Amöben mit Cyklus von zwei (Tertianen) und 
drei Tagen (Quartanen), die Existenz von Amöben ans Licht kam, 
mit so beschleunigter oder schneller Entwickelung, dass sie den 
respectiven Cyklus in der Periode von 24 Stunden vollenden können 
und deshalb fähig sind, gerade alle 24 Stunden einen Fieberaccess 
hervorzubringen. So ist denn die Existenz der wirklichen 
Quotidianfieber bewiesen, welche denjenigen Quotidianen, die 
Combinationen der Quartana (verdreifachte Quartana) oder der 
Tertiana (verdoppelte Tertiana) zugeschrieben werden müssen, an 
die Seite zu setzen sind. — Es ist überflüssig, zu sagen, wie es 
sich ergab, dass der Parasit, der dieses so wesentliche biologische 
Merkmal hat, seinen Cyklus innerhalb 24 Stunden zu vollenden, 
durch die bekannten kleinen endoglobulären Amöben vertreten war, 
die am häufigsten nicht pigmentirt oder in einer fortgeschrittenen 
Periode ihrer Entwickelung mit wenigen Pigmentkörachen versehen 
sind, welche eine mehr oder weniger lebhafte amöboide Bewegung 
zeigen. Es sind das jene kleinen Amöben, welche den Gegenstand 
so vieler ausführlicher und genauer Beschreibungen sowie ge¬ 
zeichneter Reproductionen seitens Marchiafava’s und Celli’s ge¬ 
bildet haben. 

Nach der Entdeckung des Cyklus, welcher sich in drei (Quar¬ 
tana) und zwei Tagen (Tertiana) vollendet, drängte sich den 
Forschern, welche die Entwickelung der jüngsten Kenntnisse über 
die Malaria verfolgt hatten, kein Gedanke so gebieterisch auf, wie 
der des möglichen Vorhandenseins anderer Varietäten oder Arten 
von Malariaparasiten, die fällig sind, ihren Cyklus in einer kürzeren 
Periode zu vollenden; ja man kann sagen, die fehlende Kenntniss 
eines Parasiten, der fällig wäre, mit seinem beschleunigten Cyklus 
wirkliche Quotidianen hervorzubringen, erschien wie eine Lücke m 
dieser speciellen Reihe von Untersuchungen; diese Lücke machte 
sich um so mehr bemerkbar, als sich die römischen Sommer- und 
Herbstfieber mit ihrem ganz vorwiegenden Charakter von Quotidianen 
(wenn auch mehr oder weniger typenlos, unregelmässig und sich ver¬ 
längernd), wrie es schien, zur Anwendung meiner Gesetze nicht eigneten. 

Eine sehr glückliche Constatirung schien daher diejenige, auf 
welche eben hingewiesen wurde, die des regulären Cyklus, der 
ebenfalls von den bekannten kleinen, den Sommer-Herbst-Malaria- 
fiebern Roms und der anderen Gegenden, wo intensive Malaria 
vorhanden ist, eigenthümlichen Amöben vollendet wird. 

Wie die kleinen, durch eine so schnelle Entwickelung charak- 
terisirten Amöben von den verschiedenen Beobachtern mit den 
Namen AmOeba praecox, Amoeba immaculata, Amöbe mit 
schneller oder beschleunigter Entwickelung, Amöbe der Sommer- 
Herbstfieber, Amoeba febris quotidianae getauft wurden, weiss 
man ebenfalls; und nicht minder bekannt ist, wie weitere Beob¬ 
achtungen zur Annahme einer anderen Art oder Varietät mit 
48 stündiger Entwickelung, die daher einen anderen speciellen Typus 
von Tertianfieber (Sommer-Herbst- oder malignes Tertianfieber 
Marchiafava’s und Bignami’s) hervorbringt, geführt haben. 

Es war eine ganze Reihe von Arbeiten, die, mit grösster Sorg¬ 
falt ausgeführt, nicht wenig zur Befestigung und Verbreitung der 
Kenntnisse von der Pathogenesis der Malariainfection beigetragen 
haben und die mit Recht unter den werthvollen Urkunden, welche 
die schwierige Frage beleuchten, erscheinen. (Fortsetzung folgt ) 


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29. Mürz. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


29:5 


HI. Ueber die moderne Behandlung von Krankheiten mit Gewebsflüssigkeiten. 1 ) 

(Hoden-, Schilddrüsen-, Pankreas-, Nerven-, Herz- und Nierensafb.) 

Von Prof. Fürbringer in Berlin. 


Wenn ich es unternehme, Ihnen ein der Kritik nicht entbehrendes 
Referat über das im Laufe der jüngsten Jahre in verschiedenen 
Culturländern mit Einschluss des Deutschen Reiches geübte Ver¬ 
fahren der Einverleibung von Gewebsflüssigkeiten zum Zwecke 
der Heilung von Krankheiten zu bieten, so entspreche ich damit 
einer liebenswürdigen Aufforderung unseres Herrn Vorsitzenden. 

Wer wollte zweifeln, dass dieses Thema zu den actuellsten 
zählte? Ich selbst kenne kaum ein zweites, das der Hinweise in 
der älteren Litteratur in gleichem Maasse entbehrte. 

Um dasselbe gleich hier abzugrenzen, darf ich vor allem auf 
den Wortlaut des Titels verweisen. Es handelt sich lediglich um 
die mit den Gewebsflüssigkeiten im engeren Sinne, d. i. mit den 
Organextracten geübte Therapie. Somit entfällt ohne weiteres 
die Abhandlung der Heil versuche durch die Ipjection mit Bacterien- 
producten, vor allem das ja wiederholt in unseren Sitzungen er¬ 
örterte ganze grosso Gebiet dos Koch’schen Tuberkulincurverfahrens 
mit seinen der allerneuesten Zeit angehörigen Fortsetzungen, unter 
denen ich die nach dem Vorgänge von Klebs unternommenen Ein¬ 
spritzungen mitTuberkulocidin, diejenigen mit Antidiphtherin, MalleYn 
und Anticholerin nenne. Es liegt mir aber auch fern, das ausgedehnte 
neue Arbeitsfeld der Blutserumtherapie heut zu betröten, Ihnen 
Bericht zu erstatten über die vorwiegend an den Namen Behring 
anknupfenden, in dem vorvorjährigen Congress für innere Medicin so 
lebhaft ventilirten Fragen der Wirkung der Schutz- und Heilstoffe 
des Serums immunisirter Thiere bei Infectionskrankheiten. Sie alle 
haben mit der Biologie der Mikroorganismen zu thun, mit dem 
Begriffe eines keimtödtenden Effects, der Thätigkeit des „Bacterio- 
toxins“, eines von den Bacterien producirten, für sie selbst giftigen 
Stoffes. 

Ganz anders die Theorie der Wirkung unserer Organextracte, 
die mit bacteriologischen Gesichtspunkten nichts zu schaffen hat 
und auch als Angriffspunkte keine Infectionskrankheiten kennt, 
wenigstens keinen durch Mikroorganismen vermittelten specifischen 
Infeet. Bei unseren Gewebsflüssigkeiten steht, so weit es über¬ 
haupt möglich ist, ihre Anwendung unter einem einheitlichen Ge¬ 
sichtspunkte zu betrachten, in allererster Linie eine specifische, 
lösliche chemische Verbindung, meist ein Drüsenstoff in Frage, 
dessen Unentbehrlichkeit für den Organismus, um einen Brown- 
St'quard’schen Collectivbegriff zu gebrauchen, „dynamogene“ 
und in weiterer Instanz heilende Eigenschaften begründet. Speciell 
giebt man sich der Vorstellung hin, dass die Drüsen Entgiftungs¬ 
organe vorstellen, deren Secrete solche giftige Stoffwechsel pro- 
duetc unschädlich machen, deren Einwirkung eine Autointoxi- 
cation des Körpers zulässt. 

Zwei Hauptrepräsentanten unserer Gewebssaftthcrapie sind es 
bislang, um nunmehr in mediam rem zu treten, welche in den 
letzten Jahren die Gemüther im Aus- und Inlande intensiv be¬ 
schäftigt und, wie ich mit einem gewissen Staunen, um nicht zu 
>agen mit Schrecken, entdecke, bereits eine sehr stattliche Litteratur 
geschaffen haben: das Hodenextract mit seinem specifischen , 
-Spermin“ und der Schilddrüsensaft. Nächstdem hat man , 
zum Pankreassecret sowie zur Nervensubstanz gegriffen und , 
letzterer sich von der Gruppe der Driisensecrete omancipirt. 
auch noch andere Organstoffe folgen werden, erhellt aus ! 
einigen, wenn schon mit einiger Schüchternheit proclamirten Cur- : 
versuchen mit „Nephrin“ und „Kardin“. 

und nun zur Sache. Um mit dem Spermin zu beginuen. 

*i -u ^ unflc ^ lst Ihre Aufmerksamkeit auf meinen Vortrag lenken, 
( en uh die Ehre hatte, vor Ihnen im Sommer 1891 über die Brown- , 
■ -quard’sehe Behandlung der Impotenz 2 ) zu halten. In diesem 
üb T ,| l . a ^ e .^b sich ein Theil von Ihnen entsinnen wird, 
fJ Pr dle historische Entwickelung des neuen eigenartigen Heilver- 
! rens JS* es französischen Forschers berichtet, welcher durch sub- 
KliW l tl . nVL * rlp jl )U ng einer aus frischen Thierhoden gewonnenen 
Preise veijüngt und Geschlechtsinvaliden wieder potent 
Macht haben wollte. ~ ‘ 


mit 

Dass 


Wenn nun auch meiner Hoffnung, es würde der so eindoutige 
Ausfall meiner experimentellen Untersuchungen in negativer Rich¬ 
tung der üppig emporsprossenden Heilmethode zu Nutz und From¬ 
men einer kritiklosen Klientel ein Grab bereiten, mancherlei werth¬ 
volle Nahrung gegeben worden, so darf ich doch gleichwohl nicht 
verschweigen, dass weitere Bestrebungen 1 ) meinen Glauben an den 
schnellen Tod der ganzen Brown-Söquard’sehen Lehre und der 
„Ipjections söquardiennes“ als einen verfrühten gekennzeichnet 
haben. Ich denke hier an die bunte Reihe weiterer Veröffent¬ 
lichungen des Entdeckers und seiner Anhänger über wunderbare 
Erfolge der Spermincur bei allem möglichen Kreuz und Leid der 
Sterblichen; noch viel mehr aber habe ich die ernster zu nehmende 
Ausbildung der Sperminlehre in Bezug auf die Isolirung des wirk¬ 
samen Princips und seine Einwirkung auf den Stoffhaushalt unseres 
Organismus im Sinne. Diese neue Bewegung, welche wir in 
erster Linie dem russischen Chemiker Po eh 1 verdanken, hat unser 
Thema in beachtenswerthe Bahnen gelenkt. 

Zwei Centren sind es also, von denen bis in die neueste Zeit 
Kundgebungen ausgestrahlt; das eine operirt in unserem westlichen 
Nachbarlande mit dem Brown-Söquard’schen „Suc testiculaire“, 
das andere im östlichen mit dem „Spermin Poehl“, und es ist 
wunderbar, wie die einschlägigen Publicationen sich fast aus¬ 
schliesslich auf die Ursprungsländer beschränkt haben. Indem ich 
Ihnen nunmehr einen gesonderten kurzen, von allem Neben werk 
freien Bericht gebe, muss ich gleich hier bemerken, dass von einem 
principiellen Gegensatz in Bezug auf die Natur des Heilkörpers 
und die Indicationen seiner Verwendung nicht wohl die Rede 
sein kann. 

Ich kann, was die Fülle zunächst der neuesten Erzeugnisse 
der eigenen Feder Brown-Söquard’s anlangt, direkt an den Inhalt 
meines Vortrages anknüpfen, insoweit er als letzte Berichte des 
französischen Gelehrten die Bekanntgabe erstaunlicher Erfolge seiner 
Heilmethode u. a. bei Tabes dorsalis, Lepra, Malariakachexie, lebens¬ 
gefährlichen Anämieen nach Metrorrhagieen brachte. Es wäre gefehlt, 
anzunehmen, dass meine eigenen Ausführungen zu einer Mässigung 
der Anschauungen und ihres Ausdrucks geführt. Im Gegentheil: 
Brown-Söquard beklagt offenbar aus Ueberzeugung meine An¬ 
griffe als die seines ärgsten Gegners in Deutschland und glaubt 
meine negativen Resultate durch die „Antipathie des Experimen¬ 
tators“, durch eine Modification der Injectionsflüssigkeit infolge des 
antiseptischen Zusatzes erklären zu sollen. Sollte es wirklich der 
besonderen Versicherung bedürfen, dass eine Spur relativ indifferen¬ 
ten Thymols, die der Flüssigkeit sogar den vollen Spermageruch 
wahrt, ihrer Wirkung nicht den mindesten Abbruch zu thun ver¬ 
mag? Aber unbekümmert um solche Erwägungen, unbeirrt durch 
mannigfache warnende Kritik von anderer Seite (s. unten) schiessen 
die Kundgebungen neuer sensationeller Heilerfolge üppig in’s Kraut. 
Nicht weniger als 1200 Aerzte haben seinen Succus testicularis 
200000 mal ohne Unfall injicirt und bei organischen Krankheiten 
des Nervensystems, bei der Zuckerruhr, selbst bei Tuberkulose-) 
und Krebs der leidenden Menschheit zu den grössten Segnungen 
verholten. In 120 Fällen speciell von Tabes dorsalis 8 ) ist der Er- 

') Hier darf ich vielleicht zweier kleiner, meine eigene Person be¬ 
treffender Zwischenfälle nebenher gedenken. Der erste besteht in einer 
ausführlichen und lebhafton Interpellation der nordamerikanischen Firma 
Parke Davis and Company in Detroit, welche einige Wochen nach 
dom Termin meines Vortrages an mich gelangte und bittere Klage über 
die Ungerechtigkeit führte, mit welcher ich die Herren lächerlich bezw. 
als amerikanische Reclamesucher hingestellt hätte. Wer meinen Vortrag 
gehört, wird sich keines Schattens derartiger Incriminationen bewusst 
geworden sein, und, um es kurz zu sagen, meine weitere Correspondenz 
mit der (wie mich erst wieder der in den letzten Tagen in Berlin an¬ 
wesende College Haass aus Detroit persönlich versichert) in der Ihat. 
achtbaren Firma, die zu dem friedfertigsten Abschluss geführt, deckte 
auf, dass ein unseliges Referat meines Vortrages in einem österreichischen 



v . . Dann hatte ich den heutigen Standpunkt 

dem q" ^ ei, . n fr llss voni wirksamen Princip jener Testikelflüssigkeit. 
nidliH PermiI t ^ ezw - ^ en Sperminkrystallen beleuchtet und war 
mit Dr i? ,- er ^ an(l eines Berichtes • über eigene Nachprüfungen 
], a j n ’ {o binson an 18 Männern im Krankenhause Friedrichs- 

""<i gelang dass es mit der erregenden , * 5er Stellungnahme «ehrlich kSne Aufmunterung *u einer Fori- 

:iuf.rehaiitm«o der neuen > auf irrigen Voraussetzungen J etzun „ der einschlägigen Versuche. Nur deshalb sei der \ orlall berührt. 

n, af mchts~ ;P0WI1 '^^ward’schen Behandlung ein- und für alle- • * ^ - tmr ni« fitacittcum die 


gOgCIl tlULU ui«tuvuv « --- r-» - - 

gi&len Bestrebungen gelang, das Absurde eines solchen Protestes darzn- 
thuu und das Hineintrairen von Beunruhigungen in die Presse und in das 
Publicum im Keime zu ersticken, so lag doeh für mich damals in der 
- - . ‘ " ‘ .mor hort¬ 


sei. 


in Berlin Rieten m der Sitzung des Vereins für innere Medicin 

Tni ™ Mans 1894 - 
) uiese Wochenschrift 1891, No. 85. 


h Uspensky spricht den Hodensatt gar als Speciticum gegen die 
Phthise an; andere sahen beträchtliche Besserungen bei dieser Krankheit 
(Cassanello, Duinontpallior, Goizet, lienocque. Seuioiiie). 

*) Ataxie und Lähmung figuren neben der Neurasthenie a s öo>o,i- 
ders günstig beeinflusste Krankheitsbegriffe auch in den 1 erifflentlicliungm 
von Brainard, Mairet. Szikszai, Labarriöre. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0 CHEN SCH Ri ll. 


No. 13 


294 _ _____ . 

lol st nur viermal ausgeblieben. Wenn auch die Patellarreflexe nicht 
wiederkehren, so hat das nichts zu bedeuten die Heilung der Krank¬ 
heit ist nahezu constant. Ein sterbender Malariakachectiker ) wird 
durch die Injectionen kräftiger denn zuvor; er selbst der Meister, 
der durch Keuchhusten, Enteritis, Schluckkrampf und Contraetui 
der Respirationsmuskulatur nahezu zur Agonie gekommen, ^ist 
wenige Stunden nach der ersten Injection aller krankhaften Sym¬ 
ptome von Seiten der Medulla oblongata baar. Durch ihn und 
d’Arsonval erfahren wir von 20 „notablen“ Besserungen bei dei 
Behandlung 21 Krebskranker. Ja selbst ein Choleraheilmittel ist 
die Hodenemulsion, denn wie Brown-Söquard in der Choleradis- 
cussion des letzten Winters berichtet, hat Uspensky von zehn 
schwersten Opfern der Seuche acht durch die Injectionen dem Tode 

Auch\n experimentellen Belegen fehlt es nicht. Die frag¬ 
los sinnreiche Behandlung omes Hundes vor arteriellem todtlichem 
Aderlass mit dem Succus testicularis führte dazu dass die ton- 
vulsionen des Controlhundes ausfielen und der Tod spater als bei 
letzterem eintrat (Brown-S6quard). 

Die Theorie der Wirkung anlangend, constatirt Brown-öö- 
quard eine dreifache Function der Hoden (und der Ovarien) die 
Geschlechtsfunction, die Resorptionswirkung ihrer specifischen Pro- 
ducte unter der Form eines Reizes für die Nervencentren welcher 
den dem Geschlecht eigentümlichen Charakter bedingt, endlich die 
Erhöhung der Energie der Nervencentren, wie sie bei Eunuchen 
und Masturbanten darniederliegt. Das wirksame Princip des Succus 
testicularis findet sich in allen Geweben des männlichen 1 hie res 
eine Annahme, der, wie wir sehen werden, auch Poehl in gewissem 
Sinne huldigt —, und somit nähern wir uns, meine ich, nicht un¬ 
deutlich den alten mystischen Anschauungen von der Lebenskraft, 
die im Sperma schlummert. Bei dieser Gelegenheit darf ich erwäli- 
non dass, wie ich einer Notiz F6r6’s (s. unten) entnehme, bereits 
im Jahre 1878 Mattoi als „Vorläufer“ von Brown-S6quard 
ganz ähnliche Principien im allgemeinen in seiner Schrift über die 
tonische und excitirende Resorptionswirkung der Samenflüssigkeit 
und ihre Folgen für Physiologie und Hygiene ausgesprochen hat. 

Der Ton, mit welchem die Führer in’s Horn gestossen, klingt 
in den Kundgebungen derer getreulich wieder, "welche Brown- 
S6quard die Heeresfolge nicht zu versagen vermocht. Es liegt 
mir fern, Sie mit den Berichten der begeisterten, fast ausschliess¬ 
lich der französischen Nation angehörigen Anhänger zu ermüden. 
Es genüge, den oben erwähnten Berichten hinzufügen, dass in den 
Veröffentlichungen von Depoux, Kahn, Megnin, Vitzou, 
Montanöu. a. wunderbare Heilerfolge bei Tabes, Lähmung, Chloro- 
neurasthenie, Tuberkulose und seniler Demenz eine Rolle spielen. 
Selbst der Fötus im Mutterleibe erfuhr eine Kräftigung durch die 
Injectionen, mit welcher man eine Gravida bedachte. Das Heil- , 
object Megnin’s ist ein paraplegischer Hund mit Sarkomatose, die¬ 
jenigen Vitzou’s zwei gelähmte Affen. Mont an 6 steht nicht an, 
den Hodensaft per os zu appliciren und damit ist der Schritt ge- 
than, den ich nicht ohne eine gewisse Horripilation in meinem Vor¬ 
trage angedeutet, die Brücke zu den Spermaschluckern 3 ) geschlagen. 
Ein wichtiges Moment aber hat sich aus meiner Kenntniss- 
nahmo von der einschlägigen französischen Litteratur ergeben: der 
von mir so intensiv bekämpfte Glauben an die Heilerfolge bei der 
Impotenz zeigt selbst bei den Parteigängern eine sichtliche Kraft¬ 
einbusse, letztere werden überhaupt spärlicher und an ihre Stelle 
sind mehr und mehr die Skeptiker getreten. 

So erfahren wir von Loomis von nicht wenigen Misserfolgen, 
von Bo uff 6, dass seine, übrigens der Nebenwirkung — Respirations¬ 
störungen und Präcordialangst — nicht ganz entbehrenden Injec¬ 
tionen zwar bei seniler Schwäche eine gewisse Wirkung gcäussert, 
indess bei Neurasthenie sich als unsicher erwiesen, und bei Herz- 
und Gefässkrankheiten, Diabetes, Tuberkulose und Krebs so gut 
wie ganz versagt hätten. Negel, Mossö, Venträ undFronda, 
Aievoli, d’Amore, Rossi, Rivano, Marco, Capriati, Massa- 
longo hatten geringe oder keine Erfolge. Allenfalls wird eine 
leichte und vorübergehende Aufbesserung der gesunkenen Potenz auf 
indirektem Wege durch Hebung der allgemeinen Schwäche zugegeben; 

‘) Auch Suzor auf der Insel Mauritius sah grossartige Erfolge bei 
Malaria (und Lepra)! 

*) Eine bedauerliche Verirrung trat mir vor etwa Jahresfrist in einem 
Sendschreiben der Verlagsbuchhandlung Minde in Leipzig entgegen, in 
welchem Goizot’s „Force et Santo“ angeboten und für die Goizet’sche 
Versandtanstalt des Brown-Sequard’schenLiquor testiculorum („alleiniges 
Verkaufsdebit in Leipzig“) Reclame gemacht wird: „Brown-Sdquard steht 
auf dem Höhepunkt des Ruhms, Frankreich kann stolz auf ihn sein etc.“ 

3 ) Wir möchten hierbei nicht unerwähnt lassen, dass, wie Leyden 
jüngst nachgewiesen, diese anscheinend so neue und überraschende Idee 
bereits dem Alterthum angehört. Impotente Griechen und Römer haben 
nach Berichten von Plinius nicht Anstand genommen, Sperma und Hoden 
* vom Esel zu verspeisen. 


es bewies aber das Eintreten gleichsinniger Besserungen zumal bei 
Tabes und Neurasthenie unter subcutanen Glycerin- und Wasser- 
injectionen, welche selbst die Muskelkraft und den Puls zu heben 
vormocht, die nicht zu unterschätzende Rolle, welche die Auto¬ 
suggestion gespielt. Massalongo, der Direktor des grossen Vero¬ 
neser Hospitals, welcher seine Publication mit dem Titel buggestions- 
therapie belegt., bezeichnet trotzdem die „eigentlichen therapeuti¬ 
schen Resultate als „absolut negativ.“ Weiter weisen Baudin 
aus Besancon, welcher 200 Nervenkranke, Kachectiker etc. mit 
4500 Injectionen nur selten mit annehmbarem Erfolg behandelt, 
und der bekannte Nervenarzt F6r6 an der Hand sehr beachtens- 
werther Berichte mit aller Entschiedenheit zurück, dass die Tes- 
tikelemulsion irgend einen Einfluss auf die Epilepsie mit ihren 
physischen und psychischen Depressionszuständen habe. Ern l a- 
tient Föite’s suchte in eigener Auffassung der Brown-Sdquard- 
schen Lehre eine gesteigerte Samenproduction durch eine Art von 
Masturbation — tägliche geschlechtliche Aufregung, ohne dass es 
bis zur Ejaculat.ion kam — herbeizuführen und wurde — ganz im¬ 
potent. Wir sind aber Brown - Söquard schuldig, zu registriren, 
dass er in öffentlicher Sitzung sich dagegen verwahrt, als ob er 
diese Methode empfohlen; er habe nur Excitation durch Berührung 
und Küssen junger Frauen gemeint. 

Damit schliesse ich meinen Bericht über die augenblickliche 
Gestaltung der Lehre von den „Injections sGquardiennes“ m des 
Urhebers eigenem Vaterland, um ihr noch einige Worte der Kritik 
am Ende des nunmehr folgenden Referats über den Standpunkt 
der Erfahrungen über das Wesen und die Wirkung des „Spermin 
Poehl“ zu widmon. ^ , J „ . . 

Es erscheint mir aber unerlässlich, dem Berichte selbst einen 
kurzen chemischen Excurs über die Herkunft, Zusammen¬ 
setzung und Kry st all form des Spermins vorauszuschicken. 
Die Vorführung complicirter chemischer Formeln soll Ihnen als ein 
wenig hierher gehöriges Beiwerk erspart bleiben. Es ist, meine 
Herren, das „Spermin Pöhl“, falls es nothwendig sein sollte, das 
noch einmal mit Nachdruck hervorzuheben, durchaus nichts anderes, 
als das Material der längst bekannten Böttcher’schen Sperma- 
krystalle, also das phosphorsaure Salz der Schreiner’schen 
Basis bezw. derselbe Körper, den ich vor nunmehr zwölf Jahren 
an der Hand zahlreicher Eigenuntersuchungen, zumal an Leichen, 
als den specifischen Hauptbestandteil des Prostatasecrets erkannt 
habe. Weiter habe ich gefunden, dass diese selbe Schreiner sehe 
Basis der Träger des specifischen Geruchs des ejaculirten Samens 
ist, während das Hodensecret und das Product der Samenblasen, 
dieses Geruches baar, nichts oder höchstens Spuren von Spermin 
enthalten. Konnte ich Ihnen bereits bei Gelegenheit meines Vor¬ 
trages berichten, dass fast alle unsere einschlägigen Lehrwerke 
nach langem Zögern und Sträuben diese meine Lehre — ihre Be¬ 
gründung und Details hier zu entwickeln widersteht mir — aus¬ 
genommen und anerkannt, so freut es mich, einer vorjährigen 
Publication Poehl’s zu entnehmen, dass nun endlich auch diesei 
russische Chemiker als Specialist Einsicht von und Stellung zu 
meinen Untersuchungen genommen. Ist eine Differenz in unseren 
Anschauungen zu beklagen, dann liegt sie in der Angabe Io en s, 
dass er in den Testikeln mehr Spermin als in der diesen Organen 
zunächst kommenden Vorsteherdrüse gefunden. Ich muss diesen 
Befund auf sich beruhen lassen, um so mehr, als er sich ledig ic 1 
auf den jungen Bullen bezieht, während mein Untersuchungsmate¬ 
rial vom Menschen stammt. . 

Aber nicht nur aus der Prostata und den Hoden junge r 1 
sondern auch aus der Schilddrüse, dem Pankreas und der A , z j 
selbst aus den Eierstöcken der weiblichen Thiere vermochte 1 oe 
sein Spermin zu gewinnen und folgert, dass der Körper wa 1 - 
scheinlich im ganzen Organismus circulire, mit welcher Anna m 
er wiedor mit den gleichsinnigen Anschauungen Brown-Sequai 
(s. o.) zusammentrifft. . 

Dass das Spermin nicht identisch ist mit dem vor wenig • 
Jahren von Schering dargestellten „Piperazin , muss naci 
manchen Irrfahrten in der Beurtheilung dieser Verbindung a & 
Thatsache gelten, nachdem A. v. Hofmann den Nachweis ei rac , 
dass Piperazin nichts anderes ist, als das Ladenburg s 
„ Aethylenimin“ und diese Verbindung mit „D iäthylendram . 
identisch ist. Piperazin, Aethylenimin und Diäthylendiamin sin 
also dieselben Begriffe und, nicht identisch mit unserm ope _ i 
dem Phospat der Schreiner’schen Basis. Diese Nichtiden. » 

die auch Mendelejeff vertritt, bekundet sich in sehr sinntMUgei 
Weise in einem von Poehl arrangirten Versuche, den e J u * t . 
persönlich vor mir mit unzweideutigem Resultat angestei • 
Trägt man nämlich in eine Lösung von Goldchlorid Magnesi 
pulver ein und fügt der Mischung Spermin zu, so e V* 
sich unter eigentümlichem Aufblähen und Wogen der sch 
Masse der charakteristische Spermageruch, den Diäthylemcuamm 
zulösen nicht imstande ist. Genug, die mit Piperazin (dem 


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29. März.__ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


295 


die Formel GiHioN-j giebt) angestellten klinischen Versuche scheiden 
für unser Thema aus, wobei es, wie Lassar-Cohn gezeigt, dahin¬ 
gestellt bleiben muss, ob dem Spermin die ursprüngliche 
Schreiner’sehe Formel C 2 H 5 N oder, wie Poe hl will, die Formel 
C 10 H 20 N 4 zukommt. Nach der neuesten Anschauung von Armand 
Gautier ist das Spermin ein LeukomaTn, also ein Product der 
regressiven Metamorphose der Eiweisskörper. 

Und nun noch ein Wort zur aetuellen Streitfrage der Identität 
der Bött eher'sehen Sperminkrystalle mit den Zenker- 
Charcot’scbenKrystallen, den Asthmakrystallen Leyden’s. Nach¬ 
dem ich bei meinen ersten Studien die Identität mit Schreiner 
annehmen zu sollen geglaubt, habe ich vor drei Jahren vor Ihnen 
selbst wieder Zweifel an derselben aussprechen müssen. Diese 
Zweifel gründeten sich in erster Linie auf den Umstand, dass wir 
es bei den Sperminkrystallen im wesentlichen mit den gewölbt¬ 
flächigen Spindel- und S- (Diatomeen-) Formen der monoklinen 
Doppelpyramide zu thun haben, während ich bei den Charcot’schen 
Krystallen bislang nur gerade Flächen in stumpfwinkliger Be¬ 
grenzung angetroffen hatte und es mir nicht gelungen war, aus 
dem Material der Spermakrystalle die Form der Asthmakrystalle 
zu gewinnen. Ich habe also mit dem Votum schliessen müssen, dass 
wohl eine Isomerie, aber zugleich eine Heteromorphie vorliege, 
einem Urtheil, dem auch unser verstorbener College Paul Gutt- 
mann bei Gelegenheit der Demonstration von Po eh l’schen Präparaten 
in unserem Verein beitrat. Demgegenüber verficht wieder Poehl 
auf Grund eigener Untersuchungen meine ursprüngliche Ansicht 
von der Identität der Krystalle, indem er sämmtliche Uebergangs- 
forinen und beim schnellen Umkrystallisiren besonders in Gegen¬ 
wart von Alkohol in der Regel geradflächige Krystalle erhalten 
zu haben angiebt; ja er bedient sich auf seinen mikroskopischen 
Objecten direkt des Synonyms „Cristaux Chareot-Leyden“. 
lu der That finden Sie hier unter den schönen Photogrammen, die 
ich seiner Freundlichkeit verdanke, eines (das letzte), welches im 
wesentlichen gerade Krystallflächen ganz ähnlich denen der Asthma- 
kiy stalle aufweist. Auch Benno Lewy hält die Charcot’schen 
und Prostatakrystalle für identisch und leitet die Unterschiede 
in der Form von den Differenzen der Menstruen ab, aus welchen 
sieh die Krystalle abscheiden. Ich darf auch nicht verschweigen, 
dass es Grawitz gelungen ist, im pleuritisohen Eiter Krystalle 
mit gewölbten Flächen aufzufinden, und dass mir endlich selbst 
vor wenigen Wochen von Herrn Dr. Freyhan ein Präparat aus 
dem Auswurf eines Asthmatikers im Krankenhause Friedrichshain 
vorgelegt worden ist, in welchem sich neben den gewöhnlichen 
Asthmakrystallen grosse gewölbtflächige Böttcher’sche und Ueber- 
gangsformen gefunden haben. 

Die Isomorphie kommt also, w r ie ich gern einräume, vor, und 
wenn ich mich noch immer nicht ganz entschlossen kann, die 
früher von mir vertretene Identität anzuerkennen — auch Lewy 
sind in letzter Zeit, wie er mir mittheilt, wieder „Zweifel an der 
Identität aufgestiegen“ — so liegt das an der unleugbaren That- 
sache, dass in der Regel Heteromorphie besteht mit Eindrücken, 
die dem Geübten und Erfahrenen beim ersten Blick ins Mikroskop 
als fremde entgegentreten. Ich darf endlich nicht verschweigen, 
dass nach einer jüngsten Mittheilung von Th. Cohn im Königs¬ 
berger Verein für wissenschaftliche Heilkunde dieser Autor und 
der Mineraloge Hecht die Charcot’schen Krystalle als hexa¬ 
gonale Pyramiden (mit sechseckigem, nicht tetragonalem Quer¬ 
schnitt) ansprechen. Die Untersuchungen über Prostatakrystalle 
stehen noch aus. 

Die jetzige Gestalt in welcher sich das Spermin Poehl 
präsentirt, ist eine farblose krystallklare zweiprocentige Flüssigkeit, 
Reiche sich in einer Menge von circa 1 ccm in, wie Sie hier sehen, 
kleinen^ dickwandigen durch Abbrechen des Stiels zu öffnenden 
tlaskkölbchen findet. Diese Flüssigkeit wird direkt injieirt, selbst 
zwei mal am Tage. 

Mras leistet nun das Poehl’sche Spermin in klinischer Be¬ 
ziehung? Einige Beiträge zur Beantwortung dieser Cardinalfrage 
a «e ich bereits in meinem Vortrage gestreift und will zunächst 
im Anschluss an diese Andeutungen zusammenfassend erwähnen, 

, , P° e hPsche Mittel sehr bald von einer grossen Zahl 
“ er Gelehrten und Aerzte (darunter Tarchanoff, 

v ai ew ’ Weljaminoff, Roschtschinin, Wictorow, 
_ benot, Sawitsch 1 ) in Arbeit genommen worden ist. Als 


th,iiii De V Q “ ^ es Dochts zeigt lebhafte Anklänge an die Mit- 
Serma??' 1 fo* nzös ischen Autoren über die Wirkung des Brown- 
t <>n L, j 8 Ch(m .H odenex tractes. So betont Shicharew den energischen 

«»msirenden und • . - ™ e - 


bei iW/'T - u £ lt>lc “ er Weise Koschtschinin die Zunahme der Enorgic 
unter Rn reizbarer Nervenschwäche, Diabetes mellitus, hier sogar 
einflusat SW« des Zuckergehaltes des Harns, während Phthisiker unbe- 
leben. Von Wictorow, Hübbenet und Sawitsch wird der 


Resumd dieser Versuche und Betrachtungen vermochte bereits im 
Jahre 1891 der Präsident der Petersburger medicinischen Gesell¬ 
schaft, Wolowsky eine mehr oder minder radicale Veränderung 
der krankhaften Symptome nach der Anwendung des Poehl’schen 
Mittels hinzustellen. Insbesondere figurirt beim Ausbleiben jeder 
localen Reaction an der Injectionsstelle Besserung des Allgemein¬ 
befindens und Schlafes, Hebung der Muskelkraft und des Appetits, 
Regulirung der Temperatur, Athmung und Herzthätigkeit selbst 
mit Einfluss auf die Oedeme, Beeinflussung des Ataxie. Auch 
eine Erhöhung der Geschlechtsthätigkeit wird erwähnt, doch 
möchte ich mit Nachdruck darauf verweiseu, dass eine solche von 
Tarchanoff, Roschtschinin, in gewissem Sinne auch von 
Shicharew abgelehnt wird. Poehl selbst spricht es offen aus, 
dass sein Spermin Aphrodisiacum im engeren Sinne nicht sei, ein 
etwaiger Einfluss auf den Geschlechtstrieb nur die Folge einer 
Besserung des Allgemeinbefindens darstellen könne. 

Bei den gleichzeitigen Bestrebungen im Osten und Westen 
unter Verwendung zweier immerhin nur partiell übereinstimmender 
Präparate, konnte naturgemäss die Frage nach der Vergleichbarkeit 
der pharmakodynamischen Wirkung nicht ausbleiben, und in der 
That ist es Brown-Söquard gewesen, der nicht gesäumt, die 
letztere in Zweifel zu ziehen. Hatte' aber schon Wictorow be¬ 
hauptet, dass die physiologischen und therapeutischen Effecte des 
Poehl’schen Spermins sich mit denjenigen der Testikelemulsion 
des französischen Gelehrten vollkommen deckten — ein Angesichts 
der noch nicht erwiesenen Wirkungen mehr als gewagter Schluss, 
— so wies Poehl selbst mit grösserem Recht auf das Verhftltniss 
der Wirkungen wie derjenigen des Morphiums und Opiums hin. Wir 
w ürden dieser Ansicht als klärenden ohne weiteres beitreten, wenn 
nicht die Anschauung, dass als wirksames Princip des Hodensaftes 
beziehungsweise des Spermas lediglich das Spermin zu gelten habe, 
des endgültigen Nachweises noch bedürfte. Ich sehe dabei ganz 
davon ab, dass nach meinen Nachweisen (siehe oben) der Prostata 
ein ungleich höherer Gehalt von Spermin zukommt, als den Hoden, 
ein Umstand, der mich veranlasst hatte, das ganze Ejaculat zu 
verwenden. Im übrigen wird von principiellen Differenzen in der 
Wirkung der Muttersubstanz, wie sie Brown-Söquard verwendet, 
und des reinen Sperminextractes, wie es Poehl gewinnt, nicht 
gut die Rede sein können. 

Nicht weniger bemerkenswert!! als die Uebereinstimmung des 
Inhalts der klinischen Berichte der französischen und russischen 
Forscher und Aerzte ist die weitgehende Congruenz in den unab¬ 
hängig von einander gewonnenen Anschauungen der beiden Führer 
über die Theorie der Wirkung. Das Spermin, meint Poehl, ist 
ein normaler Bestandteil des tierischen Organismus, es wirkt da, 
wo der Spermingehalt ein subnormaler geworden. Hier führt das 
Leukomatn specifisclie Functionen im Sinne der Erhaltung der 
Lebenstliätigkeit aus. Die dasselbe spendenden Genitalien spielen 
die Rolle einer Hausapotheke für unseren Körper. Mit dieser An¬ 
schauung geht Poehl w r eiter als Brown-Sequard, indem er das 
Hodensecret mit dem Schilddrüsen- und Pankreassaft parallelisirt, ja 
nicht zögert, das Spermin selbst als die wirksame Substanz im 
Schilddrüsenproduct anzusprechen und die bekannten Minkowski- 
schen Pankreasexperimento bei Diabetes als wahrscheinlich auf der 
Gegenwart von Spermin beruhend hinzustellen. Damit schiesst 
er weit übers Ziel. 

Durchaus originell und sinnreich lässt sich der neueste Aus¬ 
bau seiner Theorie an. Eine unleugbare Eigenschaft des Spermins, 
selbst in kleinsten Mengen, metallisches Magnesium in Gegenwart 
von Metallchloriden unter Auftreten von Spermageruch in Magnesium¬ 
oxyd zu verwandeln, lässt den Entdecker seinem LeukomaTfn 
die Fähigkeit beilegen, auf dem Wege der katalytischen Wirkung 
die durch verschiedene Momente herabgesetzte Oxydationsfähig¬ 
keit des Blutes wieder herzustellen. Poehl spricht es direkt 
aus, dass ein Blut, welches durch Gifte, wie Chloroform, Kohlen¬ 
oxyd, Strychnin, freie Säuren, pathologische Harnbestandtheile, 
seine’ Fälligkeit, Sauerstoff zu übertragen, eingebüsst, durch den 
Zusatz von Spermin in kleinsten Mengen sein früheres Oxydations¬ 
vermögen wieder erhält. Und diese Eigenschaft des Spermins wird 
ohne weiteres zur „intraorganen Oxydation“ im lebenden Körper 
bei bestimmten Krankheiten. Es sind das Krankheiten, welche nach 
seiner und Gautier’s Auffassung im wesentlichen mit einer Herab¬ 
setzung der Oxydationsfähigkeit des Blutes und Nervengewebes zu 
thun haben, vornehmlich die Autoin toxi cation bezw. Anhäufung der 
Producte der regressiven Metamorphose der Eiweisskörper, die 
Anämie, der Scorbut, der Diabetes, die Neurasthenie, endlich die 
Kachexie als solche. Bei allen diesen Processen soll sich weiter 



naa Thiere mit durchschnittenem 
liectionen leben, als Controlthiere. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


296 


iiuf dem Wege der Harnanalysen das Darniederliegeu dei j 
intraorganen Oxydationsprocesse in einer relativen Verminderung 
des Stickstoffes des Harnstoffes (im Gegensatz zum Ge- 
sammtstickstoff des Harnes) ergeben haben, sowie eine Er¬ 
höhung des Harnstoff-N nach den Spermininjectionen selbst 
über die Norm. Als letztere spricht Po eh 1 ein Verhältnis von 
1 00 ; 85— 90 an. In einem Falle stieg das Verhältnis von 100 : 73 
nach andauernder Sperminbehandlung auf 100:97. Mit der Er¬ 
höhung des Harnstoff-N pflegt eine Verminderung der angehäuften, i 
durch Phosphorwolframsäure bestimmbaren Leukomalne einherzu¬ 
gehen, besonders wenn für eine Erhöhung der Alkalescenz des 
Blutes — je saurer das Blut, um so unlöslicher bezw. unwirksamer 
das Spermin — Sorge getragen wird. 

Dies, um von einer Reihe nebenbei abfallender Betrachtungen 
abzusehen, der Kerninhalt der Poelil’schen Theorie der Spermin- 
therapie, die er nicht ohne dringende Bitte um Prüfung durch 
klinische Beobachtungen bekannt giebt. 

Von letzteren erfahren wir leider gerade in der neuesten Zeit 
wenig. Einem Bericht von Pantschenko über 182 von ver- | 
sehiedenen Aerzten mit Spermin behandelte Kranke entnehmen wir, 
dass besonders bei Neurasthenie, Tabes, Diabetes und kachectischen j 
Zuständen ein günstiger Einfluss unter der Form einos tonisirenden 
Effectes der Injectionen beobachtet worden sei. Fast ganz in Still¬ 
schweigen und Skepsis hüllt sich aber Deutschland. Abgesehen I 
von beiläufigen Bemerkungen von Posner, der mit seinem durch 
eigene Erfahrungen gewonnenenUrthoil „zurückhält“, indess dringend 
weitere Versuche empfiehlt, und von Eulenburg, der einmal eine ! 
auffallend roborirende Wirkung bei Tabes, in anderen Fällen keinen 


so bemerkbaren Nutzen sah, figuriren in den Spalten der deutschen 
Litteratur keine einschlägigen Berichte. 

Unter solchen Umständen habe ich mich denn, nicht zum ge¬ 
ringsten unter dem lebhaften persönlichen Druck des Herrn 
Staatsrath Prof. Poehl, der mich mehrfach selbst aufgesucht und 
ein notables Quantum seiner Sperminampullen zur Verfügung ge¬ 
stellt, entschlossen, in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Freyhan im 
Krankenhause Friedrichshain einschlägige systematische Unter¬ 
suchungen anzustellen, über welche wir seiner Zeit Ihnen noch Be¬ 
richt erstatten zu können hoffen. 

Bis dahin möchte ich meinem vorläufigen Urtheil dahin Aus¬ 
druck geben, dass bei aller Anerkennung des inneren Kernes 
der Poehl’schen Theorie die bislang erreichte Grenze der erwiesenen 
Thatsachen durch dieselbe bereits weit überschritten scheint und 
vor allem Vorversuche dringend noththun, die über die Berechtigung 
der Poehl-Gautier’schen Anschauungen über die Rolle der Leuko- 
malne, der Oxydationsfähigkeit und des Stickstoffes im Harn bei 
den genannten Krankheiten Aufschluss geben. Handelt es sich bei 
ihnen wirklich um ein Darniederliegen der intraorganen Oxydation 
als ein wesentliches Moment? Drückt sich dasselbe in der That 
durch ein bestimmtes und nachweisbares Verhalten des Stickstoffes 
und der Leukomaüne im Harn aus? Darf überhaupt die katalytische 
Wirkung im Laboratorium ohne weiteres auf den lebenden Körper 
Überträgen werden? Alles das sind meiner Meinung wohlbercehtigte 
Fragen, deren Beantwortung wir anzustreben im Begriffe sind und 
sein müssen, wollen wir anders bei der Bekanntgabe der thera¬ 
peutischen Resultate am Krankenbett vor dem Vorwurf des Mysti- 
cismus geschützt sein. (Schluss folgt.) 


IV. Ueber Guajacolvergiftung. 


Von Prof. Dr. Oscai 

Vergiftungen durch Guajacol scheinen bis jetzt nur sehr selten 1 
beobachtet worden zu sein. Kobert giebt p. 228 seines Lehrbuchs 
der Intoxicationen, Stuttgart 1893, Enke, an, dass nach Dosen von 
über 1,0 g bereits leichte Intoxicationserscheinungen ein treten j 
können, welche in Brennen im Magen, Uebelkeit und Eingenommen¬ 
sein des Kopfes bestehen; aber auch nach 15,0g erfolgte in einem j 
Falle auf der Dorpater medicinischen Klinik Dank baldiger Magen- j 
ausspiilung nicht der Tod, wohl aber Schwund des Bewusstseins, j 
Pupillenverengerung, unregelmässige Athmung und intensive Dunkel¬ 
färbung des eiweissfreien Harnes. Der Harn verhält sich also [ 
ähnlich wie Carbolharn. 

Da ich im letzten Frühling einen schweren Fall von Guajacol- j 
intoxication zu beobachten Gelegenheit hatte, der trotz Magen- | 
{lusspülung tödtlich endete, und da es mir hierbei nicht nur gelang, j 
im Urin noch wesentlich andere Veränderungen zu constatiren, als 
sie von Kobert beschrieben wurden, sondern auch bedeutende 
Veränderungen in den inneren Organen, besonders den Nieren, der 
Milz, im Blute und anderen Organen, so scheint mir die Mittheilung 
dieser Erfahrung geboten zu sein. I 

Die betreffende Patientin war ein gut constituirtes, anämisches, sonst 
normal entwickeltes, neun Jahre altes Mädchen von einem Körpergewicht 
von 21750 g. Wegen rheumatischer Schmerzen war ihr eine Lösung von 
salicylsaurem Natron ordinirt. Statt dessen gab ihr irrthümlicherweise 
eines Tages, am 28. März 1893, ein zwölfjähriges Mädchen etwa 5 ccm 
Guajacol. Die durchaus intelligente Patientin bemerkte sofort den Irr¬ 
thum; die kleine Uebolthäterin aber bewog jene, nichts von dem Irrthum 
vorlauten zu lassen, wodurch letzterer erst l l /a Stunden nach Einnahme 
des Medicamentes zur Kenntniss der Pflegerin und des Arztes gelangte. 
Etwa 15 Minuten nach Einnahme des Guajacols, die Vormittags um 
10 */a Uhr, nachdem Patientin ausser dem Frühstück zwischen 7 und 8 Uhr 
Vormittags um */2l0 Uhr Bouillon mit Ei als zweites Frühstück verzehrt 
hatte, erfolgte, bokam sie ziemlich plötzlich einen Anfall von hochgradiger 
Benommenheit und Apathie. Der hinzugeholte Hausarzt fand: dunkel- 
blaurothes. gedunsenes Gesicht, ebenso die Conjunctivae palpebrarum et 
bulbi blauroth injicirt; beinahe aufgehobener Corncalreflex, mittelweite, 
nicht oder kaum reagirende Pupillen; häufige Brechbewegungen mit Ab- j 
fliessen von Speichel aus dem Munde. Keine Krämpfe. Der Puls war 
regelmässig, voll, beschleunigt, 134. Die Sensibilität der Haut war deutlich 
und stark abgeschwächt, aber vorhanden. Weil der Vater der Patientin 
wiederholt schon an epileptoiden Anfällen gelitten hatte, wurde vom Arzte 
ein solcher diagnosticirt und der Patientin kalte Umschläge auf den Kopf 
ordinirt. 

Die Benommenheit und der geschilderte Zustand dauerte Va bis 
3 U Stunden und nahm dann allmählich ab. Drei bis vier mal erfolgte Er¬ 
brechen der am Morgen genossenen Speisen, vermischt mit braunem und 
gallig gefärbtem Schleim. Als 1 l /s Stunden nach Einnahme des Medica¬ 
mentes der Arzt wiederkam und er das Erbrochene untersuchte, fiel ihm 
der Geruch nach Guajacol auf, und da nunmehr erst auf Nachforschung 
hin der Sachverhalt bekannt wurde, so machte er nun sofort eine Magen¬ 
ausspülung, die^ bis zum klaren Ausfliessen des Spülwassers wiederholt 
wurde. Da die Kleine immer noch grosse Apathie zeigte, bekam sie noch 
eine Pravazspritze (1,0) voll Campheräther subcutan. 


1 Wyss in Zürich. 

Nach drei bis vier Stunden war die Cyanose verschwunden, an ihre 
Stelle war leichenhafte Blässe getreten. Die Respiration war beschleunigt. 
30—40, regelmässig. 3 l /a Stunden post intoxicationem entleert Patientin 
einige hundert Cubikcentimeter braunrothen, klaren Urins ohne Be¬ 
schwerde. Derselbe ist frei von Eiweiss, Pepton, Zucker, Gallenfarb¬ 
stoffen. Der Puls wird nach und nach kleiner, bleibt aber regelmässig. 
Der schlafsüchtige Zustand dauert an, doch giebt Patientin auf Fragen 
Antwort. Sie bricht häufig wenig gallige Massen und klagt über Brennen 
im Munde. Nach und nach entwickelt sich eine Anschwellung der Unter¬ 
kiefergegend. es schwillt die Zunge an, so dass die Kleine aus diesem 
Grunde nur schwer und unverständlich spricht. Daher die weitere Ordi¬ 
nation: Eisstückchen in den Mund und dort zerfliessen lassen; Eiscravatte. 
— Die blasse Haut ist trocken, Gänsehautbildung. Die Leber ist durch 
Percussion und Palpation schon 4 l /s Stunden nach der Intoxication als 
vergrüssert nachweisbar; die Milz ebenso, letztere jedoch nur durch Per¬ 
cussion. Beide Drüsen wie auch die übrigen Körperorgane waren früher 
genau untersucht (es liegt ein Protokoll, datirt vom 20. Februar 1893, 
über beide vor) und nicht vergrössert gefunden worden. 

Am Abend desselben Tages war schwache Cyanose und Leichenblässe 
der Haut immer noch vorhanden, die Temperatur war im Rectum bloss 
35,5, Puls 104, Respiration 32. Auf der Haut der Arme und Beine fand 
sich eine Anzahl stecknadelkopfgrosser, blaurother Flecken (Ecchymosen). 
Keine Oedeme. Die Leber überragte um zwei Querfinger breit den 
Rippenbogen, war resistent, etwas hart und etwas empfindlich. Milz mcht 
palpabel. Patientin klagte über Schmerzen im Halse beim Schlucken. 
Urin wurde nicht gelassen. Ordination: warme, feuchte Einwickelungen 
des ganzen Leibes in Berücksichtigung der niedrigen Körpertemperatur 

29. März. Patientin schlief in der Nacht bis 12 Uhr unruhig, öfters 
aufgeweckt durch Brechreiz; nach 12 Uhr weniger häufig Erbrechen. Um 
Mitternacht wurde wieder Urin gelassen, derstark saure Reaction zeigte 
und im übrigen die nämlichen Eigenschaften besass, wie derjenige vom 
Tage vorher. Am Morgen sah Patientin weniger collabirt aus, klagte über 
starken Durst; obwohl sie um 6 Uhr früh eine halbe Tasse Milch ge¬ 
trunken hatte, erbrach sie bis 8 Uhr nicht. Die Temperatur war au f r ” .. 
gestiegen. Die Ecchymosen an den Armen und Beinen sind zum Iheii 
grösser geworden, bis erbsengross. Die fahle Blässe mit Livor dauert an; 
das Aussehen der Patientin erinnert an die Färbung, die bei chronischer 
Bleiintoxieation beobachtet wird. Die Schwellung der Zunge und der 
Unterkiefergegend ist bedeutend zurück^egangen; die Schleimhaut des 
Mundes zeigt immer noch die blaurothe Verfärbung und einzelne punkt¬ 
förmige Ecchymosen. Puls 112, weich, regelmässig. Das Blut — durch 
einen Nadelstich behufs mikroskopischer Untersuchung (siehe weiter unten) 
entleert — ist dunkel, sehr flüssig. Die Conjunctiva des Auges ist eigen- 
thümlich graubläulich verfärbt, an Argyrosisfärbung erinnernd. Ordination: 
zweistündlich 100 g mit Eis gekühlter Milch. 

Am Abend des 29. März ist das Aussehen noch viel mehr normal 
geworden. Der Livor beinahe völlig verschwunden, die starke Blässe per- 
sistirt. Schleimhaut des Mundes wieder von normaler Farbe. Puls noc * 1 
weich, 132, regelmässig. Temperatur 37,7 (ebenso Mittags). Mittags 
12Y2 Uhr wurde ein Spitzglas voll Urin (75 ccm) von grauschwarzer r arbe 
gelassen, der massig starke Eiweissreaction zeigt, stark sauer rea- 
fifirt, viel hamsaurcs Nätron als Sediment enthält. Im Sediment wenige 
Nierenepithelien und Cylinder, die stark bräunlich pigmentirt sind. Kein 
Blut im Harn, ebenso kein Gallenfarbstoff. 


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Original fro-rri 

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29. März. 


Es wird heute erst deutlich, dass Patientin noch bis heute Morgen 
verlangsamte geistige Function zeigte. Sie antwortete oft lange nicht 
wenn sie etwas gefragt wurde, wie wenn sie sich auf die Antwort lantre 
besinnen müsste. 6 

Abends 4‘A Uhr entleerte sie wieder IVa Spitzgläser voll (110 ccm) 
dunkelbraunen Urins, der wie deijenige vom Mittag eiweisshaltig war 
30. März, Morgens. Ueber Nacht hat sich der Zustand bedeutend 
verschlimmert. Es hat sich leichter Icterus der Skleren und der Haut 
eingestellt; Patientin klagt über Bangigkeit und über Schmerzen in der 
rechten Bauchgegend, sieht verfallen aus und ist wieder sehr anathisr-h 
Die Temperatur ist 39.1°, der Puls 160, dicrot, regelmässig. Es bestehen 
starke Hcrzpalpitationen, die bis drei Finger breit über die linke Papillar¬ 
linie hinaus fühlbar smd. Die Herzdämpfung reicht bis l‘/ 3 cm über 
den rochten Sternalrand nach rechts, nach links drei Querfinger"breit von 
der linken Mammillarlinie, nach unten bis zur fünften Rippe. Die Herztöne 
sind laut, paukend. Die Leber reicht von der sechsten Rippe bis zwei 
Finger breit über den Brustkorbrand, ist palpabel, resistent. Die Milz 
reicht von der achten Rippe bis zum Rippenbogen und ist resistent 
fühlbar. 

Ordination: Hohes Wasserklysma. Eine Spritze Campheräther sub- 
cutan. Eisbeutel aufs Herz. Intern Infus, fol. Digital. 0,3 auf 100 Kali 
acetic. 2,0, Syr. spl. 20, zweistündlich einen Theelöffel. 

Im Laufe des Vormittags steigerte sich die Somnolenz wieder zeit¬ 
weise reagirte Patientin gar nicht mehr auf Anfragen, ist verwirrt' lässt 
die Entleerungen unter sich. Pupillen mittelweit, auf Licht schwach rea- 
girend. Blick leer. Puls wird kleiner, weniger frequent 140 

Mittags ist die Temperatur 38,7. Patientin delirirt ’ stark, und zwar 
smd es Verfolgungsdelirien. Der Gesichtsausdruck ist angstvoll es be¬ 
steht Flockenlesen; Patientin strampelt zeitweise mit den Beinen, um 
darauf wieder in tiefe Somnolenz zu versinken; die Cornea kann berührt 
werden ohne dass Reflex eintritt, auch schluckt Patientin nicht mehr 
ordentlich. 

Abends ist die Temperatur 38,8, der Puls 120. Ueber dem Herzen 
hört man jetzt em dem ersten Mitralton und dem ersten Pulmonalton be¬ 
gleitendes kurzes, pfeifendes Geräusch. Auf ein Wasserklvstier erfolgt 
ein reichlicher, übelriechender, schwarzer Stuhl. Abends lässt Patientin 
wieder Inn, der noch dunkel aussieht. Der ophthalmoskopische Befund 
zeigt ausser starker Füllung und Schlängelung der Venen nichts ab¬ 
normes. Pupillarreflex sehr schwach. 

Am 31 Mäi’z dauert die Somnolenz ohne Unterbrechung an; es be- 
steht seit Morgens 5 Uhr heftige Dyspnoe; 56 Respirationen in der 

v Pnls “ cllt r melir fühIbar ’ kohrt auch auf Campherinjectionen 
nicht mehr zurück. Icterus der Skleren stärker geworden, Pupillen weit, 

u-2 n ÖCX erlo J sch , e , n - Fatientin schluckt nichts mehr. Zweimal noch 
wurde Urin von dunkler Farbe entleert. 

Der Tod erfolgte am 31. März 1893, Morgens 7 Uhr. 

• . 1Jer Ha ™ vom 29. März Mittags, halb 12 und P/ 4 Uhr, sowie der- 
HLI 0n T d f \ acbt vom 30 - auf den 31 - März 1893 wurde an das 
S he Laboratorium der hiesigen medicinischen Klinik des Herrn 
rroiessor iachhorst zur genauen Untersuchung geschickt, Herr Dr. 

, oraczewski hatte die Güte, darüber folgendes zu berichten: 
neutral p b ?i Tu? 7 ; Farbe dunkel. Geruch aromatisch, Reaction 
Xp' Gallenfarbstoff weder durch Gmelin’sche noch durch Mareschall- 
nachzuweisen; auch war der Schaum nicht gelb. Blut war 
cürhnLüS SCh U ° C t b s P ectr oskopisch zu finden. Die Elirlich'sche Diazo- 
Proh, S Ur 7 eaCtl °^ p0Sltlv ' deu tliche Grünfärbung. Die Millon sehe 
vermehrt % abn0I ™ e Färbung, Indicangehalt ist nicht deutlich 

Ei^äentfe^ng) Harnsäure = 0,0371 %. Harnstoff 3.85 <% (ohne 

Blut T 1 er ^ a ? bt vom 30 - auf den 31 - M ä^: Spec. Gew. 1019. 

reaction . ® H ^. tr , osko P Iscb und ch emisch nachgewiesen. Gallenfarbstoff- 
GaÄ,,,J„ eatli ch wegen der Färbung. Mareschall-Probe etwas grün. - 
vorhanden «-nm*, Pette 1 nkofer sehr deutlich erkennbar. Zucker nicht 
satiousebeie ntht aber reducireilde Subst anz. Der Harn dreht die Polari- 
0.04%SulfetP^nir7fi0? 1W "rr S n! iUantltatlv auf 2 °-« ^stimmt. Chloride 
vermehrt^ u® n (öH0 4 vermehrt). Phosphate 0.1466% (P 2 Os 

Ä^* , "V^ 4 Ä- Han,8toff 2 - 92% - «w** 

^Harnsäure ~~ Deutllcbe Vermehrung der Sulfate, Phosphate und 

vorgenommene^A oT' ^P rd ^fbmittags 4 Uhr. 33 Stunden post mortem 
gut genährt*» T«,v.i Ctl ü? er ^# b T-/° gendes: Gut gebaute, normal entwickelte, 
deutliche icteri die ™? u ? Haut und Skleren sehr schwache, aber doch 
Streckfläche der wa Färbung zeigt. Blasse Senkungsflecke; an der 
mosen) der Hm,t ei ^ en Oberextremitäten bläuliche Verfärbungen (Ecchy- 
polster; dünkt Ausdeb nung eines 5 Fr.-Stückes. Mittleres Fett- 

gleichmässie nirrrAna Ulatl J, r an Brust und Bauch; ihre Färbung ist überall 
DiVefr S ds gelbes Aussehen. 

ein weisser Ia der Mitte des Zungenrflekens befindet sich 

Belag. Der 7 im„ eichtcs Schaben leicht und vollständig entfernbarer 
geschwellte P'ininÜ« &rand lsfc ,f roi V0Q jedem Belag; etwas vergrösserte, 

weisse Pfrönfe^m t, oircumvallatae. In den Nischen der Mandeln kleine 
nie. mph, -. . . liuken Das Velum 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


weisse Pfrönfe tti n ^ rcamvad atae. In den Nischen 

zeigt SchleLhof ehr m 1 er retdlte n, weniger in der _ _ __ 

Schleimhaut n ach rechts hin Abschilferung des Epithels; die 

hintern PharvnTwota ^ f^^tkümlich bräunlich vorfärbt. Auch an der 
drtlsen. Unter dar r , t( ; bt ziemlich starke Schwellung der Schleim- 
schwellto Lvmnhdrnc *Mandibularhälfte eine bohnengrosse, frisch ge- 
keine Veränderung 6 ^ ie recbte Speicheldrüse zeigt makroskopisch 

vielfach letht° eS *° e , Sopbagus ist im gmizen blass: das Epithel 
Oesophagusmucosa S ^^ geschwellte Schleimdrüsen sichtbar. 
f altet, ^icirt Uf der Rückseit ° des Larynx stark geschwellt, 


Die 

ge- 


297 

und geTbe M X n im\l S M,l:sscn SS0 Dt n 9 f c F Che Milchgerinnsel 

zähem 8 festsfeenS^elm UbeXn^^ ÄndutV? 80 “ 8 J*. ^ 

etwas stärker injicirte Steifen pkL,i' iu 1 4 .'ä I1 j bnden sich einige 
Magenschleimhaut blass und makroskopisch unverändert 1 a 1 dl ° 

1 sä fff Ä ‘SSSZM ’£EBB -,5 

j Q ^ cble % b aut des Jejunums ist sehr stark gallig o- e färbt Auf 
den Schleimhautfalten, sowie dazwischen treten sehr zahlreiche stark aj 

Ifehe t C S ° lt:l p e - F° lllkuI als hirsekorngrosso Knötchen hervor Die näm" 
liehe intensive Färbung und Schwellung der * •’ 1 0 r . 

unteren Thci.e des Jejunums. Z? ^^““do^olSe 1 '^tikthrtÄn” 
t,allig gef.libten Inhalt enthält. Auch im Ileum findet sich der nändiehe 
schwarzgrUne Inhalt und dieselbe gallige Färbung der Mucosa Im TIenm 

s S ehen d pi n H I, “ re ?- ^ ™|*r ge.chwemf ebenfowedg d W 

sehen Piatten; dies ist aber der Fall in den untersten 30 cm des Ileum 
und namentlich stark dicht oberhalb der Bauhin’schen Klappe woselbst 

mm'bin'Lfdiefst&kste^chwel^ng^oc^^u ^mf^boro^Theüen^des^banu" 

XVÄM Ä“ 80 Pro — vermiß, Ä 

caris lumbriedfeim D°a;m beSiton n ° rma ' e bkSSe Ein As- 

n aS F ank r eas ist makroskopisch nicht verändert. 

.. u Uie . M, 1 ., lst k ? lo ^. sal vergrössert. Ihre Länge beträgt 13 cm 
die Breite 6 /2 cm, die Dicke 3 l /a cm. Ihro Kapsel ist sehr stark ge¬ 
spannt; dio Schnittfläche hat eine überall gleichmässige, fast schwarz- 

lifwtof W SL d ?SM G t eWe - b ° S, ( i^ e?U V S n d6r Bescbaffenk e R eines frischen 
vnn iffefefe kbät J^S^d S eine Spur von sichtbarem Gerüste oder 

erbseug^jo N^Lnz.' 1 ’ 6 ^ beMhrf “ ist oine 

Heber besitzt völlig glatte Kapsel: ihre Breite beträgt 17 l a cm 
u'Tink« ife/ den mk0n L ä?F en h 0 ““ 1 ® 11 - Ibre ^sste Höhe ist rechts 

rl feti!* 1 h ' ? /a C ! n a r, dle Lin ^ llla - Die g latte Oberfläche 

zeigt leichte Rippenemdrucke; ihre larbe ist braunroth und gleichmässig. 
Dm bchnittfladie ist braun, ziemlich gleichmässig, eigenthümlich glänzend. 
Aiakroskopisch ist eine leichte icterische Verfärbung des Organs erkenn- 
b.u gelbliche, rundliche und eckige Punkte sind von mehr durchscheinend 
gelatinös aussehenden Theilen umgeben. Ein wesentlicher Unterschied in 
der Besehaflenhei des rechten und linken Leberlappens besteht nicht 
nu Gallenblase ist mit sehr dunkler, vollständig flüssiger Galle 
gefuHt, Die Gallengängo frei; iu der Papilla duodenalis kein Schleim- 
pfropf, auch ist die Schleimhaut der grossen Gallenwege in normaler 
Weise gallig gefärbt. 

Das Peritoneum ist unverändert. Im Omentum majus und minus 
m einzelnen I ettläppchen verstrout-e Ecchymosen. Keine Veränderung des 
serösen Leberzuges des Magens. 

r>, ] V‘spirati 011 sorgaue. Beide Lungen liegen völlig frei in den 

1 laurahohlen, ln beiden Plourasäcken eine geringe Menge 10—15 ccm 
>tark blutig gefärbte Flüssigkeit. Die Schleimhaut des Larynxeingant'es 
insbesondere des Ary- und Wrisbergschen Knorpels geschwellt. Sonst 
Laijnx und Trachea blass und unverändert. In den Bronchien sehr 
reichlicher zäher farbloser Schleim. Bronchialschleimhaut blass, 
makroskopisch nicht verändert. Die Bronchialdrüsen sind nicht ge¬ 
schwellt, ganz schwach pigmentirt; eine derselben zeigt einige weisse 
knötchenförmige Einlagerungen. Die Lungen sind voluminös, zeigen 
nur äusserst schwache, punkt- und linienförmige Pigmentablagerungen, 
sind überall lufthaltig, etwas blutreicher als normal, leicht ödematös durch¬ 
feuchtet, Die Pleura pulmonalis der Lingula zeigt eine Anzahl punkt¬ 
förmiger sehr kleiner Ecchymosen; auch am linken Unterlappen naho 
dem unteren Rande eine Anzahl Ecchymosen und ausserdem einige wenigo 
bis 2 mm grosse schwarze punktförmige, snbpleurale Pigmentablagerungen. 
Ain unteren Rande des linken LUiterlappcns findet sich nach aussen, 
etwa entsprechend der vorderen Axillarlinie ein quer durch die Zwerch¬ 
fellsfläche des Unterlappens hindurchgehender Einschnitt in jenen, der 
nach aussen ca. 4 cm tief, nach hinten bis zur Lungenwurzel hinauf 
reicht: eino unvollständige Dreilappenbildun», analog wie rechterseits. 

2 cm nach aussen und vorn von diesem Einschnitt findet sich eine 


- 1 '•“» uovu uxiu »um vuli uitsseiu rjiuscnaiiu nna 

1 Dem grosse verdickte Stelle des Pleura, in deren Mitte ein kleines, 
weisses Knötchen sitzt: ein kleiner, alter Heerd mit umschriebener. 


Rechte Lunge im übrigen wie die linke. 


narbiger Pleuraverdickung. 

Uebcrall guter Luftgehalt. 

Thymusdrüse ziemlich klein, bräunlich verfärbt, namentlich das 

Ahn Änrfn fhnr<l/>ir»<* rl IninLf klnft/w i.^ki 


JUVUIU3UIUM1 zaumuun kiüih, oraumicn venarot, namentncü das 
periaciuöse Bindegewebe. Aorta thoracica descendens leicht blutig imbi- 
birt. Im Herzbeutel eine geringe Quantität dunkler, bräunlicher, völlig 
klarer Flüssigkeit, 

Circulationsorgano. Das Herz ist voluminös; seine grösste 
Breite beträgt 7% cm; seine Länge vom Ursprung der grossen Gefässe 
bis zur Spitze 8% cm; seine grösste Länge von der rechten Grenze des 
rechten Vorhofes bis zur Spitze 11 cm. Das Epicard zeigt nur über 
der Pulmonalarterie zwei frische punktförmige Ecchymosen. Im rechten 
Herzen derbe, speckhäutigo Gerinnsel, an denen sehr auffallend ist, dass 
die Speckhaut nicht weiss, sondern blassbraun ist. Im Herzen fast kein 
flüssiges Blut. Das Endocard ist leicht bräunlich verfärbt. Die Klappen 
sind zart, die Pulmonalklappon etwas imbibirt. Auch im linken Herzen 
ist die Menge der Gerinnselbildung reichlich, und sind dieselben sehr 
derb und fest; die sehr reichliche Speckhaut ist von chocohidobrauuer 



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298 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


Farbe, und zwar ist diese Färbung ebensowohl in den Spockhautgerimiseln. 
welche in der Herzhöhle, als auch denen, die in den grossen Gefässen 
liegen, vorhanden. Namentlich das linke Herz ist abnorm stark aus¬ 
gedehnt. Die Klappen sind durchaus unverändert. Die Muskulatur ist 
sehr derb, fest, von praller Consistenz, etwas brüchig. Ihre Farbe ist 
etwas dunkler als normal, mattglänzend. Die Dicke des linken Ven¬ 
trikels in der Mitte zwischen Basis und Spitze beträgt S'/a mm. Die 
Dicke der rechten Ventrikelwand im Conus 2 S ,U mm. Die Farbe der letz¬ 
teren dunkelbraunroth, und wie links gleichmässig in der Färbung. An 
einer Stelle über dem Septum ventriculorum schwache Eechymosirung in 
geringer Ausdehnung unter dem Endocard. 

Harnbereitende Organe. Die rechte Niere ist ausserordentlich 
stark hyperämisch und vergrössert. Ihre Länge ist 8,G cm, Breite 3,4, 
Dicke 2,3 cm. Die Oberfläche dunkelrothbraun, ungefähr von Milzfarbe. 
Die Oberfläche glatt, sehr blutreich. Kapsel leicht abtrennbar. Die 
Schnittfläche ist enorm hyperämisch. namentlich die Rinde, doch auch 
die Pyramiden. Auch die Beschaffenheit der Schnittfläche der Niere hat 
mehr Aehulichkeit mit Milzgewebe als mit Xiorengowobe. Die Rinde 
zeigt sehr deutliche trübe Schwellung des Gewebes, weniger auffällig, j 
aber doch auch, in den Pyramiden. Die Schleimhaut des Nierenbeckens 
ist blutig imbibirt, sonst makroskopisch unverändert. 

Die linke Niere ist 8,2 cm lang, 4 cm breit, 3.6 ein dick. Sie ver¬ 
hält sich in jeder Hinsicht wie die rechte. 

In der Blase fanden sich ca. 100 ccm Urin von dunkler, trüber 
Beschaffenheit. Er war sorgfältig mit dem Katheter entleert worden, ehe 
die Blase eröffnet wurde. Auch beim Incidiren der letzteren vormied ich 
sorgfältigst jedeu Bluteintritt in die Blase; im unteren und hinteren Theile 
der Blase lag ein hellrothes Sediment des Urins, das nach makro¬ 
skopischer Betrachtung schon von jedem Beobachter als Blut taxirt wurde. 
(Genauere Untersuchung des durch den Katheter entleerten Harns siehe 
unten.) Die Schleimhaut der Blase ist blass und unverändert. 


Die Section des Gehirns und Rückenmarkes musste leider unterbleiben. 

Während und unmittelbar nach der Section untersuchte ich folgende 
Theile mikroskopisch und constatirte: In der Flüssigkeit in den 
Pleurahöhlen fanden sich zerstreute rothe Blutkörperchen und seltene 
Leukocyten. In der Pericardialflüssigkeit reichliche Leukocyteu 
und rothe Blutkörperchen. — Im Herzblut fanden sich auffallend viele 
weisse Blutkörperchen und die rothen zeigten Poikilocytose. — Die 
Herzmuskulatur zeigt undeutliche Querstreifung und sehr feinkörnige 
Trübung. 

Die Leberzellen enthalten sehr reichliche feine Fetttröpfchen, die 
meistens ungefähr die gleiche Grösse wie der Kern haben, nämlich etwa 
l ls —’/* des Durchmessers des Kernes besitzen. Letzteres ist meist deut¬ 
lich sichtbar. Im Gewebssaft der Leber findet sich auch viel freies Fett. 

In der trüben Flüssigkeit, die aus den Nierenpapillen sich aus- 
drücken liess, fanden sich reichliche, ganz normale Nierencanülchenepi- 
thelien; daneben auch einzelne mit deutlicher Fettinfiltration. Ausser¬ 
dem fallen da schon öfter längliche unregelmässig gestaltete Körperchen 
auf, dio durch ihren bläulichen Schimmer, ihren eigenthümlichen Glanz 
und ihre äusserst inconstaute Form sich auszeichneten. (S. u. bei der Be. 
Schreibung des Urinsediments.) 

Dio Muskulatur des Musculus psoas zeigt ganz schöne normale 
Querstreifung, mikroskopisch gar keine Veränderung und ebensowenig 
makroskopisch. 

Es lautet daher die anatomische Diagnose: Gujacolvergiftuug. 
Glossitis superficialis Pharyngitis. Gastritis acuta follicu¬ 
laris mit kleinen Excoriationen. Enteritis des Dünndarms. 
Sehr grosser Milztumor. Beginnende parenchymatöse Ent¬ 
artung der Leber. Icterus. Nephritis acuta haemorhagica 
mit Haematurie und Haemoglobinurie. Dilatatio cordis mit 
parenchymatöser Entartung des Herzens. Ecchymosen in 
Pleura, Pericard, Endocard, Peritoneum. (Schluss folgt.) 


V. Ueber einen Fall von Magenkrebs mit emer colossalen linksseitigen snpraclaviculären 

Drüsenanschwellung. 1 ) 

Von R. Lupine, Professor der medicinischen Klinik in Lyon. 


Wir wissen, dass man in einzelnen Fällen von Magenkrebs in ] 
der linken Supraelaviculargegend eine meistens kleine, aber harte ; 
Drüsenanschwellung beobachten kann, die sich bei der Section als 
eareinomatös-) erweist. Obwohl dies Symptom sehr selten vor¬ 
kommt 3 ), kann es doch, wenigstens in gewissen Fällen, zur Siche¬ 
rung der Diagnose auf Careinom beitragen, besonders wenn dieselbe 
zwischen Cardnom und Magengeschwür schwankt. In der That 
kann es, obwohl in der Regel nicht frühzeitig auftretend, ausnahms¬ 
weise vor dem Erscheinen der für Magenkrebs charakteristischen 
Symptome sich zeigen. Dies gilt auch von dem folgenden Falle, j 
Ausserdem w T ar in diesem Falle die eareinomatös erkrankte Drüse 
sehr gross geworden und adhärirte an der Haut. Schliesslich hatte 
das Carcinom — eine, so viel mir bekannt, einzige Ausnahme — die 
Grenzen der Drüse überschritten und die Haut selbst ergriffen! 
Wegen diesen ungewöhnlichen Besonderheiten schien mir der Fall ' 
einer Veröffentlichung w’erth zu sein: j 

Ein 48jähriger Handlungsreisender, früher zu alkoholischen Excessen j 
geneigt, kommt am 18. Mai 1892 in meine Klinik; er klagt über Dys¬ 
pepsie und Erbrechen seit gerade einem Monate. Das Erbrechen tritt in 
der Regel gut zwei Stunden nach der Mahlzeit ein; die erbrochenen 
Massen sind manchmal schwarz gefärbt; geringe Magenschmerzen; Ab¬ 
magerung, kachektisches Aussehen; durch einen Stich aus dem Fiuger 
entnommenes Blut hat eine ziemlich blasse Farbe und zeigt eine recht 
beträchtliche Verminderung der rothen Blutkörperchen. 4 ) Die Palpation 
der Magengegend ergiebt nicht mit Sicherheit einen Tumor, allein es be¬ 
steht dort ein sonorer Schall in grösserer Ausdehnung als Zeichen einer 
Dilatation des Organs. Die Conjunctiven leicht icterisch gefärbt. Links¬ 
seitiger subclaviculärer Tumor von dem Umfange eines sehr grossen i 
Hühnereies durch eine Drüsenmasse gebildet-, wenig beweglich, wenig 
schmerzhaft und mit der Haut eben oberhalb der Clavicula verwachsen, j 


Der Kranke erklärt mit voller Bestimmtheit, dass dieser Tumor sich 
zuerst im letzten November gezeigt habe, also ca. 5 Monate vor dem 
ersten Auftreten des Erbrechens. Bis dahin war seine Verdauung eine 
recht gute, und er fühlte sich nicht ernstlich krank. Der Tumor ist dann 
allmählich gewachsen, ohne heftige Schmerzen zu verursachen, doch 

g enirte er hei Drehbewegungen des Halses, war aber einer Ausübung des 
ewerbcs nicht hinderlich. 

Sonst sind nirgend am Körper Drüsenschwellungen zu constatireu, 
mit Ausnahme in der linkon Achselhöhle; hier sind sie aber nicht hart 
und scheinen nicht eareinomatös entartet zu sein. 

Ein geringer Grad von Ascites. Die Untersuchung der anderen 
Organe ergiebt nichts bemerkenswerthes. Zusatz von Salpetersäure zum 
Harn zeigt einen Gallenfarbstoffring; kein Eiweiss im Urin. Nach einigen 
Tagen Exitus letalis. 

Section: Carcinom des Pylorustheiles des Magens, zum Theil 
ulcerirt, das auf den anliegenden Theil des Pankreaskopfes und 
eine grosse Zahl der dortigen Drüsen übergegriffen hat, deren 
Masse den Hilus der Leber comprimirt. Einzelne careinoma- 
töse Drüsen von kleinem Umfange im Mediastinum. Der supra- 
claviculäre Tumor besteht aus einer Gruppe mit einander ver¬ 
schmolzener Drüsen. Abgesehen von der Verbreitung des Car- 
cinoms auf Duodenum und Pankreas und auf die Lyifiphbahnen 
findet sich in keinem Organe eine krebsige Entartung. 

Eine derartig ausgesprochene Infection der Supraclavicular- 
drüsen wie in diesem Falle ist sicher eine ganz seltene Erscheinung. 
Wären die Zeichen des Magencarcinoms nicht so deutlich gewesen, 
man hätte an dessen Vorhandensein zweifeln und vielmehr ein 
Carcinom des Mediastinum vermuthen können; allein es fehlte jedes 
physikalische Zeichen eines Mediastinaltumors, und die gastrischen 
Symptome Hessen gar keinen Zweifel aufkommen. 


Der Vorschlag, einer altbekannten Krankheit einen neuen 
Namen zu geben, legt dem Autor eine beträchtliche Verantwort- 

') Aus dem französischen Manuscript von Dr. M. Salomon ins 
Deutsche übertragen. 

, ^ Die Infection dieser Drüse erklärt sich ziemlich leicht durch die 

Annahme, dass bei emer starken Exspiration die durch die Affection des 
Magens inficirte Lymphe des Ductus thoracicus in das zuführende lym¬ 
phatische Gefäss dieser Drüse zurückfliesst, vornehmlich wenn dessen 
\ erlauf em sehr kurzer ist. (S. Lesnes, these de Lyon 1893. p. 27 ff.) 

. > ., r 40 ™ e n von Magencarcinom, dio in den letzten Jahren in 

meiner Klinik zur Section kamen, habe ich es nur dreimal gesehen. 

) b. über dies Zeichen, das meiner Ansicht nach nicht ohne Werth für 
die Diagnose des Magenkrebses ist, die Revue de mddecine 1891, p. 885. 

J Aus dem en £kschen Manuscript von Dr. Ranson in’s Deutsche 
übertragen. 


VI. Ueber Encephalasthenia. 5 ) 

Von Dr. Jul. Althaus in London. 


lichkeit auf, w T elche man nicht ohne weiteres übernehmen sollte. 
Jedoch in diesem Falle scheint mir dies gerechtfertigt zu sein, da 
der Ausdruck, den ich abschaffen möchte — Neurasthenia — un¬ 
klar lind unbeliebt ist. Neurasthenia heisst Schwäche der Nerven. 
Nun haben die Nerven mit der in Frage stehenden Krankheit nichts 
zu thun; dieselbe ist vielmehr, wie ich schon an anderer Stelle ge¬ 
zeigthabe 1 ), eine definitive Affection des Gehirns, charakterisirt durch 
Ueberreizbarkeit und Abnahme der Kräfte. Es giebt kein einziges 
Symptom der Krankheit, welches nicht dadurch zu erklären wäre, 
dass man es auf Störung des Gleichgewichts der Kräfte in be¬ 
stimmten Gegenden des Gehirns zurückführen könnte. Andererseits 
ist die Annahme von anderen Formen der Krankheit, z. B. einer 

l ) Althaus, On failure of brain power (encephalasthenia) its nature 
and treatment. IV. Ed. London, 1894. 


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29. März. 


spinalen, geschlechtlichen, dyspeptischen u. s. w., unbefriedigend 
weil in allen Fällen, neben den Symptomen, welche auf das Rücken¬ 
mark etc. hindeuten, auch andere Erscheinungen, die unzweifelhaft 
dem Gehirn zuzuschreiben sind, Vorkommen; diese letzteren können 
nicht durch die erwähnte Theorie genügend erklärt werden. 

So viel über die Unklarheit des Ausdruckes „Neurasthenia“ 
Dass derselbe unbeliebt ist bei den Aerzten und für unpassend ge¬ 
halten wird, ersieht man unter anderem aus den neuesten Schriften 
über diesen Gegenstand von Dr. Playfair und Dr. Goodhart. 

Dr. Playfair, der die in Frage stehende Krankheit „Nervous 
exhaustion or neurasthenia“ nennt, sagt in einem Artikel über 
Functional Neuroses in Hack Tuke’s dictionary *): „Wir empfinden 
sehr den Mangel eines neuen Namens für dieselbe. Einige nennen 
sie „Nervous exhaustion“, andere „Neurasthenia“. Von beiden Namen 
nimmt man wegen der damit verbundenen Vorstellungen nicht ohne 
Grund Abstand; doch ist bis jetzt kein besserer vorgeschlagen 
worden . . . Den Lauf und die Symptome der "genannten 
functionellen Neurosen zu beschreiben, würde ein ganzes Buch in 
Anspruch nehmen — eines solchen Buches bedürfen wir sehr da 
wir überzeugt sind, dass kein Bezirk der Medicin so wenig Ver¬ 
standen wird und so vieler Forschung bedarf.“ fe 

Goodhart 2 ) in seinem Buche über Common neuroses drückt 
sich über diesen Punkt folgendermaassen aus: „Neurasthenia wäre 
glaube ich, der beste Titel (für diese Vorlesungen) gewesen hätte 1 
ich mich nicht gefürchtet, dadurch ihre Aufmerksamkeit nur auf 
Massage und Mästung zu lenken, was ich nicht thun wollte .... 
Dann dachte ich an „The common neuroses of modern life“- aber 
einige meiner Freunde sagten, dass ein derartiger Titel zu sehr an 
ein Theaterbillet erinnerte. So enstand endlich die obige Ueber- 
schrift und wenn sie etwas unbestimmt sein sollte, so lässt sie ! 
doch dem Vortragenden freie Hand.“ Im Einklang mit der Un¬ 
bestimmtheit dieses Titels hat Goodhart in seinen Vorträgen 
keinen Versuch gemacht, die verschiedenen Symptome, welche er , 
erörtert, auf ihren Ursprung in bestimmten Gegenden des Gehirns ' 
zuruckzuführen. 1 

... ,V m dem Mangel eines bestimmten und einwandfreien Namens 
für diese Neurose abzuhelfen, schlage ich jetzt neben dem englischen 
Ausdruck „failure of brain power“, welchen ich seit 1882 ge- 
braucht habe, den internationalen Ausdruck Encephalasthenia vor 
Rieses Wort ist sicherlich etwas lang, aber nicht länger wie viele 
andere, welche ein Heim in der medicinischen Nomenclatur gefunden 
naben So hat z. B. der Name Erythromelalgie trotz seiner Länge 
Aufnahme gefunden, und ich hoffe, dass der von mir gewählte 
.Name für diese wichtige und bis dahin wenig verstandene Krank¬ 
heit allgemeine Aufnahme finden werde. 

So viel über die Benennung dieser Krankheit. Nun gehe ich 
weiter, um ihre eigentliche Natur zu erörtern, worüber selbst unter 
davon gesehen haben, beträchtliche Meinungs¬ 
verschiedenheiten herrschen. 

irpl Es , scheiat keine physikalische Basis für diese Krankheit zu 
mii ' ^enigstens keine solche, welche man pathologisch-anatomisch 
barm £ e S? nwär <4 r en Untersuchungsmitteln demonstriren 

Ohdnr.Hnn dle u eiSten genesen, kommen Gelegenheiten zu 

Tichvcar^ 11 f ten 7 or - Selbst wo der Tod durch Anfälle von 
ändernn<rp! e -° de £ ^ deren Zufällen eingetreten ist, sind keine Ver- 
pS if V m Gehlrn 2 efunden word ™- Ueberdies schliesst die 
und SCbnelle Genesun & welche in mehreren 
der Lebensvprha^ Se * nder Behandlun £ oder infol S G eines Wechsels 
misohen K n ^f Se J° rk T mt ’ den Gedanken eines groben anato- 

heit h a t ™ beider Encephalasthenia aus. Das Wesen der Krank- 
^crvenzellen^dpf^V- 111 einer Herabsetzun g der Ernährung der 
erbumr oder d i Gebl f ns zu suche n, hervorgebracht durch Ver- 
^•eiter^einlaLp t ere irsa £ hen ' auf welche wir uns jetzt nicht 
jetzt nicht ™ ko J nen - Diese Ernährungsveränderungen sind bis 
z4efL ge s T b “ geworden, aber es unterliegt keinem 
zellen des CoV der Eint- und Sauerstoffzufuhr zu den Nerven¬ 
den des Gehirns in engem Zusammenhang stehen. 

ständen SielW 6 v Met ?™ or Pj losen können unter gewissen Um- 
^chädigten (ipvr*h geben ’ 415 das Wiederaufbauen der ge- 

mieen Sv D hin' b A e ‘ + ?! k ? nn( p Veränderungen im Blute bei Anä- 
Stoffe’ vorhanden oder Vergiftung durch chemische 

fuhr fehlerhaft sein 111 )! ^ ei ^ r kann die Vertheilung der Blutzu- 
durch Paresis d 8 at?\k durch Kram P f der Arterien vermindert, oder 
M aresis derselben vergrössert werden. 

und Schrecken * Si< ? bemöbt , das Gefühl von Furcht, Angst 

urecten dadurch zu erklären, dass er eine Anämie der 


DEUTSCHE MEDIC INISCHE WOCHENSCHRIFT. 


_299 

din d 6 Ä St t nZ und darauffolgende Hyperämie der darunterliegen- 
ThAiiln l« voraussetzt. Eine übergrosse Blutzufuhr zu diesen 
Theilen könnte nach demselben Autor eine abnorme Reizuno- der 
cardialen, mpiratorisclien und vasomotorisch™ Centren verursachen 
Kesteven 1 ) hat unsere Aufmerksamkeit kürzlich auf einen 
Zustand, welcher in Dementia endet, von ihm „nerve dulness“ ge¬ 
nannt, gelenkt und hat gefunden, dass das specifische Gewicht dos 

Si n- Unter der Gurc ‘h sc hnittsziffer 
befand — 1,033 gegen 1,038,30. Dieses schreibt er einem ver- 
“ en »der beschädigten Zustand der Nervenzellen der ffinden- 
Substanz durch herabgesetzte Ernährung zu. Seine Beobachtungen 
über diesen Punkt sind interessant, und cs ist möglich, dass "ein 
ähnlicher Zustand der Gehirngewebe in schweren und hartnäckigen 
FäHen von Encephalasthenia bestehen kann. Allen diesen Um¬ 
standen Rechnung tragend, bleibt doch eine beträchtliche Anzahl 
von Fällen übrig auf welche solche Erklärungen nicht passen und 
es erscheint mir höchst wahrscheinlich, dass eine andere Ursache 
In der Production von mehreren Formen dieser Krankheit thätig 
ist. Es ist wohl bekannt, dass elektrische Ströme in jeder leben 
den Gehirnzelle sowohl, wie in jeder Muskelfaser bestehen, und ich 
halte es für wahrscheinlich, dass krankhafte Störungen dieser Ge¬ 
hirnstorungen zukünftig sich als Grundursache vieler der fast 
zahllosen Symptome von „failure of brain power“ zeigen werden 
Unglücklicherweise stehen wir bis jetzt noch in dieser Hin- 
ailf emer terra incognita, wo aber der Pathologe ein weites 
Feld für fruchtbare Untersuchungen finden möchte, 
o giebt zwei Hauptgründe, weshalb ich denke, dass der 

| fcchliissel zu diesem Gehcimniss in der Richtung, welche ich hier 
angedeutet habe, zu finden sein wird. Der erste ist die nahe Ana- 
| Jogie, welche unzweifelhaft existirt, zwischen der Thätigkeit der 
I lebenden Gehirnzelle und der einer elektrischen Batterie. 

In den Zellen der grauen Substanz wird die Kraft entwickelt 
und gesammelt; von den Zellen nach verschiedenen Richtungen 
hm laufen die Nervenröhren, die Kraft dahin leitend, wo sie sich 
zeigen soll. Also die Gehirnzelle ist der elektrischen Batterie die 
Nervenröhren sind den Drähten derselben analog. Die Gesetze der 
elektrischen Arbeit sind analog den Regeln, nach welchen die Ge¬ 
hirnzellen ihre Thätigkeit ausüben. 

Nach dem Hauptgesetz der Elektricität von Ohm gleicht die 
Kraft des Stromes (C) der elektromotorischen Kraft (e), getheilt 
durch den Widerstand in der Batterie selbst (r). Also die Formel 

ist 0=-. Die Thätigkeit der Gehirnzelle (B) könnte durch eine 

ähnliche Formel ausgedrückt werden, indem man sagt, dass die 
Energie der Zelle gleicht der entwickelten Kraft (F), getheilt 
durch den Widerstand (R), welcher ihr in der Zelle selbst entgegen¬ 
tritt, B^ r . Die Energie der elektrischen Batterie sowohl, wie 

die der Gehirnzelle hängt daher entweder von zunehmender Kraft¬ 
erzeugung oder von vermindertem Widerstand, oder aber von beiden 
ab. Unthätigkeit kann entweder von verminderter Krafterzeugung, 
oder von vermehrtem Widerstand herrühren. Gerade so wie der 
elektrische Strom beeinflusst werden kann durch Veränderungen 
e oder in r oder in beiden, so können solche Abänderungen in 


Tukes Dictionarv If ! s ^ stema ^ c treatment of functional neuroses. Hack 
'0 Goodhart n P ych ° l0glCal medicine Fol. II., p. 850. London 1892 
art ’ On common neuroses. II. Ed. London, 1894. 


der Energie der Nervenzellen, wie wir sie bei der in Frage stellenden 
Neurose treffen, durch Veränderungen in der Erzeugung von F oder 
R oder beiden erklärt werden. Man kann die Analogie noch 
weiter ausführen, indem man den äusserlichen oder nicht essentiellen 
Widerstand, welcher dem elektrischen Strom in den Drähten be¬ 
gegnet — im Gegensatz zu dem innerlichen oder essentiellen 
Widerstand, welcher dem Strom in der Batterie selbst entgegen¬ 
tritt — mit dem äusserlichen oder nichtessentiellen Widerstand 
vergleicht, welchen die Energie in ihrem Lauf von den Nerven¬ 
zellen durch das Gehirn, das Rückenmark und die peripherischen 
Nerven zu irgend einem Punkt findet. 

Es ist allgemein angenommen worden, dass bei der „failure of 
brain power“ nur die Erzeugung der Nervenenergie vermindert wird, 
man hat wenig an Widerstand gedacht; doch in mehreren Fällen 
deuten die Symptome, mehr auf übergrossen Widerstand, als auf 
verminderte Krafterzeugung hin. Die Kraft scheint oft gegen¬ 
wärtig zu sein, nur kann der Patient von ihr nicht Gebrauch 
machen, weil er den Widerstand gegen das Freiwerden der Energio 
nicht überwinden kann. 

Mir scheinen die vorhergegangenen Erwägungen jene Form 
der Neurose zu erklären, in welcher die Hauptsymptome einen 
eigentlich paralytischen Charakter annehmen. 

Andererseits können die ebenso zahlreichen Beispiele, in denen 
wir es mit Ueberreizbarkeit und mit den verschiedenen Formen von 

’) Kosteven. A spreading varietv of nervo dulness. The Lancet, 

9. Dec. 1893. 



Original fro-m 

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No. 13 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT 


300 


Hyperästhesie zu thun haben, ihre Erklärung darin finden, dass 
man diese Theorie weiter ausbreitet und einen verminderten Wider¬ 
stand annimmt, wie wir es an dem ausgeschnittenen, nach wieder¬ 
holtem Reiz müde gewordenen Nerven eines Frosches sehen (Wundt, 
Pflüger). In solchen Fällen ist der Widerstand so sehr ver¬ 
mindert, dass die Leitung ungebührlich leicht wird; infolge dessen 
ruft der geringste Reiz eine heftige Erwiderung hervor, die nicht 
im Yerhältniss steht zu dem angewendeten Reiz und der nach 
einiger Zeit eine vollständige Erschöpfung folgt. Wie der elektrische 
Strom doch schliesslich zu fliessen aufhören muss, wenn nicht die 
verschiedenen Elemente erneuert und verbrauchte Stoffe entfernt 
werden, gerade so kann die lebende Gehirnzelle ihre Thätigkeit 
nicht so unbeschränkt fortsetzen, wenn nicht die ausgenützten 
Stoffe fortgeschafft und frische Nahrung, mit einer. Fülle von 
Sauerstoff ihr zugeführt werden. Ist solche Nahrungszufuhr von 
der Gehirnzelle vollständig abgeschnitten, so entsteht sicherlich 
Erweichung und Arbeitsunfähigkeit, ebenso wie in einer Batterie 
der Strom aufhören wird, wenn die Elemente verbraucht sind. Ist 
die Blutzufuhr zu der Gehirnzelle nur vermindert, so entsteht Er¬ 
müdung und herabgesetzte Thätigkeit, gleich wie in einer fast ab¬ 
genutzten Batterie der Strom nicht gänzlich verschwindet, sondern 
sich sehr abgeschwächt zeigt. 

Der zweite Grund, weshalb ich einen engen Zusammenhang 
zwischen „Failure of brain power“ und mangelhafter Erzeugung 
von thierischer Elektricität annehme, ist das merkwürdige Resultat, 
welches in einer, grossen Anzahl von Fällen dieser Neurose dem 
Gebrauch von Elektricität an den leidenden Theilen folgt. Nach 
dem, was ich während einer langjährigen Praxis beobachtet habe, 
bin ich geneigt, zu denken, dass da, wo Elektricität keine Hülfe 
leistet (in Fällen wo sie angedeutet zu sein scheint), dies haupt¬ 
sächlich von ungenauer Diagnose des Krankheitssitzes herrührt. 
Genaue Localisation ist unbedingt für den Erfolg dieser Behandlung 
nöthig. In mehreren von meinen Fällen habe ich gesehen, dass, so 
lange ich die Elektricität an einer bestimmten Gegend des Gehirns 
anwandte, welche ich als erkrankt ansah, ich keine Besserung er¬ 
reichen konnte, aber sobald ich nach weiterer Ueberlegung eine 
andere Stelle in Behandlung nahm, eine schnelle Heilung eintrat. 
Nicht nur wird meine Theorie, dass einem mangelhaften Zustand 
der Gehirnströme (brain currents) durch den Gebrauch von Elcktri- 
cität abzuhelfen ist, durch solche Vorfälle kräftig unterstützt, sondern 
sie beweisen auch, dass „Suggestion“, welche man heut zu Tage 
als alles in allem in der Therapie ansieht, doch nicht solche Be¬ 
deutung für die Elektrotherapie hat. Wäre „Suggestion“ die Haupt¬ 
sache, so würde sie nicht dann erst ihre Heilwirkung auszuüben 
anfangen, wenn die Behandlung schon eine Zeit lang ohne Erfolg 
fortgesetzt worden ist und die Kraft der „Suggestion“ eher vermindert 
als vermehrt sein müsste. 

Die meisten Aerzte, die viel von dieser Neurose gesehen haben, 
stimmen in der Meinung überein, dass sie eine Krankheit für sich 
ist, welche eine eigene Stelle in der Nosologie beanspruchen kann 
und von der Hysterie, der Hypochondrie und anderen Nerven¬ 
krankheiten zu unterscheiden ist. 

Anderer Meinung ist Arndt 1 ) der diese Krankheit für eine 
Vorstufe von Ataxie, Myelitis, Neuritis, Encephalitis,Epilepsie etc. etc. 
hält, deren eigentlicher Charakter nur erst nach vielen Jahren er¬ 
kannt wird, weil die Symptome im Anfang begreiflicherweise nur 
für funetionelle Störungen angesehen werden. Also nach diesem 
Autor ist die in Frage stehende Neurose, obschon keine eigentliche 
Krankheit, doch der Ausgangspunkt von vielen der allerschwersten 
Nervenkrankheiten. Vielleicht ist in unserer Zeit keine grössere 
pathologische Paradoxie zu Tage gefördert und mit einer so grossen 
Verachtung für die Thatsachen und die Ansichten anderer be¬ 
fürwortet worden, wie diese Theorie von Arndt. Man kann zwar 
Arndt’s Behauptungen kaum erklären, wenn man nicht annimmt, 
dass er eine geringe Erfahrung in Nervenkrankheiten gehabt hat. 
Die Krankheitsgeschichten von tausenden von Fällen, welche ich 
veröffentlichen könnte, würden diese Theorie widerlegen und sie als 
irrthümlich und unhaltbar darstellen. Zunächst habe ich den ein¬ 
fachen asthenischen Zustand 20—30 Jahre lang unverändert an- 
halten sehen und, ohne dass eine organische Krankheit des 
Nervensystems eingetreten wäre, sind die Patienten schliesslich an 
irgend einem hinzutretenden Leiden gestorben, welches in gar keinem 
Zusammenhang mit der Neurose stand. 

Von viel grösserer Bedeutung ist jedoch die Thatsache, dass 
im aHgemeinen die organischen Krankheiten des Nervensystems 
mit besonderen, definitiven Symptomen anfangen, wie z. B. vor¬ 
übergehender Aphasie, epileptischen Anfällen, Enuresis, kindischem 
Benehmen u. s. w., welche mit einemmal inmitten der augenschein- 

*) Arndt, Artikel „Neurasthenie“ in Tuke’s Dictionary Fol. II. p. 890. 


lieh besten Gesundheit erscheinen; so etwas kommt bei schweren 
und langwierigen Fällen von Encephalasthenia garnicht vor. Gewiss 
weiss ich, dass die Symptome einer heruntergekommenen Gesund¬ 
heit zuweilen auf den Anfang einer groben Veränderung des Ge¬ 
hirns oder des Rückenmarks hindeuten. Ja, ich selbst habe solche 
Fälle beschrieben 1 ); doch gegen Arndt’s Behauptung, dass dies 
die Regel ist, erhebe ich entschieden Einspruch. Wie falsch Arndt’s 
Begriff von dem Wesen der Encephalasthenia ist, zeigt weiter seine 
Bemerkung, dass die Eigenschaften der Krankheit mehr negativ 
als positiv sind. Aerzte, welche viel von dieser Krankheit ge¬ 
sehen haben, müssen zugeben, dass sie in Wirklichkeit eine ganze 
Reihe von positiven Eigenschaften zeigt. 

Im Gegensatz zu Arndt giebt es viele praktische Aerzte, 
welche die Klagen solcher Patienten Unsinn nennen und glauben, 
dass, wenn die Klagenden sich zusammenrafften, sie bald „all right“ 
sein würden. Sogar der grosse Kliniker Sir Andrew Clark 2 ) 
hielt diese Ansicht fest und war gewöhnt dem Kranken mitzu- 
theilen, „Sie sind vielleicht leidend, aber nicht krank im gewöhn¬ 
lichen Sinne“. Was der verstorbene Professor Fechner gelitten 
hat, in dem Versuch sich nach dieser Theorie zu richten, ist wohl 
bekannt 3 ). Wahrscheinlich hätte eine elektrische Behandlung 
secundum altem diesem berühmten Gelehrten jahrelanges Leiden 
erspart. Ganz kürzlich hat Goodhart diesen Zustand mit wenig 
Achtung behandelt. Er scheint die ganze Klasse dieser Patienten 
mehr für harmlose Irre, die sich einbilden, dass sie krank sind, zu 
halten. Leute, die viel gelitten haben und jahrelang ihre Beschäfti¬ 
gung nicht haben ausfüllen können, die alle Art Curen durchge¬ 
macht und viel Arzenei haben zu sich nehmen müssen, könnten 
wohl erstaunen, wenn sie erfahren, dass ihnen nichts fehlt. 

Play fair zeigt viel mehr Einsicht, denn er schreibt, „Sie 
ist eine wahre und wichtige Krankheit, die bis jetzt in unseren 
Lehrbüchern keine genügende Anerkennung gefunden hat.“ 

Meines Erachtens sollte der Arzt, wenn ihn solche Kranke um 
Rath fragen, ihre Mittheilungen aufrichtig und vertrauensvoll an¬ 
nehmen, besonders da, wo keine Absicht zu täuschen vorzuliegen 
scheint. Um so bereiter wird der praktische Arzt sein dies zu 
thun, wenn er erfährt, dass Hunderte von Patienten, von denen es 
Thorheit wäre zu denken, dass sie sich vereinigt hätten den Arzt 
zii betrügen, ihm ähnlicho Klagen vortragen. Weiter ist zu er¬ 
forschen, ob nicht vielleicht jene Dreiheit von objectiven Symptomen 
vorhanden ist, welche ich oft, wenn nicht immer, bei dieser Krank¬ 
heit gefunden habe, nämlich niedriges specifisches Gewicht und 
neutrale Reaction des Harns mit einem Ueberfluss von Phosphaten; 
auch findet man häufig eine Steigerung der Sehnenreflexe ohno 
gleichzeitigen Muskelkrampf. 

Ich halte es für unrecht und grausam, einem Kranken, der, wie 
einer mir kürzlich sagte „die Hölle auf Erden“ hat, einzureden, 
dass er in Wirklichkeit nicht krank ist. Glücklicher Weise ist 
die Prognoso in der grossen Mehrzahl der Encephalastheniafälle 
günstig, und der Arzt kann seinem Patienten ruhig die besten Aus¬ 
sichten auf Genesung machen. 

Es bedarf nur weniger Worte, um die Ansichten derjenigen 
Autoren zu widerlegen, die darauf ausgehen zu beweisen, dass in 
einigen Fällen dieser Neurose das Gehirn, in anderen das Rücken¬ 
mark und in noch anderen der Nervus sympathicus angegriffen ist. 
Es giebt kein einziges Symptom, welches nicht durch einen krank¬ 
haften Zustand irgend einer Gehirngegend erklärt werden kann. 
In Anbetracht gewisser scheinbar spinaler Symptome, sollte 
man sich dessen erinnern, dass Russell 4 ) das Innerviren des 
Rückenmarkes für eine Function des Kleinhirns hält. Russell’s 
Theorie wird durch einen sehr interessanten Fall von Kleinhirn¬ 
krankheit unterstützt, welcher kürzlich von R. W. Campbell ) 
veröffentlicht worden ist. Hier hat eine Erweichung des Klein¬ 
hirns, infolge einer Thrombose, Zerstörung an verschiedenen Stellen 
des Rückenmarks hervorgerufen. 

Andererseits ist es jetzt anerkannt, dass der Nervus sympathicus 
abhängig von dem Gehirn ist, und in allen Fällen von „Spinal 
neurasthenia“ kommen Symptome vor, welche nur durch mangel¬ 
hafte Thätigkeit des Gehirns zu erklären sind. 


') Althaus, Ou Sclerosis of the spinal cord, its diagnosis, pro- 
gnosis and treatment. London 1884. . , 

*) Andrew Clark, Work as a thcrapeutic agont. Brit. Mod. 
Journal, 9. Dec. 1893. 

^ Kuntze, Gustav Theodor Fechner. Ein deutsches GelehrtenlebcD. 

Leipzig, 1892. 

4 ) Russell, Experimental investigations into the function of the 
cerebollum. British Medical Journal, 23. Sept. 1893. 

5 ) Campbell, Case of thrombosis of the left c-erebellar artery witli 
cord lesion. The Liverpool Medico-Chirargical for January. Liver¬ 
pool, 1894, p. 40. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





'29. Mte 


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VII. Zur Lehre von. den Schmerzen sogenannten vascuiSren Ursprunges. 

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■Vi -*H- MnHvr IfMdi j „n iiv.-h.riv n.tt »J.- KU. 1 < r f, ! ’" f p,";“ U " UJ 1,1 ■'•* siir-iaU-.r SV mjdatn 

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1 : h <\ J ; U-ii'.in v.nv.-r'.iSt! -l-iv hall- Hluntv Jimln.i*- 

.••'iai.Lrh !>!. Uli: »-hi v-lu.v. l'->i rtifl ItühC \u.-il--T V. t W.liv- !a-n' Ijj .i, !f * 

■ v f H hl sl '!; ^Imirr/ioK mui Arr ÄcfUiif A \>‘Mb. t»iü 

ss'«-7/ri .uA m- M-hlimip-r •?-! Ami-üm-, ;i )s tu, H n!'--*, T« (irr 

XV/ 1 "’S« ' V:iri!ii A ! / ‘»V?' 1 stLMüUt:. Utv ]•,<! t.-ni in vvi-nrav nur vv-ruif y,u 
:rhi4r C i * l74k ‘^ ^ M'Hi'atiOu isi und wr 

v *'‘sli:tUi Pi. -.1 Ulu-.^i.ro di,- Unn.. in, t H. ( f i- r „ 


nimr KiniiS nniZ s ; r Eim« i.H-.-ili* Am ctir-Ü Jur' i-r- 

-Yia«n|fn Ai-4ci«j+- lürsl ^nh ikÄlb nigftt ohue wviteiN^. .dAvokuu 

i»Aä klim^hv üiii! unnrUr iiln-s-rns in (Unrein K»!)- ;,n. : VU,- ' 
vou ( tr ( .»,.=,.i l(iM o ümmKv.u!•,{]> Krtiiikiniitsluid ( }m- (’Jhh- 

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DEUTSCHE MläüH'iNiSOHli- WOCHKNSCHUItT, 


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bj* IHK?, wo ertf.0 Um ne KrsoltwmmöTe ahl'lmtun, dir«. voö 

OMüb&ft kitv?,oü. PuUmdeü df>s VVtd\ihnif?i.J< 4 .n>!- bis Xttffl AOufc 

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schkmrb, I>vr Maun war nie ^pkiUtiseh mul starb. tiiv« 

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^ TsU> ohnBehrr, nbonJails mit fpboyfctihirfc »id-mhmüw f+ilJ 
wurde neumlinyp? im Spital heoteotel' 

PjvH Sy IfikfteiH*« meUi t ti^ — N e unU-trieen.. 

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du? inmbmotffebc Abfhfcihw&f lt du« Bi u $hüf».Pt Bdt» .ein. Lt lud tu ZAvri *abn 
nu H»ubotee ; .»» e i I M rvlilseu, V»n U*«j Bwhfr«».*. .mi .>•>: mm nur 
JfÄfe d,.** of -fit: k-Mier Srb.uurrw.u -m K-in.i» nnjvl.cruM £<:• 

■ likb!; diA aber- iii fiep let/lrn /f« »1 w-murr ti-'TVorh*etend ivium — 

lh-r Kfiinin) hfcouid >Hi übrigens in» imimsii sehen .SUidtmo d«r 4»sk» 
bSnklt.it/ •Der Dum (u;vUud? : i - iT'A« Sjfuimn-von Alfcitmtf; in 

Men Lnu^u weir voui/r -v.lt rit.lnun Tiü^rbtk^e. tSfdf .lullaUund bm doc 
hosie-nur lifrieiHmdome waren die jioftr’kliu'urcllen : sicditlmti-n ^ äüpHeryn : 
ArtoHeu. '.Von dein EusUwuf. »1 4 • r Nutbr.irs gicht die bejgefhsto : 'J - 
J4'$W kJVi .deiitikdi^ Vf^r.dlkn^,: • ^ . , '. ; _ • S 

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Fke ulijut-tive UnlersiivMoUit ergab immer ein uegntjvi*s Kesnlu 
Uhi* ilb- tlodmi c*fcwn£ drupkimipüncirich uinb in ^pftviu :uhkbe 
V’.r^rJisst'rf; !U r li »rn jf»tne \ nur. kure vor deoj Tode dum re 
Albumin Hutkallend., )<h eah ilu> ab eiru.-u itnve?'l)tSM:?' I .i i :bu’! 
ßViinkrt tiu. 

‘ . üDft ' nTk?iidbj??t ^'pdrcunmtl.'o nüd'.:KctW»>tV- gniv^. ./uni. ; 

•utftx ki Amv,,n(l!>»vu bezogen wurdmi. ist nberdüsS:; Mn>uz,u.mgc.tt 
Hu verlud flt.r Zusrrt}d inug»' ?V>kr Smnucr mit durtrelben 
w»i‘ ihm dnvni nirnkt j.ökiü Avoit^ru ^Hdltü^ A>$\ 
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Tlrr'om.kk?«ii kev . Bnsijnryrtebn Uuua-mU, 


ftif* stark wsfi'muiklut »ijtivr Jimbl A tkiOdmAl.S- 

itlubtni! ,üd«ni)lt„ ,rtr.n luV.Vut. -o? UmMM ^»lu .«.Uo ouU, _ 

fitUS auutus. Anbot:: -Mau. . 0 . ■ I - 
tuHirfem eine AAi’scliiimmar.uny* Tltub jitfii. Yklnm curkb auigütivtgn y^br. 
imtor: S f b n: ■'* r /, e ü zuerst in der linken K vM'perlt n P : ‘in) ftebl 
mt.eLher in .dom linken .Arm (flank, Blllu.umni und Bein {l-eoM). ktez 
iü der jjVui/i-n linken Ivui'perhiUftn ;uii. •• v ; ■' 

Aie 1^.. Alhrz, 8 I Tbr Vorruiüug«, unter tidlbrHHu o)H r vb.tii f t Z; 1,1 
d»r nvtlto ICupfhiilke. munnnkludi m der Stbcinkb'getifl, aW «Ime Vm.- 
lusi. dt?s liuwtusst.sBins, wurde «kr? ruUnntan raiyu;b r 

uuuzwt linken Kut-pe?’b;iite u?tf;i dos (Ao« nie./i. ,i»:v Snlinmrzen m 
Mw und Bein flioutrien fort , 'wetiii auch mellt in so inf« nsivor vV{u-e. .«!«.• 
von Anfang iui. ._. 

Bvd dov {.Int<-i‘kUeiiuitg, die? wegen dm grffifbfrii OobiUtAt dm ivt^ükcti 
out Ltisst rst «d.« 4 rtr»rld'..li ' •'/ J, u-unmen wenb-ji kunnft' wmiif* f ‘unaeu,tr 
diu tiuksfeekige .1 !otni.f»)ngie- <;«.mu' f-Tl.Urt. \mb dn> ;*. Uaibilnnt 
m dna ^ubdbmiHU ^liudonL+,tar.k atignscil^a^btA da^'LwaK^ufiofiSYbföiigttk 
aii der br.anktm Seite fast t^axz a??fgehüben, wjihrböd Ob B ; Hd d/ir 

linken Untm* '.Ui-enutbi iur lt*i« hie iienit.^nu zelim -1 /.h dt Hivm-r»ub-’it Mi 1 

ist- nkrzthlmpkJJtg vergrbs^ort, %stoHseb«>- und dueftulMiliOd 

Uci'Syseht das: lct?»Vero am UuteAen hörbar on du* Mitilu dui JhatÄt.bvm^;. 
rde imitorrlAiopfiipg Asm» Fingeu' bts\t untPi? dom 1 1 b?biA 1 »',TfipI } wdrugo*y 
JTi?iu TOn später j$t lonler ^fiu 

'Bvmi Werdern Temperatür.. normal. JAio JTnmkf klag- sr-e'-ioji m-t-r 

mW« 1 !, «n ’b’r liiikeci Hiiftt- uas-tinbUn?«! na« u aiHvili;hm w fl"» 1 ’ 

Nm\h ®n^r W.tidbtB troA 4«w Tfjd ümter daqEittep^s^L 

Hüid svhr holnU pMiniorlniUr Tmuberaiurstei^eriuig '-Aii- <it. Mbrz. len-j;. 
MS« 37A A l./April: Tomm/:&.2* Morgens. 'XMhtnUt*& f UcgM n ;b;' 
Teuiphrötan' rar,cb 311 steigen:’uoi 5 Uhr- 4l,fi 0 . 7 Vhr t J T;.-hr 
Al TJbt' 43A v emo Amertels.tnnde. liftcbiier StHfin ätsARropktu ^ . 


. l > j;A" v oiihit»r. Atlas de AmoHujiiu patliobumme. Livrai 
Hi '•. I'i.f t ‘Mus Vn< U’UM„ IliM- i;u ; ,«1. .«du^- o, t u u sA 
rmlUen Atderbv wrtebrdj-, in ibjvni Vollauf /«> d,v Al.uinlb ubü 
V \yi'Vh ü:~, L'f»ti«?r den UxubettMi, Ifepftu iÖSi t jl. 5^1.. - . 

.’■) Kd, . 81111 . Veilt tljmue-An«uri>?mu, — Ovulimi.k.uriüs-P 
~. ’Aiai|dexi._ ^ AcnoA Magor/.iu iur IaiegeTideiiötabon 

it. h:a*—«SPc». -'•■ •. \ •>{. iibngons lieber*, Uohc»r Afuniry.snjvMt de?' 
uriunon. AViunm* DiKl. i’u^e . 1860/Xo. 1 ; n?mm* dersolbm Aldn 
M W- Fr 0 fi t* hü in dur * UarÜB«*' bha. AAoeliwi/«';hrk 
p m, üai-, yr-t. /jn. m, ^ 402 . 

k t : , r % «. Mober Thrombo^m al^r XmiinhrV 

.»InuifMi \ , IHtjV, |». .JUh.lH.o. — M arc.liuQri,. 7j\v jCenjitnisf 5 / der 1 

und TUfgmbn«n dar Oelur/uirtfetion, .Bor), 1^)4, ft 

A & H, Bora U1 ,>dAu du?-. Kn vom Mm* 1S84. 

/•S- *) U. VpYykrt.i *djhh«4üut Arulu Hab 

1$8)I OerirHlW. t kUa- MndKtui Xo, Hb A, 



29. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


303 


Der Erweichungsheerd ziemlich gross, umfasst die beiden Centralgyri und 
erstreckt sich in die Tiefe bis an den Linsenkern, der jedoch selbst nur 
in sehr kleiner Ausdehnung tangirt ist. Die innere Kapsel bei makroskopi¬ 
scher Untersuchung frei. * 

Auch hier zeigte sich die Basilararterie nicht frei, resp. ver¬ 
stopft, ohne dass die klinischen Erscheinungen damit’in sicheren 
Zusammenhang zu bringen sind. 

Die in den gelähmten Extremitäten vorhandenen Schmerzen sind 
bei Hirnleiden übrigens nicht häufig. Es sind wahrscheinlich die¬ 
selben, die von James Ross 1 ) als „wandering pains“ erwähnt 
werden. Selbst habe ich seinerzeit einen derartigen ausgesprochenen 
Fall eines Hirntumors (Gliom am linken Temporallappen) bei einem 
jungen Mädchen, wo die Schmerzen in den Gliedern eine Weile 
das am meisten hervortretende Symptom darstellten, beobachten 
können.' 2 ) Dieselben sind wohl hier wie dort (Fall IV) im Sinne 
Edinger’s» 3 ) als centrale Schmerzen zu deuten. Mit diesem 
centralen Urspruug derselben uns näher zu beschäftigen, lie<rt je¬ 
doch ausserhalb der Grenzen meiner Aufgabe. r 

Nothnagel erwähnt die Schmerzen bei beginnender Aneu¬ 
rysmabildung. Naheliegend wäre es ferner, mit dem Autor die 
oft so prägnanten fixen Präcordialschmerzen bei alten Leuten 
mit einer vorhandenen Kranzarterienerkrankung in direkten 
Zusammenhang zu bringen. 4 ) Beiläufig sei darauf kurz hingewiesen, 
dass nach den neuesten physiologischen und embryologischen Unter¬ 
suchungen die Herzganglien aller Wahrscheinlichkeit nach nicht 
motorischer, sondern sensitiver Natur sind, wodurch unsere An¬ 
schauungen über die Thätigkeit des Herzmuskels ja bedeutend ge¬ 
ändert werden müssen/*) 

Wir haben bis jetzt nur der Arterien gedacht. Die Venen 
dürfen aber in dieser Verbindung auch nicht ausser Acht gelassen 
werden. Wer kennt nicht die heftigen Schmerzen („isehiadische“ 
werden sie in der Praxis mitunter genannt), mit welchen eine 
Ihlegmasia alba dolens vor dem Erscheinen des Oedems ein- 
;>et z en kann? Einen derartigen Fall, nach einer Perityphlitis 
entstanden, habe ich neuerdings kurz erwähnt. 6 ) Mit dem Ein¬ 


treten des Oedems lassen die eigentlichen Schmerzen gewöhnlich 

h hi 1 « m n d - r P? 1 P® ndun S de . r -Schwere“ Platz zu machen. 

vorflhere-^onSÖ el % h 8nnen slohei ‘ llch n »ch vermehrt werdeu. Die, 
vorübergehenden Schmerzen an den in der Kälte weiss werdmidAn 

Fingern und Zehen und mehr noch die oft unerträglichen Schmerzen 
bei der Raynaud sehen localen Asphyxie lassen sich vielleicht 
unter demselben Gesichtspunkt betrachten. 

Was nun die eigentliche Pathogenese betrifft, so kann ,1 p,. 
Ausgangspunkt der „Gefässsehmemn“ in letzter Instanz natür- 

fttLT-f nUr -M d ™ Nerven zu suchen sein. Sind nun die Ge- 
fässe mit sensiblen Nerven versehen? Dies ist allerdings bisher 
der schwächste Punkt der Lehre. Zu erwähnen ist jedoch dass 

Tnni^ a J V °V? 0t ? nageI Clt, y. Pacini’sche Körperchen in der 
lumca adventitia der grossen Gefässe gefunden haben soll 

Dass Schmerzen in der Weise von den Adern ausgehen können 
dass bei Verengerung des Gefäselumens die Nerven weniger mit 
Glut versehen werden und darauf mit Schmerzen reagiren, ist eine 
ganz andere Seite der Frage, die gewiss auch von altersher venti- 
lirt worden ist. 

Natürlich lässt sich noch manches anfiihren. Die meisten 
hierher gehörigen Falle sind ja früher in verschiedener Weise auf¬ 
gefasst worden und werden wohl auch künftig eine lau-e Weile 
anders gedeutet werden. Dass speciell die vasculären „Koliken“ 
auf gleicher Stufe mit den intestinalen, biliären und nephritischen 
Koliken stehend ohne jeden Widerspruch anerkannt werden sollen 
ist mehr zu hoffen als zu erwarten. ’ 

Die ganze Frage hat jedoch unzweifelhaft eine grosse Trag¬ 
weite Namentlich werden die Schmerzen sich hoffentlich als legi¬ 
time Erscheinung der Arteriosklerose einreihen lassen, und wir 
werden nicht mehr nöthig haben, stets und immer auf die land¬ 
läufige „rheumatoide“ Deutung derselben zu recitrriren 

Aber selbst wenn die vorliegende Frage noch niclit endgültig 
gelöst ist, hat Nothnagel uns immerhin ein Arbeitsfeld geschaffen 
von welchem aus neues Licht auf manche dunkle Seite der inneren 
und äusseren Klinik fallen wird. 


VIII. Ueber die Behandlung des 

t Von Prof. Dr. A. D, 

}or zwei Jahren habe ich zwei an Rhinosklerom leidende Pa- 
iieutumen mit chemischen Extracten aus Reinculturen von 
icninosklerombacillen behandelt und bin jetzt, nachdem ich die 
kranken und deren Schicksal nahezu zwei Jahre beobachtet habe, 
zutheüen ^ ä ^ eres ül)er dle von mir gewonnenen Resultate mit- 

Das Rhinosklerom ist. ein chronisches, infectiöses Granulom, 
-uhngt durch dm Fritsch’schen Bacillen. Bis in die letzte Zeit 
. ie Pathogene Rolledieser Bacillen beim Rhinosklerom experi- 
inir^mTcu uac hgewiesen und deswegen bezweifelt, es ist jedoch 
Rhinncl-io ^tepaiiow 8 ) gelungen, die pathogenen Eigenschaften der 
(In ÄT? b8CUl0n d " rch die Ffihi g kcit derselben, die Elemente 
~‘ t i t S *leromgranuloms hervorzurufen, nachzuweisen; anderer- 
culturpn Jrf gingen, durch Einspritzen von Rhinosklerom- 
dielriw/, t k o Sl em A £ ar 'Agar in das Peritoneum von Kaninchen 
bei iIpt, Schmarotze 11 im Organismus zu bringen und dadurch 
zurufen Clr ^ 611 Kaninchen eine tödtliche Peritonitis hervor- 

äus^T^ ni i Uich Siüd T f r Ür das R WnoskIerom charakteristisch der 
breitunp* in H Dg \T ail i? ^ erlauf des Leidens, die progressive Aus- 
Infiltrat«; ^^dibarscliaft und die ungewöhnliche Derbheit des 

heit von hvnu? 6 i auptsäc ^ licil bedin &t wird durch die Anwesen- 
und unter’’dpm e p- K fl rpern J ^ als De ^ enerations Product der Parasiten 
nu jmter^dem Einfluss der letzteren auch eines Theils des Zell- 

2 J ^• a , Se L°t the nervous System. London 1881. 

i Edin^r f r- P [ aktlsk Medicm, Christiania 1882. p. 305-319. 
sanimW zu ILrlpn 68 iS ? 611 C( ^ traIen Schmerz? Neurologenver- 

kunde 1^1 t n n ß ö ~ Deutsche Zeitschrift f. Nervenhcil- 

sehrift 1892 Nn auch Mann, Berliner klm. Wochen- 

1893, Xo. 52 ’ erner Biernacki, Deutsche med. Wochenschrift 

Discussion über ^ erkaiJ dlung des Congresses für innere Medicin 1891. 
i, y , ? ? er Qle «Angina pectoris“. 

^ochenschn 1893 No g ’ 12^3 BeWegUng des Herzens. Berliner Win. 

med. ^ochenschr? 1893 1P No rC 3 ^ iiromboseri bßi inneren Krankheiten. Deut. 

^erhandl. d x'Ynti™ F Ur * Ätiologie et pathologie de la rhinosclerome. 
und Tagebl d tv r atl0D ' med * ^ongr. 411 Berlin 1891, Bd. 2 , p. 209, 
^MklerompohninAerzte in Moskau 1891 und Ueber 
v *> StepfJJCObQzwnie (russ.) 1891, No. 8 , p. 749. 
-V 9 p. 893 Medicmskoje Obozreme 1892, No. 20 , p. 776 und 1893, 


Rhinoskleroms mit „Rhinosklerin“. 

. Pawlowsky in Kiew. 

Protoplasmas). Das Rhinosklerom ist ferner, wie bekannt, eine un¬ 
heilbare Krankheit, welche langsam aber stetig fortschreitet, sie 
geht von der Nasenschleim haut auf die Scheidewand, auf die Öber- 
Uppe, auf den harten und weichen Gaumen, auf den Schlund und 
: Kehlkopf über. Als einzige Metamorphose der Krankheit tritt nach 
1 Wolkowitsch 1 ) Narbenbildung auf. Alle therapeutischen Versuche, 
die Krankheit zu heilen oder auch nur in ihrem Fortschreiten auf- 
zuhalten, mit Hülfe der verschiedensten medicamentösen Substanzen 
und localen Injectionen sind bis jetzt erfolglos geblieben. Bis zu 
den Untersuchungen der letzten Zeit — Fritsch, Chiari, Mi¬ 
kulicz, Cornil, Alvarez, Paltauf, v. Eiseisberg, Wol- 
kowitsch, Nikiforoff, Pawlowsky und Stepanow —’ durch 
welche die Aetiologie und Pathogenese der Krankheit aufgeklärt 
wurde, bestand die Therapie hauptsächlich in der operativen Ent¬ 
fernung der Infiltrate. Aber auch nach der Operation pflegen 
Recidivo aufzutreten, jedenfalls wird durch die Operation die 
progressive Entwickelung des Kranheitsprocesses nicht gehemmt, 
und nach den verschiedenartigsten localen Injectionen ist in der 
Litteratur kein einziger Fall von completer Heilung bekannt. 

Aus Obigem geht hervor, dass es unmöglich ist, die sein- 
derben Infiltrate des Rhinoskleroms mit den Hyalinmassen und Ba¬ 
cillen einer regressiven Metamorphose, dem Zerfall und der Re¬ 
sorption zu unterwerfen; wohl ist es aber denkbar und möglich, 
die Gewebe des Organismus mit den Toxinen der Fritsch’schen 
Kapselbacillen selbst zu durchtränken, die Bildung von Antitoxinen 
im Organismus zu fördern, die locale Phagocytose zu steigern, einen 
„Etat bactöricide“ zu schaffen und auf diese Weise die weitere Ent¬ 
wickelung der Krankheit und deren progressiven Gang zu hemmen 
und zum Stillstand zu bringen. 

Bevor ich mich daran wagte, die Culturen von Rhinosklerom- 
bacillen und deren chemische Producte zu curativen Zwecken am 
Menschen anzuwenden, habe ich eine Reihe von Versuchen im La¬ 
boratorium angestellt. Wenn die Producte der Lebensthätigkeit 
der Rhinosklerombacillen auf das Wachsthum der Bacillen selbst 
wirklich einen hemmenden Einfluss ausüben, so müssen die Bacillen 
zu wachsen aufhören, sobald zu diesen Lebensproducten Culturen 
hinzugesetzt werden. Meine Versuche haben diesen Satz in den 
Hauptzügen bestätigt. 

Versuch 1. Drei- oder viertägige Culturen wurden auf Agar-Agar 
gebracht. Von sechs grossen Cy lindem mit Agar-Agar wurden die Culturen 

l ) Wolkowitsch, Rhinoscleroma. Dissert. Kiew 1888, p. 75 und 77. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






N fciS: 


von fl:-n .-mh? Cyluuirtfti. tftne'Cttitur ntisvirMt; waitcem.VAhV iusvi iibneeu 
SuMsirme M/Tii geblieben .sin«]; dm -nii CylhnTcr Ciihm: wurde' 

TuilAVW.nur aw5i;o'vv:i>("htiiu ft«»v Ägm-Auur noch einmal gekocht mui v«'»v *?*jr 
• zum zuciteü mal * v ütwjv.Keil^ jftrit 5 » demselben Ut/il»<* < 

V lU’suoli ?2c von*h »r/jjrivftu*u 

wnrft«.«"» duvfcU tau 'yüii' lvr.tfVKirlo.-.wö.fHHtj&i'-lfcS-’ 1‘ütr.r cfty-. 

151 Huri,, ‘tiilh mit Ji 3 ; FifMit^iil-TOi“»r*|>iito»vUiul, »VM\jv JHit; 
rilMliil ?lil i'v\.- i.;a>i{ , *I : iftrukmi K ä ftD ,n FiU ful VOU UhiVioAlt * v 'i'0-<;i ti;i'•!» 

i M .^.s-c.n. t,v.. 4 ><-: •«)» fj reigtv. 'drtsGAIm B.a»:iifen ■:i\i\W'Y dm^n dbuimetsugmi 
•nicht' jtmd'nhcii. 

Y ö. s i; cli A: Begingt';,imm D-unpfteH Agat-Agm'Midi fUrtyevUupidjen 

I IniuliÖAclÜiuvmi; Ho' gwbi&Hf dm: lii&lf&w nuiH ky tniiC $fdri$üt«&- 

':)l.h«.vt’ifj'öl.u , < 0 ExlraeB«?«.- t>o \vai;ii’*,<>M bi* h it'jt*. 

Ad* dic&Mi Versen!»?,«<• gebt ta’VOi.- 4,i?-s- ftb‘ Drodorh- ft.*-r 
l:.4»ei>c».iiaGg;kcU <i>?i: Klutiosk 1 crAuil»amUr-O a»;i das WachsJ>!utin (Irr 

Vor- iji»i' !Isf , r,‘>j»iv»lBvtK'ii Anvtrr.ftntuj? dicrer Product» 1 . beim 
Aiimscfton müsste durch V^rsudih tJi»: Wirkung <Jjost-i* Products 
uuk Thjuro tVArgesncftli vno’Uitfü Zu die-en 55\m\ wurden von 
•AA dt%4Hdjd‘T.!’: unftmik Wasser YftrftimMk; stArilMn« 1 und (duu-<>, 
$mß i’urrh.u'un .in. üifniiUjjidi fctoitfüikUti.» Gosch von 1. bis-'iO eret 
Kiuvtn"l)<*n nntnc 4 h* Jlftut ipifjr/u b X vAdmi tblt zeiuT«*, dass ftiusw 
(mpiu?‘4rvfi tob timt Yorkm hstbjeren nluie ; siebtMre allirormnio: und 
bmale ErecHuinmigfotr g’uf v«\rtrd»Rm wrikdi. *\ »ich- in dem PiwitOH 
UHiiti t*iiig»*f5))fi<ÄtV ‘Y£ri»»*HU Ih*d Otltftnm' l/r*t dr-o. VoKlUftk*-: 

1hibrcn keln> mehtharbh 'JVejftmi ifml \* p cdtöbbij04;ou.- 

Zuyldoli !>ui di.^-oi wutii»- t;iho Voisindnou-jh-;-. niii dio-.-ji 

liindampUiu do-r AA ein^- 4 [«<kiun (’nUaron un^idoüt oas 'ivolt 0- *; 
4io. Toxine 11 »fHoU ■ 5ü °/o dlv.<- o.)4us . fünf Tft^c Imu; im ToerniOYTi) 
rxtuudjir.t Vvurdöy,' nvöruo J< dd Wtt^or^U r e)y ’iHtnrt und 
dn.s rOtraf in Mt n^un fk i n 2,0 ]4y IUP K/UHTo-hnf) untyn dl« ‘ 
\tu^4o .Vuvh, 4idef.- Tnj'^'ki 0 ifm \Viiiuidn vnu dou .Ti)iiU'on 
oirmr homorkktir«' Stöj'.iiug; dd ‘:i»»Kuadh*4t v . \d)>}.d ;T.<uni»e!äbui-<>rjuih ujj? j;-. 
ojul «kno ir^nnd wd-du* Vorgjuinroii^on vottra^^n Ik> 

Kaiiiuolion ital>on nü<-b thva U;0 Wa^soreAn ofbu^tmt, ins Iktrir.o- 
inu-m. und 1H tw.xn I «nH:-=. K]4ritn'doulthonoohön'Kxl7-tsrU 

tu ik oU i! .., «■ijvt:»u*in. oMtur HuU*' oudnuo'ltt, ^ic iiunfi kaMi- 

diodi P.i»zi.|Jap »iifjofi LoM!J.‘m u oliio hosond» ro SoliUdi^m'.g’ tllttf-.. 
< ^orl.outroT«; • 

Mark tifcuffm TOi'boroil.OluiDn \ r of’suu.hfm bid.oi ö;U 

fmi sJd Moiwvhoti zu bij|V;]r^n ÄüfMnjdlrü Wiifdon 

biK zojiuiH^Tgr* tkuiiilon- tufof A^9i'Pdlt&Vuft tifjvdvia*. 

nmdi Abs:■hijl.om^ und .\us\vi»-'-ln*u «rot .-.i* «'Ul:A 11«-m W’ussc-v) oinr 
ItHlb« Stand., duu; ’io *i rdTioMiiU«»» tdun'fd donu u\i| dou, 

W.-työiö-DoUo -.ui! ‘.4 ihir-D k du*)'' «•:»»».*t-d nnpft, \uu.mi tun«* Uhu 
Vöhrm- naoh tSnitvlH Mono»> t-iiyooriD himu^nstd./t rmd bdiufs Kr- 
kuuAnns Uljoo? inoKlruot* lünl : hi«»x bu TKu joosi ;:(• 

udifbonahK hi.huPt D*c^p I^feigkdk miwk*' auf dom Wm^i-bmio 

bd zur ^dionnrn CdnsistYüv. dui-feli ‘stcrilisirr.üs i-npn.-r- 

dUor tiHuün und 1 .f .i \ mn } ofiioc* j.j->< !v<*n(w Sli'riHsiruüo; 
bd C0° m !/i,|fctlnxj<m bm' MApsdum ani>PW)*mUd. Es. nt jodm-b 
Idar, dass" dfh «opIhhi basdnvbpncut (\ VyooTifibTd^ci.on 

o-! f V, if.-'iuiA<- vbnadsi'lw Sui'.->sui'/.*M‘ D-üitor ; , v:urd(*D brshoji) 

bubl mu SCuUn ful^iuub t Mütimde bm^ostditr 

Extract«* Torvu-mioi, Ich wVA da Idee ut>; MHdioda 

zur iciljuug üm* fbY^U’holt *iö:^t<biyidi(Pigdk»o KMuöafelOfWfc 

111it^i»♦». OuLtuvon vi.m. •Hhimixkit’rontbfu-iljTn in Kdkmi mit 
200. iv n, injOu)u0,1 oti vwüm in zw«i IWiUbab ^eibnilk. 

t>io * (ilyro VV^üu wirft durch dneu Pa,s touv- K\i'.v*% f 0 n 
■ 1 !'■ ‘ 1 ■ Idfrlt i find ftus kuHn l ,, i]f!vd. ilbm* ftor» 'E^siunai'.or- 
xur hü-lorei) ■Purtiun wird «ünf* bcaoutimdc Mc u yc Pudui-Bi» von Kbiinv 



dcf’ .Logun^ nml von da« ;Laibnru, det* Mikroben; ftor xwmfa IHitril 
!4 h< zweite V-ici'tol) wirft bis uof >m\ Dritto). mw* VbJunmns mti- 
ccuioinjoi.. im! kuiler u . ftauu mil hüissem Alk(d ( o| bc-ärbeiidv Eit 
snd» *oor*t eine dann Um rmidj^liigK 

bddtT. wird flnm. *uif 24 Shuidon nftuV gohtoJlt-, foUf der AlouoV- 
u Pmbn, irvbulioi» um] ihinti ijltvivt: das dutohr 

^rdftig.o Eil trat' oinjbi.s Mv l'ao^lsHais enter ^sAuni'dnuon synip* • 
ftbftliolio/i r lösKi*rkrd, nnft {»Aden; in slrctJidricm 

VVaKser autgol«Ar, i)k i'iussi^kd^u werdan grmisthl und {ilivirt, 
io llomu sind die Tu-sifjf- der RhinoddcronibäCjÜen in Goslalt cluos 
wässerig öu GiyaeHnalkuboinaszooüialtmi, 


Wir hubmi ^ IdiissinbrU vnu >u* •'otupiidrlor Zösurniß%- 
seUtioir AcNVilltb, w.üJ in der LAdioloiAu ftnr Kbinonldnrom^ iuent-be¬ 
kannt int. Toftio wu-’khnmsüm und o>u immirnisironckm Buh* 

Atanvion enxlmitftn Khui: ro> Protoplitsina clor jdiinor-kitoommikiöbr*: 
Siftbsr oder -in, ibrnnv N;»h?voi^trnt iji onun wftsscn^mi oftnr spiVi- 
tiöseti ExtMjjt Ikwupifieij, Piu^b bftbtm wirftiö 

I;fdi'irxiAU^'Hnii’ gujWoDJtiVi), ftas$- >'{)’• rit uusj.* nml ;i]Koboli c .«>hdi< hcri-udu* 
Exü-m-h'- -viel scl)vvMn»r üui ftir .Tbiftro ein wirk imu. &\£- vvä^eHgo 
: Ol>narimiXtmfttui ujhh UÜtftr. .somft «leiben Ik'Vöben, <lao» mau von 
der Anw'ouduuo Ivstun H äbsnlirn kftnrfto; c»a »‘nischcidtsitSr,-' 

Pnsullai koniiU'j*Mluch «*csi niicb iojmftioncD i»oitn ÄjensrltMi tw/iAi 
weVfttiD. ' ’ -. 

Ihts Ubiri<)Skie|‘nm i»t- ; dinr srlu* snUc-Uu tv.ru. so d:t» 
mau kn um bim' r rds-ci 0 Airzab) sobdifr Ibpiwit/on tiiobm !-.ooi 
niu oii tiiDtvu- fton ijiftir-Hpr.il! i^cheu Worth dos MȆ<4.- erproben /a\ 
kftnnon. tob hatte zwei >olchm Fftilr zu nieimft- VeH’ii^umr. 

Ea]l ,.i ; A'f.aiiusOi -T a,wdyk, jörusunftt ki'ätlj'd. Jahre Mt,. wuiMc 
;i(iV ji'dirttiir A-H i inh> Kninkcnlui.!!:.. il».:«- Ibo.lmij i\J'eU/>cSi Zll ;nt|- 
‘•j*ßftollt.T»Ujnv 0Us Krnukhcör, »rir do* PoiieDtur iotdci,'. ;,Ä keb;f 

J-Uu't-ii out. ei man. s<:u.k ; jiifki.-fu.h.,ii Ktiftl cbe;- c.m n-» ht+:n NAspiilorh; au. 
j$&0 Kn*>i«*]t<‘l> ■«:• Sieb oUm.ihb'.tr bit :»H ■ »ly» ’ffööza H-eiuT 

^^^UoVb i<n.A«Öfr<-,- lirtCl» w«>»* Ks .hdu'i* M:!»uc S»-il eine kleine Hot'kr iHi 

lhtktj? ivnstouot'h. svidcbe einuvidib rumto». \V SUtruml der Im rann 

drei -führe iidlten Ah ilOeki n i r O'u Wueijm«io^Vuc beide. .N(i<!iviif.Öid»i»r. .nüs 
; nnft Hdtcn u«k dmi-sv.{l;Qo jimftt bft«ms Vuv einem J.-du-r 'vmie 

ftu- iiii AinierhituruiOi drw IhHlii e Armlzes ftte 'Koubihtm.^; imUemt. die 
( b'Yvhvi uWi :*r>.:)fti'yiVle [' doch. : ft- w-e ■’Ar 1 *-. Ü'it 1-iChloi». h»‘ui**r Na-m 
■ei/ieo- \4.>n ;i>>n iVei"D K cmifoi. Yv«>fehe noch ol sve i J 2 uHi- aus dm) AuSyU 
L'tei-.'ojsire'cu. aiJ'stroiötK. In «k*V AtiMt: der Hheclippi:. unter uor 
ACbT'ifteWund iaißiifteö s:irli eiiefftajU' zwok Cd:Vt r n e, dtAbv 

K r iOl I:»J. ohne dCutiiche Grenz«. 1.1 Ui <k-? !-e.r'ipb>o-ir. J ÜC 'v«Ve. A*. THtQiljft-' 

ii;Ovh'ii.-sSer heib-ut onu Vej'Hfnsk'/i'-,- d.i-C A.-e-r MZUtHC' don.dl die MeuOiHrnw 

Pas Inbbr.ii- »-ftnrnt. den kimrprJi'tfHi Tbeti der Nnse. 

iiih AAs>U , Öftg»?l l»Ud die arhb \dewVuhi ein ; ftre derben PtOpkor dn« 

-Grnnelnnis (iurehwuthstm und t'tillou üjit THehU' Aa?et)Jorl>. uue.. m dev 
.FJltU jjv imkpl* --XkfemcMißhY? Imtifldöö> bißh £Wd JJ^öC’ß.ü. von wnifeb^ai 
«ko: mui der •SbhVi'heO'Oi’!, d«*»: nmlecc uns d&ju. N/AnnÜttii'et b» ruus- 

WhrjiSt -. uidt -lies«’. KihU-tm D>1’<W Am pi.Uu'e Nl.v.-euiorli «liul kiOim 

vuie ebne .A Di de idruleicb. Boid«> N'i^im^iiuuo .sind. lUt'-die Luu'UtMturob- 

. evOirdp;, Ihn .djf< f -uom.'.i Ih t k* o dm ?ki • mul »ol ik x-i \hi-t rwiu kwi det-lc 
die l|fint jj.i«Hriin!.. diu MuStwIlOurl wf! der ,\«-ubiIdmiH in)ftu‘ifi ulmto-- 
vH-imrirsseut, und tlerie Lbc- Mmidhbide .— liarUu’huKl -wruhW Uaüf- 
.in«ü ..und. &&Kuul — woikI ' knum V ^je^tü^iogisA. auf. Aufthfo- Ortxre' 
eksonij. Ah BviddUs hol pnttoftin- nie mtUUon, Ersifttonuoinnc- ec-.-j«. 
BpUreu .do<" r f.y!lH'Ti. »ftr^oKioc zu hndcui \*on ninoin der nt» dör uhwhiipe 
purülhd Mw dt\ss^]in3a oiit klfetna^BiHck' 

dme ivbeeHamen. ;uid bnctenidotk-fOh untersucht. , Es w>vdon ‘..•ulturt'ti 
Vau .Hbinci^kU-romluwilieri und hui kSebuitden »Ins iyoische HV!«1 von Kltim«- 
rkier«)tr.gr«iKtiom<‘i: mdiaüeii. 

Ae* di. •"•k'vdji'iiiit* > v-m.de die >os*hv Jniection mit -Knch- 

seiiKit 1.uli* i ; kt*|in (UylOOi eeiüurhk Kcinc Ri'iVcldm.. 

A «1 ;2Jd.: Febiunir l*S‘d t Hui P2 ‘ifevAVtn’db xötn ersicu mul' 0A fftn.nn; 
hUmiu {\Vitssy?glyn;oriins.itt;JCiV mfter dlo ntb-kenimiU., r.wieHiou dcu 
SchläfterhbiUcni ^ennbihk : AIR drei Siunden wurden PuA. die<i>n-.ite*-u 
'lAOrpUmHir und muh r- Ihre-;« h. I'V.schemtui^Mi u.*'irt. vec Ze-r /»» yeu 
wurde eins EiMniiit ;h;c rh-n istmi.eu .«fftkrosk-opit-vcb und der brm '-he- 
•noM'li uni ersucht . ‘Drei Slundou luu b der iVijecttmi stellte sinh 'Kefft- 
wfoii'-o: mul '.(vuiper.-o.nr-.'V'jiftstmu <-iii e mmit aie.hej; kluedcn Kopi- uu'l 
kf'i :i-:.l.;iii U'-Ui U,ei i.nvt-e*- ,'Uik, dm i , n;j Huu. A,i>«- hun •* , l.m« j n. * 
ijc^tmdr.tv. i.f -1 vi.’C ]’ui{; Ihm«, in dm ü.-ih l ft^-ndouGuiiuUnt 1 - 

uns: «J«n Knoten. 

24. P* bi u,%t A Mir* mem.' Henrdlon., -Hjtr-e, bn'leinusi. L\ (fipoutui* 
Pift^Ttkjucuz vuftonud drei fetundöu R«\-*pb"e&oo ^ iP ‘Fv 

Aftnn)^. ueubeiu- R*;:u t,io>. l*C't«'b. ml •& 4H SAnidcu jan^ m deDornuoii 
Aeiuiieczeii m der Ad.?-«:, fbMhm-ü. w.si tivy.'llcne und ßorkcnbildm*^- ÖOt- 
dei iiui imdio'un r lAk v-or^eimtmneodu nnkmäkeiHynben UnUirauclnoh? _ der 

mfter den Borken htdinftliefmo FftGsi^kp’ft wurde viel Sckloftu, E»tet- 

körpcrc.lwn und Ivhiiioft.lermnb.e ?i.!*:r; gefuiulcii 

2ö. FelirniiT. i|.*i*iüj.mvat:tu* äkunmh KuscmAcken und -Fihiml wmcher, 
der w;iftf'im.ftj*ejtngh AftiftlUÄi daum't A,ri. Afld dun .v«u* liegirnj der B«** 
luoidhuig MitsgescLmiitcjiDii Üüolen Süibea sid* aift piuUob ivpisdie Kimiu- 
stch'-rVunhariibiu eutwirkeit. . 

^0. PobrUiif. Ztveif«' Jtlie.ctiou oftid. K l-ifie u'llg'uD« MUI Hi’iH.cion, K'Citi. 
Sduutoz jn der Aasvu 

ST. krhru.iv Ih-fti.c. luji.r.{,i(/n 0.2 hi<Sih in diu Kirntet! snjbsk IKh 
S tuirlm Hfdcli-a.'b ,i;U*/hi( in. Ift'U: Amt 'lYmpenftiir ftlii). Knsjur.-ii'vm .10, 
Pnif JH. Lucid ; Bciftncrzioi-Di ftet K.i?.m AuwoliWeÜüüv; 4'«r \ b^m* 

«Wütig oin«:»- sclilciiimnm Kln.-^igki-ij, weiolu* imt»w «km Mikiuskop v»ti 

k 4 ..*:•«t-.i« j«>»j»l*,M iltt’Ji Zob'i. 

- • 4..AtUcä tU I ihr infttne^, yinrtft Ipjectjon 0,3 InCttl, iu die Kupb'.n. 
bi'"'!- suift jel/.t bofteulMlitl vv* Jeln-t jftfj \ «♦}' der Bchareilung. (h’-i 
don nach dor byuntinu tftitrke aHgemeiu»* mm lnctfte luu«ct)on, tv>;4- 
Sc|ftHtdAkb. HCell B St-iUtidOH HHtilf (ine litJftKJtiiiU Fnm{ie.J’idoH‘ 

lijkS, TAiM ifrsidratvon 34 A}..e«J«1s 9 Ehr Ttini.pcriftue '13.4. dkl? 

!12. {'.nspirni i«*J; 2?h Sct:w{;is.:<. StdiUlOfZtOt :«t. «lei* N&SC. ItGtinftik- At ? * 
.stdiWfdjtijig -$&;. lirhlt Mfijt kalt-ruh EeWnitw. 

Ptipülwö. AiigoiT'.mDbeßftt.lmi «rnl. Schmerzen in-«kn Muakein der h'my- 
mit-iUeu. StihirmxjHai'drUü^u A-dmu>rkihai't und ultgöschwollen Kein Eiw*Jtss 
im IJrijj . .. 


Co gle 







39 - - ysrz - :.. JÜ ECTSOBE MEfllCiNJSCUE 

<i.jann. Ffluife iU>i. Äüii'' iWutiii. t'.ife. so. liuiiii. 

rutioij 2u.. 1 

y. Marx- Sbclw.lt* 0,0;r iorat, Keine Rt-aclioii 

Ü.-Mote» biclma^-'f^cuon, A0&. ivadiumr/uh? 

.föwluui, i^Uurqm 7k Uo^.xriüoü. 22. <WUuumU : 

10. AI»«. \ciiu_ In.i.c-noo Ahemk KuUuX -U 

.;rüvm 

*hvko xorniemm m der hn^^Am <hn Ai^ok^iui vtm 

jtdiieiu'u^f mmjfrw M xmtrtty ziM üKt mmv K 

fir,,tW>dm;u 1( r^t , vl N;;,, oUh:. weU n } ,1. r * er’ n }'. 

licsteMii. iveiti .-uhwnaa im Ijrin. '~ 

i r. %hirm NfcüöU IfijrrctioK. ?XU7, keine KoneUon 
ti. M;n;: Z-dmK Jnu lhO'7. leieo ’ Rmieücm 
irr. GlfrH lnje,tion U,t. Scfinw iu Je«- Niu*. mveiterte i^' 

|)iiN;. imupcfaUir Keine aiig<«iuame ItMctieri. 

iß, Mtite r A*miv Kyeeiiuh 0.15, TeinD^raKn- JJ7.4. erweitert** Mi». 


WOCHEN SCHFiI FT. 


pionen duft-b ilmi Massier um! Mij,j t . m< }>< 
KÄ f ulierkulin lifiSftrt. « iu ,i eni 

Keut'üou* 4»b obigem- gehlhervor, 4m flu? k. 
! ri ”‘ l ; ' , " r ■"• 1 No. i.t Mi kepKdnii.-.r:- 

l I,J ? ^1/eßU^rnRHtdui^ruuj: mdiur_ rvrm, 

!" M’C Akme. i),r Toiv^nant «m.« 

Ury*. 'Ami. drei Stunden :iuf der !{(*,. i;m 

m—6 -StÄiwfea 4-swPü wder xnr iNom". 1) 
, .? ta £ fU ' i ' j,,T0T3I A i e ur.kh TuflerkuIraioinctiotmii 
, £;** ^rnpmttir vurbJwi! jedoch A '*o%um Z$k 
* lut^külic uafl ilel ternär zur Nfirm' ab. Sehr seil 
j «M4r„dpr :öeta»Mlh.* ¥ , enmhii 

I kjm*- 6 von TU nud idiii^e Zehntel, meist bewegte « 
j ■.■■wm*.a zwischen V7 uud 38. Die PvUltcuneuz e 


Xif8j[H*fatöf JEBWMBBBf' • '*'■&&£ * 

telü; Isr fi 

tM -Xiin.. Keixie KeaeUun, mmM 
Zufall iji dhra<u. ' . i 

**Jn : m*' twtbw 0.2. ihil.4 SK Ü^inteUon :20kT^ik 

^tii>u v h.wtelmn.i !D Wiiw:nm in der K^o 
i; { l^^,^*; >ft ! l?n \^ V01 ' AUS (len lnH]lrai,.n. Vivteelu.to 

lnX.ui.a iU3. kerne heactl^i. InjecUonsiitelk- ist tduuorzihrft: 

~ l Mt * Pönfedinte Inj.-cinm 0 ; :>. Keine Romdiou. ; ' . 


ssta.... .toi KU..Ä fl«« .» Ä r » .fei SV.,J,„ U. Ui« AtUmMH^.r,««..,,/ 

is- mK*i;.ikulJömi««»;• .Äu«a,äherüt-i^• tit> hqwSÖ in <\&t 

^0U,<> «lind siher Wok die fio^Mvlenm^intr sehr mfete. 22—24 in der 
vMnatti ii-u^ijtfinn wurden wiß.v:jbedh:-Tnh«;fculIii ; - so auth hier--Schmu»«-- 
?.t«n in iDco_ morhi, «j der X:mK: M Ittihutshicnn. m 

’i ! 1 f V() >l 1 ^ ' 11 g A <' i i 0. hivatUiiüi 

^ciölmna der Kuotefi. Die Ä«Miogje hegtfwid'.-feräsf in (Ikr illhrübl*?^ 
m 1 Äi ;f f 0;IM* leU*.vfsmfcnfr jvm. andeten tm ml 

’htmtr m liwm ;i ftbei#4m mü ittmmM mn^;tenj- Mitf-ei hiuitp^««>hMi 
m de» L'xtrcimtiifon ioccduurtr, •’ 

Kmtu Mörx 18i)r wurden ,\< n üendivh ur^Uum Kam; lord« 
M ucjfeiVe» zur; Juikro^kojdS^hfeik und bncttfrinU^i^ni^ Döl^r*lu|sJ{uMk her* 
«nu^eehuitteu. Au£ Plnitea out-wfoknltß«, Vfth ifpsnie-» lUdtutnft Dei 
•f H ' a U r 1U1 ^ r ^ ' U ^ ^ C ‘ lAi gohdilelCb SchttiUe 


IX, .Am dem Institut für Infectionskraukheiten in Berlin, 

lieber die Specificität der Choleraininiunisiruiig’» 

' *f It Pfeiffer und ür. Jss^eir 

.U/ii’Wj- 4cl( durch dio miuigchide Hutikksiciiti^iih; 


Vorlitolige Mlttbeiluu^ von Pros 

'm-'Y ‘ "■' ''.8rsöhi(*deßföü Autcden Aidieitpin 

.Wdcn, Reiche goeipmi sinti; dir bisher giil%eu Vor* 

- - 1 .^ speujßsclu*. Vei'kalten -itr (.'iioieraiininiiiiitiit zu 
au ^“A-or Stelle di* 1 Arbeiteu von K1 ci n. 
r ;-' ,T ‘ un f* ü nc-mien. uns vvHi jwr. lieftorgoht, dass 
Tj^-. Bd{*ieri(*run*fuif ^(^hn“ die inkntr * 

— ■ AiJ ' !l1 '- diweiiiehun JminiHtftdt JiervtH*- 

|'o%eudeni »duu hMm’ ^usaminettä^i-l^^ 
uwiseTlxui üe^anstjjud bejwiiilel.u«fen-. Vofsuehe 
ö^pprituyrit^llen BcKljp wmleai jrt <ktn0.' »jer 
der ZeitST'hrift l’fir 

'M ]|id^ji,‘h. mnhn ;dhU'!rndeü S<-bur 

Kmterimi hIk dun ediftu f*‘ ‘ . A . 

iivr^-hwv-iiichou na.lt Idu hehaiiiUmiR mif m!!»en 
iirakd ^i'Dor dk l intriijicH'tottoak; 

„ f: rKvh Stst:li(r(zt.«md. kHinocn MWr- 

l x’iiid U V: fkoteu^, ji>j, terium vtdi, V.yc^ymvni^ 

ivh ü uir’ »7- 0 -%*■ na6 b der ietzf en Vmdmlmüd]-o mc 

^w, 1 dniMrajoiernvlbriomm wie M.iö (*dnti>tdUiiiertt 
-^ lendmi Er^fdini«K*> K lpiu ’s tifttf Sobörnhirifn^u er- 


*n imtifeter Zeit sbid 
■•'öentheht 
^Diuugiu). iiher 7h 

^jd£&öÄj>n r 

liubjjpfc.;. Seh ern j, 

*um ml* tjuer *1. 

l A h tTi ’ si.rn.idc ist. 
r Uir ^‘ben in 
unterer 

Sfewi Nummern 

U • * ^ D.t tik* 


orten, wenn die JnJm;f)Au -in.-L', Te.ur nach der lerrtiMi 7 :•. 
DrJiaiuUun*» tuJfc (^ukikhanteridi) aö^eführt wird. 

~ l>ns- Berhm reu. Alderstdi^ekubeü: welche mit riudrra* 
en^aren voHmhandok sehd^l. \\m* es in kleinen Jhjsntt 

(O.i fiou) 24 -tiimnten vorher subeut.n u mjjdrt wird, avgrty dhv 
mi^fJtnitoriduk hbit^priteun^ min ftii* Control Ith im e shsnlat tr.di- 
liciieti iVAb von Ohniomba. Urkn . . 

Dtig&ivon hat dac Senim i <m TffhmJb Welche geg-uu Xholfus, 
Xjphus, .Bnek. ^.Vp^Höei.«?«. Oipftilierte und Xetnnn§ immiiüisirt 
, ;'f Wigü >ind. cdtcsr m n?liebli<h .gTossejv.r Dosi'.s, uu \\t diese sidiüteonih* 
L'hrihiffteihrioxuu) zu Kq&% L r i%eiu^t<i“ der Cliuleruiia'et.tkm. 

3. ln xummt %n< «mO dtirth das Pepküiiverfalmm uriK dom 
W/£ssni\ sotva« uns tmmftddichen Dajeidioueu vje.thicli ;Vibrionen 
worden,. ^weldn: mit dort iihn!otehatterieh die t'hdlera- 
i'Othi’e;wddoBt?ad d i e Ih^icrpathokßMitht gehildhsdm l^Tinu. 


!'•!) 

1&9l kobmRf 



?? .22 

.21 21 




















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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


immunisirt sind, nicht geschützt gegen die krankmachende Wir¬ 
kung des Vibrio Metschnikowi und verwandter Vibrionenarten, 
andererseits vermögen Meerschweinchen, welche eine starke Im¬ 
munität gegen den Vibrio Metschnikowi erworben haben, der intra¬ 
peritonealen Injection der Choleraerreger nicht zu widerstehen. 

Sehr scharfe specifische Unterschiede treten hervor, wenn man 
mit dem Serum von choleraimmunen Thieren gegen eine andere 
Vibrionenart zu schützen versucht und umgekehrt. 

Auf diese Weise haben sich ganz sicher von der Cholera diffe- 
renziren lassen alle diejenigen Vibrionen, welche durch ihre Patho¬ 
genität für Tauben schon längst verdächtig waren. Es gehört 


hierher der Vibrio Metschnikoff selbst, eine vor einem Jahre aus 
Paris uns zugesandte angebliche Choleracultur, die bekannte von 
Weichselbaum gezüchtete Cultur 1 ), der Vibrio danubicus und 
andere mehr. . 

Nicht zur Cholera gehörig erwiesen sich ferner die von Dun¬ 
bar aus Elbwasser gezüchteten leuchtenden Vibrionen. 

Dagegen verhielten sich nach jeder Richtung wie echte Cholera- 
bacterien beispielsweise die in Nietleben aus der Wasserleitung 
während der bekannten Choleraepidemie gewonnenen Vibrionen, 
ferner Culturen, die aus am 15. October 1893 entnommenen Proben 
des Rohwassers auf Filter C. und D. in Stettin gezüchtet sind. 


X. Feuilleton. 

Ueber das medicinische Leben in Japan. 

Von Prof. M. Ogata in Tokio. 


Einer brieflichen Aufforderung des Herrn Redaeteurs 1 ) dieser 
Wochenschrift entsprechend, gestatte ich mir, im Folgenden einige 
kurze Mittheilungen über das medicinische Leben in Japan zu 
machen, die vielleicht für die Leser derselben in Europa von 
einigem Interesse sind. 

In Japan giebt es drei verschiedene Arten von Aerzten. 
Erstens solche, welche japanische medicinische Wissenschaft stu- 
diren, zweitens Aerzte der chinesischen Schule, und drittens solche 
der europäischen medicinischen Schule. Daneben giebt es auch 
solche, welche mehrere dieser Systeme verbinden. 

Ueber den Anfang der medicinischen Wissenschaft in Japan 
ist nichts Genaues bekannt; schon vor 2500 Jahren soll ein kaiser¬ 
licher Leibarzt angestellt gewesen sein. Jedenfalls wurden im 
Alterthum nur wenige Arzneimittel gebraucht, ausser pflanzlichen 
Stoffen, wie Rhabarber, Ingwer, u. a. auch Alaun, Glaubersalz, 
Schwefel. Auch werden Badecuren häufig erwähnt, was bei dem 
grossen Reichthum des Landes an warmen Quellen sehr natürlich 
ist, ferner Massage, Moxen und Acupunctur (s. unten) angewendet. 

Vor 1500 Jahren wurde die chinesische medicinische Wissen¬ 
schaft eingeführt, die gegenwärtig nur mit der eben erwähnten 
gemischt existirt und ebenfalls Massage, Acupunctur und Moxen 
anwendet. 

Die Nadeln, welche man zur Acupunctur verwendet, werden 
aus drei verschiedenen Metallen angefertigt, die feinsten aus Gold¬ 
draht (so fein wie eine Borste), die mittelfeinen aus Silberdraht, 
die grossen von der Dicke einer Nähnadel aus Stahl. Gold und 
Silbernadeln sind mit einem kleinen cylindrischen Griff versehen 
und haben eine Länge von ungefähr 8 cm. 

Bei der Behandlung (rheumatischer Schmerzen, Kolik, Cardial- 
gie, Neuralgie u. a.) knetet man zuerst die zu behandelnden Theile, 
danach drückt man da, wo man stechen will, mit der Spitze des 
Zeigefinger einige Zeit kräftig, indem man auf den Nagel des Zeige¬ 
fingers die plantare, Seite des Mittelfingers zur Verstärkung des 
Druckes anlegt, um durch den Druck Anästhesie zu erzeugen. 
Hierauf bringt man die Nadel in ein Metall- oder Bambusrohr, 
welches einige Centimeter kürzer als die Nadel ist, hält das Rohr 
resp. die Nadel senkrecht auf die anästhesirte Stelle mit linkem 
Daumen und Zeigefinger und schlägt nun leise mit der Spitze des 
rechten Zeigerfingers, periodisch, mit gewisser Geschwindigkeit auf 
dieselbe. Wenn die Nadel etwas in das Gewebe eingedrungen ist, 
nimmt man die Hülse weg, fasst die Nadel dicht an der Haut 
und drückt drehend von Zeit zu Zeit, so dass die Nadel noch 
einige Centimeter eindringt. Beim Herausnehmen wird sie eben 
so allmählich entfernt. Unmittelbar nach der Herausnahme drückt 
man die gestochene Stelle wieder einige Zeit mit dem Zeigefinger. 
Die Behandlung ist auf diese Weise fast schmerzlos. Man sticht 
z. B. bei Cardialgie in gewissen Entfernungen 5- oder 6 mal in 
die Bauchwand. So verschwinden in vielen Fällen heftige Schmerzen, 
wobei man auch Massage zu Hülfe nehmen kann. Wenn man die 
Nadel ohne diese Maassregeln einsticht, so ist dies natürlich mit 
ziemlichem Schmerz verbunden. Sehr selten kommt es vor, dass 
die Nadel im Gewebe abbricht oder sich eingeklemmt und schwer 
herauszuziehen ist. Man schneidet sie dann dicht an der Haut mit 
der Scheere ab. Danach kann die Nadel lange, ohne Eiterung zu 
erregen, liegen bleiben, oder es bildet sich ein Eiterherd. In neuerer 
Zeit sind in medicinischen Zeitungen mehrere Fälle veröffentlicht, 
m denen nach obiger Behandlung üble Störungen eintraten. Einer 
meiner Schüler hat mit Gold- und Silbernadeln Versuche angestellt, 
indem er zuerst die Spitze der Nadel in eine Vaccinepustel einstiess, 
und dann in die Oberarmhaut eines Kindes Stiche machte Es 
entwickelte sich dort wieder Vaccine, also ist die Uebertragungs- 
gefahr des Infectionskeims vorhanden, wenn man nach Gebrauch 
der Nadel ni cht gründlich reinigt resp. desinficirt. Die Behandlung 

l ) weil. Geh. Sanitätsrath Dr. Guttmann. 


wird vom „Nadelkünstler“ oder von chinesisch studirten Aerzten 
ausgeführt. Die Behandlungsdauer beträgt im Mittel ca. 1 Stunde 
und kostet 20—40 d. 

Die Massage (jap. Amma) wird von blinden, besonders 
ausgebildeten Leuten ausgeführt. Die Behandlung geschieht im 
Hause des Blinden oder des Patienten. Die Kneter gehen abends 
auf die Strasse und bieten sich durch lautes Ausrufen an, oder sie 
blasen eine Bambusrohrpfeife. 

Sowohl Gesunde als kranke Leute lassen sich kneten. Gesunde 
nach starker Muskelanstrengung, weil das Gefühl der Ermüdung 
dadurch erleichtert wird. Von Krankheiten behandelt man u. a. 
rheumatischen Schmerz, Kolik, Neuralgie u. s. w. 

Man gewöhnt sich sehr an die Massage, z. B. lassen sich auf 
der Reise viele Leute jeden Abend kneten. Wer sich aber zum 
ersten mal kneten lässt, dem bleibt einige Tage Ermüdungsgefühl 
zurück, während bei Leuten, die daran gewöhnt sind, gerade das 
Gegentheil stattfindet. 

Die Massage besteht in Kneten, Drücken, Reiben, Klopfen 
und Stossen mit Fingern und Händen. Beim Klopfen und Stossen 
mit Fingern und Händen folgen die Stösse so rasch auf einander, 
dass man es mit der Schwingung einer gespannten Saite vergleichen 
kann. Es schlagen zuerst die vier Fingerspitzen auf, dann die 
vier anderen Finger, dann folgen vier Stösse mit der Hand, mit 
einer Hand werden also zwölf rasch auf einander folgende Einzel- 
stösse, mit beiden Händen also 24 Einzelstösse (die Daumen werden 
nicht verwendet) ausgeführt. Der Amma drückt oft auch auf 
Nervenstamm oder Muskel mit dem Finger oder selbst mit der 
Faust. Eine einmalige Behandlung dauert 2 / 3 —1 Stunde und kostet 
20—30 d. Während der Procedur unterhält man sich sehr ge- 
müthlich mit den Knetern. 

Die chinesische Medicin gelangte über Corea nach Japan. Schon 
vor 1528 Jahren liess der damalige Kaiser, der erkrankt war, einen 
Arzt aus Corea rufen. Vor 1338 Jahren liess man Professoren der 
Medicin, Astronomie u. a. von Corea kommen. Vor 1381 Jahren 
sandte die Regierung Schüler der Medicin nach China. Nach 
ihrer Rückkehr erhielten sie hohe Stellungen am kaiserlichen Hofe. 

Früher studirte man Medicin fast nur in Privatschulen oder 
bei praktischen Aerzten. Wer Arzt werden wollte, den liess man 
zuerst Droguen zerkleinern, Pillen bereiten u. s. w. In den Privat¬ 
schulen hörte man ferner die Erklärung chinesischer und medi- 
cinischer Bücher. Weiterhin sah man bei der Krankenuntersuchung 
dem Lehrer zu, und schliesslich durfte der Student selbst Kranke 
untersuchen. 

« Fast alle Aerzte mit guter Praxis hatten mehrere Schüler m 
ihrem Hause, die berühmtesten Aerzte unterrichteten meist viele 
Schüler in ihrer Privatschule. 

Es gab früher kein allgemein gütiges Approbationsexamen für 
Aerzte, nur in einzelnen Provinzen gab es bestimmte Normen fui 
ein solches. 

Die einzelnen Factoren der Untersuchung bestehen in Erheben 
der Anamnese, Inspection, Fühlen des beiderseitigen Radialpulses, 
Messen der Temperatur, Besichtigung der Zunge, Palpation der 
Brust und des Bauches; Auscultation und Percussion giebt es nicht. 
Berühmte Aerzte stellten oft Diagnose und Prognose sehr richtig, 
obwohl die Kenntniss von Anatomie, Physiologie, Pathologie fast 
gänzlich fehlte und beim Studium kein systematischer Unterricht 
bestand. Die Aerzte geben dem Kranken die Arzneimittel in fein¬ 
geschnittener Form in einzelnen Dosen mit Papier umwickelt. Mau 
macht Abkochungen, und diese trinkt der Patient. Während einer 
Krankheit ungekochtes Wasser zu trinken, war allgemein verboten. 

Die europäische medicinische Wissenschaft gelangte zuerst voi 
350 Jahren von Portugal und Spanien hierher und zwar durch die 

9 Vergl. R. Pfeiffer, Studien zur'Cholera&tiologie. Zeitschrift füi 
Hygiene u. Infectionskr, Bd. XVI, Heft 2, p. 282. 


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29. März. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Jesuiten, Bateren (Padres) genannt. Vor 250 Jahren erlaubte die 
Regierung nur den holländischen Kaufleuten und Aerzten den 
Zutritt zu bestimmten Häfen. Die Aerzte behandelten die Kranken 
mit Hülfe eines japanischen Uebersetzers, der dann allmählich selbst 
Arzt wurde. Man bezeichnet« deshalb bis vor kurzem die euro¬ 
päische Medicin als holländische; sie war besonders berühmt wegen 
ihrer chirurgischen Leistungen. 

Vor 130 Jahren übersetzte R. Maino (Japaner) zuerst hol¬ 
ländische Bücher über Astronomie, Mathematik, Medicin etc. ins 
Japanische, später haben dann seine Schüler Ohzutei, Sugita, 
Udagawa u. a. Medicin studirt und ebenfalls Uebersetzungen ge¬ 
liefert., wodurch für das Studium der Medicin grosse Erleichte¬ 
rungen geschaffen wurden. 

Vor 50 Jahren (nach anderer Angabe vor 70 Jahren) kam 
v. Sieb old nach Nagasaki, und es gingen viele Aerzte dorthin, 
um bei ihm zu lernen. 

Vor 36 Jahren (nach anderer Angabe vor 56 Jahren) rief 
die Regierung den holländischen Militärarzt Dr. Pompfe nach Na¬ 
gasaki und liess denselben Unterricht in der Medicin ertheilen. 
Damals studirten der frühere Generalstabsarzt R. Mazumoto, 
S. Satoh, T. Lasaki u. a. in Nagasaki. Man richtete daselbst 
ein Krankenhaus ein. in welchem viele Kranke behandelt wurden. 

Vor 32 Jahren kam Dr. Bodwin nach Nagasaki. Derselbe 
ertheilte zuerst systematischen Unterricht in der Medicin, indem 
er, mit Physik, Chemie, Anatomie anfangend, Physiologie, Materia 
medica, Klinik, Chirurgie und Augenheikunde lehrte. 

Vor 34 Jahren errichteten Ito, Takenonzi, Hayashin'a 
eine Impfanstalt in Tokio, mit der drei Jahre später eine medici- 
nische Unterrichtsanstalt verbunden wurde. K. Ogata und 
R. Mazumoto waren als Direktoren an derselben thätig. Vor 
25 Jahren wirkten T. Zuboi, K. Schimamura u. a. als Lehrer 
an der Anstalt. Im Jahre des Restaurationskrieges (1868) richtete 
man in Yokohama ein Militärhospital ein. Nachher verlegte man 
dieses Spital nach Tokio und verschmolz es mit der medicinischen 
Schule, der man den Namen Hochschule gab. Der englische Arzt 
Willis lehrte an derselben, dann kam auch Dr. Bodwin nach 
Tokio, nachdem er einige Zeit im Hospital in Osaka thätig ge¬ 
wesen war. 

Vor 21 Jahren wies der damalige Direktor der medicinischen 
Facultät der Universität K. Sagara darauf hin, dass die medi- 
cinische Wissenschaft in Deutschland weiter fortgeschritten sei als 
in anderen Ländern, und dass man daher Lehrer für die medi¬ 
zinische Schule aus diesem Lande berufen solle. So kamen 
l)r. Müller und Dr. Hof mann als Lehrer der Chirurgie und 
inneren Medicin nach Tokio. Von der Zeit an wurde medicinischer 
Unterricht ausschliesslich in deutscher Sprache eingeführt, ebenso 
Naturwissenschaften; an die Vorbereitungsschule wurden Dr. Sie- 
mons und Dr. Wagner berufen. Von jener Zeit an sandte die 
Regierung andererseits viele Schüler nach Europa, besonders nach 
Deutschland. 

Vor 20 Jahren kamen Dr. Funk, Dr. Kocliius, Dr. Hil¬ 
gendorf, Apotheker Nievort, später Professor Döniz als Anatom 
und Dr. Wernich, an Dr. Hofmann’s Stelle, als innerer Kliniker 
und Dr. Schulte als Chirurg nach Tokio. 

Vor 17 Jahren wurde zuerst ein medicinisches Staatsexamen, 
analog dem in Deutschland, vorbereitet. In demselben Jahre kam 
Dr. Baelz als Wornich’s Nachfolger und nach einigen Jahren 
Dr. Tiegel, Dr. Gierke, Dr. Scriba u. a. 

Vor 15 Jahren wurden die früher getrennten Facultäten der 
Medicin, Jurisprudenz, Philosophie, Naturwissenschaften zur Uni¬ 
versität vereinigt. Vor 13 Jahren machten die Studenten, welche 
acht Jahre an der Universität studirt hatten, zuerst das Doctor- 
examen. Von der Zeit an promovireu jährlich 20—40 Aerzte (Iga- 
kuski), und beträgt bis zum vorigem Jahre (1891) die Zahl der 
proinovirten Doctores medicinae 384. An den anderen Facultäten 
promovirten Juristen 308, Techniker 342, Philosophen 75, Natur¬ 
wissenschaftler 75, Landwirthe 190, Forstwirthe 94, Thierärzte 17, 
rharmaceuten (zur medicinischen Facultät gehörig) 40 u. s. w. 

. Von den befähigtsten Doctoren werden von der Regierung 
jährlich einige nach Deutschland geschickt, um sich für specielle 


Fächer weiter auszubilden. Nach ihrer Rückkehr werden die meisten 
derselben als Professoren an der Universität angestellt, so dass 
fast alle Fächer durch japanische Professoren vertreten sind. Nur in 
der Klinik und Chirurgie sind Professoren Baelz und Scriba thätig. 

Vor 13 Jahren wurde in der medicinischen Facultät noch 
eine andere Art des medicinischen Unterrichts eingefflhrt mit drei¬ 
jährigem leichterem Cursus. Die Zahl der jungen Leute, die an 
diesem Unterricht theilgenommen haben, beträgt ca. 1200. Diese 
sowie die Studirenden von Medicinschulen erster Classe (d h. mit 
Krankenhaus und mehr als drei medicinischen Doctoren als Lehrern) 
machen kein besonderes Approbationsexamen. 

Vor 7 Jahren wurden an der medicinischen Facultät einjährige 
Curse in allen Fächern behufs specialistischer Ausbildung für 
approbirte Aerzte eingeführt. Ausserdem werden seit drei Jahren 
jährlich zweimal Curse für praktische Aerzte (Bezirksärzte) ab¬ 
gehalten, in welchen besonders Hygiene, gerichtliche Medicin, 
Psychiatrie und Medicinalgesetzgebung sowohl theoretisch als auch 
praktisch unterrichtet werden, ähnlich den Cursen für Bezirksärzte 
in München. Die Zahl der Aerzte, welche diese Curse absolvirt 
haben, beträgt bis jetzt (1892) ca. 279. 

Ausser der kaiserlichen Universität bestehen sechs medicinische 
Schulen, welche von der Regierung oder von Städten unterhalten 
werden. 

Ferner giebt es sowohl in Städten als auf dem Lande viele 
medicinische Privatschulen und Krankenhäuser. Nach dem Bericht 
des statistischen Bureaus (1889) existiren im ganzen 573 Kranken¬ 
häuser, davon 351 Privatkrankenhäuser, 220 öffentliche, 2 von der 
Regierung unterstützte, abgesehen von den oben genannten medi¬ 
cinischen Schulen, Militärkrankenhäusern und der Universität. 

Die Zahl der Aerzte in Japan betrug (1889) 41305, davon 
hat der vierte Theil mehr oder weniger europäische Medicin studirt, 
die anderen drei Viertel chinesische oder chinesische und euro¬ 
päische Medicin. Was das Verhältniss der Bevölkerung zu clor 
Zahl der Aerzte betrifft, so betrug dasselbe 1000:1,2. Arznei- 
händler inclusive Apotheker gab es 12773. 

Die Bestimmungen für die Approbation als Aerzte sind seit 
13 Jahren streng durchgeführt. Vor 10 Jahren bekamen alle Aerzte, 
welche schon prakticirt hatten, das Zeugniss der Approbation. 
Seither darf niemand den ärztlichen Beruf betreiben, der nicht 
seine Approbation durch das Exämen erlialtou hat. 

Das ärztliche Examen wird jährlich zweimal abgehalten und 
zerfällt in zwei Abschnitte, wie in Deutschland das Tentamen 
physicum und das Schlussexamen. Dasselbe wird von einer Exami- 
nationscommission abgenommen, die aus Professoren oder ausser¬ 
ordentlichen Professoren derUniversität, Privatärzten (meist Doctoren 
der Medicin), Militärärzten, Marineärzten, sowie aus Leibärzten des 
Kaisers besteht. Gegenwärtig wird dieses Examen in Tokio, Naga¬ 
saki und Kioto abgehalten und melden sich dazu jährlich 5000 bis 
6000 Candidaten, aber es besteht davon kaum ein Zehntel. 

Was die Ausübung der ärztlichen Praxis betrifft, so sind in 
Japan Arzt und Apotheker eins, insofern die meisten Aerzte selbst 
die Arzneien bereiten und dem Kranken geben, wie es seit alters 
Sitte. Deshalb haben fast alle Aerzte ihre eigene Hausapotheke. 
Man bezahlt im allgemeinen nicht für die ärztliche Untersuchung, 
sondern nur für die verorduete Arznei, diu durchschnittlich pro 
Tag 20 d. kostet. Man kann im allgemeinen sagen, dass die japa¬ 
nischen Aerzte vom Verkauf der Arzneien leben. Wer also Praxis 
treibt, hat zwei, drei oder mehrere Schüler, welcho dio Arznei be¬ 
reiten, und einige Assistenzärzte. Nur berühmten Aerzten bezahlen 
Leute der mittleren und höheren Stände für die ärztliche Unter¬ 
suchung selbst. Es existirt bis jetzt keine bestimmte Taxe für 
ärztliche Untersuchungen. 

Viele Aerzte, welche grosse Privatpraxis in Tokio ausübeu, haben 
auch eigene Privatkrankenhäuser mit 40—100 Betten; in Tokio 
giebt es deren 6, in Kioto 1, in Osaka 4 u. s. w 

In letzter Zeit ist angestrebt worden, das Apöthekergeschäft 
ganz vom ärztlichen Berufe zu trennen, die meisten Aerzte sind 
aber dagegen. Auch ist dem japanischen Reichstag eine Petition 
um Einführung besonderer Schulen und einer Approbation für 
Aerzte der chinesischen Schule zugegangen. 


XI. Referate 

Paul Grawitz, Atlas der pathologischen Gewebelehre. Fünf 
Lieferungen mit ca. 80 Photogrammen auf 30 Tafeln. Berlin, 
Kich. Schoetz 1893. Ref. Ribbert (Zürich). 

, ~ ie T °nI J . Grawitz vertretenen, dem Atlas zu Grunde liegen- 
n Anschauungen über die Art der Zellenvermehrung in patholo- 
jnseben Geweben, insbesondere bei der Entzündung, sind so be- 
nlk g ™2 rden un( l zudem in dieser Wochenschrift von Weigert 
rg- 1893, No. 29—31), Grawitz selbst (ibid. No. 31) und 


md Kritiken. 

Marchand (ibid. No. 33) so ausführlich erörtert worden, dass cs 
ausreicht, hier kurz daran zu erinnern, dass die Grundsubstaiiz 
der Gewebe sich in die Zellen, durch deren Umwandlung sie ent¬ 
standen sein soll und die in ihr in einem „Schlummerzustand sich 
befinden, zurückverwandeln soll. Der vorliegende Atlas ist be¬ 
stimmt, der Theorie eine sichere Stütze zu verleihen, soweit das 
eben durch bildliche Reproducirung der Präparate und du re i zu¬ 
gehörige Beschreibung möglich ist. Er umfasst 30 Tafe n 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


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zwei oder meist drei Photogrammen, die in technischer Öinsicht 
alles bieten, was von solch einem Verfahren zu erwarten ist, und 
die, zumal in Anbetracht der starken Vergrösserung, die in vielen 
Fällen zur Anwendung kam, vorzüglich genannt werden können. 
Sie geben Abbildungen aus den verschiedensten Gebieten der 
Histologie, den regressiven Processen mehrerer Gewebe, den Wund¬ 
regenerationen, der Impftuberkulose, den verschiedenen Entzün- 
zündungen etc. Die Mannichfaltigkeit der dargestellten Bilder hat 
den Verfasser veranlasst, das Buch einen Atlas der pathologischen 
Gewebelehre zu nennen. Dieser Titel ist indessen zu weit gefasst, 
da doch zahlreiche histologische Objecte gar nicht vertreten sind. 
Der Text umfasst eine Einleitung, einen Schluss, zu vielen Tafeln 
eine allgemeine Uebersicht und zu jedem Photogramm eine genauo 
Beschreibung. Ob der Atlas geeignet ist, Grawitz neue Anhänger 
zuzuführen, darf bezweifelt werden. Er enthält nur Bilder, die in der 
Hauptsache allgemein bekannt und tausendfach untersucht worden 
sind. Nun bietet aber freilich ein noch so oft wiederholtes Stu¬ 
dium keine Garantie, dass nicht doch noch neues in den Objecten 
zu sehen sein sollte, und Graw r itz glaubt eben, solches neue ge¬ 
funden zu haben. Das sind, wenn wir hier nur von der in erster 
Linie behandelton Entzündung reden, vor allen Dingen Kernformen 
(resp. Zellformen), die nach seiner Meinung weder als die von 
Leukocyten, noch von fixen Gewebszellen, noch deren Abkömm¬ 
lingen anzusehen sind. Er findet an ihnen mehrere Eigenthiim- 
lichkeiten. Erstens sind sie sehr klein, oft bacillenähnlich schmal 
und daher leicht zu übersehen, zweitens besitzen sie kein Proto¬ 
plasma, und drittens liegen sie in der Intercellularsubstanz so ein¬ 
gebettet, dass man sie ihr zurechnen muss. Dazu kommt, dass 
um diese Kerne bei dem Erwachen der Zelle sich Protoplasma 
an sammelt, welches man in die Grundsubstanz übergehen sehen 
kann. Nun ist es keine Frage, dass man diese Dinge in 
den Photogrammen so sieht, wie Grawitz sie beschreibt, aber 
man wird seiner Deutung desshalb doch nicht zustimmen 
müssen. Die theoretischen Bedenken, die sich erheben lassen, sind 
von mehreren, u. a. den genannten Seiten hervorgehoben worden, 
aber Graw r itz kann gewiss verlangen, dass man ihn auf Grund 
seiner Abbildungen widerlegt und auseinandersetzt, wie man denn 
seine Befunde deuten will. Da scheint es mir denn, dass erstens 
nicht alle jene kleinen als erwachende Kerne angesprochene Dinge 
wirklich Kerne sind, da ja doch nicht alles das Chromatin ist, 
was mit Kernfärbemitteln deutlich wird; zweitens, dass viele nur 
Theilo grösserer Kerne darstellen, die durch das Messer abge¬ 
trennt wurden, und drittens, dass theilweise wirkliche Kerne vor¬ 
liegen, die aber aussergewöhnlich klein sind. Mit Bezug auf 
letzteren Punkt ist aber zu betonen, dass auch die normalen Binde- 
gewebskerne oft schwer nachzu weisen, klein, vor allem aber lang und 
schmal und, wie ich noch hinzufügen will, oft chromatinarm sind. 
Nun ist es bekannt, dass bei der Entzündung die fixen Gewebs¬ 
zellen anschwellen, und so werden auch die Kerne chromatinreicher 
und leichter erkennbar. Dadurch wird aber eine, freilich nur 
scheinbare Kern- und Zell Vermehrung entzündeter Gewebe schon 
in den ersten Stunden und in vielen Fällen vor Beginn der Emi¬ 
gration bedingt, und darauf lassen sich meiner Ansicht nach die 
von Grawitz abgebildeten Verhältnisse zurückfüllren. Zu dieser 
Ansicht haben mich Untersuchungen geführt, die ich bei experi¬ 
mentell erzeugter Entzündung lediglich zur Nachprüfung der von 
Grawitz gemachten Angaben anstellte. Dabei habe ich aber 
ferner auch nichts gesehen, was geeignet wäre, den Uebergang des 
Protoplasmas schon etwas vergrösserter Zellen in die Substanz der 
Bindegewebsfasern zu beweisen. Ich halte solche Beobachtungen 
für Täuschungen, die bei dem engen Aneinanderliegen beider 
Bestandtheile leicht möglich sind. Die Mikrophotographie ist aber, 
wie in so mancher anderen Richtung, so auch hier durchaus un¬ 
geeignet, klare Bilder der wirklichen Verhältnisse zu geben, da 
sie die oft ohnehin schon schwierige Differenzirung der beiden 
Elemente bei dem verschwommenen Charakter der mit ihrer Hülfe 
wiedergegebenen Bilder nur noch mehr erschwert. Die späteren 
Stadien der Entzündung aber, in denen die Gewebe durch grossen 
Zellreichthum ausgezeichnet sind, anders zu deuten, als man es 
bisher gethan hat, anders nämlich, als durch Vermehrung der 
fixen Elemente und durch Eindringen wanderfähiger Zellen, sehe ich 
auch auf Grund der Photogramme keine Veranlassung. Hier giebt 
auch Grawitz die Möglichkeit einer Betheiligung der beiden Vor¬ 
gänge zu und zwar vielleicht in grösserer Ausdehnung, als es den 
Anschein hatte, insofern er nämlich in den Schlussworten aus¬ 
drücklich betont, dass die Proliferations- und Emigrationstheorie 
seiner Meinung nach bei den ersten Anfangsstadien der Ent¬ 
zündung nicht ausreicht, um die Bilder in befriedigenderWeise zu 
deuten. 


Hermann Munk, Ueber die Fühlsphären der Grosshimrinde. 

Sitzungsberichte der königlich preussischen Akademie der Wissen¬ 
schaften zu Berlin, physikalisch mathematische Klasse 1892, 
Bd. 36, p. 679 und 1893, Bd. 39, p. 759. Ref. P. Grützner 
(Tübingen). 

Der wesentliche Inhalt dieser ungemein umfangreichen Ab¬ 
handlungen dürfte wohl folgender sein. Wie bekannt, haben ein¬ 
seitige Entfernungen der sogenannten motorischen Regionen in dem 
Vorderhim der Hunde Störungen der Motilität und Sensibilität 
auf der entgegengesetzten Körperseite zur Folge, die von den ver¬ 
schiedenen Forschern verschieden gedeutet werden. Diese Störun¬ 
gen sind um so auffälliger und betreffen um so mehr Körpertheile, 
je grösser die Exstirpationen der Hirnsubstanz waren. Doch zeigt 
sich, dass bestimmte Regionen der Hirnrinde bestimmte Körper¬ 
theile derart beherrschen, dass ihre Zerstörung immer und aus¬ 
nahmslos Störungen an den zugehörigen Körpertheilen, wie an dem 
Kopf, dem Hals, den Vorder- oder Hinterbeinen nach sich zieht. 

Nach Munk benimmt sich nun ein beispielsweise linksseitig 
der „Extremitätenregionen“ beraubter Hund im einzelnen, was 
Sensibilität anlangt, folgendermaassen. Wird ein normaler Hund 
oder der operirte an dem linken Fuss unversehens mit einem weichen 
Pinsel bestrichen oder mit einem Stabe leicht berührt, so sieht 
der Hund sofort hin und er hebt zugleich etwas das Bein, wenn 
die Berührung nicht ganz zart war. Drückt man ein wenig den 
Fuss, so zieht ihn der Hund, das Bein kräftiger hebend, fort und 
läuft davon oder führt den Kopf gegen den Fuss, um zu beissen. 
Behandelt man dagegen die rechte Extremität in gleicher Weise, 
immer vorausgesetzt, dass er den Angriff nicht sieht, so sind obige 
leise Berührungen zu allen Zeiten wirkungslos. Um einen Erfolg 
zu sehen, muss man den Fuss drücken, in der ersten Zeit äusserst 
stark, dann immer weniger stark, bis endlich ein massiger Druck 
genügt. Und immer besteht der Erfolg darin, dass unter sehr 
kräftiger Bewegung der Glieder des betroffenen Beines der Fuss 
fortgezogen wird. Der Hund sieht nicht hin, noch führt er den 
Kopf dahin, er setzt sich nur öfters in Gang. Wird, wenn die 
Reaction begonnen hat, der Druck noch fortgesetzt und das Bein 
in seiner Bewegung gehemmt, so kommt es zu ausgedehnteren und 
schliesslich allgemeinen Strampelbewegungen des Hundes, der zu¬ 
gleich winselt, knurrt, um sich beisst. Das Benehmen des Hundes 
macht also den Eindruck, als sei rechterseits die Empfindlichkeit 
der Extremität herabgesetzt. Das trifft aber nicht den Kern der 
Sache, sondern es zeigt sich vielmehr, dass wenn man das rechte 
oder linke Bein schmerzhaft reizt, der Hund in beiden Fällen den 
Schmerz fühlt. Im ersteren Falle weiss er nur nicht, wo es ihn 
schmerzt, weil ihm durch die Exstirpation der linken Extremitäten¬ 
region die mit Localzeichen versehenen Sinnesempfindungen der 
rechten Extremitäten abhanden gekommen sind. Rechterseits sind 
demnach die „Berührungsreflexe“, für deren Zustandekommen 
Orts- und Druckempfindung nothwendig ist, auf die Dauer verloren 
gegangen; geblieben sind nur die „Gemeinreflexe“, wie wir sie 
z. B. bei schwach narkotisirten Thieren oder bei solchen finden, 
die nur das Rückenmark als Reflexapparat besitzen. So entspricht 
jenen beiden Reflexen der Sehreflex einerseits, welcher nur unter Mit¬ 
wirkung der Sehsphäre im Occipitalhirn durch eine Sehwahrnehmung 
zustande kommt und der Retina- oder Optieusreflex andererseits, 
welcher ohne das Grosshirn lediglich unter Vermittelung niederer 
Centralorgane ausgelöst wird. Auch die des Grosshirns beraubten 
Hunde von Goltz, welche sich z.B. eine Fliege, die sich auf ihren 
Kopf gesetzt, durch Schütteln des Kopfes verjagten oder beim Abheben 
einer auf ihnen liegenden Decke erwachten und den Kopf hoben, 
hatten nach Munk keinen Tastsinn; es fehlten ihnen die mit Lo¬ 
calzeichen verbundenen Berührungsempfindungen und Berührungs¬ 
reflexe durchaus, erhalten war bloss die Gemeinempfindlichkeit, so 
weit sie zu Gemeinreflexen führt; und für diese Reflexe war, wie 
gleich zu erwähnen, die Reflexerregbarkeit nach dem Verluste 
beider Hemisphären erhöht. Des weiteren polemisirt Munk gegen 
Goltz über das Wesen jener Reflexbewegungen, die Munk, weil 
sie von den isolirten niederen Centren ausgehen, Isolirungsver- 
änderungen zu nennen vorschlägt. Die sehr geringe Grösse der 
Reflexerregbarkeit unmittelbar nach den Verstümmelungen des 
Grosshirns, so wie ihre allmähliche Zunahme mit der Zeit er¬ 
klärt nämlich Goltz in der Weise, dass die niederen Reflcx- 
centren eine Hemmung erfahren und mit deren allmählichem Ab¬ 
klingen ihre normale Function wiedergewinnen, während Munk 
eine Erhöhung der Reflexerregbarkeit jener niederen Apparate 
annimmt, wenn sie eine längere Zeit isolirt und abgetrennt 
von den höheren und sie beherrschenden Centren des Gehirns 
arbeiten. Im Wesen ganz ähnliche Erscheinungen wie bei den 
Hunden werden, entgegen den früheren Angaben von Ferner, 
Horsley, Schäfer und anderen, von Munk auch an Affen be¬ 
obachtet, denen man die Extremitätenregionen exstirpirt hat. Hier 
wie dort kommen in jenen Regionen die Berührungs- oder Druck- 


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29. März. 

empfindungen und die Berührungs- oder Druekwahrnchniungen der 
zugehörigen Extremitäten zustande, und an sie sind auch die Be- 
rührungsreflexe dieser Extremitäten gebunden, so dass mit dem ! 
völligen Untergänge der Regionen jene Empfindungen und Wahr¬ 
nehmungen wie diese Reflexe für immer verloren sind. Von den 
Extremitätenregionen ist ferner die Schinerzempfindlichkeit der 
zugehörigen Extremitäten abhängig, wahrscheinlich ausschliesslich, 
so lango der Schmerz nicht eine gewisse Grösse überschreitet. 
Sind sie zugrunde gegangen, so sinkt die Schmerzempfindlichkeit | 
bedeutend und erreicht erst allmählich und unvollkommen ihre 
frühere Höhe, indem andere Rindenpartieen als Ersatz der unter- ! 
gegangenen eintreten. In der zweiten oben erwähnten Abhand¬ 
lung behandelt Munk das motorische Verhalten von Affen, I 
denen die Extremitätenregionen einseitig und doppelseitig entfernt 
sind und kommt zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Es wird scharf ! 
unterschieden zwischen sogenannten Principalbewegungen, wie | 


309 

Gehen, Laufen, Aufrichten, Klettern, Springen u. s. w., die von 
niederen Principalcentren beherrscht werden oder allein beherrscht, 
werden können und mit dem Verluste der Rindencentren nicht mit, 
zu Verluste gehen, und Sonderbewegungen, die ein entgegen¬ 
gesetztes Verhalten zeigen. Nichts desto weniger haben die Ex¬ 
tremitätenregionen doch auf alle Bewegungen der gegenseitigen 
Extremitäten mit Ausnahme der Gemeinreflexe oder Rückonmark- 
reflexe Einfluss und sind für sie von Bedeutung. Ein z. B. links¬ 
seitig operirter Affe macht daher mit den rechten Extremitäten, 
welche unmittelbar nach der Operation nahezu bewegungslos sind, 
eine Menge Gemeinschaftsbewogungen, welche zusammen in Ver¬ 
bindung oder in der Reihe mit Bewegungen anderer Körpertheile 
erfolgen und zwar mit der Zeit immer besser und geschickter; die 
ungemein vielfachen, oft sehr geschickten und zierlichen Sonder¬ 
bewegungen der rechten Extremitäten sind aber ein für alle Malo 
verloren. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


XII. Journalrevue. 


Innere Medicin. 

G. See, Oes möprises entre les maladies de l’estomac 
et celles de l’intestin. Bulletin de l’Acadömie de mödicine. 
Dec. 1893. 

In dem vorliegenden Artikel nimmt S6e Gelegenheit, einen 
Syniptomencomplex ins rechte Licht zu setzen, der zu argen Irr- 
thümem häufig genug Veranlassung giebt. Wir halten eine solche 
Aufklärung für sehr verdienstlich; und die Ausführungen von so 
berufener Seite sind interessant und werthvoll genug, um ein¬ 
gehender gewürdigt zu werden, wenn wir auch nicht ganz die 
Ansicht des Autors theilen. Es handelt sich hier um jene 
grosse Gruppe von Kranken — fast ausschliesslich Frauen —, 
welche mit gastrischen Beschwerden zu uns kommen und bei 
denen man dann einen Tiefstand des Magens findet, der dem 
Unkundigen als Ectasie imponirt, eine falsche Auffassung der 
Sachlage, die eine verkehrte Behandlungsmethode zur Folge hat. 
Uutersucht man den Magen dieser Patienten gewissenhaft mit den 
modernen Hülfsmitteln, so vermag man meist keine functionelle 
Anomalie festzustellen; dagegen ergiebt eine gewissenhafte Prüfung 
des Stuhlgangs, der immer verhalten ist, dass mucinös- 
membranöse Beimengungen vorhanden sind: Enterite mucino- 
meinbraneuse, die S6e als keinen entzündlichen Process, der mit 
Fibrinausschwitzung einhorgeht, sondern als einen hypersecre- 
torischen Zustand der Schleimhaut auffasst, wie dies auch ge¬ 
meinhin in Deutschland geschieht. Der Dünndarm ist gesund, die 
Symptome von Seiten des Dickdarms. der allein erkrankt ist, sind, 
abgesehen von der Ausscheidung der erwähnten Massen, schmerz¬ 
hafte Sensationen im Verlaufe des Colon, namentlich auch 
<le>’ Quercolon, abnorme Bildung und Ansammlung von Gasen, 
bisweilen Erweiterung des Organs. In einer beträchtlichen Zahl 
von Fällen sind Hämorrhoiden, Hernien, Genitalaffectionen vor¬ 
handen. Soweit nun Symptome in die Magengegend verlegt wer¬ 
den, sind sie secundär, zunächst rein nervöser Natur, doch kann 
in einem gewissen Stadium die Magenfunction Abweichungen von 
der Norm zeigen. Einmal entsteht so nachträglich nicht, selten 
'' lne Supcrsecretion, andere Male werden auch, indem zu wenig 
Salzsäure abgesondert wird, fermentative Processe begünstigt: 
allein die symptomatische Behandlung dieser secundären Erschei¬ 
nungen schafft höchstens vorübergehend Erleichterung. Die Wurzel 
des Lehels ist nach Sfie der Dickdann, und die wahren Hülfs- 
mittel sind folgende: 1) Man hat durch mechanisch wirkende Stoffe, 
| 3. Olivenöl, den Darm zu reinigen, Purgantien sind verpönt. 

Die Beruhigung der Schmerzen erfolgt durch Brompräpa¬ 
rate event. Cannabis indica (kein Opium). 3) Zur Beseitigung 
. r Gase und Desinfection des Darms ist in erster Reihe 
‘‘ine Combination von Natriumphosphat (3—4 g pro die) mit Natrium- 
•'alieylat (0,4 pro dosi) empfelilenswerth; auch das Natrium biboraci- 

• tim leistet gute Dienste, während das Benzonaphtol nicht indicirt 
v , Fleisch, Milch, Eier, Kartoffeln, Reis sind die wichtigsten 

• •ihrungsmittel, der Genuss von Compots und Früchten gewährt 

^ es °öderen Vortheile, Wasser und Thee sind die geeignetsten 
Roth- und Weisswein sind zu untersagen, concentrirtero 
1 °'U ) ‘ 1 sche Gemische sind gelegentlich zu gestatten. 

. zweifellos richtig, dass bei Enteritis membranacea häufig 
rische Beschwerden mannigfacher Art vorhanden sind, die leicht 
«i annt werden, ganz besonders wenn nervöse Subacidität oder 

• tperacidität die Annahme einer selbstständigen Magenaffection 
oft tvf i ^ UD< * ( ^ ass * n diesen Fällen das Vorgehen, wie es See räth, 
P - <rtol E haben wird, ist von vornherein plausibel. Ref. hat selbst 
Krant* genommen, in seiner „Pathologie und Therapie der 
Stell ^ eite ? ( ! es IW, Wien und Leipzig 1893“ an verschiedenen 
nincrpn i n ie Abhängigkeit gastrischer Erscheinungen von Stö- 

° der Darmfunction nachdrücklichst hinzirweisen und ist des¬ 


halb gern geneigt, die interessanten Ausführungen des Verfassers 
über die hier möglichen Verwechselungen gebührend zu würdigen. 
Nur möchte er nicht so weit gehen, der Enteritis membranacea 
eine so selbstständige Stellung in der Pathologie einzuräumen, wie 
es Söe zu thun scheint. Es muss doch hervorgeboben werden, 

I dass die in Rede stehende Störung der Darmfunction, auch w r o sie, 
durch Lagoveränderung und anderweitige Anoinalieen der Bauch¬ 
organe unterstützt und hervorgerufen wird, sich im wesentlichen 
als eine nervöse Affection darstellt; gemeinhin ist sie Theil- 
erscheinung einer Neurasthenia gastro-intestinalis mit, 
mannigfachen Magendarmsymptomen, und da kann der Zustand dos 
Darms, der die Ausscheidung der membranösen Massen zuwege 
bringt, doch nicht als Grundkrankheit gelten. Hier wird man 
auch oft von einem Vorgehen mit besonderer Berücksichtigung 
der Hydrotherapie, der Elektricität und anderer Heilpotenzen 
ganz ausserordentlich günstige Resultate sehen. 

Rosenheim (Berlin). 

Chirurgie. 

! R. Sievers, Ueber Incision und Drainage bei Pyuperi- 
j cardium. Zeitschr. f. klin. Med. 1893, XXI I I , p. 25—49. 

I Sievers konnte aus der Litteratur elf Fälle von eitriger 
Pericarditis zusammenstellen, die operativ behandelt wurden, und 
fügt noch einen eigenen Fall hinzu. Von diesen zwölf Fällen 
kamen fünf zur Genesung; in der Mehrzahl, die meist durch 
j pyämische Affectionen complicirt waren, wurde wenigstens eine 
i Besserung und eine Verlängerung des Lebons erzielt. In der Regel 
| genügt eine Incision im vierten oder fünften Rippeninterstitium 
I einige Centimeter links vom Sternum mit folgender Drainage. Aus- 
i Spülungen der Pericardialhöhle werden besser unterlassen. Gleich- 
I zeitige Rippenrescction kam nur zw r eimal zur Ausführung. Eine 
störende Einwirkung auf die Arbeit des Herzens übt die Eröffnung 
1 der Pericardialhöhle nicht aus. E. Sehrwald (Freiburg). 

L. Curtis, Remarkablo sequenoe of Operation for ne- 
crosis at base of skull: a now method of resecting the 
third branch of the fifth nerve. Journal of the Amor. Med. 
j Associat. 1893, 14. Jan. 

Ein 25jähriges Mädchen, welches von Jugend an auf dem linken 
i Auge vollständig blind war, erkrankte unter Erscheinungen, die 
I auf Eiteransammlung im Antrum Highinori dextrum deuteten. Bei 
der vom Munde aus vorgeuommenen Operation fand sich die Höh¬ 
lung mit Eiter, Schleimcysten und Granulationsgewebe ausgefüllt. 
: die hintere Wand fehlte vollständig, der Knochen w ar zum grössten 
! Theil nekrotisch. Beim weiteren Vorgehen zeigte es sieh, dass 
I das Os sphenoidale, das Os temporale und der Arcus zygomatieus 
I in ziemlicher Ausdehnung gleichfalls erkrankt waren und dass hier- 
i durch ein ähnlicher Eiter und Granulationsgewehe enthaltender 
1 Heerd gebildet war. Die in ausgiebigster Weise vollführte Opera- 
l tion erzielte nicht nur Heilung des Krankheitsprocesses, sondern 
j bewirkte auch eine allmähliche Wiederherstellung des Sehver- 
I mögens des linken Auges. Curtis nimmt daher an, dass die Er- 
I krankung bereits in früher Kindheit begonnen hat, dass es sieh 
I vielleicht um einen angeborenen Tumor in der Gegend des Tractus 
opticus dext. handelte, welcher durch die Fissura spheno - nmxil- 
laris hindurch wucherte und durch seinen Druck die umliegenden 
Gewebe zerstörte. Bei der Operation wmrde der dritte Ast des 
, Trigeminus deutlich sichtbar, so dass er, weun nöthig, hätte durch¬ 
schnitten werden können. Der Verfasser macht daher darauf anl- 
i merksam, dass die Möglichkeit gegeben ist, die Resection dieses 
i Nervenastes auch vom Munde aus vorzunehmen. Die Operation 
; bietet keine grösseren Schwierigkeiten als die jetzt üblichen Me- 
1 thoden, und es wird dadurch die sonst nicht zu umgehende Ent¬ 
stellung des Gesichte vermieden. Reunert (Hamburg). 


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BIO 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 5. März 1894 

Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Litten. 
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Discussion über den Vortrag des Herrn Kossel: üeber 
Lymphzellen. 


Herr G. Kl e mp er er: Ich möchte den Herrn Vortragenden bitten, 
seinen interessanten Darlegungen in zwei Richtungen einiges hinzuzufügen. 
Meine erste Frage betrifft das Verhältnis zwischen den Lymphzellen 
und der Harnsäure, das er in seinem Vortrage nur andeutungsweise 
streifte. Herr Kossel legte dar, dsss in den Lymphzellen phosphor- 
haltige Eiweisskörper vorhanden sind, die als Nucleine bezeichnet werden, 
weil sie im Kern enthalten sind, und welche die Eigenschaft haben, sich 
unter verschiedenen Einwirkungen in phosphorfreic Eiweisskörper und 
Nucleinsäuren zu zerlegen. Wenn die Nucleinsäure sich noch, weiter 
zersetzt, so entstehen neben Phosphorsäure die sogenannten Xanthinbasen. 
Diese haben in ihrem chemischen Bau die grösste Aehnlichkeit mit der 
Harnsäure, so dass die Möglichkeit naheliegt, dass auch diese ein Ab¬ 
kömmling der Zellkemstoflfe ist. Herr Kossel berichtete, dass diese Idee 
von Stadthagen und später von Horbaczewski weiter verfolgt worden 
sei. Es wäre nun sehr dankenswerth, wenn Herr Kossel sich nicht auf 
diese aphoristischen Bemerkungen beschränkte. Denn das praktisch 
ärztliche Interesse inbetreff des Zusammenhangs der Kernsubstanzen mit 
biologischen Vorgängen richtet sich wesentlich auf diesen Punkt, ob die 
Harnsäure zu dem Nuclein in bestimmter Beziehung steht. An dieser 
Frage hängt gewissermaassen das Wohl und Wehe der zahlreichen Kranken, 
die an Harnsäurediathase, Gicht u. s. w. leiden; je tiefer unser Einblick 
in die Entstehung der Harnsäure, desto eher wird ihnen zu helfen sein. 
Früher schien der Zusammenhang zwischen der Harnsäure und der 
Eiweisszersetzung ein ausserordentlich gut gekannter. Man war allgemein 
der Meinung, die Harnsäure gehöre zu den Zersetzungsproducten des 
Eiweisses, so zwar, dass sie eine Stufe der Oxydation unmittelbar über 
dem Endproduet Harnstoff darstelle; konnte man doch durch direkte 
chemische Einwirkung aus der Harnsäure — mittels Salpetersäure auf 
dem Umwege über Alloxan — Harnstoff und Kohlensäure darstellen. 
Jeder erinnert sich wohl der berühmten Versuche von Wöhler und 
Frerichs, nach denen harnsaure Salze in die Blutbahn von Säuge- 
thieren eingeführt, in Harnstoff übergehen. Hielten wir also die Harn¬ 
säure für eine Vorstufe des Harnstoffs, so mussten wir auch die An¬ 
sammlung dieser Substanz als ein Zeichen darniederliegender Oxydation 
ansehen, und so galt uns die Gicht als eine der Krankheiten des gestörten 
Stoffwechsels, welche „par raleutissement de la nutrition“, um mit 
Bouchard zu sprechen, verursacht werden. Garrod [nahm bekanntlich 
an, dass die angestaute Harnsäure in den Geweben auskrystallisire, Eb¬ 
stein brachte den Beweis, dass entzündliche und nekrobiotische Processe 
in den Geweben der Hamsäureablagerung vorausgehen, aber die primäre 
Gewebsnekrose lässt er durch die Harnsäureübersättigung der Säfte zu¬ 
stande kommen. In diese Theorieen nun, welche die Gicht zur allge¬ 
meinen Stoffwechselstörung stempeln und welche für die Therapie der 
Gicht sich fruchtbar und nützlich erwiesen haben, ist in letzter Zeit ein 
ganz merkwürdiges Schwanken gekommen, wesentlich durch die 
Arbeiten, welche Herr Kossel so kurz erwähnt hat. Wenn 
wirklich die Harnsäure ein Nucleinabkömmling ist, wenn sie also vom 
allgemeinen Stoffwechsel gänzlich losgelöst, Bildungsbedingungen unter¬ 
liegt, die uns noch völlig unbekannt sind, so schweben alle unsere 
Anschauungen von der Entstehung der Gicht völlig in der Luft und 
auch unser therapeutisches Vorgehen entbehrt der wissenschaftlichen 
Begründung. In der That hat ein neuerer Bearbeiter dieses Kapitels 
— v. Noorden in seiner Pathologie des Stoffwechsels — von der herr¬ 
schenden Theorie sich völlig losgesagt. Er folgt zwar Ebstein, indem 
er den primären Charackter der gichtischen Gewebsnekrose anerkennt — 
die Ursache der Nekrosen aber erklärt er für unbekannt. Dem Process 
selbst sei „ein chemischer Stempel aufgeprägt, welcher die örtliche Ent¬ 
stehung von Harnsäure aus dem Eiweiss der erkrankten Gewebszellen er¬ 
möglicht“. Ich weiss nicht, ob diese Hypothese, welche die Entstehung 
der Gicht vollkommen von allgemeinen Stoffwechselstörungen loslöst, sich 
grossen Anklanges erfreuen wird. Jedenfalls zeigt sie, dass die Meinung 
von den besonderen Bildungsgesetzen der Harnsäure, auf die Herr Kossel 
hinwies, auch in die Pathologie Einzug gehalten. Um so wünschens- 
werther, meine ich, wäre es, wenn Herr Kossel den jetzigen Stand der 
physiologischen Frage genauer auseinandersetzte. Denn es darf wohl be¬ 
tont werden, dass der sichere Beweis für die Entstehung der Harnsäure 
aus Nuclein noch nicht erbracht ist. Horbaczewski hat zwar ange¬ 
geben, dass faulender Milzsaft aus Nuclein Harnstoff büde und dass Nuclein, 
Kaninchen und Menschen dargereicht, die Hamsäureausseheidung vennehre. 
Aber diese Angaben sind theils unbestätigt, theils durch Stadthagen 
direkt widerlegt, und Herr Kossel selbst hat uns vor einiger Zeit in 
der physiologischen Gesellschaft (14. October 1892) auf wesentliche Lücken 
in Horbaczewski’s Versuchsanordnung hingewiesen. Es wäre für uns 
gewiss von grösstem Interesse zu erfahren, ob jetzt die besprochene 
Harnsäurethcorio auf festerem Boden steht als bisher, oder ob wir vorläufig 
noch an unseren alten durch Frerichs sanctionirten Anschauungen und 
ihren therapeutischen Consequenzen festhalten dürfen. 

Eine zweite Frage möchte ich an die sehr bemerkenswerthe Thatsache 
anknüpfen, die der Herr Vortragende uns berichtet hat, dass die Nucleinsäure 
Bacterien abzutödten vermag. Diese Entdeckung ist ohne Zweifel von ausser¬ 
ordentlicher Tragweite für die Erforschung der Ursachen der Immunität und 


XIII. Vereine und Congresse. 

Heilung; denn hier ist zum erstenmal die bactericideWirksamkeit eines in den 
Körperzellen enthaltenen Stoffes erwiesen. Anläufe zu ähnlichen Fest¬ 
stellungen sind ja schon von anderen früher gemacht worden, aber in den 
Kossel’schen Versuchen ist doch zum erstenmal ein woklckaraktensirter 
chemischer Körper angewandt worden. So hoch ich also diese Beobachtungen 
stelle und so grosse Anregungen für die weitere Forschung ich davon er¬ 
warte, so sehr war ich verwundert, dass Herr Kossel sie gerade zu der 
Me'tschnikoff’schen Pliagocytentheorie in Beziehungen brachte Ich 
möchte glauben, dass der Entdecker seine schöne Thatsache damit un- 
nöthig theoretisch engagirt. Herr Kossel sagt zwar, die Leukocyten 
enthielten ihre NucleYnsäure doch wohl nicht zum Schmuck; aber einer¬ 
seits hat er ja selbst berichtet, dass die Leukocyten gewöhnlich gar keine 
freie NucleYnsäure enthielten, sondern nur unter besonderen Bedingungen, 
deren Vorhandensein in Infectionskrankheiten bisher nicht festgestcllt ist. 
Und andererseits möchte ich ihn fragen, ob nicht Nucleinsäure auch m 
anderen Körperzellen — ausser den Leukocyten oder im Blutserum 
enthalten ist. Denn in vielen Fällen wirkt doch das Blutserum bedeu¬ 
tend energischer bactericid als die Leukocyten. Und schliesslich möchte 
ich darauf hinweisen, dass diese Forschungon doch erst im Anfang sind, 
und dass wir vielleicht neben der NucleYnsäure noch eine ganze Reihe 
anderer Stoffe in Zellen und Säften kennen lernen werden, die auch bac¬ 
tericid wirken können. Ich möchte also don Hei-rn Vortagenden fragen, 
ob er besondere Gründe hatte, seine Beobachtungen gerade zur Stütze 
der Metschnikoff’schen Theorie zu verworthen? . , 

Herr A. Kossel (Schlusswort): Es ist hauptsächlich em Grund, der 
mich veranlasst, eine Entstehung der Harnsäure aus den NucleYnstoffen 
anzunehmen, das ist die Aehnlichkeit in der chemischen Constitution der 
Harnsäure und der aus den NucleYnstoffen hervorgehenden .Spaltungs- 
producte. Wenn man die Entstehung eines Stoffwechselproductes am 
Thierkörper erforschen will, so muss man sich zunächst danach umsehen, 
ob in den Geweben Substanzen aufzufinden sind, welche in ihrer chemischen 
Constitution diesem Product nahestehen. Auf diese Weise gelangt man 
eher zu sicheren Schlüssen, als bei Versuchen an überlebenden Organen, 
bei denen man Bedingungen hervorruft, die sich von den natürlichen 
wesentlich unterscheiden, und bei denen man auch zu Trugschlüssen 
kommen kann, wenn das Zugrundegehen der einen Substanz zufällig mit 
der Entstehimg der anderen coincidirt. 

Die Spaltungsproducte der NucleYne haben, ich möchte sagen, den¬ 
selben Grundriss in ihrem Molecül, wie ihn die Harnsäure besitzt. Die 
Harnsäure zerfällt bei der Oxydation in zwei Bestandtheile, welche durch 
folgende Constitutionsformeln erläutert werden: 

/NH-CO 

/ ' NH«r. 

CO< CO "CO 


I 


NHj/ 


\ NH-CO . . 

Der eine dieser Bestandtheile hat den Namen Alloxan, der zweite ist der 
Harnstoff. Dieselben Zersetzungsproducte entstehen auch aus dem Xanthin. 
Neben dem Xanthin sind unter den Zersetzungsproducten der Nuclein- 
körper noch andere Stoffe vorhanden, das Guanin, das Hypoxanthin und 
das Adenin. Alle diese Stoffe enthalten die beiden genannten Atom- 
complexe. Ausser diesen aber kennen wir keine Stoffe im thierischen 
Organismus, welche in ihrer Constitution der Harnsäure so nahe stehen. 
Also muss sich der Gedanke aufdrängen, dass die Harnsäure in einer 
genetischen Beziehung zu diesen Stoffen steht. Ob nun bei der Zersetzung 
der NucleYnsäure im thierischen Organismus zunächst diese Basen entstehen 
und weiter aus Oxydation dieser Basen die Harnsäure gebildet wird, oder 
ob — wie Herr Stadthagen dies in seiner Arbeit über die Entstehung dei 
Harnsäure eingehender erörtert hat — ein Nucleinstoff von vornherein 
vorhanden ist, der unter gewissen Bedingungen die Harnsäure bilden Kann, 
unter anderen Verhältnissen die NucleYnbasen, das will ich nicht entscheiden. 

Die Ansicht, dass aller Harnstoff, der den Körper verlässt, aus Ha™- 
säure hervorgeht, dass also die Harnsäure eine Vorstufe des Harnstone 
ist, lässt sich heute wohl kaum noch vertheidigen. Die Untersuchungen 
von Drechsel haben gezeigt, dass bei der künstlichen Zersetzung der 
Eiweissstoffe ein Körper entsteht, der durch weitere Spaltung m Harn¬ 
stoff übergehen kann. Wir sehen also die Möglichkeit der Entstehung 
von Harnstoff im thierischen Organismus, ohne dass er durch die Harn* 
säure als A r orstufe hindurchgeht. Fernerhin lässt sich auch die MögnchKei 
der Entstehung des Harnstoffes aus Kohlensäure und Ammoniak für ge¬ 
wisse Fälle nicht von der Hand weisen, auch in diesem Falle würde oei 
Harnstoff nicht die Vorstufe der Harnsäure passirt haben. Wenn ma 
also die Bildung der Harnsäure mit einer Oxydationshemmung in Be¬ 
ziehung bringt, so ist dies wohl eher in der Weise aufzufassen, dass b 
abnorm grossem und anhaltendem Sauerstoffmangel, solche Stoffe in reic i- 
lichenMengen zugrunde gehen, welche bei ihrer Zersetzung Harnsäure lieter. 

Herr Klemperer fragte mich dann, ob ich glaube, dass durch dies 
Untersuchungen die Pliagocytentheorie von Metschnikoff gestützt wur 
und weshalb ich glaube, dass diese Thatsachen besonders gut mit diese 
Theorie vereinbar sind. Ich habe in meinem Vorträge hierüber folgen e 
gesagt: „Diese Betrachtungen sind der Lehre Metschnikoff s von 
Phagocytose leicht anzupassen.“ Ich glaube, diese Worte involviren nie 
etwa den Sinn, dass die Lehre von der bactericiden Wirkung der Muciei 
säure mit der Lehre von der Phagocytose steht und fällt. Was mic 
veranlasst hat, die Phagocytose zu erwähnen, war besonders das eine, aaSw 
wir uns die Wirkung der NucleYnsäure viol leichter in der Zelle vorsteilen 
können als ausserhalb derselben. Die Wirkung der Nuclofnsäure atii ( 1 
Mikroorganismen findet — soweit unsere Versuche bisher erkennen lass i 
— am besten dann statt, wenn diese Säure im freien Zustande vorhan en 
ist. In den alkalischen reagirenden Säften liegen also die Bedingungen 


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29. März. 

für diesen baetericideu Proccss weniger günstig. Wenn wir nun in der 
Zelle selbst ein Zugrundegeheu von Bacterien annebraen, so gelangen wir 
zu Vorstellungen, welche der Metschnikoffachen Theorie mindestens 
sehr naho stehen. ’ " 

2 . Herr Fürbringer: Ueber die Gewebssafttherapie in 
ihrer modernen Ausbildnng. (Der Vortrag wird in dieser 
Wochenschrift veröffentlicht werden.) 

Der Vorsitzende schlägt vor, die Discussion auf die nächste 
Sitzung zu vertagen. 

Herr Leyden: Ich halte diese Vertagung auch für zweck¬ 
mässig, insofern es uns wünschenswerth ist, uns auf die Discussion 
vorzubereiten. Auf meiner Klinik sind eine ganze Reihe von Ver¬ 
suchen und Untersuchungen über die „Gewebssafttherapie“ gemacht 
worden, welche wir Ihnen im Anschluss an den eben gehörten 
interessanten Vortrag vorlegen wollen. Herr Goldscheider, 
welcher die meisten dieser Untersuchungen angestellt hat, hat es 
übernommen, darüber zu berichten, ist aber bis heute noch nicht 
mit der Zusammenstellung fertig geworden. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ich 


311 

a "! dio l JHuk| eassaftbebaudlung bei Diabetes möchte 

damit »LÄ da f ich K,aube ’ dio «»fm Versucht* 

damit angestellt zu habeu, aber leider ohne Erfolg. Ich habe 

über diese -Versuche eine kurze Mittheiluug gemacht in oinom 
Vorträge über Diabetes mellitus,!) welchen ich im vorigen Jahr auf 
dem Balneologencongress gehalten habe. Im Anschluss habe ich die 
analogen Versuche englischer Aerzte die mir die wichtigsten schienen, 
citirt. Später nahm ich meine Versuche wieder auf, habe Pan¬ 
kreasdrüse und Pankreassaft essen lassen, den Saft subcutan injicirt, 
und auch als Clysma gegeben, ohne erkennbare Einwirkung auf 
die Diabetes. Ganz neuerdings habe ich eine Mittheilung gelesen 
welche für sich in Anspruch nimmt, positive Erfolge erzielt zu 
habeu. Battistini berichtet in den Therap. Monatsheften 1893 
No. 10 über zwei schwere Fälle von Diabetes mellitus, welche auf 
der Klinik von Bozzolo behandelt wurden: trotz absoluter Fleisch- 
wa 1 r . d , ei ‘ Mucker im Harn niemals verschwunden. In beiden 
hällen leistete die subcutane Pankressinjection gute Dienste, indem 
die Zuckerausseheidung abnahm. 


Verausgabt wurden für das gesammte Armenwesen in Berlin für das 
Rechnungsjahr 1 . April 1892/98: 


XIV. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Die städtische Armenpflege in Berlin. 


Titel 


Armenwesen (ausgeschl. städti¬ 
sche Anstalten). 

Waisen Verwaltung. 

Arbeitshaus in Rummelsburg 

Städtisches Obdach. 

Friedrich Wilhelms-Hospital und 

Siechenanstalten. 

Städtisches Krankenhaus im Frie¬ 
drichshain . 

Städtisches Krankenhaus in Moa¬ 
bit . 

Städtisches Krankenhaus am 

Urban. 

Städtische Irren- und ldioten- 
Anstalt zu Dalldorf .... 


Summa 


Ausgabe 


n 


Davon sind 
durch 
Einnahme 
gedeckt 

M. |Pfj 


6 538 374,82 
1 028 287 86 
585 72621 
182 855j 66 

439 272 46 

629 895145 


602 594 
547 353 


2 149 123 


92l 


12 703 484 57 


547 085 (32] 
210 303 ,60 


199 380 
26 048 

55 234 

252 907 

163 170 

217 784 

252 889 |46| 


Mithin 

Kommunal- 

Zuschuss 


M. 


5 991 289 


817 984 26 


Pf 


50 


Handarbeiter . 2 934 Personen = 13,01 „ 

ohne Angabe des Standes 90 „ = 0.40 „ 

unverehelichte Frauenspersonen 2 543 ” =1128” 

Ehefrauen. 169 „ = 075 ” 

eheverlassene Frauen .... 621 ” = 2 76 ” 

geschiedene Frauen .... 349 ” = 155 ” 

Wittwen. 13 383 ” = 59’,35 ” 

Hinsichtlich der allgemeinen Ursachen der Unterstützungsbedürftig¬ 
keit ergeben die Almosenlisten, dass von den 22 546 Almosenempfängern: 

12 006 oder 53,25 % wegen hohen Alters (Uber 65 Jahre) 


386 346 
156 806 


19 i 
70 ! 


6 396 
4144 


384 038 1 37 I untertützt wurden. 

1 

376 987 82 j 


28.37 „ „ andauernder Krankheit oder’ Siech¬ 

thums, 

18.38 „ ., nicht zureichenden Erwerbes oder 

nicht genügender bezw. mangelnder 
Erwerbsfähigkeit 


439 424; 
329 569 


1 896 234| 


|46 


1 924 803 7410 778 680 83 


waren am 


I* Offene Armenpflege. 

3 | Mto ,t geS Ä he ., offe . ue Annonpflege in Berlin ... 

• *iarz ioy .1 — 243 Bezirks-Armencommissionen in Thätigkeit. 
Denselben gehörten: 

235 unbesoldete Vorsteher (8 je 2 Commissionen verwaltend). 
23b Vorsteherstellvertreter, 

117 Stadtverordnete und 

- 2015 Mitglieder einschliesslich der Bezirksvorsteher, 
zusammen 2 603 Personen, an. 

und zahlen die Unterstützungen selbst aus 

Vorstehp»*« ,ZU ^ sem Zweck aus der Stadthauptkasse zu Händen des 
DuSal 116 ! Vorschuss in Höhe des einmonatlichen Bedarfs. Recli- 
^Ianfpnf Un f ^. rst,attuil S’ der Ausgaben erfolgen monatlich. 
Almosenempfänger StötZt WUrden durch schnittlich monatlich: 

Pflegekinder ‘ ‘ ‘ [. 2 g 399 

Cr schnittbV*? f« er Unterstützung betrug monatlich durch- 
Flir ein Pflegekind ^ Almosenem P^ger.12,81 M. 

*lenen N 22 \u? r Af JmOSenlist ^ standen von den am 81. März 1893 vorhan- 
Ä04b Almosenempfänger in einem Alter: 


unter 20 Jahren 
von 20-40 Jahren 
über 40-50 Jahr 
» 50-60 „ 

» 60-70 „ 

» 70—80 „ 

» 80—90 _ 
90-100 


80 Personen = 0,35 0/0 
1113 „ = 4,94 „ 

1686 „ = 7,48 „ 

3 687 „ = 16,35 „ 

9 052 „ == 30,15 „ 

6 024 „ = 26,72 „ 

864 „ = 3.83 „ 

40 „ = 0,10 „ 


V . ‘ —~ n • . . 

v "u denen l, ud Beruf sondern sich die 22 546 Almosenempfänger, 
folgende Klassen. männ lchen und 17 065 weiblichen Geschlechts waren, in 


Könctf U “ d Lehrer 

KOnstlrT, Gelehrte, Literaten 

treibende Personen 
»'»•erbetreibende Personen 


34 Personen = 
63 „ — 

288 , - 

2 072 „ = 


0,15<>/o 
0,28 
1,28% 
9.19 „ 


Armenkrankenpflege. 

Für die offene Armenkrankenpflege waren in dem Berichtsjahre 70 
besoldete Armenärzte thätig. 

Unentgeltlich wirkten noch: zwei Aerzte des Königlichen Universi¬ 
tätsklinikums auf Grund eines mit diesem Institute getroffenen Abkom¬ 
mens in den Medicinalbezirken No. 3 und 52, die Königliche Universitäts- 
Poliklinik für orthopädische Chirurgie „Am Circus No. 9 , NW.“, je sieben 
Aerzte für Frauenkrankheiten, Augenkrankheiten und Ausübung der chi¬ 
rurgischen Praxis, zwei für Hautkrankheiten, drei für Ohrenkrankheiten, 
vier für Hals- und Nasenkrankheiten, zwei für Erkrankung der Harn- 
wege, neun für unentgeltliche Geburtshülfe und ein Arzt für Nervenkrank¬ 
heiten. 

Zur Ausübung der niederen chirurgischen Geschäfte, wie Aderlass, 
Schröpfen u. s. w., sind die Armenärzte berechtigt, sich der für jeden 
einzelnen Medicinalbezirk zugewiesenen Heilgehülfen und Hebeammen zu 
bedienen. 

Den Specialärzten werden die armen Kranken grösstentheils durch 
die Armenärzte zugewiesen. 

Den armenärztlichen Jahresberichten entnehmen wir kurz folgendes: 

Die meisten der Armenkranken waren Frauen (Wittwen, Ehever¬ 
lassene, Geschiedene) und Kinder. In dritter Reihe kommen erst die 
Männer, meist ältere, welche aus ihren Kassen ausscheiden mussten. Als 
Segen des Krankenkassengesetzes ist eine Verminderung der jüngeren 
Individuen in der Armenpflege bemerkbar. Die meisten waren Älniosen- 
empfänger. 

Von den 61166 Armenkranken waren 17 % Männer, 51 % Weiber 
und 32% Kinder. 

Die Civileinwohnerzahl betrug 1 625 677, somit kommen auf je 1000 
Civil einwohner 37,5 Armenkranke. 

Aus 68 Medicinalbezirken ist über die Höhenlage von 54988 Woh¬ 
nungen berichtet. Danach wohnten: 

im Keller. 6 239 mithin 11% 


Halbstock 
Erdgeschoss 
I. Stock 

II. „ 

III. „ 

IV. „ 

V. „ 

VI. „ 


313 
6 477 
8009 
9 593 
11233 
12135 
977 
12 


1 

12 
15 
17 . 

20 ; 
22 , 
2 , 


Wenn auch viele schlechte Wohnungen, besonders durch Niederreissen 
alter Häuser, verschwunden sind, so stehen doch auch in neueren Gfabiiu- 


*) Bemerkungen über Diabetes mellitus. Vortrag auf dom Baineolog 
Congress. Deut. Med.-Ztg. 1893, No. 45 46, p. 14 des Sep.-Abdr. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 





























DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. No. US 


den oft die Hinterhäuser in tragischem Gegensätze zu den eleganten, meist 
sauberen Vorderhäusern. Viele Keller sind noch feucht, dunkel, schwer 
zugänglich, zumal von Hofwohnungen (selbst im Innern der Stadt); im 
Halbstock können oft Erwachsene nicht gerade stehen und in noch nicht 
canalisirten Strassen lässt die Sauberkeit der Wohnungen noch mehr zu 
wünschen übrig als anderswo. Auf armenärztlicken Antrag wurden vier 
Wohnungen geschlossen. 

Die Brunnen waren ohne ärztlichen Antrag polizeilich untersucht 
worden und mehrere ausser Gebrauch gesetzt oder mit der Aufschrift 
„Kein Trinkwasser“ bezeichnet. 

Armenkranke wurden behandelt: 

im L Vierteljahre 15 225 
,. II. 15 307 

., III. „ 14 308 

„ V. ,. 16 326 

Unter den Krankheiten kamen wieder, wie in jedem Jahre, vorzugs¬ 
weise Krankheiten der Luftwege und besonders Lungenschwindsucht in 
Behandlung, Magen- und Darmerkrankungen weniger, weil die Cholera- 
furcht auch die Armen vorsichtiger in der Diät machte und dieselben 
früher die ärztliche Hülfe in Anspruch nahmen. 

Epidemieen sind in den meisten Bezirken kaum notirt oder als ge¬ 
ring bezeichnet. 

Als Grund der Verminderung der Sommer-Brechdurchfälle wird die 
Verbesserung der Milch, das jedesmalige Auf kochen derselben, die grössere 
Sauberhaltung der Gefässo und auch die Vermehrung der Kinderkliniken 
bezeichnet. Doch sind Brechdurchfälle bei Erwachsenen notirt, selbst 
mit dem Tode endigend, und Choleraverdacht brachte manche Person ins 
Krankenhaus. 

Eine Keuchhustenepidemie mit zum Theil bösartigem Charakter trat 
vom November 1892 bis Januar 1893 auf. InfluenzafäUe sind in geringe¬ 
rem Grade als im vorigen Jahre beobachtet. 

Im März 1893 herrschte in der Brunnenstrasse eine Typhusepidemie: 
in einem Keller, in welchem zehn Jahre eine Familie in gesundem Zu¬ 
stande ein Milchgeschäft betrieben, zog eine andere höchst unsaubere Fa¬ 
milie ein (feuchte Wäsche hing zum Trocknen auf, durch schlechte Heizung 
lief Wasser von den Wänden); vier Kinder von 8—16 Jahren erkrankten 
an schwerem Typhus und genasen sämmtlich im Krankenhause. Die Er¬ 
wachsenen erkrankten nicht. Nach Desinfection kam kein neuer Fall vor. 

Typhus ist nur in 19 von 72 Medicinalbezirken, und zwar in zu¬ 
sammen 30 Fällen — bei sechs Männern, sechs Weibern und 18 Kindern 
— vorgekommen. Davon sind genesen 5, Krankenhäusern überwiesen 21. 
gestorben 1, und im Bestände geblieben 3 Personen. 

Von Alkoholismus sind 150 Fälle bemerkt, meist mit chronischem 
Verlauf — und zwar bei 127 Männern, 23 Frauen —, von denen 55 in 


Krankenhäuser geschickt werden mussten. Ein Mann kam zweimal in 
! demselben Jahre in die Charite — bei einem andern wiederholt sich die 
Aufnahme schon seit Jahren. 

Syphilis kam in 305 Fällen — bei 90 Männern, 171 Weibern und 
44 Kindern — zur Behandlung. Genesen sind 71, Krankenhäusern über- 
I wiesen 90, gestorben 3 und im Bestände geblieben 141 Personen. 

Von chronischen Krankheiten sind ferner genannt: Rheumatismus 
I meist mit chronischem Verlauf, immer Rückfälle machende Unterschenkel- 
| geschwüre, schwere Fälle von Hysterie, von Blutmangel. In einzelnen 
j Bezirken sind Geisteskrankheiten (und zwar häufiger als früher eintretend) 
vorgekommen. 

Fälle von asiatischer Cholera, Flecktyphus, Rotz, Trichinose, ächten 
Pocken, Rückfallfieber kamen nicht vor. 

Desinfectionen sind aus 49 Medicinalbezirken 248 gemeldet, und 
zwar bei Diphtherie, Typhus, Scharlach, Masern Lungenschwindsucht, 
Brechdurchfall (bei Vorkommen von sporadischen Fällen von Cholera in 
Berlin) und bei grösster Unsauberkeit, um Seuchenheerde zu verhüten. 
Nicht jedesmal war weitere Ansteckung zu vermeiden. 

Uebertragungen von Tuberkulose waren schwer nachzuweisen. Bei 
der angeblichen Gesundheit von Eltern und Grosseitem und bei früherem 
Gesundsein war eine Uebertragung wahrscheinlich bei 18 Personen (und 
zwar zwölf Male bei Eheleuten, vier Male auf die Eltern, zwei Male auf 
| die Geschwister). 

( Aus zehn Medicinalbezirken wurden 13 Genesende in die Heimstätten 
geschickt, stets mit grossem, wenn auch oft nicht anhaltendem Erfolge, 
aus den Krankenhäusern kamen in die Heimstätten 123 Armenkranke; 

! demnach zusammen 136. 

Scrophulöse augenkranke arme Kinder wurden vom St. Hedwigs- 
, Krankenhause in der Reconvalescenz in die Foriencolonieen geschickt. 

Aus zwölf Medicinalbezirken ist gemeldet, dass oft mit dankens- 
| werther Hülfe unserer Specialärzte, der Diaconissinnen und der Schwestern 
! des Victoriahauses grössere Operationen in den Wohnungen der Armen- 
| kranken meist mit Glück vollzogen wurden. 

| II. Geschlossene Armenkrankenpflege. 

j Die Cur- und Verpflegungskostensätze, welche der hiesige Armen- 
j verband den Krankenhäusern für körperlich kranke Arme zu zahlen ver- 
| pflichtet ist, sind unverändert geblieben. Dieselben betrugen für Tag und 
I Kopf für Erwachsene 2 M., für Kinder unter 12 bezw. 14 Jahren 1,50 M. 
(im Augusta-Hospital und dem Elisabeth-Kinderhospital nur 1,25 M. 

Für Geisteskranke wurden in der Königl. Charitd 3 M. für Tag und 
Kopf vergütet; für die heilbaren hier ortsangehörigen armen Geistes¬ 
kranken hat die Königl. Charitd auf eigene Kosten zu sorgen. Ausserdem 
, hat dieselbe nach der Allerhöchsten Cabinetsordre vom 6 . Juni 1835 der 
; hiesigen Commune 100 000 freie Verpflegungstage zu gewähret!. 


In den Krankenhäusern wurden für Rechnung der Berliner Stadtgemeinde pro 1 . April 1892/93 verpflegt: 


Lau¬ 

fende 

No. 


N a in e 
des 

Krankenhauses 


Zahl der Kranken 


Bestand 
aus dem 
Vorjahre 


1892/93 
neu aufge 
nommen 


Zahl der 
Ver- 

|pflegungs- 
tage 


Zahl derVer- 
pflegungstage| 
nach Ab¬ 
rechnung der 
100 000 freien 
Verflegungs- 
tage 


Durch¬ 

schnitt¬ 

liche 

Kranken¬ 

zahl 

täglich 


Durch¬ 

schnitt¬ 

liche 

Verpfle- 


emes 

Kranken 


An Cur- und 
Verpfle¬ 
gungskosten 
sind baar 
gezahlt 

Mark 


Bemerkungen 


2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 . 
9 

10 

11 


12 

13 

14 

15 

16 
17 


Königliche Charite, Männer 
Weiber 


Knaben 
Mädchen 
Geisteskranke 


Königliche Universitätsklinik . . . 
Diakonissenhaus Bethanien .... 
St. Hedwigs-Krankenhaus .... 

Augenkliniken. 

Elisabeth-Kinderkospital. 

Elisabeth-Krankenhaus. 

Lazarus-Krankenhaus. 

Augusta-Hospital . 

Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder¬ 
krankenhaus . 

Sonstige Heilanstalten einschliesslich 
der Heimstätten für Genesende . . 

mithin zusammen pro 1892/93 
Ausserdem: 

Städtische Krankenverpflegungs¬ 
anstalten. 

Städtisches allgemeines Krankenhaus 
am Friedriehshain . ...... 

Städtisches Krankenhaus in Moabit . 
Städtisches Krankenhaus am Urban . 
Krankenstation beim' ArbeitShause in 
Rummelsburg .... . . *. 

Städtische Siechenanstalt für Männer 
Städtische Siechenanstalt für Frauen 


mithin zusammen pro 1892/93 


440 

590 

52 

49 

94 


4799 

6981 

776 

714 

1220 


165 849 
220 275 
14 634 
16 354 
31 983 


126 246 
168100 
10 751 
12 015 
31983 


454 

604 

40 

45 

87 


31.66 
29,09 

17.67 
21,43 
24,34 


1225 

22 

58 

92 

12 

55 

26 

49 

15 

86 

33 


14 490 
470 
497 
644 
141 
188 
265 
712 
133 

1370 

217 


449 095 
13 860 
20170 
28 921 
3 916 
19 293 
9 423 
18 796 
6 442 

34 550 

8 720 


349 095 


1230 

38 

55 

79 

11 

53 

26 

51 

18 

95 

24 


28,71 

20,82 

36,35 

39,21 

25,60 

79.40 

32.40 
24,70 
43,53 

20,77 

34,88 


1673 I 19127 


611 9 291 

662 5 401 

535 j 6 507 


94 

130 

170 


1264 

52 

146 


613186 


220 849 
200 690 
186 135 

52 580 
48 337 
58 759 


1680 


605 

550 

509 

144 

132 

161 


2202 


29,48 


23,77 

33,10 

26,43 

38,72 

265,00 

186,00 


252 492,00 
336 200,00 
16 126,50 
18 022,50 
95 949,00 


*) 718,790,00 
25 050,00 
36 962.00 
54 176,50 
7 285,00 
24 116,25 
17 673,50 
33 917,50 
11 335,75 

51 825,00 

-*) 16,831,97 


997 963,67 


22 661 


767 350 


2101 


30.86 


■) Der Betrag, wel¬ 
cher den kosten¬ 
frei zu gewähren¬ 
den 100000 Ver- 
. pflegungstagen 
entspricht, ist 
ausser Ansatz ge- 
gelassen. 


*) Die von der 

Armendirektion 
für Pfleglinge in 
den Heimstätten 
für Genesende ge¬ 
zahlten Kosten 
betragen 8719,25 
Mark. 


J. S. 


Gedruckt bei Julius Sittonfeld iu Berlin W. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





















Donnerstag 


JV 14 . 


5. April 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Sit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prot Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LichtensUinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31. 


L Kupfer im Auge. 

Von J. Hirschberg. 

„Wenn aber Kupfer im Auge ist, was nützt Dir dann dein 
Magnet?“ So sprach zu mir der kleine Sohn eines unsrer hervor¬ 
ragenden Fachgenossen. 

Das Eindringen von Kupfersplittem in die Tiefe des Auges 
gehört in der That zu den schlimmsten Verletzungen. Das Auge 
ist fast immer verloren. 

Leider geben die Sonderschriften über Verletzung des Auges 
(White-Cooper, Zander und Geissler, Yvert) keine brauch¬ 
bare Belehrung. Weit mehr lernt man aus den neueren Thier¬ 
versuchen, namentlich von Leber (Die Entstehung der Entzündung, 
Leipzig 1891), nämlich das folgende: Kupfer bewirkt in der Vorder¬ 
kammer Eiterung; im Glaskörper Netzhautablösung, oder Eiterung, 
wenn der Splitter dem Augengrund aufliegt; in der Linse wird es 
lange gut vertragen. Aber entscheidend ist für den Kliniker erst 
die genaue Beobachtung einer grösseren Reihe von Fällen. Binnen 
24 Jahren sind 16 Fälle von Eindringen eines Kupfer- (oder 
Messing-) Splitters ins Innere des Auges zur Aufnahme in meine 
Privataugenheilanstalt gelangt. Sie lehren folgendes: 

A) Bezüglich der Ursachen sind hauptsächlich 1) Abfeuem 
von schlechtgebauten Kindergewehren und 2) Aufschlagen oder 
anderweitige Entzündung von Kupferhütchen anzuschuldigen. 
3) Nur selten dringen bei der gewerblichen Arbeit Kupfer- oder 
Messingsplitter ins Auge hinein. 

Wenn in den letzten Jahren derartige Verletzungen seltener 
vorkamen, so hängt dies wohl davon ab, dass Kupferhütchen nicht 
mehr so häufig verwendet werden, also dummen Kindern seltener 
in die Hände fallen. Kindergewehre, die nach alter Art mit Zünd¬ 
hütchen abgefeuert werden, sind ein wahres Danaer-Geschenk. Die 
betroffenen Eltern haben es nach dem Unglück bitter bereut. 
Sorgsame Hausärzte sollten diesem Unfug steuern, wo sie können. 
Ich selber habe schon in den mir bekannten Familien mehrfach 
schlechte Kindergewehre mit Beschlag belegt und dulde nur 
Remington-Verschluss, wo die Zündhutpatrone in geschlossener 
Kammer liegt, und Schiessübungen unter Aufsicht von Erwachsenen. 

Unter den gewerblichen Verletzungen war eine, wo die auf¬ 
gesetzte Drahtmaske das Eindringen des Splitters nicht gehindert 
«m; die Maske muss also verbessert, beziehungsweise durch Auf- 
setzen von Krystallglasschutzbrillen vervollständigt werden. 

. . Bezüglich der Folgen der Verletzung kommt es bei Kupfer 
ment, wie bei Eisen, 1 ) so wesentlich auf aseptische Beschaffenheit 
es Splitters an, da Kupfer in blutgefässhaitigen Theilen des 
, , ast iromer eitererregend wirkt; auch nicht so auf die Grösse, 
.ini Auge meist klein sind: sondern hauptsächlich 
auf diejinpflansungsstelle. 

I ~* B Kupfersplitter in der Bindehaut und den oberflächlichen 
werden kanii un ^ e ^ r ^ c ^» zumal er leicht entfernt 

Hornhaut sah ich nur kleine Splitter, die leicht 
wurden und nicht in der folgenden Reihe meiner Beob¬ 
achtungen erwähnt werden. 

von Cr} n A e r ^ e £enbogenhaut kommt es zu einem Knoten 
nnr m .^wtionagewebe, wenn der Splitter aus der Linse auch 
einer Spitze hervorreicht. Die Entfernung ist einfach. 
_• n de r Linse wird ein kleiner Kupfersplitter Monate lang; 

Vgl. meine Arbeit im Arch. f. 0. XXXVI, 3. 


und selbst über Jahr und Tag, ganz gut vertragen. Es braucht 
nicht einmal eine störende Linsentrübung aufzutreten; das Auge 
liest feinste Schrift und braucht also nicht operirt zu werden. 

Schliesslich kann es aber zu einer stürmischen Quellung der 
Linse kommen, so dass Beseitigung der letzteren unaufschiebbar 
wird. Der Erfolg des Eingriffs ist zufriedenstellend. 

5. Im Glaskörper bedingt ein Kupfersplitter meist acute 
Vereiterung, selten chronische Entzündung mit Bindegewebs¬ 
bildung. Das Auge ist verloren, da die Entfernung des Splitters 
nicht gelingt. Ausschälung des Augapfels wird nothwendig, sei 
es dass man einen Versuch der Ausziehung gemacht hat oder 
nicht. 

Immerhin ist es nicht unmöglich, da wir in Glaskörper¬ 
operationen heutzutage mehr Uebung und Sicherheit erlangt haben, 
gelegentlich ein solches Auge zu retten. Doch ist mir bis jetzt 
kein Fall bekannt, wo dies gelungen und dauernd war. 

6. Im Augenhintergrund festsitzend, bewirkt der Kupfersplitter 
meist Vereiterung, wie im Glaskörper, seltener Bindegowebsbildung 
mit Schrumpfung und vollständiger Nezthautablösung. 

Das gefährliche und tückische der Verletzung liegt darin, dass 
selbst nach Jahr und Tag, nachdem die Beseitigung der Linse 
Verbesserung der Sehkraft bewirkt hatte, noch eine Vereiterung 
erfolgen und Entfernung des Augapfels nothwendig machen kann. 


A Zündhutsplitter unter der Bindehaut. 

Fall 1. Der 12jährige A. K. verletzte am 29. April 1890 sein 
echtes Auge beim Abfeuern eines Kindergewehres. Ein kleines Kupfer- 
plitterchen sitzt unter der Bindehaut zwischen Carunkel und Hornhaut- 
and. Sehkraft und Augenspiegelbefund normal. 

Am 8. Mai 1890 wird unter Cocain die Bindehautfalte mitsammt 
em Fremdkörper erfasst, emporgehoben und abgeschnitten, eine Naht 
ngelegt; reizlose Heilung. 

B. Zündhutstückchen in Regenbogenhaut und Linse. 

Fall 2. Am 27. Jan. 1879 kam der 18jährige N. wegen einer seit 
2 Wochen bestehenden, wiederkehronden Entzündung des rechten Auges. 
L Sn, Oii. L. Finger auf 3 Fuss, Röthung um die Hornhaut, Regen¬ 
ogenhaut grün und gelockert; Pupille eng und unregelmässig, trotz 
Ltropineinträuflung. Nach unten-innen sitzt in der Iris ein röthlicher, 
ervorragender Knoten wie — ein Gummi- Aber Lues bestand nicht. 
)er Augenspiegel zeigt hintere Rindenstroifen, die seitliche Beleuchtung 
her eine strichförmige kleine Narbe der Hornhaut, im wagerechten 
lurchmesser, vor dem medialen Rand der Pupille. Jetzt stand fest, dass 
in Fremdkörper im Auge sitzen müsse; jetzt erfuhr ich auch, dass N. 
or 9 Jahren dicht hinter seinem Bruder gestanden, als dieser ein Zünd- 
lütchen aufschlug, und dass seitdem sein rechtes Auge nicht mehr 
esen kann. , , _ , T • 

Schnitt von 3"' am unteren Hornhautrand und Entfernung des 1ns- 
mötchens. Ein messinggelbes Splitterchen sitzt auf der Vorderkapsel 
md wird mit dem stumpfen Häkchen leicht herausbefördert. Reizlose 

Teilung. . 

C. Kupfersplitter in der Linse. 

Fall 3. Der 14jährige 0. L. kommt am 14. Mai 1893, unmittelbar 
tachdem er durch Zerschlagen eines Zündhütchens sein linkes Auge ver- 
etzt In der Homhautmitte besteht eine frisch verharschte Wunde von 
! mm Länge, in der Vorderkammer sind ein paar Luftbläschen und m 
ier Linse, nicht sehr weit hinter ihrer Vorderfläche, ein rothglänzender 
Cupfersplitter sichtbar. Sehkraft gut . _ „ 

Abends sind die Luftblasen fort; em wenig Quellung um die Horn- 

lautnar lgg3 Die Li nsen k a p Se lwunde hat sich gut geschlossen. 

)ie Linsentrübung um den Splitter bleibt umschrieben, bn . . . 
ln 1 ‘/a in 6" mit + 6 D, G. F. n. 

in Tut»; 1RQ3 r»i7.1nR entlassen. 


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Original frn-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 








DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. U 


11. September 1893. Sehkraft wie zuvor. Die rothglänzende Kantfr 
des Splitters ist neben der Linsentrübung sichtbar, einzelne grössere Bläs- 
chen unter der Vorderkapsel. ' 

Februar, 1894 derselbe Zustand. .* . 

Fall 4. Dem 46jährigen Herrn S. flog am 21. Novbr. 1882 beim 
Abschiessen seines Gewehrs t ein Zündhutsplitter ins rechte Auge. Lr i 
kommt am 29. Novbr.‘1882 fciit mässijj gereiztem Auge und einer ver¬ 
heilten Homhautwunde, die nach unten innen zieht. In; den Oberflächlichen 
Schichten der sonst’ ganz durchsichtigen Linse sitzt ein 5—6 mm langer | 
Kupferepiitter; nur eine zartgraue Trübung der Linsenkapsel dicht über i. 
der Mitte des Fremdkörpers ist sichtbar. Atropin, Verband. 

Am 14. Decbr. 1882 ist die Linse noch ,immer-, ungetrübt, das Auge 
sieht Sn C: 15'. ' ■ ' ‘ ’" v ' , t ' ' ' ' 

Am 17. Jan. 1883, also nach zwei Monaten, derselbe Zustand. ( 

Fall 5. Einem jungen Arbeiter war ein Kupferapliiter in die Lmse j 
gedrungen. Auge reizlos, Sehkraft befriedigend. Monate lang blieb der- I 
selbe Zustand. — Nach etwa l 1; a Jahren kehrte er wieder mit heftigsten : 
Kopfschmerzen, geblähter Linsentrübung. Lappenschnitt unter Chloro- - 
formnarkose und Entfernung der Linse mitsammt dem Fremdkörper. Er¬ 
folg befriedigend. 1 ) ‘ 

Di Kupfersplitter im Glaskörper, [ 

Fall 6 . Ein Lehrling kam mit geblähtem Verletzung-Star, der 
durch Lanzenschnitt ausgezogen wurde. Ganz unerwartet erfolgte innere 
Vereiterung. In dem Glaskörper des herausgeschftlten Augapfels fand 
ich ein Messingsttick. 3 ) 

Fall 7. Der elfjährige Otto L. erlitt am 29. October 1877 eine 
Verletzung des rechten Auges beim Abfeuem eines Terzerols. Bald 
danach Thränen und Schmerzen, die immer heftiger wurden. Er kommt 
am 6 . November mit unerträglichen Schmerzen, Röthung um die Horn¬ 
haut, in der eine grosse Narbe mit dachziegelförmig gelagerten Wund¬ 
lefzen sichtbar ist. Pupille eng, durch eitergelbe Massen verschlossen. 
Regenbogenhaut grünlich und verdickt. Der Augapfel ist stockblind und 
auf Berührung sehr empfindlich, wird daher ausgeschält. Von der 
Hornhautnarbe ziehen weisse Häutchen durch den Glaskörper bis zur An¬ 
prallstelle in der Nähe des Sehnerveneintritts: daselbst ist Glaskörper ^ 
mit Netzhaut verwachsen, Aderhaut verdickt. Die grössere untere Hälfte | 
des Glaskörpers stellt einen weissgelben Eiterstock dar, in seiner Mitte | 
liegt ein Zündhutstück von 10 mm Länge, 5 mm Breite. Hierselbst ist 
mit dem vereiterten Glaskörper sowohl Netz- als auch Aderhaut ver- , 
wachsen und von der Lederhaut abgehoben. 

Fall 8 . Am 22. December 1877 flog dem 18jährigen Z. beim Ar¬ 
beiten an der Drehbank ein Stück Messing in das linke Auge. — 11. Ja¬ 
nuar 1878. Das rechte Auge ist normal. Das linke ist blind und gereizt, 
zeigt durchbohrende Narbe der Hornhaut und des Lederhautsaumes 
von 2 x 2 = 4 mm Längo, dahinter ein Loch in der Iris, Trübung des 
Glaskörpers, der an umschriebener Stelle hinter der Linse gelb aussieht und ■ 
neugebildete Blutgefässe enthält. Der Rath, den verletzten Augapfel 
entfernen zu lassen, wird zurückgewiesen. 

Am 13. April 1885, also nach 7 Jahren, kehrt Z. wieder und erklärte, i 
die Entzündung sei von selber geschwunden und nicht wiedergekehrt. I 
Nur röthe sich das Auge, wenn er Schnaps getrunken. Das rechte Auge 
ist gesund geblieben; das linke ist blind, aber reizlos. Von der Hinter- j 
fläche der Regenbogenhaut geht ein Schwarzes Fädchen zu dem l 1 /« bis j 
2 mm abstehenden Linsenreste. Glaskörper bindegewebig. 

Am 8 . Juli 1887: derselbe Zustand. — Allerdings kann man hier nicht 
mit Sicherheit nachweisen, dass der eingedrungene Splitter Messing war. 

Fall 9. Der 17jährige CarlS. verletzte, am 5. März 1888, beim Zer¬ 
schlagen eines Rothgusslagers, trotzdem er eine Maske aus Drahtgeflecht 
aufhatte, sein linkes Auge, so dass es erblindete. 

6 . März 1888. Eine Wunde von 8 mm, die beiderseits in die Ci¬ 
liargegend hineinragt, theilt ein oberes Segment der Hornhaut ab. Ver¬ 
band. 

12. März 1888. Ein geringer Irisvorfall und Linsentrübung, — weiter 
lässt sich nichts nachweisen. 

26, März 1888. Das Auge ist zwar reizlos, aber stockblind, seine 
Spannung herabgesetzt. 

Am 27. März 1888 klagt er'zuerst über Flimmern, dashalb Ausschä¬ 
lung des verletzten Augapfels. Glaskörper grünlich, in seinem unteren 
Theil liegt ein grosses Stück Messing (8x4x2 mm). Das andere Auge 
ist gesund geblieben. 

Fall 10. Herr G., 40 Jahre alt, kam am 10. Januar 1877, eine halbe 
Stunde nachdem er durch das Abfeuem eines Kindergewehres sein linkes 
Auge mittels eines Zündhutsplitters verletzt hatte. 

Das rechte Auge ist normal. Das linke liest noch Buchstaben von 
Sn VII in 8 Zoll mühsam, ist reizlos, zeigt nasenwärts vom Hornhautrand 
eine ganz kleine, linienförmige Durchbohrung des Augapfels und bereits 
ausgedehnte Glaskörpertrübung. 

11. Januar. Spannung herabgesetzt, Hornhaut leicht faltig, aber voll¬ 
kommen klar, bläuliche Glaskörpertrübung. 

13. Januar. Bild der inneren Vereiterung: Augapfelbindehaut geröthet 
und stark geschwollen, Pupille dabei vollständig erweitert, heller Reflex 
aus der Tiefe. 

16. Januar. Dicke Ausschwitzung deckt die untere Hälfte der Pupille. 
Die Ausschwitzung löste sich auf, während die Pupille weit blieb. Im 
Glaskörper bildete sich Bindegewebe, mit Blutgefässen. Nachdem die Aug- 

*) Diesen Fall, auf den ich mich genau besinne, konnte ich in den 
Krankentagebüchern nicht gleich auffinden; er ereignete sich vor nahezu 
20 Jahren. 

T ) Vgl. die Anmerkung zu Fall 5. 


apfelbindehaut abgeschwollen, wurde am 3. Februar 1877 der Augapfel aus¬ 
geschält. Das rechte Auge ist gesund geblieben, 
f Fall 11. Die zehnjährige J. S. erlitt am 6. October 1874 eine Ver¬ 
letzung ihres rechten Auges durch Zerplatzen eines Zündhütchens, welches 
ihr Bruder in das Feuer des Küchenheerdes gelegt. Am 14. October 1874 
i fand ich das lipke, Auge gesund. Rechts Thränen; Röthung um die Hom- 
1 haut; 2 mm lahge, linienförmigp Narbe in der Hornhaut, nicht weit vom 
,RandS, radiäri an der Grenze ;zvusphen oberem und Schläfenviertel; hinter 
] der Homhautnarbe eine Ausbuchtung (Defect) des Pupillenrandes; Linse 
! im ganzen klar, aber mit Trübungsschlauch und mit Jdaffendem Rissiger 
! Hmterkäpsel und bläulicher Unterlaufung der Umgebung; bläulich weisse 
1 Trübung des Glaskörpers dicht hinter, dem. hinteren Linsenscheitel, bei 
I Bewegungen des Auges stank'beweglich und nach unten zu dichter. 

| Spannung des Augapfels herabgesetzt. S = Rothen Glanz erhält man 
I aus der Pupille mittels des Augenspiegels, wenn das Auge nach oben 
I blickt; bläulichen, wenn geradeaus; weissbläulichen, wenn nach unten. 
^Atropineinträuflung, Schonung. , . 

Am 2. November 1874 hat die Lichtung des Glaskörpers Fortschritte 
gemacht, das Bündel der zur Hinterkapselwunde ziehenden Häutchen ist 
• zusammengezogen, sein Stiel verschmälert. Am 28. November 1874 giebt 
schon bei geradeaus gerichteter Blieka.chse * des verletzten Auges der 
1 grössere Theil des Pupillenfeldes rotheh Glänz. Blickt' das Auge nach 
innen unten, so sieht der Arzt schon vom blossen Auge, deutlicher bei 
seitlicher Beleuchtung oder bei der Durchleuchtung mit dem Augenspiegel, 
einen kleinen, ‘viereckigen rothglänzenden Kupfersplitter, der an Fäden auf¬ 
gehängt ist, im vorderen Theil des Glaskörpers,, während nach unten, in 
der Tiefe des letzteren, noch die bläulichen Massen nachweisbar bleiben. 
Das Auge zählte jetzt Finger auf 6 Fuss. Aber nicht lange war der 
Fremdkörper frei zu sehen. Schon am 11. Januar 1875, drei Monate nach 
der Verletzung, begann die Einkapselung in eine weisse Masse; am 
19. März 1875 war dahinter der Kupferglanz verschwunden. Ain 19. Mai 
1875 war der Ort des Fremdkörpers durch die zunehmende Linsentrübung 
völlig verdeckt, die Sehkraft wieder bis auf Lichtwahmehmung ge¬ 
schwunden, das Auge reizlos, Spannung normal. 

Am 13. Juli 1875 Operation, unter Chloroformbetäubung. Oberer flacher 
Lappenschnitt, ganz in der Hornhaut, <■$■, 2 mm vom Rande; die geriefte 
I Kapselpincette vorsichtig in den Glaskörper vorgeschoben und beim sechsten 
; Eingehen der Fremdkörper glücklich herausbefördert. Es ist ein flacher 
; Metallsplitter von etwa fünfeckiger Begrenzung, seine beiden grössten Dürch- 
, messer betragen 1,5 mm, sein Gewicht 6 mg. Beide Oberflächen sind 
durchaus schwarz, nur an einer Ecke der schmalen Kante sieht man 
Kupferglanz. — Es folgte innen Entzündung mit Schwellung der Aug¬ 
apfelbindehaut. 

Am 17. August 1875 musste doch die Ausschälung des geschrumpften 
Augapfels erfolgen. Das andere Auge ist gesund geblieben. 


E. Kupfersplitter, im Augengrunde festhaftend. 

Fall 12. Dem 15jährigen Emil B. flog am 9. April 1882 beim Ab¬ 
feuern eines Tesching-Gewehres etwas in’s rechte Auge. Er kommt nach 
einigen Tagen. Das Auge zählt noch Finger excentrisch nach innen unten. 
Die Eingangsöffnung ist auf der Lederhaut nach innen unten. Nach künst¬ 
licher Erweiterung der Pupille erscheint der ganze Glaskörper getrübt, 
nur nach oben ist ein schmaler Streifen rothen Glanzes geblieben. Am 
16. April ist die Pupille eng, aber rund; kein Schmerz, nur Röthung und 
Thränen. Am 29. April Versuch, den Fremdkörper aus einem Lederhaut¬ 
schnitt (aussen-unten) herauszuziehen. Da der Löffel nichts aus dem 
grünlich-eitrigen Glaskörper herausbefördert, wird der Augapfel aus¬ 
geschält. — In der Aequatorialgegend nach unten sitzt fest eingekeilt em 
Zündhutsplitter. 

Fall 13. Am 24. September 1889 musste ich den rechten Augapfel 
eines 10jährigen Knaben entfernen, dessen Leidensgeschichte in fünf Acte 
eingetheüt werden kann. . 

I. Im Mai 1887 verletzte der Knabe sein rechtes Auge beim Ab- 
schiessen eines Kindergewehres. College du Bois-Reymond fand eine 
Stunde später eine ganz kleine Wunde der Augapfelbindehaut, schläien- 
wärts nicht weit vom Homhautrande, S = l f& und Glaskörpertrübung, und 
schickte den Kranken in die Anstalt. Doch kam er nicht. Die Verletzung 
heilte mit guter Sehkraft. 

II. Im Herbst 1888, also nach 5 /< Jahren, kam plötzüch Sehstörung 
des verletzten Auges. Ich fand reizlosen Zustand, normale Spannung, 
keine Narbe, beginnende Linsen- und deutliche Glaskörpertrübung. Fremd¬ 
körper im Augeninnem angenommen, aber nicht nachgewiesen; S ment 
ganz der Linsentrübung entsprechend; Gesichtsfeld frei. Das Auge bliöb 
reizlos bei längerer Beobachtung und Reifung des Stars. Die Eltern 
baten dringend um die Entfernung des Stars, da ihnen der Gedanke der 
Entstellung und einseitige Erblindung ihres Sohnes unerträglich war. Ich 
verhehlte mir das bedenkliche eines Eingriffes nicht, da ich einen Fremd¬ 
körper im Augeninnern annahm. Andrerseits war, wenigstens bei 
Eisensplittem im Augengrunde, die Discission des Stars mir bereits 
wiederholt gelungen. 

So gab ich den Bitten der Eltern nach, mit dem ausdrücklichen 
Vorbehalt, dass , trotz gelungener Wundheilung später von dem Fremd¬ 
körper eine ernste Reizung ausgehen könne. 

III. Im December 1888 wurde unter Chloroformnarkose der Lmsen- 
kapsel ein einziger Nadelstich beigebracht. Es erfolgte, ganz reizlose 
Auflösung der Linse, allerdings sehr langsam, namentlich im. Anfang, und 
im ganzen 2 l /a Monate dauernd. Bemerkenswerth ist, dass die ganz runde 
Pupille niemals, weder vor noch nach der Operation, durch Atropm- 
einträuflung ganz vollständig erweitert werden konnte. 

IV. Das Auge ist reizlos, erfreut die Eltern durch sein völlig ge- 
! sundes Aussehen und leidliche Sehkraft. S V*—V*. Der Glaskörper is 


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Gck igle 


Original fro-m 

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5. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


nicht ganz klar, ein befriedigender Anblick der Peripherie des Autren- 
grundes ist nicht zu gewinnen. So verbleibt das Auge sechs 
Monate. 8 

V- . Ganz plötzlich, ohne bekannte Ursache, trat am 12 . September 
1889 Reizung des Auges ein, Röthung und Thränen, während noch Seh¬ 
kraft vorhanden war. Binnen zwei Tagen war die Sehkraft geschwunden 
das Auge roth, thränend, lichtscheu, schmerzhaft. Eine zarte gelbliche 
Trübung, nicht so gesättigt wie Eiter, durchsetzt den Glaskörper bis zu 
den Resten der Linsenkapsel. Einträuflung von Atropin mit Cocain 
vermochte kaum eine mittlere Erweiterung der Pupille zustande zu 
bringen, während Verwachsungen des Randes nicht nachgewiesen 
werden konnten. Es handelte sich um eine echte Entzündung des 
Ciliarkörpers. Die Einträuflungen waren dom Knaben sehr peinlich. Es 
trat heftiges Nasenbluten ein und chorea-ähnliche Bewegungen des ganzen 
Körpers. (Schnalzen mit der Zunge, Schütteln des Kopfes und der Hände) 
Der Appetit ging verloren. Ein Fremdkörper (Kupfersplitterchen) musste 
im verletzten Auge angenommen werden, an Erhaltung desselben war 
nicht zu denken. Das zweite war gefährdet. Es wurde stets nach oben 
gedreht und konnte nur mühsam untersucht werden, war aber noch ganz 
gesund. Geh. Rath A Graefe, der auf meinen Wunsch den Knaben sah, 
war ebenfalls für die Entfernung des Augapfels. 

Am 24. September 1889 führte ich unter Chloroformnarkose die 
hnucleation aus. Hiermit waren natürlich alle reflectorischen Krankheits- 
erschemungen abgeschnitten. Der Knabe sieht bis heute mit dem linken Auge 
überaus vortrefflich und trägt rechts ein vorzügliches künstliches Auge 
Der herausgenommene Augapfel wurde sofort, noch in Gegenwart 
von treh.Kath A. Graefe, aufgeschnitten. Derselbe enthielt einen kleinen, 
intensiv weissen Abscess im Strahlenkörper, in der Nähe der 
bmgangsöffnung, schläfenwärts, von der Grösse einer kleinen Kochlinse, 
ganz scharf abgegrenzt, fast wie eine Geschwulst, und darin ein winziges 
Kupferhutsplitterchen. Der Glaskörper war ganz und gar, aber zart 
getrübt; die Netzhaut sah noch ziemlich zart aus, so dass man aus dem 
öefund vom blossen Auge die vorher nachgewiesene Erblindung des ver¬ 
letzten Augapfels kaum erschliessen kann. 

Fall 14. HerrP., 20 Jahre.alt, kam am 25. November 1879 zur Auf- 
nahme. Im Jahre 1866 hat er sein rechtes Auge durch Aufschlagen 
eines Zündhütchens verletzt. Angeblich wurde der eingedrungene Fremd- 
körper einige Tage später von einem Arzte herausgezogen, und im Jahre 
von einem anderen Arzte eine zweite Operation (Iridotomie) an dem- 
en verrichtet. Seit l*/a Jahren leidet P. an hartnäckigem Flim- 
raern des linken, stets kurzsichtigen Auges, so dass er seiner Thätigkeit 
a^s Kaufmann kaum genügen kann. Das linke Auge hat My 4 D, Sn? On. 

7 IK reC r, lst K Gl von äusserlich sichtbarer Entzündung, aber blind. Das- 
seioe schielt nach aussen und zeigt eine wagercchte, weit klaffende, künst- 
tüe 1 upilie mit entsprechender Oeffimng in der Linsenkapsel, während 
üil i! DSe , hlt (Indocapsulotomie.) Mit dem Augenspiegel erkennt man 
. * f 1 ?! 1 lamm und unten stark hervortretende Netzhautab- 

si hln£, Un j ia ^ vor ^ em Hauptbuckel derselben einen bläulich 
inw m 0 I T den ’ ! e 5 ten Körper, der für das eingekapselte Metallsplitterchen 
i ^espiochen w, rd. Der verletzte Augapfel wird ausgeschält. Die Netz- 
nb.f i t o tnC Crfö Tf abgelöst. In der medialen Hälfte des Augapfels 
'°i? Sehnerven e * n ziemlich grosser Kupfersplitter, der ge- 
STn , h .ier Netzhaut au Ader- und Lederhaut festnagelt. Das 
Auge ist bis heute gesund geblieben. 


315 


E. Kupfersplitter in der Tiefe des Auges sitzend. 

Kinrlir™! . Rerrn . K-« 39 Jahre alt, war 5 Jahre zuvor von einem 
das roXi* a das sein Söhnchen abgeschossen, ein Zündhutstückchen in 
des !u f Aug f eingedrungen. Entzündung trat ein, das Sehvermögen 
erst f 1 R 7 ^ t€n " ln § : verloren. Die Entzündung hörte auf und ist 

Erkennen Jnf Pagen "dedergekehrt, gleichzeitig das linke Auge im 
Tir iiT r - G c?- eils Ä de behindert. Links Sn XX in 15', + seid., 
Auge tlvränt ^ /™- Rechts bängt das Oberlid herab, das 

bhaft - ft I mf ! fcle ( e Hötbung besteht rings um die Hornhaut- Die 
Rande ein? ^ lhr em wagerechten Durchmesser, nahe dem 

lieh und venlickt ^ ,gC - Narb6 nr 3 "i™ \ ydn ^. e - Regenbogenhaut grtln- 
Papille e,nem kleinen Loch hinter der Hornhautnarbe, 

handen T&u “ • f/ tr ?r Pin * Linse & etrübt - Lichtschein noch vor- 
Am 22 M b 187 ?T?J T ers . uch den Augapfel zu erhalten, 

körper nicht Mectonue nach aussen-unten, wobei der Fremd¬ 

sich, Lichtsthei^nn^ P ird ‘ ,- Aber V orderkammer und Irisspalt verengen 
DeshilK ? d Rr °J e ction werden mangelhaft, 
rieht über diiTnw A ^st 1873 Ausschälung des Augapfels. Der Be- 

Krankentagebuch^richt'jsu^finden! 61 ^ 110 ^ 1111 ^ ** AUgap,elS iSt leider im 

sein Bnider^mi ’? 6 /? 1 ^.fabHgen Albert G. war im December 1876, als 
Entfernung Ilam ] aer ein Zündhütchen aufschlug, auf 4 Fuss 

13 Mai 1877 ^ m das ' rechte Auge geflogen: 

Ausfall nach nW t“■ ? orm . al - Rechts Finger auf 2 Fuss, Gesichtsfeld- 
nach aussen moü,' u “ enf örmige Hornhautnarbe von 2 mm Länge, radiär. 
sehlauchförmio-A t ine* 6 -u e,n ^de; dahinter Riss des Pupillenrandesi 
Am rinn? i«72 trubu ? g - X" Wdectomie nach unten, 
kommt ein weni<* Cu Zweit t Operation. Die Linse wird entleert, es 
Am 26. Juni l« 7 ö ? e /- l ber mcbt der Fremdkörper. Reizlose Heilung. 
ma l; näch unten im Rin » er in 10 '. Sehnerv gut sichtbar und nor- 

Am 7 . o2hT ?Q 1 S? körper w eissliche Masse. 

Ebiger in in' 107 *’ ^ Monate nach der zweiten Operation, + 4 " 
u * Lndausgang unbekannt. 


n. Ueber Begleitvenen. 

Von Karl r. Bardeleben in Jena. 


von g t hrt ’ k dass Mltt ! lelluI 'gen in Sitzungsberichten 

tm«f Wn 5 d “^“ 1 abgesehen von einigen Akademieen, wenig be- 

hAtnmrnl erd K- D ’ k , a “ m d , le Fachl ® uto . geschweige denn weitere Kreise 
bekommen Kenntmss änvon. So sind meine Untersuchungen über 

nnH^ g ^ n enen d ®A Ar i erien ’ Nerven, Drüsonausführungsgftnge 
ölii ^ S n e n ?. z ? d ™ Hautvenen (Sitzungsberichte derjena- 
s!hrin G iS S n? tt i/f J ' Medmin und Naturwissenschaft, Jen. Zeit- 
senntt 1880 , Bd. 14), wie es scheint, ziemlich unbekannt geblieben 
—vielleicht auch wieder vergessen. Das Erscheinen des mit 
L>r. H. Haeekel zusammen bearbeiteten Atlas der topographischen 
Anatomie (Jena G. Fischer, 1894), in dem mehrere von den 1880 
beschriebenen Venen dargestellt sind, veranlasst mich, einige voft 
den damals veröffentlichten oder „vergrabenen“ Mittheilungen an 
dieser stelle mit einigen Zusätzen kurz wiederzugeben. 

L grösseren Nerven werden von einer oder zwei Venen 
begleitet, so der Oculomotorius, Troclüearis, Trigeminus, Abducens, 
1 acialis, Vagus, Hypoglossus (v. Luschka), Cervicalnerven, Inter- 
costalnerven, Extremitätennerven. 

2. Die Ausführungsgänge von grösseren Drüsen werden 
von zwei Venen begleitet, so Ductus parotideus (s. Stenonianus) 
Ureter, Ductus hepaticus und choledochus. 

• j 3, Arfcerien — mifc Ausnahme sehr kleiner und solcher 

m den ,Kmgew ei den etc. — werden von zwei Venen begleitet. 
(Heim Menschen werden meist oder grossentheils die Venen des 
Herzens, ferner Venae intercostajes, vertebrales u. a. einfach.) 
Die doppelten Begleitvenen der Arterien vereinigen sich vor der 
Einmündung in die nächst höhere Vene in eine, d. h. also die 
beiden Venen eines Arterienastes werden zu einer, ehe sie in eine 
der beiden Begleitvenen des Arterienstammes einraünden. Die Be¬ 
zeichnungen „Ast“ und „Stamm“ sind relativ zu verstehen — die 
Stämme sind ja schliesslich, abgesehen von der Aorta, auch Aeste. 
Die besonderen, nur entwickelungsgeschichtlich verständlichen Ver¬ 
hältnisse von Aorta und Venae azygos und hemiazygos, Vena cava 
inferior, Arteria und Vena anonyma sollen hier nicht erörtert werden. 

Die Stellen, an denen die doppelten Begleitvenen einfach 
werden, liegen an den grossen, praktisch wichtigen Arterien viel 
weiter proximal, dem Herzen näher, als man früher, wie es 
scheint, vielfach auch noch heute, glaubt. Da dieses Verhalten von 
erheblicher Bedeutung für Arterienunterbindungen oder Operationen 
an oder in der Nähe ton Arterien werden kann, möchte ich einige 
genauere Angaben machen. 

a) Die Arteria brachialis hat ebenso wie die Unterarm¬ 
arterien zwei Begleitvenen; die grosse Haut- und Hauptvene. 
Vena capitalis brachii mihi (Jenaer Zeitschrift 1880), bestehend aus 
der sogenannten Vena cephalica des Unterarmes, der Vena mediana 
cubiti (Waldeyer) und der Vena basilica des Oberarmes, hat mit 
der Arteria brachialis nichts zu thun. Die Begleitvenen der Arterie 
gehen nun entweder in der Achselhöhle, oder aber die eine von 
ihnen erst weiter oben, in die grosse Hautvene hinein, die weiter 
oben dann als Vena axillaris und Vena subclavia bezeichnet wird 
und wie alle Hautvenen und primitiven Venen einfach ist. Wir 
können somit in der Achselhöhle eine, zwei oder drei Venen finden, 
je nachdem die Einmündung der hier relativ kleinen Begleitvenen 
in die grosse Hauptvene oder ihre Vereinigung früher oder später 
erfolgt. Wir finden ferner häufig ausser der grossen typischen 
„Vena subclavia“ vor dem Musculus scalenus anticus eine kleinere, 
manchmal jedoch stark entwickelte Vene dicht an der Arterie, also 
hinter dem Scalenus anticus. Gelegentlich kann letztere sogar 
stärker werden als die typische. 

b) Dass an der Arteria poplitea zwei oder drei und am 
unteren Ende der Arteria femoralis superficialis zwei Venen vor¬ 
handen sind, hat schon Langer (Wiener med. Wochenschrift 1867) 
angegeben. Ich habe diese Verhältnisse vor 15 Jahren und bei 
allen Gelegenheiten seitdem untersucht und gefunden, dass die 
Femoralis am Oberschenkel nicht eine, sondern immer zwei Be- 
gleitvenen' hat. Diese beiden Venen vereinigen sich 
frühestens an der Grenze des oberen und mittleren 
Drittels des Oberschenkels, oft erst weiter oben (vergl. meine 
Anleitung zum Präpariren, 2. Auflage, 1884). 

Die beiden Begleitvenen einer Arterie sind ursprünglich gleich 
stark; später pflegt eine von beiden zu überwiegen; welche, ist 
nicht constant. So ist gewöhnlich in der Femoralis die hintere 
Begleitvene die stärkere; die vordere ist oft so schwach, dass 
sie nur bei genauer Präparation oder bei natürlicher oder künst¬ 
licher Injection sichtbar ist. Wird nun die vordere aus irgend einem 
Grunde die stärkere, dann sagt man: die „Vena femoralis“ liegt 
vor der Arterie, statt dahinter. Solche Abweichungen von der 
Norm sind hier wie anderswo aus dem ursprünglichen Verhalten 
leicht zu erklären. 


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Original from 

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von «M* ßiiifaohnn' Veiut fVnHHiiis *‘i»dii«»i» aus der Welt zu seHlim 


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totäiV .frei xmt Lars. .RkI • ■ {Koldfd ln jb^tr Zeit/ ftvlikt er ('hin 
Fnidttr (i.»i .Mij»*n K i»im »in.* ,vd :«mi ;/ lau- 'v.m n» einen 

Pein, b*'^ai.it’rs l j i H .'Mi* 1 Si“jnvtrt-i- vwni'k- 

;ifebbnhen KReni-iRi kranl; .-i-i» J 880 .. l'-r l> f-R .»p , HnumHiMueHr 
/«d:nujrx.eu, <!i«* iw. liuliüij JRn iw>v;i‘iHrwn »iud mR Rld auf *lj!* rwhR 
HUsrf«'hi»r«-i!. -H\e .-.IfzfT. r<HrM u; Km**. IlHR und «H Üru?i. iji> 

linken ileijf ./.«.Mi o!wn big ijuMw“; -Rh« Rdmo>evRt/ s>u«t •<»«■ in 

Ani:i]f« 1 n von filnl ln« /ul*c- iVbnjif*?»» .:».u 1 t.H^.«wKl, «i.iUTi ub/T au oh wieder 
VA!1 MiMtM'; 

Im .fuhro hrffi€$kl$ bf oiiv^V ^vIR ilnim der R'iitdf. (las 

r.ii l; uui:i.‘l»si «km t; iw u-.w-.si;;. n 1 ln iiiii' bi{ H [H /4 ab«*r wurdo' es bo- 
nM-rUjirlnT. au..'li Bvu^i.. G'^Wbi ttoNfi.psbip'lM:/-. ibnb/'Ukiiochpn un.*'l l : n(Mr 
ki«*J.*n. Zuuue, F\w« .-ve?.>-’<■'! ;*u. -n» h. so * 1 *«*? >*•- it>« r»«i«>n..i 3 HS 4 , 
u.o’lwit'm er- sr.it : Hsb «»>*. •*. !_ | 4 ,w di;i?r!.mn*v««:lif t -niw Mn'Vl u/.M «xu- 
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Emu VcriUubji ung der Nd^rl jiuf &> mditc Wubll r ou.>n|rnai. Svit «.unigon 
dnfo-r ist ein ^iüKfnnd uingetruiun. dubni ist Rin RmsJutn.rnr,g von 1.05 
nni 1 li 5 grkninmpir. die Kri.r}w*Rmgr bnt nuH m*, 4 d« g*n«dert t AÜinabliub 
effnluTi; :un'b du ScJi «i.i r/.nn r .-stw 5 m r.nj.lln ).«* Ziu-..t!i: »<\ es kaMwn 
iviloTtiudige fb'öGk^düft g mm um den IndU ImiüStL dir* uudt üRr die SdinlRv- 
bHdtey in djo Unbu TydpMute rnisR-rahlfefi: sib i^Uid off von , 5 *1 gro.^ur 
'U«?ft%]>uU,-.djiss 'Pniif-m h »in.,-nj wJmi M.( d. m \\ U'-UtMT.. Ikimf in 
lluöd ging oTfvß seiljidiTiiiund« Brbwfn fioj so «lass ov i«it/d imr gan?. Icjrlite 
Arbeit vefrieid^i Omi nur Karaö ZZ\: gdinr« kann. Aisbald lilugt »ir dimn 
burb Ktark, i?«'S.dwitzfm an. Er Helot. vH m Kmbnln in dun ^mg&ra. 
Ap^eit. wodbsdwl. fttbhl veiutopfk utintlife» Viel, Dui'&t. 


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pttiüftiDi •p)Kd- i 
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5. April. 


Umfang der Phalangen: 

Giund- 

phnlaux 

erste Zohe. 

zweite Zehe.6,5 

dritte Zehe.6,1 

vierte Zehe.6*0 

fünfte Zehe.6^9 

N&gel: Breite 

erste Zehe.2,0 

zweite Zehe. 1,3 

fünfte Zehe.l’o 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


End- 

phalaux 

11,8 

7,6 

7,1 

6.5 

7.6 

Länge 

1.4 

0,5 

0,7 


IV. Ueber die römischen Sommer-Herbst- 
Malariafieber. 

Brief an Guido Baocelli Professor der Medicinischen Klinik 
an der Universität Rom. 

Von Camillo Golgi, Professor der Allgemeinen Pathologie 
und Histologie an der Universität Pavia. 

(Fortsetzung aus No. 13.) 

II. 

Ich habe vorher erklärt, dass, wenn es unter den gegebenen, 
in den früheren Kenntnissen betreffend die Beziehungen zwischen 
den Anfällen von intermittirendem Malariafieber und den Lebens¬ 
phasen der Parasiten, welche sich im circulironden Blute bewegen und 
in eben diesem Blute die verschiedenen Phasen ihres Cyclus durch¬ 
messen, inbegriffenen Prämissen ein beinahe einer wissenschaft¬ 
lichen Nothwendigkeit entsprechendes Resultat gab, es gerade das 
der festgestellten Existenz einer anderen oder anderer parasitären 
Arten oder Varietäten war, die, unter Vollendung ihres Cyclus 
innerhalb 24 Stunden, die wirklichen Quotidianen hervor¬ 
bringen. 

Nun wohl! Warum soll ich jetzt nicht gestehen, dass ich der 
ich in dieser Gedankenfolge lebte, ein fast schmerzliches Gefühl 
empfand, als ich vernahm, dass die Klinik, und es versteht sich, 
jene Klinik, welche die Nothwendigkeit proclamirt, beim Studium 
der Kranken alle nur möglichen Hülfsmittel, auch die des Labora- 
tenums, anzuwenden, und welche sich dieser Hülfsmittel jederzeit 
zu bedienen versteht, die pathogenische, durch die neue Anwendung 
der besetze des Cyclus dargestellte Erklärung der Sommer-Herbst- 
heber mit ausgesprochenem Misstrauen aufnahm und ihr dann 
nach und nach eine scharfe Kritik entgegensetzte, um in der Folge 
zu Schlüssen zu gelangen, die eine hinreichende bündige Leugnung 
implicirten! Und ich war um so mehr erregt, als die Kritik, durch 
einen reichen Schatz von Beobachtungen unterstützt, gerade von 
r ausgmg, der Du meine Gesetze angenommen und zu ihrer 
utze auch den grundlegendsten unter den Beweisen, die von 
hattest ,Un ^ Laboratorium geliefert werden konnten, vorgelegt 

In der That, Behauptungen von erdrückendem Gewicht schienen 
... ie ’ ^Iche in Deiner jüngsten Veröffentlichung über nicht 
paroxysmale Hämoglobinurie erscheinen. 1 ) 

dip e ?l r !' ^t. Du wolltest in jene Schlussfolgerungen 

dpi* i-r . ^ orstellung von der Malariainfection, wie sie aus 

für Erfahrung hervorgeht, aufnehmen, so halte ich es 

kier wenigstens die hauptsächlichsten unter jenen 
ynthetischen Merkmalen wiederzugeben, z. B. folgende: 
oh ” * SS .® ls weilen schwere Fieber mit Malarianatur eintreten, 
wärfl a ^ ererst © n Tagen irgend Jemand in der Lage 

festzustellen* **** * or k an dönsein der pathogenen Mikroorganismen 

Anzahl 


Anzahl q ® ie > weiln mau sie endlich gefunden hat, in so geringer 
der Mpim-n re j können, dass jeglicher Zusammenhang zwischen 
desEtoJL en ^°^°k^lärer Parasiten einerseits und der Schwere 
rs andererseits ausgeschlossen ist; 

trotzdpm & rif IC n m ? lute vie i® Malariaamöben finden können und 
dem Vnrhanü ^ r ^. ani . sraus .fr® 1 vom Fieber ist, welches nicht von 
dficc . eas ® In J ener innerhalb der Blutkörperchen abhängt; 
der rothun^pi n ® e ^ inn ® des Anfalles nicht mehr innerhalb 
junee Amni> 0 u ^orperchen weder Amöben in Spprulation, noch 
fortgeschritten ®nden: nichts! Letztere beginnen sich erst beim 
^escünttenen Paroxysmus bemerkbar zu machen: 

* b ln (ea Fällen von experimentellem Malariafieber, welche 


v on mir 


Formen manc h e i die sich selbst mit schweren 

globulärer Pnw» e -*’ k. eim ® e &i nne des Fiebers keine Form endo- 
iicher Anzahl auf zeigten; diese traten erst s Pät und in spär- 


uurie etc. VprfinVäi’ ^ C ’ UÜI e,uen rau n,cnt paroxysmaler üämoglc 
Leipzig 1892. lun g en des XI. Congresses für innere Medicin 


G. Baccelü 


Ueber einen Fall nicht paroxysmaler Hämoglobi- 


317 


„dass der Tod durch Malariainfection möglich ist, ohne dass 
vorfln“en CI “ reU lren<leD B1 “ te ^ bokannten Fo ™*en des Hämatozoons 

t, .,»onöthig hier hervorzuheben, dass, während diese 
? Igerunge . n m . lt Gesetzen, welche, was die gewöhnlichen 
Fprmeli mtermittirender Malariafieber anlangt, im allgemeinen als 
genau anerkannt sind, m vollkommener Disharmonie stehen, sio 
gleichzeitig einen bündigen Widerspruch zu denjenigen Thatsachen in 
sieh sohhessen, welche die Grundmerkmale der Lehre darstollen 

H^riir^°-^ Z . Ugl “ h , der parasiUr °n Pathogenese der Sommer- 
Herbst-Malariaheber m diesen letzten Jahren in so vielen Veröfifent- 
Uchungen entwickelt worden ist. (Schneller und schnellster Cyklus 
dor Sojnmer-Herbst-Ainöben.) ** 

Wenn ich mich, so fundamentalen Widersprüchen gegenüber 
mancher Bedenken nicht erwehren konnte, so geschah das wie ich 
meine, wenigstens nicht ohne den Anschein eines Grundes. 

In der That hatte bisher den Werth einer unbestreitbaren 
lhatsache dl e, dass die klinischen Kundgebungen ein constantes 
Gegenstück m den Vorgängen haben, welche sich im circulirenden 
Blut entwickeln, so dass aus der Untersuchung dieses ein Schluss 
auf die Entwicklung jener Kundgebungen möglich ist, wie sollte 
ich da nicht die aus einem jeden der vorgenannten Schlüsse fol¬ 
gende und in dem letzten genau formuiirte Behauptung äussorst 
schwerwiegend finden, dass die schwersten klinischen Kundgebun¬ 
gen der Malariainfection, die intensivsten Anfälle von intermit- 
tirendem Fieber und auch „der Tod durch Malariainfection möglich 
sind, ohne dass sich im Blute die bekannten Formen des Hämato- 
zoons vorfinden?“ 

Die Frage war sowohl für die medicinische Wissenschaft als 
für die medicinische Praxis allzu schwerwiegend, als dass sie 
mich nicht ernstlich hätte beschäftigen sollen, und folgender Doppel¬ 
schluss schien sich mir aufzudrängen: entweder das Gesetz der 
Ueberemstimmung des parasitären Cyklus mit dem klinischen Ver¬ 
lauf der intermittirenden Malariafieber ist nicht richtig, oder die 
gegebenen Thatsachen, welche jenem Gesetz so offenkundig wider¬ 
sprechen, sind irrig . . da nun aber das Gesetz als richtig aner¬ 
kannt ist, so ist anzunehmen, der Irrthum liegt im zweiten Theile 
des Schlusses. Das ist nun gerade ein Falk in welchem das, was 
man logische Strenge nennen würde, direkt auf eine falsche Strasse 
führte! Denn hier lag der Fehler nicht iu den im Doppelschlusse 
enthaltenen thatsächlichen Elementen, die alle richtig w r aren, son¬ 
dern in der Form des Schlusses. Es war au Stelle des zweiten 
Theiles zu setzeu: „. . . oder in der Kette unserer Kenntnisse 
existirt eine Lücke, welche dadurch, dass sie verhindert, die ganze 
Continuität der Thatsachen wahrzunohmen, einen Widerspruch da 
erblickt, wo vielleicht kein Widerspruch vorhanden ist.“ 

Und iu der That ist es gerade ein dunkler Punkt, der Ursache 
des schweren Abirrens war, auf das ich in diesen Zeilen hinge- 
wieson habe! 

Ein neues Beispiel, welches bew*eist, w*ie man bei den wissen¬ 
schaftlichen Folgerungen vielmehr als auf das, was als scrupulöses 
logisches Gesetz erscheint, auf die streng constatirten That¬ 
sachen Werth zu legen hat. Diese sollen in Klinik oder Labora¬ 
torium festgestellt werden und unerschütterlich solche bleiben, wie 
sehr sie auch vielleicht gegen das, w r as man ipi allgemeinen für 
wissenschaftliche Logik hält, verstossen mögen. 

Ein identischer Gedanke ward von Dir geäussert, als Du be¬ 
hauptetest, man müsse bei den Injectionen vom Bekannten zum Un¬ 
bekannten fortschreiten, und dann dem Versuche, in das durch die 
Autorität unserer erleuchtetsten Vorgänger geweihte Krankheitsbild 
Veränderungen einzuführen, Deine Weigerung entgegensetztest, 
weil noch nicht mit genügender Genauigkeit eines der fundamentalen 
Verhältnisse der Frage bestimmt ist. — Ebenso könnte ich mich 
Dir anschliessen, als Du, gorade bei Gelegenheit der sogenannten 
Sommer-Herbst-Quotidian- und Tertianfieber, die man in das Krank¬ 
heitsbild einführen w r ollte, folgendemaassen die Frage stelltest: 
„Könnte man von dem Studium der Phasen einer bestimmten 
Hämatozoonart ausgehen und die Klinik einigen Phasen der para¬ 
sitären Entwicklung, die nicht vollkommen bekannt sind, unterzu¬ 
ordnen und ihr so neue Formen von Fiebertypen aufzudrängen? 
.**. . oder können wir, von mehr oder weniger bewiesenen 
Sporulationen und von dem mehr vermutheten als demon^ 
strirten Zeitabschnitt ausgehend, Tertianen oder Quotidianen 
Fieber nennen, die es nicht sind oder die sich von diesem Typus 
entfernen? . . Nur die Logik möge darauf antworten: So w ürde 
man vom Unbekannten zum Unbekannten vorschreiten, die Klinik 
dem Laboratorium unterwerfen, es würden sich die Rollen durch 
übertriebene Anforderungen umkehren . . . Deshalb müssen die 
Kliniker diese Methode durchaus ablehnen!“ 

In Wahrheit jedoch w r ürde es sich hier nicht um eine Unter¬ 
werfung der Klinik unter das Laboratorium oder dieses unter jene, 
w r ohl aber um wissenschaftliche Methode handeln. Niemand wird 


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318 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


es wagen, zur Methode zu erheben, dem Kliniker oder dem Labora- 
toriumsforseher ein neues Gesetz auferlegen zu wollen, wenn die 
Thatsachen, von denen das Gesetz ein natürlicher Ausfluss sein 
müsste, „mehi* oder weniger bewiesen . . . oder mehr vermuthet 
als demonstrirt“ wären. 

Was in Betracht gezogen werden muss, ist vielmehr das, ob 
der gewünschte Charakter von Genauigkeit Thatsachen eigen ist, 
die bisher die Grundlage der parasitären Lehre der Somraer-Herbst- 
fieber (Cyklus der Sommer-Herbst-Amöben in 24 bis 48 Stunden) 
dargestellt haben, und ob dementsprechend eben diese Lehre an¬ 
nehmbar ist, oder ob sie zum Theil abgeändert werden muss, da 
irgend ein bisher nicht beachtetes Verhältnis oder ein solcher 
Coöfficient vorhanden ist. 

Wie aus den bisherigen Hinweisen hervorgeht, wurden nicht 
nur von Dir und Deiner Schule Erklärungen gemacht, die der 
Zulässigkeit der Lehre entgegen standen, sondern es ging auch von 
Dir eine Lehre aus, welche Dein individuelles Gepräge trug; das 
musste auch nothwendigerweise von Seiten eines Mannes geschehen, 
der, nach langer Untersuchung der Frage, sich von derselben eine 
klare Vorstellung hatte machen können und sie, so zu sagen, nach 
ihren vielfachen Seiten hin beherrschte. 

Mit der zwingenden Logik der erwiesenen Thatsache bist Du 
von der einfachen Kritik zur doctrinären Reconstruction fortge¬ 
schritten, Kritik und Reconstruction, die nicht nur die klinische 
Seite, sondern auch die parasitäre Krankheitsentstehung betrafen. 

Betreff dieses Punktes muss ich Dir das Wort lassen: „Die 
Fieber, welche Marchiafava, Celli und Bignami Sommer- 
Herbst-Quotidianen und Tertianen genannt haben, sind — so 
finde ich in einer Deiner jüngsten Mittheilungen geschrieben — 
unregelmässige Fieber. Die Klinik, dem nosographischen und 
besonders thermoskopischen Kriterium huldigend, vermag den 
Namen Quotidianen für Fieber, welche nicht Quotidianen und den 
von Tertianen für Fieber, welche nicht Tertianen sind, nicht an- 
zunohmen. 

Es handelt sich vielmehr meistens um verlängerte Anfälle, 
welche in ihren thermographischen Curven nicht unbedeutende An¬ 
zeichen von Schwächer- und von Stärkerwerden zeigen; und da 
der apyretische Zwischenraum, welcher einen Anfall vom anderen 
trennt, im Verhältniss zu dem langen Fiebern kurz ist, so haben 
sie nicht den Quotidian- und noch viel weniger den Tertian- 
typus. 

Deshalb hält der Versuch, neue Typen, nämlich die Sommer- 
Herbst oder maligne Quotidiana und Tertiana zu schaffen, vor der 
Kritik nicht stand, so lange nicht jede Classification auf Grund¬ 
lage der Nosographie und Thermoskopie abgeschafft ist, um durch 
eine neue, auf die Parasitologie gegründete, ersetzt zu werden. 
Aber dies ist für jetzt verfrüht. Verlangte man aus Neuheits¬ 
drang, aber ohne nothwendige Veranlassung nach einem approximativ 
Ausdruck verleihenden und weniger ungenauen Namen, so könnte 
man jene Fieber Sommerbiduen nennen. 

Es giebt keinen Schriftsteller der römischen Fieber, der nicht 
an der Thatsache festgehalten hätte, „dass während des Sommers 
und beim Beginn des Herbstes die intermittirenden Fieber fast 
stets eine grössere Schwere annehmen.“ 

An dieser Stelle ist es, wo Du den Gedanken vorbringst, 
„dass die pathogenen Mikroorganismen der Malaria, unter be¬ 
stimmten autochthonen Bedingungen, auch in der Winter- und 
Frühlingssaison, grössere Giftigkeit annehmen können, eine Giftig¬ 
keit, die durch das blosse morphologische Kennzeichen 
des Parasiten angedeutet, aber nicht bewiesen werden 
kann . . .“ 

Hier wird schon ausdrücklich ein specieller und ziemlich 
wichtiger Coöfficient ins Feld geführt, dessen Bedeutung hinsichtlich 
anderer Parasitenklassen und anderer infectiöser Krankheiten wir 
wohl zu schätzen gewohnt sind, der aber bisher hinsichtlich der 
Malaria nicht in Betracht gezogen worden ist. 

Doch ich fahre mit den Ausführungen fort, da ich auch über 
die nosogenetischen Gesetze berichten muss, wie sie, bei Behandlung 
des Mechanismus der Malariainfection, von Dir formulirt wurden: 

„Nachdem wir wiederholt die klinische Erfahrung zu der 
mikroskopischen Beobachtung in Beziehung gesetzt haben, haben 
wir uns überzeugt, dass die Lehre des nosogenetischen Processes 
noch nicht völlig bekannt ist. 

„Nichtsdestoweniger, wenn wir die Schäden betrachten, welche 
im menschlichen Organismus durch das Causalelement oder die 
Malariaamöbe und durch seine toxischen Producte hervorgebracht 
werden, so können wir sie auf zwei verschiedene Processe zurück¬ 
führen, nämlich. 

a) die stufenweise Zerstörung der rothen Blutkörperchen in¬ 
folge des Vorhandenseins eines Parasiten, welcher auf ihre Kosten 
lebt: Dieser Vorgang stellt bei der Infection die morphologische 
Hämodyskrasie dar; 


b) das Sichverbreiten der Sporen und ihrer toxischen Pro¬ 
ducte (Nucleoalbumine ?) im Plasma, ein Vorgang, welcher die 
chemische Hämodyskrasie darstellt. 

„Die morphologische Hämodyskrasie vergrössert sich in mehr 
oder weniger bedeutenden und verschiedenen Proportionen durch 
Zerstörung der rothen Blutkörperchen, durch Umwandlung des 
Hämglobins in Tigment, durch Zerstreuung der Residuen dieser 
rothen Blutkörperchen im Plasma, durch den gehinderten Ueber- 
gang des Hämoglobins in Oxyhämoglobin in den invadirten Blut¬ 
körperchen, und ihre Schäden schreiten von den noch gut zu 
machenden Läsionen in der Richtung der systematischen Hypo- 
globulie und progressiven Anämie bis zur ausgesprochenen Kachexie 
fort. 

„Umgekehrt wirkt die durch die chemische Vergiftung des 
Plasmas hervorgerufene Vergiftung (Nucleoalbuminhämotoxino?). 
Im Augenblick der Sporulation der Malariaamöben trifft das ver¬ 
giftete Plasma das Nervensystem im allgemeinen und das Geflecht 
des Sympathicus im besonderen, und folglich dio Drüsenepi- 
thele etc.“ 

Folgendes sind ny.n die von Dir formulirten nosogeniscken 
Gesetze, den Mechanismus der Malariainfection betreffend: 

I. „Die junge endoglobuläre Malariaamöbe ist nicht Ur¬ 
sache des Fiebers. In der That beginnt man die jungen endoglo- 
bulären Amöben erst am Ende des Fieberparoxysmus und in den 
ersten Stunden der Apyrexie zu beobachten. 

II. „Die erwachsenen, endoglobulären, pigmentirten oder nicht 
pigmentirten Amöben erregen nicht durch sich selbst das Fieber. 
Sie finden sich nämlich nur in der Endperiode der Apyrexie. 

IH. „Das Fieber ist das ausschliessliche Product der chemi¬ 
schen Vergiftung des Plasmas, welches gerade in jenem Momente 
durch die bei der Sporulation der Parasiten hervorgebrachten 
Toxine vergiftet wird. 

IV. „Die Dauer des Fieberparoxysmus steht sehr wahrschein¬ 
lich in Beziehung zur Zeit, welche nöthig ist, damit die toxischen 
Producte der Parasiten durch Nieren, Haut, Leber, Lunge abge¬ 
sondert werden.“ 

„Die Nosogenie des Malariafiebers ist wesentlich 
und einzig chemischerNatur“, das ist das synthetische Grund¬ 
merkmal, welches Du, wie einen Folgesatz, aus den früher forrnu- 
lirten Gesetzen hast hervorgehen lassen, und es ist überflüssig zu 
sagen, dass diese chemische Anschauung auch nach meinem Ur- 
theil sich als die der Erklärung der Thatsachen entsprechendste 
darstellt. Und nicht weniger befriedigend, wegen der logischen 
Erläuterung der mit den mikroskopischen verglichenen klinischen 
Thatsachen, ist die entsprechende Hypothese, dass die grössere 
Schwere, welche die Sommer-Herbstfieber mit aussergewöhnlicher 
Heftigkeit anzunehmen neigen, mit einer grösseren Giftigkeit, die 
event. von den Malariaamöben angenommen wird, verbunden ist. 
Nur dass weder diese noch jene Ansicht, auch vereint, uns bei 
dem gegenwärtigen Zustand der Kenntnisse dio vollkommene Lö¬ 
sung des Problems, welches uns beschäftigt, zu liefern vermögen. 
Es mag genügen zu erwägen, dass der Gedanke an das Erscheinen 
eines Giftes fty* uus unauflösbar mit dem der Segmentation in 
Wirklichkeit verbunden ist; wie könnten wir uns nun ohne weiteres 
inbetreff dessen, was die Sommer-Herbstfieber klinisch und para¬ 
sitär an Aussergewöhnlichem bieten, beruhigen, wenn man sich 
nur erinnert, dass für die sogenannten, im Blute circulirenden 
Sommer-Herbstamöben die Segmentation mit dem wohlbestimmten 
Ablauf von 24 oder 48 Stunden bisher eher eine Hypothese als 
eine streg bewiesene Thatsache ist; und wenn sogar die schwersten 
Fieberanfälle anheben können, während der parasitäre Befund im 
circulirenden Blut durchaus negativ ist? 

Das ist der Grund, weshalb für den Augenblick, wie mir 
scheint, Deine andere Behauptung deutlicher hervorgehoben werden 
muss „dass die Lehre des nosogenetischen Processes der Malaria¬ 
fieber noch nicht völlig bekannt ist.“ (Fortsetzung folgt.) 


V. lieber die moderne Behandlung von 
Krankheiten mit Gewebsflüssigkeiten. 

(Hoden-, Schilddrüsen-, Pankreas-, Herren-, Herz- nnd 
Nierensaft.) 

Von Prof. Fürbringer in Berlin. 

(Schluss aus No. 13.) 

Damit schliesst mein Bericht über die gegenwärtige Gestaltung 
der Testikelsaft- und Spermintherapie. Zähle auch ich zu denjeni¬ 
gen, welche in derselben eine Aufforderung zu weiteren systema¬ 
tischen klinischen Versuchen erblicken, so darf ich doch keineswegs 
verhehlen, dass gerade meine früheren Versuche mit einer Flüssig¬ 
keit, welche durch Einschluss von Prostatasaft alle möglicherweise 
wirksamen Bestandtheile im Sinne Brown-Söquard’s und Poehl’s 


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5. Ap ril. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


vereinigte, in ihrem fast völlig negativen Resultat der ganzen Lehre 
nicht sonderlich günstig sind. Ich meine hier weniger den Miss¬ 
erfolg in Bezug auf den Begriff der Verjüngungscur und Heilung 
der Impotenz — hier hat mir die jüngste Litteratur trotz einiger 
krampfhafter agonaler Bewegungen endgültig zugestimmt — als 
vielmehr die Seltenheit, mit welcher ein „tonischer Effect“ auf das 
Allgemeingefühl und das Herz überhaupt auffällig wurde. Und 
was wäre dem erfahrenen und unbefangenen Arzte geläufiger, als 
die Leichtigkeit, mit welcher gerade Neurastheniker und Phthisiker 
der Autosuggestion zugänglich sind. Sie pflegen, wie Posner 
mit Recht bemerkt, auf jede neue Cur im Anfang günstig zu 
reagiren. — ^ 

Wenden wir uns nunmehr zur Schilddrüsencur bei Myx¬ 
ödem, so begegnen wir, gleich hier sei’s gesagt, einer Lehre welche 
auf ein zwar kürzeres, aber offenbar kraftvolleres Leben ’zurück- 
schaut. Hier sind die rationellsten und gediegensten wissenschaft¬ 
lichen Grundlagen gegeben. Was den bekannten, noch immer mit 
Recht viel gefeierten Zusammenhang der Krankheit mit der Schild¬ 
drüsenfunction anbelangt, so lassen Sie mich, meine Herren, vor 
allem an die einschlägigen Verhandlungen im letzten internatio¬ 
nalen medicinischen Congress vor vier Jahren erinnern. Hier schloss 
der Referent Ord mit einem Hinweis auf die Behandlung des Myx¬ 
ödems bezw. derKachexia strumipriva mit Implantationen von 
Schilddrüsengewebe, verwies Mosler als Correferent auf den 
Weckruf Virchow’s, durch welchen sich in Deutschland das Inter¬ 
esse der internen Kliniker und Chirurgen dem Studium der eigen¬ 
artigen Erkrankung zugewandt, gedachte endlich Horsley in der 
Discussion der neuen Drüsentransplantation „first performed by 
Kocher and Bireher.“ Die befruchtende Entdeckung der Iden¬ 
tität der operativen Entkropfungskachexie mit dem spontanen Myx¬ 
ödem danken wir Reverdin und Kocher. Hier setzen die grund¬ 
legenden Untersuchungen ein. Neben den wichtigen, theilweise 
mit Erfolg gekrönten Versuchen der letztgenannten Autoren (die¬ 
jenigen Kocher’s liegen rund zehn Jahre zurück) und neben den 
Bemühungen Horsley’s, an Stelle der sckwerbeschaffbaren Schild¬ 
drüse des Affen, die mit der menschlichen noch die meiste Ana- 
Iojpe zeigende des Hammels in den Dienst der menschlichen 
lherapie zu stellen, ist vor allem der Thierexperiraente Schiff’s 
und v. Eiselberg’s zu gedenken. Letzterer vermochte die durch 
q 6 Experimentalversuche gewonnenen Anschauungen 

hc um ZU ^tätigen, dass man den Gefahren der Exstirpation 
aer .“ rilse be g e gnen konnte, wenn man die Schilddrüse eines 
zweiten Thieres aus derselben Species in die Bauchhöhle implan- 
tirte und in lebensfähigem Zustande zur Anheilung brachte. 

Unter solchen werthvollen Motivirungen durch das rationelle 
Experiment blieb der Mahnruf Horsley’s, die Methode bei dem 
perativen Myxödem und dem sporadischen Kretinismus zu erproben, 
ic ohne nachdrücklichsten Nachhall. Ja es drängten sich trotz 
aer relativen Seltenheit der Krankheit die klinischen Berichte über 
u i Politischen Erfolge des neuen Curverfahrens. Selbstverständ¬ 
lich! mied man die Einführung des Drüsenparenchyms in die Bauch- 
üie und benutzte den Unterhautraum. so Bettencourt und 
riips n( \r ? nnelon g ue , Maepherson, Merkleji und Walter 
theilen ^ ausgesprochene Besserungen der Behandelten mit- 

assa ^ e b 01 Hunden nach vorgenommener Thyreoid- 
o aur , intravenöse Injection von Schilddrüsensaft eine 
wahr-p 1 ? 1 ^ ; m u d se ^b s ^ Verhütung der Entwickelung der Kachexie 
tatiou P n? 1C K h ^“’ lsfc es Murray gewesen, der die Implan¬ 
saft pr^f^u 1 ? su b cu tanenInjectionen von Schilddrüsen- 
DrikPtinf“ 1 u hat ‘ Letzteren gewann er durch Extrahiren des 

vorsich^? ChymS o lfc carbolisirt em Glycerin. Er selbst, etwas 
Bessern™ ? s ?l nen Schlüssen aus Anlass der bisweilen spontanen 
°esmung der Krankheit, i-i - * • 

berichten 


. glaubte gleichwohl von bemerkenswerthen 
von klimSßn vr-^u 61 - 1 ! ZU sollen ’ und nun fol gf eine lange Suite 
White 1 '! mnH^ ac b ihnen führte die (später von 
jungen fR ar ? lficiI l5 Murray’sche Methode ausgesprochene Besse- 
wick de Bocels, Carter, Davies, Fen- 

Bramweli^ pV ^obin, Shaw, Vermehren, Wichmann, 
Davis q ! i^S. 8 * 0 ®» Lundie > Affleck, Bruce, Dunlop, 
Baterson tun* 0U T !} S ’ T ho m son, Starr, Carmichael, Ord, 
kommene Wii 11 er ’ ^ irk ) selbst fast vollständige bis voll- 

Church p*‘ angen (?, e . att y- Chopinet, Lundie Laache, 
erinnerlich co ;„ nai ^ , 1 AIi 11 er) herbei. Wie den Herren noch 
«fiesem Verein . aucdl ^ err College Mendel uns in 

an die Behamii» 6 18 ? 1 emen bemerkenswerthen, in Anschluss 
ich durch ^^b^ verbesserten Fäll vorgestellt, von dem 

gehalten. ^ lche Mltt beilung erfahren, dass die Besserung an- 

Schafe 250' £ ewiIln t aus vier Schilddrüsen vom 

1 ccm einvarleibt w i I J 8 ^® 881 S k eit, welche in täglichen Dosen von 0,5 bis 


___ 31 9 

, En u Il( i h mac T llt . e a . uch das oaturgemässe Bestreben, an Stelle 
die Schild^ 11 Inje f 10n die A PPÜcatio per os zu setzen, Schule: 

genossen roh, gekocht, als Extract, als 
Fulver (in White s compnmirten Tabletten) als „Sandwich“ und 
von iT* de w ne ™ ste * Mittheilungen von Mackenzie und Fox’ 
von Bugs, Howitz-Vermehren, Kocher, Laache, Rehn u a' 
entnehmen wirkte der Drüsenschmaus im Princip nicht anders wie 
die Einspritzung des Saftes in den Unterhautraum, 
ivo. lie g t , mi L. fei ‘ n ’ hier einen Auszug der trotz mannigfacher 
Differenzen des Einzelfalles eintönigen klinischen Berichte über 
den Status der Krankheit vor und nach der Behandlung zu geben 
Nur das glaube ich herausheben zu sollen, dass in der Besserung 
der Krankheitserscheinungen, welche die Opfer des Schilddrüsen- 
mangels dargeboten folgende mehr weniger gemeinsame Momente 
gegeben sind: Abnahme des Myxödems an sich und damit des 
Körpergewichts, Hebung des Pulses und der Temperatur, wohl auch 
der Respirationsfrequenz, Zunahme der Harnausscheidung 1 ) und 
der Harnstoffausfuhr, Förderung des Waehsthums (bei Kindern)- 
was vor allem sinnfällig, der Kranken blöder Ausdruck schwand 
sie wurden redseliger und ihrer physischen Verstimmung ledig, und 
selbst die Intelligenz kehrte wieder. 

Die Theorie der Wirkung des Heilverfahrens hängt selbst¬ 
verständlich mmg mit derjenigen der Pathogenese des Myxödems 
zusammen. Wenn auch den in dieser Beziehung geäußserten zahl- 
reichen zum Tlieil geistvollen Anschauungen (Bruns, Horsley 
rühr, Munk, Ewald u. a.) mannigfache Widersprüche zur Seite 
gehen, so viel scheint gesichert: Es handelt sich um den Mangel 
einer specifischen Substanz, welche, von der Sohilddrüse er¬ 
zeugt, zur Erhaltung der Gesundheit nothwendig, insbesondere für 
die Himfunctionen von grösster Bedeutung ist. Diesem Mangel 
von „Thyreoidin“ hilft die Zufuhr der Drüse oder ihres Saftes 
ab. Also kommt in erster Linie eine chemische Substitutions¬ 
wirkung in Frage. Das illustriren auch die Thierexperimente 
Eoucbards, der bei 13 Hunden die Schilddrüse exstirpirte und 
alle 13 Organe in die Bauchhöhle eines gesunden Hundes implan- 
tirte. Dieser überlebte seine 13 Gefährten, welche in vier bis fünf 
Tagen der Cachexia thyreopriva erlagen, um Wochenfrist, ohne dass 
die Schilddrüse zur Einheilung gelangt wäre. Aus seinen Doppel¬ 
exstirpationen von Milz und Schilddrüse, denen keine Cachexia 
folgte, schliesst Zanda auf ein giftiges Stoffwechselproduct der 
Milz, das Myxödem deshalb nicht erzeuge, weil es durch die Function 
der Schilddrüse unschädlich gemacht werde. Also wieder eine 
richtige Entgiftungstheorie. 

Das der Hauptinhalt der einschlägigen Litteratur, 2 ) die aus 
eigener Erfahrung zu bereichern mir nicht vergönnt ist. Die Selten¬ 
heit des Myxödems in unserem Vaterlande rechtfertigt das ohne 
weiteres. 

Wir würden, das ist meine vorläufige Meinung, schon jetzt 
mit unbedingter Genugthuung auf den Triumph dieser neuen, wirk¬ 
lich rationellen, viele gewichtige Lobredner zählenden Therapie 
blicken können, wenn nicht die kurze Zeit ihrer Existenz und das 
unvermeidliche Princip der Wandelungen der Anschauungen über 
neue, auch noch so gediegen fundirte Curen zur Vorsicht in Bezug 
auf praktisch-klinische Folgerungen mahnte. Und da scheint sich 
schon jetzt, wie dem aufmerksamen Späher in der Litteratur nicht 
entgehen kann, der hinkende Bote in den Glanz der Versammlung 
der Gesinnungsgenossen drängen zu wollen. Nicht dass die ver¬ 
einzelten Angaben von der schmerzhaften Application der In- 
jectionen bezw. lokalen Abscessbildung, Exanthemen, Kopf¬ 
beschwerden, Magen- und Darmstörungen viel auf sich hätten, aber 
Clarke lehnt überhaupt für seine Fälle einen Erfolg ab, Thomson, 
Stewart, Laache, Rehn, Bruce und Vermehren berichten von 


l ) Die starke diuretische Wirkung imponirte Fenwick dermaassen. 
dass er einen wesentlichen ätiologischen Zusammenhang des Myxödems 
mit einer Nierenerkrankung aunahm. Wie neuerdings Napier und Ver¬ 
mehren durch Stoff wechsel Untersuchungen an drei Myxödemkranken 
ausfindig machten, bewirkte das „Thyreoidin“ einen ausgesprochen ver¬ 
mehrten Umsatz der X-haltigen Bestandteile. Die Resultate führten 
zur Annahme eines Parallelismus mit der Senilität. 

*) Nachträglich finde ich noch eine sehr bemerkenswerte Mitteilung 
neuesten Datums von Leichtenstern über einen mittels (Hammel-) 
Schilddrüseninjection und Fütterung erfolgreich behandelten Fall von 
Myxoedema operativum. Es ist das der erste derart behandelte Fall von 
Entkropfungskachexie; er betrifft eine 38jährige Patientin und ist auf das 
denkbar eingehendste, mustergiltig erschlossen. Man kann, von der per- 
sistirenden Anämie abgesehen, geradezu von Heilung sprechen: „Vergleiche 
ich ihren heutigen Zustand mit dem traurigen Siechtum zur Zeit des 
(zehnjährig m) Myxödems, so kann ich, wie Howtrey-Benson in seinem 
Falle, so auch von meiner Kranken sagen: The is now a new erraturo!“ 
Der Autor giebt in dieser Abhandlung zugleich einen dankenswerten, die 
Schritte von Erkenntniss zu Erkenntniss vollständig aufdeckendon 
Litteraturbericht, der bis ins Jahr 1873 zurückdath’t. auf den hiermit 
besonders verwiesen sei. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHRIFT. 


stenocardischen Anfällen, Albuminurie, Schwächezuständen, bedenk¬ 
licher Anämie und selbst plötzlichem Tode nach Beginn der Be¬ 
handlung, und Hoffmann vermochte von dem Leichter- und Leb¬ 
hafterwerden seines Kindes nicht den Eindruck einer Besserung zu 
gewinnen, wurde im Gegentheil durch einen eigentümlichen 
kachektischen Zustand im Anschluss an die Behandlung beunruhigt 
und „möchte noch nicht für definitiv festgestellt halten, dass die 
Anwendung sich überhaupt empfiehlt“. Hierzu kommen nicht 
wenige Kundgebungen eines Nichfortschrittes anfänglicher erfreu¬ 
licher Besserungen, die Meldung einer Reihe von Todesfällen 
während der Cur bei der vorjährigen Discussion in der Edinburgher 
Medico-chirurgical Society (Murray, Foulis, Thompson) mit 
warnenden Mahnungen zur Vorsicht, Grund genug, abzuwarten 
und vorderhand überschwängliche Hoffnungen zu zügeln. Vollends 
scheint das dringend geboten gegenüber den Nachrichten von einer 
günstigen Beeinflussung von Krankheiten, welche mit dem Myx¬ 
ödem in mehr oder weniger lockerem Zusammenhänge stehen. Wir 
meinen die Erfolge der Schilddrüsensaftbehandlung, welche Putnam 
und Dill bei Akromegalie, Morbus Basedowii, Adipositas dolorosa 
upd Psoriasis erzielt haben wollen. Man denke, wie schnell man 
auch hier bei den heterogensten Krankheiten angelangt ist! 

Noch wesentlich jüngeren Datums als die Schilddrüsensaft¬ 
behandlung des Myxödems ist die mittels Pankreassaftzufuhr 
geleitete Therapie des Zuckerdiabetes. Sie folgt denselben 
rationellen, vor allem an die Minkowski’sche Lehre vom Zu¬ 
sammenhang der Krankheit mit der Functionsstörung der Bauch¬ 
speicheldrüse anknüpfenden Principien, wie die erstere, entbehrt 
indess der Grundlagen des Thierexperimentes fast völlig. Nur 
Thiroloix sah, dass zwei Hunde, denen er Bauchspeicheldrüsen 
transplantirt, nach der Exstirpation ihres Pankreas nicht glyko- 
surisch wurden, freilich aber recht bald starben. Auch die klinische 
dem Auslande angehörende Ausbeute ist einstweilen mager genug 
und nicht dazu angethan, einem auch nur vorläufigen Urtheile über 
Werth und Unwerth der ganzen Methode Vorschub zu leisten. 
Auch hier hat man einen Liquor pancreaticus in Gebrauch gezogen 
und die Drüse selbst genossen. Ueber zwei Fälle mit günstigem 
Erfolge berichtet, nachdem Comby kein Resultat gesehen, 
Mackenzie, insofern sich das Allgemeinbefinden hob, die Ham¬ 
menge verminderte, während die Zuckerausfuhr ihre frühere Höhe 
behauptete. Eine Abnahme zugleich dieser sahen Sibley, Römond 
und Rispal, sowie Battistini (mit fieberhafter Abscessbildung!), 
weniger ausgesprochene Veränderungen bezw. nur vorübergehende 
Hebungen des Körpergewichtes Wood, Haie und White. Leyden 
hat seine wenig ermuthigenden Versuche wieder eingestellt. Wood 
traf in einem Falle das Pankreas bei der Section normal an, ein wich¬ 
tiger — auch durch unsere Diabetikersectionen im Krankenhause 
Friedrichshain lebhaft begründeter — Fingerzeig auf die nicht selten 
unterlaufende Irrationellität des Verfahrens. Ob, wie Mackenzie 
will, die Behandlung auch wegen des Gehaltes des Pankreas an 
glykollösendem Ferment den im Blute vorhandenen Zucker' zu zer¬ 
stören geeignet ist, muss dahingestellt bleiben. 

Wir selbst haben zwei Diabetesfälle die neue Behandlung 
mittels eines von Riedel bezogenen Glycerinextractes (das Sie 
hier nebst Substanz sehen) Theil werden zu lassen begonnen, 
bislang ohne deutlichen Erfolg. Doch wurden die Injectionen relativ 
gut vertragen. Wie ich höre, hat auch Herr College Renvers im 
Krankenhause Moabit kein annehmbares Resultat erzielt. 

So weit die Drüsensäfte, denen sich noch einige andere Organ- 
exträcte anschliessen. In erster Reihe ist hier die ebenfalls der 
allerneuesten Zeit angehörende Einverleibung von Nerven Substanz 
zu therapeutischen Zwecken zu nennen, eine Heilmethode, der man 
die Vorzüge einer rationellen und einwandfreien Vorbereitung auf dem 
Wege des begründenden Experimentes meiner Meinung nach nicht 
vindiciren kann. V. Babes in Bukarest und Constantin Paul in 
Paris sind dieNamen, an welche sich das „neue therapeutische Wunder“ 
um einen Ausdruck Leyden’s zu wiederholen, anknüpft. Babes 
ging von seiner Beobachtung aus, dass gegen die Hundswuth ge¬ 
impfte gebissene Personen durch die Impfung nicht selten dieser 
oder jener älteren nervösen Erscheinungen ledig wurden, vermuthete 
als wirksames Agens die bei dieser Impfung zur Verwendung 
kommende Nervensubstanz und injicirte demnach mit Tomascu 
Nervenkranken ein nach dem Vorgang von Paul gewonnenes 
Extract der grauen Substanz von Kaninchen- und Schafhim. 
Während fünf Neurastheniker durch die mit Kohlensäure imprägnirten 
Glycerin-Bouillon-Emulsionen erheblich gebessert bis geheilt wurden, 
auch von neun Melancholikern fünf eine wesentliche Besserung er¬ 
fuhren, blieben nur bei einem von 11 Epileptikern die Anfälle 
längere Zeit aus. Die Injectionen scheinen, wenn auch nur in 
fremden Händen, keine geringe Zahl von Abscessen 1 ) verschuldet 
zu haben. 


Günstige Erfolge bei Epilepsie und Pseudohypertrophie der 
Muskeln meldet Felkin, bei Chorea Montagnon, bei Neurasthenie, 
allenfalls auch Tabes Althaus. Doch negirt dieser Autor jede 
Wirkung bei Epilepsie und Gehimlähmung. Erfolge bei den ver¬ 
schiedensten chronischen Krankheiten glaubt Moncorvo gesehen 
zu haben. 

Bei Tabes, Myelitis und allgemeiner Schwäche rühmt Onimus 
in Monaco nach seinen Beobachtungen die Einverleibung eines 
Extractes aus dem Rückenmarksgewebe, und Hammond, welcher 
auf dem Wege einer langdauernden Maceration von Ochsenhirn 
mit Glycerin, Borsäure und Alkohol ein „Cerebrin“ gewinnt, meldet 
von der Heilwirkung dieses Mittels bei verschiedenen Nervenkrank¬ 
heiten ganz ähnliche Resultate wie Brown-Söquard von seinem 
Hodenextract. 

Keinerlei objective Veränderungen bei Lähmungen und neur- 
asthenischen Zuständen sah Nege 1 bei Befolgung der Paul’sehen 
Methode. Gewisse subjective Besserungen traten auch bei Injec- 
tionen von Aqua destillata auf. Also „Autosuggestion“! 

Für mich ist es keinem Zweifel unterlegen, da6S hier bereits 
ein Mysticismus untergelaufen, welcher der Behauptung, Ochsenhirn 
belebe die atrophischen Nerven, mit gewissem Rechte die Frage 
entgegenstellen lässt, ob nicht auch die Gefahr vorhanden, dass 
Eigenschaften des Denkorgans des Wiederkäuers auf die Behandelten 
übergingen. Ich kenne in der That Existenzen, welche sich aus 
diesem Grunde weigerten, Kalbshirn zu gemessen. 

In den allerersten Anfängen schwebt die mit „Kurdin“ und 
„Nephrin“ geleitete Heilmethode, weshalb ich mich sehr kurz zu 
fassen vermag. Erstere Substanz gewinnen die bereits genannten 
Onimus und Hammond aus dem Myocard, insbesondere des 
Rindes, das nach der Methode des letzteren — unglaublich — acht 
ganze Monate lang maceriren muss. Um so erstaunlicher die 
Heilwirkungen des subcutan injicirten und genossenen Extracts 
bei Herzschwäche, Orthopnoe, Herzneurose etc., denn „Kardin“ 
ernährt die Herzsubstanz, der es infolge der Erkrankung am noth- 
wendigen Princip gebricht! 

Mit „Nephrin“ — Sie wissen bereits, was das Mittel darstellt, 
ohne dass ich es nenne — erzielte Dieulafoy eine vorübergehende 
Besserung bei einem Urämiker, der gleichwohl starb. Brown- 
Söquard, der auch schon die Behandlung von Leberkrankheiten 
und Muskelschwäche mit, sagen wir „Hepatin“ und „Muscu- 
lin“ andeutet, hat der Nephrintherapie eine experimentelle Grund¬ 
lage zu geben nicht gezögert: Thiere mit exstirpirten Nieren er¬ 
hielt er bei gleichzeitiger Injection von Nierensaft länger am Leben. 
So muss es ja auch sein, denn bei Nierenkrankheiten ist die 
„innere Secretion“ („äussere Secretion“: Harnabsonderung) gestört 
und das Nephrin schafft für dieselbe einen Ersatz. Die Urämie 
beruht auf einem Mangel der durch diese innere Secretion normaler 
Weise dem Blute gelieferten Bestandteile. 

Die Methode anlangend steht endlich der heute schon so oft 
genannte Forscher nach seinen jüngsten Aeusserungen zur Sache 
nicht an, der Application unserer Organextracte per rectum, und 
sogar per pulmones durch den Kehlkopf als einem bei dem 
nöthigen Geschick für den Patienten weder gefährlichen noch unan¬ 
genehmen, schnell und sicher wirkenden Verfahren das Wort zu reden. 

Ich bin am Ende und bitte Sie, m. H., mich der bereits ge¬ 
übten Kritik im einzelnen noch einige Worte meines allgemeinen 
Urtheils über die aetuelle Therapie mit Gewebsflüssigkeiten zufügen 
zu lassen. 

Ist es auch keinem Zweifel unterworfen, dass die Wiege dieser 
oder jener „Heilmethode“ zugleich zu ihrem Grabe geworden, so 
handelt es sich doch im grossen und ganzen um Darbietungen, 
deren inneren wissenschaftlichen Kern wir respectiren 

müssen. Dies gilt insbesondere von der Myxödembehandlung durch 

Schilddrüsensaft, und es ist lebhaft zu bedauern, dass gerade diese 
Krankheit in unserem Vaterlande so selten auftritt. Auch die 
Poehl’sehe Sperminlehre darf, wenn auch die „Söquardin-Therapie 
über die erklärbare physiologische Wirkung hinausgeht (Kahane), 
nicht ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden. Aber, um mich 
des Naunyn’sehen Schlusswortes über die Koch’sehe Tuberkulin¬ 
behandlung auf dem X. Congresse für innere Medicin zu erinnern, 
„was die Erfolge der Behandlung anlangt, so liegt die Sache für 
uns Aerzte enorm schwierig. Es will mir scheinen, dass dies 
eine Sache des Eindrucks sei.“ Galt das für die Phthise, um wie 
viel höheren Werth muss es für die Neurasthenie beanspruchen, 
wo die unheimliche Macht der Suggestion den kritischsten Blick 
zu trüben vermag! Nichts desto weniger dürfen wir, unbeschadet 
meiner Ueberzeugung, dass so manches Organextract ins Labo- 

blätter ein russischer Würdenträger durch Pyämie zum Opfer fiel. So 
viel ich den lückenhaften Berichten der Tagespresse aus meiner Erinnerung 
entnehmen kann, wurde in diesem Lebenselixire Gatschkowsky’s Borax 


A 


. l ) An dieser Stelle möchte ich auch des berüchtigten Geheimmittels und Glycerin mit Bestimmtheit, Bullenhodenextract, Gehirnsubstanz und 

„vitalin gedenken, dem vor einigen Jahren laut Inhalts hiesiger Tages- einige rflanzenalkaloide mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. 


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ide mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. 

Original frn-m 

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. April. 


ratorium zuritekwandem wird, wohin es gehört, die Gewebssaft- 
therapie nimmer, wie dies geschehen, als eine „neue Phase der 
Suggestivbehandlung“ schlicht abthun, vielmehr nicht rasten durch 
weitere rationelle klinische Beobachtungen danach zu streben das 
Danke zu lichten, an Stelle des Fraglichen das ThatsAchliche, des 
Fragwürdigen das Würdige zu setzen. 

Litteratur. 

(Die in meinem Vortrag - Deut. med. Wochenschr. 1891 No 35 - an 
geführten Belege erscheinen hier nicht wieder) 

Alt haus. Lancet, Dec. 1898. — Anderson, Practit Tan irqq 
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?(sV 1 Ko n sn Ther ^'' M“ nats k-.1893, No. 10. - Boudin, D. Med.-Ztg. 
1893, ho. 80. — Beadles, Bnt. med. iourn Dec 18Q9 
Brit. med. journ. 1892; Dublin journ. of med. sc., MaM893. _ Benso^’ 
Bnt. med journ Apnl 1893 - Bottencourt u. Sorrano. Som. mM . 
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Bouchard, Bull, med Octbr. 1892. - Bouff«. Journ. de med 1893. 
No. 16. — Bramwell, Edinburg med. iourn Mai 1893 » rnw _ 
Sequard, Bull. med. 1891, No. 87, 1892? lT'46; Compt R^nd Juni' 

Lahfnf mir 1 ff ^ P ? l 898 j JoMrn - d «'™ dd - 1891.’No. 4 ] 

La sem. med. 1892, No. 33 ff. — Arch. de physiol. 1891 (III.), 1892 (IV, 

V«r”NIr, B 9li med ' ff™ 1 " , J nm 18 ? 3 - ^ Bruns, Volkmann's Slg. klin! 
Vortr. No. 244. -- Bugs, Journ. de m£d. 1893, No. 25. — Capriati 
Annal. di nevrogho 1892 (X.); Gazz. degli Ospit 1892, No. 10 — Car- 

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(W • de iono liqueDr s,inii uale ete.. Paris 1878. — Megninj 

MTrkiel f W.H 1893 »- M f.“ del - Dem. med. Woch. 1893. No °2 ’ 

med joum sIt lftM ““m"* 1 med - 1390 ,’ 1 No - - Miller. Edinb. 

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U reai acldT;^ 0 “' f/ d V ® e P T H 1893 - ~ Montan«, Los anales de 
«™ZÄ3 Ä V® 1893 -. No - 6- - Messe. Deut. 

Mai 1893 __ y';'. 'p. -Murray, Brit. med. journ., Oct. 1891; Lancet, 

- Nceel n„|i 5' , ’ GIas f- med - JO“™-. Dec. 1892; Lancet, Sept. 1893. 
Monatfh f nr 'lwi a * 8 ? C V,r,“9 d J e Jasf - r 1892 ' No - Iv - *• - Nielsen, 

1891. No 4L ^*0 ? VP (1893). — Onimus. Wien. med. Blatt, 

journ. .Juli 1893 m f!r 5“ d ;’ Oct. 1892 - Ord u. White, Brit. med. 
1893, No 3 __p' j b Pantschenko. Journ. f. med. Chem. u. Phannac. 
Woch. 1891 Nu 2 ll !:i 5 5 sl,er? 1892 - — Poehl. Berlin, klin. 

Compt. Rend. AiÜ?i^r r 3 ’^ 893 ;? 0 ' 36; Deut. med.Woch. 1892. No. 49; 
Ljou 1893 ru ^' ? ct - ® 92 ;, M»ra «93. - Porte, Thdse de 

"9»*. - Pntn.h ? f ’ Bcolomykl., 2. Aufl. (1892) Bd. 24; Artikel „Sper- 
d - 12-Congr f in„’ °[ B 16 ra - Aug. 1893. - Rehn. Verh. 

Pal, Compt. Rend” W « *"c 1893 \P' - Romond u. Ris- 

’• 13. Sent. 1883 ’ A ?T .^ 893 ; — Beverdin. Genf. med. Ges.. Sitzung 
m6d. etc 1899 \ T n Qt) 0 ^ 1 ^o Lyon med., Aug. 1892; Gaz. hebdom. de 
?o USni'sse Yö* im 1 7 5° 8 A c \ t6 , chini n of. Poehl. - Schiff, Rev. 
Jand, Bnt „Ha ; , Nc |- 3 : Arch - f - exper. Path. etc. XVIII. — Shap- 

1892. — Shichörp^ nL f Shaw, Brit. med. journ., Aug. 

Stewart. Practit T r f Yono ehP r^T Bfcarr ’ Med. Rec. 1893, No. 23. — 
Edinb. nie d. iourn*’ m - ioöo ~ Ta rchanoff cf. Poehl. — Thomson, 
nVermehreTriJ ^ T Y asale ’ Cntbl - f - d - med. Wiss. 1891. 
Rend., April 1898 med. W 0 c]j ig 93 , j^o. 11 u. 43. —Vitzou. Compt. 
joum., I 892 u lftoa '^ a ?J a minoff cf. Poehl. — White. Brit. med. 
f 8 - - Wikto-Tw'n ^ichmann.Deut. med.Woch. 1893, No. 2, 11 u. 

Moskau 1891. - w VRru^u- S^quard’sche Injectionsverfahren etc., 

m entale 1893* p. 14 ° 0d ‘ ßnt * med * i°urn., Jan. 1893. — Zanda. Speri- 


DEUTSCHE MEDIC INISCHE WOCHENSCHRIFT. 


321 


VI. Ueber Guaj acolVergiftung. 

Von Prof. Dr. Oscar Wyss in Zürich. 

(Schluss aus No. 13.) 

._iuntersuchte gleich nach der Section den aus der Blase 

U J lT ! g enaue ^ 1 und zwar in gewisser Richtung be¬ 
sonders genau deshalb, weil mir damals das Resultat der Unter- 

vnn h Pr?h d i r N , 0 '. 2 . noch nicht i sondern nur diejenige 

von Probe 1 Torlag und in letzterem kein Blut gefunden worden 
war, wägend der Ham aus der Blase einen Blutgehalt nicht ver¬ 
kennen liess Der am 1. Aprü 1893 aus der Blase entleerte Urin 
bestand fast zu Vs aus einem in durchscheinendem Licht grauen 
flockigen Sediment, das im auffallenden Lichte rothbraun erschien 
Der Harn reagirte schwach sauer. Beim Kochen, namentlich 
schön benn Erhitzen des klar filtrirten Harns im Wasserbad 
scheidet sich ein reichliches Coagulum von schwarzbrauner Farbe 
a üüu 8ic ? ? uf Zusatz einer Spur Essigsäure nicht auflöst und 
abhltnrt auf dem Filtrum zu einem geringen schwarzen Rückstand 
eintrocknet. Das Filtrat besitzt blassbräunliche Farbe. Der Urin 
giebt bei Zusatz von Pikrinsäure mit Citronensäure nach Esbach’s 
Vorschrift einen sehr massenhaften Niederschlag; der so erhaltene 
Niederschlag stbht quantitativ in gar keinem Verhältniss zn dem 
durch Kochen erhaltenen Coagulum, da er mindestens das 20fache 
von dem Volum des letzteren beträgt. Gekochter und filtrirter 
so genau als möglich enteiweisster Urin giebt mit Pikrinsäure ein 
nur um weniges geringeres Coagulum als ungekochter. Jener 
starke Niederschlag auf Pikrinsäure muss also durch 
einen anderen Körper als blos durch dasEiweiss hervor¬ 
gerufen worden sein. 

Mit Natronhydrat versetzt giebt der filtrirte klare Urin einen 
reichlichen Phosphatniederschlag, der im auffallenden Licht gran- 
braunroth, im durchfallenden Licht ganz dunkel, fast schwarz aus¬ 
sieht, und die darüber stehende Flüssigkeit ist im durchfallenden 
Lichte blutroth. (Heller’s Blutprobe positiv.) Wird filtrirter 
Urin mit altem Terpentinöl und Tinctura Guajaci versetzt und ge¬ 
schüttelt, so färbt sich die ganze Flüssigkeit prachtvoll blau. Der 
filtrirte und mit Wasser verdünnte Urin zeigt in durchaus typischer 
Weise die beiden Absorptionsbänder des Hämoglobins.* Diese 
werden durch Zusatz von verdünnter Ammoniakflüssigkeit nicht 
verändert; dagegen auf nachherigen Zusatz von Schwefelammonium 
verschwinden sie und werden ersetzt durch das charakteristische 
Absorptionsband des reducirten Hämoglobins. Somit; spektro¬ 
skopische Bestätigung der Anwesenheit von Hämoglobin. Der 
Urin ist somit sicher hämoglobinhaltig. Filtrirter und ent¬ 
eiweisster Urin giebt die Trommer’sche Zuckerprobe nicht; der 
Ham ist somit frei von Zucker. 

Das Sediment löst sich beim langsamen Erwärmen des Urins 
nicht oder nur theilweise in unmerldicher Weise auf. Mikro¬ 
skopisch stellt es der Hauptsache nach eine körnige Masße dal*, 
die im ganzen grobkörniger als ein Uratsediment erscheint. Beim 
Erwärmen des Sedimentes auf dem Objectträger mit vorheriger und 
nachheriger Controlle ist es zweifellos, dass ein Theil des Sedimentes 
sich löst, also w*ohl aus Uraten besteht, denn namentlich die 
mehr feinkörnigen Partikelchen lösen sich beim Erwärmen auf. 
Der reichliche Rest aber verändert sich nicht. Die nicht sich 
lösenden Körner stellen glänzende, in ihrem Lichtbrechungsver- 
mögen etwas an Fettpartikelchen erinnernde, mehr matt schimmernde 
Kügelchen, oder Kügelchen mit einer Ecke, einer Spitze, oder einem 
länglichen, an einem oder an beiden Enden rundlich sich absetzenden 
Gebilden, oder aus mehreren unregelmässig kugligen Körperchen 
zusammengesetzte Stäbchen, in Form und Glanz auch an Myelin 
erinnernde Dinge und Figuren, nur sehr viel kleiner als diese dar. 
Diese Körperchen werden nicht gelöst und nicht verändert durch 
Wasser, Natronhydrat, Essigsäure, Alkohol, Aether, Salpetersäure, 
Chloroform Xylol. In concentrirter Schwefelsäure (englischer) 
verschwinden sie rasch, werden sie also wohl, und zwar ohne 
jegliche mikro- oder makroskopische Färbung gelöst; ebenso ver¬ 
schwinden sie auf Zusatz von Guajacol oder Kreosot. Ausserdem 
finden sich in dem Sedimente theils grob-, theils feinkörnige Harn- 
cylinder, welche in ihrem Innern Körperchen der eben beschriebenen 
Art und da und dort auch rothe Blutkörperchen enthalten. Doch 
sind die letztem nicht von der Beschaffenheit frischer Hämocyten, 
sondern sie sind, wie in der Form, so auch in der Farbe alterirt. 
Daneben enthalten manche Cylinder auch Epithelien aus den Harn- 
canälchen. Auch sonst finden sich Epithelzellen verschiedener 
Art, sowie veränderte rothe Blutkörperchen im Sediment; letztere 
werden namentlich deutlich sichtbar, wenn man dem mikroskopischen 
Präparat etwas Glycerin zusetzt, worauf sie zwar in ihrer Form 
etwas verändert, aber doch durch ihre Farbe und Form 
von einem geübten Beobachter sicher als rothe Blutkörperchen 
erkannt werden. Beim Behandeln mit Natronhydrat zeichnen sie 
sich gleichfalls durch ihre charakteristische Färbung, Gestalt und 


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322 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


Grösse aus. Ich fertigte ferner Trockendeckgläser mit dem 
Sedimente an, die ick nach Fixation über der Flamme mit Eosin 
und Methylenblau tingirte, und ich bekam auch hierbei die Ge¬ 
wissheit, dass die betreffenden Körperchen als rothe Blutkörperchen 
angesprochen werden durften. Und behandelte ich endlich mit 
Sediment beschickte getrocknete Deckgläser mit Eisessig und Na CI 
in bekannter Weise, so bekam ich die schönsten T eichmann’schen 
Häminkrystalle. 

Damit ist ersichtlich, dass bei schwerer GuajacolVergiftung im 
Urin vorkommt: Hämoglobin, Albumin. Gallensäuren, 
Cylinder, rothe Blutkörperchen und ein für diese Krank¬ 
heit unzweifelhaft eigenthümliches Sediment, das aus 
einer Guajacolverbindung besteht. Der Urin enthält ferner in 
Lösung einen dunklen Farbstoff, der nicht Gallenfarbstoff, sondern 
analog der „Carboifärbung“ bei Carbolintoxication zu sein scheint. 
Er giebt mit Pikrinsäurelösung einen sehr reichlichen, durch einen 
andern Körper als nur durch Eiweiss bedingten Niederschlag. 

Im übrigen kann es kommen zur Entwickelung von Icterus, 
Stomatitis, Gastro-enteritis, parenchymatöser Entartung der Leber, 
der Herzmuskulatur, acuter hämorrhagischer Nephritis, colossalem 
Milztumor und bedeutenden Veränderungen des Blutes. 

Herr Dr. Carl Egli, Professor der Chemie an der hiesigen 
Cantonsschule, hatte die grosse Güte, das abfiltrirte, mit destillirtem 
Wasser gewaschene und getrocknete Sediment des Urins, das ich 
bei der Section aus der Blase entleerte, einer chemischen Unter¬ 
suchung zu unterwerfen, so weit das bei der geringen Quantität 
dieses in Frage kommenden Körpers möglich war. Es war mir 
von vornherein sehr wahrscheinlich, dass dieses in so vielen Be¬ 
ziehungen eigenartige Sediment durch die Nieren aus dem Körper 
ausgeschiedenes Guajacol in irgend einer unbekannten Form darstelle, 
und es ist Herrn Collegen Egli gelungen, diese meine Auffassung 
zu bestätigen. Er schreibt mir hierüber folgendes: 

Vermuthlich verlässt das Guajacol den Körper hauptsächlich 
als Kaliumsalz des (sauren) Guajacolschwefelsäureesters: 

/OCHa 1) 

C 6 H 4 ; Guajacolschwefeisaures Kalium 

0—S0 2 —OK2) 

ähnlich, wie sich das Phenol als CgHs—0 — SO 3 K ausscheidet. 

Das erhaltene Harnsediment war nach dem Abfiltriren mit 
Wasser gewaschen worden, und so war nicht zu erwarten, diese 
Verbindung im Rückstand noch anzutreffen. 

Da das zur Untersuchung erhaltene Sediment nur einen kleinen 
Bruchtheil eines Grammes ausmachte, war an eine vollständige 
Analyse nicht zu denken. Ich musste mich auf folgende Reactionen 
beschränken. 

Aussehen: In einem glatten Filter eingeschlagen einige harte, 
braunschwarze Bröckel ohne Geruch. 

1. Die fein pulverisirte Substanz wurde im Soxhlet’schen 
Apparat mit Aether extrahirt. Der Aetherextract verdunstet, 
Rückstand, in Alkohol aufgenommen, zeigt keine Phenolreaction, 

2. Rückstand von 1) mit kochendem Alkohol behandelt. Der 
Alkoholauszug giebt mit einer 6°' 0 Lösung von KN 0 2 in concentrirter 
H 2 SO 4 eine prächtige Violetfärbung (Reaction von Liebermann). 
Gontrollversuch mit Guajacol giebt dieselbe, desgleichen mit 
Phenol eine verschiedene Färbung. Mit Millon’schem Reagens: 
Rothfärbung. 

Ein Thoil der alkoholischen Lösung verdunstet, Rückstand in 
Wasser aufgenommen, Lösung mit Bromwasser versetzt; Kein 
Niederschlag. (Phenol giebt Ce^BrgOH). MitFe 2 Cl 6 schmutzige, 
nicht grüne Verfärbung. 

8 . Der Rückstand vom Alkoholauszug wird mit Wasser und 
einigen Gramm HCl im Rückflusskühler mehrere Stunden gekocht, 
um eventuell vorhandene complicirte Phenol- respective Guajacolver- 
bindungen zu spalten. Die Lösung färbt sich intensiv braunschwarz, 
giebt aber im Spectrum keine Absorptionsstreifen, die auf Hämatin 
oder, dergleichen deuten. Die Lösung wird zu 1/4 abdestillirt. 
Destillat giebt schwach die Phenolreactionen. (Phenole aus 
Eiweiss?) 


Schlussfolgerung: Das Harnsediment enthält Substanzen 
die die Phenolreactionen zeigen. Carbolsäure ist nicht vor 
handen aber auch unverändertes Guajacol liess sich mi 
Sicherheit nicht nach weisen. (Fehlen der Bromwasserreaction um 
JN ich teintreten einer smaragdgrünen Färbung mit FeaCle.) 

. . He .7 Dr - J- Bernheim in Zürich hatte die Güte, wiederhol 
Ultra vitam das Blut der kleinen Patientin zu untersuchen und mi 
im folgenden das Resultat seiner Untersuchung zusammenzufasser 

•p, ,? a ^ B1 , ufc in Trockenpräparaten, die nach der Vorschril 

Ehrlich s hergesteirt wurden, untersucht. Nach Reinigung des Finger 

Sonfen mir^A t n r ^ 1 1 d in ? ie , Ku PP e eingestochen, ein kleiner Bluts 
tropfen mit einem Deckglas aufgefangen und sofort durch Auflegen eine 

Su D n- g r! und Auseinanderziehen möglichst gleichmäßig vei 
stnchen. Die Deckgliischen werden stets mit Pincetten, nie direkt mi 


dem Finger gehandhabt. Nachdem die Präparate getrocknet, werden sie 
ein bis zwei Stunden auf einem Kupferblech erhitzt und dann mit dem 
von Ehrlich angegebenen Aurantia - Eosin - Nigrosin - Glyceringemisch 
gefärbt. 

An diesen Präparaten fallen schon am zweiten Tage, mehr noch am 
dritten, namentlich an den rothen Blutkörperchen hochgradige Verände¬ 
rungen auf. Das Hämoglobin zieht sich an einer oder mehreren Stellen 
von”der Wand des Blutkörperchens zurück, so dass in dem letzteren un¬ 
regelmässig geformte, nicht färbbare, grössere und kleinere Vacuolen ent¬ 
stehen. Bei starker Vergrösserung lässt sich in einzelnen derselben noch 
eine zarte, netzartige Stromazeichnung erkennen, die sich schwach mit 
Eosin färbt. 

Auch die Form der rothen Blutkörperchen verändert sich; am dritten 
Tage sieht man selten noch normale Zellon. Es finden sich statt .der¬ 
selben die mannigfaltigen Gestaltungen der mit Poikilocytose bezeichneten- 
Blutkörperchenveränderung, daneben zahlreiche Trümmer gänzlich zer¬ 
störter Blutkörperchen: ovale und eckige Hämoglobinkörner von wechselnder 
Grösse, oft in ein Netz von Stroma oder homogen gefärbtem Plasma ein¬ 
gelagert, oft ganz frei, und Stromafäden, die hier und da noch die Ge¬ 
stalt der, zugrunde gegangenen Blutkörperchen erkennen lassen. Endlich 
ist noch zu erwähnen, dass am dritten Tage viele Makrocyten auffallen, 
die ebenfalls zum grössten Theil die oben beschriebenen Veränderungen 
aufweisen. 

Was die weissen Blutkörperchen anbetrifft, so ist hervorzuheben, 
dass das numerische Verhältniss derselben zu einander wechselt. Am 
ersten und zweiten Tage lässt sich wie im normalen Blute ein Ueber- 
wiegen der neutrophilen Lymphocyten (Ehrlich) mit polymorphen oder 
mehrfachen Kernen constatiren; an Zahl folgen dann die kleinen Lympho¬ 
cyten mit relativ grossem Kern und wenig Protoplasma, hierauf die 
grossen Lymphocyten mit neutrophil gekörntem Protoplasma und meist 
nur schwach gefärbtem grossen Kern, endlich vereinzelte eosinophile 
Zellen. Schon am zweiten Tage sind mehr grosse Lymphocyten als 
am orsten nachzuweisen, bis am dritten sie das Uebergewicht gewinnen. 
Einige Zählungen mögen dies illustriren. Am ersten Tage sind yon 
51 weissen Blutkörperchen: 31 Zellen mit polymorphen oder mehrfachen 
Kernen, 16 kleine Lymphocyten, 3 grosse Lymphocyten und eine eosino¬ 
phile Zelle. Am zweiten Tage, wo überhaupt eine Zunahme der Leuko- 
eyten im ganzen sich findet, zählte ich unter 116Lymphocyten: 86 poly- 
nucleäre und polymorphe Formen, 13 kleine, 15 grosse Leukoeyten, 
2 eosinophile Zellen. Am dritten Tage ergiebt die Zählung unter 119 
weissen Blutkörperchen: 62 grosse Lymphocyten, 51 polynucleäre und poly¬ 
morphe Formen und 6 kleine Lymphocyten. Endlich wurden noch Zäh¬ 
lungen gemacht über das Verhalten der weissen Blutkörperchen zu den 
rothen. Mit einer Hartnack-Immersionslinse No. 2 und Ocular 3 wurden 
in jedem Präparat zehn Gesichtsfelder durchgezählt. Es fanden sich dabei 
am ersten Tage im Durchschnitt 1,2 weisse Blutkörperchen auf 223 rothe, 
am zweiten Tage 5,7 auf 176, am dritten 5,1 auf 137, also eine bedeu¬ 
tende Zunahme der weissen Blutkörperchen im Laufe der Krankheit. — 
Die Blutproben wurden entnommen am ersten Tage Nachmittags 4 Uhr, 
am zweiten und dritten Morgens um 7 Uhr. 

Soweit die Mittheilung von Herrn Dr. Bernheim, der diese 
Untersuchungen auf meine Veranlassung hin sowie auch andere 
mikroskopische Blutuntersuchungen im hiesigen Kinderspital machte 
und sich schon vor dieser Untersuchung mit der Technik der Blut- 
tinctionen nach Ehrlich vertraut gemacht hatte. 

Die wichtigen Körperorgane unterwarf ich sodann einer ge¬ 
naueren Untersuchung, nachdem kleinere Stücke ffxirt, erhärtet, 
geschnitten und die Schnitte gefärbt "worden waren. Ich benutzte 
als Fixationsmittel meist vierprocentige wässrige Sublimatlösung, 
und als Erhärtungsmittel absoluten Alkohol. Zur Controllunter- 
suchung besonders der Niere benutzte ich auch in Müller’scher 
Flüssigkeit gehärtete Organstücke. 

An Schnitten durch den Zungengrund war keine Verätzung 
oder Verschorfung der Oberfläche, auch keine deutliche reactive 
Entzündung nachweisbar, entsprechend den ante mortem völlig 
zurückgegangenen Symptomen der Stomatitis. Lymphdrüsen am 
Hälse unter dem Kieferwinkel boten mikroskopisch das einfache Bild 
der entzündlichen Schwellung und Infiltration. Ebensowenig fand 
ich Veränderungen an der Zungenmuskulatur. 

An Schnitten durch den Herzmuskel ist weder an den Ge- 
fässen des letzteren noch in deren Umgebung, noch an der Mus¬ 
kulatur irgend eine tiefere Veränderung zu constatiren. Nament¬ 
lich an Hämatoxylincarminpräparaten sieht man Quer- und Längs¬ 
streifung der Muskulatur und die Muskelkerne ganz prachtvoll. 
Auch andere Tinctionen, z. B. mit Boraxcarmin, Alauneärmin bieten 
keine Alteration des normalen Bildes. 

. Ganz ähnlich verhält sich das Gewebe der Leber. An den 
Zellen des Leberparenchyms — abgesehen von den am frischen 
Präparat constatirten Veränderungen — durchaus keine Ver¬ 
änderung. Die Kerne sind überall normal, gut erhalten; das Binde¬ 
gewebe, die Gallengänge und deren Epithel, sowie die Gefässe 
durchaus nicht älterirt. 

An den Nieren sind die Veränderungen, die wir constatirten, 
durchaus nicht überall gleichmässig diffus. vorhanden, sondern 
hauptsächlich an umschriebenen Stellen; immerhin sind diese er¬ 
krankten Stellen zahlreich und verbreitet. Schon bei schwacher 
Vergrösserung sieht man in einzelnen Blutgefässen der Mark- 


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, April. 


DEUTSCHE JVEEDIC1NTSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Substanz der Niere, sowohl in Capillaren, als auch in kleinsten 
Arterien eine braune feinkörnige Substanz, die die grösste Aehn- 
lichkeit mit einer das Gefäss stellenweise völlig, stellenweise wenig 
und an anderen Stellen nur einer Gefässwand anliegenden, fein¬ 
körnigen Injectionsmasse hat-. Auch in den zwischen°den gewun¬ 
denen Harncanälehen liegenden Capillaren ist hie und da solche 
braune körnige Substanz vorhanden, aber nie in erheblicher Aus¬ 
dehnung, sondern nur an kleinen umschriebenen Stellen Niemals 
sah ich solche Masse in Gefässen der Glomeruli, wohl aber zu¬ 
weilen in solchen an der Oberfläche resp. in der Nachbarschaft 
der Bowman’schen Kapsel. 

An den Epithelien der Harncanälehen, abgesehen von den 
früher geschilderten Veränderungen, keine Anomalieen; nirgends 
sind dieselben zerstört oder verschwunden, überall schön erhalten. 
Xur dort, wo das Lumen der Harnkanälchen durch Faserstoffcylinder 
eingenommen wird, erscheinen die Hamcanälchenepithelien etwas ab¬ 
geflacht; aber ihr Kern, ihre regelmässige Anordnung ist vor¬ 
handen. An einzelnen umschriebenen Stellen stärker, an anderen 
weniger und an noch anderen Stellen gar nicht, sieht man das 
Lumen des Harncanälchens durch einen typischen hyalinen Faser¬ 
stoffcylinder eingenommen, der sich durch seine etwas bräunliche 
Färbung, durch seinen matten Glanz, seine scharfe Begränzung 
die an vielen Stellen deutliche Eindrücke oder Abdrücke der Epi¬ 
thelien der Harncanälehen erkennen lässt, seine homogene Structur 
gut charakterisirt. 

An im Längsschnitt getroffenen Cylindern sieht man hie und 
da mehrfach rundliche scharf umschriebene hellere Stellen von der 
Grösse eines rothen Blutkörperchens, die, wie genauere Untersuchung 
ergiebt, wirklich solche darstellen. Am häufigsten liegen die Cv- 
hnder m den geraden Harncanälehen. 

Ausser diesen offenbar frischen Fibrincylindern finden sich in 
einzelnen, aber wenigen Harncanälehen lockere, leicht gefaltete 
bchleimgermnseln ähnliche Gebilde, unzweifelhaft sogenannte Cy- 
lrodroide. Sie schliessen sich, wie man an im Längsschnitt ge¬ 
troffenen Harncanälehen sieht, direkt an das Ende von Faserstoff- 
cylindern an. 

Ausserdem finden sich im Lumen einzelner Harncanälehen ganze 
Laufen rother Blutkörperchen, oder richtiger cylindrische Gebüde 
(ne nur aus veränderten rothen Blutkörperchen gebildet sind; der 
Art, dass man sich zuweilen ernsthaft die Frage vorlegen musste 
°b man auch wirklich Harncanälehen und nicht Blutgefässe vor 
sicn habe. Aber m letzteren sind, abgesehen von jenen, in denen 
üie beschriebene körnige, braune Injectionsmasse liegt, die vor- 
nandenen Blutkörperchen normal; in den Harncanälehen dagegen 
Form und Farbe verändert, ganz analog wie die Bliit- 
Korpcrchen m Urinsediment und das Epithel und die Wan- 
vorhanden Harncanälcbens in durchaus charakteristischer Weise 

???? im Lumen sehr vieler Harncanälehen eine sehr 
«;irh L ttrcbsi ®htige Masse, die in ihrem mikroskopischen Verhalten 
obe » bes °hriebene Urinsediment verhält und 
ZU p . lfel damit identisch ist. Die nämlichen glänzenden, 

oder abgerundeten, 

vief kipin G - b ^ de ; dle vi elfach an Myelinformen erinnern, aber 

^erbindun^ faxten S dürfen. letZter8n *** ^ ^ &1S ^ Guajcol ‘ 

„ebr^f^f 6 Raderungen der Harncanälehen in Verbindung 
ist uns mit den Veränderungen der Nierengefässe, 

Grade eifelhaft, doch noch nicht ganz klar, bis zu welchem 

die wir in l wP nd die Annahme, jene theerähnliche Masse, 

änderte«: tu ® ren S e fÄssen beobachteten, sei durch das Guajacol ver- 
gauze\iprp^nV daS i e * nen der Nierengefässe obstruirt. Die 

gische* Xpnh . ran h un g wäre alsdann als eine embolische hämorrha- 
artieen FmiTr 8 au / zu ^ assen - Wir haben aber bis jetzt jene theer- 
nicht in Hdi. ° t T m an d eren Organen nicht gefunden, namentlich 
wohl Schnitt« ', un ? aucb nicbfc im Milzgewebe, von dem wir 
eiteren nnoh a ?? afer . tlgt haben, auf deren Deutung wir aber im 
Die A h nicht . ergehen wollen. 

canälchpn n .^® sen h e it jenen Guajacolverbindung im Lumen der Harn- 
scheidunp- ri«,. p Ur ? baas nicht überall constatirbar. Ob die Aus- 
hatte oder o Uua J a ^ olver bindung nur an gewissen Stellen statt- 
bald nach t \ . das uns we it wahrscheinlicher, ob sie 
Harncanälehen im Bereicb der ganzen Niere in allen 

änderten Stell«« ^ ^?tte. und späterhin an den sonst nicht ver- 
we ggeschwpmmt ÜU j die si °h wieder etablirende Urinsecretion 
der zuführenden p U ^ den ’ an ( J 0T1 Stellen dagegen, wo Verstopfungen 
Bolieen — statt ht+ 86 — ^ ene Schilderten theerähnlichen Em- 
vis a tertro di« n • n ’ in . foI £ 0 der mangelnden oder geringeren 
unterblieb und c n J 8ecret i° n stockte, die Ausschwemmung daher 
den Lumina d«r°u ler dle aus g 0 schiedene Guajacolverbindung in 
Harncanälehen liegen blieb — sind Fragen, die 


.. _ m 

nur durch eine längere Versuchsreihe au Thieren sicher hemt 
wortet werden können. Das allerdings hat uns die mikroskopisch«? 
Untersuchung gezeigt dass da, wo Embolieen in der Tiefe vorhan- 

r g i gen dl l 0b ^ fläcbe hin und in der Nachbarschaft viele 
ribrincylinder m den Harncanälehen sich finden. Nicht immer 

combiniri Cy inder UDd Gua J ftco1 verbin(fu'ng in den Harncanälehen 

Obwohl ich. mir vollkommen bewusst bin, dass ich durch die 
mikroskopische Untersuchung nur eines Theils der Organe unseres 
1 alles noch nicht zu einem endgültigen Abschluss der Guaiacolver- 
giftungsfrage gekommen bin, und ich die Ueberzeugting habe dass 
weitere Fragen erst durch eine experimentelle Untersuchung ent¬ 
schieden werden können, so habe ich doch nicht Entstanden 
diesen einzelnen Fall von Vergiftung und die sich anschliessenden 
Beobachtungen der Oeffentlichkeit zu übergeben, deshalb, weil man 
im Enthusiasmus über die Wirkungen und Unschädlichkeit des 
.Kreosots und insbesondere des Guajaeols auch zu weit gehen kann 
und das um so mehr, wenn man diese Therapie der Lungenschwind¬ 
sucht des Erwachsenen mit nicht genügender Vorsicht auf die 
iherapie der tuberculösen Erkrankungen des Kindesalters, der so¬ 
genannten Scrophulose übertragen würde. Erfahrungen, wie die 
eben initgetheilte* lehren, dass das Guajacol ein intensives Gift ist 
dass dasselbe schwere Störungen im Organismus hörvorrüft und 
somit Grund genug vorliegt, mit diesem Mittel vorsichtig zu Sein 

Dies bestätigt eine mir eben (18. Februar) zu Gesichte kom- 
mende Notiz von v. Mosetig-Moorhof in dieser Wochenschrift 
p. loo. 

VII. Ueber die Behandlung des 
Rhinoskleroms mit „Rhinosklerin“. 

Von Prof. Dr. A. D. Pawlowsky in Kiew. 

(Schluss aus No. 13.). 

In Anbetracht der erwähnten auffallenden Analogieen ‘ mit den 
Lrsckeinimgen nach Tuberkulininjectjonen und da zur gleichen Zeit 
im Hospital des Rothen Kreuzes viele Kranke lagen, die wegen 
chirurgischer tuberkulöser Leiden mit Koch’s<?hem Tuberkulin be- 
handelt wurden, gab ich drei Lupuskranken Controllinjeetjönen zu 
je 0,1 Rhinosklerin in die Rückenhaut zwischen den Schulterblättern. 
Zwei von diesen Kranken zeigten keine Reaction bei dem dritten 
stieg die Temperatur auf 40 o, hielt sich auf dieser Höhe- drei 
Stunden lang und fiel nach drei Stunden wieder zur Norm; ein¬ 
mal hatte er Erbrechen. 

In obigen Versuchen wurden der Patientin Jawdyk durch 
Papier filtrirte wässrige Glycerinauszüge Tnjicirt; durch das Filtrir- 
wasser gingen natürlich viele Körper und abgestorbene Mikrobien 
mit. Es musste also oruirt werden, Welchem von den Bestand¬ 
teilen des Rhinosklerins hauptsächlich die Fähigkeit innewohnt, 
die oben geschilderten allgemeinen und besonders localen Erschei¬ 
nungen hervorzurufen: den Leibern, der Mikrobien und deren Mikrö- 
proteYnen, oder den von ihnen im, Substrat producirten Toxinen. 

Um dies festzustellen, wurde bei den folgenden Injectionen 
nicht gleich die ganze Mischung der Substanz : in Gestalt eines 
wässrigen Glycerinauszuges unter die Haut gespritzt, .sondern zu¬ 
erst kalte Filtrate (durch Pasteur-Chamberland'sche Filter), 
am anderen Tage spirituös-ätherische Extracte, und dann wässrige 
Glycerinauszüge zu den Einspritzungen verwandt Es ergab sich 
dabei nach einigen Injectionen, dass durch kalte Filtrate die ineistbn 
Erscheinungen in gleicherweise wie durch wässrige Glycerinextracte. 
jedoch in bedeutend geringerem Grade hervorgerufen werden. Die 
in gelindem Schmerz bestehenden localen Erscheinungen zeichnen 
sich nicht durch die Schwellung, Röthung und schleimig-eitrige 
Absonderung aus, welche man bei der Iiyection wässriger Glycerin¬ 
extracte beobachtet; Muskelschmerzeh treten nicht auf. Spirituös- 
ätherische Extracte bedingen weder die Erscheinungen einer all¬ 
gemeinen, noch die einer localen Reactioh, sie rufen nur eine un¬ 
bedeutende Temperaturerhöhung um Bruehtheile eines Grades und 
eine geringe, kurz andauernde Pulsbeschleunigung hervor. Es ist 
klar, dass die wirksamen Substanzen hauptsächlich in den wässrigen 
Glycerinextracten enthalten und mit den Leibern der Mikrobien 
verbunden sein müssen: es wurde deshalb zu den folgenden Injec¬ 
tionen eine Flüssigkeit aus eingedickten.kalten Filtraten zu¬ 
sammen mit wässrigem Glycerinextracte von Bacillen, ohne spiri- 
tuöse und ätherische Extracte, zu den Einspritzungen verwendet. 
Diese Flüssigkeit nenne ich Rhinosklerin. 

Der weitere Verlauf der Krankheit bei der Patientin Ja wdyk 
war folgender: 

. 24. März. Sechszehnte Injection, 0,1 eines spirituös-ätherischen Ex- 
tracts. Keine Reaction. 

25. März. Siebzehnte Injection, 0,2 derselben Flüssigkeit. Tempera¬ 
tur 37,6, Puls 84, Respiration 20. Pupillenerweiterung. 


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ü<> die enfspreblumdp Zeit d*m fojgemlmt Jnlsr^», Im guimtm bblifpo die 


A& . .ZwüftKi^tf ’^njcH’.tinn DA. ’T^inpWnit.MT 37,7h Put?' '84?.. 

Pfcspirätkvn i*;j. 

Ik»dr MHrx wurden wr üukr^kopWhoi» Ihijmrvufdiue-g tkdg<*, Stttefc« 
eh»-n bmü^R^bWiUm feuVtaf.- 3 »iffun«*- »'imnnlntbnisiufitet und fettige 
Ernam?«# dnr ZfdkAöAgs itt&traK 

- ’lfts»* fteit&tin' l&aseifiotiesk- Jte»p*dnn. «um i Tag hm nß^e^ uiiii 


Kranke also 70 IryeetioimiK 

7, Mkrv. AHt -einem Crnlmd wmdnu diu KnoOrh v«Urrncki.für-Nwmn- 
DOgnl titu’j die diu 3fo*«ftMäta¥ verachliessemfon Narbe« entfernt* durch 

w.-b ht. di.” U(»?i>!rsjfi.!]] h.-hi«ii{«*n w..r Di. JnbPrm« in d* j n N'asiwitUuwh*. in 
der Nus<uv«Ucmh'waud und Huf dnu Nu-murimkep wurden windet- aurtjek- 


EMArnmg- der ^r:J.«n .«♦_*«• in.dtrats.. | evbismm .Der Knoten uiT der'Oberlippe blieb nnreriindert, er wurde- mn- 

Dm weiteren U v funUön^ w.mbue .unuu Tag Hm.kl««•';ntidet-on, 'und ’ ja-nilier kTm^m. heb hK wni umef Rtkdmekni im,-. Drei Tag.; mud* djesei 
xggvr m immer .gr«fj*s«‘Ft'a Düsen hi» iimt J.V.. Mm ,'i^J gerächt. Die < ipmütkm. wurde« die Inject innen wieder • Es stellten 5 ir.i 1 

M*1m 3 fotM-w fytiu Iud)ßi>,flö»Ule)ui vmwnhl »wl.iv • typische, wenn •utit-U milssig« Rmtctumiru om mit Tomperatm' voa 37,7, 


iir.diM. «is incAie. ftbaetionerf. borvorg<wufent Trinjmratur bis zu dH.;«, I'.uls ; Tup 100 (V«i««). geu-ui.idi. k 01—Hs, allgemeines Crtbehair»»»« Muskel* uw! 
!M» i uä:-;e 4,- Ji«4iUt1ijl£rfiöt-r*. «UiU» Öxul '.M-U^kidaclimerzen und flarkn t i P b^impf «r.d»; Kopfseliuttwzn.n. döi.iu mm‘ vorsUlfkO- Abtu.mdnrtl?*??. 

»••’ihtii-ud*? SrtOi.u'rzen in di-rNayn. Im tifanznü bekam dm hrnukr im dann, - nrn/. . {• Itiai.fgkeil am I { loriokklemmhouiUnu. Borkmilniduni* untl sUmähU.th 


^lÄUTig Vouufn» uad Na&ö «itAvus abgklbtcljt wtird«- iTbw 

"u-uimi bibwiii'l.iJsiPfi Dank Ms:;prcrbe . rtnsg^tt^taud' (lei- JCraukei» lMieb WJllirund .. der .gatisxm D>umr tlfer UeluWitT 

!n. Ahu 't-su{ war der 7/u^tand d«T Patientin folgender. Die Khctr-ii hmg ein a-i-ihf- gi»Un% diu Patinuiui u«» i/ni/. der 7(f It.jcmojvnn und *ro(? 

\ft ilur N'ii^nJj^Ütr Iiüd mU dvr Oberlippe ^ind bodtvmnml wen*b«T ge- deA {angen A ufeni.kAltt’-* Im Hospilftl fdIoudiüt ?5 {ms j?ehf yaOm 1 DOegn 
wur.b'n rr^t.'ro z* rlVdien nhr.-lOiridd-h,. Kein einziger yru) d S tt Knoten | und unter sehr onimiigor. liygiomgeh«»!.. ikdiiig wngVa ^ wflvrend der 

v. Ar h - f '.Vf.jfMr', uuoti ■ sind in dm iVripberin kein« «tum«» Kuntou er- ; gunzutt Ibmor der ..Üpliundlung' n i;u b i . ä- k g u m ag«r i. Die- lk*obMditung 


dv h. at?e ivnankbeC. broHel *ii:h n'icbkwu^ Einige Tage 
vetr dam d raf^pwil <ht ,Krwukon in duy Hospilal des Llerrn Tomwsebew-skh 
httbu sVh die m di« Nasriiltöfale Imioinragruden Knote.n, und InHltrate boraus- 
gerwloulO-i,. und.{£Wkt witid. dei SelnuUotiisprr'vhend den nonmiUm Cetil euren 
akTOSa^e. ’nul *hyr }fo‘bk der mmthutuassliclmn! SrkkinjUunt der N;meiv 
fttjk.'d und Nekk'w?rid geführt Dir iivminnkni Cdfit.ntiten der Xusr 
feind cfhaltfm, ggbUkkep. f% djttksets Kbmnskiinoininttk.THte in der Nasen- 


uitd Ibdurndjubg db'K^r Kau/ikeu wurde »ilöß -äf^öi Siudii^higbao ktftduröb 
ÜhOO/1 Urul IhOl/hi tongeseizk 

hUe-uIfavre .i 0 j; j<Muni dI u«g: 'Wrsbhwiuddn {rielleiiTO nm-l! 
nur zütttvejeer Nitill^taatl i\\ der Knhvjekpiung) der dikuseh RMno- 
rikluröiiihiHlt.raio tu d&ti NhrHeßilH^dn und du mp NäHmrseh^dtOv'ttud 

and Ersoig -i.-fseihen durtdi in^is Nnrböiu Vorkleinertmg Vier Narfe; 


-eheid(*ff:iad und den l l:ig. .n wurdet* id»sv}u.k. u ,idit “ntt-.'O Zn ■ ' 5t 1 .Knoten uni der M 0t eiipp. ..hat VhmÄrjdgrnng, ICoiiio \ er- 
Anfang <kc inivm ttobäiuiKckou-daUreä in> Xovemlmr 180} wuttjo kf»ntm;g KiU«o»d£tevomü Huf di? Nnehbkr^rhHft, feOrm Ihhiuug 

<11h PatimjUn f swii/k wjjeder my lu'HukenjniOA T^ 'HfThenKimv/.et. i.auj!” 1 nmtrr Knoten auf der Lippe oder ÄU>c, aut dem kurten oder 


$b‘ P 4 .tie 15 U.it. wifdox- i3^ib6ÄKj«m«as iratjs- 

pottirl... WfüttiiiijJl doo gkitauu Sommers Imi diu Kmuklndt gar keine 
Fomehvitle gonmeivt.. im November waren die BrrCveiuungen ioigentlfc. 
t)m Nftseitilfiger sied ninhb umltr sn vetwogun wm jftih.df* amr der ‘Qner- 
dtn^hioes^or -der N«se Hberhbripf kUdnsr; die Ngsendkgel «««} der Nmosw 
tMleken vku! u weh er gewOrdno. Din (.Seikiiuump d.-f Nascnikidmi- aitid 
dortsh eiuo glatt«,-loste NcrbA vevseklosseu,.das linke Km tuloeh abor- kb; 
.Luft durrikgHngig, Auf 'Aima auu-ren nnd unteren äusseren Kaöde 


| Tweidhen (launnm ȟtl Nekhind, 4, k. ImiitsuJtiU. Uj.empbiuglukkeit 
! -k-r dein kihiioolvleroni lo;im’’hbiirien Gorvosm und somit Fm Auf- 
j IlAlfeoUv «um P^sekrhrikung de-« Pitieflg«o5 uutf <k*&.. Fortsdudtl^ 
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jttfß :: ä ■ - * ^ ‘ ^ m d«>j Rk.i.n.oBkloronis pickt ge- -lös .w«rd«utwiH. rea-TOn. 

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K ;,,Tv;, 7 kaf’ M ' «* te «^«W. M «au» ewUHeitndm käimFiRim - • ö . Märe 1891 orstu Jiycctiou. 0,01 RküiosklMiu. ohne 

^ h,V r, . r/ - r . . , Dk> Öm folgenden Inj^t tioneD von 0,04 bis tl(k> gaben «ltnol’ulk kt-mr 

Ä. Ctwendm^ Zweit«-InjwTiüSK O.o Rkitm.skierut, Almud» Tcm-pot^ : Keueficu. Nn<k dpr fOnften .lnp>rtioe. von 0.07 in-di«'.Rae.keBliaiit'. 3 «vmrkei‘ ; 
lur.Aj,^, KopMtmerwu, MoÄkdsclmio-rÄen in ;l(-n Ammn bis zu (füll die FeluiltrihliiUm- war die Tompoi-Htur 37 , 4 , ihil* b'K KespiraUon 18. 
l,iiu>mgrn. Dkr »erkstf' iüjK-Umi 0.1 verlief ohrm Cmutinu, Das Auskkdbeu d«n. 

Lko disjeciktneu -wurden m Dosen bi.- zu 3.5 m und in • ikmttioi»- wur hier •:hm:)i die snluvwih« Coneofttrnl.mu der Flüssigkeit . 

Jatpmlleft von i. -$ To^eiv.• foMgoseUh JfkCE^dioinmigen wamn sehr bedingt. 

knohie. ! W Tzrnmuv m% momitls nkm- B 8 Or»d mit »m%m lkeck 10 . Mkti Injeelian O.t einas-knlfo» FiRmrd -mit; wlk^ngeirt 

1 - jrar-mirynw oder zwemial 100, «pugf/ «Ung er nickt %orriiir*xlr;tcr; Die Tempera Mir Ztk-i? auf 30,8. Pnl^ 120. drei Stumkif 
rf v 7 fttspirotma* Diu al^em.tsipfrn. Erseh.aiD'ungeii fmshuiilnp- •Ibp^/K^pifktipn 34Zui>nh dr^i StuitÄ- iküM.-iiÖ;. Rgypirktiön' 24. St««‘lw* 

in >. {uiutipmiiAeTi. UB.hnltosfk'^ Kopf^^bki^OÄ.-' Mugkölscbiant’zen ••ui dg« T ScliVa«irzuti in deü fkdnhii imd iu der i^bhfefi Söite, SclidttedA^st kkd, 

■ und am Koykit Jkeken und Kmpöudlichkait am 3Avge Sckmehjett m dnr Nase; w« a^tjrdo anek Äiri'alif dar Koofmrsi und fdno 

naee tleo lnj»H-Uoneu_ und-in wOuken Sebnterzen in 1 mm morbi - in der sÄim»n. ( ,itvige \tean%xm* beöbarktet luv aUgewbiimu bpi dies«' 

mit. 0 .t«r«r Akmndum^ ei„.-r «atrig-schkdtnigtm Fikssigkeit ü»it. zweite K»*nukK nib- (ni.mfmwm mit Aq^akmv Iknüm 1 5 >ebeineu ßtif vev- 

ithmosklenmiimeiliön m dUu KüdD?n; dm aecfcmiromlon FUleken warmj ! D^p, .»UK ..dl^Mneimtii wie diu Joeakm Ei-scboinungea waimu 


Keine Ak^dietL 

. 21k D^eniK<t, Zweit« -Ittjwtkn, 0,3 Rkinusklerin. Almud» Tmup-n:^ 
lur,3i,3, ICnpfeebmerz««. Alujilcolsekmerjstm' in -den Armtm bis j?n den 
* Ellenbogen. 

Die disjeetionnii wurden kt sk*igh»idt*». -Dosen bis zu 3.5 g und in 
Int^iPnHeft .vnn 1 -2 fügen b-slgnsetzt, Di« Erjsclmiftmigen waren sehr 
If.dbhjk, Die Tf5p\|}öT>däiv itiBg R3CpiuL dbei; 38 Otrbd mit eiiibgen 


}'; xl On.tfnw- Ab^idinnlng «Hier enrm seidmiuinvn t'H-smpkmt, mit. i zsveite Kranke olle «ei.a-bonun. mit Aqanoluue <W»> . 
•Khumsklenrndmcihar» ans den knoten; ;dk>. ae ? emirnndou EUteken waren i; D W: o, Au- .nllge.iudimu m.WU! wie din Joeufen Ers 




5 April 


UKPTSCftR teEWpiNISCHE WOCHESSCHUIfT 


■Htlilvr. (lor -..vmim.CTjncomplüX il..is.ilk,ii m jnWI. i-U.,,!,,,.;, mit im 

. 1 ,.; ,Ki, C l'jm-nu... wm! imi;l. nif<: ; a 

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iy<t;b. -deulujerfciomm 3/d» fW #?;& und jFHli* «mhö),U, uwrb der ?»2 in 

•l«*™- ÄV^- *r... ww-jmi a;,~ ite,,,,,, ^'„aI 

7ZVIä(.b‘ (l -0, ww, ^ | liisU{M|l|(;)|/,v .'ij. v-4. iH) I »MIiJ.ij); if mv \,, '() 

\un imq-rme.iucn mejiwpira^im: wmvf.m lumbachi-t.: kümiVlmjVnien 


, auslUii-if. ist Ji« mun'liOlosiralu: .HriUi Uri- Krscb-iimiüKWt int 

■ srocöliPiien-Fai ? i l )nr knmnf inii m.,. tj .... _ ,. . . r l k c “ Ut * 


‘} Uuttrbf»;p]jf• og ucr Bfh.uidJm.tf w« der c.p*r*lj-tru iiflsiHifcuoK der Knn4fe« iW tnmräl 
Vltuw/ra lu lAtimmi.ilr,,. l..i< m. »t, ifw.sr. >D . 

’Ältot 1 !! « fcB-tÄilümpSudUri.tei. h>is.s j 

A w L *£» vcurdfeu die Infiltrat.; »ms den uui ! WfittdJicWi! 

b^itTgtf; .UhÄ Mßss^r wnrdft hirute^tn^eft und l TtWurideiu 
-tJttj r ütrlu^ der Nfe«nüii^! um!.der.heidowmid «,» ^ fivbit. ! blhhm. Di 

aaet* gaoze. Inallml aus IWW \\j*,«iifi&uist«n in BeMalf r.we'W luiei Leüköeytefl 

ma m w,<kww breiu-u lk^ P kuuussesehmtion m*itive'u f 

svauiä, iji* mhltwte Uüd wetufcU« wanlu prliolttti emft Ateibi“ 

v:hmtt60 wordnß). Bei <for Wtcri^stseirrm Ünku*umhiiir£ Wmfe f f ,. u 

t«Uim»n fTh.nlf.ei5. dm hisiui^iwbu 1 'nf., ■m.-mur.* . r--.n 'i-iihvtr otn f f' a!t f ( 

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JtklSrm eia» PtnasigkeD, tinr.b treich» »üm 
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Ver*vp. rkfen f ieiikueyto^e,} Wj^org^ufhu' wird 
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j]»!ifi üt.KK-btrf^nkb rtfift' iMMfW \ViUH'fi(dibV 
•iieb^ pmihiHiwi die UHtnorifcfdrdm?)iteillw «me 
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tliod« iiij> don rlrGuHrmniöff EtWftissötüf^ii 
eine Hubi5l4fisJ prodiicirefi, <Uir*ßl ««khe % 

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.„ ., Vf, > 1 t’w tiiJtfnUffiiwwtu'iw« iiue iHflt :«t6»- 

S* f " e . ieirnjÄlcieriH bildet mit dem 4®uiirt*dAn Wlwefet dfe- 
Wwf" °t Me - .-Anfijasijir., welßfie, lählest. si» .iw ‘Eftti. 

f p***"'' «'«i'dea uml-btell .mit- «Jet» -feetbsf 

l oxineo der. S|.e.,ilW].nu FritHssitlw, 
t-e.iutulen, (liest. Toxine ftefltr&Hrirtsu Und ein» tmi.n >(i|t e tf,s?. 
enOeis. Di«»« Hut. »um stsifce Wirkung kn«, ibifam nitf -iin 
Leo coeytw; Hemnmltt. ,1. b. si« wirkt iw Hittn» eia«,- surkoa 
!..t»istven Utemotests — einer von Pfeiler »nWfeM«* oml dirfeij 
eine Halle »<«• Forscmmgit» »ns l»t*l»r Zeit (Daher «tu tWit.e 
.Mnwnrt «nt Bordet. Jebit,«,thetvxkx. Kcfeobneff. Rweewrd 
“• ,\> atdgt*kWrt»n Ersebeio«,.«-. ® n „ Kraat 

heit^beeiri 6erang»!tog«n!‘r Utikfltyt.nn «wUmriwi bfer »I» neue 
iiefeiiiripfer der Mtkroheu and hpUeu »Ir« nJt«n Hakfnph^n 
ff 1 ,J lr<>p ,, ^ lraiäl)5; A^schwftt^ji itlti?wigk]of < oidbac»it.'>ij “ in 


p-ihönftv^ ^ de^ .Sniamnr #esK&tuH£*ii wurde, so w«t% i. vörs.tßi-ktÄ ;>%&#' vcndChM, Äadnrersi'ils m&ü der 
S iV“' S ” y "' :U , ■•" H'r™,i;tivM.!, 1 t: ) .nt..n Tema sei,«« Ski tnw*. : '<»<«»«0 >iawli .di« Hhimioklerin .immwilülrt, indem tii« :(I»m 4 « 
LiiJIiL l’ah^i.Te h“ 1 | t! " |4, Der esu.i.t.v,. AI- Peeuitat (lei U« dtireh rlasselht. iioenipfitneli,* gemm-.lit werdeh cei-ei, ,iav \uftret,,,, 

»\t,3f«nsch.‘iiji.v. iiD( j T«s.ii,ii: ;n AltitiT-Hnv..::.- ^ 111 ^, 11 * 1 ^ i-.r'rf'"■ ■ f” f'/"’ v - i ' Ihn -mdi Jnhr* hng.-fon&K'irM ß(H' 

itt ti.« 0 , Ut , 1 « \,-,t iiio» jm x m ist * ,, {, f ■)*! ^hddmen kaün di^- zur Qtiiüz*, denn 

v<»ü . fl KramM ttiviit hntrmVn.. : , »; k^tu-Tn iler^J.Wn. KrsinkfB-Itshew^r mfmvm*. »md di* 

Ul« <v« 5 Jt.M>- IkdiKiidij'iiig \vu(•<!;• vom H.J 1 mJ |‘,Bi Jos Fid'.nar fMp;: : a ‘ f ° n tmhwt fiihh* woiff*r VTrbmtöt,. 

- ¥ n L:-^; ib .^-'- v s - k \ JcÄ di.; iZ ; dur-h das nhinomkiodn er*i«lu- bnirtuiiitst. un. 

k-ii.f lau.,.;:" ■ """ .. ’•*«* »»s-.«>v W»«i™ wissen xvü- nn-ht. d«^. wng»»r.htH I..U unser MO,, i 

1 . , oiieli fhe IjwJmui.uhs »incs immmiisirMolon MiHejls. Die Htdlnfii.' 

, Wu i-■ „W ,-f Wi 1 m ;! ' l -f^ d’lv.nt^lcJoroniltoGfmi sdHi u> d<T ; iW Hnmoskici-pine Ui .jetzt .■tnö^JIbh, wenn man dir- RnifJoykJervö-' 

Oi-Hrüm-tf'•', -f ^ AVÖI . iv3 U1( ^^ TGid»pdd-Mj. 1 >»[ Irioftn auf ikf : l'»djniui!.un^ fujt.•c.bjB».%dsrh«m Kir^rito uömldnirt., Wir dilrWi 

»EiiiiS 'vr* ■weMlbtv wofcwpi'. und ?M P bvfflr Ptftas dn«K un.^rh iioldoa Pulienthrmon yön ifinnB Ijeldea Wfefff 

Nitm ra'f. Hf r<, ‘ ’'‘ il,nM " ,Jl - '■ ’ ''nm.MK, iu ( ,(,! Xatmi.tr- C ’ ,J ’ 3 ' w ni( '° *dmbi man dio KhoIpu auf <hv Oböflimm uxcidirf- 
il h iti ; LÜ '^d.iJ'ru, riHfjtj; kinvtcm sind ujcJj \ vorinmdGii, lu ^ f ' tne jm Dp^raliou vommmt Dt?i JCraukep wui- 

'*'' ' ; r ‘ n,u}JÜJu1f;Ls DmwBlTG Kind immunWrf. ; dou »n/i)trntf uw'fcn Kr««mhftii)r.fi oiüftt-if, um] oWIMid; die BhUr 

. .Aaftinind desOhi^u kdmien wir »a»vn, <k*s itn KkimisJcbna : ^ InßhrH'te. iind von JXiiridmi in den GcW-brn ?.n riUk^ 

‘ bheWn sind» beW smb/hrs jmt doeb kmr Xt*(m 
und Knatßn gezrjfi, ^dd der firirrb dus lildnasUerin bhi^ftiifmddV.ne 
.^orß>!l rfft miete iles lüfUfr.äte dauert iort, (Uf 

nt^TüR Erarikeii heilte .Iininuriii^if Hir'li als ?ob?Piit?h, TiBtleleUt. 

aWr aneh ;ite Kt^i-lv erweis»*» - r das kinmvjr iwr nJfikMorit^rtgf'ttr 
vielleicht, werden die’ pAhildeten Antitoxine fieiitmliairt 


K Wh VdS v! Siü( ’ dui<i weitdie tdtfd Reihe rm dureli da@. 

Jini 9^wg<m itödMouiigmj. W. j 

F^fh,,,,;'*• ■" ■ 0 • i "‘ •' ‘ !f d*t»ric ■ -. 11 . 1 ,, 1>V alb., moj,.,; 

0i - ilp>!kh;d ^ rl düR-h Teiupemtnrid.iiübutiu, IW- 
KunfechLr? ' nUl R ^P‘^'tiousfrequeiiz, MuKkudseluiieTzeh 


l-;../ V* "« r Ulh " »m« Ke« l rirut-.ioüslreäuenz, ^u>-l^rhn m -,^ h ‘ ^ - , ‘ ,,u ' ,irv ' ,;u,v «Tweis»*n : - irumeap wir nin>r ^OfühivhzrR: 
tMiK 1 ‘T-^’ U ^Wl<ßUeii, Schürti-ifiYist-. also Krsuneiiiu'üWn sei- : Vi f k) f ht wr ' nlcn il ^ ^büdBtw Antitoxine iivntvaYmrt mi au^W 
mVQwml** 1 ***' Unti ^■•^eö&Vsfei'.W weivirn sehr .vViofj foxinoa Hrjl i ,0, !? rt '^^ 4 . ^vleliejeitf wird die PjmgorYtose sebwiioirer werden 
otnnujti. ; uiüf an* bvonkheit wieder das Urherp'wieht Itekommen -und tbrf- 

1"Sä.>'« er*. . . Sehreilen • lii*r: rnji^s. .rdieh Uon fhon«inf^:k A «i „ki- 


KraBit.4mS^*4^ , ^ mi ? Wltlkltet jstloeh «las- Hliinosklerin jm 

"^„.v.'„.".;:;;. .;■; • ,H '•* i,,: ' ■<■■' '••o..»t,t.« st.-ü.. i„ ,i«„ 

Inn« .. ■' ,w ’. «»!••«• »s m <l»-yn. Kill» ntto Schwcl- 

Infiltrat». Bätbiuig PlDssiakriU- 
fenu'gäeiii ü ■■ B.drkrtilRidVfng tiwd gtiiriöJ i .‘^N‘?l]ev2eri 

ruft, d H « Rkn^wSüi’ ^Mntreä EfsetoiiiutiA'ei} i.m Kifmkiteir^meM. 


M u W- urui. u.tiximwmu 11 na .lurf- 

Neljieil(*n; hiei iiUiss eben den theofet'reeJfeti Bo8t.r«4iu'ng'e.n die <dtl- 
ruvgiseiie K-uusf. xu Hübe knmmen,. 'Hier hat letztere ihr- völlig«* 
Blir^f-rferj.ir, denn wir »iotTmi nie.ht, die mi^emein festen Ma«wen dev 
Hyalitdcm’pi'r, wefeint (mm fihfiioshlei'mu eigen sind uild dessen lu- 
hitnfim dm Festigtmt im-leHien, mittels iles Khnioskirwiiis ei>r 
dem (h'gimHimm zu e?ii.fernen. 

Es Hebt !:.o7\Vi:ii'dhnt<. fest, da.-.K die progrediente Ent- 


futt ru , ^ ^ im Krnnkheit^wni. t T , * X 

.ls«i -I ""’!, kl,;r!,f . '1.-0 < l !>aiuktHiis('i»,.)i«n PifTopiunu-rtroibiilc-tt 1 . , Iv ’ «OM nii.z*,:jmllmjt f«st, iliis» <|j« progredinute- Ent'- 

bwuMi'aw.ir, wiAJii: der EuWilndimc Ji- . « ‘itosor wliii.i:U,oli«n iiihI nti!i«iHt*ren Krank 

«irkliei, .J 1 IJutersonhuBg «»iai.. ii<wo wir os lit.i, : 'i','/ 1 * ,"“ frank»" t .st ?.«,'■ .laftr«. lau« '.«{er dom, 

Ion» mILTr, A ' : 1 I ! CU r«'-*»«'.«•*«!; d^msiuoskiorr, mierwu,- ! f J ‘“ l . , r s ' emioskl.'Hns k» in» Forlxoliril t« gjun 

n! At,6 '»di>ru"ir «inbs^ teWirwi TiaussudaU. mit. • 'Vl'*’ ' llv " <•(« bwiocblKimo (lewsh« immu» gomaibl wmilen 
h ««joivpr t»«ireupraf.M« iW-t. «. • sind. 


r,i gres8iv6f [»„,»«*•• ^dvoßonuerndg emi* Üüsmuori TfunHsmlat?;' inft-': 

mziWhVi;'^ Pr f tl,> l 11 de& Jfiiiitrut^ und mit <m r i amrüesj.toebe 
>i» ilcui Rbinn-'l-ti* U . k0f ^. t0i?ß ' :m ' hnü t!H<: ^ n Wir nahen somit 
WlBj.:^ f ^ ta em Jl m der Medidn ganz neun BubHunz vor 
Öl.hrt,. ei»«: in den Orgauiemus ’ singe* 

^Kdeteii i܄r emo? bereits infici rten und bnt* 

!((,n„ (r ? l»ervur?.uruf<m, d, b. in letzterem neue (Ijumi- , 
{ dieniiitueUM«.h uf. , ä * u ^ iht ' wedehe eihe starke positive ; 

• ^ Hkiißg auf 4ie^ Ije.ukoc 4 yt'feß dm B:Uit>-W {-■ 


v b» awoifijlMffou, in vep SbhiiupiWt. Kkinrfctem dos 

‘Sehlande?» und des KejiDvOpfes Huttr»tentinu Fällioi von iv-iiinosklejbm 
dev Gheaneti, dos JxeUikt^pfe km] besuurtetv in dereu Anikngsbtadlen 
kann «las ftliinnsklerin auxdt »Hagn u Fi?i^ l! k en Wertk liHliprii 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


326 

VIII. Feuilleton. 

Rund um den medicinischen Congress. 

(Von unserem Correspondenten.) 

. t . , Rom, 30. März. 

, Nur. einmal schon seit vielleicht zehn Jahren hat Rom eine 
solche Völkerwanderung über sich ergehen lassen: vor 57*2 Jahren, 
als Kaiser Wilhelm II. seine erste Romfahrt kurz nach der Thron¬ 
besteigung unternahm. Wer wie ich jene römischen Kaisertage 
miterlebt hat, erinnert sich noch schaudernd der grauenvollen Kopf¬ 
losigkeit alles dessen, was in Italien zur amtlichen Welt gehört: 
vom Ministerium bis zum Carabiniere, vom Generaldirektor der 
Eisenbahnen bis zum Bahnhopfspförtner. Ordre-eontreordre-dösordre. 
Alle Bande gelockert, Zeitbegriff ein leerer Wahn, Züge .zwischen 
Neapel und Rom, „Blitzzüge“!, die statt 4V2 Stunden sechzehn 
Stunden brauchten, und was zur südeuropäischen Gemüthlichkeit 
nun mal gehört. Er erinnert sich aber auch mit dankbarer Rührung 
der Liebenswürdigkeit, Zuvorkommenheit, Hilfsbereitschaft der 
ganzen nichtamtlichen italienischen Welt für die Fremden, der 
divinatorischen Findigkeit gegenüber dem Radebrechen des 
Italienischen im Munde der Deutschen und Engländer — und der 
-Gesammteindruck ist jedem Augenzeugen jener Tage dauernd ein¬ 
geprägt geblieben: greuliche Unordnung, aber ungeheurer Spass — 
es war;zum Todtärgern, aber es war himmlisch. 

. Ganz ähnlich wird das Urtheil über diesen sogenannten 
^ Congress“ lauten. Dies ist nämlich gar kein Congress, dies ist 
ein wirrer Haufen, eine wüste Ansammlung von klugen, auch be¬ 
deutenden. Menschen, die in den ersten Stunden, oft noch nach 
Tagen, einer durcheinander gescheuchten Hammelheerde zum Ver¬ 
zweifeln ähnlich sahen, die meisten der Sitten, der Sprache un¬ 
kundig, vielfach obdachlos, fast alle hülflos. 

\ Nein, dies ist kein Gongress mehr. Hier ist ein Gipfel, ein 
„comble“ erreicht und überschritten. Der vortreffliche General- 
secretür Prof. Maragliano, der feste Felsen in diesem wirbelnden 
Meer, der geplagteste Mensch Italiens seit Monaten, dessen Humor 
und dessen Nerven, wenn er die überhaupt hat, von Erz oder 
-Kupferdraht sein müssen, hat in . der gestrigen höchst feierlichen, 
d. li. unglaublich turbulenten Eröffnungssitzung folgende nüchterne 
Ziffern mitgetheilt, die des Congresses beste Charakteristik liefern. 
: .1867 in Paris waren, 1822 Congressisten, in Florenz 737, in 
.Wien 1200, in Amsterdam 700, ebenso, viele in Kopenhagen, in 
, London schon 3000, in Brüssel nur 342, in Washington über 3000. 
Schon in Berlin stieg die Ziffer auf 5727, und man erinnert sich, 
wie schon damals trotz des unleugbaren Organisationstalentes des 
Berliner Comitös von einer Uebersiehtlichkeit und Einheit der 
Verhandlungen und der Feste nur nothdürftig die Rede war. In 
Rom erreichte bis zum Tage der Eröffnung des Congresses die Zahl 
der wirklichen Anmeldungen, d. h. der bezahlten Theilnehmerkarten 
(allerdings Herren und Damen) die schwindelige Höhe von 7612! 
Das ist so ziemlich ein italienisches Armeecorps auf dem Friedens- 
fusse. Solchen Horden gegenüber vermag vielleicht noch der 
praktische kalte Ordnungsverstand von Engländern und Nord¬ 
amerikanern durchzudringen — ein italienisches Görnitz ist dazu 
völlig ausser Stande. 

. Das soll keinen. Vorwurf enthalten. Jedes der Mitglieder, vor 
allen Herr Maragliano* hat gearbeitet wie — man verzeihe den 
. derben aber bezeichnenden Ausdruck — wie ein römisches Droschken¬ 
pferd. Aber über die Kraft kann Keiner, und gegen das nationale 
Ingenium, Im Guten wie im weuiger Guten, auch nicht. Schliess¬ 
lich muss in solchen Fällen doch immer die Selbsthülfe das Beste 
thun, und der gute Wille muss ergänzen, was lückenhaft ge¬ 
blieben. 

Und vor allem haben die Herren vom Comitö einen wunder¬ 
baren Alliirten gehabt! Man erinnert sich der Scherzfrage: „Wer 
lacht über Italien?“ und der Scherzantwort; „Der unbewölkte 
Zeus.“ Nun dieser liebenswürdige Mitarbeiter des Congresses hat 
über alles Verdienst seine Schuldigkeit gethan und hat mehr zur 
Beschwichtigung der empörtesten Klagen, zur Besänftigung all der 
unzähligen grossen und kleinen Eitelkeiten beigetragen, als alle 
Organisationstalente der herrlichsten Comitös vermocht hätten. 

Ein Wort noch über die Vorbereitungen zum Congress. .Da 
sind zuvörderst die italienischen Eisenbahnen. Wer sie kennt, 
wird unsern Schmerz zu. würdigen wissen. Aus . dem Munde eines 
der Congressisten hörte ich den Stossseufzer: „Könnt ich doch, 
eh ich sterbe, noch einen italienischen Eisenbahnzug sehen, der 
pünktlich von irgend einer Station abfährt oder pünktlich auf ihr 
ankommt!“ Nein, du grundgelehrter Nervenpatholog, der du in 
deiner deutschen Heimath bist, du wirst sterben, ohne einen solchen 
italienischen Zug zu sehen. Vielleicht kann man sich mit dem 
schönen Trostwort helfen: „Es geht ‘auch so“. Ein Eisenbahn¬ 
unglück ist nicht geschehen, und am Ende ist das noch besser 
als die schönste preussische Eisenbahnpünktlichkeit. 


Dann die Wohnungsfrage! Das Wohnungscomitö, das über 
eine Woche vor dem Beginn des Congresses in Permanenz auf dem 
Centralbahnhof in Rom tagte, hat sich bewundernswerthe Mühe um 
die sorgsame Unterbringung der mindestens 6000 Nichtrömer mit 
ihren so mannigfaltigen, zum Theil querköpfigen Wünschen gegeben, 
und es ist ihm ja auch gelungen, Jedem „ein Hüsung“ zu ver¬ 
schaffen. Aber die Angst und Noth auf beiden Seiten vorher! 
Und wer einen italienischen grossen Bahnhof mit seinem wahn- 
sinnigmachenden Lärm in friedlichen Normalzeiten kennt, mag sich 
vorstellen, wie es in dem lieben Gemüthe eines sprachunkunäigen 
Fremdlings bei der Ankunft in Rom ausgesehen hat! Der erste 
Eindruck wird wohl meist der gewesen sein: ein Irrenhaus, Ab¬ 
theilung der Gummizellen, von seinen Insassen beherrscht und’ los¬ 
gelassen gegen die vernünftige Menschheit. 

Scene: Centralbureau des Congresses in derViaGenova. 
Der schüchterne Congressist naht sich dem Brettergebäude, wird aber 
unterwegs von einer ganzen Bande ambulanter Händler jeder Art 
umbrüllt, aufgehalten, verwirrt. Jetzt ist er in dem ungeheuren 
Vorraum, in dem ihn, ohne jede Ueb er treib ung, im mildesten Falle 
vier bis fünf Sprachen umschwirren. Ha, da schlagen auch be¬ 
freundete Stimmen an sein Ohr, — mitten durchs Heulen und 
Toben der Hölle vernimmt er den lieben, den heimischen Ton. 
Darin hat das Comitö wirklich famos vorgesorgt; man kann in 
vier Sprachen — confus gemacht w r erden. 

Jetzt ist die Mitgliedskarte gelöst. Der Römer, überhaupt 
der Italiener, ist — noch von Alters her — ein erstaunlich bureau- 
kratischer Mensch. Was in Italien an „Stempelei“ bei jeder mög¬ 
lichen und unmöglichen Gelegenheit geleistet wird, das geht auf 
keinen Stempelbogen. Mit den Eisenbahnkarten zu ermässigten 
Preisen fing die Stempelei an, an jedem Schalter unterwegs wieder¬ 
holte sie sich, dann kam die Stempelei mit Formularen bei dem 
Empfang der Mitgliedskarten und damit fing das Vergnügen erst 
an. Besondere Karten zum Theaterabend, besondere Karten zur 
Eröffnungssitzung, besondere Karten zum Empfang auf dem Ca¬ 
pitol u. s. w., u, s. w. mit sehr wenig Grazie, aber mit immer¬ 
währender Stempelei in infinitum. 

Nun geht’s an’s Fragen! 0 du heilige Geduld verlass unsere 
Congressisten nicht. Das Comitö hat es ja so himmlisch gut ge¬ 
meint, indem es ein Correspondenzbureau im Congressbureau ein¬ 
gerichtet hat, durch das — angeblich, alles angeblich — Jeder 
mit Jedem ohne weitere Vermittelung der Königlichen Post sich 
in Verbindung setzen könnte. Vortrefflich ausgesonnen und jedem 
folgenden Congresscomite zur Nachahmung empfohlen, — «nur 
ganz anders“. Dieses Correspondenzbureau, das den schriftlichen 
Verkehr von über 7000 mittheil ungswiithigen Menschen mit ein¬ 
ander vermitteln sollte, wird geleitet von einem einzigen Menschen. 
Dieser und Professor Maragliano sollten zusammen eine Ab¬ 
handlung schreiben „über die Grenzen der Leistungsfähigkeit 
menschlicher Geduld“. 

Eröffnungssitzung. Dem gemeinen Sprachgebrauch zufolge 
denkt sich der Leser, dass man in einer Sitzung unter anderm auch 
— sitzt, nicht w r ahr? Unmöglich wäre es ja gerade nicht ge¬ 
wesen, die Eröffnungssitzung sitzend abzuhalten. Die Aedilen des 
Congresses der Aerzte und Hygieniker in Rom hatten die Sache 
anders verstanden, und man muss sagen: origineller hätten sie es 
nicht anfangen können. Dass sie das grösste und schönste Theater 
Roms dazu wählten, wmr löblich; dass sie die drei ersten Ränge, 
in denen man so zu sagen sitzen konnte, d. h. halb, für die Damen 
einräumten, war galant. Vielleicht war es auch zweckmässig, das 
riesige Parquet ganz von Sitzen zu entblössen, um mehr Raum zu 
gewinnen, denn das Theater ist zwar colossal im Vergleich mit 
den grössten deutschen Theatern, aber es ist doch eben nicht das 
Colosseum. Es fasst in Friedenszeiten 3—4000 Menschen, es sollte 
gestern 8000 Menschen aufnehmen, und es wäre auch alles leidlich 
gegangen, wenn die Patres conscripti, die diese Eröffnungssitzung 
vorzubereiten hatten, nicht einen unglaublichen — sprechen wir 
mit classischer Färbung .— Abderitenstreich begangen hätten: das 
entblösste Parquet fällt nämlich nach dem Eingang zu ab, und da 
die ganze Eröffnungsfeierlichkeit mit König, Königin, Ministerium 
und allem sonstigen Apparat auf der Bühne stattfand, so hat, mit 
Ausnahme vielleicht der 3—400 Menschen, die vorn an der Bühne 
standen, von den mindestens 3000 Congressmitgliedern, die 
2 V 2 Stunden eingedrückt in qualvoll fürchterlicher Enge 
im Parquetraum schwitzten und. schnauften und die 
Hälse reckten, keine sterbliche Seele ein Wort gehört 
oder einen Saum vom Gewände, des, Köüigthums odeX 
von einem Orden der amtirenden Minister, gesehen. Nur 
aus nebelhaften Fernen drang zuweilen durch das Brausen . der 
empörten * Menge ein Ton, .der wie von menschlicher Rede hoch 
vom Olymp, d. h. von der Bühne herab, klang und: Kunde davon 
gab, dass noch immer „Eröffnungssitzung gehalten wurde“,. Man 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 


5. April. 


muss an den Frühstflckstischen nach der „Feierlichkeit“ die Ui- 
theile der Congressisten gehört haben, um zu wissen was 1 ,i„„h 
för schiechte Menschen giebt, die verlangen, dass m’an womögl“£ 
die m einer Erofinungssitzung gehaltenen Reden hören soT Ein 
Gemuthsmensch, wie Ihr Corresponde.it, kauft sich wenige Stunden 
später um emen Solde die neueste „Tribuna“ und liest darin in 
Müsse die schönen Reden-ohne Ironie-, die Baccelli Crisni 
der Suidaco von Rom, Fürst Ruspoli und Virchow’gehalten 
haben, Baccelli lateinisch, Virchow italienisch Für die Zu 
hausegebliebenen - aber auch für die Dabeigewesenen, die ke“n 
Sterbenswort verstanden haben -, mögen heide Reden hier folge“ 

Baccelli: Postquam Italia univorsa in unum corpus iterum 
coaluit et sui Juris fuit, praeclaris benevolentiae atque honoris testi- 
momis idemtidem gaudet, vel in maximis difficultatibus quae no- 
vam exordientis vitae civilis rationem necessario comitantur. 

Anno supenore, in festis genuensibus, totius pene orbis gen¬ 
es loncatas naves miserunt, quae Christophorum Columbum ita- 
D ! ento hono r, e . decorarent. Hodie viros Romam mittunt 
biologicae doctrinae pentissimos ut vincula arctius constrigant 

fnriL« mmUn - S utllltatls causa nos jungunt. Hic Romam petunt 
fortasse non immemores, spectatissimos olim cives politica medi- 

rwiSr e ?“ I . msse ’ « uam reipublicae rectores tanquam 

tetant™ Tlrtutem exoptarent: d ® 9“® TuUius et Cato abunde 
Salvete igitur, clarissimi viri! 

Classica haec regio libens Vos excipit ubi divinus libertatis 
hahtus veterem gentis magnitudinem reducet. Hic nemo habetur 

Sernfh“ 8 '- H ' C “ bl 0nml8 terrae pars sua monumenta invenit 
,„ rr Ke “; S Unam tantumm ® d ® famüiam constituat. Unus-’ 
E ? onslll °. ?* op ® r «. populorum incolumitati, hominumque 
w|“ d “n„ P v SplClat: • Tunc , memorabilcs patruD > latinorum sen- 
ef cste P et^m,n° T1SSlma -'T nitobunt - Salus P° puli suprema 

luteXÄlms dando“ 8S1S h ° mineS ad De ° S a ° Ce<lore « uara sa ' 

Hospites doctissimi, iterumque iterumque salvete 
causa vdlls teL^,,“ argarita ’ regke vWu ‘ ta eXemp,aiia - h ®”°™ 
,!?“ adstan * supremi rerum italicarum moderateres; adstant 
di«- allsten? M Dtar ^ eilat,IS et Oratorum popularium legibus foren- 
ude ^ v^ ? 10r , U ?' c “ ratoros; tote civites conspectu vestro 
Ä t !. P ( laU(l,L E «° ver » si ®K“ b ‘ri laetitia pcrfundor 

<'numr Lthm f° ao ,. I1 ? mmo mibi liceat «««»re. - Undecimum 
gmtium de medicina conventum, hodie, Roma auspicatur. 

Virchow: Sire, 

Graziosissima Regina, 

T f Signor Presidente, 

hi parolp i» 0 0n T. di . 0ssere ü primo dei meinl, ri a prendere 
quäl presidon^f^ ^ duta ^ inau £ ui ' ale ’ alla circonstanza che io, 
brato il ^A del A u tlm ® Co . 11 F esso medico internazionale, sono 
indussero c. r^ 0 a , 4ar . mi int ?rprete dei sentimenti i quali lo 
Tutti rammend lere H a C1 * ti di Koma pel Congresso attuale. 
tutto ^ a ora che Ttetero Occidente di Europa e poi 

rinascimento D dell« 1TI *’ debb T °“ 0rare ‘’ Itelia « paes? 53 

per la nuale l’Ti ?? ,en . ze ®, che fra lescienze, la medicina 6 quella 
insegnamento f “’ durante « principale centro di 

Y n ™’ e i asd o delle scoperte progressive. 

sia pei contrasti ,!!/* le Ji°. t4e . che . si avvicendarono in questo paese, 

rnai vi marn-arm 1 ln . tern ^ ß i a P er la cupidigia straniera, 

luancarono uonuni vin-nrci Q a: - - .• _i- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


327 


vigorosi e pieni di sperauza, i quali 


* • - Wül 

‘•''hero 1 ,™,,"™™' 0 - ? 0mbli ••6“— - F— ui „p, 

E co„ P r m 1 grandi sc °P i della scienza. 
dell'uuitA Jn« Uta . a novella ’ Ja quäle ha condotto alla vittoria 
alla moltii,lir*H 7 inn deI ? rande Stato italiano, ma inoltre 

italiani nella d f Istlt , U , t 1 1 sclentifici ed all’ingresso dei medici 
L’uSn r d6 lega . della medicina universale, 
nuovo Con<>Tpc!«A^ eSS n-i n ^ rnaz ^ ona ^ e ne ^ ^esignare a sede dei 
kapitale di ® utta eterna i divenuta ancora una volta 
aü’anüea tradmmin ^ r , egno ’ 1x14656 reildere omaggio insieme, e 
Io sono - 1 ed aI . nu ? vo s Plendore. 
menti dei m S CUr0 n C ^f. C1 ^ dicendo, non esprimo soltanto i senti- 
'Pnendo q u i i n i C a 0l . egl11 tedeschi i quali hanno voluto attestarli, 
(he l’antica bramno 1 ;! 0 , nume ^°- Questo concorso prova agli italiani 
paesi dei Sud x a < l ua l e utörae l’uomo dei Nord verso ridenti 
I non 6 ß penta. 

frnsori na 11°H^ on .° ad esso come amici, come fratelli sono i di- 
narp le proorio peilslei ? umanitari; abituati come sono a subordi- 
J eercare il proCTecJ^ 1 m Ze a ^ x a PP e ^* dellamore dei prossimo ed 
Essi Piü dei cul+An-a • 6l i! iraan . ltä . in . una coo Perazione disinfceressata. 
n u*ssagg er i della na 01 a , r , e , discipline sono destinati ad essere i 
aazionalft rinfor 7 n P ;i C ° e i de a car ^- Ggni nuovo Congresso inter- 
sentimento di solidarietä. in tutti i membri 


della 


corpora/inno j? nwme uto di solidarietä, in 
medica ed aumenta lo zelo nella 


ricerca di una 


S Pf°f“ nda arraon 1 ia , d « mezzi destinati a rimuovere gli ostacoli 
che si oppongono al henessere della societe umana. 

„„n„^° SSa a i’ C , he l attllale Congresso contribuire a rafforzare la 
conoseenza dei vero, la intensitü delle aspirazioni morali ed il 
vincolo d, fratemitä fra i colleghi di tutti i paes”! PoZ L! 

SoTSe^aztemte C ° nsiderevole alle ^ d ®> P a - d ™ ®om- 

Virchow, der schon bei seinem Eintritt in den Festsaal mit 
3? eurem Ju ? el ( ? ach italienischer Sitte mit Händeklatschen) 
worden > batte kallm die ersten Worte seiner italieni- 
dte W„h e , i f?eS cF r ° C, ; en ’ a l s ei ” soIcher Donner des Beifalls für 
Y ah , d Sprache ausbrach, dass er minutenlang nicht weiter 
sprechen konnte Ueberhaupt ist es rührend und erhebend zu- 
gleioh, mit welcher Begeisterung Virchow auf Schritt und Tritt 

mmkt St ;odI? d 'sfl> Er t i? , l de \? ach d T a % emeinen Urtheil den Mittel¬ 
punkt jeder öffentlichen Veranstaltung, und bis jetzt scheint ihm 
das keinen körperlichen Schaden gethan zu haben 

. In den Sektionen, 19 an der Zahl! hat man sich gleich am 
eisten Tage mit guter Ordnung zusammongefunden und dio wirk¬ 
liche Arbeit begonnen. Für die heutige erste Plenarsitzung wird 
noch un grossen Festsaal gezimmert und gehämmert, dass man in 
den Nebenraumen sein eigen Wort nicht versteht. Unser erster 
Uerieht hat unter diesem Lärm natürlich auch gelitten, und wir 
bitten ihn zu betrachten wie einen unter den erschwerendsten Ver- 
nältnissen geschriebenen Bericht „vom Kriegsschauplatz“. E. E. 

IX. Referate und Kritiken. 

O. Rosenbach, Die Entstehung und hygienische Behandlung 
Bleichsucht. Medicinische Bibliothek f. prakt. Aerzte No 1 
117 S. Leipzig, C. G. Neumann, 1898. Ref. Sehrwald 
(Freiburg). 

Rosenbach hält die Chlorose nicht für den Ausdruck einer 
Erkrankung des Blutes oder speeifischer, blutbereitender Apparate, 
sondern für eine Ernährungsstörung des gesammten Organismus,’ 
die durch em dauerndes Missverhältnis zwischen Einnahme und 
Leistung hervorgerufen wird. Die Ursachen dieses Missverhält¬ 
nisses liegen theils in einer angeborenen anämischen Constitution 
oder einer hereditären Schwäche, häufig in unzweckmässiger Lebens¬ 
weise und namentlich in ungenügender Sorgfalt für die Ausbildung 
des Athmungsapparates, dann in ungünstigen Lebensbedingungen 
in Bezug auf Wohnungs-, Nahrungs- und Wärmeverhältnisse. Die 
Chlorose äussert sich vorwiegend in einer funetionellen Schwäche 
des ganzen Körpers oder verschiedener Organe und bietet daher 
viele Analogi een mit der Neurasthenie. Häufig besteht eine 
Schwäche der Verdauung; entweder weil das Gehirn zu erschöpft 
ist um das Hungergefühl noch zu vermitteln — es fehlt dann völlig 
das Bedürfniss nach Ersatz des Verbrauchten — oder anderemale 
weil das Protoplasma aller Gewebe insufficient geworden ist in seiner 
plastischen Fähigkeit und daher zur Resorption und Assimilation 
und zur Anregung der Secretion der Verdauungsdrüsen ungeeignet. 
Die verminderte Salzsäureabsonderung im Magen bedingt dann 
eine höhere Alkalescenz des Blutes und das auffällige Säurebe- 
dürfniss vieler Chlorotischen. Manchmal ist aber auch eine direkte 
motorische Schwäche der Magenmuskulatur die Ursache der Ver¬ 
dauungsbeschwerden. Schon hieraus erhellt, wie sehr verschieden 
die Therapie sich in den einzelnen Fällen zu gestalten hat, wie 
genau individualisirt werden muss und wie ungeeignet oft die 
übliche Therapie sein muss, wenn sie schablonenmässig ange¬ 
wandt wird. In sehr anregender Weise werden auch die übrigen 
Hauptsymptome, die Muskelschwäche, die Anämie und die mannig¬ 
fachen schmerzhaften Erscheinungen in ihren verschiedenen Formen 
gezeichnet, auf ihre Ursachen zurückgeführt und daraus eine 
rationelle und vom Verfasser selbst erprobte Therapie abgeleitet. 

A. A. Liebeault, Der künstliche Schlaf und die ihm ähnlichen 
Zustände. Autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Otto Dorn- 
blüth. Leipzig und Wien, Fr. Deuticke, 1892. 203 S. Ref. 

Pelm an (Bonn). 

Faciendi plures libros nullus est finis, dieser Stossseufzer eines 
alten Leidensgefährten auf dem Gebiete des Referirens wollte mir 
beim Durchleseu des vorstehenden Buches nicht aus dem Sinn. 
Nicht, als ob das Buch an sich so schlecht sei, es enthält im 
Gegentheil manches Interessante, aber ich bin der Meinung, dass 
wir in der letzten Zeit von diesen Dingen gerade genug und jeden¬ 
falls schon zu viel hätten, um eine Uebersetzung aus dem französischen 
zu rechtfertigen. 

Im Grunde genommen sollte man doch nur solche Werke in 
das Deutsche übertragen, denen wir in unserer Litteratur nichts 
ähnliches zur Seite zu setzen haben, die somit- etwas Neues und 
eine wirkliche Bereicherung unseres Wissens bedeuten. Und diese 
Bedeutung muss ich dem vorliegenden Werke absprechen. L i 6 b e a u 11 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


328 

sagt selbst, dass es aus dem Jahre 1866 stamme und er so wenig 
wie möglich daran gerührt habe, um ihm seine Ursprünglichkeit 
zu bewahren. 

In dieser Zeit hatte doch wahrhaftig jeder, der Lust dazu 
hatte. Müsse und Gelegenheit genug, um es zu lesen, und wenn 
Liebault es für zeitgemäss erachtete, eine neue Ausgabe zu ver¬ 
anstalten. so folgt daraus noch keineswegs, dass auch eine Ueber- 
setzung in's Deutsche am Platze war. 

Jetzt, wie vor 20 Jahren wird Liebeault kaum auf unbe¬ 
dingte Zustimmung zu rechnen haben, und wenn es ihm darum zu 
thun war, den Widerspruch herauszufordern, so bietet er hierzu in 
seinem Buche Gelegenheit genug. 

Der gewöhnliche Schlaf ist ihm gleich dem künstlichen das 
Ergebniss eines geistigen Vorganges, der sich durch die Fixirung 
der Aufmerksamkeit auf eine Vorstellung, und zwar gewöhnlich 
auf die der Ruhe kennzeichnet. Beim Fehlen einer Hauptvorstellung, 
welche die Aufmerksamkeit gefangen nimmt, ist keine Möglichkeit 
zu schlafen vorhanden. Dabei sind Geisteskrankheit und Schlaf 
ähnliche Zustände, nur ist erstem krankhaft, letztere in’s Gebiet 
des Gesunden gehörig. Das auf geistigen Ursachen beruhende Irr¬ 
sein entsteht ebenso wie der künstliche Schlaf aus einer Anspannung 
der geistigen Kräfte, zumal wenn diese Geistesthätigkeit mit Auf¬ 
regungen und lebhaften Leidenschaften einhergeht. „Wenn Schlafen 
(p. 143) im strengsten Sinne des Wortes soviel ist, wie seine ganze 
Aufmerksamkeit auf die beim Einschlafen gefasste Vorstellung des 
Schlafens richten, so heisst Träumen: sofern die Aufmerksamkeit 
auf diese Vorstellung gerichtet ist, entweder mit einem von der 
letzteren abgelenkten Theil der am passiven Pol angesammelten 
Aufmerksamkeit oder mit der noch am activen Pol frei vorhandenen 
Aufmerksamkeit Gedanken in Bewegung setzen und Empfindungen 
wahrnehmen. Der Schlaf mit oder ohne Träume wird also end- 
giltig gekennzeichnet durch die Ansammlung der ganzen Aufmerk¬ 
samkeit oder eines Theils davon auf die fest gewordene Vorstellung, 
mit der man eingeschlafen ist, und da jede Ansammlung von Auf¬ 
merksamkeit Mangel an eigenem Antrieb verursacht, so heisst 
Schlafen auch: infolge dieser Ansammlung nicht nur an der be¬ 
stimmten Vorstellung haften, sondern auch zu Aeusserungen freien 
Willens unfähig sein.“ Und p. 144 steht zu lesen: „Vorzugsweise 
in seinen geistigen Erscheinungen betrachtet ist der Schlaf nur 
ein physiologisches Irrsein.“ Das mag nun sehr geistreich klingen, 
ist aber doch baarer Unsinn. Wir wenigstens verstehen unter 
Irresein etwas krankhaftes, einen pathologischen Zustand, nach 
Liebeault aber ist es ein physiologisches pathologisches oder ein 
pathologisches physiologisches, ein kaltes warmes, ein helles dunkles, 
und um dies zu versteheu, dazu reicht unser deutsches Verständniss 
vorläufig nicht aus. Nach diesen Proben hat es wirklich keinen 
Zweck, sich mit Liebeault überall da auseinanderzusetzen, wo 
wir anderer Meinung sind. Nur auf einen Punkt möchte ich noch 
eiugehen, weil er für seine ganze Anschauungsweise bezeichnend 
ist. Liebeault hält die Zauberer, Besessenen und Hexen für 
geistesgesund; p. 175 sagt- er: „Sämmtliehe Besessene, sowohl 
die Frommen wie die Zauberer und Hexen, sind als Träumer mit 
somnambulismusähnlichen Zuständen trotz der Irrthümer, denen sie 
anheimfallen, nach dem Erwachen ebenso geistesgesund wie die 
Somnambulen. Das ist unsere feste. Ueberzeugung. Und dennoch 
hatten, um von den Hexen und Zauberern zu sprechen, diese Geister¬ 
seher Wahnvorstellungen, von denen sie überzeugt blieben, und 
feste Vorstellungen, vermöge deren sie mit unwiderstehlichem Antriebe 
handelten, und ihre Ueberzeugungen blieben völlig unerschütterlich, 
denn sie gestanden ihre Theilnahme am Hexensabbat und ihren 
Verkehr mit den Dämonen sowohl auf der Folter, als in den Fesseln 
des Scheiterhaufens.“ 

Insofern als sie den allgemeinen Aberglauben ihrer Zeit theilten 
und Dinge für möglich hielten, denen wir heutzutage keinen Glauben 
mehr schenken, stimme ich Liöbeault bei, weiche aber insofern 
von ihm ab, als ich diejenigen von ihnen, die auch ohne Folter 
von ihren Orgien und den Sabbatsfeiern erzählten, auf Besenstielen 
geritten waren und noch lebende Personen ermordet hatten, denn 
doch nicht für geistesgesund erklären kann. 

Liebeault meint- (p. 176), um sie für geisteskrank erklären zu 
können, müsste ihr Unthätigkeitszustand dauernd und ihre Aufmerksam¬ 
keit- gewöhnlich erschlafft- sein, und er giebt zu, dass sie, wenn auch 
nicht geisteskrank dann doch im Begriffe seien, es durch die zu 
oft wiederholte Wirkung des Zustandes zu werden; durch die 
dauernde Spannung lasse schliesslich die Federkraft der Aufmerk¬ 
samkeit nach, die Erschlaffung werde dauernd, und sie gingen vom 
physiologischen zum krankhaften Irresein über. Was wir von dieser 
letzten scharfsinnigen Unterscheidung halten, haben wir schon vor¬ 
hin unzweideutig gesagt. 

Auch manche der praktischen Schlussfolgerungen sind danach 
angethan, unser Kopfschütteln hervorzurufen. Liöbeault. will 
den Müttern vor der Entbindung suggeriren, was aus den Kindern 


werden soll, und er zweifelt nicht an dem Uebertragen schöner und 
erhabener Gedanken von Mutter auf Kind. Nun sollte man eigent¬ 
lich annehmen, dass sich die Sache leicht, beweisen Hesse. Un¬ 
glücklicherweise (p. 124) sind in den drei Fällen, wo er schwangeren 
Somnambulen die von ihnen für ihre Kinder gewünschten Eigen¬ 
schaften suggerirte, zwei Kinder gestorben, was ihn um so mehr 
berührte, weil er für beide den Müttern mehrfach ganz besondere 
Anlagen suggerirt hatte. 

Ich würde meiner Pflicht als Referent nur schlecht genügen, 
wenn ich den Eindruck hinterlassen wollte, als ob das ganze Buch 
nur aus derartigen Sonderbarkeiten bestehe. Ich bestätige daher 
ausdrücklich, dass dies nicht der Fall ist, und ich gebe gern zu, 
dass der Nanziger Professor in seinem Werke eine ganze Menge 
von Beobachtungen und Gedanken niedergelegt hat, die wohl ge¬ 
eignet, sind, befruchtend und anregend zu wirken. Nichts desto- 
weniger muss ich bei meiner Ansicht beharren, dass ich cs für 
kein Unglück gehalten hätte, wenn das Buch ruhig bei seiner 
ersten Auflage verblieben oder zum mindesten nicht in das Deutsche 
übertragen worden wäre. __ 

X. Jouraalrevue. 

Haut-krankheiton und Syphilis. 

P. G. Unna, Der Streptobacillus des weichen Schan¬ 
kers. Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XIV, No. 12, 
1892. 

Unna hat bei fünf diagnostisch zweifellosen, noch nicht, be¬ 
handelten Fällen in excidirton weichen Schankern stets denselben 
Bacillus gefunden und spricht die Hoffnung aus, jeder Leser werde 
den Schluss ziehen, dass dieser der Bacillus des weichen Schankers 
sei, obwohl Culturen noch nicht gemacht worden sind. Es ver¬ 
steht sich von selbst, dass dieses Resultat nur mittels eines vom 
Verfasser selbst bereits früher erfundenen Färbungsverfahrens ge¬ 
lang: Die Schnitte kommen aus Alkohol in alte alkalische Me¬ 
thylenblaulösung, am besten: Methylenblau, Kalii carbonici ana 1,0, 
Aq. dest. 100,0, Spirit. 20,0, M. coque ad reman. 100,0. Addo 
Methylenblau, Boracis ana 1,0, Aq. dest. 100,0. Die stark über¬ 
färbten Schnitte "werden dann auf den Object träger gelegt, mit 
Löschpapier rasch abgetrocknet und mit einen Tropfen von Unna’s 
Glycorinäthermischung (bei Schuchardt in Görlitz erhältlich) oder 
auch mit Styron entfärbt, was in wenigen Secunden geschehen 
ist. Darauf trocknet man nochmals mit Löschpapier und behan¬ 
delt mit Alkohol, Bergamotöl und Balsam. Man sieht alsdann in 
frischen Fällen die obero nekrobiotische Zone, in älteren auch die 
in die Tiefe des Gewebes dringenden Spalten, ganz erfüllt von 
einer Bacillenart, die überall nur wenig über die Grenze des ab¬ 
sterbenden in das noch lebende Gewebe hineinreicht. Der Bacillus 
selbst ist klein und kurz: 1 1 / 4 —2 /« : V 3 h und liegt in kurzen ge¬ 
wellten Ketten angeordnet, manchmal auch in mehreren Ketten 
nebeneinander, also ähnlich den Streptococcen. In den Spalten zer¬ 
klüfteter Ulcera sind diese Ketten weit deutlicher sichtbar und 
länger. Sie liegen stets in den Lymphspalten, nie dazwischen oder 
in Zellen oder Blutgefässen. Durch Alkohol allein sowie durch 
Jod und Säuren wird der Bacillus entfärbt. Bei andersartigen 
Geschwüren wurde der Bacillus nicht gefunden. Ob der ähnliche, 
bereits 1889 von Ducrey im Schankereiter gefundene Bacillus 
mit dem von Unna identisch ist, bleibt unentschieden. 

F. Block (Hannover). 

A. Hogge, Gonocoques et- pseudogonocoques. Ann. des 
mal. des organ. gönito-urin. April 1893. 

Verfasser kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem 
Schlüsse, dass man bei der chronischen Gonorrhoe mit der bacterio- 
logischen Diagnose der Gonococcen sehr vorsichtig sein muss, weil 
sich im Secret zahlreiche dem Gonococcus ähnliche Mikroben vor¬ 
finden und die bekannten Charaktere des letzteren nur selten alle 
zusammen vereinigt sind. In solchen Fällen muss man die 
Gram’sehe Methode anwenden oder die Urethra mit Höllenstein 
(1 :1000) resp. Sublimatlösung (1:10000) auswaschen. Hierdurch 
vertieren sich die Mikroorganismen der einfachen Urethritis bald. 
Schliesslich muss man zu der Reincultur seine Zuflucht nehmen. 

G. T. Elliot, Syphilitic nodes of the hyoid bonc. 
Journal of cutan. and genito-urinary diseases. Januar 1893. 

Verfasser beobachtete fünf Syphilitische, welche über starke 
Schmerzen beim Schlucken, beim Sprechen oder bei bestimmten 
Bewegungen des Kopfes und Nackens klagten. Als Ursache hier¬ 
von konnte er einen oder mehrere periostale Knoten des Os hyoideum 
finden, welche entweder isolirt oder zusammen mit einer Chondntis 
resp. Epichondritis der Cartilago thyroidea bestanden. Diese 
Localisation von periostalen Auftreibungen gehört jedenfalls zu den 
ungewöhnlichen Vorkommnissen. Joseph (Berlin). 


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5. April. 


XI. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Unsere Anst&lten für Idioten und Kpileptische. 

- Hochgeehrter Herr! In No. 8 Ihrer geschätzten Wochenschrift ver¬ 
öffentlicht Herr Dr. Schliop in Stettin einen Artikel, überschrieben 
„Noch einmal unsere Anstalten für Idioten und Epileptiker“ Der Unwille 
über dm in demselben enthaltenen Uebertreibungen und Unrichtigkeiten 
drückt mir die Jeder zur Abwehr m die Hand. Ich fühle mich zu einer 
solchen auch ganz besonders durch den beständigen Hinweis auf die 
Kückenmühler Anstalton (Kückenmühle-Tabor) und meine ärztliche Thätiff- 
keit an denselben verpflichtet und bitte Sio daher sehr ergebenst, meiner 
Entgegegnung in einer der nächsten Nummern Ihrer Wochenschrift einen 
Platz verstatten zu wollen. 

Diejenigen Leser, welche die Anstalten für Idioten und Epileptiker 
nicht keimen, und das sind, wie ich richtig zu schätzen glaube, 95% 
sämmtheher Aerzte, werden durch den Aufsatz des Herrn Dr Schlien 
den Eindruck erhalten haben, als ob in den genannten Anstalten himmel¬ 
schreiende Zustände herrschten, die Zöglinge und Pfleglinge derselben mit 
empörender Gewissenlosigkeit und Unmcifschlicbkeit behandelt und die 
Anstaltsärzte zu einer höchst unwürdigen Rollo hcrabgedrückt. würden 
Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass mir der Nachweis gclino-en wird' 
dass die Behauptungen des Herrn Dr. Schlicp und die daran geknüpften 
Schlussfolgerungen den tkatsächlicben Verhältnissen in keinerWoise ent- 
sprechen Bei meinen Ausführungen beschränke ich mich auf die Kücken- 
mühlei Anstalten, was jA auch genügen wird, sogar Herrn Dr. Schliep 
gegenüber da ich Grund zu der Annahme habe, dass er von seinen an¬ 
geführten 42 Anstalten nur sehr wenige, ausser der Kückenmühle vielleicht 
*ogar keine aus eigener Anschauung kennt. 

Wenn man in dem Aufsatze des Herrn Dr. Schliep liest, dass in 
der letzteren Anstalt sich 600 Insassen befinden und „jedesmal die Visite 

rSfirr^n ? ~ einer Stu Pn e becndefc ist “ ( w *s nobenbei bemerkt un- 
k JV 0 mu ? s , ” ia ?\. fallsinian von der lrrthümlichen Voraussetzung 

t t, . ] daSb e . s v b , lcli b . cl deu b0 ° ^sassen um obenso viele Kranke handelt, 
in a I - d K' r t f z JI. lchen ’ m spccic psychiatrischen Hülfe beständig bedürftig 
•j d. such allerdings über dieses schreiende Missvcrhältniss stark entrüsten. 

M g # abcr f -“ z ‘? nde . rs - , We 411 Zöglinge der Kückenmühlo 
.nSf^ h ' ki dM!>te “ an8ta,t ) smd 1,1 dt ’ci fast gleich starken Abtheilungen 
h W U1, a ZW ? 1 ’ M lcI n n für Erhöhung und Unterricht, für Be- 
(Handwerke Peld-, Garten-, Hof- und häusliche Arbeit) und 
df-m P &m. 1 l de ft A i Stalt 1 md a l u Stuf o n der Idiotie vertreten von dem, 
Biödrinn k . au J u . bemerkbaren Schwachsinn an bis zum tiefsten 

die “ Iosi g keifc herab * Gewiss bieten alle Abtheüungen für 

DPiificpL p- h M 1Chö Beobachtung em reiches Material, für die thera- 
Feld F? jl S^ g - e i me n^ rZ n S res P ecti ve Psychiaters aber ein steriles 

r®. sandelt sich bei allen um angeborene oder infolge irgend 
/u erSSiffl 611 od ? r körperlichen Krankheit erworbene und niemals wieder 
MwSldSf g r eiS 5 ge n? efeC t e ; M ft neben kör PeHichen Gebrechen und 
tSfÄdfrj- de J’ Hflegeabtheilung befinden sich ausschliesslich ganz 
hadtunEr Äu # Idloten * für welche die Hauptaufgabe der Anstalt in Rein- 
lwp r n UIlg 7 Abwehr äusserer Schädlichkeiten besteht. Aber 
soweit ps musteren Abthcilungen sind der ärztlichen Behandlung, 
mehr der roI g h ei!stl ^ cs beiden botofft, wenig zugänglich. Sie bedürfen 

im eigenen Inter« Abrichtu ! , ^. Aut sicht und gewisser Schutzmaassregeln 
ebenen Interesse und demjenigen der Aussenwelt. 

Anstalt'ein und , Erfahrung nach gehört zur Leitung einer solchen 

gutem' v!rwaU.mL V ? n * huxna ! cr Besinnung, einsichtsvoller Energie und 
KctoPsSÄ es ein Hichtarzt ist. Ein eigent- 

din« s unheilbiw p Ü - rf f° , llier | ka V ni am Platz « sein. Werden doch neuer- 
land 7 b m 111 England, Amerika, aber auch Deutsch- 

Irrem^taiten ". Dalldorf (193), Bunzlau, Kortau und anderen 

an geoimie o P«r!’ m ° direk {° Psychiatrische Aufsicht der Privatpflege 
sollten si! nirh ° Ä 1 ÄC ” treu . t ,le " enden Dörfern abgegeben. Warum 
eines Lei^lichon 77 4 nst f lL rni , t 440 Morgen Eand unter der Leitung 
Herr Dr Schn \ or ™ ul/ we,den - den auch gewiss seiu Schwager, 
kennen wird . P ’ als umen gebildeten und einsichtsvollen Mann aner¬ 
den irjlM n I i l “ 1 J 1 T ! C A Anst ;J lL ^Epileptische (Tabor) anbetrifft, so sind von 
ühriyoii mein. ders,j |ben % ebenfalls bereits verblödet, während die 
kh-iner Thcil (ro; *« " e f n p 01 ‘ geistig geschwächt sind und nur ein sehr 
Einwirkung et wo * £ in ac H'er also ist noch von einer ärztlichen 

tjis jetzt■ bekannten 2 « ^[' va, ‘ t( j n \ beider ist es aber ThatSache, dass die 
als maclitlos'erwo.-o-™ mitte sicb bei einem grossen Theil der Epileptiker 
Heftigkeit der AnPili"’ i*' 01 ? 1 ÄUch boi vie,en gelingt, die Zahl und 
Potenzen zu l.pu,, ‘ e herabzusetzen und dadurch zugleich die geistigen 
(, °r medicamentüsen" h! 7 • 01 baI *Es sind auch unter der Einwirkung 
günstigen EinfliKco * dlll tetisclien und sonstigen Mittel im Verein mit dem 
Heilungen und «in« t Anbtal( sdiseiplin und Anstaltsbescliäftigung einzelne ; 
"eiche wahrsch< mrT r< - U 1C i H ' ^ ;l d vou Besserungen zu erzielen gewesen, I 
kommen wämi pX m „ der eigenen Häuslichkeit nicht zustande ge¬ 
reiche sich themnmi!- ? <db! * lver stündlich, dass allen denjenigen Kranken, 
Sorgfalt haben, besondere ärztliche 

Rankheiten meiner qI 1 *!- ui ? Ja . aucb Erregungszustände und Geistes- 


DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Rankheiten meiner ' Vl< ? J Ä . auch Erregungszustände und Geistes- 
"oifen sind. Tel, u.,, 6 :lrztb( ' ken Gon trolle und Behandlung unter- 
Hirektion „nd dem \v 1 b,nend bervorliehen. dass ich dabei von der 
tlit'/i . 01 '' artepersonal in iwW mMviincnUn,, _ 


Direktion „nd dem ü‘ V n,nend ««^Vorlieben, dass ich dabei von de 
s tlitzt werde und ftir j) rte P or ^onal in jeder gewünschten Weise unter- 
'ortreiTliehe Einri< ) J t ,hm g und Wartung dienenden Zwecke 
nur), erlaubt, hinzimifn,^ smd - Zur Vervollständigung sei mir 

haus besteht, in weleTfe’“'j- daSS för die ö esan,m, e Anstalt ein Kranken- 
"'•‘Ichem eigonthüniliel,» S i Erkrankten aufgenommen worden, in 

pachtet und von welehe, Un< scb V ere Formen. von Epilepsie genauer be- 
lvl ' können auch d;„; n - aus die am bulanten Kranken behandelt werden. 

jenigen Anstalt.sänge 1 1 örigen. welche ausser der 


- •. - 329 

eigentlichen Visite das Bodürfniss nach ärztlichem Rntli und i i 
d.™ et Erla^m^ SPrCChen - "" d ^ m, ' Cl,0n auch roich,ich Gebrauch“ vou 

Einn^h^mi > dl I ra^.^rden^en, II ^rdche 1 Z ht g t WeisfafÄ" 

Anstalt eigeuthümlichen und von den Kranken nnd t,S .• d d f l 
weichenden Ziele und Zwecke derselben stellen kann Rechnun^^Saffen 

Geboten"!«? 11 ' -"f Uüd Aufsicht a ^ r oichend & e GaSie 

^eüoten ist, Begitlndete Klagen smd uns daher auch nicht zu Ohmn 

hfin«Arn' Cn ’d T U unbe p’ flnde ^ i11 wird es freilich, wie in allen Krankcn- 
ftSS l . 1IldIr, : enaa stalten, besonders dann, wenn von aussen her Unzu¬ 
friedenheit hmeingetragen ist, nicht fehlen. 

, oao Icb . ba H° e ? f Qr J ueine Pflicht, bei dieser Gelegenheit, hervorznhehen 
ass meine ärztlichen Intentionen von der Verwaltung oder dem Pflefre- 
WM 00 '; nic ' naIs du rcEkreuzt worden sind, dass im Gegentheil mit 
meine Wunsche stets bereitwdhgst cingegangen und dass in allen die 

Se?n n cÄhf eh ^ UIIg - Un ? BflegedorZöglingo betreffenden Maassregeln 
niem Gutachten stets eingeholt wird. Es scheint mir daher, als ob die 

ß°fT e,ch f He,r Dr - Schliep während seiner 
/ijahr^en Ihatigkeit m der Anstalt gemacht hat, nicht auf Rechnung 
des Curatonums zu setzen sind. nun » 

i6S a H« emeiaen zul ' Orientiruug. Uober die einzelnen unrichtigen 
Angaben des Herrn Dr. Schliep will ich mich möglichst kurz fassen 
Seine Forderung „ungehinderter Krankenbehantllung“ ist, wenigstens 
soweit cs die Kuckcumühle betrifft, nach dem soeben Gesagten erfüllt, 
•f d ? r e^PHessUchen Thätigkeit“ ist nicht 
w.-a n- e ‘ T? me » A, I h Wg ke it des Arztes“ findet eben so wenig statt, 
wie eine „Unumschränktheit des Curatoriuins.“ Meine von einom Laien- 
curatonum mir gegebeno Dienstanweisung und Unterweisung“ enthält. 
»J°“ geistlichen Direktor redigirt“. durchaus nichts Unwürdiges, 
br auch keiiie Aeranlassung, sie jenem „zur'Verfügung zu 
üfm» tv J. cb . habe . autdl überhaupt noch niemals gehört, dass die Aerzte 
f i deswegen zurückweisen, weil sie von einem Nicht- 
1St ‘ Sc j bsfc H eiT Br. Schliep wird sich in seiner Eigcn- 
Nirht .r^« Iv ^ sen ‘ ode ^ Versicherungsarzt eine Instruction von einem 
Nichtaizte müssen gefallen lassen, wenn es in diesem Falle auch nicht, 
gerade ein Geistlicher ist, den er ganz besonders zu perhorresciren scheint. 
Die Bemerkung des Herrn Dr. Schliep, dass die Dienstanweisung des 
Lollegen in Kraschnitz „zu allem, fast zum Schuhputzen“ verpflichtet, 
überlassen ^ memG PerSon über £ elien und dem betreffenden Collegen 

Herr Dr. Schliep sagt ferner: „Dasjenige wenige, was von den 
Idiotenanstalten (soll heissen Kückenmühle) in die Oeffentlichkeit durch¬ 
sickert, ist Grundwasser.“ Er geht dabei von der Voraussetzung aus, 
dass Grundwasser das schlechteste Wasser ist. Unsere Anstalt steht 
aber jedem ollen, auch ihm. Das, was er erfahren will, braucht er nicht 
bloss dem Durchsickerungsprocess zu verdanken. Allerdings ist nach 
einem solchen das ursprüngliche Wasser oft kaum wiederzuerkennen. So 
ist z. B. seme Mittheilung, dass „eine Brom Vergiftung“ — er meint wahr- 
schemlich eme tödtliche — „während einer Vertretung vorgekommen sei“, 
mit dem Zusatz: „ob diese wohl zur Kenutniss der Behörden kommen?“ 
falsch. Er meint wahrscheinlich einen Fall von Meningitis, davon 
j ZUr rk- 1t r k des Hw-rn Dr. Schliep auch einigo tödtlich verlaufen 
smd. Die Denunciation beim Staatsanwalt war daher unnüthig. Dass 
„Bromvergiftungen in der Anstalt niemals aufhören“, ist aber richtig. 
Leider können wir derselben, wie auch anderer, z. B. durch Atropin, 
Arsenik, Opium u. s. f., wenn auch in mässigem Grade, zur Behandlung 
der Epuepsie nicht entbehren, wie alle Aerzte wissen. Auch Herr 
Dr. Schliep, welcher reichlich Brom spendete, hat sich vor ihnen nicht ge¬ 
scheut. Ich habe wenigstens von ihm eine hübsche Zahl recht erheblicher 
Bromgeschwttre übernommen. Im übrigen kann ich versichern, dass ohne 
meine \ erordnung in der Anstalt kein GrammBrom zu viel oder zu wenig ver¬ 
abreicht wird. Was Herr Dr. Schliep von der Verabreichung von Esels¬ 
blut, Elstcrascho u. s. w. erzählt, ist wohl nur ein Scherz, ebenso wie die 
Teufelsaustreibung. Wir möchten lieber manche Teufelei austreiben, wenn 
es in unserer Macht stände. 

Die Vermuthung des Herrn Dr. Schliep, dass mein „Gehalt erhöht 
und die Zahl meiner Besuche vermehrt“ ist, trifft zu. Es war das seit 
Vergrösserung der Anstalt eine Nothwendigkeit. Ich mache meine Be¬ 
suche täglich und bin überdies mit der Anstalt von meiner etwa 25 Mi¬ 
nuten entfernten Wohnung aus telephonisch verbunden, so dass ich über 
jeden mich iutercssirenden \ orgaug sofort unterrichtet werden kann. Eine 
Vermehrung der ärztlichen Klüfte luibe ich daher vorläufig nicht in Vor¬ 
schlag bringen zu sollen geglaubt, ebensowenig wie die Erbauung des 
Wohnhauses für mich, was ja aber später noch vielleicht geschieht. Un¬ 
richtig ist indessen die Angabe, dass ich früher es verlangt und davon 
mein Bleiben abhängig gemacht habe. Die Niederlegung meines Amtes 
in der Kückenmühle vor acht Jahren geschah aus Gesundheitsrücksichten. 

Manches sickert aber aus der KUckenmülile doch nicht bis zu Herrn 
Dr. Schliep durch, z. B. die Thatsaclie, dass ich Mitglied des Curato- 
toriums bin. In Anschauung meiner sonstigen Position hat diese Eigen¬ 
schaft aber mehr decorativen als praktischen Werth. 

Unrichtig ist auch die Angabe des Herrn Dr. Schliep, dass die 
Anstalt keiner Revision unterworfen sei. Der Herr Oberpräsident hat so¬ 
gar in eigener Person die Anstalt wiederholt und unvennuthet besucht 
und einer stundenlangen Besichtigung unterworfen. Vor zwei Jahren, wenn 
ich nicht irre, fand auch eine Revision seitens des Direktors der Medieinal- 
abtheilung unter Begleitung eines Geheimen Raths aus dem Ministerium 
und des hiesigen Regierungsmedicinalrathes statt. Auch der Kreisphysi- 
kus hat oft mit der Anstalt zu thun. Bei allen stattgehabten Revisionen 
hat sich die Anstalt des uneingeschränkten Lobes zu erfreuen gehabt. 

Doch genug! Der Leser wird sich unschwer ein Urtheil über 


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330 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


den Werth der in lapidarem Stile vorgetrageueii Angriffe des Herrn 
Dr. Schliep gebildet haben. Nur eines Punktes muss ich noch erwähnen, 
bevor ich die Feder aus der Hand lege. Herr Dr. Schliep meint, dass 
es schwer sei, in dieser Frage reinen Wein zu erhalten., „Clericus (manch¬ 
mal auch doctor) clericum non decimat. Wess Brod ich esse, dess Lied 
ich singe.“ In diesem Passus liegt eine Unterstellung, welche sonst unter 
gebildeten Leuten nicht gebräuchlich ist. Ich bin daher vor den Lesern 
dieser Wochenschrift auch wohl einer Erwiderung darauf enthoben. 

Stettin, den 27. Februar 1894. Dr. Sauerhering, Sanitätsrath. 

Im Anschluss an die vorstehende Replik bemerken wir noch folgendes: 
Der Vorsitzende des Verwaltungsrathes des Deutschen Samariter- 
Ordensstiftes Kraschnitz, Rerr Graf von der Recke Volmerstein, 
hat die Freundlichkeit gehabt, uns eine Abschrift der für den Anstalts- 
arzt des Stiftes ausgefertigten Berufungsurkunde, welche die Dienst- 
instructionen enthält, zu übersenden. Wir können nach genauer 
Durchsicht dieses Schriftstückes absolut nichts Ungehöriges, und nament¬ 
lich nichts davon entdecken, was den in dem Schliep’schen Aufsatz 
citirten Passus (p. 189): „zu allem, fast zum Schuhputzen, sei der Arzt 
durch sein Laiendirektorium verpflichtet worden“, irgendwie rechtfertigte, 
und wir müssen bedauern, dass Herr College Schliep sich in seinem 
gewiss wohlgemeinten Eifer zur Aufnahme dieser wohl einem individuellen 
Missvergnügen entsprungenen Aeusserung verstanden hat. Die Angabe 
in Betreff der zweimal täglich vorzunehmendon ärztlichen 
Visiten erscheint nach der uns vorliegenden Dienstanweisung insofern 
nicht ganz zutreffend, als es darin nur heisst: „Die Visite am Kranken¬ 
hause findet Wochentags Vormittags von neun bis zehn, Nachmittags, 
wenn erforderlich, zwischen sechs bis sieben Uhr statt.“ D. Red. 


XII. Therapeutische Mittheilungen. 

Vorläufige Mittheilung zur Behandlung der 
Lungentuberkulose. 

Von Dr. Moritz Cohn in Hamburg. 

Nach den schlimmen Erfahrungen, welche wir in den letzten Jahren 
auf dem Gebiete der Behandlung der Lungentuberkulose gemacht haben, 
entschliesse ich mich nur sehr zaghaft zur Publication einer Behandlungs¬ 
methode, mit welcher ich gerade in der Behandlung der arbeitenden und 
und ärmeren Bevölkerung gute Erfolge erzielt habe. Diese Leute können 
nicht ins Hochgebirge, nicht an die See geschickt werden. Selbst der 
lange fortgesetzte Creosotgebrauch ist zu kostspielig und wird vor allen 
Dingen in den grössten Dosen oft schlecht vertragen. Der Leherthran 
verursacht oft Darmbeschwerden und Appetitlosigkeit, besonders im Sommer. 
Ich kam daher auf den Gedanken, das Ammonium sulfoichthyolicum wegen 
seiner antibacteriellen Wirksamkeit und seines günstigen Einflusses aut 
die Verdauungsthätigkeit zu versuchen, und war von seiner Wirkung im 
höchsten Grade überrascht. Nachdem ich jetzt wohl über 100 Fälle damit 
behandelt und während der ganzen Zeit (etwas über zwei Jahre) bei 
richtiger Diät und Lebensweise keine üblen Folgen gesehen habe, möchte 
ich die Collegen bitten, in geeigneten Fällen im Interesse der leidenden 
Menschheit auch ihrerseits Versuche anzustellon. Ich will hier gleich 
bemerken, dass in den Fällen, in welchen nach der Behandlung, die sich min¬ 
destens über ein Jahr erstrecken muss, keine Anzeichen der Krankheit mehr 
nachzuweisen waren, ich dieses nicht für eine Folgo des Ichthyolgebrauches 
halte, sondern für eine Folge der durch den Gebrauch des Medicamentes 
unglaublich gesteigerten Ernährung. Der Billigkeit und der leichteren 
Resorption halber verordnete ich das Medicament folgendermaassen: 

Ichthyol 

Aqua destillata ana 20,0 

und liess mit dreimal täglich 4 Tropfen beginnen und bis zu 40 Tropfen 
dreimal am Tage ansteigen, bei Kindern im Alter von fünf bis zwölf 
Jahren etwa die Hälfte. Das Einnehmen geschieht am besten vor den 
Mahlzeiten, und lässt man wegen des schlechten Geschmackes etwas 
schwarzen Kaffee nachtrinken. Ein Theil der Patienten konnte das Medi¬ 
cament morgens erst nach dem Frühstück vertragen, und liess ich diese 
ruhig gewähren. An den schlechten Geschmack gewöhnen sie sich bald, 
man muss nur etwas zureden. Die Steigerung geschieht derart, dass man 
den Patienten täglich einen Tropfen mehr nehmen lässt, bis die höchst¬ 
gewünschte Tropfenzahl erreicht ist, boi welcher derselbe stehen bleibt. 
Als besonders wichtig muss ich noch hervorheben, dass die Tropfen nur 
in einer grösseren Quantität Wasser genommen werden können, etwa in 
einem Weinglase bis zu einem halben Wasserglase je nach der Quantität. 
Für die bessere Praxis kämen allerdings Pillen und Inhalationen in Frage, 
doch muss ich dabei bemerken, dass die Wirksamkeit der ersteren eine 
viel geringere ist. Das Aufstossen, über welches die Patienten im An¬ 
fänge klagen, tritt nach Pillen ebenso stark wie nach der wässerigen 
Lösung auf. Die Veröffentlichung ausführlicher Krankengeschichten-muss 
ich auf später verschieben, hoffe aber, dass inzwischen einige - der Collegen 
sich in geeigneten Fällen, welche sie nicht in die- Curorte schicken können, 
von der Wirkung des Ichthyols überzeugen werden. 


Ueber Hämalbnmin, ein neues diätetisches Präparat und 
seine Wirkung bei Chlorose. 

Von Dr. Max Dahmen in Crefeld. 

Im allgemeinen werden Eisenpräparate als Specifica gegen Chlorose 
betrachtet. Sehr oft jedoch ist die Darreichung von Eisen ohne jeden 
Erfolg Dies legt den Gedanken nahe, ob diese Krankheit des Blutes nicht 
auch durch Mangel anderer für ein gesundes Blut nothwendiger Stoffe 
hervorgerufen werden kann. Es müsste alsdann die Chlorose mit absoluter 


Sicherheit geheilt werden, wenn allo im Blute vorhandenen Stoffe dem 
Körper, und zwar in resorbirbarer Form zugeführt werden. Verf. ist es 
nach langer, vergeblicher Arbeit gelungen, ein haltbares, in heissem Wasser 
wie auch in alkoholhaltigen Flüssigkeiten leicht lösliches Pulver herzustellen, 
welches sämmtliche im Blute vorhandenen Salze und Eiweissstoffe enthält 
— also Hämoglobulin nebst Hämatin, sowie Serumalbumin und Paraglobu¬ 
lin (mit Ausnahme von Fibrin). Es sind mit diesem Pulver bis jetzt 
relativ wenige Versuche (seit vier Wochen) gemacht worden, jedoch ist 
eine auffallend günstige Wirkung bei Chlorose und allgemeiner Schwäche 
ausnahmslos eingetreten. Im hiesigen städtischen Krankenhause nahm 
bei dem ersten Versuch eine seit sechs Monaten behandelte Patientin in 
14 Tagen drei Pfund zu (Dosis fünfmal täglich 1 g). Bei einer anderen 
Patientin konnte in 14 Tagen fünf Pfund Zunahme constatirt werden (Dosis 
dreimal täglich 1 g) etc. Ueberall trat schnell Appetit ein bei. vor allem 
gebesserter Gemüthsstimmung. 

Das Pulver, dem Verf. des überwiegenden Eiweissgehaltes wegen den 
Namen Hämalbumin geben möchte, enthält die Eiweissarten als saure, 
nicht coagulirbare Albuminate, die auch von einem Organismus resorbirt 
werden können, dessen Magen keine verdauungsfahigen Säfte secernirt. 
Das Hämalbumin wird von der chemischen Fabrik F. W. Klever, Köln a. Rh. 
hergestellt. Der Preis ist nur halb so hoch wie der des Liquor Ferri al- 
buminati, dieser als vierprocentige Lösung aufgefasst. Verf. möchte nicht 
unterlassen, zu erwähnen, dass Calcium- und Magnesium-Di- und Triphos- 
pliat von dem Hämalbumin in lösliche Eiweissverbindungen übergeführt 
werden, und dürfte die gute Wirkung derselben bei Rhachitis ausser 
Zweifel stehen. 


XIII. Elfter internationaler medicinischer 
Congress in Rom. 

Kein Punkt der Welt konnte mit grösserem, keiner mit ge¬ 
ringerem Erfolge zum Sitz eines internationalen medicinischen Con- 
gresses jetziger Gestalt gewählt werden, als die unvergängliche 
Stadt des heiligen Petrus. Die leuchtenden Ziele derartiger Ver¬ 
sammlungen, welche in allen Festreden gerühmt werden, sind 
in dieser Metropole mit leichter Mühe erreichbar. Das Standes¬ 
bewusstsein jedes Einzelnen wird durch die Empfindung, Ehrengast 
der „Herrin des Erdballs“ zu sein, nicht wenig gesteigert und ver¬ 
klärt, die Auflösung politischer und nationaler Sonderschaften in 
ein Gefühl ideeller Zusammengehörigkeit wird in dieser geistigen 
Heimstätte fast aller Culturvölker auf’s wirksamste gefördert, die 
Wissenschaft, welche ihre Diener aus allen Ländern der Erde in 
diesen stolzen Palästen, auf dem geweihten Boden des classischen 
Alterthums und der mehrtausendjährigen, sturmbewegten Welt¬ 
historie zu gemeinsamer Arbeit vereinigt, erstrahlt hier für die 
Augen der Laien in besonderem Glanze. % 

Allein bei der nicht genug zu schätzenden Verwirklichung 
solcher hehren Aufgaben eines internationalen medicinischen Con- 
gresses wird ein Hauptzweck desselben in Rom mehr oder weniger 
zurückgedräugt und erdrückt: nämlich die wissenschaftliche Thätig- 
keit, der unmittelbare persönliche Austausch von Gedanken und 
Erfahrungen auf dem Felde gleichgerichteter Bestrebungen, der 
belebende Wettstreit ernst und ehrlich nach Wahrheit ringender 
Kräfte. Viel lieber als dem trockenen Vortrag des — mehr oder 
minder — gelehrten Collegen lauscht man hier der gewaltigen 
Sprache von Jahrtausenden, in glücklicher Vergessenheit einer 
nüchternen Gegenwart wandelt man den Spuren und Pfaden einer 
wunderbaren, zum Theil noch im Tode überwältigend schönen und 
erhabenen Vergangenheit nach, vor den starren Formeln der \Vis- 
senschaft rettet man sich in die lichten Hallen gottgeweihter 
Kunst, flüchtet man hinaus in die Gefilde einer paradiesischen 
Natur. Heute, am ersten Verhandlungstage sind die Säle der 
wissenschaftlichen Sectionen noch zu einem Theil gefüllt: sehr 
bald aber werden, wenn mich nicht alles trügt, die Besucher der¬ 
selben einem Häuflein glaubensstarker, opferfreudiger Märtyrer 
gleichen, die Museen, Kirchen etc. werden 5000 Bädeker mehr 
zählen, der medieinische Congress wird bereits vor seinem offiziellen 
Schluss de facto nur der äusseren Form nach existiren. 

Niemals ist die Unnatur der Einrichtung mancher .medicinischen 
Congresse mehr hervorgetreten als in diesen Tagen, als an diesem 
Widerstreit der die „ Congressisteh“ Rom r s leitenden Interessen; 
statt an drei oder vier Tagen in jeder Disciplin einige grosse, die 
medicinisöhe Welt bewegende Fragen den in der Wissenschaft und 
Praxis erfahrenen Männern zur Discussion zu stellen', statt den. 
Gelehrten aller Länder hier Gelegenheit zu geben, in persönlicher 
Rede und Gegenrede, eventuell mit Unterstützung von erläuternden 
— auf den Wegen der Litteratur noch höchst unvollkommen er¬ 
setzbaren — Demonstrationen, Missverständnisse zu beseitigen, 
Unklarheiten zu erleuchten, Probleme ihrer Lösung näher zu 
bringen, versucht man die Aerzteschaft sechs Tage lang in sechs- bis 
achtstündigen Sitzungen zu quälen, stellt ihnen ein Menu von sage 
und schreibe 2700 „wissenschaftlichen Mittheilungen“ auf urid er¬ 
öffnet Vortragenden und Zuhörern freundliehst die Möglichkeit, 
sich gegenseitig zu Tode zu hetzen. 


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5. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Glücklicherweise hetzen sie sich nicht soweit. Ein grosser 
Theil der Vorträge wird schon jetzt nicht mehr gehalten, und 
unter den „restirenden“ Rednern erblickt man nur selten einen 
unserer hervorragenden Männer: sie möchten, wie mir ein be¬ 
rühmter Kliniker sagte, den Jüngeren, unter denen viele sind die 
sich ausschütten wollen, bescheiden das Feld überlassen. * 
Müssen aber diese „Ausschüttungen“ vorgenommen werden? 
Muss jede Beobachtung, jede Hypothese, jede Demonstration die 
oft sogar schon in zwei oder drei „nationalen“ Vereinen vorge¬ 
führt ist, auf internationaler Bühne in Scene gesetzt werden? 
Können solche Monstrositäten, wie die Ankündigung von 30 Vor¬ 
trägen seitens eines „Congressisten“ in einer Section nicht ver¬ 
mieden werden?-Man wird hoffentlich auf diesem Wege Halt 

zu machen wissen und der progressiven Verflachung der Congresse 
entgegenwirken. Bei der jetzigen Lage der Dinge steuern wir 
darauf los, den internationalen Congress zu einer Versammlung zu 
gestalten, die sich lediglich aus Vortragenden und — Vergnügungs¬ 
reisenden zusammensetzt. ö 

Die Eröffnung der im Palast der schönen Künste eingerichteten 
internationalen Ausstellung für Medicin und Hygiene bildete die 
Introduction des XI. Congresses. Bei dem am Abend des 28. 
veranstalteten „Empfang der Congressmitglieder und ihrer Damen 
im Ausstellungspalais“ — NB. die Mitglieder empfingen sich 
gegenseitig — zeigte sich bereits ein Uebelstand, der sich weiter¬ 
hin noch fühlbarer machen sollte: das Vers amml ungslokal war für 
die grosse Menschenmenge etwas zu klein; man hatte offenbar auf 
eme so beträchtliche Zahl von Theilnehmern — sprach man doch 
bereits am 29. von über 6000 Mitgliedern — nicht gerechnet. 

Die Eröffnung des eigentlichen Congresses am 29. im Costanzi- 
Theater vollzog sich in glanzvoller Weise. Mit besonderer Genug- 
!? u ^?.. Y . erdient . hervorgehöben zu werden, dass der König und 
die Königin es nicht verschmäht haben, der Feier von Anfang bis 
zu Ende beizuwohnen.. Indem das erlauchte Herrscherpaar die 
Versammlpg durch seine Anwesenheit ehrte und den Glanz der¬ 
selben steigerte, empfing es seinerseits in brausenden Hurrahrufen 
den Dank der Congressmitglieder für den sichtbaren Ausdruck des 
Verständnisses und der Theilnahme an den hohen culturellen Auf¬ 
gaben dieser nationalen Vereinigung. Unter den Festreden sind 
diejenige von Crispi, Baccelli (in lateinischer Sprache), Virchow 
(italienisch), Ruspoli (Bürgermeister von Rom), hervorzuheben. 

Deute Morgen um 8 Uhr haben die Sitzungen der einzelnen 
oectionen begonnen, nachdem gestern Nachmittag die Präsidenten, 
oecretäre etc. derselben gewählt worden sind. Die Sitzungen wer- 
en in dem unter der Aegide Baccelli’s erbauten, jedoch infolge 
des chronischen Geldmangels noch nicht vollendeten „Policlinico“ 
HrT A n nd £ e g enöber den mannigfachen Mängeln der Institu- 
uonen des Congresses verdienen diese, weiten Platzanforderungen 
nm U ^ enden Räumlichkeiten der einzelnen zweistöckigen Pavillons 
5 f™ ssere Anerkennung. -Leider ist der Weg vom Centrum 
. , z .n m Policlinico etwas weit, und die früher arigekündigten 
TmSlnf 011111 !! 311 ? Se o nd Tramways, welche den Verkehr zwischen dem 
2!? 7 , “5 der Stadt vermitteln sollten, ist uns das Comit‘6 eben- 
RannJi U Ji ^ b Ü eben ’ man ist infolgedessen auf seines Schusters 
Kappen oder auf Droschken angewiesen. 

dt« alt* waren heute y wie schon oben bemerkt, trotz 

ist natfirr 6 ? y et ^ rs . leidlich besucht. Unter den Vortragenden 
vertreten 10 a » italienische Element in überwältigender Majorität 
(bis iftt 7 t o/vi^j. eDd namentlich im Verhältniss zu ihrer Zahl 
1 n! dle Zurü ?khaltung der Deutschen. 

einzfilTiß? q 1 * 1 ™ nacb * st nicht viel Bemerkenswerthes aus den 
Medieir zu v ? rme ^den. In der Abtheilung für innere 

Krankenhai? raC ^ ^ ar ^ w ^ n & e (Stockholm) über die im Sabbatsberg- 
arCn Ä ™ Stockholm mit Arsenik behandelten Fälle von bös- 

i? ern) über ^ Wirkun £ des BlvLt ~ 

verursachte^ ’ Murne Öber *** dÜrch die Kälte 

einen'Bericht 0 «? 011 ß? F TnR! lirurgie S* b Championniöre (Paris) 
die guten Frf V ber ,?^ Fälle von Schädeltrepanation und erwähnte 
Tonnen mn * 6 d le . ser Operation bei wahrer Epilepsie, gewissen 
gow) gnrarh «£ aui r?*i B . cber Meningoencephalitis; Macewen (Glas- 
Behandlunp. __ 61 ^ ebirna bscesse, deren Entstehung und operative 
lediglich L semen Vortrag schloss sich eine ausgedehntere, 
für Kindf>rhn-u ene J n ^ e P d °gene Discussion.—In der Section 
Diphtherie auf l ^ kU 5 d 6 Stand d * e Pathologie und Therapie der 
der Vortrag n tr Aa S esor( lnung. Besonders bemerkenswerth war 
DiphtheriA mu n {“f r ’ 8 (Berlin) über die Behandlung der 
Dichtigkeit r r Bebrin ^ ,scbem Heilserum, von dem ich, der 
Der npno n 6 ? en . s ^ ai l des halber ein Autorreferat folgen lasse. 
Thieren die in - c e B ehrin g’s, durch das Blutserum von 
inunun zu maph ^ e * se vdrbereitet waren, andere Thiere 

zu heilen 8 .°^ ar na ch bereits ausgebrochener Krankheit 

te nicht verfehlen, auch das Interesse des 


331 


Klinikers in hohem Grade zu erregen, besonders da der Diphtherie 
HfuoPh^nnS solches Serum zur Verfügung war. Nachdem durch 
™ 0(1 Behring die Unschädlichkeit des Diphtherieheil- 
serums festgestellt war, wandte sich der Vortragende an Professor 

S e 7 iemlfrh We ' C H* h tZt M er die ^ hatte ’ ihm Diptherieheilserum 
in ziemlich reichlicher Menge während eines Zeitraumes von sieben 
Monaten zukommen zu lassen, so dass 79. Fälle damit behandelt 
werden konnten. 

Verfasser ist es nicht möglich, die Fälle einzeln zu beschreiben- 
es muss vor der Hand genügen, die Zahlen in ihrer Gesammtheit 
sprechen zu lassen. 

Das Beobachtungsfeld des Vortragenden gestattet nun zunächst 
die Vergleichung von drei zeitlich auf einander folgenden Perioden 
in deren Mitte die Heilserumperiode lag und die jede etwa gleich¬ 
viel, nämlich über 100 Fälle umfasste. Die erste Periode (I) reicht 
vom December 1891 bis November 1892 und umfasst 113 Fälle 
dle z ^ite (H) reicht vom November 1892 bis Mai 1893 und um¬ 
fasst 129 Fälle — von dieser werden 79 mit Heilserum behandelt. 
Die dritte (HI) geht von Anfang Mai bis Ende December 1893 
und umfasst wieder 118 Fälle. 

_ Vergleichen wir beide Perioden zunächst ganz ohne weiteres 
Eingehen, so erhalten wir 

Tabelle I. 

Periode aufgenommen gestorben Mortalität 
I- 113 73 64,6% 

H. 129 56 42,6% 

III. 118 54 45,7% 

A; us diesen Zahlen geht hervor, dass die Heilserumperiode 
die günstigste Mortalität aufwies; ganz bedeutend günstiger als 
die erste, auch noch deutlich günstiger, um 3 %, als die folgende. 

Noch eclatanter wird die Differenz, wenn man nur diejenigen 
Fälle aus Periode H, welche, während Heilserum zur Verfügung 
stand, zur Beobachtung kamen, mit gleichviel kurz vor oder nach¬ 
her vergleicht. Denn auch im Verlaufe von Periode II kamen 
Zeiten, wo Prof. Behring nicht imstande war, Serum zu liefern 
und wo daher auch die schweren Fälle nach früheren Methoden 
behandelt werden mussten. Diese Fälle müssen eigentlich von 
der Rechnung ausgeschlossen bleiben. — Es fielen während der 
Periode H 96 Fälle in diejenigen Zeiten, in denen Heilserum zur 
Verfügung stand. Von diesen 96 Fällen wurden alle mittelschweren 
und schweren Fälle mit Heilserum behandelt, im ganzen, wie gesagt, 
79. Vergleichen wir nun mit diesen 96 Fällen ebenso viel vorher 
und nachher, so ergiebt sich: 

Tabelle II. 

Periode äufge- ge- Mortalität 

nommen storben 

I (15. Januar bis 15. November 1892) ... 96 60 62,5% 

II (15. November 1892 bis 5. Juni 1893) . . 96 37 38,5 „ 

HI (5. Juni bis 4. December 1893) .... 9 47 49,0 „ 

Auf Grund dieser Zahlen könnte man sehr leicht zu dem 
Schluss kommen, dass sie einen eklatanten Beweis für den Nutzen 
des während der Periode H angewandten Heilmittels darbieten, und 
doch ist dieser Schluss noch keineswegs ohne weiteres berechtigt. 
Denn man erfährt ja aus diesen Zahlen nichts über den aprioristi- 
schen Charakter der Diphtherie in der zweiten Periode. Zweifel¬ 
los ist, dass die Periode I einen ungewöhnlich bösartigen, die Pe¬ 
riode IH einen etwas milderen, dem an anderen Orten ähnlichen 
Charakter trug. Aber es könnte ja auch schon Periode H einen 
ganz erheblich milderen Charakter als Periode I gehabt haben, warum 
nicht sogar einen milderen als Periode IH? Und dann würde nur 
soviel zu schliessen sein, dass die Anwendung des Heilserums zwar 
nicht geschadet hat, es würden’ die obigen Zahlen aber auch 
keinen Beweis für den Nutzen der angewandten Behandlung bei- 
bringen. Nun war glücklicherweise die Möglichkeit vorhanden, 
der Entscheidung über die aufgeworfene Frage etwas näher zu 
treten. Ganz aus denselben Bevölkerungsklassen aus allen Stadt- 
theilen wie das Kinderkrankenhaus bekommt nämlich auch das 
Leipziger Jacobshospital ein ziemlich grosses Contingent vön diph¬ 
theriekranken Kindern. Da nun in diesem Krankenhauso kein Heil¬ 
serum angewendet worden war, vielmehr die früher üblichen Me¬ 
thoden benutzt wurden (etwa analog denen, wie im Kinderkranken¬ 
hause während Periode I und IH), so bietet sich hier eine parallele 
Beobachtungsreihe, die sehr wohl zum Vergleiche benutzt werden 
kann. Aus der im Jacobs-Hospital beobachteten Mortalität gewinnt 
man ein annäherndes Bild, davon, wie etwa dje Diphtherie auch im 
Kinderkrankenhause sich würde gestaltet haben, wenn einfach nach 
früheren Grundsätzen behandelt worden wäre. 

Die von Herrn Prof. Thiersch gelieferten Zahlen betreffen 
lediglich die Mortalität der operirten Fälle, können also nicht 
absolut, sondern nur relativ mit den Beobachtungen im Kinder¬ 
krankenhause verglichen werden. Vertheilen wir die betreffenden 
Zahlen genau in die gleichen Zeitperioden wie oben, so ergiebt 
sich daraus folgende Tabelle: 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


332 


Tabelle III. 

Im. Jacobshospitale wurden wegen Kehlkopfdiphtherie 
Periode operirt gestorben Mortalität 

I 128 91 71,09% 

II 69 39 65,22 % 

III 53 32 64,75 °/o 

Aus dieser Tabelle geht nun in der That hervor, dass auch 
bei nichtspecifischer Behandlung die Diphtherie in Leipzig in der 
Periode II einen ganz erheblich milderen Charakter dargeboten 
hat als in der Periode I, auch im Jacobshospital war diese letztere 
eine ganz ungewöhnlich ungünstige. Der Abfall der Mortalität im 
Kinderkrankenhause während Periode II kann also ganz gewiss 
nioht allein auf eine etwaige günstige Beeinflussung durch das 
Heilserum bezogen werden. Aber es findet sich doch ein kleiner 
Unterschied: während nämlich Periode HI im Jacobshospital eine 
weitere Verbesserung gegen Periode H erkennen lässt — was 
auch dem allgemeinen Eindrücke entsprach, den die Krankheit im 
Verlaufe der Beobachtungszeit sowohl auf Prof. Thiersch wie 
auf den Vortr. machte —, so zeigte im Kinderkrankenhause Pe¬ 
riode H einen noch günstigeren Charakter als Priode III. Dort 
verläuft die Curve in geradlinigem Abfall, hier zeigt sich eine (vgl. 
besonders Tabelle n 1 ) erhebliche Einknickung. — Wenn nicht ein 
ganz eigenthümlicher Zufall im Spiele sein sollte — kann diese 
Abweichung des Krankheitscharakters kaum auf etwas anderes be¬ 
zogen werden, als auf die angewandte Behandlung, und Vortr. ist 
deshalb geneigt anzunehmen, dass die Heilserumbehandlung nicht 
ganz ohne Einfluss auf den Krankheitsverlauf sich erwiesen hat. 
— Irgend einen Schaden hat er von der Behandlung ebensowenig 
wie He noch gesehen. — 

Am Nachmittag fand die erste Plenarsitzung des Congresses 
in dem — kaum für den sechsten Theil der Mitglieder ausreichenden — 
Saal des Eldorado statt. Virchow, wie überall von frenetischem 
Beifall empfangen, hielt einen Vortrag über „Morgagni und das 
anatomische Denken in welchem er die historische Entwickelung 
unserer Wissenschaft bis Morgagni und die Bedeutung des 
letzteren als des Begründers der modernen, naturwissenschaftlichen 
Medicin beleuchtete. Nach Virchow ergriff Bouchard (Paris) 
das Wort zu einem jVortrag über „Natur und einige Ent¬ 
stehungsursachen des Fiebers.“ Unter anderem betonte er die 
Möglichkeit eines Muskelfiebers; die Temperaturerhöhung scheint 
dabei mehr mit der Intensität der Muskelcontraction als mit ihrer 
Dauer in Verbindung zu stehen. Den dritten und letzten Vortrag 
hielt Babes (Bukarest) über die „Stellung des Staates zu den 
Resultaten der modernen Bacterienforschung.“ Vortragen¬ 
der spricht die Hoffnung aus, dass mit gut angewendeten Mitteln 
die Hygiene wirklich zu einer wohlbegründeten Wissenschaft empor¬ 
komme und der Staat so seinem eigentlichen Zweck entspreche, 
ein hygienischer Staat zu sein. 

Auf dem Programm der morgigen chirurgischen Abtheilung 
stehen 77, auf demjenigen der inneren Section 88 Vorträge!! 
Sapienti sat?- 

Rom, den 30. März 1894. J. Schwalbe. 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Der Preussische Medicinalbeamtenverein wird am 
23. und 24. April seine XI. Hauptversammlung in Berlin abhalten. Auf der 
Tagesordnung des wissenschaftlichen Theils stehen folgende Themata: Bau 
und innere Einrichtung ländlicher Schulgebäude vom gesundheitlichen Stand¬ 
punkt betrachtet. Ref. Kreisphysikus Dr. Langerhans in Celle. Welche 
hygienischen Untersuchungen sind den Physikern von Amts wegen zu 
übertragen? Ref. Kreisphysikus Dr. Nauck in Bredstedt. Blödsinn und 
Wahnsinn unter Berücksichtigung der Entscheidung des Reichsgerichts 
vom 13. März 1893, Ref. Gerichtlicher Stadtphysikus, Sanitätsrath Dr. 
Mittenzweig in Berlin. Betheiligung der Kreismedicinalbeamten bei der 
Controlle der Trichinenschau. Ref. Medicinalrath Dr. Kunau in Posen. 
Ueber die Untersuchung und hygienische Beurtheilung von Brunnen¬ 
anlagen in kleineren Städten und auf dem Lande. Ref. Kreisphysikus 
Dr. Schröder in Wollstein. Revisionen der Krankenanstalten. Ref. 
Kreisphysikus Sanitätsrath Dr. Philipp in Berlin. 

— Breslau. Zu dem vom 14. bis 16. Mai dieses Jahres in Breslau 
stattfindenden IV. Congress der Deutschen Dermatologischen 
Gesellschaft sind bislang folgende Referate, Vorträge und Demon¬ 
strationen angemeldet: Hauptthemata: 1) Die modernen Systemati- 
sirungsv ersuche in der Dermatologie. Referent: Kaposi (Wien), Discussion: 
Schwimmer (Pest). 2) Der augenblickliche Stand der Dermatomycosen- 
lehre. Referent: Pick (Prag). — Demonstration von Culturen: 
Winternitz, Kroesing. — Ferner sind angemeldet: Vorträge und 
Demonstrationen über Gonorrhoe, Endoskopie etc. von Grünfeld, 
Jacobi, Jadassohn, Koch, Kollmann, Loewenhardt, Lohnstein, 
A. Neisser, Putzier, Schäffer, Steinschneider etc. — Dermato- 
logische Vorträge: Caspary (Erythema exsudativum), Doutrelepont 
(Zur Hauttuberkulose), Friedheim (Einwirkung von Säuren auf die Haut), 
van Hoorn (Thema Vorbehalten), Joseph (Ungewöhnliche Ichthyosis- 
formen), Lasch (Urticaria factitia), Ledermann (Resorbin), Lesser 


(Herpes Zoster), Mracek (Aetiologie der toxischen Erytheme), Neu- 
berger (Lichen ruber), Riehl (Hauttuberkulose), Rosenthal (Blasen¬ 
bildende Affecte der Mundschleimhaut). Saalfeld (Phaneroskopie und 
Glasdruck), Schwimmer (hysterische Hautgangrän), v. Sehlen (Ekzem 
und Schleimhauterkrankung), Staub (Erythromelalgie, Therapie der Haut- 
aktinomykose), Winternitz (Allgememwirkung hautreizender Stoffe). 
Syphilidologische Vorträge und Demonstrationen: Block 
(Bubonenbehandlung), Lues und Tuberkulose (Hochsinger, Jadassohn, 
A. Neisser), Marschalk o (Spätlues), J. Neumann (Syphilis der Speichel¬ 
drüsen). Dermatologische Vorträge mit Demonstrationen: 
Arning (viscerale Lepra), Dreysel und Oppler (Eleidin), Ehr mann 
(Lymphgefässe der männlichen Genitalien), Fabry (Urticaria pigmentosa), 
Galewski (Lepröse Trophoneurose), Halle (Hautmodelle), Kroesing 
(Zur Lupusbehandlung), Mikulicz (Angiombehandlung), Münchheimer 
(Herpes zoster), A. Neisser (Molluscum contagiosum), Ruffer (Carcinom- 
psorospermien), Touton (Molluscum contagiosum). Krankendemon¬ 
strationen von Chotzen, Jadassohn, A. Neisser. 

— Magdeburg. Der Deutsche Verein für öffentliche Ge¬ 
sundheitspflege wird seine XIX. Versammlung in Magdeburg in den 
Tagen vom 19. bis 21. September 1894 abhalten. Tagesordnung: Mittwoch 
den 19. September: 1. Hygienische Beurtheilung von Trink- und Nutz¬ 
wasser, Referent: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Flügge (Breslau). 2. Be¬ 
seitigung des Kehrichts und anderer städtischer Abfälle, besonders durch 
Verbrennung, Referenten: Oberingenieur F. Andreas Meyer (Hamburg), 
Med.-Rath Dr. J. J. Reineke (Hamburg). — Donnerstag den 20. Sep¬ 
tember: 3. Die Nothwendigkeit einer extensiveren städtischen Bebauung 
und die rechtlichen und technischen Mittel zu ihrer Ausführung, Referenten: 
Oberbürgermeister Adiükes (Frankfurt a. M.), Geh. Baurath Hinckel- 
deyn (Berlin), Baupolizeiinspector Classen (Hamburg). 4. Technische 
Einrichtungen für Wasserversorgung und Canalisation in Wohnhäusern, 
Referent: Ingenieur H. AlfredRoechling (Leicester). — Freitag den 
21. September; 5. Die Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera, Refe¬ 
renten Geheimrath Dr. v. Kerschensteiner (München), Prof. Dr. Gaffky 
(Giessen). 

— London. Zur Unterbringung armer Familien, deren 
Wohnungen nach Infectionskrankheiten desinficirt werden müssen, wurde 
in London ein grosses Haus eingerichtet. Die Londoner Sanitätsbehörde 
ist nach dem Gesetz vom Jahre 1891 verpflichtet, mittellose Familien 
während der zur Desinfeetion nothwendigen Zeit unentgeltlich unterzu¬ 
bringen. 

— Zur medicinischen Publicistik. Die bisher von Dr. Schwalbe 
redigirten „Fortschritte der Krankenpflege“ werden vom 1. Mfira 
ab von Dr. Martin Mendelsohn (Berlin) unter dem Titel „Zeitschrift 
für Krankenpflege“ geleitet. 

— Universitäten. Halle. Dem Privatdocenten an der medici¬ 
nischen Facultät Dr. Edm. Leser ist das Prädicat Professor verliehen. 
— Freiburg i. B. Der Privatdocent der gerichtlichen Medicin, Dr. J. 
Fritschi, ist gestorben. — Basel. Dr. E. Feer hat sich als Privat¬ 
docent für Pädiatrie und innere Medicin habilitirt. — Dorpat. Der emeri- 
tirte Professor der Chemie an der Universität Dorpat, Dr. Carl Schmidt,, 
ist gestorben. — Charkow. Die Doctoren J. Tschujewski, M. Trach¬ 
tenberg und E. W. Braunstein haben sich als Privatdocenten für 
Physiologie, beziehungsweise innere Medicin und Ophthalmologie habilitirt. 

XV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Realency- 
clopädie der gesammten Heilkunde. Medicinisch-chirurgischeS' 
Handwörterbuch für praktische Aerzte. Herausgegeben von. Professor 
Dr. A. Eulenburg, Berlin. HI. Auflage. H. Band. Antiseptica-Bauche. 
Lex. 8 . 704 S. 15 M. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg, 1894. 

Index medicus. A monthly classified record of the current medical 
literature of the world. Compiled under the Superrevision of Dr. Job* 1 
S. Billings, Surgeon U. S. Anny, and Dr. Robert. Fletcher, M. K. 

C. S. Eng. Vol. XVI, No. 2, Boston and Detroit, George S. Davis, 1894. 

G. Pizzighelli, Anleitung zur Photographie für Anfänger. 
VI. Aufl. 267 S. 3,00 M. Halle a. S., Wilh. Knapp, 1894. 

Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Studies 
from the department of pathology of the College of physicians 
and surgeons Columbia College, N.-Y. Vol. HI. New- 1 ork, 

D. Appleton & Co., 1892/1894. 

Krankenpflege. Sir Douglas Galton, Healthy Hospitals. 
Observations on some points connected with hospital cpnstruction, 287 B., 
nebst einer Literaturzusammenstellung von 72 S. Oxford, Clarendon 
Press, 1893, 

Psychiatrie und Neurologie. Th. Ziehen, Psychiatrie für 
Aerzte und Studirende. Wreden’s Sammlung medicinischer Lehr¬ 
bücher Bd. XVH. 470 S. 9,60 M. Berlin, Friedrich Wreden, 1894. 

K. Mayer, Ueber die combinirten systematischen 
kungen der Rückenmarksstränge der Erwachsenen. 4. Heit 
der Beiträge zur klinischen Medicin und Chirurgie. 53 S. 2 Talern. 
2 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Braumüller, 1894. 

A. Giletti, Cheratodermite simmetrica palmare e pl antar , e 
da trofoneurosi. 8 S. 3 Tafeln. Torino, V. Fodratti &E. Lecco, 1094- 

Urologle. Klinisches Handbuch der Harn- und Sexual¬ 
organe. Herausgegeben von weiland Prof. Dr. W. Zuelzer, redigiry 
von F. M. Oberländer in Dresden. I. Abtheilung. 436 S. 10 M. 
Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. . 

Z&hnheilkunde* J. Scheff jun., Die Extraction derZähne. 
Für praktische Aerzte und Studirende. 130 S. Wien, Alfred Holder, 1894. 


Gedruckt bei Julias Sittenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 


Donnerstag 


M 15 . 

DEUTSCHE 


12. April 1894. 


MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 


Begründet von Dr. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Enlenburg und Dr. Jul. Schwalbe. Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. 


— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31 . 


L Ueber Megalogaatrie und Gastrectasie. 1 ) 

Von Prof. F. Riegel. 

^ enn " ian die ' m den letzten Jahren auf dem Gebiete der 
Magenkrankheiten erschienenen Publicationen überblickt, so könnte 
man danach zunächst den Eindruck gewinnen, als ob das Endziel 
aller Forschung im Gebiete der Magenkrankheiten wäre, möglichst 
exacte Methoden zum Nachweis auch der feinsten Spuren von 
balzsaure zu finden: so sehr hat die Frage des Salzsäurenachweises 
m den letzten Jahren alle übrigen Fragen der Magenpathologie in 
den Hintergrund gedrängt. Es Hegt mir fern, hier die Frage zu 
discutiren, inwieweit aus diesen Bestrebungen der letzten Jahre 
eine wesentliche Förderung des klinischen Verständnisses der 
einzelnen Magenkrankheiten erwachsen ist. Meiner Meinung nach 
ist dies nur m sehr geringem Maasse der Fall gewesen, so 
interessant und werthvoll an sich auch die gewonnenen Resultate 
and Aber mag man hierüber wie immer urtheilen, so kann doch 
darüber kein Zweifel bestehen, dass das Studium des Chemismus 
_iein uns m keiner Weise einen ausreichenden Einblick in das 
wesen der einzelnen Störung giebt, dass dasselbe vielmehr nur in 
usaminenhang mit den Resultaten der sonstigen Untersuchungs- 
methoden eine sichere Diagnose ermöglicht. Auch der Fall, den 
r, ,f n “ eut ° vorzustellen mir erlaube und der den Anlass zu 
aen folgenden Bemerkungen gab, zeigt, dass das Zusammenfassen 
ein imbedingtes Erforderniss bei 

l^Äem^erba” ^ ^ iSt * fa 39iähriger Maurer Von 

Seine einzige Klage 
bezieht sich darauf, 
dass er bei etwas 
stärkeren Anstren¬ 
gungen an Herzklopfen 
und Athemnoth leidet. 

Ich wül Sie mit der 
detaillirten Beschrei¬ 
bung des objectiven 
Befundes nicht be- 
J?%en; es genüge 
uier zu erwähnen 
uass der Kranke die 
Symptome einer leich¬ 
ten Insufficienz und 
otenose der Aorta 
«larbietet. 

,. Ab er nicht um 
«neser Affection wülen 
zeige ich Ihnen den 
Franken, sondern 



u -.^vouuxueoen- 
,, C1 "hobenen Befim- 
das ist des Be- 
fundes eines sehr 

r- , Magens - 

von v^T ke - gleich 

.- ere * n ’ daßs der Kranke in keiner Weise über Magen- 

Mfirz gehalten^ Vortrag med « < '* n i sc i |eD Gesellschaft in Giessen am 


beschwerden zu klagen hat. Sein Appetit, seine Verdauung sind 
! dllr <*aus normal. Wenn Sie sich die Magengegend des Kranken 
nachdem wir ihm die bekannte Brausemischung in der üblichen 
Menge zu trinken gegeben haben, ansehen (cfr. Abbildung) so 
nnden bie, dass der Magen eine viel grössere Ausdehnung als normal 
Iiat ; deine untere Grenze überschreitet die Nabelhöhe um nahezu 
drei Querfinger: ehe obere Grenze findet sich an normaler SteUe 
ihe gleiche Ausdehnung und Form zeigt sich beim Aufblähen mit 
i-i v, enn e I nen Menschen, dessen Magen normal ist, die 
, gleiche Brausemischung trinken lassen, so finden Sie niemals auch 
j nur annähernd eine solche Ausdehnung des Magens wie hier. Wie 
Ihnen schon die Inspection der Magengegend zeigt, handelt es sich 
, nicht um einen abnormen Tiefstand des Magens, eine Gastroptose 
auch nicht um eine mehr senkrechte Stellung des Magens, sondern 
schlechtweg um einen grossen Magen. 

Was nun das chemische und motorische Verhalten des Magens 
betrifft, so ergaben sich durchaus normale Verhältnisse. Die Aus¬ 
heberung Morgens nüchtern ergab einen vollkommen leeren Magen ; 
nach einer Probemittagsmahlzeit erwies sich bereits vier Stunden 
| nachher der Magen als fast vollkommen leer. 

i M eiche Bedeutung hat nun diese Grössenzunahme des Magens, 

ist das Ectasie? ° 

I Dass hier nicht das gewöhnliche Bild einer ausgesprochenen 
I Ectasie vorliegt, ist klar. Das beweist schon das Fehlen aller 
dyspeptischen Beschwerden. Der Zustand, den wir klinisch als 
Ectasie bezeichnen, geht immer mit mehr oder minder hochgradigen 
dyspeptischen Beschwerden, mit Symptomen einer Störung der 
Magenthätigkeit einher. Der Name „Ectasie“ bezeichnet aber zu¬ 
nächst nur eine Grössenänderung, eine anatomische Veränderung 
des Magens. Klinisch gehört aber zum Bilde der Ectasie nicht 
blos die Grössenzunahme, sondern auch eine functioneile Störung. 
Hochgradige Eetasieen des Magens, seien sie primäre oder secundäre, 
sind in der Regel leicht zu diagnosticiren. Schwieriger ist die 
Entscheidung, wenn es sich um geringergradige Eetasieen handelt. 
Man hat vielfach darüber gestritten, von welcher Grenze ab man 
von einer Ectasie reden soll und im aUgemeinen als Regel aufge¬ 
stellt, dass ein normaler Magen, vorausgesetzt dass er auch normal 
gelagert ist, die Nabelhöhe nicht überschreiten soU. Selbstver¬ 
ständlich darf man einen abnormen Tiefstand des Magens, eine 
Gastroptose oder eine Senkrechtstellung des Magens nicht mit einer 
Ectasie verwechseln. Alle Methoden, die nur die untere Grenze 
des Magens, nicht die Gesammtausdehnung desselben bestimmen, 
wie zum Beispiel das Fühlbarsein der Sondenspitze durch die Bauch¬ 
decken, das Einnehmen oder Eingiessen von Flüssigkeit in den 
Magen und. die Bestimmung, bis zu welcher Tiefe nachher die 
dadurch- erzeugte Schalldämpfung reicht, bringen die Gefahr einer 
Verwechselung mit abnormen Lagerungen des Magens mit sich. 
Als viel zuverlässiger muss darum die Methode der Aufblähung 
mit Kohlensäure oder Luft bezeichnet werden, da diese die ge¬ 
summte Grösse und Form des Magens genau wiedergiebt. 

Aber alle diese und weitere Methoden gestatten uns wohl ein 
Urtheil über die Grösse und Ausdehnung des Magens, sie lassen 
uns die Frage beantworten, ob der Magen das normale Grössen- 
maass überschreitet, ob er also erweitert ist; aber mit diesem 
Nachweis allein ist zunächst nichts oder doch nur sehr wenig 
erreicht. Der Magen kann das normale Grössenmaass weit über¬ 
schreiten und doch recht functionstüchtig sein, und umgekehrt 
kann ein Magen sogar relativ klein und doch fanctionsuntüchtig 



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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 







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miss umi $ ÜmSt (iorum tkli iit Ve* wurmig fuhren. Wut iu*isr«I»s 
Aufemu wfe zifm Beürii^l F>*A»^ von Fftlhm vtm Mogwoktsm 
,| urrhaus normalen >irtjroa^mzou reden, GfvwtHmUd* spru« htm W 
al.er nichl. vou einer Erweiterung bereite d.-mh, iVöim der Magen 
-Tö;<;-.,*r ist, soinjoiav wfiiui damit Fufnrtiifisstoruß^o riniior^elnai. 
Wir vrrbindpn Msj> :r^; ; $fesüfe mnlit Wo* eia* imakmUsehn 

Vorstellung, so:u^ru ^f#n Migdoifewwamky te? Mamfe #%o ^ 
störte Ku/fet-in/fe *w>? V«;«mdcrtinfi: der motercM hen Kraft,- .«td üme 


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i Mü^eni: »«* iku;dmu* Wmfld: ‘ denn, wfe d:> 
Anrdieheru*-^ erhöben ..hat enUeert sich dursotek tm-fc Amor Pivm:.- 
mahlzeit Vollkommen innerhalb der imrmHkn YmdHimngszeiL IW 
kann nmn mit, Sicherheit aüf *uu«> gute mt%.iaqbb Kraft 

-ijhHeSSeti. 

Sn vielfach. töitfi auch bemithh gefehlte igt. bhusef p - Mcttfvpdei» 
*tir Bcskiutnifttg. di»? - motorischm» K-Nft .#b Sndori. so-flivBK doch 
eVufyffete"* tttul don nntürihdiwi VerhMteis*f»u sieh «jol Mj$V,n 
uüsÄfeseiide Methode. der Rot-tnnmUug der nmteiischon Kraft. 
mi üßvMmtidteMWW. wqsrttfidfe als; #> AbvoTjlt^igste bi^mcUfiet 
worden. Auch di*' SahA- und *U<? Oolmtfthode stehen ho •• 
litedpkeit und Sb-herMt des ferAtfetoteS wtui' hmtor ihr zurück. 

Ikumeh kann man bei mtittwtn Kranken -wohl von einem uu- 
ga-össorfen .Magen, nicht ntter vou olnor phABkte cm kUiffeolum 
•n-«len. Den Zonfeud. den wie hier vor b-m* haben• ufifjLdef schaff’ 
rem der otgetrifedfeh DastmM^dc getrennt wm'dwi -hest^hji^t 

men ein Me^nlftjSJ^trj'p. ünsor Faü htidifc aten mehr «>ine wwr- 
tombnlin Anomalie, dotü» öinnö ej^Äflkihvjti pat.liolu^jAa. her -Zn* 

.'tnnd 'Dti*. 

prüft mau unter ^Umdwoiuurr Borucksi'elitkrtij^ Aör DeO^en- 
v.eHtfi.lt'umjie - die motonuehe KjcUI <i««. Ma^univ In |mtito!o^mnieu 
FallenV kan« nmo dvöi0rloi AbwtdoKtmgon benhacbfon.: 

1) ilicb! e- »■;«!«*, je «l»*ntm der Maren dir normalen 0 rossen vor* 
IdiltnUsi? dürrbonk ldelif id.'r> -chreitet v in itennn ab* r : >*»t/*!e»i. dm In¬ 
halt länger als' iiurnuU Im- Ma.e.na ^uMudA»nU;iltön wird, in. d«*n*m also 
trotfc nornudor fddsse »lio- motorische- Lvraft bernb^esefat \<i. I'^h- ist 
die eihUieUe- Atonie, die 1 n-uffintenz des Ai ahm- ein*: 

iofewtdVi*mx des Ma^ms. die uinfd ./n einer KrwidteFunn pe* 

idhrb bab; LmVi?vfet^C> Jii^uäeiettjicm kdumm »lmr, wk Ro^t-ubänb 

zui^t in iUu?t7,eu^!}tnkt Woise nmdi^Avinstm, bat, trUhor.. #or 

das frhdo 


^vird. Meiner Frfabrnne 0,»eh stolmf* dm.«nf Atooie bvnthoude»n 

Bof AStemi' otf fiÄorkKktt Wwii tän%&\ iftn- tlttBcb- he- 

dlogtou 7oUttck. Mag das koifcmtdiältmj t& indw wir .iiainer 

ko k, praktiseli niusnon beide IMvme.u scharf ^osehiedon worden. . 

Dm ä,U jjiiiöv Shmosittntg dos Korfwore hovvorgogaogemnt Gastrot- 
tasifföTi e'ohCH’i'it io tpid Ötirurgt? • hier 'Vepiniig- ulleio 

morn |hhh| * ~ w - v ■*“ 4 '" ■ Vi pp$pgm{- ߣr 


Erfoigo :/m erzi»don, tmd unf so mobt. ,|o h iMr/mUner du 1 Behanu* 
Inner 'dniritt. . , , ; 

os aber rield.ie', wie wir oben •äUaeiüOödnr g«HvUt.. Uhoou, 



:vi'\ »y/ ^ V-,- v - - ^ 

»V.VvXrX^ 

^"** *?$? 

.^ mü . Eotas^eiil',JÄhrenA Kie j 
Sradium hjer beäinnnnakn Fetmsio, 


• v>öer- horabgosr> 171 , 01 » inotorim bou K.Vul'f. olusteUen. . Aderdlügs- £<♦-. 
•{•ingt- es tdi am h in sjKtVwn Shidieu iu«eh, diese atordschon U K 
t.aedem) AVO.seiitUch zu bessern. .To frähor aber die:• Atojiiö ovkaoid 
AdrdP IpiUier ük geljhgP das die Atimie voraviassomk Moment ; 
zu, h«^#tt 5 ^ 3 ü 4 ^tn an öy^wnn* wird auiiU do> ‘Eiitstehung oinev K?v 
hm? vm-gnbrnigt, ln» Eiiizeilhilo unis« natuHich • d»«t jkluiadltmg 
VArit’fem sie wird oim aiidsrc sein müssen bei dom AIoniern! and 
KelAshmu, *iic iMi.-e oiimr i'-o.ütmüiriictieu Suifsocretieii bf>n togv- 
gfiügeu sind, oinn uoder*' d*i, wo abnorme Qiibrüdgou die Milden* 
vvUndo Vortiberg‘dimul siorker o.üs.döhixm und eine reidd/ztotke 

Austnubuhu »tos Ir-baltn Vorbindhrin ln .jhdem Palle aber ist öiho 
dem; Ku^eUalie yor^fdlüg ooe>n>os.Ac Diät. ortArdorlicb. es Dt Armd 
»iie FluHAgheHsAmibr * (Oibsehrankcu, rvontuol!' cbm i-lUssigkeo-c 
kufiihr; duteii det» Dar ui an Steife' dbr iWth »fefe Mdgeu «0 » 

bei. Odb r tHigscmgäugon w wfe&C Aütpd am I w#' 

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erfrdgt^ ln dehou »ktc (lk ißot(>ft^cdH’ , Rraft ist, r „>, vrrv .„. h ,.„v ^ — ----- - 

in denen aber- 'vuglöich.. 'Hhn*. dooertuio ViU-etoKs* :Uo 5 ^ de- Mä'öAus ] gönAdd Jtfes n>n^S boi-ückfeiehf igt.'•wtu’üfen ‘iiichi*' Irl nu he Hells wt* 

bf‘:-ioht Dos sind die pvi !l schen Falle vom * i 0 st? e <-t hm v d.h* j ZeirjMKikre': etwa imthigep Aimsjjniimgüii, • sorulurn »»oeb Im-j uer 

Aogonanr.ton atuüfeöbon Ko» asinen j •.aAMtcue» VcrüioHting der MnldxoJhcn. 

BpBivHt than • F'lfto' -fm l^woitotubg,. aber (dtM fede- %#!im'er f /Vu^ser don 

«ler iimtovise-lnn) Kid ft,. Trotx ^jbsserer Ansdobmmg des Magens »ilojenigc«) Metbndoo, ..... ..... -.* -- . 

ist, hier dir mptcfaisdi^ Kraft nonttaJ. ’Dtrs sind dfe [ ^op»^ gclhm, wie 1 U 1 « Tragen etnüt ciasHHidfeu Bimie t dfe .Aa.- 

gr«»?.sn« Magen, die M ogodoguptrio. di*> angeboren .«ioc or- | woodnog dos elektrischen Stromes, d»o ; Massage 'uod dorgimuhCJi. 

w-}>c|«un ßoiu kann. :Eei diesnu Formen lirstnbt die tlfAahr, tku& i Mittel mebf a-n» iMaiÄo sein. Je iniber im T “ ' 

sieh üa .Laufe d«r Zeiten eine Atome •ubvirkeit nml dass sc* ms ■ eiir* ?.wookunr.»pr«a’.hon«l>» Iwd.aodtuug oliigeloitoi 
dpk Aiegnlng&etrin oTm* atnuisphe BrlaKia enfetoht. \*j gelingt bs\ eiunr höhetgVHdfgpn ^t.unwohrn v ■' 

Wäht-end ilin iWAfegPhäuMte .Farm,, dia kvpkbhe EotaMfe: Jfe 


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ähhi die «Irr Wfedorlmrstrtluug des vermindnr^u 




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mit- Af.oute, mH- mehr odör ndudor lorcbgradiger möitprcstthüv Ia- 
K.u’b.-in*?, < , -inlir'rü>.i.Ut, sclinn seit langem UekHiint. und ullgemeii» 
gewürdigt (st Imt -ninn sowobt die öimhebv Atome., ds die Megaio- 
früher v-UAffteh tvnd^ar wy» deswillen, 

weil beide keine; oder doo.li nur-wenig Bosgo^proebnnr Sympkum* 


Sie sehen, m. JJ.. nu diesöm ’BoiS}>iclo £ dasK, Om r.m v«u.'> 
'V.ersDißdiiiss der im funÄciaea Fiilic corliogeutloü Stönrog ^ k 
W’innen, nicht .oiiiO einzelne V ntersuidvmrgsmol-ioe-b.* genügt. >=■ 
wichtig .dn,s - Afö4fel n ,se«‘j , etofiä>:liea Stmrtiag «&• M* . 

doch niemals ?nr Klar.sieUutig das KrJokboAsbihies aus. VVu ; l . v ‘ 
hei inner X}creimrkr:j.nkung ui< bt genügt, dae t v )rniOt.nn) <bv OU'- 




12. April. 


nach vorgenommener genauer äusserer Untersuchung den ausge¬ 
heberten Inhalt nach Menge, Aussehen, Farbe, nach seinen einzelnen 
Bestandteilen, auf die Grösse, Form der einzelnen Rückstände 
und erst in zweiter Reihe nach seinem chemischen Verhalten zu 
untersuchen. Nur so gelingt es, jede Abweichung rechtzeitig zu 
erkennen, nur so wird es auch gelingen, der Entwicklung hoch¬ 
gradiger atomscher Ectasieen vorzubeugen. 

II. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Königsberg. 

Ueber die Züchtung der Gonococcen bei 
einem Falle von Arthritis gonorrhoica. 1 ) 

Von Dr. Ernst Neisser, Privatdocenten und I. Assistenten. 

n , r , n i en . Ansch auungen über die Pathogenese der gonorrhoischen 
(je!enkaffectionen ist bis heute eine Einigung nicht erzielt worden. 
Zwar können jene Hypothesen älteren Datums von arthritischer 
Disposition oder Diathese, von der nervösen oder sympathischen 
Natur dieser Erkrankung als endgültig beseitigt gelten, und auch 
darüber dass die Annahme einer Mischinfection für die Mehrzahl 
aller Hälle nicht zutrifft, dürfte bei der leichten Möglichkeit des 
bactenellen Nachweises und bei der Seltenheit eines solchen posi¬ 
tiven Befundes ein Zweifel kaum mehr bestehen. Ob aber die 
fraghehen Gelenkaffectionen auf das Eindringen der Gonococcen 
selbst bezogen werden müssen, oder ob die vermutheten Stoff- 
wechselproducte dieser Mikroorganismen für die Erkrankung ver¬ 
antwortlich zu machen seien, oder ob schliesslich beide Möglich¬ 
keiten anerkannt werden müssen, darüber lauten die Ansichten der 
neueren Autoren völlig verschieden. 

So viel scheint thatsächlich festzustehen, dass im Exsudat der 
eikrankten Gelenke bei zweifellosen Fällen von Arthritis gonor- 
riioica Gonococcen nicht vorhanden zu sein brauchen. Der nega¬ 
tive Ausfall der mikroskopischen Untersuchung würde ja selbst 
bei der überaus grossen Anzahl mitgetheilter Fälle vielleicht nicht 
aasreichen um eine solche Annahme zu erhärten, aber Fälle, wie 
ae von Jadassohn 2 ) und von Stanziale 3 ) beschrieben sind, in 
denen mcht bioss das Wertheim’sche Culturverfahren, sondern 
aucn die Uebenmpfung auf die menschliche Urethra völlig erfolglos 
las f ei ! doch an Beweiskraft nichts zu wünschen übrig. Ob- 
c mit der Abwesenheit der Gonococcen im Exsudat auch be- 
• ? 1S ^» dass sie i n die erkrankten Gelenke überhaupt nicht 

vial, un ^ e ?. sind, oder ob nicht die Möglichkeit einer anderen Er¬ 
klärung vorhegt, davon soll später die Rede sein. 
y nn . le verhält es sich nun aber mit den positiven Gonococcen- 
miwf • der gonorrhoischen Arthritis? Soweit es sich um den 
immArhi 0 ^ 180 ^ 61 } .^ a °hweis allein handelt, dessen Beweiskraft ja 
mVht n verscbi eden hoch eingeschätzt wird, so kennen wir eine 
mpri.T 2 # 6nnge A “ aM solcher Fälle von Petrone«), Käm- 
DpntoJii Bous J u ot 6 ), Bergmann 7 ), Smirnoff 8 ), Sahli 9 ), 
e aip. 11fJ i 3 ^ a ? n Jacquet 11 ), Stern 12 ), Tollemer und Ma- 

vfiHflhmn ’ da ? e £ en . s °äeint das sichere Beweismittel des Cultur- 
Zöohtunrrc 8eit dem Bokanntwerden der Wertheim’schen 

wemVct £ m ßtä°de noch nicht mit Erfolg angewendet zu sein; 
hierfür^L fi ? d V ch ^ der Litteratu r ™r einen Fall, der wohl 
GelpTiVp»L. eC ü. net w ? rden muss > obwohl es sich um eine eigentliche 
Paltanfi 4 '> an J Un f ? lctlt gehandelt hat, nämlich den von Lang und 
rücken beschriebenen Fall von Gonococcenabscess am Hand- 

FaJlfts^'n diesen Umständen dürfte die Mittheilung des folgenden 
Mann dpp teress ® se in. Es handelt sich um einen 46jährigen 
die Kindt n»* nter dem eines acuten Gelenkrheumatismus in 
erste IntflmhJP 110111 ? 1611 WUI *d e - Has rechte Sprunggelenk und das 

_jemeirb alanffealgelenk deg rpchten Mittelfin | e ö rs waren gehr 

1894 gehaltnen^i“ *** wissenschaftliche Heilkunde am 22. Januar 
3 {® D ruck befisch. 

gonorroica 6 etc 6 ^lano°1^3^ e ° 8 P er * meü ^ a ^ su di un caso di arthrite 

2 fvnHt!' ^argie 1883. 

6 C . eQ tralbl. f. Chirurgie 1884. 

7 PetwnsH de Dermat - et Syphilig. 1887, Tome VIII. 

8 ThÄl er i^ d \> Vochaa8 c hr 1885, No. 35. 
i filr ce , fc 1886 ’ No - HC. Vol. II. 

,0 ) f * Schw eizer Aerzte 1887. 

11 Anii! J Ar ^ hlv 189 °i Bd. XXXVI, Heft 1. 

,s ) Münchener JTw 1 } q S JP hili g[- Juni 1892. 

»j SocS l , med -Wochenschr. 1892, No. 49. 

Mj Lanff ^ Qatom * Paris, 21. Juli 1893. 

Der m.u.Syphl89q7 ene ^? SC ? e Katarrh - Wiesbaden 1893 (auch Archiv f. 
n, ann (Beiträge m T Nac b t räg 1 ich werde ich auf einen Fall von Linde - 
^ welchem die CnitiJi? eidied ^ u ^? e Heft V, 1892) aufmerksam gemacht, 
gelungen zu sein acheiut 11 ^ V ° D ^ onococt en aus e 'nem Gelenk ebenfalls 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


_ 335 

au7Dr« e ek hW n‘ e V ^ schm *»- Z haft bei Bewegungen Imd 

? u fOruek. Die Krankheit hatte mit Schüttelfrost vor vier Taae 

g nen, die genannten Gelenke, übrigens auch beide Schulter 
und mehrere Fingergelenke, sollen anfangs schmerzhaft gewesen 

den in^tenG fieberte bel ( ! er Auftia lime ziemlich hoch, 38,8; an 
den inneren Organen war nichts pathologisches zu finden das All 
gemembefinden war ziemlich gut ’ 

l.,o 0 - D ™; t er " te ’ was " un au “ e ‘. dass die ehigeleitete Behand- 
dlef v«n; grosse “ Dosen Salicyl (12 g Natrium salicyticum pro 

üüig unwirksam blieb, ohne dass etwa eine Idiosynkrasie 

in^rhebHoh “w bfitte - Nicllt “"mal das Fieber 

wli. p erheblicher Weise beeinflusst, vor allem aber nahm der 

loton c ;Mt° 0eSS J“ de “ ? elenien im Daufe der nächsten Tage au 
rS IüL“.“! ZU; - i n ^ S1 ' ,e , S< * wellun S. Röthung, undeutliche 
fber dem FingSgelenk de m Sprunggelenk, livide Verfärbung 

t • FmeProbepunction ins Sprunggelenk seitens des Herrn Prof. 

lchthem ergab eme spärliche, dünne, weisslichtrübe Flüssigkeit 
die mikroskopisch massenhaft Eiterkörperchen aufwies. Methylen- 

0SI J!" räparate zeigten das klassische Bild rein gonorrhoischen 
Hüters. Fast ausschliesslich innerhalb der Eiterzellen gelegen hier 
aber m grosser Anzahl vorhanden, zeigten die ausschliesslich Vor¬ 
gefundenen Mikroorganismen alle Merkmale der Gonococcen in 
typischer Weise, sowohl was ihre genugsam bekannte Form und An- 
ordnung, als vor allem was ihre rasche und vollständige Entfärbung 
nach Gram betrifft. Auf Glycerinagar vorläufig angelegte Culturen 
blieben stenl. Wenn schon hiernach die gonorrhoische Natur 
der Gelenkentzündungen kaum mehr zweifelhaft war, so haben die 
nach der Wertheim’schen Methode angelegten Culturen diese 
Diagnose vollständig bestätigt. Exsudatflüssigkeit, die durch eine 
zweite Probepunction ins Sprunggelenk gewonnen wurde und die 
übrigens dem Aussehen nach und mikroskopisch sich genau wie 
die frühere verhielt, wurde auf Platten und schrägerstarrten Röhr¬ 
chen von Blutserumagar (Wertheim) verimpft; das benutzte Serum 
stammte von einem Aderlass her, die Nährböden wurden fractionirt 
stenhsirt und im Brütschrank auf ihre Sterilität hin geprüft. Es 
ging, auf den Platten reichlicher als auf den Röhrchen, ausschliess¬ 
lich eine Art von Mikroorganismen auf; nach ca. 30 Stunden er¬ 
schienen die Colonieen als matt weisslich graue Pünktchen von 
rundlicher nicht sehr regelmässiger Gestalt mit hier und da vor¬ 
tretenden halbkugeligen Vorwölbungen und zartem, fein gezähntem 
Rande. Ein Plattenguss von einer solchen Colonie wies neben den 
beschriebenen oberflächlichen auch die tiefliegenden schärfer um¬ 
schriebenen „Brombeeren“ auf. Aeltere oberflächliche Colonieen, 
die eine Grösse von fast 2 mm erreichten, zeigten ab und zu ein 
segmentirtes Aussehen, makroskopisch ein dunkleres, im durch¬ 
fallenden Licht bräunliches Centrum, das bei Lupenvergrösserung 
aus vielen körnigen Punkten bestand mit einem breiten, hellen, 
leicht gefälteten Hof. Der gleiche Hof bildete sich auf schrägem 
Serumagar um die dunklere Impflinie aus. Daneben schossen in 
charakteristischer Weise schon nach kurzem Wachsthum überall 
auf der Oberfläche einzelne punktförmige Colonieen gewissermaassen 
metastatisch auf; wo diese Zusammenflüssen, entstand ein gleicli- 
mässiger, leicht grauweisslicher, stets sehr durchsichtiger Ueber- 
zug. Im Condenswasser schwammen feine Bröckchen von Gono- 
coceenverbänden, ohne dass sich dasselbe trübte; Hautbildung auf 
seiner Oberfläche wurde nicht beobachtet. 

Das mikroskopische Präparat aller Culturen zeigte die charak¬ 
teristische Form und Anordnung der Gonococcen, völlige und 
rasche Entfärbung nach Gram. 

Es war nun bei der Aussaat der ursprünglichen Exsudat¬ 
flüssigkeit neben den Röhrchen mit Serumagar auch ein solches 
mit blossem Glycerinagar geimpft worden. Dieses schien in den 
ersten 48 Stunden völlig steril zu bleiben, am dritten Tage aber 
erschien die beimpfte Fläche nicht mehr so vollkommen durch¬ 
sichtig wie zuvor, und bei Lupenbesichtigung zeigte es sich, dass sie 
mit dichtgedrängten allerfeinsten durchsichtigen Colonieen besetzt 
war, die sich bei der Untersuchung als vollkommen identisch mit 
den* Gonococcencolonieen auf Serumagar erwiesen. Nun hat zwar 
Wertheim selbst Gonococcen auf gewöhnlichem Agar wachsen 
sehen, immerhin war das nicht eben spärliche Wachsthum auf dem 
beschriebenen Röhrchen sowie die Erfahrung, dass fast alle An¬ 
gaben anderer Autoren über Gonococcenwachsthum auf gewöhn¬ 
lichen Nährböden sich als irrthümlich erwiesen haben, geeignet ge¬ 
nug, Bedenken gegen die wahre Gonococcennatur unserer Culturen 
zu erregen. 

Es stellte sich aber bald heraus, dass es durchaus unmöglich 
war, die Colonieen des fraglichen Röhrchens auf gewöhnlichem 
Glycerinagar fortzuzüchten, während sie auf Senimagar allemal 
ausgezeichnet angingen. Wir haben auf die sichere Feststellung 
dieser Thatsache den grössten Werth gelegt, und Herr Prof. 
Lichtheim war so freundlich, ganz besonders diese Versuche im 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHR IFT. 


No. 15 


336 

Einzelnen zu controlliren. Hiernach muss nochmals auf das Be- j 
stimmteste gesagt werden, dass unsere Gonococcen niemals aut | 
Glycerinagar wuchsen und auch jetzt nach mehrwöchentlicher r ort- 
ziichtung nicht angehen. Man wird wohl nicht fehlgelieu, wenn man 
das Wachsthum auf dem Ausgangsröhrchen damit erklärt, dass wir 
es ja nicht mit Glycerinagar allein zu thun hatten, dass vielmehr 
die darauf verimpfte Gelenkflüssigkeit den sonst nothwendigen 
Serumgehalt offenbar bis zu einem gewissen Grade zu ersetzen 
vermochte; für diese Annahme kann auch der Umstand geltend 
gemacht werden, dass sich das Gonococcenwachsthum genau an 
Umfang und Grenzen der vcrimpften Flüssigkeit hielt. 

Wenn wir somit für das Bestehen einer reinen Gelenkgonorrhoe 
die sichersten Beweise in Händen haben, so muss eine empfind¬ 
liche Lücke in der klinischen Beobchtung um so unangenehmer 
überraschen. Nicht allein nämlich, dass der Patient durchaus in 
Abrede stellte, an Gonorrhoe zu leiden oder jemals sich eine solche 
zugezogen zu haben — er war verheirathet und hatte vielleicht 
bestimmte Gründe zur Verheimlichung —, sondern es war auch 
objectiv nichts davon festzustellen. Ausfluss bestand nicht, und 
was die Untersuchung auf Tripperfäden betrifft, so wurde diese 
zwar oft und sorgfältig, aber stets vergeblich ausgeführt, der Harn 
wurde in gesonderten Portionen untersucht, centrifugirt etc.: frei¬ 
lich wurden alle diese Nachforschungen sehr erheblich dadurch er¬ 
schwert, dass der Patient eine enge starre Phimose hatte, die 
übrigens seit vier Jahren bestand und die es unmöglich machte, die 
Harnröhrenöffnung zu Gesicht zu bekommen. Dadurch wurde dem 
Harn stets ein reichliches Sediment von Smegmapartikeln und 
Epithelfädchen beigemischt, unter denen echte Tripperfäden leicht 
übersehen werden konnten. Nun hätten wir ja die Phimose spalten 
können, um besser zu untersuchen, der Patient litt aber zu allem 
Unglück noch an einem nicht unerheblichen Diabetes mellitus, so 
dass dieses diagnostische Hülfsmittel nicht so ohne weiteres an¬ 
wendbar war; im übrigen hat sich der Patient diesen sowie allen 
weiteren Versuchen durch Verlassen der Klinik entzogen. 

Es wäre gewiss völlig verfehlt, irgend welche Vermuthungen 
darüber anstellen zu wollen, wie etwa die Gonococcen auf einem 
andern als dem gewöhnlichen Wege Eingang beim Patienten ge¬ 
funden hätten, vielmehr wird man mit der Annahme w r ohl kaum 
fehl gehen, dass trotz alledem eine latente Gonorrhoe bestand und 
dass die diesbezüglichen Untersuchungen aus den angegebenen 
Gründen insufficient gewesen sind. 

Wer übrigens noch an der gonorrhoischen Natur der Gelenk - 
affectionen gezweifelt hätte, den konnte der weitere klinische Ver¬ 
lauf allein davon überzeugen. 

Nachdem nämlich die Gelenkschwellungen eine Zeit lang ziem¬ 
lich stabil geblieben waren, bildete sich circa drei Wochen nach 
Beginn der Erkrankung über dem erwähnten Interphalangealgelenk 
des rechten Mittelfingers eine stärkere lividrothe Schwellung mit 
deutlicher Fluotuation, so dass eine spontane Eröffnung in kurzem 
zu erwarten war. Bei der Incision entleerten sich neben duuklem 
Blut nur einige Tröpfchen Eiter. Im Grunde der Wunde lagen 
üppige Granulationen, deren unmittelbarer Zusammenhang mit dem 
Gelenk nicht zu Tage trat, doch war ja nach Beginn und Verlauf 
das Gelenk selbst zweifellos Sitz und Ausgangspunkt, der Entzün¬ 
dung gewesen. Die Incisionswunde heilte ziemlich bald, auch das 
Sprunggelenk fing an abzuschwellen, doch musste Patient, wie 
schon erwähnt, die Klinik vor völliger Heilung verlassen. 

Die Impfung des erhaltenen Eiters auf Serumagar ergab inso¬ 
fern ein bemerkenswertlies Resultat, als auf allen Röhrchen und 
Platten überhaupt nur drei feine Colonieen angingen, die wiederum 
aus Gonococcen bestanden und sich bei Weiterzüchtung genau wie 
die früher beschriebenen verhielten. Auch mikroskopisch liess 
sich im Eiter nur äusserst spärlich hier und da ein Gonococcen- 
paar nachweisen, während sie im Granulationsgewebe, von dem ein 
Stückchen excidirt w r orden war, recht reichlich vorhanden waren. 

Vielleicht ist dieser Befund geeignet, ein gewisses Licht auf 
die Häufigkeit der negativen Befunde bei Arthritis gonorrhoica zu 
werfen. 

Jadassohn 1 ) hat mehrfach die Vermuthung ausgesprochen, 
es möchte das Wachsthum der Gonococcen im Gelenk sich in der 
Kegel auf die Synovialmembran beschränken und nur bei stärkerer 
Exsudation zu einem Uebergeken in’s Exsudat selbst führen. Ein 
solches Verhalten scheint in der That bei unserem Fall unver¬ 
kennbar vorhanden zu sein: Im reichlichen Exsudat des Sprung¬ 
gelenks waren auch Gonococcen in grosser Zahl vorhanden, am 
Fingergelenk, wo es sich mehr um die Entwickelung üppiger Gra- 
nulationen mit ganz geringer Exsudatbildung handelte, war auch 
der Nachweis der Gonococcen äusserst schwierig; ja es ist nicht 
unwahrscheinlich, dass wir die erwähnten drei kleinen Colonieen 

*) ?*“ m £ artou ' Jahresberichte 1889, Bd. V, p. 111, 1890, Bd. VI, 
p. 139, 1892, Bd. VIII, p. 86. ’ 


übersehen haben würden, wenn uns nur dies eine Gelenk zur 
Impfung zur Verfügung gestanden hätte. 

Wenn nun auch die Beweiskraft eines einzelnen Falles immer 
nur eine beschränkte sein kann, so dürfte doch jeder neue An¬ 
haltspunkt nicht unwillkommen sein, der eine derartige Auffassung 
der negativen Befunde bei der Arthritis gonorrhoica gegenüber der 
wenig wahrscheinlichen Toxintheorie zu unterstützen geeignet ist. 

Herrn Professor Lichtheim, meinem sehr verehrten Chef, 
danke ich bestens für die Ueberlassung des Falles und seine Unter¬ 
stützung bei der Arbeit; ebenso Herrn Gand. med. Symanski für 
die freundliche Anfertigung einer Zeichnung. 

HI. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in 
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel. 

Der diagnostisclie Werth der hemiopischen 
Pupillarreaction. 

Von Dr. Max Rothmann, Arzt in Berlin. 

Zu den vielen Bereicherungen, die in neuester Zeit die Lehre 
der Hirnlocalisationen erfahren hat, gehört auch die Differential¬ 
diagnose zwischen den durch Tractusläsionen und den durch mehr 
hirnrindenwärts gelegene Heerde bedingten Hemianopsieen. Nach¬ 
dem bereits Heddaeus 1 ) die Möglichkeit der hemiopischenPupillar¬ 
reaction erwogen hatte, waren es vor allem Wernicke 2 ) und Wil¬ 
li ran d, welche dieses Symptom als ein diagnostisch wichtiges 
Zeichen der Tractusläsionen hinstellten. Trotzdem dasselbe nun 
wiederholt klinisch beobachtet wurde, gelang es ihm nicht, sich 
wissenschaftliches Bürgerrecht zu erwerben. Obwohl die Wer- 
nicke’sche Arbeit bereits 1883 erschienen war, nimmt das 1888 
von H. Magnus 3 ) aufgestellte „Schema für die topische Diagnostik 
der Störungen der reflectorischen Pupillenbewegungen“ auf das 
Symptom der hemiopischen Pupillarreaction keine Rücksicht, wenn¬ 
gleich dieser Autor die Kreuzung der Pupillarfasern unbedingt zu- 
giebt. Nun gelang es aber Leyden, 4 ) bei einem klinisch beobach¬ 
teten Falle von Hemianopsie mit hemiopischer Pupillarreaction die 
entsprechende Tractusläsion anatomisch nachzuweisen. Früher 
hatte bereits Ferrier 5 ) beim Affen gezeigt, dass bei Durchschnei¬ 
dung des Tractus opticus stets hemiopische Pupillarreaction eintrat, 
während dieselbe bei Hemisphärenverletzungen fehlte. 

Erschien derart dieses Symptom als differential-diagnostisches 
Moment vollkommen gesichert, so musste es Erstaunen erregen, 
als gerade von demjenigen, der zuerst die Aufmerksamkeit darauf 
gelenkt hatte, von Heddaeus 6 ), die Bedeutung desselben auch 
jetzt noch angezweifelt wurde. Derselbe stellt die Behauptung 
auf, dass „es vorläufig gewagt erscheinen muss, die Differential¬ 
diagnose zwischen Tractus- und cerebraler Hemianopsie einzig auf 
das Vorhandensein oder Fehlen jenes Symptomes zu gründen.“ 

Worauf basirt dieser Zweifel? Erstens auf einer eigenen 
Krankenbeobachtung, zweitens auf Widersprüchen anderer Beob¬ 
achter. 

1. Die bereits 1880 gemachte Beobachtung von Heddaeus 
ist kurz folgende: Bei totaler Erblindung eines Auges infolge von 
Bluterguss in die Sehnervenscheide wird das Auge vollkommen 
reflextaub. Nachdem sich wieder excentrisches Sehen eingestellt 
hat, hält die Reflextaubheit an. Der Verfasser suchte diese Er¬ 
scheinung zuerst dadurch zu erklären, dass er annahm, > nu ^. 6ie 
Netzhautmitte sei reflexempfindlich. Wenn er auch jetzt die Mög¬ 
lichkeit einer anderen Erklärung auf Grund der Trennung der 
Seh- und Reflexfasern des Opticus zulässt, so hält er doch die von 
ihm aufgestellte Theorie noch immer für discutirbar. Ein einziger 
Fall von Reflextaubheit bei centralem Skotom aus retinaler Ur¬ 
sache, statt, wie in dem obigen Falle, infolge einer Erkrankung des 
Opticusstammes, würde, seiner Ansicht nach, die hemiopische Pu¬ 
pillarreaction umwerfen. 

Nun ist es aber klar, dass die Theorie von der ausschliess¬ 
lichen Reflexempfindlichkeit der Netzhautmifcte mit dem Moment, 
umgestossen ist, in dem es gelingt, einen Fall von centralem Skotom 
mit erhaltener Reflexempfindlichkeit aufzuführen. Einen solchen 
habe ich nun beobachtet. 7 ) Es handelte sich um einen Krebs der 

*) Heddaeus, Klinische Studien über die Beziehungen zwischen 
Pupillarreaction und Sehvermögen. Inaug. Diss. Halle 1880. 

2 ) Wernicke, Zeitschr. für klin. Medicin. 1883. 

3 ) Magnus, Schema für die topische Diagnostik der Störungen der 
reflectorischen Pupillenbewegungen. Klin. Monatsbl. für Augenheilkunde. 
XXVI Bd., 1888. 

4 ) Leyden, Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 1. 

5 ) Ferrier, Vorlesungen über Hirnlocalisationen. Uebersetzt von 

Weiss. Wien, Deuticke, 1892. , 

6 ) Heddaeus, Ueber hemiopische Pupillarreaction. Deutsche me«. 

Wochenschr. 1893, No, 81. r/ 

*) M.Rothmann, Ueber multiple Hirnnervenlähmungen etc. Zeit¬ 
schrift für klin. Med. Bd. XXUI, p. 826. 


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Original fro-rri 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



1 2. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


337 


Schädelbasis, der die Optici comprimirte; es kam verhältnissmässig 
frühzeitig zu centralen Skotomen von circa 10° in Verbindung mit 
rascher Abnahme der Sehschärfe. Trotzdem war die Reaction der 
Pupillen auf Lichteinfall erhalten, allerdings infolge der Compression 
schwächer als normal. Der Fall war dadurch complicirt, dass 
auch die Oculomotorii ergriffen waren; da aber die Pupillarfasem 
derselben ziemlich lange intact blieben, so war der Lichtreflex gut 
zu beobachten. Während nun auf dem rechten Auge ungefähr 
gleichzeitig mit der totalen Erblindung auch Pupillenstarre eintrat, 
Hessen sich auf dem linken Auge noch fast einen Monat 
über den Eintritt der totalen Erblindung hinaus leichte 
Zuckungen des Pupillarrandes auf Lichteinfall consta- 
tiren. 

Ist also in dem einen Fall (Heddaeus) die Pupillarreaction 
bei centralem Skotom erloschen, in dem anderen aber erhalten, so 
kann man daraus nur den Schluss ziehen, dass die ganze Netzhaut 
und nicht nur ihre Mitte mit diesem Reflex in Beziehung steht. 
Das Erhaltensein der Pupillarreaction bei totaler Erblindung lässt 
zwei Erklärungen zu. Entweder es genügen zur Auslösung des 
Reflexes minimale Lichtquantitäten, die nicht zur Perception ge¬ 
langen, oder die Pupillarfasem leisten der Compression länger 
Widerstand als die Sehfasern. Die erstere Annahme, der ich mich 
anfangs zuneigto, ist kaum aufrecht zy. erhalten; denn erstens 
werden die minimalsten Lichtquantitäten vom normalen Auge mit 
grosser Schärfe percipirt, zweitens müsste bei allmählicher Erblin¬ 
dung eines Auges alsdann der Pupillarreflex stets den Eintritt der 
totalen Blindheit überdauern, was thatsächlich nicht der Fall ist. 
Wir müssen also annehmen, dass die Pupillarfasem bei der Com¬ 
pression ihre Function in einzelnen Fällen länger als die Sehfasern 
bewahren können. 

Was nun diese, auch von Heddaeus in Betracht gezogene 
Frage betrifft, ob die Reflexfasern des Opticus mit den Sehfasern 
identisch seien oder nicht, so muss man nach solchen Beobachtun¬ 
gen die Identität entschieden bestreiten. Wir können allerdings 
anatomisch den Unterschied zwischen den beiden Arten von Nerven¬ 
fasern kaum erkennen, aber nur die Annahme einer Trennung er¬ 
klärt, dass in dem einen Falle trotz theilweiser Functionirung der 
Sehfasern die Reflexfasera nicht leiten (Fall von Heddaeus), in 
dem anderen wiederum die Reflexfasern länger in Thätigkeit sind 
aL die Sehfasern. In den meisten Fällen allerdings gehen 
beide Fasergruppen gleichzeitig bei Affectionen der Nervi optici 
oder der Tractus optici zu Grunde; die beiden oben erwähnten 
Fälle sind als Ausnahmen aufzufassen. Hierher gehören auch 
die beiden von Jessop beobachteten Fälle von totaler Blind¬ 
heit mit beiderseitiger Sehnervenatrophie, bei denen einmal 2 l /z 
Jahre, das andere mal l /2 Jahr nach der Erblindung die Pupillar¬ 
reaction völlig normal war. 1 ) 

Soviel geht aus diesen Ausführungen jedenfalls hervor, dass 
ein Fall von Reflextaubheit infolge eines centralen Skotoms aus 
retinaler Ursache nicht Vorkommen kann, das Gebäude der hemi- 
opischen Pupillarreaction durch eine solche Beobachtung daher 
nicht zu erschüttern ist. 

2. Sind nun die Reflexfasera von den Sehfasern zu trennen, 
so fragt es sich, ob die bei den letzteren sichergestellte partielle 
Kreuzung im Chiasma auch den ersteren zukomint, und fernerhin, 
ob bei dieser Kreuzung ebenfalls nur die nasal gelegenen Fasern 
betheiligt sind. . 

Heddaeus hält die Semidecussation der centripetalen Pupillar- 
asern für kein „physiologisches oder pathologisches Postulat.“ 
u 1 .® ^^^nclle Pupillarreaction kann nach ihm ohne dieselbe mit 
Ulfe der Verbindung der beiderseitigen Oculomotoriuskerae zu- 
* q T men - d em von ihm als Beweis angeführten Fall 
Jr ”eir Mitchell 2 ) war durch Compression des Chiasma 
■^ emian . 0 Psiß bedingt, die Iris aber sollte trotzdem 
um i? ^ sein. Diese Angabe allein genügt nun aber nicht, 

ia Ir/ 6 h , emi0 P lsc h e Pupillenreaction auszuschliessen. Denn es ist 
hein/o ? SS ,aan l>ei einfachem Lichteinfall in das Auge, ohne 
bei A . 1 Malhälften besondere Aufmerksamkeit zu schenken, selbst 
™ vvese ßb | eit hemiopischer Pupillarreaction eine anscheinend 

den J| 01 !? a le, prompte Pupillarreaction erzielen wird. Gerade bei 
Prüfun* 1 f i~ ae . us . mit Hecht betonten Schwierigkeiten bei der 
und mR " emi0 P 18c * le Pupillarreaction können wir nur bewusst 
y erwerthen 6n ^ ante * en vorgenommene Prüfungen pro et contra 

"'orden^lf^a S * D< * n . un e * ne ^ ei ^ ie sicherer Beobachtungen gemacht 
werden’ kn 1 * eae . lne hemiopische Pupillarreaction nachgewiosen 
__ nnfce - Wie man auch über den diagnostischen Werth 


light re/fltn 8 °Su. ^ T wo Cllses 01 complete blindness with good ptipillary 

« Aüe 11 \7TTT 


, «Ä ftrjji. r 

'• net. m r , 


Pag. 


uwurn - ox nervous and mental disease 1889, 
W1, m Sohmidt’s Jahrb. Bd. 224, pag. 261. 


XIV, 


derselben urtheilen mag, das eine scheinen mir diese Beoabach- 
tungen zu beweisen, dass die Reflexfasern wie die Sehfasern sich 
im Chiasma partiell kreuzen, und zwar nur die von den nasalen 
Hälften kommenden Fasern. Damit fällt das Magnus’scho Schema 
von 1888, das zwar eine Kreuzung annimmt, aber trotzdem an 
Stelle der hemiopischen Pupillarreaction stets nur von einer 
schwachen spricht, in der Voraussetzung, dass Fasern von allen 
Punkten der Netzhaut sich theils kreuzen, theils im gleichseitigen 
Tractus verlaufen. Auf demselben Standpunkt steht auch Red¬ 
lich 1 ), wenn er den von ihm erhobenen Befund, Starre der einen, 
normale Reaction der anderen Pupille auf Lichteinfall, durch eine 
Unterbrechung der centripetalen Pupillarfasem zwischen Vierhfigcl 
und Kern des Sphineter iridis zu erklären sucht. Unterbrechung der 
Reflexbahn an dieser Stelle muss aber hemiopische Pupillarreaction 
ohne Sehstörungen hervorrufen, ein Befund, der wie Knies 2 ) richtig 
bemerkt, bis jetzt nicht erhoben ist, weil er zu leicht übersehen 
werden kann. Der Redlich’scho Fall dagegen, Starre der oinen 
Pupille bei Lichteinfall mit massiger Erweiterung derselben, muss 
auf einer isolirten Lähmung des den Pupillarreflex auf Lichteinfall 
vermittelnden Theiles des Oeulomotoriuskerns (Sphincterkern) be¬ 
ruhen. . 

Es ist hier, wie immer, daran festzuhalten, dass ein positivor 
Befund weit schwerer wiegt, als ein negativer. Bis jetzt steht 
dem Leydon’schen Falle (homonyme Hemianopsie mit hemiopischer 
Pupillarreaction, bei der Autopsie Geschwulst des entsprechenden 
Tractus) kein negativer gegenüber, d. h. entweder totale und iso- 
lirte Zerstörung des Tractus ohne hemiopische Pupillarreaction 
oder intra vitani beobachtete hemiopische Pupillarreaction mit 
bei der Autopsie gefundenem, reinem Rindenheerd. Denn die Fälle 
von Peters 3 ) und vor allem von Schmidt-Rimpler 4 ), bei denen 
zu einem Rindenheerd secundär sich Degeneration der Tractus- 
fasern gesellte und zu dieser Zeit eine Andeutung himiopischcr 
Pupillarreaction auftrat, sprechen ja gerade für den diagnostischen 
Werth der Reaction. Allerdings ist eine befriedigende Erklärung 
dieser Fälle kaum zu geben. Denn bei der vollkommenen Tren¬ 
nung der Soh- und Pupillarfasem ist es schwer einzusehen, wie 
eine absteigende Degeneration der ersteren die letzteren in ihrer 
Function schädigen soll. Da die hemiopische Pupillarreaction in 
diesen Fällen nur angedeutet war, so Hesse sich vielleicht an¬ 
nehmen, dass die degenerirenden, gequollenen Sehfasern, vorbundon 
mit Verdickungen des Perineurium, die zwischen ihnen verlaufen¬ 
den Pupillarfasem leicht comprimirten und so deren Functions¬ 
fähigkeit herabsetzten. 5 ) 

Da, wie wir oben an mehreren Fällen gezeigt haben, die Sch¬ 
und Reflexfasern im Opticusstamm unabhängig von einander er¬ 
kranken können, so ist es im Ausnahmefalle auch wohl denkbar, 
dass die Reflexfasern bei Affectionen des Tractus allein functions¬ 
tüchtig bleiben. Andererseits kann ein dom Tractus nahe ge¬ 
legener grösserer Bluterguss eventuell durch Druckwirkung die 
Reflexfasera vorübergehend functionsuntüchtig machen. 

Hierher gehört ein auf der inneren Abtheilung des städtischen 
Krankenhauses am Urban zur Beobachtung gelangter Fall, für 
dessen Ueborlassung ich Herrn Professor A. Fraenkel an dieser 
Stelle meinen besten Dank ausspreche. 


Eine 54jährige, bisher gesunde Frau, die sechs normale Partus ge¬ 
habt. hat, bekommt nach voraufgegangenem Kriebeln im linken Arm und 
linker Gesichtshälfto plötzlich am 23. Februar 1892 einen apoplektischen 
Anfall ohne totalen Bewusstseinsvorlust. Patientin kommt in das städtische 
Krankenhaus am Urban. Hier wird linksseitige Lähmung von Bein, Arm 
und Facialis, Hemianopsie nach links, starke Deviation conjugueo der 
\ugen nach rechts constatirt. Keine Sensibilitätsstörungen. Die Pupillar¬ 
reaction war anfangs wegen der starken Ablenkung der Augen nicht genau 
zu prüfen; es liess sich nur festellen, dass dieselbe vorhanden war. Erst 
14 Tage nach dem Anfall wird auf dem rechten Auge typische hemi¬ 
opische Pupillarreaction constatirt, bei Beleuchtung der rechten 
Retinalhälfte Starre, bei Beleuchtung der linken prompte Reaction der 
Pupille. Auf dem linken Auge ist der Befund anfangs nicht ganz sicher, 
wegen der ungemein schwachen Contraction des Pupillarrandes. Doch 
wird wenige Tage später auch hier die hemiopische Pupillar¬ 
reaction ungemein deutlich. Es kehrt nun im weiteren Verlauf 
oine, wenn auch sehr geringe, active Beweglichkeit des linken Arms und 
Beins zurück. Zugleich beginnt auch die hemiopische Pupillar¬ 
reaction zuerst an Deutlichkeit abzunehmen, um schliess ich 
ganz zu verschwinden. Nachdem die Patientin am 26. April 18JJ 
auf eigenen Wunsch die Anstalt verlassen hat, bekommt sie am 16. Juli 
1893 einen erneuten Schlaganfall, der wiederum mit totaler Lähmung der 
linken Seite einhergeht. Die Hemianopsie nach links unverändert, dm 


*) Redlich. Zur Charakteristik der reflectorisehen Pupülenstarre 
i progressiver Paralyse. Neurol. Centralbl. 1892. 

a ) Knies, Das Sehorgan und seine Erkrankungen. 189 4 . p. <> . 
a ) Petors, Deutsche med. Wochenschr. 1891, ^o. 38. 

4 ) Schmidt-Rimpler, Arch. f. Augenheilkunde XLX, 1»«. 

5 Neuerdings ist wieder ein derartiger Fall von Sa me Iso hn beobachtet 
irden. Deutsche med. Wochenschr. 1894, pag. 91. 


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OBLTfBOHE MEÜI0N1SGHE 


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der PniÄ TUHnrtnttirJi links. Mtf ^W-!i. V ^eitomn. \ erlartf hei 
.BolemdiOmr \ uh böite Seilen oOnrmb* PwieHun, gelinge \\jedmmßr 
(Eo'r BewögllÄmi^or Hrfhtfisfög«! ^tt^miUUCnV. . •. • 

ln füesfiin Pall dk*. Vlmojdm-h* l'Hpiilsrroatiüou 

ÄUisHflv mit der dihVfr die Wirderkoin der tffrvuü Kevogii.ohMt- 
in V|.>n KäfcJ'bOVl'tWft TutÄseiiWl. feörp&OU- trcK iir Oar Gcgwwl der 
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Hei «Win heutig^] Slmidpüuiifc der Bimdiirnrgio $md mr zur Vor- 
tuflu«^ emer Erifdir vw .pi* vhwulen Opnrnh-i» m»«*h immer au dir. 
rtouveyitiU' der Htvmls]»b;ir(Ui ■gnbaufd-, So itu-hrn • \V«k mm dwm bei 
Tmnordumnwv* imrw-r dm Hage v*t>rzute£im: Sitot diu [Word 
nt' -der nirurihde oder de .Irr TVie resm Ho der I>a.si$d Und 
kommt Ixm fU«r i.emnipiätlo Bttjullarrenetufn ?m Hbltw 

i gbi.m). *,!.•!» ilu^elh.- hoi ri/iew amB smlgei n d-iom Pot* von 
HomiAiiO|VBK , •' , h .um! U ;1 will UauOr, so sitzt d<>r Pmens*nn 
der BuW Mi *,|er id-mw dös 'IV-ieBw Dlibimw 

2. Tritt dir hnm'-inv-lw BujiiUec» wmtiwi bei .eilen mit 
Ibeiuifmop^H' riubrr^-lmiulHi ‘Ajmfdnxm arihittgs auf, um idiywriiiek 
z „ vmmr-hwhKb'w SH mt -hü ]uiliglit,!i «in PrmJuri. de» Kemwiikong 
Der Fruöosa xftzi oberhalb ilfcs Abgangs der- Hefb^eWat, jedoeh 


ho kam) man mit sgft^ter* Wahr.Het^iiiliebkVjt auf >11100 ftWhaili emel 
ft# KoBexhfigelid Mtxweieo. Id’önedd äohli essen. Ob Vtel’selbo die 
Kinde i*..hr hin »am-?0 J\ nt-el i‘U.,».mmj mihsh man nun mit Hülfe wc |,t 
(h*r andi-mn, wn'ha'uh'.nö.n .Sinipttmir a>» ■•nt^.-hrideu^ 6 uuii»*i». 

■1 ibi- A.iüi"t',i on-'Mi- b.‘miu|/ifceher .'• 

hoi imrnite längte 'Ävit Tufei^fpittlvr JHumä«o t w spricht für 
hnwnnUrr dingwumbUm dfr Tra^udfoseru infolge mfc hoher, \ 
silzoudmi, priroi’Mn D.mrtbm. 

• •' >V )[?niib'nü^ ! ho fbifiilhv!n-rnfioi) »;hue ..iIwi4auo.i»«Kv h«»or.-»t. | 

woori /.wr^liOTr VicibUM-rl ui»l gt>Tnge|ion If^rrt« j 

S<. ist. if]\s ;m: : h n, »ihr limbiopthrbmi ThiiiHla-m'ftötion iimnbidiin i 
ein 'Wichtig»^, diogooshs'pss HoStbrnittbl an di*- li.mrl gngelmii.' ; 

>hie. «iifnön.Uhdi >0 Verbindung mit’ «mhn T 0if Byiitpt.-nRvoü, oft go- . 
bbnei'o boohlihhtihn H’imdglh’bt. ! 

’iivüii Scblush' rin. ÄVnrb i; 

beiden S{»biii**t.n]-kot , n«i. l 'ia rdid'm'U.-.' Ex jm rinmut, tidu 1 das Vor- • 
ÜiUuk’Jts.dji lirr^dbrn lb’-i ii hI»* dm Verbindung nnM. >.« »bn ,,,,. 
)is(Mm!av Äugt* mir bominfiKain di rekte Fibdllai tmodion voi-banum: | 
dein, dji. die ruisniwiirtö ^ ghlrnjuiifdi Kadern d*>r UpVud für dmssHm ! 
a.usl:itbm müssten, (bigogro mnr lieitiitomjKmjlw m.m-m'.s.udbj Ivraetioir ’ 

Thais dmn uitht bu \hi { sondern brndr KotnmikdUKiji gtmebJh^s,4g' •”' 

• 1 5 0,■ 1 ; 1 { und * H.i-m.nM il l'uHlbti.emtrn. Ijiv.t.m.ii u, i-=t imtannl 
Dagojrw) imissiu hr.i, paUioinufsyoluT t.Utw'H>r*ieliruig der Vm’bmdbßg-S' 
bwf.ru tbntsaj’Mirli das oben gmwhildwto VerlmiUm; dW fudiimn zu 
•rmisf 4 tfiH\rL >nhi. ' 

WWo ft Kryftm# auf ImmibiHSdo* Ptipilhüireartion botodff’t, so 
nifiphoblt s).*b, ndUnrb'f.Hs vcib;Uioissmdbmg sohwaon-is Li. bk 
/u i'fbiHMjv, das mit’ der UrHtmnyflufUiüu’ü Swtr «)um du* Ib-.m-inm rias^ 

:h(ii v AOfi'Ufr Wirb, man dassHbfi nun zuuindmk auf'dio edi^vUiibo. HW 

Foih» lind goiif dniiü langsam auf die. andorn über, so wird nisui 
das fsympionj prompt bcobarlrtmi kütuiem Uebr bdv buk 

wenigstens bei anderen Reiuihunpsioeü niemals elnbu Ttn^ü'wiHiftd \ ^ ü< . 
-in drm liehr'Xtfm'pbndlmltkmt. dar höfddn Ket.imdbiUtinn. l)üob«ehton < r*. 

k«„n,n, SS 


IV. Aus dfiin Sf Marien-HospiM in Köln. 
EmelHeraia uteri bei I^eufJoherma- 
pbroditiamus femii3.is.us. 

Von Dts 8roM, Obew?d. 

Ini Vorigen Jahn- wn.-de vtns Or. Kurz in Vemhlig in dieser 
'Wöcbenselirift (1803, No. 40) ein Ifait von P.sbud*ahonnaidiri)dxtis- 
mns femininus extern ,ub verütfeulliebt, -der bia dabin wohl einzig 
m .-‘Uinm Art. war. leb bin nun in dev Lagm oinwi »ihnliehen FnÜ 
imeb opcvaUvcr B'-iiandinnu vnvdifenKiohen zu können: 

l'irwm .'I'.dtif 45 •> -v-Ar ; n - hfl;wer 3maib, Vom 1B. Jahre 

bi» vor ü Momdcn be.t »idi stete aäs' Mtiduhen 

•gefiiült, dnrh. \if»e »k- imt Bobugun widUH, nie yf düngt zu 1udrftftioiK' ; 
Vmn rofnudirbe« .*--hna U^siS/i sie aiww tnehf gut ♦mtwick.eUen, 

freilirji d«dorHbbobfU>n cl?ig- if> diw »m njjiliftn ^tsfeiite- 6>6 etn, 
'A'rjiVciitlgfor Eri-ötiojr 11 em lang asi/, HuASerdeia efücn ieiüiiteii Hart, einen 





0 ? nTS< ii JE ? : . MSV'K’INISOIIE 


Ovwkwn, 4^ mmt-hiie •i'ubeh mtd, eiaen t)ih 
uneUbch Halten H<u^eru, Septuin 1,5 an in 

hi&wiirftst und dessen Üetm stark veriSsj^t 


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mm zwar selii: gross, dlvnr il 4 h ; - niffi 
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gen meiner lrüke-r*u. MklUaUvn^t Da nhvv rtiü«u Huibst i( » 

• ^ksrakterititiaol» ßontig waren, soAmelue mno mudi Fordpllun^uu^- 

i imugon und he.omnmtd k gewisse. lunsmm, djk euban* an Ja 

bei (Vadhm crinnadun und die man dn-dmlh als SbiUc 
r dei ^arasiiüreu A ultAusuu^ ai*Hai». Ztuu Vm^iandniss • diiser Hmia 
, Wild es vujtUig nein, daran tu uejiKumn. da^h dj^CiK^idiai, wiuAk* 
Ü ‘ n 'h-*’ Kuninnhenk'lra m- luufiV vurkmumai und Jnu vm 
: b- Finii'^r b xuletal -wurikii, 4ü:?ii xm» Z^ i<uke 

• rtfei* l'ort{ifiaüzui4;‘ eiukupruhl, d. !*, mit «ram ^efomdou 

: ! , 'M*l»d! ■.md.nrirtrii M«_mluaii, einer S, U.O(- .k-.j/Mt- n, S ti *. dann 

I -‘M dient*:; tluKd» i’ffi\>.Kudum* ibs 1 ‘i ottml* an.t > iidt i» imtmu 

-■]•.■ i».u /;ahi. b-i n. ». KaujKH'iju'nn-eadien /. 1! 4 .u k,», , 

‘ bild.-n, dl.' umu ^snru'-inn-muiu neunr um! i ( t hu.i-uu v •-'.n- 

I si;'fu ^Jnn'duiiiu.;.)^ «».»jonute. hii , ii.t»(i«jrmi«>' (»uöjniu eniudududi. 

diu, ind «e.«;urit»uf bikii wi?da» Y,\\ CueenHeii eMavakuru.. ,1'W 

s \urg‘ap.« i4 ii> oliei) sejäen Abs»dddlNm ki’dTier 
kviibrdi. Wie .i'üiü^i^mas.si^ *ät%U.4^i- dm 


\\ ösier ha iiav bd'eratimi, noch («ei der an.iku Tsi«e v>u l]ee in 
der W«e vm^m.mamGfteij tlnim ^uclikakku 4c k .Hüde«, 
ösäi^fihiasuhär iiu«l Frastain tiab'luverafek kss$fe 

DeikttacTi handelt oä iAdi jm vbAÜü^ntid«u Falle iwd wtw Herum 
Uteri .-hicoriliÄ, ifj’upoHilHfis latdati& bei IVeu'ioiiGf u«»]'*Ur«idiU'smu^i 
iamiftiiiüa. »^oniu^ ein F;di, wie ei: dis jeur iabii nkld, bnvh- 
ucutet ijDu operirt *etu - * 


T. Die aeuerea Itetersaehmigeix über ICrebS- 
parasiten. k ■;■ V-/‘ ; ■ 

Von Prof. i>. Eibt>«rt in- Ätiriidi, 

In einer Lrn Jahi^akA 1WH p 1179 difvrr Wn,.}nms»dirifi 'M 

Sf-hiourmm Abhandlung Intbe k}\ miuh dyrzuimKä .dass dk 

m 1 umrannm Wrlirinhaieu uuü mir gvüwxtt odAr' aeriu«m-* a - 
JiöstimmUiyit ab Furafsifcn spd?utefeu. EteäftirlHf»e' a’J» i%cmftra 
Ronjpr'iaucte Veraobiedenur Art rit;r?nfasJ$»>Ti Süt^r. KniHlVm -rlhd 
wMennii sehr znliinaniuv w d zum Tlud! urnfaoutun-h- Artmileu 

ea'.lnenri.. dureji l-b»adi:«tu mö^liahst bbi-irsiuljtlab ■.< »nununaa 
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die .Uruskn vnd HjdtT.nbnijun. untiAsuhetilen «kh nba •» nti "/buuir 
du »••di iulon4vme konit’Urbuuir, diiukjm'e» i'rutdjdasntA und maucia 
uuitd.i dureli iumdaid»* Faidstlbva 1 : M>hi \vt»ia^r ri'wHi'A.inelir. fn'üiAWidP' 
vli? sein 1 «H:lmrmiiiwf , iu , |i I-dnurnu di. -i I 'ni.au't iü.-.l!- einidi« ;-\u- 
5 * H®ite SU»M«I!U »\in <num »dM'J'hnUUt »iie «;i''n-j| ( . Kiu-fu, du.ft an» k 
aiinr übsi^ai Akbüdiiug-en UiM: BuweinkrsiR, uu» Ir rd.}^»se)»^:i .Tun 
den etmsi umdt i\i a'J^bnpffen.ipiasriüUleu, run FörHkur»i§*in 


SiHÜ. 

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wurden »?mnud zwmiöliu«;* /iellmi mb J' 
sujirieküib i^iu ptnswtu uutweddi rmg.su j 
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und Wulkordi kui uHicN. ('altin u?id X 
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Icüii. bischer,- 



340 

eine Art doppeltconturirter Membran begrenzt, so dass man, wie 
es vielfach geschieht, von einer Kapsel reden kann. Die intra¬ 
protoplasmatischen und intravacuolären Dinge haben nun keines¬ 
wegs immer das Aussehen einer Zelle. In den Vacuolen findet 
man homogene glänzende Kugeln verschiedener Grösse bis herab 
zum Umfange eines punktförmigen Körpers, ferner rundliche, 
protoplasmatische, körnige, oft unregelmässig zackig begrenzte, 
peripher gleichsam aufgelöste Massen, sodann Haufen glänzender 
Kügelchen und mancherlei Combinationen aller dieser Dinge. Im 
einzelnen finden sich hier bei den verschiedenen Beobachtern viele 
Differenzen, die aber lediglich geeignet sind zu zeigen, wie wenig 
typisch sich die intravacuolären Gebilde verhalten. Sawtschenko 
spricht auch von froschlarvenähnlichen Körpern und zeichnet runde 
Protoplasmakörper mit eigenartigen sichelförmigen Figuren, von 
denen unten noch die Rede sein muss. 

Sehen wir uns nun nach der Bedeutung der bisher genannten 
Dinge um, so werden sie von den angeführten und anderen Autoren 
für Parasiten gehalten. So redet Burchardt 1 ) kurzweg von 
Coccidien. Die kleineren intravacuolären Körper, insbesondere die 
runden homogenen Kugeln werden als Entwickelungsstufen der¬ 
selben, vielfach als Sporen bezeichnet, die grösseren zelligcn 
Elemente als die ausgebildeten Organismen angesehen. Freilich 
betonen Einzelne, zum Beispiel Borrel, dass manches auch auf 
Invagination einer Zelle in eine andere oder auf endogene Zell¬ 
bildung zu beziehen sei. Korotneff und andere fassen aber 
gerade solche Objecte als Parasiten auf. Dieser Meinung kann 
man sich indessen unmöglich anschliessen. Gewiss kann man zu¬ 
geben, dass die bis jetzt besprochenen und die später zu erörternden 
Dinge vielfach auf den ersten Blick fremdartig aussehen, und man 
begreift es sehr wohl, dass so viele Beobachter in ihnen Parasiten 
sehen zu müssen glaubten. Wenn man aber nicht nur die auf¬ 
fallendsten Dinge betrachtet, also nicht nur die, welche gewöhnlich 
abgebildet werden, sondern auch die weniger prägnanten, und 
wenn man sie vergleicht mit den Epithelien und den sonst im 
Carcinom vorkommenden Zellen und sie aus Veränderungen der¬ 
selben abzuleiten sucht, wird man zu anderen Schlüssen kommen 
müssen. 

Was zunächst die intercellularen Elemente angeht, so hat 
Steinhaus 2 ) bereits daraufhingewiesen, wie einzelne Epithelzellen 
Modifieationen, Degenerationen erleiden, mehr oder weniger homogen 
werden können und dann ein anderes Färbungsverhalten zeigen. 
Solche Bilder kann man besonders in Hautcarcinomen unschwer 
auffinden. Die modificirten Zellen sind oft durch einen Zwischen¬ 
raum von den Epithelzellen getrennt, liegen in grösseren Hohl¬ 
räumen. Sie zeigen nicht selten eine ausgesprochene radiäre 
Randausstrahlung, die als der Ausdruck der Protoplasmafaserung 
oder einer aussergewöhnlich entwickelten Bildung der Intercellular¬ 
brücken auzusehen ist. Zuweilen findet man in der Mitte von 
Alveolen mehrere in dieser Weise hervortretende Zellen, und bei 
Vergleichung vieler Einzelstellen kann man sich ohne Mühe über¬ 
zeugen, dass alle die auffallenden Gebilde modificirte Epithelzellen 
darstellen, die nicht selten so weitgehende Umwandlungen erleiden, 
dass sie ihren Zellcharakter fast ganz einbüssen. Dahin gehören 
nun zweifellos die von Korotneff beschriebenen intercellulären 
Körper, die er in bezeichnender Weise besonders im Innern der 
Hornperlen antriflft. Er hat solche degenerirten Zellen für be¬ 
sondere Entwicklungsstadien des Parasiten gehalten. Davon wird 
unten noch zu reden sein. Die Möglichkeit einer derartigen Ent¬ 
artung von Epithelien geht auch aus der Mittheilung von Petersen 3 ) 
hervor, der nachweisen konnte, dass bei der Darier’schen Krank¬ 
heit die als Psorospermien aufgefassten Dinge in Wirklichkeit 
degenerirte Epidermiszellen sind, da er zwischen beiden alle 
wünschenswerthen Uebergänge auffinden konnte. Durch Fabry 4 ) 
wurden diese Angaben bestätigt. 

Nicht weniger klar ist die Deutung bei den intraepithelialen 
Zellen. Für ihr Vorkommen hat man verschiedene Erklärungen. 
Erstens denkt man an Invagination und zweitens an endogene 
Zellbildung. Erstere Erscheinung ist schon lange bekannt und 
wurde durch Steudener 5 ) genauer untersucht. Eine Epithelzelle 
kann sich in eine andere hineinsenken und von ihr mehr oder 
weniger umschlossen werden. Die endogene Zellbildung wurde von 
Virchow angenommen, und auch jetzt kommt man noch hier und 
da auf sie zurück. Jedenfalls besitzen wir ausreichende Erklärungen 
für ein intraprotoplasmatisches Vorkommen von Epithelien. Be¬ 
schränkt man nun sein Studium nicht nur auf die auffallendsten 
und durch ihre Färbung am meisten abweichenden Dinge, so wird 
man in jede m Carcinom, in Avelchem sie reichlich genug vorkom- 

*) Virchow’s Archiv Bd. 131, p. 121. 

*) Virchow’s Archiv Bd. 127. 

3 ) Centralbl. für Bact. Bd. XIV, No. 15. 

4 ) Archiv für Dermatologie und Syphilis 1894. 

5 ) Archiv für mikroskop. Anat. Bd. XIV, No. 15. 


No. 15 


men, leicht alle nur denkbaren Uebergänge einerseits zu wohl er¬ 
haltenen Epithelzellen, andererseits zu den.unklaren, nicht mehr 
deutlich zelligen, intravacuolären, körnigen und homogenen Gebilden 
auffinden können. Man sieht zerfallende Zellen, undeutlich färbbare, 
zerbröckelte Kerne und andere, die im Gegentheil eine intensivere 
Tinction annehmen. Die homogenen Kugeln sind theils degenerirte 
Zellen, theils ebensolche Kerne, deren Protoplasma verschwunden 
ist. Der höchste Grad der Entartung ist dann gegeben, wenn die 
invaginirte Zelle ganz aufgelöst ist. Die dann entstehenden leeren 
Alveolen erklärt allerdings u. a. Sawtschenko damit, dass er sie 
als von den Parasiten verlassen ansieht. 

Nun ward aber zur Stütze der parasitären Theorie nicht selten 
hervorgehoben, dass die Färbung der Einschlüsse eine ganz andere 
sei als die der Epithelzellen, so dass beide nicht wohl gleicher 
Natur sein könnten. Aber dass sich degenerirende Zellen und 
Kerne abweichend färben, ist .doch wohl nicht merkwürdig. Man 
: kann auch leicht alle Uebergänge der Färbung wie der Form nach¬ 
weisen. Besonders auffallende Tinct.ionsresultate erhält man, wenn 
i sich ausser den intravaciiolären Körpern auch die Vacuole selbst 
I färbt, was natürlich nur möglich ist, wenn nicht wirklich ein leerer 
Raum vorliegt, sondern nur durch eine ungefärbt bleibende homo¬ 
gene Substanz vorgetäuscht wird. In diesem Sinne aber haben 
wir ja die Vacuole aufzufassen. In den von Foä 1 ) gegebenen Ab¬ 
bildungen ist nun aber die ganze Substanz der Vacuole sammt 
eingeschlossenen, intensiver tingirten Körpern gefärbt, und dadurch 
heben sich natürlich die fraglichen Gebilde noch besser ab, als 
es sonst der Fall ist. Ich habe ganz die gleiche Erscheinung nach 
Gentianaviolettüberfärbung in einem Mammacarcinom beobachtet, 
in welchem schon bei schwacher Vergrösserung die blau ge¬ 
färbten Vacuolen als glänzende, sehr verschieden grosse Tropfen 
hervortraten. 

Die Abweichung in der Färbung spricht übrigens, wie Hanse¬ 
mann 2 ) jüngst mit Recht betont hat, eher gegen als für den 
parasitären Charakter der Einschlüsse. Denn alle bekannten 
zweifellosen Parasiten färben sich eben nicht anders als die Ge¬ 
webszellen. 

Was aber die Vaeuolenbildung im allgemeinen angeht, so 
darf man nicht vergessen, dass sie insofern nichts besonderes dar¬ 
stellt, als wir um die verschiedensten in das Protoplasma einge¬ 
lagerten Körper solche Räume sich bilden sehen, und zwar offenbar 
als Producte des Zellprotoplasmas. Sie entstehen besonders gern 
in Riesenzellen, und zwar um Bestandtheile verschiedener Fremd¬ 
körper, um eingedrungene Leukocyten und auch um parasitäre 
Dinge, z. B. um Schimmelpilzsporen. 

Die Veränderung und Degeneration intraepithelialer Zellen 
allein erklärt uns aber nicht alle bisher aufgeführten Bilder. Es 
giebt indessen noch verschiedene andere Entstehungsweisen. Wie 
ich früher bereits hervorhob, dass in den Zellleib einwandernde 
und vacuolär aufquellende Leukocyten einen Theil jener Figuren 
erzeugen können, so hat auch Claessen 3 ) wieder betont, dass die 
intravacuolären Körper die Kerne eingedrungener Wanderzellen 
sein können. . 

Ferner kommen Veränderungen an den Kernen der Epithelien 
selbst in Betracht. In meinem citirten Artikel habe ich angeführt, 
dass Quellungen des Kerns, in welchem Theile des Chromatins als 
körnige Masse oder homogene Körper Zurückbleiben, in Betracht 
kommen. Torök 4 ) hat diese Genese ebenfalls betont. Ferner wies 
ich darauf hin, dass auch homogene Umwandlungen und Verklei¬ 
nerungen der ganzen Kerne bei gleichzeitiger Vaeuolenbildung um 
dieselben zu Täuschungen führen können. Auch Hansemann ) 
hatte schon auf die Verklumpungen des Chromatins als eine Quelle 
von Irrthümern aufmerksam gemacht. Das Zustandekommen der 
abnormen Figuren hat ferner Vitalis Müller 6 ) in besondere Be¬ 
ziehung zur indirekten Frag men tirung gebracht, indem kleinere 
oder grössere von den Hauptkernen abgesprengte Theilstücke im 
Protoplasma liegend und von Vacuolen umgeben jene Gebilde er¬ 
zeugen können. Auch unregelmässig sich entwickelnde und ver¬ 
sprengte Mitosen können, wie ich anführte, Verwechselungen ver¬ 
anlassen. Darauf verweist auch neuerdings wieder Hansemann 
für gleich noch zu besprechende Dinge. 

Bisher war nur ausschliesslich von einzelnen oder wenigstens 
einzeln für sich im Protoplasma gelegenen Einschlüssen die Rede. 
Besonderes Interesse haben aber stets multiple Dinge erregt. Es 
giebt nur wenige der genannten und noch zu nennenden Arbeiten, 
in denen sie nicht erwähnt werden. Man findet zwei und mehrere 


l ) Archives italiennes de Biologie Bd. 20. 

а ) Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 1. 

3 ) Zieglers Beiträge Bd. XIV, p. 1. 

*) Monatshefte für prakt. Dermatologie 1893, No. 5. 

5 ) Virchow’s Archiv Bd. 123, p. 369. 

б ) ib. Bd. 130, p. 512. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T. 


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12. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


341 


oder viele, nach Kürsteiner 1 ) zuweilen mehrere Hundert solcher 
Gebilde dicht zusammengedrängt liegen. Es handelt sich hier aus¬ 
schliesslich um vacuoläre Bildungen mit vorwiegend rundlichen, 
aber auch anders geformten, meist central gelegenen Körpern. Jede 
dieser Vacuolen stimmt mit den oben erörterten einzelnen Hohl¬ 
räumen, abgesehen von den Grössenunterschieden, überein. Diese 
letzteren müssen aber natürlich ausserordentlich beträchtlich sein, 
und um so bedeutender, je zahlreicher die Dinge sind. Denn wenn 
in einer, auch erheblich vergrösserten Epithelzelle „mehrere Hundert 
Vacuolen vorhanden sein Zöllen, so müssen sie nur einen geringen 
Durchmesser besitzen. Sie drücken sich meist gegenseitig platt und 
liegen gelegentlich, wenn auch selten, ganz regelmässig rosetten¬ 
förmig angeordnet. Es ist nicht zu leugnen, dass solche Vacuolen- 
gruppen ganz eigenartige Bilder darbieten und zur Annahme der 
parasitären Natur verleiten konnten. Da lag denn natürlich nichts 
näher, als anzunehmen, dass es sich um Theilungsvorgänge handelte, 
die im allgemeinen nach Ruffer und Flimmer, Sawtschenko 
und anderen Autoren so vor sich gehen, dass die intravacuolären 
Körper sich theilen und dass jeder Theil eine eigene Kapsel be¬ 
kommt. Auf diese Weise sollen die grossen Gruppen entstehen, die 
man als Sporoeysten bezeichnet, w r obei man also die intravacuolären 
Körper als eine Art Sporen auffasst. Von manchen z. B. von 
Nepveu 2 ) werden sie geradezu so genannt. Finden sich dann 
leere Vacuolen, so sollen sie von den Parasiten verlassen sein. 

Gegen die parasitäre Natur dieser multiplen Dinge spricht zu¬ 
nächst der Umstand, dass jede einzelne Vacuole mit den zuerst 
besprochenen solitären Körpern, abgesehen von der Grösse, überein¬ 
stimmt. Muss man daher jene als Degenerationsproducte auflassen, 
so ist das gleiche auch hier der Fall. Sodann muss die erwähnte 
ausserordentlich verschiedene Grösse stutzig machen. Bei typischen 
Gebilden, wie es Parasiten sind, wäre es nicht denkbar, dass so 
enorme Differenzen Vorkommen, und zwar innerhalb derselben 
Vacuolengruppen. Das gilt auch für den Inhalt der Vacuolen, der 
oft nur punktförmig angedeutet ist, oft ganz fehlt, der aber auch 
nach seiner sonstigen Beschaffenheit gegen die parasitäre Auffassung 
spricht. Sein unregelmässiges und innerhalb der einzelnen Alveolen 
meist ungleichmässiges Aussehen wäre bei der Annahme seiner 
parasitären Natur nicht verständlich. 

Andererseits werden aber die Dinge oft so typisch dargestellt, 
dass man versucht sein könnte, zu glauben, sie müssten alle durch 
einen und denselben Vorgang entstanden sein. Indessen werden 
die weniger klaren Bilder, die man eben auch antrifft, nicht immer 
wiedergegeben, weil man sie nicht für charakteristisch hält. Zieht man 
alle die verschiedenen Befunde in Betracht, so ergeben sich mehrere 
Möglichkeiten, um auch die vielfachen Bildungen aus degenerativen 
Processen abzuleiten. Einmal handelt es sich darum, dass die oben 
besprochenen einzelnen Degenerationsvorgänge zu vielen in einer 
Zelle oder in einer Alveole Vorkommen. Ferner giebt es multiple 
vacuoläre Protoplasmaquellungen, auf die auch Boyce und Giles 3 ) 
hinwiesen. Auch habe ich gesehen, dass der homogene Inhalt einer 
\acuole in zahlreiche hyaline Tropfen zerfällt. Kürsteiner machte 
darauf aufmerksam, dass sich das Protoplasma grobkörnig um¬ 
wandeln kann und dass sich um jedes Korn ein heller Hof, eine 
\ acuole bildet. Weiterhin aber kann es sich um Kernentartung 
handeln, und zwar entweder um einen Zerfall eines Kernes in viele 
Theile, von denen jeder eine vacuoläre Umhüllung erhält, wie das 
Torök andeutete, wie ich es in Figur 6 h meiner früheren Mit¬ 
theilung gezeichnet und seitdem wieder vielfach gesehen habe, oder 
um einen Zerfall einer Mitose mit ähnlichen Folgen. Auch multiple 
Aufquellung der Kerne kann in Frage kommen, insbesondere, wie 
ich mich überzeugt habe, an den Riesenkernen von Riesenzellen. 

Ueber scheinbar ganz besondere Dinge haben Podwyssozki 
und Sawtschenko 4 ) berichtet. Sie beschrieben direkt, d. h. ohne 
Vacuole im Protoplasma liegende Körper, die meist kleiner, oft 
Mel kleiner als die Zellkerne, sich durch die in ihrem Innern ent¬ 
haltenen kolbenförmigen, vor allem aber sichelförmigen Gebilde 
auszeichneten. Sie hielten die Körper für Sporozoen und die 
Eicheln für Embryonen derselben, welche, frei werdend, im Proto- 
P asma sich wieder zu Sporozoen entwickeln könnten. In erster 
lnie charakteristisch sollten aber als „reife Individuen“ bezeichnet«, 
mi bicheln gefüllte, die Grösse einer Epithelzelle erreichende Dinge 
~ on sichelförmigen Körpern hat ferner, wie bereits erwähnt, 
auch bawtschenko (1. c.) gesprochen. Er fand sie in intra- 
acuolären protoplasmatischen Körpern. 

mat* 16 u un( * verwan dten Dinge färben sich wie das Chro- 
h - , an wir d sie daher aus einer Kernveränderung abzuleiten 

en ’ falls man ihre Bedeutung als Parasiten in Frage stellt. 


2 yirchow’s Archiv Bd. 130. 

) Archives de medecine expörim. 1894, No. 1. 

p^ sa . C L. l0n8 pathological society 1893. 

) Centralbl. für Bacteriol. Bd XI. 


Dazu ist man aber doch genöthigt, wenn man sieht, dass es sich 
hier durchaus nicht um typische Dinge handelt, dass vielmehr 
streng genommen kein einziges mit dem anderen übereinstimmt, 
dass die „Sporozoen“ stets verschiedene Grösse haben, dass die 
einen runde Körper von wechselndem Umfange und in’ungleicher 
Zahl, die anderen unregelmässige, wieder andere sichelförmige 
Gebilde enthalten, die sich ebenfalls in Form, Grösse und Zahl 
nicht decken. So haben sich denn auch viele Beobachter gegen 
diese „Parasiten“ ausgesprochen. Stroebe 1 ) freilich drückte sich 
vorsichtig aus, indem er die Möglichkeit offen liess, dass Sporozoen 
vorliegen könnten. Andererseits aber weist er darauf hin, dass 
Kernveränderungen und Kernwauddegenerationen nach Arnold die 
Bilder ebenfalls zu erklären geeignet seien. In gleicher Weise 
versuchten Ruffer und Walker, Torök, Foä die Deutung. 
Letzterer betonte, dass ganz ähnliche Veränderungen von Kernen 
auch in normalen Geweben Vorkommen, und bildete zum Beweis 
Kerne aus embryonalen Theilen ab. Auch Steinhaus konnte 
solche sichelförmigen Einschlüsse auffinden und vermuthete, dass 
sie aus Kerndegeneration und aus Modificationen eingewanderter 
Leukocyten entständen. Stroebe fand ferner in Krebsalveolen 
runde, scharf durch das Epithel begrenzte Räume, die durch Zellen 
mit zerfallenen Kernen ausgefüllt waren. Er meinte, dass diese 
Dinge identisch seien mit den von Podwyssozki und Saw¬ 
tschenko beschriebenen Sporozoencyten. Mit letzteren stimmt 
auch eine Abbildung von Cornil 2 ) überein, der die Sicheln etc. 
aus Kernzerfall ableitete. Ich schliesse mich dem durchaus an. 
Die Haufen sichelförmiger und sonstwie gestalteter Körper sind 
| meist nichts anderes als die modificirten Keime in Gruppen an¬ 
geordneter Leukocyten. Auch Claessen liess die fraglichen Ge¬ 
bilde von Kernen abstammen und wies darauf hin, dass diese 
in kleine Stücke zerfallen, nach Auflösung der Zelle von anderen 
Epithelien aufgenommen werden und in ihnen dann jene Körper 
erzeugen könnten. Er betonte ferner, dass man auch in gallertig 
zerfallenden Careinomen ähnliche Gebilde antreffe und dass er hier 
auch Dinge gefunden habe, die den von Podwyssozki und Saw¬ 
tschenko beschriebenen entsprächen. Endlich muss noch betont 
w'erden, dass aus dem Zerfall von Mitosen analoge Bilder hervor¬ 
gehen können. Insbesondere hat Hansemann hervorgehoben, dass 
die sichelförmigen Körper sehr wohl versprengten Chromosomen 
entsprechen könnten. 

Eine ganz andere Erklärung haben dann noch Eberth und 
Müller gegeben. Sie zeigten, dass die von Nuss bäum als Neben¬ 
kerne beschriebenen, von Steinhaus als Parasiten angesproche¬ 
nen Gebilde in den Pankreaszellen verschiedener Thiere keine Para¬ 
siten sind, sondern in einer Abhängigkeit von der Drüsenthätig- 
keit stehen, also sogenannten Secretkörpern analog sind. Sie 
meinen, dass ähnliche Dinge auch anderweitig vorkämen und dass 
sie innerhalb der Carcinome zu Verwechselungen geführt haben 
können. 

Wir haben nun aber noch zu erwähnen, dass man sich mit 
der einfachen Schilderung der gefundenen Dinge nicht begnügt hat. 
Man findet immer wieder Beschreibungen von Vorgängen, von einer 
Wanderung der Parasiten aus den Zellen heraus und in die Zellen 
hinein, man redet davon, dass ein Leukoeyt, der in einer Vacuole 
liegt, den früher dort vorhandenen Parasiten aufgefressen habe etc. 
Man suchte ferner die einzelnen gefundenen Formen in eine Ent¬ 
wickelungsreihe zusammenzustellen. Dabei ging man von einer 
Vermehrung der Parasiten aus und dachte sie sich nach Analogie 
der bei sonstigen Protozoen vorkommenden Erscheinungen, indem 
man, wie wir sahen, vor allem die intravacuolären Dingo für Spo¬ 
ren oder verwandte Gebilde erklärte. Es ist aber selbstverständ¬ 
lich, dass- bei dem Fehlen jeder Beobachtung des vorausgesetzten 
Lebensvorganges die Zusammenstellung lediglich nach Willkür vor¬ 
genommen werden konnte. Es ist auch begreiflich, dass die ein¬ 
zelnen Beobachter in der Deutung ihrer Befunde nicht immer über¬ 
einstimmten. Im grossen und ganzen lässt sich also nur sagen, 
dass man die doppelten und mehrfachen Formen als Ausdruck einer 
Theilung und die kleinen rundlichen und sichelförmigen Körper als 
Sporen betrachtete. Im übrigen aber ergaben sich viele Variatio¬ 
nen, die nicht wohl alle hier angeführt werden können. Es seien 
nur, einige besonders prägnante Beispiele herausgegriffon. Saw¬ 
tschenko hat in den Epithelien intravacuoläre froschlarvenähnliche 
! Körper gefunden, deren verschiedene Gestalt er als den Ausdruck 
| ihres Lebens betrachtete. Sie kapseln sich zu rundlichen Räumen 
i ab und in ihrer nächsten Umgebung treten dann im Protoplasma 
i kleine runde, vacuolenähnliche Dinge auf, die im Innern ein punkt- 
I förmiges Körperchen enthalten. Das sind die Eierchen der P roseh- 
I larven. Sie vergrössern sich bei Zerfall der letzteren und liegen 
dann allein ira Protoplasma. Die so entstehenden Bilder gehören 


l ) Ziegler’s Beiträge Bd. XI, p. 1. 
*) Archives de physiol. 1886. 


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342 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


in die Kategorie der oben besprochenen multiplen \acuolen. Die 
Körperchen in den einzelnen Räumen können sich nun zu „r roseh- 
larven“ entwickeln, oder sie gehen zugrunde oder wandern aus und 
gelangen in andere Epithelien, leere Vacuolen zurücklassend. Viel¬ 
leicht gehen aus den Froschlarven auch jene grösseren oben be¬ 
sprochenen protoplasmatischen Dinge hervor, w r elche die sichel¬ 
förmigen Embryonen enthalten, die ihrerseits ebenfalls m andere 
Zellen eindringen können. Damit hätten wir also einen ziemlich 
vollständigen Lebenslauf der angenommenen Parasiten. 

Viel complicirter aber gestaltet sich der Zusammenhang bei 
Korotneff, von dessen Befunden man vielleicht insofern mehr 
hätte erwarten können, als er Zoologe ist. Aber gerade in dieser 
Eigenschaft hat ihm offenbar eine genügende Kenntmss der in 
Carcinomen sich findenden Degenerationsprocesse und der sonstigen 
cellulären Vorgänge gefehlt. Das kommt wohl zum Theil auch bei 
Metschnikoff in Betracht, der die ihm von Soudakewitsch ) 
vorgelegten Gebilde für Parasiten erklärte. Korotneff, dessen 
Figuren, wie erwähnt, schon deshalb nicht geeignet sind, seine 
Darstellung zu stützen, weil sie durchweg schematisirt sind, nennt 
den Parasiten „Rhopalocephalus“ und findet ihn in zwei Entwick¬ 
lungsstufen vertreten, als Amöbe und Coccidie. Erstere hat die 
Eigenschaft der Amöben überhaupt, ist also selbstständig beweg¬ 
lich, während die Coccidie passiv im Körper umhergetrieben wird. 
In beiden Formen können sich Larven bilden, und zwar sogenannte 
Zooiten, die hüllenlose ovale Körper darstellen, und Sporozooiten, 
die eine eigene Hülle besitzen. In einer Coccidie bildet sich meist 
nur eine Larve, in einer Amöbe mehrere. Die Larven wandern 
aus, dringen in die Krebszellen ein und entwickeln sich hier wie¬ 
derum, der Zooit zur Coccidie, der Sporozooit zur Amöbe. Aus 
der Coccidie entsteht nun zuweilen der nicht weiter vermehrungs¬ 
fähige „Rhopalocephalus u , der sich als keulenförmiger homogener 
verhältnissmässig grosser Körper zwischen den Epithelzellen findet. 
Er ist aber zweifellos nichts anderes als eine homogen degenerirte 
Epithelzelle. Es ist nicht schwer, solche Dinge in Carcinomen, vor 
allen denen der Haut, im Inneren der Alveolen aufzufinden. Sie liegen 
hier oft gruppenweise, heben sich durch leuchtende Färbung ab, 
bieten aber alle Uebergänge zu unveränderten Epithelzellen. 
Noeggerath-') hat bereits dieselben Körper abgebildet und aus 
einer Degeneration abgeleitet, ebenso hat Unna*) alle verschie¬ 
denen Stadien des hyalinen UmwandlungsVorganges in einer Reihe 
von Figuren zur Darstellung gebracht. Die anderen Formen, Cocci- 
dien, Amöben, Larven, sind in Wirklichkeit modificirte oder völlig 
degenerirte Epithelien und Kerne oder Leukocyten. 

Weniger vielgestaltig, aber ebensowenig begründet sind die 
Anschauungen, die L. Pfeiffer vorgetragen hat. In einem um¬ 
fangreichen Werke mit grossem, aus Mikrophotographien zusammen¬ 
gesetzten Atlas hat er die bisher bekannten Zellerkrankungen durch 
Sporozoen besprochen und darin auch den Krebs abgehandelt. Die 
Photographieen theilen aber das Schicksal fast aller derartigen Ab¬ 
bildungen, d. h. sie sind so unklar, dass man an ihnen nichts er¬ 
kennen kann. Aus dem Text erfahren wir, dass der in die primär 
erkrankten Epithelien eingedrungene Parasit Jugendformen bilden 
soll, die dann in das umgebende Gewebe gelangen und die Erkran¬ 
kung weiter verbreiten. Sie bilden allein die Metastasen, wie 
Pfeiffer insbesondere für die Muskelcarcinose nachzuweisen sucht, 
in welcher überhaupt keine Epithelien mehr Vorkommen, sondern 
nur noch die Parasiten, die jenen freilich zum Verwechseln ähn¬ 
lich sind. 

Zu ähnlichen Anschauungen war auch Adamkiewicz 4 ) ge¬ 
kommen, indem er aus einer von ihm, wie er glaubte, nachgewie¬ 
senen Giftbildung in Carcinomen auf die parasitäre Natur der 
Krebszellen schloss. Da er dies aber histologisch nicht weiter zu 
begründen suchte, so brauchen wir auf die Arbeit um so weniger 
einzugehen, als die experimentell gewonnene Vorstellung, dass das 
Carcinomgewebe giftig wirke, durch Geissler 5 ) und Kopfstein 6 ) 
als irrthümlich nachgewiesen wurde. Die Resultate von Adam¬ 
kiewicz beruhten darauf, dass er unreine Gewebsstückchen übertrug 
und so Sepsis erzeugte. Die in der Umgebung der implantirten 
Massen auftretenden Zellen, die er für auswandernde Krebsparasiten 
hielt, waren Leukocyten. Uebrigens würde auch eine wirklich 
oonstatirte Giftwirkung ja nichts für die parasitäre Natur der 
Krebsepithelien bewiesen haben. 

Die zuletzt genannten Arbeiten zeigen nun deutlich, wie weit 
die Bemühungen, Parasiten zu finden, bereits auf Abwege geführt 

') Annales de l’institut Pasteur 1892. 

*) Beiträge zur Structur und Entwicklung des Carcinoms. Wiesbaden. 
J. F. Bergmann. 

*) Dermatologische Zeitschrift Bd. I, p. 28. 

*) Untersuchungen über den Krebs. Wien 1893. 

b ) Arbeiten aus der chirurgischen Klinik zu Berlin 1893. 

Aus dem pathologischen Institut der ezechischen Universität zu 
Prag 1893. 


haben. Freilich könnte man in den Anschauungen von Pfeiffer 
und Adamkiewicz nur die consequente Ausgestaltung der para¬ 
sitären Theorie erblicken, insofern nämlich, als sie am einfachsten 
die Schwierigkeiten beseitigen, welche sich aus der ätiologischen 
Beziehung der Parasiten zur krebsigen Gewebswucherung ergeben 
würden. Die Einen halten nämlich die angenommenen Organis¬ 
men nur für secundäre Ansiedler im Epithel, jedoch ist Korotneff 
der Meinung, dass sie erst den an sich gutartigen Krebs zur bös¬ 
artigen Neubildung machen. Die anderen, und wohl die meisten, 
denken sich die Carcinomentwickelung durch die Parasiten bedingt, 
wobei sie dann allerdings angesichts der verschiedenartigen Be¬ 
funde genöthigt sind, für die einzelnen Arten der Carcinome diffe¬ 
rente Erreger anzunehmen. Wie die Protozoen freilich die Epi¬ 
thelwucherung erzeugen sollen, da wir ähnliches als Parasiten¬ 
wirkung nicht kennen und da wir gerade im Gegentheil bei den 
Coccidienwucherungen der Kaninchenleber keinen Krebs entstehen 
sehen, wie sich ferner die Metastasen erklären lassen, die ja von 
allen anderen infectiösen Metastasen dadurch abweichen, dass sie 
nicht aus dem Organgewebe, sondern durch Wucherung ver¬ 
schleppter Epithelien entstehen, darüber hat man sich nicht klar 
werden können, darüber hat man meist auch garnicht weiter nach¬ 
gedacht. Und insofern wäre es dann möglich, von einem con- 
sequenten Ausbau der parasitären Theorie zu reden, wenn man 
die Krebsepithelien selbst als Parasiten betrachtet. Aber die 
Arbeiten von Pfeiffer und Adamkiewicz sind nicht geeignet, 
unsere bisher geltenden Anschauungen irgendwie zu erschüttern. 

Wir kommen also im ganzen zu dem Schluss, dass die Vor¬ 
stellungen über die parasitäre Genese des Carcinoms durch die an¬ 
geführten Beobachtungen nicht gestützt werden. Man sollte doch, 
ehe man in einer so wichtigen Frage mit Bestimmtheit, wie es ja 
von vielen Seiten geschieht, von Parasiten redet, feste Grundlagen 
zu gewinnen suchen, aber man hat sich mit dem unsicheren Kri¬ 
terium der äusseren Formähnlichkeit und den durchaus nicht 
maassgebenden Färbungsverhältnissen zufrieden gegeben. Und wie 
wenig charakteristisch ist das morphologische Verhalten! Und 
doch sieht man kein Bedenken darin, die grössten und die kleinsten 
einander ähnlichen Dinge, regelmässig und unregelmässig gestaltete, 
homogene, körnige, trübe, glänzende, zackige und sonstwie aus¬ 
sehende Körper, runde, längliche und sichelförmige Gebilde unter 
einander für gleichwerthig zu halten. Aber kein Beobachter stimmt 
mit dem anderen überein. Sollte das alles wirklich möglich sein, 
wenn es sich um Parasiten handelte? Für die parasitäre Theorie 
war aber nicht wenig auch die durch U eberlegUng gewonnene An¬ 
schauung maassgebend, dass das Carcinom doch wohl durch Para¬ 
siten hervorgerufen sein müsste, und so suchte man immer wieder 
von neuem und glaubte schliesslich auch zu finden, was man 
suchte. Aber wir haben gesehen, dass den beschriebenen 
Dingen alles Typische fehlt und dass sie sehr wohl aus 
Zell- und Kerndegenerationen erklärt werden können. 
Im übrigen folgt daraus nun noch nicht, dass bei der Entstehung 
des Krebses Parasiten überhaupt keine Rolle spielten. Es wäre 
das immer noch in der einen oder änderen Form denkbar, und ich 
habe eine solche Möglichkeit in meinen Beiträgen zur Histogenese 
des Carcinoms 1 ) angedeutet. 

Es sei aber schliesslich noch erwähnt, dass sich viele der be¬ 
sprochenen Gebilde auch in zweifellos nicht carcinomatösen Epithel¬ 
wucherungen finden. In der stellenweise erheblich verdickten Epi¬ 
dermis über einer efephantiastischen Neubildung der Haut habe 
ich die oben erwähnten homogenen Degenerationen ganzer Zellen 
in verschiedenen Formen, u. a. auch in der des wohl ausgebildeten 
„Rhopalocephalus“ gefunden. Auch intravaeuolär kamen die hya¬ 
linen Dinge vor. lieber analoge Befunde in der Epidermis aut 
einem Fibrom hat schon Firket 2 ) berichtet. 

Wollte man nun aber sagen, dass die offenbaren Irrthümer 
in der Deutung der erörterten Befunde sich nicht lange mehr 
halten können und dass es daher zwecklos sei, sie ausführlich zu¬ 
rückzuweisen, so darf man doch wohl die grosse Zahl der über 
diesen Gegenstand zu Gunsten der parasitären Theorie -erschienenen 
Arbeiten hervorheben, denen gegenüber die Gegner nur wenig und 
nicht energisch genug zu Wort gekommen sind, so dass es scheinen 
könnte, als seien in iler That die Krebsparasiten in weiten Kremen 
anerkannt. Das ist indess gewiss nicht der Fäll, aber -es ist be¬ 
greiflich, dass keine grosse Neigung besteht, immer wieder aut 
begangene Irrthümer hinzuweisen. Trotzdem haben wir oben be¬ 
reits eine Reihe von Autoren als Oegner der Parasiten kennen ge¬ 
lernt, denen sich weitere Namen, wie Karg 3 ), -Schütz 4 ), Firket), 


‘) Virchow’s Archiv Bd. 135, H. 3. 

*) X. internationaler Congress, Sefction fflr patholog. Anat. 

3 ) Deutsche Zeitschr. für Chir. Bd. 34. 

4 ) Mikroskopische Carcinombefunde 1890. 

ö ) L’origine du cancer. Annales de la soci&e beige 1891. 


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Original fro-rri 

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12. A pril. 


0. Israel«) himufügen lassen. Zuletzt hat sich ausführlich 
Hansemann 2 ) gegen die Parasiten gewendet, und im Anschluß 
daran haben sich in Kürze Ziegler») und Langerhaus») in 
gleichem Sinne ausgesprochen. ' 

Anhang. Nach Fertigstellung des obigen Aufsatzes sind noch 
zwei Arbeiten erschienen, die eine von Jackson Clarke 4 ) der 
sich für die parasitäre Anschauung, die andere von Keser 5 ) der 
sich gegen sie aussprach. Der erstere bringt im Text zahlreiche 
Figuren, ohne aber in ihnen ausser unwesentlichen Variationen der 
so oft beschriebenen Bilder etwas neues zu bieten. Es wäre daher 
überflüssig, nochmals genauer darauf einzugehen. Die fraglichen 
Parasiten sollen Sporozoen und die Ursache des Carcinoms sein 
Erwähnung verdient nur noch, dass Verfasser ähnliche Einschlüsse 
auch in Sarkomen fand, nachdem vor ihm bereits Steinhaus 6 ) in 
den Kernen dieser Geschwülste Einschlüsse beschrieben hatte deren 
Bedeutung er indess nicht festzustellen vermochte, undPawlowsky 7 ) 
ein Protoplasma der Sarkomzellengebilde gesehen hatte die er als 
Protozoen ansprach. Im Gegensatz zu Clarke hält nun Keser 
die fraglichen Coccidien für Degenerationsproducte epithelialer 
Zellen. Er stützt sich darauf, dass er weder Sporen, noch Sporen¬ 
cysten, noch sonstige parasitenähnliche Dinge fand, dass er alle 
Uebergänge von normalen zu degenerirten Zellen nachweisen konnte 
und dass er die gleichen Gebilde auch in normalen Geweben und 
zwar in der Präputialfalte des Embryo antraf. 5 


DEUTSCHE MEDICINTSCHE WOCHENSCHRIFT. 


343 

“•so^moitf iertfd b e 1 'r r n^t r ei? 8 * U'T" ^ benutzen 
beiden Körper nicht dem zuletzt angewandten Trionit der 

Einfluss beizuni essen, sondern musste 7 i, n .vi „ ! den , deIetär en 

nacheinander die gleichen verderblichen ? ass beide 

Section wurde nicht gestattet, kungen geaussert haben. Die 

Eine genauere Beschreibung des Falles befindpt «inh • • 


VI. Zur DipMherieheüungsfrage. 

Von Behring. 

In einem seitens der chemischen Fabrik auf Actien (vormals 
E Schenng) versendeten Prospect, betreffend eine in den Handel 

n!w Ch ^w D k Pht o eri f e_Antltoxi “ lösung Schering“ werden 
ter mehrfacher Berufung auf meinen Namen irreführende An- 
gaben gemacht, die geeignet sind, meine Entdeckung eines specifischen 
Inphtlienekeilmittels zu discreditiren. 

Ich habe zu dem Prospect folgende Bemerkungen zu machen: 
von Lfk A ?S e ’ dass . das Schering’sche Präparat nach der 
Nnlfoio ,? br . llch . u nd mir eingeführten Berechnung ein 20faches 
a rmalantitoxin sei, ist unwahr. Nach einer von Prof. Ehrlich 
S ?, em , käuflichen Präparat vorgenommenen Prüfung bleibt der 
zurück deSSelben um om mehrfaches hinter der Angabe der Fabrik 

c 2 ' 2 er , in «lem Prospect enthaltene Satz: „Diese Losung 

sie naeh'RMf™ ^ gIeIC *J dem 20fachen Normalserum), dass 

fökedesl , ”n n /n aUCh fflr HeiIz l'-ecke ausreicht, ist in- 
toigedessen gleichfalls unwahr. 

sehen I f'ähritT t ü ara f ’ daSS bei deD1 Vor S ehen der Sehering- 
o“ r ‘ k d« 6 Berufung auf meinen Namen eine illegitime ist. 

gehandtfL P ^ dl ' ,:h ” eh “ e an ’ dass dip Fabrikbona Öde 

cinischen Rerptt" 1 B r> r dl ! rcb den ln dem Prospect genannten medi- 

unberechtigten Angaben gekommen ist. 0b<m charakterisirten 


Bemerkungen zu dem Aufsatz von 
• Schnitze (Bonn): Hämatoporphyrin im 
Harn nach Trional. 8 ) 

* .. Von Dr. Herfing, 

istenzarzt der Provinzialirrenanstalt Rittergut Altscherbitz. 

dass ich Geleffpnhpft^ - Art ? el £ estatte ich mir die Mittheilung, 
Machten Kr h^^f Januar 1893 einen ähnlichen Fall zu 

von 63 g Tetronal inn uM ^jährige Franke, bei der nach Verwendung 
»aittelbsJen Anschln^ J b emes ? eitraames ™>n 60 Tagen und im un- 
Tagen innerhalb VOn 0 g Sulfonal + 22 g Trional an 24 

Färbung des Urins ^ eit £?: umes V011 51 Tagen eine abnorm dunkle 
die Herr GeheimrntW^-' ? 16 spectroskopische Untersuchung des Harns, 
batte, ergab das ^ vorzunehmen die Liebenswürdigkeit 

®®hr ähnlichen KnrT» 0 7 n ^A nSei11 v< ? n Hämatoporphyrin oder einem diesem 
übereinstimmend mit • sonstl / en klinischen Erscheinungen wäre als 
Appetits und der woe? 6111 ! 611 des ob *£ en Falles die Herabsetzung des 
Theben. Meine aaaafhaltsame Verfall der Kräfte heivor- 

abnornien Hamfärbim^ 6 £ 6 ra S° nach dem ersten Auftreten der 
Trional. Die Gesummt UDd nacb der letzten Verordnung von 

stimmt fast wm? T nge de J von mir verwendeten Trional (22 g) 

| p - g UZ mit der von Schnitze benutzten Menge (24—25 g) 

Jj Festschrift für Virchow 189L 

elc'Ä'-Ä' as . 

;j vSÄ Areh? a “°i^ c p e 4M tomie 1893 - p - 593 - 

1 7 d,esw Wochenschrift. 9 ' 


VIII. Feuilleton. 

Bund nm den medicinischen Congress. 

(Von unserem Coirespondenten.) 

r. n Rom, 1. April. 

C ° n . 8Tess , gestaltet sich immer tragikomischer, und wer 

De le trirtor^mW^'p ei “ 6 Verp f' oll J tun "’ sei 68 als Vortragender oder 
uelegirter oder Pressmensch, durchaus gehalten k 

semen Weg zur Porta Pia hinaus, durch dfe berThmtfßrel^ zu 
nehmen, durch die am 20. September 1870 die Armee Victor 
Emanuels m die päpstliche Stadt einmarscliirte, der lässt es 
ganz gewiss bleiben. Wir werden noch in einem Schlussbericht 
unsere kritische Abrechnung mit den Veranstaltern dieses wunder- 
chsten aller internationalen Congresse, denen wir je beigewohnt 

denn ’hlntfb 11 ? 115 wo, i? n wir es machen alle anderen, 

denn heute ist vollständiger Schontag für die Congressisten 
wenigstens in Bezug auf das CongressHche: alles isfüS^SS«^ 

wnhi ^ m u? ebunff V nach TivoJ G nac h Frascati, nach Albano und 
wohin nicht sonst, natürlich mit dem unvermeidlichen Cook, an 

nf^ errIlche Comit6 die Veranstaltung aller Ausflüge ver¬ 
nehmen hab ’ a " statfc . selbst die Sache collegiaiisch in die Hand zu 
kl h au , (h 1 hiervon s P äter - Ihr Berichterstatter ist in 

T?W geblieb fr K nd hat . Slch hl6r wieder einmal » schon vor 
e “’,® tllch umgeselien nach den Fortschritten, die in neuester 
Zeit mit Bezug auf die Wohnlichkeit, die Gesundheit, auf alles das 
was ein moderner Civilisationsmensch nun einmal zu seinem Wohl¬ 
behagen verlangt, in Rom geleistet worden. Davon giebt auch die 
CwLJt«' 3 p z ® lchn ®? 10 Ausstellung, das einzige, was auf diesem 
Oongress Lob verdient, keinen Begriff, so viel auch die Stadtver- 
waltung Roms an Zeichnungen und Abhandlungen dazu beigesteuert 
.4. lerdl ”? s ^ re ® s zur Schöpfung eines richtigen Urtheils 
vielleicht nöthig, das alte, das ganz alte Rom gekannt zu haben, 
jenes Rom, für das Herr Hermann Grimm sich vor einigen 
Jahren so entrüstet ins Zeug gelegt hat. Indessen, auch wer, ^ie 
der bchreiber dieser Zeilen. Rom erst seit zwölf Jahren durch 
wiederholten Besuch kennt, und vielleicht gerade ein solcher wird 
ein Urtheil aussprechen dürfen über die geradezu wunderbaren 
b orfschritte, die sich von Jahr zu Jahr in diesem alten Schmutz¬ 
pfuhl vollzogen haben. Was hätte unter diesem Gesichtspunkte 
einem internationalen medicinischen Congress in Rom in seiner 
hygienischen Abtheilung nicht alles an Wissenswerthem vorgeführt 
werden können, wenn nur ein Funke von Verständniss für seine 
Aufgabe m dem Comitö geglimmt hätte! Vergebens habe ich mich 
z. B. auf der Ausstellung der Stadt Rom umgesehen und erkundigt 
nach einer Statistik der Mortalität etwa in den letzten 25 Jahren 
Und das Comitö hatte auch unterlassen, für einen Vortrag über 
diesen, doch gerade in Rom so sehr angebrachten Gegenstand zu 
sorgen. 

Angeblich stehen sich in der neueren Entwickelung Roms aus 
der Papststadt zur modernen Hauptstadt eines Grosstaates zwei 
Bedürfnisse feindselig gegenüber: das ästhetische und das Wohl- 
fahrtsbedrtrfniss. Die Vertreter der Aesthetik, das heisst nur 
einige, oder vielmehr die Vertreter einer gewissen gefühlsdusligen 
Gemtithlichkeits- und Schönheitsauffassung schwärmen für die Patina 
des Drecks, für die lieben alten stinkenden schmutzigen Winkel, 
für die verfallenden Häuser, für die duftenden Nachtstühle in den 
Zimmern oder Corridoren, für die sumpfigen, pestbrüfcenden Tiber¬ 
ufer und was dazu gehört. Von diesem Standpunkt aus erscheint 
ihnen die ganze moderne Entwickelung Roms ein Greuel, eine 
schnöde Versündigung gegen die Schönheit, gegen alles das, was 
Rom den Fremden lieb und hold machto. Den „Fremden“, das 
ist es! Es ist aber doch eigentlich grotesk, von einer Hauptstadt 
wie Rom, von einer Stadt mit 400000 Einwohnern zu verlangen, 
dass sie sich in Bezug auf ihre Behaglichkeit und Gesundheit 
richten soll nach den, übrigens meist auch nur nach geschwätzten, 
Forderungen der Schönheitssimpler oder gar der „Familie Buchholz“. 
Der Fremde ist dem Römer im besten Fall ein angenehmer Gast, 
eigentlich doch nur ein Ausbeutungsobject, und es ist eine Ver¬ 
letzung des Gastrechts auf Seiten des Fremden, wenn er seine 
Forderungen als die einzigen geltend machen will, auch da, wo 
Leben und Gesundheit der überwältigenden Mehrheit der dauern¬ 
den Bewohner einer Stadt in Frage kommen. 


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n^TTTROHE?MEDICINISCHE W OCHENSCHRIF T. 


No. 15 


344_____ 

Aber es ist auch gar nicht wahr, was Hermann ürimm 
nnrl Qpinp Nachbeter von der Verwüstung des schonen alten Roms 
in die Welt hinausgeschrieen haben. Ro “ is \ ^el" 

Veränderungen noch immer eine der schönsten sudt ® v ’ 

wenn nicht “die schönste Stadt geblieben. Jene ungelVei- 
änderumren haben den eigentlichen Kern dei Stadt, haben aas, 
was dem Fremden besonders am Herzen liegt, nur an sehr wenigen 
Stellen betroffen. Hörte man Herrn Grimm, so meinte man, die 

Vandalen der modernen römisehen Stadtverwaltung kummm en sic 

weder um die Erhaltung der Reste der antiken Bauten noch um 
die der mittelalterlichen Schönheitszeugen. Genau das ^egentheil 
St der Fall Mit einer viel zu weitgehenden, viel zu peinlichen 
Sauberkeit ist alles zierlich erhalten geblieben und ™n “Umn 
Wust und Schutt wohl gar gereinigt worden. Wie ein 
Schmuckkästchen stellt sich heute das ganz ausgegrabene römische 
Forum dem Beschauer dar. Die haushohen Erdmassen, die e& noch 
vor zehn Jahren in zwei unzusammenhängende Theile schieden und 
dadurch ein ganz falsches Bild jenes Mittelpunktes des alten 
römischen Lebens erzeugten, sind verschwunden bis auf das letzte 
Bröckchen. Aber vielleicht wird auch über diese sorgsame Hutung 
der antiken Stätten der ästhetische Simpler die Hände zu den 
zwölf Göttern erheben und die Aedilen anklagen, d e nicht den 
alten lieben Schmutz mitten in der Stadt ruhig haben liegen lassen. 

Aehnlich steht es mit den Cäsarenpalästen, die sich auf dem 
Palatin und dem Forum erheben. Auch hier hat der moderne 
Sinn sagen wir richtiger die moderne Gelehrsamkeit dafür gesorgt, 
dass die gewaltigen Reste der Cäsarenbauten jetzt bis zu den 
Grundmauern biosgelegt worden sind, ähnlich wie das schon vor längerer 
Zeit mit den Caracallathermen geschehen war. Der zauberische 
Reiz eines Spaziergangs durch die Orti Farnesiam, die zwischen 
den Cäsarenpalästen grünen und duften, hat sich dadurch gar 
nicht vermindert; im Gegentheil, es entsteht dadurch etwas wie 
ein wunderliches Spiel der Phantasie, die sich bei dem Anblicc 
der scharf und klar in die Luft ragenden Säulen und Mauern aus 
der Gegenwart flatternd verirrt ins Alterthum. Eine Traum¬ 
stimmung umfängt den Geist, die ganz gewiss ebenso poetisch und 
gemüthlich ist, wie das Gemisch von Freude und Unbehagen, das 
man sonst an diesen Stätten empfand. 

Vor allem aber ist den Aesthetikern von einer gewissen Sorte 
die Tiberregulirung, dieses grossartigste Bauwerk des modernen 
Roms, die schönste Hinterlassenschaft Garibaldi’s, ihres Haupt¬ 
förderers, ein Dorn im Auge. Auf einer Fahrt nach Sanct Peter 
kann man die alte und die neue Zeit vortrefflich mit einander ver¬ 
gleichen und die schönsten comparativ-ästhetischen Studien treiben. 
Schon erheben sich auf weiten Strecken zu beiden Seiten des Tiber 
die hochragenden Ufermauern mit ihrer Sandsteinbekleidung, die 
der Ueberschwemmung und Versumpfung wehren. Dazwischen be¬ 
stehen aber noch immer einige Glanzstücke der Freunde des male¬ 
rischen Drecks und der poetischen Unordnung: nämlich Ufer, wie 
wir sie aus schlecht verwalteten deutschen Flussstädtchen auch 
kennen, bewachsen mit spärlichem Gras, eine Abladestätte für jeden 
nennbaren und unnennbaren Unrath, allenfalls aus weiter Ferne 
gesehen und für die entsprechend gestimmte Seele eines Aesthetikers 
„malerisch“, jedem andern aber ein Greuel und Scheuei. 

Selbstverständlich ist ja gar nicht ausgeschlossen, dass, wenn 
erst die Tiberregulirung fertig ist, durch Baumpflanzungen und 
Blumenanlagen die Ufer in ganz anderer Weise, als es früher mög¬ 
lich w-ar, geschmückt werden. Auch die Bebauung der Flussufer 
wird eine andere werden müssen: wahrscheinlich wird hier etwas 
Aehnliches entstehen wie am Meeresufer in Neapel in der Villa 
Nazionale. Auch diese war ja nicht seit dem Anfänge der Zeiten 
da. Auch hier hat vorher, noch am Ende des vorigen Jahrhunderts, 
ein öder Strand sich entlang gezogen, wie wir ihn noch heute an 
gewissen Stellen unterhalb der Strasse Santa Lucia sehen. 

Und drängt sich einem nicht gerade in Rom auf Schritt und 
Tritt die Erwägung auf, die alle diese ästhetische Simpelei platt 
zu Boden schlägt: in Rom ist ja zu allen Zeiten, unter den Kai¬ 
sern, wie unter den Päpsten, in der schonungslosesten Weise mo- 
dernisirt w r orden! Was hat Nero, w'as hat Caligula, was hat 
Caracalla und wie sie alle heissen, die grossen Bauherren, die 
colossalen Verwüster und Erneuerer, was haben sie nicht alles ein¬ 
gerissen, dem Erdboden gleich gemacht, pietätlos beseitigt und 
neu hergestellt? Du lieber Gott, da jammert man über die ver¬ 
schwundene Herrlichkeit der Villa Ludovisi, und es ist schon wahr: 
schöner als das jetzige, zwar nicht üble aber doch eben „nur“ ge¬ 
sunde, wohnliche, luftige Bauviertel Ludovisi war schon die von 
Nachtigallen durchsungene Waldesherrlichkeit, die sich an die An¬ 
lagen auf dem Pincio und an die Villa Borghese anschloss. Aber 
bis in dieses Jahrhundert hinein sind noch ganz andere Umgestal¬ 
tungen in Rom vorgenommen worden, ohne dass Rom aufgehört 
hat, eine Stadt zu sein, in der es sich gut leben und auch, wenn 


das durchaus gewünscht wird, gut träumen lässt. Vergessen darf 
| man aber auch nicht, dass es mit diesen schönen „Villen“, das 
I heisst mit ihren Gartenanlagen, in Rom so eine Sache war und 
! i e ider noch ist. Wieviele gerade der schönsten Parks sind dem 
I Publikum dauernd verschlossen oder doch nur sehr spärlich geöff- 
! net! Was nützt z. B. die Villa Albani der Stadt oder den Frem¬ 
den^ da sie seit zwei Jahren vollständig unzugänglich geworden 
ist? Und mit der Villa Doria Pamfili, gewiss einer noch schöneren 
Anlage als die Villa Ludovisi, steht es kläglich genug in Bezug 
auf die dem Publikum gewährte Zeit des Besuchs. 

Dazu kommt, dass die städtische Verwaltung ihre Pflicht, 
Ersatz für das von ihr im Interesse der Gesundheit und Wohn¬ 
lichkeit Vernichtete zu schaffen, fühlt und nach Möglichkeit zu er¬ 
füllen bestrebt ist, fast über ihre finanziellen Kräfte hinaus. Wer 
den wunderherrlichen Spaziergang an den Abhängen des Mons 
Janiculus gemacht hat, einen Weg, der sich durchaus mit dem 
auf Pincio messen kann, ihn an Pracht der Fernsichten noch über¬ 
trifft, der vergesse nicht, der Stadt zu danken für die erst in 
neuester Zeit hergerichtete Passegiata Margherita, durch die der 
Janiculus bis zu dem Kloster von S. Onofrio eigentlich erst ein 
bequemer Spaziergang geworden ist, ohne von seiner Schönheit 
etwas eingebüsst zu haben. 

Das neue Bauviertel, das auf der Stelle der ehemaligen Villa 
Ludovisi entstanden ist, hat den Ton angegeben für die häusliche 
Einrichtung Roms, und in dem Maasse, wie die dortigen Einrich¬ 
tungen allgemeiner nachgeahmt werden, wird Rom eine saubere Stadt 
und eine gesunde Stadt werden. Die stetig sinkende Mortalitätsziffer 
’ beweist schlagend, dass vom Standpunkt desHygienikers überhaupt gar 
kein Zweifel bestehen kann: Rom tritt ein in die Reihe der gesunden 
Städte. Den Mittelpunkt jenes Viertels bildet das imposante Palazzo 
Piombino, in dem sich jetzt die früher unter dem Namen Ludovisi 
bekannte unvergleichliche Statuensammlung befindet. 

Der grosse Reichthum Roms an prächtigem Quellwasser kam 
früher, zu der Zeit, als die Aesthetiker noch allein ihre Freude 
an der Stadt hatten, eigentlich nur für das Auge zur Geltung. Ja, 
sie waren schön und sind heute noch ebenso schön; 1 denn an 
sie hat niemand die Hand gelegt, die Fontana Trevi, die 
Acqua Paola auf dem Janiculus, die vielen herrlichen Brunnen 
auf Piazza Barberini, Navona, Termini u. s. w. Aber wie stand 
es früher mit der Wasserherrlichkeit im Innern der Häuser?! 
Wo gab eseineWasserleitung, wo ein Wassercloset, diesesWahrzeichen 
der modernen Cultur und ganz gewiss nicht ihr schlechtestes? Es 
war vielleicht sehr idyllisch, als der Nachtstuhl noch die römische 
Welt im innersten regierte, und es liest sich ja sehr belustigend, 
was Vis eher in „Auch Einer“ darüber erzählt; aber ich möchte 
fast meinen, auch der eingefleischteste Gemütlichkeitssimpel und 
Aesthetikfex zieht für den allerpersönlichsten Gebrauch das Wasser¬ 
closet mit seiner Prosa der Poesie des Nachtstuhls vor. Das 
Wassercloset aber ist jetzt in Rom fast zur Alleinherrschaft ge¬ 
langt, auch in den Quartieren der ärmeren und ärmsten 
rung. Es geht damit genau so wie zum Beispiel in Berlin: Woh¬ 
nungen ohne Wasserleitung bleiben einfach unvermiethbar, und die 
Wirthe werden durch den Eigennutz gezwungen, oft mit grossen 
Opfern die neue Anlage zu machen. Freilich, das Badezimmer 
ist in Rom noch eine sehr seltene Erscheinung. Aber in dieser 
Beziehung wird gerade das Quartier Ludovisi bahnbrechend wirken. 
In den dort errichteten „hochherrschaftlichen“ Häusern giebt es 
durchweg Badezimmer, und auch in der. neu erstandenen Via 
Nazionale rührt es sich schon tüchtig in dieser Beziehung. I ur 
den wahren Schönheitsfreund, der sich keine echte Schönheit vor¬ 
stellen kann ohne Reinlichkeit, wie es denn keine schmutzige 
Schönheit giebt, die auch in der Nähe sich als Schönheit bewährt, 
wird die Entscheidung über die Frage leicht sein, ob es besser 
war, die Villa Ludovisi zu erhalten oder durch ihre Aufopferung 
in Rom die Aera der Badezimmer einzuführen? 

In Rom sollte einmal ein Hygienikercongress, nur ein 
solcher, stattfinden! Freilich mit einem ganz, ganz andern Oomi 
als diesem unaussprechlichen. Ich wüsste keine einzige Stadt, ie 
dem Hygieniker so viel an staunenswerten Gesundungseinrichtunge 
vorzeigen könnte, wie gerade Rom. Und wie interessant muss e 
das Studium der Maremmen-Frage, der Gesundheitsverhältnisse 
der Campagna di Roma für den Fachmann sein! Aber dazu ge¬ 
hörte vor allem eine Gesundung der amtlichen römischen VVe , 
die in diesen Tagen eine Unfähigkeit, eine Zerfahrenheit und noc 
viel Aergeres aufweist, die sich dreist mit der ehemaligen paps - 
liehen Misswirtschaft in die Schranken stellen könnte. Doch a^ 
von und noch von einigem Andern, was diesen Congress so schaimer 
haft interessant machte, das nächste Mal. K •“* 


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12. April. 


DEU TSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


345 


IX. Referate und Kritiken. 

K. V. Bardeleben und H Haeokel, Atlas der topographischen 
Anatomie des Menschen Für Studirende und Amte. 128 
grösstentheils mehrfarbige Holzschnitte und eine lithographische 
Doppeltafel mit erläuterndem Text. Gr. 8 . Jena, G. Fischer, 1894 
Ref. Waldeyer (Berlin). 

Der von K. v. Bardeleben und Dr. Heinr. Haeekel heraus- 
gegebene Atlas der topographischen Anatomie wird, wenn verstän- 
d.g benutzt sehr vortheilhaft wirken und eine Lücke in unseren 
f U r den Unterricht bestimmten Veröffentlichungen in anerkennens 
werther Weise ausfullen. Wie die Verfasser selbst in der Vorrede 
hervorheben, wollen sie mit ihrem Werke nicht die Stelle eines 
Lehrbuches der topographischen Anatomie vertreten Es fehlte 
aber m der deutschen medicinisehen Litteratur ein topographisch- 
anatomischer Atlas m handlichem Format, welcher wesentlich die 
Bedürfnisse der Praxis berücksichtigt und durch die Art und Weise 
semer Ausführung eine rasche und sichere Orientirung gestattet 
Vollen Nutzen, ohne Schaden, wird der vorliegende Atlas daher 
dem Praktiker und dem klinisch geschulten Studirenden höherer 
Semester bringen, der seine topographisch-chirurgische Anatomie 
m den betreffenden Vorlesungen, im Fräparirsaale und aus richtigen, 
umfassenden Lehrbüchern schon gelernt hat, aber einer Auffrischung 
semer Kenntnisse durch Anschauung bedarf, die er sich doch nicht 
i ede L A “ g ? nbllck ,. an Präparaten verschaffen kann. Hierfür ist in 
der That der vorliegende Atlas recht geeignet. Die grösste Zahl 
der Figuren, welche meistens nach Originalpräparaten gezeichnet 
^l°^ Tef A 1C T g f lu ?^ en und wirkt s <*r gut orientirend. 
.Thprcühtii f Ue w e I eX giehtin seiner knappen klaren Fassung 
ßn!! h | L daS Wichtigste. Verkehrt wäre es aber, wenn An- 

daraus riiA U ?™n’ S1 °n* d A ieSem Buche be £ nü £ en zu können, um 
daraus die topographische Anatomie zu erlernen, und deshalb ver- 

Ifrtn 1 r^ eh f ndere Stl,diei1 bei Seite Hessen, das Buch als 
auch ^hprl?h H e Tr be r nutzend ; Dies begünstigen wollten aber 
Sn h d A 6 Ver f asser mch L wie sie es ausdrücklich hervor- 
a- bas ® ndei !S gelungen möchten wir die meisten der Figuren 

HefertL d ^Rliiff XfcreTnita ! 0T1 betreffen ’ und die ™n Prof. Ziehen ge- 
~ zur ^P^aphischen Anatomie des Centralnerven- 

^stems beze chnen Wir dürfen indessen nicht verschweigen, dass. 
Ml Abbl] du n gep, d i? zum ersten male erscheinen, der 

mir mtp? P flegt ’ aucb bler .Lapsus“ verblieben sind. So will 
die Slw a ^ eren - l lg ‘ 2 nicht 8onderlicb gefallen; es sind z. B. 

g6 , trennt ’ die Genioglossi scheinen mitten im I 
fich zu g ? 7 l ZU e . nden ’ di . e Mylohyoidei verdünnen 1 

HorizontaUtpii na<dl de ~ Fi .g- 9 hätten wir in der 

be S se r weSnrl Ung f/ unscht ; in Fig - 11 hätte das Labyrinth 
klärune- Ä ? können. Nicht richtig ist es, wenn in der Er- 
t dfr Arfjrt 16 f S ^ ZF d ’ dass die Vena facialis anterior 
sondera mH %*' 17 zeigt das z - B - auch aicht, 

Vene unr^w . rlchtlg> ® Verhältnis zwischen der genannten 
das ManubriL A ^ ena ® axillaris externa - Li Figg. 31 und 32 ist 
springe dort «in nf etwas seltsamer Weise gezeichnet, als 
SflSus Ar f Blase 7 0r - In Fi &- 58 verläuft der Ramus 

weichend de / den tiefen Bo ^ en ^den hilft, ab- 
profundus nervPT 0 ^ 1 ^ 611 . ^ erba i ten und nicht mit dem Ramus 
Erläuterung dAr fl U ,^ a p« S, i lm Text gesagfc ist; es häfcte in der 

z. B in dem T« Bö( r ksi ? bt genommen werden müssen, wie es 
H D?et;i !!f SChe Buche J’ P-.121, bei Fig. 38 geschehen 
hätte besser we^lf * S m f 1 .^ 99 mit der Vena fe moralis darin 
semimembmnnlf k?m ? en -, kbnnen ’. und die Sehne des Musculus 
der Muskeln Hph p* b l e * bx wob l zu lange in Begleitung 

weiteren AufWpTi ä ?. seXu ? se8 - Hun, dieses und anderes kann bei 
leicht verbessert wdem tre ffüchen Buche gern wünschen, 

Werke das vorD-« B t ganzen haben die Verfasser mit ihrem 

gehen wenn iVh Zlel erreicht ’ und denke ich nicht fehl zu 

Theilnahme än ZI dayoa auch einen günstigen Einfluss auf regere 
df™ Studium der topographischen Anatomie bei 


unserem ärztlichen PubHkum\erspreZ 

G U * 8 ® r ® Kör Perform i 


Rpriir, 7'TTTT, liJDUUim im Lichte der modernen 
lm ’ Carl Habel. Ref. Eugen Dreher (Berlin). 


und 8 iharfZr,iS S 4 n ? eil J Rr0 , chure S eisselt der ästhetisch geschulte 
in ebenso herber „H Ut ° r ^ le 'Ausgeburten der „modernen“ Malerei 
daran gelegen garecbter Weise. HauptsächHch ist ihm aber 

nicht, wm sie zu liefern, dass die modernen Maler, 

Hapten, naturo-At™ beso 1 nd eren Lobe ihrer Werke beständig he¬ 
rbster Weise t? sondern dass sie sogar vielfach in 

“dt krankhafter u besetze der Natur verstossen, weü sie 
u “d Widerliche f»r ix® gerade das Hässliche, das Abstossende 
Wir nrüel f l. W ^. a ? s S eben - 


dem Verfasser so gut gelungen ist, dass alle Kenner von Kunst 
und Natur, die noch nicht dem Zeitgeschmäcke ihr gesundes Urtheil 
geopfert haben, den Deductionen des künstlerisch gebildeten Natur¬ 
forschers beipflichten müssen, der namentlich an den Gesetzen der 
menschlichen Gestalt die Abgeschmacktheiten aufweist, zu denen 
die modernen Maler greifen und greifen müssen, wenn sie in ihren 
Gemälden die menschlichen Körperformen interessant zu machen 
glauben. 

Es würde hier zu weit führen, wollten wir auf alle die an¬ 
regenden Einzelheiten eingehen, welche die Brochure in klarer 
Sprache und lichtvoller Darstellung enthält. Wir müssen uns 
bei Mangel an Raum darauf beschränken, hervorzuheben, dass u. a. 
physikalische, physiologische und psychophysiologische Probleme 
der Malerei ventilirt werden, um an ihnen zu zeigen, wie wenig 
die modernen Maler die Natur beobachten, um ihre Er schoinungs- 
seite — denn diese hat der Maler allein zu berücksichtigen — 
wahrheitsgetreu wiederzugeben. Besonders wird an der mensch¬ 
lichen Gestalt erörtert, wie sehr die heutige Malerei sich an 
derselben versündigt, indem sie von den Gesetzen nichts wissen 
will, die den menschlichen Körper mit den Reizen der Schönheit 
schmücken, sondern nach Missgestalten sucht, um diese Ab¬ 
weichungen vom Gesetzmässigen als charaktervoll und naturwahr 
liinzustellen. 

In der modernen Malerei finden wir so keinen eigentlichen 
„Naturalismus“, sondern, wie ich es nennen möchte, eine 
„Kakomanie“, d. h. die krankhafte Sucht, das Hässliche, das 
Widerwärtige für allein natürlich und charakteristisch zu halten 
und es zum Gegenstände ästhetischer Anschauung und Betrachtung 
zu machen. 

Aber die Brochure ist auch reich an feinsinnigen, wie an 
scharfsinnigen Bemerkungen über Gegenstände, die nicht in un¬ 
mittelbarem Zusammenhänge mit der Malerei stehen. Auch in be¬ 
treff der modernen Dichtung und Philosophie finden wir manches 
kritische Urtheil, das um so angenehmer berührt, als es das 
selbstständige Denken des Autors in einer Zeit beweist, wo der 
Autoritätsglaube fast auf allen Gebieten seine schlimmsten Blüthen 
treibt. 

Als Menschenkenner offenbart sich der Autor dadurch, dass 
er sich unumwunden dazu bekennt, der modernen Malerei eine 
Zukunft zuzusprechen, da der gute Geschmack und das scharfe 
Urtheil auf den meisten Gebieten so gesunken ist, dass an eine 
schnelle Hebung dieses Verfalles keineswegs zu denken ist. So 
erklärt denn auch der Autor: „Die Zeit wird sich erfüllen — 
und in einer Generation, die sich für Ibsen, Björnson, Strind- 
berg begeistert und Nietzsche’s an Wahnsinn streifender Philo¬ 
sophie das wärmste Interesse entgegenbringt, ist ein allgemeiner, 
zeitweiliger Triumph der secessionistischen Malerei keineswegs aus¬ 
geschlossen.“ 

Nur das Endurtheil, demzufolge Fritsch sowohl Gabriel 
Max, wie vor allem Böcklin viel zu hoch über die „Modernen“ 
(Franz Stuck, Heine, Uhde, Skarbina u. s. w.) stellt, nach¬ 
dem er diesen Künstlern im Anfänge seiner Brochure ihren rich¬ 
tigen Platz in der Kunstgeschichte angewiesen hat, können wir 
nicht unbedingt unterschreiben. Dieso Ueberschätzung trübt unseres 
Erachtens ein wenig das sonst so freie Urtheil des Verfassers, der 
im übrigen im echt Schiller’schen Geiste der Wahrheit und der 
Schönheit das Wort redet, unbekümmert darum, ob seine freie 
Sprache nicht hier und da Anstoss erregte — wie es ja auch 
nach den ihm zu theil gewordenen zahlreichen Erwiderungen be¬ 
sonders aus Künstlerkreisen thatsächlicli der Fall war. 


Otto Binswanger, Die pathologische Histologie der Qross- 
hirnrinden-Erkrankung bei der allgemeinen progressiven 
Paralyse mit besonderer Berücksichtigung der acuten und 
Frühformen. Jena, Gustav Fischer, 1893. Ref. Lewald (Lich¬ 
tenberg b. Berlin). 

An der Hand von 21 klinisch und anatomisch sehr genau 
untersuchten Fällen kommt Binswanger zu Schlussfolgerungen, 
die auszugsweise im Nachstehenden wiedergegeben werden: Die 
typischen Fälle der allgemeinen progressiven Paralyse beruhen 
anatomisch betrachtet auf chronischen, diffusen, atrophisch-degene- 
rativen Veränderungen der functionstragenden Rindensubstanz. 
Dieselben betreffen wahrscheinlich in erster Linie die feinsten, mit 
unseren jetzigen Hülfsmitteln an den pathologischen Objecten nicht 
mit genügender Deutlichkeit darstellbaren markhaltigen und mark¬ 
losen Nervenendausbreitungen, gehen aber schon im Anfaugsstadium 
der Erkrankung auf die mittels der Markscheidenfärbung nach¬ 
weisbaren markhaltigen Nervenfasern und auf die Ganglienzellen 
über. Schon in den Frühstadien der Erkrankung finden sich die 
Folgeerscheinungen dieser Gewebsschädigungen an den Blutgefässen 
deutlich ausgeprägt. Die venöse Blutgefässbahn ist überall hoch- 


IWUm , . uouwitu vcnuiso .1 

wunden eingestehen, dass dieser Nachweis | gradig erweitert und prall mit rothen Blutzellen gefüllt. Line 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


346 

wesentliche Vermehrung der weissen Blutzellen ist innerhalb dieser 
Gefässe nicht vorhanden. Die Gefässwand unterliegt ebenfalls schon 
frühzeitig regressiven Veränderungen, welche besonders die Arte- 
riolen und Capillaren betreffen und den Charakter der hyalinen 
Degeneration besitzen. Zu gleicher Zeit spielen sich active repa- 
ratorische Vorgänge an der Endotheladventitia der Gefässe und 
zwar in erster Linie an den Venen ab, welche in einer Verdickung 
dieser Häute und Wucherung der endothelialen Kerne bestehen. 
Ein Theil dieser Gewebsneubildungen unterliegt im weiteren Ver¬ 
laufe der Erkrankung ebenfalls der hyalinen Degeneration. An 
anderen Gefässen greifen späterhin die Proliferationsvorgänge auf 
die eigentliche Gefässwand über und führen zu streifigen Ver¬ 
dickungen und Kernvermehrungen dieser letzteren. Das Lumen 
der Gefässe wird dadurch verengt; völlige Obliterationen der Ge¬ 
fässe, wie sie an alten, im terminalen Stadium verstorbenen Fällen 
zahlreich beobachtet werden, sind in den Frühstadien nicht nach¬ 
weisbar. Eine Neubildung von Gefässen konnte weder an frischen, 
noch an alten Fällen mit genügender Sicherheit festgestellt werden. 
Das intra- und extraadventitielle Saftbahnsystem ist schon in 
frühen Stadien der Erkrankung in ausgedehntem Maasse erweitert. 
Bei weiterem Bestände des Leidens treten zu den genannten Ver¬ 
änderungen wahre entzündliche, d. i. exsudative Vorgänge hinzu, 
welche sich klinisch nicht selten durch Fioberbewegungen, Zustände 
von Somnolenz, cortico-motorische Reiz- und Lähmungserscheinungen 
(paralytische Anfälle) auszeichnen. Erfolgt der Tod in einem solchen 
acuten Schube, so finden sich im intra- und extraadventitiellen 
Saftbahnsystem kleinzellige Anhäufungen in ausgedehntem Maasse. 
Doch muss hier bemerkt werden, dass keineswegs alle sogenannten 
paralytischen Anfälle in dieser Weise anatomisch begründet sind; 
vielmehr muss angenommen werden, dass auch Hirndrucksehwan- 
kungen allein, welche durch den behinderten Abfluss der im ver¬ 
mehrten Maasse die Saftbahn des Gehirns erfüllenden lymphatischen 
Flüssigkeit hervorgerufen werden, die Ursache paralytischer An¬ 
fälle darstellen. Es wird dies um so leichter geschehen, je inten¬ 
siver die cortiealen Functionen durch den diffusen Gewobssehwund 
geschädigt sind. Eine wichtige Rolle bei der Weiterontwickelung 
des Leidens spielt die Betheiligung der Leptoineninx an dem 
Krankheitsprocesse. In den Früh formen ist die Pia mater über 
der Convexität nur in geringem Maasse (und nur auf vereinzelte 
Stellen des Stirnhirns beschränkt) verdickt und mit zahlreichen 
endothelialen Kernen besetzt. Regelmässig aber zeigt sich die oben 
erörterte Verdickung und Kernvermehrung der Endotheladventitia 
an den in die Rinde einstrahlenden Gefässen. Die hyperplastischen 
Vorgänge an der Pia sind mit grösster Wahrscheinlichkeit als eine 
Fortpflanzung der endothelialen Wucherung von der Gefässscheide 
auf die Endothelmembran aufzufassen. — Die sog. acuten gallopi- 
renden Formen der Paralyse unterscheiden sich nicht durch einen 
besonderen Befund von der typischen Form der Paralyse. Sie 
zeichnen sich nur durch ein rascheres Fortschreiten der Krankheits¬ 
vorgänge aus. Sowohl die degenerativen, als auch die reparatori- 
schen Vorgänge gewinnen eine raschere und diffusere Ausbreitung. 
In einem Theil der Fälle erfolgt, der Tod auf Grund der durch den 
stürmischen Krankheitsverlauf bedingten klinischen Erscheinungen, 
bei welchen heftigste motorische Erregung, mangelnde Nahrungs¬ 
aufnahme, Entkräftung, Bronchopneumonie, Intestinalkatarrh u. s. w. 
die Hauptrolle spielen. Ausgebreitete exsudative, d. i. wahre ent¬ 
zündliche Erscheinungen können dann ganz fehlen. In einer an¬ 
deren Reihe von Fällen sind dieselben aber in ausgeprägtem Maasse 
vorhanden. Sowohl bei den typischen, chronisch verlaufenden, als 
auch bei den gallopirendon Fällen betrifft der diffuse Krankheits- 
process in erster Linie das Stirn- (einschliesslich der Insel) und 
Scheitelhirn und greift dann auf den Schläfen- und Hinterhaupts¬ 
lappen über. Eine frühzeitige, ausgedehntere Betheiligung des 
Hinterhauptslappens ist von dem Autor nicht beobachtet worden. 

X. Journalrevue. 

Mikroorganismen und Aetiologio der Infeetions- 
krankheiten. 

Roux et Vaillard, Contribution ä l’6tude du tötanos. 
Annales de l’institut Pasteur 1898, H. 2. 

In den einleitenden Bemerkungen zu ihrer Abhandlung referiren 
"Verfasser zunächst kurz über die vor allem von Behring und 
Kitasato gemachten Beobachtungen und betonen die Wichtigkeit 
ihrer Versuche ^ über die Möglichkeit einer Immunisirung von 
Thieren gegen Tetanus, über die antitoxische und immunisirende 
Wirkung des Serums solcher Thiere und über den heilenden Ein¬ 
fluss desselben bei bereits ausgebrochener Erkrankung. Ihre eige¬ 
nen, auf alle diese Fragen sich erstreckenden sorgfältigen und ein¬ 
gehenden Untersuchungen liefern manche Ergänzung der von jenen 
erhaltenen Resultate. Zur Immunisirung der Thiere wenden sie 
eine andere Methode an als Behring. Sie filtriren 4—5 Wochen 


alte Bouillonculturen durch Thonfilter und benutzen das klare bac- 
terienfreie Filtrat zu Injectionen, nachdem sie ihm durch Zusatz 
von etwas Jod seine schädlichen Eigenschaften genommen haben. 
Die Wirkungsweise des Jod ist dabei unaufgeklärt. Durch Injection 
steigender Dosen erzielen sie hohe Grade von Immunität und Heil¬ 
kraft des Serums. Die antitoxische Eigenschaft des Blutserums 
immunisirter Thiere macht sich dadurch geltend, dass es die Toxine 
filtrirter Culturen unwirksam macht. Es scheint, als ob beide Sub¬ 
stanzen sich gegenseitig zerstören. : Die Menge der Toxine, die 
durch das Serum vernichtet werden, ist eine beschränkte. Die 
antitoxische Eigenschaft des Serums kann schon ausgesprochen sein, 
während seine immunisirende noch gering ist, so dass es zwar die 
gleiche Quantität der Toxine im Reagenzglas vernichtet, aber gegen 
dieselbe Menge ein Thier noch nicht immun macht. Die durch das 
Serum immunisirter Thiere bei anderen hervorgerufene Immunität 
bezeichnen Verfasser im Gegensatz zu Behring als vergänglich, 
während die durch Toxine hervorgerufene dauernd ist. Die anti¬ 
toxische Eigenschaft ist vor allem gebunden an die flüssigen 
Bestandtheile des Blutes und der Gewebe, die zeitigen Elemente 
der Organe kommen jedenfalls weit weniger m Betracht. Wird 
durch Aderlass Blut entzogen, so stellt sich in dem regenenrten 
Blut die antitoxische Eigenschaft auch wieder her. Ueber die 
schützende Fähigkeit des Serums stellten Verfasser an solchen 
Thieren Versuche an, denen Toxine injicirt wurden, und an solchen, 
denen Tetanusculturen oder bacillenhaltige Holzsplitter beigebracht 
worden waren. Die Resultate sind in beiden Versuchsreihen nicht 
gleich. Am günstigsten fielen sie in der ersten Gruppe aus. Es 
gelingt mit dem Serum, wenn es vor den Toxinen injicirt wurde, 
auch bei Anwendung geringer Mengen sehr leicht, Thiere gegen 
das Gift zu schützen. Auch die gleichzeitige Injection hat Erfolg, 
insofern zwar ein lokaler Tetanus sich einstellt, das Thier aber im 
übrigen nicht erkrankt. Wird die Behandlung erst nach der 
Vergiftung eingeleitet, so ist für das Resultat die inzwischen ver¬ 
flossene Zeit maassgebend. Je rascher also die Injection der In- 
toxication folgt, desto besser sind die Aussichten. Die Mengen 
des zur Anwendung gelangenden Serums müssen aber grösser sein 
als in jenen Fällen. Ueber einen nach der Individualität der Thiere 

und nach dem Ort der Injection wechselnden Zeitpunkt hinaus kann 

eine Heilung nicht mehr erzielt werden. Noch weniger günstig 
sind die Ergebnisse bei Anwendung lebender Bacillen und Sporen, 
die entweder unter Hinzufügung der die Keimung begünstigenden 
Milchsäure oder eines in gleicher Weise wirkenden Coccus sub- 
cutan, oder an Holzsplittern haftend intermusculär applicirt 
wurden. Auch hier hängt das Resultat von der Menge des Serums 
und der Zeitdauer nach der Infection ab. Rasch verlaufender 
Tetanus giebt schlechte Erfolge, langsam verlaufender bessere, aber 
die Heilung ist, insbesondere bei Anwendung von Holzspittern, mch 
immer dauernd, der Tetanus kann nach scheinbarer Beseitigung 
wieder ausbrechen. Durch Entfernung des localen Proce-sses 
mittels Beseitigung des Holzstückchens kann aber die Heilung 
dauernd werden. In einer weiteren Versuchsreihe prüften Vertasser 
die heilende Wirkung des Serums bei bereits ausgebrochenem, durc 
Toxine oder Bacillen hervorgerufenem Tetanus an Mäusen, Meer¬ 
schweinchen, Kaninchen und Hammeln. Die Resultate sind 
zufriedenstellend. Von 43 nicht behandelten Thieren starben o , 
von 83 behandelten 73. Der Unterschied ist also se ^ r ,.£ erlIl ^j 
Das Tetanusgift hat den Organismus schon zu sehr geschädigt, un 
so verläuft die Krankheit meist letal, obgleich sich das Serum e 
erkrankten Thiere schon wenige Minuten nach intraperitoneal ^ 
Einverleibung des Heilserums antitoxisch und immunisirend er¬ 
wies. In weniger schweren Fällen hatte die Injection eine 
Leben verlängernde Wirkung. In einem letzten Abschnitt bene n 
Verfasser über sieben eigene Beobachtungen von menschlichem m 
Serum behandeltem Tetanus. Es gelangte sehr wirksames ^f iu 
in Mengen bis zu 400 ccm im einzelnen Falle zur Anwendung. 
Erfolge wurden aber nicht erzielt. Zwar blieben von den sl , e 
Kranken zwei am Leben, aber hier handelte es sich um . c . 
Fälle, die, wie Verfasser angeben, auch ohne Serum bei J® 
anderen Behandlung geheilt sein würden. Aber diese Kesu a 
dürfen nicht als entscheidend angesehen werden, da die oerum 
behandlung zweifellos eine rationelle Therapie darstelle. > ei 7 as . 
meinen daher, dass es vor allem auch beim Menschen aut ei 
möglichst frühzeitige Einleitung der Behandlung ankommt, a " 
die auch bei ihm festgestellte und sehr rasch nach den Inj ec o 
eintretende antitoxische Eigenschaft des Serums zur Wirkung g 
langen kann. Die Beseitigung des primären Krankheitsheer 
darf dabei nicht versäumt werden. Verfasser betonen schliess , 
dass man grosse Mengen injiciren und dass man vor allem J 
danach trachten soll, möglichst kräftiges Serum zu 
Sie schlagen vor, in Fällen von Verwundungen, an die sich le 
anschliessen könnte, als Präventivmaassregel einige Cubikcentim 
Serum zu injiciren, da diese zur Immunisirung genügen, wanr 


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12. April. 


nach ausgebrochener Krankheit auch grosso Mengen nicht mehr aus 
reichen - -- Ribbert (Zürich). 

XI. Standesangelegenheiten. 

Ueber das Yerhältniss der Aerzte za den Lebens- 
versicherongsgesellschaften. 

Von Dr. Henius in Berlin. 

Auf dem Aerztetage in Eisenach im Jahre 1874 wurden auf Grund 
v°n Verhandlungen, die zwischen den damaligen ärztlichen Delegirten und 

den Vertretern ron 20 Lebensversicherungsgesellschaften gepflogen worden 
waren, nach sehr lebhaften Debatten r folgende Thesen angenommen die bis 
jetzt ziemlich allgemein als Normen für den Verkehr zwischen den Ver 
Sicherungsgesellschaften und den Aerzten gegolten haben* 

Der deutsche Aerztevereinsbund empfiehlt den ' Aerztevereinen 
folgende, nnt dem Verein Deutscher Lebensversicherungsgesellschaften in 
gemeinschaftlicher Versammlung zu Eisenach am 10. Juni 1874 verein 
barten Beschlüsse: ' 

„I. Die Ausstellung von hausfirztlichen Attesten für Lebens¬ 
versicherungsanstalten wird nicht verweigert, dieselbe erfolgt vielmehr 
wenn den nachstehenden Bedingungen entsprochen wird* ’ 

, 1 V D u er Versichemngscandidat muss die Erklärung schriftlich abge¬ 
geben haben dass er die Aerzte, welche ihn behandeln oder behandelt 
haben, ermächtigt, der Vereicherungsanstalt über alle Punkte, deren Er- 
örtarung mit Bezug auf seinen Gesundheitszustand der Anstalt wtinschens- 
werth erscheint, volle und rücksichtslos offene Auskunft zu geben dass 
er auch die Versicherungsanstalt ermächtigt, diese Auskunft selbst und 
direkt von den Aerzten beizuziehen. 

. , 2 • Dem /'*£> welcher um ein hausärztliches Attest angegangen 
mrd, muss die Zusicherung gegeben werden, dass der Versicherungs- 
candidat die unter 1 erwähnte Ermächtigung ertheilt hat 8 

r Das des häusärztlichen Attestes soll hauptsächlich auf 

bezügliche Fragen enthalten. Die Ausstellung eines solchen 
erfordert keme vorgangige Untersuchung des Clienten 

4 Die hausärztlichen Atteste dürfen nicht durch die Agenten der 
J on . de “ Arzte eingefordert werden, sondern sind 
8e i ) l t ei ? T zufo r de m und werden von dem Arzte direkt 
über8 ® ndet - h 1 ? die von den Anstalten zu beobachtende 
Wtal, 011 « Zl i a Wahr A n, d durfe n ^ bausärztlichen Atteste weder den 
j 6m Antragsteller, noch dem Vertrauensärzte der Anstalt 
d . e s Arztes mitgetheilt werden. Indiscretionen von Seiten 
^n L l b n w rS1Cher ^ gSg€>Sel ? chaft beziehentlich von Agenten derselben 
«erden zur Warnung des ärztlichen Publicums veröffentlicht. 

direkt*’nnTi ^ die Atteste bezahlt die Versicherungsanstalt 

rondere LÜ a“”- S .\? U 1 t *? koine,n FaUe dem Versicherten he- 
SÄ' J Atteste in Rechnung. Das Honorar be- 

V^inlLng ü“en "*“* ** Reichsmark ° der wird der freien 

des Verti e a^!f U ? g d " B<5<1 ‘ n i[ UI1 &™ filr die Erfüllung der Functiooen 
freien Sl ^ einer Lebensversicherungsanstalt unterliegt der 

ärztlichenTflä tZ6n i iSt ; wie J man sieht > das Hauptgewicht auf die haus- 
T°i rde ^ und zwar waren Versicherungs- 
weilmekem die sol "ber Beschlüsse hinzuwirkfn, 

stellen hansärsrtiÜÜ 116 1 ereiae S1 ^b dahm entschieden hatten, das Aus- 
GeseUschafte^ T^ 1, U b erh aupt abzulehnen, während für die 

Atteste eine übera^? 1 ? 0 * deS Rl | 1C0S der Aufnahmen ohne solche 
der Aerzte wL wnifi S(ihm ? n % 6 * ar - Für den ablehnenden Standpunkt 
Beziehungen dL ZUmei . s 1 t Erwägung maassgebend, dass sie in allen 
nicht die g Hand h,-lt^ r !i S tt!r. lllrer CIl . ente J, wahrzunehmen hätten und daher 
etwaigen Hlehnnno- , dür ^f n zu em ® r Schädigung derselben, die in einer 
Angaben «ÄS .f Antragstellers auf Grund der hausärztlichen 
die Art dfs kantL k ?? n { e \ VleIen Aerzten widerstrebte auch 

zwischen den ^ ^kehrs me sie sich, wenn auch nicht 

zwischen den H 8 so chen und den Aerzten, so doch 

fiel auch no?h iÄw Und den , Aerzten herausgebildet hatte. Ausserdem 
Städten der Ant ! Waagschale diö Schädigung, der besonders in kleinen 
oder auf dem Wotr« wai*, falls durch irgend eine Indiscretion 

Attestes ein CS . Exclusion sich heransstellte, dass infolge seines 
Von ärztlicher oSL ^ ZU J ^nschten Erledigung gekommen war. 
volkswirthschaftlifhö « dab ? x niemals die ausserordentlich grosse 
unterschätzt wurda nd humanitäre Wirksamkeit der Lebensversicherung 
ßorgfölüge WbS, " IC ? mc . ht u dm hohe Bedeutung verkannt, die eint 
sa nunelnden zu verlas«?»^ 68 .^b m den Archiven der Gesellschaften an- 
mit sich bringt Wa« lgen plastischen Materials für die Wissenschaft 
breitung der Lahano!! 111 a ? 8 dlesen Gründen die möglichst grosse Ver¬ 
ankerung genTC;Cl Slch T ng m immer weitere Schichten der Be- 
die GeseUschSten Hif? P” 1 ?’ war man sich andererseits klar, dass 
unfgabe betrachten ^ÜL lded ® n Zwecke durchaus nicht als ihre Haupt¬ 
gehen, gute Geschäfte dern ’ Wl t das begreiflich ist, vor allem darauf aus- 
Gividenden zu n- machen nnd ihren Actionären möglichst hohe 

gelungen, und man hL *? s lst ihnen auch iu überraschender Weise 
Prosperität nicht übe! 8 ;!^ v™ , eme , r & ut geleiteten Gesellschaft, deren 
auf deren sorgfälti^ar ,fj en » Zweifel erhaben dastände. Und die Aerzte, 
deihen der Gesell«!?gewissenhafter Mitarbeit das gute Ge- 
ju dieselben bis heuta^C ^ e ü ullt ’ , “» ihren materiellen Ansprüchen 
f °ud« und die Vertat! P? 11 das Ansammeln grosser lieserve- 

»chwden geblieben so wfi, beträchtlicher Dividenden bekannt sind, be- 
m Stuttgart im Jahr« iMK lden ’ d . asa beispielsweise auf dem Aerztetage 
BB5 ein Antrag des ärztlichen Bezirksvereins 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


347 


ÄSi ä s »"ä tr-ES r? 
äss ä sä* ä-sc Ä: a äs 

sich aber mehr und mehr das Bedürfnis herausgesteUt r 

f n Rreslau eine Commission ernannt, welche in Verbindung mit 
Hi!?!^ 11 de A F Eebensversicherungsgesellschaften eine Vorlage für g den 
d !?fJ? lm ^ r V Aorztetag m Eisenach (am 29. und 30. Juni) ^arbeiten 
sollte. Diese Commission, welche ausser dem Vorsitzenden des Geschäfts 
ansschusses Graf aus den Herren Professor Krabler (G«ifÄs' 
? Mk ten ’ ? e i nz , G Leipzig) und Pi za (Hamburg) besteht hat am 

März er. in Berlin getagt und zu der Verhandlung seitens der Ver- 
Sicherungsgesellschaften die Herren Dr. Amelung-Stettin (Germanin) 
Genkrath-Berhn (Nordstern), Heyl-Berlin (Preussischo Lebensvcr- 
sicherungsactiengesellschaft) und Sydow-Lübeck (Deutsche Lebensver- 
sicherungsgeseHschaft) zugezogen. Der Bericht über diese Sitzung ist 
In FSLnflüm n ^ ZnUmmer deS , ä ^ tlich en Vereiusblattes veröffentlicht, 
d 7 0l l en , WU * UnS , erIauben * die Beschlüsse der Commission 
anzuführen und mit kurzen erläuternden und kritischen Bemerkungen zu 
Ä en ' SoIlte Les ® r infolge dieses Referats sich veranlasst fühlen 
Ä!?p erU f g8VOr i ch ^ 0 od ? r bezügliche Wünsche vorzubringen, so wird 
Herr Professor Krabler dieselben gern entgegennehmen und wenn an¬ 
gängig, in semem Berichte an den lerztetag verarbeiten. 

„1. Anstellung der Vertrauensärzte. Die Vertrauensärzte 
den - Dir , ekti T\f g - eSte Ut’ nicht von den Agenten. Wird 
rWpph«? de nT g dem L von Gesellschaft und Vertrauensarzt 

(Wechsel oder Nebenanstellung anderer Aerzte'i beabsichtigt, so ist der 
V ertrauensarzt seitens der Direktion zu benachrichtigen. Der Aerzteta<' 
spricht die Voraussetzung aus, dass die Gesellschaften, so weit angängig, mir 
Angehönge der ärztlichen Standesvereine als Vertrauensärzte anstellen ki 

Eie Anstellung seitens der Direktion selbst liegt sowohl im Interesse 
der Gesellschaften als auch entspricht sie allein der Würde des ärztlichen 
btandes. Bisher ist es oft vorgekommen, dass Agenten aus ihrem Be¬ 
kanntenkreise Vertrauensärzte für die von ihnen vertretene Gesellschaft 
äussuchten. Deu Agenten liegt natürlich hauptsächlich darau, möglichst 
viele Versicherungen vollständig abzuschliessen. Hatten sie infolge der 
gewissenhaften Untersuchung des Arztes eine oder mehrere Ablehnungen 
von Candidaten erfahren, so trugen sie oft kein Bedenken, sich einen 
mideren v ertrauensarzt zu erwählen, von dem sie annahmen. dass er bei 
Beurtheilung der Aufnahmen weniger scrupulös Vorgehen würde. So 
konnten die Aerzte in eino gewisse Abhängigkeit von Agenten gerathen 
von denen manche nicht in jeder Beziehung reinlicli und zweifelsohne da¬ 
stehen. Em solches unwürdiges Verhältnis muss auf hören. — Bezüglich 
eines Wechsels des Vertrauensarztes oder einer Nobe.nanstellung hegen 
wir den Wunsch, dass die betreffende Mittheilung von der Diroktion 
vorher geschehen soll. Uns ist ein Fall bekannt, dass einem Vertrauens- 
arzte erst dann Mittheilung von seiner Absetzung gemacht wurde, als sein 
Nachfolger bereits fest angestellt war. Abgesehen davon, dass die dem 
Arzte schuldige Rücksicht bei solchem Vorgehen aus den Augen gesetzt 
wird, ist ein Ankämpfen gegen den Beschluss der Direktion oder eine 
etwa nothwendige Aufklärung derselben unmöglich oder ohne praktischen 
Erfolg. — Nicht recht begreiflich ist es uns, warum nur Mitglieder der 
ärztlichen Standesvereine als Vertrauensärzte angestellt werden sollen. 
Wir wollen hierbei nur im Vorbeigehen erwähnen, dass einzelne Gesell¬ 
schaften überhaupt keine Vertrauensärzte anstellen, sondern den Candi¬ 
daten behufs Untersuchung die völlige freie Arztwahl zugestehen und 
dass sie bei diesem Vorgehen gar keine schlechten Erfahrungon machen. 
Es sprechen^ jedoch viele Gründe dafür, dass die Gesellschaften sich au 
bestimmte Vertrauensärzte halten, aber warum sollen diese nur aus den 
Staudesvereinen ausgewählt werden? Wenn man auch, wie Schreiber 
dieses, ein grosser Anhänger des ärztlichen Vereinswesens ist, und wenn 
man den Einfluss, welchen die Vereine in erziehlicher Hinsicht, in der 
Beförderung der Collegialität, in der Belebung des Interesses an den 
Standesfragen, zum Theil auch in wissenschaftlichen Anregungen ausüben, 
nicht unterschätzt, so kennen wir doch eine ganze Reihe durchaus ehren- 
werther und in höchster Achtung stehender Collegen, die theils aus per¬ 
sönlichen, theils aus principiellen Gründen, wegen Verstimmungen oder 
wegen Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Kleinigkeiten einem Ver¬ 
eine nicht beitreten oder aus einem solchen ausschoiden. Was geht das 
aber die Lebensversicherungsgesellschaften an, und warum sollen diese ge- 
nöthigt sein, eine Controlle über die Mitgliederlisten der Vereine auszu- 
Uben, um zu sehen, ob ihre Vertrauensärzte, mit deren Thätigkeit sie 
sonst allen Grund zur Zufriedenheit haben, oder solche Aerzte, die Ver¬ 
trauensärzte werden sollen, auch in diesen Listen aufgeführt sind? Wenn 
sonst nichts gegen die betreffenden Aerzte vorliegt, so werden die Gesell¬ 
schaften lediglich aus diesem Grunde sich in ihren Entschliessungen kaum 
beeinflussen lassen. 

„2. Untersuchung im Hause. Da eine genaue ärztliche Unter¬ 
suchung (Kehlkopf-, Ohrenleiden, Urinuntersuchung etc.) nur im Hause 
des Arztes möglich ist, muss, den Agenten gegenüber in viel schärferem 
Maasse als bisher betont worden, dass die Untersuchung ausser dem Hause 
des Arztes nur iu dringenden Fällen erlaubt ist.“ 

Gegen diesen Vorschlag wird sich kaum ein Widerspruch erheben, 
doch würden wir einen Zusatz für angemessen halten, wonach in den¬ 
jenigen Fällen, in denen doch die Untersuchung in der Wohnung des 
Aufzunehmenden oder des Agenten stattfindet, eine angemessene Erhöhung 
des Honorars stattzufinden hat. 

Die folgende These entspricht mehreren als dringend anerkannten 
Wünschen: 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


3. Formulare. Im Interesso der ärztlichen Untersuchung liegt es, 
einheitliche Formulare herzustellen. Dieselben zerfallen in „Declaration 
und vertrauensärztliches Attest, und zwar ist diese Trennung aus ver- 
sicherungsteclmischen und juristischen Gründen geboten. 

Im einzelnen zu fordern ist: a) Beseitigung alles überflüssigen bchreib- 
werkes. — b) Alle die äusseren Verhältnisse des Antragstellers betreffenden 
Fragen sind in dem eigentlichen Versicherungsanträge (Declaration 1) zu 
erledigen. Derselbe ist dem Vertrauensärzte vor der Untersuchung vor¬ 
zulegen. - c) In der durch den Arzt aufzunehmendon Erklärung (Decla¬ 
ration II) sollen (abgesehen von der Feststellung der Identität) lediglich 
solche Fragen beantwortet werden, welche sich auf die hereditären, sowie 
auf die früheren und jetzigen Gesundheitsverhältnisse des Antragstellers 
beziehen. — d) Die Untersuchung dos in Gegenwart des Arztes zu ent¬ 
leerenden Urins auf Zucker und Eiweiss ist m allen Fällen obligatorisch. 
— e) Dem vom Vertrauensarzt am Schlüsse des Zeugnisses ausgesprochenen 
Urtheil: „vollkommen günstig, günstig, zweifelhaft, ungünstig ist; in jedem 
Falle eine kurze Motivirang beizufügen. — f) Bei einer vom Urtheil des 
Vertrauensarztes abweichenden Entscheidung seitens der Gesellschalt ist 
dem Vertrauensarzt mit kurzer Motivirang Mittheilung zu machen.— 
g) Die am Schlüsse der Zeugnisse vorgedruckte Versicherung des Ver¬ 
trauensarztes, dass er nach Pflicht und Gewissen gehandelt etc., hat fortan 
wegzufallen.“ 

Eine grössere Mannichfaltigkeit als diejenige, welche in den jetzigen 
Fragebogen der verschiedenen Anstalten zu finden ist, lässt sich kaum 
denken. Fast eine jede hat oin eigenes Formular, und in einzelnen derselben 
erreichen die Fragen die Zahl 65. Wenn man eine solche Menge Ant¬ 
worten zu geben hat, so wird das Gcsammturtheil dadurch nicht geklärt, 
sondern weit mehr verwirrt und unsicher gemacht. Alle Fragen können 
in solchem Falle auch nicht mit der nöthigen gleichmässigen Gründlich¬ 
keit erledigt werden, bei manchen (z. B. nach dem Quantum der täglich 
eingenommenen Getränke) ist eine richtige Beantwortung seitens des 
Arztes überhaupt unmöglich. Manche Punkte kommen nur deshalb zur 
Erörterung, damit vom Arzte in gewissem Sinne eine Controlle ausgeübt 
wird über die Richtigkeit der vom Agenten geschehenen Ausfüllung der 
Declaration I, welche dem Arzte vorgeiegt werden muss. Eine solche 
Belästigung wird überflüssig, wenn die Gesellschaften nur solche Agenten 
anstellen, die wirklich imstande sind, die von ihnen verlangte Declaration I 
sachgemäss zu erledigen resp. deren Ausfüllung zu überwachen. — Es 
wäre von grossem Vortheile, wenn es sich ermöglichen Hesse, ein einheit¬ 
liches Formular für sämmtliche Versicherungsgesellschaften einzuftthren, 
und bei einigem ernsten Wollen und Nachdenken wird sich das durchführen 
lassen. Wir halten es für selbstverständlich, dass an den betreffenden 
Berathungen neben Vertretern der Lebensversicherungsanstalten auch 
mehrere im Versicherungswesen erfahrene Aerzte theilnehmen. — Dass 
der Vertrauensarzt sein Endurtheil kurz motivire, scheint uns im Inter¬ 
esse der Anstaltsdirektionen gerechtfertigt, da sie einem solchen kurzen 
Endurtheil vielfach mehr werden entnehmen können, als der detaillirten 
Beantwortung der einzelnen Fragen, die im allgemeinen eher für den Fach¬ 
mann berechnet ist; ebenso ist es von grossem Werthe, dass die Direktionen 
ihre abweichende Entscheidung mit oinigen Worten begründen, da dadurch 
manche Verstimmung im Keime erstickt, manches Missverständniss und 
mancher Irrthum noch rechtzeitig aufgeklärt worden kann. — Endlich 
sind wir auch damit einverstanden, dass die Schluss Versicherung vom 
„besten Wissen und Gewissen“ fortfiült. Dieselbe stammt noch aus der 
Zeit, als bei allen amtlichen Schriftstücken der geschraubte Curialstil ge¬ 
bräuchlich war; sie hat jetzt gar keinen Werth, zumal es selbstverständ¬ 
lich ist, dass jeder Arzt, ebenso wie jeder andere anständige Mensch, der 
mit seiner Namensunterschrift etwas bezeugt, dabei nur nach seinem besten 
Wissen handelt. 

„4. Es ist den Agenten strengstens zu untersagen, von den ihnen 
zwecks Uebermittelung an die Direktion übersandten Attesten Einsicht 
zu nehmen. — Andererseits sind die Vertrauensärzte verpflichtet, von 
dem Ergebniss der Untersuchung weder dem Untersuchten, noch dem 
Agenten Mittheilung zu machen. — Auch von der Direktion dürfen Mit- 
theilungen Uber den Inhalt der vertrauensärztlichen Zeugnisse weder dem 
Agenten, noch dem Untersuchten gemacht werden.“ 

Dass vollständige Discretion über das ausgestellte Attest gewahrt 
werden muss, ist eine alte, wohlbegründete Forderung, über deren Nicht¬ 
befolgung namentHch in früheren Zeiten mehrfach geklagt worden ist. 
Der Arzt wird um so unbefangener sein Urtheil abgeben, je sicherer er 
wciss, dass dasselbe nicht zur Kenntniss des Aufzunehmenden kommt, 
dass er also auch bei einer Ablehnung Gehässigkeiten und Verläumdungen 
und sonstigen Schädigungen in seinem Erwerbe nicht ausgesetzt ist, und 
auch für den Abgelehnten ist es in vielen Fällen gut, wenn er nicht er¬ 
fährt; warum sein Antrag nicht angenommen ist. Bei der neuesten Art 
der Lebensversicherung, der sogenannten Volksversicherung, ist in dieser 
Beziehung recht viel gesündigt worden. Da führten oft die Agenten ihre 
Clienten zu jungen Aerzten, bei denen sie eine mangelnde Vertrautheit 
mit den bezüglichen Verhältnissen voraussahen, Hessen in ihrer Gegen¬ 
wart die Untersuchung vornehmen und nahmen die Atteste unverschlossen 
mit, um sie den Directionen zu übergeben — vielleicht auch um bei un¬ 
günstigem Ausfall der Untersuchung noch bei einem anderen Arzte ihr 
Heil zu versuchen. Solchen Missbräuchen wird bei Annahme der vierten 
These und bei dem guten Willen der Gesellschaften, an dem zu zweifeln 
wir keinen Grund haben, für die Zukunft vorgebeugt werden. Denjenigen 
Agenten, die ausschliesslich ihre eigenen geschäftlichen Vortheile im Auge 
haben und denen jede Rücksichtnahme auf die Gesellschaften und die 
Aerzte gleichgültig ist, muss von beiden Theilen ganz scharf auf die 
Finger gesehen werden. 

„5. In Zukunft werden die Lebensversicherungsgesellschaften die 
hausärztlichen Atteste Uber Abgelehnte (abgesehen von den Fällen, in 
welchen der Aussteller des hausärztHchen Attestes verstorben ist) nicht 


mehr austauschen, sondern im Bedarfsfälle die Namen der betreffenden 
Aerzte aufgeben, um dio Wiedereinforderung emes hausärztlichen Attestes 

zu er ^ gl ggg^ geitlg0 Mittheilung der vertrauensftrztlichen Atteste 
kann nicht beanstandet werden.“ 

Es war bisher allgemeine Sitte bei den Versicherungsgesellschaften, 
dass sie die ärztHchen Atteste über einen abgelehnten Candidaten, falls 
dieser in späterer Zeit bei einer anderen Gesellschaft den Antrag auf 
Aufnahme stellte, dieser letzteren auf Erfordern mittheilten. Mau vergass 
dabei einerseits, dass der Antragsteller m dem Aufnahmeformulare nur 
die zuerst angegangene Gesellschaft ermächtigt hatte, über seinen Ge¬ 
sundheitszustand Erkundigungen bei den Aerzten, die ihn behandelt 
hatten oinzuziehen, und dass die Verbreitung von Thatsachen, die der 
Arzt kraft seines Berufes erfahren hatte und zu deren Geheimhaltung er 
allen übrigen gegenüber verpflichtet war, ausser der Gesellschaft, bei der 
er zu der Mittheilung ermächtigt worden ist, einen Conflict mit dem 
Strafgesetze herbeifahren konnte. Man vergass aber auch andererseits, 
dass der Arzt sein Attest nur zum Gebrauche für die eine Gesellschaft 
ausgestellt hatte und dass es ebenso ein unentschuldbarer Missbrauch ist, 
wenn solche Atteste ohne Wissen oder selbst gegen den Willen des 
Ausstellers von einer Hand in die andere wandern, wie wenn Recepte, 
die ein Arzt verschrieben hat, von den Patienten ohne weiteres an andere 
zur beliebigen Benutzung abgegeben werden. Diesem Missbrauche, durch 
welchen sowohl die Antragsteller als auch die Aerzte geschädigt werden, 
muss unter allen Umständen ein Ende gemacht werden, und wir können 
uns deshalb auch nicht mit den beiden Ausnahmen befreunden, die 
in der These erwähnt sind. Ist ein behandelnder Arzt gestorben, 
so muss sich die Gesellschaft ohne sein Attest zn behelfen suchen, 
wie sie es in gleicher Weise wird thun müssen, wenn ersterer infolge 
Verzugs nicht auffindbar ist, oder wenn er es verweigert, überhaupt 
ein Attest auszustellen. Und ebenso wenig wie über irgend em anderes 
hinterlassenos Manuscript eines Arztes ohne weiteres verfügt werden 
darf, ebenso wenig ist es gestattet, seine Atteste zu einem anderen 
Zwecke zu benutzen, als für den sie bestimmt waren. — Auch da¬ 
mit sind wir nicht einverstanden, dass ein Austauschen der vertrauens- 
ärztlichen Atteste in jedem Falle gestattet sein soll, da unseres Erachtens 
nach auch für deren Geheimhaltung dieselben angeführten Gründe sprechen. 
Welche Unzuträglichkeiten ein derartiger Austausch der Atteste mit sich 
bringen kann, erhellt aus dem Schreiben, das der Verein der Aerzte 
Düsseldorfs an den Geschäftsausschuss des deutschen Aerztevereinsbundes 
gerichtet hat (cf. Vereinsblatt, Januar II pro 1893): Ein junger Mann war 
von einer Gesellschaft abgelehnt worden, weü sein Vater an einem chro¬ 
nischen Lungenleiden gestorben war. Der langjährige Hausarzt der ra- 
milie veranlasste den Candidaten, sein Heil bei einer anderen Anstalt zu 
versuchen und theilte derselben mit, dass der Vater, was dem Sonne 
natürlich unbekannt geblieben war, infolge von LungensyphiUs verstorben 
sei, welche er viele Jahre nach der Geburt des Sohnes acqumrt hatte. 
Trotzdem verweigerte auch die zweite Gesellschaft die Aufnahme, nach¬ 
dem sie von den ihr von der ersten übermittelten Attesten Kenntniss 
genommen hatte. . . n 

„6. Honorarsätze. Für das vertrauensärztHche Attest inclusive De¬ 
claration wird im allgemeinen ein Honorarsatz von 10 Mark als ange¬ 
messen erachtet. Derselbe kann bei sogenannten Volks- oder Arbeiter¬ 
versicherungen oder kleinen Versicherungen bis zu 1500 Mark nach 
Maassgabe der örtlichen Verhältnisse und bei abgekürztem Formular aurcii 
Uebereinkunft ermässigt werden.“ . 7 

Mit dieser These können wir ebenfalls nicht übereinstunmen. 
nächst vermissen wir eine neue Festsetzung des Honorarsatzes für die 
hausärztHchen Atteste. In Eisenach im Jahre 1874 wurde (s. oben) oe- 
stimmt, dass für diese Atteste 5 Mark gezahlt werden, oder fr®!® Ver¬ 
einbarungen eintreten sollen. Seitdem ist wohl beiden^ Theilen klar Q e- 
worden, dass die hausärztliohen Atteste dieselbe Wichtigkeit haben, wie 
die Zeugnisse des Vertrauensarztes, oft noch mehr, und die Aerzte liaeen, 
wenn auch eine neue Untersuchung nicht erfordorlich ist, doch die grp 88 ® 
und viole Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchende Mühe, aus inre 
Büchern festzustellen, wie oft, wie lange und mit welchen rolgen ae 
Candidat krank gewesen ist. Für diese Mühewaltung dürfte ein A^Ü 111 " 
valent von 10 Mark angemessen sein. Für ein vertrauensärzüickes Attes 
würden wir den Satz von 12 Mark in Vorschlag bringen. Und was en - 
Hch die sogenannten Volksversicherungen betrifft, die sich dadurch an - 
zeichnen, dass die kleinen Leute für geringe Versicherungssummen v - 
hältnissmässig sehr hohe Prämien zsdilen müssen, so dass die Ucse ’ 
schäften mit ihnen nebenbei gesagt ein ganz gutes Geschäft machen, 
wurde bereits auf dem Aerztetage in Leipzig im Jahre 1892 der p- 
schluss gefasst, dass die Aerzte nicht auf den ihnen für diese Versic - 
rangen offerirten Honorarsatz von 2 Mark eingehen sollen. Da auch m 
Untersuchungen genau gemacht werden müssen und, abgesehen vieuei 
von der fortbleibenden eingehenderen Beschäftigung mit dem Unn 
Candidaten, die Mühe dieselbe ist. wie bei anderen Untersuchung . 
würden wir in Berücksichtigung der geringeren Schreibarbeit für 
etwas abgekürzten Formulare den Satz von 4—5 Mark beantragen. 

Wir kommen zum letzten Vorschläge, welcher lautet: 

„7. Entgegen den Eisenacher Beschlüssen unter I N<3* *, al. u •• 
Indiscretionen der Oeffentlichkeit zu übergeben, wird von Seiten des 
schäftsausschusses des Aerztevereinsbundes eine ständige Lommiss 
niedergesetzt, welche alle streitigen Punkte zwischen Aerzten und beo 
Versicherungsgesellschaften zu behandeln hat.“ . . , ^ 

Es dürfte sich vielleicht empfehlen, in diese Commission 
legirte der Lebensversicherungsgesellschaften mit gleicher HerecnugB 
hineinwählen zu lassen, damit auch der Anschein einer nicht un P. , n 
ischen Beurtheilung etwaiger Streitsachen von vornherein verau 
wird. 


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12. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Deutsches Waarenhaus för Aerzte. 

Der Au sschus8 des Comics zur Errichtung eines deutschen Waaren- 
hauses für Aerzte etc. (Dr. Julius Becher, Dr. Arthur Hartman., 
Dr. C°nr ad Küster) versendet folgendes Rundschreiben: Als vor zwei 
Jahren das erste Project zur Gründung eines medicinischen Waarenhauses 
an uns herantrat, scheiterte dasselbe hauptsächlich daran, dass von den 
zur Gründung zusammengerufenen Collegen keiner die Verantwortung 
übernehmen wollte, die Gesammtheit der Aerzte zur finanziellen Betheili? 
gimg aufzufordern Ein Jahr später sollte die Gründung nach dem kauf- 
männ,sehen Vorschlag mit einer Million Actiencapital vor sich gehe™ doch 
sollten die Aerzte möglichst betheiligt werden. Eine vorlüufige Umfraee 
ergab, dass sich mehr als 3000 Aerzte bereit erklärten, als kaufberechtigte 
Mitglieder beizutreten und mehr als 100 000 Mark Actiencapital gezeichnet 
wurden, ohne dass die Ziele des Unternehmens genauer bekannt waren 
We C , he ? ör ^ scbaft gelben wurde. Während dieser 
Umfrage wurden die von kaufmännischer Seite in Aussicht genommenen 
und m Aussicht gestellten Beiträge immer kleiner 

• von . Seiten der Händler und von einigen durch 

s.e bedrängten Fabrikanten eme Agitation gegen die Gründung eines 
medicinischen Waarenhauses eingeleitet, da sich dieselben auf Grund un¬ 
nötiger \ oraussetzungen in ihrer Existenz bedroht fühlten. Von ärzt- 

fL?iXn W ^ e i ki f rZÜCh ebenfalls ü auf ^und falscher Voraussetzungen 
j Centralanzeiger von Herrn Dr. Lesshaft in Görlitz er¬ 
klärt, dass das Unternehmen nur wenigen Interessenten und Beamten 
Nuteen bringe, aber für den ärztlichen Stand weder erspriesslich noch 
auch seiner würdig sein würde. Herr Dr. Bornträger erwiderte in der 

Ähchen TTn? er f® 8 «Wenn wir bei diesem wirt¬ 

schaftlichen Unternehmen überhaupt ethische Gesichtspunkte gelten lassen 

^A"\ mein ? St e ?, gekehrt geradezu eine EhrenpflkM für 
j?den deutschen Arzt, dasselbe zu fördern als ein Zeichen dass die 
v bIen - in wirtschaftlichen Interessen und thätig 
’ nrihT k< f m ,T- er sel bststendigen Gründung Ausdruck zu gebend 
refreln wiR^c^r^T dei ; Wemen Gewerbtreibenden wird sich durch Maass- 
Le / S p aft m Ansicht nimmt, durch Verbot von Actien- 
U f d Konsumvereinen nicht erreichen lassen. Wenn auch 
dw “T,» des Handwerkerstandes gemütlicher und befriedigen- 
raaa^Sn LT? 81C TT d ° ch sa S en raÜ8sen < dass trotz aller Schutz- 
sÄ «ein wkd ^ Unterstützung der Handwerkerstand nicht im- 
gegen den Fabnkbetrieb durchzuführen. Die 
(^o^^rrenzkam '! ;ir ? ,hscb ? f ^ 1 che Entwicklung und der mit ihr verbundene 
ArhSi^ Pf eigenen Lande und auf dem Weltmärkte verlangt 
r d ^Bildung grosser Associationen; wer versuch! 
unterliegen. St ^ Zeit zu 8chwimmen » wird geschädigt oder wird 

cmischl Ch w d oa e p0litiscb \ Presse hat sick mit der Gründung des medi- 
Oigaae welchft 61 ^^ 68 !, befass . t ’ *? nd waren es besonders conservative 
Koh^r’ der ll r sehr ungünstig darüber aussprachen. Während die 
Officier« m,#? £ vatl ^ en Parteien, aus deren Reihen die Waarenhäuser 
Re£ v fl !f dBeainte hervorgingen, im Reichstag und Landtag von der 
lern zu kaufon ang ^2’ nur J° n dßn Prod ucenten und nicht von den Händ¬ 
en r der en ^gengesetzte Rat ertheilt. Wenn man 

zu kaufen o f ob er es vorzieb t. beim Fabrikanten oder beim Händler 
aus dem ekfarhYn r maastet ? *>. Ant " ort erkalten: beim Fabrikanten, 
der Waare ^nH f" Grajde, da dieser die meiste Garantie für die Güte 

Nebeajaenschen dm R^th' bi#t * t - , Jeder ^ ebt aber seinem 
ZU heben. e ° d6D ^ atb ’ beim Kodier zu kaufen, um den Mittelstand 

hausest*“*• ?** in Aussicht genommene Grfindung des Waaren- 
,S, i ! J .r n,cbt ta?licliar Seite grossere Beihfllfl nur dann zu 
die von ärztlich^ 0nt5 P re J hend0 Vortheile geboten werden, dass aber 
nagende ölt V n Ausßlcht gestellte Unterstützung als eine ge¬ 
lange in’fi 1 Ah» n * , W0rden kann, um das Unternehmen in kleinem Um- 
von Anderen ™ ^ se ? T " werden als Aerzte unabhängig 

Gelegenheit auf f i A ? lndui1 ^ m . dl . e U and nehmen und damit die ganze An- 
Selbsthülfe stellAn lIDSe J er Ansicht nach allein richtigen Standpunkt der 
Aerzten die iw/i, der ^ u , gründenden Actiengesellschaft soll den 
8 ' c h der schweren ^rbehäten bleiben. Die Unteraehmer werden 

Verfügung gestellte e ^ nt w°rtung bewusst bleiben müssen, mit dem zur 
dasselbe möfltw Capit ?, le 80 zu wirthschaften, dass eine Gefahr für 
In einf v au8 g es chlossen ist 

bildet, der für dÜT'^ mlun f Be rüner Collegen wurde ein Ausschuss ge¬ 
ll die An. . Waare , nbaus legende Ziele festeteilte: 

Wirksamkeit ^,_ e j na . cb Jeder Richtung in ihrer medicinischen 
löng zu beratä*»« kbrer wirtschaftlichen und socialen Sfcel- 
2 ) den A tb ? Und za unterstützen; 
währen, stetst, Un ? den ? Publi cum die Möglichkeit zu ge- 
Gegenstände i An preiswerthe medicinische Gebrauchs- 
2) di F h eraad ben; 

brauchsgeffA//] 1 «^ 011 V nd d0 n Handel mit medicinischen Ge- 
^richtuug ?iVT5? en deut8cher Herkunft zu fördern durch 
Station und ei?l'‘£° n ß a ? k ^er»tändigen gebildeten Controll- 
ia nde und naoh «? ^ U8terla gers für den Verkauf nach dem In- 
ad 1 ) re! “ d0 ® Auslande. 

^en dadurch dfaf!? 18 ™? Wirksamkeit der Aerzte kann unterstützt 
•\u8kunft8bureai, wirUf S Waarenhaus als medicinisches und litterarisches 
^b’ges Mitwirkftn I* Was durc b ein bereits in Aussicht gestelltes frei- 
gtechehen kann in^ Blaer grösseren Anzahl insbesondere Berliner Collegen 
soll diw w« rb i n duug mit einer buchhändlerischen Abtheilung, 
^phnrnm^jj^fenhaus eme Untersuchungsstelle bilden für chemi- 
d,e a, d Wunsch^ 6 ’ bact ^ no i 0 gische undmikroskopische Untersuchungen, 
u ma881 gem Preise vorgenommen werden. Die Ein- 


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Verwaltung in den Dienst der Aerzte gestellt werden. ° 

Um die Aerzte in die Lage zu versetzen, auch nichtmedicinische Ge- 

Ite !nfT tände zl ‘ blU .!g e u Weisen und sonstige Vortheile zu erhalten 
ue Anlehnung an das Waarenhaus fnr Baninfn a _ ’ 


brauchs^egenstänae zu billigen Freisen und sonstig, 
ist die .Anlehnung an das Waarenhaus für Beamte in Aussicht genömllmn’ 
ad 2) Duich das Mitwirken von sachverstitodigon Aerzton hei der 
w W Z "i ,ühr ™ de " und . zum Verkauf kommenden GegensWndo 
wd das Waarenhaus die Garantie für die preiswertho Güte der Waaren 
übernehmen und dadurch sowohl den Händlern, insbesondere in der Pre- 
vinz, als auch dem Publicum von Vortheil sein, da das Waarenhaus es 

ArnlT 6 v U g - be b L tra , ChteU Wird ’ m,r zweckmässige und preiswerthe 
Artikel mit seiner Marke zu versehen. Für Artikel, die eine 1 besondere 
Garantie der Güte bieten sollen, kann eine Primamarke eingeführt werden 
j J, keines ™^ m Aussicht genommen, die berechtigten Interessen 
der Händler zu schädigen, es soll denselben im Gegentheil Gelegenheit 
gegeben werden durch Vermittelung des Waarenhauses zweckmässige 
und gute Verkaufsgegenstände zu erhalten unter Wahrung der Interessen 
der kaufberechtigten Mitglieder des Waarenhauses. 

Die Redaktion des ärztlichen Centralanzeigers leitet eine ihr von 
emenii Instrumentenmacher zugegangene Einsendung über die Gründune- 
des Waarenhauses mit der Anschauung ein, dass die Entwicklung der 
chirurgischen mstrumentellen und maschinellen Technik, die bei dom 
heutigen \ erliältniss zwischen Arzt und Techniker einen so hohen Auf¬ 
schwung genommen habe, bei der Neuordnung der Dinge durch das 
Waarenhaus zweifellos in Gefahr sei, ins Stocken zu gerathen, was vom 
ärztlichen Standpunkte bezüglich der Heilerfolge ganz besonders lebhaft 
zu bedauern wäre. 

Wiir bedauern, dieser Anschauung nicht beitreten zu können. Ein 
grosser Theil unserer medicinischen Bedarfsartikel wird nicht von den 
Instrumentenmachern angefertigt, sondern in Specialfabriken. Mit der 
fabnkmässigen Herstellung wurden die meisten Artikel gleiehmässiger 
und besser, einzelne auch schlechter hergestellt als früher von den Instru¬ 
mentenmachern, jedenfalls wurden sie bedeutend billiger. Die Instru¬ 
mentenmacher vermitteln den Verkehr zwischen den ärztlichen Anfor¬ 
derungen und den Fabrikanten. Wenn wir imstande wären, mit den 
Fabrikanten direkt zu verkehren, würden manche unserer Instrumente 
besser und vollkommener fabricirt werden können, und würde dadurch 
die deutsche Industrie gefördert. Durch den Verband der chirurgischen 
Instrumentenmacher wurde den Fabrikanten der Verkehr mit uns Aerzten 
unmöglich gemacht und wurde dadurch „das segensreiche Zusammen¬ 
wirken zwischen Wissenschaft und Technik“ von Seiten der Instrumenten¬ 
macher gestört. 

Als eine ungesunde Grundlage unseres Instrumentenhandeis ist es 
zu betrachten, dass die Händler stets bestrebt sind, bei uns Aerzten den 
Anschein zu erwecken, als ob sic die mit ihrem Stempel versehenen 
Waaren selbst angefertigt hätten und dass sie die Fabrikanten dadurch 
hindern, mit eigenen Fabrikaten vor uns zu treten. So enthält das 
Correspondenzblatt des Universalvereins der Verfertiger chirurgischer In¬ 
strumente die einem Fabrikanten gegenüber von Seiten des General¬ 
sekretärs des Vereins Herrn Tascb gethane Aousserung: „Wenn Sie 
mir Sachen schicken, auf denen Ihr Stempel steht, so schicke ich sie 
Ihnen wieder, ich verlange die Sachen ohne Stempel“. 

Dass auch die Instrumentenmacher manche Artikel selbst herstellen. 
manches Neue und Werthvolle liefere durch ihre Verbindung mit Aerzten, 
liegt uns fern zu bezweifeln, der Bezug aus Fabriken ist aber für sie 
billiger und bequemer. Es wurde auf dem Congress der Instrumenten¬ 
macher (1892) auch der Vorschlag gemacht, die Instrumentenmachor 
möchten sich wieder selbst mehr mit der Herstellung befassen, es möchte 
jeder einzelne Artikel unfertigen und jeder den andern unterstützen. Es 
wurde allerdings auch erwähnt, dass keiner dem andern etwas gönne und 
dass daran die Sache scheitern werde. Durch die Verbindung derjenigen 
Instrumentenmacher, welche selbst arbeiten und selbst Werkstätten be¬ 
sitzen, mit dem medicinischen Waarenhaus, würde denselben ein grösserer 
Absatz gesichert werden, und könnte gerade dadurch der Stand der 
produzirenden Instrumentenmacher gefördert werden. Der einzelne kleine 
Instrumentenmacher dürfte mir mit grossen Kosten in der Lage sein, 
mit neuen Artikeln einen grossen Absatz zu erzielen. Das medicinische 
Waarenhaus könnte bei gegenseitigem Entgegenkommen als Centralstelle 
für die Instrumentenmacher dienen, nachdem dieselben nicht imstande 
gewesen sind, sich eine solche selbst zu schaßen. 

Da das Waarenhaus keine Erwerbsgesellschaft darstellt, die aul Er¬ 
reichung eines möglichst hohen Gewinnes ausgeht, sondern als gemein¬ 
nütziges Unternehmen zu betrachten ist, dürften die Vermittelungskosten 
geringer werden, als bei anderen kaufmännischen Unternehmungen. 

ad 3) Was die Förderung der Fabrikation und des Handels mit 
medicinischen Gebrauchsgegenständen deutscher Herkunft betrifft, so ist 
bekannt, dass in Deutschland noch recht viele medicinische Gehrauchsgegen¬ 
stände vom Auslande bezogen werden. Wir führen als Beispiel nur an; 
anatomische Präparate aus Frankreich, die theilweise nicht einmal in 
Frankreich selbst hergestellt sind, Augeninstrumente aus Paris, die dort, 
meist von Deutschen angefertigt werden, Bougieartikel, gleichfalls aus 
Frankreich, chirurgische Instrumente, Messer, Instrumente zur Stein- 
zerfcrtimmerung, Spritzen, auch Gummiartikel aus England. Znhuinstrumente 
aus Amerika und England. 

Sollten sich diese Gegenstände nicht auch in Deutschland in der¬ 
selben Güte anfertigen lassen? Mit Hülfe einer fortgesetzten Controlh“ 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


an die Produ- 


vor- 
unterstützt 


durch Sachverständige, durch Mittheilung der Ansprüche 
yZ ten dürfte sich die nöthige VoUkommenheit nicht allzusc ^ 
reichen lassen. Wenn wir nicht mehr genöthigt sind, unsere Gebiauchs- 
«reuenstände aus dom Auslande zu beziehen, wird auch das Ansehen dei 
Tn Deutschland verfertigten Artikel steigen und dadurch der Export günstig 

beeinfluss darauf ausgehen, durch Verbmdimg mit den 
Erlindern und mit Sachverständigen unter semen Yerkaufsgegenständen 
und in seinem Musterlager nur die brauchbarsten Artikel v?n guter Be¬ 
schaffenheit zu führen. Die Herstellung derselben wird Sache der In¬ 
dustrie sein, in deren eigenem Interesse die Verbindung mit dem W^ren- 
hause liegen dürfte. Was den Export betrifft, so stehen dem zu grün¬ 
denden Waarenhause bereits zuverlässige Verbindungen m Aussicht. 

Unter solchen Verhältnissen glaubt das Waarenhaus auf che Unter¬ 
stützung von solchen Industriellen und Händlern rechnen zu dürfen denen 
es um die Herstellung und den Verkauf von besten Waaren zu thun ist 
' Wann und in welchem Umfang die vorstehend geschilderten Ziele 
zu erreichen sind, hängt in erster Linie von dem Mitwirken und von der 
Unterstützung der deutschen Aerzte und der Gewerbetreibenden ab. Da s 
Waarenhaus erwartet von den deutschen Aerzten Unterstützung durch 
Betheiligung an der Gründung, durch Betheihgung am direkten «nd in¬ 
direkt^ Verkauf, durch Beaufsichtigung und Rathertheilung, durch Mit¬ 
theilung von neuen Ideen und Erfindungen, und wird seinerseits bemüht 
sein nach Kräften alle ärztlichen Interessen zu wahren und zu fördern. 

’ Unter den kaufberechtigten Mitgliedern, welche sich bereits auf das 
vorjährige Rundschreiben gemeldet haben, befindet sich eine grosse An¬ 
zahl von Universitätsprofessoren und Krankenhausärzten, ebenso haben 
mit Gewerbetreibenden erfolgreiche Unterhandlungen stattgefunden, so 
dass das Gelingen des Unternehmens gesichert erschemt. Mit dem 
Universal-Verein der Verfertiger chirurgischer Instrumente etc. wurden 
Verhandlungen eingeleitet. . , . _ . , . . , ,, 

Die für Anfang dieses Jahres beabsichtigte Gründung hat sich wohl 
nicht zum Nachtheil des Unternehmens verzögert, dieselbe wird nunmehr 
Ende April stattfinden. Die Einzahlungen, 25% des gezeichneten Aktien¬ 
betrages, werden dann stattfinden müssen. Mittheiiungen aller Art werden 
an das Bureau des medicinischen Waarenhauses, Brüderstrasse 5, schon 
jetzt erbeten. Am 1. Juli soll das Unternehmen ins Leben treten, 
erst in kleinem Umfange; sobald sich zeigt, dass es allseitig 
wird, wird die Erweiterung eintreten. 

_ Gemeinhin nimmt man an, dass vor Gericht die Ausübiing des 

ärztlichen Berufes als gewerbliche Thätigkeit betrachtet wird, weil 
die staatliche Ordnung der ärztlichen Dinge in der Gewerbeordnung Platz ge¬ 
funden hat. Dieser Anschauung widerspricht eine Entscheidung des ersten 
Senates des Ober-Verwaltungsgerichtes in Berlin, die im Aerztlichen 
Centralanzeiger raitgetheilt wird. Ein Arzt, der seinen Wohnsitz in einem 
Vororte von Berlin hat, in Berlin aber eine Klinik unterhält, wurde in 
Berlin zur Gewerbesteuer herangezogen. Auf seinen Einspruch kam die 
Angelegenheit vor das Ober-Verwaltungsgericht. In dem Erkenntnisse 
dieses heisst es: „die ärztliche Thätigkeit sei eine gewinnbringende, aber 
nicht gewerbliche“. _ 

— Der Verein zur Einführung freier Arztwahl in Berlin hat 
folgende Anträge angenommen: Es ist unstatthaft, dass Aerzte den 
Hebammen dafür, dass sie von ihnen zu Geburten gerufen werden, Geld¬ 
geschenke machen.“ Ferner: „Die Aerztekammer ist aufzufordem, zu 
untersuchen, oh es zweckmässig und der Würde des ärztlichen Standes 
entsprechend sei, wenn die unter staatlicher Aufsicht stehenden Universitäts¬ 
kliniken den Hebammen für Nachweis einer Geburt eine Prämie von drei 
Mark zahlen.“ - 

— Aus den Verhandlungen der am 6. dieses Monats stattgehabten 
ersten ausserordentlichen Hauptversammlung der durch den Rechts- 
schutzverein Berliner Aerzte neu begründeten Sterbekasse Berliner 
Aerzte dürften folgende Daten von allgemeinem Interesse für die be¬ 
theiligten Kreise sein. Der Rechtsschutzverein Berliner Aerzte hat als 
Grundstock für die Sterbekasse 8000 Mark bewilligt. Die Satzungen 
haben die Genehmigung des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg 
gefunden. Die Sterbekasse wird mit circa 160 Mitgliedern ins Leben 
treten. Der Geheime Sanitätsrath Dr. Slawezynski hat als erstes 
Ehrenmitglied einen einmaligen Beitrag von 500 Mark gespendet. In den 
Vorstand gewählt wurden die Herren Dr. Reinsdorf (I. Vorsitzender), 
Dr. S. Davidsohn (II. Vorsitzender), Dr. Vogelreuter (Schriftführer), 
Dr. Solger (Rendant), Dr. Sand, Dr. Lissa und Dr. Brussatis. Das 
Bureau der Sterbekasse befindet sich Adlerstrasse 12, I. Mitglied der 
Sterbekasse kann jeder Arzt in Berlin oder in den benachbarten Vororten 
werden, welcher das 60. Lebensjahr nicht überschritten hat und mit keinem 
Leiden behaftet ist, welches ein baldiges Ableben erwarten lässt. Ehren¬ 
mitglieder werden diejenighn Aerzte, welche einen einmaligen Beitrag von 
mindestens 300 Mark zahlen. Die Verwaltung der Kasse unterliegt der 
Oberaufsicht des Staates. Die Beiträge sind feststehend und erhöhen sich 
nicht im Laufe der Jahre, sie betragen je nach den Altersstufen von 30 
bis 60 Jahren 8 bis 25 Mark. 

— Die Frage der Blutvergiftung, die besonders für Aerzte infolge 
ihres Berufs von grösster Bedeutung ist, hat bei den Unfallversicherungs¬ 
gesellschaften hinsichtlich des Einschlusses derselben in die Unfall¬ 
versicherung bisher recht verschiedene Auffassung gefunden. Während 
die meisten Gesellschaften Blutvergiftungen nur dann als entschädigungs¬ 
pflichtig ansehen, wenn sie infolge solcher äusseren Verletzungen 
entstanden sind, dio an sich als Unfall angesehen werden müssen (zum 
Beispiel unfreiwilliger Schnitt mit einem Instrument und daraus folgender 
Blutvergiftung), haben die beiden grössten deutschen Unfallversicherungs- 


Gesellschaften, die Victoria zu Berlin und die Kölnische Unfall-Ver- 
sicherungs-Actien-Gosellschaft zu Köln, schon längst Blutvergiftungeu 
infolge äusserer Verletzungen schlechthin als entschädigungspflichtig 
angesehen. Hiermit sind auch die durchaus nicht seltenen Blutver¬ 
giftungen als Unfälle anerkannt, welche zum Beispiel infolge aufge¬ 
sprungener Hände eintreten. Um jeden Zweifel über diese Frage auszu- 
schliessen, haben sich beide Gesellschaften neuerdings bereit erklärt, ihren 
Aerzteunfallversicherungspolicen noch eine besondere Klausel anzufügen, 
welche besagt, dass unter der fraglichen „äusseren Verletzung jede unbe¬ 
deutende Hautverletzung, Schramme oder Schrunde, gleichviel aus welcher 
Ursache dieselbe entstanden sein möge“, verstanden sein soll. Damit ist 
dem Bedürfnisse des ärztlichen Standes in der ^r fraglichen Richtung 
durchaus Genüge geleistet.__ 

XII. Therapeutisclie Mittheiiungen. 

Die ResorptionsfÄhigkeit der Haut für Lösungen von 
Jodoform und Kreosot in Vasogen. 

Von Dr. Max Dahmen in Crefeld. 

In seinem Aufsatze über die Resorption von Jodoform (No. 48, 1893 
dieser Wochenschrift) kommt Müller auf Grund seiner Versuche zu dem 
Resultat, die Behauptung Harnack’s, dass die zur Untersuchung des 
Harns verwendeten Reagentien das Jod nur aus den Jodsalzen frei machen, 
während das in organischen Verbindungen im Ham enthaltene Jod erst 
durch Veraschung nachweisbar gemacht werden könne, sei hinfällig, über¬ 
sieht aber dabei, dass der Versuch, den er machte, indem er rauchende 
Salpetersäure auf mit Wasser angefeuchtetes Jodoform giesst, mit der 
Untersuchung eines Harns auf Jodverbindungen, worauf sich Harnack s 
Behauptung bezieht, nicht verglichen werden kann. Von der Richtigkeit 
derselben kann man sich leicht durch folgenden Versuch überzeugen. 
Man schüttelt 10 oder 15 ccm Urin oder Wasser im Reagensglase mit 
einer kleinen Messerspitze Jodoformpulvers, so dass dieses fein ver¬ 
theilt ist, setzt 1 ccm Chlorwasser oder 10 Tropfen rauchender Sal¬ 
petersäure zu und schüttelt mit Chloroform aus. Man erhält keine bpur 
einer Jodreaction. Dann setzt man einige Tropfen einer Jodkahumlösung 
zu den Gemischen und schüttelt wieder. Alsdann zeigt das Chloroform 
sofort die charakteristische Färbung. Wenn ich dagegen wie Müller 
rauchende Salpetersäure auf mit Wasser angefeuchtetes Jodoform giesse, 
so wird natürlich sofort das ganze Jodoformmolekül zerstört wie jede 

organische Substanz, selbst Cellulose. Es zerfällt in Wasser, Ivo e 
(Kohlensäure) und Jod. Die gleiche Zersetzung tritt ein durch Einwirkung 
von starkem Chlorwasser oder Chlorgas. — Ich hatte bei den Unter¬ 
suchungen über das Resorptionsvermögen der Haut für die von Dr. Bayer 
(Brüssel) in No. 39, 1893 dieser Wochenschrift besprochenen Vasogene 
Gelegenheit, den Harnack’sehen Satz nach allen Richtungen hm zu 

^ Wenn nämlich, wie angenommen wird, die Klever’sehen Vasogene 
durch Einreiben in die äussere Haut in den Körper dringen, so muss sich 
z. B. nach dem Einreiben mit Jodoformvasogen das Jod im Ham nacn- 
weisen lassen. Um dies festzustellen, habe ich am eigenen Körper den 
Versuch gemacht und den Urin innerhalb 30 Stunden aufgefangen. Jede 
Urinmenge wurde für sich zur Trockene abgedampft, der Rückstand ge¬ 
glüht, dann mit wenig Wasser ausgekocht, dieses Filtrat im Reagensglase 
mit einigenTropfen rauchender Salpetersäure versetzt und mit °ro* 
form ausgeschüttelt. Die Einreibungen erfolgten morgens um ujd *n 
selben Tage um 3 Uhr nachmittags. Eingerieben wurde Brust und wa > 
mit zweimal 20 g des lV» 0 / 0 igen Jodoformvasogens. Das Resuitat ge¬ 
staltete sich folgendermaassen: Der um 3 Uhr an dem betreffenden lag 
gelassene Urin war noch frei von Jod. Der um 7 Uhr gelassene 
rHfl Arsfp.n SmirfiTi_ Ferner war iodhaltisr der Urin von 8 , /a und li 


die ersten Spuren. Ferner war jodhaltig der Urin von 
abends sowie derjenige von 10 Uhr am folgenden Morgen. Dagegen 
der vom zweiten Abend 9 Uhr wieder jodfrei. Es war also das J< >a 
folgenden Morgen bis 10 Uhr, also innerhalb 22 Stunden ausgescni 
worden. Bemerkt sei noch, dass das subjective Allgemeinbefinden 
sehr schlechtes war. . , . .. 

Bei einem Falle einer tuberkulösen Fistel, die nach einmaliger 
spritzung mit Jodoformvasogen vollständig zuheilte, liess sich ene 
nach genannter Methode Jod reichlich im Harn nach weisen. Alle eure 
Untersuchungen des Urins verliefen resultatlos. _ ol . , 

Bayer behandelt hochgradige Phthisiker mit (20°/oigen) . 

vasogeneinreibungen mit grossem Erfolg, und da auch <ue im tu S 
Krankenhause mit Kreosotvasogen extern behandelten Phthisixer 
stimmig behaupteten, dass bald nach dem Einreiben die Schmerzen 
Brust verschwänden, so musste, wenn man nicht gezwungen sein s i 
dem Kreosot jede Bedeutung hierbei von vornherein abzusprechen, 
selbe in den Körper eindringen und sich im Harn nachweisen lassen, 
nicht getäuscht zu werden, säuerte ich den Harn mit Salzsäure an, 
stillirte 20 ccm ab und nahm erst mit dem Destillat die Reactaone. • 

Da sich im Ham von Phthisikern Phenole als pathologische Bestan 
vorfinden können, so wurde der Ham nach den Einreibungen n 
untersucht, wenn er vor denselben frei von Phenolen war. j^s 
sich jedoch regelmässig reichlich Phenole schon nach zweimalige 
reibungen vor. Nachdem dieselben etwa 14 Tage fortgesetzt , 
waren, untersuchte ich einen Harn wieder und fand ihn nunmehr g ,. 
frei von Phenolen. Dieser Befund ist deshalh von Bedeutung, V . . ,, .. 
durch der eventuelle Einwurf übermässiger Skeptiker und pnn P 
Opponenten, dass bei den ersten Untersuchungen das Kreosot _ „ 

reiben stark verdunstet und durch die Respirationsorgane m den , J Äun 
der Säfte gelangt sein könne, hinfällig wird — es hätten sich ja 
nach 14 Tagen auch wieder Phenole im Harn voxfinden müssen 
feraer beweist die Thatsache, dass das continuirliohe Einreiben mit jvt 


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12. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


351 


vasogen zwecklos ist. Die Haut wird durch das Kreosot, wie man sich 
leicht überzeugen kann, vollständig pergaraentartig. Es ist also noth- 
wendig. das Kreosotvasogen nach dem jedesmaligen Einroiben sorgsam 
mit Wasser wieder abzuwaschen. Jedenfalls ist die externe Be- 
iiandlungsweise in den Fällen von Phthise, in denen von jeder inneren 
Medication abgesehen werden muss, von grosser Bedeutung. Ob nun 
durch das Einreiben entstandene Continuitätstrennungen der Haut den 
Durchtritt des Medicaments gestatten, oder die intacto Haut für die Vaso- 
gene permeabel ist, kommt für die Praxis nicht in Betracht. Es liegt 
eben die Thatsache vor. dass das Yasogen mit den Medikamenten durch 
Einreiben in die Haut dem Körper einverleibt werden kann, woraus die 
überaus günstigen Erfolge erklärt werden können, ln weitaus grösserem 
Maasse wirken natürlich die Vasogene, wenn sie auf Schleimhäute oder 
Wunden applicirt werden. Es möge hierüber ein Bericht des Herrn 
Dr. Hollstein (Porz n. Rh.) folgen. 

Das Kleverische Jodoformvasogen ist ein ausgezeichnetes Ver¬ 
narbungsmittel sowohl bei oberflächlichen Wunden, als auch bei tieferen Ul- 
oerationen, und scheint insbesondere eine geradezu specifische Wirkung auf 
Unterschenkelgeschwiire zu haben. Bei vier Fällen von Ulcera cruris 
trat Heilung innerhalb eines Zeitraumes ein, in welchem durch andere ge¬ 
bräuchliche Mittel wohl kaum eine wesentliche Besserung erzielt wird. 
Ausserdem gestattet die Anwendung des Vasogens bei leichten und mittel- 
schweren Fällen das Umhergehen. Die Wundfläche wird in ganzer Aus¬ 
dehnung mit diesem Oel bedeckt, auf diese mit Oel getränkte Jodoform¬ 
gaze und darüber Guttaperchapapier und Watte, oder diese allein gelegt. 
Der Verband wird zwei- bis dreimal täglich erneuert. Das Vasogen 
reinigt schnell die Wundflfiche. bildet schöne Granulationen und baldige 
Ueberhäutung. Die Narbe ist fest und dauerhaft. Es vereinigt alle Vor¬ 
züge des Jodoforms und Ubertrifft es noch durch seine Granulation be¬ 
fördernde Eigenschaft und fast völlige Geruchlosigkeit. Ausserdem kann 
ich noch seine ausserordentlich günstige Beeinflussung auf Fisteln (siehe 
oben) hervorheben. Es ist ein Vernarbungsmittel ersten Ranges. 

Das Kleverische Kreosotvasogen wirkte sehr günstig bei einer 
Anzahl geschwollener, meist tuberkulöser Lymphdrüsen. Während die¬ 
selben bei Anwendung von Unguentum cinereum oder Jodoformsalbe 
durckzubrecheu pflegen oder einen chirurgischen Eingriff nöthig machen, 
ging in mehreren Fällen, selbst mit ausgesprochener Tendenz zur Eiterung, 
der Process durch mehrmalige tägliche Einreibung mit dem Kreosotvasogen 
völlig zurück, durch welche Behandlung manches Kind vor entstellenden 
Narben bewahrt bleiben kann. 

Weiteres über meine Sonde zur Behandlnng von 
Oesophogusstenosen. 

Von Dr. Ed. Reich mann in Elberfeld. 


sie besser durchging). In der Zwischenzeit zwischen den angegebenen Tagen 
war nicht sondirt worden. — Kurz nachher verreiste ich für einige Zeit, und 
nach meiner Rückkehr hat sich Patient leider nicht wieder vorgestellt. 

Also bei der vierten Sitzung konnte eine Sonde angewandt werden 
mit IV 2 mm stärkerem Durchmesser, nach weiterer neunmaliger An¬ 
wendung, immer in Zwischenräumen von einigen (zwei bis sechs) Tagen, 
abermals eine um l'/a mm stärkere Sonde. Bedenkt man weiter, dass 
Patient bereits vorher mit Sondirungen behandelt worden war, ohne 
nennenswerten Erfolg, so glaube ich, dass doch gerade dieser Fall deut¬ 
lich beweist, dass meine Sonde das leistet, was man füglich von ihr ver¬ 
langen kann. Der von Schreiber gemachte Vorwurf der „durchaus un¬ 
zweckmässigen Verwerthung von comprimirter Luft“ dürfte damit wohl 
widerlegt sein; und wenn Schreiber sagt: „dass derlei nicht zum Ziele 
führe, davon habe er sich vielfach überzeugen können“, so kann sich 
diesor Ausspruch nur dadurch erklären, dass er comprimirte Luft nicht in 
der Weise angewandt hat, wie ich es für richtig erprobt und in meiner 
früheren Abhandlung 1 ) beschrieben habe. 

Ich möchte daher über diese Anwendung nochmals einige kurze An¬ 
gaben machen: Die Sonde wird wie eine gewöhnliche in den Oesophagus 
eingeführt, wobei man den Beginn der Stenose bekanntlich deutlich fühlt; 
man führt sie nun so weit ein, dass der Kautschukmantel sich gRnz in 
der stenosirten Stelle befindet. Bei auch nur geringer Uebung wird man 
das leicht bewirken können, worauf dann nicht zu befürchten ist, dass, 
wie Schreiber tadelt, „die Blähung der elastischen Membran eventuell 
lediglich über, nicht iu der Stenose erfolgt“. 3 ) Ich habe übrigens darauf 
selbst schon 1. c. hingewiesen. Zu beachten ist. dass vor der Einführung 
die Sonde, speciell der Kautschukmantel, gut geölt wird, da das Einführen 
in die Stenose sonst durch Faltenbildung im Kautschuk etc. erschwert, 
wenn nicht ganz unmöglich wird. Der notwendige Druck erfolgt dann 
durch Compression des mit Netz umgebenen Ballons des Gebläses, der 
zu dem Zwecke vorher ein wenig aufgebläht wurde. Eine vollständige 
Aufblähung dieses Ballons ist nicht notwendig (wie ich zuerst an¬ 
nahm), ist eher sogar hinderlich, da alsdann der Ballon nicht so gut zu 
umfassen ist. 

Man wird auf diese Weise mehr oder weniger stark einwirken, je 
nach Bedarf; jedenfalls hat man es in der Hand, einen doch recht starken 
Druck ausüben zu können. Von letzterem kann man sich leicht über¬ 
zeugen, wenn man den Kautschukmantel der Sonde mit einer Hand fest 
umschliesst und mit der anderen Hand kräftig den Ballon comprimirt. 

Auf das Verhältnis meiner Sonde zu der von Schreiber ange¬ 
gebenen gehe ich nicht weiter ein, jedenfalls glaube ich das sagen zu 
dürfen, dass für die Zwecke des praktischen Arztes meine Sonde, weil 
sehr einfach zu handhaben, mehr passen dürfte und, wie ich oben aus¬ 
geführt habe, auch vollkommen genügen wird. 


In hinein in Königsberg gehaltenen Vortrage „Zur Behandlung der 
Oesophagusstenosen“, referirt in der Deutschen medicinischen Wochen¬ 
schrift No. 7, bespricht Schreiber auch die von mir angegebene Dilatations¬ 
sonde. und zwar in sehr abfälliger Weise. Ich gestatte mir, hierauf 
einige Worte zu erwidern: 

Zunächst spricht Schreib er von „constructiven Fehlern“, ohne 
(wenigstens im Referat) näher anzugeben, was damit gemeint ist; ich kann 
infolgedessen auch nicht darauf antworten. Weiterhin behauptet er. die 
: erwerthung comprimirter Luft sei durchaus unzweckmässig, und schliess¬ 
lich wirft er mir vor, ich „hätte mich begnügt, meine Sonde zu empfehlen 
nach mehrfacher Anwendung bei einem einzigen Krankim“. Was nun 
zunächst das letztere angeht, so halte ich den" hierin liegenden Vorwurf 
der ungenügenden Prüfung für nicht berechtigt. Wenn ich auch damals 
allerdings keine Gelegenheit hatte, an weiteren Kranken die Sonde anzu¬ 
wenden. so brauchte ich es doch nicht für voreilig zu halten, wenn ich 
die rublication schon sogleich folgen liess. Die Sonde sollte und soll eben 
nur den Zweck haben, auf Stenosen allmählich und in schonender Weise 
dilatirend einzuwirken, was erreicht werden soll durch Aufblähung des 
unteren Theilos nach (vollständigem) Einführen desselben in die Stenose. 
- lusste dies nach theoretischer Ueberlegung durch die angegebene einfache 
onstmetion erreicht werden können, so sah ich meine Ansicht bestätigt, 
und zwar hinlänglich bestätigt bei der praktischen Anwendung: Die durch 
'-arcinom verursachte Stenose erwies sich nach Anwendung der Dilatations- 
a e * ne gewöhnliche starre Sonde deutlich besser durchgängig als 
n ° n r . der Anwendung, eine dilatirende Einwirkung war also zu constatiren, 

mehr erwartete ich ja nicht von meiner Sonde, 
üh 1 wurde ich später von der Richtigkeit meiner Ansicht 

erzeugt bei der Behandlung eines Falles von Narbenstenose, den ich 
kurz hier mittheilen will: 

sehen '"^ ätlrige Arbeiter Anton W. trank im Januar 1893 aus Ver¬ 
kam ' em o ,f ^ zen( ^ e Flüssigkeit“ (genaueres kann er nicht angeben) und 
handli am September mit ziemlich enger Narbenstenosc in meine Be¬ 
warb ,nac ^ em ® r vorher schon mit Sondirungen behandelt worden 
eine 13 £ e wöhnliche starre Sonde von 5 mm Durchmesser ging durch, 
tation«« Aus ^ usser ßü Gründen konnte ich mit meiner Dila- 

von o ® rst am 24- September beginnen, und zwar mit einer solchen 
Am 1 Tw , Selbige wandte ich an am 24.. 27. und 29. September, 
eine d.| fr konnte ich auch, wenngleich erst nach einigen Versuchen, 
braue)«» C o° n - 7 i3 mm Stärke durchbringen. Letztere wurde jetzt ge- 
Am 29 (ui ü '\ 7 '* 9,1 24 Gctober (stete je eine Sitzung), 

zuerst nicht a ^ onQte ^ notiren: „Dilatationssonde von 9 mm geht 
nochmal« 01 w* 1 ’ nac ) 1 Anwendung derjenigen von 7 l / 2 nun wird sie 
sofort dn'h r k UCht i UT1 ^.j etz ^ durchgebracht.“ Letzteres gelang zwar nicht 
phagus zii ?r üehte S° n do nicht vorher wieder aus dem Oeso- 

3. Kovemi en i fem ® n etwa dann zum zweiten male einzuführen. Am 
zuerst inrrnL ich die stärkere Sonde durch, ohne die schwächere 

® ancl t zu haben, ebenso am 11. November (an welchem Tage 


— Antiseptische Mundperlen. Dr. Alexander Szana in Temesvar 
empfiehlt als eine neue Methode, die Mund- und Rachenhöhle 
zu desinficiren, an Stello des Gurgelns das Desinficiens in eine con- 
sistente. jedoch im Speichel sich lösende Masse gebracht, in die Mund¬ 
höhle zu geben. Dabei kommen die in der Grimdmasse gleiehmässig 
vertheilten Partikelchen des Desinficiens nur succcssiv in allerkleinster 
Menge und längere Zeit hindurch in Berühruug mit der zu desinficirenden 
Fläche der Mundhöhle, und wirken gelegentlich des Hinabschluckens auch 
desinfieirend auf die Schleimhaut des Rachens. Diesen Anforderungen 
entsprechen die von P. Radlauer in Berlin hergestellten antiseptischen 
Mundperlen, eine Combination von Thymol, Saccharin. Menthol. Euca- 
lyptol. Vanillin und ätherischen Gelen, die durch ein besonderes Ver¬ 
fahren in Zuckerkügelchenform gebracht werden. Man nimmt mehrere 
(2—4) dieser Kügelchen in den Mund, lässt sie langsam zergehen und 
schluckt sie herunter. Die Kügelchen erscheinen durch ihre leichte An¬ 
wendbarkeit und den angenehmen Geschmack besonders auch für die 

Kinderprnxis geeignet. - 

— Wflrfeleis. Trennt man ein Eisstück in zwei Hälften und legt 
beide wieder aneinander, so frieren sie bei einer Temperatur unter 0° so¬ 
fort zusammen, so dass eine Trennung an derselben Stelle unmöglich ist. 
Bringt man das Eisstück aber auf kurze Zeit wieder in Wärme, so gelingt 
jetzt die Spaltung in der früheren Trennungsfläche mit der allergrüsston 
Leichtigkeit, Diese Thatsache hat van der Weyde benutzt, um grosse 
Würfel chemisch reinen Kunsteises maschinell in zahlreiche kleine Würfel 
zu zerlegen und wieder zusammenfriereu zu lassen. Bringt man einen 
solchen grossen Würfel ins Wasser, so lassen sich mit der Spitze eines 
Federmessers auf das leichteste und reinlichste die einzelnen kleinen 
Würfel abtrennen. Die kleinen Würfel haben ein sehr appetitliches und 
elegantes Aussehen. Jeder Eisverlust durch Splitterung und unbequeme 
Form der Stücke fällt weg. Die Eismenge lässt sich sehr leicht und 
sicher dosiren, zugleich bietet jedes einzelne Eisstückchen durch seine 
vollkommene Würfelgestalt die Garantie, dass es aus reinem Kunsteis 
besteht. Um diese Garantie noch zu erhöhen, ward jedem kleinsten 
Würfel ein Fabrikzeichen, z. B. ein Stern eingepresst, und man sieht 
jedem grossen Würfel sehon an seinen Trennungslinien und den dureh- 
schimmemden Sternen an, dass er durchweg aus garantirt reinem Kunst¬ 
eis besteht. Es werden grosse Würfel von 15—30 Pfund hergestellt, von 
denen jeder sich in 512 kleine von etwa 15—30 g zerlegen lässt, (The 
Lancet 1894, No. 3676, p. 366, 367.) 


») Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 33. 

3 ) Wenn bei nicht genügender Einführung eine solche Blähung über 
,r Stenose, also an mehr nachgiebiger Stelle erfolgt, so fühlt die eompri- 
irende Hand dieses sofort. Das Kautschuk erleidet nämlich alsdann 
i C en des mangelnden Widerstandes bei versuchter stärkerer Compression 
ötzlich Ueberaehnung, die sich als plötzliche Druckschwankung dem 
hl« kund riebt. 


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Original frn-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15 


vttt Kleine Mittheilungen. 

Rrnwn.tiitaiiiird + Einer der letzten ruhmreichen Veteranen 
der alten französischen Physiologenschule Magendie'sistmdmam 

?•* M - 

Eltern stemmend (1818 auf der Insel M » uritiu . s . S e fc >re 1 n) ’ d st ^ r 'pränkreFch 
lebte in Tr Folge abwechselnd in Nordamerika England ™ d 

GlautTe ITernard ÄÄTÄ 

College de France. Die zahllosen, sich über ein halbes Jahrhimderter 

steeckenden Arbeiten des Verstorbenen, 

und wichtigeren Werke, die theils in kM«. 

Sprache erschienen, namhaft zu machen ist an dieser Stelle ^ 

auch seiner ausgebreiteten journalistischen Thatigkeit für das iöoö 
ihm begründete Journal de la Physiologie, die seit 18 f 

Charcot und Yulpian herausgegebenen Archives de phjsiologie normale 
efc lX oäque und die Archives" of scientific and practical medicme and 
surgery m^ nur andeutungsweise gedacht werden. Brown-Sequard s 
Verdienste auf dem Gebiete der Nervenplivsiolo^ie und 1 atholope. wenn 
auch im Einzelnen vielfach nicht unbestritten, sind sicherlich ^ross und 
bleibend genug, um auch über die ein unerfreuliches Aufsehen erregenden 
Dinae dfe sich in den letzten Jahren mit seinem Namen verknüpften, 
ein "schonendes Urtheil zu gestatten. Die Nervenpathoiogie zuraal wird dem 
um die Lehre von den Lähmungen und Krämpfen, von der Epüep^o, 
Addison’sehen Krankheit u. s. w. verdienten Forscher, dem Entdecker 
der „Brown-Sequard’sehen Lähmung — untei welchem Na 
wir bekanntlich den klinischen Symptomeneomplex der spin^ 
läsion zu begreifen pflegen — ein ehrendes und dankerfülltes Andmiken 

bewahrei^^ riin ^ ^ erstell Sitzung des Vereins für innere Me- 
dicin im Sommersemester, welche zugleich eine Generalversammlung war, 
wurden zu Vorsitzenden die Herren Leyden Gerhardt, Ohrtmann 
und A. Fraenkel. zu Schriftführern die Herren Jastrowitz, Fürbringer 
und Litten gewählt, ferner nach Erstattung der Bibhotheks- und Cassen- 
berichte als Cassirer Herr M. Marcuse, als Bibliothekar Herr Max Meyer 
wiedergewählt. Zu Cassenrevisoren wurden die Herren Werner und Boas 
ernannt, letzterer für Herrn Reich, der eine Wiederwahl aus Gesundheits¬ 
rücksichten abgelehnt hatte. Zum Vorsitzenden der Ge Schafts Commission 
wurde wieder Herr Becher, zu Mitgliedern der Geschäftscommission an 
Stelle der theils durch den Tod, theils ordnungsmässig ausgeschiedenen 
Herren S. Guttmann, Kalischer, Badt. Lehfeld, Rothmann, Fur- 
bringer. Schwabach. Baer, gewählt die Herren Boas, Remak, Gold¬ 
seh eid er, Lazarus, Mondei, Eulenburg, Renvers, Bessel. Vor 
der Tagesordnung demonstrirte Herr Oe streich das Präparat einer syphi¬ 
litischen Trachealstenose von einer mit allgemeiner Trichinose behafteten 
Frau, woran sich klinische Mittheilungen über den Fall seitens der Herren 
Leyden und Goldscheider anschlossen, und darauf zur Tagesordnung 
Herr Lohnstein einen neuen Apparat zur Urethroskopie. 

— Hamburg. Der Bürgerschaft ist der Entwurf einer Aerzte- 
ordnung zugegangen, der die Einrichtung einer Aerztekammer für 
den Hamburgischen Staat in Aussicht stellt. . . 

— Danzig. Der Sanitätsrath Dr. J. Semon hat die Feier seines 
fünfzigjährigen Jubiläums begangen. , 

— Paris. Die Internationale Sanitätsconferenz hat ihre 
Arbeiten beendet. Die beschlossene Convention ist von den Bevoll¬ 
mächtigten Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Frankreichs. Russlands, 
Spaniens, der Niederlande, Italiens. Griechenlands, Dänemarks, Persiens, 
Portugals unterzeichnet. Die Türkei und Schweden-Norwegen haben die¬ 
selbe ad referendum genommen. England hat, wie verlautet, einige Re¬ 
servationen bezüglich des Pilgerwesens gemacht. . 

_ Rom. In der Schlusssitzung des Internationalen medici- 

nischen Congresses wurde Russland als Land für den nächsten 
Congress proklamirt. Die Wahl des Congressortes wurde der russischen Re¬ 
gierung überlassen.— Zu Ehrenmitgliedern derSocieta freniatrica 
Ttaliana wurden ernannt: Professor Dr. Meschede (Königsberg i. Pr.), 
Director Dr. Rothe (Warschau), Professor Dr. Benedikt (Wien), zum 
correspondirenden Mitglied: Dr. Kurella (Brieg). 

— Wie in früheren Jahren, stellt sich unter den Boten der heran¬ 
nahenden Saison auch der Bericht über die Verhandlungen des 
schlesischen Bädertags (der 22., für 1893) pünktliehst ein, wie 
immer bearbeitet und herausgegeben von dem verdienstvollen Vorsitzenden 
des Bädertages, Bürgermeister und Badecommissar D engl er in Reinerz. 
Aus dem reichhaltigen Inhalte seien die auch ärztlich interessanten Be¬ 
richte und Vorträge von Scholz (Cudowa), Kratzert (Goczalkowitz), 
Schubert (Reinerz), Moses (Warmbrunn) besonders hervorgehoben. 

— Universitäten. Giessen. Der a. o. Professor der Geburts¬ 
hülfe Dr. Friedrich Birnbaum ist gestorben. — Greifswald. Der 
Privatdocent Dr. Ballowitz ist zum a. o. Professor ernannt. — Heidel¬ 
berg. Der Senior der medicinischen Facultät Prof. F. W. H. Dellfs ist 
gestorben. — Rostock. Dr. L. Pfeiffer, Assistent am hygienischen 
Institut und Privatdocent an der Universität München ist als a. o. Pro¬ 
fessor der Hygiene nach Rostock berufen.— Tübingen. Dr. Hofmeister 
hat sich als Privatdocent für Chirurgie habilitirt. — Wien. Die Do- 
centen für Chirurgie Dr. v. Hacker und Dr. Höchen egg sind zu a. o. 
Professoren ernannt. Dr. 0. v. Weiss ist zum Docenten der Gynäko¬ 
logie und Geburtshülfe ernannt. — Lille. Der Professor der Hygiene 
Dr. Arno ul d ist gestorben. Der Verstorbene hat durch eine umfassende 
Beschäftigung mit der deutschen hygienischen Litteratur und durch 
seine reforirende Thätigkeit an den maassgebenden französischen Journalen 
viel zur Verbreitung der Kenntniss der deutschen Erscheinungen auf dem 


Gebiete der Hygiene in Frankreich beigetragen. — Stockholm. Der a. o. 
Professor der Chirurgie Dr. J. W. Berg ist zum ord Professor ernannt. - 
Helsingfors. Dr. R. Kolster ist zum Docenten für pathologische Ana¬ 
tomie ernannt. - Dorpat. Der ord. Professor der allgemeinen Patho- 
lorie u™d pathologischen Anatomie Dr. R. Thema hat seine Professur 
nifdergelegt Zu seinem Nachfolger ist der Prosector an der Moskauer 
Universität Dr. M. Nikiforow ernannt. Der a. o. Professor der Gynä¬ 
kologie Dr. Gubarew ist zum ord. Professor ernannt. — St. Petersburg. 

Dr NG. Uschinski ist zum Privat.locenten ftti• gerichtliche Medicinanider 
miiitar-medicinischen Akademie ernannt. - Dr ' , M A AJ?“?' 

kessenski ist zum Privatdocenten der Geburtshülfe und Gynäkologie 

ernannt. _ 

XIV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte. Sammelwerke u. s. w. Jadroo, 
Disease and Race. 121 S. London, Swan Sonnenschein k Co.. 1894. 

Akademisches Taschenbuch für Mediciner Sommersemester 
1894 Zusammengestellt unter Benutzung amtlicher Quellen und hand¬ 
schriftlicher Mittheilungen. Leipzig, Georg Thierne, 1894. 

Augenheilkunde. Fuchs. Lehrbuch der Augenheilkunde. 

IV Auflage. 832 S. 14 M. Leipzig und Wien, Franz Deuticke. 1894. 

H Salomonsohn, Ueber die sogenannte pathologische 
Netzhautermttdung. Berliner Klinik Heft 70. 22 S. 0,b0M. Berlin, 

Fischers med. Buchhandlung, 1894 . v 

Chirurgie. C. Lauenstein, Die Torsion des Hodens, \olk- 
mann’s Sammlung klinischer Vorträge. Neue Folge No. 92. Leipzig, 

Breitkopf & Härtel, 1894. „ oi * 

Gehurtshlilfe und Gynäkologie. S. Chazan. Ueber Placentar- 
retention nach rechtzeitiger Geburt. Volkmanns Sa^hrng 
klinischer Vorträge. Neue Folge No. 93. Leipzig, Breitkopf & Hartei, 1894. 

R. Dohrn, Ueber Leistung von Kunsthülfe in der geburts- 
hülflichen Praxis. Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge. Neue 
Folge No. 94. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

Infectionskrankheiten. Behring, Bekämpfung der Intections- 
krankheiten. Infection und Desinfection. Versuch einer systematischen 
Darstellung der Lehre von den Infectionsstoffen und Desinfectionsmittem. 
251 S. Leipzig, Georg Thierne, 1894. . . 

Innere Äedicin. Handbuch der speciellen Therapie innerer 
Krankheiten. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Penzoldt in Erlangen 
und Professor Dr. R. Stintzing in Jena. I. und II. Lieferung. Jena, 

Gustav Fischer, 1894. . . , 

Kinderheilkunde. Le Gendre and Broca, Traite de^theia- 
peutique infantile medico-chirurgicale. 664 S. Paris, G. btein- 

heil, £j|^ atolog j e nn ä Balneologie. Thomann und Heusser. Sonnen- 
berg-Seelisberg. Ein Eldorado am. Vierwaldstädter bee. loa »• 

ZüriC Krankenpflege!* R. Behrends-Wirth. Frauenarbeit im Kriege. 

Selbsterlebtes aus den Jahren 1870-1871. 170 S. 2,00 M. Berlin, 

F. Fontane, 1894. . • 

Laryngo-Rhinologie. Klinischer Atlas der Laryngologie 
und Rhinologie. Herausgegeben von weiland Prof. Dr. Joh. Schnitzler, 
unter Mitwirkung von Dr. M. Hajek und Dr. A. Schnitzler. M- 
rang. 4 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Braumüller, 1894. 

L. Linkenheld, Die lokale Anwendung des Wiesbadener 
Kochbrunnenwassers in Form von Inhalationen, Gurgeiu g 
und Nasenspülungen bei den Erkrankungen des Halses 
der Nase. 24 S. Wiesbaden, H. Lützenkirchen, 1894. . , 

Medicinalstatistik. Verwaltungsbericht der königHc 
Hauptstadt Prag und der Vororte Karolinenthal, Smiehow, 
Königliche Weinberge und Zizkow für das Jahr 1890 leröffenG 
licht von der statistischen Commission der königlichen HauptsUidt r g 
unter der Redaction des Direktors des städtischen statistischen Bureaus 
Jos. Erben. 373 S. Prag, Verlag der statistischeni Commissioii, 1WA 

Statistisches Handbuch der königlichen Hauptstadt Br 0 

und der Vororte für die Jahre 1890 und 1891. 384 und 331 b. 
Ibidem 1892 und 1894. . lnn£r 

Militärmedicinalwesen. Dienstanweisung zur Beurtneiiung 
der Militärdienstfähigkeit und zur Ausstellung von milita 
ärztlichen Zeugnissen vom 1. Februar 1894. 176 b. ’ 

E. S. Mittler & Sohn, 1894. . , „ • _ deS 

Pharmakologie. E. Grätzer, Die therapeutische Praxis oe» 
Arztes bei 455 Krankheitsformen. Ein Repeütonum und Naen 
schlagebuch für Aerzte und Studirende. III. Auflage. 223 b. 
und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. Q«Ynal- 

Urologie. Klinisches Handbuch der Harn- und 
Organe. Herausgegeben von weil. Prof. Dr. W. Zuelzer, redigir 

F. M. Oberländer. II. Abtheüung. 406 S. 10 M. Leipzig. F. G. w- 

g Vcterinärwesen. Schneidemühl, Das Thierarzneiwesen 
Deutschlands und dessen Einzelstaaten in . ®® ine ® ® 
wärtigen Gestalt. 506 S. Leipzig, Arthur Felix, 1893. 7shne 
zSlinheilknnde. L. Hollaender, Die Extraction dei 
Für Aerzte und Studirende. IV. Auflage. 97 S. Leipz g. 

Felix, 1894. __ 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


Vaoante Stellen: , 

Das Physikat des Kreises Rinteln, die Kreis - Wundarztstelle 
Kreises Oletzko. (Die übrigen Personal ien siehe im I nserat entueu.j 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstae Jt? 16 * 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Hedicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Br. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstaln&llee S. Potsdam erstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


19. April 1894. 


1. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn i 
Geheimrath B. Koch in Berlin. | 

TJeber Gtewinnung und Verwendung des 
Diphtherieheüserums. 


Von P. Ehrlich, H. Kossel und A. Wassermann. 


Die Möglichkeit, durch das Serum gegen Diphtherie künstlich , 
inwumisirter Thiere andere Individuen gegen diese Affection zu 
schützen und die bereits ausgebrochene Krankheit günstig zu be- | 
einflussen, hat ihre Grundlage in den aus dem Koeh’schen Institut 
liervorgegaugenen Arbeiten Behring’s. Ein näheres Eingehen auf 
die ganze historische Entwickelung dieser Frage halten wir an j 
dieser Stelle für überflüssig, da dieselbe wohl heute als Gemeingut 1 
der ärztlichen Welt betrachtet werden darf. I 

Die folgenden Untersuchungen stellen eine Fortsetzung dar der 
bisher aus dem Institut hervorgegangenen Arbeiten über diesen 
Gegenstand, welche allein die Basis für die wissenschaftliche Auf¬ 
fassung und die praktische Anwendung der Antitoxine am Menschen 
abgaben. 

In dem gesammten Verlaufe unserer im Einverständniss mit ! 
Behring angestellten und über Jahre sich erstreckenden Unter¬ 
suchungen haben wir uns des wärmsten Interesses und des maass- 
gebenden Rathes unseres hochverehrten Chefs, des Herrn Geheim- 
rathR. Koch, zu erfreuen gehabt, wofür wir ihm an dieser Stelle i 
unseren ergebensten Dank aussprechen. i 

Als \ ersuchsthiere für die Gewinnung der Blutantitoxine haben 
wir hauptsächlich Ziegen gewählt. Gerade diese Thierart ist nach 
unseren Erfahrungen besonders zu Immunisirungsversuchen im 
Laboratorium geeignet. Denn einerseits sind diese Thiere sehr I 
empfänglich für Diphtheriegift und andererseits besitzen sie eine : 
grosse Widerstandsfähigkeit, welche sie selbst sehr starke Immuni- i 
Mrungseingriffe überstehen lässt. Nicht unwichtig ist auch die Ge¬ 
winnung von Milch, welche nach den Untersuchungen des Einen I 
'on uns (Ehrlich) die specifischen Schutzkörper in erheblichen l 
Quantitäten enthält. 

der Inununisirung unserer Versuchsthiere schloss sich j. 
lm allgemeinen eng den jetzt wohl allseits angewendeten Methoden 
^n, indem wir eine Grundimmunität durch Einverleibung steigender 
- engen abgetödteter Diphtherieculturen erzielten und diese Grund- 
Immunität dann durch eine Serie von immer steigenden Mengen j 
eender höchst virulenter Culturen der Diphtheriebacillen in die * 
Hoho trieben. 


im dt u ^ 18erer experimentellen Thätigkeit war natürlich 

. t!i f auf die praktische Verwerthbarkeit am Menschen der, 
1mm • • Unc * ^fileh unserer Versuchsthiere im Verlaufe der 
flAr rv 1 ? 1 !’ 1 unK mö gLehst gehaltreich an dem specifischen Gegengift 
er i^fhene zu gestalten. 

in i e( i m S q C ^ ^ uu ü ^er die Höhe .des erreichten Immunitätsgrades 
könnpn 111 -+ ^ um der Immunisirungsperiode Rechenschaft geben zu 
Antil-r' ISt eme Methode erforderlich, welche die Bestimmung der 
irflnai, rper , V 1 UQ d MUch möglichst schnell und quantitativ 

Könau ermöglicht. 

die Von T uns an gewendete Methode beruht auf der schon durch 
f «-eßtRll ntersuc li^ I1 g e n von Behring und Kitasato fest- 
acenKcrioc« ' latsaß he, dass Gift und spezifisches Gegengift, im Re- 
geo-eniLit;« aU88 ® r ^^ des thierischen Organismus gemischt, sich 
* ^ neu trahsiren. Wir haben uns davon überzeugt, dass 


diese Neutralisirung sofort beim Zusammenmischen entsteht und 
nach den einfachen Gesetzen der Proportionalität geschieht. 

Der Unterschied dieser Methode von den bisher angewendeten 
besteht darin, dass bei den letzteren das Gift den Versuchstieren 
getrennt von den Antikörpern injicirt wurde, so dass beide Stoffe 
auf einander erst innerhalb des Thierkörpers einwirkten. Die 
Schnelligkeit, mit der dies geschah, war natürlich von individuellen 
Resorptionsverhältnissen in hohem Grade abhängig und man er¬ 
reichte so keine hinreichend genauen Resultate. Im Gegensatz 
hierzu ist bei der Mischung beider Substanzen im Reagensglase 
und nachheriger Injection des Gemisches eine stets gleichmässige 
Einwirkung beider Körper gewährleistet. 

Was die praktische Ausführung dieser Methode anbetrifft, so 
benutzt man am besten ein schon länger conservirtes und auf seine 
Constanz geprüftes Testgift, das wir wie Behring aus älteren 
Bouillonculturen der Diphtheriebacillen durch Zusatz von V 2 0 /0 
Phenol gewannen und von dem man stets ein grösseres Quantum 
vorräthig haben muss. Für unsere jetzigen Versuche dient ein 
Gift, von dem 0,3:1000 g Körpergewicht die sicher tödtliche Minimal¬ 
dosis darstellt. Wir gehen nun in der Weise vor, dass wir (für 
Thiere von 2—300 g) 0,8 ccm Gift, also das zehnfache Multiplum der 
Dosis letalis nehmen und dazu die auf ihre antitoxische Kraft 
zu prüfenden Substanzen resp. Flüssigkeiten in abgestuften 
Mengenverhältnissen, z. B. 0,4, 0,3, 0,2 g etc., zumisclien. Die 
Mischungen, deren Volumina wir der Gleichmässigkeit halber 
durch Zusatz von physiologischer Kochsalzlösung gewöhnlich 
auf 4 ccm bringen, werden sofort den Meerschweinchen in der 
betreffenden Reihenfolge subcutan injicirt. Schon am nächsten Tage 
lässt sich dann, wenn die Abstufungen richtig bemessen waren, 
aus dem Fehlen oder Vorhandensein localer Infiltrationen, sowie 
mit Berücksichtigung des veränderten Körpergewichtes der Thiere 
ein annäherndes, am zweiten Tage ein definitives Urtlieil gewinnen. 
Je nach dem Grade des Gehaltes an Antikörpern schwanken die 
zur Neutralisirung der genannten Giftmenge nöthigen Volumina. 
Während z. B. im Beginne der Immunisirung 5 ccm Milch noch nicht 
zur Neutralisirung ausreichten, genügten später 0,1 ccm, vom Blut¬ 
serum derselben Thiere natürlich cntsprrjchend weniger, z.B. 0,005ccm. 
Wir können dafür einstehen, dass diese Methode auch im weitesten 
Spielraum stets absolut zuverlässige Prüfungsresultate liefert. 1 ) 

Was die von uns im Laufe der Immunisirung erreichten End¬ 
resultate betrifft, so haben wir Thiere, von deren Serum 1,5 mg 
und von deren Milch 0,075 g genügen, um 0,8 unseres Giftes zu 
neutralisiren. In Uebereinstimmung mit Behring 2 ) sagen wir, 
dass den Werth von einfach Normalantitoxin oder einer Irnmuni- 
sirungseinheit das Serum besitzt, von dem 0,1 ccm genügt, um 
unsere oben genannte Giftdose von 0,8 (= 1,0 ccm Behring’s 
Normalgift) vollständig zu neutralisiren. Demnach entsprechen diese 
Serumsorten dem Werthe von 60fachem Normalantitoxin oder ent¬ 
halten in einem Cubikcentimeter 60 Immunisirungseinheiten (gleich 
I. E. im weiteren Verlaufe der Arbeit). Es ist das eine Höhe, die 
sämmtliche bisher auch in der allerjüngsten Zeit über Diphthene- 


i) Für die Zweckmässigkeit der Methode spricht der Umstand, dass 
ich Behring sie jetzt ausschliesslich zur Feststellung der ImmumtAts- 
ihe anwendet. Wegen einer unsererseits 1 erfolgten. 6 

rbeit ist dieselbe inzwischen bereits von Behring im Einklang mi 

lW i^Cfr° : Behring, a) Sonderabdruck aus den Benchten dör pharma- 
utisdien GesellschSt (Sitzung vom 7 Dcc e mber l893) ^ 3 u 4 bM - 
ction und Desinfection (Vorl. v. Georg Th.eme. Leipzig 189*. P- “• 


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354 


DEUTSCHE MEDICINISGHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


immunisirung publicirten Resultate' hinter sich lässt. Durch die Güte 
des Herrn Professor Dr. Dieckerhoff, dem wir dafür unseren besten 
Dank sagen, waren wir in die Lage versetzt, in der hiesigen könig¬ 
lichen thierärztlichen Hochschule eine Kuh gegen Diphtherie zu im- 
munisiren. Dieselbe ist ebenfalls zu hohen Immunitätsgraden gelangt. 

Mit den besten unserer Serumsorten haben wir nun nach Ver- . 
abredung mit Herrn Prof. Behring Versuche an kranken Kindern 
angestellt in folgenden Krankenhäusern: \ 

Elisabeth-Krankenhaus (Abtheilung des Herrn Prof. Dr Rinne), 
Städtisches Krankenhaus am Friedrichshain (Abtheilung des Herrn 
Geheimrath Hahn), Lazaruskrankenhaus (Geheimrath Prof. Langen¬ 
buch), Städtisches Krankenhaus Moabit (Abtheilung des Herrn 
Prof Sonnenburg), Städtisches Krankenhaus am Urban (Ab¬ 
theilung des Horm Direktor Dr. Körte) und auf der Kranken¬ 
abtheilung unseres Instituts. . , 

Allen den genannten Herren Direktoren sagen wir für das 
bereitwillige Entgegenkommen, sowie ihren Assistenten, Herren 
DDr. Schubert, Weibgen, Stabei, Canon, Voswinckel, für 
die mühevolle Behandlung und Beobachtung der Kranken unseren 

besten Dank. ’ , 

Die Gesammtzahl der behandelten Fälle beträgt 220; es wurden 
ausschliesslich Kinder behandelt. Eine Auswahl der Fälle fand 
nicht statt, sondern es wurden alle in die betreffenden Kranken¬ 
häuser eingelieferten, an Diphtherie erkrankten Kinder injicirt. 

In Bestätigung der früheren Beobachtungen erwiesen sich die 
Injectionen von Diphtherieheilserum als völlig unschädlich. 

Im Anfänge unserer Versuche begnügten wir uns mit der ein¬ 
maligen Injection einer bestimmtenDoseunseresDiphtherieheilserums, 
welche 130—200 Immunisirungseinheiten repräsentirt, wurden aber 
dann durch die Erfahrungen mit der Behandlung von schweren 
Fällen veranlasst, an einzelnen Krankenhäusern wiederholte In¬ 
jectionen vorzunehmen. In den folgenden Tabellen sind die Ge- 
sammtresultate übersichtlich zusammengestellt. 

Tabelle 1. _ 


Summa 

der 

Behan¬ 

delten 


Geheilt 


Ge¬ 

storben 


Heilung 
in % 


Davon waren tracheotomirt 


Summa geheilt 


ge- Heilung 
storben in % 


220 | 168 j 52 | 76,4 j 67 | 37 | 30 | 55.1 

Es wurde also ein recht günstiges Gesammtresultat erzielt, indem 
nur 23,6 °/o überhaupt, und von den Tracheotomirten 44,9% starben. 1 ) 

Einen wahren Einblick in den Nutzeffect der Injectionen er¬ 
hält man aber erst dann, wenn man die Fälle nach den Krankheits¬ 
tagen gruppirt, an welchen die Behandlung begonnen w r urde. 
Tabelle 2. 2 ) 


Krankheitstag j 

Behandelt | 

Geheilt i 

Gestorben I 

Heilung in % 

I. 

6 ! 

6 

0 1 

100 0 o 

II. 

66 (9) 

64 (7) 

2(2) 

97 % 

III. 

29 (8) 1 

25 (7) 

1 4 (1) 1 

80 % 

IV. 

39 (14) 1 

30 (10) 

9 (4) 

77 °/o 

V. 

23 (10) ! 

! 13(4) 

10 (6) 

56,6% 


Diese Erscheinung, dass bei der Serumbehandlung mit der 
Zahl der Krankheitstage ein Anschwellen der Mortalität statt¬ 
findet lässt sich in besten Einklang bringen mit den experimen¬ 
tellen’Thatsachen. Je länger das Diphtheriegift auf den Körper ein- 
gewirkt hat, je weiter die mechanische‘Behinderung der Athmung 
ausgebildet und je schwerer die Miseliinfection ist, desto weniger 
können wir hoffen, durch die Zerstörung des frei kreisenden Di¬ 
phtheriegiftes und durch Aufhalten der Membranbildung den kranken 
Körper günstig zu beeinflussen. . 

Aus der Schwere der zu spät emgeheferten lalle ist es aber 
auch gestattet, einen Rückschluss zu ziehen auf die Schwere der 
Gesammtepidemie, und da ist uns die hohe Mortalität dieser in 
den späteren Krankheitstagen eingelieferten Fälle der beste Beweis 
dafür dass wir es nicht mit einer leichten Epidemie zu thun 
hatten und demgemäss die hohe Heilungsziffer in den ersten 
Krankheitstagen dem Serum zuzuschreiben ist; ganz abgesehen 
davon, dass sich unsere Beobachtungen über einen Zeitraum von 
fast sechs Monaten erstrecken. 

Was nun die Todesfälle angeht, so starben von den Kindern 
mit Rachendiphtherie 22; von Tracheotomirten 30 


und zwar an Sepsis . 8 

an Pneumonie .... 7 

an Nachkrankheiten . 6 

an Miliartuberkulose_1 


22 


4 

23 

2 

1 


30 


Man sieht aus dieser Tabelle, dass die Sicherheit des 
Erfolges der Serumbehandlung wesentlich abhängig ist 
von dem Zeitpunkt nach der Erkrankung, an dem die 
Kinder zur Behandlung mit Serum kommen, und dass 
in den ersten Tagen Resultate erreicht wurden, wie sie 
bisher noch nicht beobachtet sind. 

An einer Vergleichsstatistik von Diphtheriefällen ohne Be¬ 
handlung mit Serum haben wir uns überzeugt, dass eine gleiche 
Abhängigkeit des Erfolges von der Dauer der Erkrankung bei der 
gewöhnlichen Krankenhausbehandlung nicht existirt. Von solchen 
Kindern stirbt ein immerhin hoher Procentsatz, gleichgültig ob sie 
am ersten Tage in ärztliche Behandlung genommen werden oder 
nicht, eine Thatsache, welche trotz der sorgfältigsten äusseren oder 
inneren symptomatischen Behandlung nicht aus der Welt zu schaffen 
ist. Während bei unserer Behandlung von 72 an den 
ersten beiden Tagen eingelieferten Kindern nur 2 star¬ 
ben, so verliefen von 72 Fällen ohne Serumbehandlung 
nach einer über 7 Jahre sich erstreckenden Statistik 
durchschnittlich 25 = 34,7 % tödtlich. _ 

l ) Gelegentlich des XL internationalen Congrosses in Rom hat Herr 
Professor Heubner eine den Werth der Serumtherapie noch nicht be¬ 
weisende Statistik mitgetheilt. Es ist vielleicht nicht überflüssig, darauf auf¬ 
merksam zu machen, dass die Beobachtungen des Herrn Professor Heubner 
aus einer Zeit stammen, wo die Antitoxinlösungen noch sehr viel 
schwächer waren als die jetzt benutzten. Uebrigens sind die Heubner 1 - 
sehen Resultate schon durch die vor einem Jahr durch Kossel aus dem 
Institut für Infectionskrankheiten mitgetheilten Beobachtungen überholt. 

*) Die Zahlen in ,Klammem geben die j in der Gesammtzahl enthal¬ 
tenen Tracheotomieen an. 


Wenn man die Zeit nach Beginn der Behandlung in Betracht 
zieht in welcher die Kinder starben, so gewinnt man.die Ueber- 
zeugung, dass bei der Hälfte der gestorbenen Kinder die Krank¬ 
heit schon soweit vorgeschritten war, dass eine Heilung auch mit 
Serum kaum noch erhofft werden konnte. Es starben nämlich: 
noch an dem Tage der Einlieferung 6 
am 1. Tage nach der Einlieferung . 12 
2 .8 
Von den übrigen 26 Kindern hätten wir wahrscheinlich noch 
eine bedeutende Zahl retten können, wenn uns genug Serum zur 
Verfügung gestanden hätte, um bei jedem einigermaassen zweifel¬ 
haften Verlauf nicht eine einmalige Dosis Heilserum, sondern deren 
mehrere zu injiciren. Wenn man auch durch eine einmalige In¬ 
jection (v. 160—200 I. E.) bei einer grossen Zahl der früh ern- 
gelieferten Fälle auskommen dürfte, so haben uns die folgenden 
Beobachtungen bestimmt, doch eine mehrmalige Injection von Serum 
für wünschenswerth zu halten. 

Der Zustand einzelner Kinder, welche in den ersten lag© 11 
nach der Injection eine auffallende Besserung zeigten, verschlech¬ 
terte sich zuweilen langsam, und die Kinder starben noch nac 
10—14 Tagen unter Erscheinungen von Nephritis und besonders von 
Herzschwäche. Es sind dies die Fälle, welche in den vorstehenden 
Tabellen als an Nachkrankheiten gestorben in Rechnung ge¬ 
bracht sind. „. 

Ferner konnten wir meist nur bei stärkerer Serumzufuhr (dis 
4. injectionen von je 160—200 I. E. am ersten Tage) eine Be¬ 
einflussung der Körpertemperatur und des Pulses beobachten, 
ein sofortiger Temperaturabfall nach den Injectionen für gewonwi 
nicht stattfindet, mag seinen Grund darin haben, dass wir nur 
den im allerersten Stadium der Diphtherie eingelieferten lun e 
und auch bei diesen nur verhältnissmässig selten reine Diphtheneen 
vor uns haben. In späteren Tagen und Krankheitsstadien a ß 
sich schon andere fiebererregende Bacterien den Diphthenebaci 
zugesellt, deren Stoffwechselproducte durch das allein g e o® n 
Diphtheriegift gerichtete Antitoxin nicht neutralisirt werden könn - 
In einzelnen ganz frischen Fällen aber haben wir in der 
ein fast kritisches Sinken der Körpertemperatur und der sehr e 
höhten Pulsfrequenz am Tage nach einer reichlichen Serumz 
beobachten können. • . +Al 

Wir hoffen nun nach den Erfahrungen im Elisabetnnosp 
und auf der Krankenabtheilung unseres Instituts, wo wir i 
wiederholten Injectionen durchgeführt haben, dass die ziahl 
Nephritiden und Lähmungen, sowie die oben genannten -‘• od ® s 11 
durch Herzschwäche bei frisch in Behandlung genommenen 
sich noch wird reduciren lassen. In den beiden genannten Kra 
häusem gelangten bisher von SO Fällen, von denen 16 traeheo 
wurden, nur 4 zum Exitus, und zwar innerhalb der ers _ 
36 Stunden. Bei diesen Kindern, welche sämmtlieh tracheotonur 
waren, hatte die Operation keine oder nur vorübergehen © 
leichterung der Athmungsbeschwerden zur Folge gehabt, in 
dieser Fälle fanden sich bei der Obduction ausgedehnte 
Stopfungen der tieferen Bronchen mit diphtherischen Memor 
in dem vierten multiple durch Streptococcen bedingte Hepatisations- 
heerde in den .Lungen mit Infeetion des Blutes durch Streptoco • 
Dagegen ist der Verlauf bei den anderen 26 Fällen ein aus 
ordentlich günstiger , gewesen, trotzdem sich unter ihnen eine 
I zahl sehr schwerer Fälle mit infauster Prognose befanden. 


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19. April. 


JDEU TSCHE MEDI CINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


W r ir wollen daher als Cardinalpunkte für die Behandlung von 
diphtheriekranken Kindern mit Heilserum folgende aufstellen f 

1. Das Schicksal der zu behandelnden Kinder w r ird entschieden 
durch das Vorgehen in den ersten drei Tagen der Krankheit Da¬ 
her ist das Serum so bald als möglich nach dem Beginn der 
Krankheit zu iiyiciren. 

2 . Da ein Ueberschuss von Antitoxinen im Körper des kranken 
Kindes erzielt werden soll, so muss nach unseren Erfahrungen die 
Anfangsdosis betragen bei leichten Fällen mindestens 200 Immuni¬ 
tätseinheiten, bei schwereren Fällen und bei allen tracheotomirten 
400 Immunitätseinheiten. 

3. Die Behandlung mit Serum ist noch an demselben oder am 
nächsten Tage fortzusetzen, entsprechend dem Verlauf des Fiebers 
Pulses und der lokalen Erscheinungen. Die Gesammtmengen können 
je nach der Schwere des Falles 500 — 1000—1500 Immunitäts- 
einheiten betragen. 

Wir heben hier ausdrücklich hervor, dass sich diese Zahlen¬ 
angaben nur auf unser Serum -beziehen und dass Heilungsversuche 
mit anderen Antitoxinlösungen mit den unsrigen nur dann verglichen 
werden können, wenn ihr Werth den unserer Lösungen erreicht 

Die ausführliche Publication der. experimentellen Ergebnisse 
und der klinischen Beobachtungen wird in der Zeitschrift für Hy¬ 
giene und Iufectionskrankheiten unsererseits demnächst erfolgen. 

n. Ueber die Methode des klinischen Unter¬ 
richts an der Heidelberger chirurgischen 
K linik nebst Bemerkungen zur neuen 
Prüfungsordnung. 

Von Prof. Dr. Czerny. 

\Vohl mag eine möglichst gründliche Ausbildung der Aerzte 
uas beste Mittel zur Bekämpfung der Curpfuscherei sein, aber wir 
dürfen nicht erwarten, dass die Curpfuscherei auf hören würde, wenn 
« .. f rz ^ e dle höchste Stufe der Ausbildung, welche heutzutage 
möglich ist, erklommen hätten. Dazu ist der Wunderglaube zu tief 
m die menschliche Seele eingewurzelt, und gerade die obersten 
Stande, welche sich doch leicht die besten Aerzte schaffen könnten, 
naen am schwersten die Resignation, zu glauben, dass für sie 
™ * J~ 0 ®h ein Extrakräutlein gewachsen sei, wenn das unerbitt¬ 
liche Ende, welches allem Organischen beschieden ist, in irgend 
einer lorm an die Thür des alternden Hauses klopft. Also nicht, 
das mächtig wuchernde Unkraut der Curpfuscherei einzudämmen, 
bonaem wdl es unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, müssen wir 
on Z,cit zu Zeit Umschau halten, ob unsere Unterrichtsmethoden 
Z; den Fortschritten der Wissenschaft und den Methoden, welche 
T- Kulturvölker anwenden, gleichen Schritt gehalten haben. 
„ ;o _ . IS a Zwe ?^l°. s der gegenwärtige Moment ganz besonders ge- 
Prfifn'n a , wir Sei ^ ba * d drei Jahren auf dem Sprunge stehen, die 
nZc!f 0 r ü U ¥ zum zweiten male seit der Neubegründung des 
deutschen Reiches umzuändern. 

beeinflusst die Prüfungsordnung den Studiengang 
behannJ nge ?i ^ erzte ausserordentlich, und es wird niemand 
erst« 4 n . W0 ^ en ’ dass die Ausbildung unserer Aerzte durch die 
fümmZ j 0 r S n &.& ewo nnen habe. Das Examen ist durch die Ein- 
vorhef/ glene n . och langstieliger geworden, als es schon 
Prfifnnn- ^ * - gemeinsame Schlussexamen, welches der ganzen 

wie vor w. nen ^ ei . erl j che n Abschluss gab, ist weggefallen, und nach 
nur ij 1C ^ der ^ andid at die Approbation ersitzen, wenn er 

Statinnon^ Ue • ? eit und Unverfrorenheit dazu hat, die einzelnen 
Station po a?, \ leder j 10 i len - Mancher fällt in einer oder mehreren 
fleissieen ,i Und acht schlie sslich mit der Note „gut“ einen 

ist wenn PO ad ~ n aus ’ der auch das Exam en erledigt hat, und froh 
dass mit rW ”# en f ?? endU befunden worden ist. Es ist zu fürchten, 
als besonn™« p ~? runff der Ps J clliatrle und anderer Specialitäten 
trödelt unrl rin , rufungsgegenstandes das Examen noch mehr ver- 
aUgemeinp unn, ^ eei ^ let wird » einen Maassstab für die 

Bedeutung die^S dGS . Candldaten abzugeben. Damit will ich die 
nicht trerhur Clal ^ äten für die Ausbildung der Aerzte sicher 

die SpSL' 26h -, Etwas anderes ist es aber - w«n gerade 
welchen die mL- S ° Vlel als mö £ llch den praktischen Unterricht, 
lands bishfir nTf Cln ? r auf den »zunftmässigen“ Faeultäten Deutsch¬ 
gesammelten AKk nd ji Q baben ’ schlecht machen. Wenn man die 
Unterrichtes a ^ du J , » en öber die Reform des medicinischen 

m an staunen hL - thur Hartmann 1 ) durchhlättert, so muss 
Deutschen Rp^ 8 W ! r überhaupt noch ganz leidliche Aerzte im 
Aerzte selbst im z ? st ^ nde gebracht haben und dass die deutschen 
französischen Auslande die Concurrenz mit englischen und 

Selbst in Ieg ? n 80 Peinlich aufnehmen können. 

“-— m Vl0 lgeschmähten Berlin, dessen Zustände offenbar 

Sehers medicinische Buchhandlung, Berlin 1894. 


- . ... _ = _355 

Hartmann vor Augen schweben, scheinen die Nachtheile welche 

haben^thenwtrsp^n 1611 ?^? foUo8 für den Praktischen Unterricht 
naben, theüweise ausgeglichen zu werden durch die riesige Zahl 

M?nn D °r n h“’ WelCh6 i, Ja 6if 3 ffGnUg ihre Wissenschaft an den 
Stufen \em^.ht ü . Wer A m ® iner grossen Schule seine 

qSS“ l hat F we A lss ’ dass dl ese grossen Collegien für 

Schüler und Lehrer etwas Anregendes haben und bei dem modernen 
Zug nach der Grossstadt unentbehrlich sind. Wer beharrlich und 
mit ernstem Wi len danach strebt, findet auch in der Grossstadt 
Gelegenheit, sich praktisch auszubilden. Es verhält sich damit 
ähnlich wie mit den Corpsstudenten an den kleinen Universitäten 
Die haben es so ziemlich zum Princip erhoben, sich mit der Wissen¬ 
schaft möglichst wenig zu belästigen. Wenn aber einmal ein 
Corpsstudent es fertig bringt, das Princip zu durchbrechen und 
wirklich etwas zu lernen, so wird ganz gewiss etwas Rechtes aus 
ihm. lur den Durschschnittsmenschen kann freilich sowohl die 
Crossstadt wie auch das Corpsleben leicht zum Ruin werden. 

Aber neben den grossen Emporien der Medicin: Berlin, München 
Leipzig Würzburg, wirken weit hinten in der Provinz noch 
lb mittlere und klemo Faeultäten unentwegt an der Ausbildung 
der Aerzte, und den Studenten stellt es frei, diese Schulen zu be- 
suchen, wo sie dem Lehrer persönlich näher treten und bei gutem 
Willen reichlich lernen können. ° 

Was die von jenen Docenten, welche noch nicht das Glück haben 
darinnen zu sitzen, viel geschmähte „Zunft der Faeultäten“ betrifft 
so haben es die deutschen Faeultäten bisher meisterhaft verstanden,' 
ihre Selbstständigkeit zu wahren, wenn ihnen auch manchmal etwas 
am Zeuge geflickt wird. Dass unter der Herrschaft dieser Zünfte 
die deutsche wissenschaftliche Medicin nicht zu kurz gekommen 
ist, wird selbst von Hartmann zugegeben. Eine solche Körper¬ 
schaft hat auch in ihrer historischen Entwickelung etwas Achtung¬ 
gebietendes, wenn sie gerade so gross ist, dass jedes Mitglied mit 
dem anderen Fühlung gewinnt und persönlich darüber wacht, dass 
alle Beschlüsse im Interesse des Ganzen gefasst werden. Wenn 
diese Corporationcn so gross wären, dass das Individuum ver¬ 
schwindet, dann fühlt sich jeder weniger verantwortlich für das 
Ganze und jagt leicht persönlichen Interessen nach. 

Eine andere Frage ist die, ob es auch im geeinigten Deutsch¬ 
land noch zeitgemäss ist, dass die 20 Faeultäten in allen ihren 
Angelegenheiten die letzte Instanz bilden, oder ob nicht vielleicht 
ein Reichsmedicinalausschuss namentlich über die einheitliche Durch¬ 
führung und zeitgemässe Aenderung der Prüfungs- und Promotions¬ 
ordnungen im deutschen Reiche wachen sollte. Bis zu einem ge¬ 
wissen Grade geschieht ja das schon jetzt vom Bundesrathe aus, 
allein niemand wird läugnen wollen, dass es bisher in allzu buroau- 
kratischer Weise und herzlich unpraktisch geschehen ist. Der 
Hinweis, welchen Hartmann auf den englischen General Council 
of medical edueation and registration macht, ist deshalb zeitgemäss 
und sollte reiflich überlegt und den deutschen Verhältnissen an¬ 
gepasst werden. Wenn man das im allgemeinen bewährte Self¬ 
government der Faeultäten genügend nennen will, müssten diese 
wenigstens die Hälfte der Delogirten stellen, während die andere 
Hälfte vom Bundesrath und den praktischen Aerzten zu w r ählen wäre. 

Im allgemeinen haben die Angriffe auf die Erziehungsmethode 
unserer medicinischen Faeultäten von diesen keine ausreichende 
Abwehr gefunden. Namentlich sind mir von den chirurgischen 
blos die Aeusserungen von v. Bergmann und Mikulicz bekannt. 
Die erste konnte sich schon wegen der Gelegenheit, bei welcher 
sie gehalten wurde 1 ), nur in höflichen Formen bewegen, und die 
zweite* 2 ) scheint mir bei aller Anerkennung der tiefen Durch¬ 
dringung des Gegenstandes etwas zu resignirt bezüglich der Ziele, 
welche wir Chirurgen uns für die praktische Ausbildung unserer 
Schüler stecken sollen. 

Wenn wir auch nicht alle unsere Schüler zu Chirurgen aus¬ 
bilden sollen und wollen, so soll ihnen doch schon während ihrer 
Studienzeit die Möglichkeit geboten sein, sich praktisch aus¬ 
zubilden. Ich erlebe nicht selten die Freude, dass mir ein ehe¬ 
maliger Schüler schreibt, dass er mit bestem Erfolge chirurgisch 
thätig ist und den besten Theil seiner Ausbildung seiner Thätig- 
keit als Famulus (Amanuensis) an meiner Klinik verdankt. 

Ich glaube deshalb, dass es weder Eigenlob, noch überflüssig 
ist, wenn ich kurz darstelle, in welcher Weise meine Schüler zur 
praktischen Thätigkeit herangezogen werden. 

Ich zweifle nicht, dass es andere Collegen ebenso machen, und 
wenn Hartmann in meiner Darstellung vielleicht viele seiner 
Wünsche schon verwirklicht findet, so kann das daher kommen, 
dass er, ohne es selbst mehr zu wissen, manche Anregung für die¬ 
selben in meiner Klinik erhalten hat, da er, wenn mich nicht alles 
täuscht, vor vielen Jahren einmal mein Schüler gewesen ist. 

M Kaisers Geburtstag. 

a ) Klinische Jahrbücher 4. Bd., p. 24. 


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356 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ - No. 16 


Um einen Einblick in das Krankenmaterial zu geben, welches 
uns in Heidelberg für den chirurgischen Unterricht zur Verfügung 
steht, möchte ich Folgendes bemerken: 

Die chirurgische Klinik besitzt 160 Krankenbetten, welche 189d mit 
2002 Personen durch 45 799 Verpflegstage belegt waren. Die durch¬ 
schnittliche Verpflegsdauer betrug somit 22,87 Tage, und jedes Bett war 
271 Tage im Jahre belegt. 30 Betten sind für Privatpatienten resemrt 
Mit Tod abgegangen sind 93 (4,7 %). Um zu zeigen, wie gross die Zahl 
der nothwendigen Operationen ist, möchte ich die Operationsstatistik des 
Sommersemesters (29. April bis 1. August) 1893 und Wintersemesters 
1893 94 (24. October bis 1. März), also von 7Va Monaten vorlegen: _ 

'Schädeltrepanationen (Epilepsie 3. Gehirntumor 1 (t)< mtracramelle 
Neurectomie des Trigeminus 2, Wiederaufklappen des osteoplastischen 
Schädellappens wegen Blutungen 3, wegen Meningitis purulenta 1, Lmeüre 
Craniectomie wegen Mikrocephalie 2, zur Ventrikelpunction 2, des Warzen¬ 
fortsatzes bei Otitis 11 (2 tb bei Stirnschusswunde 1, der Stirnhöhle 2, 
Highmorshöhle 3) 31. Plastische Deckung eines Sckädeldefectes durch 
ein Tibiaknochenstück 2, Kugelextraction bei Kopfschuss 3, Exstirpation 
einer Meningocele 1 (f), Gesichtskrebse 15, Plastiken 4, sonstige Ge¬ 
schwülste 5, Thermokauterisation wegen Lupus und Angiom 7, Doppellippe 1, 
Hasenscharte 10, Gaumenspalte 7, Zungenexstirpation wegen Carcinom 3, 
Canüle 3, Halsdermoide 4, Tonsülarcarcinom 1 (+), Kelilkopfresection bei 
Tuberkulose 1, Neurectomieen 3. Strumectoinieen (bösartige 5 (3 Tb 
gutartige 15 (1 f) 20, Punction 1 (f), Tracheotomieen (Diphtherie 19 
(12 j), Struma maligna 3, Narbenstenose 1, Asphyxie infolge von Rachen- 
blutungen 1) 24, Halsdrüsenexstirpationen (Tuberkulose 39, Carcinom 6) 
45, Achseldrüsenexstirpationen (Tuberkulose 8, Carcinom 1) 9, Inguinal¬ 
drüsenexstirpation (Tuberkulose 3, Carcinom 2, Sarkom 2) 7, Thoracotomie 
bei Empyem 12 (1 +), Mammaamputationen (Carcinom 15, Fibrom 1, Milch¬ 
cyste 1) 17, Tuberkulöse Abscesse der Mamma 2. 

Laparotomioen 88. Pylorectomie 2 (1 f), Gastroenterostomie 8, 
Gallengangoperationen 7 (1 f), Resection des Processus vermiformis 8, 
Darmresectionen bei Gangrän (davon 2 bei Ileus mit Anastomosenbildung) 

3 (3 f), Probelaparotomieen bei Ileus 3 (2 tb bei Carcinoma hepatis 2 
(1 tb Darmresectionen bei Carcinom 2 (1 tb Darmanastomosen bei Stenose 
des Coecum 2, Incision bei Peritonitis purulenta 1, Enterorhaphieen bei 
Kothfistel 3, Punction bei epigastrischem Hämatom 11, Naht einer ge¬ 
platzten Bauchnarbe 1, Colostomieen bei Carcinoma recti 7 (1 f an Me- 
tastasen). Ovariotomieen (Tumoren 18 (2 f, einer Carcinom mit 
Metastasen, einer mit allgemeiner Tuberkulose), Peritonitis tub. 1, Pyo- 
salpinx 2, Hämatosalpinx mit Extrauterinschwangerschaft 1) 22. Uterus¬ 
exstirpationen durch Bauchschnitt 8 (2 tb durch die Scheide 11, Ventro- 
üxatio uteri 1. Nephrotomieen 5, Nephrectomieen 2, Nephropexia 4. 
Hemiotomieen 42 (nicht incarcenirt 30 (1tb incarcerirt 12 (2 tb Uterus- 
excochleationen 25 (Endometritis 18, Carcinom 7), Uteruspolypen 3, Portio¬ 
amputationen 8. Discissionen 2, Colpoperineorhaphieen 6, Blasenscheiden¬ 
fisteloperation 1, Papillom der Scheide 1, Hydrocelenoperationen 13, 
Spermatocele 1, Varicocele 1, Castratio testis tub. 5, Orchidopexie 1, 
Phimosenoperationen 9, Amputatio penis carc. 3, Operation des Papilloma 
penis 1, scroti 1, Operationen der Hypospadie und Harnröhrenfistel, 
Epispadie 12, Urethrotomia externa 4 (1 tb Dilatation der Strictur 1, 
Sectio alta bei Papillom 1, Excochleation der Blase 1, Aspirationsaus¬ 
spülung der Blase bei Blasenpolyp 1, Lithothripsie 1, Urethroskopie 4, 
Vaginaler Blasensteinschnitt 1. Mastdarmfistel 8, Hämorrhoiden 7, Pa¬ 
pillome im After 1, Mastdarmexstirpationen bei Carcinom (3 nach Lisfranc, 
3 sarcal) 6. Sacrale osteoplastische Resectionen (1 zur Freilegung eines 
parametralen Exsudates, 2 zur Freilegung einer Blasenmastdarmfistel) 3. 
Resectionen der Kiefer 12, der Clavicula 1, der Rippen 6, des Sternums 2 
(1 tb des Ellbogengelenks 15, Hüfte 8, Knie 24 (2 tb Fuss und Mittel- 
fuss 14, Hand 2, Mittelhand 2, Fingerexarticulationen 8, an den Becken¬ 
knochen 2. Osteoplastische Resection des Kreuzbeines (Sacralgeschwulst) 
1. Exarticulation der Hüfte wegen Sarcom 1. Amputationen (Humerus 3 
(1 t Tetanus), Vorderarm 4, Oberschenkel 9 (1 tb Unterschenkel 7, 
Pirogoff 2) 25. Sequestrotomieen 30. Osteotomie des Femur bei Genu 
valgum 4. Osteoklase (Brisement, Modellement) 33, Tenotomie und 
Sehnennaht 9, Reposition von Luxationen 4. Geschwülste an den Ex¬ 
tremitäten 10. Plastiken 2, Secundärnähte 2, Knochennaht bei Pseudar- 
throse 2, Ligatur der Vena saphena 3, der Arteria profunda femoris 1, 
Transplantationen nach Thiersch 13. Entfernung von Fremdkörpern 5, 
Sehnenscheidenfungus 2, Geleukpunetionen und Jodoforminjectionen 6. 
Gipsverbände in Narkose 15. Abscessspaltungen 88, Fistelausschabungen 
92. Also 944 operative Eingriffe mit 52 Todesfällen (5,5 °/o). * 

Für die 907 notirten Narkosen wurde gebraucht Chlorofoim 572 (187 
mit Morphium), Aether 171 (2 mit Morphium), Chloroform und Aether 
109 (37 mit Morphium begonnen), Bromäthyl 56 (7 mal mit Aether, 2 mal 
mit Chloroform fortgesetzt). 2 Asphyxieen wurden durch künstliche 
Athmung beseitigt. 

Die Ambulanz stieg rapid von 1120 (1876) auf 5083 (1884) und 
hält sich seitdem zwischen 5000 und 6000 Patienten. 

Die Zahl von kleinen Operationen (incl. Zahnextractionen) betrug im 
Jahre 1893 2235. Die seit Neujahr 1893 abgetrennte orthopädische 
Ambulanz wurde im ersten Jahre von 322 Patienten besucht. Es wurden 
daselbst 3000 Massagen ausgeführt, 250 Gipsverbände angelegt und 250 
orthopädische Apparate angefertigt. 

Wie überall in der Welt lernen auch in der Heidelberger 
Klinik diejenigen am meisten, welche am meisten Talent und guten 
Willen mitbringen und welche am besten vorbereitet sind. Die 
gute Vorbereitung unserer Studenten, das harmonische Zusammen¬ 
arbeiten der Facultätsmitglieder für den gleichen Zweck ist zweifellos 
der Hauptvortheil der deutschen Erziehungsmethode und ermöglicht 
es, dass unsere Studenten es in acht bis neun Semestern meistens 


weiter bringen, als ihre Collegen in England und Frankreich in 
10 bis 14 Semestern. Freilich gilt das blos für diejenigen, welche 
die knapp bemessene Zeit fleissig ausnützen. Man hat doch nicht 
allzuselten als Examinator seine Freude, was die jungen Leute 
alles wissen und wie sie das Wissen auch lebendig zu verwerthen 
wissen. Leider verdirbt einem dann wieder ein Missrathener die 
Freude über ein Dutzend Gerechter, namentlich da man weiss, dass 
er nicht zu retten ist und da man ihn bei wiederholten Prüfungen 
doch endlich durchkommen lassen muss. Man soll nun ja nicht 
glauben, dass es leichter wäre, einen untauglichen Candidaten 
durchfallen zu lassen, wenn zwei Examinatoren prüfen, 

Die Studenten sollten also in die Klinik ausser ihrer Anatomie 
und Physiologie schon Kenntnisse in der pathologischen Anatomie, 
allgemeinen Pathologie und Chirurgie, in Auscultation und Per¬ 
cussion mitbringen. Für die Praktikanten der höheren Semester 
wünsche ich, dass sie schon einen Verband- und Operationscurs 
mitgemacht haben, damit man ihnen schon einen leichten Dienst 
in der Klinik oder eine kleine Operation an vertrauen kann. In den 
ersten Jahren meiner Thätigkeit in Heidelberg, als mir das opera¬ 
tive Material noch nicht so sehr über den Kopf gewachsen war, 
stellte ich aus der Ambulanz kleine Chirurgie vor und konnte die 
Grundzüge der allgemeinen Chirurgie an der Hand passender Fälle 
erörtern. Jetzt reicht die Zeit dazu nicht mehr. Ich habe deshalb 
seit 1886 den Assistenten, welcher die Ambulanz besorgt, beauf¬ 
tragt, zweimal in der Woche propädeutische Klinik zu halten. 
Er darf daselbst alle Operationen machen, welche sich leicht 
ambulatorisch behandeln lassen, zeigt mir aber gewöhnlich vorher, 
was er vorstellen will. Dadurch bin ich imstande, ihm von der 
stationären Kl inik auszuhelfen, wenn gerade kein passender Fall 
zur Hand ist. Ueberhaupt darf sich wohl kein Kliniker einer 
kleineren Universität die Aufsicht über die Ambulanz aus der 
Hand nehmen lassen, wenn die Klinik selbst nicht bald darunter 
leiden soll. 

Die propädeutische Klinik wird von den Studenten sehr gern 
besucht, namentlich seit sie da oft Gelegenheit haben, Abscesse 
aufzuschneiden, Atherome oder Drüsen zu exstirpiren, Angiome 
oder Lupus zu thermokauterisiren etc. Im Anschluss an diese Vor¬ 
lesung helfen sie in der Regel in der Ambulanz durch ein bis zwei 
Monate als Famuli (Amanuenses). Sie machen die Voruntersuchung 
der Kranken, verbinden dieselben, helfen bei den kleinen Operationen, 
ziehen Zähne und üben sich in den Hülfeleistungen der kleinen 
Chirurgie. Seit October 1890 bis Ostern 1894 wurden nicht weniger 
als 93 Amanuenses in dieser Weise beschäftigt. Das wären etwas 
mehr als zwei pro Monat. Mehr als vier können schon wegen 
Platzmangel in der jetzigen Ambulanz nicht untergebracht werden. 
Erst im Mai 1894 wird ein neues grösseres Lokal bezogen. 

Es mag für den Unterricht zu beklagen sein, dass in den 
chirurgischen stationären Kliniken die operative Thätigkeit so 
sehr überhand genommen hat. Allein es wird dadurch auch viel 
Gutes geleistet, und manche Operation, die heute wie Zukunfts¬ 
musik klingt, wird in zehn Jahren ihr wohlerworbenes Bürgerrecht 
haben. Wir erziehen aber die jungen Aerzte nicht blos für die 
Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Ich glaube deshalb, 
dass es die Pflicht des Lehrers ist, seinen Schülern auch noch nicht 
allgemein eingebürgerte Operationen zu zeigen, wenn sie durch die 
Natur des Leidens begründet und durch die anatomischen Ver¬ 
hältnisse gestattet sind. 

Manche Kliniker bewältigen eine grosse Zahl von Operationen 
auf die Weise, dass sie alle Vorbereitungen, die Narkose, das 
Rasiren, Waschen und Desinficiren draussen erledigen lassen. Dann 
wird der Patient in die Arena gebracht, rasch operirt und zum 
Verband wieder hinausgeschoben. Als ich vor vielen Jahren diese 
Methode in einem grossen Londoner Spital sah, machte es auf 
mich den Eindruck einer richtigen Schlachtbank. Die Studenten 
lernen bei dieser Methode am wenigsten. Jetzt, wo der Operateur 
die ganze Verantwortung für den Verlauf tragen muss, ist st® 
meines Erachtens unerlaubt, da er wenigstens beaufsichtigen muss, 
wie die Vorbereitung und Behandlung der Wunde bis zum Verband® 
geführt wird. 

Viel belebender ist die Methode, wie Olshausen, Mikulicz, 
Kocher und Andere Klinik halten: Es werden in jeder Vor* 6811 ®# 
drei bis vier Fälle vorgestellt, genau untersucht, Diagnose, Prognose 
besprochen und die Operation kurz beschrieben. Die Ausführung 
derselben folgt aber erst nach der Klinik in Gegenwart von sechs 
bis sieben besonders geladenen Zuschauern in einem besonderen 
Raume. Zweifellos wird die Fähigkeit zu diagnosticiren dadwen 
am besten gefördert, und die Aseptik lässt sich streng dnron- 
führen. Ich fürchte nur, dass die Therapie der Lernenden dabei 
zu kurz kommt. Wenn man sich zum Tröste auf den Aphorismus 
beruft: qui bene diagnoscit, bene medebitur, so scheint um* der 
Autor desselben mit Vorbedacht das Futurum gewählt zu haben 
und wollte offenbar damit ausdrüeken, dass zum guten Curiren 


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19. April. 


DEUTSCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


doch noch etwas anderes-gehört, als die blosse Diagnose So 
hervorragende Lehrer, wie die eben Genannten, werden aber sicher 
diese Klippe zu vermeiden wissen. Ich legte von jeher Gewicht 
darauf, dass die Studenten auch die Vorbereitung zur Operation 
die Besprechung des Falles, die Operation selbst und den Verband 
bis zum Schlüsse sehen. Ja auch der weitere Verlauf und der 
Ausgang muss den Studenten bekannt werden, wenn sie schon 
während ihrer Studien eine gewisse Erfahrung sammeln sollen 
welche sie befähigt, ihren zukünftigen Clienten den wahrscheinlichen 
verlauf und Ausgang ihres Leidens vorauszusagen. Diese ärzt¬ 
liche Prophetengabe, welche auf wissenschaftlicher Diagnose reifer 
Erfahrung und sachgemässem Können beruht, ist es aber doch 
welche den wissenschaftlichen Arzt hoch über alles Gekläffe der 
Curpfuscher und ihrer Helfershelfer hinaushebt und sollte deshalb 
schon auf der Schule möglichst gefördert und ausgebildet werden 
Das Diplom ohne diese Fähigkeit, aber mit der Venia prac-ti- 
candi, d. h. mit dem Recht Gift zu verschreiben und Operationen 
anzuwenden, während die anderen Rechte freigegeben sind, schadet 
uns beim grossen Publicum, das vermöge seiner ganzen Erziehung 
dem Wunderthäter nach läuft, und das ist in seinen Augen der <*■&■ 
scluckte Curpfuscher und Schwindler, nicht aber der gelernte Arzt. 
Das ist der Hauptgrund, dass jetzt, wie wohl niemals zuvor, diplo- 
mirte Aerzte in hellen Haufen den Curpfuschern zulaufen ihr 
akademisches Diplom in den Papierkorb werfen und mit der Firma 
Kneipp oder Schlofer gestempelt nach Broderwerb gehen. 
Doch der Wahn wird kurz, die Reue aber lang sein. Denn zum 
Wunderthäter sind diese Leute durch ihre akademische Bildung 
verdorben, und die ärztliche „Zunft“ sollte sich hüten, solche 
räudige Schafe wieder in ihren Stall aufzunehmen, da sonst die 
Selbstachtung und damit das Ansehen des Standes verloren geht. 

Eine gewisse Entschuldigung mag in der Ueberfüllung der 
ärztlichen Stände und in der Herabdrückung der ärztlichen Löhne 
(Honorare kann man sie leider nicht mehr nennen) liegen, an 
welcher unsere Gesetzgebung ja tapfer mitarbeitet. Schon lange 
und vergeblich ertönt deshalb aus ärztlichen Kreisen der Ruf: 
viüeant Unsules. Die moderne Antwort darauf lautet: lielp your seif. 
Her Mensch kann sich bloss dann selbst helfen, wenn er wirk- 
c etwas kann. Darum geht es in England und Amerika besser 
damit als bei uns in Deutschland, weil bei unserer Erziehung noch 
I ? eh f Gewicht auf das Wissen als auf das Können gelegt 
, ,. Au . b 01 der Erziehung unserer Aerzte müsste noch mehr 
*1 e ei *r Arbeit des Studenten im Laboratorium und der 
moht . J?. legt werden als bisher. Im Secirsaal wird ja 
/ sten ? ZW01 Wintersemester hindurch gearbeitet. Wer Chirurg 
cjti.rif 11 i • ’ ™ uss nocb e ^ n drittes Semester nach Beendigung der 
Aiiw> e e , n unzufü £ en * Ein Curssemester im chemischen Laboratorium, 
m Un > s J rßtema tischer Anleitung im physiologischen Labora- 
\ u k üd zwar durch wenigstens zwei bis drei Stunden täglich, 
lmriß/»iiA C a Zl ! verlangt. Dann sollte zwei Semester in patho- 
PathAin • n ‘d’ OIÜ10 u | ld Histologie, ein Semester in experimenteller 
ze jfj .f 16 °dcr physiologischer Chemie gearbeitet werden Gleich- 
zwpf^ äme * der Y erband " und °Perationscurs, und dann blieben noch 
T J für d ? 8 Practi ciren als Externer (Famulus, Ama- 
wichtio- tY 1 fr T er . sc ^ uedene n Kliniken — wenig genug für diese 
sol 1 Pn lgb Tr 0 , J ^j )8( d mi tte, welche schliesslich ihren Mann ernäliren 
derati» doch sind wir noch weit entfernt von diesem Desi- 
und wonü? D ? ehr wird gelegt auf recht viele Vorlesungen 

besser wäre G1 ^ ene a ^ ß au t das Umgekehrte, was zweifellos 

PrakHoirp^ e n^ r ^ eduD ^ des Pra ^tikantenscheines, das sogenannte 
Praktikant - U k US a • non lucen do), verlange ich wie überall, dass der 
beurtheilt nnTti 61IU ? e . mftle aufrufen läsß t, den Fall untersucht, 
aber für Hi* fr?. fr der Operation assistirt. Wichtiger ist mir 
Praktikant» Praktische Ausbildung die Thätigkeit der älteren 
ThätiXit ; als . Amanuenses (Famuli) auf der Abtheilung. Die 
von demtniln “5® fl fr im g 0 - Das hat den Vortheil, dass ich 
Dienst verl anfl-An fr 81ch ‘meldet, auch volle Hingebung für den 
Monate nnfr Y ifr n ‘ Eer Dienst dauert durchschnittlich zwei 
bleiben manrhmai Ch ^ e t ßeclls “ lal im Jahr- Eifrige Amanuenses 
assistenten (Hr • uf ? anzes Semester. Jedem der fünf Abtheilungs- 
ein bis zwei F 61 v 1IUSC ^ e und zwe * Volontärassistenten) werden 
zugetheilt Fcfrfr ~~ im ganzen höchstens zehn auf einmal — 
werden. Tn s«,. fr 6 ? *d ß0 P er Jahr 60 Amanuenses beschäftigt 
der ExaminATiH«« gG * S1 ? d 68 nur ^ was der Durchschnittszahl 
di« Stellen hAsarüi entspr J c ht- Aus naheliegenden Gründen sind 
nicht wünso.h'pnow' 6 ^. während, der Ferien gesucht, was insofern 
Oberaufsicht L n ^ ls ^ weil die doch nicht zu unterschätzende 
stand ein klein*,. Pro 1 fessorß °ft fehlt und weil auch der Kranken- 
ßagt, die Thätio-k Weniger lehrreicher ist. Obgleich, wie ge- 
einer meiner «Sri eiöe ganz freiwillige ist, wird mir nicht leicht 
haben, und wenn V0 ? Heidelberg fortgehen, ohne famulirt zu 
uwine Schüler im allgemeinen Anerkennung finden, 


_ 357 

so verdanke ich das wesentlich dieser Einrichtung Der Amanu- 
vLTte 5 mi 7 frfr y ? r ^ e8et . zte “ Assistenten täglich die Abend- 
wlwJ V fr . n . immt dichtere Krankengeschichten auf 
während ihm die complicirteren dictirt werden, hilft beim Unter- 

tlfpilnno*(Y^ rb ^?fr** 1 bei fr Verschreib ungen «ad lernt so den Ab- 
pfrfr g sdienst kennen. Bei der klinischen Vorlesung hat er das 

der ^. re ? a / U sem ’ und Mft bei der Narkose und den 

werden wnhl n El frfr ere ; W*** Operationen, z. B. Amputationen, 
werden wohl auch dem Amanuensis anvertraut. 

Regelmässig am Sonnabend, wo mir 2 Stunden zur Verfügung 
stehen (an den anderen Wochentagen D/ 2 , Mittwoch 1 Stunde) 
mache ich mit ß ämmtlichen Zuhörern klinische Visite auf allen 
Abheilungen Mit 50—80 Zuhörern, von denen immer einigen das 

“r f Ri d ^ W, ' chtigk ® it de S Visite feh| t- lässt sfeh das 
durchführen Bloss in den Jahren Lister’scher Wundbehandlung 
strengster Observanz, wo unter dem Carbolregen kaum der Professor 
etwas zu sehen bekam, musste ich die klinische Visite unterlassen 
bie ist eine ausserordentlich wichtige Ergänzung des klinischen 
Unterrmhts. Alle Wochen werden die Zuhörer an die wichtigsten 
hälle erinnert, sehen den Wundverlauf und seine Anomalieen 
lernen den Unterschied zwischen glatter aseptischer Wundheilung 
und Entzündung mit ihren Ursachen kennen, sehen den Verband¬ 
wechsel eme Menge kleiner atypischer Fälle, zu deren Vorstellung 
m der Klinik keine Zeit bleibt, sehen die conservative Behandlung 
der Gelenkerkrankungen und Fracturen, die Nachbehandlung mit 
Massage und passiven Bewegungen, die ersten Gehversuche, die 
Kauchfuss sehe Schwebe, die Lagerung des Patienten auf dem 
Wasserbett, die Behandlung des Decubitus, die Behandlung der 
Prostatahypertrophie, der Stricturen und des Blasenkatarrhs mit 
Ausspülungen, endlich chronische Fälle und Simulanten, sie sehen 
auf der septischen Abtheilung zum Schluss Diphtherie, unheilbare 
Oarcinome und eine Collection accidenteUer Wundkrankheiten, 
welche immer von aussen zugehen. Ich verstehe es nicht, wie man 
ohne klinische Visite seine Schüler mit dieson und vielen anderen 
für die Praxis wichtigsten Dingen vertraut machen kann. Die 
Aseptiker strenger Observanz werden die Hände über dom 
Kopf zusammenschlagen und fragen, wie sich das alles mit den 
strengen Anforderungen der modernen Wundbehandlung vereinbaren 
lasse. . Es mag ja leichter sein, vollkommen reizlose Wundheilungen 
zu erzielen, wenn man in einem glatten Raume mit wenigen auf 
Bacterienreinheit geprüften Zuschauern nur wenige aseptische 
Operationen auszufüliren hat, aber wie die oben angeführten Zahlen 
zeigen, geht es auch ohne diese strengen Vorsichtsmaassregeln. 
Seitdem wir wissen, wie sehr die Gefahr der Luftinfection gegen 
die der Contactinfection zurücktritt und seitdem wir uns gegen 
diese durch physikalische Desinfectionsmethoden mit grösster 
Sicherheit zu schützen wissen, sind die alten mystischen Regeln 
für Bauchschnitte als veraltet zu betrachten. 

Kein vernünftiger Mensch wird mehr behaupten wollen, dass 
man zu einem Bauchschnitte andere aseptische Vorsichtsmaassregeln 
brauche, als zu jeder Amputation oder Arthrotomie, wenn man 
auch zugeben kann, dass sich Fehler in der Technik im ersten 
Falle schwerer rächen. Wir machen deshalb mit wenigen Aus¬ 
nahmen (den Privatpatienten) fast alle Bauch schnitte in Gegenwart 
sämmtlicher Zuhörer, ohne diesen eine andere Carenz aufzulegon, 
als dass sie in ihren Bänken bleiben und die Instrumente und 
Verbandstoffe nicht angreifen dürfen. Wenn die oben angeführte 
Operationsmortalität (5 ‘/-2 %) vielleicht zu hoch erscheinen sollte, 
so würde es mir leicht sein, nachzuweisen, dass bis auf oin oder 
zwei Fälle, in denen man zweifelhaft sein kann, der Tod nicht 
durch die Operation, sondern durch die Schwere des ursprünglichen 
Leidens, das man unterschätzt hatte, oder durch das leider noch 
immer vorkoramende „Zu spät“ bedingt war. So lange die Weichen 
bei den Eisenbahnen durch Menschen gestellt werden müssen, wird 
es immer noch manchmal Zusammenstösse geben. Bei unseren 
chirurgischen Unglücksfällen haben wir es jetzt selten mit falscher 
Weichenstellung, viel häufiger mit schlechtem rollenden Material 
zu thun, das verlottert auf unsere Geleise gerathen ist. 

Vor der klinischen Visite werden von dem Assistenten die 
interessanten Fälle aufgebunden, provisorisch mit aseptischer Gaze 
bedeckt und, nachdem sie den Zuhörern gezeigt worden sind, sofort 
von einem zweiten Assistenten wieder verbunden. 

Wie gestaltet sich nun die Aufgabe in der Klinik? Von den 
ca. 280 Stunden Klinik, welche im Jahre abgehalten werden, fallen 
noch 50—60 auf die klinische Visite weg. In den übrig bleibenden 
230 Stunden können nicht 999 Operationen erledigt werden. loh 
bin auch mit meinen Assistenten jeden Wochentag von l /a9 —7*2 
angestrengt mit Operationen und der Visite beschäftigt. Wir 
operiren fast stets an zwei Operationstischen, nur wenn schwere 
Laparotomieen oder seltene Operationen die Aufmerksamkeit aller 
in Anspruch nehmen, wird allein an einem Tische gearbeitet. 

Zunächst fallen etwa 200 Privatoperationen in die Zeit ausser 


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358 


DEUTSCHE MEDICINISCHE W0CHEN S CHR1I T^ 


No. 16 


den 


der Klinik. Beiläufig ebenso viele Operationen werden von 
Assistenten nach der Klinik ausgeführt. Es Waben somit noch 
ca. 500 Operationen, also etwa 2 Operationen auf die btunue 
während der Klinik zu erledigen. Es werden anch während der 
li/a Stunden durchschnittlich 3 Patienten vorgestellt. 1 ) In der 
Regel wird am Nebentisch zuerst ein Fall von mir demonstrirt 
während ein zweiter Patient am Haupttisch narkotisirt, rasir 
gewaschen wird. Dann übernimmt der Assistenzarzt die Operation 
am. Nebentisch, während ich den Fall am Haupttisch klinisch be¬ 
spreche und dann zur Operation übergehe. Der Vortheil dieser 

Methode liegt darin, dass die Studenten sehen, wie richtig und 
peinlich die Vorbereitungen durchgeführt werden kio sehen den 
Fall von der Vorbereitung bis zum Schlüsse des \erbandes Wenn 
sie die Operation an dem einen Tische nicht recht sehen können, 
so können sie die andere Operation beobachten. 

Andererseits erfordert es eine gewisse Uebung, zwei neben 
einander getrennt verlaufende Vorgänge mit Erfolg zu beobachten. 
Die Geräusche bei der Narkose, beim Waschen, Vorbereiten der 
Instrumente etc. stören und machen den klinischen Vortrag oft zu 
einer recht anstrengenden Aufgabe, die viel Uebung und Umsicht 
voraussetzt, damit wenigstens das wichtigste der klinischen Be¬ 
sprechung gerade erledigt ist, wenn der Patient aseptisch vor¬ 
bereitet und narkotisirt zur Operation bereit liegt. . 

Endlich ist es bei dem besten Willen nicht immer möglich, 
dem einen Patienten den Anblick der Operation bei seinem Leidens¬ 
gefährten ganz zu ersparen, wenn auch das mehr die Aufmerk¬ 
samkeit schult und tröstet, da er sieht, dass derselbe keine 
Schmerzen spürt, als dass es Schrecken erregt. Unangenehm ist 
es. wenn noch junge übereifrige Assistenten auf den einen Tisch 
z. B. einen Mann zur Amputation und auf den anderen eine Frau 
zu einer Operation legen. Wenn auch derartige Vorkommnisse 
durch die Narkose gemildert und durch strenge Aufsicht möglichst 
vermieden "werden, so kann, wie ich leider zugeben muss, der An¬ 
blick manchmal ein degoutanter werden. 

So hat jedes Ding in der Welt seine zwei Seiten, und es ist 
nur gut, dass jeder klinische Lehrer den Unterricht so einrichten 
kann, wie es für seine Individualität und die lokalen Verhältnisse 
am besten passt und dass es dem Studenten freisteht, dorthin zu 
gehen, wo er am meisten zu lernen hoffen kann. Freilich spielen 
bei der Wahl der Universitätsstadt bei der Mehrzahl ganz andere 
Dinge mit. 

Da der Aerztetag in Breslau den Beschluss gefasst hat, dass 
„dio Dienstzeit eines Assistenzarztes sich in der Regel nicht über 
\—2 Jahre ausdehnen soll“, so möchte ich auch über die Erziehung 
der Assistenten einige Worte hinzufügen. 

In der Regel wird der junge Arzt erst durch seine Thätigkeit 
als Assistent zum Chirurgen ausgebildet. 

Er tritt bei mir zunächst als Volontärassistent mit freier 
Wohnung aber ohne Besoldung für ein Jahr ein, hat eine Baracke 
mit 20 Kranken zu besorgen, nimmt aber nicht am Jourdienst des 
Krankenhauses theil. Er steht unter täglicher Aufsicht des 
Direktors oder seines Stellvertreters und darf erhebliche Eingriffe 
blos mit dessen Assistenz vornehmen. 

Von den zwei Volontärassistenten rückt einer in die klinische 
Stelle, sobald eine frei wird, was gewöhnlich alle Jahre geschieht. 
Durch diese Einrichtung bekommen alle Jahre wenigstens zwei 
junge Aerztc eine chirurgische Erziehung, und der Direktor kann 
aus den zwei Volontärassistenten den talentvollsten wählen. Wenn 
einer schon klinischer Assistent ist und sich nicht bewährt, so 
wird cs mir wenigstens recht sauer, vor dem üblichen Turnus zu 
kündigen. Die klinischen Assistenten haben durchschnittlich 40 
Kranke zu besorgen und haben im ersten Jahre den sogenannten 
septischen (II.) Pavillon zu besorgen. Derselbe enthält 2 Zimmer 
zu 9 Betten und 6 Zimmer zu 2—3 Betten, dann das bacterio- 
logische und Mikroskopirzimmer und die Präparaten Sammlung. Er 
hat oft mehrere Phlegmonen, Erysipele, profuse Eiterungen, un¬ 
heilbare Krebse zu pflegen und muss die Tracheotomie bei Diph¬ 
therie ausführen. 

Zu den bacteriologisclien und mikroskopischen Arbeiten bleibt 


keine Zeit, weshalb für diese Arbeiten ein eigener wissenschaft¬ 
licher Assistent von mir beantragt wurde. Diese Einrichtung hat 
sich an verschiedenen chirurgischen Kliniken (Basel, Bern, Tü¬ 
bingen) ausserordentlich bewährt und wird sich voraussichtlich an 
allen deutschen chirurgischen Kliniken förderlich erweisen und ein- 

burgern^a j a b res frist tritt der Assistent in den ersten chirur¬ 
gischen Pavillon über. Da dieser den Operationssaal und das In¬ 
strumentarium enthält, so liegen hier die schwersten (24) Kranken: 
Schwere Verletzungen, Laparotomieen etc. und 7 Zimmer zweiter 
Classe mit 14 Betten. . 

Wenn er diese hohe Schule der operativen Technik durch¬ 
gemacht hat, so übernimmt er mit grösserer Selbstständigkeit als 
erster klinischer Assistent die Frauen- und Kinderbaracke und die 
Patienten erster Classe. 

Im ganzen möchte ich also einen vierjährigen Cursus für die 
vollkommene Ausbildung als Chirurg nöthig erachten, wenn ich 
auch zugebe, dass es mancher schneller erlernt und andere wieder 
Jahre lang vortreffliche Assistenten sind und sich doch nicht be¬ 
währen, wenn sie auf eigenen Füssen stehen müssen. 

Jedenfalls muss ein Assistent so lange im Dienst und erfahren 
genug sein, um den Chef zeitweise vertreten zu können, und da 
ich auch von den übrigen Assistenten eine, ich möchte sagen, 
seminaristische Mithülfe bei der Erziehung der jungen Medieiner 
verlange, wird man auch deren Dienstzeit nicht allzu knapp be¬ 
messen dürfen. Am besten wäre es vielleicht, wenn die klinischen 
Assistenten für zwei Jahre angestellt und dann noch auf Antrag 
des Direktors, der für die Zweckmässigkeit allein competent sein 
kann, noch für zwei bis drei Jahre Verlängerung bekommen 
könnten. Dann halte ich eine kleine Zahl von Volontärassistenteu 
mit einjähriger Dienstzeit für wünschenswerth: 

Wir kommen damit auf die Fragen, soll ein obligatorisches 
Externat an Stelle der jetzigen Praktikanten scheine eingeführt 
werden, soll der junge Arzt ein Annuum practicum durchmachen, 
bevor er die Venia practicandi erhält, und soll das Annuum practicum 
vor oder nach dem Staatsexamen absolvirt werden? 


ihre 


J ) Ich pflege meine Zuhörer zu Beginn des Semesters zu ermahnen, 
dass sie sich die in der Klinik vorgestellten Fälle kurz notiren und die 
betreffenden Kapitel zur Ergänzung des klinischon Vortrages zu Hause 
nachlesen mögen. Einer meiner fleissigston Zuhörer, den ich um seine 
Notizen bat, schreibt mir, dass er in den ersten 30 Vorlesungen des 
Sommersemesters 1893 91 Fälle, welche ich ausführlich besprochen und 
operirt habe, notirt habe. Davon betrafen: Bildungsfehler 6, Wunden, 
Narben 6, Brüche 10, Neoplasmen 19, Tuberkulose 15 (Lupus 3, Gelenk¬ 
tuberkulose 7, Hoden- und Peritonealtuberkulose je 1, Knochentuber¬ 
kulose 3), Knochenentzündungen 6, Fracturen, Luxationen 4, Trepanationen 
3, Dermoide 2, Struma 4, Uterusexstirpationen 2, Ovarialkystome und 
Entzündungen 4, Schüsse 5, Gallenwege 1, Niere, Blase, Erysipel, Ar¬ 
thritis deformans je 1. (Macht zusammen 105 Fälle.) 


Ich glaube, dass die jungen Medieiner schon während 
sr Studienzeit an den Kliniken obligatorisch als Ex¬ 
terne (Amanuenses) thätig sein sollten. 

Wie ich oben auseinandergesetzt habe, halte ich die freiwillige 
Thätigkeit entsprechend den Prineipien unserer Studienfreiheit für 
besser als eine erzwungene. Indessen ist eine gesetzliche Regelung 
der Sache zweckmässig, weil durchaus nicht alle Kliniker bisher 
die Einrichtung der Amanuenses für empfehlensw r erth oder durch¬ 
führbar halten. Da man mit allen solchen Neuerungen nur langsam 
vorgehen kann, bis man sieht, wie sie sich bewähren, dürfte es 
genügen, wenn den Examinanden aufgegeben würde, ausser den 
bisherigen Praktikantenscheinen noch den Nachweis zu Hetero, dass 
sie je zwei Monate an der inneren und chirurgischen und je einen 
Monat an einer Augen- und Frauenklinik als Amanuenses (Externe, 
Famuli) thätig gewesen sind. Ich glaube, dass sich dieser praktische 
Dienst an den mit den Universitäten im Zusammenhänge stehenden 
Anstalten durchführen lässt. . 

Damit will ich auch aussprechen, dass ich ein eigentliches 
Annuum practicum erst nach Ablegung des Staatsexamens 
für zweckmässig halte Wenn die jungen Aerzte nach An¬ 
legung des Staatsexamens als Praktikanten in die Spitäler Ein¬ 
treten, so dürfte der Widerstand der städtischen Behörden, ihre 
Krankenhäuser zu öffnen, bald wegfallen. Sie würden bald sehen, 
dass mit den jungen Praktikanten geschulte Arbeitskräfte un 
frisches Blut in die Krankensäle kommen und dass diese Au- 
frisehung dem Krankendienst zum Nutzen gereicht. Wenn äer 
Staat Bedenken trägt, Geld und Gut den Juristen gleich nach dem 
Examen anzuvertrauen, so ist für die Medieiner, denen Leib un 
Seele anvertraut werden soll, ein Annuum practicum als Uebergang 
von der Klinik sicher zweckmässig. 

Die Verhältnisse in der Klinik sind wesentlich andere als in 
der Privatpraxis. Das Verhältniss zwischen alten und 
Aerzten würde sich vielleicht collegialischer gestalten, wenn die jung 
erst die Schwierigkeiten kennen lernen, mit denen die alten drausse 
zu kämpfen haben. # 

Ich glaube deshalb, dass man nicht zu engherzig das Annui 
practicum auf die Spitäler beschränken sollte. Die Kliniker dur < 
mit der Erziehung der Amanuenses genug zu thun haben u 
könnten höchstens einige Praktikanten als Volontärassistenten a 
stellen, obgleich ich dafür schon mit Diplom versehene Aer i 
welche also das Annuum practicum schon erledigt haben, ™*j zie ,, 
würde. Der oben erwähnte Reichsmedicinalausschuss würde 
jährlich die Krankenanstalten, welche durch Jahresbericht o 
wissenschaftliche Arbeiten Zeugniss von ihrer Thätigkeit an« ’ 
bestimmen, in welchen und in welcher Zahl Praktikanten 
nähme finden. Der Oberbehörde müsste es freistehend auch her 


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19. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


359 


ragende praktische Aerzte zu bezeichnen, welche ein bis zwei junge 
Aerzte jährlich ausbilden können. 

Das im Militärlazareth zugebrachte halbe Dienstjahr, die 
Assistentenzeit bei theoretischen Fächern, wie Anatomie, Physiologie, 
pathologische Anatomie etc., ja selbst ein halbes Jahr auf wissen¬ 
schaftlichen Reisen müsste ebenfalls gelten. Der Candidat müsste 
nach Ablauf des Jahres einen mit Zeugnissen belegten schriftlichen 
Bericht über seine Verwendung bei der Oberbehörde einreichen, 
welche daun die Venia practicandi ertheilt, sobald diese Thätigkeit 
ihren Anforderungen entsprechend war. 

Das Annuum practicum sollte in der Regel auch zur Er¬ 
langung des Doctorgrades benutzt werden, welchen Inländer 
ausschliesslich nach dem Staatsexamen erhalten sollten, nach¬ 
dem sie einer medicinischen Facultät eine-wissenschaftliche Arbeit 
eingereicht und nach deren Drucklegung ein mündliches Examen 
bestanden haben. Ich bin dieser Meinung, weil bloss jener den 
medicinischen Doctortitel tragen sollte, welcher auch in den praktisch 
wichtigen Disciplinen, namentlich der inneren Medicin und Chirurgie, 
geprüft ist. Dafür geben aber die Promotionsordnungen der 
Facultäten keine genügende Garantie. 

Für die Erlangung des Doctordiploms für Ausländer sollten vom 
oben erwähnten „Reiclismedicinalausschuss“ an allen Facultäten 
geltende Bestimmungen, welche möglichst den für die Inländer 
geltenden entsprechen, getroffen werden, da die Bemühungen, die 
Facultäten freiwillig unter einen Hut zu bringen, nach den bis¬ 
herigen Erfahrungen vergeblich sein dürften. 

Zum Schlüsse möchte ich die Gedanken zu einer Aende- 
rung der medicinischen Staatsprüfungsordnung kurz 
skizziren, welche sich mir aufgedrängt haben, da ich seit 22 Jahren 
examinire und drei Jahre den Vorsitz der Prüfungscommission ge¬ 
führt habe. Da die mit der Aenderung der Prüfungsordnung be¬ 
traute Commission noch mit keinen Vorschlägen hervorgetreten ist, 
so halte ich es für die Pflicht der Betheiligten, welche sich ein 
Urtheil über diesen für die Entwickelung unseres Standes so 
wichtigen Gegenstand gebildet haben, ihre Meinung zu äussern. 

Da ich mich oben für die Zweckmässigkeit eines Annuum 
practicum ausgesprochen habe, so sollte man bei den bisheri¬ 
gen neun Semestern Universitätsstudium bleiben, da die 
Fleissigen bisher die Materie bewältigt, haben und da die Be¬ 
stimmungen blos das Minimum dessen, was verlangt werden muss, 
festzusetzen haben. 

Mit dem jetzigen r Trödelexamen u , das aus Vorexamen und 
sieben Abschnitten besteht und durch neue Specialitäten ins 
Unendliche verlängert zu werden droht, muss gebrochen werden. 
Das Examen muss in wenige Hauptabschnitte, deren jeder für 
sich ein Ganzes bildet, zerfallen, und die alten Hauptfächer, die 
innere Medicin, die Chirurgie und Geburtshülfe, müssen wieder den 
ihnen gebührenden Vorrang erhalten, wenn man auch den mächtig 
eiuporstrebenden Specialitäten ein Plätzchen daneben gönnen kann. 
Dies vorausgeschickt, glaube ich, dass man das Vor ex amen, 
welches Physik, Chemie und Biologie 1 ) umfasst, schon nach dem 
zweiten Semester ablegen dürfte. 

j Das erste Examen rigorosum umfasst Anatomie und 
I'liysiolngie und könnte nach dem fünften Semester gestattet 
werden. Vor Erledigung dieser Prüfung dürften die Candidaten 
meht prakticiren, wodurch sie immerhin einen Spielraum von zwei 
Semestern für das Examen gewinnen würden. 

Wenn behauptet wird, man müsse diese wichtigen Fächer 
zweimal prüfen, so halte ich das für einen Unsinn. Andererseits 
'st es gewiss richtig, dass diese Gegenstände fest sitzen sollen, 
wenn die Studenten in die Klinik kommen. Ausserdem haben der 
Chirurg, der pathologische Anatom, der innere Kliniker, der 
harinakologe und andere so viele Gelegenheiten, auf diese Fächer 
zurüekzukommen, dass durch die Verlegung der Anatomie und 
.jjysiologie au f einen früheren Termin die wissenschaftliche Aus¬ 
bildung; der Mediciner sicher nicht zu kurz kommt. Ich würde es 
pi r ^' nsc ^ eas werth halten, dass dem mündlichen Examen in 
iiysiologie ein praktisches Examen im Laboratorium vorausgeht, 
" lfi ^ ^ei der Anatomie längst eingeführt ist. 

1 r -,j S ZWe ife Staatsexamen umfasst als Hauptsachen: Patho- 
ogi&cUf. Anatomie (und allgemeine Pathologie), innere Medicin, 
i> ,! a mp dica uud Hygiene (und Impfwesen). Als Nebensachen; 
\Hhiatrie und Kinderheilkunde. 

mrrri afc n ( ^ rit te Staatsexamen umfasst als Hauptsachen: Chi- 
K Geburtshülfe (und Gynäkologie) und Augenheilkunde. Als 
Ohren- (Nasen- und Kehlkopfkrankheiten), dann Der- 
matolope (Syphilis). 

Sohl . ^ ail Ptsachen werden jedenfalls beim mündlichen 

ussexamen geprüft, während von den zwei Nebenfächern blos 


Bodenln! 8 }* 1 ? e * nem Dafürhalten sollte der Mediciner auch etwas vo 
Bodenkunde, also wohl Geologie, verstehen. 


je eines vom Candidaten durch das Loos gezogen wird. Die 
pathologische Anatomie, innere Medicin, Chirurgie und Geburts¬ 
hülfe haben zuerst einen praktischen Theil, welcher vor der münd¬ 
lichen Hauptprüfung im Laboratorium oder der Klinik erledigt 
wird. Für das klinische Examen würde es genügen, wenn der 
Candidat einen grossen Fall übernehmen und denselben drei Tage 
lang beobachten würde, und wenn er noch ein zweites mal an 
kleinen Fällen praktisch geprüft würde. Für die Chirurgie käme 
noch ein zweites Practicum hinzu: die Prüfung in Operation«-, 
Verband- und Instrumentenlehre. 

Der Chirurg kommt somit mit drei Noten zur Schlussab¬ 
stimmung, der innere Kliniker, der Geburtshelfor und pathologische 
Anatom mit je zwei. Beim mündlichen Schl ussexamen müsste 
deshalb der innere Kliniker mindestens 20 Minuten prüfen, während 
für die anderen Fächer 15 Minuten genügen dürften, und das Votum 
der inneren Kliniker müsste doppelt zählen. 

In Augenheilkunde sollte auch eine praktische Prüfung an 
einem Falle vorgenommen werden, welcher in einem Termin erledigt 
wird, jedoch zählt die Note bloss mit dem mündlichen Examen 
zusammen einmal. 

Die praktischen Prüfungen brauchen nicht öffentlich zu sein, 
während die mündliche Schlussprüfung öffentlich abzuhalten wäre. 
Für diese müsste nebst dein Examinator stets noch ein Mitglied 
der Prüfungscominission gegenwärtig sein, welches das Protokoll 
führt und hei der Note sein Votum ebenfalls abgiebt. Bei Mei¬ 
nungsverschiedenheiten entscheidet das Votum des Examinators, 
jedoch wird auch das andore Votum zu Protokoll gegeben. Bei 
der zweiten (letzten) Wiederholung des Examens müsste ausserdem 
auch der Vorsitzende gegenwärtig sein und mit abstimmen. Nach 
dieser Aufstellung bekäme der Candidat : 

1. Anatomie und Physiologie je 2 Noten, macht 4 Noten. 

2. Innere Medicin 8 Noten (da das mündliche doppelt zählt), 
pathologische Anatomie 2 Noten, Materia medica 1, Hygiene 1, 
Nebenfach 1, macht 8 Noten. 

3. Chirurgie 3, Geburtshülfe 2, Augenheilkunde 1, Nebenfach 
1, macht 7 Noten. 

Anatomie, Physiologie, innore Medicin, pathologische Anatomie, 
Chirurgie und Geburtshülfe sind so wichtig, dass sie jedenfalls 
wiederholt werden müssten, wenn in einem dieser Fächer die Note 
ungenügend wäre. 

Sonst gilt das Examen als bestanden, wenn der Durchschnitt 
mindestens gleich 2 (gut) ist, auch wenn eine Note ungenügend 
ist. Wenn mehre Noten ungenügend sind, können diese einzeln 
nachgeholt werden. Bei 2 l /o (oder weniger) kann ein ungenügendes 
Fach repetirt werden. Wenn zwei oder mehr Fächer ungenügend 
sind, muss der ganze Abschnitt wiederholt werden. 

Wenn der Durchschnitt unter 3 (genügend) liegt, so muss 
das ganze Examen wiederholt werden, auch wenn nur eine Note 
ungenügend ist. 

Für jede Prüfungscommission müssten so viele Examinatoren 
ernannt werden, dass kein Examinator mehr als 50 Prüfungen im 
Jahre abzuhalten hat. Die Prüfer wechseln ah, so dass der Can¬ 
didat nicht weiss, von wem er geprüft wird, oder wenn z. B. für 
innere Medicin zwei Examinatoren vorhanden sind, prüft der eine 
im klinischen, der andere im mündlichen Examen. Die Oherhehördo 
hat ja jetzt schon das Recht, einen Examinator zu verwerfen, den 
sie nicht für passend hält, und wenn in einer Prüfungscommission 
nicht der Zahl der Candidaten entsprechend genügende Examina¬ 
toren präsentirt werden, so wird sie die Pflicht haben, diese Can¬ 
didaten an eine andere Prüfungsoommission zu weisen. 

Diese und manche andere Detailfragen werden bei genauer 
Kenntniss dor Statistik erst regulirt werden können, aber viel¬ 
leicht geben diese Grundzüge, welche sich an verschiedene ältere 
Prüfungsvorschriften bis zu einem gewissen Grade anschliessen, 
doch einen Anstoss, das Examen wieder mehr zusammenzudrängen 
und den Hauptfächern wieder zu ihrer alten Bedeutung, welche sie 
heute noch in der Praxis besitzen, auch im Examen zu verhelfen. 


III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn. 

Die Gefahren der Narkose für den 
Diabetiker. 1 ) 

Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik. 
Unsere Kenntnisse über die chirurgisch wichtigen Erkran¬ 
kungen der Diabetiker sind erst verhältnissmässig junge, bie 
stammen aus Frankreich. Dem französischen Militärärzte I rofessoi 
Marchal de Calvi gebührt das Verdienst, zuerst im Jahre löoö 


0 Auszugsweise vorgetragen in der Sitzung der ^Ta¬ 

lon der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde 
tuar 1894. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


360 _ _ __ 

auf die Thatsaehe hingewiesen zu haben, dass bei der Zuckerkrank¬ 
heit septische Entzündungen und gangränöse Zerstörungen, zumal 
an den Extremitäten, gamicht selten Vorkommen. Und als er im 
Jahre 1864 sein Buch „Recherclies sur les accidents diabetiques 
schrieb, konnte er bereits weit über 100 Fälle namhaft machen, in 
denen sich Diabetes mit carbunkulösen und fauligen Entzündungs¬ 
processen complicirt hatte. Seine Lehre fand in Frankreich bald 
allgemeine Anerkennung und seine Forderung, bei allen entzündlich- 
brandigen Processen, deren Ursache unbekannt erscheint, den Urin 
sofort auf Zucker zu untersuchen und, falls diese Untersuchung 
positiv ausfällt, den Kranken unverzüglich auf antidiabetiscne Diät 
zu setzen, wurde aller Orts von seinen Collegen befolg. Die nam¬ 
haftesten Chirurgen Frankreichs brachten bald weitere Bestätigungen 
für die Marchal’sche Lehre, und es ist ganz besonders em Ver¬ 
dienst Verneuil’s, dieselbe durch Mittheilung vieler eigener, sorg¬ 
fältig beobachteter Fälle weiter ausgebaut zu haben. Die Diabetes¬ 
frage beschäftigte in den folgenden Jahren wiederholt die Pariser 
Sociötd de Chirurgie, wobei sich die Frage dahin zuspitzte, ob es 
überhaupt erlaubt sei. einen Diabetiker zu operiren und welche 
Indicationen beziehungsweise Contraindicationen zu berücksichtigen 

seien. , 

In der Folgezeit wurde nun auch m Deutschland von den 
Chirurgen vielfach die Richtigkeit der March al’schen Lehre be¬ 
stätigt und dem Zusammenhänge zwischen Gangrän und Diabetes 
die Aufmerksamkeit zugewandt, wenn man auch vielleicht 
W. Roser 1 ) das Verdienst nicht absprechen darf, zuerst in einer 
kurzen Arbeit über „Diabetes und Sepsis“ für die weitere Ver¬ 
breitung dieser Lehre gesorgt zu haben. „Wenn ein sonst gesund 
erscheinender Mann eine progressive, brandige oder ulceröse Zer¬ 
störung, z. B. an Fuss oder Hand, wahrnehmen lässt, wenn man 
sich keine inficirende Ursache dabei denken kann, wenn alle Irri¬ 
gationen mit Carbolsäure u. s. w. vergeblich sind, so ist es hohe 
Zeit, an Diabetes zu denken.“ Diese Worte Roser’s, mit 
welchen er seinen Aufsatz einleitete, sind Mahnworte, die nicht 
vergeblich erklungen sind. t 

Mit wenigen markigen Zügen hat dann im Jahre 1887 König-) 
die Grundsätze gezeichnet, nach denen wir noch heute unser prak¬ 
tisches Handeln bei den chirurgischen Erkrankungen der Diabetiker, 
speciell beim diabetischen Brande, zu bestimmen pflegen. Ich ver¬ 
zichte darauf, an dieser Stelle auf Einzelheiten einzugehen, möchte 
indessen besonders hervorheben, dass König zumal auf zwei 
Punkte der Diabetikertherapie Werth legt, nämlich: 

1. Auf streng antiseptische Localbehandlung und 

2. Einleitung der antidiabetischen Diät. 

Ermuthigt durch die eclatanten Erfolge, welche König 3 ) 
durch rechtzeitige Amputation in zwei sehr schweren Fällen von 
brandiger Extremitätenphlegmone bei ausgesprochenem Diabetes 
hatte, ist die Zahl der Zaghaften, welche von jeder eingreifenden 
Operation bei Zuckerkranken dringend abriethen, immer kleiner 
geworden; die Mehrzahl der Chirurgen wird, wenn das Leben des 
Kranken auf dem Spiele steht, zum Messer greifen, wenn auch in 
einem grossen Procentsatze der Fälle nicht zu verhüten ist, dass 
die brandige Phlegmone am Amputationsstumpf unaufhaltsam weiter 
kriecht und schliesslich doch ihr Opfer fordert. Es ist wenigstens 
der Versuch gemacht, den Kranken zu retten, wenn auch ohne 
Erfolg. 

Indessen droht dem Zuckerkranken ein viel heimtückischerer 
Feind, eine ganz versteckte Gefahr, auf welche ich in den nach¬ 
folgenden Blättern die Aufmerksamkeit lenken möchte: das Coma 
diabeticum im Anschluss an die Narkose. 

Zweimal im Laufe des letzten Jahres habe ich an der Bonner 
chirurgischen Klinik die Beobachtung machen können, dass Dia¬ 
betiker, welche bei ihrer Stoffwechselerkrankung weder die Schul¬ 
symptome der Polyurie, Polydipsie und Polyphagie in hervorragendem 
Maasse zeigten, noch eine in die Augen fallende Kachexie darboten, 
welche tagelang theils bei antidiabetischer Diät, theils bei ge- 
gemischter Kost sich des besten Wohlseins erfreuten und sich bei 
oberflächlicher Betrachtung von einem Gesunden nicht untorschieden, 
— dass diese Kranken im Anschluss an eine in Narkose aus¬ 
geführte Operation nach einigen Stunden comatös wurden und nach 
längerer oder kürzerer Zeit zugrunde gingen. Dazu kommt ein 
Kranker der medicinischen Klinik, welcher ebenfalls nach einem 
operativen Eingriff starb. Eine Umschau in der Litteratur lehrte 
mich zweierlei: einmal, dass derartige Zufälle zwar auch anderen 
Operateuren und offenbar verhältnissmässig garnicht selten passirt 
sind, dass aber andererseits ihnen bislang weder eine Bedeutung 
beigelegt, noch ein Erklärungsversuch gemacht worden ist. Es er¬ 
schien mir daher geboten, unsere Beobachtungen zu veröffentlichen 


*) W. Roser, Deutsche med. Wochenschrift 1880, No. 1. 
*) König, Centrlbl. f. Chir. 1887, p. 225 ff. 

^ König, Centrlbl. f. Chir.' 1887, p. 228. 


und unter Berücksichtigung ähnlicher, in der Litteratur verstreuter, 
meist nur kurzer Mittheilungen den Versuch zu machen, diese 
eigenthümliche Erscheinung in ihren klinischen und pathologischen 
Symptomen zu schildern. 

Fall 1. Am 10. August 1892 wurde der 61jährige Ackerer. Johann 
M in die chirurgische Klinik aufgenommen mit einer seit fünf Wochen 
bestehenden diabetischen Gangrän des rechten Fusses. Sämmtliche Zehen 
und der vordere Theil des Fusses waren bis zum Lisfranc sehen Gelenke 
dunkel schwarz-roth verfärbt. Der Kranke, welcher durch die Erkran¬ 
kung seines Fusses keine erheblichen Beschwerden hatte, sah im allge¬ 
meinen für sein Alter rüstig und kräftig aus, war geistig frisch und bot, 
keinerlei Zeichen, welche auf eine schwere Form der Zuckerharnruhr 
hätten schliessen lassen. Der Urin enthielt 4°o Zucker, kein Eiweiss. 
Leider ist eine Untersuchung des Harnes auf Aceton und Acetessigsäure 
unterblieben. Das brandige Glied wurde hoch gelagert und antiseptisch 
verbunden. Gleich vom Tage der Aufnahme ab bekam der Patient anta- 
diabetische Diät. Dabei befand er sich andauernd wohl. Indessen Hess 
sich ein Fortschreiten der Gangrän nicht verhindern. Am 16. August 
wurde zuerst eine bis zum Kniegelenke sich erstreckende Lymphangitis 
bemerkt und ausserdem der erste Beginn einer bläulichen Verfärbung an 
den Zehen des linken Fusses. Es wurde daher beschlossen, die Ampu¬ 
tation des rechten Oberschenkels zu machen. 

Am 18. August vormittags wurde diese Operation ausgeführt. Dabei 
ist besonders hervorzuheben, dass der Kranke bislang nicht die gering¬ 
sten Zeichen einer allgemeinen Sepsis, noch eines diabetischen Gomas 
hatte. Er befand sich vollkommen wohl, hatte einen kräftigen Puls und 
normale Respiration. (Fehlen des Kussmaul’schen Athemsymptoms!) 

Die Amputation wurde ohne Blutleere in Chloroformnarkose aus¬ 
geführt und dauerte 35 Minuten, ohne durch irgend welche übelen 
Zwischenfälle gestört zu sein. Der Kranke erwachte bald aus der 
Narkose, verlangte gelegentlich zu trinken und klagte nur wenig über 
Schmerzen. Die Nacht verlief ungestört. Am andern Morgen nahm der 
Kranke etwas Kaffee und Brödchen zu sich, machte aber bereits einen 
etwas apathischen Eindruck. Im Laufe des Vormittags schlief er viel, 
Hess sich aber durch Anrufen leicht wecken. Da zu fürchten war, dass 
ein diabetisches Coma sich auszubilden drohe, so wurde sofort die anti- 
diabetische Diät mit gemischter Kost vertauscht. Patient genoss davon 
mittags allerdings nur sehr wenig und verfiel im Laufe des Nachmittags 
(etwa zwischen 4 und 5 Uhr) in ein tiefes Coma, aus dem er auch durch 
Anrufen und Rütteln nicht mehr erweckt werden konnte. Unter all¬ 
mählich eintretendem Lungenödem erfolgte um 8 1 /* Uhr abends der lod 
unter Temperatursteigerung. 

Sectionsbefund. Dilatatio cordis. Atherom der Aorta und der 
meisten Arterien. Lungenödem. Chronischer Milztumor. Hirnsection 
wurde nicht gemacht. 

Fall 2. Am 6. November 1893 wurde der 64jührige Gastwirth 
Heinrich II. aus Jüchem mit einem grossen Aneurysma der rechten Ar- 
teria poplitea, über dessen Entstehung er keine ganz glaubhaften An¬ 
gaben machen konnte, in die Klinik aufgenommen. Die Untersuchung 
des übrigen Körpers ergab hochgradiges Emphysema pulmonum, Dilatatio 
cordis und Atherom der fühlbaren Arterien. Der Urin war frei von 
Eiweiss. Eine Untersuchung desselben auf Zucker unterblieb, weil Patient 
angab, früher stets gesund gewesen zu sein, und speciell keinerlei Zeichen 
darbot, welche auf einen bestehenden Diabetes hätten hindeuten können. 
Bei gemischter Kost erfreute er sich des besten Wohlseins. 

Am 8. November (also 2 Tage nach der Aufnahme) wurde der Kran e 
vormittags von Herrn Gohcimrath Trendelenburg in der Kumk vo - 
gestellt , genau untersucht und operirt. In Aethernarkose wurde in ae 
rechten Kniekehle der blutleer gemachten Extremität ein Längsscnm 
geführt und das Aneurysma, welches weit unter die Wadenmuskula 
herunter reichte, blossgelegt, doppelt unterbunden und oxstirpirt. JN& 
Lösung der Constriction entstand aus der zuführenden Arterie eine se 
heftige Blutung, die nur mit den grössten Schwierigkeiten gestillt wer 
konnte. Naht der Wunde ohne Drainage. Compressiwerband. üo - 
lagerung. Dauer der Operation 60 Minuten. Patient erwacht bald a 
der Narkose und klagt über Schmerzen im Beine, die auch in der 
den Nacht noch andauerten und ihn trotz 0,01 Morphin subcutan we g 
sdilBifoii lies^ön « 

9. November. Temperatur Morgens 38,2°, Abends 38,9°. J 1 ? .^ a !V e 

des Tages lassen die Schmerzen nach, am Fusse selbst ist , * 

normes zu constatiren. Patient ist bei der Abendvisite ganz zumc » 
freut sich über den günstigen Ausgang der Operation und hofft, die 
gende Nacht besser schlafen zu können; bekommt kein Morphin. 

10. November. Patient hat die ganze Nacht ruhig gelegen und 
geschlafen, ist heute Morgen merkwürdig unklar, spricht undeutlicn, 
aber im Beine keinerlei Schmerzen. Temp. 39,6. Leichte Parese 
rechten Levator palpebrae super., sonst aber keine periphere Lähmung , 
so dass die anfängliche Vermuthung, dass Patient eine Apoplexie ern 
habe, nicht gestützt werden konnte. Bei dem vorgenommenen V 
Wechsel war die Wunde vollständig reactionslos. Im Laufe des ia » 
nahm die Benommenheit immer mehr zu und steigerte sich bis zur 
wusstlosigkeit. Urin ging unwillkürlich ab. Eine geringe, aufgefang 
Quantität enthielt eine grosse Menge Zucker. (schätzungsweise b /<w- 
Leider war die Menge zu gering, als dass eine genaue quantitative^ 
Stimmung des Zuckers, sowie eine Untersuchung auf Aceton und , 
essigsäure hätte vorgenommen werden können. Die Athemluft hat 
gegen einen deuthehen obstartigen Geruch. Abends Temp. 40/ . 
Kranke reagirt selbst auf lautes Anrufen und Rütteln nicht menr. 
entwickelt sich allmählich Lungenödem. 

11. November, Morgens 9 Uhr. Tod. 

Nachträglich eingezogene Erkundigungen ergaben, 


dass weder der 


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19. April. 


Kranke noch dessen Angehörige eine Ahnung davon gehabt hatten dass 
er zuckerkrank war. ’ 

Aus dem Sectionsbefunde hebe ich hervor: Hyperämie der ße- 
ffläse der Hirnhäute und des Gehirns. Consistenz des Gehirns sehr fest 
keine Heerderkrankungen. Dilatatio cordis, zumal des rechten Ventrikels’ 
Emphysem» pulmonum et Bronchitis; Spitzoninduration. Nieren anämisch' 
Milztumor. Pankreas klein, blass. Atherom der meisten Arterien. In 
der Artena femoralis dextra oberhalb der Unterbindungssteile ein 6 cm 
langer Thrombus. 

£ a . H 3 *. l) A “ 26, Aprü 1892 wurde der 40jährige Kaufmann Leo¬ 
pold M. m die hiesige medicimsche Klinik aufgenommen wegen Schmerzen 
im Bauche, die bei Druck auf die Gegend der rechten Niere sich steiger- 
t ° n 'oü ,o mperatur 1 . zeigt0 - gelegentlich Abends eine leichte Steigerung bis 
zu 38,4° war aber meistens normal. Seit einem Vierteljahre war der 
Kranke abgemagert; sein Hausarzt hatte vor einem Monat 5% Zucker 
mi Urin nachgewiesen. Dazu litt der Kranke an unstillbaren Durch- 
Ä o dl0 L° fiC ? bar “ f J “ ner n? den ^ pen ac( l uirirt en Dysenterie beruhten. 
iÄt iS/ p« m n en n F ? C ?f A nic ^ nachgewiesen werden. Körper- 
gewicht 156 /a Pfd. Der Gehalt des Harns an Zucker wurde am 27. April 
am auf . 30/0 bestimmt, bei einer Urinmenge von 

durchschnittlich zwei Litern. Aceton hess sich wiederholt nachweisen 
, die Sch ^ e 2 e ?. m J der Abteil Seite nicht nachliessen, so wurde 
^ “ m der chirurgischen Klinik in Narkose untersucht. 
Dieselbe wurde 15 Minuten lang mit Chloroform und dann 5 Minuten 
lang mit Aether unterhalten. Diese Narkose hatte keine Übelen 
Nachwirkungen (abgesehen von Uebelkeit und Erbrechen) für den 
nfi i Um 13 ‘ Ma V b nabmen die Durchfälle sehr zu, so dass 

des . ™rbundenon 


^DEUTSCHE MEDICINIS CHE WOCHENSCHRHT. 


361 


n . - j ciiuigtou. mioige aes damit verbundenen 

^ o!f T d .f vermehrten l’lüssiVkeitsaufnahme stieg die Urinmenge 
f “ 3 V d ('' bei G1 ? em ’"P CC - Gewichte von 1025—1032; am 20 Mai 
betrug die Innmenge 6 Liter und am 23. sogar 13 Liter! Dabei blieb 
J A em g eJ 'f tu T stets , uafc ? r 38 • Inzwischen waren die Schmerzen in der 
rechten Seite immer heftiger geworden, und man konnte jetzt daselbst 
deutlich eine Resistenz mit undeutlicher Fluctuation constitiren. Bis¬ 
lang bestanden keinerlei Zeichen von Coma diabeticum. 

..Jf w urde daher am 25. Mai, Vormittags um 12 Uhr, in Chloroform- 
uarkose unter dem Rippenbogen in der Axillarlinie eine Incision gemacht 

Lreirfn t V* ¥ ter Eiter entiieIt - Ke Kose 

10 , Mln j te ?- P? r Kranke erwachte zwar wieder aus der 
Bctäabiing war aber doch nicht ganz klar. Nachmittags 2'/ a Uhr ent- 

raÄen l ’V m ( d,abetlS 5 heS . P 0ma mit d en«ich ausgesprochenem Kuss- 
“ Symptom und nicht unbeträchtlicher Cyanose. Unter zu¬ 
nehmender Bewusstlosigkeit trat der Tod Abends UV, Uhr ein. 

ae . r önttion fand sich, abgesehen von unwesentlichen Neben- 

«lre d Untrdem P P ? ntoneale J AbSCe ?, Shöl ' le z,vischen Leber “"<1 rechter 
entert imd °° ™ f C “ d t ns - Der Abscess war durch die Incision 
CXrUcW n “umcirte nicht mit dem Darm; er musste als ein 
«ich dST^Lo bSC n 8 aU / gefaSSt . werden - Im S^mm Dickdarm fand 
Nieren P? senten ®. Mit zahlreichen Geschworen. In beiden 

tumor “ “ tU " Degenera tion. Prostataabscesso. Lungenödem. Milz- 
__ (Fortsetzung folgt.) 

IV. Ans der chirurgischen Klinik des Herrn Geheimrath 
not Dr. v. Bardeleben am Charitekrankenhause in Berlin. 
Ein Fall von Aetüertod. 2 ) 

1° n Stabsarzt Dr. Herhold, Assistenten der Klinik. 

Station m d?Ch3db! it eS T S i, Jabr f. S ? ur ? e Abends auf die °birurgische 
eingeklemmten Hpmip V da ^ re ® üc ^ senmac hersfrau L. wegen einer 
^apke gab an, dass sie seit Jahren 
mehr so wie sonst^nr-n^ G1 j 6; se /. t vier Tagen ginge der Bruch nicht 
iL* grosse Besch Ä sondei ? sichtbar draussen und mache 

snehung erwb S : Ausserd ? m s . ei sio . herzleidend. Die Unter- 

femoralis hatte’ Di« 16 m F J? U , ei ? T e linksseitige eingeklemmte Hernia 
aber über dem Hn,,a Physikalische Untersuchung ergab gesunde Lungen, 
sehr deutliches diaBt 0 ]- 6 ”! bes °^ ders i m zweiten rechten Intercostalraum 
Mammillaräi h pr^ 0 IS K heS , GGrä ? sch und eine 4 cm über die linke 
Da somit P |n o T ä e - nde \ er hreiterung der Herzdämpfung, 
dringend erforderlich^ 1 !!* 16 ^ de ^ Aorte J kla PP en bestand, wurde für die 
Narkotisiren vorgezoffen He T r P lot ,? mi< t Aether statt des Chloroforms zum 
d . er ersten concentrir?!«' aH? der K r ankon <h e unangenehme Empfindung 
hschen Methode der ? n Aet h e r da “pfe — welche sich bei jeder asphyk- 
zanächst 10 tr 1 , ose £ eBend ma cht — zu ersparen, wurden 

v °n 30 g auf die T„ii- geben. Darauf wurde Aether in einer Menge 
die Maske mit ai , d J che ¥ aske K e ? ossen und dann nach Bedarf 

(Asphyktisehe Methode V S- ?? * Men gen de ?. Narcoticums befeuchtet, 
überwachte den Puls ^^rarzt hielt Kinn und Maske, ein anderer 

ihrem Ende zu ^^ ^f^ DU j. en verflossen sein — die Operation ging 
Es waren bis dahin w urde, der Puls werde schlechter. 

Lssen, nach etwa e l ke - r -»verbraucht, die Maske wurde fortge- 

gehessert, dass di« blS - d j ei ^D nuten hatte sich der Puls wieder so 
kat te kaum drei Mim,!?« T eder auf S ele & t werden konnte. Die Maske 
haehte und nach eUr** ? e J®^ ei V plötzlich die Athmung sich ver- 
-—— a drei bis vier flachen Athemzügen ganz aufhörte. 

Herrn Professor §c ]?»l Yeberlassung der Krankengeschichte spreche ich 
*) Vortrag jrehftHÜ 2 ® “ eman verbindlichsten Dank aus. 

1 L December 1893 ^ dör ^ re * en Vereinigung der Chirurgen Berlins 


am 


w!^ aSl ?J? r - be \ m Flacherwerden der Athemzüge fortgenommbn es 
wurde sofort beim Aufhören der Athmuno- kflnstlinL A 'r*"& öuommon » es 
17i Stunde wurde abwechselnd von Herrn Stabsarzt ThieU 
Unterärzten und mir Herzmassage und künstliche '\thmunrr Vwia de ü 
Zusammendrücken des Thorax, theUs duMSkte’SSS ^'Z n£Ü 
e ■ ( aUSgef ? hrt ’ trotzdem gelang es nicht, die Lungen® wioder in 

JhS^ Z Ilr b r"T,? en Pul3 ' dcr boim Anssetzen°der Athmung 

ebenfalls fortblieb, glaubten wir zeitweise an der Carotis und Radialis 
mit Sichei-heit wieder zu fühlen - eine Folge der Herzmassage. 

Die nach Ablauf von 24 Stunden im pathologischen Institut «w 
Charite ausgeführto Obduction ergab folgenden Befund ■ 

. „ Y»™«. goba “ te . weibliche Leiche. In der linken Inguinalgegend 
t,„ d l S|l !“ a antenor supenor eine an der Längsachse des Körpfrs S ge- 
legene Vt unde von 12 cm Länge. Zwerchfellsstand rechts 4, links 5 R 
Herz grösser als die Faust. Linker Ventrikel hart mit 

ZfrÄr- Chte rI, T ei }, trike i scblaff ; im linken Ventrikel etwL Tei 
Esslöffel flüssiges Blut. Der rechte Ventrikel leer und weit. Die Aorte n- 

uid P ™t n r h 1 - 0 ^ , s . chlus f^hig Die hintere Klappe stark verdickt 
und retrahnt, die rechte und linke sind zu einer etwa kirsch- 
Vp°n S t S ^v verkalkten warzigen Masse verwandelt. Linker 
Ventrikel stark hypertrophisch, leicht braun. 

,i ei T 3 ^ ua ? en blutreich, Broncliialschleimhaut geröthet, 
1“ d ®“ Bronc hien wenig Schleim. Rachentheile stark cyanotisch. 

\ T d T u rac . h ? a gf rö thet, frei von Schleim. Herzmuskel 
r e > s ; Dd ?, re AbA ;: G 1 1 1 cbu, i !L r (mikroskopische), keine Fragmentation. Venen 
der Arachnoides gefüllt. Gehirn mässsg blutreich, sonst ohne Abweichung 
Peritoneum glatt glänzend. Der Uterus misst 15 cm, das Collum 
4 cm. Placenta an der vorderen Wand. Milz derb, vergrössert. Nieren 
blutreich, besonders die Markkegel. Leber blutreich, gross? Magenschleim¬ 
haut mit zähem Schleim bedeckt. ° magenscmeim 

Diagnose: Aethervergiftung; Tod durch Herzlähmung. Starke 
neivöse Hyperämie sämmtlicber Organe. Graviditns mensis IV Endo- 
carditis fibrosa calculosa aortica. Dilatatio et Hypertrophia ventriculi 
smistn. Kerne Fragmentation. 

Der Einwurf, dass in dem vorliegenden Falle der Tod nicht 
durch die Einwirkung des Aethers, sondern durch die der 10 g 
Bromäthyl bedingt sei, erscheint hinfällig, wenn man erwägt 
dass die Einwirkung des Bromäthyls nach festgestellten Versuchen 
nur eine vorübergehende, höchstens fünf Minuten betragende ist 
und nach Ablauf von 53 Minuten infolge dessen eine Wirkung 
• l r ! mätllyls nicht raehr erklärbar wäre. Die bei der Narkose 

in 53 Minuten zur Anwendung gekommenen 250 g _ nach den 

vorher erwähnten 240 g hatte die Kranke etwa noch 10 g einge- 
athmet bedeuten ja eine ziemlich erhebliche Menge des Gases, 
doch ist diese nicht eine so grosse, dass man auf sie allein den 
Tod zurückführen könnte. Der gebrauchte Aether war von guter 
Beschaffenheit, er wird regelmässig in der Charitcapotheke auf 
seine Reinheit untersucht. Trotzdem muss der während der 
Operation erfolgte Tod durch die Einwirkung des Aethers 
auf das bereits kranke Herz erklärt werden. Erscheinungen, 
die für Erstickung sprechen könnten, wie Anfüllung dos 
rechten Ventrikels mit Blut, Ecchymosen der Pleura, 
Sohle im absonderung in den Lungen etc, sind durch die 
Obduction nicht nachgewiesen. 

Seitdem man während der letzten fünf Jahre in verschiedenen 
Kliniken Deutschlands den Aether zur Narkose statt des Chloro¬ 
forms wieder angewandt hat, sind fast nur günstige Berichte über 
die Aethernarkose eingelaufen und haben ihr immer mehr Anhänger 
verschafft. Es soll mir fern liegen, mich hier als Widersacher 
gegen alle diese günstigen Berichte aufzuwerfen, auch ich habe 
hier in der Charitö recht viele gute Aethernarkosen gesehen. Nur 
in Bezug auf einen Punkt giebt der soeben geschilderte Todesfall 
zu denken, das ist die Einwirkung des Aethers auf das Herz, die 
in fast allen Berichten bisher nur als eine günstig und niemals 
ungünstig wirkende hingestellt wurde. So sagt Butter 1 ) in seiner 
Arbeit: „Hier sei kurz erwähnt, dass im Gegensatz zur 
Chloroformnarkose die Herzthätigkeit vom Aether nicht 
beeinflusst wird; die Pulsfrequenz bleibt unverändert, 
ein Aussetzen des Pulses haben wir nie beobachtet.“ 
Man hat dann hieraus den Schluss gezogen, dass der Puls während 
der Aethernarkose überhaupt nicht überwacht zu werden brauchte. 

So sagt Silex: 2 ) „Wir stehen auch nicht an, zu behaupten, 
dass man bei Mangel sachgemässer Assistenz die Narkose 
ohne weiteres jemand übergeben kann, ohne dass man 
damit den Vorwurf der Gewissenlosigkeit auf sich laden 
würde.“ Füter 3 ) sagt: „Dieses ist auch der Grund, weshalb 
wir den Puls nicht unausgesetzt nachfühlten, sondern 
nur ab und zu einmal in der Narkose.“ Am Anfang einer 
jüngst erschienenen Arbeit sagt Grossmann: 4 ) „Im Gegensatz 
zu dem Chloroform muss der Aether als ein absolut unge- 

*) Archiv für klin. Chirurgie Bd. 40, p. 68. 

7 Berliner klin. Wochenschrift 1890, Bd. 27, p. 171. 

3 ) Zeitschrift für Chirugie 1889, Bd. 29, p. 6. 

4 ) Anfangsseite des Separatabdrucks. 

5 ) Anmerkung 2 der letzten Seite des Separatabdrucks dor Arbeit. 


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362 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


fälirliches Mittel zur Erzeugung der Narkose bezeichnet 
werden.“ Am Schluss seiner Arbeit sagt Grossmann: „Collaps 
oder Kleinwerden des Pulses kommt wohl beim Chloro¬ 
form, aber niemals beim Aether vor.“ Dieser letzte Aus¬ 
spruch wird nur in Bezug auf die berauschende Methode der 
Aethemarkose, welcher Grossmann in seiner Arbeit das Wort 
redet, gethan. und setzt sich der Verfasser hiermit in einen Wider¬ 
spruch zu Professor Wanscher, dem Erfinder der berauschenden 
Methode. Nach Grossmann’s eigener Angabe sagt Wan sch er 
selbst, dass der Puls ebenso wie die Respiration in dor Aether- 
narkose überwacht werden müsse. Gerade bezüglich dieses in 
der neuesten Zeit häufig gethauen Ausspruches, dass eine Con- 
ti'olle des Pulses bei der Aethemarkose unnöthig sei, giebt, wie 
schon einmal erwähnt, der Ihnen von mir vorgetragene Fall zu 
denken. Denn es wurde hier während der Narkose einmal ein 
deutliches Schlechterwerden des Pulses beobachtet, und es trat 
später der Tod durch Herzlähmung ein. Ich schliesse daher 
meinen Vortrag mit der Bemerkung, dass ein sachgemässes Ueber- 
wachen des Pulses in der Aethornarkose ebenso nothwendig sei 
wie in der Chloroformnarkose. 


V. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau. 

Zur Therapie der narbigen Speiseröhren¬ 
verengerungen. 

Von Dr. A. Tietze, Assistenzarzt der Klinik. 

Lage und Beschaffenheit der Speiseröhre, welche in gleicher 
Weise sowohl eine exacte Diagnose als ein operatives Eingreifen 
im hohen Maasse erschweren, haben es bewirkt, dass die chirur¬ 
gischen Leistungen auf dem Gebiete der Oesophaguserkrankungen 
geringer sind, als auf irgend einem anderen; für die Lösung mancher 
Aufgaben, so für die Untersuchung der Speiseröhre mittels des 
Auges (Oesophagoskop) für die Entfernung von Geschwülsten aus 
der Continuität derselben u. s. w. ist durch den Vorgang von 
Billroth, Czerny, Mikulicz, Hacker, Schüller 1 ) u. a. wohl 
der Anfang gemacht, doch haben es scheinbar die wenigsten 
Chirurgen versucht, die gleichen Methoden in Anwendung zu 
bringen, obwohl dieselben zum Tlieil zu höchst interessanten und 
beachtenswerten Resultaten geführt hatten. Am besten gekannt 
ist das Kapitel der Verätzungen des Ösophagus, doch auch dieses 
ist noch nicht abgeschlossen, so dass die Mittheilung weiterer Er¬ 
fahrungen auf diesem Gebiete nur erwünscht sein kann. 

I. Unsere Aufgaben und die Art, wie wir dieselben zu lösen 
suchen, sind je nach dem Alter und dem Grad des krankhaften 
Processes verschieden: wir werden dies vielleicht am besten an 
der Hand unserer Krankengeschichten erläutern können, die wir 
im folgenden mittheilen und an deren Spitze wir einen Fall stellen, 
welcher uns wenige Wochen nach der Verletzung, also in einem 
relativ frühen Stadium zur Behandlung überwiesen wurde. 
Ich bemerke hier gleich, dass die einfachen Fälle von Narben- 
stricturen, welche in der allgemein üblichen Weise durch regel¬ 
rechte Sondirung hehandelt werden konnten, hier nicht angeführt 
werden. 

Fall 1. Carl M., 26 Jahre, aufgenommen am 30. Mai 1892. Patient 
am Abend des Aufnahmetages in der Nähe der medicmischen Klinik be¬ 
wusstlos gefunden worden; in seiner Nähe angeblich eine grössere Blut¬ 
lache; wird nach des medicinischen Klinik getragen. Patient ist völlig 
comatös, reagirt nicht auf Anrufen. Bald nach seiner Ankunft traten 
leicht krampfartige Zuckungen in den Extremitäten auf. Unter heftigem 
Würgen giebt er ein wenig, stark fadenziehendes Blut von sich, das 
dunkelbraune Farbe hat. (Durch chemische Untersuchung noch weiter 
bestätigt, ausserdem reichlich Mucin.) Aeussere Verletzungen sind nicht 
zu finden. Pupillen reagiren, Patellarreflexe schwach vorhanden. An den 
inneren Organen — so weit dies möglish — schwerere Veränderungen 
nicht nachweisbar. Bauchdecken etwas gespannt, Abdomen nicht aufge¬ 
trieben, bei Betastung werden keine Zeichen von Schmerz ausgelöst. 
Temperatur normal, Puls 72 voll, Respirationsfrequenz normal. Nach 
etwa zwei Stunden ist das Bewusstsein noch nicht ganz zurückgekehrt, 
Patient erlangt zu trinken, hat ein wenig erbrochen; das Erbrochene 
von derselben Beschaffenheit wie das vorige. Aus den Papieren erhellt, 
dass es sich um ein Gonamcn suicidii handelt. Magenausspülun^. Spül¬ 
flüssigkeit reagiert alkalisch. In der Mundhöhle starke Röthung der 
Schleimhaut, Uvula stark geschwollen und succulent. Nach dor Magen¬ 
ausspülung Sensonum freier. Patient giebt an, tür fünf Pfennige Natron¬ 
lauge getrunken zu haben Ordo: Eis, Wasser, schwach säuerliche Ge¬ 
tränke. V\ eiterer \ erlauf folgender: die Beschwerden des Patienten 
gehen langsam zurück, bchmerzen lassen allmählich nach, die Röthung 
und Schwellung mi Gaumen und Rachen verschwindet, Patient vermag 
nach einer \\oche etwa halbfeste Speisen zu gemessen, Temperatur bis- 


0 In Bezug auf Litterat,urangaben verweise ich aussor auf die Ai 
gaben im 1 ext besonders au : König, Die Krankheiten des unteren Ph; 
U™* und Oesophagus. Dtsch. Chirurgie, Lief. 35. Hacker, Ueber d 
nach V erätzung. entstehenden Speiseröhrenstricturen. Wien 1889. 


her normal. Nach etwa 14 Tagen jedoch bekommt er zunehmende 
Schmerzen im Halse, in der Höhe des Ringknorpels, daneben schnell 
zunehmende Schlingbeschwerden, die ihm etwa drei Wochen nach dem 
Unfall nur noch den Genuss flüssiger Speisen gestatten, sehr starke Sali- 
vation, häufig Blutbeimengungen. Am Endo der vierten Woche, nachdem 
Patient stark heruntergekommen ist, entloert er eines Morgens durch 
Würgen reichlich Eiter und Blut, ein Ereigniss, das sich von nun ab 
häufiger, wenn auch in geringerem Grade wiederholt. Temperatur mässig 
erhöht. Da gleichzeitig das Sehlingen immer beschwerlicher wird, so 
wird Patient am 5. Juli, also fünf Wochen nach dem Tentamen suicidii 
mit der Diagnose: periösophogealer Abscess der chirurgischen K l i n i k zu- 
geführt. Patient ist — nach der erstmaligen Magenausspülung — nicht 
sondirt worden, in der chirurgischen Klinik wird gleichfalls davon abge¬ 
sehen. Am 8. Juli Gastrostomie nach Witzei. Darauf bessern sich 
Schmerzen und Schlingbeschwerden sehr schnell, Eiter wird nicht mehr 
hervorgewürgt, Blutspuren verlieren sich bis Anfang August vollständig, 
Patient erholt sich. Mitte August gelingt ein vorsichtiger Versuch der 
Sondirung von oben her, mit dünnen Bougies. Von da ab systematische 
Bougirung ohne Zwischenfälle. Am 1. August Drain aus dem Magen 
entfernt, am 16. August hat sich die Magenfistel spontan geschlossen. 
Bei dem Bougiren werden jetzt zwei Stricturen constatirt, eine — mehrere 
Centimeter lang — dicht unter dem Ringknorpel beginnend, eine zweite, 
kürzere, in der Höhe der Bifurcation. Patient anfang October geheilt 
entlassen. Es passirt eine kleinfingerdicke Schlundsonde (No. XI.). Pa¬ 
tient kann, gehörig gekaut, alles geniessen. Bougiren bis jetst von ihm 
täglich fortgesetzt, der Bestand ist unverändert geblieben, 1 ) 

Hervorheben möchte ich aus dieser Krankengeschichte zu¬ 
nächst die Thatsache, dass man sich innerhalb der ersten Wochen 
nach der Verletzung darauf beschränkt hat, den Kranken sympto¬ 
matisch zu behandeln, ohne den Versuch zu wagen, der drohenden 
Stric-tur durch Bougiren vorzubeugen. — Es ist dies ein Princip, 
welches wir, wohl im Einverständniss mit den meisten Chirurgen, 
unter allen Umständen gewahrt wissen möchten, d. h. wir halten 
das Sondiren des Oesophagus innerhalb der ersten drei oder vier 
Wochen nach einer Verätzung, jedenfalls aber so lange, als noch 
Blutspuren im Speichel oder im Erbrochenen das Bestehen frischer 
Ulcerationen anzeigen, wegen der Gefahr der Perforation für absolut 
verboten. Der Zeitpunkt, wann man mit der Sondirung anzufangen 
hat, wird in der Regel durch die Symptome der Krankheit 
selbst gegeben. Allmählich schwinden die acuten Erscheinungen, 
Schlingbeschwerden, Speichelfluss werden geringer oder hören 
ebenso wie die Blutbeimengungen auf, Temperatursteigerungen 
gehen in normale Temperaturen über, kurz, man gewinnt den Ein¬ 
druck, dass das Stadium der entzündlichen Reizung nun vorüber 
sei. Jetzt hat die Sondenbehandlung einzusetzen, welche nun, auch 
bei deutlich ausgebildeter Strictur, eonsequent durchgeführt, sehr 
häufig ohne weiteren Zwischenfall zur definitiven Heilung führt. 

Nun ist aber in vielen Fällen der Verlauf nicht so glatt, ja, es 
treten schon in diesem frühen Stadium nicht so selten Ereignisse 
ein, welche doch zu einem schnelleren und energischen Handeln 
auffordern. Nicht sowohl durch den Zug der neugebildeten und 
sich contrahirenden Narbe, als vielmehr durch entzündliche Schwel¬ 
lung um die durch Speisen und Mundsecret fortwährend gereizten 
Schleimhautgeschwüre herum kann es schon in dieser ersten Zeit 
zur völligen Verlegung der Speiseröhre kommen. 

Man sollte in einem solchen Zustande nicht lange auf Grund 
der Erfahrung abwarten, dass diese Erscheinungen häufig wieder 
von selbst vorübergehen; oft ist das eben auch nicht der Fall, und 
man verliert durch zu langes Zögern leicht den Moment zum 
Handeln, die Zeit, wo der Patient noch imstande ist, die rettende 
Operation, die Gastrostomie, auszuhalten. Dieselbe ist, sobald 
flüssige Nahrung den Oesophagus nur mit Mühe passirt, sofort 
auszuführen; wir werden uns zu derselben um so eher entschlossen, 
als sie bei leidlichem Kräftezustand des Patienten einen relativ 
ungefährlichen Eingriff darstellt und ausserdem für die direkte 
Behandlung einer etwa entstehenden schweren Strictur wesentlich 
fördern kann. 

Die Oesophagotomie dürfte für solche Fälle nicht in Frage 
kommen, da man nach dem Vorhergehenden keinen Anhaltspunkt 
für Sitz und Länge der Strictur gewinnen und demnach nie vor¬ 
her bestimmen kann, ob es gelingen wird, von der Halswunde aus 
in den Magen zu gelangen. Auch wird man nicht ohne Notli 
mitten in einem so schwer inficirten Gewebe eine Wunde anlegen, 
welche mit ihren weiten Bindegewebsspalten der Weiterverbreitung 
der Infection Thür und Thor öffnet. Daran ändert es auch nichts, wenn 
man, wie in unserem Fall, auf das Vorhandensein eines tiefer liegenden 
periösophagealen Abscesses schliessen muss. Man kann ja einen 
solchen nur diagnosticiren, wenn der Eiter durchgebrochen ist und 
sich in grösserer Menge im Sputum findet. Dann dürfte aber für 
die Entleerung gesorgt und es nur nöthig sein, durch die Gastro¬ 
stomie die erkrankte Partie der Speiseröhre vor weiteren Schäd- 

*) Ueber diesen Fall hat seiner Zeit schon Herr Dr. v. Noorden 
berichtet. (Beitrag zur Technik der Gastrostomie bei Oesophagusstenosen. 
Berliner klin. Wochensehr. 1893, No. 1, Fall 4.) 


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19 . April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


lichkeiten zu bewahren. Nur wenn sich die Erscheinungen einer 
periösophagealen Phlegmone am Halse zeigen, wird die Indication 
zur Oesophagotomie gegeben sein; aber auch in diesem Falle wird 
es in der Regel am zweckmässigsten sein, die Gastrostomie noch 
hinzuzufügen. 

In vielen Fällen gelingt es einige Zeit nach Anlegung 
der Magenfistel, die vorher impermeable Strictur anstandslos mit 
einer Sonde zu passiren, ein Beweis, dass nur entzündliche Schwel¬ 
lung die Ursache des Hindernisses gewesen ist. So gestaltete sich 
auch der Krankheitsverlauf bei unserem Kranken M. Nachdem 
derselbe mehrere Wochen blos durch die Fistel ernährt worden 
war, machte man den Versuch, ihn vom Munde aus zu sondiren 
und es gelaDg in der That, ihm mit einiger Vorsicht eine dünne 
Sonde einzuführen, die nun in schneller Aufeinanderfolge mit 
dickeren Nummern vertauscht werden konnte. Die Magenfistel 
schloss sich nach Entfernung des Drainrohres innerhalb von 16 
lagen spontan, so dass Patient schliesslich nach annähernd einem 
halben Jahre geheilt, mit fast normal weiter Speiseröhre entlassen 
werden konnte. 

Ausserdem waren in diesem Falle noch zwei Erscheinungen 
bemerkenswerth. Einmal zeigte sich, als erst die Strictur °im 
Halstheil passirt war, noch eine zweite im unteren Brusttheil 
eine nach Hacker 1 ) sehr häufige Combination von zweisitzigen 
Strieturen; von beiden war aber, entgegen der Regel, die obere 
die entschieden längere. Sodann fiel uns, was ich in dem Krank¬ 
heitsbericht unerwähnt gelassen habe, in den letzten Wochen das 
\ erhalten des Mageus auf, welcher deutlich die Zeichen der Py¬ 
lorusstenose darbot. Wahrscheinlich handelte es sich um narbige 
\ erziehungen in der Gegend des Pförtners, die ebenfalls auf jene 
Verätzung zurückzufübren waren; es sind, namentlich durch die 
Beobachtungen Lesser’s, zahlreiche Fälle bekannt., in denen eine 
Verätzung der Speiseröhre von solchen des Magens, die oft an 
Ausdehnung sogar überwogen, begleitet war. 

H. Stellen nun Fälle von frischen Oesophagusverätzungen dem 
Ulrurgen relativ einfache und klare Aufgaben, so mehren sich 
die Schwierigkeiten ganz bedeutend in Fällen, welche spät, 
nach langem Bestehen, nachdem es sich also immer um 
Husgebildete Strieturen handelt, in Behandlung kommen, 
ln diesen Fällen wird, wenn möglich, zunächst eine Sonden- 
Jphandlung emgeleitet, aber nicht immer mit Erfolg. Die Schwierig- 
Keiten liegen in den schweren secundären Veränderungen des 
»esophagus; durch den Vernarbungsprocess hat sich ein enges 
* arrwandiges Rohr gebildet, das dem Eindringen von Instru¬ 
menten ausserordentliche Schwierigkeiten entgegensetzt, dabei 
wnn das Lumen der Speiseröhre verzogen, excentrisch gelagert 
jmn oder es haben sich Klappen und Wülste gebildet; in°der 
tegel ist auch oberhalb der Strictur ein Divertikel entstanden, 
rnf ß n! SSe o zabIreicben ’ durcb gesch würige Processe hervorge- 
vprirron ] UCht o n HJ “ 1 Aussackungen das Instrument sich leicht 
7 nmn; t? k ?? n -) Es können aber ausserdem noch durch ent- 
irree-nla™ p 0 r f^ ge 111 der Nachbarschaft eigenthümliche ganz 
stehen 6 , ® stal . ts - und Lageveränderungen der Speiseröhre ent- 
maehfin r h ° eu 5? ® r l ol f reic ^ e Sondenbehandlung ganz unmöglich 
(vH v* iT DSer ? a ^ T ° lst ein ganz exquisites Beispiel der Art 
wiüint tTo n i Ung n" 1 Nranheitsbericht). Zwei ähnliche Fälle er- 
war Pin* aus den ^ iener Krankenhäusern: in beiden 

Wälirend ^! )ble ^ u ^g des Oesophagus nach links eingetreten, 

den Thmin - a ^ db ' ek l ,e Fortsetzung des oberen normal verlaufen- 

«ne Art gaMgir n Theihing lgang ** 0es0phagus erfuhr 80 

so Verhältnisse ist nicht selten die Passage 

Flügelirb-o*♦ 1 dass es den Patienten nicht einmal gelingt, 

Sondei n l f u scbluc L en , geschweige denn, dass eine I 
muss sobald i Uh n \ erden ka ™- In allen Fällen dieser Art, 1 
bar wird und dir 2 eS ?P hagus für flüssi g e Nahrung schwer passir- 
ffeht fl in n Q1!f Ernährungszustand des Kranken sichtlich zurück- 
ausgeführt wwti^ 0mie möglichst bald als lehensrettende Operation 

Punkt ^zu^rSI? 11zu * an £ e ’ 80 wird leicht der günstige Zeit- 
tion wird Ä pk 1?I1 versäumt - In den letzten Stadien der Inani- 
Art war' der folgend^ mehr dieselbe ausführen - Ein Fall dieser 


stricturen. aC Wien 1 1889 r ^ ^ Verätzun £ en entstehenden Speiseröhren- 

das beweist 8 ebl . er Strictur Divertikel entstehen können, 

Üin. Wochenschr ISfto x S®?* eiu Fal1 von Ewald (Berliner 
111 der Mitte dn« OncT t JNo ‘ Unterhalb einer careinomatösen Strictur 
(Ohre, welche in <w P r» agUS fin ., det sicb cine starke Dilatation der Speise¬ 
nd verloren gemm™ a?* n 2 c , m missfc * Muskeln und Schleimhaut 

messen daselbst IS:' Als Orund wird langes Stagniren der Schluck- 
ge mangelnder Contraction9fahigkeit angesehen. 


, 363 

cr^K 0 ^ all Tvr 2 '** ße i5 tha D- ’. 12 ‘ Eecember 1892, l 3 / 4 Jahr alt Nach An- 
Mbe der Mutter bis vor einem Vierteljahr gesund und kräftig entwickelt 
m September trank Patientin aus Versehen aus einer Tasse einen Schluck 
Aetzlauge, erhielt sofort Milch und erbrach heftig. Iu der FoÄt:mehr 
fach Erbrechen, dem herbeigerufenen Arzt wird der Vorgang verschwiegen- 
nach und nach Schlingbeschwerden, seit Anfang Decmbtr (eifvÄ 
jahr nach dom Unfall) von einem zweiten Arzt bougirt, der nach acht 
Tilgen die Sonde nicht mehr hindurch führen kann. Seitdom fast völliges 
Unvermögen zu schlucken Das Kind ist bei der Aufnahme im Zustande 
höchster Inamtiom bringt keine Spur Nahrung herunter, alles wird Ser 
herausgewürgt, Oesophagus zeigt anscheinend in der Höhe der Bifurca- 
tion eine impermeable Strictur. Wegen des elenden Zustandes wird von 

jfe,: 4 'qnLT ei V VI ^ eafls . te i abgesehen. Zweistündlich Nährklystiere. 
i\ach -4 Stunden Tod. Bei der Section findet sich eine 2 cm‘ lange 
centra! gelagerte, für eine feine Knopfsonde eben durchgängige Strictur 
waiicielt U C1 d ° r Blfurcatlon » Schleimhaut in derbes Narbengewebe ver- 

Dem fast verhungerten Kinde hätte die Operation nicht mehr 
geholfen. Es bestand die Absicht, die Patientin durch Nährklystiere 
zu kräftigen, um später eventuell die Gastrostomie auszuführen. 

(Fortsetzung folgt.) 


VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Marburg. 

Zu meiner Methode der hohen Castration. 

Von Dr. 0. v. Büngner. 

Auf der 65. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte 
zu Nürnberg (11.-15. September 1893) empfahl ich eine neue Me¬ 
thode der Castration, die ich als C-astration mit Evulsion des 
Vas deferens oder kurz als hohe Castration bezeichnete In 
kurzer Wiederholung der Hauptpunkte des damals Gesagten (v*ri 
Referat im Centralblatt für Chirurgie 1893, No. 46) bemerke ich 
an dieser Stelle Folgendes: 

Ich kam zu dieser Methode der Castration im Juni 1891 
durch einen Fall von Nebenhodentuberculose, bei welchem sechs 
Wochen nach einer typischen Castration am Stumpfende des Samen¬ 
stranges ein Recidiv aufgetreten war. Da die Prostata und die 
Samenblase der afficirten Seite intact schienen, konnte es sich nur 
darum handeln, das \ as deferens in grösserer Ausdehnung zu ent¬ 
fernen. Ueberraschenderweise gelang es, letzteres nach Isolirung 
von den übrigen Gebilden des Samenstranges durch einen allmählich 
sich steigernden Zug fast in ganzer Länge zu entwickeln. Als es 
schliesslich abriss, hatte ich mehr als Vierfünftel desselben in der 
Hand. Bei der mikroskopischen Durchmusterung der Querschnitte 
des Samenstranges in verschiedener Höhe fand sich die Schleim¬ 
haut im Hodenabschnitt desselben von Tuberkeln durchsetzt, wäh¬ 
rend der nach der Prostata zu gelegene Theil gesund war. Dem¬ 
nach konnte eine Radicalheilung des Patienten erwartet werden, 
was sich im weiteren Verlauf bestätigte. Patient ist (seit nunmehr 
2 3 / 4 Jahren) recidivfrei geblieben. 

30 Leichenversuche zeigten, dass sich durch genannte Evul- 
sionsmethode in jedem Falle und in jedem Lebensalter ca. Vier¬ 
fünftel des Samenganges herausbefördern lassen. Es kommt für ein 
vollständiges Gelingen des sehr leicht auszuführenden Eingriffs, 
der, abgesehen von der Evulsion des Vas deferens, mit der ge¬ 
wöhnlichen Castration übereinstimmt (insbesondere werden auch die 
Gefässe unter dem äussseren Leistenringe unterbunden) lediglich 
darauf an, dass man 1) das Vas deferens von den übrigen Gebil¬ 
den des Samenstranges exact isolirt und dass man 2 ) keinen plötz¬ 
lichen, wie immer ruckweise gearteten, sondern stets nur einen all¬ 
mählich sich steigernden Zug einwirken lässt. 

Unsere klinischen Erfahrungen bezogen sich auf sieben Fälle 
von Genitaltuberkulose. Von diesen ging ein Fall an einem inter¬ 
currenten Erysipel zugrunde. In zwei Fällen trat nur eine vor¬ 
übergehende Besserung ein, weil in dem einen die Tuberkulose doppel¬ 
seitig und im anderen bereits die Samenblase ergriffen war. Ein 
vierter Fall konnte nicht weiter beobachtet werden. Die drei übrigen 
Fälle sind radical geheilt, und zwar ist in denselben der Heil¬ 
erfolg um so höher anzuschlagen, als er nach Ausweis der mikro¬ 
skopischen Unersuchung mittels der bisherigen Methode der Castra¬ 
tion nicht hätte erreicht werden können. Es zeigte sich nämlich, 
dass die Tuberkulose über die übliche Durchschneidungsstelle des 
Samenstranges bereits centralwärts hinaufreichte, während durch 
die hohe Castration dergesammte tuberkulöse Theil aus¬ 
geschaltet und die Continuitätstrennung im Gesunden 
zu stände gekommen war. In der Marburger chirurgischen 
Klinik wird seit 2 3 / 4 Jahren die hohe Castration prineipiell in jedem 
Falle von Genitaltuberkulose vorgenommen, weil unseren Erfahrun¬ 
gen zufolge die Grenzen der Erkrankung am Vas deferens sich 
makroskopisch nicht genau bestimmen lassen, und ein der äusseren 
Form und dem Palpationsbefunde nach noch intact erscheinender 
Samengang bereits von Tuberkulose ergriffen sein kann. 

Für die ungünstigeren Fälle, wo die Tuberkulose, vom Neben- 


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364 DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. 1 6 


hpden aufsteigend, sich bereits über das ganze Vas deferens, die 
Samenblase und Prostata verbreitet hat, empfahl ich: 1) die Aus¬ 
führung der hohen Castration in der eben geschilderten Weise, 
2) die Freilegung der Prostata und Samenblase vom Damm aus 
(nach Dittel oder Zuckerkandl), die Entfernung der Samenblase 
sämmt dem kurzen centralen Reste des Samenganges und die Aus¬ 
räumung etwaiger tuberkulöser Heerde aus der Prostata. Ueber die 
Erfolge dieses combinirten Eingriffs versprach ich später zu be¬ 
richten. 

Soweit meine damaligen Mittheilungen. Nun finde ich in dem 
Referat über einen von M. Schede am 9. Januar a. c. im ärzt¬ 
lichen Verein zu Hamburg gehaltenen Vortrag: „Demonstration 
eines wegen Tuberkulose exstirpirten Hodens mit zu¬ 
gehörigem Samenstrang nebst Samenblase“ (Dtsch. med. 
Woehenschr. 1894, No. 7, p. 161) zu meinem grössten Erstaunen 
nachstehende Bemerkung: „Herr Schede sehliesst eine Kritik des 
v. Büngner’schen Verfahrens an, der das Vas deferens durch 
langsamen Zug am centralen Ende abreisst und es immer im Ge¬ 
sunden abzutrennen vorgiebt. Tuberkulös erkrankte Samenstränge 
bieten dabei nach seinen Erfahrungen die Gefahr, an fungösen Stellen 
abzureissen.“ 

.Wie in aller Welt kommt. Schede zu der Behauptung, dass 
ich durch die hohe Castration in allen Fällen eine Heilung er¬ 
zielt haben wolle? Jeder, der meine obige Darlegung verfolgt, 
ersieht ohne weiteres, dass mir auf diese Weise nicht in allen, 
sondern unter sieben Fällen nur dreimal die Heilung gelungen ist. 
Wäre Schede bei der Durchmusterung der Litteratur genauer 
vorgegangen, so hätte ihm das nicht entgehen können. 

Schede's Erfahrung, dass tuberkulös erkrankte Samensträngo 
(os soll wohl heissen „Samengänge“) die Gefahr bieten, bei An¬ 
wendung der Evulsionsmethode an fungösen Stellen abzureissen, 
können wir nicht bestätigen. In dieser Beziehung sind die drei 
Fälle, in denen wir durch die hohe Castration eine vollstän¬ 
dige Heilung erzielten, von grossem Interesse, weil auch nach 
Ausweis der mikroskopischen Untersuchung der gesammte tuber¬ 
kulöse Th eil ausgeschaltet und die Trennung im Gesunden zu¬ 
stande gekommen war. Allerdings mögen tuberkulöse Samengänge 
an fungösen Stellen abreissen, wenn man die beiden angegebenen 
Regeln für die Technik der Operation ausser acht lässt und des¬ 
halb nur einen kleineren Th eil des Vas deferens horausbefördert, 
doch wäre niemand berechtigt, die solcher Art gewonnenen „Er¬ 
fahrungen“ zu verallgemeinern, wenn es sich um die Würdigung 
einer bestimmten Operationsmethode handelt. 

Von Wichtigkeit ist, vielmehr — und darin liegt der ent¬ 
schiedene Vorzug der hohen Castration vor der bisherigen Castra- 
tionsmethode —, dass uns erstere in einer Reihe von Fällen die 
Möglichkeit dpr Heilung bietet, wo sie bei letzterer vollkommen 
ausgeschlossen ist, weil die Tuberkulose über die übliche Dureh- 
schneidungsstelie des Samenstrangos bereits centralwärts hinauf¬ 
reicht. Makroskopisch lassen sich dabei die Grenzen der Er¬ 
krankung aip Vas deferens nicht immer genau bestimmen. So er¬ 
wies sich auch in unseren erwähnten drei Fällen der Samengang 
der äusseren Form und dem Palpationsbefunde nach intact, wäh¬ 
rend er mikroskopisch in seiner -Hodenhälfte bereits von der Tuber¬ 
kulose ergriffen war. 

, Ob Schede eine mikroskopische Untersuchung seines Materials 
vorgenommen hat, ist aus seinem Vortrag nicht ersichtlich. In den 
keineswegs seltenen Fällen, wo der Samengang makroskopisch noch 
nipht verändert erscheint, wird man sich aber nach dem eben Ge¬ 
sagten nur auf Grund einer sorgfältigen mikroskopischen Unter¬ 
suchung des Vas deferens .in verschiedener Höhe ein Urtheil er¬ 
lauben dürfen. 

Schede’s irrthümliche Angabe, dass ich mit der hohen Castra- 
tipu in allen Fällen eine Heilung erzielt haben wolle, muss ferner 
bei dem Unkundigen den Eindruck her vorrufen, als ob ich die Ex¬ 
stirpation der Samenblase in allen Fällen für unnöthig erachte. 
Statt dessen habe ich- dieselbe bei nachgewiesener Miterkrankung 
der letzteren gerade a us dr ü ck 1 ich e mp f oh 1 en. Das hätte Schede, 
wo er mein Operationsverfahren in die Besprechung zog und gleich¬ 
falls die Exstirpation der Samenblase vo^schlug, natürlich erwähnen 
müssen. Selbstverständlich wird die Exstirpation der Samenblase 
nui dann in Frage kommen, wenn ihre Erkrankung mittels Pal¬ 
pation vom Rectum aus nachgewiesen werden kann, oder wenn 
die mikroskopische Untersuchung ergeben hat, dass bei der hohen 
Lastration das Vas deferens thatsächlich im Erkrankten abriss. 

1 • i! 11 ? 11 ^ er überhaupt der Exstirpation zweekmässiger- 

wpise die hoffe Castration vorauszuschicken habe, wird wohl kein 
Einsichtiger bezweifeln. Einmal nämlich erleichtert man sich da¬ 
durch die Nachoperation, weil mit der Samenblase nur noch ein 
sebr kurzer Rest des Vas deferens zu entfernen bleibt, sodann aber 
ist es in allen Fällen,, wo eine Erkrankung der Samenblasen pal- 
Patorisch nicht festgestellt werden kann, von Wichtigkeit einen 


möglichst grossen Theil des Vas deferens der mikroskopischen 
Untersuchung zugänglich zu machen, um entscheiden zu können, 
ob eine Exstirpation der Samenblase nothwendig ist. Bei dieser 
Untersuchung zeigt sich, dass in einem Theil der Fälle der 
Prostataabschnitt des Vas deferens intact ist, und dann ist die 
Exstirpation der Samenblase überflüssig; oder aber dieser Theil 
des Samenganges ist bereits erkrankt, dann wird man auch bei 
palpatorisch nicht wahrnehmbarer Veränderung die Samenblase ex- 
stirpiren müssen. Die hohe Castration ist also häufig auch in 
diagnostischer Beziehung von Bedeutung, weil sie uns über 
das weiter einzuschlagende Operationsverfahren Aufschluss zu 
geben vermag, wo andere Anhaltspunkte für die Indicationsstellung 
zur Exstirpation der Samenblase noch fehlen. 

Ob man schliesslich für die Exstirpation der Samenblase den von 
mir vorgeschlagenen Weg der Freilassung der Prostata und Sameu- 
blase vom Damm aus (Dittel, Zuckerkandl) oder den von Schede 
empfohlenen Weg vom Kreuzbein aus (Rydygier) vorzuziehen habe, 
darüber kann erst eine breitere Erfahrung entscheiden. Schede 
empfiehlt den Rydygier’schen sacralen Schnitt gegenüber dem 
Dittel’schen, weil der Eingriff leichter ausführbar sei, ein über¬ 
sichtlicheres Operationsfeld schaffe, einen guten Beckenboden bilde 
und herniöse Vorstülpungen des Mastdarmes vermeide. Wiewohl 
eine genauere Abwägung der beiden Operationsmethoden gegen ein¬ 
ander zur Zeit verfrüht ist, so dürfen doch die angeblichen Vor¬ 
züge der Rydygier’schen Methode gegenüber der Dittel’schen 
insofern schon jetzt beanstandet werden, als 1) keineswegs be¬ 
wiesen ist, dass die Dittel’sche Methode die Festigkeit des 
Beckenbodens beeinträchtigt und Vorstülpungen des Mastdarms be¬ 
günstigt und als 2) die Exstirpation der Samenblase und des 
Samengangrestes vom Damm aus nach vorgängiger holier Castra¬ 
tion sich wenigstens an der Leiche, wo ich sie mehrmals erprobte, 
unschwer ausführen lässt und eine sehr gute Uebersicht gewährt. 
Dazu kommt, dass der Weg vom Perineum aus, den Dittel, 
Zuckerkandl, Ultzmann, Czerny, Küster, Trendelenburg 
u. a. zur Erreichung der Prostata oder Samenblasen mit Erfolg 
eingeschlagen haben, der kürzere und anatomisch gleichsam ge¬ 
gebene ist. 

Um der praktischen Wichtigkeit des Gegenstandes willen 
wäre es erwünscht, wenn bald auch andere Fachgenossen in die 
Lage kämen, ihre einschlägigen Erfahrungen mitzutheilen. 


VII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg. 

Zur Frage der Narbencontraction bei 
Transplantationen nach. Thierscb. 

Von Ad. Meyer, I. Assistenten der Klinik. 

In seinem Vortrage: Ueber die Hauttransplantation nach 
Thiersch, veröffentlicht in der Deutschen medicinischen Wochen¬ 
schrift 1894, No. 1, spricht Helfe rieh an mehreren Stellen die 
Ansicht aus, dass bei dieser Methode der Ueberhäutung grosser 
Defecte das Ausbleiben nachheriger fataler Narben¬ 
schrumpfungen entgegen den früheren Methoden als besonderer 
Vortheil hervorgehoben zu werden verdiene. 

Er bespricht zunächst einen Fall von schwerer Verbrennung 
der Hilft- und Beckengegend, bei welcher die grosse Granulations¬ 
fläche mit Hülfe der Thiersch’schen Methode rasch zur Ueber- 
liäutung gebracht und die vorhandene Flexionscontractur im Hüft¬ 
gelenk ausgeglichen wurde. Er sagt, dass jetzt, bei der bevor¬ 
stehenden Entlassung des Kindes, was besonders hervorzuheben 
sei, keine Atrophie der Muskulatur an dem kranken Beine und 
keine bemerkbare Narbencontractur vorhanden sei. 

Es liegt mir nun durchaus fern, die Bedeutung des in einiger- 
maassen geübter Hand absolut sicheren Verfahrens der Ueberhäutung 
grosser Defecte nach Thiersch herabsetzen zu wollen, jedoch da 
auch an hiesiger Klinik eine sehr grosse Erfahrung über die ge¬ 
nannte Methode gesammelt worden ist und wir nach exaeter Be¬ 
obachtung zu etwas anderen Anschauungen wie Helferieh ge¬ 
kommen sind, halte ich es für wichtig, die Resultate der hiesigen 
Beobachtungen in Kürze mitzutheilen und an einigen Fällen zu 
illustriren. 

Wir gewannen den Eindruck, dass trotz der raschen Ueber¬ 
häutung, die nach Thiersch bei Flächenwunden erzielt werden 
kann, doch die Narbenschrumpfung durchaus nicht ausbliebe. Wenn 
wir nämlich Patienten, an denen Transplantationen vorgenommen 
waren, nach einiger Zeit wiedersahen, erschienen uns die künstlich 
überhäuteten Stellen bedeutend kleiner als zur Zeit der Operation. 

Ich unterzog mich daher der Mühe, die Defecte, die nach der 
genannten Methode gedeckt wurden, zur Zeit der Operation und 
in verschiedenen Zwischenräumen später genau zu messen, um auf 
diesem Wege über die Stärke der Narbencontraetion unter den 
implantirten Streifen ein Urtheil zu gewinnen, besonders mit Rück- 


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19. April. 


DE UTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


sicht auf die Yerwerthbarkeit der Methode für plastische Operationen 
im Gesicht. Wir sind mit Helferich durchaus der Ansicht dass 
Defecte, die durch Exstirpation von Tumoren entstanden’sind 
direkt, also ohne Bildung von gestielten Lappen, durch Hautüber- 
pflanzungen rasch und sicher geschlossen werden können, jedoch 
glauben wir, dass da, wo eine Narbenretraction schlimme Folgen 
haben könnte, wie z. B. bei Entfernung einer Neubildung in der 
Nähe des Auges, die Methode nicht verwertbar ist, sondern hier 
das Verfahren der Einpflanzung gestielter Lappen seinen Platz be¬ 
hauptet. 

Ich führe zum Belege im folgenden kurz die genauen Messungen 
an, welche ich an einigen, durch Transplantation nach Thiersch 
gedeckten Wunden vorgenommen habe. Es sind hierbei nicht 
nur solche Fälle ins Bereich der Beobachtung gezogen, bei denen 
eben gesetzte Defecte gedeckt wurden, sondern auch’solche bei 
denen die Deckung erst erfolgte, nachdem die Wunden lange vorher 
granulirt hatten. Auch in diesen letzteren Fällen trat nachher 
noch eine bedeutende Narbensehrumpfung ein. 

Ich führe zunächst einen Fall von Mammacarcinom an, bei dem 
wegen der starken Verjauchung des Tumors ein palliativer Eingriff 
vorgenommen werden musste. Es wurde am 8. August 1898 die 
Amputatio mammae links mit Ausräumung der Achselhöhle aus¬ 
geführt ohne Rücksicht auf die weitero Drüsenerkrankung in der 
Fossa supraclavicularis. Die Wunde in der Achselhöhle konnte 
genäht werden. An Stelle der Mamma blieb ein Defect von 20,5 cm 
Bieite und 15,5 cm Höhe. Der Grund des Defectes wurde ge¬ 
bildet von den Rippen und den Intercostalmuskeln, da der Pecto- 
ralis ganz mit entfernt werden musste. Die Transplantation wurde 
am vierten Tage nach der Operation vorgenommen. Die implan- 
* . ea • re ^ en heilten an, jedoch als sich Anfangs November 1893 
die 1 atientin wieder vorstellte, war eine sehr hochgradige Re¬ 
traction eingetreten. Die Maasse betrugen jetzt 15 cm ln der 
Breite und 10,5 cm in der Höhe. Die Retraction betrug also in 
jeder Richtung etwa 5 cm. 

Bei einer zweiten Mamniaainputation am 21. Juli 1893 war 
der primär durch Transplantation gedeckte Defect 90 mm lang und 
mm breit. Die Streifen wurden auf den Musculus peetoralis 
r v Vollständige Heilung. Bereits am 10. August 1893 war 
me Mrbenretraction so deutlich, dass die implantirte Stelle nur 
noch 70 mm lang und 40 mm breit war. Die Retraction betrug 

*,,7*^ CDl ‘ P a ti ei Ri n hat sich später nicht wieder vor¬ 
gestellt. 

In einem dritten Falle von Mammacarcinom konnte nach der 
Operation die Wunde bis auf einen Defect von 14 cm Länge und 
i cm Breite geschlossen werden. Primäre Transplantation direkt 
cuu me Rippen und Intercostalmuskeln mit vollem Erfolg Die 
2 tl0 " ge f.chah am 10. August 1893. Am 6. October 1893 
die Pätißntiih die 14 Tage nach der Operation ent- 
n " wor d e n war, wieder. Der durch Transplantation gedeckte 
iiptrn J etzt , Cm UR d 7 Vs Cm breit. Die Schrumpfung 
der nriJS 8 . 0 n f h , alle ° Richtungen 3 bis 4 cm. Die Messungen 
bei Jom r ^deckten Wunde bei einem weiteren Mammacarcinom, 
emhon Q die ?- rei / e I I ! , a “ f die Fascie des Peetoralis aufgelegt wurden, 

P L r !' JuU 1893 bei del ' Operation eine Länge von 12 cm 
9 enr an "> 1,e von 9 cm: am 27. Juli 1893 Länge 9 cm, Breite 

her hat =L 14 a Se J’^ rabe . r 1893 Län « e 7 cra - Breite 6 cm - Seit- 
beträgt a ic die Patlentm nicht wieder gezeigt. Die Retraction 
«»etiagt also_in der Länge 5 cm, in der Breite l cm. 

uns nooh Inö ^® aus e iner grösseren Zahl von Beobachtungen, die 
mit A 11 Rnaml er tpgung stehen, für die primären Implantationen 
1T ^nahine derjenigen im Gesicht genügen. 

soeundtorT f ° lg f den . Falle lässt sich die Narbencontraction bei 
bei einer ,.. ] rans ld anta ^i°n, d. h. nach Abschabung der Granulationen 
sipel Je* ? ? U f de ’ verfol Scn. Es handelt sich um ein Ery- 
Spitals vot*' 1 Cn Unterschenkels, bei dem durch ausserhalb des 
gangrän ein?r!* 01 ? mene Far h°Iumschläge eine ausgedehnte Haut- 
Wunde am ^ono 61 ' 118 Wochen nach der Reinigung der 

und die Trane i e ] M ?? ar wurden die Granulationen abgeschabt 
deckte. Fläche V?^ 011 n V t vollem Erfolg vorgenommen. Die ge- 
hatte sie n„l , 25 lan S und 20 cm breit. Am 8. April 1893 
16 cm AlJ., n0 ?' ei ?. e Län £ e von 21 cm und eine Breite von 
ein langes r!', ? diesen ] Falle > hei dem der Transplantation 
ziemheh hochß-raH^n \r nS f adlUm voraus gegangen war, trat eine 
Nooh in;PT. ge Rarbenretraction ein. 

Fälle von Tranün/^TA 18 die bisherigen sind die nun folgenden 
Im erste ^ P n n atlonen 1x11 Gesicht. 
de r Wange der * A andelt es sic h um einen Lupus exulcerans 
getragen wurde xu , nuar 1892 A ac h mit dem Rasirmesser ab- 
fectes erst zwei T We ^ en der Blutung wurde die Deckung des De- 
gewebe war mir Q ag ® Spä , t , er . vor genommen. Das ünterhautzell- 
a ‘chien später dir k einen Stelle blossgelegt. Nur hier er- 

F Ie Retra ction, was aus der an dieser Stelle auf- . 


m 

tretenden Runzelung der aufgelegten Hautstreifen ersichtlich war 
Die Grosse des fast runden Defectes betrug in der grössten Länge 
6 l/ 2 cm, in der grössten Breite 5 cm. Die Hautstroifim .KaIi L 

g latfc % ll Aj «i/ 19 ' Ma ]. 18 ^ 2 befcru £ die gisste Länge der implan- 
tirten Stelle 6 h : cm, die Breite 5 cm. An der oben erwähnten 
Stelle, wo das Unterhautfettgewebe blossgelegen hatte war eine 
genüge Runzelung sichtbar, sonst war die ganze Fläche absolut 
glatt. Die Patientin hat sich ein Jahr später, im Juni 1893 
wieder vorgestellt Die durch Transplantation gedeckte Stelle war 
G anz glatt und schneeweiss; die zarte Haut verschieblich Sie 
unterschied sich von der Umgebung nur durch ihren grösseren 
Glanz. Die Maasse waren dieselben geblieben. Der Fall 
ist einmal wegen des guten Heilresultates, dann aber besonders 
deshalb interessant, weil hier keine Narbencontraction eingetreten 
ist mit Ausnahme der kleinen oben erwähnten Stelle Es geht 
hieraus also, hervor, dass eine narbige Retraction bei Transplanta¬ 
tion nicht eintntt, wenn der Defect die Cutis nicht durchgreift 

blosslag traCtl0n tritt erSt aUf ’ W<3ün daS üntorhautze %ewebe 

Ein zweiter Fall, der diese Verhältnisse gut illustrirt, ist 
ebenfalls ein Lupus des Gesichtes, und zwar eine hypertrophische 
borm Es war die Glabella, die ganze rechte Wange, die rechte 
Schläfengegend, die Stirnhaut oberhalb des linken Auges sowie 
das linke untere Augenlid bis herab zur Mitte der Wange von der 
Erkrankung ergriffen. 6 ’ 

An der rechten Wange konnte die Abtragung des Lupus ohne 
Blosslegung des Unterhautzellgewebes geschehen. An dieser Stolle 
hat sich auch nach der Implantation oine Narbenretraction nicht 
entwickelt. Um so stärker machte sie sich auf der linken Seite 
geltend, wo besonders am unteren Augenlide das Unterhäutzell¬ 
gewebe blossgelegt wurde. 

Bei der Operation am 22. Juni 1893 betrug hier der Defect. 
5; cm. Am 6 . Juli 1893 war die Stelle nur Hoch 4 cm lang 
und l,o cm breit. Am 1 . August 1893. wo Patientin die Klinik 
verliess, betrug die Länge des durch Transplantation gedeckten 
Defectes nur noch 3,2 cm. die Breite 1,2 cm. Die Retraction war 
also hier eine recht bedeutende, und es hatte sich ein geringes 
Ectropion entwickelt. 

Bei einem ähnlichen Falle von Lupus betrug bei der Opera¬ 
tion am 6 . Juli 1893 die Länge der Wunde 80 mm. die Breite 
68 mm. Nach drei Wochen ergab die Messung 72:45 mm, welche 
Maasse nach drei Monaten constant geh liehen waren. 

Gestützt auf alle die vorstehenden Beobachtungen sind wir 
jetzt bei der Deckung von Defecten, bei denen die Narbenretraction 
eine schädliche Wirkung ausüben könnte, äusserst vorsichtig. Es 
ist augenblicklich beispielsweise ein junger Mensch in der Klinik, 
der in Folge einer schweren, in früher Jugend erlittenen Verbren¬ 
nung der Bauchhaut und der Streckseite des rechten Oberschenkels 
eine Flexionscontractur des rechten Hüftgelenkes bekommen hatte. 
Die Contractur liess sich nach einer Narbenverlagerung ausgleichen. 
Der entstehende Defect, der durch Transplantation gedeckt wurde, 
war 36 cm lang und umfasste die ganze Breite des Oberschenkels. 
Der Fall ist noch nicht abgeschlossen, und füge ich deshalb keine 
weiteren Maasse bei. Jedenfalls werden wir den fixirenden Ver¬ 
band, der die Flexion des Hüftgelenkes unmöglich macht, nicht 
eher fortlassen, bis nach Maassgabo unserer Beobachtungen die 
Retraction abgeschlossen und damit dem Recidiv vorgebeugt ist. 

Wir können also nach unseren Erfahrungen die Beobachtungen 
Helferich’s, dass nach der Transplantation nach Thiersch 
keine, oder wenigstens keine wesentliche Narbenretraction eintrete, 
durchaus nicht bestätigen. Denn wie aus den oben kurz be¬ 
schriebenen Fällen ersichtlich ist, tritt nur unter ganz bestimmten 
Bedingungen, nämlich nur, wenn cs sich um Wunden handelt, 
welche die Cutis nicht durchgreifen, keine Schrumpfung ein, wäh¬ 
rend bei tiefer greifenden Defecten die Narbenretraction eine recht 
bedeutende ist. Was ferner die Deckung von Flächen wunden nach 
schweren septischen Lokalinfoctionen anlangt, so sind wir hier 
nach zahlreichen Versuchen zu der Ueberzeugung gekommen!, dass, 
nachdem die Wunde gut granulirt, eine Vorbereitung derselben durch 
feuchte desinficirende Verbände unnöthig erscheint, sondern dass 
nach Entfernung der weichen Granulationsschicht mit dem scharfen 
Löffel eine einmalige gründliche Dosinfection der Wundfläche durch¬ 
aus genügt, um den Erfolg vollständig sieherzustellon. Es hat 
sich hierbei auch gezeigt, dass sowohl die Berührung der Wund¬ 
fläche mit einem Antisepticum (Sublimat 1 :1000) als auch das 
Befeuchten der Hautstreifen mit einer 2 o / 0 jgon Carbollösung den 
Erfolg absolut nicht in Frage stellt. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


VIII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald. 

Zur Behandlung der Hydrocele testis. 

Von Dr. Buschke, I. klinischem Assistenzarzt. 

Die Methode, welche zur radikalen Heilung der Hydrocele 
vaginalis neuerdings vorzugsweise angewandt wird, ist die Radikal¬ 
operation mit Schnitt; die Punction mit nachfolgender Injection 
reizender Flüssigkeiten wird von den meisten Chirurgen nicht mehr 
bevorzugt, weil immerhin die Behandlung vermittels der Incision 
grössere Chancen einer dauernden, recidivlosen Heilung bietet als 
das Injection sv er fahren. Die Operation mittels des Schnittes läuft 
im wesentlichen darauf hinaus, dass der Hydrocelensack breit er¬ 
öffnet und mit Carbollösung oder anderen reizenden Flüssigkeiten 
in den Zustand leichter entzündlicher Reizung versetzt wird; es 
wird eine adhäsive Entzündung der serösen Flächen erstrebt, und 
je vollkommener dieselbe erreicht wird, um so sicherer stellt die 
recidivlose Heilung in Aussicht. Ob nun bei dieser Operation der 
Schnitt bis auf eine oder zwei Drainstellen wieder vernäht wird 
(Thiersch 1875) oder ob die Ränder des Schnittes jederseits durch 
Vernähung der Tunica* vaginalis mit der Haut umsäumt werden 
(Volkmann 1876), ist von geringerer Wichtigkeit. Die Exstirpation 
eines Theiles der Tunica vaginalis (v. Bergmann) erscheint für 
die einfachen, nicht veralteten Fälle unnöthig. 

Wenn es sich demnach zur Heilung der Hydrocele darum 
handelt, das vorhandene Exsudat zu entfernen, die Innenwände des 
Sackes durch Injection reizender Flüssigkeit zur Verklebung geeignet 
zu machen, danach dem bei der hierauf eintretenden Reaction sich 
bildenden flüssigen Exsudat einen Ausweg resp. Abfluss zu ver¬ 
schaffen, so liegt der Gedanke nahe, das ältere Verfahren der 
Punction und nachfolgender Injection mit der Drainage des Sackes 
zu verbinden und auf den Schnitt zu verzichten. Es würden hier¬ 
durch Verhältnisse geschaffen wie bei der Operation von Thiersch, 
nur mit Wegfall des Schnittes und damit eines in der Regel die 
Narkose erheischenden Eingriffes. 

Nach dieser, in ähnlicher Weise übrigens schon angewandten 
Modification habe ich an der Greifswalder Klinik seit mehr als Jahres¬ 
frist eine Reihe geeigneter Fälle behandelt, und zwar in Bezug auf die 
Schnelligkeit und, soweit sich jetzt überhaupt schon beurtlieilen lässt, 
in Bezug auf die Dauer der Heilung mit gutem Erfolge, so dass es 
angebracht erscheint, in geeigneten Fällen von einfacher nicht 
complicirter Hydrocele das Verfahren der Punction, Ausspülung 
der Höhle mit reizender Flüssigkeit und nachfolgender Drainage 
und Compression noch ferner zu versuchen. 

In ähnlicher Weise ist ja schon die Hydrocele behandelt wor¬ 
den. Erfreulich war es mir, zu sehen, dass erst neuerdings eine 
kurze Mittheilung von Dr. Neumann 1 ) denselben Gedanken ver¬ 
folgt. Derselbe punctirt mit einem Troikart, lässt die Troikarthülse 
einige Tage liegen und erzielt auf diese Weise in sieben bis neun 
Tagen Heilung. 

Wir haben folgendes Verfahren bevorzugt und für nützlich 
befunden. Nachdem das Operationsfeld in gewöhnlicher Weise des- 
inficirt worden ist, wird mit einem Troikart von 7—8 mm Durch¬ 
messer am unteren Pol des Scrotums punctirt, das Stilet entfernt 
und nun, nachdem die Flüssigkeit abgelaufen ist, die Serotalhökle 
mit 8—5°/oiger Carbolsäure ausgespült. Wenn dann wiederum 
auch die Spülflüssigkeit herausgeflossen ist, wird das Stilet wieder 
in die Hülse geschoben und am oberen Pol des Scrotums eine 
Gegenpunctionsöffnung gemacht. Durch die Troikarthülse wird dann 
ein mehrfach durchlöchertes Drain gezogen (ca. 7 mm Durchmesser) 
und in gewöhnlicher Weise mit Stecknadeln fixirt. Aseptischer 
comprimirender Verband. Die Operation wird ohne Narkose gemacht. 

Der Patient kann vom ersten Tage an umhergehen. Der Ver¬ 
band bleibt vier bis sechs Tage liegen. Am vierten bis sechsten 
Tage Entfernung des Drains, wiederum wird ein aseptischer com¬ 
primirender Verband angelegt. Nach drei bis vier Tagen wird 
dieser entfernt, und dann ist meistens bis auf oberflächliche Granu¬ 
lationsknöpfe alles geheilt. Patient wird dann mit einem compri- 
mirenden Suspensorium entlassen. 2 ) 

In einigen Fällen ist in etwas modificirter Weise operirt 
worden, indem nur eine Punctionsöffnung angelegt, und in diese ein 
Drain eingelegt wurde; indess ergab sich hierbei, dass der Abfluss 
der flüssigen Entzündungsproducte kein vollständiger v r ar und so 
der Nutzen des Verfahrens ganz in Frage gestellt wurde. 

Um einen starken plastischen Entzündungsreiz auszuüben, habe 
ich in zwei weiteren Fällen anstatt des Drains einen Jodoformgaze- 

*) Neumann. Fortschritte der Medicin 1893, No. 20. Zur Behand¬ 
lung der Hydrocele. 

a ) Damit das Suspensorium kräftig comprimirend wirke, laufen über 
die convexe Fläche des Suspensoriums von rechts nach links zwei circa 
1—2 cm breite Gummibänder, die an den Leibgurt des Suspensoriums an¬ 
geknöpft werden. 


streifen durch die Punctionsöffnungen gezogen; allem auoh Her 
ergab sich dass dass flüssige Secret der in Entzündung versetzten 
Tunica keinen Abfluss hatte und hinter dem wie ein Propf wirkenden 
Streifen zurückgehalten wurde. Wir kehrten deshalb zu dem ersten 

Verfahren zurück. , , . 

Im ganzen sind 13 Fälle in dieser Weise behandelt worden, 
thoils von Herrn Prof. Helferieh selbst, theils überliess er sie mir 
zur Behandlung, wofür ich ihm auch hier meinen Dank ausspreche. 
Ich lasse zur genaueren Orientirung einige Krankengeschichten in 

ihren Hauptpunkten folgen: * T , _ .,. . , . 

Fall 1 Brockmann, 49 Jahre alt. Linksseitige, etwas über faust¬ 
grosse Hydrocele mit mässiger Spannung; Perlucidität ist vorhanden. 

1 Februar 1894. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 5°/oiger 
Carbolsäure, Gegenpunction und Drainage, comprimirender, trockener \ er- 

band 7. Februar. Entfernung des Drains; es entleert sich keine Flüssig¬ 
keit mehr; das Drain ist nicht verstopft. Trockener comprimirender Ver- 

^ aild 9 Februar. An den Punctionsöffnungen bestehen oberflächliche 
Granuiationsknöpfe. Die linke Scrotalhälfte erscheint um weniges an 
Umfang vergrössert gegenüber der rechten. Eine Flttssigkeitsansammlung 
in der Scrotalhöhle lässt sich nicht constatiren. Salbenverbände, com- 
primirendes Suspensorium. . 

15. Patient wird völlig geheilt entlassen. Die linke Scrotalhälfte 
ist nur wenig vergrössert, die Tunica fühlt sich etwas verdickt an. 
Schmerzen bei der Palpation sind nicht vorhanden. Während der Dauer 
der Behandlung befand sich Patient ausser Bett, Patient ist bis jetzt 
frei von Recidiv. Er trägt seit einem halben Jahr kein Suspensorium, 
ohne dass er Beschwerden empfindet. 

Fall 2. Wiedenhöft, Kutscher, 21 Jahre. Bei dem kräftigen Manne 
besteht eine rechtsseitige Hydrocele. Die rechte Scrotalhälfte erscheint 
um das 4—5 fache grösser als die linke. Hoden ist nicht palpabel. 
Massige Spannung besteht, die Hydrocele ist durchscheinend. 

15. April 1898. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 3 °/ 0 iger 
Carbolsäure, Gegenpunction, Drainage. Trockener Compressionsverband. 
Patient bleibt ausser Bett. , TT . 

20. April. Entfernung des Drains. Trockener comprimirender Verband. 

24. April. Verband entfernt. Bis auf zwei circa stecknadelkopf¬ 
grosse Granulationsknöpfe an den Punctionsöffnungen geheilt. Die Tunica 
vaginalis erscheint nur wenig vordickt. Patient wird mit einem compn- 
mirenden Suspensorium entlassen. Er ist bis jetzt frei von Recidiv. 

Fall 3. Zieske, Arbeiter, 62 Jahre. Doppelseitige Hydrocele, jede 
Scrotalhälfte ist ungefähr so gross wie zwei Fäuste. Es besteht ein 
ziemlich ausgedehntes Ekzem der Skrotalhaut, welches erst mit Bor- 
salbenverbänden zur Heilung gebracht wird, darauf am 12. Mai 1893 Punc¬ 
tion, Ausspülung, Gegenpunction, Drainage, Compressionsverband. 

14. Mai. Da Patient über Schmerzen klagt, Verbandwechsel. Ls 
zeigt sich ein massig starkes Oedern der Sero talhaut, ohne dass die Um¬ 
gebung der Drainöffnungen entzündlich geröthet ist. Wahrscheinlich ist 
etwas Carbolsäure zwischen die Scrotalhftllen eingedrungen. Die Verband¬ 
stoffe sind reichlich mit seröser Flüssigkeit durchtränkt. Feuchter ver¬ 
band mit Salicylborlösung, Hochlagerung des Scrotums, Bettruhe. Patient 
hat des Abends 38,3. Schon am nächsten Tage sind die Schwellung und 
die Schmerzen verringert, Temperatur normal. 

Unter feuchten Verbänden ist am 17. Mai die Schwellung fast ganz 
und Schmerzhaftigkeit ganz geschwunden. Trockener, leicht compri¬ 
mirender Verband. Bettruhe. 

21. Mai. Entfernung des Drains. Trockener Verband. 

24. Mai. Das Scrotum ist noch wenig geschwollen. Compressions- 
suspensorium. ., 

Patient bleibt noch bis zum 3. Juni zur Beobachtung in der 
Es ist bei seiner Entlassung alles geheilt, das Oedern der Scrotalhaut 
geschwunden, Schmerzen sind nicht vorhanden. Nach dem Bericht des 
Patienten ist er jetzt frei von Beschwerden, hat kein Recidiv. 

Bei diesem Fall ist eine leichte Störung im Heilungsverlaute 
eingetreten dadurch, dass die Carbolausspülung nicht ganz in ge¬ 
wünschter Weise verlief. Indess wie uns die Erfahrung bei dei 
Behandlung der übrigen Fälle gelehrt hat, ist diese Complication 
leicht zu vermeiden. 

Der folgende Fall von doppelseitiger Hydrocele erscheint lehr¬ 
reich deshalb, weil wir des Vergleichs halber auf einer Seite nie 
Radicaloperation mit Schnitt, auf der anderen Seite die Punction 
und Drainage ausgeführt haben. 

Fall 4. Seile, Musiker, 22 Jahre alt. Kräftiger Mann. Doppelseitige 
Hydrocele tunicae vaginalis propriae testis. Jede Scrotalhälfte entsprich 
an Grösse ungefähr einer grossen Mannsfaust. Der Hoden ist nicht tun - 
bar, die Durchleuchtung fällt positiv aus. Die Hydrocele besteht sei 
circa 7 Jahren. ,. , 

26. April. Operation in Narkose (Narkose wurde wegen der Kadica - 
Operation mit Schnitt gemacht). Links Incision ca. 5 cm lang, prapa- 
ratorische Durchtrennung der Scrotalhüllen. Nach Entleerung der r Bissig¬ 
keit wird ein Theil der nur wenig verdickten Tunica parietalis exstirpm» 
die Höhle mit 3%iger Carbolsäure ausgewaschen, mit Jodoformgaze 
tamponirt. Eine Situationsnaht. Rechts Punction, Ausspülung mit 3 /oige r 
Carbolsäure, Drainage. Trockener Compressivverband. 

29. April. Entfernung des Drains rechts. Secimdärnaht links, m 
den oberen und unteren Wundwinkel wird jo ein Drain eingelegt. Trockener 
Verband. 

1. Mai. Entfernung des Drains. Trockener Verband. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



19. April. 


DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


5. Mai. Entfernung der Nähte. Rechts ist alles geheilt. Links 
balbenverbande. 

11. Mai. Patient stellt auf. 

15. Mai. Patient wird mit einem comprimirenden Suspensorium ent¬ 
lassen. Links bestellt ein schmaler ca. Vs cm langer Granulationsstreifen, 
am oberen Ende der Narbe. Die linke Scrotalhälfte ist etwas dicker als 
die rechte. Patient hat bis jetzt kein Recidiv. ' 1 

Wie aus dieser Krankengeschichte ersichtlich, ist die Radikal¬ 
heilung mit Schnitt jedenfalls umständlicher, sie erfordert eine 
Operation, welche ohne Narkose kaum aiisgeführt werden kann 
die Heilungsdauer ist länger als bei dem anderen Verfahren und 
der Patient muss längere Zeit im Bett zubringen. 

Im Folgenden citire ich zwei Krankengeschichten kurz in 
denen sich der Verlauf der Heilung als ein ganz typischer dar¬ 
stellt. 

• F - a11 5 - Buntrock, Eigenthümersohn, 21 Jahre alt. Bei dem kräf¬ 

tigen jungen Manne besteht seit ca. 2 Jahren , eine rechtsseitige Hydrocele. 
Die rechte Scrotalhälfte ist circa um das Vierfache grösser als die liuke 

„ L Juni. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 3 °/ n iger Carbol- 

saure, Drainage, Compressivverband. Patient geht umher. 

8. Juni. Entfernung des Drains. Compressivverband. 

11. Juni. Entsprechend der oberen und unteren Punctionsöffnuntr 
bestehen circa stecknadelkopfgrosse Granulationsknöpfe. Im übrigen ist 
die Tunica leicht verdickt, in der Scrotalhöhle ist keine Flüssigkeit nach¬ 
weisbar, es besteht kein Oedem des Scrotums. Die Granulationsstellen 
werden mit Zinkpflaster bedeckt, Patient mit einem Compressionssusnen- 
sonum entlassen. Er ist bis jetzt gesund geblieben. 


_ _367 

facher, nicht complicirter Hydrocele empfiehlt, und zwar gegenüber der 
Operation mit Schnitt deshalb, weil einerseits die Operation einen 

B fl e t l trfh mge f re, !i E vl r] i ? + da J. ste Jj t ’ weil sich schneller, ohne dass 
- 1S ^- d ! e Heilun S vollzieht, während anderer¬ 
seits m Bezug auf Gründlichkeit das Drainageverfahren der Schnitt¬ 
operation nahe kommt Gegenüber der Injectionsmethode hat das 
Verfahren entschieden den Vortheil, dass die flüssigen Entzündungs- 
producte abgeleitet und damit eine möglichst vollständige Ver¬ 
klebung der Wunde der Scrotalhöhle ermöglicht wird. 

Jedenfalls ist die Anwendung des Verfahrens nur auf die Fälle 
einfacher Hydrocele zu beschränken, bei allen anderen Hydrocelen 
aU /Ai S °! ehe J °’ r ei d ? nen die Tunica in erheblicher Weise verdickt 
ist, bleibt die Incision die einzig rationelle Operation eventuell mit 
Exstirpation der verdickten Tunica parietalis. Ob nun die ge¬ 
schilderte Behandlungsweise absolute Sicherheit vor Recidiven giebt 
kann ich bis jetzt nicht entscheiden; anzunehmen ist es nicht, denn 
warum sollte sie sich hierin von den viel eingreifenderen Methoden 
der Radikaloperation unterscheiden, die ja auch keine sichere 
Garantie dauernder Heilung bieten. Jedenfalls scheint es mir aus 
theoretischen Gründen, die oben auseinandergesetzt sind, dass die 
Chancen für eine dauernde Heilung bei diesem Verfahren grössere 
sind als bei der einfachen Punction und Injection, bei der immer¬ 
hin durch das flüssige Exsudat eine exacte Verklebung der Wunde 
der Tunica leicht verhindert werden kann. 


. 6 ; Steffen Arbeiter, 35 Jahre. Bei dem kräftigen Manne be¬ 

steht seit circa vier Monaten im Anschluss an eine Contusion des Scrotum 
eine Hydrocele, welche in den letzten Wochen sich schnell vergrössert 
hat, so dass che rechte Scrotalhälfte jetzt um das fünf- bis sechsfache 
gegenüber der linken vergrössert ist. Spannung ist ziemlich stark, die 

taShuÄ dSTidSÄ dtch lüssigkcit rcspective die rccUc 

3. Octobcr 1893. Ohne Narkose Operation in derselben Weise wio 
mi vorigen Falle. Compressivverband. 

Io Entfernung der Drains. Compressivverband. 

„.N'n- mi Anlegung eines comprimirenden Suspensoriums. Bis 
"‘Vp® .P 1ramste Men geheilt. Während der ganzen Dauer der Behandlung 
war Patient ausser Bett. 

j 14 -., 0c . tob 5- P “ tieI ! t wird entlassen. Auch die Granulationsstellcn 
«Jf PramdUnungcn sind epithelisirt, Die röchle Scrotalhälfte ist ein 
»etug rergrössert; Kein Erguss, kein Oedem der Scrotalhant. keine 
schmerzen beim Gehen und Stehen und bei der Palpation. Patient trügt 
• w ; 5 c r c j Se,n Suspensorium, ist frei von Recidiv. In derselben normalen 
aUCh die « bl ?g cn «ieben Fälle verlaufen, in deren einem er 
dipsm- ™ ei " e Hydrocele handelte von über Kindskopfgrösse; auch 
dieser Patient (Foth, 54 Jahre, Bahnwärter) ist frei von Recidiv. 

- nn Wir bei den bisllor geschilderten Fällen mit dem Ver- 
S™ ,n . Pacher und glatter Weise (bis auf das Oedem des 
| P h* ? , , Fa11 Zieske ) Heilung der Hydrocele erzielt haben, so 

-•ji , er ^°i& en de Krankheitsfall, den ich ausführlich schildern 
bpi ;«T S m ? n auch bei dicser Methode, wie allerdings wohl auch 
vfilli\™« r v- ^ schwere Störungen und Complicationcn und einen 
hnndfm . s (3rfolg erlebt, wenn die Operation und ihre Nachbc- 
verläuft.^ unber dem Schutze der Anti- respect.ive Asepsis 

rpchtfseäiJör ff 5 ande 1 lt si ? r h UI P r e i nen 40jährigen Mann mit miissig grosser 
undiSfo Hj ; droce i e - Vo„ Herrn Prof. Helferich wurde die Punction 
behandelt' ^ \ 1Q V eise ausgeführt, der Patient in seiner Wohnung 

ständig Po/;j T n f *! ntt ~ ^ a £°, nac b. der Operation nahm sich der unver- 
Am nächslpn \f den ^ erb and ab. die Drainöffnungen lagen frei zu Tage. 
sÜÄkS°T n £ ntwickelte sich bereits Starke Schwellung und 
steigerten nfccfp + dos * Scrotum, welche sich im Laufe des Tages so 
werden musst« am TT fo, ^ enden Morgen in die Klinik aufgeuommen 

h&lfte stark ä n 1 1 f Cr Untersuchung zeigte sich die rechte Scrotal- 
stark ödematöf w W a e p f faS - zu Kindskopfgrösse, die Scrotalhaut 
Abends gK S, ? de f Palpation mtensiv schmerzhaft. Temperatur 38,5; 
Temperatur w Q7o« clieelhöh 1 e). Am folgenden Abend sank zwar die 
Am nächsten Mo J! ’ q^? SS Ä ie Schwellung und Schmerzhaftigkeit wuchs, 
und nun "deutliVh die Schwellung noch zugenominen hatte 

gemacht: es uc zu fühlen war, wurde in Narkose die Incision 

Flüssigkeit n; 0 to \ir-, S j Ck j die Scrotalhöhle angefüllt mit dünner eitriger 
massen bedeekt i v e - der Höhle waren mit fast 1 cm dicken Fibrin¬ 
zellen durchsetzt ■ * ^J^^rofkopisehon Bilde sich reichlich mit Rund- 
dic Höhle mit «w? i r le Eibrinmassen wurden mechanisch entfernt, 
gaze tamnonirt P .,na°^ 1S T?^ Kochsalzlösung ausgespült, mit Jodoform¬ 
ist — bis auf der Heilung per granulationem überlassen. Patient 
heilt nach drei WoÜ scbl nalen oberflächlichen Granulationstreifen — ge- 
der Infection W ei i ® n passen worden; immerhin haben wir infolge 

Eß geht ZI Wo £ hen zur H^üng gebraucht, 
und nach der n n les .® m Uall hervor, dass peinliche Asepsis während 
lingen auch doc p -S ra P on eine wesentliche Bedingung für das Ge- 
dings auch für raina & eyerf ahrens ist, ein Umstand, der ja aller- 

Nach alledem va andere ° Methoden besteht. 

Eebandlunc dabi« können Wlr Unsere Erfahrungen über diese Art der 
zwsaminenfassen, dass sich ihre Anwendung bei ein¬ 


j IX. Aus der chirurgischen Universitätsklinik 
| in Königsberg i. Pr. 

1 Zur Casuistik der irreponiblen Daumen- 

und Fingerluxationen. 

Von Dr. Borchard, Secundärarzt. 

Schon lange hat clie unverhältnissmässig grosse Zahl irre- 
ponibler Daumen- und Fingerluxationen das Interesse in hohem 
Maasse in Anspruch genommen, und zahlreich sind die Versuche, 
sowohl eine erfolgreiche Therapie als eine genügende Erklärung 
für diese auffallende Thatsache zu finden. Die einen suchten in 
der schlechten Handhabe, die der Daumen bei den Einrenkungs¬ 
versuchen bietet, den Grund, die anderen sahen in dem Widerstand 
der kurzen Daumenmuskeln (Bullingall), andere in der festen Um¬ 
schnürung des Metacarpalknochens durch die Köpfe des Flexor 
pollicis brevis das Repositionshinderniss. Faraboeuf, der die 
Daumenluxationen in incomplete, complete und complexe eintheiltc, 
weist auf die Wichtigkeit der Interposition der Kapsel und der 
Sesambeine hin. Diese Ansicht fand nach Einführung der Anti¬ 
sepsis in den zahlreichen Operationsbefunden noch mehr Stütze. 
Rose 1 ) stellte zuerst für die verschiedenen Arten des Kapselrisses 
verschiedene klinische Bilder auf in Berücksichtigung ihres Worthes 
für die Leichtigkeit oder Schwierigkeit der Reposition. Da or je¬ 
doch einen sicheren Beweis für seine Annahme noch nicht erbringen 
konnte, derselbe auch, soweit meine Kenntniss der diesbezüglichen 
Littoratur reicht, noch nicht erbracht ist, so glaube ich die Ver¬ 
öffentlichung nachfolgender mir von meinem hochverehrten Chef 
Herrn Prof. Braun gütigst üherlassenen Krankengeschichten für 
angebracht erachten zu dürfen. Dieselben sind geeignet, nicht 
allein jene Hypothese zu festigen, sondern sie in einzelnen Details 
noch weiter auszubauen. 

Vergegenwärtigt man sich das Zustandekommen der Daumen- 
und Fingerluxationen, so zeigt sich, dass im grossen und ganzen 
zwei Möglichkeiten ihres Entstehens vorliegen. In erster Linie 
steht durch ihre absolute Majorität die Hyperextension und als 
Paradigma dafür das Fallen auf die ausgestreckte Hand oder das 
Ueberbiegen der Finger beim Ringen. Hierbei reisst das Gelenk¬ 
ende der Grundphalanx die volare Kapsel dicht am Metacarpalansatz 
querüber ab. Eine Betheiligung der Seitenligamente braucht nicht 
einzutreten. Dieselben sind einmal viel stärker als der erwähnte 
Kapscltheil, zum andern werden sie nicht direkt von der einwir¬ 
kenden Gew r alt getroffen. Ist der volare Querriss entstanden, so 
kommt secundär die Phalanx .auf das Dorsum des Metacarpus zu 
liegen, und zwar mehr oder weniger parallel zur Längsaxe. Der 
vom Mittelhandknochen abgerissene Kapseltheil hängt über die 
Gelenkfläche der Phalanx herab und kann so fest gegen dieselbe 
angedrückt werden, dass er sie wie eine Haube glatt überdeckt. 
In seiner abnormen Stellung ist der Finger nicht fest fixirt. Die 
Repositition scheint leicht gelingen zu wollen, man fühlt nur einen 
weichen federnden Widerstand zwischen den Gelenkflüchen, und 
beim Nachlassen des reponirenden Zugos kehrt die Phalanx meist 


*) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. 31. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





nm 


BÄUCHE MEDiCIKISCHE WOCtiKMS ÜHR 1 FT. 


No. W 


ihren brübhörou OiT zurüidc. Würde man die 3£ä^el 
{J041 IMonktlächcn wegHchiebon können,. daun gelänge'-ajir.h. die ‘Dy 
i)f>sifc&m. Xhm ittejft X^nm-ogUehkeit; alUTn. sehcm jeden l 

voreibott., zeigt am basten dm LftSätiftn -des zweiten, hva lüntBiu 
Fing«»*,. da \m ihr die •durch •'/wtselmnlaüvrung dar Sc^mledue gfc*-. 
fcfitzkv* Cnmpiimtibm IVhlt mul d«. boi «iw* ev.em.ntdb'm Opettitim». : u(ter. 
sich die VVghültjiisae hier riel einfacher und übeeidefthittdJör g*f- 
L^idiuR: 3*un Br weis dunm folgend m’ Kall : 


König 1 ), der in ähniloher Welse das VerMten der Äpeel und 
der Äatnbeine beschreibt fügt, noch iim.zu, dass die SeKne dm. 

■ Bfn-ov poHicis lotigus dazu beiftrsseii kann, die K&psol in der go* 
Wfeis# zwischen die Gr lenk enden hinein ttCKWätigwi. in der 

l)is*w 


JjBscrUtt.ion von Bo«n\i h£'U»us 0 ist die AwiseUcrilagciang ewis 
ider beider Besainhcuic mir ah Unterebtheihmg bei dem durdi da 


j£äpsel bedingten Tiijjrmsitlößshindetaiss erwähnt, ^ma- 
dbä hem>r£ülvt, dass letzteres eigeaUiehe Ürsftöhb- Äeres 

imi* als oinr5 (>mpli<mtida4n?.usßKöi ist.. 1)48 ist wumgsteos siehde. 

• ^ wenigmr FkUftii 

uöfc ein unblutig niidU 

HVV{«VMI"4 •»«>:>, uiw«‘»nfVJ •«»'*»’*•- - '•'J'* -* *- - •.* . * . t, ». ,» <J#.k .» «II WWer'WUHitnmTOB ZU bOhZtU. 

des M^ju-j.rpus Mhllmr. Bei IB^iaaiiuiOhvtTSueiJen er Stenose ^.:- n i K'.>w»n»t die Lu Mit IM) nicht durch Hjnöivxte.asum *X\m\\ >Ul- 

ä!äi,x :jSA;; ,*«,£ W>r »w, b. m f-h .«r '*«*»*** 

„..„ ,,.-.,'in, I,,i .,..i ;.„ '.H.'.ii, ,'s.u-!. \.»l."’."'- •-'<«* »"t *1"' volme s-n-es lioum.'ii:, wm-l.n, Jiif ..(“.-.«n l..hi,al- 

v"B? ,...«.• «!.-r r,»,..•( r ,,,„, i,M-llm.? R-i ■)., o,„. m, kann n« Kommen, nass (Iw knpsol »vW «jueruber, «-oder«. 

,jiih>fi i'ivtkj.'j Sifh nimh }<)<)'~ ir.v des BeuMikos vorr ccv V <«h« uns d.e i«rhr IfuigB, und zw uv am .Ligftniß'of.u m. ex tarn tun rsiirl dafü Äic 
KVpW dicht m Metmwquhujsfdx /pujruVr ehigefisstvn und thst tilhr die ; TVii der vorderen öelenJr.mridndung reiBSt, Barcli den 

GetVinkOnfl.e »Br urnftdpfodiUuc g« sdiiagcn, so dass m i'*» der Mdtc m>* ; g r ,{} «ml nämlich dtc erste und zweite Tlmlaarc üinu-rwärts gt>- 

l&Bß tfid vnrg-^n;-eo werden u.u?.< hfitn gr : i.f»g!. d>c vc-udit, ?ir ; i , i; , t AV ;Uirom! der MitteliiandknwiheTi in der Failrifihfrtmg verharrt. 

Nmvt dir iCcje^i 1 . 1 » i rtc* n.t d. lleihmg |H*r j»runam, 1 n 'f [ij»diVh wird die Kap?el tm^üirt Am stärksten sp amu sic 

1, h,.i..r Boto.m«»g iw ha»l>«saetilwfc a«wn >h« Mntc d«». Mrttfltioradke^Mri*. wi 

1 \ ii orwatrU , j oniion »*d den 1 mmmmluvatinnen <B- mehr oder aimdor öclii%e A.erlauf des Knp-mn^es naixgt wv der 

Vrvliiiln.msv ducrh fut-rpesi« im» des cusm.iovi oder hehkn Sesam- , Richtung der ehiwirkendMi Gewalt und dem Grade der Torsion ^n. 
böüu.. v:ojm.dh:irt werdet;. Dieselben folgen wegen der Festen ver- j Unter Umständen .kann auch elfte mehr oder weniger starke Ver¬ 
bindung mit dev Fimhnix immer den Bewegungen detsclhen. mul j lo^ung des Ligamentum nxterhum einta'etßn. Ist das Loch nnD 
zwar gewbiifdi. U so, dnsts das äussere lnterpcu?rt wiUirmid. ih* :i stnudem St; zwangt sich Mgtai arpalküpfchea duj ch und wu*d 


bncnc mit der .Seime des Flexor |iuUicD lougu-. rmrh innen \er* 
Srlmhru wird. Ihcdi biwulit nuch denn timfz der crluddirhcn ( ‘om- 
tdh^tWt das eigwtBudtn KnposB.ianshinticnris^ wohl ln den meisten 
Kfdjen m dem Votimittm Jor Kapsel, win auoli iolgnmlc Kn«nkoöB ; 
rcisdficbfc zeigt: : 


aii .Hatao vofi don gcBpamitao Baudmaasen fest 'umgftlmwH, 

Oin. -ftrste und zweite Plialan.x «•toHf sieh aßt de?i itttckefi dns 
MfikfÄdknefchens, indem dessen Gebnkesde gcwiss6rrma«fi8tai 
rmt^r tivm Imtge^ehobmi wird. Fnirdi die Spahmmg d«t noch er- 
haltmum KapgeltlmÜe wird der Finger m mwr mditwinkelikrn 
, ^tclluup'' Tom Metacatpalknödiea jiiemlltdi fest uftd tmhewo^Uch 
■ XDll U-. Durch ' Fci!: auf-die Ao^e<trockto Hand z<£ Mdx ■:?:« D ; ;, rh - iH , va> p» aüuh die Endohalaux durch Aftsmiummg der FDxcl'nn- 
JhhUD-s Ffinjcin e?nc buv.Bo iolhns dom. deun zuv nrotz d«r euer- ; V neWr*'*W« dc< iirt wird kommt ~mm f -Ktmm ku* 

.,c.o-:vn Br,«w, pdaim rfii Kinrcokimg nirtht, sddÄwv sich • ' du,c vo,iar^a t f> Ueturi nud, so Komim oim. 

vitV..'-■ W.itd'tun narb di-r 'Vm'h'Mii-uii in dir üchjunUemg tl.es Bcm» l''rok:Hsnr ! slande . r> 

Braun iccrub. .Der iHumm erschien vnikürzt, mg md d.co IPmrni eins ; Bet dieser Art der \ cnvi.knng muss mc Ref>omt.ion 
^JcUtrüqn’is, die Jvndfdi'jlntfx war leicht flccdn. TD BoposiBerns?ersuche , carp u lieftph hon durch dfdt Schlitz JUirÜnkzuroangeu mi.mtrfi-, i» 
injNrukdhiH meid. ^hBc/v j^o winde durch einen vtdm'cft. Jdinfrs'- j derselbe.DWcdt. ho wird äiair mif keiiie. b^siöüdoWin '.Söi^iengkeit'ffn-: • 

rcimiU das Gelenk 'freleelegU Es' -Kcigtc sieh die 'Dtdunkbnpsrl dicht am , st . ;SSw)I na d nach Vülarflexirm dw Band»h<tfft»5 mit m\m ^ugDh 

" v ‘ 5 ‘ '•“*■• ’ ‘ ^ " 11 rt “ •'•' ^ T aL.1 T. iU, *,\ (£t; 


Aösaiz an doii abg^ri^ü und «ut dom O# 

sfrijmmidouru oxtvrmnm um die-GehrnkfUmhe der('frundphtdanx gesrldagon. 
wfhVeöd d« Seime des Flexor pw.llteta hmgijs »nit dm» Os scs»um>idmmr 
mUtODrtm idnarwhy'tü. verhnmrl Wät. Nach Kxgiir'pution des OfstKOJiuuuteu 
KnftcheJi'hmu. gelingt die l<^Position nicht, smidorn mt muh {Hricwüm und 
VoBuohuni? ifus interporurU.rj KapscTBudD. Tbe Kapsfd und Bunt wurden 
genäht und iDr Dnuimm durrh ohmii festen Verband m llneBifer StvUnug 
. Ipirt. Am Abend dns^elheri IDges- htdcam Thttioiithn. die ymbblatjorigcli 
IrPu.iTuhit wnrdc,- befiige Sehmerxcn, und sir suchte dcshidh eme« i'rcmd^n 
ArV.f uttf, 1 %r?nlhc mdun hi. wenig vorsichtiger Wei^o den gnuzi-n T>.r- 
Imtid f»h und legte tmr hadern eine MuUhind© an. )h> Folge davor« war. 
dass mich viel’Tage«, ap F&tientm zittn Vcrhandwoihscl kam. der Damnou 

Avindor Atlu s&d!b<h aaghwaufeu hli^bdtr « ^ — ... 

mibkdoft, so ä*,bX sadiHesshAjR d^lVImferapimUnplrhfto jvy» cmi worden TBmeh «nlo- deV flaut lag Kftpfchon dus MotacHrpuS, ned *W » m 

l»et Butoncn «»udi m Df p'i.'it».*«* vom ' t*/«rcä 4h e grstcUl . uru.l so durch. dmrhgeth'äügi; diimi cVobh Behlitz in der Kftpml, OöV hdnag 

de« Verband irrjrt. Bio FinHung' iuou per pvimam xusiamtc. die Fnnctio« 


der LfUigsnrh.timg auskonmmtt; ist daa Loch aber klein, so »'/t 
d.ißMÜ- ftotälimi xiaeJ] ays8eri lind iiavbFolgeiido AhducLoji. zu vet- 
fvirehe», die Xhoife Sietluug: Tmi’ßoksfufüUi^h; tiic -sje hoim 

Xvist[t.ndekoiüDiofi der Ltisxatuwi emrmhineii. 2u 4uh»n«ftd darl nmu 
nicht vorgohuti, du eio weiteres Einrnssea der Kapsel 'W V( »fi 
. \ ? orthoil seift kann. Oft lässt- abbr auch blor uile Gewalt «utd uup\ 
äiktllddo Int. .Stich, 

Full 3. Sw wurmt die VArsuohe hei öinem slsbuü'iüktigQö 
den durch Fall auf die rechte. .Ilohlhaud luxirtnn Drtimmn zu 
•erfolglos. (Tohevvoglich hhob er in Öoi'sulflexioü aut dam ( IBHkuiv fm* , 
MiDolhaiidlirnonhcTis stolioR. Es nmsste auv fmcrutimv goschdt*cr» werueu. 


'diii 5 jd*.ö-edrä'ügt; durch SdditÄ in dor Kaps^h def schräg rus ^vun 

Umwmntam e\U-mm vovfiftf: L‘ht dio Schuo .dus Flexor uwj 

•w«Ks vorsd.i.'»hor. war, so wurde ein Vm^uch gnmacut. nmch 
dorsphöi) den Oiiorne« xu ropmiireu Der «u'Wn^e^ TAiclc olmk im?, 
und cs rmissteH deshalb die des Rhplclnm ummdUiessnüduft Bsiinwi^ri 
mnwegohoirbm vcDch. Jetzt, gdar-.g die IClurcoktm?/ hv;U ihn Kjipi, 
und Hunt wurdeu djtrch die Käit gcgehlo^em ^0 mnenfl rjftüfcmhwwt 
Wnndverlmif Ummub <Ls. Mhdchen mmh cKTnuco cof Wunsch t.U»s Vn,oi& 

eutiussmi wor«lou. üohor die Fmuftiouslähigkeit des Datimtms ist mein? 
üihboros wwitef hekunftt, . . * . 


dtm JUmtnoua bii>*h «h*»r Tfustuit-Hch hchmdurt. 

Wwm auch diö-so Lnxution äituroi) Dutums war, so glaube ich 
Ihr dm-h IPweLkrail für die ubmijgrüüSiUft tft AesiVuit (Hn>r dm 
St«ijuhg des glon hzmffg iiit««x ,4 >Ui|*Bui tShsambmm'K .als Fepivitjnus- 
: zusjjrneh.uii f.tvrzumal mmh vorHiulit whixio, 
durch'cm fesoHtci di?r Eimeukuug m mnögHeltfm, doeh 
musafo oimh hior df4 ' ^spalten und vopt»ftzogen werden. 

Ifti ju dieser Logerftn& der übgerisHeneu Kapsel das I!Union»iss 
UcgrhftdcJv ko muB» man hoi Bmpositicmsmaiiän'rp das ffiVuptaugeft- 
miiVlt^ tJarain’ rieliton, dinKon (h^cttmASrnk frei zu fnäc.knu urul von 
der (UdouklKluhe ,Dr Phalanx nbsustdufdmu. Ein Zu^ h» dur Löhgs- 
ejiilituHg ©tollt die beide« ^Kaufen der il^lpnkÜäftlihtr aufoinamkr, 
oxtrenie Iftirsalhö'xUm der Phabinx sucht den ubgoH^koftob KüpsoV- 

':; P D:i"i: r ‘vVl'lV; B “'• , T‘ * **uvb“ °&& s 8! e »»w tim miM. Nova v 

ru .l,u,,„,.fl\.« M ,,,M TM.>»Uux ,im! »••£ Mf.tacarpiis «Ciron mml, a.,U. hier ia rtWiehar Weise auf *= Copie!)® <te? 

iijftandoi mit, b^FfhdD.ftnrr yDtartluxion die IbdonkllärlHm lia'iidksieelwnjs Angeschnitten. Derselbe zeigte sich bucht: -• ^ v 

mm -7 zwar, dass sein radialer Rand hftlrvr stand nod durch ßjösn ÄnpRaUvbüv 
dcu. ^ itin'ditrGhgetrei-eti war, während die Sehne dosFbxor potlidfl_i(m|Ui5 
hringon ’ ? ^värtk verschoben lag, Xu eifter^t.en fibrösen Massß. fliiö dto^;Ur 
um sie boityv folgftjubm Ae4.)taeh abwFm auhi^jou zu könmn. Bs : Lmgeirang vettod. l&t das äixssere •Sesamheift ^ W 
a«.w *W Doisaii'Bflexirm itüjntt jtw Ws m einem '«ettt» Gwde : «*4 m* ***** 

^:a "Är^. 

tr\ * iV^V^k• Wt ' n ' s 4n tA 'h dmso.bd! T;«“■«..<lc/ ;u, • .. 1 • • :kr»f?fclte>ns mit FixirUög livn Bmitnens in oppoinftwr. -Stallung, von 4t>. . 

i.ebu»Kb:»mic n(b>r gar über »bm.seUmi tiimms •::.•■:• >■'■•. k*.ü« hlelluag per prlmam 

Bi {jm-ertigHft hVvfUui, 4Ü? ohne CVpöVation Diclu ,v.x/.i. : ..Df_: 

•■»*« S»PV< ’■': 1 ■ 1 ■• ■ Kiinij!. I,,.hH>ucli (!.«■ ßktmsioUM. JU, 

ijrclcuküöwffe iw 1 halanx andrücko» und Vr*«ud>fi , n . a ) Bneinin^haft^, ligiugmfaldiasoictsdä 1 ^' Boun 1^Ü3. 


Boi folgoiulögTutxykio« älterft!« .VMhums varou die \ orhiilttiiflSP. 

ui ehr so klar zu «horchen, wir bm de» ftbrUreu. 

• Fall 4 Es-ImuilolW Drh mir» eiuen ^jSivngcu d^n Ommm- 
coj vier Wachen durej; Füll mil die ilafui hixivv war. The iiriiv.iipmuw-'- 
s&n/t. seftkrecht . tmX dem Blicke», de.« Mciacnrpus. di* Endphalmix ^™ 
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19. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Da sich nicht allein in diesen beiden letzterwähnten Fällen 
sondern auch im zweiten Falle der ersten Kategorie die Sehne des 
Flexor pollicis longus ulnarwärts verschoben zeigte, so möchte ich 
dies nicht als charakteristische Begleiterscheinung für die letzt¬ 
erwähnte Art des Kapselrisses betrachten. Ebenso wenig lässt sich 
die Häufigkeit ihres Vorkommens bei dem einen oder anderen 
Kapselriss entscheiden. Nur der Schluss ist nach unseren Beob¬ 
achtungen berechtigt, dass bei irreponiblen Daumenluxationen eine 
Verschiebung der Sehne des Flexor pollicis longus aioh finden kann 
ohne dass durch sie die Irreponibilität bedingt ist. 8 

Bemerkenswerther erscheint mir folgende Uebereinstimmung in 
Fall B und 4, so dass sie zur Sicherung des klinischen Bildes und 
der Diagnose dieser letzterwähnten Art des Kapselrisses verwandt 
werden dürfte, natürlich immer im Zusammenhang mit den anderen 
Erscheinungen. Das Metacarpalköpfchen liegt so dicht unter der 
Haut des Daumenballens wie in keinem anderen Falle Einige Zeit 
nach der Verietzung wird wegen Schwellung der umgebenden 
Weichtheile dieses Symptom undeutlicher werden, um später, wenn 
nicht allein diese geschwunden ist, sondern auch noch Abmagerung 
der Muskulatur sich eingestellt hat, noch mehr hervorzutreten. 

Wenn Lauenstein in seiner Veröffentlichung: Beiträge zum 
Kapitel der Luxationen (Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. 28 
p. 578) sagt: „ich möchte glauben, dass in allen denjenigen Fällen 
von irreponiblen Daumenluxationen, wo das Hervorragen des Meta- 
carpusköpfchens unter die Haut des Daumenballens besonders 
hervorgehoben wird und wo man sich zur Abtragung desselben 
entschlossen hat, wohl die abgeglittene Sehne des Flexor longus 
das ßepositionshinderniss war“ —, so scheint mir das etwas zu 
weit gegangen, und ich möchte dem entgegen auf unseren Fall 3 
verweisen. Hier war wohl das Caput metacarpi I dicht unter der 
Haut gelegen, hier war auch die Sehne des Flexor longus ulnar- 
wans verschoben, aber sie war nicht das Repositionshinderniss 
bonst wäre doch die Einrenkung nach Vorziehen der Sehne ge¬ 
lungen, und es hätte keines Einschneidens der das Köpfchen um- 
schnürenden Bandmassen bedurft. Auf der anderen Seite war bei 
• * Versch iebung der Sehne des Flexor polHcis das Köpfchen 

nicht auffallend dicht unter der Haut gelegen, so dass aus dem 
von Lauenstem angegebenen Symptom nicht in allen Fällen ein 
sicüerer Schluss auf das Verhalten der Sehne zu ziehen ist. Unter 
umständen kann diese Verschiebung der Sehne alle Repositions¬ 
versuche vereiteln, wie in allerneuester Zeit Bergmanni) wieder 
ne^wgehoben hat. Jedoch glaube ich, dass die Häufigkeit dieser 
un&cbe gegenüber dem durch die Kapsel bedingten Reductions- 
mnrtPm.c S zurücktritt. 


369 


ihre charakteristischen Einzelheiten völlig getrennte 
5™ 10 /T» er lassen sich denm ach für beide Arten des Kapsel- 
, a 8 ^ en ’ denen jedes seinen besonderen Mechanismus, 
P- /2 sond f' ei1 Symptome hat und seine besondere Methode der 
nkung fordert Einmal die durch reine Hyperextension ent- 
volwpm 8 n" 16 « od J er weni ger bewegliche Bayonettstellung bei 
flexinn r e T S i’ ^ le am besten durch Extension, extreme Dorsal- 
Vnljirfln»- erSC ^ ll6 ^ >ei ? der Gelenkflächen an einander bei gleichzeitiger 
und ulnaJÜV 111 ^?^ wird; zweitens die durch Hyperextension 
—> q. ..J 1ersc h 1 ^b uo ff der Phalangen erzeugte und unbewegliche 

ExtemriAn v? M Schrägriss, die am besten durch 
ponirfc ^ ota ^ 011 nac * 1 aussen oder Abduction re- 

«JS 4 aT J c h diese Einrenknngsversuche vergeblich, so ist 
DaumenlnYa+f 1 ^ 11611 .’ da eine auffallend schnelle Veraltung der 
SÄ ^ ? ach vier Wochen musste bei 

greifen Hör tr C ’ T « n < * enen einer vielleicht mehr dem thätigen Ein- 
Metacari«^ 11 Coile " en m verdanken ist, die Reseetion des 
werden sriuJ? ä 6nS & emac fr fc werden, und ähnliche Beobachtungen 
«nein ähnlichftrTffa gemacht sein. So konnte Ranke* 2 ) zwar in 
reponirpTi a u Ton . Duxation nach Eröffnung des Gelenkes 

verkürzten Pvt ^ con ^ ra hirten Weich tiieile, besonders die trophisch 
PaöhUoeiseJho S^° ren ZOffen Phalanx immer wieder in ihre 
sich durah s«rü*k. Bei frischen Luxationen bessern 

deshalb «dl «ff il A *y rte * 1 . Verhältnisse auf keinen Fall, und 
nicht ^ch erfolglosen Eeposilionsversuchen 

er ™‘ So wird ntefat allein das Endresultat ein 
__aueto dar Ero griff eia leiefaterer. 

!) Berün 


*) Berfe wiS 8C 5 e Wochenschrift 1877, No. 36. 
r ^mische Wochenschrift 1*877, No. 36. 


X, Teuilleton. 

Kund am den medicinischen Congress. 

(Von unserom Coirespondonten.) 

. 1 . Uff! J - ?°. h ? t “denn sein Ende gefunden, ^e/wandeminsto 
aHer n ? ed i c.mschen Congresse, die je stattgehabt, wenn man ein 
„Ende nennen will diesen Lunch in den Thermen des Caracalla 
bei dem es so zuging wie bei allen geselligen Vereinigungen des 
Kongresses: die Römer und Römerinnen waren reichlich mit Zu¬ 
lassungskarten ausgestattet und thaten sich bene, und die paar 
hundert Congressmitglieder, die stundenlanges Drängen und Stossen 
und Balgen uin die peinlich gehüteten Karten nicht gescheut 
hatten, um die Gastfreundschaft Roms auf dem Wege über dieses 
glorreiche Comite zu gemessen, waren auch dabei. Tausende aber 
natten längst ,dem Congress oder Rom den Rücken gekehrt wie 
V0 V hunderten der „Theilnehmer“, das heisst derer, die* für 
* r -. lhre Mitgliedskarte gelöst hatten, gesagt werden muss 
dass sie an keiner einzigen „gemeinsamen“ Veranstaltung 
a,es Kongresses theilgenommen haben, weil ihnen das 
Komitö das absolut unmöglich gemacht hatte. 

Die halb zornige, halb spasshafte Beurtheilung, die ich noch 
am ersten Tage der Congressleitung gewidmet hatte, war liervor- 
gegangen aus dem natürlichen Gefühl: warten weinmal die Ent¬ 
wickelung ab, vielleicht ordnet sich das Chaos noch, und der Con¬ 
gress wird lebensfähig, sobald nur der erste ungeheure Anprall 
der Eröffnung vorübergegangen. Aber nein, mit jedem Tage wurden 
die Zustände toller, das Comite schien es geradezu darauf angelegt 
zu haben, auch bei den lammherzigsten, nachsichtigsten Besuchern 
die Zornesader hoch anschwellen zu lassen, und so muss als das 
Ergebniss dieser Woche ehrlich bezeichnet werden: ein Gefühl der 
tiefsten Empörung darüber, dass man 66 gewagt hat, tausende 
von Männern der Wissenschaft, die man mit einem bombastischen 
Schwulst von Versprechungen nach Rom gelockt, in dieser schmäh¬ 
lichen Weise zu hintergehen. 

Die Worte sind hart, aber es wird nicht viele Theilnehmer 
geben, die sie zu hart finden werden. Vorweg sei allerdings ge¬ 
sagt: wer zu dem Dutzend Auserwählter gehörte, also zum Beispiel 
ein Virchow war, der bedurfte keiner Karten, der brauchte 
sich nicht Tag für Tag zu drängen und treten zu lassen, um 
vor einem Schalter sich die nothwendigsten Eintrittskarten zu 
erraufen. Für neunundneunzig von hundert aber der Besucher 
des Congresses war absolut nichts ohne eine gelinde Prügelei zu 
erreichen. 

Es hatte schon recht nett angefangen, dieses Comite, dessen 
erste Sorge doch hätte sein müssen, den Gästen eine möglichst 
billige, gute Wohnung zu sichern. Das ist in Rom selbst bei 
einem Besuch von 8000 Menschen gar keine Kunst, denn Rom ist 
an die Beherbergung noch viel grösserer Fremdemnassen gewöhnt, 
und um sie anständig und ohne Schröpfung unterzubringen, dazu 
hätte ein wenig schlichter Verstand, Ordnungssinn und Rechtlich¬ 
keit ausgereicht. Was aber that das Comite? Es gab die ganze 
Unterbringung der Gäste in die Hände eines ausbeutungslustigen 
Spec ul an ton. des Herrn Cook, der sämmtliche Hotels und alle 
erreichbaren Privatzimmer mit Beschlag belegte, einen Phantasie¬ 
preis, der um mehr als hundert Procent höher war als der in ge¬ 
wöhnlichen Zeiten, ohne irgend welche Veranlassung festsetzte, 
sich natürlich den Löwenantheil davon ausbedang und, dies ist des 
Pudels Kern, dem Comite zehn Procent der Einnahme auslieferte! 
Daher ist auch das Verfahren, dass das Comite jedem Mitglieder 
das vorher bei ihm wegen einer Wohnung aufragte, ausweichend 
antwortete und auf erneutes Fragen an Mister Cook (genannt 
Ufficio degli Al logg i) verwies, der alles bestens besorgen 
würde. Wer sich auf dieses Wohnungsamt verliess, kam fidel auf 
dem Bahnhof an, sicher, dass ihm ein anständiges Zimmer reservirt 
sei, und musste sich dann mit hunderten gleichzeitig Angekommeaer 
herumzanken, um ein Zimmer, das Herrr Cook zu dem von ihm 
festgesetzten Doppelpreise hergab, irgendwo im vierten oder fünften 
Stock. Wohl denen, die, wie der Schreiber dieser Zeilen, von 
Anfang an das tiefste Misstrauen in das Comite gesetzt und sich 
deshalb auf .eigene Faust ein gutes billiges Quartier besorgt 
halten, das den „Ring 4 "-Manövern des Herrn Cook entgangen war. 

Dann kam die Local frage. Nicht übel im Anfang, dieser 
Bretterbau in der Via Genova, leicht zu erreichen, mit Pferdebalm 
und Omnibus zugänglich und innerhalb des Mauerringes der Stadt 
gelegen, also schnell und billig auch mit einer Droschke aufzu- 
suehen. Aher in unerhörter Confusion wurde dieses Local, das 
jedem Congressmitgliede als das dauernde Stammquartier galt, 
naeh einigen Tagen gesclilossen, ohne Sinn und Verstand die Post 
gleichfalls verlegt, und nun begann die Völkerwanderung weit 
hinaus vor die Porta Pia, eine Fahrt von jedesmal einer halben 
Stunde und ebensoviel zurück, eine Fahrt von nicht .unter .drei 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



370 


DEUTSCHE MED1CINISOHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


Lire, und vor allem eine Fahrt, die unerlässlich für jeden war, 
der auch nur seine Briefe, geschweige denn seine Karten für die 
täglichen Veranstaltungen haben wollte! Das Conntö hatte vor¬ 
her die prahlerische Versprechung in die Welt posaunt, es wur e 
für eine Pferdebahnverbindung nach dem Policlinico gesorgt werden; 
aber diese an einem Tage herzustellende Verlängerung der Pferde¬ 
bahn durch die Via Nazionale ist nicht einmal begonnen worden. 
Die Congressisten, die sich im Vertrauen auf die Schwindeleien 
des Programms zum Beispiel ihre Briefe „der Einfachheit wegen 
nach dem Postbureau des Congresses hatten schicken lassen, sassen 
nun in der Falle, und in was für einer Falle! Denn cs handelte 
sich nicht allein darum, täglich nach dem Policlinico zu fahren, 
sondern dort angelangt, begann der Kampf, das Geraufe, das Hand¬ 
gemenge, um die Briefe aus dem von tausenden von Menschen 
umlagerten, primitiveu, schlecht bedienten Postbureau nach stunden¬ 
langem Warten zu bekommen. — oder auch nicht! Dass es zu 
den bedenklichsten Verwechselungen bei der Auslieferung der Briefe 
kam, versteht sich von selbst. 

Auch für eine „Wechselstube“ hatte das Comitü gesorgt; ach, 
es hatte ja so rührend für alles gesorgt. Die Wechselstube hat 
in den paar Tagen dem Speculanten, den das Comitö ohne die ge¬ 
ringste Ueberwachung, ohne irgend eine vorgeschriebene feste Norm 
zur Ausplünderung der Fremden eingesetzt hatte, viele tausend 
Franken unredlichen Gewinn gebracht. Es gab im Durchschnitt 
für 100 Mark 2 Lire Aveniger als man bei jedem Winkelwochsler 
in der Stadt bekam! Eine Räuberhöhle, nicht ein unter der Ver¬ 
antwortung des Comitß’s stehendes Wechselgeschäft! 

Und wie grossartig und vielversprechend sich zuerst das 
„Bureau“ in der Via Genova anliess! Da wurde man, nach der 
richtigen italienischen Art, die ohne unzählige Unterschriften und 
Stempeleien nun einmal nicht auskommen kann, beim Lösen der 
sogenannten Mitgliedskarte, nämlich jener Karte, die zu gar nichts 
berechtigte, gezwungen, einen ganzen Haufen von Formularen auszu¬ 
füllen mit Namen, Stand, Adresse, und dabei wurde einem mystisch 
versichert, das geschehe zur Bequemlichkeit der Tkeilnehmer, da¬ 
mit das väterlich sorgende Comitö ihnen allen die sämmtlichen 
Karten, über die es verfügte, bequem zustellen könne. Schwindel, 
nichts als SchAvindel! All jene Formularschmiererei hatte nicht 
den geringsten Zweck, es sei denn den, einer Anzahl unnützer Sub- 
jecte, die sich mit der Schmiererei zu schaffen machten, eine gute 
Bezahlung während einer Woche zu verschaffen. Keinem Theil- 
nehmer ist das geringste in die Wohnung geschickt worden; jeder 
musste täglich in den Männerkampf hinaus vor die Porta Pia, 
musste drängen und gedrängt Averden, und, um ganz sicher irgend 
etwas zu erreichen, raufen. 

Die reichste Quelle des Aergers war die völlig unverständ¬ 
liche, ganz verkehrte Einrichtung, dass nicht die Mitgliedskarte 
zugleich die Eintrittskarte für die gemeinsamen Zusammenkünfte 
bildete, sondern dass jeder Theilnehmer für jede einzelne Ver¬ 
anstaltung gezwungen war, vor’s Thor zu fahren, sich mit tausenden 
von ungeduldigen empörten Collegen zu drängen und zu zanken, 
um was? Um das, was auf allen Kongressen der Welt einem jeden 
Theilnehmer ganz von selbst zusteht, eben auf Grund seiner Mit¬ 
gliedskarte. Das Comitd hat sich zu entschuldigen versucht mit 
der albernen Ausrede: wie hätte man anders als durch Austheilung 
von besonderen Karten aus 7—8000 Menschen die Zahl derer aus- 
scheiden können, die nach Maassgabe der verfügbaren Räume zu¬ 
lässig waren? Als ob es nicht das einfachste von der Welt gewesen 
wäre, zu sagen: Alle haben zu allem Zutritt, und Avenn die Räume 
gefüllt sind, so werden sie geschlossen, und die spät Gekommenen 
bleiben draussen. Durch das anders beliebte Aussonderungsverfahren 
des römischen Comitö’s wurden die Theilnehmer des Congresses 
von vornherein in drei Gattungen getheilt: erstens in die, Avelche 
unter der Hand ohne jede Mühe jede beliebige Zahl von Karten 
erhielten. Das waren besonders die Herren Römer mitsammt ihren 
Damen. Sie waren überall dabei, waren überall in erster Reihe 
und fanden den Congress zweifellos ebenso bequem wie angenehm. 
— Zweitens in die, welche wirklich die Hälfte jedes Tages damit 
zubrachten, sich mit dem Comitö herumzuzanken und sich die 
Karten halb zu erprügeln, halb zu erbetteln. Ihre Zahl war, zur 
Ehre der medicinischen Welt sei es gesagt, keine sehr grosse. 
Endlich in die, welche gleich nach dem ersten Tage dem Congress 
endgültig den Rücken kehrten und trotz ihrer 25 Fr. für die Mit¬ 
gliedskarte vom Congress nicht das mindeste gesehen haben. Diese 
Gattung allein ist es, die sich Heiterkeit der Seele, Gesundheit 
aller Gliedmaassen und ungetrübte Genussfreudigkeit für die Herr¬ 
lichkeiten Roms bis zum Schlüsse bewahrt hat. Nach dem ersten 
Verblüffungsausbruch über die Art, wie man in Rom Congresse 
zu veranstalten beliebt, haben sie den berühmten englischen 
Weisheitsspruch angewendet: „Alle Dinge gewinnen durch eine 
gewisse Entfernung“, und haben neidlos zugesehen, wie das Comitö 


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und seine speciellen Freunde und Freundinnen sich wahrscheinlich 
ausgezeichnet amüsirt hat. Denn zum Glück blieb Rom immer 
Rom, und keine Trottelei und Nichtsnutzigkeit von Menschen ver¬ 
mochte den sonnigen Glanz, der alles vergoldete, zu trüben. 

Dazwischen passirten wiederholt solche Scherze, dass denen, 
die nach langem Ringen und Preiskämpfen für sich und die theure 
Gattin irgend ein Kärtchen erobert hatten, erklärt wurde, sie 
müssten ganz von vorn anfangen, die ausgegebenen Karten hätten 
sämmtlich annullirt werden müssen, weil — einige Packete Karten 
gestohlen oder gefälscht worden seien! Einmal hiess es sogar, 
irgend ein verrückter Verbrecher habe sogar die Mitgliedskarten 
gefälscht, und man werde nun wohl dazu schreiten müssen, auch 
den Umtausch dieser Karten zu fordern. Aber so verrückt war 
kein Fälscher, dass er die absolut Averthlosen und doch mit schönen 
25 Franken bezahlten Mitgliedskarten zu fälschen unternommen 
hätte. 

Als endlich der wüste Unfug, die sich täglich wiederholenden 
Raufereien vor den Schaltern, wo die Specialkarten nach Laune 
oder Gnade oder Gevatterschaft vergeben wurden, selbst dem 
Comitö, oder vielmehr den Sectionsvorständen, doch so einiger- 
maassen eines wissenschaftlichen Congresses so ziemlich erwachsener 
Männer als zu unwürdig schienen, verfiel das in solchen Dingen be- 
wunderswerth erfinderische Gehirn der Comitömitglieder auf folgenden 
Streich. Ihr habt euch bisher nur an einer Barre täglich gedrängt 
und gestossen; das ist schon etAvas, aber die Sache lässt sich noch 
malerischer gestalten. Wie wäre es, wenn man die Zahl der 
Kämpfer, die durch das widenvärtige Schauspiel sich von Tag zu 
Tage verminderte, jetzt dadurch wieder vermehrte, dass man die 
trügerische Hoffnung enveckte, die Karten könnten an mehreren 
Stellen ohne Lebensgefahr erlangt werden? Richtig, und so er¬ 
schien denn eine Bekanntmachung: von heute ab sind die Sections- 
vorstände damit betraut, die kostbaren Karten auszugeben. Natür¬ 
lich strömte nun alles in die Sectionssitzungen, nicht um die 
Vorträge zu hören, sondern um sich dort um die Karten zu raufen. 
Es gab noch immer einige wissensdurstige Seelen, die da glaubten, 
die Sectionen seien zur wissenschaftlichen Erörterung eingerichtet; 
aber sie wurden bald eines Besseren belehrt; die Sectionen dienten 
zur Kartenvertheilung, das heisst aus dem früheren einzigen Kampf¬ 
schauplatz waren nun neunzehn geworden, und beim Durchwandern 
der Hallen des Policlinico erscholl aus jedem Saal der männer¬ 
erfreuende Kampflärm dem sinnigen Correspondenten entgegen, der 
unter gänzlichem Verzicht auf irgendwelche Karten sein Vergnügen 
im Schlachtenbummeln suchte und fand. Dass sich kein Mensch 
im Corait6 um die Presse kümmerte, Aveder um die römische, noch 
um die fremde, natürlich auch nicht um die Avissenschaftliche Presse, 
versteht sich ganz von selbst. 

Eine sehr erhebende Kampfscene entspann sich jeden Tag um 
die Erlangung des von dem Comitö in seinem Programm vei- 
sprochenen „Führers durch Rom in Prachteinband“ von der Firma 
Luksch in Wien. Man hatte ja seinen Bädeker oder Meyer, aber 
selbstverständlich nahm man an, dass dieser eigens für den Kon¬ 
gress hergestellte allerneueste Führer nun auch die allerneuesten, 
richtigsten Angaben über die Besuchszeiten von Sammlungen un 
dergleichen enthalten würde, die in den doch mehr oder minder 
veralteten grösseren W r erken nicht mit solcher Genauigkeit ver¬ 
zeichnet sein konnten, —. und was war nun. dieser „Führei im 
Prachteinband“? Ein ganz elender Wisch, der mit 2 Soldi schon 
zu theuer bezahlt geAvesen Aväre, auch Avieder eine Speculan n- 
unternehmung, zu der (las Comitö sich helfend oder duldend ha 
missbrauchen lassen. Die Firma Luksch in Wien hatte sich m g 
liehst, viele Annoncen zu verschaffen gewusst und hatte dann ein 
paar Seiten fast durchweg falscher Angaben aus irgend eine ^ 
alten Reiseschmöker abgeschrieben. Dies Avar der Romführer, 
das Comitö den Congressmitgliedern als besonders glänzende ü es 
gäbe zu bieten wagte! Er war würdig der Erinnerungsmedai , 
eines plumpen Stückes Blech oder Blei, werthloser als das Papp 
schächtelchen, in dem sie einem überreicht wurde. 

Bisher verstand es sich für derartige Congresse von selbst, 
dass das sogenannte „Tageblatt“, das officielle Vermitt<dungsorg 
zAvischen Comitö und Mitgliedern, das sowohl zur Veröffentlic & 
der Protokolle über den wissenschaftlichen Theil des Gongresseb 
Avie zur Mittheilung alles sonstigen Wissenswerthen .unentbehr 
ist, unentgeltlich in Empfang genommen werden konnte. Ich 
noch niemals einem Congresse beigewohnt, auf dem es anders g 
handhabt worden wäre. Das römische Comitd hat auch in 
Beziehung eine originelle Neuerung eingeführt: wer das Giorna 
ufficiale del Congresso, das der Annoncen sehr T 16 * 6 ’ der • i. 
verlässigen Mittheilungen so gut wie gar keine brachte, 
während der Dauer des Congresses täglich verschaffen wollte, 
dafür abermals einen Franken opfern müssen; denn das ko 
hatte, Wie alle, so auch diese nothwendige Einrichtung einem 


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university of michigan 



19. April. 


triebsamen Speculanten zur Ausbeutung überlassen und der ver 
kaufte das Exemplar für 10 Centesimi, was ihm auch gar nicht 
Übel zu nehmen ist. 

Wenn man erwägt, dass das Comite nicht eine einzige Fest¬ 
lichkeit selbst und mit dem von ihm eingenommenen Gelde ver¬ 
anstaltet hat, dass entweder der Hof oder die Stadt Rom es 
waren, die die wirklichen Gastgeber spielten, so ist der Wunsch 
gerechtfertigt, einmal die Schlussabrechnung über die grossen 
vom Comitö vereinnahmten Summen und über die ihnen gegen¬ 
überstehenden Ausgaben zu sehen. Man beruhige sich aber- diese 
Abrechnung wird nie ein sterbliches Auge zu sehen bekommen¬ 
es wird wohl ebenso wenig abgerechnet werden, wie — ein 
amtlicher Bericht über den Congress erscheinen wird. Sollte er 
aber erscheinen, so sei schon jetzt davor gewarnt: ein Comit6 
das sich in allem übrigen mit solcher Ehre bedeckt hat, wird auch 
einen erstaunlichen Bericht zustande bringen. Und damit das 
Kopfschütteln und Fragen aufhöre: wozu in aller Welt mögen denn 
wohl die 25 Franken gedient haben, die man tausenden von Leuten 
dafür abnahm, dass sie sich an einem Congress betheiligen sollten 
der ihnen in der Mehrzahl unzugänglich blieb? theile ich jetzt 
schon mit, dass man sich beileibe nicht dem kindlichen Glauben 
hiügeben solle, für jene 25 Franken nun auch so eine Art von 
Recht auf die unentgeltliche Zusendung der Verhandlungen er¬ 
worben zu haben. Ach nein, dafür werden abermals 8 Franken 
extra verlangt. Seelig sind die, welche sie bezahlen werden denn 
sie gehören zu denen, die nicht alle werden! 

Im übrigen soll der Congress sehr schön gewesen sein; das 
Lomite wenigstens ist davon durchdrungen. Eine geistreiche Zei- 
tui^ aber in Rom fasst heute am Schluss des Congresses ihr Ur- 
theil dahin zusammen, dass sie hoffe, die Fremden würden nicht 
das römische oder gar das italienische Volk entgelten lassen, was 
einige unfähige Menschen verschuldet hätten. Nein, gewiss werden 
wir das nicht tliun. Wir wissen nach wie vor sehr wohl zu unter- 
ßcheiden zwischen, dem liebenswürdigen, freundlichen, selbst ge- 
müthhclien italienischen \ r olk und dem unglaublichen ComitA Es 
mag auch etwas Wahres in der Aeusserung einer anderen Zeitung 
stecken: die Römer verstehen überhaupt nichts zu organisiren 
am wenigsten festliche Veranstaltungen. Unter einem Fest ver- 

hÜhirfi- ? 1 as ./ iesige Ver gnügen, das entsteht, wenn jeder sich 
nac/i Möghchkeit zu amüsiren sucht, ungehindert durch andere. 

■ D™ ü n x Fe S H raus ’ dagegen verunglückten organisirte 
co f; e T ln "°? 1 f te ^ s - -Der Verfasser des betreffenden Artikels kennt 
!SL J 3 lsl . eute 1l b esse r als wir; aber so arg kann es unmöglich 
S™ dem ? Iangel an Organisationstalent in Rom. Nein, es 
hmin an d ere ^ : die Leitung des Congresses von vorn- 
eS Z und durch verfehlt, die Personen waren unge- 
nhhfUn Vf braucbte ^ckt zu sein. Für alle Theilnehmer, die 
Stadt ö-öd ^ ren Tr° st i 11 dem Genuss der zauberischen 

8 c ha W1 £ d . der medicinische Congress in Rom zu den 

Erinnerungen ihres Lebens gehören, und schwer- 
italiplfol S1 ° J® mals Wled er einem Congress beiwohnen, der auf 
wir ^ ä em T? 0den . stattfind et. Es ist nicht zu bezweifeln, dass 

»erden beriet™ können" 16 “" Behagen Über de “ nächsten ^ ess 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Jahrb. 


XL Oeffentliches Sanitätswesen. 

f. NatiönRl*^tr?7! llnai1 ? l S nne beliclien Kinder nnd ihr Schutz 

anonalökononne und Statistik III. Folge, VH. Bd. 

bekannten^eriinpf^ 8 / 116 T , heÜ der l ehr beachtenswerthen Arbeit des 
borenen unter es .’ die La S e der ^ehelich Ge- 

iestzustdlen ’R«7nf*i- 1 f. en ^bhckhch in Berhn bestehenden Verhältnissen 
Berbnln der fcÄ h Zahl der unehelichen Geburten nimmt 
«n. Dangen steht der deutschen Städte keinen ungünstigen Platz 
lieh Geborenen A r ^ •«*! Sterbli chkeitsverhältniss der unehe- 

eten Stufe der abstZvpn^ llCh c? e . bore ? en anlan ^ t ' fast auf der äusser- 
Dresden einnehmen ^ ala - deren obersten Platz Leipzig und 

Rinder am besten ’ on +’ .V 16 die Fürsorge für die unehelichen 

in Berlin in Wirksam^ 0 1 ,° r E ™. e ein g ebend e Schilderung der 

ausserehelich Gernn^Sf«it hefindhehen Einrichtungen zum Schutze der 
Maassnahmen beziehen den ,. zweit e n Theil der Darstellung. Solche 
Wochenbett der aussnnXar k’p di ? Schwan i? ersc baft, Entbindung und 
K mdes nach der SS h n h geschwängerten und auf die Pflege des 
? lr(i dadurch nicht vprdpd t ^ ÄIangel . e if er Fürsorge für Schwangere 
Ledigschwangere mit , kt ’ dass es m Berlin zwei Zufluchtsstätten für 
mustergültigen öffentlicher' 7 ° Pl ? tzen ^ ebt Von.den medicinisch 
derselben Öebrauch \ Gebäranstalten macht nur ein kleiner Theil 
»Icke handelt « lieh ® ancbe ® erstmals gefallene Mädchen -. und um 
& ^erwerthung ihrer ~ s ? e ¥ Sltt i icb nocb z u hoch, um nicht 

^ege der Kinder finrint • aa & er schaft zu Lehrzwpcken-zu scheuen. Die 
tatiön keinen ausreich darcb den Vater zu. leistenden Älimen- 

die Alimentationsklm*« ^ückhait, .weil das Vormundschaftsverfahren 
für die meistgefährdeterP1 UB J st J I1 diich und zeitraubend sind. Gerade, 
rucht. Für alle dieiemo-pn^u? Lebensmonate kommen sie moht ih Se- * 
^ n Mütter, welche das Kind aus socialen Gründen 


371 


® bSt ver 5? e f? n können, kommt also, da die öffentlichen und privaten 
; U ^f e + n ’ d {,° f bl j r be l f ® n könnten, nicht ausroichen, wesentlich dieHalte- 
Be . t f cb \ deren behördliche Beaufsichtigung mangelsgeeignet^ 
Organe unzulänglich ist. Für den Erkrankun^f-ilf fphit geeigneter 

geeigneten Anstaltehehandlung für die Kinderln den ereten LcbonsmOTate" 
Aus allen diesen Thatsachen abstrahirt der Verfasser im letzten Ah 

t C r/ 0rdC r gCn ,:. die cr ’ Theil in“nnng t te d"e A ta 
Leipzig getroffenen Einrichtungen, wie folgt, formulirt- S 

, , Dea Ledigschwangeren sollte eine Zufluchtsstätte offen stehen in 
welche diejenigen, die ihrer bedürfen, schon vor der Entbindung eintreten 

EntbtedunS so . llto m ög llcb st begünstigt werden, dass die ausserehelichen 
Entbindungen m Gebäranstalten stattfinden. Nach der Entlasmmo- «nii 
Mutter und Kind für den Fall der Noth eine vor.äTfige'untarwK“ 
Der Unverheirateten sollte es thunlichst erleichtert werden, ihr Kind 
?® c A, s f echs bl ® “ht Wochen zu Süllen — am besten durch eine Geld- 
Z ™, Stl "» n - . Flr ™e eheliche und uneheliche Kinder sollte 
zu einem billigen Preis gute Sänglmgsmilch - besonders in den Sommer- 
monaten — verabreicht werden. 

w8 J e fe ™ er wünschenswerte die Vormundschaftsverhältnisse so 
nn/ thÄ da « ^eheliche Kind m dem Vormunde einen rechtzeitigen 
und thatkräftigen Förderer seiner Interessen hätte; der Vormund hätte 
durch Heranziehung des ausserehelichen Vaters zur Alimentirung dem 
Kmde reichlichere Mittel zum Leben zu verschaffen und späterhin unter 
anderem für einen engen Familienanschluss Sorge zu tragen 
1,* ,.fJ rdi e. Hal tekinder wäre besser als bisher, und zwar durch eine be¬ 
hördliche Einrichtung, die in Abhängigkeit von der Armenverwaltung 
stände, zu sorgen. Sie müssen ärztlich und durch besoldete Pflegerinnen 
überwacht werden: es wäre ihnen armenärztliche Behandlung und freie 
Arzenei ohne weiteres zu gewähren. 

Die Ueberwachung durch einen angestellten Arzt und durch Pflege¬ 
rinnen hat sich auch auf diejenigen unehelichen Kinder zu erstrecken, 
weiche nicht m entgeltlicher Pflege sind, aber eine Säugungäbeihülfe oder 
öäuglmgsmilch erhalten. 

Die Möglichkeit, auch Säuglingen eine Krankenhausbehandlung zu 
gewähren, muss unbedingt vorhanden, sein. 

... Es könnten in der gleichen Anstalt vereinigt werden:’ 1) die Ab- 
thedung für kranke Säuglinge, 2) ein Asyl für vorübergehend obdachlose 
Kinder, 3) die Centralstelle für Ueberwachung der Haltekinder. 

XII. Therapeutische Mittheiluugen. 

Aus dem Städtischen Krankenhause Moabit, 
Abtheilung (chirurgische) des Herrn Professor Sonnenburg. 
Ein Kettensägenführer. 

Von Dr. Sarfert, Assistenzart. 

Das nebenstehend abgebildete Instrument wurde von Dr. Sarfert 
construirt zur Unterführung der Jeffray’schen Kettensfige unter abzu¬ 
setzende Knochenpartieen. Die Vortheile desselben bestehen darin, dass es 
a damit ausserordentlich 

bequem und rasch ge¬ 
lingt. die Kettensäge zu 
applicircn. im Gegensatz 
zu der bisher geübten 
umständlichen Methode 
mittels der Döchamp- 
schen mit einem Seiden¬ 
faden arinirten Umstech- 
ungsnadel (resp. des Fer- 
gusson, der Jeffray’schen 
Nadel oder der Bellocq- 
schen Röhre). Ausser¬ 
dem dient es dann, ohne 
abgenommen zu werden, 
zugleich als ein Hand¬ 
griff, und wird das so 
leicht eintretende unan¬ 
genehme Sichwerfen der 
»m« ' Kettensiige vermieden, 
da es gleichsam eine Verlängerung derselben in einen massiven Stab darstellt. 

Es ist am Platze in allen den Fällen, in denen auch sonst die Ketten* 
säge verwendet wird (Resectionen, u. a. auch Symphvseotoraie, falls die 
Symphyse synostosirt etc.), und hat sich in zahlreichen Fällen, in denen 
es bereits benützt wurde, als sehr brauchbar erwiesen. Es wird angefertigt 
bei Lutters Nachf. (Schmidt) Berlin N.. Ziegelstrasse No. 3. 

— R. Lepine, Dok avantages de Ja vole rectale ponr l’absorption 
de certain mldicameiits. (La Semaine mödieale, 12. April 1893). Con- 
damin empfiehlt, das Morphium nicht subcutan, sondern per rectum zu 
iiyiciren. Er bedient sich dazu einer von ihm angegebenen Spritze, mittels 
deren es gelingt, auch kleine Quantitäten in genauer Dosirung zu injiciren. 
L6pine empfiehlt nun, dieses Verfahren auch auf andere Arzneimittel 
auszudehnen, insbesondere auf solche, die vom Magen aus schlecht ver¬ 
tragen werden, wie Digitalis, Antipyrin, Jod und Bromkalium. Es soll 
damit keineswegs eine Beschleunigung der Absorption erzielt werden. 
Die letztere lässt sich sogar viel besser bei der Injection per rectum re- 
guliren, indem man die Flüssigkeit, wünscht man eine schnello Absorption, 
warm, wünscht man eine langsamere, kalt injicirt. Verfasser warnt jedoch 
davor, diese Injectionen auf alle Medicamente ausdehnen zu wollen; solche 
: Mittel z. B., die. in Wasser nur wenig löslich sind, werden nur unvoll¬ 
ständig absorbirt. Bei alten Leuten geschieht die Absorption langsamer 
als hei jungen Individuen. 



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372 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT 


No. 16 


XIII. Kleine Mitteilungen. 


_Berlin. In derSitzung desGeschäftsausschusses der Berlinei 

ärztlichen Standesvereine vom 13. April gelangte ein A ^t'vort¬ 
sehreiben des Magistrats zur Verlesung, welches derselbe aufeme >.oi 
mehreren Monaten an ihn gerichtete Eingabe der Hygiene-Commissioni des;Ge- 
sehäftsausschusses erlassen hat. Letztere hatte den V unsch ausge: 
da^s zur Beschaffung billiger stenlisirter Milch in den Sommei 
monaten für die Säuglinge armer Familien 5° 000 Mark bewilligt würden. 
Magistrat lehnt es ab, darauf einzugehen, da sich die städtische Arme 
depuitation augenblicklich mit der Frage der Beschaffung guter stenhairter 
Milch sowohl für Säuglinge als auch für kranke . Er "' ach sene ^schüft . 
Bezüglich der Verhandlungen, welche der \ er ein der Hulfskasse 
ärzte mit dem Vorstande der freien Ilülfskassen über den neuen \ erüag 
gepflogen hat, wurde allseitig die Meinung kundgegeben, dass <lie be¬ 
treffenden Aerzte, falls die Berichte, welche darüber ®? t ed Ä® h n e 

als auch in politische Zeitungen gelangt sind, auf V ahrheit• 
sich cremen die Würde des ärztlichen Standes vergangen hatten. Nicht 
Sowohl der Vertrag selbst wurde bemängelt, als rie mehr d,e Art und 
Weise, in welcher derselbe zustande gekommen ist. Um diese An 
gelegenheit, welche die Aerzteschaft Berlins lange und e . 1 ^ e en ‘ 
schäftigt hat, völlig aufzuklären und zu einem gerechten Abschlüsse zu 
bringen, wurde einstimmig beschlossen, dieselbe dem gemeinsamen Ehren¬ 
rath zur Aburteilung zu übergeben. Am 18. März er. hatte der Vor- 
stand des Geschäftsausschusses einen Brief an den V er ein ü er Ver¬ 
trauensärzte der Berufsgenossenschaften gerichtet, in welchem 
er letzteren ersuchte, durch gemeinsame Berathungen zu überlegen, wie 
am besten Zwistigkeiten zwischen den behandelnden und den v ertrauens- 
ärzten vermieden werden könnten. Als Antwort hierauf wurde m itge- 
theilt, dass der Verein ter Vertrauensärzte einstimmig beschlossen habe, 
an den Normen festzuhalten, welche er im Februar festgesetzt und dem 
Geschäftsausschuss mitgetheilt habe. Da diese in vielen Beziehungen 
nicht den Ansichten entsprechen, welche bei den Verhandlungen über 
diese wichtige Frage im Geschäftsausschuss zur Geltung gekommen 
sind so wurde bestimmt, dass eine Besprechung über die Antwort des 
Vereins der Vertrauensärzte auf die nächste Tagesordnung gesetzt werden 
soll. Die Berathung über die Veröffentlichung der \ erhandlungen des 
Geschäftsausschusses und der Standesvereine beziehungsweise über die 
Gründling eines eigenen Blattes des Geschäftsausschusses gelangte 
trotz sehr lebhafter und eingehender Verhandlungen noch nicht zum Ab¬ 
schluss. Es soll eine nochmalige Berathung hierüber in den einzelnen 
Standesveroinen stattfinden. Bereits im Jahre 1891 hatte der damalige 
Centralausschuss auf Antrag des Westvereins beschlossen, bei dem 
Polizeipräsidium dahin vorstellig zu werden, dass den Aerzten rassir- 
s cheine ausgestellt würden, damit sie bei Strassenabsperrungen, wie 
sie bei grossen militärischen Schauspielen, allerhöchsten Besuchen u. s^w. 
Vorkommen, in der Ausübung ihres Berufes nicht gehindert würden. Die 
Beseitigung solcher Behinderung liegt noch weit mehr im allgemeinen 
Interesse als in dem der Aerzte, und daher ist zu erhoffen, dass dieser 
Wunsch in Erfüllung gehen wird. Merkwürdiger Weise ist über das 
endgültige Schicksal genannten Antrages nichts bekannt geworden, woher 
jetzt auf Antrag des Nordclubs eine erneute Eingabe um Ausstellung von 
Passirscheinen an das Polizeipräsidium beschlossen wurde. Schliess¬ 
lich gelangten die Thesen zur Verhandlung, welche die Commission des 
Aerztevereinsbundes bezüglich des Verhältnisses der Aerzte zu 
den Lebensversicherungsgesellschaften aufgestellt hat (cf. No. 15 
dieses Blattes pag. 347). Wegen der vorgerückten Zeit konnte nur die 
erste derselben, welche von der Anstellung der "V ertrauensärzte handelt, 
zur Berathung kommen. Es wurde beschlossen, dass die Vertrauensärzte 
nur Seitens der Direction und durch einen schriftlichen Vertrag angestellt 
werden sollen, dass ferner die angestellten Vertrauensärzte möglichst 
gleichmässig beschäftigt werden, dass die Lösung des vertrauensärztlichen 
Verhältnisses nur durch schriftliche vierteljährliche Kündigung erfolge, 
dass die Vertrauensärzte von einem Wechsel oder einer Nebenanstellung 
vorher benachrichtigt werden. Endlich sprach sich der Geschäftsaus¬ 
schuss. wie auch der Referent in No. 15, für die Streichung der Be¬ 
stimmung aus, wonach möglichst nur Mitglieder von Standesvereinen zu 
Vertrauensärzten ernannt werden sollen. 


— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 16. April 
demonstrirte Herr Kl e mp er er zugleich im Namen des Herrn Leon 
Lilienfeld einen aus den Kernen des Darmepithels dargestellten sauer 
reagirenden neuen Körper, welchen die Entdecker Darmnudein nennen. 
Er beleuchtet den Werth dieses Fundes für die Immunität bei Cholera 
asiatica. Sodann demonstrirte Herr Lazarus einen Fall von Aneurysma 
der Aorta descendens mitUsur des Wirbelkörpers. Herr Lohnstein hielt 
schliesslich den angekündigten Vortrag: Ueber die neueren Methoden 
der Urethroskopie. 

— Dresden. Der Prosector am Stadtkrankenhause Professor Dr. 
Xeolsen ist gestorben. 

— Heringsdorf. Der durch seine langjährige Thätigkeit als Bade¬ 
arzt in Norderney bekannte Geheime Sanitätsrath Dr. Fromm ist in die 
Badedirection des Ostseebades Heringsdorf eingetreten und wird von diesem 
Sommer an daselbst prakticiren. 

— Wien. Mit der 66, Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte, welche Ende September 1894 in Wien stattfindet, wird eine 
Ausstellung von Gegenständen aus allen Gebieten der Naturwissen¬ 
schaften und der Medicin verbunden sein. Anmeldungen sind bis zum 
20. Juni an das Ausstellungscomite der Naturforscherversammlung, Wien, ( 
I. Universität, zu richten, von welchem die Anmeldungsscheine, Aus¬ 
stellungsbestimmungen und alle Auskünfte zu erhalten sind. 


- London. Dr. Henry Smith, einer der horvorragendsten 
Operateure Londons, Schüler von Sir Wm. Fergusson ist gestorben 
0pt _ Universitäten. Leipzig Prof. Ir. Eschenchm Graz ist 
als Nachfolger Heubner’s nach Leipzig berufen. - Zur ch Dr. 

A. Schaper, Assistent der anatomischen Anstalt, hat sich als Privat- 
docent für Anatomie liahilitirt. 

XIV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Specielle 
Pathologie und Therapie, herausgegeben von Hofrath Professor Dr. 

H Nothnagel, I. Bd.: Die Vergiftungen, von Prof. Dr. R. v. Jaksch. 

2 Heft. Wien, Alfred Hölder, 1894. . . , , tr . , 

Bibliothek der gesammten medicinischen Wissenschaften. 
Herausgegeben von Hofrath Professor Dr. A. Dräsche m Wien. I. Ab¬ 
theilung: Interne Medicin und Kinderkrankheiten, 15. Heft; II. Ahtheilung: 
Pharmakologie und Toxikologie, 11. und 12. Heft. Wien und Leipzig, 

MaX Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. R. Tho^a, 
Lehrbuch der pathologischen Anatomie. I. Theil: Allgemeine pathologische 
Anatomie mit Berücksichtigung der allgemeinen Pathologie. 742 b. 

S tUtt Anthropologie. Georg Klebs, .V eb ® r d . as Verhältnis des 
männlichen und weiblichen Geschlechts m der Natur. 30 S., 
0,80 M. Jena, Gustav Fischer, 1894. 

Chirurgie. C. Langenbuch, Chirurgie der Leber und Gallen¬ 
blase. I. Theil. Deutsche Chirurgie, Lieferung 45c, 1. Heft, ölo b. 
Stuttgart, Ferd. Enke, 1894. . , r . 

Hautkrankheiten und Syphilis. Alfred Fourmer. Vorlesungen 
über Syphilis hereditaria tarda. Bearbeitet von Dr. Karl Körbl 
und Dr Max v. Zeissl. 1. Lieferung. Leipzig und Wien, Franz 

Deuticke. 1894. , v , 

E. Lang, Ueber Vorbauung der venerischen Krankheiten. 
Wiener Klinik 1894, 1. Heft. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1894. 

Hygiene nnd Sanitätswesen. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene. 
VI Bd 1. Heft: Markthallen, Schlachthöfe und Viehmärkte, vonRegierungs- 
baumeister G. Osthoff; VI. Bd., 2. Heft: Volks- imd Hausb&der, von 
Stadtbauinspector Th. Schultze und: Die Sicherheit in Theatern und 
in grösseren Versammlungsräumen, von Prof. Fr. W. Büsing. Jena, 
Gust. Fischer, 1894. . . 

Th. Weyl, Die Einwirkung hygienischer Werke aut aie 
Gesundheit der Städte mit besonderer Rücksicht auf Berlin. 

70 S., 2,00 M. Jena. Gustav Fischer, 1893. 

R Sendtner, Das Grundwasser in den einzelnen btaai- 
theilen Münchens. 244 S. 12 M. München, M. Rieger’sche Um- 
vorsitätsbuchhandlung, 1894. T 

Infectionskrankheiten. Behring, Die Bekämpfung der In- 
fectionskrankheiten. Hygienischer Theil, von Obermgenieur Brix, 
Prof. Dr. Pfuhl und Hafenarzt Dr. Nocht. 493 S. Leipzig, Georg 
Thieme, 1894. . 

A. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand der baciliaren 
Cholerafrage und über diesbezügliche Selbstinfectionsver- 
suche. 70 S. Wien, Moritz Perles. 1894. 

Innere Medicin. Thorner, Zur Behandlung der ' 

tuberculose mittels Koch’scher Injeetionen. 36 S. 1 M. Be , 

S. Karger, 1894. . 

H. Vehsemeyer, Die Behandlung der Leukämie. 40b. 
Berlin, S. Karger, 1894. v 1a _ 

Klimatologie un« Balneologie. P. Dengler, Der aaIL sc " 
sische Bädertag. Nebst dem medicinischen. dem statistiscnen vt- 
waltungs- und dem 'Witterungsberichte für die Saison 189o. ’ 

Commissions-Verlag der L. Schirmer’schen Buchhandlung, 189*-. 

Krankenpflege. II. Jahresbericht des Ver eins zur Erricnt g 
und Erhaltung einer klimatischen Heilanstalt für Brustkra 
in Wien für das Jahr 1893. 16 S. Wien, Selbstverlag des Vereins, 
Militarmedieinal wesen. Schumburg, Die C bo 4 ler * e 

kungen in der Armee 1892—1898 und die gegen die 
und zur Verhütung der Cholera in der Armee gßtrot 
Maassnahmen. Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Min 
sanitätswesens, herausgegeben von der Medicinalabthcilung des Jvonig 
Preussischen Kriegsministeriums. Heft 8. 54 S. Berlin, Aug. nirs 

Wald, 1894. ._, T er 

Pharmakologie. Therapeutisches Jahrbuch. IV. Janrg ->• 
Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. . • 

Bocquillon-Limousin, Formulaire des medicament 
veaux et des mddications nouvelles pour 1894. 314 o. » 
I.B. Bailltere et Fils, 1894. „ . 

Psychiatrie und Neurologie, v. Schrenck-Notzing. Ein 
trag zur psychischen und suggestiven Behandlung 
Neurasthenie. v 48 S. Berlin, Hermann Brieger, 1894. ~ « fir 

Buschan, Die Basedow’sche Krankheit. Von d er n 

Hufelandgesellschaft preisgekrönte Arbeit. 184 S. Leipzig und 
Franz Deuticke, 1894. , , , 

Leopold Hirschberg, Ueber die Basedow sehe Kranküei * 
Historisch-kritische Studie. Wiener Klinik, 1894, 2. und 3. Heft. - . • 
Urban & Schwarzenberg, 1894. ' , . U ' 

Standesaugelegenkelten. XXVIH. Rechenschaftsberic 
Vereins zur Unterstützung invalider hilfsbedürftiger 
in Bayern für 1893. Nürnberg, 1894. __ 


Gedrückt bei Julias Sittenfeld in Berlin W. 


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Donnerstag 


^ 17 . 


26. April 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet Ton Dr. Pani Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. 

Llchtenst«Inallee 8. Potsdamerstr. 116. 


— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 81 . 


I Aus d er chirurgischen Klinik der Charite in Berlin. 

Ueber die frühzeitige Bewegung gebrochener 
Gheder, mit besonderer Rücksicht auf die 
untere Extremität 1 ). 

Von Geheimrath v. Bardeleben. 

Es sind mehrere Monate vergangen, seit ich unserem ver- 
einten Vorsitzenden meine Bereitwilligkeit erklärte, auf diesem 
Ungress eme Discussion „Ueber die frühzeitige Bewegung 
gebrochener Glieder, mit besonderer Rücksicht auf die 
untere Extremität“ durch einen Vortrag einzuleiten 

Jr ,i m ., sind . ü , be !' diesea Gegenstand so viele Veräffentliehun- 
erfolgt dass ich Ihre Geduld auf eine harte Probe stellen und 
ur die Mehrzahl memer hochgeehrten Herren Collegen Bekanntes 
mederholen wurde, wenn ich die bezügliche Litteratur Ihnen auch 
.. m' to e( ^ r ^ n oter Kürze vorführen wollte. Andererseits scheint 
fm..L! ngemeS , S . en ’ dass eine Tagesfrage, welche so allgemeines 
fitem» Se e ™ ec bt ’ auf unserem Congress nicht mit Stillschweigen 
tefnS^w * erde ’ UDd lcb boffe > dem Vorwurf, dass ich mich un- 
hS B .^ e,Se - 7 rge ?' ängt habe ' zu «“‘gehen, wenn ich darauf 
rnweisc, dass ich während eines halben Jahrhunderts Gelegenheit 

tem,i.I aS ? Ung „£ ebabt babe - der Behandlung von Knochen- 
und das- m et« a 8000 Fällen meine Aufmerksamkeit zu widmen, 
unteren let ^ e “, Handlungen der Methode, Brüche der 
letzte an’s X n e « ltät . ZUr Hel un ? zu bringen, ohne dass der Ver- 
Aucen nnd i t gefcssel ‘ wird - a nf meiner Klinik, unter meinen 
Augen und nicht ganz ohne meine Theilnahme sich vollzogen haben 
letzten % chirurgischen Klinik der Charite sind während der 
Charite a!« 5 I J zeIl n Jahre, über welche gedruckte Berichte in dei 
kommen nie ? V T lle t gen ’ 4058 Knochenbrüche zur Behandlung ge 
vier Wes! durchschnittlich 238 im Jahre. Im Laufe der letztei 
U 6 ^ Brüche d r . (V 0 n .° 8 te™ 1892 , bis 1- April 1894) sind daselbsi 
und geheilt worden 11 * 6 ™ 11 ® xbreDl1 *®* mlt Gehverbänden beiiandelt 

bänderten V f? ucbe ’ Unterschenkelbrüche mit Gehver- 
Korsch h t^ de1 ^’ - ha ^ im Sommer 1891 Herr Stabsarzt Dr 
Beh^dlunf ^. P Seit Ostern 1892 ist bei diesen Brüchen die 
In den Berhi t • ^ eb verbänden allgemein durchgeführt worden 
34 1892 / 93 UDd 1893/94 sind behandelt worden: 

ein Bruch eom^p 1 ic^rt 16 ' darunter ^ 3 Hrtiche beider Knöchel, wovon 

16 Brüch^ heinfr Un ^f re ? drittel des Unterschenkels, darunter 
18 BrürhA "^jscbenkelknochen, von denen 5 complicirt waren, 
des Ünterschftnhpuf a * en , z ~ des mitt leren und unteren Drittels 
Wochen stbrnoitl' daruntei ; 16 Fäl H in denen beide Unterschenkel- 

12 Bn-ih h - Waren ’ davon ehl Fali offen - 

Drittel) danint o m d ? r des Unterschenkels (im mittleren 

bei einem dill iÄS® so ^ enannte Flötenschnabelbrüche. Nur 
F äUen handebf Q 12 war die ™isi allein gebrochen. In 5 

dl® Tibia zweimal 8 ® IC \ um °. ffeüe Fractur. In einem Falle war 
des Oberschenkel e l nma l bestand gleichzeitig ein Bruch 

4 Brüche k an\i Un n deS 0berarms derselben Seite. 

Fnterschenkek \j, er • ren . ze des mittleren und oberen Drittels des 
gebrochen. ln emem dieser Fälle war die Tibia allein 

gresses am dritten Tage des XXIII. Con- 

scüen Gesellschaft für Chirurgie. 


TT . 4 ? r K ; ‘" lm oberel1 Drittel. Bei 3 dieser Fälle waren beide 
Uiterschenkelknochen, bei einem nur das Schienbein gebrochen. 

Es sind demnach im ganzen 89 Fälle von Brüchen des Unter¬ 
schenkels mit Gehverbänden behandelt und geheilt worden, unter 
denen sich 12 complicirte Brüche befanden. 

Die Behandlung von Oberschenkelbrüchen mit Geh ver¬ 
banden wurde auf meiner Klinik im Sommersemester 1892 von 
Herrn Stabsarzt Dr. Kor sch begonnen. Es sind seitdem behandelt 
und geheilt worden: 

i 1 Bi uch im unteren Drittel und 3 diesem gleichwerthige 
j Osteotomieen: 1 nach Macewen, 2 nach Ogston; letztere sind noch 
m der Klinik anwesend. 

, 5 ßHiche an der Grenze des mittleren und unteren Drittels 

darunter ein offener Bruch. 

4 Brüche in der Mitte des Oberschenkels, 
j 5 Brüche an der Grenze des mittleren und oberen Drittels, 
j 2 Brüche dicht unter dem kleinen Trochanter. 

2 Schenkelhalsbrüche. 

Im Ganzen also 22 Brüche des Oberschenkels, darunter, wenn 
wir die Oesteotomieen hinzuzählen, 5 oflene. 

Die Behandlung der Patellarbrüche mit Gehverbänden ist im 
Sommer 1893 begonnen worden. Bisher sind 5 Kranke in dieser 
Weise behandelt und geheilt. 

Dies ergiebt also 116 Patienten mit Brüchen der unteren 
Gliedmaassen. Hierzu kommen noch 7 Fälle aus dem Berichts¬ 
jahre 1891/92, in welchem jedoch die ambulante Behandlung noch 
nicht bei allen Fracturen der unteren Extremität durchgeführt wurde. 

Ich glaube auf Grund dieses Beobachtungsmaterials in der 
Lage zu sein, mir ein praktiscli begründetes Urtheil bilden zu 
können. Auf die Technik der Methode will ich nicht eingehen, da 
ich voraussetzen darf, dass dieselbe von den Herren, welche sich 
um die Verbesserung derselben besondere Verdienste erworben 
haben, erläutert werden wird. Praktische Demonstrationen soUen 
morgen früh vor unserer Sitzung in meiner Klinik stattfinden. 

Zwei Fragen möchte ich in der nachfolgenden Discussion be¬ 
sonders berücksichtigt sehen: 

1. Welche Vortheile gewährt die frühzeitige Be¬ 
wegung gebrochener Glieder, namentlich also das Um¬ 
hergehen auf zerbrochenen Beinen, wenige Tage nach 
der Verletzung? und 

2. Welche Gefahren sind mit solchen frühzeitigen 
Bewegungen verbunden? 

Bis vor wenigen Jahren war der Grundsatz allgemein aner¬ 
kannt und wurde allgemein befolgt, dass man zerbrochene Glieder 
bis zur Heilung des Bruches in möglichst vollständiger Unbeweg¬ 
lichkeit erhalten solle. Selbst Seutin, der Erfinder des Kleister¬ 
verbandes, hat daran festgehalten; seine Patienten trugen das ge¬ 
schädigte Bein in einer besonderen Schlinge. Einer seiner be¬ 
geisterten Lobredner hat zwar behauptet, die Vorzüge der neuen 
Methode seien so gross, dass man dieselben, nämlich die Inamo- 
vibilitö, die Amovibilitö und die Döambulation, mit der heiligen 
Dreieinigkeit vergleichen müsse; aber diese Döambulation hat 
niemals in einem wirklichen Auftreten mit dem zerbrochenen Bein 
bestanden. Ebenso wenig hat Astley Cooper, als er, viel früher 
schon und in ganz anderer Absicht den Rath gab, bei Brüchen des 
Schenkelhalses das Bein bewegen zu lassen, daran gedacht, dass 
mit demselben aufgetreten werden sollte. 

Jedoch hatte man gelegentlich Erfahrungen genug bei Brüchen 
der Kiefer, des Schlüsselbeines und manchen Fracturen der oberen 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


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Extremität gemacht, welche zeigten, dass keine absolute Unbeweg¬ 
lichkeit zur Heilung erforderlich sei. Der Vorschlag Cooper’s, 
hei verzögerter Callusbildung die Patienten mit dom verletzten 
Bein auftreten zu lassen, um eine lebhaftere Knochenneubildung 
hervorzurufen, lässt deutlich erkennen, dass man in einem solchen 
Unternehmen, freilich in einem viel späteren Stadium der Be¬ 
handlung, kein besonderes Wagniss erblickte. Häufiger, als es der 
Arzt erfuhr, mag es auch seit Einführung des Gypsverbandes vor- 
gekommen sein, dass der Patient auf eigene Gefahr schon in der 
ersten Woche nach der Fractur in seinem Gypsstiefel herumgehinkt 
ist. Es ist mir noch lebhaft in der Erinnerung, wie ich selbst vor 
mehr als 30 Jahren, als ich einen Knöchelbruch mit Luxation des 
Fusses erlitten hatte, schon am ersten Tage umhergegangen bin 
und weiterhin eigentlich nie dauernd stillgelegen habe. Aber ein 
solches Verfahren zu einer allgemein anzuwendenden Methode zu 
erheben, hat man erst in den letzten Jahren unternommen. Und 
doch sind die Vortheile so überaus grosse. Ich sehe ab von den 
grossen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten, welche dem 
Patienten in Betreff der Befriedigung seiner körperlichen Bedürf¬ 
nisse, in Betreff seiner Erwerbs- und Berufstätigkeit und in seinem 
Familienleben durch die Freiheit der Ortsbewegung gewährt 
werden. Ich will nur das hervorheben, was speciell den Arzt 
interessirt. 

Dass ein Patient, der nicht mehr zu liegen braucht, als er 
mag, sich nicht durchliegt, ist klar. Dass die Muskeln, welche 
täglich geübt werden, nicht schwinden, ist selbstverständlich. Aber 
der günstige Einfluss, welchen die Bewegung auf die Ernährung 
des Gliedes ausübt, geht noch weiter: der zerbrochene Knochen 
heilt in dem Gehverbande nicht bloss ebenso schnell, sondern 
schneller als bei andauernder Ruhe. Und der ganze Organismus 
empfindet diesen günstigen Einfluss: Appetit, Verdauung und Schlaf 
verhalten sich wie bei einem gesunden Menschen. 

Von besonderer Bedeutung ist der Ausschluss des absoluten 
Stillliegens für zwei Gruppen von Verletzten: für alte Leute und 
für Säufer. Erstere haben keine Verschlimmerung des meist schon 
bestehenden, chronischen Bronchialkatarrhs, keine hypostatische 
Pneumonie zu befürchten; im Gegentheil, mancher alte Katarrh 
schwindet bei ambulanter Behandlung während des Aufenthaltes 
im Krankenhause. Der Potator aber scheint, wenn er sich täglich 
Bewegung machen kann, der Gefahr des Delirium tremens regel¬ 
mässig zu entgehen. Dies Uebel ist in meinen Sälen bei nur 
irgend erheblich verletzten Männern so überaus häufig, dass es 
kein blosser Zufall sein kann, wenn ich es bei den mit Gehver¬ 
bänden behandelten Beinbrüchigen bisher noch nicht ein einziges 
Mal habe auftreten sehen. 

Endlich darf ich nicht unerwähnt lassen, dass die Verletzten 
beiderlei Geschlechts selbst sehr schnell die Vorzüge der neuen 
Methode schätzen lernen. Kein einziger ist auf meiner Klinik ge- 
nöthigt worden, gegen seinen Willen Gehversuche zu machen. 
Findet sich in dem Saale bereits Einer, der mit seinem zer¬ 
brochenen Beine umherläuft, so wollen Alle frisch hinzugekommenen 
es ihm nachmachen oder gar zuvorthun. Nur wo zufällig einmal 
ein solcher Führer nicht vorhanden war, bedurfte es bei Aengst- 
lichen einiges Zuredens für den ersten Versuch. Selbstverständlich 
wird hierbei immer vorausgesetzt, dass der Verband seine Schuldig¬ 
keit thut: bei Brüchen des Oberschenkels muss er am Tuber ischii, 
bei Unterschenkelbrüchen an den Condylen der Tibia seine Haupt¬ 
stütze finden, bei letzteren, wenn sie hochsitzen, auch das untere 
Drittel des Oberschenkels umfassen. 

Ich wende mich zu der zweiten Frage: Welche Gefahren 
birgt die neue Methode? Hier sei vor Allem bemerkt, dass 
der Gehverband nicht etwa ein Faullenzer in der Chirurgie werden 
soll, wie Stromeyer bekanntlich den Gypsverband nannte. Er 
bedarf sorgfältiger Ueberwachung, wie jeder Verband, vielleicht 
noch mehr als mancher andere. 

„Schwillt denn der Fuss nicht gewaltig an, wenn die Ver¬ 
letzten in solchem Verbände umhergehen?“ 

Das ist die Frage, die mir von Collegen, welche die neue 
Behandlungsweise in meiner Klinik kennen lernen wollten, immer 
wieder vorgelegt worden ist. Ich kann darauf, nach den bisherigen 
Erfahrungen, nur „nein antworten. Legt man den Verband an 
bevor noch eine erhebliche Anschwellung sich gebildet hat, so ent¬ 
steht eine solche in der Regel auch nicht, selbst wenn man schon 
am nächsten Tage Gehversuche machen lässt. Vorsichtiger ist es 
•? 7 b I-n ZUm dritten oder vierten Tage zu warten, obgleich wir 
üble Zufälle nach den frühzeitigen Versuchen nicht gesehen haben. 
Ist die Geschwulst bereits erheblich, bevor man den Verband an- 
legen konnte, so kommt man gewöhnlich in die Lage, denselben 
bald erneuern zu müssen, nicht weil die Anschwellung stiege, son¬ 
dern weil sie, wie bei der Behandlung in ruhiger Lage, allmählich 
sinkt und der Verband also zu weit wird. Es ist aber während 
der ganzen Behaudlungszeit wenigstens bei den Gvps- und bei den 


Gypsleimverbänden, w r ünschenswerth, dass der Verband genau an- 
licge. Nothwendig ist es nicht immer; denn auch diese Verbände 
wirken nicht bloss durch gleiehmässiges Umfassen und Um- 
schliessen der Extremität, sondern ebenso sehr und oft ausschliess¬ 
lich (z. B. bei hohen Oberschenkel- und bei Schenkelhalsbrüchen) 
durch Extension, indem sie sich an alle Vorsprünge und Ver¬ 
tiefungen am oberen und unteren Ende des geschädigten Extremi¬ 
tätenabschnittes genau anschmiegen. Jedenfalls wird man während 
der ganzen Heilungsfrist einerseits die Klagen der Patienten über 
irgend welchen localen Druck und andererseits den Zustand der 
absichtlich vom Verband freigelassenen Zehen zu berücksichtigen 
haben und lieber zehnmal zu oft, als einmal zu wenig, Verband¬ 
wechsel und Revision des verletzten Gliedes vornehmen. 

Es scheint mir hier, wo wir von den Gefahren der neuen 
Methode reden, der Ort zu sein, die Behandlung der eom- 
plicirten, d. h. offenen Fracturen, mit Gehverbänden 
besonders zu erörtern. Wir alle wissen, dass die complicirten 
Brüche nicht blos von Alters her als ein Prüfstein chirurgischer 
Leistungsfähigkeit angesehen worden sind, sondern auch noch 
nach der Einführung der antiseptischen Methode hohe Anforderun¬ 
gen an die Sorgfalt und Geschicklichkeit des Arztes stellen. 
Selbstverständlich darf durch die Anwendung von Gehverbänden 
die Sorge für den aseptischen Zustand der Verletzung keinen 
Augenblick in den Hintergrund gedrängt werden. Wird diese 
Vorsicht streng beachtet, so vermag ich, nach den bisherigen Er¬ 
fahrungen, in der That nicht einzusehen, dass bei der ambulanten 
Behandlung eomplicirter Fracturen besondere Gefahren zu erwarten 
sein sollten. Meine Erfahrungen beziehen sich freilich erst auf 
16 Fälle, -wenn ich die drei Osteotomieen am Oberschenkel mit 
einrechne. Von diesen betrafen 12 den Unterschenkel; einmal 
war die Tibia an zwei Stellen gebrochen, doch nur die eine Bruch¬ 
stelle offen. Sicherlich giebt es viele complicirte Fracturen, bei 
denen man eher an die Amputation, als an den Gehverband denken 
wird. Aber die Mehrzahl sind doch solche, bei denen, wenn der 
Verlauf in den ersten Tagen die Ueberzeugung gefestigt hat, dass 
Wundinfection ausgeschlossen sei, der Versuch gemacht werden 
darf, den Patienten mit einem Gehverbande auf die Beine zu 
bringen. Mag er dann nicht gehen, oder stellen sich dabei irgend 
welche Uebelstände heraus, so hindert nichts, dass er mit dem 
Gehverbande auch dauernd im Bett liege. Ein Schaden wird ihm 
daraus, wenn der Verband gut gemacht ist, sicherlich nicht er¬ 
wachsen; nur geht er der Eingangs erwähnten Vortheile ver¬ 
lustig. 

Das, hoffe ich, wird überhaupt das Ergebniss unserer heutigen 
Verhandlung sein: „es ist von grossem Vortheil für die Ver¬ 
letzten, wenn man sie mit solchen Verbänden versieht, 
welche ihnen gestatten, schon nach wenigen Tagen mit 
dem zerbrochenen Bein aufzustehen, aufzutreten und um¬ 
herzugehen; aber diese Behandlungsweise darf nur unter 
ärztlicher Aufsicht und mit sorgfältiger Berücksichtigung 
aller vorhandenen oder hinzutretenden Complicationeu 
eingeleitet und durchgeführt werden“. 

II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen 

Ueber die Ausgänge der tuberkulösen Coxitis 
bei conservativer Behandlung. 1 ) 

Von Prof. Dr. P. Brnns. 

Ich habe in Gemeinschaft mit meinem Assistenzarzt Herrn 
Dr. Wagner den Versuch gemacht, das Material der Tübinger 
Klinik, das seit 40 Jahren in sorgfältig geführten Krankengeschichten 
gesammelt ist, zu einer möglichst zuverlässigen Statistik der tuber¬ 
kulösen Coxitis zu verwerthen. Die Bevölkerung auf dem Lande 
und in den kleinen Städten Württemberg^ ist recht sesshaft, und 
es gelingt deshalb mit Hülfe der Behörden meistens, die früheren 
Kranken der Klinik zu ermitteln. Die Nachforschungen haben sich 
zu einer umfassenden Enquöte über sämmtliche Coxitis- 
kranke der Klinik aus einem Zeitraum von 40 Jahren, 
d. h. über 600 Fälle ausgestaltet. Dadurch, dass sowohl die 
ambulatorisch als die stationär Behandelten einbegriffen wurden, 
sollte die Gesammtheit der leichten und schweren Formen von 
Coxitis zusammengefasst werden, wie sie in einem grossen Bezirk 
und während eines langen Zeitraumes Vorkommen. Der wichtigste 
Erfolg unserer Bemühungen war der, dass die Mehrzahl der 
Ueberlebenden, über 200 Personen, sich zur Nachunter¬ 
suchung gestellt haben. Ueber die anderen sind mittels Frage¬ 
bogen Nachrichten eingezogen, wobei uns vielfach die Unterstützung 
von Collegen zu Theil wurde. 

*) Nach dem einleitenden Vortrag, gehalten am ersten Tage des 
XXIII. Consresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (iS. his 
21. April 1894). 


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6. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Dio zahlreichen Nachuntersuchungen boten für mich ein 
geradezu spannendes Interesse. Sie erwiesen sich als unerlässlich 
um die zum Theil im Boginn der Krankheit unrichtig o- GS t e lIteii 
Diagnosen zu berichtigen. Hierbei ergaben sich auch überraschende 
Ergebnisse bezüglich einiger anderer Affectionen, welche mit der 
tuberkulösen Coxitis verwechselt werden können. 

Die eine Erfahrung ist die, dass eine ansehnliche Zahl der in 
den Listen unter der Bezeichnung „beginnende Coxitis“ oder 
„chronische Coxitis“ eingetragenen Fällo vielmehr diejenige Affoction 
aufwies, welche unter dem Namen „Schenkelhalsverbiegun«-“ 
zuerst von Ernst Müller aus meiner Klinik beschrieben worden 
ist. Während wir dieselbe bisher als eine Seltenheit betrachteten 
haben uns die Nachuntersuchungen belehrt, dass sie nichts weniger 
als selten ist und daher ein unmittelbares praktisches Interesse 
bietet. Dazu ist das Krankheitsbild ein ganz charakteristisches 
wie wir aus der Vergleichung von mehr als 30 Fällen entnehmen 
konnten. Es unterliegt also wohl keinem Zweifel, dass die Affection 
welche vielleicht mit dem Namen Coxavara belegt werden könnte,’ 
unter die typischen Belastungsdeformitäten des Waehs- 
thumsalters eingereiht zu werden verdient, ebenso wie das 
Genu valgum: bei jener ist der Sitz der Wachsthumsstörung das 
obere, bei diesem das untere Ende der Femurdiaphyse. Da die 
Affection mit einem mehr oder weniger ausgesprochenen Stadium 
der Schmerzhaftigkeit und Functionsstörung, also unter dem Bilde 
der Coxitis einsetzt, so gehören hierher so manche sogenannten 
„dunkelen“ Coxitisfälle, welche man nicht recht 


genannten Coxitis rheumatica adolescentium. Des weiteren brauche 
ich auf den Gegenstand nicht einzugehen, da Herr Dr. Hofmoister 
an einem der nächsten Sitzungstage ausführlicher hierüber be¬ 
richten wird. 

Noch eine andere Errungenschaft verdanken wir der Gelegen¬ 
heit, eine so überaus grosse Zahl ausgeheilter Coxitisfälle Revue 
pas&iren lassen zu können. Ich meine die Erfahrung, dass die 
alle von Coxitis im Gefolge infectiöser Osteomyelitis 
des oberen Femurendes viel häufiger sind, als man bis- 
ner annahm. Das Hüftgelenk nimmt ja dadurch eine Sonder¬ 
stellung ein, dass das obere Diaphyseneude des Femurs, der Schenkel- 
nals, zun i grössten Theil intraarticulär gelegen ist. König hat 
aut diese Fähe und auf ihre Unterscheidung von der tuberkulösen 
coxitis langst aufmerksam gemacht; sie beruht hauptsächlich auf 
em acuten oder subacuten Beginn der Gelenkentzündung im Gegen- 
satz. zu dem schleichenden Beginn der Hüftgelenkstuberkulose. 

aake jetzt die bestimmte Ueberzeugung gewonnen, dass 
auch die osteomyelitische Form der Coxitis einen eminent 
TT„+ 0ni f c .*l en ® e &i nn Ufl d Verlauf haben kann, so dass die 
Unterscheidung von der tuberkulösen Form in der That die grössten 
* leriökeiten bietet. Der Verlauf kann leicht oder schwer sein, 
|.V °, Pr ohne Eiterung und Fistelbildung einhergehen und nameut- 
i cr Aufbruch zuweilen erst nach Jahr und Tag zustande 
aber der weitere Verlauf und Ausgang die 
. 1 Leidens auf: das eine mal ist es, wenn auch erst 

kn™™ an ® P1 zur Ausstossung eines corticalen Sequesters ge- 
i; , en ’ an( lere mal haben sich acute Nachschübe oder Reei- 
einlr 1 ’ L ° Xltls . ein ff es tellt, oder man findet nach der Heilung tief 
pinf *°ff ene . mit dem Knochen verwachsene Narben, oder es ist 
Wapiicfi^ eWü x! 1U1C ^ s ^ arke Verkürzung des Oberschenkels durch 
Thpil nw D ! Shemn l UI ? g zurückgeblieben — Merkmale, die eben zum 
schein um* treSn na °^ der klinischen Beobachtung in die Er- 

achtiui 0 n-n^ eSSeri j aus unseren abgeschlossen vorliegenden Beob- 
etwa Rr? evm? uamentlich mit Hülfe der Nachuntersuchungen 
und phrnni. t lle osteomyelitischer Coxitis mit subacutem 
weit jriin C <- ei ^ Zulauf ausscheiden. Da die Prognose derselben 
Aus8rLi ( imf r i. St als die der . tuberkulösen Coxitis, so fällt ilire 
das ein Pi\f Ur j uns . ere Statistik schwer ins Gewicht. Es ist 
namentlich S* i/? r , üi^^ukunft mehr- Beachtung verdient und 
sichtigt werden 1 muss^ er der Hüftgelenksresection berück- 

w orden ^in^ TP J? ock erwähnen, dass alle Fälle ausgeschieden 
betiT Ä deren Krankheitsdauer weniger als-1^-2 Jahre 
beeinträchtigt* ^ eni ffen, welche mit normaler oder nicht wesentlich 
die Möo-iir.hf«it , nctlon ausgeheilt sind. Wenn damit auch nicht 
gelegentlich^^^t ^leugnet werden soll, dass die tuberkulöse Coxitis 
gelangen kam/ ^ reie . r Beweglichkeit des Gelenks zur Heilung ge- 
Anzahl zwAifJw*. Wlrd durck diese Einschränkung jedenfalls eine 
schlossen wie «! 0r .,. u ? d nicht hierher gehöriger Fälle ausge- 
toiden Form liamen olich solche der rheumatischen oder rheuma- 

deripni^/f 6 sorgfältige Auswahl der Fälle sowie nach Abzug 


375 


Irn v l, d ; 321 2? nsp rrativ, b9 mit Resection behandelt. Ich 
J.iU v . eisl oben, ohne Sie allzusehr mit Zahlen zu ermüden zunächst 
die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich der Proo-nose beTton 

Se Tni« H l e | ha l dl , UUff n“ Sätze zusamnienzufassen!* 1 ) 

die h. H rkUl ? Se C T°T tis befflllt fast au sschlicss- 
die beiden ersten Jahrzehnte. Das erste Deeennium 

Drittel m p älffce dei ‘ F ‘ U , le . ( 48 Procent), das zweite mit einem 
Dntte! (37 Procent), das dritte nur noch mit >/ig (6 Procent) der 


lieh 


Gesamintzahl betheiligt. 

derlälU i w^ b0I 'a U - I . ÖSe Coxitis , bleibt in einem Drittol 
der Falle während ihres ganzen Verlaufes frei von mani- 
fester Eiterung, während in zwei Dritteln der Fälle 
koramt Sbl dUDg ’ Aufbruch und Fisteleiterung zustande 

8. Die tuberkulöse Coxitis wird bei conservativer 
Behandlung in 55 Procent der Fälle geheilt. Die Heiluno- 
erfolgt nach einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von vier 
Jahren. 

P i 4 : Bor tödtüche Ausgang, 2 ) in 40 Procent der Fälle, 
erfolgt gewöhnlich an Tuberkulose anderer Organe, namentlich der 
Lungen und Hirnhäute, 3 ) sowie an allgemeiner Miliartuberkulose 
bei der fungös - eitrigen Form auch an Amyloid, erschöpfender 
Eiterung und septischer InfectionJ) Der Tod erfolgt nach durch¬ 
schnittlich dreijähriger Krankheitsdauer. 

linfnpvnK • i .i Im Einzelncn wird die Prognose wesentlich beeinflusst durch 
wusste, und gewiss auch die meisten Fälle derTon Billro” | Zm 


a, ler derjenigen. 
t'Hangeu 


M| o - v " ***** ovvtxv ltaiyU il-U/, 

über welche keine genügenden Nachrichten 


Wftrpn w v &vuu ft ouuou nawuiuuwa au 

aren ’ lbfc unse1 ' Material von 600 Fällen auf 390 reducirt. 


. . J ^ Hüftgelenkstuberkulose gelangen 77 Procent der Fälle 
bei der fungos-eitrigen nur 42 Procent zur Heilung. Das Auf¬ 
treten von Gelenkeiterung verschlechtert also die Prog¬ 
nose um mehr als das zweifache (23:58 Procent Mortalität). 
. tu ° n wesentlichem Einfluss auf die Prognose ist ausserdem 
das Lebensalter bei Beginn der Erkrankung. Im Allgemeinen 
verschlechtert sich die Prognose mit dem zunehmenden 
Lebensalter: Das erste Jahrzehnt weist 65 Procent Heilungen 
das zweite 56, das dritte bis vierte nur noch 28 und das fünfte 
bis sechste Jahrzehnt Null Procont Heilungen auf. Speciell für 
die fungös-eitrige Form ergeben sich vom 20. Lebensjahr an nur 
verschwindend wenige Heilungsfälle. 

7. Die von der tuberkulösen Coxitis Geheilten erliegen zum 
Theil noch nachträglich der Tuberkulose anderer Organe. Inner¬ 
halb des ersten Jahrzehnts sterben Null Procent, inner¬ 
halb des zweiten Jahrzehnts 9 Procent, nach 20 bis 40 
Jahren noch 7 Procent der Geheilten an Phthisis. 

Lassen Sie uns nun von diesen Leichenfeldern hinweg einen 
Blick werfen auf die Ueberlebenden und Geheilten. Der Anblick 
ist ein recht erfreulicher. Die als elende, schwerkranko Kinder in 
Behandlung gestanden hatten, sind jetzt, nach 10, 20 und 30 Jah¬ 
ren zumeist gesund aussehende, oft sogar ganz kräftige Gestalten: 
nicht viele verdienen eigentlich den Namen Krüppel. Ich muss 
gestehen, dass mir dio vielen Nachuntersuchungen dadurch grossen 
Eindruck gemacht haben, dass die meisten der Geheilten eine auf¬ 
fallend gute Gebrauehsfähigkeit des Gliedes und selbst nach 
schweren Zerstörungsprocessen die volle Arbeitsfähigkeit für 
mancherlei leichtere Berufsarten erlangt hatten. Bei Allen ist 
zwar der Gang mehr oder weniger stark hinkend, das Bein in ver¬ 
schieden hohem Grade atrophisch und fast immer verkürzt, das 
Hüftgelenk theilweise oder ganz steif in dieser oder jener Contrac- 
turstellung — und doch gehen die Meisten recht behende ohne 
Stütze und können sogar stundenweite Entfernungen zurücklegen. 

Die functioneilen Endresultate sind also im ganzen 
über Erwarten günstig. Nur auf einige Punkte von besonderem 
Interesse muss ich noch etwas näher eingehen. 

Die Beweglichkeit im Hüftgelenk ist in allen Fällen 
ohne Ausnahme wesentlich beschränkt oder ganz aufgehoben. Im 
ganzen kann man sagen, dass ein Drittel der Fälle mit theilweiser, 
zwei Drittel mit vollständiger oder annähernd vollständiger Ankylose 
zur Ausheilung kommen. Es versteht sich aber, dass hierbei das 
Eintreten oder Ausbleiben der Gelenkeiterung den Ausschlag giebt, 
indem bei der nichteitrigen Form die Hälfte, bei der eitrigen vier 
Fünftel der Fälle mit totaler Ankylose heilt. 

Mit ziemlich seltenen Ausnahmen besteht eine typische Con- 
tracturstellung in geringerem oder höherem Grade: fast immer 
in Flexion, dabei gewöhnlich (in zwei Drittel der Fälle) in Ad- 
duetions-, seltener (in ein Drittel der Fälle) in Abductionsstellung. 

r ) Die ausführliche Mittheilung der Ergebnisse wird Herr Dr. W agner 
in den „Beiträgen zur klinischen Chirurgie“ veröffentlichen. 

’) Die ungcheilten Fälle machen nur vier Procent der Gesammt- 
zalil aus. 

®) Unter den hu Alter bis zu 15 Jahren an Tuberkulose Gestorbenen 
ist ein Drittel der Meningealtuberkulose erlegen. 

*) Dio Mortalität an PyHniie beträgt fünf Procent der Fälle mit 
Eiterung (aus der vorantiseptischeu Zeit). 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT^ 


No. 17 


Die Contractursteilung wird natürlich durch Beckenverschiebung 
so gut wie möglich compensirt, allein nicht so gar selten erreich 
die Flexion beinahe einen rechten Winkel, die Adduction einen 
halben rechten, so dass die scheinbare Verkürzung recht bedeutend 
und daher das Gehen ziemlich mühsam ist. Gerade diese Winkel¬ 
stellung ist das schlimmste Gehhinderniss, nicht die Ver¬ 
kürzung — das kann mit Rücksicht auf die Behandlung nicht 
genug betont werden. 

Bezüglich der Verkürzung sind in allen I Ul len genaue 
Messungen angestellt, um die verschiedenen Ursachen derselben 
festzustellen, da die Ansichten hierüber zum Theil noch nicht ganz 
geklärt sind. 

Da ist zuerst die absolute Verkürzung, bedingt durch ein 
Zurückbleiben des Oberschenkels im Wachsthum. Sie wird kaum 
jemals vennisst, wenn die Coxitis aus der Kindheit stammt, aber 
sie beträgt auch nach Vollendung des Wachsthums nur 1 2 cm, 

ausnahmsweise 8 cm. Dass die Ursache der Wachsthumshemmung 
nur in der Inactivität, nicht in der Läsion des Epiphysenknorpels 
zu suchen ist, scheint mir dadurch bewiesen, dass in der Mehrzahl 
der Fälle auch am Unterschenkel und zuweilen sogar am Fuss 
sich eine Verkrüppelung geringeren Grades findet. Ich halte sogar 
bei absoluter Verkürzung höheren Grades den Verdacht für be¬ 
gründet, dass die vorausgegangene Coxitis nicht auf Tuberkulose, 
sondern auf infectiöser Osteomyelitis beruht, bei welcher eine 
Schädigung des Epiphysenknorpels nichts Ungewöhnliches ist. 

Eine andere Art der reellen Verkürzung, welche durch den 
Höherstand des grossen Trochanter am Becken ausgedrückt 
wird, ist in etwa 4 /s der Fälle vorhanden und erreicht oft recht 
hohe Grade: im Durchschnitt beträgt sie 4 cm. Die Ursache ist 
gewöhnlich in vorausgegangener Zerstörung am Schenkelkopt und 
der Pfanne zu suchen. Bei beträchtlichem Hochstand des Trochanter 
findet man an der Aussenfläche des Darmbeins einen oft recht 
voluminösen knöchernen Wall, ohne daselbst den Schenkelkopf 
durchtasten zu können; nur in einigen Fällen war der in seinem 
Umfange verkleinerte Kopf nach hinten oder vorn oder gerade 
nach oben luxirt zu fühlen. Es bestätigt sich also, dass bei der 
tuberkulösen Coxitis die Pfannenwanderung viel häufi¬ 
ger ist, als die eigentliche Spontanluxation. Die erstere 
bietet den functioneilen Vortheil, dass' die typische Stellung des 
Gliedes nicht so ausgeprägt und starr ist wie bei der Luxation, 
so dass die Gebrauchsfähigkeit weit günstiger ist. 

Zu der reellen kommt nun aber noch die scheinbare Verkürzung 
durch Beckenhebung, welche dieselben oder noch höhere Grade er¬ 
reichen kann. Fasson wir beide, die reelle und scheinbare Ver¬ 
kürzung als functioneile Verkürzung zusammen, wie sie eben 
beim Auftreten thatsäehlich in Wirkung tritt, so erreicht diese 
durchschnittlich 7 cm, oft aber auch 10—12 cm. Die Mehrzahl 
der Untersuchten bedient sich, um die Verkürzung theilweiso aus¬ 
zugleichen, einer erhöhten Sohle, Viele erklären aber ohne eine 
solche besser zu gehen. 

Das sind in aller Kürze die wichtigsten Ergebnisse unserer 
Nachforschungen. Sie halten zwischen den weit auseinander 
gehenden Ziffern anderer statistischer Erhebungen etwa die Mitte 
ein, wohl aus dem Grunde, weil unser Material nicht blos einzelne 
Kategorieen, sondern die Gesammtheit der tuberkulösen Coxitisfälle 
aus einem langen Zeitraum umfasst. Die Zahlen dürften daher 
den thatsächlichen Verhältnissen ziemlich nahe kommen. Es ist 
dies insofern immerhin erfreulich, als hierdurch die früheren pessi¬ 
mistischen Anschauungen, wie der Hueter’sche Satz: „Die Eite¬ 
rung des Hüftgelenks ist ein fast absolut tödtlicher Process“, nun 
endgiltig beseitigt sind. Und doch haben diese Anschauungen 
dazu geführt, in der Frühresection des Hüftgelenks das einzige 
Heil der Coxitis zu erblicken. 

Aber nun der Schlüssel zu diesen Resultaten! Durch welche 
Behandlungsmethoden sind sie erzielt? Ich habe diesen Punkt ab¬ 
sichtlich nicht vorangestellt, um nicht den Anschein zu erwecken, 
als ob die Resultate zu Gunsten oder Ungunsten irgend einer Be¬ 
handlungsmethode vorgeführt werden sollten. Die Beobachtungen 
stammen aus einem langen Zeitraum, innerhalb dessen mehrfache 
fundamentale Wandlungen in der Therapie der Coxitis sich voll¬ 
zogen haben: Zuerst die Periode der Behandlung mit ableitenden 
Mitteln, mit Blasenpflastern, Moxen, Blutentaiehungen und Glüh¬ 
eisen; dann die Periode der mechanischen Behandlung, zuerst mit 
Streckapparaten, dann mit Gewichtszug und daneben die Anwen¬ 
dung erhärtender Verbände; endlich die neueste Periode der Jodo- 
’formbehandlung, welche besonders günstige Aussichten zu ver¬ 
sprechen scheint. 

Eine sehr mannigfaltige Behandlung ist also in unseren Fällen 
Zur Anwendung gekommen — aber noch mehr, die Ermittelungen 
haben ergeben, dass von den ambulatorischen Fällen manche in Folge 
der Indolenz der Landbevölkerung so gut wie gar keine ärztliche 
Behandlung gehabt haben, während von den stationären viele nur 


während ihres Aufenthalts in der Klinik einige Wochen oder 
Monate lang in regelrechter Behandlung gestanden haben. Jeden¬ 
falls ist bei der Mehrzahl der Kranken von einer consequenten Be¬ 
handlung nicht die Rede gewesen; speciell die Jofoformbehandlung 
ist nur in wenigen Fällen durchgeführt worden, dä die Coxitis- 
kranken aus den letzten drei Jahren überhaupt aus unserer Statistik 
ausgeschlossen sind. 

Unsere Resultate sind also die einer nicht specifischen con- 
servativen bezw. exspectativen Behandlung, welche auch auf 
die schwersten Fälle ausgedehnt worden ist. Denn der Einwaml, 
als ob ein wesentlicher Theil der schwersten Fälle der Resection 
anheimgefallen wäre, ist deshalb hinfällig, weil die Beobachtungen 
zum grossen Theil aus einer Zeit stammen, in welcher gar nicht 
oder sehr wenig resecirt worden ist. 

So bilden denn diese Ergebnisse erst die nothwendige 
Grundlage, um hieran die Resultate der specifischen 
Behandlungsmethode zu messen, wie namentlich die der 
Jodoformbehandlung und Resection. Ueber die Erfolge der Jodo¬ 
formbehandlung liegen noch keine ausgedehnteren Erfahrungen 
vor. Was die Resection betrifft, so werden ihre Aussichten von 
vornherein dadurch getrübt, dass nach unseren Ermittelungen etwa 
2 / 3 der Todesfälle der Tuberkulose anderer Organe und der allge¬ 
meinen Tuberkulose zur Last fallen, nur Vs der Gelenkeiterung 
selbst mit ihren Folgen (Amyloid, Erschöpfung, septische Infection). 
Die Ausschneidung des tuberkulösen Gelenks ist aber nicht im 
Stande, jene Hauptgefahr für das Leben wesentlich herabzusetzen. 
In der That ergiebt eine Vergleichung unserer Resultate mit denen 
der Resection, dass letztere keine geringere Mortalität und be¬ 
züglich der Function entschieden weniger günstige Erfolge auf¬ 
zuweisen hat. Allerdings haben die umfassenderen Resections- 
statistiken, über die wir bisher verfügen, heutzutage keine volle 
Gültigkeit mehr, weil sie zum Theil in die vorantiseptische Zeit 
zurückreichen: es bedarf erst der Zusammenstellung einer hin¬ 
reichend grossen Anzahl von Resectionen, welche nach modernen 
Grundsätzen und mit moderner Technik behandelt ^ sind, 
um die Bedeutung der Resection bei der tuberkulösen Coxitis 
richtig zu beurtheilen. Soviel steht aber fest, die Resection 
tritt erst dann in ihr Recht, wenn eine consequentc 
Conscrvativbehandlung nicht zum Ziele führt. 


III. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik in Berlin. 

Zur Gewebssafttherapie. 1 ) 

Von Dr. Goldseheider, 

Stabsarzt und Privatdocenten, Assistenten der Klinik. 

Wenn ich zur Discussion über den interessanten Vortrag des 
Herrn Fürbringer das Wort nehme, so geschieht es darum, 
weil wir uns auf der medicinischen Klinik mit einer Prüfung der 
Wirkung solcher Organsaftsubstanzen schon seit l l /s Jahren be¬ 
schäftigt. haben und ich spociell mein Interesse auf diese Dingo 
gelenkt hatte. Es handelt sich hierbei um eine bedeutungsvolle 
Bewegung in der wissenschaftlichen Medicin, welche zwar nicn 
neu in der Geschichte unserer Wissenschaft ist, vielmehr eine 
Wiederholung von uralten, mehrfach wieder aufgetauchten Be¬ 
strebungen — deren Bedeutung Sie aber nach dein Referat von 
Herrn Fürbringer nicht vorkennon werden: es handelt sic \ 
um eine so wichtige, einflussreiche und wio es scheint, auch so 
gefährliche Richtung der Medicin, dass es eine unumgänglicie 
Aufgabe der Klinik ist, die Dinge, die hier behauptet werden, 
und die vielleicht noch behauptet werden sollen, einer Prüfung zu 
unterziehen. 

Wir haben voll gewürdigt, wie es auch Herr Fürbringei 
ausgedrückt hat, dass in dieser Bewegung der Organsaftbehandlung 
ein wissenschaftlicher Kern steckt. Brown-Sßquard war von dei 
Thatsache ausgegangen, dass die Entfernung des Hodens ungemein 
grosse Veränderungen am Körper bewirkt. Dazu kamen die Eria i- 
rüngen über das Myxödem und seine Beziehungen zur Cachexia stru- 
mipriva. Das sind Dinge, die mit Sicherheit darauf deuten, dass m 
der That gewissen Drüsen und Drtisensecreten eine besondere Be¬ 
deutung im Haushalt des Organismus zukommt. Vielleicht ist am 
Bewegung gefördert durch die Vermehrung unserer Kenntnisse 
über den intermediären Stoffwechsel, welche gezeigt haben, dass 
gewissen Organen eine giftzerstörende Wirkung ^ zuzukommen 
scheint. Ich darf hier vielleicht an die Versuche von Eck in Peters¬ 
burg erinnern, welcher nachwies, dass, wenn man das Blut aer 
Vena portarum in die Hohlvene leitet, sehr merkwürdige Erschei¬ 
nungen von Intoxication im Thierkörper auftreten. 


! ) Vortrag bei der Discussion über das Referat dos Hern 1 .! ^ 
bring er. Ueber die Gewebssafttherapie in ihrer modernen AusbiUtun-,. 
im Verein fllr innere Medicin vom 18. März 1894. 


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26. April 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


377 


Endlich steckt in der Bewegung wohl ein guter Theil der 
alten Krasenlehre; durch den Ausfall eines Organs, welches einen 
bestimmten Saft bereitet, ist die Mischung der Säfte verändert; 
man will nun eben diesen Saft künstlich bereiten und dem Körper 
zuführen, um die richtige Mischung wieder herzustellen. 

Etwas anderes ist es, inwieweit sich diese physiologischen 
und biologischen Thatsachen therapeutisch verwenden lassen. Hier¬ 
über will ich die von uns auf der I. medicinischen Klinik ge¬ 
machten Erfahrungen vortragen. 

Wir haben zunächst Gelegenheit gehabt, einen allerdings un¬ 
sicheren Fall von Myxödem zu behandeln. Ich hoffe, Gelegenheit 
zu haben, die Patientin später hier zu zeigen. Augenblicklich ist 
es nicht möglich, weil sie zur Zeit nicht in unserer Beobachtung 
ist. 1 ) Es war ein Fall, den wir als ein beginnendes Myxödem dia- 
gnosticiren zu dürfen glaubten. Ueber beginnendes Myxödem wissen 
wir noch sehr wenig, und man kann deshalb nicht ganz sicher in 
der Beurtheilung sein. Die Patientin ist 6 Monate lang mit 
Schilddrüsensaft behandelt worden, ohne irgend einen nachweis¬ 
baren Eflect. Wir haben zunächst das Schilddrüsenextract ver¬ 
wendet, wie es Herr Prof. Mendel hier in der Simon’schen Apo¬ 
theke hat herstellen lassen (Glycerin-Thymol-Extract), haben uns 
ferner selbst Extracte hergestellt; hierbei bin ich in aufopfernder 
Weise von Herrn Paul Jacob unterstützt worden, der seit l l /> 
Jahren auf der Klinik die verschiedensten Drüsenoxtracte herge¬ 
stellt und sich an der Beobachtung der Kranken betheiligt hat. 
Wir haben dio Schilddrüsen auch per os gegeben, theils in der 
Suppe, theils mit Fleisch zusammen, theils als Glycerinextract 
mit Wein. Allein ein deutlicher Effect ist nicht eingetreten. Ich 
will indess diesen Fall nicht benutzen, um gegen die Myxödemtherapie 
zu sprechen, dazu ist der Fall nicht sicher genug, und es liegen doch 
Fälle von erfolgreicher Myxödembehandlung vor, die man nicht ein¬ 
fach übergehen kann. Dass gewisse Fälle von Myxödem durch die 
Schilddrüscnbehandlung günstig beeinflusst werden, kann kaum 
zweifelhaft sein, wenn auch entgegenstellende Behauptungen vor¬ 
liegen. Man wird hier wohl wieder sagen müssen, dass in der 
Pathologie und Therapie keine Schablone möglich ist, dass dio 
Fälle sich eben verschieden verhalten und manche reagirt haben, 
andere nicht. Es wäre immerhin möglich, dass gerade im Beginn 
der Erkrankung — unsere Patientin ist seit l l /> Jahren erkrankt 

— ein bessernder Einfluss sich weniger geltend macht als später 
nach voller Ausprägung aller Symptome. Ich schliesse mich Herrn 
Fürbringer an, dass dio Therapie des Myxödems den wahren 
wissenschaftlichen Kern der ganzen Bewegung darstellt. 

Auf Anregung von Herrn Leyden haben wir dann Fälle von 
Diabetes mit Pankreassaft behandelt. Diese Idee der Behand¬ 
lung des Diabetes ist gewiss berechtigt mit Rücksicht auf die Ent¬ 
deckung von Minkowski und v. Mering über die Beziehungen 
des Diabetes zum Pankreas. Wir haben 6 Fälle von Diabetes mit 
Pankreasextract, mit Injectionen per os, per elysma behandelt, 
einen 8 Wochen lang: es ist nicht der geringste Erfolg erzielt« 

Der am längsten behandelte Fall betraf eine 39jährige Frau B., rec. 
30. Mai 1893, mit 5,6 % Zucker, von 91‘/a Pfund Körpergewicht. Da 
wir bei den früher schon mit Injectionen behandelten Diabetikern keinen 
Erfolg gesehen hatten, wurde das Pankreasextract per elysma einver¬ 
leibt: das Rectum wurde vorher durch eine Eingiessung entleert; das 
Pankreasklystier — jedesmal das Extract eines Kalhspankrcas enthaltend 

- verursachte heftiges Drängen, das nach 1—l 1 /* Stunden nachliess. Die 
l atientin erhielt bis zum i7. Juni täglich Pankreas • roh gehackt, mit 
Schabefleisch in welcher Form es sehr gern genommen wurde —, vom 
u : *f'"i Ls 15. Juli Pankrcas-Glyceriri-Extract mit Sherry, täglich von 
einem Pankreas, sodann bis zum 29. Juli keralinirte Pankreaspillen. Am 
‘.chlusse der Behandlung betrug der Zuckergehalt 6,5 °/o. Er hatte stets 
Jä r n# ? ,R 'l S0Ils f vorkommenden Schwankungen gezeigt. Körpergewicht 

Sodann haben wir einen Fall von Basedow’scher Krankheit 
)ehandelt. Es ist bekannt, dass man für die Genese des Morbus 
Basedow» gleichfalls den intermediären Stoffwechsel herangezogen 
jjat, so hat namentlich Möbius neuerdings die Theorie aufgestellt, 
ur welche ich persönlich sehr eingenommen bin, dass der Morbus 
asedowü auf gewisse functioneile Veränderungen in der Secretion 
er . , dddrüse zuröc kzuführen sei. Es war daher gewiss ge- 
rec ltfeiUgt, auch die Basedowsche Krankheit mit Sehilddrüsen- 
P paraten zu behandeln. Wir haben dies auch in verschiedener 

rm der Application gethan, ohne dass der geringste Eflect her- 
orgetreten ist, wenigstens ein Effect, der sich spcciell auf diese 

erapm zurückführen Hesse. Dio Kranke hat infolge der glcich- 
( l ^ e ^ sc ^ en Behandlung 8 Pfund während der Cur zu- 
scha r??’»» 80 ^ a8S Schilddrüsenbehandlung jedenfalls nicht ge- 
. f e haben kann, wie ich überhaupt allgemein bemerke, dass wir 


nehmen i* 6 ^ ran ]Pr sich soeben wieder auf unsere Abtheilung auf- 
mehr yu-otf S it n V t • Erscheinungen sind fortgeschritten, und es kann nicht 
Mvxödem hand \ t Sem ’ < * ass es 8R h um ein in der Entwickelung begriffenes 


bei keiner einzigen Injection bei den verschiedenen Patienten irgend 
welche üblen Zufälle gesehen haben, dass wir nie die Wahrnehmung 
gemacht haben, dass irgend ein übler Einfluss der Behandlung in 
der von uns geübten Form hervortrat. Ich hebe dies specioll her¬ 
vor gegenüber den mannigfachen Angaben der Autoren, dass steno- 
cardisebe Anfälle, Ohnmächten, Anämieen bei der specifisehen Be¬ 
handlung des Myxödems sich eingestellt haben. 

Ich glaube, dass, wenn auch nicht alles, so doch der wesent¬ 
liche Theil dieser üblen Zufälle auf eine zu schnelle Einverleibung 
der Stoffe zurückzuführen ist. Wir haben auch viel an Tlüeren 
experimentirt und haben gefunden, dass diese üblen Zufälle bei 
sehr schnellem Ii\jiciren Vorkommen, was übrigens auch schon von 
anderen Autoren angegeben ist. 

Es lag nahe, auch die pernieiöse Anämie in den Bereich 
dieser Versuche zu ziehen. Wir wissen, dass es sich hier um eine 
Krankheit der hämatopoötischen Organe handelt. Was war also 
näher liegend, als Knochenmark, Milz u. s. w. zu Heilzwecken zu 
versuchen? Wir haben einen Fall von peraieiöser Anämie mit In¬ 
jectionen von Knochenmarkextract (die Organe, welche zu Extracten 
benutzt wurden, waren fast durchweg vom Kalb) behandelt (17 an 
Zahl); der Fall hat weder im Allgemeinbefinden noch im Blut¬ 
befund irgend welche Besserung gezeigt und ist letal geendigt. 

Mit Spermin haben wir uns so gut wie garnicht beschäftigt, 
mit Injectionen von Nervenmasse gleichfalls nicht. 

Im Ganzen sind, also die gefundenen Resultate gewiss nicht 
sehr ermuthigend für die Organsafttherapie. 

Wir, Herr Jacob und ich, haben uns nun aber auch sonst mit 
den Eigenschaften der Organsäfte viel beschäftigt und haben die 
Ansicht gewonnen, dass es eine durchaus irrige Annahme ist, wenn 
man die Gewebssaftbehandlung nur von dem Standpunkt aus be¬ 
trachtet, als ob es sich lediglich um die Einverleibung speci- 
fischer Substanzen handelt. Man spritzt da ein Mixtum compo¬ 
situm ein, Extracte, in welchen die verschiedenartigsten Dinge sein 
mögen, Wirksames und Unwirksames. Sie haben durch einen Vor¬ 
trag von Herrn Kossel kürzlich gehört, wie viele Substanzen in 
einer einzigen Zelle vorhanden sind: was für verschiedene che¬ 
mische Körper mögen da in einem Extract aus Nervenmasse oder 
aus dem Herzmuskel oder aus der Schilddrüse oder aus Pankreas 
sein? Wir wissen aus den Untersuchungen von Heidenhain, 
dass gewisse Gewebssäfte eine ausgesprochen lymphtreibendo Wir¬ 
kung haben. Das ist schon etwas ganz anderes als diese speci- 
fische Wirkung. Wir wissen ferner, und ich habe diesen Punkt 
ganz speciell mit Herrn Jacob zusammen studirt, dass die Ge¬ 
webssäfte auf die Leukocyten wirken. Herr Jacob hatto unab¬ 
hängig von Horbaczewski die Beobachtung gemacht, dass 
Milzextract in sehr erheblicher Weise die Leukoeytenzabl ver¬ 
mehrt, ebenso Thymuscxtract, Knochenmarkextract, während 
andere Organextracto diese Wirkung nicht haben, zum Bei¬ 
spiel Extract von der Leber, der Niere, dem Pankreas. 1 ) Kurz, 
wenn wir ein solches Extract Kranken einverleiben, bringen wii 
eine ganze Summe der verschiedensten V irkungen im Körpei 
hervor, die sich zum Theil kreuzen, jedenfalls in ihrem Verlauf 
und ihrer gegenseitigen Beeinflussung unübersehbar sind. Wir 
haben speciell mit Rücksicht darauf, dass dem Milzextract und 
Knochenmarkextract eine so ausgesprochene Wirkung auf die weissen 
Blutkörperchen zukommt, diese Substanzen bei einem mfauston 
Falle von Leukämie angewendet (sieben Injectionen). Wu 
haben gesehen, dass in der Tliat die Zahl der weissen Blut¬ 
körperchen dabei zurückging, ja es schien sogar, dass die Milz 
sich verkleinerte; der Kranke fühlte sich übrigens nach den In¬ 
jectionen immer sehr wohl und nahm dieselben gern entgegen. 
Wenn man darauf Werth legen wollte, dass das subjective Be¬ 
finden gebessert wird, so könnte ich fast bei allen Injectionen be¬ 
richten dass dio Kranken sich wohl befinden und bei vielen 
Appetit, Körpergewicht, Schlaf u. s. w. Zunahmen, worauf aber 
eben kein entscheidendes Gewicht zu legen ist. Auch bei diesem 
Falle war trotz der symptomatischen Besserung kemo kpur yon 
wirklicher wesentlicher Besserung vorfanden, der Kranke ist viel¬ 
mehr gestorben. Ich bin überzeugt, dass es sich bei sehr vielen 
Krankheitsfällen, mit denen Parade gemacht wird, ebenso verhalten 
würde, wenn sie nicht so schnell publicirt wären. Wenn man von 
den Besserungen subjectiver Art , die nach einigen Einspritzungen 
eintreten, gleich viel Aufhebens macht, so wird man sehr viel in¬ 
folge berichten können. Man möge die Leute länger beobachten, un 
die Erfolge werden dann schlechter werden. Bei dieser Gclogonhe t 
möchte ich noch einen anderen Punkt berücksichtigen, der mir voll¬ 
kommen in den Rahmen der Betrachtungen zu lallen scheint Ls ist 

angegeben worden von Germain S6e,^) zuerstvoii Horba ^ 1 

i) Vergleiche Verhandl. d. physiolog. Gesellsch. zu Berlin 1893. 

*) Semaine möd. 1893, p. 227. , -rn-- nlC( i 

3) Allgem. Wiener med. Zeit. 1892. Ferner Mourek, Vien, me . 

| Wochenschr, 1893, No. 35. 


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378 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


dass Nudelnd, deren Wirkung auf die Zunahme der Leukocyten 
durch letztgenannten Forscher bekannt geworden ist, auch für die 
Therapie verwendbar seien: wenn man sie per os giebt oder 
einspritzt, so sollen bei Tuberkulose dieselben Wirkungen 
eintreten wie nach Tuberkulin, aber mit geringerer Reaction 
und ohne Gefahr. Schon H. Kos sei 1 ) hatte sich dagegen 
ausgesprochen. Wir haben nun unser Milzextract benutzt, um auch 
in dieser Beziehung uns zu vergewissern, und ich kann in der 
That sagen: es ist eigenartig, dass bei Tuberkulose eine ausge¬ 
sprochene Fieberreaction eintritt, wenn man Milzextract einspritzt. 
Allein ebenso wie H. Kosel muss ich mich entschieden dagegen 
aussprechen, dass die Wirkung dem Tuberkulin zu vergleichen ist; 
die lokale Reaction fehlt. Wir haben speciell einen Fall von 
Lupus damit behandelt, ohne dass eine Reaction an der lupösen 
Stelle eingetroten ist; der Fall wurde in die Koeh’sche Baracke 
verlegt, wo sich auf Tuberkulin eine lokale Reaction heraus¬ 
stellte. Auch bei Kehlkopftuberkulose habe ich nach Milzextract- 
injeetion keine lokale Reaction gesehen. Ich führe hier nur als 
Curiosität an, dass wir bei einer Phthisiskranken eine ausgesprochene 
Besserung nach Milzextractinjectionen erzielt haben, ein Beweis, 
wie fragwürdig die Verwendung solcher einzelner Fälle für die Be¬ 
urteilung ist. 

Dass die Hyperleukocytose eine Bedeutung als schützende 
Reaction gegen die eindringenden Bacterien hat, ist behauptet, wenn 
auch noch nicht genügend bewiesen worden, und der Gedanke, eine 
künstliche Vermehrung der Leukocyten bei Infectionskrankheiten zu 
erzeugen, liegt also nahe. Wir haben uns speciell auch mit dieser 
Frage beschäftigt; unsere Erfahrungen sind noch nicht abgeschlossen, 
weisen aber schon darauf hin, dass hier ebenfalls wahrscheinlich 
ein non liquet vorliegt: auch mit der Erzeugung künstlicher Hyper- 
loukocytose werden wir, wie es den Anschein hat, nichts erreichen. 

Auch der Morbus Addisonii wird in den Kreis der Organ- 
saftbehandlüng gezogen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit über 
einen Fall berichten, den wir schon vor zwei Jahren auf der Klinik 
behandelt, aber nicht veröffentlicht, haben, der höchst eigonartig ist. 

Anna Adler, 18jährige Köchin, rec. 18. November 1891. Hat als 
Kind an Ohrenfluss gelitten; seit einigen Tagen ist das rechte Ohr wie 
taub. Seit mehreren Wochen mit zunehmender Mattigkeit erkrankt. 
Blassos, wenig gut genährtes Mädchen von 87 Pfd. Körpergewicht; grosse 
Schwäche, apathisches Wesen. Die inneren Organe zeigen ausser einem 
leichten systolischen Geräusch am Herzen keine nachweisbaren krank¬ 
haften V eränderungen. An der rechten Halsseite mehrere bohnengrosse, 
auf Druck leicht empfindliche Drüsen. Am linken Trommelfell alte Per¬ 
foration; das rechte ist etwas getrübt. Mässige Schwellung der Rachen¬ 
tonsille. Gynäkologisch nichts. Geringe abendliche Fieberbewegungen 
(38,2—38,9°). In der Folge wird hauptsächlich über Rückenschmerzen ge¬ 
klagt. Druckempfindlichkeit im Epigastrium. Der mikroskopische Blufc- 
befund zeigt nichts besonderes; ebenso wenig die Untersuchung der Fäces. 
Am 18. December, als sich während der vierwöchentlichen Beobachtung 
nichts wesentliches geändert hatte und auch die abendlichen Temperatur¬ 
erhöhungen immer noch stattfanden, Tuberkulininjection (0,001) Morgens. 
Die Temperatur stieg zwar an demselben Tage nur bis 38,4 °, betrug aber 
am nächsten Morgen 38,3°: das erste mal, dass eine fieberhafte Morgen¬ 
temperatur auftrat; auch wurden am 21. December einige feine Rassel¬ 
geräusche über der linken Lungenspitze wahrgenommen; kein Auswurf. 
Am 14. Januar 1892 wurde die diagnostische Tuberkulininjection mit 
0,003 g wiederholt: ausgesprochene Fieberreaction bis 39,9°, während in 
den Tagen vorher die Temperatur 38,0 0 nicht überschritten hatte. In der 
Folge blieb das abendliche Fieber in der Höhe wie früher bestehen, ge¬ 
legentlich traten Muskelschmerzen in den Unterschenkeln auf. Ende 
Januar Vortreibung des rechten Trommelfelles. Paracentese. Entleerung 
eines serös-eitrigen Exsudats. Schon seit Mitte Januar war bemerkt 
worden, dass die Haut der Patientin ein dunkleres Colorit annahm. Am 
4. Februar 1892 wurde notirt, dass die Haut, besonders des Rückens, der 
Brust und der Aussenflächen der Oberschenkel einen broncefarbenen Ton 
angenommen hatte. Eine am 29. Januar vorgenommeno Blutuntersuchung 
hatte nur 2400000 rothe Blutkörperchen ergeben. Die Pigmentirung 
wurde immer stärker. Auch die Arme wurden graubraun; die tiefsto Ver¬ 
färbung nahmen Unterleib und Lendengegend an. Keino Flecken an der 
Mundschleimhaut. Periode ziemlich regelmässig. Am 22. Februar ergab 
die Blutuntersuchung 3240000 rothe, ca. 20000 weisse Blutkörperchen. 
An diesem Tage wurde mit der Tuberkulinbehandlung begonnen. Die 
Verfärbung war noch tiefer geworden, so dass nunmehr thatsäcklich mit 
der Möglichkeit eines Morbus Addisonii gerechnet wurde. Am 18. März 
wurde notirt, dass die Pigmentirung in der letzten Zeit jedenfalls nicht 
mehr zugenommen habe. Fast regelmässig war am zweiten (übernächsten) 
läge nach der Tuberkulininjection die Temperatur auffallend niedrig, ja 
"■ V om 15 - ^ erhob sich die Temperatur nicht mehr über 

37,8 , ausgenommen nach Tuberkulininjection. Vom 29. März ab (letzte 
Injection) bestand überhaupt kein Fieber mehr. Indessen hatte in der 
des März die Pl gmentirung sich mehr und mohr aufgehellt, 
die Kräfte nahmen zu, und im April konnte die Patientin mit ziemlich 
weisser Haut und ohne dass noch irgend welche Beschwerden bestanden, 
entlassen werden (13 Tuborkuhninjectionen); sie schrieb uns nach längerer 
Zeit aus ihrer' Hoimath m Mecklenburg, dass es ihr ausgezeichnet gel 
und dass sie blühend und blendend w r eiss aussehe. 


') Dermatol. Zeitschr, 1893. 


Ich bin weit entfernt, diesen Fall als einen sicheren Morbus 
Addisonii anzusehen; es kommen ja sehr verschiedene Pigmen- 
tirungen vor, und wenn auch das Aussehen ähnlich wie bei Morbus 
Addisonii war, so ist es doch nicht ganz bestimmt so zu bezeichnen. 

Auffallend ist immerhin, dass der Fall ganz und gar den Ein¬ 
druck einer latenten Tuberkulose macht«. Beobachter von mehr 
sanguinischem Temperament würden vielleicht einen solchen Fall 
als sehr „eclatant“ befunden haben, und manche Wunderfälle 
mögen nicht besser sein; wer aber die Fallstricke der Pathologie 
und Therapie einigermaassen kennt, wird sich auch hier zunächst 
„exspectativ“ verhalten. 

Ich bitte um Entschuldigung, dass ich Ihre Geduld so lange 
in Anspruch genommen habe. Allein ich glaube, dass die Organ¬ 
safttherapie, von der jetzt so viel Aufhebens gemacht wird, in der 
That eine grosse Gefahr für unsere medicinische Wissenschaft dar¬ 
stellt. Es hat sich bereits die Industrie der Sache bemächtigt, und 
eine grosse Anzahl von — nicht ganz kritischen — Autoren ver¬ 
öffentlichen hier die wunderbarsten Dinge. Wenn man z. B. liest, 
dass das Cardin, also Herzmuskelextract, beinahe ein Jahr zur 
Zubereitung gebraucht, so wird man fast an die Kunstgriffe der 
früheren klugen Männer und weisen Frauen erinnert, welche bei 
ihrer Therapie unerfüllbare bezw. uncontrollirbare Bedingungen 
stellten, z. B. den Harn einer reinen Jungfrau zu trinken u. dgl., 
so dass bei ausbleibendem Erfolge leicht der Einwand möglich war, 
dass vielleicht bei der Herstellung des Mittels ein Versehen vorge¬ 
kommen sei. 

Dass die Gewebssafttherapie generell eine Zukunft habe, dürfte 
somit ernstlich zu bezweifeln sein. Der Weg aber, welcher allein 
dazu führen kann, das vielleicht in der Spreu verborgene Körnchen 
Wahrheit aufzufinden, ist derjenige der ernsten Forschung und 
führt durch das Laboratorium. Es wird die Aufgabe biologischer 
und physiologisch-chemischer Forschung sein, die in den Organ¬ 
säften vorhandenen Stoffe zu isoliren und ihre Wirkungen zu be¬ 
stimmen. Gegen die Methode aber, aus rein symptomatologisehen 
Veränderungen, noch dazu, wenn sie vorwiegend der subjectiven 
Sphäre, dein Krankheitsgefühle, entstammen, specifische Wirksam¬ 
keit abzuleiten und damit den Anpreisungen einer unlauteren In¬ 
dustrie Vorschub zu leisten, können wir nicht energisch genug 
Front machen. 


IV. Aus dem Städtischen Krankenhause am Urban in Berlin, 
Abtheilung des Herrn Director Dr. Körte. 

Ueber traumatische Schädeldefecte und ihre 
Deckung. 1 ) 

Von Dr. Adolf Brentano, Assistenzarzt. 

Wir verstehen unter traumatischen Schädeldefecten solche, 
welche im Anschluss an Verletzungen und offene Brüche ent¬ 
stehen und ihre Entstehung theils direkt dem Trauma, theils in¬ 
direkt dem durch das Trauma nöthig gemachten operativen Eingriff 
verdanken. Im Folgenden werden uns ausschliesslich solche trau¬ 
matische Defecte beschäftigen, w r elche auf offene Brüche des 
Schädeldaches zurückzuführen sind. Sie verdienen einmal deshalb 
besonderes Interesse, weil sie am häufigsten Gegenstand chirurgi¬ 
scher Behandlung w r erden, und dann weil sie oft wegen ihrer 
grossen Ausdehnung einem sicheren knöchernen Verschlüsse, wie 
er im Interesse dos Kranken zu fordern ist, Schwierigkeiten 
machen. 

Direkte Substanzverluste erleidet der knöcherne Schädel nicht 
selten dadurch, dass Theile von ihm durch den verletzenden 
Gegenstand aus ihrem Zusammenhang mit der Umgebung heraus¬ 
gerissen werden und dabei entweder ganz verloren gehen oder 
nur noch durch die erhaltenen Weichtheile an Ort und Stelle zu¬ 
rückgehalten werden. Manchmal fehlt aber auch jegliche Verbin¬ 
dung mit den Weichtheilen, und die gebrochenen Stücke liegen 
lose in der Wunde. Die Grösse des so entstandenen Defectes ist 
allein von den Zufälligkeiten des ursächlichen Traumas abhängig. 

Sehr verschieden bezüglich ihrer Grösse verhalten sich die 
Defecte, w r elche erst den operativen Eingriffen nach complieirten 
Schädelbrüchen ihre Entstehung verdanken. Sie wechseln in 
ihrem Umfange je nach der Form und der Ausdehnung der nöthig 
gewordenen Operation. Da nun die letztere sich nach der Art des 
vorliegenden Bruches und dem Zustande richten soll, in dem sich 
der Verletzte befindet, so erscheint es verständlich, dass ein grosser 
Theil von complieirten Fracturen überhaupt keinen nennenswerthen 
Defect im Schädeldache hinterlässt, nämlich alle die, hei denen 
man sieh auf die Desinfection der Bruchstelle, die Elevation einer 


! ) Nach einem Vortrage, gehalten in der Sitzung der freien Ver¬ 
einigung der Chirurgen Berlins. 


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26. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


eingedrückten Knochenpartie oder die Ausineisselung einer Fissur 
behufs Entfernung eines in ihr festgehaltenen Fremdkörpers be¬ 
schränken kann. In anderen Fällen freilich erfordert es die Rück¬ 
sicht auf den Verletzten oder die Besonderheit des Bruches, dass 
man eine breite Eröffnung des Schädeldaches an der Stelle der 
Verletzung vornimmt. Dazu kann man in jedem Falle von offener 
Schädelfractur gezwungen werden: 

1. Mit Rücksicht auf die Desinfection, 

2. Zum Zwecko der Blutstillung, 

3. Um in das Gehirn eingedrungone Fremdkörper entfernen 
zu können, 

4. Um das Gehirn von dem schädlichen Einflüsse raumbe¬ 
engender odor seine Oberflächo reizender Momente zu befreien. 

Die Form des Eingriffes wechselt dabei von der einfachen 
Wegräumung zertrümmerter Theile bei Splittorbrüchen bis zur 
eigentlichen Trepanation bei Spaltbrüchen mit Zerreissung intra- 
cranieller Gefässe. ° 

Die Operationen, welche aus den genannten Indicationen nöthig 
werden, hintorlasscn fast ausnahmslos grössere Defocte, die sich 
nur selten wieder völlig mit Knochensubstanz ausfüllen, sondern 
meist nur mit einer mehr oder minder feston bindegewebigen Narbe 
bedecken. Es liegen freilich Beobachtungen 1 ) vor, welche beweisen, 
dass sich selbst grössere Substanzverluste im Schädel, namentlich 
bei jugendlichen Individuen, durch Regeneration von Knochenge¬ 
webe im Laufe der Jahre erheblich verkleinern oder selbst ganz 
schliessen können, aber man wird solche Fälle umsomehr als Aus¬ 
nahmen betrachten müssen, als es nach den Untersuchungen von 
Ol Her, Wolff und vielen anderen feststeht, dass den Schädel¬ 
knochen, wegen der geringen Stärke der Diploö und der mangel¬ 
haften Gefässverbindung zwischen dieser und dem Pericranium so¬ 
wie der Dura mater, nur wenig Fähigkeit zur Knochonneubildung 
innewohnt. Namentlich die Knochenhaut spielt bei den regenera¬ 
tiven Vorgängen am Schädel eine verhältnissmässig geringe Rolle, 
und die Callusbildung fällt daher fast ausschliesslich der Diploö 
zu. Da die Knochenneubildung der letzteren bald zum Stillstand 
kommt, so ist es eine gewöhnliche Erscheinung, dass ausgedehn¬ 
tere Defeete des knöchernen Schädels sich zwar von der erhaltenen 
Randzone aus etwas verkleinern, im übrigen aber nur durch eine 
bindegewebige Narbe von wechselnder Stärke und Widerstands¬ 
fähigkeit überbrückt werden. 


Aus dem Vorhandensein eines derartig mangelhaften Ver¬ 
schlusses der Schädelkapsel erwächst nun den Kranken eine ganze 
Reihe von Gefahren und Unbequemlichkeiten. Zunächst ist das 
Gehirn nicht ausreichend gegen äussere Insulte geschützt, und eine 
an sich nur leichte Verletzung kann deshalb schon lebensgefähr¬ 
liche Bedeutung für den Verletzten gewinnen. Dann begünstigt die 
nachgiebige Weichtheilsnarbe das häufige Zustandekommen von 
Blutdruckschwankungen im Gehirn besonders bei Lagewechsel, und 
ist deshalb die Ursache mannigfacher Beschwerden, und drittens 
pflegt die Narbe mehr oder minder ausgedehnte Verwachsungen 
mit dem Gehirn und seinen Häuten einzugehen und wird infolge 
der dabei unvermeidlichen Zerrungen oder des steten Druckes zur 
Quelle weiterer Störungen. Ohnmachtsanfälle, Schwindel, Kopf¬ 
schmerz, Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen der verschiedensten 
Art, die sich bis zu ausgesprochenen epileptischen Krämpfen 
s ® , ^ ern können, sind eine häufige Folge der genannten Uebel- 
S . äD bi p * nen Theil derselben kann man freilich durch das Tragen 
' 0I J Platten wid Prothesen, die aus Leder, Kautschuk oder 
an eieni Material gefertigt werden, mehr oder weniger erfolgreich 
m ampfen. Da aber derartige Schutzapparate aus Vergesslichkeit 
(er wegen der mit dem Tragen verbundenen Unbequemlichkeit 
nii»h* rUn ^ S ^ IIl ^ ,ss s ^ e ^ s bald weggelassen werden, sich auch 
h i an «illen Stellen des Schädelgewölbes mit derselben Sicher- 
ci anbnngen lassen, so erscheint es begreiflich, dass man stets 
8 v eUG versuc bhe, Schädeldefecte, die einen spontanen knöcher- 
ersc j SS nicht erwarten Hessen, wenn nicht durch Knochen 
. docR durch eingeheilte Fremdkörper auf eine wirk- 
allc v , i? e - ZU 7 ersc bliessen. Es würde hier zu weit führen, 
ihnen ersuche 111 dieser Richtung aufzuzählen, zumal, da viele von 
Inferac ^ Ur , noci1 historisches Interesse haben; die sich dafür 
und rna r - en -n J erweisen ydr auf die Arbeiten von Moisson 2 ) 
Fäll« lvllla )» die alle in dieser Beziehung in Frage kommenden 

* ä e zueaminengestellt haben. 

—— ao bedient sich zum Verschlüsse von Schädeldefecten, mögen 


13. Juli ißQi c+ ur £’ ^tzung der freien Vereinigung der Chirurgen am 
de vino-f «««,* a 0 e b en d ft - Lucas-Championniere, Sur une Serie 
de Paris T Y ?,trepanation du eräne. Bull, et mein, de la soc. de chir. 

2, Mnin 'P 5 ,! 2 ' Ref - im Centralblatt f. Chirur. 1889, No. 22. 
substance du Ces difförentes methodes d obliteration des pertes de 
?CodivTn 116 ' n h6se de . Paris im - G - Steinheil. 

Arch. di ortoped *1892 1 m6ZZ * d * ^parazi 0116 delle seontinita craniche. 


379 


dieselben nun traumatischer Herkunft sein oder auf andere Weiso 
entstanden sein, der Osteoplastik in ihren verschiedenen Formen- 
als Homo-, Hetero- und Autoplastik. 

h ' die Uebortragung von Knochentheilen 
innerhalb der Individuen derselben Species, ist zur Ausfüllung von 
menschlichen Schädeldefecten bisher aus begreiflichen Gründen am 
wenigsten in Anwendung gezogen worden, obschon die Erfahrungen 
die Mac E wen 1 ), Olli ei- 3 ) und Poncet 3 ) mit dieser Methode beim 
Ersätze anderer Knochentheile machten, die Verwendbarkeit der¬ 
selben auch am Schädel wahrscheinlich machen. 

Als Material dienten den genannten Autoren Knochonstücke 
die von Osteotomirten stammten oder bei frisch Amputirten ge¬ 
wonnen wurden. Poncet benutzte einmal die Knochen eines in 
Asphyxie gestorbenen Neugeborenen, ohne indess Einlieilung der¬ 
selben zu erzielen. 4 ) 

Weit häufiger als die Homoplastik ist in letzter Zeit die 
Heteroplastik am menschlichen Schädel versucht worden, d. h. die 
Ausfüllung von Defecten entweder mit frischem Knochen, der von 
einer anderen Species stammt, oder mit todtem Material. 

Von letzterem hat hauptsächlich decalcinirter Thierknochen 
und Colluloid Anwendung gefunden. Decalcinirter Knochen wurde 
von Senn 5 ) zu diesem Zwecke zuerst eingeführt; er benutzte 
Knochenstücke, die der Tibia eines frisch getödteten Ochsen ent¬ 
nommen, in millimeterdicke Streifen geschnitten, in Salzsäure ent¬ 
kalkt und in 2 % Sublimatalkohol aseptisch gemacht waren. Mit 
derartig präparirtem Knochen verschloss er mit Erfolg Trepanations- 
defeete bei jungen Hunden, und Knochenhöhlen, die als Folge von 
Nekrotomieen beim Menschen entstanden waren. Künnnell 6 ) ver¬ 
schloss zuerst Schädeldefecte beim Menschen mit decalcinirtem 
Knochen. 

Das Material wurde von ihm in der Weise hergestellt, dass 
er die Tibia des Ochsen oder des Rindes vom Periost und Mark 
befreite, in verschieden grosse Stücke zersägte und dieselben in 
einer Salzsäurelösung entkalkte. Je nach der Schnelligkeit, mit 
der die Entkalkung vor sich gehen soll, schwankte die Salzsäure¬ 
lösung in ihrer Concentration zwischen 10 und 15 °/ 0 . Der so ent¬ 
kalkte Knochen wurde durch Auswässern von etwa ihm noch an¬ 
haftender Säure befreit, mit Sublimatlösung abgewasehen und in 
Jodoformätherspiritus aufbewabrt. Je nach dem Zwecke, den der 
decalcinirte Knochen erfüllen soll, pflegte Kümmel 1 denselben ent¬ 
weder ganz zu entkalken oder einen inneren festen Knochenkern, 
umgeben von weichem Material, zu erhalten. Zum Verschlüsse 
von Schädellücken verwandte er nur vollständig entkalkten Knochen. 
In drei Fällen, in denen wegen Epilepsie trepanirt worden war, 
heilt« das in die Trepanationsdefecte eingelegte, etwa Zweimark¬ 
stück grosse Stück von so präparirtem Knochen anstandslos ein. 
Neben Kftmmell haben Le Dentu 7 ) und Keen 8 ) die Senn’sche 
Methode mit Erfolg zum Ersätze menschlicher Knochendefecto an¬ 
gewandt. 

Das Celluloid ist zuerst von A. Fraenkel 9 ) in Anwendung 
gezogen worden, um Trepanationsdefecte am thierischen Schädel zu 
verschliessen. Es hat sich zu diesem Zwecke wegen der Leichtig¬ 
keit, mit der es sich desinficiren lässt, und weil es auch für un¬ 
regelmässig gestaltete Defeete bequem mittels starker Scheeren 
zurechtgeschnitten werden kann, als besonders geeignet erwiesen. 
Der erste, der es in der menschlichen Chirurgie erprobte, war 
Hinterstoisser 10 ), der einen 4 l /2 cm langen und 3,3 cm breiten 
Schädeldefect auf diesem Wege deckte. Hinterstoisser benutzte 
Celluloid von gelber Farbe und grösserer Durchsichtigkeit wie das, 
welches A. Fraenkel versuchte; er glaubt es dadurch ermöglichen 
zu können, etwaige Ansammlungen von Blut und Eiter hinter der 
Platte zu erkennen, in den Fällen, in denen, aus Furcht vor etwa 
auftretenden Störungen in der Wundheilung, erst secundär Haut 


*) Mac Ewen, Observations concerning transplantation of bone. 
Proceedings of the Royal Society 1881, No. 213. 

-) 01 Her, Traite des resections, T. I, p. 383. 

3) Poncet, Des greffes osseux. Congrös fran^ais de Chirurgie 1886. 

4 ) Cfr. Schmidt, lieber Osteoplastik in klinischer und experimenteller 
Beziehung. Arch. f. klin. Chirurgie 1893. 

5 ) H. Senn, On the healing of aseptic bone cavities by implan tation 
of antiseptic doealcified bone. Amer. Journ. of med. Sciences 1889, 
September. 

®) H. Ktimmell, Ueber Knochenimplantation. Deutsche medicin. 
Wochenschr. 1891, No. 11. 

7 )Le Dentu, Sur l’implantation de fragments volumineux d’os 
decalcifiös pour combler les pertes de substance du squelette. Gazotto 
des höpit. 1891. 

®) W. W. Keen, Five cases of cerebral surgery. Amer. Journ. of 
med. Sciences 1891, September. 

S) A. Fraenkel, Ueber Deckung von Trepanationsdefectcn am 
Schädel durch Heteroplastik. Wiener klin. Wochenschr. 1890, No. 25. 

,0 ) Hinterstoisser, Wiener klin. Wochenschr. 1890, No. 43 und 
1891, No. 16. 


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380 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


und Periost voreinigt werden soll. Dio Präparation dos Materials 
geschieht durch sorgfältiges Abwaschen mit Seife und Einlegen in 
weinsäurefreie l°/oige Sublimatlösung durch mindestens 24 Stunden, 
darauf empfiehlt Hinterstoisser, es trocken aufzubewahren. 
Alkohol, Carbolsäure und warmes Wasser sind bei der Zubereitung 
der Platten zu meiden, da sie das Celluloid angreifen. 

Dio Cclluloidplatte wird in einen mit dem Meissei gebildeten 
Falz der Diploe eingefügt, und, wenn möglich, Haut und Periost 
über derselben vereinigt. In dem Falle von Hinterstoisser 
handelte es sich um einen Defect, der durch Trepanation wegen 
Rindenepilepsie entstanden war. Die Einlegung der Celluloidplatte 
erfolgte drei Tage nach der Trepanation und bewirkte einen voll¬ 
kommenen Verschluss der Lücke, da sie reactionslos einheilte. 

An derselben Stelle (1. c.) berichtet Hinterstoisser über zwei 
andere Fälle von Schädeldefecten, wo sich die von v. Fillenbaum 
vorgenommene Heteroplastik mit Celluloid bewährte. 

Weitere Mittheilungen über diese Methode liegen vor von 
v. Eiseisberg 1 ), der bei einem 17jährigen Mädchen damit einen 
Substanzverlust des linken Stirnbeins nach Caries deckte. In einem 
zweiten Falle musste der genannte Autor die Celluloidplatte, die 
er zum Verschluss eines Trepanationsdefectes (Epilepsie) bei einem 
40jährigen Manne eingesetzt hatte, am vierten Tage entfernen, weil 
ein neuer epileptischer Anfall eingetreten war. Als Grund für 
diesen fand sich ein Bluterguss unter der Celluloidplatte. 14 Tage 
später setzte er sie wieder ein, und es erfolgte vollkommene Heilung 
und keine Wiederkehr dor epileptischen Anfälle. 

Die Versuche, die Leser-) mit Kork und Kautschuk bei 
Hunden zur Ausfüllung artificieller Schädeldefecte machte, können 
zur Nachahmung beim Menschen nicht ermuthigen. Dagegen 
scheinen sich Elfenbeinplatten zu unserem Zwecke insofern zn 
eignen, als sie leicht einzuheilen pflegen und dann einen wirksamen 
mechanischen Verschluss der Schädellücken abgeben. 

Ueber Heteroplastik mit lebendem thierischem Knochen zur 
Dockung menschlicher Schädeldefecte liegen Veröffentlichungen vor 
von v. Jak sch 3 ), der Gänseknochen zur Einheilung brachte, und 
Kecn (1. c.), der frische Stücke aus einem Schafschädel in derselben 
Absicht verwandte, aber keinen Erfolg damit erzielte. Mac E wen 
benutzte zu demselben Zwecke Hunde-, Gerstein Kaninchen¬ 
knochen. 

Die Autoplastik hat bei menschlichen Schädeldefecten in den 
letzten Jahren wohl am meisten Verwendung gefunden und auch 
die grössten Erfolge zu verzeichnen. Namentlich sind es zwei Me¬ 
thoden, welche hier in Frage kommen: die Wolff-Wagnerische 
der temporären Resection und die Müller-König’sche des osteo¬ 
plastischen Ersatzes grösserer Schädeldefecte. Das Verfahren, das 
Wagner 4 ) zuerst am Menschen versuchte und vor ihm Wolff 5 б ) 
bei Thieren erprobt hatte, wird bei offenen Brüchen des Schädels 
wohl nur selten in Anwendung kommen. Höchstens bei Spalt¬ 
brüchen mit intracranieller Blutung wäre es denkbar, dass man 
sich auf diesem Wege das Schädelinnere zugängig machte. Die 
Methode besteht darin, dass ein .U-förmiger Hautperiostlappen Um¬ 
schnitten wird; dann wird die Schädeldecke im Umfange des retra- 
liirten Weichtheillappens durchmeisselt und der so gebildete Haut¬ 
periostknochenlappen schliesslich durch subperiostale Durclimeisse- 
lung der Knochenbrücke nach aussen umgeklappt. Am Schlüsse 
der Operation wird der Lappen wieder an Ort und Stelle gebracht, 
und Periost sowohl wie Haut durch Naht, soweit wie thunlich, ver¬ 
einigt. Dieses Verfahren ist inzwischen in zahlreichen Fällen ver¬ 
sucht worden. Da es aber bei Schädelverletzungen doch nur 
äusserst selten zur Anwendung kommen kann, so übergehen wir 
die umfangreiche Casuistik (cfr. Moisson 1. c.) über diese Methode 
und begnügen uns mit dem Hinweise darauf, dass sie sich voll¬ 
kommen bewährt hat. (Fortsetzung folgt.) 

Y. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn. 

Die Gefahren der Narkose für den 
Diabetiker. 

Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik. 

(Fortsetzung aus No. 16.) 

Diese Beobachtungen hatten, wie man ohne weiteres zugeben 
wird, in ihrem Auftreten und Verlaufe eine so grosse Aehnlich- 
keit, dass man fast versucht war, eine Art von Gesetzmässigkeit 

l ) v. Eiseisberg,. Ueber Schädelchirurgie. Internationale klinische 
Rundschau 1891, No. 24. 

а ) Arch. f. pathol. Anatomie u. Physiologie Bd. 95, 1884, p. 282 

3 ) v.Jaksch, Wiener med. Woehenschr. 1889, No. 38. 

4 ) W. Wagner, Die temporäre Resection des Schädeldaches an 

Stelle der Trepanation. Centralbl. f. Chirurgie 1889, No. 47. 

б ) J. Wolff, Die Osteoplastik in ihren Beziehungen zur Chirurgie 
und Physiologie, v. Langenbeck’s Arch. Bd. IV, 1863. 


dahinter zu vermuthen. Indessen fand ich in den gebräuchlichsten 
Lehrbüchern und Handbüchern der Chirurgie und inneren Medicin 
keine Andeutungen; auch die umfangreichen und grundlegenden 
Monographicen von Frerichs 1 ) und Ebstein 2 ) erwähnen dio 
Thatsache nicht, dass Diabetiker im Anschluss an eine Narkoso in 
ein tödtliohes Coma verfallen können. 

Mein hochverehrter früherer Chef, Herr Geheimrath Ebstein, 
war so liebenswürdig, auf meine briefliche Anfrage mir dahin¬ 
gehend Auskunft zu geben, dass seines Wissens ausgedehntere Er¬ 
fahrungen über diese überaus wichtige Seite der Diabetesfrage bis¬ 
lang nicht vorlägen. 

Es erschien daher geboten, Umschau in der casuistischen 
Litteratur zu halten, um möglicherweise unter den Kapiteln „Am¬ 
putationsstatistik“, „diabetische Gangrän“, „Narkotica“ u. s. w. in 
Dissertationen, Jahresberichten von Kliniken und Krankenhäusern 
einzelne hierher gehörige Beobachtungen zu sammeln. Die Aus¬ 
beute w r ar nicht so gering, wie ich von vornherein erwartet hatte. 
Denn wenn man einmal bedenkt, dass doch nur ein verschwendend 
geringer Bruchtheil unserer Operirten zuckerkrank ist, zweitens 
unsere Kenntnisse der diabetischen Gangrän der Extremitäten noch 
verhältnissmässig jungen Datums sind und endlich derartige Un¬ 
glücksfälle meistens lieber verschwiegen, als veröffentlicht werden, 
so lange man sich über die w'ahre Todesursache nicht vollständig 
klar geworden ist, — w r enn man alles dieses berücksichtigt, ist 
eine Gesammtzahl von 12 Fällen (einschliesslich der drei mitge- 
theilten Bonner Beobachtungen) immerhin schon ein Material, mit 
dem man rechnen darf. Ich wrill daher zunächst die in der mir 
zugängigen Litteratur Vorgefundenen Krankheitsgeschichten mit¬ 
theilen, um dann aus dem gesammten Material Schlüsse ziehen zu 
können. 

Fall 4. Landow 3 ) (Göttinger Klinik). Zur operativen Behandlung 
der senilen und diabetischen Gangrän der unteren Extremität. Fall No. 11. 

Wilhelm Wiesmann, 40 Jahre alt, Kaufmann. Aufnahme am 
10. October 1889. Diabetische Gangrän des Fusses und Unterschenkels 
bis zur Höhe des unteren Drittels. Ueber der rechten Lungenspitze 
Dämpfung und abgeschwächtes Athraen; hinten Rasseln. Grosser Durst. 
Urinmenge 3140 ccm. Speeifisches Gewicht 1027. Deutliche Zuckcrreac- 
tion (V Procent). Vorbehandlung: Antidiabetische Kost. Sublimat, 
Comprossen und Hochlagerung des Fusses und Unterschenkels. Am 

14. October Amputatio femoris nach Gritti unter Blutleere. Im 
Laufe des Nachmittags stellte sich Coma ein, das bis zu dem am 

15. October, morgens 4 Uhr, erfolgten Tode anhielt. 

Sectionsergebniss: Starkes Oedem der Pia, Hyperämie und Er¬ 
weiterung der Lymphräume in den Hemisphären; ulceröse Endocarditis 
aortica, Erweiterung des linken Ventrikels, Verfettung der gesammten 
Herzmuskulatur; miliare Abscesse im Myocard und in den Nieren. Ver- 
grösserung der Milz und der Nieren, die stark verfottet sind. Cirrhotische 
Fettleber. Phthisischer Heerd in der rechten Lunge, adhäsivo Pleuritis 
dextra. Lungenödem beiderseits. 

Fall 5. Heidenhain 4 ) (Augusta-Hospital in Berlin). Ueber die 
Behandlung der senilen Gangrän der unteren Extremität, insbesondere bei 
Diabetikern. Fall No. 9. Tabelle p. 1124. 

49jähriger Mann, aufgenommen am 25. Juli 1884. Diabetische Gan¬ 
grän des linken Fusses und Unterschenkels. Kräftiger Mann, hohes Fieber. 
Zucker = 5%. Vorbehandlung: Abtragung der brandigen Fetzen. Zucker¬ 
gehalt steigt auf 6%, Allgemeinbefinden verschlechtert sich. Wunden 
reinigen sich nicht. Fieber. In den letzten Tagen ist Patient öfters un¬ 
klar, schläft viel, doch keine septischen Erscheinungen. Athem des Pa¬ 
tienten hat stets auffallend süss gerochen. 

8. August. Amputatio femoris subcondylica. Patient bleibt in 
einem vollständigen Coma liegen und stirbt nach 24 Stunden. 
Sectionsbefund fehlt. 

Fall 6. Faber 5 ) (Fälle von Israel in Berlin). Fall No. 4. 65jährigcr 
Mann, hat seit mehreren Jahren Blasenbeschwerden. Untersuchung cr- 
giebt Carcinom der Blase, Cystitis. Allgemeine Arteriosklerose. Mehr¬ 
fache Untersuchungen ergaben keinen Zucker. 

Sectio alta. Carcinom inoperabel. Blase wird drainirt. Am näch¬ 
sten Tage enthält der Urin 7 o/ 0 Zucker. Coma diabeticum. Exitus. 

Fall 7. Faber 1. c. Fall No. 9. — 65jähriger Mann bemerkte vor 
drei Wochen an der kleinen Zehe des linken Fusses eine blaurothe Stelle. 
Jetzt: Gangrän des Fusses bis zum Chopart’schen Gelenk. Urin enthält 
4,7 % Zucker, wenig Eiweiss. Ablatio cruris dicht unterhalb dor Tubero- 
sitas tibiae. Am Tage nach der Operation ist Patient sehr un¬ 
ruhig. Zuckergehalt 4,8%. Am zweiten Tage nach der Operation 
ist der Puls irregulär, Patient benommen. Gangrän schreitet dorsal 
über das Knie fort. Abends treten Collapserscheinungen ein, denen Pa¬ 
tient erliegt. Sectionsbefund belanglos. 


J) Frerichs, Ueber den Diabetes. Berlin 1884. 
a ) Ebstein, Die Zuckerharnruhr, ihre Theorie und Praxis. Wies¬ 
baden 1887. 

3 ) Landow, Dtsch. Ztschr. f. Chir. Bd. 36, p. 170. 

4 ) Heidenhain, Dtsch. med. Woehenschr. 1891, No. 38—41. 

5 ) Fajber, Beitrag zur Lehre über grössere Operationen bei Diabetes 
mellitus. Bissert. Berlin 1891. 


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2 6. Ap ril. 


DEUT SCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


381 


Fall 8. Verneuil 1 ). Not-o sur une serie de 27 grandes amputa- 

tions. Fall No. 24. — Ch. A.. ein 52jähriger, kräftiger Mann von 

guter Constitution, der sich offenbar einer guten Gesundheit erfreut, wird 
am Morgen des 13. März 1876 in das Höpital de la Pitie wegen einer 
in der verflossenen Nacht durch ein Wagenrad hervorgerufenen Zer¬ 
schmetterung des linken Fusses eingebracht. Die Verletzungen waren 
derartig, dass sie die Amputation erforderlich machten. Uebrigens schien 
auch nichts dagegen zu sprechen. Der Kranke hatte sich von dem Un¬ 
fälle erholt, war sehr entschlossen und fieberlos (37,2°). 

So machte ich denn um 10 Uhr Morgens die Exarticulation im 
Sprunggelenke nach J. Roux. Abgesehen von einer etwas langdauem- 
den und schwer zu stillenden Blutung aus den kleineren Gefässen verlief 
die Operation ohne Zwischenfälle. Watteverband. 

Tag und folgende Nacht sehr gut. Kein Fieber. Am andern 
Morgen betrug die Temp. 37,1°. Patient war ganz ruhig. Gegen 
10 Uhr verfällt der Kranke in eine Art von Stupor und liegt 
mit halbgeöffneten Augen, zurtlckgesunkenem Kopfe, kalten und cyano- 
tischen Extremitäten da; beträchtliche Beklemmung (Oppression), Ver¬ 
wirrtheit (Subdelirium) und unzusammenhängendo Worte. Puls 118,’ Resp. 
28, Temp. 36,8°; mit einem Worte beginnende Agone. Man erfährt jetzt, 
dass der Mann seit langer Zeit Diabetiker ist. Die sofort vorgenommene 
Urinuntersuchung ergiebt die charakteristische Reaction. 

Mittags steigt die Pulsfrequenz auf 140, sinkt später wieder auf 130. 
Resp. 32. Der Tod erfolgte in der Nacht. Der Amputationsstumpf 
war in vorzüglichem Zustande; keine Schwellung, keine Gangrän; der 
Lappen hatte ein frisches Aussehen. 


Fall 9. Landau ,J ) (Berlin). Carcinoma uteri und Coma diabeticum, 
nebst Bemerkungen über die Vornahme grosser Operationen bei gleich¬ 
zeitig bestehender Zuckerhamruhr. — 47jährige Frau, wegen Carcinoma 
uteri am 7. Juli 1888 aufgenommen. Seit einem Jahre Polydipsie und 
Kräfteverfall. Zucker damals nachgewiesen. Bei der Aufnahmo kein 
Zucker, keine Polyurie. 

11, Juli 1888. Amputatio uteri nach Ri che lot's Verfahren. Dauer 
der Operation 22 Minuten. Die Patientin versinkt, nach der Opera- 
tion ins Bett gebracht, sofort in ruhigen Schlaf, bricht garnicht und 
liegt den ganzen Vor- und Nachmittag ohne Morphin ruhig mit aus¬ 
gezeichnetem Pulse und guter Respiration da, während ihre Nachbarin, 
welcher ebenfalls am nämlichen Tage wegen Carcinoma uteri die Gebär¬ 
mutter vaginal exstirpirt wurde, sofort nach der Operation über heftige 
öchmerzen im Leibe klagte. Eine grössere Differenz im Verhalten zweier 

r« en denkbar, sodass das ruhige Verhalten der Diabetica und 

ihre Euphorie etwas unheimliches hatte. Auf Befragen verständige Ant- 
worten, kern Fieber. Im Laufe der Nacht häufig Durst; Nachts 3 Uhr 
über 1 I Urin durch den Katheter entleert. Grosser Durst, sonst ruhig. 

Gegen Morgen war die Athmung der Kranken inzwischen tiefer und 
tiefer geworden. Temperatur Morgens 6 Uhr 37,2°. Zunge trocken, 
nssig Athemzüge sehr tief, eigenartig ätherischer Geruch. Theilnahm- 
los daliegend, offenbar sehr durch Dyspnoe belästigt, reagirt sie auf Be- 
ragen durch Oeffnen der Augen, Wenden des Kopfes zum Sprechenden 
and giebt nach einiger Zeit auf die Fragen nach ihren Klagen und 
wünschen an, dass sie es vor Durst nicht aushalten könne. Der mittels 
Katheter entleerte Urin enthält deutlich Zucker. 

2 Uhr Mittags wird die Kranke unbesinnlich, das Coma nimmt zu. 
iemperatur normal. 3»/* Uhr Nachts erfolgte der Tod. 

Tonnen bürg 3 ). Ueber die Zellgewebsentzündungen bei 
Bo ®teskranken. — Diabetiker in den 40er Jahren, der sich selber beim 
beschneiden emes Hühnerauges eine kleine Verletzung an der Zehe zu- 
? *°K e ? , te - Beginnende Gangrän des Fusses. Acht Tage nach Beginn 

der Erkrankung Amputatio femoris. 

j s stellte sich bei dem Kranken sehr bald nach der Operation 
Ho— ,, eJia j ln te Coma diabeticum ein, so dass er wenige Tage nach 
derselben der Krankheit erlag. 

m.o ,9?h sn er 4 ). The treatment of gangrene due to diabetes. 

une Chicago climcal Review, Juni 1893.) Fall No. 2. - 48jähriger, den 
vu 11 ?. ta ^ d i n »“gehöriger Mann mit diabetischer Gangrän der 
anHsonfi k 6 b ! s 2 ??** di 0 Planta pedis reichend, wurde anfangs 

K k° b »“^diabetisch behandelt. Hoher Zuckergehalt. 

Amnnt *• i Wochen unter den besten Bedingungen für Asepsis 
Comn h 10a des Knies gemacht; wenige Stunden danach 

Loma, das in 36 Stunden zum Tode führte 

—• Ein a h 1 P' Dreschfeld 5 ). The Bradshawo lecture on diabetic coma. 
Hamvoi-kou ' ve * c ^ er an einer Harnröhrenstrictur litt, kam wegen 

Charakter;c» Un f rösehfeld’s Behandlung. Die Athemluft hatte den 

säur« ni« l u heil uP erucb ’ der Urin enthielt Aceton, aber keine Acetessig- 
Einfßhrnn , jf ani Tr , e war se b r stark ausgedehnt und machte dahor die 
Ansteicron^ a GS Katheters nöthig. Die Folge davon war ein plötzliches 
Kat,hote,;«k f Temperatur von der Norm auf 39,4° (Urethralfieber, 
des w "i UQ dTod im Collaps innerhalb 10 Stunden nach Einführung 
eine auso-oH e , nt f s ‘ 1 der Section fand sich eine Strictur der Urethra, 
Hydronenhr h U n hypertrophische Blase und ein geringer Grad von 
Das ose > d ®r Kest der Nierensubstanz zeigte keine Veränderungen. 

I? fettiger Degeneration. 

-mitg etheilten Beobachtungen der Autoren sind sehr ver- 

p. 563. ^ erneu ^’ Arch. g6ndr. de medec. VH. Serie, Tome I, 1878, 

2 Borl hün. Woch. 1888, No. 43, p. 863. 

Och«n nburg ’ Berlin - klin - Woch. 1885 > P- fe 48 - 
mir zugängig 61 ÜUr 101 Referat im Centralbl. f. Chirurgie 1894, p. 48, 

) Dreschfeld, British med. Journal 1886, 21. Aug., p. 358. 


schieclenwerthig, da sie nicht alle mit der gleichen Ausführlichkeit 
veröffentlicht sind. Indessen habe ich kein Bedenken getragen 
auch die kurzen Krankengeschichten mit heranzuziehen, weil sie in 
Verbindung mit den ausführlicheren MitthoUungen das klinische 
Bild zu vervollständigen imstande sind und dadurch das Beweis- 
material vervollkommnen. 

io Zunächst ist . es bemerkenswert**, dass sich unter den citirten 
12 hAllen nur eine Frau befindet, wie ja überhaupt bekanntlich 
die Zuckerharnruhr bei weitem häufiger beim männlichen, als beim 
weiblichen Geschleckte angetroffen wird. Das Lebensalter schwankte 
zwischen 40 und 64 Jahren. 


Was die Diabetesform — ob leichte oder schwere — an¬ 
langt, so kann ich darüber nur unbestimmte Angaben machen. 
Diejenigen Fälle, bei denen es sich um eine diabetische Gangrän 
der Extremitäten handelte, wird man wohl zweifellos zu den schwe¬ 
ren Formen rechnen müssen, da doch sicher eine grosse Zahl 
Zuckerkranker in der Welt herumlaufen, die an keinerlei gangrä¬ 
nösen . und phlegmonösen Processen leiden. Indessen muss aus¬ 
drücklich hervorgehoben werden, dass die Kranken vor der Opera¬ 
tion keinerlei Zeichen einer allgemeinen Sepsis oder gar eines be¬ 
reits beginnenden Comas zeigten. Bei den drei Bonner Pa¬ 
tienten ist dies mit absoluter Sicherheit auszuschliessen; 
in den mitgetheilten Krankengeschichten anderer Operateure ist 
dasselbe theils direkt hervorgehoben, theils das Gegentheil nicht 
erwähnt. Sicher sind in früherer Zeit, in der man noch keine 
Kenntniss von der Existenz einer diabetischen Gangrän hatte, eine 
Menge Fälle als sogenannte Spontangangrän beschrieben, die that- 
sächlich auf diabetischer Grundlage beruhten, und von diesen Fällen 
sind zweifellos auch einige im Anschluss an die Amputation comatös 
zugrunde gegangen, ohne dass man — zumal in vorantiseptischer 
Zeit — die richtige Diagnose gestellt hat. Sepsis, Shok, Herz¬ 
lähmung — das sind die Erklärungen, die man sich über die Todes¬ 
ursache der Kranken machte. 

Nun finden sich aber auf der- anderen Seite eine Reihe von 
Fällen, die man ohne Bedenken zu' den leichten Diabetesformen 
rechnen darf. Unser Kranker (Fall 2) mit dem Aneurysma popli- 
teum hatte keine Ahnung, dass er zuckerkrank war; er litt nicht 
an den klassischen Schulsymptomen der Polyurie, Polydipsie und 
Polyphagie, welche bei ihm, seinen Verwandten oder dem behan¬ 
delnden Arzte den Verdacht auf Diabetes hätton erwecken können. 
Er wird operirt, wird comatös und stirbt. Landau’s Kranke 
(Fall 9) hatte vor Jahren Zucker im Harn gehabt. Trotz mehr¬ 
facher Untersuchungen mit den verschiedensten Methoden liess 
sich aber in den Tagen unmittelbar vor der Uterusexstirpation 
kein Zucker nackweisen, sondern erst in dem einige Stunden nach 
der Operation mit dem Katheter entleerten Urin. Ebenso war 
Verneuirs Patient (Fall 8) ein gesunder, kräftiger Mann, bei dem 
kein Mensch an die Möglichkeit einer vorhandenen Zuckerharnruhr 
gedacht hatte. Dreschfeld’s Hülfe suchte der Diabetiker (Fall 12) 
nicht wegen der Zuckerkrankheit, sondern wegen einer imper- 
meabeln Strictur auf. In vielen Krankengeschichten finden sich 
leider keine genaueren Angaben über das Allgemeinbefinden der 
Kranken und den Procentgehalt des Harnes an Zucker. Dort wo 
letzterer mitgetheilt ist, schwankt er zwischen 3 und 6 Procent. 
Einmal fand sich wenig Eiweiss im Urin, zweimal Aceton; der 
Geruch der Athemluft nach Aceton war etwas häufiger zu be¬ 
merken. Im allgemeinen sind aber die Angaben ziemlich unbestimmt. 

Was das Nareoticum aulangt, so haben wir zwei Fälle 
(No. 1 und 3) nach Anwendung von Chloroform, einen nach der 
Aethernarkose verloren; von den anderen Autoren ist das Narco- 
ticum nicht erwähnt. Man wird, wie ich glaube, der Wahrheit 
am nächsten kommen, wenn man annimmt, dass es sich in der 
überwiegenden Mehrzahl um Chloroformnarkosen gehandelt hat. 

Die Dauer der Narkose betrug im ersten Falle 35, im zweiten 
60 Minuten, im dritten etwa 10 Minuten. Landau’s Uterus¬ 
exstirpation war in 22 Minuten vollendet. Wenn man ferner be¬ 
denkt, dass bei der diabetischen Gangrän der Unterextremität in 
der Mehrzahl der Fälle eine Thrombosirung der Gefässe vorhanden 
ist, so ist es wahrscheinlich, dass die erforderlichen Amputationen 
wegen der geringen Zahl der vorzunelnnenden Unterbindungen 
meist schnell ausgeführt werden konnten, so dass die Dauer der 
Narkose in der Regel keine übermässig lange war. Uebele Zufälle 
während der Narkose haben wir bei unseren drei Krankon nicht 
erlebt; in den übrigen Berichten ist nichts davon erwähnt. 

Die klinischen Symptome und der Verlauf der Erkrankung 
bieten höchst interessante Eigenthümliehkeiten. Ich habe bereits 
hervorgehoben, dass in sämmtlichen Fällen der Kranke bis zum 
Augenblick der Operation keinerlei Symptome darbot, welche ein 
in der Entwickelung begriffenes Coma hätten vermuthen lassen. 
Der Kranke wird narkotisirt; die Operation verläuft ohne irgend 
welche Zwischenfälle. In’s Bett gebracht, erwacht er zur gewöhn¬ 
lichen Zeit und unterscheidet sich zunächst durch nichts von einem 


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382 DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT._ ____No. 1/7 


Nichtdiabetiker. Wenn er indessen nach einigen Stunden völlig 
klar geworden ist, tritt — wie es scheint regelmässig — ein be- 
merkenswerther Unterschied auf, nämlich eine aulfällige Euphorie. 
Während die meisten Operirteu zu dieser Zeit über Schmerzen an 
der Operationsstelle klagen, fühlt sich der Diabetiker unverhältniss- 
mässig wohl, ein Symptom, das bei unseren Kranken (Fall 1 u. 2) 
mit Gangrän bezw. dem Kniekehlenaneurysma in sehr deutlicher 
Weise hervortrat. Landau ist das Gleiche aufgefallen. Er hatte 
am selben Morgen zwei Frauen wegen Carcinoma uteri nach der 
Ri chelot’sehen Methode von der Scheide aus den Uterus total 
exstirpirt. Während die eine sofort nach dem Erwachen aus der 
Narkose über sehr heftige Schmerzen im ganzen Unterleibe klagte, 
sich hin- und herwarf und kaum zu boruhigeu war, lag die Diabe¬ 
tica ganz ruhig und zufrieden im Bette, ohne zu klagen. Während 
die erstere nur nach Morphindosen Linderung verspürte, schlief die 
Diabetica abends ohne Morphin ein. Ihr Zustand hatte geradezu 
etwas „unheimliches.“ 

Nach wenigen bis zu 24, 48 Stunden tritt nun wiederum eine 
Aenderung des Allgemeinbetindens ein. Die Euphorie geht in einen 
Zustand von Theilnahmlosigkeit und Stupor über. In sel¬ 
tenen Fällen schliesst sich dieser Zustand direkt an das Erwachen 
aus der Narkose an (z. B. Fall 8). Der Kranke redet aus eigenem 
Antriebe überhaupt nicht, auf Befragen giebt er nur unwillig und 
kurze Antworten, dreht sich im Bette auf die andere Seite und er¬ 
klärt, er sei müde, er wolle schlafen. Man muss ihn zu den Mahl¬ 
zeiten wecken, man muss ihn füttern, da er aus eigenem Antriebe 
nicht zum Löffel greift, er verschluckt sich leicht, ist nach wenigen 
Bissen gesättigt und legt sich wieder zum Schlafen hin — um in den 
tödtlichen Schlummer zu versinken. In einigen Fällen kann man jetzt 
deutlich das Symptom des tiefen Athemholens, des Lufthungers, 
auf welches K u s s m a u 1 seiner Zeit zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt 
hat, beobachten. Der Kranke holt in regelmässigen Zwischenräumen 
ganz tief Luft, dabei dehnt sich der Thorax ad maximum aus; 
aber eine Cyanose besteht nicht. Das Herz arbeitet kräftig weiter. 
Inzwischen ist die Benommenheit in vollständige Bewusstlosig¬ 
keit übergegangen; Urin und Koth gehen unwillkürlich ab. 
Wusste man vorher nicht, dass der Patient zuckerkrank war, so 
wird man bei diesem Symptomencomplex wohl stets auf die rich¬ 
tige Diagnose geleitet. Die Harnuntersuchung ergiebt meist einen 
hohen Gehalt (6—7 u /o) an Zucker. Unter den Erscheinungen des 
Lungenödems und der Herzparalyse geht der Kranke nach kürzerer 
oder längerer Zeit zugrunde, ohne dass man in der Lage wäre, 
durch therapeutische Maassnahmen den Ausgang zu verhüten. 

Der Sectionsbefund bietet nichts typisches und ist für die 
Beurtheilung der Frage offenbar von nur untergeordneter Bedeutung. 

Vergegenwärtigt man sich das geschilderte klinische Bild, so 
kann man sich der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass ein 
ursächlicher Zusammenhang zwischen dem diabetischen Coma 
und dem operativen Eingriffe bestehen muss. Denn wenn ein Kran¬ 
ker bis zum Augenblicke der Operation vollständig gesund ist und 
nicht die geringsten Symptome zeigt, welche ein Coma vermuthen 
liessen, und wenn dann dieser Kranko in unmittelbarem Anschluss 
an die Narkose das Bild eines schwer kranken Mannes zeigt und 
in wenigen Stunden eomatös zugrunde geht, so ist es höchst unwahr¬ 
scheinlich, dass diese beiden Momente völlig unabhängig von ein¬ 
ander sein sollen. 

Ein ursächlicher Zusammenhang besteht zweifellos. Es ist 
nur die Frage: haben wir den Grund in einem der bislang bekann¬ 
ten Agentien, welche ein Coma diabeticum auszulösen imstande 
sind, zu suchen? Frerichs macht in seiner Monographie darauf 
aufmerksam, und ebenso theilt Cyr 1 ) in seiner sehr lesenswerthen 
Arbeit „De la mort subite ou tr6s-rapide dans le diab&te“ Beob¬ 
achtungen mit, aus denen hervorgeht, dass Zuckerkranke nach 
grossen psychischen Erregungen und körperlichen An¬ 
strengungen in einen comatöseu Zustand verfielen. 

W oder das eine noch das andere Moment lässt sich auf unsere 
Kianken auwenden. Sehr aufgeregt waren sie nicht vor der Ope¬ 
ration. Der Alte mit der diabetischen Gangrän (No. 1) sowohl, 
wie der Gastwirth mit dem Poplitealaneurysma (No. 2) waren beide 

ihrem Arzte zur Operation geschickt, sie hatten sich in 
die Nothwendigkeit derselben bereits gefunden. Beide hatten 
längere Zeit (zwei bis neun Tage) Gelegenheit zu beobachten, dass 
die anderen Operirten der Klinik nicht viel unter Schmerzen zu 
leiden hatten und sich verhältnissmässig ganz wohl fühlten. Der 
dritte Kranke (No. 3) war bereits einmal 14 Tage vorher narkoti- 
sirt, kannte also den Zustand bereits und wusste, dass er nach 
Eröffnung des Abscesses Linderung seiner Schmerzen verspüren 
würde. Ausdrücklich hebt auch Verne ui 1 hervor dass sein Kran¬ 
ker mit zerschmettertem Fusse (No. 8) ohne weiteres die Einwilli- 
gung zur O peration gab und „sehr entschlossen“ war. 

*) -'L-chives generales de medecine Der. 1877 et Jan. 1878. 


Andererseits kann aber auch von einer grossen körperlichen 
Anstrengung nicht die Rede sein, da nicht einmal das Excitations- 
stadium in der Narkose bei unseren Kranken sehr hochgradig war, 
so dass man die damit verbundenen Bewegungen der Extremitäten 
möglicherweise für die Auslösung des Coma hätte beschuldigen 
können. 

Ferner ist bekannt, dass durch stärkere sensibele Reize 
refleetorisch ein Coma beim Zuckerkranken ausgelöst werden kann; 
man könnte also versucht sein, die Operation als solche zu be¬ 
schuldigen. Indessen hat meines Erachtens diese Hypothese nicht 
viel anziehendes. Die einzelnen operativen Eingriffe waren zu ver¬ 
schiedener Art, theils ganz harmloser Natur, wie die Incision eines 
Abscesses, als dass man in dem damit verbundenen sensibeln Reiz 
die eigentliche Ursache finden dürfte. Ich kann daher auch den 
ganz unbestimmten Andeutungen der anderen Beobachter über diesen 
Punkt keinen grossen Werth beimessen. So sagt z. B. Dresch¬ 
feld 1 ): „Im Anschluss an chirurgische Operationen an Diabetikern 
entwickelt sich gelegentlich ein Coma. Es scheint, als ob dazu 
der nervöse Sliok den Anlass giebt; es würde indessen interessant 
sein, zu untersuchen, in wie weit die Anwendung der Anästhetica 
dabei zu beschuldigen ist.“ Dies ist die einzige Erwähnung, die 
ich in der mir zugängigen Litteratur habe auffinden können. Wenn 
aber dabei der sensibele Reiz eine bedeutende Rolle spielt, so 
müssten doch die Ophthalmologen gelegentlich einmal die Beobach¬ 
tung gemacht haben, dass im Gefolge einer unter localor Anästhesie 
ausgeführten Extraction einef diabetischen Katarakt sich ein eoma- 
töser Zustand entwickelt hätte. Mir ist darüber nichts bekannt 
geworden. _ (Schluss folgt.) 

VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau. 

Zur Therapie der narbigen Speiseröhren- 
verengerungen. 

Von Dr. A. Tietze, Assistenzarzt der Klinik. 

(Schluss aus No. 16.) 

2. Aber auch in den schwierigen Fällen, in welchen Flüssig¬ 
keiten noch anstandslos den Oesophagus passiren und 
selbst dünne Sonden sich hindurchführen lassen, wo also 
keine Indicatio vitalis besteht, kann oft genug nur auf dein Wege 
der Gastrostomie eine erfolgreiche Behandlung durchgeführt werden. 

In allen derartigen Fällen war bisher die allmähliche Dila¬ 
tation durch Sondenbehandlung die souveräne Methode; man hat 
es auch verstanden, die Schwierigkeiten des Sondirens in vielen 
Fällen auf verschiedene Weise und oft mit Erfolg zu überwinden. 
So besteht eine häutig gebrauchte Methode darin, ein mit Darm¬ 
saiten gefülltes Rohr bis an die Strictur heranzuführen, während 
man nun versucht, durch wechselweises Vorschieben der Saiten die 
obere Oeflhung der Strictur zu treffen und die Sonde hindurch- 
z ul eiten. 

Hacker erwähnt in seiner bereits citirten Monographie, dass 
es ihm gelungen sei, unter Leitung des Panelektroskopes eine vorher 
impermeable Strictur zu sondiren, und auch in unserem Fall 4 
konnte man das obere Ende der Strictur mit dem Oesophagoskop 
von Mikulicz sehen, doch gelang es nicht, die Sonde einzuführen. 
Bekannt ist auch die Erfahrung, dass es häufig gelingt, nach 
grossen Morphiumgaben eine vorher unwegsame Strictur zu passiren. 
Nun haften dieser Methode der allmählichen Sondendilatation aber 
ausserordentliche Uebelstände an. Einmal erfordert diese ganze 
Behandlungsweise eine ausserordentliche Uebung und Ausdauer 
seitens des Arztes und des Patienten. Die Narbenmassen sind 
häufig so fest, dass man in der Behandlung nur ungeheuer schwer 
weiter kommt; unterlässt man das Bougiren nur eine kurze Zeit 
lang, so treten bald die schwersten Recidive auf. Um nun schneller 
und nachhaltiger zu dilatiren, hat Hacker vorgeschlageu, ein über 
einer dünnen Sonde oder einem Fischbeinstab ausgozogenes Drain¬ 
rohr durch die verengte Stelle hindurchzuführen, welches durch 
seinen elastischen Druck stark erweiternd wirkt. 

Es haften aber dem Bougiren unter solchen Verhältnissen noch 
grosse Gefahren an; es ist ein besonderes Verdienst Hack er’s, an 

der Hand einer sorgfältig geführten Statistik 5 *) auf’s neue auf diese 
Thatsache hingewiesen zu haben. Danach geht von den Patienten, 
welche Verätzungsstricturen des Oesophagus davongetragen haben, 
mindestens noch der dritte Teil an den Folgen derselben zugrunde, 
und zwar verhält sich die Mortalität der Nichtoperirten zu den 
Operirten w f ie 55 : 40. 

Es wird dies um so verständlicher, wenn wir uns der oben 
geschilderten Formveränderungen der Speiseröhre erinnern: viele 

0 Dreschfeld 1. c. p. 361. 

a ) v. Hacker, Zur Statistik und Prognose der Verätzungen ( h' b 
Oesophagus und der im Gefolge derselben entstehenden Stricturcn. Langen- 
beek’s Archiv Bd. 45, p. 605 


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6 L April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Patienten gehen an septischen Processen, die sich in der Nachbar¬ 
schaft der Strictur entwickeln und von hier aus weitergreifen, zu¬ 
grunde, und in leider recht zahlreichen Fällen schliesst sich die 
letale Erkrankung direkt an eine hastige oder ungeschickte oft 
auch an eine ganz vorsichtig ausgeführte Sondirung an; eine’Ver¬ 
letzung oder Perforation des Oesophagus ist die verhängnisvolle 
Folge derselben. Es dürfte wohl kaum einen Chirurgen geben der 
nicht aus eigener Erfahrung über ein solch’ trauriges Ereigniss 
berichten könnte. Angesichts dieser Erfahrungen halten wir es für 
richtig, in solchen Fällen häufiger operativ vorzugehen, als dies 
bisher Usus war. 

Prineipiell zu verwerfen sind hierbei alle Methoden, welche 
ohne Leitung des Fingers, des Auges, also im „Dunkeln“ 
vorgehen. Dahin gehört neben den alten Methoden der Aetzung 
der Durchstossung, der Erweiterung mittels federnder Instrumente^ 
vor allen Dingen die Oesophagotomia interna, die wir als äusserst 
gefährlich absolut aus dem Kreise unserer therapeutischen Maass¬ 
nahmen verbannt wissen möchten, und dahin möchte ich auch, 
trotz des ihr ertheilten Lobes, die neuerdings scheinbar wieder 
mehr geübte elektrolytische Behandlung rechnen. Will man schon 
die Strictur direkt in Angriff nehmen, so hat man unter allen Um¬ 
ständen die Oesophagotomia externa auszuführen, um von hier aus 
die Strictur zu sondiren oder zu discidiren (combinirte Oesopha- 
gotomie von Güssen bau er). Für das erste Verfahren tritt be¬ 
sonders Graser 1 ) auf Grund von Erfahrungen in der Erlanger 
Klinik ein, ich glaube jedoch, dass diese Methode ebenso wie die 
combinirte Oesophagotomie ihre Hauptbedeutung für Stricturen im 
Hals- oder höchstens oberen Brusttheil hat; tiefer gelegene sind 
von der Halswunde ebenso wenig mit absoluter Sicherheit zu 
erreichen wie vom Munde aus. 2 ) 

Wir sind in unseren Fällen, als deren Prototyp der folgende 
anzusehen ist, etwas anders verfahren und glauben die Methode 
zur Nachahmung empfehlen zu dürfen. 

Fall 3. Bei diesem Patienten, einem 16jährigen, kräftigen Knaben, 

. welchem seit fünf Jahren eine sehr lange Verätzungsstrictur am Be¬ 
ginn des oberen Brusttheiles bestand, welche vergeblich bisher mit Bou- 
giren behandelt, inrnior wieder recidivirt und jetzt für die feinsten Schlund- 
sonden gerade noch durchgängig war, wurde bald nach der Aufnahme 
eine Alagenfistel angelegt; nach zwölf Tagen wurde eine mit einem Faden 
ui der neben bezeichnten Weise (Fig. 1) armirte Sonde vom Munde aus 
eingemhrt, es gelang, den Faden zu fassen und die Sonde 
zurückzustreiien. Jetzt wurde der Faden, welcher, recht lang, 
zur ristel und zum Munde herausschaute, später zur Nase 
neriuisgeiührt wurde, noch einmal recht weit zur Fistel heraus- 
gezogeu und mit seiner Hülfe ein seitlich an ihr angeschlun- 
P n ^iw ® es ’ dünnos Hrain, welches den ganzen Oesophagus 
uustüllte und ebenfalls bis zur Nasenöffnung herausreichte, in 
um. f, ezo ® eiL . Das untere Ende des Fadens blieb ausser- 
am der Jbistel liegen und wurde mit Heftpflaster befestigt. 
ie Absicht, das starre Oesophagusrohr dadurch zu dehnen, 
wurde m so vollkommener Weise erreicht, dass schon nach 
rei agon statt des ersten Drains von 5‘/a mm Durchmesser ein 
so cües von 9'/a mni an dem Faden in ähnlicher Weise wie 
icr durch die Strictur hindurchgezogen werden konnte. Dies- 
iiia wurde es so lang gelassen, dass es neben dem Faden zur 
„ ly«nd, an der Seite mit einer Oeffnung versehen, 

® W als Fntterangsschlauch dienen konnte. Im ganzen 
dor 1 r rC1 o 0C J len , wurde das Drain ganz fortgelassen, statt 
.ml« ° i mDW 0Q d e ,eim Heginn der Behandlung, welche nur 
Ulln r . aen grössten Schmerzen des Patienten eingeführt werden 
wi P assi yte jetzt anstandslos eine solche von 5 mm Stärke, 

T w . ren d der ganzen fünfjährigen Dauer des 

j t f s niemals hatte hindurchgeführt werden können. 

■, \ e d' er . e11 vier Wochen, nachdem man von nun an 
Uefahron lSCh 1 bou fp rt bat ’ was *? ei der weiteren Passage keine 
Schlauch m? 1 * t b0t ’ 1S i “«?■ bis , zu einer 11 mm - Sond e gelangt, der 
worden die l'J»] m an Ä gten Ma S enfistel ist entfernt 

i e histel hat sich innerhalb 14 Tagen spontan geschlossen. 

einer be , öt £ ht also im Princi P darin, nach Anlegung 

strirt.,1 S ßst tf durch Emzieh en von Drainröhren die Oesophagus^ 
handlumr^n' 61 ^ Z i U deh " en ’ dass man uun eine consequente Be¬ 
reichen S , tflrk ® reu Sondennummern beginnen kann; wir er- 

Strictnp 1 nur eine sehr schnelle Erweiterung der 

oinctur - dies hat sowohl dieser ” 


Fig. i. 


wie die späteren Fälle und 


deutschc’iff’o^n B ® han dl un g der Oesophagusstenosen. Verhandlungen 
* wLt 8sell8c l ha . ffc J för Chirurgie Bd. XIX, p. 136. 

) -'nmerktincr a«- n_ Tr ’ v ^ . .. 


der 

Arbeit ft".«*»»« bei "<üi CÖrrectur 
- 1 hat ; Slcl1 Bayer auf Grund 


Kurz vor dem Druck dieser 
ten OesoDhrnV^ er aul Uru ud eines Falles zu Gunsten der combinir- 
ßied. Wochenschr ^ Ga ® t I rosfcomie ausgesprochen (Prager 

fieobachtumren v™ u ’ i^°‘ Angesichts der beiden oben mitgethoilteu 
trotzdem dL, po „ aCk ?-„ Und . un8erer Er fahrungen im Fall 5 glaube ich 
tomie im’Sinn« r ,® euu £ P alle giebt, welche der combinirten Oesophago- 
haupt, u ur durrh n :^ Se r , ftaer . s Hiu^t zugänglich, sondern, wenn über- 
— i n e i n „ P , e U°mbmation von Gastrostomie und Oesophagotomie 
einer noch zu erörternden Weise - heilbar sind. Der Verf. 


___ 383 

auch unsere Erfahrung bei Mastdarmstricturen gezeigt - sondern 
wir entkleiden vor allen Dingen dadurch die Sündenbehandlun- 
ihrer Hauptgefahren, indem wir dieselbe erst dann oinleiten wenn 
wir bei einer relativ weiten Passage des Weges sicher sind’ 

d. Hatten wir es nun, wie solche Fälle häufig genug Vorkommen 
mit einem Patienten zu thun gehabt, bei welchem trotz er¬ 
haltener Fähigkeit zu schlucken, jeder Versuch der 
Sondirung misslungen wäre, so würde man ihm ebenfalls eine 
Magennstel angelegt haben, und nun hätten wir den Versuch ge¬ 
macht, ihn nach dem Vorgänge von Socin 1 ) ein mit einem Faden 
armirtes Schrotkoni schlucken zu lassen, um ihm daran nach 
unserer Methode wieder ein Drain durch die Strictur zu ziehen- 
oder wäre dies nicht gelungen, so hätten wir uns vorläufig darauf 
beschränkt, einige Zeit nach Anlegung der Magenfistel die retro¬ 
grade Bougirung des Oesophagus zu versuchen. In mehreren 
Fällen, die aus der Arbeit von Gissler 2 ). zu ersehen sind und 
die ich noch um einen in der Dissertation von Vollradt (1889) 
beschriebenen Fall aus der Fischer’schen Klinik vermehren kann 
ist es gelungen, auf diese Weise die Durchgängigkeit der Speise¬ 
röhre wieder herzustellen. 

Auch in den nächsten beiden Fällen ist es gelungen, von der 
Magenfistel aus eine Sonde in den Oesophagus vorzuschieben, doch 
konnte man die Strictur selbst nicht passiren. 

Es waren dies beides Fälle, in denen, wenigstens zur Zeit der 
Operation, eine absolut undurchgängige Strictur bestand, von deren 
Länge man also absolut keine Vorstellung hatte, bei deren Be¬ 
stände ausserdem die Patienten so heruntergekommen waren, dass 
aus diesen beiden Gründen gemäss den oben entwickelten’Prin- 
cipien zuerst die Magenfistel angelegt werden musste. Die Kran¬ 
kengeschichten sind in Kürze folgende: 

Fall 4. Gustav G., I 3 /* Jahr, 12. September 1891. Am 1. Juni 
hat der Knabe etwa einen Theelöffel voll Natronlauge getrunken; lang¬ 
same Entwickelung einer Strictur; von der vierten Woche an täglich 
bougirt, doch nimmt das Leiden stetig zu. Seit zwei Tagen soll Patient 
überhaupt nichts mehr schlucken können. Kräftig entwickelter Knabe, 
jetzt jedoch stark abgemagert, innere Organe gesund, impermeable Oeso- 
phagusstrictur beginnend in der Höhe der oberen Brustapertur. Schlucken 
unmöglich. Bald nach der Aufnahme Gastrostomie nach der alten Me¬ 
thode, einzeitig. Heilung ohne Zwischenfall. Nach annähernd 14 Tagen 
wird der Versuch gemacht, von der Magentistel aus den Oesophagus zu 
sondiren und die stricturirto Stelle zu dilatiren. Es gelingt nach viel¬ 
fachen vergeblichen Versuchen, eine Metallsonde durch die" Cardia hin¬ 
durch nach oben zu führen, doch bleibt dieselbe jetzt, imd in späterer 
Zeit immer in der Höhe der oberen Brustapertur stecken an einer Stelle, 
bis zu welcher auch die vom Mundo aus eingeführte Sonde reicht. Es 
wird also auf diese Weise eine nicht allzulange Strictur in der Höhe der 
Brustapertur festgestellt; nachdem alle anderen Versuche, dieselbe zu be¬ 
seitigen, gescheitert sind, wird am 15. März 1892, also fast ein halbes 
Jahr nach der Gastrostomie die Oesophagotomia externa mit tief nach 
unten gelegtem Schnitt ausgeführt. Der Patient konnte übrigens um 
diese Zeit wieder Flüssigkeiten zu sieh nehmen. Bei der Operation nun 
wölbte sich zwischen den frcigclegten Muskeln ein bauchiger Sack vor, 
der sich bei der Incision als Divertikel der Speiseröhre dicht über der 
Strictur erweist. Dasselbe ist innen mit einer vielfach geschwürig zer¬ 
fallenen Schleimhaut ausgekleidet, an seinem unteren Ende entdeckt man, 
ziemlich central gelegen, einen feinen, für eine Myrthenblattsoudo gerade 
noch durchgängigen Canal; ohne denselben zu discidiren, gelingt es, durch 
denselben eine lange dünne geöhrte Metallsondo in den Magen hinabzu- 
stossen; an ihr wird dann ein langer Seidenfaden und später mit desson Hülfe 
ein langes dünnes Drain hindurchgezogen, welch letzteres nun zur Magen¬ 
öffnung und zur Halswunde herausragt und nach achttägigem Verweilen 
durch ein dickeres ersetzt werden kann. Im ganzen nach 14 Tagen ist 
die Strictur soweit gedehnt, dass man mit regelmässigen Bougirungen (mit 
Blei gefüllte Hamröhrenbougies) beginnen kann; die Oesophagotomie- 
wunde schliesst sich langsam und ist vier Wochen nach der Operation 
geheilt. Vier Monate nach der Oesophagotomie ist die Speiseröhre für 
eino 10 mm starke Sonde durchgängig, die Magenfistel wird jetzt, drei¬ 
viertel Jahre nach ihrer Anlogung, geschlossen. Acht Wochen später 
wird Patient in blühendem Zustande und fähig, alles zu sich zu nehmen, 
entlassen. 

Fall 5. (22 Jahre alte Patientin der Kölligsberger Kliuik, aufge- 
genommen 8. Oetober 1888). Patientin, sonst immer gesund gewesen, 
verschluckte vor drei Jahren einen Theelöffel voll Schwefelsäure; lang¬ 
sam entwickelte sich eine hochgradige Strictur. Patientin ist jahrelang 
nur auf den Genuss von Milch angewiesen, angeblich geht seit drei 
Wochen gar nichts mehr herunter. Patientin erhält von ihrem Arzte 
Nährklystiere. Höchst abgemagertes Mädchen, unfähig irgend etwas zu 
schlucken, bei der Sondirung des Oesophagus gelingt es selbst mit den 
feinsten Sonden nicht, über eine Stelle an der oberen Brustapertur zu 
kommen. Zwei Tago nach der Aufnahme Anlegung einer Magenfistel 
nach der alten Methode, einzeitig. Nach gutem Verlauf wird nach drei 
Wochen der Versuch gemacht, von der Fistel aus zu sondiren, die Sonde 
dringt etwa 10 cm über die Cardia hinauf. Von da ab wird Patientin 

l ) Vgl. Gissler, Ueber die retrograde Dilatation von Oesopbagus- 
strieturen. Bruns’ Beiträge Bd. VIII, p. 109 (daselbst siehe auch die 
Beschreibung der Methode von Kraske: es wird an einem Faden eine 
Elfenbeinolive retrograd durch die Strictur gezogen), 

*) Gissler 1. c. 


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Gck igle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




384 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


täglich vom Magen aus bougirt, doch dringen die Sonden nicht höher 
als bis in die Höhe des Manubrium sterni vor. Verschluss der Magen¬ 
fistel durch einen Glasstöpsel. Patientin nach fünf Wochen vorläufig 
entlassen. (Schon drei Tage nach der Gastostromic hatte sie wieder 
Flüssigkeiten per os nehmen können.) Nach fünf Monaten Wiederauf¬ 
nahme; in der Zwischenzeit ist sie täglich in der Poliklinik mit elasti¬ 
schen Sonden von der Magenfistel aus sondirt worden. Man ist jedoch 
auch jetzt nie über die früher bezeichneto Stelle hinausgekommen. Auch 
die Versuche, durch Einführung mehrerer feinster elastischer Sonden zu¬ 
gleich den Weg zu finden, misslingen, ebenso blieben alle Versuche, vom 
Munde aus die Strictur zu durchdringen, erfolglos. Das Einfuhren der 
Sonden in die Cardia gelingt ohne Mühe, am besten bei vollständig wage¬ 
rechter Lage der Patientin und bei Schluckversuchen. Ernährung voll¬ 
ständig durch die Magenfistel, Patientin nimmt nur flüssige Speisen. 
In den letzten 14 Tagen ist Patientin wiederholt ösophagoskopirt worden 
(Mikulicz’sches Ocsophagoskop). Das ösophagoskopischc Bild zeigte 
bereits entsprechend dem Manubrium sterni den Oesophagus blind endi¬ 
gend erweitert, wandständig findet sich am blindsackartigen Ende oine 
feine Oeffnung, deren Umgebung stark geröthot und oberflächlich ulcorirt. 
Alle Versuche, in diese Oeffnung mit feinen Sonden oinzudringen, waren 
rosultatlos. 5. März 1889 Oesophagotomio. Nach Einstellung des Oeso¬ 
phagus wird constatirt, dass derselbe dicht beim Eintritt 
in den Thoraxraum blindsackartig endet; an der früher 
beschriebenen Stelle dieses Blindsackes findet sich eine 
feine Oeffnung, in welche eine dünne Sonde gerade noch 
eindringt. Alle Versuche, mit elastischen und festen 
Sonden die Strictur nach der Cardia hin zu durchdringen, 
scheitern. Auch Versuche, vom Magen aus durch dio 
Strictur zu dringen, sind resultatlos. Schliesslich lässt 
sich durch Bougiren mit gekrümmten Sonden gleich¬ 
zeitig von der Wunde und der Magenfistel aus fest¬ 
stellen, dass der Oesophagus nebenstehende Verziehung 

zeigt. Es wird darauf bei i eine Communication angelegt 

und die darüber liegende Zwischenwand durchtrennt; nun 
gelingt es, eine geöhrte Sonde in den Magen zu führen 
und an dioser ein dünnes Kautschukdrain nachzuziehen. 

Die Weiterbehandlung wie im vorigen Falle. Patientin 
fiebert in den ersten Tagen, starke Schwellung der Um¬ 
gebung der Wunde, starke Bronchitis. Allmählich schwin¬ 
den dio Erscheinungen. Nach 17 Tagen wird das Drain 
durch ein dickeres ersetzt. Nach fünf Wochen wird das 
Dauerdrain fortgelassen, und Patientin täglich zweimal mit dicken Schlund- 
sonden bougirt. Gleichzeitig geschieht dieErnährung per os. Schmerzen beim 
Bougiren, Temperatursteigerung und starke Rückenschmerzen veranlassen 
noch einmal mit dem Bougiren aufzuhören und dafür wieder ein etwas 
dünneres Drain einzuziehon. Es entwickeln sich Zeichen der Infiltration 
beider Unterlappen der Lunge. Die ganze Affection dauert etwa zehn Tage, 
während deren Patientin stark fieberte. Von da ab macht die Heilung 
langsame Fortschritte. Das Drain wurde wieder aus dem Oesophagus 
entfernt und die Strictur bougirt. Mehrfach gelang es dabei nicht, von 
oben her in den Magen zu gelangen, während ein von unten eingeführtes 
Bougie dio Strictur passirte. Es wurde dann regelmässig wieder an dem¬ 
selben ein Drain nachgezogen und für einige Tage liegon gelassen. End¬ 
lich macht das Bougiren auch mit dicken Schlundbougies keine Schwierig¬ 
keiten mehr, die Halswunde hat sich spontan geschlossen, und so kann 
fünf Monate nach ihrer Anlegung die Magenfistel durch Anfrischung der 
Magenwand und Naht geschlossen werden. Nach einem weiteren Monat 
wird Patientin geheilt entlassen. Sie stellt sich nach einem Vierteljahr 
wieder vor. Sie sieht sehr wohl aus, kann alles schlucken, hat 36 Pfund 
zugenommen, bougirt sich selbst mit Bougie No. 16, während noch No. 20 
mühelos hindurchgeftthrt wird. 



. In beiden Fällen also war die im obersten Brusttheil gelegen 
Stiictur für eine Sonde nicht passirbar; es lag dies das eine ma 
an der eigenthümlichen Abknickung der verengten Stelle, das an 
dere mal daran, dass man bei dem zarten Alter des Patientei 
sich zu doppelter Vorsicht genöthigt gesehen und nichts hatt 
nskiren wollen. Da beide Patienten bei der Aufnahme gar nicht! 
mehr hatten schlucken können, so blieb, wie in allen Fällen im 
permeabler Stricturen, nichts als die Gastrostomie übrig, die un 
vorzüglich angelegt wurde. In beiden Fällen stellte sich nachlie 
das Schluckvermögen wieder spontan ein; da indess alle Versuche 
diesen günstigen Umstand nach den Methoden von So ein ode 
von Kraske 1 ) zu benutzen, vollständig scheiterten, so musste] 
die Stricturen weiter als völlig impermeable behandelt werden, d. h 

Lr;;' 0 ‘,° r n C ; rSUCh gemacht - ,Ji0 Stricturen durch retrograde: 
Bougiren zu dilatiren; aber auch dies misslang, und nun bliel 

ei “ l ® tzfce , ti Mlttel übrig, nämlich nach Eröffnung de 
Speiseröhre die Strictur aufzusuchen und zu beseitigen. Dass die: 

ersi^tlkT, ZUm Z ‘ el “ U ' te ’ ist aus den Krankengeschichte, 

• , Nu !i könnte man, auf diese Befunde gestützt, dazu kommen 
in der Gastrostomie eine überflüssige Operation zu erblicken ode 

falls zurück reten W f a e i ntel ' ‘‘7 Oesophagotoroia externa jeden 
falls zurucktreten müsste; gerade dor zuletzt mitgetheilte Fal 

spricht aber zu Gunsten der Gastrostomie resp. des eombinirtei 


l ) Vrgl. Gissler, 1. c. 


Verfahrens, denn durch die Oesophagotomie allein wäre es nie ge¬ 
lungen, die Hindernisse zu erkenuen und zu beseitigen. Ausser¬ 
dem haben wir ja aber, und das ist auch noch ein ganz besonders 
wichtiger Grund, in allen diesen Fällen noch eine zweite Indication 
zu erfüllen, d. i. den Ernährungszustand der Patienten zu heben, 
eine Rücksicht, welche in unseren letzten Fällen uns die Richtung 
unseres Handelns gebioterisch vorschrieb, in allen anderen aber 
gleichfalls ein schweres Gewicht zugunsten der präliminaren Gastro¬ 
stomie in die Wagschale fallen lässt. 

Aus dem vorhergehenden ist ersichtlich, einen wie breiten 
Raum wir der Gastrostomie bei der Behandlung des Verätzungen 
der Speiseröhre einräumten; trotzdem möchten wir nicht so weit 
gehen wie May dl, welcher bei jeder frischen Oesophagus Verbren¬ 
nung die Magenfistel anzulegen gerathen hat. 

Was die Technik der Magenfistel anbetrifft, so möchte ich 
noch hervorheben, dass w r ir in der letzten Zeit in der Klinik aus¬ 
schliesslich die Methode von Witzei angewandt haben. Herr Ge¬ 
heimrath Mikulicz hat schon an anderer Stelle 1 ) darauf hinge- 
wiesen, dass diesem Operationsverfahren gerade für Zwecke temporär 
anzulegender Fisteln, wie also in den uns hier interessirenden 
Fällen von narbiger Stenose der Speiseröhre, eine ganz besondere 
Bedeutung zukommt, weil dasselbe neben eiuem ausserordentlich 
guten Verschluss der Fistel auch eine spontane Heilung derselben 
zu garantiren scheint; wenigstens hat sich bei unseren beiden Pa¬ 
tienten die Fistel nach Entfernung des Drainrohres thatsäohlich 
innerhalb von etwas mehr als 14 Tagen definitiv von selbst ge¬ 
schlossen. Damit dürfte aber auch ein weiteres Bedenken gegen 
die Gastrostomie fortfallen. Nun könnte man gegen diese Modifi- 
cation freilich noch eins einwendon: es fragt sich nämlich, ob der 
eigenthümlich schiefe Verlauf des Canales in der Magenwand bei 
dieser Operation den späterhin vorzunehmenden Manipulationen bei 
der retrograden Dilatation etc. nicht hinderlich sein kann. Infolge 
dieser Erwägungen habe ich in dem einen der oben mitgetheilten 
Fälle (Fall 3), den mir Herr Geheimrath Mikulicz zur Operation 
überliess, auf den Vorschlag des Herrn Dr. Kader die typische 
Richtung des Canales geändert und ihn radiär so angelegt, dass 
er gewissermaassen die Fortsetzung des unteren Endes des Oeso¬ 
phagus auf die vordere Magenwand projicirt darstellte. Es gelang 
mir dann später ohne grosse Mühe, von hier aus die Spitze der 
von oben eingeführten Schlundsonde zu fassen. 

Schliesslich möchte ich dann noch auf das Verfahren der Deh¬ 
nung der Stricturen durch Drainröhren aufmerksam machen, das 
sich in unseren Fällen ausgezeichnet bewährt hat; ich muss aber 
ausdrücklich hervorheben, dass Hacker in einem Theil seiner Fälle 
gauz ähnlich verfahren ist und dass das Verfahren, so viel wir 
wissen, zum ersten mal von ihm geübt wurde. 2 ) 

Als Hauptergebniss unserer Erfahrungen über die Behandlung 
von Oesophagusstrieturen möchte ich folgendes hervorheben: 

1. Die Gastrostomie ist in schweren Fällen von Ver- 
ätzungsstricturen des Oesophagus häufiger zu üben, als 
es bisher fast allgemein geschehen ist; durch sie werden 
einerseits die Gefahren des Leidens verringert, anderer¬ 
seits die Behandlung der Strictur, sowohl in frischen 
als auch in veralteten Fällen, wesentlich erleichtert. 
Manche Fälle sind nur durch vorangehende Gastrostomie 
zu heilon. 

2. Dio continuirliche Dilatation des Oesophagus mit¬ 
tels Drainröhren nach dor in den letzten drei Fällen 
angewandten Methode führt ungleich rascher und gefahr¬ 
loser zum Ziel als die gewöhnliche Bougirung. 

3. Es giebt Fälle, in welchen nur die Combination 
von Gastrostomie und Oesophagotomie zum Ziele führen 
kann. 3 ) 


VII. Zur DipMherieheilungsfrage. 

Entgegnung auf den Artikel des Herrn Prof. Behring. 

Von Dr. Hans Aronson. 

Zu einem Circular der Chemischen Fabrik Schering, betreffend 
das Diphtherieantitoxin, hat Herr Prof. Behring in der No. Io 
dieser Wochenschrift einige Bemerkungen gemacht, auf welche ich 
hier kurz erwidere, da die Angaben in diesem Circular, wie Herr 
Behring richtig vermuthet, auf mich zurückzuführen sind. 


*) Berliner klin. Wochenschr. 1893, No. 1. 

*) Wiener med. Wochenschr. 1886, No. 31 und 32, Nachtrag p. IUI- 
0 Nach Abschluss des Manuscriptes habe ich Einsicht in die Arbeit 
von Thiele, „Ueber die Verbrennung des Mundes, Schlundes, der Speise¬ 
röhre und des Magens“ erhalten (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des 
Militärsanitätswesens, Heft 6, Berlin 1892). Ich möchte an dieser Stelle 
auf die Lectüro dieser ausführlichen, sehr lesenswerthen Monographie ver¬ 
weisen, wenn sich auch die therapeutischen Vorschläge des Verfassers 
nicht in allen Punkten mit unseren Anschauungen docken. 


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26. April. 


DEU TSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ich brauche nur auf No. 1 dieser Bemerkungen einzugehen 
dass die Diphtherieantitoxinlösung Schering nicht den Werth des 
zwanzigfachen Normalantitoxins hat, da No. 2 in anderen Worten 
nur dasselbe besagt. 

Der Pröfungsmodus des Diphtherieantitoxins ist in dem Cir¬ 
cular genau beschrieben und scheint mir den Angaben im Vortrage 
Behring’s, gehalten in der pharmaceutischon Gesellschaft am 
7. December 1893, völlig zu entsprechen. Der Gehalt der Diphtherie¬ 
antitoxinlösung ist, wie ich mich durch mehrfache Versuche über¬ 
zeugt habe, mindestens derart, dass bei Prüfung 1 ) an Meer¬ 
schweinchen im Gewicht zwischen 300 und 400 Gramm Mischungen 
von 0,005 ccm mit einer Diphtheriegiftdosis, an der gleich «rosse 
Controllthiere in 38 bis 46, und grössere Thiere in 48 bis 60 Stunden 
ohne Ausnahme starben, anstandslos, d. h. auch ohne locale Er¬ 
scheinungen zu verursachen, vertragen werden. Ich sehe einer 
Nachprüfung dieser Angabe von competenten, nicht persönlich 
bei der Sache interessirten Autoren (zu diesen kann ich — 
was den letzteren Punkt anbelangt — die Herren Behring und 
Ehrlich nicht rechnen) mit der grössten Ruhe entgegen. 

Das, was Herr Behring unter Normalantitoxinlösung versteht, 
J hat schon mehrmals geschwankt, und es ist ja möglich, dass er 
jetzt schon -wieder andere Anforderungen stellt. Die Differenz ist 
wohl nur so zu erklären, dass die von Herrn Ehrlich zur Prüfung 
benutzte Giftdosis eine grössere gewesen ist. Dass trotzdem das 
Resultat dieser Prüfung kein -wesentlich abweichendes gewesen 
sein kann (Fehler bis zu 10% können hier, — da es sich ja um 
eine physiologische Methode handelt, — schon wegen der nicht 
absolut gleichen Empfänglichkeit der Thiere kaum in Betracht 
kommen), ersehe ich daraus, dass Herr Behring bei der nicht 
gerade von grossem Wohlwollen zeugenden Besprechung sonst 
wohl irgendwelche positive Angaben über den Grad der von 
Ehrlich festgestellten Min der werth igkeit der Antitoxinlösung ge¬ 
macht hätte. Das, was Herr Behring thatsächlich vorzubringen 
vermag, steht also in dem denkbar schroffsten Gegensatz zu der 
gewählten Form, indem Herr Behring sogar den Anschein zu er- 
wecken sucht, als ob hier eine bewusste Unwahrheit vorliegt. 

v\ ie aus dem Circular hervorgeht, soll diese Lösung in erster 
Lime zu Immunisirungszwecken Verwendung finden, — für Heil- 
zwecke stehen viel concentrirtore in ausreichenden Mengen zur 
Verfügung, — und Herr Behring dürfte gewiss der letzte sein 
der etwa die Diphtherieantitoxinlösung Schering, — selbst wenn 
sie nach Ehrlich z. B. etwa einer 17fachen Normallösung ent¬ 
spricht,—zu diesem Zweck für ungeeignet hält, nachdem er dafür 
sogar seine Normallösung für ausreichend erklärt hat. 

Inwiefern hier also eine Discreditirung der Behring’schen Ent¬ 
deckung eines specifischen Diphtherieheilmittels vorliegt, ist mir 
unverständlich. Wenn Herr Professor Behring ferner die Be- 
u ung auf seinen Namen für illegitim erklärt, so glaube ich. dass 
r meir Grund gehabt hätte, sich zu beklagen, wenn sein Name 
w 61I ? e L , e ' in der er unzweifelhaft ausserordentliche Verdienste 
hat, mcht gebührend genannt wäre. 

Bemerkungen zn vorstehender Entgegnung. 

Von Prof. Behring. 

i n d , as Biphtherieantitoxin-Schering, welches Herr Aronson 
inir . “"/ ache Normallösung nach der von Prof. Ehrlich und 
lirU-!o • lr ^ n , Berechnung im Circular bezeichnet hat, in Wirk- 
kftin« eme +v wäre i so würde diese Differenz in der That 

das ks,,fr e i nt t? 1 ? sein * * cb babe abor ausdrücklich erklärt, dass 
mpnpri p 1 "# 6 Präparat „nach der von Prof. Ehrlich vorgenom- 
brik 61 “ Mehrfaches hinter der Angabe der Fa- 

würdp Hätte ich gesagt „um ein Zweifaches“, dann 

ahpr v 8 . r ^P am t eine 10fache Normallösung sein; wenn ich 
meine iph eine . ai Zurückbleiben „um ein Mehrfaches“ spreche, so 
Herr Am ami ^ dass dasselbe noch weit mehr minderwerthig ist. 
1893 in ason beruft sich auf meinen Vortrag vom 7. December 
in den 6r p “ ar ! naceut ischen Gesellschaft. Dieser Vortrag ist 
druckt n ^ un £ sberic hten der pharmaceutischon Gesellschaft abge- 
von AnHw ? thält 811 der SteUe ’ wo ich von der zur Prüfung 
diese Pndf 1 ^n SUn IS en ^wählten Giftdosis rede, die Angabe, dass 
der töHtiLw Meerschweine mindestens das Zehnfache 
Herrn Am „ en Minimaldosis repräsentirt. Ich muss es 
die von ihnf 011 assen ’ .den Beweis dafür zu liefern, dass 
nutzte Uift^ ? Ur ,. We rtkbestimmung seiner Antitoxinlösung be- 
citirten Vnrt^ S1S 0168611 Anforderung entspricht. Die in dem 
im Wortlaut £? g6 . nai L besc hriebene Werthbestimmung habe ich 
genommen i me ! n Bach „Infection und Desinfection“ hinüber- 
———_1_ nü a cgesehen von diesen beiden Stellen existirt 

verweise Ich" nlf ^ 6naue and Weise, wie ich diese Prüfung ausführe, 
klinischen Wochenschrift in ^ er nftc h sten Nummer der Berliner 


__385 

von eZ-hA" Kl.!!, to Ä tSChe ” medicinischen Wochenschrift 
Aon Ehi lieh Kossel und Wassermann eine Beschreibung dar¬ 
über, was Ehrlich und ich unter einer Normallösung verstehen 

naoh h T ? errn Ar6nS ° n ohne fügende Sachkenntnis« 
nachgoahmten) Mischungsmethode auf ihren Antitoxingehalt geprüft 

WAn’n S 10 eb A en Cltlrten i . dr , ei Stellen enthalten identische Angaben. 
Wenn HeTr Aronson die Möglichkeit in Erwägung zieht, dass ich 
„jetzt schon wieder andere Anforderungen an eine Normallösung 
stelle so ist das als eine gänzlich verunglückte Ausflucht und als 
eine durch nichts begründete Unterstellung zu charakterisiron 
Fast noch schlimmer als diese Unterstellung ist die Rede¬ 
wendung, m welcher Herr Aronson an Autoren appellirt die 
nicht bei der Sacho interossirt sind.“ Ich bin allerdings 
bei dieser Sache mteressirt, sogar sehr interessirt, denn ich habe 
diese Sache zu meiner Lebensaufgabe gemacht; aber mein Interesse 
ist himmelweit von dem verschieden, wie Herr Aronson es ver¬ 
steht; mein Interesse an der Sache ist von der Art, dass ich rück¬ 
sichtslos gegen mich, aber auch rücksichtslos gegen andere auf 
eine klare Darstellung des Thatsächlichen halten und jeden Com- 
promiss mit solchen Mediciuern ablehnen muss, denen die wissen¬ 
schaftliche Wahrheit nicht obenansteht. Ich habe rückhaltlos 
meine experimentellen Ergebnisse so publicirt, dass jeder nicht 
gar zu unfällige Mediciner dieselben jetzt nachmachen kann und 
ich werdo das nach wie vor so halten, weil nur auf’diese 
Weise em schneller wissenschaftlicher Fortschritt ermöglicht wird. 
Es ist ja nicht zu leugnen, dass damit auf dem von mir er¬ 
schlossenen therapeutischen Gebiet eine gewisse Gefahr verbunden 
ist. Ich selbst gedenke die neuen Heilmittel, insbesondere das 
Diphtherieheilmittel, erst dann der Oeffentlichkeit zu übergeben, 
nachdem vorher alles gethan ist, was nach menschlichem Wissen’ 
einen Misserfolg unmöglich macht. Da habe ich denn freilich ein 
Interesse daran, dass nicht Leute, welche finden, dass es sich hier 
um Dinge handelt, die man in Geldeswerth umsetzen kann, vor¬ 
zeitig meine Mittel zu einem Handelsartikel machen. Aber nur 
vorübergehend habe ich gelegentlich des von Herrn Aronson 
unternommenen Versuchs einer vorzeitigen geschäftlichen Aus¬ 
beutung meiner experimentellen Ergebnisse bedauert, dass ich auch 
unberufenen Medicinern das Arbeiten auf diesem Gebiete durch die 
Art meiner Mittheilungen ermöglicht habe, und ich sehe mich reich¬ 
lich für die unangenehmen Erfahrungen dadurch entschädigt, dass 
durch die Mitarbeit vieler, von reinem wissenschaftlichem Streben 
geleiteter Männer die Diphtherieheil ung mit meinem Mittel schon 
jetzt so weit gediehen ist, dass für den Kundigen über den Werth 
desselben kein Zweifel mein- existirt, 1 ) Man darf wohl hoffen, dass 
in der medicinischen Wissenschaft das Vorgehen des Herrn Aron¬ 
son, welcher auf meinem ureigensten Gebiet sogar durch die In¬ 
anspruchnahme von Patenten die weiteren Studien zu beschränken 
versucht, eine Ausnahme bleiben wird. 

Soviel von meinom persönlichen Interesse an der Sache. 

Ich muss nun aber noch auf den viel wichtigeren Theil des¬ 
jenigen eingehon, was ich zu vorstehender Entgegnung zu sagen 
habe, nämlich auf die Gefahr der Discreditirung meines Mittels 
durch die Angaben des Herrn Aronson. Ich halte es für sehr 
wahrscheinlich, dass es Leute giebt, welche durch die unwahre 
Behauptung, ich hätte eine Antitoxinlösung von derjenigen Con- 
centration, wie die durch die Schering’sche Fabrik in den Handel ge¬ 
brachte, für therapeutische Zwecko als ausreichend erklärt, sich 
verleiten lassen, diphtheriekranke Individuen damit zu behandeln. 
Wenn dann das eintritt, was bei der Minderwerthigkeit des Diph- 
therinantitoxins-Schering nothwendig eintreten muss, dass bei der 
von sachkundigen Klinikern an gestellten Probe der Erfolg ausbleibt, 
so wird, wenn ich nicht rechtzeitig die Berufung auf meinen Namen 
für eine illegitime erkläre, nicht blos das Aronson’scho Präparat, 
sondern das neue Heilverfahren überhaupt, für lange Zeit discreditirt. 
Es spricht nicht sehr für den Scharfsinn des Herrn Aronson, 
wenn er das unverständlich findet. 

Endlich bleibt mir noch übrig (damit nicht aus meinem 
Schweigen falsche Schlussfolgerungen gezogen werden), in Bezug 
auf die Immunisirungsfrage Folgendes zu erklären: 

Prof. Ehrlich hat für Immunisirungszwecke unter anderem 
auch eine Antitoxinlösung von zufällig ganz genau der gleichen 
Concentration, wie die des käuflichen Präparates, zur Anwendung 
gebracht. Eine solche Lösung erwies sich aber noch nicht als 
ausreichend, um in der Dosis von 1 ccm eine sichere Immuni- 
sirung beim Menschen zu gewährleisten. Es wäre mir sehr er¬ 
wünscht, zu erfahren, wie in diphtheriedurchseucliten Orten 
mehrere Wochen und Monate nach der Anwendung des Aronson- 
schen Präparates die Resultate sind. Ein bestimmtes positives 
Urtheil ist ja selbstverständlich erst nach längerer Zeit und auf 


*) So erfahre ich aus Pasteur’s Institut von den „sehr günstigen“ 
Heilresultaten in Paris. 


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386 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


Grund von Erfahrungen an sehr vielen Einzelfällen möglich, während 
auch schon wenige Erkrankungen an Diphtlierio beweisen, dass die 
angewendetc Dosis nicht genügt. 1 ) Wenn Herr Aronson behauptet, 
dass ich eine bestimmte Antitoxindosis für ausreichend zur sicheren 
Immunisirung erklärt habe, so zeigt das nur von neuem, dass ei 
sich nicht sorgfältig genug an meine thatsächlichen Angaben halt. 
Ich will ja gern glauben, dass Herr Arons o n nicht bewusst, 
sondern bloss wegen ungenügender Sachkenntnis« die Dinge anders 
darstellt als sie sind; nichtsdestoweniger aber habe ich in einer 
nicht nur für mich, sondern für die diphtheriegefährdete Menschheit 
so wichtigen Sache die Pflicht, sein Vorgehen als das zu cliarakteri- 
siren, was es ist, nämlich als eine vorzeitige, zur Dis- 
creditirung meines Heilverfahrens geeignete, auf un¬ 
begründeten Voraussetzungen und dem wirklichen Sach¬ 
verhalt nicht entsprechenden Angaben beruhende ge¬ 
schäftliche Ausbeutung meiner Entdeckung. 


VIII. Feuilleton. 

Die medicinisch-hygieuisclie Ausstellung in Rom. 

Im Zusammenhang mit dem XI. Internationalen mcdiciuischen 
Congress wurde am 28. März in den Räumen und Höfen des Kunst¬ 
ausstellungspalastes (Via Nazionale) eine internationale Ausstellung 
feierlichst eröffnet, deren Gegenstände den heutigen Stand der 
medicinisch-hygienischen Wissenschaft und Technik zu veranschau¬ 
lichen bestimmt sind. Dem um das italienische Gesundheitswesen 
hochverdienten Professor Pagliani, welcher die Leitung dieses 
für die 7000 Congressbesucher sehr willkommenen Unternehmens 
übernommen hatte, wurde dabei seitens der deutschen Behörden und 
Fachwelt eine so ausgiebige Unterstützung zutheil, dass die auf¬ 
fallende Zurückhaltung der französischen und englischen Inter¬ 
essenten dadurch reichlich ausgeglichen wurde. 

Die Direction des italienischen Gesundheitsdienstes 
hatte es sich zur Aufgabe gemacht, von den praktischen Fort¬ 
schritten auf ihrem Gebiete in Italien durch Modelle und Wand¬ 
tafeln ein anschauliches Bild zu gewähren, und das Studium dieser 
Darstellungen war in der That lehrreich. Vor allem erregte 
grosses Intoresse, das dem Ministerium des Innern zugehörige 
hygienische Laboratorium mit seiner vollständigen Einrich¬ 
tung für bacteriologische und chemische Untersuchungen und für 
Gewinnung animaler Impflymphe, das in Fertigstellung begriffene 
„Policlinico“ Roms mit seinen sehr sinnig, ohne Beeinträchti¬ 
gung der übersichtlichen Controlle decentralisirten Pavillonbauten 
für jode Specialabtheilung, das neue, mustorhaft eingerichtete 
städtische Schlachthaus, die Tiborregulirung, städtische 
Canalisation und Wasserleitungen, letztere einschliesslich 
der in Ausführung begriffenen Soewasserleitung von Prattica 
nach Rom, nach deren Herstellung man vor dem Thore der Stadt 
in grossen Seewasserbecken baden wird. Auch die in Angriff ge¬ 
nommene „Bonification“ der römischen Campagna findet 
sich unter kartographischer Darstellung der Malariaverbreitung 
ringsum die Metropole in vollständigen, für Arzt und Techniker 
gleich lehrreichen Plänen dargestellt. Die Häufigkeit der Malaria- 
erkrankungen im „Agro Romano“ variirt, aufs Jahr und 100 Ein¬ 
wohner berechnet, von 15 bis zu 80. Den höchsten Procentsatz 
(von 70—80) hat die östliche und südöstliche Umgebung der Stadt, 
namentlich die Nachbarschaft der S. Paolo-Kirche, aufzuwoisen — 
eine Thatsache, nach deren Kenntnissnahme die jeden Besucher 
frappirende Verödung dieses landschaftlich schön am Tiberufer ge¬ 
legenen und mit dem Stadtinnern durch Tramway verbundenen Punktes 
nicht mehr verwundert. 

Dem Beispiele der Stadt und Provinz Rom streben die meisten 
unter ähnlicher Calamität leidenden Gegenden des italienischen 
Festlandes und Siciliens eifrig nach, wie die ausgestellten Meliora¬ 
tionspläne für Caserta (Liri-Thal), Verona, Bologna, Foggia, 
Bari, Reggio-Calabra, Palermo und Siracusa beweisen. 
Eine im grossen Maassstabe ausgeführte kartographische Darstel¬ 
lung der Malariaverbreitung in Süd Italien unter Vergleich¬ 
stellung mit den geologischen und orographischen Verhältnissen 
lässt erkennen, dass die Bodeninfection überall ausschliesslich 
auf den quaternären Alluvial- und den Pliocenschichten, 
vornehmlich den Flussthälern folgend, und zwar stellenweise bis 
zur Höhe von 500 m, meist aber nicht über 300 m über Seehöhe 
sich entwickelt. 

Allgemeine Aufmerksamkeit zogen die auf das „Risanimento 
di Napoli“ bezüglichen Darstellungen auf sich, ein zur Ausgleichung 

*) In Uebereinstimmung mit Prof. Ehrlich ist aus diesem Grunde 
die Freigabe des Diphtherieantitoxins für Immunisirungszwecke seitens 
der Farbwerke in Höchst für solange Zeit hinausgeschoben worden, bis 
wir auf Grund von zahlreichen weiteren Beobachtungen diejenige Dosis 
ausfindig gemacht haben, die allen berechtigten Anforderungen entspricht. 


iahrhundortelangor schwerer Sünden mit gebieterischer Nothwendig- 
keit erzwungenes Werk von einer Ausdehnung und Schwierigkeit, 
wie sie bei keiner anderen sanitären Neuanlage der Jetztzeit sich wieder¬ 
holen dürften. Die wolilthätige Wirkung der gleichzeitigen Ver¬ 
sorgung der Stadt mit dem vorzüglichen Wasser der Sirio-Leitung, 
der methodischen Canalisirung und der Durchbrechung der un- 
o-esunden Viertel hat sich bereits bei der jüngsten Choleraepidemie 
bewährt, wie ein gleichfalls ausgestelltes Bild der Kranheits- 
verbreitung nach Strassen und Häusern erweist. Die bereits nach 
dem Risanimento neu construirten Häuserviertel blieben im Gegen¬ 
satz zu ihrer starken Heimsuchung in den Jahren 1884 und 1887 
bei der vorigjährigen Epidemie fast gänzlich verschont, 
während ihre noch im alten Zustande verbliebene Umgebung eine 
starke Verseuchung erlitt. . 

Von den vielen ausgestellten Modellen und Plänen italienischer 
Krankenhäuser verdienen besondere Erwähnung die originelle 
neue Universitätsklinik zu Neapel, welche aus neun in 
Strahlenform das Administrationsgobäude umgebenden, nur ein 
Drittel des Kreisumfanges als Garten offen lassenden Pavillons be¬ 
steht; ferner das neue, zur Aufnahme infectiöser Kranke bestimmte, 
musterhafte Ospedale Amadeo di Savoia zu Turin, und unter 
den Irrenanstalten das nach dem Princip möglichster De- 
centralisirung construirte neue Manicomio di Reggio Emilia. 

Die italienische Kriegsmarine ist vertreten durch eine 
Darstellung ihres auf der Höhe aller Ansprüche stehenden bacterio- 
logischen Laboratoriums nebst einer Sammlung von Culturen. 

° Auf einem besonderen, in der Nähe des zu den Congress- 
berathungen benutzten neuen „Policlinico“ gelegenen Grundstücke 
hat die italienische Abtheilung des Malteserordens ein voll¬ 
ständiges Barackenlazareth mit 80 Betten ausgestellt; ein aus¬ 
einandernehmbarer leichter Bau in | -Form, dessen beide Seiten¬ 
flügel für je 40 Betten, Roservezimmer für Officiere und Baderaum, 
der Mittelflügel gegenüber dem Eingänge für Verwaltung, Operations¬ 
zimmer, Apotheke, Verbandmagazin, Esszimmer, Küche eingerichtet 
sind. An den religiösen Charakter des Ordens erinnert ein mitten 
im Eingangsraum angebrachtes Möbel, welches bei religiösen 
Ceremonieen in einen Altar verwandelt wird. Von drei besonderen 
Zelten neben der Baracke dient eines zur Aufbewahrung der bei 
Errichtung und Unterhaltung der Lazarethbaracke erforderlichen 
Geräthschaften, eines zur Aufnahme von Infectionskranken und das 
dritte als Leichenkammer. Alle Betten sind gleichzeitig als Trag¬ 
bahren benutzbar. Die ganze Anlage, welche von Ordensrittern 
bereitwilligst demonstrirt wurde, fand namentlich wegen ihres 
comfortablen und eleganten Aussehens vielen Beifall, wurde aber 
ungeachtet ihrer schon bei den grossen Manövern von 1880 be¬ 
währten praktischen Brauchbarkeit beim Vergleich mit der vom 
preussischen Kriegsministorium aufgestellten Lazareth¬ 
baracke als zu schwerfällig und zu centralistisch beurtheilt. Ein¬ 
stimmig war dagegen die Anerkennung, welche der letzteren, unter 
Leitung des Generalarztes Dr. L ommer aufgestellten und von 
Stabsarzt Dr. Müller (beim Friedrich Wilhelms-Institut zu Berlin) 
den Besuchern mit grosser Sachkunde demonstrirten Anlage zutheil 
wurde. Dieselbe giebt im kleinen ein gedrängtes, aber vollständiges 
Bild der vielen bedeutungsvollen Verbesserungen, welche unsere 
jetzige Militärsanitätsleitung unter sinnreicher Wahrnehmung aller 
neueren Fortschritte der Wissenschaft und der Technik der Pflege 
unserer kranken und verwundeten Krieger hat angedeihen lassen. 
Aus dem „Die Militärlazarethbaracke“ beschreibenden Buche 
v. Coler’s und Werner’s sind die wesentlichen Einrichtungen des 
bezüglichen Dienstes der deutschen Fachwelt hinreichend bekannt; 
den ausländischen und namentlich den zu Tausenden anwesenden 
italienischen Aerzten dagegen bildet diese kleine Musterausstellung 
eine sehr anerkannte Belehrungsquelle und einen erneuten Anlass 
zur Hochachtung vor der Organisation des „Militärstaates“ aue 
in humanitärer Richtung. u 

Sowohl die „Lazarethbaracke“ wie die „WirthschaftsbaracKe 
sind nach dem System Do eck er mit Pappbekleidung und mit einem 
auf kurzen Pfeilern ruhenden hölzernen Fussboden construirt, welcher 
letzterer zugleich zu Verpackungsbehältern beim Ortswechsel zu¬ 
sammenlegbar ist. Die für 18 Kranke dienende, 15 m lange, 5 di 
breite und im Durchschnitt 3 m hohe Lazarethbaracke wiegt ver¬ 
packt in 11 Kisten 4200 kg einschliesslich Fussboden und nijnn 1 
alsdann einen Raum von 20 l /2 cbm ein, die gleichgeräumige «Wirt - 
schaftsbaracke“ 4700 kg bezw. 24 cbm. Es ist dies nach dem Ein- 
geständniss der ausländischen Militärärzte die höchste Leistung 
an Leichtbeweglichkeit in Verbindung mit genügender Festigkei ^ 
Wärmehaltung und Geräumigkeit, welche bis jetzt überhaupt er¬ 
reicht wurde. 

Die Betten in der ausgestellten Lazarethbaracke sind tnei • 
Normalbetten der preussischen Sanitätsverwaltung, theils Mode 
neuer, in Probe genommener Systeme, darunter Bettstellen aus 
vernickelten Mannesmann’schen Röhren mit Drahtmatratzen nae 1 


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26. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Westphal & Reinholt, welche mit grösster Festigkeit, leichtester 
Reinigung und gefälligstem Aussehen ein Gewicht von nur 54 5 kir 
verbinden, deren Preis (Gestell 60, Matratze 85 Mark) aber ’ eine 
Einführung in den Lazarethdienst einstweilen unmöglich erscheinen 
lässt. 

DieWirthschaftsbaracke enthält ein Operationszimmer ( 5 x 5 m) 
ein Wohnzimmer (5x5 m), Wärterzimmer (4x2 m), Badezimmer 
3x2 m) und Theeküche (2x2 m). In den beiden erstgenannten 
Räumen sind alle für preussische Sanitätsformationen und Garnison- 
lazarethe etatsmässigen Verbandmittel und Instrumente ausgestellt 
von deren ersteren ihre gebrauchsfertige Herstellung grössten- 
theils durch das dienstthuende Personal selbst unter Benutzung 
besonderer dazu construirter technischer Hiilfsmittel ausgeführt 
wird. Ausser einer vollständigen Ausrüstung zu bacteriologischen 
und mikroskopischen Untersuchungen für die Lazarethstation ist 
für Fälle ambulanter dringender Untersuchungen dieser Art ein 
tragbares Etui von sehr sinnreich compacter Einrichtung vor¬ 
handen (Cholera- oder Trinkwasseruntersuchungen auf Märschen!) 

Grossen Beifall fand endlich auch ein neben der vorbeschriebenen 
Baracke aufgeschlagenes Verwundetenzelt von 672 m Länge 
und 4 V 2 m Breite, hergestellt aus 22 Zeltbahren der gegenwärtig 
eingeführten tragbaren Zeltausrüstung der preussischen Truppen 
mittels 5 von den Sanitätsdetachements mitgeführten Stangen. 

Der Ausstellung der preussischen Armeesanitätsleitung schliesst 
sich würdig an die von dem „Deutschen Reichscomitö“ (Vorsitzende 
Virchow und Spinola) mit Unterstützung des Kaiserlichen Gesund¬ 
heitsamts veranstaltete Sammelausstellung deutscher Be¬ 
hörden, Anstalten und Privatpersonen, für welche zwei 
besondere Säle eingeräumt sind. Hier findet man unter der ebenso 
bereitwilligen wie sachkundigen Führung des mit der örtlichen 
beschäftslührung betrauten Regierungsraths Dr. Petri eine Fülle 
vornehmlich wissenschaftlicher, aber auch praktischer Ausstellungs¬ 
gegenstände, deren Inaugenscheinnehmen allein den Besuch der 
Ausstellung in hohem Grade lohnend machte und deren wissen¬ 
schaftliche Bedeutsamkeit selbst von französischen Congressisten 
rückhaltlos anerkannt wurde. 

In erster Reihe steht, wie nicht anders zu erwarten war, eine 
reiche Ausstellung von Culturen, Mikrophotogrammen 
Ulld y s . 10 l°gisch-chemischen Präparaten, welche den 
augenblicklichen Stand der bacteriologischen Forschung und ihrer 
Ziele veranschaulichen. Die esterbildenden Bacterien sind durch 
Mikrophotogramme von Dr. Maassen (Berlin), die Beeinflussbar¬ 
en pathogener Bacterien durch Licht mittels fixirter Agarplatten 
von Ir. Dieudonnö (Berlin), die Malariaplasmodien durch Photo¬ 
gramme von Dr. Neuhaus (Berlin). die Entwickelung der Blut¬ 
zöllen durch Dr. Engel’s lehrreiche Darstellungen, die Stoff- 
vvecnseJproducte der Bacterien und die Eiweissgiftc durch eine 
^'interessante Präparaten reihe von Prof. Brieger (Berlin), auch 
urch einige Beiträge der chemischen Fabrik E. Merck in Darm- 
jtadt das Tuberkulin und Diphtherieantitoxin durch Proben von 
Meister & Lucius (Frankfurt) vertreten. 

Pr f vr ^ S ^ UC ^ V un( l Ton vollendeter Ausführung sind die von 
rror. ms (Leipzig) ausgestellten Wachs- und Gypsmodelle über 
mtwickelung und inneren Bau des menschlichen Gehirns. Reich- 
fori^i 1S .^ le au ®£ es tellte Auswahl von Apparaten für bac- 
,].• p.®£ lsc “ e Djitersucliungen, bezüglich deren Berlin durch 
WoitmlT / 1 1 R , ohrbeck 1 Muencke und Lautenschläger den 
h L beber rscht. Von der erstgenannten Firma sind die 
«(•hon v ^ lvi sani ^tsbeamte sehr empfehlenswerthen bacteriologi- 
(lor Z A Um ^brauche auf Reisen für die Sanitätsofficiere 

. , n Armee geliefert. Die Lautenschläger’sehen Ap- 
höhonan^ßichnpn sich durch eine vorzügliche, den Preis wenig er- 
bindlioho ^ lcke l u ng aus, während die Firma Muencke besonders 
\ r7t v kterilisirungsapparate für das Bedürfniss des praktischen 

Zweck ne. ,£ uch die von Prof. Schüller (Berlin) für diesen 
ck ausgestellten Apparate finden Beifall. 

nharmÜo»^ hochentwickelte deutsche Industrie chemisch- 
AntifchriUo 11 u SC ^ e ^ Präparate durch AussteUung der Heere von 

ist bedarf ’ • i R 1 > ü 0tlc Ä Antise P tica u. S. w. vollständig vertreten 
1 bedarf nicht der Versicherung. 

os -ihpr o?, die ? en biologischen und chemischen Gegenständen fehlt 
Beiträo-or. o, *!! der , de . utsc hen Ausstellung nicht an wuchtigen 
unseren T fl 8 der Praktischen öffentlichen Gesundheitspflege. Die 
Berlin or p!™ bekannten mustergültigen Einrichtungen der 
sehen alisation und Berieselung und die städti- 

sind in vniiot« Jjptioiisanstalten Berlin’s, die Wasserwerke 
den in ® ddern und Modellen veranschaulicht, und von 

v erBorn*i?nn.i 81 * !? er freulich entwickelten Instituten zurMilch- 
BeschreibunLnM S i ä n ^tischen Bevölkerung, sind vollständige 
namentlich dielen^ 6 d* ' U £r d . Plän . e -S* 8 ‘ w ‘ aus S estellfc > von denen 
und Vollknmmoik ^ 11 -1 er ^ 61erei Dolle durch die Grossartigkeit 
mmenheit ihrer zum Theil ganz eigenartigen Einrich¬ 


387 


tungen alle Aufmerksamkeit 

tägliche Milchzufuhr von 60-70*0^ Lite^^Sr nach'Beiiin aus 
1 fohor 1 p t 'b scha | tll( jbon Betrieben, welche unter ständiger thierärzt- 
hcher ControHe stehen. Der Tagesverkauf beträgt täglich 4500 Liter 
Snhno r ft^n h f -f 2940 R Bitor Voll milch, 22000 Liter Magermilch, 
bahne 850 Liter, Butter 80 O kg, Käse 8000 Stück. Di? Anstalt 
beschäftigt 950 Personen und unterhält 170 Wagen. Die vom 
Lande kommende Milch wird nach chemischer und bacteriologischer 
Prüfung durch feinen Kies filtrirt und darauf pasteurisirt Von 
der reinigenden Wirkung der Filtration geben die mit ausgestellten 
Proben des m den Filtern zurückbleibenden filzartigon Milch¬ 
schmutzes“ Zeugniss, dessen Anwesenheit die Zorsetzungs Vorgang 
m der Milch beschleunigt. Auch in socialer Hinsicht scheinen 
die Einrichtungen der Anstalt, die Organisation der Arbeiterfür¬ 
sorge u. s. w. musterhaft zu sein. 

Auch die „Milchcuranstalt“ am Victoriapark von 
Oeconomierath Grub, welche nur für Kinder und Kranke und 
ausschliesslich aus eigenen Stallungen Milch liefert, und die An¬ 
stalt für trink fertige sterilisirte Säuglingsnahrung von 
Oeconomierath Dr. Hartmann sind in der deutschen Aus¬ 
stellung vertreten. Letztgenannte Anstalt bietet den Familien die 
Erleichterung, durch Lieferung von acht Arten sterilisirter Milch 
für die verschiedenen Altersstufen innerhalb des ersten Lebens¬ 
jahres in fertigen Tagesportionen jede Verdünnung, Zuckorzusatz 
und dergleichen unnöthig zu machen und für eine absolut unschäd¬ 
liche, dem Alter entsprechende Milchbeschaffenheit namentlich im 
Sommer zur Zeit der Brechdurchfälle die denkbar sicherste Go- 
währ zu leisten. Die Anstalt setzt monatlich im Durchschnitt 
4000 Flaschen von 100—200 g ab, zum Preise von 7—18 Pf. 

Unter den deutschen Krankenhäusern, deren Pläne und 
Modelle ausgestellt waren, zogen das neue allgemeine Kranken¬ 
haus zu Hamburg-Eppendorf mit seinen 54 Pavillons, das 
städtische Krankonhaus zu Moabit, und besonders das Modell 
der neuen sächsischen Landes-Irronanstalt zu Unter- 
göltsch die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Letztere An¬ 
stalt ist nach dom colonialen System angelegt und gewährt auf 
einem Areal von 97 ha die Gelegenheit, die Kranken in ausge¬ 
dehntem Maasse landwirtschaftlich zu beschäftigen. Dio Ver¬ 
teilung über 29 Gebäude ermöglicht zugleich eine Vermeidung 
aller gegenseitig störenden Einflüsse innerhalb der Bewohnerschaft 
und sichert allen Räumen den reichlichsten Zutritt von Luft und 
Licht. 

Die Abteilung für chirurgische Instrumente, Opera¬ 
tionstische u. s. w. gewährt das Bild eines grossen Wettkampf¬ 
marktes ohne Darbietung wesentlich neuer Leistungen. Auch hier 
stehen die deutschen Arbeiten durchweg voran, besonders hinsicht¬ 
lich der für das Bedürfniss des ärztlichen Arbeitszimmers berech¬ 
neten Sterilisirungs- und anderer Ausstattungsgegenstände, 
unter denen der einfache Operationstisch nach Prof. Sonnenburg 
(Berlin-Moabit) — Glastisch auf vernickeltem Eisengestell — Er¬ 
wähnung verdient. 

In der Abtheilung für hygienische Bautechnik begegnet 
man durchweg alten Bekannten, und nur hinsichtlich der Her¬ 
stellung dauerhafter, absolut impermeabler und porenfreier Boden- 
und Wandbekleidungen ist ein Vorsprung der italienischen Technik 
zu constatiren, welche auf dem Gebiete der Stückarbeiten von 
jeher vorzügliches leistete. Erwähnung verdienen indessen auch dio 
von Rosen zweig & Baumann (Kassel) ausgestellten Porcellan- 
emailfarben, welche eine für Krankensäle, Operationszimmer, Bac- 
teriallaboratorien und dergleichen empfehlenswerthe spiegelglatte 
Wandbekleidung ohne grosse Kosten herstellbar machen. Unter 
den italienischen Fabriken, welche schon seit längerer Zeit ähn¬ 
liche Schmelzfirnisse hersteilen, ist diejenige von Tremont in 
Turin eine der bekanntesten, deren Ausstellungsmuster allseitig 
Beachtung fanden. 

Die Nahrungs- und Genussmittel endlich sind einschliess¬ 
lich ihrer Surrogat« und Verfälschungsmittel in dichten Pyramiden 
jeder Form und Grösse vertreten, begleitet von den einladendsten 
Reclameprospecten, auch zu Gunsten des Kneipp’schen Malz¬ 
kaffees und ähnlicher Reformgenussmittel. Eines durchschlagenden 
Erfolges hatte sich indess hier nur der Münchener Bürgerbräu 
zu erfreuen, in dessen freundlichem Pavillon sich auch die „lati- 
nische“ Raee gern von den beiden unverfälschten Münchener 
Kindern das schäumende germanische Volksgetränk credenzen liess, 
— ein würziger Schluss des Rundganges durch eine Ausstellung 
in welcher deutsche Wissenschaft und deutscher Gew 7 erbefleiss von 
neuem einen hervorragenden Triumph vor dem gesammten Aus¬ 
lande gefeiert haben! Finkelnburg (Godesberg). 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





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KO; 17 


rk. Referate tmd Kritiken 


J. -«Oteso, Gniadriss der OeweVelelir« Eid OotfijiQUtliim^ 
Efudu'emdo Mit r>7 1 kdxsvhotftwH. XIV u> JfM> > KE ? • ■ • 
Stuttgart, .IEtP KnU/% 1H‘V4: m. K arl v Uä«-4,,S ( *t»-.u u.v.rtiO. 
pk^«‘V (IriftulmS »%i wn I. orzn »’oTipendhim Kvwvi»n- 
Jötiu; dne «sink aitf liiE '&?* flW*t 

Wmfoinio If.'Bi-ltraukt. | )h n.mlktOskt>{»U>*lii‘ tehaii;- ^ .wird so¬ 
wenig i»f J »K K nO |,l int wir -io -.))!'< i« •!'• n «"t *«‘ V.i;«ii,inir d*n 
Ai^'HoinMf. von «kt: »•tuvüiiioiioti /.«'llrn- und <m"»*b« b k.*r {i “ ,|: ' h 
-wir*mir tu.-v!t «Uv M.-inlu-aimn BllmVe, »wltw, ^maul^ Si 
Ikotcl. bofmUilrH, nuJa Wlf in (‘{HiliVliVoiv /iHvl mH Kpit«»r‘j bv-- 
Kl, „lr.ro 1-hvilt.. bie i-o kur/ »tmi bündig. »ii$ \P 

irikjuug» u ijfh-'iiriuiKt u .-mb utif dm- UüMdgt. l ;, mk«r SJ«ü' ( if 
Ausiiihnwi^ üef mei.-'t .tu«;:■!.! Opi/!iuM|M4»puKitcdi !.<wW‘wnd!U:n UM*-. 
mUl vQü G>Qhn<*vf} \i?lfa«h iiu'iifc g&Ü dwr Hglft* houUgvt Am 
xiü&u. &m- KoimtüHoii fflr Sy»ühviuie und 2 m XftbmdbP 
UtfbrpiTnw die mit (fou <^rt»Uwftoit ffer -Hjj&fcowgi^ 

Kühluliir lud« j» «1 rli wollen, *« , i tiars BR-kbu v. kV:pbjld VII. 

J; trßkljnsrüi, &tirzgßtfts«t6e HandfeueU der -KiödotffaeillHiAäe 
ynlf besonderer Rückslöfit auf AfdPologiö* uiid 

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m;, nj-ti /war di-su.ntb, u»bl io demselben I»i O.tnl 

•^{''ii iioi’it.'--; v.-ij i m lljk-ht-» Woi'.os di*- für tliis- L*'osa«f«l*’ \Vu> kranUo 

’K’nii svirli.i iKAlju'-'Jithviakt if.oli'-M! wio t }»■!’, i p(M)l Unlj-s]i’, Lvi'.-n*-' lo-o 

»j« *i,uti|.*ii woni?-,v Ik.> H«*rii iitjorumt \M\i «nnvr »;v- 
ch'A-Viüft-ö.Ti tiai' f Ki^uU^v. ttaiik »>ijicai 

AUrjw* »kr rkf? liVifkrtiUnn imd wub rUiv <'•»»«' t?f büif^rxmc 

,(. S Vrt'h:ii<tm~ Hr- Klonkm Kimks, <b>v [n. 

hi.Maiii ntid Tiiorii».’. Hv'Kia s-!iii«*."t >r k ili«’ 1 »kr 

Kr-.tokho I t.sk* ri»}»{».*ii, \«rl< »m n« k* J ialitai. »uni /AVt*L’ 

ii, »«IJ.'II .l l f !i-> .MMi.-.'i K«.'»iiK-.n^ (■. !- k, j,tli’i- Vr^l.umnt-s- 

»tV.^MKi (Sk * a:4[iii th hii\U jkär;itß> fä), fitv, .Ki‘rkIitTif.- {4),' »tpa 
lira/.H’isitaiawimivi- toj rl>* N«a vf*n^v*t.füi« («i) v tior iniVftiovs- 
k}.i»,kf.t k. ti 1 7J. «kl Haut iM '«*■,! u-itiii- h Hrr Sv.huiki , :uikli*-itvn t*} 

]*'» U-u tkv W'r-fkrs >u;h hi «üo {uuWmiirJtr*. rridir 

»itjj; »lc*o Nator-' ovIIpjh! mul «kitiup-ii sriupu .Ä»lö-, - 

HUvrviirvpi; mmi k»W«<tor^ itolioa Warth. Am gvianj^äti^Wn er- : 
sttjtakf iwts Ka/tifi*) ünn <4io It^/riV.no Kinue^ Hn»i (Kk 
ifilwi-ndv i'dtvr (k«s \ <»’}«««h”n U?- krank«-ii Kimhw Jm atl^-antaiton. 
,;ut>-ii'rHcni akH' thitkn si«4j aut h in dv.n andv «*rn Abat iini! i«.‘H Ub 
Uu'.-liv-s-<S* uulkV;u>k 4 »* iH-i», i:'‘»s»n r.y.-!j»'l} {r ; **i/;h•.» Iktrm.h« 

dir, aükiv für doii täiaitvaniai S'iakük«'» - , v<»r ulkaii a’bwr. Hrn K>n.<lnr~ 
,-uvH s«mh‘ bi-lanu’«-!--b -adji difi/ü.-it. Kn’ kam» driiu sius Uftnl- 
,n\ati n 'stil-ir. Wnpfc # aätfö‘bifMb-n fiivö fttankrhbrnn”’ Ut ^ibliu- 

tfl>rh»'ii f;Ti(.‘i‘Miui mH, Hm-ht :\ermn. mul Simlinnuiwi 

\Vfrnn rm.jiioblru \vm doti 

C. Flügge GOi'Uiidiiäa der Hygiene für iS» •niii-ömi*' und {aaktiFciir 
.V»*r/t f ' MtaJiiMTuil- und Vvnvitli-um^ftb-vamU', C vvrbi'ssot?*' im«i 
\ullit.m’ L»io'/ii.. \ « , i( k ('().. HH :>»:! A. [’faiffvr 

t \\ it vbn.t<ai) 

In »inr kttr/vti Uli n rM .laiireii ist- vm« dem Grufm'ri^j-: 
dju r i}yoBiU!> die' £U|fi4i A.5i2‘£^;tk'6Ößi darHelrgt1^>ikIanvl°* 

Ai*/-» hui 11 ub»*i lutminul.lt 4 ‘M‘-in « a iv. iJph 

Fnrf j-t.lirilWiv da»' WigatuifiVdi® fH't'Hprükb'f nd vaUkcn»meii- mfti.rpm - 

liiVif.hr ' H■ih'.li - 'tulilvphiii.V''. tVifc iil-tü-liVt-fv 'l liA’lIV v i i ,f .Jt, h«VifvAVi/kh 


he-dti}«; vEkauoj-iiv'lHd« uy#iV».U!r» 4 l>ai' JLMjterfjti^nut 
prdkUyoiit?»} i kehr unwjf iMvrltriidikif xvmdoB ?i;i , 
iumpfdiiUiue desr'WiiiAry vmiuaüi ubkrtlTi^ig- 

Port-, Anleituog b,r( ärztlichen PaaprovientioiiSiWbeiteß, Un .AüJ- 
iW liiinigüoh Bb-.v fifthr.br n RriegKmbtkrdi hi* u i\ib rrl'bihsf. 
H A HK Stuti«>,ut, lli-kt* IM Sniiill ihiuMteui. 


unmmuxrzf, i'Jüiyt gieitr, m uor onyßgenatKöiim Wmmtueg tneiit mir 
für KanitHtsyfii^itM'u.- KpU'lnrn Ittr ,ir 4 &n Arzt, -wetdirr xmter Ulm- 
uWlAu fun ,-wlik.', i.^n U,*' V"arlefcz-Icii die r.rs-tB IHUle 

"\ip'r Kwakuiog ultör ibfo pr&kti^bt? 

AVy.t 't" i rjL'u •'.< XMnv : Utä& ai ;ir-i}tiiofu*h Impf'ayitfafbiheu, 

•! »'-k • ■•?••• • • -; • ■ '•■;■' ■'•' Wcrkflu-a Bchf sviiikoninHvn 

• ' • 1 ■ WJl'Hituj'.jv oijjtjr; 8e-bt(l|- bl?/\V, 

: •' • : ■ : ■ ^ r;0!k«--rrf{)hvbabiW HeAleUtong Von 

jkkri knf; - ii''A ^ tfi ,-yiSvbv vieM äderigmt HandsVüg^u 


.,. llvm ßW t hw,Z»,«k, v/«t »..-iw- «i,a Mril.'kfuwage», vou l'.wtSfl- 

‘ Ivilmiril!UW» PU»W lumX^ar,^ 

■■ n-anKport.. Uw.-i-li'-r. V— .. ec-vfi).)it<i:liMi Uisl-w.. Ver 

j 1 ,-iiydön ib*ii.ii'!.>roj*nv’ Kngvorrjobttmgyjt.,. rt^oU»MU»*b«ii n. Ikeu- ar.nl 
I ihntuHilwn Ki.ifto-ruu«» 1 v 98 t 7 .tt»M' 9 «')-»!* 

i \'.,ma; iu-u V»u ... wü iVuis muJ■ ; vw, (hüia 

i m is iw,-kW,,■!,;(-,(.■ It h. i..v. ...ni,.M r Hv« 

I vpriiH-luuili.'lu’n (lifr WH- Kiroi.'fü.i.g -Ii». /.ww.kc: ?rwi« M!:- 

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Lanr rlpk Strfevßrpunktw mVht 


X. Joximairevue. 

1 n o-.ii •• Modiyi?!. 

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MenUlH'i» bei’ftouter Phositlvoj:Vergiftung, Am der me»]. 
Klinik US Ht'mi Vivi R. v Gent ml W k kliu UUUU. 

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ln %Uu’ liurmmiv:, einnt I>**t«*rofi lCafif»li«;.ic in «lio ;**.te!ljHtg. d«:i 
\*hvr. bvii» SM.'kvl,tttV»-«'»ih«ü m vrbnihai, link tku ViTta^ee »ml 
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gvnuiin HunniBmiu» Bt^tüfimmue» n üvv amxelnC*n. 8 tK'kr 4 ofUK»n«i- 
i'.hvi»»'' cif* ^ orgcimmim'u nrui »labri ujlgian!«-* Rv vulmf.H »»v- 

Imva. T>iu »ier Tod ibfnige- « 1 er Intoxiuntiim binm-n fviirxögtn 
kVbt ,b»v»*.b [lrfdäbm»mg »ne« li»^k «mHf.ivuhemi « 1 «'» allgvnmimm 
1 M*iVu ])onr»Mri»«n Ui Urgnni-<imtS m»»Ji der total uaf- 

,tM.,.»••)-. oft'l «Hr Kfuitke sobeiäet wc-tM^ref K «luir-it den IWv au.-, 
„*y ii.M- Mvosci» ita ]iin}gr? 7 .uoKi?j»b\ Iku^iile! dumer \ ermur 

d, n*«i^ Uv r.A-;»unnr-N-Ai.'*“tn’ui«iog lumtcUi- mMi rnv- Heralioelz- 
uiiw >kr uhsolnHiv ] 1 ;‘n«steÜMönge: UMU' je«b)vii (il.Hk tm Vor- 
. Ic&lFiiigh zur i «egnmi»«k-S-A.usiselit’idunbcauäit 4in üiiriiHoifim«- 

: Minidonu h, «lipMin Slu.Imm »H-bi Minug-r» 

» ktHH< bi,- Vtl { % «U-h Uosiimmt.» K- bftfkgen. Uo‘mrk.|if ; . do.r., 

1 iliostKs Stadium, ivoimul *v am »Wurm um 1 ulmnrmm; 

F}»,v«ü £ r^.firiii(.i und -Tiv O^Ki>»tjn(t~'N''.Aü> v !>cbvHiun^ envir-itf abtmim 
Uolü» Wöiihe UO . -l.w g pro dm)-. Bakci b?t. dar Hnrnstoif- ^ver- 
tiiikiiert. {70- BO'VtW d» r ATumtmk*k-N Spirjk Yvfitimß< tV'- w 
i >ü? ’umm-nmUv.-tr.n-i.niik’ fa.^X der Autor :U l’.»lg**«-r^ l uin«uw 
WVUrnbUdmi^ (Hom hm!lnk.s 4 utf btc.) auf. »Md *iM Ute 

ühk khKubmx finra \nvm^;rU )n Syntbos« d«y X tbi imd Her 14 ..ä 1 gu 
\Umijrti. f?i<* i!nnmamy;umh. hoiduug imt Vort ;.JP 

Si-.ivdb-n g»'t»ng vornmiirt uHmimImu Zwoik-H\y irfi »y.-kenk >vtt. 


übrigon 'Kalb’.?! tverden Hb* *» Ikab Fo*»n 7 '»‘t # 

Otiiidonmg tit*i Ilbiuv bei voryiM img m» ohi h ^inkr’Vw »- 

gen 1 5 tt auf v dnk^vJi’s Klibik- als dii* Resultat J d & , 
abvurmio-» Siolfw^ebsoi?- dir ninzujimb Uj‘gniizellm>, niekf e»s t,v : 
Tote* olnv.i? UrUim dev r*im\ BlmxidkMv Ueufiüütv: 

I >»’1 r*iir nbor dio i»> iBoi«*ui itioz» n '^rfik-i pnbledrtvuJbmimiL -im 
;im* Vo!’f, in •omvf •tlmmKtoM'. «irsedieifMUMbu» cMtriluikinkui! a' 1 ' 1, ;. 
mmkrjroon. S.-kwUve (IH'lm). 

M. 0 !*ossmiu?r«- Wvttgn> es j*o v imt»tteilr Be»I i’ö 4 g 2 g l 
l.i-bi-o vnu «ifM* i,iingun^<*l> w ennng nntl r,un freist.«m'lu.a „ 
WSir. f kt in. Mml. 18 H 2 . XX, 8 . HUT— 4 f*k 

(bm^Tmum mi«rH lu-t ,/.•>,-bln«-«Mmin Tlioritx rum iv{iu-‘ 
von »b-r CnKtTS soU in .den linken Ventrikel vtn yad f ks 
rlir-^e dnr»Ht f>im*n Kütkvi <»r auf. dßh» Blptdru» k 

nvr.U Mb' X\\,rakbiiHa^ogung mit. oinvm PfipbuMi ^ne'V'm-n- 
äV'i. dar -i-'U ton Pt Ikm« kbühlr lu-*v im di»’ Pnteeikb'lm »mjU /rt pr ^ 
iniP unieet» Ubtuimfiun des lliikkn Vkusri-ikelr twr»*h A.»itd;??eii 

d»‘r Ibuk.n- v-i »rt /-i Mm K. m Kink-oti d«^ Biipnum'«- uim 

infolge m BliUspmung in Un zur Vargrös^rvuü » 

Lungo'örobifimxm (Ir uni e n * 1 nv ei 11 »f» g) nnd 2 ue VerldclnermH-* ^ ^ e 
Atbmbngkw:uP?infiVT* (iuingiTsUrrkaiti, <ütion v!i i e 
Vojiuip bewirkt >;\var an« li Kinken »Ivs r ;,»'.»!k^lni< i kfs aber 
dar llinlirf ve (W 1 jUDgen vinnn Pliugeiu'oUai'S mit. V otmmmvm 

üürimg dar Lungen, ;i!>m A r » , rgr*»KK**i‘n«i«; »iot* öinzvlmm rUn«noi.»^ 
dvhvvanknugen Mbturatiou ( 1 »ik rechten Vevirikvls hai'wbse’ ^ 
Wdftvn d‘k! gleielicp -.Eifert,, wie «Im »leb- Jinkwn, sirn vavu ! '»^ 

:ms ninor \ ? or».U-iti!gbng der iletws« heida wand uaek Hnks »u»u b«u»‘ ! 
fwengung in» Ünkeu \ r r-ot.vikid orkiüren klsf-i., . 

E. Kvkrw al «MPn-ibuiwi 

I/ W P i..<■ lein v , T w a rn.ses o» ü n bphreni»; j>,yoiH» { 'UUU 
UtonvA. Thn Brit nun». J'-Mim. 1894 , Pebeu£r. t . 

Cia&ÜivlBgJi -ÄbKve^o. üß. P^lonöiuW du; iunP Utkn \ Ofg 
von iicwdofi den eebi- bozoieliufttidoifi Namen ^l'yuin>ouomfH :■■ . 
hubplironirus" BUij-eö. vmdanken i'Urv Pk«t-stob‘.ioK n'Jwuk»nm^ 
L^kmfeö ' hifthalBgof: Dcgänn v $H Libto ; xv ’ 


Go 








26. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


des Magens und des Duodenums. Dickinson verfügt über zwei 
dieser seltenen Krankheitsform zugehörige Beobachtungen. Dio 
eine betrifft einen Mann, der nach vorausgegangenen, nicht ganz 
eindeutigen Unterleibsbeschwerden plötzlich unter Fiebererschei¬ 
nungen und Lungensymptomen erkrankte und bei der Untersuchung 
eine eigenthümliche Schwellung im rechten Hypochondrium darbot, 
über welcher der Percussionsschall exquisit tympanitisch klang’ 
ohne von amphorischen Phänomenen begleitet zu sein. Die tym- 
panitische Zone wurde nach unten von der Leber, nach oben von 
der Brustwarze begrenzt. Im Bereich des rechten Unterlappens 
waren Compressionserscheinungen zu constatiren. Bei der Opera¬ 
tion entleerte sich Luft und Eiter aus einer vom Zwerchfell und 
dom rechten Leberlappen eingeschlossenen Höhle; von dort aus 
liess sich ein nach der Gegend des Processus vermiformis hin¬ 
ziehender Strang verfolgen, der dem Verfasser, da alle übrigen 
Organe intact gefunden wurden, den Gedanken nahe legte, dass 
eine Alteration des Wurmfortsatzes den primären Krankheitsanlass 
gebildet habe. Im zweiten Falle handelte es sich um ein Mädchen, 
bei dem sich, nachdem es schon längere Zeit die Symptome eines 
Magengeschwürs dargeboten hatte, unter peritomtischen Erschei¬ 
nungen ein lufthaltiger Abscess in der Oberbauchgegend etablirte 
und per eontiguitatem eine linksseitige Pleuritis entwickelte. Auch 
hier gelang es, die Eiteransammlung operativ zu entleeren; trotz¬ 
dem ging die Patientin nach einigen Wochen an Sepsis zugrunde. 

_ Freyhan (Berlin). 


XI. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

— Gast- Beek (Bern), Zur Frage der unentgeltlichen Kranken¬ 
pflege. Negationen und Positionen. Bern, Schmidt Franke & Co., 1894. 
Hof. Henius (Berlin). 

Für die unentgeltliche, staatliche Krankenpflege, die auch im deutschen 
Reichstage als erstrebenswert!» von socialdemokratischer Seite hingestellt 
■wurde, wird von derselben Partei in der Schweiz eifrige Propaganda ge¬ 
macht. Der Schweizerische Arbeiterbund hat das Verlangen ausgesprochen, 
j S ^ er aus öffentlichen Mitteln für ärztliche Behandlung, Arznei 
und Krankenpflege zu sorgen habe und dass zu diesem Zwecke unter 
anderem von den 1792 Schweizer Aerzten 1225 als Staatsbeamte mit eiuem 
Inhalte von 4000—8000 Fr. angestellt werden, während zur Herstellung 
der Medicnmentc Staatsfabriken eingerichtet werden sollen. Die bedeutenden 
Kosten dieser Einrichtung sollen durch das neu einzuführende Tabaks¬ 
monopol gedeckt werden. Seitens des Vorstandes des Arbeiterbundes ist 
nir diese Frage die Volksinitiative in Gang gebracht worden, so dass, 
wenn oOOOO Schweizer Staatsbürger sich für dieselbe erklären, die Bundes¬ 
regierunggezwungenist, die allgemeine Volksabstimmung darüber einzuleiten, 
jfigen diese dem grösseren Theile der Aerzte drohende Verstaatlichung 
wendet sich Beck mit scharfen Worten im ersten Theil der oben ge¬ 
nannten Broschüre und kommt zu dem Faeit, dass die Erhaltung der 
Volksgesundheit eine logisch und rationell wohl begründete Anforderung 
an den 8taat sei, dass dagegen die Wiederherstellung der Gesund- 
10 Ai •aatskosten grundsätzlich zu verwerfen sei, weil die Verant¬ 
wortlichkeit des Bürgers für Erhaltung seiner Gesundheit nicht in An- 
spruch genommen wird, dass sie ferner praktisch undurchführbar sei, weil 
je nanzumen Folgen der zweckentsprechenden Maassregeln auch nicht 
düAAf zu Gerochncn sind. Mit besonderem Nachdruck spricht sich 
Km l 01 „ r d * e Zusammenbringung des Tabakmonopols mit der 

aenpflege m einen Antrag aus, indem er annimmt, dass die letztere 
i* 8 1 , e Mäntelchen sei. unter dessen Schutze das erstere ein- 
gex kmuggelt werden solle. 

Ai A 01 ! 1 z weiten Abschnitt des immerliin lesenswerthen Werkeheus 
Ilflm ‘ iie< ? , sribst \ orschläge zur allgemeinen Durchführung der Kranken- 
LMtViT * ö . r europäische Verhältnisse allerdings den Reiz der Neu- 
Vf-vciü! dle S 1 C ^ ^ber ebenso wenig werden durchführen lassen wio die 
der Aerzte. Wenn ich nicht irre, haben die Chinesen die 
l*ihp ii| R !-i rC Ar , lzto ? nui dann erkenntlich zu zeigen, wenn sie das 
lieh.... r u ' , *dcht in Anspruch genommen haben. Einen ähn- 
"ecimHi, i UC r> nach Europa til>ertragen. Da die Volks- 

hciicnfl 1 das Resultat der Functionen „der zur Ausübung der Gesund- 
sollTr SS r 0n rf' 0nirten Gesundheitserhalter, d. h. der Aerzte“ sei, so 
v, nte die Gesundheits- und nicht die Krankheitstuge 

Wirkmuf-L- ■ " lrd d r m ^ rztc eine Bevölkerung von je 2fX)0 Seelen als 
riener WieS r C i n ' we ^ c bem jedes Individuum eine Gesundheits¬ 
wird mVhf „ zu entrichten hat. Aus diesen Einnahmen 

daraus in-l U r f P n vatärztliche Thätigkeit bezahlt, sondern es werden 
üffentlich^n* \ A ^ os ^ n * ü . r a ^ e tür die ambulante Praxis nothwendigen 
«jäjnnitHriw, i Gestritten. „In die Hände der Aerzte werden für 

Namen blK a - n ? eSemW0hl ^ r ’ vom Jüngsten bis zum ältesten, mit deren 
gelebt. Vnn A ebl ‘ ne un< l r J e mit 52 Woehencoupons verseheue Scheine 
der Behandlung Krankheitswoche hinweg bis zur Entlassung aus 

Heliand 1 nder I atient oder dessen Vertreter die Coupons seiner 
Ende des Tob* 60 \ on dea i^m behandelnden Arzte verlangen. Am 
Händen der \ 03 ' ve j Cn ^mit die Coupons der Gesundheitswochen in den 
heitsWochen ‘a!*™ od< ? r e i noß Vertreters derselben, diejenigen der Krank- 
nun werden 111 den Händen der Patienten verbleiben. Erstere 

sfimmtliclien croon. i 0U .?- e ? Merzten behandelten Patienten sowie auch 
per (Jounm, ««« • geliehenen Einwohnern zur Einlösung mit je 15 Cts. 

dessen IJuivhfnh* I”* 86 “ lautet der Grundgedanke des neuen Systems, 
Aerzte i/lmr-bmi .^-j 1 °7 abcil dann kanm ermöglichen Hesse, wenn alle 
massig ideal und collegialisch veranlagt wären und das Be¬ 


_ 380 

streben hätten in ganz gleicher Weise tliätig und pflichteifrig zu sein 
Da jedoch die Einnahmen unter sämmtliehe zu der Association verbundenen 
Acizte zu gleichen Dicilen vertheilt werden sollen, da ferner nicht alle 
^cGalton sind, der grossen collegialen Vereinigung beizutreten da 

A r rZtCn mcht T enVohrt sein soU ’ ™ besser situirtmi Patienten 
Extragratificationen anzunehmen, so fürchten wir sehr, dass das dein Ver- 
asser vorschwebende Bild von der gleich sorgsamen und aufmerksamen 

“ 11Dg • dei \vK 1 i a , n - k fA . seien sie arra oder i’cich. hoch oder niedrig 
nicht lange m V irklichkeit vorhanden sein wird. Denn die Aerzte sind 
m ,r Menschen, auch sie folgen dem allgemeinen Gesetze der Trübheit 
und des Streben* nach leichtem Erwerb, und ein nicht unbeträchtlicher 

ein l«!r i lh ?° n wirdsa ? hen > dl,rch ein möglichst geringes Arbcitsquantuni 
ein möglichst grosses Einkommen zu erlangen. Wenn schon einmal das 
Couponssystem für ärztliche Leistungen angowendet werden soll, so kann 
es nur in der Weise zur Durchführung gelangen, wie es im Verein der 
Berliner frei gewählten Kassenärzte eingeführt ist, dass nämlich für jede 
Ein zell eis tu ng ein Coupon ausgestellt und später honorirt wird so dass 
Jeder mit. dem seiner Thätigkeit entsprechenden Entgelt belohnt wird. - 
f. ur Durchführung seines Planes macht Verfasser verschiedene Vorschläge 
die manches interessante Streiflicht auf die heutigen Zustände werfen und 
m einigen Punkten auch Richtiges treffen, die aber durchaus nicht durch¬ 
führbar sind So sollen die Aerzte eine vollkommene theoretische und 
praktische Vorbildung im gesummten Gebiete der Medicin und Hygiene 
imt Inbegriff aller Speciahtäten gemessen; damit auch die entlegenen 
Ortschaften was das m der Schweiz bedeutet, kann sich jeder seihst sa«en) 
guter ärztlicher \ ersorgung theilhaftig werden, soll eine quasi militärische 
Organisation eingefflhrt werden, wonach die jüngsten Aerzte zunächst, 
bevor sie zu einem bevölkerten Gebiete zugelassen werden, als Vorposten- 
ärzte in abgelegenen Gegenden eine Zeit lang thätig sein müssen: es sollen 
zu bestimmten Stunden diejenigen Patienten, über die der behandelnde 
Arzt eine Berathung wünscht, allen im Bezirkshauptort befindlichen 
Aerzten. die zu solcher täglichen Consultation zu erscheinen verpflichtet 
sind, m einem gemeinsamen poliklinischen Institute vorgestellt werden¬ 
de gewisser Charaktereigenschaften wegen für die Privatpraxis weniger 
geeigneten Mitglieder (wer will darüber die Entscheidung treffen?) sollen 
hauptsächlich genchtsärztliche und hygienische Functionen ausüben. Man 
sieht also auch hier Zwang auf allen Ecken und Enden, und von der 
schönen freien Stellung des Arztes, die wir als einen der grössten Vor¬ 
züge unseres Standes fest- und hochhalten wollen, soll uns fast eben so 
viel genommen werden, als wenn in der That die merkwürdige Idee der 
Verstaatlichung der Aerzte in die Wirklichkeit umgesetzt werden würde. 
Ich übergehe alles andere und will nur noch anführen, dass Verfasser das 
Einschreiten der Behörden für nöthig hält, damit die Zahl der jährlich 
emtretenden medicinischen Prttfungseandidaten limitirt werde; es dürfte 
also nicht mehr jeder Student,' der Neigung und Anlagen dazu verspürt, 
sich dem Studium der Medicin widmen, da er befürchten müsste, seiner 
Zeit nicht zum Examen zugelassen zu werden. 

Trotz aller Klagen, die jetzt mit Recht von seiten der Aerzte über 
das Schwierige ihrer Stellung ausgestossen werden, meinen wir doch, dass 
es sowohl für das leidende Publicum als auch für uns selbst noch 
besser ist, wenn alles auf dem alten Standpunkte verbleibt, als w enn die 
von dem Verfasser gewünschten „Gesundheit fahricirenden Compagnie¬ 
geschäfte“ ins Leben gerufen werden. 


XII. Standesangelegenheiten. 

Offener Brief an Herrn Prof. Dr. Czerny. 

Von Dr. Arthur Hartmann. 

Sehr geehrter Herr College! - 

In Ihrer in No.’ 16 dieser Wochenschrift enthaltenen Abhandlung 
„Leber die Methode des klinischen Unterrichts an der Heidelberger chirur¬ 
gischen Klinik nebst Bemerkungen zur neuen Prüfungsordnung“ schreiben 
Sie nach oinigen Bemerkungen" Uber die Bedeutung "dm* Spezialitäten für 
die Ausbildung der Aerzte: „Etwas anderes ist es aber, w-enn gerade die 
Specialisten so viel als möglich den praktischen Unterricht, welchen die 
Mediciner auf den „rechtmässigen“ Facultäten Deutschlands bisher ge¬ 
funden haben, schlecht machen. Wenn man die gesammelten Abhandlungen 
über die Reform des medicinischen Unterrichts von Arthur Hartmann 1 ) 
durch blättert, so muss man staunen, dass wir überhaupt noch ganz leid¬ 
liche Aerzte im Deutschen Reiche zustande gebracht haben und dass die 
deutschen Aerzte selbst im Auslande die Concurrenz mit englischen und 
französischen Collegen so ziemlich aufnehmen können.“ 

Ich gestatte mir dagegen zu bemerken, dass ich die Verhältnisse so 
gescliildert habe, wie ich sie auf Grund der allgemeinen Erfahrung fest- 
steilen konnte. Ich habe alle meine Mittheilungen Uber den medicinischen 
Unterricht zuerst iu Vereinen vorgetragen. Meine erste Veröffentlichung, 
in welcher ich alle Unterrichts fragen zur Sprache gebracht habe, erschien 
als Commissionsbe-richt des Ceutralausschusses der ärztlichen Bezirks¬ 
vereine in Berlin, welcher dem Deutschen Aerzte tage erstattet wurde. 
Meine Ausführungen fanden die einstimmige Billigung des damaligen 
Centralausschusses. Auch meine späteren Veröffentlichungen sind alle 
zuerst als Vorträge in Vereinen gehalten worden, und haben entweder 
diese oder der Deutsche Aorztetag darauf bezügliche Beschlüsse gefasst. 
Ich erwähne hier nur den Beschluss des Aerztetages in München (J890J: 
„Der medicinische Unterricht bedarf einer Orgauisationsänderung nach der 
Richtung, dass eine gründlichere praktische Ausbildung des angehenden 
Arztes stattfindet“, und den Abschnitt aus einem Beschlüsse des Aerzte- 
tages in Weimar (1891): „Da sich die Universitätskliniken als unzu¬ 
reichend erwiesen haben, eine genügende praktische Ausbildung zu ge¬ 
währen etc.“ 

*) Fischer’s medicinische Buchhandlung, Berlin 1894. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



890 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17 


Wenn Sie nun aus meinen Abhandlungen den Schluss gezogen 
haben, dass ich den praktischen Unterricht soviel als möglich schlecht 
mache, so erweisen Sie mir zu viel Ehre, wenn Sie meine 1 erson in den 
Vordergrund stellen. Meine ganzen Ausführungen ruhou auf einer breiten 
Grundlage der Mitarbeit einer grossen Anzahl erfahrener Collcgcn und 
auf Beschlüssen verschiedener ärztlicher Körperschaften, die meist in Ge¬ 
meinschaft mit akademischen Lehrern gefasst wurden. Ich glaube einen 
andern als den von mir eingeschlagenen Weg, um ein allgemeines Urtheil 
herboizuführen und festzustellen, giebt es nicht. 

Sie haben sich nicht getäuscht, hochgeehrter Herr Professor, wenn 
Sie annehmen, dass ich Yor vielen Jahren einmal Ihr Schüler gewesen 
bin. Ich verdanko Ihrem Unterricht mancherlei Anregung und habe die 
Zeit, wo ich in Freiburg studirto, wo neben Ihnen Kussmaul und Hegar 
unterrichteten, in dankbarster Erinnerung. Ich gebe Ihnen sogar die aus¬ 
drückliche Versicherung, dass ich und meine Freunde, mit denen ich 
Freiburg aufgesucht hatte, stets die Ueberzougung hatten, dass Sie aufs 
redlichste und eifrigste darauf bedacht waren, Ihren Schülern etwas bei¬ 
zubringen. Von Freiburg ging ich damals an eine andere viel grössere 
Universität. Es war dort für die sehr grosse Anzahl der Studenten nur 
ein Vertreter Ihres Faches vorhanden, das Prakticiren bestand darin, dass 
man einige male während des Semesters aufgerufon wurde und dass dann 
einige wenige Fragen an uns gerichtet wurden. Fielen die Antworten 
nicht ganz nach dem Sinne des Lehrers aus, so erfolgte eine witzige Be¬ 
merkung von Seite desselben zur Freude der übrigen Zuhörer. Man 
suchte sich deshalb vom Prakticiren, das nur eine Farce war, wie Bill - 
roth sich ausdrückt, zu drücken. Im ganzen hüllte sich unser Lehrer 
recht häufig in Stillschweigen uud operirte, er stand aber im Renomme, 
dass wenn er etwas sagte, dies gut war. Von den Operationen selbst 
haben wir herzlich wenig gesehen; die Kranken auf der Abtheilung be¬ 
kamen wir nicht zu sehen, die Einrichtung von Unterärzten, Amanuenses, 
wie Sie sie nennen, bestand nicht. Als wir im Examen auf die Kranken¬ 
abtheilung kamen, waren wir erstaunt zu sehen, ein wie reiches Unter¬ 
richtsmaterial unserem Lehrer zur Verfügung stand. Wie mir Eingeweihte 
versichern, sind diesem Lehrer höchstens 10 % der auf seiner Abtheilung 
befindlichen Kranken überhaupt bekannt. 

Ich war ein ziemlich fleissiger, allerdings nicht strebsamer Student, 
hatte, nachdem ich bereits als Student den Feldzug bei einem Feldlazareth 
raitgemaebt hatte, das Bostreben, mit meinen Studien rasch zu Ende zu 
kommen. Wenn ich Abends aus den Kliniken nach Hause kam, fragte ich 
mich, was hast du heute gelernt, wäre es nicht besser gewesen, dich zu 
Hause aufs Examen vorzubereiten. Ich kam fast stets zur Ueberzeugung, 
dass das letztere das bessere gewesen wäre. Ich besuchte aber den Unter¬ 
richt, da ich es für nöthig hielt, mich vor dem Examen meinen Exami¬ 
natoren zu zeigen. Ich hatte die Gelegenheit, die Wahrheit des Aus¬ 
spruches des von uns hochverehrten klinischen Lehrers Roser an mir 
selbst zu erfahren, wenn er sagt, „will man warten bis die Studenten so 
klug werden und aus den Collegion wegbleiben! Da hat es freilich keine 
grosse Noth, denn die einen treibt die Angst vor dem Examinator ins 
Collegium, die anderen gehen aus Phlegma hinein, und bis einer so auf¬ 
geklärt wird, um den geringen Werth der Studienmethode einzusehen, 
hat er in der Regel sein siebentes und achtes Semester erreicht und ver¬ 
lässt die Universität, hinter ihm kommt eine frische Generation, der es 
ebenso ergeht etc.“ Gerade in den letzten Tagen hatte ich wieder Ge¬ 
legenheit, mich durch mündliche Rücksprache mit einer grossen Anzahl 
von Collegen aus allen Theilen des Deutschen Reiches davon zu über¬ 
zeugen, dass meine Anschauungen über unseren medicinischen Unterricht 
allgemein getheilt werden. Ich erlaube mir, Sie, was die Chirurgie be¬ 
trifft, auf das Urtheil Von Mikulicz (Klinisches Jahrbuch Bd. IV, p. 29) 
zu verweisen, das wohl auch von Ihnen als maassgebend anerkannt werden 
wird: „Die Methode des chirurgischen Unterrichts in der Klinik stammt 
noch aus der vorantiseptischen Zeit und ich glaube nicht, dass eine grössere 
Anzahl meiner Amtsgenossen an dem alten System gründlich geändert 
haben -4 . 

„Täuschen wir uns nur nicht“, sagt Mikulicz, „selbst der fleissigste 
Klinicist ist unfähig, die einfachsten technischen Hülfsmittel der heutigen 
Chirurgie praktisch anzuwenden, falls er nicht Gelegenheit gehabt hat, 
selbst mitzuarbeiten“. Es freut mich aufrichtig, dass an Ihrer Klinik 
diese Gelegenheit gegeben wird, ich weiss, dass dies auch an anderen 
Kliniken, wenn auch in beschränkterem Maasse der Fall ist, leider nicht 
an allen, und wird insbesondere durch die Prüfungsordnung keinerlei Ge¬ 
währ gegeben, dass die jungen Mediciuer die für den künftigen Beruf 
erforderliche technische Ausbildung erhalten. 

Aus Ihren Ausführungen und aus der Schilderung des von Ihnen er- 
theilten Unternchtes geht hervor: 

1. dass viele der von örtlichen Vereinigungen bezüglich des medicini¬ 
schen Unterrichts ausgesprochenen Wünsche bereits verwirklicht sind; 

2. dass Sie den übrigen Reformvorschlägen ausdrücklich beistimmen. 

ad 1. Sie geben den Studirenden schon während der Studienzeit 

Gelegenheit zur praktischen Ausbildung. Sie lassen in der propädeuti¬ 
schen Klinik durch die Studirenden kleine Operationen ausführen. Sie 
geben durch die wohlorganisirte Einrichtung der Amanuensis- (Famulus-, 
Unterärzte-) Stellung den Studirenden Gelegenheit zu direkter Beobach¬ 
tung und Untersuchung. Sie vertrauen auch in der Klinik einfachere 
typische Operationen z. B. Amputationen wohl auch dem Amanuensis an. 

ad 2. Sie glauben, dass die jungen Medieiner schon während ihrer 
Studienzeit an den Kliniken obligatorisch als Externe thätig sein 
sollen. Sie halten das Annum practicum für zweckmässig. Die Doctor- 
promotion soll erst nach dem Staatsexamen stattfinden dürfen. Bezüglich 
der jetzt bestehenden Prüfungsordnung acceptiren Sie meine Bezeichnung 
als Trödelexamen und stimmen auch meinem Vorschläge bei, eine ähn¬ 
liche Einrichtung, wie der General Council in England ist, bei uns ein¬ 
zuführen. 


Im ganzen glaube ich aus den bisherigen Verhandlungen und Ver¬ 
öffentlichungen den Schluss ziehen zu dürfen, dass allgemeine Uebereiu- 
stimmung darüber herrscht, dass unser mcdicinischer Unterricht insbe¬ 
sondere bezüglich der praktischen Ausbildung ein ungenügender ist und 
dass für den Fall eines Krieges unsere jungen Medieiner im allgemeinen 
nicht ausreichend vorgebildet sind, um den Verwundeten des Schlacht¬ 
feldes die möglichst beste Hülfe zu gewähren. 

Es ist hohe Zeit, dass die Unterrichtsverwaltungen und die oberen 
Militärbehörden sich mit den Verhältnissen beschäftigen. 

Videant consules, ne quid res publica detrimenti capiat. 

xttt. Ein Rückblick auf den elften inter¬ 
nationalen medicinischen Congress in Rom, 
29 . März bis 5. April 1894. 

Drei Wochen sind verflossen, seitdem die sonnigen Römertage 
ihren Abschluss gefunden haben — Zeit genug, um in unserem 
schnelllebigen Decennium den elften internationalen Congress in 
das Reich der Geschichte zu verweisen, Zeit genug, auch für 
jeden Theilnehmer, dessen Interesse an dieser gewaltigen Versamm¬ 
lung nicht unmittelbar nach der letzten wissenschaftlichen Sitzung 
oder nach dem letzten Feste verflüchtigt ist, sich ein Urtheil über 
den Gesammtverlauf und über das Ergebniss des Congresses zu 
bilden. Ein anderes ist es mit derartigen mussevollen Betrachtungen 
über ein Ereigniss der Vergangenheit daheim im stillen Kämmerlein, 
ein anderes mit der momentanen Auffassung und Wiedergabe der 
eben erst gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen. 

Inmitten des Strudels sich überhastender Geschehnisse, be¬ 
drängt von der bunten Fülle flüchtiger Erscheinungen vermag selbst 
der geübte Beobachter sich bisweilen nur mit Mühe die Ruhe der An¬ 
schauung zu bewahren, welche zur klaren Uebersicht und objectiven 
Prüfung der Einzeldinge, namentlich aber der Gesammtsituation 
erforderlich ist. Gar zu leicht wird hier das Urtheil ein Spielball 
der von tausend Kleinigkeiten, vom Wetter sowohl wie von der 
Speisekarte, abhängigen Laune und Stimmung, über verdriessliche 
Unebenheiten des Weges gelangt man nicht zum, Genuss des be¬ 
deutungsvollen Zieles, der Missmuth über die mangelhafte Form 
lässt auch den Inhalt im trüben Lichte erscheinen. 

Den schwankenden Einflüssen der Gegenwart entrückt, gewinnt 
die Betrachtung an Sicherheit und Einheitlichkeit, klarer sondern 
sich im Rückblick die Haupt- und Nebendinge, die Kritik löst sich 
los von den Fesseln momentaner Neigung und Abneigung, und sic 
fällt das Urtheil — sine ira et studio. 

Wenn wir nun auch von diesem Standpunkte leider zu dem 
Ergebniss gelangen, dass der elfte internationale Congress seinen 
Aufgaben nicht völlig gerecht geworden ist, so sind wir doch weit 
entfernt, für diesen lückenhaften Erfolg einzig und allein das Comitfi 
des Congresses verantwortlich zu machen. Wo so viele Factoren 
gegeben waren, um den Verlauf dieses internationalen Aerztotages 
zu einem bedeutungsvollen zu gestalten, da müsssen auch ver¬ 
schiedene Umstände wirksam gewesen sein, um einen rechten 
und allseitig befriedigenden Ausgang zu vereiteln. Gar zu natür¬ 
lich und durch langjährige Gewohnheit geheiligt ist ja der Brauch, 
dass man bei dem Misslingen eines Unternehmens vor allem, ja 
mehr oder weniger ausschliesslich den Leitern desselben die volle 
Schuld auf bürdet und auf ihr unglückliches Haupt die ganze 
Schaale seines heissenden Zornes entleert. Die Gerechtigkeit ver¬ 
langt eine eingehendere Prüfung der Verhältnisse und eine Be¬ 
rücksichtigung aller Momente. 

Gewiss werden wir nicht leugnen — und das werden wohl 
auch die Mitglieder des Comitös nicht thun —, dass die Organi¬ 
sation des Congresses sowohl bezüglich der Vorbereitungen wie der 
Ausführungen mit zahlreichen Mängeln behaftet war. Die unge¬ 
nügende Controlle des „Wohnungsbureaus“ und der Wechselstube, 
der Vertrieb des officiellen Journals durch einen Speculanten, die 
Kartenvertheilung für die einzelnen Festlichkeiten — diese und 
manche anderen mehr oder minder stark fühlbaren Unvollkommen¬ 
heiten hätten vermieden werden können und müssen. 

Indess nicht einmal hierfür trifft das Comitö allein die 
Schuld. Um diese Misshelligkeiten zu verhüten, dazu war weder 
die umsichtige Fürsorge Baccelli’s, noch die angestrengte und 
aufreibende Thätigkeit Maragliano’s und Lucatello’s, noch der 
gute Wille der übrigen Comitömitglieder ausreichend. In erster 
Linie muss man hier, wie ein Mitglied der römischen Presse selbst 
hervorhebt, den allgemeinen Mangel an Organisationstalent bei 
dem italienischen Volke als erklärende Ursache heranziehen. Die 
ungenügende Ausbildung dieser, für die Ordnung und Leitung so 
gewaltiger Einrichtungen unerlässlichen Eigenschaft trat dem Theil- 
nehmer bei hundert Gelegenheiten entgegen. Wir wollen z. 1>* 
ganz absehen davon, dass die dem Coniitö direkt zur Verfügung 


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26. April. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


stehenden Kräfte nicht zweckmässig ausgenutzt wurden: ein prinzi¬ 
pieller Fehler lag in der ungenügenden Decentralisation, in der Auf¬ 
häufung der ganzen Arbeitslast auf die Schultern von zwei oder 
drei Männern. So war auch von einer Wirksamkeit der National- 
comit6s auf dem Congress nur wenig zu spüren. Ist doch selbst 
die erste Vorbedingung für einen leichten Verkehr zwischen den 
Mitgliedern der Nationalcomites und ihren Staatsangehörigen, näm¬ 
lich die deutliche Kennzeichnung der ersteren, nicht erfüllt worden; 
denn anstatt z. B. die Secretäre der Nationalcomites durch eine 
Decoration in den Farben ihres Landes für jeden Hülfesuchenden 
leicht auffindbar zu machen, trugen alle Secretäre, ob sie nun 
Deutsche oder Franzosen oder Engländer waren, Rosetten mit den 
italienischen Farben, und um selbst diese wenigstens einigermaassen 
nützliche Einrichtung völlig illusorisch zu machen, waren dieselben 
Rosetten (theilweise mit kaum merklicher Veränderung ihres For¬ 
mats) an Deputirte, Delegirte und sonstige Persönlichkeiten ver¬ 
geben worden. Die Nichtberücksichtigung derartiger kleiner und 
doch für die Leitung der Geschäfte, für die Orientirung des Publi- 
cums sehr wichtigen Anordnungen zeigte sich im Polielinico wie 
im Costanzitheater, im Eldorado wie im Ausstellungspalast, bei 
den wissenschaftlichen Sitzungen wie bei den vielgeschmähten 
Festen. 


Der Sinn für eine möglichst zweckmässige und umfassende 
Organisation, wie er namentlich bei den Engländern zu finden ist, 
ist eben dem italienischen Volke nicht zu eigen. Ein gut Theil 
der Vorwürfe, die man in dieser Hinsicht den Leitern des Con- 
gresses gemacht hat, entbehrt daher eines persönlichen Cha¬ 
rakters. 


Eine weitere Entlastung des Comites bedingt die Berücksichti¬ 
gung der geringeren Anforderungen, welche man in Italien an die 
Beamten zu stellen pflegt. Wir Deutsche sind im allgemeinen an ein 
trefflich geschultes Dienstpersonal gewöhnt, und wir haben in Italien 
wohl am meisten die gut geölte Maschine des Bureaukratismus ver¬ 
misst. Darum können wir aber auch dem Comitö die völlig unzuläng¬ 
liche Aust iihrung mancher an sich ganz trefflichen Anordnungen nicht 
aufbürden, wir können ihm nicht die durch den Diebstahl von Ein¬ 
lasskarten, durch die Einschmuggelung fremder Personen in die 
Caracallathermen verursachte Confusion, nicht das fürchterliche Ge¬ 
dränge vor dem Buffet und vor einer Garderobe auf dem Capitol, 
die unzureichende Versorgung des Postbureaus im Polielinico etc. 
etc. zur Last legen. 


Allein — selbst mit diesem unvollkommen arbeitenden Beamten¬ 
apparat hätte das Comitö vielleicht ein brauchbareres Arrangement 
getroffen und wäre nicht so weit hinter den Vorbildern von London, 
Kopenhagen und Berlin zurückgeblieben, wenn nicht zu allerletzt 
seine Kräfte einem doppelten embarras de richesse erlegen wären: 
der überreichen Menge von „Congressisten“ und der grossen Zahl 
i on X orträgen. Die Geister, die das römische Comitö so inständig 
gerufen hatte, für sie fand sich nicht der Meister mit dem Zauber¬ 
wort, um sie zu beschwichtigen. Dass die Zahl der Congress- 
theilnehmer derartige Dimensionen annehmen würde, kann das 
Uonut6 nicht vermuthet haben, sonst hätte es nicht in der Zeit der 
Norbereitungen zu dem Verlegenheitsmittel gegriffen, auch Nicht- 
arzten die Theilnehmerschaft für 10 Franken zu ermöglichen, es 
Y de JÜ 48 ^fficio de gü alloggi anders eingerichtet, es würde vor 
a em für die allgemeinen Sitzungen ein anderes Local als das 
orado besorgt haben. Die gewaltige Anziehungskraft Roms, 
anens war eben vom Comitö unterschätzt worden. Sicherlich war 
ie buinme der Anmeldungen zum ursprünglichen Termin des Con- 
gTesst« im September vorigen Jahres nicht so gross gewesen, 
tV-Jr 1C * der ^ assenan drang auch erst kurze Zeit vor der 
Han^ 1111 ^ .Ingresses erfolgt. Und wenn auch die letzte 
an öS * nnere Einrichtung der Sitzungsräume erst in der 
Iiipn V01 f **' ZUDl ^ ärz g ele £t wurde — neue, der Menschen- 
mn .^ e ent fprechende Loealitäten konnten in letzter Stunde nicht 
mehr geschaffen werden. 


dip n er wundes ^ Punkt des eigentlichen Congresses war zweifellos 
niobt p°f gaill f a ^ on des wissenschaftlichen Programms. Wer 
schipHo 6 s * c k an den kostbaren Schätzen der ver- 

M&riinilifV s . grat * s zu erlaben, der hatte immer noch die 
. 1 n i c ht allzuviel Geld mit voller Müsse italienische 
in impn!» 1 ’ . eng * 1S0 h 0S Roastbeef, Schweizerkäse und Münchener Bier 
. emem Restaurant zu vertilgen. Und wer nicht an den 
mochtf^J ,! n °P^?. e ^ en Festlichkeiten theilnehmen konnte, der ver- 
der Natnin 1 *?■ i(dl genu £ an den Kunstschätzen Roms und an 

liehen \rK .f Ilen ® zu outschädigen. Wer aber an den wissenschaft- 
desselhpn 61 ? es , 9? llgr088es — immerhin dem Hauptzweck 
kgenheit m 8 • w °Bte, für den war allerdings die Ge- 

Pülie an Vnrf 1 ? unv °^ omm ouem Maasse gegeben. Die ungeheure 
gesnrnphoTi u rä ? en ’ von der ich bereits in meinem ersten Artikel 
’ ra(dlte es nothwendiger Weise mit sich, dass jede 


391 

für , ih , ve Sitzungen die ganze verfügbare Zeit des Tages 
ausfüllte und dass für alle diejenigen, die an einem Tage gern den 
\ orträgen zweier Sectionen beigewohnt hätten, die Möglichkeit 
nur selten vorhanden war. Da aber andererseits in vielen Sectionen 
das jedesmalige Programm nicht im entferntesten erledigt werden 
konnte — von den 124 Vorträgen, die für die letzte Sitzung der 
inneren Section angekündigt waren, wurden nur 34 gehalten! —. 
da man nicht mehr wusste, welche Herren zum Wort gelangen 
würden, da endlich die Vortragsreihe in Form einer Gebetmühle ab¬ 
gehaspelt wurde, was war es Wunder, dass die Zahl der Zuhörer, 
ganz wie ich es seiner Zeit prophezeit, immer mehr zusammen¬ 
schrumpfte und am 4. April (nach einer Mittheilung des Wolffschen 
Telegraphenbureaus) sich nur noch in Summa auf 450 belief! Dass 
dieser Fülle des Gebotenen gegenüber der schüchterne, an sich 
gewiss sehr lobenswerthe Versuch des Congresssecretärs, im Giornale 
ufficiale del congresso medico eine kurze Uebersicht über den Inhalt 
der täglichen Sectionsverhandlungen zu liefern, nicht über den 
allerersten Anfang hinausgelangte, kann man gewiss begreiflich 
finden — zumal da auch hier eine Unterstützung durch die National- 
comitös anscheinend nicht erfolgt ist. 

Aber auch die ganzen „primären“ Unzuträglichkeiten des wissen¬ 
schaftlichen Programms sind gewiss nicht ausschliesslich in die 
Sündenliste des Comitöes einzutragen, sondern stellen sich in der 
Hauptsache als Consequenzen der früheren internationalen Congresse 
dar. Und was ich in meinem ersten Artikel beim Beginn des Römer- 
congresses schon angedeutet, das will ich jetzt nach Schluss des¬ 
selben nochmals hervorheben. Die grundlegende Organisation 
des wissenschaftlichen Programms des internationalen 
Aerztecongresses muss verändert werden, soll derselbe 
nicht seinem Verfall entgegengehen. 

Eine Hauptaufgabe des internationalen Congresses soll darin 
bestehen, in den Aerzten aller Nationen durch gemeinsame wissen¬ 
schaftliche Thätigkeit sowohl das Gefühl der collegialen Gemein¬ 
schaft zu fördern, als auch besonders den Gedanken an die Noth- 
wendigkeit der Verbindung aller Zweige der Medicin wachzu¬ 
halten und zu stärken. Die immer mehr sich spaltenden und 
zersplitternden Specialfächer der Medicin finden bereits zu einem 
grossen Theil ihre internationale Pflege auf periodischen Einzel- 
congressen: sei es auf dem hygienischen, dermatologischen, gynäko¬ 
logischen, otiatrischen oder ophtkalmologischen. Diesen an sich 
gewiss berechtigten Sonderbestrebungen gegenüber soll der inter¬ 
nationale Aerztecongress den Boden bereiten, wo der orga¬ 
nische Zusammenhang aller Specialitäten einen sichtbaren Aus¬ 
druck erhält, wo jeder Arzt in greifbarer Form aufs' neue die 
Ueberzeugung gewinnt, dass alle Fortschritte der Specialfächer 
in letzter Linie dazu dieneu, die Aufgaben der praktischen 
Medicin ihrer Lösung näher zu bringen. Um dieser Tendenz ge¬ 
recht zu werden, soll der internationale Aerztecongress nicht wie 
bisher nur einen Complex von Specialitätencongressen darstelleu; 
vielmehr muss der Schwerpunkt desselben auf die all¬ 
gemeinen Sitzungen verlegt werden und durch Vorträge 
universellen Inhalts, durch die Behandlung wichtiger Fragen aus 
dem Gebiete einzelner Specialfäeher seitens namhafter Referenten 
und Correferenten vor dem Plenum der Aerzte das Interesse aller 
Praktiker geweckt und befriedigt werden. 

Sollen freiwillig angemeldete Vorträge überhaupt zugelassen 
werden, so hat ein ad hoc eingesetztes Comitö über die Annahme 
derselben durch sorgfältige Prüfung zu entscheiden. 

Ob man endlich an dem bisherigen Usus, mehrere Gongress¬ 
sprachen als officiell zu betrachten, festhalten soll, diese Frage 
wird für den russischen Congress besonders dringlich werden. 
Nicht viele Ausländer dürften sich finden, die die schwierige russi¬ 
sche Sprache soweit beherrschen werden, um an einer Discussion 
theilneinnen zu können. Ohne Beeinträchtigung des Nationalgefühls 
könnte man deshalb gerade bei dieser Gelegenheit dahin gelangen, 
eine einzige Sprache als officiell zu proclamiren, und zwar dürfte 
sich hierzu wohl besonders resp. allein die französische eignen. Hat 
man doch schon auf dem italienischen Congress — namentlich bei 
uns Deutschen — die Beobachtung machen können, dass man hier, 
wo ein officieller Zwang nicht vorlag, sich der eigenen Landes¬ 
sprache begab und im französischen Idiom seinen Vortrag oder 
„Speech“ zur allgemeinen Kenntniss brachte. 

Durch die Verhandlungen in einer einzigen Sprache wird 
sicherlich der internationale Charakter des Congresses verstärkt 
werden und das Gefühl neue Nahrung erhalten, dass vor der 
Wissenschaft auch die Schranken der Nationen zusammenfallen. 

J. Schwalbe. 



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P£CPS<'HE: !tfEDlClMSGHiv WOCHEXSOiHKT. 



XIV. Drelundzwaiizigster Oongress der 
Deutschen GeseUschaftfiir Chirurgie in Berlin, 
18.—21. April 1894. 

Hof. Harm. Kran'k (BeiTiiih - 
Minwoch il«a DA April 1^4. VormU-tii^s 10 Ghr, 
ln seiner Eröffniuigsi’orte gedenkt Aiur \AaKvmii<]o des «Her- 
^etzlioln'n YnrluMes, wlelU«» die (uTtdladüift durch den Tod 
iHUiOthA mm LüMa-A öHiUai LA . mich Ja fort. welcher mm, 
.nuf m»>ein ( .ir.L-vos-: zun» EincaniUoI unI proHmmrl werden sollte, 
nt herein um 40. GnRHar vm%eu Hilmes geiRorbeti- 

• V©/vtd t st&frIfcn^n#s treten HeiT 43 i"U *18. .»1&" . 

Tieoprlbdihm’t und Herr Schede mi die St" He der* ahwa-aHdcij iMrrca 
i Aei'ü.p und Tre. uri»Ae*) b u t ß. .IW ÄoTi'ny. die «roheren Präsuleutett 
der i'^nvi-nM: -Au. AäbdiiMnMuHWh-n) des Aüsg bussou zu enjominr 
Wir*.j. anßvnoniruon: <m >i«*Uo des . 1.1 e wo v Htr"JOJ*Jiii Dill Uri!' 

G nsseuhn uol <00. 

BWr Eiijritdit.ujtii' oifH-r .eigafiyr, ;H\Mhd.be-fc Mir die LKaeUsfib.äi'U 
vnpd. «itne Cöuiitiis.'Wu* lr&Rtekfvu»l -am-i Heb HVf'mV'» Ge/£dfip n 
UiUnrhotk und tfisfUDw, RmgojHMH Tür die Ui findim& Ami 
,-<il lern nOrlmthrk 1 » iitaen. vH- H“.r l I ■*• ! i p 'U u ’•» »* iuwlÜhtt, ulk 
H ho m- mci. ? gdrmtigva PuHi mb dm Es im bereits ein »oster 
«itunü^lfi-ic dwfh nahrim'hn Zu*«■«dungei» einmal d»m.h 

die MMonoiiiAnnh verton»; hl*» L;> nt* eci h *-e k ‘sehr HiiModiuic tVrm-.r 

dmTiii Htm BWtesa«)mbm£ des Hnm« B»r. d&W/eotbal (Berlin h 
M fdolK- \ orzü^lirli öliw* etm-m'gW'he 'Werke dtiHWm';. Hufumv MlciT» 
ihn- Ga* huik di-- Hoi»'» V-. »‘nl«*! wvU'lmr «Vm DupHaiB» dm* 
IhWiiofiü-lvda Krioilnsdi-Willifljiim-Iiislituts hi.(-rwh^m> Int. mul d«-> 
llnriii v. (} «mfl/T, weh h m .io- »hm nölitond -«iqa Ajor Aina’ouft 
hU- Minister : y.u^ib|^i)etrtn Aoluilten ^heifmmdnnllor'' 
a«r snHtt. Klttt fej’ijnrn w&e&tlgp F6.rtbn>ö" wurde dih 

Tieij zu in'diult nd»- Biidiolhok erjuhrondw» no die müi doh iSIdg^fodoon 
d& Oes(dl«i.'hat\ nndirtuTi Zmf^ hrU’icm rp^Miudssih: in tiimnn EAvinpInr 
würden. 

Im wisstiis« hiifljiciitni Theil der Tasit^ordminji* riprii-lii 
4. >Jm* Bruns (Tdhiiigmu: Ocbor diö Annghri^c dor iriben 
Itulöseo B tiftgHleuksetit,3imdu.ng bei epusör.'zativar Behnndlmig, 

(1 >or \ 0 j 1 j;ia ict i„ ,!it,vf Auomio.i. p, H7-1 rernücnrlivht s .K 

.biscuHHioiK Herr Heinde (HnmhsirM A r A r,< dii in der Uv,-*', in 
.adeiehH- \V>isc wr« Ifiur Brüfi - „»lu ALiU-mi durch Nu*;l»iit«i<;»s'udiuitn -'U 
Vulfen : iude?r; witU dieHei» AAiditlicil durch dem und vrmderfmiteu 

Ki'atikfM.li.in't.'iTcnl iudt ^ri'icr p.ari.'idi c \w i i s *"• 'Oa )'»; syi r^'hmur 

wtaSlkij 2*iU Ekllo tspd JHBü vuü lleirji Ö ch e d e l«?öhnuTitg4j g'y.SÖgaft*- 
wdebo in den vferseMftdnnoU Zeiteli vei*s«lhiedeu hehömlelfc \*ordjm find. 
Von IWÜ bis 1800 aptlsopii^ch, von JBPO an speriHä'-le im Aniuaii mit 
Tiihürkuliu tdleiu. -e-piitür tüib;?uui^r1it und dann ausscldio^hci; mH, Jodrdorm. 
ln >b-r Zh.it Öre ifpfuiiisclitift Bohandhuuv ist cno. tirnj»})* man 

•i.»»'■!I.«uc; »da,t dtuvliv.anS.rcu. mul hier find aud-.dif? hindero;«huissc noch 
zu kiuv. b*»r»bin Inet. ru*m-rh«?j su hl doe.h jeiy.t .-»•}*..:u Oer Eindruck hat/ 
•üres h.a der riotioformhehiuiclhm^ dir. IHscriionon ctitschUmoji' «eltenur 
fiÖ&S um ^nvorden sind. " Unter »Ion HnnhaolmaigeTi boAadon sieh 

Wefiigalpn8 soohsHwAr-hü i’rijhor \vogöH der Eiterung .siehe»' da? lVuspntmii 
h ulici«it-eihiien.- fturen. wo db«*r da- doduforJi dieselbeAicsAti^t■ hm. Avutb 
i\*m Tod üuveh Tnhui'kulose htrnfVt 20 kommt derselbe in dor nrsUü 
Gmppn m 4»OA/ 0f m der zweiten m 75 °/i., in der dritten m 2d u n vor 
Hm r Ht-Hnriou (GreiiswAd}: Der Hbndpurikr. dürfte .wdhj. 
V'HfiripiMi Uhnmü fpst^tdialton -'werirAnV tUis ,Fr$mÄjoljonio> zu- ^fNTbritm 
Gm! find dm ItehftödlvnT^ ci/nsmvAüv sein solt Hel dar Umirtlmihmg der 
Besultute 'm die b’chv.'ieHgkeil., (ha HaGruteii Iren« cenutf <v oi,.-, 

Oiohcm iiiinfi» ■mui>erwuid!trb. l ud dm.ii mössc-ii die hJ-iuikw iah'i'ehmg 

nojUToilni; \venten. da V->.rsrhl»-fIiiurungei. hiuthg noch lisch Jühnu- ein- 
bAon. in tnnlmul. wo >.:.s ein ejgmias Haspiis)! ihr eocitisch*} .Kiiidor jmit 
i'UiüHfaitonnn auh deor L.indi: and ,\u da- Hoc gvi»t. ia di.j VeroOtynnei 
tict Küttlur besser gpEB^lt. Hjna plöirvolle der Kaßlje a.Wit m 

V rrbifsuuiig iiiit Secltospiznilege w?Lro nuoJb. hei ans zu heiür- 

WOVfpil., 

Herr G uss» oltiiuer (Prag). 4ind«vt Hie heui.- vr>.<»a»-.i^euen Ansehm»- 
uue; c 1 m l ‘0 -nunsbimnmi'; uiii den zc.hun )mu -' '• ■■> ib*.n -- 1 m ?o>ne| lc 
' v Gehc ,m.'- dar Et M nn< u> -t J, 1 vV«\.»e.s «n*. ,,( ,Jse< h.«h.,.‘ 

OiOa. lohrrojeliste« m . 1 . )• u i3«xi. lun,^ du 1 iJjt :’>n i'aiIi,., welche 
ofino jo'lü' Bohrtiidluitg • ausk-ihm. also die" Möglichkeit sjTOjHAtmr üctinug 
'ler Adeetiu-n vrihUrgnin Ade _ fc'-Mik- mH. EitAnihg sind ja «m. Ach nu 
günstiger, .aber auch iüaa Wciiaui'en ■ unter grmsinza« ALtom o sj h\giV- 
lueehon H.dinguugeü zum Güten, wie «Aon jede TuhcrkAJ<*?ea 11 sbeilu««r 
öbhÄueig. i»t' vöä deji räubr oder w-migef* guten J:lvn RhruitgA>edingutignii. 
Im ungeroeruan gehen die Itesocfiwrmn keine gnthn Ifeujtyun iveü dm. 
Uiu^tum y.hbn wegen Aidieuren ansgefuhrt- werden musste. 

Auch Har v, Üergaann UhHinj w»11 keine Mut.aiu gehen, souderu 
nur ilm Aftthwenfbgkeit sebi! hinter IvuchlMiliaiidluiig betanon. die uttcli 
die Hp;itcr . mrnttrHdeü ttugonsiigeu VerAnderuögtm in. Ol.aub.t nimmt. 
Mit der \\ imdausljfjlung ia die llehundiung ju. 'noch lange nicbt abge- 
Kfiiio.Aseii. Jöör (vnluer hat. -R! KiiTher im Ni.-he.nrof.im Vevaamioelh'Aa 

') Gcjen l')HSQmhi;g A'W^iW darin bgstjinde. Mie in Dc-niscltbuid ?ir- 
scncitiettinen Hibritttm tdururgisehöi) Ißhßlts in VuUfetÖödiglp-iti aii vereiö|gäüi 

be* JaJja**. 


; Nv|: .17 

daubp inan selmn k?um. wie- (öin *mK mic-lr .te BWIä^uh^ 

mau vcRindort! liinn. FreiJich wirkt <lio UpecoGon selbst• bei dem, din‘4 
die Eiterung beriiotbrgökmnmonsd im- r»sc>r 

gtinstig dm Kinder orbhioc sinh ziikibendü, niigr iu widgUer \>r 
fasuunu' sicht, niaü dH Kinder ÄUWöilAi .-pf!ter wieder' Mit Pistotn,. . ’ 

| hinkend,, die Glieder- in eeblttöbTottlut ünh.vlotimi. .Djn' teedii?« 

! ist nicht der Sol'ltt-ssoct dar Belrnndlmig. Wir A.r aun aber mAovahis 
; die Staljung b«A -den Nie1Ho^rirtetfv J »aeb da boobgrrtd^ AAr-; 

’ Kid'nm-jrnn vi.rkonnuefl. geht «ms dem 1G J » «uTRehen BeriOlt iiorvoi .i;G 
i Zeigt, jrutdi cm «imncTistriricr Patient-. 

1 Har v. !Hm mafu» (Hidle'r Witt gleiehtajls an «bw ?.tew«g t-oiacrvstiv.-u 
tbdUm'liuög '%t V r 011 1-17 -Hülm) smd. Hl gefiAltvorn- 
■ >Hid ■! goiArlum. Bei U Bock'-ttcrhnuA'mam «w drmd Pür'ihittlioü ,.jr>- 
y-ojcrisi (h» ijtt->«ii F.'db-m ist djo reos'f sU-ts Ks-Ihlgi'oi^ötti dittluhnus 

A-hiinAimc 7 <-rgchiic:i\; ztMgt si«-h. «/«.im ,-Vutlvefuuttg da 1 PlAnmimttücful. 

■c-.-. G 1 !*■•-•* < (tim du »in/, m M(.jm »ttttt lo’ H« »Jung. 

IG usnet {Bar». sic hl. um Bmri-cdigittJg das.- ?hm schau 

Vor V»rA Jäiorn v.orgoiii.^HV/ik, aber niii. w<.ni*,' Beilall jmliMMiommtamn Am 
:i‘h:»u»fi*u(tti j‘-lvt rjtv.rhcfuirangim -mhI Ihc Ning'iug 2 iir lJepcd.mn at 
A.iitbl-dmihü aus Her SehwicBgAttt dir Jaitiehuu! hmgo Am terattkedeua 

.". m •••vVH»l I ^g*’h4 ln Burnum Ihüttm in dmscr B< ziAiui!g dufoltHtifhmg'en t-tc. 
Amsssrc Acrhiiltnisa' voa Aiiadma. ittiissrn »voch nirbt aliu tfo'rmeir 
.bttudtti«iiHdVeidbd)aiidliu»:g v5u.s?.»mimaogaW‘»rihn werh. -natttth hier Hl. diellch-t-- 
'-•■iu'i.hine' i-h-'r Ar; da BA-AA’»acAA»' witbBg.i■■oh h« im .GofOsu «.mUt 
L iiaru ’-t:\i 1 IijoK B ist »»M" AA- httUhr’. i »1 K iiidui «;ignai •.n:i« !•-■- 
somh-rs die »ulpht* «]«m s Trimsport -da Kinder in dm Bult im«l 

Ariddh«!)^ ohjdiöri wb? • aui'-idie*. •b^ib.bbeböOÄweliisiift^. Mjv?'. 

GiwG.’tit. ü« h*gi- «\er«lew muss Am \\ndit.tg>u;n ist die reiahiicJiRc Er- 
iiiUuurtg. wi-j.Jn dir. j|».n Erwarhsenrn sugm'esseno Menge WouibghcU; 
ttöeb plertA;-dGtt -$oil ■ Malt loMagtiFe ÜBi?oTtatß hubon v imVs» ibiiU' übgiG , 
not*h s/dbs'BdniiilH arhebm- wlt $A(h* nml Uamipa umzugnhai verPteJi'u), 

XV. Kleine Mittheilungen. 

-- Bur! in. i>»-m Veinrltiiji«}.«. p»/b so-lj iiir dm ^« r uohiru d**? pbrarite 
! bt;V‘ 1**11 ' u l'.tnl Flii jtfOö !,*»> .um <'-*( « n» < i B-'hl m im Ibmado aug sdclif 

; waä'-u. Zur Zerf, wird ni T VeHmttdUin?mi; zGissium der AG-rvaUtttg. d.-s 
! Krank, iileuu.*!- uud Vaia-dan d«a Cmn-. : H,-. .Vii'Ats- m;d dm Kinn«.*. 

iiuiifstMiiuva ■!«•- Ibaipfm. gamu taH;f-G‘i'i, Ahm Isi dnrbhcr sbic. da- 
t dar NGttilsttj Jini rh-m jutzigCu Gnuid>tm;h rfo? i’hantd. da? auf dfis t AG.-t 
: df-s'. rsifen i jttinGAiGsAAs urmdtai waAeo wird, voinr-.ii Platz, limita mi!.. 

■ Einig ist Hum sieii far.cr da» ; itha‘ «hi'rs da Bon äaGAiavH. on g - 
\ f'uhrr. wa-dai ibuss. um den Betrieb . der- AnstaltanAld z" Mambru b* s. 
Zuerst wird der aita KireKhuf hehaui wadem »mi IHa Hvr iUtgweiferV- 
biHiiicbw Nouges^itung :vx gtahmai. AIOgikAsl soibtd-oA .nah .};«»- Bc- 
hi..) i'iim- K ii{.hfm-‘'-hau-h-s U» A oerilt' gnsamae»* '«a-den. da dir 
Köchruaniagmu sehr nnzufoirbaud sind. Die YormbGit-f t» >uid hw^itä. iM 
‘ A rat’. 

A- Prot', Pr. Heu hu er ist zum Geheimen Medidmdmtb munnB 

— Ais -Naehfoitrer- vcui IMof. Aug Hirsch ist, Prof. r. Nva’dai 
xutn Lehrer für Bpaiclle Pathcdugic iiikI Thcmpi^Aai deji üttlHdr^at-'i'dsen 
BildungsiuisiaUttti ’m-Kttlli worden» 

-. Da Direktor des ttuysdiauabütt ipstUiitu, Prof. Dr'Kuodt. A 

für das Sf*iumtT,sai»,oAja. baiHiinht Seine A'ertreittttg :A den Brfi'G» 
ProL Or. Planck und .PiivATAc-,' Pr, HAaAus überln>^d)i;. 

—- Zur Frago der oßdeiaveitvii R.a.dmig der Frlü 0 büGa d,..•• 

0 T Öhren.« dos [ioetorfitols wordtm- xwiscb«'n M-ud A»» A"D 

den Heben Staate« Vethmtdlütigaü gepftöoen, in wie W'Ait- es mdglAh ^ f V n 
Uüinlxv ' ^u ebiofc Einiguu^ dai'Obev zu. kommen, das* oicu* 

J>?üanditmg da- Iniaher Aino; uümiorw»i'Üiigcp portbiHteVs in» a 
Karbe PAu greift, " .... 

. — Strass; hur". Ptmi'. ] Ga >M uqj n ttuat Tod, Bot'Au ‘‘»-s 
•ittGtaG Di n r.»d V. v. 0 n v. \ gj li k f'i i*e JrGü-iuu Vs umlettGAh 

Prr ;c r - ' ’ : 

Y*- Gu-Udttüivu, 1 rttlj4?iruM«* MtAbAwlraü !’nd. Hu HA?g.'aG r U 
>iy dicsa» Teuer aä, fiin fu n dx »eü»a;i gjdhrdges J libiddltn* Gis. l ei- 
s 0 GAGDm pi-oG-sso c. 

— Yl-ieß. Dev in Warn he Geben de Yer.tmi ?ur Kfriidiplug 
‘Auf,’-- Tnbcrkuloycülifims bat iAiiio Gtia^.L•ö*g«foiHtv 
Der dohn-vhomd't 0ouKi;;dkB da?«« dag AVre.iu6?‘*nttöeen berAH nu-hv -oh 
UOOOUA ll hxirVLd.- ■ . ; 

-- Ht Pol i'i’shor«, Wie w'ü* lihryo haf d«*r tV:tt’ Ihr da» n ; tt u 
stwv mSt TNteidj i b^tBtaltendgn-Jniwra iionk loo ö 

Om»gross dio SuminA vor 50000 kohAAawiHAG 

Ilü Verlage von Georg Tbie.mo m LmpAg \sX -oebei! der v-waG- - 
ThaLdes Lnbibuchud- der liuur-. und Gesclih/clit^kraaUbtiH-eü. 'für A/wztu 
und Htittlu’mjdo -von -Pr. Mas Joüöpb. ni Boriiu zu? Ausgabe gumngB 
i-A werden hier di« G escivB-odi t-skrm h U.h »A 1 en in mogiieiist kniippur 
Pom> u»H bo-sondfrer Po; ürksidüigiiug d.>r Tbufapie Losproebau. Dns 
W*irk ist verzttgKä- tttt^eslaitet ttiul kiilbHIt Vttssersi. sürsh'Ktti aisgGUbrts 

•: i .»-.. ■• 'tu ‘G: ■ | ;:t,d ciitt- farliiüe Tuld. IG ne Attgolmmh- BogprtfCruuig 
v. u d ,’bueu' ,• • ••■. . . . 

> G . r - • ;; • r -, jt.»/},.. Pr«.t* lisrwr m .'HoimorKr bat einen 
Km ,(& W-oiii'nGvw 4-/ru H, Hertz erhalton — IvAnigsborg L En pf. 

; Av -i■ . -i. j, .Hs Doccui .Otf piithokaiG’b« AimU»jiii(* huliiiftin-., 

: —- Graz. Dor Docent I>r. L. Ho£ler von' .SuHutliiil ist z;um 
Jirben ProlosHHr für iuuetre Medicni ornbtvQB 

Vaoante Stellen; 

ErvispbyKikat Strasburg W.-Pr, und Bö’ftbüuib,, (Die übriguii rf^V 
>• mWü siube im InsoratentheiLJ 

Sitffnifchi ln Berlin W. 


Goc»gle 



Donnerstag M 18. 3. Mai 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinaiwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulentmrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstoinalloe 3. Potsd&merstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31. 


I. Aus der Universitäts-Augenklinik in Greifswald. 

Kleinere ophthalmologisehe Mitteilungen. 

Von Prof. Otto Schirmer. 

I. Ist die extraoculare Anwendung des Elektromagneten 
ungefährlich P x ) 

Mehr und mehr hat in neuerer Zeit die Ueberzeugung in 
Ophthalmologenkreisen Platz gegriffen, dass aseptische Fremdkörper 
mir ganz ausnahmsweise auf die Dauer unschädlich im Bulbus- 
innem ruhen können. Selbst eine vollzogene Einkapselung ver¬ 
hindert nicht, dass fort und fort Theilehen des Corpus alienum in 
den Augenflüssigkeiten gelöst werden, durch Diffusion überallhin 
gelangen und liier Vorgänge nuslösen, die wir, besonders durch die 
Untersuchungen Leber’s (Die Entstehung der Entzündung. Leipzig 
1891), im wesentlichen als entzündliche Processe kennen gelernt 
haben. Die Intensität derselben ist von der chemischen Natur des 
Fremdkörpers abhängig. Sie sind ausserordentlich gering, wo es 
sich um Stein- oder Glassplitter handelt, und sie steigern sich bis 
zur Eiterung bei Kupl'ersplittern. Etwa in der Mitte steht die sehr 
langsam auftretende Wirkung von Eisen- und Bleipartikelrhen: 
doch hat die Erfahrung gelehrt, dass Eisensplitter — ausgenommen 
vielleicht ganz minimal kleine — wohl kaum jemals auf die Dauer 
im Auge vertragen werden, wenn sie auch viele Monate lang das 
Sehvermögen garnicht zu schädigen scheinen. Schliesslich aber 
kommt es in den meisten Fällen doch zu Netzhautablösung oder 
zu primärer Degeneration der nervösen Xetzhautelemente und 
damit zum Verlust des Sehvermögens. 

M ir haben deshalb die Aufgabe, jeden Splitter, wenn irgend 
möglich, aus dem Auge zu entfernen, und da sind wir bei den 
Eisensplittern bei weitem am günstigsten gestellt. Unsere Methoden 
zur Extraction derselben aus dem Glaskörper haben im vorigen 
•Jahre durch Haab eine werthvolle Bereicherung erfahren. Während 
die Einführung eines kleinen Magneten in den Glaskörper, wie wir 
bisher nach dem Beispiel von Mac Keown und Hirsch borg 
«wandten, stets mit mehr oder minder grosser Zerstörung und 
\ erlust von Corpus vitreum verbunden war und die Gefahr einer 
liilection wohl nicht immer hat vermeiden lassen, gestattet die 
iaab sehe Methode in manchen Fällen, selbst bei tiefem Sitz des 

• plitters. denselben direct wieder aus der Wunde liervorzuziehen. 
?" ,p fi ' ü Instrument in den Bulbus einzuführen: in anderen 

allen gelang es wenigstens, ihn in die vordere oder hintere 

ammer zu dislociren, also an einen Ort, von wo er mit relativ 
geringer.Gefahr entfernt werden konnte. Vor allem aber, und 
' a r. mir das wesentlichste, ermöglicht sie es uns, Eisen- 

;P hter zu extrahiron, ohne dass wir von ihrem Sitz im Bulbus 

rgend welche Kenntniss haben, und sie könnte versuchsweise 

angewandt werden in Fällen, wo die Diagnose .auf Fremdkörper 
«ne unsichere ist, 

• so vielen Vorzügen ausgestattete Methode bestellt 

i.j . Anwendung sehr starker Elektromagnete, welche selbst 

lnste Lisensplitter durch die Länge des ganzen Bulbus hindurch 
UU( 1 durch den intakten Glaskörper hindurch fort- 
din e v5T u vermö gen. Die bisher vorliegenden Mittheilungen über 
• mo] &' d »eser Methode [Haab*"), Schlösser»), Hürzeler«), 

-eliiilteneu^Vortr 111 • ,U ^ 1^94 im Greifswalder medicinisuhen Verein 

) Die \ envemhing sehr starker Magnete, zur Entfernung von Eisen- 


Haab Ä ), Deutsch man n (, )| sprechen alle durchaus für ihre Vor¬ 
züglichkeit, wenngleich natürlich nur in einem Theil der Fälle der 
verletzte Bulbus erhalten werden konnte. Mängel, die in der 
Methode begründet sind, wurden in keiner der citirten Mitthei¬ 
lungen erwähnt. Es scheint mir deshalb von Interesse, eine Beob¬ 
achtung aus der Greifswalder Universitätsaugenklinik zu veröffent¬ 
lichen, welche zeigt, dass die extraoculare Application eines 
Elektromagneten doch nicht ganz gleichgültig für das Auge ist. 
sondern unter Umständen schwere Gefahren für dasselbe in sieh 
birgt. Die Krankengeschichte ist kurz folgeudo (ausführlicher habe 
ich sie in einer Dissertation von Herrn K. Hager: „lieber die 
Gefahren der extraoeularen MagnetapplieatioiU publiciren lassen): 

Dem Schlosser Albert Z. aus Greifswald. 19 Jahre alt. flog am 
8. August 1893 ein Stück abgesprengten Eisens in das linke Auge. Kr 
kam sofort in die hiesige Augenklinik, wo eine .Stunde später folgender 
Befund aufgenommen wurde. Links minimale episklerale Injoction: 
Kammer normal tief; in dem oberen < ’orneaviertel kleinste perforirende 
Wunde: ihr entsprechend dreieckiger Defoct in der Iris; Linse völlig 
transparent, nur in der Gegend des Jrisclefeetes eine zarte Trübung: 
Fundus normal; T 1: s — ö /|-,; vom Fremdkörper ist nichts zu sehen. 

Derselbe wird erst zwei Tage später bei maximaler Mydriasis im 
Glaskörper mitdeckt. Ein Extractionsversuch wurde uicht gemacht. Das 
Auge blasste allmählich völlig ab, die Kapselwunde schloss sich, aber die 
Linse trübte sieh mehr und mehr, so dass am 4. November nur noeh 
Finger auf kurze Entfernung gezählt wurden. 

Am 13. November kommt Patient wegen eines in der Cornea sitzenden 
Eisensplitters wieder in die Klinik. Hei der Untersuchung zeigt, sieh die 
Linsentrübung so gering, dass der Augenhintergrund leidlich scharf ge¬ 
sehen werden kann: gröbere pathologische Veränderungen können jeden¬ 
falls ausgeschlossen werden. Da trotzdem kaum Finger in nächster Nähe 
gezählt werden, legt dies die Vermutluing nahe, dass durch die chemische 
Einwirkung des Eisens degenerative Vorgänge in der Netzhaut ein¬ 
geleitet. sind, wie sie Leber' 7 ) bei seinen experimentellen Untersuchungen 
am Kaninchen regelmässig gefunden hat, und wie sie Bunge 8 ) uml 
E. v. Hippel 9 ) auch für das menschliche Auge beschreiben. Im Glaskörper 
sieht man - - am besten hei foealer Beleucht ung — einen kleinen, beweg¬ 
lichen Fremdkörper von weissgrauer Farbe, der sich etwas unter dem 
Mittelpunkt des Auge# nahe der hinteren Linsenlläche betindet. 

Da ich bei längerem Verweilen desselben im Auge sehliessliche Er¬ 
blindung durch Ablösung oder Atrophie* der Netzhaut befürchtete und die 
versuchsweise Anwendung des Elektromagneten für völlig ungefährlich 
hielt, begab ich mich am 17. November mit dem Patienten in das benach¬ 
barte physikalische Institut, wo mir Herr Professor Overheck in liebens¬ 
würdigster Weise seine Magneten zur Verfügung gestellt hatte. Ich 
spreche ihm hier meinen besten Dank dafür aus. 

Der Patient wurde zunächst an einen kleinen, immerhin recht starken 
Magneten gebracht, dessen Einwirkung aber weder subjeetive noch 

splittern aus dem Auge. Bericht der Heidelberger Oplith. Oesellseli. 1892. 
p. 103. 

;: l Bedingungen zur Entfernung von Eisensplittern durch den Magneten. 
Ibid. 1893. p. 153. 

4 ) lieber die Anwendung des Elektromagneten hei den Eisensphlter- 
verletzungen des Auges. Beiträge zur Augenheilkunde, 1894. XIII. lieft, 
j). 2(). 

°) Ein neuer Elektromagnet zur Entfernung von Eisensplittern aus 
dem Auge. Ibid. p. 08 

c ) Extraction eines Eisensplitters aus dem Glaskörper mit Anwendung 
eines starken Elektromagneten. Ibid. p. 97. 

7 ) loc. cit, . 

9 ) Bunge, lieber Siderosis bulbi. Verhaudl. d. intern, med. on- 
gresses zu Berlin, 1890, Bd. III. . , 

9 ) E. von. Hippel. Ueber Siderosis bulbi und die Beziehungen 
zwischen siderotischer und hämatogener Pigmentirung. Archiv t. Ophtha - 
mologie 1894, Bd. XL, Abthl. 1. 


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Go^ 'gle 


, rtftfrgfMi l l i 1T i T I — 

Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSOHRIFL 


No. 18 


394 _ _ _ _ 

Ä der durcWU^zahW Drahtwindungeri hindiirchgele^tcte Strom 
t eine Starke vou 8 Ampere. Auf dem einen Arm lag honi«ontd in 
Mannshöhe eine Eisenplatte, die in eine stumpfe Spitze auMicf. AnAlilese 

ca tfiz ääskst “ää. 

ünr Kranke kto'e Schmerzen, die allmählich an Intensität zunehmen 
Zuglrich" 1 tritt cUiarc In.ieetion auf. und die ^ d»«h Atropm 
u .i P Punille verengert sieh etwa bis zu mittlerer Weite, /^eiieno. 
eine Reizungsmyosis; die pnpill.nycrengerndcn. Fasen. wurden^‘"weiso 
stark gereizten.. sensiblen Tngem, nusfasern nuten cg In le.che ■ 


hpttierp Coniunctivitiden gereizt werden. .\aui tmei p** ■ . 

der Versuch abgebrochen und in kurzen Zwischenräumen nodiscdisnml 
iederholt D«?h ohne jeden Erfolg. Das Corpus allen...n Me bU wie n 
jeder Pause mit. den Spiegel constatirt wirf, an seiner alten Stolle. 

\ erband. f^ ^ Nachmittags bildete sich ein rentabler, heftiger Ciliui- 
komanfall aus. Die Schmerzen nahmen zu. der Tonus stieg erheblich, die 
Cornea war'leicht- diffus getrübt, ihr Epithel gestippt, Eserin blieb ohne 
Wirk mm Auch eine Morphiuminjection vermochte nicht, dem Iviaukeu 
eine nilnge Nacht zu verschaffen. - Ich schritt deshalb am Morgen zur 
Mamietcxtraction nach alter Methode. Zwischen Rectus mtei nus un 
inferior bildete ich einen dreieckigen Conjunctivallappen. mcidirto mendional 
dieTklera und führte den Magneten ein. . Beim er^ ci-such wunk 
der Splitter herausbefördert. Nabt der Conjunctiva. \ erband. Betti uh 
Der entfernte Eiscnsplitter ist 1- ,4 nun lang, etwa 2 
und «mnz ausserordentlich dünn, so dass sein Gewicht nur ein ™ ni, ™Jcs 
gewesen sein kann. Wahrscheinlich ist er durch den ttlnf Monate langen 
Aufenthalt im Glaskörper sehr arrodirt worden. Jedenfalls vertrug ei 
das Anlassen nicht mehr; nach der Demonstration in der Klinik erhielt 

Kh 1 Der Wundverlauf war völlig normal. Fünf Wochen nach der Operation 
.•iner icli daran, die inzwischen matur gewordene Katarakt durch Extraction 
zu entfernen. Der Patient hat jetzt ein völlig klares ITipillargebict seine 
Sehschärfe hat. sich nach und nach aut Va gehoben; das Gesichtsfeld, das 
anfangs eine leichte Einengung von oben her zeigte, ist normal geworden, 
so dass man auf einen dauernden Erfolg hoffen kann, wenngleich die 
Möglichkeit, dass doch noch Ablatio retinae eintritt. als ausgeschlossen 
noch nicht bezeichnet werden kann. 


Das Interessante an dieser Krankengeschichte ist die Erzeu¬ 
gung eines Glaukomanfalles lediglich durch äusserliohe Application 
eines Elektromagneten, und zwar war es ein schwerer Glaukom¬ 
anfall, wie die Renitenz der Pupille und des intraoeularen Druckes 
gegen Eserin bewiesen, ein Anfall, der vielleicht den Verlust des 
Auges zur Folge gehabt hätte, wenn nicht die nachträgliche Ent¬ 
fernung des Splitters durch Einführung des Magneten gelungen , 
wäre. Höchst wahrscheinlich wurde er durch Zerrung an der 
Aderhaut und dem Corpus ciliare hervorgerufen, au welchen der 
Eisensplitter durch Glaskörperstränge befestigt gewesen sein wird. ! 

Man kann der Beobachtung zum Vorwurf machen, dass kein ; 
für ophthalmologiselie Zwecke construirter Magnet angewandt 
Avurde, dass vielleicht die magnetischen Kraftlinien eine ungünstige 
Lage iiatten und nicht stark genug auf den Splitter eingewirkt I 
wurde. Dem ist entgegenzuhalten, dass vielleicht dies Eisenstück¬ 
chen durch besser construirte Polschuhe noch hätte extrahirt 
werden können, dass aber jedenfalls noch minimalere oder noch 
besser iixirte Stahlfragmente im Auge Vorkommen, welche auch 
dem stärksten Elektromagneten Widerstand leisten. Zerrung an 
ihnen durch magnetische Einwirkung könnte ähnliche glaukomatöso 
Erscheinungen hervorrufen, wie in dem obigen Falle. Jedenfalls 
ist durch diese Beobachtung der Beweis erbracht, dass die Haab- 
st he Methode unter Umständen kein gleichgültiger Eingriff ist. 

Die gleiche Erfahrung hat übrigens auch schon Haab selbst 
gemacht (Heidelb. oplith. Gesellsch. 1892, Fall 4, p. 166). Auch bei 
ihm handelte es sich um einen schon längere Zeit — l l /2 Monate — 
im Auge befindlichen Eisensplitter, der sich in der Retina einge¬ 
bettet hatte. Die anfangs vorhandene Iritis mit Hypopyon war 
bald zurückgegangen und das Auge seit mehreren Wochen völlig 
reizlos. Auf die Magnetanwendung reagirte dasselbe nicht mit 
Glaukom, aber mit einem Recidiv der Iritis, welches spontan nicht 
zurückgegangen zu sein scheint, da 10 Tage später die Extraction 
mittels des kleinen Magneten nachgeschickt wurde. Haab schiebt 
dieses Recidiv darauf, dass er zugleich in der Gegend des Fremd¬ 
körpers einen massirenden Druck auf die Sklera ausgeübt habe. 
Der hier berichtete Fall lehrt, dass auch die einfache Magnet- 
application bei aseptischem Fremdkörper in vollkommen reizlosem 
Auge, das nie merkliche Entzündungserscheinungen dargeboten 
hatte, von schädlichen Folgen begleitet sein kann. 

So sehr also die Ha ab’sehe Methode als ein wesentlicher 
Fortschritt in der Behandlung von frisch eingedrungenen Eisen¬ 
splittern zu bezeichnen ist, so wird man sie doch zunächst nur 
mit grösster Vorsicht auch in älteren Fällen anwenden können, 


in welchen die Fixiruntr des Fremdkörpers durch neugebildetes 
Bindegewebe wahrscheinlich ist. Weitere Erfahrungen müssen 
zeigen, ob sie hier überhaupt contraindicirt ist, oder welche Grenzen 
ihr gezogen sind. 

n. Höhendistante Doppelbilder bei einfacher 
Abducensparese. 

Die Schulansicht, dass bei Lähmung des Rectus externus 
lediglich neben einander stehende Doppelbilder ohne Höhenunter¬ 
schied und ohne Schiefstellung wahrgenommon werden - eine An¬ 
sicht die auch noch in den älteren Monographien Alfred Graefe sj 
und Albreoht von GracfeV-') ausgesprochen wird — ist durch 
weitere Erfahrungen dahin berichtigt worden, dass neben einander 
stehende Doppelbilder zwar die Regel bilden, dass aber 111 nicht 
einmal ausserordentlich seltenen Fällen nebenbei eine Höhendistanz 
angegeben wird. So sagt Alfred Graefe im Handbuch der ge- 
sammten Augenheilkunde von Graefe und Saemisch (Bd. \ , 
p 46), kleine Höhenablenkungen fände man nicht selten, doch 
seien dieselben gewöhnlich nur bei grösserer Entfernung der Seh- 
obiocte bemerkbar und verschwänden meist mit Ausgleichung der 
seitlichen Distanzen der Doppelbilder durch horizontal wirkende 
Prismen. Und Mauthnor (Die Lehre von den Augenmuskellah¬ 
mungen, Wiesbaden 1889, p. 568) behauptet dass in 3 von 100 
Fällen Höhenunterschiede auftreten, welche beim Blick nach auf- 
i wärts und abwärts sich nicht ändern, beim Blick nach, der beite 
des gelähmten Abdiicens „nicht verschwinden", während beim 
Blick in entgegengesetzter Richtung entweder Emfaelisehen vor¬ 
handen ist. oder Doppelbilder auftreten, welche nur Höhenunter¬ 
schiede zeigen. . ’ , 

Ucher die Wirkungsweise des Internus m solchen fallen ab¬ 
normer Zugrichtung des Externus habe ieh nähere Angaben 111 der 
Litteratur nicht finden können, doch gewann ich aus Mauthner & 
Schilderung den Eindruck, dass er eine abnorm© Lage auch des 
Internus für das Gewöhnliche hält, und zwar in dem Sinne dass 
die Muskelebenen beider Seitenwender zusammenfallen. Geraae 
über diesen Punkt gaben mir 2 Fälle aus der hiesigen Poliklinik 
näheren Aufschluss, und es ist deshalb vielleicht eine Mitteilung 
derselben nicht ohne Interesse. Vorweg sei bemerkt, dass natür¬ 
lich alle Fehlerquellen, wie z. R. schiefe Kopfhaltung u dgl durch 
sorgfältige Fixation des Kopfes mul mehrfache Gontrolle aller An¬ 
gaben ausgeschlossen wurden. 

Fall 1. Karl S., 32 Jahre alt, Gorichtsschroibcrgehilfe. Links Läh¬ 
mung des Rectus extornus. In Betreff der Aetiologie sind keine Anhalts¬ 
punkte zu gewinnen. Die Störung soll plötzlich vor wenigen lagen aut- 

getreten ©sein- Blick nacb links ein erhebliches Zurück- 

bleiben des linken Auges gegenüber dem rechten nach weisen. Wird 
j Fixation nach links in der Horizontalen abwechselnd das rechte u 
| das linke Auge verdeckt, so geht die Einstellungsdrehling des linken 
Auges nach links und oben, die des rechten Auges nach rechts 

I llntell i)ic Prüfung der Doppelbilder ergiebt folgendes Resultat: Beim Blick 
’ auf ein in der Medianlinie der Blickebenc 3 111 vor dem Auge ge . ' 

| Licht sieht der Patient gleichnamige Doppelbilder etwa /a m von ein- 
| ander entfernt. Das Bild des linken Auges steht um 2-3 cm höher 
1 Wird das Licht in der Horizontalen nach links getührt. so nimm 
. Seiten- wie Höhenabstand zu. Etwa 30° links von der Medianlim 
| trägt letzterer 10 cm. Beim Blick nach rechts nimmt die Hähendism ^ 
schnell ab. langsamer der Seitenbestand, bis etwa 4o ™. n . ‘ T : r u 

linie Einfachsehen Auftritt, Bewegt man in der Mittellinie das , 

I gerade nach oben, so nimmt der Seiteuabstand der Doppelbi , 

I zu (entgegen der Regel), beim Blick nach abwärts soll er annahem 
1 „mini, kifijhon in rl av TfuliATirliRtnnz tritt dabei keine Aendeiu 


?r negeij. uenu jjuv-n. ^ .- - .r 

gleich bleiben, ln der Höllendistanz tritt dabei keine Aenderuiu b * j 
Führt man aus der Mittellinie bei beliebiger Höhenstellung der- o- 
das Licht nach links, so nehmen sofort Seiten- und Höhenabst - 

beim Blick nach rechts nimmt der Seitenunterschicd ab, und aei 
abstand verschwindet bald gänzlich. . . , , Vc , 00 ;Hirer 

Wir haben hier also einen Fall, wo bei einfacher, linksseitig ^ 
Abdueenslähmung neben dem Convergentsclüelen noch ein ® . 
unterschied vorhanden war. Auf Lähmung eines der Au " 

oder Abwärts wen der konnte derselbe nicht bezogen werden, 
weder bei Hebung noch bei Senkung der Blickebenc sicn > 
grösserte. Zunahme der Höhendistanz liess sich vielmehr nu _ 
Blick nach links, wo der gelähmte Externus in Action tra , 
weisen und hier in ziemlich erheblichem Maasse ('öii j 

10 cm). Da das dem linken Auge zugehörige Bild höher s • 
das Unke Auge also tiefer, musste eine Kraft ausge a 0 ' 

welche das linke Auge nach oben zog, d. h. der Externus k , t 
linke Auge nach aussen und oben, seine Muskelebene g : 

horizontal, sondeni war von links oben nach rechts unten g ’ 
eine Annahme, die auch durch die Resultate der objective 
suchung, durch die Einstellungsdrehlingen bei abwechseln 

9 Klinische Analyse der Motilitätsstörungen des Auges. 
a ) Symptomenlehre dor Augenmuskellähmungen. Berlin 




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3. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


395 


decken beider Augen bestätigt wird und die alle eben geschil¬ 
derten Erscheinungen auf das befriedigendste erklärt. Wie aber 
verläuft die Muskelebene des Rectus internus? Ehe ich darauf 
eingehe, möchte ich über den zweiten Fall berichten; 

Fall 2. Heinrich E., 43 Jahre alt, Schmied. Keine Lues, häufige 
rheumatische Anfälle. Urin normal. Fehlen der Patellarreflexe. Beider¬ 
seits Reflextaubheit der Pupillen, links absolute Starre. Rechts Pupille 
weiter als links. Ophthalmoskopisch linke Papille leicht abgeblasst, sonst 
alles normal. Rechts E s = 1, links Es = 7«. Gesichtsfefdgrenzen und 
Farbenfelder normal. Seit */» Jahr Doppelsehen. Augenscheinlich war 
es immer eine einfache linksseitige Abducensparese, da der Patient, wenn 
er den Kopf nach links drehte, einfach sah und so arbeiten konnte. In 
letzter Zeit ist auch bei dieser Kopfhaltung die Arbeit nicht mehr recht 
möglich. 

Status praesens: Links Abducenslähmung; das linke Auge geht 
nicht über die Mittellinie hinaus. Höhenunterschiede sind objectiv nicht 
wahrnehmbar. Gleichnamige Doppelbilder mit Distanzzunahme nach links, 
-Abnahme nach rechts, -Abnahme nach oben, -Zunahme nach unten. In 
der Höhe der Augen tritt selbst an der äussersten Grenze des Blick¬ 
feldes nach rechts kein Einfachsehen auf, nur rechts oben wird einfach 
gesehen. Wird das Licht in der Medianlinie der Blickebene etwa 2 m 
vom Auge entfernt gehalten, so steht das Bild des linken Auges knapp 
einen Zoll tiefer, als das des rechten. Dieser Höhenunterschied nimmt 
nach oben und unten hin allmählich ab und wird an den Grenzen des 
Blickfeldes überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Drehung der Augen 
nach links lässt den Seitenabstand sehr schnell grösser werden, eine Acn- 
derang der Höhendistanz bemerkt Patient nicht. Bei Drehung nach 
rechts nimmt, der Höhenabstand zunächst schnell ab, bald treten beide 
Bilder in gleiche Höhe, und schliesslich haben wir bei immer gleich¬ 
namigen Doppelbildern Höherstehen des dem linken Auge gehörigen 


Auch in diesem Falle kann der Höhenunterschied der Doppel¬ 
bilder nur auf den Rectus extemus bezogen werden, da die Höhen¬ 
distanz weder nach oben noch nach unten zunahm, wie es bei 
Lähmung eines der Aufwärts- oder Abwärtswender hätte der Fall 
sein müssen. Allerdings gab der Patient keine Zunahme der 
Höhendistanz an beim Blick nach links, wo der gelähmte Externus 
in Action treten sollte, doch nahm hier der Seitenabstand so 
schnell zu, dass eine richtige Abschätzung der ohnehin geringen 
Höhenunterschiede gewiss schwierig war; vielleicht war auch das 
lange Bestehen der Lähmung nicht ohne Einfluss. 


Auflallend ist dagegen die Angabe, dass beim Blick nach 
rechts zunächst gleiche Höhe der Doppelbilder und dann Höher¬ 
stand des dem linken Auge gehörigen Bildes eintrat. Während 
riso beim Blick nach links das linke Auge höher stand, also eine 
Kraft ausgefallen war, die es nach unten zog — d. h. die Zug¬ 
richtung des gelähmten Externus ging nach aussen und unten —, 
trat das Auge beim Blick nach rechts allmählich tiefer und tiefer. 
Es ist deshalb unmöglich anzunehmen, dass die Muskelebene des 
Rectus internus hier mit der des Extemus zusammenfällt; in 
diesem Falle würde, wie Mauthner ganz richtig ausführt, der 
Internus beim Blick nach rechts das linke Auge höher und höher 
ziehen. Um das thatsächliche Verhalten der Doppelbilder in meinem 
r alle zu erklären, können wir nur annehmen, dass der Internus 
das Auge ebenfalls nach unteu zieht und diese Componente seiner 
eistung jetzt bei gelähmtem Externus energischer zum Ausdruck 
ringen kann. Eine compensatorische Aufwärtswendung des Auges, 
e jedenfalls früher stattgefunden hat, wird um so mehr ausbleiben,als 
urch keine derartige Bewegung Einfachsehen erzielt werden kann, 
c wurde also annehmen, dass in diesem Falle beide Seitenwender 
e leichte Senkung der Hornhaut bewirkten. Dass es kein phy- 
o ogisches Postulat ist, dass die beiden die gleiche Muskelebene 
a en, beweisen die Arbeiten Volkmann’s, welcher ihnen auf Grund 
? er Untersuchungen durchweg einen hebenden Einfluss 
aui die Cornea zuschreiben wollte. 


dAiv a ^ er ^mal davon abstrahiren, dass beide Muskeln in 

Iln . e "bene liegen müssen, so erklärt sich der abnehmende Höhen- 
l^terschied in Fall 1 beim Blick nach rechts _ fort vom ge- 
hier Hif 7 " am ungezwungensten durch die Annahme, dass 

EinflncJ vT 8 ^ T nternus genau horizontal lag, also gar keinen 
auf die Höhenstellung des linken Auges hatte. 

kun»«wa^ 0m ? e zu dem Schluss, dass eine abnorme Wir- 

kun*Tw 1Se - i es . ct P s extemus — neben der abducirenden Wir- 
beweist 18 P le , e * se eine Abwärtsdrehung des Auges — uns nicht 
also t\L p 88 ** er Antagonist in entgegengesetztem Sinne wirkt, 
eennn h n • Drn , ea , na °E aufwärts drehen würde, sondern dass er 
Sinne wif 17 a° nt ^. ver ^ au ^ en kann — Fall 1 — oder auch in gleichem 
kann — F \\ Externus auf die Höhenstelhing der Cornea wirken 
Uopnelbilrin • a ^ ne sorgsame und wiederholte Prüfung der 
Fällen wohl* j e * ne exacte Diagnosenstellung in diesen 


II. Aus der medicinischen üniversitätspoliklinik in 
Königsberg i. Pr. 

Ueber den continuirlicben Magensaftfluss. 

Von Professor Dr. Julius Schreiber. 1 ) 

Secernirt die Magenschleimhaut auch normalerweise unabhängig 
von der Nahrungsaufnahme specifischen Magensaft? Stellt die von 
den Autoren sog. chronische Hypersecretion wirklich ein selbst¬ 
ständiges, primäres Leiden dar? Diese, ersichtlich in engster Be¬ 
ziehung zueinander stehenden Fragen, deren erstere durch die 
Lehre von der chronischen Hypersecretion in klinischer Hinsicht 
eine grössere Bedeutung gewonnen hat, habe ich in einer früheren 
Arbeit 2 ) zu beantworten gesucht. Die erstere glaubte ich auf Grund 
eigener, durch Thierversuch und klinische Beobachtung ergänzter, 
1888 pubHcirter Untersuchungen 8 ) bejahen, die zweite in patho¬ 
genetischer Beziehung, mindestens in Beziehung auf die Häufigkeit 
des Vorkommnisses, als noch nicht bewiesen bezeichnen zu müssen. 
Manche Erscheinungen in der Litteratur legten mir den Verdacht 
nahe, dass man unter der sog. chronischen Hypersecretion ihrem 
Wesen nach nicht überall dasselbe verstehe. Dies war vornehm¬ 
lich der Grund, weshalb ich den wissenschaftlich wie praktisch 
nicht unwichtigen Gegenstand aus seinem allmählich immer festeren, 
klinischen Niederschlage aufzurütteln und zur Discussion zu stellen 
unternahm. 

Hierauf ist von Riegel 4 ), dem eifrigsten Verfechter der sog. 
chronischen Hypersecretion, eine Erwiderung erfolgt, welche, soweit 
sie mit dem Gegenstände des Interesses in Beziehung steht, es 
erforderlich erscheinen lässt, noch einmal das Wort in dieser Sache 
zu ergreifen. 

Giebt es eine physiologische, continuirliche Saftabscheidung 
im Magen, d. h. scheidet der Magen auch normalerweise unabhängig 
von der Speiseaufnahme, im Nüchternen, Magensaft ab? 

Indem ich im Gegensatz zu den früheren Annahmen dies be¬ 
jahte (1888), lag mir der Nachweis ob, dass regelmässig, bezw. 
quia nuUa regula sine exceptione, bei der überwiegenden Mehrzahl 
gesunder Menschen die Magenschleimhaut sauer reagire, und zwar 
infolge Salzsäure. Also: nicht ob ein oder hundert Cubikcentimeter 
Salzsäure im nüchternen Magen vorhanden sei, galt es bei dieser 
physiologischen Frage zu erweisen, sondern, wie gesagt, ob die 
Schleimhautoberfläche überhaupt sauer reagire infolge Salzsäure: 
genau wie für die Frage der physiologischen Albuminurie oder Gly- 
kosurie nicht die Menge, sondern zunächst allein die Reaction 
auf Zucker oder Eiweiss als entscheidend angesehen wird. Es scheint 
mir daher nicht erlaubt, bei Discussion dieser ersten Frage, z. B. 
wie Riegel, immer und immer wieder den wenigen Cubikcentimetern 
Magensaft einzelner Fälle nachzugehen und noch weniger, diese, 
zum Beweise ihrer Bedeutungslosigkeit, den grossen Mengen bei 
der sog. chronischen, krankhaften Hypersecretion gegenüberzu- 
steHen. Um so weniger, als selbst bei dieser, bei der chronischen 
Hypersecretion es nicht selten sich um Quantitäten handelt, welche, 
wie wir noch sehen werden, hinter den von mir u. a. normaler¬ 
weise nachgewiesenen erheblich Zurückbleiben. Einstweilen haben 
wir es stricte mit der generellen Frage zu thun, scheidet der 
nüchterne, speisefreie Magen überhaupt Salzsäure ab oder nicht: 
Nein! sagt Riegel, und zwar auf Grund der bekannten Beobachtun¬ 
gen an Magenfisteln bei Menschen und Hunden, sowie von bald 
näher zu beleuchtenden [klinischen Untersuchungen von Riegel, 
Ewald u. a. 

Die ersteren wollen wir hier nicht noch einmal erörtern, nach¬ 
dem Riegel selbst die Unübertragbarkeit der an Magenfistel¬ 
hunden gefundenen Resultate auf den Menschen zum Theil aner¬ 
kennt. Selbst auf die Verwerthung des, wie es scheint, von 
Riegel übersehenen Befundes an hungernden Hunden ohne 
Fistel, an deren einem ich unter allen denkbaren Cautelen die 
Spontansecretion der Schleimhaut bei leerem Magen zweifellos 
nachgewiesen, will ich an dieser Stelle verzichten. Aber die kli¬ 
nischen Untersuchungen seit Einführung der Magensonde zu 
diagnostischen Zwecken und die Beobachtungen an Menschen 
mit Magenfisteln! Wie kommt es, sagt Riegel, dass, obschon den 
Aerzten mit der Magensondirung oft genug Gelegenheit ge¬ 
geben war, sich in dieser Frage ein Urtheil zu bildon, Niemand 
ausser mir eine spontane Saftabscheidung im nüchteren Magen 
hat beobachten können. Nicht Leube, nicht Ewald, Edinger 
noch Riegel selbst bei seinen täglichen Ausheberungen von Magen¬ 
kranken? Nun, diese Frage habe ich bisher nicht eingehender er- 


') Das Manuskript dieser Arbeit ist am 2. December v. J. bei der 
Redaction eingelaufen. 

*) Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 29/30. 

3) Archiv für Experimental-Pathologie und Pharmokologie. 

4 ) Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 31/32. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


örtert, weil mir ihre Beantwortung so nahe zu liegen schien, wie 

sm s ^ st mit Ri0gel zu beginnen, so konnte er die physiologische“ 
Saftabscheidung nicht beobachten, weil er eben Magenkranke ) 
untersuchte, welche zur Entscheidung physiologischer Verdauungs¬ 
fragen naturgemäss nicht geeignet sind. Und so selbstverständlich 
dieses ist, es scheint trotzdem besonderer Betonung bedürftig, 
denn in einer jüngst erschienenen Arbeit von Dr. Johnson und 
Dr. Behm 2 ) mit mehr als S000 Untersuchten kommen die Autoren 
wiederum zu folgendem Schlüsse: „In einer grossen Anzahl Fällen 
ist die Untersuchung am nüchternen Magen ausgeführt worden, 
wobei der Magen sich entweder als leer erwiesen, oder auch spar¬ 
same, klare Reste enthalten hat, welche keine Salzsäurereaction 
ergehen haben. Sicher ist dieses bei 76 Patienten . . . . der 
Fall gewesen .... Dieses streitet also gegen Schreiber s oben 
angeführte Behauptung. 3 ) Und ob ich gleich diesen Punkt nebst 
anderen groben Missgriffen im modus procedendi z. B. inbezug aul 
die Untersuchungen von Pick in meiner letzten Arbeit scharf zu¬ 
rückgewiesen habe, so hindert dies Riegel nicht, die Pick’schen 
Folgerungen von neuem anstandslos gegen mich in’s Feld zu führen 

Dasselbe gilt Ewald gegenüber. Denn die von Riegel 
gegen meine Behauptung angezogenen Untersuchungen Ewald s 
„bei fünf an die Einführung der Sonde gewöhnten Patienten“ waren 
eben wiederum Patienten und dies noch Magenkranke. Aber 
Ewald selbst beruft sich in dieser Sache noch auf seine eigenen 
mit Boas ausgeführten Untersuchungen, und zwar? — an einer 
jungen Person aus der Berliner Frauen-Siechenanstalt „mit einer | 
eigentümlichen auf hysterischer Basis beruhenden Magenneurose.“ 
Diese Kranke erbrach seit sechs Jahren Flüssiges sofort, feste 
Nahrung nach zwei bis vier Stunden. In solchem, nüchtern, nach 
Aufnahme von im Mittel 50 bis 100 ccm Wasser erbrochenen 
Mageninhalts vermissten Ewald und Boas constant die Anwesen¬ 
heit von freier Salzsäure, folglich finde sich im nüchternen Magen 
unter normalen Verhältnissen kein Magensaft. 

Wirklich? haben denn Ewald und Boas sich überzeugt, dass 
ihre Hysterica die 50 bis 100 ccm Wasser bis in den Magen ver¬ 
schluckt hatte? Bestand nicht vielleicht ein auf Flüssigkeiten er¬ 
folgender Oesophagospasmus? Und wenn das auch nicht der Fall 
gewesen sein sollte, sollte es wirklich erlaubt sein, eine so subtile 
Frage, wie die vorliegende, nach dem Erbrochenen und bei einer 
langjährigen Kranken mit Magenneurose zu entscheiden! Hierauf 
könnte ich, von anderem abgesehen, mindestens mit Riegel ein¬ 
wenden, „dass der während des Brechactes aus Nase, Mund, 
Larynx und Trachea herzuströmende Schleim eine Veränderung 
der chemischen Zusammensetzung des ursprünglichen Magensaftes 
und besonders der Quantität desselben zur Folge hat.“ Und also 
muss ich für die vorliegende Frage „Erbrochenes als für unsere 
Zwecke ungeeignet bezeichnen.“ Auf Ewald’s weiteren Einwand 
komme ich noch später zurück. 

Edinger (aus Riegel’s Klinik) suchte durch verschluckte 
Schwammstückchen sich über die Secretionsverhältnisse im Magen 
zu orientiren. Riegel hebt aus dieser Arbeit hervor: „Unter 
15 Versuchen fand sich indessen in 13 keine Spur von Salzsäure, 
nur zwei mal eine Andeutung von Salzsäurereaction, jedoch auch 
in keinem dieser Fälle 3 ) ganz sicher ausgesprochen“. Anscheinend 
ein sehr auffallendes, beweiskräftiges Ergebniss und doch wiederum 
genau das Gegentheil, weil dasselbe gar nicht das beweisen kann, 
was es beweisen soll. 

Edinger liess bekanntlich die gepressten Schwämmchen in 
einer mit Butter bedeckten Gelatinekapsel schlucken, einen „Bissen 
Brod“ nachnehmen und zuweilen auch noch einen Schluck Wasser. 
Nach 15 (—25) Minuten zog er das Schwammstückchen mittels 
Seidenfaden aus dem Magen und fand den aufgesogenen Inhalt 
constant sauer. Also doch mindestens constant sauer! Welcher 
Art war diese Säure? Edinger giebt nur an, dass es zwei mal 
Salzsäure gewesen. Vermuthungsweise aber lässt sich noch nach¬ 
träglich sagen, welcher Art diese Säure die übrigen male gewesen. 
Denn nach Maly 4 ) kann man viel sicherer (sc. als mechanisch!) 

*) Soweit Riegel früher auch Gesunde untersucht hat, hat er sehr 
wohl zuweilen Salzsüuresecretion im nüchternen Magen beobachten können; 
diese Erscheinung glaubte er jedoch zum Theil auf den Sondenreiz — 
wozu er durch die Art des Sondirens gewiss Veranlassung gehabt haben 
wird — zum Theil auf den Einfluss der eingegossenen geringen Menge 
Wassers — woran ich noch zu erinnern haben werde — beziehen zu 
müssen. (Vergl. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 36, 1885.) 

*) Beiträge zur Kenntniss der krankhaft gesteigerten Absonderung 
von Magensaft. Zeitschrift für klinische Medicin, Bd. 12, 1893. 

^ „Unter 15 Versuchen“ und „in keinem dieser Fälle“ soll doch 
wohl nur heissen: in einem einzigen, 15 male untersuchten Falle? 
(Vergl. Zur Physiologie und Pathologie des Magens von Dr. L. Edinger, 
Deutsch. Archiv, f. klin. Med., Bd. aXIX, 1881.) 

4 ) Handbuch der Physiologie von L. Hermann Bd. V. Th. n, 
Leipzig 1881. 


reiche Saftabsonderung durch einen Bissen Nahrung anregen, 
wobei dann freilich, wenn man länger mit der Entnahme des 
Saftes wartet, dieser eine beträchtliche Verunreinigung 
durch Verdauungsproducte erleiden kann“, und nach Ewald 
und Boas: schon zehn Minuten nach Einverleibung einer kleinen 
Menge etwa 60 g Weissbrod tritt im Magen nachweislich Milch¬ 
säure’ 1 ) auf. Edinger’s Versuch war hiernach einfach ein unvoll¬ 
kommener Verdauungsversuch, jene Säure vermuthlich Milchsäure; 
ein unvollkommener und anomaler Verdauungsversuch, der über 
die normalen Vorgänge im speisefreien, nüchternen Magen um 
so weniger brauchbares lehren konnte, als Edinger mit der ab¬ 
sichtlichen Eliminirung des Speichelzuflusses zum Magen hierbei 
nicht nur von der Norm abweichende Versuchsbedingungen gesetzt, 
sondern auch mit diesen, wie wir später sehen werden, die Elimi¬ 
nirung einer normalen Verdauungscomponente und der vielleicht 
wesentlichsten Ursache, der „nüchternen“ Saftsecretion bewirkt 
hatte. 

Dass endlich Leube, dem zweifellos Verdienstvollsten um 
die wissenschaftliche Entwickelung der Magenkrankheiten, die in 
Rede stehende Erscheinung entgehen konnte, ist nach manchen 
seiner eigenen Aeusserungen allerdings auffallend, vielleicht aber 
damit ungezwungen zu erklären, dass Leube, 2 ) wie es scheint, 
stets nach grösseren, mit dem Trichterapparat entleerbaren Mengen 
Magensaft suchte, der für die vorliegenden Zwecke allein brauch¬ 
baren einfachsten Methode, nämlich der „Expressionsmethode“ da¬ 
mals noch entbehrte. 3 ) . 

Den früheren Untersuchern ist somit — in Kürze gesagt — 
die continuirliche normale Saftabscheidung im Magen entgangen, 
weil man normale Processe an Kranken zu erkennen versuchte 
oder sich unvollkommener, das Resultat direkt trübender Metho¬ 
den bediente. Und merkwürdig: während niemand bisher das ne¬ 
gative, zum Theil auf naheliegenden Versuchsfehlern beruhende Re¬ 
sultat anzweifelte, erheben mit einem male gewichtige Stimmen 
sich gegen das von mir gefundene positive Resultat, ob es gleich 
strengerer Auswahl der Versuchsobjecte wie verbesserter Unter¬ 
suchungsmethode seine Gewinnung verdankt; einer Methode, von 
der niemand bisher nachgewiesen, dass sie in der That in der von 
Riegel, Ewald, Hoffmann, Pick u. a. urgirten Weise — nach 
Zeit und Menge — die Saftabscheidung im Magen zu beein¬ 
flussen vermöge; von der vielmehr Riegel selbst, wie wir sehen 
werden, früher das gerade Gegentheil angenommen hat. 

Und auch dies sei hiermit festgestellt; während bis zu meinen 
Publicationen die blosse Anwesenheit von Salzäure im nüchternen 
Magen Gesunder als Ausnahme, selbst als unmögliches. Ereigniss 
galt, müssen alle mir nachfolgenden Untersucher bestätigen, dass 
jene Ausnahme die weit überwiegende Mehrzahl, d. h. die Regel 
bildet. .. 

Zähle ich zu meinen Untersuchten die von Rosin, Hof* - 
mann, Pick und von Riegel, so ist bisher unter ca. 129 Per¬ 
sonen bei 102 bezw. unter 397 Einzelsondirungen 279 mal, d. h. 
über 70°/ 0 , die Anwesenheit von HCl zweifellos nachgewiesen worden. 
Das Fehlen von Salzsäure im nüchternen Magen Gesunder ge¬ 
hört somit zur Ausnahme, das wenigstens wolle man zu¬ 
nächst anerkennen. 

Freilich scheint diese Ausnahme immer noch eine häufigere 
(27—29%) zu sein, aber sie scheint es nur so. Denn soweit 
nähere Angaben von einzelnen Autoren über die auf HCl unter¬ 
suchten Gesunden vorliegen, können sie im Sinne des hier zu 
Fordernden durchaus nicht alle als Gesunde angesehen werden, 
wenn sie auch über Magensymptome gerade nicht zu klagen genab 
haben; z. B. nicht Kranke mit Phthisis pulmonum, Vitium cordis, 
Lebercirrhose, Anämie u. s. w. Erst die gleichmässige Unter¬ 
suchung möglichst oder wirklich Gesunder, deren Anzahl dämm 
auch an sich kleiner sein mag, wird erweisen, wie gross diese 
Ausnahme ist und ob mich hierin der Zufall vielleicht begünstigt 
hat. Dabei wolle man bedenken, dass im secundenkurzen hx- 
pressionsversuche die für das Eindringen von Magensaft geeignete 
Lagerung der Sonde vielleicht nicht immer getroffen wird; woie 
man beachten, dass die äussere Sondenöffnung unmittelbar nac 

x ) Anmerkung vor der Drucklegung der Arbeit: nach der soeben er 
schienenen Mittheilung von Dr. I. Boas könnte die Milchsäure auch dara 
zu beziehen sein, „dass sämmtliche im Handel vorkommenden txeb 
arten mehr oder minder grosse Milchsäuremengen präformirt entnane 
(Vergl. Münchener Med. Wochenschr. No. 43, 1893.) 

^) Cfr. Deutsch. Archiv f. klin. Med. Bd. XXXHI. . 

*) Darum musste Leube wohl auch den nüchternen Magen » 
400 cm lauwarmem Wasser“ ausspülen; hierdurch verdünnte er aber __ 
fraglichen Mageninhalt bis zu einem Grade, dass die ReactJonsnUug 
der angewandten Lackmustinctur — und sicher mancher Salzsäurereag 
tien — möglicherweise! überschritten wurde. Derlei kann wenigsten 
Frage kommen, wenn man die Lackmusprobe wie z. B. Riegel m 
Weise gestellt, dass man einige Tropfen Magensaft zur Lackmustanc 
hinzusetzt. 


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8. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


397 


dem Expressionsversuche fest zugekniffen und die Sonde fest ge¬ 
kniffen aus dem Oesophagus entfernt werden muss, damit nicht 
bei ihrer Extraction der ca. 20 ccm betragende Sondeninhalt in 
den Magen zurückfliesse und für die vorliegende Untersuchung 
fälschlicherweise ausser Rechnung falle. Und wenn auch auf all’ 
derlei geachtet sein sollte, so wird trotzdem mancher negative 
Fall nicht befremden können, weil es gewiss nicht jedermanns 
Sache ist, geschickt zu exprimiren. 1 ) 

Schliesslich sei noch folgendes an sich sowie in Bezug auf 
die Feststellung der Ausnahmszahl erwogen: in den Magen ge¬ 
sunder Menschen fliessen in kurzen Intervallen alle Secrete der 
Mundrachenhöhle (nebst abgestossenen Epithelien, Fremdbestand- 
theilen an Bacterien und Staub) ab; die zelligen Bestandteile 
fallen dem Verdauungsprocess anheim. Von alkalischer Reaction, 
können die Secrete geringen Saftvorräthen im Magen neutrale, 
vorübergehend selbst alkalische Reaction verleihen. Wird die Ex¬ 
pression gerade in solchen Schluckmomenten ausgeführt, dann kann 
freilich das exprimirte Secret alkalisch oder neutral erscheinen 
oder salzsäurefrei, ähnlich wie im ersten Stadium eigentlicher Ver¬ 
dauung. Zu einem sicheren Urtheil über die An- oder Abwesen¬ 
heit freier Salzsäure im nüchternen Magen genügt daher, wie ich 
schon einmal nach dem Vorgänge Riegel’s gesagt habe, „nicht 
eine einmalige, sondern .... nur eine öfter und mit völlig ein¬ 
wandsfreier Methode unternommene Untersuchung“. 

Aber die an Menschen mit Magenfisteln gewonnenen Re¬ 
sultate! Sprechen diese nicht mit zwingender Klarheit gegen 
Schreiber’s Behauptung? „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“ 
und immer wieder „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“. 
Als ob diese Beobachtungen, wie Riegel meint, wirklich auch 
nur annähernd so uncomplicirt lägen wie im einfachen Ex¬ 
pressionsversuch; ja als ob sie alle auch nur von gleichem 
und auf gesunde Menschen übertragbarem Inhalte wären. Fast 
scheinen diese Namen zum geflügelten Citate geworden, deren 
Grundlage im Original einzusehen, auch wenn es darauf ankommt, 
manche nicht mehr für nothwendig zu erachten; sonst wäre es un¬ 
denkbar, dass sie in solcher Gleichmässigkeit in der Litteratur 
figuriren könnten. 

Zum Beispiel St. Martin, Beaumont’s berühmter Canadier; 2 ) 
von allen zweifellos der reinste, längstens und sorgfältig beob¬ 
achtete Fall von Magenfistel. Ueber dieselbe berichtet Beaumont 
1883, d. h. elf Jahre nach ihrer Entstehung folgendes: „Ist der 
Magen ganz leer, so zieht er sich in sich selbst zusammen und 
drängt zuweilen die (sc. künstlich zustande gekommene) Klappe 
durch die Mündung hervor, zugleich mit einer Portion der 
Schleimmembran, welche sich völlig umstülpt und eine Ge¬ 
schwulst von der Grösse eines Hühnereies bildet. Liegt 
er ein paar Stunden auf der linken Seite und schläft, so zwängt 
sich eine noch grössere Portion hervor und breitet sich über 
den äusseren Bedeckungen in einem Umfange von fünf bis sechs 
Zoll aus, die natürlichen Rugae, zottige Membran und Schleimhaut, 
die die Magenhöhle überziehen, deutlich darstellend. Diese Er¬ 
scheinungen zeigen sich ohne Ausnahme fast jeden Morgen vor 
dem Aufstehen.“ Mit anderen Worten: ein faustgrosser Prolapsus 
ventriculi, der über Nacht von der Schwere des Körpers gedrückt 
wurde. Und weiter: „dieser randige Zwischenraum (sc. an der 
Oeffnung des Magens bezw. Berührungsstelle von Magen und 
Intercostalmuskeln) ist ungefähr eine Linie breit, und da die Cutis 
und Nervenwärzchen hier unbeschützt sind, so ist er auch so 
empfindlich und reizbar, wie eine Stelle, von der nach einer 
gezogenen Blase das Oberhäutchen weggenommen worden. 

So ist die Beschaffenheit der Oeffnung noch jetzt (sc. 1833) 
der Haupt- und fast einzige Gegenstand, der dem Kranken als 
Holge der Oeffnung beim Einbringen von Instrumenten und der- 
gleichen, bei den Versuchen oder beim Austreten von 
Hlüssigkeiten aus der Magenhöhle Schmerzen und Unan¬ 
nehmlichkeiten bereitet.“ 

N iP er Leser mag entscheiden, ob solche an einem über 

acht comprimirt gewesenen, dann zurückgedrängten, an der Ein¬ 
gangspforte schmerzhaften Prolapsus ventriculi angestellten „Ver- 
suehe für unsere Frage reiner sind, als wenn man einem nicht an 
hnH 6 8 ew öhnten Menschen eine Magensonde einführt.“ Ich 
__ 16 dlese V orsuche in Bezug auf die vorliegende Frage jeden- 

auwmfli^ 888 F 1011 k 0 * Magenektatikem, die seit Jahren I täglich sich selbst 
versm* 6 * 1 a ^ so uu di ß Sondirang gewöhnt sind, beim Expressions¬ 
zweifell zuwe “? n ka u m ein paar Tropfen in die Sonde bekommt, während 
sind d° 8 f n °vi re i c Lliche Flüssigkeitsmengen im Magen vorhanden 
veroUa J^ 8 bekannt vorausgesetzt werden. Auch ist nicht zu 

weRATw» en ’ * s ^^ ss igkeiten den Magen rasch verlassen; vorhanden ge- 
können grös8ere Saftquantitäten den Pylorus eben Überschritten haben 

Dr w ^T? ae ^ er8ll che und Beobachtungen über den Magensaft (w. von 
eaumont, dtsch. von Dr. B. Luden, Leipzig 1B34). 


falls für höchst unrein, und müsste ich dies nach Lage der Dinge 
nicht, wie kein Mensch die normale Secretion der Rectalschleimhaut 
nach dem Verhalten eines wunden Prolapsus recti erschlossen 
möchte, so könnte ich gerade Beaumont’s Funde zu Gunsten 
meiner Ansicht anführen; freilich unter der Voraussetzung, dass 
man die Beaumont’schen Untersuchungen unter voller Berück¬ 
sichtigung der Zeit, Verhältnisse, der allgemeinen und persönlichen 
Kenntnisse und wissenschaftlichen Hülfsmitteln liest, unter denen 
sie entstanden. Nicht alles ist daher wörtlich zu nehmen und nur 
manches, später zu Erwähnende, bis zu einem gewissen Grade noch 
verwerthbar. _ (Fortsetzung folgt). 


m. Zur Beurtheilung therapeutischer Maasa- 
uahmen. Ein Beitrag zur Antidiphtherin- 
behandlung. 

Von Edwin Klebs. 


Wenn wir die Einwirkung irgend einer Substanz auf einen 
pathologischen Vorgang ermitteln wollen, so stehen uns dafür zwei 
verschiedene Wege offen, indem man einmal aus einer grossen 
Reihe von Einzelfällen Schlussfolgerungen zieht nach den gewöhn¬ 
lichen arithmetischen Regeln, oder indem man die gesammte Masse der 
Fälle in einzelne Gruppen von ähnlicher Art zerlegt, schliesslich 
auch die einzelnen Fälle in Betracht zieht. Der erste Weg, die 
statistische Massenzählung, ergiebt nur dann brauchbare Resultate, 
wenn es sich um so grosse Zahlen handelt, dass alle möglichen 
Verschiedenheiten der einzelnen Fälle dagegen verschwinden. Bei 
pathologischen Processen, in denen kaum ein Fall dem anderen 
gleicht, ist dieses Verfahren äusserst bedenklich, und wird man 
nothwendiger Weise versuchen müssen, durch Eintheilung des vor¬ 
handenen Beobachtungsmaterials in einzelne Gruppen von möglichst 
übereinstimmender Beschaffenheit und Bewerthung des Erfolges 
innerhalb derselben der Wahrheit näher zu kommen. In sehr vielen 
Fällen aber wird der einzelne Fall mehr leisten, als eine noch so 
grosse Anzahl ganz verschiedenartiger Fälle, die in einen Topf zu¬ 
sammengeworfen werden. 

Diese Erwägungen traten mir wieder einmal lebhaft entgegen 
bei Durchlesung einer Arbeit von Vulpius, welcher die Resultate 
der Diphtheriebehandlung mittels Antidiphtherin in der chirur¬ 
gischen Klinik zu Heidelberg wiedergeben will (Deutsche medici- 
nische Wochenschrift 1894, No. 6). Bei einem 19 Fälle umfassen¬ 
den Material kommt Verfasser zu dem Schlüsse, dass diese Re¬ 
sultate „in den Rahmen unserer allgemeinen Statistik passen und 
dass nach wie vor die schweren Fälle sterben, die leichten heilen.“ 
Er fühlt sich enttäuscht, dass seine Versuche nicht dieselben Re¬ 
sultate ergeben haben, wie die von mir mitgetheilten. Dass eine 
solche Differenz vielleicht auch von der Art der Behandlung ab- 
hängen könnte, wird nicht in Betracht gezogen, obwohl dies doch 
das am nächsten liegende Erklärungsmittel sein dürfte, auf welches 
wir weiterhin an dieser Stelle eingehen werden. Hier zunächst 
soll ermittelt werden, ob denn die Heidelberger Ergebnisse der 
Antidiphtherinbehandlung wirklich so schlechte seien, wie der Ver¬ 
fasser annimmt. Nur scheinbar ist sein Verfahren, allgemein sta¬ 
tistische Ergebnisse aus seinem Material abzuleiten, ein billiges, 
trotzdem er durch Fortlassung eines an secundärer Blutung Ge¬ 
storbenen einer günstigeren Auffassung entgegenzukommen scheint. 
Mit diesem Falle ergiebt sich eine Mortalität von 52,6 %, ohne 
denselben eine solche von 47,3 °/o, nicht 50 %, wie Verfasser an- 


limmt. n . 

Da Sattler (nach Vulpius) eine Sterblichkeit von 48,7 u / 0 
iU8 einem grossen klinischen Material berechnete, so sei kein Fort¬ 
schritt bemerkbar. Auch ich will gern zugestehen, dass der in 
ier TTiat vorhandene kleine Fortschritt von 1,4 ®/o noch keineswegs 
len Hoffnungen entspricht, welche ich von der Anwendung meines 
Mittels glaube erwarten zu können, eine Hoffnung, die, wie gleich 
tiier bemerkt sei, durch die Vulpius’sche Arbeit keinen Augen¬ 
blick erschüttert ist. Es ist im Gegentheil nicht schwer, an der 
gegnerischen Arbeit selbst zu zeigen, weshalb ich trotz derselben 
eu diesem Vertrauen mich vollständig berechtigt halten darf. 

Lassen wir diese allgemeine, pauschalirende Statistik bei Seite, 
die ohnedies wenig lehren kann, da die Zahlen für dieselbe zu Mein 
3 ind, so wollen wir nunmehr sehen, welche Resultate sich bei einer 
gruppenweisen Betrachtung der Heidelberger Fälle ergeben. Die 
natürlichste Eintheilung der letzteren wird durch die Nothwendig- 
keit der Tracheotomie gegeben, welche zugleich ein Hinabsteigen 
des Processes auf die luftführenden Wege und damit eine jeden¬ 
falls gesteigerte pathologische Bedeutung der Krankheit in den 
betreffenden Fällen anzeigt. Freilich sind die^ beiden Gruppen mit 
und ohne Tracheotomie sehr verschieden an Anzahl der *ä , 
erste umfasst 16 von 19 Fällen, und nur drei gehören zweiten 
an. Sohon in dieser Beziehung unterscheidet sieh das Material der 


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398 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT^ 


No. 18 


Heidelberger Klinik sehr wesentlich Von dem von mir gelieferten, 
welches zumeist der Privatpraxis entnommen ist und unter Id 
Fällen nur 2 Tracheotomieen aufweist (Fall 4 und 12, kausale He 
handlung der Diphtherie, Wien 1893, Perles,p. 22 und 25) 

Die nicht tracheotomirten Fälle der Heidelberger Klinik sind 
sämmtlich geheüt, welchen Umstand wir freilich nicht nach Art 
des Heidelberger Assistenten verwerthen wollen, der beeilen so¬ 
gar geneigt scheint, dem Antidiphtherin eine schädliche, diphtherie¬ 
befördernde Wirkung zuzutrauen, weil nach seiner Anwendung ein 
oder ein paar mal das Fieber noch gestiegen sei oder der Process 
sich ausgebreitet habe (!). Die Tracheotomie hat natürlich keine 
Wirkung auf die Diphtherie an sich, sondern nur auf die Larynx- 
stenose; sie hindert die drohende Erstickung und gewährt Kaum 
für den natürlichen oder künstlich beeinflussten Verlauf der Krank¬ 
heit Die nicht tracheotomirten Fälle haben sich nur zufällig aut 
die Klinik verirrt; doch lässt sich annehmen, dass sie zu Besorg¬ 
nissen bezüglich drohender Larynxstenose Veranlassung gegeben 
haben. Namentlich gilt dies für Fall 10, in welchem seit acht 
Tagen vor der Aufnahme neben Schluckbeschwerden Heiserkeit , 
bestanden hatte. Auf den Tonsillen des sieben Jahre alten Knaben 
befanden sich am Aufnahmetage mehrere bis erbsengrosse Beläge, 
die Stimme war heiser, leichter Stridor. Auffallender Weise be¬ 
ginnt die specifische Behandlung erst am vierten Tage des Spital¬ 
aufenthaltes, am elften der Krankheit, mit zwei Pinselungen an 
diesem Tage, je einer an den beiden folgenden Tagen. „Unter 
Zurücklassung von Geschwüren tritt Heilung ein.“ Ver¬ 
fasser fügt indess den sonderbaren Schluss hinzu, dass der Fall 
nichts beweise, als dass die Anwendung des Mittels nichts schadete. 
Da muss man doch billig fragen: ja, weshalb ist sie denn ver¬ 
sucht worden? Doch wohl nur, weil in den drei Tagen, in denen 
nichts geschah, der Process sich nicht bessern wollte. Temperatur¬ 
angaben und bacteriologische Untersuchungen werden nicht ge¬ 
macht, was doch in der Klinik leichter möglich gewesen wäre, als 
dem Arzte in der Privatpraxis. Verfasser mag sich daher bezüg¬ 
lich mancher seiner Aeusserungen über meine Fälle an das Gleich- 
niss vom Splitter im Auge erinnern. 

Ebenso schnell, aber in einer ganz frühen Periode der Krank¬ 
heit heilte der Fall 7 unter specifischer Behandlung. Mädchen, 

48/ 4 Jahre alt, der Process beginnt mit Heiserkeit und Athem- 
beschwerden am Tage vor dem Spitaleintritt. Hier findet sich: 
Keine Cyanose, keine wesentliche Dyspnoö, aber doch: ganz geringe 
Einziehung der Intercostalräume. Lungen frei, Stimme heiser, 
Tonsillen stark geschwellt, auf der linken ein halberbsengrosser 
Belag. Erste Pinselung gegen Abend, dann noch zunehmende 
Dyspnoö; am anderen Tage Athmung freier, Stimme reiner, Mittags 
„Belag noch eben zu sehen“, also verringert. Am dritten Tage I 
Athmung ruhig, Stimme rein, Tonsillen abgeschwollen. Auch hier 
wieder macht der Verfasser den verfehlten Versuch, die Wirkung 
des Antidiphtherin zu verdächtigen, indem er bemerkt, dass nur am 
Abend des ersten Tages etwas Besorgniss vorhanden war, als nach 
der ersten und einzigen Pinselung sich die Dyspnoö verschlimmerte. 
Es genügt mir vollkommen dieses Zugeständnis der eingetretenen 
Besorgniss, um den Fall nicht zu den ganz leichten zu rechnen 
und seiner schnellen Heilung Werth beizulegen. Auch hier fehlt 
wieder jede Temperaturangabe, jede bacteriologische Untersuchung. 

Diese beiden Patienten waren in die Klinik aufgenommen 
worden wegen der durch die Symptome nahegelegten Befürchtung, 
dass es zum Larynxcroup kommen könnte. Der erste, sehr spät 
in die Antidiphtherinbehandlung genommen, heilte nach drei, der 
zweite, der schon am Aufnahmetag gepinselt war, heilte nach dieser 
einzigen Pinselung, trotzdem zuerst die Erscheinungen von Seiten 
des Larynx etwas Zunahmen. Herr Vulpius denkt doch wohl 
nicht an eine unmittelbar der Pinselung folgende Wirkung. Er 
theilt nur mit, dass auch der Larynx gepinselt wurde, wahrend 
dies bei Fall 10 nicht angeführt wird. Es erklärt durch diese, wie 
es scheint, rechtzeitige und gelungene Pinselung den Unterschied 
im Verlauf beider Fälle. 

Der dritte, nicht tracheotomirte Fall No. 4 ist derjenige der 
19jährigen Wärterin, deren Geduld der Verfasser so rühmt, indem 
er von den Schwierigkeiten der Pinselungen bei Kin dern spricht. 
Ein erfahrener Kinderarzt lernt diese Schwierigkeit umgehen, Ver¬ 
fasser scheint sie noch nicht überwunden zu haben. Ich kann ihn 
versichern, dass manche der kleinen Burschen, die ich und meine 
Freunde zu behandeln hatten, uns ihre Hälschen freiwillig und 
gern hinstreckten, wenn sie erst einmal die Wohlthat der ersten 
Pinselung verspürt hatten. Für die ersten male bedarf es aller¬ 
dings oft freundlichen und ernsten Zuredens, im schlimmsten Falle 
auch milder Gewalt. Nun, in diesem Falle hat das Mädchen, das 
sich bei der Pflege des ersten Patienten angesteckt hatte, ruhig 
sich dem Eingriff unterzogen, obwohl doch dieser Patient erlegen 
war. Wie wurde die Pinselung ausgeftihrt? Der Behandelnde be¬ 
diente sich in diesen, wie den übrigen Fällen eines Haarpinsels, wie 


sie sich in jedem laryngoskopischen Besteck finden, und setzte 
damit eine Vorschrift ausser Auge, die ich ausdrücklich 
und mit gutem Grunde gegeben habe. Weshalb habe ich 
jenes so weit verbreitete Instrument, das zur Application von Salz¬ 
lösungen ganz zweckmässig sein mag, aber sicher nicht unseren 
modernen Vorstellungen von Antisepsis entspricht, verworfen? Ich 
habe wirklich nicht gedacht, dass es nöthig sei, dies einem Arzt 
und Privatdocenten auseinanderzusetzen, muss es aber hier thun, 
da meine wohlbedachte Absicht so gründlich missachtet .wurde, wo 
ich es am wenigsten erwartet hätte. Ein Haarpinsel nimmt aller¬ 
dings recht ansehnliche Mengen Flüssigkeit auf, giebt^ sie aber 
ebenso leicht schon bei dem geringsten Drucke ab, weil erstlich 
die Flüssigkeit der glatten Haaroberfläche nicht sehr fest anhaftet 
und zweitens die Capillarräume zwischen den Haaren sich gegen 
die Pinseloberfläche hin mehr und mehr erweitern, bis die Capillar- 
attraction gleich Null wird. Kommt der Arzt mit einem so ge¬ 
füllten Pinsel auch nur etwas mit den Lippen oder der Zunge in 
Berührung, so verliert derselbe die grössere Menge der aufge¬ 
nommenen Flüssigkeit, bevor dieselbe an den Ort ihrer Wirksam¬ 
keit gelangt ist. An dieser Stelle angelangt und nun ausgedrückt, 
verliert er seinen Inhalt fast augenblicklich und wirkt dann nur 
als ein ausgebreiteter, fast gar nicht mehr Capillarräume besitzender 
Haarbüschel; die Flüssigkeit hat auch hier sofort, dem Gesetz der 
Schwere folgend, ihren Weg nach den abhängigen Theilen der Rachen¬ 
höhle genommen. Es ist also sehr überflüssig, dass der Herr Dr. 
ihn zweimal nach einander, frisch gefüllt, je eine Minute lang „fest 
auf den Belag drückte“. t # 

Soll ich noch auseinandersetzen, weshalb ich im Gegensatz 
hierzu den Wattebausch ganz besonders empfohlen habe? Nachdem 
meine Absicht, wie das vorliegende Beispiel zeigt, so vollkommen 
missverstanden ist, kann ich wohl nicht anders. Auch ist es 
zweckmässig, anderen die Sache zu erklären; ich muss mich selbst 
vielleicht sogar anschuldigen, dass ich nicht ausführlicher gewesen 
bin und anderen zu viel zugetraut habe. 1 ) Also, ich habe den 
Wattebausch gewählt, um eine intensivere, weil mehr andauernde 
Benetzung der erkrankten Fläche zu erzielen. Dazu dient natürlich 
nicht ein lockerer Wattebausch, sondern ein fest auf das Ende 
einer geriffelten Sonde oder, wie ich es später vorzog, einer Rachen¬ 
oder Kehlkopfpincette gedrehter Bausch. Ein solcher besteht aus 
einem dichten Filz, zwischen dessen Fasern sehr enge capiuare 
Räume die aufgenommene Flüssigkeit relativ gut festkalten. Druckt 
man einen so gefüllten Bausch auf die Fläche auf, so wird nur die 
oberste Schicht entleert, soweit sie zusammengepresst wird. Es 
kommt dann sofort die folgende Schicht in Wirksamkeit, welche, 
indem sie zusammengepresst wird, ihrerseits wieder ihren Inhal 
abgiebt oder, wenn sie nicht mehr zusammengedrückt wird, so 
bleibt diese ruhende Schicht in Berührung mit der Membran. Nach 
einander können in dieser Weise die verschiedenen Seiten des 
länglich ovalen, eine feste Grundlage besitzenden Bausches ausge¬ 
nutzt werden. Die Federfahne, deren sich, wie ich in meiner Arbei 
mittheilte, Herr Medieinalrath Baer bediente, ist auch nicht übel, 
doch bedarf es hier einer häufigeren Wiederholung der Pinselung, 
da eine solche Fahne nur wenig Flüssigkeit aufnimmt. Ich empla 
sie nichtsdestoweniger als ein leicht beschaffbares Material f 
solche Fälle, in denen besorgte Hausmütter, welche entfernt von 
ärztlicher Hülfe wohnen, mich um ein Mittel angingen, die ersten 
Pinselungen vor der Ankunft des Arztes selbst vorzunehmen. Ac 
würde sehr dankbar sein, über den Erfolg auch von dieser bei 
etwas zu erfahren. Selbstverständlich habe ich in solchen balle 
stets betont, dass die Krankheit in jedem Falle die Herbeirutung 
eines Arztes erfordert. Freilich muss aber der Arzt dann auc 
meine Vorschriften befolgen, wenn er den rechten Erfolg ©" 
zielen will. . , 

Was nun den Fall 4, Karoline P., angeht, so ist er, Bank 
Energie der Patientin und des Arztes, trotz der mangelnat e 

Applicationsweise als ein Muster erfolgreicher Behandlung mit An - 

diphtherin zu bezeichnen. Ich führe die gegebenen Daten in 
gleichen Weise in möglichst abgekürzter Form an, wobei P. Pinselung, 
E. Einträufelung in die Trachea bedeutet. . \ 

Fall 4. 19 Jahre, weiblich, zweiter Tag (der Erkrank gl 
39,7 0 2 P. 39,4<>. _ Dritter Tag Morgens 37,8° 1 P ; , Ebenes 
37,3°. — Vierter Tag. Geheüt. Die ausgedehnten Membranen 
waren am zweiten Tage verkleinert, am dritten verschwunden, 
ist wohl kaum möglich, eine promptere Wirkung des Mittels so 
mit Bezug auf Entfieberung, wie auf den Schwund der Memor 
zu finden, die in diesem Falle sehr ausgebreitet waren. Was 
dagegen der Befund noch lebensfähiger Bacillen nach der zwo 
Sitzung besagen, welcher den Verfasser veranlasst, die Bew ^ 
kräftigkeit selbst dieses Falles in Abrede zu stellen? 


Sind solche 


*) Ein Wiener Arzt, Dr. Zappert, hat sogar ein Holzstöokchen he 
nutzt und will damit die Membranen gründlich benetzt haben! 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



8 . Mai 


DEUTSCHE MEDICTNISCHE WOCHENSCHRIFT. 


wirklich Vorhanden gewesen, liegt keine Täuschung durch Pseudo- 
diphfhertebäcllleä tot, so sind sie, wie der Verlauf zeigt, so ab- 
gischwftcht ge'fcft'söfl, dass ihre Anwesenheit eine prompte Heilung 
nfcirt gehemmt hat. 

Öiö übrigen 16 Fälle sind sämmtlicb schwere Tracheotomieen, 
von denen neufl unter Zunahme der diphtherischen Erscheinungen 
gestorben sind, während sieben Heilung der Diphtherie zeigten, 
ton denen aber einer, Fall 11, än Nachblutung aus der Trachea 
gestorben ist. Das sind 56,3% Todesfälle an Diphtherie 
bei Tracheotomirten. Betrachten wir nun die Sterblichkeit 
solcher Fälle an andere« Orten, so ergiebt sich keineswegs, dass 
dieses Resultat so überaus ungünstig erscheint, wie dieses der 
Verfasser herausrechnen will, indem er alle nicht vergleichbaren 
Fälle zusammenrechnet. Indem er die wenigen nichttracheotomirten 
Fälle mit den zahlreichen tracheotomirten zusammen wirft, ver¬ 
schlechtert er unberechtigter Weise das Resultat. Die Arbeit 
Sattler’s ist mir nicht zugänglich. Doch wird wohl auch der 
Verfasser die sehr sorgfältige Statistik von Neukomm 1 ) gelten 
lassen, welche die schweren Epidemieen im Canton Zürich aus den 
Jahren 1881 bis 1884 in seltener Vollständigkeit bearbeitet. Von 
Tracheotomieen hat derselbe (S. 65) 872 Fälle sammeln können, 
foA denen 208 in der chirurgischen Klinik operirt wurden, 101 im 
KinderspitaJ Zürich, 84 im Spital Winterthur und 34 in der Privat- 
ftfaxis. Die Mortalität betragt bei den ersten 60, bei den zweiten 
66,3, bei den dritten 55,8, bei den vierten 70,5, im Mittel 62%. 
Zieht man es vor, nur eine Anstalt wegen der grösseren Gleich¬ 
artigkeit in der Auswahl der Fälle und in der Ausführung der 
Operation zu vergleichen, so erhält man für die chirurgische Klinik 
im Jahre 1881/1882 60,3, für 1882/1883 60,7 und für 1883/1884 
58,1 % Mortalität, also selbst in dem letzten günstigsten Jahr, in 
welchem sowohl Anzahl, wie Intensität der Fälle bedeutend abge¬ 
nommen hatte, ein um 1,8 o/o schlechteres Ergebniss als in der 
Heidelberger Klinik bei Antidiphtherinbehandlung. Nimmt man 
aber alle Züricher Fälle zusammen, so ergiebt sich für Heidelberg 
ein um 5,7 o/ 0 besseres Resultat. Ich habe damals die Sectionen 
in Zürich gemacht und kann versichern, dass kein wesentlicher 
Unterschied in der Schwere der tödtlichen Fälle gegenüber Heidel¬ 
berg anzunehmen ist. In einer Beziehung schienen mir sogar die 
Züricher Fälle weniger schwer zu sein, indem ich die im Fall 14 
(Vulplus) beobachtete colossale Magendiphtherie nur in zwei 
Fällen gesehen habe, aber in sehr viel geringerem Grade ausge¬ 
prägt. Ich habe diese Fälle in meiner allgemeinen Pathologie be¬ 
sprochen. Soweit sich dies beurtheilen lässt, liegt demnach gar 
kein Grund vor, die Heidelberger Fälle für leichter anzusehen, als 
die Züricher. Eher das Gegentheil dürfte zutreffen. In diesem 
Falle erhöht sich noch die Bedeutung eines um fast 6% besseren 
Resultates der Tracheotomie und Antidiphtherinbehandlung gegen¬ 
über den reinen Tracheotomieen. 

Nun aber kommt noch ein anderes Moment dazu, welches ganz 
wesentlich die Schuld trägt, dass in Heidelberg nicht bessere Re¬ 
sultate mit der Antidiphtherinbehandlung gemacht sind. Das ist 
die Art der Behandlung. Einen hier in Betracht kommenden Punkt, 
die Anwendung des Pinsels habe ich bereits berührt. Viel wichtiger 
aber ist noch die viel zu wenig energische Behandlung gerade der 
schwersten Fälle. Der Verfasser scheint dies selbst gefühlt zu 
•h?’ “dem. er sic R wegen mangelnder Energie entschuldigt, was 
ich bereitwilligst anerkenne. Ich habe in meiner Schrift: Die cau- 
sale Behandlung der Diphtherie auf p. 18 ausdrücklich bemerkt, 
dass die Einträufelungen mehrmals des Tages zu ge¬ 
schehen haben, um so häufiger, als noch Membranen aus¬ 
gehustet werden“. Meist habe ich sogar stündlich kleine Mengen 
emträufeln lassen. Herr Vulpius scheint dagegen gewöhnUch 
nur einmal, selten zweimal am Tage eingeträufelt zu haben, wie¬ 
viel wird nicht angegeben. Er hat dabei einen Trichter angewendet, 

Jim den ausgehusteten Schleim wieder in die Canüle fliessen zu 
assen; ich kann auch diese Maassregel nicht für zweckmässig 
a ten sondern hätte bei den schwereren Fällen gern eine grössere 
rschwendung von Antidiphtherin gesehen. Der Preis kann wohl 
di« q ÜL Betracht . kommen, zumal ich mich bereit erklärt hatte, 
sein ™ zu liefern. Ich bedaure auch, nicht hinzugezogen zu 
7 n S1 °k Schwierigkeiten herausstellten; ich war jederzeit bereit, 
w * e *°h zu dem ersten Falle von Prof. Czerny tele- 
Anrh 18C ** . fe ? wur( le. Leider war derselbe bereits gestorben. 
Sfiltpn einmaligen täglichen Pinselungen kommt man nicht aus; 
einmal ^. er Heidelberger chirurgischen Klinik mehr als 

? ow °hl gepinselt, wie eingeträufelt. In beiden Beziehungen 
wurtoalso ungenügend behandelt 

zehn Än“* dis Heilung der Diphtherie glücklichen 

__üe^fmit Einschluss von No. 11) ergeben im Durchschnitt 

und dl™ 5®?homm, Die epidemische Diphtherie im Canton Zürich 
©Ziehungen znm Luftröhrenschnitt. Leipzig, Vogel, 1886. 


1,26 Pinselungen und 1,12 Einträufelungen (siehe 
die unglücklichen 1,4 und 1,3 im Tage. 


399 

Tabelle) im Tage, 


Diphtherie geheilt in 10 Fällen. 


4. Fall. 3 Pinselungen in 2 Tagen. 

5. Fall. 5 Pinselungen in 4 Tagen. 

7. Fall. 1 Pinselung in 1 Tage. 

8. Fall. 

10. Fall. 4 Pinselungen in 3 Tagen. 

11. Fall. 2 Pinselungen in 2 Tagen. 
13. Fall. 2 Pinselungen in 2 Tagen. 
15. Fall. 5 Pinselungen in 3 Tagen. 

17. Fall. 1 Pinselung in 1 Tage. 

18. Fal l. 1 Pinsel ung in 1 Tage. 


4 Eintr. in 3 Tagen. Tracheotomie. 

2 Eintr. in 2 Tagen. Tracheotomie. 

Tracheotomie. 1 ) 
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie. 

Tracheotomie. 
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie. 
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie. 


24 Pinselungen in 19 Tagen. 9 Eintr. in 8 Tagen. 

1,26 Pinselungen in 1 Tage. 1,12 Einträufelungen in 1 Tage. 


1. Fall. 

2. Fall. 

3. Fall. 
6. Fall. 
9. Fall. 

12. Fall. 
14. Fall. 
16. Fall. 
19. Fall. 


Diphtherie 
7 Pinselungen in 
3 Pinselungen in 
2 Pinselungen in 
2 Pinselungen in 
2 Pinselungen in 

2 Pinselungen in 

3 Pinselungen in 
2 Pinselungen in 
5 Pinselungen in 


nicht geheilt i 
4 Tagen. 3 Eintr. 
2 Tagen. 3 Eintr. 
2 Tagen. 2 Eintr. 
2 Tagen. 2 Eintr. 
2 Tagen. 

2 Tagen. 7 Eintr. 

3 Tagen. 1 Eintr. 

1 Tage. 2 Eintr. 

2 Tagen. 2 Eintr. 


n 9 Fällen, 
in 2 Tagen, 
in 2 Tagen, 
in 2 Tagen, 
in 2 Tagen. 

in 6 Tagen, 
in 1 Tage, 
in 1 Tage, 
in 1 Tage. 


Tracheotomie* 

Tracheotomie- 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 

Tracheotomie. 


28 Pinselungen in 20 Tagen. 22 Eintr. in 17 Tagen. 

1,4 Pinselungen in 1 Tage. 1,3 Einträufelungen in 1 Tage. 

Ich will aus dieser viel zu wenig energischen Anwendung des 
Mittels dem Behandelnden keinen Vorwurf machen; aber es ist 
klar, dass, wenn es sich um eine direkte Wirkung des Antidiph- 
therins handelt, wie ich sicher glaube annehmen zu dürfen, dann 
nur eine sehr genaue und vollkommene Berührung des Heilmittels 
mit den Diphtheriebacillen Aussicht auf Zerstörung der letzteren 
darbietet. Sehen wir doch in den Culturen der Bacillen in flüssigen 


Medien schon nach 24 Stunden eine sehr beträchtliche Entwickelung 
der Organismen, welche als feinste Pünktchen die ganze Flüssig¬ 
keit durchsetzen und sich theilweise schon auf dem Boden des 
Gefässes in ansehnlicher Schicht abgelagert haben. So lange also 
als Membranen oder gar Zeichen von Weiterverbreitung des Pro- 
cesses vorhanden sind, muss man nicht 12 oder gar 24 Stunden 
warten, bis man demselben wieder zu Leibe geht. Ausser den 
häufigen Einträufelungen in die Trachealcanüle (ein- oder zwei¬ 
stündlich) sollten dann noch bei sehr schwerer Diphtherie der Luft¬ 
wege Einspritzungen in die Trachea gemacht werden, wozu man 
nach meinen neueren Erfahrungen bei der laryngealen Injection von 
Antidiphtherin ganz erhebliche Mengen verwenden kann, bei Kindern 
gewiss bis zu 1 ccm. Ich bin überzeugt, dass in dieser Weise viel 
bessere Resultate hätten erreicht werden können. Auf keinen Fall 
aber berechtigen die diesmal in Heidelberg gewonnenen ungünstigeren 
Resultate dazu, dem Mittel die behauptete Wirkung abzusprechen. 
Ich könnte noch manches über die einzelnen Fälle hinzufügen, doch 
verzichte ich darauf und bitte die Collegen, die Krankengeschichten 
genauer zu studiren. Sie werden dann Anhaltspunkte genug finden, 
wie die Anwendung des Mittels zu verbessern sei. Die Stärke und 
Leistungsfähigkeit des Antidiphtherin halte ich für ausreichend, 
doch will ich gern für besonders schwere Fälle stärkere Lösungen 
(zehnfache Concentration) hersteilen lassen. 

Noch einen Punkt will ich hier berühren, welcher auch von 
dem Verfasser wieder hervorgehoben wird, ob nämlich der Zusatz 
von 0,2 % Orthokresol nicht die Ursache der allerdings stark in 
Frage gestellten Wirkung sei. Ich habe dahin gehende Versuche 
in der Weise angestellt, dass ich das Antidiphtherin in verschie¬ 
dener Menge, von 1—5 ccm in sterile Kölbchen von 50 ccm Innen¬ 
raum einführte, in . denselben mit der fünffachen Menge absoluten 
Alkohols niederschlug, mit grossen Mengen des letzteren nach¬ 
wusch, diesen filtrirte, dann den Alkoholrest im warmen Raume 
bei 40—45° C aus dem Kölbchen und Filter abdunsten liess und 
schliesslich 10 oder 20 ccm Glyceriuagar auf das Filter goss. Es 
wurden somit auch die geringen Mengen der Albumose, welche 
nicht dem Boden der Kölbchen anhafteten, zur Lösung gebracht. 
Selbst bei wochenlangem Aufenthalt dieser mit Wattepfropfen ver¬ 
sehenen Flaschen im Thermostaten bei 38° C und wiederholter 
Impfung mit Diphtheriebacillen ist es mir nicht gelungen, auch 
nur einmal ein Wachsthum solcher zu beobachten. Andere Orga¬ 
nismen, namentlich Coccen und Colonbacillen, wuchsen dagegen auf 
diesem Agar in trefflichster Weise. Es war so der Beweis ge¬ 
liefert, dass nicht etwa Alkoholreste die Ursache der Sterilität 
desselben für Diphtheriebacillen seien. Denselben Versuch habe 
ich auch an flüssigen Nährmedien mit gleichem Ergebnisse wieder¬ 
holt durchgeführt. Mit einer genauen Bestimmung der unteren 
Grenze des Antidiphtheringehalts in einem guten Nährmedium, bei 

') Gestorben an Nachblutung. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


welcher Diphtheriebacillen noch wachsen, bin ich gerade jetzt be¬ 
schäftigt. Jedenfalls kann ich schon gegenwärtig be¬ 
haupten, dass 1 ccm der doppelten Concentration des 
Antidiphtherins vollkommen genügt, um 20 ccm Agar¬ 
glycerin oder Glycerinpeptonbouillon dauernd immun zu 
machen gegen ein ferneres Wachsthum von Diphtherie¬ 
bacillen. 

Ich glaube genügend dargethan zu haben, dass die, wenn auch 
nicht fehlende, doch auch meinen Ansprüchen nicht genügende 
Wirkung in den Fällen der Heidelberger Klinik auf unzureichen¬ 
der Anwendung des Mittels beruht. Wenn der Verfasser sich 
allerlei Redensarten erlaubt, welche, nach einem Ausspruche 
Göthe’s, theilweise zu den geschmacklosesten gehören, so mag er 
dies selbst mit sich ausmachen. Es ist bedauerlich, wenn die in 
guter Gesellschaft gemeinhin angenommenen Regeln in Arbeiten, 
welche wissenschaftlich sein wollen, ausser Acht gelassen werden. 
Indem dieses aber nur eine persönliche Angelegenheit ist, lege ich 
derselben kein Gewicht bei, dagegen möchte ich aber den Wunsch 
aussprechen, dass auch in den so schweren therapeutischen Ver¬ 
suchen die Grundsätze exacter Naturforschung angewendet werden, 
deren oberster ist, dass bei Nachversuchen genau nach den Vor¬ 
schriften des ersten Beobachters verfahren werde. Der zweite Wunsch, 
den ich mir auszusprechen erlaube, iet der, dass der Beobachter sich 
ganz auf den Standpunkt desjenigen stelle, dessen Werke beurtheilt 
und nachgeprüft werden sollen. Geschieht dieses nicht, so ist es 
freilich leicht, negative Resultate zu erhalten, und oft recht schwer, 
schwerer als im vorliegenden Falle, die Fehlerquelle nachzuweisen. 
Es erinnert die Art der Vulpius’schen Nachprüfung an jene Zeit, in 
welcher die ersten bacteriologischen Arbeiten einer Nachprüfung unter¬ 
zogen wurden. Auch damals glaubte man, durch negative Resultate, 
welche leichter zu erzielen sind als positive, der bacteriologischen 
Grundlage der Infectionskrankheiten den Todesstoss versetzen zu 
können. Indem jetzt die Frage der Besiegung dieser Organismen 
und der Heilung der durch sie hervorgerufenen Krankheiten in den 
Vordergrund tritt, dürfen wir wohl erwarten, dass die deutsche 
Klinik sich der Frage annimmt mit dem vollen Emst, welchen die 
Lösung erfordert. Verderblich ist der aprioristische Wahn, dass 
von dieser Richtung nichts zu erwarten sei, welcher auch den 
jungen Forscher, dessen Arbeit ich hier zu meinem Bedauern be¬ 
kämpfen muss, ergriffen zu haben scheint. Indem ich glaube, dass 
wir in dem Antidiphtherin ein causales Heilmittel für die Diph¬ 
therie besitzen, ohne dabei etwa die eitle Hoffnung zu hegen, dass 
nunmehr alle Fälle mit demselben geheilt werden können, erbiete 
ich mich, jeder Klinik beliebige Mengen der Substanz zur Dis¬ 
position zu stellen, wenn mir die Leitung der Behandlung oder 
wenigstens ein entscheidender Einfluss auf dieselbe in irgend einer 
Weise ermöglicht wird, sei es dass man an Ort und Stelle den 
Verlauf einer Anzahl von Fällen beobachtet, sei es dass brieflich 
über die einzelnen Fälle verhandelt wird. Ich kann nur mein leb¬ 
haftes Bedauern aussprechen, dass mir gerade in dem für mich 
leicht zu erreichenden Heidelberg nicht dazu Gelegenheit geboten 
wurde,^ trotzdem ich mich dazu erboten. Auch diese Unterlassung 
fasse ich übrigens keineswegs als eine durch mala fides entstan¬ 
dene auf; aber, wo es sich um eine so ernste Sache handelt, von 
deren Entscheidung das Wohl und Wehe so vieler Menschen ab¬ 
hängt, hätte doch wohl mein Anerbieten Berücksichtigung finden 
können. Ich hoffe, dass dieses später geschieht. 1 ) 


IV. Die Mundseuche des Menschen mid Maul¬ 
und Klauenseuche der Rinder. 4 ) 

Von Dr. Siegel in Britz. 

Ler von Herrn Gehoimrath Rose soeben besprochene Fall von 
Glossitis") gehört zu einer Kategorie von Zungenentzündungen, wie 
sie regelmässig bei einer Krankheit Vorkommen, welche im all¬ 
gemeinen ziemlich unbekannt und selten, z. Th. unter anderem Namen 
beschrieben im Gebiete meiner Praxis in einem Vororte Berlins im 
Laufe der letzten Jahre sich zeitweise zu einer grossen Epidemie 
entwickelt hatte. Es ist die Aphthensouche oder Maul- und Klauen¬ 
seuche beim Menschen. Bei dieser Krankheit ist die Zunge regel¬ 
mässig geschwollen. Eine so monströse Schwellung wie in dem 
eben besprochenen Falle, in welchem die Erscheinungen von seiten 


*) Bas Manuskript dieser Arbeit ist am 12. März 1894 bei der R 
daction eingelaufen. 

Juli Vereinigung der Chirurgen Berlins i 

, , *) j. s handelte sich um eine Frau aus meiner Praxis, welche, n 

hochgradiger Zungenschwellung in das Krankenhaus Bethanien gebkcl 
“ l“;; 11 bei welcher die Diagnose erst durch Nachweis der Mun 
seuchenbacillen m der Leiche gestellt werden konnte. 


der Zunge so erheblich waren, dass sie das Gesainmtbild der 
Krankheit auszumachen schienen, habe ich im ganzen sechsmal 
beobachtet. Von diesen seohs. Patienten sind zwei gestorben, nicht 
infolge von Erstickung durch die Zungenschwellung, sondern unter 
denselben Erscheinungen einer allgemeinen Septikämie, wie auch 
der vorliegende Fall. Von den vier genesenen Kranken haben, drei 
die Krankheit überstanden, ohne dass die Zungenentzündung specielle 
Folgen im Munde hinterlassen hätte. Ein Mann jedoch, welchen 
ich Ihnen sofort zeigen werde, hat derartige Veränderungen davon- 
getragen, die ihn zu einem Unicum in dieser Beziehung machen. 
Sie sehen von der Zunge nur noch einen schwer beweglichen 
Stumpf, der übrige Tkeil ist während der Krankheit durch den 
dauernden Druck der Zähne, über welche er etwa 2 cm hervor¬ 
ragte, nekrotisch geworden und eines Tages abgefallen. Ausserdem 
finden Sie eine sehr auffällige Retraction des Zahnfleisches, so dass 
die Zähne bis auf die Spitzen der Wurzeln entblösst sind. Das 
Zahnfleisch war während der Krankheit wie beim Scorbut derartig 
geschwollen, dass es die Zähne vollständig überdeckte, und hat 
sich schliesslich wie eine Narbe retrahirt. Schliesslich ist noch 
eine Ankylose des Kiefers übriggeblieben, sei es infolge von re¬ 
gressiven Veränderungen im Gelenkapparat oder narbiger Retraction 
im Unterhautbinde- oder Muskelgewebe. 

So weit, m. H., glaube ich, werden Sie als Chirurgen mir Ihr 
Interesse entgegengebracht haben; ich glaube aber, dass Sie sich auch 
für die ätiologischen Forschungen einer Krankheit interessiren 
werden, welche in ihren Symptomen nicht so selten, wie Sie sehen, 
chirurgische Eingriffe erforderlich machen kann. 

Ich habe im Jahre 1891 in der Deutschen medicinischen 
Wochenschrift eine Arbeit erscheinen lassen unter dem Titel: Die 
Mundseuche des Menschen, deren Identität mit der Maul- und 
Klauenseuche der Hausthiere und beider Krankheiten gemeinsamer 
Erreger. Den Inhalt dieser Arbeit werde ich Ihnen kurz recapitu- 
liren. Ich beschrieb das Vorkommen einer grossen Epidemie im 
Gebiete meiner Praxis, in welcher eine typhusartige Erkrankung 
mit eigentümlichen, bisher noch nicht beschriebenen, zum Theil 
an Scorbut erinnernden Symptomen. Es zeigten sich Bläschen an 
den Lippen, an den Nasenöffhungen, im Munde, an der Zunge, 
überhaupt eine Entzündung der ganzen Mundschleimhaut, ver¬ 
bunden mit hochgradiger Prostration, sehr heftigen Schwindel¬ 
anfällen, Obstipation und Magen-Leberschmerzen. Ausserdem kamen 
Blutungen aus Nase, Mund, Darm, Blase und Nieren vor; in der 
Haut Blutungen von Petechien bis zu faustgrossen Hämatomen. 
Der Gesammteindruck erinnerte stark an Typhus abdominalis, nur 
dass das Fieber verhältnissmässig niedrig, immer atypisch oder gar 
nicht vorhanden war. Ausserdem war charakteristisch eine in sehr 
vielen Fällen äusserst lange Dauer der Krankheit und eine ver¬ 
hältnissmässig hohe Mortalität. Alle Versuche, eine Diagnose zu 
stellen, scheiterten, auch andere zu Hülfe gerufene Aerzte konnten 
das Krankheitsbild nicht deuten, bis es mir gelang, durch bacterio- 
logische Arbeit die Diagnose auf eine überraschende Art zu lösen. 
Ich hatte nämlich bei einer Reihe von Sectionen in sämmtlichen 
Organen, besonders in Niere und Leber ein Bacterium von speci- 
fischer Morphologie gefunden, welches, auf die gebräuchlichen 
kleinen Thierarten verimpft, keine Reaction hervorrief. Erst als 
ich Schweine und Kälber impfte, erhielt ich Bläschenausschlag am 
Maule, und wurde diese Krankheit von Sachverständigen als Maul¬ 
und Klauenseuche erklärt. In den Organen der Thiere fanden sich 
dieselben Bacterien. Nun war das menschliche Krankheitsbild klar- 
Die Maul- und Klauenseuche hatte um dieselbe Zeit bei den Rindern 
in Deutschland eine enorme Ausdehnung erreicht, und gerade in 
meiner Ortschaft befanden sich grosse Molkereien, so dass der 
Uebergang von Thier zu Mensch und bei den äusserst ungünstigen 
hygienischen Verhältnissen des Ortes die weitere Uebertragung von 
Mensch zu Mensch erklärt war. Bei dieser letzteren Uebertragung 
muss sich die Virulenz bedeutend gesteigert haben. Soweit hatte 
ich meine Beobachtungen bis zum Jahre 1891 veröffentlicht. 

Seitdem ist es mir gelungen, meine Beobachtungen zu er¬ 
weitern, als auch meine damals über die Aetiologie aufgestellten 
Behauptungen durch eine Reihe von unanfechtbaren Beweisen fest- 
zustellen. Eine grosse allgemeine Epidemie, wie Pocken und Cholera, 
erlischt niemals plötzlich. Eine ganze Zeit lang tritt hier und da 
im Gebiete derselben ein mehr oder minder schwerer Fall derselben 
Krankheit hervor; so auch bei der von mir beobachteten Aphthen¬ 
seuche. Meine Statistik für das Jahr 1892 zeigt für Januar und 
Februar nur sehr wenige Fälle. Im März jedoch behandelte ich 
von denen 5 starben. 

Im April waren 21 Personen erkrankt mit zwei Todesfällen, 
im Mai 20 mit drei Todten, im Juni 30 und ein Todesfall, im Juli 
25 Kranke, im August 17 Patienten mit einem Todesfall, im Söp - 
tember 19 Kranke und ein Todter, im October 16 mit drei Todes¬ 
fällen, im November und Decembcr beobachtete ich keine a us £ e ‘ 
sprochenen Krankheitsfälle, Von diesen Krankheitsfällen kam ziem- 


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3. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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lieh die Hälfte auf Erwachsene, die andere auf Kinder. Männer 
und Frauen waren in gleicher Zahl erkrankt. Von den 16 Todes¬ 
fällen waren elf Kinder, drei Männer und zwei Frauen. Es starben 
also von 192 schwer erkrankten Personen 16, d. h. 8,5%, ein 
Procentsatz, welcher, wenn er auch nicht gerade eine gefährliche 
Höhe erreicht, so dennoch dem Procentsatz einer leichten Pocken¬ 
epidemie, wie sie z. B. im Jahre 1881 in Berlin vorkam, mit 
13,5% ziemlich nahe kommt. Im Jahre 1893 beobachtete ich im 
Mai und Juni ein leichtes Aufflackern der Epidemie. Es kamen 
aber im ganzen nur sechs Todesfälle zu meiner Kenntniss, von 
denen vier secirt wurden. In den Organen der Secirten fanden 
sich wiederum dieselben schon früher beschriebenen Bacterien. 

Die in meiner ersten Arbeit aufgestellte Symptomatologie hätte 
ich im grossen und ganzen aufrecht zu halten. Als besondere 
Localisation sind mir in letzter Zeit noch aufgefallen der Ausbruch 
der Aphthenbläsehen an den Brüsten stillender Frauen, sowie an 
den Präputien und Schamlippen Erwachsener sowohl wie Kinder. 
Da diese Bläschen gewöhnlich in Geschwüre übergehen, so können 
sie sehr bedenkliche Verwechselungen mit Syphilis hervorrufen. 
Diese Localisation kann ein Primäraffect sein wie bei Lues; häu¬ 
figer jedoch bilden diese Orte den Locus praedilectionis, was mir 
bei solchen Fällen klar wurde, in denen nach wochenlanger Dauer 
der Krankheit die Bläschenbildung an diesen Stellen sich den 
übrigen Erscheinungen hinzugesellte. Einige male fand ich die 
Bläschenbildung ausser am Munde an Conjunctiva und Cornea. 
Diese Compli cationen hatten gewöhnlich eine für das Auge sehr 
ungünstige Prognose. Diese Complicationen stehen übrigens im 
allgemeinen in Uebereinstimmung mit denjenigen, welche bei den 
mit dieser Krankheit behafteten Thieren schon längst beobachtet 
worden sind. Bildeten sich auf dem weichen Gaumen und den 
Tonsillen die Bläschen resp. Geschwüre, so konnte leicht eine Ver¬ 
wechselung mit Diphtherie Vorkommen. Jedoch fanden sich Diph¬ 
theriebacillen niemals bei dieser Affection. Sind die Exantheme 
nicht allein auf Gesicht und Mund beschränkt, sondern über den 
ganzen Körper verbreitet, wie es in einigen Fällen beobachtet 
wurde, so können leicht Verwechselungen mit Masern, Scharlach, 
Flecktyphus etc. Vorkommen. Jedoch giebt in diesen Fällen immer 
das Verhalten der Temperatur Aufschluss über das Wesen dieses 
Ausschlages. Wenn es äuch eigentlich selbstverständlich ist, so 
möchte ich doch noch anführen, dass in manchen Fällen eine 
Doppelinfection stattfindet, indem grosse Geschwüre im Munde die 
Eingangspforte für Streptococcen bilden, welche eine starke Schwellung 
der zugehörigen Halslymphdrüsen bedingen. Das Bild erinnert, 
dann stark an die bekannte Angina Ludowici. Bei einer Section 
dieser Art wurden in den Drüsen am Halse mehrere Streptococcen¬ 
arten gefunden, während in Leber und Niere das specifisehe Bac- 
terium sich in Reincultur befand. Man kann die Hauptsymptome 
dieser Krankheit in drei grosse Gruppen theilen: intestinale, eutane 
und pectorale Form. Die intestinale Form ist bei weitem die 
häufigste. Bei einer sehr grossen Anzahl von Kranken, besonders 
bei Erwachsenen, imponirt das ganze Krankheitsbild wie ein sich 
wochenlang hinziehender Magendarmkatarrh mit erheblicher Pro- 
stration, dessen Aetiologie stets dunkel bleibt, wenn man nicht 
zufällig den Fall schon in den ersten Tagen in Behandlung bekam 
und Bläschenbildung im oder am Munde beobachten konnte. 
Meistentheils verräth die fast stets vorhandene Schwellung der 
Zunge (die Zahneindrücke sind stark ausgeprägt) die Mitbetheili¬ 
gung der Mundschleimhaut. Ich habe mich des Gedankens nicht 
erwehren können, dass gewiss auch an anderen Orten manche Fälle 
von Aphthenseuche zur Behandlung gekommen sind, welche als 
Magendarmkatarrhe oder kryptogene Sepsis registrirt wurden. Ver¬ 
wechselungen mit Typhus abdominalis und Influenza in Ermange¬ 
lung einer anderen Diagnose habe ich sowohl in der Privatpraxis 
Ms auch bei Kranken, welche in Anstalten aufgenommen werden 
mussten, beobachtet. 

. die Therapie dieser Krankheit bin ich in der ersten Arbeit 
nicht eingegangen. Ich hatte mich damals darauf beschränkt, 
ganze Reihen von Krankheitsfällen mit je einem bestimmten Medi- 
cament zu behandeln, um auf diese Weise ein specifisches Mittel 
zu finden. So probirte ich ausser den neueren Antifebrilen auch 
e gegen Scorbut in alten und neuen Werken empfohlenen Medi¬ 
kamente von der Citronensäure bis zum Decoctum cochleariae. 
| ach consequentein Suchen fand ich, dass salicylsaures Natron als 
nneies Mittel gegeben, fast eine gleiche specifisehe Wirkung wie 
v ‘^“eumatismus ausübt, auch das mir von der Firma 
fü * e ^n in Radebeul bei Dresden in grossen Mengen zur Ver- 
^gung gestellte Natrium dithiosalicylicum hatte ein sehr günstiges 
8 t«t a u laterem Mittel wirkte der Schwefelgehalt bei der 
Mitf i V ° raan ^ ene . n Obstipation ausserdem abführend. Als äusseres 
a„ . sege ? .^ e Aphthengeschwüre im Munde bewährte sich 
Blut , UI ? ] Mfricum am besten. In letzter Zeit habe ich vielfach 
n ziellu, igen unternommen mit sehr günstigem Resultat. Ob 


nicht dieses Mittel allein gerade bei infectiösen Erkrankungen des 
Blutes in grösserem Maasse wieder einzuführen wäre, erscheint mir 
sehr discutabel. Steht es doch mit unseren modernen Anschauungen 
über Blutinfection und Regeneration durchaus im Einklang. 

Bei der grossen Ausdehnung, welche die Maul- und Klauen¬ 
seuche auch im Jahre 18Ö2 in Deutschland und Europa gefunden 
hatte, glaubte ich mich der Hoffnung hingeben zu können, dass 
im Laufe der Zeit auch von anderer Seite ähnliche Beobachtungen 
wie die meinigen zur Meldung kommen würden. Dies ist nicht 
der Fall gewesen, wenigstens nur in sehr bescheidenem Maasse. 
Hierfür kann man zweierlei Erklärungen annehmen. Auch in 
früheren Zeiten sind grössere locale Epidemieen von Aphthenseuche 
mit schwerem Verlaufe vorgekommen. Z. B. erwähnt Roll in seinem 
Lehrbuche: „Die Thierseuchen“, eine von Huslin beschriebene 
Epidemie, in der von 1000 Einwohnern eines Ortes während der 
gleichzeitig bestehenden Maul- und Klauenseuche beim Rindvieh 23 Per¬ 
sonen infolge dieser Krankheit starben. Trotzdem blieben solche 
Beschreibungen nur selten, so dass man annehmen könnte, die 
Krankheit habe die Eigentümlichkeit, sich von Zeit zu Zeit in 
besonders disponirten Orten zu local beschränkten Epidemieon aus¬ 
zubilden, ohne auf die Nachbarschaft überzugreifen. Andererseits 
ist der Gedanke nicht abzuweisen, dass thatsächlich in manchen 
Orten ähnliches gesehen, jedoch nicht hinreichend aufgeklärt und 
deswegen nicht zur schriftlichen Fixirung gekommen ist. Die von 
mir gefundenen, aus den letzten Jahren stammenden Mittheilungen 
lassen sich in zwei Abtheilungen bringen, erstens eine direkte 
Uebertragung von leichteren Erscheinungen direkt von Kühen. 
Auch hier ist, obgleich solche Fälle doch gewiss während der 
letzten Epidemie sehr häufig waren, die Ausbeute sohr gering. In 
der Zeitschrift für Milch- und Fleischhygiene 1892 beschreibt 
Prof. Fröhner einen Fall, in dem ein Patient durch Genuss von 
inficirter Butter leichte Aphthenerscheinungen davontrug. Im 
Juni 1892 stellte Dr. W. Levy in der dermatologischen Ver¬ 
einigung einen durch Umgang mit durchseuchtem Vieh inficirten 
Arbeiter vor. In der Greifswalder medicinischen Gesellschaft er¬ 
wähnte im November 1892 Oll mann eine Dame, welche durch 
Milchgenuss erkrankt war, und in derselben Sitzung berichtete 
Prof. Mosler die Erkrankungen einer Schlächterfrau sowie eines 
Schlächterlehrlinges, welche der Infection durch Rindviehfleisch 
höchst verdächtig waren. Eine zweite Reihe von Krankheits¬ 
beschreibungen des letzten Jahres, welche nach meiner Ansicht 
hierher gehören, sind die als Scorbut bezeichneten. Wie ich schon 
in meiner ersten Arbeit ausführte, fanden sich unter den schweren 
Fällen von Aphthenseuche eine grosse Reihe, welche sich mit dem 
bis jetzt Scorbut genannten Symptoinencomplex durchaus deckten 
und dennoch bei der Section den bestimmten bacteriologischen 
Nachweis ihrer Entstehung durch Aphthcninfection ergaben. So 
soll nach einer Zeitungsnotiz im Juli 1892 in Ssamara, einem 
russischen Nothstandsbezirke, der Scorbut einen ungeheuren Um¬ 
fang genommen haben. Dass in denselben Gebieten die Maul- und 
Klauenseuche beim Vieh herrschte, war bekannt. Ferner beschreibt 
Heubner in den Jahrbüchern für Kinderheilkunde 1892 eine 
scorbutartige Erkrankung der Säuglinge, welche mit deutlichen 
scorbutartigen Munderscheinungen einherging. Schliesslich soll 
nach einer Zeitungsnotiz im Juni 1892 in der Charitö ein 70jähriger 
Mann mit sehr deutlichem Scorbut von Geheimrath Gerhardt vor¬ 
gestellt soin, hei dem die Ursache dieser Erkrankung vollständig 
räthselhaft blieb. Von Sectionsbefunden und bacteriologischen 
Untersuchungen der Leichen derartig Erkrankter habe ich nirgends 
etwas gefunden. Schliesslich möchte ich noch die nach meiner 
Ansicht hierher gehörige Beobachtung des Zahnarztes Dr. Ritter 
in der allgemeinen medicinischen Centralzeitung erwähnen. Es 
wird von ihm eine in der Zeit von 1891 bis 1892 vielfat'h beob¬ 
achtete auffällige Erkrankung des Zahnfleisches mit influenzaartigen 
Allgemeinsymptomen beschrieben. Im Juni 1893 berichtet« Herr 
Dr. Boas im Verein für innere Medicin von einer kleinen von ihm 
beobachteten Epidemie in Berlin, und bei derselben Gelegenheit 
konnte Herr Geheimrath Lewin bestätigen, dass er mehrere Fälle 
von schankerartigen Aphthenaffectionen an den Geschleohtstheilen 
in letzter Zeit behandelt habe. Ich bin überhaupt der Ueber- 
zeugung, dass in Berlin eine nicht geringe Anzahl von Aphthen- 
orkrankungen vorgekommen sind, welche zum Theil, besonders die 
chronischen Formen, nicht erkannt sind. 

In derselben Sitzung der chirurgischen Gesellschaft, m der 
dieser Vortrag gehalten wurde, berichtete im Anschluss an den¬ 
selben Herr Prof. Lindner, dass er im Augustahospital vor 
kurzem auf einer Station eine ganze Reihe einer infectiösen Mund- 
entztindung beobachtet habe. Die Krankheit sei durch 
Patienten hereingebracht und habe sich auf die benachbarten 
Betten fortgepflanzt. Die Diagnose sei damals unWargewwen, 
jetzt glaube er bestimmt, es habe sich auch hier um Mun 
gehandelt. 


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nur diu Tabula-extertm enOOtft + uuufeWappt, b»ö der Ibst m - 
SrhiulCidarbcs' .MiUernt-. Von Könii; 1 ) wurde diesf^- Vemd^n 
u oimr anwMldot , so ^ m\i ?.nm toiu-' «H'ssrrw SulnWrt- 
drieetn eignete, XönUv bnite einen R cm lan^n und :v «•». breit# 
Kn<u Inuulefeet dev linken Si-WüFcr»- und SebelteilHniige^cnd^ b« 
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Vde e;r:s,diiidertv MoUn'-Htc ist zum 15r«5a ; tzc •• größscree 
d( h-aie bfsliHt* iimhnuniK von anderen mit- dem glichen,. 
iblüo vej’suoht nunten, Sn stellte »Sri*dnbüf u'i dem IbirutgeV' 
CQUgnS; v K einen 1 Hjaürigor. Manu vor,, bei dmü er «nuen Jl- cm 
langen und 2 -4 e’m g'rossen, uuj-egelmäs:sigen imfV-cR A 




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JtaiwH. *n *i niolt« »B|öU«i«, weil mm» vW zu $mse PW« -Ha U4vuÄtprffBl(,n-cimir Knochen ra»t*.melim?4i. »«W« 

MwUrnn l.ram li.'ii wüi-de. Somm ■■«.«■ .■hotiemn slmhvm-n* .ioreb ■ ife jioc.aotob iße ..hnnsptonteWm grt^ckto 



Tobrrktiliie dedueh ddrttcp^iMc diese Impfuugen Wühl muUr m 
ttbxgfloiil.ieiruög Udcn 


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ntcr Pi$J&■>rtiuch ./Vrt -des Mfillötft ülf« wum I 




Atsibeilvuig des Hnrn Dtrectw Ö!'. Körte. 

Ueber traaxnatiscb.e ScbädeMefecte und ibre ; 
Deckung. 


tu ug kam. t ü ( n '. 

'• SvabönjiUjngni* Knabe -'Rpinricb Sclv, imfgemmimeu_ 4 ’p 1 ! 1 - rt ' • 
rtiit oiflur edmplieirtcu^^ Splittörfnieiiif fe $tim' mid yoebten ^cHä«rt ». 

\\ F. König, per .knöebornp ßr-iat^ großer- Scbädehlc#^ Cmval 
blml Idr iibirurg)«!-l$Kb- -^v.- ^7. . .. _ ,^ ( . u 

,J ) Selidulurrn, Kin Pull reu U'nöi:b6roe«l. 'toftUe oiu^a 
mmdMfivm mclx der M«ghpdi; von Koaig.- Vßrbandlungon dos un 
gres^es der deuts-dma ‘.’rfc'fcH^bVÄ fUi‘ f'birufgie. 1801. rinnt- 

S Ti. Braun. .'feBrnaiio?« ebd-.s 'den _ Srlubtet pcifoiareßdeU ^ 
camnomö kü •nmofiV l4)ak%^ü Mtbkbon. V ; ei‘baiuUtmgcn Mb tffSgf ~ 
Äfesr IÖÜ% '. ... \ Vpf . 

1} Tiutzc. ^ykcr.dktrkHl^n lüifc osttiojihä^tikab?# 

srtdus^ von 8cbiwkddoto»;V-«. 'ibi4om v ;;’: ,.,;; 

/,% (V Biegner' Trnjamatuw wegen KubdmMen UutergMS^ • •- ^ 
syditwem oHteoßla^i^ebeui Kt-eitfcÄ« des SebUdrtdejectos nöub vi > 


:r- 


i ; . 





B. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIF. 


die von einem Sturz von einer Leiter herrührte. Die Splitter stark unter¬ 
einandergeschoben, theilweise ganz ausser Zusammenhang mit dem Perioste 
Von der Bruchstelle gehen Fissuren namentlich nach hinten Völlige 
Bewusstlosigkeit, 136 regelmässige Pulse. Temperatur im Rectum 371 
In Chlorofornmarkose (Operateur: Dr. Siegmuud) Erweiterung der strahlen¬ 
förmigen Wunde. Entfernung eines dreieckigen, ganz isolirten Knochen¬ 
stückes von 4'/*. cm Länge und 3 cm Breite und mehrerer kleinerer 
Stücke nach Lösung derselben durch Randabmeisselung. Dura an einer 
erbsengrossen Stelle verletzt. Dcsinfection. Tamponade der ganzen 
Wunde mit Jodoformgaze. Durawunde mit einem Jodoformgazestreifen 
drainirt. Alsbald nach der Operation Wiederkehr des Bewusstseins Keine 
nachweisbaren Störungen der Sensibilität oder Motilität. 

, Am nächsten Tage höchste Temperatur 38,9, Puls 172 (Jodoform¬ 
wirkung?). Allmähliches Sinken der Pulsfrequenz und der Temperatur 
Bei reactionsloscm Wundverlaufe am 9. Juli Secundärnaht. des Periostes 
und der Haut. Die hähte halten nur zum Theil und müssen theilweise 
am 14. Juli entfernt werden. 

Am 21. Juli, als die Wunde gut granulirte, neue Naht, die eine er¬ 
hebliche Verkleinerung bewirkt. Der Knochendefect bleibt deutlich fühlbar 
hat eme leicht S-förmige Gestalt, misst in seiner grössten Länge 8, in seiner 
grössten Breite 3 cm und nimmt das Stirnbein und einen kleinen Theil 
des rechten Scheitelbeines ein. Deutliche Gehirnpulsationen an der Stelle 
u6s JJeiectcs. 

Am 16. September in Chloroformnarkose (Operateur: Direktor 
Dr. Körte) osteoplastischer Verschluss des Defectes nach König. Uin- 
schneidung der Weichtheilnarbe, die den Knochendefect ausfüllt. Ab- 
präpanrung derselben von der Dura, ohne dass diese dabei eröffnet wird, 
ran nach dem Gesichte zu liegender Stiel wird erhalten. Oborhalb und 
nach innen zu von dem so gebildeten Lappen wird der Ersatzlappen mit 
nach hinten zu gelegener Basis Umschnitten, so dass er an Grösse all¬ 
seitig den Schädeldefect übertrifft und von letzterem durch einen Sporn 
unvereehrter Haut getrennt bleibt. Der umschnittene Ersatzlappen wird 
nach Ketraction der Haut und des Periostes mittels eines scharfen Meisseis 
innerhalb der Tabula externa abgetrennt, dann beide Lappen vertauscht 
und an dem Orte, wo sie einheilen sollen, durch Seidennähte fixirt. Da 
? n m Lap i )Cn, 7 el ? h ^ die Narbe cnthielt > nicht vollständig den Defect aus- 1 
füllte, der durch Wegnahme des Hautperiostknochenlappens entstanden 
war, so wird ein dritter Lappen medianwärts von letzterem mit nach oben 
und hinten gerichtetem Stiel gebildet und zur Bedeckung des noch bloss- 
hegenden Knochens verwendet. Die durch Bildung des dritten Lappens 
gebildete Wunde wird mit Thiersch’schen Transplantationen bedeckt. 
Keactionsloser Verlauf. 

A m 29. September 1891 werden sämmtliche Nähte entfernt. Prima 
mtentio erfolgt. Früherer Schädeldefect fest verschlossen. Nur die 
usserste Spitze des übergepflanzten Hautperiostknochenlappens ist nekro- 
:! ßc “ geworden und infolgedessen an einer circumscripten, etwa fünfpfennig¬ 
stuckgrossen Stelle noch Pulsation wahrzunehmen. 

Am 15. October wird Patient entlassen, da die Erlaubniss zu einer 
uperation behufs Deckung des kleinen Defectes von den Eltern ver¬ 
weigert wurde. 

p, j bruar , 1893 stellt sich Patient wieder vor, und es konnte 
3f ellt werden, dass der frühere Defect fast mit Knochensubstanz aus- 
\ ar- .ur emen Finger breit über dem Margo supraorbitalis fühlt 
j 1 ? er . ? ben d * e Fmgerkuppe aufnehmenden Stelle Pulsation, 
ca 9 m m u -i®! nocb am oberen Rande des früheren Defectes eine 
«bir nicht b Än F w’ W ° “““ bei genauerefi Hinsehen Pulsation sieht, 

Eine besondere Methode der Autoplastik hat Sevdel 1 ) ange- 
wandt, um einen -- ^ ’ - — - — 


,, ' r— grossen Knochendefect des Schädels zum Ver- 
• e w u . b r ingen ’ zu einer Zeit als Verfahren nach König 
Defepf 110 ? 4 b ® ka . nnt ^, ar - . Um einen 5,5 cm langen, 4 cm breiten 
Tinn* • - * n k en Scheitelbeines, der nach einer complicirten 

9 i»v<?^ 1 ° nS ^? C m llr zur öckgeblieben war, zu decken, meisseite 
,ijp v* ■ Pa ^ e nac b dem Trauma, als die Gehirnerscheinungen, 

dahin hp.Ktnmi<m hatten, verschwunden waren und der 


infnltw» bestanden naccmi, verscnwunaen waren und der 

lanJfo 6 ^ ~; raumas entstandene Querriss verklebt war, ein 5,5 cm 
ansX* n ,. breites Stück sämmt dem zugehörigen Perioste 
lösuntr 7 pJk 1C -u 1S de ü aus » es * n schwache Kochsalz- 

damirX^-v!!^ da 5 n in 8—8 gleichmässige Stücke und füllte 
theilA den Schädeldefect aus, ohne zunächst die Weich- 

ÜberzAnw* Za Ternäben - ® rst ze bn Tage später, als er sich 
mit d P r n atte ’ dass d * e Stücke lebensfähig geblieben und fest 
dem verwac bsen waren, deckte er dieselben durch einen 

Stück« Wf 411 ^ 6 ® ntnammenen gestielten Lappen. Die implantirten 
^unde rlnruv, 6r m - d ? r Zwischenzeit mit Silk bedeckt und die 
Verbände bedeckt geh a j^ doforingaze und trockenem aseptischem 

machen^I^Ki 11 -!* 11 M nem der bisher geschilderten Verfahren Gebrauch 
Schädeldpf«,.f! lbt ^^als letzte Möglichkeit, ausgedehntere traumatische 
lösten und i. ZUm ^ er8chlus8e zu bringen, die Implantation der ge- 
T Sgen0I ? m . enen S P litter «brig. Der erste, der auf 
Fussend w , traumatlsc be Defecte ausfüllte, war Mac Ewen. 
beraustrepanirtßr 11 «?«! 1 ^ 11 k R ® S m? atei1 ’ welche das Wiedereinheilen 
in mehreren Fall St * ck ? , be f Thieren ergeben hatte und die er 
— _ len auch beim Menschen bestätigen konnte, schlug 

‘) i 
Schädels 


,S " iSTp l^° ChendefeCte 


des 


405 


N v ^eiioblich vermehrt 
\ '% ^ht ohne die 
\ dies 

\VWS» 
\ w? 


.ces 
wache 
elnh .pflanzen, 
um es für 


er vor, bei complicirtek 
Ausfüllung des Defectes uL 
Im Jahre 1888 ^ berichtete 
nach Schädelverletzungen sowl 
nationen in der Regel durch 
Knochenstückchen zwischen Hau' 
ungestörter Asepsis damit schlier,- 
knöcherung im Bereiche der Lücke el 

So gross nun die Zahl der Fälle 
vorher intacten Schädel, sei es mit Ham™ 
mit der Trepankrone ausgelösten Knoche! 
wieder eingesetzt wurden, so selten sind bei 
brüchen die zertrümmerten Knochentheile zuF 
des Defectes benutzt worden. Es liegen nur 
von Gerstein 2 ), welcher ein 4 cm langes und ^ 
Knochenstück, das er entfernen musste, vorübergehen! 
Sublimatlösung legte, um es schliesslich wieder ^ 

Er war dabei genöthigt, Theile desselben abzutragen, 
die Lücke passend zu machen. Es heilte ein, und bei dem wenige 
Monate später an Pneumonie erfolgten Tode des Patienten konnte 
festgestellt werden, dass das Stück überall da, wo es mit Knochen 
in unmittelbarer Berührung gestanden hatte, knöchern ver¬ 
bunden war. 

Von v. Bramann, 3 ) der der chirurgischen Seetion der 64. 
Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte drei Kranke 
mit complicirten Schädelbrüchen vorstellte, bei denen er vollständig 
gelöste Knochenstücke zur Einheilung brachte. & 

Von Jones. 4 ) Er hatte die Knochenstücke in Carbolsäure- 
lösung 1:30 aufbewahrt. In zwei Fällen reactionslose Einheilung, 
in einem Falle Ausstossuug der Knochenstücke unter Eiterung. 

Die Wunde war in allen Fällen nach der Implantation völlig 
geschlossen worden. 

Von Möller, 5 ) der im ärztlichen Verein zu Hamburg einen 
achtjährigen Knaben vorstellte, bei dem ein ca. thalergrosses, durch 
Meisseitrepanation gelöstes Stück in den Defect wieder eingelegt 
wurde, während ein zweites etwa eben so grosses wegblieb. Das 
eingelegte Stück heilte reactionslos ein, obschon die Wunde infolge 
der Eröffnung der Stirnhöhle mit der Nasenhöhle in Verbindung 
stand. 

Justo 6 ) erzielte die Einheilung eines 6—7 cm langen und 
4— 4 V 2 cm breiten Knochenstückes des rechten Scheitelbeines bei 
complicirter Fractur. 

Ferner berichtete in der sich an den Vortrag des Verfassers 
(in d. fr. chir. Vereinig, am 13. März 1893) anschliessenden 
Discussion Thieme (Cottbus) über mehrere Fälle glücklich ver¬ 
laufener frischer Implantationen. 

Da die im städtischen Krankenhause am Urban bisher zur 
Behandlung gekommenen Fälle von traumatischen Schädeldefecten 
— mit Ausnahme des schon geschilderten Falles — sämmtlicli 
durch Implantation der gelösten und herausgenommenen Trümmer 
mit bestem Erfolge zum Verschlüsse gebracht wurden, so sind wir 
in der Lage, uns gerade über diese Methode, bezüglich ihrer 
Brauchbarkeit vom klinischen Standpunkte aus, ausführlicher 
äussern zu können. Es handelte sich in allen Fällen, die im 
folgenden geschildert werden, um complicirte Brüche des Schädel¬ 
daches mit Splitterung und Depression der Fragmente. Die 
Indication zum operativen Eingreifen war nicht in allen Fällen 
dieselbe, dagegen bot das Vorgehen bei der Ausfüllung des 
Defectes durch Implantation so wenig verschiedenes, dass wir eine 
Beschreibung derselben vorausschicken wollen, um spätere Wieder¬ 
holungen zu vermeiden. Nach sorgfältiger Desinfeetion der Haut 
des rasirten Schädels wurde die Bruchstelle durch grosse Er¬ 
weiterungsschnitte freigelegt, das Periost soweit als nöthig zurück¬ 
geschoben, und dann mit Hülfe von Hammer und Meissei die ein¬ 
gedrückten Stücke gelöst und herausgenommen (also ohne Periost¬ 
bekleidung!), die einzelnen Stücke wurden dann in l%o Sublimat¬ 
lösung durch Abreiben mit den Händen gereinigt und in warmer 
0,75 °/o Kochsalzlösung bis zu ihrer Wiedereinlegung aufbewahrt. 
Zeigten einzelne der Knochenstücke, was selten der Fall war, 

*) William Macewen, Ueber Chirurgie des Hirn und Rücken¬ 
marks. Adresse gelesen auf der 56. Jahresversammlung der British, ined. 
Association zu Glasgow am 9. August 1888. Referat im Centralblatt für 
Chirurgie 1888, No. 43. 

а ) Gerstein, Ueber Verschluss von Defecten am Schädel. Ver¬ 
handlungen des Chirurgencongresses 1889. 

*) v. Bramann, Centralblatt f. Chirurgie 1891, No. 48, p. 944. 

4 ) Jones, Three cases of compound depressed fracture of the skull 
in which the bones were replaced affcer beeing temporaly removed. Med. 
Chronicle 1890, December. 

5 ) Möller, Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 48, p. 1285. 

б ) Justo, Sobre alginos casos de lesiones traumaticas de la böveda 
del craneo y del cerebro. Rev. de la soc. mdd. Argentina, Buenos-Aires 
1893, März und April. Ref. im Centralbl. f. Chir. 1893, No. 41. 


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402 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


Bei den 

^Tiessei 


sowohl der 
auch 

dem 
eitert 


die sich auf die geschilderte Weise 
Hessen, so wurde die betreffende Stelle mit der 
^ange abgekniffen. 

Fawunden wurden zum Zwecke besserer Desinfection er- 
und danach entweder vollkommen mit Catgut vernäht, 
oder an einer kleinen Stelle offen gelassen, von der aus Jodoform¬ 
gaze unter die Nahtlinie lind die Nachbarschaft der Wunde ge¬ 
schoben wurde. 

Lagen Gehirnverletzungen vor, so wurden dieselben zunächst 
mittels kleiner Gazestückchen, die mit 1 ü /oo Sublimat getränkt 
waren, ausgerieben, dann mit Jodoformgaze ausgetrocknet und 
stets drainirt. Zur Drainage dienten uns anfangs schmale Jodo¬ 
formgaze-, später Silk protectif-Streiten, die bis auf den Grund 
der Wunde eingeführt wurden, ohne jemals dabei eine nennens¬ 
werte Reaction hervorzurufen. Selbstverständlich blieb die Dura 
über der Gehirnwunde stets offen, und auch bei der Implantation 
der Knochenstücke wurde die verletzte Gehimpartie wenigstens 
soweit frei gelassen, dass die Wirkung der Drainage nicht beein¬ 
trächtigt wurde. 

Ganz besondere Sorgfalt wurde stets auf die Stillung der Blu¬ 
tung verwandt. Gefässe der Dura wurden umstehen und unter¬ 
bunden, Blutungen aus der Diploß durch vorübergehende Tampo¬ 
nade mit Jodoformgaze meist rasch zum Stehen gebracht, event. 
durch Anwendung von Glühhitze (Paquelin) gestillt. 

Waren Dura- und Gehirn-wunden auf diese Weise versorgt, 
so wurden die Knochenstücke ans der Kochsalzlösung heraus an 
den Ort ihrer Bestimmung gebracht, indem sie lose neben ein¬ 
ander auf die Dura aufgelegt wurden. Sie wurden dabei nicht 
weiter verkleinert, sondern behielten die Grösse, die sie nach der 
Herausnahme aus der Bruchstelle hatten, bei, d. h. ungefähr die 
Grösse eines Daumennagels, manche etwas grösser, andere kleiner, 
wie das Trauma sie geformt hatte. Nach beendigter Implantation 
wurden die Weichtheile (Haut und Periost zusammen) über der¬ 
selben durch weitläufige Seidennaht vereinigt bis auf einen oder 
zwei Wundwinkel, die event. zur Drainage dienten. 

Es verdient hervorgehoben zu werden < dass es nach unseren 
Erfahrungen vollkommen gleichgültig für den definitiven Erfolg ist, 
ob die Knochenstücke jedesmal der ganzen Dicke der Schädeldecke 
oder nur der Tabula externa oder interna allein angehören, ferner 
erscheint auch die Grösse der eingelegten Stücke ohne Belang, 
da wir solche von 1—2 cm Breite und andererseits selbst Meissel- 
spähne benutzten und einheilen sahen. Auch die Art der Ein¬ 
legung der einzelnen Stücke beeinträchtigt nicht das gute End¬ 
resultat, es ist daher nicht nöthig, dieselben so zu lagern, dass 
die Dura jedesmal mit der glatten Innenseite der Tabula vitrea 
in Berührung kommt. Wir haben wiederholt auch rauhe, kantige 
Theile der Diploß direkt der Dura aufgelegt. 

A on Wichtigkeit für das Gelingen der Implantation scheint 
dagegen eine streng durchgeführte Asepsis, eine möglichst exaote 
Blutstillung und eine sorgfältige Naht der • Weichtheile über den 
eingepflanzten Knoehenstücken zu sein. (Fortsetzung folgt.) 


VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn. 

Die Gefahren der Narkose für den 
Diabetiker. 

Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik. 

(Schluss aus No. 17.) 

Wir haben also gesehen, dass man gegen die bislang bekann¬ 
ten ursächlichen Factoren des Coma diabetieum berechtigte Zweifel 
und Bedenken in’s Feld führen und dass man in ihnen nicht den 
wahren Grund für das nach operativen Eingriffen auftre¬ 
tende tödtliche Coma erblicken kann. 

Dagegen scheint mir alles dafür zu sprechen, dass die Nar¬ 
kose als solche imstande ist, bei einem Zuckerkranken ein 
Coma aus-zulösen. Die Annahme hat allein schon deshalb viel 

Wahrscheinlichkeit für sich, als beide — Narkose und Coma _ 

in ihrem ganzen physiologischen Bilde und klinischen \ T erlaufe 
grosse Aehnlichkeiten ipit einander haben. 

Die AVTrkung des Narcöticum auf den Organismus des 
Zuckerkranken kann man sich auf zweierlei Art vorstellen: mecha¬ 
nisch oder chemisch. 

Es ist eine anerkannte Thats&che, dass während und nach einer 
.Narkose die Blutdruck-, die Blutvertheilungsverhältnisse und Strö¬ 
mungsgeschwindigkeiten mannigfachen bedeutsamen Schwankungen 
unterworfen sind. Versuche am Thier und klinische Beobachtun¬ 
gen haben erwiesen, dass 1) unter dem Einflüsse der Chloroform- 
Inhalation der Tonus der Hirngefässe progressiv abnimmt und 
eine Vertangsamung des Blutkreislaufes im «Gehirne (vorzugsweise 
venöse Hyperämie) eintritt, dass 2) diese Veränderungen eontinuir- 
lich zunehmen, bis sie wenige Stunden vor Eiutritt des Erregungs- 


stadiums ihr Maximum erreichen, und 8) im Stadium der völligen 
Narkose der Tonus ebenso wie die Strömungsgeschwindigkeit ver¬ 
mindert, aber statt der Hyperämie Anämie vorhanden ist.*) Mögen 
dabei nun mehr oder minder grosse Differenzen bestehen, je nach¬ 
dem man den Aether oder das Chloroform als Narcöticum bevor¬ 
zugt, mag immerhin der Aether in der zur vollständigen Anästhesie 
nöthigen Menge gewöhnlich eine Steigerung der Stromgeschwindig- 
keit und der Pulsgrösse bewirken, während das Chloroform nur 
ausnahmsweise diese Wirkung hat und bei ihm Pulsgrösse und 
Stromgeschwindigkeit meistens unverändert bleiben oder sogar 
abnehmen. 2 ) — Mag dem sein, wie ihm wolle, auf jeden Fall muss 
man in der Narkose eine sehr schwere (wenn auch in der Regel 
ohne bleibenden Nachtheil vorübergehende) Alteration in der Func¬ 
tion des edelsten und lebenswichtigsten Organes des menschlichen 
Körpers sehen. Ist dies aber schon beim gesunden Menschen zu 
beobachten, wie viel grösser müssen die mit einem solchen Ein¬ 
griffe verbundenen Gefahren für den Zuckerkranken sein, dessen 
gesammter Stoffwechsel ohnehin schon schwer geschä¬ 
digt ist, der oft schon auf geringe psychische Reize, körperliche 
Anstrengungen oder Aenderungen der Diät in höchst bedenklicher 
AVeise mit den schwersten klinischen Symptomen reagirt! Wie 
wir uns im einzelnen den A r organg vorzustellen haben, lässt sich 
schwer sagen. Man könnte versucht sein, in der Gehirnanämie, 
welche während der Narkose besteht, die eigentliche Ursache zu 
erblicken, weil dieselbe wahrscheinlich auch den comatösen Zustand 
des Zuckerkranken bedingt. 3 ) Beweisen lässt sich das aber nicht, 
um so weniger, als es, worauf Ebstein 4 ) besonders aufmerksam 
gemacht hat, durchaus unstatthaft ist, aus Befunden bei der Au¬ 
topsie Rückschlüsse auf den Zustand des Gehirns intra vitam zu 
machen. 

Da die Zuckerharnruhr eine Erkrankung des Stoffwechsels 
ist, bei welcher unter bestimmten, noch näher zu bezeichnenden 
Bedingungen gewisse chemische Stoffe im Blute kreisen und zmn 
Theil mit dem Urin ausgeschieden werden, Stoffe, welche nach 
unseren heutigen Anschauungen eine „diabetische Intoxieation“ 
(Frerichs), einen comatösen Zustand hervorzurufen imstande sind, 
so ist es naheliegend anzunehmen, dass die Entstehung dieser 
Körper im Organismus durch Inhalation von Chloroform oder Aether 
begünstigt oder hervorgerufen wird — kurz, dass das Coma 
diabetieum im Gefolge einer Narkose auf chemischem 
A\ r ege aus gelöst wird. Man kann sich dies wie eine Art „An- 
stossWirkung“ vorstellen. Aehnlich wie man Wasser, welches auf 
0° abgekühlt ist, durch einen leisen Stoss an das Gefäss zum 
plötzlichen Erstarren, zum Gefrieren bringen kann, ebenso könnten 
unter dem Einflüsse der Inhalationsanaesthetica, die bis dahin la¬ 
tent gebliebenen toxischen Stoffe zur massenhaften Entwickelung 
gelangen, den gesammten Kreislauf überschwemmen und dadurch 
das Bild des diabetischen Comas hervorrufen. 

Trotz vieler Bemühungen ist man nun aber bislang noch nicht 
darüber in’s Klare gekommen, welches schädliche Product des ab¬ 
normen Stoffwechsels es eigentlich ist, welches für das Auftreten 
des diabetischen Comas verantwortlich zu machen ist. Ohne mich 
im einzelnen auf die verschiedenen Theorieen einzulassen, will ich 
nur kurz erwähnen, dass man nacheinander die übermässige Er¬ 
zeugung oder Aufstapelung von Aceton, Acetessigsäure (Diacet- 
säure) oder anderer Säuren im Blute beschuldigt und danach die 
Theorieen der Acetonämie, der Diacetämie und der Säure¬ 
in toxication aufgestellt hat. 5 ) 

Leider finden sich in den Krankengeschichten operirter Dia¬ 
betiker nur ganz vereinzelte und kurze Notizen über in dieser Rich¬ 
tung angestellte Harnuntersuchungen, sodass man aus denselben 
keinerlei bindende Schlüsse ziehen darf. 

Dagegen war es naheliegend, den nach einer Narkose gelassenen 
Urin gesunder Menschen auf das etwaige Vorkommen von Ace¬ 
ton und Acetessigsäure zu untersuchen. Es wurde in jedem 
einzelnen Falle vor der Narkose der Urin auf Eiweiss und Zucker 
geprüft, um mit Sicherheit gröbere Stoffwechselanomalieen aus- 
schliessen zu können. Da hat sich nun gezeigt, dass etwa 
in der Hälfte der Fälle (unter 70 Fällen bislang 86 mal) 
Aceton im Urin nach der Narkose schon beim gesunden 
Menschen auftritt; Acetessigsäure war nicht so häufig nach* 
zuweisen. Es wurde dabei die Legal’sche beziehungsweise Ger- 
hardt’sche Reaction angestellt. Der Acetongehalt trat in- der 
ersten Urinprobe am stärksten auf und nahm dann im Laufe der 
nächsten Stunden bis selbst drei Tage ganz allmählich ab. Ich 
behalte mir vor, über die Untersuchungsresultate ausführlicher 


0 Holz in Bruns’ Beiträgen zur klinischen Chirurgie, VII. Bd., p. 53. 

3 ) Holz 1. c. p. 68. 

3 ) Cyr 1. c. Jan. 1878, p. 53 u. 54, No. 5. 

4 ) Ebstein, Deutsch. Archiv für klin. Medicin Bd. 28, p. 159 fl. 

5 ) Huchard, Internationale klinische Rundschau 1894, p. 83. 


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3. Mai. 


zu berichten, bin abor der Ueberzeugung, dass durch dieselben 
eine Basis geschaffen worden ist, auf der man die Lehre vom 
Coma diabetieum im Gefolge der Narkose weiter studiren kann. 

Nun sind aber auch im Jahre 1891 von Käst und Mester 1 ) 
höchst interessante Beobachtungen über die Stoffwechselstörungen 
Gesunder nach länger dauernder Chloroformnarkose veröffentlicht, 
welche möglicher Weise imstande sind, die angeregte Frage, so¬ 
weit sie den Diabetiker betrifft, weiter zu fördern. Allerdings 
handelt es sich hier stets um Narkosen von 1 1 /- 2 - und mehrstündiger 
Dauer. Von den mehrfachen Versuchsergebnisseu hebe ich nur 
zwei hervor, da sie mir für die Diabetesfrage von Bedeutung zu 
sein scheinen, nämlich: 

1. „dass unter dem Einflüsse länger dauernder 
Chjoroformnarkosen eine mehrere Tage andauernde 
Störung des Eiweissumsatzes statthat, wie sie bisher 
nur bei schweren toxischen Läsionen dos Organismus, 
wie bei der Phosphorvergiftung, beobachtet wurde“ 2 ) und 

2. „dass constant eine meist beträchtliche Zunahme 
der Acidität des Harns nach der Narkose auftrat, w elche 
oft noch mehrere Tage nach derselben anhielt. 3 ) 

Was zunächst den letzteren Punkt anlangt, so haben Käst 
und Mester den Grad der Acidität des Harnes quantitativ durch 
Titriren mit Normalnatronlauge bestimmt und sind der Ansicht, 
dass „in Anbetracht der erheblichen Mengen von Chlor, welche 
in Form von Salzsäure aus dem Chloroform durch den Stoff¬ 
wechsel abgespalten werden, dadurch allein schon eine genügende 
Erklärung der Zunahme der Acidität der Chloroformharne gegeben 
ist.“ In wie weit organische Säuren dabei betheiligt sind, 
konnten sie nicht ermitteln; die Untersuchung auf Milchsäure 
und Oxybuttersäure ergab ein negatives Resultat. 

Wie steht es nun mit dem diabetischen Coma? Die For¬ 
schungen der letzten Jahre neigen sich immer mehr der Auffassung 
zu, dass dasselbe nicht durch eine einzige, sondern durch meh¬ 
rere toxisch wirkende Substanzen herbeigeführt wird und 
dass diese hauptsächlich in einer Reihe von Säuren, Crotonsäure 
(Stadelmann), Oxybuttersäure (Külz), ausserdem noch Ameisen- 
Essig-Propionsäure u. s. w. bestehen. 4 ) 

Nach Kirstein 5 ) kommt es im Beginne des Diabetes deshalb 
nicht zum Ausbruche toxischer Symptome, w’eil sich die über¬ 
schüssige Säure mit Ammoniak sättigen und so als leicht eliminir- 
bares neutrales Salz den Körper verlassen kann. Später, w r enn 
nicht mehr genug Ammoniak vorhanden ist, um die Säure zu neu- 
tralisiren, bemächtigt sich diese der im Organismus befindlichen 
und für seinen Bestand unentbehrlichen Kalium- und Natriumver¬ 
bindungen. Dadurch werden toxische Zufälle veranlasst und ver¬ 
ursacht. Vom klinischen Standpunkte also ergiebt sich daraus, 
dass die diabetische Intoxication, das Coma, mit dem Augenblicke 
einsetzt, wo bei Mangel von Ammoniak die fixen Alkalien den Ge¬ 
weben zur Säuresättigung entzogen werden. Die Toxicität des 
Blutes steht demnach in einem umgekehrten Verhältnisse zu seiner 
Alkalescenz. 

Wendet man auf diese Lehre die Versuchsergebnisse an, welche 
Käst und Mester durch die Stofifwechseluntersuchungen gewannen, 
«o ist es ohne weiteres einleuchtend, dass man in der von ihnen 
nachgewiesenen Säurezunahme des Blutes nach Chloroformnarkösen 
— welche ihren Ausdruck in der Zunahme der Harnacidität findet — 
möglicherweise dasjenige Agens zu suchen hat, welches die toxi¬ 
schen Zufälle, d. li. das Coma, bei dem Zuckerkranken auslöst. 
Ich habe bereits hervorgehoben, dass Käst und Mester nur den 
Urin nach langdauernden Narkosen untersuchten. Indesseu 
kommen aber sicher im Verlaufe der Zuckerharnruhr Zustände 
vor, die wir bislang klinisch w T ohl noch nicht diagnosticiren können, 
bei denen aber nur ein ganz minimaler Anstoss, ein nur geringer 
Säureüberschuss, wie er sich offenbar schon bei Narkosen unter 
einer Stunde Dauer bilden wird, genügt, um eine diabetische In¬ 
toxication hervorzurufen. Ob nach Aethernarkosen ebenfalls eine 
Zunahme des Säuregrades sich im Harne nachweisen lässt, ist 
meht bekannt; Käst und Mester arbeiteten nur mit Chloroform¬ 
harn. 

Von niindestens ebenso grossem, vielleicht noch verderblicherem 
Einflüsse ist für den Diabetiker die von den beiden Forschern 
nachgewiesene, mehrere Tage andauernde Störung des Eiweiss¬ 
umsatzes, „wiesie bisher nur bei schweren toxischen Läsionen 
des Organismus, wie bei der Phosphorvergiftung, beobachtet wurde.“ 
berade der gesteigerte Eiweisszerfall ist nun aber — neben 
er blykosurie — ein „ Cardinalsy m ptom u des Diabetes mellitus! 6 ) 

) Käst und Mester, Zeitschrift für klin. Mcdicin 18. Bd., p. 469 ff. 

') 1. c. p. 476. 

*) 1. c. p. 478. 

J X?*- StrümpelTs Lehrbuch und Huchard 1. c. p. 117 ff. 

6 Kirstein, Dtsch. mod. Wochonschr. 1889, p. 289. 

) Ebstein, Zuckerharnruhr p. 2 u. 155 ff. 


40§ 

Wird derselbe nun durch eine Narkose noch erheblich vennehrt 
und beschleunigt, so kann dies selbstverständlich nicht ohne die 
schwersten Folgen für den Patienten bieiben. Wir erkennen dies 
einmal daraus, dass anscheinend garnicht selten nach einer Narkose 
der Procentgehalt des Harnes an Zucker mehr oder minder zunimmt. 
Landau 1 ) hebt dies ausdrücklich bei seiner Kranken hervor, wo 
eine wiederholte Urinuntersuchung nach verschiedenen Methoden 
vor der Narkose keinen Zucker nachweisen liess, wohl aber nachher. 
Andererseits muss man aber das Auftreten von Aceton, Aeetessig- 
säure etc. im Urin als den Ausdruck eines gesteigerten Zerfalles 
von Organeiweiss auffassen,-) ein Symptom das sowohl Landau, 
w r ie ich bei einem meiner Kranken beobachten konnte. Dio Athein- 
luft des Patienten, dejn ein Poplitealaneurysma operativ entfernt 
war, hatte einen deutlichen Geruch nach Aceton. 

Es ergiebt sich also hieraus, dass man sow r ohl auf Grund der 
von mir nachgewiesenen Acetonurje und Diaeeturie nach 
Narkotisiren Gesunder, wie mit Hülfe der von Käst und Mester 
gefundenen Versuchsergebnisse sich die durch klinische Erfahrung 
bestätigte Thatsache vollauf erklären kann, dass gelegentlich ein 
Zuckerkranker im Anschluss an eine Narkose comatös zugrunde 
geht. Welche besonderen Bedingungen dazu erforderlich sind, 
welche klinisch oder chemisch nachweisbaren Stoffwechselanomalieen 
des Kranken, welche Abnormitäten in Qualität und Dosirung des 
Narcoticums dabei im Spiele sind, ist bislang noch völlig unauf¬ 
geklärt. Es wäre sehr zu wünschen, dass in dieser Richtung aus¬ 
gedehntere Stoffwechsoluntersuchungen gemacht würden, bei deren 
Ausführung die Chirurgie allerdings der Hülfe der inneren, Kliniker 
und physiologischen Chemiker nicht entratheu kann. Nur so kann 
es hoffentlich gelingen, noch viele unbekannte und in ihren Ursachen 
dunkle Momente aufzyklären. 

Von den vielen Fragen möchte ich nur einige an dieser Stelle 
kurz anregen: Wie kommt es, dass derselbe Kranke (No. 3) 
einmal die Narkose ohne irgend welche üble Nachwirkung verträgt 
und 14 Tage später einer Narkose, die unter den ganz gleichen Be¬ 
dingungen verläuft und sogar noch in kürzerer Zeit beendigt war, 
zum Opfer fällt? Wie. ist es zu erklären, dass eine grosse Zahl 
von Diabetikern die Narkose gut übersteben ugd ein andrer, dessen 
Zuekerharnruhr nur gajiz leichte oder gar keine manifesten Symptome 
darbietet, bei dem man nicht, im entferntesten an die Möglichkeit 
eines schlimmen Ausgangs gedacht hatte, comatüs zugrunde geht? 
Es liegt nahe, den Grund hierfür in zeitlichen oder individuellen 
Anomaliecn des Stoffwechsels zu suchen. 

Die Häufigkeit des Vorkommens ist daher mit einigen 
Worten zu streifen. Bestimmt« Zahlenangaben lassen sich leider 
nicht beibringen, da die Zahl der zur Operation kommenden 
Diabetiker überhaupt nür gering ist. Erst dann, wenn man den 
Urin jedes (auch für'-Diabetes- unverdächtigen) Kranken vor Ein¬ 
leitung der Narkose auf Zucker untersucht, wird man erst über 
Jahr und Tag, sobald ein grösseres Beobachtungsmaterial vorliegt, 
ein annähernd richtiges Urtheil abgeben können. Indessen will 
ich doch nicht, unterlassen zu erwähnen, däss Landow (Göttinger 
Klinik) von elf Diabetikern einen, Ifaber (Dr. Israel in Berlin) 
von 14 Kranken zwei, und Heidenhäin (Augustahospital in 
Berlin) von elf Zuckerkranken einen nach der Narkose im Coma 
diabetieum sterben sab. Es handelt sich aber bei diesen insge- 
sammt 36 Kranken mit. vier Todesfällen ausschliesslich um Fälle 
von diabetischer Gangrän. Wie viel Diabetiker aus anderen 
Gründen ausserdem noch operirt, wurden, geht aus den Statistiken 
nicht hervor. 

Ich habe es absichtlich unterlassen, bei der Mittheilung der von 
mir in der Litteratur Vorgefundenen Fälle von diabetischem Coma 
im Gefolge einer Narkose einige zu erwähnen, die in ihrem 
Symplomeneomplex einen etwas abweichenden Verlauf darboten, um 
den Gesammteindruck des von mir geschilderten klinischem Bildes 
nicht zu verwischen. Ich stehe indess nicht an, dieselben an dieser 
Stelle kurz zu besprechen* Sie illustriren eine Thatsache, welche 
ich an die Spitze der Betrachtungen stellen möchte, nämlich : dass bei 
Diabetikern, welche bereits vor der Narkose Anzeichen eines sich 
entwickelnden Comas (grosse Unruhe, Mattigkeit, zeitweise auf¬ 
tretende Somnolenz) darbieten, dio diabetische Intoxication rasch 
verschlimmert werden und binnen kurzem zum Tode führen kann. 

In LandowV) Statistik finden sich zwei derartige Fälle. 
Beide malo handelte es sich um eine fortschreitende diabetische 
Gangrän der Unterextremität; beide Kranke waren in den Tagen 
vor der Operation elend und zeitweise somnolent. Dem ersten 
wurden mehrfache, ausgedehnte Ineisionen auf Fussrüeken und 
Sohle gemacht. Es entleerte sich stinkende Jauche: das subcntano 
Gewebe war in grosser Ausdehnung gangränös. Der Kranke 


*) Land «au 1. c. 
a ) Ebstein 1. c. p. 177. 

3 ) Landow, 1. c. Fall No. 10 und 14. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE -WOCHENSCHRIFT. 


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Sbutscö ifeiciNisdtiE 


verfiel sofort in ein tiefes Coma, dem er nach Stunden 
erlag. Bei dem andern, Krk^ei^wuj-de clie.Mp4ati6 feflipr^ 
mittleren prittel gemacht. Det Kränke erholte sich nicht hiehf 
näch cler Operation und starb am folgenden Tage im Coma. 
Dass gerade das Umgekehrte nicht selten eintritt, dass ein bereits 
comatöser Kranker sich nach der Amputation schnell erholt und 
gesundet, ist seit der Mittheilung König’s 1 ) allbekannt und öfter 
von den Chirurgen beobachtet worden. 

Weshalb nun in dem einen Falle ein in der Entwickelung be¬ 
griffenes Coma durch eihen operativen Eingriff in Narkose ver¬ 
schlimmert Vird, so däss der Krahke kinheh kurzein demselben er¬ 
liegt., in einem ahderen Fälle dagegeh durch die Öpörätioil direkt 
beS^iii^t Mrd; dafür hrdrdeh MT 2ur &eit Wohl nöch keine äus« 
reichende Erklärung ähgeben köhndü.. . , 

Fasse ich nun kürz das Ergebniss der vorstehenden Be¬ 
trachtungen zusammen, so lässt sich dasselbe etwa folgender- 
inaassen formuliren: , . ■ , , . • 

. Dürbh klihikche Beobachtungen ist es hinreichend 
bestätigt, dass bei Diabetikern, welche keinerlei bedroh¬ 
liche Symptome dar bieten, unter bislang noch unbe¬ 
kannten Vorbedingungen, welche wahrscheinlich zum 
Theil in dem gestörten Stoffwechsel derselben beruhen, 
durch eine Narkose ein Coma ausgelöst werden kann, 
welches den Tod oft in sehr kurzer Zeit herbeiführt. 

Daraus ergiebt sich die praktische Schlussfolgerung, dass man 
Diabetiker nicht unnöthig narkotisiren soll: nämlich nur zum 
Zwecke einer Untersuchung, z. B. in Unfallversicherungsangelegen¬ 
heiten, oder bei der Ausführung kleinerer Operationen, die hiah 
ebenso gut ohne Narkose oder hiit lokaler Anästhesie Vornehmen 
kann,, Wie z. B. Spaltuhg Voh Flirunkeln und ÖärbUnkeln, lücisiohen 
von Äbscfesseh, Cirbuhieisioh Oiiier Phimose etc; 

Ich bin mir wohl bewusst, dass das von mir zusainhiengestfeÜte 
Material noch nicht ausreichend ist, um ein abschliessendes Urtheii 
zu gestatten. Indessen schienen mir unsere Erfahrungen wichtig 
genug, um durch Mittheilung derselben eine Präge änzuregen, die 
für den Diabetiker Voh einschneidender Bedeutung sein dürfte. 
Bei der verhältnissmässig kleinen Zahl von Zuckerkranken, welche 
ein einzelner Chirurg zur Behandlung bekommt, ist ein gemein¬ 
sames Arbeiten nur erwünscht. Der Zweck dieser Zeilen wäre 
vollauf erreicht, wenn es mir gelungen wäre, bei den Fachgenossen 
für das Coma diabeticum im Anschluss an eine Narkose 
Interesse zu erregen und dadurch Rede und Gegenrede zu er¬ 
zeugen. 

VH. Ein FaU von schwerer Asphyxie 
der Neugeborenen. 

Von 1)1\ E. Neuhaus in Hagen i. W. 

Folgender Fall yon schwerer Asphyxie, der sich vor einiger 
Zeit in meiner Praxis ereignete, dürfte einer kurzen Berichterstat- 
sung werth erscheinen. 

Nachts werde ich zu einer Wöchnerin gebeten wegen Beckenendlage. 
Die Hebamme hatte den Muttermund schon verstrichen gefunden und 
beide Füsse vorliegend. V.-Para. Die früheren Geburten waren normal 
verlaufen. Der Geburtsact war so beschleunigt, dass derselbe in noch 
nicht 3 /< Stunden beendigt war. Das Kind wurde tief asphyktisch ge¬ 
boren. Die Hebamme hatte deshalb dasselbe sofort abgenabelt und Wieder¬ 
belebungsversuche durch Reiben und warmes Bad angestellt. 

Etwa fünf Minuten nach Austreibung des Kindes kam ich im Hause 
der Wöchnerin an und übernahm sofort die Wiederbelebungsversuche. 
Das kräftig entwickelte und ausgetragene Kind schien völlig leblos. 
Mittels Katheters konnten zunächst etwa zwei Theelöffel zähen Schleimes 
aus der Trachea entfernt s werden. Darauf begann ich Schwingungen nach 
Schultze vorzunehmen, abwechselnd mit einem kurzen warmen Bad, 
kalten Uebergiessungen etc. Eine Stunde lang waren diese Bemühungen 
ergebnisslos, die Lippen cyanotisch. Nach dieser Zeit konnte ich zuerst 
ganz schwache Herztöne constatiren. Nach einer weiteren halben Stunde 
begannen sich Lippen und Haut roth zu färben, erblassten jedoch sofort 
wieder mit Auf hören der künstlichen Afchmung. Die Herztöne waren 
um ein geringes kräftiger geworden. Nach einer weiteren Viertelstunde 
erster Athemzug des Kindes, der also nach circa 1 a /i Stunden vergeb¬ 
lichen Bemühens erfolgte. Hierauf warmes Bad, in dem sich das Kind 
allmählich erholt. Die Athemzüge erfolgten jedoch immer noch ober¬ 
flächlich und unregelmässig. Nach wiederum »/* Stunde abermaliges Aus¬ 
setzen der Athmung. Warmes Bad und kalt« Uebergiessungen machen 
auch diesen Anfall vorübergehen. Das Kind athmet nun kräftig und 
schreit. ° 

Nicht so sehr die Seltenheit des Falles veranlasst mich zu 
dieser Mittheilung als vielmehr die Absicht, darauf hinzuweisen, 
dass man auch bei anfangs ergebnislosen Wiederbelebungsver¬ 
suchen noch nicht die Hoffnung aufgeben darf, durch längeres 
Fortsetzen derselben zum Ziele zu gelangen. 

*) König, Centralblatt für Chirurgie 1887, No. 18, Fall No. 11. 


VIII. Zur Krebsparasitenfräge; 

.Von. Pröf.,Dr. Adamkiewicz in Wieii. 

In No. 15 dieser Wocieüsckrift hat Hj?rr «Professor.Dr. Ribbert 
(Zürich) die neueren Untersuchungen über deif Krebsparasiten epier Be¬ 
sprechung unterzogen, die, soweit sie meine Arbeiten betrifft* in' allen 

Punkten der Richtigstellung bedarf. . 

1. Nachdem er die Anschauungen über die Rolle des Parasiten im 
Krebs bis zu der Zeit, da meine Arbeit in diese Frage eingriff, besprochen 
hat, fährt er fort: „Weniger vielgestaltig sind die Anschauungen, die 
L. Pfeiffer vorgetragen hat.“ Er bespricht dann den Befund Pfeiffers 
Fei der Mtiskelcal'cinöse, wo der Parasit sich entwickelt ohne Epitheliej, 
dieseü aüet züm Verwechseln ähnlich sieht* uüd fahrt Jort: „Zu 
ähnlichem Resultaten war auch Adamkiewicz gekommen . . . 

Wenn auch das Plusquainperfectutn in dem mir gewidmeten Satz 
den Fehlor gut zu machen bestimmt zu sein scheint, dessen sich Herr 
Ribbert gegen die ,historische Treue' hat zu Schulden kommen lassen, 
indem er die Arbeit. Pfeiffer’s def meimg’ön Vöfaöste 11t, so sehe ich 
öiieh dennoch.genöthigt,. auf das richtige Einhalten de# Zfeitfdlge'üfiserer 
Arbeiteti in klart# uüd Meist* Form um so mehr dfen Nachdruck ää 
legen, — als ich die von mir zif&rät föstgeftelltö ThätSache, das? 
die Krebszelle trotz ihrer Epithelähnlichkeit. keine Epithel¬ 
zelle, sondern der Parasit des Krebses, eine Coccidiej sei— 
für eine ebenso wichtige, als für die Carcinomfrage entscheidende 
halte, — auch wenn sie zur Zeit noch Gegner findet. 

2. „Es wäre möglich“, sagt Ribbert weiter, „von einem consequenten 
Ausbau der parasitären Theorie zu reden, wenn man die Krebs- 
epithelien selbst als Parasiten betrachtet.. Aber die Arbeiten 
von Pfeiffer und Adamkiewicz sind nicht geeignet, unsere bisher 
geltenden Anschauungen irgendwie zu erschüttern“. 

Nachdem ich nachgewiesen habe, dass Krebszellen im lebenden 
Kanincheugehlm ihr Nest verlassen und Lücken in demselben zurück- 
lassöh, dass ihr Kefn ein Sporenbehälter ist, Ihre Substanz (RR 
bildet* und sie selbst durch Cancfoiü getödtet werden; nachdem 
Pfeiffer gezeigt hat* dass Krebszellen auch dort wuchern, wo es gar 
keine Epithelien giebt, in der iüficirten Muskelsubstanz, sind die 
bisher geltenden Anschauungen von dem Wesen des Krebses und seinen 
„Epitheliön“ iiieht nur erschüttert, sondern von Grund aus Widerlegt, 

Will Herr Ribbert trotzdem söiü.en Satz für die Zukunft aufrecht 
erhalten, so wird es an ihin sein, zu böweiSeii, dass alle Epithelien 
unter denselben Verhältnissen, wie die Krebszellen, wäfidern, Sporen 
bilden, Gift produciren und getödtet werden. 

3. „Dass das Carcinomgewebe giftig wirke,“ meint weiter KibberT 

„sei durch Geissler und Kopfstein als irrthümlich nachgewiesen worden. 
Obgleich Herr Ribbert das Ungeheuerliche dieses Satzes in ähnlicher 
Weise, wie oben durch das Plusquamperfectum, hier durch den Nachsatz 
corrigirt: „Uebrigens würde auch eine wirklich constatirte Giftwirkung 
ja nichts für die parasitäre Natur der Krebsepithelien bewiesen haben , 
so mnss ich doch constatiren, dass es ebenso Sache der Ansicht ist, die 
Herren Geissler und Kopfstein als Autoritäten anzuführen, als 
Sache der Logik, dafür zu plaidiren, dass Krebszellen „Epithelien ‘ seien, 
und doch ohne Träger der Sepsis „Sepsis“ erzeugen. . n 

4. Denn die Behauptung Herrn Bibbert’s ich hätte „unreine toe- 
websstückchen übertragen, ist ebenso irrig, als seine Ansicht ünnchtig 
ist, ich hätte Leukocyten für auswandemde Krebszellen gehalten. Hatte 
Herr Ribbert sich die Mühe genommen, die Arbeit, über die e 
spricht, auch zu lesen, so würde er darin gefunden haben, dass ich z 
den Versuchen nur reines, coccenfreies Krebsgewebe benutzt und bei 
der Entwickelung des Parasiten aus den Sporen Uebergangsforme 
angenommen habe, die von den Leukocyten schwer zu unterscheiden seien. 

*5. Herr Ribbert kommt endlich zu dem Schluss, dass die Vor¬ 
stellungen über die parasitäre Genese des Carcinoms durch meine tfe 
achtungen nicht gestürzt worden seien, und fügt daran die ^ .°ung, 
man sollte doch, ehe man in einer so wichtigen Frage mit Bestimmtheit v 
Parasiten redet, feste Grundlagen zu gewinnen suchen. Man habe sich st 
dessen mit dem unsicheren Kriterium der „äusseren Formähnlichkeit e 
zufrieden gegeben.“ A . 

Erwägt man, dass dieser Satz aus der Feder desselben Auto 
stammt, der einige Zeilen vorher der Meinung Ausdruck giebt, 
die Metastasen des Krebses durch Wucherung verschleppt 
Epithelien entstehen, — erinnert man sich daran, dass es gerade ^^ 
Verhängniss der alten Krebslehre war, die Elemente des “- reD , 
aus Rücksicht auf ihre Form für Epithelien zu erklären, 
gerade ich und nach mir Pfeiffer es waren, welche nachwiesen, a 
hier nicht die Form maassgebend sei, sondern das Wesen der hmg ’ 
dass die Krebselemente trotz ihrer Epithelähnlichkeit m 
Epithelien, sondern Parasiten seien: so wird man aus diesen Thatsac 
wieder einmal klar erkennen, wie leicht es ist, feste Grundlagen, die m 
selbst nicht besitzt, anderen, die sie haben, abzusprechen, und me lei 
sich unter dem Druck einer vergewaltigten Argumentation die Wanr 
in ihr strictes Gegentheil verwandelt. . j pn 

6. Wenn daher endlich Herr Ribbert zugiebt, „man könnte 111 
Anschauungen von Pfeiffer und Adamkiewicz nur die consequ 
Ausgestaltung der parasitären Theorie erblicken, insofern, als sie 
einfachsten die Schwierigkeiten beseitigen, welche sicn 
der ätiologischen Beziehung der Parasiten zur krebsigen 
webswucherung ergeben würden“: so ist es nicht abzusehen, 
halb Herr Ribbert sich soviel Mühe giebt, die natürliche * ort ,, _ 
Wickelung einer als richtig erkannten und bedeutungsvoll 
Wahrheit durch Argumente zu stören, welche.auch nicht 
Schimmer einer Wahrscheinlichkeit, geschweige denn irg 
welche Beweiskraft besitzen. 


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3. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


IX. Referate und Kritiken. 

Otto Ammon, Die natürliche Auslese des Menschen. Auf 
Grand der anthropologischen Untersuchungen der Wehrpflich¬ 
tigen in Baden und anderer Materialien dargestellt. 326 Seiten 
gr. 8°. Jena, Gustav Fischer, 1893. Ref. Bartels (Berlin) 

Die Resultate, zu welchen Ammon in diesem ungemein 
fleissigen und vielseitigen Buche gelangt, sind in hohem Grade 
interessant und überraschend. Seine anthropometrischen Unter¬ 
suchungen lehren, dass die heutige Bevölkerung des Grossherzog¬ 
thums Baden sehr verschiedene Abstufungen eines Mischtypus dar¬ 
stellt, aus einer kleinen rundköpfigen Rasse von dunkler und einer 
grossen, schmalköpfigen Rasse von heller Complexion. Die erstere 
hält er für eine in uralter Vorzeit aus Asien eingewanderte, 
während er die letztere als die später hinzugetretene, eigentliche 
germanische Rasse betrachtet. Die anthropologischen Merkmale 
der rundköpfigen Rasse finden sieh in überwiegender Zahl bei der 
Landbevölkerung, diejenigen der schmalköpfigen Rasse sind in 
den grossen Städten häufiger. Vom Lande her zu den grossen 
Städten findet ein dauernder Zuzug statt. Diese Zuzügler reeru- 
tiren sich, wie die Untersuchungen ergeben, vorwiegend aus solchen 
Individuen der Landbevölkerung, welche sich am allermeisten dem 
sehmalköpfigen und grossen Typus annähern. Unter den Städtern 
trägt der erwerbende und begüterte Mittelstand am meisten die 
Merkmale des rundköpfigen Typus, während die Gelehrten und die 
höheren Beamten vorwiegend diejenigen des schmalköpfigen Typus 
zeigen, das Proletariat stellt die höchsten Grade des Mischtypus 
dar. Die Sonderung in Stände ist dem Verfasser eine anthropo¬ 
logische Nothwendigkeit, welche sich immer wieder von neuem 
durch die natürliche Auslese im Sinne Darwin’s vollzieht. Auch 
in Bezug auf den zeitlichen Eintritt der körperlichen Entwickelungs¬ 
erscheinungen lassen sich beträchtliche Unterschiede zwischen Stadt 
und Land erkennen, und zwar übt das Grosswerden in der Stadt 
einen deutlich beschleunigenden Einfluss aus. Das Vorauseilen der 
Städter berechnet Ammon in Bezug auf den Stimmwechsel und 
auf das Hervorsprossen der Schamhaare auf 1 Jahr, in Bezug auf 
das Auftreten der Körperbehaarung und der Achselhaare auf 
11 / t ^ r ' Auch «ine Wachsthumsbeschleunigung um 1 bis 
1 < Jahre konnte in Bezug auf die Körpergrösse durch den Ein¬ 
fluss des Stadtlebens nachgewiesen werden. 

I. Behring, Bekämpftmg der Infectionskrankheiten. Infection 
und Desinfection. Versuch einer systematischen Darstellung 
o e J lre von d en Infectionsstoffen und Desinfectionsmitteln. 
251 Seiten. 

Bekämpfung der Infectionskrankheiten. Hygienischer 

ntJ* T>iT 011 Okeringenieur J. Brix (Wiesbaden), Professor 
Dr. k. Pfuhl (Berlin) und Hafenarzt Dr. Nocht (Hamburg). Her- 
ausgegeben von Behring. 493 Seiten. Mit 14 Abbildungen 
jmd d Tafeln. Leipzig, Georg Thieme, 1894. Ref. Carl Günther 
(Berlin). 

I. Wie der Autor in dem Vorwort angiebt, beabsichtigt er in 
em vorliegenden Buche eine einheitliche Darstellung von den 
teln zu geben, die uns zur Bekämpfung der Infectionskrank- 
neiten zur Verfügung stehen. Den Inhalt des Buches will der 
uior als einleitenden und allgemeinen Theil zu einer Reihe von 
if ****** ^ 88en > welche die Lehre von der Bekämpfung 
r inlectionskrankheiten zum Gegenstände haben werden. Von 
esen Arbeiten sind unter dem Titel „Hygienischer Theil“ bereits 
ewige erschienen (siehe das folgende Referat). Unter dem Titel 
-^eil“ wird, wie der Autor ausführt, die medi- 
TW* n 6 Bekämpfung der Infectionskrankheiten sachverständige 
n x z 6 . g finden. Der Autor beginnt sein Buch mit „einleitenden 
tv n ideologischen Bemerkungen“ über Infection und Desinfection. 

dass der Autor — im Gegensatz zu dem 
. m t glichen Gebrauche, der einen strengen Unterschied 
Tnfw* en ^ ec ^°. n un d Intoxication macht und den Begriff der 
erretror au ^ 8c ^esslich für das Eindringen belebter Krankheits- 
ma g i ln i y r S aais mus reservirt — jedes materielle Agens, 
faH« hi Jele * oder nwht belebt sein, als Infectionsstoff bezeichnet, 
bekannt 6Se ? Ag® ns imstande ist, das klinische Bild einer von den 
weis« ; dr r 5 ectl0ns ^ rankIieiteü hervorzurufen.“ „Wenn beispiels- 
Starrkna ' L ! uerex P er iment der durch den Tetanusbacillus erzeugte 
werHon gena ! 1 «henso auch durch das . Tetanusgift erzeugt 
gut ein Ww- 80 mic h“ (den Autor) „das letztere ebenso 

entsurAPhn«^ 0 wie der i e i )ende Parasit.“ Dieser Terminologie 
Desmfppt; d ® r Autor auch die Begriffe „Desinfection“ und 
modi ficirt wissen. Ein weiterer Abschnitt 
^methoriianU« n - in ausserordentlich eingehender Weise 
da zunäehct ^.^ n ^ ec ^ ons Prüfungen im Laboratorium“. Es werden 
DesinfectionRmi+t 11 !« 0 ^ 61 ^ r,esinfect ionsmittel tt , dann „antitoxische 
mittel abgehandelt. Unter den ersteren bespricht 


407 


! U , 6 , rSt aa organischen (Quecksilberprfiparate, Präparate 

- ^ r ? d ^“ren), dann ^ organischen (Jodo¬ 

form und jodoformähnhche Mittel, Phenole, ätherische Oele 
orgänische Basen, Farbstoffe, Mittel unbekannter chemischer Con¬ 
stitution). Unter den „antitoxischen Desinfectionsmitteln“ werden 
zuerst die tetanusgiftwidrigen Mittel“, dann die „diphtheriegift- 
7 ,ld "f®“ M 1 « 0 ! abgehandelt. Ein dritter Abschnitt des Buches 
beschäftigt sich mit der „Lehre von den Infectionskrankheiten“ 
ein vierter mit Desmfeetionspraxis und Desinfectionsmethoden“! 
In dem letzten Abschnitt geht der Verfasser genauer auf die von 
ihm inaugurirte Blutserumtherapie ein. Was speciell das Diphtherie- 
^ eautzt /er Autor zur Gewinnung desselben 
jetzt Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen. Die Behandlungsmethode 
dl ® de J Autor bei diesen Thieren zu dem genannten Zwecke ein¬ 
schlägt, „beschränkt sich jetzt ausschliesslich auf die Erzeugung 
von spezifischen Fieberreactionen mittels des gelösten bacterien- 
treien Diphtheriegiftes, und zwar ohne Rücksicht darauf ob 
Immunität dabei eintritt oder nicht“. Im allgemeinen sucht der 
Al ! toi L 80 ga f, die letzfcere zu vermeiden, da (wie bereits bekannt) 
„die Möglichkeit aufhört, im Thierkörper die Antitoxinproduction 
zu steigern, sobald wir kein genügend starkes Gift mehr haben 
um Keactionen damit hervorzubringen“. Der Autor berichtet dann 
genaueres über die allgemeinen Gesichtspunkte, welche bei der 
Anwendung des Diphtherieantitoxins beim Menschen nach soinen 
Erfahrungen und denen seiner Mitarbeiter in Frage kommen 
(Vergl. hierzu den Aufsatz von Ehrlich, Kossel und Wasser¬ 
mann in No. 16 dieser Wochenschrift. Ref.) Die von Büchner 
gefundene Thatsache, 1 ) dass eine Mischung von Tetanusgift und 
Tetanusantitoxin, welche für Mäuso unschädlich ist, für Meer¬ 
schweinchen noch giftige, tetanuserzeugende Eigenschaften haben 
kann, diese Thatsache, die von Büchner als unvereinbar mit der 
Annahme einer Giftzerstörung durch das Antitoxin angesehen wird, 
ist für Behring durchaus nicht mit dieser Annahme unvereinbar 
da der „Giftbegriff“ sowohl wie der „Begriff der Giftzerstörung“ 
für ihn durchaus relative — je nach den Eigenschaften der vor¬ 
liegenden Thierindividuen wechselnde — Begriffe sind. 

Referent muss es sich leider versagen, ausführlicher auf den 
ausserordentlich reichen Inhalt des Buches, welches die vielseitigen 
Erfahrungen des Autors auf dem behandelten Gebiete zum Aus¬ 
druck bringt, einzugehen. 

II. Das vorliegende, R. Koch gewidmete Buch stellt den hy¬ 
gienischen Theil eines „Lehrbuches über hygienische und 
therapeutische Maassnahmen zur Bekämpfung der In¬ 
fectionskrankheiten“ dar. Es gliedert sich in vier Abschnitte. 
Der erste Abschnitt behandelt die „Verhütung von ansteckenden 
Krankheiten, die mit dem Wasser in Zusammenhang stehen, durch 
zweckentsprechende Wasserversorgung“, der zweite die hygienisch¬ 
technischen Maassnahmen zur Verhütung von ansteckenden Krank¬ 
heiten, die mit dem Boden in Zusammenhang stehen. Beide 
Abschnitte zusammen, 408 Seiten umfassend, sind von Ober¬ 
ingenieur J. Brix bearbeitet. Im dritten Abschnitt (60 Seiten) 
behandelt Prof. Pfuhl „Desinfectionsanstalten und Des- 
infectionsapparate“; im vierten Abschnitt (25 Seiten) wird die 
Schiffsdesinfection von Dr. Nocht abgehandelt. 

Auf den Inhalt des Buches auch nur einigermaassen im 
Speciellen einzugehen, ist an dieser Stelle völlig unmöglich; um¬ 
fasst doch das dem Buche vorangestellte Inhaltsverzeichniss allein 
25 Druckseiten. Was den ersten Abschnitt betrifft, so sind in ein¬ 
gehendster Weise die verschiedenen Arten der Wasserversorgung 
abgehandelt; im zweiten Abschnitt, dem ausgedehntesten des Buches, 
sind die Entstehung der Boden Verunreinigungen und ihre Ver¬ 
hütung und Beseitigung besprochen; ganz besonders ausführlich 
ist hier die Beseitigung der Abfallstoffe durch Abfluss (Canalisation) 
behandelt. Im dritten Abschnitt findet man in eingehender Weise 
die Einrichtung und den Betrieb von Desinfectionsanstalten für 
Krankenhäuser und von öffentlichen Desinfectionsanstalten be¬ 
schrieben, wobei die Desinfectionsanstalt im Institut für Infections¬ 
krankheiten und die öffentliche Desinfectionsanstalt der Stadt 
Berlin als Musteranstalten im Speciellen herangezogen werden; 
ferner werden in diesem Abschnitt die verschiedenen Constructionen 
der Dampfdesinfectionsapparate besprochen. Im vierten Abschnitt, 
dem über Schiffsdesinfectionen handelnden, werden die besonderen 
Verhältnisse des Schiffsbaues und die daraus resultirende Noth¬ 
wendigkeit eines besonderen, nur den Schiffen eigentümlichen 
Vorgehens bei der Desinfection, erörtert. 

9 Prof. Büchner hat sich (Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 4) 
darüber beklagt, dass ich in meinem in dieser Wochenschrift 1893, No. 46 
abgedruckten Referate über die Blutserumtherapie die obige Thatsache 
nicht erwähnt habe. Zur Erklärung dieser Unterlassung habe ich anzu¬ 
führen, dass das Manuscript meines Referates bereits um die Mitte des 
vorigen Jahres abgeschlossen wurde zu einer Zeit, wo mir die Buchner’sche 
Arbeit noch unbekannt war. Günther. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


408 


Das Buch, welchem eine Anzahl vortrefflicher Abbildungen im 
Text und drei lithographische Tafeln (Grundriss des Erdgeschosses 
der Garnison-Desinfectionsanstalt zu Thorn, Quer- und Längs¬ 
schnitte durch Schiffe) beigegeben sind, wird für Jeden, der sich 
über die abgehandelten Gebiete unterrichten will, eine Quelle an¬ 
regendster Belehrung sein. Es sei namentlich den Aerzten auf das 
Wärmste empfohlen. _ 


R. Krieg, Atlas der Kehlkopfkranklieiten, enthaltend 345 Fi¬ 
guren auf 37 Taieln in Farbendruck und 25 Zeichnungen. Nach 
der Natur gemalt, gezeichnet und erläutert. Stuttgart, Ferd. 
Enke, 1892. Ref. Schaeffer (Bremen). 

Dieses Werk steht einzig in seiner Art da; denn bisher war 
kein Atlas in solcher Ausfühlichkeit erschienen. Die früher heraus¬ 
gegebenen Atlanten gaben nur Einzelbilder verschiedener Erkran¬ 
kungsformen. Hier aber bietet der Verfasser unendlich viel mehr. 
Der ganze Krankheitsverlauf, ich möchte behaupten, fast aller in 
der Litteratur verzeichneten Kehlkopfkrankheiten, wird uns in meist 
vorzüglich gemalten und naturgetreuen Bildern vorgeführt. Ja 
sogar die Sectionsbefunde und die mikroskopischen Befunde werden 
uns im Bilde wiedergegeben. — In knapper prägnanter Weise sind 
ausserdem die Krankengeschichten den betreffenden Bildern beigefügt, 
so dass man den einzelnen Krankheitsfall durch die verschiedenen 
Stadien genau verfolgen kann. — Wenn vielleicht der Eine oder 
Andere die Farbennuancen bekritteln wollte, so möchte demselben 
entgegengehalten werden, dass Jeder eben bis zu einem gewissen 
Grade anders sieht — geht es doch bei der Beurtheilung von Ge¬ 
mälden ebenso. Welchen Genuss gewährt dem erfahrenen Laryn- 
gologen die Durchsicht dieser Blätter, welche Belehrung, welche 
Orientirung muss der Anfänger aus ihnen schöpfen können. — 
Für den Referenten steht es wenigstens fest, dass so Hervorragendes 
auf diesem Gebiete noch nicht geleistet worden ist, und müssen 
nach seiner Ansicht alle Laryngologen dem Verfasser das höchste 
Lob und den grössten Dank für sein Werk spenden, sowie dem 
Verleger für die schöne und gute Ausführung. 


Hermann Piper, Zur Aetiologie der Idiotie. Mit einem Vor¬ 
wort von Medicinalrath Dr. W. Sander. Berlin, Fischer’s 
medicinische Buchhandlung, 1893. Ref. Seeligmüller (Halle). 

Der Verfasser hat sich der mühsamen Arbeit unterzogen, das 
grosse Idiotenmaterial der Anstalt zu Dalldorf einer sorgfältigen 
Untersuchung auf die Ursachen der Idiotie zu unterwerfen. Er 
unterscheidet Idiotie mit Krämpfen und ohne Krämpfe, und jeder 
dieser beiden Abschnitte zerfällt wieder in zwei Unterabtheilungen: 
„angeboren“ und „erworben“. Das Verhältniss der idiotischen 
Knaben zu den Mädchen stellt sich durchweg wie 2:1, das der 
angeborenen zur erworbenen Idiotie wie 3:1. Bei der erworbenen 
tritt der Einfluss der Infectionskrankheiten stark hervor. Das be¬ 
arbeitete Material erreicht der Zahl nach fast ein Drittel des 
Materials, mit dem vor zehn Jahren eine Statistik der sämmtlichen 
in Deutschland vorhandenen Idiotenanstalten bearbeitet wurde. 
Dies möge genügen, um das gut ausgestattete Werkchen den 
interessirten Kreisen bestens zu empfehlen. 


Parreidt, Die prothetische Behandlung der Kiefer- und G-au- 
mendefecte. Leipzig, Arthur Felix, 1893. Ref. Miller (Berlin). 

Verfasser giebt in einem etwa drei Bogen starken Schriftehen 
(einem Separatabdrucke aus seinem Handbuch der Zahnersatzkunde) 
eine knappgehaltene, aber doch ziemlich erschöpfende Uebersicht 
über die chirurgisch-zahnärztlichen Prothesen, speciell über Kiefer- 
und Gaumenersatz. An der Hand zahlreicher, gut ausgeführter 
Abbildungen werden die Ersatzstücke nach Kieferresectionen, ohne 
und mit Wangen- und Nasenstützen, sowie auch die „Prothöse im- 
m§diate“ (sofortiger Ersatz reseclrter Kiefertheile unmittelbar nach 
der Operation) besprochen, ohne auf technische Details mehr als 
nöthig einzugehen. Hieran schliesst sich die Besprechung des 
Verschlusses angeborener und erworbener Gaumendefecte, ein Kapi¬ 
tel, in welchem die prothetische Behandlung die chirurgische ja 
nicht nur unterstützt und vervollkommnet, sondern direkt mit ihr 
concurrirt. Die „Obturatoren“ nach Sürssen, Schiltzsky, 
Brandt sind namentlich in Bezug auf ihre physiologische Grund¬ 
lage und ihre Action klar und fasslich erklärt, so dass, wenn der 
erste Theil der Schrift vielleicht mehr den Chirurgen von Fach 
interessirt, der zweite einen belehrenden Stoff für jeden praktischen 
Arzt bieten wird. 


X. Joumalrevue. 

Innere Medicin. 

Maragliano, Ulcera perforantia des Magens; Pyo- 
pneumothorax subphrenicus sinister. — Lobuläre Pneu¬ 
monie; Pleuritis; Lungenfistel; Pyopneumothorax. La 
Riforma medica 1894, No. 44. 

I. Patient ist 55 Jahre alt, Koch, ohne Hereditärerscheinungen. 
Seit sechs Monaten mit acuten Schmerzen im Epigastrium und 
Diarrhoe erkrankt. Patient zeigte intensive Cachexie, Vergrösse- 
rung der Leberdämpfung, die bis zur Milz ging, und ein Dämpfungs¬ 
gebiet am linken Rippenbogen, das resistent und auf Berührung 
schmerzhaft ist, sich aber nicht mit den Respirationsbewegungen 
verschob. Es bestand Fieber, Puls 120 und Respiration 30—34 in 
der Minute. Der Magensaft enthielt keine Salzsäure. Die Blut- 
untersuchung liess eine Leukocytose erkennen. Gegen ein Magen- 
carcinom sprach die Abwesenheit einer Veränderung der rothen 
Blutkörperchen, ferner die grosse Milz; auch war die Cachexie 
des Patienten anders geartet wie bei einem Carcinomatösen. Das 
beständige Fieber, das sich beim Lebercarcinom nicht einzustellen 
pflegt, liess an die Existenz eines Eiterheerdes denken. Eine Ex- 
plorationspunction in der Lebergegend ergab kein Resultat, das für 
eine Eiteransammlung zu verwerthen gewesen wäre, zumal Schmer¬ 
zen und Erscheinungen seitens der Pleura, die die Leberabscesse 
nicht selten zu begleiten pflegen, nicht vorhanden waren. Dagegen 
deuteten die Symptome der Pleura links auf eine Eiteransammlung 
im Pleuraraum und die Punction in der Scapularlinie im achten 
Zwischeririppenratfrti ergab die Anwesenheit einer rothlichen serösen 
Flüssigkeit. Bei ’thöf Wiederaufnahme der Thoraxuntersuchung traf 
man in der vorderen Axillarlinie unterhalb der sechsten Rippe eine 
kleine Zone mit tympanitischem Schall, die unten von einer 
Dämpfung, die bis zum Rippenbogen reichte, begrenzt war; in 
gleicher Höhe befand sich auch in der Papillarlinie eine zweite 
Zone tympanitischen Schalles. Diese beiden Zonen Hessen sich 
gut von einander abtrennen, da bei Einführung von einer Flüssig¬ 
keit in den Magen die zweite verschwand, während die zuerst er¬ 
wähnte tympanitische Area bestehen blieb. Dieser Befund liess an 
einen subphrenischen Abscess, der zugleich Luft enthielt, denken. 
Die Punction in der hinteren Axillarlinie förderte eine eiterige 
Flüssigkeit, die fötide war und alle Eigenschaften hatte, die die 
Diagnose auf subphrenischen Abscess bestätigten. Nach Erwägung 
aller Umstände musste man als Ursache eine Perforation des 
Magens ansehen. Die Section bestätigte die Diagnose. 

H. Patientin ist eine Frau von 34 Jahren, hereditär nicht 
belastet. Die Krankheit begann mit Kopfschmerzen, Coryza, 
linksseitigen Schmerzen am Thorax und hohem Fieber. Patientin 
wurde in einem schweren Zustande vier Tage nach Ausbruch 
der Krankheit in die Klinik gebracht. Es bestand Decubitus auf 
der Unken Seite; Puls 124, Respiration 48, Temperatur 40,7°; 
physikalische Symptome einer lobulären Pneumonie am linken 
Unterlappen. Im späteren Verlauf Bildung eines serös-fibrinösen 
Exsudates. Von Seiten des Urins nichts Bemerkenswerthes. Später 
spärliche schleimig-eitrige Sputa. Die Dyspnoe wurde geringer, 
aber das Fieber blieb hoch. Am 20. Krankheitstage wurde die 
Patientin plötzHch in der Nacht von einem heftigen Hustenanfälle 
ergriffen und expectorirte in kurzer Zeit ca. 200 ccm eines flüssigen, 
leicht fötiden Eiters, mit geringem, münzenförmigem Sputum. Aus 
den physikaHschen Zeichen, die jetzt am Thorax auftraten, koiinte 
man einen linksseitigen Pyopneumothorax erkennen, der am folgen¬ 
den Tage durch eine Pleurotomie, die zwischen der Scapular- und 
mittleren AxiUarlinie am achten Zwischenrippenraum gemacht 
wurde, operirt wurde. Es wurden ca. 1200 ccm eines sehr übel¬ 
riechenden Eiters entleert. Nach der Operation hörte jede Ex- 
pectoration auf. In diesem Falle hatte man es ohne Zweifel mit 
einer Influenza zu thun, die von den oberen Luftwegen auf die 
Lunge und dann auf die Pleura übergegangen war. Was den 
Fötor des Eiters anbelangt, so ist anzunehmen, dass er init dem 
Unken Unterlappen in Verbindung stand; hier hatte sich ein nekro¬ 
tischer Heerd wahrscheinHch mit Ansiedelung von Fäulnissbacterien 
gebildet, der durch Propagation das eiterige Exsudat inficirt hatte. 
Nach Erweichung des nekrotischen Heerdes hatte sich eine Ver¬ 
bindung zwischen Pleuraraum und dem zugehörigen Bronchus ge¬ 
bildet, worauf es zur Aushustung von den erwähnten 200 ccm 
Eiters gekommen war. Patientin wurde geheilt, nachdem noch eine 
Rippenresection gemacht worden war. Bock (Charlottenburg). 

A. Jolles, Ueber den Nachweis von Gallenfarbstoffeu 
im Harn. Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. XVHI, p. 545. 

Verfasser theilt zunächst Versuche mit, in denen er die Em¬ 
pfindlichkeit der zahlreichen in Vorschlag gebrachten Gallenfarbstoff¬ 
proben geprüft hat, indem er zu abgemessenen Mengen normalen 
Harnes abgemessene Mengen Ochsengalle zufügte. Danach liegt 
die unterste Grenze der Gmelin’sehen Probe bei 5% Galle, wäh- 


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3. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


rend die meisten anderen Proben und Modificationen der Gmelin- 
schen Probe sogar noch weniger empfindlich befunden wurden 
Als schärfste Proben ergaben sich die von Huppert und Ton 
Ros in. Nach der Tabelle fallen beide bei 2% Galle noch posi¬ 
tiv aus. 

Im zweiten Theile seiner Arbeit berichtet Verfasser über eine 
von ihm ausgearbeitete Methode, welche noch 0,2 resp. 0,1 % Galle 
anzeigen soll. In einem Glascylinder fügt man zu 50 ccm Harn 
einige Tropfen verdünnter HCl, Chlorbaryum im Ueberchuss und 
5 ccm reines Chloroform und schüttelt mehrere Minuten kräftig 
durch. Nachdem Chloroform und Niederschlag sich abgesetzt, wer¬ 
den sie in ein Reagensglas abpipettirt, welch’ letzteres hierauf be¬ 
hufs Abdampfung des Chloroforms 5—10 Minuten lang im Wasser- 
bade auf ca. 80° erhitzt wird. Nachdem die noch überstehende 
Flüssigkeit der abgekühlten Mischung abgegossen, lässt man drei 
Tropfen einer concentrirten Salpetersäure herunter fliessen. Es 
entstehen dann sofort oder nach einer Minute am Boden des Ge- 
fässes, und zwar noch bei 0,2 % Galle, die charakteristischen 
Farbenringe. Bei Verwendung von 100 ccm Harn soll die Reaction 
noch bei 0,1% Galle positiv ausfallen. Leo (Bonn). 

Militärsanitätswesen. 

Haase, Ueber den Nutzen der Verpflegungsfeldbahnen 
für den Krankentransport im Kriege. Militärarzt 1893 No 
19 u. 20. * 

Verfasser hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass in 
einem künftigen Kriege die zum Zwecke des Verpflegungstransports 
zu erbauenden schmalspurigen Feldeisenbahnen eine besonders wich¬ 
tige Rolle spielen werden und man deshalb bestrebt sein müsse 
die Vortheile dieser Feldeisenbahnen möglichst auch für den Sani¬ 
tätsdienst, speciell für den Krankentransport auszuntitzen. Für 
letzteren werden lediglich die vom Verpflegungstransporte leer 
zurückgehenden Wagen in Anspruch genommen. Verfasser unter¬ 
suchte nun, ob diese sicher zur Verfügung stehenden Wagen auch 
zur rechten Zeit zur Verfügung sein werden. Von schmalspuri¬ 
gen Feldbahnen können im Mittel täglich 15 km Geleise gestreckt 
werden. Bei einer 60 km langen schmalspurigen Feldbahn würde 
der Verpflegungstransport am achten, der Verwundetentransport 
am neunten Tage beginnen können. Bei Anwendung schwereren 
beleismatenals wird man täglich nicht viel mehr als 10 km bauen 
können; eine 60 km lange Bahn dieser Art würde erst am 11. Tage 
in Betrieb übernommen werden können. Verfasser führt nun des 
weitern aus, dass die Feldbahnen zur genannten Zeit dem Sanitäts¬ 
dienst ganz wesentlich von Nutzen sein können. Sie werden eine 
baldige Evacuation aus den Feldlazarethen bezw. stehenden Kriegs- 
lazarethen in die Heimath beschleunigen und das Wohlbefinden 
der Verwundeten fordern. _ Schill (Dresden). 

XL Oeffentliches Sanitätswesen. 

IW via TrilI,8portniittel & ewi88er Infectionsstoffe nnd Vor- 
sciüiige zur ^Vernichtung derselben am Krankenbette, im 
Haushalt, im Verkehr. 1 ) 

p . Von Stabsarzt Dr. H. Jaeger, 

rrnratdocenten für Hygiene und Bacteriologie an der Königl. technischen 

Hochschule in Stuttgart. 

di«* Tnf?/ff, ,n0C | 1 kis in.die jüngste Zeit herein gebräuchliche Unterscheidung 
PftfronJ^oaslpankheiten hat dieselben in miasmatische und contagiöse 
^ manck ® Krankheiten in keine dieser beiden Gruppen 

einirAap. l 6n W( dRen, noch eine Zwischenstufe der miasmatisch-contagiösen 
r!rp en * Unter den contagiösen Krankheiten, welche von Person 
»l.:., ^ anstecken sollten, erhielten dann manche noch gewisse „Grad- 
eleichßn wie »besonders contagiös“ oder „höchst contagiös“ und der- 
mittelbarA« iT 0 t ^ m , an aus drücken, dass sie nicht nur beim un- 
sondflm d„ca “V', dem Kranken selbst acquirirt werden könnten, 

IehlosA nki’f * B Verschleppung durch gesunde Personen, ja selbst durch 
die Natur iL?!. 61 ?*!®? 11 könnle - Waren auch die Anschauungen über 
bacterinlnJotv. kl J nkh ® ltserr egenden Potenzen unrichtige, so hat doch die 
gewissen rwJ 6 £ or ®°J lun ff diesem Unterscheidungsversuch bis zu einem 
Parasitären gegeben ’ indem sie — in die Lebensvorgänge der 

derselben siri, ^kbeitserreger emdringend — feststellte, dass manche 
sagen wir o-i«; i? Urcli die Eigenschaft auszeichneten, in getrocknetem — 
Monate l»JL 1 ? -stenbförmigem Zustande unter günstigen Umständen 
war ia u ?d infectionstüchtig bleiben zu können. Damit 

ja leicht vorätAiia? co ? ta §[ lös ‘‘ schon gegeben, denn so konnten wir uns 
Wirthes“ bedurff 111 Wle , em ln ^ ec tionsstoff gar nicht eines „menschlichen 
gut einen imhnifk* Um übertragen zu werden, wie er vielmehr sich ganz 
Aber immerhin w* 6 ? ^ e £® Dsta nd zum Transportmittel wählen konnte, 
sich auf so We^P^v diese Fähigkeit gewisser pathogener Bacterien, 
ihre Grenze ei ^ hinein mfectionstüchtig zu halten, offenbar wieder 

“Xjomlen ^cnusÄ Cong4sse 9 S 


409 


^ der Section für Hygiene des XI. inter- 
i in Rom. 


Rr.WW 4 , k S t n ^ dl ° ti 1 ' 6 ™? Hansepidemieen von Diphtherie, Mesern, 
nnrt^n ^ dw6n sich meiet aber viele Monate erstrecken 

Zl . ' » blS • a y e em P»?8lichen Personen durchseucht sind 

und dann könnte erst wieder, wenigstens bei denjenigen Krankheiten 
KflflPV hinterlassen die Epidemie von g neuem beginnen! 

? ft a a l^ 8Ch . ieht , a ^ er n . lc y* sondern die allgemeine Regel ist 
dass die einmal in ein Haus, in eine Famifie eingedrungene 
k T nrz f r Folge die Familiengliode/be¬ 
fällt und dann erlischt Ist das anders zu erklären als damit dass 
die Infectionsstoffe unmittelbar vom Kranken in besonders reichlicher 
Menge und im mfectionstüchtigsten Zustande der Umgebung mitgetheilt 
werden?^ Während nun aber zum Beispiel die Bacterien der Cholera und 
des Typhus, nachdem sie den Körper verlassen haben, ausserhalb desselben 
unter geeigneten Bedingungen eine Anreicherung ins Unermessliche im 
Wasser, auf Nahrungsmitteln, in irgend welchem Schmutz erfahren können 
ist andererseits die Mehrzahl derjenigen Erreger von Infectionskrankheiten 
weiche vermittels unserer Athmungswerkzeuge aspirirt in unseren Körper 
gelangen darauf angewiesen, sich in getrocknetem Zustande lebens- und 
mfectionsfahig zu halten; sie können also an Zahl und Qualität 
Sr i* v? 1 * Ü son<1 ern nur noch abnehmen, und damit ist die 
Möglichkeit des Erlöschens einer derartigen Infectionskrankheit gegeben, 
W0 / 6r ü nur m( £ fc frühzeitig, das heisst kurz nach dem Ersterkrankten 
aufgetretenen Fälle für Nachschub von Infectionsmaterial sorgen 

Betrachten wir also die Möglichkeiten, welche einem derartigen, 
soeben vom Kranken ausgeschiedenen Infectionsstoffe gegeben sind zum 
Beispiel den mit dem Sputum entleerten Tuberkelbacillen oder den in 
einem ausgehusteten Membranstückchen vorhandenen Diphtheriebacillen: 
Dieses Material trocknet ein; dabei geht schon eine grosse von Tag zu 
Tag zunehmende Zahl der Parasiten zugrunde, denn je später wir solch 
emgetrocknetes Material wieder untersuchen, um so weniger Colonieen 
der gesuchten Bacterienart sehen wir aufgehen. Eine andere Zahl über¬ 
dauert zwar noch das Eintrocknen, zeigt sich aber bei Verimpfung auf 
Versuchsthiere in seiner Wirkung abgeschwächt. 

Einige der später noch mitzutheilenden, von Stabsarzt Dr. Scherer 
m Stuttgart und mir gemeinschaftlich ausgeftthrten Untersuchungen haben 
unsere Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt und in dieser Richtung 
bemerkenswerthe Thatsachen ergeben, welche dafür sprechen, dass in 
längere Zeit eingetrocknetem Material nicht bloss die Zahl, sondern auch 
die Wirkung der lebensfähig gebliebenen Bacterien abnimmt, eine Er¬ 
scheinung, welche ja ohne weiteres verständlich ist, wenn man erwägt, 
wie die beim Eintrocknen übrig gebliebenen Individuen der Einwirkung 
von Licht, Temperaturwechsel und ähnlichen Insulten ausgesetzt waren. 
Nur ein dritter, vielleicht kleinster Theil bleibt sodann auch noch für 
längere Zeit lebensfähig und voll virulent. Aus diesen Erwägungen er- 
giebt sich also der zwingende Schluss, dass die Verschleppung aer die 
Infectionsstoffe bergenden Objecte gerade während des Verlaufs des 
Krankheitsfalles und unmittelbar vom Kranken weg am gefähr¬ 
lichsten ist. 

Nun hat man bei denjenigen Krankheiten, deren Erreger sich ausser¬ 
halb des Körpers noch zu multipliciren vermögen, bei Cholera und Typhus, 
schon längst die Consequenz gezogen, dass ihre Verbreitung durch Auf¬ 
fangen und sofortige Desinfection der Dejecta verhindert werden muss, 
um so erstaunlicher ist es aber, wie wenig noch geschehen ist, auch die¬ 
jenigen Infectionsstoffe schon unmittelbar vom Kranken wog 
abzufangen, welche in staubförmigen Zustand übergeführt, weitere 
Krankheitsübertragongen vermitteln, und doch wäre gerade hier der Kampt 
ein viel leichterer, weil nicht noch mit einer Vermehrung ausserhalb des 
Körpers gerechnet werden muss, sondern wir bloss die aus dem Körper 
entleerten Krankheitskeime zu vernichten brauchen. Es handelt sich hier 
um Infectionsstoffe, welche den Körper mittels der Auswurfsstoffe aus 
Mund und Nase verlassen. 

Man hat bisher versucht, die Grenze, über welche der Infectionsstoff 
nicht hinaus gelangen soll, auf der Schwelle des Krankenzimmers aufzu¬ 
richten. Man sucht diesen Zweck zu erreichen durch Absperrung des 
Kranken und gleichzeitige Mitabsperrung des Pflegepersonals. Diese Ab¬ 
sperrung ist schon im Krankenhause überaus schwierig, mit aller Consequenz 
durchzuführen, im Privathaushalt ist sie überhaupt nicht möglich! Ich 
schweige dabei von dem Unterschlupf des Proletariers, wo zwei kinder¬ 
reiche Familien sich in den Besitz einer einzigen Stube theilen, ich 
schweige auch von den Wohnungen schon wesentlich besser situirter 
Familien, welche einen Wohnraum, einen Schlafraum und eine Küche für 
sich imd ihre Familie disponibel haben, ich behaupte aber, dass selbst in 
den wohlhabenden Ständen eine so strenge Absperrung, wie sie z. B. bei 
Diphtherie und Scharlach unbedingt gefordert werden müsste, einfach 
nicht durchführbar ist. Welcher Pflegende — bleiben wir beim Privat¬ 
haushalt stehen — ist imstande, sich mit dem Kranken über die ganze 
Däner der Krankheit im Krankenzimmer abzusperren? Kann das die 
Mutter, an welche gerade um ihres kranken Kindes willen vermehrte Auf- 

E iben in der Hauswirthschaft herantreten: Sorge für frische Bett- und 
eibwäsche und für Beseitigung der gebrauchten aus dem Krankenzimmer, 
ferner Sorge für Speise und Trank? Diese Arbeit bringt sie in fort¬ 
währenden unvermeidlichen Verkehr mit den übrigen Hausgenossen! 
Schon eher möglich ist diese Art der Absperrung, wenn die Pflege nicht 
der Hausfrau, sondern einer Pflegerin obliegt. Aber auch hier bleibt immer 
noch eine Stelle, wo gleichzeitig für den Bedarf des Kranken und der 
Gesunden gesorgt werden muss, diese ist die Küche. Wenn auch die 
vom Kranken gebrauchten Essgeschirre im Krankenzimmer gereinigt 
werden, so können sie nicht daselbst desinficirt werden, denn noch be¬ 
sitzen die Krankenzimmer keinen Dampfsterilisator und keine hinreichend 
grossen Kochvorrichtnngen, welche ein Auskochen der Speisogeräthe er¬ 
möglichen; mit Sublimat oder Carbolsäure können wir aber keine Ess¬ 
geschirre reinigen! Es bleiben^ also selbst im günstigsten Falle diese 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


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leblosen Objecte immer noch die Träger eines regen Verkehrs zwischen 
dem „abgesperrten“ Krankenzimmer und dem Aufenthaltsraum der Ge¬ 
sunden: die auf irgendeine (selbst bei bester Pflege unvermeidbare) Weise 
in Staubform umgewandelten Infectionsstoffe (man denke an das sich ab¬ 
schuppende Erysipel, an die Hautabschilferungen bei Scharlach!) legen 
sich auf den Öbjecten nieder, hängen sich an die Kleidungstücke der 
Pflegenden, die auf den Boden gefallenen werden von den Kleidern weib¬ 
lichen Pflegepersonals hin- und hergefegt und aufgewirbelt und finden so 
tausend Möglichkeiten, trotz pflichttreuester, aufopferndster Pflege und 
möglichst sachgemässer Durchführung der Absperrung, sich in der ganzen 
Wohnung zu verbreiten und weitere Familienglieder zu inficiren. 

Kann uns die zuerst in Berlin mustergültig eingerichtete und jetzt 
in vielen Städten acceptirte städtische Wohnungsdesinfection über diese 
Infectionsgefahren hinweghelfen? Keineswegs! Ich bin weit entfernt, 
ihren Werth zu unterschätzen; im Gegentheil, ich halte sie für unent¬ 
behrlich und für einen grossen Segen, wo sie eingeftthrt wird; aber wir 
können dieselbe doch nicht vornehmen, so lange der Schwer¬ 
kranke im Bette liegt. Sie kann erst dann einsetsen, wenn die Krank¬ 
heit durch Tod oder Genesung ihren Abschluss gefunden hat. 

Wir sehen also, mit der Absperrung und nachfolgenden Wohnungs¬ 
desinfection allein kommen wir nicht aus. Aber haben wir denn alles 
versucht, was möglich ist, die Krankheitsstoffe so wie sie vom Kranken 
ausgeschieden werden, zu vernichten? Ich glaube nicht! Ich habe schon 
vorhin auf zwei Punkte hingewiesen, welche meines Erachtens der sorg¬ 
fältigsten Erwägung werth sind: 1) wir brauchen im Krankenzimmer 
einen kleinen Dampfsterilisator, welcher ermöglicht, vom 
Kranken kommendes infectionsverdächtiges Material (Sputum, 
Verbandstoffe, Umschläge, Schlundpinsel, Spatel, Schwämme, Zahnbürsten 
und dergleichen) zu sterilisiren; 2) wir müsssen das Kranken¬ 
zimmer unabhängig von der gemeinsamen Küche stellen durch 
Aufnahme eines kleinen Kochapparates, welcher zur Be¬ 
reitung der für die Kranken erforderlichen Speisen ausreicht. 
Diese Apparate sollten, wo thunlich, in einem Nebenzimmer Platz finden. 
In der Abtheilung des Kaiserlich deutschen Gesundheitsamtes der Hygiene- 
Ausstellung finden Sie einen derartigen Apparat, welcher versucht, diese 
beiden Zwecke zu vereinigen*). 

Im übrigen aber haben wir zum sofortigen Abfangen und Unschäd- 
lichmachen der' vom Kranken ausgeschiedenen Excrete bis auf den heutigen 
Tag noch lediglich nichts als den durch Cornet’s Arbeiten wieder in 
seine alten Rechte eingesetzten Spucknapf! Aber, m. H., wer kennt nicht 
das klägliche Bild, wenn der Phthisiker im letzten Stadium seine zähen 
eiterigen Schleimmassen zu entleeren versucht, wenn er zu schwach ist, 
mit einer letzten kräftigen Bewegung dieselben in das dargereichte Spuck¬ 
glas zu befördern?! Was thut er dann? Er greift zu dem Taschentuch, 
welches er unter sein Kopfkissen gesteckt hat oder welches er bei dem 
unaufhörlichen Bedarf fortwährend in den mageren Händen hin- und her¬ 
zupft! Mit diesem Tuche wird der Schleim aus dem Munde genommen. 
Aber auch der Pneumoniker wischt sich den an den Lippen und Bart¬ 
haaren klebenden Rest seines zähen Sputums ab, der Influenzakranke ent¬ 
leert seine von Krankheitserregern wimmelnden Schleimmassen in sein 
Taschentuch! Und nun der ambulant Kranke — denken wir nur an den 
mit Schnupfen Behafteten, ja selbst an den Gesunden, welcher ja, wie wir 
wissen, häufig genug pathogene Bacterien nicht bloss in der Mundhöhle, 
sondern auch im Nasenschleim beherbergt! Wir alle haben dieses Secret 
der Nasenschleimhaut bis auf den heutigen Tag conservirt, seine Insassen 
künstlich grossgezogen, indem wir sie im Taschentuche deponirten, ja 
es dient — eine Sitte, die Cornet mit mehr Recht als Erfolg gegeisselt 
hat — gerade den Gebildeten häufig genug als Spucknapf! Und nun die 
weiteren Schicksale dieses bedenklichsten aller Gebrauchsgegenstände: 
nun wird es nicht wie die Typhus- oder Cholerawäsche in Carbollösung 
geworfen, sondern es wird fein säuberlich zusammengefaltet und sorgfältig 
aufbewahrt, bis es durch mehrtägigen Gebrauch eine Kloake im kleinen, 
eine Fundgrube der zahlreichsten und gefährlichsten Keime geworden ist. 
Nachdem es dann endlich ausgebraucht ist, wird es wiederum nicht sofort 
desinficirt oder wenigstens gereinigt, sondern dann hebt die sorgsame 
Hausfrau das kostbare Gewebe, das spitzenbesetzte Linontüchlein noch 
für Wochen auf, bis sie die — Wäsche zählt. Da werden die ver¬ 
trockneten Tücher aufgerissen, Staub wirbelt umher und mit dem Staube 
die der Eintrocknung trotzenden Infectionskeime! 

Und nun die Taschen, in welchen die Taschentücher getragen 
werden von Hoch und Niedrig, so weit nicht das alte Räthsel gilt: „Der 
Bauer wirft es weg, der Herr steckt es ein!“ 

Cornet hat die Phthisiker, welche ins Taschentuch spucken, als 
unreinliche bezeichnet und auf die Gefahr, welche gerade sie durch ihre 
üble Gewohnheit uns bringen, aufmerksam gemacht. Wir gehen noch einen 
Schritt weiter als Cornet; wir behaupten, die Gefährlichkeit des Taschen¬ 
tuches ist auch boi reinlichen Phthisikern vorhanden und nicht nur bei 
diesen, sondern bei all’ den Kranken, welche Krankheitserreger in ihrer 
Nasen- oder Mundhöhle haben, bei all’ denen, welche Nasensecret und 
Sputum entleeren! 

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend haben wir, mein schon ge¬ 
nannter Mitarbeiter Stabsarzt Dr. Scherer und ich, eine Reihe bacterio- 
logischer Untersuchungen angestellt, welche den Zweck hatten, die von 
uns angenommene Gefährlichkeit der von Kranken benutzten Taschen¬ 
tücher durch den Nachweis verschiedenartiger pathogener Bacterien in 
denselben zu bestätigen. 

Vorausschicken möchten wir noch, dass wir zuerst unabhängig von 


*) Die nach meinen Angaben gefertigte „Miniaturküche für Haushalt 
und Krankenpflege“ mit Warmwasserheizung, Spiritusfeuerung und in 
Verbindung mit einem Dampfsterilisator wird geliefert von der Firma 
Gebr. Märklin in Göppingen (Württemberg). 


einander den leitenden Gedanken ergriffen, dann aber uns zu gemeinsamer 
Arbeit verbunden haben. . . 

Unser Untersuchungsplan ging dahin,. ausschliesslich in solchen 
Taschentüchern auf specifische Krankheitskeime zu fahnden, welche nur 
zum Schnäuzen der Nase und zum Abwischen des Mundes, nicht aber 
zum Hineinspucken benutzt waren. Wir haben deshalb unseren Patienten 
als Taschentücher Mulllappen verabreicht und denselben die Anweisung 
gegeben, diese Lappen nur zu genannten Zwecken zu verwenden, zum 
Ausspucken jedoch sich der Spuckgläser zu bedienen. 

Die erste Krankheit, welcher wir in dieser Richtung unsere Auf¬ 
merksamkeit zuwandten, war das Gesichtserysipel. Pflegt doch das¬ 
selbe von der Nase seinen Ausgang zu nehmen, auch sprechen die Unter¬ 
suchungen von Garr6 und von Schimmelbusch über die Möglichkeit, 
durch Einreiben von Staphylococcen in die unverletzte Haut Infectionen 
zu erzielen, entschieden dafür, dass auch der Streptococcus erysipelatos 
bei dem Gebrauche des Taschentuches in die Haut und Schleimhaut der 
Nase eingerieben werde; ja die Thatsache, dass das von der Nase aus¬ 
gehende Gesichtserysipel so gern recidivirt, lässt vermuthen, dass man es 
hier mit wiederholten, durch das Taschentuch vermittelten 
Selbstinfectionen zu thun habe. In der That gelang es uns, in 
allen vier Fällen, welche wir zu untersuchen Gelegenheit hatten, durch 
Verbringung von Stückchen der als Taschentücher gebrauchten Lappen 
in sterile Bouillon und Aufbewahrung der so beschickten Röhren im Brut¬ 
schrank, den Streptococcus longus, der zuvor in unmittelbar aus dem 
Material hergestellten Präparaten nachweisbar war, in schönen Ketten¬ 
exemplaren zu züchten, ln dreien dieser Fälle war das Material am Tage 
nach dem Gebrauch bacteriologisch verarbeitet worden, im vierten Falle 
gelang der Nachweis sogar noch, nachdem das Taschentuch drei Wochen 
unbenutzt und ausgetrocknet liegen geblieben war. 

Ganz besonders interessantes Material gewährte uns ferner eine 
kleine Epidemie von Meningitis cerebrospinalis, welche in den Monaten 
November vorigen bis März dieses Jahres in Stuttgart und Ludwigsburg 
geherrscht hat. Ich muss es mir wegen der kurz bemessenen Zeit ver¬ 
sagen, hier auf das Resultat meiner ätiologischen Untersuchungen in be¬ 
treff dieser Epidemie einzugehen und muss mir deren baldige Publication 
an anderem Orte Vorbehalten; nur so viel muss ich schon jetzt mittheilen, 
dass ich in acht von neun tödtlich verlaufenen Fällen., welche mir zur 
bacteriologischen Untersuchung zu Gebot standen, diejenigen Diplococcen 
aufgefunden habe, welche Weichselbaum 1887 unter dem Namen Di- 
plococcus intracellularis beschrieben und als eine vom Diplococcus pneu¬ 
moniae Fraenkel verschiedene Art bezeichnet hat. Dieser Diplococcus 
intracellularis, welcher ja auch von anderen Forschern, so von Gold¬ 
schmidt, Leichtenstern, Edler bei Meningitis epidemica gesehen 
wurde, ist, wie ich glaube nachweisen zu können, eine vom Pneumococcus 
Fraenkel deutlich unterscheidbare Art. . . 

Ausgehend nun von der allgemeinen Annahme, dass die Meningitis 
epidemica durch Einwanderung des Infectionsstoffes von der Nase aus 
durch die Lamina cribrosa in die Meningen stattfindet, sind wir zu der 
Erwägung gelangt, dass wenn der primäre Heerd der Meningitis in der 
Nasenhöhle zu suchen ist, wohl auch das Secret dieser Höhle den ln- 
fectionsstoff von den Meningitiskranken auf die Umgebung werde über¬ 
tragen können. Und wie könnte eine derartige Uebertragung leichter 
stattfinden, als mittels des Taschentuchs? Wir haben also, nachdem die 
Untersuchung der weichen Hirnhäute in mehreren Fällen die .Anwesenheit 
des Diplococcus intracellularis ergeben hatte, mehrere Meningitiskranke 
mit Mulllappen versehen und angewiesen, dieselben zum Schnäuzen der 
Nase im Bedarfsfälle zu gebrauchen und da fanden wir in diesen Taschen¬ 
tüchern viermal in fünf Fällen mit aller Sicherheit den auch in Aus¬ 
strichen aus den Gehirnhäuten aufgefundenen Diplococcus intracellularis. 
(Im fünften Falle wurde das Taschentuch erst sechs Wochen nach dem 
Gebrauche untersucht.) Es gelang, diese Diplococcen aus dem Taschen¬ 
tuch in Reincultur zu züchten und mittels derselben beim Meerschweinchen 
durch intrapleurale Infection eine tödtliche fibrinöse Pleuritis zu erzeugen. 
Die Diplococcen fanden sich in den Leukocyten des Exsudats eingeschlossen 
massenhaft vor. , 

Zur Controlle haben wir sodann das Nasensecret von acht Gesunden 
untersucht, jedoch niemals den Diplococcus intracellularis gefunden; or- 
wähnenswerth bleibt jedoch hier noch der mich selbst betreffende r ai • 
ich hatte, als die Krankheit in Stuttgart ausbrach, in einem Mannschaits- 
zimmer die Leitung der Desinfection übernommen; einige Tage dar 8 , 
entwickelte sich bei mir ein ausserordentlich heftiger Schnupfen mit se 
reichlichem, dickem, eitrigem Secret und in diesem Secret fand sich au 
der Höhe der Krankheit — gleichfalls der Diplococcus mtra- 
cellularis! Derselbe verschwand allmählich mit Rückgang des Katarrhs. 

Schliesslich haben unsere Versuche mit Diphtherie interessante rv - 
sultate ergeben. Wir haben das uns zu Gebote stehende Material ebens 
wie bei den bisher mitgetheilten Untersuchungen in zwei Gruppen ge- 
theilt: in der einen haben wir die von diphtheriekranken Kindern a^ 
Taschentücher benutzten Mulllappen schon am Ta^e nach der Benutzung 
verarbeitet, in der zweiten Gruppe wurde die Untersuchung erst * 
gönnen, nachdem die Tücher drei Wochen aufbewahrt waren. P 1 ® ers 
Gruppe betraf zwei tödtlich verlaufene Diphtheriefälle; aus beiden e - 
hielten wir reichliche Culturen von Diphtheriebacillen, welche bei su 
cutaner Verimpfung auf Meerschweinchen diese tödteten. 

Auch in der zweiten Gruppe, welche vier Fälle umfasst, 
der Nachweis von Diphtheriebacillen mikroskopisch und durch das t/uiti * 
verfahren dreimal; aber nur in einem dieser drei Fälle waren die Cultur 
noch imstande ein Meerschweinchen zu tödten, und zwar starb das m r * 
peritoneal mit Bouilloncultur geimpfte Thier erst nach 14 Tagen, nach e 
sich bei demselben einige Tage zuvor deutliche diphtherische Lanm b 
der Hinterextremitäten entwickelt hatte. In dem serösen Exsudat 
Bauchhöhle fanden sich Diphtheriebacterien. Es hat sich also hier 




Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



3. Mai. 

erhebliche Abnahme der Virulenz derjenigen Diphtheriebacillen, welche das 
dreiwöchige Eintrocknen «berstenden, deutlich herausgestellt, aber immer¬ 
hin wären diese abgeschwächten Diphtheriebaeillen ohne Zweifel imstande 
gewesen, auf der Rachenschleimhaut eines empfänglichen Kindes eine 
diphthentische Erkrankung hervorzubringen. 

Die Erwägungen, welche ich Ihnen vorzutragen die Ehre hatte 
und welche sich stützen auf eine Anzahl doch ganz unzweideutiger 
experimenteller Beobachtungen, zwingen uns zu dem Schlüsse- unsere 
Taschentücher sind Transportmittel für 1 nfectionsstoffe par 
excellencc! Sie müssen abgeschafft werden und zwar vor allem in den 
Krankenzimmern sowohl im öffentlichen Krankenhaus als <mnz be¬ 
sonders auch bei den Kranken in ihrer Privatwohnung; so°dann bei 
allen chronisch Nasen- und Lungenkranken und endlich — nicht zu ver- 
gessen - bei an Schnupfen Erkrankten. Dass hier ein wirkliches 
Bedürfmss vorliegt, geht auch daraus hervor, dass schon seit geraumer 
Zeit m vielen Spitälern bei Tuberkulösen und Diphtheriekrauken anstatt 
des laschentuches Stücke von Verbandmull verabreicht werden Dieses 
Material ist aber nichts weniger als geeignet; es ist zu dünn, zu durch¬ 
lässig, und man ist deshalb genöthigt. eine solche Menge solchen Verbands¬ 
materials zu verschwenden, dass der Verbrauch eines Phthisikers pro Tag 
den Bedarf für den Verband bei einer Oberschenkelamputation erreichen 
oder gar übersteigen kann. 

Einen Ersatz für das Taschentuch kann ich Ihnen hier vorlegen Das 
1 nncip muss sein, ein billiges Material in kleinen Stücken zu gebrauchen, 
so dass jedes Stück nach einmaligem Gebrauche sofort beseitigt wird, sei 
es durch V erbrennen, sei es dass es in den Spucknapf wandert oder sonst 
dahm, wohin auch die anderen mehr oder minder infectionsverdächtigen 
oder doch ekelhaften Excrete gelangen. Dieser Ersatz, welcher, wie ich 
glaube al e Eigenschaften in sich vereinigt, welche wir von unserem Ge¬ 
sichtspunkte aus von ihm verlangen können, besteht ans einer von einer 
grossen doutschen Fabrik’) hergestellten Combination von Papier mit ge¬ 
wobenem Stoffe. Derselbe saugt auf. ist weich und geschmeidig, reisst 
beim Gebrauch nicht durch und wird bei Einführung so billig zu stehen 
kommen, dass die Ausgabe, welche für die Beschaffung und das Waschen 
der bisherigen Taschentücher gemacht wurde, ungefähr genügen wird, den 
bedarf an solchen zu einmaligem Gebrauch und dann sofortiger Ver¬ 
nichtung bestimmter Läppchen zu decken. 

Hier in dem Lande, in welchem eine frühzeitige hohe Cultur 
as erste historische Taschentuch hervorgebracht hat — das 
lascnentuch, welches, zwar rein und kostbar doch schon so verhängniss- 
'oll geworden ist — das Taschentuch der Desdemona — hier lassen 
‘~ le uns über das Taschentuch den Stab brechen! Unterstützen Sic 
unser Bemühen und ich bin überzeugt, wir werden in der Prophylaxe der 
Jmeetionskrankheiten einen bedeutenden Schritt nach vorwärts thun! 

XII. Therapeutische Mitteilungen. 

Ein I" all von Idiosynkrasie gegen Tannin bei ftusserliclier 
Anwendung desselben. 

Von Dr. Bruno Krüger (Rostock). 

Im .Jahre 1890 sind in dieser Zeitschrift drei Fülle von Idiosynkrasie 
gegen Tannin bei äusserlicher Anwendung desselben veröffentlicht'wordcn. 
gierst brachte Dr. Victor Lange in Kopenhagen eine kurze Abhandlung 
über dieselbe; im Anschluss daran und angeregt durch dieselbe veröffent- 
icJiten zwei andere Collegen ihre Beobachtungen an je einem Patienten, 
aer mit. Jannm äusserlich behandelt worden war und fast dieselben Er¬ 
scheinungen zeigte, wie sie von Dr. Lange beschrieben waren. 

ffl Ca t? J. c ^ ]n der Lage, diesen drei Fällen einen weiteren hinzu- 
zu ngen. Irttient. ein junger Kaufmann G.. ‘28 Jahre alt. leidet seit 
' T ren . a . n Rhinitis catarrhalis. Ich verordnete ihm Nasendouehen init 
| l -\.?p sc her Kochsalzlösung (ö“'«») und Alaunstäbchen zum Einschieben 
D A , aSG j r araut wurden Pinselungen mit Argentum nitrieum gemacht, 
ihm jUS des Patienten hatte sich bedeutend gebessert, ich verordnete 
p um £ chluss noch eine einprocentige Tanninlösuug zur Xasendouche. 

aar lE 5n n , ach der zweiten Mouche kam Patient zu mir und klsgte, 
lif.-c L1 na . Gebrauch der neuen Medicin sehr viel aushalten müsse. Ich 

, p 11 , wl . edtT gewöhnliche Kochsalzdouchen machen, nach welchen 
Keine Erscheinungen eintrateu. Dann gab ich ihm solhst eine Douche 
n unprocentiger Tanninlösung, nach welcher sofort folgende Beob- 
sich i‘'^ n r ,^ e . ülac ^ werden konnten: Das Gesicht des Patienten röthete 
war ml "u n : 1UI !- ;ti xt lc kulbi wurden stark injicirt. die Thränensecretion 
trpriwt.»? u , Easenschleimhaut sonderte stark ab, der Raehen war 

intensiv» p;u? S ° der weicte Daumen bis zur Mitte des harten Gaumens, 
merken . "y am Kehlkopfcingang und an der Epiglottis zu be- 

suhieeti,r n ? ln Tj ' ^ rän derung der Stimmbänder war nicht vorhanden. An 
starke k" u C UVerde . n s * nd Rügende anzuführen: Patient klagte über 
8nannnn« pfsc n erzen * m Binterkopf, Ohrensausen. Druck in den Augen. 
ir4nd !£i‘T G ? umen und das Gefühl von Athemnoth. Ein Exanthem 
betrug' 1 * bf s 9St W d nac h we >sbar. Die Dauer der Erscheinungen 

lieber dl , ese Mittheilung dazu dienen. ('ollegen, welche bei äusser- 
eiue ve'rh 'S ndUn T g i- Von Tannin derartige Erscheinungen beobachten, an 
bin dnrpü a; GD j Idiosynkrasie gegen Tannin zu erinnern. Ich wenigstens 
f Jrund iW 1 damals gelesenen Beobachtungen gleich auf den richtigen 
HchunffPn v«/ m - pt01 r e , gekommen. Da die oben genannten Veröffent- 
eines neuen S emacllt sind, so halte ich die Mittheilung 

Itöosvnkrfl«*;^ 6 « 6ne ^^.^ a H es zur Auffrischung der Thatsache. dass es eine 
rechtfertigt ge ^ en Tannin bei äusserlicher Anwendung gieht. für ge- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


411 


') Göppinger Papierfabrik G. Krum. 


XIII. Alexander Schmidt f. 

rhn 3 U ‘ Wochen nach seinem hochberühmten Lehrer, dem 

Ft BGU Carl r S v hl U ldt ’ dcr im Verein mit dem Physiologen 
r j . Biddei „die \ erdauungssäfte und den Stoffwechsel“ funda¬ 
mental und geradezu classiscli bearbeitet hat (1852), ist auch einer 
ihrer namhaftesten Schüler, Al. Schmidt, heimgogangen, der seit 
j Jalu-en den physiologischen Lehrstuhl an der, bis vor kurzem 
deutsch-russischen, Hochschule Dorpat iune hatte 
l H ,., A ! n 1 J / . 27 ' Mai 1831 auf der Insel Oesel geboren, bezog er 
1850 die Universität Dorpat, der er bis an sein Lebensende treu 
bleiben sollte. Nachdem er 1858 mit einer entwicklungsgeschicht- 
hehen Studie promovirt, ging er, durch das vorbildliche Wirken 
von Bnider und C Schmidt für die Physiologie gewonnen, auf 
Studienreisen nach Wien, Berlin, Jena und Tübingen. Hier in 
Berlin wurde er ein Schüler von R. Virchow und von Hoppe- 
Seyler, der damals das chemische Laboratorium des pathologischen 
Instituts leitete, und hier war es, wo Schmidt 1861 seine grund¬ 
legende Entdeckung über die Blutgerinnung gelang, die mit 
einem Schlage seinen wissenschaftlichen Ruf begründet, bekannt 
gemacht und deren weiterer Ausarbeitung er sich durch mehr als 
drei Dezennien gewidmet hat. 

Die Lehre von der Blutgerinnung war, insbesondere durch 
die glänzenden Arbeiten von Virchow über Embolie und Throm¬ 
bose, m den Vordergrund der Physiologie und Pathologie gerückt 
worden: allein das Wesen des Vorganges war noch dunkel. Man 
nahm an, dass in dem lebenden Blute ein Eiweisskörper im ge¬ 
lösten Zustande kreise, der sich nach der Entleerung des Blutes 
aus der Ader in eine unlösliche Modifikation, Faserstoff oder 
Fibrin, verwandle. Schmidt fand nun. dass gewissen, freiwillig 
nicht gerinnenden Transsudaten (Hydrocele-, Hydrothoraxflüssigkeit 
u. a.) die Fähigkeit zu gerinnen ertheilt werden kann, sobald man 
ihnen einen Tropfen defibrinirten Blutes oder Blutserums hinzufügt. 
Etwas Aehnliches hatte schon Buchanan (1845) angegeben, allein 
seine Beobachtung war unbeachtet geblieben und im Laufe der 
Zeit so völlig vergessen worden, dass Schmidt als ihr selbst¬ 
ständiger Entdecker anzusehen ist. Entfernt man aus jenen 
Transsudaten einen globulinartigen Eiweisskörper, das sogenannte 
Fibrinogen, so sind die Flüssigkeiten nunmehr gerinnungsun- 
fähig. In weiterer Verfolgung dieser Beobachtung schloss Schmidt, 
j d f iss das in jenen Flüssigkeiten, gleichwie im Blutplasma, gelöste 
Fibrinogeu, sobald es mit einem zweiten globulinartigen Stoffe, der 
auch im Blutserum uachweisbar ist, zusammen trifft, Fibrin bildet, 
und nannte deshalb diesen letzteren Körper fibrinoplastische 
Substanz: sie soll mit dem Serumglobulin, Kühne’s Paraglobulin, 
identisch sein. 

Das weitere Studium der Frage führte zu dem Ergehn iss, dass 
die Vereinigung von fibrinogener und fibrinoplastischer Substanz 
zur Fibrinbildung den fermentativen oder Gährungserscheinungen 
sich anreiht und durch ein chemisches oder lösliches Ferment, das 
sogenannte Fibrin ferm ent, bewirkt wird: beide, das Ferment und 
die fibrinoplastische Substanz, werden aus den weissen Blutkörper¬ 
chen frei, welche in dem aus der Ader entleerten Blut einem 
schnellen Zerfall unterliegen. 

An dieser Lehre hat dann Schmidt im wesentlichen fostge- 
halten, sie im Verein mit seinen Schülern stetig ausbauend und 
eitrigst bestrebt, neuere, seiner Theorie nicht einfach unter- 
zuordnende Beobachtungen mit seiner Lehre, die er nur wenig zu 
modificiron sich entschliessen konnte, in Einklang, so gut es eben 
ging, zu setzen. Von Zeit zu Zeit hat er seine und seiner Schüler 
fleissige Arbeiten monographisch zusammengefasst, so 1876 als 
„die Lehre von den fermentativen Gerinnungserscheinungen“, so 
noch 1892 in seiner letzten Schrift „Zur Blutlehre“ (Leipzig. 
270 S.) 1 ) Darin fasst er seine endgültige Stellung zur Frage der 
Blutgerinnung dahin zusammen: „Die farblosen Blutkörperchen 
sind nicht die alleinige Ursache der Blutgerinnung, sondern sie 
beschleunigen in eminentem Grade durch eine, erst extra corpus 
von ihnen ausgehende Wirkung einen bereite im Gange befindlichen 
Process, welcher auch ohne sie in dem vom Organismus getrennten 
Blute mit der Faserstoffausscheidung absehliessen würde“. Die 
Frage, warum die Leukocyten nicht schon innerhalb der Gefäss- 
bahn die Gerinnung einleiten oder den im Gange befindlichen 
Prozess beschleunigen, kann Schmidt nur dahin beantworten: 
„Das macht der Zusammenhang des Blutes mit dem Organismus“. 

Kurz nach der Veröffentlichung seines ersten wichtigen Fundes 
nach Dorpat zurückgekehrt, habilitirte er sich dort, 1862 als 
Privatdocent, wurde 1864 etatsmässiger Docent, 1865 übernahm er 
als Professor-Adjunct den physiologischen Lehrvortrag an der 

9 Ueber diese Schrift vergleiche meine kritische Besprechung: Borl. 
klin. Wochenschr. 1893, No. 15. Dort sind auch die neuesten An¬ 
schauungen von der Gerinnungsfrage angegeben. 


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Got gle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




412 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT._ _ _No. 18 


Veterinäranstalt. 1866 wurde er beurlaubt, um im Laboratorium 
des vor kurzem nach Leipzig berufenen Carl Ludwig sich in der 
Lehre vom Kreislauf, von der Athmung und den Blutgasen praktisch 
auszubilden. Die Frucht seiner Leipziger Thätigkeit bildet eine 
werthvolle Abhandlung (Berichte d. Sächs. Ges. d. Wiss. XIX), 
die u. a. auch eine schöne Beobachtung über die Gase des Lr- 
stickungsblutes und darin vorhandene leicht oxydable, sogenannte 
reducirende Stoffe enthält, wenngleich der daraus gezogene Schluss, 
dass die Oxydation der Hauptsache nach im Blute vor sich gehe, 
sich nicht hat halten lassen. 

Als 1869 Bidder nach 34jähriger Lehrthätigkeit zurücktrat, 
wurde Schmidt sein berufener Nachfolger. Nun begann für ihn 
eine noch emsigere Thätigkeit, gleichsam als wollte er hinter seinen 
Vorgängern auf dem Dorpater physiologischen Lehrstuhl, A. W. Volk¬ 
mann und Bidder, nicht zurückstehen. Alljährlich kamen aus 
seinem Laboratorium eine Reihe von Dissertationen heraus, in denen 
seine Schüler zumeist Einzelheiten zur Gerinnungsfrage, über die 
Eiweisskörper u. a. bearbeiteten; auch die Zusammensetzung des 
Blutes von Mensch und Thieren unter gesunden und pathologischen 
Verhältnissen, insbesondere bei Fieber, wurden in den Kreis der 
Untersuchungen gezogen. 

Die Beziehung der Eiweisskörper zur Gerinnung gab weiterhin 
den Anstoss, auch andere fermentative Gerinnungsvorgänge, so die 
Labgerinnung der Milch, genauer zu studiren und ihre Analogie 
mit der Blutgerinnung zu ermitteln. Die darauf bezüglichen Arbeiten 
sind in der Schrift „Beitrag zur Kenntniss der Milch" (1874) zu- 
sammengefasst. 

Es ist nicht möglich, an dieser Stelle die umfangreiche Lebens¬ 
arbeit des rastlosen Forschers im einzelnen kritisch zu würdigen; 
es konnten nur die hervorstechendsten Gebiete seiner wissenschaft¬ 
lichen Thätigkeit knapp skizzirt werden. Leider ist es Schmidt, 
wie schon so manchem vor ihm, dem in jungen Jahren ein hoch¬ 
bedeutsamer Fund geglückt ist, ergangen; in den darauf folgenden 
drei Jahrzehnten ist ihm keine Entdeckung gelungen, die auch nur 
entfernt mit jener ersten zu vergleichen gewesen wäre: ja der 
weitere Ausbau seines ersten Fundes hat nicht die Resultate ge¬ 
zeitigt, welche der mühevollen, darauf verwendeten Arbeit ent¬ 
sprochen hätten. Um so grössere Anerkennung verdient es, dass 
Schmidt sich dadurch nicht hat entmuthigen lassen, auf der ein¬ 
mal betretenen Bahn auszuharren, und erst in seiner letzten Mono¬ 
graphie, gleichsam seinem Schwanengesang, klagt er resignirt, „der 
Weg der Blutuntorsuckung ist nicht mit Rosen bepflanzt“. 

In Anerkennung seiner grossen Verdienste um die Hochschule 
wurde er für 1885—1889 mit der höchsten academischen Würde 
des Rectorates betraut. Als in neuester Zeit die energische Russi- 
iicirung der bisher stets das Dcutschthum vertretenden Hochschule 
staatlicherseits betrieben wurde, da sank ihm mehr und mehr der 
Muth; erkannte er doch nur allzuscharf, dass das Ansehen und die 
Avissenschältliche Stellung seines über alles geliebten Dorpats mehr 
und mehl- herunterging in dem Maasse, als auf neu zu besetzende 
Lehrstühle nur Nationalrussen berufen wurden, deren wissenschaft¬ 
liche Bedeutung zum Theil nicht entfernt an die ihrer Vorgänger 
heranreichte. Und als nun gar, um den ehrbaren deutschen 
Namen Dorpat zu vertilgen, die Umtaufung in Jurjew kurzer Hand 
angeordnet wurde, verliess ein deutscher Lehrer nach dem anderen 
die gemassregelte Hochschule. Schmidt ist es erspart geblieben, 
den weiteren Niedergang mit ansehen zu müssen - ein sanfter Tod’ 
hat den arbeitsamen Forscher den heimischen Wirren entzogen. 

LiebensAviirdig im "Verkehr, frei von anmassendem Dünkel — 
diesen Eindruck habe ich von Schmidt gewonnen schon 1876, als 
er im Laboratorium von Salkowski und im Verein mit diesem 
den Fund von Hüfner, dass das lufttrockene Trypsin auf 100» 
erwärmt werden könne, ohne seine Wirksamkeit einzubüsson, 
controllirend bestätigte und dasselbe auch für das Pepsin fest¬ 
stellte. Dann habe ich 1890 gelegentlich des internationalen 
medicinischen Congresses seine Bekanntschaft erneuert; freilich 
waien die dazwischen liegenden 14 Jahre nicht spurlos an ihm \ r or- 
übergegangen: er war sehr still geworden, und man musste schon 
som Lieblingsproblem, die Gerinnung, anschlagen, wenn er wieder 
w r arm werden sollte. 

Mit wahrem Enthusiasmus für classische Musik verband er 
ein seltenes musikalisches Verständniss, kraft dessen sein Urthcil 
in Dorpat stets als maassgebend galt. 

Möge es der schwergeprüften Hochschule Dorpat-Jurjew ver¬ 
gönnt sein, in der Zukunft zwei so würdige Vertreter nach ein- 
ander auf dem Lehrstuhl der Physiologie aufzuweisen wie Fr Bidder 
und Alex. Schmidt. r 


Gedruckt bei Julius 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

- - Berlin. Die Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäko¬ 
logie zu Berlin sieht uni 9. Mai d. J. auf eine 50jährige Thätigkeit 
zurück. Dieses feierliche Jubiläum wird laut Beschluss der Gesellschaft 
den Vorschlägen dos Vorstandes und des Festcomites entsprechend in 
j folgender Weise begaugen werden: Am Dienstag, den 8. Mai. Abends 9 Uhr. 

! findet eine Vorversammlung im Pschorrbräu, Karlstrasse 29 statt. Am 
• 9. Mai, dem Stiftungstage, findet am Vormittag von 10—11 Uhr eine 
| Festsitzung im Langenbeckhaus, am Nachmittag von 3—5 Uhr eine 
i Arbeitssitzung in der Frauenklinik statt; Abends 7 Ulir Festessen im 
Hotel Reichshof. Am Donnerstag Vormittag von 9—12 Uhr wird eine 
| Arbeitssitzung in dem Auditorium der gynäkologischen Abtheilung der 
Charite abgehalten werden und für den Nachmittag 4 Uhr ein Ausflug 
mit Damen auf den Havelseen vorbereitet. 

— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 30. April 
(Vorsitzender A. Fraenkel) demonstrirte vor der Tagesordnung Herr 
Leyden eine geheilte Patientin seiner Klinik, die vor ungefähr drei Mo¬ 
naten einen mehrfachen Selbstmordversuch unter eigentümlichen Um¬ 
ständen gemacht hatte. Im Einverständnisse mit ihr hatte ihr „Bräutigam" 
damals, bevor er sich selbst erschoss, zwei Schüsse in die Schläfe und 
Herzgegend bei ihr abgegeben und dazAvischen eine Vergiftung mit offen- 
! bar stark phosphorbaltiger Flüssigkeit bei ihr vorgenomraen. Von den 
| Folgen der Vergiftung war sie durch reichliche Magenausspülungen un¬ 
gefähr 45 1 Flüssigkeit) und Brechmittel befreit worden; der Schuss in 
der Schläfe war wirkungslos geblieben, der zAveite Schuss (ein Streifschuss 
des Herzens, nach Leyden’s Meinung) — von dem die Kugel noch 
steckt — hatte eine Herzbeutelentzündung zur Folge gehabt, die auch 
glücklich heilte. — Auf diese Demonstration folgte zunächt dio Discussion 
über den L o h n s te i n'schen Vortrag („neuere Methoden der Urethroskopie“), 
woran sich die Herren Mankiewicz, L. Casper und Lohnstein be- 
; theiligton. — Hierauf hielt Herr Eulen bürg einen längeren Vortrag über 
Sklerodermie, dem sich Demonstrationen einiger bezüglicher Wachs¬ 
präparate der Lassarscben Sammlung durch Prof. Lassar anschlossen. 

— Der Deutsche Verein gegen den Missbrauch geistiger 
Getränke hatte im Juni vorigen Jahres oinen Preis ausgeschrieben für 
die beste Arbeit über die Frage: Was kann die Schule und besonders der 
Lehrer zur Förderung der Mässigkeitssache tkun? Es sind daraufhin 
112 Arbeiten eingegangen. Der Preis, der 300 M. beträgt, ist dein Lehrer 
Heinrich Droste in Meschede zugefallen; derselbe erhält ausserdem 
den von der Müssigkeitscommission des westfälischen Städtetages für die 
beste westfälische Arbeit gestifteten Nebenpreis von 100 M. 

— Medicinalrath Prof. Dr. Fürbringer tritt am 5. Mai einen fünf¬ 
wöchigen Diensturlaub an. 

— Wien. Das Ministerium für Cultus und Unterricht hat für die 
| CG. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte eine 
| Subvention von 10 000 fl. in seinen Etat eingestellt. — Die ausserordent- 
; liehen Professoren der Ohrenheilkunde Dr. Politzer und Dr. J. Gruber 
j und der ausserordentliche Professor der Laryngologie Dr. K. Störk sind 
I zu ordentlichen Professoren ernannt. 

— Universitäten. Marburg. Der a. o. Professor iu der medi- 
1 cinischen Facultüt der Universität Marburg Med.-Rath Dr. Tuczck ist 
I zum ordentlichen Professor ernannt. — Bern. Der Proscctor au der 
| Universität Giessen Dr. W. Zimmer mann ist in gleicher Eigenschaft 
: nach Bern berufen. — Paris. Der durch Charcot’s Tod erledigte Lehr¬ 
stuhl der pathologischen Anatomio an der medicinischen Facultüt ist 
! Prof. Malassez übertragen. — Helsingfors. Zu ausserordentliche» 

; Professoren sind ernannt worden die Docenten Sucks dorf für Hygiene 
; und Smirnoff für Syphilidologie und Hautkrankheiten. Dr. R. Kolstcr 
1 ist zum Docenten für pathologische Anatomie ernannt. — St. Peters- 
! bürg. Dr. J. F. Sole new hat sich als Privatdocent für Syphilis und 
Hautkrankheiten an der militär-medicinischeu Akademie habilitirt. D»*r 
! Professor an der militiir-inedicinisehen Akademie Dr. Sokolow ist ge- 
i storben. 

XV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Hautkrankheiten und Syphilis. Transactions of the American 
Dermatological Association at its XVII. aimual meeting held on 
the 5. and 6. of September 1893. Offieial report of the proceedings by 
; George Thomas Jackson, M. D. 82 S. New-S'ork, 1894. 

Hygiene und Siiniliitswrscn. V. Generalbericht über das 
öffentliche Gesundheitswesen im Regierungsbezirk Königs- 
; berg für die Jahre 1889—1891. Erstattet von Dr. R. Nath, König¬ 
lichem Regierungs- und Geheimen Medicinalrath. 169 S. Königsberg i. Pr- 
Gräfe & Ünzer, 1894. 

I Th, Wevl, Handbuch der Hygiene. I. Band. I. Abtheilung. 

! 3. Lieferung: lt. Assmann, Das Klima, und O. Schellong, Akkli- 
j matisation und Tropenhygiene. — I. Band, I. Abtheilung, 4. Liefc- 
! zung: F. Kratschmor. Die Bekleidung. — III. Band, 1. Abtheilung. 
2. Lieferung: A. Stutzer, Nahrungs- und Genussmittel. Jena. Gust. 
Fischer, 1894. 

Psychiatrie und Neurologie. R. Sommer, Diagnostik der 
Geisteskrankheiten. Für praktische Aerzte und Studirende. 302 fei 
; Wien und Leipzig,'Ufrban & Schwarzenberg. 1894. 

, Utologie. J. Englisch, Ueber Taschen und Zellen der Hani' 

I blase. Wiener Klinik 1894. 4. Heft, Wien, Urban & Schwarzenberg, loj*. 
j Zalinheiikuiide. de Terra. Repetitorium der Znhnheilkundc. 

! 516 S. Stuttgart, Ford. Enke. 1894. 

Sittcufcld in nenn* W. 



□ igitized by Gck 'gle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag M IO, _ 10. Mai 1894. 

DEUTSCHE ~ 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Eedaction: Prof. Br. A. Enlenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LichtensUln&llae 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 81. 


Zum 50jährigen Stiftungsfest der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie 

zu Berlin, 9. Mai 1894. 


Am 13. Februar 1844 vereinigte sieh Carl Mayer, seinerzeit 
einer der ersten Berliner Aerzte, mit neun gleichgesinnten Collegen 
zu einer „geburtshilflichen Gesellschaft“. 

Die Pflege der wissenschaftlichen Geburtshülfe in der weitesten 
Bedeutung des Wortes soUte die hohe Aufgabe der Vereinigung 
sein; eine aufrichtige Collegialität sollte die Mitglieder unter ein¬ 
ander verbinden, „damit eine collegiale Genossenschaft entstehe ge¬ 
bildeter, erfahrener, zuverlässiger Frauenärzte, die in gegenseitiger 
Berathung und Besprechung wissenschaftliche Anregung und Be¬ 
lehrung tauschen.“ — Aus diesem Samenkorn ist ein Baum heraus¬ 
gewachsen, der heute in voller Kraft weithin sichtbar als ein 
Merkzeichen im Gebiete wissenschaftlicher Vereinsbestrebungen 
grünt und blüht. Er berechtigt zu der Erwartung, dass er, wie 
seither 50 Jahre lang, auch auf eine weite Zukunft hinaus Blütlien 
und Früchte tragen wird! 

Neben dem Stifter, der der Gesellschaft wie ein väterlicher 
Freund 24 Jahre hindurch, bis an sein Lebensende, treu geblieben, 
gebührt das Verdienst, diesen Verein auf so lebenskräftige Grund¬ 
lage gestellt zu haben, Rudolph Virchow. Freundschaftliche 
nnd verwandtschaftliche Beziehungen führten ihn. den pathologischen 
Anatomen, 1846 in diesen Kreis. Er hat bis zu seiner Uebersiedelung 
nach Würzburg und auch lange Jahre nach seiner Rückkehr nach 
Berlin als einer der eifrigsten an den .Arbeiten der Gesellschaft 
Theil genommen. Ihm verdankt dieselbe die Vertiefung.ihrer wissen¬ 
schaftlichen Arbeiten, die Anregung, in inniger Beziehung zur Ent¬ 
wickelung der gesammten Medicin dieses specielle Gebiet zu pflegen 
und zu bearbeiten. Aber auch auf collegialem Gebiet hat Virchow 
das Banner der Gesellschaft vorangetragen. In der Einleitung zu 
dem dritten Band der Verhandlungen 1848 bezeichnet er als das 
Ziel der Gesellschaft, „dass sich in ihr freie Männer zu einer freien 
Gesellschaft zusammenschaaren, eine Sparkasse zu bilden aus ihren 
Erfahrungen, zu ihrem Frommen und zum Nutzen ihrer Brüder!“ 

J^ er diesen Führern ist die Gesellschaft gewachsen, sie hat 
die Stürme der Zeiten überstanden, die neuen Generationen sind 
den Traditionen der alten treu geblieben. Die Gesellschaft begeht 
ihren 50. Geburtstag mit 176 ordentlichen Mitgliedern, 
p vf S ? er Carl Mayer der Gesellschaft entriss, übernahm 
E. Martin die Leitung; ihm folgte Carl Schröder. Mit ihm 
hat A. Gusserow, mit diesem dann R. Olshausen die Gesell¬ 
schaft geführt. 

Die zehn Begründer standen alle inmitten einer allgemeinen 
vi X1S ’ ^ e . damaligen Vertreter des Faches an der Universität 
schlossen sieh erst nach und nach ihnen an. Wie aber mit 
otaat und Stadt die Universität wuchs, so strömten auch von 
. Universitätsinstituten der Gesellschaft von Jahr zu Jahr 
junge Kräfte in zunehmender Zahl zu, von denen ein grosser Theil 
m Berlin sich ausschliesslich mit der Geburtshülfe und mit der 
m dieser Zeit und unter lebhafter Mitwirkung unserer Gesell- 
fn a ? o Ch - entw ickelnden Gynäkologie beschäftigte. Es wurde 
ur die Schüler der Berliner gynäkologischen Schule zur Gepflogen- 
mt, in unserer Mitte zuerst ihre Arbeiten zu veröffentlichen; die 
hier ihrer harrende Kritik wurde der Prüfstein auf ihren Werth, 
o naben in langer Reihe deutsche akademische Lehrer, von denen 
wir heute noch viele in der Vollkraft ihres Lebens wirken sehen, 
un neben ihnen ihre Schüler unserer Gesellschaft als eifrige Mit¬ 


arbeiter angehört: Credö, Schöller, G. v. Veit, Hecker, 
B. S. Schnitze, die Schüler Busch’s — Frankeuhäuser, Ols¬ 
hausen, Gusserow, von Winckel, Fasbender, Löhlein, 
die Schüler E. Martin’s — Frommei, Hofmeier, die Schüler 
Schröder’s — Runge und Wyder, die Schüler Gusserow’s. 

Um diese heranwachsenden Priester Lucinens und um die 
Schaar ihrer in Berlin theils akademisch thätigen, theils in der 
Praxis stehenden speciellen Fachgenossen hat sich ein stetig wach¬ 
sender Kreis praktischer Aerzte gebildet, der die Entwickelung 
unseres Faches mit lebhaftem Interesse verfolgt, und wie er Be¬ 
lehrung empfängt, es an Anregung zu weiteren Forschungen 
nicht fehlen lässt. 

Gerade diese natürliche Entwickelungsphase hat 1873 zu einer 
Scheidung im Kreise der Gesellschaft geführt, die Mehrzahl der 
specialistisch thätigen Gynäkologen trat unter E. Martin zu einer 
gynäkologischen Gesellschaft zusammen. Nach E. Martin’s 
Tod vereinigten sich beide gleichstrebenden Vereine am 9. Mai 1876 
zu der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologio, 
welche unter C. Schröder sich rasch zu ihrer jetzigen Stellung 
entwickelte und diesen Tag als den Stiftungstag festhielt. 

Ist dabei der Kreis zu gross geworden, als dass Allo das enge 
Freundschaftsband, welches die zehn Gründer umschloss, umfangen 
konnte, so ist an dessen Stelle eine gegenseitige Werthschätzung 
getreten, welche in den Arbeiten der Gesellschaft zum Ausdruck 
gelangt und ihren Verhandlungen ein charakteristisches Gepräge 
aufdrückt. 

Für den Eifer, welcher die Arbeiter erfüUte, den Geist, der 
die Debatte durchdrang — zeugen die Berichte der Gesellschaft, 
welche in den ersten 25 Jahren als „Verhandlungen der ge- 
burtshülflichen Gesellschaft“ herausgegeben wurden. Für 
weitere sechs Jahre bildeten die Verhandlungen den Grundstock 
der „Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie“, welche 
die Gesellschaft herausgab. Von da an sind sio in der „Zeitschrift 
für Geburtshülfe und Frauenkrankheiten“, in deren Fort¬ 
setzung der „Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie^, 
welche die Gesellschaft auf ihrem Titelblatt als ihre Mitarbeiterin 
bezeichnet, zum Abdruck gekommen. 

Auch weiteren Kreisen machen Berichte in der Berliner klini¬ 
schen Wochenschrift und in dem Centralblatt für Gynäkologie die 
Verhandlungen zugänglich. , . 

Die Berliner Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie 
ist die älteste unter ihren continentalen Schwestern; nur die Edin- 
burgher Gesellschaft ist vier Jahre vor ihr entstanden. Von 
allen Seiten kommen zu ihrer Jubelfeier die Fachgenossen nach 
Berlin, um ihr die Beweise ihrer Anerkennung, Werth Schätzung 
und Freundschaft darzubringen. Die grossen deutschen und Ber¬ 
liner medieinischen Vereine nehmen lebhaften An theil an diesem 
50 jährigen Jubiläum; ist doch ein solches auch den wissenschaft¬ 
lichen Gesellschaften nur selten beschieden. 

50 Jahre hindurch in steter jugendlicher Frische, auf gleicher 
Grundlage, den gleichen Zielen nachgestrebt zu haben, das muss 
heute um so grösser erscheinen, als wohl niemals in einem solchen 
Zeitraum eine ähnliche Umwälzung auf wissenschaftlichem e le 
erfolgt ist wie in der Medicin des letzten halben Säeulums. 

Es beweist, 


i aer meinem uea ; T p 

dass die Gesellschaft für Geburtshulfe und by- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19 


414 


näkologie mit ihren Führern allzeit auf der Hochwart gestanden, 
dass sie verstanden hat, die Zeichen der kommenden Zeit zu ver¬ 
stehen und mit rüstiger, nie versagender Kraft die Anregungen, 
welche in dieser Zeit, sei es aus ihrer Mitte, sei es von den Nach- 
bargebieten her ihr entgegengetreten, zu verstehen, in sich zu ver¬ 
arbeiten und bleibende Früchte daraus zu zeitigen. 


Möge der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie zu 
Berlin es beschieden sein, in gleichem Sinne ihre Bahn weiter zu 
verfolgen: dann wird sie mit ihrer Arbeit ohne Hast, aber ohne 
Rast bleiben ein Brennpunkt der gynäkologischen Forschung und 
Praxis, ein leuchtendes Beispiel collegialer Vereinsthätigkeit! 

A. Martin. 


I. Aus der Königlichen Frauenklinik in Breslau. 
Die Principien der ProlapsbeMndlung. 1 ) 
Von Professor Dr. Otto Küstner. 


Die Behandlung des Prolapses ist durchaus abhängig von der 
Form des Leidens. Diese absolute Selbstverständlichkeit bedarf 
dennoch einer ausdrücklichen Betonung. Die grosse Popularität, 
welcher sich die Simon-Hegar’sche Prolapsoperation erfreut, die 
vollendete Durchbildung, welche sie auf Hegar’s Klinik erfahren 
hat, hat ebenso wenig wie Hegar’s Autorität verhindern können, 
dass sich auf dem Gebiete der operativen Behandlung des Vor- 
falles ein gewisser Schematismus ausgebildet hat, welcher meiner 
Ueberzeugung nickt zur Vielgestaltigkeit des Leidens passt und 
welchem entgegengetreten werden muss. Das ist die Aufgabe der 
folgenden Erörterungen. 

Vorfällen, d. h. vor die Vulva treten können verschiedene 
Theile der inneren Genitalien. Es kann die vordere, die hintere, 
es können beide Scheidenwände vorfallen, vorfallen kann ein Theil 
des Uterus, kann das ganze Organ. Betheiligt sich der Uterus 
am Vorfall, so liegt zum mindesten die vordere, häufig auch ein 
grösserer Theil der hinteren Scheiden wand vor; ist die ganze Ge¬ 
bärmutter vorgefallen, so participirt meist auch die ganze Scheide am 
Vorfall. Bekannt ist, dass wir ebenso wie vom Uterus Vorfall, so 
auch vom Scheidenvorfall reden. Correcter wäre die Bezeichnung 
Scheideninversion. 

Der Scheidenvorfall hat verschiedene Bedeutung, verschiedene 
Ursachen. 

Isolirtem Vorfall eines meist nicht umfänglichen Theiles der 
hinteren Sch ei den wand begegnen wir häufig als Folge des in- 
completen Dammdefectes; dabei ragt der charakteristische drei¬ 
eckige, untere Zipfel der Columna rugarum posterior in die Vulva 
hinein und zum Theil aus ihr heraus. Diese Dislocation kommt durch 
die Eigenthümlichkeiten der secunda intentio bei partiellen Damm¬ 
rissen zustande: Die Narbenschrumpfung in der Richtung von innen 
nach aussen lässt den unteren Zipfel der hinteren Scheiden wand tiefer 
und allmählich heraustreten. Sehr häufig stülpt sich in diesen 
Zipfel der entsprechende Theil der Rectumwand hinein, Rectocele. 
Wegen der Länge und Dehnungsfähigkeit der hinteren Scheiden¬ 
wand hat diese Form des Schoidenprolapses eine Dislocation tiefer 
gelegener Theile der inneren Genitalien, also des Uterus, nicht zur 
Folge: dieser bleibt in seiner Normallage im Becken. Aus diesem 
Grunde deckt sich die Correctur dieses Prolapses meist mit der 
des Dammdefectes. Eine rationell ausgeführte Perineoplastik, in 
vielen Fällen am besten nach der von mir Episioplastik genannten 
Methode, beseitigt diese Form des Scheidenprolapses. Bestand der¬ 
selbe längere Zeit und infolge dessen durch Circulationsstörungen 
bedingte Hypertrophie der prolabirten Wandpartieen, so ist die 
Perineoplastik zweckmässig mit einer Resection von überflüssigem 
Scheidenwandmaterial zu verbinden. 

Meist nicht so einfach liegen die Verhältnisse bei isolirtem 
Vorfall der vorderen Scheidenwand. Dieser kann Folge des 
partiellen Dammdefectes sein; seltener ist er Folge des totalen, 
weil hier die Narbe straffer zu sein pflegt. Unter normalen Ver¬ 
hältnissen stützt sich die vordere Vaginal wand, wenigstens die 
untere Partie derselben, auf den vorderen Theil des Dammes: geht 
sie dieser Stütze verlustig, so prominirt sie frei in die Vulva, 
wölbt sich bei stärkeren Acten der Bauchpresse noch weiter vor 
und kann schliesslich denjenigen Tiefstand constant beibehalten, 
welchen sie früher nur bei den Acten verstärkter Bauchpresse ein¬ 
nahm. In dem Scheidenvorfall liegt ein entsprechender Abschnitt 
der Blase. 

Erreicht der so entstandene Prolapsus vaginae anterior keinen 
hohen Grad, so bleibt er ohne Einfluss auf die Stellung des Uterus. 
Andererseits lässt es seine Entstehungsursache aus Dammdefect 
erklärlich erscheinen, weshalb er sich häufig mit Prolapsus vaginae 
posterior vergesellschaftet. 

Die sonst nicht weiter complicirte Form des Vaginalprolapses 
wird häufig durch die Beseitigung der Ursache, durch die Cor¬ 
rectur des Dammdefectes gehoben. Ist die secundäre Hypertrophie 


*) Nach einem Vortrage, gehalten im Verein Breslauer Aerzte am 
8. März 1894. 


der vorderen Vaginal wand zu gross, so ist eine entsprechende 
Colporrhaphia anterior am Platze. 

Häufiger als diese einfache Form des Prolapses der vorderen 
Scheidenwand ist die mit einer Lageveränderung des Uterus com¬ 
plicirte, mit der häufigsten Lageveränderung, mit der Retroversio- 
flexio. Wenn nicht bezweifelt werden kann, dass in diesem Falle 
beide Leiden unabhängig von einander entstehen können, so ist es 
ungleich häufiger, dass sie in einem ursächlichen Verhältniss zu 
einander stehen. Und zwar ist dann fast stets die Retroversio- 
flexio das primäre, der Prolaps der vorderen Scheidenwand das 
secundäre Leiden. Die Retroversio-flexio des Uterus ist gleich¬ 
bedeutend mit Tiefstand des Organs; steht so die Portio vaginalis 
einige Centimeter der Vulva näher, so wird die Vagina verkürzt, 
von der Vaginal wand, welche vorher einen Canal von 7—8 cm 
Länge auskleidete, jetzt nur einen solchen von 4—5 cm Länge zu 
bekleiden hat, wird ein Theil überflüssig, schlägt eine Falte, und 
diese Falte kommt in Gestalt des Prolapsus vaginae anterior in 
die Vulva zu liegen. 

Eine andere Anschauung über die gegenseitigen ursächlichen 
Beziehungen zwischen Vorfall der vorderen Wand und Retroversio- 
flexio lässt die Lageveränderung des Uterus das secundäre sein, 
die vordere Scheiden wand zerre den Uterus nach unten und zwinge 
ihn, sich in die fehlerhafte Stellung zu begeben. Dieser Mechanismus 
trifft nur ganz ausnahmsweise zu, in der Regel ist die Retroversio- 
flexio primär. 

Diese Combination von pathologischen Affectionen: partiellem 
Dammdefect, Descensus vaginae anterior, eventuell auch posterior, 
Retroversio-flexio ist ganz ausserordentlich häufig, stellt ein ganz 
typisches Krankheitsbild in der Gynäkologie dar. Sehr häufig 
findet man dabei noch einen oder zwei tiefere Cervixspalten und 
als Consequenz dieses Lacerationsectropiums und des Cervixkatarrhes 
noch Endometritis corporis uteri. Auch kann letztere die Folge 
der durch die Retroflexion bedingten Stauungsverhältnisse sein. 

Nach der Erörterung über die ätiologischen Verhältnisse ist 
ohne weiteres ersichtlich, dass ohne Lagecorrectur des Uterus die 
Behandlung dieser Form des Vorfalles völlig illusorisch ist. Und 
doch begegnet man derartigen Bestrebungen oder ihren proble¬ 
matischen Resultaten recht häufig. Ich sehe nicht selten Kranke, 
bei welchen wegen dieser Form des Vorfalles vordere, eventuell 
auch hintere Colporrhaphie gemacht und die Retroflexion unbe¬ 
rücksichtigt geblieben ist; gegen das sichtbare, selbst Laien Be¬ 
merkbare, gegen das an die Oberfläche Tretende des Leidens hat 
sich die Therapie gekehrt; die Hauptsache, die Ursache hat sie 
unberührt gelassen, die fehlerhafte Lage des Uterus. Das ist einer 
von den Punkten, welche ich Eingangs dieser Erörterung andeutete, 
v'enn ich von allzu schematischer chirurgischer Behandlung des 
Vorfalles sprach. In vielen Fällen w r äre mit der Behandlung der 
Retroversio-flexio das ganze Leiden auf viel einfachere Weise m 
Angriff genommen worden, hätte allein die Reposition des Uterus 
und die Einführung eines gut passenden Pessars genügt, una 
vorderer wie hinterer Scheidenprolaps wären geheilt gewesen; die 
hypertrophische vordere Scheidenwmnd hätte sich unter dem Eni' 
fluss der wiederhergestellten Normallage des Uterus zurückgebildet, 
die Endometritis ebenso. 

So einfach liegen nun die Verhältnisse nicht immer. Ist es 
die Endometritis hyperplastica, welche, weil zu bedeutend, einer 
besonderen Behandlung bedürftig ist, so ist mit einer Auskratzung 
des Uterus derselben zur Genüge Rechnung getragen; in derselben 
Sitzung wird der Uterus reponirt und ein Pessar eingelegt. 

Ist aber der Prolapsus vaginae anterior zu bedeutend, als dass 
man auf eine ausreichende spontane Rückbildung nach der Reposition 
des Uterus rechnen könnte, ist der Dammdefect zu gross oder die 
entsprechende Narbe zu starr, als dass das consecutive Klanen 
der Vulva sich mit einem Scheidenpessar vertrüge, dann sind 
Scheidenoperationen nöthig. Will man in einem derartigen I alle 
die Hauptsache, das ist die Lagecorrectur des Uterus, auf die 
übliche Weise durch Reposition und Pessar vornehmen, so kann 
die Behandlung einigemaassen complicirt werden. 


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DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


10. Mai. 


Nehmen wir den positiven Fall, es handele sich, wie so häufig, 
um bedeutendere Endometritis hyperplastica, um Lacerations- 
ectropium, um Dammdefect, Descensus vaginae anterior und um 
Retroflexion, so lassen sich recht gut folgende Operationen in einer 
Sitzung machen: Ausschabung, Emmet, Perineoplastik, eventuell 
vordere Colporrhaphie. Die Hauptsache aber bleibt Vorbehalten, 
das ist die Reposition des Uterus und die Einlegung eines Pessars! 
Diese kann man nicht einmal unmittelbar im Anschluss an die 
Heilung der Scheidenoperationswunden, das heisst etwa schon nach 
acht Tagen vornehmen; die noch zu junge, um diese Zeit noch zu 
leicht verletzliche Narbe an der Portio, am Damm verträgt weder 
den Act der Reposition, noch die nothwendige Dehnung durch das 
Pessar, am allerwenigsten die Einführung desselben. Reposition 
wie Pessareinführung sind erst nach genügender Erstarkung dieser 
Narben vorzunehmen, das heisst also nicht vor Ablauf einiger 
Monate. Bis dahin haben sich die Kranken noch mit ihren Retro- 
flexionsbeschwerden abzufinden, das heisst, obwohl operirt, ver¬ 
spüren sie von ihrer Cur nicht den geringsten Nutzen. Das ist 
also zum mindesten recht unpraktisch. 

Derartigen Fällen gegenüber verfuhr ich daher früher häufig 
so, dass ich den Uterus ausschabte, den Emmet unterliess, dafür 
das entsprechende Lacerationsectropium mit dem Glüheisen eauteri- 
sirte, den Uterus reponirte, ein passendes Pessar einlegte und dann 
vor dem Pessar die entsprechende Perineoplastik machte. So war 
das Nothwendigste in einer Sitzung beendet. Nach der Heilung 
der Plastik konnten die Kranken definitiv entlassen werden, 
brauchten nicht zur Reposition und Pessarbehandlung wiederzu- 
kommen. Derartiges Verfahren machte der Fernzügigkeit der 
Kranken, welche in Russland ja keine Grenzen kennt, die genügenden 
Concessionen. Dem Uebelstand, dass man vielleicht prima vista 
nicht das richtige Pessar traf, war leicht dadurch abzuhelfen, dass 
man die Behandlung mit dem Ausprobiren des Pessars begann 
und erst operirte, wenn das zweifellos passende gefunden war. 
Aber selbst trotz grosser Sorgfalt, selbst wenn das Pessar noch 
so gut gewählt war, habe ich gelegentlich beobachtet, dass sein 
unteres Ende die noch frische Episioplastikwunde insultirte. Also 
immer wieder eine Collision zwischen dem operativen und dem 
orthopädischen Theil der Therapie. 

Dieser empfindlichen Collision ist nur auf eine Weise abzu¬ 
helfen. Man muss für die Orthopädie, d. h. für die Pessarbehandlung 
eine Operation substituiren! Und gerade darin sehe ich den Haupt¬ 
vortheil der operativen Behandlung der Retroflexion, dass man 
neben ihr einer Reihe von anderen operativen Indicationen, welche, 
zufällig oder durch die Lageveränderung des Uterus bedingt, im 
Bereiche des Genitaltractus bestehen, genügen kann, dass so die 
missliche, zeitraubende, unter Umständen das ärztliche Können 
geradezu compromittirende Collision zwischen Scheidenoperationen 
und Pessai’therapie ausgeschaltet wird. Wenn diejenige Operation, 
welche ich im Auge habe, sich in gleicher Weise bewähren wird wie 
bisher, so kann sie in den Händen eines operirenden Gynäkologen 
das Gebiet der Pessartherapie bedeutend einengen; die Pessar¬ 
therapie aus der Welt schaffen wohl nicht. Man wird also beide 
Gebiete gegen einander abgrenzen und wird Indicationen für 
Operation einerseits und für Pessartherapie auf der anderen 
Seite fonnuliren müssen. Sollten bei dieser Abgrenzung Lieb¬ 
habereien der Kranken ganz ausser Acht und nur objective Mo¬ 
mente gelten gelassen werden, so würde ich sagen: Von den be¬ 
weglichen Retroversion-flexionen kann man die ganz uncomplicirten 
mittels Reposition und Pessar behandeln. Sind neben der Retro- 
ilexion Defecte an der Portio und an der Vulva zu corrigiren, so 
ist es am einfachsten, die Pessartherapie fallen zu lassen und für 
sie die Operation zu substituiren. Alsdann macht man alles in 
einer Sitzung resp. während einer Narkose, also z. B. bei erheb¬ 
licher Endometritis hyperplastica, Lacerationsectropium, Perineal- 
netect: Ausschabung, Emmet, Retroflexionsoperation, Episio- resp. 
"enneoplastik. 

Von allen den Operationen, welche bisher erdacht sind, den 
retrovertirt-fleetirten Uterus normal gelagert in Normallage oder 
«nnahernd in derselben zu erhalten, ist nach meiner Erfahrung 
n chst der Ventrifixation die Mackenrodt’sche bei weitem am 
leistungsfähigsten.. Dieses Bekenntniss ist das Resultat von vielem 
erumprobiren mit eigenen Plänen und fremden Methoden, die 
J l J 1 ®'-^ ( i ai ä , ßphe Operation eingeschlossen. Die Macken- 
soi Operation ist auch der Dührssen’schen vorzuziehen, sie 
^• ii ln klareres, übersichtlicheres Operationsfeld; und das ist 
r viel werth. Ich habe bis jetzt einige 60 Mackenrodt’sche 
DnrÜ+i! 1611 gemacht i auch ich habe, wie die aus meiner Klinik in 
erfni * le ^ vor Kegangene Publication v. Knorre’s ausweist, Miss- 
Es it • wogegen ich jetzt ein wandsfreie Resultate erziele, 
von S iT ü S 0 - e ^ enso gegangen wie den anderen Operateuren, 

weichen Berichte über diese Operation vorliegen, wie Winter, 


415 

wie Mackenrodt selbst. Dieser Umstand rechtfertigt eine kurze 
Abschweifung auf das Gebiet der speciellen Technik. 

Nachdem ich auch mit Modificationen, welche später in der 
bekannten Discussion zwischen Mackenrodt und Winter aus¬ 
führlich zur Sprache gekommen und als verlässlich dargestellt 
worden sind, nicht immer ganz den gewünschten Erfolg hatte 
änderte ich weiter in einem Punkte, und das war entscheidend! 
Nach dom üblichen Längsschnitt zwischen Urethral willst und Portio 
nach Abtrennung der Blase von der vorderen Scheidenwand, dem 
Uterus und der Plica vesicouterina führe ich die Nadel nicht durch 
die letztere, sondern ich eröffne das Peritoneum breit, fasse das 
Corpus uteri mit oiner feinen Hakenzange, ziehe es in die Wunde 
und lege durch das Corpus uteri zwei oder drei Silkwormgutsuturen, 
diese durch den vorderen Winkel der Vaginalwunde und knüpfe sie 
in der Vagina. Der übrige Theil der Wunde wird mit Catgut ge¬ 
schlossen, und zwar werden von diesen Nähten auch noch drei oder 
vier durch den Uterus selbst geführt. Die Silkwormgutnähte 
werden nach fünf bis sechs Wochen entfernt, eine kleine Operation, 
welche keine specialistische Gewandtheit erfordert und jedem Arzte 
zugemuthet werden kann. Andernfalls kann man dem Winter¬ 
ten Vorschläge folgen, wie ich es jetzt häufig thue, und die 
Silkwormgutfäden versenkt legen. Von diesen Nähten lege ich die 
oberste in die Mitte der vorderen Wand des Corpus uteri, nicht 
höher, oder, um Missverständnissen vorzubougen, welche aus mangel¬ 
hafter Kenntniss über das Verhältnis der Peritonealanheftung am 
Corpus uteri zur Lage des inneren Muttermundes erwachsen, ich 
lege die oberste dieser Nähte l l /- 2 —2 cm unterhalb des Fundus 
uteri. auf der Peritonealseite gemessen. So lässt man im Heilungs¬ 
falle dem Uterus eine geringe, aber immerhin einige Beweglichkeit 
und schafft für das Resultat günstigere Chancen, als wenn man das 
Corpus uteri zu nahe dem Fundus fasst und so den fixirenden 
Nähten durch die dem Uterus aufgezwungene stärkere Biegung 
nach vorn resp. unten eine zu starke Spannung zumuthet. Nur 
wenn der Descensus resp. Prolapsus vaginae anterior mit zu be¬ 
deutender Wandhypertrophie einhergeht, verbinde ich die Macken¬ 
rodt’sche Operation zugleich mit einer Resection der vorderen 
Vaginalwand. Das eo ipso zu thun, wie Winter vorschlägt, ist 
zur Sicherung der Rechtstellung des Uterus nicht nöthig. 

Diese Andeutungen über die Mackenrodt’sche Operation, wie 
sich dieselbe bei mir gestaltet hat, werden dem Leser und be¬ 
sonders demjenigen genügen, welcher an der Entwickelung dieser 
Operation dasselbe Interesse genommen hat wie ich selbst und 
wie es diese Operation meiner Ansicht nach unbedingt verdient. 
Auf angegebene Weise operire ich seit August vorigen Jahres, 
d. h. es fallen die ersten Operationen nach dem angegebenen Ver¬ 
fahren noch in meine Dorpater Zeit, jedoch sind dieselben von 
Dr. v. Knorre nicht mit publieirt. In Breslau habe ich seit An¬ 
fang November 27 Mackenrodt’sche Operationen gemacht; nur 
in einem Falle habe ich die Plica vesicouterina nicht breit er¬ 
öffnet, und das ist der einzige, welcher im Resultat zu wünschen 
übrig lässt, wenn er auch keinen eclatanten Misserfolg darstellt; 
hier habe ich die Nadel durch die Plica vesicouterina durchgeführt, 
habe den Uterus blind fixirt, bin nach der allgemein geltenden 
Vorschrift verfahren. Alle anderen Fälle haben in der Lagecorrectur 
des Uterus tadelloses Resultat ergeben. Hoffen wir, dass es nach 
Jahresfrist noch ebenso ist! 

Eine wesentlich andere Beurtheilung müssen diejenigen Pro¬ 
lapse erfahren, bei welchen ein Theil des Uterus oder das ganze 
Organ vor der Vulva liegt; eine wesentlich andere Beurtheilung, 
soweit es sich um die Detailfragen der Therapie handelt. Der 
Kernpunkt aber einer rationellen Therapie bleibt meiner Ueber- 
zeugung und Erfahrung nach derselbe, das ist: Ebenso wie bei 
den Scheidenprolapsen, wolcho mit Retroflexion complicirt sind, 
eine nachhaltige Lagecorrectur des Uterus die Hauptsache ist, 
müssen wir uns bei den Uterusprolapsen in allererster Linie die 
Aufgabe stellen, den Uterus nicht nur im Becken, bezugsweise 
im Leibe, sondern ausserdem noch in normaler Anteversio-flcxio 
zu halten. 

Alle Uterusprolapse entstehen aus Retroversion-flexionen: 
d. h. allen Uterusprolapsen geht ein Stadium voraus, wo der Uterus 
zwar noch im Becken liegt, aber bereits in seinen normalen Be¬ 
festigungen gelockert ist; diejenige Stellung, welche der Uterus 
dann einnimmt, wenn ilm seine normalen Befestigungen, d. h. die 
Muskulatur des Mesometriums, fallen lassen, ist eben die Retro- 
versio eventuell Retroversio-flexio. Jeder Praktiker kennt aus 
seiner Erfahrung Beweisfälle für diesen Grundsatz; jeder kennt 
Frauen, besonders aus dem Proletariat, aus der arbeitenden Klasse 
mit Prolaps, an welchen er vor Jahren Retroversio-flexio con- 
statirte, welche aber einer Pessarbehandlung von vornherein unzu¬ 
gänglich waren oder eine solche eigenmächtig durch Entfernen 
des Pessars illusorisch machten und so das gelockerte Organ einer 


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416 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19 


weiteren schädlichen Einwirkung des ahdeminalen Druckes aus- 
setzten. Die Rückwärtslagerung ist die einzig mögliche ?’ 

aus welcher heraus der Uterus das Becken verlassen kann, 
normaler Stellung kann er nicht aus dem B ®* 6I !p®J^! 10 J“’ vor . 

Da die Retroversio-flexio nicht selten mit Prolaps der vor 
deren Scheidenwand complicirt ist, denselben zur Folge hat so ist 
die vordere Scheidenwand dasjenige, was zuerst vor der Vul 
erscheint und so bei oberflächlicher Betrachtung der D nge die 
Anschauung erweckt, als ob sie unabhängig von einer fehlerhaften 
Deviation den Uterus nach sich heraus zöge. 

Dass andererseits ein derartiger Mechanismus stattfindeni kann, 
ist nicht zu leugnen; aber er ist selten. Und wenn er sich ab¬ 
spielt, auch dann zieht die vordere Scheidenwand die Vagmalpor- 
tion nach der Vulva zu tiefer und den Uterus erst “ e1 “® 
welche zum mindesten Retroversion ist, welche der Bauchpresse 
den Fundus und die vordere Wand preisgiebt und dieser Kraft 
gestattet, das Organ in der Axe der Vagina aus dem Becken her- 

UUSZ n“' leugnen ist ferner, dass in wenigen seltenen Fällen 
das Primäre des Prolapses eine Hypertrophie der Portio oder der 
Portio supravaginalis ist. Dieso ist es dann, welche, wegen ihrer 
Länge von der Lage der Vagina abhängig, das Corpus uteri zwingt, 
sich ihr anzupassen; dasselbo legt sich nach hinten, biegt sich bei 
normaler Flexibilität nach hinten um, es entsteht ebenfalls Ketro- 
versio, äussersten Falles Retroflexio. , 

Auch muss bei den ganz vereinzelten Fällen von acut ent¬ 
stehendem Prolaps, hei welchen vorher nachgewiesenermaassen und 
zweifelsohne die Stellung des Uterus normal war, dieser, bevor er 
das Becken verliess, sich in Retroversion gestellt haben; allerdings 
geschah dies hier plötzlich, nicht wie gewöhnlich allmählich. 

In den Fällen endlich von Totalprolaps, in welchen wir — 
auch das ist recht selten — das völlig ausserhalb des Beckens 
im Prolaps liegende Organ in Anteflexion antreffen, ist der Uterus 
in Retroversionsstellung dem Becken entwichen und hat sich erst 
unten im Prolaps angekommen, von jeder Zwangslage befreit, in 

Anteflexion gestellt. ,. . ... 

Alle diese Verhältnisse sind zuerst und bisher in unuber- 
troffen klarer Weise von B. S. Schultze in seiner Pathologe 
und Therapie der Lageveränderungen des Uterus dargestellt (o. loZn.) 
worden. In einer Zeit, in welcher die Lageveränderungen des Uterus 
dank der Möglichkeit, ihnen in ausgiebigerer Weise operativ nahe 
zu troten, an Interesse gewinnen, scheint es geboten, dieses classi- 
sclie Buch ganz besonders zum Studium principiell wichtiger Ver¬ 
hältnisse zu empfehlen. , T 

Also nochmals zu betonen: Die Retroversio-flexio ist das Vor¬ 
stadium des Prolaps; begnügt sich die Therapie nur mit dem Zu¬ 
rückhalten des Vorgefallenen, so verweilt der Uterus zunächst in 
Retroversio-flexio im Becken; aus dieser gefährlichen Stellung aber 
tendirt das Organ immer wieder zum Prolabiren. Man darf also 
mit der Therapie nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern 
muss den Uterus reponiren und zugleich in normale Anteversion- 
flexion bringen und in dieser Stellung erhalten. 

In einer Reihe von Fällen ist dies mit Hülfe von Pessaren 
möglich. Meist muss man dieselben aber recht voluminös gestalten, 
oder man muss ihnen eine Form geben, welche ein Aneinanderliegen 
der Vaginalwände verhindert, ein permanentes Einstreichen von 
Luft in die Vagina zur Folge hat; Unzuträglichkeiten, welche mit 
anderen bekannten zusammen der relativ geringen Anzahl von 
Prolapsen gegenüber, welche einer ausschliesslichen Pessarbehand¬ 
lung zugänglich sind, die Leistungen der operativen Behandlung 
in noch glänzenderem Lichte erscheinen lassen. 

Diejenigen Methoden der Prolapsoperation, welche man bis 
zum heutigen Tage als die herrschenden bezeichnen kann, sind auf 
der ursprünglichen Simon’schen Operation aufgebaut; sie machen 
sich zur Aufgabe, die Vagina denkbarst zu verengen, ausserdem 
den Uterus von unten her durch Resection eines mehr oder weniger 
umfänglichen Stückes zu verkleinern. Das grösste Verdienst um 
die Ausbildung der Methode gebührt unstreitig He gar. Diejenige 
Modification, welche am ausgiebigsten und consequentesten die an¬ 
gestrebten Formen Veränderungen der Genitalien — Verengung der 
Vagina und Verkürzung desUterus — erzeugt, rührt vonFritsch her. 

Darüber, dass mit der Verfolgung dieser Principien Erfolge erzielt 
worden sind, kann keinen Augenblick Zweifel bestehen. Publicationen 
ausser anderen aus Hegar’s undFritsch’s Klinik dienen als Be¬ 
lege. Ebenso wenig aber kann es zweifelhaft sein, dass diese Erfolge 
wesentlich in einem Zurückhalten der vorher prolabirten Genitalien 
hinter der Vulva bestanden. Wie, in welcher Stellung der Uterus 
hinter dem künstlich verengten Scheidenrohr verharrte, kann eben¬ 
falls nicht zweifelhaft sein; er hat retrovertirt-flectirt im Becken 
gelegen, wenn nicht irgend welche Zufallskräfte ihn daran ver¬ 
hinderten. Jedenfalls schafft eine Operation, welche in Portio- 
reseetion, vorderer und hinterer Colporrhaphie besteht, kein Moment, 


welches den Uterus zwänge, sich in normale Anteversio-flexio zu 
stellen in dieser Stellung zu verbleiben. Ja von der Portioresection 
könnte man sogar eher den gegenteiligen Effect erwarten. 

Hat man so durch gedachte Operation den Prolaps m eine 
Retroversion verwandelt, so bleibt diese weiter bestehende Lage¬ 
veränderung der schwache Punkt der eingeschlagenen Therapie. 
Rein theoretisch betrachtet, kann eine Rückwärtslagerung ein 
schwereres Leiden darstellen als ein Prolaps. Es schlossen sich 
an dieselbe nachgewiesenermaassen leichter pelveoperitonitischo, 
perisalpingitische, perioophoritische Processe an eis an den Pro¬ 
laps. Diese sind es, welche in empfindlicherer Weise das Wohl¬ 
befinden zu stören vermögen als die Unbequemlichkeit des Vor¬ 
falls. Darüber, dass das gerade bei derartigen, nach Prolaps¬ 
operationen entstandenen, bezugsweise zurtickbleibenden Rückwärts¬ 
lagerungen häufiger der Fall gewesen wäre, ist nichts bekannt. 
Bekannter sind die mechanischen Störungen. Der retrovertirte 
Uterus liegt in der Richtung der, wenn auch noch so sehr durch 
die Colporrhaphie verengten Scheide; der constante wie der 
durch die Willkür verstärkte intraabdominale Druck treibt das 
Organ stets in der Richtung, in welcher es leicht oder, wie aus¬ 
einandergesetzt, allein die Scheide, bezugsweise das Becken ver¬ 
lassen kann, und droht so früher oder später dasRecidiv des Pro¬ 
lapses zu erzeugen. . , „ 

Es lie^t mir fern, an die Resultate, welche aus Hegars, 
Fritsch’s und anderen Kliniken über Prolapsoperationen berichtet 
sind, kritisch heranzutreten. Thatsache ist, dass danach Recidive 
aufgetreten sind, denn wenn es nicht so wäre, so müssten die Be¬ 
strebungen, an derartigen Methoden zu ändern und zu bessern, 
unterblieben sein. Man hätte sich mit ihnen absolut zufrieden er¬ 
klären müssen. Eine Umschau in der Litteratur erweist das 

Gegenth ^ Uterus aus dieser gefährlichen, das Dauerresultat 
bedrohenden Stellung zu befreien, wäre das einfachste Mittel, nach 
Colporraphie und Portioresection die Behandlung der Retroversio- 
flexio in üblicher Weise vorzunehmen, d. h. das normal gelagerte 
Organ durch ein Pessar zu stützen. Das Pessar könnte man dann 
allerdings wieder nicht vor genügender Erstarkung der Operations¬ 
narben appliciren. Diesen Vorschlag hat Schultze gemacht, ich 
habe früher nach demselben gehandelt. 

Ein Mangel dieses Verfahrens ist angedeutet. Die Behandlung 
dauert recht lange. Das wäre zu verschmerzen. Weiter aber ist 
evident, dass das Pessar auch nach genügender Erstarkung der 
Operationsnarben dieselben immer wieder dehnt und die durch 
die Colporrhaphieen erzeugte vortheilhafte Verengung der Vagina 
allmählich wieder illusorisch macht. 

Diese Uebelstände bewogen mich im Jahre 1888 zuerst mit 
den Colporrhaphieen diejenige Operation zu verbinden, durch welc e 
ich dem Uterus eine dauernde Anteversions-flexionsstellung geben 
konnte, das heisst ich machte bei Uterusprolaps zuerst die Ventri- 
fixation und in derselben Sitzung eine ausgiebige vordere un 
hintere Colporrhaphie. Schon die ersten Resultate waren im 
höchsten Maasse ermuthigend, und so ist es gekommen, dass iese 
Methode für mich die fast ausschliesslich bevorzugte Prolaps¬ 
operation wurde. Nur ganz ausnahmsweise griff ich einmal au 
ein anderes Verfahren zurück, seltener in der Ueberzeugung grossere 
Leistungsfähigkeit, meist nur um meiner Stellung als khmsener 
Lehrer gerecht zu werden. Meine Dorpater Erfahrungen besenne 
ich vor zwei Jahren in einem in dieser Zeitschrift erschienenen 
Artikel, ausserdem in meinen Grundzügen der Gynäkologie; S1 ® lie ^ 1 ! 
jetzt detaillirt in der Dissertation von Dr. Baron v. ^. n £. , ar , r 
vor. In Dorpat sowohl, wie an dem überreichen Material 
Breslauer Klinik hat sich bisher bestätigt, was die Resultate e 
ersten Operationen vor sechs Jahren versprachen: ich habe, sow 
ich die Fälle weiter controlliren konnte, keinen Misserfolg au z ■ 
weisen. An und für sich ist dies auch nicht weiter zu verwun er , 
ebenso wie der retrovertirt-flectirte Uterus um seiner ote ug 
willen schliesslich prolabiren muss, so ist der antevertirte um sei 
Stellung willen definitiv vor dem Prolabiren geschützt. U er 111 
abdominale Druck verkleinert, d. i. verschärft mit jederverstar 
den Phase den Winkel, welcher zwischen Scheiden- und Uteru * 
besteht und wirkt so auf das Organ nicht hinausdrängend, son . 
geradezu befestigend. Das ist ein statisches Grundgesetz, we 
keine Ausnahme erleidet. • u* 

Die blosse Ventrifixation aber ohne Colporrhaphie ist 
ausreichend. Das haben schon die Versuche anderer Opera • » 

als deren erster P. Müller zu nennen ist, erwiesen. Die Va £J 
wände sind, wenn der Prolaps lange Zeit in ausgedehnterer 
bestanden hat, zu voluminös, die Vulva ist zu weit, der “. e 
boden zu schlaff, als dass nicht ohne diese Operation em gro® ^ 
oder geringerer Vaginalprolaps weiter bestehen könnte, 
müssen verengende Operationen vorgenommen werden. 1° ^ 

die Colporrhaphie an der vorderen Wand nach Hegar, an 


Dijjitized hy Gck igle 


Original fro-m 

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10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


hinteren promiscue nach Hogar oder Freund gemacht, selten 
nach Simpson-Tait; dabei bleibt zuviel Gewebe zurück.* 

Für absolut überflüssig halte ich jede verkürzende Operation 
am Uterus in den Fällen, wo die Hypertrophie der Portio die Folge 
des Prolapses ist; das heisst in den weitaus meisten. In der ganz 
überwiegenden Mehrzahl ist die Hypertrophie der Cervix Folge 
des Prolapses, Folge der Circulationsstörung durch Dehnung und 
Drehung des Mesometriums, mit einem Worte Oedem, welches nur, 
weil chronisch und hart geworden, als solches palpatorisch nicht 
oder schwer zu erkennen ist. Zum Theil ist die Elongatio cervicis 
auch Folge der Zerrung des prolabirten Organs auf der einen, der 
Ligamente im Becken auf der anderen Seite. Jedenfalls ist soviel 
sicher, dass diese Verlängerung der Cervix nach der Reposition 
und Rechtlagerung des Uterus in kürzester Zeit verschwindet oder 
jedenfalls auf ein Minimum reducirt wird. Von dieser Thatsache 
kann man sich sehr leicht überzeugen, wenn man mit der Sonde 
den Uterus misst, das Organ reponirt in normale Antevereio-flexio 
bringt, in dieser durch Pessar oder Tampon erhält und dann nach 
acht Tagen wieder misst. Der vorher 12 bis 15 cm lange Uterus 
ist auf 9 bis 10 cm, also fast zur Norm veijüngt. Wozu also 
eine Resection vornehmen, eine unschöne Verstümmelung, wenn 
allein durch die Rechtlagerung eine gleich grosse Verkürzung in 
kürzerer Zeit erzeugt wird als die Resectionswunde zu ihrer 
Heilung bedarf? Die Veijüngung des oft ja unförmigen cervicalen 
Theiles des Uterus erfolgt nach der Reposition in allen Dimen¬ 
sionen, die oft auch in der Breite und Dicke ganz erheblich 
vergrösserte Portio bildet sich in kurzer Zeit zu der normalen 
gracilen Form zurück. 

Ebenso passiv kann man sich den Geschwüren an der Portio 
gegenüber verhalten. Diese sind entweder Decubitus oder, und 
auch das ist nicht selten, sie sind Risse, entstanden infolge der 
Zerrung, welche die harte unnachgiebige Haut der Portio durch 
das Gewicht des Prolapses erfährt. Ihre EntstehungsUrsache macht 
es verständlich, wenn sie nach der Reposition sehr schnell spontan 
abheilen und somit ein Cauterisiren oder Operiren zum mindesten 
als überflüssige Heilbestrebungen erscheinen lassen. 

Auch die vielfach geübte Ausschabung mache ich beim Prolaps 
nicht eo ipso und habe weder stärkere Blutungen noch schleimige 
Secretion später beobachtet. 

Was die specielle Technik betrifft, so beginne ich mit der 
Ventrifixation. Ich führe die fixirenden Nähte durch Fascie, Muskel 
und Peritoneum der Bauch wand und durch die vordere Wand des 
Uterus, versenke diese und schliesse darüber den Rest der Bauch¬ 
wunde. Zu allen Bauchnähten, besonders aber zu den ventri- 
fixirenden, verwende ich Silkwormgut. Nur wenn wegen der Dicke 
der Bauchdecken Etagennaht indicirt ist, nehme ich, dann aber 
nur zur Vereinigung der Bauchwunde Catgut. Zur grösseren Be¬ 
quemlichkeit fasse ich den Uterus mit einer eigens dazu construirten 
stumpfen Zange, welche eine schmale, ungefensterte und eine breite, 
gefensterte Branche besitzt. Die schmale ungefensterte Branche 
kommt an die vordere Wand zu liegen, um sie herum lassen sich 
leicht die Uterusnähte führen. 

Nach der Ventrifixation wird die Kranke an den Rand des 
Operationstisches gerückt oder auf einen Operationsstuhl placirt 
und dann die vordere und hintere Colporrhaphie ausgeführt. Dazu 
verwende ich nur Catgut. Die Kranken verlassen nach etwa drei 
«ochen das Bett bezugsweise die Anstalt. 

?* esen Principien verfahre ich jetzt dem Prolaps gegen- 
F M /fiterem Studium lasse ich es Vorbehalten bleiben, ob das 
rold für die Mackenrodt’sche Operation zusammen mit vorderer 
und hinterer Colporrhaphie zu Ungunsten der Ventrifixation mit 
vorderer und hinterer Colporrhaphie erweitert werden kann. Das 
aber muss nochmals betont werden, die Resultate, welche mit 
entnfixation und vorderer und hinterer Colporrhaphie erzielt 
werden, lassen eine Aenderung des Verfahrens nicht nöthig, also 
oni auch kaum erwünscht erscheinen. 

I Ausführlicher kritisch auf andere operative Verfahren gegen 
en rrolaps einzugehen, liegt nicht in meiner Absicht. Nicht vef- 
ägen kann ich mir jedoch, meiner Genugthuung darüber Ausdruck 
dass ’ ' w * e *** ^ er ersten Nummer dieses Jahrganges dieser 
d p ™ zu lesen ist, ein um das Studium und die Verbesserung 
r rrolapsoperationen so verdienter Autor wie Frits ch zu Gunsten 
Vo . n mir . über ein Lustrum geübten und vertretenen Prolaps- 
P rauon sein Verfahren, besonders die Totalexstirpation, nur auf 
jenjgen Ausnahmefälle einzuschränken gedenkt, wo der Prolaps 
tion TT Leiden com PÜcirt ist, welches allein schon diese Opera- 
daas TT ^ 8e lbst bin, wie gesagt, dessen bereits sicher, 
tion J*A der _p°lP 01 Thaphie zusammen Olshausen’s Ventrifixa- 
feiert ^ ^ em ^b^te der Prolapstherapie die grössten Triumphe 


417 

II. Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik 
in Berlin. 

Zwei Fälle von centralem Dammriss. 

Von Dr. Friedrich Matthaei, Assistenzarzt. 

Die Zeit, in der eine Controverse über die Möglichkeit eines 
centralen Dammrisses unter der Geburt stattfinden konnte, ist seit 
der Polemik zwischen Moreau und Capuron vorüber. Das Vor¬ 
kommen einer solchen Verletzung wird heute nicht mehr bezweifelt. 
Dass aber ein derartiges Geburtstrauma, verbunden mit der Aus- 
stossung der Frucht durch den Riss, ein immerhin seltenes Er¬ 
eigniss ist, geht aus einer von Hohl 1 ) in seinem Lehrbuch der 
Geburtshülfe gemachten Bemerkung hervor. Er sagt dort p. 629; 
„Wir selbst haben einen centralen Dammriss mit dem Durchgehen 
des Kindes durch denselben nie beobachtet und würden die Mög¬ 
lichkeit in Zweifel ziehen, wenn nicht glaubhafte Autoritäten selbst¬ 
beobachtete Fälle mittheilten.“ 

Die ersten Fälle dieser Art sind nach den Angaben, -welche 
Birnbaum 2 ) in seiner sehr ausführlichen Arbeit macht, mitgetheilt 
von Bianchi 3 ) und Violet 4 ), aber erst die Beobachtungen von 
Nedey in Besan^on und Coutouly 6 ) zogen die Aufmerksamkeit 
der Fachgenossen in höherem Grade auf sich. 

Den ersten Fall von Centralruptur des Dammes mit Durch¬ 
tritt des Kindes durch den Riss verdanken wir Luroth. 6 ) 

Seitdem haben sich die in der Litteratur mitgetheilten Fälle 
dieser Art auf eine stattliche Anzahl vermehrt, welche aber doch 
noch als klein bezeichnet werden muss im Verhältniss zu der von 
Aerzten überhaupt beobachteten Zahl von Geburten. 

In den letzten Jahren machte Charpentier die Frage der 
centralen Dammruptur auf Grund von vier eigenen Beobachtungen 
zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung und stellte aus 
der gesammten Litteratur 56 authentische Fälle zusammen. 7 ) 
Diesen Mittheilungen fügte Delcroix 8 ) noch weitere 18 ein¬ 
schlägige Beobachtungen hinzu, so dass eine Gesammtzahl von 
74 gut beobachteten Fällen zusammengetragen ist. Unter diesen 
wurde eine centrale Ruptur des Perineums neunmal bewirkt durch 
den Ellenbogen oder den Fuss des Kindes, 24 mal entstand der 
Dammriss durch den vorangehenden Kopf oder Steiss. In allen diesen 
Fällen konnte die Geburt auf natürlichem Wege beendigt werden. 
Dagegen trat 38 mal die ganze Frucht durch die Dammöffnung 
aus. In drei Fällen muss die Art der Beendigung der Geburt 
als nicht genau festzustellen bezeichnet werden. 

Ausser den soeben angeführten Fällen fand ich in der ein¬ 
schlägigen Litteratur der letzten Jahre Beobachtungen über centrale 
Dammrissse mitgetheilt von; Bigelow,9) Coe, 10 ) Ashton, 11 ) 
Marta. 12 ) 

Die von Kaltenbach 13 ) gemachte Mittheilung kann man 
streng genommen nicht zu den centralen Dammrissen rechnen, 
sondern muss sie als eine der selten vorkommenden Rupturen des 
Septum recto-vaginale bezeichnen, da der eine Fuss des in Steiss- 
lage geborenen Kindes aus dem Anus heraustrat. Doch ist der 
Mechanismus der Geburt in Kaltenbach’s Fall sicher ein be¬ 
sonderer, analog den Verhältnissen, welche beim Zustandekommen 
einer Centralruptur des Dammes eine Rolle spielen, und es ist daher 
diese Beobachtung von Werth für das Verständniss der Aetiologie 
der centralen Dammrisse im engeren Sinne. 

Die erwähnte Seltenheit des Vorkommens einer Ruptura 
perinei centralis mit Austritt des Kindes durch den Riss mag die 
Vermehrung der Casuistik um zwei Fälle rechtfertigen, welche 
kurz nach einander in der Universitäts-Frauenklinik zur Beob¬ 
achtung kamen. 

*) Hohl, Geburtshülfe 1862. 

а ) Birnbaum, Ueber die Verhältnisse des Dammes in Bezug auf 
seine Verletzbarkeit in der vierten Geburtsperiode und die centrale Zer- 
reissung im Besonderen. Schmidt’s Jahrb. 1843, p. 49. 

3 ) Citirt von Birnbaum: Bianchi, De naturali humani corporis 
morbosaque generatione, p. 107. 

4 ) Citirt von Birnbaum aus: Pouteau, M61anges de Chirurgie. 

5 ) cf. Baudelocque, Anleitung zur Entbindungskunst, übersetzt 
von Meckel. Leipzig, 1786, Theil 1, p. 138. 

б ) cf. Birnbaum 1. c. p. 50. 

9 Charpentier, De la rupture centrale du perin^e. Arch. de tocol. 
1885, p. 963 und ff. 

8) Delcroix, Etüde surlarupture centrale duperiinÜe enaccouchements. 
These de Paris 1891. 

») Centralbl. f. Gvnäk. 1878, p. 287. 

,0 ) Centralbl. f. Gynäk. 1889, p. 84. 

ll ) Lancet 1889, 28. September. 

,a ) Frommei, Jahresber. 1889, p. 532, Rottura centrale del perineo; 
episiotomia ed episio-perineo-plastica-rafia. Riv. venet. di scienz. med. 
Venezia 1889, Bd. XI, p. 268. 

l3 ) Centralbl. f. Gynäk, 1883, p. 457. 


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418 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Erwähnen muss ich hierbei, dass ich allerdings persönlich den 
Geburtsverlauf nicht zu sehen Gelegenheit gehabt habe, doch waren 
die Mittheilungen der Augenzeugen so exacte 1 ) und der Befund 
an den Genitalien so unzweideutig, dass an der Richtigkeit der 
Diagnose, centraler Dammriss und Geburt des Kindes durch den¬ 
selben, in keinem der beiden Fälle gezweifelt werden kann. 

Ich lasse kurz die beiden Krankengeschichten folgen, deren 
Veröffentlichung mein hochverehrter Lehrer, Herr Geheimer Rath 
Professor Dr. Olshausen mir gütigst gestattete: 

Fall 1. Frau F., 34 Jahre alt, hatte zweimal (1881 und 1885) aus¬ 
getragen normal geboren. Im Anschluss an das erste Wochenbett hatte 
sich ein geringer Descensus der Vagina ausgebildet, welcher nach dem 
zweiten Puerperium zu einem erhebliche Beschwerden verursachenden 
Scheidenvorfall wurde. Patientin unterzog sich daher in einem hiesigen 
Krankenhaus im Jahre 1888 einer Prolapsoperation, welche alle Beschwerden 
beseitigte. Nach dieser Operation kam Patientin zum ersten mal wieder am 
4. Februar 1894 nieder. Der zur Geburt hinzugerufene Arzt fand die 
Frau in ausserordentlich heftigen Wehen und constatirto einen kleinen 
Einriss in der Mitte des Dammes, in welchem ein Fuss des in Steisslage 
befindlichen Kindes sichtbar wurde. Noch bevor eine Untersuchung mög¬ 
lich war, zerriss der Damm in grosser Ausdehnung, und das Kind wurde 
aus dem Riss heraus bis zum Nabel geboren. Eine weitere kräftige 
Wehe trieb die Frucht vollends aus bis auf den Kopf. Der kindliche 
Rücken war nach der Symphyse gerichtet, aus der engen unverletzten 
Vulva sah das Hinterhaupt hervor, unter welchem ein Stück Damm¬ 
gewebe den Nacken des Kindes bedeckte. Die Nabelschnur pulsirte 
nicht mehr, es wurde daher schonend und langsam der Kopf ebenfalls 
durch den Riss extrahirt ohne Verletzung der zwischen hinterer Com- 
missur und vorderem Wundwinkel stehen gebliebenen Gewebsbrücke. 
Maasse und Gewicht des gut entwickelten Mädchens entsprachen den 
Durchschnittszahlen eines ausgetragenen Kindes. 

Die Untersuchung der sofort uns zugeschickten Frau ergiebt folgen¬ 
den Befund: 3 cm hinter der vollkommen intacten hinteren Commissur 
beginnt ein weit klaffender, 9 cm langer, bis zum Sphincter ani reichender 
Riss. Die Ränder desselben sehen zerfetzt und gequetscht aus und klaffen 
nach rechts und links soweit, dass die ganze Hand bequem eingoführt 
werden kann. Man gelangt, mit der Hand eindringend, unter einer 3 cm 
langen, 1 cm dicken, hinter der hinteren Commissur stehen gebliebenen 
Brüeko in die Vagina, deren Introitus vollkommen intact, sehr eng und 
straff ist und keinerlei Spuren einer kürzlich stattgefundenen Geburt auf¬ 
weist. Ebenso ist der Sphincter ani unverletzt. Auf dem intact ge¬ 
bliebenen Daramrest findet sich an Stelle der Rapho eine glatte, derbe 
weisse Narbe. Eine zweite, weisso, circa markstückgrosse Narbe von 
strahliger Ausdehnung findet sich an dem untersten Theil der hintoren, an 
der Grenze gegen die Dammhaut abgesprengten Scheidenwand. Die 
hintere Scheidenwand selbst zeigt zwei tiefe Einrisse; einen kurzen circa 
3 cm langen rechtsseitigen und einen circa 7 cm langen links gegen die 
Symphyse zu etwa bis zur Mitte der Basis des Labium minus sinistrum hinauf 
reichenden. An der Vaginalwand ist ausser der erwähnten Narbe keine 
Spur einer früheren Verletzung zu entdecken. Die Beschaffenheit der 
beiden Vorgefundenen Narben, welche wohl zweifellos von der vor sechs 
Jahren vorgenommenen plastischen Operation herrühren, lässt die Ver- 
muthung zu, dass die damals gesetzte Dammwunde per primam, der 
unterste Theil der Scheidenwunde per secundam intentionem geheilt ist. 
Die Behandlung bestand in Schluss der Wunden theils durch Catgut¬ 
knopfnähte, theils durch fortlaufende Etagencatgutnaht nach Entfernung 
der mortificirt aussehenden Gewebsfetzen. Vier tiefgreifende Silkworm- 
nähte dienten zur Entspannung der Wunde. Patientin machte eine fieber¬ 
lose Reconvalescenz durch; die Wunde heilte per primam bis auf eine 
für einen Bleistift noch sechs Wochen nach der Verletzung durchgängige 
Pcrineovaginalfistel, welche vom vorderen Wundwinkel ausgehend unter 
der stehen gebliebenen Dammbrücke in die Vagina führte. Die nach 
Ablauf des Wochenbettes vorgenommeno Messung des Dammes liess eine 
Länge von 7,5 cm constatiren. Die Maasse des Beckens ergaben folgende 
Zahlen: D. sp. 24 cm, D. ver. 27 cm, D. tr. 32,5 cm, Conj. ext. 18 cm. 
Der bchambogen ist weit, die Kreuzbeinaushöhlung zeigt keine Besonder- 
beiten, Promontorium tief stehend eben mit zwei Fingern erreichbar. Die 
Neigung des Beckens in aufrechter, ungezwungener Haltung, die Füsse 
parallel neben einander gestellt, nach dem Vorgang von Prochownick 2 ) 
gemessen, liess einen Winkel gegen den Horizont von nur 34° erkennen. 
Also eine bedeutend geringere Neigung als die für eine normale Becken¬ 
neigung berechneten Durchschnittszahlen angeben. 


F a H 2. Der zweite Fall betrifft eine 25 jährige gesunde Frau T 
llJ.-para. Die beiden ersten Geburten normal, ohne Kunsthülfe. Ii 
siebenten Monat der zweiten Gravidität zog sich Patientin eine Verletzun 
der beneide zu durch einen Fall auf das Perineum. Nach den Angaboi 
welche der Arzt damals der Patientin gemacht hat, soll es sich um „ein 
j-joslosung der m ihrem unteren Theil zerrissenen Scheide von der Un 
gebung gehandelt haben. Die Wunde heilte unter Beobachtung von Beti 
ruhe m einigen Tagen ohne Naht. Am normalen Schwangorschaftsend 
ertolgto spontan die Geburt eines lebenden reifen Kindes. Die dritt 
Geburt, bei welcher die uns interessirende Verletzung erfolgte, soll rapid 
verlaufen sein. Unter zwei kräftigen Presswehen wurde der Kopf de 
Kin( M?L ai1 < J Gn Damm getrieben. Der Damm wurde ungemein weit voi 
gewölbt und stark verdünnt, so dass er dem Kopf „kappenartig“ au: 


crntiJ irm^i 3rren , D< °F ei \ Da ! mer ™d Zimmer bin ich für c 
gütige Mitthoilung der Geburtsnotizen zu grossem Danke verpflichtet. 

) Arch. f. Gyn. Bd. 19, Heft 1, p. 1 u. ff. 


No. 19 


sass. Bevor es gelang, den Kopf stärker in die Vulva hineinzudrüeken 
und die hintere Commissur zurückzuschieben, platzte der ausgezogene 
Damm in seiner Mitte unter einer dritten kräftigen Wehe, welche bei 
heftigem Mitpressen der Kreissenden das Kind in Hinterhauptlage durch 
den Riss austrieb. 

Bei der an demselben Tage in die Klinik aufgenommenen Frau 
lässt sich folgender Status constatiren: Vulva eng, Haut und Schleim¬ 
haut derselben vollkommen unverletzt. An der hinteren Commissur be¬ 
findet sich eine kleine Narbe, herrührend wahrscheinlich von dem Fall 
auf das Perineum. Auf dem Damm findet sich, ca. 2 cm hinter der 
hinteren Commissur beginnend und bis zum Anus reichend, ein Riss, 
von welchem aus die ganze Hand in die Vagina eingeführt werden 
kann. Links neben der Vulva setzt sich der Riss auf der äusseren Haut 
nach aufwärts bis zum Präputium clitoridis fort derart, dass das Labium 
majus sinistrum bis auf einen schmalen Gewebsstreifen an der hinteren Com¬ 
missur und eine ca. daumendicke Brücke in der Gegend des absteigen¬ 
den linken Schambeinastes, von seiner Umgebung abgesprengt, wie 
ein dickes Septum zwischen rechtem Vulvarand und linksseitigem 
äusseren Wundrand herabhängt. In der Vagina finden sich zwei Risse; 
ein kleinerer rechtsseitiger und ein langer linksseitiger. Letzterer ver¬ 
läuft in seiner ganzen Ausdehnung parallel mit dem links neben der 
linken grossen Schamlippe befindlichen Hautriss, vollkommen mit diesem 
communicirend, so dass das linke Labium majus von seiner Unterlage in 
einer Ausdehnung von ca. 7 cm abgehoben ist. Sofortige Vereinigung 
der Risse mit fortlaufender Etagencatgutnaht. Heilung erfolgte per pri¬ 
mam mit glatter derber Narbenbildung. 

Die Untersuchung des Beckens liess keine Anomalieen erkennon. Es 
handelte sich um ein in allen Dimensionen durchaus normales Becken. 
Die Beschaffenheit der Weichtheile nach erfolgter Heilung wies ebenso 
wenig ein abnormes Verhalten auf. Die Neigung des Beckens, auf die¬ 
selbe Weise wio beim ersten Fall bestimmt, zeigte einen Winkel von 
55 0 gegen den Horizont. 

Was nun die Aetiologie dieser eigenthümlichen Geburtsver¬ 
letzung betrifft, so erscheint gerade im ersten Falle diese Seite 
der Beobachtung von besonderem Interesse, insofern, als sich hier 
mehrere Momente vereinigt finden, welche von den Autoren als 
disponirend für centrale Dammrupturen angegeben werden. Es 
liess sich ausser einer erheblich unter die Norm herabgehenden 
Neigung des Beckens (34°) eine sehr bedeutende Länge des 
Dammes nachweisen (12 cm unmittelbar nach der Geburt, 7,5 cm 
nach Ablauf des Wochenbettes); dazu kam ein sehr enger Introitus 
vaginae, das Vorhandensein von Narben am Damm, eine ausser¬ 
ordentlich stürmische Wehenthätigkeit und die Stellung des Kindes 
zur Geburt in Steisslage. Alles Momente, welche schon bei ver¬ 
einzeltem Vorkommen bei derselben Person als disponirend für 
centrale Dammrisse angesehen zu werden pflegen. 

Wenn Charpentier sich in Gegensatz stellt zu der Ansicht 
der meisten anderen Autoren und als ätiologisches Moment für 
das Zustandekommen einer centralen Dammruptur eine geringe 
Beckenneigung nicht gelten lassen will, sondern statt dessen „die 
übermässige Höhe der Symphyse mit der daraus resultirenden 
fehlerhaften Lage der Vulva nach vorn und oben“ beschuldigt, so 
erscheint der Causalnexus hierbei nicht richtig. Die abnorme 
Lage der Vulva nach vorn und oben ist nicht abhängig von der 
abnormen Höhe der Symphyse, sondern von der geringen Neigung 
des Beckens gegen den Horizont. Liegt eine Person, bei der man 
einen geringeren Beckenneigungswinkel constatirt hat, als die 
Norm ist, mit geschlossenen Schenkeln in horizontaler Rückenlage, 
so ist von der Vulva ein grösserer Theil sichtbar als bei ganz 
normal gebauten Individuen, die Symphyse mag in solchem Falle 
hoch oder niedrig sein. Kommt zu einer solchen fehlerhaften 
Beckenneigung noch eine abnorme Höho der Symphyse hinzu, so 
wird diese einen weiteren prädisponirenden Factor für eine centrale 
Dammruptur dadurch abgeben, dass die Rotation des voran¬ 
gehenden Kindestheiles unter dem Schambogen hervor schwerer 
und später zustande kommt und daher der Druck auf den Becken¬ 
boden längere Zeit dauert. Es wirken also beide Momente zu¬ 
sammen in demselben Sinne. Dieses Abhängigkeit sverhältniss der 
Lage der Vulva von der Neigung des Beckens war auch in un¬ 
serem ersten Fall deutlich erkennbar, während eine abnorme Höhe 
der Symphyse nicht nachgewiesen werden konnte. 

Einen unserer Beobachtung fast vollkommen analogen Fall 
theilte Kaltenbach mit, wie schon oben erwähnt. Die von ihm 
dort gegebene Erklärung für das Entstehen der Ruptur ist ausser¬ 
ordentlich plausibel und lässt sich wörtlich auf Frau F.’s Verletzung 
anwenden. Er sagt 1 ): „Ist der Damm sehr breit, die Neigung des 
Beckens eine geringe — so bildet zweifellos das Bestehen einer 
Beckenendlage an sich ein weiteres begünstigendes Moment für 
das Zustandekommen einer Centralruptur.“ „Die Drehung des 
Steisses gegen die Vulva hin geht schon unter normalen Verhält¬ 
nissen bei der geringen seitlichen Beweglichkeit der kindlichen 
Lendenwirbelsäule nur langsam vor sich.“ Je weiter daher dm 
Vulva nach vorn und oben gerichtet ist, desto schwerer wird 


1 ) 1. c. p. 458. 


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10. Mai. .. . DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


419 


unter sonst gleichen Bedingungen der Steiss in die Scliamspalte 
eintret.cn können. Dauert nun der Druck des Steissos länger«' 
Zeit an, oder ist die Wehenthütigkeit eine so stürmische wieT in 
unserem Fall, so kann auch bei einem intactcn und widerstands¬ 
fähigen langen Damm eino Perforation des Perineums zustande 
kommen. Dass es sich im Fall 1 um einen abnorm langen Damm 
und einen besonders engen Seheidenoingang handelte, geht aus 
dom oben Mitgetheilten hervor. Der (Irund für dieses abnorme 
Verhalten ist leicht ersichtlich, wenn man bedenkt, dass bei 
plastischen Stdieideiidammoperationen wegen Vorfalls der läuteren 
Scheidenwand der Operateur, in dem Bestreben, der Patientin eine 
möglichst grosse Sicherheit gegen ein Becidiv zu schallen, einen 
extrem hohen und langen Damm mit möglichst engem Introitus 
vaginae zu bilden sucht. Ich selbst beobachtete einmal, als ich 
hei einer Frau, welche eine Prolapsoperation dmvhgemnclit hatte, 
eine Geburt mit der Zange beendigte, eine Ausdehnung dos Dammes 
während der Zangentractionen auf 17 cm: eine Länge, welche wohl 
hei einem natürlichen Damm nicht leicht erreicht werden dürfte. 

Wie weit die Narben, welche durch die Prolapsoperation 
gesetzt waren, im vorliegenden Fall eine Rolle gespielt haben, 
lässt sich schwer entscheiden; doch liegt die Yermuthung nahe' 
dass an derjenigen Stelle, an welcher 61-1311™^^™$$$^ häufig 
trotz exaeter Naht kleine Deliiscenzen der Operationswunde ein¬ 
zutreten pflegen, — an der Ueborgangsstelle zwischen Vaginal- 
srhleiinhaut und Dammhaut. - auch bei Frau F. eine prima 
i ideal io nicht erzielt ward. Diese Annahme erscheint gerechtfertigt 
wegen der an dem untersten Th eil der hinteren Vaginalwand Vor¬ 
gefundenen Hachen Narbe. Hatte sieb an dieser Stelle eine Ver¬ 
tiefung im Gewebe gebildet, so war es leicht möglich, dass der 
schnell verrückende Steiss sieh hier wie in einer Art Tasche fing, 
einen Theil des Narbenbindegewehes sprengte und sieh dann einen 
Veg quer durch den Damm bahnte unter den üusserst heftigen, 
von starkem Mitpressen der Kreissenden begleiteten Wehen. 

Im Gegensatz zu der im ersten Fall klaren und durchsichtigen 
Aetiologie sehen wir uns im zweiten Fall einer gewissen Schwierig¬ 
keit gegenüber bei dem Versuch, eine genügende Erklärung für 
das Zustandekommen der Verletzung zu gehen. 

Regelwidrige Verhältnisse von seiten der knöchernen Geburts- 
wege konnten nach keiner Richtung hin festgestellt werden: es 
killt somit dasjenige Causalmomont fort, welchem ich die grösste 
Bedeutung beizumessen geneigt bin: die geringe Neigung des 
Beckens. Die Beschaffenheit der W eichtheile, spoeiell des Dammes, 
war vor der Ruptur nicht untersucht worden und licss auch, als 
der hall in unsere Beobachtung kam. ein Abweichen von der Norm, 
welches einen genügenden Grund für die Deutung des Ereignisses 
altgehen könnte, nicht erkennen. 

. Es Bleibt demnach nur übrig, vcmiuthungswebe die prädispo- 
mrende Ursache in den durch den Fall auf das Perineum ge¬ 
setzten Veränderungen am Damm und am S< heideneingang zu 
•Riehen. Möglicherweise handelte es sieh bei der seinerzeit er- 
tolg-fen „Loslösung der Scheide von ihrer Umgebung“ um eine 
A «Sprengung der hinteren Scheidenwand von der Dämm haut in 
der Gegend der hinteren Commissur. eine Verletzung, welche häufiger 
a-i iraumen durch stumpfe Gewalteinwirkung am Perineum vor- 
■omnit. Begünstigend kam jedenfalls auch hier wie im erstell Falle 
1 m auftscrordentliel 1 stürmische Wehenthatigkeit hinzu, welche mit 
< ui 1 les.swehen das Kind zu Tage förderte. Es muss angenommen 
J'.'-nLn, dass der mit grosser Gewalt, gegen den Damm getriebene 

, 11 Stelle das Narbengewebe auseinandertrieb. hier sich 

! m »ohrte und hierdurch, sowie durch den üusserst schnellen Gc- 
jui sverlauf an der Rotation unter der Symphyse hervor gehindert, 
|ien Damm in seinem hinteren Abschnitt perlnrirte. Per'kindliche 
U 1 • dessen Araasse leider nicht zur Verfügung stehen, soll eine 
■ 11 'imrinalo Grösse gehabt haben. Demgemäss erfolgte jedenfalls 
jj U j ! p .' ° 1T ücken des Kindes nicht entsprechend dem gewöhn- 
< n.n Gehurtsmecdianisnius. Dass diesem Umstand zusammen mit 
\ s , llI ’ In . ls< ‘h ( ' n AVehenthätigkeit wohl der ITauptantheil zuzu- 
j] ( ' n 1 J^geht mit A\ ahrscheiiilichkeit daraus hervor, dass bei 
i zweiten Gehurt bei einem normalen langsamen (Jebiirtsverlauf 
'noi mal grossem Kindeskopf eine Ontralniptur nicht, zustande 
\ nnnen var, während doch schon damals die durch den Fall 
- ( ‘>'*tzte Narbe bestand. 

von lI(M1 ^ s * ier t>r ' v äJiiiten ätiologisdien Albumntcn werden 

,1 e' lN du(Hlenen Autoren die Verse hie (lensten Verhältnisse für 
fr esi»i- iM .i ' C UT 'i. °* D( * S i-^nHalen Dammrisses als begünstigend an- 
Gno s 0 V' n - Scanzoni, 1 ) dass prädisponirend wirken: 

Kreuzbeinkrümmung und starkes Zurüekweiclien 
Aohnf ■] naf '^ hinten, Vorderhauptslage, enger Sehambogen. 

" 1 s P r ^chen sich mit einigen Afodificationen Lange,-) 


Zweitel,') Birnbaum, 2 ) u. a. aus. Delcroix*) erwähnt die Er¬ 
haltung eines straffen Hymens und führt ausser einem eigenen Fall 
einen von Sla viansky-Grenstrand') und einen von Beverly 
1 ° t\ au ’ in ,lonen 1)oi iidactheit des Hymens die Geburt durch 
den Damm erfolgte. Mckcrttschia ntz G ) glaubt, dass auch ein zu 
weiter resp. zu niedriger Scham bogen denselben Effect haben könne. 

Bei Berücksichtigung der angeführten ätiologischen Momente 
ergiebt sieb derjenige Theil der Therapie, welcher sich mit der Pro¬ 
phylaxe beschäftigt, von selbst. Das Bestreben des Geburtshelfers 
wird sieh darauf richten, den vorliegenden Kindestheil so bald als 
möglich durch die Vulva zu entwickeln unter möglichster Ent¬ 
lastung der gefährdeten Dammgegend. Dass hierzu die von Ols- 
hausen empfohlene Expression dos Kopfes vom Rectum aus ein 
besonders _ geeignetes Verfahre« sein dürfte, besonders wegen der 
Alöglichkeit, cs ohne Zeitverlust in Anwendung zu bringen, er¬ 
scheint plausibel. Ist genügend Zeit vorhanden, so glaube'"ich mit 
I Dl .sh a usen, Charpentier, Delcroix u. a. a., dass in diesem Falle 
I die Zange als gutes Dammsohutzmittel ausnahmsweise betrachtet 
werden muss. Allerdings beweisen zwei Fälle von Charpentier, 
sowie einzelne Beobachtungen anderer Autoren, dass auch die Zange 
nicht immer imstande sein wird, die Centralruptur zu verhüten. 
Charpentier erwähnt,') dass, während er den Kopf mit der Zange 
zu entwickeln suchte, eine sehr kräftige Wehe, begleitet von Mit¬ 
pressen der Kreissenden den Kopf direct durch die Mitte des 
Dammes trieb, derart, dass die Zangengriffe fast seiner Hand ent¬ 
glitten wären. In seinem zweiten Falle entstand ein centraler 
| Dammriss beim Aufbiegen der Griffe, Beide Male konnte die Ge¬ 
burt durch die Vulva beendet werden. 

Handelt es sieh um eine Steisslage, so wird man durch einen 
energischen Zug an der vornliegonden Hüftbeuge gegen die Sym¬ 
physe hin mit dem Finger oder der RungoCschen Schlinge hei 
lebendem Kinde, event, mit dem stumpfen Haken bei todtein Kirnte 
den Damm zu entlasten suchen. 

Um die etwa vorhandene fehlerhafte Beckenneigung so viel 
wie möglich auszuschalten, dürfte cs sich empfehlen, bei herab- 
hängeudon Beinen der Kreissenden zu operiren. Man bringt hier¬ 
durch die Vulva mehr nach hinten und unten in die Gegend, auf 
welcher bis dahin der Druck dos vorangehenden Kindestheilos 
lastete, und wird in dem Bestreben, diesen in die Vuli« zu bringen, 
unterstützt. 

Rationell erscheint es, nach dem Amrschlage von Delcroix 
zur Ausschaltung des gefährlichen Alitpressens der Kreissendeu 
eine möglichst tiefe Narkose einzuleiten. 

Sieht man trotz aller Bemühungen den Damm in seiner Mitte 
auseinanderweichen, so muss das von Charpentier angeratheno 
Verfahren der rücksichtslosen Durehtrennung der vorderen Gewebs- 
brüoke als allein zweckmässig befolgt werden. Alan wird auf 
diese Weise vielleicht ein Weiterreissen des Risses durch den 
Sphiiicter ani noch verhindern können. Zu dieser Maassregel wird 
man sieh um so leichter entschlossen bei der Ueberlegung, dass nach 
erfolgter Ceutralruptur es sieh für alle Fälle empfiehlt, die stehen 
gebliebene Dammbrüeke zu durehselmeiden, wenn man an die An¬ 
legung der Nabt geht. Die blutige Naht wird wie für die ge¬ 
wöhnlichen Dammrisse auch für diese A’eihdzungen das allein in 
Betracht kommende therapeutische Verfahren bilden. Je exaeter 
diese angelegt wird, desto grösser wird die AValirscheinliehkeit 
einer primären Heilung werden; die Exacthc.it der Naht hängt mit 
der bequemen Orientirung auf dem meist flicht zerfetzten und un¬ 
übersichtlichen Operalionsfeld eng zusammen. Diese Orientirung 
wird nach Spaltung der Gewehshrüeke sicherlich erleichtert, und 
ich halte daher diese Maassregel auch in jenen Fällen für indicirt, 
in denen Yeit s ) anrätli, das stehen geblichene Erenulum, wenn es 
dick und fleischig ist. zur Naht zu benutzen. Nach der in meinem 
ersten Fall gemachten Erfahrung habe ich bedauert, mich nicht an 
die von Charpentier gegebene Regel gehalten zu haben, und 
halte den Mangel eines totalen Schlusses der Wunde durch prima 
intonfio für bedingt dundi eine unrichtige Adaptirung zusammen¬ 
gehöriger Flächen: ein Fehler, welcher sieh bei genauer Orientirung 
mit Sicherheit leicht hätte vermeiden lassen. 

') Zweifel. Lehib. d. Geburt sh.. 1880. p. 108. 

-) 1. c. p. 40 u. ff. 

3 ) 1. c. p. 50. 

‘) Arch. de toeol.. 1888, p. 245. 

ä Bost, med. Jmim.. 1874. No. 5. 

ß ) Zerreissumren und Schutzmittel des Hammes. Arch. f. Gyn.. Bd. 20, 

11. 2. p. 85. 

7 ) 1. e. p. 082. 

G 1\ Al iillcr. Geburtshülfe. Bd. II. p. 100. 


' ‘^ennzoni. Ucl.rb. d. Gcburlshülfc 1807. Bd. II. pau. 827. 
J Uehrb. d. Geburth.. 180s. p. 854. 


Digitized by 


Gougle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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kiii «T.ijp i'.M ' .l' T rtlu»!i lihi-r -3<• •• i ! .rt(d;v »J^rurÜ{}'«’)* Ui?*'- : l>iv- f Vfiehii':i' hiv KAPpcV^'t/^'icht and L'fiiic 

ycrhr'sr^i Th]**: (^ifrufivimu rjich* isi, ^uv «'irwiaitouit nioV^ •: /iiuVmm.Mivn, i'TiVia.'i \vtrt» läft.dHdlu- Avl^iitrh. Auvl» ider ^«hf! rimi 

ridH]!>•<’»!■ .{'*]’t,h«‘ils müssen wir tip*v»j-f'ib* Ki'sueu Au^ljeltsj i bf« l{rii Lt-i‘!a;?M den diu s^nU-.rt:-.. B^udiftAar* dir'-hr ; , «)rw«:?Innv'j’>ji 

au'ur dniiürmiuv r.ihtrolle jiulton •md' n.u h Abi:nO ; liinUk<vr ^uit - i ^eliua. and eine xiumiivU {>mt?v ihn dds.-.lbvt fixmu\d‘ • ii^' mm 

fitti««' iitiiiire von ««öfem wieder uns. Ikfiwvk vi rsrlriviiru; ilini. i *1«» >>"«■ UUi'-tvr. »rwrfti.»«-« «i,.;h »t-fstf a«9|w«R* f#»««. THf^t 

«ü Wird O» WiiSlrUi sein, *u enkUidden, wVldint.: \Vi«mi der i «rmflwn )•■«'«>.. dre wm durrU 

«ntMihr», mein Wos m H«»s w( ..• «•m»m-ti«. i «n- il(i . ]nUt ,,, ü M. st i„„ii. ^KmM 

Wild«;. a»r Ji letewietlerknlir ijer R,>t,roll(?*m. ^ufn audi m Hwiiü j (; l .|©:rmmrr.mit ikn [Mniuru ,m ,H,fJ{iair ; 1 1 w, 1 | 1 ,}. ( rr.nrüt liai fite mjfidui 
öui/WU; 'tm^evig m :e|ttnr w " ■ ’ * * ‘ - - • • 

stimmten : fixirt^t Tiiiku^itiiv 

Snliwanft'n^elts^y GntnaM uml ; 'WaniÄhßti.; 

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vinsrirn..!.!,,.:., Metuodon eperuie l .,ll, vor. K*t,-pflexi« «tr.n mH i,, it! .„ S, i,,,iu wii ..<1 o „ u d ».■>( „.!■■ r V„. !al!. des rntr'oflac'Urtra 
tHMf olnir beulettemlfiii SchnLtkuiprüjlö-p^, <Ue es ukr l»ej d< r Kiuxö ■ ^ — » ■ » . -kv, . .... • •* < : :m v.r:..:«s-.^u*' 

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Krhi Fj^nr wie»'' }>UfAittgu Irfili d<ift ?' Opofs.U«*■ «bgblßiti'i. - ■'■•• 

Fnf'iun i.in vrscUiuui np>i rm :t>. JAnnn-t wktkr und kiagt iöt/it ti«w 

>iwb»fHi^hebn Kf)rr{tuu>sdbitjarx*'ij. »n»d ^jl^i!T«scliwd(v>» Es 

yai (olölnr_ Vorfuil’ des iHnr»!#;: aik iuM(*rt:n:'-:TjWiöj>'U<:ul^bw*5?i f .-stö« 
pei'utiiviit, fvvndii^er Hihyimkul«:r.rli..ihit,jpr»rK^%- r -1 hüt>utiovn**iij' uniific-•_. 

Nnbet .1 rtiigennVtmjv mul /)r111rher B* f biA»#1 u»*a des BUsfniknUu'Tivs wir»! 
sin HeiiV'bVrPsui>l» d\jnj:ty uueh" Tfiöi'A ^ 

ajrtfiUl; vrut^go .'hjnjjir 1. Hsjfg vtrü def ) ? i olftps tikditde niossirtu 

t-’ i^virt^ti nvjifiiim-1.;. , . -. ^ ; >*tid $V(£v ^ftüufvder <mH 0/*^ 

W ejttrn, 'iiesnf- C<I{‘ä *^3.1. F 1 «'j«rH- T ir ISK8 Vr^jU'tilKatTojri Vr»r|’kii üine. Sliiü;j'% nneVi 1 dei* ^'eilun, dass vier Bt-tfßddP ?iiFbw- 

\)hm tW rtöraw tenpi 
eine büs>tjrf; v i.md nt- 

äen ‘.tt tdbrns gftust; 

iTt (( ... ,,.. ||HIPipipi9RPHHHHI : . . iiPiiliiL , -.r Ü Sfelfeip yi^: 

Bur .!iuii;.i»ysvcr>aiU uiu ^buii'r; die |‘uhe«tfe. 

t srl.a^g ynv 14.; 1 {.^v- drs 15ett„' ilea’ Hnhn^riydiy.Ätkü-ift 

WfjVvffi 1 ^ 4 -'^cuyajftAm ^ . 

<vUHlu .^a Jin f>r< si.uui! .\rr/Ju- \ rr.un v-trui'is.» il(. Siv s*;li hJlHuuul »ris, I. JiMDAf* Ufitt dar < ;i-n»! t i. sles* i.»ru*«;'kt:N und BüdUi'fk^sps'■ 2 ‘Jin. Prjtliytftt. 

|d.!R .su »iuctivcii PuMdiW^-iiin wurm» vurscjiwendmi sie knmik 'be-liHatr '; vuriuv-n tvnr. Am-P Mn 'iftSO Wu-b irnf.?.-.Uu.-den Ht;d y.innjHub sei»^;^K 
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» uiiretH hMdt', (In- J J oru»v rtir-kl '-.narli-vni*!U die BiuSn Jbli'ddik4lHU^ v -yi‘ni. • wiöd^r berehunn: nbar die .Kjra-nlav b)t«b ''büid-'&u€"-»iH4 : 

und ZU jauduu ^Jtwi.dbs Glrrus !Wiuk {)iY»>fUkei. uHi ; -ini .Tum .lNf.0 Mie..ki-, nunmehr zur Opundidn hu«MÜ. Vier FrüUjjS 

_ t|Oi'M>ih, : univ Zu.stmid linrkd -sic.h n».?ii hoi rin» W*f«:IJu„ü am :.v.< ^|. da. id,rni, uneun .udinns^ud nnd vn.r-.iielik wio )b •• 

U.mMdum üen Id. Jnmud In, r,, !U i,^ t Ä» 

AuhuHbere besubyerduitei- nnil lourn dh»*;,?»cMif-grmt Arhuitei 

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10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


421 


zum 12. Tage. Sechs Wochen später Colporrhaphia anterior 
mit breiter ovaler Exeision und Damrnplastik. Patientin kann 
nunmehr längere Strecken gehen, obwohl eine inzwischen hinzugekommene 
Tabes (auf luetischer Basis) die Bewegungsfähigkeit wesentlich herabsetzt; 
sie kann auch leichte häusliche und Handarbeiten machen und hat vor 
allem vollständige Hamcontinenz, während früher der urinöse Geruch 
den sie um sich verbreitete, sie allen Anderen unerträglich und ihr das’ 
Auffinden von Arbeit last unmöglich machte. Seit 1892 tritt hei stärkerem 
Pressen die vordere Scheidenwand hühnereigross hervor; jedoch stört 
dies die Patientin nicht wesentlich. 

Fall 4. Pauline P. Totaler Prolaps beider Scheidenwände 
Dicker bandförmiger Strang an der linken Seite der Scheide 
(Abreissung bei einer Entbindung). Hochgradige Retroversio- 
flexio uteri infarcti. Starke Cystocele, geringe Rectocelc 
Vollständige Arbeitsunfähigkeit, Vaginofixatio uteri nach 
Mackenrodt. Dabei ausgiebige ovale Resection der vorderen 
Scheidenwand. 14 Tage später Colporrhaphia posterior mit 
Resection der hinteren Scheidenwand und Dammplastik. 
Glatte Heilung und vollständige Wiederherstellunff der 
Arbeitsfähigkeit. 

Frau P., 42 Jahre alt, hat drei Entbindungen und vier Aborte durch¬ 
gemacht. Der Prolaps trat zum ersten male vor zwei Jahren, nach 
einem Fall mit einer schweren Last, hervor; er vergrösserte sich seitdem 
derart und machte solche Beschwerden, dass die Frau, eine ländliche 
Tagearbeiterfrau, seit ’/a Jahr erwerbs- und arbeitsunfähig war. Der 
klinische Befund war der in der Ueberschrift geschilderte. Am 18. August 
1893 wurde die Vaginofixatio uteri und Colporrhaphia anterior genau nach 
Mackenrodt’s Angaben (Centralbl. f. Gynaek. 1893, No. 29) gemacht; 
14 Tage später die Colporrhaphia posterior und Dammplastik. Als Patientin 
acht Wochen nach der ersten Operation zwecks Entfernung der beiden, 
den Uterus fixirenden Seidenfäden sich wieder vorstellte, war sie beim 
besten Wohlbefinden und hatte schon seit drei Wochen ihre ländliche 
Arbeit (auch Jäten, Graben etc. in gebückter Stellung) ohne Beschwerden 
wieder aufgenommen. Der Uterus, erheblich verkleinert, lag antevertirt- 
flectirt, die Menstruation war pünktlich und ohne Abnormität eingetreten, 
kein Blasentenesmus. Bei der Vorstellung, ca. sechs Monate nach 
der Operation, lag der Uterus gleichfalls noch antevertirt- 
llectirt und zeigte eine gute Beweglichkeit. Füllung der 
Blase mit l'/a Liter Wasser verstärkte die Anteflexion, ver¬ 
mochte aber in keiner Weise den Uterus zu retroponiren oder 
retrov ertiren. Von der stark hypertrophisch gewesenen hinteren 
bcheidenwand war bei der zweiten Operation zu wenig resecirt worden; 
es ragte deshalb ein etwa taubeneigrosses Bürtzel aus der Vulva heraus, 
ohne jedoch Frau P. hei Bewegungen oder bei der Arbeit im geringsten 
zu stören. 

Ich habe seit diesem ersten Falle, den ich nach Macken¬ 
rodt’s Methode operirte, dieselbe wiederholt angewendet und keine 
\eranlassung gefunden, sein Verfahren zu modificiren. Der 
Heilungsverlauf und der Erfolg waren immer gleich gut; ob der 
letztere auch ein dauernder bleiben wird, muss eine länger fort¬ 
gesetzte Beobachtung lehren. Die Bedenken, die Fritsch (Ventro- 
fixation und Vaginofixation, Deutsch, medic. Wochenschrift 1894, 
k £ e £ ei1 ^ ese Methode ausspricht, sind zunächst nur rein 
theoretische, durch klinische Thatsachen nicht gestützte. Die 
Druck- und Zerrungsbeschwerden bei allen von mir durch Vagino- 
nxation operirten Patientinnen Hessen von dem Augenblicke an 
nach, wo der Uterus richtig gelagert und ein etwa compHcirender 
bcheidenvorfall beseitigt war. Die Füllung der Blase vermag, wie 
ich experimentell nach wies, den vaginofixirten Uterus wohl stärker 
zu antevertiren-flectiren, aber ihn nicht wieder in Retroversions¬ 
öder Prolapsstellung herunterzudrücken. Aehnliche theoretische 
Bedenken machte vor Jahren in einer Sitzung der medicinischen 
ction der Schlesischen Gesellschaft Herr Geh.-R. Fritsch geltend, 
as ich gegenüber der von ihm damals warm befürworteten vagi¬ 
nalen Totalexstirpation und Resection der Scheide wegen Scheiden- 
terusvorfall die Ventrofixation des Uterus mit nachfolgender 
ocneidendammplastik als schonender empfahl. Herr Fritsch 
meinte damals, die Ventrofixation sei in solchen Fällen unthunlich, 
ei bei der hier meist vorhandenen erheblichen Verlängerung der 
ortio supravaginalis der Uterus unnatürlich hoch, zuweilen „nahe 

-' wer ‘chfell“ an der vorderen Bauchwand angenäht werden 
müsse. Heute ist Herr Geh. Rath Fritsch (cf. 1. c. pag. 7.) von 
%„^ e ? re ^ sc h en Erwägung zurückgekommen und hält es 
VWf p . richtiger, statt der Totalexstirpation bei Vorfall die 
F.i« mit Excision der Scheide, die in ihrer Form und 

unction erhalten bleibt, zu machen. 

für Fan 6 ^ ac k en rodt’sche Vaginofixation halte ich besonders 
verirr- 6 V f° n ^ ie ^ eny örfall, Vorfall mit Retroflexion des secundär 
Win w- SS6 r 6n V^ 1 ’ 118 un( f grösserem oder geringerem Dammdefect, 
es ^,^ U8 ^ än< ^ e c °mbinirt so häufig gerade bei Frauen der 
armpn p 6n ^ a ^ sen Anden, für indicirt. Wir geben dadurch diesen 
wenn m raUen möglichst kurzer Zeit (längstens drei Wochen, 
und n an T .* c ^ j e ^ immer — Vaginofixation. Kolporrhaphie 
ErwprW*IÜ* ^ einer Sitzung macht) ihre volle Arbeits- und 
änigkeit wieder, ohne sio in die geringste Gefahr zu 


bringen. Die Ventrofixation ist immer mit einer Laparotomie ver¬ 
bunden, und wenn auch — bei der heutigen aseptischen Technik -_ 

em so leichter Eingriff als ganz ungefährlich gilt und ich selbst 
bei zahlreichen Ventrofixationen noch keine Kranke verloren habe, 
so ist doch diese Ungefährlichkeit immer nur eine relative Her¬ 
vorragende Operateure wie Fehling und Mund6 haben übrigens 
Todesfälle nach Ventrofixation gehabt, und noch mehr solcher 
Fälle sind nicht veröffentlicht worden (cf. Bull, et möra soc obst 
et gyn. de Paris, 1892, pag. 85-104), wo Petit drei tödtlich 
verlaufene, nicht publicirte Fälle, zwei von Marque in Paris und 
einen von Mangin in Marseille, anführt. 

Die schlechten Dauererfolge der bisher üblichen plastischen 
Prolapsoperationsmethoden rührten daher, dass man entweder die 
gewöhnlich coinplicirende Retrodeviation des Uterus ganz unbe¬ 
rücksichtigt Hess, oder sich darauf beschränkte, ein kleineres oder 
grösseres Stück der Portio vaginalis resp. supravaginalis zu am- 
putiren. Besonders bei ausgiebiger Resection des supravaginalen 
Theiles der hypertrophirten Cervix nach Kaltenbach’s Methode 
sah ich zuweilen den Uteruskörper derartig schrumpfen, dass er 
entweder spontan in Normallage blieb oder, auch wenn er sich 
später wieder retrovertirte, bei seinem geringen Umfange und Ge¬ 
wicht keinen wesentlichen Nachtheil mehr verursachte. Wenn 
aber, wie meist früher, nach der vagino-perinealen Prolapsoperation 
der Uterus sich wieder retroflectirte, so war dies entweder der 
erste Schritt zur Wiederkehr des Vorfalls, oder die zwingende 
Veranlassung, wegen der begleitenden Druck- und Zerrungs- 
schmerzen ein Pessar in die Scheide einzulegen, die man soeben 
erst durch die plastische Operation verengt hatte. So wurde der 
Erfolg der Plastik durch die Dehnung durch das Pessar allmählich 
wieder zu nichte gemacht, ganz abgesehen davon, dass — wie 
Fritsch (1. c.) sehr richtig hervorhebt — Frauen, die sich 
„operiren“ Hessen, um die Crux eines Pessars los zu werden, sehr 
wenig über die Noth Wendigkeit, ein solches auch nach der, an¬ 
geblich gelungenen Operation zu tragen, erbaut sind. Diesem 
Circulus vitiosus entgehen wir durch die ungefährUche — und 
wie die Zeit noch lehren muss — dauernd wirksame Macken- 
rodt’sche Vaginofixation, verbunden mit Scheidendammplastik. 

Die Ventrofixation tritt zunächst in ihr Recht bei allen 
Fällen von fixirter Retroflexio; die Zahl dieser absolut oder 
relativ irreponiblen Retrodeviationen wird in dem Maasso geringer, 
als mit den Jahren unsere Uebung in der combinirten Unter¬ 
suchung und combinirten ventro-vagino-rectalen, brüsken oder 
allmählichen Reposition des Uterus (nach B. S. Schultze) steigt. 
Die Sicherheit der Wirkung und die Dauerheilung der Retrodevia¬ 
tionen und auch der Prolapse durch Vontrofixation kann nach den 
Veröffentlichungen von Leopold, Sänger u. a., deren zahlreiche 
Fälle durch 6—7 Jahre (ebenso wie mein Fall 1) beobachtet sind, 
als bewiesen gelten. Wenn auch die Herstellung eines dem 
physiologischen entsprechenden oder nahekommenden Zustandes 
durch die Ventrofixation nicht erreicht wird, so hat doch anderer¬ 
seits die klinische Erfahrung gelehrt, dass die Fixirung des Uterus 
an der vorderen Bauchwand keine derartigen Beschwerden ver¬ 
ursacht, wie man theoretisch a priori angenommen hat. Auch die 
Functionsstörung, die man in Bezug auf Conception, Schwanger¬ 
schaftsverlauf und Geburt voraussetzen sollte, hat sich als nur in 
sehr geringem Maasse vorhanden herausgestellt. Nach Sänger 
trafen schon 1891 auf 100 veröffentlichte conservative Ventro¬ 
fixationen 13 rechtzeitige Geburten, einschliesslich eines Falles von 
Geburt eines lebenden Kindes im achten Monat. Die Zahl der¬ 
selben ist seitdem erheblich gestiegen, und auch die bekannt ge¬ 
wordenen Störungen der Schwangerschaft (Aborte) und Geburt 
(Anomalieen der Wehen und der Nachgeburtsperioden durch die 
utero-ventralen Adhäsionen) sind nicht von Bedeutung. 

Eines aber können wir bisher bei der Ventrofixation mit 
Sicherheit noch nicht vermeiden: die Bildung eines Bauch¬ 
bruches nach der Laparotomie! 

Mag man die Bauchnaht nach der Schede'schen, mag man 
sie — wie in meinen Fällen, die bisher zufällig ohne Hernia ven- 
tralis blieben — nach der alten Methode anlegen, mit absoluter 
Sicherheit wird man diesen störenden Folgezustand nicht vermeiden 
können. Wenn eine Frau, die bisher immer ein Pessar tragen 
musste, nach der Ventrofixation zeitlebens eine Leibbinde tragen 
muss, so hat sie meiner Meinung nach einen schlechten Tausch 
gemacht. Darum, und weil diese Krankheiten und Operationen 
meist Frauen der armen, schwer arbeitenden Klasse betreffen, für 
die das permanente Tragen einer Leibbinde wegen Bauehbruchs 
ein weit schlimmeres Uebel als Retroflexion und Prolaps ist, 
möchte ich die Mackenrodt’sche Vaginofixation, falls ihr Dauer¬ 
erfolg durch fortgesetzte Beobachtung erwiesen wird, der Ventro¬ 
fixation vorziehen. Auch die inneren Incarcerationen und die 
nachträglichen Verklebungen der Därme mit dem Bauchfell, die 



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422 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19 


zuweilen nach Laparotomicen erlielilielie Stürim.u'ou verursachen. J 
fallen bei der Yaginofixation aus. 

Hiugegen möchte ich mit Fehliiig-W olf (I chor \entialc 
Fixation bei Lageveränderungen des Uterus, Basel 1892) bei den- | 
jenigen Prolapsen des Uterus, wo gleichzeitig patho- | 
logische Veränderungen der Ovarien oder schwere Me- j 
tritis oder fibroi'de Veränderungen des Uterus bestehen, 
die Castration mit der Yentrofixation verbinden. So würde 
ich unzweifelhaft im Fall 3 (Hedwig Soli.) heute nicht mehr die 
vaginale Totalexstirpation des in der That, w T ie das fast vier Jahre 
alte Spirituspräparat noch zeigt, colossal vergrüsserten Uterus mit 
Resection der Scheide und nachträglicher Dammplastik, wie damals 
(1890) machen, sondern die Yentrofixation nebst Castration und in 
derselben Sitzung die plastische Verengerung der hypertrophischen, 
ausgeweiteten Scheide nebst der Verstärkung des Beckenbodens, 
So blieben denn für die vaginale Totalexstirpation des Uterus nebst 
Scheidenresection nur noch diejenigen Fälle übrig, wo eine maligne 
Degeneration des Uterus neben Prolaps die gänzliche Entfernung 
desselben uothwendig machen. 

Schliesslich möchte ich, um Missverständnissen vorzubeugen, 
ausdrücklich hervorlieben, dass ich durchaus nicht einer kritiklosen 
Operation jeder Retrodeviation des Uterus das Wort reden will. 
Die Zahl derjenigen Fälle von Rückwärtsneigung mul Beugung der 
Gebärmutter, die durch eine consequente und zweckmässig geleitete 
Possartherapio und Massage geheilt werden können, ist verhältniss- 
mässig gross; seitdem ich zuerst 188b (\ erb. d. deutsch. Xaturt.- 
Vers. Berlin) auf die Möglichkeit einer Dauerheilung der Rotro- 
flexionen durch orthopädische Behandlung des Uterus hingewiesen 
habe, hat sich der Prozentsatz der möglichen Heilungen nach 
meinen Erfahrungen, die ich demnächst veröffentlichen werde, er¬ 
heblich gesteigert. Aber es ist nicht Jedermanns Sache, drei bis 
vier Jahre lang und darüber, mindestens vierteljährlich den Arzt 
aufzusuchen und auch sonst die täglichen Manipulationen, die das 
Tragen eines Pessars erfordert, an sich vorzunehmen. Arme Ar¬ 
beiterfrauen, Dienstmädchen oder Patientinnen, die sehr weit vom 
Wohnorte des Arztes domieiliren, können dies nicht, und für solche 
ist die operative Behandlung der Lageveräiideningeii des Ufer ,s 
eine Nothwendigkeit. 

IV. Ueber die Behandlung der Placenta 
praevia mittels intrauteriner Kolpeuryse. 

Von A. Diihrsson in Berlin. 

In der Behandlung (1er Placenta praevia sind unzweifelhaft 
durch die Einführung der comhiuirteii Wendung nach Braxton 
Kicks grosse Fortschritte erzielt worden, soweit es sieh um die 
Herabsetzung der Mortalität der Mütter handelt. Hierfür geben 
die aus verschiedenen geburtsliiilfliclieii Kliniken veröffentlichten 
Statistiken vollgültige Beweise. Ich habe selbst unter circa 50 
Fällen von Placenta praevia, die ich beobachtet habe, nur einen 
Fall verloren. In diesem Fall hatte die Hebamme nach dem 
Blasensprung tamponirt, und die Kreissende sich buchstäblich in 
ihren Uterus hinein verblutet. Der Uterus war prall mit Blut 
ausgespritzt, wegen seiner Spannung war eine eombinirte Wendung 
nicht möglich, die innere Wendung wegen des engen Muttermundes 
ebenfalls untkunlich — ich perforirte daher rasch und extrahirte 
mit dem Kranioklasten. Die Placenta wurde schnellstens heraus- 
befördert, die Tamponade des Uterovaginalcanals ausgeführt und 
eine subcutane Kochsalzinfusion gemacht. Trotzdem die Frau nach 
ihrer Entbindung keinen Tropfen Blutes mehr verloren, ging sie 
circa V 2 Stunde nach der Geburt an den Folgen des erlittenen 
Blutverlustes zugrunde. 

Was somit die für die Mütter erzielten Resultate anlangt, so 
habe ich alle Ursache mit denselben zufrieden zu sein. Dagegen 
habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit 1 ) betont, dass die 
von mir für die Kinder mittels der combinirten Wendung erreichten 
Resultate sehr viel zu wünschen übrig lassen. Ich berichtete 
damals über 22 Fälle von Placenta praevia, von denen ich 18 
mittels combinirter Wendung behandelt hatte. Von den 22 Kindern 
kamen nur drei lebend zur Welt. Allerdings war eine Anzahl der 
Kinder schon vor der Wendung abgestorben, und ausserdem waren 
nur zehn Kinder ausgetragen. Endlich musste ich vielfach, da ich 
noch andere gehurtsliülfliehe Fälle zu erledigen hätte, die weitere 
Leitung der Geburt dein Praktikanten überlassen, und infolgedessen 
sind manche Kinder gestorben, die bei gewandter Lösung der 
Arme und des Kopfes hätten gerettet werden können. 

Immerhin beträgt auch nach den günstigsten Statistiken die 

9 Der Einfluss der Antisepsis auf geburtshdlfliche Operationen etc. 
Berl. klin. Wochenschr. 1890, No. 23. 


Mortalität der Kinder nach combinirter Wendung bei Placenta 
praevia circa 60%. 

Die grosse Mortalität, der Kinder ist also der eine Nachtheil 
der Behandlung der Placenta praevia mittels combinirter Wendung 

_ der andere Nachtheil besteht darin, dass, wie ich in meinen 

Aerztceiirscn oft beobachtet, gerade die eombinirte Wendung dem 
Praktiker die meisten Schwierigkeiten verursacht. 

Diese beiden Nachtheile lassen sich nun durch die intra¬ 
uterine Kolpeuryse gänzlich vermeiden: Wir haben in derselben 
ein leicht auszuführendes Verfahren, welches die Blutung sicher 
stillt und das kindliche Leben nicht gefährdet. Das Verfahren ist 
auch quand septische Infection für die Mutter ungefährlich, da der 
Kolpeurynter sich durch Sublimat, schnell und sicher desinficiren 
lässt. 

Ich habe in den 26 Fällen, wo ich überhaupt die intrauterine 
Kolpeuryse angewandt, stets einen und denselben Kolpeurynter 
gebraucht und denselben durch Abbürsten mit einer 0,lo/ 0 igen 
Sublimati^sung desinficirt. In derselben Lösung Hess ich dann 
den Kolpeurynter noch circa zehn Minuten lang liegen, um ihn 
unmittelbar vor der Einführung noch in eine l*fpige Lysollösung 
zu tauchen. Von den 26 Müttern starb mir eine infolge von 
E dam p sie. 

Ich lasse mm zunächst die sechs Fälle von Placenta praevia 
folgen, welche ich mit. intrauteriner Kolpeuryse behandelt, habe. 
Sämmtliche sechs Mütter machten ein normales Wochenbett, durch, 
von den Kindern kamen fünf lebend zur Welt. 

Fall 1. Frau K.. Jl.-para. Die erste Geburt (1891), welche ich eben* 
iulls geleitet, war ganz normal verlaufen. Auffällig war bei derselben mir 
der kaum fühlbare Puls, der auf Fettherz zurückzuführen war, und im 
Wochenbett das Auftreten häufiger Ohnmächten. Petzte Menstruation 
Ende October 1891. ln den letzten Woeben mehrfache .Blutungen. 

Am 27. Juli 1892, Morgens 3 Uhr, eine sehr starke Blutung. Fm 
6 Uhr finde ich bei Frau K." keine Zeichens von Anämie, Puls in der 11a- 
dialis allerdings kaum zu fühlen (100). Temp. 37. 1. Sehädelläge, Kind 

lebt. Kopf hoch und beweglich stehend. Muttermund für einen Finger 
durchgängig, völlig mit Placent arge.webe bedeckt, keine Blutung. Schciden- 
l amponndo. Abends 10 Uhr Entfernung der Tampons, von denen, nur der 
oberste etwas blutig ist, Muttermund jetzt, nachdem am Nachmittag auf 
heisse Umschläge kurze Weben dagewesen, für zwei Finger durchgängig; 
nach links hin gelangt der Finger zur Blase, die mittels Stricknadel 
gesprengt wird. Infolge der hierbei verursacht eil weiteren Ablösung der 
Placenta starke Blutung, keine Wehen. Daher Einführung eines Kolpen- 
rvnters in den Uterus, derselbe wird mit einem Liter Wasser gefüllt und 
an seinem Schlauch ein permanenter elastischer Zug dadurch ausgeübt, 
dass der Schlauch durch eine am Bettende angebrachte Schlinge liindurch- 
gezogen und. nachdem er eine gewisse Spannung erlangt, durch eine 
Klemme die beiden Schenkel des Schlauch,s zusannnengeklemint werden. 

3 Stunden später wird der Kolpeurynter in die Scheide ausgetrieben; Starke 
Blutung. Beschleunigung der kindlichen Herztöne. Daher schleunigst 
Ei'gotininjection und in leichter Narkose, rasche Wendung und Extraction 
eines aspiiyktischen aber rasch wieder belebten Kindes. Exeitantien wogen 
Ohnmachtsamvandlungen. Keine weitere Blutung. Expressio placentae 
3 /4 Stunden post partum. Utcrusausspülung. Die Placenta batte last zu 
ihrer Hälfte den Muttermund bedeckt. 

28. Juli. Patientin hat schon wieder Farbe. Blutung gering, Uterus 
gut contraliirt. Temperatur und Puls normal. Weiterer "Verlaut liii 
Mutter und Kind normal. 

Fall 2. Am 11. März 1893 wurde ich von Herrn Collegen Dr. Js. 
Rosenthal zu der 30jährigen 1 l.-para Frau B. gerufen, die einmal abor- 
tirt batte. Letzte Menstruation 1. Juni. Vor 4 Tagen starke Blutung. 
Dieselbe wiederholte sich heute und führte zu mehreren Ohnmächten. 
Abends um S Uhr linde ich eine gracile Frau von sehr blasser (resichU- 
farbe mit gutem Puls von 60 Schlägen. 1. Sehädelläge, Kopf hoch¬ 
stehend, Herztöne ab und zu zu hören, aber nicht zu zählen, das -hint 
macht zuckende Bewegungen. Nach Entfernung einiger im unteren ^chei- 
| dendrittcl liegender Tampons werden zunächst grosse Blutklumpen aus 
| der Scheide entfernt. Der Cervicaleanal ist für den Finger durchgängig 
der innere Muttermund überall vom Placentargewebc bedeckt. In Narkosf 
wird die Placenta durchbohrt, hierbei wird die resistente Decklamelle ucs 
Chorion in grösserer Ausdehnung abgelöst, ehe die Durchbohrung derselben 
und des Amnion gelingt. Es ergicsst sich hierauf eine grössere Menge au - 
fallend dunklen Blutes. Nun wird in die oröffneto Eihöhle ein Kolpeu¬ 
rynter eingeführt und bis zu Kindskopfgrösse mit Wasser gefüllt, oem 
Schlauch wird am Ende des Bettes so befestigt, dass ein steter Zug «’in 
Kolpeurynter ausgeübt wird. Es sistirt jetzt jede weitere Blutung« 
Herztöne werden nach der Einführung nicht mehr gehört. Um 1 I* 

! Abends wird, nachdem von 10 ab kräftige Wehen eingetreten, der ivo - 
peurynter langsam durch den Muttermund hindureligezogen und mr 
Ergotininjection die Wendung und Extraction gemacht. Der Kopf IT ' 
nur schwer durch das Becken hindurch (allgemeinverengtes Becken 0- ^ 

Kind war todt. Die welke, grün imbibirte Nabelschnur wies darauf u • 
dass der Tod schon vor einiger Zeit eingetreten war. Uebrigcns 
schon bei der Wendung constatirt, dass die Nabelschnur nicht mehr pulsn e* 
V 4 Stunde post partum bei gut contrahirtcm Uterus Expressio placen m. 
Knitre weitere Blutung. Allgemeinbefinden gut. Die Besichtigung '' 
Placenta zeigte, dass die Durchbohrung nahe der Peripherie staltgoluiH 
hatte und dass die Umgebung der marginal inserirlen Nabelschnur D - 
Decklamelle dos Chorion und Amnion) und diese selbst von dem Zo ■ 


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10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


gcweho und der Perforatiousstelle in irrixseivr Ausdelmumr abmdöst wnr. 
Hierdurch waren mehrere grössere Gefasse nnlie an der Nabelsclmnr- 
insertion durchrissen, aus denen sicher die oben erwähnte Blutung er- 
iulgt war. ’*' r? 

U. März. Wohlbefinden. — 4. April. Nach Bericht des Mannes 
l'illdt Patientin sich noch sehr schwach, sonst aber wohl. 

Fall 3. 23. Marz 1893. Geb urtsh übliche Poliklinik der Charite. 
(Operateur Dr. Schäfer. In diesem Fall handelte es sieh nm eine Pbi- 
centa praevia lateralis bei einer Multipara. Die Hebamme hatte nur be¬ 
ringe Blutung gefunden, die aber mit jeder Woche stärker wurde. Mutter¬ 
mund 3 cm im Durchmesser. Blase steht, rechts hinten Plaecntarirewebe 
Blasensprcng.ung. Kopf tritt nieht ein, die Blutung hei den zwei beob¬ 
achteten Wehen wird stärker. Einlegung des Kolpeurvnters. Derselbe 
wird ohne weitere Blutung innerhalb '/i Stunde spontan'geboren, die seit 
Einlegung des Kolpeurvnters sehr kräftigen Wehen treiben innerhalb 
weiterer 5 Minuten den Kopf aus. Lebendes Kind. Expressio placentae. 
Wochenbett normal. 

Fall 4. Frau A.. I.-para. 28 Jahre. Die Menstruation war imnmr 
stark, von 8 tägiger Dauer, in 3 wöchentlichem Intervall, .Patientin litt viel 
an Kmizschmerzen und weissem Fluss. Seit 3 Jahren verheirat hol, hatte 
sie am 24. November 1892 die letzte Menstruation. 

Am 3. September 1893 Nachmittags trat eine stärkere Blutung ein. 
die hinzugezogfme Hebamme constatirte Placenta praevia und Hess die 
Patientin in meine Klinik transportiren. wo ich um (*» 1 3 [Mir Abends fol¬ 
genden Status aulnabm: Drosse, sehr kräftige Person mit normaler Tem¬ 
peratur und kräftigem, langsamem Puls. Leibesumfang HK) cm. 1. Schädel¬ 
lage. Kopf schwer beweglich auf dem Beekeneingang. Herztöne U58. 
>p;iter 12b. Die innere t ntersuchung ergiebt die Cervix erhallen, 
auitallend weich, ltir einen Finger durchgängig, innerer Muttermund ganz 
vom Placent-argewehe bedeckt, keine Blutung. Es Hisst sich weiter durch 
coinbinirfe Untersuchung teststellen, dass das PlacentarpoDtor zwischen 
Finger und Kopf nach der vorderen Fteniswand hin dünner wird. Darauf 
löst der Finger nach vorn hin den dünnen, den Muttermund bedeckenden 
rla< eularziptel ab, und mit Hülfe einer Kugelzange t \\ird die dem Kopf 
uieht anliegende Blase zerrissen, was ziemlich schwierig ist. da der Kopf 
sich nicht wesentlich nach oben vordrängen Hisst. Die ziemlich starke 
Blutung steht sofort, nachdem ein Kolpe.iirynter in die Eihühle cingelührl. 
mit 1 1 \\ asser gefüllt und sein Sehlauch in starker Spannnpg am Beti- 
'■mle befestigt ist. Der Kolpeurvnter erzeugte ausserdem ein Empor- 
driingen des ganzen Kimles. so dass die Herztöne, die früher vier Finger 
hivit unten und links vom Nabel gehört wurden, einen Finger breit rechts 
wun Nabel zu constatiren waren. Auch war. da wenig Fruchtwasser ab- 
ge.flossen, die E’teruswand stark gespannt. Es treten bald nach Einlegung 
ues Kolpeurynters Weben auf. die aber nach einigen Stunden wieder 
aut hörten. 

, J ^ IU L September Morgens 8 V 4 1 dir, nachdem der Kolpeurvnter ca. 
14^Stunden gelogen, fand ich die Herztöne normal, Muttermund fünfmark- 
ftuekgross. Es wird nunmehr mit Leichtigkeit der Kolpeurvnter extrabirt 
und sofort die Wendung und Extraction angesehlpfsen, die leicht gelingt 
und ein lebendes ausgetrageues Madehen ergiebt. Ergot ininjeetion. Massage, j 
da der Uterus Neigung zur Afonie zeigt, “ Die 3 i4 Kiiimle später versuchte 
hxpre.ssion fördert nur grosse Blutcoagula heraus. Da Patientin imim-r- 
1 1 fJ|n |‘ beträchtliche Menge Blutes verloren, blass aussali. der Puls be- 
' outend kleiner war. so wird die manuelle Lösung der (bis auf den 
seien vor der Geburt gelösten Lappen) adhärenteii Placenta von der 
ninteren Lteruswand vorgenommen. Die nochmals oingefiihrte Hand con- 
statirt. ein Septum, welches, von der Milte des Fundus sieb ca. b cm weit 
jmcli abwärts erstreckend, denselben in einen tieferen linksseitigen und , 
at irren rechten Beeessus theilt, und ent lernt grosse Blutcoagula aus 
' ‘‘in scldnticn l terns. D.jlfer Tamponade des l.Tero-Vaginaleanals mit 
• Ofooinigaze und Salicylwatte. worauf der Uterus sich gut ziisamniin- 
• u {, . 10 Phitung steht. Pas Kind zeigt eine Abplattung dos rechten 
'■ ; imlelbeins. otfenbar durch den Druck des Kolpeurvnters bedingt. Auf- 
öinemt war ferner die starke Schwellung der Augenlider und des Mundes, 
«»chentjett normal. W’öclmcrin nährt. Kind gedeiht. 

U September. Uterus antctlectirt, Muttermund klein, nach rechts 
', ' ’bm ‘ ine Narbe in das Scheidengewölbe aus. Geheilt mit gut 

Reihendem Kind entlassen. 

lvi;L-r a, j^ A Af 11 September 1893 kam in meine gvmikologische 
mm 1, ^ rau ^ - N.-para. die im Vorigen Jahr zum ersten mal 
normal geboren, mit der Klage, dass 


423 


Aacii zwei Stunden wird der Kolpeurvnter spontan unter geringer 
Blutung geboren, 10 Minuten später (S'/i Morgens) folgt das lebende, nur 
1400 g schwere Kind, dessen linke Sehädelseite platt gedrückt ist. O'/a: Der 
I terns. der bisher nicht gerieben war, steht gut contrabirt, zwei Eiliger 
breit über dem Nabel, auf Reiben erhärtet er und stösst eine grössere 


zum 

Ihr-. EUr W“' ,,UL T' 1 ' JV,a k r <*- fl!i ss sie seit.8 Tagen sehr stark blute. 

' ezo -Menstruation habe sic Ende December 1802 gehabt. Patientin 
r" •, u ' a ' lanil . S( ' h Ulld Mwas icteriscb. der Puls klein. Der Umfang des 


dark blute. 


Scheide 


entspricht dem Anfang des 10. Schwangerschaftsmoiiais. Die 
, ln . > st ganz mit übelriechenden Blutmassen gelullt. Patientin wird 
inittai »" 1 ö l n . m . cin0 Klinik geschickt. Nachdem Patientin Nach- 
Fntpr- > T ° 2 o 1 * n lne hier Klinik angelangt ist. ergiebt. die äussere 
Vinn j Schädellage, Herztöne wurden nicht gehört und wegen 

“min der 1 atientin auch nicht lange gesucht, da die Tampons bis in 
‘ , .' , p‘ 1 IJ eT m g heruntergetriehen waren. Patientin blutete und die 
Miittoi-m (i i' e • r ,^' gefüllt war. Bei für 2 Finger durchgängigem 

1 1 \V- n 'V o ^ 1<! Klmse gesprengt, der Kolpeurvnter cingeführt. mit 
und in starker Spannung am Bettende befestigt. Nach 
sr>fnr-f \ er lMani l )U * adon verliert Patientin keinen Tropfen Blut mehr. 1 >ie 
dem \m}! r f en T- mniene ^ uscult ation ergiebt die Herztöne links dicht neben 
der Knirwf * * trateu kräftige Wehen auf. Um 10 Uhr Abends wird 

I> dwi L\\? h - C , V , mit Leichtigkeit exlrahirt und zur Wendung eingegangen, 
linke ■T lu ‘ rau . s ' dass da * Kind jetzt in t. Fusslage liegt. Per 

Hduttermmwi" 1 U,’g r *tt°n und die Extraction vorgenommen, wobei der 
der Entwickelung des Kopfes noch Widerstand leistete. Das 


Kind ein Mädchen, kam asphyktisch zur Welt, wurde aber durch Hautreize 
und ts c h 1111 z e sehe hehwmguugen völlig wieder belebt. Die Placenta von 

i';n;;u,WKhb«'"!!:nu,r ho " vuri,,,p 

(. Soptrml».,' AIh.,i<1s Temperatur 3 ü. Puls lös. Pationliu klacl Uber 
fliehe 111 dei Biu.G und Husten, die seit Beginn der Blutung, seit acht 
lagen bestehen. Lochia serosä. geruchlos. Der Vorsicht halber Uterus- 
ausspülung und Ricinus. Morphium. 

8. September. Fieber. 

( 9. September Abends Temperatur noch 38.7, Uterusaussnülum' 

Späterhin normale Temperatur. 

15. September. Uterus anteflectirt. noch circa laust gross. Lochia 
scrosa. Muttermund nach links hin bis zum Scheidengewölbe lacerirt 
auch 111 die vordere Lippe reicht ein Einriss hinein, geringes Ectropium.’ 
* "‘heilt mit an der Brust gut gedeihendem Kind entlassen. 

Fall G. Frau G.. 21jährige Il.-para, suchte mich am 14. Octobor 1893 
in meiner Sprechstunde auf. Die Anamnese ergab folgendes: 

Erster Partus 2. Uctoher 1892, normal, lebendes Kind. Hat acht 
Monate genährt, von Mitte Mai 1893 ab aelitwüchentliche Blutung. Seit 
o. August Bewegungen. Vor vier Wochen Blutung, die zwei Tage'anliiolt, 
dann 14 Tage pausirte. dann wieder Blutung, die bis jetzt mit Pausen 
an lullt.. 

Status: Uterus zwei Finger breit über dem Nabel, lebhafte Kinds¬ 
bewegungen. Kopf tief im Scheidengewölbe, nach hinten über dem inneren 
Muümmuwl I > ];iC(*ntm , £ro\vobc iühlf>;ir. nachdem der Finder durch den 
inneren Muttermund durchgezwängt ist. 

24. October 1893. Nachdem noch mehrfach geringe Blutungen dage¬ 
wesen. bekam Frau (i. Nachts 1 Uhr Wehen und Biutung. worauf die 
Hebamme tamponirte. Als ich um iP 4 l hr Morgens hinzu kam, land 
ich er&tc hcliädcllage. 11 erztöne beschleunigt, zwei Tampons hinter 
dem Introitus, dahinter grosse Blutklumpen; Muttermund 3 cm weit, in 
seine hinten' Hälfte ragt ein Placentarlappen hinein. Kopf beweglich. 
Allgemeinbefinden gut. blasse Gesichtsfarbe, kleiner, aber nicht" be¬ 
schleunigter Puls. 

Nach Desinfection wird die Blase gesprengt, ohne dass der Kopf fest 
ins Becken tritt und die Blutung aufliört. Es wird daher olino Narkose 
der Kolpeurvnter in den Uterus geschoben, mit */a Täter Wasser gefüllt 
und an seinem Schlauch ein permanenter Zug angebracht. Alsbald stellen 
sieh kräftigere Wehen ein. Herztöne langsamer und kräftig. 

Nach zwei Stunden wird der Kolpeurvnter spontan unter geringer 

Blutung geboren. A,: ' — •'*=' » r ’ . • 

1400 L “ 

U 

breit 

Menge von 500 g geronnenen und lliissigen Blutes aus. ohne dass die 
nachfolgende Expression gelingt. Ergotininjection, Massage. J 4 :: / 4 gelingt 
durch starken Druck die Expression. Patientin ist nunmehr recht anämisch, 
so dass sie heim Umlagern eine Ohnmachtsanwandlung bekommt, und der 
Puls kaum fühlbar wird. Ma st darin cingi essung von 3 / 4 Liter Wasser, da 
Kaffee etc. ausgehrochcn werden. Die Eingirssung behielt Patientin ganz 
hei >ich. Placenta zeigt einen reichlich fiinfmnrkstückgrosson. hluldurch- 
tränkteu Lappen, an den der Eihautriss unmittelbar heranreicht. Decidua 
dick. Kind Nachmittags 4 Uhr gestorben. 

24. Oetoher Nachmittags. Temperatur und Puls normal; letzterer 
relativ kräftig. Gesichtsfarbe allerdings leichenblass. Wochenbett verlief 
ganz normal. 

Anmerkung. Hinsichtlich der Aetiologic der Placenta praevia 
weise ich auf den Umstand hin, dass unter den sechs Fällen nur eiue 
Ei st gebärende war. welche offenbar an Endometritis gelitten hatte und 
ausserdem einen Uterus suhseptus aufwies. Von den fünf Mehrgebärenden 
sind vier Il.-parac. bei denen sämmtlicb dio erste Geburt nur ein Jahr 
vorher, in Fall sechs sogar nur zehn Monate vorher erfolgt war. Sämmt- 
liclie Fälle repräsentiren somit sehr schön die für die Entstehung der 
Placent a praevia bekannten Momente, nämlich Endometritis. Missbildungen 
des Uterus und rasch aufeinander folgende Geburten. 

Aus der Betrachtung der sechs Fälle geht hervor, dass durch 
das eingesehlagene Verfahren die Blutung in allen Fällen prompt 
gestillt wurde, dass ferner fünf Kinder lebend geboren wurden, 
und von diesen nur ein Kind, das, zu früh geboren, blos 1400 g 
wog. zugrunde ging. 

Das einzige Kind, welches intra partum abstarb, hätte bei 
meinem Hinzukommen nur durch sofortige Wendung und Extraction 
vielleicht gerettet werden können. Diese Operation war jedoch 
wegen der mangelhaften Erweiterung der Cervix in dem Moment, 
wo das Kind schon vorzeitige Atheinbewegungen machte, nicht 
durchführbar. 

Was den Woehenbettverlauf aiigebt, so fieberte nur Fall 5. 
Hier war aber gleich bei der ersten Untersuchung eine Zersetzung 
der in der Scheide aiigehäuften Blutinassen eonstatirt worden. 

Trotzdem es sich also um recht eomplieirle Fälle handelte 
dreimal war Placenta praevia letalis vorhanden und war auch die 
manuelle Lösung der iTacenta nöthig. vier Kinder waren ganz, 
eins nahezu ausgetragen - so ist das Resultat sowohl für die 
Mütter als auch für die Kinder als ein recht günstiges zu be¬ 
zeichnen. 

Die angewandte Methode unterscheidet sich in zwei 
Punkten von ihren Vorläufern, nämlich erstens darin, 


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,h.,<v]MO|, n | apm'-e «l.tv 'rUmbe und I/ten.sw,'ti.ri zu * o^tve ; ms aut eonseeulmi . hrni.ai.mpmaym W 1 ii t .nvw. 11.1,11'^.^ 
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,,^ ll ,:„ iiSr ' MViiehUnt, durch /TUd/nre/m rii.w.\. m-Jh^ku- : -tV-hl-kn - m:- emhn'H an JaH>e t i:wmhwmhu 

',} AT< *fi,,•;/•' dl- H!tU»m*r -.bann lud: nwin <iied> w/mutA se über- j Aim/ak Abidnt,t,i:ti//n mH\ [;/ bei sw/ uwnntrfmi 

!tn*jni uiMA iiiAAii«. 1 '. " i Lhlübsw zwischen kmdliehmo *S*ritiüiu., und iioekou- ’mi empraiiimi. 

J '\\ l. <Hj v u : ;tli . Koli.ouivni< v onlun»! *-n iM dnvudhe in ! 'dum dass- sie «km Kim) rf« imjh'M brin^n 

,h.r7.uVu.,i r Form ain/W w-P ZuW der K«.l|.ruryi,kr die ! Was die Technik dn- ird-ruu/emmn kuI|HMrv,vse aWmgi, w 

,.! M iVhf „M.M- y<- L I'I. NHii »OHIOM ln .. 1 du-mibe «m orms.n und -*,.«^1. -M or *1- '»«« •>'«' • 

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Mr i, tiiM! .li.« l’.ir.imt'» tn-Hf **«-.< -Mit’ na< Ina m\ di«* I'j-A. unu -nti-r- : . omlilniil*'U W rmjunü: tibn.'wwurden n:nss, U^*uh\ lu- dH 
luyerl: inniWi'-r Koii^uy n.h-i^'hionri. dut-r.k die • an/ik-Urndn ai,- 1 \vnm-vd.mix üii marn ji.- l' uli-e, wo »hn HUu- drin 

avhe-Aiir risjdin-n. ’hinduretnyeXie'rU .und tm^nsjm.ünf- wHi\ . !\rmf- i/.u. ni-ins-L öfter wü man zum Zweck •Iec btaseiisj'A'üymy 

j/usj:'.iuM-b di- Harn! uuswUm) -/ic ju^.n. a.U mmmd üi»* dsc Piaccuta \v. .Wamm urm.s i^j dm Pda-e-imncmijiünt^ nudu <• 

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■ v ^ ' v Hin Hwi^t» AnV OPi^ehfc?pruu&’ur föt,. aichf oftViitfd«*!!, Jpr 

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t+l4uti‘t : isL imr -Mfduidijcl^ da su-li au ntAr d/rftiti^o rü^/h^ Plr c - 
wt/K'vanu dr.v Cervix ff dort. !!)«• Pnithindnnir mtzu.-i* hü essen ha/ 
uiti i-me vreiler-i Plutifua. \mNiiini, und dir- br* f^mnlc nind^e 

.IrSo.vi) k'i'im M/ellddivd im! f fli ii van »tau i.Vhnj-n •!-•:•: ertith tun 

l’ltii\crlust-y vm ariif.leh und m.ä ^ 1^0 dm, iiid.iirttMidi.mm Hhd- 
ynPixi du \.t« i»aelmt/jM mnli /U ibdu: 

■. WA'ndan ,n,;iii ilay’-unn ;Iim< -a-)h;Ai h/Prefi Zuu‘ ;u*. Sx* wie icir 


Ku/el- Oder jvornyan <•;«-. IPad- biMnamuan tdLr! man unter 
Li.*.il uhii des link An- Zcwijinonn luu an die l r Malninar'.'. ». \cHtmdi 
iliir-di dar z-.u yavP,.- nmdnr. li. So ind »«u K ui“ Vi-ibu* *’inni 

Zijntd ,-ie« Eildä-'n nitd yjvht h-i< L ahv-nrfs. währemJ man 

die Ktumzartgc rdh/udi dünv:/ ; AI tu ijiafc durchsiicls/ wenn es 
jtj,n,ijc[, ist. in sf-iiP,:1 ht HbbiAM^ damit dir. am wnjd 

\ ..... v 

VH 4 . 1 Tfvff CrowfutMmftf Wiesel me üni^f KurHZHTnn ! ihV n.dch das 


ihn an^Hvjdvn. sa Patt in Aü// dm f/iin Lidtsad d>ri Stunden die • ' Pm/r; |A Wfathirnt. um den l(?cvnn und .7}«.'^licjif;f/dü.nlr 
^»oiitam*. Ausslo-svuie des .K<d)u*nC) n{»nv in Iüp Sctmidn dnta h dl»*- • .':aeaii• 4 .ati 1v«dpiudA lit.m b»eilet /M iaserj; und Uur» L dm 
\ t /.enden Wcliet; r.i'«. »tw<l idi/mii mhlnxst - 1 * ii ii.udiA -{‘m L **»' - j, J >n I i>-t' ItPdr'iiej r* ü»«ei »U allen den l-.llitm, >v<* 


pi^ t . , r ..... ppm 

dir -soi/ud We : injjdanr OeLea r 'de/ Ku»de- - iw. 


d-- i -»\ r; dir i'iui'tj l , 'itt-A -1 ;!>>’riiM.inr'.r »-/ Lnhv,».i«r »st. dir 

Ihitet; mmium fenhs t’/llm» -wu'/dn . 4er.'.Ki>l]»eur.vnt.er tdun»;/. ; cvrfd.x.^ »tybulmr, «lass si, U die Kernzau/c iiof-1» mdmii dom Piߣ<u 
dthAHl Vt dÄt-iii»<m (l?u.U. 3), ei »»mal ?me-K zwei, S tun Vlmj (pult di. ein- | iu dir Hülu- stdünbrn ddtvp ijuw kann, Anlmld füfi ^ 

mftl im» H.- drei StäiH*>h (.P v »dt 1 \ ay^Hst'ors-ii.' hr pi>)t 3 und 


Kal! ü rci.iiih humäu tünt - i'esjh zelm [VliinUro der Ce Laut des Kol- 
l<mn‘.Y'Htm'o die Celmrc 4Ks Kindes, nud mu* m Päü 1 itmsbie- 
ewciivdu sLarker filutunW bei Hm;iifsbmd tim Kopl/f aVi. >Pe ,/Vus- 
des /(diü-m-yntais ■/olarr. die Wauuiiiiirf mal Pxti-n-iion i 
• «■ü ; 'i'e.wrhj.-,rst>n »,xOhjeu. Ui/SC-Um War jedntii vai Uaeldta; ais iu j 
di** P.'HiMi 2 and 5; v -< :m die KxtreMiem des ü/ r.' die : 

Waukbmg VhhI: K.\f)'ii iPuy tesy (in t'atl ft) die Kvh'arfimj .dient j 
uaiji'e.-'trUiöss<‘i 1 Wurde, Peiciil war :tiie!f die W enduun und eti- 

K\re;vrt)i)ii tä iiete raÜ d-f 'U, fjur Ktdie-uryni.er 14 Stundet* ^t.- f 
le/rn iriitdr. je dna Fdlimv 2 und fy wo der Kadj.etMynmr nur: ! 
H. \w\h A. iBv.Hmhui /rie^nry setzt,u dor Aldi tfU'dium? der ivytrn'dien 

lvod»&iR /(ftiiiiw* imel« diu. yYrewriyiöaw- LLiudi’fii'i.ds i 
drfigöjß/iin A - _ y 

ÖtV 4Hk also iilis jJäs j 

VurMieiJh^K/>ii‘ siHji Pnm?Piybmi/ r(ml üdi <U$z num tUasu 1 

1-m li hUTÜVer er.drh-k w*r<L wmr. in.m ti>’u K v di.m.n tjkv ui, »n 
rillt ruhe,,» Kda-ie Siaujen» mn' v.dt [ j> /Per Wasser fiaiK Man m- 

zik.H duj{|v diese iAfjjkftrv 'PülKin^ eiuövi J diitdimna&er dou Kdt- 

peuryniwtv van 10'^/ä und vinen bnifatie - f.gji dt um, sv«s a^fl- J 
alamli- a;eaii^eu ddrPw. . »up ' gtSuKc, dass dvdi duaa p dd' sfa-t'/h .1 
Fiipurijy des KnipouryTit/mB mit eirmm Lite* 1 diu Weluudi»:*ri^l-udi. ; 
düri.di L'rliui’dtdmane' d<-s Pparns habe 

Tdimi Imnt, rtitvc r nuPsiy, n Puitaiu; Ueiun WVium ein, die i 
hiniuiu wruiiyeit Sluinka! den Kuhaeuey ni tvf au.-d eoibrny ?-o ist.' ; 
**h dd.s imst.n, dm K.olporjrjiit'or imViitdyst }mur»\ 10 U SuiiKhm, 
ä/aveu zu iussrii Mud {Im er«t daiin manueü zu eviUMMr/t!. 

Pi eil ich lial diuses Pmu^eitnsyenlHUsnir t»ui f.Hilo»‘U.U' [tfueVi'i dmi 
^ |V 
kami- udta; sieb 
wimii AVuiirm 

pp, d»e ATnjtiiiolikmt dafb‘ der Kdiißrfaryntbp s.VdüFbir 


Kt*n|5cäiVjaa> im -,vn AtutU'vnVmid. Uc^'t. den. Pirt/mr zuThckz.i'du-fj 

inid niei-bzeitie dieKnim^uig^ .Ynr^'dü^bnry flat der lio!n'ed'y!it''f 



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dun inneren MuLWinunit ptissir/' so öffnet- man den Vergehjuä4 aio 



gefüllt ifif; 


Uirmr PdiümW but die .Hekuunm ni b^argf.«,'inhem 



Go gle 



10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


425 


1 V 2 ra über der Vulva, zu welchem Zweck die Hebamme am be¬ 
quemsten auf einen Stulil steigt, ist es mir stets gelungen, 1 Liter 
Flüssigkeit in den Kolpeurynter einzutreiben, für eine geringere 
Füllung genügt auch ein geringeres Erheben des Irrigators. Ist 
die abgemessene Flüssigkeit abgelaufen, so schliesst man den Halm 
des Kolpeurjmters und führt den linken Zeigefinger zur Vagina 
heraus. Die Kreissende wird darauf umgelagert, und falls die 
Schlinge am Bettende noch nicht angebracht ist, hält der Operateur 
den Kolpeurynterschlauch so lange angespannt, damit es nicht 
weiter blutet. Ist die Schlinge, die aus einem beliebigen stärkeren 
Bindfaden besteht, um das Bettende herumgedreht, so zieht man 
das Schlauchende des Kolpeurynters durch die Schlinge, spannt 
den Schlauch so stark an, als es die Patientin ohne Schmerzen 
aushält, und erhält den Schlauch in dieser Spannung dadurch dass 
man seine beiden Schenkel dicht an der Schlinge mit einer Kiemm- 
pincette fasst. 

Was die Zugrichtung anlangt, so hat dieselbe möglichst ab¬ 
wärts stattzufinden — wo daher der Kolpeurynter zu stark gegen 
die Symphyse gezogen wird, muss man das Becken durch einige 
untergeschobene feste Polster erhöhen. 

Dass der Kolpeurynter spontan durch den Muttermund durch¬ 
getrieben wird, erkennt man an dem stärkeren Mitpressen der 
Kreissenden und weiter durch die innere Untersuchung. Bei 
Placenta praevia empfiehlt es sich, den in die Scheide getriebenen 
Kolpeurynter sofort zu extrahiren: Blutet es dann nicht, ist der 
vorliegende Theil in das Becken getreten, so wartet man ruhig ab 
— blutet es dagegen, so nehme man die innere Wendung und Ex¬ 
traction vor. Beachten muss man in jedem Falle die Möglichkeit, 
dass sich unter dem Druck des Kolpeurynters die Kindeslage ge¬ 
ändert haben kann, besonders wenn es sich um Frühgeburten 
handelt. 

Ensteht, wie in Fall 5, aus der Schädellage eine Beckenendlage, 
so ist dieser Lagewechsel ja für die Fälle von Placenta praevia nur 
von Vortheil, weil man eine bequeme Handhabe für die Extraction 
gewinnt. 

Erscheint die Extraction des Kolpeurynters nothwendig, so 
legt man die Kreissende auf das Querbett, um an die Extraction 
sofort die entbindende Operation anscliliessen zu können, setzt nach 
sorgfältiger Desinfection den linken Zeige- und Mittelfinger von unten, 
den rechten Zeige- und eventuell auch Mittelfinger von oben her 
an den Kolpeurynter und zieht den Kolpeurynter langsam heraus. 
Die Extraction des Kolpeurynters darf also nicht am Schlauch, 
sondern muss am Kolpeurynter selbst vorgenommen werden, da im 
ersteren Falle der Schlauch abreissen würde. 

Da ein Platzen des Kolpeurynters selbst ebenfalls nicht zu 
den Unmöglichkeiten gehört, so ist es aus diesem Grunde auf das 
allerentschiedenste zu widerrathen, den Kolpeurynter mit Luft zu 
füllen. Denn bei einem Platzen des Kolpeurynters könnte sehr 
leicht eine Luftembolie erfolgen, deren Vorkommen bei Placenta 
praevia von Olshausen 1 ) nachgewiesen ist. Die Füllung mit Luft 
ist ausserdem deswegen unpraktisch, weil man den Grad der Füllung 
nicht controlliren kann. 

Bemerkenswerth ist übrigens noch die Thatsache, dass der von 
dem gefüllten Kolpeurynter auf die Placenta ausgeiibte elastische 
dem Kinde gar nichts schadet, während man nach combi- 
nirter Wendung die Beobachtung gemacht hat, dass der Steiss des 
Kindes durch Druck auf den vorliegenden Theil der Placenta die 
Dirculation * n demselben derart beeinträchtigte, dass ein Absterben 
des Kindes die Folge war. 

Ich habe schon früher 2 ) darauf aufmerksam gemacht, dass die 
m rauterinc Kolpeuryse ohne Beihülfe von Wehen die Cervix nicht 
zum v erstreichen bringt, sondern ihn nur auseinandertreibt. Es 
> eibt also vielfach ein weicher Muttermundsaum (siehe Figur) be- 
s hen, der durch eine etwa nothwendige Extraction des Kindes 
einen Einriss erleiden kann. Diese Einrisse reichen jedoch höchstens 
>is an den Scheidenansatz, da der erweichte Muttermundsaum 
men grossen Widerstand bietet. Die Extraction des Kolpeurynters 
erzeugt kleine Sprünge der Cervixschleimhaut. 

Auf die übrigen Indicationen für die intrauterine Kolpeuryse, 
.• le lc q? 1 ?- * n dem angezogenen Vortrage geschildert, gehe ich an 
III stelle nicht weiter ein, um nur noch einen kurzen Ueber- 
h ' l r er d * e Literatur der intrauterinen Anwendung des Kol¬ 
peurynters zu geben. 

intrauterine Kolpeuryse ist zuerst von Schauta 3 ) ange- 
7 en - Indessen übt Schau ta durchaus keinen Zug an 

Kolpeurynter aus. Infolgedessen hätte die Methode von 


d 2 La v r? Zeitsc Mift für Geburtehülfe und Gynäkologie Bd. 

*Tv k j, ausen ’ Monatsschrift für Geburtskundo Bd. 24. 

Berlin ißoo d J U A gen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie 
«e.hn 1893 und Centralblatt für Gynäkologie 1893. 

) tentralblatt für die gesammte Therapie 1883. 


Sch au ta bei Placenta praevia auch keinen Erfolg erzielen können, 
da ich stets die Beobachtung gemacht, dass das einfache Einlegen 
des Kolpeurynters die Blutung nicht stillte, sondern dass die Blut¬ 
stillung erst durch Anziehen des Kolpeurynterschlauches bewirkt 
wurde. 

In dem genannten Artikel empfiehlt Schauta die intrauterino 
Kolpeuryse bei Placenta praevia nur in den Fällen von vorzeitigem 
Blasensprung und Blutung, wo die combinirte Wendung ohne Er¬ 
folg versucht sei. Es handelt sich hier nur um eine theoretische 
Empfehlung, da Schauta wohl andere Fälle von mangelhaft er¬ 
weitertem Muttermund anführt, wo er durch intrauterine Kolpeu¬ 
ryse Wehen erzeugt, aber keinen auf diese Weise behandelten Fall 
von Placenta praevia. 

In seinem Grundriss der operativen Goburtshülfe ! ) spricht 
Schauta von der intrautorinen Kolpeuryse bei Placenta praevia 
gar nicht mehr, so dass ich wohl annehmen darf, dass er keinen 
Fall von Placenta praevia mit der Methode behandelt, resp. keine 
Erfolge der Methode bei Placenta praevia gesehen hat — eine That¬ 
sache, die sich durch das Fehlen des permanenten Zuges bei der 
Methode von Schauta erklären würde. 

1887 berichtete Mäurer-) über einen Fall von Placenta praevia, 
den er mit intrauteriner Kolpeuryse behandelt hatte. Es handelte 
sich um eine Frühgeburt im achten Monat und Placenta praevia 
totalis bei dreimarkstückgrossem Muttermund. Der Kolpeurynter 
sollte zur Hälfte in der Scheide liegen bleiben, rutschte aber ganz 
in den Uterus hinein. Mäurer füllte nun den Kolpeurynter 
bis zu Kindskopfgrösse mit Wasser und zog andauernd an seinem 
Schlauch, bis er nach etwa 20 Minuten unter stürmischen Wehen 
geboren wurde. Darauf wurde die Placenta perforirt, die Zauge 
an den vorliegenden Kopf angelegt und ein lebendes Kind extrahirt. 

In ähnlicher Weise hat nach Mittheilung von Stanislaus 
Braun 3 ) Madurowicz bereite im Jahre 1861 einen Fall von 
Placenta praevia mit gutem Erfolg für Mutter und Kind behandelt. 

Auf die Unwirksamkeit der Methode von Schauta für die 
Fälle von Placenta praevia habe ich bereits hingewieseu und eben¬ 
falls die Nachtheile des Mäurer’schen Verfahrens hervorgehoben. 
Dieselben bestehen in der Einführung des Kolpeurynters ohne vor¬ 
herige Blasensprengnng und in der raschen Extraction. Erzeugt 
der Kolpeurynter bei stehender Blase Wehen, so bewirken diese 
eine immer weitere Ablösung der Placenta. Eine solche weitere 
Ablösung kann vielleicht auch schon allein durch den starken 
Druck erzeugt werden, welchen der Kolpeurynter von unten her 
gegen den schon losgelösten Zipfel der Placenta ausübt. Mit einer 
fortschreitenden Ablösung der Placenta steigt aber die Gefahr für 
das Kind. An die rasche Extraction des Kolpeurynters muss sich 
— und das ist der zweite Nachtheil des Mäurer’schen Ver¬ 
fahrens — wegen Wiederbeginns der Blutung die sofortige Ent¬ 
leerung des Uterus anscliliessen, während es gerade bei Placenta 
praevia wichtig ist, dass die Entbindung nicht übereilt wird, dass 
zunächst nur die Blutung sicher gestillt wird und man bis zur 
Entbindung einige Stunden verstreichen lässt, die man dazu benutzt, 
um durch Excitantien die Kräfte der Kreissenden zu heben und 
sie so gegen den physiologischen Blutverlust der Nachgeburtszeit 
zu wappnen. 

In der letzten Zeit hat Rosenstein 4 ) in Breslau einen Fall 
mit Erfolg behandelt, in welchem es sich um eine Placenta praevia 
marginalis in der Mitte des achten Monats und einen für zwei 
Finger durchgängigen Muttermund handelte. Der Kolpeurynter 
wurde mit dem Finger eingeführt und mit Luft gefüllt. Unter 
massigem und zeitweisem Zug wurde der Kolpeurynter nach X J 4 Stunde 
durch die kräftig einsetzonden Wehen geboren, worauf die Blutung 
wieder eintrat. Nunmehr Blasensprengung, Wendung und Extraction. 
Lebendes Kind, dem die Placenta sofort folgte. 

Auf die Methoden von Baraes, Tarnier und ähnliche Methoden 
gehe ich nicht ein, weil ich sie für principiell verschieden von der 
beschriebenen intrauterinen Kolpeuryse halte. Der Unterschied 
liegt in der sofortigen stärkeren Füllung meines Kolpeurynters 
(bis zu Kindskopfgrösse), in seiner Einführung in die eröffnete 
Eihöhle und in der Anwendung dos permanenten Zuges. Die 
successive Einführung grösserer Blasen und das häufige Manipulircn 
am Muttermund, wie es bei den genannten Methoden nöthig ist, 
fällt hei der meinigen fort, die ausserdem in Nachahmung des 
physiologischen Geburtvorganges nicht von unten, sondern von oben 
her den Cervix auseinandertreibt. 


’) Zweite Auflage Wien, 1892. 

Neue Methode zur schnellen Eröffnung des Muttermundes bei der 
Geburt. Centralbl. f. Gynäk. 1887. No. 25. 

*) Centralbl. f. Gynäk. 1888, No. 41. . _ , 

4 ) Zur mechanischen Dilatation des Muttermundes in der Gebuil?- 
httlfe nach Dfthrsscn. Therapeutische Monatshefte 1893, October. 


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- , |\u{» --iw Ui.mriüim -.v/dmlfrH. I»abu v -.m- 0 

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mr '\\n* h/üins» H* r « ' r • •• • ? 

\ \ i i i w • -1 i: ; s <, iw--.. ;• i'lJiwi'W i. - ii rü nr> fi ‘'•«iio 1 v*u1m* v-MiJmpf' 

N \ Htifi't'H Wd b'mjkint, . uirlit MIuit- 

\v tu ^rki"affev|» 

lir;. ,,;i -*(^|«! frvvt Kr‘ U\'’>'•*' 1 i kt ‘ -\i ‘ ■* ■ i H. irllSM 

«f:’i W- VV. -AH.rt'-ri/:>,>*(;• di’-r IkMg p® 

w.-i! C\«ill-* *..*!»- I ;. U M ! 1 ' «t «( }*’ 11 i * *■ Ü'- 

K;.öh i rri.ir.lt ■••m H w-: i-vitvwiw-■ . r^-^rw 

1>|' Wi s i }.!(< i> j-'<iv*> ( '•■ Aul T - ,<t ,v j\- im m Ü >m >i! r J- 

, r'tw. rwvwjww, m• - m;;. vrtdHiMi 1' 1 i i'i<-tv • ;:i " 1 ' ; ' 

i -i. S|JU)' ji.w f .T.WM trdf* l VW)-.|w {»11 ^ vtmO^ilMW 

Kl. mit 'd^w' \). ' t* \ . inrj» '»»firdhcluwi fr* 

- v.hv ( '(f»rjf !>•!,<• 'l'lüVi hsitfe M>. V’^ 

Im; . >j'i i '••- " !••* i.wsw! W.h, dlf <>. •' 

-••! • -w- * i : 1 i * i ■ i: ■ -••!' ,;»•!»• i ; fwmüdrwmt wrr-iw- m.w In Imtlv. %. *1 1 -1 wHi.ij, 

' M-m- •' |.i.'-:,. , , 

K iiU M -'n>V .M U -df-v Jh^:. -w'-.ln- m.iQ « '‘l 1 ' 

-mimirni • •: ■ j -ZU \ c«- ,i m 

Wii'jKH- vrTjvf , -«fei 4CfF‘t‘*[i Utudn: tfi dkm b-fzlru latirrii 


Die Munclseuche des Mensclien and Maul- 
und ‘Klauenseuche der Rinder. 

Y<m iiy. SK^4*l nt Ikit-. 

(Sahks-a Nm. !S.t 

i iv« .hi U'vlVoLiu .• ^ • »*h» <-'■ - • "•• i: "‘ \ 

Ci,• ImW! ]:■■!«•:<!.!«•> lüt-'Aiit v •• -■-••tu- -i"i - 1 ' 1 1 '■ ■•■-■■'"' 11 •' * 

«.„Iv-Yl- ri v.mltjtt' lt?ii tjuw^'J’ih-fhui.-' I ***' v * f>f 

-,U,- 1*1 '.vlimltu liU A.'öi* ) (>U ) b »« WS r ' 

v (•. 11 -.1»U \ iWM ani"l I* U\ W,‘.- h !"rkw' V ; '''•■■■'• -' ,! ' 


r ,; ♦ ,,/v 

U r-i VV m i.'.T ; Ä Qn MICHIGAM 






m \TISCHE MEDICI^ISCHE WOCHENTSCHKIFT. 


gbfrntgeh »ferm noch langst, nicht ein Gt’ntid rurgifee.u hätte. 

in Anbelrntiht vier übrigen Gruß fl e* tu v der H^n-ifinfät «lieger Ba en¬ 
teisen zu zweifeluV Kiyo so kitrze Ifölta'wm. .Xnj{>tkhfe«u -würde 
immer ui.ioh, Wemb jtHv Versuch« negativ lUJRfaÜbtt, jreg'ftu die 

Bedeutung fe Iku'i» r-mün> >i>iv: Job feinere an die Bnoteife 

des Hotldäufes; an deren fe« iiMtül luem-uud zvveiMG obgleich 
runßlötelüfe fe $fohW6frn* Tfijf iieiKetilfcilr^i fet nra}jf go- 

liugt f siehe Loren?-., ivf«fc).ii; m| i«/;in iVnnralbi. t Ba uterin- 
jpjrie 1S9Ö); zum TUcii suui e.> Hm-fhi <-igoni hUm liehkc i». >h i, wnlr.he 
(iitvUfetluij yßi'iiifadniii,, iti$t Thoii eine Altfetjua fe .t&iflvaitium. 
im Shum einer \*irulmza^r.|».\V}i«*.hung. mani bvrja! ohne Nanirweitr 
il*it i 

Mit diesen lfeiftgßD und Versuchen je-lftithe leb rem den Ohm 
■Meter dßf Votr mte..gWYmdeii£i3 -Baetfeeu Hls, 3ftr d^vMiUii- 

urnl Klammem ich« imj Munrvlton oa«l bei Lhionm ims we»Mbaff,'-nfe- 
irewiexen zu luiben. 

WViiH ie.lv mir dir Gründe nbmtege, wfeoth nie Hl aiidV-voii- 
:iuilnfi Srifji wbülnifli fej- viH d:oin«A gecatcht ward»», «itwav 
positive bj.v j«Ui gidumlmi wat, ündn i* li hdo-« mir Gern* htsiuiulae 
mbm*sgohfmi}* Die j'>:b,tfe*i> >im.i. VUitiJi<r)» w«Y> n«h der Gbnlrru mit 
Smlmrlü d nur in »b*n erste« zehn 'iügw. dev Frkrriilkuug in so 
Vtesfe Mfee zu ti'fldnn, fes- man im AuYMru-h praparat. mit He- 
•annrntfe üi«*srii.!« , n nmhWifen kann Sp-iter »jud dji^ellmu uur- 
ilm-Gt Anlegen von Kul-toirön, uod omds fehswfeenUtehnm.B<> 
stemm vier Krawklyeii ilimrlvvtupt dieht meiri’ TifeveteMc. Ffenc - 
.bähen «ä,nriä(3ibhn Furaohtfr, weteho bin .jetzt uncb dem Kvreger .gv> 
-mdu. haben, rinn Fuliler feHnfej in den Bläschen ilni ErnmcP 
2u kudjtVfj; .'•;pbg , h%).i .misuvviffjlmft-• tw-, Wer ■'vorUanÄci» -ipt;,>iv 

fpi.it. er feh .hiev mit rio vinlnu andetmi) iirdmnlhviuiisnndun Ibü*- 
5 -örUru zusammeü aut, tüi^$ ein l^olirun des svicblajarrn 
u-fii nnigiiV.lj ist. j uiffpn.s ft*]ilau kleine. Viirsnu’-htsHiion*. Ti«Vln*i> 
simi ttjte i't ; U hier nmvdrüt'kiiüh liotoneu. trjU* not UH 

grofiH* Mjnurnti * n;cr \U iuniJturau^i-.Mveinmimg unkpidngUidj, ned 
kiödaf zu ^nrsunhszwftcUcm aidztic-lelieji, i^t nhht jodunnimns 
5?4ftha. tritt Hnd iiiüvirtign Jß^idnjDi« in 

i’ftUahgB ynb settbu ut>d Ilaim jhib nuhnifegniilcm Gründen 
anf dinn Tjande auf. 

Hßk^nnt drtdtn es- Jtutb, \vio yeh-wer auf dem hamfo -tife &r~ 
'Ifthhöias uififtV Urtöiidd, wird, Audi ic h hab«v vücüe Ü.r- 

iaidmis» TMi. in FaHo e.diauten tviü>soii Ausseninm hat der 

lanirlarzt im uüi^niuihen .-wohl RelUm: dm %h |t n»d . ftu>d> dh; ßiu« 
riclifnagen, um bapierioJogi.-eli ärhmtmv zu ivminmi Hei dar Tliirv- 
MVK !),• lifgeo »üe VeridifTn^n* dhnlüdi. jaitf fWiri-irr, t-uumsn 
au» h j.jor ,nnr. in den osf-nn Tugnn ddp iJidSeFitjfcitng: in *itUsueror 
iixt. (iiitdür Rtanhuu. aber .iiv-fe Itel.zFiVf» BpUtüiuiu 

ß ht i« wehr Springern Pi-unamisaw, spnutai« in den ersten Tngeu; 

pur ;u; } f dißf5fi w(mignu Fitiln hatte siu-.it die- Aitinun’lvsamkeir jtu 

’i (t u*:n (sieiu* den Fuü ; voh Hr. d •brist muunl. F>eheu die Xfere. 

-i|i.iter *81 Hara^mos zugrunde, su i^t es. wjd ii-L. mu h de.- rdiere.u 
'dnut.eugte, nv li( nudir mi'vgin iiu ein. JBaeierium. 7 ,n ^ejieu oder zu 
zOeluen, Khenyo wird man hui- gesiihUdifetum \ icii nur trlir 
Mdten * - tn e iuiet eri edv >g i Be h e AnslnuiVe erwart.on kduneü, Fetiu yvirk- 
h'Ir seit wer. aeut erkrankte Thiuffi dürftet' nidtt.' offen ge-snülaehtet 
uerdmi j Mgiidii kümmln:. d^iUe- W,dU’t iffe/öu'r s;a)ü' grUltda, wiu in 
<h;m vnti mir; nngidtihrten Faih‘ v .zur Buüboohtung. lim .iiin-igens 
['inen derartigem F»dl •rechtzeitig zur henntnisp zu erhalten, habe 
" '• ;* {, ‘u .sehe liuhe i'Hlmic . m diejenige Hemm zahlen müssen. 

mii* rßcbtzeitig die Meldung lnaehte Uhrouigeh krankd 
Jliienj werfe häufig guarhl.’jehHvF bjeten' wi<t i< ii liiielt du 

^' iihn-hthause (ibergttugte keine hm-HiritilugvV.lu* Anshßutü. St-hliess- 
‘ :,f - ist ünt»*r den präktlssviten Thiotritrzten. nach imee der 
•'idMussr noch die. einzigen, welche derartige- stdumu .braueJthürc 
t di» aufHeihen kannten, dir hm tnnidngiscba Aushltduug eine uoeh 
*Hlem*iv, -Jtla hei }»t;tktiV.HiMn Aerzten, und ;.ut Hochs« iudiusiitulen 

Wohl nur selteo. zur Heol** 


orscheint knüin. aulKUtig) gewachsen .sein. V(m positH^*«. Impfuiigeu 
mit diesen F.nJ t.urnn wird .nichts hxnmilitct . Die ganze At beit brivun. 
dbehhaüpt ig«.dir e^.-BetracktarigdJbitr iii<i mügdieiiun f/r^iblinn der 
Aphtlieiiseucim :üs nnm-isdr ‘Timisaehcti, welche unsere .Keuni 
fötöcrn könutdtu in den Atniales et BuhetiU ihclu s'K'Vet 
18D8 »n-seUbnv -ftiue Aidvert vw Dv. Lcf ui:»isüu 
v«)U e-itier HjddrmW von Aphtjum: 

20 P(irsüßhij st'hwcr erkshitikt w'nnm. 

| dhnliülie ddehiltie AActblpui imhmt i 
| si» gJ'ümÜifdm fJnkcinvtnibs In tim* 
j; ? %hn [' ,A 
1 .Proi. F» e h ilfez vot* 


anssp 

itv derselbeu wird 
tot* in dei\ ct^ a 

HnnTJ ii^ n u - will auch eoecnr^ 
v ga.hz«v Arbeit howerst aber 
, v . . .... dauU "man niff. 

von einer U-iltik alusidten kann. Am 10 Fobim-nr i,ed( 
WKmmmm mne-r V !;rsnmmiunv. Um Landwirt!*«-» in Her!in 
G men Vortrag über Maul und K)jn.m>i»Hud»c', der cd. zufällig .beb 
- mdmir. fteduce widmel.c meijmr Arhcil. .*i!«e >ohr ningeiirndr lh>- 
s]>ree/uutg, kam jedoch zu* dum Schluss, dass die von nur gcfm>- 
doyen Bhoiojfe uitdit dio' FM'i-'ger -der Kraiikiieit .spien, und z\\ßr 
au? itdgeiuicm (vmud* 5 ; Na«dp moinm- i){di;uij«i.ung saden TaubfUi 
ein{?fäuglirh für ,.kl«‘i«ibh thöeir der Uarn-Huo }*■». hülle nun 
Tauben mit durrhseuchLor Mfit Ii gniuinft nod.- keum Lvh.Wem der- 
%*g4D»> mtohm kü»xn«jiu A<dgliöh ubiyn iihdil* dir 

Kn cger d«s» S«*uvUe, Jii^n DedmAhm fvliöiut richtig -za sinn, wenn 
die Voraussetzung np-hr. -iruiiümilch warn, ich . hule leider nur 

coustatimi kennen, das« Taubctr nur üiv grossem Möfige.u v.u« 

Ibt.jitullihmt ruipiM.jjilii f| sind, und l.nl,«* Srin.U. «ie*s* Lrkhijn y 
•fiir die Mihdiversudu? angidilhrt Icimit i;».]!f die Kritik von ?j 

Zum Senilis.} eui.-Ma ich pm h i««)tnpeu. dass vir «-s nt drr 
AphHe-.c-noclte init emm Ki*:»nWi«‘it zu thui« hahmt, vcjclu« suweh] 
ceg,.;! der nahen llezitdiiing Zu einoi Thim'snue.llfj, als auch v s eg.-c 
<lr.r be-eiclei-b iii «l< li « hrojwßi her, Foime» iiuffrotenden, ,-*.nr 

iunnnigfalfigcn Oomidi« r atiC*ncn von Seiten fust süiumtin-lmi Urg^qin 
titH einer großem mnniS'iiHr-hXiö Inf^ilioÄ^tavikhait' ztt tküu haben, 
wei-bo g«>wi:-y. ein :U!gofnci ; mces : .Iivt«*resse beanspnichen icentd.: 
V\>»HV au« ! h vurliluhg scheint, als oh diese F.jUil<*mio .«ich nur 
auf he,«und.ws günstig«} Drt^eltäff-m imsehrdukr haMc, .so Dt doch 
mveii -Anaiogi«; anderer Seuche«- der Gedanke nicht von. der- Hand 
zu Wj isco, dass üißsöJbe Kpankbpit bei «dner WifujecJrohr auch über 
grossere GeMete sieh äiihdetmen konnte uu«i iii die Klasse der 
grossen VoUv^s« v U'-irHti • gen^hmd» hwnrden müsst«Im Jahre ;lS‘di 
sein int die- Maul- nmr Klauenseuehe in Deutschb»mi beim Vidi sn 
ziem lieh eilm-ehim zu seit«. Ob .nun naeJi dem Auflnimi vimvs rV-il- 
W'ah.t-Hvihiii ImportoK- trischc-n. Ajisteekungsstofles von Seiten dfe 
VleHcs hei Menst heu die Filhigkoit der fortgesetzten Ijnhcnra^viug 


ücut «juhwtT 

« |, hiuiig kommeiii .s... HP ^ I 

Jem Krsrbeinnu ituiuer ersten Arboit über AfibMiensemdtc 
en«l dftige Arboiveu ersuhimmn, weicho die bae.tcnologik-he Seite 
«iiuKoi- Krankheit lx>rü.ksicl t ligen 

Im Ofiitr-iiibläti für Bncterinlb0«}. I8O2 busehrbibt Sehotleli us 
woU'Un..an* ApItMunddH^'hOi gezib-htot winden, Dmi lh- 
.' Vi ’ ! ‘ : - ha.»« diese Guee-fm die Er reger der Krankheit siinj, b.lciM- 
-chotteiGis sdiobiig. IG- sagt, «.li- ftift RmmüMtiir goiuijiftmi 
-'..h-twg.MtttiB- niHlg«} 'fuge Fieber imkoniTnon und sei«m jo->M«k. «-'?•• 
Ric Tb;mn* wurden uk-ht getodtcr und ytarfe uim-Ii 
deg Imphpag, cbciym w/yöjt er«5bliittn ein ßtsuithntii- 
^••a««r»<nib£fe(b. - ln ..iiinurou fehlen demnach auch. Somit 

gössen die angcblichcxi l>Jci-Uüktingi‘tt wohl auf Thloxb-utiuu uöd 
^'7 ! wf M-rth« züriiekgOulirt 'werfe.. Buhla « tudralh!. I. 

Merfoloiiic 18bK) wU] iimühoidc Korpoiehon in* Ijb.it erkraiikGm 
jUUGre gösefe haben. Oms.dbcn solien auch auf iobehdur Sehhüiu- 
aut ^ LtMtac8n,.^diQ 4l)eir4ifigg fßüj wai’en'' (letztiiroß 



Veit, Zxit Technik oömpl'ioirfcej? I»apaeatö«iieeiL Berliner Klinik 
Heft 50. Ed. E. Fra e oktri (BnÄvk 

Veriansor (iotraohfcct .im Siium der Asoptili iilg cöiuplioMtv 
u «t dh^aöi^etr, TnÄs 

irgmul w?:[f h, r Art aus üot)i wendig: oder WiilUig eroifrWeü Ot- 
^iiii ;k'-u Eintritt. Wüonlu'ichvf' Ürgapiämsh '. : io die Uaocidiöidij. 
SüJ'k WeM-ütfe uml blonder* auch jA (tun nftcli&ten tagen n&rif 
; der Upär$tu»n erwarten läöSfm. - ilisrWfÄtm4ü&$fc die,in * 

1 ] er U\Hm Eritr füllt an gen der Tube. tlÄf M BalpmgotüiuWfl 
1 hkf hf chini t* Eintritt vvoti/Ual^udter it* dir BauChhfddn Dt AdW 

hm.' mom&iwmsunem < Udmit «0 Mikrfmrgumsmmii in ilw? MohrzyM 
FiyVnhii'- EitdUi.^ auf dm Verlaut' der Operation; das Bjrcvh- 
toif vorträgt KwO.leVofc vioi Mikroorganismen, ohne andere ah 
luitr inc&W jhAzhhdnpg daraufzu rnagdiÄ Ifia meiste. BeneUtiürg 
■verdient diu Virulenz der Keime, und damit stimmt die ktiuWiie 
Efktlinmg, dass zwm Arien <W i ; ‘ypsaiptuX' lieber .als boKocriers 
beü-nn%iaü cr^äliohKu: .F.H'bArUafttf BWcosse, dm von der 
Pyosalpms ubd t)ui f chbyuoh döf Pyosatjuim 

Aussen.; DiecefatW’ Kaibgorio er&nWmt; muck VnjtD n^lnveu 
EriWhruwgmi nicht mehr so Imdenk lieh wie. frriBrr; riiMimil esstir* 
pirte er in Aon letztou VfHlu'Oi? • Wt. 8eliMid6iit''BVaut!ü/ PyViSaipijtf' 
m«! Boitritt des Fliiefs in die BdUüUlvöbln. und mit Gemsm.g der 
EutWvUiiWA iuid 'jfrxv Ahne- AAwddlbiig Wies bdsmulurei! Vor- 
Mrrte gpgen tiiesor lüfbjAions<fue}lfc. @M f $iTe I- wlöv vdii^U 'Sah 
pip^oV/mlftW n ur eine; sotoeres Fld>Br beetatul i u oinz$Bwi Fällen 
.yn^' ; -te--'0^h>.tioü rund vemhwaml iiömifct^ilba? ; Weh rturi#6i|. 
Et> t i nirrsdiied der Fälle je imeli (Wo spetdäsekhu löüsU- dl 
MiK.d.u’gunismen besteht nicht und Ul. ganz gloOhgiUHg.. Verriß 
ist folgU'bdi.U^ am'b ge^jüti jrda l’oKuttef des Perifhhmift4 ^nxüi >?olßEea 
hrstöfiaDegätr ata Mdgliebkßit, 

: (mit öa«H mW BgiiwämmUtiiiafkcAißs*?..sm.. v^iteoitiatr »uri 
2 w»?üens. wegen der scbnelleren Beendigung der Operation, >vas 
lud cbmden Kranken Meid gkdehghitig erscheint. Wirk lieb 
uotfiplldin sind out di<« Operationen von Eyp^ipinx m!« 
Ddi elilumdi o:udi ausseft. aiudi die^ 'OoiiWtadion; aoub' 

göluvilt wurden kann, beweisen diu Fälle töii AViniiar (Dis- 
bansen) und Vöxzi: ä&k urndn/mt hmt dem Atprftssnr g^o 
wie Pnztj ilie ikal?iage Ab>tlxweu4i;!^ Den . 1 VÄäfemjöTßWnm 
mdilins&’öit sieb am .'m.bi&l;tm vliu 'Eingriffe, bni Äb$$üS9tn| in 
titijv' p:ctigkgbn.d. d<>U ft-eü Hrndöftti ftl-s Hö. : impardtomieoa bei .ujttl 
. WK-gm parametritimdier oder tUuilidmr ^ 

VprfussUt' nur düruto ><• ungiluPtig,. weil l>0 de: EnranjFCrifci? niifck 
der Ekölfinmfig aus fei nm^eWöden E^TnpHbäKWb Idi^ ^ 
Mnngtm vöti - MikföofKnbbvbf'fctui, wäHrond der iWryl ui?fv 
k*Mt#Uu ftei Pyoealpin^Pf^Baii gatiz rurtfuSlt' ^. : ^i i: ' r . 
rechnet Verfasser zu den oompiieirteu LapueHtoioieei; 

3«"ttlW lifti d e OK ö d er if a.Vtti c r ii ff riet ist; trfi£ f Avitmi öueji lakk 
so Summeen MoUnumn der jlaimnaht Xi^bun W dtbBeiaiUv 
das?j Äk> bvdeokiifbe.ti' Keime des 1 umuInnern vor dM NnlU- '■&' 
UmgolMM.n der le(zt.i>)-UH inlirirten. Voriotznngnn o f, r 
de it Ktuso iouofieü Uh riehaiie frogn om- der Laparaloim^ 
ub&bp .bufeuueiurä; ^iiwii^ömd aber vom BtändpHfi^te der.|fiföetl<®.‘. , 
• •* ’dbü*». ‘feterikun: Mur* bei ; delidb^; Y<}rliuUdpimw 
neiär wiitiii ein iufpotUisvr HuurdAu die Bluw 

die. lieselottb niiejt des Blase?.imudts fÜ!’ (bi^ PorRommU». 

Tlei der Ib^pr^Kb.ung frn* ug Mir die lljperaMQm ^ 

.epmplt'Ärte U Filjeu sind bnäöndoriäJUb 'UBfiterfcHUg.e3i;4^ Avp 
dmsers filmr diu B v n h/ir KItt^ fl U r ^fetisrWf Wfctbff* 
kab: das dagegen oft gcltuml ggjnfmbtö-Wä<oiU#u, flinftut’Öies^B, 

' ...IV..' .. in die obörim Xlmik iler 

Bauchln’/hlti tut nmdi Vorf durch eine derartige Itagerung der 1 k' 
tiKtitin zu vermmtien^ dass diu KreHizbniuau^UCddtmg ak ge\vMük 
; ^Vtuid bestellen bWbt, dass «l§o das f ruiamjtoriuia, liötor : 
: als dar Kniek im tlriMtm Ivmizboinwirbol; 'loiÄter«r ist- d^r Ak^uf 
'■ ;-.P;ufiit.-iib.BotVkftnV'ÖöU. 'Älfei yfüg i)V# Buckau böi kleinen 'Idtiiö^ 
austritt., blöibt an iirgnr Btellu stehnt). -BO grossem l-uniorcn kkbb 
die gnnzÄDberö ' Bauobböliln dmvli mtditfaeho Lagen A'^r 
Ga-xfetHojkim;:^egün don Eintritt jnfoetidsur Produtdo 
A rierionklKi-osö“ BölruTde.ru-Dg- der AUimung in '.Bockbß-ho'cU : lH ; .cöruug^ U5 t 

dann, wonit hei sehr starker ErbolHiug des Backcti^ 
fVilhri et) ii^ ^ vermögen eine $&t> rdßbtwinWfgB Abknlokuüg* des Kopfes gegen <Wv EW 
lid**' oiatratfitipr bruueht nur der Grad der Bft.Uk^lioßbl{igni*flA^' et.» 
Värvdüg’uvt.xu werden, um die Trachea weniger zu compnimf^ 
und die Atbmung wieder frei zu nmeheiii Dasselbe Atlunu«^' 
.. hindeimiss, A bknickung des Kuide^ grgfm den Rumpk Kdirt w- 
w BftKkeiihQvM^gei'ung #n der imbefjninnexi Ätlimuugsurt, tUs«. 

flufclie 'frbudR^Wf / jeder Esrsi^b'ation durch umviliklirliehe Actiou der BauehimmkauR 
mit Aorlmv Coinpression. des BauchinluiUos die ganzen DarmeAnn v 
|PMMMRR|MR|HHH|^^ie aussefi vofgodrilngt, worden. Auch hier hilft -eine geringe 

-.- voit g-o«*/: * 'tW niitcrpn Bumpninifte -sowie -».fct8 Einschieben einer Bolle w J 

htjgsten BatReriehj boi^egebeiL die •Bch-nft-em und dadimdt Vnrrijugmtfig das Knieks zwischt Ha 
•* --' - - • -and Kiniipf, Ünter dftu hei complicirten Flilien empföhlehöP. ^ 


Uliiiu ArtjhWdiuug erbalteu blpihen wird, 
via nd'iV^;uUi=;- l'rubkun ZU weich 

iicliiLUig m hisem.- htiÖC. 

. 'Knrnhftng;'^AVhVmir vpa- vielen So 
;-s -nivh der nicht; ‘ionnio sohavf;ausi 
granvtf'S der UnineiiUdis wie sie 
war, nicht. mUgafcb', ȧn chnriiktmi: 
dfkhtimm “ 

vif>lj'AWgUag OhBfUmHOf 
terisUsnWn 'MorifrunlK de* 
iiv-u uHipt'cv Ot-giunu:, UKsbWurj 
Minikehevv und ;KiuWr 
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dfvn .mitgHhcilf w)u*di\, int 
geifihl’tru Ckurii* ilca Bhotor^ 
in' iiO:‘ ersten \Äi:i>oit dargfs^töHt. 

., . . . V : ^U; 

ielu bafc? : WswWAn-; uit äB?pr^ S|hW <w 'Vnr- 

ifitri wiHdhrhhtöAJiurZ ' dhr^vWA^-k" 

. T)$h B:WÄU m : hudet sieh m 

.. A v , X > - -fchf?fd’ Uiul;.ISiüi’e:,'^ geHweT orkratikLm 
r mit Bc^riiumtiiKit ip Acti mstuu. zehn *bugun, 
iiot Wer : es; -*ou v ittisshrkt ftelfpu. imuhwpi&lgtr. 
khrvm Btilmihcfi ve>p, ^estreekte Ooecun von 
■ -> .in der Mitte devWWn ti £ üdet sink. rugM U 
diwmdi "gchnbiK PaOitg wUlumul fe; Bob Eari^tuHe 

.. Dtos^Oict W.Fkubd?ig l^st~<kcbio Vunren.ll??' 

fung mit aiH^fen, tfifeiöcie» 'w Mdnhhnuul wWWnu ilic^lböit m 
SehVdnWUm kW- Be^iiohlWt hdvlt. Das .Bycterium rvduhA .in 
/^Iftrindmluuv\Wfiß^juigung, ;V?£ t’lHttep io iWiti rdo kkdnen, «ehnri- 
rkudin-pur bfähfeKAw/tfeftii, Aldrix- in gclbl|lä) ^ohitii'morndmL CohK 

hireu; >}e Aiirlr Cs nicht umi Zeigt nn dor < H.tufku Im 

f fefuch’ MtHür bUfhhriicij: i»ivg, .A^öfilfjn ^ auf Aw,. 

BlnWmum- KXMafWu und FtuUiUon, Dä 3- AYnrimthuTO 
lüiHmdahi^ ./XQio. Qrn^: Ver- : 

irüpthar Sil- *dft« Bncthrinm : in MeWe.n iuif junge TnubÜÖ» 

welche tank wWdcji: rsnfl hfruihf >\(grtmdc> gtlmm, Au^e.Fdhm mU 
l.viudmv BehwOmf £ingpn* -ii?Upi,h iii'.r in gioSscu Mengcfi •cfiH'er- 
’WW: lW; dW A uWeten Von ^soren Aphtheu- 

tiföelmintmgeu mehr iogclmiig^ig *- 

VI. Referate und Kritiken. 

&, Eulenburig, Rohlencyclopkäie der gt'eamndeii Ä^ilfeinde.- ! 

MmljCipiuri-»’ohirr»i’gmAb.C^ Handwörhiriuich fiVr pfinktmcho AiUvttü/ 

Mit ,?.fU»lremWn lllusiratnuum in Holzschnitt und EuilKTUtlruck- 
taidUi. Dvi ttij, gJtnzl ich umveurifcitcte A nfinge. 

BauO. A nFk<o|cHA*a — eil tv AVimi und Leiibzig, ^-'-tWau■■'&■* 

•BfÄAvurzmibfvrg, JBR4. Kcf/ B C (4W;fhAL .. 

ih no.fh hihmem* .(Ir^dc; -hI.a dnr oriflrt Baud (vgj, unser Jio- 
Inrut 'ul $(h 10 vVbclouiRidifilt) lehrt ihu' in rd^rJrec Folge 

n-imgpgrbcuc z-tvelfK Bmid die : ghtuz#.dnfl Em‘W\hrittu oim uent-n 
A uüuio* sdur K ü 1 rrivb.U‘f gV v hcü KeAWu^uhipddifr MO- anablä^fgox 
Sui*e'i\dt und iijnii.rtv.fitnhuo' 'VArs!iirulniys v<-vlol?it 4ev jW&Ü^feJ.W’ 
ihm Atikbau der gf'KhmotCOii njcdjcnnschKn Xyi/Ueltcschuft und Dduf 
jKdoni Ave^vUtliclmü Ö.h\yUuV, hilf |»rokt.i“vdmrn. uVkI IhtVfH^AWd.umi 
‘/♦olMeic d ümh . jUid lAnig^t:0,tui%r spifiKS Jhfkhdwt»ti>5ll.ni'.uhcu ! M 

\uiWom Mnnsso lWd>H{yi%. 

IHc l»rA!^htiir»^^vui)efi;^Erruii^m<diafteir >dcr Bätdhrluhigim f X’-.^’lh 
ErwWiurmdXtm Wiirarglki;hen npd Kdumms, dW üj /tun 

1 cf-zikn dafmch vm'KOvvkH'U h uiiönih är<ui. HftstrehuTigmx . Y>r> 

bn^sKHing der «hcialKn Ifvgumc tiumm ui dem vorling^hUfUf Baude 
\\hMt imdiiTfE iveuh A rtJkeV y ciü ; e 

Efdila^^ (iDor (hu: fröhoimiv ‘Aft$agu tndfe üinc vdOigd 
ViPdritmtuHgi ^uö> Tiiri) 4ru'cU andopn Auhueü ejXühmi. -- 
'Wied« um un sind (UHdi- oiingv Artikel ntisgmnorzt: woRrui, thciD wvil 
*k» wohl als- bhurtluksl^v UaThgu erbiönt wOjhD.ö iE 'Biä- 

riatik der A ugf* j ikp k.lcAte n), theilp. um z wd:»idririgenv ciöc H]dUer 
in luciirurc WaüD dfczc^-jVgCiofhvf (ml BK Au^UgW.htvhlsißi w , 

und -so lU-m IcxikhiUdmu t-ha/aktdr ■■iUi Eucyrlb^Miu uorh Dasscr j do.s Elterk- - uml .nVWAiSuU^ .EhisuigWiteit 

nng«-passt yn - 

■ Die !ho,ci;:r M-jEivCidic ur,d godiegfun Afhiut dev ■Autoren 

jcuehtihf' tiamentlichUirdbu^CpSScnT die .llhujpt.thturitfta mo?iogrö.ph.isf.h 
nVxnMpfgfcnhui AuDklüun iter^r. Artikel wia „Afterieif‘ iMar- 
rh auUJv <f ABt(hjiu M (A. Erärt-h-knl) -« &. f web'ho dandr Ahihii^k 0 
der iidüjiihru/cn LRfj-v^tu«- um diu ILlUXr erweitert bezv nahezu 
um l r mfiuu> TonhmpeJt wimh’ü .-imL fetvet ülu Artikel ^BariHas“ 

VA Gflnkkov}. ^AphiisifR (2Hfthrbk «vA^juV liokttrwe§^n’ 
muiKO,-, / v A:rbcitMth'jgibbtV tiw^ujdth »A -1 
tA ; #j‘AehKel), „Aug6man?kulid hin ti ngen* (Mö urthu er), , 4 Atw 
cuU.:nVi«jn { * (V, NhoriDiiX Bopachf; ~ ; 

•such d«n abSpi iWiVüiiktpn. Leser durch Iülmlt üThL Fom m 
A'rmd.lghn... ** . ■ . ' 

lifd^ueu verdienen auch viele anilmo Ärlmifen, z. D AutD 
s-cptica. tk XjKwrinV, Aorta (>, JSFjnuipjd^^A Apuoc (LftnrfKi^ 

Arhclirröchivtz (Oiduudorff), A rmnu k cankhn;pf) «>gje 
hinh), AkniW^ ^itOvhftt^tv) nJtß.-'Cte, ab 
UduHmg’ bcauhvinro Ania-hcrniuiig, 

Erv,^ints>swcrtli üt; phiUich, ti*m auch ctiekbtA Baadö 
'EurluMub-tiölvtaiVü, enthaltend diu 
iW/ v? To 


'■d'jf-alifi iiwV 



10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


thoden hält Verfasser die zweizeitige Operation nur sehr selten 
bei elendem Zustande der Patienten (um inzwischen die Kräfte zu 
heben) oder bei grossen verjauchten Extrauterinschwangerschaften 
nach dem Tode der Frucht für indicirt oder endlich, wenn man 
nach der Eröffnung der Bauchhöhle erkennt, dass der zu entfer¬ 
nende Tumor ein parametritisches oder anderweitiges Exsudat ist 
Unter Umständen empfehlenswerth ist die von Mikulicz für 
parenchymatöse Blutungen aus der Bauchhöhle angegebene feste 
Tamponade des Beckens mit Jodoformgaze in einem Beutel auch 
für complicirte Laparatomieen; der Zweck der Methode besteht nach 
Verfasser hier darin, dass man die aus der eröflfneten Höhle mög¬ 
licherweise nachrückenden Mikroorganismen durch recht viele Lagen 
Gaze von der freien Bauchhöhle trennt, so dass die Adhäsions¬ 
bildung in der Umgebung des Tampons schon völlig zustande ge¬ 
kommen ist, bevor die Keime bis hierher gelangt sind Die 
Drainage nach aussen hält Verfasser bei allen perforirenden 
Verletzungen des Darmes nach der Naht für geboten oder bei der 
Eröffnung eines ähnlichen eiterhaltigen Tumors und ferner nach 
der Exstirpation einer Pyosalpinx, welche in den Darm oder in die 
Blase durchgebrochen ist; bei Durchbruch einer solchen nach der 
Scheide, ist die Drainage nach der letzteren angebracht Die 
ausschliessHche Wirkung der Drainage erblickt Verfasser 
m der Bildung von Adhäsionen um das Drain durch eine localisirt 
bleibende adhäsive Peritonitis: die Ableitung der Secrete durch 
den Drain ist nur nebensächlich. Verfasser leitet also von dem 
verletzten, genau oder annähernd vereinigten Darm oder Blase 
sterile Gaze oder Jodoformgaze nach aussen. Liegt die zweifel¬ 
hafte Stelle der Bauchwunde sehr nahe und ist sie unbeweglich, 
so genügt es, die Gaze an die betreffende Stelle hinzulegen und 
nach aussen zu leiten. Ist die Verletzung weiter entfernt, ist der 
Darmabschnitt sehr beweglich, so wird die Gaze durch einen Cat- 
ptstich befestigt.. Jedenfalls muss man die Vorstellung fallen 
lassen, dass man jemals imstande ist, die ganze Peritoneal¬ 
hohle zu drainiren; man kann nur eine Stelle oder bei mehr- 
faehen Drams auch mehrere davor bewahren, mit der freien Bauch¬ 
höhle m Verbindung zu treten; gerade dies kommt aber bei den 
als complicirt charakterisirten Operationen der Pyosalpinx mit 
1 erforation nach aussen in Betracht, und so ist hier die Drainage 
em allerdings nur selten nothwendiges, aber dann doch segens- 
Zideführt 161 ’ ^ Wesentlich durch die Adhäsionsbildung zum 


VII. Joumalrevue. 

Geburtshülfe und Gynäkologie. 

_ G. Mandry (Tübingen), Die Tuberkulose der Brust¬ 
drüse. Beiträge f. klin. Chirurgie Bd. VIII, Heft 1. 

Die Mammatuberkulose ist erst seit zehn Jahren genauer ge- 
pnt und studirt worden und gehört jedenfalls zu den verhältniss- 
massig selteneren Localisationen der Tuberkulose, wenn sie auch nicht 
so extrem selten beobachtet wird, wie von Manchen angenommen 
0 « e n 47 ! n der .Eitteratur beschriebenen Fällen halten nur 
auf Grund histologischer Sicherstellung der Kritik Stand; davon 
re Jl 27 dem . weiblichen Geschlecht und über 80% dem Ge¬ 
schlechtsreifen Alter an. Ein Einfluss der Gravidität und Lacta- 
tion ist wohl zu erkennen, aber kein auffälliger; nur in Vs der 
rau e ist die Erkrankung innerhalb zweier Jahre nach der Ent- 
, un £ ^getreten. Sie tritt in zwei Formen auf, als confluirende 
j seltener — als umschriebener intramammärer kalter Abscess; 
• ^tomische Substrat, der Tuberkel, kennzeichnet sich durch 
me Zusammensetzung aus vorwiegend Epithelioidzellen mit sehr 
g ingem Gehalt von Bacillen und reichlicher Riesenzellenbildüng, 
esem, nach Baumgarten auf eine verhältnissmässig gutartigere 
! n ^ eis ?pden, anatomischen Grundcharakter entspricht auch 
. , lmsc be Verlauf. Das Leiden beginnt schleichend und kann 
. zie hen. Die Prognose ist vor allen Dingen dadurch 
^emibt, dass m mehr als der Hälfte aller Fälle auch andere Or- 
S? J? n d f Tuberkulose befallen sind und das locale Leiden zu 
dionintf ^ rd- Aufgabe der Behandlung besteht in der ra- 
b P f al , der £ anzen Drüse mit Ausräumung der mit- 

lektAf e xi*'Achseldrüsen, welche allein volle Ausheilung gewähr- 
Anhan .* ac * le . Auskratzungen etc. schützen nicht vor Recidiven. 
sowift ffJoQ e ü S ,i nd sieben Beobachtungen der Tübinger Klinik 
sowie die 28 Fälle aus der Litteratur aufgeführt. 

Herrn. Frank (Berlin). 

iDTofflfl V ;5 6 / er, T^ e operative Behandlung der Uterus- 
Universität 6 -u da ^ e .? 1878—1892. Aus der chirurgischen 
Bd 27 , m B eidel b er g. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 

’ n ® IC Bd. 28, Heft 1. 

3 rathm 0 n.k e *£- eatllält n0 ben ganz eingehender Schilderung der 
tfations^PWn^ dem Verlaufe der einzelnen Fälle und ge- 


429 


Sf. U T.i e ®v 01 !f berichte ü. s , 6hr Hare epikritische Bemerkungen über 
die Technik der verschiedenen operativen Methoden, ihr! Indien- 
tionen und Contraindicationen, ihre Vortheile und Nachtheile Kei¬ 
nem der vielfachen Operationsverfahren, welche in der Reihe der 
vielen Jahre von Prof. Czerny geübt worden sind, wird in vor¬ 
eingenommener Weise das Wort gesprochen, alle wurden eingehend 
geprüft, und über ihre Vorwerthbarkeit wird in sachlicher Weise 
geurtheilt. Im ganzen kamen 119 Myomfälle zur Operation Fast 
immer waren es schwere Fälle, welche von den Hausärzten’iahre- 
lang beobachtet und behandelt worden waren. Die meisten Myom¬ 
fälle gab das Alter von 40—45 Jahren (35), zwischen 35—40 waren 

Zo, zwischen 45—50 waren 29 Frauen, 5 waren zwischen 20_30 

je eine zwischen 55—60 und 60—65 Jahren. Von den 44 Frauen’ 
welche über 45 Jahre alt waren, warnurbei sieben die Menopause 
eingetreten, und auch bei diesen erst sehr spät. Letzteres sieht 
v. Meyer als Beweis dafür an, dass die Aussicht auf Stillstand des 
Wachsthums und der profusen Blutungen nach dem 45. Jahre eine 
geringe ist. Letzteres erscheint indessen dem Referenten als ein zu 
weit gehender Schluss, da ja naturgemäss einer chirurgischen Klinik 
eben nur diejenigen Fälle zugehen, in welchen die schweren Sym¬ 
ptome der Myome auch in dem höheren Alter bestehen blieben 
während ihr ein Ueberblick über die Zahl der mit dem Alter 
günstig sich gestaltenden Fälle abgeht. 

Degenerationsvorgänge an Myomen wurden häufig be¬ 
obachtet. Neben den Nekrosen der in die Scheide geborenen sub¬ 
mukösen Myome fanden sich 15mal cystische und lymphangiekta- 
tische Veränderungen, 4mal myxosarkomatöse Degeneration, 2 mal 
sarkomatöse Entartung. Die Indication zum operativen Eingrei¬ 
fen gaben 51 mal Blutungen, 14mal rasches Wachsthum, 18mal 
Raumbeengung, 12mal Blutung und Wachsthum, 9mal Blutung 
und Raumbeengung zugleich, 11 mal Schmerzen; 4mal wurde ohne 
strenge Indication der Grösse des Tumors wegen operirt. In kei¬ 
nem Falle fehlten die Blutungen vollständig. Die Mortalitäts¬ 
statistik ist naturgemäss, da sich die Operationen auf einen Zeit¬ 
raum von 14 Jahren erstrecken, eine getrübte, der Entwicke¬ 
lungszeit der Technik und der Anti- und Asepsis entsprechend. 
Weiterhin handelte es sich sehr häufig um schwerste Fälle mit 
Herzatrophie. Von allen 119 Fällen starben 23 = 19,32 °/o. Die 
Zahlen der letzten Jahre geben indessen eine zunehmende Besserung 
der Operationserfolge, sodass v. Meyer für die neueste Zeit bei supra- 
vaginaler Amputation des myomatösen Uterus sowohl für die intra- 
wie für die extraperitoneale Methode nur 8,3 % Mortalität berech¬ 
net. Von den einzelnen Operationsmethoden kamen in Anwendung: 
Castration 8 Fälle mit 3 Todesfällen, vaginale Enucleation 15 ge¬ 
heilte Fälle, Myomektomie ohne Eröffnung der Uterushöhle 33 Fälle 
mit 7 Todesfällen. Davon waren per laparotomiam 30 (7), per vagi- 
nam 2 (0), sacral 1 (0), Myomektomieen mit Eröffnung der Uterus¬ 
höhle 3 (1), supravaginale Amputation mit extraperitonealer Stiel¬ 
behandlung 30 (7), mit intraperitonealer Stielbehandlung 21 (4), 
Totalexstirpation per vaginam 4 (0), Totalexstirpation per laparo¬ 
tomiam 5 (1). Das spätere Befinden der Ueberlebenden war bei allen, 
über welche Nachrichten erhalten werden konnten, ein gutes. In 
Bezug auf die einzelnen Operationsmethoden, speciell in Bezug auf 
die Frage der Stielbehandlung nach supravaginaler Amputation 
und die Totalexstirpation des Uterus von der Bauchhöhle aus (Bar¬ 
denheuer, Martin, Chrobak), räth v. Meyer zur sorgfältigen 
Individualisirung je nach der Beschaffenheit des Falles, besonders der 
Beweglichkeit des Stumpfes und der Lebensfähigkeit seines Gewebes. 

Czempin (Berlin). 


Vin. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Stand der Cholera. 

Seit dem letzten Bericht in No. 9 dieser Wochenschrift liegen Cholera¬ 
nachrichten aus Frankreich und Belgien nicht vor. In Namur und 
Umgegend scheinen ausser den früher gemeldeten Cholcrafallen weitere 
nicht beobachtet zu sein, wenigstens sind die seitens verschiedener Länder 
gegen Provenienzen von dort getroffenen Sperrmaassrogeln grösstonthoils 
schon seit dem März wieder aufgehoben worden. Die Gesammtzahl der 
in Belgien während des Jahres 1893 beobachteten Choleraerkrankungen 
(Sterbefiille) wird amtlich auf 615 (372) gegen 1861 (953) im Jahre 1892 
angegeben. Dieselben vertheilen sich auf 97 Gemeinden. Von den Pro¬ 
vinzen war Antwerpen mit 223 (145). Hennegau mit 224 (131), Ost¬ 
flandern mit 89 (47), Brabant mit 42 (28) Fällen, Westflandern, 
Lüttich, Limburg, Namur in geringerem Grade betheiligt. 

In den Niederlanden sind nach amtlicher Angabe im December 
vorigen Jahres drei Personen an asiatischer, drei an Cholera nostras ge¬ 
storben. Seitdem liegen Nachrichten nicht vor. 

In Russland ist die Cholera während des Winters nicht überall 
völlig erloschen, neuerdings hat sie an mehreren Orten wieder mehr um 
sich gegriffen. In der Stadt Petersburg kamen in der ersten Hälfte des 
Februar noch 34 (21) Cholerafälle vor, seitdem keine weiteren, das Gu- 
bernium Petersburg ist seit Anfang Februar cholerafrei. In den Gu- 
bernien Wolhynien, Tambow, Tula, Stawropol, Tschernigow, 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDICINISQBU^ 

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Vün dftf-r^wp-^i^krit kti dön. Articuid{iiH^ 
dew OnftPHt^ur .t &w&£ •nngÄmi. ab vdK’-r- 


^ Januar »nid Februar noch Obolen«* dti : j ab.ten. 
d RpätttV ■ Hieltfe' mehr. in’Wa^ßbftd Wyrop pia 
’.ltie'ChbierHmde b««t# wördcu, $nft. 8Ä 
bis svit MiUfi wieder vpi& '«em br r 

~v.;vi; autoXm, Vom 1b. bis Slylte • (^riwubW- 

XbafrWawJuvu ö ii), vom 22. Mte bis 4. April 'lAiMSA 

Vilrli itd önlmraium .Rftddtnv wxHn# Ä.öfftpg. Fwrm*? ftö M*v T ^!y 
äSÄW i^wÄ vorgÄummen warn., -.^icir Mfm;,;A|ni. .«vb'.,i , 

y-wPHftdnatUi’ber Puiisn■ Seimbe mrfe - Ttmiü". vom ü- hw. i-.- ♦ fX der 

vn-n V? bis 10 April Sid (ü. BUln; .F,nldm«d 8eü; dom J^ma. 1 

au^jQj-oi.ti^u G».d»r.ri,ioh Ivo.wna mui Hock jor 

Ifilt) irt dbr gmÄ^fAUoh t bo? jl}^ ?/ 4 U»;.. 4- bV- 

ifr; feiit-uar iO jüK- ll. » t7:J^bfuar irr ;vr . v - 
.-Ä War» 17. MJb-B bn »IT. b»^.;MW« -. ^ <fci , fA 

0 füb -1. t>ib 7. Ai»rd X -'8 )m M Ak?I V> 

Im «ulmrf.iöTu P.ioek orkranUor. («i.-jw-Vti) ■y»>i») 'Jfojwi*! bn-^d-bebrnyf 
I» tiv yöm i. bis HHFcbnmr i M, vom ^ 

<0 hi$ - : i£\ i’Vbriiaf 0 |4)»'"vbsd Fobront^'-Ms Hb b 1.^)5 X’4 *rj& 

m&\^VWw G (5), xmn m. m~* vom 4. IUS10. 

;• toiu- Xt: Vw *U2. .Atfni dfö Idf VWWh, 

0 8c Hü i v b ' Ht sieh .dt« ÖhdJ^. f noiiei dmgs Av»» f U(.w : 

imivb- jjfiwupdd^6| Fp si&b *.• Aurd 1 iu- 

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massiger Anzahl bnobmdvtol, f 
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kvimfnt. 

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dü-^%vr^sc|)öitlft» dted >bft*»U)deru 
fübrdbgt tiben^ ( 
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j dftr A'us^an^l&r "MvRtüP 
"QjÄÖdti : ^nr' r 







10. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Der zweite Gegenstand, über den Referate erstattet wurden war 
die Stielbebandlung nach der Myomoperation A Martin 
(Berlin), der erste Referent, hat bekanntlich 1888 den damals be¬ 
sonders lebhaft geführten Streit zwischen den Anhängern der 
supravaginalen Amputation und der intraperitonealen Stielbehandlung 
dadurch endgültig zu beiseitigen gesucht, dass er den Stumpf des 
Collum, von dem die Wundinfection wie die Nachblutungen drohen 
mitentfernte, die Totalexstirpation des myomatösen Uterus aus¬ 
führte. Seine erste Veröffentlichung wies eine recht hohe Mortali¬ 
tätsziffer (30,23 %) auf, und dies liess von vornherein die Methode 
als eine schwierige und gefahrvolle nur mit Zurückhaltung auf¬ 
nehmen. Die Methode ist inzwischen in zweifacher Weise ver¬ 
bessert. Zunächst wurde die Drainage der Bauchhöhle aufgeo-eben 
und das Peritoneum durch die Naht abgeschlossen, wobei die Cat¬ 
gutligaturen der Ligamenta lata und des Scheidengewölbes in die 
Scheide geleitet wurden. Diese Modification hatte nach Martin 
ein Herabgehen der Mortalität auf 9,5 % zur Folge. Nachdem in 
einer letzten, dritten Gruppe von Operationen noch der prophy- 
lactische Nahtverschluss des Collum und Sublimatgazetamponade 
der Scheide ausgeführt wurde, ist die Mortalität auf 3 8 o/ 0 (l von 
26 Operirten) gesunken. Die Methode hat sich damit das Bürger¬ 
recht erworben. 

Der zweite Referent, Mangiagalli (Mailand), besprach in 
kritischer \Y eise die verschiedenen Formen der Myomoperation und 
die über die Vorzüge der einen vor der andern publicirten Sta¬ 
tistiken. Er kam zu dem Resultate, dass man der Frao-e nach 
der Versorgung des Stiels eine zu grosse Bedeutung für die Pro¬ 
gnose der Operation beigemessen habe, während diese von einer 
Reihe von allgemeinen Bedingungen (Kräftezustand u. s w) und 
der Grösse und intraligamentären oder nichtintraligamentären Ent¬ 
wickelung der Tumoren im wesentlichen abhänge. Scheidet man 
die intraligamentär entwickelten Myome aus, so ergiebt sich sowohl 
für extra- wie für intraperitoneale Stielbehandlung eine Mortalität 
von o /o, die schwerlich durch die abdominale oder abdomino- 
vagmale Totalexstirpation verbessert werden kann. Mangiagalli 
selbst bevorzugt die intraperitoneale Methode, und zwar in der 
von Zweifel angegebenen Form. Mangiagalli bedeckt dabei 
die elastische Schnur mit den abgelösten Peritoneallappen, ohne 
sie, wie Zweifel es thut, zu entfernen. 

v. Ott (Petersburg) empfiehlt als dritter Referent in einer 
kurzen Abhandlung, die zur Vertheilung gelangt, seine Operations- 
metnoae, die er als eine „Hystero-myomectomie sous-vaginale simpli- 
nee bezeichnet und die in besonderem Maasse eine Hystero-myomec- 
tomie nach dem Typus der Ovariotomie repräsentiren soll. 1 

Au: ? der Discussion, die durch einen Bericht Bantoc-k’s über die von ! 
T f Resultate eingeleitet wurde, sei nur hervorgehoben, dass I 

Jacobs (Brüssel) und Landau die Totalexstirpation für die ideale 1 
Operation erklärten — beide bedienen sich dabei der Klenmizangen. Jacobs i 
eines von ihm eonstruirten, sehr praktisch erscheinenden Modells, — ferner, 
thrfi Z r^ n ^ ean Doyen (Rheims) über die Vorzüge oder Nach- I 
“^ zan ? e 5, ein kurzes Wortgefecht geführt wurde, und dass 
BpwJi 0 1 (P T S) ? Dd Foveau de Courmelles (Paris) für die elektrische 
Ä der letztere für die elektrische Curettage an Stelle der 
cmrurgischen, »eintraten. 

imni?v- i ! 1 , ein r,?! esonderen Vortra ge behandelte Pöan noch gewisse j 
r ■ . S 1® Fll)rome der hinteren Wand des Uterus, die, gegen das 
rnntere bcheidengewölbe herabsteigend, dieses und die Vagina der- 
„■ß aui sfüllen, dass es unmöglich ist, sie zu erreichen, herabzu- 
d mfif ü . zerstückeln - ^ diesen Fällen soll die Incision quer 
p. öas Rermeum und die Rectovaginalwand bis hinauf zum 
ge ? lacl m werden - Es sind dies Fälle, wo auf vaginalem 
DtJL- em der Tumor nicht zu erreichen ist. Der Gang der 
p ^L“® 11 "wurde genau beschrieben. 

T,hnn ei rr? as . d f itte allgemeine Thema: Die Eklampsie, berichtete 
herrcrhü (™ unn )- Fr gab e in en Ueberblick über die zur Zeit 
seinATi • 6n Anschauungen bezüglich der Aetiologie und legte 
tMnri OQ ei ^ en >? Standpunkt dar. Die Discussion drehte sich 
um Hin "lanfflagalli, Krönig) indessen fast ausschliesslich 
im Ano-n handlang, namentlich die Frage des Accouchement forcö, 
na engeren und weitereren Sinne. 

eehnW S ^ er j ^ß® 11 Eeihe der Vorträge können nur einige hervor- 
Verfahror^vf^^n‘ ^ u Hlet (Genf): Ueber conservativ-chirurgisches 
mit Drain« bei Pjr ?T and Hydrosalpinxsäcken (Punction oder Incision 
schaff s« ag l an der Exstirpation; zwei Fälle von Schwanger- 
AbortsTÄ;, Sän ^ er: Ueber active Behandlung des tubaren 
der RptrATT • e ’ von . denen 15 genasen). Köberlö: Behandlung 
Becken a 0 ! r61 \r U M 6rk He Ita: Vergleichende Studie über das 
(Bukarests . und der Europäerin. Draghiesco 

RuDtnn L plötzlicher Tod in der Austreibungsperiode infolge von 
Rehen nnH^ 8 * (Genua): Ueber Acetonurie in geburtshülf- 

Missbilrfnrl ^näkologischen Fällen. P. Müller (Bern): Ueber 
sehend ;„ g6n Ja Uterus (besonders geringgradige, häufig über- 
geburtshülflicher Beziehung, v. Winckel (München): 


431 

Ueber angeborene solide Geschwülste des Nabelstranges unter Vor- 
sarfnm g / meS Fal . les J on angeborenem teleangiektatischem Myxo- 
sarkom des perenmrenden Theiles der Nabelschnur. B S Schultze 
TTphnr " U H e - be [ X e S hrale lacontinenz beim Weibe. Rein (Kiew)- 
Ueber ladicale Heilung von Ektropium der Blase. Beschreibung 
einer von Rein ausgeführten Operation einer 20jährigen KrankeiT 
Amann jun. (München): Ueber die Histogenese der Endometritis 
Trank (Köln): Zur Frage der Bauchhöhlendrainage. L. Landau 
Behandelte das wichtige Thema der complicirten Becken- 
behe ioh COTaphe Jf ten Pyosalpinxsäcke. Aus den Schlusssätzen 
hebe ich den ersten hervor: In allen Fällen von coinplicirter Pyo- 

nJtnml “ eXtra ." > tr aperitonealen Abscessen 

mit und ohne Fistelbildung nach dem Darm, der Blase u s w in 
welchen die Incision der Abscesse von der Scheide aus'oder’die 
Exstirpation der Adnexa von der Bauchhöhle aus unmöglich oder 
zu gefährlich ist, bietet die Exstirpation des Uterus sammt 
der erkrankten Adnexa durch die Scheide die Möglichkeit, man 
kann fast sagen, die Sicherheit einer vollkommenen Heilung Die 
Operation soll am besten mit Klemmen (Pöan, Segond) aus¬ 
geführt werden. Landau hat in 30 einschlägigen Fällen aus¬ 
nahmslos Genesung eintreten sehen. 

, n P?,, der discussion hob Jacobs die Erfolge der totalen Castration in 
den bällen von Beckeneiterungen unter Berufung auf 184 eigene Beob¬ 
achtungen hervor Leopold räth, auch hier scharf zu individualisiren. 
Die l otalexstirpation ist nur in ausnahmsweise schwierigen und hart¬ 
näckigen Fällen zu machen. Er hat sie seit 1886 30mal (1 Todesfall) 
ausgeführt, stets unter Anlegung von Ligaturen, ohne Foreipressur 

Von den Demonstrationen sind zwei sehr werthvolle hervor¬ 
zuheben: 1) Zweifel: Zwei neue Gefrierdurchschnitte Gebärender 
™ ^°. h # elungenen Gipsabgüssen. Während hierdurch einerseits 
der Einfluss des Beckencanals auf die Drehungen des kindlichen 
Kopfes eine scharfe Illustration erhielt, fand nach Zweifel die 
brage vom unteren Uterinsegment durch die beiden Gefrierdurch¬ 
schnitte ihre Lösung in dem Sinne, dass eine passive, gedehnte 
untere Partie des Corpus uteri (Schröder) nicht anzunehmen ist. 
2) A. Mars (Krakau) hatte eine Sammlung von 108 plastischen 
Modellen für die verschiedensten Operationen an Damm, Hymen, Cervix 
und Vagina angefertigt 1 ), durch welche dieselben dem Anfängerin aus¬ 
gezeichneter Weise beim Unterricht veranschaulicht werden können. 

Alle Theilnehmer an den Sectionssitzungen gewannen den 
besten Eindruck von der Hingebung und dem Ernst, mit dem 
die italienischen Collegen an den Aufgaben der Geburtshülfe und 
Gynäkologie mitarbeiten. Die uns vorgeschriebene Kürze gestattet 
es nicht, den Antheil, den ausser den oben genannten Italienern 
namentlich auch Calderini (Parma), Pestalozza (Florenz), La 
Torre. Marocco (Rom) u. a. an den Arbeiten der Section nahmen, 
gebührend im einzelnen hervorzuheben. Doch soll ihrer hier 
wenigstens dankend gedacht sein. 

X. Ueber Diphtherieantitoxinlösung zu 
Immunisirungszwecken. 

Von Dr. Hans Aronson. 

Herr Prof. Behring hat in No. 15 dieser Wochenschrift auf Grund 
einer Differenz zwischen der von mir und von Herrn Prof. Ehrlich zur 
Prüfung der Diphtherieantitoxinlösungen benutzten Diphtheriegiftmenge 
"V eranlassung genommen, mich persönlich anzugreifen, indem er erklärte, 
dass die von mir als zwanziglache Behring’sche Normallösung bczeich- 
nete. in der Sehering'schen Fabrik hergestellte Antitoxinlösung „um ein 
Mehrfaches“ geringwerthiger wäre. Um Herrn Behring fernerhin jeden 
Schimmer eines Grundes zu einer sachlichen Gegnerschaft gegen das 
Circular und das Präparat der chemischen Fabrik vormals Schering ab¬ 
zuschneiden, hat die Fabrik Schering auf meine Veranlassung sich ent¬ 
schlossen, die Antitoxinlösung unter denselben Bedingungen wie bisher 
in fünffacher Concentration zu liefern. Vom Tage des Erscheinens 
dieser Wochenschrift ab (10. Mai 1894) wird also ausschliesslich eine Lö¬ 
sung abgegeben werden, von der 0,001 ccm zur völligen Paralysirung der 
von mir zur Prüfung benutzten Diphtheriogiftmeuge genügen, an der 300 
bis 400 g schwere Meerschweinchen in 38—44 Stunden und selbst die 
grössten Thiero in 48—60 Stunden sterben. Da die von Herrn Ehrlich 
angewandte Diphtheriedosis etwas grösser zu sein scheint, so wird auch 
diese neue Lösung vielleicht „um ein Mehrfaches“ geringer sein als die 
lOOfache, minde stens jedoch einer 40fachen Normallösung im Behring- 
EhrHch’schen Sinne entsprechen. 9 ) Diese Lösung wird stets in Mengen 
von 5 Litern auf einmal hergestellt und von mir aufs sorgfältigste an 
Thieren geprüft, so dass jede nur denkbare Garantie für eine gleichmässige 
Beschaffenheit vorhanden ist. 

Auch diese neue, fünfmal so starke Lösung soll in erster Linie 
zur Immunisirung (Dosis 1 ccm) Verwendung finden, da die jetzt von mir 
zu Heilzwecken benutzten Lösungen noch circa 4—5 mal wirksamer sind. 


') Einen Apparatus plasticus operationes gvnaecologicas illustrans. 
Cracov, 1893. 

s ) Wir bemerken hierzu, dass nach einer uns von Herrn Prof. Behring 
mündlich gemachten Eröffnung auch diese Angabe der thntsfichliehon Be¬ 
gründung ermangelt. D. Red. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



432 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19 


XL Achter internationaler Congress 
für Hygiene und Demographie zu Budapest 
(1.—9. September 1894). 

In anerkennenswerther Weise hat das Executivcomitd (Fodor- 
Koloman Müller) des im September zu Budapest tagenden achten inter¬ 
nationalen Hygienecongresses bereits in voriger Woche ein vorläufiges 
Programm versandt, um der Aerztewolt einen Ueberblick über die bis¬ 
herigen wissenschaftlichen Vorbereitungen, über die geplanten Vergnügun¬ 
gen, die an den Congress anzuschliessende Hygieneausstellung, Reise-, 
Wohnungsverhältnisse etc. etc. zu gewähren. Die letzteren Angelegen¬ 
heiten beanspruchen — abgesehen vielleicht von der Notiz, dass alle A*n- 
meldungen für die Ausstellung spätestens bis zum 15. Mai 
dem Generalsecretär erstattet sein müssen — einstweilen kein Interesse, 
um so weniger, als dieselben zum Theil nur in Bruchstücken mitgetheilt 
werden und für die Haupttendenz des Congresses nur eine secundäre Be¬ 
deutung gemessen sollen. Dagegen verdienen die Nachrichten über den 
wissenschaftlichen Theil des Programms unsere Aufmerksamkeit schon jetzt 
in hohem Grade. Die Eindrücke, die wir von gewissen unvollkommenen 
und misslichen Institutionen des Römercongresses empfangen haben, sind 
in unserem Gedächtnisse noch gar zu frisch, als dass wir nicht den Ver¬ 
such machen sollten, eine Wiederholung dieser Erlebnisse abzuwenden, 
sofern oder so lange es noch Zeit ist. ln der vorletzten Nummer unserer 
Wochenschrift habe ich über das geistige Riesenfutter geklagt, mit dem 
man den Theilnehmern am elften internationalen Aerzteeongress den Magen 
verdorben hat, und nun lesen wir in dem Programm des Hygienecongresses 
schon heute, wo die Anmeldungen der Themata eigentlich noch gar 
nicht recht im Zuge ist, von 437 Vorträgen in der hygienischen und von 
98 in der demographischen Gruppe, wir finden die hygienische Gruppe 
in 19, die demographische in 7 Sectionen gespalten! — Wir können nicht 
umhin, die Ausführungen, die wir in unserem „Rückblick“ auf den Römer- 
congress gemacht haben, mutatis mutandis auf den Hygienecongress zu 
übertragen und unsere schweren Bedenken gegenüber dieser Uebcrlastung 
seines wissenschaftlichen Programms zu äussern. Wir glauben befürchten 
zu müssen, dass auch in Budapest die inhaltliche Bedeutung der einzelnen 
oder vielmehr einzelner Vorträge erdrückt werden wird von der grossen Masse 
der Mittheilungen, dass die lange Kette der Sectionen eine freie Bewegung 
ihrer Glieder nicht unerheblich beeinträchtigen wird. Was die Spaltung des 
Congresses in zahlreiche Sectionen betrifft, so scheint man hier wie anderswo 
von dem Grundsätze „divido et impera“ geleitet zu werden. Eine bessere 
Beherrschung des Menschen- und Saclimnterials mag für das Executiv- 
comite durch eine derartige Methode ermöglicht werden — ob zum Vortheil 
der Theilnekmer und des wissenschaftlichen Ergebnisses selbst, halten wir 
kaum noch für discutabel. Es wäre ausserordentlich zu beklagen, wenn 
die inhaltlich offenbar vorzügliche Zusammensetzung des wissenschaftlichen 
Programms von diesen äusseren Missständen geschädigt werden sollte, 
wenn die Aufstellung bedeutungsvoller Themata (z. B. Diphteriedebatte), 
wie sie Dank der trefflichen Arbeit des Comitds erfolgt ist, von weniger 
wesentlichen oder — wie schon aus der publicirten Liste hervorgeht — über¬ 
flüssigen Vorträgen in eine glänzende Unordnung gebracht werden möchte. 

Vielleicht liegt es für das Gönnte nicht ausserhalb des Bereiches 
der Möglickeit, noch rechtzeitig die Verhältnisse zu modificiren. Unserer 
Meinung nach könnten Sectionen wie „Hygiene des Kindesalters“ (V) 
und Schulhygiene“ (VI); ferner „Hygiene der Städte“ (VIII), „Hygiene 
der öffentlichen Gebäude“ (IX) und „Hygiene der Wohnungen“ (X) 
ganz gut in je eine einzige Section zusammengezogen werden — 
andere Sectionen wie „Rettungswesen“ (XIII) in „Samariterwesen“ 
(XIX) völlig aufgehen. Durch eine derartige Reduction der Zahl der 
Sectionen würde die im anderen Falle unvermeidliche Anordnung gleich¬ 
zeitiger Sitzungen aufs üusserste beschränkt werden, die Congresstheil- 
nehmer wären nicht in die unangenehme Lage versetzt, sich entweder 
für diese oder für jene Section entscheiden zu müssen, und es könnte, 
um nur ein Beispiel anzuführen, jemand in der IX. Section den Vortrag 
von Wolffhügel „Die Wahrung der Reinheit der eingeleiteten Luft und 
die Assanirung der Luft bei Centralventilation“ anhören, ohne deshalb auf 
den in der X. Section angemeldeten Re.cknagel’sehen Vortrag über 
zweckmässige Ventilation der Privatwohnungen ganz verzichten zu müssen. 

Immerhin wäre mit dieser Umgestaltung des wissenschaftlichen 
Programms nur ein Missstand, wenn auch der wesentlichste, beseitigt. 
Nicht minder dringlich erscheint uns das Postulat, eine Auswahl unter 
den angemeldeten — oder wenigstens unter den anzumeldenden — Vor¬ 
trägen zu treffen und die Annahme derselben von einer „gewissen“ Kritik 
abhängen zu lassen. Wollte das Comite fortfahren, die annoncirten 
Themata wie bisher auch weiterhin einfach zu registriren, so dürfte der 
Umfang des wissenschaftlichen Programms sehr bald die „vierte“ Di¬ 
mension erreichen. Nicht immer thut es die Masse! 

Auch mit diesem Punkte ist die Reihe unserer Bedenken gegen die 
Organisation des Hygienecongresses nicht erschöpft. Um alle haupt¬ 
sächlichen Hindernisse für einen bedingungslosen inneren Erfolg aus dem 
Wege zu räumen und die wissenschaftliche Thätigkeit wirklich — wie es 
in dem Programm heisst — auf breitester Grundlage zu sichern, ist es 
nothwendig, in den Verhandlungen den Gebrauch der ungarischen Sprache 
als officieller Congresssprache nach Möglichkeit einzuschränken. Das 
ungarische Idiom entbehrt nun einmal noch des internationalen Charakters, 
und diejenigen Collegen, -welche sich des Ungarischen zu einer wissen¬ 
schaftlichen Mittheilung bedienen, berauben sich selbst damit der Mög¬ 
lichkeit, von der Majorität der Zuhörer verstanden zu werden. Damit 
entschwindet aber in diesem Falle die principielle Aufgabe des inter¬ 
nationalen Congresses dem Gesichtskreise vollkommen. 

Wenn man überh aupt den internationalen Aerztecongressen eine 


Existenzberechtigung noch zuerkennt — und wir stehen nicht an, diese 
Berechtigung gegenüber den neuerdings sich erhebenden Zweifeln voll 
und warm zu vertheidigen —, dann muss man sich nothwendig ent- 
sckliesson, alle Grundbedingungen für eine erspriessliche gemeinsame 
Arbeit zu erfüllen. Dazu gehört in erster Linie die Sorge für die Mög¬ 
lichkeit einer leichten gegenseitigen sprachlichen Verständigung. Nach 
den Erfahrungen des letzten internationalen medicinischen Congresses 
giebt es wohl Niemand mehr, der nicht über das Sprachengewirr unserer 
mternationalen Versammlungen bittere Klage führte, der nicht der An¬ 
sicht wäre, dass in dieser Calamität nur Wände geschaffen werden kann 
durch die Aufstellung einer einzigen offiziellen Congresssprache; 

Welche Sprache für diese Aufgabe die geeignetste ist, darüber ist 
es zu einem ausgedehnteren Meinungsaustausch noch nicht gekommen. 
Mein eigener, in No. 17 dieser Wochenschrift gegebener Vorschlag, für 
den russischen internationalen medicinischen Congress die französische 
Sprache zu dem Zweck zu wählen, ist von einigen chauvinistischen Collegen, 
wie zu erwarten war, in politischen Tageszeitungen bekrittelt worden, 
und man hat mich wegen meines „unpatriotischen“ Gedankens quasi des 
Landesverrats verdächtigt. Es giebt eben bei uns auch unter den Männern 
der Wissenschaft noch Leute genug, die es als Charakteristicum des 
„echten deutschen Mannes“ ansehen, keinen Franzen leiden zu dürfen, 
die jeden kosmopolitischen Gedanken, jeden Versuch nach der Richtung 
der Völkerverbrüderung und des Völkerfriedens als ein antinationales 
Unternehmen „brandmarken“ müssen. Diese Kategorie von Leuten möchte 
sich am liebsten in ihrem Vaterland „Kyritz“ oder „Krähwinkel“ mit 
einer chinesischen Mauer umgeben, um sich vor jeder „Infection“ durch 
alles, was fremdländisch heisst, peinlichst zu schützen. Und namentlich 
und ganz besonders gegen das Französische! 

Dass es sich bei meinem Vorschlag lediglich darum handelt, die 
französische Sprache, die unter allen fremden Sprachen von den Russen 
und von der Mehrzahl der europäischen Völker überhaupt am meisten 
gesprochen und verstanden wird, als geeignetstes Mittel zum Zweck 
der gegenseitigen Verständigung auf dem nächsten internationalen Gon¬ 
gress zur officiellen zu erheben, das übersehen diese Herren Chauvinisten. 
Sie übersehen auch, dass wir Deutsche der Geltung des Französischen als 
der verbreitetsten internationalen Umgangssprache soweit Rechnung tragen, 
dass es auf unseren Gymnasien von allen modernen Sprachen allein obli- 
atorisch gelehrt wird. Sie ignoriren den Umstand, dass die französische 
prache auch allein officiell im diplomatischen Verkehr gebraucht wird 
u. a. m. Indess — alle diese Momente werden die Herren Chauvinisten 
nicht als Entschuldigung für mein „Vergehen“ gelten lassen. Und so 
will ich ihnen denn schliesslich noch wenigstens zu ihrer Beruhigung 
mittheilen, dass nicht nur von mir, sondern auch in einem Leitartikel des 
British med. Journal (am 14. April 1894, p. 814) und des Correspondenz- 
blatts für schweizer Aerzte (am 1. Mai 1894, p. 291) die französische 
Sprache als einzige Congresssprache in Vorschlag gebracht worden ist. Und 
es wird wohl auch von den „strengnationalen“ Collegen nicht im Emst 
behauptet werden, dass ein Deutscher der französischen Sprache gegen¬ 
über weniger tolerant sein müsse, als ein Engländer oder Schweizer. 

Nun — für den internationalen Hygienecongress in Budapest kommen 
solche Einheitsbestrebungen zu spät. Möge denn wenigstens jede über¬ 
flüssige Steigerung der verwirrenden Polyglottie vermieden werden. Es 
könnte sich sonst leicht wieder der Fall ereignen, dass die einzige inter¬ 
nationale Verständigung bei den Vergnügungen zu constatiren ist und 
dass man Gelegenheit erhält, das boshafte Wort des österreichischen 
Feldmarschalls v. Ligne zu citiren: „Le congres danse beaucoup. mais 
il ne marche pas.“ J. Schwalbe. 


XII. Kleine Mittheilungen/ 

— Berlin. In der Sitzung des Vereins für innere Medicia 
vom 7. Mai d. J. (Vorsitzender Geheimrath Leyden) stellte Dr. Ka¬ 
re wski eine 75jährige Kranke vor, bei der er die Ausreissung aller drei 
Aeste des ersten Trigeminus wegen Neuralgie mit glücklichem Erfolge 
vorgenommen hatte, und legte das betreffende Präparat vor. Es wurden 
sodann im Anschluss an den in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag 
von Prof. Eulenburg über Sklerodermie von Dr. George Meyer ein 

Fall von Elephantiasis cruris mit Symptomen symmetrischer Asphyxie 

und Erythromelalgie, von Prof. Lassar mehrere Fälle von Sklerodermie 
vorgestellt. Prof. Eulenburg erhielt das Schlusswort zur Discussion 
Uber Sklerodermie. Schliesslich sprach Prof. Ewald über mehrere kürz¬ 
lich von ihm besuchte Curorte des südlichen Tyrols (Levico, Roncegno) 
und das Curetablissement Leysin in der Nähe des Genfer Sees. 

— Es geht uns das Programm und die Tagesordnung des vierten 
Congresses der deutschen dermatologischen Gesellschalt 
(der am 14., 15. und 16. Mai 1894 in Breslau stattfinden wird) zu. Wir 
machen darauf um so lieber aufmerksam, als dieses Programm in geradezu 
musterhafter Weise ausgearbeitet ist und dadurch vortheilhaft von 
gewissen anderen, namentlich internationalen Congressprogrammen, ab¬ 
sticht. Es sind „Schlussfolgerungen“ der Referate über fast alle zur 
Verhandlung kommenden Gegenstände beigefügt, worunter sich solche von 
Kaposi, Finger, Grtinfeld, Jadassohn, Caspary, Lesser, 
A. Saalfeld, Ehlers, Neumann, Arning und Anderen befinden. Das 
kleine Programmbüchlein ist auch äusserlich sehr geschmackvoll aus¬ 
gestattet; als besonders werthvolle Gabe ist ihm ausserdem eine Schn 
über die neue dermatologische Klinik in Breslau (nebst Bemer¬ 
kungen über den Unterricht in Dermatologie und Syphilidologie an den 
deutschen Universitäten) von A. Neisscr beigegeben. Das Ganze er Y® c , 
— das ist wohl das Beste was man von ihm sagen kann — ernsthci^ 
Lust zur Betheiligung an den Verhandlungen dieses offenbar ernstlich g 
meinten und in nachahmenswürdiger Weise organisirten Congresses. j- 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in .Berlin W. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


M SO. 


17. Mai 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilnngen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. JL. Eulenburg und Dr. JuL Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LlchtenstalnalUe 3. Potsd&mentr. 116. Postadresse: Leipzig. Seebnrgstr. 31. 


I. Aus der III. medicinischen Klinik und Universitäts- 1 
Poliklinik in Berlin. 

Ein Fall von sogenannter amyotrophischer 
Lateralsklerose 1 ). 

Von Professor H. Senator. 

M. H.! Die Berechtigung, Ihnen über einen einzelnen Fall einen 
Vortrag zu halten, finde ich darin, dass dieser Fall meiner Meinung 
nach eine fast principielle Bedeutung hat und geeignet ist, in 
einer Streitfrage, die seit langer Zeit zwischen Leyden einerseits 
und Charcot bezw. der Charcot’schen Schule andererseits 
schwebt, etwas zur Klärung beizutragen. 

Ich darf als bekannt voraussetzeu, dass Charcot vor Jahren 
ein Krankheitsbild unter dem Namen der „amyotrophischen Lateral¬ 
sklerose“ von anderen, mit denen man die Krankheit bis dahin 
nach seiner Meinung unrechtmässig zusammengeworfen hat, nament¬ 
lich aus der Gruppe der atrophischen Muskellähmungen abgesondert 
hat, das sich charakterisirt durch eine allmählich zur Lähmung sich 
steigernde Schwäche in den oberen und unteren Extremitäten, zu 
welcher dann eine Atrophie von dem Charakter der progressiven j 
spinalen Muskelatrophie, namentlich in den oberen Extremitäten, i 
hinzutritt. Im Gegensatz aber zur Mehrzahl der letzteren bestehen ' 
Contracturen, Steifigkeit der Glieder und, wie man später nach 
Entdeckung der Sehnenreflexe erkannt hat, Erhöhung dieser 1 
letzteren. Dabei Freibleiben der Sensibilität und der Sinnesorgane, 
Freibleiben der Functionen von Blase und Mastdarm. 

Die Affection schreitet im Laufe der Zeit, d. h. von Jahren, 
auf die von den Bulbärnerven versorgten Muskeln fort und führt, 
wenn nicht eine intercurrente Krankheit den Patienten vorher hin¬ 
weggerafft hat, infolge der Bulbärlähmung zum Tode durch 
Schluckpneumonie oder durch Lähmung des Respirationsapparats 
u. dergl. j 

Als anatomisches Substrat dieser Krankheit hat man in vielen ' 
Fällen eine Atrophie der grauen Substanz der Vorderhörner, ins- j 
besondere der Ganglienzellen in ihnen, und eine Sklerose der Seiten¬ 
stränge, hauptsächlich, wenn auch nicht ausschliesslich der Pyra- 
midenstränge gefunden, ferner ähnliche Veränderungen in der | 
Medulla oblongata. In einigen Fällen hat mau uoeh weiter hinauf 
bis zur Hirnrinde und zwar, wie es scheint, nur im Verlauf der 
sogenannten cortieo-museulären Bahn Veränderungen gefunden, in 
anderen aber auch vermisst. 

Charcot betrachtete dieSeitenstrangsklero.se als das Primäre, 
dagegen die Affection der grauen Substanz als von jener bedingt, 
also als „deuteropathisch“. Die wesentlichen Erscheinungen des | 
Krankheitsbildes, die spastisch-paralytischen Erscheinungen und die 
Muskelatrophie, w r urden durch den anatomischen Befund, die Seiten¬ 
strangsklerose und die Atrophie der Vorderhörner erklärt, und diese 
schöne Harmonie zwischen anatomischen Befund lind klinischen 
Erscheinungen hat gewiss viel dazu beigetragen, dass Charcot’s 
Kehre sehr bald Eingang und fast allgemeine Anerkennung fand, | 
obgleich die Fälle nicht immer dem Schema entsprechend sich ver- j 
hielten. Das einzige, worin Charcot’s Lehre modificirt wurde, | 
war, dass man die Vorderhornatrophie nicht als deuteropathisch, , 
sondern auch als selbstständig betrachtete und je nach dem klini- | 
sehen Verlauf bald diese, bald die Seitenstrangsklerose zuerst auf- i 
treten und Ü berwiegen liess. In der Deutung der Symptome aber, j 

) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin am 19. März 1894. I 


insbesondere der Herleitung der spastischen Erscheinungen von 
der Seitenstrangskleroso blieb Charcot’s Lehre fast unange¬ 
fochten. 


Einzig und allein Leyden hat sich seit Jahren entschieden 
gegen diese Auffassung und gegen die Lehre, dass die „amyo- 
trophische Lateralsklerose“ eine scharf abzugrenzende Krankheit 
sei, ausgesprochen. Nach ihm ist sie von der progressiven Bulbär- 
paralyse nicht zu trennen, das Symptom, auf das so viel Werth 
gelegt wird, die spastischen Erscheinungen, hält er für mehr neben¬ 
sächlich und meint, wenn ich ihn recht verstehe, dass sie nicht an 
eine bestimmte Erkrankung gewisser Fasersysteme in der weissen 
Rückenmarkssubstanz gebunden sind. 

Hierin liegt ein principieller Unterschied in der beider¬ 
seitigen Auffassung und gerade in dieser Beziehung ist der Fall, 
über den ich Ihnen berichten will, von höchstem Interesse. 

Er betrifft eine 57jährige Arbeiterwittwe, die im Mai vorigen Jahres 
auf meine Klinik in der Charite aufgenommen wurde. Mit allen Einzel¬ 
heiten des Befundes und der Anamnese will ich Sie nicht behelligen, da 
die Krankengeschichte ausführlich in der vor kurzem erschienenen Disser¬ 
tation von Max Wolff mitgetheilt ist und auch in der Zeitschrift für 
klinische Medicin veröffentlicht werden wird. Patientin bot bei der Aufnahme 
das ausgeprägte Bild der von Charcot geschilderten amyotrophischen 
Lateralsclerose, und als solche habe ich sie in der Klinik und auch sonst 
verschiedentlich vorgestellt. Sie zeigte also Lähmung in den unteren und 
oberen Extremitäten, links mehr als rechts, dabei Contracturen. Steifig¬ 
keit und Erhöhung der Sehnenreflexe, Fussclonus, ausgesprochene Atrophie 
an den Händen mit Klauenstellung derselben. Daneben bestanden anfangs 
geringe, später immer deutlicher sich entwickelnde Biilbärersdieinungen: 
Schwerbeweglichkeit und Atrophie der Zunge mit fibrillären Zuckungen, 
Parese und Atrophie der Lippenmuskulatur. Sprache lallend und leise, 
endlich Schlingbeschwerden. Die Patientin zeigte schliesslich die charak¬ 
teristische Haltung mit gebeugten, an den Rumpf gepressten Armen, über 
den Leib gekreuzten Händen und den charakteristischen Gesichtsausdruck 
mit halbgeschlossenem, in die Breite gezogenem Munde ohne Mienen¬ 
spiel was mit den lebhaft alles verfolgenden Augenbewegungen einen 
eigenthümliehen Contrast bildete. Masseterreflex deutlich Psychische 
Functionen ungestört, ebenso die Sensibilität und die Function der 
Sphincteren. Fibrilläre Zuckungen an den Muskeln der Extremitäten 
wurden nicht bemerkt, dagegen anfangs Neigung zum Zittern heim Ver¬ 
such, active Bewegungen zu machen. Die Untersuchung der elektrischen 
Erregbarkeit, die nur einige male gemacht, werden konnte, ergab an ein¬ 
zelnen Muskeln eine leichte Herabsetzung der Erregbarkeit sowohl bei 
direkter wie bei indirekter Reizung durch den faradischen und galvani¬ 
schen Strom, besonders links. Ausgesprochene Entartungsreaction wurde 
nicht beobachtet, nur eine Andeutung davon am linken Pectoralis und 


'eltoideus. 

Das Leiden sollte nach Angabe der Patientin vor fünf Jahren mit 
eh wache im linken Bein begonnen haben, dann wurde der linke Arm 
hwach und magerte deutlich ab. es folgte das rechte Bern und der 
»chto Arm. Seit etwa l'.'a Jahren konnte sie die Arme nicht mehr 
eben und seit einem Jahre auch nicht mehr gehen. 

Bei späterer Nachforschung ergab sich, dass sie im December 1888 
d,on in der Mendel’schen Poliklinik wegen Schwäche und laubheit dei 
uken Extremitäten mit Contracturen („Hemiparesis simstra ), die vor 
wei Jahren begonnen hatten, behandelt wurde. Nach weiteren zwei 
ahron stellte sie sich wieder dort vor mit Erscheinungen, welche au 
Paralvsis agitans“ hinzudeuten schienen. 

Nnch dreimonatlichem Aufenthalt in der Klinik starb die Pattenun 
ii 4. August infolge von Schluckpneumonie. 

Die am folgenden Tage gemachte Section 
»mischen Diagnose: Degeneratio gnsea medullae spnali^ multiplex .. . 
ecubitus multiplex. pLropnoumonia fibrinosa ob. m er.or,> dexlr,. 

♦ ,-nnhin fnsoft cordis et hepatis. Atrophia granularib len . 


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434 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


Gehirn und Rückenmark wurden behufs genauerer Untersuchung zu- 
rückgelegt und in Müllerscher Flüssigkeit aufbewahrt. Leider ist das 
erstere abhanden gekommen, so das nur das Rückenmark zur Unter¬ 
suchung gelangte. 1 ) Es ist dies ein Mangel, den ich aufs lebhafteste be- 
daure, da mindestens in der Medulla oblongata sicher Veränderungen zu 
erwarten waren, aber für diejenige Frage, um die allein es sich hier 
handelt, ist er ohne Belang. _ 

Das gut gehärtete Rückenmark wurde von Herrn Dr. H. Ko sin 
theils nach der von ihm angegebenen Färbung mit Triacid, theils nach 
Weigert-Pal gefärbt und zeigt, wie Sie an den hier vorliegenden Prä¬ 
paraten sich überzeugen können, folgende Veränderungen: 

A. Ausgesprochene Atrophie der Ganglienzellen in den 
Vorderhörnern des Cervical- und Dorsalmarks. 

Die Atrophie ist im obersten Halstheil links im allgemeinen stärker 
als rechts. Am stärksten verändert sind die „mediale hintere Gruppe“, 
die „laterale hintere Gruppe“ und die „Mittelzellen“ (Waldeyer), aber 
auch die anderen Gruppen („mediale und laterale vordere Gruppe“) sind 
nicht verschont. In der Halsanschwellung ist das Gewebe durch Blutungen 
(s. B.) stellenweise zerstört und ausgefallen, rechts etwas mehr als links. 
In den gut erhaltenen Partieen zeigen alle Gruppen beiderseits mehr oder 
weniger atrophische Zellen, am meisten auch wieder die „mediale hintere 
Gruppe“ und die ..Mittelzellen“. 

Im unteren Ilalstheil und Beginn des Dorsaltheils ist die Atrophie 
in beiden Hälften ziemlich gleichmässig stärker als in den höheren Ab¬ 
schnitten und betrifft die sämmtlichen Gruppen. Um die Clarke’schen 
Säulen, die keine Veränderung der Zellen erkennen lassen, befinden sich 
beiderseits grössere runde Lücken durch ausgefallenes Gewebe, in deren 
Umgebung die Gliafasern etwas dichter und reichlicher erscheinen. 

Die Zellen atroph ie ist noch weiter abwärts im Dorsalmark deutlich 
ausgesprochen und wird erst unterhalb der Mitto desselben geringer, um 
nach dem Lendenmark hin ganz zu verschwinden. Im letzteren sind die 
Zellen von normaler Grösse und Zahl. 

B. Im ganzen Rückenmark sind die Gefässe strotzend mit Blut 
gefüllt, ihre Wandungen aber normal. Keine Verdickung derselben, 
keine Zellenhäufung in ihrer Umgebung. Dagegen zeigt das ganze 
Rückenmark zahlreiche grössere und kleinere frische Blutungen 
fast auf jedem Querschnitt in der grauen, wie in der weissen Substanz, 
besonders aber die Umgebung der Clarke’schen Säulen. Die meisten 
und grössten Blutungen sind im oberen Dorsalmark, einige wenige im 
Lendeutheil. Eine besondere Bevorzugung einzelner Stränge, wie etwa 
der Seitensträuge. lässt sich nicht erkennen. An einigen Stellen sind die 
Blutungen offenbar nicht mehr ganz frisch, indem statt der an den 
anderen Stellen gut erkennbaren rothen Blutkörperchen nur noch Blut¬ 
farbstoff in kleinen Schollen vorhanden ist. 

C. Wie schon erwähnt, finden sich an einzelnen Stellen Er¬ 
weichungsheerde. in denen das Gewebe mehr oder weniger ausge¬ 
fallen ist.. Sie betreffen nur die graue Substanz. Eine grössere solche 
Lücke befindet sich in der grauen Substanz der Halsanschwellung (s. A.) 
und eine andere in der grauen Substanz der Lendenanschwellung jeder- 
seits neben dem Centralkanal, wodurch eine Höhlenbildung ent¬ 
standen ist. die sich in der Länge von 1.5—2 mm erstreckt und nach 
oben und unten hin sich allmählich verliert. Das Gewebe in der Um¬ 
gebung der Höhle zeigt keine Veränderung. Nur an einer kleinen Partie 
der hinteren Wurzelfasern im Lendenmark, rechts etwas mehr als links, 
erscheint die Markscheide undeutlich, wie gequollen, während die Aehsen- 
cylindcr gut erhalten sind. 

Der Centralkanal lässt im ganzen Verlauf keine Veränderung er¬ 
kennen, ebenso wenig ist (mit Ausnahme der eben genannten hinteren 
Lendenwurzeln) au den hinteren oder vorderen Wurzeln und austretenden 
Fasern eine deutlich ausgesprochene Veränderung vorhanden, insbesondere 
auch nicht an den vorderen Wurzeln des Cervical- und Dorsalmarks, in 
welchem die Atrophie der Ganglienzellen sich findet. Auch das Nerven- 
fasemetz in der grauen Substanz dieser Partieen ist, wenn überhaupt, 
jedenfalls nur sehr wenig verändert. 

ä Das Wesentliche ist also eine einfache, nicht entzündliche 
Atrophie der Ganglienzellen in den Vorderhörnern des Cervical- 
und Dorsalmarks, frische Blutungen im ganzen Mark und Er¬ 
weichungsheerde. welche wohl als die Folge der Blutungen aufzu¬ 
fassen sind. 

Wie erklärt sieh nun das Krankheitsbild aus diesem anato¬ 
mischen Befund? 

Am einfachsten liegt die Sache für die Muskelatrophie der 
oberen Extremitäten. Sie erklärt sich aus der Atrophie der Vorder¬ 
hornzellen, wie die Atrophie der Zungen- und Lippenmuskeln wohl 
aus einer entsprechenden Veränderung im verlängerten Mark zu 
erklären sein wird. Dass dabei die vorderen Wurzeln nicht 
atrophisch waren, wenigstens nicht in bemerkenswerther Weise, 
ist angesichts verschiedener in neuerer Zeit gemachter ähnlicher 
Beobachtungen nicht auffallend. 

Schwieriger ist die Bedeutung der Blutungen zu beurtheilen. 
Da sie theils ganz frisch, theils nur höchstens einige Wochen alt 
sein konnten, so kann man sie für die charakteristischen Symptome 
welche Jahre lang bestanden, nicht verantwortlich machen, sondern 
muss sie al s terminale Erscheinungen betrachten, die vielleicht 


') Die Section fiel in den Beginn der Ferien, während welcher 
Laboratorium der Klinik verlegt und neu eingerichtet wurde, wobei 
zelue rräparate abhanden gekommen sind. 


das 

ein- 


durch die zunehmende Kachexie und die fortschreitende Ver¬ 
schlechterung des Ernährungszustandes bedingt worden sind. Denn 
irgend welche andere Ursachen, etwa eine hämorrhagische Diathese 
anzunehmen, liegt kein Grund vor, da weder im Leben ander¬ 
weitige Blutungen stattgefunden haben, noch nach dem Tode in 
anderen Organen Zeichen von solchen gefunden worden sind. Dass 
diese, wie wir annehmen, terminalen Blutungen nur im Rücken¬ 
mark (vielleicht auch im Gehirn) stattgefunden haben, dazu mag 
vielleicht die schon bestehende ältere Erkrankung disponirt haben. 

Vollends auffallend und im höchsten Grade überraschend ist 
aber, dass die mit Sicherheit erwartete Seiten Strangsklerose, 
auf welche wir die spastischen Erscheinungen, die Contracturen, 
die Steifigkeit und erhöhten Sehnenreflexe bezogen hatten, ganz 
fehlt und auch nicht einmal andeutungsweise an irgend einer Stelle 
vorhanden ist. Und hierin finde ich die principielle Be¬ 
deutung dieses Falles. 

Wir sind gewohnt, bei spastischen Erscheinungen die von 
centralen Erkrankungen des Nervensystems abhängen und längere 
Zeit bestanden haben, eine Sklerose der Seitenstränge, insbesondere 
der Pyramidenbahnen anzunehmen. Diese hat sich ja auch in allen 
solchen Fällen mit sehr seltenen Ausnahmen gefunden und ist meiner 
Meinung nach immer secundär. Eine primäre (nicht hereditäre) 
Seitenstrangsklerose ist bisher nicht nachgewiesen. Darin muss 
man Leyden Recht geben, der sich bekanntlich von Anfang an gegen 
diese theoretisch construirte Krankheit ausgesprochen und behauptet 
hat, dass die Seitenstrangsklerose in solchen Fällen eine seeundäre, 
von anderen Veränderungen im Rückenmark oder Gehirn ab¬ 
hängige sei. 

Aber gleichviel, ob primär oder nicht, jedenfalls hätte man in 
unserem Fall die Seitenstrangsklerose erwarten sollen, und soviel 
ich weiss, ist sie bisher in allen Fällen, welche als „amyotrophische 
Lateralsklerose“ diagnosticirt wurden, auch gefunden worden, wenn 
auch keineswegs immer in strenger Abgrenzung. Dass sie sich in 
unserem Fall nicht fand, obgleich die Erscheinungen, welche von 
ihr abgeleitet wurden, vorhanden waren, das macht eben den Fall 
merkwürdig und lässt ihn auf den ersten Blick räthselhaft er¬ 
scheinen. Die Sache wird auch nicht klarer, wenn wir annehmen, 
dass ausser dem Rückenmarksleiden noch anderweitige Erkrankungen, 
etwa im Gehirn, vorhanden gewesen seien, was ich ja nicht in 
Abrede stellen kann und auch nicht einmal als unwahrscheinlich 
bezeichnen will. Denn wenn eine solche, übrigens symptomenlos 
verlaufene Affeetion vorlag, die sogar doppelseitig gewesen sein 
muss, da ja die beiderseitigen Extremitäten ergriffen waren, so 
bleibt es immer noch auffallend, dass sich nicht eine seeundäre 
absteigende Pyramidenstrangsklerose in der langen Krankheitszeit 
entwickelt hat, wie es doch bei Heerden in der corfcicomuskulären 
Bahn auch wieder mit verschwindenden Ausnahmen zur Regel 
gehört. 

So viel also beweist unser Fall unumstösslich, dass 
das Bild der sogenannten „amyotrophischen Lateral¬ 
sklerose“ vorhanden sein kann ohne Lateralsklerose. 
Und damit ist-die Berechtigung, sie als eine besondere scharf von 
anderen abgrenzende Krankheitsform anzuerkennen, doch erheblich 
erschüttert. Wieder einmal muss man anerkennen, dass Leyden 
mit seinem auf objective, kritische Beobachtung gestützten Wider¬ 
spruch gegen eine geistreiche und blendende, aber doch über das 
Thatsächliche hinausgehende Schematisirung im Rechte war. Das 
auszusprechen halte ich um so mehr für nothwendig, als er mit 
seinem Widerspruch lange Zeit hindurch ganz isolirt geblieben ist.) 

Unser Fall mahnt also zur Vorsicht in der Diagnose einer 
sogenannten amyotrophischen Lateralsklerose. Wenn auch die 
Dinge hier nicht ganz so liegen wie bei der sogenannten „primären 
Seitenstrangsklerose“, so wird man doch auf Grund der mitgetheilten 
Erfahrung gut thun, vorläufig auch hier nicht zu weit über die 
sichere klinische Diagnose hinauszugehen, anstatt eine rein ana¬ 
tomische, oder eine halb anatomische, halb klinische Diagnose zu 
stellen, die dann auch nur zur Hälfte bestätigt wird. Es empfiehlt 
sich also, von atrophisch-spastischen Lähmungen, insbeson¬ 
dere Paraplegieen, zu sprechen und diese ihrem Charakter nach 
noch näher als spinale oder bulbäre oder bulbär-spinale zu 
bezeichnen. Dass dabei eine Seitenstrangsklerose bestehe, wird 
man als möglich, ja vielleicht als nicht imwahrscheinlich, W> er 
keineswegs als sicher hinstellen dürfen. 

*) So viel ich sehe, hat in neuester Zeit auch Gowers (Handbnch 
der Nervenkrankheiten, Deutsch von Gruber, 1892. p. 478) Leyden 5 
Widerspruch für begründet erklärt. 


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17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


435 


II. Aus der I. medicinischen Klinik des Herrn Geheimrath 
Prof. Leyden in Berlin. 

Zur Kenntniss der natürlichen Immunität 
gegen asiatische Cholera. 1 ) 

Von Dr. G. Klemperer, Privatdocent und Assistent der Klinik. 


Es ist bekannt, dass viele Menschen einen natürlichen Schutz 
gegen die Cholerainfection besitzen; auch in den schwersten Epi- 
demieen bleibt eine sehr grosse Zahl Solcher verschont, welche sich 
jeder Ansteckungsgefahr aussetzen; nach Ko]ch ist die Hälfte 
der Menschen gegen Cholera asiatica immun. 

Man war geneigt, diese auffallende Thatsache dadurch zu er¬ 
klären, dass die Cholerabacillen im Magensaft schnell zugrunde 
gingen. Bekanntlich enveist sich Salzsäure in der im Magen vor¬ 
handenen Concentration als ein energisches Abtödtungsmittel der 
Kommabacillen. Freilich wird diese Concentration nur auf der 
Höhe des Verdauungsactes erreicht und die meist gleichzeitig an¬ 
wesenden Eiweissstoffe verringern sicherlich die bactericide Fähigkeit 
des Magensaftes. 

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber ganz zweifellos 
erwiesen, dass der Schutz des Menschen gegen die Cholerainfection 
nicht allein im Magen gelegen sein kann. Bekanntlich wurden bei 
einer Reihe von Menschen, welche sich in der Umgebung Cholera¬ 
kranker befanden, in den Stuhlgängen reichlich lebende Komma¬ 
bacillen gefunden, sie hatten den Magen anstandslos passirt und 
waren nun durch den Dann gewandert, ohne Krankheitserscheinungen 
auszulösen. In vielen Fällen hatten sich die Kommabacillen im 
Darm ins Ungeheuere vermehrt — kaum anders wie bei wirklicher 
Cholera — und doch war es nur zu unerheblicher Diarrhoe gekommen, 
während jede beunruhigende Allgemeinerscheinung fehlte. Solche 
Fälle hat bekanntlich P. Guttmann beschrieben; in frischer Er¬ 
innerung ist namentlich der Versuch von Pettenkofer, der be¬ 
kanntlich nach Abstumpfung der Magensäure 1 ccm frischer 
Vibrionencultur einnahm und danach tagelang Reinculturen von 
Kommabacillen in diarrhoisehen Dejectionen entleerte, ohne an 
ernstlicher Cholera zu erkranken. 

Aus diesen Erfahrungen am Menschen ist der Schluss zu 
ziehen, dass im Darme selbst Schutzvorrichtungen vorhanden sein 
müssen, welche das Eindringen der Kommabacillen beziehungsweise 
ihrer Gifte in den Organismus verhüten. Oft erhobene pathologisch¬ 
anatomische Befunde gestatten sogar, diese Vorstellung noch etwas 
näher zu präcisiren. Jedes Obductionsprotokoll von Cholera asiatica 
meldet: Darmepithel in grösserer Ausdehnung in Verlust gerathen. 
Oft löst sich das Epithel in Lamellenform vom Darm ab, oft 
erfüllen die Trümmer der Epithelialdecke den schwappend gefüllten 
Darm. So bildet sich die Vorstellung, dass, das Epithel, dessen 
Zugrundegehen ein charakteristisches Merkmal des Choleraanfalls 
darstellt, die schützende Function gegenüber den Kommabacillen 
ausüben könnte. 

Experimentelle Erfahrungen, an verschiedenen Thiereil ge¬ 
wonnen, dienen dieser Vorstellung zur Stütze. Man weiss wie schwer 
es ist, Meerschweinchen vom Darm aus mit Cholerabacillen zu 
vergiften; nicht nur dass der Magensaft neutralisirt und die Darm¬ 
bewegung mit grossen Dosen Opium aufgehoben werden muss, 
man bedarf bekanntlich sehr grosser Mengen giftiger Cultur, um 
oi der Zufuhr per os die Meerschweinchen zu tödten. Giebt man 
a er nac h der genannten Vorbereitung 2—4 ccm der Gifteultur, 
D' ta 6n ^ ere Kaum ernstlich krank, und man kann im 
iCKdarm die Kommabacillen nachweisen, die den Dünndarm ohne 
zu schaden passirt haben. Es ist eine ausserordentliche Menge 
on Bacillen nothwendig, um die Schutzvorrichtung des Darmes zu 
P raiysiren. Von Interesse ist es auch, dass der umgekehrte Weg 
rcn den Darm, vom Peritoneum oder der Blutbahn aus, für die 
da«? 00 ? 0 - 11 - ^ un ? an ff^ ar kt- Sobernheim' 2 ) hat zwar behauptet, 
? ^ ei ujtraperitonealer Injection von Kommabacillen dieselben 
r> c !ui' 0( * e ^ er Versuchthiere regelmässig und massenhaft im 
nachzuweisen seien; aber die Nachprüfung durch Ko Ile 8 ) 
cni, f, .f se Angaben bedeutend ein und macht Fehler der Ver¬ 
suchstechnik wahrscheinlich. 

d»«s *° m der Kaninchen ist mit Sicherheit zu behaupten, 
solchi> r Kommabacillen geschützt ist; ich habe oft das Multiplum 
durph V * e ™. we ! c ^ ie von * Peritoneum aus sicher tödtlich wirken, 
Kanin i lefen ,™ s ^ c h der Canüle direct in den Darm gespritzt; die 
Theil d Vf™ ^ avon Keinen Schaden genommen; im oberen 
Eine fr 6S H^darms waren die Kommabacillen lebend nachzuweisen, 
der J; os se Reihe von Versuchen habe ich über das Uebergehen 
___ mm abacillen von der Blutbahn in den Darm bei Kaninchen 


sj ^onstraticia im Verein für innere Medicin am 16. April 1894. 
3 J- Hygiene XIV. 

) ^tsciir. f. Hygiene XVI. 


angestollt. Ihomas 1 ) giebt au, dass nach intravenöser Injection 
„virulenter Mengen“ regelmässig Vibrionen im Darminhalt nach- 
wmsbar waren; Wyssokowitsch hatte entgegengesetzte Resultate. 
Ich habe m vielen Fällen, in welchen Kaninchen nach intravenöser 
injection von Lholeraagaraufschwemmung unter profusen Diarrhöen 
zugrunde gingen, sowohl diese Diarrhöen als auch post mortem den 
Dunndarnnnhalt kommabacillenfrei gefunden. Jedenfalls zeigen 
meine Befunde, dass zwischen Blutbahn und Darminhalt eine 
Barrtere besteht, die die Bacillen schwer oder gamicht überschreiten 
können. 


Dieselbe schützende Function übt die Darmwand des Hundes 
gegenüber den Vibrionen der asiatischen Cholera aus. Ich habe im 
vergangenen V inter zusammen mit Dr. N. Lilien an einer grossen 
Zahl von Hunden oxperimentirt, um dies Verhältnis klarer zu be¬ 
leuchten. Gossen wir Hunden nach Abstumpfung des Magensaftes 
50 ccm Cholerabacillenaufschwemmung durch die Sonde in den 
Magen, so wurde dieser Eingriff von der grossen Mehrzahl ohne 
jede Reaction vertragen. Der nächste Stuhlgang war hart wie ge¬ 
wöhnlich, und es ist uns nicht gelungen, aus solchem Koth Komma¬ 
bacillen wieder zu gewinnen. In einzelnen Fällen kommt es freilich 
zu Diarrhöen, in welchen Kommabacillen enthalten sind. Aber 
jedenfalls bin ich nach meinen Versuchen zu der Behauptung be¬ 
rechtigt, dass im Darm der meisten Hunde Kommabacillen schnell 
zugrunde gehen. 

Denys und Sluyts 2 ) haben bei der Cholerabacillenzufuhr vom 
Magen und Darm aus gänzlich negative Resultate orlialten; selbst 
sechs Stunden in eine Darmschlinge eingeschlossen, machten die 
Kommabacillen keine Erscheinungen. Es stellt also zweifellos die 
Darmwand des Hundes einen sehr wirksamen Schutz dar; freilich 
auch keinen absoluten, wie ich an anderer Stelle berichten werde. 
Auch von der Blutbahn des Hundes vermögen die Kommabacillen nur 
schwer in das Darmlumen vorzudringen. Gamaleia 3 ), der durch 
intravenöse Injectionen Hunde getödtet hat, berichtet, dass sie 
Kommabacillen in den Dejectionen gehabt hätten. Ich habe eben¬ 
falls Hunden intravenöse Injectionen gemacht. Drei haben die¬ 
selben überlebt, nachdem sie reichlich schleimige Entleerungen ge¬ 
habt haben. Die Entleerungen waren frei von Vibrionen. Nur die¬ 
jenigen Hunde, welche der intravenösen Injection von Kommabacillen 
erlagen, enthielten dieselben im Danninhalt. 

Nach diesen Erfahrungen an Menschen und Thieren kann ich 
sagen: Die Darmschleimhaut selbst ist gegen das Gift der Bacillen 
geschützt; nur durch ein Uebermaass des Giftes wird die Schutz¬ 
wand durchbrochen, und das Gift dringt ein, seine tödtlichen Wir¬ 
kungen entfaltend. 

Worin bestehen die Einrichtungen, mittels deren die Darm¬ 
wand so energischen Widerstand gegen die Vibrionen und ihre 
Gifte zu leisten vermag? Es liegt nahe, zuerst an die bactericiden 
und antitoxischen Eigenschaften zu denken, welche das Blut des 
Menschen wie der Vcrsuclisthiere gegenüber den Kommabacillen in 
nicht geringfügiger Weise besitzt. Dies Moment kann aber doch 
erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Beim Menschen ist die 
antitoxische Fähigkeit gering, die bactericide zwar kräftiger, aber, 
wie ich feststellen konnte, auch nur mässigen Bacterienmengen 
gegenüber ausreichend; beim Hund ist die Bactericidie nach meinen 
Versuchen zwar sehr ausgesprochen, aber sie ist keinesfalls so aus¬ 
giebig, um die ganz enorme Abtödtung der Bacillen im Darm zu 
erklären; und beim Meerschweinchen, in dessen Darm die Bacillen 
ebenfalls bis zu einem gewissen Grade machtlos sind, ist die bacte- 
rientödtende Kraft des Blutes äusserst gering. 

Es können also die Eigenschaften des Blutes für die Erklärung 
der natürlichen Immunität nur in beschränktem Maasse heran¬ 
gezogen werden. Das Hauptaugenmerk ist vielmehr auf das 
Epithel der Darmschleimhaut zu richten. Es ist wahrscheinlich, 
dass es die besondere chemische Zusammensetzung der Epithelzellen 
ist, welche den Schutz des Darms gewährleistet. 

Für die chemische Orientirung auf diesem noch ganz uner¬ 
forschten Gebiet habe ich diejenigen Thatsachen verwerthet, 
welche sich aus der Affinität gewisser chemischer Farbstoffe zu 
bestimmten chemischen Substanzen ergeben. Es ist allgemein be¬ 
kannt, dass Ehrlich die chemische Electivkraft der Farbstoffe 
für biologische Zwecke in ausgiebiger Weise verwerthet hat. Er 
zeigte, dass aus einem Gemisch verschiedener Farben bestimmte 
Gewebselemente immer denselben Farbstoff ausziehen; so aus der 
sogenannten Dreifarbenmischung eine gewisse Körnung der Leu- 
cocyten stets den sauren Farbstoff Fuchsin, der Kern dagegen stets 
den basischen Farbstoff Methylgrün. 

Es ist gleichzeitig von Lilienfeld 4 ) und Posner 5 ) nacligo- 


*) Archiv f. experiment. Pathologie Bd. XXXII. 
*) La cellule Bd. X. 

3) Semaine möd. 1892. 

4 ) Verhdlg. der physiol. Gesellsch. 1893. 

5 ) Congress f. innere Medicin 1893. 


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poniHota, fiUt vet<iti?iHto»-'Hai/Kniiri- mi^.i’ioiiou uud 'kurz«* Zod, bo~ 
üamb'l« Hh*rJv : .« .geht CM.-F »*t' laisuu^, iv;i.i>»mu«i eins Nucjtöu tio- 
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gestellte Piohlem nitbt■'■gelöst. Es bleibt die Frage Übrig, wie. 

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ütudtiVr*, welches Herr Li 1 ienfeid mir übergab, fdlgumb FbrsnebW . 

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t)4Yibnucioa%ti ^urdnn mit ChoterabähiJlefl iiiA r 5rkülrtt4hinm 
ttüdiö rci. hlich. HiciF S|kirliofL Imiüifrft, di«* Lläser m dotj Bntifehw^K 
gy^telit und- in boHirfmiuWu Zwiaufenräußie« von «jeÄUfeit Plauen 
mr F/wt'stebttog der E.fttmwn.bi g ’tsgpüsm. E«f zeigte skh m *Mg'- 
sames "Waebstbmti der Vibrumtit in dnu ois.tfu) zehn Stunden, da¬ 
nach eine zuneitmendr Venn in dorn, nac, nach 24 $tu«4pjt \n\? eir 
neu Wido Lösung des I);>rimtuclei?xs stuHt. 

Nun w unb'*-diö Lösmig rvteyrschx\ mnclten intfap«mtocwal n\| 1 ' 
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•ThtgK. spiltur wurden sic mit- dßr tödlichen Mungo, vivuleutcr Kouitmi- 

hmülcu iiy icirt. Sic erwiesen sich säiftuit.ilcb. als iiauiöß y l ‘ 
^fönWbaeill^n. . MeBrsehw^öiftelm«;^ycletu' 

dasmen tri&lianhx» itciohbi4tBg Brillen T#sy«;hsTA0^ mJuijWnbattmi. 

Diese starben ohne Ausnahme -unch der tddni.chsn flosoy^velc.hei uiß 
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Dur<b dies* 1 Festste)kuig glaub«» fOb dorn Vorst»indivi^v f* 0 * 
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17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


die immunisirende, gerade so wie es ausserhalb des Körpers die 
Wärme, das Licht, die Elektricität zu thun vermögen. 

Mit dieser Feststellung harmonirt in ausgezeichneter Weise 
die Thatsache, dass diejenigen Menschen, durch deren Darm 
Cholerabacillen hindurchgegangen sind, ohne wesentliche Krank¬ 
heitserscheinungen hervorzurufen, choleraimmunisirende Substanzen 
in grosser Menge in ihrem Blutserum enthalten. Diese Thatsache 
habe ich zuerst im Jahre 1892 an zwei Menschen festgestellt, die 
zur Zeit der Epidemie von Hamburg in hiesigen Krankenhäusern 
wegen diarrhoischer Entleerungen beobachtet wurden. Die Dejee- 
tionen enthielten beinahe Reinculturen von Kommabacillen, ohne 
dass die Patienten sonstige Zeichen von Cholera darboten.’ Vier 
bis sechs Wochen nach dem Anfall wies ich nach, dass 0,01 
bezw. 0,5 ccm des Blutserums dieser Patienten Meerschweinchen 
gegen die Choleravergiftung zu schützen vermochte. 1 ) Der gleiche 
Befund hoher immunisirender Fähigkeit des Blutserums nach 
symptomloser Cholerabacilleninfection ist später von Lazarus 2 ) u. a. 
erhoben worden. Ich kann schliesslich durch eine grosse Reihe 
von Untersuchungen an Hunden die Beobachtungen am Menschen 
ergänzen. Diejenigen Hunde, in deren Darmcanal grössere Mengen 
(20—60 ccm) Choleracultur anscheinend spurlos verschwanden, 
zeigten zwei bis drei Wochen nach diesem Ereigniss eine um das 
zehnfache erhöhte immunisirende Fähigkeit ihres Blutserums. 

Durch diese Feststellung scheint mir der Kreis des Beweises 
geschlossen. 


Die natürliche Immunität der Menschen und der 
Thiere gegen asiatische Cholera beruht zu einem wesent¬ 
lichen Theil darauf, dass das Gift der im Darmlumen 
wachsenden Kommabacillen während der Resorption vom 
Nuclein des Darmepithels zu immunisirender Substanz 
umgewandelt wird. Jedes Individuum, durch dessen Darmcanal 
Kommabacillen hindurch passirt sind, erwirbt dadurch einen ver- 
hältnissmässig hohen Grad von Choleraimmunität. Mit Absicht 
sage ich: Zu einem wesentlichen Theil beruhe die natürliche 
Immunität auf der Wirkung des Darmnucleins. Denn einerseits 
will ich nach wie vor die antitoxische und die bactericide 
Fähigkeit des Blutserums als ein wirksames Moment des Schutzes 
betrachtet wissen; andererseits halte ich es für durchaus wahr¬ 
scheinlich, dass die Weiterarbeit noch andere Factoren kennen 
lehren wird, welche sich am Zustandekommen der Immunität be¬ 
theiligen. Ich denke hierbei besonders an die ätherlöslichen Be¬ 
standteile der Schleimhaut. Ausser Fetten und Cholesterin hat 
Herr Lilienfeld eine eigenthümliche, in kaltem Alkohol lösliche, 
augenscheinlich aromatische Substanz im Aetherextract angetroffen, 
welche nach meinen Versuchen sehr stark bactericid wirkt. Auch 
das Monokaliumphosphat, welches nach meiner Feststellung nicht 
weniger energisch als Salzsäure die Kommabacillen abtödtet, mag 
einen Theil der Schutzkraft darstellen. Weiterer Arbeit bleibe die 
Würdigung dieser Factoren Vorbehalten. 

Zum Schluss möchte ich noch die Frage streifen, wodurch bei 
so wirksamen Schutzmitteln nun doch die Cholerainfection zustande 
kommen kann. Die Beantwortung dieser Frage folgt aus der Funda¬ 
mentalbeobachtung, dass das Darmnuclein, welches ich als einen 
Hanptfactor der natürlichen Immunität erkannt habe, seine Wirk¬ 
samkeit einbüsst in alkalischer Lösung. Es ist aber ein Vor¬ 
recht der lebend en Zelle, das Nuclein in der alkalischenUmgebung in 
saurer Reaction zu erhalten. Wird durch Eintreten der Nekrobiose 
tue Zelle den geheimnissvollen Gesetzen des Lebens entrückt, treten 
nach dem Absterben der Zelle die Gesetze chemischer Bindung für 
huj* 1 * n ^ e ^ un £i 80 nimmt das Nuclein, vom alkalischen 
jnhalt des Blutes und des Darms gleichsam überflutet, alkalische 
fveaction an, und die Schutzmauer gegen die Infection ist gefallen. 

as Leben der Epithelzelle, welches die Vorbedingung saurer 
j ac i I( J“ ( \ es Nucleins bildet, ist der Hauptfactor der Immunität, 
r Zelltod des Epithels ist der Vorläufer der Infection. Alles 
Fr 8 .^P^el nekrotisirt, bahnt dem Vibrionengift den Weg. 
hiß 80 qu? • ^ ass ^ as Vibrionengift selbst, in grosser Menge auf 
mebchleimhautfläche gebracht, das Epithel zu nekrotisiren ver- 
. W ^ rt ^ an a °derer Stelle sich Gelegenheit bieten, die Vor- 
lntri Q U ^? en Li. We ^ c ^ e 81 ans diesen Betrachtungen für die Patho- 
gie der Cholera ergeben, weiter auszuführen. 

t J 6 * 1 w ^. zum Schluss nicht unterlassen, Herrn Geheimrath 
er di 611 an ^ eser Stelle für das fördernde Interesse, das 

danke S6n Untersuc bnngen unausgesetzt gewidmet, verbindlichst zu 


h JH' H! n - Wochenschr. 1892, No. 50. 
) öorl. klm. Wochenschr. 1893, No. 51. 




437 

III. Zur DipMherieimmunisirungs- und 
Heilungsfrage. 

Von Prof. Behring und Prof. Ehrlich. 

Die zahlreichen Anfragen, welche uns in Bezug auf das von 
Behring entdeckte Diphtherieantitoxin zugehen, sind wir nicht 
immer in der Lage, brieflich zu beantworten. Wir haben uns 
daher entschlossen, von dieser Stelle aus zu erklären: 

1. Das Diphtherieantitoxin wird von uns sowohl a) zur 
Immunisirung, wie b) zur Heilung ausschliesslich an schon jetzt 
designirte Aerzte und Krankenhäuser abgegeben. 

2. Was das Diphtherieantitoxin Schering betrifft, so enthalten 
wir uns jedes privaten Urtheils über dasselbe und verweisen statt 
dessen auf das, was von uns in dieser Wochenschrift darüber mit- 
getheilt wird. 

Zur Begründung dieser unserer Stellungnahme haben wir 
Folgendes zu sagen. 

ad 1. a) Die zur sicheren nachhaltigen Immunisirung des 
Menschen erforderliche Antitoxindosis haben wir noch nicht aus¬ 
findig gemacht. Wenn Aronson in No. 17 dieser Wochenschr. 
sagt, dass Behring hierfür in seinem Vortrage vom 7. December 
1893 das einfache Normalserum für ausreichend erklärt habe, so 
ist das ein Irrthum. Dieser Vortrag ist in den Sitzungsberichten 
der Pharmaceutischen Gesellschaft abgedruckt, und man kann da- 
»elbst lesen (Sep. Abdr. S. 7), dass Behring im Text die „Er¬ 
wartung“ ausspricht, es werde 1 ccm von dem einfachen Normal¬ 
serum zur Immunisirung ausreichen; in einer Anmerkung (1. c. S. 7) 
ist jedoch ausdrücklich hervorgehoben worden, dass diese Erwartung 
sich nicht erfüllt hat, und dass wir deswegen stärkere Antitoxin¬ 
lösungen abgeben würden. Das ist in vielen hundert Fällen ge¬ 
schehen und zwar unentgeltlich. Bis 'jetzt sind unsere Erfahrungen 
über die zur Immunisirung ausreichende Dosis noch nicht ab¬ 
geschlossen; bevor das aber der Fall ist, wollen wir den Vertrieb 
des Mittels zu Immunisirungszwecken noch nicht gestatten, damit 
nicht etwaige unbefriedigende Erfahrungen auf Kosten des Publikums 
gemacht werden. 

Ad 1. b) Die zur Heilung acut verlaufender Diphtheriefälle 
beim Menschen erforderliche Dosis glauben wir jetzt zu kennen, 
auf Grund von zahlreichen Beobachtungen beim Menschen, für 
welche das Diphtherieheilmittel unentgeltlich hergegeben worden 
ist. Aus mehreren Gründen kann jedoch von uns gegenwärtig 
dasselbe für Heilzwecke noch nicht freigegeben werden. Einer 
dieser Gründe ist der, dass vorläufig sich noch nicht übersehen 
lässt, zu welchem billigsten Preise bei fabrikmässiger Herstellung 
das Mittel abgegeben werden kann. Man kann sich von der 
Wichtigkeit dieser Frage ungefähr eine Vorstellung machen, wenn 
man berücksichtigt, dass unter Zugrundelegung des von der 
Sehe ring'sehen Fabrik zuerst gewählten Verkaufspreises eine 
mittlere heilende Antitoxindosis über 100 M. kostet. 

ad 2. In dem schon von Behring (No. 15 dieser Wochenschr.) 
citirten Circular der Sehe ring'sehen Fabrik ist nach unserer 
Berechnung das Schering’sche Präparat als ein 20faches Normal¬ 
antitoxin bezeichnet werden. In No. 17 dieser Wochenschrift gesteht 
dann Aronson (infolge der Beanstandung dieser Zahl durch 
Behring) die Möglichkeit zu, dass das Präparat bloss ein 17faches 
Normalantitoxin sei. In No. 18 dieser Wochenschrift sieht er sich 
veranlasst, weitere Concessionen zu machen, indem er 60o/ 0 als 
äusserste Grenze angiebt, bis zu welcher sein Präparat minder- 
werthig sein könne. Wir müssen dazu die Erklärung abgeben, 
dass er sich auch da noch zu gunsten seines Präparates täuscht. 1 ) 

In einer Originalarbeit von Behring und Bo er, welche in 
der nächsten Nummer dieser Wochenschrift erscheinen wird, soll 
nachgewiesen werden, dass Niemand, der nicht im legalen Besitz 
des für unseren Privatgebrauch reservirten Titers ist, das Recht 
hat, sich auf denselben zu beziehen. Wer trotzdem für sein Prä¬ 
parat von unserem Titer Gebrauch macht, setzt sich der Gefahr 
aus, in unangenehmer Weise desavouirt zu werden. A priori ist 
es ja möglich, dass ein solcher Untersucher seine Präparate nicht 
blos überschätzt, sondern auch unterschätzt. Aronson hat das 
Sehe ring'sehe Präparat so sehr überschätzt, dass ein öffentliches 
Interesse vorlag, dies auszusprechen. 

Man wird es verständlich finden, wenn wir es für geboten er¬ 
achten, den Angaben des Herrn Aronson gegenüber diejenige 


*) Herr Aronson hat wohl das Richtige getroffen, wenn er annimmt, 
dass die Ursache seiner Täuschung darin gelegen ist, dass die von ihm 
zur Antitoxinbestimmung gewählte Giftdosis eine andere sei, als die 
unselige. Er drückt sich aber nicht correct aus, wenn er sagt, dass 
Prof. Ehrlich eine grössere Dosis genommen habe. Wir würden es 
richtiger finden, wenn er die Ursache der Ueberschätzung seiner Präparate 
darin suchte, dass er aus mangelnder Sachkenntniss eine zu kleine uiit- 
dosis irrthümlich gewählt habe. 


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438 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


Vorsicht entgegenzubringen, welche durch die Sachlage und durch 
die bisherigen Erfahrungen geboten ist. 

IV. Aus Dr. Boas’ Poliklinik für Magen- und Darm- 
krankheiten in Berlin. 

Zur Frühdiagnose des Magencarcinoms. 

Von Dr. Paul Cohnheim, prakt. Arzt in Berlin. 

Wenn heute unsere Behandlung des Magencarcinoms so wenig 
dauernde Erfolge aufzuweisen hat, so liegt die Schuld zum grössten 
Theil daran, dass diese Krankheit vom inneren Kliniker zu spät 
mit Sicherheit diagnosticirt, vom Chirurgen zu spät in Angriff ge¬ 
nommen werden kann. „Das kurze Charakteristicum Brinton s, 
sagt Ewald, 1 ) vom Magenkrebs, obscure in its Symptoms, frequent 
in its recurrenco, fatal in its event, besteht trotz mehrfacher Be¬ 
reicherung unserer Diagnostik und Therapie auch heute noch zu 
Recht.“ 

Was uns also zur wirksamen und aussichtsvollen Therapie 
der Krankheit fehlt, ist die Möglichkeit, die Diagnose zu einer 
Zeit zu stellen, in der ein Eingriff ein dauernd gutes Resultat ver¬ 
spricht. Sind zwar Fälle mitgetlieilt, in denen auch bei bereits 
vorgeschrittener Krankheit, nachdem sie der Diagnose keine 
Schwierigkeit mehr bot, die Ergebnisse der Operation glänzende 
waren, so gehören diese Fälle doch zu den Seltenheiten. Man hat 
sich bisher leider bei dem Mangel an frühzeitigen Kriterien einer 
malignen Neubildung am Magen nicht eher zu einem Eingriff ent- 
schliessen können, als bis das Auftreten eines Tumors zwar die 
Diagnose sicher stellte, die Chancen einer Heilung aber sehr ver¬ 
minderte. 

Ist es aber nicht möglich, auch ohne nachweisbaren Tu¬ 
mor eine sichere Entscheidung zu treffen, d. h. nicht allein auf 
Grund des allgemeinen Krankheitsverlaufs eine Wahrscheinlichkeits¬ 
diagnose zu stellen, sondern den positiven Beweis für das Vor¬ 
liegen eines Carcinoms zu liefern? 

Auf diese Möglichkeit hat zuerst Boas 2 ) mit den Worten: 
„Starke U ffelmann’sche Reaction involvirt. nach meinen Erfahrungen 
einen Verdacht auf Vorhandensein eines Magencarcinoms“; und 
später 3 ) in einer Arbeit in der Deutsch, med. Wochenschr. hinge- 
gewiesen. 

War auch früher schon allgemein das Vorkommen von Milch¬ 
säure im Magensaft Krebskranker, bei denen Anacidität bestand, con- 
statirt, so war doch, weil man noch der Anschauung huldigte, 
dass überall, wo Salzsäuremangel war, sich reichlich Milchsäure 
bilden sollte, auf diesen Umstand viel zu wenig Gewicht gelegt 
worden. 

Boas bekämpft zunächst die alte Ansicht, dass die chronische 
Gastritis mit Milch- und Fettsäuregährung einhergehe, und weist 
dann nach, dass man bei jedem careinomatös degenerirten Magen 
mitUffelmann’s Reagens eine intensiv zeisig- oder canarien- 
gelbe 4 ) Färbung erhält, während in jedem anderen Mageninhalt 
zwar gleichfalls Milchsäure bei dem bisher üblichen Probefrühstück 
resp. -mahlzeit vorhanden ist, aber nicht hinreichend, um Uffel- 
mann’s Probe positiv ausfallen zu lassen. 

Wie Ewald 5 ) sagt, liegt eben der Vorzug des Uffelmann’schen 
Reagens in diesen Fällen in seiner allzu geringen Empfindlichkeit, 
weil nur die reichliche Anwesenheit von Milchsäure bei der Diffe¬ 
rentialdiagnose in Betracht kommt. 

Zum Zustandekommen einer solchen intensiven Milchsäure- 
reaetion sind zum mindesten Stagnation des Mageninhalts und 
dauernder Mangel an freier Salzsäure nothwendig; ist nur eine 
dieser Bedingungen erfüllt, wie bei der Gastritis chronica oder der 
Magendilatation, so vermissen wir das Auftreten der Reaction. Ob 
beim Carcinom noch specifische, die Milchsäurebildung befördernde 
Momente mit im Spiele sind, mag an dieser Stelle unerörtert bleiben. 

Ich möchte also den Satz aufstellen: Findet man bei einem 
auf Carcinom verdächtigen Fall Stagnation des Mageninhalts und 
constant intensive Milchsäurereaction bei dauerndem Mangel an 
freier Salzsäure, so kann man mit ziemlicher Sicherheit die 
Diagnose auf eine maligne Neubildung stellen. 

*) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten, I. Aufl. p. 153. 

*) Boas, Diagnostik der Magenkrankheiten. Theil I, 2. Aufl., p. 159 
und Theil II, p. 145 u. 146. 

3) Boas, Beiträge zur Diagnostik der Magenkrankheiten. Deutsche 
med. Wochenschr. 1892, No. 17. 

4 ) Man findet in der Litteratur häufig Angaben über das Vorkommen 
mehr oder weniger reichlicher Mengen von Milchsäure auf Grund der 
Uffelmann’schen Reaction. Nach zahlreichen in der Poliklinik angestellten 
Beobachtungen ist eine andere, als zeisig- (citronen-, canarien-) gelbe 
Farbenreaction absolut unzulässig. Nur jene Farbennuance, diese aber 
mit Sicherheit, ist für das Vorkommen von Milchsäure beweisend. 

s ) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. III. Aufl. p. 22. 


Der nachstehende Fall wird dies näher illustriren: 

Albert R., Former, hereditär nicht belastet, bisher magengesund, er¬ 
krankte im November 1891 mit dyspeptischon Beschwerden, die in krampf¬ 
artigem, zusammenziehendem Gofühl in der Magengrube, meist kurz nach 
dem Essen, Sodbrennen, Appetitlosigkeit und Verstopfung bestanden. 
Einmal trat Erbrechen auf, nie war Blut im Erbrochenen oder Stuhl be¬ 
obachtet worden. Die Beschwerden steigerten sich angeblich bei linker 
Seitenlago und waren bei Fleischkost stärker, als bei Pflanzennahrung. 
Vom November 1891 bis April 1892 verlor er 14 Pfd. an Körpergewicht. 
Da jede Therapie erfolglos blieb, wird er vom behandelnden Arzt in die 
Poliklinik geschickt. 

Am 6. April 1892 wird folgender Befund erhoben: Patient unter¬ 
setzt, von blasser Farbe, Muskulatur kräftig, Fettpolster gut entwickelt, 
Abdomen mässig aufgetrieben, vorn 2 Querfinger unter dem Schwertfort¬ 
satz in der Mittellinie ein umschriebener Schmerzpunkt von 3 kgr (be¬ 
stimmt nach dem von Boas angegebenen Algesimeter), hinten links neben 
der Wirbelsäule zwischen XI. und XII. Brustwirbel gleichfalls ein um¬ 
schriebener Schmorzpunkt von 3 kgr; Magen nicht atonisch, nirgends im 
Abdomen eine Resistenz fühlbar. 

Die Diagnose wird zunächst auf ein Ulcus ventriculi gestellt, für das 
namentlich die typisch nach dem Essen auftretenden Schmerzen und die 
gut localisirten Druckpunkte sprechen. Von einer Sondirung wird des¬ 
halb vorläufig abgesehen. 

Der Erfolg der angewandten Therapie, heisse Breiumschläge und 
Argentum nitricum in Lösung (0,3:120,0), schien uns zunächst eine Be¬ 
stätigung der Diagnose zu geben, insofern nach zwei Wochen der vordere 
Schmerzpunkt nicht mehr nachweisbar, der hintere bis auf 9 kgr herab- 
gomindert war. Als die Beschwerden aber wieder Zunahmen, wird Patient 
am 24. April 1892 mit dem gewöhnlichen Probefrühstück (1 Brödchen und 
2 Glas Wasser) untersucht. 

Wider alles Erwarten wird ein Mageninhalt gewonnen, der keine 
freie HCl enthält, nur schwach sauer roagirt (Gesammtacidität 14) und 
ganz unverdaute Weissbrodbrocken, entsprechend dem Inhalt bei einer 
chronischen Gastritis, enthält. Die Milchsäureprobe mit.Uffol- 
mann’s Reagens fällt intensiv aus; man erhält eine zeisiggelbe 
Farbennuance. 

Die an den nächstfolgenden Tagen wiederholte Magensaftunter¬ 
suchung ergiebt stets das gleiche Resultat, keine freie HCl, intensive 
Milchsäurereaction. Die Fermentuntersuchung weist einen Mangel an 
Pepsin und Lab nach, während die Vorstufen beider Fermente vorhanden 
sind. Pepsinogen ist bis zur 10., Labzymogen bis zur 50. Verdtinuung 
wirksam. 

Das Krankheitsbild gewinnt durch diesen Befund sofort ein 
anderes Aussehen. Jetzt konnte nicht mehr an der Diagnose 
Ulcus festgehalten, sondern die Möglichkeit einer ernsteren Magen- 
affection musste ins Auge gefasst werden. Von einem Tumor war 
jetzt ebensowenig als früher etwas zu constatiren. 

In Hinsicht auf den HCl-Mangel kamen differential-dia¬ 
gnostisch drei Möglichkeiten in Betracht. Es konnte sich handeln 
um eine einfache nervöse Anacidität, um eine chronische Gastritis 
oder um eine, in der Entwickelung begriffene, maligne Neubildung. 
Allerdings sprach von vornherein die reichliche Anwesenheit von 
Milchsäure gegen die ersten beiden Möglichkeiten. Eine absolut 
sichere Entscheidung liess sich damals noch nicht treffen. 

Am 1. Mai 1892 w p ird Patient nüchtern untersucht, w f obei sieb reich¬ 
liche Mengen von Speiseresten, etwa ein Wasserglas voll, vorfinden. Sie 
riechen nicht zersetzt, enthalten keine freio HCl, reichlich Milchsäure 
(zeisiggelbe Farbe), aber keine Hefe oder Sarcine. Derselbe Befund wird 
an den folgenden Tagen wiederholt erhoben, so dass das Vorhegen einer 
ausgesprochenen Mageninsufficienz bewiesen war. _ . 

Hiermit war ein neues Symptom zu dem bisherigen Krankheitsbilde 
hinzugetreten, das uns eine greifbare Handhabe zu einer entscheidenden 
Differentialdiagnose bieten zu können schien. 

Das Allgemeinbefinden des Patienten hatte sich inzwischen erheblich 
verschlechtert, Patient klagt über Schlaflosigkeit, Schwindel, Schwäche 
und öfteres Erbrechen. Auch an Körpergewicht hat er wieder verloren. 

Wir konnten eine Gastrectasie, bedingt durch eine gutartige 
Pylorusstenose, ausschliessen. Sprachen ,;schon der Mangel an 
freier HCl und Sarcine gegen diese Erkrankung, so wurde sie 
durch den Befund bei der Aufblähung des Magens gänzlich aus¬ 
geschlossen. Die Grenzen des Organs überschritten die Nabcllinie 
nicht, Plätschergeräuscho waren niemals nachweisbar. 

Die * Stagnation des Mageninhalts sprach auch direkt gegen 
eine genuine, chronische Gastritis, denn gerade bei dieser erfolgt 
erfahrungsgemäss in der Regel eine ebenso prompte Beförderung 
der Speisen in den Darm als in der Norm, in vielen Fällen ist die 
motorische Function des Magens sogar gesteigert, nur ausnahms¬ 
weise verringert, allerdings niemals in ähnlich hohem Grade, wie 
bei Carcinom oder gutartiger Ectasie. 

Die einzige Erkrankung, welche alle bisherigen Symptome zu 
erklären imstande w f ar, blieb eine maligne Neubildung. Mochte sie 
ihren Sitz in der Nähe des Pylorus haben und dadurch eine Stenose 
verursachen, oder mochte sie an anderer Stelle des Magens sich ent¬ 
wickelt und durch Hineinwuchern in die Muscularis diese functions¬ 
untüchtig gemacht haben, immer erklärte sie alle vorliegenden 
Symptome. 

Ende Mai 1892 wird Patient, trotzdem von einem Tumor nicht 


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_ DE UTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


17. Mai._ _ 

das Geringste nachweisbar ist, von Dr. Boas im Aerztecurs mit 
der Diagnose eines beginnenden Carcinoms vorgestellt, für das 
folgende Symptome sprachen: 

1. Auftreten von hartnäckigen Magenbeschwerden ohne nach¬ 
weisbare Ursache bei einem 40 Jahre alten Manne, der frülior stets 
magengesund war. 

2. Der zunehmende körperliche Verfall des Kranken. 

3. Das wiederholte Erbrechen. 

4. Das Fehlen freier HCl. 

5. Stagnation des Mageninhalts. 

6. Exquisite Milchsäurereaotion. 

Es fehlte nur der Nachweis eines Tumors, um die Kette der 
Beweise zu schliessen. 

Patient wird jetzt mit. regelmassigen Mngenausspülungen behandelt 
wonach er sich soweit erholt, dass er am 15. Juni 1892, also nach 
2 7a monatlicher Behandlung, als gebessert aus der Behandlung entlassen 
wird. 

Nach einem Zeitraum von 2 Monaten, also Ende August 1892, stellt 
sich Patient wieder vor. Er hat in der Zwischenzeit gearbeitet.’fühlte 
sich aber sehr matt dabei. Er erbrach öftere nüchtern und am Tage 
Schleim und Speisen, trotzdem er die Ausspülungen regelmässig zweimal 
wöchentlich zu Hause fortgesetzt hatte. “ 

Die Abmagerung hat weiter zugenommen, dio Haut ist welk die 
Leber wird etwas vergrössert gefunden, ein Tumor ist nicht nachweisbar 
Die intensive Milchsäurereaction und der übrige Befund am Mageninhalt 
ist gegen früher unverändert. ” & 

Nach einmonatlicher Behandlung wird Patient einem Krankenhaus 
uberwiesen. Das Erbrechen hatte zwar an Häufigkeit nachgelassen die 
subjectiven Beschwerden sich dagegen gesteigert. Patient klagt’über 
8c hin erzen am Proc. xiph., grosse Schwäche und Schwindelgefühl. Als 
er Ende September 1892 zum zweiten mal unsere Behandlung verlässt 
bietet er das Bild einer zunehmenden Cachexie. ’ 

Als wir den Patienten nach etwa 2 Monaten, Anfang December 1892 
m seiner Wohnung aufsuchten, bot er einen traurigen Anblick. Der 
früher robuste Mann war fast zum Skelett abgemagert. Nach seinen An¬ 
gaben erging cs ihm im Krankenhaus sehr schlecht, er erbrach zuletzt 
ooDf. c “ jtu ? T ter auch kaffeesatzartige Massen und magerte bis auf 
WTfd. ab. Zu Hause, wo er eine sorgfältigere Auswahl der Speisen traf 
ging es ihm etwas besser. 

Am 8. December 1892 wird folgender Befund erhoben: Ausge¬ 
sprochene Cachexie, Oedeme an den Knöcheln. Inguinaldrüsen beiderseits 
stark geschwollen, Zunge etwas rissig, nicht belegt. Puls 90. schwach 
leicht unterdrückbar. Zwischen rechter Stemal- und Parastemallinie in 
flor ALtte zwischen Proc. xiphoideus und Nabel fühlt man einen harten, auf 
ruck schmerzhaften, respiratorisch verschieblichen, exspiratorisch nicht, 
nxirbaren rumor, der der Leber anzugehören scheint. Die Magenwand 
M “J^erordentlich aufgetriebon, der Magen der Inspektion nach nicht 
Nabelhöhe ^ PliUschera ’ die grosse Curvatur der Percussion nach in 

: Am 16. December 1892 erfolgt Exitus; die Section. welche pich aus 

äusseren Gründen auf das Abdomen beschränken musste, ergab folgendes- 

otark abgemagerte männliche Leiche; Abdomen eingesunken. Magen 
* 1 ™ nuu g der Bauchhöhle sofort frei, ist frei beweglich, nir- 

genos verwachsen, etwas vergrössert, Serosa überall spiegelnd;' die Pars 
kL°JÜ C r f rÖ ! Stent ' 1<,iIs von der Leber überdeckt, zu einem äpfelgrossen. 
iniÄf^T Tumor umgewandelt, der zu einem kleinen Thcil noch 
Tlw.ii ' ^ (CS E e bejTandes sicht- und fühlbar ist lind zum allrrirrüssten 
licUrn dor rechte Banchhftlfte Hegt; Leber und Netz mptat.Wifrei; 
S*,™* 1 ."«» durchgängig, seine InnendiU'lie ulccrirt, nidi! 

1- o* "i”’«? Ma 6 0n nicht «•griff™, Neubildung ist scharf 
gegen das Gesunde abgegrenzt, 

al« „in ! h L d( | r “ ikrosko I )ischftn Untersuchung erweist sich dio Neubildung 
hanfflL hr i 1 •“degewobsreiches Adenocarciuom, das nach der Sehleim- 
4t7t ilin ^ n enid; ISt ' Aluscularis ist von Geschwulstelemonten durcli- 
lzt ’ dl ° kubserosa und Serosa frei. 


Sect j on bestätigte also unsere Diagnose, welche nach 
reih fi M g ?° S C0nstant0ü ’ hohen Milchsäuregehalts be- 
(Nrr-inATi 0na !fi, a . nte mor t ,eil i ohne nachweisbaren Tumor auf 
Palm tim! g ® s , t ? llt war > vollkommen. Ein Tumor war deshalb der 
Leber zugän ^ lic h, weil er anfangs vollständig von der 

"eiche wir War V ^ ie ^esisteJKB in der Gallenblasengegend, 
dem Pvin»M wne Lebermetastasc gehalten hatten, gehörte also 

Irrthum ¥1: ,. Dle un g«wölmliche Lage des Tumors lässt diesen 
irrtnum verzeihlich erscheinen. 

der Eall noch eine Anzahl ganz ähnlicher, in 

des Mmmn Glt - beachteter, die klinisch unter den Symptomen 
so glückS m0ms zu 8 Tund e gingen, anreihen, wenn wir 
Seetion J e ' vesen , wäreu » die betreffenden Diagnosen durch die 
klinischen p™V U köl } nen - Leider war dies, wie so oft bei poli- 

keine Schwierig?!!* 1 ’ I P- ÖgUch ’ Sowohl die der Diagnostik 
als auch die .feiten me br bietenden Fälle mit fühlbarem Tumor, 
zeigten ZUm . Pode °^ ne P a lpabeln Tumor verlaufenden 

ristische Miinn?’ mifc ? iner Ausnahme, die genannte charakte- 
1. April 1892 ^ Ure r ea w lon - Zur Beobahtung kamen seit dem 

«ircinom, ausserdem 1 ! J, 893 10 • 6i< here PalI ° von Magcn ' 
falls die • A Uesophaguscarcmome, von denen eins eben- 

tenstische Reaction zeigte. Im Gegensatz dazu 


__ _ _439 

möchte ich ausdrücklich hervorhebon, dass weder hei den Pallen 

,.Tt' Sri M f ( - 6 , m d *, reelbc " Zoia - noch von echter, chronischer 
nut HCl-Mangel cmhergehomler Gastritis (14 in derselben Zeit) je¬ 
mals cm positiver Ausfall der Uffclmann’schen Reaction beobachtet 
worden ist Zu behaupten, dass bei diesen Fallen überhaupt 
keine Milchsäure vorkomme, liegt mir fern. 1 

In dem hior mitgothciltcn Falle hat uns also das 
constante Auftreten der Milchsäure eine Frühdiagnose 
ermöglicht, und zwar ermöglicht zu einer Zeit, in wefcheV 
mit Rücksicht auf das bei der Section gefundene Fehlen 
jeglicher Metastasen oder Verwachsungen, auf einen 
dauernden Erfolg von einem verhältnissmässig geringen 
Eingriff hätte gerechnet werden können. 43 

Sollte sich die hier gemachte Erfahrung allgemein bestätigen 
so hätten wir damit einen bedeutenden Schritt vorwärts in der 
Diagnostik und Therapie des Magencarcinoms gethan. 

Zum Schlüsse ist es mir eine angenehmo Pflicht, Herrn Dr. 
Boas auch an dieser Stelle für die Ueberlassung des Materials 
und die liebenswürdige Unterstützung bei der Bearbeitung des¬ 
selben meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

Nachschrift bei der Correctur: Seitdem diese Arbeit ge¬ 
schrieben war, ist es Herrn Dr. Boas gelungen, das Vorkommen 
abundanter Mengen von Milchsäure beim Magencarcinom an der 
Hand einer neuen, chemisch zuverlässigen Methode zu erweisen. 1 ) 

V. Aus dem Städtischen Krankenhause am Urban in Berlin, 
Abtheilung des Herrn Director Dr. Körte. 

Ueber traumatische Schädeldefecte und ihre 
Deckung. 

Von Dr. Adolf Brentano, Assistenzarzt. 

(Schluss aus No. 18.) 

Die Fälle, die auf die geschilderte Weise behandelt wurden, 
waren folgende: 

Fal1 19 J ähri £ er Arbeiter A. H., aufgenommen 17. Octobor 1891. 
Wurde am Tage der Aufnahme durch einen Schlag mifc einem spitzen 
Stein über dem linken Auge verletzt. Danach heftige Schmerzen, starke 
Blutung, aber keine Bewusstlosigkeit oder Lähmungen. Kommt zu Fuss 
in’s Krankenhaus. LTeber dem linken Orbitalrand nahe der Mittellinie 
eine dreieckige klaffende Wunde, von der aus man in eine mit Blut er¬ 
füllte Höhle gelangt. 

Diagnose: complicirte Fractur der Vorderwand des Sinus frontalis. 
Operation in Chloroformnarkose (Dr. Körte). Freilegung der Bruch¬ 
stelle unter Zurückschiebung des Periostes. Die vordere Wand des Si- 
■ nus frontalis zeigt mehrfache Fissuren, ein Knochenstück ist aus seinen 
! Verbindungen vollkommen gelöst und liegt in der Stirnhöhle; andere 
J Knochenstücke sind mit ihren Bändern in dio Höhle eingedrückt; die- 
1 seihen werden mit dem Elevatoriuin in ihre normale Lage zurückgebracht, 
das ganz gelöste Knochenstück wird aus der Stirnhöhle herausgehebclt 
und nach erfolgter Desiufectiou in den Defect implantirt, Einlegen eines 
Schmalen Drains in den Sinus, Periostnnht. Hautwunde zum grössten 
Theile durch Seidennähtc vereinigt. Reaet ionsloset Verlauf. 

Am 28. November geheilt entlassen, ohne nachweisbaren Defect an 
dem Orte der Fractur. 

(Der Patient wurde von Herrn Dr. Körte in der freien Vereinigung 
der Chirurgen Berlins, Sitzung vom 12. Juni 1893 vorgestellt.) 

Fall 2. 3G Jahre alter Kutscher Gustav Sch., 3 ) aufgenommen 
8. März 1892. Durch Hufschlag am Kopfe verletzt. Wird unmittelbar 
nach dem Unglücksfall mittelst Trage in das Krankenhaus gebracht. Ltih- 

A ...._1_• L. 


aus aer vv unae quillt Uelimunasse. Mit dem cmgclührtcn ringer wird 
eine ausgedehnte complicirte Fractur des rechten Scheitelbeins mit De¬ 
pression der Trümmer festgestellt. Operation in Chloroformnarkoso 
(Dr. Körte). 

Reinigung der Wunde. Entfernung von Sand, Pferdedünger und 
zahlreichen Haaren. Nach Erweiterung der Hautwunde zeigen sich von 
der Fracturstello ausgehend mehrere Fissuren, in einer derselben sind 
Haare eingeklemmt, die durch Ausnieisselung entfernt werden. Meissel- 
trepanation behufs Lösung und Entfernung der zahlreichen Splitter, 
zwischen denen sich gleichfalls noch viele Schmutzpartikel befinden. Der 
dabei geschaffene Defect misst 7: 3*/□ cm. Dura eingerisseu. Gehirn- 
oberlläche in markstückgrosser Ausdehnung zertrümmert. Die zertrüm¬ 
merte Gohimmasse wird durch Abwäschen mifc Jodofomigazo entfernt. 
Blutung aus zwei Duraarterien durch Umstechung gestillt. Durawundo 
durch Catgutnähte verkleinert. Drainage der Gehirnwundo mit Jodo¬ 
formgaze, Implantation. Die implantirten Knochenstücko mit Silk pro- 

9 cf. Boas, Eino neue Methode der qualitativen und quantitativen 
Milchsäurebestimmung im Mageninhalt, Deutsch, ined. Wochcnsehr. 1893, 
No. 39. und Ueber das Vorkommen und die diagnostische Bedeutung 
der Milchsäure im Mageninhalt, Münchener med. Wochenschr. 1893, 
No. 43. 

3 ) Vorgestcllt der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins am 
13. März 1893 vom Verfasser. 



Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




440 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


tectif bedeckt. Darüber noch ein Jodoformgazestroifen gelegt boidon- 
naht der Hautwunde. Puls bei Beginn der Narkose 52, steigt nach Er¬ 
hebung der Knochenstücke auf 60. Am Nachmittage desselben Inges 
Puls bereits 76. Sensorium völlig klar, Erbrechen. Klagen nher Kopf¬ 
schmerzen. Deutliche Parese der linken Seite mit Steigerung dei Ketlex- 

erregbarkeit. , . Tr /• i 

8. Mürz. Noch Erbrechen. Puls 72, regelmässig. Kopfschmerzen. 

Parese besteht fort. . ... ,. , 

12. Mürz 1892. Erster Verbandwechsel. Wunde völlig reactionslos. 
Entfernung der zur Drainage eingelegten Silk proteetif- und Jodoiorm- 
gazestreifen. In der Tiefe der DrainageÖflnung sieht, man die linphin- 
tirten Knochenstttcke. die bei dem Versuche, sie zu bewegen, nicht 
nachgeben. In die Wundwinkcl lose und oberflächlich Jodoformgaze em- 
geführt. Aseptischer Verband. Parese der linken Seite besteht noch. 
Kopfschmerzen. T , 

16. März. Parese verschwunden. Verbandswechsel, .Jodoformgaze 
ganz weggolassen. Drainageöffnungen durch beidennähle zusammenge- 


/0=,0l 22. März. Entfernung sämmtlicher Nähte. Wunde fast geheilt, 
Patient steht auf. Kopfschmerzen haben nachgelassen. 

19. April. Allgemeinbefinden sehr gut. Keinerlei Beschwerden. 
Wunde verheilt bis auf eine erbsengrosse Stelle am Orto der früheren 
Drainage. Hier besteht eino kleine Fistel, von wo aus man mit der 
Sonde auf rauhen Knochen kommt. 

Die Heilung dieser kleinen Fistel verzögerte sich und erfolgte erst, 
als am 4. August der ca. erbsengrosse nekrotische Thcil eines der einge¬ 
pflanzten Stücke mit dem Elevatorium entfernt wurde. 

Am 24. August 1803. Entlassung. Defect im knöchernen Schädel 
nicht mehl* nachweisbar. Patient klagt über Kopfschmerzen und abnorme 
Gefühle in der Umgebung der Narbe, die tief eingezogen^ und an ihrer 
tiefsten Stelle mit dem Knochen adhürent ist. An der Stelle, wo das 
nekrotische Knochenstückchcu entfernt worden ist, besteht noch etwas 
Secretion in der noch nicht ganz geschlossenen Wunde. 

Circa zehn Wochen später, am 9. November 1892, wurde Patient 
von der Berufsgcnosscnschalt zur Beobachtung in’s Krankenhaus zurück- 
geschickt, da er sich mit der ihm zugesprochenen Pente nicht zufrieden 
geben wollte. Seine Beschwerden waren rein subjectivcr Natur (Kopf¬ 
schmerz, Flimmern vor den Augen, Sehwindelgefübl). und wir glaubten 
deshalb ernstlich an Simulation. Da sich indess sein Zustand während 
mehrwöchentlicher Beobachtung nicht besserte und immerhin die Möglich¬ 
keit vorlag, dass die Erscheinungen durch Druck eines der implantirten 
Knochonsttteko oder durch einen Absccss oder eine Cyste an der ver¬ 
letzten Gehirnpartie hervorgerufen wurden, wurde beschlossen, die da¬ 
mals verletzte Stelle aufs neue durch temporäre Resection nach Wagner 
freizulegon. 

Am 30. November 1892. Operation in Chloroformnarkose (Dr. Körte). 
Bildung eines Hautperiostknochenlappens mit Brücke nach aussen, Schä¬ 
delknochen sehr hart. Beim Aufheben brach der Knochenlappen an meh¬ 
reren Stellen, entsprechend den noch sichtbaren Zwischenräumen zwischen 
den implantirten Stücken ein und man konnte die letzteren in ihren Um¬ 
rissen noch erkennen, obschon sie fest mit einander verkittet waren. 
Dura mit dem Gehirn an der tiefsten Stelle verwachsen, losgelöst und 
durchtrennt. Ziemlich starke Blutung. Etwa dem mittleren Drittel der 
vorderen Centralwindung entsprechend, liegt eine gelblichrothe Masse 
vor, von der cs nicht klar ist, ob sie ein altes Blutcoaguluin oder zer¬ 
trümmertes Gehirn darstellt. Die Masse wird herauspräparirt und er¬ 
weist sich hei der mikroskopischen Untersuchung als veränderte Geliirn- 
substanz. Punction des Gehirns nach drei verschiedenen Richtungen ohne 
Resultat. Keino wesentliche Prominenz der eingepflanzten Stücke gegen 
die Dura, die die Gehirnerschoinungcn hätte erklären können. Drainage 
der Gehimwunde, Naht der Dura, Reposition des Knochenlappens, der 
innerhalb der nächsten 12 Tage einheilt. In den ersten sechs Tagen 
nach der Operation traten wiederholt klonische Krämpfe der linksseitigen 
Hals-, Nacken- und Armmusciilatur auf, die mit Bewusstlosigkeit und 
starker Schweisssecretion einhergingen und ohne Zweifel auf die bei der 
Operation gesetzte Hirnverletzung bezogen werden müssen. 

Bei der Entlassung am 29. Januar 1893 bestand ein vollkommen 
fester, knöcherner Verschluss an der Stelle der früheren Fractur. Die 
Weichtheilsnarbe ist am Knochen nicht mehr adhürent, aber tief einge¬ 
zogen. Druck auf dieselbe verursacht heftige Schmerzen. Patient klagt 
über Flimmern vor den Augen, Ohrensausen, Taubheit in den Fingern der 
linken Hand und Schwäche in den Beinen. Wieweit diese seine Klagen 
berechtigt waren, konnte mit Sicherheit nicht festgestellt worden, aber es 
lag die Vermuthung nabe, dass er, um eine Erhöhung seiner Unfallsrente 
zu erzielen, stark übertreibe. (Diese Vermuthung scheint ihre Bestäti¬ 
gung darin zu finden, dass cs ihm wesentlich besser geht, seitdem er in 
den Besitz der vollen Rente gelangt ist. Ende August 1893 konnte dies 
festgestellt werden und gleichzeitig das Fortbestehen des festen Ver¬ 
schlusses des früheren Defectes.) 


Fall 3. 17jäliriger Mechaniker Otto B. 1 ), aufgenommen am 17. Mai 
1892. Patient soll am Abende des 15. Mai einen Schlag mit einem 
Stocke über den Kopf bekommen haben. Danach sei er nach Aussage 
seiner Begleiter sofort zu Boden gestürzt. Er konnte sich jedoch wieder 
erheben und mit Unterstützung seiner Begleiter seine Behausung auf¬ 
suchen. Am nächsten Tage blieb er im Bett, war thcilnahmlos, antwortete 
seinen Eltern jedoch. Am 17. Mai veranlasste zunehmende Bewusstlosig¬ 
keit und schweres, schnarchendes Athmen seine Ueberführung in’s Kranken¬ 
haus am Urban. Bei der Aufnahme besteht völlige Bewusstlosigkeit, laut 
schnarchende Athmung, kleiner, kaum fühlbarer, unregelmässiger Puls 

*) Vorgestellt in der Sitzung der Freien chirurgischen Vereinigung 
vom 13. März 1893 vom Verfasser. 


(60 in der Minute). Rechter Arm und rechtes Bein gelähmt, setzen 
passiven Bewegungen einen gewissen spastischen Widerstand entgegen. 
Auf der linken Seite ab und zu Zuckungen. Im Gebiete der Himnerven 
keine Lähmungon. Gesteigerte Itefloxerregbarkeit rechts. Ausfluss von 
blutigem Serum aus dem linken Ohr. Erst beim Rasiren wird eine kleine 
Hautwunde über dem Tuber parietalo sinistrum bemerkt. 

Operation in Chloroformnarkose (Dr. Kürte). Bogenförmiger Haut¬ 
schnitt mit seiner Basis hinter und etwas oberhalb des linken Ohransatzes 
durch die Hautwunde gehend, legt ein grosses Blutextravasat frei. Ein 
zweiter Schnitt von 8 cm Länge gegen die Mitte der Stirn, von der 
Wunde beginnend. Nach Ausräumung des Blutergusses wird eine De- 
pressionsfractur des linken Scheitelbeines von etwa 5 cm im Quadrat fest¬ 
gestellt. Meisseltrepanation behufs Lösung der Splitter. Unter und 
zwischen denselben Blutgerinnsel. Ausräumung eines Blutextravasates, 
dessen Menge etwa dor Grösse eines mittleren Apfels entspricht und das 
zwischen Dura und Schädel lag. Dura selbst unverletzt. Auf der Dura 
wird ein spritzendes Gefäss umstochen, ein anderes, der DiploS angc- 
hörend, mit dein Paquelin behandelt. Fast unmittelbar nach Ausräumung 
der Blutgerinnsel wird die Athmung ruhiger und weniger geräuschvoll, 
der Puls regelmässiger und voller. Implantation der Splitter. Jodoform¬ 
gazedrainage nach der Stelle des ausgeräumten Blutergusses hin, durch 
eine mit der Lu ersehen Zange geschaffene Lücke des Bruchrandes zur 
Wunde herausgoleitet, Seidennaht der Weichtheile. Aseptischer Ver¬ 
band. Nach der Operation ist Patient zeitweise etwas unruhig, Puls ist 
auf 116 gestiegen. 

19. Mai. Deutliche Reaction auf Anrufen; Athmung ruhig und regel¬ 
mässig; rechter Arm wird etwas bewegt, rechtes Bein noch imbeweglich. 
Freie Beweglichkeit der linken Extremitäten. Keine Augenmuskel- 
lähmungen, dagegen leichte Parese des rechten Facialis. Sensibilität an¬ 
scheinend intact. Reflexerregbarkeit nicht mehr gesteigert. Puls regel¬ 
mässig, 92. Verbandwechsel. Wunde völlig reactionslos. Entfernung des 
Jodoformgazestreifens ohne nennenswerthe Blutung, dafür ein kleines 
Stück Silk proteetif eingeführt. 

20. Mai. Es besteht eine amnestische Aphasie. Rechter Arm noch 


pare tisch. 

23. Mai. Völlige Wiederkehr des Sensorium. Die Aphasie hat sich 
zurückgebildet, so dass ihm nur noch einige Worte fehlen. Der rechte 
Arm wird ausgiebiger bewegt. Verbandwechsel. Entfernung der Nähte. — 
Allmähliche Zurückbildung der Aphasie und der rechtsseitigen Parese. 

10. Juli. Patient wird geheilt entlassen. Wunde ganz vernarbt. 
An einer etwa fttnfpfennigstückgrossen Stelle am Orte der Drainage ist 
noch Pulsation zu sehen, im übrigen der Defect vollkommen knöchern 
geschlossen. Keinerlei Motilitäts- oder Sensibilitätsstörungen. 

Am 26. Februar 1893 konnte festgestellt werden, dass eine Verän¬ 
derung in dem guten Befinden nicht eingetreten ist. Patient geht seit 
langem seinem früheren Berufe als Mechaniker wieder nach, ohne bei der 
Ausübung derselben Störungen irgend welcher Art zu empfinden. 

Fall 4. 27jähriger Knecht Jakob D. 1 ), aufgenommen 7. Mai 1893. 
Schlag mit einer Mistgabel über den Kopf. Kräftiger Mann. Sensorium 
frei, giebt auf Fragen etwas langsam Antwort. Keinerlei Lähmungen. 
w r eder im Gebiete der Gehirnnerven, noch an den Gliedern. An der 
rechten Seite des Schädels eine 10 cm lange, stark verunreinigte Wunde, 
fingerbreit vor dem rechten Ohre beginnend und nach der Mittellinie hin 
verlaufend; Splitterbruch des rechten Scheitelbeins mit Depression der 
Fragmente. Zwischen denselben sitzen an mehreren Stellen Haare und 
Schmutzpartikel. Deshalb Operation in Chloroformnarkose (Dr. KörteJ. 
Lösung und Herausnahme der gebrochenen Theile nach Abmeisselung der 
Knochenränder. Es entsteht dadurch ein Defect von 6,5 cm Länge una 
3,5 cm Breite. Lebhafte Blutung aus der Diploö der Knochenränder und 
den Gefässen der Dura. Letztere macht drei Umstechungen nötnig. 
Dura unverletzt. Implantation der Knochenstttcke. Drainage mit einem 
Silk protectif-Streifen, der am unteren Wundwinkel herausgeleitet- wird. 
Seidennaht der Weichtheile. Vollkommen reactionsloser, fieberfreier ver¬ 
lauf bis zum Abende des 12. Mai, wo ein 3 /4 Stunden dauernder, e P 1 *®P ft l ‘ 
form er Krampfanfall auftritt, dor ausschliesslich die linke Körpermuite 
betrifft. Dabei Bewusstlosigkeit. Nach dem Anfalle bleibt eine iare 
der Streckmuskulatur des linken Armes zurück. . . 

14. Mai. Es traten wieder zwei Krampfanfälle der beschriebenen a 
kurz nach einander und von je */■» sttindiger Dauer auf. Puls und len - 
peratur sind dabei völlig normal. Nach dem Anfalle liegt Patient Be¬ 
wusstlos mit laut schnarchender Athmung und stark cyanotischem * 
sichte im Bett und erinnert in seinem Aussehen stark an einen Ap - 
piektischen. Deshalb Entfernung mehrerer Nähte aus der ganz reactionslos 
Wunde. Mit der Pincette werden die schon verklebten Wundränaer 
einer circumscripten Stelle wieder eröffnet und die implantirte Stelle 1 - 
gelegt. Um die Dura und das Gehirn zugängig zu machen, werden z 
der implantirten Knochenstücke mit dem Elevatorium herausgehebelt. 
eingepflanzten Theile sind schon durch sehr gefässreiches, junges 
gewebe miteinander verbunden und bluten bei der Herausnahme, 
stark gespannte Dura wird incidirt, wobei ein ziemlich starkes tx e • 
angeschnitten wird und unterbunden werden muss. Das Gehirn h°o^ , 
prall gespannt vor, wird ebenfalls incidirt und dabei ein kleiner 
zertrümmerter Hirnsubstanz entdeckt. Die beiden herausgenonim 
Stücke, die zusammen vielleicht die Grösse eines halben Marks 
hatten, werden nicht wieder eingelegt, sondern die Wunde ganz one b 
lassen und nur lose mit Jodoformgaze tamponirt. Im Laute des 
liehen und des folgenden Tages traten noch mehrere Krampfanlaii 
aber von kürzerer Dauer wie die früheren. 

Vom 16. März 1893 ab hören dio Krämpfe auf und die Wundlieiiun 3 

x ) Vorgestelltivon Dr. Körte [in der SitzungMer Berliner medicini 
sehen Gesellschaft am 28.„Juni 1893. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





17- Mai.__ _DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


441 


nimmt eineu normalen Verlauf. Die offen gelassene Stelle heilte ohne 
Eiterung unter dem Blutschorfe, die implantirten Knochenstücke heilton 
ein. In der Streckmuskulatur des linken Vorderarmes bestand anfangs 
eine Parese, die langsam zurückging. D 

Bei der Entlassung am 8 . Juli 1893 bestanden keinerlei cercbralo 
Störungen mehr, und derDefect im Schädel war bis auf eine kleine Stelle, 
wo man noch Pulsation wahrnehraen konnte, knöchern geschlossen. 


Fall 5. Der 32jährige Arbeiter Rudolf K., aufgenommen am 
3. Juli 1893, fiel beim Tragen eines schweren Ambosses die Treppe her¬ 
unter, wobei sich die Spitze des Ambosses dicht oberhalb des linken Ohres 
in den Schädel einbolirte. 

Kräftiger Mann, starke Benommenheit, Reaction auf Anrufen aber 
noch zu erzielen. Keine nachweisbaren Lähmungen. Thalei-gros.se. stern¬ 
förmige Wunde mit unregelmässigen und stark gequetschten Rändern 
4 cm über dem linken Ohr. Schon bei oberflächlicher Untersuchung fühlt 
man zertrümmerten Knochen, der an einzelnen Stellen tief eingedrückt 
erscheint. Massige Blutung. Starke Verunreinigung der ganzen%Vunde. 
Aus dem Ohr fliesst kein Blut aus. In Aethernarkose (Operateur: Ver¬ 
fasser) wird zunächst die Haut bis zum Orbitalrande nach vorn und etwa 
6 cm weit nach oben von der bestehenden Wimde aus gespalten, dann 
der ganze Musculus temporalis linkerseits zu 3 / 4 seiner Breite quer durch¬ 
trennt und sammt dem Perioste zurückgeschoben. Es liegt nun eine 
Splitterfractur fast des ganzen Planum temporale mit Depression der 
Splitter vor. Randabmeisselung und Entfernung einer Anzahl Stücke von 
verschiedener Grösse. Defect im Schädel beträgt 10 1 / 3 cm von vorn nach 
hinten und 57a cm von unten nach oben. Dura au zwei Stellen ein¬ 
gerissen, die trennende Brücke wird mit der Scheere gespalten. An einer 
Stelle, die etwa der untersten Temporalwindung entspricht, ist das Gehirn 
im Umfange eines Einmarkstückes bis zu einer Tiefe von 2 cm zer¬ 
trümmert. Subduraler Raum und die Gehimwunde selbst mit feuchter 
Sublimatgaze ausgerieben und in letztere ein schmaler Streifen Silk pro- 
tectif eingeführt. Die gespaltene Dura wird wieder mit Catgut vernäht 
bis auf einen ca. 2 cm langen Spalt über der Gehimwunde, aus dem ein 
unter die Nahtlinie geschobenes Stück Jodoformgaze herausgeleitet wurde. 
Implantation der Knochensplitter, wobei eine etwa markstückgrosse Stelle 
über der Gekirnwunde frei gelassen wird. Naht des Musculus temporalis 
mit versenktem Catgut. Seidennähte der Haut. Von zwei Wundwinkeln 
aus werden schmale Jodolormgazcstreifen bis zu den implantirten Knochen¬ 
stücken vorgeschoben. Patient schläft in den ersten Tagen nach der 
Verletzung viel. Es besteht eine motorische Aphasie, aber sonst keine 
Lähmung. Puls bleibt dauernd normal. Höchste Temperatur am Abende 
des 7. Juli 1893 38,2. 

8 . Juli. Verbandwechsel. Wunde vollkommen reaetionslos. Silk- 
und Jodoformgazedrainage entfernt. 

• Die Aphasie bildet sich allmählich zurück. Mau sicht 

eme über die ganze Wunde sich erstreckende Pulsation der Hautdecken, 
010 1 ?jP^ ant * rten Knochen sind also noch nicht fest eingewachsen. 

22 . August. Patient wird geheilt entlassen. An der Stelle, die bei 
der Implantation offen gelassen wurde, besteht eine deutliche kleine Grube, 
aber keine Pulsation. Der ganze frühere Defect scheint mit Knochen aus- 
geiüllt zu sein. Irgend welche Erscheinungen, die auf die bestandene 
crehirn Verletzung hingewiesen hätten, sind nicht vorhanden. 


Um nun die ausführlich wiedergegebenen Krankengeschichten 
hier noch einmal kurz zusammenzufassen, so handelte es sich in 
aUeafünf ^ ä Ben um complicirte Splitterfracturen des Schädel¬ 
gewölbes mit Depression der Fragmente. 

i ,J n .. } war der Bruch auf die vordere Wand der Stirnhöhle 

* n ^ en Trigen Fällen waren die seitlichen Tlieile des 
bchädels von der Fractur betroffen. Als Entstehungsursaehe kam 
überall die Einwirkung einer stumpfen Gewalt in Frage, und je 
nach der Kraft, mit der diese zur Geltung kam, blieb die Ver¬ 
letzung auf Weichtheile und Knochen beschränkt (Fall 1 und 3 ), 
ffiMi o S wur( * en au °h das Gehirn und seine Häute verwundet 
' i Ufl d 5). Entsprechend der Schwere der Gewalteinwirkung 
wur en mehr oder weniger ausgesprochene Allgemeinerseheinungcn 
i ns des Gehirns (Bewusstlosigkeit, Erbrechen, Somnolenz, Puls- 
'er angsamung) in allen Fällen, ausgenommen Fall 1, beobachtet. 
e benirnwunden charakterisirten sieh in beiden Fällen als breite 
er rummerungen der Rindensubstanz, wodurch die betreffende 
Lilien - e ■ na i Ürlich ausser Function gesetzt wurde. Deshalb 
Pa Wl,r ^ alsbald nach der Operation eine rechtsseitige 

auftnd m ^ Erscheinungen einer motorischen Aphasie 


Ißt 7 t , eS i n ? er f Beachtung verdient Fall 4, wo die Dura nicht ver¬ 
trat n f f? a b Primär auch nicht eröffnet ^worden war. Hier 
Hßiiitn am ^ende des fünften Tages bei bis dahin völlig normalem 
sieben fl"“»*. linksseitige klonische Krämpfe auf, und bei der 
öffnumr der Verletzung vorgenommenen secundären Er¬ 

funden r- t 1 / 1 wur d° ein Heerd zertrümmerter Hirnsubstanz ge- 
Dnm 7 . ^ ^ er letzung des Gehirnes war also hier bei intacter 
unverfrt Rommen. Ob in Fall 3 eine Gehirnläsion bei 

und diß 2 er ^7 U, a k edtan den hat, oder ob die anamnestische Aphasie 
erens«? re cm ss e lt ig-e Parese nur eine Folge der durch den Blut- 
schien Kompression des Gehirns darstellte, muss unent- 

fassen werden. 

mi n2 . ^ , ua d 5 waren ausgezeichnet durch starke Verunreini- 
oichtheils- und Knochenwunde, und dieser Umstand 


machte in diesen drei Fällen das Debridement zur Pfliclit, in 
ball 3 waren es Erscheinungen einer zunehmendenHirncompression 
n Z j r K'dsung der Splitter zwangen, in Fall 1 nicht nur kosmetische 
Gründe — der Knochensplitter war tief in die Stirnhöhle ein¬ 
gedruckt — sondern auch die Rücksicht auf die hohe Infections- 
gofahr der verletzten Partie wegen ihrer Communication mit dem 
Nasenraum. 

Es wurden nur solche Splitter entfernt, die gar keinen Zu¬ 
sammenhang mit den Weichtlieilon mehr hatten und auch ihres 
periostalen Ueberzuges verlustig gegangen waren. Von Meissei 
und Hammer wurde nur da Gebrauch gemacht, wo sich die inein¬ 
ander gekeilten Splitter mit Hülfe der Kornzange nicht entfernen 
Hessen. Die Grösse des Defectes, der nach der Entfernung der 
Splitter zurückblieb, war recht beträchtlich, am grössten in Fall 5 
10V 2 : 5 l /_> cm, am kleinsten in Fall 1 etwa markstückgross. 

Das Heilungsresultat muss, was die Festigkeit des erzielten 
Verschlusses angeht, als ein glänzendes bezeichnet werden: nur in 
Fall 3 und 4 waren an kleinen Stellen noch Pulsationen wahr¬ 
zunehmen, doch hatten diese kleine Lücken keinerlei Einfluss auf 
die Arbeitsfähigkeit der betreffenden Patienten. 

Wir haben im Vorhergehenden unter Zugrundelegung der 
Casuistik die verschiedenen Methoden zusammengestellt, die bisher 
zur Deckung von Schädeldefecten benutzt worden sind, und es er¬ 
übrigt nun noch, dieselben auf ihre klinische Brauchbarkeit zu 
prüfen. 

Von dem Standpunkte der heutigen Chirurgie aus wird man 
zunächst der Heteroplastik mit lebendem thierischem Knochen wohl 
kaum noch Berechtigung zusprechen können, weil sie, abgesehen 
von der Schwierigkeit der Beschaffung geeigneten Materials, durch 
andere einfachere und auch in ihrem Erfolge sicherere Methoden er¬ 
setzt werden kann. 

Aus den gleichen Gründen wird auch die Homoplastik und die 
Form der Autoplastik, die Seydel zur Anwendung brachte, auf 
einige seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben. 

Es bleiben dann zur Deckung traumatischer Schädeldefecte 
übrig: 

1. die Heteroplastik mit Celluloid oder einem anderen, diesem 
ähnlichen Fremdkörper, 

2 . die Heteroplastik mit decalcinirtem Knochen, 

3. die Autoplastik nach Müller-König und 

4. die Autoplastik durch Implantation der gelösten Knochen¬ 
stücke. 

Von diesen vier Methoden osteoplastischen Verschlusses sind 
die beiden ersten (mit Celluloid oder decalcinirtem Knochen) un¬ 
seres Wissens bisher nur zur Deckung von Dofoeten benutzt wor¬ 
den, die nach Eröffnung des vorher intacten Schädels entstanden 
sind und werden jetzt dabei wohl zweckmässig durch die beschrie¬ 
bene Methode der temporären Resection nach Wolff-Wagner er¬ 
setzt. Nur nach Trepanationen wegen Epilepsie kann ihre Ver¬ 
wendung als Verschlussmittel noch in Frage kommen, da viele 
Autoren dabei vor einem primären Verschlüsse des Schädels, wie 
ihn die Wolf f-Wagnerische Methode bezweckt, warnen (A. Fraen- 
kel, 1 ) Lucas Clianipionniöre). 2 ) Auch bei traumatischen Schä¬ 
deldefecten könnten Celluloid sowohl wie decalcinirter Knochen 
benutzt werden; ihrer häufigeren Anwendung bei solchen steht 
jedoch das Bedenken entgegen, dass Celluloid und todtes Material 
nur einen rein mechanischen Verschluss der Schädellücke bewirkt, 
indem es wie jeder Fremdkörper an Ort und Stelle eingekapselt 
wird. Irgend einen anregenden Einfluss auf die Knochenneu- 
hildung bat seine Anwesenheit jedenfalls niemals zur Folge, und 
somit liegt die Celluloidmothode weit ab von dem Ziele, das die 
Osteoplastik am Schädel doch in erster Linie erstrebt, nämlich 
den knöchernen Ersatz. Nicht dasselbe gilt von dom decaleinirten 
Knochen; zwar ist seine Verwendung bei Ausfüllung von Schädel¬ 
lücken ebenso einfach wie die des Celluloid, doch unterscheidet es 
sich von diesem dadurch, dass häufig mit ihm ein knöcherner Ver¬ 
schluss der Defecte erzielt wird. Wie dieser zustande kommt, ist 
noch nicht sicher festgostellt. Nach den Untersuchungen von 
Barth 3 ), die sich mit- denen von Darksehewitsch und Wei- 
ilenliammer 1 ) zu decken scheinen, ist anzunehmen, dass da, wo 
die eingelegten Stücke nicht bindegewebig eingekapselt werden, 


’) A. Fraenkel, Zur Frage der Sehüdeloperationen bei Epilepsie. 
Beiträge zur Chirurgie. Festschrift gewidmet Th. Billroth. 

2 j Lucas Championnerc, Sur la trepanation dans l’^pilepsie jack- 
sonienno. Bull, et mein, de la soc. de Chirurgie de Paris. T. XVII, 
p. 414. 

3 ) A. Barth, lieber histologische Befunde nach Knochenimplanta¬ 
tionen. Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie 22. Con- 
gress 1893. 

4 ) Darksehewitsch und Weidenhammer, lieber den Ersatz von 
Trepanationslücken des Schädels durch entkalkten Knochen. Wratscli 
1892, No. 28 und 29. Ref. Centralblatt für Chirurgie 1892, No. 41. 


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442 


sondern einen knöchernen Verschluss zustande bringen, dieser ent¬ 
steht aus dem erhaltenen Perioste und der Dura unter Benutzung 
der durch die implantirten Stücke gelieferten Knochengewebsele- 
monto. Eine einfache Einheilung findet jedenfalls ebensowenig 
statt wie eine einfache Resorption, denn im letzteren Falle konnte 
kein knöcherner Versclduss zustande kommen. Es muss also der 
decalcinirte Knochen irgendwie die Knochenneubildung unter¬ 
stützen oder anregen, weil es sonst nicht zu erklären wäre, warum 
die so versorgten Schädellücken sich knöchern schliessen, während 
diejenigen ohne eingelegte Knochenstücko sich in der Mehrzahl der 
Fälle nur mit Bindegewebe ausfüllen. 

Schmitt (1. c.) ist zu wesentlich anderen Resultaten ge¬ 
kommen; er glaubt, dass decalcinirter Knochen resorbirt werde 
und seine Einpflanzung nicht dazu beitrage, die Schädellücken 
knöchern zu verschliessen. Dem widersprechen jedenfalls die Er¬ 
fahrungen, die am Menschen mit dieser Methode gemacht sind. 
Andererseits muss aber betont werden, dass die Heteroplastik mit 
decalcinirtem Knochen ein besonders vorbereitetes Material erfor¬ 
dert, welches man nicht immer zur Hand hat., und dass es von 
Vortheil ist, wie Darkschewitsch und Weidenhammer fest¬ 
gestellt haben, wenn das zu implantirende Material derselben Spe- 
cies entnommen ist, wie der, bei dem der Defect besteht. Diese 
Gründe dürften eine allgemeine Anwendung dieses Verfahrens hin¬ 
dern und ceteris paribus der Autoplastik durch Implantation eine 
grössere Verbreitung sichern. 

Genau ebenso wie bei der Einlagerung von decalcinirten 
Knochen muss man sich nach den Untersuchungen Barth’s den 
Heilungsvorgang bei Sehädeldefccten vorstellen, die durch Implan¬ 
tation der herausgenommenen Schädeltheile ausgefüllt worden sind. 
Die implantirten Stücke heilen zwar ein, behalten aber nicht ihre 
Lebensfähigkeit in dem Sinne, dass sie weiterwachsen und da¬ 
durch selbstständig zur Ausfüllung des Sehädeldefectes beitragen, 
sondern sie werden wie decalcinirter Knochen durch neuen Kno¬ 
chen ersetzt, indem sie das Material für das neu zu bildende 
Knochengewebe liefern. Schmitt und vor ihm 0liier, Wolff, 
Adamkiewicz, Jakimowitsch halten dagegen dio Einheilung 
dor Knochenstücke unter Bewahrung ihrer Lebensfähigkeit für 
wahrscheinlich. 

Die Beobachtungen, die wir bei unseren Fällen in dieser Frage 
machen konnten, sind für keine der beiden Anschauungen be¬ 
weisend. Wir konnten lediglich fest stellen: 

1. dass die implantirten Knochen schon nach vier Tagen un¬ 
beweglich mit der Dura verbunden sind (Fall II); 

2. dass sie nach ca. acht Monaten noch nicht ganz durch 
normalen Knochen ersetzt sind, denn an dem um diese Zeit tem¬ 
porär resecirten Knochcnlappen, der der implantirten Stelle ent¬ 
sprach, sah man noch deutlich die Umrisse der einzelnen Stücke. 
Auch die Zwischenräume zwischen denselben besassen noch nicht 
die Festigkeit normalen Knochengewebes, da der Lappen beim 
Aufhebeln gerade an diesen Stellen einbrach (Fall H); 

3. dass nach sieben Tagen die eingepflanzten Stücke schon 
durch sehr gefässreiches junges Bindegewebe mit einander ver¬ 
bunden sind und nicht ohne stärkere Blutung aus ihrer Verbin¬ 
dung gelöst werden können (Fall IV). Ueber die histologischen 
Veränderungen der in Fall IV am siebenten Tage herausgenom¬ 
menen Implantationsstücke verdanken jjyir der Liebenswürdigkeit 
des Herrn Dr. Barth, der die Stücke untersuchte, folgende Mit¬ 
theilungen, die ich auszugsweise mit dem Bemerken wiedergebe, 
dass es wohl die ersten mikroskopischen Befunde sind, die vom 
Menschen in dieser Beziehung erhoben worden sind. 

„An den beiden Knochenstücken sind schon makroskopisch 
zahlreiche Fibrinauflagerungen sichtbar, die sich durch die Kno¬ 
chencanäle ohne Unterbrechung in das Innere fortsetzen. Aeliiu 
liehe Fibrinmassen füllen auch die Markräume der Diploö und die' 
Ha versuchen Canälchen aus und zwar besonders reichlich am 
freien Rande des Fragmentes. Hier besteht ausserdem eine sehr 
reichliche Leukocyteninvasion, welche sich in der ganzen Diploö 
verbreitet hat und nach den centralen Markräumen der Compacta 
hin abnimmt. Einige Markräume in der Nähe des Bruchrandes 
sind von frischem Blutextravasat prall ausgefüllt. In anderen 
Markräumen sind dickwandige Gefässe (Arterien) im Querschnitte 
vorhanden, ihr Lumen ist entweder leer oder mit Fibrinmassen 
ausgefüllt. Es handelt sich dabei zweifellos um alte thrombosirte 
Gefässe. 

Die Kerne der Knochenkörperchen sind entweder schon unter¬ 
gegangen, wie am Fracturrando und in den Markräumen der 
Diploö, oder in deutlichem Zerfall begriffen, wie in den centralen 
Partieen der Compacta. 

Eine Resorption des Knochengewebes ist nirgends sichtbar, 
ebensowenig wie eine Anlagerung neuen Knochengewebes an den 
alten Knochen.“ 

Der geschilderte Befund scheint für die Annahme Barth’s zu 


No. 20 


sprechen, dass die eingepflanzten Stücke einer modificirten Nekrose 
mit nachfolgender Resorption unterliegen. 

Wie sich nun aber der Heilungsprocess abspielen mag, die 
Thatsache wird wohl kaum bestritten werden können, dass ein 
knöcherner Verschluss der Schädellücken durch die implantirten 
Stücke, seien diese nun mit Periost bekleidet oder nicht, in weit¬ 
aus der Mehrzahl der Fälle zustande gebracht wird, und dieses ist 
vom Standpunkte des Klinikers das wichtigste. Zahlreiche Thier- 
experimonte und die am Menschen bisher gemachten Erfahrungen 
beweisen dies. Auch in unseren Fällen hat uns die Methode in 
dieser Beziehung nicht im Stiche gelassen, wir erzielten nach 
relativ kurzer Zeit einen knöchernen Verschluss, der nicht etwa 
nur vorübergehend bestand, sondern, wie wir in Fall 2 und in Fall 3 
beobachten konnten, auch nach 17 resp. nach 10 Monaten nichts 
von seiner Festigkeit eingebüsst hatte. Nur da scheint mitunter 
der knöcherne Ersatz auszubleiben, wo die Drainage eine völlige 
Ausfüllung des Defectes mit Knochenstückchen unmöglich macht 
(Fall 3 und 4), und zwar, wie es scheint, unabhängig davon, ob 
auch die Dura an der betreffenden Stelle offengeblieben war (Fall 4) 
oder ob die Drainage nur durch das Periost geführt wurde (Fall 3). 
Die kleinen noch pulsirenden Stellen pflegen sich in der Regel im 
Laufe der Zeit noch zu verkleinern (Fall 3). 

Eine Ausstossung der ein gepflanzten Stücke haben wir in 
keinem Falle erlebt; die partielle Nekrose eines der Implantations¬ 
stücke des Falles 2 verdankt ohne Zweifel dem Umstande ihre 
Entstehung, dass hier die betreffende Stelle durch längere Zeit der 
Weichtheilsbcdeckung entbehrte. 

Neben der Autoplastik durch Implantation ergiebt nur die 
Mü 11 e r- K ö n ig’sche Methode einen sicheren knöchernen Verschluss 
grösserer Schädeldefecte und ist deshalb seit der ersten Veröffent¬ 
lichung König’s im Jahre 1890 relativ häufig benutzt worden. 
Sie stellt für viele Fälle sogar das einzig mögliche Verfahren dar, 
um Defecte des knöchernen Schädels zu schliessen, nämlich 

1. bei frischen Traumen, wenn die Knochenstücko nicht mehr 
vorhanden sind; 

2. bei Resectionen am Schädel wegen Knochenerkrankungen, da 
sich die herausgenommenen Theile dann nicht zur Implantation ver¬ 
wenden lassen; 

3. bei angeborenen Defecten (Meningo- und Encephalocelen); 

4. bei alten Schädeldefeeten, die aus den verschiedensten 
Gründen entstanden sein können und deren nachträgliche Beseitigung 
nöthig wird. 

In den Fällen hingegen, wo das nöthige Material zu Gebote 
steht, und zwar besonders bei frischen traumatischen Schädel- 
defecten, ist die Autoplastik durch Implantation das einfachere 
Verfahren, denn sie ermöglicht einen primären festen Versclduss, 
der sich auf die leichteste Art bewerkstelligen lässt und erfordert 
keinen zweiten, grösseren operativen Eingriff, wie die osteoplastische 
Methode von Müller-König. Auch die der Implantationsmethode 
vorgeworfenen Nachtheile haben wir in unseren Fällen nicht be¬ 
stätigt gefunden. Dieselben sollen bestehen: 

1. in der Schwierigkeit einer sicheren Desinfection der einzelnen 
Stücke; 

2. in der Behinderung des Secretabflusses nach dem Einlegen 
derselben; 

3. in der Ausübung von Druck seitens der implantirten Theile 
auf das Cerebrum, und 

4. darin, dass der freie Zugaug zum Gehirn und seinen Häuten 
behufs Vornahme eines nöthig gewordenen nachträglichen Eingriffes 
durch die Implantation erschwert oder ganz verlegt wird. 

Von all diesen Bedenken hat sich keines in den von uns be¬ 
obachteten fünf Fällen als begründet erwiesen. Die Desinfection 
der Stücke und deren reactionslose Einheilung ist uns jedesmal 
gelungen, obschon in mehreren Fällen (2, 4, 5) die Weichtbeils- 
wunde sowohl wie die Knochentrümmer sehr stark verunreinigt 
waren und ausserdem Complicationen mit Gehirnverletzungen Vor¬ 
lagen. In Fall 1 heilte ein in die vordere Wand der Stirnhöhle 
eingesetztes Stück ohne Zwischenfälle ein, obwohl gerade hier, 
wegen der Communieation mit der Nasenhöhle, die Infectionsgefahr 
eine grosse war. 

Eine Secretverhaltung hinter den eingepflanzten Stücken ist 
bei sorgfältiger Blutstillung und geeigneter Drainage ebenfalls 
sicher zu vermeiden. 

Auch die Furcht, es könnte durch die Implantation ein schäd¬ 
licher Druck auf das Gehirn zustande kommen, scheint nach 
unseren Beobachtungen eino unberechtigte zu sein. Es wurden 
vielmehr in denjenigen von unseren Fällen (2 und 4), wo nach¬ 
träglich Gehirnerscheinungen auftraten, als Grund für dieselben 
partielle Erkrankungen der Hirnsubstanz am Orte der Verletzung 
nachgewiesen und an der Innenfläche des in Fall 2 temporär ro- 
secirten Knochenlappens waren keinerlei Prominenzen wahrzimehmen, 
die auf das Gehirn hätten drücken können. Durch die Unter- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


suchungen Barth s (1. c.) wird es wahrscheinlich gemacht dass 
diejenigen Theile der implantirten Stücke, die sich für die Aus¬ 
füllung des Schädeldefectes als ungeeignet oder unnöthig erweisen 
durch Resorption entfernt werden. " ’ 

Wie wenig das Oehirn durch die Implantation in seinen 
Functionen beeinträchtigt wird, geht namentlich aus den Fallen 2 
und 5 hervor, wo keine ausgedehnte Hirnverletzung bestand und 
die eingepilanzten Knochenstücke fast unmittelbar an die verletzten 
Iheile des Gehirnes stiessen. 

Das vierte Bedenken hat eine gewisse Berechtigung Treten 
(xehirnerschemungen bald nach der Implantation auf, wie in Fall 4 
so ist es ein leichtes, die eingepflanzten Stücke wieder horauszu- 
nelunen, folgen sie aber der ersten Operation erst nach einer Reihe 
von Monaten, so muss die Wiedereröffnung der Schädelhöhle nach 
der eingreifenderen Methode von Wolff-Wagner vorgenommen 
werden. Vielleicht empfiehlt es sich, um etwa vorhandene Gehirn- 
lasionen vor der Implantation festzustellen, auch in den Fällen die 
Dura breit zu spalten, wo diese intact geblieben ist. Da übrigens 
bedenkliche Hirnsymptome, selbst nach schweren Verletzungen der 
Hirnsubstanz (Fall 5) durchaus nicht immer aufzutreten scheinen 
so durfte es gerechtfertigt sein, wenn man in allen Fällen von 
traumatischen Schädeldefecten wenigstens den Versuch macht 
durch Implantation den Defect zu schliessen. Gelingt dieser Ver- 
such nicht, so kann em secundärer Verschluss nach der Methode 
von Muller-König immer noch vorgenommen werden, ohne dass 
dadurch der Patient geschädigt worden wäre, gelingt er aber so 
hat man ihn vor den Gefahren einer zweiten Operation bewahrt 

Bevor ich schliesse, danke ich Herrn Direktor Dr Körte 
meinem verehrten Lehrer und Chef, für das lebhafte Interesse’ 
das er an der vorliegenden Arbeit genommen hat, auf das verbind¬ 
lichste. 


VI. Aus der medicinisclien Universitätspoliklinik in 
Königsberg i. Pr. 

Ueber den continuirlicben Magensaftfluss. 

Von Professor Dr. Jnlius Schreibor. 

(Fortsetzung aus No. 18.) 

Auch Beaumont scheint nämlich von der Vorstellung aus- 
gegangen zu sein, dass im nüchternen Magen grössere Saft- 
mengen zu finden wären. Sein erster Versuch lautet daher wört- 
10 h of°V S - 1829 > 8 u kr Morgens. Nachdem das Individuum 
iz stunden weder gegessen noch getrunken hatte, brachte ich eine 
Röhre von Gummi elasticum in den Magen, und konnte blos ein 
Rehmen Magensaftes daraus entnehmen. Es fand sich 
Keine Anhäufung desselben vor. 

„..r! ™ m zweiten Versuche an gebraucht er Redewendungen, 
rftijio darthun, dass er J etzt absichtlich den Magen mit der Sonde 
‘™I ™ grössere Saftmengen zu erhalten u. s. w. Aber, wie 
fe Mgt, tur diese Seite unserer Frage muss ich selbst die Unter- 
RUfhnJ 111 ^ Be J a, J m . 0nt,s zur kckweisen, denn diese seine Unter- 
ngen sind keineswegs widerspruchsfrei. 

oroKe= ,1™ J'* 11 ! Kretschy•) bestand ein Schleimhaut¬ 
blutend“’ ” dle Fl f te ’ ränder stark gerötliet, auf Fingerdruck leicht 
wekW ok* * • »Auffallend war die reichliche Menge von Schleim, 
Gewinnet 6r den t slch «Jaren Theil der Magenschleimhaut wie ein 
jenes aus S e broitot war.“ Aber von diesen, die Normalität 
sehen hesnh^ T?*„ rae ’ lr a,s in Frage stellenden Angaben abge- 
lase kn» dl p- k ^. Kr<!tSchy lcdi " lich sich da rauf. die bei Links- 
tiffpn imH r l 1Ste \ s P° ntan ausfliessenden Mengen zu beriicksich- 
jrehendf>r Q le y T e ^ ctl0n an 4er Ausgangspforte zu prüfen; eine ein- 
Kretsuhv fl r 1 J tersu . c kung des nüchternen Mageninhalts hat 
führt ^ offenbar nicht beabsichtigt und jedenfalls nicht ausge- 

ihn JaIw,. 1 “® Uutersuehungen und der Fall Ri eh et’s 2 ): sie und 
stellen }i P ; OC! * VOa kretschy und von Beaumont auf eine Linie zu 
schaffliHiftn v meiDes Trachtens auf jede strengere Kritik in wissen- 

beansprucht fe- ve ™ chten - Denn le jenne M.Ch. Richet’s 

SonderstPllnnrr a S - ei ^? Ve v Werthung in der vorliegenden Frage eine 
keineswegs n?* i dlm , der ^- ufcor vollster Schärfe zuzuweisen 
essantes r ^ a s sen hat: „Ce qui rend ees observations inter¬ 

ne les lim,,vi 9 , Ue * oesophage est absolument impermeable, en Sorte 
stomacaux ^ S , 1Yaires ne . se m&angent pas avec les liquides 
de salive '„«„jv 0n P®}}*' avoir 4u suc gastrique pur et döpourvu 
_J^condition quil est dejä difficile de röaliser sur les ani- 

bcutsches Arph;t U f« eU i Untersuchungen an einer Magenfistelkranken. 

h RecWK f kl ;, ms che Mcdicin Bd. XV11I. 
tions sur la dio-«^L SUr * suc gastrique de l’homme et observa- 

r eudus. B. LxYy iy 8 j^cale^faites sur une fistule gastrique. Comptes 


443 


maux et que 1 on n a yraisemblablement jamais pu rencontrer oncore 

sur 1 homme . Mit anderen Worten, lo jeune M.Richet’s hatte 

emo absolut impermeable Oesophagusstrictur, so dass nach Her¬ 
stellung der Magenfistel die Secrotion des Magens sowie das Magen- 
secret unbeeinflusst von und ungemischt mit den Seereton 
untersucht werden konnten, welche sonst beim Gesunden, wie der 
bpeichel, Mund- und Rachenschleim, nach dem Magen abfliessen 
L 011 ?- ü ’, i l . md welche in den Fällen Beaumont’s und Krotschv’s 
thatsachlich dahin abgeflossen bezw. verschluckt worden sind. Für 
(bis Studium der normalen Magenfunction, der normalen Ver- 
dauuugsvorgänge kommt es aber, wie ich bereits in meinen ersten 
Mittheilungen scharf betonte, gerade darauf an, die Vorgänge im 
Magen unter froiem Zutritt von Schleim, Speichel u. s. w. kennen 
zu lernen, deren specielle Bedeutung für den continuiriichen Saft¬ 
fluss wir noch mit einigen Worten zu berühren haben werden. Wir 
werden sehen, dass der im Falle Richet’s vom Magen fern gehal¬ 
tene Speichel vielleicht die vornehmste Ursache der normalen 
„continuiriichen Saftsecretion“ repräsentirt, und obschoii daher der 
ball Ri cli et’s meinen Behauptungen besonders widersprechende 
Resultate hätte ergeben müssen, kommt Riebet ganz im 
Gegen theil u. a. zu folgender Schlussfolgerung: „En dcliors de la 
digestion, le suc gastrique est moins acide que pendant la digestion“ 
also: ausserhalb der Verdauung d. h. im spoisefreien Magen ist der 
Magensaft weniger sauer als während der Verdauung — weniger 
sauer somit und nicht säure- bezw. saftfrei! 

„Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“ Diese und Andere 
sind z. B. noch Helm, v. Grünewaldt, Uffelmann. Helin’s, 
aus dem Jahre 1803 stammende Beobachtungen, die der Autor mit 
mehreren anderen Fällen von Magenfistoln aus der älteren Littera- 
tur einleitet, sind ernstlich kaum zu verwerthen. Anders die¬ 
jenigen von v. Grünewaldt und von Uffelmann. v. Grünewaldt 
(und v. Schröder) machte seine Untersuchungen an einer, wahr¬ 
scheinlich in Folge von Ulcus veutriculi zu stände gekommenen 
Magenfistel bei einer estbnischen Bauersfrau. Legten das hervor- 
gehobene ätiologische Momeut in Rücksicht auf seine allgemeiner 
aceeptirten Beziehungen zu den Secretionsvorgängen im Magen, die 
wiederholt constatirte „Anwesenheit von Sarcinebündeln in dem Boden¬ 
satz der aufgefangenen Flüssigkeit“, sowie „die oft in so reichlichem 
Maasse im Magen a.ngetroffene Flüssigkeit“, welche „nicht zum 
grössten Theil aus Getränk bestand“, nicht den Verdacht nahe, 
dass der Magen dieser Esthländerin durchaus anormal war, so 
würde ich auch aus den v. Grünewaldt’schen Beobachtungen 
Beläge für die Spontanthätigkcit des speisefreien Magens in die 
Wagschale werfen können, v. Grünewaldt kommt nämlich, ähn¬ 
lich wie Richet, zu dem für die hier noch immer erörterte Frage 
der qualitativen Reaction des speisefreien Magens zu dem Schluss, 
„dass der Magensaft 1 ) des Menschen .... von saurer Reaction ist: 
wenn aber der Magen nicht thätig ist, tritt die Secrotion des 
Magensaftes sehr zurück, und zwar so sehr, dass die hinab- 
geschluckten Speichelmengen das Magensccret neutralisiren“. Also 
nicht, dass der nüchterne Magen unthätig ist, keinen sa-uron Saft 
abscheidet, sondern — was ich bezüglich der Ausnahmen zuvor in 
Erwägung stellte — „jene nicht saure Reaction beruht ganz allein 
auf der Beimischung des Speichels“. 

Dem Uffei mann’schen Knaben 2 ) ist wiederum eine besondere 
Position in der Reihe der „Magenfisteln bei Menschen“ zuzuweisen. 
Denn einerseits steht er dicht neben dem Rieb et’schen, mit dem 
er die Impenneabilität des Oesophagus gemein hat, andererseits 
entfernt er sich von allen übrigen durch das fortdauernd begleitende 
Fieber, welches eben die Secretionsvorgängo im Magen an sich 
störte. Uffelmann spricht demgemäss auch nur von seinen Be¬ 
obachtungen als solchen „an einem gastrotomirten fiebernden 
Knaben“. 

Ich lege keinen Werth darauf, dass in allen diesen Fällen kein 
zwingender Beweis gegen die continuirliche Thätigkeit des nor¬ 
malen, speisefreien Magens zu finden ist, dass vielmehr mancher¬ 
lei für dieselbe angeführt werden konnte; aber einen grösseren 
Werth messe ich der kurzen Ckarakterisirung der einzelnen Fistel¬ 
individuen bei, insofern sie die w’ahre Bedeutung des immer 
wiederkehrenden Citates „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“ 
einigemaassen deutlich hervortreten lässt. Vielleicht wird man 
jetzt nicht mehr den empfindlichen Magenprolaps, auf dem der 
junge Kanadier über Nacht ruhte, einfach ignoriren und auch nicht 
die sonstigen Zeichen von Krankheit und Anomalieen in diesem 
wie in den übrigen Fällen; wird man, wenn es darauf ankommt, 
vielleicht auch strenger scheiden zwischen den, für die Seeretion 
im Magen durchaus unterschiedlichen Magenfisteln mit freier 


für 


’) Untersuchungen über den Magensaft, des Menschen. Archiv 
physiologische Heilkunde Jahrg. XIII, 1854. 

8 ) Beobachtungen und Untersuchungen an einem gastrotomirten fie¬ 
bernden Knaben, Deutsches Archiv für klinische Modicin Bd. XX 1877. 


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Original fram 

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444 

Durchgängigkeit der Speiseröhre (13eaumont, Kretschy, v. Grün- 
waldt) und ohne diese (Richet, Uffolmann). 

Wir wenden uns jetzt der Ursache der im Nüchternen zu ge¬ 
winnenden Saftmengen zu. Ewald sagt’s und Riegel citirt: „Ich 
kann den Versuchen Schreibor’s eine genügende Beweiskraft 
nicht zuerkennen und zugeben, dass die Magendrüsen . . . ohne 
speeifischen Reiz, wie etwa eine Dampfmaschine mit todtem Dang, 
absomlern. Vielmehr halte ich nach wie vor dafür, dass der Reiz 
der Schlaucheiiiführuug schon allein durch einen reflectorischen 
Act vom Munde aus bei den meisten Personen, wenn sie nicht 
durch längeres Einüben vollkommen gleichgültig dagegen geworden 
sind, genügt, eine mehr minder starke Seeretion von Magensaft 
hervorzurufen und dies um so leichter stattfindet, je länger die 
Personen von der gewohnten Zeit ihrer Mahlzeit ab nüchtern ge¬ 
blieben sind, gerade so, wie die Speicheldrüsen bei einem Hunde, 
dem man ein Stück Fleisch vorhält, desto stärker secerniren, je 
länger das Thier vorher gefastet hat.“ 

Die Sonde soll also reflectorisch oder wie von andern, so 
von Riegel nach Pick behauptet wird, durch den mechanischen 
Reiz im Magen die von mir zuerst nachgewiesene Saftsecretion 
anrogen. Merkwürdig freilich, dass vor mir die Sonde derlei 
Wirkungen niemals oder nur ausnahmsweise zu entfalten vermocht 
zu haben scheint. Und wenn sie wirklich diese Fähigkeit besitzt, 
warum macht man von ihr bei Secretionsschwäche im Magen nicht 
Gebrauch? Oder ist es Ewald schon geglückt, durch Einschieben 
des Magen schlau chs bis zur Cardia auf Secretionsschwäche be¬ 
ruhende Dyspepsieen zu verbessern, überhaupt in dieser Weise eine 
Vermehrung der Saftsecretion im Magen wissenschaftlich darzu- 
thun? Wenn je die Procedur der Sondirung etwas constant. zur 
Folge hat, so ist es m. W. nicht Esslust noch sonst ein magenan¬ 
regendes Gefühl, sondern Uebelkeit und reflectorisches Erbrechen, 
namentlich bei nicht an die Sondeneinführung Gewöhnten. Und 
höchstens dies könnte man also fragen, welchen Einfluss hat die 
Uebelkeit, die Brechneigung, das beginnende Erbrechen auf die 
Saftsecretion im Magen. Darauf antwortet C. Ludwig 1 ): „wenn 
man den Cardialtheil des Magens durch elektrische Schläge dahin 
bringt, dass er Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich 
eine bis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf.“ 
Von einer reflectorischen Anregung der Seeretion durch die 
Sondirung kann somit in solchen Momenten keine Rede sein; um 
so plausibler, als um bei Ewald’s Vergleich zu bleiben, dem 
hungernden Menschen die Einführung einer Schlundsonde kaum 
so „appetitlich“ erscheinen mag, als dem fastenden Hunde das vor¬ 
gehaltene Stück Fleisch. Aber vielleicht lässt sich etwas ähnliches 
„um so leichter nachweisen, je länger die Personen von der ge¬ 
wohnten Zeit ihrer Mahlzeit ab nüchtern geblieben sind?“ Mit 
nichten. Aus meinen, von Ewald offenbar übersehenen Versuchen 
über die Saftsecretion des Magens im Fasten an 11 Personen, 
die mir zur Gefälligkeit 16 bis 24 Stunden ohne Nahrung und 
unter meiner Aufsicht verblieben waren, ergab sich vielmehr, dass 
„mit der Dauer der Hungerperiode der Säuregehalt bis zur Un¬ 
möglichkeit seines Nachweises durch die üblichen Reagentien häufig 
abnimmt.“ 

Es bleibt also nur noch die direkte Sondenberührung der 
Magenschleimhaut als Secretionsreiz. Das für und wider dieser 
Behauptung habe ich in jeder meiner früheren Mittheilungen, wie 
ich glaube, ausreichend berücksichtigt. Ich habe besonders zu 
erweisen gesucht, dass die in Rede stehende Seeretion von der 
Sondenberührung nicht abhängig sein kann; wenn Riegel das 
Gegentheil behauptet, so ist es jetzt an ihm, diese gegentheilige 
Behauptung zu beweisen. 

Die Berufung auf Versuchsresultate, deren Unhaltbarkeit ich 
klargelegt, genügt nicht, muss sogar überraschen, wenn nicht ein¬ 
mal der Versuch gemacht wird, meine gegen sie gerichteten Ein¬ 
wände zu widerlegen. Ich wiederhole daher, die Pick’schen Ver¬ 
suche beweisen in ihren Folgen nicht den Einfluss der Gewöhnung 
an das Sondiren, sondern sie lehren, die Schädlichkeit langdau¬ 
ernder Sondenreize auf die nüchterne Magenschleimhaut u. s. w r . 
Hierfür sprechen nicht nur die von mir angezogenen Erfahrungen 
Jaworski’s, dass das Experimentiren am Magen nicht selten zur 
Verminderung, selbst zur Vernichtung der Salzsäureproduction 
führe, sondern andere mehr, z. B. die Beaumont’s an seinem 
berühmten Kanadier St. Martin: denn so lange Beau mont nicht 
täglich, sondern in grossen Zeitabschnitten von Tagen bis Wochen 
bis Monaten durch Sondenreizung den nüchternen Magen zur 
Saftabscheidung auzuregen versuchte, verhielt der Magen St. 
Martin’s sich normal; als Beaumont jedoch begann, diese 
Reizungen (ähnlich wie Pick) täglich 15 Minuten fortzusetzen, 
versagte die Salzsäuresecretion, und Herr St. Martin wurde krank. 

l ) Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Bd. II, 2. Aufl. Leinzia 
und Heidelberg 1861. * B 


No. 20 


Es ist daher vermuthlich nicht Zufall gewesen, dass Beaumont 
nach dieser Erfahrung mit langdauernden Sondirungen am 
nüchternen Magen die entsprechenden Versuche abbrach! 
Und auf diese Erfahrung bezieht sich vermuthlich C. Ludwig’s 
Bemerkung und Citat der Be au mont’sehen Versuche, „wenn man 
dagegen statt der sanften mechanischen Erregung (sc. der Magen¬ 
schleimhaut) eine heftigere eintreten lässt (Beaumont) oder noch 
mehr, wenn man .... Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich 
oine bis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf . . . .“ 
Dass im Ucbrigen die Sondenberührung an sich die Magensecretion 
trotzdem anzuregen vermöge, habe ich niemals angezweifelt, nur 
dass sie dies in der Art und Dauer eines vorsichtigen Ex¬ 
pressionsversuches bis zu dem Grade zu Wege bringen könne, 
dass messbare Quantitäten in und selbst durch die Sonde sofort 
sich orgiessen, das habe ich bestritten und bestreite ich, bis von 
denen der Gegenbeweis erbracht ist, welche dies behaupten. 

Einstweilen nehme ich mit Riegel’s früherer Aeusserung an. 
der Erguss von Saftmengen in den von mir u. a. beobachteten 
Quantitäten geschieht infolge Sondenreizes „nicht sofort bei vor¬ 
sichtiger Einführung einer weichen elastischen Sonde,“ was an der 
betreffenden Stelle so viel heissen soll, als dass die vorsichtige 
Einführung einer elastischen Sonde an sich nicht imstande sei, 
sofort die Saftsecretion und zumal bis zu messbaren Quantitäten 
anzuregen. In diesem Sinne acceptire ich auch eventuell seine 
letzte Aeusserung, es wolle ihm scheinen, „dass, wenn dabei 
1_4_10 Tropfen und ausnahmsweise selbst mehr Tropfen einer 
sauren Flüssigkeit sich im Sondenende finden, die Sonde einen 
Reiz ausgeübt hat“ — nur muss ich feststellen, dass Riegel da¬ 
mit nicht, wie er den Anschein erweckt, meine Ergebnisse im Auge 
gehabt haben kann. Und um noch diese relativen Zeitbestimmun¬ 
gen, wie „sofort“, „bald“, „augenblicklich“, für die Zukunft fest¬ 
zulegen, welche allein Riegel u. a. den Schein der Berechtigung 
geben, sich auf manche Angaben in den physiologischen Lehr¬ 
büchern zu stützen, bemerke ich, dass ich von Bruchtheilen einer 
Minute, von 5 bis 10 bis 80 Secunden spreche als Dauer der frag¬ 
lichen Sondenberührung im Expressionsversuch. 

Spricht somit keine Thatsache bisher dafür, dass die Magen¬ 
schleimhaut in wenigen, 5—30 Secunden durch Sondenberükrung 
zu relativ grösseren Secretionsmengen veranlasst werden könne, 
spricht vielmehr die klinische wie die physiologische Erfahrung 
dafür, dass einerseits die intensivere Sondenberührung die Saft¬ 
secretion vernichtet, die vorsichtigere durch den consecutiven 
Brechreiz die Saftsecretion momentan sogar aufhebt, so können 
die von mir dem nüchternen Magen entnommenen Saftmengen nicht 
von der Sondenberührung herrühren, sondern sie müssen bereits 
vorher im Magen anwesend, sie müssen dort vorräthig gewesen 
sein. Um jedoch den Einwurf des Ungewohnten an die vorsichtige, 
kurzdauernde Sondirung auf seinen wahren Werth noch einmal 
(vergl. meine ersten Versuche im nüchternen L. und im Fasten 
AC.) zu prüfen, veranlasste ich einen, in jeder Beziehung gesunden, 
nach den üblichen Proben auch magengesunden, kräftigen Medi- 
ciner zu täglichen Schlaucheinführungen bis zur „Gewöhnung • 
In täglichen bis mehrtägigen Zwischenräumen nahm ich dann im 
nüchternen Expressionsversuche vor; folgendes ist das (mit Aus¬ 
schluss der Vorübungen wie der nach den üblichen Probemahlzeiten) 
gewonnene Resultat: sondirt wurde am 26., 27., 29. September, am 
5., 6., 7., 8 ., 9. Octobor, am 15., 17., 18. October, sowie am 
16. November d. h. im ganzen 13 mal; 11 mal ist die Menge 
notirt worden: 13 ccm, 14, 12, 2, 4, 13, „wenig Gehalt“, 7,^, 
2,5 und 8 ccm. Acidität normal; im enteiweissten Magensaft — 
nach wiederholter Prüfung — Biuretreaction (Pepton). 

Wenn ich somit der einen Hysterica Ewald’s, dom einen, 
unter anormalen Versuchsbedingungen Untersuchten Edingei s 
diesen einen gesunden jungen Mann 1 ) vollwerthig gegenüberstellen 
darf, so lautet das Resultat: auch unter der Voraussetzug 
der Gewöhnung an die Sondeneinführung liefert de 1 
nüchterne Magen messbare Mengen von salzsaurem ba . 

Was nun diese, die Menge betrifft, welche normalerweise uu 
speisefreien, nüchternen Magen gefunden wird, so hat an ihr® 
Feststellung die Physiologie ein geringeres Interesse als die Klm Ki 
diese Frage soll daher später noch erörtert werden, zuvor lie £' 
mir ob, die Ursache der Saftsecretion auch nach ihrer positive 
Seite zu erledigen. # * 

In meinen ersten Mittheilungen über den vorliegenden Lege 

*) Herrn P. E. danke ich für die freundliche Gefiüligkeit, mit doi ci 
die Sondirung an sich gestattete, sowie für seine sonstige Unterstütz s? 
bei den vorliegenden Untersuchungen. In meiner Absicht lag es, jui ei 
grösseren Anzahl absolut Gesunder Sondirungen und dann Exprossio ^ 
versuche auszuführen; zu meinem Bedauern konnte ich nur zwei p® , 
dazu bewegen; bei dem zweiten, C. Sch., war der nüchterne Magenin n 
stets mit frischer Galle gemengt. Trotzdem war die Flüssigkeit • 
deutlich, selbst stark salzsauer (Congopapier). 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T. 


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17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


445 


stand der Discussion habe ich bereits durchblicken lassen, dass ich 
als Quelle der Secretionsthätigkeit im speisefreien Magen den Speichel, 
sowie alle mit ihm verschluckten Mund rachensecrete (nebst Frcmd- 
bestandtheilen, Micrococcen etc.) ansche. Und dass dem so ist. 
scheint mir zweifellos. Zu den dort bereits angeführten Belegen 
für einen ersichtlichen Zusammenhang von Speichel und Saftseore- 
tion im Magen von L. Hermann, Grünhagen, Rollet, Sticker 
sei noch die Angabe Leube’s hinzugefügt: die Secretion von 
Magensaft überdauert den sie verursachenden Reiz „so also z. B. 
nachdem der verschluckte alkalische Speichel neutralisirt ist“ und 

weiter: „Begünstigend auf die Saftproduction wirken. 

alkalische Flüssigkeiten, der Speichel.“ Und W. Kühne*): 

„Schwach alkalische Flüssigkeiten, wie der Speichel des Hundes 
oder gemischter Speichel vom Menschen, werden fast momentan 
neutralisirt, und erregen eine noch lange anhaltende Secretion. 
Das ist der Grund, warum die Schleimhaut des nüchternen Magens 
sich bisweilen ohne gleich nachweisbare Veranlassung mit Tröpfchen 
bedeckt, denn Schluckbewegungen, bei welchen nur kleine Mengen 
Speichel in den Magen gelangen, erweisen sich bald als die Ursache.“ 

Halten wir dieser schlichten Thatsaehe die andere gegenüber, 
dass nach Beaumont zur Gewinnung von 30 bis 60 ccm Magen¬ 
saft von der leeren Schleimhautflache eine Irritirung derselben mit 
der Sonde von 10 bis 15 Minuten (!) Dauer erforderlich ist, so¬ 
wie die bereits erwähnte (C. Ludwig), dass Brechneigung, wie sie 
der Regel nach die Sondeneinführung begleitet, die Saftsocretion 
augenblicklich hemmt, so bleibt — wie ich sehe — nichts übrig, 
als die im Nüchternen nach einer seeundenwährenden Sondirung 
nachweisbaren Saftmengen auf nichts anderes, als auf Erregungen 
durch den verschluckten Speichel zurückzuführen. Mindestens durch 
den verschluckten Speichel, da die mit ihm gleichzeitig in den 
Magen gelangenden sonstigen Secrete, Epithelien und Fremdbestand- 
theile, Staub, Micrococcen die Speichelerregungen gewiss noch un¬ 
terstützen. Wir können die Verhältnisse im speisefreien nüchter¬ 
nen Magen jetzt vielleicht dahin formuliren: der nüchterne, speise¬ 
freie Magen ist normalerweise selten oder niemals aller Erregungs¬ 
mittel so baar, dass seine Schleimhaut zu länger dauernder, völliger 
Unthätigkeit gelange; oder noch anders: der Magen Gesunder ist 
im „Nüchternen“ oder „Fasten“ zwar speisefrei, aber nicht wirklich 
leer und darum nicht im Secretionsstillstand. (Schluss folgt.) 

VII. Kurze Bemerkung zu dem Artikel 
des Herrn Professor Dr. Klebs in No. 18 
dieser Wochenschrift. 

Von Privatdocent Dr. Vnlpins in Heidelberg. 

. Herr Professor Klebs hat meine Arbeit Ober das Antidiphtherin 
einer sehr umfangreichen und ausführlichen Erörterung gewürdigt. Er 
wiederholt in derselben einen grossen Theil der von mir veröffentlichten 
Krankengeschichten mit der einzigen Variante, dass er dieselben mit grossem 
Optimismus zu seinen Gunsten zurechtzudrehen sich bemüht. 

Auffallen muss es, dass er unterlässt, den Werth seines Anti¬ 
diphtherin durch eine neue und bedeutende Serie geheilter 
Diphtherie fälle zu beweisen. Dies wäre doch der einfachste und 
säuberlichste Weg, um alle Zweifel und Zweifler zu vertreiben. 

Meiner Arbeit kurzer Sinn war der, dass unsere Heilungsresultato 
«nter Ant idiphtherinbehandlung ganz die gleichen blieben wie sie 
battler aus dem langjährigen Material der hiesigen Klinik festgestellt hat 
(Beiträge zur klinischen Chirurgie 1892, Bd. 8, Heft 1). Warum Klebs 
statt dieser Statistik eine auswärtige, insbesondere diejenige der Züricher 
Klinik, filr beweisender und zum Vergleich geeigneter hält, ist und bleibt 

unverständlich. 

.. übrigen beschränke ich mich darauf, diejenigen, welche sich ernst¬ 
lich für die moderne Diphtheriebehandlung und speciell für die Antidiph- 
t nenn frage interessiren, auf dio in dieser Nummer (p. 449) kurz roferirte 
Arbeit von Zapport hinzuweisen, welche mir von der Redaction kürzlich 
zur Besprechung übersandt wurde. 

VlLL lieber Lepra anaesthetica. 

Zur Bichtigstellung der in der Sitzung vom 14. Juni 1892 des 
Aerztliohen Vereins zu Hamburg stattgefundenen Wiedergabe 
meiner Arbeit. 

Von Dr. Wold. Gerlach, 

Prosector am Gouvernementslandschaftshospitale in Poltava. 
find *- n ,k T °: ^2 der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1893, p. 533, 
rinnU-i P 1 * 10 . Wiedergabe des Inhaltes meiner Dissertation: Ueber dio 
ziiimi ” • * ^ er Bildung anästhetischer Hautflecke von der Erkrankung 
pinv ^ erven bei der Lepra anaesthetica, mit welcher ich mich nicht 

wirft 'a p^läi’ßu kann, weil sie ein falsches Licht auf meine Arbeit 
llnf 1 H1 “ cra s -| 0 erstens Ungenauigkeiten in Bezug auf den Umfang des 
Wt ölK , , n Materiales enthält und zweitens mir Ausdrücke in den Mund 
in di"»« 6 ' p 1C1 Form des Referates nie gebraucht habe und welche 
__°^ m auf mich das Licht grosser Leichtfertigkeit werfen könnep. 

) Lehrbuch der physiologischen Chemie/ Leipzig 1868. 


Zunächst findet sich daselbst die Behauptung. „Gerlach hat durch 
ötucliura von Sclmittserien durch einen anästhetischen Haut fleck gemeint 
den Nachweis führen zu können“ etc. Sie entspricht nicht dem wahren 
bach verhalte, denn os ist untersucht worden nicht „ein“, sondern „mehrere“ 
Haut flecke, und zwar: zwei aus der Rückenhaut und ein erkranktes Haut¬ 
stück vom vierten rechten Finger, fünf Dorsalnervon, der N. ulnaris mit seinen 
Zweigen zum M. abductor digiti miuimi, zum vierten und fünften Finder 
und zu den Mm. interossei der rechten Hand, und aus den Ergebnissen 
dieser Untersuchungen, welche durchaus übereinstimmend waren” zog ich 
erst meine Schlüsse. Dieses ist aber sehr wichtig, weil auf solclio Weise 
ein Material herbeigeschafft worden ist, welches man nicht auf Zufällig¬ 
keiten zurückführen kann. e 

Ferner wird, und zwar mit Anführungszeichen, behauptet, ich hätte 
gesagt: „die kleinzellige Wucherung bei der Lepra anaesthetica unter¬ 
scheide sich in nichts von der bei der tuberösen Form auftretenden Neu¬ 
bildung“. Das habe ich nicht gesagt, denn ich habe nur dio Anl'angs- 
stadien boider Aussatzformen verglichen, dann aber die Meinung geäussert. 
dass die Differenz zwischen beiden darin zu suchen sei, dass bei der Lepra 
anaesthetica die Granulationen in „Narbengewebe“ üborgelien, bei der Lepra 
tuberosa dagegen in Wucherung. 

Wie wonig „kunstvoll“ übrigens mein Aufbau ist, wird man am besten 
beurtheilen können, wenn man die von mir gefundenen Befunde mit meinen 
Schlussfolgerungen vergleicht. 

I. a) In den jüngeren Stadien der Hautflockenbildung hei der Lepra 
anaesthetica findet man leprüso Wucherungen als constanten Befund nur 
an den peripheren Enden des zugehörigen Nervonzweiges. Seine centralere» 
Partieen sind also in der Regel verschont, der Stamm selbst ist aber 
immer frei von leprösen Infiltrationen angetroffon worden. 

b) Liegt ausnahmsweise ein lepröser Heerd auch an den etwas gröberen 
Verzweigungen, so gelingt leicht der Nachweis, dass derselbe jünger ist 
als der peripherer gelegene. 

c) Bilder, bei denen die periphersten Aesto frei von lopröser Granu¬ 
lationsbildung waren, während der Stamm von ihr ergriffen war, sind 
überhaupt nicht angetroffon worden. 

d) Wonn ein diffus, sei os leprös, sei es nicht leprös degenorirtor 
Nerv sich in seine Endiisto auflöst, so sieht man, dass die letzteren nicht 
genau ebenso wie der Mutterstamm, sondern zum Theil besser, zum Theil 
bedeutend schlechter erhalten sind als dieser, und man kann, wofern nur 
die Schnitte häufig genug aufoinanderfolgen, dio Mischung solcher in ver¬ 
schiedenen Stadien der Degeneration befindlichen Aeste zu einem gleich- 
mässig entarteten Stamme direkt verfolgen. 

Aus diesen Thatsachen schloss ich nun, dass zu einem 
anästhetischen Hautflecken ziehendo Nerven bei der Lepra 
anaesthetica zuert peripher erkranken. 

II. a) So lange die Nerven — es gilt das Gesagte immer nur für 
jüngere Erkrankungsstadien — noch im Unterhautgewebe verlaufen, sind 
sie frei von leprösen Erkrankungen. Desgleichen in der oberflächlichen 
Fascie, obschon die letzteren ausnahmsweise schon hier auftroten können. 
In solchen Fällen ist die Affection aber unbedeutend und viel jünger als 
die Erkrankung desselben Nervenastos im Gebiete der Lederhaut selbst. 

b) Wenn die Nerven jedoch bis zum Corium emporgestiegen sind 
und letzteres infiltrirt ist, so werden dieselben mit grosser Sicherheit von 
der leprösen Wucherung ergriffen: besonders stark da, wo sie mit einer 
erkrankten Schweissdrüse in Berührung kommen. 

c) Nerven, welche aus gesundem oder doch annähernd unafficirtem 
Gewebe kommen und sich in verschiedene Aesto theilon, zeigon nur an 
denjenigen Zweigen eine Degeneration, welche sich zur inficirton, d. h. 
leprös erkrankten Haut begoben, und zwar am stärksten in derselben 
selbst. 

DieseBefundo verworthete ich, um den Satz aufzustellen, 
dass die Nerven zuerst in der Haut erkranken. 

III. a) Die bei der Lepra anaesthetica erkrankende Haut zeigt, analogen 
Bau und Beginn, wie die letzteren als Anfangsstadien der tuberösen Lepra 
bereits beschrieben sind. 

b) Die kleinzellige Infiltration der Lederhaut tritt zu oiner Zeit auf, 
wo die allerfeinsten Nerven noch wohlerhalten sind. 

Daraufhin erklärte ich die Hauterkrankung bei der Lepra 
nervorum für ebenso selbstständig wio bei der Lepra tuberosa. 
Bacillen habe ich allerdings nirgend nachweiscn können, was bei mir in 
Virchow’s Archiv 1891, Bd. 125, ausdrücklich hervorgehoben ist, und dio 
daselbst erwähnten Körner in den Schweissdrüsen halte ich heute auch 
nicht mehr für Involutionsformen der Leprabacillen, trotz der specifischen 
Färbung: ich fand sie auch bei nicht Leprösen und sammle eben weiteres 
Material, um sie irgendwie zu deuten. Nichtsdestoweniger halte ich es 
für unlogisch, die ganze Krankheit trotz des Fehlens von Leprabacillen 
für Lepra zu erklären und den einzig bei der bacillenlosen Krankheit ge¬ 
fundenen anatomischen Veränderungen die Specificitilt abzusprechen, weil 
daselbst Bacillen fehlen. Ich glaube den Grund dafür darin zu findon, 
dass die Lepra anaesthetica einen localen Aushoilungsprocess darstellt, 
habe dieses auch indirekt in meiner Dissertation, direkt im Virchow’schcn 
Archiv ausgesprochen, woraus ersichtlich ist, in welcher Art meine Identi- 
ficirung der kleinzelligen Infiltration mit lepröser Granulationswucherung 
aufgefasst werden muss. 

Endlich habe ich am Ulnamerven nachweiscn können, dass unterhalb 
seiner stärksten Veränderungen ein unvergleichlich stärkerer Schwund der 
Nervenfasern aufgetreten war, als oberhalb derselben, und deute diese 
Erscheinung als Waller’sche Degeneration. Diese Thatsaehe wird 
im Referate einfach ignorirt., die Ergebnisse der Nonne’schen Unter¬ 
suchungen bei der Lepra tuberosa werden auf die Verhältnisse bei der 
Lepra anaesthetica übertragen und dann die Behauptung aufgestellt, „dass 
also eine eigentlich typisch aufsteigondo und absteigende Degeneration 
fehlt“. Und dieses auf den Vordersatz hin: „Es hat sich durch (i 


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446 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


Untersuchungen von Nonne wiederum gezeigt: Erstens, dass schwere, 
ja allerschwersto pathologische Vorgänge im Laufe der grossen Nerven- 
’stämme hei Lepra existiren können, ohne die zu erwartenden Störungen 
im Ausbreitungsbezirke dieser Nerven. Zweitens, dass dio peripheren 
kleinen Nervenstämmc anatomisch normal erscheinen können bei aus¬ 
gedehnten Veränderungen in den grossen Stämmen“. Meines Ermessens 
gestattet dieser Vordersatz, selbst wenn man seine Berechtigung anerkennen 
wollte, bloss zum Nachsatze, dass eine absteigende Degeneration fehlen 
kann, und nicht fehlt. Von einer ansteigenden Degeneration kann hier¬ 
bei überhaupt nicht die Rede sein. Dass aber eine absteigende Degene¬ 
ration fehlen kann, ist leicht begreiflich, denn wenn oben in einem Nerven 
bloss die Markscheiden geschwunden sind, dio Achsencylindor aber noch 
nicht, so seho ich nicht ein, warum unten eine mikroskopisch nachweis¬ 
bare Degeneration auftreten sollte. Wie schwer es aber ist, die Achsen- 
cy linder in einem Tumor aufzufinden, beweist unter anderem noch eine 
Dissertation von Gcrnet’s: Das plexiforme Fibrom der Nerven und der 
Haut. Dorpat 1892. Zum Schluss mag noch erwähnt werden, dass ich 
sowohl am Ulnarnerven als auch an den Dorsalnerven Bilder beobachtet, 
welche bloss als Metastasen, und solche, welche nur als das continuirliche 
Fortkrioehen der Granulationszellen im Pori- oder Endoneurium aufgefasst 
werden konnten. 

Alles das fasste ich zusammen zu folgendem Satze: Es 
giebt bei der Lepra (anacsthetica) drei Arten von Nerven¬ 
erkrankung: 1) eino aufsteigende, 2) eine absteigende Neu¬ 
ritis simplex degenerativa und 3) eino sowohl continuirlich 
als auch metastatisch sich ausbreitende spccifiscli lepröse 
Nervonaffection. Hieraus ergeben sich abor zwei Formen von 
Sensibilitätsstörungen: eine an Ort und Stelle entstandene, 
durch die Hauterkrankung bedingto und zweitens eine von 
jenen unabhängige am entfernten Orte durch absteigende De¬ 
generation hervorgerufene. Dass sie auf jeden Fall vorhanden sein 
müssen, habe ich nirgend behauptet und verwahre mich ausdrücklich vor 
einer solchen Auslegung meiner Worte. In meiner Dissertation habe ich 
direkt darauf hingedeutot, dass letztere Form nicht direkt nachgewiesen 
ist. Im Virchow’schcn Archiv 125, aus welchem ich soeben meine 
Schlussfolgerungen citirt habe, habe ich diesen Satz weggelassen, weil 
jeder, der mit der Lepra klinisch vertraut ist, weiss, dass die Nerven- 
aftection der grossen Stämme erst dann auftritt, wenn man gesunde Haut 
von der kranken im Gebiete jener nicht mehr unterscheiden kann. Das 
Wort „anacsthetica“ ist im Virchow'schen Archiv aus Versehen weg¬ 
gelassen worden: es ist mir nie eingefallen, meine Befunde an der Lepra 
maculosa auch auf die Lepra tuberosa auszudehnen. 

Es sei mir zum Schluss noch gestattet, in Bezug auf die Behauptung, 
mein Aufbau stimme nicht mit dem klinischen Verlaufe überein, folgende 
klinische Beobachtungen mitzutheilen, welche ich als verwaltender Arzt 
des Lcprosorium Muhli bei Dorpat zu machen Gelegenheit hatte, welche 
bereits in meiner Dissertation aufgenommen sind, d. h. zum Theil, und 
welche klar beweisen, dass mein Aufbau direkt auf dem klinischen Ver¬ 
laufe hisst. So hielt zum Beispiel fast kein einziger Fleck die Grenzen 
irgend eines Nerven ein, dagegen gingen sio häufig von einer Körperhälfte 
continuirlich auf die andere über, und zwar wuchsen sio peripher um sich 
greifend. Manche Flecke entstanden dadurch, dass eine weisso Stello, 
welche alle Zeichen der Hautatrophie bot, von einem Kranze flacher 
Knoten umgeben war, welche central ausheilten, peripher dagegen auf¬ 
schossen. Schliesslich schwanden die Knoten gänzlich, und es blieb ein 
typischer Flecken mit der charakteristischen Sensibilitätslähmung nach. 1 ) 
Die Anamnese ergab nie die Thatsache, dass Muskelatrophieen vor oder 
gleichzeitig mit der Hautatfection aufgetreten wären: letztere waren immer 
den ersteren vorangegangen. Die Bildung anästhetischer Hautflecko aus 
Erythem fl ecken bildet eine Ausnahme, und man kann, wenn ein solches 
Erythem aufgetreten ist, nie Vorhersagen, was aus ihm wird, denn cs 
giebt drei Ausgänge: 1) völliges Schwinden, 2) Fleckenbildung und 3) Auf¬ 
schlüssen von Knötchen. Die Hauptflecken bevorzugten mit grosser Vor¬ 
liebe die Stellen, wo die Haut dem Drucke ausgesetzt war. so dass man 
an mehreren Patienten Hautverfärbungen beobachten konnte, welche längs 
den beiden Spinae scapulae und am vertebralen Rande des Schulterblattes 
sich entwickelt hatten etc. 


IX. Referate und Kritiken. 

w - v - -keube, Specielle Diagnose der inneren Krankheiten. 

ü. Band: Nervensystem, Rückenmark, Hirn, Stoffwechsel In- 
fectionskrankheiten. Erste bis dritte Auflage. Leipzig 1898 
P. G. W. Vogel. Ref. Fürbringer (Berlin). 
r n Wir begrüssen in dem vorliegenden, 515 Seiten füllenden und 
ol Abbildungen im Texte einschliessenden Bande das Werk eines 
gereiften Klinikers, der dio Marterie selbstständig geformt hat und 
dem die Gepflogenheit mehr oder weniger junger Autoren, die ein¬ 
schlägigen Lehrwerke für das eigene Elaborat zu consultiron, fast 
fremd geworden Ein „nach Vorlesungen bearbeitetes“ Handbuch 
tur Aerzte und Studirende nennt es der Autor selbst. Das ist 
cum grano salis aufzufassen; denn der Leser ist sich bald bewusst, 
(lass dem Gebotenen eben nicht die Nachtheile der „Vorlesungen“ 
innewohnen, vielmehr ein wohl gegliedertes und abgerundetes, sorg- 
TnhoiK? n ° lg a nS w d - 6 n Druck ^gearbeitetes Ganzes vorliegt. 

[t Z° n r? sub l st . an V e11 I st eine fern6re integrirende Eigenschaft. 
Was dem Autor bei der Abfassung der Diagnose der Nerven 
krank hei teil (294 Seiten) als Ziel vorschweMe war nadisliner 

*) Lucs ausgeschlossen. 


eigenen Ankündigung, dem Leser in präciser, systematischer Form 
die klinischen Bilder vorzuführen und zugleich eine Uebersicht 
über den modernen Standpunkt der Anatomie und Physiologie des 
Nervensystems zu geben. Das ist durchaus geglückt. Wir ver¬ 
weisen besonders auf dio Artikel Tabes (man beachte hier zumal 
die Erörterung der Initialsymptome und Coordinationsstörungen 
überhaupt), dio Krankheiten des Vorderhirns mit den anatomisch- 
physiologischen Vorbemerkungen und klinisch-diagnostischen Ge¬ 
sichtspunkten; sie können ohne weiteros als mustergiltig bezeichnet 
werden. Wohlthuend berührt gegenüber so manchen selbstbe¬ 
wussten Anschauungen über das Maass unseres diagnostischen 
Könnens die offen und objectiv formulirte Wahrheit rücksichtlich 
der engen Grenzen, die wir in dor That bei der Differenzirung uns 
stecken müssen, so z. B. dio Verneinung der Möglichkeit, eine 
Hirnembolie und -Erweichung von einer Gehirnblutung sicher zu 
unterscheiden. Zu rügen hingegen ist die stiefmütterliche Behand¬ 
lung der Abschnitte Neurasthenie, traumatische Neurose und Myx¬ 
ödem. Rücksichtlich der beiden ersten so actuellen Begriffe, die 
zusammen auf drei Seiten erledigt werden, darf selbst der Studi¬ 
rende eine umfassendere Belehrung beanspruchen. 

Dio Diagnose der Constitutions- und Infectionskrank- 
heiten ist auf 193 Seiten untergebracht und berücksichtigt sowohl 
die Grundlehren der Stoffwechselphysiologie als die notwendigen 
bacteriologischen und chemischen Voraussetzungen. Warum Verfasser 
sich auch über die ätiologischen Momente (so namentlich des Typhus 
und der Cholera) eingehend in seiner „Diagnose“ verbreitet, ist uns 
nicht recht deutlich geworden. Auch in diesem Thoile verleugnen sich 
nicht die für den ersten angeführten Vorzüge. In ausgezeichneter 
Weise ist die Differenzirung des Darmtyphus gegen die acute Miliar¬ 
tuberkulose sowie die kryptogenetischen, septischen und pyämi¬ 
schen Processe erörtert; sie räumt zugleich mit früheren und noch 
heutigen Irrthfimern (Milztumor, Diazoreaction, Durchfälle etc.) 
auf. In trefflicher Darstellung sind auch die acuten Exantheme 
erschlossen. Selbstverständlich vermögen wir nicht allem unbedingt 
beizutreten, so nicht dor Angabe, dass die Himbeerzunge für 
Scharlach höchst charakteristisch, bei voller Entwickelung geradezu 
pathognostisch sei, auch nicht dor Behauptung, dass wir imstande 
seien, die Milzvergrösserung boim Typhus „fast immer, sicher in 
90 °/o der Fälle percussorisch und palpatorisch“ nachzuweisen. Für 
die Leukämie fehlen, zumal nach den neueren Aufschlüssen, nutz¬ 
bare Grenzzahlen für das Verhältniss der Leukocyten zu den rothen 
Blutkörperchen. 

Die Abbildungen, theils entlehnt, theils original bezw. vor¬ 
wiegend der „Künstlerhand“ Landerer’s entstammend, sind eine 
bedeutsame, das Verständnis« in sympathischster Art erleichternde 
Beigabe. Fast dasselbo kann man von dem ungewöhnlich voll¬ 
ständigen und rationell Ungeordneten Register behaupten. Die 
Ausstattung ist bereits mit der Bekanntgabe des Verlages ge¬ 
nügend gekennzeichnet. Alles in allem ist das Werk, aus welchem 
auch der hervorragendste Kliniker und der erfahrenste Praktiker 
Belehrung in Hülle und Fülle schöpfen kann, eine glänzende Be¬ 
reicherung unserer Litteratur. Es wird, auch unter der Voraus¬ 
setzung, dass der Arzt von heute immer noch mehr nach thera¬ 
peutischen Lehren als diagnostischen Grundsätzen streben sollte, 
seinen Weg finden. 


Hermann Schwartze, Handbuch der Ohrenheilkunde. Bear¬ 
beitet von Berthold (Königsberg), Bezold (München), Bürkner 
(Göttingen), Gad (Berlin), Gradenigo (Turin), Habermann 
(Graz), Ilertwig (Berlin), Hessler (Halle), Kessol (Jena), 
Kiesselbach (Erlangen), Kirchner (Wiirzburg), Kuhn (Strass¬ 
burg), Magnus (Königsberg), Meyer (Kopenhagen), Molden¬ 
hauer (Leipzig), Moos (Heidelberg), Mygind (Kopenhagen), 
Schwartze (Halle), Steinbrügge (Giessen), Trautmann 
(Berlin), Urbantschitsch (Wien), Wagenhäuser (Tübingen), 
Walb (Bonn), Zuekcrkandl (Wien). Zweiter Band. VIII upd 
915 Seiten Lex.-8°, mit 177 Abbildungen im Text. Leipzig, 
F. C. W. Vogel, 1898. 30 Mk. Ref. Hauptmann (Cassel). 

Die Wiedergabe dieses weitläufigen, für vorliegenden Zweck 
noch wesentlich verkürzten Titels, soll nur übersichtlich zeigen, 
welch hervorragende Mitarbeiter Hermann Schwartze für sein 
Handbuch der Ohrenheilkunde zu gewinnen wusste. Es ist daraus 
zugleich ersichtlich, dass neben 18 Deutschen und 3 Oesterreichern 
Dänemark mit 2 und Italien mit 1 Fachgenossen vertreten sind. — 
Nachdem in der vorjährigen No. 25 dieser Wochenschrift nach dem 
Erscheinen des ersten Bandes auf die hohe wissenschaftliche Be¬ 
deutung dieses umfangreichen Sammelwerkes näher eingegangen 
und sein Werth für den Forscher sowohl, als für den Praktiker 
begründet w r urde, erübrigt es, über den Inhalt des jetzt vorliegenden 
zweiten, das ganze Werk abschliessenden Bandes zu berichten. 
Während der erste den allgemeinen Theil der Ohrenheilkunde in 
einer bisher nie dagewesenen Vollständigkeit behandelte, umfasst 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


in gleicher Weise der zweite Band in zwölf Kapiteln das weite 
Gebiet des specieUen Theiles. Die Eintheilung weicht Ton der sonst 
m Lehrbüchern üblichen dadurch mehrfach ab, dass die einzelnen 
Stoffgebiete schärfer von einander abgegrenzt sind und damit ihre 
besondere ausführliche Bearbeitung gefunden haben. — Den Anfang 
des vorliegenden Bandes bilden die Krankheiten der Ohrmuschel 
und des äusseren Gehörganges, sowie diejenigen des Trommelfelles 
beide Abschnitte von Kirchner. Es schliessen sich daran an die 
Erkrankungen des Nasenrachenraumes von Tr aut mann der 
Paukenhöhle und der Tuba Eustachii von Walb und des Warzen- 
theiles von Bezold bearbeitet. Besonders umfangreich ist die dar¬ 
auf folgende Darstellung der Krankheiten des Labyrinths und des 
Nervus acusticus von Gradenigo. In drei besonderen Kapiteln 
werden behandelt die Fremdkörper im Ohr von Kiesselbach die 
Neubildungen des Ohres von Kuhn und die letalen Folgeerkrankun¬ 
gen bei Ohraffectionen von Hessler. Die Taubstummheit hat in 
Mygind, Prothese und Correctionsapparate haben in Berthold 
ihren Bearbeiter gefunden. Den Schluss dieses speciellen Theiles 
bildet die von Sch wart ze verfasste Operationslehre — ein Gebiet 
welches er bereits in seinen „chirurgischen Krankheitendes Ohres“ 
m klassischer Weise bearbeitet hat. Dem Ganzen ist noch ein 
13 Kapitel angefügt, in welchem W. Meyer die geschichtliche 
Entwickelung der Ohrenheilkunde schildert. Ein ausführliches Re¬ 
gister schliesst das Werk ab. — Von der Ausstattung dieses zweiten 
Bandes ist dasselbe zu sagen, wie beim ersten: neben ganz aus¬ 
gezeichneten Abbildungen, namentlich denen zu Trautmann’s Arbeit 
und denen der Corrosionspräparate Bezold’s, finden sich im dritten 
Kapitel eine Anzahl Trommelfellbilder, die in ihrer schematischen 
Art kaum noch etwas mit der Natur gemein haben. Die wenigst 
guten Abbildungen enthält der inhaltlich bedeutendste Abschnitt 
nämmlich die Operationslehre von Schwartze. — Der im ersten 
Band zu tadelnde hässliche Gurswdruck mitten im Text ist im 


fehrung als zweckmässig und empfehlenswerth erkannt sind. 

^ dt n 6gnÜ f fc S1Ch ü ? n S ens nie mit ^r Angabe, was gemacht 
werden soll, sondern er beschreibt auf das genaueste und für den 
Praktiker berechnet, wie es gemacht werden muss 

P' ese subjektive selbstständige Auffassung und Darstellung 
bildet die Hauptstärke des Buches, die es aus der grossen Zahl 
der m letzter Zeit erschienenen Lehr- und Handbücher auf 
das vortheilhafteste hervorhebt. Es ist nicht zu leugnen, dass in 
diesen selben Momenten aber auch die freilich sehr zurücktretendo 
Schwäche des Buches liegt. Manche empfehlenswerthe Methode 
ist ment erwähnt, weil sie Schmidt eben nicht selbst an wendet 
andere Methoden und Anschauungen sind ganz besonders gepriesen' 
die sich wohl kaum der allgemeinen Anerkennung erfreuen dürften. 
Ich exemplificire hier ganz besonders auf das Kapitel von der 
Schwindsuchtsbehandlung und andere mehr. Eine so eigenartige 
durch und durch selbstständig denkende und auffassendo Persön¬ 
lichkeit konnte und wollte nicht auf alle die Methoden und Auf¬ 
fassungen die möglich und berechtigt sind, des näheren eingehen, 
er hat nur angegeben, was er selbst glaubt und anwendet, was 
von ihm selbst als erprobt gefunden ist. „Ich will nicht sagon,“ 
sagt er „dass man die Krankheit nur auf meine Weise behandeln 
muss, glaube indessen, dass es für den praktischen Arzt erwünscht 
sein würde zu wissen, wie er eine Krankheit behandeln „kann“. 

In oinem Punkte aber irrt sich der Verfasser entschieden. Er 
hat das Buch in erster Linie für den praktischen Arzt ge¬ 
schrieben, seine Bedürfnisse hat er besonders im Auge gehabt. 
Aber so grossen Nutzen der praktische Arzt auch aus demselben 
ziehen wird, so sehr es demselben auch empfohlen werden muss, 
den wesentlichsten und ersten Vortheil werden die Specialisten 
von dem Werke haben, die sich an den Anschauungen des Meisters 
schulen werden, auch wenn sie in vielen Punkten abweichender 
Ansicht- sind — und nicht bloss die jüngeren, sondern besonders 


Äf e ü UUCherWeiSe 5 - Nochmals sei an dTÜ4^"„7d'die 6 “2 

Herma^n e s ch^TrTzT^durch 1 di^Sfiliaffnntr 61 ^■ >rge * 10 * )en ’ das , s j ch Schmidt’sohen zu setzen haben. Recht häufig wird die Ansicht 

der erfahrenen Fachgenossen nicht vollständig den vorgetragenen 


II T , , , -- Uioooo IIIUmillieULtUÜIl 

Werkes erworben hat: es wird ihm für alle Zeiten gedankt 
werden, und das nicht nur von den Fachgenossen. 

M. Schmidt, Die Krankheiten der oberen Luftwege. Berlin 
w- S ? pril ! ger ’ 18 ? 4 * Ref - p - Heymann (Berlin). 

Wir heutigen Rhinolaryngologen scheiden uns in zwei Theile. 
ie jüngeren von uns sind schon „geleimte“ Laiyngologen, haben 
meist eme regelmässige Laufbahn als Assistenten hinter sich und 
ftaben das Gebäude der Laryngologie als ein im wesentlichen 
iertiges Ganzes überkommen, und die grosse Zahl der alljährlich von 
innen erscheinenden Arbeiten und Abhandlungen — nach der Zu- 
sammenstellung von Semon waren es 1895 im Jahre 1892 und 
4/öi im vorhergehenden Jahre — dient im wesentlichen nur zum 
Ausbau im Einzelnen und zur weiteren Ausführung und Befestigung 
senon früher gewonnener Grundsätze und Methoden. Die älteren 
mehr oder weni £ er Autodidacten. Wenn sie 
leicht auch die erste Untersuchungstechnik von Türck oder 
; n ?® rma k Persönlich übernommen haben, so haben sie sich doch 
nbetrefl alles weiteren, inbetreflf der Erkenntniss der pathologischen 
wSr u inbet f eff des Ausbaues der therapeutischen Technik im 
f»hn D r hen ai ! f die eigene Kraft und auf ihre subjective Er- 
*a .y orlas ® en gehabt; sie haben das Gebäude ihrer Wissen- 
ZZ and J hrer Kunst, um bei dem Bilde zu bleiben, sich im 

sirh «Iiw S ? lb ® t aufzu richten und in dem aufgerichteten Hause 
eh selbst wohnlich einzurichten gehabt. 

, lncp f a ^ de ? vornehm sten und erfahrensten älteren Forschern 
mehr JS gehört Moritz Schmidt in Frankfurt a. M. Nach 
dem ä^fr d ? Jäh £ g v e , r , Thät }g keit als Spocialist unterbreitet derselbe 
lichftti u a I( i en pahhkum jetzt seine Erfahrungen in einem umfäng- 
einpr? if andbucbe »Die Krankheiten der oberen Luftwege.“ Von 
dieMpinn^ 1118 wie , er ’ konnte man kein Schulbuch erwarten, das 
Gehra,,^ 5 Cn ande ,™ r sor gfältig sammelt und sichtet und für den 
, der . studirenden Jugend zurecht schneidet, sondern er 

»ad ^lb s n tg e rchaffenen. biefcen V ° U des Besonderen ’ Selbsterlebten 

lichkeit d w n 1 auch in dem vorliegenden Buche die Persön- 
AuffasEnr« geistvollen Autors überall in den Vordergrund, seine 
Sinne w * e se l ne Darstellungsweise sind im besten 

alleemeinPTi durcbaus subjectiv. Es sind zahlreiche von den 

aber ai! i abweichende Ansichten und Methoden, die er vertritt, 
arbeiteno- 0 oiw eT \ ^rklicher Erfahrung und ernstester Ver- 

Rechte Lst e rlebter Thatsachen. Demnach hat er mit vollem 

er will auch 61 f -? etzen können »aus der Praxis.“ Aber 
Theil seine« Brax * sM schreiben. Einen sehr erheblichen 


Lehren beipflichten können, aber gerade in der wohl begründeten 
Differenz wird man eine Fülle der Anregung und Belehrung finden. 

Eigenartig und, soweit Referent die Litteratur kennt, durchaus 
neu ist die Eintheilung des ganzen Buches. Schmidt schreibt 
kein Lehrbuch der Krankheiten der Nase, des Rachens, des Kehl¬ 
kopfes etc. Der Titel seines Buches lautet: „Die Krankheiten 
der oberen Luftwege.“ Es behandelt die oberen Luftwege — 
Nase, Nasenrachenraum, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre u. s. w. — als 
ein einheitliches Ganzes und bemüht sich, uns ein Bild zu geben, 
wie die verschiedenen Erkrankungen, Katarrh, eitrige Entzündungen, 
Tuberculose, Lues etc. sich in diesem Organcomplex darstellen. 
Ein sehr interessanter und sehr lehrreicher Versuch. Die Folge 
davon ist allerdings manchmal ein gewisser Zwang in der Ein¬ 
theilung — so werden z. B. die Oedeme des Larynx und die Er¬ 
krankungen der Nebenhöhlen nach einander unter dem Kapitel der 
eitrigen Entzündungen abgeharidelt und dergleichen mehr, so wer¬ 
den manche in engem Zusammenhänge stehende Affectionen der 
einzelnen Abschnitte an verschiedenen Orten besprochen, so werden 
manche Wiederholungen und auffallend viele Verweisungen auf 
andere Stellen nothwendig, aber jede Eintheilung hat ihre Nach¬ 
theile, und dem Referenten will es scheinen, als ob der neue, von 
Schmidt begangene Weg doch der naturgemässere und folgerich¬ 
tigere und dem bisher üblichen vorzuziehen sei. Sicherlich wird 
eine zweite Auflage manche Unebenheit, die durch die Neuheit der 
Eintheilung hervorgerufen ist, auszugleichen vermögen. 

Vorangeschickt ist dem Werke eine ausserordentlich klare 
und lehrreiche Darstellung der Anatomie und Physiologie. Die 
Kenntniss der systematischen Anatomie wird vorausgesetzt und 
das Hauptgewicht auf die topographischen Verhältnisse gelegt.. 
Als ganz charakteristisch für das Buch möchte ich die Darstellung 
der Anatomie der Tonsille und ihrer Umgebung hervorheben, welche 
auch durch zwei vortreffliche Abbildungen, die Merkel entnommen 
sind, illustrirt ist. Ganz besonders ausführlich aber ist die Ana¬ 
tomie und Physiologie der Nerven dargestellt, ein Kapitel, das wir 
sonst in solchem Umfange und in solcher Klarheit in unseren 
Lehrbüchern nicht behandelt zu finden pflegen. Der Vertheilung 
der einzelnen Nervengebiete in den oberen Luftwegen widmet 
Schmidt sehr lehrreiche bildliche Darstellungen, in denen die Ver¬ 
zweigungen der verschiedenen Nerven in verschiedenen Farben ge¬ 
zeichnet sind. 

Die Physiologie des Gesanges findet bei ihm sorgfältige Berück¬ 
sichtigung, und es muss ganz besonders auf ein Schema aufmerksam 
gemacht werden, aus dem sowohl der Umfang der verschiedenen 
Stimmen als auch die musikalische Lage der einzelnen Register 


AH0i] gairipc W u .- wumuu/uu. Milieu oua ci ucuiiuiiuu kJuimuicM aio auioj. vaui 

Regeln für ,. ei f T es ^mmt die Darstellung eminent praktischer ersehen werden kann. Dieses sehr interessante Schema ist inVer- 

Therapie ein p , ^ ersucbun £’ für die Diagnostik und für die bindung mit dem berühmten Gesanglehrer Prof. Stock hausen 

, Kegeln, welche alle selbst erprobt und in eigener Er- ausgearbeitet. Der Physiologie des Gesanges schliesst sich ein auf 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




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aut die Phjfiiohirxiu foltfftudi? Abseknitb botHolt sWfe p ftU v 
BtftLaähiönghßA Ui dp'iisolbeu finden #14* duju gmnstv, : 
Anzahl' BcmbuebtuupHi uhd AiuxaUeii yojroitikiH. 

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Aldimin. Horzieidon, £ymiko!o£Le)u* W«km ote, rte:), Uber «kn tfih' 
Jb^s^ler Klidibtev öber frkhjtung im<l AhMHorvg;. dbtf; Tab-Hlp 
iröd vjeife andere nähr. 

lörätaflen TlioU iviöditp ich. als IwsimdurHiTtlevessant 
das Kapitel utmr X«U'H'Urfkmukn n^m sirwie (Uudau^‘ 

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efwa» ))huk:iuk«ii i’rodurijai "an Lobi/huehern knsrres Fa« bes hm j)reiumtaupoifJho I laue u«u ■ erkU 

deiL gi'o^ert VorxUpui düs v orln^ii.ioii Puchos, in «km. sieb reiehsMv (Aihälirfatlön, die jNjede.rk'^un^ y.eim 

itpvmak'isiiaekk FHahrun£\ ftenatßfes der LifiPr&tw und zeigen die zum r Mipü au ißffV’Mewb zum l 

Ijiidkt Ivdc rdleouW'iinv?;)* du jisisehr; ikkiUup; venaiviuch. Ysiühi. btago. gejdauUai und in ^nsiOb» ung Impiftunen mm* 
ausbleibHn. ... - -..'•••- - ‘ 

]>m AusHtaUung ih«s fiuclirs <st wztfgJkd«, so guLAvtewir * _ 

oh ioklor bei umfiifiiniHvbftü Buchen kisbmviiiaht ok /?;*'•■««'ben haben; X« JÖ11T318ÜT6-VU@ 

.die /aikdiumtpm im Tort, wie mieb die aogidiilit^tui! Tafeln, sind i ni . t ,,, (! tUkdiei« 

von (rixm bpSQtülpi'd Au.Srtülil'kn^ , . r ' * ’ / 

VYm panzeu.* Herzen Ikmiien .;wic das 'Werk sowohl dom. pmk-. kd. W ifsnip it A.*;»ko ^.olbH Lekeratoo 

tistilmu Arzte, als auch dom .Spmaifakb^ttöS5?eti aut das wärmste Ausganp (bpjK-Abd ; aus dmj V H'h, «; {>.» 
omi)b:hieu. Wftnbwg- N y. XXM. iki., H K, L«V> 

VürfasHE»’!' stellt ma der Littoratur 15 fl 
Hob. Woipert (Nürnbork}, Bins einfache Ltiftprüfitngamothode Lebern In o ob ie zusanrmon, die ünHnabtMSwmso 
auf Kohl.CÄnkujrc mit wissenschsfilictier Grundlage. 104-8. und lokselmotbi scik.4 einen neuen fkil ni 
•Mit nndfre-reth IheHweibe hiitigm AMdldunmm. Luij^ii*’ 1802,' Wiirzhnr^. ititmt betraf om«v 2HjHhngo P« 
Jk«tinjpivftu'fs • Btn?iibnudiüi,% Uet. Th, Weyl (IkHiut dritten •Mbm«t «ier t.dr:*vi*Htfit., wdlirend die 

V«ntasser ulnvnit d.ib UÜi^HieHtiuniuiißi in eipiyiv grssdulrtvii rekrtiv HHtiltg'O Krankheit prrnde die ersl 
< >iimb;r' vor, in weleheih 4;di eino hosümretü Meu^O idims durch i ^«‘.bwnngerseliafi zu vrrschoneu pfiepi, was I 
einen Indkatov gordrbtön, AikeUs bebndok lu-lmn nv di«. Likm- für'.tttu■.■Auwahmn pdimnd pinaekt wurde, i 
^uohkk-sluri so {iin^e iu Litis UtrjeU« Alkali hnuiinsaup., bis der .Rtrnplii«v- kt eis : äut .f]n)s(»homr^jftbu}r berühr 
itkd|<M*cr ^iRc;ifaHK«* A r eHUi#^ Äui04^uü^; d.#--A^t4hto0^'ö'tckiThr -i 

der Punkt «uToTC'bt-, m lie.'sf. jmüv dM <;U ;r Ocluik an der «lass Wb die nimston Gifte, so auch «Ho 
Theiiunjr d«s- Cy-ittid«#« ab. pr^dmirten Mo.sauv die Ursache abgeben k«;»tü 

,. ^ „AHUiH dieiuai 2 ecm .einer V: ( o Q hkon K..daiosmi^ au diesem im pmxru tynisehon Fall ist einr 
t.Va-iUL T■ LOH^O), als ,,Lnd>eatov ! \ fiih i'«)tbAefdrbt4 Ldscmg dos Lolmr, die wähmid -Hin webjiur und kleiner 
Katriömsftlxps (fps l%P#bfpktbatpms T aVetchi^ itUfeh Säbtou oujttebt adtfHU^dr Kiiefbarkcit seieHy sc düs? v. L 
\\ud. ih>r — hbripms pafemiHo — Apparat lässt sieb heipmru Sfehoubbdb« f rt dö§ Fm^oreiödruPks naclhwevsl 





17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


449 


Munro, Embolism of the mesenteric vessels, with 
Symptoms of obstruction; abdominal section. The Lancet 
1894, No. 3678 p. 147, 148. 

Ein Mann von 51 Jahren empfand beim Heben einer schweren 
Metallstange plötzlich ein eigenthümliches Gefühl im Unterleib. Es 
traten kolikartige Schmerzen dazu. Am Abend stellten sich blu¬ 
tige Stuhlausleerungen ein, die gegen einen halben Liter Blut zu 
Tage förderten, am nächsten Morgen wurde noch einmal etwa <yn 
viertel Liter Blut entleert. Von da ab bestand völlige Verstopfung, 
die keinem Abführmittel wich. Als nach drei Wochen auch noch 
fäculentes Erbrechen hinzutrat, Hess der Patient sich in das 
Krankenhaus aufnehmen. Die Temperatur war subnormal, der Leib 
aufgetrieben. Das Coecum zeigte sich extrem ausgedehnt, in der 
linken Iliacalgrube war eine orangengrosse Resistenz zu fühlen. 
Eine Hernie war nicht nachzuweisen. Zwei Tage später wurde 
die Laparatomie ausgeführt. Der Tumor in der linken Iliacalgrube 
war bedingt durch einen schon etwas entfärbten und mit der Um¬ 
gebung verwachsenen Infarct im Mesenterium der Flexura sigmoidea. 
Der ganze Dickdarm war enorm ausgedehnt und dunkel gefärbt. 
Zwei weitere Infarcte fanden sich im Gekröse des Dünndarms, der 
stark roth injicirt war. Der Kranke starb 20 Stunden nach der 
Operation. Es waren somit hier die von Gerhardt und Kuss- 
raau 1 aufgestellten typischen Zeichen fast alle vorhanden. Auf¬ 
fallend war die Härte und Unbeweglichkeit der Geschwulst, die 
zeitweüig den Verdacht eines malignen Tumors entstehen liess. 

E. Sehrwald (Freiburg). 

Julius Zappert, Ueber die Heilwirkung des Anti- 
diphtherin (Klebs). Wiener medicinische Wochenschrift 1894, 
No. 13-17. 

Die Veröffentlichung der günstigen Resultate, welche Klebs 
bei Anwendung seines Antidiphtherin erzielte, veranlasste Zappert, 
das Mittel ebenfalls zu erproben. 

Wenn Zappert sich auch grosser Objectivität zu befleissigen 
strebt, so verschweigt er doch von vornherein nicht, „dass Klebs 
in der Auswahl seiner Fälle nicht sehr glücklich gewesen ist und 
dass ein einziges geheiltes diphtheriekrankes Kind unter zwei 
Jahren für die Wirksamkeit des Antidiphtherin mehr bewiesen 
hätte, als fünf Fälle Erwachsener und sogar „kräftiger gesunder 
Männer“. 

Zappert wählte nur solche Kinder für seine Versuche aus, 
bei denen der diphtherische Process auf den Rachen lokalisirt, eine 
CompHcation nicht vorhanden war. Nur bei einem Fall liess sich 
beginnende Stenose nach weisen. Ferner wurden mit ebenfalls einer 
vereinzelten Ausnahme nur Patienten verwendet, bei denen die 
Diagnose durch den Nachweis von Klebs-Löffler’schen Bacillen 
im Deckglaspräparat gelang. 

Von 15 so ausgesuchten und nach der Klebs’schen Vor¬ 
schrift behandelten Kindern wurden elf geheilt, vier starben. 
Dieser günstige Heilungsprocentsatz wird entschieden durch den 
Charakter der Epidemie bedingt, da nur zweimal descendirender 
Croup zur Tracheotomie zwang. Im übrigen verliefen die Er¬ 
krankungen trotz der specifischen Behandlung zum Theil recht 
schwer, es entstanden bisweilen ausgedehnt« neue Rachenbeläge, 
so dass man geradezu an eine Dissemination des lokalen Diphtherie¬ 
effectes als Folge der Pinselung dachte; es trat Albuminurie, 
bepsis, absteigender Croup und Herztod während der Cur ein, so 
dass Zappert auf Grund seiner Beobachtungen ausspricht „es sei 
das Klebs’sche Mittel nicht imstande, irgend eine dieser Com- 
pheationen zu verhüten“. 

Um zu entscheiden, ob bei den geheilten Fällen sich in der 
Art des Krankheitsverlaufs Unterschiede ergaben zwischen solchen 
Patienten, welche mit Antidiphtherin behandelt wurden, und 
anderen, bei denen die bisher übliche mehr exspectative Therapie 
m Anwendung kam, stellt Zappert den 11 unter Antidiphtherin- 
pinseiungen geheilten Kindern zehn ohne dieselben durchgekommene 
atienten — ohne Auswahl — gegenüber. „Der Vergleich der 
emen Tabellen ergiebt keinen Beweis dafür, dass unter Anti- 
Qipntherinbehandlung das Abstossen der Beläge oder der Abfall 
Üer \?f n P €ra ^ ur rascher vor sich gehe. 

Nirgends ergiebt sich unter den mit Antidiphtherin gepinselten 
Franken ein Verhalten, welches auf der anderen Tabelle nicht auch 

finden wäre“ 


Zappert’s Hoffnung, mit dem Mittel, wenn auch nicht Com- 
picationen zu verhüten, doch wenigstens rasch und günstig den 
ankneiteverlauf beeinflussen zu können, wurde somit nicht erfüllt, 
ei ere Versuche mit dem Antidiphtherin wurden deshalb aufgegeben. 
Zappert kommt also zum gleichen Resultat, wie Referent 
th«;H 1I 5? I ? eits j n ^.°* Jahrgang 1894 dieser Zeitschrift mitge- 
h . s l nd d * e Misserfolge Zappert’s vielleicht noch 

t> * ls ?, r ’ sie durchweg bei relativ leichten, am Beginn der 

udlung uncomplicirten Fällen erzielt wurden. 

j_ Oscar Vulpius. 


XI. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

' 7 ”Uie hygienischen Einrichtungen in amerikanischen Schalen“ 

behandelte Stadtschulrath Bertram in einem längeren in der Deutschen 
Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege (27. April 1894) 
gehaltenen Vorträge. In Amerika besitzt die oberste Regierung den 
Einrichtungen des Schulwesens gegenüber keinerlei Befugnisse- da¬ 
gegen besteht seit 1867 daselbst ein vorzüglich geleitetes „Bureau 
of Education“, welches nur nebenher Verwaltungszwocke erfüllt, im 
wesentlichen aber durch Bearbeitung der wichtigsten Themata’ auf 
dem Gebiete des Unterrichtswesens der ganzen Welt die Entwickelung 
der Schule fördert. In den meisten Anstalten, mit Ausnahme derer von 
zehn Staaten, ist der Unterricht in der Hygiene obligatorisch bis 
in die untersten Klassen hinein; meist ist derselbe von Associationen ein¬ 
geführt, welche mit diesem Unterricht Temporenzzwecko verbinden, 
um schon in der Jugend Abscheu gegen Alkohol, Tabak und andere Reiz¬ 
mittel gross zu ziehen und als wirksamstes Mittel völlige Abstinenz zu 
lehren. Ganz abgesehen von diesem mit dem Unterrichte verknüpften 
Zweck wirkt derselbe segensreich durch Verbreitung der Kenntnisse über 
den Bau des Körpers, Uber Gesundheitspflege und durch die Vermehrung 
naturwissenschaftlicher Erfahrung. Für die Ausbildung der Lehrer auf 
diesem Gebiete bestehen vorzüglich ausgerüstete Laboratorien, indess fehlt 
es doch thoihveise an genügend vorbereiteten Lehrkräften. 

Die Pflege der Leibesübungon in den Schulen besteht seit kürzerer 
Zeit als bei uns, etwa seit 1861. In den verschiedenen Colleges sind 
die Uebungen obligatorisch, nicht blos auf das Turnen in unserem Sinne 
beschränkt, sondern umfassen jegliche Art der Gymnastik, einschliesslich 
Uebungen nach Art der schwedischen. Es sind grossartige Anstalten 
vorhanden, welche im Erdgeschoss sämmtliche Arten Bäder und eine 
Kegelbahn, im ersten und zweiten Stockwerk Geräthe aller Art, eine als 
Rennbahn benutzte Galerie, Rudereinrichtungen und Apparate zu anthro- 
pometrischen Messungen für die Individualisirung der Uebungen enthalten, 
deren Ergebnisse rogistrirt und alljährlich in den Berichten veröffentlicht 
werden. Besonders gut sind diese Einrichtungen in den höheren Mädchen¬ 
lehranstalten, deren Leitung einem weiblichen Arzte untersteht. Schon 
weniger gut ist der Betrieb der Leibesübungen an den Anstalten, die 
unseren Gymnasien und Realschulen entsprechen; und vollends an den 
Elementarschulen beschränken sich dieselben auf schwedische Körper¬ 
bewegungen im Schulraum selbst nach Leitfäden. 

Die Schulhäuser sind sehr reinlich gebaut, hygienisch eingerichtet, 
meist fehlt es an einem Hofe zu Bewegungen während der Pausen. Die 
Subsellien sind zweckmässig, verhindern aber auch nicht durchweg die 
schlechte Körperhaltung. 

Ein grosser Vorzug ist die geringere Stundenzahl; nur am fünften 
Tage ist jo fünfstündiger Unterricht, doch ist von diesem eine Stunde 
der selbstständigen Beschäftigung der Schüler im Bibliotheksraum frei¬ 
gegeben; der Sonnabend fällt aus. Die geringere Stundenzahl ist ausser 
anderen Gründen pädagogischer Art auch dadurch ermöglicht, dass der 
Religionsunterricht nicht in der Schule ertheilt wird. Charakteristisch 
ist nach jeder Richtung die besondere Bevorzugung des Mädchenschul¬ 
wesens. Im ganzen lehren die Ergebnisse, dass in den Amerikanern 
ein mächtiges, eine grosse Zukunft verheissendes Culturvolk heranwächst. 

An den Vortrag knüpfte sich eine sehr weitgehende Besprechung, 
welche eine grosse ZahUiygieniseher und pädagogischer Fragen streifte und 
in welcher eine Reihe *Keressanter Einzelheiten vorgebracht wurden. Aus 
denselben sei hervorgehoben, dass die in Deutschland mit so vielen guten 
Gründen geforderte Einrichtung der Schulärzte, denen ja auch der hygieni¬ 
sche Unterricht überwiesen werden könnte, anscheinend auch in Amerika 
nicht existirt. Von besonderem Interesse waren die Ausführungen des 
Herrn Baer über die Aufgaben der Schule im Kampf gegen den Alkoho¬ 
lismus. Thatsächlich habe sich nicht blos in Amerika, sondern auch in 
verschiedenen europäischen Staaten die Belehrung der Schüler über die 
Entbehrlichkeit des Alkohols als Nahrungs- und Genussmittel, sowie über 
die grossen Gefahren, die sein Missbrauch herbeiführe, als ein äusserst 
werthvolles Mittel erwiesen; die deutsche Vereinigung gegen den Miss¬ 
brauch geistiger Getränke habe daher Schritte gethan, um zu erreichen, 
dass auch in den Schulen Deutschlands in demselben Sinne aufklärend 
gewirkt werde. __ A. G. 


— Die XI. Hauptversammlung des Prensslsclien Medicinal- 
beauitenvcreins fand am 23. und 24. April d. J. zu Berlin statt. An der¬ 
selben nahm der Cultusminister Herr Bosse, der Direktor der Medicinal- 
abtheilung Herr v. Bartsch, die Vortragenden Räthe Herren Skrzeczka, 
Schönfeld, Pi stör, im Aufträge des Ministers Horr Höpker, ferner 
Herr v. Pilgrim (Minden) und der Abgeordnete Herr Kruse theil. Nach 
einer Ansprache des Ministers, welche vom Vorsitzenden Horm Rapmund 
erwidert wurde, folgte der Vortrag des Herrn Langerhans (Celle): 
Ueber den Bau und die innere Einrichtung ländlicher Volks¬ 
schulhäuser, in welchem besonders die „fünf Entwürfe für einfache 
ländliche SchuLhäuser vom 18. November 1887“ der Nachachtung empfohlen 
wurden. Die Versammlung nahm folgenden Antrag an: „Die Versammlung 
erklärt sich mit den Leitsätzen des Referenten einverstanden und hält 
insbesondere eine grössere Mitwirkung der Medicinalbeamten auf dem Ge¬ 
biete der Schulhygiene für dringend erforderlich.“ Herr Nauck (Bred- 
stadt) sprach überdas Thema: Welche hygionischen Untersuchungen 
sind den Physikern von Amtswegen zu übertragen? Solche sind 
bactcriologisch-chemischer Natur (Wasser, Milch, Luft etc.); das für die 
Untersuchungen erforderliche Rüstzeug ist auf öffentliche Kosten anzu¬ 
schaffen, für die Untersuchungen sind besondere Gebühren zu beanspruchen. 
Die Versammlung beschloss, die endgültige Entscheidung dieser frage 
nach Erledigung der Medicinalreform vorzunehmon. Herr Mittenzweij, 
(Berlin) erörterte: Blödsinn und Wahnsinn unter Berücksichti- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



450 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


gung der Entscheidung des Reichsgerichts vom 13. März 1893. 
Auf Antrag des Herrn Ascher (Bomst) wurde dann die Frage berathen, 
die „Tuberkulose“ als Thema für die nächste Hauptversammlung zu be¬ 
stimmen, und eine diesbezügliche Entscheidung dem Vorstande überlassen. 
Herr Rapmund vertrat dann den von den Medicinalbeamten des Re¬ 
gierungsbezirks Minden gestellten Antrag, die Satzungen der Hu fei an ri¬ 
schen Stiftungen besonders nach der Richtung hin abzuändern, „dass 
in denselben die Mitwirkung der Aerztekammem vorgesehen wird“. Herr 
Schröder (Wollstein): Ueber die Untersuchung und hygienische 
Beurtheilung von Brunnenanlagen in kleineren Städten und 
auf dem Lande, Herr Philipp (Berlin): Ueber Revision der 
Krankenhäuser. Der Gesammtvorstand wurde durch Zuruf wieder¬ 
gewählt. Die Versammlung besichtigte dann noch die städtische Irren¬ 
anstalt Herzberge, deren Leiter, Herr Moeli, daselbst noch einen 
Vortrag: Ueber psychische Schwächezustände mit Vorstellung von 
Kranken hielt. _ George Meyer (Berlin). 


— Die Selbstmorde in der Preusslsclien Armee. Berlin, 1894, 
Mittler & Sohn. Ref. George Meyer (Berlin). 

Mit der fortschreitenden Cultureutwickelung geht fast stets eine 
Zunahme der Selbstmorde Hand in Hand. In Preussen starben von 1871 
bis 1875 von 10000 Einwohnern 1,2, im Jahre 1891 hingegen 2,1 Menschen 
durch Selbstmord, ln Deutschland starben von den verschiedenen Staaten 
Europas jährlich am meisten Menschen, nämlich 2,71, durch Selbstmord. 
Er folgt Dänemark mit 2.58, Schweiz mit 2,30, am geringsten, 0,35, ist 
die Zahl in Spanion. In Deutschland ist im Königreich Sachsen und den 
sächsischen Herzogtümern der Gipfelpunkt der Selbstmordbewegung. 
Slavischo Abstammung verringert die Neigung zu Selbstmorden. Bei den 
Protestanten ist der Selbstmord häufiger als bei den Katholiken, bei 
diesen häufiger als bei Juden, am häufigsten bei Personen, welche keinem 
dieser drei Bekenntnisse angehören. In den Wintermonaten kommen die 
wenigsten Selbstmorde vor, in der warmen Jahreszeit, besonders im Juni, 
die meisten. 

Von den Armeen erleiden die österreichische und deutsche die 
meisten Verluste durch Selbstmord. Im Durchschnitt der Jahre 1876 
bis 1890 hat das IV. Armeecorps mit 9,13 u /ooo die meisten, das XVII. 
mit 2,27 %oo die wenigsten Selbstmorde. Auch beim Heere haben die¬ 
jenigen Armeecorps die höchsten Zahlen für Selbsttödtungen, zu deren 
Territorial- und Ersatzbezirken die als Gipfelpunkt der Selbstmordhäufig¬ 
keit bekannten Landestheile gehören. Auch betreffs der Jahreszeit zeigt 
sich das gleiche Verhalten wie bei der Civilbevölkerung. Die meisten 
Selbstmorde der Unterofficiere geschehen im August, der Einjährig-Frei¬ 
willigen im März und August, wo über Capitulation und Beförderung 
entschieden wird. Es kommt hinzu, dass das Militär in Städten unter¬ 
gebracht ist, wo das Leben das Zustandekommen von Selbstmorden be¬ 
günstigt, dass die Mannschaften und Unterofficiere unverheirathet sind, 
also des Schutzes der Ehe gegen den Selbstmord entbehren. Die Ur¬ 
sachen zum Selbstmorde, die beim Heore häufiger und genauer zur Kennt- 
niss gelangen als bei der Civilbevölkerung, sind am meisten Furcht vor 
Strafe; vielfach auch gekränktes Ergefühl, verletzter Ehrgeiz. In der 
Selbstmordziffer überwiegen die Unterofficiere ganz erheblich. Das erste, 
zweite und dritte Dienstjahr zeigt ein Verhältnis von 3:1,5:1. Ganz 
vereinzelte der Eingestellten versagen den neuen an sie gestellten An¬ 
forderungen; diejenigen, welche dies befürchtei^assen, sind rechtzeitig 
aus dem Dienst zu entfernen. Unberechtigt ist mR den Selbstmord beim 
Heer häufig auf unangemessene Behandlung oder Misshandlung zurück¬ 
zuführen, wie aus den geschehenen Erörterungen erhellt. Der militärische 
Beruf und Dienst bringt noch besondere Einflüsse hervor, welche beim 
Vergleich der Selbstmordzahl bei der Armee mit der gleichaltrigen männ¬ 
lichen Bevölkerung zu berücksichtigen sind. Die Militärverwaltung ist 
beständig und erfolgreich bemüht, ein Sinken der Selbstmordziffer zu be¬ 
wirken. Ein Unterstützungsmittel, um die Selbstmordziffer herabzu- 
drttcken, wäre in der Bekämpfung der zersetzenden Richtung der mo¬ 
dernen Lebensanschauung und der Enthaltung des Urtheils über den 
Beruf des Soldaten seitens Unberufener zu finden. 


— Rudolf Schultze, Bau und Betrieb von Yolksbadeanstalten. 

Mit einem Vorwort von Dr. E. Lent, Geh. Sanitätsrath und Secretär 
des Niederrheinischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. Gr. 8°, 
68 Seiten. Mit 45 Abildungen im Text. Bonn, E. Strauss, 1893. Ref. 
Oscar Lassar (Berlin). 

Mehr und mehr dringt das Bewusstsein in alle maassgebonden Kreise, 
dass der weiteren Ausgestaltung des Badewesens ein hervorragender An¬ 
spruch auf Berücksichtigung in der praktischen Gesundheitspflege des 
Volkes zukommt. Aber während niemand bestreitet, dass Mehrung der 
Badegelegenheiten und Erziehung zur Badegewohnheit von segensreichem 
Einfluss tür Stadt- und Landbevölkerung sein würden, sind die treibenden 
Kräfte zur Förderung dieser Culturfrage doch im Verhältniss nur ver¬ 
einzelte geblieben. Millionen von Deutschen fehlt jede Möglichkeit, eine 
Badeanstalt zu benutzen, und es muss auf diesem Gebiete noch viel 
Thatsächliches geschehen, um den misslichen Zustand auch nur. einiger- 
maassen zu bessern. In diesem Sinne erscheint ein Schreiben des Ober¬ 
präsidenten der Rheinprovinz sehr bemerkenswerth, welches derselbe vor 
einiger Zeit an die Aerztekammer der Rheinprovinz und der Hohen- 
zollernschon Lande gerichtet. In dieser Zuschrift wird ausgeführt, dass 
aus den amtlichen Berichten, betreffend die den weniger bemittelten 
Volksclassen zur Verfügung stehenden Badeanstalten, hervorgeht, wie 
weit die vorhandenen Einrichtungen hinter denjenigen Anforderungen 
zurückbieiben, die im gesundheitlichen Interesse der Bevölkerung uner¬ 
lässlich sind. „Die Schwierigkeiten — heisst es weiter — welche sich 
der Vermehrung der Volksbadeeinrichtungen und ihrer stärkeren Benutzung 
entgegenstellen, entspringen vorwiegend der Gleichgültigkeit oder Ab¬ 


neigung breiter Volksschichten gegen das Baden überhaupt. In der Be¬ 
kämpfung dieser Schwierigkeiten kann den staatlichen Behörden seitens 
der practicirenden Aerzte ohne Zweifel wirksame Unterstützung geleistet 
werden.“ Die Aerztekammer setzte sich hierauf mit dem Nioderrheinischen 
Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Verbindung, und derselbe be¬ 
schloss, eine Zusammenstellung von Badeanstalten für mittelgrosse Ge¬ 
meinden anfertigen zu lassen, um gerade bei diesen letzteren Interesse 
zu wecken und der Ueberzeugung Bahn zu brechen, dass die Kosten 
onschwingliche sind. Diese Arbeit hat ein bewährter Fachmann, der Stadt¬ 
bauinspector von Köln, Herr Rudolph Schultze übernommen und dabei 
in sehr klarer Weise alles Wissenswerthe berücksichtigt. Dersolbe hat 
als Vorlagen für zukünftige Anlagen die Typen der neuordings in Deutsch¬ 
land zur Ausführung gelangten Anstalten und alles dazu gehörige Material 
gesammelt. Diese Zusammenstellung ist um so werthvoller, als bis jetzt 
nur wenige und in den Einzelberichten zerstreute Erfahrungen bekannt 
waren. Jeder, der sich für die Einrichtung einer neuen Anstalt interessirte, 
musste sich die erforderlichen Unterlagen durch Umfragen mühsam ver¬ 
schaffen. Jetzt liegen sie wohlgeordnet zur Benutzung bereit. Dies er¬ 
scheint gerade für Aerzte von Nutzen, welche für die Einrichtung von 
Volksbädem anregend und thatkräftig eintreten wollen. Durch die vor¬ 
liegende Schrift über Bau und Einrichtung von Volksbadeanstalten ge¬ 
winnt man — ohne sich in ferner liegende technische Vorfragen zu ver¬ 
lieren — genügende Uebersicht, um gegebenen Falles die Sache praktisch 
anzugreifeu oder doch von hygienischer Seite auf die Factoren des öffent¬ 
lichen Lebens einzuwirken. Dies wird mit um so grösserer Zuversicht 
geschehen dürfen, als auch nach den Ermittelungen Schultze’s überall 
da, wo Volksbäder errichtet worden sind, die Benutzung derselben mit 
der steigenden Gewöhnung der Bevölkerung vom Anfänge an eine stets 
wachsende Tendenz erwiesen hat. Dementsprechend haben viele der neu 
eingeführten Volksbäder recht befriedigende wirthschaftliche Ergebnisse 
orreicht, und wo Zuschüsse zu leisten waren, sind dieselben so gering 
ausgefallen, dass sie für den Gemeindehaushalt nur eine verschwindende 
Bedeutung besitzen. In dieser ökonomischen Unterlage wurzelt die Mög¬ 
lichkeit, durch kleine bescheidene, aber ausreichende und einladende Bade¬ 
anstalten die öffentliche Reinlichkeitspflege allmählich zu verallgemeinern, 
und hierfür tritt auch der Verfasser, auf sein umfassendes Material ge¬ 
stützt, in überzeugender Weise ein. Seine Schrift ist für niemand ent¬ 
behrlich, der in der Frage der Volksbäder mitarbeiten will. 


XII. Standesangelegenheiten. 

Aus der Sitzung des Geschäftsausschusses der Berliner 
ärztlichen Standesyereine. 

In der Sitzung am 4. Mai er. theilte zunächst Herr Liebreich nach 
einer bezüglichen Anfrage des Vorsitzenden Herrn Becher mit, dass eine 
Eismaschine fertiggestellt sei, deren leichte Handhabung es jedem 
Apotheker ermögliche, innerhalb zehn Minuten ein halbes Kilo sterilisirten 
Eises zu fabriciren. Die Maschine beruhe auf dem Principe der Ver¬ 
dunstung von salpetersaurem Ammoniak, welches immer wieder von neuem 
bei geringem Verluste gebraucht werden könne, so dass die Materialien 
zur Herstellung des Eises keine nennenswerthen Kosten verursachen; und 
da die Maschine selbst für 15 Mark bei Warmbrunn, Quilitz & Co. zu 
haben sein würde, so stehe dom nichts entgegen, dass jeder Apotheker 
veranlasst werde, eine solche oder eine grössere Maschine anzuschaffen. 
Herr Liebreich beabsichtigt, demnächst eine solche Maschine in prak¬ 
tischster Ausführung den Mitgliedern des Geschäftsausschusses vorzuführen. 
Finde sie deren Beifall, so könne über die Angelegenheit weiter au den 
Minister berichtet werden. 

Der Vorsitzende regte dann auf Grund einer Besprechung im Vor¬ 
stande die Frage an, ob nicht die Standesvereine ihre diesjährigen Sommer¬ 
feste zu Gunsten einer gemeinsamen Sommerfahrt sämmtlicher Vereine 
aufgeben wollten. Der Vorschlag fand Beifall und soll in den Vereinen 
zur Verhandlung gebracht werden. 

Da der Magistrat bezüglich der Neuordnung des ärztlichen 
Dienstes an den Krankenhäusern die Wünsche der Stadtverordneten¬ 
versammlung nicht genügend berücksichtigt hat, wird auf Antrag des 
Herrn L. Landau beschlossen, folgende Eingabe an die städtischen Be¬ 
hörden zu richten: Nachdem der Magistrat im Widerspruch mit den Be¬ 
schlüssen der Stadtverordnetenversammlung und den mehrfach geäusserten 
dringenden Wünschen der Berliner Aerzteschaft beschlossen hat, die Re¬ 
form des ärztlichen Dienstes in den städtischen Krankenhäusern im 
wesentlichen auf die Anstellung eines Oberarztes in der äusseren Station 
zu beschränken, wendet sich der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen 
Standesvereine an die Stadtverordnetenversammlung mit der Erklärung, 
dass er in den von dem Magistrat geplanten Maassnahmen nur eine Stabi- 
lisirung des gegenwärtigen unvollkommenen Zustandes erblickt, und giebt 
von neuem dem dringenden Wunsche Ausdruck, dass die Stadtverordneten¬ 
versammlung die Reform des ärztlichen Dienstes in den Krankenhäusern 
in dem den humanitären, wissenschaftlichen und communalen Interessen 
entsprechenden, von den früheren Eingaben seitens der Aerzteschaft an 
die Stadt bereits bekannten Umfange vorzunehmen suche und an ihren 
früheren Beschlüssen festhalte. 

Zu der Besprechung über das Verhältniss der behandelnden 
.Aerzte zu den Vertrauensärzten der Berufsgenossenschaften 
war der Vorsitzende des Vereins der Unfallversicherungsärzto in Berlin, 
Herr Blasius, erschienen, und es ergab sich auch bei dieser Gelegen¬ 
heit wieder, dass ein mündlicher Meinungsaustausch schneller zu einer 
Einigung über strittige Punkte führt, als eine längere Correspondenz. 
Herr Blasius erläuterte die von seinem Vereine in Gemeinschaft mit 
dem bahnärztlichen und dem gewerksärztlichen Vereine aufgestellten 
Normen, welche folgendermaassen lauten: „1. Ein Benachrichtigen des 


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17. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


behandelnden Arztes wird bei einfachen Controllbesuchen nicht erfolgen._ 

2 . Liegt nach Ansicht des Vertrauensarztes der Berufsgenossenschaft die 
Nothwendigkeit vor: a) das eingeschlagene Heilverfahren zu ändern, b) die 
Aufnahme des Verletzten in ein Krankenhaus anzuordnen, c) in die Be¬ 
stimmung über die Erklärung der Arbeitsfähigkeit einzugreifen, so wird 
der betreffende Vertrauensarzt den behandelnden Arzt schriftlich oder 
mündlich von seinem Vorhaben vor Ausführung der Maassregel in Kennt- 
niss setzen. Es liegt im gegenseitigen Interesse, dass alsdann der be¬ 
handelnde Arzt sofort in Verhandlungen eintrete. Sonst ist der Ver¬ 
trauensarzt seiner Berufsgenossenschaft gegenüber verpflichtet, die 
Bestimmung ohne Zuziehung des behandelnden Arztes zu treffen.“ Nach¬ 
dem sich Herr Blasius ferner bereit erklärt hatte, falls wirklich einmal 
Zwistigkeiten zwischen den Aerzten Vorkommen sollten, in seinem Ver¬ 
eine für Einsetzung eines Schiedsgerichtes nach Kräften zu wirken, kam 
man nach längerer Verhandlung zu der Ansicht, dass bedeutende grund¬ 
sätzliche Meinungsverschiedenheiten nicht bestehen, uud nahm folgende 
zwei Anträge an. die Herrn Blasius zur weiteren Veranlassung zuge¬ 
stellt werden sollen: 1. Von vorzunohmenden Controllbesuchen in der Be¬ 
hausung des Kranken, bei denen eine genaue Untersuchung des Ver¬ 
letzten beabsichtigt ist, hat der behandelnde Arzt den Vertrauensarzt 
mit Angabe der Besuchszeit so frühzeitig zu benachrichtigen, dass eine 
gemeinsame Berathung möglich ist. — 2. Der Vertrauensarzt ist ver¬ 
pflichtet. von einem der ersten Besuche bei dem Verletzten den behan¬ 
delnden Arzt zu verständigen. 

Der letzte Punkt der verhandelten Gegenstände betraf die Schluss- 
berathung über die für den Acrztetag aufgestellten Thesen über das 
Verhältniss dorAerzte der Lebensversicherungsgesellschaften 
(cf. No. 15 dieser Wochenschrift), worüber namens der wirtschaftlichen 
Commission Herr Davidsohn berichtete: Als Ergebniss der Verhand¬ 
lung führe ich die folgenden wesentlichen Abänderungsvorschläge an: 
Die Nothwendigkeit der Untersuchung im Hause des Arztes soll nicht 
besonders betont werden. Bezüglich der hereditären Verhältnisse seiner 
Familienangehörigen soll der Antragsteller selbst veranlasst werden, für 
die vom Arzte aufzunehmende Declaration II die nötigen Aufklärungen 
zu geben, damit nicht der Vertrauensarzt genötigt ist, gegen die Be¬ 
stimmung des Strafgesetzbuches Angelegenheiten, die ihm in" seinem Be¬ 
rufe bekannnt geworden sind, anderen mitzutheilen. — Die am Schlüsse 
des Zeugnisses ausgesprochenen Urteile „vollkommen günstig, günstig, 
zweifelhaft, ungünstig“ sollen fortfallen, ebenso die Versicherung, dass 
der Vertrauens- oder Hausarzt nach Pflicht und Gewissen gehandelt 
habe. — Die vcrlrauensärztlichon Atteste sind verschlossen nur an die 
Direktionen (nicht an die Agenten) einzusenden: ihr Inhalt ist weder den 
Untersuchten noch den Agenten noch anderen Versicherungsgesellschaften 
bekannt zu geben. Auch die hausärztlichen Atteste sollen in keinem 
Falle mehr ausgetauscht werden. — Das Honorar für die hausfirztlichen 
Atteste, in denen in Rücksicht auf das Strafgesetzbuch die Fragen nach 
den Gesundheitsverhältnissen der Angehörigen des Antragstellers fort- 
aUen soHrn, unterliegt der freien Vereinbarung, beträgt aber mindestens 
r liri fÜr Nachuntersuchungen einschliesslich eines Berichtes werden 
5 Mk., für erfolglose Besuche 3 Mk., für sogenannte Volksversicherungen 
n an = emessen erachtet. — Endlich wird gewünscht, dass zur 

Durchführung der auf dem Aerztetage zu vereinbarenden Beschlüsse eine 
tommission zu gleichen Theilen von den Versicherungsgesellschaften und 
aem Aerztevereinsverbande gewählt -werde und eine ständige in gleicher 
'V eise aus beiden Parteien gewählte Commission zur Behandlung etwaiger 
streitiger Punkte. H? I 


XIII. Therapeutische Mitteilungen. 

Zur Behandlung der Ozaena (Rhinitis atrophicans foetida). 

Von Dr. A. Musehold in Berlin. 

• , der Behandlung der genuinen Ozaena drängte sich mir besonders 
ci poliklinischen Praxis der Wunsch auf nach einer Methode, welche 
Jj, , eia ^ a Ufl d unschädlich ist, dass sie auch von den Kranken selbst ge- 
tip . w<? ™ en kann un d dabei die Beschwerden der hedauernswerthen Pa- 
di ° 6n “^ lich .st bald aufhebt. Bekanntlich richtet sich die Behandlung 
stlnt r Krankheit zunächst auf die Beseitigung des ekelerregenden Ge- 
t> , eS gründliche Reinigung der Nase von den übelriechenden 

fj«. - en UQ d dann auf die Verhinderung der Borkenbildung durch Ver- 
v ^ ecre ^ es - Hierzu genügt aber nicht ein täglich einmaliger 
Krank* , e " den Arzt, es ist vielmehr durchaus nothwendig. dass die 
i u f n \ n ^ er ^ w i sc henzeit durch weitere Manipulationen die Bchand- 
Mitfpi CS ^ rz ^ e f unterstützen. Die bisher auch den Kranken anvertrauten 
mrisi ? amen tlich die Spülungen und Spritzungen sind jedoch an sich 
unwhaAv u und zudem in den Händen der Patienten nicht 

dip v;k *• ^ le £ ew * ss 8e br wirksamo Gottstein’sche Tamponade und 
schwier^ 10QSmÄSSa ^ e ^ Ujr me ^ s ^ en Kranken zu belästigend und 

handl!^ 6 Erwägung brachte mich zu der an sich sehr einfachen Be- 
ppKra„nk Sme 3 ich nun seit etwa einem Jahre ausschliesslich 

tim enrk un< * , im .folgenden zu empfehlen mir erlaube. Ich thue das 
Prfif.in« 1 j er ’ ^ ese Methode auch von den Collegen. welche ich um 
rniiung derselben hat. bereits aeeeptirt worden ist. 
setze JeDU ! z f e j? e Glycerinboraxlösung, welcher ich soviel Wasser zu- 
zersnrfikÜ SS i~ sic r a i° se ibe eben mit dem Trautmann’schen Nasenspray 
des (rtepft 11 * aSS u’ - ? er Beweggrund zu diesem Mittel war die Wirkung 
schlftTT^« r i llS ‘' 61 . ^PPHcati 011 seihst weniger Tropfen auf die Nasen¬ 

zeitirr e i U ? r e,c Miche wässerige Secretion hervorzurufen. Gleich¬ 
wie bei Hai. • 61 r?- 116 -^Schwellung der Muscheln ein, fast ebenso schnell, 
schien .se zur Secretion reizende Eigenschaft des Glycerins 

sehr geeignet, die Borkenbildung, gleich der Gottstein’schen 


451 


Verhiüd /-T U “ j° doc h au ch weiterhin der Zersetzung des 
Secietes entgegen zu treten, hielt ich es für angemessen, den als fäulniss- 
widrig bekannten und völlig unschädlichen Borax. 20 g auf 100 g Flüssig- 
nach folgende 2611 * Dl ° Zusammensetzun g der Sprühflüssigkeit ist dera- 

Glycerin pur. 70 
Borax 20 

Aqu. dostill. 30. 

Bei der Wahl des Borax war ich mir dessen wohl bewusst, dass wir 
vorläufig einen bestimmten, das Secret zersetzenden Mikroorganismus 
nicht kennen. Es ist überhaupt sehr fraglich, ob wir berechtigt sind, nur 
ein Bacterium für die Zersetzung verantwortlich zu machen. Bekanntlich 
wird m dieser Hinsicht dem Ozaenacoccus (Pneumoniecoccus von Fried- 
laender) von Loe-wcnberg, dem Bacillus ozaenae foetidus von Hajek 
und jüngst dem Bacillus ozaenae von Abel eine wichtige Rolle zuge¬ 
schrieben. Ich selber finde seit bereits vier Jahren regelmässig in dem 
unter den Borken befindlichen gelben dicken Secrete fast in Roincultur 
einen dicken Bacillus, welchen ich für den Bacillus sputigenus crassus 
von Kreibohm halte. Wahrscheinlich sind alle diese genannten Mikro¬ 
organismen und noch mehr an der Erzeugung des Gestankes betheiligt. 

e Anwendung dpr ernnnnnfpn FliiccirrL-oi’f go hielt 

in die 

« ’ ---—- ——MH**—***' ucauiiders an 

den Nischen und Buchten der oberen Region benetzt werde. Ich wählte 
dazu den Trautmann’sehen Nasenspray von Glas, weil derselbe auch 
dickere Flüssigkeiten zerstäubt. Die sonst gebräuchlichen Apparate mit 
den engen Metall- oder Hartgummiröhren erfordern dagegen eine relativ 
starke Verdünnung des Glycerins mit Wasser. — Ich sprühe zuerst etwa 
jte 1 ccm der Flüssigkeit in jede Nasenhälfte, um nach einigen Minuten 
die inzwischen weicher und leicht entfernbar gewordenen Borken mit der 
Zange oder Pincetto sorgfältig abzuheben. Hierauf wird die Schleimhaut 
mit Matte noch vollends abgewischt, so dass dieselbe in der Nase und 
im Nasenrachenraum ganz frei und rein erscheint. Nun besprüht man 
nochmals energisch die Nasenhöhle nach allen Richtungen und führt den 
Spray allmählig tiefer ein, um auch die Schleimhaut des Nasenrachen¬ 
raums genügend zu benetzen. Die Aufgabe des Kranken besteht jetzt 
lediglich darin, dass er die Sprühung 2—3 mal täglich ausführt. Für 
diesen Zweck existiren im Handel billigere Modelle des Trautmann- 
schen Apparates, welche den Anforderungen durchaus entsprechen. 

Bei dieser Behandlung schwinden die Beschwerden, vor allem der 
Gestank, schon in wenigen Tagen, und die Kranken unterziehen sich um 
diesen Preis gern der kleinen Mühe, ihre Nasensprühungen fortzusetzen. 
Die Borkenbildung nimmt bereits nach den ersten Sprühungen erheblich 
ab, das Sccret wird flüssig erhalten, so dass die Reinigung der Nase 
durch den Arzt bald ausgesetzt werden kann. Ich pflege die Kranken in 
der ersten Woche täglich, dann etwa zweimal zur Reinigung zu bestellen, 
um sie später nur in grossen Zwischenräumen zu controlliren. 

Dieselbe Behandlung wende ich selbstverständlich auch bei der Rhi¬ 
nitis atrophicans simplex und bei der Pharyngitis sicca an. 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin, 15. Mai. Einer der Männer, die zu den hervorragendsten 
Zierden des medicinischen Lehrkörpers unserer Hochschule gehören — 
Hermann Munk — begeht am heutigen Tage sein 25jähriges Professor¬ 
jubiläum. Dem Leserkreise dieses Blattes dürfen wir wohl nicht erst 
sagen, was der Name H. Munk für die experimentelle Physiologie und 
die von ihr befruchteten Gebiete physiologischer Pathologie bedeutet 
— welche Stellung dieser geniale Schüler eines genialen Meisters in den 
Reihen der physiologischen Forscher der Gegenwart einnimmt. War es 
doch Munk beschieden, weit über die engeren Fachgrenzen hinaus einen 
M r eltruf zu erwerben durch seine seit zwei Decennien mit unermüdlicher 
Ausdauer fortgeführten Untersuchungen zur Grosshirnphysiologie, 
die in dem Nachweis der sensoriellen Rindencentra gipfelten: 
Untersuchungen, deren unerhört glückliche Ergebnisse wesentlich auf der 
Munk eigenen sorgsamsten und peinlichsten Durchbildung der Versuchs¬ 
technik im Verein mit scharfsinniger Fragestellung und ungetrübter Ob- 
jectivität in der Auffassung des Wahrgenommenen beruhen! Ueber diesen 
zu universeller Anerkennung gelangten Früchten von Munk’s späterer 
Forschung mögen aber auch frühere Arbeiten von ihm nicht vergessen 
werden, wie die Versuche über Erregung der automatischen Herz¬ 
ganglien durch mechanische und chemische Reize, und besonders die 
wichtigen Untersuchungen über das Wesen der Nervenerregung, 
wobei Munk u. a. die Wasserabnahme in Verbindung mit der Wider¬ 
standszunahme in der Umgebung der Anode, das entgegengesetzte Ver¬ 
halten an den anderen Stellen des polarisirten Nerven im Momente der 
Stronischliessungnachzuweisen vermochte. An diese Untersuchungen knüpfte 
später eine auch für die Therapie indirekt belangreiche Arbeit von Munk 
an, über die kataphorischen Stromwirkungen, wobei durch Ver¬ 
suche an Thieren und Menschen der Nachweis des Eindringens arzneilicher 
und toxischer Substanzen (Strychnin, Chinin, Jodkalium) auf dem Wege 
der Kataphorese erbracht und die dafür zweckmässige Methodik festgestellt 
wurde. Von grosser Bedeutung für einzelne Gebiete der Pathologie und 
Therapie, namentlich für die jetzt so lebhaft discutirte Frage des Mjx- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ödems, sind auch die seit Jahren fortgesetzten Untersuchungen über die 
Schilddrüse, wobei Munk’s Ergebnisse allerdings mit denen anderer 
Forscher, namentlich Horsley’s, zum Theil im Widerspruch stehen, aber 
umsomehr vom klinischen Standpunkte aus erhöhte Beachtung verdienen. 

A. E. 

— Zur Feier des 50jährigen Jubiläums des AerzteVereines 
des Regierungsbezirks Düsseldorf ist von Graf eine kleine, die 
Geschichte des Vereins behandelnde Festschrift (Verlag von Bergmann 
in Wiesbaden) erschienen. Ausser vielen anderen interessanten Einzel¬ 
heiten ersehen wir daraus, dass von den 56 ärztlichen Begründern des 
Vereins heute noch zwei leben: der Geheime Ober-Mediciualrath Eulen¬ 
berg (in Bonn) und Geheimer Sanitätsrath Märklin (in Cronberg). 
Mooren gehört seit 1859 (seit 1880 als Ehrenmitglied), Graf seit 1863 
dem Vorstande des Vereins an. A. E. 

— Der Ausschuss der Preussischen Aerztekammer, der 
am 15. April in Berlin tagte, hat sich, einer Aufforderung des Herrn 
Cultusministers gemäss, wesentlich mit der Frage seiner eigenen Organi¬ 
sation und Competenzen beschäftigt, und folgende Thesen der Kammern 
zur Annahme empfohlen: ..1) Die Thätigkeit des Aerztekammeraussehusses 
erstreckt sich auf alle diejenigen Gegenstände, welche ein gemeinsames 
Interesse aller Aerzte oder die öffentliche Gesundheitspflege in der Ge- 
sammtmonarchie betreffen. Die Selbstständigkeit der einzelnen Aerzte- 
kammern wird dadurch nicht beschränkt. 2) Diese Thätigkeit wird zu¬ 
nächst sein: a) Vorberathimg der von dem Minister der Medicin alange- 
legenheiten überwiesenen Vorlagen. Ueberweisung dieser an die einzelnen 
Aerztekammem zur Berathung und Beschlussfassung. Zusammenstellung 
der Berathungsergebnisse und Beschlüsse der einzelnen Aerztekammem 
und Berichterstattung an den Minister, b) Vorberathung der von einzelnen 
Aerztekammem oder von Mitgliedern des Aerztekammeraussehusses an 
den letzteren gerichteten Vorschläge und Anträge, insofern solche zur 
Thätigkeit des Aerztekammeraussehusses gehören. Ueberweisung dieser 
Vorschläge und Anträge an die einzelnen Aerztekammem zur Berathung 
und Beschlussfassung. Zusammenstellung der Beschlüsse der Aerzte¬ 
kammem und Bericht an alle Aerztekammem beziehungsweise Erledigung 
im Sinne der Beschlüsse der Mehrheit der Aerztekammem. 3) Der Aerzte- 
kammerausschuss tritt jährlich im Frühjahr und Herbst zusammen, ausser¬ 
dem wenn der Vorsitzende solches für nothwendig erachtet.“ 

— Mit dem demnächst zu eröffnenden medicinischen Waaren- 
hause soll eine Auskunftsstelle über Badeorte und Heil an st alten 
verbunden werden. Dieselbe wird an Aerzte und auch an das nichtärzt¬ 
liche Publikum Auskunft über die allgemeinen und zeitigen Verhältnisse 
in diesen Orten und Anstalten, sowie passende Reiseverbindungen u. s. w. 
ertheilen. Auch wird für Nachsuchende in den Curorten und beregten 
Anstalten Unterkunft vermittelt werden. 

— Am 2. und 3. Juni dieses Jahres findet in Baden-Baden die XIX. Ve r- 
sammlung der südwestdeutschen Neurologen und Irrenärzte 
statt. Geschäftsführer sind Professor Naunyn (Strassburg i. E.) und 
Direktor Fischer (Pforzheim). 

— Dr. M. Benda hat sein öOjähriges Doctorjubiläum gefeiert. 

— Die durch den Tod von Theodor Billroth und A. Luecke 
verwaiste Redaction der im Verlage von Ferdinand Enke in Stuttgart 
erscheinenden „Deutschen Chirurgie“ haben die Herren Geheimrath 
Prof. Dr. E. v. Bergmann (Berlin) und Prof. Dr. P. Bruns (Tübingen) 
übernommen. 

— Frankfurt a. M. Der von dem Senkenberg’schen Institute 
alle vier Jahre für die beste Arbeit auf dem Gebiete der Kinderheilkunde 
zu verleihende Stiebel-Preis wurde Dr. A. Hoffa, Privatdocenten an 
der Universität Würzburg, zuerkannt. 

— Nie heim. Dr. F. W. Weber, bekannt durch seine Gedichte 
„Dreizehnlinden“, „Goliath“ u. a. ist im Alter von 80 Jahren gestorben. 

— Strassburg (Eisass). Prof. Lücke hat der hiesigen Universität 
seine chirurgischen Instrumente und ein Capital von 10 000 Mark, über 
dessen Zinsen die medicinisehe Facultät frei verfügen darf, testamentarisch 
vermacht. 

— Wien. Für die Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte, welche in den letzten Septembertagen dieses Jahres in 
Wien abgehalten werden wird, giebt sich schon, jetzt rege Theilnahme 
kund. Die allgemeinen Versammlungen werden im grossen Musikvereins- 
same stattfinden. Es sind im ganzen drei allgemeine Versammlungen geplant 
und für jede derselben sind zwei Vorträge in Aussicht genonömen. Ausser¬ 
dem werden fachwissenschaftliche Vorträge in jeder der 40 (!!) Sectionen 
gehalten werden. Viele derselben sind bereits angemeldet. Für diese 
Vorträge ferner für die Sectionssitzungen hat der Rector der Universität 
ehmigun ^, des T Unterrichtsministers das Universitätsgebäude zur 
Verfügung gestellt. Im Universitätsgebäude werden auch die natur¬ 
wissenschaftliche und medicinisehe Ausstellung untergebracht 
werden. Auch eine besondere Ausstellung von Lehrmitteln für 
Mittelschulen ist m das Programm aufgenommen worden, und nach 
den bereits vorhandenen Zusicherungen wird dieselbe nicht bloss aus 
2! s p te Ä sondern auch aus dem Deutschen Reiche beschickt werden. 
E* Fa l T irf daS Ve f^ U g en der Theilnehmer wird durch Aus- 
fluge auf den Kahlenberg, nach Greifenstein und durch eine Gesammttour 
aui aen bemmermg gesorgt werden. 

w . ~ Für Neubesetzung des Billroth’schen Lehrstuhles hat die 
Wiener medicinisehe I'acultät die Professoren Czernv (Heidelberg 
?nri S . e u l bttUer(I L- ag) und Mikulicz (Breslau) dem Unterri?hteZisSm 
vorgeschlagen. Neu zu besetzen ist ausserdem noch an der Wiener 

R.fti^ r t° feSSU Tf ttr .. Au g™ h eUkunde, die durch Stellwag von 
Lanon s Rücktritt zur Erledigung kommt. 6 


— Rom. Auf der internationalen Ausstellung für Medicin und 
Hygiene sind ausgezeichnet worden: Das Kaiserlich Deutsche Gesundheits¬ 
amt mit dem grossen Ehrendiplom (dem höchsten Preise) — der 
Magistrat von Berlin und München, der Senat von Hamburg, das 
Preussische und Sächsische Kriegsministerium, dos Ministerium des Innern 
von Baiern, Sachsen etc. etc., ferner die Professoren Salkowski, Brieger, 
Kossel (Berlin), Jaffe (Königsberg) u. a. mit Ehrendiplomen. Ausser¬ 
dem haben viele deutsche Aussteller (Aerzte und Geschäftsfirmen) goldene, 
silberne und broncene Medaillen erhalten. 

— Universitäten. Göttingen. Dr. Friedrich Merkel, 
Professor der Anatomie, feierte am 4. Mai sein 25jähriges Doctoijubilaum. 

— Professor Orth ist zum ordentlichen Mitglied der mathematisch- 
physikalischen Classe der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften 
ernannt worden. — Halle a. S. Der Professor der Hygiene Dr. Renk 
ist nach Dresden als Director der chemischen Centralstelle für öffentliche 
Gesundheitspflege, Mitglied des Landesmedicinalcollegiums und ordent¬ 
licher Professor am Polytechnicum (Nahrungsmittelchemie, Gewerbe- 
und Wohnungshygiene) berufen worden. — Königsberg i. Pr. Dr. 
E. Czaplewski hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. — 
Rostock. Privatdocent Dr. Lübarsch ist zum ausserordentlichen 
Professor der pathologischen Anatomie ernannt worden. — Lemberg. 
Der Professor an der Thierarzneischule in Lemberg, Dr. H. Kadyi, wurde 
zum ordentlichen Professor der Anatomie an der medicinischen Facultät in 
Lemberg ernannt. — Wien. Dr. Maximilian Sternberg hat sich als 
Docent für innere Medicin habilitirt. — Budapest. Dr. Julius Donath 
hat sich für Nervenheilkunde, Dr. Paul Terray für innere Medicin 
habilitirt. — Bologna. Dr. G. Brugnoli, Professor der Pathologie, ist 
gestorben. — Charkow. Dr. A. Tscherewkow hat sich als Privat¬ 
docent für Physiologie habilitirt. 

Die Herren Collegeu, die Curdirectionen etc« werden ergebenst 
ersucht, die für die nächste Ausgabe des Belcbsmedicinalknlenders 
(1895) nötliigen Mittheilnugen schleimigst an die Redaetlon, Potsdamer« 
Strasse 116, einznsenden. _ 

XV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke n. s. w. Index 
me die us. A. monthly classified record of the current medical literature 
of the world. Compiled under the Superrevision of Dr. John S. Billings, 
Surg. U. S. Arniy, and Dr. Robert Fletcher, M. R. C. S. Eng. Vol. XVI, 
No. 3. Boston und Detroit, George S. Davis, 1894. 

Sitzungsberichte der Niederrheinischen Gesellschaft für 
Natur- und Heilkunde in Bonn, 1893. Bonn, in Commission bei 
Friedrich Cohen. 1893. 

Sammlung pädagogischer Vorträge. Herausgegeben von 
Wilhelm Mefer-Markan. VI. Bd., 12. Heft: Stimpfl, Physiologie 
und Pädagogik, ein Aufruf an die Physiologen, Psychologen und Hygieniker. 

— Hamm, Die Hinaufrückung der Strafmündigkeit vom 12. auf das 
14. Lebensjahr. Bielefeld, A. Helmich, 1894. 

M. Wormser, Pfarrer Kneipp im Lichte der Wissenschaft. 
29 S. 0,75 M. Berlin und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. .... 

Fünfzig Beiträge aus dem Gebiete der gesummten Medicin. 

Festschrift zur Feier des 50jährigen Jubiläums des Vereins der Aerzto 
des Regierungsbezirks Düsseldorf. 580 S. Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann, 1894. 

Anatomie« N. Rüdinger, Cursus der topographischen 
Anatomie. III. Auflage, 221 S. 9 Mark. München und Leipzig, 

J. F. Lehmann, 1894. , ' 

Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgeschicnte. 
Unter Mitwirkung von K. v. Bardeleben, D. Barfurth. R. Bonnet, 
G. Born. J. Disse, C. Eberth, W. Fl emmin g, C. Golgi, F. Hermann, 
C. v. Kupffer, F. Merkel, W. Roux, H. Strahl, M. Strasser, 
W. Waldeyer, E. Zuckerkandl, herausgegeben von Fr. Merkel unfl 
R. Bonnet. II. Bd., 1892. 669 S. 25 M. Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann, 1893. , 

Angenheilkunde. Schmidt-Rimpler, Augenheilkunde una 
Ophthalmoskopie. Für Aerzte und Studirende. Wreden’s Sammlung 
medicinischer Lehrbücher Bd.X. VI. Auflage: 646 S. 14 M. Berlin, Fnedncn 
Wrcdßn 1894 

A. Nieden, Der Nystagmus der Bergleute. 140 S., 10 Tafeln. 
8,60 M. Wiesbaden, J. E. Bergmann, 1894. . , 

Chirurgie. F. J. Rosenbach, Ueber die tieferen eiternden 
Schimmelerkrankungen der Haut und über deren Ursacne. 
Beobachtungen und Untersuchungen aus der Göttinger chirurgisc en 
Poliklinik. 43 S. 4,60 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. , 

Epidemiologie. B. Boucek. Die Cholera im Podebrader BezirK. 
Eine epidemiologische Studie. Aus dem Böhmischen übersetzt v0I } Qü j'’ 

K. Maade. 48 S. 2 Mark. München und Leipzig, J. F. Lehmann, 1«9±- 

Geburtshilfe und Gynäkologie. R. v. Steinbüchel, Ueber Ge¬ 
sichts- und Stirnlagen. 98 S. Wien, Alfred Hölder, 1894. 

H. Fritsche, Die Krankheiten der Frauen. Für Merzte un 
Studirende. Wreden’s Sammlung medicinischer Lehrbücher. Band 
VI. Auflage. 554 S. 11,40 M. Berlin, Friedrich Wreden, 1894. 

Berichtigung. 

In Np. 17, p. 380, Zeile 27 von oben liess: von Lesser statt Leser. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Original ffom 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




Donnerstag_ __ ^ 81. 24. Mai 1894. 

DEUTSCHE 

MELICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Ber&eksichtigong des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet tob Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Br. A. Enlenbnrg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Liehtonsteinallne 8. Potsdamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 3L 


I. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn 
Prof. R. Koch. 

Ueber die quantitative Bestimmung von 
Dipbtherieantitoxin-Lösungen. 

Von Stabsarzt Professor Dr. Behring und Sanitätsrath 
“ Dr. 0. Boer. 

Unter den verschiedenen serumtherapeutisehen Aufgaben, 
welche durch Laboratoriumsarbeit zu erledigen sind, nimmt 
die zahlenmässige Bestimmung des Antitoxinwerthes eine der wich¬ 
tigsten Stellen ein. Wir haben in gemeinsamer Arbeit jahrelang 
uns dieser Aufgabe unterzogen. In Folgendem wollen wir zunächst 
eine historische Darstellung des Entwickelungsganges der quanti¬ 
tativen Antitoxinbestimmung geben und dann die experimentellen 
Resultate einer Werthbestimmung nach der gegenwärtig geübten 
Methode mittheilen. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen 
Versuche soll später in der Zeitschrift für Hygiene erfolgen. 

In der allerersten Zeit nach der Entdeckung specifischer Blut- 
antitoxine wurde sofort auch das gegenwärtig geltende Princip der 
Werthbestimmung angewendet. Dasselbe besteht darin, dass anti¬ 
toxinhaltiges Serum ijdt demjenigen Gift gemischt wird, gegenüber 
welchem das in Frage kommende Antitoxin zerstörende Wirkung 
hat. Die Giftmischung wird dann einem Thiere incorporirt, für 
welches das in der Mischung enthaltene Gift vor dem Serum¬ 
zusatz eine sicher tödtliche Dosis repräsentirte. Man erkennt ohne 
Schwierigkeit, dass dieses Princip der Werthbestimmung, welches 
für alle Antitoxine Giltigkeit hat, mit der Titrirungsmethode 
Aehnliehkeit besitzt. 

Eine präcise Durcharbeitung hat die quantitative Antitoxin¬ 
bestimmung für das Tetanusantitoxin durch Behring und 
Knorr erfahren. In seinem Buche „Infection und Desinfection“ hat 
sich Behring hierüber Seite 163 und 164 und an anderen Stellen 
eingehend ausgesprochen. Man findet dort die Begriffe Normalanti¬ 
toxin und Normalgift genau definirt. Es ist daselbst aber auch schon 
darauf aufmerksam gemacht worden, dass im Princip es ganz will¬ 
kürlich und auch ganz gleichgiltig ist, was man als Normalmaass 
umunt. Gleichwie die Längenmaasseinheiten, die „Handbreite“, die 
„Fusslänge“, die „Mannslänge“ für verschiedene Personen sehr 
schwankende Grössen sind, so ist auch die Normallösung des Anti¬ 
toxins nur für die Inhaber derselben eine constante Grösse, und nur 
solche Personen sind legitimirt nach Behring-Knorr’scher Be¬ 
rechnung ihre Tetanusantitoxinlösungen zu bezeichnen, welche von 
dem Anerbieten dieser Autoren, die von anderer Seite herstammen¬ 
den Lösungen auf die im Institut für Infectionskrankheiten auf¬ 
bewahrte Normallösung einzustellen, Gebrauch machen. 

Für dass Diphtherieantitoxin ist die endgiltige Durch¬ 
arbeitung der gleichen Methode erst im Jahre 1893 erfolgt, nach¬ 
dem Behring sich mit Ehrlich zu gemeinsamer Thätigkeit ver¬ 
einigt hatte. Bis dahin war die Werthbestimmung des Diphtherie- 
VOn nnd Wernicke einerseits, von Behring 

und Boer andererseits, nach wesentlich verschiedenen Gesichts¬ 
punkten ausgeftihrt worden. 

Nach der Entdeckung des Diphtherieantitoxins kam zunächst 
zwar die Mischungsmethode zur Anwendung, bei welcher Diphthe- 
egift und Diphtherieantitoxin zusammen unter die Haut oder in 
e Bauchhöhle, von Meerschweinen eingespritzt wurde. Wenn 
dann eine tödtliche Giftdosis durch den Serumzusatz unschädlich 


geworden war, so wurde daraus auf die Anwesenheit von Anti¬ 
toxin im Serum geschlossen. Je geringer die Serummenge 
war, die zur Giftzerstörung ausreichte, um so grösser war der 
Antitoxingehalt des Serums. Aus mehrfachen Gründen wurde 
dann aber diese Methode für längere Zeit verlassen. Einer dieser 
Gründe war der, dass dio Beschaffung von so starkem Diphtherie¬ 
gift, welches auch schon in kleinen Dosen für Meerschweine ein 
sicher tödtliches Gift ist, in früherer Zeit (1891) auf grosse 
Schwierigkeiten stiess. Ein anderer Grund war dadurch gegeben, 
dass die Beziehungen zwischen dem Grade der erworbenen Im¬ 
munität und dem Antitoxingehalt der immunisirten Thiere ein be¬ 
quemeres Werthbestimmungsprincip in Aussicht stellten. Es hatte 
sich nämlich gezeigt, dass mit der Steigerung der Immunität eines 
vorbehandelten Thieres auch der Antitoxingehalt. im Blute steigt. 
Gesetzt den Fall nun, dass diese Beziehungen ganz constante und 
in gesetzmässigen Proportionen sich bewegende wären, so hätte 
man gar nicht nöthig gehabt, unter Verbrauch von Gift, Antitoxin 
und Thiermaterial die Werthbestimmungen auszuführen, sondern 
man hätte aus der Immunitätszunahme den Antitoxingehalt durch 
Rechnung herausfinden können. Das wurde in der That zeitweise ver¬ 
sucht, aber schon in der Arbeit von Behring und Wernicke 
im XI. Bande der Zeitschrift für Hygiene (Ueber Immunisirung 
und Heilung von Versuchsthieren bei der Diphtherie) wurde ge¬ 
zeigt, dass ein gesetzmässiges Verhältnis zwischen dem Grade 
der erworbenen Immunität und dem Antitoxingehalt des Blutes 
nicht besteht. Es blieb daher nichts übrig, als dass wir wieder 
zur direkten Antitoxinbestimmung zurückkehrten. 

Behring und Wernicke, später Behring und Boer arbei¬ 
teten dann eine Methode aus, welche auf der Thatsache beruht, 
dass das Diphtherieantitoxin auch gegenüber der Infection mit 
lebenden Diphtheriobacillen einen Krankheitsschutz gewährt. In 
unserer Arbeit, „Die Werthbestimmung des Diphtherieheilserums 
von Behring und Boer“ (Behring, Gesammelte Abhand¬ 
lungen Theil II, Seite 335) haben wir eingehend die hierauf be¬ 
ruhende quantitative Antitoxinbestimmung beschrieben. Gelegent¬ 
lich der Anwendung dieser Methode wurde auch der Begriff des 
Diphtherienormalheilserums eingeführt (Behring, Ges. Abh. Th. H, 
S. 118). Das Normalserum wurde damals als ein solches definirt, 
welches eine sichere lebensrettende Wirkung hat, wenn es. in der 
Menge von 1:5000 lebend Gewicht Meerschweinen unter die Haut 
gespritzt wird, die mit dem Zehnfachen der für sie tödtlichen 
Minimaldosis von einer zweitägigen lebenden Diphtheriecultur in- 
ficirt sind. Die Wahl dieser Methode wurde u. a. aus folgenden 
Erwägungen als sehr zweckentsprechend von uns betrachtet. Das, 
was wir von den Eigenschaften des Diphtherieantitoxins erfahren 
wollen, ist zuletzt immer seine Wirkung gegenüber der Diphthe- 
rieinfection des Menschen. Nun hat man ja zweifellos den Act 
der Infection beim Menschen nach Analogie derjenigen experi¬ 
mentellen Infection aufzufassen, welche durch lebende Bacterien 
effectuirt wird, und so lag die Deduction nahe, dass für die Dosi- 
rung des Antitoxins zum Zweck der Schutzwirkung und Heil¬ 
wirkung beim Menschen diejenigen quantitativen Verhältnisse 
maassgebend sein müssten, welche bei solchen Thieren gefunden 
werden, die nicht mit dem fertigen Gift, sondern die mit lebenden 
Bacterien inficirt sind. Diese Schlussfolgerung hat sich aber nicht 
bewahrheitet, vielmehr haben die fortgesetzten Beobachtungen am 
Menschen ergeben, dass der Antitoxinbedarf für den &P h ™ e " 8 ' 
gefährdeten und diphtheriekranken Menschen erst daun annähernd 
aus den Resultaten der Thierversuche erschlossen werden kann, 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






m 


DEltSCHE mmomSCME WOCHEiS t SC:HBIFT : 
de$ Körper gewichkos, der 


Ko. 21 


do^ts vom THphtberjA^fL In aiir.uJB-t»ej|a»n a»um*n a um«-» 

*m%*n shc diVVeth&ttS&s* demjenigen prWvh '<i}.P- A 

o-if-jfIi'i'ji, sep)t ili hei. eil» ein j^ri.ti kqu i» I»cbaudfetat t Mtnu?*hßti in. Kn>ü;< 
kommet r ln düm Z-AW-fc. durften wir itfohf die Misch Tiiig$m*thtJtl< 


vkdttf a^Mi unter Berflfck&iebtiguife, , . ,„. r ~ .. . >-,. 

Rt*FUnm«&* die. ineorparatmu von fertigem (mH brnüQQ 1%P 
Vir- ju*U«n-'fjnAwegfm lumpufelmfe vvmtejri) VersuohsreibfO darüber 
»nm»sieUf welch.i der Werth deöv oben db&urtcA Nonnafeernms 
i’sT wenn ' man als Ausgang für die Uütor^ehui.g diphteim 
vergiftete Memschweiim nftumL Hierbei. stände« mehrere * ega 
offen' einmal in Bezug mit die GrWse der zu wjihfendim (.hMvw> 
daun in Bezug aal die Appiication^vn^e der-mlbeu; und endlmh in 
ß,, ZU 6- auf die Frage, ob man als Eofemfeiöi» dir Yferbütungfedm 
alloem«nuHi mul looalan Giftv/ivVung anfxu&tsfiou bat, otlör 
den 1obeTi3wH‘.#eir Effech Ww den ersten Fimkt betrifft, «0 

wühlten wir das zehnfache der ganz. F.mjufe UhHIfehen - Miuimar- 
,{.wi: vom tJiniaiVei-iogid, Tn Bezug auf die- fe-hfen Linderen Punkto 
: - k. - - . * " jjjäp“*-** gfeluh «ü ge- 

‘ "Aäge 
Äiiselniiig^nd.iiode 

ab^eudrn sonder)», wir mussten Gilt, und Antitmdli veräcln«- 
nenun Kfepmc-iiFlteu omsprfezfes und uis Eiülrew'timt wdhftyn W 
,ii,. srMioi.de Wirkung, auf ‘.vfebe v* .ja auch Mrn Meusmhen. 

Io 5 ,k! Aiiiir.oxinh‘d!A)öfIi!«^ -.immer ankn-nimi,; 

•-. JisOJosMiat aiisserunimiffuHi mfelmrlmr vnrftUdchowtor Ver- 
fotriw [mfe -Ach m die vmmen Wurfe zusamineniaason (Aus. Abh 
Tli fl; p if'Ü). d?fes wlf'ötfml mehr vwVlltuXh» zw LebbimreHmig, 
eines mit der /eüofefevm sicher fefe fernen Minimaidosis v er gifteten 
Meej'Sidnvtia^ brauchten, äfe H*r Erfofebunp des gick-Höft Effectes 
orfoiHerlirU war. wem* ein Meerschwein .mit der zehnfach todtlidum 
-Ä&iö Vmi üiner IvUenden Gölte Hdfeirf worden war. 

Vir hulmo dann, weiterhin noch Angaben darüber gemacht 

((fe*. Aldi. Th. 11. p 833—344\ wo) eben Hm Uw er th unser Kor mal- , 
senim bei vergift «‘Um. und mit fefemdffe Gülte mheirfetGThfercm | 
betet. Wir verweisen hi dieser Beziehung an! dio OriginalyTlmit I 
und Welfen jetzt üfewcWHO, zu iferjenfern Wcjtbbmd immune i 
metUode, wehdie gteHteVrtig. von u.ui angpwö'fobd. wird Biese ; 
VVerrMjoytiminuoii-tirfcMhod«* ist die erxft*rW;itmto Miarhna^s’rudhorfOe { 
weldiu auf den Jufn.eViotj;?uu‘>diis beim■ Airuseüöu. keine Bib kaiebt j 
nimmt, dir trobrdmir «buP adtciö jdtn Bodenlrnn an^uwfjndöt werden •] 
kVm> 'vin foigendo Erwögmfi»nü V»oWeisen werden/ j 

Es Bl seldsiA’vTstflndiicii, dn^s die Eenntniäs davon, was eine j 
Auti(oÄti:bVuug . b*d)u sBjrhtheriebmb'ohieii uud rtifMberntkrruiknu 
Meusrfo.ü iomtrt. liiosjs durch «lirekt-e Versuoim am Mensclien er- 
r*biid-»t wordöfi kami, Allo es;per jmenfelieji Autito^i.&hnstiörmntig»?.«. 
sjjid nur ab Halfernittd für die Krreielmug jener Rimatutöö 
trachtetj die stets der EnLfeweßk: auoh bei unserer Laboratoriums- 
:uiH;it ^ehlirbeii ist., piirch die veremigton Arbeiteü; zuerst von 
Behring und v\>tiii-ke. dana von Bohriug and Ehrlinh, m 
(Löfeeinsrbafv mit vielen Klinikern um! pmktisrlMm Aerzton, sind 
Wir jetzt über die LeistungsfäliiA’krU. des Dipktöerieantitoxjue beim 
Menschen aus fr feilend iinterncbtot. Nachdem durch die .oben ge- 
bildert «11 '' n <■ is 3" i rvmgs versueho ah Thißren io Inende ThateA'.-bm« 
f^stgjfe't.öllt- w.uren: 

1, das-s dafe Antitoxin unschadlirh ist, 

. Ak dass das J>ipbkheri^ü.tit^>s.jti sowohl SebiUzwiikuug wie 
Heilwirkung bei Thieren ausübl, mügen dieHoiben, mit jebo-uder 
CHdtur oder tnit DipUHreribglft ♦afioirfr seih, 

duritr an den Vbrsüejt herongegaiigen werdmi.ahcli bamMensehe« 
über den fmhnuüsirvmg^werth und tilier. den H : eid\vortdi Krmiuungeri 
zu sannufeu. ' i).i«w;o Erfabrimghi: worden in Bezug auf den Immuni- 
«irUngewoi'Hr Sjditei whiüdbo^ciit viordfefi, io Bozug aut dmr HfeL 
• Werth lasse siuij das KnsnlUt kurz■ dahit» zusn.ro nion^sscw, ditse die 
Cdphilwie dos Mnhsdhen Im acut eh ßtadinm erfulgroirh in.it dmn 
DifddAork*aotitoAm bekaciidl worden kiauu wenn. 50t> bis l'pÖO Anti- 
tösinaormalibnhei tm umurfmlb v>ü kurzer Zeit dyn Kranket) unter 
die flaut geSpHtzt werden. . 

Für die yorantwortuogßvoUan Versuche an Monsolten war dir 
Kemitdirs von dem diffurßntr« A<i^fei^hfesd«rf ühte Ver^chiödnneu 
WrsuchsbetHhgtmgm v-.on.. der •••3J]«rgrö»stvii Bedoutimg; jn 'f»ah 
kann jetzt geradezu sagen, dass ohne die vorher gesoliildyrten 
Thiervvrsu« lie die Schütz Wirkung und die Heil Wirkung des Dipli* 
UmrieauHtimiis uborhrnipt iiiolit Ttir dun Menschen hUti* nutzbar 
gemacht wmdeö U«»imen. Nur durch (juAntitnt.i ve (intersuehuic 
gen der rdrerAvAiititcn Art konnte die irrige Meinung aus der Welt 
geHfiiafff.'wurden, dass das liiphthurieautiioxin ein fermentartiger 
Stoff sei. bol weifema es keinen, grossen Unler^ebied jmeiioicbt. ob 
wir viel oder wenig davon anweuden, Mit ui<* aliu.an U h iiarucr 
hübet gcfife’dmuen Iloüwirkuugcu im ExpHnnmnt konnten, trotz 
mäi)nigf-«o-!*•'<' \fi.vse* fidg!-. die Zuversicht aufrecht, »■rhalt-en. <ht&& mit 


lb-otrnjig nueh beim MVnrajicm unzwokfeoLge 
ioige sinh gdmd.feinn- würden.. Nur dio durch jene absolut beweis- 
iDliltigoo Thfervmfeunhr geKdmffone w iHScnsc h ft ft) ich o' Grundlage 
komifc dazu führen., dass das onJmsicgbnr orschimimm Mn^träueii 
der itrztiieben Weit üliorwuiufeu wurde und du^s iiervomigemio 
Kljhikes wf ofdcciiv^i Prüfninr de*.* rrnwi Mitiofe sich borcit finden 


Hessen. Jetzt, aber haben alle jene Thierversuche, welche jahrelange 
Arbeit mehrerer intensiv fbätiger Expetiiböntatotöii und viele bm- 
send Meer^'hweiüb erforderten., keine aetuöDe Bedeutung mehr. Was 
interesfjrt uns jetzt noch, wie viel Antitoxin ein Moers oh wein 
braucht, um b>H dar Infeution mit der «jm&rben öder- z^Jmferh 
tüdHieben Miöiwaldnsfe von ieheoder Gulrur gesfAditzl öder gekeilt 
.zu worden! Was. hat m für mm praktische Bedmnuug, 
zu wissen, wofehöH Verhältnis^: für Meerschweine ho« 
£<tcht. zwfefeion der Wirksamkeit des Antitoxins gegenüber den 
leben »len T>iplitheriid.»agfibui um! gegenüber dem Diphthoricgfft’ 
Weichen Zusammenhang hat mit der actus 11 geward'muö DiphthöPie- 
beUnogstrago dio suuh'lc iUtts» hfednrig darüber. ob dm Li‘h»«iss- . 

rettung oder die jede lokale ReacUcm verhütende AntlMxmwb'feang 
bei der quahUtativMi A nnrnxmbestimmiwg nfe KudreaeMuti anzu- 
sehen feil Was- wir jetzt einzig und allein über »He physiol^k 
schon Eigen schäften des Antitoxins ?.o wissen nöth ig 'haben,' ist ’ 
die Antwort auf die Ei-ngt*; „Reicht fehe gegebene Antitoxmlösung 
aus, um BeHwirkung oder Schutz Wirkung- bei der iHplithene 

das Mense.lioi) zu guvWihrleistonN' 1 

Hüter ZugTandeh^gnug nn ^ ni e r Kurndilninlioit Ist >s jetzt - 
,gabz glon'hgüRig, svciehe Methode mw anwendot, mn den' fioib 
woril* cii»40' AnUtoxiahfemk? zu Uuechuen. Am mdomltetea bud 
siidüfestCf* urbmict nurn .über mit dev 'Mischnngsiriethade».:-. 'ßm .. 
du; Ausarbeitung. derselben hat aktv Feof, Ebrliüh die. 
fen.Vci-flhmsio ei^orhüh; sie wird im Institiif für li>fectio»jskmik' 
hcjten jofe.i uussebüesslkdi üngoWendet mül grubt viel guoHuere 
Roshft^i), fdA alle irhMr äüfgezähftcn Mbihu««fv. ^ fet gar kein 
Zvyidthl, dass' sie -bald Geiheiügdt aller HuLtrsKüher auf diesem 
Gohiöf werdau wird. Aber aueh rtttüh dfteser ist es tdclfe 

jftftgiichv die von ua« gewithfte Nom<xlciu}jcii %mm zu freth-n. .oime 
iöv'wirkli»d>on BesiU des Bchriirg-Ehrlich ^cboit Titers zu sein. 
W y cf aubti -nur weuig Erfahrung auf <.Üo«em .'Qcidotff haj&i' muss-Bioii 
.sageu das^ man schon »lern einen D^ujferat, da*A näflifteh das 
mt Mfenbtiög rbrwötidötg ÜlphtheHegitt „ miudcafce'aA ?efer^ 

fiudja &0 . tödtl&hcu Mjiiijmaldosiö reprüs^ßtirt^, thutgitehlM ^ nuf 
fw?hf voeMCiiiCdcoie Wau* ggfO(*ht werden .iräiin, Vt er heisfpiöfe* 
svofe.,% um gan? sicher zu.- gsh'eu, da« 20iV.hc der- tüdUichtm M'mi- 
maldoais' zur AntRoxinl.msttnimuug wählt, owt-spnebt zweifellos 
doch ebenso jcnctii l)esub*ra.t ; wio dorjmti^e, weicher ->Ws ftlfmdu . 
det fMtlichnn. MinimAldosis . kinitnE K* tn ussto uns daher anfs 
höchste vofwuiidern, dn^s die Rühe rin gfeclxo Fabrik, ohne \mm^ 
TiteivreUung zw kennen, ein rHphthoriwtitöxin in den Haadei' 
hradito, weMt#. sie al^tS^fffOGüö KomalUvmii^ nnchBühf.ing v 
EhrUcli bezmdnmü» Koch vw wunderlicher und Zu nimrgifieliAr 
Abwehr iV.itfordmirf wurde die Sache. »I« die jvac.hprüffmg düteb 
Prot, Ehflieb ergab, dass dir Tikrsteliurigi deb Sc-herlogbscheö '. 
Präparates sehr bedeutend hinter der uuorigen zurürkhheb. Für 
die interespirton Aetzto und für weitere Krcfee mnsütr daher die 
Erklärt)ug ffbgegeh&n werden, dass d»A Siherthg^ofe) Präparat 
den Anforderungm^ wehihe wir öd eine 20f<ichA KerrtutUdsnög 
steifen, nicht eittsprioht. Vom wfesensdudtHchch Btamifevnjtf m$: 
war es urig aber von iuteresse zu effehrcu, worin der inedicimsi-he • 
Keraibor der Fu)>rik. gefehlt, haheu mag, als er »ich in en Vtedeu- 
temien» Gnulc über das 'VeHjältiife& zwischen seinem und wnserem 
Tityr täuschte. 

Aus' diesem Grunde, liabmi wir die. zwar mübevoUe, aber «ehr 

lehneche Prüf wog des- Erdutvi ng'scbetj Präparate.« m der Meist 

vorgetimnm«n dass wir- dir Cot ersuch ung ohne rille Rihk^mbt tun 
I den für unsern Privälgoltmiuh reservirteu Titer Vornahmen. Ba 
i diöjif:- IlntfirKurbuiig in dm» H-dtmou eiu»o- ;r)u.u längst begoeueoon, 
■weit -ansse 1'.luirmd m .:Prfw•feionsbest'invm»mg- Inoempasste, so ist sjc 
mit b'r*<H5sirier Hr{im!lfej»k*ot. on^geiührt worden, wie du * spätere 
genaue Mlttheilung unserer Experftömrce orgebeu wird. 

Der Anoi dnuhg unserer Tei-sucfesreihea war dadurch m« 6 be¬ 
stimmte tlichhiug vm'goBfemebmb dAss wir üü> an fmsere; eigfiBöii 
ii'uher publieirten• Angjihoii. Uber die Aftforduruiigcü: an ein KofWäI’ 
sernm halten inusstcß. IJnscre. .Augfthnn sind folgouJei 

l l eem Nm niuliArum luti bei g;e.Hc-uoter EiüHpciteuüg tmj» 
Gift mul Antitoxilv lebeusrett.emle Wirkung gög^nüber der l-0i»*5£ 
tötHtHölfeiL Dosis v»m» ölhöV. ^ ,.J5Wßi^^ , öt)' ; Dipliibhetieho.uilh^^i|hr »h 
uiuer so grossen Zahl von Meerseliwminen, dass doeert 
gö^idlit 5 000 g beträgt. ' . 

% I emu KaimeöÄum, g: ioheüd 

gowicht, g^genülmu dem zchn^öl)^ der t$dtHöben. (rii'tdo®e u« 
gpetr 6.« n 16,r - Ei asprt-kz u fi & von Gift und Antitoxin. .• 

A 0,1 nem Norumlseimm nontralimH iß* Reagea)?gia«6_ 
dest/outr i\m zeMmlie der ^dHiehOft Miiifamldosfe vom? LdpUtnwrfe- 
gilt für Mnwä^'bwfeiiH Im? zu -UKi g •Sirzi»>ig^mriid^ di 5 ^ pl^ öl x 
eouidsylmn Ges«llsohttft), ta w. bis' zu dOO g (Bi»hi ! iitg, ^wot-u) 
und PesiaföQlion* S, 234). , ... 

Wir beganoeu mit der ml §): gcuaiiöteh: Metiuufe. && 


1L 


aÜfegt e 




24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


455 


II. Ueber Sklerodermie. 1 ) 


theriegift wählten wir ein neuerdings gewonnenes, von welchem 
durch Vorversuche festgestellt war, dass einzelne kleine Meer¬ 
schweine danach noch starben, wenn sie 0,05 bis 0,1 ccm subcutan 
eingespritzt erhielten. Wir kamen infolgedessen zu dem Schluss, 
dass von diesem Gift 0,05 ccm für Meerschweine bis zu 400 g an¬ 
nähernd die tödtliche Minimaldosis repräsentiren. Um jedoch sicher 
zu sein, dass dem wirklich so ist,, mussten wir vorerst eine grössere 
Zahl von Meerschweinen daraufhin prüfen. Wir spritzten an dem¬ 
selben Tage 6 Meerschweinen von 200 g bis zu 520 g die Dosis von 
0,05 ccm unter die Haut. Ein Meerschwein von 200 g starb am 
fünften Tage an Diphtherievergiftung, ebenso eins von 230 g. 
Die übrigen aber, darunter 2 von weit unter 400 g. sind nach 
stärkerem oder geringerem Kranksein am Leben geblieben. Ob¬ 
wohl nun 0,05 ccm den Anforderungen an eine sicher tödtliche 
Minimal dosis in unserm Sinne nicht ganz entspricht, so könnte 
doch jemand, der nicht so viel Thiere in den Versuch hineinnimmt, 
wie wir es gethan haben, zu dem Ergebniss kommen, dass das der 
Fall ist, und wir haben mit Rücksicht hierauf 0,5 ccm als das 
zehnfache der tödtlichen Dosis supponirt, um dem Einwand zu 
entgehen, dass wir sehr hohe Anforderungen stellten. In seinem 
Buche „Infcction und Desinfection“ hat Behring noch eine andere 
Grenzbestimmung für das Diphtheriegift angegeben. Seite 176 
sagt er daselbst, dass von seinem Normalgift, von welchem 1 ccm 
das zehnfache der tödtlichen Minimaldosis repräsentirt, 0,6 ccm 
genügen, um Meerschweine bis zu 600 g in spätestens vier Tagen 
zu tödten. Das hier von uns untersuchte Diphtheriegift würde, 
entsprechend der vorgenannten Voraussetzung, in 1 ccm 20 tödt¬ 
liche Minimaldosen enthalten, also ein zweifaches Normalgift sein 
und müsste demnach Meerschweine bis zu 600 g in der Dosis von 
0,3 ccm pro Kilo spätestens in vier Tagen tödten. Wir haben 
uns durch mehrere Experimente davon überzeugt, dass auch dieser 
Anforderung nicht mit Sicherheit Genüge geleistet wird, da bei¬ 
spielsweise ein Meerschwein von 510 g uach Einspritzung von 
0,15 ccm Diphtheriegift zwar krank geworden, aber nicht gestorben 
ist. Ein Meerschwein von 570 g ist nach 0,185 ccm nur leicht 
erkrankt, und eines von über 600 g hat nach 0,2 ccm zwar lokal 
reagirt, ist im übrigen aber gesund geblieben. 

Man erkennt also, dass bei der Anwendung von 0,5 ccm 
unseres Diphtheriegiftes die quantitative Bestimmung einer Anti¬ 
toxinlösung zu hohe Werthe ergeben muss. Die im Folgenden 
mitzutheilenden Ergebnisse der Antitoxinbestimmung des Schering’ 
sehen Präparates, bei welchem wir 0,5 ccm Diphtheriegift gemischt 
mit demselben einspritzten, sind daher als die höchsten Werthe 
zu betrachten, welche ein sachverständiger Untersucher für das¬ 
selbe im günstigsten Fall herausrechnen kann. '« 

Wir haben nun zunächst angenommen, das Sch'ering’sche 
Präparat würde bei diesen sehr niedrigen Ansprüchen statt einer 
20 fachen eine 10 fache Normallösung sein. Das ist sie aber 
nicht. Die Versuchsthiere unter 300 g bekamen starke In¬ 
filtrate und sind nach 5—7 Tagen an Diphtherievergiftung ge¬ 
storben. Erst unter der Voraussetzung, dass das Scherin g- 
sche Präparat eine sechseinhalbfache Normallösung sei, hatten 
wir die Dosirung so getroffen, dess die Thiere mit geringen Infil¬ 
traten noch am Leben blieben. Also auch bei der nachsichtigsten 
Beurtheilung des käuflichen Präparates muss man zu dem Schluss 
kommen, dass die Schering’sche Fabrik sich um mehr als 60°/ 0 
zugunsten ihres Präparates verrechnet hat. Wir fügen hinzu, dass 
im Vergleich zu der Behring-Ehrlich’schen Normallösung der 
Werth des Schering’schen Präparates noch geringer ist, und wir 
können uns bei den so bedeutenden Differenzen nicht recht er¬ 
klären, wie man auf die Angabe gekommen sein kann, dass wir 
es bei dem käuflichen Präparat mit einem 20 fachen Normal-Diph¬ 
therieantitoxin nach Behring-Ehrlich zu thun haben. Wir 
haben dann noch nach der Methode ad 1 die Leistungsfähigkeit 
des Präparates untersucht, und wir haben gefunden, dass gegen¬ 
über dem zehnfachen der tödtlichen Minimaldosis einer zweitägigen 
Diphtheriebouilloncultur das Schering’sche Präparat noch viel 
weniger leistete, als von einer 6 1 /> fachen Normallösung zu for¬ 
dern ist, womit die Behauptung hinfällig wird, dass Behring früher 
Gm s ^“. wäc ^ er wirksames Normalserum benutzt habe. 

Wir begnügen uns hier, das negative Resultat anzuführen, mit 
dem bemerken, dass die vergleichenden Antitoxinbestimmungen 
dach der Methode ad 1 und 2 noch fortgesetzt werden und in der 
eitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten später mitgetheilt 
werden sollen. 

Es ergiebt sich, wie wir glauben, aus den vorstehenden Aus¬ 
einandersetzungen und Experimenten die Lehre, dass andere Unter- 
efter, solange sie nicht im legalen Besitz desBehring-Ehrlich- 
frihffl 81n t!’ an Sachkenntnis verrathen, wenn sie trotzdem 

vÜ j berechtigt halten, ihre eigenen Antitoxinlösungen unter 
grundelegung jenes Titers zu bezeichnen. 


Von A. Eulenburg. 

M. H.! Wenn ich mir gestatte, die Sklerodermie zum 
Gegenstand eines Vortrages zu wählen, so geschieht es in dem 
Bewusstsein, dass diese dermatologisch und neurologisch so inter¬ 
essante, seltene Erkrankung in den weiteren Kreisen der Fach¬ 
genossen recht herzlich wenig gekannt ist und ihre richtige Auf¬ 
fassung und Würdigung im einzelnen Falle daher mannichfachen 
Schwierigkeiten begegnet. Ich kann mich dafür unter anderen auf 
zwei schlagende Beispiele aus eigener Erfahrung berufen. In 
einem Falle handelte es sich um eine zum Militärdienst einge- 
zogene Person, wegen deren ich von dem mir befreundeten Militär¬ 
arzt befragt wurde. Hier bestand eine zunächst in Plaques auf¬ 
getretene Sklerodermie bereits in ansehnlicher Ausdehnung an 
beiden oberen und unteren Gliedmaassen; das locale Leiden hatte 
sich seit nahezu drei Jahren allmählich entwickelt und war in dieser 
Zeit offenbar stetig fortgeschritten, was aber nicht verhindert 
hatte, dass der Mann als zum Dienste brauchbar eingestellt worden 
war und dann allerdings der Schmerzen und immer zunehmenden 
Bewegungsstörung halber sehr bald im Lazareth hatte unter¬ 
gebracht werden müssen. — In einem anderen Falle, den ich im 
vorigen Jahre zu beobachten Gelegenheit hatte, handelte es 
sich um sehr schweres, universelles Sklerem, das tödtlich endete; 
das zumal am ganzen Oberkörper diffus entwickelte Leiden 
war jedoch zuvor nicht als solches erkannt worden; wegen der 
reissenden Schmerzen und Parästhesieen war anfangs eine Tabes 
vermuthet, später wegen Anschwellung an den Augenlidern 
und auf die Muskulatur bezogener Schmerzen ein Verdacht auf 
Trichinose gehegt, endlich wiederum wegen der schmerzhaften 
Spannungsgefühle und symmetrisch an den oberen Extremitäten 
auftretenden Bewegungsstörung die Diagnose einer Polyneuritis 
gestellt worden. Derartige Irrthtimer sind zumal dann erklärbar, 
wenn das Leiden nicht — wie es allerdings häufiger der Fall 
zu sein pflegt — an dendistalen Gliedabschnitten und überhaupt 
nicht an den dem Blicke ohne weiteres zugänglichen Körpertheilen 
(Hände, Gesicht), sondern vielmehr an bedeckten Theilen, an 
proximalen Gliedabschnitten (Oberarm, Oberschenkel) oder am 
Rumpfe beginnt, wobei die vom Kranken angegebenen unbestimmten 
Symptome, die Schmerzen und manniehfaltigen Parästhesieen, 
Spannungsgefühle, Jucken, Kältegefühle, die zunehmende Steifig¬ 
keit u. s. w. allzuleicht übersehen oder als „nervöse“ Störungen, 
als neuralgische und paretische Erscheinungen gedeutet werden. 
Klagen dieser Art sollten daher stets zu einer Untersuchung des 
völlig entkleideten Körpers Veranlassung geben. Es würde dann 
mindestens die Veränderung des Integuments sofort in die Augen 
springen, und es könnte bei einiger Kenntniss der Sache wenigstens 
in den charakteristischen Fällen von diflus entwickeltem (univer¬ 
sellem) Sklerem die Diagnose wohl kaum irgend welchen Zweifeln 
begegnen. Die brettharte, leichenkalte Haut, die über die Gelenke 
straff hingespannt ist, diese (namentlich an den Phalangen) viel¬ 
fach in difformen Stellungen befestigt, bald ein glattes und livid 
glänzendes Aussehen zeigt, bald weiss entfärbt, an anderen Stellen 
gelbbräunlich pigmentirt ist, weder in Falten abgehoben noch vom 
Finger eingedrückt werden kann — diese ganze Art der Haut¬ 
verdichtung ist so eigenartig und pathognomonisch, dass man sie 
nur einmal gesehen und gefühlt zu haben braucht, um die Sklero¬ 
dermie bei typischer diffuser Verbreitung mit nichts Anderem zu 
verwechseln. Beim diffusen Sklerem des Gesichts ist schon in den 
Anfängen die eigenthümliche krampfartige Spannung und gleich¬ 
zeitige Starrheit der Gesichtszüge, beim Sklerem der Hände die 
deforme Fingerstellung auffallend, wie Sie dies hier an zwei vor 
und nach Beginn des Skierems aufgenommenen Photographieen 
eines meiner Kranken sehr deutlich wahrnehmen. Ich kann Ihnen 
leider einen solchen Fall von typischer Sklerodermie augenblicklich 
nicht vorführen; um so mehr bin ich Herrn Prof. Lassar dankbar, 
dass er mir Gelegenheit gab, Ihnen aus dem reichen Schatze seiner 
Sammlungen einige mit ausserordentlicher Treue nach den Originalen 
angefertigte Wachspräparate hier vorlegen zu dürfen. Wenn Sie auf 
diese Collection einen Blick werfen, so finden Sie vor allem Präparate 
der oberen und unteren Extremitäten mit diffusem universellem 
Sklerem, die ein ganz ausgezeichnetes Bild des Hautbefundes 
sowohl im sogenannten Stadium elevatum, wie im sogenannten 
atrophischen Stadium der Sklerodermie darbieten. Sie finden 
ferner mehrere Nachbildungen von Händen mit den durch das 
Sklerem bedingten charakteristischen Fingerverkrümmungen, 
an die sich weiterhin auch Verdickung der Gelenkenden und ulce- 
rative Vorgänge, besonders an den Streckseiten der Phalangen an- 
schliessen können: Zustände, die man als Sklerodaktylie (Ball), 
als cicatrisirendes Hautsklerem (Wernicke), auch als 

l ) Vorgetragen im Verein für innere Medicin am 30. April 1894. 


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O^ouautitr Lnptui ufbü' mono ding* Wohl mit Köidit mir. als 
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Iddo afobn.i von N e i n v r ;Id04 it H(dt. aiidm-bu i*0lßiiäfc ded^i* 


| im* iijdn, \vffj }«4 dor h^pry ruin^thMfü- «uolit 
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Erkriinkimgiibrm. ^vfi-eio})! diua 

'T>/‘iuru.ßg jnor]>hologiäid) schwer iktrclkührUar &ü}d mag, 

Wiäl 4X11% itSt* s'piiU^' tlkfujg wurdomle , l*kki'i*{l<>nidv. Äffbuh^S, Üu 

‘-Wöjjilrit üikfreton kann um]!.uebmr d}jh{?ni; VtK:ln’.ö!> ] whvfkikömlkc^ W^old. Cdkrlncliv iikhßkiüiii ^54 cti^ilud — Tie! 
HU>&. ; ß-n ek?T(’h)t'ti HM\m Üeckweise. EdtwKiknlUn^ ; ‘h ««inPuny fhü'fc ii« d«i' Hnul sniksi zoerst, ntul dann amHrigend, «ie- 
Sieiirii .«dnlwirgnbt. Aber <•- giabt doch hier idn. wie ich glaubt», e-'imn mn. 1 ) V(»n solchi:n hin'gt-Ü: kann bei der cch'rn 
wooigcioic. rür oiim geci^c H«dH0 sm Pallen eufeoluuijxHMbv^ Kidk- : S h 11 md ci in ir- gc» : ls niim dvn.i,. gein> j ••}« habe immer h«' 
rditu ; • -wellt*. uSnrlif h liicOn s»i ; g6iiftnn{«n Moi-phaca-PImdv-ii.. wiv. *vU‘P | fundou, dass die r*k 1 orod nr{uj <•, Hiag^sio nun vorem • 
tm*‘h ‘ liehaufUid, wird, in.' der Mhat uniVs-i hdl c4«*h siiid odur im y.cll: t'inck w 0 .i-he öder v : g»ir Toniliorbin'’«« • ine-hv ' «Slliu^cr' 
VVlaüi'c aniisiicdisi■!» Avcrdof), <(* habe)) sic Uiit der i’igoid- TukbrcifÜng anämtcj* selbst in ihrer lu.ch.graihger. 
litlroi. .Skierodi-rmie xvöhl m. kor nioMs m (hgu ronl dürften tiusvm j Kimv|rk«;.husg bd-'h^fens zu sehr unl;cdein endhn odef v< ; 

Uidutucn xnm I heil hark »{pn I ciu^ForUirm mit | .%hk kcum«h morkJhrhvn Vorn ndernngen ■ der Bant-sensk 

iierncmigdng wf*r<iMn. i IrilitUt führt; und lvS Ist dje^r {egdmäftMg kchmdr 

Jie'göiivn Bnfmjtr^'m!üd«’/ui elöb sgbK'l|A^fm%Bde Thafgaebe nt.. 


Abgö^fmh Äuk ^bl'dmiv in. Hirvr- HfdT\v;äbiki,mden 

(•“nw'-n., ist {Uo cigoHUifdiiv Skjnrodermic cntstdvicdnn als okto viü:? 

öyltffeiiti AKjrfcröril^ivö^' iiri-z u^tÄ^ri. ' Irfi flikfiT 

md cimii Nannu) von dmn Ocwmhl. KajuwsiV bm/sikrt j^oi: 



»H. KikJo^ bHfil)Hi:jd,e.t.e; luküV'rljiu Tüä.ije iclf }5i4b mmum'’ vovei’T'ahutun 
P)ih)i>:.uifuk Ou 1 ugon 1 1 fdxu«)in Bfüle ftyft. exhuMV f^idseji^ diffu» 
abflTnimulk-t! .•§y , ^uJt , nnip geiiau zii 'und jdifti ^ri»ol! 

oicil Wunhidi K‘iimuübu-tir ts.dliioriMi - • juivU’ hindern Zeit zu. b.o- 
J‘<Rw^h^ ^ ^ituTitlicli iii‘tn jligefklkdluAv 4ml öirtBorou 

)f ClavoxT <kmi 

Uiir 

•Äutöraii d%: 
(nach Kaposi roll. 



im MngeidboiJ iliirku ilc*m Pnic.v.cuohet' bei Anwmuii*ng der mi* 
br'lior! ]'riiluiigMrjct ho.dot) (Ins ik'>i ‘•Iw'.u ei 11 er gcwiSMUi • ifope 
%$ wutdg’ßfuUS idh^Oliwm lildlVtiiUgefi !dü und in elnrnv 

d'iu i! . dm- Fälle Kcliworiich i\nf«gaht*-i». - Ps gilt das; wo- ich ghw n 
berndfkeu wiO, UHfiuiTitlkjjv/br f iKPriitau^ : ii d^i ; vHatk«f»u?^b«)kftt‘ imf 

dem I'lnki,rischen (fanulisehon und gaivanisi h»Mt} Sn'ituo 
wofür jdl oiuo g-mz entrohicdmjc Ucberi'OipUndbnhkek vorhiiüd^ 1 
isi, wodurch Sowohl die rb:‘.sHiu'muäg; .d«>r i>h4x1 v ro«-.utenen SmistüdidU 
’W - au n h die rumh: äh orÄ-tm-üdo öleik^laeivS. WulnrstaniVuiesitana 
iibdri impfjmbllhb ■ cvstdiweid, wird - . feli : halte ß*- üinht fW* ^hspr* 

«»* MdtsVn, da^ >man diese jedunfaUd (tiin%e : «flttl > U4cht»’*w 
siaUVendu Ivrahheumüg mit 'dar nach^ei&liAi'du lirWihng ; hea V-)' 
tungswidei^leadim 4ti tii|fti4oTi ^kfPrtvfjiö'teiif^i in niueh gnv^d.Aseiv " ll • 

»iiin niliexog^n kaiiti. ixidöu? idiinlkdi tliuHS' «hivcli die KÄjfe 
der Baui, t-beiB durclt die kkim> \%rS-MituTig; Om’hnn uotl des 
suhbutafpiii OowehoK daB-Pinilringen dt« Stromes, iij d|o Tiefh cpohwnn. 
und vi.Mxogort w ird, umso dir errognude. Wjrtumir .d«u* Sti’UirilHilAii •aüf 
db: scn.-ihlov: i 1 autruwvwnomJtai.sici» g'femdo wie heiBcmti/ung irorknnr 

wirk! tudcu, bei di*r Ihimciung ü. t?. w; in stürkdrßid Maassi'geifouu 

hNVobi (inrifich, tJrtitH'Sudiöiigen Äther dir l?nähKKu.ci^kßif-^'5 
anfts.tia?ti^hnr ■ Xfaitfcfl.eeko von dev 

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24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


457 


machen, weil der Strom in grösserer Dichte an seiner unmittelbaren 
Applicationsstelle auf das Hautorgan einwirkt. — Erhebliche Her¬ 
absetzungen der specifischen Tastsinnsqualitäten, des Raumsinns, 
der tactilen und thermalen Empfindungen habe ich, wie gesagt, 
niemals nachweisen können. Nur in einem Falle, bei einem von 
mir noch in Greifswald untersuchten Patienten, begegnete ich einer 
an sich interessanten, aber für die in Rede stehende Frage, 
wie ich glaube, ziemlich belanglosen Veränderung. Bei einer 
Prüfung der Empfindlichkeit für Druckdifferenzen näm¬ 
lich mit der von L. Landois angegebenen Quecksilberdruck¬ 
waage zeigte sich, dass an den sklerematösen Hautflecken erst 
sehr bedeutende Zusatzgewichte zu dem ursprünglichen Gewicht 
als solche percipirt wurden, so dass also für diese Stellen 4as 
Weber-Fechner’scho Gesotz nicht zutreffend schien, das bekannt¬ 
lich die Reizstärke dem Verhältnisse des Reizzuwachses zum 
Schwellenwerthe als proportional setzt. Hier waren entschieden weit 
stärkere als die diesem Gesetze entsprechenden Belastungszusätze 
nöthig, während übrigens sonst der Drucksinn, sowie auch die 
sämmtlichen Empfindungsqualitäten sich im wesentlichen normal 
verhielten. 1 ) Ich bin überzeugt, dass diese anscheinende Anomalie 
keineswegs auf functionelle oder materielle Veränderungen in dem 
sensiblen Nervenapparate der Haut bezogen zu werden braucht, 
sondern dass es sich dabei nur um eine den veränderten 
mechanisch-physikalischen Verhältnissen (namentlich 
der starren Verdichtung) des Integuments entsprechende 
Erschwerung der Reizaufnahme und consecutive Ab¬ 
änderung der Reaction handelt. 

Auf die zweite Frage, die Veränderungen des elektri¬ 
schen Leitungswiderstandes bei Sklerodermie, will ich hier 
nur ganz kurz eingehen, da ich den Gegenstand schon in Fach¬ 
zeitschriften ausführlicher zur Sprache gebracht habe.* 2 ) Es wird 
Ihnen erinnerlich sein, dass die semiotisch-diagnostische Prüfung 
des LeitungsWiderstandes ein gewisses Interesse zu erregen begann, 
als Romain Vigouroux (zuerst 1887) auf die bei Basedow¬ 
scher Krankheit stattfindende Abnahme des galvanischen Leitungs¬ 
widerstandes aufmerksam gemacht hatte. Diese Angabe wurde 
in der darauffolgenden Zeit von Martius, mir und Kahler so¬ 
wohl bestätigt, wie auch schärfer umgrenzt, und das den genauen 
Nachweis ermöglichende Verfahren präciser ausgebildet. Es stellte 
sich dabei heraus, dass es sich bei diesem — übrigens keineswegs 
constanten und für Basedow’sche Krankheit pathognomischen — 
Befunde wesentlich um eine mehr oder weniger bedeutende Herab¬ 
setzung der „relativen Widerstandsminima“ und um ein 
rascheres Absinken des anfänglichen Widerstandes (rascheren Ab¬ 
lauf der Widerstandscurve) handelte. Als Ursache dieser Erschei¬ 
nung wurde von mir die bei Basedow 7 'scher Krankheit ja sehr 
häufige Hyperidrosis nebst der dünnen, zarten Beschaffen¬ 
heit des Integuments und der bei Basedow-Kranken über¬ 
haupt nachweisbaren Labilität des vasomotorischen Nerven¬ 
systems (erleichterte Erweiterung und Füllung der Haut- und 
tieferen Gefässe) bezeichnet. Nach Kahl er’s Meinung sollte es sich 
dagegen bei diesem Vorgänge gar nicht um physiologische, son¬ 
dern um einfach physikalische Verhältnisse handeln, die in ent¬ 
sprechenden noch unbekannten Veränderungen der Hautbeschafifen- 
heit jhre Ursache finden. Ich wurde dadurch veranlasst, dem 
Verhalten des Leitungswiderstandes auch in solchen Fällen näher¬ 
zutreten, wo es sich um exquisit krankhafte Veränderungen 
der Haut, und zwar in entgegengesetzter Richtung mit 
Abkühlung, Blutleere, Verdichtung und starrer Infiltration der 
Haut, wie gerade bei diffusem Sklerem, handelte. Es hat sich 
mir wenigstens in drei Untersuchungsfällen als übereinstimmender 
Befund herausgestellt, dass an Hautbezirken mit diffusem vorge¬ 
schrittenem Sklerem, mit Livor, Eiseskälte etc. eine sehr be¬ 
trächtliche Zunahme des galvanischen Leitungswider¬ 
standes insofern constatirt wurde, als die auf bekannte Weise er¬ 
mittelten Werthe für die „relativen Widerstandsminima“ an diesen 
Hautstellen zum Theil ganz ausserordentlich hoch waren — weit 
höher als bei gesunden Controllpersonen und an nicht erkrankten 
oder erst in beginnender Erkrankung begriffenen Hautstellen der 
Versuchsperson selbst. Ein ganz dem meinigen entsprechender 
Befund ist in letzter Zeit auch von Herzog 3 ) mitgetheilt worden. 


Ich möchte dabei besonders hervorheben, dass zwei meiner Fälle 
dagegen sprechen, der Schweisssecretion der Haut einen allzu her¬ 
vorragenden Antheil bei den beobachteten Veränderungen des gal- 
valnischen Leitungswiderstandes zuzusprechen, wie das erst neuer¬ 
dings wieder — auf Grund von Versuchen und in Uebereinstimmung 
mit meiner eigenen früheren Annahme, durch L. Rosenthal 1 ) (unter 
Unverricht) geschehen ist. In zwei von mir untersuchten Skiero¬ 
dermiofällen war nämlich die Schweisssecretion keineswegs (wie 
dies irrthümlich als Regel hingestellt wird) erloschen oder auch nur 
vermindert, sondern im Gegen theil ziemlich copiös und sogar zeit¬ 
weise profus gesteigert (besonders an den Händen). Trotzdem war 
aber eine beträchtliche Zunahme des galvanischen Leitungswidev- 
standes zu eonstatiren. Diese muss also auf noch andere Factoren 
bezogen werden, wobei wohl ausser der Verdichtung des C-utis- 
gewebes auch die verminderte Blutfüllo und die oft ganz enorme 
Abkühlung der Hautoberfläche als die Leitung erschwerende oder 
die Wegschaffung der Polarisationsproducte verzögernde Mo¬ 
mente wesentlich in Betracht kommen. In diesem längere Zeit 
beobachteten Falle habe ich ausser dem galvanischen Leitungs¬ 
widerstande auch, nach dem Vorgänge von v. Frey und Wind¬ 
scheid 2 ) den faradischen Leitungswiderstand der erkrankten 
Hautstcllen mit Wechselströmen zu messen und mit den Verhält¬ 
nissen am Gesunden zu vergleichen gesucht, weil diese Methode 
praktische Vortheile zu versprechen schien, die namentlich in der 
ungleich grösseren Constanz des Widerstandes, in der Vermeidung 
von Polarisation infolge des beständigen Stromwechsels bestehen. 
Ich habe anfangs das von v. Frey und Windscheid beschriebene 
Verfahren genau befolgt, das eine Modification der Ko hl rausch¬ 
sehen Methode zur Bestimmung von Leitungswuderständen im 
Elektrolyten (mit Benutzung des Telephons als Indicator) darstellt. 
Später bin ich, da die mit dieser Methode erhaltenen Ergeb¬ 
nisse nicht ganz befriedigten, zu einem anderen Verfahren über¬ 
gegangen; ich habe mich mit gütiger Unterstützung des Herrn 
Hirsch mann eines Instrumentes bedient, das ich Ihnen hier vor¬ 
lege, des von Bellati angegebenen und von Giltay (Firma T. d. 
Kipp & Söhne in Delft) modificirten Elektrodynamometers zur 
Messung telephonischer Ströme: eines Instrumentes, das 
wegen seiner ungemeinen Empfindlichkeit als Messinstrument 
äusserst schwacher Wechselströme (telephonischer Ströme) ver¬ 
wertet werden kann und bei Einschaltung in die soc.undäre 
Kette die mittlere Intensität dieser Ströme — unabhängig von 
der Stärke des primären Stromes — direkt abzulesen gestattet. 
Durch die gewöhnliche Substitution kann man also hier, gerade 
wie bei den galvanischen Widerstandsprüfungen, den Kürperwider- 
stand ziemlich genau bestimmen. So interessant die Sache nun 
auch ist, so neu ist sie auch, und ich wage deshalb noch nicht, 
auf den bisherigen Befund ein grosses Gewicht zu legen; nur das 
möchte ich bemerken (wobei ich mich auch in Uebereinstimmung 
mit anderweitigen pathologischen Ergebnissen von Windscheid 
zu befinden glaube), dass bei dieser faradischen W ider- 
standsprüfung so bedeutende, den Anomalieen des galva¬ 
nischen Widerstandes vergleichbare Normabweichungen 
durchaus nicht hervortraten, was eben auf das Wegfallen 
des durch die stärkere Polarisation gesetzten Widerstandszuwachses 
zurückzuführen sein mag. (Schluss folgt.) 


III. Eine neue Operationsmetliode der Retro- 
flexio uteri (Ventrofixation des Uterus oline 
Eröffnung der Bauchhöhle). 

Von Dr. A. Czempin in Berlin. 3 ) 

Dio operativen Heilbestrebungen der modernen Gynäkologie 
haben in dem letzten Jahrzehnt auch die Retrofloxio uteri in ihren 
Kreis hineingezogen. Für die Indicationsstellung der operativen 
Behandlung dieser Lageveränderungen gelten auch heute noch die 
strengen Einschränkungen, welche vor vier Jahren in dieser Ge¬ 
sellschaft von Herrn Veit 4 ) aufgestellt und in der sich daran an¬ 
schliessenden Discussion allgemein gebilligt wurden. Auch bei 
sorgsamer Prüfung und Beobachtung der einschlägigen Krankheits¬ 
fälle bleibt eine Anzahl übrig, für welche die Operation die ein- 


- s P^ €ron i m it weniger empfindlichen Instrumenten (meinem Bar- 

asthesiometer) angestellten Versuchen habe ich die in Rede stehende Er- 
S fi mich weisen können. Im Gegentheil erschien die Em¬ 

pfindlichkeit für Druckdifferenzen zuweilen eher etwas gesteigert. 

) Ueber das Verhalten des galvanischen Leitungswiderstandes bei 
Sklerodermie. Neurologisches Centralblatt 1892, No. 1. — Ueber faradi- 
scüen und galvanischen Leitungs widerstand der Haut bei Sklerodermie 
nd emo modificirte Methode der faradischen Widerstandsbestimmung, 
dermatologische Zeitschrift Band I, Heft 4, p. 315. 
qli j ' Herzog, Neurologische casuistische Mittheilung. Ein Fall von 
okierodcrmie. Deutscho med. Wochenschrift 1894, No. 9. 


i) Ludwig Rosenthal, Ein Beitrag zum Verhalten des galva- 
schon Leitungswiderstandes der Haut, Diss., Freiburg i. B. 1894. 

•■*) v. Frey und Windscheid, Dor faradische Leitungswiderstand 

ss menschlichen Körpers. Neurolog. Ccntralbl. 1891, No. 10. 111 " 

iheid, Der faradische Leitungswiderstand des menschlichen Köipera. 
eutsehe Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. II, p. 42 ^ 

») Vortrag, gehalten in der Arbeitssitzung zum 50jährigen btiftungs 
st der Berliner Gesellschaft für Gcburtsliülfo und C..yn ikoleg.c . 

<) Die Indicationsstellung filr die Behandlung der 
eitschr. f. Gebnrtsh. u. Grnilkol. 1890, XX, Discussion, Bd. X\IU. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





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fflSö^nSBIClN) SCHE wQeR£KS£HKB?TV 


VöriheiU ito der Opdrnfciiür u/l&r <U*r Astöistoij: ItifylärAft 
ilcj-Bm« mit B^ittoödo^k’Cdt-y. 'wälihiijd «i' an dtSrö■’. Cv^b 
flrll I.HMU'lniici: ;-l( >-k-»?ndu-Sü'idr- fae.SiHi r»»?J.),. Üiren Gritf Jltd 
kann.' J'Vnitr sinkt.dm’At Hw-.Tirn-rUUnm»* der tinl••r* 1 


l«st Gift Ktmianfö: die Swä* lustlos**. .so ddr r 

a%«teir mit: rt'c^d'\*rItt>Wuiu zDraoksudd.. 'Pm-Aiif-wir<‘ " “ 

»Ü der T*Ka$q$drttt»fö mit. vier ScidttiftMuü «"»-sl'b&ifegs 
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kleines unüa : getfdlol)oiu^dMdoftn:nt^>/iröIId tM ^kmipii. 
n und 1) a 1 und b 1 ist piukfifd.er nU -da» tv.nl« jii* 
drf d-td'Al.’.Ue i r i udf I* 1 und h Ulli (i’t. 0; ~ 


Oüizmwsa und i>mi de* Mdvn auf dun ulohWu'W uimF 
S nJt-iKMö# WjdiiJäitjdur^kGoir.t, 
p&ßh Ffithm ilhiy fi; <’Tfi' 

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üb kotmut- jdtvüs jr*WiOTiü;tv?ß, duiiHier «>{« tfkrFidfkfi* 
K htfU&H bsMott SAtep j t v tritt enndn dlnn 

nW» ^v.tid, -Ui«vh i des eil* W&jSfitoripn- 

^•uwV^lttiA -‘i&inßt ; und ^fjoindy’/ji« 'E'rii'U dmn.e Ate’*■ 
r*H |» *yfi n tiß ßtg fcm iijd a 1 i irrte t . n i c b t «i ft i % }:ua 

MinutoG liid V<*rljiüli •ol)ne.;jM.’ .iBu(u«'r. Am 
ili<i 1 um k #1 *jA< 1 .Vwimndj.f;hi< ht ernnff-ri. ßai .»vveiU'U 
•«U»v.l.j-ft^;dföiaagp .«ntfernf, • 

Ättfili •dJ(vx^liüöB|5\<(4iJ 
vu<f'<*« : fii etvv»iK dt.dn}V.jy.i-oUv.dn>jif »nF die WuVdu juiisvU; 
jHu iAUiunjiti d^iT «idf ftftV Ta'i^ v *J>wf sie aufs^lH^T'- ;öiü 

J/m> wM* •dr>ijrt.i« : .e Ujuifuiioii habe ich am 2. r > Jarniai dies««*»• 
Jahres uii££»jtülirt, Ihi haJiö ich bt-s jvi?t;' eJ» rnaj 

si;ci^ iüir. (duck iY\)0rh 'i ruior dc-rti dji fcWm Immidt-n «Vs' 
virh cimmä} mit FiPt.roflcxhi aicti hei (dm-r \ ; irce Btit starken Ce- 
u hwerdeiu viermal .nid l*eir.in.-\ic pi.w.-rr-Tiild nadi iiri.M.iUiT-n vor- 

«(.liig'e.tiniigCjicit A'imjj.en tuit .kJ’M.'hlniVuoL:' ;rh>; (•ir<ii- ond mv 
Sr,!rtJJe, m» dne- durch f’u^inf keine Udadla'j'^ des rhoMis c).Si<;lf 
^( rden koiuitc. vieiiim! hui Kffroilexio ut.-n imi «irhr odt i nn ni- 
-f'f iim*l:g;ro;ii^('>i l^rObtjjd'UriliiMJ idoriuiüi'j' jnii «innr j^ü"iii|H*ra) t • iis- 
huf rille fi \ieti• Umütif^U*, dir m-d Hi'vmüifi'jl fhivirf o.diist 
Vrhirdd, in», irixico mcJriidU- A liemm 1 >r U n>.ou .■«’»: n 

n[H v riäf:fmi) i%f|o uii> fhdroilhxio uteri dii.i’r juug'en hrau, Jjd; der 
iühiV’tfH'üern Tvwirn oii'c^ J'-’-s-üi>: jvatrsmai narli dem Chn 

hom u di» Kdi'kw:?i-1 .-si>ni<• k h 11»• v/d'flf'j- mtraf. Mit Aüsm»hVm> dm 

'h r.i K ; UlMi) unter «iou ciolmü lili» 1', Ui welcliqn (l|irr.h Knol-'ui' <irr 
I , 'iS8iiHHr'thdfiH- iibdr der Wum köiiye Vorkirimn^ tlnr. JJutrt*'' 

wurnh« riidrat, sind ofle FiHic »|;,U »ohmir. di» WumJc ochnNl 
vci-lUidtt. [q H>loa »* 1 i Füllen 15 <• **; t der U trrus !.»•<«• heute in 
eiiiöf hi*traten iui d f.roh/rdr.tn bcvv r^dtchmi AhiatriKKitni. 
»iifcr der Ha iir?i w u n de, Hnk/trro* y.wot kaum äni1;iil»nj T 
dd »w sieb je inrt v^iUig* reii>« 'i^rt4MAU(rö6ii. Ihwjtbt; 


iiml dir Abknickumr des Reck mb« liid I?hfse Fjbb»* dm. Y 
Dir Kutiefetui wird in dit v ifrf^unlHrfbhrmciiinc 5 ?vbr'nglVi 
niiCjist. üuf die b«tgh dos Oferus und dw Bdirje in) f. 

AVcrl!) irtdect winl Kadi KesirJoeli<iri <1t-i Baurhdcckr 
i^tojtörirhfnn«^ lu der Kinne rdbji-1 ent' vati tjchi 
cutJVrnf oirt jusk - 4 )? V qm Jo; 
ihr Bmididocken üdgflFq^t 
|»rr.vyiH<ej*isi:ho- 

dujfybsthJdd'ciK^^ .HHpnia 

atHöjit von ander »’edrirn^t. Autmi nr<ch‘»ini. ülddr df 
: <i * »v-.is fiv-Ju' ..!•; i'hdtfi.'ii k.->ih'-A^T«.s-.ri .-VtH-’h-iouind (As 
; jwtfi^n= imjorkt »djt der ad... dii 

-fascw idnfniiJavidiJHKmiin. 

Hfif} ifeittc cbötthr^feHh r , 

(Mfuänb-j' rmtlmiiyTJ Söul- *‘trd Veft dei 
l n-rus niittyK Jvr un fVenfr li 
»irrfer des KeKtm.tegni; -hir dir AVilndc 
hc’i'hr'i utis-j-Jiriiijvi; nick» m Hct.varld, da ;-*c It-iti 

5 mtü*A^r/«nto>u ist.’. Jic Xhiiymc SY.cddvd'- 'duti-i; 

•_! “i f ü 1'iprii' v.-rinmief-u d.-h .hu llhic.-iuvv.nd /.ft n,. 
v-.iMi-i CiTdicrit^lj oijuc jctlt. C »iah» (’ia*’T A-?' IrriM »f'let a nn 
kef!fi unTfjjfr.ctij..n-frvfA/'fi werd.{)«;• f hrmubi«?' -stieifl Ihv ni'n ‘sn»»di 
\-an mjr"* r Aöindsjukci *Mtif ■.ciinc.-u« srmAn: nid ciinm 
»ch»i rtc NadiM 'drin-li Ji’.v Ihvim nn.d- Hon Mimmdns rr; nis dnr 'rr.chicH Beit. 
V-i< ifdfti u die iN.^itd dunfud^Jii ! -u. vtlr'F .dnr<'h ciit.^rcriicudr Brnkmi 
•iTi'i hftj)n»a§ der uu Iderün Aikmuhm “Sidyift dir rerldn Tut'ndrckc m 
1 ,,r <- ni lil \\ uufh '.■< hi’n.-rn . di> A.'.j.'i )\.rd vor dm ThSü-uinscrMi) 
'h’ü 1 h»m^ ..mtrolhhit <iidl rtw-ii ;> 4 mm vm 1 dem A< ImiiChnHikl ih 

! etoih.:*- ;.m::ec.o,u Din NeeCd Jnt/didnroit. »h’-nin»ndj- «hm (h; 

! ' v ':- Alt i1<inm ; v Sch lern i h« HrrkiHido Phrdfomurü p:miehi!r di 

fnVdbl-ea : ßatieh-WHnd arid idihnt:Atjvvd- l '.s düt$ifji imd ca. 2 . ChV Inner 
Jned de* i nndu*. i.i'-.f Faden .liech .iUno AcliFm v.ii'i« der Btrllo yur d« 

i iH tumuiruiiutü id-, v,, m Kcimdrlpmikl, de- hmclu-, iv*»?».-•••> e<. lit-:m wie 

'hc Vivii) Vvt.it ci vojltiihif : I'«er idi-»us -ivivd mii liüü. dm : Bdmiii c.dl 


dniiV?n. /uriir-k: 
dasts .'itU' 
trKrrtrs ir^njiYl ein 
* Wiid; dir ifei’ 
- . •Jt<u , n.£r >>ym|>jiy4firif!vnj 
ITuut-scküitl ,jv ü«Ch üOr- Ihckc 
fdi. g MM’u^r Bhduttc, vlini Jimdt 

'juu, r vtfn KJ, tm.j u i'Min viij’.i dn» hVem-. 

die Ad meid i rwfi und dm ji'ciden li<M'ü w-eWIm«. 

h-Ji SM-|-;...• ii 
•. 'ider ’fiyi Klris 
Bifdla nur düilucu 

__.^iarhdrm di':’ - W'fHidfomhm MuschIi t'iu.i-i 

iinn Ü Je »vjirnnJegiliji Bletdefi<5figol stnfh ans- 
im* nF i 'ßhV'‘U''. (ni‘,i ; Jrn> ' AssK't.mitCfi dVr 
‘iijen -Soiidc .wo. tl. .• t.it-i und o.in/ ilt« Hl 
jdir .{.Jiitnc■ kom iui 
v/>dij bj’d td' (Itir’SvmpKj.nh 
tk'fi ih die Withfk, hin An 
div^ji, . Ar i ? 


IV. Heber, hysterisclie Enskelatroptde. 

VuJi IW. l>r. L. Hti’U 

Ks im im ne atjUAlhonfr, WH) nw-.iit, \\r»v.d!mii.;in-mlr -‘llifit.-. 

,f<v»nr>f»i v rrtusi iIbbr;^t>i^yv«v 4 *i{riffj 11 ie r*t‘t»eit♦ »K Pmi; > 1 «Kii 

die mn/mimu LMailJ vcriird, iiuHfcl iifujo Hrduidf-jiHuklf’ cM!ho'H. 

woirho dir hirj’tUT ^n>uiriu6a V* vbgf.il" zw.ai; strd.y n|.;u- 

♦ v L*^4njTu\n lassen. <;{»(-/ lUtrnhmit. Jacht sitol, flttW 

stkridTiitV - dafür m u'lidh^; KsThpi»tdiij.iF .'in^e]iir Xhmktr h»bAn .ib 
■jtrji^Sttr Zpit uH imtri von Tirucm m?tjm<rnohtm, -miir •e«t5aütilta» 
andm 4 Brut'fheVImig uK< K-iihnr, und ck irt vm dbdd z\h 

-{iMtf'-rsdiHt^nider’BododhiiHjr, däss mnu <rRivi^sc rh.rdrin Dir nljm'enuiiri- • 

miftiji jT/iiaUmto A ti s« 1 li ah mi n^*M t tm JKbirt-ri. r^fr giuiz htllon 

tnuc-M-: sh wird iu/iii. iim-lv dcii (öucsii o von Ktritnr- 

pr!l und von Hofi'n! u n u (I H-uiorlio JCt.yr.hr, t- NVrVrhheÜk. JMtkh Üt.i 
jVrndWiiu kantu io- tl«-r l^e seid, Jir shUhik IJiiKTrsrtittidOtd; 
,7,\vmcli0ii -jiiimlrr und mvojml !|irid,n*r A?usk>*hiti <>}dirr utifrit ld /.u 
erhaltao. Uäi tdchdrUcH CutflbjjiaitödAd iicddc*r JArrrm'H vmkdHtüddi, 


r ‘- 


In der («etVGn^nw] 

iIlmi nr V.oiUidcf nie* 


ftmichWiiftchi crscHetuf vor. Fertkr 
. TfyMus* ucnliiV ScHt-imt dqi d>i) a*i 
r&mlDE Jffi'döc. 




DEUTSf-fTE WOCHENSCHRIFT 


iöfö PubH^ii^v 


mt vm^bhie ich ? 4 iii&opR 
tmv den IclCrn miithi'ilün- bei >v 
11|> iViiil ffe; Äsfe* v*fl 

k>fi.U ........... .. ..... ....... . . .. 

ja ihn Ihnltnu' kUttlgelten. Wi‘< j cus<• JsriSt. 1882, .XXIX, 50,. hafc 
ich über IMHO Epidemie -von hyat&i iseheö Krhotpieii in einet* Xjort- 
. i, n m i«wi< htet. Welche ohiio mm ivw eis baren GruTtd au%^iröt(y[ utid 
tiatft einfgbn Mmiatwii 
Hie Mädchen, -Rji 

IhüdUhHeng heKomome waren 

mit traten* p^iwötu 
W\V fj,d)$i «machi; liiitljSu, a\ 

?jkh ein* 7 w ölfjiih. M ■ 'II* 
durch««'&. go sÄ»icu.. - 

litten, üijjSn vfürnktyb - __ - ,«. , ... . ^ ~ 

$u\ im SpädunhM t&I2, <h Moh -wert«* dns besten 

tn iHi: und liavh Lt-i«u^r -’iiin irgend eiü£ 

iie&iC AMbcg 
.gbiHöi&riii ^di pßrö.oh^li^ia'i 


v* r a r, 

von Ö 1»U ?& weicho ich clnbßi; In 

iijJativ Hclihcj) ^miijhßg, und ich fcownte 
.i xlUdUlichtjü'fcUcn^eutiMrheft Erfolgen, welche 
iin^cüo«. Uhtpr dos .mliiMii ktou Kmdtira Ä jrf 
wclriic«, varfu 1 )' iimiitaiä krank- uad am> waw 
Peru »h o Cmnuieod. ebrrdalh &cinver an 'Kriimnfen gc- 
i Mmntien *de-f ^clidiibar völlig ge«i‘«cn -war, kk sah 
■Hl IriM Ü I ' | ’ Üi I :Wfi{tkeltt0-v«r<"': 

HPHPPI ... TVJr Abnm^itiitkyTl^itfjett- 

iK'.M Hrkmikt*} «te,. *«' scheint, au ein«- alk 

anü'-^^fepi^d'jie wurde; mürrisch nüö 
■ - - V *1V' - *' - roizbar wollt« das 

- Bott isj'cift Vbjfeeu. 

- v '' v*>rwin£ßfte ■die NäV 

v; - , j’fing und mussk &s 

; v - ' ’ sich gefallcu Ittsäm* 

s|||. ' ’ daHr mru sie,- mu- 

m. : - . . Mwngrd %and 

•• nacIi Wbbin^i-Cß (>r 

geunntvankuag, . ^;k 

.j9^ :''••< ’v.vv i':- Bifnnhmtiij , 

hki 'veicl'fr 

• Khcrgic und Siren^fe 

'^k■’*.' - \v..-‘.h.r. ;-; ’^Tj- Wj?kiigcu rinWÄ 

.Wkihj.- dftiff jS.fjt; 

die rasch xunekmeHde' 
r , Algtie^e-ningtKyp 

% j .uU* mit*.das Kmd. %{■ 

4 ■ -|v . Frfilditig;' lfis#3 flumfi 

v f i/iV die Afute ^ugcfiürfi 

■ < nrdfo.hotwh.*f‘' 

• 'C' ^JiivckcndeK Bild 

j 

kr,Wvtum J i 

‘.dindl \mge>«aöVaioß. 
Iv-ir-r Xj-.iir v.uiZiuder jiü .lh»a». l.jchm\ Abtg«ü' mul ü.cr'^ganze.DisfeiittohF- 
tracto Ifesfc-TjiGbts , wurauf f(!s .Afmabmt' akf Rö^ji^rgcwicHes • 

/?ei st* h/.ui'Olttvn wikc. Ihn eJit.kt.mchc- (Tuhtr*m‘*Jiiutx der MuHkeire^ft "bb*- 
^vk*ö diV-^hav«seah[ti\t der Ejtliv -kaüin wöhrft^dditbarcii vSl-idi^surg»* und 
t «i.rh.nnig-^iiekuti^n v.dl;-.i^-u Hieb Mn^rh-edl b'thr j]^- /‘u'kn^er! wm^i! 
i*irgend-' ^-uiti^uncdftrmri. P«v Hiugiio<e wurde per' excluHknnmi üüfJh^Pt^ 
nmnlfü M iT$kid^tfttg»hie jSt^lelSd-i • -.Üi« mn^vs’elilngoaä Thörapie. Wdic^die 
ihkiMig de! jOkpeikriUfr 'ver : ?;ttobUn erwies? f.iel? ohyruRditig. der foitns 
!/at etyvn xolui .Tug«.* nach «b>r in Brcrnlaii vorgeudnjmcnvjt UM-orsucbuag -m 
.drUf- H'duiiitriäilhifte d«*.;? E.infibö PiTt. 

« H f and in wekber WoiHd hier ein* Ik'kriUikinjg- der trop!ikrl*ei! 
Nerve?! t?jrlie<n. iiv^rietveil eif-h rtahri das (-»rinn, in wieweit das 
und övcutiicU die grossen; Crf0^lS^?.eBfltL d*s Vorder- 
bnni« io Betracht ktinrrnea, bin ich. für. Jotast xu mtSßhöUieii nieht 
hn- Staruie. Die PublknUon den Falles wird -sich Ober, 'wie-s ich 


V T . Am der K-oiiigiichen Universitäts-Pcdikünik für 
orthüpadiseJie Chirurgie zü Berliii, 
fföt)Br Knoekeadefarmitatea bei hereditärer 
Lues. 3 ) 

Won lir ft. .JoäcbiwästliÄt, Assi.sk‘fnM.r2;t Her PciJUdinik- 
,M. H. 1 Wen«, fch tnir heute Ihr^ 4uteerkgaiakeit) so 

■gßstdiiebt djes, «iin Ihnea. Äeü Pali vem- K n neli envefä nderung^'. 
hei augrhoroncr L«os ä»i demenstrireth der. nbg*?stdjru von 

’;■ Mit (bninlanigung der Hcnen Yerloger ans der zweiten Anüflgtt 
onatavr J/utboVu^ie i(j)d Tbertfpth d«t Ner v c*tskraakbeibtt» onlnowiinnit^ 

y v ; - -^kch thuoti «ijj* t4-.Noveodn:r iüM$ la derBeidnior dcrmuhdögföcben 

• Yerdiiiig'iiag '••gdhdieiieä;: ; Y«^^'6..' — - • • 



24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


461 


seinem sonstigen interessanten Verlaufe, auch zur Bildung 
von Deformitäten Veranlassung gegeben hat, die, so viel ich 
weiss, in Verbindung mit diesem Leiden bisher nicht bekannt ge¬ 
worden sind. 

Der Ihnen vorzustellende Knabe ist acht Jahre alt und das vierte 
und letzte Kind seiner Eltern. Der Vater starb, 41 Jahre alt, an pro¬ 
gressiver Paralyse, die Mutter ist gesund, will an Ausschlagserkrankungen 
nicht gelitten imd Fehlgeburten nicht durchgemacht haben. Eine ältere 
Schwester des Knaben ist taubstumm, eine zweite fast blind. Die augen¬ 
ärztliche Untersuchung ergiebt bei ihr eine hochgradige angeborene 
Schwachsichtigkeit, für die auf Grund der ophthalmoskopischen Beob¬ 
achtung eine Ursache nicht angegeben werden kann. Unser kleiner Patient 
selbst erkrankte nach der Angabe der Mutter kurze Zeit nach der Geburt 
an einem Ausschlage; doch sind die Angaben über diesen in Bezug auf 
seine Ausdehnung, seine Dauer und seine Beschaffenheit keine präcisen. 
Gleichzeitig stellte sich eine Nasenaffection, die sich durch ständigen 
Schnupfen und zeitweilige Ausstossung übelriechender Massen aus der Nase 
äusserte, sowie eitriger Ohrenfluss ein. Drüsenschwellungen sollen öfters 
constatirt worden sein. Ganz allmählich entwickelten sich dann an ver¬ 
schiedenen Steilen des Skelets, besonders am Unterschenkel und Vorder¬ 
arm, mit starken Schmerzen einhergehende Anschwellungen, die nament¬ 
lich zu Beginn dieses Jahres Zunahmen und die Ueberweisung des 
Patienten an die Universitätspoliklinik für orthopädische Chirurgie ver¬ 
anlasst^!. 

Als ich hier im März den Knaben zum ersten male sah, befand sich 
derselbe in einem äusserst elenden Zustande. Es handelte sich um einen 
überaus blassen Knaben mit geringem Fettpolster und schlaffer Muskulatur. 
Die Untersuchung der inneren Organe ergab, abgesehen von einer geringen 
Schwellung der Milz, keine Veränderungen; speciell waren Zeichen von 
Tuberkulose nicht vorhanden. Was die Lymphdrüsen anbetrifft, so waren 
beiderseits die Cubitaldrtisen deutlich geschwollen, ausserdem war eine 
Vergrösserung der Hals-, Nacken-, und Inguinaldrllsen nachweisbar. Eine 
Anzahl von Zähnen fehlte, andere waren cariös, doch vermisste man die 
von Hutchinson als für Lues congenita pathognomonisch beschriebenen 
Deformitäten der oberen mittleren Schneidezähne. Die hintere Pharynxwand 
zeigte hirsekorngrosse Granula; die rhinoskopische Untersuchung, zu der 
Klagen über Schnupfen und Verstopftsein der Nase aufforderten, ergab nur 
eine starke Schwellung der unteren Muschel, besonders auf der rechten 
Seite. Den linken äusseren Gehörgang füllte Übelriechender Eiter, nach 
dessen Entfernung im vorderen unteren Quadranten eine Perforation dos 
Trommelfells sichtbar wurde. Der Augenbefund war beiderseits normal. 
Ueberaus auffallend war nun eine Reihe von Veränderungen 
des Skelets, namentlich an beiden Vorderarmen und Unter¬ 
schenkeln. Am Kopf fiel ein starkes Prominiren der Tubera frontalia, 
sowie eine voluminöse Entwickelung des Schädels auf. Die Circurn- 
ferenz betrug 1 cm oberhalb der Glabella 51,5 cm. Die Intelligenz 
des Knaben war dabei nur eine mässige. Rechterscits fand sich dann in 
der Mitte der Tibia auf eine Strecke von 3 cm, mehr dom oberen als dem 
unteren Abschnitt des Knochens genähert, eine schmerzhafte Auftreibung 
und Verbreiterung der inneren Fläche. Linkerseits handelte es sich an 
derselben Stelle des Schienbeins um Andeutung einer ähnlichen Auf- 
Leibung, ausserdem war an dieser Seite dio ganze untere Hälfte der 
Fibula stark verdickt und auf Druck überaus schmerzhaft. Auch die 
Ulna zeigte rechts in der Mitte ihrer Diaphyse eine starke, höchst empfind¬ 
liche Auftreibung. Ihr Verlauf war im übrigen ein geradliniger. Dagegen 
erwies sich der Radius hier in seinemunteren und einem Theil 
des mittleren Drittels nicht nur stark verdickt und bei Be¬ 
rührung äusserst schmerzhaft, sondern es war zu einer radial- 
wärts convexen Verkrümmung dieses Theiles des Knochens 
und zu einer Verlängerung desselben im Vergleich zu der zu¬ 
gehörigen Ulna gekommen, derart, dass der Processus 
styloideus radii den Processus styloideus ulnae um reichlich 
'* , cm uueh unten überragte. Durch dieses anormale Verhalten 
wurde weiterhin eine Ulnarabductions- oder Varusstellung der 
Hand bedingt, indem bei 
gewöhnlicher Haltung 
die durch denMittelfinger 
gezogen gedachte Achse 
der Hand von der Ver¬ 
längerung der Vorder¬ 
armachse um ca. 30 0 


.- «uawooiWJ 

von einer stark auf Druck 
empfindlichen Schwel¬ 


(cfr. Figur). Aeh 
> erhältnisse, 
verstärkt, lai 
der linken Sei 
Auch hier besl 
der Mitte der Ul 
starke Verdicke 
mer die Auftreibi 
Verlängerungdes 
Die dadurch b 
Varusstellung de 
w ar noch beträc 
und auffallender 
der entgegeng( 
keite. Daneben v 
auch das centrale 
deB Rftdil1K lin 



lung ergriffen, durch die die Bewegungen im Ellbogengelenk derartig 
eingeschränkt wurden, dass Pro- und Supination in nur ganz geringem 
Grade und unter grossen Schmerzen passiv ausführbar waren. Die 
Beugung gelang bis zu einem Winkel von 70°, die Streckung bis 150°. 
An der Muskulatur w r ar ausser einer hochgradigen Atroyjhie nichts abnormes 
nachweisbar. Die Schmerzen an den unteren Extremitäten steigerten sich 
besonders beim Gehen, während dieselben an den Vorderarmen bei Be¬ 
wegungen in der Weise Zunahmen, dass der Kranke dieselben möglichst 
vermied und so in der That hier einen pseudoparalytischen Zustand 
darbot. 

Der Kranke wurde hauptsächlich unter Anwendung von Jodkalium 
einer energischen antiluetischen Cur unterworfen. Einige Zeit orhielt er 
Sublimatbäder, deren weiterem Gebrauch sich jedoch im Hause Schwierig¬ 
keiten entgegensetzton. Obgleich die Behandlung von Seiten der An¬ 
gehörigen häufig unterbrochen wurde, bin ich heute in der Lage, Ihnen 
den Kranken in wesentlich gebessertem Zustande zu zeigen. Beiderseits 
besteht noch die Verdickung der Diaphyse der Ulna und des unteren 
Radiusantheils, die jedoch wesentlich vermindert und völlig schmerzlos ist. 
Die Krümmung beider Radii hat sich verringert, und in Verbindung damit 
ist die Varusstellung der Hände weniger auffallend geworden. Am linken 
Ellbogen gelenk ist die Beweglichkeit eine völlig normale. An den Unter¬ 
schenkeln fühlt man noch rechterseits die Auftreibung der Mitte der 
inneren Tibiafläche. Links ist die Verdickung der Fibula im unteren und 
mittleren Abschnitt noch sehr auffällig. In Verbindung mit dieser 
Besserung und dem Nachlass der Schmerzen ist auch das Allgemein¬ 
befinden wesentlich gehoben. Der kleine Patient besucht wieder die 
Schule und ist hier sogar seit einiger Zeit imstande, am Turnunterricht 
theilzunehmen. 


Was die Beurtheilung dieses Falles anbetrifft, für dessen freund¬ 
liche Ueberlassung ich Herrn Prof. Jul. Wolff bestens danke, so 
boten sich mir bei der ersten Untersuchung, so klar das Krank¬ 
heitsbild nach dem Erfolge der Therapie jetzt auch erscheint, doch 
bei dem Mangel sicherer anamnestischer Daten und sonstiger 
Zeichen manifester Lues differentialdiagnostisch einige Schwierig¬ 
keiten. Zunächst war daran zu denken, ob nicht tuberkulöse 
Veränderungen Vorlagen. 

Gegen Tuberkulose sprach einmal das Fehlen von tuberkulösen 
Alterationen der inneren Organe, ausserdem der Sitz der Knochenver¬ 
änderungen hauptsächlich an den Diaphysen und das lange Bestehen 
derselben, ohne dass es zu cariösen Processen gekommen war. Die 
von Paget 1 ) 1876 unter dem Namen der Ostitis deforinans be¬ 
schriebene Form von chronischer Knochenentzündung, die zu Ver- 
grösserung und Verkrümmung der Knochen führt, konnte nicht in 
Betracht kommen, da sie nur Erwachsene betrifft und gleichzeitig 
mit den Extremitäten Schädel, Becken und Wirbelsäule befällt. 
Dagegen musste bei dem überaus blassen Aussehen des Knaben in 
Verbindung mit der geringen Vergrösserung der Milz und der 
Schwellung der Lymphdrüsen jedenfalls daran gedacht werden, ob 
nicht eine allgemeine Bluterkrankung vorliege. Dieser Ge¬ 
danke lag um so näher, als vor kurzem Nothnagel 2 ) unter der 
Bezeichnung Lymphadenia ossiuin über eine eigenthümliche perni- 
ciöse Knochenerkrankung berichtet hat, die in der Weise verlief, 
dass unter allmählich sich einstellenden Schmerzparoxysmen, und 
während der Kranke sehr blass wurde und stark abmagerte, viele 
Knochen und besonders das Sternum und die Extremitäten sich 
stark verdickten. Die Untersuchung ergab im Blute einen Befund, 
welcher einer bedeutenden Oligocythämie und Oligochromämie ent¬ 
sprach, eine mässige Vergrösserung der Milz und eine allerdings 
verbreitete, aber nur leichte Schwellung der Lymphdrüsen. Die 
Autopsie zeigte in den Knochen die Entwickelung eines lymph- 
adenoiden Gewebes mitgleichzeitigerNeubildungvonKnochensubstanz. 
Herr Dr. Engel war auf meine Bitte so liebenswürdig, eine Blut¬ 
untersuchung bei unserem Kranken vorzunehmen. Sie ergab keine 
schwerere Bluterkrankung, so dass also auch diese Möglichkeit der 
Entstehung der Knochenveränderungen ausgeschlossen werden 
konnte. Wenn ich trotzdem die Resultate der am 27. Juni vorge¬ 
nommenen Blutuntersuchung mittheile, so geschieht dies deshalb, 
weil gerade augenblicklich die Frage der Blut.untersuchung bei 
Syphilis und namentlich bei hereditär syphilitischen Kindern eine 
besonders rege geworden ist und auf diesem noch zum Theil 
strittigen Gebiete jeder weitere Beitrag erwünscht erscheint. Der 
Blutbefund w r ar folgender: 


Farbe hellroth 

Hämoglobingehalt. 

Zahl der rothen Blutkörperchen . . 

Verhältniss der weissen zu den rothen 

Blutkörperchen. 

Unter 1000 weissen Blutkörperchen 
waren polynucleäre Zellen .... 


70% 

41/4 Mill. 

1:300 

61 % (normal 72 %) 


') Lancet 1876, No. 16. . . . __ . 

a ) H. Nothnagel, Ueber eino eigenthümliche permciöse Knochen¬ 
erkrankung (Lymphadenia ossiuin). Wiener medicinische Blätter 10 JJ, 
No. 10 und 11. 


□ igitized b' 


Google 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







bfiumiulo* MEwriwaftä* ytmsmütorr. 


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feljofi yJöt/v^^WJBßbi&n einmal twn Amo 

des l);tniiHd<di«iig<d»iUs: auf 70 B wo<Unch Am bla—m AosKolmn Mm 
K«»V»eu sich ci'lvJiiH. Aur>cide»i ist dir Vermehrung der co.sixuv 
)>itj{'Mi /^Bh h \.»r» *2% nur 4 %, v.m lntmvs>e TooeA der- der 
AAdobe -‘bpi hmmdUUfor Syphilis in nimmmr '/mit ♦ijim b.>,m»|cr/‘ AnN 
merksainkrit. zugt \vendid !>;it, hat. im :vl 1 gerne i mm de» Km druek ge- 
AVUimffli i»Ni - ■«U^*^Sh.iQ}i!H^i) teilen uiil so i’oifhifcJttiv iua 

Bilde vorhanden je [iTiBgedohnter hei Vjuji bpiWunthm Knmkeü 
ln* %pe» dt-> lc »e ÜX.1H 1 i,* in« -*»« l« ungern*» iii unserem fmdk*' 

iUd Wrttlo^[C.H|9j* diese» %A Leu «dine das YuHuilidensoi» eirnV 
Ivxnjtitiftma wahrend der gwifljfcfü iMtier der PnolMofttitmir {?j>ric,Uf. 
Ihr di,«gtinsliso he imbeuiuug; dieser Ejeujrnt«*, die • .schien durch die 
t a;! - i L -' ’.t' h n ? oo»; Voll . ülhHIer n ml f< i e U er") . teniH duvh die 
< la!Vi-ii srl»«'vAki’.- : 5 kOu k- rmehnD'irl worMm war. ist n»ch mehr 
iu Kragt: ivkulisjiitiii uuc*.h di-H Ikmbmhhinten von r A>\ ji poH B. der 

nenftrd’fugH gwungl h»ti v da*s; liier Ivtbjie voii Idslier nielit im- 

id:;H iilrt: :* Mono nie» mit in KVehit'ui*,- ktmm>L JM dass überhaupt 
led kind.eeji vice hohe Xä.hi der evisifiopidlen. ZeHen zur Ueael 

lA’bPiA . ' : . - r * . ... ,v... -...: 

Biite WnriJi^u.i!» VCi'diciH cdslkuUi Jwieh die (Ui dp.II 

1.11M.-,. Ji a?i d v fi ii licV V < s ] 1 ;r! i cd feil der > * I» e |i d v ]) n H' »ü i’t ä t. 
Ol <ldv Veridn^eniiix des •vcdins, die Anlass k*j der Yer,sciiir'him^ 
allein dute.lj pwiasBilf' Pvdr^v {ijj dieser" Ktau-kcn pj 
i-rdi:i)vh.-ist, < im i"-id 'm»")• Muiif • v iehiM.dii: md.sHvn \Or ivodl nu> h 
SCI -iin* Ij*dli’ ii!aiihc ds«. Cfdjd.i, ^".dini" reeuemvd/ ladift. doch ‘de 
id Oiu Mdi:. dass d»» k’jiipliypvnkpnrijal bpi Jn'fndflUMT faids aejbsi 
*irt ?1 hedeiif« ;d« n Xei-Klornn^'-U UH h in JV/Ue; Mül seine. }diysi<v 
r*«i.i Bon rcstiiuitl /u werden pl)pi?i, ja dass die Br. 
kt’Mdkdti^ in rmze In cn f’MU»di ^-.«‘rndezif ulö ßüfe dii die \VkH intim ms- 
rivaifie iuupirt. Stil sa erkddreil Stell die V»»iK eitliu'eti AnBiCeM. 

vind imdvmB VcMdii^cimk^nii der 

1 dda her- Liner l5e : sMj.der:- viel An-n-fnüie ruit d'iiMe desd/d 

«ine frn -Jakre Jft?7 dwu Cbinn’tvmicmidTc»^ xon .spbnde 7 } mit- 
iLret-fmdtn Bmduiebiam^ 14 h IjumipHc -sieb um (dm>'f*btXmlse)jn $ifZ- 
nsu.Ms der j'»*ebtrn ’1 n»ia iniofue "ne tiennfirTji"r Ry|'»hilts. die UA 
damäis 15j;ibei-en M bk Iteu 9 Lihtr ; bme besiaiMlAi; imdtf 
.Uiusdi Wut* M l.rli!" he '\\di( li-tlMmjM^Liievnim' des peft;üjnSe? : 
K uneitena wnv -.die k._ran-kk''TUdk s m.o -P eni fiin^nr als; die irevunde 

dei Milderen Bede, und da :B ■ k inübt an tlif SCv W.'ieint uüms- 
vnnntdmtny uiej«! Miidl^riummien ImMr-. sn wai eine seiie !*ed<mieude 
)K-»"-mrmfnr:>rt \"i kriinuinnce .der Tilda -mit der Bnnttd itdt u:hO 
innen einu’idivieu. IhnlttrMt WMI dnun wiedm- eine i".el;urndi>d 
BebiijfsteliuHrr Ililce HiUcrea OelanUllitriie brtding-t,. vcelciie nun ideht 
' f debr juirji unfmi, Sutnlerti; Uytru uriit ko^Sün p'.wddjiiex 

war; Ine Medye «ltH’nn w'nr eine ko a,n>j \ r al<UKs}e|[u»"! des 
BasBes, dase des Klaub’ heim «.»d.rn mit dem Mnldadns ich'« me 
den Baden UrHihrtn: pmj dip Irmereb Sfdimibttnrl^r Xn gatdr- 
wnirn!ie];m- V. ed-e <s< dc-Siut und ei seMafl'i waren. 

Imsere ' "edenldinte Hefc-ld den Bewoin. duss-, soieb-e. niiy.eit ior.' 

V.ndnn^etmiie Uns Knneiums nicht imi um Üntcrselmnke], sondern 
aceh am Vorderarm.' durch i-mm nedinpr. vmkom.ueit k;n.n Ls ist 
hior rnii bosöudöroTTi bitf?CBHry daHB-mir ‘?)em dm* 

KrMPlvfifdtsorsebpirmaft'tui nrj+m T dm» Btnltüsn der Tlusrnfim iyjeu die 
'-;' 3 ' 1 ’ 1 ' 1 il j'[ ' itme der ibi.iis «Ii-dm-ji. Wirn"e1<dl»»p ihm 

llcindP• SPHI -arludmeli j'i*-a;ii, lliil, ;f;ti dass opi'rtUjve Kinajid-y 
te de eine» sniv-bmt. !;n.srrl,end »n der 'UeiunenialruH' eitlen 

XmJos. hVis der Tdda dtnl m>r Jinnit^-u Vkmcbtrumun.s: def- Film]« 

. iin- nbüdg o{i,di(‘fiy rn mmvreoi : Au u dhefdü^}. «r- 

wmsön. • 


<'*obf?AVi JiOU?, Ute A^kmie bei bp>«dit8.rer SynbiUs. Wmüur 

i,u^tr X\vii teXnr ixiK No. 20 , p. ' ' . 

l4 .{ Ai und hn Ceie I. t*bir. (ia- \ orivonmu-p und die fbnJejitHil^ 

.omiUwöndou Mm dW MmÄw Döutnste 
Arefav limMmiäCh/“ Atedidit Bd XLVljt, - 

m uiibmeiebcn-y.k! ,. KiriiisclidtruuirrdojksOie Kotigen. Anddv für 
VeUmlci^m und Pbarina-kelotde- Jid. XXV'iL UAz 1 

*1 L d/n, ; Voricemmon doi .joginophiloß ZAlvn ist 

mtiüdcUbfbvji ilbmv, Zaita^in^; für dtlthteebo Mediein 'iKtHj }5 ( 1 dgdf.- 

mMwA * n,,,i "- r evn.iB 

| ^crmmdlmi^on dev Jmols. üon Gesdlscindt i‘ür Chirurgie 1877, 


VI Aus der mecliciniscUen Univeisitäts:poiiklitnk in 

.Königsberg T/Pr.' 

lieber den eoritimtirliclien MagensaftfluBs. 
\ r on JuHü^lStöbreibet'. 

-(Schluss aus Nm 20.) 

P i v ft o g. e r» ix ii ü t e '« Ii v onts i ii e 11 y p e rs.61 re t! o n 
! Bim die j.Hscnssiou der obigem Kt\tnkln.d1.sspece*$, in die iidi.; 

| jut-xt einlreie.-auf^HttJtiiiortu werden koüntc, »tUMsie ersi die Brenza 
I ie^gesf,?dU- - iv«>rdli*H/ bi^ pj Vvelcbed" »Jto •di^gm»M.}^cJi i'U'äatbnlniitdg 
Bmidcä'udidübfHug dns pii 5 fti»i«pii?elK‘ um* durm imtiirlteb nurdt üftft 
oatindogisehc linkAftmnmügHvnsuJtitt zu beelnbuBHeu verouige Dean 
! n priori wi\v »ml im ub-hr :msgt^ebto'r-«*n, das- weil ‘dow uL Ak 
]diyHio1ogischc, di" uitgaldiab X ra n !> Ii ad'hot iv c i s (i cmiiftluttideü Sntf- 
; inv.A^eTv fm nf^'bt^r'nOU' Mxgjen jmjfglieb Skb'bAfrP w s 

seien Thiss sie usscblir+sstieb auf Mc/tynm z\x bexieljen riint; 
wlx»l uüib rmeii Mtiem, 'vy.tft wir 'jot/.i 'i.btrübet: vy?.sst\ r n im ailgenwi-' . 
agiT tih iif geUhu ls»pftftn diii-b’U, »bftvbon. im Oe^ensnt?, >Jir uonH»‘detj 
i BabocoreBöii il» NXicitlufitend. bin T Inn j AWettVdios dondi Bgnt»ujwd?. 

iMMÜugl. int l jiiMiiifOuiM; ich meine "inen Theil der Swu'äimi-agci. 
in den .fttdlenercu dioltercn idraden sogen an o Cer \;b.rof)ic«dn 4 i: Ipjwr- 
Mua-idioTt und vioibdi ht die Oesiimmtliicngc fl() las iOB cam;Nnnn--- : 
(iier der haufigerony ipKtloren mn] oiodarec Ormb 1 , 

AVms nun lifcsc^ die Menge heB-UiX, so soll sia lir* de« sng.-uttnMen 
Piro tu sehen I l. ) vpc,r.six. ; K>i : i?o\' in «!>;=[ reman FäUc.n. Imiiüih mo OOtl cCff 
i Upjßgep bfdrujieu bduQeu: oft ist ,iedocfi fnthb dem ÄfitthfAtapgru 

ifi der Liti«r»iuV wirbt vtiMenu ' so yxd m tüubut; *-s ia 
dieser Beziehu»g nur ili-v-1 iljn\ Ata md d« "i c it.ln m » n N /wei'Ö Vd- 
r-heihuue tihvr *-o:thmurHp!r Bo-retiop mit 50, H. HO nod4b : hui 
I nlmit. im Nlichivrium oder Mul' die jfltigBieri Ihddicalimifm v.rn 
dohnson uud b»-m 10‘i SopeiM'creUoiiim, unter Herum um 

ein Kranker etwas mehv nis HOB ecm Mügerrsuffe duthm;; i;e) .-»ehr 
m.n zehn dagegen .nur }0 Ms 20 a m. ied über iS nur 21 bA HO n w- 
bei 24 Ida fal echt - m!.-o Mengen, welche zum ’J heil hinter den 

■nonn.-ili:v\v.*j>o,-(jiifUai;itMiL>iisi»titiMcf> »hdu otuaheidi-di zurüik- 
b!*’ib'M t Dp m,i» judde dit ia h i.Pliert-ri »»nindcu yuanLe 

täten Mdge-usnlt. Und die rmderen, die sogetmnnten lü’arilibftft«]. 
gdurch Sondirmg dien Mag"» em.uomnimi wci'ien, allord.i'ngs .mit- 
dem LOiterschinde, iImkk Imi {et^ti-reu auf die vd rsifhii^;e bdrz 
daunnide Soudieung im aljgt u„ hu.» \orzh btrt wird, a» l/büht du« 
Vl-i'fcrcterji der ehronis<‘l»eti fTypcrseerolioii ice.dt zu. bewi M j-'- 
leDd.ci’c »ich! djm oondeuH-iz -ondmi tlwifcsjo b!)Pi :».r «‘im r 

krankhaften V• uAndcri)jig in? MäU'-n il»'r*- ..je* : n * o u *. • ur 

die Ccsandf'u gbiuhe i.irdi erwiesen ?a) leiben, da.-u iirei" Birn.Inodz 
uii hf, ui Betracht kommt. 

Wenn aber weiterhin die Menge-0 midi lern i*evv**iiiwam» Oegee- 
c;u'ii^ sogai- noch iiisofem von IMoWe iA , «biv., wir. r. >ngL wb"» 
Wf ygm., ünier keinen iiesonderen Caufeleii gewmaiiHC so genngc 
1 res.>i itaHt» als kr.an k hafte inueg angesehen wm-m w tbmu 

U»ns> ieh i?e-.fimier(«ii AVortli darauf liwen, fastznetedH}, dasK ans 
ketiiciMiiciner' hisherigen Mitthoibing»« (ibor ihm i f.rlivt'Miili'n 
-Bttuh wh« Hjcyoj im Anschluss an letztv.vft in Miiffaliimdcr Ae•,-•«.* au* 
i-Oeht. he? ynrgeiit. i( i. hatte nur l--.4—-.10 Tropten und n neu ahm.- 
e V tsc. S» ifiva mehr Tropfe», Biiit sMurmi Kiflssigkeil u im mViitfiimm 
Mact-u tXeSruoijev cunHliitirL • Ans mcii.eo Mihlu'ilitugrn ist ve-*- 

Miehi klar /u orcf|»»,i, u?gs u h imln M Liit'-iMi'-tiowiiA tym 
Male 1 Tm 5 cetn KiVbf-u lnijlr 6 bis >V kchi Aufdo hjs 2fk 
vmA - niub) Ms HO, tjVAi in nie 40 bp (itl er ml getumlen M%fy 
Lud pick, mif de» sieb Biegei ber-nfr, i&mj bei sechs nur cP 
mal iwrtncstii'hieR drm Liilji* ruit Ib er m, HO « cm und di eern sab* 
sMuie» Ben; Selbst .in OiegoB'- Klinik ivnrd»* dmvn ilofDiiaue 3 
coitBiMfiil, alesh unter 2.5 üiMgeügpBniul“!; Bcvoiumn In ymb^ Meirgen 
von 8-- 1 ) 0 . u< 2 ui expriinii f. wenden konnte», and voilöuctk Boas ghTt 
Min , } ee können nuter (jinsttlndon lmA\ bei AUgengesundeA 
.Mengen von 50 bis. 1-00 ccWt tVlMgensfiO, eKprimisd WerdenA Alse 

’) h e. 

J i HimMelit.lieli dm- AeidUilt in ihrer Bedeut,uog Mi: die yorh^,m)t 
T»/ige {lletf’mahiii sdieipt, IBogel meine Auffassimgeii zu nrerpiirein 
Wfctrfp ifij'' • \0iö- - LMfeergehrii' dteiü>s: Puftklos m- deuten dntL . 

'■) Wie es kmnmb, <kss Riegel iß seimm Ivrwnionujg Ne- 3.1 $2 »beW 
Wnehensdir. *» einem weniger gliustigen OesidtMte grlangl i: t- vemitd 
ieJw tlu nlüiero AAtfuhCm Uber die IIP n uiijißWu#riul üottmuuii MwäPm^b. 
hddejn niebi .zu öhnrsdhien. Au-ub verstehe ich nuoh den oben viiiHen 
JlntursußhiMgun Eö-tTutaiiuT nlehl, Jten* Vt. uei 

4L* yguTsoMn Kjihik) in swumr Arbeit «hov vhe AIuhdvnÄubng n.5>- p. 
(Zeitseiu-, für klinische Mediein 18d2) mit dem folgenden Spz* 5 sarn-e 
wifi: „wHnn aueh du> Ke«unu>o Schreiber*«,, der hantig !wi g*; 

,sündan .Tjodivtduen ZKurdedn vitd Magcüsaft üiie denr nßebkumm i^dagtm 
lipuusbcdördofih, uaeb den m. dar niigesMlilöu Ye^udwA. 

HnffTunnuV nls eicht, st iobbRlitg Acli erweHim r» ■< T Moinoe;Wb«#y 

hat Hoffmann inobm lieftuLt^tninä ^jw^n mul gansyec nur 
köunün. 







24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


463 


nicht, wie der verehrte Giessener Kliniker offenbar irrthümlich 
meint, ein bis zehn und ausnahmsweise mehr Tropfen, sondern bis 
100 Cubikcentimeter können im nüchternen Magen Gesunder 
gefunden werden. 

In der von Riegel beantworteten Arbeit habe ich weiterhin 
die Ansicht vertreten, die im Nüchternen gefundenen Secretmengen 
hei sogenannter typischer, d.' h. mit Gastrektasie einhergehender 
Hypersecretion könnten, müssten vielleicht als weitere Folge der 
Gastrektasie Und ndefat als selbständiges Leiden angesehen werden. 
Darauf erwidert Riegel, diese Auffassung, w^enn sie sich Geltung 
verschaffte, würde einen Rückschritt der Therapie zur Folge haben 
können. Denn würde man bei der Gastrektasie die Hypersecretion 
nicht berücksichtigen, so möchte die lediglich' gegen die Gastrektasie 
gerichtete Therapie von geringem Nutzen, selbst die hemmende Ur¬ 
sache dafür sein, dass „iu:> reinen Fällen auch die Ektasie zuin 
Schwinden“ gebracht werde. Nun habe ich freilich mit keinem 
Worte durchblicken lassen, noch gar direkt es gesagt, der restirende 
saure Mageninhalt bei Ektasie sei therapeutisch zu vernachlässigen; 
noch ist aus meiner Auseinandersetzung mit einem Worte zu ent¬ 
nehmen, dass wir unsere Kranken hier anders als in Giessen be¬ 
handeln. Indessen, da Riegel dies vorauszusetzen scheint, so will ich 
jn Kürze auf diesen Punkt eingehen, indem ich vorausschicke, dass 
ich für die Behandlung der in Rede stehenden krankhaften Processe 
„die lediglich gegen die Gastrektasie gericlitete Therapie“, i. e. in 
erster Reihe die methodische Ausspülung des Magens, in der That 
als das allerwichtigste Hüllsmittel ansehe. Nach Riegel scheint 
dies in der möglichsten Fernhaltung der Amylaceen zu liegen, da 
eine Amylolyse bei der sogenannten continuirliehen Saftsecrction 
im Magen nicht stattfände, der ausgeheberte Inhalt zeige, dass sie 
unverdünnt im Magen rückständig verbleiben. Auch im nicht 
ektasirten, motorisch nicht insufficienten, sogenannten hypersecre- 
torischen Magen? Doch wohl nicht. Demi der motorisch nicht 
insufficiente Magen entleert sich vollkommen, im Magen nicht ver¬ 
daute Amylaceen können dann im Dünndarm nachträglich verdaut 
werden. 

Also hätte die Riegel’sche Forderung ernstere Beachtung zu 
beanspruchen bei sogenannter Hypersecretion mit Ektasie? Denn 
hier zeige ja, wie gesagt, das Mikroskop deutlich die noch er¬ 
haltenen Amvlaceenreste, während die Fleischfasern zerstört sind. 
Gesetzt, es wäre dem wirklich ganz so und es Hesse sich jene 
exclusive Diät (Fleisch, Eier, Leimstoffe, keine Amylaceen) aus¬ 
nahmslos durchführen und auf die Dauer festhalten. Was beweist 
dann für deren Nothw T endigkeit jener mikroskopische Befund? Etwa 
die normale, endgültige und ausschliessliche Verwerthung der Ei¬ 
weisssubstanzen im Stoffwechsel, für die Ernährung des Kranken? 
Keineswegs — denn es müsste dann noch erst bewiesen sein, dass 
jene gelösten Eiw'eisssubstanzen, die Peptone, im Magen vollkommen 
resorbirt oder für sich allein in den Dünndarm befördert werden. 
Leider nur, dass bekanntlich Resorption und Motilität hier oft 
schwer darniederliegeh und dass überdies die Resorption von Pepton¬ 
losungen seitens der Magenschleimhaut an und für sich, d. h. schon 
unter normalen Verhältnissen, nach v. Mering 1 ) eine nur sehr 
geringe sein soll. 

Es müssen also in der Hauptsache auch die gelösten Eiweiss¬ 
substanzen, die Peptonlösungen — sollen sie der Ernährung zugute 
ommen —- in der. Dünndarm befördert werden, wobei freilich an- 
zunehmen ist, dass in ihnen suspendirte Amylaceen mit übertreten 
UIld nac ^ lträ sEchen Verdauungsproeess anheimfallen. 

Mit anderen Worten: Kann* der cktasirte Magen den Brei bei 
gemischter Kost noch in den Dünndarm abführen, so schadet es 
icnts, wenn in der Peptonlösung Amylaceen ungelöst suspendirt 
und, und kann er dies nicht, so ist der Nutzen nicht gar so gross, 
fi aS \f lm ^ a ^ en s ^t Muskelfasern Peptonlösungen verbleiben; 
er Magen hat seine chemische Aufgabe an den Eiweisskörpern ver¬ 
geblich geleistet. 

Pie Dinge liegen hier also keineswegs so einfach, wie Riegel 
anzunehmen scheint, und um die Grenzen dieser vielleicht extremen 
eduetion festzustellen, wolle man an einem Falle sogenannter 
ypischer, clironischer Hypersecretion das Verhalten des bis zum 
^ orgen restirenden, sauren Mageninhaltes beachten: nach fast aus- 
‘ lesslicher Fleisch-, wie nach gemischter Kost, beide male 
l/h man re E ft Gv reiohHchen Peptongehalt, um so reich- 

c er, so weit dies aus colorimetrischen Vergleichen zu erschliessen 
je ausschliesslicher die Fleischkost gewesen; d. h. es ist Fleisch 
au ch in chemisch veränderter Form — im Magen zurück- 
annh wor< * en - Und die Amylaceen? Nach Riegel sollte man 

.. e men i dass sie hier unverdaut bleiben, unverdaut bleiben 
• P* e mikroskopische wie die chemische Betrachtung sprechen 

datur f Denn ein Theil der Zellmassen bleibt nach inniger 

f , r *l Function des Magens. Verhandlungen, des XU. Con- 

b - lur innere Medicin zu Wiesbaden. Verlag J. F. Bergmann 1893. 


Durchmischung mit Jodjodkalium ungebläut, ein anderer ist schwach 
roth bis rothviolett oder nur zartblau gefärbt, andere tiefblau; vor 
allen Dingen lässt aber der flüssige Brei bei Jodjodkaliumzusatz 
keine andere Farbenanderung als Jodbräunung erkennen; d. h. trotz 
eventuell höherer Acidität findet bei sogenannter typischer chroni¬ 
scher Hypersecretion im Magen auch eine sehr ergiebige Amylolyse 
statt. So ist es hei gemischter Kost. Je ausschliesslicher jedoch 
Amylaceen genossen werden, um so mehr prävaliren deren nicht 
gelöste Reste, um so intensiver und unvermittelter tritt alsdann 
die reine Amylumreaction nach Jodzusatz hervor. 

Aber auch bei reiner Fleischkost kann man gelegentlich un¬ 
verdaute Muskelfasern mikroskopisch finden. Letzteres beides 
namentlich dann, wenn „die lediglich gegen die Gastrektasie ge¬ 
richtete Therapie“ vernachlässigt worden ist, d. h. wenn man die 
methodische Ausspülung ausgesetzt hat. 

Ich will nun keineswegs behaupten, dass dies allemal so ist; 
die denkbaren Variationen auszuführen, würde zu weit führen. 
Hier kam es nur darauf an, mit Rücksicht aufRiegePs Bedenken 
seine Begründung der exclusiven antidiabetischen Diät bei soge¬ 
nannter chronischer Hypersecretion des Magens etwas näher zu 
beleuchten, welche nun, soweit ich sehe, nicht viel zwingender er¬ 
scheint, als diejenige in Bezug auf das Carlsbader Wasser als 
säure verminderndes Mittel. 

Und so stelle ich schliesslich nicht an, sogar die Zweckmässig¬ 
keit einer vorübergehenden antidiabetiselien Diät für manche 
der hierhergehörigen Krankheitszustände anzuerkennen, selbst sogar 
für alle, wenn wirklich, wie Riegel behauptet, hierdurch mit der 
sogenannten Hypersecretion aucli die Ektasie zum Schwinden ge¬ 
bracht werden kann. Ob aber solche definitive Heilungen öfter 
beobachtet sind? Hierüber genaueres zu erfahren, wäre allerdings 
von hohem praktischem wie wissenschaftlichem Interesse! 

Meine der Riegel’schen Erwiderung zugrunde liegende Ab¬ 
handlung enthält folgende präcise Fragen: 

Wodurch unterscheidet sich eine sogenannte typische 
chronische Hypersecretion nach Symptomenbild und Verlauf von 
der „früher allgemein Gastrektasie, Dilatatio ventriculi genannten 
Krankheit“? 

Hat man chronische Hypersecrotionen zunächst ohne 
Gastrektasie beobachtet, welche im weiteren Verlaufe in Gastrektasie 
.übergegangen sind? 

Woher kommt es, dass die chronische Hypersecretion ver¬ 
schiedener Orten numerisch so verschieden verbreitet ist, dass zum 
Beispiel Reichmann, der Entdecker des eigenartigen Leidens, es 
als ein relativ seltenes, Riegel als ein ungemein häufiges, in 
wenigen. Jahren nach Hunderten zählendes zu bezeichnen Ver¬ 
anlassung haben? 

Ist es nicht denkbar, dass in den Fällen sogenannter chronischer 
Hypersecretion ohne Ektasie mit nicht mehr als circa 10 bis 100 ccm 
Magensaft im nüchternen, d. h. mit nicht mehr als zweifellos auch 
schon bei ganz gesunden Menschen gefunden werden kann, diese 
Saftmengen gar nicht als krankhafterweise secernirt angesehen zu 
werden brauchen? Wie etwa Stuhlträgheit noch nicht den Beginn, 
mehrtägige Verstopfung noch nicht die definitive Entwickelung 
einer bedro hohen Darmocclusion allemal anzeigen? 

Da ich aus der Riegel’schen Erwiderung eine unzweideutige 
Antwort auf diese Fragen nicht zu entnehmen vermag, so liegt 
dies vielleicht daran, dass ich nicht, präcise genügt gefragt habe. 
Auch muss ich mancherlei als bekannt vorausgesetzt haben, was 
Riegel nicht dafür hält. Anders kann ich es nicht verstehen, 
dass Riegel in seiner Erwiderung Dinge discutirt, über die ich 
hier ohne weiteres wiederum hinweggegangon wäre, wenn nicht die 
Rücksicht auf die Sache das Gegentheil erforderte. 

Um mit der letzten der vorgenannten Fragen zu beginnen, 
so werden wir auf eine befriedigende Antwort, scheint mir, einst¬ 
weilen verzichten müssen, solange die von verschiedenen 
Seiten bestätigte Thatsache, dass 10, 80, 50 bis 100 ccm Saft im 
nüchternen Magen Gesunder gefunden werden, mit der Bemerkung 
abgethan wird 1, 4, 10 und ausnahmsweise mehr Tropfen 
saurer Flüssigkeit seien auf den Reiz der eingeführten Sonde zu 
beziehen, während zugleich für die Differentialdiagnose jener 
normalerweise constatirten und der fraglich krankhaft ge¬ 
steigerten Saftmengen die Methode, das Einführen der Sonde 
mindestens die gleiche Bedeutung hat. 

Weiter! statt die Merkmale der sogenannten chronischen Hyper- 
Secretion von der mit Salzsäure verlaufenden, früher allgemein so ge¬ 
nannten Gastrektasie zii nennen, führt Riegel eine längere Erörte¬ 
rung über den Begriff Gastrektasie, von welcher übrigens schlechtweg 
kein Mensch heutzutage mehr spreche, wenn es sich um eine 
Erweiterung infolge Carcinom pylori oder einer narbigen Pylorus¬ 
stenose handelt. Als ob ich an der erforderlichen Stelle nicht 
ausdrücklich von der früher allgemein. [Gastrectasie genannten 
Krankheit gesprochen und ich nicht rüher als Riegel und selbst 



Original fro-m 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 




m 


DEUTSCHE MEDKJJN'lSFDfc WoCHV;?iSn<K[FT. 


■mM 


als der in diesem Sinne siete eitirta Altmeister -klinischer Be¬ 
obachtung’ KüssmiuL. wmdicb vor IG JriUrea bereife davor ge¬ 
warnt kiute, aus der Tfefetellüag der aroBsdn GurnAuc, Oberhaupt 
eas der «Gtjräjgfö? dt.4Aphs- dem physikalischen Bsvfemdd 
die Oftötriiktiasi« att 'diä^rostijöka ^ ] ) -ludßm- ich aut diese kiefern* 
vierfach ObevsohduFH Arhidl hferwei-se, halte fe-b mich der FllleflFüber- 
bohvn, vor dein gt}i>?fgi.o?v !&&& ««d Forscher zu febseulirai., 

die teil 4fe GKiuoiPgirt der Lach erd iefun amMim:-y-tt dilrMi glüuV. 
TI ml ehe*! weil feli »oFlie IWnntnit* auch vordem v uim.i sw« ? .V: fc. 
svitleu mir «Ile KiieivHl.elit eriajubi., -d^fe dlögmjKkiseh nmrkaatoetf’.a 
Fehler ?fe} dotfe ersten Fidle vofe •öO^mmmttor chronischer TIvper- 
>e-uu ihm muht. \iwAi besonders bötenen ?.\] sollen. Goafete die von 
iltegkl • H<^dckGiigh : ft : .«.;r''tf.b üvauivfe fcp decken, vpn mfey 

abHp'ifetTioii ^tfefe WiedHi^b^'dbeurii Ji ng&frn 4tü Statut prabj#elüs 
dos ersten Kaltes, def Magen reiche- ruij der grossen Curvufur ein 
bis zwei Fingr-r bre.it ühev da« NiilM, „.dies, spricht für mummle 
Ui^uzeü dev MagouxF - vm-f teilt inir die (jurbc, Run der feeteh- 
mneufe sowie srioei V.c hioieii Müoc-iufete uöitesüiig über das 
: \Ve>en jenes bemerkt ucwrrMKüi S\ mptums ,fh;*o: K iGt h man n 
siimd oben teil uw ZMl nübubaf iUtejffc auf ifesrji v$» für 

diesen Kall wie es xeteunt wieder auiUrueteuR'h Standpunkt' den 
Begriff dar Gntertevteste üiil dem phv ui kalT;uh omfei^a.%‘efeeudo>t 

ÜTnssiM} Maxell f.n »dte«! ifu'iivn. 

lim aber nicht ihm .Etedrmdv m sin ob lob altes 

öUri^fo, wate; ilregt*! ünut 1 Am ;tergfe Upt öpsi*h'riAfav, 

mochte i< Jt mn te^fet-elteu, dass j, !i ci<-i» so- *-!• hm •klimon l ch*ii \u~ 
Spruch, als i»1 * hcutzülngo f{*■ i i 1 Measeh .mehr v-m Ga'trcki.nste 
Seide* i'lwoi'' :?|M‘aene, Wnun ii.mt weil di. , sejbe v<*i» vets« bi«-d»men 
pVfeüarett febfeiiiigfe,, nrnfit;- vnemag. ) o b, 

y:h\ maii mii v.u beheoneo gestaüeir inoen 1 , SfiiSHdei • >moh imm>>r 
voll dei* (iitstr : nktü.si» v fett nHg»i»ueiö»>U und vomien» 1 . wie gewiss dir 
meimsng die Trsim-lu.* a\\ erkeuiiea yiuj m\ moninireu, imi‘ dass i >.■ li 
vmweileu tbe- Ufsddhe ufallt, •m ei'grfimdom- vmu.mi i'-li sie 
iHieh vonniithm, Mir hitgegimri noefe JiifUlbr QjiSfrftktHSißiui scldiMdit- 
weg, die Mi nielil auf feiuvimun des j’vlonu- öder not’ ij|« usmubo 
Äi? bpyaebei] Svögth weil d»:i*;iiit liidWeisimd«« JSftnirtmme, wie' -^uveiv 
ITssig*' idieniisehf Zeioiifvii lefelen und der ViPlonf üiobi danu 
Sjin’riif. und dt- ,»ic auf Atonjo. br.iiigbnr Votmu^frum^ -udev' Vonoil 
•sonst bei \dirn / wer will es immer HnfeeiUydbm, wemi mit miiem 

jrnn!« Ktfe ÖCmtn>klinsu ; da M umi «lien ihren H)cH‘aül'öi , fetbi < theii 

Erst Imimingofi ? , 1.*. um auoh lau dom .•brlmi>te?i. Var^loietm mit 

d'Ui V'li'Oviscii äiu idorv.ofi■ y;u- bjei.!»Hio selbst liier jia>H>jt öS .intr 
ooeb geji^etnlbdn eine „idijatatifUf'' sehitHditWeg V.ii diamjij'Stii Ii uür 

.weil die Auhhvtung einer fneehaois! liou i b-sm Im? Uabir im 
}lei'7.en ober .1« den gfossoo. Gefesselt mir pfeentUeh iiient, 
glüelviT. will 

Bin! da'fedi din ITp&u^sh.o 

Kaüo zu erKArttmi mumi »i.» so unferbisse lei- nun bidcacmton Grün¬ 
den Heil v .1, VT*iden ’s mnmdlugmufe.n ilitlli.-ilnsi-.vo eyonrn #, U es 
tu prüteu, ob der ekisd.iseho Maeen S:d/saure mmhtb, ob 
ident, ajmi wie aiart dlü AGdifär dn m^bernm-Fafee fet, ’-'Wik 
man. b*u IterzalteeUoüvf! den Harn nur Eiwmss. uietersuebt, am in 
ZrWöiieijmifen Fit]Jon klarer /u sehenmM die tlierajmntas!feen Gonsn- 
quottüoit. ’/,n ziehen 

Hiorau.,, M'H' Itiegel m Uiut, ui»m Iitbon«^r|Uf 5 n» jn inojuen 
Anscbaufengoti abüis.ifdttiii 4 kJipgt etwa. so 4 ajä mb ich fei dar Eionfe 
sheUunm gegen den ntwiM^cn Versmdm ntifc einem male jede dubii- 
miiriirje bei 1 lerzklappeub blnni als Ei wefesbitninn mnl ais ftnlMt-, 
ntflmUgos;, primäres Leiden m lmzejchric«, vbn wekdretn dp'r tlmrz- 
kbippenibideixmumbir übhänge. ibi irnnrnsrnp^nt erkllirt’ würde, 
\venti und weil hdi anerkenne, dass r-s Uer^mbfeo gfebt, welche mit’ 
nud rtfrdprn;; w'iilmfeu ttlVm«* Albuiniputte lauge Ä^if*verlauten. * 

i<i, !• fe-#' meines diese ' ean/. präcUm 

bebaodoH. und bchaapbw, dnv 'Tndl:i»i% seit biiiger"'nis Ji'ieWo] 
-nümlndi.'seit v. d. Vddoö und K.usfemaul bekannte 
^iintsÄbhtb dji^feoi Gastreklashmn Imlii dm ^iilksliuro dblüf, bald 



Nicht nhvv utngulmlirt, wir K^, hmuom IHngel ’u\. e„ ooHmm 
(fen AciditÄr. rofzurfmken uiul : von nimm Tl^pocstn-retib aefda. zn 
SpreehKn, vou der die (ry striktes jo (aus. wokdwm V'r^udio nun?) 

aldoiTivei. jn ItA- 1 iij;. _o. . ,i* .-Sf . U r/ 


abhanden solltor Lies .nonfuridlro diiv Vcrli«it,»tss« nur und nichts 
weder. 

Hat denn nunjemaoO, frage ich mmb -einmal, die Gastrnktasio 
: ] V u '‘•i‘ l T>?! ü j-f Ul, ! n ^J l S(} $- ^krmiigehnallyperaocretion hommg-ehan 
sdhou. fe H>gML der himdcrte Vno IIjKji*irseeriü»>eil beobaehtet hat, 

Anjm 1^. 8wh *^ ^ *» ***** 

■ -V- %hh*v:$asx Wö -v^Ui ‘•■•ufegpd^döe; ; •' • •'■■ 


litfti et aüßfi hunderte, fünfzig,, «eH»». sßlbst aiiir einige Fälle goV 
sehen, weiche aus der chronischen Tlyporsocfetioß ohae Gasfeek- 
tfisie in den • „typischenKustand mit .'hochgradiger Gastrukfesie 
zfeifedlo.e, üoorgogangöti, und srdohe wiederum, di« Hank s^hcr 
spaefeisöherx Behänd! tmgsmethorlo von der Gastre]d>$lfc goimiit 
wonten sind? 

: Das jst es, 'w orauf es hier meines Brachtens pnncipiGl <-n- 
Uommt, und -dom gegenüber manches dos zuvor gcswnogoii ErO?- 
terteuv wjö das noch zu. Bagetrdo yox\ unterg»r 3 fdjiatöt‘ 
rung bt, 

Z B. folgert feicgci aus meiner; Abhandlung in Nm Mß\ 
vte^ißT W^KbHsohritt r : jite Bnfea\t|»tuhg* , 4 Ü? : r- ,Magbn zehrt' 

eju’nnisvdic Hypersocrctinn- well er ektiifeseh-ist;** In dieser Form 
ist die Folgerung jodemblls undehtig, mihilestefm utigonaa.; Ibuin, 
da ich Selbst y<u> Giistrpktahioun mit und ohne Aeiditüt dca 
Müi-hterm>« iBichsj Mml.es spre<'be, sO kßijfe ich dio Ekfemib an "nick 
U Fb, als ;d^ .'düss.eKües^iufeö irrsHcbfi' deh « 

angesehen amdi baimobfeetAiab#n r sagtWT d-io fei eÄRi £ktu,-, 
Gsvimn Mugnh rnsferentlen Spnj.somas,sfjn scieü ns, wohTk gm 
wiösorm-.j.;n-:son einrnb cifTitifiiorlichoU Verdnuimgspro*-css uöferhiolfeH 
und u. o- -die LTPwuefeo ih>r rög;, chrö.ntsehen tiypnr^ehretinn ikiv 
vfoiiieu,. voraus,gesetzt, dass die Magemmhlejmhaut des. GcfeslrfOD. 
-Magens nicht utro]diisch ib‘geiiord o oder bereits (fegooerbi; , 8 «?); üd. 
dies ?0 r einer Yovmiruleruug Inww. zur Vatmchiung deriiog,.Byper- 
Atw*^t!ui.i'-BiUrefe B'iltesm.. ^ ^ 

Ebensowenig' geht uys hteicmn Au^fühcuttgen hervor, dassdu^ h«ü 
der Autispüliiag „y.urückgehaHhne 'Wasäur 0 die 1 .^fteucreUoh' 

l*iv zur Diagnose erforderliche abendliche WifschpTocrdür; 
I.F I«. die eine. Viertelstunde und langer «lUinltonde Tfantirung., 
"•mit der Sonde Ku Magen u. s. \v. n, s, w.» sagte ich,; rege die 
FtoTteßcretkn* rin. und das' so gebfedoie BübroF^ttsäiUniöir irlit dt)n 
hn bt ybllig wieder entleeTterL ülhe 

sVlzRäure Flüssigkeit, w-clclie njohi pesorlurt ~ Htmideif lang 
im Magen vorbbTbo und als saixsabru Flüssigkeit irr.hühcjibJ) 
(leado als dust.tlO.tdbs Wässer die He**retiou Jm Magen unterhdte 
.,Gescliloht, itenö/. das beim nocmtjfen Mcnscbe«i“ irugf .1 * iege 1 . 
Itabe i* h denn das für den nurmaieji Menscheri imbaaptefe tfriit 
mcht vielmehr aus meinen Angofeen hervor, beim nonnabn Äfe.fl- 
scinüi wurde alcts Wasser, wie das spontan secnrmrte MagonsecrG 
zum Thmi rosofldrt, zum Thßil zum Ffetiner entleert, >o dass gsfä*h r 
der normale - Magen T G. iiur wenig Flüssigkeit im Nüehtenien •; 
•epümlLm .könne, oligfedch er eventuell *ehr viel mehr io einer gc- 
gobcnejj Zeit» seeeniirt habe? Wenn also Riegel' die iimmfüing* 
vcrdFculliciiteu Versuche v. MoringfeHi nach jlciuiR der iocre 
MiVgeo v ,k(dno in Betracht kommende Menge Wassers" rcäoibu’f. 
gügctc mich unfülut; so übersieht, wie mir scheint, Kicg'ol, dass 
de---,-*; Vorhalten der MagetiöehJein)haut nur nor.h gugüüstfm rriorner 
A ccebrtMüüg spricht; denn je weniger' der Magen Wasser zu pesor- 
Fifcn ybtühäg, üiil gm gTüsser miu?s f hm gesciiwiindeäcr Mötdität, 
die ^rüßtu;»swle** Wfisyormeugo bezw., nach meinen Ausfühnuigeu, 
diu r^feUfcndtf sjdz&äüve Fltissigkeilsmougo ausfallcu. 

Fufj wenn «rii nu/h ;itiI die saizsaaroaurügende W«fkung 
ramm W<ihx«u-b cingchen soli, ob sie gleich von mir i'uebT .eüfe 
scheidend hfugcsKelji wordnu ist, po darf loh Coustä-Urup, 
allcrtiiirgs für s]n »ifunohe Angufero smyerfeiHpiger BoolütGitef aus ‘ 
-der Ijjfctetatur sich Atiffthron fesseu, mul zwar gorädo, wie l(>ege! 
zwei fei »ul (rügt;, bei G f 'M'itdeu. Z. B. die Angabo von feiegol 
sclüsf. die. b<ü i'i/Bundcii ct.iva im Nüchternen- 'siu-.Imohaebtoudv 
Ha-fiscerction wohl zum Th ml. durch den Amdcnrofe, zum Theil 
duroh d t e gürrit|io Meugo de^ eTiig‘i-gö?snnnp \V.^»SfS/?i vor- 
a ; ülax?t‘); mim die von K, Fref'ieh s J ): „brim H»i.mlo -wip beite 
‘d'Oc-t-’iM m ist gcwöUnUd: .mcIum; 10 - 1 f» Minuten nach Eiutuhrung 
von ‘Ic.sGUirtan Wa^er Bal&viurn paoitweishtuc diu m\ch tK )~-40 
Minuten ihr klaxiinimi ermcbtfe 

' HiPniacb Lküii Jcfe jäoJfeö^BliFh. wühl nhtu- die v«)p UB'l?ßTiiech 
UHgHi^u'^ejjpu WerSpohn XiOUhiFg, itacii wefedfpn trotz Zufuhr von 
Eiäaynsoor dio SafiscereUon „bei allen Hcbworep Djfepepsiern' äi J - 
zurügen muht gelang, kurz binwcggcluac .sowohl weil ff iegei sGbtT 
dm von mir bnrnife su'iüiiuüo, wahrsnUainliehe Fehferquidlo hiuslrht- 
Ueh .dieser Versnchn ti. %, richtig erkännt und niifcgötheUVbä.B),- 
als auch wdil feej ,,llyfiphptlsbhntiV meines Flachten» Bp Gegfeß* 
eafz zu Gesimdmi dio ^sp' 0 !itnsir* K Hccr^fiovj im Nüchternen oftse.hr 
liejrahgesctKt ist oder fehlt; davun afegaseJiOu, dass diese Versuche 
an, »h'fe in kölner direkten BözicJiung zu der hier luteressirejaden 
Frjige, hämlifii dop Ursache <J«r salzsaurmi Magcnniste im Nüch- 
termm bei Magem'kiaHiefin F e, der sogaoattRinu ehtrouisefieu Hyper- 
sbCroUou. stehen 

.;< i, c. ' 

, t*. Vergk Beiträge zur Pathologie und Diagnostik der Mogwilcrouk' 

j holten,' Dentsoheo aWchiv für klir*. Medfefej B»T NNXV1,. 1S85. 

i , “)'UeW il^ .zaUieho Auftreten na Magensaft. Central- 

; hlatt j, d. modic. WiSäenseisafCen 1 &S 5 . — *TT c. 





24. Mai. 


DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


465 


Die weiteren Bemerkungen Riegel’s, wie z. B. die in Bezug 
auf die regionär unterschiedliche Verbreitung des discutirten 
Leidens u. a. m. noch, wenn auch nur kurz, zu erörtern, würde zu 
weit, selbst vom Thema zu weit abführen. Das Wesentlichste der 
Riegel’schen Erwiderung glaube ich im Voranstehenden berück¬ 
sichtigt zu haben. 

Dies aber möchte ich zum Schluss noch betonen, dass ich in 
der hier geführten Discussion zur Klärung der strittigen Punkte 
immer nur die sogenannte chronische Hyperseeretion im Auge 
gehabt habe und nur diese zunächst behandelt sehen möchte, nicht 
aber die acute, oder wie ich sie lieber nennen würde, die paroxys¬ 
male, periodische; es sei denn, dass Riegel über zweifellose Beob¬ 
achtungen verfügt von paroxysmalen, periodischen, recidivirenden 
Hypersecretionen mit Uebergang in chronische ohne und dann in 
chronische „typische“ Hypersecretionen mit Erweiterung des 
Magens. 


VII. Feuilleton. 

Bericht über die Feier des 50jährigen Stiftungsfestes 
der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie in 
Berlin am 9. und 10. Mai 1894. 

Von Dr. E. G. Orth mann in Berlin. 

Die Feier des 50jährigen Stiftungsfestes der Gesellschaft für 
Geburtshülfe und Gynäkologie zu Berlin begann am Mittwoch den 
9. Mai kurz nach 10 Uhr Vormittags mit einer Festsitzung im 
Langenbeckhause, zu welcher sich eine ausserordentlich zahlreiche 
und glänzende Versammlung der hervorragendsten Vertreter des 
Faches aus dem In- und Auslande eingefunden hatte. Der prächtige 
grosse Saal des Langenbeckhauses war festlich geschmückt, über 
dem Rednerpult hing das bekränzte Oelgemälde von Carl Mayer, 
dem Stifter der Gesellschaft; zu beiden Seiten waren, umgeben 
von Blattpflanzen, die Büsten von E. Martin und Carl Schroe- 
der, den langjährigen, verdienstvollen Leitern der Gesellschaft, 
aufgestellt. 

Eröffnet wurde die Sitzung durch eine Rede des Ehrenpräsi¬ 
denten Herrn Gusserow, der zunächst lebhaft bedauerte, dass 
Herr Olshausen durch Krankheit verhindert sei, zu erscheinen, 
und infolge dessen die Glückwünsche desselben der Gesellschaft 
überbrachte; 

Das 50jährige Stiftungsfest der Gesellschaft erinnert einer¬ 
seits an die Vergänglichkeit alles Irdischen und andererseits an 
die Lebenskraft und -Fähigkeit derartiger auf gesunder Grund¬ 
lage entstandener Einrichtungen, welche durch stete ernste Arbeit 
auf ihre Fortentwickelung und ihren weiteren Aufbau bedacht 
sind. 

Der Beschluss, das 50jährige Stiftungsfest feierlich zu begehen, 
ist nicht etwa als eine Selbsthuldigung aufzufassen, sondern es 
soll hierdurch gleichsam zu einem Ausruhepunkt die Veranlassung 
gegeben werden, von dem man auf das zurückblickt, was bisher 
geleistet worden ist; und vor allen Dingen soll es ein Dankfest 
sein für die früheren Generationen, namentlich die Stifter, von 
denen nur noch einer, L. Rüge, unter den Lebenden weilt, aber 
auch dieser ist leider wegen Altersbeschwerden am Erscheinen 
verhindert. 

Die Geburtshülfe als Kunst und Wissenschaft zu heben und 
zu fördern, war der ursprüngliche Zweck der Gesellschaft. Bei 
einem Vergleich zwischen dem jetzigen Standpunkte der Gesell¬ 
schaft mit dem früheren ergiebt sich, dass anfangs mehr ein aka¬ 
demischer Charakter derselben hervorgekehrt wurde, während die¬ 
selbe jetzt mehr einer modernen medicinischen Gesellschaft ent¬ 
spricht, die auf der Arbeit geistig freier Männer beruht. 

P - ^kurtshülfe gab wohl zunächst die Veranlassung zur 
urundung einer derartigen Gesellschaft, wegen ihrer grossen Ver¬ 
antwortlichkeit und weil sie oft ein schnelles, thatkräftiges Ein¬ 
greifen erforderlich macht; es lag das Bedürfniss vor, einen ge- 
anlas 1 ^ 611 '^ us ^ ausc ^ 1 ^ er hierbei gemachten Erfahrungen zu ver- 

Allgemeinere Gründe lagen auch in der Entwickelung des 
aches selbst; die Geburtshülfe ist die erste Specialität; sie hat 
smü ursprünglich ausserhalb der übrigen medicinischen Wissen- 
cnaften entwickelt. Anfangs wurde sie nur von Frauen ausge- 
; nur im Nothfall wandte man sich an die Chirurgen, welche 
amals noch zu der untersten Klasse der Aerzte gehörten; all- 
manlich löste sich dann erst die Geburtshülfe aus den Händen 
er Unrurgen los. Von letzterer hat sich dann erst als eine Er- 
gezweigt* 1 ^ ^ 6r ^ euze ^ di 0 Gynäkologie als neue Richtung ab- 

,, ^Jd 0111 S0 allmählich der Boden für die zu gründende Ge- 
scnaft durch die Zcitumstände und die fortschreitende Ent- 
icxelung des Faches vorbereitet war, fand sich auch im richtigen 


Augenblicke der richtige Mann in Carl Mayer, der, ohne eigent¬ 
lich ein genialer Denker und Erfinder zu sein, durch seine Per¬ 
sönlichkeit allein einen ausserordentlichen Einfluss ausübte. 

Vor allem ist es heute eine Pflicht der Dankbarkeit, seiner 
sowohl wie seiner damaligen Gesinnungsgenossen und Mitstifter — 
Bartels, Erbkam, Hammer, Münnich, Nagel, Paetsch, 
L. Rüge, H. Schmidt, Gierse, Wegscheider, der erst vor 
kurzem gestorben ist, rühmend zu gedenken; mit fast allen den¬ 
selben war es dem Redner vergönnt, noch in persönliche Be¬ 
ziehungen zu treten. 

Nach Carl Mayer übernahm E. Martin die Führung der 
Gesellschaft, und diesem folgte Carl Schroeder, dessen Haupt¬ 
verdienst auf dem Gebiete der operativen Gynäkologie liegt. 

Der Dank soll sich heute aber nicht nur auf die Vergangen¬ 
heit erstrecken, sondern auch auf die Lebenden, welche durch ihre 
rege Mitarbeit auf wissenschaftlichem Gebiete zu dem Wachsen 
und Blühen der Gesellschaft so wesentlich beigetragen haben; als 
Zeichen eifrigen Strebens liegt eine aus dem Kreise ihrer Mit¬ 
glieder hervorgegangene Festschrift vor, welche der Gesellschaft 
zur heutigen Jubelfeier gewidmet ist. 

Die Gesellschaft hat am heutigen Tage Gelegenheit genommen, 
einige hervorragende Vertreter des Faches zu Ehrenmitgliedern zu 
ernennen; den Anwesenden derselben wurde das Ehrendiplom zum 
Schlüsse überreicht, und zwar: Fritsch-Bonn, v. Winckel- 
München, Chrobak-Wien, v. Slawiansky-St. Petersburg, Stad¬ 
fel dt-Kopenhagen, Pozzi-Paris, Pasquali-Rom. 

Ferner wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt: B. S. Schultze- 
Jena, Hegar-Freiburg i./B., Dohrn-Königsberg, Czerny-Heidel¬ 
berg, W. Priestley-London, J. Williams-London, A.R. Simpson- 
Edinburgh, Porro-Mailand, v. Krassowski - St. Petersburg, 
Gaillard Thomas-New-York, Emmet-New-York, Parvin-Phila- 
delphia. 

Hierauf erstattete A. Martin den Bericht über die abge¬ 
laufenen 50 Jahre der Gesellschaft: 

Am 13. Februar 1844 gründete Carl Mayer mit noch neun 
anderen Collegen die „geburtshilfliche Gesellschaft“, deren Zweck 
war die Pflege der wissenschaftlichen Geburtshülfe, verbunden mit 
aufrichtiger Collegialität, damit eine collegiale Genossenschaft ent¬ 
stehe gebildeter, erfahrener, zuverlässiger Frauenärzte, die in 
gegenseitiger Berathung und Besprechung wissenschaftliche An¬ 
regung und Belehrung tauschten. Neben Carl Mayer hat sich 
besonders in der ersten Zeit Rudolph Virchow um die Gesellschaft 
ausserordentlich verdient gemacht. 

Nach dem Tode Carl Mayer’s trat E. Martin an die Spitze 
der Gesellschaft, welcher am 9. December 1873 mit noch 20 anderen 
Aerzten neben der Gesellschaft für Geburtshülfe die Gesellschaft 
für Gynäkologie gründete; am 9. Mai 1876 wurden sodann nach 
E. Martin’s Tode die beiden Gesellschaften zu der „Gesellschaft 
für Geburtshülfe und Gynäkologie“ vereinigt, deren Leitung Carl 
Schroeder übernahm; nach ihm wechselten in dem Vorsitz 
Gusserow, Olshausen und Jaquet. 

Von ursprünglich 10 ist die Mitgliederzahl auf 181 gestiegen, 
von denen die meisten zur Zahl der praktischen Geburtshelfer ge¬ 
hören und in der Mitte einer allgemeinen ärztlichen Thätigkeit 
stehen. Die rege Betheiligung an den Sitzungen und die grosse 
Zahl eifriger Mitarbeiter an den hohen Aufgaben der Gesellschaft 
bürgt dafür, dass die Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie 
zu Berlin denselben auch für die Zukunft gerecht werden wird. 

Mit vollem Einverständniss der Versammlung verliest sodann 
J. Veit die für das Fest bestimmte Rede Olshausen’s, in welcher 
in grossen Zügen diejenigen Punkte aus der Geburtshülfe und 
Gynäkologie hervorgehoben werden, die für die nächste Zeit noch 
der Lösung harren. 

Aus der Geburtshülfe sei nur erwähnt: die Cervixfrage, der 
Geburtsmechanismus; die ektopische Schwangerschaft und deren 
Zusammenhang mit den Tubenerkrankungen; die Pathologie der 
Schwangerschaft bei perniciöser Anämie, Nephritis, Eelampsie etc. 
Aus der operativen Geburtshülfe: das Verhältniss zw r ischen Kaiser¬ 
schnitt, Symphyseotomie, resp. Pelveotomie; augenblicklich scheint 
ersterer durch letztere etwas zurückgedrängt zu werden, nach 
Olshausen’s Ansicht aber wohl nur vorübergehend. 

Auf dem Gebiet der Puerperalerkrankungen bedarf auch noch 
manche Frage der Aufklärung; während die Infectionstheorieen 
(Streptococcen, Staphylococcen, Gonococcen, Bacterium coli 
commune) wohl allgemein anerkannt sind, wissen wdr noch nicht, 
warum in einem Fall eine Allgemeinerkrankung (Septicämie), 
im anderen nur eine locale (Parametritis exsudativa) auftritt; ebenso 
ist die Frage der Selbstinfection noch nicht endgültig entschieden. 
— Olshausen verwirft die Polypragmasie in der Geburtshülfe und 
betont in erster Linie das non nocere. 

Aus der Gynäkologie werden berührt die Geschwülste und ihre 
Entstehungstheorieen (Myom; Carcinom und seine Contactinfection), 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



4.68 


BE BT 3 ÖHE MED! CJ N ISOBE \V ÖQHifcNSGHRJJX 


jfo. gl 


die- Genese der uvstisoheri OvaYirdtuinnreivA icrnoi' die TöSigiiMw^^f 
fe; S'>hli:imhfiutc (Gonorrhoe. Triberk ulnse] mul ihr? Ybr^GArdiuien 

L rnut | La! if*i m Um: r de. 

I : >'i der Kim-? 5 oi> Antisepsis oder iVriepsisr; di»cM»>: letztere 
vi.'iii Hold nur iuwb Dlunn in fMiUicht- kommen.. 

•;.‘V¥a$ ;;g;hia*sslkii. «Mo ij|ü:i ;ifio 11 st<*i hi l ik JUid Jinlicmjohsstcilung 
itiyi»vtn'ü*M -hu dürfte -dim Dahro : v»m der (hotritdonvie wohl kaum '.in 
»öeU etwas neue« bring'iUPR ' die Imli*i»t iöiiv- 
ytöüoüx' Vmj der BMfdbgotT.rtöh* bmhffi Mo«di .•godähnrcf Besfcstidlm»!:'. 
{}11' (»; ris/.rli: •■ njjZll 1 'l'iSv llO JA»]K S‘db*n hiebt (i}>uri| t \rOf(!Oti-; - ; 
für die tOi'-'i kohto ihniguney erzielt* bei 

Mt sehirdouGen AIHfiiotkoi koKuU'ui ganze Reihen guloc . t;Go.Lc;s 
XUtvh eUouujm; wir: hhrw sind YjtdhjKdtf finefi pur muh genüge yiiL* 
btiSSerUrtireri tin<;.iioh.. ■■ ■ 

■ r J To Lai ton ,uGo '0iiiHvycVfti-: gi»o x- he«K«ite>«do khrfSiditiBe auf dem 
(ioliioii* de; GnburisMHlL* umi Gynkkulopie umhi m verkennen sind. 


I AJ ! d jmcie) geuoninmu. Bin in geihHGihglgrr Anz&H vurliaiiüGtiyi 
• Abbildungmi mi sfhvruatis-rlu.* Skizzon, : Trotz- des eng, Ijvgrg-nfctÖD 
1 zBvnolrife iio4 Bimbleivm mdmült d«uu Kyf. das Gchoten-c- weder «juair- 
! titufiv hheb qualitativ auyi’CRdu ud 1 nilns*. sind .ja an vcr&wlWHUMieu 


db: Armebauungen -ii hur-his 
in O'fvl'Ia.' I -Audlrnüie 


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Bei, äaii'yojinatftii: 


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VKdhutht abßf TVH : d das» -was n ioht iw d } >»> 


iBüdie -Lebt, - bis bökiihhfc v o r» u 4ge* nt % t {vgl oben)? 


ßFÜihv 


ruhgsgetiüts-s darf inan ahor "weder bei den iGfiparaten, noch Liej 
f 'jibdidafeen fFtfs, •'Ktaa 4 seijpa.ütiJkt.*Ä<• o)nj* .feiob ? ,i'MiÄU]iaukwn f ' 

iieeinn''iv, iuoüiausweff’h^ annt.infLi.4rhw Ivemtfiitfese vovaus^« fe* n - 
oder innn wird in (HeH'nw Rail lin-.h.si- traurige t'hil-tUnS'dnnygßa^^g 
iGifvfi. ;Klne mi'iir litiiin 2(>jiihr!^<v'in (V)iriiu^ auf tlant l;’ri»(ninvsf\yj 
.arjiil yen (fen ,„p}iA«f , inveu''' lief b'efknhtfAt' i}eiY, 


fpßswTfnf>>tb\0h ; ){}>nfrwitdon Aens 
ANiti ’M l*n GuGileih, \v«um ns- 


«ej'WtPd; tpi*) n'f^nfiK-'Wrnb :: aVjd'i.j.alirte' 
nnyit Aidni- ufdieu ßc»fiü4«?r.en l,Gn* 


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Ä- tidgfiii hütVütehr die B.egti^din^\4 ! i T ndo!» der ■ ■• 
lii‘esid i; i\ sowie anderer in- Und a'isiiUnUselinr fie^iUb.»•haften: 

W BwfO'Waun ^pniel» ^uofttdish nt« IVokwu iiu iS.jjuou dor 
rnodieinis'ßlien ^eßhitäfR. ifffi'crpnk i.Wietc)• ftin .tvlinilv- 
wiiusehv? Vier- devit-ächtH» ’CiV-Äfe&piJliu(t*.’‘IA. 
.Kiuoeii er zngl ei di . i'iue 3^qsf:setui C& '.-ttiubTok-bt^ sövvby der; .^nbüt^'- 
hiilfIi«• 11 hIm> 1 o*^isiIieit tR.W'iijKid.arj Ri \Vn*«.i. .VdJHe.t (Grui') 

stTraeh für die intorifntaoHHie.pdsojifeebftft .füv■pvnJ : &£ti6gjf^J^yV'vl : i ! .v'l 
fijeipzig). hiitimn'Ultte im NHinen Dürt^h»Xbriiiöieti HtosnÜsjvlia^b 

Zu la'tfzia < • i 'f *' I .(iiuj.i M!;i, _ S.lwlidt' (1 \ '.t UituHÜ i in* 0 ..n.-j' 

der ^n HUdfldii'g fntib ’feRÜün 

siiii intu Adrns'fe 1 '- y.. W j tMuitrlien) {il.'feVTuind'tn Ou, (iiu rU; . 

w»iu-.< Re -cif*r ^oburirdiulHi'.uirn Ursejlsf liatt in Mihn hon und diy 
FJriioidnjT.L' tief ’RuTru i )&b au M n , vv-und Mari in v<u 

Kiimttrri tg;iidd k er):i. dor^lhUn; K'df-et.hÄ^ff fivfdh u, Ivb ) spdniii {iir 


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EhivauHfTloiuc für diu Hrrrrn Ol-yluuRsnii, <» u s slo jr< 
u iir\v cioit-' b>i|f r (IAiGiiin^hfin}) fejrr}(«h für die ÖX*4t 
S<>oiut,v:; lidtiis) für die Snen-rf du rJiinii^n .ü- i* 1 . i 

IK* *:>-jua'U (iidtn) Ufr. die Soeietn di ost*dn' ia <> di ^ 4 'ii 1 e«• 01 e l»'\i 1 

itiilmmi: .j ;• <■ 11 i»,-• ( Idr0s.se!) für die M.M'tf' u‘ itiisf eWii'iUC et du 

wyiwo-dugiw de Bnixrllwy; R.uliO < ( N-tuii^vijhd iür die American 
Ajisornt*.mij et and yyviewfd^dfe.f.fe .uu'i jiir die (*yu«*- 

cel»e:ut ai Huriidy of f»a)t innirc. 

liierÄtrf Jö^rtwjlg der hiHU^r-tfTf? (firsse.ro w, 

den VüVrdi?. a»l liturn ja-.o«); es fu);-teh, rj-iän noeh die Rr- 
41 'ü^fedi^^redefj der fj«ureu Waideyer füb dir Deutsehe (desetl- 
s(diaM. dür. .Anatomie, llurlb für -dnv^ (KaadJ.wiiiUr,'(iir Jü'ntur- und 
Heilkunde ym Beitiii; Key.ien für den rOnirries,. RA iumme Medi'in 
und den Vdieüt lur iitfSe-n* Alwhoiu i?M Brndin; « l'a rd«‘leben 
fiir iiiw ipjffsKiin {iw^idlsidnfü (6/ fJhjrurgür in A^ertriAnif^ von 
v. I 1 ,•?:tuare 1] und für die iroi* • A ej’einfc'unc, der ( hirurciut tdceJin--; 

1 iaehu'w tur dm Bertiuev iiiedi<:inisri.u- f.,e,s<«j!>ehaft üj)«i die 
d.nit-.mio NaUrriof scher- und Aöfv.te v etynm in ln u :■ H< .i)U p.or für die 
i doadieidfait dciM.;iraidtiduuci'!.Miüd La u d irr n f für di.- Lnr.yhgtriV^ ^ ^ 

' Polt ywi donj 

d<*4 v Thiftk duj- On^i4|!*ühü|i UUsgKsproöfjeit turd sjut ipdUEertiitg.'n.ü • 
den Tag die fo-ytpchfdjtt iitievreieht 

liegen l l A Bb.r wuedo vdn dein Vorsitzendfin Herrrt dauuet 
bin gimhlbfe'fierr, n>toh AjferlüHpö. |UA/j für dit. Klinm- 

jiiifglieder und (Riste dor' ('rftfeeltSeiiHfl- ein- .t'Vdh^tfu.k suiif. 

- -.- -<S‘- him-s. i'niuD 

VIII. Referate and Kritifeen, 

A. V°1J l\N lu-/.lmt{y, Cdjupendium dar Baror.r.ton. Anatomie, 
hur btudjvnnde und Aerzie, Kit und IU\ & kMü SA. Mit, 

26 AbbUduagen. Bopfin, §.;uKiipgeYf I 8 $L lief' K. V Barde- 

toberi ijena). 

Lies aut Änruniii?KUni» der VmLxgyljuehhandluiiv ent^taniJeirr 
t oinpenUiUTii „sollen mOgii MM Ur^T !Lms W r, vv issuue - 

jvcrthp aus der AnMbnJo bnnwen Es i> t. hrdqdvä.Jjjmli. für Mn 
Gebräu eh iui JYiimirirsaut um! Rebu Btniiinm dür d^s Pilaafsevamei. 
berechnet. Den.^iMuüss ^t ä i das Rm l, bi-j eü - Vüato- 
miselie Kennt nus« vora us * i;e,,m ( lcfe Uüc^hiir M M M 
Anaionuc und \b«h,unk M u (J.-lruko. ferner :„,f du mmcsien 
f..V*-»‘‘.ruqkOVl wu Lyu 1 >‘ü • u,.yyiüuoll der ii.nlgi'Kthmt 


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U das S.,-ji vVtu cv fe'ji.dii ist eher n^tiriü’h Auf die -de 
«ii s (diit urci 1 ' üiIgeMid»1 c'üt'idifon irniodiiüscioniiingcii 

tvt'feeits ist (hu ddieji der In- d}iJv eiigere (iubiel <ler BIh^ 
leti A fitmfl {iqe.fi dui'idi Gi>iithtrünai'iieid ungp-ii Hhdei ei 

dti’äeiifnnmcii, ,-u Lrxsijiel. Syphilis, YeiHwmjmingrm und. 
sowie 'J'heüe aus dj-tn {rölwde. der a)lt , ‘iHm'in> , o Iddfii'- 

feind itnej} diefew Tu Atio iLusrwbvldibdoq* -Maafese in uyii ' 

•l HtrfsM.olllitig ge^Oürfi. drtfeL d;f-ettidivld ei.nrr Lnekr 
nt. Her Stofr ist *{4.' iVVfg^VpittlY:• 4 H l F' 

der 1 iKeil und" itry• yhleoitüheui ViuNv-ehes; AhoiK/dh'en 
in der Hiuji•; die ßeöHm LuUnudimäch def , 
b*r Limit lind - 11 *^ HdbwUföngcvyqlnfs > LKif^n.' 


cry iheintittisi 
plibegHUiilJdi] 
i 1 lecubithfe. 
r?isl»ijse.he, e 
vhtp fiiseiu n i ■ 
tUes« h wün*. 


dud pliIrifiiKjHüsi’ Eniyiuidi u\gVA) 
die IfaogllüT der liniit ihtd d. 1 
yyimuetrifeelic (iangraih dbfbfdt 
ilmliselu' uiifj rlur.micvi bh 

BiitÄrthdtinarn den- Ifmit- und 


-^ÜMjUtdn und lleerd- 
oihrutaimii l.divyhcA 
rhu. feyüUrt und rtia» 
PvthgtdnO AornnH dii 
dr-fe SuiieutiUigtdvH , ei‘ 
tijptl Ki?tehi dßp IbtUt, diß EtrpbaÜtiu’f'j? Arviblint, 
S‘.;t:‘i*iwliM'Miia : auf imleruüs.em iiotbHi; fjU(mfe, TuImvkulest*, Srmhhnlo 
doriua, funirüMlWii':.- • flic-*-* 'KiHthUtlnugßa M J lfidt luid dm? 

lifinbiehel lyperpitiSföGTi; Srh\vii*bT,.Lrtirhdi»rtH ttAüL 
hont, Uiust hi iehi'.ne KeVWto.syu, V eiTUUtl, Naevus. Cbu4y-Ti>TO, Kcleid, 
iUjd cUiHc.li ijio echten Gfesuhwülstu dci’ Hnuf und des HrHrrhauL 
Pein Ibeytm Vtmdjrgnht die ilhUrbv 4 . : 

1 AfieruAui'uix.t-.i; i.vjo pid allen UutidbiirhOf'U -der «Jcutr-u-hs M 
’ r f > . y 


j 4^r- Ängo:Klj©ilktj.tido, 7* wnrn\ch)*tt h ] 'Ü 

, XjK, ■■11b Stdtcü« LiVipÄig 1 üLuI Wibri, 

• ; . . ^-0:. iMiyg'hu'if (BrnslAui« - • - , .. . o*. • 

Wi11(L.tärt'Ht Vos&j'ü# dio brsto 1^88 . sfßö)^- 

Vv yrkes uns «ix ..Grundriss dnr Aueuuibeiikun.de“ bozoirh/tot«, 

: c: ]ci'/t den Nwl'iefi id?ie 4 .J.rhLbnuls.cy’* göWühlt und ifdi Ktul'G, 

I fiytin «ty hyt die wweifr „Audayt* ?u oinKiu 'vnHrßö : ji<J|j4tf 
! erweitert Lüisü hiige Bcnht zifun der Littnrutuv sowie imrgevrtdHilc 
i "tu'euc- }Um 1 L.-* he h i talirir e sjnd in den« V\ t »»k iu so wu/.oM 1, G' 

I A\ iHsc voreinr utul t\\ r-inen* .(•a|r/i , u a eraf-Hcitiu. dass \ n>- sl,i ^ 

I rin Hüitr bruai'hKaj'te P 0 tyhnri> .wc.ürji^b bru-, da^ yeinwv Lhdy 


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24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


467 


iiu augenärztlichen Unterricht voll ausfüllt und sich denselben 
voraussichtlich auch auf lange Zeit zu wahren wissen wird. 


Bock, Die angeborenen Kolobome des Augapfels. Eine 
anatomische und klinische Studie. 212 S. 8°. Mit 37 Ab¬ 
bildungen auf 6 Tafeln und 6 Figuren im Texte. Preis 8 M. 
Wien, Josef Safdr, 1893. Ref. Magnus (Breslau). 

Die Grundlage des vortrefflichen Werkes bildet die genaue 
anatomische Untersuchung von 22 einschlägigen Fällen, von denen 
10 den Menschen- und 16 Thieraugen entstammten. Dazu kommt 
die erschöpfende klinische Beschreibung von 24 beobachteten an¬ 
geborenen Spaltbildungen. An der Hand dieses vortrefflichen ana¬ 
tomisch-klinischen Materials und unter Heranziehung der einschlä¬ 
gigen Litteratur zeichnet der Verfasser das Bild einer jeden Ano¬ 
malie in erschöpfender Weise. Die Benutzung der Litteratur ist 
eine so gründliche, dass in den citirten 355 Litteratumummem 
wohl der grösste Theil der einschlägigen Publicationen enthalten 
sein dürfte. In einem sehr gründlich gearbeitenen Schlusskapitel 
erörtert Verfasser sodann die Entstehung der Kolobome; er be¬ 
spricht hier die verschiedenen Theorieen, beleuchtet dieselben 
kritisch und bringt seine eigenen Ansichten, die bei dem Unter¬ 
suchungsmaterial des Autors eine grosse Bedeutung zu bean¬ 
spruchen berufen sein dürften. Die Arbeit von Bock ist in 
klinischer wie in anatomischer Beziehung gleich werthvoll und für 
den behandelten Gegenstand von hervorragendster Bedeutung. 


Knies, Die Beziehungen des Sehorgans und seiner Erkran¬ 
kungen zu den übrigen Krankheiten des Körpers und 
seiner Organe. 484 Seiten. 8°. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 
1893. Ref. Magnus (Breslau). 

Ein vortreffliches Buch, ausgezeichnet durch Schärfe der Auf¬ 
fassung, kritische Verwerthung und Beurtheilung der Beobachtungen, 
sowie gründliche Litteraturkenntniss. Die Krankheiten des Nerven¬ 
systems nehmen über die Hälfte des ausgezeichneten Werkes ein, 
und die Lectüre dieses Abschnittes hat uns mit ganz besonderer 
Befriedigung erfüllt. Selbst der über grosse eigene Beobachtungen 
verfügende Praktiker wird in dem Knies’schen Buch eine werth¬ 
volle Gabe willig anerkennen. 


Nieden, Der Nystagmus der Bergleute. 140 S. 80 . Mit 10 Ta¬ 
feln. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. Ref. Magnus (Breslau). 

Unter Benutzung eines umfangreichen sehr genau beobachteten 
eigenen Materials, sowie unter erschöpfender Benutzung der ein¬ 
schlägigen Litteratur, hat Nieden über den Nystagmus der Berg¬ 
leute eine nach jeder Richtung hin ausgezeichnete Monographie 
geschaffen. Auf einer Reihe von Lichtdrucken, welche nach 
Magnesium-Moment-Photographieen angefertigt sind, werden die 
verschiedenen Stellungen abgebildet, welche bei der Arbeit in der 
Grube als ätiologisches Moment bei der Entstehung des Nystagmus 
in Frage kommen. Diese Bilder müssen bei jedem der Frage 
unparteiisch Gegenüberstehenden die Ueberzeugung hervorrufen, 
dass Nieden vollkommen mit seiner Ansicht im Recht ist, nach 
der der Nystagmus hervorgerufen wird durch Ueberanstrengung 
der Elevatoren des Augapfels. Die Hauerarbeit der Bergleute in 
Kohlenbergwerken verlangt durch angestrengtes und dauerndes Er¬ 
heben und Fixiren des Blickes nach oben eine ganz besondere 
Arbeitsleistung gerade von den Elevatoren, und diese Ueberlastung 
der genannten Augenmuskeln giebt den wichtigsten und ersten 
Anstoss zur Entwickelung des Nystagmus. Dass alle die Momente, 
welche die in Frage kommende Arbeitsleistung der Elevatoren 
erschweren, das Auftreten des Nystagmus begünstigen, ist selbst¬ 
verständlich. In einer so gründlichen Weise wie die Aetiologie 
werden auch die Symptomatologie undTherapie des Leidens bearbeitet. 
Das Nieden’sche Werk ist für die Kenntniss des Nystagmus der 
Bergleute von grundlegender Bedeutung und wird darum in den 
betheiligten Kreisen das verdiente Interesse im reichsten Maasse 
finden. 


Schön, Die Fnnotionskrankheiten des Auges. Ursache und 
Verhütung des grauen und grünen Staares. 307 Seiten. 
Mit eingeheftetem Atlas von 24 Tafeln. Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann, 1893. Ref. Magnus (Breslau). 

Grauer und grüner Staar sind nach Schön Functionserkran- 
knngen, weil sie lediglich nur durch zu starke Inanspruchnahme 
der Accommodation hervorgerufen werden sollen. Da aber die 
gegenwärtig herrschende Theorie der Accommodation von Helm- 
noltz in diese Schön’sche Anschauung absolut nicht passt, so 
nat Schön eine eigene Aecommodationstheorie erfunden, die er aller¬ 
dings nicht zu beweisen vermag; auch besondere anatomische Ver¬ 
hältnisse setzt die Schön’sche Theorie voraus, deren Beweis auch 
noch ein recht zweifelhafter ist. Die zum weiteren Beweis der 
ochön sehen Ansichten beigebrachten klinischen Verhältnisse aus 


der Entwickelung des Staars und des Glaukoms stehen zum Theil 
mit den Beobachtungen und Erfahrungen nicht bloss einzelner, 
sondern der meisten anderen Autoren im Widerspruch, zum Theii 
sind sie unvollständig, indem nur die für die Schön’schen An¬ 
sichten maassgebenden Factoren Berücksichtigung gefunden haben. 


IX. Joumalrevue. 

Physiologie. 

P. M. Chapman, Abstract of the Goulstonian Lecturos 
on the physics of circulation. British medical Journal 1894 
No. 1732—1734. 

In drei Vorlesungen versucht Chapman zu besprechen, was 
man in Deutschland die „Mechanik des Kreislaufs“ zu nennen 
pflegt. Es sind zum grössten Theil nicht eigene Ansichten, die 
der Redner vorbringt, sondern eine Auslese aus der neueren Litte¬ 
ratur des Gegenstandes. Die Aufgabe ist eine dornenvolle; die 
Meinungen der Autoren sind, wie bekannt, wenig im Einklang und 
so ist es schwer „den falschen Weg zu meiden“. In der That 
können mancherlei Behauptungen vor der Kritik nicht Stand halten. 
Anerkannt müssen aber werden das warme Interesse, welches 
Redner dem Gegenstand entgegenbringt, und die von ihm verfolgten 
Ziele. Er macht darauf aufmerksam, dass es sich sehr wohl lohnt, 
die Circulationsverhältnisse an Kranken sorgfältiger, insbesondere 
auch mit graphischen Hülfsmitteln, zu studiren, als dies gegen¬ 
wärtig bei der klinischen Untersuchung üblich ist. In dieser 
Richtung stehen dem Redner vielfache Erfahrungen und zum Theil 
auch eine eigenartige Methodik zu Verfügung. Erwähnung ver¬ 
dient ein einfacher und zweckmässiger Chronograph. Sehr gut 
sind die Ausführungen über den Werth der gleichzeitigen Beob¬ 
achtung des Pulses an verschiedenen Körperstellen, die Bestim¬ 
mung des „prespliygmic interval“, der Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
des Pulses und dergleichen mehr. Bemerkenswerth ist die bisher 
kaum beachtete, vom Redner aber wiederholt constatirte Thatsache, 
dass das präsphygmische Intervall fehlen kann, d. h. dass der 
Aortenpuls gleichzeitig mit dem Cardiogramm beginnt. 

M. v. Frey (Leipzig). 

Gerichtliche Medicin. 

J. Kratter (Graz), Ueber den Tod durch Elektricität. Vor¬ 
trag, gehalten in der Section für gerichtliche Medicin auf dem elften, 
internationalen medicinischen Congress in Rom. (Eigenbericht.) 

Im Mai 1892 ist einMonteurgehülfe des Innsbrucker Elektricitäts- 
werkes dadurch getödtet worden, dass er mit dem Zeigefinger der 
linken Hand den blanken Verbindungsdraht zweier concentrischer 
Kabel der Beleuchtungsanlage berührte, welche primären Wechsel¬ 
strom von circa 1800 V. Spannung führten, während er zugleich 
mit dem Rücken an einer eingemauerten eisernen Traverse lehnte. 
Verbrennungen charakteristischer Art kennzeichnen die Contact- 
stellen. Zu beiden Seiten der Wirbelsäule sind entsprechend 
den Wirbelrippengelenken symmetrische Blutaustritte vorhan¬ 
den, welche den Weg kennzeichnen, den der Strom genommen hat. 
Der Tod war erst einige Zeit nach der Einwirkung (circa zehn bis 
fünfzehn Minuten) durch acutes Lungenödem erfolgt. Da dieses 
auf mangelhafter Blutcirculation in den Lungen beruht, so muss 
eine Störung der Herzthätigkeit (Shok) als die primäre Affoction 
angesehen werden. Interessant ist in dem Falle der Nachweis von 
Blutaustretungen in der Vagusscheide, welche die Annahme 
eines primären, reflectorischen Herzstillstandes objectiv begründen. 

Im Anschlüsse an diesen Fall wurden zahlreiche Thier¬ 
experimente zur Erforschung des Wesens der elektrischen Tödtung 
ausgeführt, welche Folgendes ergeben haben: 

I. Meist erfolgt der Tod durch die bei Experimenten an Thieren 
allzeit auftretende plötzliche Hemmung derAthmung (primären 
Respirationsstillstand), eine Functionsstömng, die in einem Theil 
der Fälle auch nach dem Aufhören des Reizes so lange Zeit 
andauert, bis definitiver Tod durch Erstickung (Asphyxie) ein¬ 
getreten ist. Während der Asphyxie ist die Herzbewegung noch 
erhalten. Dauert der Respirationsstillstand über eine gewisse Zeit 
(circa zwei Minuten) an, so tritt, wie bei der mechanischen Er¬ 
stickung, secundär Herzstillstand ein. Nicht selten jedoch beginnt 
das Thier wieder spontan zu athmen und erholt sich in einiger 
Zeit völlig. Es werden überhaupt Thiere auch durch Ströme von 
hoher Spannung (1500—2000 V.) nicht sicher und leicht getödtet. 
Die Gefährlichkeit des elektrischen Stromes für eine Thierspecies 
scheint von der Organisation des Centralnervensystems abzuhängen 
und mit der höheren Entwicklung des Gehirnes in gleichem Maasse 
zuzunehmen. Dadurch würde die Thatsache ihre Erklärung finden, 
dass Menschen fast ausnahmslos durch Ströme getödtet werden, 
welche Meerschweinchen und Kaninchen auch dann nicht sichei 
tödten, wenn die Elektroden am Kopfe angelegt werden. 


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468 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


‘ No. 21 


II. Manchmal tritt der Tod blitzähnlich durch augenblickliche 
Hemmung der Herzbewegung, somit durch primären Herz¬ 
stillstand ein, ein Vorgang, der als Shok (reflectorischer Herz¬ 
stillstand) bezeichnet zu werden pflegt. Eine allmähliche Erlahmung 
der Herzthätigkeit (protrahirter Herztod), wie er in dem mitgetheilten 
Falle beim Menschen beobachtet worden ist, konnte experimentell 
nie erzeugt werden. In keinem dieser Fälle ist eine anatomische 
Veränderung, die den Tod zu erklären vermochte, aufgefunden 
worden. Unzweifelhaft handelt es sich um feine, wahrscheinlich 
nur moleculare und morphologisch gar nicht erkennbare Ver¬ 
änderungen in den Ganglienzellen des Itespirations- und Circulations- 
centrums. Untersuchungen, auch diese feinsten Störungen nach¬ 
zuweisen, sind noch im Gange. 

TTT In einzelnen Fällen kommt es zu mechanischen Lä¬ 
sionen in Form von Zerreissungen der Blutgefässe der Dura oder 
Pia mater und zur Quetschung der Gehirn Oberfläche; es bilden sich 
subdurale Hämatome und intermeningeale Hämorrhagieen. Das 
Thier geht am Hirndruck meist erst nach vielen Stunden zu¬ 
grunde. 

IV. Die anatomische Diagnose wird gesichert durch eigen- 
thömliche Verbrennungen an den Contactstellen, mitunter durch 
Blutungen, welche den Weg bezeichnen, den der Strom durch den 
Körper genommen hat. Diese oft nur capillaren Blutaustretungen 
finden sich insbesondere längs der Gefässscheiden. 

Bei dem Umstande, dass deutsche Forscher sich bisher noch 
gar nicht mit eigenen Untersuchungen über den elektrischen Tod 
befasst haben und die Beobachtungen der amerikanischen Aerzte 
bei den Hinrichtungen durch Elektricität nur dem Erfolge und den 
äusseren Wirkungen, nicht aber der Erforschung des Wesens der 
den Tod bewirkenden Veränderungen des Organismus zugewendet 
waren, dürfen die vorliegenden exacten Untersuchungen, welche 
demnächst in einer besonderen Publication in extenso veröffentlicht 
werden, ein besonderes Interesse beanspruchen, umsomehr, als die 
mitgetheilten Ergebnisse theilweise auch wesentlich von den Resul¬ 
taten der ausgezeichneten Forschungen Bro wn-S6quard’s, 
d'Arsonval’s, Brouardel’s und Francis Biraud’s abweichen. 

Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 

Kantorowicz, Thioninfärbung für Balsampräparate 
von amyloiden Organen. Ccntralblatt für allgemeine Pathologie 
und pathologische Anatomie 1894, No. 8. 

Verfasser fand im Th ionin einen Stoff, welcher (ausser auf 
Schleim, was schon durch Hoyer bekannt war) auch auf Amyloid 
ein sehr promptes Reagens ist. Derselbe wird am besten in ge¬ 
sättigter wässeriger Lösung angewendet, der Schnitt drei bis fünf 
Minuten in derselben gefärbt, dann mit Wasser abgespült. Eine 
weitere Differenzirung ist nicht nöthig. Thionin färbt das Amyloid 
hellblau bis lila, während das Mucin roth, das übrige Gewebe blau 
bis violett wird. Ein besonderer Vortheil des Farbstoffes besteht 
darin, dass man die mit ihm behandelten Präparate in Balsam 
conserviren kann, was bei bisherigen Amyloidfärbungen nicht gelang. 
Man braucht nur die Präparate statt mit Alkohol mit der be¬ 
kannten Weigert’schen Anilinöl-Xylolmischung zu entwässern. 

Dmochowski und Janowski, Zwei Fälle von eiteriger 
Entzündung der Gallengänge (Angiocholitis suppurativa), 
hervorgorufen durch das Bacterium coli commune. Central¬ 
blatt für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie 1894, 
No. 4. 

In beiden Fällen waren neben der Angiocholitis multiple 
Leberabscesse und eine leichte cirrhotische Induration der Leber 
vorhanden. Der Nachweis der genannten Bacillenart wurde mikro¬ 
skopisch und durch das Culturverfahren geliefert. Mit den ge- 
gewonnenen Culturen stellten Verfasser verschiedene Versuchsreihen 
an. Einmal wurde versucht, an Hunden durch Injection von 
Bacterium coli commune in den Ductus choledochus Eiterung zu er¬ 
zeugen; diese Versuche fielen negativ aus. In einer zweiten Ver¬ 
suchsreihe wurden Culturen der genannten Bacillenart Kaninchen 
in die Pleurahöhle injicirt; diese Thiere starben unter septikämischen 
Erscheinungen. Bei subcutaner Injection von Culturen an Hunden 
onstanden bei einem Theü der Thiere vorübergehende, nicht eitrige 
Entzündungen an der Injectionsstelle, bei anderen dagegen eine 
Eiterung im subcutanen Gewebe. Nachdem hierdurch der positive 
Nachweis geliefert ist, dass das Bacterium coli commune als Eiter¬ 
erreger wirken kann und in den beiden beschriebenen Fällen andere 
Mikroorganismen nicht zu finden waren, nehmen Dmochowski 
und Janowski wohl mit Recht an, dass in jenen Fällen die 
eitrige. Entzündung der Gallenwege durch die Anwesenheit des 
Bacterium coli commune verursacht sei. Der Aufsatz enthält auch 
eine ausführliche Zusammenstellung der auf das Bacterium coli 
commune bezüglichen Litteratur. Schmaus (München) 


X. O öffentliches Sanitätswesen. 

Aus dem medico-mechanischen Institut in Karlsruhe. 
Bruchschaden und Unfallyersicherungsgesetz. 

Von Dr. Ferd. Bähr, dirigirendem Arzt. 

Der Unfug, welcher seit Einführung des Unfallversichorungsgesetzes 
mit Bruchschäden im Interesse einer Rente getrieben wird, macht es 
dringend nothwendig, diesem Uebel gegenüber energisch Front zu machen. 
Denn trotz mancher warnenden Stimme geschieht dies leider immer noch 
nicht in genügendem Maasse. Es sei hier ganz abgesehen von theoretischen 
Erwägungen Uber das Entstehen eines Bruches, es soll vielmehr die so 
häufig angegebene Ursache desselben als Betriebsunfall erörtert werden. 

Hernien sind ausserordentlich häufig. Wir haben die Gewohnheit, 
jeden Unfallverletzten hierauf zu untersuchen, und man ist geradezu über¬ 
rascht., in welcher grossen Zahl dieselben angetroffen werden. Es ist uns 
vorgekommen, dass von vier hinter einander untorsuchten Patienten zwei 
doppelte Leistenbrttehe, der dritte einen einseitigen hatte, der vierte aber 
frei war. Nur der dritte wusste vom Vorhandensein eines Leibschadens. 
Es ist überhaupt kein seltenes Vorkommniss, dass Leute von der Existenz 
vorhandener Hernien nichts wissen, und dies gilt für kleinere Nabelbrüche 
nach unserer Erfahrung fast durchweg. 1 ) Mitunter wird auch das Vor¬ 
handensein eines Bruches geleugnet. Ich habe wiederholt Leute nach 
dem Vorhandensein eines Bruches gefragt und absichtlich eine verneinende 
Antwort erhalten. Warum? Einmal, erinnere ich mich, war der Verletzte 
der Ansicht, er würde dadurch in seiner Rente, welche er wegen einer 
verstümmelten Hand bezog, geschmälert werden, wenn er gleichzeitig 
einen Bruch habe. 

Das Entstehen eines Bruches in Form eines Betriebsunfalles ist in 
vielen Fällen so zu erklären, dass ein-vorhandener Bruch unter irgend 
welchen begünstigenden Umständen dem Träger bei der Arbeit Schmerzen 
verursacht, gerade so wie Bruchschmerzen bei irgend einer anderen Ge¬ 
legenheit auftreten können. Giebt es doch Patienten, welche das Wetter 
spüren an ihren Brüchen! Mitunter hat der Patient schon vorher leichtere 
Beschwerden gehabt, dieselben aber nicht geachtet. Nun fühlt er plötzlich 
einmal bei der Arbeit einen heftigen Schmerz, er geht zum Arzt, erfährt, 
er habe einen Leibschaden, und der Betriebsunfall ist fertig. Die plötzliche 
starke Anstrengung und, was sonst noch dazu gehört, ist leicht construirt. 
So werden eine Reihe theils unabsichtlicher — bei solchen, welche von 
der Existenz des Bruches nichts wissen —, theils aber auch absichtlicher 
Täuschungen bewirkt. Eclatante Beispiele hierfür sind: Ich habe bei der 
Aufnahme von Unfallverletzten Brüche constatirt, ohne ihnen hiervon 
Mittheilung zu machen. Nach einiger Zeit verspürten dieselben bei irgend 
einer harmlosen gymnastischen Uebung — moist war dieselbe noch recht 
ungeschickt ausgewählt — Schmerzen in der Leistengegend. Sie be¬ 
haupteten nun, sich einen Leibschaden in dor Anstalt zugezogen zu haben. 
An dem Bruch war eine objective Veränderung nicht nachzuweisen. Sie 
hatten unterdessen von anderen Verletzten mit Brüchen gehört, von den 
Vortheilen, welche daraus zu ziehen waren, und deshalb die Täuschung 
versucht. 

Oder ein anderer Fall: Einem 65jährigen Arbeiter fällt ein Stein 
auf die rechte Schulter, er erleidet eine Contusion derselben und hat von 
diosem Moment ab angeblich einen rechtsseitigen, kindskopfgrosson Leisten¬ 
bruch, die Bruchpforte bequem für vier Finger durchgängig. Er wird später¬ 
hin wegen einer schweren (übertriebenen) Beweglichkeitshemmung im 
Schultergelenk der Anstalt überwiesen, die ungeschickte Uebertroibung 
wird erwiesen, und von dem Moment ab wird der Schweipunkt auf den 
Leistenbruch gelegt. Schon die begleitenden Nebenumständo machen die 
Aussagen des Verletzten bezüglich des Bruches nicht besonders glaub¬ 
würdig. Dazu kommt noch, dass der Verletzte erst vier Wochen nach 
dem Unfall dem Arzt Mittheilung von dem Leistenbruch machte, stets 
jedoch behauptete, er sei in dieser Grösse gleich bei der Verletzung vor¬ 
handen gewesen. Zudem hat er noch einen linksseitigen Bruch. 

In einem weiteren Fall behauptete ein 40jähriger Mann, sich durch 
einen Betriebsunfall einen Leibschaden zugezogen zu haben, während 
amtlich festgestellt werden konnte, dass der Betreffende wegen eben dieses 
Uebels militärfrei geworden war. 

Bei vielen Verletzten ist es schliesslich die „Unfallkrankheit“ selbst, 
welche solche Leiden mit sich bringt. Wie oft kommt es doch vor, dass 
Patienten mit einer schwereren Krankheit eine Reihe kleinerer Makel in 
Zusammenhang bringen, welche früher schon bestanden haben müssen. 
In erhöhtem Maasse ist dies bei Unfallverletzten der Fall. Die Leute 
beschäftigen sich mehr denn je mit ihrem Gesundheitszustand, sie kommen 
mit anderen Patienten zusammen, erfahren dadurch manches, sie werden 
auf Dinge aufmerksam, welchen sie bislang keine Beachtung geschenkt 
haben, und vor allem haben sie einen materiellen Vortheil davon, möglichst 
krank zu erscheinen. Wie leicht ist es da, zu sagen, den Leibschaden 
habe ich seit dem Unfälle, zumal der Gegenbeweis in den seltensten 
Fällen zu erbringen ist. 

Das Reichs-Versicherungsamt verlangt mit Recht neuerdings etwas 
zwingendere Beweise für die Annahme eines Betriebsunfalles. Indess aucn 
das jetzige Verfahren ist noch zu milde. Es werden hierbei noch viel 
zu viel Fälle übrig bleiben, welche unklar bleiben und deshalb zu Gunsten 
des Verletzten entschieden werden müssen. Es ist darauf hin zu wirken, 
solche Fälle nach Möglichkeit auszuschliessen. Ein Mittel hierzu wäre 

*) Ich habe unlängst einen Güterhallenarbeiter — eine Beschäftigung, 
bei welcher das Hantiren mit Zentnerlasten die Durchschnittsleistung ist T" 
gesehen, welcher nach seiner Aussage seit zwanzig Jahren einen Nabei- 
bruch von Mannskopfgrösse hatte, ohne in seinem Berufe gestört zu sein. 
Er verstauchte das rechte Handgelenk. „Seit dem Unfall“ verursach 
ihm der Nabelbruch Schmerzen. 


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24. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


469 


die Verpflichtung jedes Arbeitgebers, den Arbeiter einer gewissenhaften 
ärztlichen Untersuchung auf das eventuelle Vorhandensein von Hernien 
resp. deren Anlagen zu untersuchen. Es könnte den Berufsgenossen¬ 
schaften hierdurch viel Geld erspart werden, und dem Arbeiter würde die 
Gelegenheit genommen, auf unlauterem Wege sich pecuniäre Vortheile 
zu schaffen, der hierdurch bedingte „demoralisirendo Einfluss“ des Unfall¬ 
versicherungsgesetzes wäre wenn vielleicht nicht ganz, aber doch grössten- 
theils beseitigt. Ich sagte „gewissenhaft“, weil crfahrungsgemäss noch 
mitunter Verwechslungen von ausgetretenen Brüchen mit Leistendrüsen 
etc. Vorkommen. 

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die Frage eingehen: Ist 
jeder Arbeiter, welcher mit einem Bruch behaftet ist und eventuell ein 
Bruchband tragen muss, erwerbsbeeinträchtigt? Bekanntlich werden in 
der Regel für einen einseitigen Leistenbruch 10 % bewilligt. Ich bin der 
Ansicht, dass der weitaus grösste Theil solcher Leuto nicht im Erwerb 
geschädigt ist; ein Bruch ist immer nur untor ganz bestimmten, aus¬ 
nahmsweise vorhandenen Umstünden zu entschädigen. Wie viele sind 
überhaupt erst durch das Gesetz auf diese bequeme Erwerbsquelle auf¬ 
merksam gemacht worden! Man erkundige sich doch auch einmal bei 
Leuten, welche ihren Bruch schon vor dem Unfallversicherungsgesetz 
hatten. Ich habe Maurer, Steinbrucharbeiter, Grobschlossor, Bierbrauer etc. 

' gesehen, welche trotz ihrer Hernien ohne Beschwerden ohne Bruchband 
ihrem Beruf bis in das höchste Alter nachkommen konnten. Das Unfall¬ 
versicherungsgesetz hat uns nicht allein hierin, sondern auch in vielen 
anderen Beziehungen eine grosso Anzahl von Faullenzern gross gezogen 
und wird dies weiterhin thun, so lange unsere Begriffe über Erwerbs¬ 
beeinträchtigung in dieser speciellen Frage so weitherzige, so allzu „hu¬ 
mane“ sind. _______ 

— Abänderungen der Bestimmungen über die Concesslons- 
ertheilang sjur Errichtung von Privat-Kranken-, Entbindungs- und 
Irrenanstalten. Dem Bundesrath ist eine von Preussen beantragte 
Novelle zur Gewerbeordnung vorgelegt, welche hauptsächlich die Aen- 
derung des § 35 betrifft. In einem Nachtrag zu dieser Novelle wird 
ausserdem die Concessionspflicht von Privat-Kranken- u. s. w. Anstalten 
geregelt (§ 30 der Gewerbeordnung). Die an einzelnen Stellen bei Er¬ 
richtung von derartigen Krankenanstalten gemachten Erfahrungen haben 
Anlass gegeben, auf eine Erweiterung der Vorschriften, betreffend die 
Versagung der Concession für Privat-Kranken-, Privat-Entbindungs- und 
Privat-Irrcnanstalten, dahin zu dringen, dass aus der Errichtung dieser 
Anstalten keine Belästigung oder Störung für die nächste Umgebung er¬ 
wächst. Es wird deshalb vorgeschlagen, den § 30 dahin zu ändern, dass 
auch dann die Concession von der höheren Verwaltungsbehörde zu ver¬ 
sagen ist, wenn die Anstalten durch ihre örtliche Lage für die Besitzer 
oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum er¬ 
hebliche Nachtheile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können. 
Vor Ertheilung der Genehmigung sollen die Ortspolizei- und Gemeinde¬ 
behörden gehört werden. Die Verhältnisse dieser Anstalten liegen ver¬ 
schieden, je nachdem dieselben zur Aufnahme von mit ansteckonden Krank¬ 
heiten oder entstellenden Leiden behafteten, unruhigen Geistes- u. s. w. 
Kranken bestimmt sind oder nicht. Man glaubt, dass dio Ortspolizei- 
und Gemeindebehörden dio im einzelnen Falle zu erhebenden Bedenken 
zur Kenntniss gelangen lassen werden, ohne dass zu befürchten wäre, dass 
die Errichtung von Krankenanstalten der verschiedenen Art in einer un¬ 
zulässigen Art befördert oder erschwert würde. 

— In allernächster Zeit wird, und* zwar womöglich in noch wei¬ 
terem Umfange als im vorigen Jahre, die gesuudheitspollzeillche 
ieberwachung der verschiedenen Stromgebiete ln den östlichen 
Provinzen wieder eröffnet werden. Die Stationen werden wieder mit Militär¬ 
ärzten besetzt werden, und die Handhabung des Ueberwachungsdienstes wird 
genau wie im vorigen Jahre erfolgen. Die bisherigen Maassnahmen haben 
sich gut bewährt und, wie man annimmt, dazu beigetragen, das Auftreten 
der Cholera in Preussen und Deutschland auf einen möglichst geringen 
Umfang zu beschränken._ 

XL Standesangelegenheiten. 

Der X. Oesterreichisehe Aerztevereinstag 

wurde am 27. und 28. April er. in Wien abgehalten. Die sehr reich¬ 
haltige Tagesordnung ist geeignet, auch bei den deutschen Aerzton ein 
lebhaftes Interesse zu erregen, da aus den gepflogenen \ erhandlungen 
hervorgeht, dass dieselben Wünsche, dieselben Klagen, dieselben leider 
von wenig Erfolg gekrönten Bemühungen, die Lage der Aerzte zu ver¬ 
bessern und ihnen bei Erlass hygienischer gesetzlicher Maassnahmen den 
für das allgemeine Beste erforderlichen Einfluss zu sichern, hier wie dort 
in die Erscheinung treten. Ist es nun einerseits ein (ziemlich unerquick¬ 
licher) Trost, dass die Verhältnisse der deutschen und österreichischen 
Aerzte in gleicher Weise gedrückt und verbesserungsbedürftig sind, so 
muss andererseits das Hinarbeiten nach gleichen Zielen, wie es sich in 
den ganz unabhängig von einander dastehenden Aerztevereinsbunden 
Deutschlands und Oesterreichs kund giebt, als ein Beweis dafür gelten, 
dass sich die Aerzte auf rechtem Wege befinden, und uns von neuem an¬ 
feuern, trotz aller Hindernisse unentwegt die Erreichung der Aufgaben 
zu erstreben, welche wir seit langem als erspriesslich nicht nur für uns, 
sondern weit mehr für Staat und Gesellschaft anerkannt haben. 

Von den gefassten Beschlüssen heben wir die folgenden hervor, 
welche die wichtigsten sind und welche zugleich den Beweis für obige 
Angaben liefern: 

I. Betreffend die Ausgestaltung des ärztlichen Voreins¬ 
wesens wurden folgende Sätze angenommen: 1) Die ärztlichen Vereine 
sind bei Bestand der Aerztekammem nicht nur nicht überflüssig, sondern 


unbedingt nothwendig, und zwar nicht hlos die Lokal- und Bezirksvereine, 
sondern auch die Landesvoreine; sio sind notlnvendig, abgesehen von der 
gegenseitigen medicinisch-wissenschaftlichen Förderung der Mitglieder in 
Bezug auf die Standesinteressen und auf Förderung der öffentlichen Ge¬ 
sundheitspflege, sie sind berufen, die Einzel Verhältnisse, die Bedürfnisse 
der Aerzte und der Gesundheitspflege zu besprechen, klarzustellen und 
die Ansichten und Wünsche der Aerzte den Kammern zur Kenntniss zu 
bringen, die öffentliche Meinung für die berechtigten Forderungen der 
Aerzto zu gewinnen, die Aerztekammem in dieser Richtung anzuregen 
und zu unterstützen, den ärztlichen Delegirten die Anschauungon und 
Wünsche der Aerzto zu vermitteln u. s. w. — 2) Es ist dies um so molir 
nothwendig, als dio Aerztekammem nicht aus sämmtlichon Aerzten, son¬ 
dern nur aus deren Abgeordneten bestehen, Aerzteversammlungon der 
Karamersprengel aber nur in Ausnahmefällen zustande kommen werden. 
— 3) Die ärztlichen Vereino haben die Vorbereitungen zu den Wahlen 
der Vortreter in dio Kammern in die Hand zu nehmen, die geeigneten 
Candidaten aufzustellcn und für doren Wahl energisch zu wirken. Sind 
in einem Kammerbezirko mehrere Vereine, so erscheint es im Interesse 
der Sache geboten, dass nicht gegenseitige Strömungen einander lähmen, 
dass die Vereine sich verständigen, gemeinsame Comites einsotzen und 
im gegenseitigen Einvorständniss die sachlichen Intoresson bei der 
Wahl zur Geltung zu bringen suchen. — 4) Die bestehenden ärztlichen 
Vereino haben dahin zu wirken, dass sämmtliche Aerzte eines Voreins- 
sprengels dem Verein beitreten. In Bezirken, wo keine Vereino be¬ 
stehen, ist dahin zu wirken, dass solcho gebildet werden. — Die folgen¬ 
den Thesen 5 und 6 übergehe ich als unwesentlich. 

II. Fast noch dringlicher als auf unseren Aerztetagon wurde das Ver¬ 
langen ausgesprochen, eine für alle Aerzte Oesterreichs verbindliche gemein¬ 
same Aerzteordnung zu schaffen, welche Vorschriften enthalten soll 
über die Berechtigung zur Ausübung der Praxis, über dio Pflichten des 
praktischen Arztes, über dio Rechte der Aerzte und endlich über den Aus¬ 
tritt aus der Praxis und den Verlust des Praxisrechtes. Der Geschäfts¬ 
ausschuss wurde beauftragt, eine bezügliche Verordnung auszuarbeiten 
und den einzelnen Vereinen zur Berathung zu unterbreiten, damit im 
nächsten Jahro über die Angelegenheit beschlossen worden kann. 

III. In Bezug auf die Sanitätsgesotzgebung erfreuen wir uns in 
manchen Beziehungen eines Vorsprunges vor Oesterreich, namentlich sind 
wir glücklich, dass bei uns das Impfgesotz vorhanden ist und trotz aller 
feindlichen Vorstösso noch immer seine segensreichen Folgen ausüben kann. 
Anders in Oesterreich, wo noch mehr als bei nns hygienische Vorschriften 
das Ergebniss von Gelegenheitsgesetzgebungen zu sein scheinen^und sich 
daher in vielfacher Beziehung als unzulänglich erweisen. Zur Frage der 
Impfung führt der Referent, Herr Dr. Heinrich Adler (Wien), aus: „Es 
ist sonderbar, dass die Staatsgewalt mit allen — man kann natürlich nicht 
sagen: erlaubten — Mitteln auf grossen und mühsamen Umwegen das 
Impfgeschäft zu propagiren sucht, ohne dass sie den Muth hätte, den Impf¬ 
zwang einzuführen. Man fordert die Eltern der schulpflichtigen Kindei 
zur Beibringung von Impfzeugnissen auf, man rovidirt die Kinder in den 
Schulen in Bezug auf ihren Impfzustand, alljährlich wird von Haus zu 



aus<'oiibt, aber das erzielte Resultat steht nicht im Einklänge zu der auf¬ 
gewendeten Mühe und Arbeit. Der oberste Sanitätsrath hat sich für den 
Impfzwang ausgesprochen, der Entwurf eines Impfgosetzes liegt bereit, 
eine Staatsanstalt zur Erzeugung animaler Lymphe wurde errichtet, aber 
den Impfzwang einzuführen, kann man sich nicht entschliessen, obgleich 
alle Welt weiss. welche Erfolge in anderen Staaten mit dem Imptzwange 
erzielt worden sind“. - Welche Übereinstimmung sonst in Bezug aut 
Sanitätsvorschriften in beiden Ländern herrscht, geht aus der Annahme 
des Antrages hervor, wonach der Geschältsausschuss beauftragt wird, emo 
Petition an die Regierung zu richten, in welcher folgende Gesetze verlangt 
werden’ a) zur Abwehr ansteckender Krankheiten, b) betreffend die arz - 
liehe Ueberwachung der Schulen und der Schulkinder, e) normative Be¬ 
stimmungen für Bauordnungen, d) betreffend die Wfidsobung 
rungs- und Genussmitteln, e) betreffend den Missbrauch a koho ^l.cr 
Getränke (diese werden bereits in den Parlamenten behandelt), f )htU ■ 
flmd die Bestellung von Sanitätsinspertoren. g) \ erbot der Ausübun (lei 
Massage durch Niehtärzte. h) Verbot der Ankündigung von Heilmethoden 
durch Niehtärzte und durch Ausländer überhaupt, — Ausserdem erklärt, 
es der Aerztcvcreinstag für dringend nothwendig, dass seitens dm Le¬ 
gierung eino authentische Sammlung der gültigen Samtatsgesotze und 
Verordnungen veranstaltet werde. 



pfehtigen'Personell das Hecht des Beitrittes zu Kranlienbissen «..ge¬ 
räumt sei. Die. in diesem Jahre angenommenen.Thesen, mit denen «m 
unsere vollste LVliereinstinimiing ausspreelien können, lauten (# t> • 

,„missen: 1) Ks ist im legalen Wege dureil wiederholte 1 eUtionen an die 
gesetzgebenden Körperschaften und die, Regierung eine Ael.de. ling _■ 
Krmkeiikasscngesetzes, der Rurclifiihrungsinstruction und des Muat. r 
Statutes an zustre bcn. 2) ln der Petition an dasAbgrerdueta^is «M» 
Bitte um Abänderung des • Krankenkassengesetzes in 1 - U-beiter 

streben, dass die Krankenversicherungspflicht sieh nui auf •>' d 

und Betriebsbeamte^zu erstrecken habe, deren jlhri 


Betrag von 800 Gulden nicht übersteigt. 3) r der froion 
Aerztevereinstag spricht sich entschieden föi das P Aorzto 

Aerztewahl aus. 4) Eiuo Mindesthatation von Seiten der 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Aiitheril^ripftv d. *lu die mit ^ 14 


geeen ommuhnvaiit »}? unehrenhaft ml der Wumc des ttrztMnen 
Vitium u hi ' Tfmh‘»r 1 du 'r?.{ 1 ! : ‘«b » l 

von r(< r K..«.f-n.nvr.i-v '.ItuMgui nm-s 0-. angr-i M-bt, 

Ada*.' U. > uluü^-.rifji!. .m « m,- m-l rrc m-iauiA ä» ^v-ihr»*rt b» i’»'V 

X. ^fifcrtwrfd^nÄ*» A 3 rztl*\ cremig «riugjtfh%H s’enwft Mitgbodcnu H’ldm 
jft/J cmiij uud •,■;<■.-< hibs.;- nn ii« • ohmn '• ,n Cmva^tuhdnbv 

nur dum Wege-fe RcJb<ikd'D> torJp 

i gtftnJiwh und nm ‘'Wj^uu Eitfolgro wu*« 

' V. Ivmllic-f* wurde hVh ilbm din K tiflaU'ohUr der AnrzU* \'<*r' 


miscKt- sind, mumiehou min. sofort em ^tuuki’d- yet 'ttpßmitiÄ, mit 
einem Wm ( i.c: nie mnchtm asphytovb-- .kwiertuaun kauft skh jeielit. dnvmi 
uWzhigem 'wtaw «t- einmal Hut dhmr' heUtdügen Ma-sie, hei Ahschh^s 
; Ä-iln^sorwi Luft, ui rum »j rfm Atlw mzmjv iuri\r .««-•' sehr xwtömmi 
Authori!nirijif‘ nuvchu 

J,r u:ü‘k der .Ar»,. wir imm don .AutI»er t,vmveüUei. r umm . 0 * imiinun-iu 
: w VVnii.sebor. nagt, swel töntbodmu dia nspftyxiromft* mb d'te fee- 
| rptx&clumtlr« -'Man datl aUcrrimgs meid gkunmn, da -f dm 7,wu odiun 

oiu.MPinu gotrumie 1 hum -.vaivin U;,s ist ob ht. dm .Fall. Man J*.«nn mit 
j>*tfcr Ätj&fco asphv^m'ft und wjni »*? imftK*rth'ur.. wnu« »rin« d«*ui Pmimmm 
wum'jfw Luft glidd. als '/.hi- DudvUiu mm«. kmm^udVte-o|l.Trin*:<, 150 dl* 
. vr , H ]in u l. \v.«ni* brr tn.ni (h-MijvmtK.v, d;-«, ke>ii|>imlvt ilt-i 
Frs-km* wenn h!’ «agt: Dm weil - Afei hudt», die U< r m.u. 1 . 
'br.itfcltt: '<)■■; rio. «Hirt «!»•«'Ai'ihat uOtnUelii. mn l.ufi g i *H 

Find ivmtor: «lak (.rwhoi.mulH* ••iun -um; A uthui ti-aH, ose Ih^f 
Aarin. 6 0 wotn^ T i n M iv i« mhüluit, aller ijoub an. 

luk lUfWififn iU-u )«d.V.tm, Srtfa, nui, Weinbaut lul» d»‘m Sinm. narit UMhi: 
umvurni^KliVo hm eUits aiukt^ wmulirun* iht* u>u«r 

Art i,on»««-UuM* tiO'-i ••!<< dnrt*!. dem V .> \ i»‘tu »'•*> ;<’t .*1 

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n {j n j, Ihn i'fui^i't'uutiuli iHuitni . Maske ijtt.d di“- (' <*i-It-? hii.!..< (j 

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}-,t .l'M) i>*'( »ssc.t'i UoliiiMum d «■*•»• itufvl* i;a- l h vhu.u , -.i'.' i i ,i;: a m.ut-.ur'--<-t, i - 
ir.iu'H »»unimi«?t(;ku tinduf. kuo : «o»iUjrmu1c Vomedscjvuu^ d«r Aulhevdijinph' 

. uw!- Luit :hati . Vf rnur .m»H dib Uodiumt* do«\ Pittamilen Kiuiel 

Aeltuo xvui /Ti'Oükeh ?.nl'Öhroiv-.. 

])-.* VV annrhra'^liu Ma^ko jM-milt. flitze For.lnruug nifdjt V<-U)..--.nu.nv 
a>t diu jaln.hiy kjf in* OeiTniniu ini Trit-bi i r uinufsHis *\m. 
AuUu.-viÜiftipiV' ?M den Ri'spiniiaonKur^amHi 4?.-r Put ienhu. ulmiis'ii abm* 
dum. EiiMtf dar 1-uit. zu den AeMu-rd/impleo iiu Sn.ek der Ma.4ri* Hm.ha- 
tu h ).-*!.. ; _ . 

,}}>* Ald)uU-diiin]'d‘u iiii Rank du»* ATaekr .rrufulnm ‘hluli-i* 

M-Wer „der &-.r nicht mit Luft Sidniitclt man die M-k. 
dAlhdinu siftmiUth um?<unii-nh{5‘u UÜH-rd^vfjif zu .dbmvn, ami (f^c,u^ 
*h<!' liK-Jv! sehr T< > i't!WVt U«»t. dm \\ a in r-h ei* s< ! ti.r?i Alaskc ’s‘» ',vird. . i*r 
reji i M tnd«e, {rot 7 d“.r .Vnv^nithm^ der^sthf^ 

in i'iitnr UisiMtHKiou üh**.r die Arthr.nntikoyi' (i)‘ rk khi). V\ 

-Hk ijdrr; IHiJi) m-konnt aind. < dd... n.«lh 01 sit.A* v) m'.u als uinun. t;.^h 
AAtiuul dar W a h euh urArlu-tl AttK^k dm» tliu?tand aiv^ d i^- 5 - du^aiW' 
wnJjjVitui. go^i-üuCcI-t wnrd«»n mu?^f. JS< -rieh >id* Wfw 

. Uiusland die A uftnerhsr.ui.ke.it lankcin d> 0 ' -rur ?•'»?• t i *>• * d* n ArtJ-'u- 

lDirkufam w? und #f un Uw ^mstimdtiu recht uua%kiu*im 

i. uut. u/Muiu ». d i-r- mh ie nur »di 1 !*m *<n'0>«> A‘hijU-iv k “‘C'iin ar A 
sr'ivr in»)'■»»>»\.u Z.wc>s• ?;[c{1 idhu»ane avitntt., i»»<*• r.naichchvh^Hiidci'iitur u.ni 

:• dir Rrj11 nimtd i rdndetuua t P i alTci »h*iTi ui eijUutoAri Ikülru so Ifo^sihdi tft" 
wurden. d.i-Ar. eh uuld w n» d*out \u.»vr /u <*ri' M t( u -•*- ■' ! ‘ l i 11 

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• »i;«sfc‘i‘-e Midi »lein ln r, und n.d-.„-i znlö «'ijl..r’.d‘<nu i’-"v ilicn ^ 'A «i ü-dom 


: _ Die Ikejtionseuiamisyu'u «h^ jlmeh?tagas hat eitttiii ■ s?e-DHlVHr‘hcn 
J^h)t-ht-dti #r FroneniVnj/e :6rsiii : t:j t?»i.'‘'ÄktiMe)h.f..-ymi'-'.dpn» 4 - V4 *h 
d^ut^chen FtwmnverövQa“ in; Lnij(Wig''^iagbWH*‘hio Pc.-fltkittfih 
hUhf], <Ws Ami fliMii'i» d!M ZuiassUliü srmn iiiarit»chcij Stuaiüoi *m 
dm duutrchfui PnivorssiUiteiT und die Frrjgeh»in^ dev 1‘fnM? all apprm 
hüte Aommvärjy -0»>wdhrr Werde, fho Cniiindastnu behellig <durMniui% 
’fj ober f: an»’ /ui Tatrav^u rdn «nir- Madss^i'Cfid fOr.di^en Ilesobiü^S.'Vfijt:' 
besonders cuui Ci'kijiMm^ das RQi>ibin»ii tm '.-oftfotm**?, <1«K Pdd'Hz: „l'ic Ai- 
■l.ossimk der Frauen zun» P-?itvcrMitbtsst udium riohn uniAiruaii» du 
tfyiWvA di‘H■ Ruiehdtk dre Krucümsr TJulomrd!tswa>s cü^ si.r ibdi^lich 
Sach* 3 dirr eiös/Anoi^ Da«b ^c.genwnn ii," Frrtuuu u*> kh'hunn 

(junts«4j*in jQymi^fppi «u.it R»dhiprfiiirijt/f und in kebmv dkutA'hten. Ul»)f 
n>ii.tC; /a.ii uu'dhMiJ.schuii Siuuiiua zugeh'^ett vvitv<hm isiudere *«« ltichi, 
die. Hmtjiundc Mi^zuilheu. da dm B^gdisP hit^'Äy durtU- dio Oc'Vcrho- 
or’dnmig nliUe Rhi k-irSd aut' das Oadidilcohl oder eine vorher abgeh*gti\ 
Prltfufig iVeigogencrv wai; Allardingri. ,tle»c franvi: die Approhaiidn. idfe 
..Ar/i" Acr^ddu^uu. so lange sic den m der pcnfuiig^ordunog voin 2. dtmi 
1 v:x;-i atiigcvtrjlten ;VofhiMiihgvmg# Pu dhc ^uhi-ssmig' zur iii ; /Mic)tcri VriU 
l'img; tdciit gofvagrii: küimt'-n Eine Abänderung- dar i*«• iifungstu.-dhling"-.da-• 
.hin,' dass Praucc go^iuiühui äu'f die Erfüihmg dicsm V'ochmhiapingmi ver- 
zii-htu! werde, s».i oi*ac-•hhtss<-n, da d.mif jw-Ii «1», Alrtnnor niii Ihfbt 

<mu- gleiche Hrrahnididoruiig der AiifonUrnKgm ' himu*fn;u.dbbn'. kOnntnm*' 


M-ttw Minder* \m 

auskani, . 

i.ruic: hmif ui» Id- hon.» 

zu w.mitr hfimchhud. hu Al.muVü 
mit mein? r iVlaaku AtU'ktn-ou O' 
ImloeMU»- tülhu u<1 ' ,U 1 
I-’vivar.-Fcantmkl'nik dr-S 

Pr. C'/.ompMt ‘dwp d'ft f r 

nutclit-danmi.u t;m* n- • 

d-ji : ös ich os w-agn. fetze 

MiäkrV /:ü-rmumn^rivon;dml ■*«¥;■■ h* 

wgüdun^ &u mfipftdilidh 


4., die Fiasko gidbl ihfolge dor Te-rgrOsscrl' 


Oeftming .so** reü 




24. Mai. 


DEUTSCHE MEDlCIffiSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Hl 


Aether ab, da» dieselbe nicht oder nnr ganz selten einmal bei Solchen 
Personen, die sehr viel Aether brauchen, geschüttelt werden muss. 

Herr Dr. Czempin, der früher die Wan sch er’sehe Maske benutzte, 
erkennt diese Vorzüge in jeder Weise an und benutzt deshalb zur 
Aethemarkose ausschliesslich meine Maske. 

Schliesslich möchte ich noch erwähnen, dass Herr Geheimrath Hahn 
im Krankenhause Friedrichshain die Liebenswürdigkeit hatte, mir die Er¬ 
laubnis zu einer Narkose bei einer Laparatomie zu geben. 

Es handelte sich um eine anämische Frau mit starkem Emphysem 
und Bronchitis, bei welcher wegen Pyloruscarcinom die Magenresection 
gemacht werden sollte. Herr Geheimrath Hahn trug zuerst wegen des 
Emphysems und der Bronchitis Bedenken, der Frau Aether zu geben, ge¬ 
stattete es jedoch, als ich im Vertrauen auf meine Maske, welche jedes 
Asphyxiren und damit nach meiner Meinung jeden ungünstigen Ehft nw 
auf bestehende Lungenaffectionen vermeidet, darum bat. 

Die Narkose dauerte zwei Stunden, der Aetherverbrauch betrug 125 g. 
Die Patientin ist (es sind seitdem 3 Wochen verflossen) reactionslos ge¬ 
nesen. Die Bronchitis hatte nach der Narkose in keiner Weise zugenommen. 

Herr Geheimrath Hahn war mit der rasch eingetretenen ruhigen, 
gleichmässigen Narkose durchaus zufrieden und gestattete mir auf Grund 
dieses ersten, äusserst günstig verlaufenen Falles, weitere Narkosen zu 
machen. Leider konnte ich bis jetzt dieser gütigen Erlaubniss wegen 
Mangel an Zeit nicht nachkommen. Ich hoffe jedoch, dass nach diesen 
Mittbeilungen sich der eine oder der andere College bereit finden wird, 
mit meiner Maske die Aethemarkose zu versuchen. Dieselbe ist von Herrn 
Instrumentenmacher Schmidt Berlin N., Ziegelstrasse Nr. 3, zn beziehen. 


lieber die Technik der Thoracocenteais. 

Von Dr. Luigi Zoja, 

Assistenten an der K linik der Universität Parma. 

In der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1893, No. 10 sind 
zwei Abhandlungen 1 ) erschienen, welche neue Modificationen von Punc- 
tionsapparaten vorschlagen. — Das Princip dieser Modificationen ist das¬ 
selbe, von welchem Prof. Riva 9 ) bei der Construction seines „Aspiratore 
Lavatore“ (Heberwaschapparates) schon im Jahre 1883 ausging. Die be¬ 
treffenden Arbeiten von Riva sind aber in Deutschland, wie es scheint, un¬ 
bekannt geblieben. Was die Aspiration betrifft, so ist der Apparat auf die 
bekannte ThatSache gegründet, dass, um die Flüssigkeit aus der Pleura 
oder Peritonealhöhle zu entleeren, eine starke Aspiration unnöthig ist, 
weil der auf die Flüssigkeit wirkende Druck zur Entleerung der Höhle 
genügt und wir nur in ganz specieüen Fällen einer Aspiration bedürfen, 
und zwar einer viel schwächeren als es die gewöhnlichen Saugapparate 
gestatten. 6 

Die beigefügte Zeichnung 
soll das Princip des Apparates 
därstellen. 

Zwei graduirte Flaschen A 
und B, von 1500—2000 ccm, 
gleiten auf einer vertikalen 
etwa 2 m hohen, mit Meter- 
maassstab Versehenen Eisen¬ 
stange. Jede Flasche hat nahe 
sm Boden eine Oeffnung. in 
welcher ein Kautschukzapfen 
nnt einem kurzen Glasrohr 
rtecfct; die Verbindung mit 
dem Troifcart geschieht durch 
Kautschukrohre (Ä f B 7 ), in wel¬ 
che vor den Mundstücken ein 
“Urzes Glasrohr V eingeschal- 
DerTroikartträger ist 
drei Schrauben (/, 2, 3) 
versehen, welchen- drei Hähne 
(M,e) entsprechen. Die Schrau¬ 
be» dienen dazu, die Mund¬ 
stücke der Flaschenrohre (Ä. 

.* »nd die Troifcarthohlnadel 
einzuschrauben; die Hähne ha- 

wL d . en Zweck ' den Fl'üssig- 
KeitSströmen verschiedene Rich¬ 
tigen zu geben. VorderOpe- 
^fi der Apparat steri- 
wobei die Flaschen mit 
^hmatlösüng und sterilisir- 
asser behandelt und der 
der durch d 
Punctionsnadel 



in VAT - «MVWUUÖUÄUÜ1 

Di« tff 15er . aus gek° c ht werden, 

daß 6 wird mit warmem (37°—40°) s sterilisirtem Wasser gefüllt 
Hahn 8 uss rohr Al der Flasche Ä an die Schraube 1 geschraubt, de 
seih«, ? &® s< ?bl°ssen und der Punotionssrtich unter den gewöhnlichen asepti 
—... Laut elen gemacht. — Die Troikartüadel wird dann herausgenommen 

-^exander, Ueber eine zweckmässige Mbdificätion de 
Ptmctfonsa* P arätes. — M Moritz, Zur Technik de 

Ün a '’ aspirfttori-iniettiatori. La Ri Vista cliüica 1SÖ3. - 
atica . ijüracione def liquidi pafologie e dblla lavaturtt aptidc 


maH™ 4 ii . “»P^oioue aer nquiai patöiogie e oeiia lavatura- j 
^ a l46 Ue CÄVlta ' AUi deir ^ Con « resso dell’ assoc. med. ital 


**#**?• Abechrauben von d wird das 

^ 6 ? ^ Schraube •? geschraubt. - Bei geöfiheten 

Hähnen a und b lässt sich, durch aus der Flasche A in die Flasche B 
hmunterfliessende Wasserströme, die Luft vollständig aus den mit dem 
stenhsirten Wasser gefüllten Rohren entfernen. Wenn dann der Hahn a 
geschlossen und der Hahn c geöflnet wird, fliesst die Punctionsflüssigkeit 
m die Flasche B heraus. 


Wenn man darauf die Höhle auswaschen (oder in dieselbe eine Des- 
mfectionsflussigkeit einspritzen) will, braucht man nur den Hahn b zu 
schliessen und den Hahn a zu öffnen, worauf das sterilisirte Wasser 
oder die betreffende Desinfectionslösung) in die Höhle hineinfliesst. Durch 
Schliessen des Hahnes a und Oeffnen des Hahnes t kann die hineinge- 
brachte Flüssigkeit wieder herausgehoben werden. 

DieVortheile dieses Apparates können sowohl bezüglich der Heraus- 
ziehnng der Flüssigkeit als der Auswaschung der Höhle in Betracht 
kommen. Als Aspirationsheber angewendet, bietet er folgende Vortheile: 
1) Zuverlässigkeit der Sterilisirung; 2) Feinheit der Graduirüng der Aspi¬ 
ration; 3) Möglichkeit, dieselbe schnellstens zu unterbrechen; 4) das Vor¬ 
handensein der Flasche A , was dem als Aspirator betrachteten Apparat 
einen ganz speciellen Charakter giebt: die Möglichkeit, eine stets bereite 
sterilisirte Flüssigkeit injiciren Zu können, hat in vielen während der 
Operation sich möglich ereignenden Zwischenfällen grosse Vortheile, wie 
z. B., wenn Husten oder Athemnoth (wegen Herausziehung einer zu 
grossen Fltissigkeitsmenge) u. s. W. eintreten, oder der Flüssigkeitsaus- 
fluss aufhört. In diesem Fall ist es viel besser und viel leichter, beson¬ 
ders bei Empyem, das Hinderniss dttreh einen von der Flasche A beim 
Drehen des Hahnes a binunterfliessendeu Flüssigkeitssfcrom zurüchzu- 
stossen. als zu versuchen, dasselbe mit einer Sonde zu entfernen oder 
mittels starker Aspiration dureh die engen Canäle zu aspiriretn, was nicht 
immer gelingt und die Gefahr einer plötzlieh zu starken Aspira¬ 
tion mit sich zieht. Beim Gebrauch des Apparates ist man niefnafe 
genöthigt, die Flasche B weiter als 25, 30 em unter die Punctlonsstelle 
hinunterzuschieben. Eine Flössigkeitseinspritzung ist beim Riva’schen 
Apparat selbstverständlich möglich ohne irgend eine Veränderung in der 
Apparatsanordnung und mit Ausschluss von irgend welcher Zurückein- 
spritzung der herausgenommenen Flüssigkeit. Bei der einflaschigen Aspi¬ 
ration ist die Vermischung der Emspritzungsflüssigkeit mit der heratrsgezo- 
genen Flüssigkeit und demzufolge das Zurückspritzen eines Theiles der 
letzteren in die Höhle nicht anders zu vermeiden als durch Auswaschen der 
Flaschen, was einen grossen Zeitverlust und schädliche Unterbrechungen 
der Operation mit sich führt. 

Zum Einspritzen und Auswaschen gebraucht, bietet der Apparat fol¬ 
gende Vortbeile: 1) das Vorhandensein der nur für die Einspritzurtgs- 
flüssigkeit bestimmten Flasche Ä, welches die vollkommene Zuverlässigkeit 
der Sterilisirung gestattet, and wie gesagt, die Operation beschleunigt hnd 
eine Wiedereinführung herausgezogener Flüssigkeit vermeidet; 2) die feine 
Graduirüng des Injectionsdrucks; 3) die vollständige Unmöglichkeit, in die 
Punctionshöhle Luft einzuführen; 4) die Schnelligkeit, mit Welcher Äan 
die Injeetion unterbrechen kann und die Schnelligkeit und Leichtigkeit 
der Auswechselung der Injecfion mit der Extraction der Flüssigkeit. — 
Der Operateur versorgt selbst alles, indem er die geringeren Veränderungen 
durch die Glasröhrchen ( V ) überwacht nnd mittels der drei in dem Tiorkart 
eingeschobenen Hähne (a, b, c) die ganze Operation beherrscht. 

Bei jeder Thoracocentesis und Paracentesis, sowie bei den Auswaschun¬ 
gen des Bauchfells bei Peritonitis tuberculosa (Riva) und der Pleuren 
in einigen Empyemfällen wird dieser Apparat in der medicinischen Klinik 
in Parma seit Jahren mit günstigsten technischen Resultaten gebraucht. 
Seine Leistungen lernte ich besonders bei Entleerung von eitrigen Flüssig¬ 
keiten schätzen, in welchen Fällen durch Wechseln der Extraction mit 
kleinen und wiederholten Injectionen man den Eiter rasch verdünnen und 
leichter entleeren kann; ferner bei den Peritonealauswaschungen, bei welchen 
es leicht gelingt, in die Bauchhöhle bis lö Liter und mehr sterilisirfes 
Wasser verhältnissmässig rasch umlaufen zu lassen, fast ohne dass die 
Patienten während der Operation leiden. — Wegen der durch den Apparat 
bedingten Sicherheit könnte man, z. B. in einem Empyemfall von Pleuritis 
tuberculosa suppurativa eine 3T'oo Sublimatlösung einspritzen; bei’ reich¬ 
lichen Auswaschen mit Wasser erfolgte nicht die geringste fntoxicatiotis- 
erscheinung. — Die einzigen Nachtheile des Apparates, auch in Vergleich riait 
den von Conrad Alexander und M. Moritz vorgeschlagenen, sind die 
bedeutende Grösse und ein höherer Preis; es sind dies aber kleine Rück¬ 
sichten, worüber man hinweggehen kann, wehn der Vorgesetzte Zwdck 
zuverlässig zu erreichen ist, und das ist beim Riva’schen HöberWasch- 
apparat der Fall. . . _ 


— Das von Immer mann warm empfohlene, von-Jaquet an , einem 
grösseren Material erprobte neue Salicylderivat (p-Phenetidin-Salicyl- 
aldehyd) lffalkhin wurde von Merkel bei 18 Patienten (zweimal Typhus, 
einmal Neuralgie. 15 mal Gelenkrheumatismus, davon sechsmal Endocar- 
dit-is) versucht. Er rühmt ebenfalls die milde und. dabei, wenigstens bei 
Gelenkrheumatismus, zuverlässige Wirkung. Auffallend war der günstige 
Einfluss auf die mit Endocarditis complicirten Fälle. Als Antipyreticum und 
Anodynuw wirkt Malakin lauggam uud'milde; mit Antipyrin und Phenacetin 
hält es zwar keinen Vergleich aus. doch fehlen die unangenehmen Neben*- 
Wirkungen; Ohrensausen, Schwindel, Delirien kamen nicht zur Beob¬ 
achtung. Da Malakin nur 50°/o Salicyl-Aldehyd enthält, so lag es nahe, 
auch grössere Dosen (gewöhnlich wurden 4f—5 g pro die verabfolgt) zu 
versuchen. Dem entgegen steht der hohe Preis des Mittels., aas vorläufig 
noch viermal so theuer als Salicylsäure ist. (Münch, med. Wocfienschr. 
1894. No. 17.) H. Citron (Berlin). 


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472 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21 


XTTT Kleine Mittheilimgen. 

— Berlin. Soeben geht uns die Nachricht von dem Tode des Prof. 
August Kundt, Direktors des physikalischen Instituts an der Universität 
Berlin, zu (geb. am 18. November 1839; als Nachfolger von Helmholtz 
nach Berlin berufen 1888). 

— Dem Privatdocenten Dr. Posner ist das Prädikat Professor bei¬ 
gelegt. Wir bringen dem verehrten Collegen zu dieser Auszeichnung 
unseren Glückwunsch dar. . 

— Im Verein für innere Medicin (Sitzung vom 21. Mai, unter 
dem Vorsitz von Geh. Rath Leyden) stellte vor der Tagesordnung Herr 
Krön eine Frau mit Narkosenlähmung (durch Hochhalten des Arms bei 
Laparatomie) im Gebiete des rechtenPlexus brachialis vor. HerrA.Fraenkel 
sprach über die Influenza-Epidemie dieses Winters und das neuerdings, 
im April und Mai, beobachtete Wiederauftreten von Influenza, unter De¬ 
monstration von Präparaten des den Pfeiffer’schen Bacillus enthaltenden 
Sputums und mit Formalindämpfen hergestellter Plattenculturen, woran 
sich einige Bemerkungen des Herrn Leyden anschlossen. Herr Gold- 
8 ch ei der erstattete hierauf das angekündigte Referat über „Chirurgie 
der Rückenmarkskrankheiten“. Der ein sehr reichhaltiges Material 
in interessanter Weise verarbeitende Vortrag wird in dieser Wochen¬ 
schrift vollständig abgedruckt werden. . 

— Der XXIII. Congress der Deutschen Gesellschaft für Chi¬ 
rurgie hat beschlossen, die Sammelforschung über die Narkoti- 
sirungsstatistik fortzusetzen, um ein noch grösseres Zahlenmaterial zu 
gewinnen. Die Mitglieder der Gesellschaft werden daher ersucht, die Auf¬ 
zeichnungen der von ihnen beobachteten Narkosen da wieder aufzunehmen, 
wo sie in ihren früheren Berichten aufgehört haben, sie bis Ende Februar 
1895 fortzuführen und den Bericht sodann bis spätestens zum 15. März 1895, 
wie früher, dem ständigen Schriftführer, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Gurlt, 
Berlin W., Keithstrasse No. 6, zu übersenden. Falls einzelne Mitglieder 
sichere Aufzeichnungen besitzen, die sich über längere Zeiträume erstrecken, 
so würde auch deren Mittheilung sehr willkommen sein, jedoch mit Aus¬ 
schluss derjenigen Fälle, die bereits in den 1891, 1892, 1893 und 1894 
erstatteten Berichten verzeichnet sind. In den Berichten ist die Beachtung 
folgender Punkte erforderlich resp. erwünscht: 1) Angabe der Beobachtungs¬ 
zeit. 2) Angaben, welche Betäubungsmittel resp. deren Präparate (Chloro¬ 
form, Aether, Mischungen derselben u. s. w.) und wie oft die einzelnen 
derselben angewendet worden sind. 3) Bezugsquellen derselben. 4) An¬ 
gewendete Apparate u. s. w. 5) Angabe der Zeitdauer ungewöhnlich lange 
(1 Stunde und darüber) fortgesetzter Narkosen. 6) Verbrauch der Betäu¬ 
bungsmittel pro Minute, oder im Durchschnitt für jede Narkose, oder 
Maximalverbrauch bei ungewöhnlich lange dauernden Narkosen. 7) Angaben, 
ob und in w r elcher Zahl von gleichzeitigen Morphium- oder anderen In- 
jectionen Gebrauch gemacht wurde. 8) Uebole Zufälle bei und nach den 
Narkosen: a) Asphyxieen (Behandlung derselben, Tracheotomie u. s. w.); 
b) Todesfälle (Ursachen, Sectionsorgebnisse u. s. w.); c) etwaige übele 
Nachwirkungen, besonders nach der Aethernarkose. 

— Auf Anregung des Cultusministers hat vor kurzem im Reichstags¬ 
gebäude die erste Serie einer Reihe von Vorträgen über Themata aus 
dem Gebiete der Hygiene vor einem geladenen, vornehmlich aus höheren 
Beamten und Mitgliedern des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses 
bestehenden Publicum stattgefunden. Es sprachen Prof. Finkler (Bonn) 
über die Bedeutung der Hygiene für die sociale Oeconomie; Prof. Fränkel 
(Marburg) über die Bacteriologie und ihre praktische Bedeutung; Prof. 
Rubner (Berlin) über Bau und Einrichtung von Krankenhäusern. An 
diesen letzteren Vortrag schloss sich eine Besichtigung des Krankenhauses 
am Urban und der Charite an. 

— Wir theilten neulich mit, dass Herr Geh. Sanitätsrath Fromm 
(bisher in Norderney) neuerdings in die Direktion des Ostseebades Herings¬ 
dorf eingetreten sei. Wir bemerken dazu nachträglich, dass dieser Direktion 
auch Herr Dr. Schlayer angehört, der nach wie vor die badeärztliche 
Praxis in Heringsdorf ausübt. 

— In der Augusta-Kranken-Anstalt zu Bochum (Chefarzt 
Dr. A. v. Bardeleben) wurden, wie wir einem bezüglichen Berichte 
entnehmen, im Jahre 1893 2108 Personen an 42735 Pflegetagen (gegen 
1856 Personen an 41117 Pflegetagen im Jahre 1892) verpflegt,; darunter 
waren: Chirurgisch-Kranke resp. Verletzte 950, Gynäkologisch-Kranke 224, 
Ophthalmologisch-Kranke 287, Innerlich-Kranke 608. Es wurden geheilt 
resp. gebessert 1851, ungeheilt. resp. auf Wunsch entlassen 5, starben 105. 
Die Anstalt ist den modernen hygienischen Anforderungen entsprechend 
eingerichtet, 

•— Wien. Wie wir von authentischerSeite erfahren, steht dieEmennung 
Czerny’s als Nachfolger Billroth’s in Aussicht. — In der Reihe der 
für die Nachfolgerschaft Vorgeschlagenen befand sich übrigens Mikulicz 
an zweiter und Gussenbauer an dritter Stelle. 

— Der Congress der österreichischen Nahrungsmittel¬ 
chemiker hat ein Comitee eingesetzt, welches mit den Vorarbeiten des 
im September stattfindenden internationalen Congresses der Nahrungsmittel¬ 
chemiker und Mikroskopiker betraut ist. Die Aufgabe des Congresses 
besteht darin, einen Codex alimentarius internationalis gemäss den Grund¬ 
sätzen des österreichischen Codex auszuarbeiten. 

— St. Petersburg. Der bekannte Dermatolog und Syphilidolog 
i ®duard Sperk (geb. 1837 zu Mohilew) ist gestorben. — In Russ- 
land soll noch in diesem Jahre das Decimalsystem für Gewichte in 
die Praxis der Medicin und Pharmakologie eingeführt werden. 

Universitäten. Breslau. Prof. Dr. Grosser, ehemal. Pro- 
sector am anatomischen Institut, ist gestorben. — Lyon Prof Glänard 
ist gestorben. 


XIV. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeine Pathologie nnd pathologische Anatomie. G. Hayem 
Legons de thdrapeutique. Les agents physiques et naturels 
Pr. 12 fr. Paris, G. Masson, 1894. 

Anatomie. R. S. Bergh, Vorlesungen über die Zelle und 
die einfachen Gewebe des thierischen Körpers. Mit einem An¬ 
hang: Technische Anleitung zu einfachen histologischen Untersuchungen. 
Mit 138 Figuren im Texte. 7,00 M. Wiesbaden, C. W. Kreidel’s Ver¬ 
lag, 1894. 

Augenheilkunde. M. Tscherning. Oeuvres ophtalmolo- 
giques de Thomas Young. Traduites et annötees. Copenhague. Höst 

6 Sön, 1894. 

Bacteriologie. L. Heim, Lehrbuch der bacteriologischen 
Untersuchung und Diagnostik. Eine Anleitung zur Ausführung 
bacteriologischer Arbeiten und zur Einrichtung bacteriologischer Arbeits¬ 
stätten. 528 S. Stuttgart, F. Enke, 1894. 

Chirurgie. E. Sonnenburg, Pathologie und Therapie der 
Perityphlitis (Appendicitis simplex und Appendicitis perforativa). Mit 

7 Abbildungen. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. 

C. Bayer, Grundriss der chirurgischen Operationstechnik. 
4,80 M. Berlin, Fischer’s medicinische Buchhandlung, 1894. 

H. Lossen, Die Resectionen der Knochen und Gelenke. 
Deutsche Chirurgie. Lieferung 29 b. 338 S. Stuttgart, F. Enke, 1894. 

F. Karewski, Die chirurgischen Krankheiten des Kindes¬ 
alters. 780 S. Stuttgart, F. Enke, 1894. 

GebnrtshUlfe und Gynäkologie. L. Fürst, Die Hygiene der 
Menstruation im normalen und krankhaften Zustande. Mit 
2 Abbildungen. Leipzig, A. Langkammer, 1894. 

Hautkrankheiten und Syphilis. M. Joseph, Lehrbuch der 
Haut- und Geschlechtskrankheiten. Für Aerzte und Studirende. 
II. Theil: Geschlechtskrankheiten. 401 S., 6 Mark. Leipzig, Georg 
Thieme, 1894. 

Hygiene und Sanitätswesen. E. Roth, Armenfürsorge und 
Armenkrankenpflege. Mit besonderer Berücksichtigung der heutigen 
Stellung des Armenarztes und Vorschlägen zu ihrer Reform. 90 S. 2 M. 
Berlin, Richard Schoetz, 1893. 

A. Schmitz, Massigkeit oder Enthaltsamkeit? Neue Beiträge 
zur Alkoholfrage. 58 S. Bonn, P. Hanstein’s Verlag, 1894. 

Infectionskrankheiten. E. Klebs, Die causale Behandlung 
der Tuberkulose. Experimentelle und klinische Studien. 629 S. 30M. 
Hamburg und Leipzig, Leop. Voss, 1894. 

J. Reineke, Die Cholera in Hamburg und ihre Be¬ 
ziehungen zum Wasser. Mit 5 Abbildungen im Text und 7 Tafeln. 
Separatabdruck aus dem Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen 
Aristalten. XI. Hamburg, Gräfe & Sillem, 1894. 

A. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand der bacillären 
Cholerafrage und über diesbezügliche Selbstinfectionsver- 
suche. Wien, M. Perles, 1894. 

Innere Medicin. E. Leyden, Die neuesten Untersuchungen 
über die pathologische Anatomie und Physiologie der Tabes 
dorsalis. Zwei Vorträge. 40 S. Berlin, A. Hirschwald, 1894. 

H. Hughes, Allgemeine Percussionslehre. 140 S. 3 M. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 

H. Müllner, Ueber das Stethoskop. 27 S. München, Seitz & 
Schauer, 1894. 

S. Goldschmidt, Die Tuberkulose und Lungenschwind¬ 
sucht, ihre Entstehung und eine kritische Uebersicht ihrer 
neuesten Behandlungsmethoden. Nebst Anhang über Famihen- 
erkrankungen an Schwindsucht. 112 S. 2,20 M. Leipzig, Verlag des 
Reichs-Medicinalanzeigers, 1894. 

H. Weber, Die Heilung der chronischen Lungenschwind¬ 
sucht durch Entwickelung von Kohlensäure im Magen, 54 d. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 

Klimatologie nna Balneologie. L. Wiek, Ueber die physio¬ 
logischen Wirkungen verschieden wärmerBäder und über das 
Verhalten der Eigenwärme im allgemeinen. Beitrag zur klinischen 
Medicin und Chirurgie, Heft 6. Wien und Leipzig, Wilhelm Brau- 
müller, 1894. 

C. Preysz, The effects of sea-baths with a special view to 
Lake Balaton. 37 S. 0,50 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Brau¬ 
müller, 1894. ., 

A. Winckler, Geschichte des Bades Stehen. 83 S. 1,00 JU. 
Leipzig, Verlag des Reichs-Medicinalanzeigers, 1893. 

Hahnkampff, Führer durch Bad Elster und Umgebung. 
145 S. 1,00 M. Leipzig, Verlag des Reichs-Medicinalanzeigers, 1894, 

Pharmakologie. R. Kobert, Arbeiten des pharmakologischen 

Instituts zu Dorpat. X. 180 S. mit 5 farbigen Tafeln. Stuttgart, 
F. Enke, 1894. 

A. Pollatschek, Die therapeutischen Leistungen des J a “ r ® s 
1893. Ein Jahrbuch für praktische Aerzte. V. Jahrgang. 328 S. o M. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. , 

Bhinologie. M. Bresgen, Der Kopfschmerz bei Nasen- una 
Rachen-Leiden nnd seine Heilung. Leipzig, A. Langkammer, lw». 

Urologie. KlinischesHandbuch derHarn-und Sexualorgane. 
Herausgegeben von weiland Prof. Dr. W. Z u e 1 z e r, redigirt von F. M. U d e - 
länder. IU. Abtheilurig. 413 S. 10 M. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894- 
M. Nitze, Kystophotographischer Atlas. 10 Täfeln 
büdungen in Photogravure. 12 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


D £jl izs , : 


Gougle 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


M 22, 


31. Mai 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet Ten Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtenstainaliee 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


Zur Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse. 


Die wahren und wohlverstandenen Interessen der medicinischen Fachpresse sind mit denen der Wissenschaft und des ärztlichen 
Standes selbst untrennbar verschmolzen. Wir dürfen daher wohl auf die einsichtvolle Zustimmung; unserer Leser rechnen, wenn 
wir an dieser Stelle eine scheinbar innere Angelegenheit der medicinischen Journalistik zur Sprache bringen und damit einem schon 
länger gehegten Gedanken Ausdruck verleihen, dessen ernstliche Verfolgung uns aus besonderen Gründen eben jetzt ohne weiteren 
Aufschub geboten zu sein scheint. 

Es handelt sieh dabei, kurz gesagt, um die Anbahnung einer Organisation der medicinischen Presse innerhalb der 
Grenzen des deutschen Sprachgebietes, auf dem Wege freier Vereinigung, als wichtigen und nothwendigen vorbereitenden Schritt 
für eine künftig anzustrebende internationale Organisation der medicinischen Presse. 

Ein solches Streben wird fast Allen zunächst neu und überraschend, Vielen als unnöthiger Vereinsport, Manchen als hoff¬ 
nungslos chimärisch oder doch als fernste „Zukunftmusik 41 erscheinen. Wir erinnern deshalb daran, — selbst auf die Gefahr hin, 
von einem ebenso unklaren wie wohlfeilen Chauvinismus wiederum eines „undeutschen“ Verhaltens geziehen zu werden — dass sich in 
Frankreich bereits seit fünf Jahren eine auf wohlüberlegter, praktisch bewährter Grundlage ruhende „Association de la presse 
ibdicale“ gebildet hat, die sich nach Artikel 2 ihres sehr einfachen (unten wörtlich abgedruckten) Statuts die „Förderung und 
V ahrung der Interessen der medicinischen Presse“ zum Ziele gesetzt hat. Der Einfluss dieser Vereinigung hat sich bereits mehrfach 
nach aussen hin, u. a. bei Gelegenheit des X. internationalen Congresses in Berlin und noch mehr bei dem letzten römischen Congresse, 
fühlbar gemacht und soll, wie aus französischen Pressstimmen hervorgeht, bei dem geplanten nächsten internationalen Congresse (in 
Moskau) in noch verstärktem Maasse zur Geltung kommen. Abgesehen davon, dass auch unserer so vielfach zerstreuten und so bunt 
zusammengesetzten medicinischen Presse eine auf Belebung ihres inneren Zusammenhanges, auf Wahrnehmung ihrer 
gemeinsamen Interessen abzielende Vereinigung nur zum Nutzen gereichen kann — abgesehen davon also liegt für uns in den 
geschilderten äusseren Umständen die dringliche Mahnung vor, wofern unsere medicinische Presse bei kommenden Gelegenheiten ein 
ihrer Bedeutung irgendwie entsprechendes Gesammtgewicht in dio W r agschale werfen soll, den schon bestehenden oder noch zu erwar¬ 
tenden nationalen Verbänden in möglichster Geschlossenheit, mit ähnlicher Organisation an die Seite zu treten. — 

Um der von uns gewünschten und erwarteten Erörterung nicht vorzugreifen, wollen wir an dieser Stelle nicht mit aus¬ 
gearbeiteten Vorschlägen an die Oeffentlichkeit treten, sondern zunächst nur andeuten, wie wir uns die Sache ungefähr gedacht haben. 

Die zu schaffende freie Vereinigung würde grundsätzlich die medicinische Presse des gesammten deutschen Sprach¬ 
gebietes — also insbesondere mit Einschluss Oesterreichs und der deutschen Schweiz — zu umfassen haben. Sie würde allen, die 
wissenschaftlichen wie die ärztlichen Standesinteressen anerkanntermaassen vertretenden Pressorganen den 
grossen fachwissenschaftlichen Archiven und Zeitschriften, den Vierteljahrsschriften, Monatsschriften, W ochenschriften, Jahresberichten, 
tentralblättem, Correspondenzblättem u. s. w. — principiell offen stehen. Sie würde aus den leitenden Persönlichkeiten, den 
Herausgebern oder Redacteuren dieser Organe zusammengesetzt sein. Grössere Blätter könnten unter Umständen auch durch mehrere 
Mitglieder in dieser Vereinigung vertreten werden, von denen aber bei Beschlussfassungen nur eines mit der Stimmführung im Namen 
des Blattes beauftragt sein dürfte. 

Eine Anzahl gesinnungverwandter, mit den angestrebten Zielen und auch mit den Mitteln zu deren Erreichung im allgemeinen 
einverstandener Vertreter namentlich der grösseren und angeseheneren Fachblätter würden zur Gründung der \ ereinigung und zui 
Berathung der nothwendigen Einzelbestimmungen provisorisch zusammentreten. Von diesen ersten Gründern und \ ereinsmitgliedern 
"drde die Zulassung neuer Mitglieder auf deren Antrag und auf Grund eines speciell zu regelnden Abnahmeverfahrens zu 
genehmigen sein. 

Die Vereinigung würde nach aussen durch einen von ihr gewählten, aus mindestens sieben Mitgliedern bestehenden Ausschuss 
repräsentirt werden, in dem wo möglich wenigstens je ein Mitglied den für die medicinische Presse wichtigeren Plätzen (Berlin, Leipzig, 
München, WTien, Prag, Basel) angehören müsste. Die Ausschussmitglieder würden auf mindestens zwei Jahre zu wählen sein und 
^ären nach Ablauf dieser Zeit wiederum wählbar. 

Dem Ausschüsse läge besonders die Pflicht ob, dio Vereinigung — die als solche keinen bestimmten Sitz, keinen „Vorort 
zu haben braucht — alljährlich wenigstens einmal zu bestimmter Zeit und an einem geeignet erscheinenden Orte (vielleicht im Anschluss 
au die alljährlich tagende Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, oder an eine der anderen grossen Jahresversammlungen) 
zusammenzurufen. Es würden dabei über alle die gemeinsamen Interessen berührenden Gegenstände Berichte zu erstatten, auch Anträge 
aus der Mitte der Vereinigung entgegenzunehmen sein. Insbesondere würde dem Ausschuss aut Beschluss der \ ersammo e 
Mitglieder die Pflicht obliegen, die Vereinigung bei dargebotener Gelegenheit, bei Congiessen un ert ’| 8 ( !-jp 1l 
officiell zu repräsentiren und zu diesem Zweck auch im Namen und Aufträge des \ereins mit den entsprec i 


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. .Äs$otüutu>hi?n t sowie mir SBaidfc*--und iH/n&Ui.g.eö fehyrdÄ^ Oöir^reKsvorständen u. *»; wl in Vorhand. 

luhgAsit treten. Ik*r wiek&teft »löh^rev.siiim'nlm^. ^y^l/o ühur die tUilnd ftUz^lpgßü.-~ 

Wir untemduii/en scll^tVH^UiDaUo!*;. in keiner Weise die nusfmr-eji und inneren ..Seli\vhi%koitkn \ui Purdiführuu^ üi«\s.n* 
.BoK»P.d»Mij.^on: $diWtei%M)en, die in dem glairkliniiBrweiso weder- politisch tio* Ii geisti# contra Üsirteo deutschen Spracb^ebhte w e fi 
yi-<Wr mul von kiukwer An r-H-io worden, als beispielsweirm bei unsere» um» einmal iuv solche £üugU !>«**, :f vorboi^if 
mni Wohl auch begabtere» jninzösischru Nachbar»». Aber wit donken: ,wo. ein Wille ist. da ist ein Wog** - mul wir fiüidW um 
.♦liil'oii hiiIUh^MI* za emartende Hmdeniisso diesen AVry hkbt verlegen, uns von. einer i\U niU/.ü.-ji und selbst in gewiä*t»> !? Sinne •»!:- 
notkwendtg rmipfimdimon Anregung- ui»*iir. ^ui-.ü*Jks«'*-kexi 

Wir wenden uns an alle Faöl-mvnmssou ron der .m«AHni» iso.bo.it . j : ,J h;*_ss«>. rütd bitten sie /»»»•' hsH um ihre Mcitmn^uussvrMnn;. 
liu'i'i, Rath; wenn es sein kam», Um ihre Unter'-Mit,zmig'. Wir crstrelhvu .nicht«* PprnddkhfS und wbMöu uns gern mit. dom iiGscheid.*»!*]« 
Verdienst l)*d/iuU;t;U, etwas lumhliek l : iHtod und der Cm(iom»ii.mfeoit '• NU^iifthos'•tingfregt zu babe-ri; aber wir wollen und werden mn-li ic 
] * ■ < 1 * * i W*d*o zu v.o-idjitm «neben, dass iiuid von voreim<e|»:w So : te im Nmm.m. der deutschen medieiniseium }'*»•.*&« .lmU\Y»rl WliUu-t. »u».} ' 
deren hohe tiDmuelU zä Simdler/.wrohtui niisywiut&t; werde 

Berlin, <km ’Hl Alüi LSiM. A. ßuie.nliu?a 

J. Schwalbo, 


W‘u- li.s4»u> zur f/nenfiruni: den W.wUiuU dm? SftftifS' 'kr ..Av-co^uii! de Ir press« mklnnkd- (vom 2t. F.*!>ninr -J.#><9i mjf dem N';*i*>r-u- 
. VeWeicthiiss ilukr >n«WmVrf\ »nteV Mm'H m n tkwijou Rauehui . M•. u m<•. v i 11 <i. mniiwolx UortuL i'Ujardin-« iu»» i <n z, L>np U *, 
t.rahvvcO.wski, Hüj;d» j|f d .• -.hfltfröv.. -fF, 'T-aUkUmwi’V i*s»'niv.«»'Rifeliüi ; und fdmhdiM Mindern,. uu '-Xhilmyb y>rfg.*tt'. 

A.rt.iblo Jj nst otäMi.oY sm# le djeunfieo de h loi'dy 1S8X. uu ivntiwftt- wpotHS^viiWuti'a.-'d^ßönunatioii d’^ocwrfwk 

dt» ki :3^bmb; ft^dicak. 

. CeUe As-io«dn(n.*u n p. iu hat r • jumr ühjet FdtwJr et h ^Auvnvogai^m «ies udAidVt* *k % ' 1^ Rrijsse mrdn uW. ' 
vr; ‘ r ^ ! " ^P'} dos moud:re=. Fmiiiums m; der inemhfes^• litubilvs. jonj.vmuf tAneüu.i. nt l,-> «ur et B.S »tutres des loeilivs divil., 
:'• ;•' Art. i\ Sout .«»'■«nhivr iOutiai.un-s h's si<n.Uairr5 tdFtjs- : i>r*voifts • . 

•; ^ ;Hr U ‘ l,v , ’A'ssta:iäiiu;i .mnmw e>e»m>r«> tiinlAife. il Amt; i tl hr» Mi*X\v »u» «j.-devm.e. •her proprietciij-e. diremt-tu. 

rvtkieirnr eii.oWf .j litt ^aurmü.- it»? mtdecjiHi aytinb uh -irofnj.accomptm ä& pilblimlüm on vertu ponYoii nmmliorr 3^ Gtrt' 

. ptvM-uie per »ka.x ninnd.H-es- de i As.necmttoin 4 1, et.n- <dd ei». Ag^Hnhlro. f* ki-jmijonte des mvjir'bre* de V A-'ianoiou. sür les 4»ueJusiofck <t'«Ui mppei» 

,Mi yst f'IUtid e .UH nbmhYr mmv qw »kuj pm>m; \cf mmutfii-. niiscnm jKHivent V<dt*f |*uJ ; oorfO^r.iHbme.; ou ;ru: preeurstion. 

A? * o (limpan lournnl ne }u«ut »pdn« sepi lefue^entun-t nu s« tu dt- t , Assdciat.jou. 

A ! 1 V . . B ■A^somfApft •--d.. mimujir.tr»'-* e.f *•:«' ’kfiitk orca^ou pnr i»-ei< sy-üdien xlus »mi ein- et r».tn«un.-ei*ddeV; \m tutfs Imn ttv 

an- Iw ^>rJ : desirner.-i ks dmi\ sorlality j-»niVr h\ jn-imiteie jMnit.de Irirmmdo kes svr..iu> sorixni- no.i rdöUyildei: . ' 

A r 't k Ajjoiiinjii iott ,t j.MHir .t.-y* ?o»*iaJ ht rtAdd^jW'O de Tun des .svitdicL-. 

^ ^ il i'A s mi m ti/oit pai«mi nun lotigntitm mimi.-lk- do irenl..* Iruin.-s n-duLin k .»mu/e Iranes paar k*.s memlnvs 

} ' x ’ r ' J - n ' /. L 11 * k-imestrp-ljtmmfti. b> ptnwr i'Cudredi du fnritT, tnai. ynälel rt uüvembrt. <\t »»•»».;. reQmon es£ $Mä ' 

•d uh. k'Utpnjr eA»im>t(»'rnirj aisttt !* s edr-otemsei'vv'fit. A couvi-ir ie:,' t'ruis. 

kn ti-tPoi- d» <-es rmumms siat-ut.mvs, 1 Ass.-«•;•.»}n>n pe'ui sc f/uimr e\ir;vn>!im\ii'Hii,,ni s ».r ln cnv-nHÜrm <!e> >ut.!.«■<. 

/ trts. i>- Ytunr. et un J»*vriH* rnd Imii r;i>m •juäfnX'ynim'-n.mi.. 

One -iernr. m. o.ml prr tttnsrn.taul. Tnr.tdny- ü.:id :i if.n>.dM rA-vt.e^tion. 

MAI. Aö'.‘ 1-«1 Arvidvfij d: r«I-Ji.lif . 

Bnrdt.L: Bes !i»imMuix i-mundns 
RuU ( n t n i i: feAliued 
B.«.u hul: p.nris medied! 

Rouril K- V i J 1 (:: P) ..>iVS m.-die.-d. 

kndü 1 dr Idassirtjiu-t: jk-v.ia luiatsHrin $% lu.Utli.-s de Intdco. 

L.'Z’H \ : ( nuvptirs ni>'divnL 
(vharceu,; Ai'fldvr-. du ‘»^tjtvd.nMco 

j ; oro>F •lH.>-mt! <h.- n r V/ v ( ;i.-tc- m; ; j 0 rdbÜTikakd^ij;.- 

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Sj^H«*za . Rmme niewuelle u»* i*r.kb-c»ße 

BeiH'bmiilet; Uvlhfom§^V^f-m6ii<niur»r eu »UnäßTmiity 

i-- -o.-rind- Guv:.ü.t' ;k,~ ii.tiatmiv ;'i'. 

V'7 ; V/ :!! :!'""".; :!! ’‘ : ‘'’'"' a., vuirurm i.mn.i»«, 

’• '’ln-J'n. ivi-.jun dfi‘.v] ( 'Mt; fi dt indmo 4>ui&iip* 

ATix ry> mH'.a ivd: tA^urHcr nrediedl;.. 
r%^Ulp'ri iv?.: Briirame 4ot%tt(yU.u 
••• Rhvuc •men^iißil.b dh'.-'diilFftVgiis ' • 

; BSlt^j-UVrüfiiY^s 4 , /»i:Ju.Mu»*4h^k,.-- 
Prurt^VviM'hnr: Uuilrrin jnrdieüL- 
Bf> RnüntCf (läzette »ne/lklile de Rp.ris, 

1. i ch «Hol;. Union iimdkiak 
* li . Rif.iiip rv ‘Ho\iik scinnt'yiunC'. 

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UNIVERSETY OF MICHIGAN 


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31. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


475 


I. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik in Berlin. 

Ein Fall von complicirtem Conamen suicidii.') 

Schuss in die Schläfe, Phosphorvergiftung, Schuss in die Herzgegend, HeUung. 

Von E. Leyden. 


Patientin hatte sich mit ihrem Geliebten in ein hiesiges Hotel 
begeben und gemeinschaftlichen Selbstmord beschlossen. Der Fall 
machte seiner Zeit Aufsehen und wurde viel in den Zeitungen be¬ 
sprochen. Der Geliebte feuerte zuerst einen Schuss auf die & se hier 
vorgestellte Person ab, traf sie in die linke Schläfe, wovon Sie 
noch die Narbe sehen. Indessen da sie nicht starb, brachte er ihr 
eine grosse Menge einer phosphorhaltigen Flüssigkeit bei und da 
auch hierauf der Tod nicht erfolgte, gab er einen zweiten Schuss 
auf seine Geliebte ab, welcher sie in. die Herzgegend traf Nun¬ 
mehr richtete er gegen sich selbst die Waffe und traf sich tödtlich. 

Das Conamen suicidii war am 1. Februar d. J. um 5 Uhr 
Morgens verübt. ’’ 

Gegen 7 Uhr früh wurde Patientin in die Charitö eingeliefert 
und der I. medicinischen Klinik (Abtheilung des Herrn Stabsarzt 
Dr Goldscheider) übergeben. Sie war bei freiem Bewusstsein 
und gab an, dass sie nur von dem ersten Schuss vollkommene Er¬ 
innerung habe, gleich darauf sei sie umgesunken: sie entsinne sich 
noch dunkel, dass ihr der Bräutigam eine mit Oel gemischte 
Flüssigkeit gegeben habe, welche einen stark schwefelhaltigen Ge¬ 
ruch und Geschmack hatte, sie habe davon ein 1/4 Wasserglas ge¬ 
trunken. Von dem zweiten Schuss habe sie keine deutliche Er¬ 
innerung. 

Gleich nach der Einlieferung der Patientin trat Erbrechen ein 
mit starkem Phosphorgeruch. Herr Dr. Tissot, zur Zeit Unter¬ 
arzt auf der Frauenabtheilung der I. medicinischen Klinik, leistete 
der Patientin die erste Hülfe und führte mit grosser Sorgfalt und 
Umsicht die Magenentloerüng aus. Zunächst wurde die Ausspülung 
des Magens vorgenommen, im ganzen wurden nicht weniger als 
i l 1 . 1 asser durchgeschickt: die zuerst entleerten Massen leuchteten 
deutlich und hatten einen starken Posphorgeruch. Alsdann gab 
Herr Dr. Tissot drei Pulver von Cuprum sulfurieum ohne Erfolg: 
dann wurde Tartarus stibiatus mit Ipecacuanha gegeben, es er- 
lolgte nun Erbrechen ohne Phosphorgeruch. Endlich wurde 
noch Oleum Terebinthinae verabreicht. 

Diesen energischen Maassregeln ist es zu danken, dass nur 
unbedeutende Zeichen von Phosphorvergiftiing ohne Gefährdung 
des Lebens eintraten. 

. d . er bnken Schläfe constatirte man eine frische, kleine, runde, 
mit Blutschorf bedeckte Wunde (die Schussöffnung), welche in- 
lP * S t 4 \ nUr °^ er düchlich war und keine tieferen Verletzungen be¬ 
wirkt hatte; dieso wurde aseptisch verbunden. Ueberhaupt, bestehen 
keine Symptome cerebraler Reizung oder Verletzung, auch die Seh- 
Kratt lntact: Augenbewegungen frei. — Ueber der linken Brust- 
arze liegt eme kleine rundliche Schussöffnung, deren Umgebung 
sc wollen ist. Die Schwellung erstreckt sich über die 

ganze linke Seite; in der Höhe der siebenten Rippe bestehen heftige 
öcnmerzen m der linken Seite ergiebt die Auscultation Bronchial- 
rv- ’ ^ es ^ e ^ c ^ en besteht liier (hinten links) eine deutliche 
uta? T lche bis zur vi erten Rippe hinaufreicht. Frenütus 

oeiüerseits erhalten. Die Eintrittsstelle der zweiten Kugel befindet 
dämnf 1 ’ Brustwarze an der äusseren Grenze der Herz- 
uamptung. bpitzenstoss ist vorläufig nicht zu fühlen. Die Herz- 
7 vi Vnn^ 1R d über dem Ventrikularkegel nach der Herzspitze 
m hörbar, deutlich dagegen auf dem Sternum. 

„ _° _ d * e s teckt, war nicht zu entdecken, wir wissen bis 

wo sie geblieben ist; eine Austrittsöffnung be- 


hcute noch nicht 
steht nicht. 

stellt^^i?.^ 6 Ba ti en tin an demselben Tage in der Klinik vor- 
drimriinBo o bervor > dass die Schussverletzungen bis dahin keine 
Verl et 7 ii nü ,* vn [P tome hervorgerufen haben; die Frage, ob eine 
Dip na™ ^ d6S Berzens vorliege, könne noch nicht erörtert werden, 
klärt werden” am linken ^ horax musste für 


einen Bluterguss er- 


nächRf* e rf« aU Bif äc ¥* cbste Aufmerksamkeit müsse gegenwärtig zu- 
äntwort de ^ hos P horv ergiftung zugewandt werden; von derBe- 
verffiftiiTio? t? 6r f rage ’ ob die Magenausspülungen einer Phosphor- 
Patientin*’ .^S^eugt haben, hänge die Prognose ab. Dass die 
me sehr grosse Menge Phosphor erhalten, welche 


mehr als 


kein Zweifel 


s genügend sei, 


sein. Die 


den Tod 
tödtliche 


herbeizuführen, darüber konnte 
Dosis Phosphor beginnt schon 


mit 50 mp' \V •- r» JL,US ‘ D x uv&imui uegmui bcixou 

_ernenn eine Phosphorlösung in Wasser zum Zwecke des 

Medicm arn^O Aprif^^monstration in der Sitzung des Vereins für innere 


Suicidium getrunken wird, so ist sie in der Regel abgekühlt und 
enthält 0,002/100 mit ungelöstem Phosphor. Wird 1 1 efner solchen 
Lösung getrunken, so sind. 2 mg resorbirbar, während der unge¬ 
löste I hosphor nicht resorbirbar ist, und sobald dieser Mageninhalt 
la den Darm eintritt, wird der ungelöste Phosphor alsbald von 
der Galle gelöst und kann zur Giftwirkung gelangen. 

Hiernach kann man erwarten, dass eine sorgfältige Entleerung 
des Magens nach aussen, in den ersten zwei bis drei Stunden nach 
der Vergiftung vorgenommen, das Leben retten müsste, da im 
Magen kaum mehr als 4—5 mg gelöst werden können. 

Wie verhält sich dieses in unserem Falle? Die Patientin war 
zwei Stunden nach dem Conamen suicidii eingeliefert, das zuerst 
Erbrochene resp. Ausgespülte war eine dünnbreiige, schlammartige 
Flüssigkeit, welche stark nach Knoblauch roch und im Dunkeln 
leuchtete, sie enthält grosse Phorsphormengen, fein vertheilt, aber 
ungelöst. Hiernach musste es möglich erscheinen, dass ’ schon 
vor den Ausspülungen soviel Mageninhalt in den Darminlialt ge¬ 
treten war, uni Vergiftung zu erzeugen. Die in den ersten Tagen 
nach dieser Richtung hin beobachteten Erscheinungen ergaben das 
Resultat, dass in der That eine giftige Wirkung des Phosphors 
constatirt werden konnte, aber in so geringem Maasse, dass eine* 
ernstliche Lebensgefahr daraus nicht erwuchs. 

Der um 11 Uhr Vormittags (am Tage der Einlieferung) mit 
Katheter entnommene Urin enthält Albumen in mässig reichlicher 
Menge und hyaline Cylinder. 

Am 2. Februar Morgentemperatur 38,4, Abendtemperatur 38,2. 
Der heute entleerte Urin enthält weniger Eiweiss als der 
gestrige. Der Leib ist aufgetrieben, nicht empfindlich. Leber 
nicht nachweislich vergrössert. Zunge stark belegt. In der Mund¬ 
höhle nichts Bemerkenswertes zu finden. Patellarreflex beider¬ 
seits erhalten. Patientin klagt über Schmerzen in der linken Seite. 
Die Dämpfung reicht heute links bis zur vierten Rippe hinauf; 
Bronchialatkmen; Fremitus beiderseits erhalten. Leber nicht nach¬ 
weisbar vergrössert. 

3. Februar. Morgentemperatur 36,5, Puls 144. Abend- 
temperatur 38,5. 

Urin 600/1037 klar, enthält wenig Albumen, dagegen Urobilin. 
Patientin klagt über heftige Schmerzen auf der linken Brustseite, 
in der Gegend der (zweiten) Schusswunde. Die Leberdämpfung 
überragt den Rippenrand in der rechten Mammillarlinie um circa 
Zweifingerbreite; der obere Rand der Leberdämpfung befindet sich 
in der Höhe der sechsten Rippe. Der Leib ist druckempfindlich, 
speciell in der Lebergegend. Die Unterschenkel und Füsse ihrer 
Kälte wegen eingewickelt, auch die Hände sind kalt. Patellar- 
reflexe vorhanden. 

Die Herztöne sind schwach aber rein; ophthalmoskopisch 
nichts Besonderes zu constatiren. Zunge belegt, Dämpfung hinten 
am Thorax unverändert, bis zum Angulus scapulae reichend: im 
Bereich derselben schwaches Broncliialathmeu. Die linke Brusthälfte 
bleibt bei der Athmung sichtlich zurück. Die Dyspnoe hat zu¬ 
genommen, Respirationsfrequenz 30. Der heute nach Eingiessung 
entleerte erste Stuhlgang ist dünn, gelbbraun und enthält nach 
der chemischen Untersuchung keinen Phosphor. 

4. Februar. Morgentemperatur 37,1, Puls 124, Respiration 
30. Abendtemperatur 38,1. Urin 800/1023, enthält etwas Albumen 
und Urobilin. 

Die untere Lebergrenze ist wieder 1 cm tiefer gerückt als 
gestern. Die Leber ist palpabel, dabei sehr schmerzhaft — 
Dämpfung in der linken Seite wie gestern. — Die Herzdämpfung 
vergrössert, reicht nach rechts bis zum rechten Sternalraude; Herz¬ 
spitze im fünften Intercostalraum innerhalb der linken Papillar¬ 
linie schwach fühlbar. — An der Schläfenwunde nichts verändert 

5. Februar. Morgentemperatur 39,0, Puls 124, Urin 1100/1010. 
Abendtemperatur 37,5. Fast kein Albumen, dagegen Urobilin ent¬ 
haltend. . 

6. Februar. Morgentemperatur 38,3, Puls 124. Urin 600/1022. 
Abendtemperatur 38,5. Koin Albumen enthaltend. Leberdämpfung 
noch mehr vergrössert als gestern; grosse Empfindlichkeit der¬ 
selben. Puls von ziemlich guter Spannung. Körperwärme der 
Extremitäten noch wechselnd. Aussehen der Patientin besser. Die 
Probepunction des linksseitigen pleuritischen Exsudates ergab das¬ 
selbe von hämorrhagischer Beschaffenheit. 

Von diesem Tage an gingen die Symptome, welche auf die 
Phosphorvergiftung bezogen werden können, allmählich zurück. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



476 


DEUTSCHE MEDIC1KISCH® WOCH ENSCHRIF T._ ___No. 22 


Als Symptome der Phosphorvergiftung beobachten wir 1) den Al¬ 
bumengehalt des Urins (nebst Harncylindern), während der Uro¬ 
bilingehalt auf die Resorption des in den linken Pleurasack ver¬ 
gossenen Blutes zurückzuführeu ist. 2) Die Vcrgrösserung und 
Schmerzhaftigkeit der Leber; hierzu kommt 3) Die N-Ausscheidung 
durch den Harn (diese Untersuchung wurde von Herrn Dr.G.Klem- 
p e r er ausgeführt). 

Es wurde bostimmt: Gesammt-N nach Kjeldahl. Harnstoff-N nach 
Sjöqvist-Mürner. Ammoniak-N nach Schlösing. Harnsäure nach 
Salkowski. Leucin-Tyrosin bezw. Milchsäure in Alkohol bezw. Aether- 
extract. 


Dutum 

Monge 

Ge- 

sammt-N 

N in 
Harnstoff 

N in 
Ammo¬ 
niak 

N in 

Harnsäure 

Leucin, 

Tyrosin 

Milch¬ 

säure 

2.Febr. 

300 

2,814 

2.516 

0,294 

— 

o 

0 

3. „ 

500 

3,892 

3,53 

0.322 

— 

o 

— 

4. „ 

800 

7.472 

— 

0.5096 

— 



5. 

1100 

9,638 


0.665 

0.1378 

_ 

— 

(>. ;, 

600 

7.156 

— 

0.522 

0,0859 

i _ 

— 

7. „ 

1200 

11,574 

I 

10,706 

0,706 

— 

s - 

— 


Am 3. Februar wurde im ersten Stuhlgang kein Phosphor gefunden, 


Procentverhältuiss des N in Harnstoff, Ammoniak und Harnsäure. 
Gesammt-N = 100. 


Datum 

Harnstoff 

j Ammoniak 

Harnsäure 

2. Februar. 

89,4 

! 10.4 

_ 

3. Februar. 

90,7 

: 8.2 

— 

4. Februar. 

— 

: 6,8 

— 

5. Februar. 

— 

j 6,9 

1,43 

6. Februar. 

— 

j 7,3 

1,2 

7. Februar. 

92,5 

6,1 

— 


Das 


ale Verhältniss beträgt 85 92 °/o Harnstoff-N, 4—G°/o 


Ammoniak-N, 0,5—1,0 % Harnsäure-N. 


Die Untersuchung hat also ergeben, dass der Ammoniakgehalt 
des Harns deutlich vermehrt war. Dies haben wir mit grosser 
Wahrscheinlichkeit als Zeichen von Phosphorvergiftung ange¬ 
sprochen, obgleich der Eiuwand erlaubt ist, dass Patientin gefiebert 
hat und beim Fieber ebenfalls Ammoniakvermehrung stattfindet. 

In den folgenden Tagen traten nun heftige Symptome auf, 
welche von der Brustverletzung abhängig waren. Es entwickelte sich 
eine heftige Pericarditis mit reichlichem Erguss (Dämpfung 
mit Reibungsgeräuschen). 

7. Februar. Morgentemperatur 37,6, Puls 130, Urin 1200/1028. 
(Kein Albuinen, Urobilin.) 

Die äussere Wunde an der linken Brust ist noch vom 
trockenen Schorfe gut bedeckt. Schwellung der Weichtheile ist 
geringer. Verletzung der Rippen nicht nachzuweisen. Rechts vom 
Sternum hört man pericardiales Schaben und sodann in der ganzen 
Herzgegend pericardiales Reibungsgeräusch. Die Herzdämpfung 
erheblich vergrössert, reicht bis zum rechten Sternalrande, nach 
oben bis zur zweiten Rippe. Das Schaben ist an der Herzspitze 
am schwächsten zu hören. — Hinten rechts besteht eine Däm¬ 
pfung von der neunten Rippe ab (im Bereich derselben abge¬ 
schwächtes Athmungsgeräusch), links reicht die Dämpfung bis zum 
Angulus scapulae (daselbst bronchiales Athmen). 

8. Februar. Morgentemperatur 37,3, Puls 140, Respiration 40, 
Abendtemperatur 38,2. 

Urin 1200/1020. 

Die Herzdämpfung beginnt am linken Sternalrand vom oberen 
Rande der zweiten Rippe nach rechts bis zur Parasternallinie, nach 
links über die (früher constatirte) Stelle des Spitzenstosses hinaus. 
Verbreitete schabende Reibungsgeräusche, Herztöne dumpf. 

9. Februar. Morgentemperatur 37,0, Puls 140, Respiration 60, 
Abendtemperatur 37,8. Extremitäten kühl. Starke Dyspnoe. Fäces 
compacter. Nahrungsaufnahme ziemlich gut. 

10. Februar. Morgentemperatur 39,5, Puls 128, Respiration 50, 
Abendtemperatur 37,3. 

13. Februar. Morgentemperatur 38,5, Puls 140, Respiration 47, 
Abendtemperatur 37,7. 

15. Februar. Morgentemperatur 38,9, Puls 124, Respiration 40, 
Abendtemperatur 37,7 etc. etc. 

Ich will Sie mit der ausführlichen Mittheilung der Kranken¬ 
geschichte nicht weiter ermüden. Sie ergiebt einen allmählichen 
Rückgang der bedrohlichen Symptome und dann eine allmählich ein¬ 
tretende Reconvalescenz. 

Sie haben ferner gesehen, dass sich vom 7. Februar ab im 
Zusammenhang mit der Brustschussverletzung (neben der hämorr¬ 


hagischen linksseitigen Pleuritis) eine höchst intensive Pericarditis 
mit sehr grossem Erguss entwickelte und so heftige Erscheinungen 
folgten, dass das Leben der Patientin unmittelbar bedroht war: 
allerdings nahm ich keine eitrige, sondern eine serös-fibrinöse Peri¬ 
carditis an, trotz der hohen Pulsfrequenz und des Fiebers, weil der 
Allgemeinzustand der Patientin ein verhältnissmässig günstiger war. 
Die Prognose wurde also zwar ernst, aber nicht absolut schlecht 
gestellt, und in der That hat Patientin auch diesen gefährlichen 
Sturm überstanden. 

Sie sehen sie heute (am 30. April) nach dreimonatlichem 
Krankenlager vollkommen hergestollt, von gutem, fast blühendem 
Aussehen, guter Ernährung. Sie sehen noch die kleinen Narben 
der Schüsse, und auch die Reste des Brustfellergusses würde ich 
Ihnen noch nachweisen können. 

Es bleibt noch die Frage übrig, wie die Pericarditis mit der 
Schussverletzung der linken Brust in Zusammenhang stellt. Ich 
glaube, dass ein direkter Zusammenhang garnicht von der Hand 
zu weisen ist und dass man eine Verletzung des Pericardium und 
einen Streifschuss des Herzens annehmen muss. Sehen Sie die 
Stelle, wo die Kugel eingedrungen ist, so entspricht sie heute 
genau der Stelle des Spitzenstosses, so dass also die Kugel das 
Herz streifen musste. Ich nehme an, dass ebenso wie in dem 
Pleuraraum auch in das Pericardium ein Bluterguss erfolgte (um 
die Herzspitze herum, daher die dumpfen Herztöne an der Spitze). 
Zuerst erfolgte bei dem durch Phosphorvergiftung gesetzten Collaps 
nur eine lose Verklebung, dann trat mit Zunahme der Lebens¬ 
kräfte eine Reaction und die Entwickelung der Pericarditis ein, 
deren schliesslich günstigen Verlauf ich Ihnen geschildert habe. 
Dass wir der Versuchung widerstanden, eine Probepunction des 
Pericardiums auszuführen, um die Frage zu beantworten, ob das 
Exsudat hämorrhagisch sei oder nicht, werden Sie begreiflich finden. 


II. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn 
Prof. Dr. Einne im Elisabethkrankenhause in Berlin. 

Ueber die mit dem Bebring-Ehrlich’sclien 
DiptaherieEeilser um gemachten Erfahrungen. 

Von Dr. E. Schubert. 

Auf Veranlassung des Herrn Prof. Rinne will ich in Folgen¬ 
dem in aller Kürze über die Erfahrungen berichten, welche wir 
mit dem Behring’schen Diphtherieheilserum gemacht haben. Die 
Untersuchungen umfassten den Zeitraum vom 5. Februar bis 
4. Mai d. J. Es wurden in dieser Zeit 34 Kinder behandelt, davon 
20 tracheotomirt. Es genasen 28 Kinder; 6 starben (sämmtlicli 
tracheotomirt). 

Es wurden in genanntem Zeitraum alle Fälle ohne Auswahl 
mit dem Serum behandelt, gleichviel ob der Fall leicht, schwer 
oder gar hoffnungslos erschien. Die nachfolgende Tabelle (s. P- 
u. 478) giebt einen kurzen Ueberblick über das beobachtete Material. 

Bei den sechs gestorbenen Kindern wurden durch die Section 
folgende Todesursachen eruirt: 

1. bei Fall 13 und 31 septische Streptococcenpneumome, zahl¬ 
reiche lobuläre Heerde; 

2. bei Fall 18 und 21 mechanische Verstopfung der feineren 
Bronchen durch Membranen, so dass auch die Tracheotomie keine 
freie Athmung schaffen konnte; 

3. bei Fall 28 ausgesprochene Myocarditis und Nephritis. Bei 
Fall 27 (ungeheilt entlassen und draussen gestorben) ist die bec- 
tion nicht gemacht, es fanden sich aber im Leben dieselben Sym¬ 
ptome wie bei seinem Bruder, Fall 28. 

Nach dem, w r as wir bisher gesehen, habe ich den Eindruck 
gewonnen, dass das Behring-Ehrlich’sehe Heilserum bei 
diphtheriekranken Kindern ein wirksames Heilmittel 
ist. Die localen Erscheinungen in Mund, Rachen und Nase bessern 
sich schnell; die Beläge werden schnell demarkirt und gelöst; vm 
mir scheint, schneller als bei irgend einer anderen Behandlung- 
Frappanter noch als an den localen Heerdon erschien nur i m 
Einwirkung auf das Allgemeinbefinden und die Herz¬ 
schwäche. Unter den angeführten 34 Fällen befanden sic i 
mehrere mit den allerschwersten Erscheinungen der Diphtlieiie. 
Kinder mit schwachem Puls, kalter Haut, in theilnahmlosem zu¬ 
stande, mit stinkendem Ausfluss aus Nase und Mund, Eiweiss im 
Urin etc. Gerade bei diesen Fällen war die belebende Wirkung" 
des Mittels auffallend. Die Kinder wurden sehr bald theilnahmvoller, 
sahen frischer aus, bekamen einen kräftigeren Puls und zeig en 
rege Esslust. Bemerken will ich hierbei gleich, dass in diesen 

(Fortsetzung des Textes auf p. 478.) 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 










31. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


477 


j Name 
und Alter 

I Er¬ 
krankt 
1 vor 

| Aufnahme 

LüH O. 

4 

5. Februar 

4 Jahre 

Tagen 

1894. 

Bruno M. 

1 

5. Februar 

3 Jahre 

Tage 

1894. 

i 

Elisabeth G. 

12 

13. März 

8 a / 4 Jahre 

Tagon 

1894. 

Kind B. 

12 

10. Februar ] 

2 Jahre 

Stunden 

1894. 

Elfriede B. 

6 

21. Februar 

j 4 1 /2 Jahre 

Tagen 

1894. 

j Frida D. 

1 

24. Februar I 

j 13 Monate 

Tage 

1894. 

; i 

Schna M. | 

12 

24. Februar I 

7'/, Jahre [ 

Tagen 

1894. 

Richard B. 

7 

28. Februar E 

3'/ 2 Jahre j 

Tagen 

1894. 

Jürgen 

Y. IL-C. 

8 Jahre. 

2 

2. März 1894. B 

Tagen 

; 

Franz F. 

2 

3. März 1894. D 

3 Jahre 1 

Tagen 

t ! 
] 

Luise G. 1 

8 

13. März D 

6 Jahre j 

'Pagen 

1894. 1 

] 

Marie N. 

1 

1 4. März D 

3% .Jahre 

Tage 

1894. £ 

Hedwig P. 

4 

15. März B 

18 Monat ' 

Tagen 

1894. I 

Luise P. 

1 1 

1.6. März G 

107a Jahre j 

Tage ( 

1 

1894. 1 

c 

Kurt Sch. 

8 , 

18. März Di 

4 3 /* Jahre 

Tagen 

1894. £ 

z 
3 

Fritz G. ' 

8 

18. März Di 

37a Jahre 1 

Tagen 

1894. u 

n 

Martha N. 1 

4 

I 

19. März Ai 

37a Jahre 1 

Tagen , 

j 

1894. d 

E 
5 

g 

Emil Th. 

, 6 ( 

27. März Ai 

1 77, Jahre 1 

Tagen 

1894. d 


Aufnahmebefund 


Therapie 


Verlauf 


Entlassen 


Grauer Belag auf rechter Tonsille. 
Halsdrüsen rechts geschwollen. 
Temp. 36,9 (Puls 92). 

Dicke Beläge beider Tonsillen. 
Schleimausfluss aus der Nase. 
Halsdrüsen stark geschwollen. 
38,0 (90). 

Beläge auf beiden Tonsillen, Uvula 
und hinterer Rachenwand. Schnel¬ 
les, stridoröses Athmen, hoch¬ 
gradige Laiynxstenose. Puls sehr 
matt, 36,6 (96). 


,.uv;iag uoi j.ua&meu una aes uau- 
mens. Diffuse Schwellung. 39,7, 


JV.J1U. jjümg, autJI SUlIKe 

Schwellung. Schnelles, strido- 
röses Athmen; schwere Stenosen¬ 
erscheinungen. Halsdrüsen ge¬ 
schwollen. 37,3 (108). 

-3eläge auf beiden Tonsillen 

und der Uvula. Halsdrüsen ge¬ 
schwollen. 38,1 (108). 


auf beiden Tonsillen und 
Uvula. Halsdrüsen geschwollen. 
38,8 (108). 

Belag auf beiden Tonsillen. Starke 
Dyspnoe infolge Stenose des Kehl¬ 
kopfes. Puls klein. 36.8 (120). 


Injection von 13 ccm Kuh¬ 
serum. 

Injection von 13 ccm Kuh¬ 
serum. 


(Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von 13 ccm Kuh¬ 
serum. 


Injection von 13 ccm Kuh¬ 
serum. 


Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von 13 resp. 5 ccm 
Kuhserum. 


[Belag am zweiten Tage abge- 
stossen. Urin dauernd eiweissfrei. 

Belag am dritten Tage abge- 
stossen. Urin dauernd frei. 


jBeläge am zweiten Tage abge- 
stossen. Canüle am vierten Tage 
, entfernt. Urin, erst eiweiss¬ 
haltig, seit dem dritten Tage 
frei. 

Nach acht Stunden 38,2, Abnahme 
! der Schwellung, Umgrenzung des 
Belages. Nach 24 Stunden be¬ 
ginnende Lösung, nach zwei 
Tagen Belag abgestossen. 

|Canüle nach 4 l / 2 Tagen entfernt. 

' Urin dauernd frei. 


[injection von 20 ccm Ziegen¬ 
serum (in fünf Portionen). 
Tracheotomie am 25. Fe¬ 
bruar. 


39,0 (116). 


rüsen stark geschwollen. 
132). 

Belag auf Tonsillen und 
. Höchste Athemnoth durch 
opfstenose. Halsdrüsen 
geschwollen. 38,5 (160). 


Injection von 5 ccm Ziogen- 
j serum. 

Injection von dreimal 5 ccm 
1 Ziegenserum an drei Tagen. 
Sofortige Tracheotomie. 
Injection von 13 ccm Kuh¬ 
serum. 

Injection von zweimal 5 ccm j 
Ziegen serum an zwei Ta- 
. gen- 

Injection von viermal 5 ccm 
Ziegenserum. Sofortige 
Tracheotomie. 


(Am zweiten Tage schnell zu 
nehmende Athemnoth infolge! 
Kehlkopfstenose; gegen Abend 
muss die Tracheotomie gemacht 
werden. Belag am fünften Tage 
abgestossen. Canüle am elften 
Tage entfernt. Urin enthielt 
vorübergehend am fünften und 
sechsten Tage Eiwciss. 

JBeläge nach 36 Stunden abge¬ 
stossen. 

Beläge am vierten Tage abge¬ 
stossen. Canüle nach 6‘/a Tagen 
entfernt. 

Beläge am 3. März deutlich de- 
markirt; am 4. März abgestossen. 

Beläge am vierten Tage abge¬ 
stossen. Ausfluss aus der Nase 
hört am fünften Tage auf. Urin 
dauernd frei. 

Belag nach zwei 'Pagen abge¬ 
stossen. Canüle nach 3*/n Tagen 
entforat, Urin dauernd frei. 


12. Februar 
1894. 
Geheilt, 
12. Februar 
1894. 
Geheilt. 

21. Februar 
1894. 
Geheilt, 


Geheilt, 


5. März 1894. 
Geheilt, 


17. März 1894. 
Geheilt, 


Martha P. 
6 Jahre 


8 4. 

Tagen i 


April 1894. 


ter Tonsille. Sofortige Tracheotomie. In¬ 
fi Einziehen, j jection von viermal 5 ccm 
■ Ziegenserum. 

Ilen. Starke Sofortige Tracheotomie. Li¬ 
ehen. Hals-: jection von dreimal 5 ccm ! 
38,3 (128). [ Ziegenserum. 


Belag am zweiten Tage abge¬ 
stossen. Canüle am 6. April 
entfernt. Urin dauernd frei. 

jZustand andauernd verschlimmert, 

i 


Halsdrüsen 


1. Foetor ex 
geschwollen. 


[Injection von dreimal 5 ccm .Beläge am zweiten Tage abge- 


7. März 1894. 
Geheilt, 

14. März 
1894. 
Geheilt, 
Geheilt, 


Halsdrüsen geschwollen. 


39,1 (130). 


d. Ath- 
leichtes 


Stinkender Ausfluss aus 
Hochgradige Athemnoth; 
. 37.9 (132). 
den Tonsillen und Uvula 
Jeläge. Schnelles, strido- 
röses Athmen mit tiefem Ein¬ 
ziehen. 38,1 (132). 

|lm Rachen kein Belag, doch starke 
Schwellung. Schnelles, strido- 
röses Athmen mit tiefem Ein¬ 
ziehen. 38,0 (160) 


Ziegenserum. 


(Sofortige Tracheotomie, In- 
| jection von fünfmal 5 ccm 
| Ziegenserum. 


Tracheotomie nach fünf 
Stunden. Injection von 
j viermal 5 ccm Ziegenserum. 

Sofortige Tracheotomie. In- 
1 jection von siebenmal 5ccm 
Ziegenserum. 


Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von zweimal 5 ccm 
Ziegenserum. 


Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von sechsmal 5 ccm 
Ziegenserum. 


stossen. Urin dauernd frei. 


Beläge nach zwei Tagen abge¬ 

stossen. Canüle am fünften Tage 
entfernt. Urin anfangs eiweiss¬ 
haltig, seit dem fünften Tage 

frei. 

Beläge nach drei Tagen abge- 

i stossen. Canüle definitiv am 11. 
April entfernt. Urin dauernd 
frei. 

Beläge nach vier Tagen abge¬ 

stossen. Canüle nach fünf Tagen 
entfernt. Urin enthält vorüber¬ 
gehend am vierten bis fünften 
I Tage Eiwoiss. 

^Zunehmende Verschlechterung. 

[ Tracheotomie brachte kaum Er¬ 
leichterung. 


Canüle am fünften Tage entfernt. 
Urin dauernd frei. 


10. März 
1894. 
Geheilt, 

29. März 
1894. 
Geheilt, 

24. April 
1894. 
Geheilt, 

Gestorben 
nach 23 1 ’a 
Stunden. 

24. Marz 
1894. 
Geheilt, 

4. April 1894. 
Geheilt, 


16. April 
1894. 
Geheilt. 

28. März 
1894. 
Geheilt. 


28. März 
1894. 

Gestorben 
nach 1273 
Stunden. 
IG. April 
1894. 
Geheilt, 


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Original ffom 

UNIVERSfTY OF MICHIGAN 









DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


^r o Name 

'! und Alter 

Er¬ 

krankt 

vor 

Aufnahmo 

20 Hertha G. 

4 

6. April 

272 Jahre 

Tagen 

1894. 

21 Erich F. 

8 

6. April 

G : 7< Jahre 

Tagen 

1894. 

22 Fritz W. 

2 

13. April 

3 3 /4 Jahre 

Tagen 

1894. 

23 Arnold Sch. 

1 Tage 

13. April 

1 6 Jahre 


1894. 

24 ! Alfred Sch. 

1 Tage 

13. April 

! 4 Jahre 


1894. 

25 Willy B. 

14 

18. April 

27a Jahre 

Tagen 

1894. 

26 Ilse F. 

1 Tage 

13. April 

272 Jahre 


1894. 

27 Richard P. 

8 

25. April 

4 Jahre 

1 Tagen 

1894. 


Aufnahm obefund 


Therapie 


28 j Carl P. 
6 Jahre 


29 Hellmuth F. 
374 Jahre 


30 Anna R. 
3 74 Jahre 


31 Gotthilf S. 
5 Jahre 


32 Gurt M. 
3 Monate 


33 ! Bertha P. 
I 8 Jahre 


34 , ^ Max P. 

; 5'/2 Jahre 


Belag auf Tonsillen und Uvula. Injection von dreimal 5 ccm 
Halsdrüsen stark geschwollen. Ziegenserum. 

37,5 (128). 

Kleiner Belag auf rechter Tonsille. Sofortige Tracheotomie. I 11 - 
Sehnclles, stridoröses Atlimen, jcction von viermal 5 ccm 
tiefes Einziehen. 38,0 (140). Ziegenserum. 


G rauor Belag der Tonsillen. Schnel¬ 
les, stridoröses Athmen mit tiefem 
Einziehen. Halsdrüsen stark ge¬ 
schwollen. 37,4 (120). 

Dicker Belag auf Tonsillen. Hals- 
; drüsen geschwollen. 38,6 (128). 
iDicker Belag auf Tonsillen. Hals- 
| drüsen geschwollen. 37,9 (116). 
Im Rachen kein Belag. Stridoröses 
Athmen; hochgradige Athemnoth. 
Halsdriiseu geschwollen. 37,6 
(132). 

1 Dicker Belag der Tonsillen mul 
| der Uvula. Halsdrüsen ge- 
; schwollen. 36,8 (108). 

Dicker Belag der Tonsillen, der 
Uvula und des Gaumens. Nase 
verstopft. Patient sehr elend. 
38,6 (140). 


Sofortige Tracheotomie. Iu- 
jection von viermal 5 ccm 
Ziegenserum. 

Injection von viermal 5 ccm 
Ziegenserum. 

Injection von viermal 5 ccm 
Ziegenserum. 

Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von dreimal 5, zwei¬ 
mal 6 und 8 ccm Ziegen¬ 
serum. 

Injection von zweimal 5 ccm 
Ziegenserum. 

Injection von sechsmal 5 ccm 
Ziegenserum, zweimal 
9 ccm Kuhserum. Tracheo¬ 
tomie am 26. April Mittags. 


Beläge nach drei Tagen abge- 
stossen. Urin anfangs stark ei¬ 
weisshaltig, zeigt bei Entlassung 
minimale Spur Eiweiss. 

Geringe Erleichterung. Bald an¬ 
haltend zunehmende Verschlim¬ 
merung. 


Beläge nach drei Tagen abge- 
stossen. Canülo nach drei Tagen 
entfernt. Urin dauernd frei. 


16. April 
1894. 
Geheilt. 

7. April 
1894. 
Gestorbon 
nach 

19 Stunden. 
26. April 
1894. 
Geheilt. 


Belag nach vier Tagen geschwun- 26. April 

den. Urin dauernd frei. 1894. Geheilt. 

Beläge am vierten Tage abge- 26. April 

stossen. Urin dauernd frei. 1894. Geheilt, 
Canüle nach 472 Tagen entfernt. 5. Mai 1894. 
Urin, erst stark eiwoisshaltig Geheilt, 

und spärlich gelassen, zuletzt 
frei, bei normaler Quantität. | 

Beläge am vierten Tage abge- j 17. April 

stossen. Urin dauernd frei. 1894. 


8 25. April 

Tagen 1894. 


6 25. April 

Tagen 1 1894. 


4 26. April 

Tagen 1894. 


3 28. April 

Tagen 1894. 


5 28. April 

Tagen 1894. 


8 1. Mai 1894. 

Tagen ! 


13 i 4. Mai 1894. 
St undon I 


Gangränöser Belag der Tonsillen, 
!• der Uvula und des Gaumens. 

I Nase verstopft. Patient sehr 
| elend. 37,8 (128). 

jDicker Belag auf Tonsillen, Uvula 
| und Gaumen. Schnelles, ober- 
! flächliches Athmen; tiefes Ein- 
: ziehen. 36,9 (108). 

Dicke Beläge auf Tonsillen und 
Uvula. Schnelle stridoröse Atli- 
mung; tiefes Einziehen. 37,4 
(136). 

Belag auf Tonsillen und Uvula. 
J Stinkender Ausfluss aus Nase. 
! Schnelles stridoröses Athmen; 
! tiefes Einziehen. 38,5 (136). 


Injection von sechsmal 5 ccm 
Ziegenserum, zweimal 
9 ccm Kuhserum. Tracheo¬ 
tomie am 26. April Mor¬ 
gens. 

Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von viermal 5 ccm 
Ziegenserum. 


Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von zweimal 5 ccm 
Ziegenserum, 10 ccm Kuh¬ 
serum. 

Sofortige Tracheotomie. In¬ 
jection von zweimal 9 und 
viermal 10 ccm Kuhserum. 


Beläge nach fünf Tagen abge- 
stossen. Canüle nach vier Tagen 
entfernt. Urin enthielt von An¬ 
fang an Eiweiss, dessen Menge 
während der Behandlung zurück¬ 
ging. Am fünften Tage Sym¬ 
ptome von Myocarditis. 

Belag am 29. April fast ge¬ 
schwunden. Urin andauernd ei¬ 
weisshaltig. Am vierten Tage 
deutliche Symptome von Myo¬ 
carditis. 

Belag am vierten Tage abge- 
stossen. Canüle am 17. Mai de¬ 
finitiv entfernt. Urin anfangs 
eiweisshaltig, vom dritten Tage 
an frei. 

Beläge nach 272 Tagenabgestossen. 

I Canüle nach vier Tagen entfernt. 


2. Mai 1894. 
Ungeheilt. 


30. April 
1894. 
Gestorben 
nach 4 Tagen 
| 18 Stunden. 
21. Mai 1894. 
Geheilt. 


21. Mai 1894. 
Geheilt, 


Dicke Beläge beider Tonsillen. Injection von fünfmal 5 ccm 
i Athmung leicht behindert. Aus -1 Ziegenserum und fünfmal 
| flu,ss aus Nase. Halsdrüsen ge- 5 ccm Kuhserum, 
i schwollen. 38,3. i 

Dicker, gangränöser Belag der Injection von dreimal 9 ccm 
i Tonsillen, Uvulaund des Gaumens, und fünfmal 10 ccm Kuh- 
: Stinkender Ausfluss aus Nase, scrum. 

I Halsdrüsen geschwollen. 38,0 

j (104). 

Dicker Belag auf Tonsillen und Injection von 6 ccm Ziegen- 
Uvula. Halsdrüsen geschwollen. I serum und dreimal 10 ccm 
j 39,6 (124). | Kuhserum. 


Belag nach zwei Tagen abge- jl. Mai 1894. 
stossen. Andauerndzunehmende 1 Gestorben 
Verschlechterung des Zustandes; nach 72 Std. 
aus der Canüle wird nichts ent¬ 
leert. 

Belag nach zwei Tagen abge- 10. Mai 1894. 
stossen. Vorübergehende Dys- Geheut, 

pnoo. 

Belag nach fünf Tagen abge- Im Bestand, 
stossen. Urin, anfangs stark ci- 
weisshaltig, ist frei. Seit dem 
19. Mai leichte Gaumensegel¬ 
parese. * 

Belag am dritten Tage abge- Jl-Mai 1894. 
stossen. Urin dauernd frei. Geheut, 


schweren Fällen grosse Dosen und in öfteren Wiederholungen ver¬ 
abreicht werden müssen. 

Das Mittel hilft nach unserer Beobachtung am besten bei 
ganz frischen Fällen; bei diesen genügt in der Regel eine 
einzige Dosis, um die Krankheit zu coupiren. Bei den schweren 
hällen diphtherischer Allgemeinerkrankung dagegen müssen die 
Einspritzungen nach Bedarf wiederholt werden. Auch die Grösse 
und das Alter des Kindes bedingt eine Verschiedenheit, in der 
Dosirung über welche man sich erst in der Erfahrung ein Urtheil 
schaffen kann. 

,.. , In ) allgemeinen ist Herr Prof. P. Ehrlich im Verlauf der 
klinischen Beobachtung zu der Ueberzeugung gekommen, dass zu 
Heilzwecken beim Menschen erheblich grössere Mengen erforder- 
hcli sind, als nach dem Thierexperiment zu erwarten war. 

Nachtheilige Wirkungen haben wir von den Seruminiec- 
tionen me gesehen; nur bei den ersten Fällen, wo wir die In- 
.jection in den Rucken machten, bestand einen Tag lang etwas 
Schmerzhaftigkeit im Bereich des Stiches. Später haben wir die 
Injectionen stets in den Oberschenkel gemacht, und zwar sub- 


cutan, und die Injectionsflüssigkeit durch Reiben möglichst vei¬ 
theilt. Dabei haben wir locale Reizungen nicht mehr gesehen. 
Natürlich ist strenge Asepsis unerlässlich. Eine besondere Injec- 
tionsspritze ist nicht nöthig; sie muss nur sauber sein. 

Sechsmal traten nach der Injection Exantheme auf, die 
jedoch, ausser leichter Temperatursteigerung, nicht mit weiteren 
Krankheitserscheinungen verbunden waren. Fünfmal hatte der Aus¬ 
schlag den Charakter des Scharlachexanthems, war vier mal über 
den ganzen Körper verbreitet, einmal in der Umgebung der Stich¬ 
stelle. Einmal entstand Urticaria in derUmgebung der Injectionsstelle. 

Ob diese Exantheme Folge der Einspritzungen waren, kann 
ich nicht mit Sicherheit behaupten, da zu derselben Zeit auch bei 
anderen Patienten der chirurgischen Abtheilung ein ähnlicher Aus¬ 
schlag beobachtet wurde. 

Von Nachkrankheiten haben wir zweimal hämorrhagische 
Nephritis beobachtet, einmal neun Tage nach der Entlassung,. das 
andere mal etwa drei Wochen nach der Entlassung; beide Kindei 
sind genesen. Lähmungen kamen nur einmal zur Beobachtung, und 
zwar eine Gaumensegelparese. 


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Original fru-m 

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31. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


479 


Wenn ich über unsere bisherigen Erfahrungen nur Günstiges 
berichten kann, so bin ich persönlich der Ueberzeugung, dass dies 
Ergebniss nicht auf zufälligen günstigen Umständen beruht, da 
wir niemals und vor allem nicht unmittelbar vor der Periode’ der 
Serumbehandlung so gute Resultate gehabt haben. Aber ich weiss 
sehr wohl, wie leicht man sich gerade bei Diphtheriebehandlung 
über die Erfolge täuschen kann. Uoberraschendo Resultate, sowohl 
nach der guten, wie nach der schlechten Seite, haben wir oft 
genug gehabt. Das beobachtete Material ist noch viel zu 
klein, um daraus sichere Schlüsse über den Werth der 
Serumtherapie ziehen zu können. Ich möchte deshalb ein¬ 
dringlich vor übertriebenen Hoffnungen warnen, damit nicht der 
gute Kern, der dieser Sache zweifellos innewohnt, disereditirt 
werde. Denn wenn auch das Serumheilverfahren alle berechtigten 
Erwartungen für die Zukunft erfüllen sollte, so werden wir doch 
bei weitem nicht jeden Diphtheriefall heilen können. Sobald die 
durch das Gift gesetzten Veränderungen des kranken Organismus 
so wesentliche sind, dass sie eine Reparation ausschliessen, wie 
z. B. bei schwerer Degeneration der Nieren, des Herzmuskels u’s. w., 
wird auch kein Antitoxin mehr helfen können. 


in. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin, 
Abtheilung des Herrn Direktor Dr. W. Körte. 


Resultate der Heilserumtherapie 
bei Diphtherie. 


Von Dr. Engen Voswinckel, Assistenzarzt. 


Im städtischen Krankenhause am Urban wurden in der Zeit 
vom 20. Januar bis 22. März 1894 im ganzen 60 Kinder mit dem 
von Prof. Ehrlich, Dr. Kossel und Dr. Wassermann in dieser 
Wochenschrift 1894, No. 16, beschriebenen Diphtherieheilserum be¬ 
handelt. 1 ) Dabei wurde die früher angewendete Behandlung: Gurgeln 
resp. Ausspülen des Mundes mit Thymollösung, Abtupfen der 
Membranen mit 1 °/oo Sublimat, Spray von Milcksäurelösung, viel 
Vein und möglichst gute Ernährung— häufig durch Sehlundsondo 
— ebenso ausgeführt wie vorher, w'ährend specifische Mittel nicht 
in Anwendung kamen. 

Die Zahl von 60 Fällen ist nun nicht gross genug, um daraus 
endgültige Schlüsse zu ziehen. Es kommt bei der Bcurtheilung 
von Heilresultaten bei Diphtherie mehr noch, wie bei anderen Krank¬ 
heiten darauf an, wie die Fälle beschaffen waren, an denen der 
V erth eines Heilverfahrens geprüft wurde. Dass leichte Fälle in 
der Regel genesen, von mittelschweren Fällen die Mehrzahl, von 
schweren Fällen die Minderzahl, ist bekannt. Somit kommt es bei 
der Beurtheilung der Heilkraft eines Verfahrens darauf an, fest¬ 
zustellen, bei welcher Kategorie von Fällen dasselbe angewendet 
wurde und wie der Charakter der Epidemie im allgemeinen war. 
Es können in dieser Beziehung grosse Verschiedenheiten obwalten, 
nicht nur in verschiedenen Gegenden, sondern sogar in verschie¬ 
denen Theilen ein und derselben Stadt. 

Nicht selten ist es, dass im Norden Berlins beispielsweise die 
Diphtherie in milder Form herrscht, während im Süden die schwere 
rorm ühorwiegt. Nur eine sehr grosse Statistik, die sich über 
einen längeren Zeitraum und Epidemieen in verschiedenen Gegen- 
uen erstreckt, kann brauchbare und einigermaassen zuverlässige 
Resultate ergeben. 

h ] ^ eses «Gesetz der grossen Zahlen“ für die Heilserum- 
oeiiandlung noch nicht in Anwendung gebracht werden kann, so 
mU .l -i an< * ere Methode befolgt werden: die Fälle möglichst 
nach ihrer Schwere zu ordnen und dann die bei denselben erzielten 
ei erfolge därnach zu betrachten. Es lässt diese Betrachtungsart 
. )e a s Einwände zu, denn sie eröffnet der subjectiven Schätzung 
? ew * ssen Spielraum. Die Prognose der Diphtherie zu stellen, 

T j ®kaimtennaassen recht schwer, manchmal ganz unmöglich. 
f ; ili °. ? s für einen Beobachter, der jahrelang Diphtherie- 

1 . e ln re jchlicher Anzahl zur Beobachtung bekommt, möglich 
1 \ I 1J^ntersuchung eines Falles denselben in eine der drei 
und len Kategorieen „schwer, mittelschwer und leicht“ im grossen 
trip}if anZen ©inzuordnen. Welche Mängel nun dieser Be- 

dip p- UngSwe . ise . an haften mögen, sie war im vorliegenden Falle 
Vn«f i? zi ® mö ff^ c he, um zu einem Urtheil über den Heilwerth des 
Verfahrens zu kommen. 

aii e * *l er Beurtheilung der Fälle kam in erster Linie der 
gemeinzustand des Kindes in Betracht, erst in zweiter Linie 


weil y ,u ^ en 111 dieser Zeit ohne Serum behandelt, theils 

Fällft mnWk gen ?^- e ,. MeD £ en desselben vorhanden waren, theils weil die 
entlasspn ein £®üefert wurden, 18 Kinder, von denen acht geheilt 
denen siehnn de ? zelin star i ) eni und ferner neun Erwachsene, von 
en sieben geheilt wurden und zwei starben. 


-—VT 6 , . -na-grmensem cies Allge¬ 
meinbefindens — „Benommenheit, oder unruhiges Umherwerfen 
grosse Abgesch 1 agenheit, kleiner beschleunigter Puls“ — deuten 
stets auf eine ernste Erkrankung hin. Desgleichen sind die charak¬ 
teristischen weichen ödematösen Schwellungen der retromaxillaren 
Drusen ein Zeichen schlechtester Bedeutung, während die zur 
Abscedirung führenden festen, sich erst allmählich erweichenden 
Drusenpackete nicht die gleich schworo Bedeutung haben Es 
kann ein sehr starker und ausgedehnter Belag im Halse vorhanden 
sein, ohne dass das Allgemeinbefinden erheblich gestört ist Von 
schwerer Bedeutung ist die Diphtherie im Nasenrachenraum mit 
Zuschwellung der Choanen, jauchigem Ausfluss aus der Nase 
welcher die Lippen anätzt. 


Die Zuschwellung des Kehlkopfes zeigt im allgemeinen nur 
eine weitere Ausbreitung des lokalen Processes an, jedoch noch 
nicht ohne weiteres eine erhebliche allgemeine Erkrankung Die 
Erfahrung, dass da, wo letztere fehlt, die Kinder nach der Tracheo¬ 
tomie sogleich ausserordentlich viel wohler sind, oft im Bett auf- 
sitzen und spielen, ist ja bekannt. 

Die Eintheilung der Fälle in die drei Gruppen geschah nach 
folgenden Grundsätzen: 

Unter A: „Schwere Fälle“ wurden solche Fälle gerechnet, 
bei denen tieferes Ergriffensein des Allgemeinbefindens unter meist 
schweren localen Symptomen vorhanden war. Es wurde hierhin 
gerechnet die prognostisch so ungünstige Nasenrachendiphtherie, 
ferner die Fälle mit den beschriebenen weichen Drüsenschwellungen, 
während die durch Athcmbeliinderung allein erzeugte Depression, 
sofern sie durch Tracheotomie alsbald gehoben werden konnte, an 
sich nicht als „schwer“ betrachtet wurde. 

Zu B: „Mittelschwere Fälle“ zählten wir solche, bei denen 
zwar starke Beläge und Schwellungen im Rachen vorhanden 
waren, jedoch noch keine Anzeichen einer Allgemeinintoxication 
Vorlagen. 

Als C. „Leichte Fälle“ wurden diejenigen bezeichnet, bei 
denen deutliche Beläge zwar vorhanden waren, jedoch weder die 
localen noch die allgemeinen Erscheinungen einen schweren Ein¬ 
druck machten. 


Nach diesen Principien nun wurden die Kinder gleich nach 
der Aufnahme in eine der drei Gruppen eingereiht. Bei sämmt- 
lichen Fällen wurde die Beurtheilung von Herrn Direktor Körte 
vorgenommen und von diesem der Verlauf täglich eontrollirt. In 
allen Fällen "wurde ferner die Diagnose durch Anlegung von Agar- 
Agarculturen sichergestellt (Dr. Finkeistein, Dr. Pinner). 

Von den mit Serum behandelten 60 Fällen wurden darnach 
angesehen als schwere 80, als mittelschwere 16 und als leichte 14, 
so dass die Zahl der schweren Fälle ebenso gross ist wie die der 
mittelschweren und leichten zusammengenommen. Von den 30 
schweren Fällen wurden geheilt 15 l ) = 50%, von den 16 mittel- 
schweren 13 = 81%, von den 14 leichten 14 = 100%. Insgesammt 
wurden von 60 Fällen geheilt 42 = 70%. 

Der Procentsatz der Heilungen der Gesammtzahl der Diphtherie¬ 
kranken im Krankenhause am Urban betrug 1890: 55,7%, 1891: 
55,6%, 1892: 56,6%, 1893: 51,7%. Es ist also eine Steigerung 
der Heilungen von ca. 14%, gegen 1893 sogar von 18% zu cön- 
statiren. 

Tracheotomirt wurden von den mit Serum behandelten Kindern 
im ganzen 20 und davon geheilt 9 = 45%. Dagegen betrug der 
Procentsatz der Heilungen nach Tracheotomie im Urban 1890: 23%, 
1891: 22%, 1892: 20%, 1893: 26%. Es ist also eine Steigerung 
der Heilung bei tracheotomirten Kindern von 20—25% zu consta- 
tiren. Bemerkt sei hier, dass alle Kinder, bei denen Athemnoth 
es angezeigt erscheinen Hess, tracheotomirt wurden, ohne Rücksicht 
auf Lebensalter oder Schwere der Nebenerscheinungen. 

Zur Beurtheilung der Epidemie dieses Winters gebe ich noch 
folgende Zahlen: Vom 20. November 1893 bis 20. Januar 1894, 
also in dem gleich langen Zeitraum vor Beginn der Serumtherapie 
wurden hier behandelt: 

71 Fälle, davon geheilt 37 = 53,5% 
tracheotomirt 34 „ „ „ 10 = 29,0% 

Rechnet man dazu die während der Zeit vom 20. Januar bis 
22. März 1894 nicht mit Heilserum behaudelten 18 Kinder und 
9 Erwachsenen = 27, von denen 12 starben, so ergiebt sich die 
Zahl 98 mit 53 Heilungen = 54%. 

Nach dem 22. März bis zum 20. April wurden ohne Serum 
behandelt 30 Kinder, davon wurden geheilt entlassen 8, es starben 
13, und 9 sind noch in Behandlung. Von 8 tracheotomirten 
Kindern starben 6, die übrigen 2 sind noch in Behandlung. 


*) Nachträglich erfuhr ich, dass eines dieser Kinder 14 Tage nach 
seiner Entlassung zu Hause gestorben ist. Es scheint daselbst aber auch 
an jeder Pflege gefehlt zu haben. 


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Dosen üm HuiW.tfrt*? babnn> Daus dtn ,Zt\h\ thv KnT 

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grdp^Mnui Wiif t *i vt^j^j-u.i.irie-h, .dh-rrr KiinJ.-f, 

... t wü der ersten SerummjO.iio-f! 

!'* s zti * r -bint-bissruuv aus de}!! Kj-Hnk'on.naUso-. • bei den seitworen 

F.Uii-u CU. 2i, ( bei d< ») niiM<*L'.'» , .!iw-ti4'ei. t:nd Söhd-Hoi ,-r: j r, Ta er. 

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.. .. ...... —, ^ . ^o§t>?Tlißßhti'Kijidbranö^u 4 

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™ & 1T' vinrniul tdlerdlBgs. scili'wankötnln MtJAgnuv - pn giinxt/ß *vöö 
8—20 uem verbraucht, wurden. 


! i Cebm- den iiumiuiiXnmuaw. ni, Aw fo/rewm.dte'n S«rmn.s yerMi 
bmm^ w&lmn, WqchPnsobrift Vm r Ka, UV ,T>«kn die Göwhimmy 

v«i£h„G^i, jUs. Th|d-AiJ*4 v-*£ C. ICbi'Jinif . aklCo^^eJ 


!>r»d W.a■ väe ”iWv m ’ >bj 
ifffi A i W’v !? b’OT JlTP 


Im Anfango batlen wir 4n»v vovsiel\tig(5 Steig^rujie- der DusiF 
VorgeimmmbU,, tUi dkv Btnfi’ nfudi niohl gentigHid in seinen \Vii% 
kooeen belumnt war, im Verlauf aber. Unbtm wir uns ülmrzmigf, 
(Ihsh g-ermlo dreiste Stuigeruihgm vom, bu^tun ' Erfolg begleitet 

AVlir<U!„ 

. {ft .BozVig auf dßn nfiter HuiJ^^fiambeitaHd - 

hm:: wurde Tolgnmles boobmdtitdu Ein 'iTinperaturabuilI nacli (W 
jVti'-f.t.ion war nur in wnjugen und dabei umisk leieKten FiUkm zu 
benierkeib, olmnno oft stieg die Tc»Tuü'U'atu'r liueli ■ der Injerii^i)- 
Wjdm-, wob) imnbbkngig von »lerselbed. Eins jodueb- gl Hüben wii' 
in laut aOun Fdlbui, abgesobei» von den extrem Hdiwei.-un, bemerkt 
zu haben, d:«.^- mimHc-Ji die Kinder etwa 2l Stunden umT dar Im 
jnd bm bich: hufbiHend wokl bofamlen, dJft im Bbti /mfsasaem. imij 
Spielten^ te fnilöt»* soMe40,«. FuiS Bfufi Tedeubuml ge-bes^rj: ba% 
viutT . sob'he Kinder, diu Bdnmhibet in das Kranken bims v-- 
bnicht wnrdim, 21 HinndiUi nneb der 1iv}e,'Hon himhig g;mv kbu 
waren. Äbni tei fmsdriiddiyh m bmueiiepy du^s Ulföh Fmpböhe 
oir.jii auf. Tforhnutig. dnr etwaigen TrUeMntomin tn ; müm. ■ >ah 
denn wir haben dieselbe weder vorher noch imehher in der Weise 
geärbmi, sie .muss also dem Serum Zuge? ( 'lirieben WmXm. Hieb 
di“se Wirkung aoeh in rielnh f elhu, nnKfc' lange,wu, «u wFr AK 
dnthrreh gerado um so aofTalKuder. Dass sinh diu MöoibraÄ 
•'•ffü'hor gf.lbsk buM.mu wie bei nieht iiijtMrt.on Kinder»^ ii(»8S 4ek' 
nicht, ennst^tiren; ja hoi cdnouL Kindo, dn? itmorhalb ilrrior Tage 
ilrmiTtnl 8 n/:m und upöier nuuli diffjhäl 0 «um bekam, liieHßp sie 
seb küssenoaioollihi Jattge. M''hnnnJe kam' es osicb vor, dass sieh 
oaeij AbKrosKUMg der oikro Mombianen neue btjilrtnn 

' .Ejub'.4ehlldl10he AVirkuug* des Serums auch bni f(rda<>tW- 
Cnbeo wurde nin bemerkt. 

Kur in uiingon wenigen Ftiilmi biblmen meb id dm' Umgebung 
drr Ehi^tt>Jföt;eÜn IlrVicsrm khoKeho Quaddeln, iöo aber kill elm*- 
ftof.fnm versehwaiideu. ITminar eudsHiud am Euistirb eia« kdoht- 
n»■ rz 1 >uifo InfüWoH öi g djn gher auhb in »4ndgot. Ibigun von'seihst 
V.ih;Ttukgißg Eiweiß trat im Ui in ui giösserer MnögP in siebon 
ICUlm, in markiger. Wr-ngu hi zehn -Ktiilmi auf, verseiuvemd ab>w 
Tmdstmm -sehr jjidd wieder. An ausgesprochener KepbriHy Ifnbefl 
wir nur zwei Kinder vor!»Jir.p, wie die Sbutionengduf dkitT später 
noch komiiiGm Wepto, zweitel)cs mlgaben. Djiw muu Kind kam mt 
V*du|fi‘U KiunkheOs.tage zur inject Ion und ImCto sehem bei der Adt- 
. nab me starke Albuminurie, es ^gui- eil' Tage spiVtcr. .Das aiuCio 
wimie um sielmntTn KrankImiistago nufgenomtnen; jmke-K w«ir m 
den ersien Tage« kKn Urin von demselben m -.iMiAlmi, es starb 
[um swbenteit Tage um h der htjomion. Sehluek- uiid Urmmen-. 

-(mellnloniuu/on wurden inrtnuub benkuTtet, in yeeschiedrimr 
' Stärk«, p-dnrb wart'Ti sämmHieijo Kimior l»D auf zwei mb muh»*» 
GM i; donuny J/ehuitef.e Ui-i ihrer Enthtsiumg «»vm. 

Fivit, Jini einem Kinde trat rWihrhe Harese de- Imkmt r u-. 
fmänlk Höd, die äikh nach bei der EntlassmiWD^&ad. uful beiv 
eimuo Siobeujubrig-im Krukunu eine A^eonnnodjiiiim-Dheiuiij' bmder 
Augen, die, .dier mir}» mu h »uuunn 'i ii-\«»»-1 iaiDIdo 

Liiftnotig rk-r KarkotmdtHkHiaArr eidinn W'U' in &ww FMku- Ebenso 
oft wb sonst, fritmi Mitifhdircite.juutCnn auf mul meriovnrriig ofi 
eilo» ge TuhlfW Alebnuols verviterkm die HakoTfmon. und ea nuisifr 
doi gihildi’iG ÄbsoGss gedlbmt wunio«. Hmudiopummvmueen wuHimi 

in-pteluornj» Fdilfib in •yurscJilhdüffCr StlirkK bnbbabhttft, davon zwei 

mit Ictalom Aufgang 1 ). ■: •’ 

Th’i don Sr-ädorion ergab sieh, das? von. dmi bKben 1 allen, 
webdio in Belraeld konimen da i.i naMlrheb • nur -dinjoingöft- unt- 
gfthtirb w&Tteb; - wnlnlm bi'n^fr nk ^4 SOimhm nach »Kr Inj^tion 
bm. Lmbmo hHnfe«m. r da fhrnor rnblumrn Syctknen von deü Mit-erri hv 
hihirt und dwr"i>ine Fall von Atjjhu^tnbytknb^ au^* v h w hKt, 

in diesen «Mjmi FJUkä nitr- y/wöimat starke. KophviHs 
«•ti;vmnf»-«u- gofnmkn wurde, nimital m •VerhiiHi.imj^ oW Astdrs. j, ‘ui 
in abop nrnlmmt! Ffilion mir v6t» eiiimr lölehton Milben Seitwoliang 
des F-irmu .ijr Umlu ist. , Uio Hm’iuido an. den. unumri. Ür- 

gunmi bloten au^m tiK'lmnalo aofirc.fmohm brf.mdudoeminmjnwttee 
Heer Hon, dir io ywm F/ilien so ;iwsg.* t )ehot waniii, dass dhweiben 
Wohl -hi-s. l'cxb'mirsneln- angeMolmn werden ftiflöfon, nichts hej-ötnk'TS 
berumkeGswG! < bes: Fnvoluu. sei uodt ? dass Kch bei rire'iu Kibde, 
Ste 17 Tuge u;wh de.e FrIviVUiKnug" >;»bti 18 TageJhicil de! I.tl* 
.lemimr Starb, lirs Hnlvou Bor/mu HRmlb ufiffuibW Tjirnmbno hutdou. 

Ais d'odosursaoho tiudrb dudi insge^rovTiii: HertschwaKu) sieben- 
niul, UrfmebopoGurnonie •zweimal. HiipsiB so.d^mHl, Nephritis rwew 
mal, 

2nin ßdiloHk. göbm ich imrbsichGnd eine kmzo IftMDrDoho 
BpBchrojhimg der stfev^rfin FadKr * 51 w ; T f 

’) Biii Cftü, wohhoi wödD gnboill;' aus dmu- Kronkcnhau^o suiUa^vn 
wurde -und dort nioßud-s Eeseh.h)urigew v.»*n oeib n der Luugou d ;U 'W* 
buten hatte« Juuit. vier A oebou sohtwr wereo lüti^s Eiu.pveins wu-ncr u» 
IkhAndhiiig .Und J)ft0fulol -sii*)) n,m:b tm. KraiiköiilniUso, 







31. Mai. 


D EUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


481 


Rec.-No. 

and 

Tag der 
Aufnahme 


Name 


d 

, £ 
1 A 

.9 


i I § 

CD CO .2 


Status praesens bei 
der Aufnahme 


I 


Menge 

des 

injicirten 

Serums 


Complicationen 


Geheilt 


Ge¬ 

storben 


Tracheo¬ 

tomie 


S e c t i o n 


Todes¬ 

ursache 


3293 

20. Januarl 


3339 

25. Januarl 


2681 

31. Januarl 


3362 F. 0. 
28. Januar 


A. S. 


A. A. 


3376 

30. Januar! 


2443 

2. Januar 
Vor Be¬ 
ginn der 
Serum¬ 
behand¬ 
lung 


3403 
1. Fe¬ 
bruar 


2726 
6. Fe¬ 
bruar 


3449 
8. Fe¬ 
bruar 


3500 
10. Fe¬ 
bruar 


H. W. 


E. P. 


3'/i 


E. W, 


C.B. 


R. H. 


W. D. 


| 20 . 


Januar, 
4 ccm 


[25. Januar 
4 ccm 
27. JanuarJ 
1 ccm 


lOTagej Rachitis. Uvula stark 
belegt. Tonsillen stark 
geschwollen. Aus der 
Nase eiteriger Ausfluss. 

Puls 120, klein. Allge¬ 
meinbefinden schlecht. 
Reichliches Eiweiss. 

Leichte Bronchitis. 

3'A I 4 Tage | Abgeblasstes Masern¬ 
exanthem. Kind macht 
einen sehr schwer kran¬ 
ken Eindruck. Massige 
Schwellung der Ton¬ 
sillen. Keine Beläge. 

Grosse Athemnoth. So¬ 
fort Tracheotomie. Ent¬ 
leerung von reichlichen 
Membranen. 

4 Tage | Tonsillen und Uvula 

stark belegt. Puls 120. 4 ccm 

klein. Allgemeinbefin- 2. Fe- 

den leidlich. Bellender bruar 

Husten. 2 ccm 


4 Tage) Im Rachen und auf den j28. Januar 
Tonsillen kleine belegte | 4 ccm 
Ulcerationen. Starke 
Dyspnoe. Sofort Tra¬ 
cheotomie. Entleerung 
massenhafter Membra¬ 
nen. 

4 Tage | Tonsillen und Rachen |30. Januar 
mit dicken Belägen. | 4 ccm 

Schmierig-eiteriger 
Ausfluss aus der Nase. 

Foetor ex oro. Puls 
sehr beschleunigt, sehr 
klein. Starke Dyspnoe. 

Sofort Tracheotomie. 

|22Tago| Tonsillen mit dicken Be¬ 
lägen. Blutig-eiteriger 
Ausfluss aus der Nase. 

Beim Ausspritzen ent¬ 
leeren sich Membran¬ 
fetzen. Starke Albu¬ 
minurie. 


Urticaria um die 
Einstichstolle. 
Gaumensegel¬ 
lähmung. Otitis 
media. 


[31. Januar 


14. Fe¬ 
bruar 


[31. Januar.Nephritis. Bron¬ 
chopneumonie. 


6 l /a 2 Tago 


7 Tage 


4‘/a 


6 Tage 


6 Tage 


Emphysem des 
Unterhautzell- 
gowebes. 


24. JanuarLymphadenitis 


4 ccm, 
da sich am 
18. Januar; 
neue Be¬ 
läge ge¬ 
bildet 
hatten 

1. Fe¬ 
bruar 
4 ccm 


Tonsillen und Uvula mit 
dicken Belägen. Eiteri¬ 
ger Ausfluss aus der 
Nase. Foetor ex ore. 

Allgemeinbefinden 
schlecht. Gesicht ge¬ 
dunsen. 

Tonsillen, Uvula und 
Rachenwand mit dicken 
Belägen. Blutig-eiteri¬ 
ger Ausfluss aus der 
Nase. Starker Foetor 
ex ore. Puls sehr klein. 

Grosse Hinfälligkeit. 

Stimme heiser. Geringe 
Athemnoth. Starke Al¬ 
buminurie. Sepsis. 

Tonsillen stark ge- 8. Fe¬ 
schwollen. Kein Belag. bruar 

Starke Einziehungen. 4 

Puls sehr schnell, sehr 
klein. Grosse Hinfällig¬ 
keit. Sofortige Tracheo¬ 
tomie. Entleerung 
grosser Membranfetzen. 
Albuminurie. 

Gedunsenes Aussehen. I 10. Fe- 
Tonsillen, Uvula und bruar 

Rachenwand mit dicken | 4 ccm 

Belägen. Schleimig- 
eiteriger Ausfluss aus 
dor Nase. Puls 130, 
klein. 


colli. 

media. 


Otitis 


13. Fe¬ 
bruar 


25. Januar 


Degeneratio adiposa 
myocardii. Broncho- 
pneumonia incipiens. 
Nephritis et Hepatitis 
parenchymatosa. Tu¬ 
mor lienis. 


Nephritis 


I 


28. Januar 


30. Januar 


25. Januar 


Schluck- und 
Gaumensegel¬ 
lähmung. 


6. Fe- . Stark 0 Dyspnoe, 
bruar 
4 ccm 


Emphysem des 
Unterhautzell- 
gewebos. 


27. Fe¬ 
bruar 


30. Januar 


28. Januar 


Hyportrophio des linken 
1 Ventrikels. Entfärbte 
Thromben im linken 
Ventrikel und rechten 
Herzohr. Nephritis und 
Hepatitis parenchyma¬ 
tosa. Pneumonia dextra 
Superior. 

Hautemphysem. Laryn- 
' gitis et Tracheitis diph- 
therica. Ulcera ton- 
sillaria. Emphysema et 
Bronchopneumonia pul¬ 
monum. Nephritis par¬ 
enchymatosa. 
Bronchopneumonia du¬ 
plex. Trübe Schwellung 
der Nieren und Leber. 
Bronchitis purulenta. 
Laryngitis et Tracheitis 
diphtherica. 


Flache Geschwüre an 
den Tonsillen. Drüsen- 
abscess rechts am 
Halse. Diphtherische 
Membranen im Larynx 
und der Trachea. Eite¬ 
rige Bronchitis. Leichte 
parenchymatöse Ne¬ 
phritis. 


8. Februar.6. Februar! 


10. Fe¬ 
bruar 
29 Stun¬ 
den nach 
der 

Injection 


19. Fo- 
bruar 


8. Februar 


Verweigert. 


Diphtherische Membra¬ 
nen im Larynx und der 
Trachea bis in die mitt¬ 
leren Bronchien. Em¬ 
physem der Limgen. 
Bronchopneumonia in¬ 
cipiens. Leichte Nephri¬ 
tis parenchymatosa. 

Verweigert. 


Herz¬ 

schwäche 


Broncho- 

pneu- 


Sepsis 


Herz¬ 

schwäche 


Sepsis 


Herz¬ 

schwäche 


Herz¬ 

schwäche 


□ igitized by CjOusie 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





482 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22 


Rec.-No. 

und 

Tag der 
Aufnahme 


Name 


g 

.a 


Status praesens 
bei der Aufnahme 


Monge 

des 

injicirten 

Serums 


Complicationen 


Geheilt 


Ge¬ 

storben 


Tracheo¬ 

tomie 


S e c t i o n 


Todes¬ 

ursache 


3635 
21. Fe¬ 
bruar 


*3658 
22. Fe¬ 
bruar 


3G68 
23. Fe¬ 
bruar 


W.E. 


W.H. 


W. J. 


3680 
25. Fe¬ 
bruar 


H. M. 


2888 
25. Fe¬ 
bruar 


3G99 
27. Fe¬ 
bruar 


3907 
27. Fe¬ 
bruar 


3940 
2. Mürz 


2943 
3. März 


3796 
7. März 


Cli.B. 


G. K. 


3 Vs 


2 1 /* 


4 Tage 


2 Tage 


4Tago 


3 Tage 


E. Z. 


G. L. 


M. F. 


J. S. 


2 3 / 4 


13 3 / 


2 Tage 


2 Tage 


Völlig erschöpftes, apa¬ 
thisches Kind mit 

starken inspiratorischen 
Einziehungen. Beläge 
in Rachen und Nase. 

Tracheotomie sofort. 
Entleerung von viel 

Membranen. 

Tonsillen und Uvula mit 
dicken Belägen. Aus 

der Nase schleimig- 
eitoriger Ausfluss. 
Loickte Einziehungen. 
Puls sehr schwach. 
Allgemeinbefinden sehr 
schlecht. 

Grauweisse Beläge an 
den Tonsillen, der Uvula 
und Rachenwand. Foe- 
tor ex orc. Starke 
ödematöse Schwellung 
derKicforwinkeldrüsen. 
Starke inspiratorische 
Einziehungen. Ge¬ 
sichtsfarbe schmutzig- 
grau. Lippen trocken 
cyanotisch. Tracheo¬ 
tomie sofort. 

Tonsillen und Uvula mit 
starken Belägen. Eite¬ 
riger Ausfluss aus der 
Nase. Halsdrtisen öde- 
matös geschwollen. 
Starke inspiratorische 
Einziehungen. Sofort 
Tracheotomie. Ent¬ 
leerung von vielen Mem¬ 
branen. 


Boide Tonsillen und 
Uvula mit dicken Be¬ 
lägen. Eiteriger Aus¬ 
fluss aus der Nase. 
Allgemeinbefinden re¬ 
lativ gut. Puls 160. 

Tonsillen und Uvula mit 
dicken Belägen. In der 
Nase starke Membra¬ 
nen. Durch Ausschälen 
werden zwei vollstän¬ 
dige Ausgüsse derCho- 
anen entleert. Allge¬ 
meinbefinden schlecht. 
Puls 144. 

Rachen frei von Belägen. 
Aus der Nase schlei¬ 
mig-eiteriger Ausfluss. 
Grosse Hinfälligkeit. 


3 Tage 


G Tage 


GTage | Uvula mit weissen Be¬ 
lägen. Allgemeinbe¬ 
finden sehr schlecht. 
Puls klein, frequent. 
Starke inspiratorische 
Einziehungen. Sofort 
Tracheotomie. Entlee¬ 
rung v. viel Membranen. 
Tonsillen stark belegt. 
Kieferwinkeldrüsen 
beiderseits stark öde- 
matös geschwollen. Puls 
114. Allgemeinbefinden 
nicht sehr gestört. 
GTage | Patient kommt mit star¬ 
kem Nasenbluten in’s 
Krankenhaus. Starke 
Schwellung der Kiefer¬ 
winkeldrüsen. Starke 
Belüge auf den Ton¬ 
sillen, Uvula und Gau¬ 
menbögen. Allgemein¬ 
befinden sehr schlecht. 


21. Fe¬ 
bruar 
5 ccm 


22. Fe¬ 
bruar 

4 ccm 
27. Fe¬ 
bruar 
2 ccm 

9. März 
2 ccm 
21. Fe¬ 
bruar 

5 ccm 


22. Fe¬ 
bruar 


21. Fe¬ 
bruar 


iTonsillitis, Trachoitis, 
Bronchitis diphtherica. 
Emphysema pulmonum. 
Hyperplasia lienis. Ne¬ 
phritis et Hepatitis par- 
enchymatosa. 


Pnoumonia dex- 
tra. Nephritis. 
Bläschenoxan- 
them. 


17. März 


25. Fe¬ 
bruar 
4 ccm 
28. Fe¬ 
bruar 
2 ccm 


25. Fe¬ 
bruar 
4 ccm 
3. März 
2 ccm 

27. Fe¬ 
bruar 
4 ccm 


9. März 

4 ccm 
12. März 

5 ccm 


2. März 
4 ccm 
4. März 
2 ccm 


3. März 
5 ccm 


8. März 
4 ccm 
11. März 
3 ccm 


Nephritis. Pneu- 
monia lobuli in- 
ferioris duplex. 
Debilitas cordis. 
Otitis media du¬ 
plex. Gaumen¬ 
segel- und 
Schlucklähmung. 
Augenmuskel¬ 
lähmung. Ab- 
scess an der 
Glutealgegend. 

(Massige Nephri¬ 
tis. Gaumen¬ 
segellähmung. 


Debilitas cordis. 
Otitis media du¬ 
plex. 


Diphtherische 
Beläge auf Ton¬ 
sillen und Uvula. 
Pneumonia si- 
nistra. Schluck¬ 
lähmung. Debi¬ 
litas cordis. 

(Nephritis. Bron¬ 
chopneumonie. 
Leiche Schluck¬ 
lähmung. Debi¬ 
litas cordis mit 
mehrmaligem 
Collaps. 


Nephritis. 


[Nephritis. 

Drüsenabscess. 


5. Mai 


17. März 


22. März 


Sepsis 


25. Fe¬ 
bruar 


23 Fe¬ 
bruar 


Rachen mit schmierigen 
Belägen. InderTrachea 
bis in die Bronchien 
leicht abziehbare Mem¬ 
branen. Bronchopneu- 
monia incipiens. Tumor 
lienis. Nephritis et He¬ 
patitis parenchymatosa. 


21. Mürz 


31. März 


17. März 


Sepsis 


10. März 


14. März 


Diphtherische Ge- 
schwüre auf der linken 
Tonsille. Laryngitis et 
Tracheitis. Oedem der 
Epiglottis und der Lun¬ 
gen. Dilatatio cordis. 
Nephritis parenchyma¬ 
tosa. Ascites. 


Nephritis 


Digitized by «sie 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







31. Mus. 

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DEUTSCHE MBfflCmiSCÄS WGOTNSCHJUbT 

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483 

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484 


wmmß® MEOIGlN-rSGER 


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Haoltwort tob W, Körte» 

Die ges.düMurten Ertehrnugon über 


diö AYlrkftGg 

.(>«. B e h r.i i! g tedu®." Haiteortte* g urdeu ; ;iu( ■ mAm* A OthmUing 
unter rmdtwc stehn i‘indroile gewoo-mm,- Wm s>ml an Ute BnUung 
8§0 Kmmitene »nögHdict i yrurth.dNl>««i Mwrmgegmigmi. Von ,-iu 
inofio l'h Mognr g.*Melvu. du?« ich Jiüfuugs mit grosser Skr-j>si^ 
jSiplrfüiijreii ^®vuuiH‘i>g>M‘i. 

Dte 2öhl von 00 Hälfe i& muh ftfel gross, gonug, um 
«sicfchw ^‘hlikst-o äh zmlmn wrilor toHgteTm» e. 

•tu h'sbeo lehren, ?}gÄ,4ti& ,fe>£ g^woammeft Erfohrniftteji .Muh M 

»•ifjcr grosse Bald von Diphj hei HMd-iten M-w.tb*oft 

.feudi ovriiipi! es mir qH niM 1-fliclrt; mmhiiem die Jfe-eu 
Ehrlich, Kossri miü A?ä Tterxuao n iu dem ite\ü schuh UtedjoF’ 
.liv’i-oi, VsAu Sumv. ftef? ttek No. ?«> ubtw die Bowinmiftg und Vor* 

wcridiiiu', m*>Thphtlirtt»dftdlsm-iijm, hei Hort, liehen. klhutetwo 

den FadigaAteKOn rorznlage», Es fe «toi 

Uif 1 .- ; r!'!! , :tn <h - if'.Ti«' Vt'fiVi- vm-- nh.pt ro-t/ü'/r «Mw!;,. 
da>/ te 1«; Aiiu'ouilimg dies Heilserums bassf.fö Ife’Utute- hiilmn 
ab m- dwHVfenhrm;. - I>tb® Imte-vor umt Uurss' uteh 

•h i YYawcndutig <k s Bdtei®nw mmdhm Iteutete, -wir 

cs iteiemWcgs mit rtew Ficht«® Fpbkmte zu Bum Ftefe 
j: i.t ohne üiis^eihti hehmiddum Fälle mgf^n-b «HmbHeb sehiöcUKWo 
Femiiiule, mi* dre mir bijf-f-tfe udc'rddtmv 


\fu*iuuig' SW- dhfehfefe:; Ihfrähete. Mfe (feoFogons züviiViiiultreji 

bt»wu. 

Bei dfesfinv Bkgvt (10.‘ Dmfekfe 3 als «in Bfrifcrag 

5?imi BuuHum ^V^ii •ök‘ vöü.T>fv Mezza, Äss&fetßju im 

hygimtedum fusteui v.u fei'«-* bm>baditcte und von ihm stmürtr 
. fei «ogcsfliiiu wdA-döu» m- welchem sieh h«i einem dflährnp® 
MÄlfe, das gog -.dlife. 



sctete® teil«® f# iBiffgiJi'mi', >fes Von, 12 mnct'lmd» dar or^tgn 
.li« j r i.*gf lu‘]»i;i.*f. :*• n li g-'bmB \*orim Ais snlir iHimyrkons-:- 
■.vvilh ^r^ounintoi u'üf lenn r ;!!’ iY-.oi-;' }ici «h-n Is’ifuloi o im y 4 \vriii*n- 
— auf teuf <Üaf I tniiufigor*! 

Fm ann Hpricht gir ilio. WiiFBamtAgJ; dt* "Hoib^nigis die Thal' 
•/•iIm- Inas dir AYi.fdörhol.iuip; dnv Igpuiioü gunz entgehiedcu. dir 

Auvb \vojm Man dm Zahl der iMohiuditnugmi aoeb ab ungn- 
•*iM!/rnd ab®können mma, um W;Ttvag*'iido >• ibam-n /m zmhau — 
nud' iö]i 'nfheHie üßsoiufers bekomm, dm Lmöo veo1'rükt.en TIöfF 


mmgbB %\\ orwnokobk 
'dMTHTTillg'rg d [o \yib 


>:o Uisßt du: h te Kiut VimupYm, 
gibtihßn hai>e}r 4 löiaTotn 

tn wexU\£in FDtthUtjiung «icvr Amrüiuloiig düf Miltois auf 
— uiehf -Uu z 11 obwohl ich ijgA-ofang - 

'vvontg- j^rvyerteil', ont^ohro ioli ,ioTzt das Kitin-l gab 
Kelmedoo H db.r linhafjdhiog der n\ ni ubr A h Uie 1 1 nn g am 
vr>rtia’u t.o-n D yp h t. h ^ r i n k t 1 a u k r a, Aam hoi Ho m arnkmi Ae? 
ziihlbjy die mörderische Kranich eit Binpfcht^pa Hitlol (loh 

habe Aiß iiigiii alle cnjgowgtuTot, ahnt doch eine Anzalti) haho ich 
jo einen so auHgC]irflgtcn Kri’.olg gmeiom, 

. ABigeii weitere JdnolarJiüiiigen diese günstigen floiluungei) 
besUrkmi 

IV, Ueber äie Locallsationen des Gonococeus 
im Innern des Organismus (durch den Gone- 
coecus heryorgerufene Pleuritis und 
Arthritis). ! ) 

Von T’rvf!', IJürdorii-UfflHduzÄj (Turin).. 

fen JTmrn fl»3r Uck «jammoetH? im Jnnern des 

O'rgmi LjtVuik i^} M.,ch ei im oiTmitn da bis jd/.i noch kein *jYlip're*i‘ 
ll, ni nonubmlit inner Br wois da für e/briojil, if,i, dnuu d»n steh im 
der iliomo'Hn.t» ni,;•.}•(; vi H.»n. b'-scj.-Jn'. in ht»röf»i*u 

.Hünif®. emulnilöndcn FnkzündHngHgvoecsso wirklieft und itas- 
BohiiCKKltoi! diuv-.h 'Jen upneilisckcn Eriy-gac dirsm: Kiankheit jmr*- 
•Vui^obfsght wbrdbii, dea wio mimnrhr,- aii^sur Zwidrel yL«ihl, der 
K-^r’Kchei UoriüeiHU’DK 

la di® liblicr bcsclirjßVmt'ii .rAlUTn, in denen, bich bei IiuUvB 


am ; ^clfbehej' : ilHrurdlirenentzündttag 
Aval' iBäweggTiiinj zu tbmser 
Aherglauheii. : ila?g. küi 
Jungfeau göHeiÜ- 


djtU 


- au ‘‘ ^ f n'M>rrh4>e Jittco, AilTriliKg fVi-ilofätis und Kuducar 
djMs ötifwieJcnB hatten r grümlbto sieh durDj.ignoKe'de)' IBmucpeum’' 
■ixUerUnu mv\»\<s\i< r.uf d>e mikroskopisch?'• 1'ui t ers*uehung'•-'d«^- 
Krmikiiidt&prmhmtc md somilaul die Tovmmeibmüc, das FarhuTigs- 
Uflmitmi um) uen eniimvihjL-rr j» cför iiuli.n'M'C'-, AM.iototvou, 
eml nui’ tn oinigeü aelUmi.m Fallen war Ter udlrOskopiKelfe Btv 
lon x d auch durch die Rriimolt-nröii des MiFrüUrganistnus ehhgftFt 
Worden. Fh slud desludh- 7.um gro^» <• T» u u n.u.u iuigto Zweifel 
mu: kinwMhlungon. beyhgiioh Um: TUeutigk'dk der Diagnose in 
jenen FiUlen erhcd/mi wpodei? und ?k gVl.l auch heute noch fteiu 
d‘‘ der Mnitumg huidigeti, ihisk die moh in« Verlaute der Hlemmhoe 
cnt^wivkdmleu iivuernr» . Krauklidten snodijidiirefi Infeeiimum mm* 

Kchtvilwri und -aeFrer Keine md ■ oder sieh auf die redende 




•vtf u u 


J.gyi-i;d'HV;/'nr6S|V 

tBiviTlohd. 


■ >i:diumd»m medieiivirffdj^n Dod- 


IcrddtHlejj Afhm« y^chÄttfct Börden 
^dhFFilh% xnir dev zlöBilicIi vofhreitete 
‘SfTMer dmTh BiiiFohbl (All ftifter 
uiiUrend lies Verlaufe einer Blenorrlw« eine Pleuritif eutwickejt'C 

Dar Miidrhof wurde wotiige Tage nach der Sehr n dum> von 
!'ol>?U’tUrH.ii- und bald darauf Yen )h!a(m\dm' F’ie.untm hmaMf-.n. 
KaT» AiiKuuge .hm .Arztes, der 4e hohaifdelle/ liliitnu ?ieF m diesen 
FonipliealioiHm a.n.kh.U'.»eh l'eriearditiK und Emioeiirdiias hinzug»*- 
Kfdi i, von rieiieh mwh yUÄ klinische tSymfdome lest eben. Dur 
gUitels SarigligioTr- ’ unter den criörderhcdmii VTaröchtämaassr^eln 
«iimiiiH« I'hmmexvadal wunhi vi»u Di\ Mazzu untevsnch*!, der 
nicht «iur duVeh dk mikroskojuseho t'ed«u-;nndiunc die Anw^Fwiheit- 
ru£i in- dgr Form und dem F’hi bnog'överlujJt on J hmo 
Dom'.M«.je.ces gdr-ieiicmlcii Dipibuoeeeu in ilt*n Lmikoevreit v.ud den 
'EmK't hcl^tdKn sornJerti mich ilmwh Auwcmhnjg der 

AVetlheih.F^dhmi Mothode (BtinzÖglltuug.. lg .%$$$$£' MigetitVüg von 
Agar und umusehHoUmn Biutefüm) die AhwoKonhßit j'mlcr ändern 
llaeteriuniona im Exsudat nawhw'oi^un konnten gussoi dmia Dono-, 
rmi'f'Us, der mir dm) ihm oigmum Alerkmakni in den Fuilnrüii 
'Uk io-. - , • Y . ‘.' 

TdiWor Fall ist interessant sowohl w*^» n der 1 o«-ahsanen m 
«Fr Flouern die als Couijdicaiien der Bieuorrhon mich hmht h«* 
sehrieh«uv wurde, als. auch deulialh. wml die. alieinign Yy.uWesenheit 
des ('kwjcvty-m- »1c.lt t um druvli die mikroskopische Fntei'sUeiiüiig. 
KOuderg agTi durch die mich dun gtinmmsteft der luü jm# he* 
kn »blen Atothoile» gcinaohtcn Cuitumr naehgewiesnii wutdu. 

Kdch grdesnres intcrcsBe aber, nicht, wegen der Neuheit, dew 
kniüsthen- Befundes, ^ohdom wmgen dev Itüsulteln der l/actevioFgi' 
st'lmu und experimentellen ClnftTsm-hungrn, hmtcl ein undner von 
mir Mtndirter.Fall ; Fs handelt sieh in diesem Fdlh! tan eine 
junge hrüu.aifn höherem Stunde, die an Bihnorrlme litt mal die, 
weil sk ihre« Krankheit; geheim halte« wollten keinen Äföt- za 
: f'UUte gozogea hakte. Karze Zeit nach di?gor ihrer Krhvä-ulumg- 
M*mM ÄW von IVlyiutemtiö befallnk Der mm hevhöiguzogeno 
Arzt «lOn^tetüdu dop. ^uc.iÜsdnm Fluss, und da die ChdunkenUün- 
dorig am Fhase elften bosemders ernsten Charakter tulgenottuneu 
hatte, bescHloss er utncFDpgrgUftö: vofzftnohitt^». und estrahitte wi- 
er^t, •'lirUer Ärnvimdimg aller hactenologia»)}»)» ATmxsjcittsnimiSs^ghM, 
t-iho gewisse Menge Exsudat. «w 

ft! .diesem eiimmtigon und D-tenziohcmien Exsudato eon.M-ofirte 

ich durch die mikroskopisYhe XTntersn.rdumg'. die» Anwesenheit von 
Mtkroeommb., TT bi den Fitorxeileft enthalten Wftrej» und in den 
FokintncrkutaW sowie hu Fk^ungirverluOteft (6 riun f acM Methode 
oegittev) gänzlich dnn Hlkröooccoii-'g*Hchcm, im Ot^örBumtgtef 
wecdoii. Duvcit teoirtzT'Muiig i.» einer AIFchang vuo, 
Kbihragar timlmehschlieitoin Bhitsmum erhielt ic.h Tel T.wwkDmu: 
«uuer elnzigcit Mikrot»rganisinenfoi'iö, die die ciFFum .Merknude 
hufwtes wie die iu duu Eiternd km enthaltene, Mit diosom ih^ulmt 
gab idi fuicii jedoch nicht vif riedon; ino^ jedem.-'Ffcwand .za- bm 
gf'gner), der bezüglich der RieJitigkeif der tnikroskoi*i$«^ anw 
imcteriotogiKch gefdditztiOn Dhignoiüö s doan num)ioh der ^Qonocoecus 
der ypeoilisirho Erreger der öetenkenteüudtmg war., «ohh orhoixm 
worden lahmte habe ich ein Exjinriment am. Merisetuiu gemacht, 
indem ich »ja« Product der zweiten G*.uit. raBon_ des von n»bt gte 
zvh-hteten MikmcoccuB in die Harnröhre eines Mannes impfte. 

T Bas Individuum, das sich freiwillig mir zur Vorfug-img,stelIte, 
konnte*• zu einem derartigen Experiment als geeignetstes : Fb]C«c 
.dieTivh, Es Unndelt sicJt um ointvn gosumten und kräftigen 2 :ojdhrtgo» 
'Mahn, dm- nie »hm veneHsclm Krankheit irgend welclve.r Art 
habt iiattc und .auss«wdo.m Im goschievddliehen Verkehr öiit 
WOÜdiohtMi Oes'-ddeohf, s.Q «m'ltylfcuru war, dass in teju Atigoniiuc v 
m welchem dus Experirncnt ansgeführt. wimte .mehr als S^r 
Monate seit dem Udzten Coäm yorftmeix waren. unter- 

smihio if» vorhur sorgdütig seifte Ocschhch*sfite‘0 und mmme 
auhb iuikroskopische Präparate dm mir mr die .An\vcs?ii|mit der 
giavohaUohti» Siui-gmabacUlon .divrHmteft ; liimamt wah«ds ich tocne 
und I-iarnroltiv-mirfming' mit stenlisirtem WasstT Uftd 
nüt einer Fhitimiadai eiöü kleifto Alofjgo des der zwditeo ^ J 5. atua ’ 
Wfr nmitmr Cftjtete 

schhümlmut, die Hacnrcdnonöhnmig kalt?» üborsctäfi'itend :wuoc> 
ich iVu.fh sorgfältig vermied, die tdch leim haut iigeßdwie ^ti-vaf- 
hd/Äcn. 

Kmh 5swci TagMi $ptxvickelte sich öliu?. spaeiftsohb Hartir4h r(5 i 1 " 
miizuuiliifig iiiit. ailöh Merkftiaten des gewuholietem TVippmte um 
in. ctecEiitimlteh.Tati^dti--Hieh in reicliiicher Menge Mikroch^ 1 



31. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


eingeschlossen, die die gewöhn Hohen Merkmale aufwiesen und von 
denen ich hier Präparate vorzeige. Patient hielt, meiner Anord¬ 
nung gemäss, den Penis mit steriUsirter Watte umwickelt, und 
die am zweiten Krankheitstage mit dem Eiter gemachten Culturen 
thaten die alleinige Anwesenheit der Gonoeoccen dar, wie man in 
diesen Culturröhren sehen kann, von denen die eine eine Mischung 
von Nähragar und menschUchem Blutserum und die andere ein¬ 
fach erstarrtes Kalbsserum enthält und die beide mit dem am 
zweiten Krankheitstage entnommenen Eiter geimpft wurden. 

In der ersteren Röhre sieht man die kleinen halbdurchsichtigen 
Gonococcencolonieen, in der letzteren dagegen nimmt man gar keine 
Entwickelung wahr. 

Zum Schluss bemerke ich noch, dass die Impfung der Cultur 
in Gelatine, in Agar und in Kalbs-, in Esels- und in Lammserum 
voUständig steril bHeb, währeud die in Glycerinagar gemachten 
Culturen nach 48 Stunden eine sehr beschränkte Entwickelung 
von ganz kleinen und halbdurchsichtigen Colonieen aufwiesen die 
nicht weiter fortschritt. Die Vitalität und die Virulenz dieses 
Mikroorganismus erlöschen bald in den Culturen, wie ich dies aus¬ 
führlicher darthun werde, wenn ich das biologische Studium des¬ 
selben beendigt haben werde. 

Inzwischen glaube ich durch dieso meine Untersuchungen 
den unanfechtbaren Beweis dafür geHefert zu haben, dass der 
Gonococcus sich auch im Innern des Organismus verbreiten und 
hier für sich allein die Entzündungserscheinungen hervorrufen 
kann, die er in den Geschlechtsorganen zu erzeugen vermag, da 
in meinem Falle die logische Kette der experimentellen Thatsachen, 
die zum sichern und absoluten Nachweis des pathogenen Vermögens 
eines Mikroorganismus erforderlich sind, vollständig erbracht ist. 

V. Aus der medicinischen Abtheilung des Herrn Primärarzt 
Dr. Buchwald im Allerheiligenhospital in Breslau. 

Zur Casuistik der Tricuspidalinsufflcienz. 

Von Dr. Ernst Hamburger. 

Wenn bei der Fülle casuistischer Litteratur, welche die letzten 
Jahrzehnte speciell für die Herzkrankheiten gezeitigt, haben, von 
neuem ein Beitrag zur Ergänzung eines längst bekannten klini¬ 
schen Bildes gebracht wird, so darf dieser Versuch nur dann einige 
Berechtigung für sich in Anspruch nehmen, wenn es gelingt den 
Nachweis zu führen, dass der bestimmte einzelno Fall seine Be¬ 
sonderheiten darbietet, die bisher noch nicht die entsprechende 
Würdigung erfahren haben. Zahlreich sind die Beobachtungen, 
welche die diagnostische Bedeutung der namentHch in der Ent- 
wickelungsze.it der physikalischen Untersuchungsmethoden vielfach 
überschätzten Auscultationsphänomene auf das richtige Maass zu¬ 
rückzuführen bestrebt sind, und es wird genügen, statt vieler Be¬ 
weise die Ansicht eines der bedeutendsten Kliniker über diesen 
Punkt anzuführen. Gerade mit Bezug auf die uns interessirende 
Krschemung der Tricuspidalinsufflcienz sprach sich schon vor 30 
Jahren Bamberger 1 ) dahin aus, dass „systolische Geräusche über 
er Klappe nicht das geringste für ei 112 vorhandene Insufficienz 
beweisen. Wie steht es aber im umgekehrten Falle? Kann man 
aus dem dauernden Fehlen eines Geräusches oder besser gesagt 
aus dem beständigen Hörbarsein normaler Töne während genügend 
ausgedehnter Beobachtungszeit den Schluss ziehen, dass der Blut¬ 
ig rom an der Klappe nicht auf abnorme Verhältnisse stösst, dass 
er Klappenapparat in jeder Beziehung gut functionirt? Ueber 
r» fehlen die Angaben so gut wie gänzlich, so dass die 

eronentuchung eines Falles, der geeignet ist, hierauf eine Ant- 
V?« lm negativen Sinne zu ertheüen, wohl von Interesse sein 
ur p . °h lasse zunächst die Krankengeschichte folgen: 
kn» «1 a D i! ^ < ^ a h ro a ^’ ist hereditär nicht belastet und ist sein Leben 
fiWct s Arbeiter an der Bohrmaschine thätig gewesen. Im Jahre 1854 
will i? r ein , e linksseitige Rippenfell- und Herzbeutelentzündung, später 
j, raT1 , ’ ab £ es00en von einigen leichteren, zum Theil chirurgischen Er- 
rmKiingen, ^ gesund gewesen sein kein Potus, keine Lues —, bis 
haus o,f mn i. er ^2 wegen Anschwellung der Beine ein hiesiges Kranken- 
laKRp.n m nsste. Nach einigen Wochen wurde er als geheilt ent- 

WfiffPn V tu 1 * 2 - er h 1 < h e Pflege des Allerheiligonhospitals 

der Rri j^^hnugkeit, Hustens, spannender Schmerzen im Leib und über 
YiiKfnH S 1 - S f lc h se j n Zustand etwas gebessert hatte, verliess er die 
kehrt p ’oILoh o S3 se * ne Arbeitsfähigkeit wieder erlangt zu haben, und 
Hospital zurück ^ e l ) fe m h er m h denselben Beschwerden wieder in das 

be * dieser zweiten Aufnahme war folgender: Ueber- 
voll 6 s Jo 11 kotigem Körperbau, blasser Gesichtsfarbe. Puls 
gleiche ^ fe der Minute. In der rechten Radiafls der 

-—-onus 3 ) wie links. Temperatur 35,8°. Athmung beschleunigt, 

1863. ^ ^ eo ^ ac fl tun g en über den Venenpuls. Würzburger med. Zeitschr. 

? opo ^» Relative Insufficienz der Tricuspidalklappe. 
ueruner klm. Wochenschr. 1893, No. 20—22. 


485 


ThkS f ? 8t ' unbeteiligt, die Hülfsmuskeln in 

lhätigkeit. Pupillen mittolweit, beiderseits gleich, prompt reagirend. 

foucllt ’ ohne Sichtbare Schleimhäute und hintcro Raclion- 

gebilile normal. Am Halse Vcnenpuls, rechts stärker als links, rechte 
q? VOn ^? aVlk ^ bis fest zum Kieferwinkel als cylin- 
dnsch erweiterter Strang sichtbar. Bei emer Compression der Voim be¬ 
steht unterhalb der Gomprcssionsstelle die Pulsation in gleicher Stilrko 

„nh’fnhm der i InClSUr 5 Se o il ! l i nar , i ? st€rai oia kleiner Drüsenlappen sicht- 
Ä bar ’, dei ; an den Schluckbewegungen Theil nimmt. Thorax rechts 
erweitert, aufgetrieben, links von der vierten bis zur zwölften Rippe eiu- 
gezogen. Ein distincter Herzstoss nicht zu fühlen, dagegen von der 
dritten bis zur fünften Rippe zwischen linker Parasternal- und Mammillar- 
lmie eine diffuse Erschütterung sicht- und fühlbar. Lungenbefund: rechts 
lauter bchall, V esiculärathmen, trockene Rhonchi, links kurzer Schall ab- 

g eschwächtes Athmen, schwaches Reiben. Herz: Dämpfung von der vierten 
iippe an, von der linken Mammillarlinie fast bis an den rechten Rand 
des Sternums. Herztöne sämmtlich laut und rein, insbesondere verdient 
hervorgehoben zu werden, dass der zweite Pulmonaltou dem zweiten 
Aortenton an Stärke nicht nachstebt. Abdomen aufgetrioben, starker 
Ascites. Lebor- und Milzgrenzen nicht sicher festzustollen, Palpation 
unmöglich. Scrotum geschwollen. An beiden Unterschenkeln und den 
büssen Oedeme, viele Varicen, am rechten Unterschenkel ein altes Ulcus 
m*ims. Haut- und Muskelreflexe normal, ebenso der laryngoskopische 
Befund. Im Augenliintergrund erst bei leiehtom Druck auf den Bulbus 
Pulsation, und zwar von Arterien und Venen. Urin sauer, beim Kochen 
geringe Trübung, kein Zucker, kein Indican, kein Blut, bisher spärlich. 

Duß Diagnose wird auf Tricuspidalinsufflcienz gestellt, doch wird die 
Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass es sich vielleicht auch ohne eine 
solche lediglich um eine Insufficienz der Jugularvenenklappon handeln 
könne. 

Unter dem abwechselnden Gebrauch von Diuretin, Coffeinum natro- 
benzoicum, Scilla und Digitalis tritt subjective Besserung ein, auch nimmt 
die Urinmenge zu und hält sich durchschnittlich auf 2500 g p. d., speci- 
fisches Gewicht im Durchschnitt 1015. Beim Kochen keine Trübung mehr. 
Der Ascites und die Oedeme verschwinden, Lebergrenzen normal, kein Leber¬ 
venenpuls, Milz vergrössert. Befund am Herzen und an den Haisvonen 
unverändert. Temperatur stets normal. Patient verlässt in diesem Zu¬ 
stand das Hospital Anfang November, kehrt aber bereits nach 14 Tagen 
mit hochgradigem Aseitos, ausgebreiteten Oedemen, starker Dyspnoo 
wieder zurück. Die Störungen gleichen sich dieses Mal nicht wieder aus, 
am 30. November tritt der Exitus ein. Auch jetzt waron bis zum Todo 
alle Herztöne laut und rein gehört worden. 

Die von Herrn Collegen Stolper vorgenommene Section ergiebt 
folgenden Befund: Sehr grosse, kräftige, männliche Leiche mit bräunlicher, 
am Abdomen grünlicher Hautfarbe, äusserst voluminösen unteren Extremi¬ 
täten, weichen, bei Fingerdruck die Delle behaltenden abhängigen Partieen. 
Thorax deutlich asymmetrisch. Rechte Hälfte wohl gewölbt, links in 
Knorpelknochengrenzlinie und weiter abwärts eine Impression. An dieser 
Stelle ist das über den Rippen gelegene Gewebe geschwollen, reichlich 
feucht durchtränkt. Bei Druck auf die Rippen füllt die ungleich stärkere 
Resistenz der linken Seite gegen die rechte auf. Zwerchfellstand rechts 
fünfte Rippe, links sechste Rippe. Hals- und Brustorgano werden unter 
vorsichtiger Präparation der Halsvenen in toto licrausgenommen. Dabei 
zeigt sich, dass die Wirbelsäule vom dritten Brustwirbel ab bis zum 
achten bin leicht von der Mittellinie nach rechts abweicht, doch dürfte 
die Differenz kaum mehr als 1 cm betragen. Die Herauslösung der linken 
Lunge, welche äusserst fest mit der Brustwand verwachsen ist, erfolgt 
nicht ohne Substanzverlust. Beide Pleurablätter links fest verschmolzen, 
in eine gelbe knöcherne Schwarte verwandelt, welche leichte, knötchen¬ 
förmige Prominenzen in die Pleurahöhle hineinschickt. Die andere Lungo 
vollständig frei liegend überragt mit dem vorderen Rande etwa 3 cm weit 
die Medianlinie und zeigt sich im ganzen sehr voluminös. Schlägt man 
den Lungenrand zurück, so liegt der Herzbeutel ausserordentlich breit 
vor, von der stark retrahirten linken Lungo jedenfalls gar nicht bedeckt. 
Von dem Abgang der Cava superior aus dem rechten Vorhof bis zur 
Spitze des linken Ventrikels misst man 23 cm. Die beiden Blätter des 
Pericards sind vollständig verklebt mit einander, an der Spitze leichter, 
an der Basis nur mit Mühe trennbar. Das Herz doppelt so gross wie die 
Faust der Leiche, rechter Vorhof und Ventrikel ausserordentlich stark, 
linker Vorhof und Ventrikel in geringerem Grade mit flüssigen, dunklen 
Blutmassen erfüllt. Die Venen, welche vom Herzen oberhalb verlaufen, 
erwiesen sich in situ nicht mehr prall gefüllt, liegen aber in grosser 
Breite da. Die Jugularis communis misst in der Höhe der Schilddrüse 
4,8 cm, die Anonyma oberhalb der Theilungsstelle der Cava 5,2 cm, die 
Sinistra an derselben Stelle 5 cm. Die Segel der Jugularvcncnklappo 
zart, ohne Besonderheiten. V 011 dem eröffneten Vorhof vermag man bequem 
mit vier Fingern einer Hand in den Ventrikel zu gclangon, und es bleibt 
daneben noch ein nicht geringer freier Raum. Der rechte Vorhof und 
das Herzrohr bietet nichts besonderes dar. Der rechte Ventrikel ist sehr 
stark dilatirt, von dem Klappenringo der Pulmonalis bis zur Spitze misst 
man 15 cm. Die Wand dos Ventrikels ist im Mittel 1 cm dick. Sehnen- 
f&den und Klappensegel der Tricuspidalis äusserst zart, frei von jeglichen 
Auflagerungen. Muskulatur blass, grauroth, zeigt an den Papi Harmuskeln 
deutliche Schilderhauszeichnungen. Linker Ventrikel ebenfalls erheblich 
erweitert, seine Wand nicht verdickt, 2 X U cm. Herzmuskelfleisch zeigt 
dieselbe Farbe, nicht sehr derb. Die Mitralis, deren Segel zart, ist für 
drei Finger bequem durchgängig, an der Aortenklappe und dem übrigen 
Endocard keine Veränderungen. Die linke Lunge ist otwa um die Hälfte 
des normalen Volumens geschrumpft, zeigt durchweg vermehrte Consistenz 
und ist an der Spitze beim Horausnehmen zertrümmert. Die Pleura ist 
zumeist an den Rippen mit haften geblieben, nur an den unteren Rand- 
partieen noch erhalten. Die Schnittfläche zoigt ein schwarzes, durchaus 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22 


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luftleeres, derbes Gewebe, die grossen Bronchien sehr starrwandig, ge- 
röthet, schleiinbedeckte Schleimhaut. Die unteren Randpartieen zeigen ver¬ 
mehrten Saftgehalt und noch Spuren von Luft. Die rechte Lunge durch- 
weg von schwammiger Cousistenz, auf der schwärzhch-rothen Schnittfläche 
überall von mittlerem Luftgehalt, aus den Überlappen entleert sich grünlich 
schimmernde, schaumige Flüssigkeit. Die Schleimhaut des Rachens und 
des Zungengrundes bräunlich-roth, mit grünem Schleim, Speiseröhre blau, 
mit weissen, miliaren Prominenzen besetzt, Kehlkopfknorpel stark ver¬ 
knöchert, Schleimhaut grünlichblau, Trachea mehr blauroth. Bei der .Er¬ 
öffnung des stark aufgetriebonen Abdomens entleeren sich mehrere .Liter 
klarer? grünlich-gelber Flüssigkeit. Die Leber: rechter Lappen zwei 
Finger über den Rippenbogen hinaus, zwischen ihr, der Pars pylonca des 
Magens und dem Colon um den Hals der Gallenblase zahlreiche Pseudo¬ 
ligamente, die die Gallenblase massig einschnüren. Blase leer, Prostata 
nicht vorgrössert. Darmschlingen meist collabirt. Milz vergrössert, im 
Höhen-, Breiten-, Dickendurchmesser 12 cm, 12 cm, 4\'a cm. An dem 
graublauen, verdickten Uebcrzug zahlreiche miliare, röthliche Bläschen- 
excrescenzen. Consistenz derb. Auf der braunröthlichen Schnittfläche 
Zeichnung gut erkennbar. Nieren beide gleich mittelgross, ziemlich 
fest, beim Abziehen der Kapsel bleiben stellenweise sehnige Membranen 
hängen. Oberfläche graublau, ziemlich glatt, Venensterne hier und da 
deutlich. Auf der Schnittfläche ausser der dunkeln Farbe der Pyramiden 
nichts besonderes zu bemerken. An der Leber selten schöne Muskatnuss- 
zeichnung, ihr seröser Ucberzug sehnig verdickt, Consistenz derb. Die 
Gallenblase zeigt eine geringe Verdickung ihrer 'Wandung, sie enthält 
dunkelbraune, etwas grünliche Galle, die sich auf Druck leicht ins Duodenum 
entleert. Pankreas derb, ohne Besonderheiten. Nebennieren broite Mark¬ 
substanz. Magenschleimhaut zeigt bei diffuser bläulicher Verfärbung eine 
Injection der submucösen Gefässe. Darmschleimhaut im ganzen etwas 
aiifgelockert und cyanotisch. Gehimsection ohne Besonderheiten. 

Wir haben es demnach mit einem Fall von Tricuspidalinsufficienz 
zu thun, der in den vielen Wochen, in denen er auf der Abtheilung 
von uns beobachtet wurde, auch nicht vorübergehend für die Aus- 
cultation Abweichungen von der Norm geboten hatte. Dass über¬ 
haupt, trotzdem auch die Hypertrophie des rechten Ventrikels 
infolge der Volumens Vermehrung der rechten Lunge nur in geringen 
Grenzen nachweisbar war, die Diagnose richtig gestellt wurde, hat 
seinen Grund in der Stärke des Venenpulses, von dem schon 
Bamberger 1 ) behauptet, dass er das einzige sichere Symptom der 
Tricuspidalinsufficienz bilde. Und doch ist in keinem der uns zur 
Verfügung stehenden Lehrbücher von Strümpell, Eichhorst, 
Gerhardt, P. Guttmann, Leube und anderen, auch nicht in der 
detaillirten Ro sonst ei n’schen Monographie über Circulations- 
störungen in Ziemssen’s Handbuch mit genügendem Nachdruck 
betont, dass auch gröbere functioneile Störungen an den Herz¬ 
klappen nicht von einem Geräusche begleitet zu sein brauchen. 
Einzig und allein Dieulafoy 2 ), dessen Arbeit mir leider nicht im 
Original zugänglich war, beschreibt einen Fall von Tricuspidal¬ 
insufficienz, in welchem bei einer enormen Erweiterung des Ostiums 
die Töne stets rein blieben. Dieser Autor erblickt eben in dem 
hohen Grade von Dilatation den Grund dafür, dass eine Wirbel¬ 
bildung im Blutstrom unmöglich wird, womit auch die Vorbedingungen 
für das Zustandekommen eines Geräusches wegfielen. Diese Er¬ 
klärung kann man auch ohne jede Einschränkung für unseren 
Patienten ins Treffen führen, und wenn wir uns für berechtigt ge¬ 
halten hätten, auch bei ihm eine sozusagen maximale Erweiterung 
dos Ostiums anzunehmen, würden wir unsere Diagnose einer Tricus¬ 
pidalinsufficienz schon von vornherein ohne die Reservatio mentalis 
einer blossen Insufficienz der Jugularvenenklappe, wie sie Fried- 
reich 3 ) beschrieben, gestellt haben. Es ist in der That im 
höchsten Grade auffällig, dass Compensationsstörungen den Patienten 
erst dann veranlassten, ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen, 
als sich das Vitium bereits in so hohem Grade entwickelt hatte. 
Dem Patienten selbst war von der Pulsation am Halse nichts be¬ 
kannt, bis er während seines Hospitalaufenthaltes im März 1893 
von dem behandelnden Arzte darauf aufmerksam gemacht worden 
war, später achtete er mit grosser Sorgsamkeit auf die Gefäss- 
bewegung. 

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem Chef, 
Herrn Primärarzt Dr. Buchwald, auch an dieser Stelle für die 
gütige Ueberlassung des Falles, • sowie für seinen steten Rath beim 
mündlichen und schriftlichen Verwerthen desselben meinen ergebenen 
Dank zu sagen. 


VI. Ueber Sklerodermie. 

Von A. Eulenburg. 

(Schluss aus No. 21.) 

Der dritte Punkt, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken 
möchte, betrifft die pathogenetischo Beziehung der Sklerodermie 


*) 1. c. 

2 ) Citirt nach Eichhorst’s Handbuch 1885, Band I, p. 129. 

3 ) Ueber den Veiienpuls, Deutsches Archiv für klinische Medicin 1866. 


zum Nervensystem, ihre Auffassung als eine in gewissem Abhängig- 
keitsverhältniss vom Nervensystem stehende Ernährungsstörung, als 
Trophoneurose“. Ich habe dieser Auffassung schon vor zwölf 
Jahren in der erwähnten Abhandlung der „Zeitschrift für klin. 
Medicin“ das Wort geredet; sie ist bald darauf von E. Schwimmer 1 ) 
in seiner vortrefflichen Monographie der neuropathi sehen Dermatosen 
mit Eifer und Sachkenntniss verfochten worden, und sie scheint 
nach und nach sich auch mehr Anerkennung selbst bei Dermato¬ 
logen zu verschaffen, die ihr ursprünglich ferner standen und einer 
anders gearteten Auffassung der Sklerodermie huldigten, wie z. B. 
Kaposi 2 ), der früher ein mechanisches Hinderniss — stellen weises 
Stagniren der Lymphe in den Gewebsräumen der Gutis — als Grund¬ 
lage der örtlichen Veränderungen anzunehmen geneigt war, gegen¬ 
wärtig aber „eine vom Centralnervensystem influenzirte trophische 
Störung“ als entfernte Ursache der Krankheit anerkennt. Von 
Schwimmer werden ausser partiellem und universellem Sklerem 
noch Hautatrophie, Myxödem, Lepra, Ichthyosis dieserClasse 
der „constitutioneilen Trophopathieen“ zugerechnet, während 
ihm ’u. a. Raynaud’sche Krankheit und Elephantiasis (Ara- 
bum) gleichfalls als Trophoneurosen der Haut und des subcutanen 
Bindegewebes gelten. Ich will dies nur anführen, um darauf hin¬ 
zuweisen, dass alle die genannten und noch einige andere erst 
neuerdings gewürdigte Krankheitszustände (Morvan’sche Krankheit, 
Erythromelalgie) ja in der That symptomatisch-klinisch manche 
Aohnlichkeit oder, wenn man so sagen will, Verwandtschaft dar¬ 
bieten und mitunter sowohl combinirt Vorkommen, wie auch durch 
Uebergangsformen unter einander vielfach in Zusammenhang zu 
stehen scheinen. Ich bedauere, nicht schon heute auf eine Patientin 
Bezug nehmen zu können, die ich mit Herrn Georg Meyer zu¬ 
sammen beobachte und die Ihnen dieser das nächste Mal vor¬ 
zuführen die Freundlichkeit haben will; es handelt sich dabei um 
ein Gemisch von Erscheinungen der Elephantiasis, des Myxödems 
und ; der Raynaud’schen Krankheit. Die nahen Beziehungen 
zwischen Elephantiasis und Sklerodermie sind ja eben durch das 
beiden Erkrankungen gemeinschaftliche Element der Lyrnph- 
stauung der Cutis und des subcutanen Bindegewebes gegeben, 
wegen deren beide als „Stauungs-Dermatosen“. (Auspitz) 
zusammengefasst wurden — wozu dann allerdings bei der Sklero¬ 
dermie noch die eigenthümliche Form der Gewebsverdichtung mit 
Tendenz zur Schrumpfung des verdichteten Gewebes als specifisch 
hinzutritt. 

Allein alle diese Betrachtungen führen an sich nicht viel 
weiter. Für die Auffassung der Sklerodermie als einer Neu¬ 
rose, einer cutanen Trophoneurose müssen immer zwei Um¬ 
stände von entscheidender Bedeutung sein, nämlich der Nachweis 
entsprechender klinischer und pathologisch-anatomischer 
Befunde. Mi t beiden ist es aber bisher ziemlich mangelhaft bestellt. 
Was zunächst die klinischen Befunde betrifft, so müssten wir 
uns dabei vorzugsweise an die in Sklerodermiefällen beobachteten 
unzweifelhaften Innervationsstörungen, sensibler, motorischer, 
secretorischer, trophischer Art halten. Die sensiblen Störungen 
gewähren, wie wir gesehen haben, eine ganz geringe Ausbeute, 
abgesehen von den spontanen Schmerzempfindungen und in mannig¬ 
faltiger Form (als Jucken, Kältegefühle, Spannungs- und Ermü¬ 
dungsgefühle) auftretenden Parästhesieen, deren Ursache sehr ver¬ 
schiedenartig sein kann und deren specielle Entstehung m diesem 
Falle ganz in Dunkel gehüllt ist. Motorische Störungen im 
engeren Sinne — abgesehen von der durch die Hauterkrankung 
bedingten Bewegungstörung und den noch zu erwähnenden Muske “ 
atrophieen, sind jedenfalls überaus seltene Complicationen, tenien 
aber nicht ganz (in dem citirten Herzog’sehen Falle, der auc 
mit leichten Sensibilitätstörungen, mit Degenerationzeichen, otmi- 
munganomalieen u. s. w. verbunden war, bestand eine Parese es 
Facialis und Hypoglossus). Viel wichtiger und häufiger sind a- 
gegen Störungen der trop hi sehen Innervation, in Form von 
Hypotrophieen, Atrophieen und Paratrophieen (Dystrophieen), nie 
bloss der Hautgebilde, sondern auch der darunter liegenden laei , 
Muskeln, Knochen, Gelenke. Vor allem sei nochmals an die se i 
erwähnten Beziehungen zur Hemiatrophia facialis p ro gTes s iva, wie 
auch zu der entsprechenden seltenen Atrophie einer Körpern 
erinnert. Zuweilen beginnt die einseitige Gesichtsatrophie, 1 
Fällen, wo man ihre Entwickelung von den ersten Anfängen ve 
folgen kann, geradezu mit einem oder mehreren solchen Eklere - 
flecken, an Kinn, Schläfe, Wange, Unterkiefer, die sich da ^ 
gewöhnlich weiterhin durch Hautatrophie, braune Pigmentirung 
oder völlig weisse Entfärbung von ihrer noch anscheinend norma 


x ) E. Schwimmer, - Die neuropathischön Dermatosen. Wien un 
»ipzig, Urban & Schwarzenberg, 1883. . „ ,r, n „. 

2 ) Vgl. den Artikel „Sklerodermie“ von Kaposi m der Neai- .. 
ipiidie der gesammten Heilkunde, 2. Auf!., Bd. XVin, und „Path e 


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31. Mai. 


D EUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


beschaffenen Umgebung differenziren. An den Knochen und Ge¬ 
lenken beobachten wir auch bei Sklerodermie, namentlich bei der 
als Sklerodaktylie bezeichnten, die Fingerphalangen ergreifenden 
Form auffällige Veränderungen, insbesondere Schrumpfung und 
\erdünnung der Knochen, Auftreibungen und schmerzhafte knottee 
Verdickungen der Gelenkenden (wie sie in ähnlicher Weise auch 
bei Morvan’scher Krankheit und Erythromelalgie Vorkommen) und 
Beugecontracturen fast aller oder einzelner Finger. Sehr gross ist 
hier wie bei der Morvan’schen und Raynaud’sehen Krankheit 
die Neigung zu ulcerativen und gangränescirenden Processen’ 
worauf neuerdings u. a. Friedheim 1 ) wieder aufmerksam gemacht 
hat, der auch bei einem Kinde rasch fortschreitende ulcerative 
Gangrän der sklerematös infiltrirten Bauchhaut beobachtete Sehr 
häufig sind bei der sogenannten Sklerodaktylie Nagelerkrankungen 
Panaritien, Hautulcerationen, besonders auf der Streckseite der 
Finger; auch erinnere ich nochmals an die vorerwähnten Fälle von 
ringförmiger Abschnürung und Spontanabstossung einzelner Finger¬ 
phalangen, die in überraschender Weise das Bild mutilirender Lepra 
reproduciren. Ich möchte dabei wiederum hervorheben dass Zam- 
baco und v. Düring neuerdings den genetischen Zusammenhang 
von Morvan scher Krankheit mit Lepra, für einzelne, unzweifel¬ 
haft typische Fälle nachdrücklich betont haben; auch sei an die 
sogenannten Cagots in einzelnen Pyrenäenthälern erinnert, bei 
denen Nageldeformationen und Geschwürsbildungen, Panaritien, als 
typischer Befund endemisch Vorkommen und bei denen es ’sich 
nach Magitot um eine durch vielmalige Vererbung abgeschwächte 
benigne Lepraform handeln soll. — Nicht ganz selten ist ferner 
der Befund von Mushelatrophie, zum Theil von rocht bcträcht- 
licher Intensität und Ausdehnung, worüber von guten Beobachtern 
wie Westphal 2 ) (in dem zweiten der von ihm mitgetheilten Fälle) 
Schwimmer, Herzog (1. c.) Angaben vorliegen; die Muskelatrophie 
beschränkte sich dabei nicht bloss auf die sklerematös afficirten Glied¬ 
abschnitte, sondern war auch an Theilen, wo die Haut Veränderungen 
fohlten, z. B. in den, Westphal’schen Falle an der Muskulatur der 
bchultergegendem hochgradig entwickelt. Ich darf hier auf das be¬ 
kannte Vorkommen atrophischer Paresen bei Morvan’scher Krank¬ 
heit Bezug nehmen, sowie darauf, dass ich selbst einen Fall von aus- 
gebreiteter Muskelatrophie (juveniler progressiver Muskeldystrophie) 
m Verbindung mit Erythromelalgie beobachtet und mitgetheilt habe 3 ). 
— Neben den typischen Störungen der Hautgebilde, der Muskeln, der 
hnochen und Gelenke können dann secretorische Störungen, Ano- 
maheen der Schweisssecretion, eine Erscheinung des Krank- 
heitsbildes ausmachen: jedoch, wie schon hervorgehoben wurde, 
Keineswegs immer in der Form der Anidrosis, statt deren vielmehr 
bald normale, bald sogar krankhaft vermehrte Schweisssecretion (Hy- 
pendrosis) — wie bei Raynaud’scher Krankheit und Erythromelalgie 
ebenfalls vorkommt. — Endlich sind noch die allgemeinen 
rirnahrungsstörungen zu beachten, die sich in ungünstig ver¬ 
aulenden Fällen in mannigfachen Digestionsbeschwerden, in öfters 
rapidem Absinken der Kräfte und des Körpergewichts, und — in 
o enbarem Zusammenhänge damit — in psychischer Verstim¬ 
mung bis zu schwerer melancholischer Depression kundgeben: einer 
epressmn, die natürlich auch durch die von der Localaffection 
selbst herrührenden Beschwerden genährt und verstärkt wird. Es 

aU ? a ?, d ! e a ^ er dings seltenen Combinationen mit Addison- 

er Krankheit (Fogge, Rossbach) und mit Leukämie (Heusner) 
erinnert. 

Ein Umstand ist schliesslich zu erwähnen, der zu Gunsten 
:“ er p ne ^°P a thischen Entstehung der Sklerodermie einigermaassen 
, fällt; es ist dies die eigenthümliche Verbreitungsweise 

No™ aU ^ rkrankun £’ ö ^ ters d en Richtungen einzelner peripherischer 
7 i ^ustämme und Nervenäste entsprechend, und halbseitig, dem 
a,„T j ch ’ wovon u - a - Kaposi mehrfache Beispiele anführt. 
aucü andauerndes Beschränktbleiben auf eine Körperhälfte ist (u. 

achteterfen V ° n Friedheim ’ 1 c -) in einzelnen Fällen beob- 

n i.i .Wenn somit die klinischen Befunde der Annahme eines neuro- 
o tr J c Ursprungs der Sklerodermie wenigstens theilweise zur 
sohor c ®f en ’. so . dagegen von pathologisch-anatomi- 

i pi -, . 061 j 111 dieser Hinsicht bisher gar keine Beihülfe ge- 
Sflötinn worden - Eie Zahl der gemachten oder veröffentlichten 
Sklerodermiefällen ist überhaupt ausserordentlich 
in A■nerv a dl ese Kranken wohl nur selten die Hospitalbehandlung 
In HoT, P ^ C ?. nehmen und noc ^ seltener bis zum Ende dort bleiben. 
Dh.w, bePdhmt ff ewor denen und stets citirten Falle von West- 
_^ qem ersten der beiden 1. c. mitgetheilten) fanden sich be- 

Sklernd^rmT/ 1 h e , 1 “ 1 Einige casuistische Beiträge zur Kenntniss der 

*SSi°; Ueuteche med. Wochenschr. 1894, No. 9. 
gang 1876, p 341 Zwei FäIIe von Skleroderma. Charit^annalen 8. Jahr- 

*) Ueber Eiythromelalgie. Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 50. 


487 


ofnl ^u 1 er . 23jahngen ’ Plötzlich verstorbenen Kranken - 
einer Handarbeiterin - multiple partielle Indurationen der 
Hirnwindungen, sowie ausserdem fibröse trabeculare Mvo- 

Bvonoh^’ Er T e ; te T g ,^ e ? Herz ° ns ’ cn S° Aor ta, Tuberkulose der 
Bi onchial- und Trachealdrusen, Hyperplasie der Follikel der Milz 
und des Ileum multiple partielle interstitielle Nephritis, hämor- 
rhagischer Infarct der rechten Niere, Lungenödem. Westphal 
selbst bemerkt 1 ) in der Epikrise des Falles: „Die Ansicht dass 
die Induration der Hirnsubstanz nicht als eine Theil- 
erscheinung des allgemeinen Krankheitsprocesses, son¬ 
dern als Ursache desselben aufzufasson sei, ist so un¬ 
wahrscheinlich, dass sie wohl keiner besonderen Wider¬ 
legung bedarf“; er hebt auch die ebenfalls als Theilerscheinung 
des allgemeinen Processes aufzufassenden Veränderungen der 
Herzmuskulatur hervor, die wahrscheinlich die Ursache des 
plötzlichen Todes bildeten. Eine Andeutung ähnlicher Verände¬ 
rungen findet sich nur noch in dem von Westphal citirten Falle 
von Tüngel-Arning 2 ), wo es in dem Soctionsberichte von der 
mrnsubstanz heisst, dass sieblutreich und die Marksubstanz ver- 
dichtet sei. — Was das Rückenmark betrifft, das in dem 
Westphal’schen Falle leider nicht untersucht wurde (da die Er¬ 
härtung aus unbekannt gebliebenen Gründen missglückte), so stehen 
sich hier ein positiver Befund von Chalvet und Luys („Sklerose 
der Vorderhömer“, bei universellem Sklerem) und ein negativer 
von Chiari gegenüber. Auch an den peripherischen Nerven, 
die in dem Westphal’schen Falle von E. Remak untersucht 
wurden, hat man bisher — ebenso wie an den Sympathicusganglien 
— keine nennenswerthen Veränderungen gefunden. So müssen wir 
denn zugestehen, dass von dieser Seite her einem besseren Ver¬ 
ständnisse der Sklerodermie einstweilen noch nicht beizukommen 
ist, und müssen uns auf die schon hervorgehobenen Analogieen 
mit einer Reihe anderweitiger, mehr oder weniger verwandter 
Krankheitszustände beschränken, denen gegenüber wir uns, was 
die Wahrscheinlichkeit eines trophoneurotischen Ursprungs und 
das Fehlen oder die Negativität pathologisch-anatomischer Be¬ 
funde betrifft, in ganz ähnlicher Lage befinden. Ich habe den Ver¬ 
muthungen, zu denen wir in Bezug auf den wahrscheinlichen 
centralen Ausgangspunkt manniclifacher trophischer Störungen 
berechtigt sind, kürzlich bei Erörterung des Symptomencomplexes 
der sogenannten Erythromelalgie (1. c.) Ausdruck gegeben und 
möchte hier nur hinzufügen, dass ich mich den Anschauungen 
von G. Lewin und Benda 3 ) vollkommen anschliesse, wonach der 
Ursprung der Eiythromelalgie im Nerversystem in einzelnen Fällen 
peripherisch, in anderen dagegen central ist. Das Gleiche mag 
wohl auch, wie vielleicht spätere Befunde herausstellen werden, für 
die Sklerodermie gelten. Möglicher Weise dürften auch genaue 
örtliche Untersuchungen der innerhalb der sklerematösen Haut- 
partieen gelegenen Nerven — an denen u. a. Babes Verdickung 
der Scheiden und fettige Atrophie gefunden haben will — noch zu 
verwertbaren positiven Ergebnissen führen. 

Gestatten Sie mir schliesslich noch wenige Worte über die 
Prognose und Behandlung der Sklerodermie — wobei ich 
mich selbstverständlich auf die wohl charakterisirten Fälle von 
diffusem, universellem Sklerem der Erwachsenen beschränke. 
Die Prognose ist im allgemeinem zwar nicht günstig, jedoch 
keineswegs hoffnungslos; es kommen unzweifelhaft bedeutende 
Besserungen und selbst „Heilungen“ vor — Heilungen in dem 
Sinne, dass die Verdichtungen im cutanen und subcutanen Gewebe 
grossentheils rückgängig werden, die gesammten Beschwerden und 
Functionsstörungen sich auf ein Minimum reduciren, so dass 
nahezu die volle körperliche Leistungsfähigkeit hergestellt wird. 
Solche Erfolge sind u. a. in zweien der schweren, durch diese 
Wachspräparate veranschaulichten Fälle bei Patienten der Lassar- 
schen Klinik, von denen Herr Lassar einen in der nächsten 
Sitzung vorstellen wird, erreicht worden. Ein Theil der voll¬ 
entwickelten Fälle bleibt dagegen unheilbar und führt sogar 
nach in der Regel mindestens mehrjährigem Verlaufe unter fort¬ 
schreitendem Marasmus oder durch Herzaffectionen, Nierenerkran¬ 
kung und sonstige Complicationen zum Tode. Immerhin ist, da 
nach Kaposi für die locale Affection nur im ersten (sklerotischen), 
nicht im zweiten (atrophischen) Stadium die Möglichkeit einer 
Rückbildung besteht, eine möglichst frühe Erkenntniss und thera¬ 
peutische Inangriffnahme des Leidens auch in dieser Hinsicht geboten. 

Was nun die speciellen Behandlungsmethoden betrifft, so 
spiegelt sich darin natürlich das eigenthümliche Doppelverbältniss, 
in dem die Krankheit einerseits zur Dermatologie, andererseits 
zur Neuropathologie steht. Während jene mit dem Heilapparat 


>) 1. c. p. 359. 

*) Würzburger med. Zeitschrift p. 260. 

3) G. Lewin und Th. Benda, Ueber Erythromelalgie. 
klinische Wochenschrift 1894, No. 3. 


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In'kiAmp:, -. __ 

VII- Feuilleton. 

Bericht übet die Feiet <le& öOjabrigeT» Stiftnngsfenfes 


Sduru. wai.dm sttda im Han. (» mkum'.la» • ‘•rknmlvq« 
s 4a Ymur^mü« 1 ünd >-<> dir. Kju»dmmid>iMhl<mu;' ümuPi'uta 

Aui d.-m.' 'V|H>orm', a-nirim \om iuu}.•(«'•}• ,>dt.u id.-sbur '.muh koina 
Badtütmtum -udmd.m imk bmd.t diu Chlurufoim)- mnl Chioivij- 
Umrmdm Nru^"f ■ huv, truimr aim? ' V%,nnehruu- dot •.a^itjophiiba 



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Fmudifi'ifiudt arm., nid bi 'Mi der iiiimi zu nvamm«. «düi-iau Urui- 
Iml Fc-biitiff in. dim letzt in Z-H uammiHiM fU<-. 
H.anm^uftViU^dipjdnuir- und psTfumieu; te« . vor «Fr. 

Cihi.rnUou mar brnimitamte Vnmabnm^ InrnFmd, dm aaui. Mr, • 
Qj&Ovtiüfl mein* fdjjnuU mmdar alamlmr, int, »in: Phosptiri- 

.b'äu fmrni$8i.d'ioidU W£T vati \V iHd i-'kr*ii. . \ v m; «nl»li»»:i-ißli •Fahling ;> 
lu’Cnl-u bei der ’ßbtnmdl.üiw dia* Orftmumu.bKic aidmiiiiid, ^d-lad »>** 
Ü mi dj(. Ci.YifutiOH und mdd laat >hm l’ow W ä^ : * 

{msdmiuiiypkUbm }m Fuiilid- laftmc .Nm Urit-Mn«, üM »ifttl 
d.mmdbmi sialrdn als p'efmili aü bütraublmt: Tön den ferm - 

fliümr «if.d t'titit üVhf.'iil, «-iü‘T -ufnorix-H und .daun rraidivirl, 

Wüiwväd Uitzmad« fid b lud ßv\ 

j idrfihinÜmv kinmim, kun/ion nir iut?v dmvhndiuinüuii vm» W.% 

1 K.iilrnav bcriiOiteö, ,. _...-■ - 

Auf Auirm' .km VA^sitzendon, Horrn Jmqu'n, rvnd diu !*h-.. 
cust-iou. vm-«•}*<»bm bi?t nue-i» dma \ (ndl’A^u von 

• n: Herr Orihmaktv; liditrft» tut Brndkuinnp' Htm- 
ktmdB)U 1 1 .■ i .iHtmomaiari.u Vurin^fadot hat vm mobr ni. 
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B. S‘. Sah \i\ti <■ tdütuU fdöknd.a’1 an war, deimkkivirU eäuu. Anznfd 

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1. Z-o Amin-.n, w.ldu dm m>u v W i in hmi ■,-<{. mi^ . /a*. > ; /.vV-ur i.n Jk-««n Juf f ummb f My t«b*n i . i‘«m b ' ,tl1 \ ni '‘ v ‘ } 

mH giUnin ErH^' m%efübrt: 0 - . MeilvadV d^A -'.tte-R?;?}- ‘ in’Mcm _Aun'.dß^sHbm-- Sudh • Xhr eine f(|r ; amvty H • 

Jur b im jH*ij ti^t^l- Oj»oi’ü ii uw dtfVyifdfmf' V r W»a.-t rpbittd. 4 4 n <nkian^lmi ln Ha{ji»• <‘t*kl'nkFUn lc Oti*Hn t> \v»>rdmi 

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jiiv v,xi ~r- , dar 4h» hbi iidorualoeik ft^)!.- 


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mid deinen i'ddkozutrdnddu' ÄuriiokdÜUren will Om i nh H u# .nin» 

Tboouu .M ‘dfi ui,-all « kiirxli* li l..“i:Hi^t Wurdi.sy dnfid. !,» oli:n M m.i" 
v.ja 1 i M'in'i/n'i und \ ü.’t LSnn- km'-, ü - H»« Hwdm*' 0' 

at'nuüm ihm <)\mriyl-<dd? , 'n-if'Miisht'r nur nofdi fm. i H'lik, !!(1!i 


diu Bluse < ireu d em ringet um die FmieKdlnintj *.»:n •!**!• \’;i-ia:it- 
wand al-gH.mt wird- hierdureh ^Mijpt die j'if.^*’l*"j!T/iuu- m.-in 

von; i-idl.st 1-j'bdH.crioimiig jr^idi dmr ptneö. m nfo nmJ' .kr.kti dMin 
A. }.{ 5aiJS.rS.-4 -k r i ;!'i‘ int'dn -ItUi X-dn gm-"iduftfrir u erdm;; 
daddfkr wird iVanii dH BidjiddnnfmtiHuniKiut. vemdiai^k 

'*$) BVk X-ongöu3tiib^ M.ySriiaaefeoi» Uch p^räa-iiii nndru 
Tk.dies der Ni. dt. 1 tM-h ihm : *-. r Hi die« *lm‘ fiudt» tidur b«-ou- 
arddeu ; Ftdt: di- j'rnhenm vier Fülle'sind im-ea riehen küi Mauihiiw 
B uwloii, dofb-r- \ f rvi iiow und l\ .»n 4 m will - Jbij.'r AH 
VrmlmponH'-udba Atoiuenf h*dd Y. W n.ekeiA.U«> iebdH' votAorumondeU 
/.ovrmugoii imd Traunum jiü- tim iTmsrhlagkidle des. .NalmHt.VHiiji-es 
iiervi.r; in diesem Fuij war dH Nfiijel^o-btuiV (jUdr■■iiimr den S. imirr» 
des Kmdok ges-gdt 1 ttgea und butte dort eine* tiefe- Furrfm- firutei*' 
4a%feo?r. . ••.' ■ '■" •. v ; -U •;■ 

di) AHbijdnng. diüoi 
I flb'e?«ju;.t^nbheib 

4) i^iiotie-iopilieeueiJibr /kit’fdi diaeSüiuuu-uiniB iirrvm^^vuHn^u. 
-'ent angr-v, dbnlieün« Hftvclif'.ovin,* 

. bl. AvbhUdnögeo' mkH* r^kidy j»d h dn : Kiiy dt o mH. 4es 

mvarium . w-ideh»^ "vor. iji»»gerci‘ Zeit, -.oimrivf.- worden ntid Ms j-izt. 
ulme. Keei'ijv gebiiebau int. 

. b) .BJiutögrnkliieebi wedeW. .dü> A n^HHn n ^ d er in 

d'm luntsFPü ..BUflerii von Tiftik iinjAtelien. 


llio-assLoii: IJorv ObroAok (Wien! Kot md Hnnk dm 
rntronmn.-herf Tbemit' A ; er8uu)id ndt r fe kVmrotXyiU' utuHdHör.i ^ 
Mdnniddmg in däem Ml bat er Aumu täjmfi 

i-inein ;inder».*ir ühdk. i'liiu- ' 

leyncr in >u ht. Id- y.alin lAilluii dH r':>.-k:rdi>u '*jb'v den j mi< e< 
.»na* .ht; ib zwei- Falten iiitt m ;eimoljiös; 



llarniM i}| trnpuHie >r \m rbindi nonge* 


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unier-u<a nt AdUnfaä, »i,i die .Setuui-rzbHiHgkeii und IkogaamKnH 1 
Euaolini oft mudi fiel Oastvatum fuilbestAinUm, . ,- 

Herr Febüna Hbiile a. A, -lauid, da^ man md ^ dm .•*• 

Bedien; dff- I VitieniinneH ^44»*)’ AtnileüvyoHo TKr '^ 1 m . 

-igii ben dte dH |^i*tdi . i\& FdftHditul km * b - 

Oowadit leev-a du Bo, . . A . » 

Ho»t nvllinuiin beioni Here». \. \\' in«'!•::•! gewemibek 

..., .. , in soinünv Mir. nneb H»rtwöhrende UealundHiUigmi van- J' 1 !.; 1 

»etf)ut^, ibms die j ji.'r/iln'-liev Haiti:. stsdHbnabvn; für ibe? befitdlH® 1 ^ ; 

von Scb rüder \ sju-erb«* ivuvb k»4?oo • der .Fdimkuid. dH FnlienlJT. A- v 

f Afangem' Zi-it otnrnr» iu< ins weuj-rr als felubteft Lkn-ui- [if '- . 
i lipHdadV ötme Hefeontlet'e BeHeU w ei'dnir Yddie^k. 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


31. Mai. 


4. Herr A. Martin: Zur Behandlung der Pelveoperi- 
tonitis chronica adhaesiva. Bisher hat man mit medicamen- 
tüser Behandlung und Massage nicht viel erreicht; Hegar hat 
früher, aber auch wohl nur bei gleichzeitiger Erkrankung der 
Tuben und Ovarien, die Castration bei Pelveoperitonitis chronica 
adliaesiva empfohlen. Seit einiger Zeit hat A. Martin bei der¬ 
artigen Fällen nach der Laparotomie dio Adhäsionen stumpf ge- 
tiennt, Tuben und Ovarien aus ihren Verwachsungen losgelöst, 
den eventuell retrollectirten und fixirten Uterus ebenfalls gelöst’ 
die oft straff angespannten Ligamenta sacro -uterina durch 
streichende Bewegungen gedehnt oder im Nothfalle durchschnitten 
und schliesslich den Uterus mit drei Seidenfäden au die vordere 
Bauchwand angenäht. Uin neue Verwachsungen möglichst zu ver¬ 
hindern, wird schliesslich ein mit sterilisirtem Olivenöl getränkter 
Schwamm in das Cavum Douglasii eingeführt und die Verwachsungs- 
s teilen werden mit demselben bestrichen. Von 38 so behandelten Fäl¬ 
len sind jetzt 26 während einer Zeit von sechs Monaten und länger 
beobachtet worden; ein Fall ist an Ileus gestorben; in letzter 
Zeit hat A. Martin selbst 20. Fälle ganz genau eontrollirt, von 
diesen sind 18 als geheilt zu bezeichnen. Infolge dessen empfiehlt 
A. Martin in geeigneten Fällen ein möglichst conservatives Vor¬ 
gehen im Gegensatz zur Castration. 

5. Herr Winter: a) Demonstration von Kranken, bei 
denen Winter die Vaginofixation ausgeführt hat. Winter hat 
die Operation in geeigneten Fällen stets mit gutem Erfolg ausge¬ 
führt; er verbindet dieselbe stets mit der Colporrhaphia anterior 
und fixirt den Fundus uteri mit zwei versenkten Silkwormfäden. 

b) Die Laparotomie beim Uteruskrebs. Winter theilt 
im Anschluss an die bisher aus der Universität«-Frauenklinik 
hervorgegangenen Arbeiten über das Carcinoma uteri die Er¬ 
fahrungen mit, welche mit der Laparotomie beim Uteruskrebs 
gemacht worden sind; vom Jahre 1878—1894 sind 50 derartige 
Fälle vorgekommen, hierunter allerdings auch einzelne Sarkomfälle. 
Nach einem historischen Rückblick über die Entwickelung der 
Operation geht Winter specieller auf die betreffenden Fälle ein; 
zehnmal wurde nach Freund operirt; hiervon sind sieben gestorben 
und drei recidivirt. Achtmal wurde nach Freund-Rydygier 
operirt mit vier Todesfällen, und 32 mal wurde die Schröder’sche 
supra-vaginale Corpusainputation gemacht, mit einer Mortalität von 
II °/o- — Im ganzen beläuft sich die Mortalität bei den 50 Fällen 
auf 48 %; Winter hofft jedoch, dass sich die Mortalität bedeutend 
verringern wird nach Einführung der Asepsis und nach vorheriger 
gründlicher Zerstörung der carciiiomatüsen Massen, damit jede 
Berührung derselben mit dem Peritoneum vermieden wird. 

Diseussion: Herr Mackenrodt hat im ganzen die Vagino- 
nxation in 106 Fällen ausgeführt; mehrere Male ist bereits 
Schwangerschaft nach derselben eingetreten und auch normal zu 
Ende gegangen; einmal hat Mackenrodt sogar einen schwangeren 
Eterus mit Erfolg an die Scheidenwand angenäht. In Bezug auf 
me Laparotomie bei Uteruskrebs glaubt Mackenrodt auch, dass 
>ick bei fortschreitender Technik die Mortalität noch wird bedeutend 
verringern lassen. 

Herr L. Landau sieht weder in der Grösse des Uterus noch 
in den Verwachsungen eine Contraindication gegen die vaginale 
Exstirpation, wenn man sich der P^an’schen Klammern bedient; er 
bat bei dieser Operationsmethode keinen Todesfall mehr erlebt. 

Herr Winter spricht sich entschieden gegen die Zerstüekelungs- 
methode aus, wegen der Gefahr der Impfung. Das Klammer¬ 
nd fahren lässt er höchstens bei parametritisehen Verwachsungen 


Nach Schluss der Sitzung finden noch die Krankendcmonstra- 
tumen von Herrn Winter statt. 

,. ^ err y. Gawronsky (Charkow) demonstrirt sodann eine An- 
7 y 1 v . on Zeichnungen und mikroskopischen Präparaten über die 
erbreitung und Endigung der Nerven in Vagina, Uterus, Tuben 
und Ovarien. 


und 


Herr Gebhard demonstrirt die Präparatensammlun« 
klinik^ ra P^i een m *kroskopischer Präparate der Universitäts-Frauen 


n . *.^ lr Abends fand unter sehr lebhafter Betheiligung ein 

lm Reichshof statt, welches die Theilnehmer unter zahl- 
sin Kn eu ei ’nsten und heiteren Inhaltes und fröhlichen Ge- 
bis zur frühen Morgenstunde zusammenliielt. 


10 nu. m borgen, Donnerstag, den 10. Mai, wurde gegen 

I r ,. r X°nnittags im Auditorium der gynäkologischen Abtheilung 
v r öflhe} arit ^ zwe ^ e Arbeitssitzung von Herrn A. Martin 

tirfo’ r- err Czempin: Zur Ventrofixation des retroflcc- 
verrff 11 *r t , erus ' (Her Vortrag ist in No. 21 dieser Wochenschrift 
® nWlc ht.) Die Diseussion wird verschoben bis nach dem Vor- 


489 

2. Herrn Flaischlen (Berlin): Zur Ventrofixatio uteri. 
Vortragender berichtet über 45 Fälle von Ventrofixatio uteri nach 
der Methode Czerny-Loopold; die meisten sind Jahro lang be¬ 
obachtet. Ein Todesfall ist im Anschluss an die Operation vor- 
gekomraen, in den übrigen war der Erfolg stets ein guter: es 
handelte sich meist um Retroflexio fixata. — In vier Fällen’ ist 
nach der Operation Schwangerschaft eingetreten. Erster Fall: 
Retroflexio mobilis, Ventrofixatio. nach zwei Jahren Partus, Uterus 
danach in normaler Lage, trotzdem sich ein Erolapsus va». post, 
entwickelt hatte. — Zweiter Fall: Trotzdem der Uterus nur mit 

einer Naht an die Bauchwand fixirt war, nachher zwei Partus. _ 

Dritter Fall: Patientin fünf Jahre steril verheirathet, Retroflexio 
fixata, Aufrichtung in Narkose ohne Erfolg, Ventrofixatio, Ovario- 
Salpingotomia sinistra, Ovarium dextrum aus den Verwachsungen 
losgelöst, danach Gravidität. — Vierter Fall: Patientin vier Jahre 
steril verheirathet, Ventrofixatio, Ovarien losgelöst, acht Wochen 
post operationem Eintritt von Schwangerschaft. 

Bei Retroflexio fixata hält Flaischlen die Ventrofixatio für 
die einzig richtige Operation, ebenso bei virgineller Scheide und 
dickem Uterus. — Bei gleichzeitigem Prolaps empfiehlt Flaischlen 
die Vaginofixation. 

Diseussion: Herr Vulliet (Genf) erwähnt, dass Laroyenne 
(Lyon) ähnlich operirt wie Czempin; er bedient sich einer noch 
dickeren Sonde, eröffnet aber gleichzeitig das Peritoneum. 

Herr Witte hat einige Male ganz ähnlich wie Czempin 
operirt; hierbei hat er einmal einen Darm mitangenäht, weshalb 
er vor der Operation warnt. 

Herr Fritsch (Bonn) hat bei der Ventrofixation nie einen 
Misserfolg erlebt; er näht den Fundus uteri mit zehn feinen Fäden 
an die Bauch wand fest; er hält es für möglich, dass durch die 
Ventrofixatio eventuelle Verwachsungen gelöst und namentlich auch 
die Ligamenta sacro-uterina gedehnt werden können. — Mit der 
Vaginofixation hat er ebenfalls gute Erfolge erzielt; bei Nulliparis 
hält er meist die Ventrofixation für besser. 

Herr Diihrssen hält die Methode von Czempin für bedenk¬ 
lieh wegen der Gefahr der Darmverletzung; er demonstrirt sodann 
Abbildungen seiner Methode der Vaginofixation und geht dann auf 
seine sogenannte vaginale Laparotomie über, welche er bis jetzt in 
22 Fällen ausgeführt hat. Mit Hülfe dieser Methode kann man 
mit der Fixirung des Uterus an die Vaginalwand gleichzeitig leicht 
eine Controlle der Adnexe mit eventueller Entfernung derselben ver¬ 
binden. 

Herr Bröse hält bei beweglicher Retroflexion ohne weitere 
Complieation die Vaginofixation für indicirt, bei Parametritis und 
Adnexerkrankungen die Ventrofixation; er hat 40 mal mit Erfolg 
operirt. 

Herr Winter hebt hervor, dass bisher mit der Olshausen- 
sehen Methode der Ventrofixation an der Universitäts-Frauenklinik 
stets gute Resultate erzielt worden sind; nicht der Fundus uteri, son¬ 
dern dio Ligamenta rotunda worden mit versenkten Silkwormfäden 
an die Bauch wand angenäht. — Die Vaginofixation empfiehlt er bei 
beweglicher Retroflexion, namentlich in Verbindung mit Prolaps; 
Schwierigkeiten können nur bei stark verlängerter Cervix entstehen. 

Herr Jacobs (Brüssel) hat nach der Ventrofixation infolge 
des hierbei sich entwickelnden Stranges zwischen Uterus und 
Bauchwand Ileus entstehen sehen, und zwar drei Jahre post 
operationem; bei der Autopsie fand sich ein 4 l /2 cm breiter Strang 
zwischen Uterus und Bauchwand. In einem anderen Falle, wo er 
acht Monate nach der Ventrofixation wegen Carcinoma uteri die 
vaginale Totalexstirpation vornehmen wollte, hatte sieh ein 6 cm 
breiter Strang gebildet, welcher die Laparotomie erforderlich machte. 

Herr Kossmann hat in einem Falle auch bei einer Virgo mit 
Retroflexio fixata mit Erfolg die Vaginofixation gemacht, nachdem 
er durch die eröffnete Excavatio vesico-uterina die Adhäsionen 
hinten am Uterus gelöst hatte. 

Herr Fritsch (Bonn) erwidert hierauf, dass er bei Nulliparis 
die Vaginofixation auch nicht vollkommen ausschliesse. 

Herr Czempin betont, dass, wenn man seine Methode genau 
befolge und namentlich die Beckenhochlagerung anwende, Darm- 
verletzungen sehr leicht zu vermeiden seien. 

Herr Flaischlen hebt einem Einwand gegenüber hervor, dass 
in den von ihm erwähnten Fällen ausnahmsweise der Uterus mit 
nur einer Naht angenäht worden sei, in der Regel halte er zwei 
bis drei Seidennähte für erforderlich. 

3. Herr J. Veit: Ueber die Behandlung der eitrigen 
Parametritis. Bei eitriger Parametritis ist meist der Durch¬ 
bruch in Nachbarorgane günstig; es kommt jedoch leicht nachher 
zu einer Wiederansammlung von Eiter, und hierdurch wird meist 
die Heilungsdauer sehr in die Längo gezogen. — Er empfiehlt, 
namentlich wenn noue Exacerbationen sich einstellen, dio Incision 
über dem Poupart’schen Bande und extraperitoneales Vordringen 
bis zu dem Eiterherd; dann Eröffnung desselben und Drainage 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



490 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22 


nach der Scheide. Die Operation direkt von der Scheide aus ist 
oft schwierig und unsicher und empfiehlt sich nur, wenn feste Ver¬ 
wachsungen mit dem Beckenboden bestehen. 

Die Discussion wird verschoben bis nach dem Vortrag von 

4. Herrn L. Landau: Pathologie und Therapie bei 
Beckeneiterung. Vortragender demonstrirt zunächst ein neues 
Instrument (Troikart mit Führungszange) zur Punction von para- 
metritiscken Eitersäcken. Bei uncomplicirten Pyosalpinxsäcken hat 
Landau bisher 189 mal die Laparotomie ausgeführt mit 2,8% 
Todesfällen; bei complicirten Beckenabscessen (Pyosalpinx, Ovarial- 
abscess, Perioophoritis, parametritisclien Abscessen etc.) hat er jetzt 
35 mal mit Erfolg die Totalexstirpation sämmtlicher erkrankten 
Theile per vaginam vorgenommen, und zwar mit Hülfe der Plan¬ 
schen Klammern; im Nothfall wird sofort die Laparotomie ange¬ 
schlossen, wie dies dreimal bei Darmverletzungen nothwendig 
wurde. — Eine Nachblutung hat Landau nur einmal gesehen; die 
Nachbehandlung ist gleich Null. 

Discussion: Herr Pozzi (Paris) macht ebenfalls bei hoch¬ 
liegenden parametritisclien Abscessen die sogenannte „Laparotomie 
sousperitonöale“ mittels Incision über dom Poupart’schen Baude 
und Verschiebung des Peritoneum. Kürzlich hat er einen vor sieben 
Jahren operirten Fall mit neuem parametritisehem Abscess wieder¬ 
gesehen, den er in derselben Weise wieder operirt hat. Die 
Hysterectomie bei Beckeneiterung ist sehr viel missbraucht worden, 
man hat oft den Uterus einfach als Fremdkörper betrachtet und 
als solchen entfernt. Bei einfacher Salpingitis hält Pozzi die 
Laparotomie für vortheilhafter. 

Da die Zeit bereits zu weit vorgeschritten war, können die 
noch auf der Tagesordnung stehenden Vorträge von Herrn Nagel: 
„Zur Anatomie des weiblichen Beckens“ und von Herrn Kossmann: 
„Zur Pathologie des Parovarium,“ nicht mehr erledigt werden. 

Der Vorsitzende, Herr A. Martin, schliesst die Sitzung mit 
einem Rückblick auf den äusserst befriedigenden Verlauf des Festes 
und lebhaftem Dank für die rege Theilnalimo namentlich der aus¬ 
wärtigen Fachgenossen an den Sitzungen. 

Herr Fritsch (Bonn) spricht den Dank der auswärtigen 
Gäste aus und schliesst mit einem Hoch auf die Gesellschaft. 

Am Nachmittage fand noch ein sehr gelungener Ausflug mit 
Damen nach Wannsee und Klein-Glienicke statt, an welchem sich 
auch die. auswärtigen Festgäste recht zahlreich betheiligten. 

Referate und Journal-Revue werden von der nächsten 
Nummer ab in besonderer Beilage erscheinen, so dass in 
der Regel literarische Beilagen und Vereinsbeilagen den 
einzelnen Nummern abwechselnd beigegeben werden. 

VIII. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Die Beschlüsse der internationalen Sanitätsconferenz 
zu Paris im Jahre 1894. 

Nachdem dio von der Dresdener Sanitätsconferenz am 15. April 
1893 beschlossenen Vereinbarungen, betreffend internationale Maassnahmen 
liegen Volksseuchen, seitens der europäischen Grossmächto sowie der 
Schweiz, Belgiens und Luxemburgs am 1. Februar 1894 endgültig ratificirt 
worden, ist die von der Dresdener Conferenz vorbehalteno Ergänzung 
jener Vereinbarungen bezüglich der im Orient zu treffenden Abwehr¬ 
maassregeln gegen Choleraeinschleppung durch die vom T.Februar 
bis 22. März 1894 stattgehabte erneute Conferenz in Paris gleichfalls 
zum Abschluss gelangt. 

Die nunmehr festgestellten Maassregeln und Vorschriften bilden ein 
planmässiges System, dessen wissenschaftlich-technische Grundztige ihren 
ersten Ausdruck in dem Programm fanden, welches der internationalen 
Sanitätsconferenz zu Rom im Mai 1885 von dem französischen 
Delegirton Proust vorgelegt wurde und dessen Annahme nach Ueber- 
windung der von der britischen Regierung entgegengestellten Schwierig¬ 
keiten unter wenigen Mo dificationen erst durch die darauffolgende Conferenz 
zu Venedig im Januar 1892 erzielt wurde. Proust (Chef des Sanitäts¬ 
dienstes m Frankreich) hat das Verdienst, durch Aufgebung des früheren 
quarantänefreundlicheu Standpunktes seiner Regierung und durch ein den 
heutigen hygienischen Anschauungon entsprechendes Entgegenkommen 
gegen die britische Maxime möglichster Verkehrsfreiheit die Grundlage 
zu dem jetzigen Einvernehmen gelegt zu haben. Für die von ihm vor- 
gesclilagene Reform war die Idee leitend, alle für den Verkehr so störenden 
Heobachtungsaufenthalt'e am Ankunftsorte möglichst entbehrlich zu 
machen durch streng controllirte Vorkehrungen am Abfahrtsorte 
Q*vur* re '^ n ^ e I® uc ^ lun S) un fi ail f den Schiffen selbst ( An stellung eines 
bemnsarztes, Einrichtungen zur Isolirpflege, zur regelrechten Desinfection 
an Bord, guter Trinkwasserversorgung u. s. w.). Sein auf dieser Grund¬ 
lage entworfenes Programm (Mesures d’assainissement au point de depart) 
wurde bereits vor dem „technischen Comite“ der internationalen Sanitäts- 
conlerenz zu Rom einstimmig adoptirt; — derselbe erklärte zugleich 
„alle Landquarantänen und Sanitätscordons für nutzlos“ (mit allen gegen 
die eine Stimme der Türkei), verlangte eine systematische Assanirung 
aller Hafenorte sowie die „Inspection“ aller aus choleraverdächtigen 


Gegenden kommenden, den Eingang zum rothen Meere passirenden Schiffen 
durch einen international an gestellten Arzt, unter eventueller mehrtägiger 
Festhaltung behufs Dosiufection und Beobachtung der Ausgeschifften bis 
zu fünf Tagen nach dem letzten unter ihnen stattgefundenen Ckolera- 
crkrankungsfalle. Diese letztere Bestimmung war es, welche vornehmlich 
von der britischen, aber auch von mehreren anderen Regierungen (Ver¬ 
einigte Staaten von Nordamerika, Spanien, Türkei) als unnütze und für 
die Handelsinteressen nachtheilige Sperrmaassregel abgelehnt wurde und 
welche die Sanitätsconferenz zu Rom formell ergebnislos endigen liess. 
Da die britische Handelsflotte 80 Procent des gesammten Schifffahrtver¬ 
kehrs im Canal von Suez repräsentirt und ausserdem die politische Stellung 
Englands in Egypten überwiegend in die Waagschale fiel, so war eine 
praktische Lösung ohne Englands Beitritt unmöglich. Erst der im 
Januar 1892 zu Venedig zusammengetretenen erneuten Conferenz ge¬ 
lang es, vornehmlich unter Vermittelung Oesterreich-Ungarns, Deutsch¬ 
lands und Italiens, ein auf gegenseitigen Concessionen beruhendes Ueber- 
einkommen zu erwirken, welches im Mai 1892 die endgültige Zustimmung 
der britischen Regierung sowie auch der Türkei fand. 

Nach dieser „internationalen Sanitätsconvention vom 30. 
Januar 1892“ haben alle aus dem rothen Meere in den Canal von Suez 
einfahrenden Schiffe sich vor Suez einer ärztlichen Inspection zu 
unterwerfen. Ergiebt diese, dass das Schiff „unverdächtig“ („indemne“) 
ist, so wird dasselbe sofort zum freien Verkehr zugelassen, wie immer 
das betreffende Schiffspatont gelautet haben mag. 

Als „verdächtig“ („suspect“) gilt nicht mehr, wie bis dahin, jedes 
aus einem cholerainficirten Hafenorte kommende Schiff, sondern nur ein 
solches, welches während der Fahrt, aber nicht mehr während der 
letzten sieben Tage, einen oder mehrere Erkrankungsfälle an Bord ge¬ 
habt hat. Ein solches Schiff darf, wenn es einen Arzt und einen 
Wasserdampfdesinfector an Bord besitzt, den Canal „in Qua¬ 
rantäne“ durchfahren, unter strenger Vermeidung aller Verkehrsbeziehungen 
mit dem Festlande auch zu Port Said, wo das Schiff weder Aufenthalt 
nehmen noch ausladen darf. Besitzt das Schiff nicht einen Arzt und einen 
Desinfector an Bord, so darf es zum Zwecke der Desinfection und der 
genaueren Untersuchung 24 Stunden festgehalten worden. 

Auch „verseuchte“ („infectes“) Schiffe, d. h. solche, auf welchen 
innerhalb der letzten sieben Tage ein oder mehrere Cholerafälle sich be¬ 
funden haben, werden je nach dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein 
vorgenannter Factoren verschieden behandelt. Im erstcren Falle müssen 
nur die wirklich Erkrankten an Land gesetzt, und das Schiff darf nur 24 
Stunden aufgehalten werden behufs Ausführung der Desinfection, welche 
an Bord unter Leitung des Schiffsarztes geschieht. Im zweiten Falle 
unterstehen die Schiffe den Anordnungen der ärztlichen Beamten zu Suez; 
— alle Erkrankte werden im dortigen Isolirhospital untergebracht, der 
Rest der Schiffsbesatzung gleichfalls gelandet und für die Dauer von 2—5 
Tagen unter Beobachtung gehalten, während welcher Zeit die Desinfection 
des Schiffes ausgeführt wird. 

Sowohl in Venedig wie auf der im Jahre 1893 nachfolgenden Sani¬ 
tätsconferenz zu Dresden, welche letztere hauptsächlich die gegen¬ 
seitigen Abwehrmaassregeln bei herrschender Cholera innerhalb Eu¬ 
ropas zum Gegenstand hatte, war von der französischen Regierung die 
Vereinbarung weiterer Maassnahmen beantragt worden, welche die Ver¬ 
hütung der Choleraverschleppung aus Indien durch den arabi¬ 
schen und persischen Meerhusen nach Mekka mittels der Pilger¬ 
fahrten, sowie die Verbesserung der sanitären Zustände an letzterem 
Orte bezweckten. In der That liegt dort der Knotenpunkt für die be¬ 
ständige Gefährdung Europas und Afrikas, da der Verbreitungsgang der 
Cholera aus Indien zu Lande durch Afghanistan und Transkaukasien nach 
Russland während der letzten Jahrzehnte eine untergeordnete Rolle spielte, 
dagegen Mekka das häufigste Centrum der auf dem Seewege durch aie 
Pilgermassen dorthin gebrachten und von da nach allen Richtungen aus¬ 
strahlenden Infection bildete. . u 

Die Vorschläge Frankreichs, welche den Stier bei den Hörnern 
fassten, begegneten anfänglich grossen Bedenken politischer und reli¬ 
giöser Natur nicht blos bei der türkischen, sondern auch bei der 
brito-indischen Regierung im Hinblick auf ihre 50 Millionen moham¬ 
medanischen Unterthanen. Während die deutsche Regierung den fran¬ 
zösischen Vorschlägen nur eine kühle Zustimmung entgegenbrachte 
(nach einem offieiösen Berichte hätte für Deutschland kein direktes 
Interesse in hohem Grade Vorgelegen, weil uns die Hauptgefahr „von 
der Ostgrenze bedrohe!“), schlossen sich Oesterreich - Ungarn un 
Italien derselben energisch an, und den vereinten Bemühungen der drei 
südlichen Grossmächte ist es zu verdanken, dass mittels der jüngsten 
Sanitätsconferenz in Paris wenigstens der wesentlichste Theil orige 
Forderungen zur Erfüllung gelangte. Nur bezüglich Persiens ergab sich 
die einstweilige Unmöglichkeit, eine Reform der sowohl im Innern wie an 
den Küstenorten bestehenden sanitären Missstände ins Work zu s oj zen ' 
Der sogenannte Sanitätsconseil zu Teheran führt bekanntlich eine 
Scheinexistenz, und die Errichtung einer internationalen Sanitätsbehor 
daselbst begegnete nicht bloss finanziellem, sondern auch politische 
Widerstande. . . . 

Man beschränkte sich daher auf die Empfehlung an die persisc 
Regierung, die in Venedig, Dresden und Paris vereinbarten Maassregei 
auch an den Ost- und Südgrenzen Persiens einschliesslich der Häfen im 
persischen Meerbusen zur Ausführung zu bringen event. unter finanzielle 
Unterstützung seitens der Vertragsmächte. # .. , 

Von grosser Tragweite und voraussichtlich segensreicher Wurku g 
sind dagegen die auf die Pilgerschifffahrt selbst, auf das rot 
Meer und Mekka bezüglichen Beschlüsse der Conferenz. DenVersuch 
des britischen Delegirten Cunningham, des bekannten Gegners all. 
auf die Cholera bezüglichen lnfectionsanschauungen, die Bedeutung tedicn 
als einziger Ursprungsstätte der asiatischen Geissei in Frage zu stei en 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




31. Mai. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


491 


und auf die sanitären Fortschritte in Indien selbst als hinreichende Be¬ 
ruhigung zu verweisen, stellte der französische Delegirte Prof. Monod 
eine eindruckvolle Darlegung der thatsächlichen Erkrankungs- und 
Sterblichkeitsverhältnisse in Britisch-Indien entgegen. Sein 
Vergleich der drei aufeinanderfolgenden vierjährigen Perioden von 1881—84, 
1885—89 und 1889—92 ersieht, dass die Durchschnittszahl der jährlichen 
Todesfälle überhaupt von 4769496 auf 5640434 stieg, diejenige der Todes¬ 
fälle an „Fiebern** von 3113599 auf 3803340. Bezüglich der Cholera 
legte er einen Vergleich der drei fünfjährigen Perioden von 1877—1892 
vor. Während der ersten Periode von 1877—81 starben an dieser Krank¬ 
heit im Jahresdurchschnitt 243901, während der zweiten von 1882—86 
323909 und während der dritten von 1887—91 456724 Personen. Auch 
hei Rücksichtnahme auf die Bevölkerungszunahme Ostindiens während 
dieser 15 Jahre bleibt immer noch die Thatsache einer Zunahme der 
Cholerasterblichkeit daselbst bestehen. Hn Jahre 1892 stieg letztere 
sogar auf 721938 Todesfälle. 

Die Choleraausfuhr aus Indien zu verhindern, erschien denn 
schliesslich auch den britischen Delegirten als ein im europäischen Inter¬ 
esse anzustrebendes Ziel, zu dessen Erreichung die Conferenz folgende, 
auf dem Programm Proust's aufgebaute Maassregeln beschloss: 

1. Alle Pilgerschiffe müssen fortan in den Abfahrtshäfen einer 
genauen Untersuchung durch staatlich angestellte Aerzte unterworfen 
werden, welche sich auf die Reisenden bereits vor der Einschiffung am 
Lande zu erstrecken hat. Alle sanitär verdächtigen Personen dürfen nicht 
eingeschifft werden, und alle verdächtigen Effecten müssen am Lande unter 
amtlicher Aufsicht desinfieirt werden. 

Die weitergehenden Vorschläge der vorberathenden Commission, 
welche ein Verbot der Einschiffung unbemittelter Pilger und eine fünf¬ 
tägige Beobachtung der Pilger vor ihrer Abfahrt aus cholerainficirten 
Hafenorten verlangten, scheiterten an dem Widerstand der britisch-indischen 
und bezüglich des ersteren Punktes auch der türkischen Regierung. Beide 
Regierungen sehen in einer solchen Beschränkung einen zu bedenklichen 
Eingriff in die religiöse Freiheit ihrer Unterthanen. Gegenüber der 
Forderung einer fünftägigen Beobachtung wies Cunningham mit Recht 
auf die Erfahrung hin, dass Pilger, welche aus den gesunden Theilen J 
Indiens nach Bombay oder anderen indischen Hafenstädten kommen, be¬ 
sonders leicht von Cholera ergriffen werden und dass es daher unrathsam 
sei, dieselben dort füuf Tage lang festzuhalten. Pagliani theilte ähn¬ 
liche Erfahrungen bezüglich der Emigrantenschiffe aus Neapel mit. 

2. An Bord der Pilgerschiffe sollen sich stets ein — bei mehr 
als 1000 Pilgern zwei — staatlich diplomirte Aerzte, sowie ein voll¬ 
ständiger Wasserdampfdesinfector und bterilisirungsapparat befinden. Jedem 
Pilger soll ein Mindestraum von 2 qm und eine tägliche Ration von fünf 
Liter reinen Trinkwassers gewährleistet werden. Letzteres ist während 
der Fahrt vor jeder Verunreinigung sicherzustellen. Auch ein Destilla¬ 
tionsapparat soll auf jedem Schiffe vorhanden sein. Das Deck der Pilger¬ 
schiffe soll frei von Waaren und den Pilgern zum Spazierengehen in 
freier Luft verfügbar bleiben. Bezüglich der Aborte und der Kranken- 
räuine wurden gleichfalls besondere Bestimmungen getroffen. Letztere 
solleu für 5°/o der Pilgorzahl unter Gewährung von 3 qm als Mindest¬ 
raum für jeden Kranken vorgesehen werden. 

3. Im rothen Meere wurde als Lazarethstation die Insel Kamaran 
wegen ihrer ausnehmend günstigen Lage fest gehalten, aber für ihre Ein¬ 
richtungen eine vollständige Reorganisation nach den in \ enedig aufge¬ 
stellten Grundsätzen gefordert. Alle in Djedda ankommenden Schiffe, 
auf welchen Cholerafälle constatirt werden, müssen nach Kamaran zurück¬ 
kehren, um unter Vornahme vollständiger Desinfektion einer fünftägigen 
Beobachtung der daselbst auszuschiftenden Passagiere unterzogen zu werden. 

Auch bezüglich der Landwege für Pilgerzüge aus Mesopotamien, 
Syrien, Yemen etc. nach Mekka beschloss die Conferenz. dass die von 
der türkischen Regierung bis dahin daselbst getroffenen Maassregeln den 
in \ enedig und in Dresden festgesetzten Grundsätzen und Vorschriften 
anzupassen, namentlich Desinfectionsaustalten an geeigneten Punkten ein¬ 
zurichten und dagegen die langdauernden Landquarantänen aufzugeben seien. 

Ueber die sanitären Missstände in Mekka selbst, welche seitens des 
türkischen Delegirteu als sehr verbessert und in gründlicher Reform be¬ 
griffen dargestellt wurden, brachten der französische und namentlich der 
österreichische Delegirte Dr. Karlinski, welcher an zwei Pilgerfahrten 
bosnischer Mohammedaner nach Mekka persönlich theilgenonmien. als 
Augenzeuge wahrhaft vernichtende Aufschlüsse, deren öffentliche Dar¬ 
legung nicht verfehlen kann, einen heilsamen Druck auf die endliche 
Erfüllung der türkischen Versprechungen zu hinterlassen. 

Mit Rücksicht auf die dort bis jetzt weiterbestehenden Zustände 
beschloss die Conferenz für die Pilgerabfahrten von Djedda die gleichen 
Maassregeln wie für diejenigen aus den indischen Häfen, und bei herr¬ 
schender Cholera im Hedjaz eine siebentägige Beobachtung aller zurück¬ 
kehrender Pilger in El Tor unter sorgfältiger Desinfection u. s. w. Das 
Lazareth an letztgenanntem Orte soll entsprechend dem vom internationalen 
Gesundheitsrath zu Alexandrien entworfenen Plaue reorganisirt. mit 
einem ärztlichen Stabe, mit Sterilisationsapparaten für das Trinkwasser 
u - s - ausgerüstet werden. 

Obgleich der türkische Delegirte gegenüber allen diesen Beschlüssen 
tiieils eine passiv ablehnende Haltung beobachtete, theils seine Zu¬ 
stimmung durch Verwahrung gegen jede executive Einmischung inter¬ 
nationaler Art in Verwaltuugsangelegenheiten des türkischen Gebietes 
abschwächte, so ist doch durch das nunmehr nach jahrelangen vergeblichen 
Bemühungen endlich erzielte Einverständnis zwischen den maassgebenden 
jrossmüchten, namentlich zwischen England und Frankreich, der praktische 
Erfolg der Conferenzbeschlllsse im wesentlichen gesichert. Bei ernstlichem 
'\dlen der Vertragsmächte wird auch die türkische Regierung, sich der 
Ausführung dieser Beschlüsse, soweit dieselbe in ihren Bereich fällt, 
nicht entziehen können. Da auch Deutschlands zukünftige Bedrohung 


durch Cholerainvasiouen — gleichviel ob von seiner östlichen oder west¬ 
lichen Grenze her — mittelbar hauptsächlich von den arabischen Pilger¬ 
stätten ausgeht, so dürfen die Ergebnisse der Pariser Sanitätsconferenz 
als ein hocherfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete unseres 
nationalen Gesundheitsschutzes begrüsst werden. 

_ Finkelnburg. 

IX. Achter internationaler Congress fiir 
Hygiene und Demographie in Budapest, 

1. bis 9. September 1894. 

Auf Einladung des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege in Berlin, tagte am 26. Mai, Vonnit tag 11 Uhr, 
im Bürgersaale des Berliner Rathhauses eine coustituirende Versammlung, 
deren ausgesprochener Zweck zunächst in der Bildung eines deutschen 
Comites bestand, das die Agitation für eine lebhafte Betheiligung am 
Congressc fördern, namentlich aber eino würdige Vertretung der Hygiene 
auf der mit dem Congressc verbundenen Ausstellung anbahnen sollte. 

Die Versammlung, der Herr Spinola präsidirte. und bei der Herr 
Th. Weyl als Schriftführer thätig war. war von Männern aus den ver¬ 
schiedensten Berufskreisen und zum Theil in den höchsten Beamten- 
stellimgen zahlreich besucht; wir bemerkten unter den Anwesenden u. a. 
den früheren Uiiterrichtsniinister, jetzigen Oberpräsidenten von West- 
preussen von Gossler. die Generalärzte Sehaper und Gross heim, den 
Geh. Ob.-Reg.-Rath von Scheel. Ober-Baurath Schmieden, Geh. Reg.- 
Rath Orth, Rcg.-Rath Rahts. Geh. Med.-Rath Pi stör, Med.-liath 
Wernich, die Abgeordneten v. Sclienckendorff und Broemel. die 
Professoren Rüben er. Moeli, Ewald. Salkowski. Eulenburg, die 
Stadträt he Fe r d. S t r a s s m a n n. M a r g g r a f f und B o r c h a r d t. die Apot licker 
Schacht und Riedel, den Hamburger Chef-Ingenieur Andreas Meyer. 
In das Comite wurden gewählt, mit dem Rechte der Cooptation: 
für Prcusscn die Herren Spinola, Rubener. Herzberg (Baurath), 
Virehow, Koch. Ewald, Eulenburg. Color, Langerhans. 
Schacht, Ferd. Strassmanu, Grossheim, Werner (Oberstabsarzt), 
Wernich, Orth. Lent, Löffler. Köhler. Schmieden, Wolff- 
hügel, Weyl. Wallichs, Baer, von Sclienckendorff, Marggrall, 
Finkelnburg. Schapor. Graf, Pistor, C. Fraenkel, v. Gossler. 
Rietschel (Geh. Rcg.-Rath). Stubben (Baurath), Hobrecht, Zelle. 
Flügge. Albrecht, Blenck, Boec-kh, Guttstadt und Ralits — für 
Bayern: Büchner, v. Lotzbeck (General-Arzt), v. Kersch enstein er. 
Emmerich. Spatz. Rasp — für Sachsen: Günther. Salbach 
(Baurath). Hofmaun, Thiem (Baurath) und Boehmert — für Meck¬ 
lenburg: Dornhliith und Mettenhcimer — für die Hansastädte: 
Andreas Meyer, Reineke. Kotelmann. Franzius — für Braun¬ 
schweig: Blasius — für Hessen: Pfeiffer (Darmstadt) — für Baden: 
Bunt.e (Ober-Baurath). Schottelitjlt, Hardegg — für Wür11emI)erg: 
v. Koch. v. Zeller, Römerin — für die sächsischen Herzog¬ 
tümer: Pfeiffer (Weimar). Dem ge schüft^führenden Aus¬ 
schüsse gehören als Vorsitzende. Spinola und Günther, als Schrift¬ 
führer Weyl und Rahts an; dem Ausstellungs-Comite als Vor¬ 
sitzender RÜbner. als Schriftführer Weyl. 

Im Verlaufe der Sitzung wurden übrigens aus der Mitte der \ er- 
sammlung heraus in Betreff des bisher veröffentlichten Congress Pro¬ 
gramms Bedenken ähnlicher Art laut, wie wir sie an dieser Stelle wieder¬ 
holt. insbesondere in No. 19 (p. 432) zum Ausdruck gebracht haben, die 
sich namentlich gegen den bemerkbaren Mangel der Concentration, die über¬ 
grosse Zahl der Vorträge, die Zerstreutheit zusammengehöriger \ drtrags- 
.themata in verschiedene Sectionen. und die Sectioiiszersplitterung über¬ 
haupt richteten. Es wurde mit als eine Aufgabe des Comites ins Auge 
befasst, durch Einwirkung auf den Congressvorstand noch geeignet er¬ 
scheinende Modificationen des Geschäftsprogramms, namentlich m dom 
Sinne herbeizuführen, dass (wie bei dem Londoner Hygione-Congress von 
1891) Gegenstände von grösserem und allgemeinerem Interesse — wie es 
ja für die Diphtheritis bereits in Aussicht genommen ist — vor und ausser 
der Reihe der angemeldeten Vorträge vorzugsweise Berücksichtigung 
fanden und ihnen bestimmte Stunden ( Vormittage) unter Zusammenfassung 
der dabei bet heiligten Sectionen im voraus freigehalten wurden. Es 
wurden mehrere für eine derartige Behandlung geeignete Ihemata m 
Vorschlag gebracht, und anheimgegebeii. weitere \ or sch läge zu 
diesem Zweck an den geschält sführeudeu Ausschuss (Schrift¬ 
führer Th. Weyl, Lützowstr. 105) bis zum 7. Juni spätestens 
zu richten. 

Wir knüpfen hieran folgende, uns von Seiten des Budapest«* Lxe- 
eutiv-Comites zugegangene Zuschrift: 

Sehr geehrter Herr Redaeteur! _ 

In No. 19 Ihrer geschätzten Wochenschrift waren Sie so freundlich, 
sich mit dem Programm des VIII. internationalen Congresses für Hvgiene 
uud Demographie zu befassen 'und unser vorläufiges Programm einer Kritik 
zu unterziehen. Mögen Sie versichert sein, dass wir Ihnen dafür seht 
verbunden sind. Einmal danken wir Ihnen für das rege Interesse, das 
Sie unserem Congress freundliehst entgegonbnngen wollen, und zweiten* 
und nicht weniger für die ganz zutreffende Kritik, der Sie unsere \ oi- 

arbeiten unterziehen. . . 

Mit dem Ueberwuchem der Arbeiten scheinen die Congresse 
That auf einen Weg ge rat heil zu sein, auf dem es früher oder spa e 
jedenfalls zu einer Umkehr kommen muss; diese Reform jedoch wircj^ei 
Kongressen eine neue B#*u. zu schallen .und eine neue Foim *» fcebtn 
haben: diese refbrinirten Congresse mit nur wenigen '= , 

jedenfalls inelir den Charakter von internationalen Coiitirenztn. ah 
Kongressen im heutigen Sinne des Wortes haben. Nun h«hm., " 
aber nicht bewogen gefühlt, diese Reform gerade an un.et.m li, .■ 


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Soji-ö,- JfcuÄißjFt hi HÄ dm Tiini- 
Ut-r vrft nm'. f'i :vl:i AUhsIlW’, Biu Ln 
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trnl m Ttiwuvm« »>nHMt \Xthr rin. &W& 10 4 io Emu. • f^KMliker v urdn wmi IvBubunte Ehrmvrli^öW ^ f ' 


XI. Kleine Mittheilungen. 

ff t .{'Dji Wir Ari.i-a.-iiAtlirrkkir v Jk.v^rli m 4tü‘ Silziiütt il«*s 
.... ..... ‘. :i :, Ak/r,.i!iur. tJ f,|iuua'- vuin 13. 1 .1. miti üDlD. ist nun 

Vr;; .,,. ; (fr( a t ! S."**lv oiijv^' iia-.n. rnt.-.i Srh'rtk-'izkrirrii von ikun fkriä>j». . 
,...(>.> Krv:i-'V — V^v-. \vWr}n* .1^ A n IDi vuli n v n vo-n G t*liciniin i r r.-l :r 
V f? r4 > 11 * 1 11 fl - A > *11- ityMi V tiUVrÜl JWDt^Dubi-tv 

.jii-iriu-nu in ju'iriu Sliuiii) m iri iio; : i-iuH ! y.Ii/.r>;\rn.Mvb.u.iV'ifUV Ayti-'Av*- 

-i ii.'..—ia ; - ii .'•,* i•>•-< in. . . •• 

>•;. vi* tf;.n A nvbnn u B>icli ist- I’riv;lttiuc‘ , Ht. Dr. .tvJit.1 Bvniki , 
hrii»*'!• rt-ifarnt iin iliH- Ififftnlu.i'.'ischoii AlAb.riy.uiz ilrs jvbVsioln.ui^i'b^u 
■ iuoiUtilÄ. Anhvvi-\> -i.Arni um V<vf O r !-h (Oai übzeut.-;vv p.ithoJvrvAi. 

■O. .fUdiailirj A>ri •' i i»y : . r irzt Hi 1,v hc &*:’ Ukefii; AUS av« j.-rbai» 

Au- thoe** Hfiiurniun^ boitnn >vu- Ai-v S< iAu^s Äiohrii ?m 
uilri’.-n. iiu kUfban*' Ac*r biA.oriko U?iio flöt sUirlHse'iiyU Kraükrn- 

\tit«s#v,'.(Ut> • Tannlirkimusv^ lutcii %W«? i/Cit nntnvr 

. hielte« maift KitiiD» ;rtt. vnfgp:b*itf, lürhf mölir- Gei-tifüg FÄt«; 

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unJ7min A^u4if43 ytuvIfvÄf')^ Materfefe: 

Ar .ii -ii ixrnnk.vki.:vn-ör .h*in:.nuui ?m v/iinsi'ivrü. vvttü sich vlikst* Hoiinnny 

Wnbf uni ftre tii-n , TAhmi • <;nmlrrn Srnch Jtir 4n? i'llvngrrn dtvsrliüüAn- 

Ihyh'Ti l^tttfÄru UHüOjtk A' , wlWellt ^nrn^i wir ilaan nxd dimm 

MHuMfikh m‘\< daJuit. ,,I.f-iQUr.ah(nkSiM7,lc> i ' uu-rrw ^atlttyd^n 

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hurDciM-aiua.nusviuui niebt unvillkomiMUTi .cs««.». _ 

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KAouiWJ T*j DeiiMi-b vt d. r 1’hivnJauL a U «Jci.'usvcr M^mn\rt\U\ 

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K-UiVtihim-VÄ. .-Ein*: i’-'SV AtizArniii i;l u ar/onztr >.!,u k< o Hrij'VÖ.G^.uüohnnai. AÄHilun ki'rarn. Ais l’>ve.Uüsjini$t.lirnintü Dnn . av ■- ‘ ^ 

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Sitjtnujr Ihlgl: ein g-emoinemm^ Essott. im Rrstanmat Mes^ ..avnyert 
diaii^üs: .Bis! jubt sIüd A'oHrege. niigew*Adnt ;ü- te Wn ■ 

hirf^l, Flli-ätii«.,. fStessburt'l. IrajliC’'. iPcanWiirtl. .*fi£fg*je{ 

ErJ) rB(ä^«lki«V KsmpiiW.: »«Sei*!. S H 

- Wien’ I'ro; i'»roy i» Hcidelhorg hat die BerufunS 

Lehrstuhl Biitrof lrs .‘ihgelühr/t. ' »W 

- Griu. Prob Esx'hßriuh. for tim no.- 

."•Xueh£Qi^6r;lf;ftttbmri*’i; nte.- Li?ipzi|r vihgnlehoi ^ 

Prnfeseor avimimt. v ^ ^ ne. 

- ÜniVatSitiUen, Krakau. Dar uMi .■ IVroiasvo!" f f 

Ii.iiu-n uml Sypliili- fr. A. K<.«»cr fl «um (.(.fiitlkliru itnlaw o« ^.t..,; r 


DeUrucKt bef .iiiHog SUtönfold }u Rerlio W. 




Donnerstag 


M SS. 


7. Juni 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LichtensteinaUee 8. Potsdamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Aus der Königlichen Frauenklinik in Halle. 

Zur Pathologie und Therapie der Blutungen 
unmittelbar nach der Geburt. 

Von H. Fehling. 

Unter obiger Ueberschrift veröffentlicht J. Veit im 28. Bande 
der Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie Grundsätze für 
die Behandlung von post partum Blutungen, deren uneingeschränkte 
Befolgung in der Praxis leicht schwere Schädigung der Entbundenen 
nach sich ziehen müsste. So wenig J. Veit sonst ein Anhänger 
der „chirurgischen Aera“ der Geburtshülfe ist, so zeigt er sich 
doch für die Behandlung der dritten Geburtszeit ausschliesslich als 
solcher. Die Erfahrungen Veit’s stimmen mit den von mir in 
langjähriger klinischer Thätigkeit gewonnenen durchaus nicht über¬ 
ein; dies veranlasst mich, die strittigen Punkte hier zu besprechen. 

Es ist zweifellos, dass bei allen Blutungen in der Nachgeburts¬ 
zeit die erste Aufgabe des Arztes die sein muss, den Charakter 
der Blutung, ob durch Atonie oder Risse bedingt, festzustellen. 
Veit versucht aus der Litteratur ein Bild der Häufigkeit der 
Atonie in den Gebäranstalten zu gewinnen; wie ungleich der Begriff 
der Atonie genommen wird, geht am besten daraus hervor, dass 
nach Win ekel unter 12 297 Geburten 1 Atonie auf 11,5 Geburten, 
in der Charit6 dagegen bei 16 210 Geburten 1 Atonie auf 114 Ge¬ 
burten kommt; also gerade das zehnfache. Es ist also gewagt, aus 
solchen Zahlen Mittelwerthe herauszurechnen. 

Aus den mir vorliegenden Jahresberichten verzeichnete ich in 
Stuttgart (Hebammenschule) auf 4015 Geburten 89 atonische 
Blutungen, also 1:47,2, Basel (Klinik) auf B165 Geburten 224 gleich 
1:14,1, insgesammt auf 7180 Geburten 1 Atonie auf 23, also 
ungefähr in 4 °/ 0 aller Geburten. Auch hier kommen allerdings 
ziemliche Schwankungen in den Aufzeichnungen der einzelnen 
Jahre vor, bemerkenswerth ist ferner, dass jeweils im zweiten 
Jahre des betreffenden Assistenten weniger atonische Blutungen 
verzeichnet sind als im ersten. Dass diese Zahl der Atonie (4 %) 
nicht zu hoch ist, erhellt aus dem Vergleich mit der Häufigkeit 
‘^■t' on * eei1 in d er Eröflfnungs- und Austreibungszeit, wie sie die 
Ehrung der Praxis und die Lehrbücher hinstellen. 

wenn sich nun Veit über die geringe Zahl von tödtlich ge¬ 
wordenen atonischen Blutungen im Verhältniss zur Zahl der über¬ 
haupt vorkommenden Atonieen wundert, so übersieht er dabei, dass 
die Statistik klinischen Anstalten entnommen ist. Ich will keine 
Kritik seiner Kritik üben, wonach unter 20 378 Geburten nur zwei 
Todesfälle an Atonie Vorkommen, vielleicht wäre diese Zahl doch 
hoher; allein selbst angenommen sie ist richtig, so ist es nicht 
[uehr als am Platz, dass in einer gut geleiteten Klinik Todesfälle 
v/p? VOa ^onie ein höchst seltenes Ereigniss sind, ausser etwa 
m I lacenta praevia, und auch hier haben sich ja die Verhältnisse 
e nom gebessert. Dass ausserhalb der Klinik tödtliche Verblutungen 
0 ^r Vorkommen, zeigt die Erfahrung der Poliklinik, wo aller- 
( ngs die Fälle recht häufig schon in einem desolaten Zustand 
Übernommen werden. 

7 ^ ss blutungen betrifft, so finde ich unter derselben 

von ü t>er 7000 Geburten 48 stärkere, der Naht bedürftige 
ssblutungen (fast ausschliesslich Vulvar- und Vaginalrisse), also 
und lmal auf 150 Geburten. Es ergiebt sich hieraus die 
l • ^ r ^ a k run £>’ dass atonische Blutungen etwa sechsmal so 

letf a * 8 Rissblutungen. Lebensgefährliche Blutungen der 

zteren Art kommen ohnehin fast nur nach operativen Entbin¬ 


dungen vor, besonders nach Wendung oder zu früher Extraction 
in Steisslage. Rissblutungen nach Zangenentbindung sind weit 
seltener. Von starken Rissblutungen nach spontaner Geburt kommen 
fast nur die Clitoris oder Schwollkörper durchsetzenden Risso in 
Betracht. 

Weiterhin macht Veit einen ganz ungerechtfertigten Unter¬ 
schied zwischen dem Verlauf der Nachgeburtszeit und dem Hergang 
der Blutung bei Lösung der Placenta nach Duncan oder Schultze. 
Während nach der auch von Olshausen (in Schröder’s Lehrbuch) 
vertretenen Anschauung der Mechanismus nach Duncan der 
häufigere ist, indem hier die Placenta auf die Kante gestellt mit 
dem Rand voran den Uterus verlässt, der nach Schultze, wo die 
Placenta nach der uterinen Fläche zusammengeklappt mit dor 
Insertionsstelle der Nabelschnur an der fötalen Fläche vorangeht, 
seltener ist und eher zu leichten pathologischen Vorkommnissen 
führt, kommt Veit zu ganz entgegengesetzter Anschauung. Er 
sagt: blutet es vor Austritt der Placenta und ist ein Einriss aus- 
zuschliessen, so sei die Lösung nach Duncan die Ursache der 
Blutung; beim Mechanismus nach Schultze könne vor Abgang 
der Placenta gar kein Blut nach aussen abgehen. Dies stimmt 
durchaus nicht mit meiner Erfahrung, es giebt zweifellose Fälle, 
wo beim Duncan’sclien Mechanismus vorher kein Blut abgeht, und 
andererseits kann auch bei reinem Mechanismus nacli Schultze 
schon vor Abgang der Placenta Blut neben derselben aus dem 
Uterus abgehen. 

Zudem hat seiner Zeit Dr. Zinsstag nach Versuchen m meiner 
Klinik nachgewiesen, dass physiologischer Weise eine so scharle 
Trennung zwischen Duncan und Schultze nicht vorkommt, dass 
vielmehr bei ungestörtem Verlaufe der Nachgeburtszeit der 
Mechanismus nach Duncan überwiegt; aus ihm wird durch den 
so gut wie nie auszuschaltenden Zug der Nabelschnur vom go- 
borenen Kind aus — der Mechanismus von Schultze. Dieso 
längst sichergestellte Thatsache ignorirt Veit. 

Dass eine Rissblutung durch Contraetion der Uterusligamente 
zum Stillstand kommen kann, bestreite ich ebenfalls; selbstverständ¬ 
lich meint Veit hier nur die Cervixrisse. Die Ligamenta rotunda 
können trotz ihrer kräftigen Muskulatur hier nicht wohl in Betracht 
kommen, sondern nur die Ligamenta lata und die Douglasfalten. 
Dass bei einer kräftigen Contraetion des Uterus mit stark ausge¬ 
prägter physiologischer Anteflexio diese Ligamente sich stärker 
spannend zu fühlen sind, ist nicht zu leugnen, wie soll aber die 
Contraetion der paar Muskelfasern des Daches der Ligamenta lata 
die Blutung aus zerrissenen Arterien und Venen des Bodens der¬ 
selben zum Stillstand bringen? 

Rissblutungen werden nicht selten, und darauf kommt es an, 
mit atonischen Blutungen bei rascher Entleerung des Uterus durch 
Entwickelung eines Kindes- aus Querlage, bei Hydrammon, bei 
Placenta praevia verwechselt; hier schiesst das Blut anfangs oft im 
Strahl hervor, so dass der Entscheid schwer sein kann, bis bei 
richtigem Massiren die Blutung steht. Der Beweis für die Richtig¬ 
keit meiner Darstellung liegt in der oft eolossalen, der Rissblutung 
täuschend ähnlichen Blutung nach Ausstossung eines Eies im 
vierten bis sechsten Monate der Schwangerschaft,. ebenso nach 
Kaiserschnitt, wo von Cervixverletzungen gewiss keine»Rede sem 
kann; Blutungen, die wie Verletzungen durch ihre Intens Ut d 
Entbundene aufs höchste gefährden können, we ^ che 1 tehen 

gegen Atonie gerichteten Verfahren, Massiren Tamponade stehem 
SS So wenig ich also diese theoretischen Anschauungen Veits 

als richtig anerkenne. Yormng ich die von ihm gego P • 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23 


sehen Rathschläge zu empfehlen, der Praktiker würde damit 
schlechte Erfahrungen sammeln. 

Vor allem vermisse ich die Consequenz; Eingehen mit der 
Hand in Vagina, Cervix, in’s Zellgewebe des Parametriuins zum 
Nähen der Risse ist nicht nur erlaubt, sondern geboten, Eingehen 
in den Uterus ist dagegen w r egen der Gefahr der Infection streng 
verpönt, wo bleibt da die Consequenz? Denn die inficirenden ge¬ 
fürchteten Keime haften ja nicht an unseren Händen, welche wir 
steril machen können, sondern sind in Vagina und Cervix zu suchen. 
Wer beweist mir, dass, wenn der Arzt ohne genügende Erfahrung 
und Assistenz sich abmüht, einen blutenden Cervixriss zu nähen, 
dass er da weniger leicht die Frau gefährdet, als wenn er in den 
Uterus eingeht, um die Placenta zu lösen. Die Gefahr cinos intra¬ 
uterinen Eingriffs post partum ist, sofern zuvor keine Infection 
stattfand und sofern nicht hochpathologisches Secret vorhanden ist, 
heutzutage doch nicht mehr die wie vor 15 Jahren. Die Gefahr 
einer Placentarlösung in gut geleiteter Klinik ist ebenso gering 
wie die einer Laparotomie; der ungeübte, nicht mit Anti- und 
Asepsis vertraute Arzt kann natürlich bei beiden Operationen 
Schaden anrichten. Auch in der besseren Privatpraxis, wo man 
doch weniger mit pathologischem Secret des Genitalschlauchs zu 
thun hat, als in Klinik und Poliklinik, ist die Gefahr einer unter 
antiseptischen Cautelen ausgeführten Placentarlösung längst nicht 
mehr so gross. Dio Aengstlichkeit, nach genügender Desinfection 
der Hände und des Genitalschlauchs eine nöthige Placentarlösung 
vorzunehmen, ist mir gerade so unverständlich, wie das gegen¬ 
wärtige Streben, die Exploration in partu von der Vagina aus 
durch die vom Rectum zu ersetzen, als ob die Rectalschleimhaut 
nicht auch eine Infectionsstoffe resorbirende Schleimhaut wäre, wo 
Fingerkeime so gut wie Darmkeime eingeimpft werden können. 

Ich habe auf der Baseler Klinik infolge der dort sehr zahl¬ 
reichen endometritisehen Erkrankungen und überhaupt grosser Nei¬ 
gung zu Atonie (in der Zinsstag’schen Versuchsreihe von ab¬ 
wartendem Verfahren fand sich in 21 % der Fälle über 1 1 Blut¬ 
verlust) auffallend häufig Placentarlösungen nötliig gehabt. Genaue 
Zahlen besitze ich nur aus den letzten fünf Jahren, wo 67 Pla¬ 
centarlösungen vorgenommen wurden; hierbei verlief in 70% der 
Fälle das Wochenbett völlig fieberfrei, dio auftretenden fieberhaften 
Erkrankungen waren meist nur von kurzer Dauer; die zwei hierbei 
vorgekommenen Todesfälle betrafen Frauen, die schon fiebernd in 
die Klinik eintraten. 


Die therapeutischen Rathschläge für Bekämpfung der Blu¬ 
tungen in der Nachgeburtszeit würde ich demnach folgendermaassei] 
formuliren: In erster Linie halte ich mit Veit für sehr wichtig 
bei einer Blutung in dor Nachgeburtszeit sofort die Unterscheidung 
zwischen Riss- und atonischer Blutung vorzunehmen. Hat man in 
zweifelhaften Fällen durch Reiben des Uterus gute Zusammen¬ 
ziehung angeregt, so ist der beste Zeitpunkt zur Entscheidung 
unmittelbar nach Ablauf einer Wehe. Bei Atonie wird das Blut 
in dem eben erschlaffenden Uterus sich ansammeln, bei Rissblu¬ 
tungen spritzt oder quillt dasselbe anhaltend heraus. Nach dem 
Verlauf der Geburt kann man oft schon den Schluss machen, wc 
der Riss sitzt. Bei spontaner und Zangengeburt entstehen eher 
Vulvar- und Vaginalrisse, während nach Wendung und Steiss- 
extraction die Möglichkeit eines Cervixrisses vorliegt. Die Cervix¬ 
risse sind, wie die klinische Beobachtung lehrt, lange nicht sc 
häufig, als vielfach angenommen wird; erhebt man zur Regel, nach 
jeder operativen Geburt die Vaginalportion herab- und die Lippen 
ausemanderzuziehen, so ist klar, dass die dilatirten Gefässe zu 
bluten anfangen "werden, dass man also scheinbar viel öfter eine 
Rissblutung hat, als der Wirklichkeit entspricht. 

Dass blutende Vulvar- und Vaginalrisse durch Catgutnaht ge¬ 
schlossen werden, ist selbstverständlich, dasselbe gilt für blutende 
Lervixrisse, falls der Arzt genügend Assistenz und Uebung hat. 
Ist letzteres nicht der Fall, so ist eine vorgängige Jodoformgaze- 
tamponade vorzuziehen, bis alles zur Stelle ist. 

Eine schwere Verantwortung gegenüber dem Praktiker ladet 
sich Veit durch den Satz auf, dass, wer nur die Ueberzeugung 
habe eine Placenta durch Druck herausbefördern zu können, dies 
erreichen könne. Man kann dies aber weder sich, noch dem Uterus 
suggenren. Wichtig ist in jedem Fall, wenn die Expression miss- 
ungen ist, dieselbe noch einmal in Narkose zu versuchen, ehe man 
fcur Lösung schreitet; es gelang mir dies manchmal noch, wo die 
Assistenten nicht zum Ziele kamen. Aber die „Ueberzeugung“ hilft 
da nichts, wir stehen vor der nackten Thatsache, dass es Fälle 
giebt, wo die Placenta einfach dem Druck nicht folgt, weil nicht 
selten ein Lappen in einer Tubenecke stärker adhärent ist; ausser¬ 
dem giebt es Fälle, besonders bei Adipositas, bei sehr grosser 
Placenta, ungeberdigem Wesen der Entbundenen, wo der Uterus 
sich zur Expression nicht genügend umfassen lässt. Wartet der 
Arzt hier zu lange, im Vertrauen auf den Satz von Veit dass 
man me wegen Blutung vor Ausstossung der Placenta nöthig 


habe, dieselbe zu lösen, dann wird manch eine Patientin an Ver¬ 
blutung zugrunde gehen. 

Natürlich soll hier der Arzt so lange als irgend thunlich zu¬ 
warten, er soll energisch den Uterus massiren, was heutzutage 
eben leider.die wenigsten mehr können, weil an fast allen Kliniken 
exspectativ verfahren wird, wenn aber die Symptome beängstigend 
werden, dann muss die Placenta gelöst werden; nach exacter Des¬ 
infection der Vulva, Ausreiben von Vagina und Cervix mit ein- 
procentigem Lysol ist — strenge Handdesinfection vorausgesetzt 
— die Gefahr der Placentarlösung keine grosse, wie die Resultate 
meiner Klinik zeigen. 

Der in der Arbeit Veit’s gefährlichste und am meisten zu 
bekämpfende Satz ist der, Placentarreste im Uterus zu belassen 
und abzuwarten, bis gefahrdrohende Blutung eintrete. In den höchst 
unangenehmen Fällen allerdings, wo der Arzt zweifelhaft ist, ob 
die Placenta vollständig ist oder nicht, da rathe ich abzuwarten 
und nur bei atonischer Blutung einzugehen. Ist aber von vorn¬ 
herein klar, dass ein Lappen der Placenta fehlt, so warte man nicht, 
bis es blutet oder bis sich der Cervix schliesst, sondern man ent¬ 
ferne das Fehlende nach den angegebenen Regeln sofort. Der Ein¬ 
griff ist so weit ungefährlicher, als wenn man ihn bei ausgebluteter 
Frau unternehmen muss oder wenn schon Intoxications- oder In- 
fectionserseheinungen da sind. 

Macht man dann zum Schluss eine heisse desinficirende Aus¬ 
spülung (50° C), so ist eine solche der Vagina zwecklos, die Ein¬ 
führung des Rohres mittels zweier Finger über das Os internum ist 
leicht zu machen und bringt bei Vermeidung von Lufteintritt und 
ruhigem Durchfluss kaum je Gefahr. 

Ich schliesse damit, der Arzt vermeide in der Nachgeburtszeit 
möglichst in den Uterus einzugehen; ist es aber durch Atonie oder 
Adhärenz der Placenta geboten, so darf er den Eingriff ruhig 
machen, "wenn er sich die Zeit zu genügender Desinfection nimmt, 
was ja nach Fürbringer in fünf Minuten geschehen kann, und wenn 
er vor Ausführung intrauteriner Eingriffe den Genitalschlauch 
zweckentsprechend reinigt. 


II. Ueber die Entfernung von Eisenspüttem 
aus der Netzhaut. 

Von Prof. Dr. J. Hirschberg in Berlin. 

In unserem überhasteten Literaturgedränge ist es ja etwas 
ganz gewöhnliches, dass die Nachfolgenden, statt neue Bahnen auf¬ 
zusuchen, lieber ihren Vorgänger bei Seite schieben. Ich habe mich 
deshalb gar nicht gewundert, dass man dies auch mit dem von 
mir geprüften Verfahren, Eisensplitter aus dem Augeninnern kunst¬ 
gerecht herauszuziehen, versuchte und zunächst ruhig geschwiegen, 
bis die Ansichten über das „neue“ Verfahren sich geklärt und bis 
ich selber eigene Beobachtungen darüber gesammelt haben würde. 

Aber nach den allerneuesten Veröffentlichungen könnte man 
doch vielleicht befürchten, dass das von mir in allen Einzelheiten, 
nach Indication und Technik, studirte und wegen der Einfach¬ 
heit und Billigkeit des Instrumentes jedem Arzt, der überhaupt 
am Auge operirt, bequem zugänglich gemachte Verfahren vernach¬ 
lässigt und von den jüngeren Aerzten aufgegeben werde, — nioht 
zum Vortheil der Kranken, die noch dazu meistens den ärmeren 1 ) 
und hilfsbedürftigen Classen der Arbeiter angehören. 

Herr Prof. 0. Schirmer in Greifswald hat in No. 18 dieser 
Wochenschrift die folgenden Sätze veröffentlicht: „Während die 
Einführung eines kleinen Magneten in den Glaskörper, wie wir sie 
bisher nach dem Beispiel von Mac Keown 2 ) und Hirschberg 
anwandten, stets mit mehr oder minder grosser Zerstörung und 
Verlust von Corpus vitreum verbunden war und die Gefahr einer 
Infection wohl nicht immer hat vermeiden lassen, gestattet die 
Haab’sche Methode (mit sehr grossen Magneten) in manchen 
Fällen, selbst bei tiefem Sitz des Splitters, denselben wieder aus 
der Wunde herauszuziehen, ohne ein Instrument in den Bulbus 
einzuführen; in anderen Fällen gelang es wenigstens, ihn in die 
vordere oder hintere Kammer zu dislociren, also an einen Ort, von 
wo er mit relativ geringer Gefahr entfernt werden konnte. Vor 
allem aber, und dies scheint mir das wesentlichste, ermöglicht sie 


l ) Allerdings ein Honorar habe ich för keine meiner Magnetope¬ 
rationen bisher erhalten; einträglich ist dieser Zweig unseres Könnens 
nicht, wiewohl sehr nützlich: darum scheint es mir erst recht geboten, 
dem einfachen Praktiker und angehenden Arzt einen wohlfeilen Apparat 
zur Verfügung zu stellen. # . . 

*) Mac Keown verwendete einen geraden magnetisirten Stani- 
stab und einen Schnitt durch die Augenhäute, der parallel zum Horn¬ 
hautrand (etwa 2 l /a''' davon entfernt) verlief. So bedeutend ich selber 
die Leistung des irischen Fachgenossen stets angeschlagen habe: die Ein¬ 
führung eines passend gekrümmten Elektromagneten durch einen 
meridionalen Schnitt hinter der Ciliargegend, wie ich es ange- 
rathen, liefert doch andere und mehr bloibende Ergebnisse. 


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7. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


es uns, Eisensplitter zu extrahiren, ohne dass wir von ihrem Sitz 
im Bulbus irgend welche Kenntniss haben, und sie könnte ver¬ 
suchsweise angewendet werden in Fällen, wo die Diagnose auf 
Fremdkörper eine unsichere ist.“ ö 

Nach meinen Erfahrungen [an 150 Magnetoperationen 1 ) in den 
letzten 15 Jahren] sind diese Behauptungen, soweit sie sich auf 
das von mir empfohlene Verfahren beziehen, nicht nur gänzlich 
unbegründet, sondern sogar bereits durch die bisherigen Veröffent¬ 
lichungen widerlegt 2 ). 

1) Wund Vereiterung, wie sie nach Starschnitt, wenngleich 
heutzutage ganz überaus selten, doch immer noch ausnahmsweise 
vorkommt, habe ich nach dem Lederhautschnitt zur Entfernung 
von Eisensplittern nicht ein einziges'Mal beobachtet, sogar in jenen 
Fällen nicht, wo der Eisensplitter bereits Glaskörpervereiterung 
bewirkt hatte, ehe der Kranke zur Behandlung eintraf. Die voll¬ 
ständige Bedeckung der Schnittwunde durch den Bindehautlappen 
scheint sehr nützlich zu sein. 

2) Innere Vereiterung habe ich unter jenen 100 Fällen 
einmal beobachtet (II, Fall 21), wo ich nach meinen sonstigen Er¬ 
fahrungen Grund zu der Annahme hatte, dass das Auge in der 
Latenzperiode der durch den Fremdkörper bewirkten inneren In- 
fection zur Operation gelangt sei. Aber dies mag man annehmen, 
oder “nicht: die grosse Zahl der übrigen Fälle zeigt, dass vor¬ 
sichtige Einführung des keimfreien Magneten keine Ge¬ 
fahr für den Augapfel bedingt, während allerdings unvorsichtiges 
Sondiren des Augeninnern, wie ich immer betont, ein Todesurtheil 
für das Auge darstellt. 

Unerlässliche Bedingung für erfolgreiche Operationen der Art 
ist vollständige Asepsie. Den Satz, welchen ich 1885 ge¬ 
schrieben: „Wegen der Heilung kann man bei vorsichtigem, 
sauberem Verfahren ganz unbesorgt sein“, halte ich heute gewiss 
aufrecht. Seit sieben Jahren habe ich das Magnetende immer, mit 
der nöthigen Vorsicht, unmittelbar vor der Operation dem kochen¬ 
den Wasser, bezw. der kochenden einprocentigen Sodalösung ent¬ 
nommen. 

B) Glaskörp erverlust habe ich fast nie beobachtet; ich 
mache diese Operation nur in tiefer Chloroformnarkose. Herrn 
Prof. Schirmer’s Satz, dass „stets Glaskörperverlust“ vor¬ 
komme, passt nicht auf mein Vorgehen 3 ). 

4) Glaskörperzertrümmerung wird vermieden, wenn man, 
nach der von mir gegebenen Regel, den Glaskörper mit dem scharfen 
Messer bis in die Gegend des Splitters spaltet. 

Zertrümmerung des Glaskörpers bewirkt später Schrumpfung 
desselben und Netzhautablösung. Ich habe aber drei Fälle schon 
über 10 Jahre beobachtet; keine Spur von Netzhautablösung 
yh^troten. (H, Falll, 12 l /a Jahr, liest feinste Schrift; H, Fall 8, 
10 1% Jahr, liest feine Schrift; n, Fall 7, 10 Jahre, sieht mässig, 
da der grosse Fremdkörper die Netzhautmitte zertrümmert hatte.) 

5) Eisensplitter, deren genauer Ort im Augeninnern uns un¬ 
bekannt ist, habe ich wiederholentlich mit dem „kleinen“ Mag¬ 
neten sofort herausgezogen (zu einigem Staunen zufällig anwesen- 
der Gäste) und eine Reihe von solchen Fällen schon veröffentlicht. 
Ui ™ 14, 11, 17 u. a.). Ein neuer, sehr merkwürdiger Fall der 
Art soll noch in dieser Mittheilung beschrieben werden. 

Nachdem ich die unbegründeten Vorwürfe, die man gogen 
das bisherige Verfahren erhoben, widerlegt habe, gehe ich über zu 
einer vorurtheilsfreien Prüfung der Misserfolge. 

Zunächst ist hervorzuheben, dass alle Erfolge lediglich der 
kunstgerechten Anwendung des Magneten zu danken sind. Das 
gröbere Tasten der früheren Zeit (mit Löffel, Haken oder Pincette) 
bat keinen einzigen Fall aufzuweisen, wo aus der Tiefe des 
laskörpers oder aus der Netzhaut ein Eisensplitter mit 
auerndem Erfolg für die Sehkraft herausgezogen wurde. 

, den ersten zehn Jahren meiner Thätigkeit, ohne den Mag- 
eten, hatte ich keinen einzigen Erfolg. In den folgenden zehn 
a ren mit dem Magneten, dreizehn Erfolge, sieben befriedigende 
und sechs geringe. 

Die Misserfolge, die trotz regelrechter Anwendung des 
-f^gueten Vorkommen, hängen hauptsächlich von der Schwere 
r ^^ung ab. Dass ein ausziehbarer Splitter nicht aus- 
s °gen werden konnte, kam nur in der ersten Zeit der Magnet- 
peration vor, als das Verfahren noch nicht genügend ausgebildet 
i- / J-'bgögen giebt es Fälle jenseits der Grenzen der ärzt- 
A en w .° der Splitter fest mit Widerhaken hinten in 

ugapfelhüllen eingepflanzt ist, — oder gar die Augenhäute hinten 


) Einschliesslich der Magnetsondirung frischer Augapfelwunden, 
und TT ■ D ßr Elektromagnet in der Augenheilkunde, Leipzig 1885; 
- Uel)6r die EroehmasA d» ur<. mtt *«nn« n « oni nach hundert. Piio-Anftn 

XXXVI, 3. 


und Tr Tf'ü ’ t:* 1 ^toALruiuagnei in aer Augenne: 

Onemtmlufn 6F E ^ e bnisse der Magnetoperation, 

^peratiMwn Vi Graefe’s Arch. für Ophth. 1890, XXAV 1 , 3 . 

ausi?efnhrfA„ da8s er 111 seiner eigenen, nach meiner Ar 

usgetührten Operation nicht von Glaskörperverlust spricht. 


495 


zum zweiten Mal durchbohrt hat. Bei übergrossen Splitternist 
die ursprüngliche Zerreissung der Netzhaut zu stark, so dass 
trotz glücklicher Ausziehung des Splitters Sehkraft nicht erhalten 
wird Wenn septische Vereiterung des Glaskörpers bestand, 
ehe das Auge zur Operation gelangte, so wird die glücklichste 
Ausziehung höchstens einen Rest von Sehvermögen erhalten. 

, . Un ! neuem zu zeigen, was das bisherige Verfahren zu 
leisten im Stande ist, will ich zunächst vier Fälle von Ausziehung 
oines Eisensplitters aus der Netzhaut kurz mittheilen: denn diese 
geben den Prüfstein ab für ein jedes Verfahren der Art, da sie 
weit mehr Schwierigkeiten darbieten, als die im Glaskörper’ schwe¬ 
benden Splitter. Sie betreffen kleinere und grössere, sowohl am 
Sehnerven wie auch am Aequator. Diesen scliliesse ich einen Fall 
an, wo der Sitz des Eisensplitters verborgen blieb und doch die 
Ausziehung anstandslos gelungen ist. 

Auf die Ausziehung von Splittern aus den vorderen Theilen 
des Auges (aus den tieferen Schichten der Hornhaut, aus der 
Kammerbucht, Iris, Linse) gehe ich dieses Mal nicht ein, da solche 
Fälle nicht in Frage stehen, auch schon durch die bisherigen Ver¬ 
öffentlichungen genügend erläutert sind, und bemerke nur zur Ab¬ 
rundung, dass^ auch für diese Fälle der eingeführte kleine Magnet 
entschiedene Vortheile bietet, manchmal ganz unentbehrlich scheint 
(Vgl. II, iv.) 

Eft D 1- Am 13. Februar 1892 Nachmittags gelangte Herr P. S. aus 
B., 21 Jahre alt, zur Aufnahme. Er hatte Vormittags um 10 Uhr dabei 
gestanden, als sein Bruder mit einem Meissei ein Stück von einem 
stählernen Stabmagneten abschlug, und sofort eine Verletzung des rechten 
Auges verspürt. Das Auge ist reizlos. Vor dem äusseren - oberen Qua¬ 
dranten der künstlich erweiterten Pupille sitzt in der Hornhaut eine ver¬ 
harschte Wunde von 3 mm, dahinter ist ein Riss in der Regenbogenhaut, 
dahinter eine Trübung unter der Vorderkapsel, mit kleiner Wundöffnung 
in der letzteren, ein Trübungschlauch, der die Linse von vom nach hinten 
durchsetzt, und eine sternförmige Trübung der hinteren Rinde, nach oben 
und schläfenwärts. 


Sowie das Auge nach innen-unten blickt, sieht man mit dem Augen¬ 
spiegel den in der Netzhautperiphorie haftenden und in den Glaskörper 
hervorragenden, schwarzen Fremdkörper, der 3 mm lang und über 1 mm 
breit sein dürfte. Eine zeltförmige, frische Blutung ragt von der Ein¬ 
pflanzungstelle in den Glaskörper hinein, nach vorn zu rasch sich ver¬ 
breiternd. Verband, Bettlage. 

Die Lücke an dem Magnetstab, den ich nach einigen Tagen zu sehen 
bekam, entsprach einem Dreikant von etwa 3 mm Länge und l l /a mm 
Breite wie Dicke. In den nächsten Tagen blieb das Auge reizlos, die 
Linsentrübung nahm zu. Dann trat zunehmende Empfindlichkeit auf. 

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar wurde ich zu dem Krankon 
gerufon, da das Auge sehr schmerzhaft geworden. Morphiumeinspritzung. 
Am Morgen des 24. ist der Lidrand gedunsen, die Augapfelbindehaut rotli 
geschwollen, der Glaskörper aber frei von Eiter, soweit dies durch die 
halbtrübe Linse zu sehen ist. Man erkennt auch noch den Fremdkörper, 
der nach innen-unten zu in der Netzhaut festsitzt. 

Jetzt ist Zuwarten nicht mehr möglich, ich schreite sogleich 
zur Operation. Zuerst wird unter Cocain der Augapfel stark nach oben- 
ausscu gedreht und nachgesehen, ob etwa der Splitter durch die Leder¬ 
haut nach aussen hervorragt. Dies ist nicht der Fall; das Aufsetzen des 
Magneten auf den entsprechenden Theil der Augapfelbindohaut auch nicht 
schmerzhaft. Nunmehr wird sofort tiefe Chloroformnarkose eingeleitet, 
ein dreieckiger Bindehautlappen, mit der Spitze 5 mm vom Hornhautrand 
entfernt, mit der Grundlinie gegen den Aequator, innen-unten abpräparirt, 
umgeschlagen und vorläufig durch Naht an der Nase befestigt, und als 
nach Freilogung der Lederhaut im innen-unteren Quadranten ein Vorragen 
des Splitters nicht wahrgenommen wird, dicht hinter dem Aequator in 
moridionaler Richtung (nach innen-unten) das Lanzonmesser aufgesetzt 
und den Außenhäuten ein Schnitt von 4—5 mm beigebracht, sofort dor 
Magnet von 2 mm Dicke eingeführt, nach hinten gesenkt und augenblick¬ 
lich beim ersten Einführen das Eisenstückchen herausbefördort. Klarer 
Glaskörper ist zwischen den Wundlippen sichtbar, aber es tritt nichts 
aus. Der Bindehautlappen wird zurückgeklappt,, so dass er die Wunde 
völlig deckt, und durch zwei Nähte vorn befestigt. Der Splitter war in 
der That ein Dreikant (Tetraöder) von 3 mm grösster Länge, 2 mm Breite 
und l l /a mm grösster Dicke, mit scharfer Spitze, und 11 mg schwer. 

Der heftige Schmerz war wie fortgeblasen. Die Heilung 
erfolgte reizlos. Am 2. März wurden die Nähte entfernt. — Am 9. März 
sah man noch die helle Stelle, wo der Splitter gesessen. Aber die Trü¬ 
bung der von dem Fremdkörper durchschlagenen Linse machte Fort¬ 
schritte. Am 20. April 1892 war das Auge reizlos, Spannung gut, G. F. 
n., Finger auf Va m, Linse undurchleuchtbar. Ehe ich zur Entfernung des 
trüben Linsensystems schreiten konnte, erfuhr ich, dass der Kranke zu 
Hause Anfang Februar 1893 am Herzschlag verstorben sei. 

Fall 2. Herr E. M. aus R., 29 Jahre alt, kam am 22. Februar 1893 
zur Aufnahme, Tags nachdem ihm beim Eisenstanzen ein kleiner Splitter 
in’s rechte Auge geflogen. Das Auge ist reizlos, hat mässige Sehkraft, 
zeigt nahe der Mitte der Hornhaut eine verharschte Wundo von 2 mm 
Länge, dahinter in der Nasenhälfte der Regenbogenhaut einen linien- 
förmigen Spalt von 2 mm Länge, eine durchschlagende Trübung der Linse, 
an diese sich anschliessend eine bläuliche, sackförmige Trübung im Glas¬ 
körper und im Augengrund, nach innen-unten einen Eisen Splitter von 
schätzungsweise 2 mm Länge, der in der Netzhaut, auf einem weissen, 
blutums&umten Felde, festsitzt, in den Glaskörper vorragt, nur an den 
Kanten schwarz aussieht, auf den sichtbaren Flächen von einer weissen 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23 


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KaDSol überzogen ist. An dem weissen Feld haftet eine trichterförmig 
nach vorn ziehende Trübung des Glaskörpers. Wird der Bogen des Hand¬ 
perimeters aus der senkrechten Lage um 30 nach g d fi • fc ’ 

so erschoint, wenn das verletzte Auge den Punkt des 70. Grades ftxirt 
dem am Pol des Perimeters befindlichen Auge des Beobachters das Bild 
des Fremdkörpers. Also liegt der letztore, in dem entsprechenden Meridian, 
ungefähr am Aequator des Augapfels oder etwa 12 mm vom Horuhaut- 

rand Die weisse Trübung um den Fremdkörper nahm zu, ebenso die 
Linsentrübung, das Auge war reizlos, aber nicht ganz, schmerzfrei. 

Bei der Prüfung am 10. Mürz 1893 zahlte es Finger auf 1 m, das 
Gesichtsfeld zeigte eine geringe Einschränkung nach oben und besonders 
nach aussen oben (im ersten Meridian), etwa von 10 . 

Da der Fremdkörper grösser als der Sehnervenquerschnitt, war es 
fraglich, ob er vertragen werden würde. Da ferner der Franko doch, um 
wieder voll erwerbsfähig zu sein, von seinem Verletzungstar befreit 
werden musste, die Starausziehung aber bei Anwesenheit des Fremdkörpers 
in der Netzhaut bedenklich schien, so beschloss ich zunächst die Ent¬ 
fernung des Splitters. .. , 

Am 16. März 1893 wurde, unter tiefer Chloroformbetaubung, ein 
Bindehautlappen innen-unten von der Lederhaut abgelöst, und in dem be¬ 
treffenden Meridian (30° nach innen-unten von dem senkrechten), 8 mm 
entfernt vom Hornhautrand, ein meridionaler Schnitt von 5 mm Längo 
mit der Lanze durch die Augenhäute angelegt, dor gebogene Magnet von 
2 mm Dicke eingeführt: nach wenigen Secunden hörte man den „Klick 
und zog den Fremdkörper aus. Glaskörper trat nicht hervor. Der Bmde- 
hautlappen wurde über die Wunde zurückgeschlagen und durch zwei 
Nähte befestigt. Die Heilung erfolgte reizlos. Der Splitter war nur 2 mm 
lang, nicht sehr dick und wog 3 1 /« mg. , 

Am 17. April 1893, also fünf Wochen nach der ersten Operation, 
wurde der Verletzungstar aus oinom kleinen Hornhautlappenschnitt ent- 
fßrnt 

Herr M. benimmt sich, trotz guter CocaYnwfrkung, recht mittel- 
mässig, was wir leider bei diesen Kranken verhältnissmässig oft erleben. 
Die Operation wird aber zufallsfrei vollendet. Jedenfalls war ich sehr zu- 
frioden, meinem Grundsatz, zum Lederhautschnitt tief zu betäuben, treu 
geblieben zu sein, obwohl ich deswegen vor einiger Zeit von einem Col- 
legen getadelt wurde, der erklärte, dass sein Chof die Magnetoperation 
stets ohne Chloroform vornehme. 

Auch die zweite Operation heilte regelrecht. 

Am 17. Juni 1893 liest das operirte Auge (mit + 14 D. s. o -f 

1 D. c.->0 Sn. xx auf 15 Fuss ganz sicher und mit + 18 D. feinste 

Schrift (Sn. l'/a in 8"). Das Gesichtsfeld scheint jetzt normal. Mit 
dem Augenspiegel orkennt man die Narbe des Fremdkörpers sowie die 
des Lederhautschnitts und sieht, dass die letztere von der ersteren nasen- 
wärts etwa um 2 mm abgewichen ist, aber mit ihrer hinteren Spitze noch 
ein wenig (etwa 1 mm) über den Sitz des Fremdkörpers nach hinten 
vordringt. Wer eine so schwierige Berechnung mit dem Messer auf das 
lobende Auge überträgt, muss auf eine kleine Abweichung gefasst 
sein; dieselbe ist aber ohne Bedeutung, da dom Magnet sowohl einige 
Fernwirkung als auch Beweglichkeit zukommt. 


Fall 3. Der 14jährige W. K. aus G. bei B. 2 ) hatte Sonntag, den 
13. März 1893, Vormittags um 11 Uhr hervorstehende Eisennägel aus einer 
alten Latte entfernt, indem er auf das Nagelende eine Müllerpicke auf¬ 
setzte und auf diese mit einem Hammer losschlug. Dabei verletzte er 
sein rechtes Augo. Hierauf besuchte er den in dem benachbarten B. 
wohnhaften P. S., dessen Geschichte oben unter Fall 1 beschrieben ist, 
und nachdem er dessen Auge besichtigt, reiste er zu mir. Gegen 11 Uhr 
abends traf er ein. 

Ich fand das Auge völlig reizlos und schmerzfrei, sowie voll¬ 
kommen sehkräftig. Am inneren-oberen Quadranten der Hornhaut 
sitzt ein kleiner, ganz flacher Irisvorfall. Die Wunde am Hornhautrand 
ist nur 2 mm gross, die Vorderkammer von normaler Tiefe, die Linse 
nicht verletzt. Nach innen-unten sitzt, schon ziemlich nahe zum Aequa¬ 
tor, in der Netzhaut fest ein Fremdkörper, der eine ungefähr rechteckige 
Begrenzung zeigt, in der einen Richtung etwa 2 mm, in der anderen 
4 mm misst, in den Glaskörpor vorragt, an einigen Punkten der freien 
Ober- (Bruch-) Flächen glitzert, aber bereits von weissem Niederschlag 
ziemlich eingekapselt ist, während die Ränder der Flächen noch schwarz 
erscheinen. 

Die grosse Schwierigkeit, mitten in der Nacht zu operiren; die Noth- 
wendigkeit, den Knaben, der nach der Reise heisshungerig erst sein 
Abendbrod verzehrt hatte, tief zu betäuben; das vollständig gute 
Vorhalten des verletzten Auges, — alles dies veranlasste mich, von 
einem sofortigen Eingriff abzustehen. Ich glaube, dass fast jeder so ge¬ 
handelt haben würde. Chloroformdiät wurde für den nächsten Morgen 
angeordnet. Um 8 Uhr früh besuchte ich zuerst diesen Verletzten, mit 
den Assistenten, und war sehr erfreut zu hören, dass er keine Spur von 
Schmerz empfinde. Sowio ich aber den Verband abgenommen, sah ich, 
dass die septische Entzündung eingeleitet war, — 21 Stunden nach 
der Verletzung 3 ). 


*) Vgl. wegen der wirklichen Ausführung dieser Messung meine 
Mittheilung über die Berechnung von hinteren Lederhaut¬ 
schnitten, im Centralbl. f. Augenheilk. 1891, Nov. Diese Art der 
Messung verdanken wir Alfred Graefe. Diejenigen, welche sie tadeln 
oder anzweifeln, haben sie noch nicht eingeübt. 

2 ) Alle die fünf Fälle, über die ich diesmal berichte, kamen von aus¬ 
wärts, also mit einer durch die Reise bedingten Verzögerung: übrigens 
keiner zufällig. 

*) Hiernach beurtheile man die Ansicht, dass es bei den Magnet- 
flUlen überhaupt gar nicht auf ein bischen Zuwarten ankommen solle. 


Das Sehen ist fast aufgehoben, die Augapfelbindehaut zart geröthet: 
eine feine, aber zusammenhängende Ausschwitzung deckt Iris und Pupille. 
Während die Instrumente hergerichtet werden, lasse ich wiederholt Atropin 
oiuträufeln; die Ausschwitzung reisst auch an einer Stelle vom Pupillen¬ 
rand los *), ich sehe mit dem Spiegel noch undeutlich eine grosse, weisse 
Stelle in der Netzhaut und den Fremdkörper darinnen. 

Unter tiefer Chloroformbetäubung wird innen-unten ein Bindehaut¬ 
lappen abgelöst, 7 mm vom Hornhautrand entfernt ein 6 mm langer 
meridionaler Lanzenschnitt durch die Augenhäute angelegt, der Magnet 
eingeführt, sanft nach hinten geschoben, ein wenig nasonwärts gedreht, 
sofort hört man den „Klick“. Der herausgezogeno Magnet hält den 
Fremdkörper, der etwa 3‘/a mm lang und l'/a mm breit ist und dessen 
Gewicht später auf 5 mg ermittelt wird. Glaskörper tritt nicht hervor; 
doch ist er klar zwischen den Wundlippen sichtbar, als während einer 
Würgebewegung der Bindehautlappen über die Wunde zurückgeklappt 
und durch eine kräftige Naht befestigt wird. 

Am 15. März ist das operirte Auge reizlos, hat wieder Sehkraft 
und zeigt beim Spiegeln rothen Reflex aus der Pupille. Verband, 
Ruhelage. 

Am 16. März ist das Auge mehr gereizt, innere Blutung scheint 
vorzuliegen, der Kranke war wider Befehl aufgestanden und hatte sich 
„die Hände gewaschen“. 

Am 17. März besteht weder Schmerz, noch Schwellung der Aug¬ 
apfelbindehaut; aber nur Lichtschein. Wieder Ausschwitzung in der Pu¬ 
pille. — Atropin, Verband. 

Am 22. März werden Finger sicher gezählt, Reiz sehr gering, Pu¬ 
pille frei, aber nur mittelweit und etwas unregelmässig. 

Am 30. März bläuliche Massen in der Tiefe des Glaskörpers. 

Am 13. April sieht das Auge vortrefflich aus und hat 
mässige Sehkraft. Spannung war ein wenig herabgesetzt. Irisvorfall 
ganz abgeflacht, Hornhaut klar, Pupille über mittelweit, mit zwei spitzen 
Verwachsungen nach unten. Linse durchsichtig. Dicht hinter derselben 
beginnt staubförmige Trübung des Glaskörpers mit einzelnen Punktreihen, 
mittelst + 20 D sichtbar; in grösserer Tiefe, mit -h 6 bis + 8 D, bläu¬ 
liche Glaskörperklumpen, nach innen-unten. Im umgekehrten Bilde sieht 
man den Sehnerven, nach innen-unten von demselben dunkle Stellen, viel¬ 
leicht von Blutung. Die Schnittnarbe sehe ich heute noch nicht, sie ist 
von den klumpigen Trübungen verdeckt. 

Sehr erfreut war ich am 28. April 1893, da die Sehprüfung ergab: 
Sn C in 15', mit + 6 D Sn 2 l /a in 6", also mässig feine Druck¬ 
schrift, und ein gutes Gesichtsfeld. 

An der Stelle, wo der Fremdkörper gesessen, ist eine grosse graue 
Pigmentveränderung sichtbar. Ich entliess den Knaben ungern am 
3. Mai 1894, auf dringenden Wunsch der Eltern, — und zählte den Fall 
zu meinen besten. Aber mit der septischen Eiterung ist kein dauernder 
Bund zu flechten. Obwohl das Auge fortfuhr, vortrefflich auszusehen, und 
ganz reiz- und schmerzlos blieb, — die Sehkraft nahm ganz allmählich 
ab, da eben in Folge der septischen Entzündung Schrumpfung des Glas¬ 
körpers und Netzhautablösung auftrat. . 

28. Juni Finger auf 10', 28. Juli auf 4', 6. September 1893 auf 
l l /a‘! Jetzt fehlt dem Gesichtsfeld die obere Hälfte, die Mitte ist ver¬ 
dunkelt. Hinter der Linse sieht man weisse bindegewebige Masse schon 
im vorderen Theil des Glaskörpers, die untere Hälfte der Netzhaut ist 
abgelöst. Pigment ist innen-unten im Augengrund sichtbar, Bindegewebe 
strahlt vom Sehnerven in die Netzhaut. 

Mit Mühe rettete ich den Kranken von dem Beschluss der nasse, 
ihm durch den heimischen Kassenarzt das verletzte Auge entfernen zu 
lassen. Nachdem ihm noch dazu am 15. März 1894 ein aufsässiger ge¬ 
selle einen heftigen Faustschlag auf das rechte Auge versetzt, mit starker 
Blutung imter die Bindehaut und auch in’s Innere, sank das Sehvermögen 
bis auf die Wahrnehmung von Handbewegungen. Dabei ist das Aussehen 
des verletzten Auges ganz befriedigend, Reizung oder Schmerz ist me 
vorhanden. (Mai 1894). 

So ist also doch nur die Form des Augapfels geblieben. Welch 
ungeheurer Unterschied zwischen dem dritten Fall einerseits un 
dem ersten sowie dom zweiten andererseits, obwohl die Operation 
in allen dreien gleich glücklich warl Der Unterschied hängt a 
von der septischen Beschaffenheit des Splitters in diesem dritten 
Falle. 

Fall 4. Der 15jährige Schlosserlehrling M. C. aus B. stand am 
13. Januar 1894 dabei, als Eisen auf Eisen gehämmert wurde. 
Splitter flog ihm ins rechte Auge. Es erfolgte eine starke Blutung. 

Am 17. Januar 1894 kam er zur Aufnahme. Am rechten A. u & e 
steht innen unten eine quer durch den Hornhautsaum ziehende, * 
harschte Wunde von etwa 3 mm Länge; aus derselben hängt ein 
Faserstoff bedeckter Fetzen der Regenbogenhaut heraus. Vorderkiam ^ 
gebildet, Linse durchsichtig, ein pyramidenförmiges Blutgerinnsel du 
setzt, von der Wunde anfangend, den Glaskörper innen-unten bis z 
Sehnerveneintritt; dicht unterhalb des letzteren haftet der Fremdko p t 
überdeckt von mächtigen Blutungen der Netzhaut, die in den Glasko p 
vorragen. Das Auge zählt Finger auf 10' und hat im äusseren-oo 
Quadranten dos Gesichtsfeldes einen dreieckigen Ausfall, dessen öpitz 
auf 10° an den Fixirpunkt heranrückt. t r 

So viel ist klar, dass der Splitter selber aseptisch sem muss, 
die Eingangspforte ist gefährdet, das Auge auch durch den Voriai g 


*) Bei frischer septischer Entzündung der Ader- oder Netzhaut gi^^ 
merkwürdiger Weise die von Ausschwitzung vollkommen bedeckte _ 
pille doch dem Atropin nach; das hatte ich schon vor Jahren 
achtet. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Juni. 


497 


reizt Deshalb wird der letztere am 22. Januar 1894 unter Chloroform¬ 
betäubung abgetragen. 

Nach der Verheilung der Wunde lehrte dio ge¬ 
nauere Untersuchung des Augengrundes das folgende. 

(Vgl. die schematische Figur.) 

Der Sehnerveneintritt (S) ist undeutlich begrenzt 

g eröthet, die Notzhautvenen Verbreitert, geschlängelt, 
licht darunter sitzt auf entfärbtem, zum Theil blut¬ 
getränktem Grunde ein weisser Fremdkörper (fi, 
schraffirt), der um etwa 1 mm in den Glaskörperraum 
vorragt. Dann folgt eine mächtige Blutschicht (b, b, 
b, punctirt) und hierauf eine zweite helle Stelle in 
der Netzhaut (fa, schraffirt). Erst glaubte ich in fa 
eine Anprallstelle des Fremdkörpers zu erblicken, aber 
bald wurde durch Verringerung und Aufsaugung der Blutschicht klar, 
dass wir mit einem fest oingewachsenen, von weisser Kapsel überzogenen 
Eisensplitter zu thun hatten, der von fi bis fe reicht und ungefähr 
6 mm lang, 3 mm breit ist. Noch nie hatte ich einen so grossen 
Eisensplittor mit dem Augenspiegel in der Netzhaut gesehen. 1 ) 

So ungern man einen dicht am Sehnerveneintritt sitzenden Splitter 
angreift, so musste die alnvartende Behandlung doch aufgegeben werden. 
Trotz reizlosen Zustandes hatte der Jungo Schmerzen und musste mit 
verbundenem Auge zu Bett gebracht werden. Die Sehkraft nahm ab, 
so dass das Auge nur Finger auf einige Fuss zählte, die Bindegewebs¬ 
bildung in der Netzhaut nahm sichtlich zu, der Sehnorveneintritt wurde 
mehr und mehr undeutlich, die Venen stärker geschlängelt. 

Am 20. März 1894 schritt ich zur Operation. Zunächst machte ich 
unter Cocain drei aufeinanderfolgende Versuche, mit einem ziemlich 
starken, auf den Augapfel (innen-unten) aufgesetzten Magneten den Splitter 
aus seiner Einpflanzung heraus in den Glaskörper zu ziehen. Der Jüngling 
hatte Schmerz dabei, aber das Augenspiegelbild änderte sich nicht, nur 
schien etwas mehr Blut in der Umgebung des Fremdkörpers aufzutreten. 
Somit blieb nichts übrig als der hintere Schnitt, um mit dem Magneten 
den Fremdkörper zu berühren und herauszuziehen. 

Unter tiefer Chloroformbetäubung wird nach innen-unten ein Binde¬ 
hautlappen frei präparirt, der Augapfel am Aoquator gepaekt*) und da¬ 
hinter ein wagercchter Lanzenschnitt von 6—7 mm durch die Augenhäute 
angelegt, etwas unter dem wagerech ton Meridian, dicht unterhalb des 
äusseren Muskels. Ein kurzer, starker Magnet von 3 mm Dicke wird ein¬ 
geführt, zweimal vergeblich, beim dritten Mal holt er in die Wunde den 
Splitter, der aber mit dem Augengrund durch Gewebsfasorn verbunden 
bleibt. Flugs worden diese mit der Scheere durchschnitten. In demselben 
Augenblick erscheint klarer Glaskörper zwischen den Wundfetzen, ohne 
aber horvorzutroten. Die Wunde wird schleunigst durch den Binde¬ 
hautlappen überdeckt und dieser durch zwei Nähte befestigt. 

Der Splitter ist in der That über 6 mm lang und 3 mm breit und 
nicht ganz dünn. Er ist bis auf einige schwarze Kanten ganz und gar in 
eine gelbweisse Kapsel gehüllt und theilweise mit einer älteren Blutschicht 
bedeckt, wie wir cs mit dem Augenspiegel gesehen hatten. Das Gewicht 
ist beträchtlich, nämlich 60 mg.*) 

Die Heilung erfolgte reizlos. Bei der Entlassung (6. Mai 1894) zählte 
das Auge Finger auf 5 1 und zeigt« den Gesichtsfoldausfall wie vor der 
Operation. Das Auge ist reiz- und schmerzlos, von guter Spannung und 
sieht, abgesehen von der Gestaltveränderung der Pupille, ganz natürlich 
aus. Von der Operationsnarbo ist nichts zu sehen. Hornhaut und Linse 
klar, Glaskörper rein, Gegend des Sehnerveneintritts von Blut und weiss- 
lichen Flecken eingenommen. Es ist schwer zu sagen, ob hinter und 
neben dem Blut, dicht unterhalb des Sehnerveneintritts eine kleine, flache 
Netzhautablösung besteht, Schnittnarbe undeutlich sichtbar, einige 
Millimeter vom Sehnervenein tritt entfernt. 

Fall5. Der 43jährige Maschinenschlosser K. aus E. hei E. kam am 
29. September 1893 zur Aufnahmo, zwei Tage nachdem er beim Hämmern 
von Eisen auf Eisen eine Verletzung des linken Auges mit sofortiger Er¬ 
blindung und Schmerzhaftigkeit sich zugezogen. 

Das Auge ist schmerzhaft und geröthet. Vor dem Schläfenrande der 
Pupille zeigt die Hornhaut eine verharschte Wunde von rechtwinkliger 
Gestalt, jeder Schenkel ist etwa 2 mm lang. Dicht dahinter ist eine über 
2 mm hohe, schmale Linsenkapselwunde, die Linse ist getrübt und in der 
Schläfenhälfte mehr gequollen, die Regenbogenhaut geschwollen. Das 
Auge hat nur Lichtschein, aber befriedigende Projection. Ein Eisensplitter 
wird im Innern angenommen, ist aber wegen der Linsentrübung nicht 
sichtbar und auch mit der astatischen Magnetnadel (von Gerard) nicht 
nachweisbar. Nach vier Wochen, als die Reizung geschwunden, wird die 
trübe Linse mit oberem Homhautlappenschnitt (bei runder Pupille) heraus¬ 
gezogen und danach dreimal vorsichtig der Magnet eingeftihrt. Es kommt 
kein Fremdkörper, Glaskörperverlust tritt nicht ein, obwohl der Kranke, 
trotz Cocain, sehr unzweckmässig sich benimmt. Die Heilung erfolgte 
reizlos. Am 9. Dccember las das Auge mit -+-12 D Sn L in 15 1 und 
mit +18D feinste Schrift, Sn l l /> in 6"- Gesichtsfeld gut. 
i E i n Fremdkörper konnte mit dem Augenspiegel nicht gefunden wer- 
, n - Erst 28. December 1893 wurde der Kranke in seine Heimath ent¬ 
lassen. Ara 17. Januar 1894 sah das Auge gut aus, Sehkraft wie zuvor. 
Aber als er am 24. April 1894 wieder sich vorstellte, war das Bild völlig 
geändert. Das Auge las mit +12 D nur noch SnCC in 15' und mit 

/0Ql , *) Eer grösste, den ich bis dahin beobachtet, maass 4*/s X 2*/a X 1 mm. 
(«,yng) Vergh.Elektromagnet, S. 83. 

, ) tch habe eine neusilherne Pincette, um Störung des dicht bei 

erselhon vorgeschobenen Magneten zu vermeiden. 

p.l Er gehörte also zu den mittel grossen, für die, bei der Lage 
im triaskörper, nur die primäre Operation Aussicht auf Erfolg hat. (Elektro¬ 
magnet, S. 35.). 



4* 18 D SnV in 6 ", das Gesichtsfeld zeigte geringe concentrische Ein¬ 
engung. Rings um die Hornhaut bestand leichte Röthung, die Iris war 
verrostot; statt der früheren blauen Farbe, wie die des gesunden, zeigte 
sie jetzt in ihrer ganzen Fläche eine schmutzig dunkelgrünbraune; die 
Pupille war unregelmässig, durch Atropin nicht gehörig zu erweitern, 
theilweise mit Kapseltrübung gefüllt; Sehnerv sichtbar, Fremdkörper nicht 
zu entdecken, auch nicht bei wiederholter Prüfung. 

Trotzdem musste er drin sein, wegen der Verrostung, und ausgezogen 
werden, um die Erblindung des Auges zu vorhüten. 

Am 5. Juni 1894 wurde, unter Cocain, dio Operation vorgenommen; 
erst eine Iridectomie nach unten verrichtet 1 ), hiorauf der Magnet einge¬ 
führt, erst in die Pupille, dann ein klein wenig nach hinten gebogen; so¬ 
wie ich bis acht gezählt, merkte ich, dass otwas daran sei, und zog aus. 
Glaskörpervorfall trat nicht ein, die Wunde heilte regelmässig. 

Leider kann ich, da der Fall zu frisch ist, noch nicht berichten über 
das schliessliche Verhalten 1) der Sehkraft und 2) der Irisfarbe. Der 
Fremdkörper hat die Gestalt eines kleinen Bandeisens, der Hauptkörper 
ist 3 mm lang, 1 mm breit und zeigt an jedem Ende eine senkrecht vor¬ 
springende Spitze. Das Gewicht beträgt 15 mg. (Schluss folgt). 


III. Ans der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen¬ 
hospitals in Breslau. 

Exstirpation eines Hirntumors. 2 ) 

Von Sanitätsrath Dr. 0. Biegner. 

Die Casuistik der bisher mit Erfolg ausgeführten Exstirpationen 
grösserer Hirngeschwülste ist noch eine ziemlich spärliche. Sie 
werden es daher wohl gerechtfertigt finden, wenn ich mir erlaube, 
Ihnen heute diesen sechsjährigen Knaben vorzustellen, welchem ich 
vor nahezu vier Monaten einen umfangreichen Tumor vermittels 
temporärer osteoplastischer Schädelresection nach Wagner aus dem 
Gehirn entfernt habe. 

Der Patient Alfred Läufer wurde am 12. September v. J. meiner 
Abtheilung zur Aufnahme überwiesen. Die Eltern • sind beide vollkommen 
gesund, ebenso zwoi Geschwister von 2 und */a Jahren. Nach Aus¬ 
sage des Vaters hat der Knabe im Alter von zwei Jahren an Krämpfen 
gelitten, die sich durchschnittlich jede Woche einmal wiederholten, nach 
Verlauf eines halben Jahres jedoch völlig vorloren. Seit dieser Zeit bis 
zum Auftreten des jetzigen Leidens soll er im ganzen gesund gewesen 
sein, auch insbesondere niemals eine Kopfverletzung erlitten oder eine 
Ohrenkrankheit gehabt haben. Im Mai v. J. fing das Kind an über Schwäche 
und Gefühl von Kribbeln im rechten Arm zu klagen. Er benutzte den 
letzteren immer weniger und gebrauchte schliesslich zu allen Verrichtun¬ 
gen — auch zum Essen — nur den linken Arm. Krampfzustände wollen 
die Eltern im Anfang nicht beobachtet haben, erst nach etwa drei Wochen 
bemerkten sie, wie der Knabe immer häufiger krampfhafte Beuge- und 
Streckbewegungen im rechten Ellbogengelenk ausführte. Dabei wurde 
gleichzeitig die Hand fest geballt uud der Daumen nach innon geschlagen. 
Etwa in der vierten Woche nach Beginn des Leidens fiug das Kind an, 
das rechte Bein nachzuschleppen und hin und wieder krampfhaft zuckende 
Bewegungen im Kniegelenk zu machen. Er klagte aut Befragen über 
Schwäche im rechten Bein, nie jedoch über schmerzhafte Empfindungen 
in diesem oder im rechten Arm. Zuckungen im Gesicht oder lähmungs¬ 
artige Zustände, wie Herabhängon eines Mundwinkels etc., wollen die 
Eltern nie bemerkt haben; ebensowenig Störungen der Sprache, des Sch¬ 
und Hörvermögens, ln der siebenten Woche stellten sich Kopfschmerzen 
ein, die allmählich immer stärker wurden, nur vorübergehend ganz auf¬ 
hörten und zeitweise aufs heftigste exacerbirten. Alle drei bis vier Tage 
trat jetzt auch in den ersten Morgenstunden Erbrechen auf. Danach lag 
das Kind jedesmal den ganzen Tag hindurch vollständig theilnahmlos mit 
halbgeschlossenen Augen da, wies jede Nahrung zurück und konnte durch 
nichts aus seiner Apathie aufgerüttelt werden. 

Während der Kuabo früher sehr lebhaft und munter gewesen sem 
soll, hat sich desselben eine im Verlaufender Krankheit immer mehr zu¬ 
nehmende weinerliche und gedrückte Stimmung bemächtigt. Auch das 
Gedächtniss und die Intelligenz soll erheblich abgenommen haben. Die 
Zahlen, die er sonst herzusagen wusste, hat er vollständig vergessen. 
Während er vorher trotz seiner sechs Jahre auch zu complicirten Auf¬ 
trägen gut benutzt werden konnte, hat er jetzt auch die einfachsten 
Bestellungen falsch ausgerichtet. . 

Der für sein Alter ziemlich gut und kräftig entwickelte, etwass blass 
aussehende Knabe machte einen müden, apathischen Eindruck, war weiner¬ 
licher Stimmung und nur selten zu bewogen, an dem Spiel der anderen 
auf der Abtheilung befindlichen Kinder einigen Antheil zu nehmen. Auf 
irgend welche Fragen antwortet er meist gamicht oder „ich weiss nicht 
oder fing — namentlich wenn er zu etwas aufgefordert wurde oder gar 
untersucht werden sollte — sofort an zu weinen. Die Untersuchung ist 
daher äusserst erschwert, und es gelang nur mit grosser Mühe und durch 
wiederholte längere Beobachtung Folgendes mit einiger Sicherheit lestzu- 
stellen. Brust- und Bauchorgane verhalten sich normal; die Anzahl der 


i) Zum Fassen diente unsere gezähnelte Kapselpincette, ähnlich der 
ron Förster, nur mit weit kürzeren Armen, da ich bei allen ms Auge 
linzuführenden Instrumenten nur die nothwendige Länge zulasse. 
Me Pincette war vorher durch Bestreichen magno tisckgemac wo » 
im beim Fassen einen etwa hinter der Regenbogenhaut befindlichen 
cörper nicht zurückzustossen, sondern eher anzuziehen. 

*) Nach einem Vortrage, gehalten in der med. Secüonder Schlesischen 
fiip vAtarländiflche Cultur am 26. Januar lw*. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIF T. 


No. 23 


Pulse ist schwer zu bestimmen, beträgt durchschnittlich einigo 70 in der 
Minute, wechselt jedoch sehr; eine auffallende Verlangsamung warme 
mit Sicherheit zu constatiren. Weder am Halse noch an den sonstigen 
typischen Stellen fühlt man geschwollene Lymphdrüsen. Stuhl und Urin¬ 
entleerung sind in Ordnung, der Harn ohne abnorme Bestandtheile. 

Der Patient kann ohne Unterstützung weder gehen noch fest stehen. 
Der Grund liegt in einer spastischen Parese des rechten Beines, welches im 
Kniegelenk leicht gebeugt und in ausgesprochener Spitzfussstellung ge¬ 
halten und beim Versuch zu laufen nachgeschleppt wird. Auch im Liegen 
erfolgen alle Bewegungen des rechten Beines und Fusses sehr unsicher, 
ataktisch, mit erheblich geringerer Kraft und Geschwindigkeit wie am 
linken. Die Muskeln zeigen spastische Contraction. Diese Lähmungs¬ 
erscheinungen wechseln jedoch häufig in ihrer Intensität und sind vorüber¬ 
gehend viel weniger deutlich zu constatiren. Die Muskulatur ist an der 
rechten unteren Extremität ebenso kräftig entwickelt wie an der linken 
und faradisch und galvanisch gut erregbar. Der Patellarreflex ist rechts 
deutlich stärkor, auch ein leichter Fussclonus ist rechts hervorzurufen. 
Cremaster- und Bauchreflexe beiderseits gleich. Eine Störung der Sensi¬ 
bilität und des Muskelsinns ist am rechten Bein nicht vorhanden. 

An der rechten oberen Extremität bestehen noch erheblich ausge¬ 
sprochenere und constantero Paresen in verschiedenen Muskolgebieten. 
Alle Bewegungen mit derselben erfolgen langsam, unsicher und mit ge¬ 
ringer Kraft. Patient vermag den Oberarm fast gamicht zu eleviren; 
wenn er dazu aufgefordert wird, hebt er die rechte Schulter in die Höhe. 
Active Beugung und Streckung des Ellbogengelenkes ist zwar in normalen 
Grenzen möglich, kann aber schon durch den schwächsten Widerstand 
gehemmt werden. Der Vorderarm steht in Pronation und kann activ nur 
minimal supinirt werden. Beim Versuch dazu erfolgt eine Auswärts¬ 
drehung im Oberarm. Am auffallendsten sind aber die Lähmungserschei¬ 
nungen an Hand und Fingern (im Radialis- und Ulnarisgebiet). Die rechte 
Hand hängt in der Ruhestellung in starker Volarflexion herab; dabei be¬ 
finden sich die Grundphalangen der Finger in Streckung, Mittel- und Nagel- « 
glieder in leichter Beugung. Activ vermag Patient die Hand aus dieser 
Stellung nur wenig nach der Dorsalseite zu heben. Bei passiver Streckung 
des Handgelenkes, die in normalen Grenzen möglich ist, gerathen (infolge 
des Uebergewichts der Flexoren über die paretischen Extensoren) Mittel¬ 
und Endglieder der Finger in starke Beugung, während die Grundphalangen 
leicht gestreckt bleiben, es tritt eine Andeutung von „Klauenstellung“ ein. 
Am Zeigefinger ist hierbei die Beugecontractur am wenigsten ausgesprochen; 
dieselbe lässt sich an allen Fingern passiv leicht überwinden. 

Activ können die Mittel- und Endglieder der vier letzten Finger aus 
ihrer Floxionssteltung nicht in Streckung ttbergeführt werden. Wird 
der Knabo aufgefordert, seine Finger zu strecken, so stellt er die Hand 
in möglichste Dorsalfloxion und überstreckt die Grundphalangen unter 
gleichzeitigem Spreizen der Finger. Letztere Bewegung ist im übrigen 
in geringerer Excursionsweite ausführbar wie an der linken Hand. Die 
Beugung ist activ in allen Fingergelenken unbehindert, so dass die Fin¬ 
ger gut zur Faust eingeschlagen werden können, doch ist die Kraft des 
Händedruckes erheblich schwächer wie links. Der Daumen steht in Ad- 
ductionsstellung mit gebeugter Endphalanx. Ab- und Adductionsbewe- 
gung desselben sind activ wesentlich beschränkt. Die Ataxie der Bewe¬ 
gungen ist am rechten Arm noch viel deutlicher ausgeprägt wie am 
rechten Bein. Wird Patient z. B. aufgefordert, sich an die Nase zu fassen, 
so erreicht er das Ziel erst nach längerem unsicherem Umhertasten. Eine 
Atrophie der Schulter-, Arm- und Handmuskulatur ist nicht zu con¬ 
statiren, ebenso ist die Erregbarkeit für galvanischen und faradisehen 
Strom nicht herabgesetzt. Triceps- und Periostreflex sind rechts deutlich 
erhöht. Die Untersuchung der Sensibilität ist ganz besonders erschwert, 
doch ist mit einiger Sicherheit folgendes festzustellen. Nicht zu schwache 
Berührungen werden an der unteren Hälfte des Vorderarmes und im Be¬ 
reiche der Hand zwar gefühlt, aber nicht gehörig localisirt. An den 
Fingörn scheint das Tastgefühl ganz aufgehoben zu sein. Schmerz¬ 
empfindung gegen Nadelstiche und den faradisehen Pinsel ist zwar leb¬ 
haft, aber gegen links deutlich herbgesetzt. Kälte und Wärme wird am 
rechten Arm überall deutlich unterschieden, aber unangenehmer em¬ 
pfunden wie am linken. Die Prüfung der Lagevorstellung erweist sich 
als unmöglich. Dagegen ist folgendes sehr interessante Symptom mit 
voller Prägnanz und Sicherheit zu constatiren. Bei geschlossenen Augen 
vermag Patient Gegenstände, die ihm in die rechte Hand gegeben wer¬ 
den, nicht zu erkennen, während er sie dann mit der linken sofort iden- 
tificirt. Es sind ihm also die Erinnerungsbilder, welche durch Betasten 
mit der Hand gewonnen werden, rechts vollständig verloren gegangen. 

Bei Betastung des Kopfes fällt eine erhebliche Druckempfindlichkeit 
der linken Schläfen- und Scheitelbeingegend auf. Die leiseste Berührung 
an diesen Stellen ruft einen lebhaften Schmerzausbruch hervor. Auch 
spontan klagt Patient fast beständig über heftige Kopfschmerzen. Im 
Gebiete des Facialis sind deutliche Lähmungserschoinungen nicht immer 
mit Sicherheit nachzuweisen. Nur zeitweise hei stärkerem Verziehen der 
Gesichtsmuskeln (z. B. beim Weinen) bemerkt man eine geringere Be- 
thoiligung der rechten Oberlippenhälfte und ein Herabhängen des rechten 
Mundwinkels. Mitunter gelingt es den Knaben zum Pfeifen zu bringen, 
was er ganz gut vermag. Sprachstörungen irgend welcher Art sind nicht 
vorhanden. Das Gehör ist intact. Geruchs- uns Geschmacksanomalieen 
sind nicht aufzufinden. Die Zunge wird gerade herausgestreckt, die 
Uvula steht in Medianstellung. Die Untersuchung der Augen ergiebt 
folgendes. Stellung und Beweglichkeit normal, Pupillen beide gleich 
weit, i'eagiren beide gleich gut auf Lichteinfall und Convergenzstellung. 
direkt und gekreuzt, Gesichtsfeld- und Farbensinuprüfung sind unmög¬ 
lich. Das Sehvermögen, mittels Bilderzeichentafel untersucht, erweist 
sich annähernd normal. Dabei ergiebt das Ophthalmoskop beiderseits ty¬ 
pische Stauungspapille, welche allem Anschein nach schon länger besteht. 
Beide Optici sind stark geschwollen, ihre Grenzen verschwommen., die 


Gefässe streckenweise verschwindend, die Venen stark gefüllt und ge¬ 
schlängelt. . 

Während einer vierwöchentlichen Boobachtungszeit stellten sich fast 
täglich Convulsionen ein, klonische und tonischo Zuckungen, die anfangs 
nur den rechten Arm betrafen, wenigo Minuten anhielten, den Knaben 
oft im Stehen befielen und von ihm mitunter vorhergesagt wurden mit 
den Worten: „jetzt kommt der Krampf.“ Später ergriffen dieselben 
auch das rechte Bein, und in den letzten Nächten wurden von dem 
Wartepersonal auch einige Male allgemeine Krämpfe beobachtet, die 
jedoch auch immer von rechtsseitigen Armeonvulsionen cingeleitet 
waren. Das Bewussstein verlor Patient dabei nicht, doch lag er den 
nächsten Morgen ganz theilnahmlos da. Die Anfälle von Erbrechen, 
anfangs nur selten eintretend, wurden heftiger und häufiger und 
waren stets von länger anhaltender Apathie gefolgt. Die Klagen über 
Kopfschmerzen waren danach besonders heftig. Die Parese des rechten 
Beines nahm allmählich noch zu, und auch im Gebiete des rechten 
Mundfacialis traten besonders nach den Anfällen allgemeiner Convul¬ 
sionen die Lähmungserscheinungen deutlicher zu Tage. Die nach solchen 
Anfällen vorgenommene ophthalmoskopische Untersuchung ergab eine 
deutliche Zunahme der Röthung und Schwellung der Optici. Das Seh¬ 
vermögen erlitt eine fortschreitende Verschlechterung. 

Um die Ergebnisse der Anamnese und unserer Beobachtung 
im Hospital noch einmal kurz zu resümiren, so traten bei dem 
bisher im wesentlichen gesunden, hereditär weder tuberkulös noch 
syphilitisch belasteten Knaben ohne vorangegangenes Trauma zu¬ 
erst Lähmungserscheinungen im rechten Arm auf, zu denen erst 
später Convulsionen sich gesellten. Im weiteren Verlauf kamen 
auch Paresen und Zuckungen im rechten Bein hinzu, und vorüber¬ 
gehend wurden, namentlich im Affect, leichte Lähmungserscheinun¬ 
gen im unteren' Faeialisgebiet beobachtet. Die Convulsionen blieben 
wesentlich und vorwiegend auf den rechten Arm beschränkt, er¬ 
griffen seltener auch das gleichnamige Bein und verbreiteten sich 
erst in der allerletzten Zeit auf die andere Körperhälfte. Einge¬ 
leitet wurden auch die halbseitigen und allgemeinen Anfälle immer 
vom rechten Arm aus. Auch die Lähmung war an diesem am 
meisten ausgeprägt und nahm hier während unserer Beobachtung 
deutlich an Schwere und Umfang zu. Im Bein war sie erheblich 
geringer und zeigte Schwankungen in ihrer Intensität. Ebenso 
waren deutliche Sensibilitätsstörungen, jedoch auch unvollkommener 
Art, nur am rechten Arm mit Sicherheit zu constatiren. Die Pa¬ 
resen am rechten Arm entsprachen nicht bestimmten circumscripten 
Nervengebiet-en in ihrer Totalität, sondern betrafen nur einzelne 
Theile aus verschiedenen Nervenbahnen (Nervus ulnaris, radialis, 
axillaris). Dabei waren die Bewegungen ausgesprochen ataktisch. 

Es waren endlich die Erinnerungsbilder, die durch Betasten 
gewonnen werden, für die rechte Hand vollständig verloren gegan¬ 
gen. Der Knabe vermochte ihm sonst bekannte Gegenstände, dio 
ihm in dieselbe gegeben wurden, nicht mehr zu identifieiren. Da¬ 
neben waren schon einige Wochen nach Beginn der Krankheit Kopf¬ 
schmerzen, sowie Anfälle von Erbrechen eingetreten, welche an 
Heftigkeit und Häufigkeit sich beständig steigerten. Auf der linken 
Kopfhälfte bestand ausserdem eine sehr erhebliche Druckempfind¬ 
lichkeit. Dabei zunehmend deprimirte, weinerliche Stimmung, Ab¬ 
nahme der Intelligenz und des Gedächtnisses bei dem vorher leb¬ 
haften und aufgeweckten Kinde. . 

Sprach- und Hörstörungen fehlten, ebenso Augenmuskei- 
lähmungen. Dagegen war eins der wichtigsten positiven Symptome 
eine ausgeprägte beiderseitige Stauungspapille, anfangs ohne, zu¬ 
letzt mit deutlichen Sehstörungen cinhergehend. Sie sprach zu¬ 
nächst — und das führt uns zur Erörterung der Diagnose — 
mit Sicherheit für das Bestehen einer ganz erheblichen intracram- 
ellen Drucksteigerung. Eine solche konnte nur veranlasst sem 
durch einen raumbeschränkenden Process im Schädel, welcher wegen 
der langsam und allmählich fortschreitenden Entwickelung ue 
Leidens als Tumor angesprochen werden musste. Die Annnnme 
eines Hirnabscesses schien mir ausgeschlossen durch den Mange 
jeglicher Temperatursteigerung, sowie jeder erkennbaren Ursac e 
(Ohrenleiden, Trauma), und weil eine höhergradige Drucksteigerung 
bei Abscessen nur dann zur Erscheinung kommt, wenn sie inre 
Sitz im Kleinhirn haben. Die Hirngeschwulst musste, wie man 
ebenfalls aus dem Bestehen des auffallend starken intracrameiie 
Druckes zu schliessen berechtigt war, bereits einen erheblic en 
Umfang erreicht haben. Deshalb hätte sie bei Zerstörung tie 
liegender Theile des Gehirns, bei einem Sitz in der inneren Napse 
durch Vernichtung der hier dicht zusammengedrängten motorisc o 
Pyramidenbahnfasern eine vollständige Hemiplegie hervorru e 
müssen. Es bestand aber im wesentlichen nur eine Monopiegi^ 
bracliialis. Die leichteren und schwankenden Lähmungserscheinun- 
gen an Bein und Gesicht mussten als indirekte Heerdsymptoro 
gedeutet werden. Man konnte also mit grösster Wahrschein ic 
keit annehmen, dass der Tumor die motorische Rindenregion, nn 
zwar wesentlich den mittleren Theil der beiden Centralwindung > 
das Centrum für die Armbewegungen, in Mitleidenschaft £ ez °£, 
hatte. Für diesen Sitz sprach ferner die partielle Epilepsie, we c 


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DEUT SCHE! MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Juni. 


wesentlich und vorwiegend den rechten gelähmten Arm betraf und 
auch wenn sie sich weiter ausbreitete, stets von Zuckungen des 
letzteren eingeleitet wurde. Eine sehr wesentliche Unterstützung 
dafür bot endlich das Bestehen des deshalb auch als Rindenataxie 
bezeichneten Symptoms. Dass die Geschwulst nicht etwa nur im 
Centrum ovale sass, sondern bis in die Rinde vorgedrungen sein 
musste, dafür sprach das gleichzeitige Vorhandensein von Sensi- 
bilitätsstörungen im rechten Arm. „Das Centrum ovale dürfte 
(nach Wernicke) der einzige Ort sein, wo eine Monoplegie ohne 
Sensibilitätsstörungen durch einen Heerd verursacht werdon kann“; 
erst in der Corticalis treffen die centripetalen sensiblen Bahnen 
die für denselben Rindenabschnitt bestimmt sind, mit der motori¬ 
schen Pyramidenbahn zusammen. 

Die in die Augen fallende Schmerzhaftigkeit gerade der linken 
Scheitel- und Schläfenbeingegend konnte in der Annahme, dass der 
Tumor dort die Oberfläche erreiche, nur bestärken. Was seine 
Natur betrifft, so hätte man bei dem Alter des Patienten und mit 
Rücksicht auf die anamnestische Angabe, dass er vor vier Jahren 
schon einmal an Krämpfen gelitten, ja zunächst gewiss an einen 
solitären Hirntuberkel denken können. Doch sprach dagegen, abge¬ 
sehen von dem Mangel hereditärer Belastung und sonstiger ’ tuber¬ 
kulöser Erkrankung, einmal der wahrscheinliche Sitz und dann vor 
allem der als sicher anzunehmende erhebliche Umfang der Geschwulst, 
weil Hirntuberkel selten mehr als Kirschen grosse zu erreichen pflegen! 
Aus letzterem Grunde waren wohl auch Cysticerken auszusehliessen, 
und da Carcinome im Gehirn fast nur als secundäre Metastasen 
und bei Kindern wohl überhaupt nicht Vorkommen, so lag die An¬ 
nahme eines Glioms oder Sarkoms am nächsten. 

Da mir aus den eben entwickelten Gründen die Diagnose eines 
Tumors und dessen Sitz in der Nähe der linken Centralwindungen, 
also seine Erreichbarkeit von der Oberfläche gesichert erschien, da 
ferner alle Krankheitserscheinungen ständig intensiver wurden, 
das arme Kind von Erbrechen und den wüthendsten Kopfschmerzen 
gequält wurde und bei der Zunahme der Neuritis optica voll¬ 
kommen zu erblinden drohte, bo hielt ich den Versuch einer Exstir¬ 
pation der Geschwulst für vollkommen gerechtfertigt. Ich entschloss 
mich um so eher dazu, als bekanntlich die Wagner’sche temporäre 
Schädelresection ein weites Freilegen der Hirnoberfläche gestattet, 
ohne einen bleibenden Knochendefect zu hinterlassen. Die Opera¬ 
tion wurde am 7. October v. J. in Chloroformnarkose unter rein 
aseptischen Cautelen ausgeführt. Nachdem ich mittels der von 
Köhler (Deutsche med. Wochenschr. 1889, No. 29) angegebenen, 
nach Versuchen am Cadaver von mir etwas modificirten Methode 
die Lage der Centralfurche bestimmt und auf dem glatt rasirten 
Schädel aufgezeichnet hatte, Umschnitt ich einen kreisförmigen, 
handtellergrossen Hautlappen mit unterer Basis. Letztere 7 cm 
lang, verlief in horizontaler Richtung 7 cm über dem äusseren 
Gehörgang, mit dem vorderen und hinteren Endpunkt etwa gleich 
weit von letzterem entfernt. Vorderer und hinterer Rand des 
Lappens liefen etwas schräg nach oben und hinten, seine obere 
Begrenzung blieb 2 cm von der Sagittallinie entfernt. Die Höhe 
betrug 9, die grösste Breite 8 cm. Dadurch, dass ich den Stiel 
nach unten legte, bekam ich die Hauptäste der Art. temporalis in 
denselben und vermied so eine stärkere Hautblutung. An den 
Grenzen der retrahirten Kopfschwarte durchtrennte ich das Periost 
und resecirte den Schädel mittels eines schmalen Meisseis. In der 
oberen Gircumferenz erwies sich der Knochen (durch Druckwirkung) 
setu* erweicht und verdünnt, so dass der Meissei hier sehr vor¬ 
sichtig gehandhabt werden musste. 

Nachdem der Knochen an der Basis noch von beiden Seiten 
ner subcutan etwas durchtrennt worden, gelang es den grossen 
autperiostknochenlappen ohne Mühe einzubrechen und nach ab- 
ffg* zu schlagen. An der gelblich gefleckten, sich stark vor¬ 
rangenden und nur schwache Pulsation zeigenden Dura mater 
siebt man die Hauptäste der Art. menigea media radiär nach oben 
ausstrahlen und anscheinend verschmälert. Um sie möglichst 
peripher zu treffen, wird auch aus der Dura ein dem Knochendefet 
i U< * er Wappen mit unterem Stiel gebildet und nach ab- 
li h f,Piagefässe, namentlich die Venen, sind reich- 
• i « das Gehirn drängt sich sehr stark hervor und zeigt 
J z lebhafte Pulsation. Etwa der Mitte des freiliegenden Hirn- 
ßtrt S ^.kpreohend, springt circa im Umfange eines Dreimark- 
dfin 8 T In Krauröthlieher fluctuirender Tumor vor, nur von einer 
bin?* 11 ^age Rindensubstanz bedeckt, welche sich mit der Pia 
n . ^streifen lässt. Der Lage nach entspricht die vorliegende 
Gvri WU sto ^ e ^ äc he den Centralwindungen, doch sind die einzelnen 
nioht W6 ? en o. d , er Veränderung und Verschiebung durch den Tumor 
fancwa nUt k^hwheit zu identiflciren. Der letztere lässt sich an- 
undi v anstossen den Hirnwindungen von allen Seiten glatt 
der ^M. vVzS ÄU88ohalen » erweist sich aber als weit in die Tiefe 
mögl^at *** - ng reicllend und dabei an Umfang zunehmend. Um 
^ n8t wem & von der umgebenden Gehirnmasse zu verletzen, 


m 


; -cT rlT, uu ™n runcuon und Entleerung von circa 

1 '* Esslöffel klarer, gelblicher Flüssigkeit etwas verkleinert. Der 
sehr weiche Geschwulstmantel lässt sich jetzt zwar wegen seiner 
leichten Zerreisslichkeit nicht in toto, sondern nur in einzelnen 
Stucken enucleiren, doch zeigt er sich deutlich abgekapselt und leicht 
von der gesunden Himmasse differenzirbar. Im ganzen hatte er 
wohl ungefähr die Form und Grösse eines mit dem schmäleren 
Ende noch oben liegenden Gäuseeis. Die Blutung war unbedeu¬ 
tend, nachdem einige Piagefässe vor ihrer Durchschneidun°- doppelt 
unterbunden worden waren. ° 


Die nach Entfernung der Geschwulst zurückbleibende Aus¬ 
höhlung in dem stark zurückgesunkenen Gehirn wird locker mit 
Jodoformgaze gefüllt, der Hautknochenlappen darüber gelagert 
und durch zwei lose Hautnähte fixirt. Aseptischer Verband. 

Die mikroskopische Untersuchung des Tumors ergab ein sehr 
gefässreiches Rundzellensarkom. (Demonstration.) 

Am Nachmittage des Operationstages war das Bewusstsein 
wieder vollkommen zurückgekehrt. Der Knabe verlangte zu trinken, 
klagte über Kopfschmerzen und zeitweise auftretende unangenehme 
Empfindungen im rechten Arm. An den Fingern bemerkte man 
zuweilen leichte fibrilläre Zuckungen; mehrmals stellten sich im 
Laufe des Tages clonische Krämpfe in der Muskulatur des ganzen 
rechten Armes ein. Die Lähmung desselben hatte beträchtlich zu¬ 
genommen. Der Oberarm ist activ ganz unbeweglich, der Unter¬ 
arm wird sehr langsam und unsicher nur höchstens bis zum rechten 
Winkel gebeugt und sinkt dann durch die eigene Schwere wieder 
zurück. Die Hand hängt ganz schlaff herab und kann gar nicht 
dorsal flectirt werden; auch die active Beweglichkeit der Finger ist 
minimal. Das rechte Bein zeigt gleichfalls eine wesentliche Zu¬ 
nahme der Parese. Dagegen ist eine deutliche Zunahme der Fa- 
cialislähmung nicht zu bemerken. Puls 130—140, Temperatur 38,1. 

In der Nacht stellten sich noch mehrfach die Krämpfe im Arm 
und einige male Erbrechen ein; wenig Schlaf. 

Am nächsten Tage (8. October) waren die Lähmungen im 
rechten Bein und Arm schon wieder erheblich zurückgegangen. 
Namentlich im Radialisgebiet ist die Besserung auffallend. Patient 
kann die Hand wieder dorsal flectiren und einige Zeit in Streck¬ 
steilung halten. Der von blutig gefärbter Cerebrospinalflüssigkeit 
vollkommen durchtränkte Verband wird in den oberen Schichten 
erneuert. In den nächsten beiden Tagen noch häufige Brechanfälle 
und Zuckungen im rechten Arm, Klagen über heftige Kopfschmerzen. 
Puls noch sehr beschleunigt (130). Temperatur dagegen von jetzt 
ab dauernd normal. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergiebt 
einen deutlich sichtbaren Rückgang der Schwellung und des Oedems 
der Opticusscheiben, in welchen man jetzt die meisten Gefässe bis 
ins Centrum verfolgen kann. Am vierten Tage nach der Operation 
(10. October) wird der Jodoformgazetampon entfernt. Das Ge- 
sehwulstlager hat sich fast vollständig wieder ausgeglichen. Der 
Knochenlappen lässt sich nicht vollkommen in das Niveau der Lücke 
eindrücken. Die Hautwundränder werden nur durch einige weite 
Nähte vereinigt, um den Secretabfluss zu erleichtern. — Das erwies 
sich leider als ein Fehler, weil, wie sich in der Folge zeigte, durch 
den mangelnden festen Verschluss offenbar die definitive Regulirung 
des Hirndrucks verzögert und eine übermässig starke Secretion 
von Cerebrospinalflüssigkeit veranlasst wurde. Zwar das subjective 
Befinden besserte sich nach dem Verbandwechsel erheblich, Er¬ 
brechen und Kopfschmerzen hörten auf, Appetit und Schlaf stellten 
sich wieder ein, der Knabe sass meist im Bett aufrecht und nahm 
an allen Vorgängen um ihn her lebhaften Antheil, auch die Krampf¬ 
anfälle im rechten Arm minderten sich an Intensität und Häufig¬ 
keit, und der Puls wurde weniger frequent. Dafür war aber der 
locale Heilungsverlauf ein wenig zufriedenstellender. Das nicht 
fest in die Lücke eingefügte Knochenstück hob sich nämlich in 
den nächsten 14 Tagen immer mehr und drängte stark gegen den 
per primam verheilten Hautlappen an. Die Narbe wurde erheblich 
gedehnt, und schliesslich traten an den beiden unteren Wundwinkeln 
zwei pflaumengrosse Hirn Vorfälle hervor. Gegen Ende der zweiten 
Woche nahmen auch die bereits gebesserten Lähmungserscheinun¬ 
gen am rechten Arm wieder sichtlich zu. Ich entschloss mich 
daher, die fest verheilte Narbe am 24. October wieder zu spalten. 
Nach Aufklappen des Knochendeckels floss eine erhebliche Menge 
Cerebrospinalflüssigkeit ab. Ich reponirte jetzt möglichst die beiden 
vorgefallenen Hirntheile, trug, was nicht zurückging, ab, verschmä¬ 
lerte die Ränder des Knochenlappens mittels Luer’scher Hohl- 
meisselzange soweit, dass derselbe sich jetzt gut in die Lücke ein- 
passen Hess, und vereinigte die Hautwunde mit dichten Silber- und 
Seidennähten. Nur durch eine Lücke im hinteren und unteren 
Wundwinkel führte ich ein dünnes Drain ein. Der Knabe überstand 
diesen neuen Eingriff wieder ganz gut. Nur am Abend des nächst¬ 
folgenden Tages trat eine geringe Erhöhung der Temperatur auf 
38,3 und eine Pulssteigerung bis 130 ein. Von da ab blieb die 
Temperatur normal und sank der Puls auf 90—100. Als nach 


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g*w>MMt rüttle, war diu IkutwnmH per primam geheilt und M; 
4fr5ö»ö«‘.hPiisir*tdi Mt bn Ni\mui des 8'MdM Uonn uavMmt 
V«fWde (12. JfyvMbtift zeigte Sit'it >mJM sn» der iMmU’rkc wieder 
öii'.b^biiW^roi*e-i' r>Iup>. ' t>er*Wi.m wurde reponii k -dk tlaüi 

iiti Fmidon -Amten imtpruiinit* iwd durch einige Stil»mm Ido Mt 
^i>iiidt.swi. Huilduu? ,m eine weitere Btövuüg in «M Hmmug um* 
inehr , »in .Narbe lost mui dm HimcMi m mdu-igm' 

Ugn gMleb.m Ziemlich bald nach diurM* weite» Gingtdr (vmu 
21 ()VU;imr», welcher dun teste»,- deindliven \ crschiusr? dm Sr.luidci- 
hinke mich*. stellte Mb ativis »in» MkU%te stetig fortechroi- 

teudo .H<-ssri’UMg-der Parese» am ruchten Arm mul Keinem. Ute 
Zoekungvti .-sisürteii vollständig und kehrten nudtk wiedev^ -. «>» 
der' FaeiaUslähutung war nickte mehr zu - bnumflcW.h »»» balo. 
möchte der Knaim\wdi fkdi versuche und vermMite MiHtelMveim 
tun nui tauiger f.• ütersHRzuog *e.hon gan/ leidlich iinthepidaute«. 
Br Avar Mi;. den ganzen Tat»:-ausser Bott und -spielte u.u> de«*. mi- 
deren Kimb-vh Pegegim machte sit h joteh oum slArkmv- * b rate 
Kcteaing das SidfyttnnÖ&ojis-teufliebet» heßforkhär. Bum um 8, lW w 
vorüber. \ «>r£*M»*mM'H» dh »ding ; -« hi r!‘-«'liuerte ? üter.Hiebmig 
hatte aiii iotem Auge int.-li l r, .-Dhre. hütte, teckte *d w h v woftigr.r, 
Olgehrij Elite NuvomM beetem,1 imiKite »f«hU uU» 1 »» di Hielte 
.mMn und 'wurden tkvM blauet auf dm Mater ge^ildH : Dübei wnr 
linr <>\t euh'iMme Sehvermögen vorhanden. Mm Fixtem avU nion 
dln Augen jiiuh 4 ’Mttr und «te*n gmhtei. ! mm.u»tep»M»*ml v..ih*u 
dte \ iiiimlonu»«'tj teil Augenblidmgt und“ Bolton hu j.nUf§ 

{>i ■iu\ivr9 klagte böet»r»de/> du* m-litf? ikijiiilumuht und MU-tK n.h 
n-nd jdJig deren Sthwr-Ünna' zunh-K. A.otdne; K-ovr.mhev w«j* uio 
rftdrön fäfct j’eiu wtuäs und fu-g hu N) \u-un dt» Retinal yrSkrewl 

1n;k^ tkijiilie !i• ’* h i:Tf»nrt,n!j t » i .<J'hu» T v.'uSfjiwoimru-ne <und 

»arcbllSkfjVßtpäX«rJH'hiul»HOii ^igtu Brft BmieXüv^ifd»u»-. Avnr aurh 
liR-r löntpoidlwärR« ^ttlrkere Abldn-isnnf; bemi-f]:fu» 

» fUO‘>ut wiU’t’.fl i.U. IJO-O!' Putin.ilf Sohr *U*i l.uhi ihn gilUVOtl 

Tno- reit ;J(-ij yrnlr-ien Kimlem nmtn-r und lini kufuerhü snhjn<'<»v<i 

.Beoul«wnrkluin.• fho IRtatwunde Bt durchweg h>:i \uBmi!i.. De.r 

!vrundVe»idoh‘ut ist »lutuh dun nburall lut- '[ivreu dos nu^ruuzendrü 
ägtßäblii iir^ruiuon Kun» iuutlupjitm gtd- guslju kt. wenn hueK «ine 
kiidchni m* \ArehhgUi!g Uiudt hihivt in düi J ganzen Circumfeinuv. e»‘- 
ju!i‘t J>u. fjfnl all ointTii The.il <h>? vhew Rundün und :«».]»!* »>rni:i- 
l.dciu' 4 tuÄ UnrSite Birnpul^atkvue-u ?a iVmuerken klhÜ. t^hvylsiprirn, 
EiTi'eo.bvr*« Kupisi i'.int'i-zi'i* hau«u t aiükehurt l*ie lAiriaiis- 


patoae ist gÜUZitch gi^ohAVusUiun. Atu 
Motii’itStststumng melir zu bruurj.*koü. 


retdtten Bein iyi keinerlei 
lUifiUiti huM ugt dassuUu* Jit 


, aller* Bdeaknn ebeirsü gut und kräitig v >ki« 
nicht die 


das liuke und ziugt 
geringste Abnoj'mifat Un Gange, ihn «labe» zeRvVvisr 
uh full ende Hosiolnuiieit ist dm eh die Srhstunrng vullkuumH’-u 

ej'iv'hulleSn Am n«i Uten Arm ist insofern ein«? Uemi-rken-wurfite 
lie-ÄKerCiug oiugnftetrh, Pa-traat dun b«i der Aufnalnrit?. tust uit- 
bewe^ii.chen „Ol^rortu zeiUn-h luM bis zur ^ükrechteu, vorAväris 
etwas über die I»(u , izi./it.iJ«* hel-.nij und ■rüekwftrts soweit (ilhrmi 
kann, da.** ui. mit dem liändröe-kdU die unteren Brustwirbel er-, 
vfiinht, p^gegfti biiiBm Üp\ Lft \) »r\iliTgSe»A«'bdihtiiAgUU am Ab.didbrfinii 
und der Hand nach fast gemin den gibiehen fUdunii, wie er vor der 
Operathm onigw»numou und Im Eingang geimu benchrinfam Wurde’; 
nht dass«-. fmdi^'Uiasfc ijin seeumiilre Fbixinnsroniraetur der Finger 
und ‘iiy-Kiaubn^tßiJung' uonh id>vh's ziigrnnnimnu liftben. Die Bö- 
weo-iuooti sind mudt misue^proeiien üf,a.kri«oho,' Ute PeiiosH und 
Tj.’iet'pyi’uilex^ $iud «fftöhU Ule pnrtihlSe Btdnrng tlnr SonMbiiiptt 
uuveeiintieH: und da? bA-nspintn der RimUnat a;Ae io»i b eboerto 
prägnant wie Mir tlt-r Opmation 

Air neue aun'uiieitde Eirneheimmg hinzvigetreten \at eiftu zimn*- 
Jiuii orhnbUelio MuskblüTrnphrtf an Sidmlter und Arm. \)(\f reehtn 
Ubrrarm ist um t mj. «ioi »Adeiiirm um 1 ’A <n< nu Umfantr lt«*.* 
Httgev: als diT Ünlte Die tduktnsohe Breegbarkeit ist dnboi nicht 
lierabgeahtÄh; 

Die BuhsdtH'imguii hitbuu in dbn letzteu iudit Wnclnm nicht 
WbsentUeh zugmunummi uml scheinen jet^t ^inuonar goworden m 
sein.' Hin vor wenigen T%gon aui'gen«mmeiu 5 .r 1k-du nii ergab tulireudös; 
Am reditidf Auge S « D, das Unke Autre zühih Finger »mü ae- 
kennt <mgmieUUub' in 2 m KrjHeimmg. iiucl.ttes Augo lixirt. gar 
nieht. meli)\ j'npilic kl lai gesch}ossmuum linken Auge über uvitkoH 
viadt und nmgirt naht unt diruktea l>htuitimll * I.inkös Auge 

fhfirt .oxumitrjseh. Pupille umgin normal- mi Uchi mtd Potteergrtw; 
Dm* Aiignnrjiingo} zcigfe dementspi’ocJiend eAotv^ e.ir.u -folUcoinmen 
ausgrspyoeheof? A trophie dow OTtUeus .mit 'etwa* verengerten Arterien, 
bokh eine nicht' ganz, scharf begrenzte Papille mit, swar -wcmt?mn. 
ober doch noch etwas Ins grour/dMchu ApioJemiem Farbeutom 
trmrnniflieh in dor Msaipti fiMrftn.. ' 

Die Thatsaehe, dass gei-adn der Hetmorv dciMenignn iänitö, auf 
wnlhhor der Tunnir smäs. weoigdr yobf ibteranicdep Druck,g+dittun 


.ot- «•ird; yiinov*;- u«dnhte mb icwouders üervotdreben, >vöi) in 
: i H-*t: < b. t“ A o'o-: j ...ciipatioh von Hiriituninfeü, 


Lftng'ujInKk’o Andiw Lhi WAV M H.dM -d •< gen .!.«»• juzt. ali- 
gen min ahgbmuumomui M attw -A cs cm a n’sciiou Theorie wioiior ob 
4k alte (f riifo’hrbC: allerilings tu uioditioirlrr Form; zur ErkUinnig 
der Bi-äuiiön^pftpille zuniohgrmit 

Fdi’ dfer daroli ubd. ^p5«ji®P:;$öknop 

dm» Convexitat ihrou SiU MM }mmd*g>rM&3<> 

jMpilU? kojmne ?,unlHiBb die Cuhipri^alou dw «»$;; venife; Blut 
Biilluk zum Ainus enveniomm nihrcmlcu Biufgbiikso und erst, k 
zwAf. t die RäMunhtiMobrönlitiug des Sinus in Betr-mTb Sfiu* 

mm tbw Tumor nur a»if cino»; Seife. ’«• wcedi* noch embiA.s! «cd 
vtU'Wicgcnd das Aug«* diö?;iif Heite afHcirt. .ieUeiilaHs erh’Hirt dicH»> 
Abnahme durch dcii votdiogcuibm Fall keum l'nt ! irUUung. Im 
Dogctfi.hr.il könnt«* man eher vm Dunsten der MauzVhen Thm;rA 
viii'iuu.Hmju ihuH's durch dit-ck-tv (‘oinpro^ion^vh km>g auf der Beite 
der, d'ornurs das BiostrOmcu der On'l>ro8f.üm!lUis&igkH«t in »UA 
Lympldmlmch der- üpib'ngkcbeibc gehindert, und imolgmhmspn 

dir Hapillc durch dm» Druck y&i\isfrr ungünstig; b^in- 

huwA wurden 

Dagegen' betätigt mein Fall wieikr eine zweite Seldite^ 
tolgerurig, wolciic v, Bva.m a vi h alif> mboon beidcu DtoliaelU/.mgun •; 
gezcgc» iiud i-moh an luideieu hi dm- Hiftcratue verbtbmiltchb'i) 
Fniikji uootjvdljrt hat, dm>s uhmiieh oireumscrijde. vom Bim- 
ebeeveeuzfc Tumoren (Saikorimt inihzoitigere und höhere Gtmiv «ler 
St-nmmgspapUH* horljejführen a'-l? diffuse, "mOlfrivto (ksehvyul.eo 
iUlhmnij imd A-b^A^'cm. ,hme dohnnm *ieh ijmm'iodb dev ßfrm 
stybshUiz aur». widehnet.rn dieselbe und tboiiico slch^ mil. Ihr m 
oen Si-h.iudfaum sreigenen den intvacnudvllen Druck alan' A'ait 
Anbmg :m pml dmummt, wdbrmut diese mehr ilure-b 'AhvD.o um- mw 
ICiäX’bmelzium- des Hirns als durch..Verdrängung dn.s.M^i«e:i -w '<< 
i ev.vre-serfeu und. dttlier idim viel geduu’O'e Ua.«»mhes* , .lirrluKnng vr-t 1 - 
iirs.iclften. 

Dm zur Heit- bei Uiiscreiu Kmibnn be^tehemfe Setu-tbreng ;4 
die ibiekte beige der durch dos nmche Wuelmthum der ekrehwulA 
veru iilasst.cn ' inn hgemligivn iciimu;^ui«dbm Sdrueke-mgersrng. ID’ 
h‘M-L*»rc hat.iti im-cjeLMbb* Veränderungen in «kn Opt-Dk imrl.e.- 
gcj'nhil., wclcdie chice Ausgleiche^ durch die operiifivo Gnvtenumg 4 ,,v 
Tumor? nicht mehr lUhiü waren mul mich derselben durch die Du- 
IKdmidc t?gv& 
gfkrotcii sind. 

wirkien AHgeio c) h nüng^r, ^ ^ , 

rtfduijcv?^ der 1 nt«tii)ig»utzdvfe<• t- und die (femfRhi3de-prus?ioii Uoiintvu 
iM.oh Aut hdree di-s ])}nein.s bvsciHel, wenkln ln. gleicher \Ve»M ; * 
sind die vor iler nperuimm besttdieuderi Reizmigs- u?td Lhlnuunv'- 
«■: -*i hidnutigcri am miiloo Bein, -am rockten Oberarm^ und rvrliten 
Ai und ta-cialis versebwiindeo, -weil dics^offünlrdi' hur indirekte,, dnreft 
.,, Fuimwirknng li ?«yiie»s- der Geschwulst grzcugB- StArungeii \\'».m- 
Hloa,-gm» ki und war nicht zu •■»‘wml-ft. dass die jAii'esmi M 
Gnterarm und Hund, die sensiblen ' und uBiof-iaolHu» Sföningmi dö- 
Aülbst'.durch den Kiogl iÜ g»*bfWsait Worden soll tun, «bl -li** 7 wndel n.^ 
uivmitteibar durch die Her^thrung der imtretbrnden (Antreyi seitutt* 

40s Tamms, bewirkt wen dm» und also u.k direki v HcrrdsyniiiBum’ 
/lulztitu^bdu finit. Din Operation hf«^ cjs.o jedcnhdl J >d>s gi'ieasb-.t, 

3 us von ihr irgend au .erhoffen staml, 

TD sind-sott dAmdhou normiehr ftahezu vier Monate verau^mn 
und da hi «h*u letz tun 2 1 /- Mmu».i«-n sich keinorkw Brsvludmltigör- 
eingfistenr haben, die uul rin \Vied'yr:msfeigeu iiua Hirrmrarnes 
dmitun konnten, mich irgarnl ander* Störungen, wchdn: aut .u.ni«u| : r& 
Wachsthum der GescJiwulst Uinwiesen. so kam- znikvkk ^md md 
oijiiger Sicherheit eiu Rccidiv nnsgesf-hlusscc wernkm. Ob diissedm 
imm Ho^imdbeu wird, ist h*cili«:h zum rnindest-Cjii zwmFdhait, tmcli 
ist dir rmgnosu hoi einem vollstftndtg a-bgokapsidion.. gut m»]- 
M’hviebe?«,-a Surkimi. wie es hier vor mg, immerhin noch gmmturrr 
uis bei i>mm jutiltrirten Gliorn, welches meist ohu»?'sfihmdt* td'eri?^.u 
in die u»nerbende gesunde Hirimubstanz übergebt. .. 

loh v?r»‘de den KuaVn noch lüngere Zeit unter g<jrgbdtigv^ 
Buobachtunu' halten und mir orhiubon. 

Ihnen windßr zu höriobtttu. 


»ibbV den wuitcran A m Uuti 


IVA Aas dem slädtisebea Krätikeahause Moabit» 
Abtheilung des Herrn Prof. Dr. Sonnen bürg- 

Zur Diphtheriebeiiaiidluiig mit Heilserum^ 

'Von Dr. (-1111011, Assistenzarzt. 

3 m stödtisohun Kraakenhimso Moabit wurden im d«m 1 ^ 

und später vom i. Dcimmlmr 189B bis 22. März iSMi mue Aa^a c 
dipiitbüriekraokop Bhhldr inii; I)ipittbßrifiheilBorHtu bohunüelt r wntidu^ 
Hurrn Prof. !>r. Soniionburg hi entgegoiik«trmi>eader VV'ase fu» 
den ffnrmL Professoren- D eh ring md Kbrlicb zur Aerlc.gim^ W" 
stellt-' wurde, leb bin beauftragt, an dieser Siede den Hi-iTen tan » ^ 
‘ÜebgHaöSWing des Serynts zu dänken ului über die Kesjdtatö t u 



7. Juni. 


-DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


501 


Behandlung zu berichten. Die Hauptergebnisse derselben sind be¬ 
reits m der Mitteilung der Herren Ehrlich, Kossel und Wasser- 
. mann „Ueber Gewinnung und Verwendung des Diphtherieheil¬ 
serums“ (Deutsche medicinischo Wochenschrift 1894 No 16) be¬ 
nutzt worden. ' 

Das Serum Avurde allen in der betreffenden Zeit angenom¬ 
menen diphtheriekranken Hindern unter 18 Jahren ohne Unter¬ 
schied injicirt, Erwachsene wurden von der Injection ausgeschlossen 

Im Juni 1898 kamen 15 Kinder zur Behandlung; drei starben 
eins an Sepsis (im Leichenblute wurden Streptococcen und Diph¬ 
theriebacillen gefunden), das zweite an Herzlähmung nach einer 
iiberstandenen schweren gangränösen Diphtherie, das dritte im 
Alter von neun Monaten, an Verstopfung der Bronchien durch 
diphtherische Membranen. Das letzte Kind war tracheotomirt 
worden. Ausser ihm wurden noch sieben von den 15 mit Serum 
behandelten Rindern tracheotomirt. Diese sieben wurden geheilt 
Das Serum, welches uns damals zur Verfügung gestellt worden 
war, war schwächer, als dasjenige, welches wir später benutzten 
Es hatte den Nachtheil, dass fast alle damit behandelten Kinder 
ein lästiges Exanthem bekamen, welches heftigen Juckreiz ver¬ 
ursachte und meist mehrere Tage, in einem Falle eine ganze Woche 
andauerte. 

In der Zeit vom 1. December 1893 bis 22. März 1894 wurde 
44 diphtheriekranken 1 ) Kindern Serum injicirt. Von diesen starben 
elf, geheilt wurden also 75°/ 0 . Tracheotomirt wurden 13; von 
diesen blieben neun, also 02 , 2 % am Leben. 2 ) (Wenn die im Juni 
behandelten Kinder hinzugezählt werden, so ist das Resultat- von 
59 injicirten Kindern wurden 45 = 76,3% geheilt, von 21 tracheo- 
tomirten 16 = 76,9 °/ 0 .) 

Unter den Gestorbeuen sind vier Kinder, welche moribund 
eingeliefert wurden und in den nächsten zwölf Stunden nach der 
Injection starben; bei diesen konnte das Serum also nicht mehr 
zur Wirkung gelangen. 

Ein Kind, welches bereits in septischem Zustande eingeliefert 
wurde, starb an Sepsis (im Leichenblute fanden sich Strepto¬ 
coccen). 

Fünf Kinder starben an Nachkrankheiten, eins an Meningitis 
im Anschluss an eine Otitis media, und vier an parenchymatöser 
Entzündung der inneren Organe oder Herzlähinung. In einem 
dieser Fälle (achtjähriger Knabe), in welchem der Tod vier Wochen 
nach der überstandenen Diphtherie eintrat, ergab die Section ge- 
lmgcs Oedem der Beine, Ascites, Hydrothorax duplex, Hydroperi- 
card und geringe parenchymatöse Trübung der inneren Organe. 
Es handelte sich also um einen nach Diphtherie selten vorkom- 
menden Fall von langsam zu Tode führender Herzschwäche. Das 
elfte Kind endlich ging an Pneumonie fünf Tage nach der Injection 
zugrunde. 

Es ergiebt sieh aus dieser Zusammenstellung, dass von den 
vl.. £> es torbenen Kindern nur bei den letzten fünf überhaupt die 
Möglichkeit vorlag, dass das Heilserum den letalen Ausgang ver¬ 
hindern konnte. 

Auffallend ist, dass verhältnissmässig viele Kinder in der Re- 
conv’alescenz an parenchymatöser Entzündung der inneren Organe 
U0(1 Herzlähmung starben, nämlich von je elf injicirten eins. 

Während das im Juni 1893 benutzte Serum fast immer Aus¬ 
schlag verursachte, wurde derselbe diesmal nur selten heobachtet. 

e j ZW( d Kindern, von denen das eine Serum erhalten hatte, 
welches gefroren gewesen war, wurde an verschiedenen Stellen des 
orpers ein juckender, ein bis zwei Tage dauernder und ohne 
leoer verlaufender Ausschlag bemerkt, welcher an Scharlach er¬ 
innerte. Bei zwei anderen Kindern trat ein derartiger, schnell 
leder verschwindender Ausschlag nur an der Injectionsstelle auf. 
\Tsa Rückfälle wurden zweimal beobachtet; bei einem siebenjährigen 
♦ C ü 1 ? ac ^ Tage nach dem Verschwinden des ersten Belages 
nter lieber (39°) wieder diphtherischer Belag im Halse auf, 
U L C J® r ln zwei Tagen zurückging. Bei einem anderen, achtjährigen 
R« -!r en • 14 Tage nach Abheilung des ersten Belages das 

V • ^Temperatur erreichte 39,80; auf beiden Mandeln 
liarfu S1Ca em 8c ^ m ieriger reichlicher Belag, in welchem Diphtherie- 
- 1, en . Hachgewiesen wurden. Die Injection von Serum wurde 
_ 1 wiederholt, der Belag verschwand nach sechs Tagen. 


din kri der Hälfte dieser Kinder wurde die Diagnose durch 

Lrni^Üj 0 ^ 1811 ^ Untersuchung bestätigt; die Untersuchung wurde 
stehAn l S < T n ^“^Et, wenn irgend ein Zweifel an der Diagnose be- 
DinhHw. Ebenso wurden in den im Juni behandelten 15 Fällen 

Uiphtheriobacillen nachgewiesen. 

rend Gestorbenen sind zwei Kinder milgerechnet, welche wäh- 

liefert und ^ q Serumbehandlung moribund ins Krankenhaus einge- 
wurdon «i • ? U t kparsamkeitsgründen nicht injicirt worden waren; sie 
die qpLf eiCh , . r Aufnahme tracheotomirt und starben bald darauf; 
und bronch • beiden diphtherische Membranen in den Bronchien 


In einem anderen Falle traten bei einem bisher gesunden 

j5 , ÄV. ehn r “ g0 HeiIun e der Diphtherie unter Fieber 

(d9,o0) bchmerzen und geringe Schwellung in den Fuss- und Hand¬ 
gelenken aut, welche auf Natrium salicylicum schnell zuriiokgimren 
(Gelenkrheumatismus?) b 

Der Urin der Kinder wurde, wenn möglich, vor und in ver¬ 
schiedenen Zwischenräumen nach den Injectionen auf Eiweiss 
untersucht. Diese Untersuchungen ergaben, dass das Auftreten 
von Eiweiss im Urin unabhängig von den Injectionen war und der 
Eiweissgehalt des Urins in derselben Weise wechselte, wie wir es 
sonst bei der Diphtherie auch ohne Heilserumbehandlung beob¬ 
achten. 


Das Serum, welches uns vom December 1893 bis März 1894 
zur Verfügung gestellt wurde, war nicht gleichwertig. Anfangs 
März erhielten wir ein Serum, von welchem eine Dosis 160 bis 200 
Immunitätseinheiten enthielt. Mit diesem Serum wurden acht, 
zum Theil recht schwere Fälle behandelt; die Injectionen wurden 
meist zwei oder drei mal gemacht. Von den acht Kindern starb 
nur eins, ein zweijähriger Knabe, welcher 320 Immunitätseinheiten 
injicirt erhielt, von einer schweren Diphtherie mit einer Gaumen¬ 
lähmung 1 ) genas und vier Wochen nachher plötzlich an einem 
Herzcollaps starb. Einem anderen, zweijährigen Kinde, welches 
ausgedehnten Belag und starke Einziehungen batte, wurde an drei 
aufeinanderfolgenden Tagen je eine Dosis von 200 Immunitäts¬ 
einheiten injicirt; der Belag und die Athemnoth gingen zurück, 
das Kind machte eine leichte Nephritis durch und blieb dauernd 
geheilt. Auch in einigen anderen dieser Fälle wurde ein schnelles 
Zurückgehen des Belages und des Fiebers beobachtet. Weitere 
Schlüsse lassen sich aus den Resultaten der Behandlung mit diesem 
stärkeren Serum nicht ziehen, weil die Anzahl der von uns damit 
behandelten Kinder eine sehr kleine war. 

Wie die oben mitgetheiiten Zahlen beweisen, ist das Ergebnis«, 
welches während der Serumbehandlung erzielt wurde, ein durch¬ 
aus günstiges. Es fragt sich nun, welches das Resultat in der 
Zwischenzeit, vom 1. Juli bis 1. December 1893 war, als uns kein 
Serum zur Verfügung stand. 

Auch in dieser Zusammenstellung werden nur Kinder unter 
13 Jahren berücksichtigt, bei denen sicher eine Diphtherie vorlag. 

Es wurden in dieser Zeit 66 diphtheriekranke Kinder auf¬ 
genommen, 20 starben, also wurden etwa 70°/o geheilt. Von 
den 66 Kindern wurden 35 tracheotomirt, von diesen genasen 
22, also 62,9°/o. Von den tracheotomirten, welche starben, waren 
6 Kinder im Alter von % bis 1% Jahren, vier andere hatten 
eine schwere septische Diphtherie, und zwei starben an Nach¬ 
krankheiten. Sieben Kinder starben ohne Tracheotomie, sechs da¬ 
von an Sepsis. 

Von den Kindern, welche geheilt wurden, waren acht im 
Alter von ein bis zwei Jahren; fünf von diesen Kindern waren 
tracheotomirt worden. 

Im Vergleich zu der Zeit der Serumbehandlung ist zunächst 
zu bemerken, dass in dieser Periode nur ein Todesfall durch 
Herzlähmung beobachtet wurde. Ferner mussten in dieser 
Zeit besonders viele Kinder, über die Hälfte, tracheotomirt 
werden (unter den tracheotomirten waren zwölf Kinder im Alter 
bis zwei Jahren), endlich kamen mehr septische Fälle vor. Das 
Resultat dieser Zeit ohne Serumbehandlung ist ein ähnlich günstiges, 
wie das während der Behandlung mit dem Heilserum (70% Hei¬ 
lungen gegen 75%, bezw. 76,3%). Der geringe Unterschied, 
welcher zu Gunsten der Serumbehandlung spricht, kann bei der 
kleinen Zahl der Fälle nicht ohne weiteres in Betracht gezogen 
werden, zumal die Fälle, welche nicht mit Serum behandelt wurden, 
wegen der verhältnissmässig grösseren Zahl der Tracheotomirten 
und Septischen im Durchschnitt eher etwas schwerer zu sein 
schienen. 

Im allgemeinen ergiebt sich, dass die Diphtherieerkrankungen 
im Stadttheil Moabit in der Zeit vom 1. Juni 1893 bis 1. April 
1894 verhältnissmässig leichte waren; auch weiterhin scheint die 
Krankheit milde aufzutreten, wenigstens sind bis jetzt auf der 
Diphtheriestation ungefähr gleichviel Procent Heilungen zu ver¬ 
zeichnen, wie in den Monaten vor dem 1. April. 

Die Schwere der Epidemieen wechselt in Moabit sehr. Von 
October 1892 bis April 1893 starben im Krankenhause über die 
Hälfte der aufgenommenen Kinder, meist an schwerer septischer 
Diphtherie. 

Es wäre erwünscht, während einer derartigen schweren sep¬ 
tischen Epidemie das Heilserum zu versuchen; wahrscheinlich ist 
zu erwarten, dass grosse Dosen des Serums in beginnenden Fällen 
bei zweckentsprechender lokaler Behandlung den Eintritt der Gan¬ 
grän und Sepsis verhüten können. 

! ) Ausser dieser Gauinenlähmung wurdo noch eine andere bei einem 
injicirten Kinde beobachtet. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



502 

Y. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Professor 
Dr. A. Wölfler in Graz. 

Zur Therapie der Hydrocele feminina. 

Von Dr. 0. Gerke, k. u. k. Regimentsarzt. 

Obwohl die Pathogenese der Hydrocele feminina durch zahl¬ 
reiche Untersuchungen festgestellt und in den diesbezüglichen 
Arbeiten klargelegt wurde, ist die Therapie dieser Erkrankung 
noch keine vollkommen outsprechende. 

So linden wir die Punction der Cyste mit nachfolgender In¬ 
ject ion reizender Flüssigkeiten, besonders der Jodtinctur, immer noch 
anempfohlen und geübt' obwohl die Erfahrung zeigt, dass nach dieser 
Behandlungsmethode Recidive häufig sind und nach B. Goley ) 
sogar in der Hälfte der so behandelten Fälle auftreten. Bei einer 
bestehenden Communication der Cyste mit der Bauchhöhle ist über¬ 
dies dieses Verfahren sicher nicht ungefährlich. 

Die einfache Spaltung des Sackes, sowie die Exstirpation des¬ 
selben, die als radikale Methode angegeben wird, entspricht auch 
noch nicht vollkommen den gestellten Anforderungen, da sie die 
Kranken wohl vor Recidiven schützt, nicht aber vor Leistenbrüchen 
bewahrt, zu denen gerade diese Kranken, wie die Erfahrung zeigt, 
wegen der gleichzeitig bestehenden Erweiterung des Leistencanales j 
ganz besonders disponirt siud. 

Ich erlaube mir daher das Verfahren zu beschreiben, das in 
zwei Fällen von Hydrocele feminina an der hiesigen chirurgischen 
Klinik geübt wurde und das mir als ein Fortschritt in der Therapie 
dieser Erkrankung erscheint: nämlich die Exstirpation der 
Cyste mit nachfolgendem Verschlüsse des gewöhnlich 
erweiterten Leistencanales. 

Der erste der beobachteten Fällo wurde von Smital in No. 42 
bis 44 der Wiener klinischen Wochenschrift vom Jahre 1889 be¬ 
schrieben, ohne dass jedoch die Vereinigung der Leistenpfeiler 
durch Knopfnähte, die damals gemacht wurde, besonders hervor¬ 
gehoben worden wäre. Die Krankengeschichte dieses Falles ist in 
Kürze folgende. 

P. F., 36 Jahre alte Magd, stammt aus gesunder Familio, war nie 
ernstlich krank. Vor sechs Jahren merkte sie eine kleine Geschwulst in 
der rechten Leistengegend, die anfangs bei Bettruhe zurückging und nur 
langsam wachsend nussgross und irreponibel wurde. Nachdem Patientin 
im Februar 1883 geboren hatte, wurde das Wachsthum der Geschwulst 
ein rascheres, so dass dieselbe im Juni 1889 bereits Gänseeigrösse er¬ 
reicht hatte. Am 28. Juni acquirirte Patientin einen linksseitigen Schenkel¬ 
bruch, der nicht zurückging und Incarcerationserscheinungen verursachte. 
Nachts gelang es, denselben zu reponiren, worauf diese Erscheinungen 
schwanden. 

Am 4. Juli wurde in Chloroformnarkose die Operation der Hydrocele 
vorgenommen, die sich vom oberen Theile des Labium majus gegen den 
Leistenring orstreckte und gegen letzteren abgegrenzt erschien. Nach 
Auslösung der Cyste und Durchtrennung des Stieles, der sich in den 
Leistoucanal fortsetzto, zeigte sich, dass in den Stiel ein handschuhfinger¬ 
förmiger Fortsatz des Peritoneums hineinragte. Der Leistoncanal wurde 
durch Vereinigung der Leistenpfeiler mittels Knopfnähten verschlossen. 

Der zweite Fall kam im October 1898 zur Beobachtung. 

A. R., ist elf Jahre alt. Der Vater lebt und ist gesund, die Mutter 
starb im vorigen Jahre an einer Lungenentzündung. Drei Geschwister 
sind am Leben und ebenfalls vollkommen gesund, keines leidet an einem 
Bruche. Patientin selbst war nie ernstlich krank. In ihrem dritten Lebens¬ 
jahre entwickelte sich ohne bekannte Ursache eine Geschwulst in der 
linken Leistengegend, welche bis vor droi Jahren wallnussgross und leicht 
reponirbar war. Seit dieser Zeit kann Patientin die Geschwulst nicht 
mehr reponiren, das Waehsthum derselben wurde ein rascheres, ohne dass 
sich jedoch irgendwelche Beschwerden einstellten. Ein Bruchband hat 
Patientin nie getragen. Wann sich die in der rechten Leistengegend 
bestehende, haselnussgrosse Geschwulst entwickelt hat, ist nicht zu er¬ 
fahren. 

Status praesens. Dem Alter entsprechend grosses, gut genährtes 
etwas anämisches Mädchen. Die objective Untersuchung der Lungen 
und des Herzens ergiebt nichts abnormes. Der Harn ist eiweiss- und 
zuckerfrei. In der rechten Leistengegend findet sich ein haselnussgrosser, 
weicher, tympanitisch klingender Tumor, der sich in den Leistencanal er¬ 
streckt und durch Druck mit gurrendem Geräusche in die Bauchhöhle 
reponirt werden kann. Der Leistencanal ist für den kleinen Finger 
durchgängig. In der linken Inguinalgegend erstreckt sich eine gänseei¬ 
grosse, elastisch weiche, deutlich fluctuirende Geschwulst von der oberen 
Hälfte, des linken Labium majus gegen den bedeutend erweiterten Leisten¬ 
canal, in den sie cintritt und gegen welchen ihre Längsachse gerichtet 
ist. Der Schall über der Geschwulst ist vollkommen leer, bei diircb- 
tallendem Lichte ist sie überall gleichmässig blassroth durchscheinend. 
Eine Reposition ist nicht möglich. Patientin fieberfrei. 

ln diesem Falle konnte die Diagnose auf Hydrocele feminina 
mit Bestimmtheit gemacht werden, und zwar aus der Lage 
und dem leeren Schalle der fluctuirenden Geschwulst, die 
deutliche Transparenz zeigte. 

Am 24. October wurde die Kranke operirt. In Chloroformnarkose 
wird ein 8 cm langer Hautschnitt über die grösste Couvexität der Ge- 

*) Hydrocele in the female. Annals of Sürgcry, Juli 1892. 


No. 28 


schwulst, entsprechend ihrer Längsachse geführt. Nach Durcktremrang 
des Unterhautbindegewebes zeigt sich die durch einen querverlaufenden 
Bindegewebsstrang etwas eingeschnürte Cysto, deren oberer stark convexer, 
in dem Leisteneanal befindlicher Pol erst nach Durchtrennung der Fascie 
des Musculus obliquus externus und internus sichtbar wird.^ Nach grössten- 
theils stumpfer Abpräparirung des untern Theils der Cyste, an deren 
hinteren Seite das Ligamentum rotundum verläuft, wird die 
obere Kuppe freigemacht und etwas vorgezogen. Der dadurch liervor- 
tretende Processus vaginalis peritonei, von dem die Cyste durch solides 
Gewebe abgegrenzt ist, wird mit einer Pincette gefasst, abgebunden und 
durchtrennt, ohuo dass die Peritonealhöhle eröffnet worden wäre. Hierauf 
wird an die Beseitigung der durch die Hydrocele geschaffenen Apertur 

f eschritten in der Weise, dass zuerst der M. obliquus iuteruus, dann der 
[. obliquus externus bis herab zum Os pubis an die fascicnartige Aus¬ 
breitung des Poupart’seheu Bandes genäht wird, wie bei der Radikal¬ 
operation einer Leistenhernie. Dann folgt die Vereinigung der Haut¬ 
wunde durch Knopfnähte. Drainage der Wunde. Verband. 

27. October. Patientin vollkommen fieberfrei, befindet sich subjectiv 
sehr wohl. Erster Verbandwechsel. Die Wunde reactionslos. Secretion 
gering. Das linke grosse Labium etwas ödematös. Entfernung des 
Drains. 

2. November. Das Oedern des Labium geschwunden. Entfernung 
der Nähte. 

5. November. Wunde vollkommen geschlossen. Eine Erweiterung 
des Leistencanals ist nicht zu fühlen. Die Narbe ist fest, so dass man 
nirgends imtaude ist, mit dem Finger in die Bauchhöhle einzudringen. 
Patientin wird geheilt entlassen. 

Die exstirpirte Cyste, an deren Rückseite, wie bereits erwähnt, das 
Ligamentum rotundum verlief, war länglich oval, der Längsdurchinesser be¬ 
trug 7 cm, der quere 3 cm. Die Wandungen derselben waren dünn und be¬ 
standen, wie die mikroskopische Untersuchung zeigte, aus faserigem 
Bindegewebe, das innen mit Plattenepithel bedeckt war. Die Innenfläche 
der Cyste war vollkommen glatt. Den Inhalt bildete eine blassgelbe, 
seröse, leicht getrübte Flüssigkeit. Verschieden von dem erst erwähnten 
Falle war die bedeutende Erweiterung des Leistencanals — er war für 
zwei Finger durchgängig — sowie das Hineinreichen der Cyste in den¬ 
selben. Während es möglich war, im ersten Falle den Leistencanal durch 
einige Knopfnühto vollkommen zu verschliessen, mussten bei der zweiten 
Patientin, um die Cyste auslösen zu können, die den Leistencanal bildenden 
Muskeln gespalten werden. Natürlich war daher auch der sichere Ver¬ 
schluss des Leistencanales hier um so nothwendiger. Der Befund bei der 
Entlassung der Patientin zeigte, dass diess vollkommen gelungen war. 

Dass die Erweiterung des Leistencanales ein gewöhnlicher 
Befund bei der Hydrocele feminina ist, beweisen die verhältnis¬ 
mässig zahlreichen Fälle, in welchen bald eine geringere, bald 
eine stärkere Erweiterung angegeben ist. Ich will nur erwähnen 
die Angaben von Palletta, 1 ) Chassaignac,-) de Darvien,*) 
Chiari, 4 ) Hinterstoisser. 5 ) 

In anderen der beobachteten Fälle bestand neben der Hydrocele 
bereits ein Bruch oder kam während der Operation zum_ > or- 
schein. Fälle ersterer Art sind die von Kuhn, 6 ) E. Michel 7 ) und 
Aschhorn. 8 ) 

Dass während der Operation Darm resp. das Ovarium mir 
dem abdominalen Ende der Tube durch den Leistencanal trat, be¬ 
schreiben Desault, 0 ) Bardenheuer. 10 ) _ 

Diese Fälle zeigen uns zur Genüge, wie not-hwendig es ist, 
auf das Verhalten des Leistencanals während der Operation Rück¬ 
sicht zu nehmen, wenn wir die Kranken vor dem Entstehen einer 
Leistenhernie und vor allen Gefahren derselben bewahren wollen. 

Als Normalverfahren bei Hydrocele feminina dürfte 
also in allen Fällen, wo die Narkose zulässig ist, die 
Exstirpation des Sackes angezeigt sein. An dieselbe na 
sich die Untersuchung des Leistencanales anzuschlicssen. ^ e . 1 S 1 
sich derselbe, wie in der Mehrzahl der Fälle zu erwarten is*. 
erweitert, so hat der exacte Verschluss desselben ^vie 
bei der Radikaloperation einer Hernie zu erfolgen. 


VI. Nachtrag zu meinem Aufsatz „ein histo¬ 
rischer Rückblick“. 

Von Professor K. Neu mann in Königsberg i. Pr. 

In No. 51 des vorigen Jahrganges dieser Wochenschrift habe 
ich, veranlasst durch ein vor einiger Zeit erschienenes Referat übei 
Arbeiten, die Blutbildung betreffend, die Leistungen des Herrn 

) SulP idrocele delle donne in Mem. dell’ Institut. Ital. Tom II- 

2 ) Ref. Schmidt’s Jahrbücher 1856, I, p. 81. , 

3) Des tumeurs de la grande levre improprement appelees hydroci 
de la femme. Th^se Montpellier 1867, p. 32. 

4 ) Ueber Entzündung der weiblichen Hydrocelo. Wiener med. Bla 
1879, No. 21. 

5 ) Wiener klinische Wochenschrift 1888, No. 12. 

6 ) Gaz. med. de Paris 1859, 3 S6r., Tome XIV. ... , 

7 ) Allgemeine Wiener med. Zeitung 1891. Hier wurde die KaaiKi 
Operation der Hernie angeschlossen. 

8 ) Langenbeck’s Archiv Bd. XXV, p. 178. 

9 ) Journal de Chirurgie. Tom. I, p. 251. 

,0 ) Inauguraldissertation, 1877. W. Bergmann. 


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7. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


503 


Bizzozero auf diesem Gebiet und sein Verhalten zu meinen 
Arbeiten einer Kritik unterworfen, in welcher ich die von ihm 
geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf die Entdeckung der 
blutbildenden Function des Knochenmarkes als historisch unbe¬ 
gründet zurückgewiesen habe. Die hierauf erfolgte Erwiderung 
Bizzozero’s (diese Wochenschr. 1894, No. 8) vermeidet zwar 
ein direktes Eingehen auf die von mir durch wörtliche Citate aus 
seinen Schriften belegte Darlegung der Thatsachen sorgfältig, sucht 
aber durch den angeschlagenen Ton moralischer Entrüstung über 
gänzlich unverdiente Beschuldigungen Eindruck zu machen und 
lässt aufs neue erkennen, dass die Grundsätze, von denen wir 
uns bei der Beurtheilung der Streitfragen leiten lassen, verschie¬ 
dene sind. 

Bizzozero hat nämlich, wie bereits in einem früheren, von 
ihm angeführten Aufsatze, welchem seiner Zeit der gebührende Be¬ 
scheid zu Theil geworden (Arch. f. Heilkunde Bd. XIX), so auch 
diesmal die Ansicht ausgesprochen, dass es „in der Wissenschaft 
viel mehr auf die Entdeckung selbst als auf den Namen des Ent¬ 
deckers ankomme“; bei dieser Gelegenheit ausgesprochen, kann 
das nichts anderes heissen, als dass es nicht von besonderer Be¬ 
deutung sei, wem die Ehre der Autorschaft einer Entdeckung zu¬ 
geschrieben wird, wenn nur diese selbst foststeht. Dieser Satz 
dürfte, falls er nicht, wie ich früher glaubte, scherzhaft gemeint 
ist, in seinen weiteren Gonsequenzen nicht ganz unbedenklich sein. 
Wer den Werth, welchen für den Entdecker die gewissenhafte 
Anerkennung seines Besitztitels seitens anderer Forscher hat, so 
gering achtet, wird leicht dahin gelangen, dass er das Maass der 
Ansprüche, welche er für sich macht, nicht genau abzuwägen für 
erforderlich erachtet und dass er denjenigen eines tadelnswerthen 
„Eigennutzes“ verdächtigt, welcher in dem Glauben an Recht und 
Gerechtigkeit auch „in der Wissenschaft“ sein Eigenthum reclamirt, 
wenn es in Gefahr steht, ihm verloren zu gehen. 

Eine zweite, nicht bedeutungslose Differenz zwischen Bizzo¬ 
zero’s und meinen Anschauungen über wissenschaftliche Ent¬ 
deckungen werde ich später zu erwähnen Gelegenheit haben, ich 
wende mich zunächst zu dem sachlichen Theil der Erwiderung. 
Derselbe besteht aus einer grösseren Zahl zusammenhanglos 
aneinandergereihter Aufstellungen, für welche das litterarisehe 
Beweismaterial dem Leser consequent voronthalten wird. Da aus 
diesem Grunde nur deijenige, welcher mit der bezüglichen Litteratur 
vollständig vertraut ist, sich ein Urtheil über die Qualität des 
dargebotenen Menus zu bilden vermag, halte ich mich für ver¬ 
pflichtet, diesem Mangel abzuhelfen, soweit die Behauptungen über¬ 
haupt qualificirbar sind. 

Ich hatte in meinem „historischen Rückblick“ gesagt, dass sich 
in der gesammten medicinischen Litteratur bis zum Erscheinen 
meiner vorläufigen Mittheilung im Centralbl. f. d. med. Wissensch. 
10 October 1868 keine einzige Notiz über einen Zusammenhang 
zwischen Blutbildung und Knochenmark befindet. Herr Bizzozero 
sucht den Glauben zu erwecken, dass diese Behauptung unrichtig 
sei, indem er prätendirt, bereits im Jahre 1865, in welchem er 
entdeckt hat, dass die Markzellen contractil seien, „die Beziehungen 
zwischem dem Knochenmark und den morphologischen Elementen 
des Blutes“ erkannt und im Jahre 1866 durch die Beobachtung, 
dass die Markzellen sich durch Tlieilung vermehren, den Beweis 
dafür erbracht zu haben, dass „das Knochenmark ein beständiger 
Leukocytenerzeugungsheerd ist“. 

Diese Darstellung des Thatbestandes bildet, wie ich hervor¬ 
heben muss, ein vollständiges Novum in der Polemik Bizzozero’s, 
und er hat bei ihrer Conception folgendes übersehen: 

1. Die angeführten Schlussfolgerungen aus den angeblich 
epochemachenden Beobachtungen sind in den beiden Mittheilungen, 
auf welche sich seine Ansprüche nur beziehen können, nicht ent¬ 
halten, in denselben ist weder von genetischen (nur diese können 
gemeint sein) „Beziehungen zwischen dem Knochenmark und den 
morphologischen Elementen des Blutes“, noch von dem „Knochen¬ 
mark als Leukocytenbildungsheerd“, von einer Beziehung des 
Knochenmarks zur Blutbildung überhaupt nicht die 
Bede. 1 ) Am angeführten Orte ist von mir zum ersten Male aus- 


. ) Die erstore der erwähnten Beobachtungen, von Bizzozero ge¬ 

meinschaftlich mit Mantegazza gemacht, ist nur in einer kleinen Mit- 
thoilung des letzteren „Sui corpusculi seinoventi“ (Rondiconti del Reale 
Mituto Lombardo 1865, Vol. II) niedergelegt worden; dieselbe enthält 
folgende hierher gehörige Sätze: „— hier muss ich eine andere, von 
meinem ausgezeichneten Freunde und Assistenten Bizzozero zuerst 
Jemerkte wichtige Thatsache anreihen. Veranlasst durch die Aehnlich- 
,1 t’ welche in histologischer Beziehung zwischen den Eiterzellen und 
den Zellen des Knochenmarks besteht, untersuchte ich (Mantegazza). 
ob auch letztere spontane Bewegungen zeigen. Zu diesem Zweck be- 
nu Y'b > ich das Knochenmark von Fröschen, und das Resultat entsprach 
vollständig den Erwartungen. Die Markzellen eines frisch gotödteten 
rroselios, in Humor aqueus untersucht, zeigen nach wenigen Minuten die 


gesprochen worden, dass Leucocytcn des Blutes aus dom Knochen¬ 
mark stammen. 

2. Die Beobachtungen selbst waren nicht ganz eiuwandsfrci. 
Da Bizzozero sich seine Präparate einfach durch Zerzupfen des 
Froschknochenmarkes in Humor aqueus herstellte, so konnten die 
von ihm beobachteten contractilen und sich theilenden Zellen 
ebensowohl aus den Blutgefässen stammende Leukocyten als Mark¬ 
zellen sein, eine sichere Unterscheidung zwischen beiden war nicht 
möglich. 

3. Zugegeben, dass Bizzozero’s Beobachtung wirklich Mark¬ 
zellen betraf, so musste ihm damals der Schluss fernliegen, 
dass dieselben durch Uebertritt in die Gefässe zu Leukocyten des 
Blutes werden, denn die Thatsache, dass contraetile Zellen die 
Gefässwandungen penetriren, ist bekanntlich erst im Jahre 1867 
durch Cohn heim entdeckt worden. 

4. Auch gegenwärtig, wo uns diese Thatsache hinreichend ge¬ 
läufig ist, berechtigt die Konntniss contractiler und sich thoilonder, 
Leukocyten ähnlicher Zellen in dem Gewebe eines Organes noch 
nicht ohne weiteres zu der Annahme, dass Beziehungen zwischen 
denselben und den Leukocyten des Blutes stattfindon, denn wir 
wissen, dass derartige Zellen in Organen verkommen, welche 
keineswegs „beständige Leukocytenerzeugungsheerde“ oder über¬ 
haupt Blutbildungsorgane sind, wenigstens dürfte Herr Bizzozero 
ebensowonig als der Entdecker der amöboiden Zellen des Hodens, 
de la Valette St. George (Arch. f. mikr. Anat. I., 1865) go- 
neigt sein, letzterem Organ eine solche Function zuzuschreiben. 

Ich muss demnach den von Bizzozero hier gemachten Versuch, 
zu Gunsten der beiden erwähnten, von ihm gewissermaassen als Re¬ 
servetruppen ins Feld geführten Mittheilungen (wenigstens hatto die 
zweite derselben bisher noch keine Kampfrolle gespielt) den Anfang 
der Erkenntniss der blutbildenden iiiütigkeit des Knochenmarks 
auf das Jahr 1865 resp. 1866 zurückzudatiren, als gänzlich ver¬ 
unglückt bezeichnen. Dieselbe beginnt vielmehr unzweifelhaft mit 
meiner vorläufigen Mittheilung iin Jahre 1868 und meiner gleich¬ 
zeitig verfassten Arbeit im Arch. f. Heilkunde, Bd. X, welche Ar¬ 
beiten nicht nur die Beobachtung eines bisher nicht bekannten 
Reiohthums des Blutes der Markgefässe an Leukocyten brachten 
und damit eine beständige Einwanderung der Markzellon in die 
Gefässe wenigstens sehr wahrscheinlich machten (ein direkter Be¬ 
weis für dieselbe fehlt auch gegenwärtig noch), sondern auch zu¬ 
gleich die ganz unerwartete und unvorbereitete Entdeckung der 
kernhaltigen rothen Blutzöllen enthielten. 

Was nun diesen letzteren, entscheidenden Befund betrifft, so 
verzichtet, wie ich hiermit constatirc, Bizzozero nun¬ 
mehr auf jeden Anspruch auf denselben und behauptet, 
dass er in seinen Schriften stets anerkannt habe, dass 
derselbe meinen Untersuchungen zu verdanken sei; er 
beabsichtigt offenbar, hiermit darzuthun, dass meine ganze, gerade 
auf diesen Punkt gerichtete Polemik gegen ihn jedes berechtigten 
Grundes entbehre, und doch steht die Thatsache fest, dass nicht 
nur in dem letzthin von mir kritisirten Referat, sondern auch in 
der Mehrzahl der seit dem Jahre 1868 erschienenen Lehrbücher, 
Monographien, Journalaufsätze bei Erwähnung der Arbeiten über 
die Blutbildung im Knochenmarke sich die Angabe wiederholt, 
Bizzozero und ich hätten ungefähr gleichzeitig und unabhängig 
von einander die kernhaltigen rothen Blutzellen im Knochenmark 
aufgefunden, bisweilen wird sogar Bizzozero die Priorität vin- 
dicirt. Wie erklärt sich diese auffallende Erscheinung, wenn 
letzterer wirklich selbst niemals darauf Anspruch erhoben hat, 
selbstständig die Entdeckung gemacht zu haben? 

Herrn Bizzozero’s Erwiderung bleibt die Antwort auf diese 


mannich faltigsten Bewegungen, dieselben ditferiren nach der Grösse der 
Körperchen; bei den kleineren wechselt die Form im Ganzen wenig, uml 
Alles beschränkt sieh auf die Bildung runder oder länglicher Fortsätze, 
welche ausgestossen und wieder zurückgezogen werden, die grösseren 
zeigen ein viel auffallenderes Bild, sie zeigen zahlreiche lange, verzweigte 
und anastomosireude Ausläufer mit secundären Verzweigungen. Eine 
halbe Stund«* etwa nach Anfertigung des Präparates werden die Be¬ 
wegungen so lebhaft, dass es unmöglich ist. eine Zeichnung davon zu 
entwerfen. Bei höheren Thi«*ren habe ich keine Bewegungen der Mark¬ 
zellen beobachten können, mit Ausnahme des Huhnes. Jum dem sie aber 
auch nur sehr langsam und unscheinbar waren. Boi Kaninchen und 
beim Kalb zeigten sieh die Körperchen bisher unbeweglich, wahr¬ 
scheinlich wegen der Mangelhaftigkeit der zugefügten Untersmlumgs- 


Beobachtung über Tlieilung der Markzellen ist nur beiläufig in 
hier Anmerkung zu dem Aufsätze Bizzozero’s „Geber die Heilung von 
ehnenv«*rlotzungen“ (Annali umversa di Mednina \ ol. -03, 
rälmt. dieselbe lautet: „leb habe mehrmals unter dem Mikroskope di 
'heilung von Wanderzellen des Knochenmarkes bei !? l-öseben mo »ai » 
önnen und gesehen, dass die so gebildeten Zellen noehfort hliit 
jhhaft zu bewegen, ein Beweis, dass es sieh um einen \dakn .- , t 

nd dass die neuen Zellen wirkliche Zellen und nicht Zcllfi.^irnnk 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T. 


Frage schuldig, sie liegt aber für jeden Leser meines historischen 
Rückblicks auf der Hand. Wie nämlich aus den daselbst mitge- 
tlieilten Citaten aus Bizzozero’s Schriften hervorgeht, hat der¬ 
selbe allerdings, soweit mir bekannt, es stets unterlassen, 
direkt auszusprechen, dass er die in Rede stehenden Zellen ge¬ 
kannt habe, bevor er durch meine vorläufige Mitteilung von ihrer 
Existenz Kenntniss erhalten, er hat aber an zahlreichen stellen 
sich in der Weise ausgedrückt, dass bei dein Leser der Glaube 
entstehen musste, dass dies der Fall sei. Gerade in dem von 
ihm unbedachter Weise jetzt wieder ans Tageslicht gezogenen 
polemischen Artikel vom Jahre 1878 kann man folgenden Passus 

kteoi. iHerr Neu mann ist allerdings der ersto gewesen, 
welcher die Thatsache vom Vorhandensein kernhaltiger 
rother Blutzellen im Knochenmark veröffentlicht hat“ 

und weiterhin: , 

„Herr Neumann ist mir in der Veröffentlichung 
der Entdeckung der rothen kernhaltigen Zellen vorangeeilt.“ 

Durch diese und ähnliche Sätze, bei welchen dem Loser die 
Verantwortlichkeit für das, was er zwischen den Zeilen liest 
(nämlich dass Bizzozero zur Zeit meiner Veröffentlichung auch 
die Zellen bereits gekannt habe), zufällt, durch Unterdrückung 
oder Hintanstellung meines Namens (siehe die Citate im „histo¬ 
rischen Rückblick“) und durch ähnliche Kunstgriffe ist eino fort¬ 
dauernde Täuschung über den eigentlichen Ursprung der Ent¬ 
deckung unterhalten worden, von der Bizzozero jetzt erklärt, 
dass er sie mir stets zugestanden habe. 

Uebrigens bemüht sich Bizzozero, den Werth der Entdeckung, 
nachdem er sie definitiv aus der Hand gegeben, möglichst herab¬ 
zusetzen, und behauptet, dass ich aus derselben keineswegs zu 
dem Schlüsse berechtigt war, dass sich im Knochenmark neue 
rothe Blutzellen bilden. Der Nachweis .der Anwesenheit kern¬ 
haltiger rother Blutzellen, so lautet die Darstellung, genügte noch 
nicht, um darzuthun, dass das Knochenmark eine beständige 
Bildungsstätte für rothe Blutkörperchon sei, dies sei vielmehr erst 
erwiesen worden, als er, Bizzozero, durch seine Untersuchungen 
gezeigt hatte: 

1. dass jene Zellen nicht etwa von „anderen Theilen des 
Organismus aus in das Knochenmark gebracht werden“ — es hatte 
dies, wie Bizzozero selbst nicht unbekannt sein dürfte, jedenfalls 
genau so viel Wahrscheinlichkeit für sich, als die Annahme, dass 
sie vom Mondo herunterfallen; 

2. dass die Zellen „wirklich junge in Evolution begriffene 
Elemente und nicht alte, einer besonderen Hämoglobindegeneration 
verfallene Elemente' seien“ — eines besonderen Beweises hierfür 
bedurfte es nicht, da ich von vornherein die Identität der Zellen 
mit den embryonalen rothen Blutkörperchen hervorgehoben hatte 
und es doch wohl Niemand in den Sinn kommen konnte, letztere 
für degenerirtc Elemente zu halten; 

3. dass die „Production der Zellen eine so thätige sei, wie 
es zum Ausgleich der im Organismus stattfindenden Zerstörung 
rother Blutkörperchen erforderlich sei“ — der einzig mögliche 
und ausreichende Beweis hierfür liegt-, so lange Bizzozero nicht 
etwa besondere, für diesen Zweck eingerichtete Zählapparate con- 
struirt, in der Ueberlegung, dass im normalen Körper immer Neu¬ 
bildung und Zerfall parallel gehen. 

Wenn man schon über die Grösse der Aufgabe, welche sich 
Bizzozero mit der Widerlegung dieser Einwendungen gegen die 
von mir aufgestellte Theorie der Blutbildung gestellt hat, ein Er¬ 
staunen nicht unterdrücken kann, so wird dies jedenfalls nicht 
vermindert durch die Art und Weise, wie er diese Aufgabe gelöst 
hat. Alle diese Fragen wurden von mir, so versichert er, in 
meiner Arbeit vom 10. November 1868 gelöst, also in einer Arbeit, 
welche er höchstens zwei bis drei Wochen, nachdem ihm durch 
meine vorläufige Mittheilung vom 10. October 1868 die erste Kunde 
von der Existenz der kernhaltigen rothen Blutzellen zugegangen 
war, zum Drucke gegeben hatte und in welcher seine Kenntniss 
von der Beschaffenheit derselben, wie ich durch Citate aus 
derselben im „Historischen Rückblick“ bewiesen habe, sich noch 
so wenig vorgeschritten zeigt, dass er noch ausser Stande war, 
eine richtige Beschreibung von ihnen zu geben und ihre Identität 
mit den embryonalen rothen Blutzellen zu erkennen. 

Aber selbst angenommen — und hier komme ich auf die oben 
angedeutete weitere principielle Differenz zwischen meinen und 
Bizzozero’s Anschauungen zurück — angenommen, dass die von 
mir auf Grund der Auffindung der kernhaltigen rothen Blutzellen 
aufgestellte Theorie der Blutbildung im Knochenmark wirklich 
wesentliche Lücken gezeigt hätte und dass es Bizzozero gelungen 
wäre, berechtigte Einwände gegen dieselbe durch ernsthaft zu 
nehmende Untersuchungen zu widerlegen, würde er selbst dann 
berechtigt sein, diese Theorie für sich in Anspruch zu nehmen? 
Gewiss nicht! Wer von richtig beobachteten neuen Thatsachen 


ausgehend zuerst eine Theorie in iogischer Schlussfolgerung auf¬ 
stellt, dürfte auch das Recht haben, als Begründer derselben zu 
gelten und nicht der, welcher sie später durch neue Beweise stützt 
und ein Loch zustopft. 

Alle weiteren, in der Erwiderung Bizzozero’s enthaltenen 
Ausführungen betreffen nicht die Entdeckung der blutbildenden 
Function des Knochenmarkes, sondern den Weiteren Ausbau dieser 
Lehre, an welchem ich, wie behauptet wird, keinen weiteren Antheil 
genommen haben soll. Ich beschränke mich hier auf wenige Be¬ 
merkungen, welche hinreichen werden, um Bizzozero auch in 
dieser Beziehung nochmals in die gebührenden Schranken zu ver¬ 
weisen. 

Ein besonderes Gewicht wird auf den Nachweis gelegt, dass 
die kernhaltigen rothen Blutzellen des Knochenmarks sich durch in¬ 
direkte Theilung vermehren. In der That hat Bizzozero diesen Vor¬ 
gang zuerst beschrieben (Congress zu Genua, September 1880, Central¬ 
blatt für die med. Wissensch. 19. Februar 1881); aus Flemming’s 
bekannter Schrift „ZellSubstanz, -Kern und Zelltheilung“ (p. 289) 
erfahren wir nun aber, dass derselbe bereits seit dem Jahre 1879 
karyokinetische Figuren im Marke von Meerschweinchen und Kanin¬ 
chen gekannt und jährlich als Cursobject benutzt hat. Dass Flem- 
ming diese Beobachtung nicht früher schon publicirt hat, hatte sicher 
seinen Grund darin, dass er, nachdem einmal die Erscheinungen der 
Karyokinese an den Blutzellen von Embryonen von Bütschli (Zeit¬ 
schrift für wissenschaftliche Zoologie 1875,XXY) und von Flemming 
selbst (Archiv für mikroskopische Anatomie XVI, December 1878) 
constatirt- worden waren, denselben Befund an den Blutzellen des 
Knochenmarkes als eine fast selbstverständliche Consequenz betrach¬ 
tete. In demselben Sinne schrieb ich in dem schon erwähnten, im April 
1881 zum Drucke eingesandton Aufsatz „Ueber Blutregeneration und 
Blutbildung“ (Archiv für klinische Medicin Bd. III, p. 429) den 
Satz nieder: „dass die Beobachtung von Kernfiguren auch an den 
kernhaltigen rothen Blutzellen der Embryonen und des Knochen¬ 
markes bei Säugethieren und dem Menschen gelingen wird, lässt 
sich, da eine Vermehrung derselben durch Theilung wahrscheinlich 
ist, wohl mit Zuversicht erwarten“. Uebrigens habe ich bereits 
in meinem „historischen Rückblick“ gesagt, dass durch den Nach¬ 
weis von Theilungen der jungen rothen Blutzellen im Knochenmark 
das Räthsel ihrer beständigen Vermehrung nicht als gelöst be¬ 
trachtet werden darf, seitdem ich in einer neueren Arbeit (Virchow s 
Archiv 119, 1890) aus physiologischen und pathologischen That¬ 
sachen den Beweis erbracht habe, dass auch eine wirkliche Neu¬ 
bildung rother Blutzellen im Knochenmark vorkommt. Herr Bizzo¬ 
zero ignorirt freilich in seiner Erwiderung diesen ihm unbequemen 
Beweis, indem er behauptet, dass ich zu der Kenntniss von der 
Herkunft der jungen Zellen nichts beigetragen; durch meine Unter¬ 
suchungen ist die Gefahr beseitigt worden, dass die Forschungen 
hierüber infolge einer Ueberschätzung des omni orbi et urbi ver¬ 
kündeten Nachweises der Theilung der Blutzellen im Knochenmark 
ins Stocken gerathen. . , 

Von sehr nebensächlicher Bedeutung für die physiologiscne 
Function dieses Organs sind die von Bizzozero erwähnten Riesen¬ 
zellen mit in Sprossung befindlichem Kern und die Blutkörperchen 
resp. Pigmentkörnchen enthaltenden Zellen, sie gehören zu em 
schätzenswerthen Material, dessen Verworthung der Zukunft voi- 
behalten werden muss. Von beiden Zollarten behauptet Bizzozero, 
dass er sie zuerst aufgefunden, er- unterlässt es, zu bemerken, a 
meine Untersuchungen über blutkörperchenhaltige Zellen aus er- 
selben Zeit stammen. 1 ) , . 

Was ferner die Bearbeitung der pathologischen Zustände 
Knochenmarkes betrifft, so verzichte ich auf eine Erörterung hieru » 
meine Arbeiten auf diesem Gebiete sind zu bekannt, als dass Bizz " 
zero sich mit seiner Rivalität einen Erfolg versprechen konn • 
Unter seinen Beobachtungen ist keine, welche der „wissenschattiic 

‘) Bizzozero’s Mittheilung über diese Zellen (Gazzetta medica 
Italiana-Lombardia) ist vom 28. December 1868 datirt und am U. 

' 1869 im Drucke erschienen, mein Aufsatz über denselben Gegensta 
Archiv für Heilkunde, Bd. X, p, 220, wurde ebenfalls im December 
gesandt, ist aber, da die Hefte des Archivs in zweimonatlichen zw 
räumen ausgegeben wurden, erst am 15. Februar 1869 pubhcirt ' 

Ich erwähne diese chronologischen Daten nur deshalb, weil Ö1ZZ f 

mir früher einmal (Sul Midollo delle ossa 1869, p. 46) einen 
daraus gemacht hat, dass ich in meiner Publication seine vorangeg g 
Mittheilung nicht citirt habe. Auch ist es nicht ohne Interesse, 
unsere litterarische Fehde mit dieser gänzlich verie 
Reclamation Bizzozero’s in einer ganz untergeordnete 

gelegenheit nicht etwa mit einer Reclamation meinersei 

welcher mir das Vorhalten desselben gegenüber meine 
deckung der jungen Blutzellen im Knochenmark von 
herein begründeten Anlass gab, begonnen hat. Der uru i 
dass es „in der Wissenschaft viel mehr auf die Entdeckung selbst 
den Namen des Entdeckers ankommt“, scheint also auch bei öizz 
für gewisse Fälle keine Geltung zu haben. 


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7. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


505 


Bewegung“, die sich an die Entdeckung der blutbildenden 
Function des Knochenmarkes anschloss und der ich, wie er zu 
sagen beliebt, „fremd“ geblieben sein soll, einen so lebhaften neuen 
Impuls gegeben hat, als meine, Bizzozero’s Gedäehtniss, wie 
es scheint, ganz entschwundene Mittheilung über die compen- 
satorisch gesteigerte Blutzellenbildung im Knochenmark bei 
kachektisch-anämischen Zuständen und über dio damit verbundene 
Umwandlung des Fettmarkes der Röhrenknochen in rothes, blut¬ 
bildendes Mark (Centralblatt für die med. Wissensch. 17. April 
1869), für welche Vorgänge mir später die Formulirung eines be¬ 
stimmten Gesetzes gelang (ebendaselbst 1882, No. 18), und als 
meine Arbeiten über die Existenz einer vordem nicht gekannten 
myelogenen Leukämie. 1 ) Auffallender Weise haben gerade diese 
pathologischen Beobachtungen früher Geltung erlangt als meine 
Befunde am normalen Knochenmark. 

Ich schliesse hiermit und gedenke nicht, weiteren absichtlichen 
oder unabsichtlichen Provocationen in dieser Angelegenheit Beach¬ 
tung zu schenken. 2 ) 


VH. Feuilleton. 

Wiener Brief. 

In der Gesellschaft der Aerzte sprach Dr. Gustav Singer über 
den sichtbaren Ausdruck und die Bekämpfung der gesteigerten Darm- 
iaulniss. Die empirische, schon seit längerer Zeit festgestellte Thatsache, 
dass Verdauungsstörungen mit Exanthemen einhergehen können, hat 
Singer durch exacte klinische und chemische Untersuchung zu beleuchten 
versucht und ist dabei zu bemerkenswerthen Resultaten gelangt. Bei 
gewissen Hautkrankheiten, z. B. Urticaria. Acne vulgaris und Pruritus 
senilis, konnte Singer nachweisen, dass gleichzeitig mit dem Auftreten der 
Erscheinungen an der Haut eine Steigerung der Darmfäulniss nachweisbar 
wird, welche wieder gleichzeitig mit dem Verschwinden der Eruptionen 
zur Norm zurückkehrt. Als Beweis für die gesteigerte Darmfäulniss sind 
die sehr bedeutenden Indicanmengen und die Vermehrung der Aether- 
schwefelsäuren im Harn anzusehen. Die genannten chemischen Nach¬ 
weise sind von Singer in zahlreichen Versuchen erbracht. Gleich¬ 
zeitig war Singer in der Lage, die gesteigerte Darmfäulniss und 
die Hautaffectionen durch Darreichung von Menthol — l /a—1 g pro die in 
Dosen von 0,1 — mit beinahe sicherem Erfolge zu bekämpfen. Selbstver¬ 
ständlich muss auch die Wahl der Diät mit Verständniss getroffen werden. 
Später berichtete Dr. E. Freund, dass die Wirksamkeit des Menthols 
auf die Dannfäulniss von ihm experimentell, von Mracek bei Haut¬ 
affectionen klinisch bereits vor längerer Zeit bewährt gefunden worden sei. 

Dr. Latz ko machte interessante Mittheilungen, die Lehre von der 
Osteomalacie betreffend. Er prüfte Petrone’s Nitrificationstheorie zu¬ 
nächst durch Harnuntersuchungen an 7 Osteomalacischen. Auf Grund 
dieser Untersuchungen muss die Angabe Petrone’s von dem constanten 
Vorhandensein von Nitriten im Urin Osteomalacischer zurtickgewiesen 
werden. Ferner berichtet Latzko über 10 mit Chloroformnarkose be¬ 
handelte Fälle von Osteomalacie. In 7 Fällen trat vorübergehende Besse¬ 
rung, in den drei anderen Fällen kaum ein nennenswerther Effect ein. 
Bloss in einem Falle blieb die Besserung stationär. Anffallend ist der 
rasche Eintritt der Besserung nach der Chloroformnarkose. Doch hält 
Latzko nicht, wie Petrone, die Chloroformnarkose für das wirksame 
Agens bei der Castration (Controllversuche mit Castr&tion in Aether- 
narkose), sondern die Sistirung der Generationsvorgänge. Nur das über¬ 
raschend schnelle Eintreten der Besserung in manchen Fällen möchte 
Latzko zur Chloroformnarkose in Beziehung bringen. 

Professor Lorenz, der bekanntlich die Therapie der angeborenen 
Hüftgelenkluxation bald nach den ersten Publicationen Hoffa’s durch 
Operationsvorschläge gefördert hat, berichtete in der Gesellschaft der 
Aerzto über die pathologische Anatomie der Luxatio coxao congenita. 
Er stützte seine Mittheilung auf die breite Basis von 57 bei der Operation 
erhobenen Befunden. Zunächst betont Lorenz, dass die Pfanne sich stets 
wenigstens angodeutet (als Knochenwall) findet. Auch die von früheren 
Autoren beschriebenen Exostosen sind in diesem Sinne aufzufassen. Oft 
findet sich auch der vordero Antheil des Limbus angedeutet. Dio Oberfläche 
des Pfannenrudimentes trägt theils hyalinen Knorpel, theils ist sie mit Fett 
bedeckt. Stets ist das Dannbein am Pfanuenort sehr dick, was von prak¬ 
tischer Wichtigkeit ist, weil dadurch die operative Bildung der Pfanne 
ermöglicht wird, ohne dass eine Perforation des knöchernen Bockens zu 
befürchten wäre. Der Femurkopf ist meist klein und difform. der Hals 
kurz. Das Ligamentum teres fehlte in 40 von Lorenz’ 53 Fällen. Die 
pelvi-trochanteron Muskeln sind nach Lorenz stets verlängert, die pelvi- 
cruralen verkürzt. Letztere bilden daher das Repositionshinderniss bei 
der angeborenen Hüftgelcnkluxation, und nach Lorenz müssen daher nur 
einzelne dieser Muskeln bei der Operation durchtrennt werden. Eine 
genaue Darstellung seiner Operationsmothode stellt Lorenz in Aussicht. 

Dr. Redlich machte im Medicinischen Club eine Mittheilung zur 
pathologischen Anatomie der Poliomyelitis anterior acuta. Er schliesst 
sich den Gegnern Charcot’s, Mario und Goldscheider an und 

*) In einem Werke, dessen Verfasser (der Name ist mir entfallen) 
sich durch besondere Gründlichkeit seiner historischen Studien aus- 
zeichnct, habe ich freilich kürzlich gelesen, dass die Unterscheidung 
zwischen lienalcr, lymphatischer und medullärer Leukämie von Virchow 
herrührt! 

. , Auch wir schliessen hiermit diese nunmehr sechsundzwanzig- 
Jährige Discussion. I). Red. 


verlegt den Beginn des Processes in dio Gcfässo. Es standen Redlich 
die ()rgane eines im ersten Stadium der Poliomyelitis acuta anterior ver¬ 
storbenen fünfmonatlichen Kindes zur Verfügung. Die entzündlichen Er¬ 
scheinungen, deren Ausgang von den GefässeiF zweifellos war, konnten 
nicht nur im Vorderhorn, sondern auch in der Modul!a oblongata und im 
Grosshim constatirt werden. Redlich fasst die in Rede stehende Er¬ 
krankung als durch bacilläre Infection bedingt auf und analogisirt sie ins¬ 
besondere in Bezug auf ihre multiple Lokalisation mit der multiplen 
Neuritis. 

Dr. v. Zeissl berichtete über eine ausgedehnte Versuchsreihe, dio 
Innervation der Harnblase betreffend (in der Gesellschaft der Aerzte). 
Reizung des N. erigens rief Contraction des Detrusor hervor, an welche 
sich bald Oeffnung des Sphinctor anschloss. Aber auch nach Aus¬ 
schaltung der Detmsorwirkung — durch Einführen eines Glasrohres in 
die an ihrem Scheitel eröffnete Blase — konnte durch Reizung des 
N. erigens eine Oeffnung des Sphinctor vesicae hervorgerufen werden. 
Reizung des N. hypogustricus rief Schliessung des Sphineter vesicae 
hervor. Reizung des centralen Stumpfes verschiedener Nerven, z. B. 
Ischiadicus, Medianus, Radialis etc., rief Contraction des Detrusor mit 
Oeffnung des Sphinctor hervor. Reizung des N. hypogastricus bei ge¬ 
schlossener Blase rief Drucksteigerung in derselben hervor. 

Dr. Schnit zier berichtete über Thierversuche, dio Frage der Pneuma¬ 
turie betreffend. Injection des Bacterium coli commune in die Kaninchen¬ 
blase mit darauf folgender Ligatur der Urethra verursacht Cystitis. In¬ 
dem Schnitzler aber vorher die Versuchstiere durch Phloridzindarreichung 
diabetisch machte, gelang es ihm unter sonst gleichen Versuehsbedingungen, 
Entwicklung relativ beträchtlicher Gasmengen in der Blase hervorzurufen. 
Auch aus dem Harn einer an Pneumaturie leidenden Frau konnte 
Schnitzler das Bacterium coli commune in Reincultur gewinnen. 

Eine bemerkenswortbo Mittheilung machten Professor Obersteiner 
und Dr. Redlich über Wesen und Pathogenese der tabischen Rücken¬ 
markserkrankung. Sie fussen auf dem durch Dtfjerine, Marie und 
Redlich gelieferten Nachweis, dass die Rückenmarksdegeneration hei der 
Tabes dem intramedullären Verlauf der hinteren Wurzeln entspricht. 
Daher lag es nahe, die Tabes als Erkrankung der hinteren Wurzeln zu 
erklären. Genaue anatomische Untersuchungen von Oberstoiner und 
Redlich zeigten nun, dass jede hintere Wurzel bei ihrem Durchtritt 
durch die Pia mater und Rindenschicht des Rückenmarks eine mitunter 
sehr beträchtliche Einschnürung erleidet und ausserdem einem oder meh¬ 
reren verschieden grossen Piagefässen eng anlie^t. Auf die bezeichneten 
Stellen richteten nun Oberstoiner und Redlich ihr Augenmerk. An 
entsprechend geführten Schnitten durch das tabische Rückenmark fanden 
sie meningitische Processe, die zu schwieliger Schrumpfung des Pia- 
gewebes führten. Daraus rosultirt eine intensive Compression der hin¬ 
teren Wurzeln an der genannten Stelle. Auch die erw r &hnten Piagefässo 
können im Falle ihrer Sklerosirung an dieser Constriction Theil nehmen. 
Die Folge der letzteren ist Degeneration der betroffenen Wurzelfasern gegen 
das Rückenmark hin. Mit dieser Auffassung von Oberstoiner und Red¬ 
lich lassen sich die vorliegenden Thatsachcn in Einklang bringen. Zu¬ 
nächst wird die Einflussnahme der Lues auf die Entstehung der Tabes 
erklärlich, indem meningitische Processe und Gefässvordickungen bei Lues 
häufig genug eintreten. Auch Arteriosklerose (Aorteninsuffieienz bei 
Tabes!) als ursächliches Moment für dio Entstehung der Tabes wird in 
dieser Weise erklärlich. Endlich lassen sich mit der Auffassung von 
Obersteiner und Redlich die therapeutischen Erfolge der Suspension 
und der Nervendehnung einem Verständniss näher führon. 

Professor v. Frisch hielt immedicinischenDoctoren-Collegium 
einen Vortrag über Aetiologie und Therapie der Cystitis. Bezüglich der 
Aetiologie schloss er sich den bacteriologischen Arbeiten der letzten Jahre an 
(Rösing, Krogius, Schnitzler). Für die Therapie der chronischen 
Cystitis empfahl er sehr warm die Guyon’schcn Instillationen starker 
Lapislösungen. Er besprach ferner die verschiedenen Formen der Blasen¬ 
geschwüre und zählte nachfolgende Arten auf: 1) Traumatische Geschwüre 
(durch Steine etc.). 2) Druckgeschwüre (Gravidität). 3) Zerfallende Neo¬ 
plasmen. 4) Das perforirende Geschwür M e r c i e r’s. 5) Tuberkulöse Geschwüre. 
6) Geschwüre durch Fortleitung benachbarter Entzündungsprocesse. 7) Fis¬ 
suren am Orificium internum. 8) Primäre katarrhalische Geschwüre. 
9) Chronisch katarrhalische Geschwüre. 10) Geschwüre bei chronischer 
Bleiintoxication. Bei allen diesen Ulcerationsprecessen sind Blasenaus¬ 
spülungen streng contraindicirt und nur Guyon’sche Instillationen zu 
empfehlen. Ausspülungen sind bei chronischer Cystitis mit reichlicher 
Eiterung anzuwenden. Bei Cystitis mit Hararetention ist systematischer 
Katheterismus indicirt. . 

Durch eine Reihe von Krankondemonstrationen zeigte 1 rotessor 
Urbantschitsch. wie viel durch systematische Hörübungen bei Taub¬ 
stummen zu erreichen sei. In der niedorösterreichischon Landes-Taub- 
stummonanstalt werden seit beinaho Jahresfrist auf Urbantschitsch s 
Initiative derartige Uebungeu in aufopferndster Weise vorgonommen, und 
dio bisherigen Erfolge ermuthigen zu weitoren Versuchen. In der an¬ 
schliessenden Debatte erklärten Professor Grub er und Professor lo- 
litzer, dass man dem Gegenstände nicht mit zu viel Optimismus entgegen- 

kommen sollte. . 

I)r Hajek betonte in einem in der Gesellschaft der Aerzto gehaltenen 
Vorträge die Schwierigkeiten der Diagnose der Siebbeinerkrankungen. Die 
Schwierigkeit beruht hauptsächlich darauf, dass eine Eitoransainmlung im 
mittleren Nasengang auch aus der Kiefer- und Stirnhöhle stammen kann. 
Oft finden sich Eiterungen in allen diesen Höhlen combimrt. Um Eitei g 
in den Siebbeinzellen diagnosticiren zu können, muss erst dtohitenag 
aus der Kiefer- und Stirnhöhle ausgeschlossen werden. Enhv • 

die Probepunction in diese beiden Höhlen ein negatives Resul ■ fc ’ 
oder es muss die Eiterung aus diesen beiden Höhlen wenigstens empo 
beschränkt werden, um Siebbeineiterung diagnosticiren zu könne . 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




506 


DEUTSCHE .MEDFC 1 NISGHB WÖGBBN 8 CHR 1 ITT. 


mm 


Freilegung dt*L' frß^li('ht*n Gegmid mnt> ftilt* \Vrdickuuge« der 

ruitthd«'» Mumdiei, log« so di* 1 - StobfteiuOtfnuüfc freV worauf evealuiill uulor 
der Augen G>juiirf. Widert kann. Vor der DiAgmi&ft auf f’ai-iw 
d«i> ^rgbUwiG euf dftft embmbbft Sondünbefujul — raftipD Gcd’dftj hin 
warnt Hajek ^j^MUebvtGtui^ihaßbt auf di-’ Irrtbthm/c anderer Au Gur«, 
«15« %; b 'iI«• Mvhi^ahi dm; gowftbsdiehun IVdyjjen auf Cnrioft.'d««? SioUhmtts 
«mJoi* h«F- tfcW'Uckittfirea, miimeiksuw«. Ab uüd gu 
komm wnfJ rj»; P'-hp «um NrlumliAhleftcrkmnkurig mich nah su-imu. 
D.uj«' te demmislrirta ferner Gim Auznhl von aus Zuckmrk and] VSmiun- 
imm skmmnmdcu Sehiuiidn mit Hihb«*i»> m iv<>r-; i 

Von 1 >« v mv>!i^il-ni.i«wirr« Hie« «orb micftm.kreTule er'wa.bu-k: Dp. Bft;Äjtl 
/li'uioMsirijlc chmn der ««dienen F»Ub* von Ostitis defürmuny Et :v;u.dm 
■mnor Fr-üü, an «In. f»vhou ?av^i kuoebonhavt« Turne re« 0,«< Gfcnjunt. u,roi 
aru Kopf) injigsnm entstand pir.iuul vererb wimd«« warnn, grg«m\\ftrng ein«* 
YMydickung von Duttjt'hJh; 7ia<vlTiv«‘iäi*a}-, dt« nUpu Gvp*^'* 

iinftnAm trotzte, LuCo um) e<hie Tiin'inrhiidmijc wurau mit. 

Sicil.'i iu-il HU 4 :i'U.v« i<]j)’.vS'’Ti. 

BrdiA.ssor v. ‘HA bk«** .detUonstrü’ie «?mb engewf.biiiicb gut gidungi'iH' 
nhiu«ti»l:-»r-t.Hv uai k Kn JMg’n JHrtSuidti Di*v Erfolg bendUi «t zwoi ,1fth«in 
rohsten« v. ij acl r v dciiitiust.mde ferner «Anno Kmibmi, her di*!« .rim- 
hör hürudigo KnliUtugttiftfviel.ifr Gusli o.jlomm ipul Ü-*sn]du^ut<'i!iu- uoib- 
wendie «mehle. 8{d»i,i<r {’m»llt)tii«lH'iu‘ Dihitatum durah Und«:!. Ilesftniu.. 

J:b\ -SjfdÖrti,it^'t*.vr defttiHftsiDfie FBifwat^-idnep 
(Vdfeib Mutiitis Bivsedowill plfttyliffc Füiirirtin. Di« iWtiu'u 

Mgnh tfHjn I Vrtfttf ph/ fW TuVhiUk ««dl« H>.{n fl* time fftri ^UipbolUuTi ()«'- 
\V'k< f $ in« ganzen Kftfp.07 Emn d<\m A5rU ftW ff, W- BrhuGfc le.r will 
diese« Tmb-NiftlG wie die- von tüm k und Bru.dv! «be n unter gNclinn 
k'TTitikjidrb - «?i«, a!.< Tuf) liri - „ £A«.tü? HmtÜcHiG -in) Simp* 

A. f/bjia uT?« ;hu,ir ji(;b<iH T?iM»?n; üud w.HObC .W.lDfi.ßrfc^ftfOv"9tw»Ä • tiboji' 

P. I t :i!f:iu ( tuiidi in tmm'dini Fäll «ft von Nai'koP«tod dUiuUeiv.*- ßrfuutin 
«rlwhon 

1>K Uftiu K. dao^mslvij’t« piiitu K^ükFO- *.t« ni < ‘rifniV.uulctii KrfoJgi' 

Ä kubrrkiilhs «^t k^nkt«•; Epf^luub .-vom ..aMafe«^ :«re «.v^lirpirt 1ml 

Pwiti ; Ms;or Fuch s <•;»«.' K«-: .-•«rds ijspt'igiiitiu), «h-u 

dnUi;U hiäl»«‘r ftWtdmHpt Inudiachir tt'ii Ful!. AG :d«d«'iugia• sVunh'. \'«r- 
lf‘i/i.u.fg «hi'v.h piu« 1 O’drmtr^jmUi t*i'uif% 

i'r Bndin-I'j d«n)ci»n-i!'M »« limyi-moi 'j'hi» vvt r- 

.;^'idh:u , . zur. dio^j^öhiUpii 4vr ;T r röt«r'- r & Ui- ihm DlWv luu'h muidn (h*r 

'Wh^>‘l!k-fK>'p *ß&^ßS(S^ohih J . j.Üjp'hnbi’U Vorküi^uu _ 4 v., 

VIII. Krankenpflege. 1 ) 

1H*' Wiener k. k. KrankenaimtaU^ai. 

!Hiy 0p“iir;.i.‘eh«.:- Krai)kftnhnii.sv.'i<Hfln in dpihotiphäI m dD*n, in 

«h mm I»i« l.f «ihdn H- IM «iiip-h ihr Z.iii*:hn«f: (Gr B«V«.lkönmc,' .MrU.u sv.H-h- 
.Hi’inb-t, Ih-duj-imvsV ,ui jv>nnk«i*hm)>ii .Mi ^mdm) dußb uu! dun 

\v,n i^- iumn Aütmdmitmrn <)«» ni-Ui-iüiH ;Gn ! Aiivv-reiiijU-'unfomi-hts- ka 
iBHoioj*. }>>it. in den v«t’M’hi’Ofh'ftPi« i. : 0Hh«’n t-itio uliwiMi.-btuiiin Kpß'fduiik- 
orlidtvtMK Ao m ln « wn* m i*:i ri a diu p.'osaftitu-ie Airnuis- und Krinj'kt.oijjfhjgvi- 
«inm- hnsumlcrrm \ v.fwahuiig unlm^tollu M v Assisi«««;]n«hli(pip i ‘. An der 
K I" i: P bunmtlm« altdit oui.m- AuGicht dos u „d dos MinikU'fs 

d»-.- T»vmr.« . i« Dirukior. dm* von !;d/(.mvm uVununl. Avir.I, und dam «-in 
AuGi'Jd.*i’, t >.b iu\t wuli,u«dimtdstv« 'Vmv:U * dm?-?«lit.-Aisms>«mi /.u? ««Ki’izt 
.Kl, iu-i ihm. hi v in;u»kta" G.uhmc dm .in.iiiiuli, r, Ar-nm>tint.-r;ddlynTi^ 

)H b mnUmciJ ruh! der didwmrpuj^t dor‘T?mii«kdt der A^Ki^ajn^ puhlhma 
HUi dm- \ mwallun«- der Kvmktmhiiu^r. -)ü lervtornn shdi dm 

ZW.ewm* KÜuiken d«r uiiulitiiijjsc'bdu ■Far-itltkk - lii Kraftkrmrh AM 

ibfv; 5 - iu jwlor Uav«™i:itssi.M)t'. 
n.ndiUHu \*crid!«hvav. fGr dt»* !:«d'r/w«v'ko dur •utmjjmnVsi'h«'» Fuidjif 
hrmikrasKlu aurA nrhlanng äh m, ihm. !<m in dor, vahlroivimn Hnstntairru 
;’-‘ r vorjumdonc-n klj-ius.dmn AHladiui^m. • )nd..m Ma n 

tmsomh'ivn ivlat n«nd. mrm «vj-i-cnliif- V« rivdihng G«d uirnrhitnin jihdii 
U 'sGnmhm w«/i den- dh*Mgv. ( Kj;u,kmihads;fidhmhtW«: f /. nurh aut 

iftreh uhimftk kutd Kia- 

rtoutji^ wy.Jnrdr Bdltm tft» kliftjw.fP‘ >m VemiÜnnirs^W' rt p- 

wurdet ihrne Klinik wir«! dmunnfft ne« MhM ihr rin« 

nraiiKtirihMUimldliiului!^ out i'ridi^KH- du* fdirdllni amu Omhir/i v m\ der 
hTrUunrlilMp-xvaltiHi^ t'tvmm vGrd. Mf dmm mit dmi fiGim-n dur nidlt- 
ht!m^rtnn: vhtlaMJUf^ON 0=. Ih.-Ayf glujcbgÖ^Udll itf, lii Brai.g »üf. die . 

K osten uli: di« Wirk<imfkhi{ di-r .t»ubf«iiiödiit; 211 ftp^ühtam, dbös 

B^gpVHn.niteho. com? -UüOiUkX» Kr^. brfrimf' Mir, hdstrt dm st-,di 
Bur-m' «miuu julmiihrü Z.mchiiKs w m mehr >dx '2«.MM«KK)0 l*>s. Di« Aft*/.u!j! 
dv/' iriiei 1 ävelfbf. dir pulildjun >;« VtftMgftft bat. hshurft 

sjrft mt fuebr .\G yjl'iOd, dnr* Püfemye ÖU* KiMm und 

lhnstfi»kr;iDkc, . , , '• “ .. . '. 

in Bm-Gi. ist durch Koni« Kri«Mlricli f. im dahru 1709 zur Auf- 
miüur v.m Anna), und DurtBrru Waldmin Brdm an 4rf rnkmukan 
mddttcu. -rin vm liaus «?Tv:hUd *i>m& <»m dmn dw IvOnigHdua ßffi 

hmidaMlmny ^ri, mdwirUch hm. DiurK di« Kuhmmordro wuu \* NV j 

vemhuf l ubMsi mMrmnWh «wHlimml wohim. da^ rfh« Chkriid r.irftt nur ^ 
aB Haummdr Kitmhn) aud. ,.h 1 td-rrmdnU h-mi -m. Bm /mm .führe ! 
IjsM wa. -;n dm mn/.M« niVmimh« Kmuk.-mumm!: im dar* ikdlco ’ 

.«. «Wt.t.a, h. tnigt mir Znt rund mm-rdm., hedut oft.* Sh,dt 

itm T n f vVWWr «tUdt&rhp Kratitehktisov-'mit 2100 

•• Krankcribhnaom jährlich 

KrmKn^ : 1 ‘‘ T ! l Kvn ^ h -, lh ^nftt deonntch (ins dfidnillahe i 

,vw " ,,R r } -* ' fntf5 r S| ^<^w.ilnup, unior 'Stadtvar- ; 

vMdkruir. h,a mMmuwMu Dm«rvwrhtSniwütl»^ smd ,’in^^n li 

k ln dim-m Rubrik wcrdmi wu vudd /.« Zdt An^Uwduifnn [ 

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auslaUen u-RtAvcdrr srlbsisiÄftdig« Univ’ersitji.hs.iuslaltcn oder Ahthidlmigea 
iii dur Kdidglieheo GbaBtA). T)iv Gosaniody-ubl dep )3tetftepi ftir dik-ÖflV‘o.Öufte. 
Krankflnpüflgo wird übri^dtw dui'th die : Erriefttiitig'kuv^t> indiau §ikdliii«hV») 
Kronkunbivuscs in kurzer. Z«it bHtfudi.ÜMdf vommlfrl -'vvcddiMi. um «Iura LV-- 
(lilHniss an Krjuikenhatteti zu genftgeu. Wirun aber <lio IC'ixiv«.ilrDi\*u- 
zabtreiefter Gemeinden dftr Um^egeud; in denen Krankcrdulufier r .tuliaudeif. 
oder proieetirt ytml oder liothwufidrg ?»)du wm'de«),. zair Khtstelmuj von 
G jl oss r B r *r f i n ttlJirt wird die Prdge, w i v 4 k u n ftm. y.'J? «rkm dssi^sthft 
d i e d i i o n t li t: lv« K r an k e n h o iis |t G e g e %u r e ß r 1 u sei, euer . Gi)* 
^•oUcnden Krftrturunp: bediu'fon. 

So ht ditisoihh Kram? iu Wi«»u durrli di« Sdmftu«^ van Gros«-Wü« 
im dAlira 1KD nacli aiimiu oingulmnden Studium dur -tdu^eHliadg«« Vor- 1 
hälti»iss« zu ein«-r l-dsimg grddlni worden, wclelu* Ivftiktnr:»Jö.vvp|i U- hMrr 
’Zoit ftuw'rtk vöfvoiiiäTdiif/d“ Im-ffc«*. Durch die Itoftldßrjlh}-^ akin\ Af»,. Aftöl. 
und 24; August 1782 iiatte ar di« tjesielil-spunkla angog«d«M'i und «jic Fla 
stiinniiinäeii csclndh.n. tvt%,V !«*t der Diugesf.dlung d«>r riautäG fM s-ttd. Mut. > 
AVdKU aijik^ulrnnd sein ^ollhm.' Aatf di^ WfäiG Kt' 
dar k,_ k, -Kr» r« bttlt u u'sfo-n d fiir die* dfteutliehft Krjh.iki-ftdiiutsptlr^ m 
A^Gvft. aAjGiiÄftHiMi, der auB,sor dem Allgoaminpn K mnbö 0 idfH.af£ftdrei 
«ri.‘!v KruuL.anans{}»ltan zu unter*!),«Stets butte. 

«>?.af«M. diu^c vier Ansrulten P'in .vn■ ßig«.*;»tfttr«f«.«r; und i‘iin; \'«*m 
lurtnrn, .S<> w.iT das -Maass von Ans.-b«ai und BuftohMuMt Bo ,it.f 
Be t ig- dt• cb tutgJGpbi ^ kauudi ^c^b^v^ßxtbirü^fti'ldf dip trpeirt«^ . 
AnS’eStao auf) tu reellt »•nipfindl!' her 'Weise zeigim pm ii die 
Itft/lvgilöit dm-1 irganisatiun, softblH nS «5Kb dm die 

iftcßjsSöKiböf den Bidegrftmft baridolte. Din wisred^diitihrb« n& himy. 
der 1>td/‘ia,I.saic*<.tu]i>b;e, eine. Slatisltk grosser Zahlen war uicbl tu !«■ 
s<bftüett.'— Mit diesen Zeichen der jehiendn; Kinftmijiehhfd in de; - 0r- 
gafliKhii'mr fttnnd noch. >h»e Keift* onderor Fragrnv widokn dik itdeiuiivkw 
Krank« ttpHi ge Imtrulaii, sei: iftuger Zoil. auf der Tiigesvediumg, ganz 1 mV 
sonders- :di«‘.v da« iot«a-<‘ssu de* \Vit*ner Kmnk«i)hanjdbfu,l^• Drei riutert’:; 
bäfU'fl HH;h- dridiaift M eifftgoft, wenn vils segpt'ism'obö'5 KäfoiluWvfk aul 
dmrern GftbiftG gSSaticinen vrnrdan Sollte; es ftsu'Cö dies du* tlrmoiiaG 
AVie«, dar \Vi,.;iav K:?ii]ienIuma(om:l, nnnnltdbftr vurtrelrn. durch die. k. k.' 
.riiudHrOsten'mrhisrtm SGutbaltürniund dem Grnd Nhdvi'OsUuavjoii. 

Iti den oTuluun 1891 upil 1892 Vjd. d/«- 'KeorgaftiSytiop des AVioifri 
ftfftffttlteboKi KeaiikofdmusWerfeftit duicdifdfbfn-B ftfö deiep iftiftrmsöd.Jpf AiPf- 
tb'Uck dits.'.J äft'T.i; iick det AVi, tjar k. k. K ru ö-lc o ira n 's t« I tf« d , J»!«r 
g.Hftjft- 1892 i Wilhelm Bi:au?;nlUm, WAen, jlK93) vorliegt, itcrausgogeK«« 
von «jar k. k. niaduftGf orrei« hisrbett Stattbaltej ‘d. Ayf 1041 Smöm mit 
72 To0.hi und «d«*)m Hlatislischot» Kstrtognumu wird gfcmas* dem Vb>- 
enuufn, Grwi’ Kirtpj s egg im Mtlrz 1K92 den yers«imnsölt«) 

Direktoren und Ladern der k, k, Krnhkpnhk'tisftr euDvickoSfc, filier d»e 
durch «ine feste Orgii'iDatitm r.u «»ilmiüiclir.iii Wirken Vprlumdmon und 
iu einer Hund v*-reinigten, acht ftSfi-ntltchm SpitiUör \VKms der or9ft> Üm 
riebt, erstattet. l>imm-,-w,h- gioht dieehs Werk til.uvr die gau'4■ »iigenarügßä 
'V r «rhölttiissc der Wiener K.ru-ukenunsüdteti. ihre (»escluebte. und ihr« Kin- 
rir.htnngen mit. 72• Plihnen und UlnslrMiouan i?ingebende AnskunK soft’it,. 
über ihre Wirksiuokeit und diu wirtbsi'hnftJiehen Ergebnisse Ihres Ih> 
trioftos ßtisiulirlirhe Keeftatiseludl. [>an»u si ftlieSsen bi*di «iuc aJlgerowftft. 
und ein« mmlicinisth-xvissous«diaft 1 1 i-hV KmiilomstalisUk, waltbe di« sammf 
loA.a« n «lutasst und euch i\it jede einzeln« Atis!/di. ftufgesiftHl. 

isL tenior ä:*z<üaiie Heobuihtnngeiv (Krimkimgesehjcbtftft, .Opehatiouej», hde 
tiüctio'iiim).. der 1 leGurrnngsabpehln<<s den Wieuer- k s .tL.-.-KrimkemmHÜiltön- 
Junds fül lHl)2 nebst. Voi->:.iiS<-!;lag für 1.85);L. ein Gtiffcung;Viitäweis. die Ge-, 
ledf^^fbidBüsHa -Kr Aerzlo und Beamten., wichtige Oesoke, Amnirtüuiagen* ■ 
lurliisso Ou ; f -'p I Mrr^t in der. AnslwUef* lue 1892. In oiftnn A*»h.nii; 
wird mp« Üybersi/dd über die Bereitstellung von ChobuiüilUb»UnnseH 
tind mrsoüdwer Kdralvpitäier /Im- \V inner k k, Krstnbftftui^lten iUi -1H92 
uiitgfitlieijjL Bin vOrzihJiebi's 8;« hrainst4r zu dort mmaindiGnlsem An- 
gabau -iimi Bjntbf>HuUr« iftimiren^ äuV (lliiamik. und dftm BftreumdhtvVomd zu 
den Abhap/Uunemi umi Krank«?iu.u.scbiiditmn, zir den Girjet-aigi m«d A 01 ' 
uKhitfugetik’wiö- owi iSwfucftHH'gistsu bilden der» Schluss dmaoä grftssftHi.gcn 
Werkes, 

Von a 11 gern»düemn Interesse dürften ftdgejide .AliBheiltßige-n' .«ns* 
'libHftm AVm'kr stu-ft; DuirS« di« Ucbornahm« der 4 ftll'enübbett Krimken- 
hlt«s««r in doü Aaioitan mit 792 Betten zu »•ovuimi bisherigen I KrauDpi* 

imsfcnltm« mit 4080. IM.Um hat der- Wiener Kraiikom«ft3t.dtunfoml vine 

Umn^ifef für »>in« yinheitlirbc OfL»aaUßlioji der 
dtteD.i hi’tn-ii tu: guHiritfi K « n n k e n ]i l i v g « in Wirft- grsdia'bm. 
ViHK-'U hälft dtV: «‘!/ili«l( liehen \ mb'mda.S Htrh,U> mir a.a* b di(, Kl lhketl- 
bftüscr Oft ib'ivJiUi«,sitz. Lntnr diesem sind di« Kiüd«u'kraiUvHdi‘.iiis<‘r joLDt 
0) «in boHtimntl es VevbkKbirs zu dem Ktmikenlnuisfoiu} götn-Ufn, f'* 
Siftd seiiu: Fiii»)spi|yb‘r. Weil zur AijffteftüiO ftr.ft Kipder« imlrr vin 
JMu'au die k. k. Kir-ükemmMaUon nicht. vcn.«tlkhtei- sind nkd Sjier« Kinilor 
uiOit ebeesomterr, von dac Kmaohseneu in denselben .verpflegt 'verdeu 
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7. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


507 


fügung stellt. Durch diese Abmachungen erscheint die Einheitlichkeit 
der öffentlichen Krankenpflege mit den Mitteln des k. k. Krankenhausfonds 
sichergestellt und die Gewähr gegeben, dass schon während des Heran¬ 
nahens der Epidemie die geeigneten Spitäler bereitgestellt werden. 

Was die finanzielle Lage des Krankenhausfonds betrifft, so ist 
zu bemerken, dass auf jeden Beitrag der Gemeinde verzichtet ist. 
Ferner kommt in Fortfall der Antheil, den der Krankenhausfond an 
dem eommunalen Verzehrungssteuerzuschlage bisher gehabt hat; 
derselbe betrug jährlich 112000 fl. Dagegen übernahm er mit den Vorort- 
spitälem eine Schuldenlast von einer Million Gulden. Durch diese 
Verluste und Belastung und durch die Erweiterung seiner Thätigkeit 
wurde es nothwcndig, einen erheblich grösseren Betriebsfond als bisher 
zu beschaffen, damit der Krankenhausfond in Zukunft den an ihn heran¬ 
tretenden Anforderungen entsprechen könne. Dies ist in ziemlich ans- 
giebigem Maasse durch das Landesgesetz vom 81. December 1891 ge¬ 
schehen, welches die Verlassenschaftsabgabe an den Kranken¬ 
hau sfond neu geregelt hat. 

Den wesentlichsten Inhalt des neuen Gesetzes bilden eine neue 
Bemessungsscala und die Bestimmung, dass die nach der neuen Scala zu 
bemessende Abgabe dem Krankenhausfond für das ganze neue Wiener 
Stadtgebiet zustehe. Bisher betrug diese Abgabe 170000 Gulden 
jährlich, im Jahre 1892 dagegen bereits 320000 Gulden. Da aber in dem 
genannten Jahre die Wirkung der neuen Scala noch nicht voll zum Aus¬ 
druck gelangt ist, so wird sich der Ertrag künftig noch höher stellen. 

Fenier haben die bisherigen Vergünstigungen für die Kranken 
aus Wien, für welche in der dritten Verpflegungsclasse nur 60 (für Zah¬ 
lungsfähige) und 23 Kr. (für Arme) für den Tag festgesetzt waren, auf- 
gehört, da der Verpflegungssatz in der dritten Klasse von 1 fl., der bisher 
nur von Auswärtigen erhoben wurde, nunmehr einheitlich für alle Kranken, 
auch für die „Wiener“ in dieser Verpflegungsclasse gilt. Durch diese 
Anordnung nimmt der Krankenhausfond jährlich ca. 200000 Gulden mehr 
ein als in früheren Jahren. 

Auch tritt eine jährliche Ersparnis von ca. 20000 Gulden für den 
Krankenbausfond dadurch ein, dass seine Betheiligung an den Kosten der 
Armenkrankenpflege ausserhalb seiner Anstalten aufgehört hat und wieder¬ 
um, wie stiftungsgemäss vor hundert Jahren bestimmt war, auf die in den 
Räumen der Anstalten ausgeübte ambulante Krankenpflege beschränkt wird. 

Als letzte Vereinbarung von grösserer finanzieller Wichtigkeit gilt 
die Verpflichtung der Gemeinde Wien, den bisher dem Krankenbausfond 
geleisteten jährlichen Beitrag des Bürger- und des Johannes-Spitalfonds 
im Betrage von 57700 fl. mit einem Capital in Oesterreichischor Staats¬ 
rente ab zu lösen, dessen jährliche Interessen der Summe dieser beiden 
Beiträge gleichkommen. 

Alle diese am 1. December 1891 in Rechtskraft getretenen Verein¬ 
barungen sind am besten als eine Verjüngung der grossen Schöpfung 
Kaiser Joseph II. zu bezeichnen. Die Macht historischer Ueberlieferung 
tritt in der Neugestaltung veralteter und unklarer Verhältnisse in impo- 
nirender Weise zu Tage. Klar beherrscht der Gedanke der Cen- 
tralisirung die Wiener öffentliche Krankenpflege. 

Bezüglich der Verwaltungsorganisation ist hervorzuheben, dass 
die bisherige Oberverwaltung der k. k. Krankenanstalten, sowie die neben 
derselben im Allgemeinen Krankenhause bestehende Materialionverwaltung 
aufgehoben, dafür aber ein neues administratives Departement bei der 
Statthalterei errichtet ist, so dass unter Aufsicht des Ministeriums des 
Innern der Statthalter von Niederösterreich (Graf Kiclmannsegg) 
unmittelbar die Leitung übernommen hat. Ergänzend hierzu ist die Ein¬ 
führung von Amtstagen erfolgt', welche der zuständige Referent bei der 
btatthalterei unter Zuziehung von Aerzten und Technikern in den ein¬ 
zeln enK rau kenanstalten periodisch abzuhalten hat. Auf diese Weise 
«•halten die Vertreter des Statthalters Gelegenheit, die Zustände in den 
Krankenhäusern durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Wünsche 
imd Beschwerden sollen an den Amtstagen vorgebracht und, soweit 
thunlieh, sofort geprüft werden u. s. w. — Die neue Ordnung soll der 
\ erwaltung soviel als möglich den büreaukratischen Charakter nehmen! — 
Die Kliniken unterstehen in Angelegenheit des Unterrichts 
dem Ministerium für Cultus und Unterricht. Das Verhältnis derselben 
zum k. k. Allgemeinen Krankenhause ist durch Erlass des Ministers des 
Innern vom 21. Juli 1872 geregelt. 

Was die Grösse der Krankenabtheilungen betrifft, so ist als 
Maximalgrösso derselben angenommen, dass nicht mehr als ca. 100 Betten 
ffledicinische, ca. 80 eine chirurgische, ca. 150 eine Syphilis- und Haut- 
aotheilung und ca. 80 Betten eine Augenkrankenabtheilung haben solle. 
4 jr aw a - c ^ lt k- k. Krankenanstalten waren 1892 vorhanden: 15 Kliniken, 
»o Abtheilungen, 57 Acrzte als Vorständo, 48 Abtheilungsassistenten und 
w becundärärzte, 4815 Betten, 300 Wärterinnen, 16 Wärter und 250 
raensschwestern, zusammen Wartepersonal: 566. Die Kliniken befinden 
j. im Allgemeinen Krankenhause (2000 Betten), dessen Direktor der 
erdjenstvolle Professor Dr. Böhm Edler von Böhmersheim ist. 
irektor der „Rudolfstiftung“ (860 Betten) ist Sanitätsrath Dr. Uli mann, 
es Krankenhauses „Wieden“ (578 Betten) Dr. Mucha und des „Kaiser 
ranz-Joseph-Spitals“ (610 Betten) Dr. Klimesch; an der Spitze der 
«naeren Krankenhäuser stehen Primärärzte als Leiter. 

Vt d , ektoren (Aerzte) der k. k. Krankenanstalten gehören zur 
vi. Kangclasse und beziehen 2400 bis 3000 fl. Gehalt und 350 fl. 
tmtätszulage, der Direktor des Allgemeinen Krankenhauses 3000 bis 
j behalt und 400 fl. Zulage. Sie haben Wohnung im Krankenhause, 
j ^hnmtlichen k. k. Krankenanstalten gehören der Primärarzt und 
n , , rosect °r ^ er Rangclasse an und beziehen 1400 bis 1800 fl. 
Ro« i Um : ^ A* Activitätszulage, die ordinirenden Aerzte (VHI. 
AfH v*! 8e A* behalt und 500 11. Activitätszulage, event. halb 

j- ^ .szulage und Naturalwohnung. LTBezug auf Pensionirung sind 
ezeichneten Aerzte den k. k. Staatsbeamten gleichgestellt. 


..Df 6 Hülfsärzte werden in zwei Kategorieen eingetheilt, und zwar in 
Abthedungsassistenteu t (früher Secundärärzte I. CI.) und in Secundärärzte 
(früher Secundärärzte n. CL); dieselben beziehen jährlich 700 bezw 500 11 
Ausserdem stehen ihnen möblirte Naturalwohnung im Spital freie Be¬ 
heizung und Reinigung der Wäsche zu und ausnahmsweise freie Bekösti- 
gungüberhaupt oder nur an den Tagen ihres Inspectionsdienstes. 

Die Anstellung der Abtheihmgsassistonten erfolgt von der k. k. nieder- 
österreichischen Statthaiteroi auf einen einjährigen Zeitraum, der bis auf 
vier Jahre verlängert werden kann. Die Secundärärzte werden ebenfalls 
nur auf ein Jahr angestellt; die Verlängerung auf ein weiteres Jahr hängt 
vom Ermessen der Spitaldirektion ab. Die Hülfsärzte bei den öffentlichen 
Wohlthätigkeits- und allgemeinen Krankenanstalten haben den Diensteid 
zu leisten, ihre zurückgelegte Dienstzeit wird, wenn dieselbe unmittelbar 
einer Staatsstellung vorangeht, bei Bemessung der Pension in An¬ 
rechnung gebracht. 


Als Aspiranten sollen in der Regel nur diplomirte Doctoren der 
gesummten Heilkunde zugelasson werden; in Vertretung von Secundär- 
ärzten erhalten sie eine Remuneration von 1 fl. für den Tag. 

_ Alb. Guttstadt (Berlin). 


— Ueber den ärztlichen Dienst nnd die Krankenpflege im Kaiser 
nnd Kaiserin Friedrich - Kinderkrankenhanse verbreitete sich Herr 
A. Baginsky in einem am 19. März 1894 in der Deutschen Gesellschaft 
für öffentliche Gesundheitspflege zu Berlin gehaltenen Vortrage. Aus dem 
Bericht geht hervor, dass die Eintheilung des Dienstes, die Instruction der 
Assistenzärzte und des vortrefflich vorgebildeten Krankenpflogepersonals 
mit äusserster Genauigkeit darauf gerichtet ist, eine Uebertragung der 
vorwiegend und in besonderen Infectionspavillons zur Behandlung ge¬ 
langenden ansteckenden Krankheiten zu verhüten. Auch bei der Behand¬ 
lung der Wäsche, des Essgeschirrs, bei der Einrichtung der Desinfeetion 
sind die gleichen Gesichtspunkte in erster Linie maassgebend. Für zweifel¬ 
hafte Fälle besteht eine besondere Quarantänestation. Dass trotz der 
getroffenen Einrichtungen das Haus von Infeetion nicht frei geblieben sei, 
liege an der durch Besuche und Fehldiagnosen bedingten nicht ganz aus- 
zuschliessenden Einschleppungsquelle. Eine besondere Sorgfalt werde der 
zweckmässigen, den verschiedenen Altersstufen angemessenen Ernährung 
gewidmet. Die in mehreren Anhängen dem Vortrag beigegebenen Instruc” 
tionen zur Handhabung der Asepsis, zur Ausübung des Dienstes der 
Aerzte und Pflegerinnen in Klinik und Poliklinik, Infectionspavillons und 
Quarantänestationen, die Desinfectionsinstructioncn und Speiseregulativo 
geben den Beweis, dass die Ausübung des Dienstes strong im Geiste der 
Anforderungen der Hygiene geschieht. A. G. 


IX. Standesangelegenlieiten. 

Aerztekammer Berlin-Brandenburg. 

Sitzung am 26. Mai 1894. 

Nach .Verlesung eines Schreibens des Herrn Ministers, welches die 
Veröffentlichung von Beschlüssen der Kammer, welche die Entziehung 
des Wahlrechtes betreffen, sowie die Mittheilung derselben an andere 
Kammern für zulässig erklärt, tritt die Kammer in die Berathung der 
Frage der Beschaffung ärztlicher Obergutachten in Angelegen¬ 
heiten der Berufsgenossenschaften; die Berichterstatter Loppmann 
und Litthauer begründen in längeren Ausführungen die von ihnen auf- 
gestellten Thesen. Die erste derselben: 

„Die Mitwirkung der Aerztekammer zur Beschaffung von Obor- 
gutachten in Unfallversicherungsangelegenheiten ist erwünscht“, erhält 
nach einem Anträge von Goepel-Frankfurt, der mit geringer Mehrheit 
angenommen wird, die folgende Fassung: „Die Mitwirkung der Aerzte- 
kammem zur Beschaffung von Obergutachten in Unfallversicherungs¬ 
angelegenheiten ist zulässig, ist jedoch den Berufsgenossenschaften so 
lange zu versagen, als sie nicht durch grösseres Entgegenkommen eine 
Verständigung mit den deutschen Aerzten herbeigeführt haben.“ Die 
übrigen fünf Thesen werden unverändert angenommen. Sie lauten: 

II. Die Oborgutachter werden auf Antrag der zuständigen Körper¬ 
schaften und Behörden von Fall zu Fall aus der Gesammtheit aller im 
Reiche approbirten Aerzte, möglichst aber aus dem Kammerbezirk durch 
die Kammervorstände benannt. 

HI. In der Regel soll mit der einzelnen Obergutachtung nur eiu 
Arzt betraut werden. Erfordert nach dem Ermesson dos Kammervorstandes, 
an welchen auch der zunächst benannte Gutachter seinen diesbezüglichen 
Antrag richten kann, die Eigenart des Falles das Zusammenwirken mehrerer 
Sachverständigen, so sind drei Aerzte zu benennen, deren Mehrheits¬ 
beschluss als Obergutachten überreicht w r ird. 

IV. Eine durch die Aerztekammer vermittelte Begutachtung soll für 
gewöhnlich nur auf Grund eigener Beobachtung erfolgen. 

V. Die Aerztekammem verlangen für die von ihnen benannten Gut¬ 
achter keine Sonderstellung. 

VI. Jede neue Instanz kann um neue Gutachter resp. Gutachter- 
collegieu ersuchen. 

Der nächste Punkt der Tagesordnung, die Berathung über die dein 
Aerztekammerausschusszu ertheilenden Befugnisse, wurde durch 
einen Bericht des Herrn Ipscher über die Thesen des Ausschusses, 
deren Abdruck im Aerztevereinsblatt Mai I. erfolgt ist, oingeleit-et. Dio 
Anträge werden, soweit 9ie die vorbereitende Thätigkeit des Ausschusses, 
sowie seine Aufgabe betreffen, die gefassten Beschlüsse unter Angabe der für 
und wider abgegebenen Stimmen zusammeuzustellen, angenommen, dagegen 
erklärt sich die Kammer dagegen, dass die Ergebnisse der Gesanuntbe- 
schlüsse für die einzelnen Kammern bindend sein sollen. 

Ein Antrag Lissa, betreffend die Einsetzung ständiger wirtschaft¬ 
licher und wissenschaftlicher Commissionen, wird abgelehnt. 


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Original fro-m 

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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT, 


No. 23 


Der Antrag Mugdan und Genossen, die Kammer möge be¬ 
schlossen: „I. zu erklären: 1) es ist nothwendig, dass die Studirenden 
der Medicin auf der Universität Kenntniss von den für den Arzt wichtigen 
Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes, Unfallversicherungs¬ 
gesetzes, sowie des Alters- und Invaliditäts-Versicherungsgesetzes erlangen; 
1) es ist nothwendig, dass in dem klinischen Unterrichte die btudirenden 
der Medicin, durch Demonstrationen, mit dem Begriff der Arbeitsun¬ 
fähigkeit, sowie der totalen und procentualen Erwerbsunfähigkeit vertraut 
gemacht werden, und dass ferner in der Receptirkunde die Verhältnisse 
berücksichtigt werden, deren Beobachtung im Verkehr des Arztes mit 
erkrankten Kassenmitgliedern unbedingt erforderlich ist. II. dem Herrn 
Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und. von Berlin diese Erklärung 
mit dem Ersuchen zu übergeben, sie dem Herrn Minister für geistliche, 
Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten zur weiteren Veranlassung ge¬ 
neigtest übermitteln zu wollen,“ 

wird nach ausführlicher Begründung durch Herrn Mugdan und 
nach Annahme eines Zusatzes von Herrn Guttstadt zu II, dass die 
sociale Gesetzgebung auch Gegenstand der staatlichen Prüfung werden 
solle, nahezu einstimmig angenommen. 

Der letzte Punkt der Berathung, die Frage des Besteuerungs¬ 
modus der wahlberechtigten Aerzte wird, nachdem der Herr Minister das 
Bedürfnis» für die nur durch Gesetzesänderung mögliche obligatorische 
Besteuerung zur Zeit nicht für vorhanden erklärte, vertagt. A. G. 


X. Herr Dr. Hans Aronson 

hat seine litterarische Thätigkeit in Sachen des von ihm herge¬ 
stellten Diphtherieantitoxins und der daraus entsprungenen Contro- 
verse aus der Deutschen medicinischen Wochenschrift in die 
Beilagen des „rothen Blattes“ (Berliner Anzeigen) zurückver¬ 
legt, von wo sie ja ursprünglich ausging. Er hat dabei sicherlich 
in richtiger Selbstabschätzung und in consequenter Würdigung der 
ihm obliegenden Interessen gehandelt, und wir sind die letzten, 
etwas dagegen einzuwenden. Aber er hätte uns den Schmerz des 
Abschieds nicht noch unnöthigerweise zu verbittern brauchen, in¬ 
dem er uns der Parteilichkeit beschuldigte und seinen, gelinde 
gesagt, unhöflichen Brief vom 12. Mai 1894 abdruckte. Wir sind 
uns wirklich bewusst, in dieser ganzen, recht unerfreulichen An¬ 
gelegenheit sine ira et Studio gehandelt zu haben, und wir wüssten 
auch absolut nichts, was uns hätte veranlassen sollen, für oder 
wider Herrn Aronson und sein — hoffentlich die „diphtherie¬ 
bedrohte Menschheit“ in wirksamster Weise beglückendes — Serum 
Partei zu ergreifen. Das einzige Interesse, das für,' uns von Anfang 
an maassgebend war und sein musste, war das unserer Leser, 
denen mit einer allzubreiten Ausspinnung dieses — durch Herrn 
Aronson herauf beschworenen — Streites schwerlich gedient war. 
Lediglich in diesem Interesse, keineswegs aus irgendwelcher 
Animosität gegen Herrn Aronson, haben wir denn auch die kurze 
redactionelle Anmerkung (p. 431) gebracht, die uns Herr Aronson 
so verübelt; wir haben darin, wie man sich leicht überzeugen kann, 
gar keine eigene Meinung ausgesprochen, sondern nur eine „that- 
sächliche Bemerkung“ von gegnerischer Seite wiedergegeben, wo¬ 
durch eine sonst unvermeidliche längere Erwiderung erspart oder 
vielmehr von vornherein auf die knappste und comprimirteste 
Fassung eingeschränkt wurde. Wenn Herr Aronson ferner meint, 
dass wir seine Erwiderungen wochenlang ohne erkennbaren Grund 
zurückgestellt haben, so müssen wir dazu bemerken, dass es 
allerdings ein Zeichen von Naivetät ist, anzunehmen, dass für 
unsere Dispositionen nicht sowohl das allgemeine Interesse unserer 
Leser als die „leicht erkennbaren“ Wünsche dieses oder jenes 
1 itterarischen Heisssporns maassgebend sein könnten. Im übrigen 
dürfte wohl die Art und Weise des nunmehrigen publicistischen 
Vorgehens des Herrn Aronson unsere von Anfang an ihm gegen¬ 
über entwickelte Vorsicht genügend rechtfertigen. 

Die Rcdaction. 


XI. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Ueber den Einbruch der Cholera an zwei Stellen 
der preussis'chen Grenze bringt der Reichsanzeiger folgende Mittheilung: 
„lm Laufe der letzten Woche sind in dem hart an der russischen und öster¬ 
reichischen Grenze belegenen Ort Myslowitz (Oberschlesien) 7 Cholera¬ 
fülle, davon sechs mit tödtlichem Ausgang, festgestellt worden. Auch in 
Scliilno, der Uebergangsstation russischer Flösser an der Weichsel, 
sind zwei Arbeiter, sowio der Sohn eines derselben an Cholera verstorben. 
Zweckentsprechende Schutzmaassregeln sind sofort seitens der zuständigen 
Behörden ergriffen, insbesondere ist ein Ueberwachungsdienst auf der 
Weichsel eingerichtet worden. Derartige Vorkommnisse, auf deren Wieder¬ 
holung man sich bei dem Herrschen der Cholera in einem Theil unserer 
Nachbarstaaten auch für die Zukunft gefasst machen muss, haben keinerlei 
bedrohliche Bedeutung für die Allgemeinheit, da nach den Erfahrungen 
der Vorjahre erwartet werden darf, dass es den Behördon gelingen wird, 
ein weiteres Umsichgreifen der Seuche zu hindern. Bis auf weiteres 
werden die vom Kaiserlichen Gesundheitsamt, als der gemeinsamen Molde- 
stelle für Cholerafülle, zur Publication zusammengestellten Nachrichten 


über den Stand der Cholera im Inlande wöchentlich in dem amtlichen 
Organ dieser Behörde, den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund¬ 
heitsamts“, abgedruckt werden.“ 

— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 4. d. M. 
führte Herr A. Fraenkel den Vorsitz. Herr Th. Rosenheim stellte 
vor der Tagesordnung zwei Patientinnen vor, die wegen Pyloruscarcinoms, 
die eine vor drei Jahren, die andere vor fünf Monaten mit Erfolg operirt 
worden, und legte die Präparate von diesen, sowie auch von noch zwei 
anderen Operationsfällen vor. Herr Tr eitel demonstrirte eine Patientin 
mit „nasalem Asigmatismus“, dessen Entstehung in diesem Falle (es 
handelte sich um eine jetzt 28 jährige, geistig wenig begabte Frau) er auf 
Nachahmung und Angewöhnung in der Kindheit zurückführte. An der 
Discussion betheiligten sich die Herren Leyden, Schwabach, Gold¬ 
scheider und Tr eitel. — Herr Katz legte seine nach einer neuen 
Methode hergestellten Präparate der inneren Theile des Gehörorgans vor 
(Behandlung des Schläfenbeins erst mit Chromessigsäure und Osmium¬ 
säure, Entkalkung mit 20%iger Salpetersäure, dann Behandlung mit ab¬ 
solutem Alkohol und Xylol, wodurch eine vollständige Durchsichtigkeit 
des Knochens erzielt wird). — Den Rest der Sitzung füllte die Discussion 
über das Goldscheider’sche Referat (Chirurgie der Rückenmarkskrank¬ 
heiten), wozu die Herren Leyden, Eulenburg und Goldscheiderdas 
Wort nahmen. A. E. 

— Mit dom XIII. Internationalen Congress für Hygiene 
und Demographie, welcher am 1. September d. J. in Budapest statt¬ 
findet, wird eine Ausstellung verbimden werden. Nach dem Wunsche 
dos Ausstellungscomitds, das sich unter dem Vorsitze von Prof. Rubner 
constituirt hat, soll die Ausstellung ein Bild von den Leistungen und 
Fortschritten geben, welche Hygiene und Statistik in ihrem ganzen Um¬ 
fange während der letzten Jahre in Deutschland gemacht haben. Anmel¬ 
dungen zur Ausstellung nehmen Prof. Rubner, Berlin C., Kloster¬ 
strasse 36, und Dr. Th. Weyl, Berlin W., Lützowstrasse 105, entgegen, 
und versenden an Interessenten, welche ihre Bereitwilligkeit zur Beschickung 
der Ausstellung kundgeben, alle auf die Ausstellung bezüglichen Druck¬ 
sachen. Süddeutsche Aussteller können die Anmeldeformulare für 
Budapest auch durch Dr. Spatz, Herausgeber der Münchener medicini¬ 
schen Wochenschrift, München, erhalten. Deutsche Aussteller werden ihre 
Objecte sehr leicht von Budapest nach Wien überführen können, wo sich 
die mit der Naturforscherversammlung verbundene Ausstellung fast un¬ 
mittelbar an die Budapester Veranstaltung anschliesst. Weder in Budapest 
noch Wien wird Platzmiethe erhoben. 

— Stabsarzt Dr. Schjerning ist zum Oberstabsarzt II. Classe be¬ 
fördert und zum Referenten der Medicinalabtheilung des Kriegsministeriums 
ernannt worden. 

— Jena. Die Linnean Society in London hat ihre grosse 
goldene Medaille, die alle zehn Jahre für hervorragende Verdienste im 
Gebiete der biologischen Wissenschaften vergeben wird, dem Professor 
Ernst Haeckel verliehen. 

— Dresden. Der Privatdocent der pathologischen Anatomie an der 
Universität Leipzig Dr. Schm-orl ist zum Prosector am Stadtkranken¬ 
hause in Dresden ernannt. 

— Wien. Die österreichische Regierung hat für die Naturforscher¬ 
versammlung eine Subvention von 10 000 fl. bewilligt, die als Nach- 
tragscredit zum Budget vom Abgeordnetenhause bereits genehmigt wurde. 
Der Bürgermeister der Stadt Wien wird die Theilnehmer der Versamm¬ 
lung für den 27. September zur Besichtigung des Rathhauses einladen. 
In den jüngsten Tagen hat sich ein Damen -Co mit 5 constituirt, welches 
bei dem Arrangement der Feste mitwirken und es sich zur besonderen 
Aufgabe machen wird, den fremden Damen, die in Begleitung ihrer Gatten 
oder als selbstständige Theilnehmer — auch dies ist zulässig — an der 
Versammlung sich betheiligen, in jeder Beziehung an die Hand zu gehen. 

— Prof. Dr. A. Weichselbaum ist zum ordentlichen und der 
praktische Arzt Dr. J. Breuer zum correspondirenden Mitgliede der 
k. k. Akademie der Wissenschaften ernannt. 

— St. Petersburg. Die militär-medicinische Academie beabsichtigt 

die Creirung eines neuen Lehrstuhls für Infectionskrankheiten 
und Bacteriologio und den Bau einer besonderen Klinik mit ca. oü 
Betten für ernsto Infectionskrankheiten. Die neue Kfinik wird 
aus vier von einander getrennten Gebäuden für Masern-, Scharlach-, 
Pocken- und’ Diphtherie-Kranke bestehen. Ein fünftes Gebäude ist für 
die noch zweifelhaften Fälle bestimmt. 

— Wie verlautet, wird die Frage bezüglich der Eröffnung eines 
Instituts zur Ausbildung von Aerztinnen in der Herbstsession 
des Reichsraths zur Berathung gelangen. Der Etat des künftigen 
medicinischen Fraueninstituts ist auf 83000 Rubel jährlich berechnet 
worden. Bis jetzt stehen abor nur 42000 Rubel, welche sich aus der 
versprochenen Subsidie der St. Petersburger Stadtdome (15000 Rubel 
jährlich), den Zinsen von gesammelten und geschenkten Capitalien, den 
versprochenen jährlichen Beiträgen von Privatpersonen zusammensetzen, 
zur Verfügung. Die fehlenden 20000 Rubel beabsichtigt man durch Spenden 
und das Honorar für die Vorlesungen zu decken. Die St. Petersburgei 
Stadtverwaltung wird das Lokal für das Institut unentgeltlich hergeben 
und die städtischen Hospitäler zu den klinischen Beschäftigungen dei 
Zuhörerinnen der Curse einräumen. _ . . 

— Universitäten. Halle a. S. Der ausserordentliche Protesso 
der Anatomie Dr. Disse in Göttingen hat einen Ruf in gleicher Eigen¬ 
schaft an die Universität Hallo erhalten. — Genf. Dr. S. Iveser na 
sich als Privatdocent für Dermatologie habilitirt. — Basel. Der Pnv.-Boc. 
für Bacteriologie und pathologische Anatomie Dr. A. Dübler ist zum a. o. 
Professor ernannt. 


Gedrückt bei Jnlius 8ittenfeld ln Berlin W. 


508 


DigitizejLby 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


JVf M 


14. Juni 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Liclitcustciualleo 3. Potsdamers!-. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


L Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich. 

Die trophischen Functionen des Nerven¬ 
systems. 1 ) 

Von Justus Gaule. 

Es schien eine Zeit lang, als wolle die Physiologie zerfallen 
in eine Anzahl von Einzeldisciplinen, welche die Functionen der 
verschiedenen Organe zum Gegenstand hätten. Dass es daneben 
oder vielmehr darunter einen allgemeinen Lebensprocess gäbe, der 
an den isolirten Organen nicht studirt werden könne, weil er nur 
dem Organismus als. Ganzen eigen ist, darauf hat man sich erst 
in neuester Zeit wieder besonnen. Die dunklen Beziehungen, 
welche einzelne Organe zu anderen haben, wie z. B. die Schild¬ 
drüse zum Nervensystem, die aus keiner Beziehung zu einer Func¬ 
tion sich erklärenden Schwankungen der Wärmebildung, die Phä¬ 
nomene der sogenannten inneren Secretion und manches andere 
haben gerade auf diesem Congress deutlicher als bei irgend einer 
früheren mir bekannten Gelegenheit das Vorhandensein dieses 
mächtigen allgemeinen Lebens Vorgangs in das Gesichtsfeld der 
Physiologen gebracht. Man hat nach einer besonderen Bezeich¬ 
nung für denselben gesucht, und ich will bemerken, dass ich I 
meinestheils an der Benennung desselben als des trophischen ! 

organgs wesentlich deshalb festlialte, weil ich die Continuität j 
zwischen meinen auf die Erforschung derselben gerichteten Experi¬ 
menten und denen der älteren Experimentatoren, von denen ich 
ausgegangen bin, damit ausdrücken will. Wie ist unseren gegen¬ 
wärtigen Vorstellungen entsprechend dieser Vorgang aufzufassen? 
Das lebende Wesen hat als wesentlichstes Charakteristicum, dass 
es die Theile, mit deren Hülfe es sich in der Welt behauptet, 
auch selbst, bildet. Es ist nicht blos eine Maschine, welche fertig- 
gesteHt, mit Hülfe ihrer Theile eine Anzahl von Verrichtungen 
auszuüben imstande ist, sondern das Leben besteht darin, dass 
neben diesen nach aussen wirksamen Verrichtungen auch die 
eile selbst gebildet werden. So geläufig uns dieser Satz auch 
s , so vergessen wir docli in der Regel die Consequenz daraus 
u ziehen, dass eben jeder lebende Organismus fortwährend in der 
* . un £ seiner selbst begriffen ist. Wir vergessen das, weil uns 
wenigstens beim erwachsenen Organismus, beim aus gebildeten 
^ le w * r sa S ei H nichts daran erinnert. Das Gleich- 
v m ^ er bildenden und zerstörenden Vorgänge ist dort ein so 
oukommenes, dass wir leicht zu der Meinung kommen, als voll- 
ene sich das Leben nur so aussen hin als eine Function an einem 
l 0 fJY 0ll £? mmen unverä ndert bleibenden Substrat, nämlich dem 
e ? 4 '^ esen u # n( l seinen Theilen. In der That findet man in 
meisten physiologischen Schriften die Lehre von den Func- 
„i dieser Voraussetzung durchgeführt, und man fühlt 

wainu aZU ^.° me ^ r berechtigt, als bei dem isolirten Organ, 

miiRirT ?' unct 'i on behält, z. B. dem ausgeschnittenen Frösch¬ 
au 6 ’ 81C !j i ^ ac ^ e wenigstens eine kurze Zeit lang auch unge- 
ä k ^ as ausgeschnittene Organ aber besitzt auch die 
minu llctl °ns- und die Erhaltungsfähigkeit nicht mehr, es geht 
zugrunde, und in ihm fehlen daher jene trophischen Vor- 
flpcf * * ort ; wä hrenden Wiedererneuerung, welche das nur dem 
Vortra SmU8 e fo£ eil thümliche Leben darstellen. In meinem 
_ au * der Naturforscherversammlung in Nürnberg habe ich 

national^ 0 . g . ehalten in der physiologischen Section des XI. inter¬ 
nationalen medicmischen Congresses m Rom. 


dieses Verhältnis etwas näher auseinandergesetzt und dort auch 
die Vorstellung entwickelt, wie wir uns die Beeinflussung dieser 
trophischen Vorgänge durch die stetig wirkenden Kräfte der Um¬ 
gebung, in der das lebende Wesen sich befindet und deren Ein¬ 
fluss es unterworfen ist, zu denken haben. Aber nicht ob und 
wie das alles denkbar, sondern ob es wirklich sei, das ist die 
Hauptaufgabe, welche eine experimentelle Wissenschaft zu lösen hat. 
Wie kann man nun nach weisen, dass es thätsächlich einen solchen 
trophischen Grundvorgang des Lebens giebt, dass das lebende Wesen, 
während es lebt, sich fortwährend erneut und bildet und dass 
die scheinbar unveränderte Form, welche wir als das Substrat des 
Lebens ansehen, nichts anders ist als das Product eines exacten 
Gleichgewichts zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften? 
Der vorgezeichnete Weg ist natürlich, dieses Gleichgewicht zu stören. 

Insofern die zerstörenden Kräfte diejenigen sind, mit welchen 
die Aussenwelt auf den Organismus wirkt, sind sie einer Variation 
unsererseits zugänglich, und die haben wir auch schon vielfach 
versucht. Die Variation der Umgebungsbedingungen führt entweder 
zu einem Untergang des lebenden Wesens oder zu dem, was wir 
Anpassung nennen, d. h. zur Herstellung eines neuen Gleich¬ 
gewichts zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften. Dieser 
Vorgang der Anpassung ist gewiss des experimentellen Studiums 
werth, aber er hat sich trotz der grossen Hoffnungen, die an ihn 
namentlich mit Rücksicht auf die Darwinsche Theorie gesetzt 
wurden, als sehr spröde erwiesen. 

Meine eigenen Versuche knüpfen an einen andern Punkt an. 
Das Verhältnis zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften 
wird gewiss geregelt durch das Norvensystem, denn die zerstören¬ 
den Kräfte gohören ja entweder der Aussenwelt an oder werden 
von der Aussenwelt ausgelöst. Die Aufnahme dieser Kräfte der 
Aussenwelt und ihre Uebertragung auf den Kraftwechsel des Or¬ 
ganismus ist aber Aufgabe des Nervensystems. Der Vorgang ist 
ferner jedenfalls ein centralisirter, denn es handelt sich bei ihm 
um das Gesammtleben des Organismus. Man wird also die Be¬ 
herrschung dieses Gleichgewichts zwischen bildenden und zer¬ 
störenden Kräften in das Centralnervensystem zu verlegen haben, 
und wenn es gilt, diese Beherrschung zu zerstören, dann muss es 
sich offenbaren, welche Veränderungen in dem Organismus durch 
das Fehlen der bildenden, oder was dasselbe sagt, durch das Ueber- 
wiegen der zerstörenden Kräfte zustande kommen. 

So einfach nun, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die 
experimentelle Inangriffnahme dieser Function nicht. Davon über¬ 
zeugt ja schon das fundamentalste Experiment, welchjes man in 
dieser Richtung machen kann, nämlich die Zerstörung des Central¬ 
nervensystems. Das bringt den Tod hervor und damit ein Auf¬ 
hören der Lebensvorgänge, aber eine wesentliche, unmittelbar ein¬ 
tretende Veränderung des Organismus, seiner Form und Zusam¬ 
mensetzung producirt es nicht. Sobald eben das Leben erlischt, 
hören in dem Organismus alle jene Umsetzungen auf, die ihn 
reaetionsfäbig, daher leicht angreifbar und zerstörbar machen. Man 
muss also das Leben erhalten, in ungestörtem Gang erhalten und 
doch eine Veränderung des trophischen Apparates herbeiführen. 
Darin liegt die Schwierigkeit. Wäre uns der trophische Apparat 
seiner Einrichtung nach bekannt, dann freilich könnten wir uns 
desselben bedienen, um durch ihn die Bildungsvorgänge zu beein¬ 
flussen, aber diese Einrichtung ist noch so unbekannt, dass ihre 
Existenz erst bewiesen werden muss. Man kann also nur ver¬ 
suchend, tastend Vorgehen. Ich bin, wie bekannt, von den Er¬ 
scheinungen an der Hornhaut ausgegangen, welche nach Durch- 



Qriginal fro-m 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 





510 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24 


schneidung der Nervus trigeminus oder, correcter gesagt, des 
Ganglion Gasseri in der Schädelhöhle auftreten. Dann habe ich 
versucht trophische Veränderungen zu constatiren, welche nach 
Verletzungen von Spinalganglien auftreten. Aber erst mit dem 
Experiment, welches ich im vorigen Jahre auf der Naturforscher¬ 
versammlung in Nürnberg zeigte, nämlich den Veränderungen, 
welche nach Verletzung und Reizung des Ganglion cervicale 
inferius nervi sympathici eintreten, habe ich den Boden für eine 
methodische Erforschung der trophischen Functionen des Nerven¬ 
systems gewonnen. Hier kann sowohl die Verletzung resp. Reizung, 
welche man dem Ganglion zufügt, wie die Veränderung, welche 
daraufhin entsteht, mit den Augen verfolgt werden. Unter den 
Muskeln, welche von dieser Veränderung betroffen werden, befindet 
sich bei geeigneter Ausführung des Experimentes auch der Biceps 
brachii, und diesen Muskel kann man durch einen Hautschnitt, 
bevor man das Ganglion verletzt, blosslegen, betrachten und sich 
überzeugen, dass er unversehrt und normal ist. Die Veränderung 
tritt dann, nachdem man das Experiment ausgeführt hat, unter 
den Augen ein. Hierdurch wird man erst befreit von den quälen¬ 
den Zweifeln, ob wirklich die Veränderung ganz dem Experiment 
zuzuschreiben sei. Gerade diese Veränderung des Biceps ist in¬ 
dessen jüngst von H. E. Hering angez weife! t worden, indem er 
behauptete, ähnliche Veränderungen am Biceps könnten dadurch 
hervorgebracht werden, dass das Kaninchen heftige Contractionen des 
Biceps zeige, wodurch derselbe, weil festgehalten, zerreisse. Ich habe 
auf diese Zweifel eingehend geantwortet und will aus dieser Antwort 
nur hervorheben, was hier allein wichtig ist, dass zwischen den Zer- 
reissungen des Biceps, die man bei entsprechender Anwendung von 
Gewalt ja allerdings hervorbringen kann, und den trophischen Ver¬ 
änderungen ein grosser Unterschied ist. Bei den letzteren zerreissen 
die Muskelfasern zwar auch, aber ohne Anwendung von Gewalt, 
häufig ohne eine Bewegung des Thiers, und weil sie trophisch so ver¬ 
ändert sind, dass sie auch die geringste Spannung nicht ertragen. 

Aus Anlass dieser Entgegnung habe ich dann einen Versuch 
publicirt, welcher den Unterschied zwischen trophisch veränderten 
und gesunden Muskeln anschaulich illustrirt. Ein gesunder Biceps 
zerreisst noch nicht, wenn der Arm durch ein Gewicht von 
5000 Gramm gestreckt wird, weder im Zustand der Ruhe noch 
wenn er gereizt wird und das Gewicht zu heben versucht. Der 
trophisch veränderte Biceps zerreisst schon, wenn unter gleichen 
Bedingungen an ihm ein Gewicht von 500 Gramm zieht, und zwar 
beginnt diese Zerreissung wenige Augenblicke nach der Aus¬ 
führung des Experiments, welches die trophische Veränderung her¬ 
beiführt. Ich glaube, der Sachverhalt kann nunmehr in dem Sinne 
meines Nürnberger Vortrages als festgestellt betrachtet werden: 
die trophische Veränderung ist eine innere Zustandsänderung des 
Muskels, durch die er seine Widerstandskraft einbüsst; die eigent¬ 
liche Zerstörung wird bewirkt durch die äusseren Kräfte. Dass 
bestimmte Eingriffe am Nervensystem eine solche Zustandsänderung 
in den Organen, und zwar in sehr kurzer Zeit herbeiführen, ist 
gewissemaassen der erste bis dahin gewonnene Satz von der Lehre 
der trophischen Functionen des Nervensystems. 

Ich habe nun versucht, diese Lehre weiter auszubauen* indem 
ich die Art dieser Zustandsänderung und wie sie durch das Nerven¬ 
system veranlasst wird, näher untersuchte. Für diese Untersuchung 
war es mir wünschenswert!], nicht blos auf die Bicepsveränderungen 
beschränkt zu sein. Denn gerade am Biceps ist der eigentlich 
trophische Vorgang für die fernere Untersuchung gar nicht so 
deutlich, aus dem scheinbar paradoxen Grunde, weil er für die 
srrobe Wahrnehmung dort so sehr deutlich ist. Aber diese grobe 
Deutlichkeit verdankt der Biceps dem Umstande, dass auf ihn er¬ 
hebliche Spannungen wirken, dass also die verminderte Widerstands¬ 
kraft sich in eine grobe Zerstörung umsetzt, und der Umfang 
dieser Zerstörungsvorgänge verdeckt zum Theil die eigentlichen 
ursprünglichen Veränderungen. Ich habe nun schon früher darauf 
aufmerksam gemacht, dass häufig gleichzeitig mit den Biceps- (und 
Psoas-) Veränderungen, manchmal auch ohne gleichzeitige Biceps¬ 
veränderungen zerstreute kleine Veränderungen in verschiedenen 
Muskelgruppen, ira Triceps, in den Schultermuskeln, in den Brust- 
und Bauchmuskeln, in den Muskeln der Hinterbeine, dann im 
Hautmuskel sich finden. Von diesen eignen sich namentlich die¬ 
jenigen des Hautmuskels, sowie die einiger anderen flachen und 
dünnen Muskeln, wie des Randtheils des Latissimus dorsi, des 
Cucullaris, wegen ihrer Kleinheit und Uebersichtlichkeit zu einer 
Untersuchung. Hier steht man zwar zunächst diesen Veränderungen 
auch wieder skeptisch gegenüber. Da sie zerstreut und an uner¬ 
warteten Stellen auftreten, so kann man nicht vorher den Muskel 
durch einen Hautschnitt entblössen und sich überzeugen, dass er 
unversehrt ist. Hier kann sich also wieder der Zweifel erheben: 
ist die Veränderung wirklich Folge des Experiments, ist sie nicht 
schon vorher dagewesen? Allein die einmalige Besiegung dieses 
Zweifels beim Biceps führt zu seiner dauernden Ueberwindung. 


Schon makroskopisch können die Veränderungen mit denen des 
Biceps verglichen werden. Zeigen sie denselben Charakter der 
Frische, der Blutung u. s. w., so müssen sie gleichzeitig mit denen 
des letzteren entstanden sein, und sieht man die letzteren nach dem 
Experiment entstehen, so ist damit auch der Entstehungsmoment 
der ersteren fixirt. Noch mehr muss die mikroskopische Unter¬ 
suchung Aufschluss geben. Findet man in ihnen dieselben Ver¬ 
änderungen der Muskelfasern wie im Biceps und hat man im 
letzteren die Entstehung der Veränderung verfolgt, so kann man 
getrost annehmen, dass der ungesehene Vorgang in den übrigen 
Muskeln sich ganz parallel mit dem gesehenen abspielte. Ja sogar 
in den Fällen, wo diese Veränderungen makroskopisch und mikro¬ 
skopisch einen etwas anderen Charakter tragen wie die im Biceps, 
und dieser Fall ist nicht selten, wie ich später zeigen werde, lässt 
sich doch ihre Chronologie auf diese Weise feststellen. 

Diese Veränderungen enthalten nämlich immer gewisse Ele¬ 
mente, wie sie gerade auch im veränderten Biceps Vorkommen, und 
für diese muss man somit die gleiche Entstehungszeit und Ursache 
wie für die Bicepsveränderung annehmen. Diese Elemente zeigen 
nun aber die einfachsten, die Initialstadien der ganzen Veränderung, 
alles übrige greift an den schon so veränderten Muskelfasern an, 
muss also später entstanden sein, und "wenn demnach für diese 
Elemente der Moment der Entstehung fixirt ist, so ist er es auch 
für den ganzen Process. 

Somit ist der weitere Fortschritt gewonnen, dass man für eme 
Reihe von Befunden, deren Entstehung man nicht direkt verfolgen 
kann, welche erst die Section aufdeckt, den zeitlichen Zusammen¬ 
hang mit dem Experiment wenigstens sicher feststellen kann. V ie 
verhält es sich nun mit dem causalen Zusammenhang? Wie kann 
das Abschneiden eines Nervenastes am Ganglion oder ein elektri¬ 
scher Reiz desselben diese Veränderungen hervorrufen? Als ern 
Nachlassen der Beherrschung der inneren Kraftentwickelung und 
damit ein Zukurzkommen gegenüber der äusseren Kraftwirkuug 
habe ich es in meinem Nürnberger Vortrag bezeichnet. Das ist 
gewiss richtig als eine allgemeinste Definition, und es genügt, um 
uns an eino trophische Function des Nervensystems glauben zu 
machen. Aber es genügt noch nicht, um diese Function zu ver¬ 
stehen, und dieser Aufgabe müssen wir uns jetzt annähern. Ich 
habe zunächst einige Experimente angestellt, die von den Möglich¬ 
keiten, welche sich dem Geist darbieten, ein paar ausschliessen. 

Man stellt sich zunächst vor, dass eine solche Störung be¬ 
ruhe auf einer Aufhebung des Gleichgewichts zwischen Blut- 
circulation und Nerveneinfluss. Um diese Vorstellung zu piüfen, 
habe ich an einem Vorderbein oberhalb der Clavicula den Plexus 
brachialis aufgesucht und sämmtliche Aeste desselben durchtrennt, 
während Arteria und Vena subclavia geschont wurden. Das be¬ 
wirkte nun keine Veränderung am Biceps, auch dann nicht, wenn 
der Biceps passiv (bei Bewegungen der Schulter) oder activ (bei 
Reizung der peripheren Enden der Plexusäste) gespannt wurde. 
Das war ja nach meinen früheren Experimenten auch nicht anders 
zu erwarten. Nun aber habe ich darauf das Experiment am 
Ganglion folgen lassen. Wenn dieses Experiment etwa dadurch wirk¬ 
sam gewesen wäre, dass es 1) die Gefässnerven des Armes lähm e, 
oder 2) dass es die Herzthätigkeit. plötzlich steigerte oder durch die 
Combination von 1 und 2, oder 8) dadurch, dass es gewisse Atolle 
dem Blut zuführte, und durch das Blut den Muskeln, welche durc 
Nerveneinfluss zerstört werden müssen, so hätte es jetzt leichter 
Gelegenheit gehabt, Veränderungen am Biceps hervorzurufen, denn 
alle drei Möglichkeiten wurden durch die Durchtrennung der Plexus¬ 
äste erleichtert. Es rief aber keine Veränderungen am Biceps her¬ 
vor, folglich handelt es sich nicht um diese Möglichkeiten. 

Nun habe ich in weiteren Experimenten die Blutzufuhr zu 
dem Vorderbein beeinflusst, indem ich das eine mal die Arteria 
subclavia, das andere mal die Vena subclavia unterband, beide ^ 6 
oberhalb der Clavicula unter sorgfältiger Schonung aller Aeste es 
Plexus brachialis. Das Vorderbein litt also das eine mal. un 
Blutüberfüllung, das andere mal unter Blutleere. Das hatte 
sich keine Veränderungen zur Folge. Nun liess ich bald dar 
das Experiment am Ganglion folgen, ich hatte dasselbe schon vo - 
her blossgelegt, um nicht bei längerdauernder Unterbrechung der 
Circulation ein Absterben des Muskels und der Nerven im Arm 
zu haben. Hätten nun die Veränderungen darauf beruht, dass 
1) die Blutmenge, welche durch den Arm fliesst, im Verhältmss zu 
dem Einfluss der Nerven zu gross oder zu gering sei, oder &) das 
durch das Experiment Stoffe gebildet würden, welche dem Arm 
durch den Nerv zugeführt und durch das Blut nicht rase 
genug fortgeschaft würden, so hätten die Veränderungen bei diesen 
Experimenten vorzugsweise leicht eintreten müssen, kio tra en 
aber gar nicht ein. Damit sind die Möglichkeiten, welehe sm 
aus einer allgemeinen Beziehung zwischen Nerveneinfluss und D u 
circulation ergeben, ausgeschlossen. (Schluss folgt.) 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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Lindner & Offterdinger’s 

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-I nicht verlieren und daher auch im Tragen niemals 

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oiw3 da zur ^ erst - e ^ung derselben nur die beste und feinste Kammgarnwolle 
y von ganz besonderer Drehung benützt wird. Die Haltbarkeit ist min¬ 
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• teil ö«ea »’ft : fe‘inr: Riederiage iiirecter Versandt gegen; Nkehnahme 
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Für ßeutechlättd: öürch <K? Fabrikanten Undner & OWonfinger, franifUrt ->•* 
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Lehrbuch 


• : »Ö. ‘fiüiniÄj:; 


vMt dßü Kritik tivpimept Lebrbyröi. fei das- vm$$f 

v^l^rrr [»türffil; nämlich /? tut solch* Aentc, die och zü S;.,-d;:Lrön fVir OlLtrfe aushihbi 
al'&F 0ßäfc$> •$>? sich In ihrer .-prtöis von der :gross.t?ff Häufigkeit • tmd - "Wichtigkeit, OterikcHnkJaeit^h 

mW$%& dessen den W&«sä haben, sich imch auf diesem Gebiete wenigsten» mhi^.Kftnrtf: 
$?>% ätf ««eignen b^iehmi^swiso bei geeigneten Fällen die betretenden häch^ute«^. ,^} 

f^ß'&ttäpnxtin, dfcv.cfen ' )t>feriiii\yertil^' Eifer-.teibren. stdvöiif der Ünivdrsikt-'rud^.i mr in 
^ Kehr^isse m erwerbe«, \ytlche im .ExArnen s geprüft;.Briten. fech den boteits r^riiegeaden l5e^«Bbtin|S^»t 
™»d die Lektüre j&h I^brbtichs. ätüf Welches . 'wir die rAkf^ärk^inf 

• j'l#keii : itiich fux den #ollkcinim^n vUtsg#ikieteiT t?nd 

von erheblichem>tmd Jntöresse sei«, - Als.beste. Empfang wefctim $*<* 

ftyrlketfi .>."■■<• r<>j : \ giiWtf+gtn /?*,:< • ! xü>nr>< m der m^HeimscW.« Presse - ».•»• und Aaslandes dbenmo 
..denen, ndr n^eh^uhend einige folge« Läsen. - - -. ' 1 ' * ' 

»anaHaciiflH für Ohrenheitkutttfe <893, Wo. 12 A<>:\: *&t«i«tf. tootani «eitülv *><x*i .Je« Rs^*?r ~joe> Ltowi&s : »♦ 

K^Ue/'.fbTitiji: .. - |s!ri^f»clte-.' Äks«:.«? ;a^/^eheu% -teitt&tf«. »& 

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. Vw£ widern #5 N l l-'.ui»UiUitigt?u ile? iitfihtr 

W vbhlfirt 4^r%i »'^cn At^sclitiille, -wc-U'ht 

••♦k b r ’!^tiub<jißs 1 . sv'^ac vUi'i .'•C;lV^<?si^toJ'A 

v ; 'Ktew^Atvfr-ttns öl»»’«. u'ftJ *öi*. 

• iWiTfeirt,. biWeit - j>;ü Ir.jj.,»! ,’fei bitten WgwtüW 
.aht^Ä :»ä Utvt^/ f - j^pncJab' ^:;fertti^clA?;-. I 

r^i^rnßVbiri^^v wajr^nf «Wlert j 

2ttr -bew:l^iuW<-, w^ftte>bv IIM A^.-.j 

• lobrkitig&i •••♦•tjüet j^'-'.few«!5)si«l>K. f . 

tiniWftj -tOJriwBüi^rClir 

K* b^ca, \*a\V#l ^’ANeui i> t*-Abz 

‘.'S. - ■• , *^»/«bi»tn»Mt«'*..fiiiI''* jrthf ’' 


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iVc mOi»A U \hvi4jehü^^' jiSf\i( -, U*» ukH^i!^^l>fcv^tf|^ü_v_g|, ^ y % . 
•i».V^M>stlfe oi an pjvhkliiiyv • (hi in\ugW'>Xn .; 


|HIBHRi|MHMH[^ &roy<$u&.ifr 

nüHUi«? ;S4 *0^rC‘-v ’ 

^>tc v b^> a t»c je pXbfer ^btrrA- ^ " ,v " 
wVcofi>jicci»*Mi &c.Aa->'ii»SÄ{^-■^ ... ... „., 

u 'qDVuj -fapctrlaat .fio- tav^ {>'At ,;« .: t; 




Htmales des maladies de röreiMe« du laryn*» öt* 
nez et du pfrarx*»* lßS4, «»< 2* • ’••;• :'• 

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14. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


II. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Geh. 
Rath Prof. Dr. v. Bardeleben und des Herrn Oberstabs¬ 
arzt Prof. Dr. R. Köhler im CharitAKrankenhause. 

Zwei Fälle von Gehirnverletzung. 

Von Stabsarzt Herhold. 

Seitdem der Chirurg in der Lage ist, die von ihm gesetzten 
Wunden vor Infection zu schützen, und seit Bergmann’s classischen 
Arbeiten über die Kopfverletzungen und die chirurgische Behand¬ 
lung der Hirnkrankheiten sind Resectionen des Schädeldaches zahl¬ 
reich ausgeführt und veröffentlicht worden. Man braucht nur die 
fleissige Arbeit von Wiesmann 1 ) durchzusehen, um sich zu über¬ 
zeugen, dass die Trepanation nicht mehr zu den seltenen Operationen 
gehört. Wenn ich trotzdem zwei Fälle von Trepanation zur Ver¬ 
öffentlichung bringe, so geschieht das in dem Glauben, dass jeder 
Beitrag, den die Chirurgie gelegentlich ihrer Eingriffe am Gehirn 
des Menschen zur bis jetzt immer noch nicht ganz geklärten Streit¬ 
frage einzelner Hirnfunctionen bringen kann, von einem gewissen 
Interesse sein dürfte. 

Fall 1.*) Der Kranke, der 24jährige Tischler Sch., erhielt in der 
Nacht vom 13. bis 14. September 1893 einen Schlag auf den Kopf — ob 
mit einem Stock oder einem anderen Gegenstand, vermag er nicht anzu¬ 
geben. Er brach sofort zusammen, ohne das Bewusstsein zu verlieren, 
und konnte etwa nach Verlauf von zwei Minuten nach Hause gehen. Am 
anderen Morgen (14. September) wurde er durch einen Arzt verbunden, 
am zweiten Tage nach der Verletzung (15. September) musste der Ver¬ 
band erneuert werden. Am Nachmittag dieses Tages trat plötzlich eine 
auffallende Schwäche im linken Arm und Bein auf, die sich innerhalb 
weniger Stunden zur Unmöglichkeit, die genannten Glieder zu bewegen, 
steigerte. 36 Stunden waren ungefähr nach der Verletzung bis zum Ein¬ 
tritt der Lähmung verflossen. Am 16. September suchte der Kranke die 
Charite auf. 

Bei seiner Aufnahme auf die chirurgische Abtheilung des Herrn 
Oberstabsarzt Prof. Dr. R. Köhler hatte der etwas blass aussehende Mann 
eine 1 cm lange, von hinten nach vorn verlaufende Kopfwunde in der 
rechten Stimbeingegend, und zwar etwa 1 cm nach vom und 1 cm nach 
rechts von der Mitte der Sutura coronaria. 

Die Wunde klaffte etwa 1; 9 cm, in ihrer Umgebung waron die Haare 
rasirt. Die Untersuchung mit dem Finger ergab, dass Galea und Periost 
durchtrennt waren, im Stirnbein war an der betreffenden Stelle ein De- 
fect von nicht ganz Erbsengrösse, aus dem Defcct quoll eine röthlich-gelbe 
Masse, welche für Gehimsubstanz gehalten wurde. Gelöste oder fest¬ 
sitzende Knochensplitter waren nirgends zu fühlen. 

Lungen und Herz des Patienten waren ebenso wie die Abdominal¬ 
organe gesund. Im Urin war weder Zucker nocli Eiweiss. Das Sensorium 
des Kranken war frei, Antworten wurden auf Fragen schnell und sicher 
gegeben. 

Die Pupillen waren beide mittel weit und reagirten gut. Im Ge¬ 
sicht waren Lähmungserscheinungen nicht vorhanden. Der Augenliintcr- 
grund war beiderseits normal. 

Der linke Arm hing schlaff zur Seite, die Finger standen 
in leichter Beugestellung; weder Arm noch die Finger konnten 
von dem Patienten bewegt werden. Ebenso wenig konnte die linke 
untere Extremität in irgend einer Weise activ bewegt werden. 
Passive Bewegungen waren an den betreffenden oberen und unteren 
Gliedmaassen frei, doch bestand eine Muskelspannung, die deutlich 
beim plötzlichen Beugen nachzuweisen war. 

Patellar- und Tricepsreflex linkerseits etwas gesteigert, Fusssohlen-, 
Bauchdecken- und Cremasterreflex links etwas abgeschwächt. Links 
Fussklonus. 

Sensibilität an der linken oberen und unteren Extremität sowie 
an der linken Rumpfhälfte gestört, insofern als Nadelstiche von Be¬ 
rührungen der Haut mit dem Nadelknopf nicht sicher unterschieden 
werden, stumpfe Berührungen werden meist für Nadelstiche 
gehalten. 

An der rechten Körperhälfte keine Lähmungen, Sensibilitäts¬ 
störungen etc. Fieber hatte der Kranke nicht. 

An dem Abend, an dem der Kranke aufgenommen war, wurde die Um¬ 
gebung der Wunde rasirt und desinficirt; da Knochensplitter nirgends ge¬ 
fühlt wurden und auch sonst eine Indication zu einem chirurgischen Ein¬ 
griffe zunächst nicht vorhanden war, legten wir einen Verband aus 
Jodoformgaze mit darüber folgenden weissen Compressen an. 

18. September. Höchste Temperatur 38,2, keine Aenderung, keine 
besonderen Schmerzen. 

19. September. Höchste Temperatur 38,4, sonst wie Tags vorher. 

20. September. Der Kranke klagt über Stirnkopfschmerz und hat 
Abends vorher — fünf Tage nach der Verletzung — plötzlich Krämpfe 
im gelähmten Arm und Bein bekommen, das Bewusstsein blieb dabei er¬ 
halten, doch trat Brustbeklemmung und Herzklopfen auf. Am Morgen 
des 20. September stellten sich wiederum zwei Krampfanfälle ein. Es 
waren langsame klonische Zuckungen im linken Arm und Bein von grossem 
Ausschlag, sie dauerten etwa fünf Minuten, die Pupillen erschienen dabei 


0 Ueber die modernen Indicationen zur Trepanation. Deutsche Zeit¬ 
schrift für Chirurgie 1885, S. 1. 

a ) Der Fall ist in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin am 
<£o. Januar 1894 vorgestellt. 


511 


etwas erweitert, der Puls war unregelmässig, der Kranke nicht bewusstlos 
Da nunmehr ein chirurgischer Eingriff indicirt erschien, wurde in ruhiger 
Bromaethyl-Chloroformnarkose an der Stelle der Kopfverletzung die Haut 
m senkrechter und querer Richtung in einer Ausdehnung von etwa 6 cm 
gespalten und das Periost rings um den etwa erbsengrossen Knochendefect 
zurückgeschoben. Mit dem Meissei wurde der Defect im Knochen bis auf 
etwa Zehnpfennigstückgrösse erweitert. Nunmehr sah man unmittelbar 
auf der von der Dura entblössten Gehirnoberfläche mehrere Knochensplitter 
liegen, von denen ich im ganzen vier mit der Komzange entfernte. Die 
Knochensplitter waren etwa 1 cm lang und sehr dünn. Da nach anti¬ 
septischer Abspülung des Operationsgebietes nirgends Fremdkörper mehr 
zu sehen, noch zu fühlen waren, wurde der Verband angelegt. 

21. September. Morgens 10 Uhr — etwa 17 Stunden nach der 
Operation — konnte der Kranke zuerst den linken Zeigefinger, dann die 
übrigen Finger und zuletzt den ganzen linken Arm bewegen. Linkes 
Bein gelähmt. Höchste Temperatur 38,2. Ein Krampfanfall ist nicht 
wieder eingetreten. 

22. September wie am 21. September; am 23. September keine 
Temperatursteigerung mehr. 

25. September. Arm kann vollkommen erhoben werden. Anfangs¬ 
bewegungen im linken Bein — fünf Tage nach der Operation — Schleifen 
des Unterschenkels auf der Bettunterlage. Pupillendifferenz ist ver¬ 
schwunden. Sehnenreflexe an den unteren Gliedmaassen noch deutlicher 
als früher gesteigert, Hautreflexe beiderseits gleich; Dorsalklonus am 
linken Fusse immer noch leicht hervorzurufen. Sensibilität: linkerseits 
etwas herabgesetzt. 

27. September. Erster Verbandwechsel. In der Tiefe gute Gra¬ 
nulationen, auf ihnen liegt lose ein kloines, einige Millimeter breites, 7a cm 
langes Knochenbälkchen, es lässt sich leicht entfernen. 

8. October. Patient ist ausser Bett — 18 Tage nach der Trepanation 
— Sehnenrefloxe etc. wie früher; Fuss- und Patellarklonus links. Sensi¬ 
bilität links etwas herabgesetzt. 

19. October, Gutes Aussehen der Wunde. Kraft der Arme und 
Beine an beiden Seiten gleich, Sehnenreflexe, Hautreflexe, Sensibilitäts¬ 
verhältnisse auf beiden Körperseiten gleich. Fussklonus links nur noch 
angedeutet. Patellarklonus nicht mehr vorhanden. 

11. November. Wunde fast verheilt. Linker Arm und linkes Bein 
dieselbe Kraft wie rechts. Kein Fussklonus mehr. Sensibilitäts- und 
Reflexerscheinung beiderseits gleich. Patient wird entlassen. 

Der Kranke stellte sich dann noch einige male vor; am 1. December 
war die Wunde am Kopfe vernarbt, in der Mitte der Narbe fühlt man 
deutlich den Knochendefect in einer Ausdehnung von etwa Fünfpfennig¬ 
stückgrösse, der sich daher wohl etwas verkleinert, aber nicht durch 
Knochenbildung wieder geschlossen hat. 

Es handelte sich in dem vorliegenden Falle um einen com- 
plicirten Splitterbruch dos knöchernen Schädeldaches, der mit 
Kranklieitserscheinungen des Gehirns einherging. Von einer pri¬ 
mären Trepanation wurde Abstand genommen, weil die kleine 
Wunde im Schädeldach glatt war — Knochensplitter wurden nicht 
gefühlt — und weil, dem Sitze der Verletzung und der erst nach 
36 Stunden eingetretenen Lähmung nach zu urtheilen, eine Blutung 
aus einem grösseren Blutgefäss, welche die Unterbindung des¬ 
selben nothwendig machte, ausgeschlossen werden konnte. Auch 
die klinischen Erscheinungen — Lähmung des linken A^rines und 
Beines — gaben zunächst keine Veranlassung zur Trepanation, da 
der Gedanke an eine lokale Gehirncompression durch einen Blut¬ 
erguss am nächsten lag und da sich bekanntlich derartige Blut¬ 
ergüsse, wenn sie nicht zu gross sind, resorbiren, ohne nachtheilige 
Folgen zu hinterlassen. 

Nach einer statistischen Zusammenstellung von Bluhm 1 ) 
geben die primären Trepanationen bei Kopfverletzungen die un¬ 
günstigsten Erfolge, die secundären bedeutend bessere, die Spät¬ 
trepanationen verhältnissmässig gute. 

Als sich in den nächsten Tagen die Lähmungserscheinungen 
nicht allein nicht besserten, sondern sogar zu der Lähmung perio¬ 
disch wiederkehrende Krämpfe hinzutraten, welche auf eine Steige¬ 
rung der Erkrankung des Gehirns hinwiesen, wurde die Trepa¬ 
nation ausgeführt. Statt eines Blutcoagulums, das man erwartet 
hatte, fanden sich vier Knochensplitter und eine Eiterung an der 
unter dem Knochendefect gelegenen Gehirnpartie. Diese Gehirn¬ 
partie war die oberste Frontal Windung, wie aus der Abbildung 
Fig. 1 (S. 512) hervorgeht, in welcher die Roland’sche Furche nach 
der von Bennet und Godlee angewandten Methode 2 ) bestimmt ist. 
Später wurde dem Patienten auch die nach derselben Methode von 
Prof. A. Köhler 3 ) construirte Drahtkappo aufgesetzt und fest- 
gestellt, dass die Verletzung etwa 7 cm vor der Roland’schen 
Furche lag. 

Wenn trotzdem die klinischen Erscheinungen auf ein Ergriffen¬ 
sein der Centralwindungen hindeuteten, so lässt sich in dem vor¬ 
liegenden Falle das dadurch erklären, dass wahrscheinlich die in 


l ) Archiv für Chirurgie 1876 XEX, S. 506. 

*) Albert Köhler, Ueber dio Methoden, die Lage und Richtung 
der Hirnwindungen und -Furchen an der Aussenflächo des Kopfos zu 
bestimmen. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie XXXII, S. 568. 

3) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. XXXII, 


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•suirk»^ t-oK^uofr. »tnd »‘e ^ptilnfi ^M-kutsum jvn:li isefru hkiat n*. 

Art T»frnki'hdormt .myrthüi'undi- KjV’»’ht'n?piiUür enltok wt-lch»» 
F'üct uuil Ki»»joUnir,i]'dt-nj iji&vu i)Jo l»imi s dm utut in einer 
An.sdrvlMtim^ vöh iijior pt^Miwrk’KtrtL'kVi*^ 0 kdltjg, pulskte. und z*>kfe 
id:s :juf' i m t* l\v h yi.tH’JJUttdvlkopfgrop?.»^- von tO&efti ffuörüi Kiicn^frty^^p.Uit.t.r 
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nuiV» juifJiiit ai nodi dt«* ilnutwümlc «Jurrlj. »4n.ii/n NiUdo T^rklfinert 
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Aliiskri^nk Vofsd»wim;i!-u. i ne moFmstihe Sr.lnvivdb.ft'-. ilön reßtov Arm? 
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Heiim-.-mrunt imi.fi!> idtirv 
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tmd der. Jciui»! !iorv.‘V//iti*riapn'd»^ fuHjdiiüiiits. WrMiu frei dma 
Kranken nnr i/ering Turlmmjeu m tumik sinfr »luru nf sfui- 

»rertHi, (jarm nfrmliiiik'l) wieder v»u>;i*liw«‘imkui, wonleu Ori V'r- 
defemi^O'i oiirr K»K**a7iJv»iM5ir,t[ »i< y (Jubam- li/itiU» li«ebai'litf't. nin! 
werden' nU ome nfryfriiia^de mu-rntjläi’o Ifr-mnuu-nitioii mor.ori>-«'diof : 
NurVonfrisern ^'VdiwileL 

Fall .2. Dir i'SjMittJ/»' Fnui JA mhk’ii. am 3. jifjire 1MH vj»n ihrem.. 
Jiamt liUiu*iTiU’ks »dmn S»-]ifr>;i mi( »-iotnu Kinn^rv' k a,»f cfr.m Kejm m- 
(\>l£*o d»•*«<•• n sm •l.*Wm ! fd;l‘>K '7.i.»5»\rtu»e.nbra<d<-. Ais s»v h,.rji e.hVu 20 Mk 
mtUfti m Itdcr /.u ä>!i kmo. vcrsninte §iu auvrcfrlfeb Zi'tekuit^r.u ,im r^ntou. 
Arm und fuefrt^ lidfri.. widÄe fri iva » ino'"MinnU »Wcriko. %• Wikdo. 
hierauf mx Cimrit^ aiif diTiKJiftiU d^B^rn U^t^^jöi V. BTtrdtvFaiien. 

^olwaeijr.. 

bei -der tolkihme: In der .Alihn »Ttir frßken Sri»»d.i [ge^nud 
>ub mtm am Ki.rfre dev i»!ussi>u Fcuv «Onv- 'Wiunfr. weicfrF (fro- 
)*iw X y.wgUi uüd bia umf -den KeWt?an die Wemhtiafrle ffrm*-iinv;:t-v 
babUc Jeder Sein:ük»d des X W;u otwa 2 rm lang; d.T m du; Wuj.Ht» 
enigefübiif 1 - Finger dtlhltn eino -Ücsfw •■ •linocbnmj. : -«0h"wfiV 
Klioclwnrämfr'r. '0ia Kranke, war nicht bewn^.lto«, die J ‘tijOUnn reagu-i«ü 
und waren miUidweii. im Ornnda waren Linmim\^W'4i:iktini(b^^ mebl 
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Arm lag «diinir vmr Sofr.o und koumo tum für mim» ^Wundo e».w n Innui- 
b-icb mlmlnyi werden, fiel dr.jm sofort, nrtfdi dem Frludimi wimbnvlmm 

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Iri di»asoui •zwudbfiii ^nlle - haiKluif a 

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14. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


dem Innern der Schädelhöhle. Später wurde auch diesmal der 
Kranken der Köhler’sche Cranieneephalometer aufgelegt und nach¬ 
gewiesen (siehe Fig. 2), dass der hintere Bruehrand des be¬ 
treffenden Scheitelbeins bis an die Roland’sche Furche ging und 
durch die Verletzung das vordere Cenfcralläppchen betroffen sein 
musste. Dem mehr lateralen Sitze des Knocliendofocts entsprechend 
musste am meisten das Armcentrum getroffen sein, dieses wurde 
durch die Krankheitssymptome bestätigt, da das rechte Bein sehr 
bald seine volle Kraft wieder erhielt, während der Arm erst nach 
einer gewissen Zeit gebrauchsfähig wurde. Dieses letztere Mo¬ 
ment weist auch darauf hin, dass es sich im Bereich des Arm¬ 
centrums nicht blos um eine vorübergehende Gehirncompression 
sondern um eine damit verbundene Contusion der Gehirnmasse ge¬ 
handelt hat. b 

Die primäre Trepanation war sowohl wegen der sicht- und 
fühlbaron Knochensplitter, als auch wegen der Lähmung der 
Extremitäten indicirt, welche letztere als eine Folge der lokalen 
Gehirncompression durch das niedergedrückte Knochenstück ange- 
sehon werden musste. Der allgemeine Gehirndruck hatte sich trotz 
des ziemlich grossen niedergedrückten Knochenstücks ziemlich 
schnell wieder ausgeglichen — nur etwa 20 Minuten war die 
Kranke nach Aussagen der Augenzeugen nach der Verletzung be¬ 
wusstlos gewesen. 

Dass in dem zweiten Falle ausser Motilitäts- auch Störungen 
des Berührungs-, Tast-, Temperaturgefühls und des Muskelsinns 
vorhanden waren, weist, wie im Falle 2, wieder darauf hin, dass 
die Centralläppchenregion nicht allein die motorische Zone des 
Gehirns darstellt, sondern dass hier — wie es Munk 1 ) nannte — 
auch eine Fühlsphäre vorhanden sein muss. 

Nachtrag zu Fall 2. Am 18. April: Dio Patientin hat sich 
wider Erwarten sehr erholt. Die Infiltration der linken Lunge ist 
zum Theil zurückgegangen. Dio Kranke ist jetzt — 6 Wochen 
nach der Verletzung — den Tag über ausser Bett, der rechte 
Arm hat fast ganz dieselbe Kraft, wie der linke. 


III. Aus dem hygienischen Institut der Universität Bonn. 

Zur Aetiologie und Diagnose der Influenza. 

Von Dr. W. Kruse, Privatdocenten und Assistenten des 
Instituts. 

Nachdem die bacteriologische Forschung, betreffend dio Aetio¬ 
logie der Influenza zur Zeit der grossen Epidemie von 1889/90 
nur negativo Ergebnisse zu Tage gefördert hatte, machte 
R. Pfeiffer 2 ) im Anfang des Jahres 1892 die Mittheilung, dass 
sich im Bronchialsecret Influenzakranker regelmässig, nie dagegen 
im Blut, derselben ein ausserordentlich kleiner Mikroorganismus 
von bacillärer Form vorfände, dessen Züchtung grosse Schwierig¬ 
keiten bereitete. Erst nach längeren Versuchen gelang es dem¬ 
selben Autor 3 ) einen günstigen Nährboden zu finden: auf Agar¬ 
flächen, die mit frischem Blut verrieben waren, konnten die 
Influonzabacillen beliebig lange fortgezüchtet werden. 

Seine Angaben hielt Pfeiffer auch den abweichenden Dar¬ 
stellungen von* Kitasato 4 ), Canon 5 ), Bruschettini 0 ) und 
A. Pfuhl 7 ) gegenüber aufrecht. Die erste Bestätigung der 
Pfeiffer’schen Aufstellungen erfolgte durch Weichselbaum 8 ), 
der bei fünf Sectionen von Influenzapneumonieen die beschriebenen 
Bacillen, und zwar fast immer in Reincultur nachweisen konnte, 
pi I^hl 9 ) gelangte weiterhin zu Resultaten, die insofern mit den 
j feiffer’schen Befunden liarmonirten, als er in Leichentheilen von 
Individuen, die an Influenza gelitten hatten, Bacillen mit ähnlichen 

^ Munk, Functionen der Grosshirnrinde 1890, S. 32. 

) R. Pfeiffer. Vorläufige Mittheilimgen über die Erreger der In¬ 
fluenza. Diese Wochenschr. 1892, No. 2. 

\ R- Pfeiffer und Beck, Weitere Mittlieilungen über den Er¬ 
reger der Influenza. Ebenda 1892, No. 21; und Pfoiffer, Die Aotiologie 
der Influenza. Zeitscbr. f. Hygiene XIII, S. 357. 

n . ) Kitasato, Ueber den Influeuzabacillus und sein Culturverfahron. 
Iheso Wochenschr. 1892, No. 2. 

) Canon, Ueber einen Mikroorganismus im Blute von Influenza- 
ranken und Ueber Züchtung des Influenzabacillus aus dem Blute der 
iiüluenzalo-anken. Diese Wochenschr. 1892, No. 2 und 3. Ferner 
t! 16 I^ueazabacillen im lebenden Blute. Virchow’s Archiv, 
131. Bd., S. 401. 

p ur ^ Rruschottini, Ricerche bacteriologiche sulTinfluenza uudweitcro 
1 ubücationen. Riforma medica 1892, No. 23, 66, 141; 1893, No. 141 u. s. w. 

yt Beitrag zur Aetiologie der Influenza. Centralbl. f. Bact. 

aj, No. 13. 

t, . Weichselbaum, Beitrag zur Aetiologie und pathologischen Ana¬ 
tomie der Influenza. Wien. klin. Wochenschr. 1892, No. 32 u. 33. 

. r * i Bacteriologischer Befund bei schweren Erkrankungen 

isao'wnn 176118 ^ 131118 ,m Verlauf von Influenza. Berl. klin. Wochenschr. 
1892, No. 39 u. 40. 


513 

morphologischen und culturellon Eigenschaften eoustetirte: freilich 
lagen dieselben nach Pfuhl wesentlich iu dcu Blutgefässen be¬ 
sonders des Hirns und seiner Häute, in denen Pfoiffer sie nie- 
mals gefunden hatte. Auch Canon gab in einer späteren Mit¬ 
theilung zu, dass die culturellon Eigenschaften der Influenzabacillen 
den Angaben ihres Entdeckers entsprächen, bestand trotzdem aber 
darauf, dass sie, wie er ursprünglich behauptete, im Blute der 
Kranken, und zwar manchmal recht reichlich, vorkämen Neuer¬ 
dings haben Huber 1 ), Albu 2 ), Bäumler 3 ), E. Neisser 4 ) 
Borchardt 5 ), Chiari 6 ), Pribram 7 ) in den durch die Epidemie 
des letzten Winters gelieferten Influenzafällen mehr oder weniger 
constant die Pfeif fer’schen Bacterien gefunden. Ich selbst 
konnte dieselben zuerst in einem für die klinische Diagnose 
zweifelhaften Falle in Breslau (November 1893) mikroskopisch aber 
auch nur in geringer Menge im Sputum constatiren. Durch dio 
Freundlichkeit Prof. Finkler’s habe ich hier in Bonn Gelegenheit 
gehabt, die im Friedrich-Wilhelmsstift vorkommenden Influenza¬ 
erkrankungen und ausserdem eine grosse Anzahl anderer Affec- 
tionen der Luftwege bacteriologisch zu untersuchen. Ich benutzte 
dieselbe um so lieber, als meine vor vier Jahren gemeinschaftlich 
mit I ansini und Pasquale in Noapol durchgeführten Influenza- 
studien resultatlos geblieben waren. Den Schwerpunkt bei unseren 
Untersuchungen 8 ) hatte ich damals auf die Culturmethodo gelegt 
und namentlich grössere Blutmongen (in 50 Fällen) sowie den 
Auswurf (30 Fälle) zu Agarplatten verarbeitet. Dass der Erfolg 
der Züchtung sowohl aus dem Blute als aus dem Sputum damals 
ausgoblieben war, erklärte sich durch die Pfeif fer’schen Angaben 
leicht. Ebenso stimmten die Ergebnisse, die ich in Neapel bei 
Durchmusterung zahlreicher Blutpräparate erhalten hatte, durchaus 
mit den späteren Ergebnissen des Berliner Forschers überein. 
Schwieriger war es für mich, mir den negativen Ausfall unserer 
mikroskopischen Untersuchungen des Influenzasputums zu erklären, 
wenn ich die Richtigkeit der Pfeiffer’schen Darstellung voraus¬ 
setzte. Mit um so grösserem Interesse nahm ich daher hier in 
Bonn das Studium dieser Krankheit wieder auf. Sehr reichlich 
floss das Material allerdings nicht, da die Intensität der dies¬ 
jährigen Epidemie sowohl in Bonn, wie im übrigen Deutschland 
im allgemeinen keineswegs den Vergleich aushielt mit derjenigen 
des Jahres 1889/90. 

Im ganzen standen mir 18 Fälle zu Gebote. Meist waren es 
primäre Erkrankungen, einige betrafen Hospitalinfectionen bei 
Patienten der chirurgischen Station, andere solche bei Phthisikern 
der inneren Abtheilung. Alle Kranken, die ich zu untersuchen 
hatte, förderten in einem früheren oder späteren Stadium echt 
bronchitische Sputa zu Tage, auch diejenigen, bei denen gastro¬ 
intestinale Symptome im Vordergründe standen. Bei vier Patienten 
konnte man auch pnoumonische Erscheinungen constatiren. 

In allen diesen Fällen war es mir möglich, die An¬ 
wesenheit der Pfeiffer’schen Bacillen im Sputum mikro¬ 
skopisch und durch die Cultur festzustellen. Die Unter¬ 
suchung der getrockneten und fixirten Dockglaspräparate des Aus¬ 
wurfs geschieht am besten nach Färbung mit einer verdünnten 
Fuchsin- oder Carboifuchsinlösung (z. B. Ziehl’sche Lösung 20mal 
verdünnt), dio man der Verdünnung entsprechend längere Zeit 
(z. B. zehn Minuten) lang einwirken lässt, dio Darstellung der 
Influenzabacillen gelingt aber auch mit den anderen bekannten 
Anilinfarben, nicht nach der Gram’schen Methode. Entschieden 
gehören diese Bacterien zu den schwieriger färbbaren Mikroorganis¬ 
men; sie sind ferner die kleinsten Bacterien, die bisher gezüchtet 
worden sind. Ihre Dicke entspricht, wenn sie gut gefärbt sind, 
etwa derjenigen der Schweinerothlauf- (Mäusesepticämie-) Bacillen, 
ihre Länge ist aber meist bedeutend geringer, vielfach ähneln die zu 
zweien zusammengeordneten Exemplare lanzettförmigen Diplocoecen, 
bei schwächerer Färbung kann auch der einzelne Bacillus in der 
Mitte eine Vaeuole darbieten, die ihn als Doppelcoccus erscheinen 
lässt. Längere Exemplare, und sogar Fäden aus mehreren Bacillen 
zusammengesetzt, kommen vor. Auch kann man eine gewisse 
Variabilität des Dickendurchmessers beobachten, einzelne Individuen 
können unter Umständen der Grösse und Form nach von Pneu- 
moniediplococcen kaum unterschieden werden. Im allgemeinen ist 
aber zwischen diesen beiden Arten von Mikroorganismen keine 
Verwechselung möglich. In den typischen Fällen sind dio Influenza¬ 
bacillen so gleichmässig gestaltet und in so gewaltigen Mengen 


9 Huber, Zeitschr. f. Hygien. XV, S. 454. 

9 Albu, Diese Wochenschr. 1894, No. 7. 

3 ) Bäumler, Münclrn. med. Wochenschr. 1894, No. 4. 

4 ) E. Neisser, Referat über die Sitzung des Vereins für Heilkunde 
in Königsberg. Diese Wochenschr. 1894, No. 4. 

b ) Borchardt, Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 2. 
e ) Chiari, Prag. med. Wochenschr. 1893, No. 52. 

7 ) Pribram, Prag. med. Wochenschr. 1893, No. 52. 

8 ) Centralbl. f. Bactoriol. 1890, VII, No. 21. 


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Ilicli, Kymlrriv um shlUn.Ti, 'in- -aivi -, "Pi. rn.sss. li ao.l^ uinmi.ml'' | 
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[ Sjif.r.j- -hcst'i; ijwstimdhn wgr schon .eine Zuntisfhung von SemA<3u i 
*,* dm<!«•*• UiiDvege uivlit aasg(wvh!ossen ; vovaus- 
Sjgfe/ As,., nfKtlwM.pl nin Tieol de- Spuloow an- den Ikonohmn 
ViemnUe Aussmlcm war ntir in >wU< oeo buMow. ehm wibdei nutie. 
Ikdr.Wwimhe deu-dben Kranken nroirUoin Dmode di-w- leiziere 
habo oii iuor in Polin iöngme Znn d.nehh'llirrm können Du hm 
ninh .denn ergeben, doss zwar momdmm! die liillHonznl»amUon 
ifoii&bre Zeit in irin^nojj Muugen und in Ibjuwultur im Aoswuri 
orselehiuni, ilass :th. r m»oV»visriu • bwv-hre-h.-mc iyni-.Ho; Hjtii 

tmtz Fortdauer «kr ~Ki'nnkin>k<n'fwkniim i\^u mar Ct>i id.urgömBu 
un (tritt odnr sogar -^iz :nn.i. : il.! Ütwü -ami «1 'in- m- 
llu.Mizahy('ili* 1 M *» -dkuS es uibo-dionA iUrsibih-i»ftfte;. w«W über¬ 
haupt Answin I ^rUmoien M «in- «in.r.bkn’, .nl-^ Inn, ( iMuv 

mmi in (»unsolkw iVaimr odnr. spofm .«.ikj-o^innn-öb n:n-it>.on • ro-r 
So. 1 köiun-n. dofiii »‘ii^woUnr spü-Hfnln ;u>*o ttv'nh ;«1 - nnnnvo [.«nwAnkmir 


r«fe.pQHE .MBPinNisotR mcnwfsmmn. ^ *24 

tfUd M von mir in zahlm-klion Vb’rsu' imu |*r]i}‘Aht iv»r*k<V Unkt 
?yi$n üimrivrtnn von fpemdon Oolmlknh % unfor fi m 

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{o'raim/’nHiitlnn iunl zo ihoHivu: um «>i> Iniulikr. ;tk dir« 
abr^(?rnt*i«*.tnU«dt dimU vdk 

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Uinntäinln) in» C^itiinrin w««m- xilmimh itiu T3i>rt- - 

k{iriHvrot»«d«s ( -l(U 1 Ut atü' d«n f*bj,ik «link tkuL- diif - Aiter d«;f 

[HaHn kr« Toa r nnoUi-M»« no^ int Böhr svirht.ij^ i^t iVnon- Qdrnh 
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(Vihvtik*.cti nflt«*roinaudni' nlul Ulit Crcoidnu Lnloninnn Inunn nUnr«\m^? 

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iimcfoMU Wnftn inan iU«> ^Gßünnkun Merk iuh!« -wtd 

nine : Vnr\vof'.h«(dUi)^ der UdUmnzryoolmtieon m\< andbrnn knmn' Tta- 
Uviiiwunw Yiot snhwmn^n I,l«Kt nii It mujn'hmai die Din^nöSÄ jdC 
MoKsimo Ajitf-n. M«'tl.‘ii, obwohl «in im uliirvmoinnn i»nmi«M.iu i« M 
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Y,-tUi«r nojiiitsi« Idi-nn MiiiuiropiohRhisli-dtr Ausnoiifii Mmiot, ,>idi dlkrs 

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Kailon üooJi ziit Dinb'po.o wmm. <kn MiVfoskoy im 

Stirlm tü>^, ':Kx bim : tto MtUWYdo.r wnim-d-iö .InÖtiwwa.- 

t’, 3 ,.Ulm, rtiizu .sn;hdiob umi o-lJ-w-'ht *‘l\m und in Zollen 

vi*retr«:.kl im SpUhmi vorhanden («tinr wuttn, wie m dm 

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and mm a.uoh nun']diolo^'iHrd-dhidio.-tn I>fm«;.»--n» v o vni*t roimi Sud. So 
hab^iuh znm Boinun} Gm «dhMii. Uhtlii^ikmf jW Momtk o^ih «wm 
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j wnkhar mfHu ^»«Jnra Ut wohl fnlgmidm' Fall d«f 

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Stdrwxem^a^b^iai^uv- m m ^ !. ‘dum ttWz 

ItfnJmrmU do,- {.nlKic«r/.ahi*.( in-n im S } M,t.u,H Uk>4- >i-|i ftH'JU an- j Aiimnun- mm «hdht■ wo« ; dm». aI ä «lyir kranke ^tarb, ^ 

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Nia.mi;nt.;icii ht*» l : h • I; i>d U m ö h»b« i*:;u das loUtoro roatvrläuh Grob- ! 
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Agßl .lull Tnuhnnlditi .741 hosh«d< it( n. Mit l»d. Itii « M i)\m aoilnvi 

os tuii’h oini^ra* LAdmn*i, mit- «Id* 'irndocn Fhtg'idvötie idtto)* Tmihu 
Birdnionamn djo ! hr Utuin ; * / l; i 1 aijsr«doiuaö sba-ii v.u imi-unVuiMob . 
Zur isoh'rm»i£ der Jnllueitzaha<>j}l*a} UThiliro ich in tidifomh^r \V>hr: A 
M.hrm-n lUHirrheii 2%di>-*n Ndhva^at.k wmdnn mu-h. Ahmii^srt) des 
3.ni OrhAdn miviusmum'dfnn ('Vuojmiswassf.rs 'voiJUkShrt and hidhs 
ih FutiPi’>,-j5n Sultaleti IhuHua h dass ivli sm niultk 

soiort sohluvsKn, so.ndn’i» «mlur uiimr ' dasaroi'ko sirli ahkdliloP 
lasse, ujyiojo mh u.iim sf^vkiuo V«'Mlun dun^ mol vejdiüt.n «las ttani)- 
tpüj£|a?he .von *(A;iidi v iifjWt^»s«>r: * l>arai wird, j nit* tdnerti 

'WOhnjivhmi im AbwiHpim«]) f IA u= uhp in au f r ] '„■» u b ön Kl u i. aUl di»* 

i.d»ui'flunhi‘der :> ourplaButv ri«,iinn. fr» dm stdhnn W ! ds«\ wiu-dnr 

mittels Plunids, m*hd£t diu AAridmiluh^ (ips mir Influenza zu 
jiriUendihi Matei’ials nutwodm- lürtiktoüdnr imudt A'ilsuliwmunmi*^ 
in etwas steriler Bouillon Von der trefi&nn Platte wird mit 
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ZWidtCO ' hhtt-Uilltimm l’UHfo ;« uhw■ b, *■ it ■ -i l\ h. m \i_3t >!u-se Vt « t -k 
nihiilti fsiau hellehj^u • Verdfiiindn^hfi-,-: .Xhir>AA»FtilteliB.dle^t i '' 
iriethodo ^oy;.o?fflhe,r dwn vou Pto=iI’tb r tui^owoinh>toü Ynidahiam 

der Zu.rht n.ui 'avii \W Ikafii 

1 1 für ^jitH'Ci/ddj^ieVS-Mh.lFbi-. 


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FAtor einer ^thsz«*ö ieitYh!r*jic. uiid iu Ä^huliitur. . 

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der KriU'trvi'ir.dMn dei letzuu« Ze.it. üutfelleCsd sohrn.l' eine.mr« tun 
Die W eiHiry,ii'vfj-iainc (ky fMAUfeh >‘*m; den Dt/tfcton tuhs. .uat 
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Baut dein' KigoHiagdi: flow M&Ußtdir habo Inh uhnph^uiiP feob Av öebs- 
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P'u ZiiMUu'wtcmfM-rai.ur eiiid. v«)n. Viiüiomoi uue wenige P>mmpm ! 
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Stunden; Pinwitkung difliHd, Tu^-siie.hf< bus.dommigt das 
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Inrtur-nzaVmeille.ii • iltm;iv Luf'USlHiiU »Wlolgts ist :pw> oApurtmtaoe • 
nbtowo Y»‘nig' # iw hm «lor UIjoiehH zh bbu'innnbMi. ■».’ 

Atu-h «lie. AVirkuog der lnbuo?!^abw:iUen uni deu l u -p' 
kutper iitibe ich io einer geüsserku Keilw* vop t>\pen"me«n 
siudirt, : Wie. lDpi ff er habe jeh gwi'ußtloi^ mm? die ^wurtnHvfjU 1 
Vei'sie-hsj liiert' allerdings durch grosse Dosen tihltru, ein \'a'-b^ 
HiPijt «lei Ihodvrum aber nkht.er.reietmji4;ajm ; Am niOj>flwdlnW'i7i 
sind KanmeUbn; ae.itoii liiil zwei veklcineü * 

(kV, Agar« alttji-) erzieH uiair lad ijlebou ebne iluaerion, m.«H 

-A ?.ubeutan Ampll; es entsteht mpo lokaJw Aehwrlluo^ uft ^ 

ein bis zwei W oehnü <dii «mnsmteuter K]vuieh 4 «b-r vi«d whmi DujW» 

schnitt Atdudiehkuit. hui einer aWiMdlVI b?A.. üvi webui'm» «0 
wartwn erweicht der Ivncden. u'ud nihw orhöJt scliiu^stjiidb j m ^» 

... T?:i Ir ...W.,.u.r,». »^»«»v'hWib.h ist ISicllKO«; 


weisfdieheii Eitmg wd*« nt ’ Hi)j KanbudiBh giBvohniieh iat 
Iviuden wm-tjen i'^tirVirt-, gTbssero utecrimi: .• Dit?'iivtbi^h^\ lhlwu ’i'r 
aumI nndst. nah'in den »»/'siou Tagen ri)ikfd?ki)|dst::h zaIUrAou 1>a - 

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KjP *44-» 







1^- J un |- ^_ ; _ ^_DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


zuweisen, sie tragen aber deutlich den Charakter der Degeneration* 
die Cultur gelingt manchmal noch nach Wochen. Diese örtliche 
Affection bei Kaninchen, die von Pfeiffer nicht erwähnt wird 
scheint mir für die Influenzabacillen durchaus charakte¬ 
ristisch zu sein; ich bin ihr sonst nirgends begegnet Die histo¬ 
logische Untersuchung lehrt, dass es sich hier um eine dichte 
eitrige Infiltration des subcutanen Gewebes handelt, der — zum 
Unterschied gegen die gewöhnlichen Eiterungen — die Eiiischrnol- 
zung des Gewebes erst sehr spät oder auch gar nicht folgt. Eine 
Analogie mit den durch die Influenzapneumouie in der Lunge, be¬ 
dingten Processen ist nicht zu erkennen. Im übrigen hissen sieh 
wegen des fehlenden Wachsthums der Bacillen diese Thierversuche 
für die Pathogenese der menschlichen Influenza nur in beschränkter 
Weise verwerthen. 

Meine Darstellung stimmt in allen wesentlichen Punkten mit 
den Angaben R. Pfeiffer’s überein. Den beschriebenen Bacillus 
habe ich in allen 18 Fällen, die schon vorher als Influenza ange¬ 
sprochen waren oder bei denen erst nachträglich diese Diagnose 
gestellt wurde, gefunden, bei einer doppelt so grossen Zahl von 
Patienten, die an anderen Affectionen der Luftwege litten, dagegen 
nicht. Dass einige „atypische“ Erkrankungen, die man ohne den 
Befund der Bacillen vielleicht nicht als Influenza bezeichnet hätte, 
unter den positiven Fällen waren, kann bei den Erfahrungen, die 
man an anderen Infectionskrankheiten gemacht hat, nicht Wunder 
nehmen. 

Ausserordentlich beweisend sind für mich einige Fälle, in denen 
die Influenza zu schon bestehenden Krankheiten über Nacht hin¬ 
zugetreten war. Ich bekam das Sputum als das eines gewöhn¬ 
lichen Phthisikers zur Untersuchung, constatirte darin enorme 
Mengen von Influenzabacillen — zur selben Zeit traten bei dem 
Patienten Fröste, Temperatursteigerung, Kopfschmerzen und alle 
übrigen Symptome der Influenzaorkrankung zu Tage! 

Wenn auch nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen 
kaum noch an der ätiologischen Bedeutung der Influenzabacillen 
gezweifelt werden kann, so ist die Pathogenese dieser Krankheit 
doch durchaus nicht als klargestellt zu betrachten. Selbst für 
einen Theil derjenigen Fälle, die als katarrhalische Influenza be¬ 
zeichnet werden,, muss der Nachweis noch geliefert werden, dass 
wenigstens an irgend einer Stelle auf der Schleimhaut der Luft¬ 
wege zur Zeit des Höhepunkts der Krankheit Mengen der Bacillen 
zur Wucherung gelangon, die das charakteristische Bild der 
Influenzavergiftung erklären können. In meinen Fällen habe ich 
dieso Forderung nicht stets erfüllen können, ebenso wenig an¬ 
scheinend wie die übrigen Autoren. Theils mag das daran liegen, 
dass man das katarrhalische Secret nicht zur rech Hm Zeit zur 
Untersuchung bekommen hat, theils daran, dass die Bactericn- 
vegetation an Stellen statt hat, von wo aus das Secret nur un¬ 
vollkommen oder stark gemischt mit den Productcn anderer Schleim¬ 
hautflächen herausbefördert wird, also zum Beispiel in deu Neben¬ 
höhlen der Nase, in der Paukenhöhle und besonders in der Lunge. 
Bei den in diesem Jahr von mir untersuchten Fällen von Influenza¬ 
pneumonie habe ich, soweit es sich um frische Erkrankungen 
handelt, die Bacillen im Sputum zwar nie vermisst, sie allerdings 
meist vorliältnissmässig spärlich vorgefunden. In den späteren 
otadien dieser Affection habe ich mehrfach trotz andauernder 
Bemühungen umsonst nach den charakteristischen Mikroorganismen 
gefahndet, statt deren aber manchmal ausschliesslich Streptococcen 
gefunden. Es haben also hier, wie in anderen Influenzafällen, 
secundäre Infectionen Vorgelegen. Viel schwieriger liegen die 
Verhältnisse für diejenigen Influenzafalle, die ohne katarrhalische 
Erscheinungen in den Luftwegen verlaufen. Rein gastrische Formen 
nabe ich nicht beobachtet, aber auch keiner der übrigen Autoren 
“ in solchen Fällen bacteriologische Untersuchungen gemacht 
zu haben. Die Möglichkeit, die Influenzabacillen auf der Selileim- 
naut des Magendarmcanals zu finden, läge vor. Bei den soge¬ 
nannten nervösen Formen der Influenza ist uns damit auch nicht 
gedient. Wo sollen wir hier eine Localisation der Bacillen 
annehmen? Ich bin zwar durchaus nicht der Meinung, dass das 
• °/ nmen der Influenzabacterien auf die Schleimhäute beschränkt 
18 ? eben so gut wie bei Diphtherie, bei Cholera und bei Diplococcen- 
pneumonie die specifisehen Erreger zum Theil ins Blut übergehen, 
jird es bei der Influenza der Fall sein. Es ist das aber nach den 
u eremstimmenden Angaben der meisten Autoren in irgend erheb- 
icnem Maasse nicht die Regel. Nach dem negativen Ausfall 
emor eigenen einschlägigen Untersuchungen von 1890 hatte ich 
ese ?.™ nicht das Bodürfniss, der Frage näher zu treten, 
fl ,. Ue ber Influenzabacillen in inneren Organen, namentlich im 
iT at ^ s ^ er nur ,A. Pfuhl berichtet. Die Bestätigung dafür 
R« 1 • , a bzuwarten. Vorläufig scheint es mir nicht ausserhalb des 
j s d er Möglichkeit zu liegen, dass auch ohne eine Localisation 
7 nfan j n * n * nneren Organen, speciell des Nervensystems, die 

e der nervösen Influenza eine Erklärung finden könnten. I 


515 

Verstockte Wuchormigsheerde der Mikroorganismen auf den Schleim¬ 
häuten der Luftwege können trotz Fehlens manifester katarrhalischer 
Erscheinungen vorhanden sein. Eine besondere Disposition der 
ergriffenen Individuen dem specifischen Krankheitsgift gegenüber 
erklärt vielleicht die besonderen Erscheinungen. Auch bei anderen 
Infectionskrankheiten kommen ähnliche Symptomo vor und dürften 
in der gleichen Weise zu deuten sein. 

Für die epidemiologische Auffassung der Influenza sind die¬ 
jenigen Beobachtungen besonders interessant, die dio lange Per¬ 
sistenz der Influenzabacillen in manchen Krankheitsfällen 
belegen. Bei zweien meiner Patienten linde ich zum Beispiel noch 
jetzt, das heisst vier Monato nach dem Beginn der Krankheit und 
etwa zehn Wochen nach dem Schluss der. Epidemie, die genannten 
Mikroorganismen in den Sputis. Eine Aenderung in den Eigen¬ 
schaften der Bacillen ist hier eben so wenig, wie bei den Monato 
lang m künstlichen Nährböden gezüchteten Bacterion zu constatiren. 
Der Schluss liegt nahe, dass diese Mikroorganismen noch durchaus 
infectionstüchtig seien, also unter günstigen Umständen eine neue 
Epidemio entfachen können. Die Aussichten sind dafür allerdings 
gerade nicht grosse: erstens ist dio Zahl der speeifischen Bacterion 
in den Sputis jetzt unverhältnissmässig viel geringer als bei 
frischen, reinen lufluenzafällcn, zweitens dürfte die Empfänglichkeit 
der Individuen für die Infection augenblicklich keine grosse soin. 
Der im allgemeinen milde Verlauf der diesjährigen Epidemie scheint 
das zu beweisen. Ob wirklich die Ursache hierfür in einer gewissen, 
durch die frühere Epidemie erworbene Immunität der Bevölkerung 
zu suchen ist, ist, experimentell bisher nicht entschieden und wird 
auch durch Thierversuche nicht leicht auszumachen sein. Jedenfalls 
erklärt sicli das plötzliche Aufflackern der Seuche nach längerer 
Latenz am einfachsten, wenn man annimmt, das in einzelnen Fällen 
der Krankheit, sich die Krankheitserreger ausserordentlich viel 
läuger, als man bisher nach den klinischen Erfahrungen anzu¬ 
nehmen geneigt war, im lebendigen Organismus erhalten. In der 
Anssenwelt liegen die Bedingungen für die Conservirimg des In- 
fectionskoims sehr viel ungünstiger. 

Die Diagnostik hat durch die Ivenntniss der Pfeiffer’schen 
Bacillen erheblich gewonnen. In zahlreichen Fällen kann man die 
Diagnose schon durch das Mikroskop mit Sicherheit stellen, in 
zweifelhaften bringt oft die Cultur auf Blutagarplatten die Entschei¬ 
dung. Es ist, zu hoffen, dass ein systematisches Studium der 
katarrhalischen Affectionen der Luftwege dazu führen wird, 
in der ätiologischen Auflassung derselben Ordnung zu schaffen. 
Nach meinen eigenen allerdings bisher nur beschränkten Erfahrungen 
giebt es infectiöse Nasen- und Bronchialorkrankungen, die in dem 
klinischen Bilde mit der Influenza viele Aehnlichkoit haben, aber 
auf andere Mikroorganismen, zum Beispiel Pneumoniecoccen, 
zurückzuführen sind. Dasselbe dürfte von manchen Formen von 
Bronchopneumonie gelten. So giebt R. Pfeiffer an, in drei Fällen 
von tüdtliclier Lungenentzündung nach Diphtherie Bacillen ge¬ 
funden zu haben, die in ihren morphologischen und culturellen 
Eigenschaften den Influenzabacillen ausserordentlich nahe standen, 
sich aber docli deutlich von ihnen unterscheiden Hessen. Derartige 
Pseudoinfluenzabacillen habe ich hishor vergeblich gesucht. 
Auch manche Formen der Streptococcenpneumonie scheinen 
klinisch der echten Influenzapneumouie sehr ähnlich zu sein. Mir 
liegt hier aus Bonn ein solcher Fall vor, den ich während längerer 
Zeit genauer verfolgt liabo. Influenzabacillen wurden stets vermisst, 
Streptococcen von nicht erheblicher Virulenz dagegen regelmässig 
und meist in Reincultur im Sputum gefimden. 

IV. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

I. Einleitung und Pathogenese. 

Eine derjenigen Erkrankungen der Menschen, welche, obgleich 
sie nicht so selten beobachtet wird, stets noch in Betreff ihrer 
Therapie den grössten Gegensätzen unterworfen scheint, ist der 
Milzbrand dos Menschen, speciell dessen äussere Form, 
welche sich als maligner Carbunkel, als Pustula maligna zu 
erkennen giebt. Ich glaube, dass es deshalb am Platze ist, einmal 
genauer das, was bisher über die menschliche Milzbrandpustel be¬ 
kannt- wurde, zusammenzustellon, um vielleicht, auf Grund dieser 
Einzelbeobachtungon, die sich in der Litteratur verstreut vorfinden, 
zu einem Resultat zu kommen, wie man sich ihr gegenüber ver¬ 
halten soll, vielleicht dass auch pathologisch-anatomische und 
bacteriologische Ueberlegungen auf Grund dieser Beobachtungen 
zur Feststellung einer prüeisen Therapie beitragen helfen. Da ich 
durch die Güte meines hochverehrten Chefs, des Herrn Professor 
v. Bramann über eine Reihe von schweren Milzbrandinfectionen, 


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wird -i>»i> : wo Ul nuZhnhHronn. dn^S Mio W.rit. ^bm4)«>r ;tl^ 

,} ;W 'Syjdälj^viruf mul vuitemls ais «Tm Thkirknlbftcüknt fteli 

yftrmehrnmbm Mmtuumlhaeilku iUi'v* U «Rh-.iTiieyr- 

li.wiriiov rt« ■ (loi lforf»(dnUtrn}^ di r dkdftkdH'U 

\ tfjWmlVTri, wwdeft k#n«t*«. A m <dftm iö^nmwk* de» 

Mmnfc imimm&te*- *«>! di,* Knut 

luftaftnm yem-n dobdltmr Fidgeact zu voilhHngpu. Uw Kztr.re< 
Uh !:i <!••« rftu. rd»kt, i'p.üi: uw «eftHftreu zflhlktm Fnibv m wnlcl.ei) 
auch h\m kmBhm mid rilvit« TA .. zwack mibfthfte 'Thhnipm «In* 
ftbhsrbfc nM dtp 7i$ia££ 'f^nosimr 

tVhhr£Xhg. - Wir Ad um mtifttb, duss ilv> ttmh-Rdtüok« Otg3h%mk; 
AÄ/.h'/dmA MiKIitiilV* üv^r Hrziti^iv^Ti Kunst iHJt fe Krankheit. fertig- 


iruuiw« . , , 

•Ki-iitv Htdbb 7W Kji'nnldr^it^dtdurb, \v«*Mdv warn ntte My.pt*fr- 
•irbb^H^^:>iftpt{cdAn$i^ odor , C »1K l ui^^tirialni.vkbb? 1 A •h*£«iph.unt> hüRth 
wm-,1 m }\U mri Werk erkannt. 1 >tc?e Krlftontmugoift verluden 

»nout mdb üout- um! v.niti L'Tiftst^.'»! ?heü i**':)t. uhd ufl* um rnan • 
is^thiyftüifc--<hy&'--{Wc hiul duilir. $<■ ^uhfe •N-jd-ni’r jlw. yxMb^ö;lb,'i.li.»^n 
K rmikheU zu o idiATuir.tr, Ifidio., yvobdio .in iJhs. . lit'iuot drv 

irujt^Vwi Mrdirjb gbll^ulK bidlon ujri uurh ßb’f TÜrb*. ddbv- 

rssimi, vb'liioi.r nur du-jm\i^t*M', wi-irho tlm**U vfn’c yim^'ru l'u-i-rd 
iuirji vitam brmtf: ;»ls Miiz.br 4 «-d orlianM wurclon 

in » iuzr luoti I dsv.rli i.i-H !v-u>!unils. ünglHndb und i^iTUibtuu u< 

kmimif dio^- Mi -l.ft MibbrAndvft nirlii >'rU«>Ti v-u itnd 


\)w \r, dor 'Huit muht mngltell Ul. du roh ojnr ^xo^imidAr 

[r,MiailoM,u!^ioi!o dio Kmiikhoiisk.*h)«o -m : %i®0t 

ih^ri»Uirh tlio oh;ouo F.rkni.nkiinb; vmi K « VLufl imd iuit nnKVr :m.dv*trn 
mit VoruiilH.s^mi^ ^hiv Y. JJninVarvii- wcjmHmonitdh i'^U 

• ,•-«;!![. \VV«iu w Ihm Mnor^olvvroiuohun Hohon. 2 -d fttmulou 
bHtb oiir^r UitViditm an dfifft d^ndr* oittpr K*vtroTTHtitt ; fiiyw* uu ibrbr. 
tdnbis ahHbl 7 .r 0 ; >r» -loiffnt? 4r dodU dih TbWe Yöv dhm Mihhranift 
tado irmtif. Tidtr-.n-: id fe but^Mi Ml ÜÄ di(‘ K»'dnn f»M<H 
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(fi'donUi' h rnphlo -üiffto iiehmftohwuinnumb -rfo’-ft vmsm-lsh: irh ; ’) 
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fUftrtat‘d*'nmi ibutol mul »für AusHitmiune dor AuhsoUuihlA v«mi ?tUrokmr ndngt Alit-in aldft: dioßh f,h«nii , »disol»0!> lIol,»»rlogmt^u 

rinhoiUmr Lympiidriftmi. • dfuits ■»yumnoviiUv.o- Thoi-uniu glaubt■-dr dhr; ■= tnsrou vnu uiuov-rnm-gift hmi ohtru.vgi^ohntt 'l'Uorapir nudd 

ftin l T ngiü< k dor Krkruuk.t a», y,ujjo.'hoa zu toü-' -» m*mI u,wirft dju orwmrtbn,, solbsr xy-xuth :»hhu wi« Nnvshauiu i»tu KurUUf «,!•’ 

Aiftiuhton tmgpnslm-s dor !>.»» loriulogou, weicht;. g»»pi^n§t- siml. ori) rrgidWilron Idnison ftsftniiH.'' Ihmu ■ wührnu»! wir- zwar dftr j h 

Hl«, und für kr-Ii v?id.Htü 'm ^porhonTSOiretidor Jr-r zu öurpusiuddfAt» Uh-mruto des- : (.bröinums zur Ml rin iiogruiHOtrs 

rOrihiforfigpii od»u v;-u boirirworftn), Thor'- zu „pT’fhön'ns«.'iro-itd.»'* - I<h<:hK‘ hiiWn .inzuuiihrncn, ~da>:H fii{*. von. slftu LytuphtUrisOn fturiic*- 

Anftdsimmig oinos UüsHm;ftillbk yoidiift-uhft'r do»i IbVoroftulugoii ftdtd gohab» n worden, kömmn. Wir mi gloiohos tüf dio Uymp)nlrüsu!h sm 

a»u nurgiftjjsoohoj^i.t^ ilipirngau-iifti 4 )' l> ftrft.' ..das» die l'bdinuö bald >>§ sieh üfit IhudnHdu und luftondorr um doi’b\ rrudUU ^ 

»ViftonUitsh «lou Uu*'-:'»i*oisUr.»'h.*is iiin'.wu*itungi‘.i|, n:un»H»Uii h der vioj- imnihdt. niclst, uniudtuVun, Iin «dftö'ithoil hobfHbbtnh wir J5. h'- 

hn-li vm-iionommornMt Uvcftim» dorftfntoothmbhonvjU' zu «Inükouftiu, rhluginmio-n ihm Schwollen dor LympjsiSruftm als ein ZcR-tunr d^ 

miU’hftMr wir' hlnih din Niftzlmiikeii. dm tu-tirihnd''n hi-züuhen iftn.c-s drold, «du ?il}gemom.vr zu wördbü, Aussordcm a1»rt 

•MHAHsrnOiinuh uuoh nur im UnUondostm» !»,•>!ivit'on. zu woiien. h*-- gljuihb i, ti nidsk. dass mtan der» der •Mdzlu'nudockr^ktd^ 

zvoitfelu; yvomt die Kriahrung gohbn lud, -bmo • 1 i**. soliftf mhr hoini* uiiiteh uls ohioh .Miipki'-rümil^ehbiv au.tVasson «lurf» jf* 

tViilftciMg i(ü-gruuininmu? Exoisimi dm*'*yphi!ftift;1 1 or luitiaifjkU*ros:«.?n «km, duveh iuilbuobrhnktHS WoiU-vwuohorn dor Kftifuu, V'.uhun svw 

«Ihm Aüft.ns-'h «hu- {i!!g<unoi.m'*n S-j.hljls nicht vunuhougon vomuig. wih >\ R Niss«*n ir der erwiihnRn Artmit, änftihrt, -dio Irlcdnstiui 

vvouti die spfilrr «ocli m»h*«r ?m l.oyprarhomlou lv>.{i,M-ioi.*ni»’ .{<•»-. Vor* Ootfr^o vovst.opjpü, dar Tob iu*»-b»dgi'iu!srr: wird. diizhram - 

fUHsböH gnzeiHh. .Unhon. dasn r«m*li •th'*l»pHrii}r»im>; . von Tuh(*rkv! badlion lüirft.m-. vkdinolir -.»litm t »? 1 n toxi so hu Wirkung hahnr 

• l>noiUo.ü' in di»« v'o-dsn-A uc' fskammöi «ko hrdTftlVcndoii d’ldrro soltssd I«ib will spdtfir vors;nt*diej»;. {ui* d'to.su ÄuiktBSung ^ ^ 

dann uni »ud’ehlharor ki‘'iiorhoi(. t i,., : »iUyvmo.umn Tuhorkuloso er- hringeu, jml«‘U;hUs ist. . dorsÄ wrdit leicht zu nihron. Wun 

—ft—:-•- -- »UiraiiH fitwö nut t*im? toxiseUn WirkmiA Bchliessöa zu wo!b-*i, dr»^ 

0 \V<tgner, IhfiiplbkUuainiyk«TH<rtriyd ihruhtozieiiiimg Auni Klilzldahd. man aus dem Fingorldnf von tioutou, die an ■rnsuda «*- 

A«rlcv r Ikbkunih* 1S7I. IV. krankt SyiTrptumo O.W.W schwermftWJlgmtmtnbrkraukiuig bm^h 

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-; v.rd^' : :S ; ;o. v Wi m ^i^rtuiftWtu>ilFr BetiJvtr : JPSvr^ft dnr.MilzhMn^ 

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un>’l\tMk wu\ nhm* ilid KützlieiilvAit »hu hotooHendon hry.kih Fsc'U 
•MHiiHsrnOanuh uueh nur im knUhruiestm» !»,•>!iviv'on. zu wniieu kr- 
zvwiielu; wenn dio Krhiiming gelohit lud, -hms *110 softftt '^hr 
frilkzeitig veuftrnuinmöfw ExcisloTi dor^yphi 1 itift;1 1 »«u hiitiaisklerosf.'n 
«hur». Ausbruch dor ti!!gent«dm'n Syj.hUls nicht vonukotigen voritmg,' 
eyehü die spälur »locii nd!«««!• zu lir>;proi‘-iiomh»n ivxp,'Hoio]rft* •!<•< \Au- 
Imm gozoigt, .hoben, das* r«.i«di Xk*herkra«ru!»v:. von l‘iiho)*ki ; k 
hmdlloh in die un-dw n -A uc* fskam«5i<>{ «ko kr-tftdkndcn d’hicre seltftl 
•hum mit unfehlbarer ki<d uM h ; . t( . km dÜgcttmiöayn Tuborkniose er- 

r ) \Vunnerv Idf; l?jtr>;»jii;dnivhe.sr! iiird der hmziejumg zum Milzbrand- 
Ai-elnv ß IkilVumle 1^71. IV. 

- •''77 /1?Ksfts».MUrydk ■ mi. UM-hi\ <<,- &;*' vy- il .vÄ,;: 








14. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


kommen wir, alle örtlichen Fehlerquellen bei der Anlegung einer 
Wunde zur Gewinnung des Blutstropfens ausgeschlossen, keinen 
Keim zu Gesicht oder keine Cultur zu sehen. Ich habe in der 
Litteratur nicht einen einzigen Fall finden können, wo es 
gelungen wäre, aus dem Blut der Fingerkuppe oder einer ähnlichen 
Stelle bei notorisch milzbrandkranken Menschen längere Zeit vor 
dem Tode Anthraxbacillen zu züchten; meine eigenen Versuche 
sind gleichfalls völlig negativ ausgefallen. Wenn man daraus 
zwar auf eine toxische Wirkung des Milzbrands schliessen 
kann, so beweisen doch in dieser Hinsicht diese negativen Be¬ 
funde nichts. 

Ebenso wie es ausserordentlich schwer ist, Sarkommetastasen 
im Blute zu finden, ein Befund, wie er meines Wissens bisher 
auch thatsächlich nur einmal gemacht wurde (Lücke), während 
andere absolut vergeblich in zahlreichen Fällen darauf fahndeten, 
so kann es ausserordentlich schwer sein, die Krankheitserreger im 
Blute zu finden. Resorbirt gelangen diese in den Blutstrom und 
werden von dort sehr rasch in die Organe mit verlangsamter Cir- 
culation, die Leber, die Milz und das Knochenmark, abgelagert 
(Wyssokowiez). Sie sind vielleicht nur eine ausserordentlich 
kurze Zeit im Blutstrome; erst wenn der ganze Organismus ver¬ 
giftet ist, dann wachsen die Keime aus ihren secundären Depots, 
wo sie Gelegenheit gefunden, sich zu vermehren, hervor und über¬ 
schwemmen nun gewissermaassen auf retrogradem Wege die Blut¬ 
bahn und den ganzen Körper. So erklärt sich auch die vielfache 
Angabe der Autoren, dass sie erst kurze Zeit vor dem Tode der 
Versuchsthiere Milzbrandkeime fanden, eine Beobachtung, wie sie 
bei Menschen in gleicher Weise gemacht wird. 

Das Blut hat jetzt erst, durch die Stoffwechselproducte ver¬ 
giftet, die Fähigkeit, die Keime abzufiltriren, verloren. Vielleicht 
beruht das darauf, dass die Blutkörperchen klebriger werden, die 
Keime deshalb fester an ihnen haften. 

Dass beim Milzbrand des Menschen die Keime ins Blut über¬ 
gehen, steht durch die positiven Befunde in den inneren Organen 
bei der Section fest. Doch ist über das morphologische Ver¬ 
halten der Keime in der Litteratur so gut wie nichts vorhanden, 
so dass wir diese Befunde zur Klärung der Frage, ob es sich bei 
der Milzbrandwirkung um eine toxische, oder eine infectiöse han¬ 
delt, nicht gebrauchen können. 

Dagegen müssen uns eine ganze Anzahl von Ueberlegungen 
dazu führen, anzunehmen, dass die Milzbrandwirkung, von dem 
localen Krankheitsheerde abgesehen, eine rein toxische ist. 

Zur Entscheidung einer solchen Frage stehen uns zwei Wege 
offen; einmal kann man versuchen aus den Culturen von Milzbrand 
Giftstoffe zu isoliren. welche Versuchstieren injicirt. werden. Er¬ 
hält man auf diese Weise Krankheitsbilder, welche der durch 
lebende Milzbrandkeime erzeugten Krankheit ähneln oder mit ihr 
identisch sind, so wird man ein Recht haben an eine specifische 
Giftwirkung seitens der lebenden Milzbrandkeime im Organismus 
zu glauben. 

Der zweite Weg ist der, dass man an Milzbrand leidende oder 
gestorbene Thiere auf den Keimgehalt der Organe und die in 
diesen gesetzten pathologischen Veränderungen untersucht. 

Zeigt sich hier ein Missverhältnis zwischen der Schwere der 
pathologischen Veränderungen und der Anzahl der Keime, so kann 
man kaum anders schliessen, als dass chemische Stoffe, also Gifte 
diese Zerstörungen verursacht haben. 

Beide Wege sind für den Milzbrand auch betreten worden. 
Die Arbeiten von Chauveau 1 ), Arloing 2 ), Wyssokowiez 3 ), 
Lubarsch 4 ), Frank 5 ), Nencki, Hoffa 6 ), Baumgarten 7 ), 
Marino 8 ), Hankin 9 ), Landi 10 ), Martin 11 ) beweisen mit 
einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass aus Anthraxculturen 
sich Giftstoffe isoliren lassen, welche in ihrer Wirkung den 
von lebenden Anthraxkeimen erzeugten nicht so unähnliche 

*) Cornil et Babcs, Les bact^ries. 

“) Archives de mddecine experim. et d’anat. pathol. 1890, S. 43. 

v Flügge, Die Mikroorganismen. Leipzig, Vogel, 1886. 

4 ) Lubarsch, Untersuchungen über die Ursachen der angeborenen 
und erworbenen Immunität. 

5 ) Frank und Lubarsch, Zur Pathogenese des Milzbrandes. Zeit¬ 
schrift für Hygiene X, S. 277. 

v Hoffa, Die Natur des Milzbrandgiftes. 1886, S. 23 u. 49. 

V Baumgarten, Patholog. Mykologie, S. 463. 

/ flügge, Die Mikroorganismen. S. 457 und 464. Leipzig, 
Vogel, 1885. 

j British med. journ. 1889, S. 810. 

j Landi, Sur les substances toxiques, produites par la baetöridie 
charbonneuse. Le Bulletin m6d. 1891, No. 80. 

. ) Sidney, Martin, On the Chemical pathology of diphteria compared 

with that of anthrax, infective endocarditis and tetanus. British med. 
Journal 1892, March 26, April 2 and 9. — Derselbe, A Chemical exami- 
nation of a case of anthrax in man. Journal of pathol. and bact. 

1- I, 1. May 1892. 


517 


Krankheitsbilder hervorrufen; doch sind diese Resultate vor¬ 
läufig weit davon entfernt, die Frage nach specifischen Giftstoffen 
in Anthraxculturen etwa so, wie es für den Tetanuskeim feststeht, 
zu beweisen. 

Den zweiten Weg, des Vergleiches der Keimzahl in inneren 
Organen mit den phathologischen Veränderungen in diesen, hat 
bisher ausser mir 1 ) noch niemand betreten. Das grobe Missver- 
hältniss, welches sich bei meinen Untersuchungen zwischen der 
Schwere der pathologishen Erscheinungen und dem Bacterien- 
gehalt in den inneren Organen ergab, musste mich unbedingt zur 
Annahme einer toxischen Wirkung der lebenden Milzbrand¬ 
keime veranlassen. Schon ausserordentlich wenige Keime können 
ausserordentlich schwere Veränderungen herbeiführen. Es ist also 
zweifellos eine Vergiftung, welche die Milzbrandkeime hervor¬ 
rufen. (Schluss folgt.) 


V. Aus der Universitäts-Augenklinik in Bonn. 

Ueber Augenentzündimg durch Eindringen 
von Raupenhaaren. 

Ophthalmia nodosa (Sämisch). 2 ) 

Von Dr. Hillemanns, I. Assistenzarzt der Klinik. 

M. H.! Auch heute kann ich Ihnen über einen in unserer 
Klinik beobachteten seltenen Fall einer Augenentzündimg berichten, 
der ebenso wie der kürzlich von mir hier besprochene Fall einer 
Ophthalmie, hervorgerufen durch Infection mit Impflymphe, ein 
nicht ausschliesslich special istisches In toresse bietet. 

Der am 15. Januar in die Klinik aufgenommene Patient B., ein 
schwächlicher, mehrfach Drttsennarben aufweisender Mensch, giebt an, im 
August vorigen Jahres habe ihm seine Schwester aus Unvorsichtigkeit 
eine braune ziemlich grosse Raupe — sogenannte Bärenraupe — ins linke 
Auge geworfen. Unmittelbar danach verspürte er ziemlich heftige 
Schmerzen, dio er durch kühle Aufschläge linderte. Nach Verlauf von 
einigen Tagen entzündete sich das Auge heftiger. Es wurde in der Folge¬ 
zeit mehrfach ärztlich behandelt, doch ohne dauernden Erfolg. Auf ent¬ 
zündungsfreie Perioden folgten acute Nachschübe. Auch eine Iridectomie 
konnte die Entzündung nicht dauernd beseitigen und einen weiteren Ver¬ 
fall des schon beträchtlich gesunkenen Sehvermögens nicht aufhalten. Da 
ihm zuletzt Enucleatio bulbi empfohlen wurde, suchte er Hülfe in unserer 
Klinik. 

Bei der Untersuchung des hochgradig entzündeten Auges fielen zu¬ 
nächst sechs wenig prominirende Knötchen auf, von denen drei verschieb¬ 
lich im conjunctivalen Gewebe, drei andere tiefer im opiscleralen unver- 
schieblich lagen. Die ersteren waren ca. 1,5 mm, die letzteren ca. 1 mm 
gross. Die Consistenz aller war derb, ihre Farbe verdeckt durch das 
injicirte Conjunctivalgewebe. Die Cornea war diffus infiltrirt und zum 
Theil vaseularisirt. Das nach unten angelegte Iriscolobom war fast ganz 
durch Schwartengewebe ausgefüllt. Die stark verfärbte Iris war durch 
zahlreiche hintere Syncchieen mit der Linsenkapsel verlöthet. Eine faden¬ 
förmige Membrana pupillaris perseverans zog von der oberen Mitte des 
arkadenartig aufgolockerten Circ. art. min. nach unten aussen lind senkte 
sich mit mehreren Wurzeln in den kleinen Kreis wieder ein, nachdem sie 
auf der vorderen Linsenkapsel in einem Pigmentbelago adhärent geworden 
war. Nahe der Mitte des nasalen Ciliarrandes der Iris lagen im Gewebe 
eingebettet zwei wenig erhabene, 1—2 mm grosse, grauröthlicho Knötchen. 
Hinter der Iris nach innen war ein vascularisirtes cyclitisches Exsudat 
sichtbar. Demselben entsprechend war die Localisation ungenau. Dio 
Tension war etwas herabgesetzt. Sehvermögen: Fingerzählen in 4 Fuss. 
Es wurdon zwei der grösseren conjunctivalen Knötchen excidirt und nach 
Härtung und Einbettung untersucht. Der mikroskopische Befund ist 
folgender, wie Sie an den aufgestellten Präparaten verfolgen können. 
Innerhalb des sclerosirten, hyperämischcn, conjunctivalen Gmndgewebes 
finden Sie eine umschriebene rundliche, 1—1,5 mm im Durchmesser be¬ 
tragende Ansammlung von Rundzellen, dazwischen epitheloide Zellon, oft 
zu grösseren Häufchen vereinigt, und mehrere Riesonzellen. So weit haben 
wir also das Bild eines Tuberkelknötchens vor uns. Weiter aber finden 
Sie innerhalb dieser Knötchen einen länglichen schmalen Fremdkörper, in 
dem Sie ohne Schwierigkeit ein längs getroffenes Haarfragment erkennen 
werden mit braungelber Rindenschicht und hellerer Marksubstanz; die 
Ränder erscheinen bei starker Vergrösserung leicht gezähnt. An den 
Riesenzellen, von denen in einem Präparato sich fünf Stück finden, fällt 
die Grösse einzelner auf, die bis zu 0,1 mm beträgt, sowie die grosso 
Anzahl der Kerne, die zwar in einigen vorwiegend randständig liegen, 
meist aber durch die ganze Zelle zerstreut liegen. In einer Zelle hegen 
ca. 60 Kerne. , _. . 

So finden wir die anamnestische Angabe, dass die Augen¬ 
entzündung durch Eindringen von Raupenhaaren bedingt sei, durch 
das Mikroskop bestätigt. 

Was den weiteren klinischen Verlauf des Falles anbelangt, so 
wurde durch antiphlogistische Behandlung Besserung der entzünd¬ 
lichen Erscheinungen und Aufhören der Schmerzen erreicht, oino 

«) Kurt Müller, Der Milzbrand der Ratten. Berlin, Fischer’s med. 
Buchhandlung^in^m ^ Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und 
Heilkunde am 12. März 1894 gehaltenen Vortrage. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



518 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24 


weitere allmähliche Abnahme des Sehvermögens aber nicht ver¬ 
hindert, so dass wir der Function eine schlechte Prognose stellen 
müssen. 

Dass die Haare gewisser Raupen giftig sind, ist alter V olks¬ 
glaube, dass sie Brennen, Jucken, Urticaria der Haut bewirken 
können, eine alte Erfahrung. Auch sind verschiedentlich äussere 
Augenentzündungen harmloserer Natur, hervorgerufen durch Raupen¬ 
haare, beobachtet worden. So erwähnt z. B. Wagenmann einer 
Epidemie von Conjunctivitis in Eisleben, die auf das massen¬ 
hafte Auftreten der Raupe des Kiefernprocessionsspinners 
(Cnethocampa pinivora) im dortigen Stadtpark zurückgeführt wurde. 
Sogar dadurch, dass freie Härchen der Processionsraupen durch 
die*Luft verpflanzt werden, sollen solche äussere Entzündungen 
bewirkt werden können. Dagegen sind von so schwerer Ophthalmie 
durch Eindringen von Raupenhaaren wie bei unserm Patienten im 
Ganzen erst 10 Fälle beobachtet resp. mitgetheilt worden. Dieser 
seltenen Aflection, deren Hauptmerkmal die Bildung multipler 
Knötchon in Conjunctiva, Sclera und Iris in Verbindung mit 
chronischer Iridocyclitis ist und die wegen des anatomischen Be¬ 
fundes mehrfach als Pseudotuberkulose beschrieben worden ist, hat 
Prof. Saemisch die Bezeichnung Ophthalmia nodosa beigelegt. 

Den ersten Fall theilte Pagenstecher 1883 der ophthalmologi- 
schen Versammlung in Heidelberg mit. Es folgten Weiss, Wagen- 
mann, vier Mittheilungen aus hiesiger Klinik durch Krüger 
und eine aus der Marburgcr Klinik durch Becker. Diesen Fällen 
kann ich ausser dem oben ausführlich besprochenen einen sechsten 
aus der Bonner Augenklinik anreihen, bei dem allerdings die 
Diagnose nicht mit absoluter Sicherheit gestellt werden konnte, 
da die Anamnese keine Anhaltspunkte gab und in einem excidirten 
episcleralen Knötchen kein Raupenhaar gefunden wurde. Es ist 
anzunehmeu, dass bei der Entfernung des ziemlich tief sitzenden 
Knötchens das Härchen in der Sclera zurückgeblieben ist. Im 
übrigen entsprach der Befund und Verlauf durchaus dom einer 
Ophthalmia nodosa. Im episcloralen Gewebe sassen 5 ca. 1 mm 
grosse, derbe, wenig prominirende Knötchen, die Cornea war in- 
filtrirt, es bestand heftige Iridocyclitis; S = Vsoo- Nach drei¬ 
monatlicher Behandlung (Atropin, Heurteloup, Iridectomie) S= 20 /ioo- 
Auge fast reizlos. 

Aus diesen zehn Beobachtungen ergiebt sich folgendes allge¬ 
meine Krankheitsbild: 

Die Patienten, die durchweg erst längere Zeit nach dem ersten 
Auftreten der Entzündung zur genaueren Beobachtung kamen, 
gaben nur in drei Fällen von vornherein als Ursache mit Bestimmt¬ 
heit einen Insult durch eine ins Augo gefallene resp. hineinge¬ 
worfene Raupe an. In drei Fällen konnte diese Auskunft erst 
gewonnen werden, nachdem durch Auffinden von Raupenhärchen 
in excidirten Knötchen eine direkte Fragestellung ermöglicht war. 
In den übrigen Fällen gab die Anamnese keine Anhaltspunkte. 
Die Aflection war stets einseitig und hatte fast ausnahmslos ge¬ 
sunde, jugendliche Individuen befallen. Die Zeit des ersten Auf¬ 
tretens der Entzündung fiel in dem Weiss’schen Falle in den 
Juni, in allen übrigen in die Monate August bis October. Die 
Krankheit begann plötzlich mit einem ziemlich schmerzhaften Ent¬ 
zündungsanfall, der sich nach einigen Tagen besserte. Bald trat 
aber wieder Verschlimmerung ein, und unter bald nachlassenden, 
bald sich steigernden Entzündungserscheinungen nahm das Seh¬ 
vermögen allmählich ab. Bei der Untersuchung der mehr oder 
weniger hochgradig entzündeten Augen fanden sich multiple derbe 
1—2 mm grosse Knötchen im eonjunctivalen und episcleralen Ge¬ 
webe, zuweilen zu Gruppen angeordnet. Der bevorzugte Sitz war 
die Conjunctiva unterhalb der Cornea bis zur unteren Uebergangs- 
falte. Auch in der Conjunctiva palpebrae inferior wurden sie gefunden. 
Ihre Zahl schwankt in den publicirten Fällen von 3—26. Nur in 
dem Weiss’schen Falle wird nichts mitgetheilt von Knötchen¬ 
bildung in der Conjunctiva und Sclera, sondern nur von einer 
solchen in der Iris. Die Cornea war fast stets infiltrirt, manchmal 
vascularisirt, in älteren Fällen narbig getrübt. 

Weiss und Krüger beobachteten makroskopisch resp. mit 
der Lupe Härchen in der Cornea; Weiss konnte einige daraus 
entfernen. Ausser dieser oberflächlichen Knötchenbildung trat am 
meisten in die Erscheinung das Bild der Iridocyclitis, die in allen 
Fällen zu Synechieen, in den meisten zu Pupillarexsudat, in einigen 
zu fast vollständiger Occlusio und Seclusio geführt hatte. Fast 
ausnahmslos fanden sich auch in der Iris Knötchen; im Becker’schen 
Falle nur 3—4 atrophische Stellen in derselben, die er wohl mit 
Recht für Narben früherer Pseudotuberkel hält. 

Die Irisknötchen waren meist etwas grösser als die eonjuncti- 
valen, nicht so scharf begrenzt und von graugelber bis grau- 
röthlicher Farbe. 

Weiss sah schon makroskopisch freie in der Iris steckende 
Härchen. 

In einem Krüger’schen Falle fand sich eine 7 mm lange, 


1,5 mm breite, ziemlich tiefe Furche im Irisstroma, die mit einem 
2 mm grossen Knötchen endete, in dem anscheinend ein Raupen¬ 
haar steckte. Krüger glaubt, bei der Wanderung des einge¬ 
drungenen Haares sei das Irisgewebe bis auf die Pigmentschicht 
eingeschmolzen worden. In einigen schwer verlaufenden Fällen 
kam es zu cyclitischer Schwartenbildung mit Tensionsverminderung 
und mangelhaftem Lokalisationsvermögen, dabei einmal Amotio 
retinae. Opacitates corporis vitrei werden in schwereren Fällen 
wohl constant sein, wenn sie auch wegen der Medientrübung nicht 
immer sichtbar waren. Nach Aufhellung des Pupillarexsudates 
konnte Krüger in einem Falle einen atrophischen Chorioidealherd 
constatiren. 

Der Verlauf war stets sehr schleppend. Entzündungsfreiere 
Zeiträume von verschiedener Dauer wechselten ab mit acuten 
Nachschüben, bei denen die Schmerzen oft unerträglich wurden. 
In fast allen Fällen wurde durch längere klinische Behandlung 
dauernde Reizlosigkeit und Freisein von Schmerzen erzielt. In 
allen diesen Fällen lag aber zwischen dem ersten Auftreten und 
dem Ablauf der Entzündung mindestens ein Zeitraum von sechs 
Monaten, in einem Falle sogar von über 2 V 2 Jahren. Allerdings 
war in allen die Behandlung erst ziemlich spät eingeleitet und in 
einigen zeitweilig unterbrochen worden. Die Knötchen bildeten 
sich durchweg allmählich zurück, häufig bis zu völligem Ver¬ 
schwinden; Synechieen und Exsudat blieben, die Cornea wurde 
narbig getrübt. Die schliesslich erzielten Resultate für die Function 
waren folgende. Heilung ohne Schädigung des Sehvermögens trat 
ein in zwei Fällen, von denen einer iridectomirt worden war. Die 
schlechtesten Resultate waren 7*2000 und 2 /ö 00 bei mangelhafter 
Lokalisation und Herabsetzung der Tension. In den übrigen 
Fällen resultirten 6 / 3 g, 2 %o, 2 %o, 2 %oo, 2 /io, 20 / 100 - Die Prognose 
quoad functionem ist hiernach also recht dubiös. 

Therapeutisch kamen zur Anwendung der antiphlogistische 
Apparat (besonders Atropin, Unguentum ciuercum, Blutentziehungeu) 
und die Iridectomie. In einigen Fällen führte Atropin allein schon 
zur Besserung des Reizzustandes und Erweiterung der Pupille. In 
unserer Klinik wurde in mehreren Fällen vortheilhafte Wirkung 
von Blutentziehungen gesehen. In einem Falle besonders, der sich 
durch das überaus häufige Auftreten acuter Nachschübe auszeichnete, 
that der Heurteloup stets prompte Wirkung; nur einmal gingen 
die schmerzhaften entzündlichen Erscheinungen nicht nach An¬ 
wendung des künstlichen, sondern erst nach Ansetzen von sechs 
lebenden Blutegeln in wenigen Stunden vollständig und dauernd 
zurück. 

In allen schweren Fällen ist das einzig rationelle Verfahren 
die Iridectomie, und zwar weniger um die Knötchen resp. Härchen 
aus der Iris zu entfernen, als um einen vollständigen Pupillarab- 
schluss zu verhüten, resp. die Communication zwischen vorderer 
und hinterer Kammer wieder herzustellen. Dem Ausgraben resp. 
Ausschneiden freier Härchen aus der Cornea, welches Weiss vor¬ 
nahm, folgte nur eine verhältnissmässig geringe Reaction. Eine 
Excidirung der eonjunctivalen und episcleralen Knötchen ist nur 
indicirt, wenn sie heftigere Reizerscheinungen bewirken. Die 
Knötchenbildung müssen wir als eine Schutzmaassregel der Gewebe 
betrachten, die einmal in Knötchen eingeschlossenen Härchen als 
unschädlich gemacht und der Resorption verfallen. Es ist nicht 
ausgeschlossen, dass die Therapie bessere Erfolge erzielen wird, 
wenn die Patienten eher als in den beobachteten Fällen zur sach¬ 
verständigen Behandlung kommen. Dazu ist aber erforderlich, dass 
die Kenntniss des immerhin recht seltenen Krankheitsbildes' in 
weitere ärztlicho Kreise dringe, damit auch beim Fehlen ana¬ 
mnestischer Angaben die Diagnose gestellt werde. Am günstigsten 
wäre es, wenn frühzeitige Entfernung der Härchen gelänge, be¬ 
sonders der in die Cornea eingedrungenen, denn nur diese sind es 
wahrscheinlich, die allmählich weiter ins Bulbusinnere Vordringen. 

In späteren Stadien ist es besonders von Wichtigkeit, auf die 
häufigen Nachschübe gefasst zu sein (Blutentziehungen!) und den 
Zeitpunkt der Iridectomie nicht zu verpassen. 

Die Diagnose muss in zweifelhaften Fällen aus der mikro¬ 
skopischen Untersuchung gestellt werden, die man übrigens in keinem 
Falle unterlassen wird. In den sehr seltenen Fällen, wo in einem 
excidirten eonjunctivalen, episcleralen oder Irisknötchen keinRaupen- 
haar gefunden wurde, kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen 
werden, dass ein Theil des Knötchens mit dem Härchen zurück¬ 
geblieben ist. Differentialdiagnostisch könnte nur die Tuber¬ 
kulose in Betracht kommen, aber auch diese kaum. Denn abgesehen 
davon, dass es sich meist um jugendliche kräftige Individuen 
handelte, kommen solche isolirte kleine derbe conjunctivale und episcle- 

rale Knötchen, die ohne Ulceration eventuell jahrelang bestehen und 

sich schliesslich rückbilden, bei der Tuberkulose nicht vor. Diese 
tritt fast stets in der Form von Ulcerationen mit Eruption miliarer 
Tuberkel in der Umgebung oder in der Form oft sehr beträcht- 
Rcher Wucherungen, besonders in der Lidschleimhaut und den 


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14. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Uebergangsfalten auf. Allerdings giebt es auch eine seltenere Form, 
die charakterisirt ist durch Bildung von Knötchen, die sehr geringe 
Neigung zu nekrotischem Zerfall haben. Diese liegen aber ober¬ 
flächlicher, oft zu kleinen höckrigen Tumoren aggregirt, sind meist 
grösser, sehen den Follikeln ähnlich und finden sich ’ gewöhnlich 
am reichlichsten in den Uobergangsfalten und auf der Plica, doch 
auch auf der Conjunctiva bulbi. Später kommt es auf der Cornea 
zur Bildung von Gefässen und Knötchen, durch deren Zerfall tief¬ 
greifende Ulcerationen entstehen können (siehe besonders Sattler, 
Bericht der Heidelberger Versammlung 1891). 

Unter ca. 50 von Burnett aus der Litteratur zusammen¬ 
gestellten Fällen von Conjunctivaltuberkulose fand ich keinen 
einzigen, der ein ähnliches Bild wie das der Ophthalmia nodosa 
gezeigt hätte. Nur die Knötchen der Iris unterscheiden sich nicht 
charakteristisch von tuberkulösen, sie werden aber kaum ohne 
sonstige charakteristische Befunde zur Beobachtung kommen. Ab¬ 
gesehen von dem entscheidenden Befunde von Haarfragmenten 
unterscheiden sich die Knötchen mikroskopisch von Tuberkel¬ 
knötchen besonders durch das Fehlen regressiver Metamorphose 
(Verkäsung) und das abweichende Verhalten der Riesenzellen, deren 
Zahl, Grösse und Kernanordnung auffallend ist. Ich möchte er¬ 
innern an einen Befund Wagenmann’s, der in dem eine Cysti¬ 
cercusblase einhiillenden, stark eitrig infiltrirten Gewebe zahlreiche 
Riesenzellen fand, durchaus ähnlich denen in den Raupenhaar¬ 
knötchen. Es wird ihnen die Aufgabe der Resorption zugeschrieben. 

Es erübrigt noch, einige Worte über die Art der Raupen, die 
Mechanik des Eindringens der Härchen und die Ursache ihrer ver¬ 
derblichen Wirkung zu sagen. Meist war sichere Feststellung der 
Art der Raupe nicht möglich. Im Weiss’schen Falle konnte die 
Entzündung mit Sicherheit auf die Raupe des Kieferspinners 
(Gastropacha pini), in einigen Fällen unserer Klinik mit ziemlicher 
Gewissheit auf die des Brombeerspinuers (Gastropacha rubi) zurück¬ 
geführt werden. Letztere ist schwarzbraun, kommt auf niederen 
Pflanzen vor, erstere ist heller, aschgrau und lebt auf Nadelholz. 

Es ist sicherlich merkwürdig, dass ins Auge gerathene Härchen 
dieser Raupen bis in die Iris wandern. Aber einmal ist das Wandern 
von in den Körper eingedrungenen spitzen Gegenständen, z. B. 
von Nadeln aus der Chirurgie bekannt. Ferner haben aber diese 
Raupen verschiedene Arten von Haaren, wovon ein Theil ausser 
mit einer dünnen langen Spitze mit einem dachziegelähnlich 
angeordneten Zellbolag bekleidet sind, der dadurch, dass er von 
der Haarspitze abgewandt ist, nach dem Eindringen derselben 
eine widerhakenähnliche Wirkung ausüben muss. Am meisten 
wird das Ein- und Tieferdringen der Härchen zweifelsohne 
befördert durch das Reiben der Patienten an ihren entzün¬ 
deten Augen. Krüger und Becker sind der Frage des Ein¬ 
dringens der Härchen experimentell nähergetreten, indem sie 
Raupen gegen den Bulbus von Kaninchen pressten. Bei der 
späteren mikroskopischen Untersuchung fand Krüger in den ver¬ 
schiedensten Schichten der Cornea zum Theil in der Descemetis 
Bruchstücke von Härchen. Deutliche Knötchenbildung und Härchen 
in der Iris fand er ebenso wenig wie Becker, dessen 
Versuchsthiere allerdings früh zugrunde gingen. Letzterer konnte 
aber constatiren, dass die entzündungserregende Wirkung von 
Haaren todter Raupen viel geringer war als die von lebenden, was 
von Belang ist für die Erklärung der Ursache dieser Wirkung. 
Diese nämlich allein auf den mechanischen Reiz zurückzuführen, 
geht nicht wohl an. Auch ist es nicht wahrscheinlich, dass mit 
den Härchen zugleich viel infectiöses Material eindringt. Es 
handelt sich vorwiegend um eine chemische Wirkung, wie ja 
auch die der intraoeulären Cysticerken einer von ihnen abge¬ 
sonderten entzündungserregenden Substanz zugeschrieben wird. 
” eiss macht auf die Untersuchungen Leydig’s aufmerksam, 
der feststellte, dass die Raupenhaare Träger eines speeifischen 
Giftes sind, welches von unter der Haut liegenden Drüsensäckchen 
direkt in ihr Lumen entleert wird. Dieses Gift wird nun allmählich 

den eingedrungenen Härchen in die umgebenden Gewebe 
diffundirt, wo es, wenn in genügender Menge angosammelt, einen 
Entzündungsanfall auslöst. Bei immer mehr abnehmender Menge 
bedarf es später zu einem neuen Entzündungsanfalle schon stärkerer 
Eoncentration. Diese können wir uns entstanden denken, wenn 
wir mit Wagen mann annehmen, dass die Diffundirbarkeit der Ge¬ 
webe durch die entzündlichen Processe abnimmt, die Vertheilung 
des schädlichen Stoffes also erschwert und eine Ansammlung des¬ 
selben im benachbarten Gewebe erleichtert wird. 

. 'Schliesslich ist aller Giftstoff abgeführt, und die Härchen 
bleiben reizlos in den Knötchen eingekapselt. Nur die Annahme 
einer vorwiegend chemisch-toxischen Wirkung bietet uns für die 
fiwugkeit der Entzündung, das häufige Auftreten von Nachschüben 
und das erst nach langer Zeit ein tretende Aufhören der Reiz- 
erschemungen eine Erklärung, eine Annahme, die durch die er¬ 
wähnte Becker’sche Beobachtung eine weitere Stütze erhält. 


519 

So hat uns denn das letzte Jahrzehnt einen neuen Entziindungs- 
typus des vorderen Bulbusabschnittes kennen gelehrt, der nicht 
nur ein hervorragendes wissenschaftliches Interesse bietet, sondern 
den wir auch den gefährlichsten und daher praktisch bedeutsamsten 
seiner Art zuzählen müssen. Er wird schwerlich so selten sein, 
wie es nach den Veröffentlichungen scheinen könnte. Wie oft 
wird er verkannt und, etwa als Tuberkulose, falsch gedeutot 
worden sein. Auffallend bleibt es immerhin, dass allein in unserer 
Klinik in den letzten Jahren sechsmal das Kranheitsbild beobachtet 
worden ist. Der Therapie sind, wie wir sehen, keine glänzenden 
Erfolge beschieden. Wenn wir aber aus den Krankengeschichten 
ersehen, dass durchaus nicht immer eiu unglücklicher Zufall die 
Entzündung verschuldete, sondern häufig Unvorsichtigkeit und 
Leichtsinn, indem die Raupe ins Auge geworfen wurde, sollte man 
glauben durch Aufklärung der am meisten in Betracht kommenden 
Volkskreise, das sind die im Spätsommer und Herbst in Feld, 
Wald und Wiese Beschäftigten, über die Gefährlichkeit der Raupen] 
vorbeugend wirken zu können. Eine populäre Gesundheitslehrc 
würde sich in diesem Sinne auch an die Eltern zu wenden haben. 
Wirksamer aber dürfte es sein, wenn bei Gelegenheit des natur¬ 
geschichtlichen Unterrichtes in den Volksschulen auf die Gefahr 
aufmerksam gemacht würde, denn die Erinnerung an eine Warnung 
in den Kinderjahren wirkt oft nachhaltiger, als alle Verhaltungs¬ 
maassregeln im spätem Leben. 

Herrn Geheimrath Saemisch sage ich für die Ueberlassung 
des Falles meinen verbindlichsten Dank. 

Litteratur. 

Pagenstecher, Heidelberger Vers. 1883. Zohonder's Monatsblätter 
XXI, Beilageheft. — Weiss, Archiv für Augenheilkunde XX. — Wagen¬ 
mann, Gräfe’s Archiv für Ophthalm. XXXVI, 1. — Krüger, Archiv 
für Augenheilkunde XXIV. — Krüger, Archiv für Augenheilkunde XXV. 
— Becker, Berliner klinische Wochenschrift 1892, No. 22. 


VI. Elephantiasisartige Anschwellung beider 
Unterschenkel nebst eigenartigen vasomoto¬ 
rischen Störungen an den Händen und 
Füssen. 1 ) 

Von Dr. George Meyer in Berlin. 

M. H.! Gestatten Sie, dass ich im Anschluss an den in der 
letzten Sitzung gehaltenen Vortrag des Herrn Eulenburg: Ueber 
Sklerodermie, Ihnen heute die Dame vorstelle, welche Herr Eulen- 
bürg in seinem Vorträge bereits zum Beweiso dafür erwähnte, dass 
die von Schwimmer als Trophopathieen bezeichneten Erkrankungen 
nicht immer scharf von einander getrennt werden, sondern auch 
vielfache Uebergänge zu einandor aufweisen können. Zu diesen 
Krankheitsformen gehört die Hautatrophie, das Myxödem, Lepra, 
Elephantiasis, ferner auch die Raynaud’sche Krankheit, die 
Morvan’sche Krankheit, die Erythromelalgie. Ich werde zunächst 
die betreffende Krankheitsgeschichte Ihnen mittheilen. 

Patientin ist die 32jährigo Ehefrau eines Gärtners und im Geschäft 
ihres Mannes mit Blumenbinden und den sonstigen daselbst vorkommen¬ 
den Handleistungen beschäftigt. Ihr Vater starb, 45 Jahre alt, an einor 
Erkrankung, deren Natur nicht recht klar; er musste seine letzten Lobens- 
jahro fast stets sitzend zubringen, litt an Angstanfällen, in Verlauf welcher 
er-Nachts bisweilen weite Wogo zurücklegte. Seine geistigen Functionen 
sollen vollkommen unversehrt gewesen sein. Sein Tod trat infolge eines 
„Herzkrampfes“ ein. Die Mutter starb, 47 Jahre alt, an Gohirnschlag. 
Sie war in ihrer letzten Lebenszeit durch Anschwellung der Füsse am 
Gehen verhindert, ausserdem mit einem Nabelbruch behaftet. Die 
Grossmutter mütterlicherseits starb in einer Irrenanstalt, der Grossvater 
in hohem Lebensalter an Altersschwäche. Von der übrigen Familie ist 
ihr bekannt, dass der Bruder ihres Vaters gleichfalls dreiviertel Jahre vor 
seinem Tode nur sitzend habe schlafen können und an Herzschlag ver¬ 
storben sei. 

Die Patientin hatte als Kind Kinderkrankheiten; als achtjähriges Kind 
zog sie sich durch Sturz auf einen Stein eine stark blutende Verletzung 
an der Stirn zu. Als 16 jähriges Mädchen hatte sie eine etwa 14 Tage lang 
andauernde Erkrankung der Athmungsorgane, im Jahre 1884 Diphthorio. 
Im 13. Lebensjahre w r urde sie monstruirt, die Regel war zuerst schmorzlos, 
regelmässig, hielt drei Tage lang an. Vom etwa 15. Lebensjahre an 
schwollen beide Füsse und Unterschenkel an; die Stärke der Schwellung 
richtete sich nach der Fussbekleidung, und zwar derart, dass sie in 
Stiefeln am schwächsten, in Schuhen und Pantoffeln, welche ihr grösseren 
Spielraum liessen, am stärksten war. Die Schwellung blieb bestehen. 

Beinahe 19 Jahre alt verheirathete sich die Patientin; im Mai des 
folgenden Jahres, 1881, wurde sie zum ersten Male entbunden. Die Geburt 
hatte normalen Verlauf, nur musste die Nachgeburt künstlich entfernt 
werden. Das Kind, ein Knabe, lebt, leidet an Zeichen von Skrophuloso 
und Nasenpolypen. Zwei Jahre später stellten sich bei der Frau Schmerzen 


«) Vortrag mit Krankenvorstellung in der Sitzung des Vereins für 
innere Medicin am 7. Mai 1894. 


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mit auf Ko» houug: oio»«r imstdzt wunlcn. 

Auch (ih-se h;i.t>t(> n‘M-roal*is Entie. hcU-cP’emlc* jviir,!. ein Alfidchen, wurde 

Juni J8H4 normal gcboW«,». sEü'h jedoch, Stoben Monnle »lfc. .au ..Zalm- 
krihnjdew“, naclhlnm aiiC-lj Ausschlag rau Atuwdo und Ohreuhuiferi %p£- 
hohl. Einige Monate vorher *vär auch dc-i' A'oU'i dc^ Kindes gwd.brheh, 
tnm wcfoUem die Patiimtfü Melfcl <fi»yÄiritißht; hui; düs* oc nfögliehpf' Wtdsp 
.nn einer Gostihlei libfciDkfioit glitten, Ef«. hotten sich niVmlich l)«i ihr 
•fti.vra acht bis zehn T;»g>* rmeh »hm ffm-.h/oit t.lesr.hwürc'hnn in der Scheide 
entwickelt, niedre viwi .Mhnocv -.*<dttsl miC lilei- uird KtiOräf VH*.sn'r • im« 
fcti«Afeier Watte bobsüdijl - wurden Und darmch aiir.h ^^dswuiidivii aoih. 
sollen. Oh heim Menu« jielbsl 4iuutd> rill (Jt-schlechtsleuieri- kvt.in<ion. 
•i’sti r.uientiu smkso£*V(Hi<i't‘. mii 'Siehorhe.it, anz-tiirohmi. ir»:H7 hoifnihofe 
Ihd-ieutin zum zweiten J««lr. .‘öftU -ift&rttftß v\vci Jdhre tyiilpf hu• dbjkj&srf 

Moilril 

IJwmks ijucti «jor fmbuH «W »«rsten Kinde-? hutton sich SrhüieO-.oh 
in der linken Seife des Eoihr.s .emgofitolK,. welche sieh jcdosKuU yor und 
e.;o h der Pegel btilo.M feml vorsl-iiikfI'II. i>»e> Kugel «.huicrfn jr-'^e tniilfi r 
StUvn m-hf Tage uud war sehr ef-hehüeh: WoihshUHs; Art welchem «]»<> 
Patient in bvrt-ifcs io den Mudckehjahreü geulten. war »h*ii ü&bft*U»A 
heikiiiond \erniehftr. 

Etvva (pl -Exln“ \ 8S7 begaunnu die fB,n»h' ajizuseh.weUe?»; seil ..rar. 
vfwO .1 xluVr .//»dg!, si« h Ansehwelhiije <!<-■>* t resishi.s. jlei* fronend der 
niiirrni Auuet-Uder und om de« Mnn»l. besonder* ' 189(1 jjtügw*.» 

sieh /.ut rsf. kltdi'u» JimechnVliene fi'ilenujaen e?< d--n Einsern, weteho \i: i 
(ach ndeheinuitdor aultvote.n, uni (huin lilhynt:«'Znif wieder zu versudiwihilor 
i)ir l’^tiehliu jdh'^ie die kle.ffiCie Piitej‘heo,rde.: iicj'e.u E/iWtotinn^ sie wohj 
md Woeln irur\ : criolzuntfen durch Stiche de* DrahE:« imd derT»<u'nöu ete. 
-.I.MÜfu ,E‘l|i?nnnhtudou zmilGkfiihrto, -n^hsf:Erst. 1893' trafen 
die I.lein.'VI tiauu.l.srvsse wieder in wriue'hv'ft>ir Z;d9 auf. Ob? Patientin 
\v,ii. ü'acliiloih ein hei mehreren \ 'ulk-zcr. ludiuhdvk war, 1890 und 1891 
in EeInuniI ujjo oimr Eranemuvf.es ; xvt? m-\ mit , vefvthiedem'ii ^vnixkedo- 
Ei^chen MHussnalum-n. wotOdi d<u- Sehmnry.on miefi m;l -Morphium ho- 
jiund.dt wurde. Eeivdere*. weleiuv 0<* jedhrli srhtn^licli statt iu vor- 
eV's'diiEdieeer 1 ro|Ueuzuh.) Ins .ffiec.KUfphvcir.e pohranehf k\- uud Couture» tmt 
Sem sio mohroro Ghisclmn frivlu-ti ^niit>sS. Vel’Sr:ii«ö'fct*n Edmieniu<.v. ihr«'} 
iSehnreivoii, wohdfe frtchi -a:lU)!ü.- •s.oiidi.tfö: mfiPhtlich; im ^'.>- 

S/»riiridhif Kdrpea’ 'VOThaudmi waren. .So^ur ^iniuijsOt IjbrüthruJig' dof liuni. 
ward«- dheruil sofuner/Juiff Ompfuudoiu. 

: . Au] 20. Stilb 1893 -sah i>dr die 2.heivt. in mum*? SpreuiE 

-feieh- Ausser (tim Klagen Ulme die ehöJV immmhud; SrJune.fZMi» ienie.r 
: Sefinuuy.un. Mt heim SiaLlil^oEC Vilit Sity.on. ^chlh4lftnt iSuhhif 

Ahuorel IUI K s.slust. nnyeiwdf.-iien Bj Mid, starken Sebm-.v. n und Orimk- 
i niplindlH ttk.dl; in defy iinCfHi i-fphkrcAtlrd am T.’ipjv nr.imi 19* ZiiUi 

Ituekeiu IfdpzklnufHn, ;äijiriv«Ü ICnjiifieiHimf’vidUi; .Äiiv|tii>kOik Ivafräv 

Aöu.dvi> v(irlrtfif<h>M, d'd-tdnJfysliXjd^cdto El-nlur .dinib WüitKfcs -*if4v*^.]3^.k ■••’iyÄL 
Man konnUj mit Eniohti^k^tT die vptsid'iii'rl+>u?jton^.Eekmriirtmi^ij {ms*doi 
hufiemm lu-nuvt,Hi** j>af.ientm -uiohi- :]I] . n,»eh bei Au«tr.-hgnn^ v 
fmlvl zu sTlivvilzeii. Heil: oinijuer Zeit. l»nslidilHpt-idut?lu^, u.jSs Säeht's 
hei -S«M mihii.ro dm Pnli.-min d< r Spei» m mm ihrem Mumie ImemrnO.oaM 
um! dae 1«.,•-.>«•:; !-e mdjia. :|>m U so\uaifs !»,.?* in lm.zt.nr Zeit Voil- 

aidmlo/ m.ohofdi^s.nt. 

Ob' 32 jährig,* Venu hoi. iViPidv OesEvEUtyrhe. der jdjek H, et War. t 
maft. lins O.'NudM ist gut fTmüthi-C, luiihiii Si.-f H'fwan Vuduusmmn 

bimiene.!;. Es; UeMuht iilmndi {.i-i rdehl lidto i 1 vpomli/esio »to| HanE ho- ' 
son-mrs autlu Jund war Sv damii.l« .-..uz Iv.doäsMc Vn^VweiiuHv- der ! o.tvr- 
sr!n»ni>'bl uH‘! E »isan. Ido »,1aui dmjidbst we« jddu/om). efava:- ät.«-Hff, 
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ruhil.iu .sm‘.ro-c«)ccvgv.3 schni,j)»ar eniphndUeh-. Kachdran. »ije- iü.n,g-KsvEl-!>fcn- 
lirfiu-lii. Brlumdlimg mit Senritieatiomin uud folgender E-inlegme: .vujf 
• 1 clithyQ!tfijuw.ri?itan»]»ons, Teraei u}lp;emoin»- 

. pätfiisvÄ Miin&sjiRhtnon Iltn^ro Zeit, yer^ehheh fort^dW... . r Rilir1.u -lloif 
Oe-ilege K'Aler. inrsomlorB d.f) diß MemjfTbugm fti&hf- uachlie.SBr»«?» ö/lic- 
remher iu seiner Kliuik die Auskratzung des OteniB aus. 

In ihn* hd.^f.en Tag«'fi »ins zchntAgi^iVn AlUVmUisilfce* hi «[ej- Khnik 
war der. Kcunkc.n i\ei;Vi, wieder aufef^üder tlnrttUhr -uad iurhiurEfen 
ychiab-y — dio Srhmmen hu Loihf 1 hntUra hedeutend mii.-bgidaHs.-u - 
<lic Mischung der drei Hro in salze vei-ahfniur. werden; Etwa redu Ibigt 
Ua.'ti d?w Operation WOT der leizte Ahscres m <bu> E’ingrrn vr-rtmilL Vum; 
.iCUfU Zrdi. :vn |r«iuij keine ueumr winde,' auf. -ijUu u»uinFr iut/tun l r Ti<tr- 
.surhMng nf*< i. Mai iOH waf ^ic(h*funi ein kleiner \b->resä am rochtou 
MitCdhimer vorhanden.I Nachdem die Krimkc drei Tuf-*-. lang din Hrnm- 
lPi<uu^ atugeneammu, erhielt sie, du die hysturtschQ Nfttur tiiims dlihiU^ 
ihrer Klughu «buiitieh war. in deratdhim Flaschu fim* Kocltfalzldsu;)^ m»: 
«km gleich gülen Erfolg huf ihre .Sehlnnrisd^keit, sn dass giß aiieli Uacii 
Eüüüssuhg aus der AnsEdl. Um iiüehrrtidi^e.'v.oruiS'hiUug; (kr Vl x : or^0^1iuii'eq- A 
Ari.üöi' ; - ihvt. ,: •" : 

In der Klinik Iwttc 4 |ä'V uticatiii'-o'twa drei i’öpM uaeU »ha Opmuti.«,« 
oim.n Zusrond d;;rgmbot<;n, wohk. r uns hdihni'f. au dir Ersehamuniicli d«v 
Myxfuhmts- (irimmri halt«. EU sbdlic sich GodArjAnisasiEwihHo. dabrsiUn.-. • 
Lmmidimjdo Sjuachw, \hjfalm,e de, joMlig?\nz d(i, der GnM; war s(d.lq,p'«'n«J 
ertid unsicher, Oer Mpnd wur'k AedHji'ri- ^rhaltou, '»hu lAde.i'kkftir 
Hernh.. die- ,N ? Hsnlnbiulf;«lt«*ii war‘*(r. ,md»f . verstre hefi. so «lass di»- iVr.-ml.»: 
tunen hi.i»m|»c gljipidun Ein»ir«»<'k •wirhj'iu. Dieser Ziif.td*hd •hi'Sjficn.c. ^>1» 
hhüh \iiryj r Zeit w>oder; luug«'g<xn tvur d»w; Erfolg «lei Opscsüik)» 9\» ihm 
Zustand der Oendaiw,vk>-« n^t; nur von kurzer DtuioV. H tOO-r r /»ö: 
soll sieh zur Z^ut der Mjßtäüi. «tus Suliuii; vprs«3hhh>iitöHi hml AuuuD.tE^nh'.i 
ejiisiuUen. . . , . 

Exmihdtuu »iu- Kxidiks? im -Tanüar dieses .hihic^ iiaulv (»in.o Verum- - 
eaftzundlviig urn rUfhtcv tUifeNrkonbet hi',Orsr:iuduiiUei’f<)lgtn uuT-8. Eelinn'tr 
die cr.sic, in Oi-.mmtisCdwfft iuii HMt» EroV, Etilp»»bnrg ausgrduinl»: 
Unicisuelumg, df^rm iUcHoiiswikdigkoiv WU -Ion iMlgcfidö) ehigidiynda.i 
.Bericht Viidaßkr. 

AuiPilUg warur. dl».*' r muiy. n.t«i risch'phiUrainoiw. l,e>nndt*r.K »m 
df»ri EiisOu», Tjami-n und ;jm 0*'Kh’J(t Jki der efBten ‘BohmdiuifnuhmH 
(H, i'eh’nmr lHl*4> •»mschiinu»»» .nvh L : ,»fh->*,jung der dir- TJuLi^oheuk«! ]da 
YM ihn Alii'fi lirntii ninwo;koln«h'M Bi mb« die Zohon a-fifHUgs. gbäch tim 
Haini«»n uml Emg‘ r ti. lUmihl-i-jln b. ka!<.. hhfiiiie.u almr WähiMod der Enter* 
sit»difjn«r ziotnlfch pUfl^liei, .'•hiiie =invli.t^l<%.d EMi tn,iig und wjiUi«.‘Md 

hhlsh«}- ttaVe:hftTE;nkhi.t än; diese wrstre.ckt'ti si' h lnS fnst 

• juxf eilt* Mitte (leg MidaMrsm* Ei»'. »Ißjhrhiul r »>}im FiVrhung- ui’Hebieu zur-At 
an dm gr«!s.sph Zebu mid ynrhrniintn sich v<ui ihi rtOf »lir zweite »mil }»chf.•■■.■ 
J'fiM'h auf die (ihngmi 7a hr,u; das ('«dar-,c. »j.ies.,.r Tht.nio am-soronkyl- 

heb mülHllig ah camn üa< hli?>v laüurir «Irr »bdiic.lor liegcinlmi -F’J5s- 
.•«bsrhuit-••• Auf pinne!druck v.af dm Umjife kicht vufntivichhttr, die fruit. 
«fseiiieA dyH»n tu einen, tnil ihmVf.9.u)ci»h>»tj[^ ^eohtmstirendmi 

. Grulmii hihi eleu vi* (» i»i»ht 4 die B'.M,Ed>ihf ät wwr m dm rotrhun uud h-i?.«’. 
IfaiVf.pariH-efi u.UVerS-nd» : '-rf ; Ar-hni-h-b*- Iyf>»d(fjj,»»,«gei» zeigte!) vticjt auch »UV 
de)! Kiogeru;. Di«. D:o«di w;o«ai fOe guwbbniioh EaH.. 5vid!uiiuHcli. v»»n 
gi»l!?.bni;iss:g-o- Fjlrlniigu. 9hm*. ndm tüÖ ; gt.wihgr.r ftehwcdSöksvruVjieK; ü:V 
jfJnteVsuelitifig «{»•-»'Eleu.-Tsitiijf.at :w v gnh rmviftah-h. UHMiifb .ibwMtnug'- 

nml Mdhirtm-z^iuliU .: riaui jun waren diu fhermai..'n.. EmT'HndiVUpVit Ihr- 
sundurs l'ih* ifiirihO' htvvi»? heridigtcsoUl: Die "Weichihoüe orjäiÜugfiöE **' 
(hindof) ,u„d Fingem eiavas godiuistm, obn« ■■'äu^eAprochüöras. Ondhoi.u«kf 
XI.VKhdc'm; dlt» knikJiunmn Thnilo uiiva-rämlerl Ghieukunitftfl .tiiciiE 9«h 
gVf.rich(fT{. Mityiflnr uahnrne dugugfn) Hünde ui>d : 'F«i»iidr'.fh$k p'löt-ÄfEdl h»uo 
lldihnfi hellrotte EMrljnug, wärmere TehTpeinftir utr, zeig hm ;m 
vortieeeu umi VBihvrllUdn-n ih.tr Finger starki- Schweiy.s^eeveth'U. 
waren di».vse ^s-usopurfth-fisrlp-u* 1 - Ersehcinnng«9i bfor Weniger deutlich ent¬ 
wickelt, und seltener als au den Etlssen:. * EndiiFh. /.»*igj«.m sich mub ua 
Cf nsich l Amlfiii.tuuTjnn iilmncher Jslümn.gen in Fhfitt 'ülnvtreh«6li»di»r. livjder 
und hrhrother Fleckn (T/tc.ht'k obfceiA-^li^;) und phOzlioh nuftret^ode ^»1 

husofidets unter dun Augpu- 
iMe 0»'si»:h!Mici v ! -u hSupcu-. hesnnderk lnihmrhitulc.s) ivarrai dabei nuf Drurk 
oe.mhef, «m«(-ij,uli»ch, «higugC'ii kutmui typische Aligrlinoanfalie, wi»? 
biiia», h: sorhbrs iMjf ch'c Unken Kop'ft)&ifte, besUmke, zu'haben sebeiuvn, 
ii: bfaier Z-U uwhlich hiebt vor. 

Die enyahüfon v a s0 ln o 1m M b o h nn Phauo t(i «/tik an den Fitssci 
hdkdprhtiHf'n tfioh fidh%, spielic*n sieh aber (»teilt iraraor in girosf gkißber 
Forio ab. Zu\v»*.Üen .zeiglmr nur eliizelho Z<3hen, l>gi*cnulei;S der Jltdluv du- 
heschrhdauju glllhtrade •liAtbupg' hj Varbiftdiuitr. mit Hitzn mf»d Sch^aii^* 
so'-retmu, wlihrund die ubi^guh.Zehen Hyid und li;dt- Edii/lnra\'zuweilen ’-vm 
»'vu^g'dilie.sfiliuh dLhr ZeheulbeiX des bel^lkib. zuweUen uueh uncF 

I die vordtu^ .ardfte d»^ Moiafürsus, wobei die hnUe IldfEung iu j^dem 
rnlle uuvennitO^lL und schürf ahschijitr. um in die gow Almlirh'j, hDss«- Dank 
n»rbung OVierzugVhun. -- A.uf dgr Hmit zeigt- sich übrigen? nm’ h at». ybdbu 
-hvdlen Voigung- zur Bildung tof-hoi FEi.ks und A(.r*:ifeii bei ' IrdcAte'.tfr 
rrmeltRütseher 10ü?ai,ig (|k*ib«mg und f.»ruck.i s jodoe.h uhne döu.Biuh«' Bll- 
dühg prothimmUtr Eorslep. nhu ■.•Quaiidt.djv« wi»; heiiu SügeiinTinO^i OefTHr»-- 
gruphismpK:. IÜa Hituikv äeigluti zoilweikc (tnilvr .under?)tn feö;z jfö.cb -M*. 
Men^lruefloni vfvlitg das .Bild sym me tri xe her Asphyx»»* mit ulsigro’ 
ivhlte, (hjtikelhlHhlkk violetter, hxsi- ^el.tw'iÜ’zUob^r iJ'ÄfJiUijg"..' besnü«**? an 
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j)iiuar>sp kleinen I/huf4hseep^eß, HuuUofiinunjfM) und Obnsiotmi». 

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14. Juni. 


DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


521 


vasomotorischen Störungen an den Fingern und Zehen, welche 
theils Erscheinungen der Erythromelalgic, theils denen der Ray- 
naud’schen und Morvan’schen Krankheit entsprachen, während 
sich zu einer Zeit auch Anklänge an Myxödem zeigten. Ferner 
liegt hochgradige Hysterie vor. 

Leider hat die bisherige Behandlung nicht sehr bedeutende 
Erfolge aufzu weisen, indem die Klagen der Kranken grössten theils 
noch unverändert fortbestehen, was bei dem hysterischen Zustande 
derselben gerade nicht sehr verwunderlich erscheint. Sicherlich 
sind die Erscheinungen an den Händen gebessert, indem hier die 
Anschwellungen nachgelassen haben und sich Schweissabsonderung 
eingestellt hat. Hie Anschwellung der Unterschenkel hatte sich 
bereits nach dem Verlassen der Klinik verringert. 1 ) 

Der Befund der Lungen, des Herzens und Urins, den ich 
mehrfach in der Beobachtungszeit nachgeprüft, ist stets der gleiche 
normale geblieben. 

Aus der Vorgeschichte ist auf das vielleicht ursächlich zu ver- 
werthende Moment der möglicherweise vorhanden gewesenen Ge¬ 
schlechtskrankheit (Syphilis?) des ersten Manne hinzuweisen. Auch 
in der neuesten Veröffentlichung über Erythromelalgie von Per¬ 
sonal i 2 ) vom diesjährigen römischen internationalen Congress wird 
darauf aufmerksam gemacht, dass in einigen Fällen zwischen 
Syphilis und diesem Leiden eine ursächliche Beziehung bestehen kann. 

Es wäre noch zu erörtern,' dass der Nachlass der geistigen 
Function nach der Operation nicht auf die Darreichung des Broms, 
nach welchem ja bisweilen solche Zustände eintreten, zu beziehen 
war. Die Gabe des Mittels, welches nur drei Tage lang ge¬ 
nommen wurde, war hierzu eine zu geringe, ferner hatte die 
Kranke vorher die von mir selbst verordneto mehrere Wochen 
lang fortgesetzte Einnahme des Broms anstandslos vertragen. 


VII. Militärsamtätswesen. 

Ueber die Wirkung und die kriegschirargische Bedeutung 
der neuen Handfeuerwaffen. 

Der das obige Thema behandelnde Vortrag, welchen Ober¬ 
stabsarzt Schjerning zugleich im Aufträge Seiner Excellenz des 
Herrn Generalstabsarztes der Armee Professor Dr. v. Coler auf 
dem internationalen Congress in Rom gehalten hat, liegt jetzt ge¬ 
druckt vor. Es handelte sich um neue Versuche mit dom klein- 
kalibrigen Gewehr. Neu waren die Versuche insofern, als die bei 
früheren ähnlichen Versuchen gemachten Fehler sorgfältig vermieden 
wurden. Der Leser erinnert sich, dass man, offenbar in Erman¬ 
gelung der die nöthigen Distanzen darbietenden Schiessplätze, bei 
früheren Versuchen mit abgebrochener Ladung schoss, d. h. man 
verringerte mit der Pulverladung die Entfernung und glaubte also 
-- um nur ein Beispiel anzuführen —, dass man beim Schiessen 
mit einer um die Hälfte verringerten Ladung in einer bestimmten 
Entfernung eine Verletzung erzeugte, welche an In- und Extensität 
deijenigen vollkommen gleich war, welche mit voller Ladung auf 
eine weit grössere, annähernd etwa auf die doppelte Entfernung 
erzielt worden wäre. 

Dass diese Annahme falsch war, musste von vornherein ein¬ 
leuchten. So schlug das Geschoss in der wirklichen Entfernung 
bei voller Ladung unter einem anderen Winkel ein, als in der an¬ 
genommenen Entfernung bei abgebrochener Ladung, vor allem aber 
sind Treibkraft der Pulverladung und die Widerstände, die das 
Geschoss von seinem Abgang aus dem Rohr bis zum Auftreffen 
auf das Ziel zu überwinden hat, durchaus keine constanten Grössen, 
im Gegentheil, diese Grössen variiren bei jedem Schuss. Oder mit 
anderen Worten: wenn ich aus einem Gewehr hintereinander 
äo Schuss abgebe, unter Benutzung von Patronen von durchaus 
gleichem Gewicht (wobei auch das Gewicht sowohl des Geschosses 
als der Pulverladung durchaus gleich ist) und das Gewehr bei 
jedem Schuss mathematisch genau — wenn nöthig eingeschraubt — 
auf dieselbe Entfernung eingestellt ist, so treffen die 25 Geschosse 
keineswegs denselben Punkt, sondern sie schlagen in verschie¬ 
denen Entfernungen ein. Die Entfernung zwischen dem, dem 
^mle am nächsten und dem am weitesten vom Ziele eingeschlagenen 
Geschosse bezeichnet man als die Längsstreuung der Geschosse, 
welche eine recht bedeutende sein kann und auf grössere Ent¬ 
leimungen viele Meter beträgt. Es ist demnach unmöglich, mit 
Kau - nUr ann ^b e rnder Genauigkeit zu berechnen, in welchem Ver- 
haltmss man gleichzeitig treibende Kraft, also Pulverladung, und 
die Entfernung vermindern muss, um an einem gegebenen Punkte 
leselbe Herabsetzung der lebendigen Kraft des Geschosses zu er¬ 
zielen, welc he bei voller Ladung nur durch Ueberwindung der 


n Kranke wird gegenwärtig mit den bei Myxödem empfohlenen 

An^? 1 i l 8 von Horroughs & Welcome (durch die hiesige Kronen- 
Apotneke bezogen), in der Dosis von zwei Pastillen täglich, behandelt, 

) Monatsh. für prakt. Denn. Bd. XVIII, No. 9. 


gegebenen Widerstände im Rohr und des Luftwiderstandes erzielt 
wird So ergaben sicli denn auch bei den Versuchen mit abge¬ 
brochener Ladung Resultate, welche zu einer falschen Ansicht 
einer zu schwachen Wirkung der Kleinkalibergewehre führen 
mussten. Es wurde also bei den jetzigen Versuchen nur mit voller 
Ladung auf die verschiedenen Entfernungen geschossen. 

Um ausserdem möglichst allen Fehlerquellen vorzubeugen, 
wurden die Präparate injicirt, damit die Gewebe womöglich den 
gleichen Grad von Flüssigkeitsspannung hatten, wie er im lebenden 
Körper vorhanden ist. Zu dem Zwecke wurden die Gefässe kurz vor 
dem Versuch mit Thierblutserum gefüllt und die Gewebe bis zu einem 
gewissen Grade mit Wickersheimer’scher Flüssigkeit imprägnirt. 

Es wurde auf Entfernungen von 50 bis auf 2000 Meter ge¬ 
schossen, wobei die Präparate, in Shirting oder Leinewand einge¬ 
näht (sodass die Schützen nicht wussten, dass sie auf Leichentheile 
schossen), au einem Holzgestell neben- oder hintereinander befestigt 
waren. Ueber 1000 Präparate wurden gewonnen, die der Samm¬ 
lung des Friedrich Wilhelms-Instituts ein verleibt worden sind. 

Im allgemeinen wurde mit dem Modell 88 geschossen, also 
mit Kaliber 8 mm, zuweilen auch mit Kaliber 6 und 5 mm. Be¬ 
kanntlich hat unser Geschoss einen Stahlmantel mit Hartbleikern, 
und da in dieser Hinsicht die kleinkalibrigen Gewehre, wie Sie 
heute bei den verschiedensten Nationen in Gebrauch sind, wenig 
von einander abweichen, so kann man die erhaltenen Resultate 
als gültig für die Kleinkaliber überhaupt betrachten. 

Die (früher in Abrede gestellte) Deformation der Mantel¬ 
geschosse wurde in 4,5% aller Treffer, bei Berechnung nur der 
Knochenschüsse in 14% der Treffer beobachtet, und zwar ging 
die Deformirung von der einfachen Abplattung der Spitze des 
Mantels bis zur Stauchung, ja bis zu völliger Zerstörung und 
Zersprengung des Geschosses nebst Mantel, was noch bis 1200 m 
vorkam. Von 1600 m ab hörten die grossen Veränderungen des Ge¬ 
schosses auf. Bei Weichtheilschüssen kommt nie eine Deformation 
des Geschosses zustande. Besonders beim Auftreffen auf die 
grossen Röhrenknochen und deren härteste Stellen (Tibiakante, Linea 
aspera femoris) entstanden die schwersten Deformationen. 

Steckenbleiben nicht deformirter Geschosse kam nur 
auf Entfernungen von 1600 bis 2000 m und nur viermal vor. In 
46 Fällen blieben Mantelreste und zersprengte Bleitheile — erstere 
häufiger als letztere — zurück, was bei der spitzigen, zackigen, 
scharfkantigen Beschaffenheit jener Reste kriegschirurgisch von 
Wichtigkeit ist. 

Querschläger giebt es bei den neuen, mehrere Kaliber langen 
Geschossen sehr leicht, und zwar bemerkt man, dass ein Geschoss 
sofort zum Querschläger wird, wenn es aus einem Medium in das 
andere geht, also z. B. wenn es beim Durchschlagen eines Körpers 
erst Weichtheile dann Knochen durchschlägt, so dass die Quer¬ 
stellung des Geschosses in manchen Fällen innerhalb des Körpers 
erfolgt. Nach den angestellten Versuchen kann ein abgefeuertes 
Geschoss zum Querschläger werden, sobald verschiedene Stellen 
desselben verschiedenen Widerständen ausgesetzt sind (z. ß. sobald 
das Geschoss einen Knochen streift), oder wenn ein Geschoss Ge¬ 
genstände von nicht homogener Masse durchdringen muss. Geht 
ein Geschoss also durch eine Reihe mit Luftzwischenraum auf¬ 
gestellter Bretter, so wird sich, wenn nicht im zweiten, so doch 
im dritten Brett der Querschläger zeigen. 

Um die Temperatur der verfeuerten Geschosse zu 
prüfen, wurden die Stahlmäntel mit Legierungen von einem von 
65 bis 197° variirenden Schmelzpunkt angefüllt und damit con- 
statirt, dass das Geschoss beim Durchschlagen menschlicher oder 
thierischer Körper nur ausnahmsweise eine Temperatur über 
95° erreichen kann. Eine Verbrennung der Gewebe durch das 
durchschlagende Mantelgeschoss ist also auszuschliessen. 

Bezüglich der Schussverletzungen steht nach diesen 
Versuchen fest, dass man streng abgegreDzte Zonen für die Wir¬ 
kung der Geschosse nicht unterscheiden kann. Die Wirkung der 
Geschosse verringert sich ganz allmählich. Wollte man „Zonen“ 
festsetzen, so müsste man für jedes Glied, ja für jeden Gliedtheil 
die Zonen festsetzen, da jeder Körpertheil seine besondere Wider¬ 
standsfähigkeit hat. 

Die Hauteinschussöffnungen sind bei Nahschüssen grösser 
als bei Fernschüssen, meist rund und glattrandig, während die 
Hautausschussöffnungen grösser als die Einschussöffnungen und 
vielgestaltiger sind. Die Knochenausschussöffnungen sind 
grösser als die Hautausschüsse, nur bei Nahschüssen, die den 
Knochen trafen, finden sich grosse, rissförmige Hautöffnungen, aus 
denen Knochen, Seimen und Knochensplitter herausragen. 

Bei Weichth eil Verletzungen sind die Schusscanäle meist 
glattwandig, die Gefässe weichen — nach diesen Versuchen — 
dem Geschoss nicht aus, worden sogar bis zu Entfernungen von 
1000 m durch blosse Streifschüsse zerstört. Das Herz wird -— 
bei gefüllten Kammern getroffen — zerrissen, zeigt aber leer auch 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


in naher Entfernung und auf weite Entfernung überhaupt Locli- 

SChÖ Die Schüsse durch die Lungen (22 an lebenden Menschen 
beobachtet, die durch Unglücksfall verletzt wurden) sind äusserst 
gutartig, wenn 1) nicht ein Querschläger die Lunge durchbohrte, 
wenn 2) nicht Knochensplitter in die Lunge hineingesprengt wurden, 
oder wenn 8) nicht ein grösseres Gefäss oder ein grosser Bronchus 
zerstört worden war. 

Leber, Magen, Darm, Blase wurden auf jede Distanz 
schwer verletzt. 

Bei einem vollen Schädol wird erst von 1600 m, sicher aber 
erst von 2000 m an ein reiner Lochsc.huss beobachtet, während 
bis zu dieser Entfernung jeder Schuss den Schädel nebst Inhalt 
zerschmetterte und zertrümmerte. Ein Yollschädel auf 700 m be¬ 
schossen, zerfliegt in Trümmer, während ein eben solcher Schädel, 
mit abgebrochener Ladung beschossen, einen reinen Lochschuss 
aufwies. Besser kann die Unzulänglichkeit der abgebrochenen 
Ladung nicht illustrirt werden. 

Die Knochen zersplittern bis 600 m vollkommen. Erst von 
da ab kommen Lochschüsse mit radiären Fissuren, aber mit er¬ 
haltenem Periost vor, was selbstverständlich für das Zusammen¬ 
heilen ausserordentlich wichtig ist. Bis 1200 m finden sich 
regelmässig Knochentheile in das hinter dem durchschlagenen 
Knochen befindliche Gewebe eingesprengt. Mit 1600 m nimmt 
die Durchschlagskraft des Geschosses und seine Wirkung ab, ist 
aber auch auf 2000 m noch nicht verschwunden, da auch auf 
diese Entfernung Knochensplitterungen mit Einsprengung der 
Splitter in die umgebenden Weichtheile Vorkommen. Im allge¬ 
meinen ist also die Zersplitterung der grossen Röhrenknochen für 
alle Entfernungen dieselbe, nur sind die Splitter bei Nahschüssen 
kleiner, also zahlreicher und vom Periost entblösst; je weiter 
die Entfernung, desto grösser die Splitter, und desto eher hält das 
Periost dieselben noch zusammen. 

Hiernach wird die Thätigkeit des Arztes im nächsten Kriege 
eine viel schwerere, viel verantwortlichere sein als früher, denn 
zweifellos. ist die Ansicht von dem humanen neuen Geschoss un¬ 
widerbringlich verloren; sicher werden wir mehr Verwundete und 
mehr schwer Verwundete zu versorgen haben als früher. 

Ueber die Wichtigkeit dieser Versuche, welche in dieser Aus¬ 
dehnung und mit dieser Genauigkeit und mit derartigem Material 
noch niemals angestellt worden sind, brauchen wir kein Wort 
zu verlieren. Wenn zum Schluss gesagt wird, dass die heutige 
Chirurgie sich auch dieser Aufgabe gewachsen zeigen wird, so 
kann man dem nur beistimmen und hinzufügen, dass im allge¬ 
meinen die Kleinheit der durch die kleinkalibrigen Gewehre verur¬ 
sachten äusseren Wunden ein sehr günstiges Moment ist, um die 
Wunden mit einem Nothverbande so lange aseptisch zu halten, bis 
der Betreffende in geregelte ärztliche Behandlung übergehen kann. 
Das ist schon ein gewaltiger Fortschritt, der uns viele, nach 
früheren Begriffen unrettbar Verlorene, erhalten kann. 

Als praktisch wichtig sei noch bemerkt, dass Schjerning 
zur Herstellung der Bilder für den dem alsbald über diese Ver¬ 
suche erscheinenden grösseren Werk beizugebenden Atlas die Ge¬ 
friermethode und demnächstige Durchsägung der Gliedmaassen zur 
Sichtbarmachung eines Flächenbildes mit Vortheil benutzte, und 
dass ferner die Ausgiessung des Schusskanals mit geschmolzenem 
W'ood’schen Metall, ein Verfahren, das Stabsarzt Kranzfelder 
eingeführt hat, sich sehr bewährte. Es ist mittels desselben mit 
grosser Leichtigkeit möglich, den Schusskanal vom Hauteinschuss 
zum Hautausschuss auszugiessen, sämmtliche Knochensplitter in 
ihrer Lage zu fixiren, die grösseren Höhlen auszufüllen, um nach 
der in wenigen Minuten erfolgenden Erstarrung des Metalls einen 
allgemeinen, sicheren, plastischen Abdruck der gesammten Schuss¬ 
zerstörung zu haben. Villaret. 

VIII. Therapeutische Mittheilungen. 

Ueber die klinische Anwendung der Jodsänre und des 
jodsauren Natrons. 

Von Dr. J. Ruhemann in Berlin. 

Wenn ich so schnell nach Veröffentlichung meiner Arbeit über die 
Anwendnng der Jodsäure und des jodsauren Natrons l ) einen Artikel über 
die Verworthbarkeit dieser Körper bei dem Menschen beibringe, so beab¬ 
sichtige ich hiermit, einerseits einige noch nicht erledigte technische De¬ 
tails zu ergänzen, andererseits den Indicationsbereich zu präcisiren und 
durch Anführung casuistischen Materials die Wirksamkeit der Mittel zu 
illustriren. 

Bei der chemischen Natur und der physiologischen Wirkung der 
Jodsäure und des jodsauren Natrons ist die Anwendungsbreite dieser 
Körper naturgemäss recht beträchtlich, wöil sie auf der einen Seite dem 

') Therapeut. Monatsh. 1894, Heft 3 und 4. 


Jodoform beziehungsweise seinen Ersatzmitteln, dem Jodol, den Sozojodol- 
salzen, dem Dermatol u. s. w., auf der anderen dem Jodkali Concurrenz 
zu machen imstande sein könnon. Freilich bin ich der Meinung, dass das 
jodsaure Salz nicht das Jodalkali verdrängt, ganz im Gegentheil hoffe ich 
auf eine gegenseitige Ergänzung beider Mittel. Vielleicht sind unter dem 
vereinten Anstürmen beider Substanzen Affectionen zu bekämpfen, gegen 
welche das eine oder andere Mittel für sich angewendet machtlos ist. 
Man wird in gewissen Fällen einen altemirenden Gebrauch von ihnen 
machen, in gewissen Fällen gleichzeitig das Jodalkali intern verabfolgen 
und das jodsaure Natron subcutan beibringen. Endlich kann man nach 
negativen Resultaten durch Jodkali seine Zuflucht zu dem jodsauren Salz 
nehmen, mag man dioses nun je nach der Art der Krankheit per os geben 
oder per cutcm injiciren. 

Um ein einigermaasson erschöpfendes Urtheil über die Vorwerthung 
der Jodsäure und des jodsauren Natrons zu geben, muss man n£ben den 
guten Eigenschaften der Mittel auch der wenigor angenehmen, der 
Schattenseiten, gedenken, damit einerseits um letzterer willen nicht jene 
in ungerechtfertigter Weise misscreditirt werden, andererseits aber der 
Indicationsbereich der Mittel schärfer präeisirt wird. Habe ich ferner in 
der ersten Arbeit vorwiegend die positiven Resultate heryorgehoben, deren 
weitere Ergänzung immerhin auch bei dieser Gelegenheit Sache der Dar¬ 
stellung sein soll, so muss ich auch die nogativen Ergebnisse bei der An¬ 
wendung der Jodsäuro und des jodsauren Natrons, soweit mir bisher ein 
Urtheil möglich ist, zusammenfassen. 

Was zunächst den äusseren Gebrauch der Mittel betrifft, so muss 
man, wie bereits berücksichtigt, noch einmal auf die Schmerzhaftigkeit bei 
ihrer Application liinweisen, welcho bei der Säure bedeutend beträchtlicher 
ist, als bei dem Salze. Ich habe berichtet, dass man die Jödsäure in reiner 
Form vorwiegend in der Form des Aetzstiftes zur Application bringen 
soll, während man sonst sowohl auf der Haut als auch auf den Schleim¬ 
häuten bei den verschiedenartigen Geschwüren, Fisteln u. s. w. theils 
wässerige Lösungen (1:10—20), theils 5—10%ige Salben oder 0,5—3%ige 
ßougies (mit Cacaobutter, der ein geringer Zusatz von Cera flava zu der 
besseren Consolidirung derselben gemacht werden darf) anwenden soll. Es 
lässt sich als.o auf diese Weise die Schmerzwirkung eiuschränken, die aber 
keineswegs derartig ist, dass man um ihrer willen diese Präparate zu verwerfen 
braucht. Ich habe Patienten gesehen, denen ich z.B. auf Penisgeschwüre reine 
Jodsäuro aufstreute und denen der Schmerz immer noch nicht zu heftig 
vorkam; ich betone das, nicht um zu sagen, dass man auf diese W T eise 
operiren soll, sondern nur, um hervorzuheben, dass selbst der stärkste, 
durch Application reiner Jodsäure hervorzubringende Schmerz noch immer 
in dem Bereiche des Erträglichen liegt. Wie horvorgehoben, wird mit 
dem Aetzstift nur massiges Brennen auf geschwürigen Flächen verursacht, 
und habe ich in der ersten Arbeit seine Verwendbarkeit geschildert. Es 
ist noch zu bemerken, dass man z. B. bei chronischer Pharyngitis durch 
wiederholte Aetzungen, bei denen man streichend und tupfend den Holz¬ 
ätzstift applicirt, sehr günstige Resultate erzielt, die mir den sonstigen 
chemischen Behandlungsmethoden überlegen zu sein scheinen. Jene sind 
auch bedeutend wirksamer als die Auspinselung des Rachens mit der 
10°/oigen wässerigen Lösung oder die Massage mit gleich starker Jod¬ 
säurelanolinsalbe. Sechs bis acht Stiftätzungen genügen zu der Erzielung 
eines nachhaltigen Erfolges, und nichts verbietet bei recidivirenden Er¬ 
scheinungen die wiederholte Anwendung dieser einfachen, schmerzlosen 
Procedur. Bei einem Falle von chronischer, seit vielen Jahren bestehender 
Pharyngitis beseitigten fünf Aetzungen, welche jedes mal an dem vierten 
Tage vorgenoramen wurden, die bestehende Trockenheit, das Kratzen und 
Gefühl des Verklebtseins, das Schleimräuspern, den Hustenreiz u. s. w. 
bis jetzt, d. h. ein halbes Jahr lang, soweit eben die Beobachtungsdauer 
reicht. Die Behandlung wurde im Herbst vorgenommen, und war der 
Effect gerade den Winter über sehr günstig, während bei dem Patienten 
sonst die kalte Jahreszeit die Beschwerden erheblich steigerte u. s. w. 

Es ist wesentlich, die Toleranz der verschiedenen Schleimhäute, 
welche eben der Jodsäure gegenüber differirt, hervorzuheben, um nicht 
die Concentration des Mittels einmal zu stark, das andere mal zu schwach 
zu wählen, wodurch in jenem Falle unnöthiger Schmerz, in diesem un¬ 
genügende Wirkung bedingt wird. Die Nasonschleimhaut verträgt emo 
10°/ o ige wässerige Lösung oder 10°/oige Salbe ausgezeichnet, so dass die 
Aetzungserscheinungen in der Milde und Stärke erzielt werden, wie man 
sie bezweckt. Der Kehlkopf erweist sich als noch toleranter und vertrat 
z. B. die Jodsäure in Verdünnung von 1:3—4; es ist zweckmässig, die 
Verdünnung mit Borsäurepulver oder Natrium jodicum zu benutzen 
(Acidi jodici optime detriti 1,0, Natrii jodici 3,0—4,0). Bei dem Ein¬ 
blasen des Pulvers tritt gelegentlich eine krampfhafte Zusammenziehung 
der Stimmbänder ein, die indess nicht stärker ist, als man sie auch sonst 
bei der Application anderer pulverförmiger Medicamente antrifft; ich habe 
jenes so zusammengesetzte Pulver, das recht fein zerrieben sem muss, 
bei subacuter und chronischer Laryngitis mit gutem Erfolge verwendet, 
aber noch nicht bei Kehlkopfgeschwüren zu gebrauchen Gelegenheit ge¬ 
habt, bei welchen letzteren die Möglichkeit einer erfolgreichen Application 
auf der Hand liegt. Auch würde sich eine geeignete Composition vo 
Milch- und Jodsäurelösung empfehlen. Die Mischung von Jodsäure un 
jodsaurem Natrium (1:3—4) scheint die besten Resultate zu geben, 
bessere, als sie nach Anwendung der borsäurehaltigen Composition oae 
nach Insufflation von reinem jodsauren Natron (vergl. Therapeut. Monat - 
hefte 1894, H. 4) erzielt werden, und übertrifft bezüglich ihrer Wirksam¬ 
keit die sonst üblichen Medicamente und Pinselwässer. Ich führe zu e 
Unterstützung dieser Behauptung aus der Reihe der behandelten ra 
einen an, bei welchem die Vergleichung mit der üblichen Behandlungs¬ 
weise zugunsten der unsrigen ausfällt. . . .. 

Die zwölfjährige K. K. acquirirte während eines Scharlach eine ne- 
tige Laryngitis; da diese innerhalb einiger Wochen keine Neigung zu 
Besserung zeigte, wurde die hiesige Königliche Poliklinik für KeniKOp * 


Goc >gle 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



14:. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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kranke in Anspruch genommen, wo fünf Wochen lang einen Tag um don 
anderen Pinselungen vorgenommen wurden, ohne dass ein wesentliches 
Resultat erzielt werden konnte. Es ist doch anzunehmen, dass der Pa¬ 
tientin die Art der Behandlung, welche bisher die besten Eifolge zu ver¬ 
zeichnen hatte, zu Theil wurde. Als ich die Patientin sah, war die La¬ 
ryngitis noch in voller Blüthe zu constatiren, waren die Beschwerden er¬ 
heblich. Zwölf Insufflationen des Gemisches von Jodsäure und jodsaurem 
Natron in dem Verhältnisse 1:3, welche jeden dritten bis vierten Tag 
vorgenommen wurden, ohne dass sonst noch irgend ein anderes Mittel in 
das Feld geführt wurde, genügten, um die Stimmbänder abzuschwellen 
und die Heiserkeit, den Husten, die sonstigen Halsbeschwerden zu be¬ 
seitigen. Ausserdem wurden noch drei andere Fälle chronischer Laryngitis, 
welche Erwachsene betrafen, auf jene angegebeneWeise erfolgreich behandelt. 

Die Toleranz der Schleimhäute gegenüber der Jodsäure habe ich in 
Bezug auf das Auge, die Harnröhre, den Mund u. s. w. in meiner ersten 
Arbeit besprochen. Ich hebe an dieser Stelle noch hervor, dass die 
Schleimhäute der Vagina und des Uterus der Jodsäure gegenüber weit 
empfindlicher sind als die der Nase und des Kehlkopfes. Einspritzung 
Kr/oiger Jodsäurelösung in das Cavum uteri macht ziemlich erhebliche 
Schmerzen, die indess nur etwa eine Viertelstunde lang anhalten und durch 
Zusatz von Cocain zu der Injectionsflüssigkeit vermieden werden können. 
Man kann ferner die Portio uteri und die A r agina mit 10°/oiger Lösung 
touchiren, darf aber keine damit befeuchteten Tampons stundenlang an Ort 
und Stelle lassen, weil sonst Schleimhautnekrose in dem Bereiche der 
Aetzung eintritt. Hier leisten vielleicht l /s—l°/oige Vaginalkugeln ent¬ 
sprechende Dienste. 

Bezüglich der ausgezeichneten hämos typ tischen Wirkung der Jod¬ 
säure betone ich, dass man die Application der 5—10°/oigen Lösung mit 
einem gewissen Druck verbinden muss; der Erfolg ist überraschend prompt 
und nicht mechanisch, sondern chemisch bedingt (vgl. Therapeut. Monats¬ 
hefte 1894, H. 3 u. 4). 

Ich füge hinzu, dass 1 /a—l%ige Jodsäurecacaobutter-Bougies sehr gut 
ausfallen, haltbar sind und für die Application in der Urethra (bei Go- 
norrhoea chronica, bei Fisteln u. s. w.) zur Anwendung gelangen dürfen. 
Ich bemerke auch, dass 3—6%ige Bougies von Natrium jodicum ebenfalls 
für den externen Gebrauch zu verwerthen sind. Geeignet componirte 
Suppositorien könnten vielleicht bei Prostatahypertrophie, Darmulcerationen, 
Darmfisteln u. s. w. dem Versuche unterzogen werden. 

Als Gurgelwasser habe ich ebenfalls eine dünne Jodsäurelösungem- 
pfohlen (bei Gingivitis, Stomatitis, Erosionen, Ulcerationen u. s. w.). Ich 
habe ferner bei Diphtherie mehrmals täglich den Hals mit 10%iger Jod- 
sfiurelösung touchirt, wobei ich den Vorschlag mache, um mit jener besser 
die Membranen durchdringen zu können, Papayotin, das sich mit der 
Säure gut verträgt, in die Pinselungsflüssigkeit hineinzunehmen, oder man 
füge Acidum lacticum bei. 

Rp. Acid. jodici 1,0 

Papayotini 0,5 

Aquae destillatae 10,0. 

Ich lasse ausserdem bei Diphtherie innerlich Jodkali darreichen, das 
ja sehr bald in den Mund und den Rachen ausgeschieden wird und überall, 
wo es mit der extern applicirten Jodsäure zusammentrifft, sofort Jod in 
statu nascendi abspaltet, so dass die von zwei Seiten aus angegriffenen 
Diphtheriebacterien zwischen zwei Feuer kommen und leichter vernichtet 
werden können. 

In ähnlicher Weise ist es bei syphilitischen Mundaffectiouen ange¬ 
messen, bei dem internen Gebrauch von Jodkali die Jodsäure als Pinsel¬ 
oder Gurgelwasser zu verwerthen. Vielleicht kann man auch bei anderen 
Affectionen, z. B. bei septischen Processen, die von den weiblichen Geni¬ 
talien ausgehen, bei pleuritischcn Exsudaten u. s. w. in ähnlichem Sinne 
Jodkali und Jodsäure combinirt gebrauchen, vielleicht auch bei Augen¬ 
krankheiten diesbezügliche therapeutische Versuche anstellen. 

Ich habe noch der intraparenchymatösen Injection der Jodsäure zu 
gedenken, welche z. B. bei Struma in Betracht kommt. Man kann hier 

0,1 g Jodsäure (*/a—1 Spritze einer 10 °/o Lösung) ohne alle Gefahr 
einspritzen. Die Injection ist nicht schmerzlos, indess nicht viel mehr als 
es bei Jodtinctur der Fall ist; die Schmerzhaftigkeit dauert öfters einige 
Stunden an. Es tritt an dem ersten Tage eine ganz leichte Aufblähung 
der Schilddrüse in der Nähe der Stichsteile ein, und danu beginnt die Ver¬ 
kleinerung, welche allmählich immer stärker wird, indem der nach Zerfall 
des Drüsengewebes eintretende Narbenzug die Diminution des Tumors be¬ 
schleunigt. Es ist also das endgiltige Resultat erst einige Wochen nach 
der letzten Injection zu erwarten, im ganzen genügen je nach der Grösse 
^Geschwulst 8—10 Einspritzungen ä 0,05—0,1 g (tya—1 Spritze der 
10 /o Lösung) zu der Beseitigung der Struma; natürlich kann man nach 
gewissen Intervallen wiederum die Injectionen vornehmen, falls noch nicht 
ausreichende Resultate erzielt sind; ich mache die ersten Injectionen einen 
^ en an dern und lasse hei den folgenden stets eine Pause von 
0—8 Tagen eintreten, damit die Narbenretraction ihre Wirkung entfaltet. 

, Dei Hydrocele schmerzte die Jodsäureinjection ziemlich stark, indess 

man J a hier wie auch sonst eine cocalmsirte Lösung benutzen; sehr 
auffallend war die geringe Empfindlichkeit und die prompte Verkleinerung 
der Geschwulst bei Einspritzung der 10 °/o Lösung in ein Hygroma eysticum 
bursae praepatellaris. Auch bei anderen Cysten könnte man die Jodsäure- 
injectionen versuchen und die von einigen Chirurgen befürwortete Jodoform¬ 
einspritzung bei tuberkulösen Gelenkaffectionen durch jene ersetzen. 

Was nun die externe Anwendung des jodsaureu Natrons betrifft, so 
nabe ich die Möglichkeit jener in der chirurgischen Praxis bei meiner 
ersten Arbeit, genügend hervorgehoben und betone nur noch, dass man 
wegen der irritativen Einwirkung auf Wundflächen dünne Concentrationen 
des Salzes (Natr. jodic. 1, Acid. borie. 8—20) und geringe Menge des 
rulvers benutzen soll. Ob man statt der Borsäure ein anderes Verdün¬ 
nungsmittel z. B. Talcum venetum in Verwendung nehmen soll, muss durch 


weitere Versuche entschieden werden. Nur darf kein stärkehaltiges Material 
zu der Mischung genommen werden. 

Bezüglich meiner Mittheilungen über die Anwendung des jodsauren 
Natrons in der Nase füge ich noch hinzu, dass die Insufflation desselben 
mit Hülfe des gewöhnlichen Glaspulververbläsers von den Patienten selbst 
vorgenommen werden kann. Das Pulver muss trocken und gut verschlossen 
aufbewahrt werden, weil es leicht hygroskopisch ist. 

Während Binz') bei Versuchen an Kaninchen nach verhältnissmässig 
kleinen subcutan eingeführten Dosen der Säure oder ihres Salzes baldigen 
Tod des Versuchstieres und fettige Degeneration der Leber, schwere 
Gastritis, Darm-, Nieren- und Lungenblutungen als pathologisch-anato¬ 
mischen Befund beobachtete, habe ich hei dem Menschen selbst nach 
monatelangem Gebrauche des jodsauren Natriums, mochte es nun innerlich 
genommen oder hypodennatiseh eingeführt werden, keine toxischen Er¬ 
scheinungen, keine Störungen der Magen-Darmfunctionen, keine Rhinitis 
oder Pharyngitis, keine wesentlichen Ausschläge, keine Stomatitis, kein 
Larynxödem gesehen und kein Eiweiss in dem Urine nachweisen können. 
Gelegentlich .wird das Auftreten von Schnupfen oder von Jodgeschmack an¬ 
gegeben. Bei’ca. 100 Personen, welche mit Natrium jodicum behandelt wurden 
und etwa 700 Injectionen erhielten, Hess sich jenes Resultat feststellen, so 
dass ein sicheres Urthcil wenigstens über die Unschädlichkeit des Salzes ge¬ 
fällt werden kann. Mau glaube aber nicht, dass die Lugol'sche Lösung, 
abgesehen von der Schwierigkeit, welche ihrer therapeutischen Venverthuug 
in dem Wege steht, der Wirkung des jodsauren Natrons entspricht; hat 
doch bereits Binz 2 ) beobachtet, dass fettige Entartung der Leber niemals 
nach Einverleibung der Jod-Jodnatriumlösung bei Tliieren auftritt, ein 
Zeichen der energischeren Activität der jodsaureti Salze. 

Ich hatte in meiner ersten Arbeit als Maximaldosis der einzelnen 
Injection 0,2 angegeben, ich habe mich inzwischen davon überzeugt, dass 
man noch 0,5 g schadlos auf diese Weise einführen darf. Als mittlere 
Dosen kann man 0.1—0,3 g subcutan injiciren, wobei es zweckmässig ist, 
mit den kleineren Gaben anzufangen. Bei der relativ schweren Löslichkeit 
des Salzes möge man sich der 5%igen Solution bedienen und mehrere Spritzen 
appliciren; will man stärkere Concentrationsgrade jenes verwenden, so löse 
man sich jedesmal die betreffende einzuführende Dose mittels einer kleinen 
Menge heissen Wassers, um nicht so oft die Spritze füllen zu müssen. 
Den Iudieatioüskreis für die subcutaue Injection des jodsauren Natrons 
habe ich bereits in meiner ersten Veröffentlichung gekennzeichnet, ich 
bemerko hier nur noch, dass man bei lokalen Schmerzen (rheumatischen, 
neuralgischen und neuritisehen) die Injection in der Gegend der Schmerzen 
vornimmt, will man allgemeinere Wirkungen erzielen, empfehle ich die 
Injection in die Haut des Rückens; vielleicht ist es auch vorteilhaft, jene 
in die Nates intramusculär zu appliciren, wo die Schmerzerregung ver¬ 
schwindend gering ist. 

Im ganzen schmerzt die Injection mässig und entwickelt einen lokalen 
Nachschmerz, der indess nicht derartig ist, dass man um seinetwillen von 
der hypodermatischen Application des Salzes Abstand nehmen sollte, zumal 
es sich um die Bekämpfung chronischer Leiden handelt, denen gegenüber 
man bezüglich wirksamer Mittel nicht sehr reich ist, Arie bei Neuralgieen. 
Neuritiden und den verschiedenen, chronischen adhäsiven Entzündungen 
des Nervensystems, Sclcrosen u. s. w. Es bleiben die Stichstellen, die 
nur ganz massige und bald verschwindende, kleine Hauthärten hinterlassen, 
oft einige Tage bis zu einer Woche auf Druck schmerzhaft. Ich nehme 
die Einspritzungen einen Tag um den anderen vor und lasse nach zehn 
Injectionen etwa je 3—4 Tage Pause zwischen den einzelnen Sitzungen. 

Zum Schlüsse führe ich noch einen Fall von syphilitischer Cerebro- 
spinalaffeetion an, bei dem die subeutane Einführung des jodsauren Natrons 
gute Dienste geleistet hat und bei dem seit der Behandlung zwei Jahre 
verflossen sind, so dass hier die Möglichkeit, über die Nachhaltigkeit dieser 
Therapie ein Urtheil zu fällen vorliegt. Ich verdanke die Ueborlassung 
dieses Falles der Güte des Herrn Dr. G. Gutmann, welcher mir über 
den Befund an den Augen seine Mittheilung zur Verfügung stellte. 

Eine 33jährige, chlorotische Frau W., welche aus hereditär nicht be¬ 
lasteter Familie stammt, klagte seit einer Reihe von Jahren über Ver¬ 
schlechterung des Sehvermögens und Angenschnierzen. Die Verminderung 
der Sehkraft bezog sich vorwiegend auf das rechte Auge. Das Gehen 
wurde ihr ungemein sauer, sie hielt nur wenige Schritte aus und konnte 
kaum Treppen steigen. Ferner litt sie seit langer Zeit an Tag und Nacht 
anhaltenden Kopfschmerzen, welche don ganzen Schädel einnahmen, an 
Schwindel, der bei dem Liegen gebessert wurde, Jahrelang bestanden 
reissende Schmerzen in dem Rücken und beiden Beinen, Pim'isthesieen in 
den Fingern und Füssen. In der letzten Zeit gingen ihr die Haare stark 
aus. Sie war nie schwanger geworden und hatte, wie sie angab, keine 
sinnliche Empfindungen bei dein Coitus. 

Das Gedächtniss ist tadellos; Sprachstörungen fehlen; sie ist sehr 
reizbaren Temperaments. 

Die über Mittelweite grossen Pupillen, welche eine Grössendifferenz 
zugunsten der rechten aufweisen, sind auf Licht, bei Convergenz und 
Accommodation total starr. Der Augenhintergrund erweist sich als normal. 

Die rechte Stirnseite ist leicht anästhetisch. An den Gehimnerven 
zeigen sich sonst keine krankhaften Erscheinungen. Die Empfindungs- 
prüfung ergiobt abgesehen von den Parästhesioen und den lancinirenden 
Schmerzen keinerlei abnorme Verhältnisse. 

Die grobe Kraft der Beine ist trotz gut entwickelter Musculatur sehr 
schwach. "Es fehlen Romberg’sches Symptom und ataktische Erschei¬ 
nungen. Sie geht im Dunkeln, ohne zu schwanken. Die Patellarrefloxo 
sind spurweise vorhanden, ein wenig deutlicher links als rechts. 

Die Urinentleerung ist ungestört, es besteht chronische Verstopfung, 
die inneren Organe erweisen sich gesund. 

J ) Arch. f. experim. Pathol. uud Therap. XIII. Bd., S. 117. 

2 ) Ibidem S. 121. 


Digitizer! by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



524 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24 


Auf dieses skizzirte Bild hin, die reflectorische Pupillenstnrre mit 
Pupillendifferenz, den Kopfschmerz, den Schwindel, die Paraparese.^ die 
Iancinirenden Empfindlingen, die Schwäche dor Sehnenphänomene, das Etllu- 
vium capilloi-um u. s. w. nahm ich eine syphilitische Erkrankung des 
Cerebrospinalnerven Systems an; anfangs glaubte ich an den Beginn einer , 
Tabes, aber der Verlauf des Leidens licss mich bald von dieser Diagnose > 
abgehen. . ! 

Beginn der Behandlung 23. Februar 1892. Nach zehn, alle drei Tage 
vorgenommenen subcutanen Injectionen von jodsaurem Natron a 0,1 g in 
die Haut des Rückens, war das Gehen ganz bedeutend erleichtert, und 
der lancinirende Schmerz blieb nur noch auf die Knöchelgegend der Füsse 
beschränkt; früher fiel sie, wie sie sich ausdrückte, bei dem Gehen gerade¬ 
zu zusammen. Sie verspürto durchgehends eine Kräftigung und grössere 
Elasticität ihres Nervensystems. 

Nach weiteren 23 Injectionen zu 0,2 g, welche alle 3—4 Tage j 
regelmässig ausgeführt wurden, zeigte sich eine mässige Verstärkung des 
Kniephänomens; die motorische Kraft hob sich ganz bedeutend. Sie 

konnte stundenlange Promenaden machen, ohne zu ermüden, sie konnte 
stundenlang lesen, was ihr früher nicht möglich war. Die Schmerzen in 
dem Rücken und den Beinen zeigten sich völlig geschwunden; die Kopf¬ 
schmerzen blieben fort. Es trat in dieser Zeit eine iritische Reizung der 
Augen ein, welche indes bald abklang (Beweis für die luetische Natur dor 
Nervenaffeetion). Das therapeutische Ergebniss war um so wesentlicher, 
als die Patientin vorher Jahre lang resultatlos behandelt war. 

Die geschilderte Besserung zeigte sich nun auch stichhaltig: zwei 
Jahre nach Beendigung der oben angeführten Cur war die Motilität eine 
vortreffliche geblieben, das Nervensystem elastisch, die Schmerzen in dem 
Kopfe und den Gliedern nicht nennenswerth. Romberg’sches Symptom 
fehlte, die Patellarreflexe waren kräftig, wenn auch noch ungleich, der 
Augenbefund erwies sich ziemlich unverändert bezüglich der Pupillen; das 
ophthalmoskopische Bild zeigte normale Hintergrundsverhältnisse. Die 
Sehkraft war nicht schlechter geworden. Die Haaro gingen nicht mehr 
aus, Herzklopfen, an dem die Patientin früher oft stundenlang, auch mitten 
in der Nacht viel zu leiden gehabt hatte, hat sich völlig verloren. 

Es ist hei diesem Falle nicht nur nicht eine Progression des Leidens, ! 
die ja hierbei so häufig nicht zu bekämpfen ist, sondern eine bisher Jahre- j 
lang bestehen bleibende Besserung der krankhaften Erscheinungen zu j 
constatiren gewesen. 

Die Aehnlichkeit des Erfolges bei dem auch nosologisch gleichartig j 
zu beurtheilenden, in der ersten Arbeit veröffentlichten Falle K. (Therap. j 
Monatsh. 1894, Heft 4) und dem soeben beschriebenen springt in die Augen. 

Wenn ich in meiner ersten Arbeit darauf hingewiesen habe, dass die 
Jodsüuresolution in kurzer Zeit die rothen Blutzellen auflöst, so be¬ 
zieht sich diese Erscheinung auf die Blutzellen des bluthalligen Urins, j 
Setzt man Jodsäurelösung dem frisch entnommenen Blute zu. so wird : 
dieses erst bräunlich und erscheint nachher völlig entfärbt. Mikroskopisch . 
zeigen sich die rothen Zellen als ganz schwach conturirto, hellblasse, oft i 
verkleinerte, hier und da deformirte Scheiben, während die weissen Zellen j 
in der bereits früher besprochenen Art erhalten bleiben. i 


IX. Zur Organisation der medicinisehen ! 
Presse. 

In No. 23 des „Progros mddical“ widmet der GeneralsecretSr der 
„Association de la presse ntedicale fran^aise“, Herr Baudouin, unserem 
Vorschläge zur Organisation der deutschen medicinischen Presse (diese 
Wochenschrift No. 22) einige anerkennende Worte: wir sind ihm dafür 
zu bestem Danke verpflichtet. 

Bei dieser Gelegenheit macht Herr Baudouin Mittheilung von der 
Organisation einos internationalen Presscomites und spricht davon, dass 
vx? »P rov i sor i sc hcs Comite“ im April zu Rom ernannt worden sei. 
Wenn Herr Baudouin das Comite meint, von welchem auf dem Souper 
der ausländischen medicinischen Presse gelegentlich des Römischen inter¬ 
nationalen Congresses die Rede war, so hat er sich wohl nicht ganz 
präcis ausgedrückt. Von der „Ernennung“ eines Comites ist mir 
wenigstens während der Discussion über diese Angelegenheit, an der auch j 
ich Üieilgenommcn habe, nichts bekannt geworden. Soviel ich weiss, hat j 
es sich in Rom nur um die Selbstwahl eines derartigen Comites ge- ! 
handelt. j 


X. Kleine Mitteilungen. 

77 I n .der Sitzung des Vereins für innere Mcdicin 

vom 11. d. M. (Vorsitzender Herr Leyden) demonstrirte vor der Tages¬ 
ordnung Herr G. Klemperer aus der Leyden'schcn Klinik einen Pa¬ 
tienten mit Pulsionsdivertikel des Oesophagus. An der Discussion be- 
theiligten sich die Herren Landgraf, Leyden, G. Lew in und Klem¬ 
perer. — Die eigentliche Tagesordnung wurde mit dem Vortrage des 
>»Ueber Todesfälle nach Quecksilberbehnndlung“ er- 
senöptt. Nach einer historischen Einleitung über die vom Vortragenden 
und seinem Vorgänger, y. Bäronsprung, in der Charite geübte Syphilis- 
andlung ging Löwin kurz auf die physiologischen Wirkungen des 
Quecksilbers ein, schilderte dann ausführlicher die schweren Neben- 
erschemungen (Stomatitis, Enteritis, Nephritis, Embolieon) der Schmierern* 
und der Injectionen unlöslicher Quecksilberpräparate und gab zum Schluss 
eine Statistik über die bei den Quecksilbcrcurcn beobachteten Todesfälle. 
Zur D^imssmn ergriffen die Herren Blascliko und Leyden das Wort 

U7 V ie xA° rtSetzUng der Dlscussion wurde auf die nächste Sitzung (den 
18. d. M.) vertagt. j* g 


— Die Berliner klinische Wochenschrift hat in ihrer letzten Nummer 
einen Kampf gegen die überhandnehmende Unsitte der Berichterstattung 
über medicinische Veroinsvorgänge in der politischen Tages¬ 
prosse eröffnet. Wir möchten neben den dort bereits namhaft ge¬ 
machten Berichten noch einige andero als nicht minder auffällig hervor¬ 
heben, z. B. die weitläufigen Berichte, die die meisten grösseren Blätter 
Tag für Tag über jode Sitzung des Chirurgencongresses und über alle 
dort verhandelten Einzelfragen zu bringen in der Lage waren. Auch aus 
der Berliner medicinischen Gesellschaft sind uns wiederholt sehr ausführ¬ 
liche Berichte von offenbar wohl unterrichteter Seite begegnet; u. a. erst 
letzthin über den in der Sitzung vom 6. Juni gehaltenen Vortrag über 
die Virulenz des Kommabacillus. Wir möchten auch bezweifeln, dass es 
den noch so wissbegierigen Laien wesentlich erfreuen und fördern kann, 
zu vernehmen, wie sich die Virulenz des Kommabacillus beim Hindurch¬ 
gehen durch den Taubenkörpor oder durch einen anderen Thierkörper ver¬ 
ändert und wie wenig bisher alle Versuche einer „Desinfection“ des 
Danncanals zu praktischen Erfolgen geführt haben. Wir möchten also 
auch einer gewissen Einschränkung und Sichtung in derartigen Publi- 
cationen das Wort reden, wenn wir auch andererseits nicht so weit gehen, 
jede fortlaufende Berichterstattung aus medicinischen Vereinen — wir er¬ 
innern nur an die Veröffentlichungen des früheren medicinisch-pädagogischen 
Vereins, der Gesellschaft für Gesundheitspflege u. s. w. — von vornherein 
für unstatthaft zu erklären oder gar unter den (bekanntlich eine bequeme 
Handhabe für alles bietenden) groben Unfugbegriff zu rubriciren. 

— Ueber das Cholera-Nachrichtenwesen ist vom Reichskanzler 
an die Bundesregierungen ein Rundschreiben ergangen. Es handelt sich 
darin um Maassuahmen, die durch dio Dresdener internationale Sanitäts¬ 
convention dringlich geworden sind. In der Convention ist vereinbart 
worden, dass den betheiligten Staaten von der Bildung eines Cholera¬ 
heerdes sofort Nachricht gegeben wird. Auch soll über den Verlauf der 
Epidcmieen und die Gegenmaassnahmen eine internationale Verständi¬ 
gung stattfinden. Für das Deutsche Reich ist als Centralstelle für das 
Cholera-Nachrichtenwesen das Kaiserliche Gesundheitsamt bestimmt worden. 
An dieses sollen nach dem Rundschreiben des Reichskanzlers alle die 
Cholera betreffenden Anzeigen aus den Bundesstaaten eingereicht werden. 
Verlangt wird, wie früher, telegraphische Anzeige von Cholerafällen 
und ausserdem eine wöchentliche Uebersicht, ferner ein Bericht über die 
Anordnungen zur Bekämpfung der Seuche. Weiterhin übernimmt auch 
das Gesundheitsamt, die Uebermittelung der Choleranachrichten aus dem 
Auslände an die Bundesregierungen. Es wird darüber regelmässig an die 
Bundesregierungen vom Gesundheitsamte berichtet werden. 

— Medicinalrath Prof. Dr. Fürbringor ist von der Reise zurück- 
gekehrt. 

— Privatdocent Dr. Langerhans, bisher Assistent am pathologi¬ 
schen Institut der Universität, ist Prosector des städtischen 
Krankenhauses Moabit geworden. Der von uns in No. 22 aus¬ 
gesprochene Wunsch, dass die übrigen städtischen Krankenhäuser dem 
Beispiele des „Urban“ in der Anstellung geschulter Leichenhausärzte 
folgen mögen, hat sich also schneller erfüllt, als wir je geahnt haben. 
Hoffentlich folgt der „Friedriclishain“ nun in Bälde nach. 

— In Frankreich hat sich ein Comite gebildet, um das Andenken 
Charcot’s durch Errichtung eines Denkmals an der Stätte seines lang¬ 
jährigen Wirkens in der Salpötriero zu ehren. Um für diesen Zweck 
auch in Deutschland zu wirken, haben sich die hervorragendsten Fach¬ 
leute zu einem deutschen Comite vereinigt, welches sich die Sammlung 
von Beiträgen für das Charcot-Denkmal und deren Uebermittelung an das 
französische Comite zur Aufgabe gestellt hat. In der Ueberzeugung, dass 
diese internationale Ehrung des berühmten Gelehrten und Arztes allge¬ 
meiner Sympathie begegnen wird, richtet dasselbe an die medicinischen 
Kreise Deutschlands die Bitte, sich möglichst zahlreich an der Sammlung 
zu betheiligen. Zur Entgegennahme von Beitragen sind die Herren Pro¬ 
fessor Dr. Erb iu Heidelberg, Seegartenstrasse 2, Prof. Dr. Jolly in 
Berlin NW., Alexander-Ufer 7, und Prof. Dr. Hoffmann in Heidelberg, 
Leopoldstrasse 15, bereit. 

— Paris. d’Arsonval ist an Stelle von Brown-Sdquard zum 
„Membro titulaire“ der medicinischen Section der Akademie der Wissen¬ 
schaften ernannt. 

— Rom. Dio Accademia dei Lincei hat den vom König gestifteten 
Preis im Betrago von 10000 Fr. zu gleichen Theilen Prof. Guido 
Tizzoni in Bologna und Prof. Luciani in Rom für ihre Leistungen 
auf dem Gebiete der experimentellen Pathologie und Physiologie zuerkannt. 

— Von Meyer’s Conversationslexikon, welches seine führende 
Stellung auf dem Gebiete der eneyklopädischen Litteratur erfolgreich be¬ 
hauptet, ist der vierte Band zur Ausgabe golangt. Ganz abgesehen 
davon, dass die Hauptgebiete der Medicin und öffentlichen Gesundheits¬ 
pflege (vergl. z. B. in diesem Band die Artikel Cholera und Des¬ 
infection) in abgerundeten Darstellungen, die den Fortschritten der 
Wissenschaft durchaus gerecht werden, zur Behandlung kommen, dürfen 
wir auch an dieser Stelle auf die Fülle des Stoffes Hinweisen, die z. R 
in Artikeln, wie der unter dem Stichwort Deutschland erschienene, 
enthalten ist. Eine Reihe berufener Fachgelehrte» 1 haben sich vereinigt, 
um eine umfassendo Schilderung des Landes in seiner natürlichen, cul- 
turellen und wirtschaftlichen Entwickelung zu geben, an die sich ein 
vortrefflicher Abriss der deutschen Geschichte anschliesst. Die Illustra¬ 
tionen des Werkes bieten das vollkommenste, was dio verschiedenen 
Methoden der graphischen Darstellungskunst heute zu leisten imstando 
sind. 

— Universitäten. Freiburg i. B. Der Privatdocent der inneren 
Medicin und erste Assistent an der medicinischen Klinik Dr. Reinholu 
ist zum a. o. Professor ernannt. 


Gedruckt bol Julias Sittenfeld la Berlin W. 


'giß 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





Donnerstag Jtf 25. 21. Juni 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Rcdaction : Prof. Pr. A. Eulenburg und Pr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamoratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Moskau. 

Ueber chronischen „Rheumatismus.“ 

Klinischer Vortrag von Prof. G. A. Sacharjin. 

M. H.! Die Kranke, die ich Ihnen vorstelle, Bäuerin, ist am 
29. Januar 1891 in die Klinik eingetreten, mit Klagen über 
Schmerzen und Schwellung der Arme und Beine, hauptsächlich an 
den Hand-, Ellenbogen-, Knie- und Sprunggelenken, sowie an den 
kleinen Gelenken der Hand und des Fusses auf beiden Seiten. Die 
Schmerzen dauern schon 1 ! /a Jahre, steigern sich bedeutend bei 
Howegungen und erschweren dieselben in hohem Grade. 

Anamnese. Die Kranke lebt während der letzten 1 */? Jahre in 
Moskau Chat früher auf dem Lande gelebt). Wohnung initlelmüssig. der 
Abort kalt. Gebt einmal monatlich in die Badestube. Trinkt keinen Theo 
und Branntwein, hat auch früher keinen getrunken. Kost — die einer | 
Arbeiterin. Ist verheirathet gewesen und hat Kinder gehabt, (keine Abortei. 
jetzt schon lange verwiltwet. War während der letzten 1 x j% Jahre nicht 
imstando zu arbeiten; hat früher viel und angestrengt in Gemüsegärten I 
gearbeitet. 

Bis zur gegenwärtigen Krankheit immer gesund gewesen. Im 
Herbst 1889 wurde sie, während sie bei kaltem Weiter in einem Gemüse¬ 
garten arbeitete, von Schmerzen in den Fingergelenken beider Hände be¬ 
fallen, fuhr aber zuerst fort zu arbeiten; da jedoch die Schmerzen be¬ 
deutend stärker wurden (und sich Schwellung der schmerzenden Stellen 
liinzugesellte), wurde die Arbeit bald unmöglich. Sie wandte sieh an 
einen Arzt, welcher ihr eine Salbe und innerlich süssliche Pulver (wahr¬ 
scheinlich salicvl saures Natron) gab; danach fühlte sie Erleichterung, gänz¬ 
lich war aber die Krankheit nicht vergangen, vielmehr zog sich dieselbe 
in dieser Weise bis zum Anfang des Winters 1891 hin, zu welcher Zeit 
nach Eintritt der Kälte die früheren Schmerzen sich steigerten und neue 
Schmerzen mit Schwellung in deu übrigen oben genannten aflieirten Ge¬ 
lenken auftraten. 

Während drei Wochen, welche Patientin in der Klinik verbrachte, 
trank sie täglich Jessentukiwasser (No. 17), zuerst zu 1 1 j< 2 , sodann zu 
einem Glas täglich, hat einigemal (zuerst jeden zweiten, sodann jeden 
dritten Tag) sulir.ylsaures Natron in Jessentukiwasser eingenommen, zu¬ 
erst zu 20, sodann zu 40 g pro die, wonach sich Ohrensausen einstellte; 
«eit dem 6. Februar wurden die erkrankten Gelenke, nachdem sie unter 
Einfluss von Ruhe, Wärme und der erwähnten Behandlung bedeutend 
weniger schmerzhaft geworden waren, massirt und später auch mit dem 
constanten Strome elektrisirt: der Krankheitszustand verbesserte sich be¬ 
deutend. 

Status heute, am 19. Februar. Appetit wie gewöhnlich mässig. 
Magen, Dann, Leber und Milz normal. Der Ham rüthlieh, enthält kein 
Eiweiss und keinen Zucker. Klimactorium seit 15 Jahren. Respirations¬ 
organe normal (der geringe Bronchialkatharrh mit unbedeutendem Husten, 
mit welchem Patientin in die Klinik eingetreten, ist vergangen), die 
irculationsorgane ebenfalls (nur sind die Arterien etwas hart). Patientin, 
sc Hon lange mager, ist während der Krankheit wenig abgemagert. Die 
Temperatur, beim Eintritt in die Klinik etwas erhöht (37,0°), wurde bald 
normal. Weder Kopf- noch andere Schmerzen, ausser den erwähnten in 
den Gelenken. Diese sind bedeutend geringer und die Bewegungen viel 
reier. Die Anschwellung, welche an den beiderseitigen Hand-, Ellen¬ 
nogen- und Kniegelenken am bedeutendsten war (auch Fluctuatioii liess 
J‘r h nac 'hweisen), ist geringer geworden, und die heim Eintritt constatirte 
Eichte Röthung und Temperaturerhöhung an den letztgenannten Gelenken 
geschwunden, 

Diagn ose. Die Kranke repräsentirt einen von den Fällen, die in j 
den.Lehrbüchern der speciellon Pathologie, in der Litteratur überhaupt, 
sowie in der Praxis gewöhnlich mit dem Namen des chronischen Gelenk- ; 
Rheumatismus belegt oder, wenn ausser den Gelenken auch noch andere j 
Bewegungsorgane, Muskeln, Nerven und Knochen (d. h. nicht nur die i 
Ejuphysen, sondern alle Kuochentheile) betroffen sind, einfach chronischer I 
Rheumatismus genannt werden. Ich habe schon früher Gelegenheit ge- j 


habt zu bemerken, dass ich diese Benennung für unrichtig, die Begriffe 
verwirrend und einer genauen Diagnose (folglich auch Therapie) der viel- 
' artigen Störungen, welche alle linier diesem Namen zusammengefasst 
werden, für hinderlich halte. Ich will nun diesen Fall - den einzigen 
; gegenwärtig in der Klinik vorhandenen -- (obwohl andere comjdieirtere 
Fälle, die in der Praxis Vorkommen, meinem Zwecke eher entsprechen 
würden) benutzen, um diese meine Meinung zu erklären und zu be¬ 
gründen. 

Das Wort Rheumatismus, seiner alten Bedeutung schon 
lange verlustig, hat bisher noch keine genaue Definition erhalten: 
mit diesem Worte wird, wie schon gesagt, sowohl der acute Ge¬ 
lenkrheumatismus bezeichnet, eine scharf charakterisirte Krankheit, 
welche nicht weniger präcise gekennzeichnet ist als die Masern, 
Pocken, der Scharlach, Abdominal-, Flecktyphus u. a. m., eine 
Krankheit, die man mit keiner anderen verwechseln kann —, als 
auch Fälle solcher Art, wie der gegenwärtige (auf dessen Bedeu¬ 
tung ich noch zurückkommen werde), sowie andere noch compli- 
cirtere und, sowohl was die afficirten Organe, als auch hauptsäch¬ 
lich, was die Aetiologie anbetrifft, überaus mannigfaltige. Wohl 
muss die Noinenclatur an den Benennungen, welche eingebürgert 
und allen begreiflich sind, nicht rühren und ohne besondere Noth- 
wendigkeit keim 1 neuen Termina einführon, ehe das Wesen der 
Sache vollkommen geklärt, ist, nichtsdestoweniger aber muss sie 
doch die möglichste Genauigkeit anst.reben. Soll der Name Rheu¬ 
matismus erhalten bleiben, so kann dies natürlich nur unter der 
Bedingung geschehen, dass er eine bestimmte Bedeutung erhalte. 
Dieser Forderung wird Folge geleistet, wenn man die Benennung 
nur für den acuten Gelenkrheumatismus, eine, wie gesagt, voll¬ 
kommen charakterisirte und genau gekennzeichnete Krankheit 
bestehen lässt. Der Name Rheumatismus in seiner früheren alten 
Bedeutung wird freilich weder dem entsprechen, was wir schon 
jetzt über den acuten Gelenkrheumatismus wissen, noch aller 
Wahrscheinlichkeit nach dem, was uns darüber noch ferner zu er¬ 
fahren bevorsteht, doch nicht weniger berechtigt sein als die Be¬ 
nennungen Masern, Pocken, Scharlach, Pest u. s. w. für die von 
j ihnen bozeichneten Krankheiten. Eine präcise Terminologie wird 
dann erst möglich sein, wenn das Wesen genannter Krankheiten 
genau bekannt sein wird, bis dahin jedoch müssen die einge¬ 
bürgerten und deshalb zur weiteren Existenz mehr berechtigten 
Benennungen bestehen bleiben. 

Ist es nun möglich, wenn man die Benennung Rheumatismus 
für den acuten Gelenkrheumatismus bestehen lässt, dieselbe, ohne 
sie ihrer bestimmten Bedeutung zu berauben, auch für solche 
Fälle zu verwenden, wie der gegenwärtige und andere, noch com- 
| plicirtere, welche ich erwähnt und von welchen ich noch weiter 
i reden werde? Offenbar nicht, weil erstlich diese Fälle selbst 
' untereinander verglichen bedeut ende Unterschiede zeigen, verschie- 
j neuartige und durch verschiedene Ursachen bedingte^ Leiden vor- 
! stellen und weil sie andererseits mit dem acuten Gelenkrheurna- 
1 tismus durchaus nicht, identisch sind. So der gegenwärtige: zu- 
! erst stellten sich Schmerzen und Anschwellung in den Fingergelenken 
ein und bestehen bis jetzt, nach Verlauf eines Jahres erkrankten 
die übrigen betroffenen Gelenke und sind in diesem Zustande bis 
heute verblieben. Wo ist hier das Bild des acuten Gelenkrheu¬ 
matismus? Wo ist das gleichzeitige und dabei wechselnde, vor¬ 
übergehende Befallensein vieler Gelenke, wo das Fieber wo die 
verschiedenen Complieationen, cardiale und andere, welche man 
doch in einem Falle, der sich so lange hinzieht, natürlicherweise 
erwarten müsste, wenn die Krankheit in der 'That das wäre, u as 
man acuten Gelenkrheumatismus nennt? Endlich kommt no 


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526 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25 


hinzu, dass das salicylsaure Natron, welches beim acuten Gelenk¬ 
rheumatismus so entschieden wirkt, die Krankheit geradezu cou- 
pirt, in dem in Rede stehenden Falle (wie aus der Krankenge¬ 
schichte zu ersehen und wie wir in der Klinik beobachtet haben) 
nur als symptomatisches (schmerzlinderndes, auch in dieser Hin¬ 
sicht nicht stark wirkendes) Mittel gewirkt hat, ohne die Krank¬ 
heit zu eoupiren, zu heilen. 

Wohl giebt es Fälle, in denen ein evidenter, typischer acuter 
Gelenkrheumatismus nicht rasch endet und nicht in Genesung über¬ 
geht (gewöhnlich deshalb weil der Kranke sich unter ungünstigen 
Bedingungen befindet und sich nicht behandeln lässt, oder die 
Behandlung eine unrichtige, nicht genügend energische ist), son¬ 
dern ein chronisches Leiden der betroffenen Gelenke hinterlässt, 
welches sich durch Monate und Jahre hinzieht und ganz das¬ 
selbe Bild zeigt wie unser gegenwärtiger Fall, d. h. olino die 
c harakteristischen Besonderheiten des acuten Gelenkrheumatismus 
einhergeht und durch das salicylsaure Natron ebenfalls nicht 
coupirt, nicht geheilt wird. Solche Fälle aber chronischen Gelenk¬ 
rheumatismus zu nennen, d. h. sie als Fälle von acutem Gelenk¬ 
rheumatismus (einer Krankheit, welche alle Symptome eines acuten 
infectiöson Leidens besitzt) anzusehen, welcher in chronischen 
Zustand übergegangen ist, wäre dasselbe, als wenn man den zu¬ 
weilen bei den Masern zurückbleibenden chronischen Bronchial¬ 
katarrh chronische Masern oder die nach dem Abdominal¬ 
typhus zuweilen zurückbleibende chronische Diarrhoe chronischen 
Abdominaltyphus nennen wollte. Es ist ja klar, dass in allen 
diesen Fällen nicht die speeifische acute inlectiöse Krankheit in 
den chronischen Zustand übergegangen ist, sondern nur gewisse 
locale Aflectionen zurückgeblieben sind, welche sie hervorruft und 
welche in günstigen Fällen mit der Krankheit selbst schwinden, 
in ungünstigen dagegen chronisch bestehen bleiben. 

Im Laufe der chronischen, nach dem acuten Gelenkrheumatis¬ 
mus zurückgebliebenen Gelenkaffectionen kommen zuweilen zweifel¬ 
lose Rocidive des letzteren vor: Fieber stellt sich ein, die Gelenk- 
aflectionen exacerbiren und nehmen einen wandernden Charakter 
an, das salicylsaure Natron erweist von neuem seine Wirkung. 
Doch können solche Reeidive, welche dieser Krankheit überhaupt 
eigenthümlich sind und ebenso häufig auch in denjenigen Fällen 
Vorkommen, in welchen nach dem acuten Anfalle nicht, die gering¬ 
sten chronischen Gelenkleiden Zurückbleiben, keineswegs als ein 
Beweis dafür angesehen werden, dass das während Monaten und 
Jahren zwischen den Anfällen bestehende chronische Gelenkleiden 
identisch sei mit der acuten infeetiösen Krankheit, welche man 
acuten Gelenkrheumatismus nennt. 

Was repräsentiren nun eigentlich solche Fälle von chronischen 
Ci elenkleiden, der Polyarthritis chronica, wie der gegenwärtige 
und andere, die ich erwähnt habe? Hier ist eine eingehende 
klinische Analyse besonders nothwendig: ich unternehme in solchen 
hallen eine zweifache Untersuchung und stelle eine zweifache 
Diagnose — die anatomische, ivolche die Bestimmung der be¬ 
troffenen Organe und Gewebe in sich begreift, und die ätiologi¬ 
sche, zur Erforschung der veranlassenden Ursachen: in dieser 
Weise verfahre ich hauptsächlich deshalb, weil sich die Therapie 
dieser Fälle nicht nur wegen der Verschiedenheit der Krankheits¬ 
ursachen, sondern auch wegen der Verschiedenheit der afficirten 
Organe (Gelenke, Knochen. Muskeln, Nerven) verschieden ge¬ 
staltet. & 


Die anatomische Untersuchung ergiebt. Folgendes. Haupt 
sächlich und am häufigsten werden die Gelenke betroffen; dabe 
muss der Zustand der Epiphysen und der sie bedeckenden Knorpel 
der Zustand der Gelenkkapsel und der ausserhalb dieser liegende] 
Weiehtheile eruirt werden. Seltener werden Aflectionen (gewöhn 
lieh Schmerzen und Schwellungen) auch anderer Stellen, aussc 
(len Gelenken, beobachtet; in diesem Falle ist zu bestimmen, welch 
Organe betroffen sind: Haut (Hyperästhesie, Dermatitis u a' 
Knochen (am häufigsten Periostitis, welche auf Druck stärke 
werdende Schmerzen und zuweilen Anschwellung bedingt), Knorpe 
(Z; B. Perichondntis, Rippen-, Kehlkopf- und Ohrknorpel — an 
häufigsten in Folge von Gicht, — welche ebenfalls auf Druck siel 
steigernde Schmerzen bedingt), Muskeln (Myositis: erhöhte Tem 
peratur Spannung und Schmerz auf Druck und bei Bewegungen 
später Abmagerung der afficirten Muskeln und Bildung cirrhotische 
Jr i i 61 ?f elb Ä 0der Nerven (Neuritis: Schmerzen 
Störungen) Pßnd lC lkeit ^ Dl Uck und verschiedenartige functioneil 

tt. ^ Ci d °, r ätiologischen Untersuchung ergeben sich folgend 
» als häufigste: acuter Gelenkrheumatismus und, obwoh 
\ el seRener, andere acute infectiöse Krankheiten, der Tripper (M 
!)?a P D1Cht Um JJ n i bei dl . e ? er Gelegenheit, zu betonen, um wie vie 
° yarfchritl ® gonorrhoica der sinnlosen, die Begriff 
Snd ^fhcüinatismus“ vorzuziehen ist] 

, Tuberkulose, Gicht, Erkältung, traumatische Einfluss 


(nicht die groben, wie Contusioncn, Verwundungen u. s. w., als 
vielmehr die weniger starken, doch constant wirkenden, wie ange¬ 
strengte, ermüdende körperliche Thätigkeit), Alkoholmissbrauch 
(der Alkohol bewirkt direkt keine Gelenkaffectionen, doch ist sein 
zu diesen Erkrankungen disponirender Einfluss evident). 

Die chronischen Gelenkaffectionen sind, wie schon gesagt 
worden, ihrem Ursprünge nach grösstentheils complicirte, nicht 
durch irgend eine einzige, sondern durch mehrere, meist sogar 
viele Ursachen bedingte Leiden, so kommen sie z. B. als Folge 
der combinirten Wirkung des überstandenen acuten Gelenkrheuma¬ 
tismus einerseits, der Gicht, Syphilis, Erkältung und trauma¬ 
tischen Einflüsse andererseits zur Beobachtung. 

Welche allgemeine Benennung wäre nun für die liier in Rede 
stehenden chronischen Leiden am meisten passend? Der für jede 
Benennung noth wendigen Kürze wegen ist es am besten, sie 
Polyarthritis chronica zu nennen, weil die Gelenkaffectionen in der 
Regel die bedeutendsten, sehr häufig die einzigen sind und weil 
ferner eine solche Benennung die genaue Diagnose (somit auch 
die Therapie) des gegebenen Falles nicht im voraus entscheidet, 
nicht irre führt, wie es der Name chronischer „Rheumatismus“ thut. 

Wenden wir uns nun zur Analyse unseres gegenwärtigen 
Falles. Bei Leuten solchen Alters, wie unsere Kranke (58 Jahre), 
und bei Leuten, welche unter ähnlichen schweren, dürftigen Ver¬ 
hältnissen leben, kommt häufig eine andere Art von Gicht vor, die 
sogenannte atonische. Unsere Kranke bietet zwar keine charakteristi¬ 
schen Erscheinungen der Gicht, z. B. keine Affection der Gelenke der 
grossen Zehen, überhaupt keine vorwiegende Affection der kleinen 
Gelenke (es sind sowohl die kleinen als die grossen betroffen), 
sowie keine merkbaren gichtischen Ablagerungen an den Ge¬ 
lenkenden der Knochen; wohl aber bestehen Anzeichen der Dis¬ 
position zur Gicht, namentlich, ein constant röthlicher Harn und, 
wie die Beobachtung in der Klinik gezeigt hat, die günstige Wir¬ 
kung eines alkalischen Wassers (Jessentuki) auf die Kranke. 
Diese Disposition zur Gicht macht es begreiflich, dass die schäd¬ 
lichen Einflüsse, traumatische und Erkältung, welchen Patientin 
während ihres mühevollen Lebens ausgesetzt war, in ihrem 
Alter eine Gelcnkerkrankung hervorgerufen haben. In Bezug 
auf den so evidenten Einfluss der Erkältung (die zweimalige 
Wiederholung der Krankheit nach Eintritt der Kälte) ist noch zu 
notiren, dass gerade diejenigen Gelenke afficirt sind, welche ent¬ 
weder immer unbedeckt (Finger-, Carpal- und Metacarpalgelenk) 
oder w'enig geschützt waren (Knie- und Sprunggelenke), da die 
Kranke weder Beinkleider noch Unterröcke trägt, während die 
Fiisse doch immer durch die Schuhe geschützt waren. Wie schon 
gesagt worden, erweisen sich an den kranken Gelenken die ausser¬ 
halb der Gelenkkapsel gelegenen Weiektheile (Anschwellung und 
beim Eintritt in die Klinik Temperaturerhöhung und leichte Röthung) 
und die Kapsel selbst (Fluctuation) afficirt; Zeichen von Knoehen- 
affeetion sind nicht vorhanden. 

Prognose. Dem günstigen Verlaufe der Behandlung nach 
zu urtheilen, ist ein befriedigender Ausgang der Krankheit, Wieder¬ 
gewinnung der freien Bewegungen zu envarten, freilich nur wenn 
es der Kranken gelingen v r ird, in Zukunft die schädlichen Einflüsse, 
welche ein Recidiv der Krankheit verursachen könnten, zu ver¬ 
meiden. 

Behandlung. Weshalb bei der Disposition zur Gicht 
alkalisches Wasser verordnet wurde und weshalb bei einer 58 Jahre 
alten Patientin von nicht ganz genügender Ernährung in geringer 
Quantität, ist ihnen wohl ohne weiteres begreiflich. Ich füge 
bloss hinzu, dass, wenn die atonische Gicht bei Kranken beobachtet 
wird, welche vordem lange an der gewöhnlichen Form der Gicht 
gelitten, viel alkalisches Wasser getrunken haben und in ihrer Er¬ 
nährung bedeutend heruntergekommen sind, man entweder nur 
sehr leichte alkalische Wässer (Ems) oder erdige Wässer (Con- 
trexöville) geben muss. Die Ernährung unserer Patientin Et 
zwar nicht brillant zu nennen, doch ist sie auch nicht als herunter¬ 
gekommen zu bezeichnen, Mineralwasser hat sie nie getrunken, 
deshalb wurde ihr auch ein sehr wirksames alkalisches Wassei 
(Jessentuki 17), jedoch, wie gesagt, in geringer Quantität gegeben. 
Der Verlauf der Behandlung hat diese Verordnung als zweck¬ 
entsprechend erwiesen. — Das salicylsaure Natron, als schmerz¬ 
stillendes Mittel, hat der Kranken genügende Erleichterung vei- 
schafft. Die Massage und der coustaute Strom verringern (•'*' 
Gelenkschwellung zusehends und erleichtern die Bewegungen. 1B- s 
Jessentukiwassor je Glas zweimal täglich, Massage und Elcktn- 
sation werden wir deshalb fortsetzen; das salicylsaure Natron 
sowie schmerzstillende Mittel überhaupt sind nun nicht mein 
nöthig. 

Wir beschränken uns auf die genannten Mittel, weil sie 
offenbar genügen. Ein ausgezeichnetes Mittel bei chronischen 
Gelenkerkrankungen sind Salzbäder, warme und selbst (wenn keine 
Contraindicationen vorliegen) heisse; im gegebenen Falle wenden 


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21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


527 


wir sie nicht an. weil wir, wio gesagt, auch ohne sie auskommon 
werden, hauptsächlich aber deshalb, weil sie durch die Winterzeit 
eontraindicirt sind: Patientin würde, nachdem sie die Klinik ver¬ 
lassen, in höherem Grade der Gefahr sich zu erkälten ausgesetzt 
sein. Ein gutes Mittel bei deu chronischen Gelenkaflectionen ist 
die Carbolsäure (Umschläge aus zwei bis vierprocentigcr Lösung 
und subcutanc Injeetionen); im gegebenen Falle erscheint dieses 
Mittel unnöthig, zudem verursachen die subcutanen Injeetionen der 
Carbolsäure starke Schmerzen. Jodpräparate (sowie Quecksilber¬ 
präparate) sind nöthig, wenn Syphilis an dem Gelenkleiden Theil hat. 

Bei Verordnung der Localbehandlung ist zu beachten, welche 
Organe oder Gewebe afficirt sind. Sind es die Muskeln, so 
erscheint Massage am meisten geeignet. Bei Erkrankung der 
Gelenke sind nutzbringend: Vesicatorien, Massago, Elektrieität und 
Carbolsäure. Bei Affectionen des Periostes nur die allgemeine 
Behandlung, gewöhnlich eine antiseptische oder antipodagrische 
oder eine Combination beider (z. B. Jodpräparato in alkalischen 
Mineralwässern): Massage und Elektrieität steigern die Schmerzen 
und verschlimmern die Krankheit. Gegen Neuritiden Ruhe, Vesi¬ 
catorien, reizende und schmerzstillende Salben und, nach Beendigung 
des acuten Stadiums, vorsichtige Massage nicht der Nerven selbst, 
sondern der Ableitung wegen der benachbarten Weichtheile, 
namentlich der Muskelmassen; die Wirkung der Elektrieität ist 
unsicher. Endlich sind, wiederhole ich, Salzbäder, w-arme und 
heisse, nutzbringend bei allen diesen Affectionen. — 

Am 1. März 1891 verliess Patientin die Klinik. Alle 
Functionen waren in Ordnung, die Ernährung besser, die Kräfte 
ebenfalls. Anschwellung war nur an den Metacarpalgelenken zu¬ 
rückgeblieben, obwohl bedeutend geringer als früher, an anderen 
Stellen dagegen gänzlich verschwunden. Schmerzen auf Druck 
hei passiven und kurzdauernden aetiven Bewegungen waren nirgends 
vorhanden. Andauerndes Gehen rief Gefühl von Ermüdung hervor, 
sodann auch Schmerz in den Knieen, welcher übrigens bei Ruhe 
bald verging. 

Der Kranken wurde der Rath ertheilt, die bekannten schäd¬ 
lichen Einflüsse zu vermeiden und die Massage fortzusetzen. 


II. Aus der chirurgischen Klinik am Charitd-Krankenhause 
in Berlin. 

Die Behandlung einfacher und complicirter 
Brüche der unteren Extremitäten mit am¬ 
bulatorischen Gipsverbänden. 1 ) 

Von Stabsarzt Dr. Korsch. 

Bevor ich mich der Demonstration von Personen zuwende, 
die ich seiner Zeit als Assistent der Klinik des Herrn Geheimrath 
v. Bardeleben mit Gehverbänden behandeln durfte, glaube ich 
Ihnen kurz die Entstehung dos jetzigen Gohverbandes vorführeu 
zu müssen: 

Als Vater desselben — allerdings mit einer Beschränkung — 
muss, wie wir soeben gehört haben 2 ), Seutin angesehen werden, 
der die Bruchenden sogleich reponirto und sic dann durch seinen 
Papp-Kleisterverbaud lixirt erhielt. Die Patienten mussten die 
Deambulation ausüben, durften jedoch dabei das gebrochene Glied 
nicht gebrauchen, dasselbe wurde im Gogcnthcil an einem Bande 
schwebend getragen. Mit der Einführung des Gips Verbandes ver¬ 
bot sich bei der Schwere desselben das Umhergehen von selbst. 
Nur langsam wurde es in der ärztlichen Welt bekannt und viel¬ 
lach mit Misstrauen aufgenommen, dass ein Nichtarzt, Herr 
Hessing in Göggingen, Apparate anfertige, in denen Beinbrüchige 
und mit Pseudartlirose Behaftete in kurzer Zoit ohne Beschwerden 
umhergehen könnten. Wio man dieses Prineip mit viel einfacheren 
Mitteln und namentlich billiger als Hessing, lediglich durch 
Anwendung des Gips verbaudos verallgemeinern kann, wenigstens 
hei Untersckenkelbrüchen, hat Fedor Krause gezeigt, dem 
ich mich in der Technik des Verbandes angoschlosscn habe. — 

dem Versuche, den ambulatorischen Gipsverband auch auf 
Oberschenkelbrüche auszudehnen, bin ich bewogen worden 
durch die Kenntniss der vor drei Jahren von Hessing ange¬ 
gebenen Extensionsschienen und die Angaben und Apparate von 
Harbordt und Housncr. Das allen diesen Bestrebungen 
Gemeinschaftliche ist die Erreichung einer vollkommenen Extension 
durch Vorrichtungen, mittels welcher der Fuss gegen ein Fussbrett 
gezogen wird, und einer ständig und sicher wirkenden Contraexteu- 
sion durch Gegenstemmen eines Polsters gegen das Tuber ischii. 

Mir schien es nun einleuchtend, dass die passive Extonsion, 
die der auf die blosse Haut angelegte Gipsverband an den Mal- 

, T Demonstration auf dem Congress der Deutschen Gesellschaft für 
Chirurgie. 

3 ) 8. diese Wochenschrift Xo. 17, S. 373. 


leolen, am Fussrücken und an der Ferse ausübt, auch genügend 
sein müsse für die Extension eines Oberschenkelbruches, wenn 
mit dem Gypsverbande ein Sitzhalbring fest verbunden ist, wolcher 
sich gegen das Tuber ischii stemmt und so die Contraextension 
ausübt. Ich benutzte hierzu anfaugs Schienen nach Art der 
Taylor’schen, die mittels Coulissenschiebung im Ober- und 
Unterschenkeltheil für verscliiodenc Kranke gebraucht werden 
konnten; dieselben wurden zwischen den Bindentouren eingegypst. 
Bald verwandte ich dann eine einfache, schnell aus dickem Draht 
anzufertigende Thomas’scho Schiene, an welcher der gegen das 
Tuber drückende Theil mit Watte und Binden gepolstert wird. 
Jetzt verwende ich sie nur noch bei ungeübter Assistenz. Sehr 
viel einfacher ist das Verfahren, dessen sich mein Nachfolger, 
Herr Stabsarzt Albers, bedient, indem eine mit in den Verband 
gezogene Gipslanguette gegen das Tuber gedrückt wird. 

Länderer erwähnt in seinem klinischen Vortrage „Die Be¬ 
handlung der Knochenbrüche“ am Schlüsse die Hessing’se.hen 
Bestrebungen mit dem Bemerken, dass sich in der Praxis nur das 
auf die Dauer hielte, was einfach und zugleich brauchbar sei. Ich 
glaube, dass etwas einfacheres als ein Gipsverband nicht ange¬ 
geben werden kann; es ist bei den Geh verbänden allerdings eine 
gewisse Beherrschung der Technik nothwendig, wenn man Miss¬ 
erfolge vermeiden will. Die vorhin hier geschilderten Vorzüge 
haben in letzter Zeit den Gehverband häufig in der chirurgischen 
Litteratur erscheinen lassen, und möchte ich hier besonders der 
Veröffentlichung des Herrn Bruns gedenken. In derselben Rich¬ 
tung bewegen sich die Bestrebungen der Herren H. Schmidt, 
Aust, Dollinger und Liermann. Auch die Behandlung von 
Schenkelhalsfracturen im Stehbett von Messner sucht einige der 
Vortheile des Geh Verbandes dem Verletzten mit Erfolg nutzbar zu 
machen. 

Da es für den Werth einer Methode von Bedeutung ist, die 
Resultate zu beobachten, die damit gezeitigt worden sind, habe 
ich mich der in Berlin besonders undankbaren Aufgabe unter¬ 
zogen, die mit Hülfe des Einwohner-Meldeamts ausfindig gemachten 
ehemaligen Patienten der Klinik des Herrn Geheimrath v. Bardo¬ 
leben aufzusuchen. Leider ist es nur möglich gewesen, einen 
ganz verschwindend kleinen Theil der Fälle ausfindig zu machen, 
von dem wieder nur wenige heute erschienen sind, die ich zum 
Theil in der Gesellschaft der Charite-Aerzte am 10. November 1892 


in ihren Verbänden vorstellen konnte. 

Was nun die Resultate anbetrifft, so werden Sie sehen, dass 
ein Theil der Patienten, wohl auch infolge ihres vorgerückten 
Alters, noch heute nicht zu seiner früheren Arbeitsfähigkeit zu¬ 
rückgekehrt ist. Sie sind durch den Unfall angeblich so ge¬ 
schwächt und empfinden andauernd Schmerzen, dass sie ihre 
frühere Arbeit nicht aufnehmen könnten. Man sieht sich beinahe 
gezwungen zu unterscheiden zwischen denen, welche einen Rück¬ 
halt' an der Unfallgesetzgebung haben, und denen, wolohen Ent¬ 
schädigungsansprüche nicht zur Seite stehen. 

Ich beginno nunmehr mit der Demonstration: 

Fall 1. Der 65jährige Kutscher R. erlitt durch Fall von seiner 
Droschke am 9. September 1892 einen Sehrägbruch an der Grenze des 
mittleren und unteren Drittels des linken Oberschenkels mit erheblicher 
Dislocation und Verkürzung. Am rechten Unterschenkel eine 10 cm 
lange, klaffende Haut- und lYriostwunde. Reposition in Narkose, Planum 
iucliuatum. Eis. 11. September Streckverband mit allmählicher Belastung 
bis 25 Pfd. 16. September (am siebenten Tage nach der Verletzung) 
Gehverband; Klagen über Druck am äusseren Knöchel, woselbst der Streck¬ 
verband einen kleinen Decubitus erzeugt hatte. — Lockerung deS Q Ver¬ 
bandes infolge starker Abschwellung der Weichtheile, daher am 8 Oc- 
tober zweiter Gehverbaml. Klagen über Druck am iiussoren Knöchel er¬ 
fordern am 16. Oetober den dritten Gehverband. 22. October Consoli- 
dation; Abmagerung des Quadriceps; Kniegelenk nur um 20° beweglich; 
Massage 5 November Beugung bis zum rechten Winkel. - beit seiner 
Entlassung aus der Klinik bezog er Vollrente, seit Herbst 1893 ist er 
50 ° n erwerbsunfähig. — SammLlichc Gelenke des linken Beins sind voll¬ 
kommen beweglich, die Muskulatur ein wenig schwächer, Verkürzung um 
2 cm. — Da er von einer früher übcrstaiidencii Phlegmone am linken 
Arm "rosse, die Beweglichkeit hindernde Narben bat, muss man ihm 
schon glauben, dass er mit seinen 65 Jahren nicht mehr viel Lust hat, 
sich auf den Kutscherhock zu schwingen. 

Fall 2. Der 42jährigo Fuhrmann Sz. fiel am 17. Oetober 1892 von 
seinem mit circa 100 Centncrn beladenen Wagen, von dem er überfahren 
wurde. Er erlitt dadurch folgende drei Brüche, alle an der rechten Kürpei- 
liälftc: Fractura cruris complicata in der Mitte, brartnra femoris (diei 
Finger breit unterhalb des Trochanter major), Fractura Immen im Oollum 
chirurgieum. — Starker Shok. Aus der Unterschenkelwundo wurde emo 
grosso Anzahl von Knochensplittern entfernt; Jodoformgazotamponarie, 
darüber Seidcnknopfnahte; Strcckvcrband. Der Arm wird auf em rf>- 
mevcr’sches Kissen gelegt. Erhebliche Bronchitis. — 2_. Oclobe (■»” 
fünften Tage nach der Verletzung) erster Gehyerlmnd. Gang wegen der 
mangelnden Unterstützung durch den rechten Arm - "'er ht 
bronchitischen Erscheinungen schwinden bald. — -J. • . |i h 

verband; ein Stück des Lappens der Unterschenkelwundo ist nekroti.cn 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25 


528 _ 

geworden, ebenso zwei beim Ueberfohren gejueUchte Stellen au de r 
rechten Ferse und am rechten Fussrüekon. - li. Novembw dritter Geh¬ 
verband; Oberarmbruch geheilt. Anfang Deceruber | 1892 Heilung: - um 

Verkürzung. - Nach der Entlassung aus der Klinik ist ti ANt^en des 
oben erwähnten Geschwürs an der rechten Ferse im Krankenhause im 
Friedrichshain hehandelt worden, sowie zur schnelleren Erreichung der 
Arbeitsfähigkeit in der Heimstätte für Unfallverletzte in Nmderschdnhausen 
— Das rechte Bein ist in seinor Ernährung zurückgeblieben, die Gelenke 
sind alle frei beweglich; trotzdem erscheint es durchaus glaubhaft, wenn 
er behauptet, seine schwere Arbeit als Lastfuhrmann nicht mehr thiin zu 

Fall 3. Der 34 jährige Arbeiter Sch. erlitt am 6. Octoher 1892 
durch Fall 3 m hoch auf eine scharfe Kante einen complicirten Bruch des 
linken Unterschenkels an der Grenze des mittleren und unteren Drittels. 

An der inneren Schienbeinfläcbe befindet sich eine 8 cm klaffende \\ undc, 
aus der das proximale Schionbeiuendo hervorragt. Arterielle Blutung. 
Unterbindungen; erhebliche Muskelzerreissung, Entfernung von Knochen¬ 
splittern. mehrere davon brachte er in Papier gewickelt mit. Tamponade, 
darüber Vernähung der Haut. Da die Bruchenden 2 cm auseinander¬ 
stehen, werden sie am 13. October (am siebenten Krankheitstage) genähert, 
indem die Fibulaendcn übereinander geschoben werden, Anlegung eines 
Gchverbandes. Zweiter Gehverband am 24. October. Dritter Geliverband 
am 5 November. Tampon wird fortgelassen. 19. Novembor Abnahme; 
Bruchenden geheilt, Wunde noch offen. 20. Januar 1893 Entlassung. — 
Zur Zeit besteht an der Wade eine Umfangsdiffereuz von 2,.) cm, innere 
Schienbcinfläche sehr verdickt; ganz mit dem Knochen verwachsene Karbe 
von 7 cm Länge; Beweglichkeit im Fussgelenk beschränkt. -- Seit Ende 
vorigen Jahres bezieht er eine Rente entsprechend 50 °/o Erwerbs¬ 
unfähigkeit. 

Fall 4. Der 60jährige Zimmermann lv. erlitt am 17. October 1892 
einen Flütenschnabelbruch des linken Unterschenkels in der Mitte durch 
Fall 2 m hoch von einem Gern st. Sehr starke Dislocation und drohende 
Durchstechung des proximalen Brechendes; Unifangsdifferenz 6 cm; Blasen¬ 
bildung an mehreren gequetschten Stellen. 19. October erster Geh¬ 
verband. Auch bei dem zweiten Geh verbände am 28. October Hess sieb 
die Dislocation nicht vollkommen Ausgleichen. Heilung Ende November 
1892; mässige Deviation an der Innenfläche des Schienbeins. Er bezieht 
eine Rente, von 50 °/o Erwerbsunfähigkeit. 

F’all 5. Der 24jährige Strassenkehrer St. wurde am 28. September 
1892 von einem besetzten Omnibus überfahren und trug einen Bruch des 
linken Unterschenkels in der Mitte davon. Enorme Schwellung, Unifangs¬ 
differenz 8 cm. — Nach zwei Tagen hatte die Schwellung um 1 cm ab¬ 
genommen, daher am 30. September erster Geh verband. 8. October zweiter 
Gehverband, bedeutende Abschwellung. 18. October dritter Gehverband. 
26. October Abnahme, Heilung. Nach vierzehn Tagen nahm er seine 
Arbeit im vollen Umfange wieder auf. 

Fall 6. Der 23jährige Maler 0. erlitt am 23. Juli 1892 einen Q.uer- 
bruch des linken Oberschenkels an der Grenze des mittleren und unteren 
Drittels durch Sturz bei einem Weltlaufe. Planum inclinatum, Eis. Ara 
folgenden Tage Extensionsverhand mit bis 25 Pfd. Belastung. 28. Juli 
erster Gehvcrband mit Einlage einer im Kniegelenk bewegliehen Schiene; 
Knie- und Fussgelenk wurden auch vom Verbände frei gelassen. 2. August 
zweiter Geh verband mit festgestellten Gelenken, indem die Vort heile der 
Beweglichkeit nicht den Unannehmlichkeiten die Waage halten, die sich 
namentlich durch das Hervorquelleu der Weichthcilc ergeben. 10. Sep- 
tombor Abnahme, Heilung mit starkem Gallus 49 Tage nach der Ver¬ 
letzung. Beweglichkeit im Kniegelenk 40°, im Fussgelenk unbeschränkt; 
koine messbare Verkürzung. Bald nach der Entlassung aus der Klinik, 
Ende October, fing er bereits mit der Arbeit an. 

Fall 7. Der 30jährige Schlosser W. erlitt am 30. Octoher 1892 
durch Umknicken beim Billardspiel eineu Rissbruch des inneren Knöchels 
und einen mehrfachen des äusseren Knöchels des linken Unterschenkels. 
Der Fuss war nach aussen um einen rechten Winkel gedroht, die Bruch¬ 
linien sehr deutlieh zu fühlen. Whatson'sche Schiene, hydropatbischer Ver¬ 
band, Massage. 5. November erster Gehverband in extremer Varus- 
stellung, in welchem er am 8. November, also neun Tage nach der Ver¬ 
letzung, die Klinik verliess. Der Verband wurde am 22. Krankheitstage 
abgenommen. Vom Kassenärzte erhielt er noch 14 Tage Schonung und 
nahm dann sofort seine frühere Arbeit auf. Zur Zeit besteht eine mässige 
Verdickung beider Knöchel, die Beweglichkeit im Fussgelenk ist garnicht 
beschränkt. 

III. Aus dem Neuen allgemeinen Krankenhause in Ham¬ 
burg-Eppendorf. 

Weitere Erfahrungen über die Benutzung 
von Alkalialbuminaten zur Herstellung von 
Nährböden. 

Von Dr. G. Deycke, Assistenzarzt. 

Seitdem ich im Herbst vorigen Jahres in No. 37 dieser Wochen¬ 
schrift meine Versuche mit Alkalialbuminatnährböden zur Isoliruug 
von Cholerabacillen der Oeffentlichkeit. übergab, haben sich meine 
Erfahrungen betreffs dieses Nährbodens nach verschiedenen Rich¬ 
tungen hin erweitert. 

Zunächst gestattete mir die kleine Hamburger Epidemie vom 
Herbst 1893, in umfangreichster Weise mein Verfahren in Bezug 
auf seine Leistungsfähigkeit an natürlichen Cholerastühleu zu 


Dl 


Go igle 


prüfen und zwar nicht allein an den typischen Fällen von Morbus 
asiaticus, sondern gerade an denjenigen Fällen bei denen der 
Nachweis der Cholerabacillen bislang nur vermittels der Hunbar- 
Koch’sehen Peptenwassercultur gelang. Es würde an diesem Orte 
zu weit führen, die genaueren Details meiner damaligen Unter¬ 
suchungen zusammenzustellen, ich möchte hier nur kurz das Re¬ 
sultat mittheilen. Und das bestand darin dass memo Methode 
allen Erwartungen, die ich an dieselbe auf Grund meiner vorherge- 
wangenen Versuche stellen zu können glaubte, auf das glän¬ 
zendste entsprach: Nach 12-15 Stunden war es mir aus¬ 
nahmslos möglich, aus dem charakteristischen Aussehen der 
Albuminatgelatineplatten die Diagnose zu stellen und gleichzeitig 
die zur weiteren Prüfung nöthigen Reinculturen anzulegen. Wäh¬ 
rend ich also durch den Wegfall der Pepton was sercultur und ver¬ 
möge des schnelleren Wachsthums der Choleravibrionen auf meiner 
Gelatine erheblich an Zeit sparte, hatte ich zugleich infolge der 
alleinigen Benutzung eines festen Nährbodens ein genaues Bild 
von der Menge der im untersuchten Material vorhandenen Cholera¬ 
keime. Auf Grund dieser an zahlreichen praktischen fällen erhärteten 
Vorzüge glaube ich nunmehr aussprechen zu können, dass mein 
Verfahren zur Isolirung von Cholerakeimen aus menschlichen De- 
jectionen dem bisher üblichen Dunbar-Koch’schen Peptonwasser¬ 
verfahren überlegen ist. 

Während also der Nährboden den Zweck, für den er gedacht 
war, vollständig erfüllte, licss ich es mir in der Folgezeit ange¬ 
legen sein, seine weiteren Eigenschaften an andern pathogenen Mi¬ 
kroorganismen festzustellen. Zu diesem Zwecke stellte ich mir 
einen Agarnährboden her, der nach meinen Erfahrungen am zweck - 
mässigsten wie folgt bereitet wird: l 0 /o aus Kalbfleisch herge¬ 
stelltes Alkalialbuminat, 1% Pepton, 1 /2% Kochsalz, 2/o Agar- 
Agar und 5% Glycerin werden mit dom entsprechenden Volumen 
destillirten Wassers angesetzt und durch Zusatz von etwa /s /o 
Soda 1 ) alkalisch gemacht. Die weitere technische Behandlung ge¬ 
schieht ganz in der üblichen Weise, und man erhält schliesslich 
einen Agar, der, im Reagensröhrehon schräg erstarrt in f arDo 
und Aussehen dem gewöhnlichen Fleischbouillonagar ähnelt; nur 
passirt es öfters, dass sich beim Erstarren eine leichte flockige 
Trübung einstellt, welche die praktische Verworthbarkeit jedoch 111 
keinor Weise beeinträchtigt. . , 

Es zeigte sich nun, dass von den mir zu Gebote stehenden 
pathogenen Mikroorganismen nur Anthrax, Cholera asiatica, Di¬ 
phtherie- und Tuberkelbacillen in üppiger Weise zur Entwickelung 
gelangten. Alle andoron kamen entweder kaum zur sichtbaren 
Entwickelung oder blieben doch hinter ihrem sonstigen W aehstüum 
auf gewöhnlichem Glycerin-Agar ungemein zurück, bpeciell mtei- 
essirte mich, dass Streptococcen nach 24 Stunden noch keine sich - 
baren Colonieen erkennen liessen; erst nach 48 Stunden zeig en 
sich bisweilen kleinste, nur bei scharfem Zusehen erkennbare Go- 
lonieen, die aber bereits am nächsten Tage wieder weggetrocknet 
waren. Dies Verhalten der Streptococcen veranlasste mich, in 
gleichzeitigen Hinblick auf das gute Wachstlium der Diphtherie- 
bacillen, den Albuminatagar zur Isolirung der letztgenannten mc 
terienspecies zu erproben. , . _ . ... 

Zu diesem Zwecke versuchte ich zunächst, bei Gelegennei» 
Diphtlieriesectionon, die specifischen Organismen zu isoliren, m em 
ich ein Stückchen einer steril entnommenen Pseudomembran m 
seiner Haftfläche auf mehreren Röhrchen schräg erstarrten Albumi- 
natagars verstrich. Es erwies sich bald die Benutzung von me re 
derartigen Röhrchen als unnöthig, da das erste den folgenden urc 
aus gleicliwertliig war: es erschienen nämlich auf allen Agarg a5 
fast ausschliesslich kleine grauliche Colonieen, die sich bei romr - 
skopischer Betrachtung auf dem Deckglas und durch Weiteiz 
tung auf Glvcerinagar, Blutserum und Gelatine als aus UT 1S . . 
Löffler’schen Bacillen bestehend zu erkennen gaben. Nur eim*. 
wenige anders geartete Colonieen, bisweilen im ganzen nur 
bis vier, bisweilen auch gar keine, waren zur Entwickelung g 
langt, und erst nach abermals 24 Stunden zeigten sich dann ^ 
einzelne weitere Nicht-Diphtheriecolonieen. Ich beobachtete lem«, 
dass der Ort der Entnahme der zur Untersuchung gelangen« 
Pseudomembran in Bezug auf das Resultat durchaus belanglos 
Im Ganzen sind im Laufe der fteit fünf Sectionen nach allen wci 
tungon hin untersucht, und es zeigte sich, dass es gleichgutig ’ 
ob die Membran aus der Trachea oder dem Larynx, von den 
sillen oder aus der Nase entnommen wurde, oder aber ob si 
einer fibrinösen Entzündung der Cardia dos Magens stamm e, 
cs bei zwei Soctionen der Fall war. Interessant war, a . , 
keinem Falle Streptococcen nachgewiesen werden konnten, w 
doch beim Ausstreichon von Diphtheriemembranen auf G yc 

*) In meiner Publication — diese Wochonscbrift 1893, No. 
ist der Alkalizusatz fälschlicherweise auf 1% Soda angegeben; cs 
auch hier heissen 73 % Soda. 


Original from 

university of michigan 





21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


529 


in erster Linie die Streptococcen es sind, die das Aufkommen 
der Diphtheriebacillen verhindern. Bemerken will ich noch, dass 
ein absichtlich etwas unsauberes Arbeiten bei der Entnahme der 
diphtherischen Membranen keinen wesentlichen Unterschied machte: 
die Diphtheriebacillon überwucherten eben unter allen Umständen 
die übrigen Keime. 

Allo diese Ergebnisse ermuthigten mich, meine Methode am 
Lebenden auszuprobiren, da es mir darum zu thun war, dieselbe 
für klinische Zwecke dienstbar zu gestalten. In der Diphtherie- 
Abtheilung des Neuen Allgemeinen Krankenhauses stand mir ein 
reichliches Untorsuchungsmaterial zur Verfügung. Durch das freund¬ 
liche Entgegenkommen des Abtheilungsarztes Herrn Dr. Wolff, 
der in liebenswürdigster Weise meine Arbeit unterstützte und 
dem ich deswegen zu besonderem Dank verpflichtet bin, war ich 
in der Lage, bis jetzt 25 Diphtheriekranke zu untersuchen. In 
allen diesen Fällen gelang der Nachweis und die Isolirung der 
Diphtheriebacillen ausnahmslos am Tage nach dem Ausstrich des 
Materials auf den Albuminatagar ohne Schwierigkeit, und zwar 
war auch hier die Beschickung nur eines einzigen Röhrchens er¬ 
forderlich; nach weiteren 24 Stunden war ich regelmässig im Be¬ 
sitze der Reincultur. Ich will hier noch nachholen, dass die auf 
meinem Nährboden gewachsenen Diphtheriebacillen mikroskopisch 
durchaus die bekannten typischen, leicht erkennbaren Formen prä- 
sentiren; nur erscheinen sie im allgemeinen etwas kleiner und 
zarter, als man sie sonst zu sehen gewohnt ist. 

Aus den im Folgenden kurz analysirten 25 Krankheitsfällen, 
die vermittels meines Verfahrens untersucht sind, möge man sich 
selbst ein Urtheil bilden, ob es mir gelungen ist, eino ebenso ein¬ 
fache wie sichere und deshalb für klinische Zwecke taugliche Me¬ 
thode zum Nachweis von Diphtheriebacillen gefunden zu haben. 

Bei drei Fällen, in denen ich durch die Tracheotomiewunde 
ausgehustete Membranen untersuchte, war das Ergebniss das 
gleiche, wie es oben bei den aus Sectionen gewonnenen Resultaten 
geschildert wurde. In 16 Fällen, in denen mit steriler Pincette ent¬ 
nommene Tonsillarmembranen oder Beläge zur Untersuchung kamen, 
war bisweilen das Resultat ein fast gleich schönes, bisweilen hatte 
sich eine etwas grössere Menge anderer Keime zu Colonieen ent¬ 
wickelt, aber immer bildeten die Diphtheriebacillen das Gros der 
Colonieen, gewisscrmaassen den Untergrund des auf dem Agar¬ 
röhrchen gewachsenen Bacterienrasens. Ein weiterer besonders 
bemerkenswerther Fall, der bei der Aufnahme ins Krankenhaus 
keine Membranen an den Rachenorganen, sondern nur eine intensive 
dunkle Röthung der Tonsillen und an einzelnen Stellen derselben 
einen sehr zarten dünnen Belag zeigte, klinisch also zunächst keine 
sichere Differentialdiagnose zuliess, ergab bacteriologiscli mit Aus¬ 
nahme von etwa drei bis vier anderen Colonieen eine Reincultur 
Ton Diphtheriebacillen. Hier wurde die bacteriologische Diagnose 
durch eine in der Folge auftretende acute parenchymatöse Nephritis 
nach der klinischen Seite hin verificirt. Noch zwei andere Fälle, 
die erst nach Verschwinden der Membranen untersucht wurden, 
erlaubten gleichfalls die mühelose Reinzüchtung der specifischen 
Krankheitserreger. Nur bei drei Fällen gestaltete sich das Auf- 
finden der Diphtheriecolonieen nicht ganz so leicht und mühelos 
wie sonst, sondern gelang erst nach einigem Suchen. Es handelte 
sich einmal um eine schwere gangränöse Form der Diphtherie, die 
nicht lange vor dem Exitus untersucht w r urdc, und zweimal miss¬ 
lang es bei kleinen, besonders ungeberdigen Kindern, geeignetes 
Untersuchungsmaterial von den Rachenorganen zu gewinnen, 
sondern man musste sich damit begnügen, mit der Platinöse in 
den Mund einzugehen und von den Tonsillen etwas Schleim abzu¬ 
kratzen. Doch war ich auch in diesen drei Fällen in der Lage, 
nach Ablauf von 48 Stunden bereits die Diphtheriebacillen in 
Reincultur zu besitzen. Will man in derartigen Fällen ganz sicher 
und vorsichtig zu Werke gehen, so würde es sich empfehlen, den 
Albuminatagar auf einer Platte oder in einem Petri’schen 
As fy c ^ en ers tarren zu lassen und dann auf dieser grösseren Ober- 

■n^ as z p untersuchende Material zu verreiben. 

Wie bei Sectionen kamen auch bei Diphtheriekranken niemals 
otreptocoecen zur culturellen Entwicklung, selbst nicht in einem 
schäftet* h ^^ ar ^ ac ^’ ^ er g enu i ner Diphtherie vergesell- 

Um sich von der hemmenden Wirkung meines Agars auf die 
meisten Bacterienformen ein anschauliches Bild zu machen, empfiehlt 
® s ® lc “’ v y n einem derartigen Albuminatagarröhrchen 24 Stunden 
acn der Impfung an einer Stelle abzustechen, an der sich, dem 
ikroskopischen Ausweis zufolge, ein dichter Rasen von Diphtherie- 
aeiiien gebildet hat, und dies Material auf gewöhnlichen Agar zu 
ertragen. Man wird dann auf letzterem fast ausnahmslos neben 
iphthenecolonieen reichliche und mannichfaltige andere Colonieen 
merken, während von derselben Stelle abermals auf Albuminat- 
sich eine Reincultur von Diphtheriebacillen 
wickelt. Praktisch lässt sich aus dieser Beobachtung entnehmen, 


® ai } in allen Fällen, wo man nicht disseminirte Colonieen von 
Diphtheriekeimen vor sich hat, besser thut, die erste Uebertragung 
wiederum auf Albuminatagar zu machen und von dieser Cultur 
erst auf Glycerinagar und Blutserum weiter zu impfen 


IV. Ein Instrument zur Befestigung von 
Endoskopen, Cystoskopen und ähnlichen 
Apparaten. 1 ) 

Von H. Lolinstein. 

Dem Arzte, der Gelegenheit hat, häufig zu urethroskopiren, 
wird es unangenehm aufgefallen sein, welche Schwierigkeiten es 
im allgemeinen bietet, eine im Endoskop eingestellte Partie dauernd 
und sicher zu fixiren. In den tieferen Regionen der Harnröhre 
bewirken besonders die muskulösen, die Schleimhaut umgebenden 
Apparate eine Verschiebung des endoskopischen Tubus. Die Gewalt, 
mit welcher sie streben, den Tubus aus seiner Lage zu bringen, 
ist an gewissen Stellen der Harnröhre, so besonders an dem Ueber- 
gangspunkte der Pars membranacea in die Pars bulbosa so stark, 
dass es nicht selten einer gewissen Kraftanstrengung seitens des 
Endoskopikers bedarf, um sie zu fixiren oder auch nur ein all¬ 
mähliches — nicht stossweisses — Hinausgleiten des Tubus zu er¬ 
möglichen. In der Pars cavernosa fehlen derartige Einwirkungen 
seitens der Muskulatur. Dafür aber tritt, je weiter nach vorn, 
um so deutlicher und störender, die Schwere des Penis selbst in 
Kraft. Sie verhindert es häufig, indem sie das Abgleiten von dem 
Tubus begünstigt, auch nur wenige Minuten hindurch ein und die¬ 
selbe Partie der Schleimhaut zu fixiren. 

Unangenehmer noch und störender treten diese Uebelstände 
hervor, wenn es sich darum handelt, eine bestimmte Stelle längere 
Zeit hindurch — eventuell unter Anwendung verschieden con- 
struirter Endoskope — zu studiren oder die erkannten Einzelheiten 
anderweitig zu demonstriren. — Exacte Ausführung von operativen, 
intraurcthralen Eingriffen wird beinahe unmöglich gemacht, weil 
der Operateur durch fortdauernde Inanspruchnahme der einen, 
das Endoskop fixirenden Hand in seinen Bewegungen wesentlich 
gehemmt ist, wenn er ohne Assistenz arbeitet. — Aber selbst oin 
geschulter Assistent kann hier nur wenig leisten, da aus den an¬ 
geführten Gründen bei der Uebernahme des Endoskops vom Opera¬ 
teur seitens des Gehilfen nicht selten die zu fixirende Partie sich 
verschiebt. 

Um diesen Uebelständen abzuhelfen, habe ich folgende Vor¬ 
richtung 2 ) anfertigen lassen. Ein seitlich von der zu untersuchen¬ 
den Person fest auf 
die Platte des Unter¬ 
suchungstisches auf- 
geschraubtes Stativ 
ist mit einem Gelenk 
versehen, welches er¬ 
möglicht, eine Greif¬ 
vorrichtung (C) 
durch sämmtliche 
horizontalen und ver¬ 
tikalen Ebenen, die 
durch den Drehpunkt 
(G) gelegt werden 
können, zu bewegen. 
Sie kann daher auf 
jeden Punkt aller 
Kugelflächen mit einem Radius von 40—100 cm (vom Drehpunkt G 
gerechnet) eingestellt werden. — Die Axe G des Gelenkes ermöglicht 
nämlich die Bewegung in verticalen Ebenen, die Axe H in hori¬ 
zontalen Ebenen. — Die Führungsstange H lässt sich in dem um 
G drehbaren Lager (L) verschieben, so dass die Entfernung zwi¬ 
schen dem Greifer C und dem Gelenke vergrössert und verkleinert 
werden kann. Sämmtliche beweglichen Theile können nun zu 
gleicher Zeit durch das Anziehen einer Schraube (A) gleichzeitig 
festgestellt werden, d. h. also die Gelenke G und L, sowie die in 
dem Lager verschiebliche Stange H. — Es wird somit durch diese 
Vorrichtung ermöglicht, dass die vorher völlig frei bewegliche 
Greifvorrichtung an jedem Punkte innerhalb der oben angeführten 
Grenzen durch einen Handgriff fixirt werden kann. Dies geschieht, 
bei der durchaus gleichmässigen, nach allen Richtungen hin sich 
mit grösster Leichtigkeit vollziehenden Bewegung des Greifers 
ohne irgend welche Kraftanstrengung seitens des Untersuchers. 

Beabsichtigt man, sei es zum Zwecke des Studiums, der De¬ 
monstration oder des operativen Eingriffes, die Vorrichtung anzu- 

l ) Nach einer Demonstration im Verein f(lr innere Medicin in Berlin 
am 9. April 1894. „ 

*) Dieselbe ist bei W. A. Hirschmann, Johannisstrasse 14/lü, er¬ 
hältlich. 



Digitized by 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







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DEÜTSC’HE XlEBlt DBSHTR WO(Tf EN SCHRIFT. 


No. 25 


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Noiii!»iu{'h »h*i SmiIji Omi Here «mtsi-roht. -- Au^twdom Ast Aiövh jj 
an .don.m'dbmi/ (»a-ihd ».j)m lie.uoinlore \Wriobtuup; '(Ff -vaw Ftxihnhg 
( \ M oskopou angobrm'hl 

.1 He Bothstigimtr. du*/Btativ* geswhMtl nrn hojUpn liiijkdf" mio-V 
kBUHtcon &WHUX'h dm i4f (im i'brtr .fr* fehl 

a»ifgftKe.hi*atiltV ,wir*l. Stattr ihrer Uisc { Audi- UfFd) üti» Ständer kis 
Fixi*»ntß^niH-kü nnwmaku. 

Die Vorn enduier de* ApparftfouT ge^ciibdA mm in inlge.hiier 

\\Tke ti-t- int lim [' Fi-nlinm*.' BOiri.mfn St^- .dom und mit dmo 
fiaifer i* anmrl io «Irr Harnrnhro eiijm üflur. Man immr-mchl 
munuphr flfio < . Will 'Rinn -,uüh 

muö üjfcuiU»? fest, nhuft^Uru-j mi liefet m«n mit d^r wj,unfi 

f hmd -I.Ov Sfü'< : 'üUliII /UU’l'i-Ü! mit drfji ilÜl'UHf Ml /«■«H!o*Jt 4’Vt'itf U.»'!l 

Mt’.h.- hi dommdben hefiudjk'hcol hAbrCfügeV, - imirtiM* -i.ti« 

>?u-cw;<ssiromB l'arto- tu« - viige hi’h.BtViid - ' IM h: # i big kvskt i.ono 

’inlir üor +fümn Lmkcit dfn CriufvotM-jt-htu«" haiI fitlud me ohm-* 

irgend web/ho-O hOertiiknit drin Ihbr.a !'< an. Durcli rii.co kurzen 
Dnudiam dir Keiler der (>eiiYoim u Uifmr/ M-huuppt dl <-<«,• in «hm 
if^riMaiwete £ ein. — ijjeriut ’äsiöhi rnhit mit der linken -ff and 
dipTSidfraube A fest Uu, tfu<T das- Sjtovülum über der zu 

imtcrsUOlKmihm &dUrönlm)itpai'töe. die von üom 'l'ntot^.ni’lvft- immtM' 
soltAj’f ök^Vvi)^ mv{\\ .fest /üjiü-rsfnlib. I n-r 0{j3>fatoui' .Jcatnv 
itn.ninehr von dein Nl^inkrti oiithnrnnn,. 

Vt'rstüiM'.iiiiüL' doi* aiu^ostolltBii Hosjfiiin istattfiitdol.. - Ar cs m- 
w'Tijts«■}*L itcn Tuioio nN'ii.o.r Üiis ttoi Ihirnrohre, »uüuiis Ahlen. Itf.onn 
^rhsscrci- Strecken tior Scf»ieintlvarit lieriun-'/.oxiciit-n, so ioMUi. h* 
uovn. mir dir Sohriiuho S zn. {ookern. Alsdann folis »ta>. Sjnr ttinni 

jiahvr )jc\ve<ruo^ !mS r +511 leiehi . .;tU (».)> es Völlig ife: ^ehvehlc. 

• OiC Inxiroim i«i 1 | C rtt 1 > einet;. yndorOt) Punlvf»' der SehleHnhulit 
oru-dei.. wie oA}i1 Jtioitiivrlh;!) nii^Anaiitlero-osi t.zi. einhu fA lUirrh An- 
Ziehetv .1,1 Sei. cm< l,t»n « A). 

V. Ueher äiedEatferming' von Eiseifsplittern 
aus der Netzliaut. 

Vmil 1‘Tuk Dr. !ih‘8diHi4'g in Hortiu. 

jfSt'Jriua? m(? N'o.. 2^’,) 

Nnclulein ich dus hishrri^e Verfulirco «'o^O-n • 

Vorwnrit' Verdioitilgi nut| M’iüv L^Vtrutfr«ini»igkrüt iton h einige 
neue Heisjdelo kfatveleirt, mdic ich ftiuinmlir do/il • Übt.vtf*. tüft ticuc 
Br.haniliutv^sweise v.n hid-rmdAoU; 

A. Aul dom ]df4«l*dJun > e-PjAJpkhi ? aiinoh^ouA^'<n^ , n^<-war» 1892 
mncltl" i 'fot, Fla ah «4m?. intercsKanto. jvirifhcitmijr 

Fall 1. Kim- d'i iriwicr Knut UotiK;nt drei. A-uhm in dor hib- 
. Irrstmi Selnrlvf der j^n^e ci.e-n I-e^cncpliM. u der et w-. j mni weit, in deU 
Bl;«skor|i,u hurv-.t-rauie S( a»s 1» !c«tr >hu> virktzo- Ac-/e .ihchi. tm die 
sr'ti,irh IAkc des 7 o»J »Ji»'U* n J e — ftkereO’ ■•*«!'- 1: O K tü k 0 / l't - 

' 7 fdii>n 5 » Apnarutes rlVr •-f.mi.ui ^ir n iu von * wer Bat forte von jscek» ^Kr^sejA 
•Vr.-:»:m».lV<i.ii‘r.n lwk.'ün : iu* Nu vo-r Oer Spliti.er in der; vorderen 
k'.nnnitr Ulüi iecmitc, irirlir entiVü'jd- vverdofi. (Spiiter wurde dif» 5'efr(rhi,e 

rdhyf:. iürL# ;Kfm2»n^fkn>w- /unfcoA.; -StdnoMfh. — 'A-i. 

; Fui! d. FiuciaA2ddirijn*n War rin KisensidiHr]’ dioidi ,dio' tinsü hr 

d. ui d;n^kOn:er ecdnUUOO! /^\vtd Trre siiiiirr wurde das .A w- m>ivr 

jli.o mat ÜM'heweea^ ^--4 Mimifrn in nc ielirfkU.rr NA in. der d,- 

KisonifomCs ; .für Spl'JJn"' cfi?rhwmi in 4o«' Vm'dnvdn Kuhsohfnndr 

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Fnl* d. Kfi^Witdnm hei oinimi ndjuliriLti-n. wo ticr-SpUttot' vor fünf 
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jnr Vov.-mdi »oii den, gw^n M.ugiH-1. wev urfole],,^ SUeraUchnitl und 
Kuteelem -ml defo kii «neu Mn^nef fordr.He ..mul- vh.Jer AifUiC. noB 
li>u^«Hn sylmif» doti liVj'tnis;. im wlVlgUts Ziiöfüf- ■ ät'löiit<> : AjöUttiijf • 

..\!co- jftKvlürydich -N'in.rJmu^.hlosjjiu?;utid .Kr.MmdmtfV' d.i^ Aom^.i 

kineo is.r dcl Aameut. thi-e <iei Spliftor hiorliei ;.wv Obm 
kdvper .teu Wnudcaoffl /;unjekvrrfoli;t ( ir». Ibiptn. dörftr x.» dm 
AMiediuij^ nrct'M, ftfuji der qpütVT klaftm zindfok^cprallf. 

'? J '■ u?, ' lv ,ni hfliiKk.i’qier li-wt fb>. i'Vsfsitz.oidc und ejn£okaf>ytTtr; 
st) ftkdtt üutfornf wcÄ (a). 

I‘fd] j ist muTi mm per Ansicht leiekt und vielter iliVcTt t)öm 
ocfo-nuA-n V orfuhreji zu npaf-itvn, Fall 2 ist fibomseiiöml, obwohl 
auch diiesM: «äeh flmix lüf.hm1^*‘Ti epotüH worden konntv: wip i«‘h. 
•tu eife.u.i üanTj gdoiclutrii.^ou aishuld naeliwoisen* wonlr, f*V.!l H 

[; ümluld : • ür>. 


j .'zöigT, diVst» Hie U.r^iv/h uiiWM. ^ T miüü^eus' dürfjh die SchAu rb 
| der Veriohzuiu* jrojc'ohe« wird. Fail 4 khrf,. dass das hislieri^vj 
j Yerkihreu n n nt Ab. e ^ i* U d h !üc41d.. . • T 

! hA.iei ist die BfüjU'e c. misserordoidiie]. vitd so)f.ener -,jA h 

| im.i <•, wm-i-iwsteus- hoi unscreu Arhoiiei n, 

! B. .1 de zwei tu Mitthrnbmc aus Prof. JinahV.- Klinik ist von 
■ A. Hürzojrr'A. 

ln /Urieh et^üTer. io vier Jahren vor der Mfbg'ffotauweudui,^- 

j. 118|Ti : "F88Bj 24- FflHvp Von fftihFt*Vn \m JJTas'krirp«• r 

, M Ypi’].uf)te. a)Äo 300 %; ip vier Jahr du mit Mü^ihUt 
: «.p^tMrinü ond „\ ukisßfjpis 35 KfUle nur nurli 

24 Yoejustö, »1 fh h }<)* 08 %. - 

I hr Ma^notsnnilirniih hilft' er für sehÄdHvh. v/osfen der all- 
^ifi4T*n Dur-dj w üb Laue; drß BlaskUrpor». Ahhr Avor udthfep jji>n 

"Wandanft. . so rea.fj wid rih vorzu^tJiou? tj. Kill 42-- -17,--.Mu. 
JHH TTlUJA lafsohTiehöft, uw» die iftaVh jdor Arh det Ä-erietzmigfi 

gobr^o/tj' MA;hnefci?f>ruliiung' völlig erfolglos liü'&.h und dorh roM. 
gute, ctogar volle Sphaehän°e ÄurdckUesÄ; und darauf folgen oeeh 
t*tUr:he 3’'ilUv der Äjrf ; „ wu <lm Augo tiici.it die ghftnpdte S:bAdh 
gnwg Voi\ der vorsjuliB^pii BonflinTiig ürltftj werij} auch- diö toh 
dem. vTHoldtui Arbeiter ^ehtolt. itn WidtTsprifdi 

uvit dem vhiMjivetr Befijrjdv. nur mAssig war. 

Mk ^.JaTi^hik» dir von rne.iuuii F&Uttii inHohh hT 

liniJeh'fig. Diö AOer voivJlgliehon. und ühvr viple-Jahre bffltA 
aehtnlen Fhllh lu?iiahoir-siehA^rh^t- adf „Oft Bp}ittovei(fraf-tioßAi! uks' 
<lem ÜlaslrörpeF'i sondern mit ’41; Wonn man die Fülle Hhziehi., #» 
der .Splitter ads mCe.hmiisoiian BJilndeu Uhmduiupt iiichf ftusziehhai 
Av*ar, auf 88 .; und xVeiifh wie hitHg, IJöl Bt'urt-heilüns; dvs Behi. 
erfoiges, diojtid’%Ail‘FjltlU*. lih^O'gP-ü- wm;deii f dih if-rhou ii.fi t CHa^ 
oAfi 2.2 Bild darhutöt ••sfuti noch pnw\ • 
nveirn* irrsten \orsiicJffT trtfün erster (Iperatiofisfal) ah.is 

dem ,l;lhrr I87ö, avD ioh nmlnon Klekifvimagueteu ooeii tikdu >c- 
safsj ABo .a'in*: 22 oder 21 F|ij)e f mit driion noch et avA« • Bi. 
machen. war. vier galo Sedim-folgr- und drei 

hMn.jJ Krdialtung der l-'orm des Augaphds. -äü ^üro-h uvurrie 
Oeiljuh unter 38 Füllen mir eimnut ökV,leidlihkn SehsiMrh'jfy'z) 

crzc-l- 

I»-,h. so!.hm' hatte ühsiohBivh Unsrer hoch 
«liutAlu^iüTijpruatdoucm ‘itöl rrueeftf^ft des VeVUisl-ns uad^ec-'Fv- 
ftdfte Vei’aftcntljrhB avVU i\dt dfftm noch mehr l'Jijlo sammeln inöehhv. 
T->ie AÖfmratiotten tu rsU-ft i {i > Ä^U e r W,umOtrzl^ ziffainniejmü^teiküi, 
iVk go>*;ide a-tti (ÜrNoffi flefiiete imthunliejb. X/as. Iviesse, i n e- u nxinen-r 
HiniM" i"h-*);4vv. /.u-aiiMn-Ufffneor "Der eine holt m 17 v.-m 28 
Faih’iv jio-ji Spiitjor mit .dem Elektromagneten t dm* andere iu «iltü? 
yöir-.'jhh'i ’ opevirtou FjUlou luomhlH. Ihm mirfC hatc litdeiv'dnti 
Füllen zehnmal oinm gTdS'seron oder geringere!] Bniejttlmii von, 
SetehijüJkf . der anderv- in zehn FMl.oft tiiamahs, oin. diattef th siahwi . 
FJtlojj niemaB SoliknAt orfmücn, 

Aum . -die -■ vbiU- IJühh: jhiiJ-.dbni; g.tö>!scüi 

ojicrietrn Külte. (Fall 1—4, Vgl,. A}. 

K.hU.’J Kör 20 jahn«er kommt sofort ntel! der VniJej^onfe* <).r TiTw 
Ang.ck. . NViiüdo ray 4Tunn am, imteOm llatid'fdiir .BetjiiiH'nt. rthd. m 
angmi^emien kedorhäut, Spliixrr un btft?keiyer>)V.htd)»fr Am fjl.£bi)<h:i> • 
iere wird i.m Pol.y-toeljodeam d<H- SplUke*’ oüfkrfj? des gtviüsnfi 
ru!r-üz<r.>.ii M7 <'J 1 /;- miu; iiiü un’i, ddbr.i etwas fhs . <ü»p.ü:k*i.nmt und 
iliccnv occh ilftr K.ltekUehr iu.’s Spit al&%etragen, einoni kikea 

Jaiü-.l Finnin/- ni.C 1,5 m 

Fall A Kimon Ikiuhi-igeji .draujf ein kleiuer SpilHer dorrh den 

utk'mleir Ikonl «ha 1 {ornhöiil, Linse. , (tiaskhrpr.r ein und «ienkte atUismc 
ühf.n, vnu eöün:i) Fjrck fu 6nV Nct/diruit.' /v,ri Tflgtf spttte^ hnngt ina 
plirrfikark'choii uistitnl. dm- grosse .Miießvk uut^r Scfuncr/,, *hu Food- 
kfiVjrt-r hoo* r di*' Iris, ;un irmerrni-okcTei) Rund. Am «olgcmieo füg 
ilw,.-yyoü. Nfiik..>-'«x tridretomiix Kidhwmmü dir SpliMcr.' 5 0.7 »nuV ,!,1T : 
dotk kBuiea Idogaolen. Sf»lfsckej*rf' ^ l /»- Al m^ckrirhrur Lih^ftiiti'siL.mv. 

Fall 7. Ein 28jähriger kam Tugs Hack der Vevletssung; «.ut ^ l f lir! 
kmgerWnioiß ierLedcrhaut und oineäi niifon iö der Netzhaut sitzende 
Bpltttpr. Bor gro^e Mngriet im ph^ikAlisehen Institut hewhk^ Scluäeiv, 
and 7/ivht dem Ft-predkcmper hsek vorn, «kor u öferkalh dek 
stelle. V (U‘j;apd. iFr Kränkt) Avird der Klinik. v^rbnu-ht*' tmd 

cl>lorJormir(, ein kleiner StFh düfeh die Aiiytnihltut* negeiegt nöd dev; 
Splitter hieb! ansg«.'zogen.. S«'hsdJirlh ^ */ä, 

Verfüger sekliesst. roan mit d^m grin-sim Alagfieteif iudlit, 
|ihls?s lose itn (jln^körper liegmidc Kisi-nsplitthr kkun* 

sondern auch sol«--he, ay»>!«.: bo fest, in der Noi&tovut skfce.kon, ÄiffbTf 
.8i 0 do r f. rj o v h fii c k i .e \ uge h c 1 11 >. i u d. 

Full J Avar sehr leicht, sowie er kafh, mit dem kleinen 
loU-t-n durch blosse Wuudiiiftung zu operiren. Der bieihomk Ff- 
felg: Aväro vh'Uoiokb Uüs4öi v geAve»smr, wenn de? groseo. SplittoT ^-«1- 

ao iauge kn diJaHkdrpfir bliefe Fall fi lasse ich als BfirnfeimBrnk. 
tK^iiitutü'. •-ftk'^öihl et’,. abnhMO gut wfev 

lü^ehikünmiTn Fklfc: 4 .ttkj ,?, hüeb. genauer •.t^ruetuding' pß Sitzen 

. . | A Keitr. /. AugimhAlk., h>g. von TW. Beu» »cbnionii, lieft XU),; 

»•'lOlU: inrkt srlirmbeu. I 20 hd., iUfB. ‘ :v - • ' r - 




21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


531 


mittels des kleinen Magneten operirt werden konnte. Von Fall 7 
gilt das gleiche. Derselbe zeigt, dass der grosse Magnet dem 
Splitter eine falsche, zur Ausziehung ungeeignete Flug¬ 
richtung geben kann. 

C. In demselben Heft beschrieb Prof. Haab einen neuen 
Elektromagneten zur Entfernung von Eisensplittern. Es ist ein 
walzenförmiger Kern aus weichem Eisen, 10 cm dick, 60 cm lang, 
30 kg schwor, beiderseits in stumpfe, abschraubbare Spitzen 1 ) 
endigend. 

Darum sind zwei Spulen von 2 mm dickem Kupferdraht ge¬ 
wickelt, jede von 28 kg Gewicht. Das Holzgestell ist 105 cm hoch 
und wiegt 51 kg. Der Preis beträgt 550 Franken. — Den Gleich¬ 
strom liefert eine Dynamomaschine des physikalischen Labora¬ 
toriums. (6—8 Amperes mit 50—60 Volt Spannung 2 .) 

Fall 8. Eine 26jährige kam am Tage der Verletzung. Wunde der 
Lederhaut von 2 mm Länge, Splitter in der Netzhaut, 3 mm unterhalb der 
Mitte zwischen Sehnerv und Grube. Nach sechs Tagen wird die eine 
Spitze des neuen Elektromagneten der Wunde angelegt, die Kranke zuckt 
zusammen. Der Augenspiegel zeigt, dass der Splitter unterhalb der 
Einschlagswunde sich befindet. Es gelingt nicht, trotz mehrerer Ver¬ 
suche, ihn vollends herauszuziehen. Die Kranke wird in der Klinik ge¬ 
lagert, Chloroformirt, die Wunde etwas erweitert und mit dem kleinen 
Elektromagneten der Splitter (20 mg) herausbefördert, wobei kein 
namhafter Glaskörperverlust entsteht. Sehschärfe = *j\. 

Fall 9. Ein 43jähriger zeigte drei Tage nach der Verletzung eine 
Hornhautnarbe von 1,5 mm Länge, Ausschwitzung in der Pupille, Hypo¬ 
pyon. 14 Tage später brachte der grosse Magnet den Splitter unten 
hinter die Iris, so dass er nach kleinem Einschnitt mit dem kleinen Mag¬ 
neten ohne Irisausschneidung herausbefördort werden konnte. Nach einem 
Monat Finger auf 0,75 m. 

Fall 10. Ein 19jähriger kam 9 Uhr vormittags, 6 Stunden nach 
der Verletzung, mit einer 1,5 mm langen Wunde der oberen Hornhaut, 
Loch dor Iris, leichter Linsentrübung; Splitter nicht zu sehen. An dem¬ 
selben Tage, um l /a6 Uhr Nachmittags, wurde der grosse Magnet ange¬ 
wendet und brachte den Splitter unten hinter die Iris. Bei den Ver¬ 
suchen wurde der Kranke vor Schmerz fast ohnmächtig. Entfernung 
des Splitters mit dem kleinen Magneten. Langwierige Entzündung 
(Iritis serosa), Einreibungscur imd Atropin. 

Fall 11. Ein 27jähriger kommt 26 Tage nach der Verletzung mit 
einer 1,5 mm langen Narbe der Hornhaut, Kerbe des Pupillenrandcs. ab¬ 
geflachter Linsentrübung. Der grosse Magnet brachte den Splitter hinter 
die Iris, mit dem kleinen wurde er ausgezogen. Die Linse trat in den 
Glaskörper und ist noch nicht aufgelöst. Wenn die Linsenmasse sich 
senkt, ist Sehschärfe = V&. 

D. Der zweite, welcher mit Wärme sich des neuen Verfahrens 
annahm, ist Herr College Schlösser 3 ). 

Fall 12. Der Splitter war durch die „nasale Hornhautmitte“ eiu- 
gedrungen und steckte im Glaskörper nahe bei der Macula. Am Abend 
desselben Tages wurde der grosse Magnet des Münchener Polytechnicuins 
angewendef. Der Kranke empfand ziemlichen Schmerz, mit dem Augen¬ 
spiegel war der Splitter nicht mehr zu sehen; aber im nasalen Kammer¬ 
winkel erschien frisches Blut. Die temporale Seite des Hornhautrandes 
wurde an den Magneten gelegt und so der Splitter quer durch die Linse 
hindurch in die Vorderkammer und aus der Hornhautwunde herausge¬ 
zogen. Es folgte schleichende Cyclitis und nach sechs Wochen 
Enucleation. 

Fall 13. Ein Splitter, der seit sieben Wochen in der Linse steckte, 
wurde in die Vorderkammer befördert und am folgenden Tage durch 
Hornhautschnitt ausgezogen. 

Schlösser verfertigte einen Magneten 4 ) mit kegelförmigem Pol¬ 
schuh. Derselbe erfordert eine Stromspannung von 27—30 Volt 
und kann an jeder (?) Beleuchtungsanlage statt einer Bogenlampe 
eingeschaltet werden. Das Auge soll der Polspitze so anliegen, 
dass die verlängert gedachte Magnetspitze durch die Berührungs¬ 
stelle nach dem Sitz des Fremdkörpers hingeht. 

Ein Splitter unter 10 mg Gewicht wird nicht mehr sicher ge¬ 
zogen, Splitter unter 10 mg dürften kaum in die Tiefe des Auges 
eindringen. 

Die zweite Hälfte des Satzes ist unrichtig. Vgl. II, Fall 9 
(8 mg); Fall 10 (8 mg); Fall 11 (9 mg); Fall 22 (4Q 2 mg); Fall 25 
(6 mg); Fall 28 (3 l /2 mg); ferner von meinen vorher angeführten 
neuen Beobachtungen Fall 2 und 3 (3 1 2 mg). 

Es sollte 2 mg heissen, wie auch aus den richtigen Angaben 
von E. Asmus folgt 5 ). 


*) „Die Spitze muss für solche Fälle wie 7 und 8 etwas in die 
Wunde eingesenkt werden können; sie muss also recht spitz sein.“ 
Haab, a. a. O., S. 74. 

*) Von Wichtigkeit sind die Versuche des Herrn Prof. Kleiner, 
wolche folgendes lehren: Bei doppelter Stromstärke ist die anziehende 
Kraft das Vierfache. Bei dreifachem Abstand kann dieselbe Stromstärke 
nur ein Siebentel der anziehenden Kraft bewirken. 

*) Bericht über die Heidelb. Ophth. G. 1893, S. 153. 

V Für 100 Mark von Edelmann, Nvmphenburgstr. 28, München, zu 
beziehen. 

5 ) Arch. f. O., 40. Bd. 1894, I, S. 321. 


E. Fall 15. Ein 19jähriger kam am 15. October 1893 in die Peters¬ 
burger Augenheilanstalt (Dr. v. Schröder) mit Hornhautwunde, Linsen¬ 
trübung, Hypopyon. Am 19. wurde der mit dem inzwischen be¬ 
schafften Accumulator verbundene Inductionsmagnet auf die Hornhaut 
aufgesetzt, worauf der grosse Eisensplitter in die Vorderkammer drang. 
Schnitt mit dem Schmalmesser, Ausziehung des Splitters mit dem kleinen 
Magneten. (Ausgang unbekannt.) 

F. In der neuesten Auflage des Lehrbuches der Augenheil¬ 
kunde von Prof. Schmidt-Rimpler*), das überhaupt durch sorg¬ 
same Behandlung dieser praktisch so wichtigen Dinge sich vor- 
theilhaft auszeichnet vor anderen, aus denen man alles mögliche 
lernen kann, nur nicht das Heilen, finden wir die folgende Be¬ 
merkung: 

„Noch erheblich einfacher ist die von Haab und Schlösser 
gerühmte Methode, einfach durch Anlegen eines sehr starken 
Elektromagneten auf die Eintrittsstelle, das Eisen aus dem Auge 
herauszubefördern. Leider gelingt auch dies nicht’immer; trotz 
der Benutzung des ungewöhnlich starken Elektromagneten des 
Göttinger physikalischen Instituts versagte es mir bisher in 
fünf Fällen viermal: einmal kam das Eisen gleichzeitig mit 
einem Irisfetzen durch die Hornhautwunde.“ 

Prof. Schmidt-Rimpler gedachte seiner Erfahrungen in einer 
Verhandlung auf dem diesjährigen internationalen medicinischen 
Congress zu Rom, worüber leider noch kein zuverlässiger Bericht 
vorliegt, und war so liebenswürdig, auf meine Bitte mir seinen 
letzterwähnten Fall für diese Veröffentlichung zur Verfügung zu 
stellen, wofür ich nicht verfehle, ihm meinen besten Dank auszu¬ 
sprechen: 

Fall 16. „Dom Schlosser Meyer war vor 24 Stunden beim Schmieden 
ein Stückchen Eisen in das rechte Auge geflogen. Jotzt (16. November 
1893) lebhafte pericorneale Injcction, Schmerzen, Gegend des Corpus 
ciliare in der unteren Hälfte ausgesprochen druckempfindlich. In der 
unteren Comealhälfte eine perforirende Wunde, an welcher dio Iris zum 
Theil liegt, Pupillarrand daselbst tief eingerissen. Kleines Hypopyon. 
Linse getrübt, vom Fremdkörper nichts zu sehen. Haudbewegung in 

15 cm; für mittlere Larnpo Gesichtsfelddefcct nach oben. Wir brachten 
den Patienten in das physikalische Institut, Der durch Maschine be¬ 
triebene Elektromagnet hatte auf seinem cylinderförmigen Eisenkern (ca. 

16 cm Durchmesser) ein horizontal liegendes, viereckiges Eisen aufliegen, 
an dessen vorderer Seite (4 cm Seitcnlänge) ein 1 cm im Durchmesser 
haltender, vorn zugespitzter Eisencylinder eingelasson war. An diesen 
wurde das cocainisirte Auge mit der leicht klaffenden Wunde gebracht. 
Nach einigen vergeblichen Versuchen fuhr der Verletzte plötzlich vor 
Schmerz zurück, und an der abgestumpften Spitzo hing das Eisenstück¬ 
chen, etwa 4 mm lang und 2 mm breit, sehr dünn. An ihm haftete ein 
herausgerissenes Irisstück und etwas schleimig graue Masse. Die vordere 
Kammer hatte sich sofort mit Blut gefüllt. Unter antiseptischem Verband 
resorbirto sich anfänglich das Blut, aussen und oben wurde otwas Iris 
sichtbar, ln der Pupille etwas gequollene Linse. Amaurosis. Später 
(4. Deeembor) wird das Corpus ciliare schmerzhaft, in der vorderen Kam¬ 
mer neue Blutungen und Verkleinerung der Cornea. 7. December: Enu- 
cleatio bulbi wegen zu fürchtender sympathischer Ophthalmie. 

So sehr uns in obigem Falle die Herausbeförderung des unsichtbaren 
Eisenstückchens imponirte, zeigt doch das Herausreissen der Iris und der 
weitere Verlauf, dass dieso Art der Anwendung des Magneten durch 
secundüre Verletzungen, welche wir nicht voraussehen und kaum ver¬ 
meiden können, eine gewisse Gefahr in sich sehliesst. Es durfte daher 
in jedem Einzelfalle zu überlegen sein, ob die äussere Anwendung des 
Magneten oder das bisher übliche Eingehen mit demselben vorteilhafter 
erscheint. Das war die Anschauung, der ich in Rom Ausdruck geben wollte. 


In folgendem Falle gelang die Entfernung mit eingeführtem 
Magneten, nachdem der grosse Magnet vorher erfolglos ange- 
wendet war. 

Fall 17. Der Kesselschmied Bode hatte am 5. September 1892 
durch Hineinfliegen eines Stückchen Eisenhlechs eine Verletzung des, 
rechten Auges erhalten. Wir fanden am folgenden Tage eine lineare 
ca 3 mm lange Hornhautwunde aussen-unten, in welcher die anliegende 
Iris lag. Vorderkammer eng, Linse getrübt und gequollen. Pupille relativ 
weit. Kleinste Lampe, freies Gesichtsfeld. Vom Fremdkörper nichts zy 
sehen 8 September vergeblicher Versuch im physikalischen Institut mit 
dem oro^sen Elektromagneten, das vormuthote Eisenstückchen zu ent¬ 
fernen 5 9 September Iridectomie, Herauslassen der gequollenen Linsen- 
massen und Eingehen mit dem IIirschberg’schen Magneten m den Glas¬ 
körper. Nach einigem Bemühen wurde ein kleines dünnes Eisenplättchen, 
etwn Damm im Quadrat, extrahirt. Heilungen mit Schwankungen m der 
Tension und den Entziindungserscheinungen, Nachstar. 29. November 
Entlassung. Auge entzündungsfrei. Trübung in den untersten Ilornhaut- 
partieen. Ausgedehnter Nachstar; beim Blick nach oben erhält man mit 
Augenspiegel rothes Licht. Tension etwas geringer als links. Mit + M 1 ». 
Sehschärfe = */u, Gesichtsfeld frei.“ 

G. Fall 18. Zu Prof. Deutschmann 3 ) kam ein 25jährigor, dem seit 
zehn Tagen hart am Hornhautrande in den Häuten ein Splitter steckte. 
Derselbe versank heim Versuch mit Hirschberg s Magnet.in 
Iridectomie und nochmaliges Eingehen vergeblich. Der nach u ® 


») Berlin 1894, S. 310. T . ^ 0*7 

3 ) Beitr. z. Augenheilk. 1894, 13. Heft, S. 97. 


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( ,,rt ; iOM,ii tfdnuk* in diesem Mh. v& daV»»bUer. vom Huto 
ptata c^tv.udv. war die fASulw KmioenU&g- gftWH# rocht wrtnsetatg. 
mvib ' \k*r 4*r cWwifttifcjtf T.i‘ixunph v war it^ .Utth 
i^nü.-r Zweisrandi^a \WVclon dos ^ßUSitar rtf^töiPS 

im'iÄOhu? hnuo ta'VR Äft GUsk.dP^er^ee^ Wvurw-nd,.,;. 
der diu C*iuhm»imtif<W AWV^ .b'^Uü? 

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.Ärihlus'^vvüt, Die tiq^e« tithvrt^tvn V^wiirtV-, die ■ (Ul)u or untor <^i!uiirHi.v<>vflt 

UüMMiur aind-dm uii?r der ^*rtn»»rni^- ; iM ; r ht immer 

' L ' : ^ mn Hatz, a)» r yuit a.r*dnrpr toi> m ; M mt»??. r« 

uAhai»v?UJot wamdeii-lcaxm.. Bo wifti du*: ^rdit 4er Vetlü^tr ;$m 
soLiwmfo uml v^my^rt. Ast 


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inrnduu wavu imu- mt« dm* CarhiA^tny mivvmn*, üd ^*«-_ 

TiiM.h-.n.; \vahfvmi ich di>i;joru>io war, »mf ihn ^!"tv> ajt 
‘il*ir- h itm'jpftot l ) ,. ' . . • % u . *.* 

i )hv MuhrzaW ahm i’dtk-, Imi denen mrm vefftUntt^^ \V mst- • 

kritd^ «rwitrt.oja AhW >fe4 inh^4^4 

iiiaeroH iA oa * Tragkraft, je n;n,h de»' l h< h:q d-' »muls- üm^). 

’ilM - •]:>rii|*HOBe mü 

s-iuhM'ejii V>•.{•u;o)u?«i f r aii/ .gilt rtlediprei». t d» die ; '4ödt'^hi ,M,t 
whil rj* %nchU/öiHten vo^iUtte-; 4nV. oui^io 
.]n>li-!ii>i'v»it h\SLm, I>W t i«MVi^ih: :t<Ü# ^oen 
viöit ?\ihmvn köimmi, mMartt defnrt-igt«, «hr>. Vet'fcUr-e«' Hij 
-«'ilvlrrnt ^u^nr<('hreiijen<l.o Uiigjd« r .k^fa.tIov wie iii ~/aU^ 
tri. itV im^tt: Mß^lirhkdH: Vm vm umidmi .snrheiK Mih&^r .,v\ir. ^ 

Word&j) kit* auht! den Vo.rg'htit U isvik«'hiin den o v id»-.n Vemn.^m 
iioi> kuniitu: den kleihen Atag/vttviv kOunouAuo p.m' u»Md- iMii* 
hejircfi, -:e» c.-j i i!i■ i Soldu^m?!, .sei a.^ ul»»*i-JmUju' in. unrr #4« on- 
horriuhhuhea Zahl v«m. Fdihai „ t 

- h’ijealn.IJt js s Os hart ;rm( ßelhkt fadili-ilkli. <lip Kranken \ u^‘ 
i:iiit r rvartrm %\) Sa»*er», his. uui* Mai-do't te'rtijit me in i»h,\*.i- 

kaikeft« Kabihottn und. ?,urO.-k W. >cli!ap{»en, um daheim du Opu- 
n\üm -douh »*rgf. m l*m«iuUp>ii;.. yui\'f uiumKöimlvm ut au* h nur 
dmttign •Belnriom hi^ zur (tmuimuht. (\m der Hajrnut mmd 5 t. r 

*' tfo. der Krank»’, daiiu'i ntwn mru.-. nisr; muht tadJiubt ummun kam». 
*Idli • &4W- hatte, mir vuhon-suir .hilumu ctih Fra^c vof^löjgh 
Oh ssj'öi^ßPfi iVtUfitihinon mier der Aj^eHh^ 'm) dia huitunir 

övä jidk^ivdtat.H\?ovkn '0ir1* :% AB. i3r 11. C . rij. 

Für die Mehmk] Ojiorwilniuf» Wurtiu iuh hui mmnam he- 
‘vührti-i. hmtrnmeotu ob ihre ; to roh k» imn. flh^ miri-uhurrki-hu 


Whk«nt^ilrms dfs? W.iäiieh*tf 

ha.s vvtf-j»ti^<tu i)h v iht aJlcnilu^ diu \ urJnivu 0 ^:. .i.onah*T{ ».u j 
AfV.oiiwf' dazu sruhnudvl. wurrh'ii, huio* :Wc*issuln ütid^Hiuaimun vu»i 

fei«^U /iüclr svnhlt. Ä; nur.. dkW .MFUdß. nttldtitliohu 

bi 11»ei'i zu mam ;-< : ^4$ alljührUkh mnu Zuhl sW 

A-.jnvn ^uiid, t‘iiu' luuhMiteiuh* i-jnhuru von .Ai'hmisl«U»^kilt; 

‘-amiutiiai wtü'duu. 

vi. Ai« lieui physioji.gisUitn Institut -kr Universität Zuiieli. 

Die tropiiiseiiea i’unetionen des ITerveu- 
syatexiis. 

Von dustns Onulo. 

(BeHlnss-- mü~ Nh». 24-.>‘ • .••. 

Die nwa.n »U iimnmiuhumx der MuukrdvurdmD. wne: bat mul» 
weiterlvin- iibeiw^h -d:«^ nma ndt i% UK '-*JW «* 

aim Äoh'huu allßtarKdiifm iHn-rliuujit, •»«mor hd^tn.. 

Fährte ith «>ai ?ifhurhr div irnphhehu ^nnkhon- ^ 

*pkto;i*u «mvä i 

mvim; tlrrfwi, iliwi« $mk wi<*r»l«a»'9? " tj,,;K V'"': ,' i.i 

eines Kanihelrnnh, weiuhns v/.h Innuu •att^OHpannh * 

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Sie hemerkuü d;-m. Vur-voikjedr-nr. Au.^ehe« d»>r heuhm .’,.eu*-», 
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21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


533 


facte, denn sie sind Hg-haltig, und dieses Hg stammt aus der Er¬ 
härtungsflüssigkeit; aber sie sind es nicht völlig, weil ihre Ab¬ 
lagerung an dieser Stelle auf einer eigenthümlichen Veränderung 
des Bindegewebes beruht. Sie lagern nämlich in den Binde¬ 
ge websfibrillenbündeln, und zwar in einer Weise, dass sie zu¬ 
nächst an den Stellen der Ring- und Spiralfasern aufzutreten 
scheinen. In vielen Bündeln aber liegen sie viel dichter und dann 
gleich immer zu mehreren zusammen, so dass eine Querstreifung 
entsteht, die äusserst zierlich ist, und die ich Ihnen auch an Prä¬ 
paraten zeigen werde. Lässt man dieses Bindegewebe mit ver¬ 
dünnter Essigsäure etwas anquellen, so kann man nachher mit 
Jodalkohol die Krystalle auflösen. Dann bleibt aber die Substanz 
in den Fibrillenbündeln, qn die sie sich angelagert haben, doch 
zurück, und man kann dieselbe nunmehr mit Säurefuchsin färben. 
Nun erhält man wirklich eine Querstreifung in dem Bindegewebs- 
fibrillenbündel, es muss sich die Substanz derselben in zwei Be- 
standtheile gesondert haben unter Ausscheidung eines dritten, 
der wahrscheinlich in flüssiger Form sich sonderte und mit dem 
Quecksilber des Sublimats in eine unlösliche Verbindung überging. 

Hat man nicht mit Sublimat gehärtet, so fehlen natürlich 
diese Krystalle und demgemäss auch die zierliche Zeiehuung der 
Bindegewebsfibrillenbündel. Bei Härtung mit eoneentrirter Salic.yl- 
säure habe ich indessen, wenn auch in etwas blässerer und ver¬ 
waschener Form, die Querstreifung in den Bindegewebsfasern bei 
Färbung mit Säurefuchsin wieder aufgefunden und daneben grössere 
gut ausgebildete Krystalle, welche in den Maschenräumen lagen. 
Diese Krystalle sind kalkhaltig, wenigstens Hessen sie sich mit 
Essigsäure auflösen, und aus dem Auszug wurden mit oxalsaurera 
Ammon charakteristische Krystalle von Kalkoxalat gewonnen. Hier 
ist die Substanz, welche bei dem inneren Zerfall der Bindegewebs¬ 
faser sich ausschied, nicht sofort an Ort und Stelle durch das 
Erhärtungsmittel ausgefällt w r orden, sondern sie ist in die Maschen¬ 
räume diffundirt und ist dort langsam auskrystallisirt, vielleicht 
erst als die Salicylsäure durch Alkohol verdrängt wurde. Mit 
der Ausscheidung derselben ging ein innerer Zerfall der Fibrillen¬ 
bündel Hand in Hand, von der das Auftreten einer Querstreifung 
nicht der einzige Ausdruck ist, sondern es fanden sich auch wirk¬ 
lich kurze Stücke, und die ganze Mitte ist eingesunken, was offen¬ 
bar von dem Einschmelzen eines Theils der Fasern herrührt. 
Wahrscheinlich erscheinen die Fasern grob, weil die feineren zu¬ 
erst einschmelzen. Hier baben wir also den ersten Ausdruck 
einer chemischen Wirkung, welche ganz cireumscript, auf einem 
kleinen Gebiet auftritt. In der Randzone können wir die Ursache 
derselben nicht finden, diese stellt vielmehr nur die abgeschwächte 
Wirkung dar, welche der Proeess bei seiner Ausbreitung hervor¬ 
bringt. Die Ursache muss im Centrum und am Boden dieses 
kleinen Kraters liegen. Entfernt man das krystallhaltige, spröde 
und grobe Bindegewebe, so trifft man unter demselben ein fein- 
fasriges, weicheres Kügelchen und in demselben liegt, w r ie man 
bei Aufhellung desselben mit Essigsäure entdeckt, ein Nerv und 
an demselben ein Gebilde, welches in fast allen Charakteren mit 
den Vater Pacini’schen Körperchen übereinstimmt, und das 
ich in der Folge kurzwog als Pacini’sches Körperchen bezeichnen 
werde. Viel besser kann man diese Verhältnisse studiren, wenn 
man eine solche Stelle in Schnitte zerlegt und die entsprechenden 
Färbungen anwendet. 

Ich habe wohl ein Dutzend solcher Veränderungen untersucht, 
und ich -werde Ihnen von einigen derselben die Schnittserien vor¬ 
legen, damit Sie sich überzeugen, wie typisch das Verhalten ist. 
Ueber dem Muskelboden des Kraters zieht etwas seitlich quer 
durch denselben der Nerv in Begleitung von Arterie und Vene. 
An einer Stelle wird gegen die Mitte je von der Arterie ein Ast 
und von dem Nerv ein Zweig abgogeben, und wo dieselben zu- 
sammenstossen, liegt ein Pacini'sehes Körperchen mit der Spitze 
gegen das Centrum der Veränderung, während die Arterie eigen¬ 
tümliche Bogen um dasselbe macht und eine Anzahl Capillaren 
abgiebt, die zu den erweiterten Venen der Randzone hinstreben. 
Nicht blos dass wir in jeder dieser trophisch veränderten Stellen 
ein Pacini’sches Körperchen antreffen, sondern dass die trophische 
Veränderung sich jedesmal in ganz typischer Weise um dieses 
Körperchen gruppirt, macht es zweifellos, dass dieses wirklich der 
Ausgangspunkt der trophischen Veränderung ist, dass von ihm 
aus die chemischen Wirkungen gehen, welche die Veränderungen 
charakterisiren. Dahingestellt muss einstweilen bleiben, wie weit 
diese Wirkung eine direkte ist, d. h. in wie fern die chemische 
Aenderung direkt von dem Nervenendorgan auf die lymphatischen 
Räume des Bindegewebes und damit auf die Fasern der letzteren 
Übergeht oder ob die chemisch wirksamen Stoffe etwa durch die 
Capillaren des Körperchens in die Blutbahn gelangen und von dort 
aus sich verbreiten. Dafür spricht der sehr veränderte Zustand 
der Gefässe, dagegen der Umstand, dass die Veränderung sich in 
einem so engen Gebiet und so ganz concentrisch ausbreitet. 


Drehen wir nun einmal die Muskelpräparate, welche ich Ihnen 
mitgebracht, auf die andere Seite, wo das Muskelgewebe selbst dem 
BUck zugänglich ist. Da sehen wir denn, dass die Veränderungen, 
welche dieses betreffen, erheblich grösser, etwas weniger zahlreich] 
und weniger regelmässig gestaltet sind. Ihre Grundform ist im all¬ 
gemeinen die einer Ellipse mit der langen Achse in der Richtung 
der Muskelfasern gelegen. Das kommt daher, weil die Muskel¬ 
fasern auf dem Grunde der Veränderung fehlen, sie haben sich 
nach den Rändern zurückgezogen, sie sind in der Mitte zerrissen. 
Der Grund der Veränderung wird gebildet von einem derben 
Bindegewebe, in welchem zahlreiche erweiterte Gefässe sich finden 
und auch viel freie Blutkörperchen; dieser Grund erscheint daher 
in frischem Zustand roth, und da er in der Mitte blossliegt (weil 
die Muskelfasern sich von da zurückgezogen haben), so hat die 
frische Muskelveränderung eine rothe Mitte. Der Rand dagegen 
ist weisslich (im Gegensatz zum trophischen Bindegewebsulcus) 
schon in frischem Zustand, nicht von eingelagerten Krystallen, 
aber doch von einer harten unter dem Messer knirschenden Sub¬ 
stanz. Dieser Rand ist kraterartig gewulstet und enthält die zu¬ 
rückgezogenen Muskelfasern und zwischen denselben ein ziemlich 
zellenreiches Bindegewebe, im Gegensatz zu dem fasrigen, zellen¬ 
armen Gewebe, welches die Mitte der Veränderung bildet. 

Wenn ich vorhin gesagt habe, dass die Muskelfasern in der Mitte 
der Veränderung zerrissen sind und sich nach den Rändern zurück¬ 
gezogen haben, so wird das die Vorstellung erwecken, dass man 
nun in den Rändern die freien abgerissenen Enden der Muskel¬ 
fasern treffen müsse. Das ist aber nicht der Fall, freie Enden 
findet man nicht. Die Muskelfasern sind wohl gewulstet und dies 
verräth, dass sie sich hier contrahirt haben, aber sie haben den 
Zusammenhang mit dem fasrigen Bindegewebe der Mitte bewahrt. 
Man wäre versucht, das dann so auszulegen, dass nur der proto¬ 
plasmatische Inhalt der Muskelfaser zerrissen sei, während das 
Sarcolemma erhalten geblieben wäre. Aber von diesen leeren Sarco- 
lemmaschläuchen kann man nichts in der Mitte der Veränderung 
bemerken, obgleich man ja nicht in Zweifel sein kann, dass über 
dieselbe die Muskelfasern vorher ebenso hinweggespannt gewesen 
sein müssen, wie sie es in der ganzen Nachbarschaft noch sind. 
Diese Schläuche müssen also fest eingewebt sein in das fasrige 
Bindegewebe, welches den Grund der Muskelveränderung bildet. 

Und dieses derbe Bindegewebe, woher kommt es mit einmal? Es 
müssen in ihm aufgegangen sein das interstitielle Bindegewebe des 
Muskels, die Scheiden der Gefässe und Nerven, die Sarcolemma- 
schläuche. Das alles aber zeigt es nicht mehr, denn es ist ein ganz 
andere Art von Gewebe, wie man sonst im Muskel gar nicht 
findet. Von dem subcutanen Bindegewebe, welches darüber liegt, 
scheidet es sich ebenso reinlich wie der Muskel selbst, wo er noch 
intact ist. Es liegt an der Stolle des Muskels und ist aus dem 
Muskel hervorgegangen. Der Proeess der Umwandlung des Mus¬ 
kels ist an den Rändern zu sehen. Dort liegen die gewulsteten 
und zerklüfteten Muskelfasern, umgeben von einem zellenreichen 
Bindegewebe. Die Wülste haben zum Theil noch den Charakter 
reiner Contractionswülste. Sie sind im frischen Zustande noch 
durchscheinend, lassen eine Querstreifung erkennen, und färben sich 
nach der Härtung wie dio übrigen Muskelfasern mit Eosin roth. 
Daneben aber erkennt man, dass andere Wülste vorhanden sind, 
welche oft in kurzen Abständen sich wiederholen, so dass sie 
der Muskelfaser ein rosenkranzartiges Aussehen verleihen. Diese 
Wülste mögen ursprünglich vielleicht auch Contractionswülste 
gewesen sein, jetzt sind sie etwas anderes, nämlich Protoplasma- 
fragmente, die einen anderen chemischen Charakter annehmen. 
In einem etwas weiteren Stadium sieht man dieselben als völlig 
von einander losgelöste Schollen in dem jetzt deutlich sichtbaren 
Sarcolemmaschlauch liegen. Diese Schollen sind undurchsichtig, 
weisslich im auffallenden Licht, sie sind es, welche dem Ulcus- 
rand das weissliche Aussehen verleihen, sie sind hart und knir¬ 
schend. Im gehärteten Präparat färben sie sich tief mit Nigrosin, 
und zwar in einer Weise, die sie als fast aus einer unorganisirten 
Substanz bestehend erscheinen lässt. In einem noch weiteren 
Stadium sieht man diese Schollen besetzt mit Zellen, «teilweise 
mit Riesenzellen. Die eigenthüm liehe Substanz in die sie durch 
die chemische Veränderung umgewandelt wurden, wird jetzt wieder 
verwerthet zu einem zellenhaltigen Gewebe. Das Endziel ist die 
Bildung des narbigen Bindegewebes. 

Sehen wir uns nun nach der Ursache dieser Veränderung um. 
Sie ist auch eine disseminirte, heerdartige. Es ist kein Zweifel, 
dass dieselbe in Beziehung steht zu den vielen kleinen Heerden im 
Bindegewebe, die ich vorhin beschrieben habe, denn diese kleinen 
Heerde sind besonders häufig in der Gegend wo sich solche Muskel- 
ulcera finden, ja sie besetzen manchmal den Rand derselben. Aber 
ein direkter Zusammenhang, so dass die von dem Pacini’schen 
Körperchen ausgehende Veränderung auf das Muskelgewebe sich 
ausbreite, ißt nicht nachzuweisen. Oft ist die Muskulatur am 


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Auuklium. diu man nieJti h>iuht i>rüfn*» "kann. ' Ab»r aüvh »lärm Eiuujm .las l’lcits. Sfhro Sii- jVnu*r mit. uiuan; 

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; \l>g<M*'lmn v,»)i d, r V« rzn-rung, du- ihihd) du- l'ugrk-fittiüg dor sich an ild- mtHZuhrnH^Lt. Dit-jonigr* vStcllc also- wtdrdm uut.Ji ihr 

Mu.-htdu k'dhiÄ't -Avird« ist das Altiskeduhais amdt rund. Kinn Vtfr- vm'andortds Änösühf?n »Jas Eihtrufcdn » 1 <*» Uky,«« i^lum 'Oilav 

andt-tlüig, dm :d(-h nav-lt allott IxirdiPüngdu gin'ttdvtnässjg auslu-riim. siguaHsirk vdn dar aus d.k wnit^ro Vwändurnng daun .sutiisj Jim 

muss ihm 1 >.-;*< )<•- iui t.V'ntnmi kahuh ginnt, ist.. das ;\ushrr-iM.ingsg».d>ird l.msoudr.rs vom Ki*!iht»is}»tygol 

Was llud'd man im Omitrnni? lks his-nrigr. IhndnpA-wtdm »ad- siuli aushrnitkiuji^r Nnrv.m, iPitei.ni Vhe Khrpeiv-ln-ni liahmi Avlr hwrt-. 

halt zahlt »dclm rodvnlhd-t-.t». mit IJiu.t stark grdullk- h<;hjs?r. sic sind ;in »hu Holmti «Mit . zu «nvurrrm. wohl «her !.;<*»»mui >vk durch 

Venup. lJiVsn Erweitnfung ist turdchig, K.rharf at*g* : gfv.n>.T, irl» '' Mm-rn U olgi jnnn fsa.-h Unu kntannhm tuddidiu Wril» ho sich an ltts‘*i- 
mürlilv sagen antuu/vsmnaHig. >0 ifass d’us E.-inss auf uim> knrzö ‘ tiopsshdloft »hu* Muskidn, jiii den thdingn kndrm. 

Sinvl«- das Tiflkehf. (h^v : nrsprünglkhn« ihr ko rr jungt han simsti . PrfntuMmi Sk di«> Ansbrei iung dos Sehmms|>if?gols. wfdriu-h h 
mit. khussem Auge kumn ^iehfhares Uontss- Infi. dnAareh smf .m'no unter das MiWcoshop o:oi*--'t hnim. m» wen hm Sk üheeaU dk Tnsor- 


mit. hh^sotn Avigo .kuiim $i»hfhares iJhfiUä fnfl. dnAmtdi ndf «" 
gewisse Ethige ak nid dteker KtEnli horvht; Etnoi- 

A.uuj.ri'una: des {»ruhkos k<iümm sin 3ikhl ihre Pf-tslehMnu ve< v 


«iuui,-u der Von diesem Tlieil de> < StdujoUspirgvks. enty|irit»gemlo«j 
Mm-keHnsürn finden. Es ist mir indessen no-h iiieht geliioeoi.. dir 


(bnken (denn die müsste den ganzen f.hijHder erweitern], smidont | Kün>t‘rc)ten. vyeh-he dt‘n Ansgangsptinkt hihlep, hiev i»m. , jfzitweis«*n. 
ütm niüom lolcflle.it- Nacltgeh.n) der W and, Was v.Lvänijm- dkso j ()as jiep Aarum duss die- Vomnderuhget} .lUcOj»« gäli« ge\yai%e 
Waiid?• Anrli di»* AUEu-ktr /.eigen dinsH hikait' En< »dt»uihtg. 8 k*' ! sind, M^oil sj»-.li in du* hUP.M»U»*- 6 . 1 ‘kdliki Verilmkrtiiigeii iheträl 


WainJV Atkli dh* Attuohm ZuigtUi diusö lukait' Erw»-it»-rung. 8k 
sind Juhr. oJso ditr'-hgiiiHjLie gt’W.esm'n, hin EjfuUfliUi? kann sie hJSö 
nioht .durch fciik- Süiuung der i^utumilo zur Erwejturutig geht'lnd.t 
hahno, IVuoTi liier »nuh« diu VnrAiuloj'mig' fu »km Nnd.hg.hhori (kr 
Wand liegen. Dh-sm AVAnd. dk rVrteHensr-hhi>k; ibi ;wht verdickt. 
Oft feufwiekeit skh an ihr emo Art; E»)IUkdi v »dTk zdli«Mivhte,Uuy KühV- 


fttcej.äniftchniv ^erstiHniiJ^hA ukr ihfor. WhkrfttHftdstraft herah.ht'rai 
’riiciln Uiiioüx»msi-hon. Ijädiuvh eriatigmi die .\ r .ortt»de»*«ngei». cU*' 
Ausdehnung, wehdio oft schwor macht. ' -io zu dur.-hkrsehou v um! 
vieles wird ütmui dk s<» g^»vhuflon'o.n Yrrhdlinksn. vonieokr. Ich 
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ehnn, weh hes »1"I Arlerio veitii-h äneilzi {dieses Knütclmn stellt I ich. mit nnu«^ Ab.tertal buschflllt habe, da .He gehUrtetk!,Präparate 

im Zusammenhang tuii. dem N«/rv. (>.:radc wie la t dem Biu»}ege\vohk did Ühid- ua<i «Ue anderen. EHrhungcu, die hier in lictruchi .Vtijriime.it. 

keater .tritt ein '/iemli»’.h starikr Xerv in Tr.^r.i ni/kAger i^age zu- der nicht nu.dir itmiehmen. -8(,du*i. Si»r shh cabor einftiwadiet; tkrh tjk 

Ainsludvrräudef ung (|iier (Jnroh dkftolhfl hindm’uh. vm.] hui. an einet QuersebidtfA durtli (Ion vetändefttni Mtccjit au. Sk selk« danihrh 

Mh iir öifio ftturko, mit Zellen dkhl lkftet,zt>- A'enti.-kiHig, flui*i» eine diü vntflüdeef i St.. lle t.r.d sek M wu.v dk^apki)nik 

. \-t Kfiötehkh 'V.-«Je!.» s urh g.k;en die Mild.* d»^s Mnskelukus vor- sehen Sie, wk der- 'Kehurn.spiugol iUmr flkfklhkiioki hinweg .geht. 

• vvtUM. und ralf dem hdlikehllmli'-he/j (khilde an der Arterie, vor- bis nmf daft eig'-mdi» Im O'-ivtrum der Yotand»*rung t >vts er btugr’- 

'' htfnJvi. Kiuus um dieso lhlduisu iiugnii »'iiidkfifl. SefioUeth ^».-.hmnlzon ki. ihn -Verdi, kutig <h.'s Suhuunspiognh? wir»] Otm-n 

Wi-.hdu- oft Kivstatje onihadfuri-, mul weiterhin breiten sieh die ohou an&dk-n, m»d. ar> «'inie.-u Str-Uru ftohun s«o wie »dgC'-hM.iindi'-lt*' 

wt'sehdvkite;i t-iweiterrvii fhüflssc ans. V"ou liier g.dii also dn>: zer- Gkbitth- ruitun d**n» s.dm.-us.flieeej nnhangoh und iflit fkn veran.h'rfp'n :’ 

Hfurent)«; uv».» gr-\\el.Mmihddu.ndr Ei»dl»is>- flUB, -Uh-In dem Kjtötclien MusJtt-ihisern zusaimmuiJilifievn In drin ganzen (fehlet ttutertudh 
äiit - Wüw . ’KnrVöh.vifd igibtg öder oh . 00 - Ktdkth 8ie dk Musktdt'n^Ärn. wie iolr ft in hor.öit-ft ffdibor üti 'Sc)mift- 

v»dltg ak »mu' A'mhd.j.hng anzusehi'n ist, habe :kh lös jntzt nicht nrapacateu buselirkben Imins mit JlnhU*ftunku d«ir*.dis»‘P/.t, mit m 
ormiUnlu k«'»iiiK-*u. , Bünden gfdfcgtöin PnAnhlasnui n. s. w, h'twas tkkr gfllmji 8iö 

Sn ?si tdw» auch ihr ••las Muftkvlnlcürft der KelbälAflndke Jokak das, was .kjt nhs »Jm /unijeji AusgawgoyUukt.' d»u- Yrrilrah.-nuty 
1 ts{»rung _yom Xory?oh Ans mnyksrn. aasidm* njimjitdt dk orttudtoilou (hd^k’ titul in ihm x Nähe »fm vor 

- n »r kdnnoii an nur llflftd -.Skser Ikuhjudititiigoii j.un ftudi »Jen .iüdthteö Eervotisiitni.uiehen. Hier oiuigo 'Miliime.l^r uokv der 
yr.rgang itu (mul irn iV-oas. denn diosor srboint ftuhr üluiUcb Oberthn.I.»* ist - die oigent,liehe Zorstdrung am gröskten. hfer findet, 

zu .vdr«) n/jliur ■atmtysirou.. Idi glmiho, ich bahn in nkim-if li tihoron. man die abgerissetnm Muskelfasern (hkr im Bibopfl- reifee M<* 

_• H»‘hHdciMijigGii'.^i*bo.ti_ flrwdhHfy^ ich hoi meine« Jkabaoht üngett ! wirklicli. 4 b t lifltfiilit'b inikJiflÄifltdi),",-'- 'C-oöfcKvlid'boJiRßHHd' 

-.an .»lom nufldoftste« Bi«w*p,<; wenn it-li aut das Zuft1xyuh>kuÄinku dm* j den fttridlifunntgen [njvetionen, und ich vurtnutUm. this.s hkV, 

V.etäntJco ujig warte!*', /n*d Svuiidume als Vorläufer derselben zu-. | fihveps- ein • Zusiumumiwinken »lex heidim Proensft« fttaUfinidat; .weklt»? • 


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zu s-fdn) n/ihuj- anrtH> - irm.i.. h l» glnuhe, ieh hak* in nudnt-n li lihortm. 
Sidtddrrkngon>i'hon t'kw‘:ihidc diiss - ich hoi meine« Jkabaohluitgün, 
an d»'m oufldi»sst»*n fht-z-ps; Wenn ich auf das ZufttVtjukkuniinnu der 
Venindmung xy; t rte!.', zwei Svjujptnnm als Vorläufer dersoUom zu, 
hnradtt(k pfiegto, naiflUuh erstens das Weisslichwerden eine^ bk 
--.uiidcj en Iheilef des »S'-’hor-uspiegrls, weh her vorher durojtseheinenn 
kt und nun auf oitumU w» iss hei v»»vti*iÜ : . Hj»>.ej uuttallmjtloThe.il 
. Ibit -••Ka^rn,. .AVglrli&'; -etwflfl gehogou votlfnilen, ;iikr giiot* w, der 
EauorimAitnng des >fin,kok, utul zwar gönnte über die Stellen weg, 
u# deren fljhitev der Kiürks zu ge^ehuium ptif-gt. Uns andere 
.Sympfnhi war das Auitnden kürzer Htrudihkinigor Ihjecfciomm. in 
oitkin eng hogrenztetp im vvokmtlieh glVdehen tkbkt. 

■IHchp. hehtrn Vucidnier hratu-hfen mdtf 'imntoc•zusammen, auh 
xiitwof» ig al». r ü.’lt erwartaj».* das Gelingen, de« Experimeiitev? mit 
ZH*mlic.-I»»*r Sieiiorln-Ü., wenn i»--h sk beide ersehenden >ah. 'Nunmehr 
m hdo klar geworden, w(m dirco beiden Zdelmn hudenk-n, Sehen 
Sie ftkh oi ft nt fit den S*‘innmspiixgel auf di*>sm> -eersi hie.duuen ftieops 
on, Aveldu- von der- Verdmj«r»n.g kud.r oder weniger bHroföm Kind, 
Sk ftulko Aast iu . dein ^.ekhefl Alande, wir. <lk 'Verömierijug eine 


wii an den dünnen Aluskdn als Biiulogewuhskratflr und ak flVrwfr 
tieho MviKkelver.-ind.ji tmg gesondert wahrgeuotmubh 1 iahen 

( : ei.m Idickt mhu mm die (»esammtheit dof Zi-rsthruitewi, 

; tv»d»‘ju‘ ieh hier uu einzelnen gmschi.ldm't. imhc, vorth ft M*’h tjori» 

J der Eindruck, den sue horvonniien. A»xt ringo kleinen Eingi.e Ju**. 
j dhr d'V Natur und Grösse der ihn b 0 di t» gm-*im- Yc>»k Umü$ «8$). 
; doft \Vo.ld tio.fi iiiiun des Titkres kuitro stört (wie n»im an (dl km- 
i jfinigen EülUm lupnerkt, in »lenen diti Exprriuuuif nicht zu mnri' 
I trophi.schoT! RoeintluftK'mju ffthrt) oaU(».d.»en marc-nmol m ludzcmlm. 

| ja hk ilmidwtnb diesö. lokalen, Z^i^i’lükvn ki 

j pud in den- Muyktd-it« •• bald, - in. ;bfljscfididt*'nsit^?.)s4e!# 0, . r * 

j bald, wo oft dk Yfcrhflliui*5H0 dcii Thiorßs- fl.ii .Ä6ibrk: , Üffl^b.«o'g : 

I hritigon, in Eorn) <döflP ei^üfiF<kkflödejj VGiitbeflritnfe. Trohw 
I tveim. dje-sn In uiunitt<>Ü»aipm Anftrhlüfts ap cks Experboflnt m»(i 
: in einer liCMfimmfon Zeit auf, dk y.wnr verhjafiViid kurz ttk d a: * 


‘ ,'j‘Y , : < ‘ )l '-'dmensiiMpgel rn^Wr oder weniger wek.h und Zufttomlrkummeh einer »ojohei« \ (*r;indunuig, utmr d(»<dt viel .Ud»h‘' V; 

iMgeriKeHaiV idi. u« diesen uiit >k-i>im» gewöfmiiche Reikxzrit ist. Immer treten ftk im Aescbiu^ 


j, ,. u */> --• ’r. ^ - — c * •■ v.y. vi«»wr.'i*w,> \» UÄUiiiiv» ■nerv.jfnjn uonii wnun »ioü an- -»»»^ * . % 

H^IHwA- KrevViW 1 '?-. .‘: Kwi,lb .';"., B^UW'K mit kiftinMöX t«rf<-Wt sin«),, ia. <ii? \Vi,b...p -Io« .KiiigiÄ «y£- il«s'%# 1 

rt.-iitit win-!i\ * v* ' ci! BfMJfgf-wiÄhntera fast Null., w ai-igi. iJu-un eac Ur-inH VKrttmlßi-ti»» «•<»! -.«-***• , ' 1 ‘ 11 " . f 

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21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


535 


den sie hervorruft, mit allen diesen Dingen haben die Wirkungen 
gar nichts zu thun. Art und Ort, kurz die Bedingungen des eigent¬ 
lich wirksamen Eingriffs zu charakterisiren, will ich mir für°eine 
andere Gelegenheit Vorbehalten, nur das will ich noch einmal her¬ 
vorheben, was ich schon früher betonte, was aus der Darlegung 
meiner Grundauffassung ja auch unmittelbar folgt, was aber doch 
leicht vergessen wird, dass die Wirkung nicht von dem Ort des 
Eingriffs unmittelbar ausgeht, sondern immer nur mit Hülfe und 
durch Vermittlung des Centralnervensystems geschieht. Es ist 
mir öfter der Gedanke gekommen, dass man vielleicht den Sach- 
vorhalt einstweilen anschaulich so ausdriieken könne, dass sich 
unter dem Einfluss des Experiments im Centralnervensystem eine 
giftige Substanz bilde, welche sich durch die Nerven ausbreite und 
wo sie hinkomme die Gewebe vergifte. Indessen zu einer rechten 
Klarheit würde auch das nicht führen. Man müsste den Begriff 
„Gift“ analysiren, und dann kommen wir auf die früher entwickelten 
Vorstellungen von der Trophik zurück. Der Begriff „Gift“ hat 
einen Sinn nur mit Beziehung auf die Lebenserscheinungen, und er 
bedeutet eine chemische Substanz, die, in den Kräftewechsel des 
Lebens eingeführt,, schon in geringer Menge denselben in ungünstigem 
Smne beeinflusst. Unser Bild würde also nur sagen, dass unter 
dem Einfluss des Experimentes sich etwas bildet, was durch das 
Nervensystem sich ausbreitend, den Kräftewechsel der Gewebe un¬ 
günstig beeinflusst, d. h: das Gleichgewicht zwischen bildenden 
und zerstörenden Processen stört, so, dass sich dieselben nach 
Form und Zusammensetzung nicht intact erhalten können. 

Nun will ich von meinen Erfahrungen nur noch eine anführen, 
welche geeignet ist, die Vorstellung nach einer andern Richtung 
zu ergänzen. Das Experiment muss, wenn es gelingt, seiner 
Definition nach immer zu einer Veränderung der Gewebe führen, 
aber diese Veränderung braucht nicht immer eine Zerstörung, ein 
Substanzverlust zu sein. Die trophischo Störung kann auch 
einmal derart sein, dass sie zu einer Anhäufung von Substanzen 
führt, d. h. dass der Chemismus derart verändert wird, dass das 
Gebiet sich aus dem durchströmenden Blut mehr Substanzen 
anzuziehen vermag als sonst. Ich habe in einigen Fällen eine 
Gewichts Vermehrung des Biceps gegenüber seinem Partner auf der 
andern Seite erzielt. Die meisten derselben betreffen Bicipites, 
welche gleichzeitig einen Substanzverlust zeigen, welcher also durch 
eine Substanzvermehrung in anderen Gebieten wieder ausgeglichen 
wurde. In einem sehr merkwürdigen Falle aber habe ich eine 
Gewichtsvermehrung um 50 °/o gegenüber dem Muskel der andern 
Seite erzielt, und zwar ohne dass der Muskel ein Ulcus, eine 
Blutung, einen Einriss oder etwas derart erhielt. Er behielt voll¬ 
kommen seine Form, er wurde nur viel grösser, und in ein weisses 
glänzendes, hartes Gewebe verwandelt. Ich habe Ihnen Präparate 
von diesem Muskel mitgebracht, welche Sie unter dem Mikroskop 
sehen werden, imd Sie werden beobachten, dass ein grosser Theil 
der Muskelfaser dicker geworden ist, sich statt mit Eosin mit 
Nigrosin tief färbt und ein fast horniges Aussehen zeigt. Diese 
Muskeln haben eben jene Umwandlung erlitten, die ich vorhin als 
an den Rändern des Muskelulcus vor sich gehend beschrieb und 
die auch dort jenes harte weissliehe Aussehen verursacht. Sie 
haben aber diese Umwandlung erlitten, ohne dass sie zerrissen sind, 
ohne dass der Muskel dabei seine Form änderte. Dabei ist die 
Gewichtsvermehrung nicht etwa von Blut herrührend, denn Blut 
findet sich in diesem Muskel nicht übermässig viel; sie ist auch 
lucht als eine Gewichtsvermehrung des frischen Muskels zu ver¬ 
stehen, denn um nicht durch eino vermehrte Blut- oder Lymphe¬ 
menge getäuscht zu werden, habe ich den Muskel erst gehärtet, 
dann mit Alkohol behandelt, oberflächlich lufttrocken gemacht und 
dann bei beiden Muskeln mehrere Wägungen gemacht, aus denen 
ich das Mittel nahm. Es ist das also als eine GewichtsVermehrung 
der Trockensubstanz zu verstehen. 

Was vielleicht das Ueberraschendste an diesem Experimente 

^ ass e ? ne solcke Zunahme und eine solche Veränderung der 
Muskelfasern in so kurzer Zeit vor sich gehen konnte, denn das 
Kaninchen lebte nur eine Stunde nach dem Experiment. Das zeigt-, 
wie überaus lebhaft auch die Thätigkeit des Bildens im Organismus 
sich vollziehen kann. Daran mögen gewisse Hoffnungen der Phy¬ 
siologie und der Heilkunde sich knüpfen lassen. 

VII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

(Schluss aus No. 24.) 

Ich komme jetzt zur Beantwortung der Frage, welche Mittel 
j cm Organismus zu Gebote stehen, sich der Wirkung der Eindring- 
mge und der durch sie erzeugten Giftstoffe zu erwehrön; denn erst 
e Beantwortung dieser Frage, die Kenntniss der Immuni- | 


sirungsfactoren kann zur Aufstellung einer zweckentsprechenden 
Therapie führen. 

Ueber diesen Punkt sind bekanntlich die Ansichten der Au¬ 
toren noch in Widerspruch. Metschnikoff 1 ) ist es, der den 
Phagocyten, Zellen, welche dem mittleren Keimblatt entstammen 
rC ^ Leukoc y te n (Microphagen) einerseits und durch 
die Makrophagen andererseits, eine complicirte zusammengesetzte 
Zellgruppe, repräsentirt werden, die Fähigkeit zuschroibt, gegen 
die Infeetionserreger anzukämpfen und diese durch Aufnahme in ihr 
Inneres und Verdauung unschädlich zu machen. 

Behring stellte dieser cellulären Theorie seine humorale 
gegenüber und sieht in den Körpersäften ohne Mitwirkung der 
Körperzellen den Immunisirungsfactor. Die Keime gehen frei,°d. h. 
ausserhalb von Zellen, zugrunde, indem sie durch gewisse chemi¬ 
sche Eigenschaften der Körperflüssigkeiten ohne Zuthun der Körper¬ 
zellen vernichtet w r erden. 

Andere Autoren können auch diese Anschauung nicht theilen 
und glauben, dass alle Körperzellen, ohne Unterschied, welchem 
Keimblatt sie entstammen und welchem Organ sie angehören, mit 
grösseren oder geringeren Fähigkeiten gegen die Bacterien ’ aus¬ 
gerüstet sind. 

Diese Fähigkeiten zeigen die Zellen durch Ausscheidung 
gewisser Producte, welche geeignet sind, das Wachsthum und 
die Entwickelung der feindlichen Keime zu hemmen und die 
abgesonderten Stoffwechselproducte unschädlich zu machen; erst 
wenn die Zellen durch die fortgesetzte Einwirkung der Stoff¬ 
wechselproducte geschädigt sind, dann gelingt es den Bacterien, 
erfolgreich gegen das Leben einzuwirken. Zu dieser kriegerischen 
Thätigkeit werden die Zellen, wie die einen w-ollen, durch Stoff¬ 
wechselproducte der Bacterien, wie andere aber glauben, durch die 
durch den Zerfall der Bacterien freiwerdenden Proteinsubstanzen 
angeregt (Büchner). 

Wenn wir diese drei Theorieen in Bezug auf die Pustula ma¬ 
ligna vergleichen, so kommt zunächst die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Pustelinhalts in Frage. 

Es wurden von sämmtlichen Fällen, welche zur Beobachtung 
kamen, regelmässig, ehe irgend ein Antisepticum eingewirkt hatte, 
Ausstrichpräparate angefertigt, indem einmal mit der Platinöse ein 
Tropfen des serösen Inhalts auf ein Deckplättchen ohne jedes 
Reiben oder Drücken aufgetragen wurde; andere Deckgläschen¬ 
präparate wurden in der Weise angefertigt, dass man zwischon 
aufgelegten Deckplättchen und Objectträger den serösen Inhalt der 
angestochenen Blase sich einsaugen liess. Um einen möglichst 
capillaren Raum zu gewinnen und die Flüssigkeit in feinster Schicht 
vertheilon zu können, wurde das Deckplättchen an den Objectträger 
vor der Serumentnahme angedrückt und an den vier Ecken durch 
Wachs fixirt. Vergleiche an Blutpräparaten beweisen, dass man 
so sehr feine capilläre Räume erzielt; das Blut liegt in einer ein¬ 
zelligen Schicht da, und die Leukocyten sind ausserordentlich klar 
sichtbar. Fixirt wrnrden die Deckgläschen durch Einlegen in ab¬ 
soluten Alkohol. Die so hergestellten Präparate wurden entweder 
nach Gram mit Gegenfärbung mit Picrocarmin, oder mit Löfflcr’s 
Kalimethylenblau gefärbt. (Die Untersuchung erfolgte mit Hart- 
naek’s Apochromaten 2 mm und Ocular II.) 

Wie nun auch die in den Präparaten Vorgefundenen Bacterien 
beschaffen sein mochten, ob sie in ihrer Form sich wohl erhalten, 
oder ob sie mehr oder weniger ausgesprochene Degenerations¬ 
formen zeigten, stets fanden sich die Keime frei ausserhalb 
von Zellen in der Flüssigkeit. Es wurde genau darauf geachtet, 
ob nicht etwa blasse protoplasmatische Säume die Zellen umgeben, 
doch vergeblich. Die Leukocyten, welche sich in wechselnder Zahl 
vorfinden, meist aber durchaus nicht in der Massenhaftigkeit auf- 
treten, wie wir sie oftmals an den Impfstellen der Versuchsthiere 
kurze Zeit nach der Injection finden, liegen regellos vertheilt und 
stehen anscheinend ausser jeder Beziehung zu den Keimen. Auch 
im hängenden Tropfen wurden diese Befunde mit dem gleichen 
Resultat controllirt. Was wir also hier finden, spricht nicht für 
die Metschnikoff’sche Theorie. Die Bacterien gehen vielmehr 
augenscheinlich in der freien Flüssigkeit unter. 

Meine diesbezüglichen Untersuchungen bilden demnach eine 
gewisse Bestätigung zu denen von Wyssokowicz. 3 ) Nach ihm 
geht die Ausscheidung auch virulenter Milzbrandbacterien ohne 
Betheiligung der weissen Blutkörperchen durch Bindegewebs¬ 
zellen und die Endothelzellen der Capillaren gewisser Organe vor 
sich. Während diese Zellen zunächst die Fähigkeit haben, auch 
virulente Keime aufzunehmen, verlieren sie unter dem Einflüsse 
der abgesonderten Toxine diese Eigenschaft. Trotzdem muss aber 


1 ) Metschnikoff, Etudes sur rimmunitö. Annales de ITnstitut 
Pasteur 1889, 1890, 1892. xr 

3 ) Wyssokowicz, Zur Lehro vom Milzbrand. Wratsch 1891, No. 43 
und 44. (Russisch.) 


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Gck -gle 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




536 


Wyssokowicz dieser Thätigkeit der Zellen nur eine neben¬ 
sächliche Bedeutung im Kampfe des Organismus gegen die 
Infection zuschreiben; die Hauptrolle kommt den antiseptischen, 
antibacteriellen Eigenschaften der Gewebssäfte und in 
zweiter Linie denen des Blutes zu. 

Auch ein anderer russischer Autor, dessen Arbeit mir leider 
im Original nicht zugänglich war, Lievin 1 ) muss auf Grund seiner 
Untersuchungen jede Bedeutung der Phagocytose für den Milzbrand 
des Menschen leugnen. 

Im Gegensatz dazu steht die Ansicht von Lubarseh 2 ), der 
auf Grund von Beobachtung dreier Milzbrandfälle, folgende Be¬ 
hauptung aufstellt: „Das Vorkommen der Phagocytose beim 
menschlichen Milzbrand und der Parallelismus zu dem Verlauf 
desselben und zu dem Untergang der Bacillen dürfte also auch 
nach diesen Ausführungen zweifellos sein.“ 

Nach diesen differenten Ansichten müssen wir die Frage, ob 
die Phagocytose beim Milzbrand des Menschen eine Rolle spielt, 
noch unentschieden lassen; ich kann nur anführen, dass auch die 
von mir lediglich aus dem Serum der Pustel gefertigten Präparate 
ein negatives Resultat ergeben haben. 

Um nun die einzelnen für oder gegen die humorale und humoral- 
celluläro Theorie sprechenden Punkte gegen einander abwägen zu 
können, müsste ich, ebenso wie zur Entscheidung der Phagocyten- 
frage, über Material verfügen, "welches durch Section oder wenig¬ 
stens durch Excision der Pustel gewonnen wurde. 

Da mir aber solches nicht zur Verfügung stand, kann ich nur 
einige theoretische Erwägungen und Analoga aus der Thierpathologie 
anknüpfen, welche vielleicht zu Gunsten der einen oder anderen 
Theorie entscheiden lassen. 

Es ist da eine von einer ganzen Zahl von Autoren gemachte 
Beobachtung, die sogar neuerdings von einem Schüler derMetseh- 
lii ko ff'sehen Schule 3 ) bestätigt wird, dass die einzelnen Or¬ 
gane in ihrem Wertho als Kampforgane verschieden zu be- 
urtheilen sind, welche sich ganz und gar nicht mit der humoralen 
Theorie vereinigen lässt. Für den Milzbrand der Ratten z. B. 
glaubte ich behaupten zu können, dass der Milz die grössten 
Fähigkeiten im Kampf gegen Infectionserreger zukommen; für Ka¬ 
ninchen fand Werigo besonders in der Leber ein Hauptkampf- 
organ. Eine ganze Zahl anderer Autoren sieht in dem Hyper- 
trophieren der Milz eine sehr wichtige Eigenschaft dieses Körper- 
bestandtheiles, und Wyssokowi cz 4 ) fand, dass beim Aufbewahren 
der inneren Organe an Milzbrand gestorbener Thiere an einem 
kalten Orte die Zahl der Keime nach 24 Stunden geringer wird, 
was gleichfalls für Wachsthum und Entwickelung hemmende Eigen¬ 
schaften gewisser Zellen des Thierkörpers spricht. 

Nun ist auch beim Milzbrand der Menschen die Schwellung 
der Milz eines der frühesten Symptome. Sollte dieser Punkt nicht 
darauf hinweisen, dass wir an eine specifische Wirkung der Körper¬ 
zellen gegen Infectionskeime glauben müssen? 

Mag dem nun aber sein, wie ihm wolle, jedenfalls kommt es 
bei der Milzbrandinfection gar nicht so wesentlich darauf an, wie 
die Keime vernichtet werden, als vielmehr darauf, ihre Giftstoffe 
zu zerstören, um dem Eintritt der Bacterien in die Blutbahn ent¬ 
gegenzuarbeiten. 

Es ist eine von der grössten Zahl der Bacteriologen zugege¬ 
bene Thatsache, dass den Infectionskeimen, welche eine örtliche 
Infection erzeugt haben, der Eintritt in den gesummten Organis¬ 
mus erst dann möglich wird, -wenn sie durch Ausscheidung ihrer 
Stoffweehselproducte die Zellen der Eingangspforte geschwächt 
und diese dadurch unfähig gemacht haben, sei es durch activen 
Kampf, wie Metschnikoff es will, sei es durch Ausscheidung 
flüssiger chemischer Producte ohne mikroskopisch sichtbare Vor¬ 
gänge, die Keime entweder zu verdauen oder auf chemischem 
Wege zu vernichten. 

Entweder sind es so vorbereitete Orte, von denen aus die 
Infection erfolgt, oder von vornherein besonders widerstandslosere 
Körpergewebe, welche der Krankheit zum Opfer fallen. 

So erkrankt ein wachsender Organismus nach irgend einer 
kleinen Eiterung an einer peripherischen Stelle, die vielleicht ganz 
unbeachtet blieb, plötzlich an einer acuten infectiösen Osteomyelitis. 
Die von dem primären Krankheitsheerd ins Blut gelangten Keime 
worden in Leber, Milz und Knochenmark abgelagert, und während 
sie bei Erwachsenen meist ohne zu schaden abgetödtet werden 
bedingen sie bei Kindern die schwere Erkrankung des Knochen- 


*) Wratsch 1893, S. 1105 u. 1146. 

') Lubarseh, Zeitschr. für klin. Med. 1891. 

*) Worigo, Developpement du eharbon cliez le lapin d’aprts les 
hibleaux microscopiques du foie et de la rate. Annales de lTnstitut 
rasteur 1894, No. 1, Januar. 

4 ) cf. 1. c. 


No. 2 


marks, welches in der Wachsthumsperiode des Menschen eine 
besonders ausgesprochenen Locus minoris resistentiae bildet. 1 ) 

Auch Erwachsene, welche früher Erkrankungen des Knochen 
marks durchgemacht hatten, sind für eine erneute Osteomyeliti 
empfänglich: bei ihnen ist infolge der alten Erkrankung für imme 
dieser Ort ein solcher mit verminderter Widerstandsfähigkeit g<; 
blieben. 

Ein anderes, die Bedeutung der widerstandsloseren Gewebe fii 
die Infection beweisendes Beispiel, welches der Kliniker oft genuj 
beobachten kann, ist die Vereiterung eines Blutergusses, de 
zufällig zugezogen ist, während von einer vielleicht ganz ent 
feniten Stelle des Körpers eine Eiterung geringfügiger Art be 
stand. Die von dort in den Kreislauf aufgenommenen Keime findei 
in ihm den günstigsten Angriffspunkt. Aus der Klinik des Hern 
Professor v. Bramann kann ich aus der letzten Zeit einen Fal 
dieser Art anführen. Ein kleiner Junge hatte eine Eiterung an 
Kopf; sie verheilte schon, da stiess er sich an den rechten Ober 
Schenkel, wo bald darauf eine fluctuirende Geschwulst bei völlig 
intacter Haut auftrat; kurze Zeit danach fand sich Schmerzhaftig 
keit und geringes Fieber ein. Man hätte leicht eine acut« 
Osteomyelitis diagnosticiren können; das verhältnissmässig ge 
ringe Fieber aber und die fehlende Knochenverdickung bestimmt« 
zur Diagnose eines vereiterten Hämatoms, wie es bei dei 
Operation in der That sich fand. 

Diese Fälle zeigen die Wichtigkeit der einzelnen Gewebe füi 
das Zustandekommen der Infection; nicht jedes Gewebe ist für cli( 
Infection gleichbedeutend, eine Beobachtung, wie sie zahlreich« 
Autoren für mancherlei Erkrankungen experimentell gemacht haben 

Es muss deshalb Aufgabe der Therapie sein, einmal di« 
Zellen der Eingangspforte in einen solchen Zustand zi 
versetzen, dass sie der Allgemeininfection, das heisst 
der Weiterverbreitung der Keime, möglichst energischer 
Widerstand entgegensetzen, und zweitens die Zellen de« 
gesammten Organismus möglichst gegen die Vergiftung 
durch die in die Circulation übergeführten Stoffwechsel 
producte zu schützen. 

Das erste, die Befähigung der Zellen der Eingangspforte in 
Kampfe gegen Krankheitserreger zu heben, könnte auf zwei Wegei 
geschehen. Einmal könnte man den Versuch machen, ihnen der 
Kampf zu erleichtern, ein Fall der dann eintreten würde, wenn mar 
die Zahl der am Eingangsheerde befindlichen Keime und damii 
die Massenhaftigkeit der ausgeschiedenen Stoffwechselproduct« 
verminderte. Dies geschieht am einfachsten durch Incisior 
des Primärheerdes und durch Ablassen der mit den Keimer 
verseuchten oder von ihnen gebildeten Massen (Eiter, Jauche), eine 
Therapie, die wir in der That bei allen phlegmonösen Processen 
principiell einschlagen. Der Grundsatz: Ubi pus, ibi evacua isl 
eine goldene Regel der Chirurgie seit langer Zeit. 

Der zweite Weg wäre der, die Zellen selbst in einen 
für den Kampf gegen die Bacterien möglichst günstigen 
Zustand zu versetzen. Leider haben wir den Stein der Weisen 
noch nicht gefunden, und specifische Mittel, welche Zellen zum 
Kampfe gegen Bacterien anregen, stehen uns nicht zu Gebote. 
Auch die Serumtherapie hat nicht gehalten, was sie versprach, 
oder ist wenigstens noch weit davon entfernt, eine ideale zu sein. 

Wir müssen uns deshalb einmal darauf beschränken, den ge¬ 
sammten Körper durch geeignete Mittel und Maassnahmen zu kl üf¬ 
tigen; andererseits aber dadurch, dass wir die Möglichkeit eine*- 
Weitertransportes der Keime zu verhindern suchen, die Zellen in 
ihren Bestrebungen unterstützen. 

Um dies zu erreichen, stellen wir zunächst die erkrankte 
Partie und die nächsten Gelenke durch fixirende Verbände 
so weit es angängig ist, ruhig, während der Patient zu Bette liegt 
Wir vermeiden dadurch, dass die Keime durch die Bewegungen dei 
Muskulatur in die Lymphspalten hineinmassirt werden. 

Zweitens eleviren wir, wenn irgend möglich, die betreffend« 
Partie. Haben wir eine Pustel an der Hand, so suspendiren wii 
diese, um einer venösen Hyperämie vorzubeugen. Das von dei 
Stoffwechselproducten der Bacterien erfüllte venöse Blut fliesst nu 
gehindert, ohne sich zu stauen, ab; der arterielle Blutstrom bring 
neues Blut heran, welches die kämpfenden Zellen ernährt. 

Drittens steht uns noch die Möglichkeit offen, durch Arznei 
mittel, von denen wir wissen, dass sie die Zellen nicht. zu seh 
angreifen, die Bacterien dagegen ausserordentlich stark beeinflussen 
die Zellen zu unterstützen. Viel können "wir unter diesem Punkt 
nicht erwarten: denn hätten wir das Mittel, welches ohne di 
Zellen anzugreifen, die Bacterien vernichtet, so gäbe e 
Infectionskrankheiten nicht mehr und alle andere Therapie war 
überflüssig. Dass wir aber immerhin Einiges von einer solchen Medi 


*) Kurt Müller, Uebcr acute Osteomyelitis. Münchener mediciniscli 
Wochenschrift 1893, No. 47 und 48. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Go igle 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


537 


cation erwarten können, das zeigt uns z. B. die Jodoformbehandlun°* 
der Tuberkulose. Nun ist aber zwischen der Behandlung der Tuber* 
kulose und des Milzbrandes in sofern ein riesiger und eingreifender 
Unterschied, als der Tuberkelbaeillus nach Angabe mehrerer Autoren 
im lebenden Körper Sporen, also ausserordentlich widerstandsfähige 
Formen bildet, die der Anthraxkeim unter diesen Bedingungen nie 
erzeugen kann. Was wir also in der Milzbrandpustel bekämpfen 
sollen, ist der verhältnissmässig leicht zu vernichtende 
Bacillus. Sublimatlösungen in geringer Conccntration schädigen 
erfahrungsgemäss sein Wachsthum sehr erheblich. Würden wir 
aber Sublimatlösungen dem Körper subcutan einverleiben, so würde 
die Bildung von Albuminaten jede Wirkung vereiteln, ganz ab¬ 
gesehen davon, dass die Zellen recht erheblich unter solcher Therapie 
geschädigt werden. 

Nun besitzen wir aber ein Mittel, welches vielleicht in ähnlicher 
Weise wie das Jodoform bei Tuberkulose, bei septischen Erkran¬ 
kungen einen Einfluss auszuüben scheint. Es ist das die gewöhn¬ 
liche graue Salbe. 

Eine grosse Zahl Autoren, besonders von Klinikern erklären 
sich ihre Wirkung so, dass geringe Mengen Sublimat gebildet 
werden, welche desinficircnd wirken sollen, eine Ansicht, die von 
pharmakologischer Seite nicht getheilt wird. Die Pharmakologen 
nehmen vielmehr an, dass minimale Quecksilberdosen imstande 
sind, die Circulation und damit die Ernährung und den Stoffwechsel 
der Gewebe in günstiger Weise zu beeinflussen *), eine Einwirkung, 
die selbstverständlich für den Kampf der Zellen gegen die 
Bacterien nicht ohne Wichtigkeit ist. 

Wir hätten nun diese drei uns oflenstehende Wege auf ihre 
Zulässigkeit der Pustula maligna gegenüber zu prüfen. 

Es käme da zunächst die Beschränkung der Zahl der 
Keime in Betracht. Dass man durch Excision der Pustel 
den Infectionsheerd nicht beseitigen kann, darüber habo ich be¬ 
reits gesprochen; es bleibt demgemäss nur die Incision noch 
übrig, um die Zahl der Keime und die Menge dor Stoffwechsel- 
producte zu verringern. 

Wie schon bemerkt, schlagen wir bei allen eitrigen, jauchigen 
und phlegmonösen Processen diese Therapie principiell ein und sehen 
die besten Erfolge von einem solchen Eingriff. Ist man deshalb 
aber ohne weiteres berechtigt auch die Milzbrandpustel zu incidiren? 

Betrachten wir, um diese Frage zu entscheiden, welche Indi- 
eationen die Entleerung des Eiters erfüllt. Einmal haben wir bei 
Eiterungen zu beachten, dass wir es hier meist, und bei den 
schwersten Eiterungen wohl ausschliesslich mit einem Parasiten 
zu thun haben, dessen Fortentwickelung und Weiterverbreitung 
ausschliesslich auf dem Wege der Ly mph bahnen erfolgt; das Blut 
ist, so lange es nicht, wie bei pyämischen Processen durch die fort 
und fort einwirkenden Stoffwechselproducte vergiftet ist, ein ausser¬ 
ordentlich ungünstiger Nährboden für seine Entwickelung. 

Staphylococcen z. B. Kaninchen subcutan eingespritzt, können 
Phlegmonen erzeugen, während die zehnfach grössere Dosis in die 
Ohrvene übertragen, anstandslos resorbirt wird. Die Eitererreger 
sind deshalb zunächst darauf angewiesen, auf dem Wege der 
Lymphgefässe den venösen Blutstrom zu erreichen. Die 
Lymphgefässe haben aber erst dann eine eigene Strömung, wenn 
sie in der Nähe des Thorax liegen, wo durch den negativen Druck 
in demselben während der Inspiration eine Saugwirkung ausgeübt 
wird. Tn peripherischen Stellen existirt eine active Bewegung nicht, 
und der irgendwie in sie hineingelangte Inhalt wird lediglich durch 
die Muskelthätigkoit und eigenthümlich angebrachte Klappen 
centripetal fortgeschafft. Da nun in einem sich entwickelnden 
Absccss der Eiter und seine Erreger unter einem hohen Drucke 
durch die Elastieität der umgebenden Gewebe stehen, so werden 
fortgesetzt gewaltsam Keime in die Lymphspalten einge- 
1 ‘resst. und von jjjß,. aug jem Bi u t, s trom zugeführt. Dem helfen 
vir durch Druck Verminderung, wie wir sie durch die In¬ 
cision in idealster Weise schaffen, init einem Schlage ab. 

Die zweite Indication zur Incision bildet das Fieber; durch 
das lieber wird die Blutcirculation eine lebhaftere, dor Säfteaus- 
ausch in den Geweben ein regerer und damit auch der Lymph- 
stroui ein wesentlich gesteigerter; da ausserdem die Zellen im 
leber geschwächt werden, so ist der Allgemeininfection auf diese 
eise noch mehr die Thür geöffnet. Da das Fieber durch die 
Q K er J eSOrption bedingt wird und erst in zweiter Linie durch 
‘. digung .^ r Zellen die Allgemeininfection ermöglicht, so erfüllt 
Hier die Incision die Indicatio morbi. 

-»r. Endlich ist noch ein dritter Punkt zu berücksichtigen. 

_ ^ährend zahlreiche Keime durch die Anhäufung ihrer eigenen 
‘ oflwechselproducte geschädigt Averden, ist speciell der Eiter 
ein gar nicht so ungünstiges Nährmedium. Staphylococcen 

Darnach, Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverordnungs¬ 
ichre. Hamburg und Leipzig 1893. 


in sterilem Hundoeiter im Reagenzglas üborimpft, entwickeln sich 
weiter. Wio viel günstiger liegen die Bedingungen im Körper 
wo durch fortgesetzte Erneuerung der Säfte es nie zu einer so 
starken Ansammlung von Stoflfwechselproducten in dem gebildeten 
Eiter, wie sie im Reagenzglas statthat, kommen kann? 

Können wir nun dieselben Erfolge durch eine Incision bei der 
Milzbrandpustel erzielen? Um die Antwort vorauszunolimen dio 
den Cardinalpunkt der ganzen Arbeit bildet, so lautet sie: Nein’ 
Es ist ein ganz principieller Unterschied, den man zwischen 
der Behandlung von Eiterungsprocessen und dem lokalen Milz¬ 
brand machen muss, ein Unterschied, den ich im Folgenden zu 
begründen versuchen will. 

Zunächst haben wir im Milzbrandkeim einen dor gefährlichsten 
Blutparasiten vor uns, den wir kennen. Es giebt nur wenige 
Thiergattungen, welche ganz immun ihm gegenüber sind, und 
einige dieser lassen sich durch eine Vorbereitung leicht zu 
empfänglichen umwandeln. Selbst bei sehr widerstandsfähigen 
Thieren genügen oft wenige Keime, um eine todtliehe Infection zu er¬ 
zeugen, wohlverstanden aber nur dann, wenn sie ins Blut gelangten. 
Subcutan werden oft anstandslos viel grössere Dosen vertragen. 

Was wir also einem solchen Blutparasiten gegenüber zu thun 
haben, das besteht darin, möglichst darüber zu wachen, dass 
nicht irgendwo der Blutstrom zur Invasion frei zu Tage tritt. Die 
Vermeidung jeder auch noch so geringen Continuitäts- 
trennung, durch die stets zahlreiche Blutgefässe eröffnet werden, 
ist erste Bedingung. Schon von diesem Gesichtspunkte aus wor¬ 
den Avir also jeden chirurgischen Eingriff unterlassen müssen. 

Es bleibt demgemäss bei einer absolut eonservativen Therapie 
den Anthraxkeimen nur noch der Weg der Lymphbahnen übrig. 
Hier finden die Keime in den Lymphdrüsen ausserordentlich kräftig 
ausgestatteto Kampforgane: diese mit der Eigenschaft zu hyper- 
trophieren ausgestatteten Gebilde können den Organismus lange 
Zeit vor jeder Allgemeininfection schützen. Von dieser Seite, dem 
Lymphgefässsystein aus, die Infection zu verhüten, besitzt der 
Körper verhältnissmässig sehr kräftige Waffen. Dass die Ver¬ 
breitung der Milzbrandkeime, wenn sie nicht experimentell ins 
Blut gespritzt werden, thatsächlich auf dem Wege der Lymph- 
bahnen erfolgt, hat Wissokowicz in der schon mehrfach er¬ 
wähnten Arbeit experimentell bewiesen; ebenso wie ihm der Nach¬ 
weis gelang, dass selbst bei empfänglichen Thieren dio Keime in 
den Lymphdrüsen wenigstens eine Weile zurückgehalten werden. 

Endlich haben AA r ir bei der uneröffneten Pustel noch etwas 
zu berücksichtigen. Die Avachsenden und im Gewebe sich heftig 
vermehrenden Milzhrandkcime erzeugen eine grosse Menge von 
Stoffwechselproducten, Avelcho schon sehr rasch resorbirt 
werden und zu den frühzeitig bei der Milzbrandinfection auf¬ 
tretenden Vorgiftungserscheinungen führen, wie ich sie nachher 
schildern will. So schädlich einerseits diese Producte für den 
Körper sind, so nützlich ist doch andererseits ihre Entstehung 
am Orte der Infection selbst. So wie in der Cultur durch An¬ 
sammlung der Stoffwechselproducte ein Abtödten der ganzen 
Cultur erfolgen kann, wenn sie nicht durch Bildung von Sporen 
sich rettet, so Avirkt auch im Körper die Ansammlung dieser 
Stoffe schädigend auf die alten und hindernd auf die 
Entstehung neuer Keime. Bis zu einer gewissen Grenze also 
müssen Avir die Ansammlung von StoffAvechselprodueten 
als Heilungsfactor auffassen. Ihre Verbreitung in den Körper 
so gut wie möglich zu hindern und ihre Ausscheidung zu be¬ 
fördern, kann die einzige Aufgabe der Therapie sein, eine Aufgabe, 
die Avir am leichtesten einerseits durch Ruhigstellung und 
Erhebung des kranken Gliedes, andererseits durch Kräfti¬ 
gung der Herzthätigkeit erreichen. 

Nach diesen theoretischen, auf bacteriologiseher Basis aufge¬ 
bauten Auseinandersetzungen muss die Therapie bei dor malignen 
Pustel dio folgende sein. 

Boi absolut eonservativem Verhalten gegen die Pustel 
Avird das erkrankte Glied möglichst ruhig gestellt und elevirt. 
Der Patient liegt zu Bett; der locale Krankheitsheerd wird vor 
secundärer Infection geschützt und mit grauer Salbe bedeckt. 

Innerlich kommen alle die Mittel in Betracht, welche die 
Kräfte erhalten und die Circulation anzuregen imstande sind, 
also neben roborironder, kräftigor Diät vor allem Alkohol in 
concontrirteror Form und in grösserer Dosis, wie wir ihn bei 
septischen Processen anwenden. 

Nach diesen Grundsätzen sind in der Klinik des 
Herrn Prof. v. Bramann soit dem Jahre 1890 alle Fälle 
zum Theil sehr schwerer Milzbrandinfection behandelt 
und alle sammt und sonders in kurzer Zeit geheilt 
worden. Ehe ich die Krankengeschichten näher anführe, möchte 
ich aber eine Betrachtung über die Pathologie der Erkrankung 
und über die bisher gegen sie eingeschlagene Therapie einflechten. 


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538 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25 


VIII. Zur Pathologie und Therapie der 
Blutungen unmittelbar nach der Geburt. 
Von J. Veit. 


In der vorvorigon Nummer dieser 'Wochenschrift findet sieh 
unter obigem Titel ein Aufsatz von Fehling, der sieh wesentlich 
gegen eine Arbeit von mir, die ich in der Zeitschrift für Gebiuts- 
hiilfe und Gynäkologie publicirte, richtet. . 

Eine Erwiderung meinerseits würde mir an dieser stelle 
gerechtfertigt und notlnvondig erscheinen, wenn nicht Herr 
Fehling auf meine Anfrage sich freundlichst bereit erklärt hatte, 
zur Discussion der streitigen Punkte in einer der nächsten Sitzungen 
der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie nach Berlin zu 
kommen. Ich hoffe dadurch eine bessore Klärung der vorliegenden 
Fragen zu erreichen, als durch eine Polemik an dieser Stelle, und 
bitte deshalb diejenigen College«, welche sich für diesen Gegenstand 
interessiren, in den Verhandlungen der genannten Gesell¬ 
schaft den weiteren Verlauf der Discussion verfolgen zu wollen. 

Dass ich durch Fehling’s kurze Auseinandersetzung in meinen 
Ansichten nicht erschüttert bin, dass ich ferner meine direkten 
Consequenzen derselben, die praktischen Vorschläge nicht fiii ge¬ 
fährlich halte, brauche ich wohl nicht zu versieh cm. 


Umgehung der ärztlichen Consultation zu veranlassen, oder das¬ 
selbe zu nöthigen, vom Hausarzt sie sich verschreiben zu lassen. 

Welch’ grosses Feld der Bearbeitung bietet sich hier für alle 
dieienigen die in ärztlichen Vereinen, Ausschüssen, Aerztetagen 
und Aerztekammem über das Wohl des Aerztestandes emsig 
wachen und durch viele schöne Reden es zu fördern bestrebt sind! 
Hier ist eine materielle und ethische Nothlage. Bekämpft sie! 
Denn wenn nicht bald hierfür etwas gethan wird, dann wird gegen 
die nicht gering zu achtende Wucht der in Reclame-Annoncen an¬ 
gelegten Kapitalien und gegen die einmal eingewurzelte Gewohn- 
heiWler Laien, medicinische, neueste Weisheit sich aus den Tages¬ 
blättern zu holen und dieselbe praktisch zu verwerthen, schwer 

anzukämpfen sein. , . , 

Dies Alles und manches Andere, was spater noch einmal ge¬ 
sagt werden soll, veranlasst mich, in diesen Besprechungen den 
Schwerpunkt auf Hinweise zu legen, die geeignet sind, gegenüber 
einem durch Tasohencompendien geförderten Routinierthum, phar- 
makologischos und toxikologisches Wissen zu vertiefen. ■ Ich 
habe genug Aorzte auch höheren Alters zu Schülern gehabt, um 
ein Urtheil darüber zu besitzen, von welcher Seite aus eine Besse¬ 
rung erzielt wordon kann — eine Besserung des Wissens und der 
Kritik, die am ehesten imstande sind, Schein von Sein, wahren 
von falschem Glanz zu unterscheiden. 


IX. Therapeutische Mittheilungen. 

Bericht über Pharmakologie und Toxikologie. 

Von Prof. L. Löwin in Berlin. 

Ich werde in den von Zeit zu Zeit an dieser Stello er¬ 
scheinenden Berichten, die sich auf Pharmakologie, Pharmako¬ 
therapie und Toxikologie beziehen sollen, die jetzt leider ziemlich 
allgemein gehandhabto Art nicht nachahmen, das was die geschäf¬ 
tige chemische Industrie mit mehr oder weniger pomphafter An¬ 
kündigung, und fast immer in den Mantel der „Wissenschaft“ ge¬ 
hüllt, auf den zur Zeit so lebhaften Markt der Therapie bringt, 
in breiter Weise dem Leser zu übermitteln. Es wird genügen, 
jene Stoffe zu erwähnen und weiter abzuwarten, ob vorurteils¬ 
lose, selbstlose, nur die Wahrheitsermittelung anstrebende, klinische 
Beobachtungen das Recht auf weitere Berücksichtigung erweisen. 
Nicht als. ob die Bedeutung der rastlos schaffenden Chemie als 
eines wichtigen treibenden Factors in den therapeutischen Be¬ 
strebungen verkannt werden sollte! Wir verdanken derselben viel 
und gönnen allen jenen grossen und kleinen Entdeckern patentirter j 
oder geschützter Stoffe den materiellen Gewinn, den sie als Ar- 
beitsfrucht beanspruchen und erwerben. 

Wogegen Stellung genommen werden muss, das sind die An¬ 
preisungen von Stoffen nur auf Grund von Reflexionen oder Be¬ 
obachtungen von Laien oder von angostellten Fabrikationsärzten. 
Niemand hat solche „wissenschaftlichen“ Mittheilungen besser ge¬ 
brandmarkt als Schmiedeberg, der hierüber sagt: „Auch Phar- 
maceuten, Droguenhändler und Fabrikanten chemischer Producte 
äussern sich nicht selten in ihren geschäftlichen Circularen über 
die Wirkungen und die therapeutische Bedeutung der von ihnen 
hergestellten und in den Handel gebrachten Präparate. Zuweilen 
ist zwischen dem Inhalt solcher Circulare und gewisser thera¬ 
peutischer Abhandlungen kaum ein merklicher Unterschied wahr- 
z unehmen.“ 

Das Geschäftsinteresse verleitet, mehr zu sagen, als verant¬ 
wortet werden kann, und verleitet dadurch manche Aerzte, so lehn 
Präparate zu benutzen, die sie bei näherer Kenntniss der Verhält¬ 
nisse nicht oder noch nicht verordnet haben würden. Während 
früher für neue Medikamente ein typisches ärztliches Premiören- 
Publikum bestand, das freilich auch oft in der Lage war, an 
einem grossen Krankonmaterial nach der einen oder der 
anderen Seite hin über solche Stoffe gute Aufschlüsse zu geben, 
so wenden sich jetzt die Entdecker oder Darsteller an die Ge- 
sammtheit der Aerzte, um ein neues Medikament unterzubringen, 
nachdem die Empfehlung irgend eines, leider nicht selten hier¬ 
für bezahlten, Arztes darüber in einer Zeitung erschien und von 
Referenten weiter verbreitet war. Mich hat dieses Treiben stets 
an den Fang der Kriekenten in den Vogelkojen der friesischen 
Inseln erinnert. Dort wie hier lockt, scheinbar harmlos, während 
der eigentliche Fänger hinter einer Coulisse verborgen steht, die 
zahme Ente die scheuen wilden, die dann schliesslich doch zu ihr 
in den stillen Weiher und von dort dem nimmer ontrinnbaron 
Verhängniss zueilen. 

Und wären es immer nur Aerzte, an die man sich wenden 
würde! Die entsprechenden Mittheilungen werden jetzt auch 
schon in die redactionellen oder Anzeigespalten der politi¬ 
schen Blätter lancirt, um das Publikum unter genauer Angabe 
der Indicationen, der Dosen und selbst der Anwendungsart ent¬ 
weder zum direkten Ankauf solcher Präparate in Apotheken unter 


Chloroform. 

Eine der wichtigsten modernen arzneilichen Fragen betrifft die 
Inhalationsanästhetica, speciell das Chloroform. Seitdem vor 
einigen Jahren in der Pariser medicinischen Akademie die Chloro¬ 
formfrage von massgebenden Männern einer eingehenden und 
zweifellos fördernden Discussion unterworfen wurde, hat sie auch 
in anderen Ländern, mit Rücksicht auf manche Unglücksfälle, die 
durch das Mittel entstanden, Aussprachen herbeigeführt. Diese 
waren deshalb nöthig, weil die Statistiken über Chloroform-Todes¬ 
fälle zweifellos mangelhaft waren und nicht den ganzen Umfang 
der letzteren wiederspiegelton. Ich habe bereits in meinem „Hand¬ 
buche der Nebenwirkungen der Arzneimittel“ auf die befremdliche 
Tkatsacho hingewiesen, dass Deutschland etwa nur den funfund- 
z wauzigsten Theil der ausEngland belichteten Unglücksfälle mittheilt. 
Dies liegt sicherlich nicht an dem selteneren Vorkommen, sondern 
an einer unbegründeten Scheu vor Veröffentlichung, selbst aus 
Universitätskliniken. Geschähe dies in vollem Umfange, so wurde 
die bisherige Art zu chloroformiren längst verlassen sein, und 
man hätte sich schon früher in einer ganzen Reihe von Fällen dem 
Aether zugewandt. 

Hauptsächlich werden zwei Momente für die Untugenden aes 
Chloroforms verantwortlich gemacht: die Beschaffenheit desselben 
und die Art es anzuwenden. Es kann absolut kein Zweifel dar¬ 
über bestehen, dass ein den Anforderungen der Pharmakopoe ent¬ 
sprechendes Präparat rein genug für die Anwendung ist und dass 
ein noch mehr gereinigtes mehr kostet, ohne Besseres oder wenigei 
Schlechtes zu leisten. Neuerdings stellte man durch Einwirkung 
von Phosphoroxychlorid auf Salieylsäuro zwei Körper SalicyJia 
und Polysalicylid dar, die sich durch Chloroform trennen lassen. 
Aus der Chloroformlösung krystaliirt Salicyd- Chloroform aus. 
Aus dieser Verbindung lässt sich Chloroform, wie das Kris a - 
wasser in manchen Salzen, leicht als chemisch. reiner Körper a- 
tronnen, und man hegte alsbald die Hoffnung, mit demselben »esse 
narkotisiren zu können als mit dom bisherigen aus Chlor a , 
Wasser und Alkohol dargestellten. Eine darauf bezügliche i 
theilung 1 ) lieht den schwach aromatischen gegenüber dem stechende 
Geruch der bisherigen Präparate hervor. Dadurch würde die s ° ns . z 
beobachtende Athmungsverweigerung und der Husten zu Begin 
der Narkose vermieden. Die Excitation sei geringer oder ,: e . 
ganz, der normale Puls werde nicht schlechter, der schnelle, 
Aufregungspuls schon nach wenigen Minuten gebessert; die 
täubung trete langsamer, erst nach 10—20 Minuten ein, und 
Chloroformkatzenjammer sei selten. Im Durchschnitt betrug 
Menge des gebrauchten Chlorofonns 1 ccm für 2—3 Minuten i 
Beginn der Narkose, während später 4—5 Tropfen pro Mmu 

An der Thatsächlichkcit dieser Angaben kann selbstverständ¬ 
lich nicht Kritik geübt werden, wohl aber an der Auffassung e 
selben. Man chloroformirte nach der von Frankreich empfoh en 
Tropfmethode, d. h. man überschwemmte nicht, wie cs ja ei 
auch noch gohandhabt wird, in jähem Ansturm die Lungen n 
Chloroformdampf, sondern suchte durch allmähliche und g® ll *b 
Zufuhr des Narkotikums der athmosphärischen Luft noch genug 
Gelegenheit zum Eindringen in die Athmungsorgane zu g c • 
Dies allein verringert aber die eventuelle Gefahr des Chloroforms g 
ausserordentlich, weil eine zu grosse Menge nicht emg« 
werden kann. Noch immer ist es nicht genügend bekannt* s 

*) Witzei, Ceatralbl, f. Chirurgie 1893, No. 52. 


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21. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


539 


die tödtliche Dosis eines solchen Mittels die doppelte der narkotischen 
darstellt. Gewöhnte man sich endlich ganz allgemein, so wie an¬ 
gegeben zu chloroformiren und ausserdem die Maske oder das 
Tuch entfernt vom Gesicht zu halten, so würde ein Verlauf der 
Narkose, wie er oben geschildert ist, das Gewöhnliche darstellen. 
Es ist eben die Art der Chloroformanwendung, die den Verlauf 
bestimmt, und nicht die absolute Reinheit des Mittels. 

' Dieselben Gesetze gelten auch für den Aether, der in seinem 
erneuten Siegeszuge weiter dringen wird, weil neben anderen Vor¬ 
zügen die Mengen, die narkotisch resp. tödtlich wirken, ungleich 
viel grösser sind als beim Chloroform und dadurch nicht so leicht das 
rechte Maass überschrittet! wird. Selbstverständlich kann man nicht 
einen Aethertod annehmen, wenn Bromäther vor dem Aether inhalirt 
wurde. Denn der Aether trifft in einem solchen Falle auf ein 
theilweise oder ganz gelähmtes Gehirn, auf das er anders wie 
auf ein normales wirken muss. Das ist pharmakologisch so oft aus¬ 
einandergesetzt worden, dass die Praxis es nicht ignoriren dürfte. 
Am allerwenigsten aber darf man glauben, dass ein derartiges, in 
das Gehirn gelangtes Inhaltionsanästheticum nach einer Stunde 
wieder ausgeschieden sei. Es erfolgt chemische Bindung, die mit¬ 
unter erst nach zwei Tagen ganz aufgehoben ist. Deshalb ist es 
ceteris paribus immer gefährlicher, zwei Inhalationsanästhetica in 
kurzer Aufeinanderfolge zu verwenden, als nur eins. 

Para-Amidophenol, Acetamidophenol etc. 

Einen wichtigen Beitrag zur Erkenntniss des Verhaltens 
einiger synthetisirbaror Körper im thierischen und menschlichen 
Organismus und zur Erschliessung der Wirkung aus diesem Ver¬ 
halten liefert eine Untersuchung über die AVirkung des Para- 
Amidophenols und einiger Derivate desselben. 1 ) Anti- 
febrin, Phenacetin, Methylacetanilid (Exalgin) und Pyrodin, also 
Anilin- und Para-Amidoplienolderivate, gehen im Thierkörper in 
solche Derivate des Para-Amidophenols über, welche beim Kochen 
mit Salzsäure leicht freies Amidophenol abspalten. Die Frage, 
die sich hiernach aufwerfen liess, ob möglicherweise das Zustande¬ 
kommen der antipyretischen Wirkung mit der Bildung von Para- 
Amidophenol oder Acetamidophenol verknüpft sei, gab den Aus¬ 
gangspunkt der Untersuchung. Es liess sich nachweisen, dass 
Para-Amidophenol und Acetamidophenol antipyretisch und ant- 
algisch wirken. Ersetzte man im Acetamidophenol 

r n /OH 
OgIU NH—CO C H 3 

die beiden H-Atome der Gruppen NH und OH theilweise oder ganz 
durch einwerthige Alkoholradicale (Alkyle), so konnte man fest- 
steilen, dass alle Alkylderivate, die antipyretisch, antalgisch, 
narkotisch wirken, im Organismus Para-Amidophenol resp. leicht 
spaltbare Derivate desselben liefern und dass umgekehrt ein Alkyl¬ 
derivat, das im Thierkörper kein Para-Amidophenol bildet, auch 
nicht die bezeichneten Wirkungen besitzt. So sind z. B. Metkyl- 
phenacetin, Aethylphenacetin, Propylphenacetin, Isopropylphenacetin 
an Thieren und Menschen geprüft worden und erwiesen sich 
als wirksam, Aetkylacetamidophenol liefert nicht Amidophenol und 
wirkt nicht antipyretisch. 

Fast alle hierhergehörigen Stoffe sind Blutgifte und erzeugen 
aus Oxyhämoglobin Methämoglobin. Diese Wirkung ändert sich, 
wio manche andere, auffällig je nach der Substitution, die vor¬ 
genommen wird. 

Ersetzt man in der obigen Formel den Wasserstoff 
des Hydroxyls (OH) d urch Methyl, Aethyl, Propyl, Amyl, 
so nimmt die Blutveränderung gegenüber dem Acetamidophenol ab. 
Sie ist bei der Aethylverbindung am geringsten. Dagegen liegt 
das Maximum der antipyretischen und antineuralgischen Wirkung 
bei der Methylgruppe; die antipyretischen Eigenschaften nehmen 
mit steigender Grösse der substituirten Alkylgruppen ab. 

Ersetzt man in der obigen Formel den Wasserstoff 
der Imidgruppe (NH) durch Alkylen, so schwinden anti¬ 
pyretische, narkotische und blutverändernde Wirkungen. 

Substituirt man in obiger Formel dem Wasserstoff 

Iniidgruppe (NH), bei gleichzeitiger Besetzung des 
V> asserstoffs der Hydroxylgruppe (durch Aethyl) Alkyle 
(Methyl, Aethyl, Propyl, Butyl), so liegt (las Maximum der nar¬ 
kotischen und antineuralgischen Wirkung bei Methyl, das Maxi- 
mum der antipyretischen bei Methyl und Aethyl, die geringste 
Giftigkeit besitzt das Aethyl, und die narkotischen und, wahr¬ 
scheinlich auch die antineuralgischen Eigenschaften nehmen vom 
Aethyl an mit steigender Grösse der Alkylgruppen an Stärke ab. 

Die Wirkungen einiger dieser Stoffe auf den Menschen seien 
hier angeführt: 

Weinsaures Para-Amidophenol wirkt zu 0,5 g antifebril 
bd ‘S‘\ *1%^ un< * Treupel, Arch. f. exper. Path. u. Pharmak. 


wie Phenacetin und antinouralgisch, macht Schweisse, setzt Puls 
und Athmung herunter. 

Para-Acetamidophenol wirkt zu 0,5 g stärker antipyretisch 
als Phenacetin, antalgisch, macht Schweisse. 

Acetamidophenolpropyläther, 0,5 g wirkt schwächer 
als ebensoviel Phenacetin, macht starken Schweiss. 

Acetamidophenolamyläther wirkt nur noch schwach 
antipyretisch. 

Methylphenacetin wirkt (0,5 g) antipyretisch wie Phena¬ 
cetin: die antineuralgischen und narkotischen Eigenschaften sind 
sehr stark. Reizwirkung auf Magen und Nieren. 

Aethylphenacetin wirkt (0,5 g) antipyretisch, antalgisch, 
narkotisch wie Phenacetin. (Schluss folgt.) 


X. Krankenpflege. 

— Eine fahrbare Tragbahre. Auf der 65. Versammlung der Ge¬ 
sellschaft deutscher Natuiforscher und Aerzte zu Nürnberg führte Jacoby 
eine fahrbare Tragbahro vor, welche sammt Fahrvorrichtung 86 Pfund 
(3 Pfund weniger als die deutsche Feldtrage) wiegt und folgende Con- 
struction hat: Das Tragbahrengestell ist: aus englischem Stahlrohr (ohne 
Naht) gefertigt; 2,5 m lang, 57 cm breit. Der Rahmen des Kopfgestells 
ist mit einer Matratze aus galvanisirten Doppelspiralfedem überzogen, hat 
ein verstellbares Kopfpolster und ist durch eine Verbindungsstange der Kopf¬ 
lehnstützen mit einem Griff leicht auf- und niederzustellen. Die Enden 
der Holme sind zum Schutz der Hände gegen Kälte mit Leder über¬ 
zogen; jede Trage ist mit zwei Tragegurten ausgerüstet. Der Leibbezug 
ist durch eine Verschnürung an verzinkten Haken schnell abzunehmeii 
und zu befestigen, was behufs Reinigung und Dcsinfection der Trage sehr 
angenehm ist. Au dem Querband unter dem Kopfgestell, welches weit 
massiver gearbeitet ist als die beiden anderen, sind zwei senkrecht nach 
unten gehende stählerne Zapfen angelüthet. Das Rad hat an seiner Achse 
eine sogenannte Gabel, d. h. zwei säbelscheidenartig geformte Rohre, in 
welche die Zapfen eingesenkt werden können, wobei eine einschnappendo 
Feder für feste Verbindung sorgt. Beim Niedersetzen der Trage auf den 
Erdboden, sow r ie beim Einschieben derselben in den Transportwagen wird 
das Rad an der Unterflächo der Bahre durch einen Riemen festgehalten. 
Am Fussende der Tragbahre sind Fussstützen angebracht, welche her¬ 
untorgelassen werden und auf welche der schiebende Krankenträger die 
Fahrbahre niederlassen kann, sobald er Unsicherheit verspürt. 

Die Fahrbahre ist hiernach eine Combination einer Krankentrage und 
eines Schubkarrens. Die zwei Krankenträger, welche zu jeder Trage ge¬ 
hören sollen, können den Verwundeten auf ganz schwierigem Terrain 
tragen, während schon jeder Wiesenpfad und Fussweg den Transport 
mittels des Rades gestattet. 

Jacoby nennt als Vorzüge seines Transportmittels noch, dass cs 
leicht, olastisch, fast unzerbrechlich und so compendiös sei, dass es in 
grossen Massen ohne Vermehrung des Trains mitgeführt werden könne. 
Letzteres will Verfasser dadurch bewerkstelligen, dass er an Stelle eines 
Krankenwagens vom Sanitätsdetachement einen 3 m langen, 1,5 m breiten, 
cubisch und tief gebauten, mit Planen überdeckten Wagen einstellen will, 
welcher 25 fahrbare 'fragen mitführen könnte. Der Wagen solle sich am 
Wagenhalteplatz seiner Ladung entledigen und nach schneller Ausrüstung 
mit Grund’schen Blattfedern zum Verwundetentransport dienen. Bei 
Umwandlung der sämmtlichen aelit Krankenwagen eines Sanitätsdetache¬ 
ments in derartige Evacuationswagen berechnet J acoby eine Vermehrung 
der mitgeführten Tragen gegen jetzt um 128 Stück. (Deut, mil.-ärztl. 
Ztschr. 1894, S. 100.) ' _ 


— Yersendbares Wasserbett. Kirchner (Deut, mil.-ärztl. Ztschr. 
1894, S. 106) bezeichnet es als sehr wünschenswert für die, wenn 
auch seiteneu Fälle, welche längere Lagerung im Wasserbett erfordern, 
ein versendbares Wasserbett zu bositzen, welches au Centralpunkten aut- 
gestellt, bei Bedarf auch dem kleinsten Lazareth übermittelt werden 
könnte. Zu diesem Zweck schlägt Kirchner vor, ein Segeltuch Wasser¬ 
bett von 1,9 m Länge, 0,6 m Breite und 0,5 m Höhe, welches vermittels 
Schlaufen an einer Reihe Ständorn aufgehängt wird, zu benutzen. Da der 
Vorschlag Kirchners bezüglich der Construction noch nicht praktisch 
ausceführt ist, verzichten wir auf Wiedergabe der Constructionseinzel- 
] ieit ,. n- _ Schill (Dresden). 


— Eine Eismaschine zur Herstellung kleiner Mengen von Eis 

t auf Veranlassung und unter Mitwirkuug von Li eh ro ich von der 
rum Warmbrunn, Quielitz & Co. (Berlin) coustruirt, vermittels welcher 
au in etwa 15 Minuten ungefähr 500 g reines keimfreies Eis aus destil- 
•tem Wasser hersteilen kann. Die Maschine besteht aus einem doppel- 
Etndigen Blechcylinder zur Aufnahme der Kältcmischling, welcher aussen 
it Asbest bekleidet ist, und einem inneren Blochoinsatz von kreuz- 
rmi tr eiii Querschnitt, in welchem die Eisbildung vor sicli geht. Der 
leelicvlinder ruht mit zwei Zapfen iu Lagern und kann durch eine Kurbel 
sdreht werden. Zur Herstellung des Eises iu dieser Maschine verfährt 
au foteendermaassen: Der Einsatz wird zunächst mit \\ asser gelullt, 
zw init frisch gekochtem destillirtem Wasser, wenn reines keimtreies 
s erzielt werden soll. Man fülle aber den Einsatz nicht ganz voll, 
ndern nur bis etwa 1 cm unter dem oberen Rand. Alsdann wird die 
ummiplatte auf den Einsatz gelegt und der Deckel fest ssu^esehraubt 
an dreht mm die Maschine um und schüttet durch die andere 
kg trockenes salpetersaures Ammoniak (Aminoniiuniiitrat) 111 K f 

esst schnell 3 1 Wasser hinzu und schliesst sofort **» »°*± 
ird die Maschine langsam 15 Minuten gedreht, nach .Ablauf d.^ öffnet 
TWPel unter welchem sich das Lisgefass befindet, schnei - ’ 


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oini'fi'iii<.f'. iVaSS«- Stu wne«*)«; 'WS wülitiff .ii? • «-■*•• ' v, ' ,m mir j 

W.Lcc von «Wioliii.Ii liill,«.-,- To .-.»für um- Vnrülonns; sM.». <•" 

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In \y v r,$i An VrtHrtjOaM f . ' JHiin^b; piut^ 'MiWVTu, -^11 

' Ufrk (l-.j Utnr.’-I- »iif S-nrin 1 ^'i«'a|..-r iu Mokka n.osimhu-fir.M) 

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XII. Achter internationaler Congreas für 
Hygiene lind Demographie in Budaj^st. 

1. Ms 9, September 1894. 


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Aus : Knssi^l.-!M.)ou, \vr Wnlir.-jni da, WinOas dm kuok-hv )*ndn * Mji( ( i„ r AuilonVriinu- m. mmu. [ku.hmkoi„jn; ;il , dom W ■ 

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; «vw;nm. 'ist sio. .m ?Avri StuHiai luiik in düs HelHid des h-yu ^tiou /ijvuiiiin-io; a-iiür v. u" in -- S. aul. mil^rtjindi Mib'-d- »>M 

i> •• ♦«■• i i r> om-odrunpou /Viii: Mai v.-mdp siraaiU Ikml/m, tyU,i.,nyjm sir |, iji^iscliun dmck koopUIJ..,, nouli v.a-kuad /,>: !|# 

l'rMik-n) iU- um k d«-r b tn .01 d*o <imi/.o o«df L f ‘. au II (d'-'IViddo-m ;m a* ^j 4 | t .iiln), \VuwImi» «im Itcvron V. k‘«• 1 ♦vr. \. GooSha. y, .kofsrhurt- 

•Stadl M vslüVrW ditVAkHMiioppk Wo /. l'uvsöi.kM . upk.'nlikDm, k fvi*Ä r/ur. ’v-, iG.ti^ivUufuj- itiid WrtU* ftrnämu*. ‘ 

Bio i‘7ülm idiutuu -unt'' d»vi Ka.imli. o kAsMivatiUI. mu 'kaum du- i <v !• -u n1fi „ sivil iU , j|,- h Vh !ÄlisVM»z)f.r "mit, «iur BiGv uu'Um 

UrtMkio Vo.coo. vork.dol kaifu; i'iO \Wi I cr'V d. »osu hui <a i.'n kj i»oii br vindiunUvu tt-- i omikm duvk OitlÖn • K« iidl-tmi-i .*]|. «it a'o V .i|iiymlA^ 

i;mji dank d.o. t nouusclu-ti Maa v.iv,o ln *M>V HMoimIhm nml.i .slpH i Mi an! oiv.t iif v.-m ^ »S am.« 

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rtmlo>Äu M)V dh*<o N,a<.diriodileu m.vtk»‘iir<!U. wir- wir tk«s-vf.ii .dür früip/ksi- * ' 

srlu n kdiCikaüik..aä'd’.)orsk:rl*.onu gyW'o.kfit sind., der Zn\. rl.assivk' d. 

ßirn* \lim: *iMi Mit4«.-- -A.fini iiiiO-r^tMirie clmU-ja- 

ÄmfeW %uditHit in GUskiboiu AuhSPvÖHluijtiiuh -buhe iCli-tatikttm-^ziduim j; ^ 
)h 4 : ^ursfdiwintb-ct^ : i?krüi^i* üvsHav. V«« u»n»h»MVHv Ziv-ifH | & 


,!i to;-k lii). dofs.dkiVi kuUmij'inpn. 


XIII. Kleine Mttheilnngea, 

Hvidln Gor VoT-oiiv i lOti'ia- Mud toi»' < kodi M'!t 1^.. d'iW 

w• i »k-nim Sil/.ioio : . d)n dritto ifi do o ;u Mon.ti. dm bi.d. Uuv .Lfrnssii.! » um 
unk bmk.Uiimitdn tGsimb aos-A ;• s. !<-o ' orSiU l'ukrin iinJT GcploMa.'. 
Von d.m Tao-o-'im.lnuo;;. sit Hl " 1 {unu Si ( u i i< ip a k u adidM cou ilm; in •' • 
>•.), *^-■ Galt ti.il. ikn-ni !v ulo r. (* u «'u ooUv.%nc:!;ka» l'ali tntu * • n • *-i • <yy- 
klouist- i: !• in iCrk rn pf d.of -H | nk ;U i kk a O-Vli >. - • H ad Gut > PA m :t• 
1 AMtrAmP ; dpi'dmu M.hp-p.uU^. kbti^fcpuokyAWiJ 1 ^hfh »* 
Irvofin- läiivl loh.Vrk Oulomo um! du GUmmbiimirtdilüukvrmi Jitvl H 

•Utrukol- •T-nlr.ik'n rGapruoVA. !k-f la.l.o-nl iifj.l-t.fr \«»C kou-ai :ol -Hi 

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koi vorsonxyiMtuml ^a-nt^r .-tiMddifbkv.it Vwsatu von umnhmvm ZwmlH c; ai.iv,. um , V u '--uhh W"'/’:"' 7' -ä .a ; . !k’v> 

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d.-s Mai v»dJi./ modiL'davsMi, und ymt snitvu d.*r Ik lionb-u wjial mrklu.H, } ! ,u ‘; h,i ’V' 1 ’ .-n i ul ^oo . m 1 ‘ lU ‘’; J, r , ‘ - k ' J i 0 ,G n ’' tVnii-nlv.Mtmi; 

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l.ki,i'SMk> .ifidcgv-rK ;ViV den Mc/.irk .U:>rs/ öw. '■ ,? . bttuti «l-pbor U?dy>fntl<i ,n|»-:b. : d • . füas'öbkm".'! ' \ ' 

fu brtsMaud w.irdnn ^v. Afitasu: Atmii yrndm Ckok-ridMk- ,\ii? . '•"Tot; >M< da- h. rrm. k ori M ‘iri^or *.» ■ ot. • -v, , • . j/7 ( .| (!l! ^- ' 

iM» du !».-•({ y'-f.nodm. vom t» ki= 2K Api'd 20 i.a>, vioj. 2;>. April kV. 4 Mp ■ A d • D.vpi nskv , .M a o k >; - n 11 y, ov,d l.k-rt (». Ii»-Win s*- •’» y 

^.i» tioi. Vaiii k.Aiat tdjv lk. Mat ti !4‘, vom 4. tus k. .Tiiui 2 H nrA'kvunküüv'skiliv' ; " 4 o-.• k- ’k, d^lun. . .. ' . : . j... kvi.-driuV ' ■ I 

«Toi^t'iUim. A us ii«ospr { nnjvuolinössiVmj Ni-ciiriobtöu. tk*v . - Goti Ik iviitdiu-öntvi, an du»' in.vai.nuisdtoo t-;irut. ! k *. 

VoiifUstr^ntjcG Wttrdß cbm-Akmdmir: Ak«p ivpimmG in rodolion korvm- W tUmln.Gl mv.as-fiit- Bfe i (& $ 0 1«» d und Gr. U. Imwn, m > 


Wovilnp. Ui> dbri^Vb rjinki,srGli Aitr fvj.kirtcMiiG»rtnf U ussisrli - 

lA-ii.-n, in dvt; Stadt. AVnt*»c-Unu Mtaükba» -iflrirbrni vor. 24. Afmii 
Al.u 2t». (H)i V«UIJ 7’ bis Mni 10 (0)^ vom 14; 24. Mai Tjtiid^kb 

vuiü tiirt 2. Juni 1^(13). vuiw vti. bis b Jfthi'. V§‘_ <9), im (inbrndtim 

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Donnerstag M 8 g. 28. Juni 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCERIET. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalweseus nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstein&llee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31. 


I. Zur v. Büngner’schen Methode der 
„hohen Castration“. 

Von M. Schede. 

In No. 7 des laufenden Jahrganges dieser Wochenschrift findet 
sieh in dem Sitzungsbericht dos Hamburger ärztlichen Vereins ein 
kurzes Referat über einen von mir gehaltenen Vortrag, der sich 
auf die Totalexstirpation des tuberkulösen Vas deferens und der 
Samenblasen bezog. Ich äusserte bei dieser Gelegenheit, einige 
Worte des Zweifels über die Zuverlässigkeit des von v. Büngner 
empfohlenen Verfahrens der Evulsion des tuberkulösen Vas deferens 
und gab der Befürchtung Ausdruck, dass das Abreissen in einer 
Anzahl von Fällen nicht im Gesunden, wie es Herr v. Büngner 
einigemal gesehen hat, sondern im Kranken geschehen werde. Der 
sehr kurz gehaltene, übrigens nicht von mir, sondern von dem 
Schriftführer des Vereins verfasste Bericht sagt darüber: „Herr 
Schede schliesst eine Kritik des Büngner’sclien Verfahrens an. 
der das Vas deferens durch langsamen Zug am centralen Ende 
abreisst und es immer im Gesunden abzutrennen vorgiebt. Tuber¬ 
kulös erkrankte Samenstränge bieten nach seinen Erfahrungen die 
Gefahr, an fungösen Stellen abzureissen.“ 

Diese beiden Sätze haben Herrn v. Büngner zu einer ziem¬ 
lich erregten, in No. 16 dieser Wochenschrift abgedruckten Er¬ 
widerung Anlass gegeben, die mich zwingt, meine Meinung etwas 
ausführlicher darzulegen. 

Ich will zunächst zugeben, dass eine misstrauische Kritik an 
dem Worte „vorgiebt“ Anstoss nehmen könnte. Man könnte darin 
vielleicht denVerdacht einer subjectiven Unzuverlässigkeit wittern, 
der mir selbstverständlich vollständig fern gelegen hat und der nach 
dem Wortlaut meines Vortrages ganz ausgeschlossen war. Gemeint 
war ganz einfach: Herr v. Büngner hat die Erfahrung gemacht, 
dass ein partiell erkranktes Vas deferens bei seinem Verfahren eher 
im Gesunden abreisst, als im Kranken. Meiner Meinung nach 
soll man sich aber hüten, darauf zu fest zu bauen. Der Zustand , 
mancher erkrankten Stellen des Vas deferens ist, wie meine beiden I 
Fälle lehren, zuweilen so, dass die Trennung notlrwendig an einer ! 
kranken Stelle erfolgen muss. | 

Herr v. Büngner fragt nun in Bezug auf obige zwei Sätze; ! 
-Wie in aller Welt kommt Schede zu der Behauptung, dass ich 
durch die hohe Castration in allen Fällen eine Heilung erzielt 
haben wolle?“ 

Ja, wie in aller Welt kommt Herr v. Büngner dazu, diese 
Behauptung aus jenen harmlosen Worten herauszulesen? „Im 
Gesunden abtrennen“ ist doch noch nicht gleichbedeutend mit 
»heilen“ — nicht einmal in den Fällen, in denen die Trennung im 
Gesunden wirklich gelang! Wie aber Herr v. Büngner vollends 
glauben kann, dass ich ihm die Behauptung einer Heilung durch 
seine Evulsion habe unterschieben wollen in Fällen, wo überhaupt 
nichts Gesundes am Vas deferens mehr war und die Tuberkulose 
sich schon auf die Samenblase oder selbst die andere Seite er¬ 
streckte, ist mir unfasslich. In dem Wortlaut des Berichtes ist, 
wenigstens so weit meine Kenntniss der deutschen Sprache reicht, 
auch nicht der Schatten eines Anhaltes dafür zu finden, und ich 
muss es den wenigen Lesern, die sich für diesen kleinen Streit 
interessiren sollten, überlassen zu entscheiden, ob der Vorwurf des 
unaufmerksamen Lesens, den Herr v. Büngner mir macht, nicht 
Mit mehr Recht auf ihn selbst zurückfällt. 

Allerdings habe ich aus dem Aufsatz des Herrn v. Büngner 
den Eindruck gewonnen, dass er es in der Hand zu haben glaubt, 


ein partiell erkranktes Vas deferens mittels seiner Methode stets 
an einer gesunden Stelle abzureissen, und diese Auffassung erkennt 
derselbe in seiner Erwiderung ausdrücklich als richtig an, indem 
er sagt: „Schedo’s Erfahrung, dass tuberkulös erkrankte Samen¬ 
stränge die Gefahr bieten, hei Anwendung der Evulsionsmetliode 
an fungösen Stellen abzureissen, können wir nicht bestätigen . . . 
Allerdings mögen tuberkulöse Samengänge an fungösen Stellen ab¬ 
reissen, wenn man die beiden angegebenen Regeln für die Technik 
der Operation ausser Acht lässt und deshalb nur einen kleinen 
Theil des Vas deferens herausbefördert, doch wäre niemand be¬ 
rechtigt, die solcher Art gewonnenen „Erfahrungen“ zu verallge¬ 
meinern, wenn es sich um die Würdigung einer bestimmten Ope¬ 
rationsmethode handelt.“ 

Hier nimmt also Herr v. Büngner keinen Anstand, von den 
seinigon abweichende Beobachtungen anderer Chirurgen kurzwog 
ihrer Ungeschicklichkeit zuzuschreiben, seine eigenen, doch immer¬ 
hin sehr wenig zahlreichen Erfahrungen (die Versuche an «len nicht 
tuberkulösen Samengängen von Leichen kommen hierfür natürlich 
nicht in Betracht) als ein für allemal maassgebend hinzustellen 
und die gegenteiligen anderer durch spöttische Gänsefiisschen als 
minderwertig hinzustellen. Ich brauche wohl über dieses Verfahren 
kein Wort weiter zu verlieren. 

Sachlich war es nun in der That diese Anschauung dos Herrn 
v. Büngner, und zwar diese allein, die ich in meinem Vortrag 
bekämpft habe, und es lag für den Referenten gar kein Grund vor, 
die übrigen Punkte, in denen wir, und mit uns wahrscheinlich sehr 
viele andere, übereinstiinmen, besonders zu erwähnen. Was ich 
' seihst in dem Vorträge noch alles gesagt habe, kann ja Herr 
| v. Büngner gar nicht wissen. Gegen ein sichtlich ausserordent¬ 
lich kurz gehaltenes Referat aber den Vorwurf der Illoyalität zu 
erheben, weil nicht alle Ansichten des Herrn v. Büngner darin 
erwähnt sind, dürfte doch kaum gerechtfertigt sein. 

Zur Sache selbst möchte ich folgendes hinzufügen: Das Vas 
deferens wird bei einem noch so vorsichtigen und constanten 
Zuge doch selbstverständlich immer da abreissen, wo die Summe 
der Widerstände am geringsten ist, die sich aus seiner eigonen 
Festigkeit und dem Halt zusammensetzt, den ihm die Ver¬ 
bindungen mit der Umgebung gewähren. Nun wird auch Herr 
v. Büngner kaum in Abrede stellen wollen, dass die Festigkeit 
eines tuberkulös erkrankten Gewebes eine sehr verschiedene sein 
kann. 

Mag das Vas deferens im Anfang der tuberkulösen Erkran¬ 
kung seiner Schleimhaut iufolge der rcactiven fibrösen Verdickung 
seiner Wandung noch so häufig an Festigkeit gewinnen, im weiteren 
Verlauf kommt es jedenfalls oft genug zu heerdweiso so weit 
gehenden fungösen Einschmelzungen, dass seine Zugfestigkeit an 
diesen Stellen fast gleich Null wird und weit unter die seines g«*- 
sunden Gewebes sinkt. So war es in den beiden von mir ope- 
rirten Fällen. Beide male gelang cs nur der vorsichtigsten Prä¬ 
paration, das stellen weis« 1 , fast bis zur Contiiuiitätstreimuiig fungös 
zerstörte Vas deferens in toto zu entfernen — je<l<T stärkere Zug 
hätte unzweifelhaft die Zerreissung an der nächstgelegenen Er- 
weichungsstelle herbeigeführt — untl auf Grund dieser, dein ärzt¬ 
lichen Verein an dem vorgelegten Präparat demonstrirten \ er- 
hältnisse erlaubte ich mir, die v. Büngner’sehe Methode als nicht 
immer ganz zuverlässig zu bezeichnen. 

Das Abreissen des Vas delbnms nach v. Biingncr bietet 
übrigens noch eine andere G«‘fahr. Bei \ «tsu« heu. die Herr «• 
Sick an Leichen damit machte, kam es vor, dass das Peritoneum 


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umdermi Wund d<^ hwuhinh.suuP «m?i hvc» -.' ■ 

Ufr VmNrhrit't lüi- ?renmim;-he)!r .-..(olR HUll 

■.„..•■'.d'R. M l'r-uiim;* am ilu»- 1 h K„.idhe.1 zu mde'/nd.-O und •"''»>- 
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W;i' ili.v Art lies ojieoiivivau Vt»rp>.in.'lH »vninb-v’i• -v* {»ai.>e ,v-b. 
mir in MM iiiän FAUan jUmv Za^unY za <b *. s,win*ii)»tii'-* , n mit 

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felinit*« 1 .' Mfl'iiJUit. Vv if ><;V. i’nH'b Irnhci- laü/aitii.-li tli-r AMi’ii- 
anim. ‘irr sc-iOi- »»‘ U ikamlairii.»^|‘ini i|).M,vtai;:ra kaimt«'. 3 1 Uf *'l;’i 
$ t'fii St.liprl *»,•- i J |*« t «4 nm.~ w-|J nz I i P ,’m !, f ! .< h in mr ai.t 4t ;• 
*,fin Piti.nl Mf!ür^nlti füvim un«l *rlr»t btm‘1 «luimr fli<* itwim ilm* 

t< m’ i ‘l nnniii. AtiflnPin ieli bcil!" MmPhhU*m wimlvrimU 
in. vivo ufnnJtr -- w;«- für 4i; ikasiiiia teilt. L'tll t*!nn* w’t» 1 1» r r“- 

nj,k4i fqt* 4ie SnmHib.Usr mal ''uWf'U*' i>»t 4url Uh my hiJtüflW 
wnlil rin Prtinai ziordtnrn. PlmtlnvoUi Imt 4«*r P t i r P ; ft* - Sahrffl! 

ilirn miT'M liimjmnm \’a;-ytiu. .ii» Rim* imu fialua 

bloiiten und dir Hrilumü s< biirHor wir «rl^b* Zwisi Hmi 

den VorziiM/n) und ivarblbflbai (Irr nitmii und der aitder-it .Mrthode 
wird man also aUzuwatmn iiaimiK 15«'! dic-kem V\ ri.rij.Pirilru mnS 
iin_a;mü i3o<-Wnaai zwar an. h ritr di* tip^iifnH 

(1»*' ScliWrMi-lii Hir di' 1 Lli M i* 1 Vi Ijc alirr ta.-t I.U- 

bberw indlir.it, im\ trniz- d' j r mvPitmtmi Nachtüriln-wir.! imu: daJirr 
rn tam'i' iif.iin- ruu Kal im. mir .km imqiiramf On -:mraim. >•; bain 
Inarüf idlii.-b bnssar !:du<-n. tU'briiinnS hi, vor .-tl’ki zwm \|nuait’u 
rin driilrr cinM blatikirr Knü um llvirn ]>r. Si* k mH HirH»- ‘d.nm 
< .*ml*ina!um des jJP * ?• i V.dmn ' mit' nm in p;un-m taifn* ^ It.uti 
uperiri. und im* (>iu qb'.f b t>df‘-. I l*dli«-Mn)t?it r^'i.ui, n ir 

Hilulm lu'iii.Mi Rülly.' (Jidi kann hn*-r iimkUra^r.-n, das- am it dm 

yttr.tf* KraaUr. a'-miamUbt.- ... hl 'und rdstdi an KurprriViUe 

iifni Prall mavnnn). Ef, Win) sirli virdirinM. in-i-aa-^tilIon, .brns 
• i 11 - •* i- -swinHr di* \‘m-' i.ml» dre beiden frnlmrmt iVF‘d.liuil»n \ * n 
: od>m;t uj<i dia Aar-iipitllr kri.j./r vcnmldft. ' 

W'-'Wi aira lim*, v "LPhna-iier anniirju.t, icJi fnibr m; iirr 
R> dy iri rl'Sabrn ifnUmir dit: Rrlmliuim v inrs toPcn BmEujilMMinnk 
in» (P q. nsa tze zur Pi tr.■!’s. ln n .awübtiik ro ii.'Hndm, <m* -h*1i 
lUivfi hinriii in (dm*m FrrkUum <tm dunb dm Klir/«* des. 

iPn re.m zum Titri! • rl- iiirl Wild. Immarbiu ilipo kr nur v irM. imd- 
nibhf obn»' weiter":- nian >•> Kluin.-btö ü.diaupUiay. zni.vaUmi SnUiMia 
llet' Vt’.ridnndi avurde .ifffÜflv'h >i.\vtPi.dU j H (imv '^aVaPvirn Mtdiiudmi ö|lt 
i.'iii|»..füiTi' und. mit .iaa: r ..dtn-' Ri'^orium von Btxdssbe|f( und 


• i.mntmv.v .io* \ V(v*rzn»><rli.*w uvwamaat ivabnl:wird. das< >'ni.nr An- 
| ArinVi Vuur.ll lubd» *sh iiT dmu.l<U*-rMir Wan U und das- OS -m b mnln 1 
! kjijoialiimi lii-o-.i. . m-um Älixdi/imiHtiVli du (ü* n** vom dm 
: ..ivfeinimil; In Idlm* Rdbr aoi Ihn lir.-m-bimanu; Y.\i vnti'mn.ap ms 
; oimMU keai'p’-n Ibdorat so Wüiltkdfondw s.-nlusa* aut m.-ua* t PJM'tiv 
; iü-il und Ep.vrtliUH, zu zinimn, wir er es zu ,0mu -Adr bat. bin- 

: romml! iassirn.' 

VliriTiijt- ist die personlirtm ■ütlie dm* PraÄ*'.- Pir njuli alleotiuia. 
: Kai bin b wmdn h\\ mifb Hvtimq lli'iiü v. iPiU'Jurr ml dm-ma 
Wil hfmvij und Httmr.-miJd.'Mi Erbiid wio.lm zu i*u^mimn. w. m» wir 
| mm nmu* iPiaitrnm/ru niimitheilen hab-n. Sind s>r* .nicht iilaardl 
l dir ^Rirh.n. su Werden -’ic <WU unf s*» bnssm* nrotHiZtm nnd zum 
| NuP/un undorrt khinkku ihu hi mein zur J*>k<mnbiisc* (Um' sirbrrtler 
W&t? iuiif( II. ihltm;. ZU bidt’mö 1 Aism* Zjrl i-t du* sl'Vdm. Stp'imn 
w u'»leide weiter lim a v. Hb flauer, ns zu rrnd.lmti -- mmmdad:,,. 
I ai.cr Kino in;. 


II. Alfa dem hygieniselten Institut- der Universität Kiel. 

Wettere BeobacUtung-ett bei der 

• 4 i. . i * *__ yii* ~ i. * 


)Ar. Bernimrd Fischer* 

- uns Jum’truB^s iHH’d dieser Wm-Jirt,* 
dm C r JdurvufHnu<; v rlud o ra vut'diiirld Ulm 


d( j yj)idn 

: ltSSr.-fe'fcv 


lui 1; AS'i .i'liiM’ äus den' 'vx>'iitelh*n'ihn< • i>Hv- 


Vrm ProfesSiir 

; "in den Nu Rim tum 'ijfe 

Mntnmis-lmprbPd, wölohos dem Uypm.im !m?i hmi.i1.Ui zu hai ias 
ZÜU- l'.-hvmo,- IHHli •/iir-r-v.a..^m War; Pa, hmilint mUiad uaaüO.li 
. wdtorbvu hu '\ • raaiiiom,'U dalhav vmihn b" iCniRndüti^u .b-drra- 
•vöt-diUdtf-iiiM!«- Mufeiats' :ms der i 4 wm?. S.:b}rswi ; nvHuEudn, mn\h;h 
{ ha yfezf-n . At; RRgfii -vRn VRhr' injt-nb bl zw Ua^te. 

,'• ii.balt s.nwie ^ VV.»sxnrpvebeii 

| Von im. Aii auz. SHibl !m:7w l.m Himbaii Imsteuruden Srumiurwi 

1 ihtmluM! -id f uhriovus uthiiRWdt Lu 4vr. Zt *n vom 21. t>#^»dwr f 

‘ Uis H Nnvundtpr bei in hr^t^föt äiil§ 5 d^flti^»‘bR \ r üu I& fiu lUokra 
; '»•.ritn.ii kt.ru hszw. ■rtstmlmiton t'orvoimT*. H« ? dmmm wurn. rn< bi 
. hur ibUmro lV v zi»dudi^Vtt zu t iml« ral.o'ankru (alur zu \yu dw. Cbobua 
j IndtiiMvaUBiit.rr» 1 Hiidikmh.n in judom ehizuhiru feit iSsi^VShull 
'•' wurd-it. snhdr.rn . - .-nt.-ptM« h aueb das. Krarkheitsluivh !u i ra.j*aiivrii 
der ‘ ludern und es i’i-lnnR h hihmsueh lUivh. uid. ui.net' •(1 jizr;oi>. ->U-- 
..ahme Pclkd-r Vmlrorm dm t in.I^wh,*. »lieti i tm V H bot vud* 

• i 'iiotorainudllon nnlu. zu limimi wanlk ^ohiirto rmm r kleine»! hrup.**;i>- 
t tirki'Unkuiiü' an, d>p sieh an Povi .h^ . sc h wrdlh-Umt femptet> 

• HjalRim** <!u! dev t ohrti lilu’t voR -liatji i)0Rtsrhn>bd *T* 

r.iRmd.e. Von ilfid trut-vr den. RiSiijdiiWt^eib t|cr Pkokwa EtkraöWiv 

• wurrn zwei ;}iff der |hcu»e jev^’hoTbrli nmi ijffe -LeRrhüR f«- 
vers'.mlt. Vlu. der üt-oiieb' ndm. driti■rfs ■ RranR*m Raunte a*r>! 
milqr Tap* U:»oi« der AllkimU- Ml Kiel, ctwu i'<Jt»l Titer ÜÄCij, 
pt^bti dev Rekrnnküüß'. Bt.Uhi ata; <lit f (ruhu'Hdrhuim' “UaR^t wriden 
j hd'hilljo hatte hereit.-S wieder eus iMrmaleo ,Au>.aehen an^öMMbinM'it. 

' Dii.i b.iimrn ar-dar in diesem noeii m el/mm spihoreV Siuhl bei • 

! n.ebrhuh.m Viit-vmu liüm» Ph.»l» ral.-n Hl. u u“idudou w.*i*.h m d ein 
ahm- m-hme dm Xn.liwris .von i , h«»!«i>Hoi» in Wm Auslmuni^r., 

: »unes i .1 p »i( nm* Heu lUmfn'rj. nur erw-.l sp.hrr, hurIvimv Uü urr. . 

: Anhiudt In Kivl whkmwi.' Ahi(P.smi. d : »t1>nhö.?: bnt. eh. steh .\w 

uileir vier Ihlrtahfehgmt m.v (.ludern -ebundeH- nur war uinami 
tunen de; hoi den unlo.^to-ldf n Pii!)e bürrits Prumsum; ‘ ihm; 1 ' ‘ 1,1 

■ rbnlunihanillen wa>*Kn Mion binder Ruf ÜRVibe vbcschjdtidrn 

• und daher in d<ai zur Vutei*;:u..l>i.!i‘ 0 ’. j;el;innt.nTi StuhteR himd mr l ; 
naeh/anvemtui. Woim ehdibn Rt.Wi lö.fii' UHtJi dm- h»S f * an * 
kniie <lio ( ; lK.!erah,M.Ulen vms*i'm- 1 - q'nrdrn, so w ü rnn sm hei lau.un 
irr K j.dt ‘1 -1 '>..!u>;e!u : ri K f-arikerdibRÄ ViVhuüdr-]if n hall, l“d Widryb n. 

' viril ein rhi.humtVj.itou! aus^eUhh't.haPi, hOeli am 1A. n-hiR mi'ii • 

i rmln-am 2.1 .Krunkheth-tavS ?m Stiijbh vovlnimUm. Bei füni Rnmui 

!. hnnh'Shtlmh hoi wvdntien die ’ Atisimuanueh -eud^e- imeii i-^e *ja 

; sViltk. .dos (■huhu*;MRh>lhw je zweimal um Mh und Iw- aö'Pp^v 
1 m«} um ti KraukheUftd^h' hncbmii-b. uhtri^mdH wurden, hmuip, 

” hntuM V rmlembaelihui nu-nt Hf'd»r ani^.dend* n vytU’d.mt.. ( 
i Umirt-kplirt war m bei oinnm liernits an nmem yeid;H‘ald v ’| 

! Pnrehbul hndendtm Kranken der nmdi» inisebod Kiimic^ n'*r 
; iSiCC sj/aiev (lnHu Shtdemantail erlae und bei dein, der Sttdu h"^- 

■ i*.i!s deiV Tode- di»» l dudo!-aha. dlien nahezu tu lü-irtcndAu* ‘‘tn-.'uej • 
i nivbt mdRiich, in dem zinupt zur Üutvu'cumhune' ^eUumrtai, ^l-‘P 

' I diüirhom*.he.*i ‘■'PiUl Phrdoruhm illou uaehzuweisen, idtwoh! amr ' v ‘|_ 
i bei atien (Iht^^If^hunv-oii euhspm-liend den uenr-rrbims 'V H ‘ 

; .RORrhi-mut Vorrseiinikmdj »i» ehre re Aviir^HBen in Ue-U.t«n^ 
in V opi,.tuifof-’lfsa!zinsuuu ui'VvleRt- waren Pu nu' h in ihmi ; ,u 11 
.;- n.iVdj.dnischim Klinik mit. demsylhei. Sj.itbl jin^eiert-iirtuR feh;^ 

;j . uihuivh ( ‘hnliwahii. ill.u*. njitit ör*rhhmen nml da iti zwei .ü»*. !<btl 

h If K.o»• h. rsa.i-v dar u«tz*>ublivUi*dieit Shmd d*:r;h-tni* c r ; oi''^h-P' 
l (‘kdPn'tdiägROjiiv •ilMpfc , mV'l hdnhüjtmu^krtmw. a 

hl. >;iv.. N- m. 





28. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


gleichzeitig mit diesem diarrhoischen Stuhl untersuchten Cholera¬ 
stühlen der Nachweis der Cholerabacillen durch die Cultur in jeder 
einzelnen Aussaat gelang, so ist es nicht wahrscheinlich, dass bei 
der Untersuchung irgend ein Versehen untergelaufen ist. Man 
wird vielmehr daran zu denken haben, dass die zur Zeit des an¬ 
fänglichen Durchfalls aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im 
Darm vorhandenen Cliolerabacillon auf irgend eine, bie jetzt aller¬ 
dings nicht aufgeklärte Weise, sei es noch im Körper, sei es erst 
ausserhalb desselben, ihre Entwickelungsfälligkeit eingebiisst hatten. 
In den aus dem diarrhoischen Stuhl hergestellten gefärbten Aus¬ 
strichpräparaten waren übrigens Kommabacillen in grösserer Zahl 
bezw. in typischer Anordnung nicht gesehen worden. In den Aus¬ 
saaten war nur Bacterium coli zur Entwickelung gelangt. 

Zum Unterschied von dem bisher besprochenen, von Cholera¬ 
fällen stammenden Material konnten bei den 32 weiteren verdächtigen 
Proben von Stuhlentleerungen bezw. Darminhalt Cholerabacillen 
nicht aufgefunden werden. Es fohlten hier allerdings auch in der 
Regel nähere Beziehungen zu Cholerakranken bezw. Cholera¬ 
lokalitäten. Nur bei der sogleich zu erwähnenden Erkrankung auf 
dem schwedischen Dampfer „Hjalmar“ war anfänglich der Verdacht 
einer Ansteckung durch Cholerakranke bezw. durch mit Cholera 
inficirte Gegenstände naheliegend. Vier Tage, nachdem der Dampfer 
in Kiel die vorgeschriebene Quarantäne durchgemacht hatte, wobei 
zugleich eine Desinfection der Schiffsräume bezw. der verdächtigen 
Kleider, Wäsche und sonstigen Gegenstände ausgeführt war, er¬ 
krankte in Hadersleben, wohin sich der Dampfer inzwischen begeben 
hatte, ein Heizer an einem mehrtägigen Durchfall. In dem zuerst 
eingesandten dünnflüssigen, aber noch fäculenten Stuhl, der fast 
gar keine Schleimflocken, dagegen in grösserer Menge unverdaute 
Obstreste enthielt, wurden in einigen gefärbten Ausstrichpräparaten 
den Cholerabacillen in Form und Anordnung täuschend ähnliche 
Kommabacillen gesehen. Dieselben konnten allerdings in einem 
zweiten ebenfalls noch diarrhoischen Stuhl nicht wiedergefunden 
werden, und blieb in den aus beiden Stühlen zu wiederholten 
Malen angelegten mehrfachen Aussaaten eine Entwickelung von 
Kommabacillen aus. Nach allem war demnach dieser Fall als 
Choleraerkrankung nicht aufzufassen. 

Zwei der eingesandten Stühle rührten von Brechdurchfall¬ 
erkrankungen her, die sich in einer Familie bezw. in einem Hause 
ereigneten, in welchem im Jahr zuvor Cholera vorgekommen war. 
Bei den übrigen Erkrankungen bezw. Todesfällen fehlten aber auch 
solche entfernte Beziehungen zu voraufgegangenen Erkrankungen. 
Ks war hier die Einsendung des Materials veranlasst hauptsächlich 
wegen der Aehnlichkeit des Krankheitsbildes mit demjenigen der 
C holera, manchmal aber auch, weil sich für die Erkrankung keine 
äussere Veranlassung hatte auffinden lassen. Nach den dem Institut 
gemachten Mittheilungen über die Krankengeschichte bestand bei 
24 Fällen neben dem Durchfall auch Erbrechen, und fanden sich bei 
mehreren dieser Fälle ausserdem Wadenkrämpfe, Heiserkeit, Anurie, 
Oollapszustände u. s. w. verzeichnet. Bei acht Erkrankungen war 
dagegen nur Durchfall vorhanden. Bei einem Fall schliesslich be¬ 
stand mehrtägiges Fieber (über 39o C), und legten die ausser¬ 
ordentlich häufigen, blutig-schleimigen Ausleerungen den Verdacht 
einer ruhrartigen Erkrankung nahe. (Amöben konnten indess nicht 
aufgefunden werden.) Die meisten dieser Stuhlentleerungen waren 
dünnflüssig aber noch fäculent, nur sechsmal waren dieselben 
farblos, und vier davon enthielten reichlich Schleimflocken. Da bei 
zwei Fällen auf diesseitige Veranlassung zum zweitenmale Stuhl 
eingeschickt wurde, so beziehen sich die 32 zur Untersuchung ge¬ 
langten, nicht von Cholerafällen stammenden Proben von Stuhl 
bezw. Darminhalt demnach auf 30 Personen, von denen vier dem 
Kindesalter, 20 (meist Männer) dem mittleren und sechs (sänunt- 
lich Frauen) dem höheren Lebensalter angehörten. Die Brechdurch¬ 
fallerkrankung führte zum Tode bei einem zweijährigen und bei 
einem zehnjährigen Kinde, bei einem 45jährigen Manne und bei 
zwei hochbetagten Frauen. 

Allein 10 von diesen 30 Erkrankungen fielen in die Zeit von 
Mitte Juni bis Mitte Juli, zwei kamen im Mai vor, die übrigen 
vertheilten sich ziemlich gleichmässig auf die Monate August bis 
November. 

Bei allen Fällen fanden sich in den Plattenaussaaten aus dem 
Stuhl bezw. Darminkalt Colonieen, die nach der Besichtigung mit 
blossem Auge, sowie bei der Untersuchung mit schwachen und 
starken Vergrösserungen dem Bacterium coli commune entsprachen. 
Bei mehreren Fällen, bei denen diese Bacterien auch auf Kartoffeln, 
in Milch, Bouillon bezw. Lackmusmolke übertragen waren, wuchsen 
sie m der für Bacterium coli charakteristischen Weise, bezw. be¬ 
wirkten sie Gerinnung in der Milch, Gasbildung in der Bouillon, 
sowie starke Säureentwicklung in der Lackmusmolke. Bei fünf 
Erkrankung«- resp. Todesfällen, bei denen 1 bis 2 Oesen des Stuhl- 
)ezw. Darminhaltes in Wasser vertheilt je einer Maus unter die 
Kuckenhaut gespritzt waren, starben die Thiere regelmässig, und 


543 


[ zwar drei schon nach 1 bis 2 Tagen, zwei dagegen erst nach 5 
bezw. 11 Tagen, und nachdem sich bei diesen an der Injections- 
steile ein Abscess ausgebildet hatte. Bei allen diesen Mäusen 
wurden durch Aussaaten aus dem Herzblut ausschliesslich Colonieen 
von Bacterium coli commune wieder erlangt. 

Andere Bacterien waren in den Aussaaten von dem Stuhl 
bezw. Darminhalt der an Durchfall bezw. Brechdurchfall Erkrankten 
überhaupt selten und in der Regel auch nur spärlich vertreten. 
In dieser Beziehung^wäre vielleicht zu erwähnen, dass einmal in 
den aus dem Darminhalt einer an Brechdurchfall verstorbenen 
alten Frau angelegten Culturen etwa 30 verflüssigende Colonieen 
eines plumpen Kommabacillus beobachtet wurden, der wohl bei 
Zimmertemperatur, dagegen nicht mehr bei Bruttemperatur gedieh, 
so dass er jedenfalls zu der Erkrankung nicht in ursächlicher Be¬ 
ziehung stand. 

Nur ein einziges Mal zeigten die Culturen ein ganz ab¬ 
weichendes Verhalten. Das Bacterium coli, welches bei dem 
nicht von Cholerafällen stammenden Material in der Regel ent¬ 
weder in Reinculturen gefunden wurde oder doch wenigstens das 
Bild beherrschte, trat hier vollständig in den Hintergrund gegen¬ 
über den sogleich zu beschreibenden, die Gelatine verflüssigen¬ 
den Bacterien. Es handelte sich in diesem Fall um einen dünn¬ 
flüssigen, fäculenten Stuhl mit spärlichen Schleimflocken, der von 
einem nicht sehr schweren, rasch in Genesung übergegangenen Brech¬ 
durchfall herrührte. Der am 19. Mai in Klein-Flottbeck Erkrankte, 
ein Schififszimmermann, hatte zuletzt in Hamburg auf dem Stein- 
wärder gearbeitet und dabei angeblich viel Wasser aus der Leitung 
getrunken. 

Die aus dem Stuhl angelegten Plattenaussaaten hatten am 
anderen Morgen (nach 18 Stunden) die grösste Aehnlichkeit mit 
Aussaaten von einem Cholerastuhl. Die Originalplatten hatten 
das Aussehen mattgeschliffener Glastafeln, und die Verdünnungen 
erschienen wie angenagt, bezw. wie mit kleinen Luftbläschen durch¬ 
setzt, ganz wie bei Choleraculturen, nur dass bei diesen ein solches 
Bild gewöhnlich erst später zustande kommt. Auch bei der 
Untersuchung mit schwacher Vergrösserung war die Ueberein- 
stimmung noch eine recht grosse. Denn in jedem Gesichtsfeld 
fanden sich in grosser Zahl kleine, unregelmässig begrenzte, wie 
aus Schollen zusammengesetzte Colonieen mit Rosaschimmer und 
mit einem Lichthof, jungen Choleracolonieen zum Verwechseln 
ähnlich. Noch weit zahlreicher fanden sich aber bedeutend grössere 
Colonieen in oft kreisrunder Form und mit häufig auch scharfliniger 
Begrenzung, die aus lauter etwa gleichgrossen, groben, bräunlichen 
Körnern zusammengesetzt erschienen, an denen man hier und da 
eine deutliche Bewegung (ein fortwährendes Durcheinanderwogen) 
wahrnehmen konnte. Auch bei diesen fand sich meist der Rosa¬ 
schimmer sowie ein breiter Lichthof, aber für Choleracolonieen von 
gleichem Alter waren sie viel zu gross, und eine so gleichmässige 
Körnung sowie eine Bewegung der Körner findet sich bei Cholera¬ 
bacillen nach meinen Erfahrungen nur ganz ausnahmsweise und 
auch nur bei älteren Colonieen. Vor allen Dingen aber unter¬ 
schieden sie sich auch durch die bräunliche Farbe von Cholera¬ 
colonieen. Zwischen den zuerst beschriebenen, kleineren, cholera- 
ähnlichen und den grösseren, runden, aus braunen Körnern zu¬ 
sammengesetzten Colonieen, bei denen eine Verwechselung mit 
Cholera nicht gut möglich war, fanden sich nun alle möglichen 
Uebergänge, so dass man offenbar eine und dieselbe Bacterienart 
vor sich hatte. 

Dass dies aber keine Cholerabacillen waren, ergab nun auch die 
Untersuchung mit starker Vergrösserung, wobei keine kommaartig 
bezw. schraubenförmig gekrümmte, sondern nur gerade Stäbchen 
von mittlerer Grösse gefunden wurden, die allerdings im hängenden 
Tropfen eine ähnliche, jedenfalls nicht minder lebhafte Bewegung 
erkennen Hessen wie die Cholerabacillen. In den gefärbten Klatsch¬ 
präparaten fanden sich fast nur untereinander völlig überein¬ 
stimmende Colonieen, die grösstentheils aus Kurzstäbchen zusammen¬ 
gesetzt waren. Letztere waren meist kaum länger als breit und 
häufig zu zweien angeordnet. Daneben waron allerdings auch etwas 
längere Stäbchen mit abgerundeten Enden vertreten und ausserdem 
hier und da, im ganzen aber selten, mehr oder minder lange, zu¬ 
weilen etwas gebogene, theils gegliederte, theils ungegUederte 
Fadenstücke, die man im hängenden Tropfen schlängelnde Be¬ 
wegungen ausführen sah. 

Dieselben Bacterien wurden in den aus dem Stuhl angefertigten 
Ausstrichpräparaten gefunden, dieselben Bacterien waren, und zwar 
anscheinend in Reincultur, in den drei aus dem Stuhl angelegten 
Peptonculturen vorhanden, woselbst sie nicht nur eine starke 
Trübung bewirkt, sondern auch zur Bildung eines zarten Häutchens 
an der Oberfläche geführt hatten. Diese Peptonculturen gaben 
übrigens, ebenso wie die später aus den Reinculturen dieser 
Stäbchen wiederholt angelegten Peptonculturen auf Zusatz von 
Schwefelsäure nie die Nitrosoindolreaction. Dieselben Bacterien 


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DEUTSCHE MEDIC.f NISCHE WOGJöÄ^SCHRlFT. 


dm Tem p er atu f*s t ciii*e.] ■ 11 n g uml di* 1 Gew ichtsabmdmm liehen den 
otfKtkopifitibw BefUfiU- jv^Ii an- KäjJto geigen werden, KrtibhB 

Te.mpßi’Hfcdf kaan hei hindern ' vmdu.iihrmdor MittiMolu^nfcsOmiitä« 
lUH^re besktoi.-: dass (Imseibr mir «litrch die MjU.oluhrentxiimiani 
herYOTgenifen wird, beweist mit zweifelloser fitcheriint ife* bei- 
Äfeijend« Tenipetfttifieui^l* vmi Hinteui mit Broiifdmpmmmomo be- 


Be? kos.süls wurden Dijjloenrreo I Pvunjiiw-dl. 

Stre.pt fjj-orren, 8taftUy1.nedt e.pn und der P i o i De Mehr 
juniUirr/ahiudHüs gefunden. 

Khenso wurden in dem Fiter. weh her »icii ;in, dm** Mii'oi- 
•>hv mrnb der Panwentene entleerte. die : vwfrhxwlmttm >5ikr«>- 
v.m (Cossel, dkr die. Unforfcuidmngmf vonvnhjb; ._•< 
inndnri (liiiluoflSiihaCillen, StrepUmimemK Tufmrkidbmi|k-p 4 Styphvk- 
'woou *’<;•.), 

Es muss angenöinhmu worden, dass - diese KftU ünduu'g&efk^-e« 
vom ,Nits*?nmdmm*auu> aus enwuül hrs Ohr ui* in die Ibingen ’vv? 
langen Munkn, dusö sie: mit dem larfterntdir in beiderlei Ur&km 
aspivirt werden. 

Fa- wurde bereits rrwdtml, dass mit dom FmUiMch*u dm 
MiUehdimitZUodüng ioHMiVeitendiv GjHViiditsai.nmtr.jm veHmudeu 
sein kann. Der 'xuncb Wende VArlal) des XvyftezJj Standes eiutlgt 
mit dem Tode M es, dass die AIHiJdohi’OMksdm'pHt-i 'nte vimdg*- 
FGciudm wirkt, Ami es, dass die selbe in Verhinihut*?- mit jmKfojieiHimi 
ndev tvühread des Vmlrurius MifoeirnUm&n umiM-on .Frli-raiikungen 
tGastv : 0iutesthmlkftui.Mh, Bwjitcltopjiapftiouieou) ijfen Tod hu^effnbrti' 

• Alh*-dmsnfnjfMY. uifeh'ssimtes Beispiel von Anrbroinmg der EnD 
'DdidubKS'wreger düriU' kmcc der SdugUngr. zu hetrothfen mm. 
bet welchem dw ßaeiMtui >ö' t m'>‘aüaax im ♦dH*r\Fren Exsudat d<*v pp, 
u-ml lim Hbrshiuk ln Buinctdtur, im Ohrte und io de« Bungen neben 
Ki-a^nkeJ ‘«oben Diplocoeeen gefunden wurcVB, 

’S\ n< dir Behänd Fang Gotri H t, so wird in den Fit Hei!, in welchen 
“idm *.iMit ht'.^hi.ihme, um l>. T>mp» i aMr-M-egH tibi;. noch I mn<e' 
bexrout Von .jedem Eingriffe abxuslobnu sein, du unter dh^ky'VH:r> 
hliiliussoi) die NetimiimUat'g idntiitt. 

Bestehe*! dm gm iu nuten BrM^irumgen - oder, nur eine dem 
.selben, m -itatsd dem Etter iVeitir Austritt, rersuhnfft wrfdt'h duMi 
I>ner-!whuniliimi«: des TiwomidhdK wodurch diejenige/! IGxImi- 
miügi-n beMiigt wenka, her deren Fmdlmst'dieu das Grdmhmi des 
Ktndfifc uötHiefrict, A«r Kräftezustnnd zurürkgeht. Um die Heilung: 
5 Ui Erfordern, bahr uih nodirfarli die ImftduMve angewandt, tl»mD 
ytfiri Cirdtdrgango ans F.iiddufuiGgfui gemaeUt, theik nm der Xese- 
aus< Lmder kommen die imii*3t mudmbvdten Kinder .mit rh ur*-- 
gUnsGgen Etm h\i nm^sverträjjtitisseß. i«’s Ivrankeuftmm, tl:u-s es imutlm 
nioht gviingt, den Tod zw verhidden», ln weh.dp atelierer \Uoisi' 
die BaraomVt^Se vnu Uinwirkung isE gehr mit lm^wrideufigi:?- Hieher- 
heit aus der rdügun TempemtUiviirvo liwt’vor. 

Es iuuidöite si<h mn ein srehsnuxhaGirhes Kind md Bivmeb<*)nuu)- 
moui.e uni tubevkuin^r.-Tlnris inui «onÜiniii-Hehmu FuduM-. Boi-.Im- <,?!>••• 
»iut.ei 7 du:h»ing fandeii steh holde Truimru.dbdh:- vorg.ijvoih?, Das .stärker 
vorgewnlhle linke TrummVltdll wiril ji;jr;r?on1vsir> G'?. d>uun>r cml Jijf-fi. 
Te.rnpftrid-iiis diö Abends vculitr tfH.8," l'.dragen liatte- geiti Am .Abend «Mt' 
37,0; »nt ’Mgmi&m Tilge znt %vin >.ui1yelf. Am '< -v yi, n uvnmii 

Touiperiaursteigernng thH.d), j***» .’i. Erbt nur der r*:Giten BoUv 

mir nbetidliei*e(‘ TkmpJ nvtlir Von 87,8; BOckkehr ztirNonn an den tolgcTv- 
diHi Tiigcm. 7. Februar von neuem Temporatnr-fttdgm'u v u >»ui ;hV.". die 
rrstO: l4raeent-esenbtܑmmg hatte sieh vtrsettlossidi. .das TrummeitGi) er- 
Sehieß wieder vorgewrilbV; und» maeulof Ibirneenfese. wiotb'ruju rasduM; 
Biirkgßtig der Temperrdin wtf Norm AU äjkb ilje ^ftsttbie 
ivieder verschloss, trat zum neftun iiude d'oinnf‘t , iU-i.i'r>tejgi;rimg »ml db.8 
ein und koßhtt Ztitii vtefteß hmle durch die pÄ'rncfefttesti wiödtf 'Hrtrhuile 


Ausserdem winden biier.<:»-iwlugi»dm F. r nt.opAi.ü-.hu.n«*>n: attsgefUhrf von 
N'-t ter 3 ), er raml utit*?i* 2Tt Autopsi.ec.o in !H FiUien io uu.l Slrej*taeoc«-et*. 
'• ein) 8Upb;vi*.H;-ore.ejt, 5 mrd i’rimnnoroceen. Gfadeutgo und Pt:nxo'd 
hm dein hd zoluY Aniopsioen nur 8apro}iin Mm? j* ..l-niT-». n Mikrnm <.**.* 
raÄmea,- '■••••■ • " 

Selnm AVre.diUi 4 ) hatten« dt* FAib.ni von Pmunnoim:- Juni in U» von 
Atuloeh^,. kom ninzigus norumb-s Mutufohi gelumiom 

U^bnr die Entstehün^ der Aritiebthrrrkrankmud ö Emu Neugeburem D 
sprUdit sich Wendt 5 ) dahtn atwf.: Wie gvwtss $w Ent^tebußg eines 
grossen Ti^iifs der Lifngfennflfnitt iutmu ’ . At.nl ase, eüuifm|%bji pkocesse) 
hei Neugeborenst auf Ule (je«gpnwat?t intcauteriii usnirirter, reizender und 
ubtiuitRiUJer Massen in den BrvmeliioBmrxweiguiigou zu itewielica ist. so 
unterlegt t* für mivb' keitiem dsui? 'deraeiig« Hitksliiuzen, bei. 

giiMehoio AuUt 4?B in dass MlCtclbUe Ebity.tu abtiltdUir AVelvk efnuti 

«nlettliv.n Emtluss entbiUen. Rhnueu.. DuFFäUigMt, eiiien solch«! öup- 
zdnbeu, dtlrft/* dem F» uchlwAssBr; als üen dbi«»ßHw?ü Zugemengtmi 

riieilen von Verniv otseosu und Ah'fumiühi bmuintffiSWX seiu."- 

Wenn ruif.h die Möglichkeit, vorliegt, dass dolehc SudTo in d;js 
AliHdohr gclatigt, Ci mm Beizzustuml hx domsoib-m uiitcrhnltrti, öö 
« pftnht jindnrvi Erialtrung nioht dafür, dass s< hun (iaddreb die 
Mittelohrcnt'zümlung; bervorgorqfen wird. Wir haben melirfudi l»ei 
der Gaterisui-jtuiig der Rjiug'lihge /uursF giturn m/trimltm Beiutjd. tr- 
Hdlten, ertd. während doä. ÄiifeKthiÜi«» iil/ KrajthciiiiÄiiAe ’ste]iten 
•«icl) dm ZdeKßn der EirtzÜAdujtg- w*. : V^eiib üiko viAllciehk auch 
dnrcii eilt- fnibm iöV OUr gekngt-e:» .Stoffe -eine Pradisposition ge- 
geben ist, gü muss Uo<-h -mteh piü weiterer Krank hei Uerreger hin- 
not die Eittxfindmig' iti\s Lt-ihnt, treteu zu iaBfien. 

F HusrpUrds Tideade. IWÜI No. 18 YO und .lalitb'n h der Kinder» 

^'lk- Ud Hl. Hott 8 u. 4, 

■) iSocietA du BioloLnrn SttZönn nm -2u. Alnil l8Klt. 










546 

8 . Die Erscheinungen der Mittelohrentzündung bestehen in 
Unruhe, Temperatursteigerung, Gewichtsabnahme. Bisweilen sind 
keine Erscheinungen vorhanden. 

4. Sehr häufig sind die Mittelohrentzündungen mit broncho- 
pneumonischen Processen combinirt. Es ist wahrscheinlich, dass 
beide Processe durch dieselbe Ursache (Aspiration) bedingt sind. 

5. Der Tod kann infolge einer Mittelohrentzündung eintreten 
durch allmählich fortschreitende Atrophie, oder es kann eine Fort¬ 
pflanzung der Mikroorganismen in die Schädelhöhle (Meningitis) 
oder in das Blut (Septicämie) stattfinden. 

6 . Die Mittelohrentzündungen der Säuglinge müssen einer den 
Verhältnissen entsprechenden Behandlung unterworfen werden. 

IV. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena. 

Zur Pathogenese des Tetanus. 

Von Dr. Gumprecht, Assistenzarzt. 

Die reiche Litteratur, welche über den Tetanusbacillus bereits 
vorliegt, beschäftigt sich mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich 
mit der rein bacteriologischen Seite der Tetanusfrage. Erst in der 
neuesten Zeit ist auch die pathologisch-physiologische Seite des 
Gegenstandes in Angriff genommen worden. Die erste ausführliche 
Arbeit hierüber aus deutscher Literatur stammt von Brunner, 
aus der französischen sind hauptsächlich Autokratow und 
Courmont und Doyon zu nennen. 

Die Franzosen sind zu einseitigen und meiner Ansicht nach 
nicht ganz richtigen Schlüssen gelangt. Aber gerade das Paradoxe 
ihrer Resultate wirkte in weiteren Kreisen anregend: Brunner 
nahm seine Tetanusstudien wieder auf, Buschke arbeitete in ähn¬ 
lichem Sinne, ich selbst habe, zum Theil durch die französischen 
Arbeiten angeregt, ebenfalls versucht, in die Pathogenese des Tetanus 
einzu dringen. 

Nachdem der durch seine erste Tetanusarbeit rühmlichst be¬ 
kannte Brunner eine vorläufige Mittheilung über seine neueren 
Versuche gemacht hat, kann es der Sache nur dienlich sein, wenn 
auch ich, noch bevor meine Versuche völlig abgeschlossen sind, 
einen kurzen Abriss derselben der Oeffentlichkeit übergebe, um so 
mehr, als diese eigenen Arbeiten weniger zur Bekämpfung als zur 
Bestätigung und Ergänzung der gleichzeitig von Brunner gewon¬ 
nenen Resultate dienen. 

Es sind, soweit ich erkennen kann, drei Punkte in der 
Pathologie des Tetanus, welche der Erklärung Schwierigkeiten 
bereiten. 

I. Die allgemeinen Krämpfe, welche nach Application 
des Giftes entstehen. 

II. Der locale Streckkrampf des geimpften Gliedes 
oder Nervenbezirkes. 

III. Die Verbreitung des Giftes im Körper. 

Von diesen Punkten sind die allgemeinen Krämpfe durch 
Analogie mit anderen physiologischen Giften unserm Verständniss 
am nächsten gerückt. In der That existirt kaum ein Unterschied 
zwischen einem mit Strychnin und einem mit Tetanus geimpften 
Frosche. Ich habe von beiden ein Exemplar vor mir. Ich klopfe 
an das Gefäss, bei beiden wird ein allgemeiner Krampf ausgelöst. 
Ich streiche ihren Rücken mit einem Pinsel, ich schlage in die 
Hände, ich blase sie an; bei beiden stets das gleiche Resultat, ein 
Streckkrampf. Kleine Unterschiede sind zwar nicht zu verkennen. 
Die Vorderbeine des Tetanusfrosches sind mehr tonisch aus¬ 
gestreckt, die Lähmung der Hinterbeine in den anfallsfreien Zeiten 
noch deutlicher als beim strychninisirten. Sonst aber herrscht 
durchweg Uebereinstimmung der Symptome. Auch zeigen beide 
das Phänomen der Reflexabschwächung. Es bedarf, um mehrere 
Anfälle hintereinander auszulösen, zunehmend stärkerer sensibler 
Reize, und bald ist, namentlich beim Tetanusfrosch, selbst stärkste 
peripherische Reizung ohne Wirkung. Nach kurzer Erholungspause 
stellt sich die Erregbarkeit dann wieder her. 

Zur Erklärung dieses Tetanus sind die sämmtlichen Experi¬ 
mente, welche über die Strychninwirkung existiren, verwerthbar, 
und mit Recht recurrirt Brunner auf die 1837 schon gemachten 
berühmten Versuche von Stannius an Strychninfröschen. Ich 
habe an decapitirten Fröschen den Tetanuskrampf genau so durch 
sensible Reize hervorgerufen wie den Strychninkrampf, ich habe 
ihn unterdrückt am Tetanusfrosch, wenn ich, nach vorheriger 
Cocainisirung der Haut, dort berührte, ich habe ihn verschwinden 
sehen nach Zerstörung des Rückenmarks und nach Durchschneidung 
der motorischen Nerven. In dieser Beziehung kann ich alles das, 
was von Courmont und Doyon, Buschke und Oergel, sowie 
von Brunner an Fröschen experimentell gefunden ist, vollauf be¬ 
stätigen. 

toxikologisch haben wir es hier mit einer gesteigerten 
Reflexerregbarkeit des Rückenmarks zu thun. Soviel auch 


No. 26 


physiologische Räthsel noch unter solcher gesteigerten Reflexerreg¬ 
barkeit sich verbergen, so ist doch, wie oben gesagt, der Vorgang 
nicht verschieden von anderen uns bekannten Thatsachen. — 

Anders steht es mit der zweiten oben aufgeworfenen Frage: 
Wie kommt der locale Tetanus an der Stelle der Impfung 
zustande? 

Impft man eine Maus in das eine Hinterbein, so geräth dieses 
Hinterbein stunden- ja tagelang allein in Strecksteilung. Genau 
in gleicher Weise werden die meisten anderen Warmblüter ergriffen, 
der locale Tetanus des geimpften Gebietes bildet die Regel, 
während sofortige Allgemeinwirkung nur beim Pferd, beim Frosch 
und zuweilen beim Menschen eintritt. Bei Kaninchen und anderen 
wenig empfänglichen Thieren erschöpft dich das krankmachende 
Agens zuweilen in dieser localen Wirkung, das geimpfte Bein 
bleibt dann wochenlang halb paretisch, halb spastisch gestreckt, 
und es tritt völlige Genesung ein. 

Zur Erklärung dieses localen Tetanus lag es am nächsten, an 
eine peripherische Wirkung zu denken. Sollte etwa im Bereich der 
Impfung ein sensibler oder motorischer Nerv, vielleicht auch eine 
Endplatte oder ein Muskel selbst in einen abnormen Zustand über¬ 
gehen, so schien damit die Erklärung des localen Tetanus ohne 
Weiteres gegeben. Bei näherer Betrachtung bringt uns aber auch 
die peripherische Wirkung des Giftes nicht wesentlich weiter in dem 
Verständniss, denn warum, fragt man sofort, diffundirt denn das 
Gift nicht durch den ganzen Körper und erzeugt überall peripherische 
Wirklingen. Eine rein locale Wirkung.gilt doch nur für die 
Impfung mit einem Gift, das an Ort und Stelle liegen bleibt, z. B. 
mit Bacillenleibern, nicht aber für das lösliche, überall hin sich 
verbreitende, bacterienfreie Tetanusgift. Wenn man, wie Vaillard 
und Vincent in ihrem bekannten Versuch gethan haben, eine Maus 
am Schwänze impft und nach % Stunden den Schwanz mehrere 
Centimeter hoch darüber abträgt, so äi^prt dies nichts am Verlaufe 
des Tetanus. 

Das Gift ist also in kürzester Zeit von der Impf¬ 
stelle fort durch den Körper verbreitet und scheint eiuer 
Erklärung durch peripherische Localisation Hohn zu sprechen. Zu¬ 
dem sind sämmtliche physiologische Aus Schaltung versuche 
gegen peripherische Localisation und für centrale Wir¬ 
kung ausgefallen. Unsere eigenen Versuche stimmen hier mit denen 
aller früheren Untersucher überein. Curare beseitigt den localen 
Tetanus, ebenso die Durchschneidung sämmtlicher Nerven der 
tetanischen Extremität, ebenso die Zerstörung des Rückenmarks, 
nicht aber seine Zerschneidung oberhalb des zu der tetanischen 
Extremität gehörigen Centrums. 

Trotz alledem schien doch noch eine eigenartige peripherische 
Wirkung zur Geltung zu kommen, als Courmont und Doyon 
auf Grund von höchst eleganten Experimenten eine „Irritation 
des extr£mit6s p6riph6riques des nerfs sensitifs“ auf¬ 
stellten: Nach Durchschneidung sämmtlicher sensiblen Rücken¬ 
markswurzeln eines Beines sollte der locale Tetanus hier ausbleiben. 
Mit Recht hebt Brunner die Schwierigkeiten in der Deutung 
eines solchen Experimentes mangels eines ausführlichen Versuchs- 
protokolles hervor. Das nunmehr erschienene Versuchsprotokoll 
sagt von dem operirten Thiere nur aus: „il traine toujours un 
peu la patte droite“, eine Bemerkung, die mir nicht genügend er¬ 
scheint, um die intacte Motilität des Hundes zu beweisen. 

Ich habe eine grosse Anzahl solcher Operationen versucht, bis 
ich zu einem präeisen Ergebniss gelangte; diejenige, welche gelang, 
stammt vom 6. Februar 1894. Es sei gestattet, den Versuch hier 
etwas ausführlicher wiederzugeben. Es handelt sich um eine 
Durchschneidung sämmtlicher sensibler Nervenwurzeln 
einer Extremität und nachfolgende Tetanusimpfung m 
dieses Glied. 

Hund, 6500 g. Complete Narkose durch Morphium, Chloral und 
Aether, Durchschneidung der rechtsseitigen sensiblen Wurzeln des Rücken¬ 
marks von der zweiten lumbalen bis zur letzten sacralen. 

7. Februar. Injection von 3 ccm filtrirter Tetanusbouilloncultur vom 

2. Januar 1894, wovon 0,2 eine Maus von 19 g in 24 Stunden timten, 
in die rechte Hinterpfote. _ t 

Befund am 8. Februar. Der Hund geht; beide Hinterbeine unsichei 
in der Bewegung, bei Anstrengung zitternd, das rechte nur dann zum 
Stützen gebraucht, wenn der Körper zufällig darauf einen Halt findet, 
dann knickt es auch nicht zusammen. Im übrigen hängt es schlaff her¬ 
unter , beim Liegen sind deutliche spontane Bewegungen des ganzen 
rechten Beines und der Zehen wahrnehmbar. Bei stärkerem Klopfen aut 
andere Körperstellen zuckt auch die rechte Pfote, an ihr selber kerne 
Patellarreflexe, keine Periostreflexe, keine Hautreflexe. Complete Anästhesie 
des operirten Beines; dieselben Reflexe an der gesunden Seite deuthem 

17. Februar. Die rechte Hinterpfote wird öfters in Streckstellung 
angetroffen, zeitweilig leichte Zuckungen in der ganzen Pfote. 

19. Februar. Da die geringen tetanischen Erscheinungen nicht präg¬ 
nant genug sind, so wird jetzt 2,5 ccm einer unfiltrirten Reincultur in 
die Pfote injiciit. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




23. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


547 


23. Februar. Rechte Hinterpfote in steiler Streckstellung. Im Liegen 
wird die Pfote freischwebend etwa 5 cm über dem Lager in die Höhe 
gehalten. Bei völliger Ruhe sinkt die Pfote etwas herunter, ein leichtes 
Händeklatschen lässt sie wieder in steife Strecksteilung zurückschnellen. 

24. Februar. Noch immer localer Tetanus. Die rechte Pfote kann 
mit Nadeln gestochen, mit Zangen gekniffen, mit dem Fuss getreten 
werden, ohne dass die leiseste Reaction ausgelöst wird. Bei leichtem 
Beklopfen der linken Hinterpfote dagegen schnellt sofort die rechte in 
steifste Streckstellung über, während die linke ruhig bleibt. 

28. Februar. Genereller Tetanus. Auch die Vorderpfoten befinden 
sich jetzt in Streckstellung, ebenso der Nacken: bei Berührung der Vorder¬ 
beine versucht der Hund zu beissen, bringt aber den steifen Hals nicht 
mehr herum. Das Thier liegt hilflos auf einer Seite. 

1. März Derselbe Befund. 

2. März. Der Hund wird getödtet. Das Rückenmark sammt Wur¬ 
zeln, Spinalganglien und einem Theil der Spinalnerven herauspräparirt. 
Sämmtliche sensiblen Wurzeln zeigen sich in der That durchschnitten, an 
der vierten Sacrahvurzel ist der motorische Antheil aus Versehen mit 
durchschnitten. Die Dura mater durchweg weiss, der Liquor cerebro¬ 
spinalis völlig klar; nirgendwo Eiterung. Rechte Hinterpfote sehr bald 
todtenstarr, die übrigen Glieder nach dem Tode noch stundenlang biegsam. 

Das Ergebniss dieses Versuchs, der von französischer Seite 
mit negativem Erfolge ausgeführt wurde, ist also: der locale Te¬ 
tanus tritt auch im völlig anästhetischen Beine nach localer Im¬ 
pfung ein. 

Wie ich aus dieser Wochenschrift (1894, No. 5) ersehe, ist 
auch gleichzeitig von Brunner dasselbe Experiment mit positivem 
Erfolge ausgeführt, da aber dessen ausführliches Versuchspro¬ 
tokoll noch aussteht und somit das Ergebniss seines Versuchs 
sich noch nicht sicher übersehen lässt, so rechtfertigt sich wohl 
die Veröffentlichung dieses schwierigen und für unser Thema wich¬ 
tigen Versuchs auch von meiner Seite. Die Vorstellung also, 
welche von französischer Seite ausgegangen war, dass der Tetanus 
durch „une hyperexcitabilitö des extrdmitös p6riph£riques des nerfs 
sensitifs“ entstände, ist hiernach nicht mehr haltbar. 

Mir selber kam dieses Resultat nicht unerwartet, nachdem ich 
mich am tetanischen Rückenmarksfrosch überzeugt hatte, dass von 
jeder Körperstelle aus Krämpfe erregt werden konnten, nicht bloss 
von den sensiblen Endorganen aus. Berührte ich die Rücken¬ 
marksschnittfläche eines decapitirten Tetanus-Frosches, so bekam 
er Streckkrampf. Wenn also hier überhaupt eine Uebererregbar- 
keit der sensiblen Nerven vorlag, so bestand diese nicht nur für 
die extrdmitös p6riph6riques, sondern auch für ihre gesammte 
Leitungsbahn. 

Warum die französischen Autoren abweichende Resultate gehabt 
haben, das lässt sich, wie mir scheint, zum Theil erklären: Sie impfen 
zwei Hunde, deren einem die sensiblen Nerven der geimpften Extremität 
durchschnitten sind. Als nun der Tetanus voll entwickelt ist, sagen sie 
„la patte insensible est le seul point de ces deux chiens qui n’ait pas 
ete conlracturA Hier liegt der Irrthum! Denn hat das Thier erst all¬ 
gemeinen Tetanus, so werden die Krämpfe von jeder Körperstelle aus¬ 
gelöst, und es macht nichts aus, ob ein Bein dabei anästhetisch ist; bleibt 
der Streckkrampf dieses Beines dennoch aus, so ist eben die motorische 
Leitung verletzt. Die Autoren mögen selber ein Misstrauen gehabt habon, 
denn sie unterdrücken den erwähnten Satz in ihrer neuesten Mittheilung 
tPi*ov. rned. 1893)! Die eingreifende Operation hat jedenfalls das Rücken¬ 
mark oder die motorischen Nerven geschädigt. 

Es liegt mir fern, den Autoren hieraus einen Vorwurf machen zu 
wollen, da ich die Schwierigkeiten der Operation sehr wohl würdigen 
kann. Ich habe mehr als ein Dutzend verschiedener Thiere geopfert, ehe 
ich zu einem tadellosen Versuchsresultat kam. 

Beim Frosch, an dem sich die Operation der Nervenwurzel- 
durehschneidung leichter machen lässt, ist leider ein localer Tetanus 
nicht zu erzielen, auch ist der Winterfrosch immun gegen Tetanus¬ 
gift, so dass man bisher nur in den Sommermonaten tetanische 
Frösche haben konnte. Letztere Schwierigkeit lernte ich umgehen, 
indem ich durh consequentes Einsetzen in den Brutschrank selbst 
Winterfrösche empfänglich machte. Aber einen localen Tetanus 
habe ich beim Frosch noch nicht gesehen. 

Doch war selbst mit allen diesen Versuchen noch nicht jeder Ge¬ 
danke an eine peripherische Localisation des Tetanusgiftes abgethan, 
und Brunner scheint, genau wie in seiner ersten Arbeit (1892), noch 
jetzt an eine solche peripherische Wirkung, „welche anzunehmen 
das klinische Bild des Tetanus (Kopftetanus!) uns fast zwingt“, 
zu glauben, er stellt sich vor, „dass das Gift nach seiner sub- 
cutanen Application, zunächst die Endplatten der motorischen Nerven 
direkt in den Erregungszustand versetzend, den localen Krampf 
peripherisch bewirkt.“ 

Dieser Vorstellung glaube ich endgültig ein Ende gemacht zu 
haben. Ich habe bei einem seit 8 Tagen schwer teta¬ 
nischen Frosche die Zuckungscurve des Wadenmuskels 
aufgenommen, und Herr Professor Biedermann, der mich gütigst 
dabei unterstützte, bestätigte mir das völlig normale Aus¬ 
sehen dieser Curve. Später sah ich, dass Courmont und 
Doyon Unerregbarkeit des längere Zeit tetanischen Muskels ge¬ 
funden hatten und dass Monakoff, der Brunn er’s Thiere unter¬ 



suchte, Entartungsreaction constatirte. Ich habe deshalb den seit 
3 Tagen tetanischen Musculus quadriceps eines Kaninchens myo- 
graphisch untersucht und durchaus normale Curven erhalten. Ebenso 
fand ich bei polarer Untersuchung keine Entartungsreaction und nur 
herabgesetzte Erregbarkeit, die durch Ermüdung der tetanischen 
Muskeln hinreichend erklärt ist. Ich muss daher auch jetzt nocli 
daran festhalten, dass sowohl die motorischen Endplatten 
als der Muskel selbst durch das Tetanusgift nicht ver¬ 
ändert werden. 

Die Ergebnisse, welche vir bis hierher erwähnt haben, bringen 
allerdings wesentlich nur negative Schlüsse, aber die Ueberzeugung 
wird man aus dem Gesagten gewinnen, dass alle bisherigen Theo- 
rieen der Tetanusgiftwirkung keine völlige Erklärung der thatsäch- 
lichen Vorgänge bieten. 

Um zu einer einigermassen befriedigenden Deutung der Patho¬ 
genese des Tetanus zu kommen, bedarf es aber noch sorgfältiger 
Berücksichtigung der Verbreitungsweise des Giftes. 

Man kann sich denken, dass das in das Mäusehinterbein ge¬ 
impfte Gift an den Nerven entlang aufsteigt und so das 
Rückenmark local trifft. Dieser Leitungsmodus würde den 
charakteristischen lokalen Krampf, der doch, wie oben bewiesen, 
centrale Ursache hat, erklären können. Folgerichtig nimmt auch 
Brunner diese Nervenleitung an, da er ein und denselben 
Facialis-Tetanus sowohl durch subcutane Impfung auf der ent¬ 
sprechenden Gesichtshälfte, als durch subdurale Impfung auf der 
entgegengesetzten Hirnhälft« bekam. Mit dieser Leitung in den 
Nerven würde die Verbreitungswoise des Tetanus vom 
geimpften Beine auf den übrigen Körper sich erklären. Selten 
nämlich ergreift der Tetanus die dem geimpften Gebiet zunächst 
liegende andere Körperhälfte, sondern verbreitet sich meist zu¬ 
nächst einseitig. Die räumlich nächstliegen den Nervencentren 
werden dabei zuerst ergriffen. 

Eine in den Schenkel geimpfte Maus zeigt fast gleichzeitig 
mit der Streckung des Beines eine vollkommene Streckung des 
Schwanzes. Erst später wird das gleichseitige Vorderbein be- 
theiligt,. Nun liegen bekanntlich die grauen Kerne für Hinterbeine 
und Schwanz räumlich dicht bei einander, während Bein- und Arm¬ 
centrum im Rückenmark viel weiter von einander entfernt sind. 
Durch Verbreitung des Giftes in den Nerven würde augenscheinlich 
dem frühzeitigen Ueberg&nge des Tetanus auf den Schwanz Vor¬ 
schub geleistet werden, während bei Verbreitung auf dem Lymph- 
blutwege das Gift die nähergelegene Vorderpfote eher erreichen 
sollte, als die weit entfernte Schwanzspitze. 

Ganz ähnlich verbreitet sich die Krankheit nach Impfung im 
Facialisgebiet. In unseren bisherigen Versuchen ergriff der Tetanus 
nach der linksseitigen Gesichtshälfte stets zunächst das linke 
Vorderbein. 

Aehnliches hat schon Brunner beobachten können, der aller¬ 
dings angiebt, dass meist beide Vorderbeine zugleich betheiligt 
waren. Es bedarf eben einer ununterbrochenen Controlle, um die 
frühere Betheiligung der gleichseitigen Extremität zu Gesicht zu 
bekommen. 

Jedenfalls ist die einseitige Verbreitung des Giftes bei 
empfänglichen Thieren die Regel. Einer Maus zum Beispiel kann 
man es fast immer auf den ersten Blick ansehen, auf welcher 
Seite sie geimpft ist, da die geimpften Extremitäten hier, auch 
nach der Generalisation des Tetanus, starrer bleiben als auf der 
entgegengesetzten Körperhälfte und der Pleurothotonus unverkenn¬ 
bar ist. Ja selbst nach dem Tode kann man meist deutlich noch 
die geimpfte Seite erkennen. Diese Einseitigkeit des Tetanus, die 
Halbseitenerkrankung, ist wohl nur verständlich, wenn man seine 
Verbreitung auf dem Nervenwege annimmt; falls eine primäre Ver¬ 
breitung auf dem Lymphblutwege statt hätte, so bliebe sie völlig 
unerklärlich. Ein im ganzen Körper verbreitetes Gift würde nur 
generelle und keine localen Wirkungen erzeugen können. 

Eine sichere Grundlage lässt sich der Annahme einer Nerven¬ 
leitung für das Tetanusgift einstweilen nicht geben. Verimpfungen 
des Nervensystems von tetanuskranken Thieren haben wechselnde 
Resultate ergeben, unsere eigenen Impfungen fielen negativ aus. 
Auch die immer wieder hervortretenden Angaben über Nerven¬ 
degeneration bei Tetanus entbehren allgemeiner Gültigkeit. Beides 
beweist ausserdem nichts Sicheres für oder gegen die Nerven¬ 
leitung und lässt sich auch anders deuten. Man kann sich daher 
über die Pathogenese des localen Tetanus nur mit grösster Reserve 
aussprechen. 

So viel steht jedenfalls fest: Der locale sowohl als der ge- 
neralisirte Tetanus wird durch eine toxische Affection des Gentnil¬ 
nervensystems hervorgebracht. Nerven und Muskeln erleiden 
primär keine functionellen Veränderungen, secundär zeigen sw Ei- 
müdungserscheinungen, Herabsetzung der elektrischen hrregbarkci 
und schnell nach dem Tode eint rotende Muskel starre. 


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548 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


V. Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald. 

Ein Fall von Wunddiphtherie mit Nachweis 
von Diphtheriebacillen. 

Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten. 

Seit der Einführung der antiseptischen und aseptischen Wund¬ 
behandlung sind die diphtherischen Erkrankungen von Wunden 
Seltenheiten geworden, die nur noch hin und wieder einmal zur 
Beobachtung gelangen. Infolgedessen hat denn auch die Lehre von 
der Aetiologie dieser Erkrankung keine grossen Fortschritte, ent¬ 
sprechend der Vermehrung unserer Kenntnisse von den Wund- 
affectionen im übrigen gemacht. Während vor der antiseptischen 
Zeit zahlreiche Publicationen über die Wunddiphtherie und besonders 
über ihren Zusammenhang mit dem Hospitalbrande erschienen und 
Forscher, wie z. B. Hueter, die im Wundbelage unter dem Mikroskop 
sich zeigenden Mikrococcen für die Erreger der Affection ansahen, 
fehlen in späterer Zeit, nach der Ausbildung zuverlässiger bacterio- 
logischer Methoden Untersuchungen der Erkrankung fast ganz. 

Eine Art von diphtherischer Wundinfection sehen wir in den 
Fällen, in denen sich die Tracheotomiewunde eines diphtheriekranken 
Kindes mit Belägen bedeckt. Da es sich hier um ein einfaches 
Fortschreiten des gleichen Processes von innen nach aussen handelt, 
so muss man von vornherein annehmen, dass hier wie dort die¬ 
selben Erreger im Spiele sind. In solchen Belägen sind denn auch 
Diphtheriebacillen in einem Falle von Löffler (nach mündlicher 
Mittheilung) und in drei von vier Fällen, darunter einmal rein, 
zweimal mit Coccen zusammen von Spronck 1 ) nachgewiesen worden. 

Ein ähnliches einfaches Fortschreiten des diphtherischen Pro¬ 
cesses liegt in einem Falle von d’Espine' 2 ) vor, in welchem aus 
dem Belage einer Unterlippen wunde bei einem Diphtheriekranken 
die Löffler’schen Bacillen cultivirt wurden; ebenso vermochte ich 
selbst diese Organismen einmal von dem Belage, welcher sich auf 
einer Wunde der Zunge bei einem Diphtheriepatienten gebildet hatte, 
zu gewinnen. 

Sehr selten sind in der Litteratur zuverlässig untersuchte 
Fälle, bei denen mit oder ohne gleichzeitige Rachendiphtherie an 
Stellen des Rumpfes oder der Extremitäten Wundaffectionen durch 
Diphtheriebacillen hervorgerufen wurden. 

E. Neisser 3 ) beschreibt einen Fall von Hautdiphtherie, den 
man hierher rechnen kann. Derselbe betraf einen Knaben mit 
Rachendiphtherie, bei welchem die Haut an der Rima ani beider¬ 
seits befallen war. Es fanden sich ausschliesslich Diphtheriebacillen, 
welche das Oorium durchsetzten und zumeist in den nach der Ober¬ 
fläche zu gelegenen Partieen sassen. 

Zweifelhaft sind die beiden Beobachtungen von Favre 4 ), welcher 
aus Vulva und Vagina bei puerperaler Diphtherie die Löffler’schen 
Bacillen erhalten haben will, aber bei seinen Versuchen nicht mit 
Reinculturen gearbeitet hat. 

In letzter Zeit hat dann Brunner 5 ) drei Fälle von Wund¬ 
erkrankung — wenn man den dritten Fall mit in diese Kategorie 
bringen darf — beobachtet, ohne gleichzeitig vorhandene Rachen¬ 
diphtherie, aus denen es ihm gelang, Diphtheriebacillen zu culti- 
viren. Der erste Patient hatte eine Stichwunde im Daumen ohne 
Belag, aber mit missfarbigen Rändern, der zweite eine Wunde am 
Mittelfinger mit grauweissem Belage, der dritte eine phlegmonöse 
Entzündung des Scrotums. In allen drei Fällen waren die Diph¬ 
theriebacillen mit pyogenen Coccen vergesellschaftet, im ersten er¬ 
wiesen sie sich hochgradig virulent, in den anderen wenig. Es 
bleibt bei diesen Formen von Mischinfection die Möglichkeit offen, 
dass die Coccen, nicht die Diphtheriebacillen, welch letztere in einem 
Falle erst bei der zweiten Untersuchung gefunden wurden, die 
eigentlichen Infectionserreger darstellen und auch die Membran¬ 
bildung veranlassten, wie es ja auch membranöse Beläge im Rachen 
gmbt, welche auf Streptococeeninfection zurückzuführen sind. In 
anderen Fällen hat Brunner auch nur Coccen, keine Diphtherie¬ 
bacillen in croupösen Wundbelägen zu finden vermocht, 
r. le . Lehrbücher der allgemeinen Chirurgie, w r elche ich zu 
Rathe ziehen konnte, selbst die in neuester Zeit erschienenen, be- 
gnugen sich, ohne bacteriologisch untersuchte Fälle zu erwähnen, 


Wochenschrift 1891,’ No" ff von Hautdiphtherie. Deutsche medicinisch 

cobgi! "NouTA&s'dt 6 ^ 

schrift l C Ä n 22 r : ^Wuuddiphtheritis. Beriiuer klinische Wocheu 


mit dem Hinweise, dass die Wunddiphtherie oft gleichzeitig mit 
Epidemieen von Rachendiphtherie, ja selbst bei Leuten, welche an 
dieser erkrankt sind, vorkommt. Diese Beobachtung legt in der 
That allein schon den Gedanken nahe, dass die Erkrankung, deren 
Bild an beiden Localisationsstellen so ähnlich ist, auf dieselben 
Erreger zurückzuführen sein müsse. Um bei dem Suchen nach 
dem Erreger der Diphtherie festen Boden unter den Füssen zu 
gewinnen, hätte man demnach fraglos ganz praktisch derart ver¬ 
fahren können, dass man zuerst die Beläge diphtherischer Wunden 
durchforschte, bei welchen man es ja nicht mit den zahlreichen in 
der Mundhöhle vorkommenden Organismen zu thun gehabt hätte. 
Fand sich hier eine charakteristische Organismenart, so hätte man 
mit dem Hinblick auf sie leichter das Bacteriengewimmel der 
Mundhölile durchdringen können. Die Seltenheit der Wunderkran¬ 
kung einerseits und die Häufigkeit der Rachendiphtherie anderer¬ 
seits haben es indessen mit sich gebracht, dass der umgekehrte 
Weg beschritten wurde. Zweifelt nun heutzutage wohl auch 
niemand mehr ernstlich an der ätiologischen Bedeutung des 
Loeffler’sehen Bacillus für die Diphtherie, so dürfte es doch 
immerhin von Interesse sein, Fälle zu erwähnen, welche beweisen, 
dass diese Organismen allein für sich Wunden der Menschen diph¬ 
therisch zu afficiren vermögen. Es sind dies sozusagen Experi¬ 
mente, welche die Natur selbst am Menschen macht, während das 
Strafgesetz und die Scheu vor etwa zu erzeugenden schweren 
Schädigungen der Gesundheit uns die Diphtherieinfection von 
Wunden experimenti causa verbieten. 

Der von mir beobachtete Fall wurde mir von Herrn Professor 
Heidenhain zugänglich gemacht, dem ich auch an dieser Stelle 
meinen besten Dank sage. 

Es handelte sich um ein siebenjähriges Mädchen, welches am 6. No¬ 
vember 1893 mit - Dip.htheria faucium erkrankte. Am 18. October und 
4. November waren bereits zwei Geschwister ebenfalls von der Krankheit 
befallen worden. Die Erkrankung verlief leicht, aber erst am 25. Novem¬ 
ber war der Rachen belagfrei. 

Am 16. November bildete sich am linken Ringfinger auf einer Wunde, 
welche sich das Kind einige • Tage vorher dadurch, dass es sich an einem 
Nagel riss, zugezogen hatte, ein croupöser Belag. Der am 17. das Kind 
besuchende Arzt fand eine etwa 3 qcm grosse Wunde an der Beugeseite 
der mittleren Phalanx des linken Ringfingers, welche nach der Dorsalseite 
zu die Haut unterminirt hatte und in ihrer ganzen Ausdehnung mit einem 
fest haftenden speckigen Belag bedeckt war. Die Wunde wurde mit 
Liquor ferri betupft und feucht verbunden. Fieber war nicht vorhanden, 
das Allgemeinbefinden gut. 

Am 18. November wurde der Verband gewechselt und etwas Material 
von der Wunde, auf welcher nur noch geringer Belag vorhanden war, auf 
Loeffler’schem Blutserum ausgesät; die Wunde wurde wieder mit Liquor 
ferri behandelt. Auf den beiden besäten Serumröhrchen fanden sich am 
nächsten Tage Diphtheriobacillen in Reincultur. 

Dasselbe Resultat ergaben die Abstriche am 25. November. Die 
Wunde war bis zu diesem Termin einen um den anderen Tag, wie vorhin 
angegeben, behandelt worden. Wundsecret war jetzt gar nicht mehr vor¬ 
handen, zur Aussaat wurde das aus der Wundfläche beim Abnehmen des 
Verbandes sich sammelnde Blut benutzt. 

Am 27. November war die Wunde fast völlig verheüt, Serumaus¬ 
striche von derselben blieben steril. Die Diphtheriebacillen von der 
Wunde wurden auf verschiedenen Nährböden und unter verschiedenen 
Bedingungen mit sicheren Diphtherieculturen verglichen und mit den¬ 
selben durchaus identisch befunden. 

Um über ihre Virulenz Klarheit zu schaffen, wurde am 29. November 
ein Meerschweinchen von 360 g mit einer Oese Serumcultur vom 28. No¬ 
vember (2. Generation vom 18. November) subcutan geimpft. 

Am 1. December war das Thier munter, hatte aber ein sehr starkes 
Infiltrat und Oedem an der Impfstelle. Es starb erst am 11. December 
abends; bei der Section fanden sich: ein etwa fünfmarkstückgrosses Infil¬ 
trat an der Impfstelle mit Injection der benachbarten Hautgefässe, ein 
starker seröser Erguss in die Pleurahöhle der Impfseite, grosse blutreiche 
Nieren und Nebennieren. Nirgends wurden Diphtheriebacillen gefunden. 

Am 27. November waren von den Tpnsillen des Kindes Serumabstriche 
gemacht worden, in donen ebenfalls Colonioen von Diphtheriebacillen auf¬ 
gingen. Mit einer Oese einer Serumreincultur derselben vom 3. December 
(4. Generation) wurde am 4. December ein Meerschweinchen von 320 g 
subcutan inficirt; es starb am 12. December mit denselben Veränderungen 
wie das andere Thier. 

Das Kind hatte also sowohl im Rachen wie im Wundbelage 
eine abgeschwäehte Form von Diphtheriebacillen beherbergt, welche 
selbst in recht bedeutender Menge (1 Oese) und frischer Cultur 
mittelgrosse Meerschweinchen erst nach längerer Zeit (zwölf und 
acht Tage) zu tödten vermochte. Dass die Patientin die Wunde 
sich selbst inficirt hatte, ist nach diesem gleichen Verhalten beider 
Bacillenproben nur noch wahrscheinlicher gemacht worden, als es 
schon an und für sich ist. 

Für die Praxis kann dieser Fall in* doppelter Hinsicht Be¬ 
deutung beanspruchen. Wir sehen daraus zunächst, dass man Wunden 
bei Diphtheriekranken nicht vernachlässigen darf, sondern dieselben, 
selbst wenn sie unbedeutend sind, behandeln muss. Mag man auch 
imstande sein, falls sich echte diphtherische Beläge auf Wunden 


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28. Juni. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


549 


gebildet haben, dieselben verhältnissmässig leicht zu beseitigen _ 

obgleich die lange Behandlung unseres Falles zeigt, dass dies 
nicht immer ganz einfach ist —, so werden doch schon bei vor¬ 
übergehender Ansiedelung der Diphtheriebacillen von diesen giftige 
Producte gebildet, welche, in den Körper aufgenommen, die Schwere 
der Erkrankung steigern. Zudem kann aber auch eine Verbreitung 
der Infection noch leichter von einer offenen diphtherischen Wunde 
aus als durch die Secrete und Exerete der Mundhöhle eines Diph- 
theriearanken vor sich gehen. 


VI. Beitrag zudenblasenbildenden Affectionen 
der Mundschleimbaut. 1 ) 

Von Dr. 0. Rosentlial in Berlin. 

In keinem Kapitel unserer Specialdisciplin begegnet man so 
vielfachen irrthümlichen Diagnosen, so auseinandergehenden Auf¬ 
fassungen und Deutungen über das Wesen der vorhandenen Er¬ 
scheinungen — es braucht zu diesem Zwecke nur auf die Leuko¬ 
plakie hingewiesen zu werden, über deren syphilitischen oder nicht 
syphilitischen Ursprung die Acten noch immer nicht geschlossen 
sind und über deren klinischen Begriff die verschiedensten An¬ 
sichten herrschen — als auf dem grossen Gebiete der Affectionen 
der Schleimhaut der Mundhöhle und der anderen zu Tage liegenden 
Schleimhäute, die allerdings hierbei viel weniger in Betracht 
kommen. Es beruht das zum Theil darauf, dass in vielen Fällen 
die Diagnose nur unter Zuhülfenahme von vorangegangenen oder von 
erst später folgenden Erscheinungen auf der äusseren Haut sicher 
gestellt wird. So ist manche syphilitische Aflfection an sich wegen 
ihrer äusseren Aehnlichkeit schwer von einer nicht specifischen zu 
trennen, und so dürfte z. B. ein Lichen planus der Mundschleim¬ 
haut, ohne dass anderweitige Efflorescenzen auf dem Integumentum 
commune zu sehen sind, den grössten diagnostischen Bedenken aus- 
gesetzt und nur für denjenigen zu erkennen sein, dem eine be¬ 
sonders reiche Erfahrung auf diesem Gebiete zu Gebote steht. Die 
Hauptschwierigkeit aber, eine sichere Diagnose zu stellen, begründet 
sich auf dem Umstande, dass an sich die Primärefflorescenzen der 
Schleimhaut infolge ihrer Lokalisation den stärksten Insulten und 
dadurch den beträchtlichsten Veränderungen ausgesetzt sind. Be¬ 
vor dieselben zur Begutachtung gelangen, haben sie bereits ver¬ 
schiedene morphologische Wandlungen durchmachen müssen. Es 
bedarf diese Erwägung keiner weiteren Ausführung. So ist es be¬ 
kannt, dass es nur relativ selten gelingt, Blasen von einer gewissen 
Grösse an der Mundschleimhaut zu beobachten. Dieselben platzen 
infolge irgend eines Traumas beim Kauen, Sprechen, Bewegungen 
der Zunge etc. . Die Decke bleibt als Fetzen liegen oder löst sich 
ab, und die dem Auge sichtbar gewordene Basis kann ein ver¬ 
schiedenartiges Aussehen, über das später noch eingehender ge¬ 
sprochen werden soll, darbieten. Auch ist bei einer Reihe von 
Krankheiten die Aufmerksamkeit auf die Mundschleimhaut erst spät 
gelenkt worden; so ist man z. B. seit noch nicht zu geraumer Zeit 
darauf eingeübt, in jedem Falle von Erythema exsudativum multi- 
forme oder von Lichen planus die Schleimhaut des Mundes zu 
untersuchen, während man bei den acuten Infectionskrankheiten, 
der Syphilis und anderen Affectionen dieser Localisation schon stets 
die gebührende Beachtung geschenkt hat. 

Was speciell den Pemphigus der Mundschleimhaut anbetriflt, 
so ist es bekannt, dass derselbe die Blaseneruptionen auf der 
äusseren Haut begleiten kann. Es existiren über diesen Punkt 
kaum irgend welche Meinungsverschiedenheiten; dagegen dürfte 
schon eher darüber zu streiten sein, ob der Pemphigus als solcher 
heute bereits ein geschlossenes Krankheitsbild darstellt. Nach 
meiner Ueberzeugung handelt es sich bei der Bezeichnung 
«Pemphigus“ mehr um ein Symptom als um eine bestimmte 
Krankheit, und dio bisher darüber gelieferten Schilderungen stellen 
ein Conglomerat der verschiedensten Affectionen dar, das der Zu¬ 
kunft zu lichten noch überlassen ist. Ein wieviel weniger geklärtes 
Bild liefert erst das Kapitel der blasenbildenden Affectionen der 
Schleimhäute im allgemeinen und der Mundschleimhaut im be¬ 
sonderen! 

Nachdem ich im Laufe der Jahre vielfache mehr oder weniger 
diagnostisch klare Fälle von Blasenbildungen der Mundschleimhaut 
gesehen hatte, wurde meine Kenntniss auf diesem Gebiete ganz 
besonders durch drei Fälle erweitert, die im folgenden in aller 
Kürze skizzirt werden sollen. 

l *^ esen drm Patienten handelte es sich um Herren aus den 

,e J®fc r ® n Gesellschaftskreisen im Alter von ungefähr 30 Jahren. Dieselben 
Aff*?* ^ Pilzlich ohne bestimmt nachweisbare Ursache mit einer 
Anection im Munde, die von anderen Specialcollegen, erfahrenen Praktikern 
na von mir beobachtet worden ist und bei der man feststellen konnte, 

i ■ gehalten auf dem IV. Congress der deutschen dermato¬ 

logischen Gesellschaft in Breslau. 


dass die Primärefflorescenzen in Blasen bestanden, welche sich auf den 
Schleimhäuten der Zunge, der Lippen, der Waugen, des weichen und 
des harten Gaumens und des Pharynx bildeten. Die Blasen waren, wie 
schon in den einleitenden Worten erwähnt und begründet wurde, nicht 
stets von dem untersuchenden Arzt zu beobachten; die Patienten’selbst 
aber, die infolge ihres Bildungsgrades in ihren Aussagen absolut zuver¬ 
lässig waren, gaben, nachdem sie einmal darauf aufmerksam gemacht 
worden waren, mit Bestimmtheit an, dass jedesmal die ersten von ihnen 
wahrgenommenen Erscheinungen auf Blasenbildung beruhten. Zu gleicher 
Zeit trat bei allen dreien ein ähnlicher Process an den Genitalien auf, 
und zwar waren hauptsächlich die Glans, die innere Lamelle des Prä¬ 
putiums und das Scrotiun befallen. Hier konnte man Vesikeln und Bullen 
von verschiedener Grösse auf das allerdeutlichste erkennen. Bei genauerer 
Inspection zeigte sich, dass dieselben ebenso wie die ödematöse Um¬ 
gebung ein bläulich cyanotisches Gebiet einnahmen, das nach der 
gesunden Haut hin durch einen deutlich markirten, zinnober- 
rothen Rand abgegrenzt war. Diese Farbennüancen Hessen schon an 
sich erkennen, dass es sich in den vorliegenden Fällen um ein Erythema 
bullosum, einer Morphe des Erythema exsudativum multiforme handelte. 
Nachdem so die Diagnose an der äusseren Haut gestellt war, war auch 
die Affection der Mundschleimhaut, die in ihrem zeitlichen Auftreten 
und in ihrer Entwickelung derjenigen des Integumentum commune ent¬ 
sprach, erklärt. 

Ein gemeinsames Moment bei den drei Fällen war ferner der Um¬ 
stand, dass auf keinem anderen Punkt der äusseren Haut irgend eine 
Affection oder irgend ein Exanthem sichtbar war; nur in einem Falle 
war zu gleicher Zeit die Schleimhaut des Anus in ähnlicher Weise be¬ 
fallen. 

Auch muss hervorgehoben werden, dass bei den drei Patienten der 
erste Anfall in die Herbst- und die sich anschliessende Winterzeit rosp. 
in das Frühjahr fiel. 

Der Verlauf dieser Fälle war derartig, dass die Affectionen 
des Mundes und der Genitalien auf indifferente Behandlung hin, 
nachdem mehr oder minder heftige Beschwerden und Schmerzen 
beim Essen oder Sprechen vorangegangen waren, zurückgingen, 
dass aber in jedem dieser Fälle eine Anzahl Recidive — in dem 
einen derselben waren es sieben — nach kürzeren oder längeren 
Zwischenräumen auftraten und von mir beobachtet worden sind. 
Immer wieder spielte sich das gleiche Bild ab: Beschwerden im 
Munde durch Blasenbildungen bewirkt, Unbequemlichkeit an den 
Genitalien, durch die beschriebene Eruption erzeugt, dadurch her¬ 
vorgerufene Verstimmung und Sorge um die Gesundheit und Ab¬ 
heilung unter indifferenter Behandlung. Was diese Fälle noch 
auszeichnet, ist die Thatsache, dass die verschiedensten Diagnosen 
gestellt worden sind. Dass der Verdacht auf Lues ausgesprochen 
worden ist, wo es sich neben einer Affection der Genitalien um 
Erscheinungen im Munde handelte, ist selbstverständlich. Der eine 
Patient hat mehrfach den Beginn von Injectionscuren über sich 
ergehen lassen müssen, ohne dass natürlich das Leiden in irgend 
einer Weise beeinflusst worden wäre. Ferner sind die Fälle als 
Pemphigus, Herpes, Urticaria angesprochen worden. 

Es lohnt sich der Mühe, diese Diagnosen in ihrer differentiellen 
Bedeutung des näheren zu beleuchten. 

In den Lehrbüchern findet man im allgemeinen, dass ein soli¬ 
tärer Pemphigus der Mundschleimhaut Vorkommen kann und dass 
derselbe gewöhnlich als der Vorläufer eines später auf der Haut 
zu Tage tretenden gleichartigen Krankheitsbildes aufzufassen ist. 
Nun unterliegt es keinem Zweifel, dass, wenn nicht zu gleicher 
Zeit die Erscheinungen an den Genitalien vorhanden gewesen 
wären, die Berechtigung, die Affection als Pemphigus aufzufassen, 
von keiner Seite hätte bestritten werden können. Nur die klar zu 
Tage tretenden Eigenthümliclikeiten des Erythema exsudativum 
multiforme Hessen diese Diagnose nicht aufkommen. Hiergegen 
dürfte man einwenden, dass es an und für sich gleichgültig sei, 
sobald man sich über den Symptomencomplex einig ist, die in 
Frage stehende Affection als Pemphigus oder als Erythema bul¬ 
losum zu bezeichnen. Beide Namen sagen, dass es sich um Blasen¬ 
bildungen handelt. Bei dem Ausdruck Pemphigus denkt man so¬ 
gar, wenn nicht das Wort acutus hinzugesetzt wird, an chronisch 
recidivirende Blasenbildungen. 

Man wird aber zugeben müssen, dass die Bezeichnung Ery¬ 
thema bullosum aus dem Grunde richtiger ist, weil einerseits, wie 
schon oben erwähnt wurde, der Pemphigus noch ein unklares, 
nicht abgeschlossenes, der Sichtung bedürftiges Gebiet darstellt, 
und weil andererseits, wenn man von einem Erythema bullosum 
spricht, man sofort an das, wenn auch durch seine Aetiologie 
noch weniger bekannte, aber in seinen klinischen Erscheinungen 
beinahe vollständig abgeschlossene Krankheitsbild des Erythema 
exsudativum multiforme (Hebra) erinnert wird. 

Auch in der Litteratur finden sich viele Fälle von Pemphigus 
der Schleimhäute [Bandler 1 ), Boer 2 ), Mandelstamm 3 ), Chiari 4 ), 


J ) Prager Wochenschrift 1890. No. 42. 

s ) Sitzungsbericht der Berliner denn. Vereinigung. November Iööö. 

3 ) Berliner klin. Wochenschrift 1891, No. 49. 

4 ) Wiener kfin. Wochenschrift 1893, No. 20. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


Seifert 1 ), Heryng 2 ) etc.], von denen wahrscheinlich ein Theil den 
obigen Fällen gleichzustellen und daher besser als Erythema 
bullosum zu bezeichnen ist. 

Was die Diagnose Herpes anbetrifft, so hat unter der Be¬ 
zeichnung eines chronisch recidivirenden Herpes der Mundschleim¬ 
haut Flatau 3 ) einen interessanten Fall beschrieben, der in vieler 
Beziehung an die vorher angeführten Krankengeschichten erinnert. 
Es ist das der einzige Fall, den ich in der Litteratur auffinden 
konnte, bei dem ebenfalls die mehrfache Coincidenz zwischen 
Affectionen der Mundschleimhaut und der Genitalien beobachtet 
wurde. Ist schon an und für sich ein Jahre lang recidivirender 
Horpes der Mundschleimhaut ein Unicum, so dürfte, wenn man das 
Krankheitsbild in seiner Gesammtheit betrachtet, die Auffassung 
nicht unberechtigt erscheinen, den Fall mit den meinigen als 
identisch anzusehen und daher für denselben die Bezeichnung 
Erythema bullosum vorzuziehen. 

Eine andere Frage ist es, ob es nicht angebracht ist, die durch 
ihren eigenartigen Symptomencomplex charakteristische Affection 
als Herpes iris aufzufassen; finden sich doch in der Litteratur 
mehrere einschlägigeKrankheitsgeschichten [Neumann 4 ), Kühner 5 )], 
in denen hervorgehoben wird, dass neben der äusseren Haut auch 
dio Mundschleimhaut ergriffen war. Auch gehören diejenigen Fälle 
— ich habe selbst mehrere beobachtet —, in denen der Herpes iris 
chronisch verläuft, nicht zu den absoluten Seltenheiten. Indessen, 
es ist nicht zu empfehlen, das Bild des Herpes iris, das 
durch die Zusammenfassung vielfacher Affectionen in die Gruppe 
der von Dühring aufgestellten Dermatitis lierpetiformis ver¬ 
schleiert wurde resp. verdrängt werden soll — und zwar mit Un¬ 
recht —, noch weiter zu verdunkeln. Wenn man sich ferner vor¬ 
stellt, dass der Sitz der oben beschriebenen Affectionen nur die 
Genitalien und nicht zu gleicher Zeit die Mundschleimhaut beträfe, 
so würde bei dem Vorhandensein grosser Blasen und dem eigen- 
thümlichen, charakteristischen Farbencomplex die Diagnose Herpes 
iris ganz unberechtigt erscheinen, abgesehen davon, dass ein 
Herpes iris der Mundschleimhaut, ohne dass die äussere Haut er¬ 
griffen ist, bisher nicht bekannt ist. 

Was die Diagnose Urticaria bullosa anbelangt — und dieselbe 
ist in der That in dem einen der angeführten Fälle von einem ge¬ 
schätzten Specialcollegen gestellt worden —, so bedarf es keiner 
weiteren Erörterung darüber, dass die Schleimhaut als solche von 
Urticaria befallen werden kann, aber doch nur dann, wenn zu 
gleicher Zeit dieselbe Affection in besonders heftigem Grade, wie 
bei der Riesenurticaria Milton’s, auf der äusseren Haut besteht 
[Rapin 6 ) Ripley 7 )]. Dass aber die Urticaria allein die Schleim¬ 
haut des Mundes befällt und eventuell nur noch die Genitalien, wie 
in den angeführten Fällen, ist bisher weder beobachtet worden, 
noch scheint es berechtigt, die Affection in dieser Weise aufzu¬ 
fassen. 

Diese Symptomengruppe wäre noch, wie schon erwähnt wurde, 
zu verwechseln mit Syphilis, bei der aber Blasenbildung der Mund¬ 
schleimhaut, der Genitalien und die mehrfach hervorgehobene Farben¬ 
zusammenstellung nicht vorkommt, und mit Aphthen, von denen 
chronisch recidivirende Fälle bekannt sind. Dieselben sind jedoch 
in ihrem Aeussern, ihrem Verhalten, ihrer Entwickelung von dem 
beschriebenen Krankheitsbilde verschieden. 

Weniger leicht dürfte das Erythema bullosum für einen Lichen 
planus der Mundschleimhaut gehalten werden, da bei dieser Affection 
der knotenförmige Charakter des Exanthem deutlich zu Tage tritt. 
Dass man in solchen Fällen nicht von einem Ekzem sprechen darf, 
wie es Hardy 8 ) in einem Falle gethan hat, bedarf keiner weiteren 
Ausführungen. Ein diffuses Ekzema vesiculosum der Schleimhaut 
ist bisher nicht beobachtet worden und wird es auch ferner nicht 
werden. 

Es soll mithin nicht geleugnet werden, dass bei ausgesprochenem 
Pemphigus der äusseren Haut auch die gleiche Krankheit der 
Mundschleimhaut vorhanden sein kann; es ist nur die Absicht, 
durch diese Ausführungen die Meinung zu vertreten, dass der bis¬ 
herige solitäre Pemphigus, der Pemphigus localis der Mundschleim¬ 
haut, ohne dass begleitende Erscheinungen auf der äusseren Haut 
vorhanden sind und ohne dass er von einem ähnlichen Ausbruch 
der Haut gefolgt wird, in das Gebiet des Erythema exsudativum 
multiforme gehört und als Erythema bullosum aufzufassen ist, 
Indess soll keineswegs bestritten werden, dass es Fälle giebt, bei 


3 S ev H e de lai 7ngoU d’otol. et de rhinol. 1891. No. 8. 

1 Nowiny lokarskie 1892, No. 5. 

3 ) Deutsche med. Wochenschrift 1891, No. 22. 

) Anzeiger der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien. 15. März 188 
!) Berliner klm. Wochenschrift 1887, No. 16. 

) De quelques formes rares de l’urticaire. Revue medic. de 
fcuisse. November 1886. 

5 Journ. of cutan. and. vener. diseases, November 1885. 

8 ) Gazette des Höpitaux 1879, No. 7. 


denen die Schleimhauteruption der Affection auf der äusseren Haut 
vorangeht [Heryng 1 ), Köbner 2 ) etc.], aber es wird die Frage zu 
erörtern und auch zu bejahen sein — doch soll an dieser Stelle 
nicht weiter auf dieselbe eingegangen werden —, ob es nicht noth- 
wendig ist, eine ganze Gruppe von pemphigoiden Erkran¬ 
kungen in das Kapitel des Erythema exsudativum multi¬ 
forme einzureihen. Und dass diese Affection die Schleimhaut er¬ 
greifen kann, ist schon erwähnt und auch von jedem Dermatologen 
mehrfach gesehen worden. Besonders ausgesprochen sind in dieser 
Hinsicht die Fälle von Lanz 3 ) und Schoetz 4 ). 

Ist somit für die in Frage stehende Affection der Mundschleim¬ 
haut die Bezeichnung Erythema bullosum festgestellt, so ist es 
unnöthig, des näheren dazuthun, dass auch die anderen sichtbaren 
Schleimhäute, der Pharynx, der Kehlkopf [Irsai, 5 ) Zwillinger 6 )], 
vielleicht auch die Bronchien, sowie andererseits der Anus, die 
Nasenschleimhaut und die Conjunctiva in gleicher Weise befallen 
werden können. In dem Falle von Flatau (1. c.) war die Nasen¬ 
schleimhaut ergriffen, während für die Betheiligung der Conjunctiva 
Fälle von Cohn, 7 ) Fuchs, 8 ) Somogyi, 9 ) Kromayer 10 ) etc. an¬ 
zuführen sind. 

Es erübrigt noch, zur besseren Unterstützung der Diagnose 
auf das Aussehen und das Schicksal der Blasen in wenigen Worten 
näher einzugehen. Die Grösse derselben ist verschieden, ihr Inhalt 
serös oder serös eitrig, aber, wie erwähnt, sind dieselben infolge 
der beständig einwirkenden mechanischen, chemischen oder physi¬ 
kalischen Reize der schnellsten Zerstörung anheimgegeben. Von 
diesen, von dem Sitz und von der Grösse der Blasen hängt 
natürlich die hervorgebrachte Veränderung ab. Entweder man 
sieht die Blaseudecke als lockeren Fetzen aufliegen oder sie hängt, 
nur noch an einem Rande festsitzend, herunter. Ist sie aber voll¬ 
ständig gelöst worden — und das ist grösstentheils der Fall—, 
so tritt eine leicht blutende, scharf conturirte Erosion zu Tage, 
oder es bedeckt sich die des Epithels beraubte Stelle mit einem 
schmierigen, weisslich oder gräulich gelben Belag. Einzelne Stellen 
haben schliesslich das Aussehen, als ob sie mit einer Croup¬ 
membran bedeckt sind. Infolge anhaltender Reizungen und Coccen- 
invasion kommt es auch zur Bildung oberflächlicher Eiterungen, 
die sich als mehr oder minder seichte Geschwüre mit blutender 
oder weisslicher Verfärbung des Grundes darstellen. Ganz be¬ 
sonders hervorzuheben ist aber, was bisher noch nicht gesagt wurde, 
dass auch auf den Schleimhäuten die Farbendifferenz 
des Erythema exsudativum, wenn auch nicht prägnant, 
doch an einzelnen Stellen deutlich zu erkennen ist. Die 
Mucosa ist an manchen Stellen cyanotisch und ödematös ge¬ 
schwollen und von einem deutlich sichtbaren schmalen, rothen 
Hof umgeben. Auch Flatau beschreibt in seinem Falle diese 
eigenthümliche Area. 

Interessant ist es, dass Mandel stamm (1. c.) über einen 
Pemphigus der Schleimhaut berichtet, ohne dass Blasenbildung 
einhergehen soll. Es ist das eigentlich ein Widerspruch, denn 
Pemphigus ist eine Blasenaffection, und eine Blasenafleetion ohne 
Blasen kann kein Pemphigus sein. Es ist indessen wahrscheinlich, 
dass Mandel stamm nur damit ausdrücken wollte, dass es ihm 
in den vier Fällen, die er beobachtet hat, nicht gelungen ist, eine 
Blase auf der Schleimhaut zu sehen, sondern nur eine derjenigen 
Folgeerscheinungen, die soeben geschildert worden sind. Deshalb 
wäre es, wenn er von einem Pemphigus der Schleimhaut sprechen 
wollte, richtiger gewesen, hinzuzufügen: „ohne eine objectiv zu 
constatirende Blasenbildung“. Richtig und natürlich ist es aller¬ 
dings, dass der Blase ein papulöses Stadium vorangeht und dass 
an einzelnen Stellen die Affection nur diese Stufe der Entwicklung 
erreicht; somit kann man auch [Chiari 11 )] in solchen Fällen 
Epithelverdickungen und Epitheltrübungen wahrnehmen. Und wenn 
in einem der vier von Mandelstamm angeführten Fälle auch ein 
Pemphigus der äusseren Haut gefolgt ist, so ist darum noch nicht 
bewiesen, dass auch in den anderen drei Fällen später Pemphigus 
eingetreten ist. Es wäre garnicht unmöglich, vielleicht sogar 
wahrscheinlich, dass es sich bei dem einen oder anderen seiner 
Patienten um die soeben beschriebene Morphe des Erythema 
exsudativum multiforme gehandelt hat. 


*) Nowiny lekarskie 1892, No. 5. 

2 ) Versamml. der Gesellschaft deutscher Naturforscher u. Aerzte 1893. 

3 ) Berliner klm. Wochenschrift 1886, No. 41. 

4 ) Berliner klin. Wochenschrift 1889, No. 27. 

5 ) Intern, klin. Rundschau 1891, No. 28/29. 

6 ) Gyogaszat 1889, No. 16. 

7 ) Breslauer ärztliche Zeitschrift 1885, No. 10 ff. 

8 ) Blätter f. Augenheilkunde. October 1876. 

9 ) Szem<$szet 1882, No. 4. 

,0 ) Versamml. d. Ges. deutsch. Naturf. u. Aerzte z. Halle 1891. 

") 1. c. 


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28. Juni. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


551 


Zum Schluss möge die in obigen Auseinandersetzungen be¬ 
gründete Meinung in folgende Sätze zusammengefasst werden. 

Beim localen Pemphigus der Mundschleimhaut handelt es sich 
um eine Morphe des Erythema exsudativum multiforme, und ist 
derselbe daher als Erythema bullosum zu bezeichnen. 

Die als Urticaria, Herpes etc. der Mundschleimhaut ange¬ 
sprochenen und beschriebenen Affectionen gehören grösstentheils 
dem Erythema bullosum an. 

• Das Erythema bullosum der Mundschleimhaut vergesellschaftet 
sich häufig mit einer gleichen Erkrankung des Genitalapparates. 

Man wird aber noch hinzufügen können, dass das Erythema 
bullosum der Mundschleimhaut — und das ist ein werthvolles 
diagnostisches Moment — sich durch seine Eigenthümlichkeit, 
mehrfach zu recidiviren, auszeichnet. 


VH. Secale cornutum (respect. Ergotin) gegen 
die nächtlichen Schweisse der Phthisiker. 

Vorläufige Mittheilung von Dr. J. Goldendach in Moskau. 
Oberarzt am Kraukenhause des allerhöchsten Namens S. M. des Kaisers 
Alexander III. 

Die nächtlichen Schweisse der Phthisiker bilden, wie bekannt, ein 
sehr lästiges Symptom. Dabei fördern sie in hohem Maasse die Entkräf¬ 
tung der Kranken. Bringt doch schon der Verlust einer so bedeutenden 
Fltissigkeitsmenge grossen Schaden mit sich, — Nicht bei allen an Phthisis 
pulmonum leidenden Kranken sind die Schweisse gleich stark. Im Gegen¬ 
teil bemerkt man auch hier sehr bedeutende Schwankungen: während in 
einer Reihe von Fällen die Haut des Körpers kaum feucht wird, beobachtet 
man in anderen Fällen einen ziemlich reichlichen Sehweiss, und in einer 
dritten Kategorie liegen die Kranken förmlich ^wie in Sehweiss gebadet“. 

Obwohl in der Mehrzahl der Fälle die Nachtschweisse bei Patienten 
zum Vorschein kommen, bei welchen der Zerfall- und Zerstörungsvorgang 
iu den Lungenspitzen vom hectischen Fieber begleitet wird (Phthisis con- 
summata), kommen andererseits nicht wenige Fälle zur Beobachtung, wo 
man kein eigentliches Fieber vorfindet, wo der Sehweiss, so zu sagen, den 
«alleinigen Ausdruck des Fiebers bildet, da das Thermometer zu keiner 
Zeit — weder am Morgen, noch in den Abendstunden — eine Erhöhung 
der Temperatur zeigt. Ueberhaupt scheint es, dass die Erklärung der 
Nachtschweisso der Phthisiker, als durch das Fieber allein bedingt, nicht 
ganz zutreffend ist. Schon abgesehen davon, dass das Schwitzen der 
Phthisiker bei weitem nicht immer mit dem Grade des fieberhaften Zu¬ 
standes Hand in Hand geht, zeigt auch die Beobachtung, dass der Sehweiss 
sehr oft mit dem Schlafe des Kranken oder vielmehr mit dessen Ein¬ 
schlafen zusammenfällt : mag der Kranke am Tage zu irgend welcher Zeit 
auch nur für eine kleine Weile einschhafen, so liegt er alsbald in seinem 
Schweisse. Es muss jedenfalls zugegeben werden, dass die eigentliche, 
nächste Ursacho der Nachtschweisse der Phthisiker noch nicht ganz auf¬ 
geklärt ist. 

? s *‘ st dass gegen ein so lästiges «Symptom sehr viele 

Mittel empfohlen wurden. Aber schon ihre grosse Anzahl weist darauf 
hin, dass keines von ihnen zum Ziele führt. In der Th.at habe ich im 
Laufe von Jahren fast alle diese Mittel in Anwendung gebracht, ohne den 
gewünschten Erfolg zu erhalten. So habe ich von Chinin, das noch 
Lebert so wann empfahl, nicht den mindesten Erfolg gesehen, trotzdem 
ich es nicht nur, nach der Vorschrift dieses Autors, in kleinen Dosen 
(zu 3 g pro Dose), sondern in viel grösseren Gaben verabreichte (zu 10 g). 
Das Plumbum aceticum habe ich nicht angewendet. Das in dieser Hinsicht 
so berühmt gewordene Atropin wirkt höchst unsicher, lässt auch grössten¬ 
theils vollkonunen im Stich; auch ist seine Anwendung nicht ganz ohne 
Uefahr. — Nicht viel Nutzen sah ich ferner vom Hyoscin, von Abreibungen 
des Körpers vor dem Schlafe, von Cognac u. s. w. Auch das seiner Zeit 
so viel gepriesone Pulver, aus Amylum, Talcum und Acidum salicylicuin 
bestehend, wollte mir, bei mehrfacher Anwendung, keine wesentlichen 
Dienste leisten. *) 

, . Hinsicht der wichtigen Rolle, welche die vasomotorischen Nerven 
bei den Absonderungsvorgängen spielen, lag der Gedanke nahe, ein Mittel 
gegen die Nachtschweisse in Anwendung zu bringen, welchem die Fähig¬ 
keit zugeschrieben wird, einen Einfluss auf diese Nerven und durch ihre 
Vemiittelung auf die Sc-hweissabsonderung «auszuüben. So kam ich dazu, 
den Phthisikern gegen die Nachtschweisse «Secale eomutum zu verordnen. 
Der Erfolg war in der Mehrheit der Frille ein höchst befriedigender, oft 
sogar ein überraschender. Ich gebe gewöhnlich vor dem Schlafe ein oder 
zwei Pulver Secalis cornuti zu fünf Gran (0,3). In vielen Fällen wird danach 
tj , ,weiss sehr unbedeutend, in anderen bleibt er vollständig aus, 
Jedenfalls bilden die Fälle, wo das Mittel vollständig ohne Wirkung bleibt, 
seltene Ausnahmen. Mir sind Fälle bekannt, wo die Kranken, durch die 
Vu'kmig des Medieaments sehr befriedigt, dasselbe längere Zeit hindurch, 
?^ ei Wochen z. B., allabendlich einnahmon, immer mit gutem Erfolge, 
jedenfalls aber ohne schädliche Folgen. Letzterer Umstand, d. h. also die 
Unschädlichkeit des Mittels, ist gewiss ein wesentlicher Vorzug. — Und 
so ertaube ich mir, auf Grund zahlreicher Beobachtungen die Anwendung 
des öecale cornutum gegen die Schweisse an Schwindsucht Leidender 
den L/Ollegen aufs wärmste zu empfehlen. 

, den letzten Wochen habe ich die Behandlung derart modificirt, 
ass lc h Pulv. secale cornutum, Ergotin subcufcan zur Anwendung 

l ) Das sehr wirksame Acidum camphoratum, welches bekanntlich zu¬ 
erst von Fürbringer gegen die Nachtschweisse der Phthisiker empfohlen 
orden ist, scheint der Verfasser nicht angewandt zu haben. J. S. 


bringe. Ich bediene mich dabei folgender Vorschrift: Rp. Extr. Secal. 
cornuti 3,0. Spirit, dil., Glycerin.. Aq. destillat, ana 5,0. MDS. eine 
Spritze jeden Abend subcutan. - Der Erfolg dieser Behandlung ist noch 
viel constanter und grösstentheils auch viel überraschender. 


VIII. Therapeutische Mittheilungen. 

Bericht über Pharmakologie und Toxikologie. 

Von Prof. L. Lewin in Berlin. 

(Schluss aus No. 25.) 

Metkylirung im Körper. 

Wenn Menschen, wie es seit lange die klinische Erfahrung 
gelehrt hat, Magisterium Bismuti aufnehmen, so tritt zuweilen ein 
widerlich knoblauchartiger Geruch in der Exhalationsluft auf, der 
einer Beimengung von Tellur ihr Entstehen verdankt. Da Ka¬ 
lium telluricum nun auch hier und da als Mittel gegen phthi- 
sische Nachtschweisse Verwendung findet, so hat die Frage nach 
dem Ursprung dieses Geruches ein noch grösseres, praktisches 
Interesse gewonnen. Schon früher vermuthete man als Ursache 
eine organische Tellurverbindung, vielleicht Tellur me thyl. Thier- 
versuche an Kalt- und Warmblütern, ja selbst wirbellosen Thieren, 
gaben weitergehende Aufschlüsse. 1 ) Thiere, welche teilurige oder 
Tellursäure erhalten haben, zeigen den Geruch auch in allen Aus¬ 
scheidungen, in ihren Körperhöhlen, im Blute und den Lungen. 
Aber auch noch die todten Organe können Tellurverbindungen in 
Tellurmethyl überführen. Besonders starken Geruch weisen die 
Hoden auf. Woher sammt das Methyl? Die Abspaltung der Methyl- 
gruppe muss aus den Geweben des Thierkörpers vor sich gehen, 
in denen sich eine nicht flüchtige, durch Temperaturen über 50°, 
Wasser, Salzlösungen, Glycerin, Alkohol, Metallsalze, zersetzbare 
„methylabspaltende Substanz“ vorfindet. Der Methylirungsvorgang 
ist unabhängig von der Bluteirculation und der Sauerstoffzufuhr 
und auch von der anatomischen Structur, da mit Glaspulver ver¬ 
riebene Gewebe denselben zustande kommen lassen. Jedenfalls ist 
die Abspaltung der Methylgruppe und Anlagerung an andere 
Atomcomplexe ein im intermediären Stoffwechsel der Thiere über¬ 
haupt, und namentlich drüsiger Organe, vor allem der Hoden, sehr 
verbreiteter Vorgang. 

Diuretica. 

Eine für den Praktiker wichtige Arzneigruppe stellen die 
Diuretica dar, über die manches Neue in den letzten Jahren zu 
Tage gefördert wurde. Für eine ganze Reihe pathologischer Vor¬ 
gänge reicht es aus, wenn das Diureticum einen stärkeren Strom 
von Flüssigkeit durch die Nieren veranlasst, aber immer ist es 
wünschenswert^ wenn mit dem Wasser auch anorganische und 
organische Bestandtheile den Körper verlassen. Im allgemeinen 
geschieht dies auch. Schon das Trinken von Wasser lässt z. B. 
mehr stickstoffhaltige Bestandtheile ausscheiden. In Selbstver¬ 
suchen, die sich unter anderem auch auf Volksheilmittel der be¬ 
sagten Richtung bezogen , 2 ) wurden die verschiedenartigsten 
Diuretica nach diesen Gesichtspunkten hin untersucht. Die That- 
sächlichkeit vieler alter Angaben über die hervorragenden diure- 
tischen Wirkungen ätherischer Oele (01. Juniperi, 01. Petroselini, 
01. Levistici etc.) konnte bestätigt werden. Mit Recht wird hier¬ 
bei davor gewarnt, diese Oele bei frischen Nierenentzündungen zu 
geben. Es wurde hierbei in den meisten Fällen eine Zunahme des 
Eiweissgehaltes des Harns und Mangelhaftigkeit der Haro- 
absonderung wahrgenommen. Bei Oleum Petroselini trat ausser¬ 
dem mit grosser Regelmässigkeit Erbrechen ein. Auch bqi chro¬ 
nischer Nephritis sind beide Oele nicht empfehlens werth, wenn 
gleich sie hier harnvermehrend wirken. Ein besonderes Interesse 
beansprucht meiner Ansicht nach die Bestätigung der hervor¬ 
ragenden diuretischen Eigenschaften des Tartarus boraxatus, 
auf die ich schon vor Jahren mehrfach hinwies. Lässt man den¬ 
selben in Wasser oder Brühe gelöst zu 10—25 g pro Tag nehmen, 
so wird die Harnfluth nicht auf sich warten lassen. Leider ist 
dieses Salz in Apotheken theuer. Als gleichwertiger Ersatz 
könnt« eine Lösung von Borax und Weinstein verschrieben werden 
(Boracis 5—10, Aquae 150, Tartan depur. 2,5—5, zweistündlich 
ein Esslöffel). 

Digitalis. 

Ein in mannigfacher Beziehung wichtiges klinisches Ergeb¬ 
nis über Digitalinum verum wurde auf der Strassburger medi- 
cinischen Klinik erhalten. 3 ) Das an sich gerechtfertigte Streben 


i) Hofmeister, Archiv für exper. Path. und Pharmak. 
S 198. 

*)* Raphael, Arbeiten des pharmakol. Instituts zu Dorpat 
S. 81. Stuttgart, F. Enke, 1894. , b 

3) Klingenberg, Archiv für exper. Path. und Pharmak. 

S. 353. 


Bd. 33, 
Heft X, 
Bd. 33, 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





No. 2G 


552 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


der neueren Zeit, die galenischen Pflanzenpräparate durch die 
darin vorkommenden wirksamen Prinzipo zu ersetzen, hat mehrfach 
einen praktischen Ausdruck bekommen. Eine Wohithat für Kranke 
wäre es, in dieser Beziehung von dem Eiunehmen eines Infusum 
foliorum Digitalis befreit zu werden, einmal weil mancherlei subjec- 
tive Inconvenienzen damit verbunden sind, andererseits weil die 
Droge nicht immer in zuverlässiger Güte verabfolgt wird. Es 
wurde daher nach Schmiedeberg’s Verfahren Digitalin chemisch 
rein dargestellt und dieses an Kranke verabfolgt. Eine erste Ver¬ 
suchsreihe gab negative Heilresultate, weil, wie man damals an¬ 
nahm, das Mittel in Pillenform gegeben und daher schlecht resor- 
birt worden sei. Man verabreichte es jetzt in alkoholisch-wässe¬ 
riger Lösung in Einzeldosen von 0,002 g und in Tagesdosen bis 
zu 0,006 g und selbst 0,016 g bei Mitralfehlern, Nephritis chro¬ 
nica etc. Was diese Verordnungsweise bei einem an Insufficienz 
der Mitralklappe mit Oedemen leidenden Manne erreichte und was 
andererseits Infuse einer guten Digitalis zu leisten vermögen, das 
ist so lehrreich, dass ich es in der folgenden Tabelle theilweise 
wiedergeben will. 



Datum 


Puls 

Diurese 

!■ poc. 
Gewicht 

Therapie 

25. 

November 

1892 


160 

550 

1020 





26. 



160- 

160 

550 

1021 





27. 



1 160- 

-160 

630 

1016 





28. 


„ 

160- 

152 

680 

1015 

Digitalin 

0,010 



29. 


.. 

148- 

-140 

840 

1023 


0.012 



30. 



140 

140 

620 

1020 


0.014 



1. 

Docember 

1892 

132 

130 

680 

1021 


0.016 



2. 



130- 

130 

620 

1024 

.. 

0.016 



3. 


.. 

138- 

130 

600 

1022 

Ausgesetzt 



4. 

.. 

.. 

132- 

142 

850 

1023 

Infus fol 

Digit 

1,5 

200.0 

5. 


.. 

120- 

112 

610 

1022 



1,5 

200,0 

6. 



110 - 

108 

1015 

! 1015 



1.5 

200.0 

7. 

.. 

.. 

100- 

98 

850 

, 1019 





8. 

.. 

„ 

98- 

92 

1070 

1 1008 



1.0 

200,0 

9. 

.. 


84- 

90 

1200 ; 

1018 





10. 

„ 

„ 

82- 

82 

930 ; 

1016 



1.0 

: 200,0 

11. 

.. 

.. 

1 SO¬ 

80 

100 i 






12. 


.. 

SO 

76 

780 

1025 



0.2 

200,0 

13. 

,, 

H l 

78 

— 

1100 

1020 ! 



0.2 

200,0 

14. 


„ 

90- 

82 

1400 

1020 



0.15 

200,0 

15. 

„ 

,, 

90- 

80 

2400 

1016 



0,15 

200,0 

16. 


.. 

80— 

80 

2930 

1016 



0.3 

200,0 

17. 


| 

84 - 

80 

3000 

1010 



0.2 

200.0 

18. 

” 

I 

80 

— 

3500 

1011 





Das Digitalin hat den Puls in Quantität und Qualität kaum, 
und subjectives Wohlbefinden sowie Diurese gar nicht beeinflusst, 
während die Digitalisinfuse alles zu erwartende leisteten und den 
Kranken soweit brachten, dass er ohno Compensationsstörung ent¬ 
lassen werden konnte. Aehnlich verhielten sich andere Fälle, in 
denen das Allgemeinbefinden sich sogar verschlechterte und’ dio 
Harnmenge unter die Zahl sank, die sie vorher besass. 

Auch hieraus kann die Lehre abstrahirt werden, dass, so 
sehr es wünschenswerth ist, die Medication zu vereinfachen und 
den Arzt unabhängig zu machen von unter Umständen schlechten 
Extracten und Tincturen und manchen nicht angenehmen Arznei¬ 
formen, der Ersatz der Pflanze sich fast nie durch das oder die 
wirksamen Prinzipien vollständig bewerkstelligen lässt. Die 
Pflanze repräsentirt trotz der verschiedenartigsten 
Bestandtheile eine Wirkungseinheit, die nichts anderes 
ist als die Resultante aus der Wirkung dieser Bestand- 
j.j*?*. V arum können die Opiumalkaloide nicht das Opium 
die Digitalisbestandtheile nicht die Digitalis und selbst die Be¬ 
standtheile der Belladonna nicht die Pflanze ganz ersetzen 
Und deshalb haben die Aerzte mit allen Kräften, jeder inner¬ 
halb seines Wirkungsgebietes, danach zu streben, dass die zu 
verarbeitenden Drogen gleichmässig und möglichst frisch und die 
Darstellung der Arzneiform auf das sorgfältigste vorgenommen 


Beeinflussung der Pancreassecretion durch Medicament 
• Au . c k klinische Zwecke hat es einen Werth zu wissen w 
sich die Secretionsverhältnisse der Pancreas unter’de 
U - v! S ° ^_ ersc l li edener Medicamente verhält. Sind d 
bezüglichen Versuche auch nur an Kaninchen angestellt 1 ), : 

Ä S1 M ° Cl l Hlawe j se ’ die »Her Wahrscheinlichkeit nach am 
für den Menschen Bedeutung haben. Die Secretmenge, ihre Z 

=r tZ T A b sonderu ngsgeschwindigkeit konnten t 

Fisteithmren bestimmt werden. Pilocarpin bedingt eigenthür 
hcherweisc keine Zunahme der Absonderungsgeschwindigkeit. D 
gegen ist de r Gehalt des Saftes an festen Bestandteilen vermehi 

') Gottlieb, Arch. f. exper. Path. u. Pharmak. Bd. 33 , S. 261. 


Atropin verringert nach intravenöser Beibringung die Pancreas¬ 
secretion nicht. Physostigmin rief mehrfach, aber nicht immer 
eine Steigerung der Secretmenge bei Steigerung des Trockenge¬ 
haltes hervor. Bemerkens werth ist, dass reizende Stoffe, z. B. 
Senföl, vom Magen aus eine ziemlich lange anhaltende, auf 
reflectorischem Wege zustande kommende Vermehrung der Secre- 
tionsgeschwindigkeit veranlassen. Ein ähnliches, wenngleich anders 
gedeutetes Resultat erhielt übrigens, was dem Verfasser ent¬ 
gangen ist, schon im vergangenen Jaliro Becker im Institut für 
experimentelle Medicin in Petersburg, als er kohlensäurehaltiges 
Wasser bei Fistelthieren in den Magen brachte. Das Gleiche ver¬ 
ursachen reizende Stoffe, die in eine Duodenalschlinge gebracht 
werden. Die Abhängigkeit der Pancreassecretion von sensiblen 
Darmreizen weist auch auf die Bedeutung hin, welche den Ge¬ 
würzen und scharfen Stoffen durch ihre örtlich reizende Wirkung 
auf der Magen- und Darmschleimhaut für den Verdauungshergang 
zukommen. Dies im Zusammenhang mit den schönen Versuchen 
von Brandl, der nach wies, dass durch Gewürze und scharfe 
Stoffe die Resorption vom Magen aus in hohem Grade gefördert 
wird, geben uns experimentelle Beläge für die Jahrtausende alte, 
der Volksmedicin entstammende und von Aerzten aller Nationen 
empirisch beglaubigte, gute Wirkung der angezogenen Stoffe für 
Appetit und Verdauung. 

Chronische Nicotinvergiftung. 

Viele Angaben liegen über die im Tabakrauch vor¬ 
handenen Stoffe vor. Einige Forscher wiesen mit Sicherheit 
darin Nicotin nach, andere vermissten es. Für die Entstehungs¬ 
art des chronischen Nicotinismus hat selbstverständlich die Ent¬ 
scheidung über diese Frage einen grossen Werth. Man füllte 1 ) 
eine aus Eisenblech verfertigte, etwa 500 ccm fassende Pfeife mit 
Elsässer Tabak und liess den Rauch des angebrannten Krautes 
durch einen Respirator in mit saurem Wasser gefüllte Gaswasch¬ 
flaschen treten. Nach theilweisem Eindampfen der Waschwasser 
schieden sich theerartige Producte ab, die für Frösche unwirksam 
waren. 

Aus den in Lösung gegangenen Stoffen wurde Nicotin abge¬ 
schieden. Leider ist auf das Vorhandensein von Kohlenoxyd 
nicht geprüft worden. Dass sich solches bildet, ist wohl so zwei¬ 
fellos, wie dass es beim Rauchen eine Schädlichkeit darstellt. 

Chronische Nicotinvergiftung beim Thiere vom Magen aus 
veranlassto Minderung des Hämoglobingehaltes des Blutes und der 
rothen Blutkörperchen, sowie der Blutalkalescenz, Steigen der 
Anzahl der weissen Blutkörperchen und Verlust am Körper¬ 
gewicht. 

Ein Vergleich mit der chronischen Alkoholvergiftung 
ergab nur eine Uebereinstimmung in der Abnahme des Hämoglobin¬ 
gehaltes des Blutes. 

Beide Gifte machten aber nach achtwöchentlicher Zufuhr Ver¬ 
änderungen der grossen Vorderhornzellen des Rückenmarkes. Es 
fand sich Degeneration der Chromatinstructur. Charakteristisch 
war auch das Homogenwerden der Chromatinstructur an den 
Ganglienzellen der Spinalganglien und den grossen sympathischen 
Ganglien. 

Hippomane Manzanilla. 

In toxikologischer Beziehung hat die altbekannte Euphorbiacee, 
der Manschinellenbaum, der apfelähnliche Früchte trägt, ein 
gewisses Interesse, insofern Forschung und Dichtung sich mit ihm 
seit lange beschäftigt haben. Den mannigfachsten auch arznei¬ 
lichen Zwecken hat der Saft der Pflanze bereits gedient. So ver¬ 
wandte man ihn als Pfeilgift. An den Ufern des Orinoko wurde 
und wird er gegen Krebs gebraucht, wobei sich nach 48 Stunden 
eine Geschwürsfläche bildet. Auch gegen Elephantiasis und manche 
andere Hautaffection, auch syphilitischen Ursprungs, ist der Saft 
schon benutzt worden. Man hat sich neuerdings wieder mit ihm 
beschäftigt, ohno sonderlich mehr darüber sagen zu können, als 
man bereits wusste. Danach erregt der Saft auf allen mit Ge- 
fässen versehenen Theilen, besonders stark auf Schleimhäuten, ein© 
heftige Entzündung, die sich, soweit die innerliche Verabfolgung 
in Frage kommt, etwa mit derjenigen von Croton Tiglium ver¬ 
gleichen lässt und in der Wirkung auf die Haut etwa ihr Ana¬ 
logon in denjenigen der Excoecaria Agallocha hat. Die Frage, ob 
die Ausdünstungen des Baumes Schaden stiften können, ist schon 
vor 70 Jahren negativ beantwortet worden. 

Ein Beobachter der Neuzeit dagegen theilte mit, dass von 1“ 
Leuten, die an einem Orte Venezuelas diese Bäume unter allen 
erdenklichen Vorsichtsmaassregeln (Masken, Lederanzug, Hand¬ 
schuhe) durch dagegengelegtes Reisig verbrennen sollten, vier 
starben; fast alle aber erkrankten, unter Abmagerung und Glieder¬ 
schmerzen, Paralyse und Fieber. 


') Vas, Arch. f. exper. Path. u, Pharmak. Bd. 33, S. 141. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


554 _ 

Will mau eine Mahlzeit, bereiten, so drehe man den Deckel des 
Milchtupfes ohne ihn zu lüften soweit nach rechts bis die Nase desselben 
an dem Hebegriff anstösst, und fülle nun die Milch m die vorher aufs» 
sauberste gereinigte Flasche. Darauf bringe man den Deckel wieder in 
seine frühere Lage zurück, und der Topf ist wieder fest verschlossen. 
Durch Einstellen der Flasche in ein Gefäss mit heissem Wasser erwärme 
man die Milch soweit als nötliig. Ist Hafer- oder Gerstenschlenn als 
Zusatzflüssigkeit gewühlt worden, so schüttle man vor dem Ausgiessen 
den Milchtopf ein wenig, damit dio Mischung eine gleichmässigere wird. 

Als Topf für das Wasserbad lässt sich jedes Gebiss, das durch 
Deckel verschliessbar ist und eine Weite von wenigstens 24 cm und eine 
Höhe von wenigstens 18 cm hat, verwenden. . 

Dass der Apparat den Anforderungen der leichten Reinigung und 
einfachen Handhabung entspricht, ist mehr noch als aus der Beschreibung 
aus der Zeichnung ersichtlich. Auch die Abnutzung im Gebrauch ist 
gering; bei einigermaassen pfleglicher Behandlung hält ein derartiger 
verzinnter Topf drei bis vier Jahre, und die Anschaffung ist durch den 
niedrigen Preis 1 ) auch den Minderbemittelten möglich, zumal ein obigen 
Grössenverhältnissen entsprechender Topf wohl in jeder Haushaltung 
schon vorräthig ist. 

Es erübrigt nun die Gesichtspunkte darzulegen, welche bei der Her¬ 
stellung des Apparates maassgebend gewesen sind, und den Nachweis zu 
führen, dass derselbe auch in der That das leistet, was man von einem 
guten Milchkochapparat verlangen kann und muss. 

Man ist bekanntlich in neuerer Zeit davon zurückgokommeu, für den 
gewöhnlichen Bedarf bei der künstlichen Ernährung eine vollkommen 
sterile Milch zu fordern. Nur hei den im Grossbetrieb hergestellten 
Fabrikaten, die oft lange Zeit liegen müssen, ehe sie verbraucht werden, 
ist es eine unerlässliche Bedingung. Für diejenige Milch dagegen, welche 
man im Hause selbst sterilisirt. und innerhalb der nächsten 24 resp. 
48 Stunden verbraucht, genügt es, wenn die pathogenen Keime vernichtet 
werden und wenn man das Wuchern der toxinbildendcn Saprophyten ver¬ 
hütet. Denn es gelangen ja auch sonst Bacterien der verschiedensten 
Arten in die Verdauungsorgane des Kindes, und os haben auch die neueren 
Untersuchungen entgegen der früheren Ansicht ergeben, dass auch die 
Milch gesunder, nicht fiebernder Wöchnerinnen nicht absolut keimfrei 
ist. Es gelangen nämlich die Bacterien durch Einwandern von der Haut 
aus in die Ausführungsgänge der Drüsen, und man hat denn auch fast 
stets Staphylococcen (albus und aureus), in einigen Fällen auch Strepto¬ 
coccen gefunden. Dementsprechend hat auch Langermann, als or 
1 y 4 bis l 3 /* Stunden nach der Mahlzeit Proben aus dem Magen von 
Säuglingen ausheberte, keinen wesentlichen Unterschied hinsichtlich der 
Keimzahl zwischen der Muttermilch und den nach verschiedenen Methoden 
sterilisirten Milchsorten nachweisen können. Auch die jetzt gebräuch¬ 
lichen Sterilisationsapparate liefern bei der bisher üblichen Dauer der 
Einwirkung der Siedehitze keine vollkommen keimfreie Milch, da die 
Buttersäurebacillen erst nach mindestens einstündigor, die Heiibacillen 
sogar erst nach sechsstündiger Erhitzung auf 100° absterben. Trotzdem 
braucht man von dem bislang geübten Verfahren nicht abzuweichen, da 
eine der Gesundheit eventuell sehadenbringende Entwickelung der Bac¬ 
terien nicht zu befürchten ist, wenn die Milch nur kürzere Zeit und bei 
einer nicht zu hohen Temperatur (unter 24°) aufbewahrt wird. Da die 
vorhererwähnten Untersuchungen Langermann's weiterhin ergeben 
haben, dass auch nach Verlauf von 24 Stunden keine nennenswerthen 
Unterschiede hinsichtlich der Keimzahl zwischen den im Soxhletappnrat 
und den auf andere Weise gekochten Milchproben bestehen, wenn man 
nur die Milch in demselben Gefäss, in dem sie gekocht worden ist, ver¬ 
schlossen aufbewahrt, so bin ich aus Gründen der Einfachheit und Billig¬ 
keit — dem von Escherich gegebenen Beispiele folgend — zur Sterili¬ 
sation der gesummten Tagesration in einem Gelasse zurückgekehrt. Hier¬ 
zu ermunterte mich noch die Uoberlegung, dass wenigstens bei dem 
ärmeren Publikum die Möglichkeit, dass eine Flasche schlecht gereinigt 
wird, weit eher besteht, wenn hintereinander zehn Flaschen zu säubern 
sind, als wenn nur alle zwei bis drei Stunden einmal eine einzige zu 
reinigen ist. 

Man könnte ferner vielleicht den Einwand machen, dass bei dem 
Ueberfüllen der Milch aus dem Topf in die Flasche der vorher fast 
sterilenMilchwiederKeime beigemischt werden könnten. Ich glaube aber, dass 
diese Befürchtungen, so berechtigt sie a priori erscheinen, bei näherer 
Betrachtung doch schwinden werden. Denn erstens enthält die Luft 
unter gewöhnlichen Verhältnissen sehr wenig Bakterien (im Mittel 100 
pro chm), zweitens sind es fast nur Schimmelpilze, die ja auch sonst, 
wie schon oben erwähnt, in der Mundhöhle und im übrigen Verdauungs- 
tractus des Kindes sich finden, und drittens sind dio im trockenen Staube 
enthaltenen Bacterien so lehensschwach, dass sie, in die Milch gelangt, 
erst längere Zeit brauchen, ehe sie sich nennenswerth vermehren würden. 
Mit Recht schliesst daher Flügge aus seinen Beobachtungen, bei welchen 
zwei Saugflaschen, mit derselben partiell sterilisirten Milch gefüllt, die 
eine mit Wattepfropf verschlossen, die andere offen in demselben Zimmer 
resp. Brutofen aufgestellt, keinen Unterschied, jedenfalls nicht innerhalb 
der ersten 24 bis 48 Stunden, bezüglich der Haltbarkeit der Proben auf¬ 
wiesen, dass eine kleine Berührungsfläche mit der Luft nichts schade. 

Betreffs der Art der Herstellung erwähne ich. dass ich die Ver¬ 
zinnung der Emaillirung deshalb vorgezogon habe, weil bei dem häufigen 
Drehen des Deckels leicht die Emaille abspringen und rauhe Stellen 
entstehen würden, an denen sich Rost und Schmutz leicht ansetzen 
könnten. Sollte aber einmal bei dem verzinnten Geschirr ein kleiner 
Defeet eintreten, so lässt sich derselbe durch abermaliges Verzinnen ohne 
grosse Kosten wieder beseitigen. Schadhafte Kmaillegegonstände lassen 

') Der Apparat ist für den Preis von 3 MIc. zu haben bei P. Zettwitz. 
Handlung für Haus- und Küchengoräthe, Dresden, Hechtstrasse 42. 


No. 26 


sich jedoch nicht wieder ausbessern. Auch ist die beliebte blaue Emaille 
nicht absolut giftfrei, bei der marmorirten und grauen dagegen^ist etwaiger 
Schmutz nicht leicht zu bemerken, während bei dem blanken Zinngeschirr 
jede Unreinigkeit sofort auffällt. 

Es sei mir nun im folgenden gestattet, noch die Resultate nutzu- 
thcilen, welche die Untersuchungen der in diesem Apparat sterilisirten 
verschiedenen Milehsorten ergeben haben. Die erste Reiho umfasst Beob¬ 
achtungen, welche sich auf gewöhnliche, unter dem Titel „KinderraM. 
Troekeiifütterung“ in den Handel kommende Milch erstreckten. Dieselbe 
wurde vorsehriftsinässig gekocht und im Apparat bei Zimmertemperatur 
aufbewahrt. Nach 12 und 48 Stunden wurden mit je einem Cubikeentimeter 
Milch und der entsprechenden Menge Gelatine Platten gegossen und die¬ 
selben drei Tage bei circa 20 bis 25° Temperatur stehen gelassen. Die 
sodann vor^enoiumene Zählung ergab in der 12 Stunden-Milch im Mittel 
69, in der 48 Stunden-Milch im Mittel 378 Keime, wobei jede Colonie 
als einem Keim entsprechend gerechnet, wurde. Da man aber wohl in den 
seltensten Fällen die Milch länger als 48 Stunden, meist nur 24 Stunden 
aufbewahrt — denn der Vorschlag von Ne uh aus, nur solche sterilisirtc 
Milch den Kiudern zu verabreichen, die sich noch nach achttägigem 
Stehen als gut erweist, dürfte wohl in der Praxis für die im Hanse 
sterilisirte Milch keino Anwendung finden —, sind diese Resultate als 
vollkommen genügend zu bezeichnen. 

Bei der zweiten Versuchsreihe wurde die Milch absichtlich mit Ahlz- 
brandcultur versetzt und wurde abermals vorschriftsmässig gekocht. Es 
ergaben sowohl die gegossenen Platten hinsichtlich des Bacterium anthracis 
ein negatives Resultat, als auch blieb eine mit dieser Milch geimpfte weisse 
Maus, sowie ein Meerschweinchen, welchem zwei ccm davon in die Bauch¬ 
höhle gespritzt worden waren, vollständig gesund. 

Mit wenigen Worten möchte ich noch auf die der „Gebrauch.- 
anweisung für den Milchkochapparat 14 angefttgte Anleitung zur Mischung 
der Milch eingehen. Dieselbe enthält durchschnittlich andere V erhältmsse 
als man im Publicum bisher in den meisten Fällen anzuwenden gewohnt 
war. Ich habe mich bei meinen Erwägungen und Berechnungen un 
wesentlichen auf die Ergebnisse der Arbeiten IJffelmann’s, Biedert s 
und Escherich’s gestützt. Durch dieselben ist zunächst festgestellt 
worden, dass die bisher gebräuchlichen Flüssigkeitsmengen bei der künst¬ 
lichen Ernährung gegenüber den Quantitäten, die ein Brustkind zu sich 
nimmt, und in Rücksicht auf das Fassungsvermögen des kindlichen Magens 
zu gross waren. Bedingt waren aber jene verhältnissmässig grossen 
Portionen durch dio weitgehende Verdünnung der Kuhmilch mit Wasser, 
durch welche man dieselbe der Frauenmilch ähnlicher machen, namentlich 
eine feinflockigere Gerinnung des Caseins herbeiführen wollte, hach dein 
aber Uffeln»ann's Untersuchungen dargethan haben, dass auch stärkere 
Verdünnungen oliue wesentlichen Einfluss auf die Art der Gerinnung 
blieben, liegt kein Grund mehr vor. dieselben weiterhin noch anzuwenden. 
Dagegen können wir auf mechanischem Woge die Gerinnsel feiner machen, 
wenn wir an Stelle des Wassers eine Schloimabkochung als Zusatz¬ 
flüssigkeit wählen. Als zur Bereitung solcher Abkochungen besondere 
geeignet hat man die Hafer- und Gerstenmehle empfohlen, und der oben 
genannte Autor fand, dass die so bereitete Milch bei der Verdauung eme 
staubartige oder foinflockige Ausfüllung ergab, welche keine consistenten, 
sich zusammenhallenden Coagula bildete. Es ist jedoch hierzu nötnig. 
dass man die Suppen nur sehr dünn herstellt und recht lange kochen 
lässt, damit möglichst viel Stärke gelöst werde. Es ist hierbei vielleicht 
nicht ganz ausgeschlossen, dass durch den reichlicheren Gehalt an Kohle¬ 
hydraten eine Abspaltung von Fott aus dem überschüssigen Eiweiss be¬ 
günstigt wird. Zunächst aber möchte ich die Mischung der Milch nir 
Hafer- oder Gerstenschleim nur um des obenerwähnten mechanischen 
Effectes willen angewandt wissen. _ 

Es bleibt daher als ein wesentlicher Unterschied zwischen Ü rauen- 
und Kuhmilch noch der geringe Fettgehalt der letzteren bestehen, ei 
sich auch bei unseren Mischungsverhältnissen bis zum sechsten JV o < 
geltend macht. Zwar hat man auch diesen durch besondere Zusätze, vi° 
Sahne, Lahmann’s vegetabilische Milch u. s. w. auszugleichen versuc . 
allein es erhöhen sich dadurch nicht nur die Kosten um ein betrüchtlic •- 
sondern es wird auch die Herstellungsweise der künstlichen Manrun r 
weder umständlicher, so dass eine weitere Verbreitung dieser \ erbcsserung 
Vorschläge zunächst nicht zu erwarten steht. Ich habe deshalb von el 
Anweisung in dieser Richtung, zumal da das Ganze besonders tur 


breiteren Massen berechnet ist, vorläufig 
demgemäss: Man mische im 


Die Vorschrift lautot 


Monat 

I 

II 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

X 


Milch 

Tasse 

2‘/a 

37* 

4 

5 

6 
7 
9 

10 

11 

12 


Verdünnungs¬ 

flüssigkeit 

Tasse 

3Vs 

4 

4 

3 1 /. 

3 l / 2 
3 
2 l 


Grösse der 
Mahlzeiten 
Strich 
3-4 , / 8 
67* 

7 

Th 

8 

9 

117* 

12'/a 
12 l /3 
I2 l h 

Es sind diesen Angaben, um besondere Mossgeliisse zu yerareidnij 
dio Tasse, der Theelöffel und die fast überall gebräuchliche „bmcnnaö 
zugrunde gelegt worden. Dabei ist der Tassenkopf zu circa lJo ccm ’ 
Theelöffel Zucker zu circa 4 g, der „Strich“ Milchmischung zu 
20 ccm gerechnet worden. Es ergaben sich dann hei der INalinj . ^ 
berechnung die in der folgenden Tabelle enthaltenen Zahlen für i _ 
(Casein und Albumin), Fett und Zucker, wenn man die procen < 
Durchschnittsworthe 3,3:3,5:4,5 für Kuhmilch setzt. Zum vorg 


/« 

17a 

1 


hierzu 

Zucker 

Theelöffel 

5 

6 
6 

7 1 ,2 
77a 
6 
4 
2 


Zahl der 
Mahlzeit. 

8 

7 

7 

7 

7 

7 

6 

6 

6 

6 


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Original frarri 

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28. Juni, 

inwieweit bei den vorgeschriebenen Mischungsverhältnissen dio Werthe 
erreicht werden, welche ein Brustkind mit "der mütterlichen Nahrung 
erhält, sind die entsprechenden Zahlen daneben gestellt worden, wobei 
die Procentverhältnisse von Eiweiss zu Fett und Zucker in der Frauen¬ 
milch mit 1,7:3,8:6,0 angenommen und die geringen monatlichen Schwan¬ 
kungen in der Zusammensetzung nicht berücksichtigt worden sind. 



Tägliche 

Flüssigkeitsmenge 

Eiweiss 

Fett 

Zucker 

mit dem vor- 
geschrieb. 
Zusatz von 

Grösse der 
Einzei- 
i nah 1 zeit 

+5 









Zucker 



c 

© 

% 

Muttermilch 

Kuhmilch + 
Zusatz- 
llüssigkeit 

Muttermilch 

Künstliches 

Gemisch 

Muttermilch 

Künstliches 

Gemisch 

Muttermilch 

ohne Zusati 
künstL Gemisc 

Auf die 
Tagesration 

Auf 100 ccm 
Milch = 

Mutterbrust 

Ja * 

Ü P 

Ü j= 

P cd 

S* 

1 

550 

300+ 425 

9,4 

9,9 

20,910.5 

33,0 

13,5 

33,5 

6 

70 

90 

2 

865 

425+500 

14,6 

14,0 

32,6 14,9 

53,6 

19,1 

43,1 

6 

120 

130 

3 

925 

500+500 

15,6 

16,5 

34,9 17,5 

55,5 

22,5 

46,2 

5 

130 

140 

4 

1000 

625+425 

17,0 

20,6 

38,0 22,8 

60,0 

28,1 

58,1 

5 

140 

150 

5 

1000 

750+425 

17,0 

24,8 

38,0 26,3 

60.0 

33,7 

63,7 

4 

150 

165 

6 

1025 

875+375 

17,4 

28,8 

38,9 30,4 

61,5 

39,3 

64,3 

3 

160 

180 

7 

1050 1100+300 

17.8 

36,3 

39,8 38,5 

63,0 

49,5 

65,5 

l'/a 

180 

280 

8 

geht 1250+200 

— 

— 

— 

— 


3 / 4 

. 

! 250 

9 

zu- 1375+125 


— 

— 

— 

— 

— 



__ 

250 

10 

rück 1 1500 H- 

— 

** 


— 

— 

— 

- 


— 

250 


Dass schliesslich der Gebrauchsanweisung anhangsweise noch einige 
bei der künstlichen Ernährung besonders zu beachtende Regeln angefügt 
worden sind, dürfte von mancher Seite als nicht ganz unwillkommene 
Zugabe begrüsst werden. So hoffe ich denn mit "diesen Zeilen einen 
kleinen Beitrag zur Frage der Ernährung der Kinder mit genügend keim¬ 
freier Milch geliefert zu haben und wünsche, dass sich der Apparat be¬ 
sonders in denjenigen Kreisen Eingang verschafft, welchen er vermöge 
seines billigen Preises hauptsächlich zugedacht ist. 

Litteratur: Handbuch der Kinderkrankheiten. König, Chemie der 
nienschl. Nahrungs- und Genussmitte]. Jahrbuch für Kinderheilkunde 
(Arbeiten von Feer. Langermann, Sior) 1892 und 1893. Berliner 
klin. Wochenschr. 1893 (Neuhaus). Flügge, Grundriss der Hygiene. 
Zeitschrift f. Hygiene Bd. XIV (Honigmann). Ärch. f. Path. Bd. 126 
(Cohn und Neumann). Münch, med. Wochenschrift 1893 (Ringel). 
Escherich, Ueber künstliche Ernährung und eiue neue Methode der 
Xahruügsmengenberechnung. He noch, Vorlesungen über Kinderkrank¬ 
heiten. Hofmann, Allgemeine Therapie. 


— Der Hamburger Senat hat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf, 
betreffend Beaufsichtigung des Kostkindcrwesens (vom 9. Mai 1894) 
vorgelegt. Der Entwurf schreibt für die entgeltliche oder gewerbs- oder 
gewohnheitsmässige Verpflegung von Kindern unter sechs Jahren eine 
obrigkeitliche Erlaubniss vor, die von den persönlichen Verhältnissen der ! 
Pflegeeltern und der Beschaffenheit ihrer Wohnungen abhängig gemacht 
wird. Die Pflegeeltern müssen den Aufsichtspersonen den Zutritt ge¬ 
statten, auch auf Aufforderung das Kostkind der Behörde vorstellen. Nicht 
unter das Gesetz fallen Kinder, welche bei ihren Adoptiveltern, Vor¬ 
mündern oder nächsten Verwandten untergebraclit sind oder öffentlich 
verpflegt werden. Die Polizeibehörde beziehungsweise Landherrenscliaften 
des Hamburgischen Staates haben das Gesetz auszuführen und die Aus¬ 
führungsbestimmungen zu erlassen. 

In Hamburg starben in den Jahren 1882—1889 von den Lebend¬ 
geborenen im Verhältniss 2,09 mal so viel uneheliche als eheliche Kinder 
im ersten Lebensjahre; es besteht also unter allen deutschen Grossstädten 
hier ziemlich die höchste relative Sterblichkeit der unehelichen Säuglinge. 
Wenn jetzt auf dem Wege der Gesetzgebung wenigstens für denjenigen 
iheil der unehelichen etwas geschehen soll, der in Kostpflege ist, so darf 
inan wohl untersuchen, ob die vorgeschlagenen Maassregeln geeignet sind, 
diesen wenig rühmlichen Zuständen abzulielfen. 

Anzuerkennen ist, dass das Gesetz auf das ganze Staatsgebiet aus¬ 
gedehnt werden soll; da auch im benachbarten Altona eine polizeiliche 
l ebenvachung des Ziehwesens besteht , so können sich die Pflegeeltern 
nicht leicht dem Auge des Gesetzes entziehen. Zuzugebon ist ferner, 
dass die Form des Gesetzes weit genug gefasst ist. um sich durch humane 
und weitsichtige Behörden mit einem reichen Inhalt erfüllen zu lassen. 
Aber wir wagen letzteres nicht zu hoffen. Die Motive zeigen es deutlich, 
dass man jetzt in Hamburg nur eben dieselben Maassregeln zu treffen 
beabsichtigt, die beispielsweise in Berlin schon im Jahre 1879 getroffen 
sind und sich dort wenig bewährt haben. Ebenso wenig wie die Motive 
m die jetzige Lage der unehelichen und im besonderen der Haltekinder 
Hamburgs tiefer eindringen. nehmen sie von den Erfahrungen, die man 
anderswo mit den gleichen Anordnungen gemacht hat, Kenntniss. Es ist 
Nohl kaum zu bezweifeln, dass die neben amtlicher [Jebenvachung der 
Kostkinder durch die Waisenvenvaltung eine unfruchtbare ist und ganz 
besonders dann, wenn der Waisenverwaltung keine Einflussnahme auf die 
behördliche Entscheidung zugesichert wird. Die Ueberwachung durch 
wohlthätige Vereine ist ebenfalls nicht von langer Dauer, wenn sie nur 
üas Recht haben, der Behörde ihre Beobachtungen raitzutheileu. Die Be- 
■ugniss der Behörde, die Kostgeber, das Kostkind und dessen Eltern bezw. 
dessen natürliche Mutter örtlich zu untersuchen, dürfte — wenn von ihr 
überhaupt Gebrauch gemacht würde — nur eine Erschwerung des Kost- 
ptlegeverhältnisses zur Folge haben. Vor allem aber ist zu betonen, dass 
! nit Registrirung und Concessionirung verhilltnissmä.ssig wenig gethan ist. i 
ungegen eine wirklich sachverständige und regelmässige Ueberwachung, I 
Lnne rechtzeitige Armenuntersttttzung, zum mindesten aber die Ermög- | 


555 


I Hebung einer unentgeltlichen ärztlichen Behandlung vielen Kostkinderu 
| (besonders im ersten Jahre) das Leben retten kann. Uns will es scheinen. 

| als ob der Hamburger Senat nicht die Absicht hat, über das Mindestmaass 
I einer behördlichen Controllo hinauszugehen, wie sie sich eben durch die 
| beantragte Neuoinstellung eines weiteren Polizeiassistentcn zweiter Classe 
I ermöglichen lässt. Von jener Reorganisation der Kostkinderpflege, wie 
sic in Leipzig und Dresden geschaffen ist, durch welche diese beiden 
Städte an der ersten Stelle in der Reihe der Grossstädte stehen, wo das 
reiche Hamburg ungefähr an der letzten steht — hören wir in dem vor¬ 
liegenden Gesetz und seinen Motiven nichts. 

Wenn man schon die Absicht hat, das Ziehkindorwesen staatlich zu 
regeln, sollte man doch gleich in gründlicherer Weise Vorgehen, um eines 
Erfolges sicher sein zu dürfen. 

Anstatt dass man bald hier und bald dort in Deutschland eine neue 
Ordnung der Kostpflege trifl't, wäre es überhaupt zweckmässiger, wenn die 
allgemeinen Grundsätze der Ueborwaehung von Pflegekindern reichsgesetz- 
lieh fixirt würden, wie dies für ganz Frankreich und für England und 
Schottland schon seit einer Reihe von Jahren geschehen ist. 

H. Neumann. 

— Das Königlich Bayerische Staatsministerium des Innern hat in 
einem Erlass vom 19. Mai dieses Jahres Maassnahmen beliufs Ver¬ 
hütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose bekannt gegeben. 
Der Erlass ist an die Königlichen Regierungen, Kammern des Innern, 
die Distrikts- und Ortspolizeibehörden sowie an die Königlichen Be¬ 
zirksärzte gerichtet, welche angewiesen werden, die Kenntniss der in 
dem Erlass empfohlenen Maassnahmen thunlichst im Publikum zu ver¬ 
breiten und die xVorzte in ihreu diesbezüglichen Bestrebungen nach Mög¬ 
lichkeit zu unterstützen. Die Maassnahmen sind die durch den neusten 
Stand der wissenschaftlichen Forschung gegebenen und beziehen sich 
namentlich auf die zweckmässige Behandlung des Auswurfs Tuberkulöser 
und der Räume, in welchen dieselben sich aufhalten. Für öffentliche 
Anstalten, insbesondere für Schulen und Krankenhäuser, werdeu direkte 
Vorschriften gegeben. Als besonders beachtenswerth heben wir hervor, 
dass in dem Erlass mit Nachdruck auf die Zweckmässigkeit der Er¬ 
richtung von Sanatorien für unbemittelte und wenig bemittelte 
Tuberkulöse hingewiesen wird. 

X. Standesangelegenheiten. 

Aus der Sitzung des Geschäftsausschusses der Berliner 
ärztlichen Standesvereine. 

In der am 15. Juni c. stattgehabten Sitzung wurde zunächst der 
Spruch des gemeinsamen Ehrenraths der Standesvereine bekannt 
gegeben, welchen derselbe in Sachen der Hülfskassenärzte gefasst 
hat. Danach hat der Ehrenrath nach dem ihm vorliegenden Material aus 
mehreren (in dem Urtheil näher angegebenen) Gründen die Ueberzeugung 
gewonnen, dass die Hülfskassenärzte bei den Verhandlungen mit 
den Hülfskussenvorständen die Würde des ärztlichen Standes 
geschädigt haben. Gegen einzelne Personen ist der Ehrenrath nicht 
vorgegangen, da ihm solche nicht näher bezeichnet worden waren, und es 
soll nach einem Beschlüsse des Geschäftsausschusses nunmehr den ein¬ 
zelnen Vereinen überlassen bleiben, darüber zu bestimmen, ob ein weiteres 
Vorgehen gegen bestimmte Gollegen für angemessen erachtet wird. 

Hierauf zeigte und erklärte Herr Liebreich die bereits in früheren 
Berichten erwähnte kleine Eismaschine'), mit welcher es möglich ist. 
wie der Augenschein bewies, innerhalb zwölf Minuten 500 Gramm kernigen 
sterilisirt-en Eises zu gewinnen. Falls die Apotheker sich entschlossen 
würden, die Maschine anzuschaffen, so würde dadurch vielen Klagen der 
Aerzto und des leidenden Publikums in kleinen Orten und auch (bei der 
jetzt durchgcfülirtcn strengen Sonntagsruhe) in grossen Städten abgeholfen 
werden können. Die Maschine ist bei den Herren Paul Altmann (Louisen¬ 
strasse 52) und Warmbrunn, Quilitz & Co. (Rosenthaler Strasse 40) zum 
Preise von 25 M. zu haben. Das dazu nöthige Salz (salpetersaures 
Ammoniak), das nach dem Gebrauch immer wieder durch Abdampfen ge¬ 
wonnen werden kann, kostet 12 M. 50 Pf. Ausserdem empfiehlt es sich, 
zur Aufbewahrung und zum Transport des Eises einen Blechtopf mit 
doppelten Wänden anzuschafl'en. deren Zwischenräume mit Infusorienerde 
ausgefüllt sind. — Da durch die Demonstration klar erwiesen wurde, dass 
es ohne grosse Kosten und Mühen jedem Apotheker möglich ist, Eis aut 
Verlangen anzufertigen und abzugeben, so soll abermals an die betreffenden 
Behörden der Wunsch gerichtet werden, sterilisirtes Eis in Zukunft unter 
die Mittel der Pharmakopoe aufzunehmen. 

Schon vor mehreren Jahren hatte Herr George Meyer im Westverein 
die Frairo angeregt, ob es nicht möglich sei, für Aerzte zur Benutzung bei 
polizeilichen Absperrungen Passirscheine zu erlangen. Die damaHgen 
Schritte waren ohne Erfolg geblieben. Am 27. April c. wurde auf Ver¬ 
anlassung des Nordclubs Seitens des Geschäftsausschusses von. ueueui 
eine darauf bezügliche Eingabe an das Königliche Polizeipräsidium ge¬ 
richtet, und darauf ist unter dem 31. Mai die Antwort erlolgt, „dass das 
Polizeipräsidium bereit ist, den Aerzten eine generelle Erlaubniss dahin 
zu ertheilon, dass sie gegen Vorzeigung von Legitimationskarten polizei¬ 
liche Absperruiigslinien zu Fass durchschreiten dürfen. Die Ausdehnung 
der Passirfreiheft auf Wagen muss aus verkehrspolizeilichon Gründen 
abgelehnt werden". Der Vorstand wird beauftragt, zur weiteren A eriolguug 
dieser allen Berliner Aerzten erwünschten Angelegenheit die verlangten 
Probcforinulare, nach denen die zur Ausgabe in Aussicht genommenen 

l ) Vergl. diese Woclieusehr. No. 25, S. 539. L)- ^ed. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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556 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


Legitimationskarten angcfortigt werden sollen, dem Polizeipräsidium ein¬ 
zureichen. 

Die Hygiene-Commission zeigt ihre Constituirung au. Vor¬ 
sitzender ist Herr G. Kalischor, Schriftführer Herr Gottstein; ausser¬ 
dem gehören dazu die Herren Liebreich, Küster, Th. Weyl, Hugo 
Neumann, J. Ruhemann. — Die Commission hat die Meierei von 
Bolle darauf aufmerksam gemacht, dass die Angaben, welcho den ein¬ 
zelnen Schachteln ihres Milchzuckers aufgedruckt sind, bezüglich der 
Menge des Zuckerzusatzes zu Milch nicht den Anforderungen entsprechen, 
welche an eine rationelle Kinderernährung zu stellen sind, und uiu eine 
bezügliche Aenderung ersucht. — Als nächste Aufgaben hat sich die Com¬ 
mission folgende gestellt : 1) Kampf gegen das Curpfuscherthum. Es soll 
eine Preisschrift über die Allgemeingefiihrlichkeit der Curpfuscher in 
populärer Sprache verfasst werden; ausserdem soll aus jedem Verein ein 
Mitglied das bezügliche Material sammeln und der Commission zur wei¬ 
teren Verfolgung übergeben. 2) Die Schularztfrage, wobei auch die Punkte 
in Berathung zu ziehen sind, wie weit eine hygienische Unterweisung der 
Lehrer nothwendig ist und wie weit für die etwa anzustellenden Schul¬ 
ärzte eine besondere Vorbildung nüthig ist. 3) Weitere Einführung und 
Förderung der Jugendspiele und allgemeine Einführung der Musterung 
der Schulkinder. 

Die DelegirtenVersammlung der Cen tralhiilfskasse Deutsch¬ 
lands hat in ihrer Sitzung im Mai dieses Jahres beschlossen, sich an 
den Geschäftsausschuss des Deutschen Aorztevereinsbnndes zu wenden 
mit dem Ersuchen, nach genauer Prüfung der Lage der Centralhülfskasse j 
sich in einer näher zu bestimmenden Form an der geschäftlichen Leitung | 
derselben zu betheiligen. Der Antrag ist von Wichtigkeit, da der Kasse 
in einigen Jahren sehr beträchtliche Mittel zur Verfügung stehen worden, 
zu deren Verwaltung die Anstellung besonderer, kaufmännisch gebildeter 
Beamter nothwendig sein wird. Der Gesehüftsaussehuss beschloss, den 
genannten Autrag bei dem Aerztevereinsbunde zu unterstützen. 

Der Verein Königstadt beantragt, die in der Aerztekammer Berlin- 
Brandenburg angenommenen Anträge Mugdan und Genossen, be¬ 
treffend die Unterweisung der Studireuden in den Fragen der socialen 
Gesetzgebung (s. No. 23 dieser Wochenschrift, S. 508) zur Verhandlung 
auf dem nächsten Aerztetage anzumelden. Es wird so beschlossen, obwohl 
von einigen Mitgliedern lebhafter Widerspruch dagegen erhoben wurde. 

Eine sehr lange und angeregte Verhandlung rief schliesslich noch 
die Frage der Sanitätswachen hervor. Obgleich diese Angelegenheit 
schon seit Jahren die ärztliche Welt Berlins beschäftigt, obwohl sic bereits 
gründlich in allen Vereinen und auch im Geschäftsausschuss selbst zum 
Theil in zum Ueberdruss wiederholter Weise durcharbeitet worden ist, 
obwohl sich ferner eine ziemlich grosse Litteratur mit der Sache be¬ 
fasst hat, sind die Ansichten darüber noch nicht völlig geklärt. Das gebt 
daraus hervor, dass eine der Hauptfragen, ob nämlich in den Sanilüts- 
wachen ein Tagesdienst eingerichtet werden solle, mit Stimmengleichheit 
abgelehnt wurde. Dagegen zeigte sich eine sehr grosse Majorität bei der 
Annahme folgender Gesichtspunkte, die bei Schaffung von Sanitäts¬ 
wachen berücksichtigt werden sollen: 1) Bethoiligung sämmtlicher Aerzte. 
die es wünschen, an dem Dienste der Wachen; 2) Honorirung der ärzt¬ 
lichen Leistungen seitens der Hülfesuchenden, wenn sie dazu imstande 
sind; 3) Theilnahme der Aerzte an der Verwaltung der Sanitätswachen, 
ln der Debatte wurde übrigens von durchaus competenter Seite hervor- 
gehoben, dass die Unfallstationen der Berufsgenossenschaften trotz ihrer 
durchaus zweckmässigen und reichen Einrichtung, trotz der unaufhörlich 
tortgesetzten, in den verschiedensten Variationen auftretenden Reclame- 
artikel in den politischen und Fachzeitungen, trotz der dringenden Em¬ 
pfehlungen von oben herab ebenso wenig wie bei dem Gros der Aerzte 
auch bei den Arbeitern in günstige Aufnahme kommen und dass man 
von letzteren täglich vermehrte Klagen gegen die Stationen hören könne. 

_ H. 


— Der Verein der Berliner Unfallversicliernngsiirzte hat sich in¬ 
folge eines bestimmten Falles veranlasst gesehen, den Wünschen, welche 
vom Geschäftsausschuss der ärztlichen Standesvereine ausgesprochen 
worden sind und denen er leider nicht nachzukommen gewillt w'ar, doch 
Rechnung zu tragen und somit einen Streitpunkt aus der Welt zu schaffen, 
der geeignet war, zu unerquicklichen collegialen Reibereien zu führen. In 
seiner Sitzung vom 21. Juni hat der Verein beschlossen, von den Thesen, 
welche das Verhältniss der behandelnden Aerzte zu den Vertrauensärzten 
der Berufsgenossenschaften regeln sollen (siehe No. 20 dieser Wochen¬ 
schrift, S. 450) die erste, entsprechend dem Anträge des Geschäftsaus¬ 
schusses, nunmehr folgeudermaassen zu ändern: „Wird der Vertrauens¬ 
arzt einer Berufsgenossenschaft beauftragt, einen Verletzten zu besuchen, 
so wird derselbe don behandelnden Arzt tliunlichst von dem ersten, jeden¬ 
falls aber von dem zweiten Besuche benachrichtigen.“ Diese Fassung 
wurde gewählt, weil der Vertrauensarzt sehr häufig bei dem ersten Be¬ 
suche noch nicht den Namen des behandelnden Arztes kennt. 


■ j ^Y ir ^ reuen UQS dieses Entgegenkommens der Vertrauensärzte und 
sind überzeugt, da noch immer die Verhältnisse sich stärker erwiesen 
*, e ^■ ens ^ len » dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ein 
bchiedsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Vertrauens¬ 
und behandelnden Aerzten gebildet sein wird. — Nur wenn die Aerzte 
einig mit einander Vorgehen werden, wird es gelingen, bei den Berufs- 
geuossenschaften die billigen Forderungen durchzusetzen, welche auf den 
letzten beiden Aerztetagen zur Annahme gelangt sind 


XI. Kleine Mitteilungen. 

Berlin. In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 
21. Juni ist die Frage der Vermehrung des ärztlichen Personals bei 
den städtischen Krankenhäusern wieder einmal zur Verhandlung ge¬ 
kommen. Bekanntlich hatte die Stadtverordnetenversammlung entgegen 
dem Vorschläge des Magsitrats folgenden Beschluss gefasst : „Bei jedem 
der drei allgemeinen städtischen Krankenhäuser im Friedrichshain, in 
Moabit und am Urban sollen sobald als möglich, ausser den beiden ärzt¬ 
lichen Direktoren und den Assistenzärzten, zunächst mit beiderseitiger 
sechsmonatlicher Kündigung angostellt werden: a. für die innere Abthei¬ 
lung ein in der Krankenbehandlung vollkommen selbstständiger dirigireoder 
Arzt mit 4000 Mark Gehalt, welcher nicht im Krankenhause wohnt und 
in Bezug auf ärztliche Praxis nicht beschränkt sein soll; dabei sind vor¬ 
zugsweise solche Aerzte zu wählen, die eine specialistische Vorbildung 
besitzen. Im Krankenhause Moabit soll dieser dirigirende Arzt ein er¬ 
probter Bacteriologe sein; b. für die chirurgische Abtheilung ein dom 
ärztlichen Direktor untergeordneter Oberarzt mit einem jährlichen Gehalto 
von 3500 Mark.“ — Dem vorstehenden Beschlüsse zu b., betreffend die 
Anstellung von Oberärzten für die chirurgischen Abtheilungen, ist nun 
der Magistrat beigetreten; dagegen hat er dem Beschlüsse zu a., betreffend 
die Anstellung von dirigirendeu Aerzten für die inneren Abteilungen der 
drei städtischen Krankenhäuser die Zustimmung nicht ertheilt. — Nach 
kurzer Debatte wurde die Vorlage einem Ausschuss überwiesen. 

— Hamburg. Die Stelle eines ärztlichen Direktors des Alten 
Allgemeinen Krankenhauses, welcher dem Verwaltungsdirektor co- 
ordinirt ist, ist zu besetzen. Dem Direktor des Neuen Allgemeinen 
Krankenhauses, welcher seither auch die ärztliche Direktion des Alten 
Allgemeinen Krankenhauses führte, soll das Referat im Krankenhaus- 
coliegium über die hygienischen Maassnahmen und Einrichtungen, sowie 
die Personalangelegenheiten der Aerzte in den staatlichen Krankenanstalten 
verbleiben. Abgesehen von diesen Einschränkungen aber soll der Direktor 
des Alten Allgemeinen Krankenhauses die ärztliche Direktion dieses Hauses 
selbständig führen und gleichzeitig eine Abtheilung für innere Krankheiten 
als Oberazt übernehmen. Die Stelle ist mit einem pensionsfälligen Gehalt von 
10000 Mark, welches in zwei fünfjährigen Stufen von je 1000 Mark bis 
12000 Mark steigt, dotirt. Freie Dienstwohnung wird nicht gewährt. 
Consultative Praxis ist gestattet. Schriftliche Bewerbungsgesuche sind 
bis zum 15. Juli an den Präses des Krankenhauscollegiums, Herrn Senator 
Dr. Lappenberg in Hamburg zu richten. 

— München. Die Gründung einer freiwilligen Rettungsgesell¬ 
schaft wurde vor kurzem in München vollzogen. Auf Veranlassung des pro¬ 
visorischen Ausschusses dieser Gesellschaft beschäftigten sich der ärztliche 
Verein und der ärztliche Bezirksverein in einer gemeinschaftlichen Sitzung 
am 11. d. M. mit dieser Angelegenheit, wobei folgende Beschlüsse gefasst 
wurden: I. Die von der freiwilligen Rettungsgesellschaft beabsichtigte 
Leistung ärztlicher Hülfe bei allen ÜnglücksfüUen und plötzlichen Erkran¬ 
kungen kann und soll nur eine „Nothhülfe“ sein. Danach muss Vorsorge 
getroffen werden, dass diese Hülfeleistung bei plötzlichen Erkrankungen 
nach Möglichkeit auf wirkliche Nothfälle beschränkt wird und dass die 
weitere Behandlung dor plötzlich erkrankten Personen den Hausärzten 
gesichert bleibt. II. Als zweckmässige Einrichtung zur Beschaffung der 
ärztlichen Hülfe in solchen NothfUllen — insbesondere bei plötzlichen 
schweren Erkrankungen in Privatwohnungen — empfiehlt es sich zunächst, 
mit den Universitätskliniken, den städtischen Krankenhäusern, dem Müitär- 
lazarethe, dem Sanatorium vom rothen Kreuz und ähnlichen Anstalten, in 
welchen Tag und Nacht ein Arzt zur Stelle ist, zweckentsprechende Ver¬ 
einbarungen herbeizuführen. III. Sollte es sich späterhin als nothwendig 
erweisen, von Seiten der Rettungsgesellschaft prakticirende Aerzte für einen 
ärztlichen Jourdienst anzustellen, so erachten es die beiden Vereine als 
wünschenswerth, bei dem Abschlüsse von Verträgen mit diesen Aerzten 
in der Weise mitzuwirken, dass sie die Vertragsentwürfe prüfen und 
begutachten. Zu solcher Mitwirkung sowie überhaupt zur eventuellen 
Prüfung allenfallsiger von der Rettungsgesellschaft weiterhin ausgearbeiteter 
Vorschläge zur Regelung der die ärztlichen Interessen berührenden Special¬ 
fragen erklären sich die Vereine gern bereit und ertheilen hierfür ihrer 
Vorstandschaft Vollmacht. Vorstand der Rettungsgesellschaft ist Professor 
Dr. Angerer. 

— Paris. Die achte Session dos Französischen (Kongresses für 
Chirurgie wird am 9. October 1894 unter dem Vorsitz von Prof. Tillaux 
in Lyon eröffnet werden. Auf der Tagesordnung stehen zwei Haupt- 
themata: 1) Aetiologie und Pathogenese des Krebses, 2) Chirurgie der 
Wirbelsäule. Als bemerkenswerth verdient hervorgehoben zu werden, 
dass die Mitglieder des Congresses in der Einladung gebeten werden, Titel 
und Schlusssätze ihrer Mittheilungen bis zum 15. August an den General- 
secretär einzusenden. 

— Universitäten. Berlin. Prof. Dr. Ga d, der im Herbst vorigen 

Jahres an die Universität Cleveland (Ohio) berufen worden war, um dort 
den Unterricht in der Physiologie nach deutschem Muster einzurichten, 
ist nach Berlin zurückgekehrt. — Erlangen. Privatdocent Dr. Hauser 
ist zum ausserordentlichen Professor für pathologische Anatomie und 
Bacteriologie ernannt worden. — Würzburg. Der ausserordentliche 
Professor der Hygiene Dr. K. B. Lehmann ist zum ordentlichen Pro¬ 
fessor ernannt worden. — Freiburg i. B. Dem Privatdocenten für Geburts¬ 
hülfe und Gynäkologie Dr. Sonntag ist der Charakter als ausserordent¬ 
licher Professor verliehen worden. — Padua. Dr. F. Querenghi hat sich als 
Privatdocent für Ophthalmologie habilitirt. — Palermo. Dr. G. Alossi 
hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. — Pavia. Dr. A. Gor in i 
hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. — Rom. Der Privatdocent 
der Anatomie Dr. G. Mingazzini hat sich als Privatdocent für Psychiatrie 
habilitirt, _... _ 


Gedruckt bei Julius Sitteufeld lu Gerlin W. 


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Donnerstag 


M 37 . 


5. Juli 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet ron Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

RedactJon: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin 

Llchtensteinallee 8. Potod&merstr. 11«. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31. 


I. Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen all 
gemeinen Krankenhauses am Friedrichshain. 

Ueber Jejunostomie. 1 ) 

Von Eugen Hahn. 

M. H.! Vor zwei Jahren machte ich in der freien Vereinigung 
der Chirurgen Berlins Mittheilung über eine neue Methode dei 
Gastrostomie und erlaubte mir, Ihnen Bericht abzustatten über ver¬ 
schiedene Gastrostomieen, bei welchen der Magen im achten bezw 
siebenten Intercostalraum zur Fistelbildung eingeheftet wurde. 

Es hatte mich damals zur Anwendung dieser Methode nichl 
aUein die bessere Verschlussbildung und die verhinderte Vergrösse- 
rung der Fistel veranlasst, sondern besonders die Erfahrung, dass 
in vielen Fällen, in welchen man gezwungen ist, die Gastrostomie 
zu machen, der Magen an die übliche Stelle entsprechend dem 
Schnitt am linken Rippenbogen sich nicht immer sicher vorziehen 
und befestigen lässt. Gelingt es dann auch nicht, den Magen an 
den von mir angegebenen Punkt im achten Intercostalraum zur 
Fistelbildung heranzuziehen, was bei hochgradig geschrumpften 
Organen infolge von lange bestehenden Stricturen im Oesophagus 
oder an der Cardia nicht selten der Fall ist, dann müsste man die 
■Kranken, vorausgesetzt, dass auch eine Sondenbehandlung un¬ 
möglich, dem sicheren Hungertode überliefern, wenn wir nicht durch 
Anlegung einer Ernährungsfistel am Jejunum ein Mittel hätten, 
eine wenn auch nicht vollkommene, aber immerhin genügende Er¬ 
nährung zu bewirken. 

Die Ernährungsfistel kann nur an einer sehr hohen Stelle des 
Dünndarms liegen, da wir zur Genüge aus den Erfahrungen über 
gangränöse Hernien und den aus diesem Grunde angelegten Anus 
präternaturalis gelernt haben, dass bei tiefer liegenden Dünndarm- 
nsteln die Kranken schnell durch Marasmus dem Tode verfallen, 
ai. Der ^ r . orschla S: das Jejunum in seinem Anfangstheil als Er¬ 
nährungsmittel zu benutzen, ist ein bereits alter und zu einer Zeit 
gemacht, als die Magenchirurgie noch nicht die Ausdehnung er¬ 
langt hatte wie heute. 

Bereits im Jahre 1878 wurde die Jejunostomie von Surmay 
bei verschiedenen Magenkrankheiten und besonders bei Pylorus¬ 
stenosen empfohlen und genau beschrieben, die Möglichkeit der 
Ernährung von einer hohen Dünndarmflstel klargelegt und eine 
sehr vorzügliche Methode zur Anlegung einer Fistel im obersten 
neue des Jejunum angegeben. Schon damals war durch zahl¬ 
reiche Experimente an Thieren von Dr. Leven erwiesen, dass der 
«lagen hauptsächlich zur Zerkleinerung der ihm zugeführten 
anrungsmittel diene und dass die Peptonisirung erst im Darm 
® olge Da ferner bei Anlegung einer hohen Jejunalfistel der Pan- 
eassaft und die Galle nicht verloren gehen und das fehlende 
atenal zur Peptonisirung des Eiweisses durch Pepsin und Säure 
nstlich ersetzt werden können, so sind alle Bedingungen vorhanden, 
p.®. d * e Stärke in Zucker verwandeln, die Peptonisirung der 
msskörper und die Emulgirang des Fettes bewirken. Man 
uss daher a priori annehmen, dass eine Ernährung vom obersten 
ty 68 dojunums beim Menschen durchzuführen sei. 

. ^ le v ® n Czerny und Kaiser an Hunden angestellten Ex- 
^ a ^ en dargethan, dass Hunde, denen der Magen total 
uernt wurde, sehr lange lebten, ohne dass Storungen in der Ver- 

Ckirurg^Berbn^ 6 ^^^ 11 801 ^ ai 1894 in der freien Vereinigung der 


dauung und Ernährung eingetreten wären. Aehnliche Resultate 
lieferten die von Tapp ein er und An rep in Ludwig’s Laboratorium 
angestellten Experimente, welche klarlegten, dass Fleischfresser 
bei Ausschaltung des Magens die Nahrungsmittel vollkommen aus¬ 
zunützen imstande sind. — 

Auch der bekannte Fall von Busch — Verletzung einer 
81jährigen Frau durch das Horn eines Stieres zwischen Nabel und 
Processus xiphoideus, Darmvorfall und später Darmfistel, durch 
welche sofort alle genossene Nahrung mit Galle gemischt ausfloss; 
Abmagerung bis zum Skelett; erhebliche Erholung nach Einflössen 
von Nahrung in den abführenden Theil — spricht für die Möglich¬ 
keit einer Ernährung vom oberen Theil des Jejunums. 

Ebenso spricht der von May dl 1 ) in seiner sehr ausführlichen 
Arbeit über Jejunostomie beschriebene Fall von Anlegung einer 
Ernährungsfistel beim Menschen im obersten Theil des Jejunums 
für die leichte Ausführbarkeit der Operation und für die Möglich¬ 
keit der Ernährung. Bei dem 53 jährigen sehr herabgekommenen 
Arbeiter mit ausgedehntem Pyloruscarcinom konnte weder eine 
Magenresection noch eine Gastroenterostomie ausgeführt werden, 
weshalb sich May dl zur Ausführung einer Jejunostomie am 
24. April 1887 entschloss. Das eingenähte Jejunum wurde am 
30. April 6 Tage nach der ersten Operation eröffnet und mit der 
Ernährung durch Eingiessung von verschiedenen Nahrungsmitteln 
begonnen. — Fünf Wochen hielt sich Patient auf seinem Eintritts¬ 
körpergewicht, dann trat Wachsthum des Tumors und unter er¬ 
heblicher Abnahme der Kräfte Tod in der siebenten Woche ein. 

In einem zweiten von May dl operirten Falle war eine so aus¬ 
gedehnte Verwachsung des Magencarcinoms mit dem Colon trans- 
versum vorhanden, dass von keiner anderen Operation als einer 
Ernährungsfistel die Rede sein konnte. Tod trat nach zehn Tagen 
ein unter erheblicher Abnahme der Körperkräfte, trotz Einflössens 
von Milch und anderer Nahrung vom vierten Tage an. Die Section 
ergab, dass nicht der Anfangstheil, sondern die Mitte des Jejunums 
zur Anlage der Fistel in Anwendung gezogen war. Diesem Um¬ 
stande schreibt May dl die unzureichende Ernährung zu. Er 
empfiehlt, sich stets durch den Augenschein zu überzeugen, ob man 
auch sicher den Anfangstheil des Jejunums vor sich habe. 

Maydl sagt, „dass durch seine Beobachtung der unzweifelhafte 
Beweis für etwas erbracht worden sei, was auch früher bei 
der besten thierexperimenteilen Fundirung des in Frage stehenden 
Eingriffes und nach den bisherigen Beobachtungen noch immer sehr 
fraglich war, nämlich: 

1. Dass der Eingriff ein derartiger ist, dass er in sich keine 
dringende Todesgefahr involvirt. 

2. Dass derselbe auch von Menschen, welche von einem sonst 
tödtlichen Leiden, wie die Carcinose ist, behaftet sind, gut ver¬ 
tragen wird. 

3. Dass daher Menschen, welche mit einem anderen, als von 
einer malignen Neubildung herrührenden Pylorusstenose behaftet 
sind, um so bessere Chancen haben, den an und für sich recht 
einfachen Eingriff zu überleben. 

Nach einer anderen Richtung ergiebt sich aus den herge¬ 
brachten Beobachtungen: 

1. Dass von einer hochangelegten Jejunalflstel ganz gut die 
Ernährung eines Organismus stattfindea kann, demnach die Ueber- 


*) Maydl, Ueber Jejunostomie oder die Anlage einer Ernährungs¬ 
fistel bei radikal inoperabler Pylorasenge. Wiener medicinisclie Jahr¬ 
bücher 1887. 


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558 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27 


tragung der thierexperimentellen Erfahrungen auf den Menschen 
statthaft ist. # 

2. Dass eine solche Ernährung auch bei Individuen genügt, 
welche von einem tiefen Allgemeinleiden, wie es die Carcinose 
ist, heimgesucht sind etc. 

8. Dass Menschen, deren Pylorusstenose mehr eine lokale Er¬ 
krankung (von Narben und äusserer Compression herrührend) dar¬ 
stellt, um so gerechtfertigtere Anwartschaft haben, von dem abge¬ 
handelten operativen Eingriffe eine weitgehende palliative ja nahezu 
radikale Hülfe zu erwarten, ohne sich in nennenswerthe Gefahren 


zu begeben.“ .. . 

Bevor ich zu meinen eigenen Erfahrungen über Jejunostomie 
tibergehe, will ich noch kurz eines Vorschlages von Braune 1 ) 
erwähnen, das Duodenum extraperitoneal für einen operativen 
Eingriff erforderlichen Falles zugänglich zu machen. Die untere 
und innere Wand der Pars verticalis des Duodenum liegt hinter 
dem Peritonealsack. Man gelangt zu ihr durch einen Schnitt 
5 cm von der Wirbelsäule und der zwölften Rippe nach dem 
hinteren oberen Darmbeinstachel. Musculus latissimus dorsi und 
serratus posticus inferior werden durchschnitten, Sacrolumbalis auf die 
Seite geschoben und der Quadratus lumborum durchtrennt. Ureter 
nach innen, Niere nach aufwärts geschoben. Das Duodenum liegt 
zwischen Colon ascendens und Vena cava. Man kann es ohne~ 
Verletzung des Peritoneums in der Ausdehnung von zwei Zoll 
eröffnen. 

An dieser von Braune angegebenen Stelle ist das Duodenum 
bis jetzt nicht zur Fistelbildung benutzt. Dagegen ist dreimal die 
Duodenostomie von vorn gemacht, theils bei durch ihre Grösse 
und Ausdehnung inoperablen Pyloruscarcinomen, theils bei fibrösen 
Stricturen des Pylorus, weil die Kranken zu schwach schienen, 
eine andere Operation als die erwähnte zu überstehen. Langen¬ 
buch legte im Jahre 1880 bei einem inoperablen Pyloruscarcinom 
eine Duodenalfistel an, Tod nach circa zehn Tagen. South am im 
Jahre 1884 und Robertson im Jahre 1885 sahen sich genöthigt, 
bei sehr elenden und herabgekommenen Kranken bei nicht carcino- 
matösen Pylorusstenosen, bei denen wegen hochgradiger Schwäche 
ein anderer Eingriff unmöglich erschien, denselben Weg zu betreten. 
Die Kranken starben am dritten und ersten Tage. 

Die von Braune angegebene Stelle ist, ganz abgesehen von 
den Schwierigkeiten, welche die Ausführung der Operation und die 
Nachbehandlung wegen der Unmöglichkeit für den Kranken, später 
sich selbst die Nahrung einzuflössen, bieten müssen, für die An¬ 
legung einer Ernährungsfistel ungeeignet. Ebenso halte ich den 
Anfangstheil des Duodenüm zur Anlegung einer Ernährungsfistel 
nicht für günstig, weil man das Duodenum, nach meinen Er¬ 
fahrungen bei Magenoperationen, selten ohne gleichzeitige Hervor¬ 
ziehung des Pylorus wird in der Operationswunde befestigen können. 
Nachdem Golding Bird im Jahre 1885 beim Menschen zum 
erstenmal die Jejunostomie ausgeführt hat, scheint auch die 
Duodenostomie ganz verlassen zu sein. In demselben Jahre wurde 
von Pearce Gould eine Jejunostomie ausgeführt wegen nicht 
operablem Pyloruscarcinom. 


Dann folgten die beiden erwähnten von May dl im Jahre 1887 
und zwei ebenfalls von May dl 2 ) nach einer anderen Methode aus¬ 
geführten Jejunostomieen im Jahre 1892.3) 

Bei zwei im Alter von 40 Jahren stehenden Patienten mit 
hochgradigem ausgedehntem Pyloruscarcinom hat May dl das 
Jejunum durchtrennt, die centrale Dünndarmschlinge in die periphere 
ungefähr 10 cm unterhalb der Schnittfläche und nun die periphere 
Schlinge in den Wundwinkel eingeheftet. Beide Patienten über¬ 
standen die Operation, gut. Die Ernährung liess sich durch den 
in der Hautwunde fixirten Darm befriedigend bewerkstelligen. 

Wenn wir die Indicationen, aus welchen bis jetzt Duodeno- 
und Jejunostomieen gemacht sind, näher betrachten, so finden wir, 
dass diese Eingriffe bisher fast immer nur, wie die Publicationen 
ergeben, wegen nichtoperablen Pyloruscarcinoms ausgeführt sind. 

Zu den von mir seit 1887 gemachten fünf Jejunostomieen 
haben verschiedene Indicationen Vorgelegen, wie die nachfolgenden 
Krankengeschichten darthun. 

Handelsmann K., 69 Jahre alt, aufgenommen am 15. De- 
cember 1886, wurde mehrere Monate in einer anderen Anstalt wegen 
starker Beschwerden beim Schlucken behandelt. Mittelgrosser Mann von 
sehr atrophischer Muskulatur, mit völlig geschwundenem Panniculus. 


g r r ne V die °P erafc ive Erreichbarkeit des Duodenu 

fChirJe^ 6 ’ 17 ‘ Jahrgang ’ Heffc 4; Ref> Bidder , Centralbh 

, , 5 May d L Üeber eine neue Methode zur Ausführung der Jejunoston 
und Gastroenterostoime. EinBeitrag zur Lehre von der radikalen u: 

1892 No n i? e Ä g d6r P ? lomsstenosen - Wiener med. Wochenscl 

' w . ^ 14a ? d U r ^ über die neue Methode der Jejunostom 
Wiener med. Wochenschrift 1892, No. 20. J 


Haut trocken, an den Schläfen tiefe Gruben. Abdomen kahnförmig ein- 
gezogen. Bauchdecken schlaff. Durch Auftreibung mit Gas keine Di¬ 
latation des Magens nachweisbar. Patient ist mcht imstande, festere 
Speisen zu sich zu nehmen, dieselben werden sofort erbrochen. Allge¬ 
meine Mattigkeit und Abnahme der Kräfte. In der Entfernung von 40 cm 
ein Hinderniss, welches auch für feinste Sonde undurchgängig ist. Das 
Sondiren wird schlecht vertragen. Es traten dabei starke Cyanose und 
heftiges Erbrechen auf. Das Schwächegefühl und die Mattigkeit nehmen 
immer mehr zu, so dass Patient fast den ganzen Tag im Bett zubringen 
muss. Im April etwas freier Ascites nachweisbar und leichte Auftreibung 
des Abdomens. Patient wünscht dringend, dass eine Operation vorge¬ 
nommen werde. 

Operation am 24. Mai 1887. Ausführung einer Jejunostomie. Bei 
Eröffnung der Bauchhöhle fliesst eine ziemlich erhebliche Menge trüb 
gelblicher Ascitesflüssigkeit aus. Magen klein und geschrumpft, daher 
Gastrostomie unmöglich. Es wird eine 20 cm vom Anfangstheil entfernt 
liegende Stelle des Jejunums zur Anlage einer Ernährungsfistel aufge¬ 
sucht. Die Peritoneal- und Bauchwunde bis auf eine etwa markstück¬ 
grosse Wunde geschlossen und in dieser Ausdehnung die Serosa des 
Jejunums mit dem parietalen Blatt des Peritoneums verbunden und die 
Stelle mit Jodoformgaze bedeckt. 

Am 26. Mai Abnahme des Verbandes. Eröffnung ’des Jejunums und 
Einlegung eines N61atonkatheters, durch welchen sofort Nahrung einge- 
gossen wird. Abends tritt dünnflüssiger Stuhlgang ein. Patient Mit 
sich im ganzen ohne besondere Beschwerden. 

27. Mai. Patient erhält durch den Katheter Eier, Zucker, Fleisch¬ 
saft mit Zusatz von Pepsin und etwas Acidum muriaticum. 

28. Mai. Patient ist noch immer sehr schwach. Sprache heiser, 
schwer verständlich. Am Morgen und Abend erhält Patient wieder die¬ 
selbe Nahrung. 

Unter allmählich zunehmender Schwäche stirbt Patient am 6. Juni, 
dem dreizehnten Tage nach der Operation. 

Sectionsbericht: Stark abgemagerter männlicher Leichnam. Unter 
dem Processus xiphoideus befindet sich eine OefFnung, aus welcher sich 
Darm Schleimhaut horvorstülpt. Herzmuskulatur braun. Klappen intact. 
In der Aorta starke atheromatöse Veränderungen. Beide Lungen frei in 
der Brusthöhle. Parenchym etwas atrophisch, lufthaltig. In den Bron¬ 
chien, deren Schleimhaut leicht geröthet, zäher Schleim in geringer 
Menge. 

Nach Eröffnung der Bauchhöhle zeigt sich das Jejunum 23 cm unter¬ 
halb des Pylorus in die Bauchwand eingenäht. Darmschlingen sind gleich- 
mässig gefüllt, die Serosa getrübt und an vielen Stellen sehr feine weisse 
Beschläge zeigend. Die Beschläge besonders reichlich auf dem perito¬ 
nealen Üeberzug der Leber. 

Der Inhalt des Darmes ist gleichmässig breiig, von hellgelber, etwas 
grünlicher Färbung. Die Schleimhaut sehr blass, die Falten saftig aus¬ 
sehend und leicht geschwollen. Von der Klappe an nach unten nimmt 
die Schleimhaut eine leichte Röthung an. 

In der Leber haselnussgrosse Knoten von weisser Farbe und derber 
Consistenz. Der Magen fast vollständig ausgefüllt von einem grossen 
Tumor von unregelmässiger, theils ulcenrter Oberfläche. 

Diagnose: Carcinoma ventriculi et hepatis. Anaemia intestinalis. 
Atrophia fusca cordis. Jejunostomie. Peritonitis chronica. 

Fall 2. Frau F., 30 Jahre alt, will früher stets gesund gewesen 
sein, hat fünfmal entbunden und zweimal abortirt. Die jetzige Erkrankung 
begann angeblich im September 1888 mit Aufstossen und Erbrechen und 
Feststellung einer Verhärtung in der Magengegend. Seit fünf Wochen 
anhaltendes Erbrechen. Seit September allmähliche, seit fünf Wochen 
sehr rapide Körperabnahme. Status praesens: Patientin ist eine gracil 
gebaute, schmächtige Frau mit fast ganz geschwundenem Fettpolster, 
dünner, schlaffer Muskulatur und hochgradiger Blässe der sichtbaren 
Schleimhäute bei gelblich blassgrauer Hautfarbe. Die Haut fühlt sieb 
trocken an, Zunge belegt. Lunge und Herz normal. Urin frei von hi- 
weiss und Zucker. Stark retardirter Stuhlgang. In der Gegend des 
Epigastriums fühlt man eine feste Resistenz, welche sich vom unken 
Rippenbogen quer, bis beinahe zum Nabel nach unten reichend, diuch me 
Bauchhöhle nach rechts über die Mittellinie 3 cm erstreckt. Dm höbe 
des Tumors ist etwa halbhandbreit. Keine respiratorische Beweglichkeit- 
Aufblähung des Magens gelingt mcht. Milz und Leber erscheinen unver¬ 
ändert. Der Tumor selbst sehr wenig beweglich. Abdomen kahnfonmS 
eingezogen, Bauchwand dünn. Patientin kann keine festeren Speisen 
gemessen, ohne sofort brechen zu müssen. Nur flüssige Nahrung benai 
sie theilweise bei sich. , 

Operation am 6. Mai 1889. 12 cm langer Bauchschnitt, in der Mittel¬ 
linie den Nabel nach links umgehend. Nach weiterEröffnungdes Peritoneums 
ergiobt die Abtastung des Magens eine feste derbe Verdichtung nn 
Infiltration der grauweiss verfärbten vorderen Magenwand, die m der 
Gegend der kleinen Curvatur am stärksten ist und sich bis zum 
erstreckt. Da nach dem vorliegenden Befunde von keiner anderen Operatw 
als von einer Ernährungsfistel am Jejunum etwas zu erwarten ist, wira 
dieselbe ausgeführt. Es wird die nächste Schlinge des Jejunums nac 
Durchtritt des Duodenums durch das Foramen jejunale aufgesucht, hnksim 
der Wirbelsäule dicht am Pankreas. Von dieser Stelle nach unten et 
20 cm entfernt das Jejunum vorgezogen und fixirt, dann die Haut un 
Peritonealwunde von oben her bis auf circa 2 cm durch Naht geschlosse • 
Das parietale Blatt des Peritoneums wird durch sieben Knopfnähte an 
■ Haut befestigt. In diese etwa 2 cm grosse Hautwunde wird der Anfangs 
theil des Jejunums mit mehreren Seidennähten eingeheftet, welche eine 
seits die Serosa des Darmes, andererseits die mit Peritoneum umsau 
Hautwunde fassen. Der Darm und die Wunde werden mit Jodoformg 
bedeckt. — Sechs Tage nach 'der Operation Entfernung der dodo * or ^^. 
und Eröffnung des Darmes. Patientin erhält dreimal täglich eine aus W » 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Milch, Zucker und Eiern bestehende Nahrungsmenge. Stuhl retardirt nur 
nach Eingiessung. ’ 

22 . Juni. Sechs Wochen nach der Operation. Allgemeinbefinden 
besser. Patientin ist auch imstande, festere Nahrung per os zu sich zu 
nehmen, ohne zu erbrechen. 

Vom 6. Juli zeigt die Fistel Neigung sich zu schliessen. Die Er¬ 
nährung kann ohne Beschwerden trotz deutlichen Wachsthums des Tumors 
per os erfolgen. 

Am 15. Juli Fistel geschlossen. Ausschliessliche Nahrung per os. 
Allgemeinbefinden nicht gestört. 

23. Juli.. Gebessert entlassen. 

Fall 3. Arbeiter K., 56 Jahre alt, wird in einem sehr elenden Zu¬ 
stande im November 1891 dem Krankenhaus zugeführt. Hochgradigste 
Abmagerung. Behält fast gar keine Nahrung bei sich. Im Oesophagus 
30 cm von der Zahnreihe Hinderniss, welches auch für die feinsten Sonden 
undurchgängig ist. Da die Kräfte rapide abnehmen, wird zur Operation 
geschritten. — Gastrostomie unausführbar, daher Jejunostomie. 

Operation am 30. November 1891 mit sofortiger Eröffnung des 
Jejunums und Einflössung von Nahrung. Trotz wiederholter Ernährung 
durch die Fistel vorfällt Patient immer mehr, und am 3. December 1891 
tritt unter zunehmender Inanition der Tod ein. — Aus dem Sectionsbericht 
geht hervor, dass die Ernährungsfistel 3'/a m vom Magen und 2 m von 
der Klappe entfernt war. 

Sectionsdiagnose: Bronchopneumonia duplex, Bronchitis catarrhalis, 
Atrophia fusca cordis, Carcinoma oesophagi et aordiao, Nephritis paren¬ 
chymatöse. 

Fall 4. Dienstmädchen Marie R., 19 Jahre, wurde am 15. Juli 1891 
in das Krankenhaus Friedrichshain gebracht mit der Angabe, dass sie durch 
Säuretrinken einen Selbstmordversuch gemacht habe. 

Patientin hatte starke Dyspnoe, starkes Erbrechen. Unterlippe, 
Zunge, weicher Gaumen zeigten deutlich Verätzungen. Temperatur 36,5, 
Puls 76. Patientin erbrach viel grünlich blutige Massen. An den Brust¬ 
organen bis auf geringe Rasselgeräusche nichts Abnormes. Magengegend 
sehr schmerzhaft. 

Am 23. Juli stiess sich ein über die Zunge verlaufender gangränöser 
Streifen ab. Am selben Tage brach Patientin den grössten Theil der 
Oesophagus- und Magenschleimhaut aus. 

Anfang August traten sehr starke Schluckbeschwerden auf. Am 

10. August vermochte Patientin selbst flüssige Nahrung nicht zu sich zu 
nehmen. 

Am 11. August wurde in einer Tiefe von 16,5 cm ein Hinderniss 
constatirt. Im Fenster der Schlundsonde befand sich ein Stück Schleimhaut 
und etwas Granulationsgewebe. Nachmittags vermochte Patientin flüssige 
Kost zu sich zu nehmen. 

Am 16. August wurde deutlich Auftreibung im linken Epigastrium 
constatirt Der Magen war sehr druckempfindlich. Einige Tage darauf 
stellte sich sehr heftiges und sehr angreifendes Erbrechen ein. Das Er¬ 
brochene war von bräunlicher Farbe, reagirte sauer und enthielt bei 
mikroskopischer Untersuchung viel Hefepilze, einige Epithelien und 
Leukocyten. 

Am 10. September wurde Patientin nach der chirurgischen Station 
verlort. Es gelang, eine dünne Sonde bis in den Magen zu führen. 

Status praesens: Stark abgemagertes Mädchen. Temperatur 36,6. 
Klemer, leicht zu unterdrückender Puls. Frequenz 100. — Leib stark ein¬ 
gesunken. Die Spinae anteriores superiores treten deutlich hervqr. Unter¬ 
halb des linken Rippenbogens Schmerzhaftigkeit. Daselbst zeigt sich eine 
kugelige Hervorwölbung, die sich nach rechts bis zur Medianlinie und nach 
unten nicht ganz bis zum Nabel erstreckt und unter dem linken Rippen¬ 
bogen verschwindet. Die Einführung von Sonden in den Magen gelingt 
Es wird daher beschlossen, nachdem bei einer Sondirung am 

11. September sehr heftiges und massenhaftes Bluterbrechen eingetreten, 
von der Sondenbehandlung Abstand zu nehmen und die Operation der 
Jejunostomie auszuführen, da die Kräfte der Patientin schnell in Abnahme 
begriffen waren und Exitus letalis drohte. 

11. September. Temperatur 35. Puls 148. Bluterbrechen. 

12. September. Temperatur 37,7. Puls 156. Bluterbrechen. 

n , 1^- September. Anhaltendes Erbrechen. Temperatur 36. 

Puls 120. Körpergewicht 59 Pfund. 

15. September. Operation in Aether-Chloroform-Narkose. 5 cm lange 
hicimon am lateralen Rande des linken Musculus rectus, etwas oberhalb 
aes Nabels, nach dem linken Rippenbogen hin. Nach Eröffnung des Peri¬ 
toneums wird der Anfangstheil des Jejunums aufgesucht, bei dessen In- 
ßpection sich narbige Einziehungen zeigen, welche anscheinend von den 
Anätzungen^ der Mucosa durch die Säure herrühren. Nachdem die ver¬ 
kleinerte Wunde mit dem Peritoneum parietale umsäumt ist. wird die 
perosa des Jejunums mit mehreren Nähten an letztere angenäht. 

16. September. Eröffnung der eingenähten Schlinge durch eine In- 
cls J n J on et wa 1 cm Lauge. Die Wundränder der durchtrennten Serosa 
und Mucosa werden leicht mit Häkchen angezogen und zur Sicherheit 
noch einmal durch mehrere Nähte an die mit Peritoneum bekleidete Haut¬ 
wunde angonäht und sofort nach Einlage eines Nölatonkatheters Milch in 

Jejunum eingegossen. Der Puls fängt, an, sich Abends etwas zu heben, 
nftunges Aufstossen und zeitweise etwas Erbrechen. 

17. September. Patientin erhält Morgens und Abends in die Fistel 
«jngiessungen einer flüssigen Nahrung, bestehend aus Milch, Cognac, 

ieischwem, hergestellt durch 24stündige Maceration von Fleisch durch 
wem, welcher mit Salzsäure angesäuert und dann durch eine Messer¬ 
spitze von Natrium bicarbonicum zur geringen Alkalescenz gebracht wird. 
dw^Wund 111 ^^ 8 ^ 11011 ** ahrun K fliesst nur ein geringer Theil wieder aus 

30 , September. Patientin erholt sich sichtlich,. . . . 


23. September. Patientin sieht bedeutend wohler aus. Der Puls 80 
ziemlich kräftig. Temperatur 36,5. 

Das Erbrechen hat seit dem 26. September ganz nachgelassen. 

. . 28- September. Die Besserung schreitet vor. Patientin kann seit 
emigen Tagen bereits ausser der eingegossenen Nahrung auch etwas Milch 
und Wem per os ohne Beschwerden nehmen. Gewicht 64 Pfund. 

4. October. Körpergewicht 67 Pfund. 

10. October. Temperatur, Puls dauernd befriedigend. Dieselbe wird 
immer noch zweimal täglich durch die Fistel ernährt, nimmt ausserdem 
Lacao, weiches Ei, Schabefleisch per os zu sich und verträgt es gut. Die 
Jejunumfistel lässt den schlaffen Gummikatheter nur noch mit Mühe durch. 

15. October. Letzte Sondenernährung. 

18. October. Körpergewicht 65 l /s Pfund. 

20. October. Patientin befindet sich dauernd gut. 

25. October. Wunde völlig geschlossen. 

26. October. Patientin nimmt dauernd ihre Nahrung per os zu sich 
ohne alle Beschwerden. Gewichtszunahme in der letzten Woche um fünf 
Pfund. 

2. November. Fernere Gewichtszunahme in der letzten Woche um 
acht Pfund. 

16. November. Gewichtszunahme 3 1 /* Pfund. 

23. November. Keine weitere Gewichtszunahme. Patientin wiegt 
jetzt 80/3 Pfund. Dauerndes Wohlbefinden, gesundes Aussehen. Uebel- 
keit, Erbrechen oder Aufstossen ist nicht mehr aufgetreten. Patientin 
verträgt auch schwere Nahrung. 

27. November. Geheilt entlassen. 

Um die Krankengeschichte nicht übermässig lang auszudehnen, er¬ 
wähne ich noch kurz, dass Patientin im Laufe des Jahres 1892 noch drei¬ 
mal im Krankenhaus Friedrichshain Aufnahme fand wegen Beschwerden 
seitens der Oesophagusstricturen, welche zu beseitigen die beiden ersten¬ 
mal 0 leicht gelang. Das letzte mal waren die Ernährungsstörungen bereits 
wieder so hochgradig, das Einführen von Bougies misslang stets und war 
von so grossen Beschwerden begleitet, dass wir bereits in Erwägung 
zogen, die Ernährungsfistel wieder zu eröffnen. Jedoch gelang es uns 
noch, in Chloroformnarkose am 22. October 1892 zunächst mit Urethral- 
Bougies eine hochgelegene und dann eine in etwa 36 cm von der Zahn¬ 
reihe entfernt gelegene Strictur mit No. 3 zu durchdringen. Nachdem 
No. 3 eine halbe Stunde gelegen hat, gelangt man auch mit No. 4 hinein. 
Die Reaction auf die Sondirung ist verhältnissmässig gering. Allmählich 
gelingt es, No. 10 durchzubringen und Patientin von allen Beschwerden 
zu befreien. 

Letzte Vorstellung der Patientin im Monat Mai 1894. Sie ist in 
sehr gutem Ernährungszustand. Klagt über keine Beschwerden. Anfang 
des Jahres 1894 ist sie von einem gesunden Kinde entbimden. Während 
der Schwangerschaft hat sie häufig über Beschwerden in der Gegend der 
Operationsstelle zu klagen gehabt. 

Fall 5. Dienstmädchen Katharina Sch., 23 Jahre alt. Am 9. De¬ 
cember 1893 auf die innere Station des Krankenhauses IViedrichshain auf¬ 
genommen wegen Schwefelsäurevergiftung. Ziemlich kräftiges Mädchen. 
An beiden Mundwinkeln, der Zunge und Mundschleimhaut weisslicher 
Aetzschorf. Der Pharynxeingang ist durch Schwellung fast verlegt. An¬ 
haltendes Erbrechen reichlicher Mengen dunkelbrauner Massen, untermischt 
mit Schleimhautfetzen. Dyspnoe. Temperatur 35°. Nach einigen fieber¬ 
haften Tagen besserte sich das Befinden etwas, jedoch ist Patientin 
sehr matt. 

Am 28. December tritt wieder Erbrechen ein. Keine Speisen werden 
behalten. Patientin magert sehr ab. 

31. December. Erbrechen dauert fort. Nährklysmata. Grosse Mattigkeit. 

1. Januar. Bei Sondirung ist ein Hinderniss in der Entfernung von 
30 cm festgestellt. 

10. Januar. Fortdauerndes Erbrechen. Die zum Skelett abgemagerte 
Patientin wird nach der chirurgischen Station verlegt. Bei der sehr 
elenden und matten Patientin wird zunächst die Einführung einer Magen¬ 
sonde versucht. Es gelingt, die schwächste Nummer durch eine 30 cm 
von der Zahnreihe befindliche Verengerung durchzuführen, und Patientin 
kann nach jedesmaligem Sondiren etwas besser schlucken. Sie behält 
zwar die per os eingeführte Nahrung zunächst bei sich, bricht sie aber 
bald in wenig verändertem Zustande wieder aus, weshalb die Ernährung 
per rectum versucht wird. 

14. Januar. Patientin wird von Tag zu Tag elender, der Puls ist 
mitunter kaum fühlbar, anhaltendes Erbrechen dauert fort. 

16. Januar. Da Patientin ohne operativen Eingriff anscheinend einem 
sicheren Inanitionstode entgegengeht, wird zur Operation geschritten. In 
Narkose Incision in der Mittellinie zwischen Processus xiphoideus und 
Nabel. Bei Eröffnung des Peritoneums drängt sich stark aufgetriebenes 
Colon transversum hervor. Nachdem dasselbe zurückgedrängt ist, gelangt 
der Finger an den mit Flüssigkeit angefüllten Magen. Eine Ausspülung 
vor der Operation war wegen des sehr elenden Zustandes der Patientin 
und wegen zu befürchtender Magenperforation unterlassen. Die Ma^en- 
wandungen erscheinen an einzelnen Stellen sehr verdünnt, an der kleinen 
Curvatur fühlt dor Finger einen nur noch von Serosa bekleideten Defect 
der Muscularis und Schleimhaut. Der Magen selbst lässt sich wahrschein¬ 
lich wegen narbiger Verwachsungen aus seiner unter dem Rippenbogen 
befindlichen Lage nicht in den Bereich der Wunde ziehen, wohl aber sieht 
und fühlt man den Pylorus als ein derbes, narbig verengtes Rohr mit 
stärker als normal eingezogenem Ring. Da einmal der elende Zustand 
der Patientin und das andere mal die tiefe Lage des Magens, dessen Lage¬ 
veränderung eine Perforation der verdünnten Stellen hervorbringen musste, 
eine Gastroenterostomie oder Pylorusplastik verbietet, so wird zur Anlage 
einer Ernährungsfistel geschritten. Eine dem Duodenum nahe gelegene 
Schlinge des Jejunums wird vor die Bauchwunde gezogen, dann die 
Peritoneal wunde durch drei obere upd drei untere, vor der Schlinge ge* 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






MUTSCHE MED! CIN ISCHE WOCHENSCHRIFT. 


den vtcasÄO/nfceü Hautrarid angeheftot, Lässt tier Erüäbranggzustand 
des J£raükf»n oa zu, dass man m% der Eröffnung des Darmes mehrere 
‘Vmfi vm'tm kann, so j*t es zweelanässigv dies zu thun — w 
jedoch Belten vorkommcu dürfte. Ist der Kranke dagegen säir 
eiend und bedarf der•selbe dringend dar Kalmmgözufuhr, dann muss’ 
man di« Hröjftwnir sofort öder nach 24 BUrfnte mäclian. — För 
diesöff fasse ich den vorliegenden Dann mit zwei schürfen 
HffTHhsm, lieidlrn Hm und löge ö»ek mobrem Kübte, midie einen- 
sr% Seiletmh hü t und Semu des aufgetren&ten Durrnes; mlmr- 
seits den mit DerUofföüai mnsffnmten Hautrand fassen.- 


logen«.Üjigatnäh».«?' wrkkiuort. ebenso dir* Hautwunde.. Da» Partioneum 
jmoernlv.: wird an die Baut und die Daröisorosa der Jcjiinftisoiiünge an 
des mjgehäHte parmpde arigunfib t. sh dnas eina etm 

nH'^Uifust>e Sudte Je* Tejunums frei vorbrgt. deren Flüche durch du- an- 
-«-..eu. NiüiIm vo!) dar t^riJontftÜLÖkfc ■ «.bgesehWw isi, ihdtentin jgt 
henodrfer Öparätimo itäu elend. Der Puh;-ist sehr. klein Uüff ivfrtjtöat. 
TVdiWdm klagt ftber beBonders öftcb dom Erbe fiebern sieh slmgermle 
Schmerze» -an der • 

■ll ,hwmt. Temporärer Pi>. .Hehrfadieb- Erbre«ben um! Anlsfüsstfii. 
Bäh dabo» gnr rocht autgHmffw und nickt dnmlvompftemieb. Aiwwuft 
von {Uckorierigeiis Sputum unter grosser Anstrengung. Abnahme ilwsVuT- 
Vedos. Wunde roMVnitwtw. n-aebuo^öft ßsa JDamlnröfen wird eröffnet 
lind .«efert 1 ^ 1 «mi Euer. Milch, Cugne^ durch 

die ftomwitinuag vmsnittäs? Katheters oingo/ührfc üfcjt ff io Ouffüuug durch 
d<;<(t.ni!)vutga?e vei-Scidr^Seu. 

tBXmtmr tfÄchauj|£» ■eHelgt pKft&Uoh unter grosse« Schmerzen der 
MagengCgow] pfolügeS von rbUdfch-braüii<ju v kaffü^seiÄÖuilicfieti 

ÄTaasriv Patteiitm sehr schwach; Tempemfttr-30.9. Pols kaum fühlbar, 
Cauiplit'rinjeeiioüe)!. EiHhi&e auf die M'igecgogomt 

18 . Oaiuetr, Patientin hat ajeli eie wüüi£ «?ImU, D>o.-BiJitDClWi im 

Leihe' sind geringer. Erbreebon mehl tmPr .eHoigt, Huih AbßtUmiö (lös 
Vm-bauffcs aleh Tu der Tffugcbrmg «hit Wunde ähnliche kuffeftsatss- 

artigövMas^uTi r m &festem in. dem BrbrQehÄa Mf Patpjutin Ä wieder 
fe(ffi -die- Psmöffmiug- m»-hhthü -Nahrung «ug-öHVlirt. : 

19. Januar. P:\imfi6h hat .sich auffallend -nrbtffk Da isi kein Ets 

brrrliAo mehr effalgt., Dm Puls nmü) sehr fregoiöit. immerhin uhpr etwas 
tefffer ntid; ul* Indier, Palfenttri i«t -muuier, dass ui**» ?m 

iögetir ^fegöhrtv * Sip wird zw t4 mal ff«rät die, deju oulffstä gofü i tueH Pie 

^'nkrung"lUosaj jealoän«l Ipiidtfr äo.. S|tontaiaeEöDnä'u4ig von mjdhtkkem 
BlnWgang. ' • 


II. Ans der ÜDiversilätsklinik füi’ OhrenkrankheiteD 
7 .u Strassburg. 

Ein Fall von Atresia auris acquisita. 
Myxosarkom der Paukenhöhle. 1 ) 

Von A, K<0uu 

T. Äin Eall von Alferm* Aßff$ »öctuisita, 

ßoi öttiem l&jSitfigoa MäLdäum war im. ersfeu Leben sjaJire ein eitriger 
AusÜiiä'S im beide«. Ohren entstunden, tmtf da dorsslhe auf dom i^uhui 
Ohre sfihr pro für war und alten lange dauerte, so )ogio die Muittw »ö.f 
Anntiftua dbr Iichskms, ei« Blasba^ffftsten auf dio .tytz&ib Oi&lfnutig dos 
bofroöenderi Ohros und lmtorhiöli dasselbo mohroro Jahre laug düceh 
CaatharidoH^älie. Die OkreÜorung datiert^ uijgesMft fort, aber m stellte 
«ich «llniitlilieh wne. so hässliche Verbildung der Ohrrmtsäiel ein, Uhss 
JjUü flJÄtjhiu? Hiiifä fvufgoßuäit wurde. 

' .'Bei der AüffitUtöiö 'm. -dte, Ktmilc ibfld ich bei dem somit woUg/v. 
bilde ton Mitdänsn ferne höchst :oüffiy%e-^ Missbildung der ganzen fephton 
CffinnusrM und eine hocftgnidign Vercogorang def kussarou Ohröfthurig- 
dar Helix war an seiner ganzen .oouvoxon. Ausdehnung liftch eom un<ge- 
■krörnfjt und au drei Steilen durch tiefe narbige. Emziolmugen vmi obeu 
nach unten zusammengerolit;.- die ganze Ohmmschei war gegottUbä ffer 
liukött in ihrem Wsurhsthiud etwas zurückgeWiehenv die Hasscro Ölo- 
•Öffnung hatte üui- noch die Weife eines Stoeknadelkcpfes (siobo Ahbffdmigjf; 


wifedo y alwae schlechtf;?. Höichhcher 
Schmerze« in der fHvgengegOit<). ■ Di? Oporatiornnvunde sieht., üsdeltos aus. 

M. Januar.^ iOBOifm'ist.in um IctHün Tngen■ofitsäuedeu elender ge* 
wurden. Perondori ;jutut Ae der Husfcn. ir.folge ihrer Schwäche vermag 
Cie. : .-h?n S‘-!'d,en; eicht geniigend hcranszn'hjingru. Pul»' ist »ehr schlecht, 
ardruerüil -fi*d<i«-t'örmigO l'umimrafur utcigt auf J8. 

’if Jj'i'i'r JVmimrynir I’SUJ. I^r elende Zustand der Patientin 
‘TJiiubt keino fJnf..orsuehuiig der Brustorganc. ]-uj USu mindestens uui 
t bM hd AibumrlL T»ote vieruiabge^ Ernährung durch 'die Pistcj im Jejunum 
wird- jPaiiefiiirt zusehends Schwacher. Bitte i'nuOj noch fühlbar. . 

24- J.eeMr Gogoji AS-wgen wird die Athmimg oheriTUoMch, 'um 


e.'mn npigciilh*/’ Dnnnseljlin.Cfe. Djc BunchStehio ist dun-ls Ad)««siuoeh in 
dm Umgebung der Ote't fitieesv uHde gegoo-die Austen wett abgcscblos^rß, 
Am iiiissercü Rande des Imkert Lubin tepneiw m • h! fein ho b T< en grosser .AWo:*w 
Ain Pyloius äna <dw« tüil 4ßgödicktän'Äot- belegte Stäle, 

weiche juwlt ’Wagnahiöo de» Eitei's feinii dhaüfcb'o Drffl.d dn der Seröse er- 
konnorj fef. jm übrigen ist das PeHtormum ' glatt, gliaiztmd, übcraU 
spiegolad, Hoizniclftkabdur Jdoss und schlaff, in den Ltiugeu aahkeieho. 
troOknc. graurotlirjjuuumoutecüf? Heerde. • Mite gross und schialf. Hurfeh 
»cblaif. Pupse] leicht aWichlnü-. Auf dem DuivhaduiiL. Binde stark gc- 
pmlhu], giffrübfl zim Tb uff vorfeUot, blsssroih mit gnlbon Fb-ckou, Mark* 
^tihst.önz 4:01^00^^ scharf yo« der f^raffohijühftnaa;-. abgeaekk. Dobhr 
Iffubf nictiifj hoiAtfubre^ Ma^en: JJm Schleimhaut <lßs gaumen untere« 
piHHuD des Oosopimgu^ hh- zur Cat-diu ist e i« mm graugrüne zerfotzte 
Mus»«. Vurwandclt. Im Bundns ffr^ ^Cögens iiadeu pich /.äffreiutio bis 
lmseogro.s:*< Hamm h /m r.W* dm mim- khltemtemf h )m \ii der 
■StcMle, wii die ‘Betin sich bofnmh isi diu Magftiiwimff t.ranajyare-nt 

Dpjguoso; .Keerosis mucosae, oesuphngi «t ventricitli. .Od.^ogtomiac 
Aftaemia «"»nli.«. } s m:mnonia cutarrhidis. Tumor iicute. Pöplaitls pai<m- 
chynmfeste Pcrifoidüs äi’cinmvtrtpU puruUmta. 

'. .Ejitepmtunid den Hdif^tiboen,'.welch« zu dau .fünf <m\ mir 
{Uit>g;6frtlrrteH ufiut nhitgöthßilt.fen JojiiüDSitoinieon rorgelog'ea haben 


Gämiwormogon war stm k roducirt. M. U.2tk - Auch auf dem bbkeva 
Öhrfi bnataoff. &iiie Alte i^iltäohröIt'OVimg imtPepf<Jr^i.O« ffes TiAiimieffHI 3 

und: .sUiHicr- Sccrctioc; da* GcbOrvermögeM war glciuhlaite vormmderl* 

Kl ä 0,40. C ? vorn Schcicte gicich huifforseits; Knl von beiden Warzrn* 
knoehen verlängert; K. V. bfeifforsoitö imgstiv. — 

Die enkstci)ende Vejfkrffpp.eiuag- • 'der Ohrmuschel sowohl, wie 
auch die £ü hochgradiöfe Vereü^erclng dör üa»scrön Ohiöffnuug be¬ 
stimmten mich, die nsrhfgen EiAzichuhgeu der Musehä udü ^ 

sotiders die um dou Möatns gultgmm Mpf. und keilförmig ins u> 
die KuoiTmljuicseo auszu^chneidon und die atedähii dehuhar • g* 
wordene Ohrmuschel durch mn%e -UiihrA .äöfAiet Kopfhaut aufe« 1 ; : 
hängen« : Die grosse Wnndffüche cfftcrlo äemUeh. hinge, nüt «<k ; 
ütimählich önitiotcndeii l'ieherhäutüng derselben stellte sieh iedoch 
One 6<j stark? Keigung zu nm& "tißitndiüp: ein, dass ich ^ 
zweite« mal die vernarbten Haut- und KnorpOÖUrhen tief RUß- 
edmeiden musste? und einige Tagn sp&ter atu die gTfuiuÜrfende Vfund- 
flache drei bis vier je ty? Quadrateentiniöl^r grosse Epi‘Df miS ' 
stüOccliBß, die ich dem. ?oj‘döntcme der Pö tieutin entnamfln® hatte, 
tranbpihsTtikH‘ Pötztere heilfce.n uaeh tutügm Tagen gut aa % und die 
Wunde km kune Zeit darauf, vollstaiidippveriiarbt; die^eigW 
neuer narbiger Rotractimi ist bis tmrr (vor Worum} n«« K v ; 
Narbenbild.mig) ivouh dicht oingetroton; dio OhruiUÄC»^ 
jedoch der Vorsicht halber noch öinigo %0> hindurch vermdtäB 
Heftpffi\$Hi‘sfcreii’en au ffio Seitenfläche des Köpfte' angsdruckX «f“ 
haltevn. Din Muschel selbst ersdieint in toto etwas kleiner 
Üüke, hat jedoch aönähomd nnit&ale Föm und steht: leicht vom 

Nach feinem in üsr Deutschen etologUche« GeHelisohRft am 13, 31m 
Ifföi. in. Dumi gohaltcaoü Vorträge. 



5. Juli. 


Kopfe ab; die äussere Ohröffhung ist schon seit der ersten Operation 
von normaler Weite und die hierdurch möglich gewordene Rein¬ 
haltung des Ohres nebst einfacher Tamponade der tieferen Meatus- 
partieen mit Jodoformgaze haben genügt, die alte Mittelohreiterun«■ 
zu heilen; die Paukenhöhlenschleimhaut ist jetzt trocken und an 
der unteren Trommelfellhälfte sieht man eine grosse, herzförmige 
trockene Perforation. Das Gehör hat sich beträchtlich gebessert : 
Flüstersprache wd jetzt mit dem rechten Ohre auf zwei Meter 
gehört. — Sollte sich m späteren Tagen wiederum die Neigung 
zu neuen Ketractionen zeigen, so müsste ich die hintere Fläche 
des Helix in massiger Breite anfrischen und mit der gegenüber¬ 
liegenden, gleichfalls angefrischten Haut des Warzenfortsatzes durch 
Nähte vereinigen. Es soll so eine feste ausgedehnte Narbe an der 
hinteren Ohrfläche geschaffen werden, fest und breit genug der 
Ketraction an der Muskelconcavität Widerstand zu leisten. ’ 

n. Myxosarkom der Paukenhöhle. 

Bei einem einjährigen Knaben war, ohne jede vorausgegangene an¬ 
dere Erkrankung. seit sechs Monaten ein copiöser, übelriechender, eitriger 
Ausfluss aus dem rechten Ohre aufgetreten; in den letzten Wochen be¬ 
merkten die Eltern eine graurothe Geschwulstmasse im Gehörcanale und 
hinter der Ohrmuschel eine Hautwunde, welche ebenfalls eiterte. 

Bei der Aufnahme des Kindes in die Klinik, am 3. Juii vorigen 
Jahres, sah man einen nussgrossen weichen, graurothen Tumor, der den 
rechten Gehörkanal völlig ausfüllte und die äussere Ohröffnung überragte- 
ausserdem floss ziemlich viel schmieriger Eiter neben der Geschwulst aus 
dem Meatus; es befand sich ferner unmittelbar unter der Spitze dos 
Warzenfortsatzes eme stark eiternde kleine Hautfistel, durch welche die 
bonde weit vorgeschoben werden konnte, besonders nach vom und oben 
gegen den Gehörkanal zu. 

Bei der am anderen Tage vorgenommenen Operation wurde zuerst 
der grosse Tumor des Gehörkanals mit der Schlinge entfernt, dann die 
Hautfistel am Warzenfortsatze breit eröffnet; hierbei zeigte sich in der 
liefe eme weitere Geschwulstmasse, die sich nach vom und oben bis in 
das Innere des knöchernen Gehörkanals verfolgen Hess; sie hatte dessen 
untere Wand in ziemlicher Ausdehnung durchbrochen. An ihrem peri¬ 
pherischen Ende war die Geschwulst stark gelappt und erstreckte sich bis 
unter den Ansatz des Sternocleidomastoideus; ihr centraler Abschnitt da¬ 
gegen Jag im Gehörkanal und reichte bis zur Paukenhöhle; es ergab sich 
weiterhin^ dass der aus dem Meatus zuerst entfernte grössere Tumortheil 
von der Geschwulstmasse, die in den tieferen Abschnitten des knöchernen 
enörkanals resp. des Cavum tympani lag, abgerissen worden war. Es 
musste sich also um eine Geschwulst handeln, die von der Paukenhöhle 
her m den Meatus hineingewachsen war und hier in zwei Portionen sich 
gespaltet hatte; der eine Tumortheil hatte sich im Gehörkanale 
weiter entwickelt, während der andere die untere Wand des knöchernen 
Meatus durchgebrochen und sich unterhalb des Processus mastoideus in 
em unter dem Ansatz des Kopfnickers gelegenen Zellgewebe ausgebreitet 
hatte, eJlwo dann die Hautfistel entstanden war. Im Warzenfortsatze, 
aen ich der besseren Drainage des Mittelohres halber eröffnete, fand sich 
weder Eiter noch Geschwulstmasse. 

Bei der nun folgenden mehrwöchentiichen Beobachtung in der Klinik 
ergab sich scheinbar ein ganz günstiger Verlauf; es war jetzt möglich, 

® n ü ® feren Ohrtheile zu untersuchen: vom Trommelfell war nichts mehr 
i ®ohen und m der Paukenhöhle resp. an der Labyrinthwand derselben 
ei . n röthhehes, mässig dickes Gewebspolster, das sich sehr weich 
«KT’ ?\ C , ht stark blutete ’ durch welches hindurch aber nirgends rauhe 
i " ei \ s tellen zu fühlen waren; durch den fast bohnengrossen Substanz- 
di b Warzen Uü ^ er ^ n ^eatuswand bestand eine weite Communication gegen 

. October wurde der Junge wieder in die Klinik zurück- 

g Dracöt; im Meatus lag wiederum ein ziemUch grosser Tumor und 
, der Ohrmuschel, in der granulirenden Wundhöhle des Processus 
«T.f™;«u e ü S . s * cb e * ne ähnliche gelappte weiche Geschwulstmasse 
uh«!» j emze Inen Theile der Neubildung wurden ein zweites Mal 

HJaT p? eu nach noch ausgedehnterer Eröffnung des Processus gegen 

T 0 zu wur<Jen alle sichtbaren Geschwulstmassen mit dem 
iAt*t u aus ^ ekr ^ tz ti sowohl vom Periost des Schläfenbeines, das 

”, if b6n [ • x von ähnlichem Granulationsgewebe überdeckt war, wie auch 

TfnnJ, T «u teren . Gehörkanalswand, wo die Geschwulst schon auf den 
Knorpel übergegnffen hatte. 

befinriJ!?, 2eit lang mässig guter Zustand des Allgemein- 

riVIi n Und der Wunde selbst; aber schon nach drei Wochen zeigen 
srWnl Ue v ® r dächtige Massen in der Tiefe der Warzenwunde, die sich 
er ^ ö ssern und bald wieder zur alten Grösse gewuchert sind. Die 
hat während dieser letzten Zeit beträchtlich gelitten; 
Stark i?jK ent s ^hreit Stunden lang, schläft nur wenig; die Wunde eitert 
Tvuii j d ie Abmagerung macht sichtliche Fortschritte. 
wnllor, 1 ^ ^des Knaben, den baldigen Tod ihres Kindes voraussehend, 
mit n mc , me hr in der Klinik lassen und nehmen ihn nach Hause 

rinn -p r , 5111 , gs Pecember — im ganzen also zehn Monate seit Be- 

welcbfln ^ Q rkrankun g — an Marasmus zugrunde gegangen ist. Von irgend 
Juno-Ati Gehirnsymptomen wurde weder in den letzten Lebenswochen des 
Leidar ’J 0C l W ^ seines Verbleibens in der KHnik etwas berichtet. 

gelangte ich nicht in den Besitz des kranken Schläfenbeines. 

Rph, kopisclle Untersuchung der verschiedenen Ge- 
ristisäPhAn bei , den beiden Operationen ergiebt die charakte- 
reiphßfn 1 Me v km ^ Je des M y x osarkoms; man sieht ein sehr zell- 
Dift 7a li ewe . e J mi i ^ stellenweise nur spärlicher Intercellularsubstanz, 
en smd theils von spindelförmiger, theils von dreieckiger 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


oder sternförmiger Gestalt, haben einen gut färbbaren Kern und 
ihre Grösse wie ihr sonstiges Verhalten ist das der gewöhnlichen 

Äh“ !- ^ ,f WiSchengewebc ist an einigen Stellen 
rtnni „La. anderen wieder so massig, dass die Zellen nur sehr 
dflnn gesät erscheinen; an letzteren Stellen hat das Zwischen- 

TOW< ? er Ausgangspunkt der Neubildung darf in jenem Binde- 
gewebspolster der Labyrinthwand des Mittelohres gesucht werden 
wo wir beim Neugeborenen und oftmals stellenweise noch in den 
ersten Lebensmonaten jene gallertartige Masse finden, die aus 
embryonalem Bindegewebe mit spindel- und sternförmigen Zellen 
m einer structurlosen gallertartigen Grundsubstanz besteht. 

m. Zur Behandlung des Fettherzens. 1 ) 

Von Dr. Theodor Schott in Bad Nauheim. 

Die Behandlung der Herzkrankheiten hat in den beiden letzten 
Decennien das Interesse der Aerzte in steigendem Maasse wach¬ 
gerufen. Während Jahrzehnte vorher die physikalische Diagnostik 
der Herzkrankheiten die Aufmerksamkeit der medicinischen Welt 
derart m Anspruch nahm, dass sie das ganze Gebiet vollständig 
beherrschte, war es später die Therapie, welche sowohl durch Be¬ 
reicherung des medikamentösen Heilschatzes, wie vor allem auch durch 
bchaffung neuer, der sogenannten physikalischen Heilmethoden ganz 
gewaltig in den Vordergrund trat. Diesem letzteren Umstande ist 
es denn auch ganz besonders zu verdanken, dass man sich mit 
erneutem Eifer der Behandlung des Fettherzens zuwandte, denn 
gerade hier liess sich aufs deutlichste erkennen, dass sich mit 
arzneilichen Substanzen sehr wenig, ja sozusagen nichts erreichen 
liess. ^ Da war nichts natürlicher, als dass man sich um so 
energischer den anderen Disciplinen der Therapie zuwandte. Diese 
letzteren hier kurz vorzuführen und die mit ihnen erreichbaren 
Resultate zu schildern, soll der Zweck dieser Arbeit sein. Es ist 
selbstverständlich, dass bei der Fülle des vorliegenden Materials 
und der mir hierdurch knapp zubemessenen Zeit ich mich so kurz 
als möglich zu fassen suche, die einschlägige Litteratur möglichst 
übergehe, auch auf ausführliche Krankengeschichten ganz verzichte 
und vielmehr überall nur in grossen Zügen unseren heutigen Stand¬ 
punkt skizzire. Eine monographische Bearbeitung des vorliegenden 
Thema’s behalte ich mir für später vor. 

Ehe ich mich jedoch zur Schilderung der Therapie selbst wende, 
sehe ich mich veranlasst, nochmals einen Augenblick bei der 
Diagnose „Fettherz“ zu verweilen; nicht dass ich etwa dieses voll¬ 
ständig aus dem Bereiche meines heutigen Vortrages liegende 
Thema hier erschöpfend behandeln wollte, sondern vielmehr aus 
dem Grunde, weil mir einiges Hierhergehörige zum besseren Ver¬ 
ständnis des später bei der Behandlung zu Schildernden absolut 
nothwendig erscheint. 

Als bekannt darf ich voraussetzen, dass es sichere Symptome 
für die Erkennung des Fettherzens bis jetzt nicht giebt, wir viel¬ 
mehr gezwungen sind, auf complicatorischem Wege eine solche 
Diagnose zu stellen. Wir besitzen zwar in dem Verhalten des 
Allgemeinzustandes der Patienten, in dem Auftreten der Herztöne, 
dem Rhythmus der Herzcontractionen, der Beschaffenheit des 
Pulses etc. mancherlei Anhaltspunkte, welche uns die Diagnose 
„Fettherz“ als höchst wahrscheinlich bezeichnen lassen, aber 
Täuschungen kommen trotz alldem häufig genug vor, und nicht 
selten erleben wir, dass Fettherz diagnosticirt wird, wo sich durch 
Zuhülfenahme anderweitiger Symptome oder im späteren Verlauf 
der Krankheit ganz andersartige Herzleiden herausstellen. Ich 
möchte deshalb nochmals betonen, dass man mit der Diagnose 
„Fettherz“ sehr vorsichtig sein muss. Ich habe nicht selten ge¬ 
sehen, dass Fälle von Weakened heart, entstanden durch chronischen 
Tabakmissbrauch, nach allzuvielem Alkohol-, Kaffee- und Thee- 
genuss. infolge von Chlorose und Anämie, nach geistigen Auf¬ 
regungen und körperlichen Ueberanstrengungen, zu derartigen 
Täuschungen führten und dass dann die auf Fettherz gerichtete 
Behandlung von den verderblichsten Folgen begleitet war, ein Punkt, 
auf welchen ich später nochmals zurückkommen werde. Dazu 
kommt noch, dass die Fett-Um- und Durchwachsung des Herzens 
oft nicht zu unterscheiden ist von der fettigen Degeneration des 
Herzens, ja selbst die Differentialdiagnose zwischen dieser und jener 
dritten Form, in welcher das Fettgewebe gleichsam in die Lücken 
der Herzmuskelsubstanz tritt, ist oft ausserordentlich schwierig, 
was ich jedoch nur hier andeuten möchte, da wir gewöhnlich als Fett¬ 
herz nur die beiden ersten Arten verstehen, von denen sich freilich 
sehr häufig Uebergänge von der einen Form in die andere vorfinden. 

*) Vortrag, gehalten am 3. April auf dem XI. internationalen Congrcss 
zu Rom. 


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562 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27 


Ueber all diese Zustande verweise ich auf die einschlägige 
Litteratur, insbesondere von Leyden, Curschmanu, Ebstein, 
Cantani, A. Fränkel, A. und Th. Schott sowie Anderen. 

Ueber die Prognose im allgemeinen zu sprechen, dürfte sich 
erst dann verlohnen, wenn die durch die heutzutage angewandte 
Therapie zu erzielenden Resultate näher geschildert werden sind. 

Wenden wir uns nun zur Behandlung des Fettherzens selbst. 
Prophylaktisch vermag der Arzt hier sehr viel zu wirken durch 
Regulirung der Lebensweise, durch Rathschläge bezüglich passender 
geistiger Beschäftigung, körperlicher Thätigkeit u. s. w. 

Bei erblicher Disposition, d.h. ganz besonders, wenn dieselbe schon 
in früher Jugend sich geltend macht, schlagen oft alle angewandten 
Mittel entweder fehl oder zeigen sich in viel schwächerer Weise 
wirksam, so dass hier die Prognose im ganzen eine viel trübere ist. 

In früheren Zeiten spielte die medikamentöse Behandlung des 
Fettherzens eine grosse Rolle. Die Ekel erregenden und Erbrechen 
hervorrufenden Mittel sind ebenso wie die Blut entziehenden Curen 
ganz der Vergessenheit anheimgefallen, und auch die drastischen 
Abführmittel dürften jetzt kaum mehr Verwendung finden, da die 
hierdurch hervorgerufenen Misserfolge in keinem Verhältniss zu dem 
Erreichten standen. Aber auch die leichteren Abführmittel in der 
Form pharmaceutiseher Präparate spielen keine eigentliche Rolle 
und machen vielmehr den gleich zu erwähnenden mineralischen 
Abführquellen Platz. Dagegen haben die verschiedensten Jodpräparate 
noch zur Stunde einen grossen Anhängerkreis und finden vielfache 
Vertheidigung. Es ist jedoch zu bedenken, dass überall, wo man 
wirkliche Entfettung durch dieselben bewerkstelligen will, dies in 
der Mehrzahl der Fälle dadurch geschieht, dass die Esslust ab¬ 
nimmt. Ja ich habe genug Patienten gesehen, die von jener Zeit, 
da sie mit einer Jodcur begonnen, ihre Magen- und anderen 
Störungen des Intestinaltractus etc. datirten, so dass, wenn nicht 
von dem Gebrauch dieser Haloidsalze ganz abzusehen, so doch 
ihre Verwendung sehr einzuschränken und nur mit grosser Vor¬ 
sicht anzuwenden ist. Und es sei auch schon an dieser Stelle 
hervorgehoben, dass man mit diesen Präparaten ebenso wie mit den 
gleich zu besprechenden Abführmitteln in erster Linie die allge¬ 
meine Fettleibigkeit und secundär mit dieser das Fettherz selbst 
zu bekämpfen suchte. 

Noch vor wenigen Decennien spielten die Hauptrolle in der 
Therapie des Fettherzens die glaubersalzhaltigen Brunnen von 
Carlsbad, Marienbad, Tharasp etc., sowie die kochsalzhaltigen 
Quellen von Kissingen, Homburg, Nauheim u. s. w. Der epikritische 
Theil der einzelnen Behandlungsarten sei bis zum Schlüsse dieser 
Arbeit aufgeschoben, und ich will an dieser Stelle nur betonen, 
dass die unsinnigen Abführkuren, der Wettlauf nach raschen und 
bedeutenden Gewichtsabnahmen im letzten Lustrum wohl so gut 
wie ausnahmslos vorüber ist. Die Gefahren, welche der ehemals 
übliche Gebrauch der Abführwässer an den erwähnten Orten herbei¬ 
führte, eröffneten den Chlornatriumquellen das Gebiet, ohne jedoch 
zu verhindern, dass sich auch durch diese letzteren ähnliche Fehler 
wie dorten herausbildeten. Das literweise Trinken gehört hier 
wie dort jetzt nur noch zu den Seltenheiten, vielmehr werden 
stets bei den Trinkeuren die diätetischen Massregeln als ein 
Hauptfactor angesehen, und es kommt solchen Curorten zugute, 
dass die Patienten hier den Rathschlägen viel eher Folge leisten, 
als dies in der Heimath durchschnittlich der Fall zu sein pflegt. 
Ein gewaltiger Umschwung in der Behandlung hat sich erst in 
der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts vollzogen, und hier sind es 
ganz besonders zwei Namen, an welche sich jene Umwälzung anknüpft. 

Es sind dies erstens Stokes, welcher auf das Verderbliche 
der Ruhe bei Fettherzleidenden hinwies und zeigte, dass passende 
Bewegungen viel eher geeignet seien, als therapeutisches Agens 
zu dienen, und zweitens Banting oder besser gesagt Harvey- 
Banting, welch’ beide letzteren die nach ihnen benannte diäte¬ 
tische Behandlungsart creirten. Die diätetischen und die soge¬ 
nannten mechanischen Behandlungsarten stehen nun heutzutage im 
Vordergründe des ärztlichen Interesses und haben sich nach ver¬ 
schiedenen Richtungen zergliedert und herausgebildet. Betrachten 
wir zuerst die diätetische Therapie. 

Schroth’sche Semmelcur, die Tarnier’sche Milchdiät 
e ,7? iches seieT1 hier nur ^ rem Namen nach erwähnt, denn 
m Wirklichkeit waren sie nur Hungerkuren, welche nicht nur dem 
Körper Fett sondern auch anderweitige, dem Organismus noth- 
wendige Substanzen in derartiger Menge entzogen, dass bei 
längerer Anwendung die Gefahr den etwaigen Nutzen weit überwog 
und geradezu lebensgefährliche Zustände heraufbeschworen wurden. 
. Die Bantingcur als solche baut sich auf viel rationellerer 
Barns auf, und der Grundgedanke, durch Vermeidung des Genusses 
voh Kohlenhydraten und Fettsubstanzen den Zuwachs von Fett 
im Körper zu mhibiren und durch einseitige Eiweissnahrung dem 
Fettumsatz im Körper zu steuern und dadurch Fettabnahme des 
Organismus zu erzielen, ist an und für sich ein richtiger Und 


doch zeigt uns die praktische Ausführung, dass die Harvey- 
Banting’schen Vorschriften nur in seltenen Fällen stricte zur 
Verwendung gelangen können, wenn nicht Gefahren mancherlei Art 
entstehen sollen. Um diese letzteren zu vermeiden, hat Immermann 
empfohlen, die Bantingcur absatzweise zu gebrauchen, und sobald 
sich Beschwerden einstellen, eine Zeit lang auszusetzen. Im Gegensatz 
hierzu hat Cantani die ersterwähnten Vorschriften noch verschärft, 
so dass hier noch grössere Gefahren zur Geltung gelangen können. 

Im Gegensatz zu Banting erlaubt Ebstein mehr Fettgenuss, 
ja begünstigt diesen gegenüber die Kohlehydrate, welch’ letztere 
aufs äusserste beschränkt werden. Auf Theorieen an dieser Stelle 
nicht näher eingehend, sei nur bemerkt, dass auch hier Gefahren 
kaum ausgeschlossen sind und die bisher bekannt gewordenen 
Resultate noch mancherlei zu wünschen übrig lassen. Germain 
Sde giebt neben der Ebstein’schen Diät noch Peptone und 
Leimsubstanzen und lässt die Flüssigkeitszufuhr durch Kaffee- oder 
Theegenuss vermehren; nur die Alkoholaufnahme wird beschränkt. 

Den physiologischen Grundsätzen, wie sie durch die Voit- 
Pettenkof6r’sche Schule bekannt geworden, kommt die Regulirung 
der Diät, in der Weise, wie sie Oertel angegeben, am nächsten. 
Allein dieselbe wird, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, 
so gut wie nie allein bei der Behandlung des Fettherzens ange¬ 
wendet. Sie kommt abgesehen von der noch zu erwähnenden 
mechanischen Behandlung nach den Vorschriften von Oertel 
selbst mit mehr oder weniger starker, früher schon von Daniel 
empfohlener Beschränkung der Flüssigkeitszufuhr zur Anwendung. 
Ich muss es mir versagen, auf dieses Letzterwähnte mich liier in 
extenso einzulassen, da sowohl andere Autoren als auch ich bereits 
in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Arbeiten sowohl die 
theoretischen Anschauungen, welche den Autor zu ihrer Inaugu- 
rirung führten, als unrichtig hinstellten, wie auch die Gefahren, 
welche sich bei deren Anwendung einstellen, näher beleuchteten. 

Mein Bruder August Schott und ich haben endlich bezüg¬ 
lich der Diät eine Anzahl von Grundsätzen aufgestellt, welche sich 
uns bei der Behandlung des Fettherzens speciell, wie der Herzleiden 
im allgemeinen bewährt haben. Auch hierüber später mehr. 

Gehen w T ir nun zur sogenannten mechanischen Behand¬ 
lung über. Der berühmte englische Kliniker Stokes machte zu¬ 
erst auf die hochwichtige Thatsache aufmerksam, dass bei Fett¬ 
süchtigen Bewegung absoluter Ruhe vorzuziehen sei. So schreibt 
er bezüglich der Behandlung der fettigen Degeneration des Herzens 
in seinem bekannten Lehrbuche: „Bei solchen Leuten kann man 
häufig beobachten, was man allgemein unter dem Ausdrucke 
„getting the second wind“ kennt, das heisst, in den ersten Stunden 
des Tages bekommt der Kranke im höchsten Grade Dyspnoe und 
Herzklopfen, aber durch Ausdauer und Vermeidung übermässiger 
Anstrengung, oder nach kurzer Ruhe kann er sein Tagewerk voll¬ 
enden und selbst hohe Berge mit Leichtigkeit besteigen.“ Allein 
auch 'hier haben die Misserfolge, wie man sie mit der Befolgung 
der Stokes’schen Angaben erhielt, bald zu wissenschaftlichen 
Streitigkeiten geführt, wie dies aus den Schriften von Quain, 
Wal sh e u. a. hervorgeht, und schon nach kurzer Zeit waren die 
Lehren von Stokes nicht nur vergessen, sondern auch hier lautete 
die alte Losung wieder wie früher: „Ruhe, Entsagung und Entr 
behrung“, also passives Abwarten bis zum früheren oder späteren 
Auftreten von Störungen der verschiedensten Art. 

So stand es bis vor zwei Decennien, als fast gleichzeitig drei 
verschiedene Methoden der mechanischen Behandlung des Fett¬ 
herzens (wie der Herzkrankheiten überhaupt) auftauchten. 

Die mächtigste Anregung gab Oertel, welcher das Berg¬ 
steigen als Mittel zur Bekämpfung des Fettherzens in den be¬ 
kannten Terraincurorten zur Anwendung brachte. 

Zander in Stockholm erfand eine Anzahl sinnreicher Apparate, 
durch welche er die nach ihm benannte Massage- und Ma* 
schinengymnastik ausbildete. 

Mein verstorbener Bruder August Schott und ich 1 ) bildeten 
1) die sogenannte Widerstandsgymnastik aus, durch welche 
methodische Muskelbewegungen der Herzleidenden durch eine an¬ 
dere Person, den sogenannten Gymnasten, oder 2) Selbst- 
hemmungsgymnastik, bei welcher die Bewegungen durch An¬ 
spannung antagonistischer Muskeln seitens des Patienten selbst 
gehemmt werden. Ausserdem haben wir, wenn auch in anderer 
Weise wie Zander, Massage sowohl einzelner Glieder wie auch 
des ganzen Körpers empfohlen und in verschiedenen Formen viel¬ 
fach in Anwendung gebracht. 

Gleichzeitig haben sich dann im Gebiete der Balneo- und 
Hydrotherapie eine Anzahl Methoden entwickelt, welche hier eben¬ 
falls nur kurz skizzirt werden sollen. In Verbindung mit der 

*) Die einschlägige Litteratur der beiden letzten Decennien findet 
der Leser zum guten Theil in den Arbeiten über „Herzkrankheiten“ von 
0. Rosenbach im IX. Band, sowie Th. Schott, XXII. Band der t- 
Auflage der Eulenburg’schen Realencyclopädie. 


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5. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Gymnastik, sowie auch zur alleinigen Anwendung geeignet haben 
mein Bruder und ich eine Baineomethodik für Fettherzleidende 
wie auch anderweitige Herzkranke ausgebildet und gezeigt dass 
man durch dem Individuum genau angepassto Bäder, welche von 
den Thermalsool- zu den stärkeren Formen der kohlensäurereichen 
Sprudelbädern—seien dieselben natürliche oder künstlich zubereitete 
— übergehend durch Reizung sensibler Nervenfasern dasselbe er¬ 
reichen kann wie mit Hülfe der Gymnastik auf dem Wege der 
motorischen Nervenbahnen. Für die anämische Form des Fett¬ 
herzens hat Scholz auch auf den Werth der kohlensäurereichen 
Stahlbäder hingewiesen. In der neueren Zeit hat auch die Hydro¬ 
therapie angefangen, sich hier ein weites Gebiet zu eröffnen und 
zwar in der Form von Einpackungen, Abreibungen, Douchen u s w 
Ferner sind Dampf- und Heissluftbäder vielfach in Anwendung 
gezogen worden. 

Nachdem ich so in den Hauptzügen die bisherigen Methoden 
der Fettherzbehandlung geschildert, sei mir gestattet, auf Grund 
zahlreicher Beobachtungen meine Erfahrungen mitzutheilen, welche 
ich bei Patienten gewonnen habe, die sich der einen oder anderen 
Behandlungsart bei mir oder anderen Ortes unterzogen hatten. 
Da es mir darauf ankommt, das vorliegende Thema in epikritischer 
Weise zu beleuchten, so muss ich es mir versagen, auch hier zu 
sehr in Details einzugehen. 

Allen diätetischen Maassregeln liegt der Hauptzweck zugrunde, 
den Fettansatz in mehr oder minder hohem Maasse zur Schmelzung 
zu bringen und neuen Fettansatz zu verhüten. Nun besitzen wir 
aber bis jetzt kein Mittel, welches uns ermöglicht, das an den 
verschiedensten Stellen des Körpers angehäufe Fett einseitig zum 
Schwund zu bringen, ohne dass dabei nicht auch andere, dem 
Körper wichtige Substanzen in Mitleidenschaft gezogen werden. 
Ja als Ergebniss experimenteller Untersuchungen, welche man an 
hungernden Thieren anstellte, hat sich herausgestellt, dass die das 
Herzfett bildenden Massen erst ganz spät zum Schwund gelangen, 
wenn die Thiere durch allgemeine Abmagerung und Entkräftung 
bereits dem Tode nahe sind. Also die Resorption des das Herz 
betreffenden Fettes selbst kann es nicht sein, durch welche wir 
den Patienten Besserung oder Heilung ihrer Leiden verschaffen 
wollen. Es ist ja nicht zu bezweifeln, dass durch Entfernung 
grösserer Fettmengen aus Brust- und Bauchraum, vielleicht auch 
durch Verringerung der sich früher in den vermehrten Fettmassen 
neugebildeten Blutbahnen dem Herzen Erleichterung geschaffen zu 
werden vermag, und wir sehen dies bei rationeller Behandlung ge¬ 
wiss häufig genug; andererseits stellen sich aber auch so viel Ge¬ 
fahren hierbei ein, dass es eine für den Arzt hochwichtige Aufgabe 
ist, zu eruiren, wie er diese letzteren zu vermeiden vermag. Denn 
sonst — und wer von uns hätte sich hiervon nicht überzeugen 
können — überwiegt der Schaden um ein ganz Bedeutendes den 
Nutzen, welchen man erzielen will. Ich habe daher schon auf die 
Gefahren starker Abführcuren aufmerksam gemacht; der zweifel¬ 
hafte Erfolg beim Jodgebrauch wird oft mehr als aufgewogen durch 
die katarrhalischen und anderen Reizerscheinungen, welche sich oft 
über Monate und Jahre erstrecken. (Schluss folgt.) 


IV. Ein Fall von myxomatös entartetem 
Fibrolipom, ausgehend von der Subserosa 
des Mesenterium bez. Mesocolon. 1 ) 

Von E. Witte. 

Das seltene Vorkommen von Bindesubstanzgeschwülsten, die 
von dem subserösen Gewebe des Mesenterium bzw. Mesocolon aus¬ 
gehen, die Schwierigkeiten, welche einer radicalen Entfernung sol¬ 
cher Geschwülste oft entgegenstehen, veranlassen mich, einen dies¬ 
bezüglichen, durch Laparatomie geheilten Fall mitzutheilen. 

Es handelte sich um eine 23 Jahre alte Frau, die seit dem zwölften 
Jahre regelmässig menstruirt, nie krank gewesen ist. Verheirathet seit 
dwi Jahren, hat sie dreimal normal geboren, zuletzt vor vier Wochen. 
Die Wochenbette waren fieberfrei. Sie klagt seit ihrer Entbindung über 
öchmerzen im Unterleib und Kreuz, sowie über ein Gefühl von Schwere 
daselbst. 

Objectiver Befund: Kräftige, gesund aussehende Frau. Unterleib 
vorgewölbt durch einen Tumor, der unter den schlaffen Bauchdecken 
etwas nach rechts von der Mittellinie liegt und seiner Lage und Grösse 
nach für den Uterus im sechsten Monat gehalten worden vrar; dem wider- 
S ? I c* T)i n< l- ess ^ naamese - Introitus mässig weit, Scheide bequem, 
glatt, Portio klein, quergespalten, Uterus klein, weich, antevertirt, nach 
inks gedrängt durch einen Tumor, von dessen rechter Kante er auszu¬ 
gehen scliien. Der Tumor fühlte sich cystisch. höckerig an und wurde 
jus em multiloculäres Cystom des rechten Ovariums angesprochen, da die 
mken Adnexa normal, die rechten nicht zu fühlen waren. 

• r, *) Demonstrirt in der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshülfe 
m Rerlm, Sitzung vom 27. Üctober 1893. 


563 


Am 24. September 1893 wurde behufs Laparatomie nach den üblichen 
Vorbereitungen die Patientin in Beckenhochlagerung gebracht, und es 
zeigte sich sofort, dass der Tumor nicht mit dem kleinen Becken in Zu¬ 
sammenhang stand da er nach der Magengegond hinabsank, während eine 
\ erbindung mit dem Uterus trotz der dünnen fettarmen Bauchdecken 
Sic t Beweisen hess. Nach Eröffnung der Bauchhöhle erwiesen 

sich die Adnexa als gesund. Der Tumor liegt retroperitoneal, rechts mit 
dem Colon ascendens. links mit mehreren Dünndarmschlingen inn°- ver¬ 
bunden, nach oben hin nicht abgrenzbar. ö 

Es gelingt schliesslich mit nicht unerhebliohen Schwierigkeiten die 
einzelnen Lappen der cystischen Geschwulst aus dem Mesocolon und Me¬ 
senterium nach und nach stumpf auszulösen, wobei es lebhaft aus arte¬ 
riellen und venösen grösseren Gentssen blutet Eine plötzlich auftretende 
Asphyxie bei Aethernarkose erschwert die Auslösung und Versorgung des 
letzten Ausläufers der Geschwulst, welcher wegen ihres Hinaufreichens 
bis zur Magengegend eine Erweiterung der Bauchwunde 15—20 cm über 
den Nabel hinaus erforderlich macht. 


Die zwischen Mesocolon und der Wurzel des Gekröses befindliche 
grosse Wundfläche wird von Gerinnseln und peritonealen Fetzen befreit 
zusammengelegt, die nach links gesunkenen Därme in die Mitte gebracht 
und das Netz über den Därmen entfaltet. Naht der Bauchwunde mittelst 
sechs durchgreifender Seidenfäden und fortlaufende Catgutnaht der 
Muskelfascie. 

Pathologischer Befund: Der Tumor ist von Manneskopfgrösse und 
bildet eine aus zahlreichen wallnuss- bis apfelgrossen Cysten bestehende 
Cystenmasse, deren' obere Fläche in Handtellergrösse von lebhaft injicir- 
tem Peritoneum bedeckt ist. Die Cysten enthalten einen etwas trüben, 
schleimigen Inhalt, welcher bei Essigsäurezusatz faden- und streifenförmig 
gerinnt, ohne sich in überschüssiger Säure wieder zu lösen. Ebenso wird 
durch Alkohol Trtlhung hervorgerufen. 

Die Cystenwandung besteht aus einem zellreichen Gewebe, welches 
durch Verästelung kleine und grössere Hohlräume bildet. Diese Hohl- 
räume sind zum Theil mit Fettzellen, zum grössten Theil mit amorphen 
Massen ausgefüllt. Die Cystenwand hat eine sehr verschiedene Dicke und 
ist peripher papierdünn und mit Plattenepithel bedeckt. 

Wenn nun auch die myxoraatöse Degeneration dieses subserös ent¬ 
wickelten Fibrorayoms die Rückbildung beweist, so deutet die saftreiche 
Beschaffenheit des zellreichen Bindegewebes mit der Bildung von kleineren 
und grösseren Hohlräumen, die mit Fettzellen gefüllt noch keine schlei¬ 
mige Entartung zeigen, darauf hin, dass ein weiteres Wachsthum der 
Geschwulst zu erwarten war. Erfahrungsgemftss pflegt eine völlige Rück¬ 
bildung solcher Geschwülste selbst bei starker Abmagerung nicht einzu- 
treten. 

Der weitere W T undverlauf bei der Patientin war ein recht günstiger, 
bis auf eine Bronchitis, die durch Aethernarkose bedingt war. Bereits am 
folgenden Tage Motus peristalticus, am nächsten Tage Abgehen von 
Flatus. Die Wunde heilte trotz der heftigen HustenanfiUle per primain, 
so dass Patientin am 14. Tage die Anstalt verlassen konnte. 


V. Ueber die quantitativen Verhältnisse der 
Eiweisskörper im Blutserum von Kranken. 

Zweite Mittheilung 

von 

Doc. Dr. R. v. Limbeck, Dr. Friedei Fick, 

Abtheilungsvorstand und Assistenten der I. med. Klinik 

im Rudolfsspital in Wien in Prag. 

In No. 46 des Jahrganges 1893 dieser Wochenschrift hat 
L. Bleibtreu einen längeren Aufsatz publicirt, welcher der Kritik 
einer von uns in der Prager medicinischen Wochenschrift 1893, 
No. 12—14 veröffentlichten Arbeit, deren Titel mit dem dieser 
Mittheilung gleichlautend ist, gewidmet ist. Der Umstand, dass 
wir zur Zeit räumlich getrennt sind, sowie anderweitige Beschäfti¬ 
gung lässt uns erst jetzt darangehen, die zum Theil im Hinblick 
auf diese Einwendungen angestellten neuerlichen Untersuchungen 
mitzutheilen. Bleibtreu wendet sich zunächst gegen die von uns 
verwendete Methode, deren Darstellung in unserer Mittheilung ei* 
als „sehr kurz“ bezeichnet. Wir sagten 1 ): Das frisch defibrinirte, 
durch Aderlass gewonnene Blut wurde mit einer isotonischen Salz¬ 
lösung auf das Zehnfache verdünnt und in einem Spitzglase sich 
selbst überlassen. Nach 10—24 Stunden wurde das klare Serum 
abgehebert und in je einer Portion desselben 1) das Gesammteiweiss 
durch Fällung mit dem fünffachen Volumen Alkohol etc. (nach 
Hoppe-Seyler, Handbuch der physiologisch-chemischen Analyse) 
und 2) das Globulin durch Fällung mit dem gleichen Volumen 
einer kalt gesättigten Ammonsulfatlösung nach Pohl (Archiv für 
exp. Pathologie XX, p. 426) bestimmt. Die Subtraction beider 
Zahlen gab uns den Albuminwerth. 

Wir glauben, dass diese Angaben trotz ihrer Kürze vollständig 
genügen, um jedem mit den betreffenden Methoden Vertrauten 
unser Vorgehen klar zu machen, oder die Möglichkeit zu bieten, 
sich an der Hand der Litteraturangaben über die Methoden zu 
orientiren. 

Bleibtreu führt nun des weiteren aus, dass wenn wir deh 
im aliquoten Theile bestimmten Eiweissgehalt mit dem Grade der 

') 1. e. Separatabdruck, p. 5. 


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564 


DEUTSCHE MEDICIN1SCHB WOCHENSCHRIFT. 


No. 21 


Verdünnung enbteteeiumd muHipiicirt und dir- so erhaltene Zahl 
»k fW'-cntgch.ftlt de* Serums' hemhiuten, dies nicht richtig sei, 
jfo ja nach dem Volti-meu dbr i&f&Jmiitdieti Efümeiite der (Jehalt 
der gleichen Menge. Blut aö Soimm in VSfgehir4bneu F&R^fi 
schwankend und dmunaeh viril der Grad kr VcrtRlnDübg' ver¬ 
schieden sei. Ferner ftiiirt BJejbteeu OiMt.hd!lu*timiuUHgün m< 
die er an Loiohenblut mittete? 4er Siudvsi(i3l>f'stiiu;mrinr nach 
(vjcldahl vorgeriCtTCHKäi hat, 3>oi welcher der fite den Gcsainmt- 
stiekstoff gefundene Werth durch. Multiplikation mit item Factor 
6,2T> als Eiweiss bereohmd wurde. 

Was imu dßft nWteo-Punkt ; hedfi$L so; der Ktewönd 

B3 eih treu ’s insofern herechfigf-, ds sich hei uns der während der 
Arbeit mlioeh gebrauchte Ausdruck •„UfbuOüto des Serums- 1 * auch in 
die Mittheilüisg eingeschiiche»j hat Oebrigrna glauben wir. dass jeder 
Leser unserer Arbeit ersieht, was wir gern tu vl# t haben mul es völlig 
genügt, in unserer Arbeit statt «Frocentgehait des S*nmi* ;in Eiweiß** 
„Froceidgchult des Blutes hu int Herum iortiumlroi«ti Kteetes” zu 
sagen, um den von uns gefundenen Zahlen >hte reriilnutesigt in.- 
deuiuiig wieder zw geben, wie dies ja auelr Btbjhtrdu zugiubl. 
uidcTi} er sagt: .,\Vas v. LBnho--k und Fi eh im mt haben, 
kommt annähernd aui den Gehalt an Ei weis- im Sc.rcm in 100 ccm 
‘jBlut heraus. 11 Wenn aber Rteihfrara jm-otl. d.-n-s hieran cm 
wiederholtes Auswaschen des BJut körpr rchmieteibs mit Salzlösung 
und BeAlinmung des EiwcissgclmUcs der vtromigten Waschwasser 
nothwendig sei, so htest Ach den. gegenüber zeigen, dass der 
Fehler, den äaan dadurch ronekt. dass jn$n nur in einem ölig unten 
Thoile Ae» vmditehteh Gnrums den Eiweissgehafi besdmjnt, kaum 
in Betracht kommt. N'imim mau nämlich 10 ccm Flui und 
verdünnt dieselben &ui das Zcbfilöchc, ai* kann man bol dein 
soUfvahkendim: Yotemen dar - gdoniituji .Kte-monte' m. einem Falle — 
wir nehmen ahs-ichtiieh auch die von B leibt rivii äk Brkptel voc- 
xvetuhdeß Extreme —- 5 iM»m nur 95 ccm, in einem /.weiten 9 wm 
auf 99 ccm gebracht haben. 

Bestimmt man nun in boidtm iOillcj-. <n je 20 ccm. des Go- 
misch es dm Gehalt an Etetek*, 0 huf nrain um den Gehalt von 
lO.cctu Blut au im Serum $üt>kälteiiörj ; &ßfid)tan, 

die gebmdcuc Zahl einmal mit *-[' =? 4,75, das zweite nml mir. 

Vv 

A — 4,95 %w mnilipliriran. Gogmüher dem von uim fustgdhallenen 

Fähtu.r; fx,l) betrugt also. der . Feftfen in dem efstoreu, wobt maxi- 
waten .Falbe 0,85 •= 5f) Fd- wird sich also bei bis 9 ! ’/a sdiwaukcU“ 
den EiwßissWßftlien höchstens auf der ersten Dccimalstolle aus- 
p rügen. 

Aus dem Wursidhonden 'isigiiH sklx, »lass Fils Wierthe 4er in 
ökiom bestimhiteu <$üftjü um B) u ten mtMUömm Menge von im 
Serum. vorhandenen .bbtrai’hfFt, )mm Zahlen voll* 

kommen zu Recht bestchm. und wir können mit Bwfrbmiguug <:<m- 
statiom, dass dm H>n Bleihtreu nibdog iongereciincten Ergeh- 
nisso seiner Vm-suchc. wie m sAbsl sagt: den von uns ornutteUeu 
ZaULra Jrahekommi-JF rroccTUischc Aognfmn des ErwmsKßcluiltes 
des Siwums sind uusorc Zähteri reicht, solche wären aber vtm 
Bleib freu’s Stanupunkte aus wohl für den fvbmker ohne .Bef iick-' 
muhtigung dftg nach mdneö Angaben so sehr aehwänkenduiv. (9,52; 
bis 46jHdW/ü} VolufUGuS der köt'po.Hichcü Eleniepto von geringeebr' 
Y f)rwmctiibni'k ei t„ 

H BObtrct: bringt fern er in diesot Mittheiimtg eine Reihe von 
BfestHmmuitgen dos proemtisoheu Elw.fiiHdgö.haJtoö Beimms, vrdidiu 
mm veranlagt hahen, «bis nm ihm anmAvmidete Vcri’ahran mit dem 
unsongcu tu vergbdetem. B leib t reu outebmör das Blut „mrnge 
Htiindmi post mortem in noch fteh? geruhnemua Zuslande aus dein 
vorher gut gotrocktvcten Herd». m v E # vib-.og' der Venu cuwi. 
Bor EiwoinsgcUait, vurde ans d.-.u .« i( ,h EjAdahl UiAimMa 
SUckfettdlgidiAf doteh MuRiulborloo mw d-un bArtor 6,25 onnittcJt, 
nntöi* der allerdings njbhi absolut richtigen Ännahir.cs (lass aller 
HtiokstolF im berniv. 1« Form von Kiw^ois« enthaltoji. söt.. £)ag Serum 
wurde durch rinfaedum Absctzcnlafesen dnv Blutkö]|?e! ehiui gewo'dilcti.*' 
Yon dem Um^Undc; eines ohne OiusbezöglMt^ vergimd.mnlc Unter- 
Stic n»ug( D >i. pi c.o« iocIh, zu rui >cbcuhm mt., ul» cbindt in clor Leiche 
I>müwimvgteW\ das ßkftebgum libJUi schon in kurzer 
AmtWcritedcrungnu smirns Ocbaites au gelösten ßtoffeu mfeidet, 
Woileh ■ vvir -ganz ab^td.cn Bmgogco arsc-hion' c» -uns' wönsdiöng- 
wteg durch Versuche 'UiwiofmTrdie 'VernacliläsbigüTjg 

rm’, 'Hellen, ma» ulo der Bcrechnuag des (b&ammtsBck' 
Stöfies dos Ltetsdrnroh alu Eiweiß mmhi,<m^sMeh- m uoMfqfk- 
lf b ‘ \ st ’ im] , fA) iEe VeTwenduTig' eines TAirc!mcliititt.yfm'tors bei der 
Bcreehmuig ocr Eiwc^meuge :.u, dw, Storni Ab-altem g-o.z ci,v 
W'm* Steel mt. Von vornherein mt cs klar, 4^. das von' un* ge¬ 
wählte Vorgolmn der direkten Wägung des durch Alkohol gefällten 
m4 nachher ml AUtehöte Mw mul Wn^ör öhsgnWWmrom 
Mmdorsuhbigos cnUchiedcn trotz .seiner reimteo U UnmBimllichKdt 


gegen über der Umradliäung to Sift. ddm Kjeldahl-YertAhten rte 
iialleijen Zahlen als das. Weitaus Yortuziehen ist, Jmuutj- 

hjti schien es tiÄ& wiinucliejiywerth, soblemnküdge Belege für dir 
Viugjcbhung hoidor M»‘Miodeü zu nrbringen, da snh.-h© für dks 
Hbrmn higher nicht vorliegen. 1 ) , A -, 

ijin IJjstersufiMiugdn, wdobe an Mcfitehohhiutscriun vo> wiegend 
von dem Einen von uns. (L i m Ite e k).‘ vv»rgi'Hühi«te& Worden sind/wurden 
in einer Yersüebstethd desidaren 

^kmus, ibytoli Gonteifugiteit des friätUi ileübrhdften Ate|hsg-' : . 
blutoft gewhnnon wortlon War, theiin mit dk Wäginig^möÜhHk\ 
ihcdl? mittels der N - Bes ti m j miü gp m gtlu> d e unter Multi|>ilitRtioH mit 
5.25 bestimmt wurde, ln anderen Fällen wurde neben oder such 
ohne Wiiguug dos Eiw'eis^niedörscbIage* einerseits der Gc?ainmb 
K-Gohult dos. Stjrujns^ anderarsoits d»r des Alk oh olox.ti-ftc.fHS tks~ 
selben näch wiederholtem Waschen mit Alkohol, Ae tim f und Wkhs^ 
Imbthojut ' Sei bst.versten «Uich w urden die vcrwoudelou Roagenben 
vorher aut' ihren evmit.uollen N-Gehält untersneht. 

Die folgeud wi TaWleh enthalten einen Th eil der so an Menschen- 
hlutseruni gcwonhericf!. Ite^ultate. 

Tuhelle- l. 


0 i it g. l 

ose • 

Ehvm«^oiklt| N-Gehali 
dte ‘Serums ! des Serums 
•dikW^b«] 

| Berechnet 

1 auf Eiweiss 

1 . ■ 

DjFfircaJ; 

V- 

L Fmuimmtia CTOitp. 

% (»fhiojtizft- 

i>roMuWonie 5 ,-,.' 
S] EinphvsijOi . > 

i. EmpEv sem . . 

5. Nephritis rimm. . 

6,285 

5,050 
5.708 
9.174 
% 084 

Tab 

1,01.43 

ÜJM77 

1.035 

.1,545 

L3ft5 

olle 2. 

6,339 f 03 

" .- 4 ' ; V: ’B 

ffim m 

- um •>, 133 
9,Ö» r '8 j «Xi • 

. b,53ö 'j 2 l ,u 


D i agwo so 


N-Gcimlt 
deV Sertims 


Chlorese I . 
Chlorose 41 . 
Gsteomaiauie 
Nur mul . , 
Neuritis . . 
Ncur.dgle : 
Emph^som , 
NeFhdMs V .... 
I Jräirub: T . c 
üriimikii; , 


xm 

0.996 

1.238 

x,\W 

XJM 

x$W 

Ü7»- 

..* 

9,964 

ÜÄV 


N-Geludt. 
des Alkohol* 
ex.tfac.tds 

8 >o 


teiiiciDQZ 


0,034 

0 , 022 ’ 

0vO2S 

mm . 

0,019; 

- 0,022 >i ; 
0,02 

. Mti •’ 
0 . 0)4 
0-Ufte 


• 2,2 

■ A 0 

■ Ö 

/M- 

•. i& 

■ 

'•üw; 


Eine Iteihn ?cm. die vun duüi Elften vdh Uift- 

UBck) m PJbrdtdduteerum gngestejlt wurden, ergab ganz anaiogr 
licsuit-ata ; ; ■ .' .• 

llhberbiickt tnnn die >ö.rst«dmml mitgetnmlten ResuHub’. ^ 
zeigt sioli, - dass zwar in oimm Reihe von FäUön die Dil!erstell 
zwisuhnn den durch AYögung und der durch Umredmung dt’U* 

N -GchuR oi Uiittenen Eiwcibszahlen rinurseite, suw r ic ahdrrerseits tte 

N-teVha!c (b.T ».u-ht ?]s Eiw< isc nnzos* \u nd-ji o N stanzeiJ Sor v uiio 
godng m und wohl wnm-hlässi^ aerc<-.: Uu»».; Ir •"•irmr großen 
Zahl v»,.£\ Füllen aber, und sv,:;r voexverauo te; s<;h tüm^ rtje nat 
Staunngcn und Nicrenverämicruiigcrg gßnz besonders bei Urä;m‘ p 
sind diese Bifteremmu sehr hoch. Die Fälliingsmethoda, 4je ju zur 
^uaiititafcrvHi) BnsUmtnung des Ei weisseg von chemischer t ®r 
Yorliche he nutet wird, liefert hel vollkomm^ienrÄufri^^ 
Niederschlag, der bis auf einen minimalen-Gehalt an ammgaiiiÄ» 
Balzen als reines Eiwriss au Zusehen kt. 

Die .pi'jdVreiizeii zwischen den Resultaten der EüitungH- und -kr 
S|;jökstu0u>ethmlö können auf zweierlei 'Momenten beruhen. \#r 
iillem mf (Um N-Oehalt der nicht. Ciweksftrtigen; ja den AlkobrE - 
extfüct, übergehenden Substanzen, der wie Tabelle H zeigt ; nuF 
unter rocht bedeutend kt (bas 11 ?/o) v und foi'öor mR der Ver*. 
Weu duhg des. Factors 6,25, Die Summe des liurcb Fäll unk er * 
hältenen. Eiweiss plus dem den Extractsuhstanzsß ^ 

Eiweisswortli hat nämjieii. mitunter bei dmi au Fterdhblutsateific 


T* Aaksoli fZeikchrift füt kliüiöchß MetEdn B(1 23, S..19jk;d er 
hi einer Reihe von Fällen \ 0 i Sehrßpfhlöte da« proctmB^het' VEiw^' 
geholt vom GosaratntMut imd zürn Theil auch wo rebmm Sbruni ohewÄiis 
ohne Rücksicht auf das V räumen «jc.r roth- <\ BiutehrpovebrHi 
(njd.|ilerb.fl-i iiri (ü}gp|öef{nefi4itW’as hübefcZidilefi 'irWelt ak ' 

hei -.muer anulogen Erörterung der Feidorqneihm des Kjcldatb 
fünf Bestimmungen des Alkohotextearicu des Bluter mit.. Er ärhHdt -«p iV 
md Ihr je eijmn Föll von Ulcus ventrionlb Pueamünift und. rjitipFte'CMt 
itieine, für einen F’.i 1! von rhrociHrkr Noplo-if i« 0 'no Zidih m 6 

$mm berechnet- heit 1 g rauf 100 g Blut, (also etwe hAAv .^f 
Gosauunteiwekswerthü} auBanchte, und bei einem FaH ypfl. 
v A r ^!fl-9hg einen noch-, höheren Worth flAh g Eiweiß auf 1<K| g. Rhit.t 







5. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


565 


wie auch einigen an Menschenblutserum angestellten Zahlen er 
geben, die denjenigen, die durch Umrechnung des N-Gehaltes des 
berum erhalten worden waren, durchaus nicht entsprachen- häufig 
waren sie zu klein. Dies weist darauf hin, dass der verwendete Factor 
6,25 nicht immer zutreffend ist. Dieser entspricht, wie schon oben er¬ 
wähnt, dem N-Gehalt des Serumalbumins 16,04 nach HammarRtftn 
für das Pferdeblutserum; der N-Gehalt des Serumglobulins wird 
von demselben Autor auf 15,85 angegeben, doch zeigten die 
einzelnen Präparate ziemlich erhebliche Verschiedenheiten im Ge- 
ha . ] i e a ? C und N; aus Pleuraexsudat dargestelltes Serumalbumin 
zeigte 15,88 /o N. Nun enthält also das Blut zum mindesten 
zwei Eiweisskörper verschiedenen N-Gehaltes, das Serumalbumin 
und -Globulin, und zwar, wie wir in unserer Mittheilung zeigten 
m sehr wechselndem Verhältnisse (das Globulin kann 13 3— 1 74 0 oL 
des Gesammteiweiss ausmachen), und so erscheinen denn die’mit 
diesem Factor gewonnenen Zahlen wohl untereinander annähernd 
vergleichbar, aber nicht als absolute Werthe. In einem Fall von 
Chlorose hat der Eine von uns (Pick) den Eiweissgehalt des 
Serums durch Alkoholfällung mit 6,816% und den N-Gehalt des 
Alkoholfiltrates mit 0,0308% bestimmt. Der durch Alkoholfällung 
erhaltene Niederschlag wurde nun auf seinen N-Gehalt untersucht 
und hierbei nach Abzug der Asche (1,089<>/,) 15,69% N erhalten 
7 nnü? Ch wäre för diesen FaU 4180 der Factor 6,25 unrichtig um 
1,92% zu niedrig genommen. Dieser vereinzelte Versuch'ent¬ 
spricht der von vornherein naheliegenden Annahme, dass die Ver¬ 
wendung eines Durchschnittsfactors für die Berechnung aus dem 
N-Werthe noch einer exacten Begründung bedarf. Wie man sieht, 
sind diese Fragen noch durchaus nicht spruchreif, jedenfalls aber 
schemt aus vorstehenden Erwägungen hervorzugehen, dass 

1 . die Berechnung des Eiweissgehaltes aus der Stickstoffzahl 
durch Multiplication derselben mit dem Factor 6,25 bedeutende 
Fehlerquellen in sich schliesst, 

2 . die Fällungsmethode als weitaus exacter vorzuziehen 
ist und 


3. die von uns in der ersten Mittheilung gebrachten 
Eiweisszahlen für den Procentgehalt des Blutes an im 
Serum vorhandenen Proteinen und demnach auch die 
hieraus gezogenen Schlüsse zu Recht bestehen. 


VI. Aus dem hygienischen Institut der Universität Kiel. 

Weitere Beobachtungen bei der 
Untersuchung choleraverdächtigen Materials. 

Von Professor Dr. Bernhard Fischer. 

(Fortsetzung aus No. 26.) 

. fr den Aussaaten aus dem Herzblut dieser drei Thiere, sowie 
m den aus den Peptonculturen angelegten Plattenaussaaten fanden 
sich wieder, und zwar ausschliesslich, die besprochenen, den Cholera- 
colomeen ähnlichen Colonieen.. Wenn schon am ersten Tage nach 
der Aussaat das Wachsthum bei diesen Bacterien ein weit rascheres 
und kräftigeres war als bei den Cholerabacillen, so trat dies weiter- 
hin noch mehr hervor. Bereits vor Ablauf von 24 Stunden waren 
die ünginalplatten, am nächsten Tage auch schon die ersten Ver¬ 
dünnungen zerflossen, während auf den weiteren Verdünnungen die 
Mehrzahl der Colonieen Stecknadelkopf- bis Hanfkomgrösse erreicht 
hatte, wobei die grauweissen Culturmassen theils in Form kreis¬ 
runder, gleichmässig getrübter Scheiben, theils in Ringform in der 
Uelatine auf dem Boden der tiefen, kraterförmigen Einsenkungen 
lagen. Bei schwacher Vergrösserung wurden jetzt nur noch ganz 
vereinzelte, in der Entwicklung zurückgebliebene Colonieen ange- 
oöon, di 0 eine entfernte Aehnlichkeit mit zwei bis drei Tage 
f ♦ 1 ,oleracolonieen darboten, während die kleineren Colonieen 
Fa k 6 k re * sru nd, scharf linig begrenzt, grobkörnig und von brauner 
rbung waren und sich meist am Rand ein schmaler, radiär ge¬ 
strichelter Saum unterscheiden liess. 

Die von isolirten Colonieen der Platten angelegten Stich- 
c turen in Gelatine waren am nächsten Tage von einer 2—3 tägigen 
lchcultur der Cholerabacillen bei blosser Besichtigung nicht zu 
nterscheiden. Weiterhin verschwand jedoch diese Aehnlichkeit 
in^d ’ T- dem ^ e fr fc fr 0 fr der Umgebung des Impfstiches auch 
A ,® r / le fr rasch und in grosser Ausdehnung verflüssigt wurde. 

usserdem machte sich frühzeitig eine ausserordentlich leb- 
dflfi t6 Gasbildung bemerkbar. Schon nach wenigen Tagen war 
fla\ ga ü Ze verflüssigt, und man beobachtete auf der Ober- 

c e der verflüssigten Massen, die im Laufe der Zeit eine leichte 
sruniichgelbe Farbe annahmen, ein ziemlich dickes, schleimig- 
j* ert, £ es Häutchen, welches jedoch schon bei leichten Erschütte- 
«« zerstört wurde, worauf die Culturmassen in Form von lang- 
s ogenen Tropfen und Fäden dem Boden zustrebten, 
nn», & anz ähnliches, leicht zerstörbares Häutchen fand sich 
auch regelmässig auf den Culturen in Bouillon bezw. in Pepton¬ 


kochsalzlösungen. Bei den Bouillonculturen trat namentlich im 
Brütapparat anfangs ebenfalls eine starke Gasentwickelung auf. 
In eigens hierzu angefertigten Glasapparaten, die eine möglichst 
vollständige Ansammlung sowie eine bequeme Entnahme des ge¬ 
bildeten Gases für die Untersuchung gestatteten, wurden von zwei 
Tage lang im Brütapparat gewesenen Bouillonculturen auf 100 ccm 
Bouillon 15 ccm und mehr eines Gases erhalten, welches aus 
2—5 Vol. % Kohlensäure 
76—77 „ „ Wasserstoff 

18—22 „ „ Stickstoff 

bestand. 

Unter gleichen Verhältnissen lieferte das aus demselben Stuhl 
isolirte Bacterium coli — ebenso das aus dem dysenterieverdächtigen 
Stuhl reingezüchtete Bacterium coli — nur wenig mehr als 5 ccm 
Gas auf 100 ccm Bouillon, und hatte das Gas die folgende Zu¬ 
sammensetzung: 

8—11 Vol. % Kohlensäure 
81—83 „ „ Wasserstoff 

6—11 „ „ Stickstoff. 

Dagegen entwickelte eine dem Bacterium coli bis zu einem 
gewissen Grade ähnliche, lebhaft bewegliche Bacterienart, die aus 
einem Bauchdeckenabscess gezüchtet war und die sich durch her¬ 
vorragende pathogene Eigenschaften (namentlich durch die Fähig¬ 
keit, Entzündung und Eiterung zu erregen) auszeichnete, unter 
gleichen Bedingungen aus 500 ccm Bouillon nur 0,8 ccm Gas, 
welches zu 75 % aus Kohlensäure bestand. 

Die beschriebenen, in Culturen den Cholerabacillen ähnlichen, 
durch ausserordentlich lebhafte Gasbildung ausgezeichneten Stäb¬ 
chen wachsen ausserdem in Milch, in welcher sie unter Säure¬ 
bildung Gerinnung bewirken. Auf gekochten Kartoffeln bilden sie 
schon bei Zimmertemperatur eine anfangs graubraune, später oft 
rothbraune, dicke, schmierige Auflagerung. Zum Unterschied von 
den Cholerabacillen, welche auf in Seewasser gekochten Kartoffel¬ 
stückchen besonders üppig gedeihen, blieb auf solchen das Wachs¬ 
thum dieser Bacterien auch bei Brüttemperatur regelmässig aus. 
Die Cultur auf Agar bietet, abgesehen von der Braunfärbung der 
Culturauflagerungen bei älteren Culturen, nichts besonderes dar. 

Während der nunmehr fast zehn Monate hindurch fortgesetzten 
Züchtung auf den verschiedensten Nährböden haben diese Bacterien 
im wesentlichen immer das beschriebene Verhalten gezeigt, nur ist 
das Wachsthum jetzt nicht mehr ganz so lebhaft wie unmittelbar 
nach der Gewinnung aus dem Stuhl. Bei der häufig ausgeführten 
mikroskopischen Untersuchung wurden nie Sporen bezw. sporeri- 
ähnliche Gebilde angetroffen, auch wurde an den Culturen, die 
unter den verschiedensten Verhältnissen gehalten waren, nie eine 
besondere Widerstandsfähigkeit beobachtet, die auf das Vorhanden¬ 
sein von Dauerformen hingewiesen hätte. Die Stäbchen lassen 
sich nicht nach der Methode von Gram färben. Gelegentlich 
vorkommende Biegungen und Krümmungen an den Stäbchen sind, 
wie ein genaueres Zusehen ergiebt, auf eine winklige Aneinander¬ 
lagerung zweier Stäbchen zurückzuführen. 

Die Stäbchen beanspruchen nun nicht nur durch die Aehnlich¬ 
keit der Culturen mit denjenigen der Cholera, sowie durch die 
lebhafte Gasbildung unser Interesse, sie sind auch durch hervor¬ 
ragende pathogene Eigenschaften ausgezeichnet. 

Wie durch zahlreiche Versuche festgestellt ist, sterben 
Mäuse und Meerschweinchen, denen man eine bestimmte, 
nicht zu kleine Menge der Culturen in die Bauch¬ 
höhle oder unter die Rückenhaut bringt, in der Regel, 
und zwar oft innerhalb weniger Stunden. Nach sub- 
cutaner Impfung fand sich fast immer ein von der Impfstelle 
ausgehendes, mehr oder weniger ausgedehntes, blutiges Oedem, 
bei Meerschweinchen mehrmals von ähnlicher Stärke und Aus¬ 
dehnung wie bei an malignem Oedem zugrunde gegangenen 
Thieren. Bei einigen Mäusen waren die Lungen besonders blut¬ 
reich, und erschienen dieselben stellenweise verdichtet, im übrigen 
wurden gröbere Veränderungen an den Organen nicht wahrge¬ 
nommen. Stets, auch bei den nach subcutaner Impfung in kürzester 
Zeit zugrunde gegangenen Mäusen, wurden die Stäbchen im Blut 
und in den Organen in grosser Zahl angetroffen und nicht nur in 
Ausstrichpräparaten sondern auch durch die Cultur nachgewiesen. 
In dem blutigen Oedem der Meerschweinchen waren sie in beson¬ 
ders grosser Menge vorhanden. In den Organen fanden sie sich 
auf Schnitten in den Capillaren meist in Haufen angeordnet, hier 
und da wurden hierbei kleine Blutaustretungen in das Gewebe be¬ 
obachtet. 

Mit dem Blut bezw. mit Organstückohen auch der rasch nach 
der Impfung erlegenen Thiere gelang es, neue Thiere zu inficiren. 
Auf diese Weise wurde die Verimpfung von Maus zu Maus allein 
durch Einspritzung von Blut der der Infection erlegenen Thiere 
einmal durch fünf und einmal durch sieben Generationen hin¬ 
durch mit Erfolg ausgeführt. Es zeigte sich hierbei, dass zu 


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Go igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27 


566 


einer erfolgreichen Weiterimpfung schon der zehnte Theii einer 
Blutaufschwemmung genügt, die man erhält, wenn man das Herz 
einer der Impfung erlegenen Maus sammt seinem Inhalt in 
1 —2 ccm sterilisirtes Wasser einbringt und darin einige Minuten 
lang hin und herbewegt. 

Liess man eine solche Blutaufschwemmung bei Zimmertempe¬ 
ratur ein oder zwei Tage lang stehen, so genügten schon weit 
kleinere Mengen für eine erfolgreiche Weiterverimpfung, und erwies 
sich dieselbe weit wirksamer als eine gleichaltrige oder selbst ältere 
Bouilloncultur. 

Die subcutane Verimpfung von Culturen auf Mäuse blieb ge¬ 
wöhnlich ohne Erfolg, wenn von mehrtägigen Bouillonculturen 
weniger als 0,1 ccm oder von einer eintägigen Agarcultur weniger 
als der zehnte Theii einer Platinöse genommen wurde. Mit 0,1 ccm 
einer solchen eintägigen Blutaufschwemmung subcutan geimpfte 
Meerschweinchen gingen zugrunde, während 0,5—1,0 ccm einer 
mehrtägigen Bouilloncultur ohne Wirkung blieben. 

Die subcutane Verimpfung von Bouillon- bezw. Gelatineculturen 
auf Kaninchen blieb bei zwei Versuchen erfolglos, nach dem Ein¬ 
bringen von 0,3 ccm Herzblut eines der Impfung erlegenen Meer¬ 
schweinchens in die Ohrvene entwickelte sich bei einem dritten 
Kaninchen eine ausgedehnte Nekrose an der Einstichstelle. Von 
anderen Versuchsthieren erlagen Hausmäuse sow r ie eine Fledermaus 
ähnlich wie weisse Mäuse der subcutanen Impfung mit Agarculturen 
dieser Bacterien, während dieselbe bei einer Krähe in einem Ver¬ 
such, sowie bei Fröschen in vier Versuchen erfolglos blieb. 

Auffallend war die Schnelligkeit, mit welcher die erfolg¬ 
reich geimpften Thiere zugrunde gingen. Bei 34 der Impfung er¬ 
legenen Mäusen ist der Tod 15 mal vor Ablauf von 15 Stunden 
erfolgt, bei den anderen, meist über Nacht eingegangenen Mäusen 
war die Zeit des Todes nicht genau festgestellt, doch erfolgte der¬ 
selbe in keinem Falle später als nach 27 Stunden. Fünf Mäuse 
starben nach Einspritzung von Agarculturaufschwemmungen (1 
bezw. 0,1 Oese der Cultur) in die Bauchhöhle schon nach 3—4, 
drei subcutan geimpfte schon nach 5—6 Stunden. Von den Meer¬ 
schweinchen erlagen drei subcutan geimpfte nach 10—16 Stunden. 

Ein derartig rascher Eintritt des Todes muss die Vermuthung 
nahelegen, dass die Bakterien die Versuchsthiere durch Gift¬ 
wirkung zu Grunde richten. Indess trotz der mannigfachsten 
Versuche gelang es bisher nicht, in den Culturen das Vorhanden¬ 
sein eines solchen Giftes darzuthun. Von Bouillonculturen, von 
denen 0,2 ccm zur erfolgreichen Impfung von Mäusen genügten, 
konnte in mehreren Versuchen, nachdem die Bakterien daraus 
durch Filtration entfernt waren, selbst 1 ccm ohne Schaden ein¬ 
gespritzt werden. War hiernach das Vorhandensein eines gelösten 
Giftes in den Culturen nicht wahrscheinlich, so gelang es auch 
nicht, eine Giftwirkung der Bakterienleiber nachzuweisen. Bei 
mehrfach wiederholten Versuchen konnte ohne Schaden den Mäusen 
eine Bouilloncultur eingespritzt werden, wenn dieselbe eine Stunde 
lang auf 60° oder auf 54 o C erwärmt oder ebenso lange mit 
Chloroform behandelt oder vier Stunden dem Sonnenlicht ausgesetzt 
war, während die gleich grosse Menge, oder auch schon der sechste 
Theii der nicht erwärmten, nicht der Sonne ausgesetzten, bezw. 
nicht mit Chloroform behandelten Bouillon den Tod der Thiere 
bewirkte. 

Von der Aufschwemmung einer eintägigen Agarcultur in 
Wasser (je eine Oese auf einen ccm), von welcher bereits Vio ccm 
Mäuse in 3 1 /2 .Stunden tödtete, konnte anderen Mäusen ohne jeden 
Schaden je ein ganzer ccm in die Bauchhöhle gespritzt werden, 
wenn die Aufschwemmung vorher in der Flamme einmal aufgekocht 
oder eine Stunde lang auf 70° C oder ebenso lange auf 50° C 
erwärmt. war, oder wenn die Bakterien vorher abfiltrirt waren. 
Einstündiges Behandeln mit Chloroform sowie die zweistündige 
Einwirkung des Sonnenlichtes während des Vormittags (im Februar) 
hatten bei diesem Versuche, wie durch nachträgliche Aussaaten 
festgestellt wurde, nicht zur Abtödtung der Bakterien geführt, 
und war daher die Impfung in diesem Fall erfolgreich. 

Nach diesen Beobachtungen könnte man vermuthen, dass 
die Bakterien erst innerhalb des Körpers das verderbenbringende 
Gift erzeugen. Vielleicht spielt aber die Giftwirkung bei diesen 
Bakterien gar keine oder doch nur eine untergeordnete Rolle, 
und kommt der schnelle Tod dadurch zu Stande, dass die 
Bakterien, die sich, wie gezeigt, ausserordentlich rasch im 
Körper verbreiten und auch stark vermehren, in einem oder 
auch wohl einigen für das Leben wichtigeren Organen eine be- 
sonders lebhafte Vermehrung erfahren und hier schon durch ihre 
Masse Störungen bedingen, durch welche die Function dieser 
Organe aufgehoben wird. Ob diese Auffassung, für welche der in 
einigen Fällen auf Schnitten durch die Lunge und durch die 
Milz beobachtete überaus grosse Bakterienreichthum sprechen 
würde, richtig ist, wird aber erst durch weitere Untersuchungen 
festzustellen sein. 


Die vorstehend geschilderten Bakterien stimmen mit den bisher 
bekannt gewordenen nicht überein, es handelt sich vielmehr um 
eine neue Bakterienart, für welche ich wegen der ausser¬ 
ordentlichen Schnelligkeit, mit welcher sie den Tod der Versuchs¬ 
thiere herbeizuführen vermögen, vorläufig die Bezeichnung bak- 
terium tachyktonum d. h. „schnelltödtendes Bakterium“ 
in Vorschlag bringen möchte. 

Bakterien von ähnlichem pathogenen Verhalten sind bisher 
nur von G. Sanarelli in Bologna beschrieben worden (Central¬ 
blatt f. Bakteriologie Bd. 9, S. 193). Die von ihm mehrfach im 
Wasser gefundenen Bacillen, die er wegen der braunen, den Rotz- 
culturen ähnlichen Auflagerungen, welche sie auf Kartoffeln bilden, 
als Bacillus hydrophilus fuscus bezeichnet hat, haben sich 
nicht nur für die verschiedensten Säugethiere und Vögel, sondern 
auch für Amphibien und Fische als in hohem Maasse pathogen 
erwiesen, während dasBacterium tachyktonum, wie erwähnt, Fröschen 
gegenüber wirkungslos blieb. Bei den Versuchen von Sanarelli 
erlagen der Impfung mit Culturen von Bacillus hydrophilus fuscus 
weisse Mäuse nach 7—8 (bei Bacterium tachyktonum schon nach 
3—6 Stunden), Meerschweinchen innerhalb 12, Kaninchen (Ein¬ 
spritzung in die Blutbahn) in 5—-6, Fledermäuse in 5—6, Frösche 
in 8 — 10 Stunden. Wie Sanarelli feststellte, verloren die 
Culturen, wenn die Bakterien durch Filtration daraus entfernt 
waren, völlig ihre Wirkung. Von dem Bacterium tachyktonum 
unterscheidet sich der Bacillus hydrophilus fuscus aber nicht nur 
durch die Wirkung auf Versuchsthiere, sondern er hat nach den 
von Sanarelli gegebenen Abbildungen und Beschreibungen eine 
ganz andere Gestalt und verhält sich, abgesehen von der Kartoffel- 
cultur, die eine gewisse Aehnlichkeit besitzt, in den Culturen 
wesentlich anders. 

Eine weitgehende Aehnlichkeit in den Culturen und auch im 
mikroskopischen Verhalten, nicht dagegen in der Wirkung auf 
Versuchsthiere, zeigen aber die Bakterien, welche der Kreisphysikus 
Dr. Max Bl ei sch in Cosel in den Dejectionen eines nach pro¬ 
dromaler Diarrhoe binnen 24 Stunden unter choleraartigen Er¬ 
scheinungen gestorbenen Mannes gefunden und in der Zeitschrift 
für Hygiene Bd. 13 S. 31 beschrieben hat. Eingehendere ver¬ 
gleichende Untersuchungen, zu denen Culturen benutzt wurden, 
die von einer von Herrn Dr. Blei sch in der liebenswürdigsten 
Weise zur Verfügung gestellten abstammten, ergaben, dass die 
Bleisch’schen Bakterien u. a. etwas länger und dünner sind, dass 
sie erst bei 9° C gedeihen, während Bacterium tachyktonum schon 
bei 7°C wächst, und dass das Wachsthum und das Verflüssigungs- 
vermögen bei den Bl ei sch’schen Bakterien ein erheblich schwächeres 
ist. In jungen Plattenculturen der Bleisch-Bakterien, die makro¬ 
skopisch die grösste Aehnlichkeit mit Choleraculturen darbieten, 
fanden sich bei schwacher Vergrösserung neben den von jungen 
Choleracolonieen kaum zu unterscheidenden stets unregelmässige, 
am Rande eigenthümlich verzweigte, mit mehr oder minder dicken, 
oft verästelten Ausläufern versehene Colonieen, wie solche m den 
Colonieen des Bacterium tachyktonum bisher nie vorkamen. Die 
Bleisch - Bakterien bilden auf Kartoffeln einen Anfangs blass¬ 
gelben, das Bacterium tachyktonum von Anfang an einen braunen 
Belag. Bei den Bleisch-Bakterien wurde in Culturen auf Pepton¬ 
kochsalzlösungen oder Bouillon zum Unterschied von dem Bacteniim 
tachyktonum nie ein Häutchen beobachtet. Wie durch dies® v . er ‘ 
gleichenden Versuche festgestellt wurde, bilden die Bleisch-Bakterien 
in den Culturen ebenfalls Gas, ja sie entwickelten bei mehreren, 
jedesmal gleichzeitig mit Bacterium tachyktonum angestellten un 
unter möglichst gleichen Bedingungen ausgeführten Versuchen 
in Nährbouillon etwa gleichviel Gas, aber ein Gas von eine 
ganz anderen Zusammensetzung. Statt 2—5 Vol. °/o Kohlensaar 
wurden hier 30—40 Vol. %, statt 18—22 Vol. 0 b Stickstofi etwa 
4 Vol. o/o, statt 76—77 Vol. °/ 0 Wasserstoff nur 56-60 Vol. ;o 
gefunden. # ua 

Auch die mit Culturen der Bleisch-Bakterien geimpften Ma 
starben, falls grössere Mengen der Culturen unter die RucKe * 
haut gebracht wurden, aber frühestens (vier Mäuse) na • 
20—24 Stunden, oft (sieben Mäuse) sogar erst nach 2—^0 Aa ^ e _ 
Bei fünf dieser Thiere, welche erst 5—6 Tage nach der 
starben, bildeten sich in der Nähe der Injectionsstelle, zW ® 1 , 
auch entfernt davon, am Bauch Abscesse und daraus hervorgehe 
Hautgeschwüre, wie sie ähnlich nach der Verimpfung des aus 
Stuhl eines Brechdurchfallkranken gezüchteten Kommabaci 
„Vibrio heikogenes“ von mir beobachtet und im vorigen Janrg - 
dieser Wochenschrift S. 599 beschrieben sind. Auch beim * 

tachyktonum waren übrigens zweimal bei Mäusen, denen absic 
sehr kleine Mengen von Agarculturen einverleibt waren, ® 
Haut Verschwärungen in der Nähe der Einspritzungsstelle . 

worden. In den Absonderungen dieser durch die Bleisch-BaJW 
sowie durch das Bacterium tachyktonum hervorgerufenen 
geschwüre waren dieBakterien durch die Cultur nachgewiesen wor 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



5. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


567 


Es mag bei dieser Gelegenheit erwähnt sein, dass die von mir in¬ 
zwischen auch mit anderen Kommabacillen ausgeführten Uebertragungs- 
versuche auf Mäuse ergeben haben, dass sich auch mit Cholerabacillen, 
sowie mit den Kommabacillen von Miller und Finkler bei Verimpfung 
von nicht zu grossen, d. h. nicht tödtlich wirkenden Mengen der Culturen 
Hautgeschwüre hervorrufen lassen, die oft ziemlich weit von der Ein¬ 
spritzungsstelle entfernt sind und die namentlich an den abhängigen 
Theilen auftreten. Indess bei den genannten Kommabacillen trat die Ge¬ 
schwürbildung weit seltener auf, und bei zahlreichen derartigen Versuchen 
erlangten die Hautgeschwüre nie eine solche Ausdehnung wie beim Vibrio 
helkogencs. Bei Verimpfung von Choleraculturen auf Mäuse starben die 
Thiere meist frühzeitig, nur wenn zur Impfung das Blut solcher der 
Impfung mit Cholerabacillen erlegener Thiere verwendet wurde, bildeten 
sich einige Male, und zwar erst am achten bezw. zehnten Tage kleine 
Hautgeschwüre, ohne dass es indess hier gelang, Kommabacillen durch 
die Cultur im Secret nachzuweisen. 

Bei den der Impfung mit Bleisch-Bakterien frühzeitig erlegenen 
Mäusen fehlte das blutige, von der Impfstelle ausgehende Oedem, 
es wurden aber auch gröbere Veränderungen an den inneren Or¬ 
ganen stets vermisst. Aus dem Blute und, wie bereits erwähnt, 
aus dem Geschwürsecret wurden die Bleisch-Bakterien meist durch 
die Cultur wieder erlangt. (Schluss folgt.) 


Meine Untersuchungen, die sich über Acid., Natr., Kal., Zinc. und 
Hydrarg. sozojodol. erstreckten, gestalteten sich folgendermaassen: Zu- 
nächst vergewisserte ich mich, ob es gelänge, durch Zusatz von '/a resp. 
* t- f er ver .^ hied< r n en gelösten Präparate«) zu frisch mit Diphtherie 
mficirter Bouillon die Entwickelung der übergeimpften Keime zu hemmen. 

ich impfte also elf Reagensrührchen ä 10 ccm Bouillon mit ie drei 
Uesen einer 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur und setzte so¬ 
fort zu fünf derselben je '/a ccm und zu fünf je 1 ccm einer 10%ieen 
Lösung der verschiedenen Sozojodolpräparate hinzu, so dass die ersten 
fünf Giäschen je Vs %. die zweiten fünf je 1% der Desinficientien ent¬ 
hielten. Das elfte Röhrchen blieb als Controllglas ohne Zusatz. 

Sämmtliche Röhrchen wurden in den Brütschrank gestellt, und nach 
b resp. 24 Stunden wurden je drei Oesen des Inhalts in Bouillon über¬ 
tragen, diese auch bei Brüttemperatur aufbewahrt und sechs Tage hin¬ 
durch beobachtet. Schon nach 24 Stunden hatten sich in einzelnen Gläs¬ 
chen reichlich Diphtheriekeime entwickelt, während die Bouillon der 
meisten Gläschen steril geblieben war und es auch während der sechs 
Beobachtungstage blieb. 

Die Resultate zeigt folgende Tabelle: 

Tabelle I. 

Entwickelungshemmung resp. Abtödtung frisch über¬ 
geimpfter Diphtheriebacillen, 


VII. Aus dem hygienischen Institut in Königsberg i. Pr. 

lieber die Desinfectionskraft der Sozojodol- 
säure und verschiedener ihrer Salze gegen¬ 
über dem Löffler’schen DiphtheriebaciUus. 

Von Dr. Arthur Dräer. 

Die günstigen therapeutischen Erfolge, die mit den Sozojodolsalzen 
auf den verschiedensten Gebieten erzielt worden sind, so z. B. in der 
Chirurgie von Nitschmann (Therap. Monatsh. Jan. 1889), Thomann 
(Wien. klin. Wochenschr. 1889, No. 38), Schw arz (Revue m6dico-pharm. 
No. 7), Ostermayer (Deutsche med. Wochenschr. 1889,No. 41), Witt¬ 
hauer (Münch, med. Wochenschr. 1892, No. 34), Trapernikow (Therap. 
Blätter 1893, No. 2) und vielen anderen, in der Rhino- und Laryngologie 
von Suchanek (Corresp. f. Schweizer Aerzte XIX.), Herzog (Therap. 
Monh. August 1889), Fritsche (Therap. Monh. Juni 1888) u. a., in der 
Ohrenheilkunde von Klamann (Allgem. med. Centralztg. 1893,No. 49) 
u. s. w., vornehmlich aber die Erfolge bei Diphtherie, welche Schwarz 
(Intern, klin. Rundsch. No. 21) in Konstantinopel gehabt hat. dem von 
46 an Diphtherie erkrankten und mit Natrium sozojodolicum behandelten 
Kindern von ein bis acht Jahren nur fünf starben, veranlassten mich, die 
Desinfectionskraft verschiedener in die Therapie eingeführter Sozojodol¬ 
präparate auf den Löffler’schen Diphtheriebacillus bacteriologisch 
zu prüfen. 

Ich fühlte mich um f so mehr zu diesen Untersuchungen veranlasst, 
als bisher die etwaige keimtödtende Eigenschaft dieser Salze den Diph¬ 
theriebacillen gegenüber bacteriologisch noch nicht geprüft worden ist, 
wogegen die Desinfectionskraft derselben gegenüber verschiedenen anderen 
Mikroorganismen schon wiederholt untersucht wurde, wobei die Mehrheit 
der Untersucher zu günstigen Resultaten gelangte. 

Allerdings behauptet Hueppe (Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 4 
bis 7), dass den Sozojodolpräparaten eine genügende antibaeterielle Ein- 
wiAung auf die Cholerabacillen nicht zugeschrieben werden könne; 
und ferner spricht auch Behring (Zeitschr. f. Hyg. 1890, IX.) den Sozo¬ 
jodolpräparaten, besonders den neutralen Salzen fast jede desinficirende 
Wirkung ab. 

Dagegen wurden günstige Resultate verzeichnet von Langgaard 
Unerap. Monh. 1888, No. 9) gegenüber den Eitercoccen, ferner von 
LUbbert (Fortschr. d. Med. 1889, No. 22 u. 23) gegenüber den Fäul- 
msserregem, Staphylococcus aureus, Pyocyaneus und Milzbrandbacillen, 
ausserdem von Spirig (Zeitschr. f. Hyg. 1893, Bd. XIII) gegenüber Milz- 
brändsporen, Staphylococcus aureus, Prodigiosus, Pyocyaneus und Typhus- 
bacillen. und schliesslich von mir (Centralbl. f. Bact. 1893, XIV, No. 7) 
gegenüber den Cholerabacillen. Andere bacteriologische Versuche mit 
den oozojodolpräparaten sind mir nicht bekannt geworden. 

Schwarz, der sich der Sozojodolsalze und besonders des Natrium 
sozojodolicum vielfach bei äusseren und auch inneren Krankheiten bediente 
und sich von der Unschädlichkeit desselben, selbst in grossen Dosen (3.0 
£ di®) innerlich genommen, überzeugt hatte, wandte dasselbe versuchsweise 
. Diphtherie in der Weise an, dass er es bei Kindern bis zu drei Jahren 
f" f t i? r ’ su !^ Verhältnis von 1:4, bei Kindern zwischen drei und 
unfJahren mit Flor. sulf. ana und bei älteren Kindern allein benutzte, 
maeni er es mit einem Pulverbläser vierstündlich in Mund und Nasen¬ 
höhle des Kranken einblies. 

Durch diese Behandlung, combinirt mit der innerlichen Darreichung 
von stündlich einem Esslöffel Sol. Kal. chloric. 1.0—1,5 :200.0, einer ge- 
d * e S « C ^ au f flüssige Nahrungsmittel, wie Milch. Bouillon 
mit Eidotter beschränkte, aber sehr oft gereicht wurde, und öfterer Dar¬ 
reichung von Reizmitteln, wie Decoct. cort. Chinae mit Cognac oder Ma- 

~ ich sage durch diese Behandlung — gelang es Schwarz, von 
• T^ 11 zu heilen. Allerdings ist es nicht erwiesen, ob es sich 

allen chesen Fällen auch in der That um echte durch den Löffler- 
fln Diphtheriebacillus hervorgerufene Diphtherie gehandelt habe, da 
as makroskopische Bild allein mitunter zu einer Fehldiagnose führen kann. 
pj.li " ei den y°n Schwarz behandelten Kranken beschränkte sich in 22 
R rv n dle Diphtherie auf die Mandeln, in 10 Fällen waren auch der 
nen und die Nasenhöhle und in 14 auch der Kehlkopf ergriffen. 


Zusatz 
iu % 

Dauer 

der 

Eiuwirk. 

Acid. 

soz. 

Natr. soz. 

Kal. soz. 

Zinc. soz. 

Hydrarg. 

soz. 

Controlle 

'/»%j 

6Std. 

steril 

Wachs- 

Wachs- 

Wachs- 

steril 

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24 „ 

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thum 

steril 

thum 

thum 

steril 


thum 


ÖStd. 

steril 

steril 

Wachs- 

steril 

steril 


24 „ 

„ 


1 thum 
; steril 


_ 


Es handelte sich also in allen den Fällen, in denen die übergeimpfte 
Probe keine entwickelungsfähigen Diphtheriekeime mehr enthalten hatte, 
nicht nur um Entwickelungshemmung, sondern sogar um Abtödtung der¬ 
selben. Am besten hatten Acid. und Hydrarg. soz. gewirkt, dann Natrium 
und Zineum, und am wenigsten Kalium. 

Um den Einwurf zu entkräften, es könnte mit den drei Oesen des 
Inhalts der Originalgläschen etwa zu viel des Desinficiens in die neuen 
Bouillongläschen übertragen sein und so zur Entwickelungshemmung 
resp. Abtödtung lebensfähiger. Ubergeimpfter Diphtheriebacillen geführt 
haben, inficirte ich nach sechs Tagen die steril gebliebenen Bouillon¬ 
gläschen mit je einer Oese einer Diphtheriebouillonreincultur, stellte sie 
in den Brütschrank und konnte nach 24 Stunden überall reichliche Ent¬ 
wickelung von Diphtheriebacillen constatiren. 

Es handelte sich jetzt für mich darum, zu untersuchen, ob die Diph¬ 
theriebacillen auch in entwickelten Reinculturen durch die genannten 
Präparate abgetödtet werden könnten. * Zu diesem Zwecke impfte ich 
wieder elf Reagensgläschen it 10 ccm Bouillon mit je drei Oesen einer 
24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur und stellte sie für 24 Stun¬ 
den in den Brütschrank. 

Nachdem ich mich dann davon überzeugt hatte, dass überall eine 
starke Entwickelung der Diphtheriekeime stattgefunden hatte, wurde zu 
fünf Gläschen je 1 ccm und zu fünf je 2 ccm einer 10%igen Lösung 
der Sozojodolpräparate hinzugesetzt, so dass die ersten also einen Zusatz 
von l°,o. die zweiten einen solchen von 2% des betreffenden Desinficiens 
erhielten. Das elfte Gläschen blieb wieder als Controllglas ohne Zu¬ 
satz. Alle elf Gläschen wurden bei Brüttemperatur aufbewahrt. 

Nach '/a, 1, 2, 3 und 7 Stunden wurden ihnen Proben, und zwar je 
drei Oesen, ihres Inhalts entnommen und in frische Bouillongläschen 
übertragen, welche wieder bei einer Temperatur von 37,5—38 ü C auf¬ 
bewahrt wurden. 

Nach 24 Stunden zeigten sich die in untenstehender Tabelle wieder¬ 
gegebenen Resultate, die sich auch während einer Beobachtungszeit von 
zehn Tagen nicht änderten. 


Tabelle II. Einwirkung auf voll entwickelte Diphtberiebouillonculturen. 


Zu¬ 
satz 
in % 

Dauer 
der Ein¬ 
wirkung 

Acid. 

soz. 

Natr. 

soz. 

Kal. soz. 

Zinc. 

soz. 

Hydrarg. 

soz. 

Controlle 

t 

Vs Stunde 

Wachs- 

Wachs- 

Wachs- 

Wachs- 

steril 

Wachs- 



thum 

thum 

thum 

thum 


thum 


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steril 

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steril 


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Wachs¬ 

Wachs¬ 

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— 

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7 „ 

- 

- 

" 





’) Das sehr schwer lösliche Hydrarg. soz., welches sich in Wasser 
nur im Verhältnis 1: 500 löst, brachte ich durch Zusatz von 7,5 v /oo Koch¬ 
salz zur Lösung. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Bei diesem Versuch hatte also das Hydrargyrum am besten, fast 
ebenso Acidum, dann Zincum und Natrium gewirkt, während das Kalium 
ohne sichtbare Wirkung gewesen war, was vielleicht an der geringen 
Löslichkeit dieses Salzes liegt. , . o , „ 

Es ist das Kalium soz. nämlich mit Ausnahme des, wie schon er¬ 
wähnt sich nur in Kochsalzlösung in stärkerer Concentration lösenden 
Hydrarg. soz. die am schwersten lösliche SozojodolVerbindung, da die 
Löslichkeit der Sozojodolsalze nach Langgaard (Therap. Monatsh. 1888, 
No. 9 ) folgende ist: ._ n n 

Natr. soz. . . 6,2 Theile in 100 Theilen Wasser von 17° C 

Zinc. soz. . . 5,2 „ „ „ „ „ „ ^ 

Kal. soz. . . 1,8 „ * „ « » ” « 

Hydrarg. soz. 0.2 „ „ „ « 

In warmem Wasser ist die Löslichkeit eine etwas grössere. Die 
reine Säure ist in Wasser sehr leicht löslich. 

Die steril gebliebenen Bouillongläschen wurden nach zehn lagen 
auch wieder aus dem schon oben erwähnten Grunde mit je einer Oese 
einer Diphtheriebouillonreincultur inftcirt, worauf bei Brüttemperatur 
überall starke Entwickelung von Diphtheriebacillen eintrat. 

Ich ging nun zu einem neuen Versuch über, bei welchem ich die 
desinficirende Kraft der Sozojodolsalze gegenüber den Diphtheriebacillen 
auf einem festen Nährboden prüfte und dabei folgendermaassen verfuhr: 

Sieben Petri’sche Schälchen wurden mit einer flachen Schicht 
A^ar-Agar ausgegossen, worauf nach dem Erkalten die Oberfläche des 
Agars strichweise von einer 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur 
aus geimpft wurde. Nachdem die Schälchen sodann 24 Stunden im Brüt¬ 
schrank gestanden hatten und in allen strichförmige Diphthericculturen 
ausgewachsen waren, wurden die Culturen der ersten fünf Schälchen je 
mit einer dünnen Schicht der verschiedenen Sozojodolpräparate') und die 
Culturen des sechsten Schälchens mit einer ebenso dünnen Schicht steri- 
lisirten Sandes bedeckt, während die des siebenten Schälchens frei blieben. 
Das Bestreuen mit Sand wandte ich aus dem Grunde hei einem Schäl¬ 
chen an, um zu sehen, ob etwa die Bedeckung der Culturen vermittels 
eines Pulvers an sich schon von Einfluss auf die Lebensfähigkeit der 
Diphtheriebacillen wäre. 

Nun wurden die Schälchen wieder in den Brütschrank gestellt, 
worauf nach V 21 U 2, 3 und 7 Stunden vermittels der Platinöse aus allen 
etwas von den Diphtherieculturen entnommen und in Bouillon übertragen 
wurde. Es wurde bei dieser Manipulation zuerst das bedeckende Me¬ 
dium von der Entnahmestelle so gut wie möglich mit der Platinöse ent¬ 
fernt, nm ein Uebertragen des Desinficiens in die Bouillon thunlichst zu 
vermeiden. Sodann wurde mit der wieder ausgegltthten Platinöse ein 
kleines Stück mit Diplitheriecultur bedeckten Agars von etwa Linsen¬ 
grösse ausgestochen und in die Bouillongläschen übertragen, welche so¬ 
fort in den Brutschrank gestellt wurden. 

Ich will nicht unterlassen anzuführen, dass das Acid. und Zinc. soz. 
sich bald nach dem Aufstreuen auf die Agaroborfläche löste und die Agar¬ 
schicht in grösserer Ausdehnung in ihrer ganzen Dicko durchsetzte und 
sie milchig trübte. In ewas geringerem Maasse war dies auch bei Natrium 
und Hydrarg. soz. der Fall; dagegen nicht bei Kalium soz. 

. Die Bouillongläschen zeigten nach 24-stündigem Aufenthalt im Brüt¬ 
schrank folgendes, sich auch im Verlaufe der nächsten acht Tage nicht 
mehr ändernde Verhalten: 

Tabelle HIA. Anwendung eines festen Nährbodens (die Culturen 
mit den trockenen Präparaten bestreut). 


Dauer 
der Ein¬ 
wirkung 

Acid. 

soz. 

Natr. soz. 

Kal. soz. 

1 

Zinc. 

soz. 

Hy- 

drarg. 

soz. 

Sand 

Controlle 

Va Stunde 

steril 

Wachs- j 
thum 

Wachs¬ 

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steril 

Wachs¬ 

thum 

Wachs¬ 

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” 






” 


” 


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* 


Es waren also die Diphtheriebacillen durch das Bestreuen mit Acid., 
Zinc. und Hydrarg. soz. Schon nach einer halben Stunde, und durch Natr. 
soz. nach einer Stunde vernichtet. Dagegen hatte Kal. soz. keine Wir¬ 
kung erzielt. 

Nach Ablauf der achttägigen Beobachtungszeit wurde der genaueren 
Controlle wegen von sämmtlichen Bouillongläschen nach gehörigem Um¬ 
schütteln je ein Tropfen mittels der Platinöse auf eine im Petri’schen 
Schälchen ausgebreitete Agarfläche gebracht und dieses Schälchen in den 
Brütschrank gestellt. Nach 24 Stunden zeigten sich Resultate, welche 
den in obiger Tabelle angegebenen vollkommen entsprachen. 

Nun wurden die steril gebliebenen Bouillonröhrchen mit je einer 
Oese Diphtheriebouillonreincultur inficirt und in den Brütschrank gestellt, 
worauf schon nach 24 Stunden sich in allen, ausser den mit Sozojodol- 
quecksilber versetzten, reichlich Diphtheriebacillen entwickelt hatten. Es 
war also nur in diesen Röhrchen zuviel des stark antibacteriell wirkenden 
Quecksilbersalzes mit den Agarstückchon in die Bouillon übertragen und 
hatte so den Nährboden zur Entwickelung von Keimen unfähig gemacht. 
Doch ist gerade in diesen Fällen, d. h. bei Anwendung des Quecksilber¬ 
salzes, wegen seiner — wie später gezeigt wird — enormen Desinfections- 
kraft ausgeschlossen, dass etwa noch lebensfähige Bacillen an den in die 
Bouillon übertragenen Agarstückchen gehaftet haben. (Schluss folgt.) 

*) Ich will hier erwähnen, dass Acid., Natr., Kal., Zinc. soz., feine, 
nadelförraige, farblose Krystalle, das Hydrarg. soz. ein schön pomeranzen¬ 
gelbes, äusserst feines Pulver bildet. 


VIII. Oeffentliches Sanitfttswesen. 

— Ans dem italienischen statistischen Jahrbuch für 1892. (Annuario 
statistico italiano. 1892. Roma 1893.) 

Medicinalpersonal. ImJalire 1892 gab es in Italien 19120 Aerzte 
und Wundärzte (oder 6,2 auf je 10000 Einwohner), von denen 5856 auf 
die 69 Hauptorte entfielen. Die Zahl der Apotheker betrug 10941 (3,6), 
der Apothekergehülfen und des unteren Apothekerpersonals 1564 (0,5), der 
Heilgehülfen 1540 (0,5), der Zahnärzte und zahnärztlichen Geholfen 648 
(0,2)? der Hebammen 10243 (3,3), der Thierärzte und des unteren tier¬ 
ärztlichen Personals 2413 (0,8). Von den einzelnen Städten wies Neapel 
verhältnissmässig die meisten Aerzte und Wundärzte auf (28,3 auf je 
10000 Einwohner), desgleichen das zahlreichste Apothekerpersonal (10,5), 
aber nur 6.3 Hebammen auf je 10000 Einwohner, während es in Venedig 
deren 7,0, in Turin 7.9, in Florenz 8,6 und in Mailand sogar 9,5 gab. Rom 
hatte auf je 10000 Einwohner 11,6 Aerzte und Wundärzte, 4,5 Apotheker 
u. s. w. und 5,4 Hebammen. Gegen 1878 ist die absolute Zahl der Me- 
dicinalpersonen erheblich gewachsen; im Verhältniss zur Bevölkerung aber 
ist die Zahl derselben mit Ausnahme der Hebammen (3,3 gegen 3,0 auf 
je 10000 Einwohner) geringer geworden. Die Verhältnissziffer der Aerzte 
und Wundärzte betrug 1892: 6,2, 1878: 6,5, wobei allerdings hervorzuheben 
ist, dass die Zahl der zur Gesammtpraxis berechtigten Aerzte (Medici- 
chirurghi) von 4,5 auf 5,4 gestiegen ist, die Verhältnissziffer des pharma¬ 
zeutischen Personals betrug 1892 : 4,1, 1878 : 4,2, der Heilgehülfen und 
Zahnärzte entsprechend 0,7 und 1,1, des thierärztlichen Personals 0,8 
und 1 , 0 . 

Krankenhäuser. Von den 1289 Civilkrankenhäusern, welche nach 
der Aufnahme vom Jahre 1885 bestehen, haben 1158 Mittheilungen über 
die Krankenbewegung während des Jahres 1891 eingesandt. Danach be¬ 
trug der Krankenbestand zu Anfang dieses Jahres 36675 und am Schlüsse 
36563. Aufgenommen wurden 372853 Personen, entlassen 329025, ge¬ 
storben sind 43940 Personen. Von je 100 Kranken, deren Behandlung 
innerhalb des Jahres aufhörte, starben 11,8. Die höchsten Sterbeziffern 
beziehen sich auf die Krankenhäuser der Provinzen Venetien, Emilia, 
Marken, Umbrien, Campanien und Ligurien, da hier viele Personen auf¬ 
genommen wurden, die an Tuberkulose, bösartigen Geschwülsten, Lungen¬ 
entzündung u. s. w. litten, die niedrigsten auf die Krankenhäuser von 
Sardinien, Apulien, Calabrien, Basilicata und Latium, in denen hauptsächlich 
Malariafieber, venerische Krankheiten und parasitäre Hautkrankheiten, 
welche in der Regel erfolgreich behandelt werden, zur Aufnahme kamen. — 
Die Krankenhausaufnahmen entsprachen 1891 einem Verhältniss von 12 
auf 1000 Einwohner. Eine 1889 begonnene Erhebung bezog sich auf 
Krankenhäuser mit mindestens 10 Betten. In 889 Krankenhäusern dieser 
Art wurden 86 °/o aller in Krankenhäusern behandelten Kranken aufge¬ 
nommen. Dieselben verfügten über 54390 Betten, von denen durch¬ 
schnittlich 34548 belegt waren, während die Bettenzahl in den zuvor ge¬ 
nannten 1158 Krankenhäusern 57765 mit einer mittleren Belegungsziffer 
von etwa 35000 betrug. In den 889 Krankenhäusern waren 2871 Aerzte 
und Wundärzte thätig. Jeder Arzt hatte täglich im Mittel 12 Kranke 
zu behandeln, ausschliesslich der Oberärzte 17. Das mittlere Gehalt der 
letzteren betrug 1085, das der Assistenten 757 Lire. 

Irrenhäuser. Ende 1891 gab es einschliesslich der Abtheilungen 
für Geisteskranke in den allgemeinen Krankenhäusern 73 öffentliche und 
private Irrenanstalten, in welche 23554 Kranke aufgenommen wurden. Von 
diesen litten an angeborenen Geisteskrankheiten 2214, an Manie 3632, 
Melancholie 3709, Verrücktheit 4459, an epileptischer Geisteskrankheit 
an pellagröser 1948, an paralytischer 594. (Aus „Veröffentlichungen des 
Kaiserlichen Gesundheitsamtes“ 1994, No. 20.) 


— In Frankreich sind, wie wir den Veröffentlichungen des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamtes 1894, S. 419, entnehmen, durch Gesetz vom 
15. Juli 1873 Bestimmungen über die unentgeltliche ärztliche Benana* 
lang Unbemittelter erlassen. Danach hat jeder unbemittelte Franzos 
im Erkrankungsfalle Anspruch auf freie ärztliche Behandlung entweder m 
seiner Wohnung oder in einer Krankenanstalt. Wöchnerinnen rechne 
als Kranke. Fremde, unbemittelte Erkrankte werden wie Franzosen d • 
handelt, falls ein Gegenseitigkeitsvertrag zwischen dem betreuende 
Heimathlande und Frankreich besteht. Verpflichtet, für die ärztliche b 
handlung zu sorgen, sind Gemeinde, Departement und Staat, veic 
wiederum sowohl auf einander, als auf Personen, Gesellschaften oa 
Körperschaften, insbesondere auch auf Familienangehörige des Erkrank 
zurückgreifen können, sofern dieselben gesetzlich zur Unterstützung v* 
pflichtet sind. Jede Gemeinde ist hinsichtlich der Behandlung ^ 
Kranken auf ein oder mehrere Krankenhäuser angewiesen; der Arzt s 
im Bedarfsfälle ein Aufnahm ezeugniss aus, welches von einem Beam 
gegengezeichnet wird. Nur auf Grund dieses Zeugnisses erhalt 
Krankenhaus die verausgabten Kosten ersetzt. Besondere Behörden reg 
in jedem Departement die Angelegenheiten der ärztlichen ^ rme ®? e ?. 
lung. Die Ausgaben theilen sich in regelmässige und aussergewöimn ■ 
Die ersteren umfassen die Bezahlung der Aerzte, Heilgehülfen una 
ammen bei Behandlung der Kranken in ihrer Wohnung; die Arzneien 
Apparate zur Krankenpflege; die Lazarethkosten. Diese Ausgaben trag 
Gemeinden, Departements und der Staat. Die aussergewöhnlichen h 
beziehen sich auf Vergrösserung und Neubau von Krankenhäusern: n 
giebt der Staat Beihülfen nach Maassgabe der alljährlich ins Budget 
genommenen Mittel. Dp * 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


569 


5. Juli. 


IX. Standesangelegenlieiten. 

XXII. Deutscher Aerztetag in Eisenach. 

Eisenach, 29. Juni. Der XXII. Aerztetag wurde heut Vor¬ 
mittag 9 Uhr im Saale der Erholung zu Eisenach durch den stell¬ 
vertretenden Vorsitzenden Aub (Mönchen) erröffnet. In der Ein¬ 
leitungsrede gedachte Aub mit warmen Worten des ersten Vor¬ 
sitzenden, Graf, der, durch ernste Erkrankung zurückgehalten, zum 
ersten male seit 21 Jahren an seinem Platze fehle (er weilt als 
Reconvalescent in der nahen Kölln er’schen Anstalt auf dem Hain¬ 
stein). Bezirksdirektor v. Eucken und Ober-Bürgermeister Müller 
begrüssten die Versammlung, jener im Namen der Grossherzoglichen 
Regierung, dieser im Namen der Stadt Eisenach. Wie aus dem 
erstatteten Geschäftsbericht hervorgeht, ist die Zahl der dem 
Aerztebund angehörigen Vereine im Vorjahre von 239 auf 244 die 
Mitgliederzahl von 18467 auf 14177 gestiegen. Von den Aus¬ 
schussmitgliedern hat bedauerlicherweise Cnyrim (Frankfurt a. M.) 
seinen Austritt angezeigt. Ausserhalb der Tagesordnung lagen 
Anträge der Centralhülfskasse für die Aerzte Deutschlands, feiner 
von Franz (Alters- und Invalidenversicherung), von Landsberg 
(Heilstätten für Tuberkulöse) und endlich die bekannten Anträge 
des Friedrich-Wilhelmstädtischen Vereins in Berlin vor, auf deren 
Erledigung für diesmal verzichtet werden musste. Als eine 
künftige, einstweilen dem neugebildeten Geschäftsausschuss zu über¬ 
weisende Aufgabe, wurde vom Vorsitzenden auch die Beseitigung 
der in lästiger Weise sich geltend machenden Doppelstimmen (durch 
Betheiligung von Aerzten an mehreren Vereinen) nachdrücklich 
hervorgehoben. 

Nach einem kurzen Bericht von Wallichs über die Aus¬ 
führung der Beschlüsse des vorjährigen Aerztetages und über die 
von ihm (an Stelle von Graf und Aub) übernommene Vertretung 
beim römischen Congresse, trat die Versammlung in den ersten 
Haupttheil ihrer Tagesordnung ein, der „das Verhältniss der 
Aerzte zu den Lebensversicherungsgesellschaften“ zum 
Gegenstand hatte. 

Es ist nicht möglich, der überaus lebhaften Discussion, die die 
ganze Dauer der Sitzung (bis gegen 4 Uhr) ausfüllte, in ihren Einzel¬ 
windungen hier zu folgen. Seitens der Commission lagen formulirte 
Vorschläge vor, zu denen vom allgemeinen mecklenburgischen 
Aerzteverein, vom Verein Düsseldorf-Stadt, vom Geschäftsausschuss 
der Berliner Standesvereine, und von Gotha (Dr. Flor schütz) 
Verbesserungs- und Gegenanträge formulirt waren; ausserdem 
wurden im Verlauf der Sitzung fast zu jedem Passus, noch eine 
Fülle zum Theil rein formaler Einzelanträge gestellt, die den Lauf 
und die Leitung der Verhandlungen nicht wenig erschwerten. Als 
Vorsitzender zeigte sich Aub der schwierigen, neu übernommenen 
Aufgabe durchaus gewachsen. Als Referenten für die Commissions¬ 
vorschläge fungirten Krabler (Greifswald), Heinze (Leipzig) und 
Piza (Hamburg). Die Anträge der Berliner Standesvereine wurden 
durch Davidsohn in geschickter und sachlicher Weise vertreten; 
ausser ihm machten sich von Berliner Collegen noch Alexander 
und Henius (letzterer auch als Vertreter der Düsseldorfer Vor¬ 
schläge), von Auswärtigen Asch (Breslau), Dippe (Leipzig), 
Dressier (Karlsruhe). Götz (Leipzig), Osterloh (Dresden), 
Reder (Rostock), Tiedemann (Bremen) u. a. rednerisch bemerk¬ 
bar. Es kam zu folgenden — mehrfach von den Commissions¬ 
vorschlägen abweichend gestalteten — Beschlüssen: 

1. Anstellung der Vertrauensärzte. Die Vertrauensärzte 
werden vonder Direktion angestellt, nicht von den Agenten. 

Wird eine Aenderung in dem Verhältniss von Gesellschaft und 
Vertrauensarzt (Wechsel oder Nebenanstellung anderer Aerzte) be¬ 
absichtigt, so ist der Vertrauensarzt seitens der Direktion vorher 
schriftlich zu benachrichtigen. 

n 2. Die Untersuchung findet im Hause des Arztes statt; die 
Untersuchung ausser dem Hause soll nur in Ausnahmefällen als 
erlaubt gelten. 

3. Formulare. Im Interesse der ärztlichen Untersuchung liegt 
es, einheitliche Formulare herzustellen. Dieselben zerfallen in „Decla¬ 
ration II“ und vertrauensärztliches Attest, und zwar ist diese Tren¬ 
nung aus versicherungstechnischen und juristischen Gründen geboten. 

, *• Die vertrauensärztlichen Gutachten werden von 

den Aerzten den Direktionen direkt zugesandt. Die Ver¬ 
trauensärzte sind verpflichtet, von dem Ergebniss der Untersuchung 
weder dem Untersuchten noch dem Agenten Mittheilung zu machen: 
Auch von der Direktion dürfen Mittheilungen über den Inhalt der 
vertrauensärztlichen Zeugnisse weder dem Agenten noch dem Unter¬ 
suchten gemacht werden. 

5. In Zukunft werden die Lebensversicherungsgesellschaften 
die hausärztlichen Atteste (abgesehen von den Fällen, in welchen 
er Aussteller des hausärztlichen Attestes verstorben ist) nicht 
mehr austauschen, sondern im Bedarfsfälle die Namen der be¬ 
reuenden Aerzte aufgeben, um die Wiedereinforderung eines, haus- 


ärztlichen Attestes zu ermöglichen. Die Fragen über die Ge- 
sundheitsverhäHnisse der Angehörigen fallen im haus- 
ärztlichen Attest in Rücksicht auf den 6 300 des Straf¬ 
gesetzbuches fort; ö . 

Alles weitere (Feststellung der Formularc, Honorarsätze u g, wl 
wurde dem Geschäftsausschusse überlassen, zu dessen Statuten? 
massiger Neuwahl sodann geschritten wurde; die Abstimmung er¬ 
gab Graf, Aub, Wallichs, Krabler, Busch, Becher, Pfeiffer 
bigel, Brauser als Gewählte oder Wiedergewählte. ’ 

Der äussere Verlauf der (von 113 Delegirten besuchten) Ver- 
sammlung gestaltete sich bisher allen Wünschen entsprechend. 
Ein Mittagessen im Gasthofe zum goldenen Löwen vereinigte nach 
der Sitzung die Theilnehmer und ihre Damen, die später noch 
einer Einladung des Dr. Kölln er zum Besuche seiner Anstalt auf 
dem Hainstein in grosser Zahl folgten und dort, im Angesicht 
der Wartburg, einige schöne Abendstunden verbrachten 


Eisenach, 30. Juni. Der heutige zweite Sitzungstag war 
ausschliesslich den Beziehungen der Aerzte zu den Berufs¬ 
genossenschaften gewidmet. Zu den vom Ausschuss formulirten 
Vorschlägen, die von Busch (Crefeld) als Referenten vertreten 
wurden, lagen auch hier zahlreiche Ergänzungs- und Verbesserungs¬ 
anträge, namentlich vom Verein Königstadt (Berlin), vom Berliner 
Nordclub, von Göpel (Frankfurt a. 0.) u. s. w. vor. Die Berliner 
Anträge wurden durch Marcuse (Königstadt) und Alexander 
(Nordclub) in würdiger und — wie der Erfolg lehrte — auch 
nicht unwirksamer Weise — obgleich den Berlinern oft genug ihre 
„localen Schmerzen“ vorgehalten wurden — zur Geltung gebracht. 
An der langen und, wie bei der Wichtigkeit der Sache und der 
Verschiedenheit der Standpunkte natürlich, hier und da ziemlich 
erregten Debatte waren ausser den schon Genannten insbesondere 
Blasius (Berlin), Loebker (Bochum) und Glovalla (Königshütte) 
— die beiden letzteren als Vertreter der rheinisch-westfälischen 
und der oberschlesischen Industriebezirke • — in hervorragender 
Weise betheiligt. Das Ergebniss der mehr als fünfstündigen Ver¬ 
handlungen war die Annahme der Commissionsvorschläge, jedoch 
mit Hinzufügung dreier nicht unwichtiger Ergänzungs¬ 
anträge des Nordclubs, sowie eines principiell wichtigen 
Schlusszusatzes der Königstadt, wonach künftig auch 
in den Schiedsgerichten ein A rz t Sitz (ohnebesch lies sende 
Stimme) erhalten soll. Die gefassten Beschlüsse in dieser die 
Aerzte weit mit Recht so lebhaft interessirenden Angelegenheit er¬ 
halten demnach folgenden (auf die früheren Leipziger Be¬ 
schlüsse von 1892 ausdrücklich Bezug nehmenden) Wortlaut; 

A. Da nach der Zuschrift des Vorsitzenden des Verbandes der deutschen 
Berufsgenossenschaften für letzteren keine Veranlassung zu einer gemein¬ 
samen Erörterung und Regelung dieser Beziehungen vorliegt, so ersucht 
der 22. Aerztetag im Verfolg seiner früheren Beschlüsse die Aerzte, die 
darin ausgesprochenen Grundsätze der Collegialität zu befolgen. (Benach¬ 
richtigung des behandelnden Arztes hei Controllbesuchen, bei Abgabe vbn 
Gutachten, bei UÜberweisung eines Verletzten an einen anderen Arzt, in 
ein Krankenhaus oder eine andere Heilanstalt). 

Wenn ein Befundbericht dos erstbohandelnden Arztes nicht bei den 
Acten vorhanden, soll ein solcher nachträglich gefordert werden. 

(Hierzu angenommene Ergänzungsanträge des Berliner Nordclubs): 

1. Der Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaften (Unfallversichenmgs- 
arzt) hat den behandelnden Arzt von jedem Controllbesuche bei Unfall- 
kranken möglichst vorher zu benachrichtigen. 

2. Von denjenigen Controllbesuchen, bei denen eine genaue Unter¬ 
suchung des Unfallkranken beabsichtigt ist, hat der Vertrauensarzt den 
behandelnden Arzt mit Angabe der Besuchszeit so frühzeitig zu benach¬ 
richtigen, dass eine gemeinsame Berathung möglich ist. 

3. Liegt, nach Ansicht dos Vertrauensarztes die Nothwendigkeit. vor, 
a) das eingeschlagene Heilverfahren zu ändern, b) dio Ucberweisung an 
einen Specialarzt der Berufsgenossenschaften oder dio Aufnahme in ein 
Krankenhaus anzuordnen, c) in die Bestimmung über die etwaige Arbeits¬ 
fähigkeit einzugreifen, so ist von ihm ein Einvernehmen mit dem behan¬ 
delnden Arzte anzustreben. — 

B. Der Aerztetag theilt den 1) staatlich anerkannten Vertretungen 
der Aerzte, 2) ärztlichen Vereinen, 3) Medicinalbeamten, 4) Vertrauens¬ 
ärzten der Berufsgenossenschaften diese Beschlüsse mit und bittot, für die 
Durchführung derselben einzutreten. 

C. Der Aerztetag giebt. seinem Ausschüsse den Auftrag, angesichts 
der bevorstehenden Novelle und Eiweiterung des Unfallversicherungsgesetzes 
bei den zuständigen Behörden zu beantragen, dass 1) in den Vorständen 
der Berufs- resp. der Unfallversicherungsgenossenschaften, 2) deren Sec- 
tionen, 3) im Reichsversicherungsamt ein Arzt Sitz und Stimme erhält 
und 4) in den Schiedsgerichten ein Arzt Sitz erhält. 

Man kann das Endergebniss dieser Verhandlungen nur als 
sehr glücklich bezeichnen, insofern hiermit offenbar eine feste 
und unverrückbare Grundlage der ärztlichen Anforde¬ 
rungen auf diesem Gebiete gewonnen ist, von der aus hoffentlich 
auch später eine Wiederanknüpfung der einstweilen abgebrochenen 
Beziehungen und eine Verständigung mit den Berufsgenossen¬ 
schaften sich als möglich erweisen wird. A. Eulenburg. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27 


X. Krankenpflege. 1 ) 

— L. Frölich (Brancnrd de montngne dit Modele 1S93. Bulletin 
international des soc. do la Croix-Rouge No. 97. Genevo. Jan. 1894) 
giebt eine genaue Beschreibung einer uebirgstrage für Truppen und 
freiwillige Colonnen des rothen Kreuzes, welche bei einem Kriege 
in den alpinen Regionen von 1—4000 m. in welchen Italien, Irank¬ 
reich, Oesterreich und die Schweiz ihre Gebirgstruppen operiren lassen, 
von grosser Bedtuitung sein kann. Drei der genannten L.lnder haben für 
die Verwundeten im Gebirgskriogo Vorsorge noch nicht getroffen; nur 
Italien hat ein Gebirgslazareth zu 50 Betten geschaffen, dessen Material 
aut dem Rücken von 25 Maulthieren verladen werden kann. Neben don 
Gebirgslazarethon fordert Frölich noch „fliegende Colonnen 4 zum Auf¬ 
suchen und Transport der Verwundeten bis zu dem Punkte, wo die weitere 
Beförderung auf 
demRtlekon oines 
Tbieres oder zu 
Wagen möglich 
ist. Die Träger 
müssen aus der 
Gebirgsbevölke- 
rung entnommen 
werden, welche 
gewohnt ist, 50 
bis 100 kg »ui 
ihren Schultern 
zu transportiren. 

Dieselben müssen 
mit Alpen¬ 
stöcken, . Picken, 

Stricken, Gurten, 

Riemen, Verbän¬ 
den. Stärkungs¬ 
mitteln und Con- 
serven, sowie mit 
Transport- 
apparuten. welche 
dem wechselnden 
Terrain ange¬ 
passt. als Sattel 
auf dem Rücken 
eines Menschen 
(‘Kraxe ), als Trage 
für zwei Träger, 
als Schleife oder 
auf dem Gobirgs- 
artilleriesattcl 
verwendbar sind, 
ausgerüstet sein. 

Der vom Ver¬ 
fasser angege¬ 
bene, auf dem 
internationalen 
Congress zu Korn 
preisgekrönte 
Apparat (s. Figur) 
besteht aus Holz 
(Rücken! heil. Sitz 
mit Stützhrett 
und Verlüuge- 
rungschioneu) 

und Metall (Scharniere des Sitzes uud dus Stülzhrcttes. Hilngevorrichtung, 
Schulterstücke) und Nebcnthoilen (eisenbeschlagencn Stäben, Gurten oder 
Riemen). 

Der Rückentheil besteht aus einem 60—05 cm hüben Brett, in der 

Mitte ausgehöhlt, an beiden Enden verbreitert und abgerundet, welches 
vertical auf dem Rücken getragen wird; die innero Fläche ist zum Thoil 
gepolstert und mit Leder überzogen, so dass die Nierengegend des 
Trägers von einem Kissen umschlossen wird. Dor Kopf des Kückenthoils 
(30:35 cm) hat zwei quere Fenster, welche beim Transport von Nicht- 
besinnungslosen zur Stütze für die Hände dienen; auch ermöglichen sie, 
ebenso wie zwei darunter angebrachte verticale Schnürlöchor, die Befesti¬ 
gung verschiedener Gurte oder Riemen. Der Sitz wird gebildet von einem 
zweiten Brett von dreieckiger Form, leicht geschweift an seiner Ausseren 
Spitze, 55:22 cm. Derselbe setzt sich zu beiden Seiten nach vorwärts 
fort in zwei Rinnenschienen, 10 cm breit und 60—70 cm lang, welche 
nach vorn zu auseinandergehen (sich spreitzen), so duss die Entfernung 
ihrer inneren R-ändor von einander am Fussende 45—50, dagegon an der 
Basis nur 30 35 cm beträgt. Jede Schiene hat sechs bis zehn Schnür- 
löcher, durch welche nach Bedarf zur Befestigung der Beine Binden bezw 
Gurte gezogen werden können. Eine kleine Stütze unter dem Sitzbrett, 
10—15 cm hoch, kann vermittels eines einlachen Scharniers aufgerichtet 
oder zur Seite gelegt werden. Das Sitzbrett ist mit dem Rückentheil 
vermittels Scharniere gelenkig verbunden und wird, wenn es leer getragen 
wird, heruntcrgeklappt. Die gewöhnlichen Tragbänder sind ersetzt durch 
eine patentirte Vorrichtung. Auf einem in Schleifenform gekrümmten, aus 
drei Lagen Stahl bestehenden Schulterstück ist ein auf der Schulter auf- 
mhendes, gekrümmtes und gepolstertes Stück befestigt. Infolge der 


l ) Wir machon unsere Leser auf diese neue Rubrik besonders auf¬ 

merksam. Mittheilungen über Fortschritte auf dem Gebiete der Kranken¬ 

pflege werden mit Dank entgogengenommen. D. Red. 


Elasticität dieses Schulterstückes tritt eine geringere Ermüdung des 
Trägers ein. Um die Rückentrage als gewöhnliche oder als Schloifbahre 
benutzen zu können, sind an dor unteren Fläche jeder Schiene je zwei 
eiserne Ringe angebracht, durch welche zwei Stäbe, welche an einem Ende 
zugespitzt, nm anderen glatt abgeschnitten sind und welche beim Tragen 
des Apparates auf dem Rücken, als Stock von dem Träger in der Hand 
getragen werden, gesteckt werden können. Diese Stäbe müssen sehr zäh 
sein und sollen 1,70—1,50 m lang sein, 3 cm Durchmesser haben und 
0,8—1 kg schwor sein. Ausserdem sind noch von Gurten und Riemen 
vorhanden: ein Kopfriemen, im Mitteltheil verbreitert und gepolstert, 
welcher den Kopftheil der Trage stützen hilft und auch für den Nacken 
oder die Hände des Verletzten als Unterstützung dienen kann; zwei 
Seitenriomen, je 1 m lang, welche schräg vom oberen Rückenbrett zur 
vorderen Spitze der Beinschiene laufen; der Rückengurt, 1,50 lnng, 
welcher den Verletzten in der richtigen Lage erhält; eine Schnur, schwach 
gespannt zwischen den beiden Schiilterschleifen, welche der Träger mit 
der oinen Hand straffer anziehen oder nachlasseu kann, während die andere 
den Alpenstock hält; Gurte zur Befestigung der Beine auf den Schienen; 
Sicberungsriemen (25 cm lang) für die Alpenstöcke, wenn dieselben durch 
die Ringe an den Schienen gesteckt sind; endlich Tragbänder (1—2 in 
lang), einfach oder gekreuzt wie bei jeder anderen Trage zum Halten der 
als Tragenschäfte eingezogenen Alponstöcke. 

Die Gebirgstrage wiegt 5 7 kg und ist nicht zu theuer. Auf die 
Schilderung der verschiedenen Verwendungsarten soll hier nicht näher 
eingegangen werden. Die Trage entspricht den Anforderungen des Ge- 
birgskrieges durch ihre Dauerhaftigkeit, Leichtigkeit, Einfachheit und Un- 
theilbarkeit. _ Schill (Dresden). 


— A. Hagemeyer 1 ) liefert eine ausführliche Beschreibung (lei 
Baues und der Einrichtung des städtischen Krankenhauses am Urban, 

eine Schilderung der Verwaltungseinrichtungen desselben, sowie in einem 
Anhänge die Mittheilung der dort in Kraft befindlichen Dienstvorschriften 
für das Personal und gewisse Vorwaltungszweige. 

Das Krankenhaus ist im Pavillonsystem erbaut, und zwar sind, der 
geringen räumlichen Ausdehnung des GrimdstÜcks entsprechend*), die 
einzelnen Pavillons zweigeschossig gehalten. 

Verfasser giebt zunächst eincBeschrcibung des Situationsplanes der 
Anstalt, aus der hervorgeht, dass die schmalere Ost- und Westseite des 
Grundstücks zum grössten Theil von Verwaltungs- und Wirthsch&fts- 
gebäuden. sowie dem Bade- und Leichenhause besetzt ist, während auf 
der Nord- und Südseite je fünf Pavillons Platz gefunden haben, die durch 
bedeckte, nach der Mitte des Grundstückes zu offene Hallen, welche als 
Wandelgänge für die Kranken dienon, miteinander verbunden sind. Der 
Abstand der einzelnen Pavillons von einander beträgt 19 l * * /j—22*/i m, der 
der beiden Pavillonreihen 38 m. In der Mittelaxe des Grundstücks sind 
ferner noch ein Operationshaus, ein kleiner Isolirpavillon und das Kessel¬ 
haus belegen. Ein unterirdischer Gang, der mit dem Kellergeschoss 
sämmtlicher Gebäude in Verbindung stabt, dient zum Leichentransport 
nach dem Leichenhnuse; in ihm sind ausserdem die Leitungen für die 
Dampfröhren sowie die elektrischen Leitungsdrühto entlanggeführt. 

Indem wir die Beschreibung des Verwaltungsgebäudes. Wirtschafts¬ 
gebäudes und Kesselhauses als weniger interessirend, weil nichts besonders 
Neues bietend, übergehen, sei neben dem Badehause, das mit Einrich¬ 
tungen für russische und römisch-irische Bäder, sowie den nötigen 
Douche- und Frottirräumen etc. versehen ist, zunächst der Kranken¬ 
pavillons ausführlicher gedacht. Dieselben weisen drei, oder genau ge¬ 
nommen, zwei Typen auf: solche, in denen der Krankensaal in der Mitte 
des Gebäudes liegt und die Nebenräume in den beiden Kopfbauten unter- 
gebracht sind, und solche, bei denen die Nebenräume die Mitte ein- 
nelunen, an die sich zu beiden Seiten Krankensäle anschliessen. Die letz¬ 
teren, für Isolirzwecke bestimmten, zerfallen ihrerseits wieder in zwei 
Unterabtheilungen, nämlich dio kleineren mit einem einzigen Eingang 
und gemeinschaftlichen Nebenräumen für beide Säle und die grösseren, 
bei denen zwei besondere getrennt liegende Eingänge für jeden Pavillon 
vorgesehen sind, wodurch eine vollständige Trennung jeder Etage in zwei 
gesonderte, selbstständige, mit allen zugehörigen Nebenräumen ausge- 
' stattete Abtheilungen ermöglicht wird. . 

Die Pavillons dor ersten Gruppe, bei denen also der Krankensaal 
in der Mitte liegt, sind zweigeschossig, ihre vorderen Kopfbauten drei¬ 
geschossig. Jeder Krankensaal ist für 32 resp. 28 Betten eingerichtet, 
auf jedes Bett entfallen 9 qm Bodenfläche und 45,70 resp. 50,40 cbm Luu- 
raurn im Erdgeschoss resp. ersten Stockwerk. Diese Pavillons besitzen 
ausser den nöthigen Aborten, Badezimmern noch je vier Isolirzimmer und 
für jede Etage einen Tageraum, sowie Zimmer für den Assistenzarzt, die 
Pflegeschwestern und das "VVartopersonal. Die kleineren Isolirpavillon 6 
sind im Mittelbau drei-, in den beiden anschliessenden Flügeln zwei¬ 
geschossig; jeder der vier in den Flügeln befindlichen Krankensäle bietet 
Platz für neun Betten, und ausserdem sind in jedem Stockwerk noch vier 
Isolirzimmer für fünf Betten vorhanden. Die Nebenräume, wie Bad, 
Abort, Spülküche etc. sind, wie eben bemerkt, für jedes Stockwerk ge¬ 
meinschaftlich. . . 

Die beiden grossen Isolirpavillons sind ähnlich den kleinen gebaut, 
jedoch mit dem Unterschiede, dass jede der vier Abtheilungen, m die 


l ) Das neue Krankenhaus der Stadt Berlin am Urban. Mit einem 
Situationsplan und 55 in den Text eingedruckten Abbildungen. Berlin, 
August Hirschwald, 1894. . • 

*) Der Bauplatz hat einen Flächenraum von 27768 qm, so dass 
einer Belegung mit 600 Kranken nur 46,5 qm auf das Bett entfalle , 
während in den beiden anderen städtischen Krankenhäusern die en- 
sprechenden Zahlen die ansehnliche Höhe von 112,5 resp. 122 qm au 
weisen. 



PSi«*-,, Co gle 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Üßr olnzolnt Pavillon zerftült, vellstündij 


steußtionen über den Srztltebim Dienst im Knmkenhause, eine Schilderung 
<kr * liege und Wartung der Kratüttm, die vAm ffpOsstett Tbd! in den 

Ht,r V r ’ v(m y» 5 ' Je* )\»lt bw * itei Apotheke, 

sowie de* Botmta, in wiehern %>ikd ;Ä ojagchoode 

ft m 

i.*»'-str i fe.j',um‘!g'f--b>ujd<5s pogota wird. 

en.y D B i! BöUk 2®i'rtS i *“* gfMltam bdriighn 25Ü8329 M., odeibni 
Ml R&tUw md-49fefJ M, pro ÖM f?Ä Kfteleu für »kn iiftiipUt.z 4 AroMiei- 

der Mütit gehörte. 

• Zam Sch!u.ss thoi’ifc der VV.r/asepr ja ouiom driften Tbeil als Aubigen. 
ßü?li Ate pitinstvoröGlirilten für das WaHepPteta mA den &*ÄÄßr 
mit* tu« W von den in ähnlichen Instituten gebraerjjlieheu mdit ha^ 
sonders uaterecbeidea. 

, . Wie aus vorsttdmder kurzer UteberskiR bnmrgühi., Wt • V«rf‘feter 
-sich bopülit. pm& eiftgohsode SoJaWoTruiig der UaitUchen und tatÄt 
Eumehtiiageu des Krankwmhanse.s. m gehe«, und ist ihm dies nueh, ab- 
gesühfen vun muzelnen Breiten ia der Darstellung und bmnv vteBelöbt xij 
miauti/jgen Eingaben bei der Beapteßhung eiuwdnei* aUgemwö bekannter 
kbnnekrimgo«, recht wohl gelungen.. 

ln Öe«ti'g Auf dte .EiuÄQlhmton wiiro. vielleiobt mn& kritasdbb Be-- 
sptechung gewisser ^tab^ngen an? Platze gwo sen; so verraita wie 
.beispielsweise ein Ürihell daiilbor. Inwieweit sieb der «»terirdisebe Oiinat 
F knvftlrrt hat Vom hygienischen Statfuntf Aue 

f ^ 'öö*Äft%e Aaloge, die doch - öchliusslteh dbofcte 

; Varbuitag- der; Kinatdnea PavilLans unter sieh sowohl, Win ml »Wtu 
; Lumbealtatj .teteiK\. ätefci, uügemhttagte Bednaktm erbeben itam 
i rnrner aöbalft?., dni»/ rteiftfunten nach seinen Erfahrungen nicht fite «nö 
gxmttgb&de AasäliP voü Nehoörtiümen in de.ii einzelnen Pavrlloas Borge 
geringen zu sein? — da* ?.o starke HoronHirkeu der TVÜlonfc Hneinundot 
ImdsU in dm- Beengtheit de* disponiblen. Terrains.übta ^iÖ^ungi•.' 

Durch dm An dar Durste!lang inuus teroer an einzelnen Steilen der 
Leserin den Glauben versötö* werden, als handelte es steh dabei um Dte : 
ru* tauge«, diö bisher in anderen ErnnkcohlUumrii nicht ror!iand»3ö : ’ge-' 
Avescu, Während io WirklteJikeit mMleroMs als gut und Ju*wilkrt befnadeae 
Vorkehfftügeii technischer -Art sowohl, wie mehr adöiinistiatiyer Natur 
SfdbstvwstüödlieU — amh io dem neuen Kraiikedhause />m Urban ih Bo* 
UMtzujug gezegeh sind, 

Im hlirigmv Udunmi wir Ate Lueture des besprochenen Werkes 
Arr/iiu, sowohl wie V-r a «hec^»!. «ioi!o« mte das au«; ütJI . 

pteUtehj es gewährt einen guten Steilheit in die Ah der Verwaltimg der 
: stihltisifth»n KrHhkenhtt-iifcer Hö5*Uöä ho allgein»inen und giebt in dor Scßil- 
dmmg -.dbr oin^lneo Baulichkeiten uleein uitsohauHcbes Bild Von den 
Fdrtsckf^iteh, diu in 4??n UdxteJl Jöhrzohnl auf dem Gebiete der/Cnüikeo- 
bauybygieae sn YomüchDen sind. Merke (BorJm). 

XI. Tb^rapeutische Mittheilungeö. 

TotwIUotom zw Kotfmiuu^ vim kleitteu Tonsillen und 
2trr partleHen AI>trag^a§ von ToimHlen, 

Von Dr.-Arthur■ Hartmann. 


Mittelbau und dem Ktemkena^M statt zweier kleineü jedemdtö rin ‘teösskrüs 
Isulirzimmei 1 Hir dr ? Betten oir^diiebt. Me; Siud idnei ied< ü f\ ‘TtiteiVi / 
ist tev rum» resp. zehn r <ho beiden iseljrzimnier /.usymmpo -;iud fjr,* v>or 
Bc-.tvfl bere?ibD 0 t. so dass jode .Abtiieiiung mit 13 U. 4«r 
FösdUon mit 54 Kranken bob-gt werden kann. ' 

Die Verbindung zwischen den einzelnen Stockwerke» wird m jedöia 
•tevübni am;per durch Treppeohiiuteu noch durch Fahrotuhte mit hvdvau- 
IPei.Hm Antrieb liergestellt, J -' 

Der in rier-MiUeW rtes Gniuslstücks geirgonc kleine Pnvutetust mtw- 
^hossig und oätlnUt zwri ktelne Sute mitzosu um<m .15 Betten, einen Jsolir- 
raum mit dm bis vier Bütten, Ä kteinos Oporotionsziifiraur, Aborte u. 's, w. 

Das Operiri imj H VATi* besitet eineu grp$a'6n, W SiAböfie^ halbkrote-* 
fhmng }ierau?gebauten, out Otef- und Seiterdidit verseheosa Operation^ 
sttfil und du kteiüorcs Ctporüttohp«imjuier, yoTlsfeindig^ Von eräturom ge- 
teoouK Mt Optische Kmko. Der F^aboden des Operaliuitegsutes mt m$ 
r«;rra/.zo bergefefriit. und leicht zv ouuvdsnorü, die Ws»n<k bis «u D/a m. 
Höhe mit Kaehriu nuogolegt, de) obere Tboil; mit EniftiÜetarbfl strichen. 
Für GaivaöokuQStik sowie zu Iteieuohtunhszwheken st^it Elektridtät f die 
fus. dem aUgjgpieteeo DextUhgS&otee Ahgöleitet wird. 


zur Vorfttguhg: Im I 

^^ „_ 

WwrterkurTrc. Zimmer für dm. Amte tu g. w. ( im mt«n Stockwerk om I 
Ainuner mit A |giiü'.tt(ju zmn Steriliutreu der- Venlricd^toOe und Woi-mmmi ■• 
fftr den OperatiomAtener und Wärter. ,' . j 

Vcrfeui’g-ichtsodh-nn OmMÄchihterungder inneren Eturiciu.ong.io. ; 
dörPayiHorte, aus der wir folgendes he.rvorhdhom Die. Kronkoushia sind j 
m Ilßcken and Wtia#ori mit.Oolterbenanstrich ver&chcru üm Verfasser. «l& \ 
tojbyßicüterlj beoi^ote. da sich beim Austrookneo ? .ei^o. die 

, s >teab*ihtagmngssr.ätteii bilde«; or ompiieblt an Stelle dieses den*Anstrich 
mit dem koKi.spirin/r.ron .Aiipulür', da« steh iio .dortitteii Diphtherifipavillori 
gui bewährt, bat (wir haben übnr derartige Mängel den Oolfarhe:u>n?tr?<ih?, 
fülls er L’or gut oasgf'füint ist, noch nicht klagen gebubt. Röf.j. — Dio 
sind DöpphlfensttW, die* ubuwu Äge) litepfonster; m eytfellen 
fund; 3 gm3©litditüngatehT5 auf das Bctk Die tevJirÄioar haben dur^k 
i^bniitlielt *37^-'4d. rhnj Tidftt'a.ntn pro Bett. Gioset-* Und Baderäume zeigen 
dbr g^AhEliche Einriohtimgi ruiasfe^ doa stabilen Badewannen And fnliri 
baro -Budeivanaeä sowie eine Anzahl tronspoHMdcr ihr pemjanento Bnd.cr 
vorhöndeiir In dau J^uriihüia ßtr ekirurgi>?clio Ifraukö beöriden sieh im 
^Uytzmum' SterHi^raa^snppnrol& für das Vöt-bundmaB;rial, die den «ur 
benöthigten Dampf der ällgpniöitien Dkmpilciturig enfficbroen. 
Die DngöteMfen. bertebea afts emnttfr Bcttetelteh piit zum Thml Holz- 
luist^n "SprungfedemetoHzeü. zahl Th cd Grolthoffseheu Spiralfeder < 
hüdeö. Bfö^ks^ä-trots^ulN&bss^Äj^sAv^tthMterkijplkjssonk'WoHeuer 
u&terlago o«j.i 7,wci woüenon Dodscn, 

Die Beheizung der Pavillom? und .de? VerwuliuftgsgehKudki wild 
durch eine Dampfwaru'r.vji^Urh^.üzuD.g bewirkt, mul zwar umkreist, eil j ,ge~ ] 
af’bldssenfii- ßobrstmng vom M^t'liinöiihause aus - in dejo scluiu oben, ©ri j 
tiftünteu u^öfiräis^ipii Aküko;) -das giuizo Terruiu. und giebi (of die b>n-; [ 
zeteen: Baj-dldnA je zwei Hotefittttngo ab, von denen der emo, fUV- die { 
.ngftntboho Hoikung Aw Rüiuiie besti.iwat v m deu Wa«ua?tp6e'rke^ridn.' ■ 


i'-i dcu beteüfltfftdtui HcüktU’perri guführi wird und von.dort wstnnn 

wtener in den Kf^ol (SarbcktUosst... ■ [K*r zweite, in jeden ; 

trinilon ?d.»zweigcnd« Darnptetrang dient zur Erwärmnug des Eadtuvxssers : 
•in 4m • VVa^Hrroacn-oiren. dm- SVyrmHpindc. •/.» Desiutefiiuoytzweckou in ; 
den ^eriiteafioükapparateü sowie für dte ^wpake dur‘Vont*ilat.iua. { 
Ö Die letztere ist m UcKerömfumöinmg' mit den DögettVteu Forde- 
raEgep. in mlgemter Weise dntehgeführrr die Irische AaMsenlufu wird flnron 
go.xiiuuorten . imiprirdiseheu Cauul ia. das Keilorgcsuhiris dos Gy- 
brfudep geleitet, and yön tder aus, nachdem sie FiltertUchor passirt, thöite 
duelct ilc*a. oiazslnen i'Aumen zugotulmt, theiis zuvor in besoöderen Duft- 
kantmero «iureb Diuripfspirolan vorgewArmt and daun erst in dis KteiikrHU* 
Säle resp, Biazoteteuuer geleitet < me Xaleitupg der vorgöwänfltön wie der 
mschön Zuluft jfet (iureb- Klappen roguIMutr, so da^s, dor AoKStm tumpe- 
fstur entsprocheud, jeder ’H&tmi boliobig mit klütemr oder wäriflerer Dui’t 


Die wichtige Rolle, welch# 
dte.i Tonsille?», äte . ßtugaogspforle ® 
fttr' die verscbinihuvstöii Infectipn on ^0L 

spihteil, dürfte es a-h? gcro«ditfertigt. W W^!v 
OtBchptoiPii''. IsäHeä..; kiöi‘Instrum'öut.. ® 

zu ßnipfoW&}); ?.a>i whkbem di6 *0t böL ^ 

ÜntXermi ng kleinyV MaudejD oder ^ hfll, -f 

t*mztdn.er Tbeib.v der . Mande.iu »4 

loirhter, einfachm uhd gofahrlosor M N*£ 

goibigf' Als .mit den bGhöt'igcn 

Wahrend das gcbräucbliche 
Fähue nstock'.P’ho itialrnmnnt J 

;z\ve»tenu8 am zwcckrnitssigsten £ \ 

sich erweist, grosse vntepiiugeiwio % 1 

Mündeln zu eutfernen, stöbst man \ I 

auf Bebwiorigfeoftow, weiiü cri sich JS 

darum handelt, klenm Tonsilbm 

oder erkrankt» f * Thcile von grcsscu 'I«m.-ulU.m zu oßtferiieii. 
Zwecke benutze ich die vou mir zur Abtragung *-h* vorderen p 
mitt-terou Muschel früher »wegebene, als. hwoatirtim 

riut-sm»-/- ui’i' cvc!raeidendeu [hugun. Ans rt?u b(dstebend«n A 
^G pmüi lidioMirÖHHcn webdift .bVZ.m-m Ir. ^etuhmtem Zustande Zfi 
äm etefache Verwmidbarktnt Imrvor, Drte Iftstenuumt wird nnl mi 
gctessE die nu ÜKtiforuunitö Mandel angA*JHlükl uhd 

de» VfbieidhTideU IltegBU liegende Stück dnrib SiMiöBseo d»«* Z 
gcörhhitteu. Das /abgeschüitteu« BfcÜek bteibt xwtscbeü m RJöge 
die Zntteo wird Imrousgev.egeU und das snirfHimtn Stück' dimdi. AttJ 
te ShSftfteP ans deß ßiugeo outferot. Während «l&e Zangem! 
moch Itegh kann das rnstrumexit, wenn ürfordui-üth. norh flu mp 
dritte* mal angeführt, tiad etwa fc.rtfückgebltebouo Reste noch 
v.prdüo, Die Eiugriüo werden nach _ < ‘oeuittisirung vorgemmmw 
Miibaite ist nur eine Person oribrdcrlieh, -welch« das K.md 

Nitr liel derben übröecü Mandela wter w/mti die R«n^f des ffW 
scbteoM- aus Gminder passen, gelingt die Dmdi8chMutnft|.^. 
kommen oder üfmrhanpl nicht, Ir nun .meisten h J.cu 
unter Stau Verbtlltnisaen durch A.iiztao <tes gefasste .pritek».!/, 





DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


W aa allerdings grösseren Schmerz verursacht. Einmal passirte es mir, 
..dass inir die Lostrennung misslang. Das gefasste Stück war nur zer¬ 
quetscht. Für solche Fälle ist es zweckmässig, ein geknöpftes kurz- 
schneiniges Messer parat zu halten. Allerdings muss dann von einer 
^zweiten Person der Zungendepressor gehalten werden. Am häufigsten, 
insbesondere bei Kindern, stösst man auf weiche Tonsillen, deren Abtragung 
i leicht und schnell gelingt. Die Blutung ist wesentlich geringer als bei 
Anwendung der jetzt gebräuchlichen Instrumente. 

Das Instrument kann von H. Windler oder Pfau, Berlin, Dorotheen- 
; Strasse, bezogen werden. _ 

XII. Noch einmal die „Leukocytenschatten“ 
Klein’s. 

Von Dr. Beuario, Arzt in Frankfurt a. M. 

Mit der Entgegnung auf die Bemerkungen des Herrn Klein über 
• meine Notiz „Die sogenannten Leukocytenschatten“ habe ich aus mehr¬ 
fachen Gründen gewartet. Ich habe in meinen sämmtlichen während der 
•Zeit angefertigten Blutpräparaten speciell den Leukocytenschatten meine 
Aufmerksamkeit zugewendet und solche Krankheiten bevorzugt, in denen 
ijdie Schatten sich besonders häufig vorfinden sollen. Ich muss auch jetzt 
meine in No. 4 dieser Wochenschrift gemachte Aeusserung, dass diese 
-Zellspecies Kunstproducte seien, aufrecht halten. Die Quetschung der 
/Präparate braucht nicht so stark zu sein, dass die resistenteren rothen 
Blutkörperchen verändert werden — die Granulationen werden doch, und 
-zwar nicht nur aus den zum Tode verurtheilten, sondern auch aus den ge¬ 
sunden Leukocyten herausgepresst. Dabei bleibt, wie ich schon erwähnt, 
vcße Tinctionsfähigkeit der Kerne erhalten, und selbst die von Klein ab¬ 
gebildeten Kerne seiner Leukocytenschatten haben denselben Farbenton 
rwie; die der gesunden Leukocyten und sind nicht „spurweiso schwach 
tingirt und verwischt“, wie sich jeder Farbenkenner im Original Über¬ 
zügen kann. Auch die Granulationen selbst sollen anders sein, siezeigen 
o eine gewisse Atrophie (auch in der Abbildung eines eosinophilen Schattens 
-ist.davon nichts zu sehen); schado dass gerade in jüngster Zeit ein anderer 
Fbrscher') dieselbe Zellform beschrieben hat, deren Granulationen sich 
aber durch ihre Hypertrophie von den anderen unterscheiden sollen. Dass 
: ek- verschiedene Altersstufen unter den Leukocyten giebt, wird wohl 
niemand bezweifeln*, die Eliminirung der Granulationen aber als Charakte- 
iiistieum für absterbende Leukocyten anzusehen, ist nicht angängig, und 
ich möchte deshalb meine Warnung aufrecht erhalten. — Eine Vermehrung 
; dieserSchatten bei Typhus konnte ich nicht constatiren. Den schlechten Witz, 
demmirHen’Klein noch vorwirft, entspringt nicht einem allzu oberflächlichen, 
sondern einem allzu gründlichen Studium seines Vortrages. Ich führe 
zur Orientirung die Stelle des Originals an: „Es scheint, als ob die Zellen 

eine Tendenz zur Eliminirung ihrer Granulationen hätten-; es 

kann zwar der Vorwurf gemacht werden, es handele sich hier um Kunst- 
I/producte, damit ist aber schwer einverstanden zu sein, denn in der Nähe 
dieser Zellen scheinen andere vollständig intact, was gewiss bei mechanischer 
Schädigung der Präparate nicht vorkäme; ausserdem spricht dafür noch 
der Umstand, dass dieser „Modification“ nicht junge Zellen, wie z. B. 
kleine Lymphocyten, unterliegen. Worauf ist „Modification“ zu beziehen?“ 

Ich möchte bei dieser Gelegenheit eine Methode zur Kenntniss geben, 
nach der ich in letzter Zeit meine Blutpräparate angefertigt habe und die 
mir sehr gute Dienste geleistet. Ich benutze das von Blum mit vielem 
Erfolg in die Technik eingeführte „Formol“ zur Fixirung der Bluttrocken¬ 
präparate. Und zwar verdünne ich das von Meister, Lucius & Brüning 
gelieferte Formol zunächst zehnfach mit Wasser. Von dieser Stamm¬ 
lösung wird dann jedesmal frisch zum Gebrauch eine weitere zehnfache 
Verdünnung mit Alkohol vorgenommen, in welcher Lösung die Präparate 
ca v£*üö Minute vorweilen, um dann, ohne abgetrocknet zu werden, in die 
^beflüssigkeit gebracht zu werden. Die Gestalt der Blutzellen ist voll¬ 
kommen erhalten, das Hämoglobin gut fixirt, die Granulationen der Leuko¬ 
zyten distinct gefärbt. Die Kernstructur tritt deutlich und scharf hervor, 
Namentlich bei Eosin-Hämatoxylinpräparaten. In Präparaten mit Malaria- 
^L modien ’ d * e ai ^ dies® Weise vorbehandelt waren, traten die letzteren 
mit grosser Deutlichkeit und Schärfe hervor. Ich glaube, dass diese Me¬ 
thode der Fixirung ihrer Einfachheit und der kurzen Zeitdauer wegen, 
die sie in Anspruch nimmt, zu empfehlen ist. 

XIII. Kleine Mittheilungen. 

■ Berlin. Auf eine vom Magistrat der Stadt Berlin an den Cultus- 

, minister gerichtete Vorstellung wegenZulassung der Realgymnasial- 
-apiturienten zum Studium der Medicin ist eine abschlägige Ant¬ 
wort erfolgt. So lange die Autoritäten der Medicin getheilter Ansicht 
-seien, die Aerztekammem fast einmüthig einen ablehnenden Standpunkt 
I ^Nnen, habe die preussische Unterrichtsverwaltung keinen Anlass, 
:-eine Aenderung der Stellung zu dieser Frage in Erwägung zu ziehen, 
'Zumal die Entscheidung hierüber zur Reichscompetenz gehöre. 

“d ^ 01 der geplanten Umgestaltung der medicinischen 

nPrülungen im Deutschen Reiche wurden von auswärtigen Regierungen 
Gesuche um grundsätzliche Gleichstellung des medicinischen 
-.Studiums an nicht deutschen Universitäten eingereicht. Die- 
-ÜT en i^rT d - m y ern ehmen nach ablehnend beschieden worden. Hin- 
igSgen durfte einzelnen Anträgen um Anrechnung des medicinischen Stu- 
dium.s an auswärtigen, namentlich schweizerischen Universitäten, wie 
i bisher, auch in Zukunft ohne weiteres entsprochen werden. 


*) Engel, Virchow’s Archiv 1894, Heft8. 


— Der wegen der geplanten Vermehrung des ärztlichen Per¬ 
sonals bei den städtischen Krankenhäusern von der Stadt¬ 
verordnetenversammlung eingesetzte Ausschuss (s. diese Wochenschrift 
No. 26) hat der Stadtverordnetenversammlung in ihrer letzten Sitzung 
folgendenden Vermittelungsvorschlag zur Annahme empfohlen: In 
Erwägung, 1) dass die jetzt zu fassenden Beschlüsse über die Organisation 
der städtischen Krankenhäuser auch präjudicirlich werden müssen für neu 
zu erbauende Krankenhäuser, 2) dass das Krankenhaus in Moabit auch in 
Zukunft beim Eintritt grösserer Epidemieen vorzugsweise als Seuchen¬ 
hospital wird erhalten werden müssen, ersucht die Versammlung unter 
Abänderung ihres Beschlusses vom 1. März d. J. nunmehr den Magistrat, 
folgender Beschlussfassung beizutreten: „Bei jedem der drei allgemeinen 
städtischen Krankenhäuser, im Friedrichshain, in Moabit und am Urban, 
sollen sobald als möglich ausser den beiden ärztlichen Direktoren und 
den Assistenzärzten, zunächst mit beiderseitiger sechsmonatlicher Kündi¬ 
gung, angestellt werden: a) für die innere Abtheilung ein in der Kranken¬ 
behandlung vollkommen selbstständiger, dirigirender Arzt mit 4000 Mark 
Gehalt, welcher nicht im Krankenhause zu wohnen braucht und zu con- 
sultativer Privatpraxis befugt ist. Dabei sind vorzugsweise solche Aerzte 
zu wählen, welche eine specialistische Vorbildung besitzen; b) für die 
chirurgische Abtheilung ein dem ärztlichen Direktor untergeordneter Ober¬ 
arzt mit einem jährlichen Gehalt von 3500 Mark. Im übrigen wird das 
dienstliche Verhältniss dieser dirigirenden und Oberärzte, insbesondere zu 
den ärztlichen Direktoren, durch eine von der Deputation zur Verwaltung 
der städtischen Krankenhäuser zu erlassende Instruction geregelt“ Der 
Berichterstatter über die Vorlage, Geh. Ober-Regierungsrath Spinola, 
bemerkte u. a., die Angelegenheit sei so vielfach hin- und hergeworfen, 
dass man endlich wünschen müsse, zu einem definitiven Entscheid zu 
kommen. Wenn der Ausschuss dem Magistrat in einigen Punkten ent¬ 
gegengekommen sei, hege er die Hoffnung, dass nun auch der Magistrat 
der Stadtverordnetenversammlung Concessionen machen werde. Die Ver¬ 
sammlung nahm den Vorschlag des Ausschusses an. 

— Die Sitzung des Vereins für innere Medicin am 2. Juli fand 
unter dem Vorsitz von Leyden, später von A.Fraenkel statt. Die tropische 
Hitze lichtete die schon vorher lückenreichen Reihen der Anwesenden in 
bedenklicher Weise und führte fast zu der Entwickelung einer „Dorn- 
röschensituation“. — Vor der Tagesordnung demonstrirte Herr Schein¬ 
mann eine Patientin mit Rhinitis fibrinosa, Herr Placzek einen Mann 
mit Diplegia facialis, Herr Gabert aus der Blaschko’schen Poliklinik 
einen Patienten mit Sklerodermie, Herr Tr eitel einen Fall von geheiltem 
Sigmatismus nasalis und endlich Herr P. Hey mann einen ca. taubenei- 
grossen Gallenstein, der einen Ileus verschuldet hatte. Dann ergriff Herr 
Leyden in der eigentlichen Tagesordnung das Wort „Ueber ulceröse 
Endocarditis und fibröse Myocarditis in Zusammenhang mit acutem Gelenk¬ 
rheumatismus“. Indem der Vortragende an seinen im vorigen Jahre 
publicirten Fall von Endocarditis gonorrhoica. anknüpfte, gab er einen 
kurzen Ueberblick über die Litteratur der infectiösen Endocarditis und 
Myocarditis und berichtete dann ausführlicher über einige Beobachtungen 
von ulceröser Endocarditis und fibröser Myocarditis, die sich im Anschluss 
an acuten Gelenkrheumatismus entwickelt hatten. In vereinzelten Fällen 
gelang es Leyden, bei der Obduction aus den Vegetationen der Endo- 
cards etc. einen blassen, zarten Mikrococcus zu gewinnen, den er in Be¬ 
ziehung zum Gelenkrheumatismus bezw. zu den Herzaffectionen bringen 
möchte. 

— An die Stelle des verstorbenen Physikers Kundt ist Prof. Kohl* 
rausch aus Strassburg i. E. berufen worden. 

— Dr. phil. et med. Moritz Traube, correspondirendes Mitglied 
der Akademie der Wissenschaften, ist im Alter von 68 Jahren verstorben. 
Traube, ein Bruder von Ludwig Traube, hat sich durch zahlreiche 
Arbeiten auf dem Gebiete der Chemie, physiologischen Chemie, allge¬ 
meinen Pathologie und Bacteriologie ausgezeichnet. 

— Prof. Eulenburg ist in der Section VI. des internationalen 
Congresses für Hygiene und Demographie in Budapest zum 
Ehrenpräsidenten ernannt worden. , 

— Magdeburg. Der Oberarzt am städtischen Krankenhause Geh. 
Sanitätsrath Dr. Hagedorn ist gestorben. Der Verstorbene war Schüler 
von Johannes Müller, dessen Assistent er zwei Jahre lang war, und 
von B. v. Langenbeck und genoss unter seinen chirurgischen Fach- 
collegen den Ruf eines hervorragenden Operateurs. Er hat eine Reibe 
verdienstvoller Arbeiten in v. Langenbeck’s Archiv, sowie in den Ver¬ 
handlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie veröffentlicht. 

— Halle a. S. Die Universität Halle feiert vom 2. bis 
4. August d. J. ihr zweihundertjähriges Bestehen. _ 

— Würzburg. Auf Anregung des Prof. v. Leube und des iw* 
gierungspräsidenten Grafen Luxburg hat sich in Würzung ein Verein 
zur Errichtung eines Sanatoriums für unbemittelte. Lungen¬ 
kranke im Spessart gebildet. Fabrikant Henry Böttinger aus 
Elberfeld, Grosshändler Franz, die Professoren Prym, Leube u.a* 
haben schon 50000 M. gespendet. Der Voranschlag lautet auf 2500wha. 

— Washington. In den Vereinigten Staaten hat sich ein wissen- 
schaftlicher Verein „National Science Club“ constituirt, zu welchem 
der Beitritt ausschliesslich Frauen offensteht. In der ersten Versamm¬ 
lung, welche in Washington abgehalten wurde, hielt die Präsidentin 
Mrs. Ada D. Davidson einen Vortrag über die Trilobiten. . , 

— Universitäten. Göttingen. Dr. Kallius aus Giessen iz 
zum Prosector am anatomischen Institut ernannt worden. — Sien 
Dr. E. Gasparrini hat sich als Privatdocent für Ophthalmologie habihti 
— Turin. Dr. G. Muscatello hat sich als Privatdocent für chirurgisch 
Pathologie habilitirt. — Kasan. Doctor M. P. Sergejew ist zum rnva 
docenten für Pharmazie und Pharmacognosie ernannt. 


Gedruckt bei Julius Sittonfold in Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHtGAN 





Donnerstag 


M 2S, 


12. Juli 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LlchUnstela&llae 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Ueber das Eisen in diätetischer Hinsicht. 

Von Professor Dr. R. Robert in Dorpat. 

Infolge einer Aufforderung der Redaetion dieser Wochenschrift, 
mich über die neuesten pharmaceutischen Eisenpräparate nach der 
diätetischen Hinsicht auszusprechen, ist der nachstehende Artikel 
entstanden. Derselbe macht daher nicht den Anspruch, wesentlich 
Neues zu bieten. 

Dass das Eisen ebenso wie Eiweiss, Kohlehydrate und Fette 
zu den Nahrungsmitteln gehört, ist eine Thatsache, an welcher 
heutzutage wohl Niemand mehr zweifelt. Während man aber bei 
Eiweiss, Kohlehydraten und Fetten sich seit langer Zeit die grösste 
Mühe giebt, die am besten nährenden, unserem Geschmackssinn am 
meisten zusagenden und selbst für Kranke leicht verdaulichsten 
Formen ausfindig zu machen, und während man auf diesem Ge¬ 
biete Erhebliches geleistet hat, ist das Eisen als Nahrungsmittel 
früher meist recht stiefmütterlich behandelt worden. Als Ent¬ 
schuldigung für diese Vernachlässigung kann man anführen, 1) dass 
die täglich nöthige Eisenmenge verschwindend klein ist; 2) dass 
in den meisten Nahrungsmitteln schon an sich etwas Eisen ent¬ 
halten ist; 8) dass der Eisen Stoffwechsel sich schon ganz von allein 
regelt, wofern man es nur an der Zufuhr der übrigen Nahrungs¬ 
stoffe nicht fehlen lässt. So gewiss an diesen Behaüptungen etwas 
Richtiges ist, so gewiss ist es auch, dass sich in vielen Fällen der 
Eisenstoffwechsel ohne unser Zuthun eben nur sehr langsam, sehr 
mangelhaft oder selbst gar nicht spontan regelt; ich denke dabei 
z. B. an Säuglinge anämischer Mütter, an Kinder mit Sommer¬ 
diarrhöen 1 ), an Mädchen in der Pubertät, an Schwangere, an 
Stillende, an Menschen mit häufigen Blutverlusten, an Patienten 
mit Leukämie, perniciöser Anämie, Darmparasiten, Malaria, an 
Tuberkulöse, Skrophulöse, Rachitische, an Syphilitische, an Men¬ 
schen mit intermittirender Hämoglobinurie, an solche mit Hämato- 
porphyrinurie, sowie endlich — aber keineswegs allein oder an 
erster Fteile — an echt Chlorotische. In allen diesen, sowie in 
noch gar manchen anderen Fällen kann und muss der Arzt daran 
denken, statt durch die landläufigen officinellen Eisenpräparate, auf 
rein diätetischem Wege oder wenigstens unter Zuhülfenahme von 
Präparaten, welche den Eisenformen der Diätetik nahe stehen, 
seinen Patienten zu helfen. In früheren Jahrzehnten ist dies gar nicht 
oder wenigstens nur vereinzelt und unvollkommen versucht worden. 

Ehe wir an die Frage herangehen können, in welchen Formen 
wir diätetisch das Eisen zuführen können, müssen wir uns fragen, 
wie viel Eisen wir täglich ausscheiden und also auch täg¬ 
lich wieder resorbiren müssen. Noch vor wenigen Jahren konnte 
man diese Frage für den Menschen nicht beantworten; jetzt wissen 
wir, dass wir pro Tag selbst beim Hungern durch den Harn min¬ 
destens 1 mg Fe und durch den Darm mindestens 7 mg Fe aus¬ 
scheiden. Die 7 mg Darmeisen vertheilen sich etwa so, dass 1 mg 
auf die Galle, 1mg auf den Dickdarm 2 ) und 5 mg auf den 


0 Während man früher Beziehungen zwischen Darmkrankheiten und 
Blutkrankheiten kaum kannte, wissen wir jetzt, dass pemiciöse Anämie, 
Chlorose etc. sehr oft vom Darm ausgehen, dass Vemähung des Anus 
sofort sich in Störungen des Hämoglobinstoffwechsels ausspricht und 
dass Cholera infantum mit excessiver Eisenabscheidung aus dem Hämo¬ 
globin verbunden ist. Forchheimer behauptet geradezu, dass das Hämo¬ 
globin in den Darmwandungen gebildet wird, und stützt diese Behauptung 
durch chemische Analysen. 

*) Vergleiche darüber meine demnächst erscheinende Mittheilung über 
die Functionen des menschlichen Dickdarmes. 


Dünndarm kommen. Die Thatsache, dass der Darm selbst bei 
völliger Inanition doch regelmässig Eisen ausscheidet, hat vor 
mehr als 40 Jahren mein kürzlich verstorbener Dorpater College 
Carl Schmidt entdeckt. Wir müssen uns vorstellen, dass diese 
Ausscheidung theils durch die Darmdrüsen, speciell durch die 
Lieberkühn’schen, theils durch die sich abstossenden Epithelien J ), 
theils durch auswandernde eisenbeladene Leukocyten stattfindet. 
Die angegebene Menge von 8 mg gilt aber nur für Menschen, 
welche sich der Nahrung enthalten; an normal essenden sind die 
Werthe für den Darm nicht feststellbar, aber ohne Frage weit 
höher. Für den Harn wenigstens können wir bei guter eisenreicher 
Fleischuahrung ohne Mühe die ausgeschiedene Menge um 100, ja 
um 200 % steigern. 

15—20 mg Eisen dürfte also wohl die Normalaus¬ 
scheidung eines gut genährten erwachsenen Menschen 
von 60 kg Gewicht pro Tag betragen, was auf 3 kg Körper¬ 
gewicht etwa 1 mg Fe am machen würde. Selbstverständlich muss 
bei wachsenden und bei schwangeren Individuen die täglich resor- 
birte Menge aber viel grösser sein, da sie nicht nur den Eisen¬ 
ausfall im Harn und Koth zu decken haben, sondern auch fort¬ 
während noch eisenreiche Köpertheile neu bilden. Nach Unter¬ 
suchungen, welche namentlich in Dorpat angesteUt werden sind, 
bringt der neugeborene Säuger nicht nur ein eisenreiches Blut in 
mindestens normaler Menge mit auf die Welt, sondern er hat auch 
noch einen recht beträchtlichen Eisenvorrath in vermutlich leicht 
verwendbarer Form in der Leber aufgostapelt. Alles dieses Eisen 
wird also doch während der Schwangerschaft von der Mutter ge¬ 
liefert und muss von ihr aus dem Nahrungseisen resorbirt worden 
sein. Weiter muss die Mutter auch den sehr beträchtlichen Eisen¬ 
ausfall decken, welcher bei und nach der Geburt in Gestalt der 
Placenta, etwaiger Blutungen und der Lochien verloren geht. 
Ebenso wenig wie bei Schwangeren entspricht bei vielen Kranken 
die Menge des mit Harn und Koth ausgeschiedenen Eisens dem 
wirklich täglich dem Organismus entzogenen. Es ist eine den 
Aerzten viel zu wenig bekannte Thatsache, dass der Organismus 
das für ihn werthlos werdende Eisen nicht sofort durch Harn und 
Koth ausscheidet, sondern dass ihm die definitive Losstossung 
des werthlos gewordenen Eisens sehr schwer fällt und 
dass diese Wochen und Monate dauert, ja dass sie oft genug noch 
beim Tode des Individuums, auch wenn dieser erst spät eintritt, 
noch nicht vollendet ist. Wir finden vielmehr oft genug bei der 
Seetion solcher Fälle locker organisch gebundenes oder sogar ganz 
ungebundenes, d. h. rein unorganisches Eisen eingelagert, nament¬ 
lich in Milz, Leber und Knochenmark, wo es nicht nur nichts 
nutzt, sondern als todter Ballast eher schadet und wohl auf keine 
andere Weise als durch die Bergwerksarbeit zahlloser (vielkerniger) 
weisser Blutkörperchen langsam losgelöst und nach der Darm¬ 
oberfläche hin wegtransportirt werden kann. Genug, ich wollte 
nur andeuten, dass keineswegs die Eisenzersetzung im 
Organismus mit der Eisenausscheidung immer Hand m 
Hand geht, sondern dass bei blutzersetzenden Krankheiten die 
Eisenausscheidung hinter der Eisenzersetzung wesentlich nach¬ 
hinkt. Anzunehmen, dass das aus Hämoglobin durch Krankheits- 
processe abgespaltene Eisen jemals wieder zur Blutbildung ver¬ 
wendet werden könne, haben wir leider nicht den geringsten 


i) Bei niedrig stehenden Wirbelthieren können sich auch die^Lpi- 
thelien der äusseren Haut an der Eisenabscheidung aus dem Orga¬ 
nismus betheiligen. 


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Gck igle 


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574 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


Anhalt. Wie bei Krankheiten, so wird auch im Greisenalter fort¬ 
während Hämoglobin eingeschmolzen und das dabei freiwerdende 
Eisen, da es nicht ebenso schnell durch Darm und Harn ausge- 
schieden werden kann, in der Milz und ihr ähnlichen Organen 
einstweilen abgelagert. Die so naheliegende Annahme, dass 
bei vermehrter Einschmelzung des Blutfarbstoffes in 
der Leber die Gallenwege das Plus von Eisen, welches 
frei wird, zur Ausscheidung bringen, hat sich auf¬ 
fallender Weise als nicht stichhaltig herausgestellt. 

Erst jetzt, nachdem ich über die Eisenabspaltung und über 
die Eisenausscheidung gesprochen habe, kann ich an die Frage der 
Eisenaufnahme herantreten. Hier muss zunächst betont werden, 
dass die Eisenresorption der Eisenzufuhr niemals gleich¬ 
kommt, sondern stets ganz ausserordentlich viel kleiner 
ist, selbst wenn die Zufuhr in Gestalt nachweislich resorbirbarer 
Präparate oder Nahrungsmittel stattfand. Mithin dürfen wir auch 
nicht behaupten, dass mit der täglichen Zufuhr von 20 Milligramm 
resorbirbaren Eisens unserm Eisenstoffwechsel Genüge geleistet 
wäre; vielmehr muss die täglich zu geniessende Menge 
wesentlich höher bemessen werden; ich schätze sie auf nicht 
unter 50 Milligramm Fe. Dies ist aber eine sehr beträchtliche 
Menge, welche sich keineswegs in jeder beliebig zusammengesetzten 
24stündigen Nahrung der Menschen immer findet. 

Dass das metallische Eisen, selbst wenn es in sehr feiner 
Vertheilung zur Verwendung kommt, sowie die unorganischen und 
organisch sauren Salze desselben bei Darreichung mässiger Dosen 
nur in verschwindenden Spuren oder gar nicht resorbirt wird, 
während früher niemand an der Resorbirbarkeit dieser Präparate 
zweifelte, ist in Prag unter Huppert durch Hamburger, in Wien 
unter Ernst Ludwig durch Gottlieb und in meinem Institute 
durch Kumberg (1891) dargethan worden. „Da merkt man den 
Theoretiker, der nie mittels Ferrum reductum oder mittels 
Blaud’scher Pillen Chlorotische geheilt hat!“ höre ich beim Lesen 
dieses Satzes die Leser dieser Wochenschrift ausrufen, und wirklich 
hat mir auf eine derartige Aeusserung hin kürzlich ein Berliner 
Kritiker entrüstet vorgeworfen, dass ich „die mit Lapidarbuchstaben 
in die Annalen der medicinischen Wissenschaft eingetragene That- 
sache von der Heilbarkeit der Chlorose durch die gewöhnlichen 
alten Eisenpräparate“ nicht zu kennen schiene. Dagegen muss ich 
jedoch bemerken, dass ich jahrelang stark beschäftigter Praktiker 
gewesen bin und dass solche Einwände mich gar nicht treffen, da 
ich oben nur von der Unresorbirbarkeit aber keineswegs von der 
Unwirksamkeit der gewöhnlichen Eisenpräparate gesprochen 
habe. Dass ich die nicht, immer, aber doch oft erfolgreiche Be¬ 
handlung der Bleichsucht mit unresorbirbaren Eisenpräparaten aus 
eigener Erfahrung wohl kenne und zu deuten weiss, habe ich, wie 
meinem Berliner Kritiker unbekannt zu sein scheint, in einer be¬ 
sonderen Veröffentlichung 1 ) schon vor drei Jahren dargethan und 
habe daher hier keine Veranlassung, nochmals darauf einzugehen, 
da unter den Gesichtspunkt der diätetischen Eisenpräparate die 
genannten wohl kaum gehören. 

Von diätetischen Eisenmitteln kann man a priori drei Gruppen 
unterscheiden, nämlich vegetabilische, animalische und künst¬ 
lich dargestellte. 

I. Was die Pflanzen anlangt, so ist Eisen in ihnen sehr ver¬ 
breitet; so enthalten zum Beispiel nach Bunge und nach Ripp er, 
auf wasserfreie Substanz gerechnet, 

100 g Reis 1,7—1,9 mg Fe 


w 

„ Weizen 

4,3—5,5 



» 

„ Kartoffeln 

6,4 


n 

w 

„ Erbsen 

6,6 




„ weisse Bohner 

l 8,3 


n 


„ Erdbeeren 

8 , 6 —9,3 


n 


„ Linsen 

9,5 



„ 

„ Aepfel 

13,2 

n 


n 

„ Spinat 

32,7-89,1 



n 

,, Tabaksblätter 

214,0 

n 

„ 


Von hierher gehörigen Flüssigkeiten enthalten 

100 ccm Weisswein 1,4 mg Fe 

„ „ Rothwein 2,8—2,4 „ „ 

„ „ Aepfelwein 20,6 „ „ 

Die Reindarstellung der das Eisen in den genannten Pflanzen 
und Getränken enthaltenden organischen Verbindungen ist bis jetzt 
aber noch nicht oft geglückt, ja meist noch kaum in Angriff ge¬ 
nommen worden. Die einzige hierher gehörige rein dargestellte 
Substanz ist das Gerstennucleln von P. Petit, 2 ) welches 0,195 % Fe 
enthält. Versuche an Menschen oder Thieren sind damit aber 
meines Wissens niemals angestellt worden. Noch weniger weiss 
man von Thier versuchen über die Resorbirbarkeit anderer Pflanzen- 


9 St. Petersburger medic. Wochenschr. 1891, No. 9. 

3 ) Compt. rend. de l’Acad. des Sciences T. 116, 1893, p. 995. 


eisenstoffe oder von Berichten von Heilung der Chlorose durch den 
Genuss derselben oder daran reichen Vegetabilien. Nur eine einzige 
hierher gehörige Notiz, welche ich im ersten Bande der von mir 
herausgegebenen „historischen Studien“ meines Institutes (S. 325) 
habe mittheilen lassen, habe ich finden können. Nach Sljunin 
verwenden nämlich die Tartaren die Wassernuss, Trapa natans, 
(Onagrac.) bei Bleichsucht. Mich interessirte es, mit Rücksicht auf 
diese Verwendung den Eisengehalt derselben kennen zu lernen, und 
ich fand bei Emil Wolf, dessen Analysen im allgemeinen recht 
zuverlässig sind, dass die Asche der ganzen Nuss 23—80 °/ 0 , die 
der Schale sogar 63,6 °/o Eisenoxyd enthält, welches in der unver- 
aschten Pflanze natürlich organisch gebunden enthalten ist. Ich 
habe daraufhin mir diese — in Deutschland immer seltener 
werdende — Pflanze zu verschaffen gesucht und eine neue Analyse 
derselben veranlasst; dieselbe ergab aber geringere Werthe. Dass 
der normale Mensch und gesunde Warmblüter überhaupt lediglich 
auf Kosten von Vegetabilien ihren Eisenstoffwechsel decken können, 
unterliegt keinem Zweifel, da die Vegetarier und die pflanzen¬ 
fressenden Thiere uns täglich von neuem den Beweis dafür liefern; 
ob aber bei Krankheiten des Blutes dem menschlichen 
Organismus die Bildung von Hämoglobin aus vegetabi¬ 
lischem Eisen eben so leicht wird wie aus animalischem, 
ist zur Zeit noch unbewiesen und scheint mir nach meinen 
experimentellen und praktischen Erfahrungen äusserst unwahr¬ 
scheinlich. 

II. Von animalischen Gebilden kommen als stärker eisen¬ 
haltig nur vier in Betracht, nämlich Milch, Eier, Leber und Blut. 

1. Die Milch ist nach den eingehenden Untersuchungen von 
Bunge wie auch nach der übereinstimmenden Ansicht aller Milch¬ 
chemiker an Eisen nicht reich; 

1000 g Menschenmilch enthalten 3,0—6,0 mg Fe^Oa 

„ „ Hundemilch enthalten 1,0—2,0 „ 

„ „ Kuhmilch enthalten 3,0 „ * 

,, „ Pferdemilch enthalten 15,0 „ * 

Zur Deckung des Eisenbedarfes unserer Patienten und Patien¬ 
tinnen müssten wir also denselben täglich literweise die Kuhmilch 
zuführen, da von der wesentlich eisenreicheren Pferdemncn, 
wenigstens in Deutschland des Kostenpunktes wegen abgesehen 
werden muss. Es ist ferner bei Gelegenheit der Versuche über 
Darstellung von Milchpepton festgestellt worden, dass der das 
Eisen enthaltende Eiweissbestandtheil der Milch nur 
äusserst schwer von den Verdauungssäften angegriffen 
wird. Es ist daher leicht verständlich, dass bei Säuglingen schon 
ein geringfügiger Magen dar mkatarrh genügt, um bei ihnen die 
Resorption des Milcheisens fast auf Null herabzusetzen. Sowei 
dieselben Muttermilch trinken, ist ferner nicht ausser Acht zu 
lassen, dass bei anämischen Stillenden der Eisengehalt der Mnc 
aus leicht begreiflichen Gründen ein erheblich niedrigerer ist as 
in der Norm. Kurz der Gedanke, in Gestalt von Milch den 
Eisenmangel Kranker decken zu wollen, dürfte nur in 
den wenigsten Fällen durchführbar sein. An eine Kem- 
darstellung des Milcheisens hat meines Wissens bisher noch nieman 
gedacht; auch dürfte dieses Präparat sehr theuer zu stehen kommen. 
Das Volk „verbessert“ in Russland wie in Deutschland bekanntiic 
den Eisengehalt der für Chlorotische bestimmten Milch dadurc , 
dass es rostige Nägel hineinwirft und die Milch dann sauer wer en 
lässt. Dabei bildet sich natürlich Ferrum lactjcum; eine - 
reicherung der Eiweissstoffe der Milch mit Eisen findet a 
nicht statt. . 

2. Die Eisenverbindung des Eidotters hat Bunge vor e 
10 Jahren in Dorpat dargestellt und Hämatogen £ ena ' 
Es kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass 
selbe die einzige Quelle ist, aus welcher das Hämoglobin 
sich bildenden Hühnchens herstammt. Von Seiten der PraK 
hat diese hochinteressante Substanz, da sie nicht im Hände > 
gar keine Beachtung gefunden; von den Theoretikern hat sicn 
ein einziger mit derselben beschäftigt und sich darau 
ziemlich wegwerfend über dieselbe geäussert, indem er 
eisenarmes Zersetzungsproduct des Lebereisens nennt. D 
selbst hat meines Wissens mit reinem Hämatogen weder 
Menschen noch am Hunde Versuche angestellt oder wenigs^ _ 
dieselben bisher noch nicht veröffentlicht. Ueber die Resorbü 
keit von Eidotter in Bezug auf seinen Eisengehalt hat Du g 
durch seinen Schüler So ein am Hunde Versuche machen laS ' 
aus denen letzterer den Schluss zieht, dass das Eisen des Lido 
theilweise resorbirt wird. Am Menschen liegen über dm g e 
Frage nur von meinem Schüler Busch Versuche vor, welc e 
dem Schluss führen, dass eine erhebliche Vermehrunff 
Harneisens beim gesunden Menschen selbst nach ^, e r « en 

von neununddreissig Eidottern nicht eintritt. Also d 

vom Hämatogen beim gesunden Menschen wohl nur wemge 
cente zur Aufsaugung kommen. Ich habe auch die Mühe 


Di b y 


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12. Juü. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


gescheut, das Hämatogen in reiner Form darstellen zu lassen 
habe aber auch von diesem Präparate nichts Günstigeres zu be¬ 
richten. Es ist wohl denkbar, dass bei Menschen mit Eisenmangel 
die Resorption des Hämatogens eine vollkommenere ist, wie ja 
auch die Aufsaugung des Fettes bei fettarmen Individuen besser 
vor sich gehen soll als bei fetten; der Beweis ist jedoch an blut¬ 
armen Individuen bisher noch nicht erbracht worden. Als Ursache 
der Mangelhaftigkeit der Resorption des Hämatogen ist die relativ 
leichte Zersetzlichkeit dieser Substanz durch Schwefelwasserstoff 
in alkalischer Lösung anzusehen. Im Darmcanal aber trifft sie fast 
stets mit Schwefelwasserstoff, und zwar, wie Boas gezeigt hat 
sogar meist mit sehr erheblichen Mengen dieses Gases, bei alka¬ 
lischer Reaction zusammen. 

3. Mit der Eisen Verbindung der blutfreien Lebergrundsub¬ 
stanz hat sich seit 1885 mein damaliger Assistent, der jetzige 
Professor ordin. Stanislaus von Zaleski 1 ) beschäftigt. Er hat 
zuerst einwandsfrei gezeigt, dass im völlig blutfreien Lebergewebe 
stets Eisen vorhanden ist, und zwar in sehr wechselnden Mengen. 
Er zeigte weiter, dass dieses Eisen verschiedenartig gebunden sein 
kann, dass aber namentlich eine dieser Verbindungen von grösserem 
physiologischem Interesse ist. Er hat dieselbe mit dem sehr 
passenden Namen Hepatin bezeichnet. Er zeigte endlich, dass 
das Eisen im Hepatin fester gebunden ist als im Häma¬ 
togen, dass es durch Pepsin und Salzsäure nicht ab¬ 
gespalten und durch die gewöhnlichen Eisenreagentien 
ohne Einäscherung fast nicht nachgewiesen werden kann. 
Später haben sich Marfori und Schmiedeberg bemüht, das 
Lebereisen darzustellen, und sind gleichfalls zu demErgebniss ge¬ 
kommen, dass es eine eigenartige Verbindung ist. Im Handel ist 
das Hepatin nie gewesen und es wird auch wohl kaum je käuflich 
werden, da die Herstellung desselben mühsam und kostspielig ist. 
Ausnützungsversuche sind über dasselbe weder am Hunde noch am 
Menschen jemals gemacht worden, so dass ein endgültiges Urtheil 
über die Resorbirbarkeit desselben zur Zeit noch nicht gefällt 
werden kann; aber wir haben ein Recht, unseren Blutarmen Leber¬ 
speisen zu empfehlen. 

Mit dem Hepatin, welches ein zwar an Menge wechselnder, 
aber nothwendiger und beim normalen Menschen und normalen 
Hund nie fehlender Bestandtheil der Leber ist, darf eine andere 
Eisenverbindung nicht verwechselt werden, welche sich bei Krank¬ 
heiten häufig in der Leber ablagert, aber in diesem Organ durch¬ 
aus pathologische Bedeutung hat und die Lebensfähigkeit des¬ 
selben nicht nur nicht erhöht, sondern eher herabsetzt. Ich meine 
das Hämosiderin, d. h. eine sehr lockere EiweisseisenoxydVerbin¬ 
dung, welche von Quincke und anderen Autoren eingehend unter¬ 
suchtworden ist und über welche mein Schüler, Herr S. Lipski, 
demnächst weitere Mittheilungen machen wird. Diese Substanz 
lässt sich im mikroskopischen Präparate, wie auch im Reagenzglas 
dadurch schon auf den ersten Blick vom Hepatin unterscheiden, 
dass sie mit Ferrocyankalium und sehr verdünnter Salzsäure sich 
sofort tiefblau färbt, während das Hepatin dabei farblos bleibt. 
Beim Einnehmen wird das Haemosiderin theils durch die Magen¬ 
verdauung, theils durch den Schwefelwasserstoff des Darmes zer¬ 
setzt und gelangt höchstens spurenweise zur Resorption. 

(Schluss folgt.) 

II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik des Herrn 
Geheimrath v. Bergmann in Berlin. 

Die Aufnahme bacteriellerKeime von frischen, 
blutenden Wunden aus. 2 ) 

Von Dr. C. Schimmelbusch. 

Auf dem Congress der deutschen Gesellschaft für Chirurgie 
1893 durfte ich über Versuche berichten, bei welchen wir er¬ 
strebt hatten, septisch inficirte Wunden bei Thieren zu des- 
mficiren. Diese Versuche waren überraschend ungünstig ausgefallen. 
Obwohl wir verhältnissmässig glatte Schnittwunden angelegt und 
nicht übergrosse Mengen infectiösen Materials — in Culter oder 
Gewebssaft — auf dieselben gebracht hatten, war es uns trotz 
sofort eingeleiteter Wunddesinfection und trotz Anwendung der 
kräftigsten Desinfectionsmittel auch nicht in einem Falle gelungen, 
eine Maus oder ein Kaninchen vor dem Ausbruch der Allgemein- 
mfection und dem Tode an Anthrax oder Streptococcensepsis zu 
bewahren. 

Bei dem Aufsuchen von Gründen für dies auffallende Resultat 
hatten wir dann weiter gefunden, dass selbst die Amputation des 

*) Studien über die Leber, Theil I: Eisengehalt der Leber. Ztschr. 
physiol. Chem. Bd. X, 1886, p. 453. Der zweite Theil ist noch un- 
gedruckt. 

,*) Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen Berlins 
am 12, Februar 1894. 


575 

Gliedes central um mehrere Centimeter weit von der inficirten 
Wunde schon kurze Zeit nach geschehener Infection das letale 
Ende nicht fernzuhalten vermochte. Mäuse, welche wir am 
Schwanzende mit Milzbrand inficirt hatten, gingen trotz der 
zehn Minuten später ausgeführten Amputation des Schwanzes zu¬ 
grunde. Dies Ergebniss führte uns zu dem Schluss, dass die 
lokale Desinfection bei septischen Infectionen zum Theil wohl des¬ 
halb unwirksam ist, weil die infectiösen Keime sehr schnell in das 
Körpergewebe hineingelangen. 

In einer Untersuchung an v. Bramann’s Klinik in Halle hat 
Nissen festgestellt, dass nach drei, in einem Falle schon nach 
1 V-2 Stunden Milzbrandbacillen von einer peripher an einer Extre¬ 
mität angelegten Wunde in das nächstgelegene grössere Lymph- 
drüsenpacket gelangt waren, Wir haben uns mit der Frage der 
Infection der Lymphdrüsen nicht näher beschäftigt, wir sind aber 
der anderen näher getreten, wie schnell Bacterien von frischen 
Wunden in die grossen inneren Organe, in das Herz, die Lunge, 
die Leber, die Milz und die Nieren gelangen. 

Die Untersuchungen habe ich gemeinschaftlich mit Herrn 
Dr. Rick er im Sommer des vergangenen Jahres ausgeführt. 

Sie erstreckten sich zunächst auf den Milzbrand der Mäuse. 
Mäuse wurden auf dem Rücken und am Schwanz mit Reinculturen 
von Anthrax oder anthraxhaltigen Gewebssäften erkrankter Thiere 
in frische Wunden geimpft, dann wurden die Thiere getödtet, 
unter den sorgfältigsten Vorsichtsmassregeln die inneren Organe 
herausgenommen und in Agarplatten zerkleinert. Eine Anzahl 
Versuche wurden auch so angestellt, dass die herausgeschnittenon 
Lungen, Lebern etc. zerkleinert subcutan auf andere Mäuse ver- 
impft wurden. 

Nachdem wir auf diese Weise nach fünf und drei Stunden in 
einer Anzahl von Fällen Milzbrandkeime im Innern der Organe 
nachgewiesen hatten, verkürzten wir die Zeit auf 1 und V 2 Stunde 
und konnten schon V 2 Stunde nach vollzogener Wundinfection die 
Milzbrandkeime in der Lunge, der Leber, der Milz und den Nieren 
der betreffenden Mäuse nachweisen. Ob sporenhaltiges oder sporen¬ 
freies Material zur Wundinfection genommen wurde, blieb dabei 
gleichgültig. 

Diese Thatsache liess eine weitere Frage auftauchen: ob diese 
schnelle Aufnahme nur den pathogenen Keimen zukommt oder auch 
den Saprophyten. 

Zur Beantwortung dieser Frage haben wir Kaninchen benutzt. 
Es sind 2—3 cm lange und 1 cm tiefe Längs- und Querwunden 
durch Haut und Muskulatur auf dem Rücken und dem Oberschenkel 
von Kaninchen angelegt worden, die Wunden sind dann mit ver¬ 
schiedenen Keimen inficirt worden, und wie in der ersten Versuchs¬ 
reihe hat dann eine Aussat der zerkleinerten Organe in Agar 
stattgefunden. Als Infectionsmaterial sind angewandt: Rosahefe, 
Bacillus mycoides, Bacillus pyocyaneus und Schimmelsporon. 

Die Versuche sind ziemlich zahlreich und haben uns eingehend 
beschäftigt, es sind im ganzen gegen 80, und in einer grossen An¬ 
zahl von Fällen haben wir schon nach der kürzesten Zeit Keime 
in den inneren Organen in wechselnder Menge gefunden. In der 
letzten Zeit haben wir vorwiegend mit Bacillus pyocyaneus manipu- 
lirt, und Herr Rick er wird Ihnen Platten aus den inneren Organen 
eines Kaninchens vorlegen, welches fünf Minuten nach der Infec¬ 
tion der Schenkelwunde getödtet wurde und überall zahlreiche 
Pyocyaneuskeime in Reincultur aufweist. So schnell können also 
Mikroorganismen von frischen blutenden Wunden in den Kreislauf 
gelangen; fünf Minuten nach der Infection finden sich schon Ba¬ 
cillen in den inneren Organen. 

Der Nachweis der Organismen setzt eine subtile baeterio- 
logische Technik voraus, auf die ich hier nicht näher eingehen 
will, weil wir demnächst unsere Untersuchungen doch ausführlicher 
p üblichen werden. Nur zweierlei möchte ich hervorheben. Einmal 
ist es absolut nöthig, dass die ganzen Organe resp. sehr grosse 
Stücke zur Untersuchung genommen werden, und dann, dass man 
sie auf das feinste verkleinert. Untersuchungen, wie man sie früher 
gemacht hat, durch Entnahme eines Tropfens von Gewebsflüssig¬ 
keit, führen nicht zum Ziele. So zahlreich sind die aufgenomraenen 
Bacterien nicht, dass sie in jedem Tropfen Organflüssigkeit sässen. 
Es ist aber nöthig, die Organe zu zerschneiden, weil die Bacterien, 
welche in ihnen eingeschlossen sind, nicht die Möglichkeit haben, 
so ohne weiteres an ihre Oberfläche zu wachsen, und sich sonst 
der Beobachtung entziehen. 

Auf den ersten Blick erscheint die enorm schnelle Aufnahme 
der Bacterien von frischen Wunden in den Blutkreislauf über¬ 
raschend. Sie ist aber die einfache Erklärung für die unzweifel¬ 
hafte Thatsache, dass Amputationen bei Milzbrandinfection der 
Mäuse nach wenigen Minuten schon nicht mehr heilend wirken. 
Sie verliert auch ihren befremdenden Eindruck bei einem Streif¬ 
blick auf die Litteratur der Fettembolie; ist doch dort schon vor 
Decennien festgestellt worden, dass zinnoberhaltige Fetttröpfchen 


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Original fro-m 

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576 


DEUTSCHE MED1C1N1SC11E W OCHE NSCHRIFT. 


No. 28 


ip fünf Minuten ihren Weg von der Markhöhle des Knochenmarks 
zum Herzen und den Lungen finden. 

Die Bedeutung dieser Bacterienresorption für den verwundeten 
Organismus ist natürlich verschieden je nach der Qualität der 
Keime. Sie bedeutet nichts, wo es sich um Saprophyten handelt, 
wenig wo sie die Eitererreger betrifft, die im Blute ohne weiteres 
sich nicht ansiedeln, sie bedeutet aber den Tod des Individuums, 
wo es sich um septische Erkrankungen, wie der Anthrax der 
Mäuse, handelt. __ 


III. Zur Kenntniss der mechanischen In¬ 
sufficienz des Magens. 

Von Dr. I. Boas in Berlin. 

In No. 15 dieser Wochenschrift hat Herr Prof. Riegel in 
dankenswerther Weise den Begriff der Magenerweiterung im Gegen¬ 
satz zur Atonie und zum physiologisch grossen Magen zu prä- 
cisiren gesucht. Wenn ich im folgenden meinerseits die hierbei 
in Frage kommenden Verhältnisse erörtere, so geschieht das ein¬ 
mal deswegen, weil nicht oft genug diese praktisch so ausser¬ 
ordentlich wichtigen Anomalieen besprochen werden können, so¬ 
dann, weil ich hoffe, etwas zur Klärung der klinischen Differenz¬ 
punkte beizutragen. 

An die Spitze meiner Ausführungen stelle ich den Satz, dass der 
Ausdruck Ectasie oder Dilatation des Magens dem heutigen 
Stande der Wis senschaft nicht mehr entspricht. Denn es 
giebt kaum ein weniger geeignetes Kriterium für die Krankheit 
„Magenerweiterung“, als die Bestimmung der Magengrösse. Hierbei 
ist es gleichgültig, ob man für die Grössenbestimmung die Lage der 
grossen Curvatur oder das Volumen des Magens bestimmt, obgleich 
der Bestimmung des letzteren immerhin eipe grössere Bedeutung 
zukommt, als der der unteren Grenze des Fundus. Dies zu be¬ 
tonen ist so lange nicht überflüssig, als in den modernen Lehr¬ 
büchern der grossen Curvatur eine Bedeutung zugeschrieben wird, 
die sie thatsächlich nicht verdient. Um nur einen Autor zu er¬ 
wähnen, so sagt Leube l ) klar und bestimmt: „Befindet sich die 
Flüssigkeitsdämpfung unter dem Nabel, so ist Dilatation 
des Magens sicher vorhanden.“ Da dieses Verhalten in gleicher 
Weise bei Tiefstand des Magens, beim physiologisch grossen Magen, 
bei Atonie, schliesslich auch bei Vertikalstellung vorkommt, so ist 
dieser Standpunkt unhaltbar. 

Dasselbe, was für die Lagebestimmung gilt, gilt auch für die 
Grössenbestimmung. Man hat den Magen mit Luft ausgedehnt, mit 
Wasser angefüllt, hat die Menge von Luft oder Wasser berechnet, 
welche das erkrankte Organ bis zur äussersten Dehnungsmöglich¬ 
keit vertragen kann: allein auch in diesen, zumTheil übrigens viel 
zu complicirten Methoden liegt keine sichere und entscheidende 
Gewähr. Der Elastizitätsverlust der Magenwandung ist eben nicht 
gleichbedeutend mit dem Verlust der Muskelkraft des Organes. Ein 
leicht dehnbarer Magen kann seinen Inhalt, wenn auch verzögert, 
doch vollständig austreiben, während ein schwer dehnbarer, dabei 
normal grosser Magen häufig nur einen Thoil austreibt, d. h. nie 
leer wird. 

Wie wir uns auch drehen und wenden mögen, wir verlieren 
den sicheren Boden in der Diagnose, sobald wir die Grenzen und 
die Grösse des Magens für die Beurtheilung einer etwa bestehenden 
Magenerweiterung wählen. Es ist das praktisch um so bedeutungs¬ 
voller, als für den Arzt, der nicht Zeit und Gelegenheit hat, sich 
eingehender mit den einschlägigen Fragen zu befassen, die Be¬ 
stimmung der Magengrenzen noch immer das Einfachste und Be¬ 
quemste ist. Verlässt er sich auf dieses Untersuchungsergebniss, 
so wird er gelegentlich eine richtige, meist aber eine falsche Dia¬ 
gnose stellen. 

Nun sind wir ja zum Glück nicht allein auf diese Unter¬ 
suchungsmethode angewiesen: das Schwappen des Magens, das 
Vorkommen von Plätschern bei nüchternem Organ, das Auftreten 
peristaltisclier oder antiperistaltischer Bewegungen, das von mir 
als „Selbstaufblähung“ bezeichnete Symptom, die Urinverminderung, 
der Durst, die starke Obstipation, das copiöse Erbrechen und da¬ 
neben die gerade für die vorliegende Krankheit so wichtige 
Anamnese sind wichtige, ja erheblich viel wichtigere Anhaltspunkte 
als die Grösse- und Lagebestimmung. Leider sind die genannten 
Symptome in ihrer vollen, imponirenden Gestalt nur bei den 
höchsten Graden der Ectasie so ausgesprochen, dass sie diagnostisch 
verwendbar werden. Dazwischen liegen gerade die Fälle, die prak¬ 
tisch am wichtigsten sind, weil man sie durch frühzeitige Er¬ 
kennung in den meisten Fällen wesentlich bessern, in vielen 
heilen kann. 

Vorbedingung für die frühzeitige Erkennung solcher Fälle ist, 
dass wir den Schwerpunkt der Diagnose nicht mehr wie bisher 

*) Leube, Specielle Diagnose innerer Krankheiten. I. Th., S. 254. 


darauf legen, ob der Magen etwas höher oder tiefer unter der 
Nabelhorizontalen steht, oder auch, ob er etwas grösser oder kleiner 
ist, sondern was er leistet. Dieser Standpunt ist nicht neu. Schon 
vor mehr als 15 Jahren hat 0. Rosenbach 1 ) ihn scharf und deutlich 
formulirt, allerdings ohne eine wirklich praktisch brauchbare Me¬ 
thode der mechanischen Sufficienzprüfung zu liefern. 

Nach Rosenbach haben besonders J. Schreiber 2 ) und 
Naunyn 3 ) das Verhältniss zwischen Magengrösse und mecha¬ 
nischer Magenleistung studirt und sind dabei zu dem Ergebnisse 
gelangt, dass sich dieselben keineswegs immer decken. Ganz klar 
und unzweideutig spricht sich Naunyn in seiner unten citirten 
Arbeit, S. 229, aus: „So wenig jeder weite und tiefstehende Magen 
an mechanischer Insufficienz leidet, so wenig ist jeder an mecha¬ 
nischer Insuffieienz leidende Magen erweitert und tiefstehend. 
Solche Fälle hat Schreiber schon mitgetheilt. Ith habe sicher 
drei Fälle in den letzten zwei Jahren gesehen, in welchen ohne 
Erweiterung und Tiefstand die Zeichen mechanischer Insufficienz 
bestanden, beiläufig in allen dreien sehr hartnäckig und allen thera¬ 
peutischen Maassnahmen trotzend. In keinem dieser Fälle ragte 
der Magen, wenn man ihn mittels Brausepulver ad maximum selbst 
bis zur Unerträglichkeit ausdehnte, mit der grossen Curvatur über 
den Nabel hinaus.“ Schreiber und Naunyn haben auch das 
Verdienst, zuerst auf das Vorkommen des „physiologisch grossen 
Magens“ hingewiesen zu haben. 

Naunyn vermeidet daher auch in seiner vortrefflichen Ab¬ 
handlung den Ausdruck „Magenerweiterung“ und spricht von 
„mechanischer Insufficienz“, freilich ohne diese Form von der so¬ 
genannten Atonie so scharf zu trennen, wie dies meiner Ueber- 
zeugung nach heutzutage nothwendig ist. 

Merkwürdigerweise haben diese für die Pathologie der Magen¬ 
krankheiten so grundlegenden Feststellungen bis in die neueste Zeit 
hin, wenigstens in Deutschland, keine genügende Beachtung gefunden. 
In Frankreich dagegen scheint man die Wichtigkeit der dynamischen 
Magenleistung besser gewürdigt zu haben. Schon Bouchard de- 
finirt die Magenectasie in folgender Weise: „Tout estomac, qui ne 
se rötracte pas ötant vide, est un estomac dilatö!“ und in der 
neuesten französischen Litteratur — ich erwähne die Handbücher 
über Magenkrankheiten von Bouveret und Debove und. R6- 
mond — finden wir Anschauungen über Magendilatation entwickelt, 
die sich durchaus mit denen von Rosenbach, Schreiber und 
Naunyn decken. Ich selbst habe schon vor dem Erscheinen der ge¬ 
nannten französischen Werke in dem zweiten Theil meiner Dia¬ 
gnostik und Therapie der Magenkrankheiten (Leipzig 1898),^ S. 10o, 
betont, dass „der Nachweis einer normalen Lage und Grösse des 
Magens keineswegs gegen Ectasie“ spricht, und hierfür ein 
prägnantes Beispiel angeführt. Inzwischen habe ich diesem Gegen¬ 
stände weitere Aufmerksamkeit geschenkt und mich wiederholt von 
dem Vorkommen von Mageninhaltsstauung bei normalen Grenzen 
überzeugen können. Ich weise an dieser Stelle einschaltend daraut 
hin, dass eine derartige Incongruenz zwischen Magenleistung und 
Magengrösse sich bei keiner anderen Krankheit schärfer un 
constanter findet als beim Magencarcinom; ich habe dieses Zeichen 
in Verbindung mit der Milehsäureproduction als ein wichtiges 
Frühsymptom des Magencarcinoms erkannt und beschrieben. 

Diese Ausführungen werden genügen, um zu zeigen, dass nie , 
wie Riegel in seinem oben erwähnten Artikel meint, eine fjolc e 
Auffassung zur Verwirrung, sondern gerade im Gegenthefi zur 
Klärung führt, sobald man nur einmal den Muth hat, sich von dem 
traditionellen Begriff „Magenerweiterung“ loszusagen. 

Es fragt sich hierbei nur: Welche Kriterien besitzen wir iu^ 
das Vorhandensein und den Grad einer mechanischen Insufficienz. 
Wir können einfach eine mechanische Insufficienz annehmen, wenn 
der Magen eine Mahlzeit von bekanntem Umfang nicht in 0 
solennen Zeit austreibt. Zur Beurtheilung dieses Zustandes die 
als unbestritten beste Methode die Leube-Riegel’sche Probema 
zeit. Alle übrigen Methoden sind theils praktisch weniger angene 
(Oelmethode), oder ungenau (Salolprobe). Weniger brauchbar i 
die Methode für eine Bestimmung des Grades der mechamsc 
Insufficienz. Hier sind wir auf die Schätzung angewiesen, un 
wäre dem Ermessen des Einzelnen wieder überlassen, von leie < 
mittlerer oder starker Mageninsufficienz zu sprechen. 
ein Pendant zur leichten oder massigen Magenerweiterung, wie 
bisher in der Litteratur cursirte. _ , 

Viel besser und eindeutiger ist es in Fällen dieser jyt, 
Magen in leerem Zustande zu untersuchen, wie ich dies 

*) 0. Rosenbach, Der Mechanismus und dieJDiagnose der Magen 
insufficienz. Volkmanns Samml. klin. Vortr. No. 153. 1878. 

*) J. Schreiber, Eine neue Methode zum Nachweise der ljag 
Magens. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 19, S. 616. 

®) B. Naunyn, Ueber das Vorhältniss der Magengmirung 
mechanischen Mageninsufficienz. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin 
I S. 225. 


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Gck igle 


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12. Juli. 


mehreren Jahren thue. Und zwar geschieht das untor Zugrunde¬ 
legung eines sogenannten Probeabendessens, einer Methode, 
die, obwohl bereits in dem zweiten Theil meiner Diagnostik und 
Therapie der Magenkrankheiten beschrieben, wenigstens in Deutsch¬ 
land keine genügende Beachtung gefunden hat. 

Dieses Probeabendessen besteht aus kaltem Fleisch, Weissbrod 
und Butter und einer grossen Tasse Thee und wird Abends um 
8 Uhr gereicht. Später darf nichts mehr genossen werden. Der 
normale und leicht atonische Magen pflegt diese Mahlzeit während 
des Abends bezw. der Nacht vollständig auszutreiben, bei starker 
Herabsetzung der Motilität dagegen bleiben Rückstände derselben 
liegen, und man kann den Mageninhalt am Morgen nach Menge, 
Säuregehalt, Fermentationsprocessen genau untersuchen. 

Zeigt der Magen constant derartige, dann in der Regel in 
Zersetzung begriffene Massen, so liegt unbedingt eine schwere 
motorische Insufficienz vor, deren besondere Ursache selbstver¬ 
ständlich weiter eruirt werden muss. Ist der Magen nach dieser 
Probemahlzeit nüchtern leer, so ist derselbe entweder sufficient, 
oder falls die Leube’sche Probemahlzeit eine Ueberschreitung der 
normalen Digestionsdauer angiebt, in geringem Grade insufficient. 
Wir können demnach einfach zwei Grade der mechanischen In¬ 
sufficienz unterscheiden und bezeichnen als ersten Grad einen 
Zustand, bei dem eine motorische Störung vorliegt (nachgewiesen 
durch Leube’s Probemahlzeit), wobei aber der Magen nach einem 
Probeabendessen Morgens nüchtern leer ist, und als zweiten Grad 
einen Zustand, bei dem unter den letztgenannten Umständen sich 
zersotztc Rückstände im Magen befinden. 

Thatsächlich sind die genannten Functionsanomalieen auch be¬ 
züglich der übrigen klinischen Erscheinungen, von wenigen Aus¬ 
nahmen und Uebergangsfällen abgesehen, scharf zu trennen. Es 
gilt dies 1) für den Verlauf, 2) für die Prognose, 3) für die 
Therapie. 

Der Verlauf der mechanischen Insufficienz ersten Grades, die 
also nach der bisherigen Nomenklatur als Atonie, oder wie ich sie 
zu nennen vorgeschlagen habe, Myasthenie bezeichnet wurde, ist 
ein chronischer, sich über Jahre hinziehender; zunächst sind die 
Symptome wenig charakteristisch, sie sind analog den Verdauungs¬ 
störungen, die man früher als chronische Dyspepsie bezeichnet hat: 
also Druck, Völle, Aufstossen, Sodbrennen, Stuhlverstopfung u. a. 
Der Appetit ist reducirt, oder es besteht abwechselnd Heisshunger 
und mangelnde Appetenz, letztere wohl bedingt durch das Gefühl 
der Schwere, welches die retinirten Ingesta hervorrufen. Bei höheren 
Graden der Atonie kommt es zum Erbrechen, unter Umständen 
recht grosser Massen. Aber zum Unterschied von der mechanischen 
Insufficienz zweiten Grades zeigt das Erbrechen niemals Zer- 
setzungsproducte, vor allem keine Gasgährung, daher auch keine 
Dreischichtung. Erfolgt des Morgens nüchtern Erbrechen, so be¬ 
steht es ans Magensaft, vermischt mit Galle oder Schleim, niemals 
jedoch aus Speiseresten. 

Diesem Verhalten entspricht auch die Mageninhaltsunter¬ 
suchung: Man kann nachweisen, dass der Magen sich in solchen 
Fällen zwar verspätet, aber doch vollständig entleert: des Morgens 
nüchtern ist er nach dem Probeabendessen entweder völlig leer 
oder enthält Magensaft in mehr oder weniger grossen Quantitäten, 
eventuell auch Galle oder Schleim. 

Die chemische Untersuchung des Mageninhaltes erachte ich 
für weniger bedeutungsvoll als die mikroskopische. Bei letzterer 
findet man niemals oder doch nur sehr ausnahmsweise die charakte¬ 
ristischen Sarcinepackete und Hefe. Bacterien werden nur in ver- 
hältnissmässig geringen Mengen beobachtet. 

Der Stuhl ist, wie bereits bemerkt, meist angehalten, kann 
aber auch völlig normal sein, jedenfalls sind so hohe Grade von 
Obstipation, wie wir ihnen bei Pylorusstenose oder bei dem zweiten 
Grade der mechanischen Insufficienz begegnen, nur äusserst selten 
zu beobachten. 

^Die Diurese bewegt sich in normalen Grenzen, niemals finden 
wir wie bei den schweren Formen der mechanischen Insufficienz 
eine Urinverminderung bis auf 400—500 ccm in 24 Stunden. 

Der Ernährungszustand leidet bei Atonie des Magens in mehr 
oder weuiger hohem Grade, doch begegnet man auch relativ gut 
genährten Individuen: so hohe Consumptionsgrade, wie sie sich bei 
der zweitgenannten Form finden, kommen nicht zur Beobachtung. 

Endlich erwähne ich noch, dass Tetanie bisher niemals bei 

') Nur in der soeben erschienenen Arbeit von C. Wegelle, Die 
atonische Magenerweiterung, wird dieses Probeabendessen erwähnt, 
ßesser bekannt ist die Methode im Auslande. Dr. J. Friedewald (Atony 
0 the stomach. Medical News, December 1893) erwähnt dieselbe („Test 
su PPf r “) un d sagt darüber folgendes: „Boas has devised still an other test 
which I havo found of great Service.“ Es folgt nun die Beschreibung. 
*!• ' rr °ss (Atony of the stomach, New-York Medical Rocord 1894, March 31) 
erwähnt die Methode und stellt nach dem Ergebniss derselben die Difle- 
lentialdiagnosc zwischen Ectasie und Atonie. 


577 

leichteren Formen der Insufficienz beobachtet ist, dao-e^en ist ein 
nicht seltenes Vorkommniss der Trousseau’sche Schwindel. 

Was die Prognose der Insufficienz ersten Grades betrifft, so 
ist, sie erheblich viel günstiger als die der bisher sogenannten 
Dilatation: in der Regel tritt, wie auch Riegel in seiner eingangs 
erwähnten Arbeit betont, bei zweckentsprechender Behandlung 
Heilung ein, um so leichter begreiflicherweise, je früher der Fall 
zur Behandlung kommt. Ein exacter Beweis, dass die Insufficienz 
auch objectiv gebessert wird, scheint allerdings bisher noch nicht 
erbracht. Es kommt jedoch nach meinen Erfahrungen leicht zu 
Rezidiven, wenn die Kranken im Gefühle grösserer dynamischer 
Leistungsfähigkeit den Magen acut oder chronisch übermässig an¬ 
strengen. 

Die Formen von mechanischer Insufficienz zweiten Grades 
sind, soweit sie nicht durch Pylorusstenose bedingt sind, zweifel¬ 
los auf jahrelange unzweckmässige Lebens- und Ernährungs- 
bedingungen, ja auf direkte Excesse im Essen und besonders 
Trinken zurückzuführen, wobei möglicherweise krankhafte Ver¬ 
änderungen der Muskulatur eine untorstützende Rolle spielen. 
Es verdient indesson, hervorgehoben zu werden, dass ich bei dem 
grossen Material, das ich seit Jahren zu sehen Gelegenheit habe, 
noch niemals den Uebergang einer Insufficienz ersten Grades in 
eine Stauungsinsufficienz zu beobachten Gelegenheit hatte. Wie 
dem auch sei, die Prognose ist bei Insufficionzen zweiten Grades 
immer eine sehr viel ernstere, als bei denen ersten Grades. Das 
gefährlichste Symptom ist offenbar die Inanition, dem wir in 
schwierigen Fällen nur mit verschränkten Armen gegenüberstehen. 
Daneben tragen gewisse Complicationen, die Tetanie, Lungenphthise, 
Autointoxicationen und andere, die wir zum kleinen Theil erst 
kennen, dazu bei, die Lebensaussichten der Kranken zu trüben. 
Trotzdem kann ich nicht umhin, zu betonen, dass wir in anscheinend 
schweren Fällen von mechanischer Insufficienz mit Stauung, falls 
sie noch nicht zu lange bestehen, anhaltende Besserung, vielleicht 
darf ich sogar sagen, Heilung beobachten können. Ich habo in den 
letzten Jahren drei Beobachtungen dieser Art gemacht, von denen 
namentlich die eine (Pylorusstenose post ulcus) bereits spruchreif 
ist, da sich das ungestörte Wohlbefinden weit über ein Jahr er¬ 
streckt. Ich behalte mir vor, über die genannten Fälle später im 
Zusammenhang zu berichten. 

Auch bezüglich der Behandlung weichen beide Formen in 
wesentlichen Punkten von einander ab. Gemeinsam kommt ihnen 
das Princip der Magenentlastung zu, das sich ganz besonders in 
der Beschränkung grösserer Flüssigkeitsmengen ausspricht. Audi 
((je Zufuhr häufiger, wasserarmer Nahrung ist bei beiden Formen 
zu fordern. Im Detail des Speisen'gimes dagegen müssen wir wohl 
zwischen den lnsufficienzen ersten und zweiten Grades unter¬ 
scheiden. Wo Stagnation ist, wie bei der Insufficienz zweiten 
Grades, finden auch Gährungen statt, ganz besonders leicht 
und häufig Kohlenhydratgährungen, wahrscheinlich auch Fett¬ 
zersetzungen. Demnach sind hier Kohlenhydrate und Fette soweit 
als möglich einzuschränken, wie denn Minkowski sogar gerathen 
hat, dem Magen Kohlenhydrate behufs Beseitigung der Gäiirungen 
zeitweise ganz zu entziehen. 

Beides ist bei Insufficienz ersten Grades nicht nothwendig: 
den Kranken dieser Gruppe machen weder Kohlenhydrate noch Fette, 
selbstverständlich in geeigneter Form, irgend welche wesentlichen 
Beschwerden, sobald nur nicht grosse Massen in den Magen ge¬ 
bracht und dadurch secretorische Reizzustände hervorgerufen 
werden (sogenannte Hyperacidität). 

Gemeinsam ist beiden Formen ferner die Aufgabe, den Magen¬ 
inhalt schneller herauszuschaffen, sei es auf medicamentösem, sei 
es auf mechanischem Wego, durch Massage, Faradisirung, hydro¬ 
therapeutische Proceduren. Dass der Erfolg dieser Proceduren bei 
der Insufficienz ersten Grades ein wesentlich besserer ist als hei 
der ausgeprägten, Jahre lang bestehenden Form ist selbstver¬ 
ständlich. 

Mit diesen Maassnahmen kommt man bei der leichten Form 
der Insufficienz fast immer aus, wenn man dieselben nur mit 
Energie und Consequenz Monate lang fortsetzt. Bei der Insufficienz 
mit Stauung kommen als fast unentbehrliche Hülfsmittel hinzu: die 
Magenausspülungen, antifermentativen Mittel und die Hülfsornährung 
per rectum. 

Ich habe mich bereits in dem speciellen Theil meiner Dia¬ 
gnostik und Therapie der Magenkrankheiten scharf gegen den 
Missbrauch der Magenausspülungen gewendet: ich kann hier nur 
auf Grund weiterer Erfahrungen Wiederholen, dass ich dieselben in 
Fällen leichterer Insufficienz für mindestens überflüssig, ja seihst 
schädlich halte. Es liegt auch absolut kein Grund vor, den Magen 
in solchen Fällen zu säubern: denn er zeigt weder Morgens früh, 
noch Abends spät (zersetzte) Reste. 

Umgekehrt sind Spülungen bei den lnsufficienzen zweiten 
Grades nicht allein indicirt, sondern fast immer nothwendig. Auch 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


die antifermentative Behandlung der Gasgährung, wie wir sie durch 
die dankcnswerthen Arbeiten von Ivuhn kennen gelernt haben, ist, 
wie ich in Uebereinstiinmung mit letzterem betone, von grosser 
Bedeutung, namentlich ist die Salicylsäure in diesen Fällen, wie 
dies Mc, Naught und Kuhn erwiesen haben, ein ausserordent¬ 
lich kräftiges Magenantisepticum. Dagegen ist dieses Mittel und 
ähnliche bei der Insuffieienz ersten Grades entbehrlich. 

Schliesslich die Rectalernährung! Bei Insuffieienz zweiten 
Grades halte ich die Rectalernährung, namentlich die Wasserzufuhr 
per rectum, in einzelnen Fällen für dringend nothwendig, nämlich 
wo die 24stündige Urinmenge wesentlich unter 800—1000 g sinkt; 
in anderen hilft sie die Trockendiät, die nothwendigerweise unei- 
träglichen Durst hervorruft, besser vertragen. 

Bei der Insuffieienz ersten Grades ist Flüssigkeitszufuhr kaum 
jemals indicirt, zumal die Diurese sich in den normalen Grenzen 
zu bewegen pflegt. 

Endlich noch ein Wort über die Magenchirurgie, Es liegt aut 
der Hand, dass derselben nur jene äussersten Formen von Myasthenie 
zufallen, die durch die oben erwähnten Mittel nicht zu heilen oder 
zu bessern sind. Bei der mechanischen Insuffieienz ersten Grades 
liegt die Indication für einen chirurgischen Eingriff nicht vor. 

Wer diesen Ausführungen gefolgt ist, wird zugeben müssen, 
dass die Trennung der genannten beiden Formen der mechanischen 
Insuffieienz nicht ein doctrinäres, sondern ein eminent praktisches 
Interesse besitzt. Denn man wird nothwendigerweise einen Fall, 
bei dem man fälschlich sogenannte Ektasie annimmt, während es 
sich nur um mechanische Insuffieienz ersten Grades handelt, auch 
falsch behandeln, wie dies aus dem obigen zur Genüge hervorgeht. 
Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt. Je früher man ferner 
überhaupt mechanische Insufficienzen erkennt und behandelt, um 
so seltener werden wir in die Lage kommen, die therapeutisch so 
ungünstig liegenden Endstadien des Processes zu sehen. 

Schliesslich verdient hervorgehoben zu werden, was für den 
Kenner der Verhältnisse auf der Hand liegt, dass Uebergangsformen 
zwischen mechanischer Insuffieienz ersten und zweiten Grades ge¬ 
legentlich Vorkommen können. Das kann uns natürlich nicht 
abhalten, die oben geschilderten, klinisch scharf entwickelten 
Formen der mechanischen Leistungsverminderung des Magens auch 
änsserlich streng zu unterscheiden. 

IV. Zur Frage der Perityphlitis. 

Von Dr. A. Oppenheim, praktischem Arzt und Leiter des 
Sanatoriums. 

Sonnenburg’s unlängst erschienene Arbeit „Pathologie und 
Therapie der Perityphlitis“ hat in No. 25. dieser Wochen¬ 
schrift durch Schwalbe eine Besprechung erfahren, welche, 
weit heraustretend aus dem Rahmen eines Referates, sich so 
selbstständig über diese wichtige Frage verbreitet, dass 
man weit weniger die Kernpunkte der Sonnen bürg’sehen Be¬ 
strebungen, als vielmehr die persönlichen Anschauungen Schwalbe’s 
daraus entnimmt, welch’ letztere sich von den bekannten Einwen¬ 
dungen der Kliniker durch nichts unterscheiden. Der Leser dieses 
Referates lernt vieles aus demselben, nur nicht dass die mit Durch¬ 
bruch des Processus vermiformis einhergehende Perityphlitis nach 
den Erfahrungen der neueren Chirurgie ihr unheimliches Bild ver¬ 
liert, wofern wir nur den Mutli zeigen, mit alten Irrthümern zu 
brechen und einer neuen Wahrheit näher zu treten, gleichviel ob 
sie am Horizonte der inneren Medicin oder an dem der Chirurgie 
aufgegangen ist. 

Der Referent macht Sonnenburg zum Vorwurf, dass er 
durch die in der amerikanischen Litteratur aufgetauchte Benennung 
„Appendicitis“ von vorn herein Stellung nimmt gegen die bis¬ 
herigen Anschauungen der Pathologie, welche als Typhlitis, Para- 
und Perityphlitis die Situation des Praktikers am Krankenbette 
wahrlich nicht zu erleichtern imstande waren; er wirft aber nicht 
die Frage auf, wie es mit den bisherigen Anschauungen in Ein¬ 
klang zu bringen sei, dass in einem Material von 80, jetzt sind es 
fast 100, operativ behandelten Fällen immer nur der Processus 
vermiformis der Ausgangspunkt der Erkrankung gewesen ist. — 
An dieser auf dem Operationstisch erkannten Thatsache lässt sich 
nicht rütteln, wohl aber können Angesichts derselben Bedenken 
auftauchen, ob in der Statistik der exspectativ Behandelten und 
Geheilten nicht eine Anzahl falscher Diagnosen untergelaufen sind. 

Den Ausspruch Sonnenburg’s: „Die Beobachtung am Le¬ 
benden, wie sie durch die Operation gegeben wird, ist für die Er- 
kenntniss der Krankheit und ihre Behandlung maassgebend“, nennt 
Schwalbe eine einseitige Auflassung. Er hätte als Referent wohl 
im Gegentheil anerkennend hervorheben müssen, dass durch die 
Chirurgie hier endlich Verhältnisse klargelegt wurden, welche 
die Beobachtung am Krankenbett und die Section nicht ergründen 
konnten. Sonnenburg ist cs in der glücklichsten Weise ge¬ 


lungen, zu beweisen, dass der Durchbruch des Processus vermiformis 
stelis mit Abscessbildung verbunden ist. Mir wenigstens imponirt 
und genügt das Material Sonnenburg’s für diesen Beweis, und 
ist dieses bei Schwalbe nicht der Fall, so soll er mir eine Organ¬ 
erkrankung nennen, wo in 52 schnell aufeinander folgenden Fällen 
die Verhältnisse so typisch liegen, wie in der Perityphlitis perfo- 
rativa? Die weiteren Schlüsse Sonnenburg’s sind einfach 
logische: Ubi pus, ibi evacua, hier ist Eiter, dessen Verbreitung 
oder Durchbruch in die Bauchhöhle in Stunden den unabwendbaren 
Tod herbeiführen kann; man kann die Wege gefahrlos betreten, 
den Abscess sicher auffinden und entleeren; darum ist die Peri¬ 
typhlitis eine Krankheit, deren Behandlung nur derjenige Arzt leiten 
darf, welcher sich chirurgischen Anschauungen nicht versclilicsst. 

Wenn auch dieser Eiter in vielen Fällen resorbirt werden und 
somit eine Spontanheilung stattfinden kann, so muss doch auch 
zugegeben werden, dass die interne Behandlung für diesen günsti¬ 
gen Erfolg von vornherein einzustehen nicht imstande ist, und jeder 
praktische Arzt, welcher Erfahrungen — ganz gleich, ob vor¬ 
wiegend günstige oder ungünstige — in der Perforationsperityphlitis 
gesammelt hat, wird in jedem neuen Falle sich selbst und den An¬ 
gehörigen gegenüber die Prognose als valde dubia hinstellen müssen. 

Wenn ich mir erlaube, die im Vergleich zu der breitbasigen 
Statistik grosser Krankenhäuser verschwindende Anzahl meiner 
Fälle für die Besprechung der Perforationsperityphlitis heranzu¬ 
ziehen, so geschieht es vor allem deshalb, weil das Referat 
Schwalbe’s meiner Ueberzeugung nach die Gefahren dieser zu 
allen Zeiten gefürchteten Erkrankung in ganz falschem Lichte er¬ 
scheinen lässt, denn es nimmt die überaus günstigen Statistiken 
einzelner inneren Kliniker, von denen einige 75, ja sogar 95 °/ 0 
Heilungen ergeben, zu seiner Grundlage. 

Mein Material sind nur 27 Fälle, aber sie bieten ein ganz 
anderes Bild. 

A. Nicht Operirte 10, darunter a) 5 gestorben. Bei 3 Pa¬ 
tienten wurde noch auf Wunsch der Angehörigen die Laparotomie 
in extremis, freilich ohne Aussicht auf Erfolg, gemacht. 

Fall 1. Russ. Staatsrath v. R., 49 Jahre, 20. Juli 1885 Aufnahme. 
Drei Tage vorher charakteristisch mit heftigem Schmerz und Schüttelfrost 
erkrankt. Status praesens: Kleine Resistenz, dumpfer Schmerz, geringes 
Fieber, kein Stuhlgang. Durch Magenausspülungen etc. wird der richtige 
Zeitpunkt versäumt. 23. Juli Durchbruch des Abscesses in die Bauch¬ 
höhle. Auf Drängen der Angehörigen machte ich Nachts an dem last 
pulslosen Patienten die Laparotomie, die zur Section wurde: Perforation 
des Processus vermiformis, Eiterzüge zwischen den Darmschlingen. 

Fall 2. Kaufmann S., 50 Jahre, wurde im August 1886 last puls¬ 
los aus dem Krankenwagen auf den Operationstisch gebracht. Laparotomie 
von Sonnenburg gemacht, wurde wiederum zur Section, die mehrfache 
Perforationen durch Kothsteine, Residuen wiederholter Recidive, Eiter in 
der freien Bauchhöhle ergab. 

Fall 3. Frau H. als eitriger Ovarientumor laparotomirt. Im/™' 
scess wird ein Apfelsinenkern gefunden. Gestorben an demselben Tage. 

Fall 4. Kaufmann Z., 18 Jahre, 19. September 1891 in meiner 
Abwesenheit aufgenommon. Am 27. September operirte ich unmittelbar 
nach meiner Ankunft (gemäss Sonnen bürg), aber zu spät. 28.^Sep¬ 
tember Exitus. Section ergab Perforation des Processus vermiformis, Eitcr- 
senkungen in den Douglas und hinter die Blase. 

Fall 5. Bursche der Excellenz v. R.. November 1892, Operation 
verweigert. Transport in das Garnisonlazareth, dort vorübergehende Best-e- 
rung, nach vier Tagen Exitus. 

b) Drei Fälle entgingen einem traurigen Ausgang durch Per¬ 

foration in die Naehbarorgane: bei einem erfolgte der Durchbruch 
in die Blase (es schien viel Eiter gewesen zu sein, mit Genauig¬ 
keit liess sich die Menge nicht bestimmen, da er mit Urin gemengt 
war). Bei dem zweiten erfolgte etwa am elften Tage Durchbruch 
in den Darm, und es gingen 800 ccm Eiter ab. In dem dritten, 
der als Recidiv aufgenommen war, gingen in sechs- bis achtwöchent¬ 
lichen Pausen nach heftigen Koliken mehr oder weniger grosse 
Eitermengen durch den Darm ab. e ., 

c) Zwei wurden als Recidive aufgenommen, geheilt und (mi 
der Aussicht auf weitere Recidive) entlassen. 

d) Unter den sechs Geheilten waren drei, bei denen die 
Diagnose Perityphlitis perforativa nicht überzeugend gestellt werden 
konnte. Es bleiben somit: 

e) Drei wirklich Geheilte, von denen Fräulein F. aus Warschau. 

80 Jahre, ein ganz besonders interessanter wurde, weil bei i 11 
ein vom Rectum aus deutlich fühlbarer grosser Senkungsabsces^ 
sich allmählich (zehn Wochen) zurückbildete. Die Dame sali ici 
unlängst wieder, sie ist gesund geblieben. . 

B. Operirte: 11, darunter 9 von Sonnenburg (2 aus meine 

Privatpraxis), 2 von mir. Sie sind sämmtlich als geheilt zu ne- 
trachten; nach 4, 8 und 2 Jahren ist kein Recidiv noch Bauci- 
bruch eingetreten. ,. 

Die Anschauungen vieler hervorragender Chirurgen über l- 
Zweckmässigkeit der Operation sind mir bekannt, und es snul 
ihnen auftauchenden Bedenken darin zu suchen, dass sie füreli tU « 


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12. Juli. 


nicht in allen Fällen den Eiterheerd ohne Eröffnung des Peri¬ 
toneums aufzufindon. 

Das eben ist ein Verdienst Sonnenburg’s, dass er in der 
vorsichtigsten Weise beginnend (zweizeitign Operation) allmählich 
die Operation zu einer typischen Methode erhoben hat, welche 
gefahrlos zum Ziele führen muss, wenn die Diagnose nicht gefehlt 
hat. Es gehört keine besondere Schulung oder Geschicklichkeit, 
wie Schwalbe meint, zur Ausführung dieser Operation, und ich 
bin der Ansicht, dass der Arzt auf dem Lande, welcher’auch nur 
einige chirurgische Vorbildung hat, die Verhältnisse in der Um¬ 
gebung eines perforirten Wurmfortsatzes leichter zu beurtheilen 
imstande sein wird, als er demjenigen gewachsen ist, welche bei 
anderen Operationen der NothWendigkeit, z. B. bei incarcerirten 
Hernien zu Tage treten können. Sonnenburg hat den von ihm 
vor sechs Jahren empfohlenen Hautschnitt auf der Höhe der Re¬ 
sistenz aufgegeben und macht in allen Fällen den Schnitt hart am 
Dannbeinkamme, wie zur Unterbindung der lliaca. Nach Durch¬ 
trennung der Muskulatur drängt er das Peritoneum von der Fascia 
iliaca ab und sucht nach dem Abscess, der sich in allen Fällen, 
die ich gesehen habe, deutlich durch fibröse Schwielenbildung 
markirt. So lange man das Peritoneum als solches erkenntlich 
vor sich hat, thut man gut, sich in diesem Bereiche nicht mit 
Probepunctionen und Palpiren (man fühlt teigige und fluctuirende 
Resistenzen meinen Erfahrungen nach weniger deutlich, wenn 
die Muskulatur durchtrennt ist) aufzuhalten, sondern an die hintere 
Wand des Coecum und Colon vorzudringen, und es ist Sonnenburg 
in einem Falle gelungen, zu einem am Leberrande gelegenen Abscess 
zu gelangen, ohne das Bauchfell zu eröffnen. 

An dieser Stelle muss auf die Bedeutung der Frühoperation 

hingewiesen werden, denn in frischen Fällen scheint man _ wie 

auch leicht verständlich — den Eiter noch in nächster Umgebung 
des Processus vermiformis vorzufinden, während bei älterem Krank- 
heitsprocess die Senkungen so ausgedehnt sein können, dass grosso 
Abscesse (mit oder ohne Communication) selbst auf der linken Seite 
aufzufinden sind. So habe ich z. B. in einem Falle von der rechten 
bis in die linke Inguinalgegend hart an der Blase vorbei durch- 
drainiren müssen (das 16 jährige Mädchen, im November v. J. operirt, 
ist seit Monaten hergestellt und arbeitsfähig). 

Was nun die Recidive betrifft, so ist natürlich ein abschliessendes 
Urtheil noch nicht zu fällen. Soviel steht fest, dass die Erfahrungen 
der praktischen Aerzte diese Frage der Lösung näher bringen 
können, als Statistiken grosser Krankenhäuser, aus welchen über 
das spätere Schicksal der Kranken wenig oder nichts zu erfahren 
ist. Die sogenannten Spontanheilungen der Perityphlitis perforativa 
bieten jedenfalls keine Garantieen für die Zukunft, und jedes 
Trauma oder jede Stuhlstockung, von anderen unbekannten Zufällig¬ 
keiten abgesehen, kann das Leben bedrohen. 

Die operirten Fälle dagegen, namentlich diejenigen, bei welchen 
es durch eine Frühoperation möglich w r ar, den Processus vermi¬ 
formis zu entfernen, sind allem Anscheine nach als wirklich dauernd 
geheilt zu betrachten. 

Ich hoffe, durch diese Ausführungen, die lediglich dem Referate 
Sch walbe’s ihre Entstehung verdanken, dargethan zu haben, dass 
die Abhandlung Sonnenburg’s über diese für jeden Praktiker 
brennende Frage nicht nur als eine Bereicherung der Perityphlitis- 
litteratur — wiö Schwalbe meint — geschätzt zu werden ver¬ 
dient, sondern einen wirklichen Fortschritt in der Erkenntniss 
und Heilung dieser Krankheit bedeutet. 

Bemerkungen za yorstehendem Artikel. 

Von J. Schwalbe. 

Wenn Herrn Oppenheim das Material Sonnenburg’s „im- 
ponirt und genügt“, so wird sicherlich Niemand die Ehrlichkeit 
dieses Bekenntnisses in Zweifel ziehen. Und wenn Herr Oppen¬ 
heim sich zum Vertheidiger der gesammten Sonnenburg’schen 
Anschauungen über die Pathologie und Therapie der Perityphlitis 
aufwirft, so w r ird er sich gewiss den Beifall mancher Chirurgen 
erwerben. Für mich liegt trotzdem nicht die geringste Veran¬ 
lassung vor, mit Herrn Oppenheim über die Berechtigung meiner 
die Sonnen bürg’sehe Arbeit behandelnden Kritik zu streiten. 
Umsoweniger, als ich hoffen darl, dass die übrigen Leser unserer 
Wochenschrift mein Referat (ich verweise z. B. nur auf den 
Schluss desselben) mit etwas grösserer Objectivität, vielleicht auch 
mit mehr Gemüthsruhe durchgesehen haben als Herr Oppenheim. 

Dass die Redaction überhaupt die vorstehenden Ausführungen 
Oppenheim’s in die Wochenschrift aufgenommen hat, wollen 
unsere Leser freundlichst meiner Unparteilichkeit zugute halten. 
Unser Prinzip, kritische Bemerkungen über die Kritik eines Buches 
~~ zumal wenn sie durch irgend einen Dritten geliefert werden — 
abzulehnen, wird dadurch nicht umgestossen. 


579 

V. Aus dem hygienischen Institut der Universität Kiel. 

Weitere Beobachtungen bei der 
Untersuchung choler a v er d&chtigen Materials. 

Von Professor Dr. Bernhard Fischer. 

(Schluss aus No. 27.) 

Wenn von dem Bacterium tachyktonum eine etwas eingehen¬ 
dere Beschreibung gegeben worden ist, so geschah das nicht so¬ 
wohl wegen des allgemeinen Interesses, welches dasselbe insbe¬ 
sondere infolge seines eigenartigen pathogenen Verhaltens zu 
beanspruchen vermag, als vielmehr mit Rücksicht darauf, dass 
dasselbe bei der Choleradiagnose möglicherweise zu Irrthümern 
Veranlassung giebt. Nach den obigen Ausführungen ist aller¬ 
dings eine Verwechselung mit Cholerabacillen nur möglich, wenn 
der Beobachter für derartige Untersuchungen nicht die erforder¬ 
liche Uebung und die nöthigen Vorkenntnisse hat, oder wenn 
die Untersuchung eine unvollständige bleibt. Wird die Unter¬ 
suchung in der von Koch neuerdings empfohlenen Weise durch¬ 
geführt, dann kann eine derartige Verwechselung eigentlich nicht 
stattfinden; denn wenn auch die Uebereinstimmung der Platten¬ 
aussaaten des Bacterium tachyktonum mit Cholera makroskopisch 
und selbst bei schwacher Vergrössenmg eine recht grosso ist, so 
wdrd doch bei der von Koch verlangten Untersuchung des Stuhls, 
der Plattenaussaat und der Peptonculturen in Ausstrich- bezw! 
Klatschpräparaten sowie im hängenden Tropfen das Fehlen 
der Krümmung festgestellt, und sichert ausserdem das Ausbleiben 
der Cholerarothreaction in den Peptonculturen die Diagnose. 

Aber noch aus einem anderen Grunde erschien eine ausführlichere 
Schilderung des Bacterium tachyktonum geboten. Wenn man be¬ 
denkt, dass bei den vielfachen, auch von anderen Beobachtern in 
den letzten Jahren ausgeführten Untersuchungen der Ausleerungen 
von Brechdurchfallerkrankungen (Cholera nostras) in der Regel 
nur Bacterium coli oder wenigstens solche Bacterien gefunden 
sind, die man bisher davon nicht sicher unterscheiden konnte, 
so muss das überaus massenhafte, bezw. fast ausschliessliche 
Vorkommen anders gearteter Bacterien in einem solchen Stuhle 
die Vermuthung nahelegen, dass dieselben zu der Erkrankung in 
ursächlicher Beziehung stehen. Es wird diese Vermuthung um so 
wahrscheinlicher, wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, um 
Bacterien handelt, die so bedeutende pathogene Eigenschaften 
besitzen. Indess ist es nicht geglückt, weitero Anhaltspunkte für 
die Richtigkeit dieser Auffassung zu gewinnen. Bisher ist über 
gleiche Befunde bei Cholera nostras-Fällen von anderer Seite noch 
nicht berichtet, vielleicht geben aber gerade diese Zeilen zur Mit¬ 
theilung etwaiger derartiger Beobachtungen Veranlassung. 

Bis zu einem gewissen Grade kann ja allerdings auch die Beob¬ 
achtung von Bl ei sch zur Stütze für diese Vermuthung mit ver¬ 
wertet werden, insofern von ihm bei einer Cholera nostras-Er- 
krankung im Stuhl dem Bacterium tachyktonum ausserordentlich 
nahestehende Bacterien und zwar ebenfalls in überwiegender 
Menge gefunden worden sind. Wenn man früher vielleicht daran 
denken konnte, dass die sogenannten Cholera nostras-Erkrankungen 
sämmtlich durch einen und denselben, vielleicht sogar einen dem 
Cholerabacillus nahestehenden Mikroorganismus bedingt seien, so 
wird man diesen Standpunkt nach den zahlreichen Untersuchungen 
der letzten Jahre wohl aufgeben müssen, denn ein derartiger ein¬ 
heitlicher Erreger der Cholera nostras wurde bisher nicht ge¬ 
funden. Nur in einer gegenüber dem Gros der Brechdurchfall¬ 
erkrankungen verschwindend kleinen Zahl von Erkrankungsfällcn 
ist bisher der Nachweis von Mikroorganismen geglückt, die man 
als die Erreger der Brechdurchfallerkrankung ansehen konnte. 
Keiner dieser Mikroorganismen wurde aber bisher bei Cholera 
nostras öfters angetroffen. Jedenfalls w T ird man hiernach zu dor 
Annahme gedrängt, dass Brechdurchfallerkrankungen durch ver¬ 
schiedene Erreger veranlasst werden können. 

In Betreff des Bacterium tachyktonum, welches man wohl 
diesen Erregern von Brechdurchfall zuzählen darf, ist noch zu 
erwähnen, dass die bisher bei zwei Mäusen und einem Meer¬ 
schweinchen angestellten Fütterungsversuche, wobei theils Culturen, 
theils Blut, sowie Organtheile der Impfung mit Bacterium tachy¬ 
ktonum erlegener Thiere verfüttert wurden, eine Infection der Ver¬ 
suchstiere nicht ergeben haben. 

Wie früher bereits angedeutet, hat der behandelnde Arzt an 
die Möglichkeit gedacht, dass die Erkrankung, bei welcher das 
Bacterium tachyktonum gefunden wurde, auf den Genuss des 
Hamburger Leitungswassers zurückzuführen ist. Diese Möglichkeit 
ist zunächst nicht von der Hand zu weisen, w T enn auch bisher im 
Trinkwasser Bacterien, die dem Bacterium tachyktonum entsprochen, 
nicht beschrieben worden sind. Dass im Wasser wenigstens ähn¬ 
liche Bacterien Vorkommen, habe ich selbst gelegentlich der Unter¬ 
suchung von Elbwasser bezw. Hamburger Leitungswasser während 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHR IFT. 


580 

der Choleraepidemie 1892 beobachtet. Bei der Aussaat dieser 
Wasserproben resp. der damals von mir mit Bouillon versetzten 
und eine Zeit lang im Brutapparat gehaltenen Proben, bin ich 
in den Plattenculturen mehrfach Colonieen begegnet, die mich 
wegen ihrer Aehnlichkeit mit Choleracolonieen bei schwachen Ver- 
grösserungen auch zur Anfertigung von Ausstrichpräparaten bezw. 
zur Untersuchung im hängenden Tropfen veranlassten, wobei indess 
regelmässig statt der erwarteten Kommabacillen nicht gekrümmte 
Stäbchen gefunden wurden. Von diesen waren damals Culturen 
zwar nicht angelegt worden, indess verhielten sie sich, soweit ich 
mich dessen zu erinnern vermag, ganz ähnlich wie Bacterium 
tacliyktonum. Dass das letztere im Trinkwasser zu gedeihen ver¬ 
mag, wurde übrigens noch durch besondere Versuche dargethan. 

Wie bereits eingangs erwähnt ist, wurden im vergangenen 
Jahre im Institut 38 Wasserproben auf Cholera untersucht. Die 
betreifenden Proben waten aus dem Eider- bezw. Nordostseecanal 
sowie aus dem Kieler Hafen entnommen, nachdem mehrfache 
Erkrankungen am Nordostseecanal eine Infection dieser Gewässer 
hatten befürchten lassen. Die früher erwähnten 15 Cholera¬ 
erkrankungen, von denen Material im Institut zur Untersuchung 
gelangte, lassen sich ihrer Entstehung nach in drei Gruppen theilen. 
Davon betrifft die erste, aus vier Erkrankungen bestehende Gruppe 
Personen, welche im letzten Drittel des September, zur Zeit als 
in Hamburg wieder eine kleine Choleraepidemie herrschte, von 
Hamburg nach Kiel bezw. Itzehoe zugereist kamen und theils 
schon unterwegs, tlieils unmittelbar nach der Ankunft erkrankt 
waren. Hier war der Krankkcitskeim mithin von Hamburg ausge¬ 
gangen. Die zweite Gruppe bildeten die mehrfach erwähnten Er¬ 
krankungen auf dem schwedischen Dampfer „Hjalmar“, welcher am 
7. October von Russland kommend mit zwei Cholerakranken an 
Bord in Kiel in Quarantäne ging. Hier war der Krankheitskeim 
offenbar von Russland eingeschleppt. 

Die noch erübrigenden neun Cholerafälle betrafen ausschliess¬ 
lich Personen, die auf dem Eidercanal bezw. am Nordostseecanal 
beschäftigt waren und von denen allein acht im letzten Drittel 
des October, einer im Anfang November erkrankte. Der zuerst 
am 19./20. October in Tönning Erkrankte, der Capitän eines auf 
dem Eidercanal fahrenden Rogierungsdampfers, war seit längerer 
Zeit nicht in Hamburg gewesen, auch Hess sich nicht nachweisen, 
dass er zu Cholerakranken irgendwie in Beziehung getreten war. 
Sieben weitere Erkrankungen kamen unter den bei Landwehr am 
Nordostseecanal Beschäftigten vor, von denen sechs auf den soge¬ 
nannten Baggerschuten arbeiteten, während der siebente der 
Maschinist eines zum Schleppen dieser Schuten verwandten 
Dampfers war. Bei fünf dieser Erkrankungen begannen die 
ersten Krankheitserscheinungen am 23. bis 25., bei zwei weiteren 
am 26. bezw. 28. October. Die am 27. October an Ort und Stelle 
eingezogenen Erkundungen ergaben keinerlei Anhaltspunkte dafür, 
dass die Krankhcitskeimo etwa durch frisch zugereiste Arbeiter einge- 
selileppt waren oder dass es sich bei den Erkrankungen um An¬ 
steckung durch voraufgegangene Erkrankungsfälle handelte, wenn¬ 
gleich bei dieser Gelegenheit ermittelt wurde, dass schon am 
15. October ein Arbeiter ohne nachweisbare Veranlassung an Brech¬ 
durchfall mit Urinverhaltung, mithin wahrscheinlich an Cholera 
erkrankt, inzwischen aber schon wieder genesen war. Nach Lago 
der Verhältnisse erschien es vielmehr am wahrscheinlichsten, dass 
die Erkrankungen sämmtlich durch das auf irgend eine Weise mit 
Cholerabacillen inficirto Canalwasser vermittelt waren. Es wurden 
daher sofort von zwei Stellen, an denen die Schuten, auf welchen 
Choloraerkrankungen vorgekommen waren, zuletzt längere Zeit ge¬ 
legen hatten, Wasserproben mittels gut gereinigter Weinflaschen 
entnommen. Eine dritte Wasserprobo wurde mehrere Kilometer 
östlich von Landwehr, und zwar ebenso wie die beiden vorigen 
einige Meter vom Ufer entfernt geschöpft. 

Nachdem diese Proben einen Zusatz von Pepton und Kochsalz 
Ci 0 1 °/<J erhalten und noch am selbigen Abend in den Brütapparat 
gebracht waren, fanden sich bereits am nächsten Morgen an der 
Oberfläche der beiden ersten Wasserproben Kommabacillen, die sich 
weiterhin in den Culturen auf Gelatine bezw. in Peptonculturen, sowie 
schliesslich bei der Verimpfung auf Meerschweinchen in ’ keiner 
Weise von Cholerabacillen unterscheiden Hessen. 

Nachdem somit der Nachweis der Cholerabacillen im Wasser 
des Nordostsoecanals gelungen und damit für die Auflassung, 
wonach das Wasser die Verbreitung des Krankheitskeimes ver¬ 
mittelt hatte, eine werthvolle Stütze gewonnen "war, hatten die 
weiteren Nachforschungen resp. Wasseruntersuchungen den Zweck 
womöglich in Erfahrung zu bringen, auf welche Weise der Krank¬ 
heit skeim in das Canalwasser gelangt war, wie weit er sich im 
Wasser verbreitet hatte und wie lange er sich daselbst zu 
halten vermochte. In ersterer Beziehung musste die Möglich¬ 
keit erwogen werden, dass von dem Dampfer „Hjalmar“ aus 
bevor noch seitens der Quarantänebehörden die zur Verhütung 


No._28 

der Verbreitung der Krankheitskeime erforderlichen Maassregeln 
getroffen waren, Cholerakeime in den Kieler Hafen gelangt und 
von dem unweit der östlichen Mündung des Nordostseekanals ge¬ 
legenen Quarantäneplatz aus in den Canal verschleppt worden seien. 
Indess wurden in drei am 28. October von dem Quarantäneplatz 
sowie mitten im Hafen entnommenen Proben keine Cholerabacillen 
gefunden, und ebensowenig gelang der Nachweis von Cholera¬ 
bacillen an zehn am 31. October im Nordostseecanal an den 
früheren drei Entnahmestellen bei Landwehr, an drei weiter östlich 
gelegenen Stellen des Canals, sowie an vier Stellen des Hafens 
entnommenen Proben. Es waren demnach anscheinend bereits vier 
Tage nach der ersten Untersuchung an den früheren Stellen die 
Cholerabacillen nicht mehr vorhanden. Nachdem inzwischen bei 
einem am 6. November unweit von Landwehr in der Nähe von 
Osterade beschäftigten und der Cholera nach kurzer Krankheit 
erlegenen Arbeiter Cholerabacillen im Darminhalt nachgewiesen 
waren, wurden am 13. und 14. aus dem Nordostseecanal auf der 
Strecke Holtenau — Rendsburg in möglichst gleichen Abstäuden 
12 und am 19. November aus dem Eidercanal von Rendsburg 
ab bis zur Einmündung in die Nordsee ebenfalls in etwa gleichen 
Abständen die gleiche Zahl Wasserproben entnommen. Indess 
auch in keiner dieser 24 Proben fanden sich bei der Untersuchung 
Cholerabacillen. 

Während es nach den weiteren Nachforschungen im hohen 
Maasse unwahrscheinlich war, dass die Erkrankungen im Canal 
mit den Erkrankungen auf dem Dampfer „Hjalmar“ im Zusammen¬ 
hang standen, wurde festgestellt, dass auf dem Eider- bezw. 
Nordostseecanal schon jetzt ein nicht unbeträchtlicher Schiffsver¬ 
kehr sowohl von Westen (darunter auch von der Elbe her) als 
auch von Osten her, von den verschiedensten Ostseeplätzen aus 
stattfindet. Es handelt sich dabei meist um kleinere Fahr¬ 
zeuge, die namentlich Bau- und sonstige MateriaHen zuführen. 
Nachdem die Verbreitung der Cholerakeime auf den Wasserstrassen 
durch die Schifffahrt treibende Bevölkerung zumal in den letzten 
Jahren so vielfach und auch in so überzeugender Weise dar¬ 
gethan ist, wird man daher annehmen dürfen, dass auf einem der 
den Canal passirenden, aus einer verseuchten Gegend kommenden 
Fahrzeuge, Icichtero — nicht weiter zur Kenntniss gelangte — 
Choleraerkrankungen stattgefunden haben und durch in den Canal 
gelangte, den Krankheitskeim enthaltende Dejectionen das Canal¬ 
wasser inficirt worden ist. 

Bei der Untersuchung der Wasserproben aus dem Kieler 
Hafen unterblieb der Zusatz von Kochsalz, da das Hafenwasser 
für gewöhnlich ja lo/o Kochsalz enthält. 

Ueberhaupt bietet dio Untersuchung von Meerwasserproben auf 
Cholera einige Besonderheiten, die hier noch Besprechung finden 
mögen. 

Wie ich in einer Arbeit über die Meeresbacterien 1 ) gezeigt 
habe, stehen dieselben den Kommabacillen sehr nahe. Namentlich 
die lichtentwickelnden unter denselben, die Photobacterien zeigen 
oft ein ganz ähnliches Verhalten wie die Cholerabacillen, so dass 
sie bei der Choleradiagnose wohl zu Irrthümern Veranlassung 
geben können. In der Ostsee finden sich nach meinen Unter¬ 
suchungen mindestens zwei, in der Nordsee und im engli¬ 
schen Canal aber mindestens zehn verschiedene Leuchtbacterien. 
Einige dieser Lcuclitbacterien sowie auch der sonstigen im Meere 
vorkommenden Bacterien sind nach ihrer Gestalt und Beweglichkeit 
wenigstens zeitweise von Cholerabacillen gar nicht zu unterscheiden. 
Manche, und das gilt z. B. von dem von mir aus dem Kieler 
Hafen gezüchteten einheimischen Leuchtbacillus, sehen in 
den Plattenculturen den Cholerabacillen zum Verwechseln ähnlich. 
Alle bisher von mir untersuchten Leuchtbacterien (13 Arten) 
wachsen in Peptonkochsalzlösungen üppig, allerdings nur vier 
davon, worunter zwei aus der Nordsee, auch bei Brütteniperatur. 
Diese letzteren gaben in der Regel nicht die Nitrosoindolreaction, 
während dieselbe bei einem hauptsächlich aus Kommafonnen 
(Vibrionen) bestehenden Nordseeleuchtbacterium, welches allerdings 
nicht bei Bruttemperatur wächst, bisher regelmässig vorhanden 
war. Die Mehrzahl der von mir untersuchten Leuchtbacterien be¬ 
sitzt auch pathogene Eigenschaften. Meerschweinchen bezw. Mäuse, 
denen man grössere Mengen von Agarculturen der verschiedenen 
Leuchtbacterien in’s Peritoneum bringt, gehen vor Ablauf von 
24 Stunden zugrunde. Bei manchen Leuchtbacterien gelingt es 
alsdann nicht mehr, die Leuchtbacterien aus dem Cadaver wieder 
zu züchten, aber bei anderen, z. B. bei zwei aus dem Caraibischen 
Meer und bei einem aus der Nordsee stammenden findet eine 
Vermehrung der Leuchtbacterien im lebenden Thiere statt, uw 

l ) Die Bacterien des Meeres nach den Untersuchungen der Plankton 
Expedition unter gleichzeitiger Berücksichtigung einiger älterer un< 
neuerer Untersuchungen. Ergebnisse der Plankton-Expedition derHumbola - 
Stiftung, Bd. IV, M. g. Kiel, Lipsius & Tischer, 1894, 


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12. Juli. 


DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


zeigen die Cadaver bald nach der Obduction die Erscheinung der 
Phosphorescenz, wie dies zuerst von Kutscher von dem dem 
Cholerabacillus zum Verwechseln ähnlichen, leuchtenden Vibrio 
beschrieben worden ist. (Diese Wochenschrift 1893, No. 49). Aber 
die Unterscheidung aller dieser in vielen Beziehungen den Cholera¬ 
bacillen ähnlichen Leuchtbacterien bietet für den mit derartigen 
Untersuchungen Vertrauten keine grösseren Schwierigkeiten, und 
eine Verwechselung mit Cholera ist ausgeschlossen, wenn die 
Untersuchung eine vollständige, d. h. den Vorschriften von Koch 
entsprechende ist. 

Für die Unterscheidung kommen folgende Punkte in Betracht: 
Alle aus dem Meere gezüchteten Leuchtbacterien und sonstigen 
Bacterien, die von mir bisher darauf geprüft sind, wachsen auf 
Nährböden mit höherem Kochsalzgehalt, z.B. auf mit Nordseewasser 
hergestellter Gelatine bezw. Agar, Bouillon, Peptonlösung u. s. w. 
weit üppiger als auf den Nährböden mit gewöhnlichem Salzgehalt, 
auf welchen auch alle aus dem Meere stammenden Leuchtbacterien 
weniger gut leuchten. Durch diese halophilen Eigenschaften also 
unterscheiden sich die Meeresleuchtbacterien sämmtlich von dem 
Cholerabacillus und von den sonst bisher bekannt gewordenen 
Kommabacillen, darunter namentlich auch von dem aus dem Wasser, 
bezw. aus menschlichen Ausleerungen isolirten leuchtenden Vibrio 
von Dunbar-Kutscher. 

(Nur die in Seewasser gekochten Kartoffeln machen davon eine 
Ausnahme, insofern darauf die Kommabacillen, darunter auch der 
Leuchtvibrio von Dunbar-Kutscher, gerade besonders üppig ge¬ 
deihen, letzterer allerdings ohne dabei zu leuchten.) 

Die Meeresleuchtbacterien lassen bei der Untersuchung im 
Dunkeln an den Culturen die Erscheinung der Phosphorescenz er¬ 
kennen, welche bisher unter den Kommabacillen nur beim Leucht¬ 
vibrio von Dunbar-Kutscher bekannt ist. Freilich ist bei 
manchen Meeresleuchtbacterien auf gewöhnlicher Nährgelatine das 
Leuchten schwach, so dass es erst nach einiger Uebung wahrge¬ 
nommen wird und man es überhaupt erst am Abend bezw. bei 
Tage erst nach längerem Verweilen im gut abgedunkelten Raum 
beobachtet. 

Die grosso Aehnlichkeit, die zwischen den Cholerabacillen und 
den Meeresleuchtbacterien besteht und auf die ich auch schon 
wiederholt hingewiesen habe, hat mich bereits im Jahre 1892 ver¬ 
anlasst, alle damals von mir aus Cholerafällcn frisch isolirten 
Culturen im Dunkeln auf etwaiges Leuchten zu beobachten. In 
keinem einzigen Falle wurde damals aber und ebenso wenig bei 
den Choleraculturen, die von den am Canal erkrankten Arbeitern 
bezw. aus dem Canal selbst stammten, Leuchten beobachtet. Es 
spricht dieses jedenfalls für die Richtigkeit der Auffassung von 
Kutscher, wonach der Lcuchtvibrio nicht etwa ein Cholera¬ 
bacillus ist, der die Eigenschaften der Lichtentwickelung ange¬ 
nommen hat. 

Bei vielen Meeresbacterien finden sich neben den schraubig 
gekrümmten, von Kommabacillen schwer zu unterscheidenden 
Formen aber auch gerade Formen, ja bei manchen sind diese sogar 
überwiegend, und bei den in der Gestalt wohl ähnlichen ist dann 
oft das Wachsthum in der Gelatine anders. Keines der bisher 
untersuchten, bei Brüttemperatur wachsenden Meeresbacterien giebt 
in Peptonkochsalzlösungen regelmässig die Cholorarothreaction, 
und schliesslich müssen weit grössere Mengen von Agarculturcn 
den Versuchstieren in’s Peritoneum gebracht werden, wenn sie 
daran zugrunde gehen sollen, als bei Cholerabacillen oder bei dem 
leuchtenden Vibrio von Dunbar-Kutscher. 

Kiel, den 18. März 1894. 


VI. Zur Behandlung des Fettherzens. 

Von Dr. Theodor Schott in Bad Nauheim. 

(Schluss aus No. 27.) 

Durch strenge Diätvorschriften, insbesondere durch lang- 
andauernde einseitige Eiweisskost-, durch zu geringe Nahrungs¬ 
zufuhr, ist mehr Unheil als Nutzen gestiftet worden. Jugendliche 
Personen mit starker Muskulatur und von normaler Blutbeschaffen¬ 
heit können zwar, ohne ernstlich Schaden zu nehmen, mancherlei 
vertragen, das Bild ändert sich jedoch sofort, wenn, wie dies bei 
vielen an Fettherz Leidenden der Fall ist, Anämie oder andere 
Complicationen wie Diabetes, Gicht etc. vorhanden sind. Hier sollte 
man nur mit der allergrössten Vorsicht an Abmagerung denken: 
desgleichen bei allen älteren Personen, sei es, dass dieselben mit 
Arteriosklerose behaftet sind oder nicht. Vor allem aber hüte man 
sich vor grossen Gewichtsverlusten, vor raschem Abmagern. 
Denn selbst bei vorsichtiger Abmagerung lässt sich nie mit Sicher¬ 
heit Voraussagen, ob nicht wichtigere Organe in Mitleidenschaft 
gezogen werden. 

So lässt noch vor wenigen Wochen v. Noorden in einer 


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Arbeit, welche aus G crhardt’s Klinik hervorging 1 ), betonen, dass 
es zwar gelingen könne, Fettverminderung ohne Eiweissverlust des 
Organismus zu erzielen, dass wir jedoch bis jetzt kein Mittel be- 
sitzen, bei dessen praktischer Verwendung wir ein solchos Resultat 
mit Sicherheit vorausbestimmen könnten. Es ist aber nicht einerlei, 
welchem Organ der Eiweissverlust entstammt, und einige Gramm 
Einbusse an Herzmuskelsubstanz sind viel wichtiger, können das 
Leben viel ernster gefährden, als wenn die Extremitäten um ebenso 
viele Pfunde an Muskelfleisch verlieren. Ich habe oft genug Fett¬ 
herzleidende zugeschickt bekommen, welche durch verhältnissmässig 
geringe Körper Verluste im Verlaufe von Mineral wassercuren oder 
durch diätetisches Regime erst recht das bekamen, was sie vorher 
noch nicht hatten, nämlich eine Schwächung und Erschlaffung dos 
Herzmuskels mit Dilatation eines oder beider Ventrikel; und noch 
im vorigen Jahre sah ich unter anderen ähnlichen Leidensgenossen 
eine Patientin aus der Clientei des mir befreundeten Collegen 
Kirnberger aus Mainz, welche, wie mir derselbe mittheilte, schon 
nach kurzem Curgebrauch in Marienbad die gefahrdrohendsten Zu¬ 
stände von „Horzcollaps und Lungenödem“ bekam und die nach 
Monaten trotz Gebrauch von Digitalis, Strophanthus, Ferrum etc. 
noch Herzschwächezustände zeigte, so dass erst durch roborirende 
Diät und Bäder — denn nur diese kamen zur Verwendung — ein 
zufriedenstellender Herzzustand erzielt wurde. 

Auch die starken Flüssigkeitsbeschränkungen sind hierher zu rech¬ 
nen. Selbstverständlich soll und muss das Maass der alkoholischen 
Getränke auf’s äusserste beschränkt werden, denn diese begünsti¬ 
gen ja den Fettansatz nur allzusehr. Auch die Extractivstoffe dos 
Bieres, der Weine etc. spielen, wenn in grösserer Quantität ge¬ 
nossen, diesbezüglich eine verderbliche Rolle. Und trotzdem 
dürfen wir bei einer grossen Zahl von Kranken, welche viele Jahre 
hindurch an Alkohol gewöhnt sind, denselben nicht sofort ent¬ 
ziehen, sondern müssen ihn in vorsichtiger Weise zu roduciren 
und, wie ich an anderer Stelle beschrieben, in geeigneter Form zu 
geben suchen. Den Wassergenuss aber ipse als Factor für Fett¬ 
bildung anzusehen, über eine solche Anschauung ist wohl kaum 
mehr ein Wort zu verlieren; ja die Behauptung, dass der Genuss 
von kaltem Wasser, um dies auf Körperwärme zu bringen, eher 
Fettansatz verhindernd zu wirken vermöge, ist nicht a priori von 
der Hand zu weisen. Ueberall wo Hand in Hand mit der Redu- 
cirung der Flüssigkeitsapfnahme eine Körpergewichtsabnahmo er¬ 
folgte, ist diese letztere vielmehr darin zu suchen, dass Personen, 
w r elche gewohnt sind, während des Essens zu trinken, bei Be¬ 
schränkung des Wassergenusses einen Theil des Appetites ein- 
büssen und dadurch viel weniger gemessen. Mit anderen Worten, 
alle diätischen Maassregeln laufen darauf hinaus, sei es, dass die 
Gesammtmenge reducirt oder nur ein Theil derselben, insbesondere 
die Kohlehydrate oder Fette beschränkt werden, die Nahrungsauf¬ 
nahme in gewisse, enge Grenzen zu bringen. Ehe ich das Kapitel 
über den Einfluss sowie die Gefahren der Diät vollständig zum 
Abschlüsse bringe, wende ich mich zur zweiten Behandlungsart 
des Fettherzens, das ist die: 

Mechanische Behandlung. Es wurde schon ausgeführt, 
wie Stokes darauf hinwies, dass Fettsüchtige durch Bergsteigen 
ihre dyspnoischen Beschwerden verlieren können. Man hat geglaubt 
auf Grund dieser Erfahrung, in körperlichen Ueberanstrengungen 
ein Mittel zu haben, welcho durch Steigerung des ganzen Stoff¬ 
wechsels imstande seien, nicht nur der Neubildung von Fett zu 
steuern, sondern auch das Fettherz selbst wirksam zu bekämpfen. 
Wettrennen, Rudern und Turnen bis zum Uebermaass waren die 
nächsten Vorschriften, welche man häufig auch ärztlicherseits gab. 
Dieselben wurden aber bald wieder verlassen. Oertel empfahl 
ganz besonders das Bergsteigen, und zwar in seinen bekannten 
Abstufungen. Die Gefahren, welcho sich hierbei herausbilden 
können, sind genügend geschildert, sodass unsere medicinischo 
Wissenschaft über diesen Punkt heutzutage vollständig im Klaren 
sein dürfte. 

Die von Zander empfohlene Maschinengymnastik hat den 
Nachtheil, dass deren Verwendung an Ort und Zeit gebunden ist, 
der Betrieb einer solchen Anstalt ein verhältnissmässig grosses 
Kapital voraussetzt und dadurch nur in Städten mit genügend 
einschlägigem Kranken material verwendet werden kann. Stete 
ärztliche Controlle ist auch bei solcher Apparatgymnastik eine 
Conditio sine qua non. 

Meines Bruders und meine Methode kann sowohl in der 
Form der Widerstands- wie Selbsthemmungsgyranastik überall 
zur Anwendung gelangen. Was die erstere anlangt, so kann im 
Nothfalle jedes Familienmitglied zu oinem brauchbaren Gymnasien 
herangebildet werden, und durch die letztgenannte Art ist der 
Fettherzleidende sogar imstande, jeden Augenblick seine Herz- 


i) Carl Dapper, Ueber den Stoffwechsel bei Entfettungscurcn. 
Zeitschr. f. klm. Med. Bd. XXIII. 


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theik, i'enjto Hi»’ Varv* pdun^ weitem käitm- oder warmer IVnnpora- 
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man bei röbrntro mul .jHpviutfrWInn Iudtyufiuui dmv.b A hmupruinfe- 
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liclifn i'olyiu'!srbatutiUyy-f» cdT jU‘*Ju iii*i iranln, di»" *ln»>n ra’bUy^sli«*)} 
auf tiit'v» W*d«<‘ iiact iötuJ^n \'asg&wj; uornK>;didc 

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»las.- (hn'ulV Hplcdt»; ►!;;» k»- »»jid aase hu AJtinavp-riut^t-un-iU liiircrlr 
Id sr>r:i:li-v» } iirnS. unddrü i«v'ji , pörih’'jn.- V ubc-.i’iJ mk t.raijyimpui' *k» i Vrp. 
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/.«•i’fi kyim j* ‘ rf<*ri in l. iril; uh ic da» ;u?v|j. 

Spnr vnö foiifötiuni? fefcu.Hdutieü b\\ lut im Fiifla p«uUc* id- and io 
. iku: lätziäii ,'lnhrcM in. si.c*f.s, mittler Zahl ^«s-oluni,. d‘d vvnleUälv'- 
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~W- d?taiarijkm; <v?u. hi ifiu.ar iU 7i, Uuf»»r ?r*.i ■mUv nndareui ni^dt 
i?an// hu! Hm» vap mir Ut-^dtHdltefWii ParaUeli'nlt ^um 

F:ili(\ CltM’lfl, ->ki lvndK'diulioMf im« i'ddtkMn hiimowinsun, W\ 

eine rddlfnuii^.-uv die d.-M» n-ndMn Br>c h\\ »jitlna vi*r- 
/«'liiifmndri. liaf fc«. ]jm* i;,drMtlViitlM iVd-iont ycirlnr duhH 
•Htn'ly Bktkr und nivlsst v;v JmWOüdui.vr, Ht-win djn; vnn aus iuu )i- ki' 
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yu;nriavtf*i! V.» _r:-*iU'}\ niimr UnHctt-iirtU'. «tdnr« ^imuMiulinn; Il{- 

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merksam a-Mns-dd, dass an tu au? sc* lo ha Weise, das tjet'g ?;n -kHU\ 
TiutM! vcj tmip jn du*fi. ns ms M'wskolm'asüO ^‘ewivim»n la»Tin, vjidleirbl 
»lass- eiu '1 Itfä!. lirt; KeUt»-'. du» - *dr Hilf Kalrj^efczl. H‘U‘(h 
“hne da:-, mm rms'dtifva feitkHunp, ~d«tüiudinimi diuudn Su 
r»*n lu* i»’lt !ii«‘t /wriSfri-n i-m fe.fe< nro-u he» um, u»vh he ik»tiMufcon 
iMdwtnmuton, 4m mu-h dma»a»f l'mdfefa AutVns^niiy ( unz\vmf<dhalV 
ati ladthery, ]d;trri. 

k aD \- tiaaiöja^ttJi' JM. Iv..- w»- H., Tt4 .Tyhra *ilt.. hßi eiuuV - Khrnojv 
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d‘»: MiUvie. von w? ^.tnUd, Dfeitrn^-. hud-ett:' Cot adiyustUin 

w/tncXeiied htaar. l)ilatatio v?ßtrkuioruon nuifertnu pruc^ipmj ventn-Mth 
eordis kmktK Deu Kr folg der ^mhinirt^n Bacle^ und gunmiaUstdtou 
Immlkuig- 'S m- vor :>l!t*ui tm«*l\ die tbrekto L-nriSiX'*- ICinwiVkuaa der Witkr- 




2»Ht Cfmitm Es hesUdtf. llory.Vlopkn, KttrtMirkujigliipjt. Oodeitni pedftm. 
j)ib Von t'Yid. v. d uranfisen sowie .aueli von mir j.«vsU«JI{*t di:ujnos-: 
hatjcdf; Cor ndiposiun, Uikkdiö »mrdU. AmpuSktja tn R vtirm>iis *3f^gj 
moluavdvIteTdlieiixu' JBhlnöidluug rnAtede • AVdder^l4Tukgyiuita>;tk. 

mitssism: Bnvyei.;uo>;' In JVischVrr Liifi. cior o.nv&hnien i.htU- f(li Iferz.loidniiiir 
ist- das Kdrpttruew'itdrl l!Hi Pluiid 47.‘» Grunji},*.-.-. C>*r AMdij^n 'ieWfei^: 
Wlusd ilnfec lorlfelicii ;utl dn> Vorschwitttfeii. A < Uydmfe vte/je.katt&y 
^.du. da »ioH « ieduni m den Bornen ^oikt ilndfe versriiwuridoO ist - tuvi -hu 
id.H-e.n (Jt-vr T mit ti'hsoliii ir.ietttnivtti Bvnndatt in dto jleimaih ?n:-:trk- 
Xefifu*. SMcb ni)u}f vor kuv/Ufr Xcit «idudtonna Niielirielii ffUtll sich iWiwt« 
volU4Un4i \vi>kb 

Aus dom \d>rgotu'acJittai fi'eht ujirwMifeiuaAe?-tü hervor, 

dass dip kd,reffenden piitiewidh mit yami uobodoufctojdeui, jji, ökö.;» 
Ifere.ud v elt‘!ie!i < M »-rlys*. äik- 1»» s»d» >\’e} iVn doraH vi rJ.i.v., 

Anss -.in Moli firor ulfiil mehr vm* (ksumjon uni^'L'hiudcin, ich wd! 
umd. nudd vorsüdomu, daiOui ntiüu* rfenm v.w mdehrn, .kn. 
nehn grosse Meitze Von Aieesxdu.'if be« tingr:lionc»’aii l 1 ötfealrda 

und teufe kr’ilBiim»» H.erzinttskd äat\ie »m müh kn lU*i'Äj'mi».tien ein? 
!!.;., ili'.v j‘j rnutldarlo-ii ?md etwasxdnU UMW'O Ath.-m llidlu imeefe.s 
tn-h»'u ioh-r Stei^ru ^iu'eü \välnvml ein and.em Tleoi d u v ; ii-.. 
iendMiiehta} liwin-deu iii der >' li'Wfji lliiüe, dve ik'a’XümskaK Itli 
stodten Hahni. Hautty soir.ir di«-- i>iia(uthm innrfei imAe 

xsrd^wi pud trul ntropkkohe ^UhiUddk «4 h& Uoismiit'kois xurutdi* 
führet«, 

Ei'ot Tinraj. wenn cte Tiort mieden ptü. v kiHlUg. ^iwoiden id 
und ,U\ reiner fkiueriotistditdii ikfedisieh itii'hi. oder kaurn von fdmvto 
nonlum’u üt'-»7«*n n?itets<'h«*id ,, l. sofite dar; \ eistodi e?t.?:r Kii'tetnt! v.- 
nir peviiet vvof-deji. Alidir äiioh hier soHje die Ch’Aviuht-Fkhttatuito 
sterr tun' Iuuü.-htu. und nutv um Ittn-ftit in .Ah^tzon. -uh i- O- 
sddven. oin zum K«ii|«f »‘l;»‘V‘ i» hi i»;r«)SS'-rer, jn-*f iMihmlK« >».*.• Verlad 
a;u>y: 'vornmafefi Wto diMM die COUtl'tdltl Suds j'itifc J iitlio V*.o. \l 
uüd T-her Reifens dos Arztps sloitftnMfM!. Tmapfarit-in’- 
sl id,MM‘.OO^t,U UlÜr-Oii ULii > »’ -dien 1 »r.-Mn-h 0 Ot>;p."-ld0-H.«-Jl *'*>- 1, ' 
und WO »{«;•{ uiuo KrartnOnahnte «los Herwne f»d»‘J d-n Oipaidtioi- 
.'v ife , muss Söiaid. doll fiel' i'Jdd'Ü iH t e' .tofpdonfe iii eieil »ih.fe' 
»»Dm XImIhh R(kpwl’Mewu-h< szunalitnu üUp^fcrt-ht w^rtku Dom 5 Jö#/ 
vfefet* d'iui v '1k , l>ltQ0it nütrti siarki<iiT A Jkttfed^emtss; d?jri «dr?dis»c 
Wo- .*>:•• a-i'o.s:-.«‘n liuiu^'liakrit umhrir« h-.i vynodyn Ahissija'- rd- 
rveyfieeat; . in trh'«.h» r L'jtt svaHei! SK U stets nüPliidl örnn^t. 
diosr-HifU) diirli.oij jrilmdi ei-st am rhnle »ler Iddioodlnae za ik'ii;- 




VifiaVeOitfflE^ 

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ufuvVim ••>• 


T e' JhIU’C all, luil- hot K&irtor An’* 
^ e?a. diüi l>Hwi*dU VOR WXi PfnWl 


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^ntß ^dhtvmdkUt^ d*\s lloiv.inn^keU* horWißdirt, und mVKt suorr. 

ieh pkwleZü 1 .fenpnuk liiordmroli onl,sjphct\ fKhnn {iie ifeÄö 
\VifevU *’utj* xmU, wie wir aus neueren ‘ physiolr>psrlmn IjD fer- 
dLhdviinXtdj w'psüii, dom KdvpfU' ciuo jccdassülu; Rhv'efe^üo»^,i; : . hi 
;Uttdi* h**e Weise Imin* od» pavefdsdte (Itdu'iar.s^eü^oiU'iM 1 sosrit 
*edes«, mul fdehl Xonux fei dia-vor zu wuntom die feiUeotm dsieü 
KUettten sD-oti vs ent hu Ich zu woHen llit-r wi^: d»n 

werden (He Gd'fäfm-ii dm: Arzt bald von einer sololna B;dmnd;afe-- 
aocdlKido ah^f^Kroekou. ihd uliproh P erst tuen kimiml nc‘di Ihoam 
.. dass:, imi oidchtui 8tliwto hmtomtreit eil weit«r»'- V/pmant *m de- 
liipi«!?* Ztmühmet diu .Artoeiü^kteVurH-. tn/wcymuir 'wird, wodüli hdzfr.jo 
«li‘3 idyfoliKM! dano loroli weirtir uriidji«. 

Aus der hishenu'Mi ^eltilriornip- w«'r*U*n Sie .inlueiL ’l'-' 1 
huhfiu, dass wir >*ol« Jt , iuyr-'-'dVtird/e Vhilo>,ke am li lau *** f * !, J ,K! * 
durh*n, sujiderjt daös dort h Am* 41 ^ 53 Aifc't-he Ihduiudom? 

mit Hü Üb vrni IHukum und Uj-m-mvAdfe 1 xed>ivl\iip'u 

■Ui Hl (k ( L.UÜ **2 ft «' » •. • ‘ . - ' -dMirl.ili u’t.ii" 

Bcu’psHdp'fi^ filier^updmii Kalbte Mlfdol gOnup hr^ilzuit, um j*ß u 
lur« h :ito ve-xrhir.femui l’lu-tuen «h ] r Vt-.Ü.erzt*u:.- lo-w-o-;.: •rnisfris 
Bewfev Redoüi dnd Udl'afi Wn Xh V/oiee MdUupttf' 1 * u 

»Hesnm Sinne hnte o-h die tuiputdim ^hU*<*»lvlj.n-nri>-irrH »aiRuewn- 
mdmmu 7M su'dlnu . , 

i. fi'n i feit u u«r -> u rt »n soiifi-j« sCms in dnr Tor-oioicM-fe 
ei eti W• *iK«■ an^'tt.At.o01 vvoi iltM), cimi zwar, not hot htp'm - 
iieUon Individuen von normaler BlutliuSeiialienhoit. ul!t 
krafelpn MuskuiRhHs * 

‘2, Jede 7U si arlie oder zu ffiwiH- li'i*wii.nC-.u , ö" l! ‘ , ‘| 
dePKOy|p r a sollte, tiit sie von «d ei fei r ? . it tno: ?s j le-i—?«'• 
kann, vermieden weeejt-n p - ■'' 

3. AiI g emoino.rkr«■»kMtifen, h«■■ n\ 1 v • Krsei•« >«*«n^ v 'jj\ L ‘_ 

bfefrem. we-DÄSf ens im Anfänge der ifeh» »«'!■)«»na d !i -**■''' 
hbp^önk. £u\i Iriiiiulienlianan Mir eiud E-iiU'lvfct-u n^sotli. 

4. i n rinne ai OKZen Zahl v on feUJan ilixvtm-ivh 1 *v J 

ho»*?. Ulme .Ji*«alit’bf> t i o v; ivi« < h,i im uh m« mit eyüirs lipott io 
iotjire l>nb an de] n. . ,. . , 

d. (M«> d iä t.aili«(’ h -m oo ji an fee he Bnhn'n »i liJ Pö T v 135 ’* J ' 
d:o;r ul len j>n d ero;u t.h t? rajic.» t.t Usdhou . Ma äi>^iry-h;nibu . u* V 

V<>rZii;J. 





12. Juli. 


J1EUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHIUFT. 


VII. Aus dem hygienischen Institut in Königsberg i. Pr. 

Ueber die Desinfectionskraft der Sozojodol- 
säure und verschiedener ihrer Salze gegen¬ 
über dem Löffler’schen Diphtheriebacillus. 

Von Dr. Arthur Driier. 

(Schluss aus No. 27.) 

In ganz derselben Weise wie bei dem oben beschriebenen Versuch 
verfuhr ich bei den zwei folgenden; nur feuchtete ich in dem einen Falle 
die mit den verschiedenen Medien bestreuten Diphtherieagarculturou mit 
sterilem Wasser und in dem zweiten Falle mit sterilem (durch ein Cham¬ 
berlandfilter gepresstem) Speichel an. 

Die Resultate sind aus den beiden folgenden Tabellen ersichtlich: 
Tabelle IIIB. Anwendung eines festen Nährbodens (Culturen mit 
den Präparaten bestreut und mit sterilem Wasser befeuchtet). 


Dauer 
der Ein¬ 
wirkung 

Acid. 

soz. 

Natr. 

soz. 

| Kal. soz. 

I 

Zinc. 

soz. 

! ,"y- 

j drarg. , 
I soz. j 

1 

Sand j Controlle 

V 2 Stunde 

steril 

Wachs- 

1 Wachs- 

Wachs- 

j steril | 

Wachs- Wachs- 

1 


thum 

' thum 

| thum 

1 1 

tlmm thum 

0 


steril 


steril 


.. 

3 ! 

j 





I V 

7 * 

” 1 

" 1 


* 

" i 

:: 1 : 


Tabelle III C. Anwendung eines festen Nährbodens (Culturen mit 


Auch hei diesen beiden Untersuchungen führte ich die oben er¬ 
wähnten Controllversuche aus, und zwar mit dem gleichen Erfolge. 

Es zeigten sich nun bei den in Tabelle IIIB und IIIC wieder¬ 
gegebenen Versuchen schlechtere Resultate der Sozojodol Wirkungen als 
hei dem in Tabelle IIIA wiedergegebenen. Dies kann wohl nur daher 
rühren, dass durch das Beträufeln mit Wasser resp. Speichel ein Theil 
der auf die Culturen gestreuten Desinficientien herabgespült wurde, so 
dass die Culturen nur von einer verdünnten desinficirenden Lösung um¬ 
spült wurden, während sie vorher von den eoncentrirten Präparaten, die 
sich ja bei der Berührung der Agarflache auch allmählich lösten, bedeckt 
wurden. 

Dass die Resultate dor Tabelle III C noch schlechter waren als die 
der Tabelle IIIB. kann ich mir nur dadurch erklären, dass entweder die 
Sozojodolpraparate im Speichel weniger als im Wasser zur Lösung kamen, 
sondern theilweiso ungelöst von den Culturen fortgeschwemmt wurden, 
oder dass die Diphtheriebacillen unter dem Einfluss des Speichels den 
Desinficientien grösseren Widerstand entgegensetzen konnten. 

Jedenfalls zeigte es sich auch bei diesem Versuche mit einem festen 
Nährboden, dass — in Uebereinstimmung mit den in Tabelle I und II 
wiedergegebenen Resultaten — das Kalium soz. das bei weitem am 
schwächsten wirkende Sozojodolpräparat sei, so dass es für die Praxis — 
wenigstens was die Behandlung der Diphtherie betrifft — wohl kaum in 
betracht zu ziehen ist. Am promptesten — allerdings in einer für die 
1 raxis nicht anwendbaren Concentration angewandt — wirkte Hydrarg. 
soz., demnächst Acid., dann Zinc. und schliesslich das Natriumsalz. 

Lm festzustellen, wie weit ich mit dem Zusatz des am stärksten 
wirkenden Sozojodolsalzes. nämlich der Quecksilberverbindung, herabgehen 
könnte, um doch noch eine genügende desinficirende Wirkung desselben 
zu erzielen verfuhr ich folgendermaassen: 

Sechs Bouillougläschen ä 10 ccm Inhalt wurden mit je drei Oesen 
JT^r 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur geimpft, während 
-4 Stunden bei Brüttemperatur gehalten und darauf der Einwirkung ver¬ 
schieden starker Sozojodolquecksilberlösungen ausgesetzt. Die Art und 
Menge des Zusatzes ist aus folgender Tabelle ersichtlich; 

Tabelle IV. 


No. 


Zugesetz tg 
Menge 


Gehalt der Lösung 
an Hg. soz. 


Resultirendcs Verhültniss 
zwisch. Hg. soz. u. Bouillon 


Vio ccm 


Co n- 


7»°o 1 

1:20 000 

1 % . 

1 :10 000 

1 % ! 

1: 5 000 

2 % 

1: 1000 

2 % 

1: 500 

troll- | 

glas. 


Diese sechs Roagensglüschen wurden in den Brutschrank gestellt. 
Noch 5, 10, 15, 30, 00 und 120 Minuten wurden ihnen Proben — 
»nd zwar je drei Oesen — entnommen, welche wiederum in Bouillou- 


583 


röhrchen übertragen und einer Temperatur von 37-38° C aus-esetzt 
wurden. Schon nach 24 Stunden zeigte sich in einzelnen Gläschen 
ziemlich reichliches Wachsthum von Diphthericbacillen, während die meisten 
Lrlaschen stenl gebheben waren. 

Dieses Resultat, welches folgende Tabelle wiedergiebt, änderte sich 
auch wahrend der nächsten sechs Tage nicht. 

Tabolle V. 


Dauer 

dor 

Einwirkung 

1 :20 000 

1:10 000 

1:5000 

1: 1000 

1:500 

Controlle 

5 Min. 

10 „ 

Wachs¬ 

thum 

steril 

steril 

steril 

steril 

Wachs¬ 

thum 

1*J ,, 

30 „ 

60 ., 
120 

steril 

” 


1 

1 

M 1 



*'*«-** ^ utuuttwiuiugszBii vuu secus lagen wurden die steril ge¬ 
bliebenen Bouillongläschen mit Diphtheriebacillen geimpft, worauf in allen 
reichliches Wachsthum derselben eintrat, ein Beweis dafür, dass nicht 
etwa ein hinüborgebrachtes Zuviel des Desinficiens entwicklungshemmend 
gewirkt habe. ö 

Dieser Versuch zeigte also die enorme Desinfectionskraft desSozojodol- 
ksilbers, von welchem der Zusatz von Vioooo Theil srenüete. um eine 


Dauer 
der Ein¬ 
wirkung 

Acid. 

soz. 

Natr. 

soz. 

Kal. soz. 

! Zinc. q , 

I soz. ,drar »* Sand 
! ! soz - 1 

r 

Controlle 

1 j Stande 

1 - 

2 

3 I 

7 „ 

Wachs¬ 
te um 

steril 

Wachs¬ 

thum 

j Wachs¬ 
thum 

>• 1 

Wachs- steril Wachs¬ 
thum ‘ ' thum 

steril .. ' 

l ;; 

Wachs¬ 

thum 


vjuwjiijuuöis, VUU weiuuum uer Ziusaiz von 710000 1 U 01 I genügt 

vollentwickelte Diphtheriebouillonreincultur in fünf Minuten abzutödtem 
Ja die Hälfte davon reichte schon aus, um eine solche Cultur in einer 
Stunde zu vernichten. Es ist die Desinfectionskraft des Sozojodolqueck- 
silbers in der That — wie aus folgendem Versuch hervorgeht — voll¬ 
kommen gleich der des Sublimats, bisher unseres stärksten in der Praxis 

ansre wand ten Desin feet.i rmem;t.t a! q 


«vu.iüuu U-üi VICÖ UUUlUUiUS) 

angewandten Desinfectionsmittels. 

Ich ffrüfte die Desinfectionskraft des Sublimats gegenüber den 
Diphtheriebacillen in genau der gleichen Weise, wie im vorher erwähnten 
Versuch mit Sozojodolquecksilber. 

Die Resultate, welche die folgende Tabelle wiedergiebt, gleichen, 
wio schon gesagt, vollkommen den mit dem Hydrarg. soz. erlangten. 
___ Tabelle VI. 


Dauer 

der 

Einwirkung 

1:20 000 

1 :10 000 

1:5000 

1:1000 

1:500 

Controlle 

5 Min. 

10 „ 

15 

Wachs¬ 

thum 

steril 

steril 

steril 

steril 

Wachs¬ 

thum 

” 





« 

30 .. 

sehr geriug. 




” 


W aebsthum 



•« 

M 


00 .. ! 

steril j 






120 

| 



•• 




Löffler (Deutsche med. Wochensehr. 1891, No. 10) prüfte neben 
vielen anderen Desinfektionsmitteln auch das Sublimat bezüglich seiner 
Einwirkung auf den Diphtheriebacillus und kam auch zu sehr günstigen 
Resultaten. Seine Versuchsanordnung war allerdings eine andere als die 
von mir gewählte, da er von der Voraussetzung ausgehend, das Desinficiens 
müsse als Gurgelwasser mit den erkrankten Schleimhäuten in Berührung 
gebraeJit werden, seine Versuche in der Weise anstellto, dass er die Ober- 
ilüche in Reagensgläschen schräg erstarrten Serums mit Diphtheriebacillen 
impfte, dann sofort verschieden starke Sublimatlösungen für kurze Zeit 
auf die Keime einwirken liess und sie dann abgoss. Er fand dabei, dass 
Sublimatlösungen von 1:10000 bei momentaner Einwirkung alle auf 
der Oberfläche des Serums befindlichen Diphtheriekeime vernichtete, ja 
dass sogar bei einer Verdünnung von 1:20000 nur sehr wenig Keime 
intact blieben. 

Wesentlich geringer war die Einwirkung des Sublimats .auf vollent¬ 
wickelte Culturen. Eine Lösung von 1:2000 hatte bei einer 20 Secunden 
dauernden Einwirkung noch nicht bis zu den in den tieferen Schichten 
der Culturen befindlichen Bacillen einzudringen vermocht. Bei der ein¬ 
maligen 20 Secunden dauernden Einwirkung einer Lösung von 1:1000 
waren aber nahezu alle Keime vernichtet, hfoch stärkere Lösungen Hessen 
auch nicht einen einzigen Keim mehr zur Entwickelung gelangen. 

Es ist als höchst wahrscheinlich anzunehmen, dass das Hydrarg. 
soz., in einer der Löffler’schen analogen Methode angewandt, auch die¬ 
selben Resultate ergeben hätte wie das SubHmat, da dio Einwirkung 
beider Präparate auf vollentwickelte Bouillonculturen auch die gleiche ist. 

Die Verwendung derartig starker Lösungen von Quecksilberpräparaten 
wie SubHmat und Sozojodolquecksilber als Gurgelwasser ist aber zu ge¬ 
fährlich, weil leicht grössere Mengen der Lösungen verschluckt werdon 
können. Schwache Lösungen aber schaffen hoi der kurzen Dauer ihrer 
Einwirkung auf die diphtherischen Membranen während des Gurgelactes 
keinen Nutzen. Ferner ist die Verwendung eines Medicamentes in der 
Form von Gurgolw’asser bei kleinen Kindern nicht möglich. 

Alle diese Uebclstände werden vermieden, wenn das Medicament in 
Pulverform auf die erkrankten Schleimhautpartieen mittels eines langen 
Rohres oder Pulverbläsers gebracht wird. Nämlich: 

1. wird alsdann nur ein kleines Quantum des Medicamentes verwandt, 

2. wird dasselbe direkt auf die erkrankte Stello gebracht und löst 
sich nur allmählich im Speichel, 

3. bleibt es daselbst längere Zeit vermöge seiner Haftbarkeit liegen 
und wird ausserdem noch durch die Würgbewegungen, welche meistens 
durch derartige Einblasungen hervorgerufen werden, in die Lammen der 
Tonsillen und in die Vertiefungen der Rachenschleimhaut liineingeluacht. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





irnrepm: * v r ; 


Vitt/-;'r ö: iK: ^ 'Q 

('jji jiijD 7 ii .-i* In si, oh die. > S<)/,()j.:iin!'rin{; / .t- bei ilU-r?.’'. A-kwefuJuni; MX. 
iSiuldaWumrt in die Kydnl4«0ii)n olwa . unimgvneium* Hmvrsrfuiiiiutigyu; 
Ic-rim-inf.-u. mikdiU-* \d 1 mir öclbsv EbibhiMiugwn der vcrsrbinh-m-u Sülze 
in'die ktvvhenhkhho. um! zwuk hostniihtr ich. . ih-bmi ich. imeh isu feppg 
conlJviHrou vnriKM;3rtli'«:!j dieTonsilbm und das (Hoiiiuusegel m-hst l’vula. 

leb hniiieiur. mich dabei der ei-hon erwähnten sdüi Suznuwhdpr.-iparafr 
in VsHüudurg ?ni! Sn|i' pr.u «dp.. indem- Eh eile Prap-irnU- -mit A UHialnm* 
«W ^(muksiliWr^ö^i*?. .mit- Siilf. %mmi\). ima anwmuiUu dieses Ft./tere aber 
in fflfefcnder. Zns-iriujüousetJMhjip: 

Ifydra/r> 3 ö.b> 

Kan*, rhlm-ot una 1.0 . 

SnltVpmeeip. f«V b(Uk \ / ;•• • 

lionZushR von itftlmiatnanf vaiiflfcnjölriyi, um nlqV<>-cb t -. 

Albm- iui r.'pviulicl IbslHÜHU -zu unnde-u. 

J.'>vi <!'-r Anwendung -atme- dieser J-b’iijutVaJ.»'. Habe. iüi ntrunds ia^ontimc 
Höi*Mvn-}ifd!mhgr»t beobacht An kOnmiU. Nur Wfi den. lud tut) ftÖP ?ä "Willst- 
h'eweginigon m üub’.-«. tim'i uvm- i,> Miinii ■Iimii w'im in uu KmhJ.iswi 
m--. b<ev<*{Vmn>u l'uivi*m /iemliii. viel davon' nut‘ dir hinleve !'lini-_Viixvva.imi 
."t-Uniil war ' / _ 

[rn Uhru'"ii i'K‘f die Applicr»!u?u der. vmsehiedriieo Pulver an! die 
ul^nnAklciinlttint- mir «Iminnigen Kqtettptfhnmmgffft hervor. öw.k$# ain h 
beim l'.jj!t).i ? -fi Pulver :.i (lim Na^mhiUik* nut'h’i fern rditidiel'i 

vfm-mniiru* •Soerefwm aus der A f 0»o;nsgbl»wibb»nV Niesen. ‘ Thnincivseereiini) 
i«}Vd bi t. tr'U'Tiliciit !' Ei.nhmsimy; .nuili St .fimsdimt-tPS'.fUi, 

'irgend v,»-/■Pma-h werden Arm Seiten dm !pU*sUnallrmd üs Imin' 
'.eh iturrh (in:-! VcR< hlu«-K« u dim'-r Limiiim .* mg« HduhK-u Mengen ni' hi 
g- hiibU K/i. mm» aiiuk von $<**•*?• Seiln ckr Anwendung dt. 1 »' ;Sozojod«d.- 
piüpnnm nichts im \\ * vf* -fall'. 

Jummrliiii «mn-btr ich vmibili- nur zur Anwendung . thm Nulr. 

inltj zvrnr nicht- in dt»r krvytRlflnknfnsü, sa’mkärir hi dnv putYori^iftmn Form, 

n»lhuh, '•)’! JifMLt M? t;l I, ö:(’■?•' S!.‘0»sf in 

m>J? p»o di.-i bumt'hj'N .m-niuuüioi) nicht, m hmm/t ^S< 1» \\':u t, imm uc 

lif.-ilico^ihi.mik.miuijnm. iWtb H<>. 7s. DicMUs kann also am I- uu M-ru-u. nt- 

.in--f*v'i'in]*u, w.n.'h'u. 

% i*t /.\\;tr iiiuvh Ful.hr ji'a M V'nrsm ha nrAic^i n ör.rnJ UniMn 
u.» ■;•!'.'< !-.:uSa. Mi mm im h (bH'-K-il}>i'tva(v.-- \<>i,i Mf^m on». 

'.‘iitiuii, H m mm m i v rt!H m-bi u Tum- hrnf.mmuunlm O.f) pn« t{ic 
;ürU- •-■ V’.'im- Wühl ÜläHeilt. daraus, ans die Uu^ttDlvrlidikeit (im .M'ju*'•!;-: 
au.F 1 mm intcnier AiUvnmj'uiif W*i .Mnuashm >'« sehUmssu. 

i'-h m?- mUiicn Tlno'l lau. .ii!e! dia.'(< iHiereeimi., «i:i^ man <)i»h Uyilrarn. 
*ovm wdeiias ,ja <>:.tsu»i in sirnki’U \'mdt'nmituu'ri» kraf'tm ilnSiuilcireinl 
Wirkk mit. dnm^ihnn lüw.'ht Uml auch ifjit dumsHhcfi Vorlnuirjn mH ffo&te 
Ufu-mahi isdikmf in .ihm ironaunf«sr üni-.m-uti-nli.-n als FhIvh* i»m t Hjihllmrif 
iw\vmidcJi vhu-C 'mit v.-hl«dünn man dar wvi>iipsniio!! rrift-iyarn. .mler doxdv 
mimh sirHs .-‘htjuso trifi tjLU; ^-nhls-mat'. in Htirt'oiuu^pn nun Fiiisidungeu hm 
«Umm- Krankheit imweHdeu . 

-Sedenhdl^ ist. mi lokaler IhilMialii'ue de;* Diphthorm ^ und auf 
dn-M sind wir vufUuiJn! »loch rui'-h aneewiesim — <{ie ATiv.iniduit^ nuivm- 

lornvigm*, de^UifiCamutdee ÜVle«i><‘:myuiie am' 1 -vui-hei' ervtiijutteu Frhtvim \m 
wrnion? iUrr iAnwendmih - tKVS:if§er MoiKmijitmi*. vorximiohm; und amer 
;dlen himUm in HcV-racld kdimmmden pulverte «-mit«.- 1 » Ih.-si« f i«dm» tj im •fäjlmmii 
Mmviier AUimun? nscli und «urh den .üe^ütmtML' ohitfm Veryudie Hie 
voineFmljeh N.utiurn üml sozopidoneiUT! 

tlie msle Steile, e.in. 

Tc-h rndViiUv didiert du mir dh$ Krär.k'f.iimitferiyl zu [«mkiisvhen Vor- 
sutdiiy/. inidcr ivioht zur■ Veri’il^nüij si.md.'. dntrh diifsv Arbeit, wemmd.em 
Afii<miinV Z'f weUfiv:, derart%nu Veisuehm •äo^el^.n imbm, \v« b ; im — 
,'W iidt ^Inuh«) -■rvvbt zut'nvdmsteUwtKl auslslbui w : nirden. 


VIII. Oeffentliclies Sanitätsweseii. 

'Cftb^L* <Ht* %rNr<rituiig TnT^kulose 
Kiseftlmhn verkehr. 

Väfi iV^iV W .. Pi-u us öi-Vz 'ja Gim,’*. 

In «le» Arbeit oir ans dein KVtfip'rlu* hon Ges uüdhei isau>!. J'X. 
ISIK], S Hl, h.H Pftferi ..VorBHolm hbm dm 'VwrkrJMlung 

nttfdis kündet Kimdfbe'ruit. m^h^imdern def Tnhf*rknlt#^e, dvitrh den Fasftu- 
h i ,?t 1 t ’ f ,fl 11 ‘ ’ f n d i ti za ( iu, ililahm \f v oirtm • t‘‘ ei 
’dh nfaitsH. d. övrt Uniit-um Setiin r :s sf«n«n. ArbriieH. not. diws aut* * Jnimt 
1 (Un ^ /HSnehu MoVs'eh!:!^ hbe/ «Jie ;.{>»]-.iiVvdm VvewoHhim^ 

dFh;f,i h tunf|en ftu - duij \ nrKv v {iiti«Ti i *iduujai der KisenifalitieM. au^erftVh&itei 
wuoa.au. avtdr>h.e anr Zeit 0/^g«3\^nld der Ij/nvtigtirier snitna*; der tuußss- 
^nbvinien H>*hhrfb^ji ;mwerden >ii\d.. : K “ ‘ - 

Fn mm in der poijt.j-ur-hrn. 1 . «Ikwo- 'Fuferyneliimirnu v.ku.Wlmlf. 

Wäm™ sm,] !,ß ^ wivv,m$d»-.ii bvtrethm.Ien A.ihikidn m miuelumm üt ?nr 
f:- ? ‘ r * n verln-mmm^ Anr .liier »uv. ..njHit. m-emmcUm .|d )a 11mfur. t,r ; 

fmbmn dtv krnm, wie beridht.nt wird, dtrsa VbrmmJm m 
tinimtbmv für mn ,ams Fs-Arnent der. Fei n m ini e „nd }>e, 

! n- H /' r { »fvWXXwvüz* ; j:idl)ön v ; ii;iltn wlt lnivh titi vcc- 

jdin blH, naebimiis zu. dieser F?m>m da« AV'ovK -A\i m-irimleu 

(Jeher die Voillrekim^ l'uWkiitüke a!rrck sl(m Pdrstmw^.vnrkoJie 
aut |M«‘ i>babnrm sind von iWir »m AA f iiUrrK IHhJfj/jfO Vur*Aicfto ajur.^fulU 
W.ird.m M »er «rlvin; mli im Arclnv für- Ilv^imo- iHvti, [hl Xll kuw* 


No: 28 


idit d«uu ÖFu’tum büü% tdn^elTtbrien Bacttrivn. 
äntfrihmn. I/dt wlihith deshalb '/.uuMmt Wßeen, die einer 
hiiutiövli 'intuvtiou. mit t.ij*»i'i’kittdsmn A|mtum sein nrnmueiv nnri 

•/war die zwisdü*?] Ibe-Ho uml Meran laüre.iickm Dtn , c'Uftuu^f>N\m }.},»■ 
ulh.-in fMUi- direkt«? Fuhrt Kdm« Ümsfoiv'eu) zmsdim Nnj-d- mni ^nd- 
denisebJund «nnrnyöits uml Mwnui nndrhrsiuis ^tjstal.ten -itad dsh^r K tivn. 
bdis ?!iiu(ie vo.j imn-e-imkranknif bouutzt werden. Ich untmmmhi.' tim: 
»ut dem T^uÄshiwIrü der (•r-upm sre^ummvltfin Htaulj nn i;u.1u«j.mi 
«: les Novcral.mrn. -weil jmrnde. in diunnr Zeit dm Ftniget»U.r,th.ko)5 m wiinmme 
Klinia eufeitsücheu pllegÄii. 

Hrtt^ RbänttM wur rin |>vA2 nm/nvurtet und HihUn, hj« und) 

»u iidemüoit) Bijhiuss rncinrr Arbeit bfn’ndui/rt: ,..Div. TliStv/sneilim^ hat. 
fdsu «bts fidrüMludm Hm ul tat rfgvhen. de» Sihuh dor 
tu welchen man am «dumfen <mu ms^wuh.ilfi w \ r .»rmm«l.‘ii>t*m vn« ‘hih.*!!»«- 
baeillm lniUp vennuihm kbrnjen, zumnkt. divsm.'luimiiiöns'Hntl' -ri 
hielt Nur iu dom oiu«m «h*r vier unterpm litim imd yuiuur Zeit tm l'.vr 
h/tintOielu'ir VVtigmi, Wcldmr lUmiuüos nueh tuii langsam .äm' dimVj: Rmd** 
kolauku war\ oaüiiolt dm Ktaul« ftüd durchweg TuhorkwllsacUhui. Oav 
biüerS/iiie V-it-.Ul d' L' KffillÜnit tl‘*!* M»*elv«’.hW .Mm'bcU tiotz tl« » n l il • 
sHo- grossen /er (mjdann verwamüeri Steebment;» fm-mu* d«ü; H■••>>»».({- 


hei/ kann, 

f\h. hahr- daher von «einer [''(vrtnvtzmib', dvr ur?pritiielidr rißl zabts 
-.rmwbhr- in AuÄsieHt' ^üiidttriu'iu'Wfj. /noHutou tiir künmye 
neubudtf. da- die uusg». l luh'fO>' U*»{or«uvl»uue, trotz ih/es Kj./iius 

doeK Mr 'demUm bow’nkb, dnss «hu i/cwührtlirh«* Muiiuc deisKeiaiei.ni/ d;r 
l'iiiM'ObrdinWagjin genügt, dt* -W:iu«?fi soweit tub*-f'-l>c l iha« ilb-afi't i -*.a hdi*i> 
th».s:*- tan«' Gwinjirdung des Pnblikiims in ; dioser 

er- hSnsvS! > i S iuie; ; * 

|oe vo-ff A?ur itimge^jmoöheue Ansiciii wurde-nie-H rdJgeumn Kh/iditK 
•j,uiite. ; I Jy ja - »fm - !/$ tiieh i: (.'irmf.Hb.er. woiv-he 'ofJcnhar''vtwgfs'ysrii. dk?» rl/.i 
der o>d*eiui- Thei! aller Mvnsr hen an- Tuberkulose stjrbi, düs.** um sidir 
•T’hvil nn i-iiüjiw* b-udr-t-um! tuherkulosos Sputum ruiswirft, da^-s m-m «Id«*r 
mudl üu Qd&wu svulehr von Hibf>rkulü?rn Mopyehon fre<im*.uUrt. w/ojeu. i'm 
^•U\«h -g'-dtu/r-htiieiv Tuberkcdh;o;ü'U«m ümlen muss, UoMmUu',: .dio» der -mü 
mir gislührCc N r m - bwrF der B>udlb*u im Sfyulm der Ei^cajbnhawap/yi i»uHii 
in omtuv-v \VdiüO gedbuiof werden kOant-oV 

Es WAr leicht ndÜiiö. hbc; die ftontnug nnrnjer Befmuhi zu sirriten. 
durch weil,:rv, \'■.«rsuoho komitc »mwic/oo werdoTi,- ob ounnc Amjiihti^ 
i’teh/tg vur. Dariu liegt ja gnrmio der grosse prukUsübu Wv/th »Er-iii- 
dun Vctmtm köde-u Job m Im Um so gldckHdi gffi)r«li:it«nr Hitctevieio-i.. 
dass 'wir .jeder -Zeit den ims heksv.mf. gawrirfdenet»; I nle*>lioij-snrreg.vt'.«: in 
ui^erer Ümget«m£ oadispimer* und onni-roHit^ß können, ob sie in eiinsr 
fiU : uns götahrliebelt Menge, vurhaüumi, oh h-Eäö-ödereAf Aasyre^nHi 

zu darer Vömiolitang nothwmidig yind. ; 

ßei mmm.w firsten Versuoimreiim halte loh den Staub der Brrlm- 
r AVagen wobrond ihres kurzen AufonthnHes is Manchen gi sonmm;. 
und'■Apiite'r unternuriit ; dim wenn nnch. ypfirliehen poMtivim lir.fumle kontn*:« 
duvoif hc£TlUii'<xa, dAös ko/s. vorher ein Phthisiker. jtc.Q Wagen TirtiaHr 

. »«dl m" w ’ 



I: jj>i,, ; r).u)ira> : i[loiOuilHS >-;( «■,!■-, ,,i> wivülmlklu- HsittigimijsiilPÄiJs 
*i sy-v« "-ir in i‘rtri> ArU ; .'l, ..,0 >mr .»'hwa,!,,' mm*- 

»«tec Ä-0- (Mi .im JMl-i! rtr, .AüMidirin« nSi-W-r. 

wefiv itlrtl ** RrsitoiiibS» tüh-sm, Afli.-rtSn lifcr kÄntw-ai.' ' ' 


spoblikiTms in dir*;?er Hiimiehi auKireSfhIoss«'u H^cbcmt“. tv-.htig IsA;.- . , 
Job habe desbullt im .h'omunir tKOl aus der grossoja Zahl' tief'vor- v*n» 
Munebenio- Ceuii-aihahuhof uutWestHltHv ge reinig tu» 'Wagen^ sm - ,?t - 
vebs'/Hien dscvo gittiz hel'mlng ^iu/.ehic lter*«\»ygesueU- imd -tlen 
Id ObuiicF vn/h 1H \VOjgen, w&Iv'lii.> juif zehn von .Mthidhön Mhs^ebiaa^ 1 
IbniH u verki j h;teu, zur Ln^fujug venvauidt. Das RosültAt meiner lfT»jywac|u 
\YHp ÄtKbi negativ, kfdüoy der zfÄri? vctxr ao Tuherkiji'öM* ja sogar «F« 1 
cm einziges nu Periumitia /ugruadü geufu'ueri. - 

. Mil- Versuchen, welche am 8. Januar l^OS hi- der MbuEirssw 

uade.om--h«*u W.tchrusclusK cori.fierKu bl. v.-.a Petri ]» ?mnf.. ‘ ,l1 
•; l Uhr. spdter omcbiontmmi Arbeit ut« 5 lt 1 enwnhui süid, war, .wir Eh -ImtH 
«hn ..Frage .•ni.seltie-.ii-it. . 

nuo-.JVtrj rn den duhmi 18Ö1/S>2 ! Jiiteisuohuug«^■ milUaftU- 
(%r«nd ijwmi die Hoioh^-KiiicnhAhnvi ivvAltimg ein iwuhs Hägieraoih mK’l'V 
amt Desiut/adinn der Persoßnnwttgoii vorhirrAifün selK ,Ck 
m.^Vjfftals mcäüfUL Bt iuidp:uukt -verMjoldigefi' und Nahbwtmr töhr«». M, 
dm JlesnJtntj: der Petrrsejien Versm-he mH den TOemlgcr -gvd 
slimmni und dass nur J'ftn’s Innitung w.wier Versm lu nh-h« h*-r.jbe.z* 
ist. Hli&f iat vamrtebst <bV Vm^ehiedenheit des VvsrsmvUmnote *n 
Pct-j j hat V.uvrst. «len m\ ihm Witnibm, Imekeu Uml Mfdxdn <!•'* 
halteudon Btauh \mt.erauelit,. dfder Fa ssh o d bnätdi lib“, Pb tri ptr 1 

IPiJV.i „gelaugte erst rn zwnit^r Linie zur Ik'fftekBU'btlgane, ‘ v ' ui! '' 

di.rrb die govdmledi- Hüioig/thg - der Wagen, des httbrea Tl»H« rot evo 

und für 'die -V\.vhreit,uh-g: d«V T u hc rk ij in So weniger vei au« 


* » I > t.n | J .M J.tnIj >* 'IM- 1 * u JJI. una. _...: , 

Pb liuho buir clrnj aüi d**nt Puäsl»a.‘ten liignunlm» rdunh i! ' ll{ T j 1 '!'!, 
ich. noch ppsrb^u habt/ das& die Menschen auf jpu ' 

spidcn ny.d dale-r* dorbAcdcniall? «ricrsf- mid zu meist du-, I.iitc*o».m«s‘^ 
Jet* TliherkuloHö gfftuitjon WOttlon tuliaseM. Attfh Wenn Zutalhg Wjv 
frisell ndi.i'^hingeivovimat an dir Wütme ttdei Thirkc A' 

os .joch bald h*M deii Rt«>len uwj «sobr sfö.rktdi. Beweuuftjhm ifeÄc.. 
wagen *<n'liodan hdUm. fj/h war tifabAr auci» Jjar hmlp; 
rvbmu das« 1 -«• trr svlhst auf dri-xulbeu-Ido mklürp .AL WW PL 
(}uwil«y .fftr dm an dba W«lmh-U und M'übiViTj baAkiidary luHhogeM/» 
ergmosuieu. iusb'/sozujerr der Tuberb-ellioca 11 mi, ist d er au« dn> i V 





12. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


585 


böden entleerte Auswarf zu erachten“, und später Seite 119: Wie 
aus den vorerwähnten Versuchen über den Keimgehalt der verschiedenen 
Wagenclassen hervorgeht, sind auch in den Abtheilen I. und II, Classe an 
Wänden und Sitzpolstern zahlreiche Keime zu finden. Besonders erheb¬ 
lich ist aber die Verunreinigung derFussböden auch in diesen Abtheilen 
wie aus dem Abschnitt über die Verunreinigung der Abtheile hervorgeht 
Der Keimgehalt der Fussböden ist weit höher als der der übrigen Flächen' 
und sodann ist gerade der Fussböden mit den gefährlichen Aus¬ 
wurfstoffen verunreinigt. Die Reinigung derFussböden erscheint daher 
von besonderer Wichtigkeit“ u. s. w.“ 

Es besteht also nur ein Widerspruch zwischen Petri’s eigenen an 
verschiedenen Stellen seiner Arbeit geäusserten Anschauungen. 

Wie steht es aber nun mit den Petri’schen Resultaten? Mit dem 
an Wänden, Decken und Möbeln gesammelten „Luftstaub“ von zwei 
Schlafwagen mit acht Abtheilen (Corridor), sieben Waggons erster und 
zweiter Classe, vier Waggons mit sechs Abtheilen dritter Classe, acht 
Waggons mit zehn Abtheilen vierter Classe wurden 117 Versuchsthiere 
goimpft, von welchen nur 3 tuberkulös wurden. Die drei positiven Ver¬ 
suche rührten vom Staub der Schlafwagen her, es war also, und das hätte 
Petri betonen sollen, der „Luftstaub u sämmtlicher unters achten Coupäs 
erster, zweiter, dritter nud vierter Classe tuherkelbacillenfrei; nur 
in dem Staub der beiden Schlafwagen fand er Tuberkelbacillen. Ob nur 
drei Thiere mit diesem Staub geimpft wurden oder ob die Zahl der mit 
diesem Staube geimpften Thiere eine grössere war und ein Theil von ihnen 
gesund blieb, ist aus Petri’s Mittheilung nicht zu ersehen. 

Wer die complicirte Construction der Schlafwagen und ihre 'Be¬ 
nutzung kennt, wird sich nicht wundern, dass da an den Wänden manchmal 
im Staub Tuberkelbacillen vorhanden sind. In dem voll besetzten Coupä 
eines Schlafwagens kann der in der oberen Etage liegende Reisende, wenn 
er zufällig expectoriren muss, doch nur sein Taschentuch benützen. Im 
günstigsten Falle, bei aller Vorsicht kann er es nicht verhüten, dass das 
im Taschentuch getrocknete Sputum später verstäubt. Dass aber gelegentlich 
beim Husten ein Theil des Sputums an die Wand geschleudert wird, ist 
gerade bei den Verhältnissen in einem Schlafwagen nicht nur leicht mög¬ 
lich, sondern kaum zu umgehen, und es wäre nicht wunderbar, wenn 
Petri in noch mehr als zwei Schlafwagen an den Wänden die Bacillen 
gefunden hätte. 

Dass aber, um es nochmals hervorzuheben, in keinem der übrigen 
Coupes erster, zweiter, dritter, vierter Classe an den Wänden, Decken 
Möbeln jemals die Krankheitserreger gefunden wurden, ist so erfreulich, 
dass man nur bedauern muss, dass gerade dieses günstige Resultat nicht 
in der Tagespresse besprochen und verbreitet wurde. 

ln einer zweiten Versuchsreihe hat Petri, sobald die Reisenden die 
Züge verlassen hatten, die Fussböden der einzelnen Abtheilungen sorg¬ 
fältig besichtigt und die Verunreinigungen mit Auswurf gezählt. Aus 
34 Abteilungen wurden dann von den verunreinigten Stellen des Fuss- 
bodens bezw. der Linoleumdecken Proben auf 91 Versuchsthiere verimpft. 
Von diesen 91 Thieren starben nur 3 an Tuberkulose. Die Bacillen ent¬ 
stammten in einem Falle einem Coupä II. Classe des Courierzuges Hamburg- 
Berlin; in den anderen beiden Fällen waren die Verunreinigungen aus einem 
Coupä III. Classe eines Personenzuges Dresden-Berlin (stark besetzter 
Pfingstzug) entnommen. 

Petri hat also nicht, wie es in den Artikeln der Tagespresse heisst, 
den Fussbodenkehricht beliebiger Coupäs, sondern nur die mit Sputum 
beschmutzten Stellen untersucht, und auch da kann man sich doch nur 
wundern und freuen, dass so selten Tuberkelbacillen gefunden wurden, 
dass unter den vielen, welche auf den Boden gespieen hatten, so wenig 
Tuberkulöse waren. 

Die zahlreichen im Kaiserlichen Gesundheitsamt von Petri und seinen 
Mitarbeitern ausgeführten Untersuchungen haben also keine Besorgniss 
erregenden, sondern im Gegentheil sehr günstige Verhältnisse constatirt 
und können nur als eine weitere Bestätigung meiner früheren Versuche 
und meiner früher ausgesprochenen Ansickten aufgefasst werden. 

Nach meiner Ansicht liegt kein Grund vor, ein „neues 
Reglement zur Reinigung und Desinfection von Personenwagen“ aus¬ 
zuarbeiten und einzuführen; das wäre nur dann nöthig, wenn 
die Untersuchungen gezeigt hätten, dass das alte nicht aus¬ 
reicht, dass bei Beibehaltung des alten Reglements eine wirk¬ 
liche Gefährdung der Reisenden vorhanden ist. 

^Glücklicherweise ist dies nicht der Fall, denn, wie wir bald sehen 
werden, haben Petri’s Versuche der Desinfection von Personenwagen kein 
besonders erfreuliches Resultat ergeben. 

ß®i den ersten Versuchen wurde die Desinfection „nach Art der 
üblichen und vielfach erprobten Wohnungsdesinfection“ ausgeführt. Die 
Desinfection wurde „mit Seife, Wasser und Garbolsäure unter Benutzung 
der von der Verwaltung der städtischen Desinfectionsanstalt entlehnten 
Instrumente aus^eführt. Die nach der Desinfection entnommenen Proben 
erwiesen, dass eine nennenswerthe Verminderung der Bacterien- 
keime nicht erzielt worden war. Es hatte die Desinfection nur eine 
geringe Verzögerung im Auskeimen der Bacterien zur Folge.“ 

«Der Wagen 1. und II. Classe wurde von den Mannschaften der 
städtischen Desinfectionsanstalt desinficirt. Ein Theil der gepolsterten 
otühle aus beiden Classen sowie die Plüschfüllungen einiger Thüren und 
einige der ledernen, mit Plüsch gefütterten Fensterriemen wurden mit 
oeidenfäden, an denen vollvirulente Milzbrandsporen sich befanden, vorher 
inheirt. ^ Ein Theil dieser Plüschmöbel wurde abgeholt und in üblicher 
Weise in der städtischen Desinfectionsanstalt im strömenden Dampf des- 
inhcirt. Diese Sessel erwiesen sich als vollständig desinficirt; auch hatten 
sie in ihrem Aussehen und in der Beschaffenheit des Plüsch- bezw. Sammet- 
uberzuges keinen Schaden erlitten. Die leeren Abtheile wurden alsdann 
von zwei städtischen Desinfectoren nach der für solche Fälle geltenden 
Instruction desinficirt. Dabei kam ausser Seife und Wasser 5 % Carbol- 


säure zur Verwendung. Die nach Beendigung dieser Desinfection 
untersuchten Milzbrandfäden aus den Thürfüllungen und Fensterriemen 
waren noch virulent. Die aus den Abtheilen entnommenen Staub- 
proben enthielten zahllose Bacterienkeime. Der Waggon IV. Classo 
wurde gleichfalls den beiden städtischen Desinfectoren zur Desinfection 
überwiesen. Auch in diesem Falle gelang es nicht, eine bemerkbare 
Herabsetzung des Bacteriengehaltes hervorzubringen.“ 

„Von dem ganzen Desinfectionsverfahren gewährt also nur die Des- 
infection der Polstermöbel im strömenden Dampf die erforderliche Sicherheit.“ 

Der Abschnitt über „Desinfection“ schliesst mit der Aufführung der 
„Unkosten einer solchen Desinfection“. Diese betragen z. B. bei einem 
sehr verschmutzten Wagen IV. Classe rund 50 Mark! 

Eine schärfere Kritik der am falschen Orte angewandten Desinfections- 
massregeln Ist wohl noch nirgends ausgesprochen worden. Die einen 
Kostenaufwand von 50 Mark erfordernde, von den officiell angestellten und 
ausgebildeten Desinfectoren in Anwesenheit der Vertreter des Kaiserlichen 
Gesundheitsamts ausgeführte „Desinfection“ eines Wagens IV. Classe ver¬ 
mochte nicht, „eine bemerkbare Herabsetzung des Bacteriengehaltes hervor¬ 
zubringen“. Difficile est satiram non scribere! 

Der letzte Abschnitt der Petri’schen Arbeit behandelt die „Reini¬ 
gung“ der Personenwagen. Nach Aufzählung einer ganzen Reihe für die 
Praxis doch nicht zu verwerthender Versuche giebt Petri an. dass der 
Keimgehalt der Fussböden durch einfaches Reinigen mit Seifonlauge auf 
ein ziemlich geringes Maass herabgedrückt werden kann. 

Von der Reinigung der Coupä’s I. und II. Classe, welche sich „als 
viel schwieriger“ erwies, sagt Petri sehr wenig, über die Reinigung und 
Desinfection der Schlafwagen sind Versuche überhaupt nicht angestellt 
worden, und dabei sind doch von Petri nur im „Luftstaub“ der 
Schlafwagen Tuberkelbacillen gefunden worden. 

Ich halte dies bei der complicirten Construction der Schlafwagen, 
nach den wenig erfreulichen Resultaten, welche die „Desinfection“ des 
möglichst einfach gebauten Wagens IV. Classe ergeben hat, für leicht er¬ 
klärlich, kann jedoch nicht verstehen, warum Petri und seine Mitarbeiter 
ihre „Vorsuche über die Verbreitung ansteckender Krankheiten, insbesondere 
der Tuberkulose, durch den Eisenbahnverkehr und über die dagegen zu 
ergreifenden Maassnahmen“ überhaupt auf die Wagen ausdehnten, in 
deren „Luftstaub“ sie Tuberkelbacillen niemals nachweisen konnten. 

Fassen wir unser Urtheil über die vorliegende Arbeit nochmals kurz 
zusammen, so müssen wir als einzig wichtiges, besonders erfreuliches 
Resultat hervorheben, dass in den zahlreich untersuchten Personenwagen 
nur in so seltenen Fällen Tuberkelbacilleu gefunden wurden, dass irgend 
ein Grund zur Befürchtung und deshalb zur Ausführung besonderer Maass¬ 
nahmen nicht vorhanden erscheint. Ganz werden die bei uns endemischen 
Tuberkelbacillen, wie auch andere Bacterien, nie von den Stätten, welche 
dem öffentlichen Verkehr dienen, zu verbannen sein. Und würde selbst 
die Bahnvenvaltung dem reisenden Publikum sterile Coupäs zur Ver¬ 
fügung stellen können, in demselben Moment, in welchem sie vom Publikum 
benutzt würden, könnte die Verwaltung nicht mehr dafür einstehen, dass 
der eine oder andere der Mitreisenden Millionen von Keimen mit seinen 
Kleidern in das bisher sterile Coupä einschleppt. 

Die Untersuchungen, welche ich vor Jahren ausgeführt und Anfang 
1893 veröffentlicht habe, beweisen, dass bei einer einfachen Reinigung 4 ) 
jede Gefahr ausgeschlossen ist. Mit einer regelmässigen einfachen, gründ¬ 
lichen Reinigung werden die Bahnverwaltungen den Anforderungen, welche 
man vom hj'gienischen Standpunkte an sie stellen muss, genügen. 

Was sonst noch die Bahnverwaltungen zur Verhütung der Staubver¬ 
breitung, zur Bekämpfung des ekelhaften Speiens auf den Boden thun 
könnten, habe ich am genannten Orte schon genügend betont. 

* Wollen die Bahnverwaltungen noch weiter zur Bekämpfung der Tuber¬ 
kulose, dieser verbreitetsten aller unserer Krankheiten, etwas thun, so 
mögen sie die neuerdings an so vielen Orten aufgetauchten Bestrebungen 
zur Errichtung von Sanatorien für Tuberkulöse unterstützen, sie mögen 
allen denen, welche nach den Sanatorien gesandt werden, freie Fahrt auf 
den Bahnen gewähren. Durch Unterstützung dieser Bestrebungen werden 
sie jedenfalls mehr Segen stiften, als wenn sie sich auf einen undurch¬ 
führbaren und überdies rnrnz überflüssigen Bacillenfang einlassen. 

Es ist wohl ausser Zweifel, dass nichts die Bacteriologie und Hygiene 
mehr schädigen kann, als die Verbreitung einer vollständig unberechtigten 
Bacterienfurcht, als Untersuchungen, welche diese Bacterienfurcht ver¬ 
breiten, aber einer ernsthaften wissenschaftlichen Kritik nicht Stand halten 
können. Geht man auf diesem Wege noch weiter, verlangt man von den 
Behörden da, wo gar keine Gefahr vorhanden ist, theure, überflüssige 
prophylaktische Maassregeln, so werden bald die Behörden und das Volk, 
welches doch schliesslich die ganze Zeche bezahlen muss, die gesammte 
bedauerlicher Weise in Misscredit gebrachte Bacteriologie und ihre 
praktische Anwendung verwerfen; die öffentliche Gesundheitspflege würde 
damit schwer geschädigt werden. 


Stand der Cholera. 

Im Deutschen Reiche wurden seit dem 11. Juni in Deutscli- 
Eylau zwei Choleraf&lle bei einer am 24. Juni aus Mlava in Russisch- 
Polen zugereisten Frau und deren Kind, sowie in einem Landorte des 
Kreises Marienwerder ein Fall festgestellt; der letztgenannte steht an¬ 
geblich mit den Plehnendorfer Fällen in Zusammenhang. 

l ) Wahrscheinlich wird die Beseitigung der pathogenen Bacterien 
durch die einfache mechanische Reinigung erheblich unterstützt von 
einer Selbstreinigung, welche durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen, 
Austrocknung, Concurrenz der Saprophyten, Mangel an einem geeigneten 
Nährboden u. s. w. bedingt ist. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



586 


DEUTSCHE MEDIC1NISGHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


In Frankreich sollen nach amtlicher Angabe vom 16. Juni seit 
zehn Tagen im Departement Finistere Cholerafälle nicht mehr beob¬ 
achtet worden sein. 

In Belgien hat nach Zeitungsberichten die Cholera neuerdings sich 
in der Gegend von Lüttich gezeigt. Nach den Veröffentlichungen des 
Kaiserlichen Gesundheitsamtes wurden im ersten Quartal des Jahres 1893 
in Belgien 32 SterbefUlle an „Cholera und Cholerine“ festgestellt, davon 
13 in St. Trond, 5 in Jemeppe sur Meuse, 4 in Seraing, 3 m 
Boom, je 2 in Dinant und Angleur, je 1 in Brüssel, Antwerpen 
und Charleroy. Vom 1. April bis 23. Juni wurden folgende Todesfälle 
mitgetheilt: in Jemeppe sur Meuse vom 15. bis 21. April 1, vom 

20. Mai bis 23. Juni 18, in Lüttich vom 10. bis 16. Juni 1, in Seraing, 
Angleur und Alost vom 17. bis 23 Juni je 1; sämmtliche Orte mit 
Ausnahme des letztgenannten liegen in der Provinz Lüttich. 

In den Niederlanden starben nach amtlichen Angaben im Januar 
und Februar je zwei Personen, desgleichen auch an Cholera nostras je 2. 
Für das Jahr 1893 wird die Zahl der Todesfälle auf 263 bezw. 113 an¬ 
gegeben. 

In Galizien beziffert sich bis zum 26. Juni die Gesammtzahl der 
festgestellten Choleraerkrankungen (Todesfälle) auf 158 (87), davon ent¬ 
fallen auf die Woohe vom 12. bis 19. Juni 31 (19), auf die nächstfolgende 
nur 1 (3). Neu ergriffen wurden die Bezirke Nisko und Tarnobrzeg; 
die Einschleppung erfolgte durch aus Russland zurückkehrende Flösser. 
In dem Bezirk Kotzmann (Bukowina) kamen neuerdings noch einige 
Cholerafälle, im ganzen bis zum 26. Juni 8 (3) vor. 

In Russland hat die Epidemie bemerkenswerthe Fortschritte ge¬ 
macht. Vor allem bedrohlich erscheint ihr Auftreten in der Stadt und 
im Gubernium Petersburg. In Kronstadt, Gubemium Petersburg, 
sind schon seit Mitte Juni Cholerafälle beobachtet worden; vom 1. bis 
7. Juli werden von dort 41 Erkrankungen (18 Todesfälle) gemeldet. In 
Petersburg scheinen Ende Juni die ersten Cholerafälle vorgekommen 
zu sein; am 3. Juli wurde die Epidemie amtlich zugegeben. Vom 1. bis 
7. Juli sollen 141 (52) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet sein. In 
Russisch-Polen sind die Gubernien Grodno undKielce neu ergriffen, 
in ersterem vorzugsweise die Stadt Brest-Litowsk, wo vom 2. bis 

21. Juni 32 (18), vom 21. bis 24. Juni 24 (6), vom 24. bis 30. Juni 20 (8) 
Cholerafälle vorkamen; in letzterem ist der an Krakau grenzende Kreis 
Miechow betroffen, vom 17. bis 20. Juni kamen daselbst 23 (12), vom 
24. bis 30. Juni 68 (30) Fälle zur Anzeige. In den Gubernien Warschau 
und Plock herrscht die Cholera nach wie vor ziemlich stark. In ersterem 
wurden vom 4. bis 9. Juni 42 (16), vom 10. bis 15. Juni 29 (17), vom 
15. bis 21. Juni 30 (15), vom 24. bis 30. Juni 30 (21) Erkrankungen 
(Todesfälle) gemeldet. Im Gubernium Plock ist besonders die Stadt 
Ciechanow hart betroffen: im Gubernium wurden vom 1. bis 23. Juni 
210 (106) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet, davon entfallen allein auf 
Ciechanow in der Zeit vom 3. bis 19. Juni 157 (74) Fälle. In der 
Stadt Warschau ist die Zahl der Cholerafälle im Juni mässig geblieben, 
in der letzten Woche des Monats wurden 8 (4) Erkrankungen (Sterbefälle) 
angezeigt Im Gubernium Petrikau kamen nur vereinzelte Fälle vor; 
otwas mehr ausgebreitet hat sich die Seuche dagegen wieder im Gubernium 
Radom, wo in der letzten Juniwoche 23 (14) Fälle gemeldet wurden. 
Vereinzelt waren die Cholerafälle in den Gubernien Kowno und Podolien, 
etwas zahlreicher in Tula. 

Aus Kleinasien wurden während des Mai noch zahlreiche Cholera- 
todesfälle gemeldet, besonders aus Siwas (18. bis 30. Mai: 23), Tokat 
17. bis 31. Mai: 23), Kaza von Zella? (16. bis 31. Mai: 82), Iskilib 
(19. Mai bis 1. Juni: 85). (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amtes.) Die Nachricht von dem Ausbruch der Cholera in Mekka, welche 
die Lancet gebracht hatte, scheint sich nicht zu bestätigen; wenigstens 
verlautet in den letzten Wochen nichts darüber. Sperling. 


IX. Militärsanitätswesen. 

— Beschreibung der Garnison Cassel, vom Standpunkt der Ge¬ 
sundheitspflege aufgestellt. Herausgegeben von der Medicinalabtheilung 
des Königlich Preussischen Kriegsministeriums. Berlin, E. S. Mittler 
<fc Sohn, 1893. 

Von jeder einzelnen Garnison des preussischen Heeres ist auf Ver¬ 
anlassung der Medicinalabtheilung des Kriegsministeriums nach einem ein¬ 
heitlichen Plane eine Beschreibung vom Gesichtspunkte der Gesundheits¬ 
pflege von Sanitätsofficieren des betreffenden Standortes abgefasst worden. 
Diese Ortsbeschreibungen enthalten nicht nur für die örtlichen Verhältnisse, 
sondern ganz allgemein eine Fülle des Beaehtenswerthen, sie berichten 
über „Besonderheiten, die für entsprechende Verhältnisse an anderen 
Orten vorbildlich wirken und für die ganze Gesundheitspflege von Inter¬ 
esse“ sind. Deshalb sollen solche Garnisonbeschreibungen veröffentlicht 
werden, und aus der Zahl der grösseren Standorte ist zunächst mit der 
Garnison Cassel der Anfang gemacht worden. 

Der stattliche Band umfasst 165 Druckseiten, 2 Karten und 56 vor¬ 
trefflich ausgeführte lithographische Tafeln mit Ansichten und Grundrissen 
der hygienisch wichtigen Gebäude und Einrichtungen Cassels. 

. , er Inhalt gliedert sich in drei Theile, deren erster die allgemeinen 
hygienischen \ erhältnisse der Stadt Cassel abhandelt. Wir erfahren hier 
das JNöthige über die Lage, die geologischen und klimatischen Eigenthttm- 
hchkeiten der Stadt, das Wichtigste aus den Baupolizeiverordnungen der 
Jahre 1 ö 74 1884, die besonders den eng gebauten Stadtquartieren, sowie 
aem bis vor einigen Jahren an manchen Stellen noch im Argen liegenden 
Abtrittwesen zu Leibe gehen. Das Kapitel der Wasserversorgung giebt 
in sehr interessanter Weise einen Ueberblick über die historische Ent¬ 
wickelung der Wasserzufuhr, von der offenen Druselbachwasserleitung zu 
dem Röhrensystem aus dem Eichwald, dem Gravitationswerk des Nieste¬ 


thaies, bis auf die im Herbst 1892 dem Betrieb übergebene neue Wasser¬ 
leitung, welche aus den Wiesen im Südosten der Stadt aus 20 Röhren¬ 
brunnen in einer 7,5 km langen Druckleitung ein Grundwasser zuführt, 
das frei von Ammoniak, salpetriger und Salpetersäure und auch gottlob 
von Eisen ist. . , , . , 

Die Beseitigung der Abfallstoffe ist noch keine ideale. Abgesehen 
von den „Winkeln“ — Zwischenräumen zwischen den Häusern, in welche 
die Aborte’oft münden — bestehen auch noch auf den Höfen, besonders 
in der Ober-Neustadt Senkgruben. Sonst leitet die Abwässer ein System 
von alten Canälen ab, die zur Zeit noch an vier Stellen in die Fulda 
münden, theils innerhalb der Stadt, theils in nächster Nähe. Doch hat 
man schon seit 1867 begonnen, diese alten Canäle durch besser construirte 
zu ersetzen. Rieselfelder sind für Cassel zu theuer; Klärbassins sind 
noch verweigert. — Die Beschreibung führt uns dann durch das hoch¬ 
moderne Schlachthaus, mit dem sich in hygienischer Beziehung das 
Kettenhausener Krankenhaus wohl nicht messen kann, kürzer durch die 
übrigen Krankenanstalten, Fabrikanlagen, den neuen 1843 eröflneten Fried¬ 
hof, bei welchem man allerdings an manchen Stellen schon in einer Tiefe 
von 1,5—2 auf Grundwasser stösst. Auf dom 1860 für die Garnison an¬ 
gelegten Kirchhof sind die Grundwasserstände günstiger. Zum Schluss 
dos ersten Theiles findet die Strafanstalt Wahlheiden, sowie die Volks¬ 
küche gebührende Beachtung. _ _ L , 

Der zweite, der Hauptheil beschreibt in sehr ausführlicher und dabei 
übersichtlicher Weise die Garnisonanstalten. Die Truppen sind nicht alle 
gleich gut untergebracht. Das Infanterieregiment erfreut sich eines aus 
drei Blocks sich zusammensetzenden, erst 1875 vollendeten Ziegelrohbaues, 
ebenso die in der neuen Cavalleriekaseme liegenden beiden Schwadronen 
des 14. Husarenregiments. Dagegen blicken die beiden anderen Reiter¬ 
kasernen auf das Jahr 1768 und 1510 als Zeitpunkt ihrer Entstehung zu¬ 
rück. Gerade die letztere, die sogenannte Marstallkaserne ist wenigstens 
historisch interessant. Sie wurde erst als Privathaus gebaut, ging dann 
in fürstlichen Besitz über, diente als Kanzleibibliothek, darauf zu ver¬ 
schiedenen anderen Zwecken und wurde zuletzt als kurfürstlicher Marstall 
benutzt. Nur das Erdgeschoss ist für Schwadronszwecke verwertet, die 
anderen Stockwerke sind noch anderweitig von der Domänenverwaltung 
vermiethet. Der Zutritt von Luft ist durch die von Privatwohnungen eng 
eingeschlossene Lage beeinträchtigt; in der ganzen Kaserne bestehen 
keinerlei künstliche Lüftungsanlagen. Auf diesem dunkelen Hintergründe 
heben sich die neu und unter Berücksichtigung aller hygienischen Grund¬ 
sätze errichteten Kasernen um so lichtvoller ab:. Latrinenanlagen (Tonnen), 
Wasserversorgung (Quellwasser, Pumpbrunnen), Bade- und KUcheneinrich- 
tungen sind mustergültig. Hervorzuheben ist noch bei der neuen 
Cavalleriekaseme die vollständige Trennung der Stallungen von den be¬ 
wohnten Räumen und bei den letzteren wiederum die Trennung des Hauses 
der Verheiratheten und des Wirtschaftsgebäudes von den Mannschafts¬ 
unterkünften. Die Artilleriekaserne darf sich dieses Vorzuges nicht rühmen: 
Sie ist noch im alten Stil 1831/32 hergestellt, im Erdgeschoss befinden 
sich Stallungen, darüber Mannschaftsstuben. Zwei Battericen sind in dem 
ehemaligen, von Fabriken eingeengten Garnisonlazareth untergebracht. — 
Das Trainbataillon bewohnt einen aus den Jahren 1878/79 stammenden 
Ziegelbau mit Schieferdächern, dessen äusserst zweckmässige Onentming 
aus den Grundrissen erhellt. — Der Bericht führt uns hierauf das Mon- 
tirungsgebäude und die frei liegende Kriegsschule vor, dann das aus einem 
Jägerhaus, Fruchtmagazin und Fabrikhaus 1791 in ein Staatsgefüngmss 
umgewandelte Arresthaus, ferner die in ihren einzelnen Einrichtungen senr 
sehenswerthe Garnison-Waschanstalt. , 

Grosser Werth wird naturgemäss auf die Beschreibung des Lazaretns 
gelegt, und gerade das Lazareth in Cassel zeichnet sich in raanenen 
Punkten aus. Es ist erst im August 1886 bezogen worden^ und bestellt 
im wesentlichen aus zwei nach dem Comdorsystem erbauten Krankenblocas 
und einer Isolirbaracke im Pavillonstiel, alle drei in Ziegelrohbau au- 
geführt. Es ist hier nicht der Raum, über die Verwendung der modernsten 
Materialien zu Bedachung wie Dielung, über die Heiz- und Ventilations- 
einrichtungen ausführlicher zu berichten; dagegen verdient die ausgedehnte 
Benutzung der Elektricität besonders zu Beleuchtungszwecken heryor- 
gehoben zu werden. Dem Berichterstatter ist kein Krankenhausbetten 
bekannt, welcher mit gleicher Genauigkeit und Uebersichtlichkeit em 
elektrische Beleuchtungsanlage für ein Krankenhaus beschrieben hatte, 
nicht nur zeiohnet sich die Berechnung des Stromverbrauches und 
Lampenzahl durch Klarheit aus, sondern auch die Vorzüge undisachtnei 
verschiedener Dynamomaschinen sowie einer Accumulatorenbattene wera 
aus der praktischen Erfahrung heraus und mit Zahlen belegt geschude^, 
die Control- und Sicherheitsapparate mit gerade auf diesem Gebiet sel . te “. 
Verständlichkeit erklärt: kurzum, eine Abhandlung, die, gerado wen 
der Erfahrung entsprungen ist, jedem, der mit Krankenhausbau sich * 
schäftigt, hochwillkommen sein muss. Auch die Latrinenanlagen, 
Desinfectionsapparat, die Einrichtung der hygienisch - chemischen Un. " 
suchungsstation, ferner der angehängte Belegungsplan wird für Krana 
haushygieniker nicht ohne Interesse sein. ., . 

Mit einem Abriss über die Garnisonbäckerei, das CorpsbekleKiung 
amt und einige allgemein weniger wichtige Garnisonanstalten schliess 
zweite Theil ab. , M 

Der dritte, letzte und kürzeste Theil bringt Statistisches ü ber _ 
Civil- und Militärbevölkerung, aus dessen Tabellen sich schwer etwas 
sonderes herausheben lässt, ohne weitschweifig werden zu müssen» 

Anhangsweise zeigt dann noch die Verfügung des Knegsministen > 
über die Untersuchung des Trinkwassers in den Kasernen, welche nerv 
ragende Bedeutung man auf das Vorhandensein unverdächtigen i 
wassers gerade in den militärfiskalischen Gebäuden legt. 

Nach all’ diesen kurzen Andeutungen wird man ohne Zweifei 
Zuversicht gewinnen, dass durch die Veröffentlichung der Gann 
beschreibung von Gassei-die an derartige Abhandlungen sich knupi 


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12. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


587 


Erwartung in Erfüllung gehen wird, nämlich, „dass neben der zuerst in 
Betracht kommenden Förderung der Interessen der Armee auch für weitere 
Kreise ausserhalb des Heeres durch Anregung und Aufklärung in hygieni¬ 
schen Fragen Nutzen geschaffen werden wird, was dann rückwirkend 
vielleicht wiederum der Gesundheitspflege des Heeres von Vortheil werden 
kann“. _ Schumburg (Berlin). 


Das Sanatorium der Invalidität«- und Alters- 
ver sicher uiigs ans talt Berlin. 

Von H. Merke, 

Verwaltungsdirektor des städtischen allgemeinen Krankenhauses Moabit 
in Berlin. 


X. Krankenpflege. 

Die Krankenpflegestationen des Evangelisch-kirchlichen 
HülfsVereins in Berlin. 

Von Albert Eulenburg. 

Seit vier Jahren besteht in Berlin eine äusserst segensreich wirkende 
und gerade die ärztliche Theilnahme in höchstem Maasse verdienende 
Einrichtung, die — wie ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte — 
in den hiesigen Aerztekreisen noch verhältnissmässig wenig gekannt 
ist und daher auch noch nicht in entsprechendem Umfange gewürdigt und 
benutzt wird. 

Es ist dies die vom Evangelisch-kirchlichen Hülfsverein (Local¬ 
verein Berlin) unter dem Protectorat der Kaiserin und unter der that- 
kräftigen Leitung des Probstes v. d. Goltz seit 1890 in’s Leben gerufene 
Einrichtung der über die Stadt vertheilten „Krankenpflegestationen“, 
die sich aus kleinen Anfängen rasch zu einer stattlichen und umfassen¬ 
den Organisation entwickelt und eine von Jahr zu Jahr ausgedehntere 
Arbeit im Dienste der häuslichen Krankenpflege entfaltet haben. 
Die Zahl solcher Stationen (im Jahre 1890 vier) ist gegenwärtig auf 
elf gestiegen, deren jede mit einer Anzahl von Schwestern (drei bis 
acht) unter einer leitenden Schwester aus verschiedenen Mutterhäusern 
(Kaiserswerth, Bielefeld, Oberlinhaus, Paul Gerhardt-Stift, Bethanien, 
Lazarus-Krankenhaus, Elisabeth-Krankenhaus, Elisabeth-Kinderhospital, 
Danzig, Königsberg) besetzt ist. Jeder Station ist ein bestimmter 
Arbeitsbezirk in Berlin überwiesen; jede steht unter der besonderen 
Aufsicht eines geistlichen Curators und einer Vorstandsdame des Vereins 
„Frauenhülfe“, der die Bestrebungen der Krankenpflegestationen in ein¬ 
greifendster und förderlichster Weise (durch Ergänzung des Wärterinnen¬ 
personals, durch Bereitstellung von Mitteln für die häusliche Kranken¬ 
pflege und Familienversorgung) werkthätig unterstützt hat. Das Haupt¬ 
ziel, dem die „Stationen“ — in Ergänzung der Thätigkeit der inner¬ 
halb der einzelnen Parochieen wirkenden Gemeindediakonissen — zu¬ 
streben, geht dahin, dass Kranken, die ständiger Pflege bedürfen, 
sie aber in der Familie nicht finden und für ein Krankenhaus 
sich nicht eignen, eine ausreichende Fürsorge im Hause ge¬ 
boten werde. In wieweit dieses Ziel unter den schwierigen Berliner Ver¬ 
hältnissen schon jetzt erreicht wird, dafür mögen einige, dem letzten Jahres¬ 
berichte (1893) entnommene Zahlen Zeugniss ablegen. Danach arbeiten gegen¬ 
wärtig auf den elf Stationen zusammen 69 Diakonissen; zur Aushülfe wurden 
überdies noch Johanniterinnen auf vier Stationen und ferner, wo die Kräfte 
der Einzelstationen nicht ausreichten, vom Verein „Frauenhülfe“ gestellte 
geübte Wärterinnen herangezogen. Die Gesammtzahl der Tagespflegen be¬ 
trug im Voijahre (1893) 13623, dio der Nachtpflegen 3648, wovon 12714 
Tagespflegen und 3458 Nachtpflegen durch dio Diakonissen erfolgten! 
Nach dem Durchschnitt hat die Pflege in den einzelnen Familien annähernd 
elf Tage gedauert. Unter den Pfleglingen — die allen religiösen 
Bekenntnissen angehörten — waren 111 Männer, 1348 Frauen, 
174 Kinder unter 15 Jahren. Aus der Pflege wurden gesund entlassen 
967, in ein Krankenhaus gebracht 169, den Gemeindeschwestern übergeben 
174; gestorben sind 318. Leider mussten 659 Bitten um Hülfe aus Mangel 
an Kräften abgewiesen werden; also mehr als 40 Procent der Familien (1620), 
auf die sich die Krankenpflege erstreckte. — Schon diese Zahlen sprechen 
für sich selbst; noch mehr geben aber die in den einzelnen Jahresberichten 
niedergelegten Erfahrungen und die Erzählungen der leitenden Schwestern 
aus ihren Arbeitsgebieten einen Begriff von der Unentbehrlichkeit und von 
der ungemein segensreichen Wirksamkeit dieser Institution, durch die in 
aller Verborgenheit und Stille ein tüchtiges Stück Arbeit im Dienste der 
Humanität und der socialen Hülfsthätigkeit in erspriessüchster Weise ge¬ 
leistet wird. 

Den Aerzten, zumal den Armenärzten, Kassenärzten u. s. w. die 
Förderung und einsichtsvolle Verwerthung dieser Institution ans Herz zu 
legen, erscheint um so gerechtfertigter, als damit zugleich ja ihrem eigenen 
Interesse und dem ihrer Kranken entschieden gedient wird. Es sei 
auch besonders hervorgehoben, dass den Intentionen bei der Begründung 
der Pflegestationen gemäss die Stationsschwestern — gleich den Ge- 
meindediakonissen — ausdrücklich den Aerzten, insbesondere den Armen¬ 
ärzten, zur Verfügung gestellt und nach deren Anweisungen zu arbeiten 
beflissen sein sollen. Es wäre daher von allseitigem Nutzen, wenn in 
allen Bezirken eine enge Verbindung zwischen den betreffenden Aerzten 
und den leitenden Persönlichkeiten der einzelnen Pflegestationen her- 
gestellt und die Thätigkeit der letzteren dadurch möglichst ausgiebig 
verwerthet und den ärztlichen Heilbestrebungen dienstbar gemacht würde. 
Indem einsichtsvolle Aerzte dieses Ziel fördern, erweisen sie nicht bloss 
ihren Kranken eine Wohlthat, kommen sie nicht bloss den hochherzigen 
Bestrebungen unserer Kaiserin und den unter ihrer Protection zusammen- 
geschaarten Vereinskräften entgegen, sondern wirken sie auch zugleich 
uut an einer socialen Hülfsarbeit, für die in unserer social 
krankenZeit und inmitten der schreienden Nothstände unserer 
grossen Städte wahrlich nicht Menschenkräfte. und Mittel ge - 
uug aufgeboten und einheitlich zusammengefasst werden 
können! 


Im Frühjahr dieses Jahres beschloss der Vorstand der Invaliditäts¬ 
und Altersversicherungsanstalt Berlin, und zwar auf specielle An¬ 
regung seines Vorsitzenden Dr. Freund, zur wirksamen Durchführung des 
§ 12 des Invaliditäts- und Altersversichemngsgesetzes ein Sanatorium für 
solche versicherungspflichtige Personen der genannten Anstalt zu errichten, 
die, auch wenn sie zur Zeit erwerbsfähig und in Arbeit stehend wären’ 
doch an Krankheiten litten, welche in absehbarer Zeit, falls nicht ein 
energisches Heilverfahren eingeleitet würde, den Eintritt der Invalidität 
befürchten Hessen. Man wollte also Leuten, welche mit derartigen Krank¬ 
heiten behaftet sind, durch längeren Aufenthalt in einer hygienisch gut 
eingerichteten Anstalt, in der ihnen neben einer ihrem Leiden angepassten 
ausreichenden Verpflegung eine entsprechende sachgemässe ärztliche Be¬ 
handlung zu Theil wird, Gelegenheit zur möglichst vollständigen Wieder¬ 
herstellung ihrer Gesundheit bieten und sie dadurch für längere Zeit, als 
dies sonst der Fall gewesen wäre, erwerbsfähig erhalten. 

Nach längerer Umschau nach einem geeigneten Grundstück in der 
Umgegend Berlins fiel die Wahl auf das der Stadt Berlin gehörige Gut 
Gütergotz, von dem der oben genannte Vorstand einen Theil, und zwar 
Schloss, Gärtnerhaus, Stallgebäude etc. und Park auf eine Reihe von 
Jahren pachteto und mit dessen zweckentsprechender Umgestaltung und 
Einrichtung Verfasser betraut wurde. Das betreffende Gut liegt in der 
Nähe der Potsdamer Bahn und ist von den Stationen Neubabelsberg sowie 
Drewitz per Wagen in Zeit von 40 resp. 30 Minuten zu erreichen. Das 
abgepachtete Terrain ist 14,63 ha gross und besteht aus einem präch¬ 
tigen Park, in dem das Herrenhaus mit den zugehörigen Nebengebäuden 
gelegen ist. 

Das Herrenhaus, welches zweigeschossig ist, unterliegt augenblickHch 
in seinem Innern einer erheblichen Umgestaltung, und zwar werden im 
Erdgeschoss fünf grössere Schlafräume, zwei Speisesäle (Tageräume), die 
Wohnungen für den Arzt und die Pflegerinnen, die nöthigen Wasch- und 
Baderäume und Closets, im ersten Stockwerk neun Schlafräume sowie 
die nöthigen Closets, Wasch- und Badeeinrichtungen hergestellt. Unmittel¬ 
bar am Schloss liegen grosse, zum Theil mit Dach versehene Veranden, 
welche Unterkunft für 120 bis 150 Personen gewähren. Die Wirthschafts- 
räume liegen im Kellergeschoss. Das Gebäude wird mit Wasserleitung 
aus Rohrbrunnen, dessen Wasser eine Filteranlage passirt und einen 
Enteisenungsprocess durchgeraacht hat (System Piefke), versehen. Die 
ganze Anlage ist derart gehalten, dass sämmtliche Räume gut und aus¬ 
giebig ventilirt werden können. 

Die Aufnahme der Kranken geschieht in einem besonderen Gebäude, 
in welchem sich auch Badeeinrichtungen für die Verabreichung von 
Reinigungsbädern sowie ein Desinfectionsapparat zur Desinfection von 
Kleidungsstücken, Wäsche etc. befinden. Ferner sind Räumlichkeiten für 
die medico-mechanische Behandlung, Einrichtung für Elektrotherapie, sowie 
ein bacteriologisches Laboratorium vorgesehen; auch Kegelbahn mit heiz¬ 
barem Kegelhaus ist vorhanden, die Anlage eines Turnplatzes geplant. 
Zur Entwässerung, Abführung der Fäealstoffe etc. dient eine eigene 
Canalisationsanlage, die ihre Wässer einem vom Sanatorium in ent¬ 
sprechender Entfernung abgelegenen kleinen Rieselfelde zuführt. 

Das Sanatorium ist für die Aufnahme von 70 Kranken berechnet, 
doch soll später (vielleicht schon im nächsten Jahre) ein gesonderter Block 
für 30 bis 40 schwindsüchtige Männer, dio sich im ersten Stadium der 
Krankheit befinden, errichtet werden. Eine genauere Beschreibung der 
Gesammtanlage behalte ich mir nach Fertigstellung der Baulichkeiten und 
inneren Einrichtungen vor. 

Die Verpflegung im Sanatorium geschieht auf Kosten der Ver¬ 
sicherungsanstalt; auch soll in geeigneten Fällen denjenigen Angehörigen, 
deren Ernährer der Aufzunehmende ist, eine Familienunterstützung ge¬ 
währt werden. Die laufende ärztliche Behandlung wird in den Händen 
eines im Sanatorium stationirten Arztes liegen, dem eine bewährte ärztliche 
Kraft, die die Oberaufsicht führt, aber nicht in der Anstalt wohnt, 
consultativ zur Seite steht. 

Die Eröffnung des Sanatoriums wird voraussichtlich Mitte August 
dieses Jahres stattfinden. Nach den vom Vorstand entworfenen Satzungen 
sind ausgeschlossen von der Aufnahme: 

1. Solche Personen, deren Leiden ein derartiges ist, dass der Eintritt 
der InvaHdität nicht zu befürchten ist; 

2. Solche Personen, deren Leiden ein derartiges oder derart fortge¬ 
schrittenes ist, dass die Wiederherstellung oder auch nur die Hinaus¬ 
schiebung des Eintritts der Invalidität nach ärztlichem Gutachten nicht 
zu erzielen ist. 

Von der Aufnahme sind ferner ausgeschlossen: 

3. Weibliche Personen; für diese ist die Schaffung einer besonderen 
Einrichtung in Aussicht genommen; 

4. Personen, welche mit Lungenschwindsucht behaftet sind; auch für 
diese Personen ist die Schaffung einer besonderen Einrichtung in Aussicht 
genommen (dieselbe dürfte, wie oben gesagt, in nicht allzu ferner Zeit 
zur Ausführung gelangen): 

5. Geisteskranke und mit ansteckenden Krankheiten behaftete Personen. 


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588 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


Eine neue elektrische Ophthalmoskopirlampe. 

Von Dr. F. D8us in Berlin. 

Die zum Ophthalmoskopiren bestimmte elektrische Lampe besteht 
aus einem einfachen, in vertikaler Richtung verstellbaren Lampenfuss, der 
die zur Aufnahme der Glühlampe passende Fassung trägt und einen Um¬ 
schalter „E“ besitzt, um den Strom beliebig öffnen 
oder schliessen zu können. Die Glühlampe ist, 
um ein gleichmässiges diffuses Licht zu erzielen, 
matt geschliffen. 

Diese einfache Lampe ersetzt vollkommen jede 
sonst gebräuchliche Lichtquelle, ohne die Nach¬ 
theile dieser zu haben, welche bei Gaslicht in der 
störenden Wärmeabgabe und der Luftverderbniss 
bestehen, wozu sich bei Petroleumlampen noch der 
selbst bei peinlichster Sauberkeit nie ganz zu be¬ 
seitigende Geruch gesellt. 

Als Elektricitätsquelle kommen Accumulateren 
oder der direkte Anschluss an das Leitungsnetz 
einer Beleuchtungsanlage in Frage. Im letzteren 
Falle ist ein Regulirwiderstand einzuschalten. In 
den meisten Fällen wird eineAccuinulatorenbatterie 
in Anwendung kommen müssen und ist dann eine 
solche von sechs Zellen (12 Volt) erforderlich. 

Eine Capacität von 14 Amp.-Stunden dürfte stets 
ausreichend sein, da man bei Verwendung des 
elektrischen Lichtes den grossen Vortheil hat. das Licht nach der Unter¬ 
suchung sofort durch Unterbrechen des Stromes ausschalten zu können, 
wodurch eine sehr sparsame Ausnutzung der Acciimulatoren bedingt ist. 
Bei weniger häufiger Benutzung genügt eine Accumulatorenbatterie von 
12 Volt imd sieben Amp.-Stunden Capacität. 

Durch die Benutzung dieser neuen Lampe ist keine Aenderung des 
sonst benutzten Instrumentariums bedingt; jederzeit kann ohne Umstände 
der sonst benutzte Beleuchtungsapparat durch die elektrische Lampe er¬ 
setzt werden. 

Die Hauptschwierigkeit bei der Benutzung der Glühlampen zur Unter¬ 
suchung des Auges bestand in dem Auftreten eines störenden, der Form 
des Kohlenfadens entsprechenden Schattens auf dem Augenhintergrunde. 
Königshöfer demonstrirte vor mehreren Jahren eine Lampe zum Oph¬ 
thalmoskopiren, bei welcher dieser Uebelstand dadurch beseitigt wurde, 
dass das Licht durch eine Sammellinse und dann durch eine matte Scheibe 
geschickt wurde. Lampe, Linsen und Augenspiegel waren derartig an 
einem beweglichen Stativ befestigt, dass die Strahlen stets in das Centrum 
des um seine horizontale und vertikale Axe drehbaren Spiegels fielen; 
gleichzeitig mit der Bewegung des Spiegels bewegten sich auch Lampe 
und Linsen. Die allgemeine Einführung dieser Lampe scheiterte an der 
complicirten und für die meisten Untersucher unhandlichen Construction. 

Beide Uebelstände, das Sichtbarwerden des Glühfadens als Schatten 
auf dem Augenhintergrunde, sowie der complieirte Mechanismus fallen bei 
der neuen Lampe fort. Dieselbe giebt ein schönes, ruhiges weisses Licht, 
das in seiner Intensität durch den Rheostaten in derselben Weise regulir- 
bar ist, wie das Gas- oder Petroleumlicht durch Drehen des Hahnes resp. 
der Schraube, so dass die verschiedenen Untersuchungsmethoden, ohne 
weiteres mit Hülfe derselben ausgeftihrt werden können. 

Angefertigt wurde die Lampe nach den Angaben des Verfassers von 
der Firma W. A. Hirschmann, Berlin, Johannisstrasse 14/15. 

XI. Wir erhalten von Herrn Prof. G. Bizzozero nachstehende 
Zuschrift, der wir — da es sich um eine thatsächliche Berichtigung 
handelt — gern Aufnahme gewähren, ohne die als geschlossen betrachtete 
Discussion damit wieder zu eröffnen. 

Sehr geehrte Herren Collegen! 

Ich achte und billige Ihren Entschluss, eine Polemik zu schliessen, 
die ich nicht hervorgerufen habe und über welche der unparteiische Leser 
jetzt mehr als imstande sein wird, ein Urtheil zu fällen. Sie wollen mir 
jedoch gestatten, dass ich, der Wahrheit zu Liebe und zur Vertheidigung 
meines Namens, Sie ersuche, nachstehende Berichtigung in Ihrer geschätzten 
Wochenschrift zum Abdruck zu bringen. 

Herr Professor N eu mann will, immer nur um den Leser zu über¬ 
zeugen, dass meine wissenschaftliche Thätigkeit sich besonders darin ent¬ 
faltet hat, mir die Entdeckungen Anderer anzueignen, in seinem Nachtrag 
glauben machen, dass das Verdienst der Entdeckung der Contractilität 
der Markzellen, das ich immer für mich in Anspruch genommen habe, hin¬ 
gegen mir und meinem Lehrer Mantegazza gemeinschaftlich zufalle. 
Um dies darzuthun, citirt er in der Uebersetzung einige Sätze der von 
Mantegazza dem R. Istituto Lombardo in der Sitzung vom 26. Januar 
1865 gemachten kurzen Mittheilung (Rendiconto del R. Ist. Lomb. 1865 
Vol. II, Fase. I). ’ 

Nun wohl, die von Herrn Neumann gegebene Uebersetzung der be¬ 
treffenden Sätze 1 ) entstellt vollständig die Wahrheit, wie aus den folgenden 
Gitaten hervorgeht: 

Original. 

A questo fatto devo aggiungerne un altro, assai importante, veduto 
per la pnma volta dal mio ogregio amico ed assistente, il Sig r . Giulio 
Bizzozero. — Condotto dalT analogia che esiste, solto il punto di vista 
lstologico, tra i globuli del pus ed i globuli del midollo delle ossa, ricercö 
se anche questi Ultimi godessero di un movimento spontaneo. A questo 
scopo assogg ettö all’ osservazione il midollo delle ossa della rana 

*) Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 23, S. 503. 



e il risultato corrispose perfettamente a quanto aveva immaginato a priori. 
Negli animali superiori non potö osservare i movimenti dei globuli 
midollari, fuorchö nella gallina ecc. 

Uebersetzung des Herrn Getreue Uebersetzug. 

Neu mann. Hier muss ich eine andere, von 

Hier muss ich eine andere, von meinem ausgezeichneten Freunde 

meinem ausgezeichneten Freunde und Assistenten G. Bizzozero zu- 

und Assistenten Bizzozero zuerst erst bemerkte sehr wichtige That- 

bemerkte wichtige Thatsache an- Sache anreihen. Veranlasst durch 

reihen. Veranlasst durch die Aehn- die Aehnlichkeit, welche in histo- 

lichkeit, welche in histologischer Be- logischer Beziehung zwischen den 

ziehung zwischen den Eiterzellen Eiterzellen und den Zellen des 

und den Zellen des Knochenmarkes Knochenmarkes besteht, untersuchte 

besteht, untersuchte ich (Mante- er (Bizzozero), ob auch diese 

gazza), ob auch letztere spontane letzteren spontane Bewegungen 

Bewegungen zeigen. Zu diesem zeigen. Zu diesem Zwecke unter- 

Zwecke benutzte ich das Knochen- warf er das Knochenmark von 

mark von Fröschen, und das Re- Fröschen der Untersuchung, und 

sultat entsprach vollständig den Er- das Resultat entsprach vollständig 

Wartungen,.. Bei höheren dem, was er a priori sich vorge- 

Thieren habe ich keine Bewegungen stellt hatte.Bei höheren 

der Markzellen beobachten können, Thieren konnte er Bewegungen der 
mit Ausnahme des Huhnes. Knochenmarkzellen nicht wahr¬ 

nehmen , ausgenommen bei der 
Henne etc. 

Diese Citate machen jeden Commentar überflüssig! 

Genehmigen Sie, geehrte Herren Collegeu, meine vollste Hochachtung. 

_ Prof. G. Bizzozero. 

XII. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Der in voriger Nummer dieser Wochenschrift erwähnte 
Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Vermehrung des 
ärztlichen Personals in den städtischen Krankenhäusern hat 
nunmehr die Billigung des Magistrats gefunden. 

— Priv.-Doc. Dr. Schlange, Oberarzt der v. B er gm an n’schen Klinik, 
ist zum Leiter der chirurgischen Abtheilung des neuen Stadtkrankenhauses 
in Hannover ernannt worden. Die innere Station des Krankenhauses 
übernimmt Prof. Rein hold aus Freiburg. 

. — Wien. Die meisten deutschen Unterrichtsverwaltungen sowie 
das Ministerium für Cultus und Unterricht in Wien haben ihre Bereit¬ 
willigkeit ausgesprochen, den Professoren und Lehrern an Mittelschulen 
und ähnlichen Anstalten, welche an der „66. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte“ theilnehmen wollen, Urlaub zu gewähren. 
Das badische Ministerium hebt hervor, dass ihm die Theilnahme der 
Lehrer an der genannten Versammlung „nur erwünscht sein kann“, und 
in ähnlicher Weise lauten die Mittheilungen aus Meiningen, Strassburg, 
Gotha, Braunschweig, Weimar etc. etc. Auch von anderer Seite wird 
das Streben, die Wiener Naturforscherversammlung fruchtbar und an¬ 
regend zu gestalten, kräftigst unterstützt. Das k. u. k. Obersthofmeister¬ 
amt hat während der Dauer der Versammlung (24. bis 30. September) 
den Theilnehmern täglich freien Eintritt in das naturhistorische Hof¬ 
museum, das k. u. k. Oberstkämmereramt eine bedeutende Erweiterung 
der Besuchszeit für das kunsthistorische Hofmuseum zugesagt, die Hof¬ 
bibliothek wird in einem besonderen Raume historisch interessante Bild¬ 
werke auflegen, der wissenschaftliche Club ladet zum Besuche und zur 
Benutzung seiner Räumlichkeiten und seiner Bibliotheken ein, sowie zahl¬ 
reiche Direktoren von Sammlungon und Anstalten zu deren Besichtigung. 

— Paris. Die den Kammern angehörigen Aerzte haben 
sich zu einer ausserparlamentarischen Vereinigung zusammen¬ 
geschlossen, um über ärztliche Standesfragen zu berathen. Die Vereini¬ 
gung hat L. Labbd zum Präsidenten, Cornil und Lannelongue zu 
Vicepräsidenten gewählt. 

— London.. Die „Society of Arts“ hat Sir Joseph Lister 
dieAlbert-Medaille verliehen „für die Entdeckung und Einführung 
der antiseptischen Methode der Wundbehandlung, durch welche nicht 
nur die chirurgische Kunst ausserordentlich gefördert ist und viele 
Menschenleben gerettet, sondern auch ausgedehnte Industrieen zur Be¬ 
schaffung des erforderlichen Materials entstanden sind.“ 

— Budapest. Vom 2. bis 6. Juli hat die XXVII. Versammlung 
der ungarischen Aerzte und Naturforscher in Fünfkirchen getagt- 

— Im Inseratentheil dieser Nummer veröffentlichen wir das Ver¬ 
zeichniss der Vorlesungen für die Feriencurse für praktische Aerzte, 
die während der Zeit vom 24. September bis 27. October vom Docenten- 
verein für Feriencurse an der Berliner medicinischen Facultät veranstaltet 
werden. 

— Universitäten. Bonn. Der a. o. Professor in der medicinischen 
Facultät Geh. Med.-Rath Dr. Doutrelepont ist zum ordentlichen 
Honorarprofessor ernannt. — Giessen. Der Senior der medicinischen 
Faciiltät, der Professor für gerichtliche Medicin und Hygiene Dr. Wil- 
brand ist gestorben. — Budapest. Als Privatdocenten haben sich 
habilitirt: Dr. F. Szontagh für Pädiatrie, Dr. B. K enger es für gericht¬ 
liche Medicin, Dr. J. Neumann für Laiyngologie, Dr. J. Prochnow für 
Chirurgie. — Padua. Der Privatdocent der Chirurgie an der Universität 
Turin Dr. C. Attilio hat sich für dasselbe Fach an der Universität 
Padua habilitirt. 

Dle Herren Collegen, die Curdirecttonen etc. werden ergebenst 
ersucht, die für die nächste Ausgabe des Reichsmedicinalkalenders 
| (1896) nöthigen Mittheilungen schleunigst an die Redactlon, Pots- 
damerstrasse 116, einzusenden. 


Gedrückt bei Jalias SlUenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag _ M g». _ 19, Juli 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtenstninallee 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. St. 


I. Beiträge zur Lelire von der traumatisclien 
Leukämie. 

Von Wilhelm Ebstein in Göttingen. 

Die Lehre von der traumatischen Leukämie ist heutzutage 
nicht mehi* lediglich eine akademische Streitfrage. Das Unfallge¬ 
setz des deutschen Reichs stellt den begutachtenden Arzt bei Be¬ 
antwortung der Frage, ob eine Krankheit mit dem betr. Unfälle 
in Zusammenhang steht oder nicht, oft genug vor die Entscheidung 
von schwierigen ätiologischen Aufgaben, welche, während sie 
früher ein vorzugsweise oder ausschliesslich theoretisches Interesse 
hatten, nunmehr dadurch eine ansserordentliche praktische Wichtig¬ 
keit bekommen haben, dass ihre richtige Lösung für die weiten 
Kreise nicht nur aller Arbeiter der verschiedenen industriellen 
oder landwirthschaftlichen Betriebe, sondern auch für den Arbeit¬ 
geber, sei derselbe der Staat oder die Gemeinde oder eine Ge¬ 
nossenschaft oder ein Privatmann, bedeutungsvoll ist. Es ist 
selbstverständlich, dass der Verletzte für die verschiedensten 
Krankheiten, w r elche sich nach einem Unfall einstellen, angesichts 
des Unfallgesetzes um so lieber diesen als direkte oder wenigstens 
als begünstigende Ursache ansieht und zur Geltung zu bringen 
sucht, als dadurch seine materielle Lage verbessert wird. Eine 
Reihe der hier in Betracht kommenden Fragen hat im Laufe der 
Zeit eine wesentliche Klärung erfahren und ist zum Theil sogar 
zu einem gewissen Abschluss gelangt, während andere in dieser 
Beziehung mehr oder weniger, bisweilen noch alles zu wünschen 
übrig lassen. Um in diesen so wichtigen Fragen weiter zu kommen, 
bedarf es der Mitwirkung vieler gut geschulter Fachmänner, und 
zwar nicht nur solcher, welche die in Betracht kommenden 
wissenschaftlichen Fragen zu erfassen bezw. zu lösen ver¬ 
mögen, sondern in allererster Reihe auch solcher, welche den Be¬ 
dürfnissen der Praxis im besten Sinne des Wortes zu genügen 
imstande sind, d. h. welche unter Zuhülfenahme aller uns zu Ge¬ 
bote stehenden diagnostischen Hülfsmittel die betreffenden Indivi¬ 
duen einer auf den ganzen Körper sich erstreckenden Beobachtung 
und Beurtheilung unterziehen und sich nicht mit einer sehablonen- 
mässigen Behandlung des verletzten Theiles genügen lassen. Ich 
spreche vom Standpunkt des inneren Arztes, indem ich zunächst 
einige hier in Betracht kommende Punkte kurz berühre. Ich be¬ 
merke von vornherein, dass ich hier nicht des Gebietes der trau¬ 
matischen Neurosen und der gelegentlich nach Verletzungen sich 
entwickelnden Psychosen, sondern nur einiger aus der Zahl der 
Erkrankungen der inneren Organe, welche sich im Gefolge von 
Traumen entwickeln können, gedenken will, bei denen sich durch 
die Untersuchung bestimmte, wohl definirbare Veränderungen oder 
Wenigstens functionelle Störungen nachweisen lassen, aus denen 
auf erstere mit grösster Wahrscheinlichkeit geschlossen werden 
muss. Die Fälle, welche dem begutachtenden Arzte die meisten 
Schwierigkeiten bereiten, gestalten sich in der Regel so, dass 
kürzere oder längere Zeit nach einem Unfall, sei es, dass dabei 
ftusserliche Verletzungen stattgefunden haben oder dass solche 
entweder völlig fehlen oder so unbedeutend sind, dass ihretwegen 
gar keine ärztliche Behandlung nachgesucht wird, zuerst einzelne 
Krankheitssymptome auftreten, welche gar nicht selten so langsam 
und allmählich sich zu einem bestimmten Krankheitsbilde gestalten, 
dass man, wenn einem früher überstandenen Unfall Schuld an der 
Krankheit gegeben wird, zunächst ernsthaft daran zweifeln müsste, 
Wenn nicht die ärztlichen Erfahrungen für die Möglichkeit eines 


Causalnexus zwischen Unfall und Krankheit sprächen. Ein geradezu 
klassisches Beispiel dafür liefern manche Hirngeschwülste und andere 
nach Verletzungen entstehende Hirnkrankheiten. Virchow 1 ) 
hat bereits darauf hingewiesen, dass die Hirngliome in manchen 
Fällen von einem Trauma, das vielleicht eino leichte Hirnquetschung 
hervorbrachte, hervorgerufen werden können. Gerhardt 2 ) hat 
später diese Verhältnisse an der Hand klinischer Erfahrungen be¬ 
stätigt, er sagt: „Kopfverletzungen sind gewiss viel häufiger, als 
wir wissen, die wahre Ursache des GUoms.“ Er fand in der 
Litteratur unter 60 Fällen 10 mal, in 11 eigenen Fällen 4 mal 
traumatische Veranlassung. „Sie werden um so leichter vergessen, 
da oft sehr lange Zeit dazwischen liegt. So geht es auch bei an¬ 
deren Hirnkrankheiten, die durch Kopfverletzung entstehen.“ 
Gerhardt erinnert dabei an einen Fall von Hirnabscess, bei dem 
erst am Tage vor dem Tode des Kranken ermittelt wurde, dass kurz vor 
der Kraukheit ein Maasskrug auf dessen Kopfe zerschlagen worden 
war. So zweifellos solche Beobachtungen sind und so oft sie sich 
auch wiederholen mögen, so kann man doch nicht bei jedem Fall, 
wo sich längere oder kürzere Zeit nach einem Trauma schwere 
Hirnerscheinungen, welche z. B. für die Anwesenheit einer Hirn¬ 
geschwulst sprechen, ohne weiteres auf die oben angegebene all¬ 
gemeine Thatsache gestützt, einen Causalnexus zwischen Trauma 
und Gehirnkrankheit annehmen. Hier kann ohne genaue Erforschung 
der Vorvergangenheit des Kranken, insbesondere aber ohne die 
Verwerthung früherer ärztlicher Beobachtungen ein richtiges Ur- 
theil nicht gefällt werden. Ich erinnere mich mehrerer solcher 
Fälle von angeblich von einer Verletzung herrührenden Hirner¬ 
krankungen, wo ermittelt wurde, dass schon vor dem Trauma 
Hirnzufälle vorhanden waren, insbesondere Augenveränderungen 
beobachtet worden waren, welche die Anwesenheit einer Himge- 
schwulst mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit sicher¬ 
gestellt hatten. In einem dieser Fälle (Wilhelm Stieg, Ackers¬ 
mann, 31 Jahre alt, in der Göttinger Klinik behandelt vom 30. No¬ 
vember bis 21. December 1889 und vom 20. März bis 31. März 
1891) konnte nachgewiesen werden, dass ein von dem Patienten 
als Ursache seines Leidens, welches als Hirntumor erkannt worden 
war, beschuldigtes Trauma sowohl an der Entwickelung der Ge¬ 
schwulst sowie auch an der Verschlimmerung der Symptome un¬ 
schuldig war, denn die Gehirnerscheinungen sowie der Augenbe¬ 
fund, woraus die Diagnose auf Hirntumor gestellt worden war, 
hatten schon vor dem Trauma bestanden, und der Verlauf des 
letzteren bewies überdies, dass nach ihm irgend ein nachtheiliger 
Einfluss auf den Zustand des Kranken nicht bewirkt worden war. 
In einem anderen Falle (Fall Graeb, 31 Jahre alt, in die Klinik 
aufgenommen am 9. August 1892 und daselbst gestorben am 
27. August 1892), der zur Obduction kam, hatte ein haselnuss¬ 
grosser Cysticercus am Boden des IV. Ventrikels und ein Hydro- 
cephalus chronicus internus die Symptome des Hirntumors veran¬ 
lasst und den Tod herbeigeführt und zwar ohne dass ein Trauma, 
welches der Patient erlitten hatte, die Krankeit in nachweisbarer 
Weise beeinflusst hatte. Freilich wird in anderen analogen Fällen 
immer noch die Frage zu erwägen sein, ob und in wieweit ein 
Trauma eine vorher bestehende Hirnkrankheit z. B. durch Hinzu¬ 
treten einer Gehirnblutung u. s. w. verschlimmert hat. 


9 Virchow, Die krankhaften Geschwülste, 2. Bd. Berlin 1864/1865. 

S ’ 14 2)' Gerhardt, Das Gliom. Festschrift z. 300 j ähr. Jubiläum d. 
Würzburger Universität. Leipzig 1881, S. 8 u. 9. 


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tun * wip ick im^ÄTf^ühin^s d)t zwm KmnbbnP^ > 4 .: • woiPffUtmt uud.lftrjfin VQrltogeml&n ktWbcV'beä^tititoirs* 

uimg'e Miubeiimige^ ober die iiifohra vun Traumen si d'. fjf ^ ;. hl ® r 5n ,bf ‘ fnmic.tbaii.en der KrÄakenge?chi?:tite mwmiw\< es 
VrHnlivdb- J/öuk^iiiiu inmTum : iv«id wr f ^ ^..^ndgen, tuet- mrAifnUnn, dass Patient als Fmntiiuh^ Kmnklmif. 


kvrucr hesebrii.b o : ^rV eilm f v n 'völ% gesmwl war uoH dass besonders 4 uth » 
is^Jtüer Xaftökämie 0>ch lutumiitkmv U iei Vi, 1 i V ;.-'-„i 1 i/ u,, • V ' t i 1 ‘ ln<3j \ ltt ' (e - dnss ür&c bmi danuvis. jeukünusrh; wer ,!ö*ienfeiW imte* 
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dnss m diesem f+VlU. die Vkh-P, ht *i ‘ i ; . rX • *' 0li,i l>lu |* «huiHii nicht« nuhergiidil-■ wordw»,. weil nichts auf etö» Vex* 

dass eine «erwehrte^id.w/’^ ft dir , ferß dürfte, di^eJyeii kinmoj, Hisst- sieh aus de«t $fi»m 

Mil/ ii s w tftfifitrx.) 1^ «^ ’ n DfuUv'iriierehnu in der A oukhmtsveHaJxr so tjel crseJimi, daen kursi nach dera Unfall sinh hei 

Pull t„r Jt 7, , ., z ' , r !,in!) '’ «ek«m»rn» sei-, «lass«inTrenn«,« to,bar emmmit** »iu «hrentete 8i«scfcth<«» «»iwfcbl« hat. 

hpir,. Ai.fJ 5 iln ^',^^wehseite und starke QaMwhun^ dsrsßltam ■ rdfl«ßtÄ, • w»adion wir orfaheung.-- 

A a! ' t , ’i 1>?D v«- fHl1 f ’ w rfert - Klatt.ff«*t.ifiil»;) lif.li». e A««f Piniir« g!?i““ v M "- !! "- '■ i'rirt7.«a« K .m «ft iMg^n wnl-"«R« -man. b«»l« ,il« Irau," 

vwt«n. fOli;ljo M>it.hR(| H ng«n, WiJtllo «n <|«. r LitiPMtiir vorlir-mm S. H-“ * e '}r ,m - n m !"'*'»hu';n pllojjt. Wenn- it*h: nun «lio Frage >-«mi- 

Tit A h B ^ r . »oracickow stHtt iffl \! r 'Z ' -S ■2&.&3S aM ."?? ' ;,t ' 1 .ft« .»#. h ^ 


1 /hvvU* tpor lMU, i'/• * 1 ‘ ^ f *'=h. Nafnrf. n At^fe •/ •j-U * c' oka ^^aehtimgGu, v.ddin dafür spnucJmn, Oat* Vürict^ungcn vou EMlwss au! 

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19. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


591 


bei einem von mir mitgetheilten Falle trat Leukämie ein nach Contusion 
der Milz an einem Sattelknopf beim Aufsteigen auf ein Pferd.“_Ausser¬ 

dem berichtet W. R. Gowers in J. R. Reynold's a System of medicine 
Voh V, London 18/9, S. 9, 22G, vier Fälle, bei denen die ersten Symptome 
der Leukämie einem Schlage auf die Milzgegend zugeschrieben wurden. 
Nun könnte trotzdem eingewendet werden, dass der p. Körber ja keine 
direkt nachweisbare Verletzung der Milz erlitten habe; indessen könnte 
immerhin eine allgemeine Körpererschütterung, wie sie bei einem solchen 
Zusammenstoss möglich ist, mit einer besonderen Schädigung der Milz 
verbunden sein. Abgesehen davon aber brauchen wir eine solche direkte 
Schädigung nicht, denn man kann sich auf Grund von Beobachtungen der 
Möglichkeit nicht verschliessen, dass auch in anderer Weise ein'solcher 
Eisenbahnunfall der Entwickelung der Leukämie Vorschub zu leisten ver¬ 
mag, nämlich infolge der nervösen Störungen, welche sich nicht selten 
danach entwickeln, wie dies nach Ausweis der Krankengeschichte 
auch bei dem p. Körber der Fall war. Eine Reihe von Beobachtern sind 
geneigt, nervösen Störungen einen grossen Einfluss bei der Entwickelung 
der Leukämie zuzuschreiben. Mosler (a. a. 0.) nämlich hat auf den 
Einfluss, welchen doprimirende Affecte und Gemüthsstimmuugen hierbei 
haben, nachdrücklich aufmerksam gemacht, indem er sich auf Beobachtungen 
von Bamberger und sich selbst stützt und besonders auch auf Ver¬ 
suche, welche Fürst v. Tarchanoff über die Nervenversorgung der 
Milz und deren Beziehung zur Leukämie angestellt hat. In ähnlicher 
Weise spricht sich Gowers (1. c. S. 223) betreffs nervöser Einflüsse auf 
die Entstehung der Leukämie aus. 

So wenig wir auch solche Beobachtungen heutzutage zu erklären im¬ 
stande sind, so wird man mit ihnen, zumal sie von anerkannten und 
glaubhaften Männern mitgetheilt werden, doch rechnen müssen. 

Ich gehe daher, da so viele analoge Thatsachen vorliegen, mein Gut¬ 
achten dahin ab, dass die Angaben des p. Körber soviel Wahrscheinlich¬ 
keit haben, um seinem Anträge auf Berechnung des Ruhegehaltes nach 
den Bestimmungen des Unfallfürsorgegesetzes Folge zu geben. Lange 
wird er sich dieses Ruhegehaltes nicht erfreuen. Seine Tage sind gezählt. 

Zur Ergänzung der Krankengeschichte des p. Körber mögen hier 
einige Notizen aus dem über ihn während seines Aufenthaltes in der 
Klinik geführten Krankenjournale angeführt werden. 

Während des Aufenthaltes des p. Körber in der Klinik wurden 
folgende Blutuntersuchungen gemacht. 


Datum 

Hämoglobin¬ 

gehalt 

(Fleischl’s 

Zahl der Blutkörperchen 
im emm 

Verhältniss 
der weissen zu 
rothen Blut- 


Hämometer.) 

rothe 

weisse 

körperchen 

16. April 1893 . 

62% 

3360000 

576000 

1:5,8 

5. Mai 1893 . . 

70% i 

4215000 

615000 

1:6,8 

16. Mai 1893 . . 

70°'o ! 

2696000 

488000 

1:5,5 


Das Körpergewicht sank in der Zeit vom 15. April bis 16. Mai 1893, 
während der p. Körber in der Klinik verweilte, von 140 auf 134 Pfund. 
Die Körpertemperaturen waren in dieser Zeit am Morgen stets normal, 
Abends in der Regel subfebril, nur ausnahmsweise bestand sehr geringes 
Fieber. Der Urin enthielt während der Beobachtungszeit in der Klinik 
gewöhnlich etwas Eiweiss und eino grosse Zahl von Cylindem; er wurde 
in normaler Menge entleert. Ausserdem bestand daneben eine mässige 
Verbreiterung der Herzresistenz. Lungenspitzen verdächtig. In dem sehr 
spärlichen, nur gelegentlich auftretenden Sputum wurden keine Tuberkel¬ 
bacillen gefunden. 

Wie ich in meinem soeben mitgetheilten Gutachten über den 
causalen Zusammenhang des Unfalles, welchen der p. Körber er¬ 
litten hatte, mit der Leukämie angegeben habe, ist es sehr be¬ 
dauerlich, dass wir bei seinem ersten Aufenthalt in der medici- 
nischen Klinik, welcher kurze Zeit nach dem Eisenbahnzusammen- 
stos8 stattfand, da keine direkte Veranlassung hierzu vorlag, unter¬ 
lassen haben, das Blut des Patienten zu untersuchen. Bei der 
verhältnissmässig grossen Einfachheit, mit welcher wir heute durch 
die mikroskopische Untersuchung des Blutes die Diagnose sehr 
wichtiger und folgenschwerer Erkrankungen zu machen vermögen, 
und bei der grossen Bedeutung, welche hierfür solche Feststel¬ 
lungen haben, wird es sich empfehlen, dieselben auch niemals in 
den Fällen zu verabsäumen, wo Traumen als die Ursache von 
Krankheitsersoheinungen beschuldigt werden. Nur auf diese Weise 
dürfte es möglich werden, allmählich die Frage über den Causal- 
nexus, welcher zwischen Traumen und Leukämie von zuverlässigen 
Beobachtern auf Grund klinischer Erfahrungen zugelassen wird, in 
befriedigenderer Weise zu lösen, als es zur Zeit möglich ist. Bei 
dem Falle Körber lassen sich keine solchen direkten Schädi¬ 
gungen der Organe mit Sicherheit erweisen, welche in der zur 
Zeit vorliegenden, noch nicht zahlreichen Casuistik über die trau¬ 
matische Leukämie 1 ) angeführt werden. Indessen habe ich in 

*) P. de Chappelle führt in seiner Th^se de la leucocythemie dans 
ses rapports avec le traumatisme, Paris 1880, nur zehn Fälle zum Beweis 
dafür an, dass ein Trauma Leukämie hervorrufen kann, darunter übrigens 
nur vier, bei welchen eigentliche Traumen der Milz und Milzgegend vor¬ 
handen waren, während in den übrigen Fällen die ursächlichen Traumen 
in Exstirpation der Tonsillen, Muskelanstrengungen und Blutverlusten be¬ 
standen. Die von de Chappelle citirten vier Fälle betreffen die Be¬ 
obachtungen von Ponfick, Mosler, \Vallace und Robertson (Glasg. 
med. Journ. 1855) und Morat (Bullet de la soc. med. de la Suisse t. IV, 


meinem soeben angeführten Gutachten darauf hingewiesen, dass 
bei solchen Eisenbahnunfällen u. a. auch eine Erschütterung der 
Milz sehr wohl denkbar sei, dass aber auch möglicherweise, wofür 
gewisse klinische Erfahrungen zu sprechen scheinen, die bei solchen 
Eisenbahnunfällen erfahrungsgemäss auftretenden nervösen Stö¬ 
rungen als prädisponirendes Moment bei der Entwickelung der 
Leukämie von Bedeutung sein können. e 

Freilich spricht gegen die von Mosler (1. c.) versuchte Ueber- 
tragung der Fürst Tarchanoff’schen Thierversuche,') welche 
das Ergebniss lieferten, dass allmähliche Durchschneidung der 
Milznerven eine Anschwellung der Milz entsprechend den Stellen, 
wo die Nerven durchschnitten waren, bedingt, so dass am Endo 
der Operation die ganze Milz sehr blutreich, locker und vergrössert 
ist, auf die Aetiologie der menschlichen Pathologie, die Thatsache, 
dass nach der Durchschneidung der Milznerven zunächst zwar die 
Zahl der weissen Blutkörperchen in dem Gesammtblute um das fünf- 
bis sechsfache vermehrt wird, dass aber diese Vermehrung bereits am 
Ende der ersten Woche verschwunden ist. Nichts desto weniger 
halte ich es bei dem wichtigen Einfluss, welchen das Nervensystem 
erweislich auf alle Verrichtungen und Functionen des menschlichen 
Körpers austibt, für sehr wohl möglich, dass zwischen gewissen 
Störungen desselben und der Leukämie Bindeglieder bestehen können. 

Unter den in der Litteratur verzeichneten Fällen von traumatischer 
Leukämie handelte es sich bei den bereits erwähnten Beobachtungen von 
Virchow, Mosler u. a. fast immer um Schädigungen, welche die Milz 
oder die Knochen betrafen. Dass traumatische Erkrankungen der Lymph- 
drüsen den Ausgangspunkt der Leukämie bilden, dürfte sehr selten sein. 
Mir sind wenigstens aus der Litteratur derartige Beobachtungen nicht 
bekannt geworden. 

In einem auf meiner Klinik vom 30. Januar bis 4. Februar 1879 
behandelten Falle von Leukämie (Gustav Thiemann, 21 Jahre, 
Tischler, aus Göttingen) mit einer starken Vermehrung der weissen 
Blutkörperchen, wurde eine seit sechs Wochen bestehende Schwel¬ 
lung der Lymphdrüsen, welche angeblich durch Tragen einer Last auf 
der linken Schulter entstanden sein soll, als Ursache der Krankheit an¬ 
gegeben. Die Milz war nicht palpirbar. Der Kranke ist am 10. Novem¬ 
ber 1879 in seiner Wohnung der Krankheit erlegen. Obgleich der Patient 
mit grosser Bestimmtheit seine Angaben aufrecht erhielt, möchte ich 
diesem Falle doch keine entscheidende Bedeutung beilegen. 

Vornehmlich sind in der spärlichen Casuistik der traumatischen Leu¬ 
kämie Verletzungen der Milz stark vertreten. Bei den von Gow’ers 3 ) 
erwähnten Fällen wurde die Entwickelung der Leukämie einem Schlage 
auf die Milz zugeschrieben. 

Auch in einer Beobachtung aus der Gerhardt’schen Klinik in Würz¬ 
burg, welche von Thomson 3 ) beschrieben worden ist, wird eine solche Ver¬ 
letzung beschuldigt. Ein 40jähriger Schneider hatte im Alter von 23,24 
und 38 Jahren Traumen (Quetschungen, Stösse) erlitten, welche vorzugsweise 
oder allein die linke Seite betroffen hatten. Unmittelbar im Anschluss an 
die letzterwähnte Verletzung sollen sich die Krankheitssymptome entwickelt 
haben. Nach ca. acht Monaten liess sich eine sehr intensive Leukämie (Ver- 
hältniss der weissen zu den rothen Blutkörperchen wart : 4,06) nachweisen 

Von besonderem Interesse ist folgender von Ponfick 4 ) be¬ 
obachteter Fall. Ein 37jähriger Arbeitsmann hatte 1874 einen Huf¬ 
schlag in die linke Seite bekommen. Dio dadurch veranlassten Be¬ 
schwerden (Stiche in der linken Seite) hinderten ihn an seiner Arbeit. 
Nach längerer Pause traten im Frühjahr 1875 diese Beschwerden wieder 
vorübergehend auf. Im Sommer 1875 fühlte sich Patient etwas schwächer. 
Im October 1875 traten die Stiche gleichzeitig mit fieberhaften Sympto¬ 
men wieder auf. Es gesellten sich dazu andore Krankheitserscheinungon 
(Dyspnoü, heftiges Nasenbluten). Als Patient am 13. Januar 1876 in die 
Klinik des Prof. Thierfelder in Rostock aufgenommen wurde, wurde 
die Diagnose auf Leukämie gestellt. Das Verhältniss der weissen zu 
den rothen Blutkörperchen betrug 1:10. Der Tod erfolgte schon drei 
Tage nach der Aufnahme. Die Section ergab die Reste einer ganz 
direkten Läsion der Milz und der verschiedenen Nachbarorgane nebst 
ihren Peritonealüberzügen. Ponfick hält sich auf Grund dieses Befundes 
für berechtigt, mit aller der Sicherheit, deren die objective Forschung auf 
ätiologischer Basis überhaupt fähig ist, eine causalo und bedingende Be¬ 
ziehung zwischen jenem Hufschlage und der Entwickelung der Leukämie 
zu behaupten. 

Ein dem eben erwähnten in mancher Beziehung analoger Fall 
wurde in meiner Klinik beobachtet und ist in der Inauguraldisser¬ 
tation von Josef Lüder 5 ) beschrieben worden: Der Patient, ein 38- 
jähriger Arbeiter August Gerke aus Markoldendorf wurde im April 
1886 durch ein Pferd an die Wand gedrückt, wodurch angeblich eine 
Verletzung der Bauchorgane veranlasst wurde. Dass eine solche that- 


p. 263. Die letzten beiden Beobachtungen konnte ich im Original nicht 
einsehen. 

i) Tarchanoff, Pflüger’s Archiv VIII, S. 97 (1874); vgl. betreffend 
die Widersprüche in den Beobachtungen des Fürsten Tarchanoff; 
Ebstein, Ueber die acute Leukämie und Pseudoleukämie. Deutsches 
Archiv für klinische Medicin Bd. 44, S. 369, 1889. 

'*) Gowers 1. c. 

3) Georg Thomsen, Ein Beitrag zur Kenntniss des leukämischen 
Blutes. Inauguraldissertation, Würzburg 1885. 

4 ) Ponfick, Virchow’s Archiv 67. Band (1876), S. 273. 

5 ) JosefLüder, Beiträge zur Lehre von der Leukämie mit besonderer 
Berücksichtigung der Steinbildung. Inauguraldissertation, Göttmgen 1888, 


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Original fro-m 

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592 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


sächlich stattgefunden hat, ergab sich aber nicht nur aus den Angaben 
des Patienten, sondern insbesondere, daraus, dass sofort nach diesem 
Trauma heftiger Stuhldrang mit Abgang von Blut entstand. Beide Sym¬ 
ptome hielten mehrere Tage an. Nachher ist der Kranke nie wieder ganz 
gesund geworden. Es bestanden und entwickelten sich mehr und mehr 
zunehmende Schwäche, Schmerzen in den Gliedern und allgemeine Ab- 
geschlagenheit. Gelegentlich trat Durchfall auf. Bereits Mitte Juli 1886 
begann gleichzeitig mit einer Schwellung des Bauches, welche mehrfach 
verschwunden und wiedeigekehrt sein soll, die Entwickelung einer harten, 
sehr schmerzhaften Geschwulst des rechten Schulterblattes, 
welche ziemlich rasch bis zu der Grösse eines Gänseeies gewachsen sein 
soll. Ende December 1886 ist die Geschwulst von einem Arzte ange¬ 
schnitten worden, wobei sich nur Blut entleert haben soll. Heilung sei 
danach aber, wie Patient erzählt, nicht eingetreten, sondern die Ge¬ 
schwulst habe angefangen, Eiter abzusondern. Der Kranke Hess sich am 
14. Mai 1887 auf meine Klinik aufnehmen und ist daselbst bereits am 17. 
desselben Monats gestorben. Der sehr kaehektisch aussehende Kranke 
zeigte eine kugelige, faustgrosse Geschwulst des rechten Schulterblattes, 
welche an einer Stelle die Haut durchbrochen hatte und die als Sarkom 
erkannt wurde. Der Bauch war mässig aufgetrieben, Leber und Milz 
waren sehr stark vergrössert, die Inguinaldrüsen waren nur mässig, die 
Supraclaviculardrtisen besonders rechterseits bis zu Bohnengrösse ge¬ 
schwollen. Die UrinbeschafFenhoit führte zur Diagnose einer Nephritis, 
und die in ihm befindlichen aus Uraten bestehenden kleinen, grieskorn- 
^rossen Concremente, welche bei Behandlung mit Boraxlösung ein deut¬ 
liches Gerüst aus Eiweisssubstanz zeigten, sicherten die Diagnose der 
UroHthiasis uratica, welche seit ungefähr Monatsfrist sich durch Abgang 
solcher Concremente kundgegeben hatte. Die Stuhlausleerungen waren 
dünn. Die Blutbeschaffenheit war hochgradig leukämisch. Das Ver- 
hältniss der weissen zu den rothen Blutkörperchen war 1:10. Der 
Kranke starb in tiefem Koma. Die von Herrn Collegen Orth angestellte 
bection bestätigte die Diagnose der Leukämie und die angegebenen Or¬ 
ganveränderungen, insbesondere auch die Urolithiasis uratica Der an 
der lateralen Seite des rechten Schulterblatts befindliche Tumor, welcher 
im Umfange eines Zweimarkstückes die Haut durchbrochen hatte und 
sich sehr weich, fast fluctuirend anfühlte, erwies ich als ein alvooläres 
Kundzellensarkom. Endlich aber fand sich eine handtellergrosse 
Verwachsung der Milz mit dem Zwerchfell, auch war dieses mit 
dem linken Leberlappen im d dieser wieder mit der Milz verwachsen. 
Auf dem rechten Leberlappen zeigte sich eine horizontal verlaufende 
8 cm lange und mehrere Millimeter breite fibröse narbenarttee Ver¬ 
dickung, welcher im Parenchym der Leber ein flacher Defect entsprach. 

Man wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen 
dürfen, dass diese Verwachsungen sowie die narbenartige Ver¬ 
dickung am rechten Leberlappen mit dem erwähnten Trauma in 
Zusammenhang stehen. Was diese Beobachtung auszeichnet ist 
die Complication einer Leukämie mit einem alveolären 
j n JJ z „ e ‘* ensar k om eines Knochens. Man. wird auf Grund 
4er Erfahrungen, wo bei einer Reihe von Sarkomen die betreffen- 
den Kranken mit grösster Bestimmtheit angegeben haben, dass 
die Geschwulst sich nach einem Trauma entwickelt habe, auch in 
unserem Falle daran denken dürfen, dass das Sarkom des 
Schulterblattes mit der Ton dem Patienten erlittenen 
starken Quetschung zusammenhängt. Da nun ferner er- 
’ St ’ T daSS solche Sarkome und die malignen aleukä- 
p™*! ? L y - m P h a d e , n o m e > welche man bei der sogenannten 
Pseudoleukämie findet, einander so ähnlich sind, dass ihre Er- 

Tv™nL S H SC1Wlerig - ke , ,ten bereitet ’ Md diese malignen aleukämischen 
LrZhadT 6 T ° n ,? en m alignen leukämischen 

Lymphadenomen nicht wesentlich abweichen, so dass zwischen 

fuo/n° gen!l T teU r , seudoleukämie und der Leukämie gewisse Binde- 
gbeder existiren: lässt sich auf Grund dieser Beobachtung noch an 
TnZ We r lg ? Beziehungen zwischen Trauma und Leukämi? denken 
Bidess liegt es ausser dem Rahmen dieser Arbeit, diesen Punkt 
weiter auszuspinnen, es erscheint mir überdies zweckmässiger erst 

Ztem 6reB CaSUiStiSCheS MateriaI iD d i<*er iStnng ’abzt 
—-_(Schluss folgt.) | 

II. Die Mac Keown-Hirschberg’sche MethocU 
der Magnetextraction. 

Erwiderung an Herrn Prof. Hirschberg. 

Von Prof. Otto Schirmer. 

Prnf^i^Lhk UDd 2 ? dieser Wochenschrift beschwert sich Hen 
t lch erhebe «"gerechte Vorwürfe gegen seC 

herab P? h^ ahren , Z, f tZ6 eS Stüber dem HafbUe“ 
Verfahr E b au d<m blsbe ngen Publicationen über das neue" 
iLzt eW ße “ hwi ® ßen “« d sich die Ansichten klären lassen wollen 
die alte Va Cw" ^‘tümlimg, könnte man befflrohte d ‘ ag ■ 

tung erwecken koMte“bWht™ - Pr ° f ' Hirschber g diese Befürch- 

selbe g doch 6 rieht"*3ten’bisherigei 


No. 2 


Mittheilungen annehmen musste, und jedenfalls niemals imstanc 
sein wird, das ältere Verfahren entbehrlich zu machen. Meine Mi 
theilung ist doch im Gegentheil gerade eine Bestätigung der Voi 
züglichkeit dieser Methode, und mein Fall beweist ihre Ueberlegei 
heit über die Haab’sche. 

In dem wesentlichen Inhalt meiner Arbeit kann also Hei 
Prof. Hirschberg unmöglich den Grund für obige Befürchten 
gefunden haben. Es ist nur denkbar, dass ihn einige vom 
geschickte Bemerkungen verstimmt haben, in welchen ich von rei 
theoretischen Gesichtspunkten aus die Haab’sche Methode für di 
ungefährlichere erkläre und deshalb als eine werthvolle Bereiche 
rung unserer operativen Technik bezeichne. Hiebei erhebe id 
gegen das Mac Keown-Hirschberg’sche Verfahren drei Vor 
würfe, die Herr Prof. Hirschberg als „nicht nur als gänzliel 
unbegründet, sondern sogar durch die bisherigen Veröffentlichung^ 
widerlegt“ bezeichnet. Hierzu seien mir noch einige kurze Bemer¬ 
kungen gestattet. 

1. Ich sage: „Das Mac Keown-Hirschberg’sche Verfahre] 
hat die Gefahr einer Infection wohl nicht immer ganz vermeiden 
lassen.“ Glaubt Herr Prof. Hirschberg wirklich, diesen Satz 
widerlegt zu haben, wenn er anführt, er selbst habe bei 150 Fällen 
nur eine Eiterung gehabt! Hirsehberg beherrscht, wie Jeder 
weiss, die Asepsis in ausgezeichneter Weise. Wenn schon ihm 
einmal eine Infection des Glaskörpers passirt ist, wie viel leichter 
anderen, die nicht so geübte Assistenz und nicht so vollkommene 
Operationsräume zur Verfügung hatten. Solche missglückten Fälle 
werden aber bekanntlich gewöhnlich nicht publicirt. 

2. Wenn ich sage, dass die Mac Keown-Hirschherg’sche 
Methode „stets“ Glaskörperverlust bedinge, so habe ich darunter 
nicht Vorfälle von Corpus vitreum verstanden, so gross, dass man 
sie abtragen musste. Aber wenn man, selbst in tiefer Narkose, 
die Bulbuskapscl scleral eröffnet und durch Einführung des Magneten 
den Inhalt derselben vermehrt, so muss doch zu beiden Seiten der 
Magnetspitze etwas Glaskörper hervorquellen. So sollte man es 
nach physikalischen Gesetzen erwarten, und so habe ich es stets 
gesehen. Zugeben muss ich jedoch, dass Glaskörperverlust bei 
Extraction per corneam umgangen werden kann. 

3. Vas schliesslich die „GlaskörperZerstörung“ betrifft — 
von „Zertrümmerung“ habe ich nicht gesprochen —, so dürfte die 
von Herrn Prof. Hirschberg empfohlene Spaltung des Glaskörper¬ 
gewebes mit dem Gräfe’schen Messer bis in die Gegend des Split¬ 
ters schon als eine solche Zerstörung zu bezeichnen sein, ganz 
abgesehen davon, dass nichts uns garantirt, dass der später ein¬ 
geführte viel dickere und gebogene Magnet wirklich die Wände 
des Spalts in dem so zarten Glaskörpergewebe respectirt und sich 
nicht neue Wege bahnt. 

III. Ueber Chirurgie der Rückenmarks¬ 
erkrankungen. 1 ) 

Von Stabsarzt Dr. Goldscheider, 

Privatdoconten und Assistenten der ersten medicinischen Universitätsklinik 
in Berlin. 

Wenn ich es wage, über die chirurgische Behandlung der 
Kuckenmarkskrankheiten ein Referat zu erstatten, so fühle ich mich 
dazu berechtigt durch die Aeusserungen einiger hervorragender 
Chirurgen, dass gerade auf diesem Gebiete die Zusammenarbeit mit 
der inneren Klinik und speciell mit der Neuro-Pathologie sehr er¬ 
wünscht sei. 

. I. Lähmung bei Wirbelfractur. 

Ich wende mich zunächst zu denjenigen Rückenmarkserkran- 
kungen, welche durch Fracturen der Wirbel bedingt sind, also 
durch traumatische Veranlassung. Schon im Alterthum (Paulus 
von Aegina) war das operative Eingreifen bei diesen Fällen in 
Erwägung gezogen, und Heister (Mitte des vorigen Jahrhunderts) 
empfiehlt die Herausnahme bezw. Elevation von Wirbelfragmenten 
bei Quetschung des Rückenmarks (cit. nach Gurlt: Handbuch der 
Lehre von den Knochenbrüchen, 1864). Wirklich ausgeführt scheint 

Operation bei Wirbelfracturen aber erst von Cline im Jahre 
1814 zu sein. Sein Fall verlief unglücklich; er und mehrfache 
andere, gleichfalls ohne Glück von Anderen operirte Fälle gaben 
zu bewegten Debatten Veranlassung, welche namentlich zwischen 
Astley Cooper und Charles Bell geführt wurden; während 
ersterer für die Berechtigung der Operation eintrat, war letzterer 
ein Gegner derselben. Da aber die Erfolge schlecht blieben, so 
kam man allmählich von dem chirurgischen Eingreifen bei Wirbel- 
iracturen ab. Später, in den sechziger Jahren, wurde von 
Hrown-S6quard, aus theoretischen Ueberlegungen heraus, diese 
Operation wieder empfohlen, und zwar als eine möglichst bald nach 
der Verlet zung vorzunehmende. 

*) Referat, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am 22. Mai 1894. 


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19. Juli. 


DEUTSCHE MEDICiyiSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Die Anschauungen und Gründe von Brown-Söquard sind 
schon von Gurlt in dem oben citirten Werk über die Knochen¬ 
brüche trefiend widerlegt worden, wo er sich sehr entschieden 
gegen die Operation aussprach. Leyden hat dann in seiner 
Klinik der Rückenmarkskrankheiten bei gewissen Fällen zur Opera¬ 
tion gerathen. Leyden wies speciell darauf hin, dass das Schick¬ 
sal dieser Leute, die eine Wirbelfractur mit consecutiver Para¬ 
plegie erlitten haben, ein ungemein trauriges sei und man darum 
wohl in manchen Fällen, speciell bei Fracturen der Bögen, 
einen chirurgischen Eingriff versuchen könne. Seit 1886 nun] 
also in der neuesten Zeit, hat die Abtragung der Wirbelbögen 
(Laminektomie) wieder eine sehr ausgedehnte Verwendung gefunden, 
und zwar nach dem Vorgehen des hervorragenden englischen 
Chirurgen Macewen. Dieser hatte an einem Fall von Wirbel¬ 
fractur, und zwar Bogenfractur, eine von glücklichem Erfolg be¬ 
gleitete Bogenresection ausgeführt. 

Der Fall betraf einen 22 jährigen Mann, welcher nach einer Quet¬ 
schung des unteren Theiles der Wirbelsäule eine Paraplegie mit Blasen- 
und Mastdarmlähmung und schwerer Atrophie der Beinmuskulatur er¬ 
worben hatte; es bestand auch Cystitis und Decubitus. Im Februar 1885 
wurde die Operation vorgenommen. Der Bogen des zwölften Dorsal¬ 
wirbels fand sich zerbrochen und eingedrückt; zwischen ihm und Dura 
eine bindegewebige Masse von fast ! /I Zoll Dicke, vom elften Dorsal- bis 
zum zweiten Lendenwirbel reichend. Die tumorartigo Masse wurde ent¬ 
fernt. Schon am dritten Tage konnte der Kranke die Zehen bewegen, 
und derselbe wurde schliesslich so weit hergestellt, dass er das Geh- 
vermögen wieder gewann. (Brit. med. Journ. 1886 I, 1888 II.) 

Seit dieser Zeit nun sind über 100 Fälle von Wirbelfractur 
mit Laminektomie behandelt worden. Der Eindruck der Mitthei¬ 
lungen Macewen’s, die noch einige andere Fälle betrafen, auf 
welche nachher einzugehen ist, war ein so mächtiger, dass nament¬ 
lich in England und Amerika eine grosse Menge von Chirurgen 
die Trepanation der Wirbelsäule bei Fracturen mit Lähmung aus¬ 
führte. Thorburn konnte in seinem vorzüglichen Werke: „A con- 
tribution to the surgery of the spinal cord, London 1889“ 
56 operativ behandelte Fälle von Wirbelfractur mit Lähmung zu¬ 
sammenstellen. Im vorigen Jahre hat R. Jaeger in seiner unter 
Naunyn und Lücke gearbeiteten Dissertation (Ein Beitrag zur 
chirurgischen Behandlung von acuten Rückenmarksquetschungen) 
84 operirte Fälle zusammengestellt, von welchen 50 tödtlich geendigt 
sind, 84 überlebten. Von diesen 84 Ueberlebenden nun gehörten 26 
dem antiseptischen Zeitalter an, während von den 50 Todesfällen 
nur 17 in diese Epoche fallen. Daraus geht auf das deutlichste 
hervor, dass die Gefahr der Operation für das Leben sich infolge 
der verbesserten chirurgischen Methode in der That ausserordent¬ 
lich verringert hat. Anders dagegen steht es mit den Erfolgen 
bezüglich der Wiederherstellung der Functionen. 

In dem neu erschienenen, sehr ausführlichen Werke von 
Chipault: fitudes de Chirurgie medullaire, Paris 1894, sind sogar 
167 Fälle von Bogenresection bei Wirbelfractur mit Paraplegie 
und acht Fälle von anderweitigen blutigen Eingriffen bei Fracturen 
und Luxationen der Wirbel mit Lähmung zusammengestellt. Die 
verbesserten chirurgischen Methoden haben eben, wie auf vielen 
anderen Gebieten, so auch auf dem Gebiete der Rückenmarkschirurgie, 
zu einem erneuten kühnen Anstoss geführt. Während früher die ope- 
rirten Fälle zum grössten Theil an Sepsis, Meningitis u. 8. w. zu¬ 
grunde gingen, sind jetzt eine grosse Zahl mit dem Leben durch¬ 
gekommen. Aber geheilt von dieser Lähmung sind doch nur 
wenige. Chipault führt unter den 167 operirten Fällen nur zwölf 
Heilungen und 24 Besserungen an. 

Bevor ich auf diese Fälle von Heilung bezw. Besserung ein¬ 
gehe, möchte ich einen Blick auf die Vorgänge bei dem Zustande¬ 
kommen der Paraplegie durch Wirbelfractur werfen. 

Die Wirbelfracturen betreffen grösstentheils den Körper, viel 
seltener den Bogen; nach den Zusammenstellungen Gurlt’s sind 
zwei Drittel aller Fälle Brüche des Wirbelkörpers, und zwar be¬ 
treffen von den Fracturen der Brustwirbel sieben Achtel aller 
Fälle, von denjenigen der Lendenwirbel fast alle, von denjenigen 
der Halswirbel die Hälfte den Körper. Die letzteren Fälle kommen 
für die Operation weniger in Betracht, weil sie häufig gleich tödt¬ 
lich endigen. Während infolge der ein wirkenden Gewalt der 
Wirbelkörper gebrochen wird und in den Wirbelcanal vorspringt, 
erleidet das Rückenmark eine heftige Quetschung oder unter Um¬ 
ständen völlige Zerreissung. Meist bleibt nun der Wirbel bezw. 
das Fragment nicht in demselben Grade dislocirt, sondern schnellt 
mehr oder weniger in seine Lage zurück. 

Bowlby 1 ) hat 21 tödtlich verlaufene Fälle von Quetschung 
des Rückenmarks durch Wirbelfractur untersucht und nirgends 
eine Compression durch verschobene Knochen oder anderweitige 
Veränderungen gefunden. In solchen Fällen liegt natürlich für das 
chirurgische Eingreifen kein Grund vor, da eben eine dauernde 


593 

Compression nicht besteht, die vorhandenen Lähmungserscheinungen 
vielmehr auf die erlittene Läsion des Rückenmarks und ihre Folgen 
zu beziehen sind. In der Mehrzahl der Fälle kommt es zu einer 
dauernden Verengerung des Wirbelcanals. Aber auch bei diesen 
Fällen muss schon aus mechanischen Gründen im allgemeinen an¬ 
genommen werden, dass die Verlagerung des Wirbels bezw. des 
Fragments bei ihrer Entstehung bei weitem heftiger auf das Rücken¬ 
mark eingewirkt habe, als sie dies in ihrem dauernden Zustande 
vermag. Also auch die dauernde Verengerung des Wirbelcanals 
dürfte in der Mehrzahl der Fälle nicht die wahre Ursache der 
Lähmung darstellen. 

In der That haben die Operateure, welche den Wirbelcanal 
eröffnet haben, nicht selten garnichts gefunden, was auf das Rücken¬ 
mark drückte. Eine wirklich bestehende Deformität des Wirbel¬ 
körpers zu beseitigen, ist andererseits äusserst schwierig. Das Mt 
vieler Gewalt ausgeführte Redressement desselben, nachdem das 
Rückenmark bei Seite gezogen, hält nicht vor, der Wirbel bezw. 
das Fragment springt zurück. Es bleibt nur übrig, die Prominenz 
abzutragen, was mehrfach geschehen ist. Urban 1 ) hat neuerdings 
mittels einer Vervollkommnung der Operationsmethode diesem 
Uebelstande zu begegnen gesucht. Er hat in zwei Fällen von 
Wirbelkörperverletzung eine ausgiebige temporäre Resection der 
Wirbelbögen bis nahe an die Körper ausgeführt. Das Rücken¬ 
mark wurde seitlich verschoben und die vorspringende Kante des 
Wirbels abgemeisselt; sodann wurden die Wirbelbögen wieder 
zurückgeschlagen. 

Einige Chirurgen haben auch aufgestellt, dass man die durch 
Vorspringen des fracturirten Wirbelkörpers gesetzte Verengerung 
des Wirbelcanals dadurch ausgleichen könne, dass man die Wirbel¬ 
bögen entferne und so gleichsam für das nach hinten gedrängte 
Rückenmark Luft schaffe, eine Vorstellung, welche übrigens Brown- 
Söquard schon ausgesprochen hat. 

Wenn also eine dauernde Compression seitens des Wirbel- 
körpens ein jedenfalls recht seltenes Vorkommniss ist, so ist 
andererseits, und damit treten wir speciell an die Aufgabe der 
inneren Medicin heran, die Diagnose einer derartigen Compression 
schwierig und unsicher. In frischen Fällen besteht Shok des 
Rückenmarks; es herrscht vollkommene Paraplegie, Blasen- und 
Mastdarmlähmung, und zwar gleichgültig, ob das Rückenmark wirk¬ 
lich gequetscht oder nur wenig zusammengepresst oder gamicht ver¬ 
letzt ist, der Shok des Rückenmarks macht dieselben Erscheinungen 
wie die dauernde Zerreissung. Wir wissen also zunächst nicht, 
wenn wir an den frischen Fall herantreten, in welchem Grade das 
Rückenmark lädirt ist, bezw. ob es nicht überhaupt ganz durch¬ 
trennt ist. In letzterem Falle würde ein chirurgisches Eingreifen 
nichts helfen; denn von Versuchen der Zusammennähung des 
Rückenmarks ist Abstand zu nehmen, da wir wissen, dass ein 
Zusammenwachsen mit Functionsherstellung nicht vorkommt. Wir 
müssen also mindestens abwarten, bis wir so weit über die Diagnose 
im Klaren sind, dass wir sagen können, ob das Rückenmark durch¬ 
gerissen oder nur gequetscht bezw. durch Bluterguss comprimirt 
ist. Daraus ergiebt sich schon die Indication, dass man in 
frischen Fällen nie operativ eingreifen soll. Dieser Schluss 
wird auch durch die Casuistik in vollem Maasse bestätigt. Ziehe 
ich in der von Chipault zusammengestellten Casuistik alle die¬ 
jenigen Fälle ab, bei welchen es an näheren Angaben gänzlich 
mangelt, so bleiben 48 Fälle, welche bald nach dem Eintritt der 
Fractur (früher als 14 Tage nach derselben) mit Laminektomie be¬ 
handelt sind. Von diesen sind 38 Fälle tödtlich verlaufen, vier 
ungebeilt (bezüglich der Lähmung), drei gebessert, drei go- 
heil t. Allein von den drei geheilten betrifft der eine den Pöan’schen 
Fall, welcher eine Sonderstellung einnimmt, bei einem anderen hatte 
gar keine vollständige Lähmung bestanden (Bird), und von den 
drei gebesserten haben zwei erst nach so langer Zeit eine Besserung 
gezeigt, dass man dieselbe nicht als Erfolg der Operation an¬ 
sprechen kann; ja der eine spricht nach meiner Ansicht in seinem 
Verlauf geradezu gegen den Einfluss der Operation. 

Knox. Paraplegie und Anästhesie. Sehr heftige Krämpfe in den 
Beinen. Vorspringen des elften Brustwirbels. 36 Stunden nach der Ver¬ 
letzung Resection dos zehnten Dorsalwirbelbogens otc. Reposition des 
luxirten elften Wirbels. Am nächsten Tage ist die Sensibilität völlig 
zurückgekehrt; einige Bewegungen der Zehen werden ausgeführt. Dann 
nichts neues während zweier Monate. Dann, als man don Kranken 
im Bette sitzen liess, stellte sich der Gibbus an dem unteren Ende der 
Brustwirbelsäule wieder her. Während der nun folgenden Monate besserto 
sich die Motilität mehr und mehr, so dass der Kranke zehn Monate nach 
der Operation sich aufrecht halten und einige Schritte ohne Stütze 
machen konnte (nach Chipault). 

Auch gegen den dritten gebesserten Fall, den von villar, 
lassen sich bezüglich des Nutzens der Operation Bedenken erheben. 

Heftige Schmerzen in der Lendengegend, Formicationen in den 
Beinen. Depression und heftige Druckempfindlichkeit zwischen dem elften 


') The Lancet 1890 I, S. 1071. 


*) Congress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1892. 


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594 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2 


Dorsal- und ersten Lendenwirbel. Paraplegie; Anästhesie der Unter¬ 
schenkel. Die Patollarreflexe sind erhalten. Kein Plantar- und 
Cremasterreflex. Urinretention, Obstipation. Am vierten Tage nach der 
Verletzung Freilegung der Wirbelsäule; der Wirbelcanal findet sich hinten 
geöffnet, so dass man ein wenig vom Rückenmark sieht. Entfernung des 
Bogens des fracturirten zehnten Wirbels. Am sechsten Tage nach der 
Operation ein wenig Bewegung, am neunten spontane Urinentleerung. 
Nach sechs Monaten: linkos Bein fast unbeweglich, das rechte Bein kann 
im Unterschenkol, aber wenig in der Hüfte bewegt werden. Anästhesie 
an den Unterschenkeln und Füssen, ferner an den Genitalien. Patellar- 
reflexe fehlen. Urin- und Stuhlentleerung gut. Allgemeinbefinden gut, 
kein Schmerz. 

Es geht somit aus der Casuistik in keiner Weise ein Beweis 
dafür hervor, dass der Verlauf der Fälle, sich selbst überlassen, 
ein wesentlich anderer geworden wäre als nach der Operation und 
dass die Ueberlegungen, durch welche die Früh Operation an und 
für sich als unthunlich hingestellt wird, unzutreffend oder zu 
weitgehend seien. Namhafte Chirurgen haben sich bereits gegen 
die Frühoperation ausgesprochen, und nur bei Fracturen der Wirbel¬ 
bögen könnte unter Umständen die Frühoperation in Frage kommen. 

Wie lange soll man nun warten? Je nach der Stärke der 
Läsion, welche das Rückenmark erlitten hat, bildet sich die Läh¬ 
mung bis zu einem gewissen Grade zurück oder bleibt dauernd 
bestehen. Finden wir nun nach einer gewissen Zeit noch mehr 
oder weniger ausgedehnte Lähmungserscheinungen bezw. complete 
Paraplegie, so entsteht die Frage: haben wir es mit Con- 
tinuitätstrennung oder myelitischer Degeneration oder 
Compression zu thun? 

Bezüglich der ersteren darf man es jetzt als festgestellt be¬ 
trachten, dass die Sehnenreflexe auch bei Continuitätstrennung der 
oberen Theile des Rückenmarks dauernd fehlen und die Lähmung 
schlaff bleibt. ö 


Zwischen Compression und Degeneration aber ist eine 
sichere Unterscheidung nur durch lange Beobachtung des Verlaufs 
möglich. Lauenstein hat die Regel aufgestellt, dass man, wenn 
nach acht Wochen die Erscheinungen der Blasen- und Mastdarmläh¬ 
mungen noch nicht geschwunden seien, operiren solle. Er hat diese 
Regel statistisch hergeleitct, indem er aus der Casuistik Gurlt’s 
entnimmt, dass, wenn bei spontanem Verlauf in acht bis neun 
Wochen die Blasen- und Mastdarmlähmung nicht zurückgeht, auf 
eine spontane Besserung nicht mehr zu rechnen sei. Die Ab¬ 
tragung der Wirbelbögen soll in diesen Fällen dadurch wirken 
dass für das Rückenmark, welches durch den in den Wirbelcanai 
einspringenden Wirbelkörper nach hinten gegen den Bogen gedrängt 
sei, ein Raum zum Ausweichen geschaffen werde. Ist nun bei den 
bpätoperirten ein Erfolg der Bogenresection bezüglich der Besse¬ 
rung der Lähmungen oder überhaupt der Rückenmarkserscheinungen 
nachzuweisen? Die bereits von verschiedenen Autoren bearbeitete 
Casuistik ist m der grössten Vollständigkeit in dem umfassenden 
Werke von Chipault zusammengestellt. Derselbe zählt wie 
be .™ lts sehr viel Fälle mit > welche wegen Fehlens der 

nothigsten Angaben bedeutungslos sind. Rechne ich dieselben 
(40 an Zahl) und ferner noch 20 Fälle, bei welchen die Angabe 
der nach der Verletzung bis zur Operation verstrichenen Zeit fehlt, 
ab, so bleiben 107 mit Laminektomie behandelte Fälle von Wirbel- 
fractur mit Paraplegie; davon sind 59 Spätoperationen, d. h solche 
bei denen die Bogenresection frühestens drei Wochen nach dem Unfall 
vorgenommen wurde. Von denselben verliefen 15 tödtlich (unter 
diesen einige, bei welchen sich zunächst eine geringfügige Besserung 
des einen oder anderen Symptoms gezeigt hatte): 23* blieben be^ 

rfeh^üT Ung6beSSert; 16 FäHe wurden gebessert, 

aufÄ n werde„ WiCbÜgkeit FäUe mi * en diesolben kura 
Geheilte Fälle. 

1) Fall vonMacewen. Ist oben bereits angeführt. Bogenfractur 

Operation sechs Wochen nach der Verletzung. ge n t . 

2) ball von Lauenstein (Contralblatt für Chirurgie 1886 S 888'» 
un7 P aGibbus. Nach erfolgloser Ex^sionsb’eh^ndSg 
Obt-sche^el^er^ff.r dcr Verletzung das sensible Gebiet des rechten 
cmerscnenkels ergriffen zu werden schien, wurde der Bogen des zwölften 
Brust- und ersten Lendenwirbels resecirt. Alsbald Sensibilität und Blasen- 

zehn Mmut ™ al,eiD ^ 

cord. ^I^ndon 0 ^'^ 1 ). 0 r Unvollsttndige''paraplc^io^B]aseii- r und^ Mastdarm^ 


Störung, die zur Zeit der Operation bereits in Rückbildung begriffen wai 
4‘/a Monate nach der Verletzung Operation. Der Bogen des zweite 
Lendenwirbels fand sich eingedrückt; dichtes Narbengewebe, durch welche 
die Cauda equina comprimirt wurde. Im Verlaufe einiger Monate Besserun 
der Motilität; 18 Monate später konnto der 15jährige Knabe mit der 
Stocke einige englische Meilen gehen, aber die Muskeln der Füsse un 
Zehen blieben gelähmt; geringe Beugecontractur; Patellarreflexe erloscher 
— Schon vor der Operation konnten die Beine bewegt werden. 

5) Fall von Lloyd (nach Chipault). Theilweise Paraplegie, Blasen 
und Stuhlretention. 16 Monate nach der Verletzung Abtragung der Bügei 
des ersten, zweiten und dritten Lendenwirbels. Heilung. Es hatte eim 
Fractur des zweiten Lendenwirbels, also Affection der Cauda equina 
bestanden. 

Bemerkenswerth ist zunächst, dass von diesen fünf Fällen zwo 
die Cauda equina betreffen (No. 4 und 5). In beiden hatte keim 
vollständige Lähmung bestanden; in dem Falle von Thorbun 
hatte eine gewisse Rückbildung der Erscheinungen schon vorhe] 
stattgefunden, die weitere Besserung war von so langsamem Ver 
lauf und schloss sich so wenig präcis an die Operation an, dass 
gegründete Zweifel an der Beweiskraft des Falles entstehen müssen 
Der Fall von Lloyd (No. 5) ist mir im Original nicht zugänglich 
gewesen und bei Chipault nur sehr kurz angeführt. 

Ferner möchte ich betonen, dass Fall 1 (Macewen) und Fall 3 
(Schede) eine Bogenfractur betreffen. Uebrigens war der Ver¬ 
lauf im ersten Falle insofern frappant, als sich die Besserung un¬ 
mittelbar an die Operation anschloss. Weniger eclatant ist der 
Schede’sche Fall, obwohl die Wirkung der Operation als wahr¬ 
scheinlich bezeichnet werden muss. Für zweifelhaft möchte ich 
den Fall Lauenstein’s halten. 

Gebesserte Fälle. 

1) Fall von Edwards (1838) [nach Gurlt 1. c. S. 178]. Bogen 
eines Lendenwirbels deprimirt. Paraplegie mit Blasen- und Mastdarmläh- 
mung. Der Bogen wurde elevirt. Die Lähmung ging zurück. Nähere 
Details fehlen. (Vielleicht Compression der Cauda equina? Verfasser.) 

2) Fall von Blackman (1854). Vollständige Paraplegie mit Blasen- 
und Mastdarmlähmung. Vier Jahre fünf Monate nach der Verletzung 
Resection des deprimirten oberen Kreuzbeintheiles. Alsbald Besserung 
der Sensibilität, auch in Blase und Mastdarm ; nach fünf Wochen die 
Motilität bedeutend gebessert. 1861 sagt der wieder völlig paraplegische 
Kranke aus, dass kein dauernder Nutzen aus der Operation erwachsen sei 
(siehe Gurlt 1. c. S. 182). 

3) Fall von Gordon (1865) [nach Chipault]. Paraplegie, Blasen- 
und Mastdarmlähmung. Zehn Wochen nach der Verletzung Laminektomio 
am zwölften Brustwirbel. Langsam eintretende Besserung der Moti¬ 
lität, Sensibilität und Blase. Aber schon vor der Operation schien eine 
gewisse Besserung Platz zu greifen. 

4) Fall von Horsley (1890). Paraplegie. Nach fünf Monaten Bogon- 
resection. Geringfügige Besserung der Sensibilität und Motilität; sieben 
Monate später Tod an Nephritis. 

5) Fall von Horsley (1890). Paraplegie. Zwei Jahre nach der 
Verletzung Trepanation. Rückkehr der Sensibilität und einiger Beweg¬ 
lichkeit. 

b) Fall von Dawbarn (1889). Paraplegio; an den Füssen noch 
etwas Sensibilität. Sechs Monate nach der Verletzung Operation. Bögen 
des zehnten bis zwölften Brustwirbels entfernt. Der Körper des letzteren 
springt in den Canal vor. Nach zehn Wochen sind die Blasen- 
und Mastdarmfunctionen gebessert. Lähmung der Beine bleibt 
bestehen. 

7) Fall von Dandridgo (1889). Paraplegie, Blasen- und Mastdarm- 
lähmung. Cystitis. Decubitus. Sensibilität kehrt allmählich wieder. 
Fünf Monate nach der Verletzung Resection der Bögen des zehnten bis 
zwölften Brust- und ersten Lendenwirbels. Die Paraplegie bleibt bestehen, 
aber die Blasen- und Mastdarmstörungen bessern sich. 

8) Fall von Dec6s (1889) [nach Chipault]. Fractur bezw. Luxation 
des sechsten Halswirbels. Parese der Arme und Beine. Sensibilität 
normal. Fünf Monate nach der Verletzung Trepanation. Am nächsten 
Tage Besserung der Muskelkraft der rechten Seite. Die rechte Hand, 
welche vor der Operation 24 am Dynamometer erreichte, giebt jetzt 30, 
später 40, die linko anstatt 30 jetzt 40 (!). Nach einem Jahre Tod, wahr¬ 
scheinlich Alkoholismus (?). 

9) Fall von Woodbury (1889) [nach Chipault]. Kind. Paraplegie; 
am rechten Fuss noch etwas Sensibilität. Blasen- und Mastdarmlähmung. 
Nach einigen Wochen Abtragung der dritten bis fünften Dorsalwirbelbögen. 
Zunächst keine Besserung. Nach einiger Zeit Extension und Contra¬ 
extension; von jetzt ab fortschreitende Besserung u. s. w. 

10) Fall von Weiss (1890). (Nach Chipault). Bruch des elften 
Dorsalwirbels. Vollständige Lähmung des linken, unvollständige des 
ir C ^ Beins, mit Erhaltung der Sensibilität und der Reflexe. Urin- und 
Koth-Retention. Weiterhin Ineontinenz, die Paraplegio wird vollständig. 
Nach 33 Tagen Abtragung des zehnten und elften Brustwirbelbogons. Der 
Canal ist verengert. Am nächsten Tage einige Bewegungen in den Beinen; 
weiterhin Schwinden der Ineontinenz. Fünf Monate nach der Ope¬ 
ration ist die Bewegung der Beine eine vollkommene. 

11) Fäll von Körte weg (1891). (Nach Chipault). Partielle Para- 
plegie, Blasen- und Mastdarmlähmung. Während der ersten Monate leichte 
Besserung, dann stationärer Zustand. Nach 13‘a Monaten Resection der 
Bögen des 12. Dorsal- und ersten Lendenwirbels. Geringe Besserung der 
Function der Oberschenkelmuskeln; sonst unverändert. 


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19. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


595 


12) Fall von Boylc (1891). (Nach Chipault). Paraplegie mit 
Blasenlähmimg, heftige Schmerzen in den Beinen, Priapismus. Nach zwei 
Monaten Abtragung der Bügen des neunten bis zwölften Dorsal- und des 
ersten Lendenwirbels. Der zehnte Dorsalwirbel sprang in den Canal vor. 
Schmerzen und Blasenstörungen verschwinden, weiterhin auch dio Läh¬ 
mungen. Der Kranke kann schliesslich an Krücken gehen. 

13) Fall von MouHin (1891). Bruch des zweiten und dritten Lenden¬ 
wirbels. Zuerst vollständige Paraplegie, dann Zurückgehen der Erschein¬ 
ungen. Nach drei Wochen kann der rechte Fuss erhoben, der linke 
Oberschenkel gebeugt werden; die Anästhesie war bedeutend verringert. 
Urinentleening langsam, Verstopfung. Von jetzt ab stationärer Zustand. 
Neun Wochen nach der Verletzung Reseetion des zweiten und dritten 
Londenwirbelbogons. Bereits in den nächsten Tagen Zunahme der Mo¬ 
tilität; allo Muskeln werden wieder beweglich ausser Musculus tibialis 
ant. und extensor comm. digit. long. linkerseits. Acht Monate nach 
der Operation kann der Kranke am Stock gehen. 

14) Fall von Wyeth (1892). (Nach Chipault). Bruch des zweiten 
Lendenwirbels. Paraplegio. Nach zwei Jahren Reseetion der Bögen des 
ersten und zweiten Lendenwirbels, Reseetion des in den Canal vorsprin¬ 
genden Theils des zweiten Lendenwirbels. Schon nach sechs Stunden 
beginnt die Besserung; nach einem Jahro kann sich der Kranke auf¬ 
recht halten. 

15) Fall vön Urban (1892). (Deutsche Ges. f. Chir. C.-Bl. f. Chir. 
1892). Paraplegie, Blasen- und Mastdarmlähmung nach Fractur des ersten 
Lendenwirbels. Cystitis, Decubitus. Im siebenten Monat nach der Ver¬ 
letzung besteht die Blasen- und Mastdarmlähmung noch, ebenso diejenige des 
rechten Beins, während das linke etwas bewegt werden kann. 67* Monate 
nach der Verletzung temporäre ausgiebige Reseetion der Bögen des 
12. Dorsal- und ersten bis vierten Lendenwirbels bis dicht an den Körper; 
die vorspriugende Kante des ersten Lendenwirbels wird abgemeisselt. 
Bögen zurückgeschlagen. Fünf Monate später ist das linke Bein voll¬ 
ständig beweglich, das rechte Bein gebessert, Blase kann willkürlich ent¬ 
leert werden. 

16) Fall von van Kleef (1892). (Nach Chipault). Paraplegie, 
Blasen-und Mastdarmlähmung. Sechs Wochen nach der Verletzung Reseetion 
des 12. Dorsalwirbel- und des ersten Lendenwirbelbogens. Das Rücken¬ 
mark war durch Bogenfragmente comprimirt. Alsbald Besserung. Der 
Kranke kann schliesslich mit Krücken gehen. Jedoch bleibt die Lähmung 
der Füsso und die Blasen- und Mastdarm-Incontinenz bestehen. 

Hierzu kommt noch ein zweiter Fall von Urban, gleichfalls nach 
seiner Methode operirt. Die Operation wurde 9 1 ^ Monate nach der Ver¬ 
letzung ausgeführt. Urban selbst hat den Fall bisher nur kurz erwähnt, 
theilt mir aber brieflich mit, dass eine langsame aber stetige Besserung 
aufgetreten ist. 1 ) 

Von den Fällen, bei welchen eine Angabe der zwischen Ver¬ 
letzung und Operation verstrichenen Zeitfrist mangelt, sind zehn 
tödtlich geendigt, sieben ungebessert, einer gebessert, zwei 
geheilt worden. 

Die letzteren mögen hier mit aufgeführt werden. 

1) Fall von Eving Mears (1889). (Nach Chipault) 3 ). Paraplegio. 
Fractur des ersten Lendenwirbels. Abtragung des Bogens desselben. 
Das Redressement des fracturirten Körpers gelingt nicht. Der Kranke 
konnte später mit Krücken gehon. 

2) Fall von Lampiasi (1890). Paraplogie, Blasenlähraung. Fractur 
und Depression des Bogens des zehnten Brustwirbels. Trepanation 
und Elevation desselben. Am dritten Tage Blasenlähmung verschwunden. 
Schliesslich vollständige Heilung. 

3) Fall von Cosh (1891). (Nach Chipault). Luxation des vierten 
Halswirbels. Lähmung bis zum Schultergürtel empor. Muskelatrophie. 
Der linke Unterarm in Beugecontractur. Abtragung des fünften Hals¬ 
wirbelbogens. Die Dura verdickt. Sehr allmählich Rückkehr der Mo¬ 
tilität; nach einigen Monaten Gehvermögen sehr gut. 

Hierzu kommen noch folgende neueste Fälle: 

Phelps. (Spinal surgery or operative procedures on the spinal 
column etc. Journ. of nerv, and ment, disease 1893. Ref. C.-Bl. f. Chir. 
1894, No. 12). Paraplegio mit Blasen- und Mastdarmlähmung nach Wirbel- 
fractur. Allmählich eint rötende Besserung. Nach 19 Monaten, zur Zeit 
der Operation, Anästhesieen an den Beinen und Aufhebung des Gehver¬ 
mögens. Zwei Wirbelbögen abgetragen, Callus weggemeisselt. Der Kranke 
lernt mit Krücken laufen. __ 1 

Bei einem anderen von Phelps oporirten Falle (Bruch der Hals¬ 
wirbelsäule) ist die Beobachtung noch nicht abgeschlossen. 

Hammond. (Journ. of nerv, and ment, disease 1893. Ref. C.-Bl. 
f. Chir. 1894, No. 12). Verwölbung am 12. Brust- und ersten Lendenwirbel 
nach Trauma. Lähmung der Blase und des Mastdarms. Keine Paraplegio. 
Patellarreflex abgeschwächt. Gang loicht atactisch. Anästhesie in der 
Gegend des Afters. Operation (Powell). Es findet sich, dass ein Knochen¬ 
stück gegen die Hinterstränge des Rückenmarks presst (elfter Brustwirbel). 
Nach Entfernung desselben alsbald Nachlass der Druckerscheinungen; nach 
zwei Monaten Heilung. 

Ist bei den vorstehenden gebesserten Fällen die Besserung 
überall auf die Operation zurückzuführen? 

Bei der Mehrzahl der Fälle ist diese Frage mit aller Bestimmt¬ 
heit zu verneinen. Bei dem Falle von Black man (No. 2), welcher 
Übrigens die Cauda equina betrifft, ist nur eine vorübergehende 
Besserung einiger Symptome aufgetreten; bei den Fällen No. 3—8 
und 11 handelte es sich zum Theil um geringfügige, oft erst lange 

*) Für die freundliche Mittheilung besten Dank. 

2 ) Original mir nicht zugänglich. 


Zeit nach der Operation hervortretende Besserungen einiger 
Symptome, zum Theil hatte schon vor dem operativen Eingriff der 
Process eine Neigung zur Besserung erkennen lassen. Dass dabei 
Perioden eines stationären Zustandes sich einschieben, will nichts 
besagen; der Verlauf solcher Fälle ist eben ein selir wechselvoller. 
Beim Falle No. 9 (Woodbury) ist die Besserung offenbar erst im 
Anschluss an die orthopädische Behandlung aufgetreten. 

Somit bleiben nur sieben Fälle, bei welchen die Möglichkeit 
eines Einflusses der Operation überhaupt in Frage kommt. Von 
diesen sind Fall No. 13 und 14 (Moullin und Wyeth) insofern 
auffällig, als die Besserung sich sehr präcise an die Operation an¬ 
schloss. Beide betreffen die Cauda equina. Jedoch muss man 
für den Fall von Moullin eine Einschränkung machen, da er schon 
neun Wochen nach der Verletzung operirt ist und schon vor der 
Operation sich eine recht umfängliche Rückbildung der Erschei¬ 
nungen geltend gemacht hatte. Man weiss, wie leicht Selbst¬ 
täuschungen auftreten, wenn man, begierig, ob ein Mittel oder ein 
Eingriff eine Aenderung im Krankheits verlauf hervorbringt, jedes 
Symptom lauernd beachtet, wie der Eifer, Gutes zu finden und zu 
verkünden den Kranken nicht blos, sondern auch das Warte¬ 
personal ergreift. Auch der Fall No. 10 (Weiss) kann als be¬ 
weisend wegen der relativ frühzeitigen Operation (nach 33 Tagen) 
nicht gelten. Am Anfang war die Lähmung nur partiell, dann 
wird sie vollständig, nun wird operirt; wer will bei dem wechsel¬ 
vollen Verlauf dieser Lähmungen sagen, dass nicht auch ohne den 
Eingriff die Beweglichkeit nach fünf Monaten zurückgekehrt wäre? 
Auch bei Fall 12 (Boyle) ist der Einfluss der Operation nicht 
über den Zweifel erhaben, wenn auch eine gewisse Wahrscheinlich¬ 
keit zugegeben werden muss. 

Bei dem Falle von Urban (No. 15) möchte ich einen Nutzen 
der Operation annehmen; hier war wohl hauptsächlich die Cauda 
equina betroffen; bei dem Falle von van Kleef (No. 16), wo es 
sich um eine Bogenfraetur handelte, ist derselbe jedenfalls 
zweifelhaft. Fall 1 (Edwards) ist wegen zu spärlicher Angaben 
nicht sicher zu beurtheilen; wahrscheinlich war hier auch die 
Cauda equina der lädirto Theil. 

Von den ohne Zeitangabe mitgetheilten Fällen erlaubt Nr. 1 
gar keinen Schluss; No. 2 (Lampiasi) ist nicht über jeden 
Zweifel erhaben (übrigens Bogen bruch); ebensowenig No. 3 
(Cosh), welcher übrigens bezüglich des anatomischen Befundes mit 
demjenigen von Macewen Aehnlichkeit hat. 

Von den neueren Fällen ist der von Phelps garnicht beweisend, 
da schon vor der Operation eine Rückbildung eingetreten war; bei 
dem Falle von Hammond, wo gar keine Paraplegie bestand, ist 
vielleicht ein günstiger Einfluss der Operation vorhanden gewesen; 
anscheinend war die Ursache der Compression eine Bogen- 
fractur. 

Es bleiben hiernach im ganzen nur wenige Fälle übrig, in 
welchen ein Erfolg der eingreifenden Operation ersichtlich ist. 
Dieselben betreffen im wesentlichen Fälle von Compression der 
Cauda equina und Bogenfracturen. 

Der spontane Verlauf der Lähmungen nach Wirbelfractur wie 
besonders der Compressionslähmungen ist sehr mannichfaltig, er ist 
an Wendungen und Ueberraschungen voll, and es können auch 
nach langem Bestehen der Erscheinungen ganz auffallende Besse¬ 
rungen ein treten. Wie wenig die geringfügigen Besserungen, 
welche nach den Operationen so oft beobachtet worden sind, zu 
bedeuten haben, geht schon daraus hervor, dass sie eben auch bei 
den schliesslich ungeheilt oder ungebessert bleibenden Fällen sich 
oft finden. Prüft man gelähmte Kranke (auch für Hemiplegie und 
Polyneuritis gilt dies) täglich, so findet man, dass sowohl dio 
sensiblen wie die motorischen Leistungen grosse Schwankungen 
zeigen; - Stimmung, Ermüdung, Uebung, Willensanspannung, Auf¬ 
merksamkeit sind variable Factoren, welche von grossem Einflusso 
auf die sensible und motorische Sphäre sind. Es ist eben eine 
irrthümliche, aber viel vertretene Auffassung, dass die Krankheits¬ 
erscheinungen lediglich von den krankhaft veränderten Theilen 
abhängen; sie resultiren vielmehr gleichzeitig von dem Maasse 
und der Art der gesunden Functionen. Die nach der Operation 
sorgfältigere und geschärftere Boobchtung lässt nun manche dieser 
sonst nicht aufgefallenen Schwankungen erkennen; der Kranke, 
welcher selbst gern eine Besserung entdecken möchte, spannt seine 
compensatorische Leistungsfähigkeit möglichst an und wird meist 
auch bei den Beobachtern auf eine optimistische Interpretation 
seiner Leistungen stossen. Ich möchte besonders betonen, dass 
auch die Blasenfunctionen ausserordentliche Schwankungen zeigen 
können. Wenn den Blasenstörungen zweifellos wegen ihrer Gefahr 
eine grosse, oft ausschlaggebende Bedeutung zukommt, so bilden 
doch auch sie nicht einen Factor von solcher Coustanz, wie manche 
Autoren anzunehmen scheinen. Dies gilt allerdings für brauen in 
höherem Maasse als für Männer. a , nrM n irAn 

Auch bezüglich der Beurteilung der dauernden Besserungen 


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596 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


nach den Operationen darf man nicht ausser Acht lassen, dass 
doch die Operation nicht das einzige ist, was man mit den Kranken 
vorgenommen hat. Vielmehr beschäftigt man sich mit den Ope- 
rirten gemeinhin auch bei der Nachbehandlung in besonders ein¬ 
gehender Weise; schon die aufmerksame ärztliche Beobachtung und 
Ueberwachung ihrer Fortschritte treibt sie zu fleissigen Uebungen 
an; wie viel aber gerade die ausdauernde fortschreitende Muskel- 
Übung bei der Wiederherstellung Gelähmter ausmacht, darüber ist 
es unnöthig Worte zu verlieren. Pott hatte bei den Kranken, 
deren Uebel seinen Namen trägt, den Gibbus kauterisirt und sie 
dadurch zu bessern geglaubt; man weiss jetzt, dass der Erfolg 
vielmehr der consecutiven Ruhelagerung zukam; sollte von den 
wegen Wirbelfractur und Paraplegie Operirten nicht vielleicht 
mancher nicht der Operation, sondern der sorgsamen und lange 
ausgedehnten Nachbehandlung ihre Besserung verdanken? 

Bei dem Wechsel des spontanen Verlaufs kann auch die von 
Lauenstein aufgestellte Regel (siehe oben) durchaus nicht als 
eine berechtigte anerkannt werden. 

Nur beiläufig und der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass 
in einigen Fällen die Operation schädlich eingewirkt zu haben 
scheint, was auch Thorburn zugiebt. 

Die Fälle, bei welchen die Trepanation günstig eingewirkt zu 
haben scheint, sind einmal solche, wo der Wirbelbogen fracturirt 
ist. Hier kann man durch ein Erheben des deprimirten Wirbels 
in der That die Compression aufheben. Dahin gehört z. B. der 
berühmte Fall von Macewen, mit welchem die neue Aera der 
Operation bei Wirbeltraumen anfängt. Ferner sind einige Fälle 
von Fractur der Lendenwirbel günstig verlaufen. Das Rücken¬ 
mark reicht ja nur bis zum ersten Lendenwirbel hinunter, im 
Bereich der übrigen Lendenwirbel liegt die Cauda equina. Diese 
aber verhält sich gegenüber Verletzungen wie ein peripherischer 
Nerv, d. h. sie besitzt die grosse Regenerationsfähigkeit der 
peripherischen Nerven. 

Wenn ich nach diesen Erörterungen bezüglich der Indicationen 
zur Operation bei Paraplegie infolge von Wirbelfractur einige 
Sätze aufstellen darf, so würden dieselben folgendermaassen lauten: 

1. In frischen Fällen ist überhaupt ein blutiger operativer Ein¬ 
griff nicht vorzunehmen; ausgenommen es sei eine Comminutiv- 
fractur des Bogens da, welche vermuthen lässt, dass Fragmente in 
das Rückenmark eingedrungen sind (Fall von Pöan). 

Sonst haben wir in frischen Fällen uns vielmehr mit einer 
orthopädischen Behandlung zu begnügen, mit guter, fester Lagerung. 
Neuerdings ist die Suspension viel angewandt worden, über welche 
ich mir kein Urtheil erlauben kann, welche aber gewiss auch ihre 
Gefahren hat. 

2. Bleibt die Rückbildung der Lähmung aus und besteht zu¬ 
gleich eine Deformität, welche auf eine Fractur und Depression des 
Bogens hindeutet, so kann die Operation versucht werden. Ueber 
den Zeitpunkt aber, wann man die Operation empfehlen soll, lässt 
sich eine allgemeine Regel bis jetzt nach meiner Ansicht nicht 
geben, die Fälle sind ausserordentlich verschieden, es ist dies von 
Fall zu Fall nach dem jeweiligen Verlauf zu beurtheilen. Eine 
schematische Regel, wie sie Lauenstein gegeben hat, ist unter 
allen Umständen abzulehnen. 

3. Am aussichtsvollsten und relativ am meisten indicirt 
dürfte das chirurgische Eingreifen bei Fracturen an den Lenden¬ 
wirbeln, speciell unterhalb des ersten, sein. 

4. Man hat dann noch die Indication aufgestellt, dass man die 

Wirbelsäule trepaniren soll, um die Blutergüsse zu entfernen, 
die sich in den Wirbelkanal bei Wirbel fracturen ergiessen. Diese 
Indication ist durchaus aufzugeben, wie auch schon mehrfach von 
Anderen betont ist, da die Entfernung der Blutergüsse aus dem 
Wirbelcanal durch eine so enge Oeffnung nicht möglich, ist und 
ausserdem diese Blutcoagula an und für sich das Rückenmark 
wenig schädigen. _ (Schluss folgt} 

IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Geheim¬ 
rath Prof. Dr. Hahn im städtischen allgemeinen Kranken* 
hause im Friedrichshain zu Berlin. 

Zur Diphtheriebehandlung. 1 ) 

Von Carl Weibgen, Assistenzarzt. 

Zu den brennendsten Fragen auf therapeutischem Gebiete ge- 
hort noch immer die Behandlung der Diphtherie. Die mannig- 
a igsten Versuche experimenteller oder rein empirischer Natur 
haben bisher die specifische Bekämpfung dieser verderblichen 
Krankheit nicht gefördert, und wie zu allen Zeiten stehen 
wir^auch^ heute noch dieser Seuche fast machtlos gegenüber. 

Berlins amV Ma? imT™" ™ der frei ° n Vereini S" n S der Chirurgen 


No. 3 


Indess sind wir doch auch auf diesem Gebiete nicht oha 
jeden Erfolg geblieben. Die Verbesserung der hygienischen Vej 
hältnisse in grösseren Krankenanstalten und die sorgfältige Dura 
führung einer schonenden, individualisirenden Behandlung hat auf m 
Mortalitätsstatistik der Diphtheriepatienten einen unzweifelhaft günsti 
gen Einfluss ausgeübt, und ein eingehendes Studium desBeobachtungs 
materials in dieser Richtung lehrt aufs deutlichste, dass geraa 
bei der Diphtherie die Suche nach specifischen Mitteln nicht al 
alleinige Aufgabe einer rationellen Therapie angesehen werde; 
darf. Von diesem Gesichtspunkte aus dürfte es daher wohl voi 
Interesse sein, über die Behandlung der Diphtherie in einem grossei 
Krankenhause mit reichem und mannichfaltigem Material, wie e 
das städtische allgemeine Krankenhaus im Friedrichshain bietet 
Näheres zu erfahren, und ich folge gern einer gütigen Aufforde 
rung meines verehrten Chefs, des Herrn Geheimrath Hahn, üb© 
die Art, wie zur Zeit die Diphtherie in der seiner Leitung sei' 
dem Jahre 1880 unterstellten äusseren Station jener Anstalt be 
handelt wird, zu berichten. 

Seit dem Jahre 1880 ist, was die medicamentöse Behandlung 
anlangt, auch hier alles in Anwendung gebracht worden, was it 
theoretischer wie praktischer Hinsicht irgend welche Wirkung 
gegen die Seuche versprach. Sehr lang ist die Reihe der so nacl 
und nach angewandten Medicamente. So wurde inhalirt mit Milch¬ 
säure, Essig, Eucalyptol, 01. Terebinthinae, Thymol; insufflirt mit 
Thiorescin, Calomel. Zum Gurgeln wurde Milchsäurelösung be¬ 
nutzt. Als Mittel zum Pinseln wandte man eine Zeit lang Ar¬ 
gentum nitricum, Tct. Ratanhiae, Tannin, Wasserstoffsuperoxyd. 
Essig, Alcohol absolutus, Sublimat, Acid. salicylicum und Zincum 
sulfuricum an. Innerlich wurden Versuche mit 01. Terebinthinae, 
Hydrargyrum cyanatum und Kali chloricum gemacht. Subcutan 
gab man Pilocarpin und Apomorphin. Auch versuchte man Ein¬ 
reibungen mit Ungt. cinereum und Transfusionen mit Kochsalz¬ 
lösung. 

Alle diese Mittel wurden mit der Zeit als unwirksam ver¬ 
lassen. Seit dem Jahre 1891 wendet deshalb Herr Geheimrath 
Hahn folgende Therapie an, welche sowohl in ihren Grundzügen wie 
in ihren Details bis heute noch die gleiche ist und sich während 
ihrer nunmehr dreijährigen Anwendung als die bis jetzt zweck- 
mässigste bewährt hat. 

Jeder Patient erhält, wenn nicht die sofortige Vornahme der 
Tracheotomie nöthig erscheint, um den Hals einen Priessnitz- 
Umschlag oder eine Eiskravatte, daneben Eisstückchen zum Schlucken. 
Bei Diphtherie des Rachens und der Nase ohne Betheiligung des 
Kehlkopfs wird stündlich mehrere Male mit einer 4 °/o Kali chlori- 
cum-Lösung oder, wenn starker Foetor besteht, mit einer V 4 °/oo 
Kali permanganicum-Lösung gegurgelt. Diejenigen, welche aus 
irgend einem Grunde nicht gurgeln können, namentlich die kleinen 
Kinder, werden unter den Spray gelegt. Gewöhnlich geben wir 
reines Wasser als Dampf. Zeigt sich aber die Bildung zäher 
Schleimmassen oder Membranen in den Luftwegen, so wird dem 
Dampfstrahl eine Kochsalzlösung oder Aqua calcis zugesetzt. 

Die Nasendiphtherie behandeln wir mit Ausspritzungen, wozu 
lauwarme 2 % Borsäure oder V4 °/oo Kalium permanganicum-Lösung 
genommen werden. Bei starken Blutungen aus der Nase werden 
diese Lösungen eiskalt genommen, und hilft dieses nicht, so wird 
für kurze Zeit tamponirt, bei Kindern meist mit einer schwachen 
Jodformgaze oder, wenn sie noch sehr klein sind, mit steriler Gaze. 

Die gleiche Behandlung lassen wir auch den mit Mischinfec- 
tion behafteten Kranken zu theil werden. Hier kommen nur noch 
Ausspülungen des Dickdarms mit lauwarmer 2°/oiger Borlösung hin¬ 
zu, die bei ausgesprochen septischem Stuhl vorgenommen werden, 
und zwar alle 2—3 Stunden. Diese Auswaschungen waren meist 
von einem auffallend guten, freilich meist vorübergehenden Erfolge 
begleitet. Das Allgemeinbefinden besserte sich oft sichtlich. 

Die Allgemeinbehandlung aller Diphtheriekranken, namentlich 
aber der septisch Erkrankten, besteht in der Darreichung sehr 
grosser Mengen von Alkohol, besonders Sherry, Cognac und 
Champagner. Daneben bekommen die Kinder häufig Anspritzungs¬ 
bäder. 

Kommen die Kranken mit Stenosenerscheinungen in die An¬ 
stalt, so wird, wenn es der Zustand nur irgend zulässt, zunächst 
der Spray in Anwendung gebracht. Nicht selten erholen sich die 
durch den Transport angegriffenen Kinder unter dem Wasserdampf 
bald so weit, dass eine Operation nicht nöthig wird. Namentlich 
aber sahen wir bei älteren Kindern auf diese Weise selbst hoch¬ 
gradige Stenosenerscheinungen zurtickgehen. 

Ist aber die Dyspnoe hochgradig, das Kind schwach und be¬ 
nommen, zeigen sich bei inspiratorischem Stridor die bekannten 
tiefen Einziehungen im Jugulum und Epigastrium, so wird operirt. 
Eine neben der Larynxstenose bestehende Pneumonie gilt nicht als 
Contraindication für die Tracheotomie, wohl aber hochgradige Sepsis 
mit nicht ausgesprochener Larynxstenose. 



Original fro-m 

UNIVERSITf OF MICHIGAN 



19.. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


597 


Die Athemnotli rührt bei den Kranken mit septischer Infeotion 
meist nicht so sehr von einer Stenose durch den diphtherischen 
Process her, da hier die Erkrankung auffallend -wenig Tendenz 
oder wegen der Schwere der Allgemeininfection keine Zeit hat, 
auf den Kehlkopf überzugehen, sondern ist die Folge der Ällge- 
meinvergiftung des Körpers und der daraus resultirenden Herz¬ 
schwäche. Mit Excitantien, Narcoticis und dem Dampfspray er¬ 
reichen wir hier mehr als mit der Tracheotomie. _ 

In der weitaus grössten Mehrzahl der Fälle wird in diesseitiger 
Anstalt die Traeheotomia inferior gemacht 1 ). Ueber die Gründe, 
die uns zur Bevorzugung dieser Operation bestimmen, hat Neu¬ 
mann 2 ) bei anderer Gelegenheit bereits berichtet. 

Als Canülen benutzen wir silberne, mit Innenrohr. Nach der 
Operation pflegen wir die Trachea nicht mit Federposen zu be¬ 
handeln, da eine dadurch bewirkte Epithelverletzung eine neue 
Pforte für die weitere Infection bilden kann. Wir benutzen die 
Feder nur, um geeigneten Falls durch Berühren der Trachealwand 
einen Reiz auszuüben, damit das Kind lose Membranen oder etwa 
eingeflossenes Blut aushustet. Bestehen Groupmembranen, die die 
Trachea und Bronchien zu verstopfen drohen, so geben wir zum 
Wasserdampf, wie schon oben gesagt wurde, Kalkwasser oder 
Kochsalzlösung. Sieht man solche Membranen in der Wunde 
flottiren, so werden sie mittels Pincette gefasst und vorsichtig 
herausgezogen. Weitere mechanische Eingrifle in dieser Richtung 
werden bei uns nicht gemacht. 

Nach Einführung der Canüle wird diese in bekannter Weise 
mittels eines Bändchens um den Hals befestigt, die Wunde mit 
einem feuchten, in fünfprooentige Carbollösung getauchten Gaze¬ 
tupfer ausgewischt, mit einem trockenen sorgfältig ausgetupft, mit 
Jodoformpulver eingepudert und mit Jodoformgaze tamponirt. 
Ueber die Wunde und zugleich unter das Schild der 
Canüle wird eine aus Gazelagen gebildete Compresse, die auf der 
der Wunde zugekehrten Fläche mit Borsalbe bestrichen ist, gelegt, 
damit das aus der Canüle fliessende Secret von der Wunde fern 
gehalten wird. Ueber die Canülenöffnung wird eine zweite Gaze- 
compresse gehängt. Sofort wird dann das Kind in’s Bett gebracht 
und der Dampfstrahl eines schon vorbereiteten Sprays über die 
Canülenöffnung geleitet. 

Die Operationswunde wird täglich frisch mit Jodoformäther¬ 
gaze tamponirt, die Gazecompressen je nach Bedürfniss noch öfter 
gewechselt. Nach Entfernung der Canüle lassen wir die Wunde 
durch Granulationen sich schliessen. 

Der Operirte liegt in den ersten drei Tagen fortwährend unter 
dem Spray. Am vierten Tage wird der Spray öfter ausgesetzt, 
durchschnittlich vom fünften Tage ab weggelassen. Tritt die Bil¬ 
dung von Croupmembranen auf, so ist der Spray länger nöthig, 
und wir setzen dann dem Dampfstrahl Kochsalzlösung oder Kalk¬ 
wasser zu. 

Die Aussencanüle bleibt der Regel nach bis zum definitiven 
D 6 canulement andauernd liegen, die Innencanüle wird je nach Be¬ 
dürfniss zwecks Reinigung gewechselt. 

Die definitive Entfernung der Canüle geschieht durchschnitt¬ 
lich am fünften bis sechsten Tage nach der Operation. Oefter 
konnten wir sie schon am vierten Tage entfernen. Die Möglich¬ 
keit eines so frühzeitigen Döcanulements schreiben wir der fast 
-durchweg vorgenommenen Traeheotomia inferior zu, eine Ansicht, 
die durch statistische Daten, wie sie Neumann 3 ) aus diesseitiger 
Anstalt angiebt, gestützt wird. Es wird dort ausgerechnet, dass 
bei Traeheotomia inferior in 70 % die Canüle spätestens am sechsten 
Tage entfernt werden konnte, während bei der superior dieses nur 
in 45% möglich war. Um das Döcanulement möglichst unbeob¬ 
achtet vom Patienten vorzunehmen und diesen zugleich zu ver¬ 
anlassen, einige kräftige Athemzüge durch den nunmehr wieder 
dem Gebrauch freigegebenen Larynx zu machen, halten wir dem 
Patienten eine brennende Kerze vor, ziehen schnell die Canüle 
heraus und zwingen ihn durch eifriges Zureden, das Licht auszu¬ 
blasen. Gelingt es, so wird diese Procedur gleich noch einige 
male wiederholt. Erst viel später veranlassen wir die Kinder zum 
Sprechen. Die Kinder, welche sich ganlicht von der Canüle ent¬ 
wöhnen lassen, gehen mit derselben aus der Anstalt, und wir 
setzen die Entwöhnungsversuche dann erst nach Ablauf einiger 
Monate fort. 

Entleert sich aus der Canüle infolge eines durch dieselbe be¬ 
wirkten Decubitus blutig gefärbtes Secret und ist dieser Zustand 
ein [dauernder, so wird die Canüle durch eine von anderer Länge 
oder anderer Weite ersetzt. Schafft das keine Abhülfe, so wird 
-das ursprüngliche Rohr mit einem Gummidrain, das unten etwas 

*) Ueber unsere Versuche mit der Intubation, die wir verlassen 
haben, hat J. Schwalbe in der Deutschen medicin. Wochenschrift 1891, 
No. 14, bereits Mittheilung gemacht. 

*) Deutsche medicin. Wochenschr. 1893, No. 4. 

*) 1 . c. 


überstoht, überzogen. Oefter musste man auch aus dieseni Grunde 
zur Einführung eines Gummidrains an Stelle der Metallcanülö 
schreiten. Befanden wir uns sohon am dritten Tage nach der 
Operation, so wurde, wenn sonst die Verhältnisse es gestatteten, 
der Versuch des DöcanulemCnts gemacht. 

Bei Lähmung der Kehlkopfschliesser muss, wenn Speisetheile 
in. die Luftröhre eindringen, die Canüle wieder eingeführt werden. 
Sie dient dann als Stütze für einen kleinen Tampon aus Press¬ 
schwamm, den wir in die Regio infraglottica einlegen und mittels 
eines herausgeleiteten Fadens an das Schild der unterhalb des 
Schwammes gelegenen Canüle befestigen. Daneben wenden wir 
den faradischen Strom zu beiden Seiten des Kehlkopfes an. Nicht 
selten ist es endlich, dass die Ernährung durch die Schlundsonde 
erforderlich wird. 

Dieses sind die Grundzüge, nach denen die Behandlung der 
Diphtherie im Krankenhause im Friedrichshein seit nunmehr drei 
Jahren geleitet wird. Die in den letzten 14 Jahren gemachten 
Erfahrungen haben uns bisher ganz von einer specifischen Behand¬ 
lungsart abkommen lassen und uns einer Therapie zugeführt, die Tn 
hygienisch-diätetischen Maassnahmen ihr vornehmstes Ziel hat. 

Die von uns erzielten Heilungsresultate möge folgende tabellari¬ 
sche Uebersicht über alle vom Jahre 1880 bis zum 1. April 1894 
auf der äusseren Station behandelten Diphtheriekranke zeigen. 

Tabelle I. 


Jahr 

Behandelt 

Davon 

geheilt 

Heilung 
in % 

Davon wt 

Summa 

iren tra 

geheilt 

cheotomirt 
Heilung 
in % 

1880 

191 

88 

46 

107 

22 

.20,5 

1881 

182 

72 

40 

95 

18 

18,9 

1882/83») 

312 

148 

47 

158 

39 

24,7 

' 1883/84 

385 

171 

44 

190 

-63 ' 

33.2 

1884/85 

341 

164 

48 

147 

45 

30,6 

1885/86 

322 

164 

51 

145 

37 

25.5 

1886/87 

345 

200 

58 

176 

64 ; 

36,4 

1887/88 

287 

188 

66 

117 

41 

35,0 

1888/89 

330 

223 

68 

124 

41 

33,0 

1889/90. 

317 . 

190 . 

. 60. 

. 139.... 

;...45 

32,4 

1890/91 

276 

137 

. 50 

144 

43 

29,9 

1891/92 

323 

. 208 

64 

.144 

66 

45,8 

1892/93 

411 

251 

61 

116 

53 

45,7 

1893/94 

549 

346 

63 

155 

62 

40,0 


Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass die Anzahl 
der Geheilten von allen Behandelten stetig gewachsen ist. Sie 
steigt von durchschnittlich 44% der ersten Jahre auf durchschnitt¬ 
lich 62°/o der letzten drei Jahre. 

Ein noch grösserer Fortschritt in den Heilungserfolgen zeigt 
sich bei der Betrachtung der. operirten Kranken. Während der 
Heilungsprocentsatz hier in den ersten drei Jahren durchschnitt¬ 
lich 21% betrug, erreichte derselbe nach allmählichem Anstieg in 
den letzten drei Jahren eine Höhe, von 43%. 

Tabelle II. 

_1891/92._ ■ 


Krank¬ 

heitstag 

Summe 
der Be¬ 
handelten 

Geheilt 

Heilung 
in % 

Davon u 

Summa 

raren track 

Geheilt 

eotomirt. 
Heilung 
in ü /o 

I 

75 

54 

72 

22 

9 

41 

n 

51 

31 

61 

33 

15 

45 

m 

56 

33 

59 

30 

15 

50 

IV 

29 

15 

52 

16 

7 

44 

V 

23 

8 

35 

9 

3 

33 

oo 

40 

21 

53 

32 

13 

41 

Summa 274 

162 

59 

1892/93. 

142 

62 

44 

I 

91 

61 

67 

23 

11 

48 

II 

68 

43 • 

63 

26 

11 

42 

III 

62 

33 

53 

22 

9 

41 

IV 

.30 

19 

63 

18 

12 

67 

V 

16 

4 

25 

6 

— 

— 

oo 

45 

25 

56 

21 

10 

48 

Summ 

a 312 

185 

00 

S.g 

£ 

116 

53 | 

46 

I 

134 

94 

70 

34 

11 

32 

II 

73 

50 

68 

18 

10 

56 

III 

117 

69 

69 

42 

18 

43 

IV 

68 

31 

46 

•22 

6 

27 

V 

31 

17 

55 

10 

4 

40 

oo 

60 

31 

52 

29 

13 

45 

Summ 

& 483 

292 

60 

155 

62 

40 


i) l. Januar 1882 bis 31. März 1883. Die folgenden Zeitangaben 
gelten immer vom 1. April bis 31. März des folgenden Jahres. 


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Original frts-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






m 


W-QCfflSKSOÖKIFT, 


■ Höf 




in TabetUe 11, alin wr^en boUiMja^ltoi! Kinder j sonmt btduin fiel tum. Tabelle V -und VI sagen. «war 

bis «um zwölften iMhonsjabr inclusive umfasst., sind die Kranken ; Erfolg« itti* '0esammtrc>su]t.at, • Mroikib 62%; r«sstb .65%, was da 

der letzten dm Jahre nach dar Zeit geordnet, -welch# «in :or . bei SerumMt^ndlimg erzielte um 10% re?p, 7% untö-sdmbt# 

fOinlioforüng iß dir Anstalt .schon krank ■«'n^n l»d : die Angaben der j ckndi sind ' r dagogbi) • in aiien drei ^usämmeustelllui^en bei de 
Ar.pidnSri^Hi! meist Mn&ötiau sind und ans dem Krankmijoufsmien ; uperirten Kindern bessere Hmlmigsm ioige xü VHizoielinon, hühiItö' 
a:i»di Hiebt ersehen werden kann, zu welcher Stunde >im lad jeden d<m : 56%.- 62%,• v*2% gegenüber den 44% ln Tahtdlo HL Out: nn 
']%« die Ifmlieleniug erfolgte, ho ist mit I m d»w JinbHk ..Krank- : die. mit Honimbelumdluiift evrbidbtoi zum Tludl noch iilmrtFe.flhii- 
heifc8t.ug 4 em grosserer %ni träum gemeint, idimJieh Stirndcn j sind die HidlungseiTolfte bei dein iüV B'öguiü.' der Erkrankung in df 

vor der Anluubum, Mit. II sollen zwei Tage, mit Ul drei Tuge Anstalt gebriuditfth pHtienfeu. Hs stehen den Ul % Hö-tfuhgri] ml 
und mit, ^ sechs liis vierzehn Tage vor der IhnUefmmg erkrankt ! Heilserum an dem Kraukheifcstago, den wir oben mit ! bezoiehpcfcfi 
ausgmfdle.kt wurden. 1 79% resp. .00°/«* r**p. 1**5% gegen«her und femor den 60% de. 

I)iese ZusaiiimensteHime zid^t, dass je früher die Kinder paeh { KranUheitsta^es II 76% v'wpi-47% r«*|*.-, 82%. 

Beginn der Erkrankung in die Anstalt sb» linwlluue komm» »i. desto • Au* dteMin lUd-rnuh tätigen ist man Wohl hure*. 14igi ; . «Ion Sihia& 

grösser die Aussiehi auf Heilung ist Im s -A-coma > * ttvMm • m sieben, dass, bei einen» gutartigen Charakter der iSphloirui 

innerhalb der drei letzten Jahre.-bei uns tblgriftjb* 'Heild&gHr^hTtatH ; )feilungertrsuJtato erzielt werden, welche denen, cUo mit der Snmm 

hahajidhuig in unserer Anstalt erreicht sind, 'deichkomwoh, um 
dass man zu wuem ^ewi^eu UrtUei] über den Wurth diese* neticj 
H eil Verfahrens er^t kaim, wenn nbdit nur die Zahl der 

Behandeiton mne vtkl ^rüssere gbwtmhm bat, sondern auch ihn 
Zeitraum, innorhaili dessen mji ei rfc wird,. sich'••'über ■ .eltteh &!&&&} • 
Ti teil des Jalu’ös erstreikt, 


«u'ziidt: 

K fjuikiieUsii^ j 

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Im rebrmir und Mürz dieses Jahres•-.wurde aUeii auf unsöi-er 
HIlilitkerte.-'Aatjiui eine Anzahl K«ulor bis zum. zwbJftim Hrdmusjahiv 
iiHd.. niif Xifplvtbor.iehiu.lfiHfiun behandele Eif wdre.n, im goilzKu 
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19. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


699 


gewöhnlichen Form vertragen, durch Darreichung grosser Quanti¬ 
täten von rohem Fleisch 1 ) „vollständig heilen“. Blutklystiere 
bilden nach Antig und nach Teissier „die wirksamste Behand¬ 
lung der Chlorose“. Sie bewirken nach diesen Forschern eine be¬ 
trächtliche Steigerung in der Ausscheidung des Harnstoffes und der 
Phosphorsäure, eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen, eine 
Hebung des Appetits, beträchtliche Zunahme des Körpergewichts 
der Euphorie, der Kräfte und der Röthung der Schleimhäute und 
Wangen. 

Von bluthaltigen Gerichten, welche schon oft empfohlen 
worden sind, nenne ich Blutsuppe, Blutwurst und Blutkuchen, 
welche man in den Ostseeprovinzen Palten nennt und, falls sie 
mit Hülfe von Grütze bereitet worden sind, als Delikatesse be¬ 
trachtet. Während heutzutage die Roth- oder Blutwurst ein 
Nahrungsmittel ist, welches seiner Billigkeit wegen namentlich von 
den ärmeren Klassen massenhaft genossen und von niemand ver¬ 
dammt wird, hat diese Wurst früher zu den aufregendsten Scenen 
Anlass gegeben. Der morgenländische Kaiser Leo IV (886—911) 
sah sich veranlässt, gegen dieselbe folgende Verordnung zu er¬ 
lassen: „Wir .haben in Erfahrung gebracht, dass die Menschen so 
toll geworden sind, theils des Gewinnes, theils der Leckerei willen 
Blut in essbare Speise zu verwandeln! Es ist uns zu Ohren ge¬ 
kommen, dass man Blut in Eingeweide wie in Röcke einpackt und 
so als eift gewöhnliches Gericht dem Magen zuschickt. Wir können 
dies nicht länger dulden und nicht zugeben, dass die Ehre unseres 
Staates durch eine so frevelhafte Erfindung bloss aus Schlemmerei 
fresslustiger Menschen geschändet werde. Wer Blut zu Speisen 
umschafft — er mag nun dergleichen kaufen oder verkaufen —, der 
werde hart gegeisselt und zum Zeichen der Ehrlosigkeit bis auf 
die Haut geschoren. Auch die Obrigkeiten der betreffenden Städte 
sind wir nicht gesonnen, frei ausgehen zu lassen, denn hätten sie 
ihr Amt mit mehr Wachsamkeit geführt, so hätte ein solche Un- 
that nicht begangen werden können. Sie sollen ihre Nachlässigkeit 
mit zehn Pfund Goldes büssen.“ Gott sei Dank, dass wir heute 
unseren Patienten ungestraft Rothwurst verordnen können! Ein 
bei der Darstellung derselben häufig begangener Fehler ist das zu 
starke Räuchern, wobei das Hämatin unter Einwirkung der Sub¬ 
stanzen des Rauches zu steinharten Klumpen verklebt, welche 
völlig unverändert mit dem Kotho abgehen. 

In England und Amerika, wo die Rothwurst nicht dieselbe 
Popularität geniesst, deren sie sich in Deutschland erfreut, hat man 
aus Blut die verschiedensten Patentmedicinen nach moist geheim¬ 
gehaltenen. Methoden hergestellt, welche Hämoglobin oder 
Hämatin in flüssiger Form enthalten. In Italien hat dieTrefusia 
des Apothekers Cav. Luigi d’Emilio 1885 viel von sich reden ge¬ 
macht. Dieselbe besteht aus vorsichtig zur Trockne gebrachtem 
Blut. Gleichzeitig empfahl in Frankreich Deschiens ein analoges 
Präparat. In Deutschland hat Hommel ein flüssiges und D ah men 
ein pulverförmiges entsprechendes Präparat empfohlen. Hommel 
bezeichnet das seine unerlaubter Weise als Hämatogen, obwohl es zu 
Bunge’s Haematogen in gar keiner Beziehung steht. Dahmen 
hat den Namen Häm alb umin gewählt, während andere dasselbe 
Präparat als Sanguinal bezeichnen. Pfeuffer in München bringt 
Pastillen und ein Extract in den Handel, welche reich an un¬ 
tersetztem Hämoglobin sind. Für alle genannten Präparate 
liegen Beobachtungen am Krankenbett vor, welche die Brauchbar¬ 
keit derselben darthun sollen und zum Theil auch wirklich dar- 
thun. Man könnte daraufhin daran denken, reines krystalli- 
sirtes Hämoglobin, wie dieses namentlich von Dr. Grübler 
in Leipzig in ausgezeichneter Qualität in den Handel gebracht 
wird, ärztlich zu verordnen; jedoch sind mir Versuche damit am 
Krankenbett bis jetzt fast nicht bekannt geworden; auch ist der 
Preis des Präparates naturgemäss ein hoher, der Geschmack 
schlecht und die Haltbarkeit eine geringe. Einer der wenigen 
Experimentatoren über dasselbe, Pietro Castellino, fand 1890,dass 
dasselbe schnell und gleichmässig resorbirt wird, die Verdauung 
nicht belästigt und rasch den Hämoglobingehalt des Blutes ver¬ 
mehrt. Von den Autoren, welche sich gegen die Darreichung von 
Hämoglobin und seinen Präparaten zu therapeutischen Zwecken 
ausgesprochen haben, ist Gherardini zu nennen, welcher, gestützt 
auf seine Versuche am Magenfistelhund, 1890 von neuem auf die 
längst bekannte Thatsache hinwies, dass das Haeinoglobin im Magen 
quantitativ in Haematin umgewandelt wird und dass man daher 
bei der Darreichung von Hämatin ja ebenso weit komme. 
Aber auch diese Darreichung sei werthlos, da das Haematin un- 
resorbirbar sei, die Darmwandungen in Gestalt einer theerartigen 
Masse verschmiere und bei subcutaner Injection vom Organismus 
nicht aufgespeichert oder gar zu Haemoglobin verwendet, sondern 


*) Der Gehalt desselben an Hämoglobin ist nach den Untersuchungen 
meines Schülers Georgenburger nicht unbedeutend, selbst wenn die 
Thiere in vorschriftsmässiger Weise beim Schlachten entblutet wurden. 


sofort wieder ausgeschieden werde. Ich bin durch mehrjähriges 
eingehendes Studium dieser Frage zu der Ansicht gekommen, dass 
diese Behauptung nur für den Fall ungeschickten Vorgehens richtig 
ist, während bei richtiger Form der Darreichung Präparate, 
welche das Eisen in einer zwischen Hämoglobin und 
Hämatin stehenden Form enthalten, wohl resorbirbar 
sind und zuin Aufbau von Hämoglobin verwendet werdon 
können. Allerdings fand ich dazu weder das reine Hämoglobin, 
noch das reine Hämatin am geeignetsten, sondern gewisse Um* 
wandlungsproducte des Blutes, über die ich mich, um den Collogen 
in der Praxis verständlich zu werden, etwas ausführlicher aus¬ 
sprechen muss. 

Alle Forscher, welche sich in neuerer Zeit mit den Vorgängen im 
Darm eingehender beschäftigt haben, betonen, dass der Speisebrei im 
ganzen Dünn- und Dickdarm reducirenden Einflüssen, welcho von 
den anaöroben Darmbacterien ausgehen, unterliegt. Man muss also zu¬ 
geben, dass auch der sicher zur Resorption gekommene Antheil des 
Hämoglobins bei mit blutigem Fleisch gross gezogenen Hunden redu¬ 
cirenden Einflüssen ausgesetzt gewesen ist; ja, Georgonburger neigt 
sich der Ansicht zu, dass diese Rcduction bis zur Stufe des Hämo- 
chromogen gehen kann. Falls es nun gelänge, durch Einwirkung redu- 
cirender Agentien extra corpus den Blutfarbstoff geschmackloser und 
weniger geneigt eine theerartige Consistenz anzunehmen, zu machen, so 
dürfte ein solches Präparat von vornherein vor Blut und Hämoglobin den 
Vorzug haben, besser einnehmbar zu sein, die Verdauung weniger zu be¬ 
lästigen und vermuthlieh sogar besser resorbirbar zu sein. Bei sehr zahl¬ 
reichen Versuchen, den Blutfarbstoff mit den verschiedensten reducirenden 
Stoffen zu behandeln, sind nun von mir bis jetzt dio nachstehenden Stoffe 
als die einzig für die ärztliche Praxis brauchbaren aufgefunden worden. 

Hämo gal lol entsteht, wenn man stromafreie concentrirte Blut¬ 
lösung vom Rind mit concentrirter wässeriger Lösung von Pyrogallol im 
Ueberschuss versetzt. Der sich augenblicklich bildende rothbraune Nieder¬ 
schlag wird unter möglichstem Abschluss des Luftsauerstoffes auf dem 
Saugfilter erst mit Wasser gewaschen, bis das Filtrat auf Höllenstein¬ 
lösung nicht mehr reducirend einwirkt, und dann auch noch mit Alkohol 
und sodann bei möglichst niedriger Temperatur getrocknet. Es ist ein 
rothbraunes, in Wasser völlig unlösliches, geschmackloses Pulver, welches 
beim Auskochen mit Alkohol, welcher 7% Schwefelsäure enthält, seinen 
gesammten Gehalt an Blutfarbstoff in Form von Hämatin abgiebt, und 
zwar muss dieser, als Hämoglobin berechnet, mindestens 45 ® o der ur¬ 
sprünglichen Substanz ausmachen. Das beste Lösungsmittel für Hiiino- 
gallol (ohne Erhitzen) ist Verdünnte, nicht über einprocentige, frisch dar- 
gestellte wässerige Solution von Natriumsuperoxyd. 

Dass das Hämogallol in der That resorbirbar ist, wurdo 
auf drei verschiedene Weisen dargethan. Zunächst wurde von 
Busch bei constanter Diät die Eisenmenge des Harns längere Zeit nach 
einer sehr genauen, von Damaskin ausgearbeiteten Methode geprüft 
und gefunden, dass Eingeben von Hämogallol die Monge des fest ge¬ 
bundenen Harneisens wesentlich steigert, während nach Kumberg die 
gewöhnlichen Eisenpräparate der Pharmakopoe keine Steigerung bewirken. 
Dieses Plus an festgebundenem Hameisen kann nur aus dem resorbirten 
Hämogallol stammen. Ein weitaus grösserer Theil des resorbirten Eisens 
verlässt den Organismus durch die Darmschleimhaut; dieser Theil lässt 
sich aber bei innerlicher Darreichung von Eisenpräparaten nicht feststellen. 
Ein zweiter Beweis der Resorbirbarkeit des Hämogallols wurde von 
Medalje und von Georgenburger am Stadel mann ’schen Gallenfistel¬ 
hund erbracht, dessen Gallenmenge und Gallenfarbstoffmonge nach -Ein¬ 
gabe grosser Dosen von Hämogallol Zunahmen, indem der für den Orga¬ 
nismus nicht verwerthbare Ueberschuss von rosorbirtem Hämogallol ganz 
so wie nach Gorodetzki intravenös oder subcutan eingespritztes Hämo¬ 
globin zum Theil in Gallenfarbstoff umgewandelt wurde und eine. Steige¬ 
rung der Gallenmenge und Bilirubinmenge bedingto. Der dritte und 
wichtigste Beweis der Resorbirbarkeit des Hämogallols wurdo dadurch 
erbracht, dass das Präparat bei zahlreichen blutarmen und chlorotischen 
Patienten in ausgezeichnetster Weise zur Besserung ihres Krankheits¬ 
zustandes beitrug. Ein ausführlicher Bericht darüber soll domnächst er¬ 
scheinen. 

Dass das Hämogallol, selbst bei längerer Darreichung sehr grosser 
Dosen, ja selbst bei intravenöser Injection in’s Blut bei Thieren keinerlei 
Vergiftungserscheinungen hervorruft, wurde durch A. Lipski dargethan. 

Das Hämol ist ein Derivat des Zinkparhämoglobins, welches auf 
folgende Weise gewonnen wird. Schüttelt man stromafreio, nicht zu con¬ 
centrirte Blutlösung (vom Rind) mit chemisch reinem Zinkstaub, so ver¬ 
schwindet die rothe Farbe der Blutlösung nach einiger Zeit, und beim 
Filtriren erhält man eine gelbliche Flüssigkeit, welcho weder Hämoglobin 
noch Methämoglobin noch Hämatin enthält. Dio Gesammtmenge des Blut¬ 
farbstoffes ist vielmehr auf dem Filter geblieben, wo sich natürlich auch 
das etwa überschüssig verwandte Zink vorfindet. Man wäscht nun zu¬ 
vörderst den Niederschlag so lange mit Wasser, als sich noch etwas löst, 
nimmt ihn dann noch feucht vom Filter und suspendirt ihn in sehr viel 
destillirtes Wasser, wobei das überschüssige Zink rasch zu Boden sinkt 
und durch Schlämmen entfernt werden kann. Alles verwandte Zink setzt 
sich jedoch nicht zu Boden, sondern ein Theil desselben hat sich mit dem 
Blutfarbstoff chemisch verbunden zu Zinkparhämoglobin 1 )- Dieser 
von Grahe näher untersuchte Stoff besitzt noch das Spectrum des 
Oxyhämoglobins, aber nicht dessen Löslichkeit in Wasser, im frischen, 
feuchten Zustande sieht das Zinkparhämoglobin je nach der Darstellungs- 
weise roth odor braun aus; nach längerem Aufbewahren oder Trocknen 

l ) Parhämoglobin ist der von Nencki eingoführte Name für in 
Wasser unlösliches Hämoglobin, 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 


600 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2( 


wird es stets braun. Es löst sich in alkalisch reagirenden Alkalisalzen, 
sowie in allen organischen Salzen des Ammons mit schöner rother Farbe 
und kann durch Verdünnung und Neutralisation dieser Lösungen daraus 
wieder gewonnen werden, behält aber seinen Zinkgehalt dabei constant 
bei. Das durch Ausfüllung aus Ammoniumcarbonatlösung gewonnene und 
nochmals auf dem Filter gewascheno Zinkparhämoglobin liefert beim 
Trocknen unter theilweisem Verlust seines Spectrums und seiner Löslich¬ 
keit das als Zinkhämol bekannte Handelspräparat, welches als fast ge¬ 
schmackloses und sehr mildes Zinkpräparat den Vorzug vor Zincum 
valerianieum und anderen zur Resorption bestimmten Zinkpräparaten ver¬ 
dient und gleichzeitig noch dem Blute Material zu neuer Hämoglobin¬ 
bildung zuführt. Es ist besonders für solche Fälle von Chlorose passend, 
wo nach Köslin im Darme multiple, kleine, von Zeit zu Zeit blutende 
Geschwürchen bestehen. Weiterhin ist es ein sehr mildes Stopfmittel 
hei chronischer Diarrhoe. 

Wird die Lösung des Zinkparhämoglobins in kohlensaurem Ammon 
mit nicht zu wenig Schwefelammon versetzt, so füllt das Zink als Schwefel¬ 
zink aus. Dasselbe ist der Fall, wenn man das Zinkparhämoglobin zunächst 
in sehr verdünntem Schwefelammon löst, wobei noch kerne Zersetzung 
eintiitt, und nun weiteres Schwefelammon zusetzt. Das Filtrat vom 
Schwefelzinkniederschlage, vom Schwefelammon durch einen Luftstrom 
befreit und mit Salzsäure vorsichtig neutralisirt, lässt einen graubraunen 
Niederschlag ausfallen, der nach gehörigem Waschen mit Wasser scharf 

S etrocknet das Hämol des Handols liefert. Dieses Hämol ist wie das 
[ämogallol in Wasser unlöslich, löst sich aber in verdünnter Lösung von 
Natriumsuperoxyd, von Schwefelammon und von Cyankalium. Die 
Lösung im letztgenannten Mittel ist Cyanhämatin und hat den für diese 
Substanz charakteristischen Absorptionsstreifen, der mit dem des von mir 
früher beschriebenen Cyanmethämoglobin gleiche Lage hat, ohne dass daraus 
etwa, wie irrthümlich von einem Berliner Forscher geschehen ist, an eine 
Identität von Cyanmethämoglobin und Cyanhämatin gedacht werden dürfte. 
Durch Zusatz von Schwefelammon zur Lösung des Hämols in Cyankalium ent¬ 
steht Hämochromogen. Verreibt man Hämol mit concentrirter Schwefelsäure, 
so entsteht Hämatoporphyrin. Aus der Intensität des Spectrums des Hämo¬ 
chromogen und des Hämatoporphyrins kann man nach Georgenburger 
unter Zuhülfenahme von Lösungen dieser Substanzen von bekanntem Ge¬ 
halt die Menge des im Hämol in Form von Hämatin enthaltenem Blut¬ 
farbstoffs feststellen, nämlich 45—50 % Hämoglobin. Dementsprechend 
beträgt auch der Eisengehalt /des Hämols 0,2 °/o. In dieser Beziehung 
sipd sich also Hämol und Hämogallol sehr ähnlich, denn das letztere liefert 
bei allen drei Untersuchungsmethoden fast dieselben Werthe. Im Magen 
bleibt das Hämol wie das Hämogallol so gut wie ungelöst und behält in 
vorteilhaftem Gegensatz zu Blut seinen Pulvercharakter bei; eine Be¬ 
lästigung der Magenverdauung kann daher durch das Hämol nicht statt¬ 
finden. Im Darmcanal der Patienten wird es unter Einwirkung des 
Pankreassaftes langsam gelöst und theilweise resorbirt; ein anderer Theil 
erscheint im Koth, jedoch — falls nicht unmässige Mengen gegeben 
worden waren — ohne den theerartigen Charakter angenommen zu haben, 
welcher für Blut so bezeichnend ist. Dass das Hämol wirklich 
resorbirbar ist, wurde in analoger Weise wie beim Hämogallol 
nach drei Methoden dargethan. Zunächt wurde von Grahe bei 
eisenarmer Kost festgestellt, dass bei ihm selbst ein Theil des in Form 
von Hämol eingenommenen Eisens durch den Ham wieder zur Aus- 
scheidung kam. Zweitens wurde von Medalje am Gallenfistelhund 
nach Darreichung von Hämol mit der Nahrung eine Steigerung der Aus¬ 
scheidung von Galle und Gallenfarbstoff nachgewiesen. Drittens wurde 
an zahlreichen Patientinnen mit Chlorose die blutbildende Wirkung des 
Mittels direkt constatirt. Dass das Mittel selbst bei intravenöser Ein¬ 
spritzung Tfiiere nicht krank macht, wurde von A. Lipski dargethan. 
Als Lösungsmittel diente wie beim Hämogallol sehr verdünntes Natrium¬ 
superoxyd. 

Unabhängig von mir haben Lang, Forchheimer, Billig 
imd Friedberg die Brauchbarkeit des Hämols und namentlich des 
Hämogallols bei verschiedenartigen Formen von Anämie dargethan. 

IH. Von künstlich dargestellten Eisenpräparaten 
welche unter den Gesichtspunkt der Diätetik fallen, sind zunächst 
die Verbindungen unseres Metalles mit Nahrungsmitteln, wie 
Zucker (Ferrum oxydatum saccharatum), Inulin (Ferrum oxyda¬ 
tum mulinatum), Mannit (Ferrum mannitatum), Dextrin (Ferrum 
dextrinätum), Fetten (Ferrum olelnicum), Eiweiss (Ferrum albu- 
minatum) und Albumosen (Ferrum peptonatum) zu nennen. 

_ Das von Dr. Hornemann in Halle erfundene und mit einem 
Eisengehalt von 3—10% in den Handel gebrachte Zuckereisen 
stellt eine wirkliche chemische Verbindung von oxydirtem Eisen 
mit Rohrzucker vor, ist in Wasser leicht löslich, schmeckt nicht 
tintenartig und ist frei Ton Aotzwirkungen. Es lässt sich sogar 
subeutan und intravenös mjiciren. Bei Thieren wirkt es vom Blute 
aus viel weniger giftig, als z. B. das weinsaure und das citronen- 
saure Eisenoxydnatron, mit denen man früher gewöhnlich zu ex- 
penmentiren pflegte. Das Eisen ist im Hornemann’schen Zucker- 
eisen nicht ohne weiteres den üblichen Eisenreagentien zugängig 
sondern durch die organische Bindung etwa so verdeckt, wie hl 
dem nachher zu nennenden Ferratin. 

. T?“ ®* sene \ w ®i ss Verbindungen giebt es eine sehr grosse 

Anzahl Um wenigstens eins derselben herauszügreifen, sei das 
Ferratm yon Marfori und Schmiedeberg besprochen, welches 
jetzt gerade auf ziemlich ungewöhnliche Weise 1 ) auf den Markt 


gebracht wird. Es wird aus Eiweiss und weinsaurem Eisenoxyd 
natron nach einem patentirten Verfahren hergestellt und soll 6 bis 
10 % Eisen enthalten. Dieses Präparat hat die allgemeine Auf 
merksarakeit nicht nur der Theoretiker, sondern auch der Praktikei 
dadurch auf sich gezogen, dass es als identisch mit dem Leber¬ 
eisen als leicht resorbirbar und als die Substanz bezeichnet wird 
aus welcher sich das Hämoglobin bilde. Nach meinen Unter¬ 
suchungen kann jedoch das Ferratin schon durch die 
Magenverdauung zersetzt werden. Ganz unabhängig vor 
mir sind zu derselben Erkenntniss auch andere Pharmakologen ge¬ 
kommen, von denen ich z. B. Langgaard 1 ) nennen möchte. Nach¬ 
dem diese Zersetzung vor sich gegangen ist, haben wir es über¬ 
haupt nicht mehr mit einem organischen Präparate zu thun. Das 
Hepatin widerstand bei den Versuchen Zaleski’s den Verdauungs¬ 
versuchen mit Magensaft durchaus. Eine Identität von Ferratin 
und Hepatin besteht danach also nicht. Weiter untersuchte ich 
das Verhalten des Ferratins im Organismus bei Einspritzung in’s 
Blut. Zunächst fiel mir dabei nach grösseren Dosen eine 
erhebliche Herabsetzung der Gerinnbarkeit des Blutes 
auf, welche nicht gerade dafür spricht, dass wir es. .hier mit einem 
normalen Körperbestandtheil zu thun haben. Weiter ergab die 
mikroskopische Leberuntersuchung ein sehr bemerkenswerthes Re¬ 
sultat. Während die normalen Leberschnitte bei Untersuchung 
mit Ferrocyankalium und Salzsäure in den von Schneider vor¬ 
geschriebenen Concentrationen keinerlei Farbenreaction ergiebt, 
gab die Ferratinleber genau die Bilder, welche Stender nach 
Einspritzen von weinsaurem Eisenoxydnatron und von Ferrum 
oxydatum saccharatum erhalten und in den Arbeiten meines Insti¬ 
tutes abgebildet hat. Die Nichtidentität des Ferratins mit 
dem normalen Lebereisen der nicht zerstörten Leber er¬ 
hält dadurch eine weitere Stütze. Dass man bei der Be¬ 
handlung der zerriebenen Leber nach der von Marfori be¬ 
schriebenen Methode ein Eisenpräparat erhält, welches sich in 
seinen Reactionen dem Ferratin nähert, soll nicht bestritten werden; 
ich halte es aber für unbewiesen, dass dasselbe in der unzerstörten 
Leber präformirt ist. 

Was die Präparate anlangt, welche das Eisen zusammen mit 
Genussmitteln enthalten, so sind ausser Zucker namentlich 
Bitterstoffe und Alkohol zu nennen. Alle diese Präparate 
enthalten aber das Eisen nicht chemisch gebunden, sondern nur 
beigemischt und sind daher ohne besonderes Interesse für die vor¬ 
liegende Betrachtung. 

VI. Zur Casuistik der Paraffinembolieen bei 
intramusculären Hydrargyruminjectionen. 

Von Dr. W. Harttang in Frankfurt a. 0. 

Ich kann den Blaschko’schen Fällen von Paraffinembolieen 2 ) 
zwei weitere anfügen. Ich habe dieselben nicht früher veröffentlicht, 
weil ich sie nicht so beobachten konnte, wie ich es gewünscht 
hätte; ich möchte nun aber, dass sie wenigstens mitzählen. 

Fall 1. Lieutenant R., Lues von 1889, unterzog sich bei mir_ im 
December des Influenzajahres 1889 einer Hydrargyrumcur wegen eines 
squamösen Handsyphilids. Er erhielt die gebräuchlichen Injectionen von 
Hydrargyrum salicylicum Paraffin-Mischung in der üblichen Weise intra- 
museulär in die Nates; er vertrug dieselben ausgezeichnet. Bei der vierten 
Injection am 19. Januar 1890 bekam Patient im Augenblick, als ich den 
langsam geführten Stempel bis etwa % des Spritzencylinders gebracht 
hatte, einen plötzlichen, äusserst heftigen Hustenanfall, so dass ich schnell 
die Canüle zurückzog und den Patienten aus seiner Bauchlage aufrichtete. 
Gleichzeitig trat ein hochgradiges Angstgefühl ein, die Herzaction wurde 
sehr frequent, die Athmung schnell und oberflächlich. Einige grosse 
Cognacgaben änderten ziemlich schnell diesen bedrohlichen Zustand. Patient 
beruhigte sich allmählich, die Athmung wurde wieder gleichmässig, der 
Puls langsamer, nur der Hustenreiz liess nicht nach. Leider war es mir 
unmöglich, den Patienten, welcher von einer auswärtigen Garnison hierher¬ 
gekommen war, zum Hierbleiben zu bewegen. Er „musste“, wie er sagte, 
nach einer halben Stunde fort, und er verliess mich thatsächlich nach 
dieser Zeit, um gleich darauf eine Stunde mit der Bahn nach Hause zu 
fahren. Nach acht Tagen erhielt ich von ihm eine Nachricht, in der er 
sein Ausbleiben für die weitere Injection entschuldigte, da er an einer 
Influenza heftiger erkrankt sei. Weitere Recherchen ergaben, dass er 
gleich nach seiner Ankunft blutiges Sputum gehabt hatte, das blutig- 
schleimig etwa fünf Tage angehalten hatte. Unter mässigen, kaum febrilen 
Temperaturen hatte sich ein kleines Infiltrat 1. ii. h. gebildet, das All¬ 
gemeinbefinden war nur am Tage der Erkrankung und dem darauf folgenden 
in erheblichem Grade gestört gewesen; nach acht Tagen war eigentlich 
wieder völliges Wohlbefinden eingetreten. 

Als der Kranke nach 14 Tagen wieder zur Injection kam, war nichts 
Pathologisches an den Lungen nachweisbar. Er war erstaunt über die 
Möglichkeit eines so „jähen Einsetzens der Influenza“, war aber doch fest 
überzeugt von der Richtigkeit dieser Auffassung seiner Erkrankung und 
nicht davon abzubringen. 


*) Man vergleiche darüber Apotheker-Zeitung 1894, No. 44, S. 428. 


*) Sitzungsbericht der Hufeland’schen Gesellschaft vom 22. Febr. 1894. 
3 ) Diese Wochenschrift 1892, No. 43. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






19. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


601 


Fall 2. Fräulein H., Lues Juni 1890. Am 17. März 1891 bei einer 
intermittirenden Injectionscur mit Hydrargyrum salicylicum-Mischung (die 
Lues augenblicklich ohne Symptome), eine Injection von 1 g der Mischung 
in der üblichen Weise in die Nates, der Stempel der Spritze sehr langsam 
geführt. Während sich die Kranke aus ihrer Bauchlage erhebt, ein 
äusserst heftiger Hustenparoxysmus von über eine Viertelstunde Dauer 
bei beschleunigter Herzaction, sonst keine Collapserscheinungen. (Ich konnte 
auch diesen Fall, es war eine auswärtige Kranke, nicht weiter beobachten, 
habe aber folgende Notizen über denselben erhalten.) Etwa vier Tage 
lang bei leichten Temperatursteigerungen und blutigem, später schleimigem 
Sputum auscultatorisch katarrhalische Erscheinungen, Rasseln etc. links 
hinten, eine Dämpfung nicht beobachtet; in sechs Tagen alles normal. 

Dass es sich in den beschriebenen Fällen um Paraffin-Hydrar- 
gyrumembolieen handelt, ist ausser Frage; dieselben sind eine 
weitere Stütze für die Behauptung, dass, wenn wirklich eine embo- 
lische Entzündung zustande kommt, die Gefahr, welche diese in- 
volvirt, bei intacten Lungen eine verhältnissmässig geringe ist. 
Die Vorstellung, dass auch von der Lunge das unlösliche Salz 
resorbirt wird wie von den Muskeln, hat trotz der Differenz der 
in Frage kommenden Gewebe durchaus nichts gezwungenes, und 
ebenso wenig die Vorstellung, dass wie in den Muskeln, so auch in 
der Lunge gerade das Hydrargyrum salicylicum verhältniss¬ 
mässig sehr geringe Reizerscheinungen macht. 

Von den Wegen, welche vorgeschlagen wurden, die Embolie 
ganz zu vermeiden, scheint mir keiner sicher zum Ziele zu führen. 
Die nicht gefüllte Canüle einzuführen wäre sehr unzweckmässig, 
und mit einer so stumpfen Canüle, dass ein Gefäss der vordringenden 
Spitze aus wiche, zu arbeiten, wieBlaschko es will, halte ich für 
ganz unmöglich. Auch die an sich ganz zweckmässigen stoss- 
weisen Entleerungen des Spritzeninhaltes, die anstatt einer grösseren 
eine Anzahl kleiner Paraffinquecksilbermengen eventuell in die 
Blutbahn bringen, schliessen die Gefahr einer Embolie oder einer 
ganzen Reihe von Embolieen kurz hintereinander nicht aus. Wir 
müssen eben diese Gefahr mit in den Kauf nehmen, und ich glaube, 
wir können es ganz ruhig bei intacten Lungen mit Rücksicht auf 
die grosse Seltenheit des Zufalls und den sehr bedeutenden Werth 
gerade dieser Form der Hydrargyrumtherapie. 


VII. Zur capillarpyknometrischen Blutunter- 
suchungsmethode. 

Von Dr. Richard Schmaltz. 

Aus einer Bemerkung inThoma’s Lehrbuch der allgemeinen Patho¬ 
logie, S. 306, •) ersehe ich, dass die von mir beschriebene und angewendete 
Methodo zur Bestimmung des specifischen Gewichtes des Blutes 9 ) schon 
früher von einem Schüler Thoma’s, Hühnerfauth, unter Thoma’s 
Leitung bei Thieren angewendet und in dessen Abhandlung: „Einige 
Versuche über traumatische Anämie“ 3 ) beschrieben worden ist. 

Ich halte es nicht für überflüssig, ausdrücklich auszusprechen, dass 
mir Hühnerfauth’s Abhandlung bisher unbekannt gewesen ist und dass 
mir dadurch auch seino Ausführungen über die Verwendbarkeit von 
Capillaren als Pyknometer ontgangcn sind. 

Der Titel der Hühnerfauth’schen Arbeit deutet nicht darauf hin, 
dass in derselben eine neue Untersuchungsmethode beschrieben wird, und 
es ist auch von keinem der zahlreichen Autoren, die in den letzten Jahren 
über das specifische Gewicht des Blutes Untersuchungen angestellt und 
zum Theil dabei die Capillarpyknometer benutzt haben, darauf Bezug ge¬ 
nommen worden. Um so mehr ist es meine Pflicht, selbst nachträglich 
darauf hinzuweisen. 

Dresden, im Juni 1894. 


VIII. Standesangelegenheiten. 

The General Council of Medical Education and Registration. 4 ) 

Die Beziehungen der Staatsgewalt zum ärztlichen Stande 
sind in England sehr lockere; nachdem in den letzten Jahrzehnten 
eine Anzahl von Parlamentsacten die nöthigen rechtlichen Grund¬ 
lagen geschaffen haben, hat der Staat sein Aufsichtsrecht an eine 
mit grossen Befugnissen ausgestattete Selbstverwaltungs-Körper¬ 
schaft, das General Council of Medical Education and Registration, 
übertragen und greift nur in seltenen Ausnahmefällen in deren 
Thätigkeit ein. 

Die Behörde besteht aus 30 Mitgliedern; fünf davon entsendet 
der Staatsrath (privy council), fünf andere sind von den Aerzten 
des Königreiches gewählt (drei in England, je eines in Schottland 
und Irland); die übrigen 20 Mitglieder sind die erwählten Ver- 

') Stuttgart, Enke, 1894. 

9 ) Die Untersuchung des specifischen Gewichtes des menschlichen 
Blutes. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 47, 1890. — Das Verhalten 
des specifischen Gewichtes des Blutes in Krankheiten. Deutsche med. 
Wochenschr. 1891, No. 16. 

®) Virchow’s Archiv Bd. 76, S. 301. 

4 ) Wir werden von Zeit zu Zeit Berichte unserer Specialcorrespon¬ 
denten über auswärtige medicinische bezw. ärztliche Angelegenheiten, dio 
ein allgemeines Interesse erregen, veröffentlichen. D. Red. 


treter der Universitäten und der von alters her privilegirten ärzt¬ 
lichen Körperschaften in den drei Königreichen. An der Spitzo 
der Behörde steht augenblicklich Sir R. Quain. 

Die Thätigkeit des Council umfasst folgende Gebiete; 

1. Die Ertheilung der Approbation (registration). 

2. Die Ueberwachung der ärztlichen Ausbildung. 

3. Ausübung einer Disciplinargewalt über den ärztlichen 
Stand. 

1. Die Aufnahme in das Medical Register steht in ihrer Be¬ 
deutung unserer Approbation gleich. Sie ist nicht gerade unum¬ 
gänglich nothwendig zum Prakticiren, aber nur der Praktiker, 
dessen Name im Medical Register zu finden ist, gilt vor dem Ge¬ 
setz als Arzt. Nur ein solcher hat das Recht, Todtenscheine oder 
andere ärztliche Zeugnisse auszustellen, öffentliche ärztliche Stel¬ 
lungen zu bekleiden, ärztliche Forderungen einzuklagen etc.; auch 
die Aufnahme in medicinische Gesellschaften geschieht in der Regel 
nur, weim der Candidat „duly registered“ ist. Die Eintragung in 
das Register ist an die Absolvirung eines Examens gebunden, und 
da das Council nicht selbst examinirt, so hat es eine Reihe von 
Universitäten und Körperschaften bezeichnet, deren durch Examen 
erworbene Diplome ein Recht auf Registration geben (vorbehalt¬ 
lich der Erlegung gewisser nicht unbedeutender Gebühren). Das 
Medical Register wird jährlich revidirt und neu herausgegeben. 

2. Mit der Ertheilung der Approbation hängt naturgemäss die 
Ueberwachung des ärztlichen Unterrichtes und der Examina eng 
zusammen. Bis vor nicht allzu langer Zeit herrschte auf diesem 
Gebiet grosse Regellosigkeit und Ungleichmässigkeit. Die einzelnen 
privilegirten ärztlichen Collegien und die Universitäten stellten 
ziemlich unabhängig von einander ihre Anforderungen an den 
Studiengang und an die Leistungen der Canditaten fest, und die 
Ausbildung der Aerzte war darum eine sehr ungleiche. Hier hat 
das Medical Council Wandel geschaffen. Man hat die Zeit des 
Studiums fixirt (fünf Jahre seit 1893) und ein Minimalmaass 
von Anforderungen festgesetzt, unter das die Examinatoren der 
einzelnen Collegien nicht heruntergehen dürfen; ausserdem sind 
sehr ins Einzelne gehende Bestimmungen erlassen über den Besuch 
bestimmter Vorlesungen und Curse, über Vorprüfungen etc. Da¬ 
durch ist nicht nur die Ausbildung der Aerzte eine ziemlich gleich- 
mässige geworden, sondern auch das Niveau ärztlicher Bildung in 
England beträchtlich erhöht worden. Nur die Diplome solcher 
Körperschaften, die sich den vom Council festgestellten Be¬ 
dingungen fügen, berechtigen zur Registration; allein das College 
of Physicians hat sich auf Grund seiner alten Freibriefe einen 
Richterspruch erfochten, nach dem sein Diplom (Membership) zur 
Approbation berechtigt, auch ohne dass die Bedingungen des 
Medical Council erfüllt sind. Der Process wurde lediglich zur 
Feststellung der Rechtslage gofülirt; thatsächlich fügt sich auch 
das College of Physicians in die vom Council begründete Ordnung. 

Das Medical Council überwacht nun auch die Examina der 
verschiedenen Körperschaften durch einzelne seiner Mitglieder, die 
als Inspectoren denselben beizuwohnen berechtigt sind. Diese 
Ueberwachung ist eine recht sorgsame, wie noch bei den letzten 
Sitzungen die Verhandlungen über die Examina einiger ärztlicher 
Corporationen in Irland gezeigt haben. Missbräuche und Un¬ 
ordnung werden scharf gerügt, und mit besonderer Aufmerksam¬ 
keit wird darüber gewacht, dass unter das einmal festgestellte 
Minimalmaass von Anforderungen nicht heruntergegangen wird. 
Nutzen Verwarnungen und Tadelsvoten nichts, so hat das Medical 
Council das Recht, die Sachlage dem Staatsrath zu unterbreiten 
und diesem die Streichung der betreffenden Corporation aus der 
Liste der examinirenden Körperschaften anheim zu stellen. 

Auch die allgemeine wissenschaftliche Ausbildung der künftigen 
Studenten der Medicin unterliegt der Controlle des Medical Council. 
Eine unserem Abiturientenexamen entsprechende Einrichtung be¬ 
steht in England nicht. Die Universitäten verlangen die Absol¬ 
virung eines Eintrittsexamens vor der Immatriculation und die 
Anforderungen desselben setzen sie nach eigenem Ermessen fest. 
Wer Medicin studiren will, ohne die Universitäten zu besuchen — 
und es ist nur eine Minorität, die nach Oxford oder Cambridge 
geht — muss ein „preliminary examination“ ablegen bei der 
Society of Apothecaries, dem College of Preceptors oder eiuer 
anderen zur Abhaltung solcher Examina ermächtigten Corporation. 
Auch diese Examina werden vom Council beaufsichtigt und haben 
ihre Anforderungen den vom Council festgestellten Grundsätzen an¬ 
zupassen. Die Ansprüche bleiben übrigens beträchtlich hinter denen 
des deutschen Abiturientenexamens zurück. 

3. Die dritte wichtige Function des Councils ist die Ausübung 
einer sehr straffen Disciplinargewalt über die Angehörigen des 
ärztlichen Standes. Das Council ist berechtigt, Verwarnungen zu 
ertheilen und in schweren Fällen die Approbation zu entziehen. 
Dies letztere geschieht regelmässig, wenn Aerzte wegen ehren¬ 
rühriger Vergehen von den ordentlichen Gerichten verurtheilt 


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UNIVERSITY OF MICHSGAN 



am 


DEUTSCHE MßDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


worden Hind; v ahm: die State wird uunh gar nicht weitete whitagt 
io Bküteü vt>r* Vergehen gegen den ürztUebcn Anstand 5 die von nm 
(terfchUui nicht geB/itten wenien köMueu. Hin uod wimler wird 
did Entziehung der Approbatiufj au^^prochfeh wyg^n t'ortgwueteie?» 
niarktÄf-hrderiBehmr Ainu>rieireiiv, gaiyz hj?öü<ierg b&utig -aber in 
den Füll»>n von ^ovoringL Es butte sich m .manchen Theitete 
von England, uaatom iifji je grasen Städtern, der Unfug nu.~> 
gebildet» .daa? nicht upprnbirte Fursmii'h, diu ürsUtFhf/ TlbStigknit 
aa:?uh«n wuhieä, itut &ppröhtcLm Anry.ton in Verlümiung tato, 
die Ui ©eh die Tntfün>.HcMf‘«* untozmteJteiulen, sie bei gerte&tlidteii 
VVhandhmgen vt*rii*Hten; kurz Überall da eint raten. wo der Besitz 
einer Apiirohntioij nu£ jfoftwHkn Grumten n&fte wendig ist, withmici 
kkv Kuist imt der Drayn- d«»- hdtreffendeji Hnrru r.idits zu fchtm 
b.Umi edm* jih besten Falte ute AhH* tonten iungirten. 

©BW» A’Bte-thraueU »Irtr .Approbation ist ÜA8 Cotefteü fast eufc- 
•Hd’.ios^p.n zu nftterdrütkon, und seit einigon Jatirmv wird iu jeikaa 
Füll (Uibsfif* Art, (Fr 2 W ofitetelteu Kann totes gelangt, Entziehung 
der Apptolm-Uon jatHgc^.rbdma, Stdhsf.v^rstiiudiidi ist die Veite 
Äfeg dieser st iivurstwu State mit gewO/m« ('anteUw uwgebgte 
Uas to» : tm : il lässt dia Syrbc von seinen Ri'cht&heiKtiUidnn unter- 
teMwtef deu Atigttö&Ultfigio wtest «$£}jst od«r xuöM*hs ehenfaBs 
nurnh sratm»! Aijvuodcn t:W»«irt. und ute Verhau diu ng ist dffeutUcli 



~ laul.dtaft gcmudifc würde, dass des Cnnucil hei -tednem Tieedtluss- 
von hpAwUUgon persd<iUd.mt> Atoll fen geleitet wurden sei. I)&- 
gegun kpön «i^s Lhundf *uf Antrag d^s Btttaßfnnen na-cb 

Jäßgdrer Zeit tüe Approbation wieder trthuilon, dtm Befugnis**, von 
der *nu* »ehr rahm er t'tein'Huoh gmimcht zu worden scheint. 

im ganzen ist der amtliche Hteufi ra Itetylfmd mit der Thä%- 
Ivojt desC'HUK'iJs sehr zufrieden, und öS 'toi* keinem Zweifel untete 
Imm, dass dteltehÖDte Miv viel getimn Late die Bildung und Akte 
Aumhuo dos- ärztlichen Standes- zu heben. ILM. (Wtdon). 

IX: Therapeutische Mittheilungen* 

Mjrrrüolh», eine <*<mg taute Urftndgalta*. 

V<ei 1 *i II Ut»JJjflv.liOMU ln rvfojnbeich. 

_ \ un den. V mbn-wnungiMi noljjuen .dinienigftn dos «c-genmintem zweiten 
ftracQs deshalb eiim m^uttdcrfvHtellußg unter (hui Oberd&ebetverletzaagßil. 
ein, *.\ed hei tuuffi, selh.-j, hm gi\>sMU‘ Ausdehnung, dennoch iß ratetiv 
.^ehr. ktfw’f Zeh mi» dfAi mehr oder weniger mjuvUenen Strafuai g^rini- 
luujvnra sieh bino mum Ihmh;. hildou. .p.anui .imcti.Me «'intreteß ^kanii, 
walu’oxul em:mu;um dod dr: :* o eej, : / iU u w U - S. if^hyunden 

mhrbfhm ?,, ll ' l , T"'' VJ< ''- ' , ' ,i ,Ulf] ,lk muhe veile Buheimbtug 

Uimuii dosheib find denn, whjI die ühorf-r^see Moimsaid de» V'cr- 
• ,. -ßPß-■ ^pbduiö- zweiten Brodes bostelif« hentifiprucheD und ündpn 
Sic K,r{»s*-Ui Imrnv^.u Ui,, Uiert p -.vi,-,im dm itliumtea 

EmpbJiiuvtrejj der p^envcrWmd« mit \Vianiutb efe, hew eisen 

Vuun sich rum fimix fller inrnerm» AnM:*ept.ui:v und ii-uir. 4v* v«hr 
^ufr EbpulUth TroutoimcrilfiinJe fio«& mimi r dir nite Lemöb 

ovWii f .so toun mch mi- Am* imÄimTd BrÄinmiW 
f’V' l Uy,1,t * v< ' h <;r ; t F 5 ;^ “’dhhr-a I»«.,-Vejh«'?ir tb.-.i.-U io. uD.-m möel 
_..msoti . «Wto•• undmdi# sofedr ;%Iim«pzeä Und Wftrtef Äsdrer io den 

A f « l i t .si,i,s l..i|l»fl ,.j i wl g t m,: tu{l ,nc SlHh- ist. So kormni m,. 

ffefr.fewOpnlh>k mn Um. den ersten Vortumtf anFgt,-. hVockenverbände 
♦ugnen mcü u,^v m< ol»genmmm> nicht iw AawcTidtmg seitens Leien, weil 
sie K^ luekt m.gcieg. mü-c j, wtim s.-n - m im-:- .._■ LrhU- Mm 

» Tr " ZU! ^ i! ^ ‘- ,n A»-zt sufori im Hand, sa <u f ! u -huj mmd 

*i;oUiy'Mi, n t ,w .f ,, >\L ou , .. » ...... ?, .. 

D * r Ä mS&X>(XwU 

äd'iMU LwT‘Tc-"' mh,i T L Ti gp! V Ui ^‘ UH: ‘ ^rhurnmtrnm 

s.nd -bu irdmu ivi.unrr 5 ,m-h au) « 1 cm Dr.rl • 2U hoher,. nU'rio rr r«dzt. imd 

,unm-h,l. Lv< fm.il,™ m „k dh. Raiheou-rhamh, nh.;^ 

1.«« tlh-Lff - r T U u" ein ' ;r mul zugleich h?JL 

: wny dit 30 jler EUntHer vmfftlhig halten könnte. Diw Lllcke in 

Z.'iZ:VT Ä“? <h " ii! r ,:i! ( U:iiM Umal-KalkwÄsküv 

: f -,: h' f eta ' u,,! * -«w**. Maw. <u mvitiwh» ffli . 

,? I ^^«JL.kurwr-Aiat erreichen Vam? wie mit dem. Ti’!u < 'ken~ 
.•{mhim»] icbA djt? Mittel deu Pmifnimi wi^en seiner raseh um! «uiAiLdsch 

aanu.fr^tubmrlrn W-rMmg *«h r im^W ist. .eUUMm 

1 ! C!‘° hn i Vf> » Aimtlu-knr Flügge in Fnmkimt a. M 

^ Ita- jl^r w Kicbmüüf, wc-lchn ijüttdieh 

TT" l ^^Pte,ch W.rkt. F, .kommt al, 50 W, >U , um in ^ 

pÄm°u ^ 4i»eh MvTdm ne ehends, dickUehe 

Icij tiii!« min ,„ ; il JJt-rW )fi«i Vt.rst,rho mit OiiW, 2lt,vrhi.nhan- 

IfiSHnL ^tmiäii- "’. 'l’SXfr 2«ii. ISTitlio von gi«?seivj) Vobrsjmuiiin>o 
VwWrtWn .uui V.:,-»,,toh»»Wt un'f ’ bin. mit Hl* R<£»n'aÄ 
fmht ■xutw'.ea «»««*«,•. H., 8 ,w »an* iw di«. V«rl«WM «.‘S^S# 
S.T!‘i; ,Ch ;" ilr '■ r "'"» p 1 >^'' <ü" Mtn.oi^tiücmin KS 
►pi.,heu. .,(1 lenpu F»Uc» -will ich zwei. (v.somUws- ww&kBos, 


No;g 

Fallt W, N., 2.8- August. 18 ?)I, Vufbroluiög; der I/n«sa- un 
VoisisrÜSchti beider Obersehmikel, der ICaieo und Wudeii d'nrih knehendf 
Wi^soi aus einm Datriidkrißliiopi’ (AidokJuvcn), wtdi5liiM den Wrletym. 
etwa üiuo halbe Minute btuy 'dhürsü-ihot hnite. -Die gunze Limit in uro.ssa 
Bbwrn ahgfbolrn. weidie i>«im Eßtkkäricu verstört, -worden; Zmiä»hst 5 "i 
iTudojofiutrocketiverbHDd. tteguo iigetule-Sehmumtibriq &' jindiÄäfebwfcu,* 
mh zwmtem Xög* .tmfofornjvergülung. AtyrMudinvorhiinil. Uafirui 

fühlt- sidi ,s,;hr m-lc»chi.mi r it.im; wnidA iSdimor-s-.: ’Nuih fehl Tnumi heb»«, 
uin grosser Tlidi gchrUt. .Nach AA'odmn mr noch dnisjA i— 1 ' « ; , 
breit a Streife« dritten Umde« bfe»' Älpah dbrnu naob 4 Vs iVovben 
Myrrlmlin- -gebeUi., Xnw Demc bieten, honte müftor Ahm eptm onviiimo 
StefdVis, die .jetzt. blassfOthluh «sind,, üichtrS Braumücrfe. PMicfic’ Lt 
keinerlei N»ebiheilc zUrlUikbeln>,!te<i. . •;' ' ' ’ 

Ff ll 2 , F. B. t JU. .Movmnbei- SOjidinges Aiäd'ditat VV.rhndiKüi 

beider Vorderarme rechts auch der mimwii Ilmtd,. mit famid-mliy 
Irtsnng, ,ho .ganze flnut. iß. grossen Bliiscn abefhuh-m Jmiofom>ji"i<:k.!>, 
vor band rmt‘h LnDternung ,tes mig-»-wund len IminOls. . Machte mMultiteii! [.:•; 
Bi’onrsiü trtiU Morphin.. 20 . November Rechts Myrrhe}m {'dort dfe; tjüuu 
ssvcrf Vcrhiilhung), lirsks Kidnu) bicarhonifinn. 22 > NovtUJibm*; Reriite h ,^.. 
nb link?, - deshalb nue'b iiak;-? MmHeiim Schiucrftfin sott Lruvimiiuim -<!.f 
Myrrlmlm Last anfgehoben,. zietidi^h gm geschlafen, Kuvcmhor. S« hot 
dö>: meiste gehüllt 30 Ns -.»uuhf; \--- ■.•.*,«i gsUi.-?H «•» ,i.u u>i/. ; - 

streihm de? KUouheutoi, weil Pmienti^ dmi Ana tuckt i»tiü lud!, SeM^yug 
12. Pcrmpber. Auch der Stn iiVu vcyLwü 

..Sdiilem bildet rFs Mywh.diu rimm VerbandkA-toiuirtikti -der üinsWsfr 
f.tnnservm»fnbrik und wird in der Buison htef alle Tage und mil t»iL»n 
KrtVflg Mügfwajjdt. 

W.UJi nu» die Twbmk des V^rhanijrt . ?.;•» hat s-itdi mir fr,}fead-f 

uw besten bMvKhrte Nach Enlfermmg <?d«r ibkdilichctn Aiaeclmvfd^fl iFr 
.grossen., beit-ig »iflunviz-tnuUm...Blusen -.keuntit aot die mit- ugemi riuei 
-aftth«tdiscbun Lösung iihgetupfte und mögliehs? getrocknete AVcrnh» 
yjn detc j Je ff!'! ünte;pvc«:-h*?tu , h'ir. UmDappon «ulur fiu.-L frisch, gewesen;*;, er, 
■Bteffes. dcu man mi»!r,!. Sj.m-U nddüirh mit «leju Ocl dorfiAtimM 'D«i 
Lapp&n wird mit Cruüapercliri|»»j>icr bodcekt v ;dainit. das Od : nicht yfriüay!. 
hart wted und .nßtpoekhei. Das Ganze wird mit \-ttebVtinfwati,e ^alw.ltt, 
und he/ubtlgk. Atu. -e^te© Tage isyösd ihafl. den. verband eventuclC-feiiiüriil; 
j Ct*öenern, dann mir tbgliob ein Verband; mutjcbkjul- eiir 

•.Verband -all©' zwei Tago t oder man t-rhnfelt nur etwas Ocl 15 .uf.deR iiiappun 
nmdi. Die ersten Tage, empöebit sich die 50% L-ösOug iMytehdünum 
{rnmiah datm. fomn muß mit t>Jr^n»öj vbrdümica ..zu L; & .Pasät man 
die Läppchen gevuiu der Gteisse dar Wunde un und verddetd- so btt W 
möglich ftriff etwas EitoruTig nut, s« braucht tmtu nur wieder die atjütkun 
Ldsimg ein bis zwei Tage zu WUinon;. ho inau mir. »flaüv tc.-li:; 

kleinen Al engen Oeius aas. Hai muu das-' Myrrholiu einige T.ig«; .nag*.- 
\vMn*>t v so schlügt sich allmühlich Mne biffanKchö UarsÄchicUt atii 8 ar 
yVuitdf ui etter« Es schciiit dann., ate ob dio Heilung nicht tertedirLrc 
.WUsubt; man jedoch ' -die AVnodn von den Köudem her mit Bemjm alt, 
imtem man ein mit - Wa ttebüßsdion reibt, tu l?>sen sioii rite Schuppen, un<i 
■U: öi^dtieint darunter glytie, fast nrnmalweis^ft Haut, Dies Abianbon • 


jedfii) Si.viumi auch gnm Ttöckcnverband ühergcbeu, Ich yeh«,-- Wie -Mim 
crwiibnt, den ÜixuptvsirtbrAl des Aiyriboiins dkm, dass ,us vcm jVibuit 
Lnion sofort angowandt werden ujid mmdesUmt als .Musgö-zcidmutrs. Vor-, 
vnrbanrlimltci dimicn kann. Eh. eigtmf sich da ; .>ai)m «l^hteb ver idtetis Ihr 
Vorbau]kästen von Fabriken, Smtjtyte^wötemn etc. feb will noch .cfw^buct: 
dass Myrrbol'itr noch bei Flteraneu na di Ablauf dek Enipl ibhbS.bc.ibiiuK .hdtr 
gute Dte'iiM-o bnsDte. 

Fresse teü dW Vorzüge- 3u5 AfrrrhoUns noch ciumül zusümman, »oslüd 
eii die fnlgeruteij, \y biimncfmndc antteepteschc uud 21 luifvurragend 
M'ckiöemUUeude Kraft, ö) Ungiftigkeit. 4; absohite Haltbarkeit.; To teeat 
unangenehmer Geruch, fj) .üütnHicbkcit, 7) Verwandtstihate.^um normu’i> : r 
Ate Eiauk' dterekHünkoatl05r fJäiitfalg, daher AusldeibeÄ teau ItöfeUDgen 
tEkzemcu eltO. 

- Üebtir -die .Bc^MUitfhtp^. -j|«p; Epitepslr, -iöshesoudere .mit. Öplnni? 
Brom- nach Flechsig. -Mitgntheilt von De. nmü, Lad Aalxbwrg. 
Leipzig. Vielt A t\), 4 1S9L 'Vcrfnsser erkennt- ira dlgnioeinen L Lir>na- 
bÄdiahdlufig als die bei widteili. Wdidö?jmistc an. da die höchste Hen»ti»gs,' 



(bn^c r orjüch .speÜJtU bat Flechsig: ei de neun 13 ob uwl fi ing?m efb laie an- 



iy6f längst »a der Psyclu.^irto gnhbteu » f oüSefjurutet> Ofäyüibsdtftudteüg,; rau. 


wuu, niu, juüKm tatiseii t uiF.e oaer jßxcr. i/pn 
pro die) begonnen und alimkhliHi auf 1.0 pro die, ja noch höher gestiegen. 
Nacbpai. 0 Wudroti wird dag Opium pj Atz Heb onteogn«. ttiu] däför Iteon» 
sotdet iu grossen Dosen fcü. 7,5 pro diel teugetetek Nuolulem das- 
^vosscö Bromdoscp lto>g9ra Zeit (m. 2 müriföv.) gabraualte worden äind; 

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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


TJrtheil ty-^un Auch dm bisherig«} ErfehtaftSÄß* 

aus timw V.Qi£v*«}r omigos xnitihöilv,. r«mfrr; BrmuUnguüd. - klingen. 8 ft«’ 
'M - jedem W dm* dib Meihodo mir unt.iv ^^MUhUt ^Vit-wlju, 
besten in A midien. geübt wurdp» darf. Wöiviiif Mm «tUrtl-ige V/i.-fcnüg 
der combiuirttm Behmnilnrm iturlickguftilir«* ist-, m^Ueifct noch vollkommen 
dimkV. Vw/mwu' 11 niiüii weniger nl~, vKi.r Hyno'lbrt;«w; zur Erkhir.nit: 

Wjf, >üü afa:r‘. ^}i(WÜi(:h bofaodigem Am pIntrtM sie ü erscheint. 

: iKm dio --HyppiM«: dftSr- ibu? upium das* Hirn hliil.r-w.chiü- .ntftoU».« und dae 
dnreh sp&ctf-iBelifr Biv'cö ins Gehirn gelange. krsdhrtmuii weiters 

Versuche SMhr _ 

— jiVfungdm* %DepHte tlmviii €ar«.r*3 bat. Dr. Dob rou wo w k 
ekom Kalk -miölt.. Ks wurden fdnf Jumctiomm von jo 
•;u füijfkgjgDo ^^iscliflnfiHUpeo gonmolk, ‘‘Smmunc medienln 1894,- Ko au ) 

— Gegen Kopfsohmerss b<d Der»- QötJ Äiajr^nhrAwIr^n wird folgend* 
Mwiioar.ioii oinjitoJilMii: Pulv. l'ol Digital. '2,0, Am.jpyvin. ao.U. Cofftän. 3,0. 
Nktr. benzoh;. 43.», CocnVu bvdrocUIoi; 1,0, Buk. h\nx 1,0, l’ulv ÖoVjio; 
Gfyceuu vi,.;-, ut f. i*ü: 3 »h». j — 5 Stück pr<* Tag zu nehmen. (M^keiae 
raoddvru! jhlM, N‘>. 02.» __ 

-* Di*. (W^ar^eVßO), 5£ni- Bobnodrung des Lupua ioit, 

pÄtfAehJorphenn]. Dm Appitcnthn» fa *' fhtraHdimiibennis mft in den er- 
knuikton (r^woh-n Viie Jkfnlioti drt-rvog dir- lehlmtl: mi du; Buch Tu her- 
kühn m-mmnt. Ikeiitidihnr dtcoh d?v KRrühning'niU' IVraciilurpliopol er- 
schvinpn dft* Uipd-ioji BUdkn ^>iss, die Umgebung gerüthcl. Einige 
,SbjR^^‘k^^V-;^^tätet-vdik ; id*ktankltt-vPariM stark, geferhwnllen und ge» 
Yötlietv Nach ,1k—24 Stundentritt ein A e&jrthrref raif. ÜEiemuf upplkuk 
man cfne ar-niicyT- nder. .jodöTdnn-^IbB. hptfh-, 12 Stundet» vindevum das 
O’am'tkt^pheP^h:• »m. U**im in Oostüit einer .25% Wen Fitste (Pwaehlorv 
jÜrnml, Vastdim AinVirnn usa, ID.OO. Du« belrcudölton Stblleu 

lj5se» dm 1\»m*ca orkirmtm. *ta der ersten er-sohnint die Ms dahin iden- 

AiheffiSjtfe"g]at4,. giimzhnd- »tb^rhitodot.. In der 2 wniipn 
dnfiiferatv in .der drittem er&cihoiöcn Narho.a«tM«ge. Oie Ke- 

bAlittinftX kk ^kinikii stkcrun-rtiaff,,. dio Erfolgt« srhuinen zknüirh ghnstfg,, 
dorh .hat-Ver'tenr noch keine driinkivo »Itdhtng omeJi, (Symaine w*idi- 
cbIc iKU4, Ko. a90 H. Citron (Berlin). 


Efittf alM Bi?iea<^3fcimgsti»!elle für 

iJiitersBt hHhg % oft Kftrp^rbohleu» 

.Vöir Oi\ Maxntifibin '<« Kränktet a. M. 

'hi Ko, 28 dieeor iOochcuMihnft. S. öku h<wt*.br«>.ibt Ifu.rr Di’ui» eine 
„t-iokf.nsriu’ npliükinowk^-forhiwp'r, ich v<:rrni:^n in <U:r D^ohiviluuir 
jodoeh ekey sehr iviclitkoö l)n^t«nrt,. du« kt; nämli.rb dir Auu-.k«-- «U*r 
n<5t.U>vendigef: IvcrztT^tarkr dar Uaiüpi«. Wie vkU-.n meim-r Spc'ü^Ucfdicgt'u 
?«iwni«l durch jKirsOnlitlio. Briefetk;unj»' wie durch Id-icflicho Mitilu-.d;!nge»j 
rndflöranlta haVnöik kk l’mnützu iub etoo fdluhe T>«mpo. j\l &mir die pj^tOtv 
Schlicken in Kiimbprg: -roinor Etui. >niYijnigtu.. seit hv?t< 2vü«| Jab.na< 

•taals GiuwjUm mir' Oie Lampou noch bommdur» m;\i,«.irf. .wünhiu;;.]=kO. ••:•- 
Schicht solches soga! vielfach -.schon für Wohuritumo Gcnnic- -libumtii 
höbe ich damals nebon- nn .tnchweu ömt«j4gcbc.ndt>n Stellen biugovuvc.) 
B? i?i dafeöi aber nftthw'fiiidJlt; dnK& man'Laiivpeii v(i'n wunigknns 7 ih K-'Vzcc 
rerwendoti fbmu iO-Va^ige .T^mjmrr gol.up »»di .n:o*t?irf.cu.j G’u-v ein 
dunkievGicht, ich sci)».-'f bmutt/.c .2ö- und .HO.-kcVzij-k.Glnbkmpki N'i«--bi 
zulreffcml ist cö. wenn Herr P^uk -Hyst,. «Inss bei umnit-iollaroni An- 
sehlyav. mi eine BclnncbGmg^önkgC! ein ^PvcgnUi ^‘(b'ieO.aitd 1 * (•iit^vkali'm 
werden inüt-j-(>: dda' k.f. nur bei sommaunlro) Mi«j!>:ovt»i«i«j»< hun inujiW".u.<i.- 
Wkmi »mm Uwep ul.n tftr aiisinw li.-od h.Ut. so kanu m m m.ch !.m kV 
ietstf. noch vielfach gcbritnüliUcheu, an der. Stinihkdc hofeVigtim clok 
t,rischen Lvanpo bleibet. Ikch gewifbrrtm diese uveincs FlntcnOiits k«V)«‘ 
hinroiehsftdo Erlcndtt-img der V ttntiu-sucheakm 'Korpw-b.fdib.m; Hit dm 
Augen roicht eine solgha Licblqucliu pi md|fiiclntrwcjsi', uotd« Aus 


Von Dr. i’u »il f-J oscJiHorg' in BoHrn 
Iwt Vklikroq X»üFrk«iiung des Chlondonns zum ?iwecke der Nnr- 
kose htiim «cli mit ßonutzütm der cuikcbcn alum . ehum Äppftiut 

»nge-gelmn^ dub es «lii gnmirö NäGcos« rujt cumr Hand »usrm ■ 

t'rnmV 

Wie. aus jiebcnHtiduUjdor ÄbMitiiuig m ?i«. liUn'li, i.rtVP die Maske an 
dem einen Ende, wo sonst kb dcc iiainlgri*T bidiüdol. eine Chioroforra- 


dar^ÜKsk«,. ii.UVsrigt ünd-. • 

ASt in drei Eheikü drehbar, 

wadarriy Ilugtdgekdk ,-.f. 

Der Bing, welcher nk : 

Handhjilm der*Altkkn. die)}t\ , ^^r ;:^' 
i?t auf einem •gch..>-_'-.‘0.--n V_’V'' 

•.Atn-iMa vemthudib:«* und m» V ' 

KiisftüpcestoHb <lw,K 

bar Die Mitaltp'.wird dgr- 

‘fri gulmpcn. tluss man, die V 

H.indüiielic der.Eliiö>kn zu- -, V '- ._ .': jv . 

gckdhrtg cjoß rMumfen durch - W H8|V; ' «f \.J 

«kn: Jfliiig Kreckt und den !#|uy fjt 

£ci'gr- od*:r MitU-Irtager :\n M 

dc-n • üikseirii i tarnt der 

Maske uaingt, Auf. diese «S 

Weise'die Miöike fest ’• •':■'■:• 

in der fleud. 

•Die wqlqliij tlur Appabat bietet, sind Joicbt crlcetmhnr^ 

1) hrauchr man nur eine Ilanil zur Karle o^j und hebi;)t die amlcro ganz 
frei; 2» ist das cooftnuirlmhc Trogiou seit: eHtüfiiferi uiui durch einfaches. 
Höben und Senken der Flasche dufe-U. Um-td^n- •FfügcrilrueJfe zu -reculiiKn ; 
Sh kiiun man ent dem freitU'äbcudon neptruv UihI fhndeu -Finger durch 
ürttcrliukim linier den Ki;mb.«gen Jnu UiitcrkiCK-r Imquoai. vor/iobmi. so . 
dass eine Untc.rbrrvhung der Knidroen timrb Wrßebiöbeu ti&s Kiefers mit 
beulen Hundert hier nicht goeehiehi., 

Dtc Aluöke liähc ich Sh'd AVilb. d aych. Berlin, Qrunißnhiirgergtr. 27, 
aijfcHrger» Inewn !dm^• 1;*-t ei> betrugt B Mark). 

‘j Karl« meinen binbUngcn Erfuhr»»ngoit kann ich die. gcsj-ljlnertö 
M^t jinde dV- Otutirn-Brombebundl tiirg hoi jßpüepl ikein nicUt ompfnliJon.. 





DEUTSCHE MJ5DI0IKISCHE WOCHENSCHRIFT. 


voin itögaitPfbeu veraiihw!$t#Ti Y'ötirJ&r. 

w vmrhüilfuj; drm für .feil ~ • 1 ^ 

wfuiig?tv?ts Tiur? zuvor Kelrshtix zu gftlinni 
der uiusfeluen &.*ctimicn gotsetzt w Union. 

4»tr A4 ;tng{ ? <n'4m;h Waffen, doK.« die Fra* 

'■Urxiub Votyd.h^, d?r flhrhjc« Vr»rtr;ü>r. ;) {, nr ni)V 
bh li.'ondn, Xinil.Mjr-'Uleiden disrulirt würden. 

Hübet die KWtens duui'udidt ■ t? tunet 

5 :LoUJi^'-ii >’.ii ii.dtond'ib VotJ.Tägv- soihui vrej 
Un.-Uu!, 1% Yprüffeftflithimg der • dondi rjji 
Kr*s.ßl44fo rntli fjuvf WuVJ dein 
iäSU%v -; *. ' Y 

«VA‘2. .F?lr die Aimtdlütt£';doheTi m}' 

Ü3C;U?iHU«'m ?.W' \Yrt%iu,g. {fedbeiv 
iimhiteii !lr!^u.U;s. ;K.,n,Pk n .Folvteriinirura- 


ge döraiiUg Aut'tlie 
dm gähsv. htMiimnte, 

idr l horjuiJa -mit’ die Tnso^üt-dnüiJi: 

Biese ThuifHtii), sollen teraoi' ift 
tgdu von nef.uol k«m inweint. 

in den U\yn übrig. 


ijom fkanffdl« lud U.t!e#*nMb olnos i<jt-orimiwruaiwi P 

f**i dor/iMii^nn Httuid« dev VV.*#euw;Mr mit*}>roduouie '.undb^t 
hygmaisniie. AimU\ii\m yo r mj?Udi-r1 hat. Huinh.au nW and n 
s.doha carteaiUto gmmvrfil, foß\. ftieh fesmiU w^nilh h 
ounü' Ansekdlung’ hjdton Ii>ks&* 

r I f 1 • *. j i O A'} H U 11 L r S V 01 { 

I hi mgelAntr. 

Dpi Puti-j. 

aiPSMtHh^wth ,m-i MUs[„„l Om KniwHi.-J. 0 B Oosttuälielifimt*. 

Tieirttfal.«!- Cömiife ßjf 4*1 VIII 
MWSeuÄleft Gohaj-nss fflt K^imiß (lucl l'tamiietnnluo in 
Uixfotmei. ifwri, (IV n. w.ryi \Vohiir«lion>B. 

K. (>. A. Mo. *<505. 

Küih'- Comnnuiturs fmduplon; dm*r. : . imidnxi Hohriifetuoke wohl nid 

f y '\V m ‘ h ' il ' h, ! n ' t ! y \ '? n ' U(il '' :i> di*, "mw. Aehnüchkoit beider 

Mp' und du wim Yitl&ÄÄ 
dj ,r mwtudud. in BtWtii zieta S/k 

ro.i vvoid itr.d-, Vt™ia.ssuuir l»i«ipu. dk An und WnW in d.-i- <) 
A&W435UVH« l**yuadW»\mt die ilur ofdiegerujeu Imfac&m mit hM fe 
«OM^anhod „Vörtirren - 1 zu iudmv, notieint, .näher ink Aoan ?il (,^ iin 


di iinti t -fi^aTHrii k 
l r n toidi uüdj utigoü st>d:i- 
i*‘P€ : V'Ufhfmdhm^/iU r.yiiCdtenoti 
nngUrigcliini^dpüT^rß^uijirte .zu .(iher- 

^-jHftfti. in dtun Pelv» 
i m zweiten gt-oek itpj» ge- 

di\ui ouho 1 i.ir 11 tr<ttlcko- hotiiu.Ok'hon Uui'vornikii:sinstit.nto r in Wu'hwn 
wsiiirond tfcft tjifäpif8bte dh\ SV.ckOnvti. ta^-uo wenjau. ®d voi^^kirk Diu 

mnmu-U-mtztk Musüuyflu 

;;;;;:;; !’ h, ;‘:..>..'^. 01 «..« n...i .i^-.y■„, ■■ 

u, :; 1 ouirrn^ioliAh' mit tijh-ui HindiIIudioiK 
iKl dl, uout d.ou 'd.'.Mk hnh.: dtu-Th U' 

,<rM ' ’ i " , ' f,,r ' W J V '' “-i lv ioiü.uh 

r «A "T AntHUhroo. ^eltmdon und’ -l.mt:,*; dez< 

tl " < *>ul<eneü ro: !>.r.k von dp, ' 1 .^,,,, k, <. I|(V _ 

uis 'horM'hn^i{ j. anenuumf. w^rdfu. 

... ‘AUtiUirferulei habt* don Khuirtivk orupkiuren. nb gl 
kUMH.guiJ tm (Vu^fijw iuit:- ifrd^ur- Süruthk wä hKauul 
Im /.wmiln nicht, dtiss 3Ü$& du< düuisf-ftfiti r,. 4ItK .. ^'„ v ~ 
k-rnmn teiti werden. -dodunfuIiM tbiHe mÄ dunuA ddn 
hh'l^on hun Phraitüiignünf sbk 

ihfuhodimor ru hirn hmti'u. ‘ ITiro-jij, Uüfeo 

ÄtoyittMPfr Ioniksr. . wtäüi:-m 4er SnW ab 

i'u - DouksoWäiul^ ihr<V i^üdtr^j - - ■* 

- „ ■ Fri >.r*i dun Don^reg?hosur}vi>iu 
• iiud' ■’ Äty&r rkkoh duuüiz 1 ' 

^tolhjjo [ 'Nnr ..Tuj' dLP8f>u! -.'Wo 
b der kofigfrRsetOdr sotur-i. 

Wimtnn «n fWka 
Kh<l«i drttj iu'^ttd|x wercleit. damit .da* 
imutfl «ui“ w^ältikv Be^ud* 4« m 

d- 'bnl<'b‘t. * ‘•iiuitp*. hr,b>: ^rn.r t w || 

;Iw« .Aumx/or .li*a rm.orii, Ihimj Hiurun vmi. «.n,* At 
■,. hx v»ji 4um Aliti.s^r auf das frcamilhdt^Vv dinpfp. 

.. dum deutjtüOi^ VmUA für das iijtetÄ zi 
•hoTih du- Brilswidui«? Pm>i> linbnnim g*‘hdho 
' p ‘ «w«B»ßilniig Reicht, tbr H&& | 

l*‘H tttt de« irohmton Ihaudit mir) ftp M.I, 

k* wird dann' Ji^clji&ksön, dir MiVj 
tbm ^Juieodfl« dov ibi?h 

► v*i wi'-icHib die OusidiiiftstüluTiuje -dos t 
t v^mu^khUioU riodi voruptfuihtM: w*j 
*; L i ir f m- lo%ek Ejm- 

. J ttiohuisV'-liai’ (jfuftülJseh 

W teiirgi'xäM: 1 

mitogen; ■ " 

ItiinluV-rni. (m.t f«...n.||;. : !, Kr Eriimhnw'.l«. H 

..4..v.,:. 

Bh>} tö T d. >u 24*. J ui) i 
•iinsc of^«do f A h-k nuf dfp 


'JoU iHrO; 'V'orbu- 
. S'hdug geftrMjfwu; 
• oi lijre.g she. h i icfre r 1- . vviit 

- r aiä^ -Äßtl&ke-' 
Km) dh,- (bü^idu , ii.* (iWgTÖÄ^* 
ftk AVnioT} d»f. 

... .. . . ;d%i ? usfu«? Wi' * und 

■ ;!l ' : - CTji]dmige>] Ii:jf»r-Ji. 

?.u empkhhio, die .WohnmjgeTi /Hih- 
i.Wji:ft]toivHu4 kiri liim fioiek’ zu ho- 
-o* d,v i;.udi- ^..imr. Kniüvibu 

A rli.h dt*' , iu*;,n.dii'ii-jJ...,-r:T- l j yr.dj.q. ^.pSinstonÄ hin 

i? mil!»n^cbo Ddurdü urikgfÄki 


-v.«r j?wui^eniij)ien aoio^ie, 
r , ; ri!: . i,an - u snn HDtdiki-AokonhiiU^i in Hmmovur und w int: 

4’- m \ V : v' : !ir 1 f npB :4; ü Dd’bu.n -btunungoo du^jhaf. thliti«. die ihm mich 
Htufiuür hin}!' Cholern, suwb »uf migo^Uicte 
iv', ! ,^ 0JÖ iHHiljohcr FhrbtrraaA lu-aobfy ihm. viel- 

hu.., onu *vnrüo uiBbosomUnv voti, dem aiztlkh.m Vmm 

,iM ,i:if " r ,weteu *“ -'•■■'•• 

.>,- (• »r-h. Boüt. r-rof. Dr. v. «•fttteitkolür wird »tt ii- 

ul 1A v b f*f ■ “S c »«eWftttgtaif. ms Jtij-Oftivareität nwkiW 
lst Pn,f - J ’ r ' BttcJmvf v.urn ördsnÖuitea m-, 

'AiygtoufT lii^aiait.'lpßiiduu.. 

•ft. .(,.,'iuU' 1 : 1 ;' . '' ,l ' *»»••«'<•« IJwäb« «niÄtuiet iIJ. i'.jl-n ais 
’ 1 ‘ 1. ' ‘■ 1<|U V! iuifu-untiojmion hvgiuni&nhn,) {.’ongre.«.^ lhi.*:.-joe;U.. 

Ab :•!•“' '- ! '| ntl . ‘ J*ivatiio<.rf;nb Dr. .krus-u.« wird vom ‘J7. -Abijusi bV-'«*uß 
y V T ’ !ip nvu«-*.ti. iU.«i InBÜr-ut oiucn OUl^ rb . HM,.r.‘n..|o SJ lH P.-I- 
0,0.4*.'! Utu_ h^jom^ohmi L üh^nchougt-ri ubhnltcn. 
i;.,' . Hyi’Ui der bekannte Wiermi Afiatunc kt. S3 

J(ü,r<i u, y? f ’’ nuiiöifi Ud zu fbroütojgdopi hei Wißt* ^{orhrül 

i ~ jHitÄUüifem der 66-,. VersainmUng. 

Niiturfo^niiiär tfjad 'Aerkio md tblgniide Vortr%e iu 

van 8*iertßn und 

rpt-i.r?• -0^«) ‘ Über• ^ein ■ QPkounf.mss--thou« 


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bV^ifsJit .wotdtHi, 

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hüuheif Bo*nuiHiniir)i ; «i«. 

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Za^hnfi.wvo'm Wßw 

Hu diA ij, niKiwr AuiVJi.aj. 

4 { >: •(£&?& AiAfüut:» 


Dibeu. br-cii;, })? A. \V\* Kf.^hal ufid Dr- il r;«o? 

vbiijoo! i.h r- ; ilr iaoot-i hu?.w- fsU Augeniutii- 

T. ,[ Day Ppt*rnsHor&nttillogi mq duf dsuttekhoo 

W in, feit; ftr utlo kighW: von ön >^<r.n bau dt 
Üdr Cwurdo die.} J höh>*sorun M ieedadoui {lunghrurla, 
4 v. Dibblghofe ,!JtrooUi )■ itt- : Yor^c-lilstji' gohtarhl, — 
(,-ihtvrio hu( sieh ah pj-ivntddemit der l'gynbinttii: t>» 
‘tmo h’ihiJifclrt. — \Pavin, Dr. E Dis.jppj imt sieh nlä 
iburfshtuie und UymLkriiogie an dor öaivursit&i Fa via* 


iiahilixM. 


‘j>«#Uuc»a tiöi Jalim*. Sittcnfold to Berlin KV' 



Donnerstag 


M 30 , 


26. Juli 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Pani Börner. •> 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LicUteusteiuallee 3. Potsdaraerst'. 11G. Postadresse: Leipzig, Sccbiirgstr. 31. 


I. Praktische Erwägungen über das Operiren 
unter Anwendung der Narkose. 

Von Prof. Dr. 0 . Witzei in Bonn. 

Die Herbeiführung eines tiefen Schlafes, welcher die Schmerz¬ 
empfindung und Willenserregung ausscfiliesst, ist, wie wir leider 
bekennen müssen, nicht möglich ohne eine gewisse Schädigung 
des Befindens unserer Kranken. Diese Schädigung ist in der Regel 
nur mit Unannehmlichkeiten verbunden, sie kann aber auch bei 
unrichtigem oder gar unvorsichtigem Verfahren zur Lebensgefähr¬ 
dung werden. — Nach dem Aether und dem Chloroform, den zuerst 
gebrauchten Mitteln, sind immer wieder neue chemische Körper 
zur allgemeinen Betäubung empfohlen worden; immer wieder hat 
es sich gezeigt, dass dieselben von unerwünschten Nebenwirkungen 
nicht frei waren. — In einer stillen, wohl aus dieser immer wieder¬ 
kehrenden Enttäuschung entstandenen Uebereinstimmung wurde 
die Frage der Narkose bis vor kurzem behandelt. Wir hatten es 
mehr oder weniger alle erlebt, dass die Betäubungsmittel plötzlich 
Angst und Schrecken herbeiführten, oft gerade da, wo wir uns 
dessen am wenigsten versahen. Die offene Erörterung der in 
wissenschaftlichen Darstellungen niemals verkannten Gefahr wurde 
indessen bis vor einigen Jahren gemieden in der immer noch nicht 
ganz aufgegebenen Hoffnung auf das erlösende Erscheinen eines 
wirklich unschädlichen Mittels. Der Beginn der grossen deutschen 
Betäubungsstatistik war der erste Ausdruck des Bekenntnisses, 
dass wir nunmehr besser daran thun,' von dem Harren auf das 
ideale Mittel abzusehen und durch gemeinsame Arbeit festzustellen, 
wann, wie und womit wir bei der jetzigen Lage der Dinge be¬ 
täuben dürfen und sollen. 

Die folgenden Seiten mögen zur Klarstellung der Sachlage 
Einiges beitragen: sie sind das Ergebniss einer jahrelangen auf¬ 
merksamen Verfolgung der Narkosenfrage, vorwiegend vom Stand¬ 
punkte des Praktikers. 

Was haben, wir vor jeder Narkose zu bedenken P 

Der verhängnisvollste Fehler, welcher bei Narkosen gemacht 
werden kann und leider so ausserordentlich häufig gemacht wird, 
besteht zweifellos darin, dass die Verhältnisse des vorliegenden 
Einzelfalles nicht mit genügender Umsicht erwogen werden. Es muss 
irgend ein schmerzhafter Eingriff vorgenommen werden oder ein 
solcher, welcher durch Muskelanspannungen und durch Abwehrbe¬ 
wegungen seitens des Kranken gestört werden könnte: ohne weiteres 
wird die allgemeine Narkose angewandt. Ein derartiges Vorgehen 
auf das Gerathewohl kann auch beim Gebrauche der besten Mittel, 
selbst nach vorsichtiger, guter Methode gelegentlich den Tod 
herbeiführen, wie sich aus nachstehenden, grobschematischen Er¬ 
wägungen ergiebt. 

Nur ausnahmsweise haben wir es mit einem Normalmenschen 
zu thun, einem solchen, dessen Lebenskraft (im Schema am = 
Vitalität bezeichnet) nicht durch allgemeine oder örtliche Störungen 
(Path.) herabgesetzt wäre. Der operative Eingriff (Op.) welcher 


Vitalität 



beabsichtigt wird, schliesst der Regel nach eine weitere Schädigung 
der Vitalität ein. — Vielfach ist die Summe der pathologischen 


Schädlichkeiten so gross, Vit. miuus Path: so klein, dass schon das 
Hinzutreten einer geringen Schädigung durch einen geringfügigen 
operativen Eingriff genügen würde, um den Tod herbeizuführen: 
Path. plus Op. würde grösser als Vit. werden. Unter solchen Ver¬ 
hältnissen verbietet sich die Vornahme der Operation an sich, viel¬ 
mehr noch eine solche unter Anwendung eines betäubenden Giftes. 

Die Frage der Zulässigkeit der Betäubung kann mithin stets 
erst zur Entscheidung gestellt werden nach sorgfältiger Erledigung 
der Vorfrage, dass im gegebenen Nothfalle, wenn nämlich die Rettung 
eines mehr oder weniger geschwächten Menöchen nur operativ 
möglich erscheint, die Summe Path. plus Op. nicht schon gleich 
Vit. ist oder diesem doch allzu nahe kommt. Auch bei letzterem 
Verhältnisse würde die Rücksicht auf nicht ganz auszuschliessende 
Zufälle das Hinzukommen einer weiteren Schädigung durch die 
Narkose (Nark.) höchst bedenklich erscheinen lassen. Nur in einem 
sonst vollkommen aussichtslosen Falle und unter der Voraussetzung, 
dass die Operation ohne Narkose überhaupt nicht möglich wäre, 
Wird der gewissenhafte Arzt die Summe der Noxen, Path. plus Op.' 
plus Nark. der Vitalitätsgrösse nahezu gleich kommen lassen. Zu 
bedenken ist unter solchen Umständen fernerhin, dass mit dem 
Ueberstehen des Eingriffes die Erholung von demselben noch immer 
nicht gegeben ist, dass dem Patienten also nicht ohne weiteres 
auch wirklich geholfen wird durch den verzweifelten Eingriff. 

Schon unter den vorstehenden allgemeinen Gesichtspunkten 
erhält die Operation, welche unter Anwendung der Narkost* * zur 
Ausführung kommt, eine Bedeutung, die ihr im allgemeinen doch 
nicht beigelegt wird. Bereits erscheint es nicht ganz richtig, 
zu narkotisiren nur zur Erleichterung des Eingriffes. Die einfache 
Addition der getrennt betrachteten Schädlichkeiten macht schon 
nachdenklich; es kommt noch hinzu ein für die wissenschaftliche 
und praktische Betrachtung hochwichtiger Umstand, nämlich der, 
dass in jedem Einzelfalle eine ganz wesentliche Beeinflussung der 
Grössen Path., Op. und Nark. untereinander besteht. 

• Es giebt pathologische Schädigungen der Widerstandskraft, 
welche den vorläufigen Fortbestand des Lebens in keiner Weise 
fraglich machen, durch eine Operation aber, und besonders durch 
die Narkose, im höchsten Maasse unangenehm werden können, so 
besonders der Diabetes. Zum Glück findet jedoch zwischen den 
einzelnen Noxen auch andererseits eine Abschwächung statt, ins¬ 
besondere eine solche der Operationsnoxe durch die Narkose, indem 
letztere grössere Schnelligkeit ermöglicht und den Shok auf das 
Nervensystem verringert. Diese Abschwächung kann so weit gehen, 
dass eine unter obwaltenden pathologischen allgemeinen und ört¬ 
lichen Verhältnissen ohne Narkose höchst gefährliche Operation 
durch die Betäubung ausserordentlich an Aussichten auf günstigen 
Verlauf gewinnen kann. —- 

Von den pathologischen Schädlichkeiten, welche für den 
Verlauf der Operation und der Narkose von unangenehmer Be¬ 
deutung werden könnten, führen die allgemeineren die Störung 
meist allmählich und meist primär von seiten der Herzthätigkeit 
herbei, während die örtlichen oft Ursache von Katastrophen 
werden. 

Vor den eigentlich krankhaften Allgemeinveränderungen ver¬ 
dienen eine kurze Würdigung Zustände, welche, vom Alter und von 
Lebensgewohnheiten abhängig, die Widerstandsfähigkeit herab- 
sotzön 

Das Alter, in welchem Schädigungen aller Art Vom mensch¬ 
lichen Körper überhaupt am besten vertragen werden, liegt zwischen 
dem 15. bis 45. Lebensjahre. Mit einer gewissen Berechtigung 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 







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vmimik]ichur ist, uIr üiü Vwlust <!ns oJknduü tufndP'f’Wfft!Bluik, 
gmrz hus'tmiiurt ^üiud>-]»t ^H'itt’agmi wit'd. ^ 

Ais <dtt ui;jeni lifHulu-lkm. -ufali r v <** Kd ud«»ndas und dusimlh 
Aynlf! ^u buutdfK'iidi^ Zuifnai. ne<- ütmrjiatinl 

frjt.r MlAYeiJm. ein ifdiiputdixce' ;<:\[i \k Hins dom Und {!;■- 

, wHushuni huy - Id'!* Braindi. Triukurn oine hallm Stumlr m 

*a'y'i:?!i dm 1 Xurkusu oW» klmtum liUts «{dhm'On Wuines m)f*r eiiHM! 

| kjoguae zu vm'nimdvdHMt, mi dttlvltufm -zii emptWllftiU 

Für da* CAporäjPiiYiiyu Iäqi S < !v\\:ä v | t uz ii s! ita da u % >y eKd» t‘ 
j ndkmä blich duiu-H^ u teba I tcniU'ir H;i fi o v .Md n sif km^wimKc 
j -Bfuttit.^VH um! EiBuutiivnn duts« pIicm, tut. darma y.n dciikHi 
: dass jede si;i»-kcrc Elutifu^ vermiedcu wird, wenn mUd niim 
; mimbtnti wdlti-ciHl der Uju-radoa rni>dxdmn mdten, km dbrigcH m'- 
| bUe! ücrode liii*}' m/ie s'cbr Mcnee tUm- Jiid.aHliunwpinii^t'is 

, um in dm- A'nridlfriifHsuHisHim kl nimm Hlutnmsse dynimud”?» (ir ?1 ;,r 
! ,W v, ”druJ“nmw zu crrmubmi, wclrimr cmv.-ldrdcrm! wirkt in tirn 
; ; H ;^bd> Stdioij auf ^minnmi Sf■yfi'witinid! dfi^URteilten. c<n‘v.w.-e 

j ruir.-L’i'i, ,r. rM Hc-i idutivkÄinhtj^u?««.' dir^.u' Fnnktu -dml .d'in dm 

Sär'€v<(Hi rud'fV -.ulmmn ('mmrinduu ,^.uz fm>a»mfws um! tnrd- 
I !, " !k ki > i>,;i AmfmtitUootui wrirrii kku'ins' ind dnr Bp*|t.uyg 

f ykosscr (k»owmBütm<ii)xccxxo u. dernj 

BiUi/, undnj» wt« h t- <-X HIJI dm a-U ui »Ml Bit fl W iinlu 5 ZU tBwuilr.' 

i kvi'irnio'cmilTt durcli plofzüchnn Hliirk«>u (But voriu*t, ilimdl 
j B l| öde, dutvil ^]' o b .> n ii .H> r ir‘ J >z- k «i ir. 

! ( Amii starken BfniUügd r» die sclrimlK AidWiumdcr- 

! Hmiy :u.m bei vqlii^w huKxonlidof bi}?r 

W Biduru mit dm* n'.-Uiwmdi^icn Mcugm Blutd-. zu vamdmu, adim. 

da« Anlritdtiim lidni ^-ü Uknhu|.»dit>.anwjtaiUtmj*'. i.i i<-hi'u'm;i'.‘ 
um - hiev ein IbtniiKün^sniitiid aazuweminn und npumüv \mhv zu 
cltuiy hjs Vtd'ub unbvdfn^t) citfrirtJarlmfi iwk ])er Baitumr« iuu^w nt-- 
i tta^un WHi-’dufi,mui (HUpHndHud uuuhji'Hnidtriiiwcn'id^drntimüfm tdi yiud. 

: hm der svhwoFüi,, triMifituliMdi mnsrnmlmmn i>j»M-;ysimi dm- mieten 
| AvrvuK',v.'ti-i)m.. wulcbc wir ,uis «Sbuk zu ifczuiciimm ncWnlnd .su»>). 

; wu der varsKindiKe Arzt Hinmi jj'-dmi Fmmriit binHUsschieluim »vu 
. m- l hmmid ^irbt^ muss ujau*- •#.»j.n*i*irt wrulbn. daun wilrd dh Au- 
! ^naiiju^ dnr. NairEfmc ein ccfmbnr Enuxifoldpr zmmd du sin. iwi 
, dm hofidU' timl r JJmi!nalimiofeu^k?!i, w-nh-hc dmi Bkolf Himt'Hkicih 
; mvh ganz idmrfUi^ifc- i«f. *' ’ " * 

! ikae;. idn pl/»Uli(’jvu!‘ Sch!•{'>(:knii uinHit zu Ofjcrirfjuirn in dm 
; Imlteim^cküiic vm-smznu kunu, . i«i des- rumrui bm 

| ^Hbj'mbeu worden: um li wdr buben: dies \uv idurno .)<ibi'c imisu-licii 
| kdiiomu Eui fllkönd' Malm Wiu-'lumubiK V ft fkutiy«udor Fldornkbrnn 
f v«jt '-jß-C^is^örr' 

1 'b.W'nrt v.nr,l,-»e (b; /oijiii- ? : [\ d-'r brinü. Vii.jUUufmm 

nat-H dm* Trnpfnwdfiydu man-tdidirdum ^ark'Osm niim un^mmin sc.lumbo 

anm»tiird.. • m . < ^i, ~ ni c?.e. 


>a«i fiHfjuihröä«!, iw<a«jmi 
«imiUifK i}rl,i,it «ribptiai-hVJ) ,«t. 
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dur i*ul- cbtvn Ul» d»‘{ hnriuli* Ml fiibicn. das (n*mmd wmdmblMth 
wnc das uinor Lninbe* m* oHmltu sieb/ wiado Vür#icfe 1 % wniiat 
.'♦'(.diibt biid am}ujf.?Lt. Aul inohi Botragmn ' ^äl» dor >oust snlu 
ful.u^*; Mu.un spiU.Mj' ua T - dass «r die au« Vorsojieu oü bedeckt 

EUßo pibtzlicb gtu-obmi und äinb liai idmv UijmbtbÄi ont&onzb 
,\'&he, % diu Erbtduit^r von dor OhiilBaob! ubbi Mk* 


. *• mui. j* i*t ui»} wrmuunp: von üor Uhumiamf nam ;n‘- 
Wiu-uw}, und t>fine' ricliii^o Nurkosu noch durnh Auj«!'bbr.tmg dm 
lai’aknfu ein«?]) .Shuk sul’ii^ou, dann könatb soiif Teifdbk die nun- 
Hiauat i n iJßfif ]j,’od Ah&rjrßh Fo 



.muflielicn bcoimc-jitck wird, uud des tnii'Hhimmi, oft tabe.mliüt . 
iuiitthons uofvo&nr. Itysttaisehor b’orsuufiu baitbudoi (rcswhknelits. 

1 hobst, imliolmafmj l.itiIjcri'iut: 11 uoj^cn kiirmon berböigrfdbit 
wolwltö iflieht inihmb hb«o Sv^ft#o 3 
ibirmv anHoewr-lp:. iv'M-bmunnpmn betirnfkludt sind; bimomb>rs idH 
mos Von 4 br ÜmahsM.zmj^ der jUJ^timdnan Widfe^tii/uTsjUiig-lftit 
duiuft den ijinbctes Dmi dia cjH Oiiiscbe. NVjlJtr 11 i 

Ibtrcli ihm ibu bst BcJUifzcusweitha Arbeit iicr krr^. jh*- 





20. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


607 


Gefahren der Narkose für den Diabetiker 1 ), ist dem Arzte 
wiederum nachdrücklich dargethan worden, dass bei Diabetikern, 
auch solchen, die keinerlei bedrohliche Symptome darbieten, durch 
die Narkose ein Coma herbeigeführt werden kann, welches den 
Tod oft in sehr kurzer Zeit veranlasst. — Die Mittheilung weiterer 
Erfahrungen ist sehr wünschenswerth. Ich nehme Gelegenheit zu 
erwähnen, dass bei mir in den beiden letzten Jahren drei ältere 
Diabetiker (und zwar einer von ihnen nur eine halbe Stunde, der 
zweite zweimal über eine Stunde lang, der dritte dagegen viermal) mit 
Chloroform betäubt wurden, ohne dass die von Becker geschilderten 
Folgen eingetreten wären; ein vierter Diabetiker mit schwerem 
Prostataleiden wurde erst mehrere Tage nach der zweiten Chloro¬ 
formbetäubung comatös. 

Es ist deshalb gewiss richtig, stets vor der Narkose, auch in 
der allgemeinen Praxis, den Urin zu untersuchen, wenn irgendwie 
der Verdacht auf Diabetes besteht. In Anstalten, und nicht nur in 
medicinischen, erscheint eine Krankenuntersuchung ohne chemische 
Prüfung des Harnes überhaupt unvollständig. — Wenn wir uns 
gewöhnen, den Harn eines jeden zu Narkotisirenden auf Eiweiss¬ 
gehalt zu prüfen und diese Untersuchung in den folgenden Tagen 
zu wiederholen, dann wird die viel erörterte Frage, ob die ein¬ 
malige oder wierderholte Narkose wirklich eine toxische Ne¬ 
phritis erzeugen kann, der Lösung näher kommen. Dass eine 
vorübergehende Albuminurie nach Anwendung der verschie¬ 
denen Betäubungsmittel auftreten kann, hat an sich nichts Be¬ 
fremdendes. Dass eine bestehende Nephritis eine Anreizung er¬ 
fahren kann, die zur Urämie führt, ist a priori ebenso wenig 
auffällig. Es sind dies indessen Spätwirkungen von Parenchym¬ 
degenerationen, die wahrscheinlich auf demselben Wege zustande 
kommen wie die von Ungar als Folge einer protrahirten Chloro- 
formwirkung beschriebene fettige Entartung des Herzmuskels. Bei 
vernünftigem Gebrauche des Chloroforms, wie er unten angegeben 
wird, kommt es weder zu Fettentartung im Herzen noch in den 
Nieren. Dagegen muss uns die Gefahr, welche überhaupt dem 
Nephritiker vom Herzen droht, äusserst vorsichtig in der Ver¬ 
wendung narkotischer Gifte machen. 

Dass Nephritiker sowohl als Diabetiker wenig widerstands¬ 
fähig gegen operative Eingriffe an sich sind, dass beim Diabetiker 
noch besonders leicht Gangrän an den Wunden auftritt, ist eine 
alte Erfahrung, die hier nicht weiter besprochen zu werden 
braucht. — 

Unter den örtlichen Erkrankungen verdienen in erster 
Linie Beachtung, und zwar besonders für die Narkose an sich, 
welche ja durch Einathmung geschieht, die pathologischen Zu¬ 
stände der ersten Luftwege, der Bronchien und des Lungen¬ 
gewebes selbst. 

Die Verengerung der Nasoneingänge, welche durch entzünd¬ 
liche Veränderungen und Borkenbildung veranlasst wird, diejenige, 
welche bei jeder Einathmung durch Anklappen leicht beweglicher 
dünner Nasenflügel eintritt, die Verlegung des Nasenraumes durch 
Secret- und Geschwulstmassen und die einfache Schwellung der 
Nasenschleimhaut, zumal mit einer solchen der Rachen Schleimhaut 
zusammen, erfordern während der ganzen Dauer der Narkose die 
unausgesetzte Aufmerksamkeit für Freihaltung des Luftzutrittes 
durch den Mund; die Freihoit der Passage wird gesichert durch 
Offenhalten der Kiefer, Vorzieheu der Zunge, Aus wischen des reich¬ 
lichen zähen Schleimes, welcher am Kehlkopfeingange immer wieder 
sich sammelt. 

Beisst solch ein Patient krampfhaft die Zähne aufeinander, so 
kanu, zumal bei dicken Mandeln, der Weg, welcher neben der 
Zunge bleibt, so klein sein, dass eine mässige Menge Schleimes 
ihn verlegt. Der im Gesicht blaurothe Kranke zieht die zähe 
Schleimmasse unter Rasseln und Röcheln hin und her im Rachen¬ 
raume und Munde. Geschieht nicht sofort alles Erforderliche mit 
richtigen Mitteln, so wird mit erschreckender Schnelligkeit unter 
Nachlass der krampfhaften Erscheinungen die Athmung oberfläch¬ 
lich,. sie setzt aus, nach wenigen schwachen Schlägen steht auch 
das Herz still. Dies ist das Bild der Rassel- und Röchel¬ 
narkose, welche oinem jeden von uns besonders erinnerlich ist 
Ton den Operationen der Halsdrüsenschwellungen her, bei 
denen chronische entzündliche Schwellungen der Nasen- und Rachen¬ 
schleimhaut, sowie der Mandeln ausserordentlich häufig Ursache sind. 

Reizzustände der Rachenschleimhaut sind auch — zum Glück 
selten — Ursache eines forwährenden Würgens, welches erst nach 
Eintritt tiefster Betäubung aufhört. Die enorme Anstrengung, 
welche mit einer solched Würgnarkose verbunden ist, macht die 
Betäubung zu einer höchst gefährlichen, und zwar sowohl durch die 
bekannte reflectorische Beeinträchtigung der Herzthätigkeit, als 
auch durch die Athmungsstörung. 

Ganz harmlos dagegen ist die Schnarchnarkoso, welche 


') Diese Wochenschrift 181)4. No. 16. 


besonders bei erwachsenen männlichen Individuen beobachtet wird 
und deren unmelodische Aeusserung durch Flattern des Gaumen¬ 
segels bedingt ist. 

Lähmungs- und KTampfzustände der Kehlkopfmus¬ 
kulatur sind in der Regel keine Gegenanzeige für die Narkose; 
immerhin werden sie den vorsichtigen Arzt veranlassen, alles zum 
Luftröhrenschnitt bereit zu halten. Die Vorbereitung der Trache¬ 
otomie ist ohne weiteres geboten bei Eingriffen, die wegen nar¬ 
biger Verengerung des Kehlkopfes, bei Verlegungen desselben durch 
Verletzungen, durch entzündliche und geschwulstbildende Processe 
veranlasst werden. 

Die acuten und chronischen Entzündungen der Bronchial¬ 
schleimhaut und des Lungengewebcs werden durch die Bei¬ 
mischung eines reizenden Gases zur Athmungsluft unter allen 
Umständen schädlich beeinflusst. Es empfiehlt sich daher, ein 
Mittel zu wählen, welches möglichst wenig zur Hyperämie’ und 
Secretion reizt. In dieser Hinsicht steht das Chloroform, welches 
selbst in starker Verdünnung und in sehr geringer Menge, unaus¬ 
gesetzt zugeführt, betäubend wirkt, bis jetzt in erster Linie. Der 
Aether, welcher schon unter normalen Verhältnissen eine enormo 
Secretion im Munde und den Luftwegen anregen kann, ist hier 
gar nicht zu gebrauchen. 

Bei den bis jetzt besprochenen, örtlichen Erkrankungen tritt 
die Gefahr zuerst von den Luftwegen her auf: allmählich zu¬ 
nehmende oder plötzlich stark einsetzende Athemnoth endigt ge¬ 
legentlich mit Aussetzen der Respiration, secundär wird das zu¬ 
nächst noch functionirende Herz betlieiligt. — 

Athmungs- und Kreislaufstörung zugleich bestehend, machen 
Narkosen und Operationen bedenklich, welche beim Vorhandensein 
grosser Flüssigkeitsergüsse blutiger, wässriger oder eitriger 
Art in einem oder in beiden Pleuraräumen ausgeführt wer¬ 
den müssen. Bei Verminderung der Respirationsfläche arbeitet hier 
das Herz zugleich unter erschwerenden Umständen. — Aehnlicho 
Verhältnisse sind vorhanden, wenn auf Kosten des Brustraumes 
eine übermässige Ausdehnung des Bauches stattfindet durch 
Ergüsse in das Bauchfell, durch Geschwülste der Unterleibsorgane, 
durch abnorme Füllung des Darmes mit Koth und Gasen. — 

Beim Ileus durch innere Abschnürung oder durch Einklemmung 
eines äusseren Bruches kommt zu der Bauchausdehnung noch die 
schwere reflectorische Schädigung der Herzthätigkeit hinzu. Am 
deutlichsten wird sie erkannt durch Vergleich des kaum fühlbaren 
Pulses vor der Befreiung des eingeklemmten Darmes und des 
guten Pulses, welcher, bei sonst günstigen Verhältnissen, sofort 
nach Beseitigung der Einschnürung eintritt. Entsprechendes gilt 
von der übermässigen Ausdehnung der Harnblase. 

Von den Herzerkrankungen sind für den Ausgang einer 
unter Narkose ausgeführten Operation gefährlich diejenigen, welche 
den Herzmuskel selbst betreffen: dio Fettdurchwachsung 
(Mastfettherz), die braune Atrophie im Greisenalter, dio fettige 
Degeneration bei acuter Sepsis und bei anderen Vergiftungen; — 
sie sind sämmtlich nur unter Erwägung des Allgemeinzustandes 
beim Vorhandensein schwacher und wohl auch unregelmässiger 
Herzthätigkeit zu vermuthen. Auf gleicher Stufe steht die Skle¬ 
rose der Kranzarterien, die inan bei entsprechenden Veränderungen 
fühlbarer Arterien als Ursache der Schwäche und Irregularität der 
Herzaction annehmen wird. Dagegen sind Klappenfehler nach 
dem fast einstimmigen Urtheile guter Beobachter keine Gegon- 
indicationen für die allgemeine Betäubung, so lange keine Com- 
pensationsstörung vorhanden ist. Die gestörte Compensation da¬ 
gegen macht jede Operation sowohl als die Narkose schon durch 
ihre Wirkung auf die übrigen Organe, so durch die Kreislauf¬ 
störung in den Lungen, bedenklich; wir können die weitere Schä¬ 
digung des Herzens durch Einathmung einer betäubenden Substanz 
nicht hinzufügen, ohne mit der Möglichkeit des plötzlichen Aus¬ 
setzens seiner Thätigkeit zu rechnen. Im gegebenen Falle 
werden wir freilich erwägen müssen, ob nicht der Shok, welcher 
durch Vornahme der Operation ohne Narkose das Nervensystem 
trifft, gefährlicher ist als eine mit äusserster Vorsicht nur bis 
zur Toleranz geleitete und an der Grenze zwischen Schlaf und Er¬ 
wachen unterhaltene Betäubung. 

Die Schädigungen, welche durch die Operation an sich her¬ 
beigeführt werden, sind mannichfachster Art. Sie wurden im Grossen 
und Ganzen stets mehr gewürdigt als diejenigen, welche in allge¬ 
meinen und örtlichen pathologischen Veränderungen ihre Ursache 
haben. Es gab zu allen Zeiten Statistiken über die Gefährlich¬ 
keit einzelner Operationen. Wie wenig dieselben im allgemeinen 
freilich als sicher angesehen werden können, zeigt die Erinnerung 
an eigene Reihen bestimmter Operationen, z. B. an die Hernioto- 
mieen: die Begleitumstände sind meist für den Verlauf der Ope¬ 
ration von grösserer Bedeutung als diese an sich. 

(Schluss folgt.) 


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608 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


II. Aus der III. medic. Klinik und Universitätspoliklinik 
des Herrn Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Senator. 

Zur Diagnose der Pylorustumoren. 1 ) 

Von Th. Rosenheim, Privatdocenten und I. Assistenten. 

M. H. Ich erlaube mir Ihnen eine Patientin vorzustellen, die 
Sie bereits vor zwei Jahren 2 ) an dieser Stelle zu sehen Gelegen¬ 
heit hatten. Es ist das 50jährige Fräulein Paul, bei welcher im 
Februar 1891, also vor ca. B 1 ^ Jahren wegen scirrhösen Carcinoms 
des Magens von Herrn Geh. Rath Dr. Hahn die Resectio pylori 
ausgeführt worden ist. Es wurde dabei ein Stück des Organes 
entfernt, das 18 cm an der grossen und 8 cm an der kleinen Cur- 
vatur maass. Die Patientin erholte sich ausserordentlich rasch 
und ich berichtete Ihnen im Juni 1892 über das functionelle 
Resultat nach dem operativen Eingriff. Ich konnte feststellen, 
dass die motorische Function des Magens sich zur Norm zu¬ 
rückgebildet hatte, die Dilatation war also geheilt. 

Dagegen war die secretorische Function ganz oder doch fast 
ganz erloschen und blieb es auch, da sie abhängig ist von einer 
irreparablen Veränderung der Schleimhaut, die das Carcinom be¬ 
gleitet. Bemerkenswerth war, dass die Pylorusnarbe sich befähigt 
zeigte, mit der noch vorhandenen Muskulatur regulatorisch die 
hunction des Pförtners zu ersetzen, so dass das Abströmen des 
Ohymus m der- normalen Weise in Absätzen erfolgte und ein 
Rückfliessen von Galle in den Magen nicht zustande kam. Ja, bei 
der Aufblähung des Organs mit Gas zeigte sich, dass der Ersatz¬ 
apparat am Pylorus fester schloss und das Gas besser zurückhielt 
als der normale Muskelmechanismus an der Cardia. Das erzielt« 
Resultat durfte mithin als ein vorzügliches bezeichnet werden. 

Heute, da wir die Kranke Wiedersehen, zeigt sie das Bild 
anJh r f^ d *i rtei i S [ e ist bei vorsichtiger Lebensweise 

d?tt t deB letzten Jahren ohne alle Magenbeschwerden geblieben. 
D e Untersuchung hat nichts ergeben, was an ein Recidiv denken 
lässt. Die in der letzten Woche vorgenommene Prüfung der 
Magenfunction hatte dasselbe Resultat wie früher. Die motori¬ 
sche Energie ist normal, die Secretion bleibt aufs 
schwerste geschädigt: der Mageninhalt erwies sich neutral 
fin™u! e / ra f’• ° b • m alIen Fällen vou Resectio pylori das func- 
endgntig eftschiedeT gfl ” StigeS ^ ^ iSt ™ hI ziem,ich 
Zwar bei der Kranken JaworskiV) wurde nur eine mässiee 
Besserung erzielt, aber bei zwei Patienten Kaensche’s«) stellte 
sich, wenn auch erst nach Verlauf von Monaten, allmählich nor- 
male Bewegungstüehtigkeit ein; in einem Falle Zawadski’s-V) 
FaH sßhhesslich auch ein gutes, so dass man, da der 

hall Jaworski s an sich sehr ungünstig lag — die Kranke starb 

CaTbt= ReCidi \- SCh ? n auf Gru “ d bisher mitgetheihen 

r. r u.".T, s 

Si = =VAT-iSÄiSs 

£eniacht worden ist, davon überzeugen können dass das 

die erst vor drei Monaten operirt worden ist ’ 

drei gesimde^KiDdern^ fiemet-kte ^seit Ostern^fWu*' 61 '^^'* Mutter ™ 

SÄLZ ÄÄ 

gebaute a blasse, r al < )gemi4erte^F r au I1U Die^Bn : ist!)rir e '^ r0S * e H !! ' em ^ e '!i 

unter |r Leber RÄT 


unter der LebeT he^ortritt S t Auiblähung deutUeh 

oberhalb des Nabels, findet man eine Ueine Re^ s T: ^ br <* 

angehört; dieselbe ist wenig schmeraWt Ke ® Istenz ’ dle dem Magen 
Störung, der Mageninhalt S ist nwTr • o motorische 

trächtliche Mengen^lochtiger SS*™!™'™- S ™ Z ?\ ure ’ enthsIt ’ be ‘ 

i-ffi 

»emeBesserung der motorischen Function errielt Da 

am 4. ) Jum rt 1894 nUt Dem0nStl ' atl0? ’ galten im Verein für innere Medicin 
5 Dout, med. Wochenschr. 1892, No. 49. 

) \\ lener klin. Wochenschr. 1889, No 5 
J "f ut - med - Wochenschr. 1892, No. 49.’ 

) eit. nach Mintz, Zeitschr. f. kl. Med.' Bd. XXV, S. 157. 


No. 30 


die Resistenz wächst und am 22. Februar 1894 ein Tumor von 
Kleinwallnussgrösse, mit unebener Oberfläche, links von der Mittel¬ 
linie, dem Magen angehörig, feststellbar ist, wird die Resection 
empfohlen, welche am 4. März 1894 von Herrn Geh. Rath Dr. Hahn 
ausgeführt wird. Das Verhalten der secretorischen Function hatte 
sich in der Zeit der Beobachtung nicht geändert: niemals war 
freie Salzsäure nachweisbar, aber auch die Milchsäurereaction fiel 
nie, selbst im Aetherextract deutlich positiv aus; die Menge der 
flüchtigen Säuren schwankt zwischen 0,5 und 1,3 p. m. nach Be¬ 
stimmungen, die Herr Cand. med. Jungmann gemacht hat. 

Der Tumor, obwohl er oberhalb des Nabels, links von der 
Mittellinie lag, gehörte unzweifelhaft dem Pylorus an wie 
die Aufblähung des Magens lehrte; bei der Inspiration bewegte 
er sich nach unten, blieb aber bei der Exspiration wenn 
man ihn mit den Fingern fixirte, liegen, mit der Hand liess er 
sich wenig seitwärts, aber doch etwa 6 cm nach auf- und ab¬ 
wärts bewegen. Mit Rücksicht auf dieses letztere Verhalten wurde 
. als möglich angenommen, dass Verwachsungen der Geschwulst 
bestanden, und zwar mit der hinteren Bauchwand; das Fehlen der 
I exspiratorischen Bewegung bei Anwendung des oben angegebenen 
Kunstgriffes sprach dagegen, dass die Adhäsion, die am häufigsten 
vorkommt, nämlich mit der Leber, vorhanden war. An der Diagnose 
Carcinom war nach Lage der Dinge wohl nicht zu zweifeln und 
das Fehlen der Milchsäurereaction brauchte uns nicht irrig zu 
machen, da sie bei Carcinomen häufig genug vermisst wird. 

Bei der Operation fanden wir das diagnosticirte Carcinom 
— es war ein Scirrhus — am Pylorus; dasselbe war an der 
Hinterwand an dem Pancreas adhärent. Dadurch wurde der Ein¬ 
griff schwieriger, schliesslich gelang jedoch die Loslösung Der 
weitere Verlauf war ein schneller und glatter. Patientin erholte 
sich bald ausserordentlich, nahm an Körpergewicht bis jetzt 30 
Pfund zu und fühlt sich zur Zeit beschwerdefrei. 

Die Untersuchung der Magenfunction ergiebt beute, dass 
auch hier eine Schlussfähigkeit des Magens nach dem Darm 
zu durch die Reste der Pylorusmuskulatur an der Narbe zustande 
kommt. Die motorische Function ist fast normal, die 
becretionstüchtigkeit ist zwar noch geschädigt geblieben, aber 
treie SaJzsäure ist nachweisbar, wenn auch die Reaction schwach 
ausfällt; abnorme Gährungen fehlen. Offenbar ist die Veränderung 
der Mucosa zur Zeit der Operation noch nicht soweit gediehen ge¬ 
wesen wie bei der Patientin Paul; es hatten ausgedehntere 
atrophische Processe noch nicht Platz gegriffen, und so lag mit der 
Beseitigung der Stagnation die Möglichkeit einer gewissen Wieder¬ 
herstellung der Schleimhautfunction vor. 

-^*® Ablösung eines Tumors vom Pancreas ist wegen bedroh¬ 
licher Blutungen recht gefährlich, und es ist klar, dass diese die 
Prognose verschlechternde Complication ein zu berücksichtigendes 
Moinent sein wird, wenn wir uns über die Operation schlüssig zu 
machen haben. Man wird den chirurgischen Eingriff aus diesem 
Grunde nicht prinzipiell ablehnen dürfen, aber die Verwachsung 
mit dem Pancreas beeinträchtigt den Erfolg, und es wäre wichtig, 
einen solchen Zustand allemal vor der Eröffnung der Bauchhöhle 
feststellen zu können. Sehr feste Adhäsionen an dieser Stelle 
müssen die Beweglichkeit des Tumors unzweifelhaft auf ein Minimum 
reduciren, ziemlich lockere, wie sie es in unserem Falle waren, 
lassen der Excursionsfähigkeit immer noch einen gewissen Spiel- 
raum. Für solche Fälle ist die Entscheidung schwer; und doch 
ist die Diagnose möglich und wurde auf Grund folgender Ueber- 
legung mit einiger Sicherheit gestellt: Wie die Aufblähung des 
Magens darthat, gehörte der Tumor dem Pylorus an; der Pförtner 
lag bei unserer Patientin links von der Mittellinie, wo er aber 
nur bei beträchtlicher Verlagerung des Magens angetroffen 
werden kann. Die Lage einer Pylorusgeschwulst ist je nach dem 
Grade der Lockerung des Bandapparates des Magens, d. h. je nach 
dem Grade der Dislocation des Organs eine verschiedene, und bei 
Verticalstellung des Magens wird sich der Tumor häufig zwischen 
Nabel und linkem unterem Thoraxrand finden. Für solche Fälle 
aber ist festzuhalten, dass dann, solange keine Verwachsungen 
bestehen, die Excursionsfähigkeit des Tumors eine sehr 
viel grössere ist, als sie sich bei unserer Patientin 
erwies; es lässt sich dann, wie ich zu sehen oft genug Gelegenheit 
hatte der. Tumor von der Leber am linken Thoraxrand entlang bis 
zur Nabellinie, ja noch unter dieselbe, bis in die Gegend der Flexura 
sigmoidea verdrängen. In diesem Maasse gelapg die Verschiebung 
des Pylorustumors bei unserer Kranken auch nicht entfernt, und 
deshalb musste, da sonst die Symptome für eine Pylorusgeschwulst 
sprachen, eine Verwachsung an der Hinterwand vermuthet werden. 

x? Fra £ e » w * e äiagnosticiren wir einen Tumor als 
dem Pförtner angehörig, ist vorhin schon gestreift worden. 

In erster Reihe werden die klinischen Erscheinungen, die auf 
eine Behinderung für den Abfluss des Mageninhaltes hinweisen, 
die Ectasie mit Stagnation und Gährung dafür verwerthet werden 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



26. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


können. Indess ist wohl zu beachten, dass wenn auch selten 
Tumoren, welche nicht unmittelbar am Pylorus sitzen, ohne 
mechanisch occludirend zu wirken, doch indirekt durch krampf¬ 
haften Verschluss der Pylorusmuskulatur, den sie reflectorisch aus- 
lösen, eine Hemmung für die Fortbewegung der Ingesta und eon- 
secutive Dilatation bedingen können. Alsdann giebt die Palpation 
am aufgeblähten Organ das entscheidende Resultat. Gewöhn¬ 
lich bewegt sich der Pylorustumor hierbei etwas nach rechts, und 
zwar mehr nach rechts unten (Minkowski 1 ), bisweilen aber 
auch, wie ich mich überzeugte, nach rechts oben, wenn das 
Organ erheblich dislocirt ist. Die geblähte Partie lässt sich links 
- neben der Geschwulst, unter ihr und oft auch etwas nach rechts 
unten von ihr nachweisen. Der Magen bildet ein vierseitiges Luft¬ 
kissen mit abgerundeten Winkeln, an deren rechtem oberem die 
Resistenz fühlbar ist. Dass auch dieses Ergebniss der Untersuchung 
nicht absolut beweisend für den Sitz des Tumors am Pylorus ist, 
lehrt folgende interessante Beobachtung: 

Frau Polensky, 49 Jahre alt, aus Pommern, hat zwei normale Ge¬ 
burten überstanden, ist sonst nie krank gewesen. Nur Magenbeschwerden 
in Gestalt von Magendrücken hatte sie ab und zu. Seit Weihnachten 1893 
ist das Unbehagen (Druck) im Magen anhaltend und allmählich immer 
heftiger geworden; es stellte sich Appetitlosigkeit ein, und seit Mitte 
Februar Erbrechen. Schliesslich fand sich nach jeder Mahlzeit wider¬ 
wärtiges Aufstossen, dem bald Erbrechen folgte, das nur vorübergehend 
unter ärztlicher Behandlung nachliess. Patientin ist stark abgemagort 
(etwa 20 Pfund). Seit einigen Wochen fühlt sie eine Geschwulst in der 
Magengegend, die unzweifelhaft gewachsen ist. Anfang Mai suchte sie 
die Königliche Universitätspoliklinik auf. 

Status praesens am 9. Mai 1894: Kleine, ziemlich kräftig gebaute, 
nicht auffallend kacliektisch aussehende, aber deutlich abgemagerte Frau. 
Herz und Lungen frei. Die Zunge ist wenig grauweiss belegt. Im Ab¬ 
domen fühlt man links neben der Mittellinie einen kleinapfelgrossen, 
unebenen, harten, ziemlich schmerzhaften Tumor, zweifingerbreit ober¬ 
halb des Nabels. Derselbe bewegt, sich bei der Inspiration nach unten, 
steigt bei der Exspiration, wenn man ihn fixirt, nicht in die Höhe, 
er ist ausserordentlich beweglich und lässt sich vom Leberrand bis 
tief unter den Nabel heruntor verschieben. Ec’tasia ventriculi, be¬ 
trächtliche motorische Störung, freie Salzsäure in Spuren nachweis¬ 
bar, Cougo scharf und ziemlich deutliche Milchsäurereaction mit 
Eisenchlorid. Bei der Aufblähung mit Luft und Kohlensäure rückt der 
Tumor etwas nach rechts und liegt im rechten oberen Winkel des 
scharf vorspringenden luftkissenartigen Organs. 

An der Diagnose Carcinoma pylori schien uns mit Rück¬ 
sicht auf Anamnese, Verlauf und Untersuchungsergebniss kein 
Zweifel mehr möglich. Die ausserordentliche Beweglichkeit des 
Tumors Hess den Fall für eine Radicaloperation ganz besonders 
geeignet erscheinen, an deren Ausführung am 18. Mai 1894 Herr 
Geheimrath Hahn ging. Bei der Autopsie in vivo zeigte sich 
gegen unser Erwarten, dass der Tumor nicht am Pylorus sass, 
sondern dass dieser Organabschnitt frei war. Auf der Grenze 
zwischen Pylorus und Fundus sass ein Careinom, das ringförmig 
die Magen wand umgriff, auf der Serosa in der Nachbarschaft 
bereits vereinzelte, kleine Metastasen gemacht, aber zu Ver¬ 
wachsungen mit angrenzenden Organen noch nicht geführt hatte. 
Wir fanden also eine Sanduhrform des Magens, die hier aber 
nicht, wie das gewöhnlich der Fall ist, durch Vernarbung eines 
Ulcus bedingt, sondern ausnahmsweise durch einen stricturirenden 
Krebs zustande gekommen war. Die Enge zwischen Fundus und 
Pylorus war so beträchtlich, dass sie vom Finger nicht passirt 
werden konnte. Da die Serosametastasen nicht ganz vollständig 
zu beseitigen waren, so wurde statt der Resection nur die Gastro¬ 
enterostomie gemacht, die glatt vertief; die Patientin befindet sich 
zur Zeit völlig beschwerdefrei. — 

Ich habe im Voraufgehenden als die häufigste und deshalb 
praktisch wichtigste Verwachsung des Pyloruskrebses diejenige 
mit der Leber erwähnt. Die Diagnose dieser Complication ist 
durchaus nicht immer leicht. Der Tumor zeigt unter diesen Um¬ 
ständen sehr beschränkte Beweglichkeit und das gleiche 
respiratorische Verhalten wie die Leber, d. h. er steigt mit 
In- und Exspiration zugleich im Epigastrium herab und hinauf, und 
diese Locomotion ist oft deutlich sichtbar, immer zuverlässig 
tastbar. Allein dieses letztere Symptom ist ausserordentlich viel¬ 
deutig, weil verschiedene Organe: Leber, Milz, Magen, Colon trans- 
versum, bisweilen sogar eine nicht adhärente Wanderniere und 
endlich der Dünndarm mit ihren Tumoren dieses respiratorische Ver¬ 
halten mehr oder weniger ausgesprochen aufweisen können. Ja man 
darf wohl sagen, dass alle Tumoren des Epi- und Mesogastrium mit 
Ausnahme ganz flach sich entwickelnder Neubildungen, die dem ab¬ 
steigenden Duodenaitheil und dem Pancreas angehören und die dann 
in der Tiefe Hegen, von der Zwerchfellbewegung in Mitleidenschaft 
gezogen werden. Denn die Inspiration erzeugt in der Bauchhöhle 
allemal eine Volumenveränderung und-Verminderung, einen 
mechanischen Druck und eine Erhöhung der Spannung, die 

l ) Berliner klin. Wochenschrift 1888, No. 31. 


609 


namentlich an den Organen zwisohon den unteren Thoraxabschnitten 
eine Locomotion nach unten bewirkt, und bei der Elasticität 
der Organe geschieht diese Abwärtsbewegung ebenso prompt und 
für uns unfühlbar, wie die Rückkehr iu die ursprüngliche Lage 
leicht und rasch erfolgt, sowie die Exspiration eintritt. Das Phänomen 
der respiratorischen Verschiebung ist freilich in allen Fällen 
nicht gleich deutlich nachweisbar; alles was den Druck in der 
Bauchhöhle vermindert: Erschlaffung der Bauchdecken, Fettverlust 
wirkt in dem Sinne, dass das so wesentliche Moment der erhöhten 
Spannung während der Inspiration keinen nennenswerthon Einfluss 
auf die Lage der Organe mehr ausübt *, es bleibt dann nur noch 
im wesentlichen die grob mechanische Druckwirkung übrig, die 
das Tiefertreten des Zwerchfells auf die Organe unter allen Um¬ 
ständen ausüben muss, die direkt und unmittelbar in seine Kuppe 
gefügt sind, also auf Leber und Milz. Diese zeigen die respiratorische 
Verschiebung deshalb auch unter diesen veränderten Verhältnissen 
prägnant, faUs sie nicht eben gerade in die Bauchhöhle hinein nach 
Lockerung des Bandapparates in toto dislocirt sind. 

Alle anderen Organe aber, die hier in Betracht kommen, und 
speciell der Pylorus werden nur indirekt von der Zwerchfell¬ 
bewegung beeinflusst, darum i3t das in Rede stehende Phänomen 
bei ihnen, auch unter günstigen Verhältnissen, fast nie so scharf 
ausgeprägt wie bei Leber und Milz; es findet sich bei ihnen oft 
nur angedeutet, ja es kann gelegentlich ganz fehlen, wenn die 
Spannung im Abdomen mehr und mehr gesunken ist. 

Aus dem Gesagten ergiebt sich klar, dass, wo die respiratorische 
Verschiebung einem Tumor abgeht, wir seine Zugehörigkeit zu 
Leber und Milz, faUs diese Organe sich nicht als beträchtlich 
dislocirt erweisen, von vornherein ausschliessen können. Zeigt er 
unfgekehrt das Phänomen, so ist sein Zusammenhang mit diesen 
Organen noch nicht dargethan. In diesem Falle kann man sich 
eines Kunstgriffes mit Nutzen bedienen, den Minkowski 1 ) em¬ 
pfohlen hat und der lange nicht genug gewürdigt wird: wird er 
doch selbst in mehreren neueren Werken nicht einmal erwähnt. 
Minkowski machte darauf aufmerksam, dass wenn Tumoren des 
Magens, Darms, Netzes, ja sogar der Nieren die besprochene Lage¬ 
veränderung zeigen, sie in der Regel bei der Exspirhtion 
am Heraufrücken verhindert werden können, wenn man 
sie auf der Höhe der Inspiration mit der Hand fixirt. 
Diese Manipulation ermöglicht also auch dann noch die Unter¬ 
scheidung der eben genannten Geschwülste von denen der Leber 
und Milz. Zweifellos ist sie von grosser praktischer Bedeutung, 
wenn ich auch nach meinen Erfahrungen statt „in der Regel“ 
„öfter“ zu sagen geneigt wäre. Denn es bleibt immerhin noch 
eine erhebliche Zahl namentlich von Pylorustumoren übrig, wo das 
respiratorische Verhalten sich schlechterdings nicht von dem der 
Leber unterscheidet und wo auch dieser Kunstgriff im Stiche lässt. 
Der folgende Fall beweist dies: 

Karl Sieb er t, Bahnbeamter, 50 Jahre alt, ist bis Anfang Mai dieses 
Jahres stets gesund gewesen, speciell hat er nie am Magen gelitten. Seine 
jüngst entstandenen Beschwerden bestehen in Magenschmerzen (Druck, 
Krilmpfo und Brennen), die erst durch Erbrechen geringer werdon, das in 
den letzten Tagen regelmässig auftrat. Der Stuhlgang ist jetzt ange¬ 
halten. Der Patient, der sich am 21. Mai 1894 in der Königlichen 
Universitätspoliklinik vorstellte, ist ausserordentlich rasch abgemagert, 
eine Veranlassung für die Erkrankung vermag or nicht anzugeben; ins¬ 
besondere liegt kein Diätfehler vor. 

Status praesens am 21. Mai 1894: Ziemlich kleiner, kräftig ge¬ 
bauter Mann von brauner Gesichtsfarbe, deutlich abgemagert. Brustorgaue 
gesund. Leber von normaler Grösse, ihr glatter Rand ist ziemlich gut 
abtastbar; unterhalb desselben im Epigastrium fühlt man eine querver- 
laufende glatte Resistenz, dio etwas druckschmerzhaft ist, deren Breite 
2—3, deren Längo etwa 8 cm beträgt. Dieser Tumor steigt zugleich mit 
der Leber bei der Inspiration herunter und bei dor Exspiration gleich¬ 
wie das genannte Organ in die Höhe, auch wenn man ihn mit der 
Hand festzuhalten sucht. Die Verschieblickeit der Geschwulst im 
Epigastrium ist nach unten zu eine geringe, nach oben zu lässt sie sich 
ziemlich weit hinaufdrängen, so dass sie vollständig unter der Leber ver¬ 
schwindet und der Betastung dann überhaupt nicht mehr zugänglich ist. 
Und so goschah es, dass, während ich selbst und sämmtliche Collogen m 
meinem Curse den Tumor an dem einen Tage deutlich palpirten, or später 
von anderen Untersuchern nicht gefunden werdon konnte, da er offenbar 
zu weit nach hinten und oben entwichen war. Die grosse Curvatur reichte 
bei der Aulblähung zwei Finger breit unter den Nabel, es bestand 
oine beträchtliche motorische Störung. Freie Salzsäure war 
nicht vorhanden, auch die Congoreaction fiel negativ aus, Lakrnus +» 
unzweideutige positive Milchsäurereaction. 

Dass es sich hier um ein Car ein om des Pförtners handelte, 
war nicht zu bezweifele. Bemerkenswerth war der ausserordentlich 
rapide Verlauf, da die Beschwerden erst ganz kurze Zeit bestanden 
hatten und die Abmagerung sehr rasch aufgetreten war. Dem 
Patienten wurde die Operation vorgeschlagen, dieselbe wurde von 


i) Berliner klin. Wochenschr. 1888, No. 31. 


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610 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Herrn Geheimrath Hahn am 5. Juni 1894 vorgenommen. Bei der 
Autopsie in vivo fand sich ein Tumor von der angegebenen 
Grösse; die Wand des Pylorus war durch ein diffus sich aus¬ 
breitendes Carcinom infiltrirt, die Geschwulst war mit der Leber 
nicht verwachsen, dagegen an der Hinterwand durch Adhäsion 
mit dem Pankreas verbunden. Da bereits kleine Netzmetastasen 
vorhanden waren, wurde die Gastroenterostomie gemacht, die 
Patient gut überstanden hat. 

Der Fall lehrt, dass, wenn ein Pylorustumor das respiratorische 
Verhalten der Leber zeigt, damit nichts für dasVorhandensein 
einer Verwachsung mit diesem Organ beAviesen ist. So¬ 
weit die Palpation nicht den direkten und unmittelbaren Zusammen¬ 
hang zwischen Leber und Pförtner darzuthun vermag, haben wir 
kein zuverlässiges Zeichen, welches mit Sicherheit für diese 
wichtige, die Prognose verschlechternde Complication spricht. Aus- 
schliessen dürfen wir dieselbe dagegen, wie ich glaube, 
mit Bestimmtheit, avo die PylorusgeseliAvulst bei der 
Exspiration sich für den fixirenden Finger anders ver¬ 
hält als die Leber; mit grosser Wahrscheinlichen, wo 
die Excursionsfähigkeit des Tumors nach oben, wie dies 
m unserem Falle ganz eclatant zutage trat, so unbeschränkt 
ist, dass der Tumor hinter der Leber ganz verseil winden 
kann. 

Dass in dem eben citirten Beispiel der Tumor vorübergehend 
lur den Untersucher unauffindbar war, ist kein seltenes Ereigniss • 
es ist rathsam, besonders bei Männern, bei denen der Pylorus an 
normaler Stelle, also zum grossen Tlieil von der Leber völlig ver¬ 
deckt liegt, die Untersuchung in Rückenlage durch eine solche im 
Stehen mit vornübergebeugtem Körper und vor allem durch eine 
solche in Knieellenbogenlage, wie dies auch EwaldD empfiehlt-zu 
eontrolliren. x ’ 

Fragen wir nun, worauf es beruht, dass Pylorustumorcn 
sich in ihrem respiratorischen Verhalten so verschieden 
zeigen kennen, dass sie in einzelnen Fällen sich wie dio Leber 
auf- und abbewegen, andere male bei der Exspiration zurückgehalten 
weiden können so ist diese Frago bisher weder gestellt, noch der 
Versuch einer Beantwortung gemacht Avorden. 

Ich möchte auf Grund der Erfahrungen, die ich durch die 
Autopsie in vivo gewonnen habe, mich dahin entscheiden, dass dio 
s . lel \ respiratorisch zugleich mit der Leber bewegen, 
also bei der Exspiration stets m die Höhe steigen, wenn sie sich 
am normal liegenden Organ entwickelt haben. Der Pylorus 
.(L 7 werrhf u 'seursionsfahigkeit und Lage durchaus vom Stande 
des Zweichfelles abhängig, obwohl er nicht direkt mit demselben 

ieZDÄn £ ^“»^Verhältnissen des BaucÜs 
jedei Diuck und jede Verschiebung eines Organs sich auch auf die 
anderen überträgt. Erst wenn infolge eine/Lockenuig des Band" 
Apparates. der Pförtner tiefer getreten ist, wird der Einfluss der 
Zwerchfellbcwegung auf den Pylorus schwächer, und diese Lockerung 
der Beziehung zwischen den Organen der „oberen Enge“ (Henkel 
. uud .dem Pylorus zeigt sich am deutlichsten im exsnira- 

hang S d h er n Thene a ioeh n ’r ilhren f Irt'' Inspü ' ation der Zusammen- 
g ei iheile noch lange deutlich in die Erscheinung trofon 

kann. Je stärker der Pylorus dislocirt ist, umsow“ “?t erin 
seiner Bewegung durch die des Zwerchfells beeinflussbar ' 

, . Verlagerungen des Magens finden sich nur relativ selten 

Ü rauen noch einen sehr bedeutenden Vortheil vor den 

K lenVafs T^it "^?“ 

'mmmm 

nauen Palpation Und «n tonn S J e( A . entzieht sl ch der ge- 

Pförtnerkrebses lange verborgen bRiber'^Glnobl* S / mptom des 
unsere Diagnostik- «n „ n , .r? 11 - Glücklicherweise ist. 

oft nicht bedürfen «m m Zf?* 1 Q-1"’, d ? SS wir des T™«™ 
scheinlichkeit die Krebsorkranknnn- Hao Sicherheit grenzenden Wahr- 
Der folgende Fall beweist dies: gd PyIorus ^stellen zu können. 


»1 fÜSÜl d m Verdauungskrankheiten, III, Auflage S. 34G 
1891, S. 89. 1 natomie und Ph ysiologie, Anatomische Abtkoilung, 


No. 30 


Friedrich Lübeck, 46 Jahre alter Lokomotivführer, hereditär in keiner 
Beziehung belastet, ist immer stets gesund gewesen, bis er im Jahre 1889 
Avegen eines eingeklemmten Bruches operirt werden musste. Vor Weih¬ 
nachten 1891 begann sich ein leichtes Druckgefühl in der Ma^eno-e^end 
einzustellon, seit April 1892 fiel beträchtliche Abmagerung (30 Pfund)°auf 
Seit dieser Zeit hatte sich auch Erbrechen eingefunden, das anfangs 
seltener kam, dann aber nach jeder Nahrungsaufnahme erfolgte. Nachdem 
er schon von mehreren Aerzten behandelt Avorden war, stellte sich Patient 
im Juni 1892 in der Königlichen Universitätspoliklinik vor. 

Status praesens am 6. Juni: Mittelgrosser, mässig kräftig ge 
bautor, stark abgemagerter Mann. Bronchitis levis. Zunge schmutzt m-au- 
gelb belegt, Foetor ex ore. Abdomen in der Nabelgegcnd und oberhdb der 
seihen durch den mit schwappender Flüssigkeit gefüllten Magen vor- 
geAvülbt, beträchtliche Dilatatio vcntriculi. Mageninhalt Aviderlich sauer 
nochend, von braungolblichcr Farbe, enthält keine freie Salzsäure 
wohl aber reichlich Mi ich säure. Unter dem Mikroskop Sarcine und 
zahlreiche lang ausgezogeno Bacillenschnüre. Nirgends besteht eine ib- 
normo Empfindlichkeit des Magens, eine Resistenz ist auch an dem auf¬ 
geblähten Organe nicht nachweisbar. Ja selbst in der Chloroformuarkose 
Avar das Untersuchungsergobniss kein anderes. 

Trotz des Fehlens des Tumors war die Diagnose mit Rück¬ 
sicht auf die Entwickelung der Krankheit bei dem früher stets 
gesunden Manne, im Hinblick auf den chemischen Befund und die 
beträchtliche Ektasie auf Carcinom des Pylorus zu stellen Dem 
Patienten wurde eine Operation geratheu; wir vormutheten, dass 
der lumor pylori sich möglicherweise deshalb jedem Nachweis 
entziehe, weil er an der unteren Leberfläche festgewachsen war 
Bei der Laparotomie, dio am 30. Juni von Herrn Geheimrath 
Hahn ausgeführt wurde, fand man den Pylorus frei beweglich, 
ohne alle Adhäsion, derselbe fühlte sich nur wenig dicker und 
derber als ein normaler Pförtner an. Es wurde die Reseetion aus- 
getuhrt, die keine besonderen Schwierigkeiten bot. Die Unter¬ 
suchung des resecirten Pylorus, den ich Ihnen hier zeige, that dar, 
dass derselbe fast völlig undurchgängig Avar, die Pförtner wand Avar 
etAA^as verdickt-, die Schleimhaut Avies eine zAveimarkstückgrosse 
promiuirende, ulcerirte krebsige Wucherung, die die Passage 
verlegte, auf. Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies sich 
die Neubildung als Medullarcarcinom. Der Fall lag auch insofern 
günstig, als die Serosa überall frei von Metastasen gefunden wurde. 
Leider ging der Patient am 1. Juli an einer Blutung aus einem 
btichcanal zugrunde. Est ist klar, dass, wenn dieser unglückliche 
Zufall den Erfolg nicht vereitelt hätte, der Fall die besten Chancen 
geboten haben Avürde. 

M. H.! An der Möglichkeit, das Pyloruscarcinom auch ohne 
nachweisbaren Tumor, wenn auch nicht absolut sicher, so doch mit 
hoher Wahrscheinlichkeit zu diagnostieiren, Avird niemand, der Er¬ 
fahrung auf dem Gebiete den Magenpathologie hat, zweifeln. In 
solchen fällen, wie dem eben mitgetheiiten und ähnlichen, darf 
man dem Kranken den Vorth eil, vielleicht durch Reseetion geheilt 
zu werden und eventuell durch die Gastroenterostomie für geraume 
Zeit von seinen Qualen befreit zu Averden, durch unnöthig langes 
juwarten nicht verschränken. Wenn auch von meiner Seite nicht 
Aeikannt wird, dass die Palliativmittel, über die wir vorfügen, ins- 
jesondere die Ausspülung dem Patienten Erleichterung zu ver¬ 
schaffen vermögen, so liegt doch der Schwerpunkt der Behandlung 
m Zukunft beim Chirurgen: Das als solches erkannte Py- 
loruscarcinom gehört in der überwiegenden Mehrzahl 
., r ^dHe v °i* sein Forum. Dieso meine Ansicht werde ich 
nnt Hülfe der mir zu Gebote stehonden Erfahrungen in einem 
späteren Aufsatze begründen. 


III. Aus dem pharmakologischen Institut der Universität 
Berlin. 

Ueber Inula graveolens. 1 ) 

Von Dr. Martin Mendelsohn. 

f Heilmittel, das früher die mannigfachste Anwendung ge- 

lunden, das die Alten bereits als wirksamen Arzneikörper benutzt 
a ° en . seither so gut Avie ganz aus dem Arzneischatze ver- 
schAV unden: das Extractum Helenii mit seinem Avirksamen Be- 
standtheile, dem Helenin, dem Alantkampher. 2 ) Früher im Rufe 


o t v gehrten im Verein für innere Medicin zu Berlin am 

9. Juli 1894. 

') Die Bezeichnung „Helenin“ wird offenbar verschiedenen Substanzen 
eigelegt. ln dem Handwörterbuche der Pharmacie von Geissler und 
11er, Bd. V, S. 189, führt Hartwich unter den Bestandteilen der 
Aiantwurzei einmal den Alantkampher, C i0 Hi 6 O, mit dem Schmelzpunkt 
14 U ? ( LX uss ® rdem das Stearopton Helenin, Ce H 8 0, mit dem Schmelz¬ 
punkt 110 auf In dem gleichen Bande dagegen wird (Bd. V, S. 188) 
on Uanswindt Alantkampher als Synonym für Helonin bezeichnet, mit 
einem Schmelzpunkt von 109—110°. Auch B. Fischer (Dio neueren 
Arzneimittel) identificirt Helenin mit Alantkampher, giebt aber als Schmelz¬ 
punkt für die reine Substanz 100° an. Und schliesslich weist E. Merck 
m semem Jahresbericht 1892 auf die widersprechenden Angaben über den 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




mmmm wocbenschhtft. 


"W M' 1,1 

eiw^ atis^^ichuefec^i ]li?omji{immgmmtko j s M K&tteheiv üw ‘ Lull- 
vre$«. .sm&utv vinlfach aU pigiuticuiu mul aueb Bbtittiorotio.tm iu. 
ÄnWanduös: gwjröii, feiet es Jctzt nur pfe <*ü» feoln.mtrnrs 
Lasten ift ü< 4 ' Vrt!j^m«;*dk’ir» und der XhierinblkmHK und auch di - 
verschieden Fhfehhut'nm des Ihdomu als mw* ftmabaenfell 
wirksamem Mittels, xum Wimdverband oder £ar y .or Venmdit.uup: 
der Baeilhm ind TujM-reiilorte,. haben ilim kolne iiUKgedidird^m brzt- 
iidjüß Aiiwo-midn^' mehr rorschaiJV» können. 

Yiue Ext/sctum ßxdmili stahmtk iVOb cior Lutrfa d pmuty. 

Dibsb Inubi Hojejfd'Udi isl mi$ don zahlreichen - tTHmfeen »lept-nfpren 
Gattung, der C<unp?i<tit*n, wedelte den Namen Int» 1 h führt, die »dn- 
aigO Fßwuzrh welche .bhdier eilte iirzue.üiehi* \ r tnn*i? 4 irUrn^ 2 T *thtTllükm 
hat, eine arzneilirho Verwenduim ni.du* :t.h 1 nm»ihmbw-F Art Keine 
der anderen IiHifaaidHl 3 ,) ish m pkär&ddkolv^i.dhee i% 5 £ichF jsttt- 
fliit. 5 ! Es war dalier K<‘hot! an sieb von latorcr««;, .ein«? Frlivifeauf cinr 
eventuelle Arzirei:s\dGiUMil; kiu zu ttnöMwmTicu, veh.-hn ; Jji eia»? 
kleinen Zahl von- ^liMiden tnit *0 üitlitdnr l‘J ötXtu£r au? AbsDeiihm- 
unter . i-hmt Name.» ' ,.*S(iWkruut‘‘ zuc»>nu»R worden war, tiüd 
"wölfiio Von den« Oirnklnr fe böttmiitfHfe llnd-h. Oe-. 

Iimm'oo Ue<rieruu*rst'}jfJi t*n)f. ilr. E.uir.Ur,. in der .zitv»'rk>uti- 
mmlstnn Weise cvprüff (itnl Ms )imla vmrdhbrt. wmfe, . 

Dfem .„EtiukkiwitA shU iw A»MfeUcn mi*m Afehmh; ; 

ah*' AntühstUmaIRmn and. bemerkch*w*mih ixt mtF dm- 

die Xflanze ihre ö»£ ; ei>rUvdye■g>‘*ug!Uj[diM^ \hn luabvbitvf iositis*i« ii -iiä ; 

Milt»-In»e v te»d«i»d b.*.t, In ÜOf.j^ii beSOiob U- ln SjM«h»m lUlHflt UU <1 j 

dom «udindu/ivIT-Ankfeh; wobei aflefdife brkkwij- Lt likes sie yj.o!i. j 
xti weil vnt vonirrit^u pörsdt, als* xm dp* ihr•öimijtipd.rtn kTHiufeejicu' I 
JkaimruiRW» sortimb-a mul dd>*< sie md ihrer VYXmhu-utur ’m r. ;f.> ] 
Maib )tu. und Tcmmfe vvk> imt >iw hfOdu;)l ödustdfirt Ul, ocn-h hl 
hei 1 >.it i-idt und a.neli . |)tr' VoHcor.ijHöir in .Aoelrolie.) hern.i!» 
•slt-nt, su Ul SK; dui tbm jeibofkUb: uii.t-' nurt>i*üirö'bt*)u- GutrTnle ree- ! 

W'ordnn t ^fbl wüek^t^dOsf i 

idiJtivirt W:K*dj Antzph* ‘.töfi voidöitE^ uorb tn 0 »h»»r lv<nKVtaiidK. Fbl | 
dna in iletitiiolrb.dH.l whrdd ijhs ^d^dveiten nni «dienten ;his ; 

SihllVanlövnedi in an^reitdtiMMjeu M'ss-ja u bezen-'n w«-n]<M* körn non. 

Liese Inula umi-ohii- nun, vmi. -der kh in der • 

mwlkd/tisrhen Ijiiiemlttr nur dir (dnn Spur huM ad-lrinfRn köinmn, | 
das«- nie Yi]n-.i'rd)iss mti Erftd^ aup'WetMiH F er den • könnt Yi : 

«.ine i-/i.- '.-r..~riu)h\ din U•• hbiu t • ! Zuit Mi /iiOUUnit allen A »Vlli-!- j 
pjlauzeü ilberivaiipt: uhiie wnitoves l^n>?h/öl MAirdo, x 4 A.e IblaTtze , 
von nu^eyötnubviAim HpHuihrft'.hnau, -arujiidl d^i üeli, bube-ich j 
im idiarmafidlogieieh«» i-nfitituk; iRr lFjdvvr<sitöt 4 ^- NiUie'nm uutej>- | 
sudbt und jnütbtn mir ertauben, hier über die KYsoHuie dienm. 
Prüftiuo; zu beriehfen. die «bis ,gf\r ntrht -wo selRd)«;, uker i>nmfti' 
wieder rutrirrnsaufe und lelrrrei'.-he Krg’ebuis- .jrnhabt bit., dass sich 
an einem Ifeilmh.tel, wrkdu.rs urspniitjrib'h nur in binhu-lier ■Enipine 
und uhm !>es«n.iiier»' \'«/i >1 clluin:' von der ihm iimcwnlmptulmi Wi»*' 
kü.»i» lt«d. b«rxUtumieu Kr.ntik 11 «ul' v? °stunden .\nv.a:uUiinp ncleonlen 
b.*i\ bei Wissenschaft}i« hi*r i’rübmp; in «l«*r Thai die ihtX« oe. bnilei) 
ll«uMU«sfcrlb:n, avriebe mir der supjionitien, r*rukUs«dteu Wiek«nur nt 
t*h,\ei;«b>vLi*hf-n? Kmklnuu' ^loliub. Zuutb hst jedoch mb« hie i-di «hm 
l.b'')‘CM Eiehrcie.h und Lün Yp.ua vd . welche mich in de:- a l a i -set- 
ordmilUeb^tmi W«'Lc iiierhei .ueferst ätzt« n, fiir ihre i'‘ördcHUik hntl 
ilu hii'na'Sic nudticn vojidridHchmmi Dank uusspn« h«ui. 

Du fibm die Aft iici vulkMlmmlü Imu AnvPinlirn^’dtff Amu i- 
h'Qiinzc iii«<M:■ X.ihercs bekannt war -m zunä-imi. anuv- 

iXei.miKiien werden', dass die einfm-bstc- Form dar .V ^HiVcweii mm;; 
»m* 'nicrauiirits:-. bei ihrer Vorab kJ üu cm ii* .•Vuu.^duna «r«*hr,n;iit 
wurde nml ihihcr dir .jrrärtcui• Tbpi.k' zxmajdi^t• kttl ^»renb-Iiu^r--. 
suefmijv;' des. wirksamen .i rijiejtis in Ikdrachi, karnmru ^n-suei 
m* wunju;, die ■•inanni^l’uehs.ieit Ausztte*- anaHcriici. mir indesere 
"W;,ss«*r t mit 70 ‘‘-'o iiivm mul Spird.us. mit säntfbullicrm 

Alk«?hoi, hföxR mni feiL;AuF^ v .' YVltdi*-; je iwn h . an^WiUullHfi 
Lxt.f'urtimip'm.itijd ehe- otlci- e'-nnz^x Au-temtc : 

de- lirsUihlfdnxi; aci c Filialen mH. Wasser oder mit. sehr Vm-ibmot.M 
Fsstesatjrc <>:Ue A <'!')•:nmv H.idiiunommöli, und dies » 7 ^nr 

bl.dHi >uidmtljj: erbesrbt . 

AT FröftVheo ^i-i,HV.»<»i{hd'.. hnti-eu nun ,iHe ' dkr-w Lbsmiiron 
eine im-, gn&iteh GatiXmT ührdwimsi itnummle W'.irkmvr; set^bor 

^c'mueJ'/'pnnUt deT Il«;Icnm]»ni]iarrdc Diu; er iruO.t, <!i«.sci. iür dus von ihm 

Um^Uiikö iMültm uLtf ii^t 7 *^ im itfid ijimh Verxchiedbahoit 

•^TFvhmolzpimktey von J der wi hoä^B-^ dbm Alter dir »uf 

Lcrsudlüni! boaurztmi ALmwurzei a!»]e:te:m ist. 

*) Irößfc filifc hc ^ibnuatvJcFh“ Ihösfedhtr^tler >u rnpukihiie n I ü ulu- 
ivrtutl v-a.Uu.Ut die Abmmdlmu- von Vr. Giinth-cr. limlap EuiHipaw. 

Leuk&chri'jtcö det kui^tsrlkkmi AktudeMm -der Vi^ed^halten, nuitliöjna- 
usv. ixsi'Cschafüiebe KluSue, Wimt iHHia kaad «Ä- 

if DiXB Irujhn. wclcko? ?ich rueiit* n»tr irt- dein’ I;tiuhrtrtcn, Soudoyrt riucu 
Wpßb ; iü ijßi& ^ijityaru KÄhe aiitlcr'*jr ConnpoHiton timLvk ?.b ; hRe«'Ud«irsi Jh. 
dcu 'Wiimdp «Jini iCaplkm you T«raxaeum ofilciDtJe, IJbliUQtlms lubt*.* 
‘«)fins u. m, ist fufl flsr ; Dtiirkv üuiiöbVckendes KnUlohydtitt Uhd ktbamf 
hiüü'tuaköOctaitniseh zu locht 48 Hei.nu.ht 

y - iiaihatd-id-« L«is Äi*nffitös - Kirdpifes, L uditiun, HL nd-. 


m 


die Hcmction urludilicU herab und lahmton dio TlijV.rh tjOsomio 
ic denci ibntercu ExiruikUhUm.' '•■AlUSScrtlom beeil,(hissten sic s.-m 
oe-itlicb die Alhniumr« 'ätzten sie in Frequenz wie io Fmeu«- 
4mrk herab und brachte,! si-,- ^ddiex*li,:h b«d aur.roK-lim«d.dr (-.1 .r- 
Wjrkhu^ na-0« r/ ut»u HtAilsturnDq Ihd Olnor grü^enm K.xhFvim V*"/- 
suchon, weiebo zu den ginohen KesiiH.tkAn fOlYRn, 

crgTdr mdi ^hllesnlitüv als ftivs \V (^ontliUiF t -jUi*. mit 

iingcshtHXff.mn VVassm* *i«'-h wanitihr -wii-ko.in onvicom,: djid dass 
Ext ravt u msr. shUdsermn Alkohol und Imiss kcrvjtöt dir nil-cnuhmVt; 
KvhehcintiiiU'ort dar L;t{>irnuuivm und der AthH*hu.e'ssl.ijeu.u»;;U< •sthrhr i 
io de ft VVrdncwrujiil treten Hessen ( >L anden: |h-ö{i;ir;K.*'. 

ßbawüi»' wie die Extraete- der erfima» i'IhtmrA-.d'/n.vim. V\;ir-u 

die AVurjinlaim^üä;e mU .dii.m- ,bv 

den infonsibiit' der Fol^eiirn« , hiUf»u|iiiV?ii. je -ifidi dm Art. Uns /nr 

hAavreiuinn«? oi;bcHchten Dal; axu-: dpjr 

«iIliohtjIRuheiK EstearWn der Wurzel durvji Wutssin- nur. mp»d-UL^ r 
eon-TUrzuu ausY«TdliF k'ptqhit — Jm : (AF^u^adz« 
zu th'ui ^TtUmji Eslrankih^ wo. »litt hnr/t^oi, T - wHr'ee.rmihHßchmi ä&- 
siAudthnUh rih<trjw*d|iv?)i^ —' nml tuieh in^hr t«itu6Y uttTA^DAb 

Flvvkcf! tinsöf-irn. •><-«' sin kielt ohne- Solnvienok-V <ü ‘be 

- Fm v irz Yehe . %rRae brihjüinrt umb mit ikq- klarthi ti»f- 

Mhiü; ^jRdpehi di^-tdUrltArh WjfHafüY ^ci]b ; 

bei s<ms! jscii imii Mfüiinm V«>u AVrtt.terik'np;»mmi (iicsm, Thiarcc. 
icwiHLcUtet. wurde, out »im- Mii-wirkOU'r. ilibhet' llHrzfa^tnivat-beim- 

• Kr.bnjt boi den ersten •UnRr^iMdtiu.mvu wac nuTm’-bfibo«!,*s- 
iii de«* Siothdiitzo mit absolutem Atlcöhoi bormbAb Wm- 
i ansAtio;. sc b be> » !ic!l nUS,krvst uliisi r) vii, und /W:>{ !»' OfS.s-ceeiV schon 

: itmki'nKlA)}hS^i nrkeunbarmi Kr^HtallfüF 'Utitwe nrwiw t« • kibfv ;blF 
t hlörkrtHhin xv-vp’ f*et ja in I J J)hK?r,jl-tu' -qnh^fn.UhptVriXroil utt^ 
vvi r knüt/rVt hku joduch .iipY«>rlhilrnisktiihnAik «’hit-it 1 b‘h WthälKm >,\» 

' s-adriiKi, Et ' xJfvm'uHch \h»' AtÖ^h'oljknif it» IW r^vdil sv-* 

zo^eu. w>H’<hm„ dass <dw Tbcii -(hm btslicr !<nniti(dten Wiamum-n «h-c 
.«MnwhtPU «mmf {tnith « ; ott‘ ■Ubnr)mu|d Um; WiiivsmuktiF nuf 

• dt»?s«Ai i'»ut'h-ti<dkm . der I^ki u za zitrü»4‘/4tthij^b i. 

s«. i. Vm dns tmi/usicibm; .Wüf«D de,- FcbaH ajv Fithuk;«!inm in 
niuer lioylinnolcit Moime des FsUncts in der üblichem W'eisr dn- 
•.lirrel» ermii • ;•!! K b d:n-'o mit Si'.|lmH»it,raMösu»ur «las \ m li.uelcm l 'libo 
idi ici und de, -«-iumboie SVertb als ‘..'hlorkalnntt hejm» bnet: woni> 
IM hiM-bci alles ociiindeuc i’itlor von vornherein als C{ih«jk;t!imi. 

iihYcMmmf 'wwrdö, wii^'-tltid^hiblb;h q.ieiit-; der Fall Mi ,Mdir lt»i«jmhK.. 

um- Ttviirüi- dm- (iVdiafh <i«s Exv.rn (;».hk an Ohlm'VHlium hoVhHf- ;»n- 

■.'^ikliuFn; -Aß. ■ Mwh Alä m nivbl^U?' 

worslfut seiji. ! tic>.- Vmirlöicbo »ton ertrabon »lass dir- Fimvjik.mm 
Vot, fciitcin ChhU'kaliüm in Xi•■■ rmt.sjtrcrhi-n'hoi (.*o i4 , eufraUco 
Ar.Wcmliiiio Von cinla.-dien < 'FlorktiiinmldsUno-eu,. IHTbth die breit- 

a« h«t,lim 1 b-MMScifUimimn Ivcomrznnhen vrnnac. mdmn dutluf-«.» 

I di- JJ»-rv.m‘thm »,rhe‘h!i»*h cm lums-.mt and die f;onieacldoushe:i!! th> 
Yt-ndjt'ikeis daik Uoridtnv^tzL •wir»!, damv > e«'i .»Ii»*- iik.'itfH. Sninoio«-:» 





\-i\t *\\ Aa]{i< UN; 1 lii'e'ino 

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■ m . Aid UhirtiTv -ivwv W'thvn-, • »lafck >Ai> ’ btw<i3»v 

.. . j v V-r,VA i u*hö A*.mi *.to.-.a. a-yh vcv. : v < 

r *)u. »AfdpFi* ftiUl^v.v^V : ^ 

i]t-v it dktf 'AUi .v«td««/fi '»rhlifF' Ä<x A|A»^r;/vvUtÄ^j^t'victi DtÄMai^-u.. jV*« 

cAdvtöiV vfVw. ; -'^' l> r W V r 

tu Y ’/dt • $)*&: ;wä ^ 


ii %rÄkt ys*)$M: v-Jb‘ 


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612 


DEUTSCHE MEpTOfNWHR' WOCHENSCHRIFT, 


dor Mc-tili tat: «öd der AtJimumr dem Pflan;wn©xU*aotö als solchem 
^uzttsuhmhun sind,Um j«Mineh noch mnvmmdstrobu* u, 

ftu* die iii der I v gao«e < ! ufi;aUenmi Mengen vofl'Chh/fknllnfvi Mimt 
nir de« Füll, dn-«? «Ihm grhnideue Oiiluv als Chh>rk«!ium vo, «amU u 
ist, w»h!« ;tlirin f-u .-.f h die 'ümmilwlo n Ur- t hmnium-m '«i.rd i 
Würde fdfm lü^t!üimt.M K\ur.vd.~ im PUnun-ul v.« ; Trv: km* 

' ,h<i ' *■! *1-1 ht dl 1 Ulli U'm i) \V ’W'III .11 I ijui’l* •>' V\ f 
S<»!‘U'f:ili i L: yWiVr Und ni I ;l} :i I !»d \ i r -. n u> :>tsgr<i‘\ V.'dit-i ,Uif (Im 
einen S*m«v die otguomehim SuM.nitzen f.n iAirm fr wn.iir w,uvo 
YWihjmiu] ria du jh r andjum-n uPlJnftfM i|&fi tn 

n*‘dn*>'*'j! \\:{V>'U. Ai;.■!) bim zuiiBo xul- de.-- glfiehe [Dm*dmfa|$ die 
heuhnrldeh-n Ecsciieiniinwfm mussum. aimsrr der Hm-ziaiimuny, aut 
•P Lk ' "! M 1 di** *;»■ Wallung dm Pfhii.ai mri- kA-mjrl h.'/.'hi 

Jim b.-iw ii. r« o , «vw.Umf, dam V.'-Kncbr in wilehcdi 

.M.* ?> in VVaskm flieht l&flieliu The-ie d.«*- iwtr,;. ic ni <)■*»* in«*« (uns — 
fiß. r SMu{'.»•»(. mispcftdint um! mit e.ntv/erleivt Wer be-y zu •4 , tfivlnß> > PMi 
Reshl rr.-.-n iT»hrf«m; «ml dort, wo diese unlfwHehen Bestund* ii?il« 
uksmktlirh mit zur YHnrendiin^ gr!»rm;ht Wurden, In-t dies Vet*- 
halftiis«» auch drittln-her btfrv&r. Lv ) Ed inus.rto dejnneeh die 
Anfeniw n-!w du ei« du- everihwdio Wirksamkeit de« j.mi;r«m )itWf:Unft 
tiriei'e der Extfw.dm vmleim durel) Wässer goffU k werden, einer 
l'sdiinu^ /{\ ««t «ziehen. T ml hiev niunh B’.eh, (dies eine, I.np.ung 
iier Fftrrim m iiy- p^ißi^ y$t*; 

mir mir dom von vornhin mu m erwartender Dnterseiduflfy »ias* 

d,.n? Her/ mm nieiu- rrrhr te.undussf- wurde 

Damit, war m, irdhwmnliy umv.mrfir«, mn \ Ar irngsmUT,-.! 7,11 
''■'■tu-, }-hw ; '>lu''U<)> n b.fV.cM n.«g die. «, 

r^t’m ! niixnueiirm n vmmmm 1 hmr f*n! idi.^'i i^'-r \n>2ii" »Onhd 
'Be^rndtühile in»r - AHftd uo'd zu4td& 

iif iiie dvni «ht^ ' ddurlt'diüui liurvHdUUiL^im.ms^ % st3»rje verüehm, 
i-m lhv»\ ein sofvlic^ liiUnuuf sudthd zu ifafam. 
'^ ! je.-n <if |, Ih-üh i'uiI Ui'-eii uiilrv,i».'lje.e ! |;->r/.“ 'WuU !iVniie 

.IM'e •l-'l,.,' i,.)i. lla UhUfmu L* W.u-u,, „ h-o J 
h i erdl-'ui-iduj mit g-dhUnmn-.u: . l/uV n. d«su r>«*v^. „ j:..ra\- 
mii. dir Kmiii Lrividtefi wimier üdsiUtimidnu, ueriiu-tu‘-i‘>'au 
-diiul ohne Bedeut«n.a; m■ (hwU’Sm 
umdtm dir ; we,d:mri) \ mvuehe ViWimmtmmi und zwar J§®& 
JOhtii/mmrtixttiete zur VnrwcuduuAt wmn,«. nH e)r dem Aleieziillnen 
;hw atJu=os« lu u mii med ( , u d<m. AijcoJml hie zur jds.-hmdumr 

herem^enf wüiVU. 1 

-Bol ^ ziVou ÄiomOeh usdeiiihtui- lA-.u-. iu-n. r|e>- B\hö iiu : 

j™, dw nrnlerv de. giririm >T,Hem liZ 

^ ! ' l r^‘ hi, - n ^f ,1 nv V,U ' . , ‘ n, . s!,, ' vi:rri!ii ' i ' ^^diönnh'atiüu erhieli, 
d» Lun',«h«me .im ,in< U« r/. d.p .Udgi-ieie: 


anAVanrihlütorii Zoigti?« Wich in iTeberoirm'Ummuürr 
mit dem., V%s !>l#Vv dher die. Wi>lw=A.mkoit des J?dfwizefihxtranb 
ermittelt wuedeti waia- Weis»?© Hitu^e wurden tiüg«tiM)r 
haoJi der Injuntinn «oinnuHtit; howngten sich, ftCitzdem sie Vorher- 
sidir h dd ui ft gewesen warnt huid nivfif im hv vnn derStpIh, Dmm 
daiiu lläfih auf dem Leibe mit srhlaffen Hmte^ü^sfein-- cuhVknflon 
zum Thell nmd? einigen Siimdtm Wem m \ ff. 1 ! SJj Ajdar- 
snliwoüieben zidgfeu rwiimntiioit die JiUitnende Wirkuri-de^ Bvtraetes 
und diimtu gm«z besomleru iineh seinen Eiuilims au) die Athinum* dj 
Kanim-ium «ingogmi vmdmlten -sieh duv {hmgue .cmgfmhher reibu.-Uir 
‘■ f db'‘ bei grtisriMru \ir»jjjmi /.»igdmi sie m.rh suh-ufnnor [niH.-iion 

udr rinn, allerdings ziem lieh domtidU', sedativ^* Wirkung. \\ h 
das ^ riii - ujeiU sfdtenws Vijrhomiunlds, dn?s Püaw.zeiuv4see \ m \ 
.spenilt .K-gufmdhrn, ndhst g^dh .sta rko trifte - imjjntm. sbrdd ,P m 
daher die Baeinffd.i-utigudg dm- Arhniung\ das biu-v.r,sumhumlgte am! 
dir eine nrzn.dijelu' A»w*'ndung )ied«mjt.hiärneü) Symp^ün... zahlen. 

Mi'usiuüim huu^umi Mnersebweineium zur Ami-woudmie' 
kmunHm lfi ). Alle digso Vorsüi-im iiiurfo-n y. 0 oiiler .-wjiUouÄ.iiidj 'Vt.ijl' 

thümMwfv Gej'ürb (h.fij di«'Pdmue ihren V0il-sth5im}if.hii.n .NT.uumu 

wrdKUkt, war höi det thinh^agigkwt der verhmHitwva« (ml 

#FajmvdK^ -#=» «x»«iMC'u4^»ic>A Oei : 

ll ,i Km srliwumw, kiuines Ahaiirehweiaahen erhidt tv e|ii) Exfr./id 
BüFaxlnsnrgr. rnbcutitti ■mi vwrad3iiö£feimit &£uitfnr tuiroirt/' 

BUnvlAirj Mhi. * 


12 


llfjisctlöflt 

1'^, wrl.Bi- udir lolilnifto Tlüer HiAU fwi auf 


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Ätrmden ‘ Mmuifte . Deväi-.rhlrtgi;, 
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Die Brusthdlftu iyjrd erOffout. 

: Seliiagb in der MifUito- 





26. Juli. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


613 


ständigen Lähmung der Athmung, und auch hier liess sich erkennen, 
dass der Extract wohl die Athmung, nicht aber das Herz be¬ 
einträchtigt. Das Herz pulsirte oft noch eine halbe Stunde nach 
völligem Stillstände der Athmung und späterer Eröffnung der 
Brusthöhle fort. 

Nichtsdestoweniger war es nöthig, in direkten Blutdruck¬ 
messungen das Verhalten des Herzens bei Einverleibung der Sub¬ 
stanz festzustellen. Da Kaninchen nicht in Betracht kommen 
konnten, mussten hier Hunde in Verwendung gezogen werden. In 
der That zeigten denn auch die Kymographion-Curven, dass der 
Blutdruck nur wenig herabgesetzt wird und dass das Herz auch 
bei völligem Slillstande der Athmung in normaler Weise weiter¬ 
geht, wenn künstliche Respiration eingeleitet wird. Bei nicht 
tödtlichen Dosen liessen sich die Thiere durch künstliche Respiration 
über die Zeit der Giftwirkung hinwegbringen und am Leben er¬ 
halten. Gerade diese Kymographionversuche ,6 ) zeigen deutlich die 
isolirte Wirkung der Substanz auf die Athmung. 

Wir hätten also nach alledem hier eine Arzneipflanze vor uns, 
deren Extract bei Thieren verschiedenster Gattung Lähmung der 
Athmung und des Locomotionsapparates erzeugt. Diese Lähmung 
betrifft in besonderem Maasse, wie das bei vielen Substanzen der 
Fall ist, welche die Leitungsfähigkeit für motorische Impulse herab¬ 
setzen, zunächst die hinteren Extremitäten. Dabei wäre nun nichts 
eigentlich bemerkenswerthes gewesen, wenn nicht vereinzelte Ver¬ 
suche bei Fröschen nicht nur ein Ausbleiben der Lähmung an den 
vorderen Extremitäten, sondern vielmehr eine direkte Spannung an 
diesen hätten bemerken lassen. Es war also an solchen Thieren, 
wenn auch öfters nur in massigem Grade, gleichzeitig sowohl 
Krampf in den vorderen als Lähmung in den hinteren Extremitäten 
vorhanden. Das konnte nun von zwei verschiedenen, im Extract 
wirksamen Körpern herrühren; es war aber auch nicht gerade aus¬ 
geschlossen, dass nur eine einzige Substanz beide Erscheinungen 
veranlasste, und es war nun zu ermitteln, ob hier nur ein einziger 
Körper in verschiedenen Stadien seiner Wirksamkeit zur Geltung 
kam, oder ob zwei sich gegenüberstehende Substanzen einwirkten. 
Es stellte sich heraus, dass zwei verschiedene Dinge Vorlagen. 
Bei den hierauf gerichteten Untersuchungen gelang es nämlich, 
den Extract so zu trennen, dass derjenige Theil, von welchem 
die erregende Wirkung ausging, isolirt wurde. Behandelt man 
den Extract mit 90%igem Alkohol, so löst sich hierin nur 
ein Theil, und zwar der grössere, in einem constanten Ver¬ 
hältnis 17 ) zur Gesammtmenge mit grünlicher Farbe auf, ein 
anderer, kleinerer Theil bleibt ungelöst. Dieser kleinere Theil 
fällt als ein gelbliches, lockeres Pulver aus dem zähen, schmierigen 
Extract aus und bleibt am Boden liegen; wird das Pulver vom 
Alkohol befreit, so lässt es sich gänzlich in 6o/oiger Boraxlösung 
lösen und wirkt, Fröschen injicirt, direkt erregend auf das 
Krampfcentrum in der Medulla oblongata: denn trennt man 
nach Eintritt der oft erst nach l l / 2 —2 Stunden erscheinenden 
Wirkung das verlängerte Mark ab, so schwinden die Krampf¬ 
erscheinungen sofort mit der Durchtrennung. 18 ) Der in Spiritus 
von 90 o/ 0 lösliche Körper dagegen zeigt genau die gleichen 
lähmenden Wirkungen, wie die Boraxlösungen des Gesammtextractes. 
Es ist demnach wahrscheinlich, dass hiermit die Trennung der beiden 
entgegengesetzt wirkenden Substanzen erreicht ist; da aber auch 
der unlösliche Körper neben seiner erregenden Wirkung gleich¬ 
zeitig lähmende Eigenschaften hat, so ist es immer noch nicht 
ganz ausgeschlossen, dass trotz alledem nur ein einziger wirksamer 
Körper im Spiele ist. Die Geringfügigkeit des zur Verfügung 

t6 ) Da Hunde infolge ihres Körpergewichtes relativ grosser Dosen 
bedürfen, um eine ausreichende Wirkung aufzuweisen, so wurde hier, bei 
der Nothwendigkeit mit dem geringen Material haushälterisch umzugehen, 
intravenöse Einverleibung zur Anwendung gebracht. Der Blutdruck wurde 
in der Arteria cruralis gemessen. Während bei subcutaner Application 
der Eintritt der vollen Wirkung 40—50 Minuten in Anspruch nahm, kam 
es bei intravenöser Injection viel früher zur Lähmung; bei Fröschen, nach 
Injection in die mittlere Bauchvene, oft schon nach ein bis zwei Minuten. 

17 ) Dies Verhältnis ist genau 1:2; löst man 0,28 g Extract in 20,0 g 
90 %igem Alkohol, filtrirt man nach 24 Stunden ab und dampft nun in 
einem gewogenen Becherglüschen allmählich die entstandene alkoholische 
Tinctur wieder ganz zur Trockne ein, so erhält man das Gewicht des 
gelöst gewesenen Theiles, in diesem Falle 0,186 g. Eine Quantität von 
0,28 Gesammtoxtract scheidet sich demnach bei diesem Verfahren in zw'ei 
Tlieile von 0,186 und 0,094 g, also in *k und a /3 der ursprünglichen Menge. 

18 ) Wird der in 90 %igem Alkohol unlösliche Theil von 0,15 g 
Extract gereinigt und in wenig Borax gelöst, einem Frosch injicirt, so 
beginnt nach ungefähr 30 Minuten die erste Wirkung, nach 40—50 Minuten 
sind alle spontanen Bewegungen aufgehoben, der Bauch ist prall aufge¬ 
blasen und gespannt; dabei sind die hinteren Extremitäten schlaff und 
gelähmt, die Vorderbeine nach innen unter den Leib geschlagen, ähnlich 
wie bei der Picrotoxinvergiftung, die Muskulatur der Vorderbeine gespannt. 
Wird dem Thier das verlängerte Mark abgetrennt, so geht eine sofortige 
Abschwellung des Bauches und Aufhebung der Spannung in den Vorder¬ 
beinen vor sich. 


stehenden Materials liess diese Frage nicht weiter verfolgen, die 
jedoch als ein noch zu lösendes Problem durchaus wird im Auge 
behalten werden müssen. 

Jedenfalls kommt es auch hier wieder einmal zu der in der 
Toxikologie so häufigen Erscheinung, dass von zwei gleichzeitig 
einwirkenden Substanzen, von welchen die eine erregenden, die 
andere lähmenden Einfluss hat, ceteris paribus die lähmende in 
der Gesammtwirkung die Oberhand gewinnt, wie das beispiels¬ 
weise in dem Antagonismus von Strychnin und Chloralhydrat 
zum Ausdruck kommt. Diese Wahl Wirkung der Arzneistoffe 
auf die Nervencentren würde hier so zu denken sein, dass 
diejenigen Centren, welche der motorischen Function der 
hinteren Körperhälfte vorstehen, um so viel mehr in ihrer 
Leitungsfähigkeit durch den lähmenden Körper herabgesetzt 
werden wie die der vorderen Körperhälfte entsprechenden motori¬ 
schen Centren, dass die von dem gleichzeitig erregten Krampf¬ 
centrum in der Medulla oblongata ausgehenden Impulse zwar die 
nach obenhin gelegenen Centren noch zu passiren vermögen, die 
hinteren, von der lähmenden Substanz besonders befallenen da¬ 
gegen nicht mehr, und dass sich so in absteigender Folge die 
Lähmung nach hinten hin immer mehr und mehr bemerkbar macht. 
Dass die Lähmungserscheinungen lediglich centrale sind, wurde be¬ 
sonders festgestellt; ,9 ) die Nervenstämme und der motorische 
Apparat waren nicht betroffen. — 

Ich musste mich hier darauf beschränken, lediglich über die 
pharmakodynamische Prüfung der in Rede stehenden Drogue zu 
berichten. War eine vollständige Prüfung derart bei der Gering¬ 
fügigkeit des vorhandenen Materials auch nur mit Schwierigkeiten 
zu erreichen, so ist diese jedoch soweit durchgeführt, dass die 
weitere Erprobung der Arzneiwirkung nunmehr am Menschen wird 
vorgenommen werden können. Sobald ein ausreichender Vorrath 
der Pflanze zur weiteren Herstellung des Präparats vorhanden ist, 
wird es sich dann in erster Linie darum handeln, die Einwirkung 
des Pflanzenextracts bei Zuständen gesteigerter Erregbarkeit des 
Athmungsapparats zu studiren, und in erster Linie dürfte hier das 
Asthma nervosum in Frage kommen, vielleicht auch der Keuch¬ 
husten und ähnliche Affectionen. 

Natürlich ist auch der Versuch nicht unterlassen worden, die 
wirksamen Substanzen aus dem Extract in chemisch reiner Form, 
krystallisirt, darzustellen. Aber auch von der weiteren Verfol¬ 
gung dieses Bestrebens musste, obwohl bereits im Kleinen krystal- 
lisirte Körper aufgefunden wurden, aus Mangel an genügendem 
Material vor der Hand Abstand genommen werden. Wie dem aber 
auch sei, ob es in Zukunft gelingen sollte, einen einheitlichen 
Körper zu gewinnen oder nicht; jedenfalls besitzen wir hier eine 
Pflanze von nachgewiesenem pharmakodynamischem Werthe, eine 
Arzneipflanze, deren thatsächliche Einwirkung auf menschliche 
Krankheitszustände allerdings noch zu erproben sein wird. Wenn 
aber, wie es hier zu erwarten ist, diese Einwirkung im Einklang 
mit dem steht, was die bisherigen Versuche in pharmakologischer 
Hinsicht bereits ergeben haben, so würden wir in Zukunft, auch 
für den Fall, dass es nicht gelingt, krystallisirte Körper von be¬ 
stimmter chemischer Constitution als das wirksame Prinzip zu er¬ 
kennen und darzustellen, vielleicht in dem blossen Extract der 
Pflanze schon eine nicht unwichtige Bereicherung des Arznei¬ 
schatzes erhalten, und es würde dann, trotz des vorläufigen Mangels 
einer Erkenntniss, die bis zu den chemischen Elementen hinabreicht, 
die Inula graveolens in ihrer praktischen Anwendung der exacten 
Erforschung ihres wirksamen Prinzips im gleichen Maasse vorauseilen 
wie der Strophanthus, das Secale cornutum und die Digitalis. 

IV. Beiträge zur Lehre von der traumatischen 
Leukämie. 

Von Wilhelm Ebstein in Göttingen. 

(Schluss aus No. 29.) 

Auf die Besprechung der nach traumatischen Schädigungen 
der Knochen auftretenden Leukämieen werde ich bei Besprechung 
des nachstehenden Falles von Leukämie, welcher wegen Entschei¬ 
dung einer Unfallangelegenheit mir zum Obergutachten Vorgelegen 
hat, zurückkommen. Leider habe ich den Patienten nicht selbst 
gesehen, sondern als Unterlage für seine Beurtheilung musste das 
von den behandelnden Aerzten gelieferte Aktenmaterial dienen. 

* 9 ) Diese Prüfung wurde in der Weise angestollt, dass Fröschen zu¬ 
nächst die Arteria iliaca communis der einen Seite unterbunden wurde 
und danach die Injection stattfand. Trotzdem zu der abgebundenen 
Extremität durch den Verschluss der Blutzufuhr von der Substanz nichts 
gelangen konnte, zeigten sich stets die Hinterbeine auf beiden Seiten 
gleichermaassen gelähmt. Auch bei der directen Prüfung der electrischen 
Erregbarkeit des lschiadicus bedurfte es regelmässig des annähernd gleichen 
Rollenabstandes des Inductionsapparates, um das Minimum von Contracnon 
auf beiden Seiten auszulösen. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




614 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Fall 2. 36j{ihriger, früher gesundor Mann. Fussver- 

letzung (Distorsion oder Contusion?) infolge oinos Sturzes 
von einem Baugerüst. Einige Wochen später zunächst rück- 
gängig werdende LeistendrUsenschwellung. Nach circa 4'/a 
Monaten wird eine hochgradige Leukämie constatirt, welche 
acut verlaufend unter den Symptomen der hämorrhagischen 
Diathese und schweren nervösen Störungen nach weiteren 
1 /a Monaten (ungefähr sechs Monate nach der Verletzung) 
tödtlich endete. 

Gutachten, erstattet am 13. Mai 1894 an die Baugewerks- 
berufsgenossonschaft in . . . 

Infolge^ der Aufforderung der . . /schon Baugewerksberufsgenossen¬ 
schaft vom 30. v. M., Journ.-No. 6119, auf Grund des mir überwiesenen 
Aktonmaterials ein Gutachten darüber abzugeben, ob die Leukämie, an 
welcher der Zimmergeselle G. C. in B. am 1. April d. J. gestorben ist, 
mit einem Unfälle, welchen er am 29. September v. J. erlitten hat. 
in ursächlichem Zusammenhang stehe, theile ich im Nachstellenden 
meine Ansicht mit. 

Zunächst erscheint es mir nothwendig, soweit dies nach Lage der 
Akten möglich ist, die Entwickelung der Krankheit des p. C. kurz zu 
schildern. 

. ono Di J Verletzung, welche der p. C., 36 Jahre alt, am 29. September 
18J3 erlitten hat, als er aus einer Höhe von 2,75 m infolge des Durch¬ 
brechens eines Baugerüstbrettes zur Erde stürzte, bestand nach dem Ur- 
theil des Vertrauensarztes der Berufsgonossenschaft in einer Distorsion 
des linken Fussgelenkos. Diese Verletzung schien zuerst einen 
günstigen Verlauf zu nehmen. Wie der Arzt, in dessen Behandlung der 
ratient eingetreten war. berichtet, konnte dieser nach 14 Tagen bereits 
das Bett verlassen. Zwar entstand bald nachher eine mit heftigen 
Schmerzen verbundene Anschwellung der LymphdrUsen in beiden 
Leistengegenden bis zu Klein-Wallnussgrösse, indessen ging diese An¬ 
schwellung unter geeigneter Behandlung zurück, und etwa fünf Wochen 
nach der Verletzung (2. November 1893) wurde bei der Untersuchung 
eine geringe Schwellung des rechten, also des bei der ersten Untersuchung 
nicht als verletzt angegebenen Fussgelenkes gefunden. Patient klagte 
noch über Schmerzen in beiden Fusssohlon und Fussgelenken, die Be¬ 
legungen waren sehr schmerzhaft, jedoch waren weder an der Haut, noch 
an den Sehnen und Knochen Verletzungen nachweisbar. Es wurde von 
dein Arzt emo Contusion boider Filsse angenommen. Später wurde der 
tn r - dor Bcbandbm £ d e s Vertrauensarztes der Berufsgcnossen- 

bchalt überwiesen, nach dessen Schilderung vom 12. Februar 1894 nicht 
nur keine weitere Besserung, sondern eine wesentliche Verschlimmerung 
des, linken Fusses stattgehabt zu haben scheint, denn der betreffende Arzt 
beschreibt das linke Fussgelenk als geschwollen, besonders stark um den 
äusseren Knöchel und das Fersenbein, von wo sich die Schwellung auf 
den Fussrücken und 2 cm an der Achillessehne hinauf erstreckte. Zwischen 
nnä B «« b fT un r T SSe r 111 K . ndcbel wurde eino starke Vorwölbung bemerkt, 
™m J f n ! nbenb ^rucken waren die Venen stärker geschlängelt als 
echts. Der linke Lnter- und Oberschenkel wurden massig atrophisch 
gefunden. (Inactiyitiltsatrophie.) Patient klagte über Unsicherheit im 
linken Beine er knickte leicht mit dem linken Fuss imi und äufser e 

iA h Sn U1 Fu r ssIelmkpn SOh l lG ‘ N . 1 . chtsde f tow orii-er wird dio Beweglichkeit 

p / ussgelenken als activ und passiv normal geschildert Aus 

oMAr 7 (T 1 W RQA hten ,i de - S Vertrauensarztes der Berufsgenossenschaft vom 
2 März 1894 und einem dasselbe erläuternden und ergänzenden Gut- 

19 hVbr°unf en i ^ ZtGS p°u A, April d ’ J ‘ ^giebt ^ S er am 
f S der P\ c - bei 1,1 m wieder zur Untersuchung erschien 
und ei klarte, dass er sich zur Arbeit zu schwach fühle, gelegentlich der 

r^ r ^ 9P1SChei ii U ^ 0rSUChui ^ (,es Blutes eine starke Vemehrun» 
der heissen Blutkörperchen, eine Anschwellung der Lvmnh° 
drüsen m der Schenkelbeuge, Achselhöhle und m Ä; 

Anschwellung der Lymphdrüsen uJT eino ucblln g des Blutes, die 
gradige Vergrösserun^ der Mik ™ V ^ lcrd,n e? nicht gerade hoch- 
tielen°diesem Ar^te emzelne SLE V a .\ LRukä ™ e leide, Ausserdem 

IFr“* j ” 

7 G ogen r s n ei. Und Rückenmark bei der KrSeit in MitÄnschafl ge- 

zweitra‘ Arzte? weltho^iC“am^pNoven^or'1893 ‘g Bebandlu “g d <* 
hatte. Derselbe schildert den Zustand Z/Z r 1 ’ ° d beg utachte t 
naten nicht gesehen batte, twa fö ^„demaaLn'• D?e H T Mo ' 
wachsarlige Blässe mit einem Stieb Se nifn i ' , 10 Haut zej gt eine 

Kräfteverfall, so dass dor p C das Bott^ie i'f 16 ’ , es bes ? obt hochgradiger 
Lymphdrüsen sind am g.änzin KoS.pL t, .Ä kann. Die 


- —- No. 

die Milz ist massig vergrössert; es bestehen massige Blutungen . 
dem Zahnfleisch und unter der Haut. Ausserdem besteht Schw 
höngkeit. Das Blut sieht nicht roth, sondern hellröthlich-gelb aus Mit 
skopisch zoigte sich eine Abnahme dor rothen und eine koio^ 
Zunahme der weissen Blutkörperchen. Daneben bestehende 
liehe Zeichen einer Rtickenmarkserkrankung, nämlich stellenwei 
Unempfindlichkeit der Haut, starke Erhöhung der Haut- . 
bebnenreflexe, grosse Schwächo sämmtlicher Glieder .. 
störte hunction der Harnblase. In diesem Gutachten betont't 
betreffende Arzt besonders, dass der p. C. vor dem Unfall ganz iresu 
war und dass er sich selbst von dem gesunden Aussehen des p C sm 
wenige Stunden nach dem Unfall überzeugen konnte. Am 1. AnriU8 
ist der p. C. seinem Leiden erlegen. 1 L 

Aus den vorstehenden Mittheilungen lässt sich soviel folgern di 
bei einem 36jährigen, vorher gesunden Manne, und zwar reichlu-ii i 
Monat nach einer Fussvorletzung, die Symptome einer Lenkäm 
constatirt worden sind, zu denen sich bereits etwa einen Monat sniit 
Zeichen der sogenannten hämorrhagischen Diathese (Zali 
fleisch- und Hautblutungen) und Symptome, welche für eine Betlieil 
gung des Centralnervensystems sprachen, hinzugescllt hatten. D 
drei begutachtenden Aorzte haben die Frage, ob die Leukämie, an welch. 
dor ,P' C- bereits am 1. April 1894 gestorben ist, mit der am 29 Sv 
tember 1893 stattgehabten Verletzung in einem ursächlichen Zusaiiimei 
bang stehe, verschieden beantwortet. Während sie zwei der begutachtend, 
Aerzto bejahen, verneint sie derVertrauensarzt der Berufsgenossensch.il 
Die von ihm herangezogenon Gründe erscheinen mir nicht stichhalti. 

^V°W“ uuz ' ltrcf! ' e ' ld ’ dass dem vorliegenden Falle d ! 
Zeit für die Entwickelung des leukämischen Processes eme zu kurzo c, 
wesen sei Ich habe mich mit der Frage über die acute Form der Lei 

tonöre/ 1889 • g n ln ? 7““° Erfahrungen und Beobachtungen in ein, 
s K ’ o 18 . 89 lm . .Deutschen Archiv für klinische Modiem Band P 
pAtüM??,/- el ? chle “°“ on -V be,t: Uober die aa “to Leukämie „„ 
i/ n' / i V i’ nie dergelegt, woraus sich orgiebt. dass die Kürz 
7hl g durchaus kein Grund ist, um die Abhängigkei 

e tt I ; , U r C ’v W fi hCr der .l'-, C - c, Iag, von der am 29. September 189 
t ; , f Ä v erletzung zU leugnen. Es giebt Fälle von acuter Leu 
kauiie, welche noch weit schneller verlaufen. Für eine Abhängigkeit de 
Leukämie von dem erlittenen Unfall spricht übordies, dass der p. C. vo 
dem Unfall ein gesunder und gesund aussehender Mann gewosen ist. he 
töLlF' , crst nacb dcm Unfall die schweren Krnnkheitssymptonic enl 
I I , h i 'Vwa“ J 'ode führten. Unter diesen Symptomen nimmt 
die hämorrhagische Diathese, wie es scheint, gerade bei der acuten Lea 
kamie eine wichtige Stelle ein, und es fehlt betreffs der nervösen Sym- 
W a C I ? deF P ' Y» dai * bot ’ iß der Geschichte der acuten Leukäuiit 
vi o-f n 1 • a ° gie( S\, Dii n X ertrau ensarzt der Berufsgenossenschaft be¬ 
zweifelt m dom Falle C. die Abhängigkeit der Leukämie von dem Un- 
alle lernor aus dem Grunde, weil dabei weder die Milz noch der Knochen 
cürekt geschädigt worden seien. Dass Traumen der Entwickelung der 
Leu^ume N orschub leisten können, möchte ich auf Grund der darüber 
mitgetheilten Beobachtungen nicht bezweifeln, wenngleich die Art und 
Weise, m welcher dies geschieht, noch unklar ist. Thatsüchlieh nehmen 
sehr viele namhafte Beobachter einen solchen Zusammenhang an. und 
nie ss sagt in seinem zusammenfassenden Artikel über Leukämie in 
Eulenburg s Realoncyclopädie der gesammten Heilkunde 2. Auf!., XII. Bd.. 
ii / \ ■ L ' ei P zl l3 Ioö 7, dass Traumen eine nicht zu leugnende ätiologische 
e eutuüg bei der Leukämie haben. Dass nun eine Läsion dor Knochen 
v. eine ‘^h^gung des Knochenmarkes hei dem dem p. C. widerfahrenen 
rauma stattgofunden haben und dass auch bei der mit dem Sturz auf 
f-^- U f Se v ® rbllIlde P ei1 allgemeinen Körperorscliütterung die Milz ge- 
Üil^is'T^L 86111 kann, wird, wenn es sich freilich auch nicht be¬ 
weisen lasst, doch noch viel weniger in Abrede gestellt werden können, 
n essen brauchen das nicht die einzigen ätiologischen Bindeglieder zu 
ein o^ G r?^* e i ZW1Scko11 ■ Praumen und Leukämie bestehen. Ich selbst habe 
am ^8. Oetober 1893 einen an chronisch verlaufender Leukämie leidenden 
ocomotivführer auf Veranlassung des Kgl. Eisenbahnbetriebsamtes in 
Eassei begutachtet, welcher seine Krankheit auf die durch einen Eisen- 
bahnzusammenstoss erfolgte Schädigung bezw. Erschütterung des Körpers 
und aul den Schrecken zurückführt, und habe ich mich in diesem Falle 
üahin entschieden, dass die Angaben des betreffenden Loeomotivführers 
so , Wahrscheinlichkeit für sich haben, dass seinem Anträge Folge zu 
geben sei. Soweit mir bekannt geworden ist, ist dieser meiner Auffassung 
von aem Kgl. Eisenbahnbetriebsamt in Kassel Folge gegeben worden. 
Nun liegen bei dem p. C. dio Verhältnis* ' ' - ” -. :1 ^ 


p“ p. u. aio Verhältnisse insofern weit klarer, weil hier 

oei aem acuten Verlauf der Krankheit sich die Verhältnisse in ihrer 
^ lonoiogie ungleich besser übersehen lassen und weil überdies dor p. C. 
JinSH C -f nd Beobachtung war, so dass anderweitige, die Ge¬ 

sundheit schädigende Einflüsse hätten erkannt werden können und zur 
Ä e \ fviV na , bereits bestehendo Krankheiten von dem betreffenden 
Arzte hätten erkannt werden müssen. 

o weit sich nach dem heutigen Stande der Wissenschaft die Frage 
Jim! 7° r j l a ^ st ’ muss ein causaler Zusammenhang zwischen der Ent- 
eiung der Leukämie und der Verletzung des p. C. als ein zum min¬ 
desten möglicher angenommen werden. 

Es ist in dem vorstehenden, den Zimmermann C. betreffenden 
Krankheitsfälle der causale Zusammenhang zwischen dem ihm zu- 
gestossenen Trauma und der kurze Zeit nachher sich entwickelnden 
■Leukämie, welcher er erlag, unserem Verständnis weit näher ge¬ 
rückt als bei dem Krankheitsfälle 1 (Korber); denn je schneller die 
einzelnen Ereignisse auf einander folgen, um so mehr wird man bei 
solcher Sachlage zu der Regel geneigt sein, dieselben als die 
Wieder einer Kette anzusehen, und versuchen, sie auf die gleiche 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


26. Juli. 


Ursache zurückzuftihren. Bei dem Zimmermann C. spielten sich 
die Vorgänge von der Verletzung bis zum Tode verhältnissmässig 
rasch ab. Vor derselben war er ein gesunder Mann. Am 29. Sep¬ 
tember 1893 erlitt der p. C. gelegentlich eines Sturzes aus massiger 
Höhe nach der Ansicht des einen Arztes eine Distorsion eines Fuss- 
gelenkes, nach der Ansicht des anderen Arztes eine Contusion 
beider Fussgeleuke. Beide Aerzte aber erachteten die Verletzung 
als eine leichte. Vergleicht man aber ihren in dem von mir er¬ 
statteten vorstehenden Gutachten geschilderten Verlauf, so halte 
ich es doch für äusserst wahrscheinlich, dass die Sache von vorn¬ 
herein nicht so einfach war. 47a Monate nach der Verletzung war 
der früher kräftige Mann einem unheilbaren Siechtlmm verfallen, 
es wurde die leukämische Blutveränderung und eine ausgebreitete 
Schwellung der Lymphdriisen bei der Untersuchung festgestellt. 
Es ist als sicher anzunehmon, dass schon eine gewisse Zeit vorher 
der leukämische Process begonnen hatte. Jedenfalls ist der Kranke 
nach weiteren 1 ‘/s Monaten, also 6 Monate nach dor Verletzung, 
der Leukämie erlegen. Freilich ist auch in diesem Falle, wie bei 
dem vorhin geschilderten Krankheitsfalle Körber, die Blutbeschaffen¬ 
heit weder vor noch direkt nach der Verletzung untersucht 
worden, und man kann also auch nicht mit absoluter Sicherheit 
behaupten, dass das Blut schon vor der Verletzung nicht krankhaft 
verändert war. Indessen ist das nach der Lage der Verhältnisse 
nicht gerade als wahrscheinlich anzunehmen. Es dürfte sich also 
in dem den Zimmermann C. betreffenden Krankheitsfälle demnach 
nicht wie bei dem ersten Falle (Lokomotivführer Körber) um eine 
chronische, sondern um eine acute Leukämie handeln, welche ich 1 ) 
auf Grund meiner eigenen und 16 in der Litteratur auffindbaren 2 ) 
fremden Beobachtungen genauer charakterisirt habe. Die Casuistik 
der acuten Leukämie hat sich inzwischen verhältnissmässig rasch 
vermehrt. Es waren, wie anscheinend regelmässig, auch in diesem 
Falle von acuter Leukämie Zeichen der sogenannten hämorrhagischen 
Diathese (Zahnfleischblutungen und Hautblutungen) vorhanden. 
Ausserdem w r aren bei dem p. C. Symptome vorhanden, welche nach 
ärztlichem Gutachten als abhängig von einer Erkrankung des 
Centralnervensystems bezeichnet werden — nämlich Gedüchtniss- 
schwäche, stellenweise Unempfindlichkeit der Haut, starke Erhöhung 
der Haut- und Sehnenreflexe, grosse Schwäche sämintlicher Glieder, 
gestörte Function der Harnblase. Auf eine genauo Analyse dieser 
Symptome möchte ich einfach aus dem Grunde, weil ich den 
Kranken nicht selbst beobachtet habe und ihre Schilderung nicht 
so ausführlich ist, um sich über die Sachlage ein abschliessendes 
Urtheil zu bilden, hier nicht näher eingehen. Indessen soviel 
möchte ich doch bemerken, dass ein centraler Ursprung aller hier 
in Frage kommenden nervösen Störungen mit Sicherheit nicht or- 
wiesen ist. Es kommen nämlich bei der Leukämie nicht nur 
Schwäche, sondern ausgesprochene Lähmungen der Glieder infolge 
von Störungen peripherischer Nerven vor; so beobachtete Eisen¬ 
lohr 3 ) bei einem Falle von Leukämie multiple Hininervenlähmungen, 
welche durch Hämorrhagieeu in die Nervenscheiden und in die 
Nervensubstanz, durch Infiltration derselben mit lymplioidon Zellen 
und durch Degeneration der Nervenfasern bedingt waren. Bei 
einem von mir beschriebenen Falle von acuter Leukämie 4 ) war eine 
durch fettige Entartung der betreffenden Muskeln und Nerven be¬ 
dingte Lähmung des Musculus orbicularis oculi und des Nervus 
frontalis vorhanden. Für die Störungen des Gehörs, welche bei 
dem Patienten C. im Verlaufe der Leukämie auftraten, finden sich 
in der Litteratur dieser Krankheit 5 ) Analogieen, lind es liegen 
darüber auch einige pathologisch-anatomische Beobachtungen vor. 

Es ist recht bedauerlich, dass die Leichenöffnung in dem Falle 
des p. C. nicht gemacht worden ist. Die Section sollte in solchem 
Falle, wo der Verlauf der Krankheit so manches Auffällige hatte 
und bei dem Meinungsverschiedenheiten über dieselbe zwischen don 
zu Ratlie gezogenen Aorzten bestehen, niemals unterlassen und 
müsste von Aerzten ausgeführt werden, denen ein ausreichendes 
pathologisch-anatomisches Können und Wissen zugebote steht. 
Vielleicht wäre auf diese Weise auch die Beantwortung dor Frage, 
von wo die Leukämie bei dem Patienten C. ihren Ausgangspunkt 
genommen hat, erleichtert worden. Soweit ich die Sache übersehe, 
erscheint es mir am wahrscheinlichsten, dass bei dem Sturze, den 


615 


der Zimmermann C. erlitten hat, nicht nur eine Schädigung der 
betreffenden Weichthe-ile, sondern auch der Knochen stattgefunden 
hat und dass gerade dadurch der Entwickelung der Leukämie Vor¬ 
schub geleistet worden ist. Dass zwischen Schädigungen der 
Knochen und der Leukämie causale Beziehungen ein treten können, 
dürfto heute nicht zu bezweifeln sein. Es kann hier nicht meine 
Aufgabe sein, die Litteratur über diese Frage vollständig zusammen¬ 
zustellen und erschöpfend zu behandeln. Ich erwähne hier nur 
zwei Beobachtungen, weil mir dieselben besonders belehrend zu 
sein scheinen. Die erste dieser Beobachtungen betrifft einen von 
Mursick 6 ) beschriebenen Fall von Leukämie, welcher insofern be- 
merkenswerth ist, als die Krankheit bei einem früher ganz gesunden 
Soldaten fünf Tage, nachdem er wegen eines Kniegelenkschusses 
amputirt wordon war, constatirt wurde. Mursick vertritt die 
Ansicht, dass die Leukämie wirklich erst an diesem Tage ent¬ 
standen sei, da gleichzeitig die Wundo eine schlechte Beschaffen¬ 
heit angenommen hatte. Der Kranke erlag der Leukämie ziemlich 
rasch. Bei der Section fand man ausser dem gewöhnlichen Befunde 
bei der Leukämie an der Sägefläche des Knochens eine Osteo¬ 
myelitis. Die zweite Beobachtung hat Waldeyer 7 ) mitgetheilt. 
Sie betrifft einon Fall von Leukämie, welcher nach einer chronischen 
Entzündung des rechten Hüft- und Ellbogengelonkes sich entwickelt 
hatte und bei welchem das Knochenmark eine so diffuse Hyper¬ 
plasie zeigte, dass Waldeyer nicht anstoht, eine genetische Be¬ 
ziehung zur Leukämie anzunehmen. Ich stelle mir, soweit man 
dies aus der Chronologie der Krankheitssymptonie bei dem Zimmer¬ 
mann C. beurtheilen kann, vor, dass die Lymphdrüsen erst nach 
dem Knochenmark erkrankt sein dürften; dio Milz zeigte überdies, 
wie in den Akten hervorgehoben ist, eine nur inässige Vergrösserung. 
Mag das nun sich verhalten, wie es wolle, ich habe nach der 
ganzen Sachlage keinen Anstand genommen, bei dem Zimmermann C. 
einen causalen Zusammenhang zwischen der Entwickelung der 
Leukämie und dem stattgehabten Trauma zum mindesten als mög¬ 
lich zu bezeichnen. Ich fürchte nicht missverstanden zu werden. 
Ich habe keineswegs die Ansicht, dass in dem ersten der mir zur 
Begutachtung überwiesenen Fälle (Körber) der Eisenbahnunfall und 
in dem zweiten (C.) der Sturz aus inässiger Höhe die Leukämie 
erzeugt hat. Würden derartige Unfälle an und für sich dieso 
traurige Krankheit veranlassen können, so müssto sie weit häufiger 
zur Beobachtung kommen, als es glücklicherweise thatsächlich der 
Fall ist. Aber soweit glaube ich gehen zu dürfen, dass ich ein 
causales Bindeglied zwischen Trauma und Leukämie annehme und 
dass die letztere ohne ersteros sich möglicher-, ja wahrscheinlicher¬ 
weise nicht entwickelt hätte. Es scheint mir nach dem vorliegenden 
casuistischcn Material ausserordentlich wahrscheinlich, dass 
Traumen zu den die Entwickelung der Leukämie begünstigenden 
Momenten gehören, deren es offenbar eine ganze Reihe giebt. 8 ) 
Ueber die wahre, determinirende Ursache der Leukämie ist zur 
Zeit etwas Sicheres nicht bekannt. Ich stehe, und zwar auf Grund 
weiterer hier gemachter Beobachtungen — gegenüber den Beob¬ 
achtern, welche dio Ursache der Leukämie in Mikroorganismen 
suchen, noch auf dem von mir im Jahre 1889 9 ) präc-isirten Stand¬ 
punkte, dass man heute betreffs der infectiösen Natur der Leukämie 
nicht über die Wahrscheinlichkeit hinauskommt; denn selbst wenn 
man anerkennt, dass die Beobachtungen von Pawlowski] 0 ), welcher 
einen Bacillus, welchen er entdeckte, in ein ursächliches A er- 
hältniss zur Leukämie bringt, dieser Annahme weitere Stütze ge¬ 
geben hat, wird an meinem Urtheilo nichts geändert. Ich gebe 
Veksemeyer 11 ) sogar zu, dass die Lelu-e von der infectiösen Natur 
der Leukämie in keiner Weise fest begründet ist, sehe aber im 
Widerspruch mit ihm diese Hypothese insofern als durchaus be¬ 
rechtigt an, als weitere Forschungen über diese Frage sehr 
wünschenswerth sind. Abgethan ist diese Angelegenheit damit 
durchaus nicht. Es lassen sich sogar die Einwände, welche gegen 
die infectiöse Natur der Leukämie angeführt werden, dass nämlich 
verschiedene Mikroorganismen von verschiedenen Beobachtern als 
Krankheitserreger der Leukämie beschuldigt werden und dass die 
Culturversuche oft ergebnislos verlaufen, zwanglos erklären. Es 
ist nämlich sehr wohl denkbar, dass die leukämische Blutveränderung 
nicht nur durch einen, sondern durch verschiedene Krankheits¬ 
erreger bewirkt "werden kann und dass trotz negativer Cultui- 


*) Ebstein 1. c. 

*) E. Kirstein, Ein Fall von acuter Leukämie bei einer Schwangeren. 
Inauguraldissertation. Königsberg i. Pr. 1893. S. 6. 

3 ) Eisenlohr, Virchow’s Archiv 1878, Bd. 73, S. 56. 

4 ) Ebstein 1. c. S. 344 und 303. 

5 ) cfr. betr. der Erkrankungen der Ohren bei Leukämie u. a. die 
Beobachtungen von Gelle (Ref. im Jahrbuch der praktischen Modicin. 
Stuttgart 1888. zweite Hälfte, S. 624), Lannois, Complications auriculaires 
au cours de la leucocythemie. Annales des maladies de l’oreillo (Ref. im 
med. Centralblatt 1892, S. 244). Wagenhäuser. Lahyrinthbefund eines 
Falles von Taubheit bei Leukämie. Archiv für Ohrenheilkunde, XXXIV, 
S. 219 (Med. Centralblatt 1893, S. 110). 


6) Mursick, Gase of loucaemia oecurring in Connection witli ostco- 
relitis following araputation of the thigh. New-\ ork med. her. . > , 
> 2 (Referat in Virchow-IIirsch’s Jahresbericht für 1808, Bd. 11. - > J 

7 ) Waldeyer, Diffuse Hyperplasie des Knochenmarkes, Leukämie, 
irchow’s Archiv 1871. Bd. 52, S. 305. 

B ) Ebstein 1. c. S. 383. 

*) Ebstein l c. S. 386. , . ... . . 

10 ) Pawlowski. Zur Lehre von der Aetiologie der Leukämie. Deutsche 

idicinische Wochenschrift 1892, No. 28, S. 641. , 

11) Vehsemeyer. Studien über Loukümio. Münchener modicuuscho 
ochensclirift 1893, No. 30, S. 564. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


versuche mikroparasitäre Krankheitserreger wirksam sein können. 
Freilich ist zuzugeben, dass ebenso wie ein von Mikroorganismen 
producirtes Gift, so auch im menschlichen Körper selbst producirtes 
Gift solche Wirkung zu entfalten vermag. Man wird also auch 
mit der von Vehsemeyer vertretenen Ansicht, dass es sich bei 
der Leukämie um eine Autointoxication handele, rechnen dürfen. 
Vehsemeyer meint, dass als Krankheitserreger bei der Leukämie 
toxische Substanzen, welche sich im Darmcanal entwickeln, zu be¬ 
schuldigen sein dürften. Was er dafür als Gründe anführt, kann 
als möglich, aber nicht als nothwendig angesehen werden. Hypo¬ 
these steht hier gegen Hypothese; aber gleichgiltig, ob eine von 
beiden, oder beide richtig sind, jedenfalls ist dadurch insofern ein 
wesentlicher Fortschritt in der Lehre von den Ursachen der 
Leukämie eingetreten, als wir darin die ersten Schritte begrüssen 
dürfen, welche unserem Verständniss die Pathogenese dieser merk¬ 
würdigen Krankheit thatsächlich näher rücken. 


V. Ueber Chirurgie der Rückenmarks- 
erkrankungen. 

Von Stabsarzt Dr. Goldscheider, 

Privatdocenten und Assistenten dor ersten medicinisehcn Universitätsklinik 
in Berlin. 

(Schluss aus No. 29.) 
n. Lähmung bei Wirbelcaries. 

Ich komme nun zu einem Leiden, welches uns inneren Medi¬ 
ceer mehr interessirt und häufiger beschäftigt: das ist die durch 
Caries der Wirbel bedingte Rückenmarkserkrankung. Das Malum 
Pottii finden wir ja namentlich bei Erwachsenen sehr häufig in der 
Form, dass eine nachweisbare Deformität der Wirbelsäule gar nicht 
vorhanden ist, dass vielmehr die Wirbelcaries aus den Rücken¬ 
markserscheinungen diagnosticirt wird. Kahler hat zuerst darauf 
hingewiesen, wie häufig die Wirbelcaries zunächst nur die Symptome 
der Rückenmarkslähmung macht. Es ist auf den inneren Stationen 
garmchts seltenes, dass wir Kranke mit Wirbelcaries und conse- 
cutiver Paraplegie haben, welche selbst bei langer Beobachtung nie 
eine Deformität der Wirbelsäule erkennen lassen. Die Caries be- 
tnfft meist den Wirbelkörper; sie setzt häufig ein extradurales 
eitriges Exsudat, resp. es entstehen fungöse Wucherungen Durch 
beide Ursachen wird ein Druck auf das Rückenmark ausgeübt 
und so kommt es zur Läsion. Früher glaubte man, dass die Läh- 
mung bei Malum Pottii durch Compression seitens der geknickten 
Wirbelsäule entstehe. Das trifft aber nur für wenige Fälle zu beiden 
meisten vielmehr wird das Rückenmark durch das eiterige Exsudat 
oder fungöse Wucherungen comprimirt. Ich gehe auf die Frage 
der Umpressionsmyelitis hier nicht ein, sondern erwähne nur dass 
nach den Anschauungen von Kahler und Schmaus es sich ge¬ 
wöhnlich um ein Oedem des Rückenmarks handelt, welches da- 
durch entsteht, dass die Lymphabflusswege comprimirt werden 
wodurch eine zu Oedem des Rückenmarks führende Stauung ein- 

Das Oedem kann lange Zeit bestehen, ohne dass es zu irre¬ 
parablen Veränderungen der Nervensubstanz (Degeneration) kommt 

DififiÜhür! i e gn T K bilitäfc dieser Compressionslähmungen. 

Dieselben können lange bestehen und trotzdem in grossem Um- 

entfünrllinh r z ^ üc ^ ellen * Erst bei sehr langem Bestehen kommen 
^tzündhche Veränderungen, eine wirkliche Myelitis zustande 

^dXkt™ p-v 4, S ° J ’ a 8' 0wiss nahe, eine Entlastung des 

gedruckten Rückenmarks dadurch herbeizuführen, dass man die 
irbelsaule trepamrt und den Eiter herauslässt oder die fungöse 
Wucherung aus dem Wirbelcanal auskratzt Auch hier müfsen 

vol ttm 06 ™ 611 “ <Ü ® Spltze unserer Betrachtungen stellen, denn 
IhL„ hm ?? es lm wesentlichen nur Fälle mit Congestions- 
abscessen, welche zum operativen Einschreiten geführt hatten. Es 
Hiimte merkwürdiger Zufall, dass gerade ihm einige Fälle in die 
welche so glücklich für die Operation lagen, V"e de 
seitdem selten wieder vorgekommen sind. S 

188811° SV™ MaCeWe “ Ware “ foIgende ( Brit - med. Journ. 

in der' HnhÄ JS S!l ge f r ,^ abe t Seit . d !; ei Jahren Gibbus - welcher am stärksten 

gewonTer 116 ZnrDCki Da ° h MChS « *• Gehv^Äeder^ 

Bind eUÄÄÄÄ 


stark verwachsen, das Rückenmark war sehr verdünnt, so dass Macewen 
selbst keine Hoffriung auf Besserung hatte. Zehn Stunden nach der 
Operation Besserung der lividen Beschaffenheit und der Sensibilität Nach 
vier Tagen verliert sich die Incontinenz der Blase und des Mastdarms 
Nach sechs Monaten konnten die Beine bewegt werden. Schliesslich kehrt 
das Gehvermögen zurück etc. 

Ein dritter Fall gleichfalls erfolgreich operirt, ohne nähere An 
gaben. Von zwei weiteren Fällen aber erlag der eine eine Woche nach 
der Operation, der andere nach einigen Monaten an ausgebreiteter Tuber¬ 
kulose. 

Die beiden Fälle von Macewen stellen keine eigentlichen 
Typen des Befundes bei Wirbelcaries dar, es hat sich vielmehr 
offenbar um ausgeheilte Processe gehandelt. Im allgemeinen finden 
sich eben fungöse Massen und epidurale Eiteransammlungen, welche 
mehr oder weniger vollständig entfernt werden können. Aber, wie 
bei den W r irbelfracturen, so ist auch hier die eigentliche Erkrankung 
im Wirbelkörper gelegen, an den man nicht wohl herankommt 
Man hat in einzelnen Fällen nach der Bogenresection das Rücken¬ 
mark bei Seite geschoben und sich zum Körper hingearbeitet 
Auch ist man von Senkungsabscessen aus zum erkrankten Wirbel¬ 
körper vorgedrungen und hat denselben ausgelöffelt. 

Aber die Resultate der operativen Behandlung der spondyliti- 
schen Lähmungen sind nach dem ersten glänzenden Anlauf sehr ent¬ 
mutigend ausgefallen. Die Gründe für dieses Fehlschlagen sind 
jedoch einfach und durchsichtig. 

Der eine Grund ist eben, dass wir an den Heerd selbst nicht 
herankommen, oder dass, selbst wenn der Chirurg ihn erreicht, er 
nicht den ganzen Heerd entfernen kann; wenn nachher die Wunde 
geschlossen wird, so ergiesst sich von neuem der Eiter in den 
Wirbelcanal, bildet sich von neuem eine fungöse Masse, und in 
kurzem ist der Zustand der alte. Ganz gewöhnlich tritt nach 
einer Laminektomie eine Besserung auf, die Sensibilitätsstörung 
verringert sich, es kommt sogar zu einer Hyperästhesie, ja die 
Kranken stehen auf und gehen, bis nach einiger Zeit der alte Zustand 
wieder da ist. Das sind noch die günstiger verlaufenden Fälle; jedoch 
meistens ist die Operation ganz nutzlos, gelegentlich wird der 
Process beschleunigt, und der Patient geht schnell zugrunde. 
Ein anderer Grund für den schlechten Ausgang liegt darin, dass 
gelegentlich ausser dem einen Heerd noch Heerde an anderen Theüen 
der Wirbelsäule bestehen, oder dass die Erkrankung mehrere Wirbel 
betrifft, oder dass das eitrige Exsudat sich durch ein grösseres 
Stück des Wirbelcanals hin erstreckt, oder dass das Rücken¬ 
mark selbst tuberkulös afficirt ist, sodass dann natürlich die Auf¬ 
hebung der Compression keinen Nutzen bringen kann, endlich dass 
häufig anderweitige Localisationen der Tuberkulose bei diesen Leuten 
bestehen, Lungentuberkulose u. s. w. Man hat dann noch das 
Bedenken gehabt, dass durch Resection der Wirbelbögen die 
Wirbelsäule an Festigkeit verliere; es scheint aber, dass dies Be¬ 
denken nicht schwerwiegend ist, da z. B. Kraske danach eine 
umfangreiche Neubildung von Knochen gefunden hat. 

Wenn wir uns hiernach entscheiden wollen, unter welchen 
Umständen wir chirurgische Hülfe bei der Behandlung dieser Com- 
pressionslähmungen hinzuziehen sollen, so würde ich dies in 
folgende Sätze fassen: Ist ein Congestionsabscess vorhanden, welcher 
so gelegen ist, dass man von ihm aus an den Heerd im Wirbel¬ 
körper gelangen kann, so wird der Versuch, denselben direkt zu 
behandeln, zweifellos gerechtfertigt sein. Wenn aber kein Con¬ 
gestionsabscess da ist, so würde man nach den vorliegenden 
Operationsresultaten widerrathen müssen, die Resection der Wirbel¬ 
körper auszuführen. Nur eine Ausnahme besteht, das ist der 
seltene Fall, dass eine Tuberkulose des Wirbelbogens vorliegt. 
Freilich wird man auch bei nachgewiesenen Erscheinungen der 
Bogentuberkulose niemals eine gleichzeitige Tuberkulose des Wirbel¬ 
körpers ausschliessen können. Immerhin wird dann der Eingriff zu 
versuchen sein. 

Zweckmässiger als der blutige operative Eingriff dürfte die 
orthopädische Behandlung dieser Zustände sein; eine auf Ent¬ 
lastung des erkrankten Wirbels hinzielende Lagerung und Exten¬ 
sion. Man erzielt sie auf verschiedene Weise; einmal durch die 
Volkmann’sehe Extension (bei der Caries der Halswirbel in der 
rorm des Glisson’sehen Apparates), dann durch Anlegung von 
Gypscorsets, ferner durch die Rauchfuss’sche Schwebe, die aber 
für Kinder schon schwierig ist und vom Erwachsenen garnicht 
ausgehalten wird. Von grösserer Bedeutung ist die Lagerung auf 
dem Bon net’sehen Drahtkorb, der sich gut anlegt und die Wirbel¬ 
säule sehr entlastet, aber sehr theuer ist. Bei Kindern wird viel¬ 
fach das Lorenz’sehe Gypsbett verwendet, welches sich sehr bewährt. 

Vielleicht ist die Herstellung solcher Gypsbetten auch für die 
Compressionslähmung Erwachsener zur Entlastung der Wirbel¬ 
säule zweckmässig. Das Gypsbett hat den Erfolg, dass wie bei 
der Drahthose durch sehr genaue Anlagerung eine Entlastung der 
Wirbelsäule herbeigeführt wird, die Wirbel wenig gedrückt werden 
und so leichter ausheilen können. ' 


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26. Juli. 


DEUTSCHE MEDIC1N1SCHE WOCHENSCHRIFT. 


617 


Man hat gesagt, es gebe einen Fall, wo man bei Compressions- 
lähmung openren könne und solle, nämlich wenn jede übrige Be¬ 
handlung sich als vergeblich erwiesen habe. Wenn also die Para¬ 
plegie nach Behandlung mit Extension u. s. w. nicht zurückgeht 
vielmehr zunimmt, schliesslich Mastdarm- und Blascnlähmung mit 
ihren schlimmen Folgen eintritt, so sei ein letzter Versuch mit 
der Trepanation indicirt. Allein ich glaube nicht, dass man 
dem beistimmen kann; denn bei einem hoffnungslosen Zustand eine 
hoffnungslose Operation zu machen, bringt weder der Medicin noch 
dem Patienten Vortheil. Es kommt noch ein anderes Moment 
hinzu, dass wir gerade bei diesen vorgeschrittenen langdauernden 
Fällen, die so gar keine Neigung zur Besserung zeigen, garnicht 
sagen können, ob eine blosse Rückenmarkscompression oder schon 
Degeneration besteht. Im letzteren Fall hilft die Operation für 
die Lähmung nichts. Ein entscheidendes differentialdiagnostisches 
Moment, um Lähmung durch Oedem des Rückenmarks und Läh¬ 
mung durch Degeneration zu unterscheiden, ist nur in dem 
Wechsel der Erscheinungen gegeben. Sind die Erscheinungen längere 
Zeit constant geblieben, so kann man eine Degeneration nicht 
sicher ausschliessen. Die Indication zur Operation von dem Auf¬ 
treten der Blasenlähmung abhängig zu machen, ist insofern miss¬ 
lich, als auch diese nicht selten grosse Schwankungen zeigt. 

Die operative Behandlung bei Compressionslähmung ist somit 
wenig befriedigend. Allein dies könnte sich ändern, wenn es der 
chirurgischen Technik gelänge, dem Heerd im erkrankten Wirbel¬ 
körper mehr zu Leibe zu gehen. Sollten Methoden gefunden 
werden, an den Wirbelkörper selbst heranzukommen und den Heerd 
dort auszuräumen, so wäre die ganze Frage natürlich von einem 
anderen Standpunkte zu betrachten. Bis jetzt sind diese Versuche 
freilich nicht besonders ermuthigend ausgefallen. Selbst wenn 
man den Wirbelkörper dem scharfen Löffel zugänglich macht, ist 
die vollständige Entfernung der tuberkulös erkrankten Theile 
schwierig bezw. unmöglich; auch kann man nicht, zu viel weg¬ 
nehmen, um nicht die Gefahr einer secundären Wirbelfractur her¬ 
aufzubeschwören. Endlich ist an die Gefahr der Dissemination der 
Tuberkulose zu denken. In neuerer Zeit hat man auch hier die 
lokale Behandlung mit Jodoformglycerin versucht. 

Wichtig für die Therapie ist die frühzeitige Diagnose. Ein 
grosser Theil dieser Fälle wird nicht früh genug diagnosticirt. 
Vielmehr gehen die Kranken häufig lange Zeit unter der Diagnose 
Myelitis. Wird die Diagnose möglichst früh gestellt, so wird man 
durch orthopädische Behandlung dem Kranken oft recht erheblich 
nützen. Wenn wir die vorzüglichen Erfolge dieser Methode bei 
der kindlichen Wirbeltuberkulose erwägen, so ist nicht einzusehen, 
warum sich nicht auch bei Erwachsenen die Erscheinungen bei 
frühzeitiger Behandlung bessern sollten. Die Orthopädie auf diesem 
Gebiete ist noch in den Kinderschuhen, und ich glaube, dass wir 
uns mehr als vom Messer des Chirurgen von den Apparaten des 
orthopädischen Chirurgen versprechen können. Ich zweifle nicht, 
dass die orthopädischen Methoden sich immer mehr vervollkommnen 
und dass wir in der Folgezeit auf diesem Gebiet auch mehr in 
der Therapie leisten werden. 

ni. Geschwülste des Rückenmarks. 

Ich komme nun zu den Tumoren des Rückenmarks. Dieselben 
sind schon früher einige Male chirurgisch entfernt worden, aber 
nur solche, die aus dem Wirbelcanal nach aussen oder von aussen 
in den Wirbelcanal hineingewachsen waren. Occulte Tumoren sind 
erst in neuerer Zeit entfernt worden, und zwar zum ersten Male 
im Jahre 1887 von Horsley und Gowers. 

Es möge hier beiläufig bemerkt werden, dass Leyden bereits 
in seiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten auf die Möglichkeit 
der Exstirpation von Rückenmarksgeschwülsten hingewiesen und 
zu der Vornahme einer solchen im geeigneten Falle aufge¬ 
fordert hat. 

In dem oben erwähnten Falle handelte es sich um einen 
42jährigen Kapitän, der 1884 mit Intercostalschmerzen unter dem 
linken Schulterblatt erkrankte, welche mit wechselnder Heftigkeit 
bis Februar 1887 anhielten. Weiterhin entstand eine Schwäche 
und Gefühlsabnahme der beiden unteren Extremitäten, dann 
Retentio urinae. Im Juni 1887 bestand Paraplegie, Anästhesie 
bis zum Schwertfortsatz; ferner waren ausstrahlende Schmerzen 
im sechsten und siebenten Intercostalnerven, Zuckungen in der 
Oberschenkel- und Bauchmuskulatur vorhanden. Im Juni 1887 
wurde von Horsley die Eröffnung des Wirbelcanals vorge¬ 
nommen, die Dura gespalten und in der That der vermuthete 
Tumor gefunden, ein Fibromyxom von Lambertnussgrösse, das mit 
dem Rückenmark nicht verwachsen war und sich leicht loslösen 
liess. Zehn Tage nach der Operation konnte das rechte, nach 
sechs Wochen das linke Bein bewegt werden, und schliesslich 
konnte der Kranke drei Seemeilen gehen und Urin und Stuhl ohne 
Schwierigkeiten entleeren. 


Dieser glänzende Fall machte berechtigtes Aufsehen, und 
Horsley hat bereits mehrere Nachfolger gefunden, welche freilich 
nicht immer ebenso glücklich waren. Es sind bis jetzt im ganzen 
acht Fälle von occulten Rückenmarkstumoren operirt worden, 
und zwar sind hiervon drei geheilt, vier gestorben, einer unge- 
bessert. 

Es sind dies ausser dem eben beschriebenen Falle von Horsley 
und Gowers folgende: 

2) Horsley (Brit. med. Joura. 1890, II). Coraplete Paraplegie und 
Schmerzanfälle seit sechs Monaten. Trepanation. Tumor, welcher die 
Dura in Ausdehnung von vier Zoll bedeckt. Tod an Shok. 

8) Roy 1890 (nach Chipault). Paraplegie, Gürtelschmerzen etc. 
Abtragung der Bögen der vier untersten Dorsalwirbel. Intraduraler Tu¬ 
mor. Nach der Entfernung schnelle Besserung. Die Sensibilität kehrt 
zurück, die Sphincterlähmung verschwindet, schliesslich wird Gehfähigkoit 
am* Stock erreicht, 

4) Laquer (Neur. C.-Bl. 1891, S. 193). Die Diagnose wurde auf 
Tumor an der Cauda equina gestellt Die Operation (Rehn) ergab ein 
Lymphangioma cavemosum im Sacralcanal. Erhebliche Besserung. 

5) Fenger 1890 (nach Chipault). Vor einem Jahre Schmerzanftllle 
in der Lendengegend. Nach drei Monaten Schwäche des rechten Beins, 
Gürtelgefühl in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse. Später auch 
Schwäche im linken Bein. Dann lancinirende Schmerzen in den Beinen. 
Obstipation. Blasenlähmung. Unterhalb der vierten Rippe völliger Verlust 
des Temperatursinns und Verminderung des Drucksinns. Reflexsteigerung der 
Beine. Operation: Bögen des vierten und fünften Dorsalwirbels abge¬ 
tragen; Dura incidirt, Man findet das Rückenmark durch ein in den 
Hintersträngen gelegenes Spindelzellensarkom ausgedehnt, welches enu- 
cleirt wird. Nach der Operation völlige Paraplegie. Tod an Sepsis am 
vierten Tage. 

6) Ramson und Anderson (Brit. med. Journ. 1891 II, 1144). 
Lendenschmerzen, in die Beine ausstrahlend. Nach vier Monaten sistiren 
dieselben, um später wiederzukehren. Dann tritt Paraplegie ein, Urin¬ 
retention, Anästhesie der Beine. Mastdarmlähmung, Decubitus. Keine 
Patellarreflexe. Operation: Abtragung der Bögen des elften und zwölften 
Dorsalwirbels, ersten und zweiten Lendenwirbels. Incision der Dura. 
Nichts vorgefunden. Tod nach drei Tagen. Autopsie: In den Rücken¬ 
muskeln zwei Echinococcusblasen, unter dem Bogen des zehnten Dorsal¬ 
wirbels gleichfalls eine Echinococcusblase. 

7) Pesearolo (Verhandl. des X. Internat. Congresses Bd. IV, S. 9). 
Seit zwölf Jahren Paraplegie mit unvollständiger Blasen- und Mastdarm¬ 
lähmung, Anästhesie bis zum fünften Intercostalraum hinauf. Vor der 
Lähmung hatten Intercostalneuralgieen im Bereiche des dritten bis fünften 
Intercostalraums bestanden. Sehnenreflexe sehr lebhaft etc. Diagnose auf 
Tumor zwischen zweitem und fünftem Dorsalwirbel. Die Bögen des zweiten 
bis fünften Dorsalwirbels wurden entfernt. In der That wurde ein links 
vom Rückenmark gelegener Tumor gefunden und entfernt; letzteres sehr 
verdünnt. Eine Besserung ist nicht eingetreten, nur die Reflexsteigerung 
hat abgenommen. 

'8) Ransom und Thompson (Brit. med. Journ. 1894 I, S. 395). 
50 jährige r Locomotivführer. Zittern und Schwäche der Beine. Steifigkeit 
und Schmerzen in denselben. Patellarreflexe erhöht. Weiterhin Fuss- 
klonus. Anästhesie, dann Gehvermögen aufgehoben. Sphincteren normal. 
Gürtelgofühl. Das linke Bein ist schwächer als das rechte. Partielle 
Anästhesie der Beine, Empfindlichkeit neben dem achten und neunten 
Dorsalwirbel. Diagnose auf Tumor. Die Bögen des fünften bis neunten 
Dorsalwirbels abgetragen. Tumor gefunden in der Höhe der achten Dorsal¬ 
wurzel (Rundzellensarkom). Nach drei Tagen Tod. 

Zu diesen Fällen kommen aus der neuesten Zeit noch folgende: 

9) Bruns und Kredel. (Neurol. Centralblatt 1894, No. 7.) Junge 
Frau, im Sommer 1890 mit Kreuzschmerzen, in beide Beine und den 
Unterleib ausstrahlend, erkrankt. 1892 Lähmung der rechtsseitigen Fuss- 
und Unterschenkelmuskeln, ohne merkliche Atrophie. Am rechten Ohr 
ein Fibrosarkom. Später Blasenstörungen. Häufig Schmerzanfälle. Im 
August 1892 Paraplegie. Diagnose auf Tumor (Sarkom) der Häute ge¬ 
stellt, in der Höhe zwischen den lumbalen und sacralen Wurzeln rechts. 
Auch die Möglichkeit eines Cauda-Tumors in Betracht gezogen. Am 
22. October 1892 wurde die Operation ausgeführt. Bögen des neunten 
bis zwölften Dorsal- und ersten Lumbalwirbels entfernt. Das Mark erschien 
etwas dick, pulsirte nicht; sonst nichts gefunden. Nach 14 Monaten Tod. 
Bei der Section fand sich ein Tumor (Spindelzellensarkom), welcher die 
Lendenanschwellung und die beiden untersten Dorsalsegmente einnahm; 
feiner multiple Tumoren an den Wurzeln. Der Tumor war also -richtig 
diagnosticirt und localisirt, aber bei der Operation nicht erkannt worden, 
wahrscheinlich weil es sich damals noch um ganz flache, in das Rücken¬ 
mark von der Pia her eindringende Massen handelte. Die Dura war bei 
der Operation eröffnet worden. Jedenfalls w'aren in diesem Falle die 
Geschwulstmassen nicht operabel. Uebrigens zeigt der Fall wieder die 
Wichtigkeit des Symptoms der fehlenden Pulsation. 

10) Saenger und F. Krause. (Münch, med. Woch. 1894, No. 22.) 
42jähriger Tabakarbeiter. Seit 3 f\ Jahren heftige Schmerzen in der linken 
Brustseite. 6. März 1894 in das Altonaer Krankenhaus aufgenommen. 
In der letzten Zeit auch rechts Brustschmerzen. Seit 14 Tagen Steifigkeit 
und Kälto der Beine; seit drei Tagen Gehvermögen erloschen. 21. März 
Extensionsverband. 10. April völlige Paraplegie mit partieller Analgesie. 
Schmerzhaftes Gürtelgefühl. Druckschmerzhaftigkeit vom siebenten bis 
zehnten Brustwirbel. Die Anästhesie reicht am Rücken links bis zum 
siebenten, rechts bis zum zehnten Brustwirbel. Tumor zwischen fünftem 
und siebentem Dorsalwirbel diagnosticirt. 16. April Operation. Bögen des 
vierten bis siebenten Dorsalwirbels entfernt. Dura eröffnet. Links in der 
Gegend des sechsten Brustwirbels am Ligamentum denticulatum ein luinor 


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618 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


von 27 mm Länge, 18 mm Tiefe, 10 mm Breite, welcher entfernt wird. 
Rückenmark von links her abgeplattet; vier Tage nach der Operation Tod. 
Die Sectiou ergiebt bronchopneumonische Heerde im linken Unterlappen. 
Im Gehirn starker subduraler Bluterguss, welcher sieh in den Duralsack 
des Rückenmarks hinein erstreckt. Die Blutung ist vielleicht dadurch 
bedingt gewesen, dass bei der Eröffnung der Dura ein sehr schneller Ab¬ 
fluss einer grossen Menge von seröser Flüssigkeit erfolgt war. 

Rechnet man diesen Fällen von operirten oceulten Tumoren 
noch diejenigen hinzu, wo der Tumor äusserlich sichtbare Er¬ 
scheinungen gemacht hatte, so sind bis jetzt im ganzen 24 Ope¬ 
rationen wegen Tumoren, welche das Rückenmark comprimirt hatten, 
ausgeführt. Von denselben sind sechs wesentlich gebessert, bezw. 
geheilt worden, darunter jene drei von den oceulten Geschwülsten. 
Jedoch muss bemerkt werden, dass bei drei Fällen der äusserlich 
sichtbaren Tumoren keine Mittheilungen über den schliesslichen 
Ausgang gemacht sind. Endlich sind ausserdem Fälle in der 
Litteratur niedergelegt, wo der «erwartete Tumor bei der Operation 
nicht gefunden wurde. 

Die Resultate der Operation der oceulten Rückonmarkstumoren 
sind gewiss im Vergleich zu den sonstigen Erfolgen der Rücken¬ 
markschirurgie und im Hinblick auf den tief verborgenen und hart 
an einem so empfindlichen Organ gelegenen Sitz recht, befriedigende; 
ja sie stellen unzweifelhaft einen schönen Triumph der wissenschaft¬ 
lichen Medicin dar. Es ist daher, wenn die Diagnose auf Rücken¬ 
markstumor gestellt wird, die Frage der Operation unter allen 
Umständen in ernste Erwäguug zu ziehen. 

Die relativ günstigen Operationsresultate sind durch folgende 
Umstände bedingt: die Tumoren sitzen gewöhnlich hinten resp. 
hinten-seitlich, also direkt handlich für das Messer des Chirurgen! 
Sie gehen oft von den Häuten des Rückenmarks aus oder sitzen 
an der Scheide der Wurzeln, haben oft sonst wenig Adhärenzen, 
so dass also alle Bedingungen für glatte Auslösung vorhanden 
sind. Auch sind sie meist klein. Dass Rückenmark erträgt die 
Compression lange, ohne in Degeneration zu verfallen. Die 
JLumoren, die im Rückenmark selbst sitzen, sind in der Minderheit. 
Diese sind weniger günstig für die Operation, ja ein noli ino tangere. 

hafc 58 Fälle von Rückenmarkstumoreil zusammeu- 
gestellt. Davon waren 20 oxtradurale, zwischen Dura und 
-Knochen, und 38 intradurale. Unter den 20 extraduralen waren 
vier Lipome, fünf Sarkome, vier Tuberkelknoten, drei Echinocoecen 
oin Myxom, em Fibrochondrolipom, ein Fibrosarkom, ein Carcinom’ 

« . Unter d f n 3 8 intraduralen waren zwölf Myxome, sieben 
oarkome, sieben Fibrome, vier Psammome, vier Tuberkelknoten 
zwei parasitäre Tumoren, zwei syphilitische. ’ 

Die Rückenmarkstumoren sind also meist nicht solche, welche 
zu Kecidiven und Metastasen neigen, was auch günstig ist und 
gleichfalls zur Operation auffordert. Nicht operationsfähig sind die 
mtramedullären, die Fälle von Carcinom, Sarkom, Aneurysma und 
dann die seltneren von disseminirten oder weit verbreiteten Tumoren 
Die Diagnose des Rückenmarkstumors ist nun leider keines¬ 
wegs so sicher, wie die des Gehirntumors. Die Rückenmarkstumoren 
werden erkannt: an der lokalen Schmerzhaftigkeit, der Steifigkeit 
a o. den aus S e P rä gten und lange dauernden Wurzd- 
owLpT , Hie . rzu ^ kom | ? lt die Lähmung mit Anästhesie in para- 

h od ? r m der * orm der Halbseiten-Läsion, endlich der 
langsam zunehmende, durch Schübe beförderte Verlauf. 

Bezüglich der Diagnose des Höhensitzes haben wir in der 
neueren Zeit sehr erhebliche Fortschritte gemacht, und es dürfte 
uns nicht allzuschwer fallen, m der Mehrzahl der Fälle den Hölien- 

Bei den S Tnmm° rS r*’ dlo T ? por ? tion genügend sicher anzugeben, 
leicht? M s^S die an } I) « rsal theil des Rückenmarks sitzen sind 
Missgnffe möglich, dagegen an der Cauda equina, Lenden¬ 
gehen a !f a,1 ? c J w ® llu “& kann man ziemlich sicher 
Am Rorsaltheil wird der Tumor leicht etwas zu tief ver- 
muthet auch Horsley hatte ihn in seinem Falle zu tief uesuoht 
und hatte i ch °„ vier Wirbelbögen resecirt, bis er ihn untfr dem 

UnT hier 

M'Lnge, 1 L iJ5°B (ier ° neimi en'^ 01 ^ 

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Tumor so soll er von ,w d< ai ™ r g «men mtramedullären 

-läSÄÄf 


No.30 

Rückenmark starke und anhaltende Compressionen, und wemi diese 
durch Wegnahme de^ Tumors aufgehoben sind, so kann in der 
That die Function wiederhergestellt werden. 

IV. Anderweitige operative Eingriffe am Rückenmark. 

Nur kurz berühre ich die Lumbalpunction, welche Quincke 
vor einigen Jahren bei Hydrocephalus vorgeschlagen hat, um die 
an gesammelte Flüssigkeit abzulassen. Man geht bei stark ge¬ 
krümmter Seitenlage des Kranken an der Lendenwirbelsäule 
zwischen zwei Wirbelkörpern mit dem Trocar ein, am besten 
zwischen drittem und viertem Lendenwirbel. Das Rückenmark 
trifft man an dieser Stelle nicht, da hier Cauda equina liegt, und 
deren Stränge weichen der Spitze aus. Bei Erwachsenen muss 
man 7 bis 8 cm tief eindringen. Man hat bei abnormen An¬ 
sammlungen von Flüssigkeit gute symptomatische Erfolge durch 
Ablassen derselben gehabt. Allein eine dauernde Heilung des 
Hydrocephalus wird dadurch nicht erzielt, weil die Flüssigkeit sich 
wieder ansammelt; aber immerhin werden vorübergehende Besser 
rungen der Beschwerden hervorgebracht. Speciell wird das seine 
Anwendung finden für Hirntumoren, wo die subjectiven Be¬ 
schwerden und gewisse objective Symptome nach dieser Entlastung 
vom Druck nachlassen. Vielleicht wird die Lumbalpunction auch 
für explorative Zwecke angewandt werden. 

Noch einige kleine Mittheilungen, damit Sie sehen, welche 
verschiedenartigen Operationen man am Rückenmark schon ver¬ 
einzelt fertig gebracht hat. Ein Fall ist mitgetheilt von eitriger 
Cerebrospinalmeningitis, wo nach Wegnahme von fünf Wirbelbögen 
mit Drainage die Herstellung versucht ist; der Fall ist tödtlich 
verlaufen, bei der Section fand sich noch eine Eudocarditis 
ulcerosa! Dann hat der amerikanische Arzt Phelps noch einen 
Fall von angeblicher Heilung oiner serös-eitrigen Spinalmenin¬ 
gitis durch Resection der Wirbelbögen mitgetheilt; der Fall 
ist aber unklar und nicht beweisend. Bei Tabes hat inan die 
Halswirbelsäule trepanirt, die Dura incidirt um „den Druck zu 
vermindern“, das Resultat war natürlich negativ. Bei einem Fall 
von Syringomyelie ist die Wirbelsäule aufgemeisselt, und in das 
Rückenmark mit einer Spritze hineingestochen worden, um den 
Inhalt der Höhle herauszuholen; Chipault setzt hinzu: der Pa¬ 
tient hat die Operation überlebt, mehr konnte man nicht verlangeu. 
Dann sind Durchschneidungen der Wurzeln gemacht worden, und 
in manchen Fällen ist das anscheinend nicht unzweckmässig. In 
einem Fall von aufsteigender Neuritis am Armplexus blieben nach 
intraduraler Durchschneidung der hinteren Wurzeln die Schmerzen 
weg, kamen aber später wieder. Horsley aber hat einen Fall 
von anscheinend wirklicher Heilung von schwerer Neuralgie nach 
Durchschneidung der hinteren Wurzeln berichtet. Das wäre also 
vielleicht noch eine weitere Indication für chirurgische Eingriffe. 

Im ganzen bietet also die chirurgische Behandlung der Rücken¬ 
markskrankheiten noch kein befriedigendes Bild, und wenn man 
die grosse Zahl der Operationen mit den kümmerlichen Resultaten 
vergleicht, so wird die Hoffnung etwas niedergeschlagen; nach 
einem glänzenden Anfang eine grosse Menge von Enttäuschungen. 
Aber ich glaube, die Enttäuschungen werden sich vermindern, 
wenn man dem Rathe folgt, den v. Bergmann bezüglich der 
Hirnchirurgio in der Einleitung zu seinem berühmten Werke über 
die operative Hirnchirurgie gegeben hat, dass hier der Fortschritt 
in der Beschränkung liegt, und dass man nicht darauf los operiren, 
sondern strenge Indicationen stellen soll. Dann wird es vielleicht 
z\var auch Vorkommen, dass man einmal eihen Fall nicht operirt, 
bei welchem ein glücklicher Zufall vielleicht doch eine Heilung ge¬ 
bracht hätte; man wird aber dafür in vielen Dutzend änderen 
Fällen dem peinlichen Gefühl entgehen, wie v. Bergmann sagt, 
einen schweren und folgenreichen Eingriff umsonst unternommen 
zu haben, und ich kann nicht besser sehliessen, als mit den 
Worten v. Bergmann’s: „Ich möchte dem Würfeln "um das Glück, 
einem blinden Zufall nicht überlassen, was der ausschliessliche 
Erwerb einer kritisch gesichteten Erfahrung und strengen wissen¬ 
schaftlichen Prüfung sein sollte.“ 


VI. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Stand der Cholera. 

Im Weichselgebiet Preussens wurden vom 8. bis eiiischl. 16. 
Juli 26 Choleraerkrankungen mit 13 Todesfällen festgestellt. Die meisten 
derselben entfallen auf die Umgegend von Danzig (Plehnendorf, 
Schidlitz) und Thorn, einzelne Fälle kamen an verschiedenen anderen 
Punkten des Weichsellaufes vor. Sämmtliche Erkrankungen betreffen 
Leute, welche an oder auf der Weichsel gearbeitet und meist das WäSSer 
derselben getrunken hatten. Auch neuerdings berichten die Blätter von 
verschiedenen Cholerafällen aus dem Weichselgebiet, aus der Gegend von 
Thorn* Grau den z-, Danzig. In Thorn wurden 6 Soldaten als cholera- 
verdächtig in Behandlung genommen, bei deren einem Cholera Jestge stellt 
wurde. — Eine Erkrankung kam am 18. Juli in; Berlin vor{ sie betraf 


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‘20.-Juli. 


DEUTSCHE MED1Ö1N1SCHE WOCHENSCHRIFT 


019 


eine aus Petersburg zurückgekehrte Frau. Der Fall verläuft anscheinend 
leicht und soll der Genesung entgegen gehen. 

In Belgien ist, wie jetzt bekannt wird, die Seuche seit zwei Jahren 
nie ganz erloschen gewesen und hat sich bald hier, bald dort, theils in 
Gruppenfällen, theils in Einzelerkrankungen gezeigt. Seit Anfang Juni 
ist besonders die Gegend von Lüttich ergriffen; daselbst sind vom 

I . Juni bis 4. Juli 59 Todesfälle vorgekommen. Unter dem 9. Juli wurde 
aus Lüttich gemeldet, dass dort in den letzten 10 Tagen 40 (10) Erkran¬ 
kungen (Todesfälle) vorgekommen seien, (Veröff. d. K. G.-A.) 

Von dem verseuchten Maasgebiet Belgiens sind neuerdings ver¬ 
einzelte Cholerafälle auch in 2 an der Maas liegende niederländische 
Orte verschleppt worden. 

-In Galizien hat sich die Cholera stärker verbreitet. Seit Ende 
Juni ist daselbst der Bezirk Zaleszczyki stark ergriffen, neuerdings hat 
sich auch in Krakau und Umgegend die Seuche in nicht unerheblichem 
Grade gezeigt. Vereinzelte Fälle wurden in letzter Zeit in den schon 
früher ergriffenen Bezirken Borszczow und Husiatyn, neuerdings auch 
in den Bezirken Ho rode nka und Kolbuszow. beobachtet. Auch in der 
Bukowina kamen noch fortdauernd Cholerafälle wie früher, im Bozirk 
Kotz man vor. Die Gesammtzahl der in Galizien vom 7. April bis 
16. Juli fcstgestollten Erkrankungen (Todesfälle) beträgt 323 (150), in der 
Bukowina 19 (7). ln Krakau (Stadt) kamen bis zum 16. Juli 4 (l), 
im gleichnamigen Bezirk 24 ( 6 ) Fälle vor. Die Zahl der in Zaleszczyki 
und Umgegend vom 27. Juni bis 16. Juli festgestellten Cholerafälle be¬ 
läuft sich auf 119 (36). davon kommen allein auf die Stadt Zaleszczyki 
106 (33). Der Bezirk Zaleszczyki wurde im Sinne der Dresdener Con¬ 
vention als Choleraheerd erklärt. (Oesterr. San.-W.) 

In Petersburg hat die Seuche eine Ausbreitung gewonnen, die 
fast an diejenige in Hamburg vor zwei Jahren erinnert. Wir entnehmen 
genauere Daten der neuesten Petersburger medizinischen Wochenschrift. 
Danach wurden die ersten Fälle in Petersburg am 1. Juli festgestellt (in 
Kronstadt bereits-am-20. Juni). Vom l. ; 7. Juli erkrankten (starben) 
141 (52), am 8 . Juli 66 (16), am 9. Juli 89 (30), am 10 . Juli 77 (35). am 

II , Juli 111 <39), am 12 . Juli 143 (54), zusammen bis dahin 627 (226) 
Personen. Seitdem- hat die Zahl der täglichen Zugäiige sich rapide ver- 
grössert, nach neuesten telegraphischen Nachrichten erkrankten (starben) 
in der Woche vom -15.-^21. Juli 1292 (584) Personen. Auch im Gubcr- 
uiuni- Petersburg .kämen zahlreiche Cholerafälle vor, nach Zeitungs¬ 
nachrichten vom 8.—14. Juli 247 (34). 50 Erkrankungen werden aus dem 
Lager Krasnod Selo gemeldet, in Kronstadt erkrankten (starben) vom 
14.—19. Juli 58 (18) Personen. Von Petersburg aus verbreitete sich die 
Cholera nach den übrigen nordwestlichen russischen Provinzen. Einzelne 
Fälle wurden an verschiedenen Orten von Finland, Esthland, Livland 
und Kurland beobachtet. Ein Fall kam auch im Gubernium Nowgorod 
vor. Im Gubernium Kowno hat die Seuche neuerdings wieder zuge¬ 
nommen, vom 24.—30. Juni kamen daselbst 88 (10), vom 8.—14. Juli 
76 (27) Fälle zur Anzeige. Ueher die Cholera in Russisch Polen liegen 
folgende Nachrichten vor: Stadt Warschau vom 28. Juni bis 8 . Juli 
22 ( 8 ), vom 8.—14. Juli 63 (25), Gubernium Warschau vom 29. Juni 
bis 5. Juli 34 (22), vom 8.—14. Juli 157 (77), Gubernium Plock vom 
20.-27, Juni 78 (44), vom 28. Juni bis 4. Juli 56 (14), vom 1 .—7. Juli 
47 (16), Gubernium Grodno vom 1.—14. Juli 32 (15), Gubernium 
Radom vom 1.—14, Juli 243 (103), Gubernium Kielce vom 29. Juni 
bis 4. Juli 90 (36), Gubernium Petrikau vom 1.—7. Juli 10 (3) Er¬ 
krankungen (Todesfälle). Danach hat die Seuche besonders in den Gu- 
bernien Warschau und Radom stark um sieb gegriffen. 

Auf einem von Petersburg kommenden, nach Stockholm be¬ 
stimmten Dampfer kam eine Anzahl Choleraerkrankungen vor. Das Schiff 
wurde in der Quarant-äneanstalt Fejan isolirt, wo noch weitere Erkran¬ 
kungen beobachtot wurdon. 

Ein Choleratodesfall kani-nach der Laricet kürzlich in Paris vor. 

In Kleinasien hat die Cholera im Laufe des Juni ei liebliche Fort¬ 
schritte gemacht. Besonders betheiligt sind die Vilajets Angora, Siwas, 
Trapezunt und Konia; aus vielen Orten dieser Verwaltungsbezirke 
werden zum Theil sehr hohe Sterbeziffern gemeldet, so z. B. von Jozgad 
vom 31. Mai bis 27. Juni 146, von Kirsch ehr vom 3.-27. Juni 130, 
Kaisseri und Umgegend vom 21.—26. Juni 359 Cholerasterbcfälle. Die 
genannten Orte? liegen sämmtlich im Vilajet Angora. Sperling (Berlin). 

- Haffkine, Antl-cholera inoculations fit Calcnttu. (The Laneet 
1894, No. 3694, S. 1513.) Durch Fortzüchtung des Cholerabacillus im 
Thierkörper erhielt Haffkine eine „Vaccine“ in zwei Modificationen, 
Oiier milderen und einer stärkeren. Etwas näheres Uber die Darstellung 
dieser Vaccine ist nicht angegeben. Es wurden in Britisch Indien 25000 
Menschen mit dieser Vaccine geimpft. Einimpfung der Schwächeren Form 
verursacht iür einen Tag leichtes Unbehagen und Fieber. Fünf Tage 
später wird die zweite Impfung mit dem stärkeren Gift vorgenommeu, 
die ebenfalls nicht mehr Erscheinungen hervorruft. Nach Beobachtungen 
des Dr. Simpson wurde von den Leuten, die, während die Cholera in 
Calcutta herrschte, so geimpft wurden, keiner von der Seuche befallen. 
Dr. Klein fand aber weiterhin, dass zwar intraperitoneale Injection von 
Cholerabacillen in nicht tödtlicher Dose Meerschweinchen gegen grössere 
Dosen immun macht, dass aber eine gleiche Immunität sich auch durch 
Injection zahlreicher anderer und auch nicht pathogener Bacillen, wie des 
Bacteritnn cdh, hervorrufen lässt. Ob hei den Haffkine sehen \ersuchen 
wirklich eine specifische Wirkung vorliegt, ist demnach fraglich. 

G. V. Poorö, Tiie Relation of sllglit degrees of albuiafanrla 

to Ufa nSKürnnctv (The Laneet 1894, No. 3694, S. 1489—1491, 1505—15060 
Bei jedem Lehensversichernngscandidateu muss der Urin arti besten durch 
Ansäuern und Kochen und nachträgliches Hinzufügen einiger Tropfen 
Säure auf Eiweiss untersucht werden. Man muss sich vergewissern, dass 


der Urin wirklich von dem Untersuchten stammt und zumal bei Frauen 
zufällige Verunreinigungen ausschliessen. Findet sich auch nur eine Spur 
Eiweiss, so ist die gesummte Körperuntersuchung sofort noch einmal 
gründlich vorzunehmen und auch leichten Störungen und Veränderungen 
eine erhöhte Bedeutung beizumessen. Um festzustellen, ob die Albumin¬ 
urie nur eiue zufällige oder vorübergehende war, ist der Urin mindestens 
noch zweimal nach einer Pause von 8—14 Tagen zu untersuchen. Be¬ 
stand nur eine leichte und vorübergehende Albuminurie, so braucht man 
ihr hei einem sonst Gesunden keinen Werth beizulegen. Bei .dauernder 
Albuminurie empfiehlt es sich hingegen, auf jeden Fall den Mann zurück¬ 
zuweisen oder doch nur mit einer höheren Prämie anzunehmen. Die zu r 
nehmende Häufigkeit der Albuminurie beruht nicht nur auf einer zu¬ 
nehmend grösseren Sorgfalt hei der Untersuchung, sondern auch, wie die 
Verdoppelung der Todesfälle au Nierenkrankheiten seit 1858 ze.igt, auf 
einer Zunahme dor Nierenaffectionen selbst, ln der anschliessenden Dis- 
cussion vertraten Aerzte anderer Versicherungsgesellschaften ziemlich die 
gleichen Ansichten. E. Sehr Wald (Freiburg). 


VII. Joseph Hyrtl f 


Am 17. Juli starb zu Perchtoldsdorf bei Wien Joseph Hyrtl, der¬ 
einst der berühmteste und gefeiertste Anatom Oesterreichs und Deutsch¬ 
lands. dessen Ruf von Wien aus weit über die Grenze der deutschen 
Zunge hinausgedrungen war. Durch seine Vorlesungen wie durch seine. 
Lehrbücher hat Hyrtl tausende und abertausende, von Studirenden und 
Aerzten in der Anatomie des Menschen, dieser viel gepriesenen und viel 
geschmähten und doch nun einmal für den Mediciner noch immer nicht 
ganz überflüssigen Wissenschaft unterrichtet. 

Im Jahre 1869 — vor einem Vierteljahrhundert — schrieb Hyrtl 
die Worte: „jetzt, wo mein Lehen auf die Neige geht“.— et mochte 
ahnen, dass er wegen eines Augenleidens seine amtliche Stellung bald 
werde aufgeben müssen — abor er hat wohl kaum geahnt, dass er. 
wie manche anderen und gerade Anatomen, seinen Abgang noch so lange 
überleben werde. Und einige Seiten vor den eben angeführten Worten 
schreibt Hyrtl: „Man wird in Wien noch lange von mir reden, wenn 
man mich nicht — was schon besseren Männern geschah — vergisst.“ 

Nun, dass Hyrtl hei uns in Deutschland, und nicht nur in Aim- 
tomenkreisen. unvergessen ist. das zeigen die vielfachen Nachrufe in den 
politischen Zeitungen, und das sollen auch diese Zeilen beweisen, für 
deren mannigfache Mängel Verfasser um Nachsicht bittet, da- ihm dazu 
nur wenige Stunden Zeit zur Verfügung standen. 

Joseph Hyrtl wurde am 7. Pecember 1811 (einige Quellen geben 
1810 an) zu Eisenstadt in Ungarn geboren. Er studirte von 1831—1835 
in Wien, wurde indess schon als Student („Quintaner“) am 30. Juli 1833 
Prosector, zunächst ohne Gehalt. .1835 promovirte Hyrtl in Wien mit 
der Dissertation: Antiquitates anatomicae rariores, quihqs ongo . ... . . 


3 Taf.), Vindobomie. 

Ueber seine ersten anatomischen Studien gieht uns Hyrtl selbst 
Vergangenheit und Gegenwart des Museums ..., 1869) Auskunft. „Was 
ruter Essig sein soll, muss früh anfaugen, sauer zu werden.“ Unter 
Michael Mayer's, des damaligen Wiener Anatomen, Auspicion war. 
.i.__■ u,.„fl l.offr» an ftftsep.n «ratar Vorlesung: 


Ldversaria anatomica zeigten ihm, was Anatomie ist. Er fing_auf eigene 
Paust an, sich näher in ihr umzusehen. Bald fühlte er sich im Präpanrsaal 
teimisch und wurde von zwei Chirurgen, Frankenstein und Levasseur. 
reiche den „flüchtigem Besuchern dieser unheimlichen Stätte vorseorten . 
eürdig befunden, der dritte in ihrem Bunde zu sein. In seiner bchlaf- 
:ammer zu Hause richtete er sich eine kleine anatomische W erkstatt ein. 
lohrte, feilte und hämmerte, spreugto Köpfe, fasste. Hand- und b uss- 
mrzelknochen — versuchte sich dann im lnjieiren mit Quecksilber und 
Vachsnmsse. „Eine Klystierspritze wurde zur Injectionsspritze adaptn-t; 
[ie Tubi dazu wurden aus Blech zusammengelöthet. . . Bald machte 
lyrtl seine erste anatomische. Entdeckung: er fand, dass bei vielen 
uiugethiercn eine die Maxi Huris und Carotis interna vertretende Arterie 
lie Schenkel des Steigbügels passirt - leider hatten aber schon Car¬ 
ls le und Otto dies vor ihm entdeckt, und so blieb die erste, für uie 
fedicini.schen Jahrbücher bestimmte anatomische Abhandlung ungedruckt, 
)ieser Schmerz war bald überwunden - es folgten andere Funde wie 
iie arteriellen Verästelungen der Kiemenvenen der Fische der Geföss- 
eichthum der Hyaloidea der Batrachier und Fische, die Pfortader der 
rebenniere. Ganglia aberrantin am Accessorius u. v. m., welche zur Folge 
atten, dass Jos. Czermak, Professor der Physiologie, Hyrtl zu seinem 
'amulus machte, ihm ein kleines Plössl’sches Mikroskop und Cuv.ers 
Lnatomic zum Namenstage schenkte und ihm nach ^uprs rode de.n 
Auftrag erthcilte, in dem anatomischen Museum Orduuite herzu stellen. 
)a entdeckte denn der junge Studiosus in verborgenen Listen kostbare 
ichätze von Material, eine Menge der seltensten Thicie m wun^eist, 
reiche dann von Hyrtl und seinen Freunden für Fier Stellung von ver- 
■leichend-anatomischen Präparaten benutzt wurden. W ahrend des Tages 
ls Klinicist in der Alser Vorstadt beschäftigt, arbeitete er abend.s 
natomisch; berühmte praktische Aerzte der Stadt nahmen 1 rivatuntei- 
icht in der Anatomie — „und hatten dessen sehr vonnöthen . 

Von 1833 bis 1837 war Hyrtl Prosector m Wien, dann wiiidLii, 
16 .Jahre alt, zwei Jahre nach der Promotion zum ordenthehen Pio 
ler Anatomie in Prag ernannt, ln dieser Stellung hatte er si » 
olcher Freude zurecht gefunden“, dass es ihm mcht J “ . ei ? 1944 ) i n 
ei der durch den Tod von Joseph Berres (t . -p , auf 

Vien eingetretenen Vacanz sich um diese Stelle zu hewer). . ^ ^ 

[ringende Veranlassung des damaligen Facultätsprase» * ‘ 

chloss sich Hyrtl hierzu. - Zunächst wurde er seiner Melle in Wien 


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620 


DEUTSCHE MEDICINISCI1E WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


nicht froh*. Was er dort 1845 vorfand, war „träger Widerstand gegen jede 
Neuerung“,* Vor allem gegen den seit mehr als 15 Jahren schwebenden 
Neubau einer anatomischen Anstalt, ln wissenschaftlicher Arbeit suchte 
und fand Hyrtl Ersatz für mancherlei Verdruss. Er theilte sein Leben 
zwischen Arbeitszimmer und Hörsaal, suchte die Lücken der Sammlung 
auszufüllen und veröffentlichte ausser einer grossen Reihe von kleinen 
Abhandlungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren, 1846 und 1847, seine 
beiden grossen Lehrbücher, welche seinen Weltruhm begründeten. 

Dann kam 1848, wo Hyrtl’s Wohnung — mit Bibliothek und 
Privatsammlung — ausgebrannt wurde; der Weingeistvorrath der Anato¬ 
mie „labte kriegerische Kehlen“, und nur durch einen Officier, der eine 
Schildwache vor die Sammlung stellte, wurde diese vor dem bekannten 
Schicksale der von Peter dem Grossen angekauften Ruysch’schen be¬ 
wahrt. 1849 zog Hyrtl mit den Resten seiner Anatomie in die Räume 
des Josephinum, aus denen er aber 1854 bei der Restitution der medici- 
nisch-chirurgischen Josephsakademie etwas plötzlich entfernt wurde, um in 
ein noch im Umbau befindliches Lokal — die alto Gowehrfabrik — zu 
ziehen. Aber der Raum wurde durch den Werth seines rasch anwachsen¬ 
den Inhaltes verschönert — und Hyrtl’s 1869 ausgesprochene Hoffnung, 
einer seiner Nachfolger werde so glücklich sein, der Wiener Anatomie 
einen würdigen Aufenthalt zugewiesen zu sehen, ist ja inzwischen in 
reichem Maasse in Erfüllung gegangen. 

Bis 1874 hat dann Hyrtl an der Wiener Universität unermüdlich 
als Lehrer und Forscher gewirkt — zweimal wurde er zum Rektor der 
Universität gewählt, das erste mal bekleidete er diese höchste akademische 
Würde im Jahre 1865 zur 500jährigen Jubelfeier der Wiener Universität, 
welche ihm Gelegenheit gab, seine glänzende Rednergabe auch weiteren 
Kreisen zu zeigen. 

Noch 20 Jahre hat Hyrtl in seinem Tuseulum bei Wien gelebt und 
war bis vor etwa 10 Jahren noch schriftstellerisch thätig. 1885 feierte 
Hyrtl, umgeben von Schülern und Collegen, sein 50. Doctoijubiläum. 
Allmählich umdunkelte sich sein sonst so helles und scharfes Auge und 
zuletzt auch sein früher so klarer Geist. Als die anatomische Gesell¬ 
schaft im Juni 1892 in Wien tagte, plante man eine besondere Ehrung 
des greisen Nestors der Wissenschaft — man musste sie aber aus den 
oben angedeuteten Gründen aufgeben. 

■ . Nachdem Hyrtl Tags zuvor noch wohl gewesen und in gewohnter 

VVeise mit der Schubkarre im Garten umhergefahren war, wurde er am 
M ? r ? en 4 es 17 * Juli in se ! nem Bette hegend todt gefunden, die Hände 
auf der Brust gekreuzt, die Augen geschlossen. Ein Herzschlag hatte, 
wie es scheint, dem Leben des berühmten Gelehrten im 83. Lebensjahre 
ein plötzliches und sanftes Ende bereitet. 

Hyrtl ist als Forscher und Schriftsteller ganz ungemein fruchtbar 
gewesen. Von seinen Schriften seien hier nur die hervorragendsten ge¬ 
nannt: Der oben erwähnten Dissertation folgte als Inauguration für Prag 
im Jahre 1837, die Schrift Strena anatomica de novis pulmonum vasis 
in ophidus nuperrime observatis. 1 Tafel. Prag 1837. Im Jahre 1846 
erschien das Lehrbuch der Anatomie des Menschen, mit Rücksicht 
^ i u^ ySl ° 0glSche , Be g rün dung und praktische Anwendung. Obwohl ohne 
Abbildungen, wurde dies Buch bis in die achtziger Jahre hinein 22mal 
aufgelegt und in die meisten lebenden Sprachen übersetzt. Die Vorzüge 
dieses Buches sind so weltbekannt, dass es überflüssig erscheint, darauf 
hinzuweisen. Allmählich wurde es von anderen überflügelt — aber selbst 
wenn man jetzt manche Lücken und Fehler in ihm findet, dürfte es noch 
immer dasjenige Lehrbuch der menschlichen Anatomie sein, bei dessen 
Lectüre am wemgsten geschlafen wird. 

Schon im folgenden Jahre 1847 folgte das grosse zweibändige Hand- 
P 2 grap i 11Sclien ^ n ^ tomie und ihrer praktisch-medicinisch- 
ffw 6 ™/ 1 !'! 11 ' • Qge °‘ ? s lsfc die erste to P°l?raphische Anatomie 
hand ’ w ei \ St „ Sie ei ? e . ntlich ’ wie ei & von Hyrtl selbst in der 
Vorrede zur sechsten Auflage citirter Recensent sagte, „keine Anatomie 

de? i ChirUr ^t' Aber Ana ^ omen und Chirurgen können sie nicht aus 

wi* 'Zf*' °p h ™ ZU ges \ eh ™' dass sie ™1 gelernt haben.“ 

und n t R j eihe tr 1 A2 ’ beitei1 erschien in den Sitzungsberichten 
de?en D MHKM ft Hv?tl ^847* Akad « mie , der Wissenschaftei zu Wien, 
IW.mÄr r 7 U \ 847 wu r* e ’ T ?° der berühmte Aufsatz Uber den 
f d - p oro ‘‘ ara rtenen des Herzens (1854), in dem Hvrtl sich 

Sdbststamnma ü St S* d P unkte die Brücko’sche Theorie von der 

ArbeU H8M lorh^ I i rZe i, nS a '?u dte ’ ™ lch . letz tere er in einer zweiten 
Aroeit (1855) nochmals behandelte. Soweit dem Verfasser bekannt 

wähl 11 «/ 16 - Anatomen . heu t e w ie früher einstimmig auf Seite HyrtFs 
während eme grosse Anzahl von Physiologen noch Brücke’s gemtvolle’ 
aber leider nicht anatomisch fundirte Theorie vertreten^ Seine Unter’ 
Herzea (f 858 ) Welt Hyrtl selbst für eine 
+ Ein . e Beihe ,von osteologischen Aufsätzen über Dehiscenz 
dtr fe^ a K el der Steren Nasenmuscheln, Trochlearfortsätze 
ti ?86T h dC , r Highmor.shöhle’ etc. e“ l858 

Handbuch der praktischen Zergiie o u ^.ethmi, e " 

spätere Geschlechter die anatomische fechnik von de "! Vlell(,lcht 


wesentlich philologischen Werke: das Arabische und Hebräische in der 
Anatomie (1879); Onomatologia anatomica (1880); die alten deuteln 
Kunstworte der Anatomie (1884). nen 

Als Lehrer, sowohl in seinen Lehrbüchern als besonders im münd¬ 
lichen Vorträge stand Hyrtl unerreicht da. Alles, was er sagte und 
schrieb zeigte ein eigenartiges Gepräge, originelle Auffassung, frischen 
und schlagfertigen Humor, — oft poetischen Schwung, — Verbrämung 
mit meist sehr treffenden — wenn auch gelegentlich etwas an die Zotette“ 
streifenden polyglotten Citaten aus Classikern, Kirchenvätern, Medicinera 
u. a. Ueberhaupt soll Hyrtl bei seinen von Studirenden und Aerzten 
aus aller Herren Ländern besuchten, meist brechend gefüllten Vorlesungen 
ein Zugmittel nicht ganz verschmäht haben, welches mehr von der leicht 
geschürzten Operettenmuse angewandt zu werden pflegt. Aber Hyrtl’s 
Anatomie hatte viva voce und in litteris immer den einen grossen Vor¬ 
zug — alles was er lehrte, hatte er gesehen, beobachtet — seine Anatomie 
ist nicht am grünen Tische geschrieben, sie ist urwüchsig wie der ganze 
Mann, ein Original in des Wortes bester Bedeutung, e 

Hyr 1 1 ’s allgemein-menschliche Eigenschaften, vor allem sein rührend 
gutes Herz offenbarten sich im Leben wie nach seipem Tode. In Mödling 
stiftete er ein Waisenhaus für 140 Kinder, in Perchtoldsdorf eine Bewahr- 
anstalt für 170 Kinder, dann stiftete ,er sechs Stipendien für Studirende 

mi Betrage,von je 300 Goldgulden. Sein Vermögen (etwa 
300000 fl ) vermachte er seinem Waisenhause in Mödling. Bedacht wurden 
noch viele humanitäre Anstalten und Vereine in Wien und Umgegend 

bo hat Hyrtl gelebt und gewirkt, gelitten und gestritten, getreu dem 
bpruche, den er in dem Rückblicke auf sein Leben 1869 citirt: 

„Tu quidvis esse velis nihilque rnali“. 

Jena, 21. Juli 1894. _ Karl v. Bardeleben. 

VIII. Kleine Mittlieüungen. 

~~ Halle a. Bas Standbild Richard v. Volknjaun s ist 
durch den Bildhauer Arthur Volkmann in Rom vollendet und vor der 
chii-urgischen Klinik der Universität aufgestellt worden. Die feierliche 
Enthüllung desselben findet am 1. August um 11 Uhr Vormittags statt, 
wozu der Ausschuss hiermit einladet. 

“.Dresden. Der Verein der deutschen Irrenärzte wird seine 
abhaften^ Jahrosversammlun £ am 14 - und 15. September in Dresden 

. Innsbruck. Vom 24.—28. August wird die Deutsche An¬ 
thropologische Gesellschaft gemeinsam mit der Wiener Anthro¬ 
pologischen Gesellschaft ihre Versammlung in Innsbruck abhalten. 
Damit wird zugleich die Feier des fünfundzwanzigjährigen Stiftungsfestes 
der ersteren verbunden werden. © 

, . Budapest. Für die allgemeinen Sitzungen des internationalen 

hygienischen Congresses sind folgende Vorträge angemeldet: 1) Geh. 
Medicmalrath Prof. Dr. Leyden (Berlin): Ueber die Fürsorge der grossen 
btädte für die Schwindsüchtigen. 2) Prof. Dr. Georg v. Mayr (Strass- 
burg): Statistik und Gesellschaftsleben. 3) Baurath Herzberg (Berlin): 
Die Aufgaben des Ingenieurs in der Hygiene. 4) Prof. E. Levassenr 
(Paris): Histone de la Demographie. 5) Prof. Dr. F. Erismann (Moskau): 
Der Kampf mit dem Tode. 6) Dr. Ernest Hart (London): Protection 
äf a JL ns ^ c h°lera in the Orient and the hypothesis of its epidemic diffusion. 

7) Prof. Dr. L. Lombroso (Turin): Le Criminel. 

. Paris. Als Vertreter des „Conseil municipal“ werden an dem 

internationalen hygienischen Congress in Budapest die Herren 
riechmann, Masson, Bertilion und Dr. Martin theilnehmen. 
n ~ Lyon. Eine Reihe hervorragender Aerzte Lyons hat sich zu einem 
Gomite vereinigt, das einen französischen Congress für innere Me- 
dicm ms Leben rufen will. Die erste Sitzung desselben soll in Lyon bei 
Uefegenheit der daselbst veranstalteten internationalen Ausstellung am 
*o. Uctober dieses Jahres abgehalten werden. 

Bordeaux. Im Juli 1895 wird in Bordeaux ein „Congrßs 
international de la protection de l’enfance“ stattfinden. 

. “ Aus Bergen (Norwegen) wird der Tod eines durch seine Arbeiten 
aul den Gebieten der Lepra und Syphilis bekannten Forschers gemeldet, 
Daniel Cornelius Danielssen (geh. am 4. Juli 1815 zu Christiania). 
w Bentschland hat er besonders durch sein grosses, in Gemeinschaft mit 
W. Boeck: herausgegebenes Werk über Spedalskhed (1847) Auf¬ 
merksamkeit erweckt, das die Identität dieser in Norwegen endemischen 
Krankheitsform mit der „Elephantiasis Graecorum“, der Lepra zuerst fest¬ 
stellte. Später erregten seine ebenfalls in Gemeinschaft mit Boeck 
milQ? 0mmenei1 Versuche der „Syphilisation“ bei Syphilis und Lepra 
(1858) vorübergehendes Aufsehen, wurden auch bei uns hier und da 
wiederholt, aber bald wieder verlassen. 

, e Dr. Jan Sendziak in Warschau bringt eine Sammelforschung, 

betreffend die operative Behandlung bösartiger Kehlkopf¬ 
neu bi 1 dun gen in Anregung. Interessenten finden weitere Mittheilungen 
darüber im Cent.ralblatt für Chirurgie 1894, No. 29, S. 696. 

, .J“ Universitäten. Würzburg. Dr. O. v. Franquß, Assistent 

jj e F. . ^äuenklmik, hat sich als Privatdocent an der medicinischen Facultät 
habmtirt. — Wien. Dr. R. Kerry hat sich als Privatdocent für medi- 
cmische Chemie habilitirt. — Innsbruck. Der Priv.-Doc. und I. Assistent 
an der psychiatrischen Klinik der Universität Würzburg Dr. Robert 
bommer ist als ordentlicher Professor der Psychiatrie nach Innsbruck be- 
vn^’iT* . r a K au ‘ Br. C. Kostanecki ist an Stelle des nach erreichtem 
p • Lebensjahr in den Ruhestand getretenen Prof. Dr. L. Teichmann zum 
rroiessor der Anatomie ernannt. -— Basel. Der Privatdocent der Chirurgie 
Dr. Emil Burckhardt ist zum ausserordentlichen Professor ernannt.-^ 
Kopenhagen. Der Professor der Anatomie Dr. Hannover ist gestorben. 


Gedruckt bei Julius biUeufoidVii jfei lin W. 


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Go* igle 


Original fro-m 

UNIVERS1TY OF MICHIGAN 




Donnerstag _ M 31 . _ 2. August 1 894. 

DEUTSCHE 

MEDICOTSCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Faul Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LichteusteinaUeo 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Epikritische Bemerkungen 
zu den Processen Jost und Hegelmaier 1 ). 

Von Prof. Dr. Förstner in Strassburg. 

M. H.! Es wird Ihnen bekannt sein, dass ich in Gemeinschaft 
mit anderen Collegen genöthigt war, in zwei Processen als Sach¬ 
verständiger zu fungiren, die, freilich aus sehr verschiedenen 
Gründen, das Interesse weiterer Laienkreise in Anspruch genommen 
haben, die aber auch genügend Gesichtspunkte bieten, um jetzt, 
wo ein Abschluss erreicht, wo die Waffen ruhen, den Gegenstand 
der Erörterung vor einem grösseren Kreise ärztlicher Fachgenossen 
abzugeben; ich meine die inhaltlich und, was die dabei betheiligten 
Personen angeht, sehr verschiedenartigen Processe Jost und 
Hegelmaier. Die Vorkommnisse, die zu dem ersten Proeess Anlass 
gegeben, sind schnell recapitulirt, ich glaube mich bei ihrer Darstel¬ 
lung um so kürzer fassen zu können, als sie sich in unmittelbarer 
Nähe abspielten und in der Presse und anderweitig vielfach discutirt 
worden sind. 

Der pp. Jost, ursprünglich Schneider, kam vor Jahren nach 
Paris, zu einer Zeit, wo die Untersuchungen über den Hypno¬ 
tismus noch in den ersten Anfangsstadien sich befanden. Er 
wurde von einem Arzte mehrfach als Object, als Medium benutzt. 
Später machte er die Wahrnehmung, dass es ihm im Zustande der 
Hypnose möglich sei, krankhafte Zustände bei Anderen zu er¬ 
kennen und zu heilen. Während er anfangs seine Kunst nur an 
einigen Klienten erprobte, übte er dieselbe allmählich in immer 
grösserem Umfange aus, wobei seine Mutter die Rolle des Hypno¬ 
tiseurs übernahm. Die zunächst in Strassburg abgehaltenen Con- 
sultationen brachten ihm auf Anlass der Behörde eine Anklage 
und Bestrafung wegen Curpfuscherei. Später verlegte er den Sitz 
seiner Wirksamkeit in das weniger exponirte Dorlisheim, statt der 
Mutter fungirte nunmehr die Nichte als Hypnotiseur; der Zulauf 
der Rath- und Hülfsbedürftigen steigerte sich von Jahr zu Jahr, 
50—60 Personen wurden zuletzt pro Tag absolvirt, ausserdem viel¬ 
fach schriftlich Verhaltungsmaassregeln ertheilt. In der letzten 
Zeit hatte sich Jost zu seiner Unterstützung einen approbirten 
Arzt engagirt, mit dessen Eintritt die Verordnungen insofern eine 
Aenderung erfuhren, als statt allerhand Thees und Arkana, statt 
Mitteln, die den meisten Aerzten unbekannt, nun wirkliche Medica- 
mente, Antipyrin etc. empfohlen, auch wirkliche Recepte ver¬ 
schrieben wurden. Aber auch hierbei war Jost angeblich allein 
der Inspirator, der entartete Jünger Aesculaps schrieb nur nieder 
und controllirte. Trotzdem die Erfolge „des Schlofers“, so bezeich¬ 
net« der Volksmund den heilkräftigen Mann, sich mehrten und 
urbi et orbi gepriesen wurden — die Träger der Misserfolge hatten 
weder Ursache noch Lust, ihre Stimme gleich laut zu erheben —, 
trotz des Schutzes, den der approbirte Arzt gewährte, glaubte die 
Behörde doch endlich einschreiten zu sollen und erhob gegen Jost 
und seine Mithelfer die Anklage auf Betrug. Ein weiteres Crimen, 
dessen sich der Schlofer durch unnatürliche Neigungen auf anderem 
(sexuellem) Gebiete schuldig gemacht hatte, das gleichzeitig Gegen¬ 
stand der ALnklage wurde, lasse ich völlig aus dem Bereiche dieser 
Erörterung, so bezeichnend es auch für die Persönlichkeit des Jost 
immerhin ist. 

Schon im Laufe der Untersuchung wurde ich davon ver¬ 
ständigt, dass Jost behaupte, im hypnotischen Zustand oder „im 


*) Vortrag, gehalten im naturwissenschaftlich-medicinischen Verein 
in Strassburg i. E. am 25. Mai 1894. 


magnetischen Schlafe“ durch Berührung der Kranken selbst oder 
von ihnen stammender oder getragener Gegenstände, Haare, Unter¬ 
jacken etc., Krankheiten erkennen und heilen zu können; es wurde 
ihm, wozu er sich selbst bereit erklärt hatte, aufgegeben, sich von 
mir untersuchen zu lassen und mir Proben seiner Kunst zu geben. 
Er kam auch wirklich in Begleitung des Dr. Grosse zu mir in 
die Klinik, um die näheren Modalitäten der Untersuchung zu be¬ 
sprechen; im Interesse der Sache machte ich ihm die weitgehendsten 
Concessionen: er sollte Arzt und Nichte mitbringen, sich von 
letzterer hypnotisiren lassen dürfen, die Gegenstände und die Dia¬ 
gnose der zu bestimmenden Krankheiten sollten vorher deponirt 
werden, Tag und Stunde zu wählen wurde ihm überlassen. Er er¬ 
klärte sich mir gegenüber unter den verabredeten Bedingungen zu 
einer Prüfung gern bereit, die er dann aber im letzten Augenblick 
telegraphisch ablehnte, ohne Angabe von Gründen. Er hat später 
dieses unbequeme Vorkommniss durch allerhand unwahre Angaben 
aus der Welt schaffen wollen, jedenfalls lag kein Anlass vor, mich 
während der Verhandlung durch einen vom Vertheidiger reprodu- 
cirten Brief Bernheim’s darauf hinzuweisen, dass es zweckmässig, 
ja nothwendig sei, derartige Fälle in einer Klinik oder Anstalt zu 
prüfen; ich hatte diese Cautelen verlangt, Jost hatte gegen sie 
zunächst nichts einzuwenden; wenn er sich später weigerte und 
unter anderem verlangte, ich solle nach Dorlisheim kommen, so 
übersah er, dass es seine Aufgabe sein musste, mir die Beweise 
seiner Heilkraft zu erbringen, dass es nicht meine Pflicht sein 
konnte, ausserhalb der Klinik die Nichtexistenz derselben fest¬ 
zustellen. 

Die Schilderung zahlreicher Zeugen, eine später zu erörternde 
Demonstration des Jost im Gerichtssaal haben nun klar gestellt, 
dass die angebliche Hypnose oder der „magnetische Schlaf“ bei 
Jost nach der „Fluidumtheorie“ zu stände kommen sollte. Von 
einer Hypnose durch Suggestion, von einer Verbalsuggestion über¬ 
haupt, d. h. von Hervorrufung der Vorstellung, dass jener Zustand, 
den man als Hypnose bezeichnet, eintreten werde, durch das Wort 
des Hypnotiseurs, war keine Rede; im Gerichtssaal verhielt sich 
die Nichte, welche die Stelle des Hypnotiseurs inne hatte, voll¬ 
kommen stumm, sie beschränkte sich auf die Ausführung soge¬ 
nannter magnetischer Striche, wobei sie mehr von Jost fixirt wurde, 
als dass sie ihn fixirt hätte. Ich habe schon während der Ver¬ 
handlung auf die von mir gemachte Wahrnehmung hingewiesen, 
dass im Beginn der Sitzung Jost die etwas ängstliche Nichte durch 
sein Mienenspiel und namentlich durch den Ausdruck seiner Augen 
zu grösserer Energie zu animiren sich bemühte, was nicht sonder¬ 
lich für die gewünschte Passivität des Mediums sprach. Jost 
wollte also den Glauben erwecken, dass durch die Striche und den 
sonstigen Contact mit seiner Nichte (früher die Mutter) jenes un¬ 
bestimmte Agens in sein Nervensystem geleitet werde, das man 
nach Mesmer als animalen Magnetismus zu bezeichnen pflegt, dass 
ihm durch dieses Fluidum die Fähigkeit gegeben werde, durch eine 
einfache Berührung des Anwesenden, oder durch Betasten von 
Gegenständen,, die ein Abwesender getragen, krankhafte Vorgänge 
bei Beiden zu erkennen und sie zu heilen, dass er weiter Vorgänge 
zu erkennen vermöge, die sich in meilenweiter Entfernung zutrugen. 
Von einem Abhängigkeitsverhältniss, wie es bei der Verbalsuggestion 
zwischen Hypnotiseur und Medium besteht, wo der erstere das active, 
der letztere das passive Element darstellt, war hier also keine Rede; 
wer die beiden betheiligten Personen beobachtet hat, wird darüber 
wahrlich nicht im Zweifel sein, wer der active Factor! Nun ist 
aber die ganze „Fluidumtheorie“, es sind ebenso die angeblichen 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





622 


DEUTSCHE MEDICTOSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Leistungen der dem Fluidum exponirten, das Hellselien, die ge- 
sammten Wunder der „Telepathie“ von allen denen als Humbug und 
Täuschung anerkannt worden, die nur auf Grund streng wissen¬ 
schaftlicher Experimente, auf Grund unanfechtbarer Thatsachen 
sich mit diesen Fragen beschäftigt haben; selbst 4ie eifrigsten Ver¬ 
fechter des Hypnotismus und der Suggestion, wie z. B. Forel, 
überlassen dieses Gebiert, de® Spiritisten etc.; daran haben weder 
die 600 von englischen Autoren gesammelten Beobachtungen von 
Visionen, Träumen, Ahnungen, die angeblich in Erfüllung ge¬ 
gangen sind, noch die Experimente von Richet und erst recht 
nicht die jeder Kritik haaren, angeblichen Resultate Luys’ etwas 
geändert. Wie schon Herr College Naunyn bei der Verhandlung 
hervorhob, überall wo sich die Wissenschaft auf dieses Gebiet 
einliess, war ihr ein glänzendes Fiasco siöher! Wir kennen kein 
' mit allen Cautelen gewonnenes, exactes Factum, das für die Mög¬ 
lichkeit des Hellsehens spräche! ° 

Die angebliche Hypnose des Jost musste aber noch in anderer 
Beziehung Bedenken wachrufen. Jost, der eine keineswegs kräftige 
Constitution besitzt, der früher lungenleidend war, soll ohne erheb¬ 
lichen Nachtheil für sein Nervensystem viele Jahre hindurch täg¬ 
lich Hypnosen ertragen haben, die sieh auf 5, 6 und noch mehr 
Stunden erstreckten. 

Die grossen Zahlen der von Bernhei'm und Wetterstrand 
Bypnotisirten, bei denen schädliche Folgen gänzlich ausblieben 
beweisen an und für sich nichts, es handelt sich hier nicht uin 
Einzelhypnosen oder um eine Reihe von Wiederholungen, sondern 
um Tausende Sitzungen bei derselben Person, Tag für Tag, Stunden 
lang wiederholt. Selbst Forel giebt zu, dass der einzelnen Sitzung 
krankhafte Erscheinungen folgen können, die er freilich nicht auf 
die Hypnose selbst schiebt; von anderen Autoren wird ausdrücklich 
darauf hingewiesen, dass nach einmaliger Hypnose Störungen im 
Bereiche des Centralnervensystems auftreten können, so noch kürz¬ 
lich von Jolly; an Jost soll aber diese Häufung von Sitzungen 
spurlos vorüber gegangen sein! 

Er giebt nun freilich an, dass er nach Erledigung einer Reihe 
von Patienten geweckt, dass er gewissemaassen eine Erholungs¬ 
pause gemacht und dann wieder hypnotisirt worden sei. Nun 
dieses Verfahren, die wiederholte Versetzung des Gehirns aus dem 
normalen in einen anormalen Zustand, häufig executirt, dürfte erst 
recht dem Nervensystem bedenklich geworden sein, es würde an¬ 
nähernd gleichkommen einer Chloroformnarkose, die man durch 
wache Pausen unterbrechen und dann immer von neuem eintreten 

fnfrn GS w r d n f f. nier bei dlesem Vorgehen die Zahl der Ueber- 
fuhrungen des Gehirns aus dem normalen in einen anormalen Zu¬ 
stand noch mehr gesteigert worden sein 

die aUGh * cb bestätigen kann, lehrt nun weiter, 

wpr!i?n ti Sk,anke ü ügemein selten oder überhaupt nicht livpnotisirt 
werden können, und zwar weil ihre Aufmerksamkeit in besonders 
.gespanntem GraJe auf die krankhaften Vorstellungen und Affecte 
gerichtet ist, die bei ihnen vorherrschen; in analoger Weise wird 
wie dies auch Forel hervorhebt, das Gelingen der Hypnose erschwert 
oder ganz m Frage gestellt, wenn jemand, der" das Wesen der 
ypnose kennt, wünscht, dass dieselbe herbeigeführt wird • auch 
: seine Aufmerksamkeit ist in zu energischer Weise auf den’zu er- 

Nun beide Vnrf Ir* 6 * 1 Vorgai ^er ist nicht passiv genug. 

Nun beide Vorbedingungen waren bei Jost gewiss erfüllt trotzdem 

Erregung^ die ^ Ta « ein ’ selbst ^ intensive 

zukaS^re tX weiteres hemmendes Moment hin- 

zutam, vereitelte dieselbe scheinbar nicht. Wenn aber Jost unter 

ausScT dfe 1 Demontt V f erhä ! z t ! üssen nichfc einmal die Befürchtung 
ausspracü die Demonstration könne misslingen, beo-reife ich nicht 

Äefe C 'st ü .t;?fT,r m .? imm(ir “ SÄ 

fonairt hätte w? Und ! u S ewohnter Weise seine Nichte 

FrtSw • , wo doch also nach seiner Theorie der Eintritt des 

sein Pe™w S -i brll i ge r d ,®\ FIuidums S esichert war. Jost hat durch 
Sven T fins™« k ' d ' Kl ' cl1 . den Verdacht erweckt, dass er des zweiten, 
t x B1 1 S semer Leistungen nicht sicher war 
heimWntilff ^“fdlung- wurde nun auch eines von Bern¬ 
in deklarierwSt“ f ?, gleichfalls ein Schneider 

1{tfran t .. mer ^sts Kranke behandelte und heilte Trotzdem 
demselben nicht die Indieien der absichtlichen Täuschung 
Wahnbi^VMr 111 ^ \ nf '- el , )Iich ^Nachweis erbracht, dass ein! 

mmmmm 

geblieben, sondern es wäre bald srenue- nnnh 0 .. an £f 100111 1 

äsä-SSS 


No. 31 

affectiven und Willenssphäre des Betroffenen pathologische Erschei¬ 
nungen nicht ausgeblieben. Das Vorkommen einer isolirten fixen 
Wahnidee erkennen wir psychiatrisch nicht an. Dafür nun dass 
bei Jost etwa eine geistige Störung vorhanden, dass bei der Nichte 
gleichfalls psychische Abnormitäten bestanden, sprachen weder vor 
noch während der Verhandlung irgend welche Momente. 

Schliesslich sei noch ei® Punkt erörtert: der Wandel in den 
von Jost getroffenen therapeutischen Maassnahmen; schon vor¬ 
hin erwähnte ich, dass seit dem Eintritt des Arztes in das Colle¬ 
gium zu Dorlisheim wirkliche Mecficamente, Antipyrin, Morphium etc 
verordnet, dass unter anderem auch Pillencompositionen ver¬ 
schrieben wurden; auf mein Befragen erwiderte der Arzt er selbst 
habe Jost niemals hypnotisirt, geschweige dem Bewusstseininhalt 
desselben durch Verbalsuggestion die Kenntniss der Drohen und 
ihre Dosirung zugeführt, und doch sollen während der Hypnose 
dem Jost diese detaillirteu medicinischen Kenntnisse geläufig ge¬ 
wesen sein! 06 

Ich habe schon vorhin der hypnotischen Demonstration Erwäh- 
nung gethan, die Jost im Gerichtssaale, während der Verhandlung 
bot Er wurde von dem Vorsitzenden des Gerichtshofes aufee- 
fordert zu zeigen, wie sich der Hergang in Dorlisheim abgespielt. 
Jost erklärte sich bereit, setzte sich auf einen Stuhl, die Nichte 
nahm ihm gegenüber Platz. Im Beginn dieser Sitzung fixirte sie 
weder den Jost, noch führte sie „magnetische Striche“ aus erst 
nach Ermunterung dnreh Jost begann sie die bekannten Manipu¬ 
lationen, und nach verhältnissmässig langer Zeit war Jost angeblich 
hypnotisirt. Es war zunächst in hohem Grade bedauerlich, dass die 
bachverständigen von diesem Vorhaben des Herrn Vorsitzenden 
nicht vorher unterrichtet waren, sie hätten dann einmal veranlassen 
können, dass die hypnotische Sitzung etwa in einem Nebenraum 
vorgenommen würde, nicht in einem viel zu kleinen, von Menschen 
vollgepfropften Zimmer, wo die Sachverständigen neben dem Jost 
kaum sicher stehen, geschweige ungenirt beobachten konnten; es 
wäre aber vor allem auch möglich gewesen, Vorbereitungen zu 
treffen um den Jost bezüglich seiner activen Thätigkeit zn prüfen. 
Hierauf musste es doch in erster Linie ankommen; man kann zu¬ 
geben. dass Jost vor Jahren zu hypnotischen Versuchen benutzt 
worden ist, damit ist weder bewiesen, dass er tagtäglich in Dorlis- 
heun hypnotisirt wurde, und erst recht nicht, dass er im Zustande 
der Hypnose die Fähigkeit des Hellsehens besessen hätte. Bei der 
Demonstration im Gerichtssaale fiel auf, dass trotz des Jahre hin- 
duich geübten hypnotischen Verkehrs zwischen der Nichte und 
*j. 0S £. die Hypnose sehr lange auf sich warten liess — dabei konnte 
die Situation immerhin hemmend gewirkt haben —, mir fiel ferner 
auf, dass die Reaction der Pupillen völlig erhalten, die Weite un- 
\erändert blieb, dass ich später beim Oeffnen der Lider einen er¬ 
heblichen Widerstand überwinden musste, dass Jost beim Erwachen 
sofort in der völlig fremden Umgebung orientirt war, Wahrneh¬ 
mungen, die mich nicht die Ueberzeugung gewinnen liessen, dass 
Jost wirklich hypnotisirt war. Zu Sensibilitäts- und sonstigen 
Prüfungen fehlte absolut die Möglichkeit — selbst wenn man aber 
zugeben würde, dass ein hypnotischer Zustand Vorgelegen hätte, 
so war damit für Hellseherei wieder nichts bewiesen, Jost aber 
Aufgaben nach dieser Richtung hin zu stellen, war bei der plötzlichen, 
unerwarteten Inseenirung der hypnotischen Sitzung, in der drangvoll 
urchterlichen Enge, in welche die Sachverständigen gebannt waren, 
völlig unmöglich. 

Von erheblichem psychologischen Interesse ist nun das Ver¬ 
halten der bei Jost Hülfe suchenden Clienfcel. Es ist begreiflich, 
dass es dem Staatsanwalt nicht leicht war, Zeugen zur Stelle zn 
bringen, die erklärten, düpirt worden zu sein. Der Erfolg der 
Jost’schen und analoger Curen, die heute ja so sehr im Schwünge 
smd, ist in erster Linie dadurch gesichert, dass nur die Fälle, wo 
angeblich. Besserung resp. Heilung eintrat, sei es auch nur für 
kurze Zeit, die glänzenden Resultate ansposaunen und für die 
schwunghafte Reclame sorgen, während die Patienten, welche von 
einer Wirkung des Händeauflegens, einer Kräutermixtur oder 
auch einer Spermainjoetion nichts merken, nicht sonderlich geneigt 
sind, auch noch den Spott einzuheimsen. Ich will nicht von der 
socialen Stellung sprechen, der die Jost’schen Clienten angehörten; 
wenn nur verhältnissmässig wenige Vertreter der sogenannten 
i| SSe £ e ? Stände sich öffentlich zu ihm bekannten, so wäre es gegen 
alle. Erfahrung anzunehmen, dass überhaupt nur wenig zahlreiche 
Patienten aus diesen „den Schlofer“ frequentirt, sondern es werden 
Ha^re, .Nest« von Unterjacken etc. ohne den Besitzer nach 
Dorlisheim gelangt und durch Anderer Vermittelung Spender des 
Heils geworden sein. Für viele der weniger gut situirten war 
trotz des geringen, sit venia verbo ärztlichen Honorars, die Cur 
wegen des hohen Preises der verordneten Mittel und ihres lange 
fortgesetzten Gebrauchs recht kostspielig. Es wiederholt sich auch 
hier die oft zu machende Wahrnehmung, dass das Publikum gern 
bereit ist, für irgend ein Arcanum jeden Preis zu zahlen. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



2. August. 


DEUTSCHE MEOtCINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


623 


Auffallend war es, dass unter den Zeugen zwei Kategorieen 
besonders stark vertreten waren, jugendliche und im höheren 
Alter stehende Individuen. Dieser Factor muss in Anrechnung 
gebracht werden, wenn man die psychische Reaction der Clienten 
auf die sich abspielenden Vorgänge prüfen will. Ich habe schon 
während der Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Hypnoti- 
sirten in Dorlisheim gerade die Patienten waren, ja man kann be¬ 
haupten, dass sie fast alle auch unter der Herrschaft der Suggestion 
standen. In der Heimath, auf der Eisenbahn fall rt, die oft gemein¬ 
sam absolvirt, im Wartezimmer war ihnen der Glaube an die 
wunderbare Heilkraft des Schlofers suggerirt worden, dazu kam 
die Aufregung, der Afifect der Erwartung, die Sorge wegen der 
eigenen oder lieber Angehöriger Krankheit, und das Resultat war 
ein psychischer Zustand, wahrlich nicht geeignet zur scharfen 
Perception und noch weniger zu nüchternem Urtheil. So erklärt 
es sich, dass Manche überhaupt kaum gesehen, dass sie weder 
wussten, ob Jost die Augen geschlossen oder offen hatte, wie 
sich die Sitzung abgespielt, ob sie gefragt worden seien, ob 
sie spontan gesprochen, welche Handhaben sie etwa dem angeblich 
Schlafenden gegeben, um auf die annähernd richtige diagnostische 
Fährte zu kommen. Während der Zustand auf der einen Seite 
besonders geeignet war, Irrthümer bei den Betreffenden zu er¬ 
wecken, hinderte er andererseits die Entstehung präciser Wahr¬ 
nehmungen. Trotzdem schilderten manche Clienten — nachdem 
Jahre verstrichen — noch in detaillirter Weise, was sie gesehen 
und gehört, die wunderbar zutreffenden Krankheitsschilderungen 
des Jost; seine Prophezeihungen über Vorgänge, die sich viele 
Meilen entfernt abspielten, waren ihnen noch geläufig. Nun hier 
hat eben in ausgiebigster Weise jener psychische Vorgang mit ge¬ 
spielt, den man als Erinnerungsfälschungen zu bezeichnen pflegt, 
ein Vorgang, der meiner Ueberzeugung nach bei Gerichtsverhand¬ 
lungen überhaupt keineswegs immer genügend gewürdigt wird. 
Der Begeisterung und des Dankes für Jost voll, ergänzten die 
früheren Patienten optima fide und unbewusst das dürftige und un¬ 
klare Erinnerungsbild, das ihnen von dem wirklichen Hergang ge¬ 
blieben, im Sinne des Affectes und der Vorstellungen, die viel 
später bei ihnen herrschten. Gerade bei jüngeren und im höheren 
Alter stehenden Individuen sind nun meiner Erfahrung nach 
Erinnerungsfälschungen besonders wirksam. Während der Ver¬ 
handlung konnte man sich mehrfach überzeugen, dass die Dar¬ 
stellung der weit zurück liegenden Scenen immer lebhafter, immer 
detaillirter, aber auch immer merkwürdiger wurde, je mehr bei 
dem Sprecher der Affect w'uehs! Die wenigen Clienten, welche 
im stände waren, die genannten Fehlerquellen wirklich auszuschalten, 
waren über die Täuschung bald genug im klaren, bei ihnen 
haperte es auch mit den diagnostischen Fähigkeiten des Jost in 
der bedenklichsten Weise. Wenn wir uns nun fragen, wie war es 
Jost denn möglieh, in manchen Fällen immerhin das Richtige zu 
treffen, so ist gewiss nicht, was anfangs von der Anklage¬ 
behörde angenommen wurde, daran zu denken, dass Jost etwa 
über ein ausgedehntes Spionensystem verfügte, dass er etwa vor¬ 
her instruirt wurde, sondern er benutzte andere Mittel. Zunächst 
ist es mir zweifellos, dass er Gesichts- und Tastsinn in geschickter 
Weise verwendete. Schon in einem früheren Falle 1 ) konnte ich 
constatiren, welche irrthümlichen Auffassungen über die Leistungen 
eines Individuums bei der Umgebung platzgreifen, wenn sie das 
Nichtfungiren des Gesichtssinnes als bewiesen betrachten. Nun 
wird Jeder, der sich einmal mit diesem Gegenstand beschäftigt 
hat, zugeben, dass es keineswegs leicht ist festzustellen, ob Jemand 
die Lider so fest geschlossen hat, dass er überhaupt nicht sehen 
kann, bei einiger Uebung wird ferner die Fähigkeit, bei scheinbar 
geschlossenen Augen doch scharf wahrzunehmen, noch erhöht 
werden. Da nun von einer genauen Prüfung des Jost keine Rede 
war, so halte ich es für sicher, dass Jost trotz seines magne¬ 
tischen Schlafes genaue Musterung hielt. 

Dass mit der Annahme dieses Thatbestandes manches Wunder 
sich erklärt, dafür nur ein Beispiel: Ein Herr theilt Jost brieflich 
mit, er wolle ihn wegen seiner Mutter consultiren, bei der Sitzung 
giebt er dem scheinbar Schlafenden ein Büschel grauer Haare in 
die Hand, und sofort orakelt Jost, es handelt sich um eine „alte 
Dame“, oder er erkennt ein Fussleiden bei jemand, der auf einen 
Stock gestützt ins Zimmer tritt, auch das Aussehen manches 
Tuberkulösen wird von ihm benutzt worden sein. 

Herr College Naunyn hat schon darauf hingewiesen, dass 
Jost bei manchem Clienten nach Art der Gedankenleser openrt 
hat, wiederum andere haben weitaus mehr berichtet, als sie sieh 
bewusst waren. Besonders wird das von Jost beliebte Voraus¬ 
senden irgend einer curiosen Behauptung, so „ihr habt Feuchtig¬ 
keit im Blut“, oder „es hat eine starke Verkältung stattgefunden“, 


l ) Fürstner, Ueber Simulation geistiger Störungen. Archiv für 
Psychiatrie Bd. 19. 


oder „ihr habt schon viel gebraucht“, für den Hörer den Reiz ab¬ 
gegeben haben — oft genug unbewusst —, ein solches Dictum zu 
bestätigen, weiter zu begründen oder demselben zu widersprechen. 
Wie oft kommen Patienten zum Arzt mit der bestimmten Absicht 
über Antecedentien, z. B. vorangegangene Behandlung von anderer 
Seite zu schweigen und berichten doch ausführlich, ohne sich 
darüber hinterher klar zu sein! 

Bei der grossen Frequenz der Hülfesuchenden wird auch ein 
gewisser durch Uebung gewonnener diagnostischer Blick nicht 
völlig in Abrede gestellt werden dürfen. Bei einer kleinen Zahl 
war Jost vorher orientirt durch Briefe früherer Kunden, welche 
neue nach Dorlisheim empfahlen, oder auf anderem Wege. 

Es war bei der Verhandlung nicht meine Aufgabe, die angeb¬ 
lichen Resultate des Jost auf ihre Realität zu prüfen und ihr 
Zustandekommen ohne Mitwirkung einer geheimnissvollen Macht 
zu erklären. Ich denke nicht daran, die Erfolge der gesammten 
Balneo-, Hydro- und Elektrotherapie, die Wirksamkeit zahlreicher 
Medioamente ausschliesslich auf Rechnung der Suggestion zu 
setzen, sei es, dass sie vom Arzt, sei es, dass sie von Heilkünst¬ 
lern ä la Kneipp oder noch tiefer stehenden Gesundheitsaposteln 
ausgeht, sei es, dass es sich um Autosuggestion handelt, deren 
Wirkung durch allerhand geheimnissvolles Brimborium begünstigt 
wird; wer aber die begeisterten Lobreden gehört hat, welche frühere 
Patienten des Jost seiner Behandlung hielten, wer Zeuge der Dank¬ 
barkeitsbeweise gewesen, die sie ihm selbst während der Verhand¬ 
lung für manche unbestreitbaren Erfolge gaben, wird ein gestehen 
müssen, dass manchem Kranken mit geschickt applidrter Suggestions¬ 
wirkung mehr genützt worden ist als durch Recepte und umständ¬ 
liche Curmethoden, denen das Wort, das den Glauben an den 
Effect derselben schafft, fehlte. Und geschickt genug hat sich 
Jost der Vorbaisuggestion bedient! 

Bei einer grossen Reihe von Kranken, denen der Glaube an 
die Heilkraft des Jost schon suggerirt war, schärfte er zunächst 
von neuem mit allem Nachdruck ein, dass sie ihm volles Vertrauen 
schenken, dass sie stricte die Verordnungen befolgen müssten, dann 
werde er ihnen bestimmt helfen. Durch die complicirte Zuberei¬ 
tung einiger Mittel, besonders mancher Thees, wurde die Suggestions¬ 
wirkung noch erhöht, vor allem aber durch das geheimnissvolle 
Milieu, unter dessen Einfluss die mit offenen Augen Hypnotisirten 
standen! 

Der Fall Jost scheint mir für den ärztlichen Stand die 
Mahnung zu erbringen, unsere therapeutischen Maass¬ 
nahmen, namentlich in der internen Medicin, mehr als heute 
häufig geschieht, darauf zu prüfen, weicher Antheil an ihnen der 
Suggestion zukommt, andererseits aber neben einer genauen 
Untersuchung des Kranken nicht nur darauf Bedacht zu sein, dass 
der Kranke eine Ordination getrost nach Hause tragen kann, son¬ 
dern auch die psychischen Vorgänge, die bei einer grossen 
Zahl functioneller Störungen die wichtigste Rolle spie^- 
len, erkennen und in ihrer günstigen Beeinflussung ein 
werthvolles therapeutisches Agens benutzen zu lernen. 

Dabei muss immer wieder betont werden, dass dem Arzt, der 
in der Erkennung, Beurtheilung und Beeinflussung psychischer Vor¬ 
gänge unbewandert ist — und ©in nicht unbeträchtlicher Theil der 
Aerzte ist es dank den bestehenden Prüfungsvorschriften that- 
sächlich —, ein wichtiges Stück in seiner gesammten medicinischen 
Ausrüstung fehlt, ein Moment, das allein schon ernsteres Studium 
in der Psychiatrie als nothwendig erscheinen lassen sollte. 


Ich wende mich nun zu dem Falle Hegelmaier, der, was 
iie betheiligte Person und die Sache selbst angeht, durchaus 
Inderswerthig, insofern einer kurzen epikritischen Beleuchtung 
mehr Schwierigkeiten bereitet, als die Vorkommnisse, dio zu dem 
Process führten, sehr complicirte sind — die Acten wogen drei 
Centner —, als andererseits die Episode, welche die Thätigkeit 
ier ärztlichen Sachverständigen umfasst, in ihren Einzelzügen 
aur an der Hand des gesammten Verhandlungsmaterials zu ver¬ 
stehen ist. Das letztere weicht aber inhaltlich wiederum in weit* 
irehender Weise von dem Material der Acten, vor allem der 
Anklageschrift ab. Der äussere Hergang war, wenn ich ihn mög¬ 
lichst gekürzt wiedergebe, folgender: Hegelmaier, der einer 
Familie entstammt, in der eigenthümliche Charaktere mehrfach zu 
finden, war Jahre hindurch ein eifriger und begabter Staatsanwalt 
in Heilbronn gewesen, der mit gleicher Schneidigkeit gegen Hoch 
und Niedrig, Reich und Arm vorging. Gerade diese Eigenschaften 
batten ihn der grossen Masse für die Sella curulis in Heilbronn 
empfohlen. Nach mehrjähriger erfolgreicher Thätigkeit für die 
Stadt kam es zu Conflicten mit Angehörigen des Gemeinderaths, 
allmählich zu Klagen, zu Processen. Die Regierung suchte zunächst 
Hegelmaier zu stützen. Mit den Streitigkeiten verquickten sich 
allmählich politische Differenzen, Die Situation verschärfte sich, 
Prooesse in immer wachsender Zahl wurden anhäng«, Hegel- 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



624 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31 


maier begnügte sich nicht mit der Entscheidung einer Instanz, 
sondern suchte sein angebliches Recht durch alle Instanzen hin¬ 
durch ; es wurde eine Zeitung gegründet, deren wesentlicher Zweck 
Bekämpfung des Stadtoberhauptes mit allen Mitteln war. Das Ver- 
hältniss Hegelmaier’s zum Gemeinderath wurde immer weniger 
freundlich, Processe, Klagen, Anzeigen, Bestrafungen nahmen kein 
Ende. Die Stellung der Regierung gegen Hegelmaier änderte 
sich, die ihm unmittelbar Vorgesetzte Behörde ging in scharfer, 
vielfach ungerechtfertigter Weise gegen ihn vor. Der Gemeinde¬ 
rath wollte schliesslich die Entfernung des Stadtoberhauptes er¬ 
reichen, es wurde gegen ihn das erste Disciplinarverfahren einge¬ 
leitet. Im Verlauf desselben wurden nun angeblich Zweifel an der 
geistigen Gesundheit des Hegelmaier laut, der Director einer 
Württemberg’schen Anstalt verfasste das erste Gutachten, und 
später gab das Württemberg’sche Medicinalcollegium einstimmig 
ein ausführliches schriftliches Arbitrium ab, wonach Hegel¬ 
maier in hohem Grade erblich belastet, als an Queru¬ 
lantenwahn leidend zu betrachten sei, dass Heilbarkeit 
ausgeschlossen, dass die Zeichen körperlichen und 
geistigen Verfalls schon erkennbar. Die Angehörigen 
Hegelmaier’s haben mir seiner Zeit dies Gutachten unterbreitet, 
dessen Richtigkeit mir allerdings sehr zweifelhaft erschien. Eine 
Beobachtung des Hegelmaier musste ich aus äusseren Gründen 
ablehnen, derselbe begab sich in die Anstalt Illenau, und hier kam 
Schüle auf Grund einer sechswöchentlichen Beobachtung zu der 
Auflassung, dass Hegelmaier geistig gesund sei; er vertrat auch 
seine Ansicht bei einer sich in Heilbronn abspielenden Gerichts¬ 
verhandlung, während der Vertreter des Medicinalcollegiums auf 
der entgegengesetzten Meinung beharrte. Nachdem noch weitere 
Processe, unter anderem auch vor dem Reichsgericht zu Gunsten 
Hegelmaier’s entschieden, kam es zu einem neuen Disciplinar¬ 
verfahren, und ich wurde nun aufgefordert, als dritter Sachver¬ 
ständiger zu fungiren, da ja bei dem widersprechenden Tenor der 
beiden Gutachten die Annahme eines „non liquet“ nicht auszu- 
schliessen gewesen wäre. Die viel tägigen Verhandlungen, hin¬ 
reichender persönlicher Verkehr boten das Material, mir eine An¬ 
schauung zu bilden, die in dem Sinne ausfiel, dass Hegelmaier 
zur Zeit als geistig gesund zu erachten sei, dass ich. aber auch 
nicht die Ueberzeugung hätte gewinnen können, dass Hegelmaier 
früher an einer Psychose gelitten, oder von krankhaften Affecten 
beherrscht worden wäre. 

Unter dem Einfluss des Materials, das die Verhandlungen 
ergaben, nahm der Vertreter des Medicinalcollegiums sein früheres 
Gutachten zurück, er erkannte seinen Irrthum an und trat nunmehr 
den beiden anderen Sachverständigen vollkommen bei. 

Dies in den Hauptzügen der äussere Hergang. Es drängt 
sich nun die Frage auf, welche Momente führten wohl zu der 
unberechtigten Annahme einer geistigen Störung bei Hegelmaier. 
Zunächst wird nicht in Abrede zu stellen sein, dass das Medicinul- 
collegium einen Fehler beging, vor dem sich der ärztliche Sach¬ 
verständige in derartigen Fällen hüten sollte; es urtheilte lediglich 
auf Grund der Acten, ohne persönliche Exploration des Ange¬ 
klagten, ja noch mehr, es stützte sich im wesentlichen auf Acten- 
material, das in toto als Anklageschrift zu betrachten war. Dazu 
kam, dass zum Theil Deposita von Behörden, Corporationen, Vor¬ 
gesetzten denen des Hegelmaier gegenüber standen; der Sach¬ 
verständige kann aber leicht und unbewusst der Versuchung 
anheimfallen, den ersteren ein grösseres Gewicht beizulegen, als 
den letzteren. Die Richtigkeit der ersteren, die Unanfechtbarkeit 
derselben zu prüfen, war aber dem Medicinalcollegium überhaupt 
nicht möglich, diese Prüfung erfolgte erst bei der Verhandlung 
und so kam es, dass das Medicinalcollegium bei Hegelmaier 
das Bestehen einer krankhaften Vorstellung, eines Verfolgungs¬ 
wahns annahm, ohne controllirt zu haben, ob nicht einmal Vor- 
gänge nachweisbar, die bei Hegelmaier den entschuldbaren 
pnysiologisehen Irrthum hervorrufen konnten, er werde verfolgt ob 
nicht andererseits wirklich Beeinträchtigungen stattgefunden hätten. 
•Die Verhandlungen liessen nun unschwer erkennen, dass letztere 
Voraussetzung thatsächlich zutraf, und damit musste das erste 

t,,j! r K U S ngS J pUn t t des Q ueru 'antenwahns eliminirt werden, 
Moment, das zu dem späteren krankhaften 

der ft n “ zu £ eben P fle gt- Die Entstehung 

der irrthumlichen Beurtheilung des Geisteszustandes des Hegel- 
maier ist aber andererseits wohl darauf zurückzuführen, dass die 

dnr!h re allf e wt nge ’ da !f daB une ntwegto Treiben der Processe 
vf 8 d1 , 6 unaufh »rlichen Beschwerden des 
.lülf r’ d ' J e . ADk ' a eeechrift hat es direkt Beschwerdesucht 
fZT* ~ a ' daS s- dl ® ®” dl .°? en Hä ndel mit Personen und Körper¬ 
st- dass die zahlreichen schriftlichen Eingaben durch alle 

beh«rü™ m ? Ur s h «1* a n- 016 S ,?. itZ<m der Justi2 ' und Verwaltungs¬ 
behörden ja darüber hinaus bis an den Landesherrn gehend dL> 

manche Rücksichtslosigkeiten und-Schroffheiten, dass alle diese 


Züge bei den Trägern des wirklichen Querulantenwahns oft genug 
nachweisbar sind. Mit ihrer ausschliesslichen Gonstatirung ist 
aber noch nicht die Krankheit bewiesen. Der andere Sachver¬ 
ständige, College Schüle, hat bei Fixirung der Merkmale, die das 
Queruliren erst zu einem krankhaften machen, in glücklicher Weise 
auf die Handlungen eines Verschwenders exomplificirt, auch diese 
können in durchaus analoger Weise von einem geistig Gesunden 
und Kranken executirt werden, erst die weitere Untersuchung des 
Handelnden muss feststellen, ob er noch der Gesundheitsbreite 
angehört oder diese überschritten hat. 

Ich habe schon oben erwähnt, dass bei den krankhaften Que¬ 
rulanten der erste Impuls zu dem Kampfe um ihr angebliches 
Recht meist gegeben wird durch einen nachtheilig verlaufenden 
Rechtsstreit, ja ich habe mehrere Fälle beobachtet, wo den Be¬ 
treffenden thatsächlich Unrecht geschehen war, wo in den ersten 
Stadien die Reaction gegen die erlittene Unbill um so weniger 
pathologischen Stempel trug, wo dieser erst im weiteren Verlauf 
immer deutlicher hervortrat. 

Aus dieser Annahme, benachteiligt zu sein von Privaten, 
von Behörden, aus der deprimirten Stimmung, welche die Vor¬ 
stellung begleitet, aus der ständigen Beschäftigung mit diesem Ge¬ 
genstand, wächst dann allmählich das Bestreben hervor, einmal 
das Recht ä, tout prix zu erstreiten, und andererseits das Ver¬ 
langen, die Urheber der Benachteiligung zur Rechenschaft zu 
ziehen. 

Dass es aber „Wahnideen“ sind, die immer mehr Herrschaft 
über den Kranken erlangen, dafür spricht der Umstand, dass 
weder der wiederkehrende Misserfolg, eigene Erwägungen, Be¬ 
lehrung seitens anderer, dass selbst das widersprechende Zeugniss 
der Sinne nicht den Impuls zu unterdrücken vermögen, dass der 
Kranke, unbeeinflusst durch den erreichten Effect, zwangsmässig 
und schliesslich mechanisch in der einen Richtung tätig ist, con- 
tinuirlich denselben Faden fortspinnend, dass der Kampf um das 
angebliche Recht, alle anderen Vorstellungen und Interessen in 
den Hintergrund drängend, auch mit falschen und krankhaft ge¬ 
fälschten Mitteln fortgeführt, dass die Zahl der Verfolgungen und 
Verfolger immer mehr anwächst, dass schliesslich ein ganzes 
System von Wahnideen vorhanden ist. Mündlich und schriftlich 
wird in gleich monotoner Weise — „eine Schraube ohne Ende“, 
wie sich Schüle ausdrückte — auseinander gesetzt, welche Be¬ 
einträchtigung geschehen, auf welche Irrthümer sie zurückzuführen, 
welche Consequenzen den Urhebern drohen. Neben den Anomalieen 
auf intellectuellem und affectivem Gebiet, neben der krankhaften 
Steigerung der Willensthätigkeit nach auschliesslich einer Rich¬ 
tung, bleiben auch Umgestaltungen in der ethischen Sphäre nicht 
aus; den pathologischen Processkrämer scheert weder Weib noch 
Kind, er ist nicht scrupulös in der Wahl seiner Mittel, er ver¬ 
mengt in der weitgehendsten Weise Wahrheit und Dichtung. 

Das ist der eine Typus der Querulanten, der im wesentlichen 
unter jene Krankheitsform fällt, die wir als Paranoia zu bezeichnen 
pflegen. Bei einer zweiten Gruppe kranker Querulanten erwächst 
die Störung weit ausgeprägter, als dies für die erste gilt, auf 
einem von Haus aus abnormen Boden, und zwar pflegt auch hier 
der Hauptdefect auf intellectuellem Gebiet zu liegen. 

Die Urtheilsschwäche, die auch bei anderen Anlässen nach¬ 
weisbar, tritt besonders lebhaft in die Erscheinung, wenn der Be¬ 
treffende in einen Rechtsstreit verwickelt und in demselben angeb¬ 
lich oder wirklich einen Nach theil erlitten hat. Der Kranke ver¬ 
mag weder die Sachlage selbst, noch die Umstände, die zu der¬ 
selben geführt, und noch weniger die Mittel richtig zu beurtheilen, 
die ihm im Kampf für sein angebliches Recht zur Verfügung 
stehen und die zum Erreichen eines Erfolges geeignet sind. Unter 
dem Banne dieser Kritiklosigkeit reiht auch er in monotoner 
Weise Instanz an Instanz, Process an Process, Beschwerde an 
Beschwerde. Hand in Hand damit pflegt zu gehen eine beträcht¬ 
liche Ueberschätzung der eigenen Persönlichkeit. Der thatsäch- 
liche Defect kann in derartigen Fällen für kurze Zeit verdeckt wer¬ 
den durch eine eingelernte formale Gewandtheit, allmählich macht 
sich aber in den mündlichen und vor allem schriftlichen Elaboraten 
trotz aller Phrasen und scheinbar scharfsinnigen Wendungen die 
logische Schwäche, der Mangel an Urtheil immer stärker fühlbar. 
Eine Eingabe trägt genau denselben Habitus wie die andere, mag 
der Anlass dazu noch so sehr variiren. Auch hier pflegen ethische 
Abnormitäten nicht auszubleiben. 

Gewiss hat der Querulantenwahn manche Berührungspunkte 
mit Charaktereigenthümlichkeiten, die wir bei einzelnen Individuen 
in der Gesundheitsbreite treffen, mit der Rechthaberei, mit der 
Streitsucht, gewiss können die Handlungen beider Kategorieen von 
Menschen vollkommen gleichartig sein, den Ausschlag aber, ob es 
sich um Krankheitsäusserungen handelt, wird erst die Unter¬ 
suchung des Handelnden, vor allem nach den beiden genannten 
Richtungen ergeben. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 



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2. August. 


Nun musste es von vornherein auffallend erscheinen, dass bei 
Hegelmaier lediglich die Berufstätigkeit die Merkmale für eine 
Geisteskrankheit erbringen sollte, von Abnormitäten ausserhalb 
derselben, z. B. in der Familie, im Freundeskreise war keine Rede 
die angeblich krankhaften Erscheinungen hätten auch sofort cessi- 
ren müssen, so bald Hegelmaier seinen Beruf, sobald er Heil¬ 
bronn hinter sich hatte, während seines Urlaubs z. B. ruhten sie 
vollständig. Ein richtiger Querulant kennt aber keine Ferien! 

Von einer Weiterentwickelung der Krankheitssymptome, wie 
sie beim Querulanten wohl regelmässig beobachtet wird, war eben¬ 
falls keine Rede, im Gegentheil, da bei den Verhandlungen bezüg¬ 
lich der geistigen Gesundheit des Hegelmaier auch nicht der 
geringste Zweifel aufkommen konnte, hätte man annehmen müssen, 
dass trotz einer Dauer von fast zehn Jahren nun plötzlich Ge¬ 
nesung eingetreten wäre, was wiederum allen Erfahrungen auf 
pathologischem Gebiet widersprechen würde. 

Vor allem aber Hessen sich bei Hegelmaier nicht die vor¬ 
hin erörterten psychischen Züge nach weisen, die dem kranken 
Querulanten eigen sind. Ein weiterer Fehler wurde in dem Gut¬ 
achten des Medicinalcollegiums insofern begangen, als zu viel 
Werth auf hereditäre Verhältnisse und nervöse Störungen gelegt 
wurde, die sich bei Hegelmaier selbst nachweisen Hessen. Ich 
möchte bei voller Ueberzeugung von der schwerwiegenden Bedeu¬ 
tung des hereditären Moments davor warnen, in dem Vorkommen 
nervöser Anomalieen und Psychosen in der Ascendenz eines zu 
Begutachtenden, ohne weiteres einen Beweis für das Bestehen 
pathologischer Verhältnisse bei letzterem selbst zu erblicken, wie 
dies gelegentlich von Gutachtern geschieht. Dieser Factor allein 
ist eben so wenig beweiskräftig wie das Bestehen eines Tic con- 
vulsiv, der bei Hegelmaier vorhanden war; diese Momente wer¬ 
den erst bedeutungsvoll, wenn neben ihnen psychische Abnormi¬ 
täten thatsächlich nachgewiesen sind. 

HegeLmaier musste nach der schliesslich übereinstimmenden 
Anschauung der Sachverständigen aufgefasst werden als ein Mann 
von hervorragender Intelligenz, von vorzüglichem Gedächtniss und 
selten schlagfertigem Urtheil, ausgestattet mit einem sehr ausge¬ 
prägten Gefühl seiner Persönlichkeit, vielleicht einem zu sehr ge¬ 
steigerten Selbstgefühl, mit zäher und sich rücksichtslos betäti¬ 
gender Willensenergie, subjectiv vom Kopf bis zur Zehe in allem, 
was er einmal anfing. Diese eigenthümliche Persönlichkeit wurde 
nun in ein Milieu versetzt, das wohl als das denkbar ungünstigste 
für sie bezeichnet werden müsste. Das Resultat war ein Ver¬ 
halten, das ohne gründliche Berücksichtigung der Mo¬ 
tive den Schein des krankhaften erwecken konnte, das 
auch sicher ethisch nicht überall tadellos war, das aber 
völlig in die Gesundheitsbreite fiel. 


II. Ans der mediciniscben Klinik des Herrn Geheimrath 
Prof. Dr. Gerhardt in Berlin. 

Ueber Prodromalsymptome bei Paralysis 
agitans. 

Von Dr. E. Grawitz, Stabsarzt und Privatdocenten, 
Assistenten der KHnik. 

Unter den anamnestischen Erhebungen bei Kranken, welche 
an Paralysis agitans leiden, nehmen den breitesten Raum die Er¬ 
mittelungen ein, welche sich auf prädisponirende Momente, heredi¬ 
täre neuropathische Veranlagung, überstandene schädigende Ein¬ 
flüsse auf Körper und Geist und dergl. beziehen. Der Anfang der 
Krankheit ist in der Mehrzahl der Fälle nicht zu präcisiren, ganz 
allmählich pflegt sich der Tremor und die Schwäche der Extremi¬ 
täten zu entwickeln, während in der Minderzahl die Krankheit an¬ 
geblich plötzHch nach einer psychischen Erregung, apoplektischem 
Insult oder einem ähnlichen, sich schärfer ausprägenden Momente 
in die Erscheinung tritt. 

Sehr wenig nun ist aus der Vorgeschichte dieser Krankheit 
über Prodromalsymptome bekannt; die meisten Autoren er¬ 
wähnen garnichts hierüber, und Eulenburg 1 ) giebt nur kurz an, 
dass selten den wesentlichen Krankheitserscheinungen ein kürzer 
oder länger währendes Prodromalstadium vorausgeht, welches durch 
unbestimmte rheumatoide oder neuralgiforme Schmerzen, durch 
Parästhesieen (Einschlafen und Kribbeln der Glieder, besonders in 
den Händen, lokale Kälteempfindung u. a. m.), durch allgemeines 
oder lokales Schwächegefühl in wenig charakteristischer Weise 
gekennzeichnet ist. 

Aehnliche ganz kurze Angaben macht Eich hörst in seinem 
Lehrbuche der speciellen Pathologie und Therapie. 2 ) 

^ *) A. Eulenburg, Paralysis agitans. Realencyklopädie, II. Aufl., 

*)’n.' Aufi. 1885, Bd. HI, S. 443- 


625 


Während es sich nun bei diesen ganz vereinzelten und kurzen 
Angaben in der Litteratur nur um unmittelbare, als seltene be¬ 
zeichnte Vorläufer der Schüttellähmung handelt, bot eine kürzlich 
in die Klinik eingetretene Patientin besondere Prodromalerschei¬ 
nungen dar, auf deren Bedeutung von Herrn Geheimrath Gerhardt 
gelegentUch der klinischen Besprechung hingowiesen wurde und 
welche dazu aufforderten, auch die Krankeitsjournale früherer 
Fälle von Paralysis agitans in Bezug auf diesen Punkt durchzu¬ 
sehen, worüber weiter unten kurz berichtet werden wird. 

Die erwähnte Patientin ist eine 48 Jahre alte Frau, ihrer Beschäfti¬ 
gung nach Näherin, welche die ausgesprochenen Zeichen einer Schüttel¬ 
lähmung, vorwiegend der linksseitigen Extremitäten, in geringom Grade 
des Kopfes und der rechtsseitigen Gliedmaassen darbietet. 

Die Eltern der Patientin starben an Magenverengerung resp. Lungen¬ 
schwindsucht, ein Bruder starb an Wassersucht, eine Schwester lebt und 
ist gesund. Die Menstruation trat im 17. Lebensjahre auf, war anfangs 
unregelmässig, ist seit 10 Wochen geschwunden. Sie hat drei normale 
Entbindungen durchgemacht. 

In ihrer Kindheit überstand sie Masern, war als junges Mädchen 
zeitweise bleichsüchtig, nach ihrer Verheirathung im 25. Lebensjahre erlitt 
sie eine Infection durch ihren Mann. 

Vom Jahre 1883—1893 litt sie an zeitweise auftretenden, sehr 
heftigen Unterleibsschmerzen, die sie als Gallensteinkoliken be¬ 
zeichnet und infolge deren sie nach ihrer Angabe viel Morphium erhalten 
hat. Seit Weihnachten 1892 sind diese Koliken nicht mehr heftig auf¬ 
getreten, Patientin hatte im Jahre 1893 nur noch wenig davon zu leiden, 
und in diesem Jahre (1894) sind sie überhaupt nicht mehr aufgetreten. 

Im Januar und März 1891 erHtt die Patientin zwei Verletzungen, 
das erste mal durch Sturz von einer Treppe, wobei sie auf den Kopf 
fiel und kurze Zoit bewusstlos wurde, das zweite mal durch Fallen bei 
Glatteis, mit Verletzung des linken Ellbogens. 

Nach Verheilung der letzteren, etwa im April 1892, bemerkte sie 
zum ersten male Zitterbewegungen im linken Arm, welche während eines 
Jahres noch so gering blieben, dass sie bei Unterstützung des Armes 
schwanden, später wurden unter allmählicher Abnahme der Muskelkraft 
die Zitterbewegungen so intensiv, dass sie auch im unterstützten Arm 
und Hand vorhanden waren, sie traten dann auch im linken Bein und in 
geringem Grade seit kurzem in den rechten Extremitäten auf. 

Eine besondere Aufmerksamkeit erregten bei der Aufnahme der 
Anamnese die Angaben über die angeblichen Anfälle von Gallen¬ 
steinkolik während des Verlaufes von 10 Jahren, und zwar um 
so mehr, als die Patientin bei näherem Erkundigen angab, dass der Be¬ 
ginn dieser Schmerzanfälle im Jahre 1883 mit heftigen psychischen Er¬ 
regungen zusammenhing, die sie erlitten hatte, als ihr Mann sie um diese 
Zeit verliess und nach Amerika ging, nachdem er sein Geschäft als 
Sattler durch leichtsinnigen Lebenswandel ruinirt hatte. 

Zufällig waren wir in der Lage, uns über die Natur dieser Schmerz¬ 
anfälle genauer zu unterrichten, da die Patientin wegen eben dieses 
Leidens vom 26. November 1887 bis 28. Januar 1888 bereits auf der 
Klinik behandelt war. Das damals angofertigte Krankenjournal ergab zu¬ 
nächst in Bezug auf die frühere Anamnese und die Dauer der Schmerz¬ 
anfälle dasselbe wie die diesmaligen Erhebungen, doch wurden die Schmerz- 
anfalle hier mehr als Magenkrämpfe geschildert, die anfallsweise immer 
drei bis fünf Stunden dauerten. 

Auch während ihrer damaligen Anwesenheit auf der Klinik traten 
mehrere Anfälle auf, wobei die Schmerzen theils zwischen Nabel und 
Processus xiphoideus, theils im rechten Hypochondrium lokalisirt wurden 
und zeitweise Erbrechen auftrat. Zeitweise wurde hier eine Anschwel¬ 
lung der Gallenblase gefühlt, welche in kurzem schwand. Gallonsteine 
wurden nicht gefunden, Icterus bestand nie, ebensowenig war Gallenfarb¬ 
stoff im Urin; der Appetit war in den schmerzfreien Pausen gut, so dass 
die Patientin in wenigen Wochen um sechs Pfund an Körpergewicht zu¬ 
nahm, Fieberbewegungen bestanden nie. 

Aus allen diesen Ermittelungen ist wohl mit Sicherheit zu 
entnehmen, dass es sich bei diesem Falle um lange vor dem Ein¬ 
setzen der manifesten Zeichen der Schüttellähmung bestehende An¬ 
fälle von neuralgischen Schmerzen handelt, die durch¬ 
aus den Eindruck gastrischer Krisen, vielleicht auch 
von Leberkoliken machen und bei welchen es weiterhin be- 
merkenswerth ist, dass sie mit der Zunahme der Symptome der 
Paralysis agitans allmählich geschwunden sind. 

Kaum ein einziges objectives Zeichen deutet in dieser Vor¬ 
geschichte auf organische Erkrankungen des Magens oder der Leber 
hin, auf der anderen Seite fehlen bestimmte Erscheinungen einer 
Rückenmarkserkrankung, und ich erwähne in Bezug hierauf noch 
besonders, dass die Patellarreflexe der Patientin linkerseits erhöht, 
rechts in gewöhnlicher Stärke vorhanden sipd und dass sich 
auch sonst keine Erscheinung findet, die auf Tabes deuten könnte. 

Wie schon oben gesagt, habe ich zufolge dieser Ermittelungen 
bei unserer Patientin auch die Journale von früher auf der KHnik 
behandelten Kranken mit Paralysis agitans durchgesehen, welche 
ausser dem obigen neun an der Zahl sind, wovon sechs brauen 
und drei Männer betreffen, die alle in vorgerücktem Alter standen. 

Nur bei zweien von diesen Kranken finde ich keinerlei An¬ 
gaben über prodromale Störungen, bei dreien sind schmerz¬ 
hafte Empfindungen angegeben, die den Beginn der Krankheit 
einleiteten und theils als reissende Schmerzen in den Extremitäten 
jnit ruckweise auftretenden Zuckungen der Beine, theils als aus- 


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626 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. Bl 


strahlende Schmerzen von den Hüften nach dem Rücken zu ge¬ 
schildert werden — Symptome, welche wohl den von Eulenburg 
und Eichhorst geschilderten Prodromalerscheinungen entsprechen. 

Die anderen vier Krankengeschichten weisen dagegen in der 
Vorgeschichte Verhältnisse auf, welche sich mehr denjenigen an- 
schliessen, die bei der ersterwähnten Patientin erhoben wurden. 

Die eine Patientin, eine 60jährige Wittwe, gab an, dass sie vor ca. 
25 Jahren einen vorübergehenden Anfall von Zittern und Schwäche ge¬ 
habt habe, der nach dem Gebrauch von Soolbädera wieder geschwunden 
sei; etwa zwei Jahre vor Beginn ihrer jetzigen Erkrankung, die sich all¬ 
mählich unter Abnahme der Kraft mit Zittern im linken Arm entwickelte, 
litt sie zeitweise an eigentümlichen, drückenden Schmerzen in der 
Magengegend, die besonders beim Sitzen stark auftraten, sie hatte 
dabei nie Erbrechen, guten Appetit und konnte alle Speisen vertragen. 
Auch hier war zur Zeit der vollen Entwickelung der Krankheit nichts 
mehr von diesen Schmerzen vorhanden. 

Bei einer zweiten Patientin, welche im Alter von 62 Jahren zur Be¬ 
handlung kam, hatte sich die Schüttellähmung angeblich seit etwa neun 
Monaten entwickelt, und zwar waren hier im Beginne Parästhesieen ver¬ 
schiedener Art. in den unteren und oberen Extremitäten bemerkt worden, 
die sich in kitzelnden Gefühlen, Sensationen von Ameisenlaufen und 
Kribbeln bemerklich machten, die von unten nach oben stiegen. Ausser 
diesen einleitenden Erscheinungen aber hatte die Patientin seit etwa 
20 Jahren bereits an anfallsweise auftretenden, sehr heftigen 
Kopfschmerzen gelitten, die sich häufig, besonders nach Aerger ein¬ 
stellten, nach längerer Ruhe wieder schwanden und von der Patientin 
selbst als „Kopfkoliken“ bezeichnet wurden. 

Auch bei dieser Kranken wurden während ihres zweimonatlichen Auf¬ 
enthaltes auf der Klinik diese Schmerzanfälle nicht mehr beobachtet, da¬ 
gegen hatte sie auffallend heftige Schmerzen in den vom Tremor vorzugs¬ 
weise befallenen Extremitäten. 

Eine dritte Beobachtung betrifft einen 66 Jahre alten Mann, welcher 
eines Nachts plötzlich mit krampfartigen Schmerzen in der rechten oberen 
Extremität aus dem Schlafe erwacht war und gleichzeitig unwillkürliche 
Zitterbewegungen in diesem Arm gespürt hatte, die seitdem ununter¬ 
brochen fortbestanden. Die Zitterbewegungen waren später auf das rechte 
Bern mit übergegangen, unter gleichzeitiger zunehmender Schwäche beider 
üliedmaassen. 

Dieser Patient nun gab an, niemals seit seiner Kindheit krank ge- 
wesen zu sein, nur litt er seit etwa zehn Jahren vor dem Beginne dieser 
Krankheit an heftigen reissenden Schmerzen im linken Fusse 
und in der linken Wade. Diese Schmerzen blieben auch während der 
weiteren Entwickelung der Krankheit constant, ohne dass sich eine obiectiv 
nachweisbare Veränderung als ursächliches Moment für dieselben hätte 
fanden lassen. 

Wenig sicher sind endlich die Angaben einer vierten Kranken, welche 
angeblich seit längerer Zeit an „rheumatischen Schmerzen“ litt für 
deren Entstehung sich aus der Untersuchung kein Anhaltspunkt ge¬ 
winnen liess. * b 


Dieser kurze Auszug aus den Krankengeschichten von Patienter 
mit Schüttellähmung ergiebt, wie man sieht, eine ziemlich reich- 
liehe Ausbeute in Bezug auf Vorläufersymptome, wenn sich auch 
die Details dieser Prodrome bei den früheren Fällen naturgemäße 
nicht mehr so klar ermitteln lassen wie bei der ersterwähnten 
Patientin Eine verhältnissmässig grosse Zahl dieser Kranken zei<ri 
leichtere Prodrome, nach Art der von Eulenburg und Eichhorst 
erwähnten neuralgiformen, unbestimmten Schmerzempfindungen 
ierner Parästhesieen, Zuckungen und dergleichen. ~ 

Andere Kranke dagegen, und zwar in dieser kleinen Statistik 
ziemlich die Hälfte, lassen schwerere Symptome alsVor- 
1 a “ fe a r , erken “ e .!\ die man wohl den bei Tabes 

der . e J'- Euck6 J lmarks ' und Wirbelerkrankungen als 
gleichwerthig erachten darf. Man kann wohl annehmen dass 

l eSe M Pr ° d ,T e •!“ ä n T Mchrzahl der Fälle falsch gedeutet und 
* P aUe,lstcinkoliken und dergleichen aufgefasst 

weiden, zumal da Zeichen von Tabes nicht vorhanden sind und da- 
a " f d !? rein nervöse Natur dieser Anfälle leiten können — 

Tnhnt hs?,fl h S6lbSt dl ® rnrseluedenartigen Krisen bei beginnender 
labes häufig genug missdeutet. L 

j lsfc daher vielleicht nicht ohne Bedeutung, an der Hand 
der oben erwähnten, und zwar besonders des ersten Falles von 

E^wfckel^Tc aUf ^ - Z 1 USa S m " nliang derart iger Krisen mit der 
hp?tefni^! V g d - er ’ ln vieler Beziehung noch sehr dunklen Krank- 
heitsform hingewiesen zu haben. 


III. Tannigen, ein. neues Adstringens für d< 
Darm. 

Von Prof. Hans Meyer in Marburg. 

, t D K ie 5 Ür ‘Ü* Einwirkung auf die Dünn- und Dickdarmschlei 
haut bestimmten Arzneimittel sollen in Mnnd und Magen unwh 
sam und unresorbirbar bleiben und auch im Darm nü? Mlmähli 

ob^ff^TheiPdes ™ terIie & en . damit nicht nur t 

obere Hi eil des Darmes, sondern auch die Dickdarmschloirnhs 
von den Wirkungen des Mittels betroffen werden kö^ E^ 
Postulaten genügen im grossen und ganzen z. B. die meisten pflrn 


liehen Abführmittel, und nach Analogie eines derselben sind be¬ 
kanntlich auch etliche Antiseptica für den Darm wie Tribenzoicin 
Salol u. a. dargestellt worden. 

Die für die Behandlung von Darmkrankheiten verfügbaren Ad- 
stringentien entsprechen jedoch durchweg den obenaufgestellten 
Forderungen nicht: Die adstringirenden Metallsalze ebenso wie die 
Gerbstoffe lassen die Mund- und Magenschleimhaut nicht unbeein¬ 
flusst, was namentlich bei fortgesetztem Gebrauche sehr störend 
sein kann; die ersteren werden ferner im Dünndarm durch die 
alkalischen Secrete, hinter der Ileocöcalklappe zum Theil auch durch 
Schwefelwasserstoff etc. in unwirksame Verbindungen tibergeführfc, 
so dass nur bei bedenklich grossen Dosen die Adstriction auf der 
ganzen Darmschleimhaut erreichbar sein und auch dann im wesent¬ 
lichen nur auf die mechanische Wirkung fein vertheilter Pulver 
sich reduciren dürfte (vgl. Debove’s Behandlung der Diarrhöen 
mit grossen Gaben von Talcum). Die Gerbsäure andererseits wird 
ziemlich rasch resorbirt oder zersetzt, so dass Mörner 1 ) selbst nach 
Aufnahme von 8,0 Tannin in den Faeces keine Gerbsäure- oder 
Gallussäurereaction, im Harn aber nur etwa ein Decigramm Gallus¬ 
säure im ganzen auffinden konnte. 

Es erschien mir daher nicht überflüssig, einen Versuch mit 
ätherartigen Verbindungen des Tannins zu machen, die im Magen 
ungelöst erst im Darm allmählich zur Wirkung gelangen sollten. 
— Meine Versuche, die Gerbsäure dureh die Carboxylgruppe mit 
Glycerin oder Phenolen zn vereinigen, haben einstweilen nicht zu 
dem erwünschten Resultate geführt; dagegen gelang es, einen 
Essigsäureester des Tannins zu gewinnen, der meinen Anforde¬ 
rungen zu entsprechen schien. Seit den Untersuchungen von Schiff 
(1873) ist eine Pentacetylverbindung des Tannins bekannt, die durch 
Kochen von Tannin in einer Mischung gleicher Theiie von Eisessig 
und Essigsäureanhydrid erhalten und durch Behandeln mit ver¬ 
dünnter kalter Sodalösung, wie Böttinger-) gezeigt hat, leicht 
von anhaftenden Beimengungen befreit und vö llig rein gewonnen 
werden kann. Dieses Pentacetyltannin giebt keine Farbenreaction 
mit Eisen, löst sich sehr langsam und überhaupt nur sehr wenig 
in kohlensauren oder phosphorsauren Alkalien und fällt in neutraler 
oder selbst schwach angesäuerter Lösung nicht Leim; nach stunden¬ 
langer Einwirkung wird es von verdünnten kohlen- oder phosphor¬ 
sauren Alkalien zum Theil verseift, reagirt nun auf Eisenchlorid 
und giebt auch, wenn die Verseifung nicht zu weit vorgeschritten 
ist, mit Leim eine Fällung. Mit Rücksicht auf dieses Verhalten 
erschien das Pentacetyltannin wenig versprechend und erwies sich 
in der That beim Thierversuch anscheinend ganz unwirksam. 

Durch ein etwas abgeändertes Verfahren gelingt es aber ohne 
Schwierigkeit, ein viel leichter lösliches, sofort wirksames Tannin- 
derivat darzustellen, in dem nur zwei Essigsäurereste enthalten, 
drei Hydroxyle aber nicht angegriffen sind. Dieser Körper, der 
mit Bezug auf seine Abstammung der Kürze halber Tannigen 
genannt sein mag, bildet ein gelblichgraues, geruch- und geschmack¬ 
loses, kaum hygroskopisches Pulver, welches trocken ohne Verän¬ 
derung bis auf ca. 180° C erhitzt werden kann und erst bei 187 bis 
190° unter Bräunung zu schmelzen beginnt; unter Wasser dagegen 
erweicht es bereits bei etwa 50° zu einer fadenziehenden, honig¬ 
artigen Masse. In verdünnten Säuren und in kaltem Wasser ist 
der Körper nicht merklich, in Aether und in kochendem Wasser 
nur spurweise löslich, wird aber leicht von kaltem Alkohol und ver¬ 
dünnten Lösungen von phosphorsaurem Natron, Soda, Borax, Kalk 
und dergl. mit gelbbrauner Farbe aufgenommen; durch anhaltendes 
Sieden der alkalischen Lösungen oder auch nach tagelangem Stehen 
in der Kälte wird die Verbindung verseift unter Spaltung in Essig¬ 
säure und Gallussäure; nur bei der Verseifung mit Ammoniak ent¬ 
steht Gerbsäure, Mit Eisenoxydsalzen giebt die Substanz sofort 
die bekannten Farbenreactionen des Tannins. Eine schwach alka¬ 
lisch reagirende Lösung von phosphorsaurem Natron fällt Leim 
und Eiweiss, hat zusammenziehenden Geschmack, hemmt die Drüsen- 
secretion auf der Froschhaut 8 ) und zeigt überhaupt alle Eigen¬ 
schaften eines Adstringens. Zusatz von Alkalien oder von Borax 
löst die Leim- und Eiweissniedersehläge auf und verhindert die 
Adstriction (Secretionsbeschränkung etc.) ebenso, wie es beim Tannin 
der Fall ist. 

Mit dieser Substanz habe ich eine Reihe von Versuchen an 
Kaninchen und Katzen gemacht, die ergeben haben, dass das Tan¬ 
nigen vom Magen ohne Schaden, überhaupt ohne merkliche Ein¬ 
wirkung wie Störung des Appetite oder dergl. in Mengen von 
mehreren Gramm vertragen wird, im Darm aber die Secretion be¬ 
schränkt und Eindickung der Faeces bewirkt. Dabei scheint es 
mir besonders erwähnenswerth, dass selbst nach relativ kleinen 
Gaben (z. B. 0,3 bei der Katze) ein Theil der Substanz sieh noch 


9 Zeitschrift f. physiolog. Chemie 1892, XVI, S. 265. 

*) Ber. d. deutsch, chem. Ges. XVII, S. 1503. 
v Vergl. Schütz, Arch. f. exp. Pafchol. und PharmakoL XXVIII. 


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2. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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in den Faeces nachweisen lässt, mithin die Wahrscheinlichkeit be¬ 
steht, dass die Adstriction sich bis in den Dickdarm hin¬ 
ein erstreckt. Andererseits geht aber auch daraus hervor, dass 
das Lösen und Wirksamwerden des Tannigens nur allmählich und 
wohl nirgends in sehr intensivem Grade stattfindet, Aetzungen der 
Schleimhaut daher unter keinen Umständen zu befürchten, sehr 
kräftige und nachhaltige Adstriction — zumal von einzelnen massi¬ 
gen Gaben — aber auch nicht zu erwarten sein dürfte. — Im Harn 
tritt erst nach etwas grösseren Gaben eine „eisenbläuende“ Sub¬ 
stanz, und zwar Gallussäure auf; Gerbsäure habe ich im Harn 
nicht nachweisen können, ebensowenig unverändertes Tannigen. Sub- 
cutan oder intravenös lässt sich Tannigen in fünfprocentiger Borax¬ 
lösung zu mehreren Decigrammen ohne alle Schädigung injiciren. 

Nach diesen Resultaten habe ich angenommen, dass das Tan¬ 
nigen sich für den ärztlichen Gebrauch wohl eignen könne und 
meinen Collegen Friedr. Müller gebeten, einige dahinzielende 
Versuche an Darmkranken anzustellen. Diese Versuche haben denn 
nun, wie aus den nachfolgenden Angaben von Fr. Müller hervor¬ 
geht, den gehegten Erwartungen im allgemeinen entsprochen, so 
dass das Tannigen als ein relativ unschädliches, geschmackloses 
und voraussichtlich aueh billiges Mittel zu weiterer Anwendung, 
wie ich glaube, empfohlen werden kann. Ob es sich auch für 
andere Zwecke, z. B. als adstringirendes Schnupfpulver, in Lösung 
als Gurgelwasser, oder auch als Streupulver bei der Wundbehand¬ 
lung, ähnlich etwa wie Magisterium Bismuthi nach Kocher, wird 
verwerthen lassen, müssen Versuche lehren. 

Die Herstellung im Grossen haben die Farbenfabriken vorm. 
Bayer & Co. bereits in die Hand genommen. 


Klinisehe Bemerkungen zn vorstehendem Aufsatz. 
Von Prof. Friedrich Müller. 

Das Acetyltannin oder „Tannigen“, welches von Herrn Prof. 
H. Meyer der Marburger medicinischen Poliklinik zur Prüfung 
übeigeben worden war, wurde im Laufe der letzten anderthalb 
Jahre bei zahlreichen Patienten mit Darmerkrankungen der ver¬ 
schiedensten Art angewendet. Die Kranken nahmen das geschmaek- 
und geruchlose Pulver ohne Ausnahme gern, der Appetit und die 
Magenfunctionen wurden niemals ungünstig beeinflusst, und selbst 
bei wochenlangem Gebrauch haben sich keine unangenehmen Folge¬ 
erscheinungen herausgestellt. — Nachdem Anfangs sehr vorsichtig 
mit der Dosirung vorgegangen worden war, konnte bald zu grösseren 
Gaben übergegangen werden, und es stellte sich heraus, dass Mengen 
von 2—5 dcg drei mal im Tage verabreicht für gewöhnlich hin¬ 
reichten, um eine Wirkung zu erzielen. Auch Tagesdosen bis zu 
3 und 4 g wurden bisweilen gegeben, ohne dass sich darnach üble 
Erscheinungen gezeigt hätten. Das Mittel scheint, soweit unsere 
Erfahrungen reichen, ganz ungefährlich zu sein. Da demnach eine 
exactere Dosirung des Mittels nicht nothwendig erschien, so wurde 
es der Einfachheit halber und um überflüssige Kosten bei der 
Dispensirung zu ersparen, stets messerspitzenweise drei bis acht 
mal im Tage verordnet. 

Das Tannigen wurde zuerst bei chronischen Diarrhöen ver¬ 
schiedener Art gereicht, unter anderem bei chronischem Darm¬ 
katarrh, ferner bei einem Fall von recidivirender Dysenterie, haupt¬ 
sächlich aber bei den Durchfällen der Phthisiker. In weitaus der 
Mehrzahl der Fälle trat am Tage nach Beginn der Medication Ver¬ 
minderung der Zahl der Stühle und consistente Beschaffenheit der¬ 
selben ein. Dieser Erfolg hielt freilich bisweilen, z. B. bei einigen 
Phthisikern, nur so lange an, als das Mittel gegeben wurde, und 
beim Aussetzen stellten sich bald wieder Diarrhöen ein. Erneute 
Darreichung brachte die Durchfälle wieder zum Schwinden. Bei 
einigen Fällen war dieser Wechsel so schlagend, dass die Patienten 
von selbst immer wieder kamen, um das Pulver zu verlangen. So 
haben manche unserer Kranken das Tannigen wochenlang genommen, 
ohne dass eine Verminderung der Wirksamkeit zu beobachten war. 
Eine Angewöhnung an das Mittel scheint nicht einzutreten. Bei 
einem Fall von recidivirender Dysenterie, die sich im Anschluss 
an epidemische Ruhr eingestellt hatte, mussten täglieh 3 g Tannigen 
verabreicht werden, bis der blutig schleimige Stuhl verschwand 
und geformten normalen Entleerungen Platz machte. Trotz dieser 
grossen Gaben konnte weder Tannigen noch einer seiner Abkömm¬ 
linge in den Faeees nachgewiesen werden. 

Weniger beweisend für die Wirksamkeit des Tannigens sind 
die Fälle von acuten Durchfällen, die wir mit diesem Mittel be¬ 
handelt haben. Bei einer kleinen Epidemie von acuten Diarrhöen, 
die wir im Mai und Juni dieses Jahres beobachtet haben, konnte 
allerdings bei mehreren Fällen ein rasches Aufhören der Durchfülle 
nach Tannigengebrauch constatirt werden. Aber es ist nicht sicher 
zu sagen, ob diese Fälle nicht ohne Arzneimittel ebenso rasch ge¬ 
heilt wären. Auch ist zur Entscheidung ähnlicher therapeutischer 
Fragen das Material einer Poliklinik, zumal wenn es sich grossen- 


theils aus auswärtigen Patienten zusammensetzt, wenig geeignet. 
Die Patienten zeigen sich nicht wieder, wenn sie gebessert und 
geheilt sind, sie bleiben aber auch oft fort und nehmen die Hülfe 
eines anderen Arztes auf, wenn sie die getroffenen Verordnungen 
wirkungslos befunden haben. Bei acuten Durchfällen der S äugling e 
erwies sich das Tannigen in einigen Fällen, bei denen absichtlich 
nicht gleichzeitig die Diät geändert wurde, als wirkungslos. Das 
ist nicht auffallend, denn diese Krankheit muss eben erfahrungs- 
gemäss anders als durch Darreichung von Adstringentien behandelt 
werden. Einigemale besserten sich aber auch bei Kindern die be¬ 
stehenden Durchfälle nach Tannigengebrauch, so dass es immerhin 
des Versuches werth erscheint, das Mittel bei subacuten und 
chronischen Durchfällen des Kiudesalters zu geben. Bei einigen 
atrophischen Säuglingen, die an profusen Diarrhöen litten, konnte 
der tödtliche Ausgang durch Tannigen nicht abgewendet werden. 

Das Tannigen wurde ferner, um eine adstringirende Wirkung 
zu erzielen, in Pulverform eingeblasen bei chronischen Entzündungs¬ 
zuständen der Nase und des Larynx. Doch sind bei dem spärlichen 
Material, welches uns für diese Versuche zur Verfügung stand, 
die Erfahrungen zu gering, um ein Urtheil zu gestatten. Auch 
in Auflösung (Tannigen zu 3 0 o in einer fünfprocentigen Natrium¬ 
phosphatlösung; nach Bedarf verdünnter) wurde das Tannigen bei 
chronischer Pharyngitis eingepinselt, wie es scheint, mit gutem 
Erfolg. 

Das eigentliche Gebiet, auf welchem Tannigen wirksam befunden 
wurde, sind die chronischen Durchfälle, bei welchen auch das 
Tannin sich heilsam erweist. Vor dem Tannin hat aber das neue 
Mittel unstreitige Vorzüge, da es geschmacklos ist und die Magen¬ 
function intact lässt; es gerbt eben nicht den Magen, sondern an¬ 
scheinend nur den Darm. Es dürfte ein entschiedenes Bedürfniss 
nach einem derartigen Mittel bestehen, und zumal bei den Diarrhöen 
der Phthisiker und beim chronischen Darmkatarrh wird ein Medi- 
cament willkommen sein, welches den Appetit intact lässt und sich 
auch bei längerem Gebrauch völlig unschädlich und doch als wirk¬ 
sames Obstipans erweist._ 


IV. Aus der Nerven-Poliklinik von Prof. Dr. A. Eulenburg 
(Dr. Rosenbaum). 

Treber die subcutane Injection des Aethylen- 
diamin-Silberphospbats (Argentamin 
E. Schering) bei Tabikern. 


Von Dr. Georg Rosenbaum. 


Im vorigen Jahre (1898) machte ich auf Vorschlag von Prof. 
Dr. Eulenburg und in dessen Poliklinik eine Reihe von Iiyectionen 
bei schweren Tabesfällen mit dem neuen, von der chemischen 
Fabrik auf Actien (E. Schering) in den Handel gebrachten, oben 
genannten Silberpräparat. Die Erwägung, dass das Mittel eiweiss- 
und kochsalzhaltige Flüssigkeiten nur leicht trübe, nicht fälle, 
liess erwarten, dass es für subcutane Anwendung vollkommener im 
Punkte der Resorption sein würde, als die früher von Eulenburg, 
mir und anderen angewandte Jacob i’sche Lösung von Irisch ge¬ 
fälltem Silberchlorid in einer Lösung von unterschwefligsaurem 
Natron (cf. A. Eulenburg, Berl. klin. Wochenschr. 1883, S. 21 und 
G. Rosenbaum, Ther. Mon. Hefte 1890, Mai). 

Hergestellt wurde das Präparat besonders für Injection bei 
Gonorrhoe, bei der die desinfectorische und adstringirende Wirkung 
der Silbersalze einen stetig zunehmenden Gebrauch erfährt. Das 
Aethylendiamin - Silberphosphat enthält doppelt soviel Aethylen- 
diamin als Silberphosphat und zeigt alkalische Reaction durch 
den Gehalt an erstgenannter Verbindung. Dieselbe hat die Formel 


,H4<55* und löst sich gut und farblos in Wasser. Zer- 
^ NHs 

tzungen am Lichte ist das Präparat ebenso wie die anderen 
Iberverbindungen ausgesetzt und muss deshalb im Dunkeln auf¬ 
wahrt werden; Behandlung mit salpetriger Säure führt leicht Um- 
tzungen (Aethy len diaminnitrat) herbei, weshalb von dem Ver- 
eh, das salpetersaure Silbersalz herzustellen, Abstand genommen 
td das phosphorsaure gewählt wurde. 1L . U(1A0/ 

Die uns von der Fabrik zugestellte Lösung enthielt 20 /o 
Ibersalz, und wurde davon nach Herstellung einer 2 "folgen 
teung Vr 7r 3 /4- Spritze injicirt, bei guter Reinigung der Haut 
it Antiseptieis, Verklebung der Einsticfastelle und Massage dei 
treffenden Gegend. Leider stellte sich bei allen, zum lhei 
«shsfc toleranten Patienten — die meisten zeigten deuthdw 
bische Analgesie — eine sehr erhebliche Schmerzhaftigkeit 
tweder unmittelbar nach der Injection oder m den nächsten 
unden ein, welche zuweilen 24-36 Stunden persisMrte. Obgleich 
in die Injeetionen möglichst tief gemacht wurden, zeigte sich dod 
twedereine bedeutende «durative Anschwellung, oder aber emt 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


bereits 24—86 Stunden nach der Injection wahrnehmbare Haut¬ 
nekrose über der betreffenden Stelle von etwa 1 cm Breite und 
etwa 1 V ‘2 cm Länge, bei früher intensiv schwarzer Färbung der be¬ 
theiligten Hautstelle. Diese exfoliirte sich sehr langsam in Zeit 
von 4—6 Wochen unter Zurücklassung einer bläulichen, vertieften 
Narbe. In etwa 8—4 Fällen kam die Induration zur Erweichung, 
und es entleerte sich nach Incision eine dünnflüssige seropur ulen te 
Flüssigkeit, 

Die höchste Zahl der Injectionen betrug (bei einem Patienten) 
zehn, bei allen anderen weniger, bei einem sein 1 empfindlichen konnten 
sogar nur drei Injectionen gemacht werden, weil er eine Wieder¬ 
holung standhaft verweigerte. Ausserdem lag kein Grund vor, die 
Injectionen trotz dieser bedeutenden Schmerzhaftigkeit fortzusetzen, 
weil auch die Patienten, bei denen eine grössere Zahl von In¬ 
jectionen gemacht wurde, kein Zeichen einer Besserung nach irgend 
einer Seite hin bemerken Hessen. Im ganzen wurden 60 Injectionen 
an 8 Patienten gemacht, von denen nur die später mit 1 °/oiger 
Lösung gemachten leidlich reizlos verliefen. Die von Mayen$on 
und Berg er et beobachtete Ausscheidung von Silber im Harn, die 
von Jacoby nicht bestätigt wurde, trotzdem die Leber deutliche 
Silberreaction ergab, konnte auch in unseren Fällen nicht nach¬ 
gewiesen werden. Die Untersuchungen darauf fanden statt in dem 
Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Zülzer und sind entschieden 
noch zu wiederholen, was bei der jetzt behandelten Reihe von 
.Kranken geschehen soll. 

Im ganzen erhielt man den Eindruck, dass die Lösung zu stark 
reizend wirkte, was vermuthlich auf die alkalische Reaction sich 
■beziehen lässt. Erst als die Lösung auf die Hälfte (von 2 % auf 1 %) 
•mit Aqua destillata gemischt wurde, Hessen die schlimmen Reactions- 
erscheinungen nach, obgleich sie auch da nicht fehlten. Unter 
diesem Gesichtspunkte wäre also das Aethylendiamin-Silberphosphat 
•wie es bisher von mir angewandt wurde, keine wesentliche Be¬ 
reicherung unserer Mittel zur subcutanen Injection; muss ich doch 
sagen, dass die Jacoby’sche Lösung 1 ), über deren Anwendung 
ich seiner Zeit berichtete, viel besser vertragen wurde, wenngleich 
auch sie zuweilen Schmerzen macht und sehr leicht zersetzlich ist 
Das letztere muss übrigens auch vom Argentamin Schering gesagt 
werden: Lösungen in brauner Flasche zeigten zuweilen, besonders 
bei geringerer Concentration bereits in 6—8 Tagen deutliche 
.Niederschläge. Erwäge ich, dass bei Anwendung der Jaeoby- 

k! 6 " L-i 0SU “f '" al “ nter 140 In j^ionen eine Abscedirung 
bemerkt wurde und dass bei Anwendung des Argentamin unter 
60 Injectionen etwa 4—5 mal Abscesse entstanden, etwa 6—8 mal 
Hautnekrosen ein traten, fast alle übrigen Injectionen aber lang 
persistirende Indurationen ergaben, was nur bei stärkeren Yer- 
^wßif U n gen i Mlt ^- qu ? destlllata nachzulassen schien, so scheint es 

f l - aSS dl u L °? n ^ mit der wir ^arbeitet, viel zu stark 
war, was ja auch naheliegt, da die Jacoby’sche Lösung pro- 

w ~K hw v ächer ist ’ 0der dass sich das Aethylendiamin- 
ketae? Äerct I Upt , ni f- ht ZUr . I,, j ection «gnet, jedenfalls in 
eueren“ Co " 0 “ tra *" m mit der anderen Lösung con- 

Die Ipjectionsreihe, die gegenwärtig begonnen worden soll be- 
f^ der , s ube . r den zulässigen Grad der Verdünnung des Argentamins 
und über die Frage der Ausscheidung des Silbers im Harn Auf- 

In letzte"; “ er dann se ^ r /eit berichtet werden wird 
Hiß l Zeifc ® md nun eine Eeihe von Versuchen publicirt 

am Ä" Pl i ä f r u t th £ ils ausserhalb d «s Körpers, theils 

Znsch fW d i TTprin H 6 " £ eWebe , un *' ernommen wurden. Der 
• nrl . ’ j dle Therapie der Gonorrhoe ein tiefer in die Gewebe 
«undringendes antibacterielles Mittel zu gewinnen als das bisher 

t ji mä 

Niedörschläffe lg dii ai ? inS u 11 A CllWei 4 Sert liess< Anderer seits gelang es 

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durchscheinend wurde T) ftP p-L a a S *“* Elter gleichmässig 

demProcX hlrt richtete nacb 

A,u. Natr - ■«>"»>*>«* 0,3, 


No, 31 

Das nähere über diese und viele verwandte Versuche findet 
sich m den beiden Publicationen von Jean Schäffer- Ueber den 
Desmfectionswerth des Aethylendiaminsilberphosphats und Aethvlen. 
diaminkresols, nebst Bemerkungen über die Anwendung der Centn- 
fuge bei Desmfectionsversuchen (Zeitschrift für Hygiene und Tn 
fectionskrankheiten.1894 Bd. XVI) und Ueber die Behandlung te 
Gonorrhoe mit Silbersalzen (nach einem in der medicinischen 
Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cuitur 
am 9 Februar 1894 gehaltenen Vortrage), woselbst einig« 
zweckmässig nachgelesen wird. Einige Hauptsätze, zu denen 
der Verfasser kommt, sind: „Eine Aethylendiaminsilber- phos- 
phatlösung dnngt viel tiefer ins organische Gewebe ein als 
eine Argentum uitricum - Lösung von demselben Silbergehalte in 
der gleichen Zeit und unter den gleichen Bedingungen “ Das 
neue Silbersalz in schwacher Concentration ist ebenso gefässver- 
engernd wie die Argentum mtricum-Lösungen.“ Dies letztere ver¬ 
dient noch besonders betont zu werden, da es geschienen hatte 
als könne die Vermehrung der Blutung auf frischen Wundflächen 
durch erschlaffende Beeinflussung der Gefässe erfolgt sein, während 
die Experimente an der aufgespannten Froschzunge das Gegentheil 
erwiesen haben: die Blutung wird nur vermehrt durch geringere 
Bildung unlöslicher Eiweissverbindungen. 

Was die Giftigkeit des Argentamins anbetrifft, so ist dieselbe 
ba !j a ,. el 1 er . ( ?‘ f * I S belt . Silberlösungen mit dem gleichen Silber¬ 
gehalt. Schäffer giebt die scheinbar grössere Giftigkeit des 
Präparates der vermehrten Resorptionsfähigkeit schuld: das Aethylen- 
diamin, in 20—30 % igen Lösungen allerdings ätzend und Indu- 
lationen bildend, ist in den zur Verwendung kommenden Mengen 
bei Mensch und Thier unschädlich. Da Kaninchen 0,4 g Aethvlen- 
diamin bei nicht zu starker Concentration ohne Schädigung der 
Gesundheit (nach Schäffer) vertragen, so dürfte das für eine In¬ 
jection beim Menschen in Frage kommende Quantum irrelevant 
sein. Doch ist nach meinen Erfahrungen der stärkste zulässige 
Concentrationsgrad für subcutane Injectionen am Menschen die 
1 "folge Losung; allerdings scheint diese Form nicht besonders 
haltbar wegen starker Neigung zur Ausfällung und daher empfehlens- 
W6r ’ nu r kleine^ en & er i anzufertigen, die schnell verbraucht werden. 

■ u q 6 der Gonorrhoe mit Argentamin anlangend, 

f ^ Ch ^ r ,.? n L da r S ? für die Urethra anterior Lösungen von 
1: öUüü—4000 für die Urethra posterior solche von 1:1000—500 
angebracht sind; zugegeben wird, dass die Eiterproduction zunächst 
s .ets vermehrt schien, was vielleicht gegen die Anwendung bei 
s*r en primären Reizzuständen spricht. Die überlegene Wirkung 
es Kieosols und Aethylendiamin-Silberphosphats bei Desinfeetions- 
versuchen gegenüber den einfachen Mitteln bezieht Schäffer auf 
das tiefere Eindringen in das Protoplasma der Bacillen. 

V. Aus dem Marien-Krankenhause in Hamburg. 

Ueber die radicale Heilung der recidivirenden 
Perityphlitis. 1 ) 

Von Dr. Hermann Kümmell, 

Oberarzt der chirurgischen Abtheilung. 

Wohl kaum giebt es eine Erkrankung, welche unter so viel¬ 
gestaltigen Bildern einhergeht, so viele Recidive verursacht und 
auch so manche Opfer fordert, wie die Perityphlitis. Erst in den 
letzten Jahren hat man angefangen, dieser bisher so wenig durch¬ 
forschten Krankheit ein lebhafteres Interesse entgegenzubringen, 
dafür sprechen die vielfachen interessanten Discussionen und leb¬ 
haften Erörterungen, welche in den verschiedensten wissenschaft- 
nchen Vereinen unseres Vaterlandes und anderer Länder statt- 
gehabt haben. Ich will heute nicht über die verschiedenen Formen 
der acuten PerityphHtis, die acute diffuse Perforationsperitonitis, 
den perityphlitischen Abscess, die retroperitoneale Phlegmone, 
den paratyphUtischen Abscess und wie sonst die klinischen Be¬ 
zeichnungen der Wirkungen derselben Ursache lauten mögen, 
sprechen, sondern nur in kurzem Ihre Aufmerksamkeit auf die Be¬ 
strebungen richten, welche eine dauernde Heilung des Leidens zu 
erzielen suchen. Die PerityphHtis ist als ein zweifellos schweres 
Deiden anzusehen, ernst durch den einzelnen Anfall selbst, unlieim- 
uch und unberechenbar durch die dem ersten Anf all meist folgenden 
Recidive.. Wer einmal einen perityphlitischen Anfall überstanden, 
schwebt m gewissem Sinne in dauernder Lebensgefahr durch den 
stets möglichen Eintritt einer neuen Attaque. 

• v. . 16 uns zahlreiche Beobachtungen an Autopsieen beweisen 
ich erinnere an die Zusammenstellungen von Weir, von Bollinger 
und mancher anderer —, ist ausschliesslich der Wurmfortsatz die 
Ursache des als Perityphlitis bezeichneten Krankheitsbildes. Er- 

) Nach einer Mittheilung auf dem XI. Internationalen mediciui- 
schen Congress in Rom. 


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DEUTSCHE’MEDICINXSCHB WOCHENSCHRIFT. 


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2. August. 


krankungen des Coecums wurden nur in geringer Anzahl beobachtet. 
Die in den letzten Jahren durch Entfernung des Wurmfortsatzes 
gewonnenen Erfahrungen beweisen die Richtigkeit dieser An¬ 
schauungen. Gerade diese Präparate geben uns Aufschluss über 
den pathologisch anatomischen Vorgang, welcher der in Rede 
stehenden Erkrankung zugrunde liegt. 

Das Material, welches bislang ein kleines war, hat sich in den 
letzten Jahren ganz erheblich und vortheilhaft vermehrt. Als ich 
im Jahre 1890 auf dem Congress der deutschen Gesellschaft für 
Chirurgie Gelegenheit nahm, zur radicalen Beseitigung der recidi- 
virenden Form der Perityphlitis die vollständige Entfernung des 
erkrankten Wurmfortsatzes zu empfehlen, konnte ich nur über fünf 
derartige erfolgreich operirte Fälle berichten; vor mir war bereits 
Tröves in einem und Senn in zwei Fällen in derselben Richtung 
operativ vorgegangen, doch waren mir ihre diesbezüglichen Mit¬ 
theilungen erst später zu Händen gekommen. Diesen drei günstig 
verlaufenen Fällen konnte ich meine beiden ebenfalls erfolgreichen 
Operationen ansehliessen. Inzwischen hat sich die Zahl dieser wohl 
als segensreich zu bezeichnenden Operation ganz wesentlich ver¬ 
mehrt, und ich darf wohl behaupten, dass sie nunmehr ein all¬ 
gemein anerkannter und von den meisten Chirurgen a'usgeübter 
operativer Eingriff ist. Es sind nicht nur die Chirurgen Amerikas, 
welche über eine grosse Anzahl in diesem Sinne ausgeführter Opera¬ 
tionen zu berichten haben, sondern auch diejenigen Englands, Frank¬ 
reichs, Deutschlands, Dänemarks, Schwedens und anderer Länder 
haben in grosser Anzahl zielbewusst wegen recidivirender Perity¬ 
phlitis die Operation vorgenommen. Es würde zu weit führen, 
Namen und Zahlen der bisher ausgeführten Operationen mit- 
zutheilen, ein geringer Procentsatz bleibt es immerhin im Vergleich 
zu der Häufigkeit der Erkrankung und ihren mehr oder weniger 
schweren Recidiven, und gerade in Deutschland scheint mir die 
Operation noch nicht die Bedeutung erlangt zu haben, auf welche 
sie Anspruch erheben darf. 

Ich habe bis jetzt 24 mal Gelegenheit gehabt, die Entfernung 
des Processus vermiformis in den verschiedensten Stadien der recidi- 
virenden Perityphlitis vorzunehmen. Sämmtliche Kranke sind 
geheilt, alle von Rückfällen oder Beschwerden befreit 
geblieben. Ausser den Erfolgen der Operation, wodurch die 
Kranken von einer dauernden Gefahr befreit und ihrer Thät-igkeit 
und dem Genüsse des Lebens wiedergegeben wurden, boten die 
durch die Operation gewonnenen Präparate soviel typisch wieder¬ 
kehrende Erscheinungen und gaben, wie ich glauben möchte, Auf¬ 
schlüsse über die Entwickelung und den Verlauf der Perityphlitis, 
dass ich dieselben hier kurz erwähnen möchte. Sämmtliche Opera¬ 
tionen wurden in dem intermediären Stadium, nach Ablauf der 
fieberhaften Erscheinungen, der entzündlichen Reizung und Schmerzen 
ausgeführt. Reste des sog. Exsudates waren vielfach noch vor¬ 
handen. — Allen Präparaten gemeinsam ist ein charakteristisches 
Symptom, die chronische Entzündung, welche in keinem Stadium 
fehlt und mir die primäre Form der Appendicitis zu sein scheint, 
daran schliesst sich die Bildung von Geschwüren mit und ohne 
Perforation, dieser folgend die Strictur, die ampullenartige Dilata¬ 
tion des Lumens unterhalb der Strictur mit kothigem Inhalt, Ver¬ 
dickung desselben und Bildung von Kothsteinen. Betreffs der event. 
Entwickelung des Leidens möchte ich mich, fussend auf meine 
pathologisch-anatomischen Erfahrungen, den Ansichten des ver¬ 
storbenen Iversen ansehliessen. Durch irgend eine Ursache ent¬ 
steht ein acuter Dickdarmkatarrh, eine Schwellung der Schleim¬ 
haut des Coecums, welche sich dem nahe gelegenen Processus 
vermiformis mittheilt. Das von der entzündeten Schleimhaut des 
letzteren abgesonderte Secret entleert sich anfangs in das Coecum, 
später wird dies unmöglich, da die physiologisch engste Stelle, die 
Gerlach’sche Klappe z. B. durch ihre Schwellung das Lumen 
verlegt und den Austritt hindert. Oft kann wohl nach erfolgter 
Abschwellung nochmals Entleerung des Secrets in das Coecum 
stattfinden, bei Wiederholung des Katarrhs bleibt Secret und mit 
ihm die Ursache dauernder Reizung zurück. Ist erst der chronische 
Reiz und mit ihm die chronische Entzündung vorhanden, so er¬ 
klären sich die späteren und weiteren Stadien der Erkrankung, 
welche uns die Präparate in ihrer schrittweisen Weiterentwickelung 
deutlich vor Augen führen, relativ leicht. Die einzelnen exstirpirten 
Organe sind klare Paradigmata der einzelnen Stufen der Erkran¬ 
kung, von dem anfangs einfachen chronischen Katarrh beginnend 
bis zur Perforation des Geschwürs und zur Bildung des Kothsteins 
aus den stagnirenden Kothmassen. In vier Fällen handelte es sich nur 
um eine chronische Entzündung, um starke Auflockerung der Mu- 
cosa, mit meist übelriechendem Inhalt, hochgradiger Verdickung 
der Muscularis; der ganze Wurmfortsatz ist meist in einen derben, 
sich starr anfühlenden Strang verwandelt. Eine Perforation ist 
zum Zustandekommen einer Entzündung in der Umgebung des 
Processus vermiformis nicht nothwendig, wie einige unserer Fälle, 
welche mit schweren klinischen Erscheinungen, lebhaften Schmerzen, 


starkem Meteorismus, hohem Fieber und deutlich nachweisbaren 
Exsudaten einhergingen, lehren. Nach der durch die operative 
Entfernung möglichen Untersuchung des Wurmfortsatzes zeigte sich 
nur ein Zustand chronischen Katarrhs. Der grosse Drüsenreich¬ 
thum des Processus vermiformis, die zahlreichen Lymphbahnen, 
welche von dort in das benachbarte Peritoneum ausgehen, lassen 
bei der stets verletzten und erkrankten Schleimhaut eine Infection, 
eine Lymphangitis septica in der Umgegend und im benachbarten 
Peritoneum als sehr wahrscheinlich hervortreten, zumal uns durch 
das Experiment Körte’s die physiologisch vorhandenen, leicht zu 
durchdringenden Bahnen klargelegt sind. — In sechs Fällen han¬ 
delte es sich um mehr oder weniger tiefgehende Geschwüre mit 
leichteren oder schweren Stricturen, welche, jedoch nicht perforirt 
waren. In neun Fällen handelte es sich um grössere oder kleinere 
Perforationen mit zum Theil sehr hochgradigen Stricturen und 
meist sehr derben Verwachsungen. Die Perforation war zuweilen 
leicht verklebt, zum Theil offen, so dass es nur eines geringen An- 
stosses bedurfte, um neue Entzündungen hervorzurufen. In drei 
Fällen befand sich die Perforationsöffnung am Uebergang des Pro¬ 
cessus vermiformis in das Coecum, so dass der erstere dicht am 
Coecum entfernt werden musste. Die Naht des Coecums, welches 
an dieser Stelle stark verdickt war, heilte in zwei Fällen nicht und 
führte zu vorübergehenden Kothfisteln; es ist dies zweifellos der 
ungünstigste Sitz der Perforation. Die übrigen Perforationen 
sassen oft an der Spitze des Wurmfortsatzes, oft in der Mitte oder 
an einer anderen Stelle, stets von Stricturen begleitet. In zwei 
Fällen war das Coecum secundär perforirt; das Geschwür des mit 
dem Coecum verlötheten Wurmfortsatzes hatte auch die Serosa und 
die übrigen Schichten des Coecums perforirt. Im Fall II war infolge 
dessen hochgradige Ulceration und Verengung des Coecums ein¬ 
getreten, so dass das Coecum resecirt Werden musste; in einem 
anderen Falle wurde die Perforationsöffnung des Coecums excidirt 
und durch die Naht geschlossen. In vier Fällen waren Kothsteine 
vorhanden, welche zum Theil die Wand perforirt hatten und aussen 
sichtbar waren. Interessant war in einem Falle die in den ver¬ 
schiedensten Stadien befindliche Entwickelung des Kothsteines; 
neben zum Theil noch weichem Koth lagen harte Kothbröckel und 
zum Theil schon fertige Kothsteine, von denen einer bereits die 
Wand des Appendix durchbohrt hatte und weit in die Oeffnung 
hineinragte. Die Verwachsungen der Darmschlingen oder des 
Netzes mit dem Coecum oder der Bauchwand waren oft sehr hoch¬ 
gradig, der Wurmfortsatz zuweilen ganz in Schwarten eingebettet. 
In mehreren Fällen von vorangegangener Exsudatbildung fanden 
sich zwischen den Adhäsionen Heerde mit Eiter und bröckeligen 
Massen gefüllt; dieselben wurden nach Möglichkeit ausgeschabt 
und gereinigt. 

Bei keinem der vorliegenden Präparate konnte ich den Ein¬ 
druck gewinnen, dass eine spontane Rückbildung ad integrum 
möglich gewesen, wohl aber musste ich bei vielen annehmen, 
dass bald ein neuer und vielleicht schwerer Anfall eingetreten 
wäre. . 

Wie es, wie wir gesehen, Abstufungen des pathologisch-anato¬ 
mischen Bildes giebt, so sind auch die durch dieselben bedingten Sym¬ 
ptome verschieden; jedoch möchte ich besonders hervorheben, dass 
absolut kein bestimmtes Verhältniss zwischen anatomischem Befund und 
der Schwere des Anfalls besteht. Einfache chronische Entzündungen 
ohne Perforation, ohne Kothaustritt rufen oft die stürmischsten und 
gefährlichsten Symptome hervor, während Perforation u. dgl. oft 
nur mit ganz massigen Erscheinungen antworten. Dass eine 
Perityphlitis stets als eine sehr ernste und gefährliche Erkrankung 
anzusehen ist, darüber ist wohl kein Zweifel. Dass eine einmal 
überstandene Blinddarmentzündung nicht wiederzukehren braucht, 
das haben wir alle erfahren, dass aber-nach 18 oder 15 Jahren Recidive 
eintreten können, die dann häufig gefahrbringend werden, beweisen 
die Fälle 17' und 20. Auch nach stattgehabtem pentyphlitischem 
Abscess (Fall 19), welcher incidirt wurde und allmählich ausheilte, 
können Recidive eintreten. Der Wurmfortsatz befand sich, ohne 
adhärent zu sein, ohne jede Verwachsung im Stadium der chronischen 

Entzündung. . . , _ 

Ob ein Anfall der erste und der letzte sein wird, ob mit dem 
nächsten jeder Rückfall ausgeschlossen ist, oder ob einer der nächsten 
Anfälle zum Tode führt, oder ob immer wieder Recidive eintreten 
werden, das vermag kein Mensch vorauszusagen. Im allgemeinen 
möchte ich nach meinen Beobachtungen annehmen, dass, wenn 
mehrere Reeidive eingetreten sind, die Aussichten für eine daimrnde 

Spontanheilung sehr gering sind, dass vielmehr die weiteren Kiick- 

fälle an Intensität eher zunehmen und noch häufiger 111 ku, * en 
Intervallen eintreten. Eine Operation, welche derartige Kranke 
über denen beständig eine gefahrdrohende Wolke schwebt die 
ihrem Beruf und im Genuss des Lebens und der es ^ 

hindert sind und nicht wissen,-ob der nächste Anfall viel — 
Ende herbeiführt, zu gesunden Menschen zu machen imstande 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31 


halte ich für eine eehr segensreiche und dieselbe nicht nur für 
gerechtfertigt, sondern für dringend geboten. Die Gefahren, welche 
fnit dem Eingriff verbunden sind, scheinen mir nicht besonders 
gross, ntid der Preis, um die er ausgeführt wird, die Wiedererlan¬ 
gung der vollen Gesundheit, wohl des Wagens werth. Unsere 
24 Operirten sind alle geheilt und von ihren Leiden dauernd befreit. 

1 Wir haben nur in einem Falle, in dem nach langer ander¬ 
weitiger Behandlung das Exsudat nicht schwand, Patient dauernd 
Schmerzen hatte und endlich von seinem Leiden befreit sein wollte, 
auf dringenden Wunsch des Kranken nach dem ersten Anfall die 
Operation ausgeführt, in den übrigen Fällen nach zwei bis 20 vor- 
angegangenen Anfällen. Waren erst wenige Attaquen vorausge¬ 
gangen, so richteten wir uns nach dem örtlichen Befund, den Be¬ 
schwerden, dem Allgemeinbefinden des Patienten und dessen Wunsch, 
hachdem ihm die Gefahren eines derartigen operativen Eingriffs 
klar gemacht waren; direkt nach dem ersten perityphlitisehen Anfall 
im allgemeinen die Operation auszuführen, dazu hielt ich mich 
nicht berechtigt. 


Die Diagnose ist bei der reoidivirenden Appendicitis meist 
nicht schwer zu stellen, die Patienten stellen sie meistens selbst. 
Immerhin sind Verwechselungen mit Gallensteinkoliken, Magen- 
affectionen, Pyosalpinx u. dgl. möglich, und die richtige Diagnose 
oft Teeht schwierig. Meistens ist der Processus vermiformis 
als harter, walzenförmiger Körper zu fühlen, oft findet sich, 
dürch Adhäsionen bedingt, ein mehr oder weniger grosser Tumor 
in der Gegend des Coeeums. Grosse Schwierigkeiten kann jedoch 
die Diagnose zuweilen bei ungenügender Anamnese in solchen 
Fällen bereiten, in denen keine besonders schweren, mit acuten 
Stürmischen Symptomen einhergehende -Anfälle vorausgegangen 
mnd, so dass öas Leiden mehr einen subacuten Charakter trägt. 
Dauernde Sehmerzen in der Gegend des Processus vermiformis be¬ 
sonders lokale. Empfindlichkeit auf Druck, vorübergehende Exacer¬ 
bationen und Nachweis des pathologisch veränderten Organs, was 
morst in Narkose gelingt, sichern die Diagnose und beseitigen meist 
die Zweifel wegen eines eventuell beginnenden malignen Tumors 
des Coeöums oder des Wurmfortsatzes. 

, Was die Technik der Operation änbetrifft, so ist es rathsam 
direct m die freie Bauchhöhle vorzudringen und vom Coecum 
aus die Lösung der Verwachsungen vorzunohmen. Man findet 

deh Wurmfortsatz fast stets mit seinen! Ansatzpunkt an dem von 
Mac^Burney festgestellten Punkt, zwei Zoll nach innen von 
dör Spina anterior Superior auf einer von dieser nach dem 
Nabel gezogenem Linie. Lässt man den Schnitt parallel dem 
lAgamentum Pouparth durch diesen Punkt gehen, so gelingt 
öiO- Onentirung meist schnell. Bei vorhandenen starken Ver- 
wachsungen bereitet die Auffindung des Wurmfortsatzes oft recht 
ethObhche ••SohwJengkelfcOn-; -srnd ersiere nicht vorhanden, so ist die 
Operation rasch auSzufuhren. Meist kann man vorher nach dem 
die technischen Schwierigkeiten der Operation 
erkennen. Ist der Appendix freigelegt/so durchsclmeiden wir seine 
U " d Mus 5 u ^ aris . bls auf dieMucosa circulär, präpariren eine 
Mänsehette zurück, binden die Mucosa ab und nähen nach Ab- 
teennung des Wurmfortsatzes die Manschetten mit einigen ver- 

W^eh thpilwnriH^ ii Näilton w da ™ ber zusammen. Schluss der 

Weichthedwunde durch versenkte Oatgut- oder Silbernähte. 

SkizZO folgen 26111611 Krankenbeobaoht ' un g en lasse ich in kurzer 

feche^Anföhe alt ' Recidivi ™nde Perityphlitis. Mehr- 

Mitte l ^ v 68 ? rocessuö vermiformis. Perforation in der 

i 6 1 pe ” pb< * d&V0Q sackförmige Erweiterung mit übel¬ 

riechendem Secret gefüllt. Strictur in der Höhe der Pcrforati^n chm 
plS cl,, Entzündung. Heilung, ohne spatere Beschwerden. ° “’ 

iii das Coecum, an Welcher der w a ? der Üeber g an gsstelle 

derbe- ütrictur. Während der HeitaTBU^ abr618 ^ Peripherwtets 
sich bald resorbirt. Hdlung g Bd<tDS «“^Exsudats, welches 

schneie Anfälle. U Opemtion 0 30^nuar 1891 lvl ™ nde Perityphlitis. Sieben 
mit ,dem Coecum verlötliet PerfnraHmT ' ' , Rr °° essus vermiformis fest 
Blinddarm etwa Ünsengross’ Ät Lu der p Ueber Sf stelle in den 
der von derben Rändern umgebenen' Naht 

Heilung; Kothfistel erst’ ^- hSi de ? Coeeums. Langsame 

nachdem ein Schwerer Typhus libefctonZ 


Fall 5. Fräulein N-, 38 Jahre alt; drei Anfälle mit Exsudatbildung. 
Reseetion des Processus vermiformis 20. Juli 1891. Massige Verwachsungen 
6 cm langer Wurmfortsatz in allen drei Schichten verdickt, stark aufge¬ 
lockerte Schleimhaut, Strictur in der Mitte, keine Perforation. Heilung 

Fall 6. Herr F. aus Finland, 35 Jahre alt, 16 schwere Anfälle- 
Patient hochgradig abgemagert und elend. Vor der Operation, dnreh die 
Reise veranlasst, leichter Anfall; Resectio processus vermiformis den 
9. Juli 1891. Leichte Adhäsionen. Wurmfortsatz 10 cm lang, in allen 
Schichten verdickt. Zwischen unterem und mittlerem Drittel eine derbe 
Strictur undurchgängig; in derselben eingekeilt ein erbsengrosser Koth- 
stein; derselbe hat die Wand des Appendix bereits perforirt und liegt 
äusserlich sichtbar zu Tage. Reseetion, Stumpf des Coeeums invaginirt 
Etagennähte. Reactionslose Heilung. ö 1 

Fall 7. Carl H., 34 Jahre alt, vier Anfälle mit Exsudatbildung. 
Januar 1892 Operation. Hühnereigrosser Tumor zu fühlen, gebildet durch 
Adhäsion von Netz und Darm, Lösung derselben; Processus vermiformis 
fest verwachsen; in allen Schichten verdickt, Perforation nicht verlöthet, 
in der Mitte derbe Strictur, Erweiterung des Lumens unterhalb derselben; 
übelriechender Inhalt, Invagination in das Coecum, Naht. Heilung 

Fall 8. Herr K., 36 Jahre alt. 20 Anfälle, vor 12 Jahren der 
erste. Sitz des Schmerzes nicht in der Gegend des Ileocoecums, sondern 
der Gallenblase. Operation 20. Fobruar 1892. Wenige Adhäsionen. Re- 
section des 6'/a cm langen Wurmfortsatzes; derselbe ist verdickt in allen 
Schichten, entzündliche Schwellung der Schleimhaut (nach der Leber hin 
umgeschlagen). In der Mitte Strictur. Geschwür nach dem Mesenteriolum 
hat die Serosa nicht durchbrochen. Unterhalb der Strictur in circa 2 cm 
Länge ausgedehnte Ampulle, mit Koth gefüllt, welcher zum Theil schon 
verhärtet, zum Theil einen fertigen Kothstein präsentirte. Reseetion, 
Invagination. Heilung. Später an Cholera gestorben. 

Fall 9. Friedrich H., 23 Jahre. Zwei schwere Anfälle mit Exsudat¬ 
bildung. Nach Resorption desselben Operation 7. März 1892. Derbe Ad¬ 
häsionen. Wurmfortsatz kurz, in allen Schichten verdickt, Strictur in der 
Mitte, periphere Erweiterung mit schmierigem, übelriechendem Inhalt ge¬ 
füllt. Reseetion und Naht. Heilung per primaru. 

Fall 10. Frau Gr., 32 Jahre alt. Mehrere schwere Anfälle mit Ex¬ 
sudatbildung; dauernde Schmerzen. Hühnereigrosser Tumor zu fühlen. 
Operation 10. März 1892. Starke Verwachsungen der Darmschlingen 
untereinander und mit dem Netz. Mühsame Lösung desselben, sowie des 
fest eingebetteten Processus vermiformis; derselbe hochgradig verdickt, 
Strictur und Perforation au der Uebergangsstello in das Coecum; Appendix 
muss hart an demselben excidirt werden. Naht des Coeeums. Es bildet 
sich eine Kothfistel, welche sich jedoch spontan nach kurzer Zeit schliesst. 
Heilung. 

Fall 11. F. H., 25 Jahre alter Krankenwärter. Zwei Anfälle, der 
letztere im Marienkrankenhause behandelt, wünscht dringend die Operation; 
den 21. März 1892 ausgeführt. Faustgrosser Tumor zu fühlen. Feste Ver¬ 
wachsungen. Abscesshöhlen von Wallnussgrösse eröffnet und ausgeschabt. 
Processus vermiformis stark verwachsen. Chronische Entzündung aller 
Schichten. Strictur, Perforation (in die Abscesshöhlen mündend) im unteren 
Drittel. Reseetion und Naht nach Bildung einer Serosamanschette. 
Heilung. 

Fall 12. V. W., Arbeiter, 29 Jahre. Patient machte auf der inneren 
Abtheilung einen schweren Anfall durch, Exsudat will sich trotz langer 
Behandlung nicht resorbiren; dauernde Schmerzen, arbeitsunfähig. Patient 
drängt zur Operation. Ausgedehnte, schwer zu trennende Verwachsungen 
der Darmschlingen untereinander und mit dem Peritoneum. Processus 
vermiformis in allen drei Schichten verdickt, fest verwachsen mit der Um¬ 
gebung, schwierige Lösung. Etwa in der Mitte Strictur, Perforation, aus 
der der erbsengrosse Kothstein hervorragt. Exsudat mit kothigem Secret 
gefüllt. Reseetion, Manschettenbildung,Naht. Heilung. 

Fall 13. Fräulein S., 19 Jahre alt. Vier schwere Anfälle seit Sep¬ 
tember 1892. Operation 8. Mai 1893, drei Wochen nach dem letzten An¬ 
fall. Processus vermiformis hart, verdickt, Schleimhaut aufgelockert und 
im Stadium chronischer Entzündung, übelriechendes Secret als Inhalt. 
Reseetion und Manschettenbildung. Heilung per primam. 

Fall 14. Herr W., Görlitz. Drei schwere Anfälle, Exsudatbildnng, 
dauernde Schmerzen; arbeitsunfähig. Operation den 15. Mai. Derbe, feste 
Verwachsungen; Processus vermiformis vollständig in Schwarten einge¬ 
bettet und kaum zu finden. Es war dies die schwierigste aller Opera- 
üonen. Processus vermiformis in toto verdickt, perforirt und stricturirt. 
Reseetion dicht am Coecum. Heilung. 

Eall 16. Frau K., 36 Jahre alt. Vor 15 Jahren erster AnfaB, vor 
sechs Jahren zweiter, Juli 1893 dritter, schwerer Anfall. Erkrankung von 
/4 Jahr Dauer, vier Wochen ausser Bett., vierter schwerer AnfaB. Ope¬ 
ration 10. Januar 1894. Ausgedehnte, derbe Adhäsionen, Wurmfortsatz 
m Schwarten eingebettet, kaum zu lösen, wird mühsam mit Zerstörung 
der Serosa gelöst und am Uebergang in das Coecum resecirt. Naht der 
Coecumöffnung. Heilung der äusseren Bauchwunde per granulationein. 

Fall 17. Herr M., Kaufmann, 33 Jahre alt. 17 AnfäBe; ein An¬ 
fall im 9. Lebensjahr, ein zweiter im 14., ein dritter im 27., von da ab 
häufen sich die Anfälle und werden immer heftiger, 1893 fünf AnfäBe von 
grosser Heftigkeit und Schwere. Reseetion den 12. Januar 1894. Wenig 
Adhäsionen. Processus vermiformis in allen Schichten verdickt. Schleim¬ 
haut auf^elockert, an einer Stelle leichte Verengerung, Manschettenbildung, 


Wochen an das Bett gefesselt. Processus vermiformis als harter unc 
ninder Körper deutlich. zu fühlen. Reseetion den 8. September 1893 
Processus vermiformis sehr lang, wenig adhürent, chronische Entzündung 
m allen Schichten verdickt, Schleimhaut stark aufgelockert, Naht nacl 
Manschettenbildung. Heilung. 


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2. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Fall 19. Herr 0., 33 Jahre alt. Drei schwere Anfälle, der letzte 
vor circa neun Wochen mit diffusen, peritonitischen Erscheinungen und 
Exsudatbildung. Operation den 19. Januar 1894. Coecuni au der Darm- 
beinschaufel fest adhürent, Processus vermiformis massig verwachsen, be¬ 
sonders in seinen peripheren Theilen. Resection, Verdickung aller 
Schichten, derber, harter Körper, Strictur, Abscess, die Mucosa durch¬ 
dringend, Manschettcnbildung, Naht. Heilung. 

Fall 20. Otto R., 13 Jahre alt. Mit dem sechsten Lebensjahr erster 
Anfall. Nach einiger Zeit zweiter, schwerer Anfall, peritypklitischer Ab¬ 
scess, welchen ich incidirte, elf ßecidive, darunter eins mit nochmaliger 
Abscossbildung. Incision. Anfang November 1893 letzter Anfall. Re- 
sectio processus vermiformis 13. Februar. Wurmfortsatz nur mässig ver¬ 
wachsen, 5 cm lang, in allen Schichten verdickt. In der Mitte derbe 
Strictur; peripher davon ampullenartige Erweiterung mit schleimigem, 
übelriechendem Inhalt. 

Fall 21. Herr T., 21 Jahre alt. Vier Anfälle. Juni 1893 erster 
Anfall, September zweiter von vier Wochen Dauer, November dritter An¬ 
fall, dem der vierte bald folgte. Die letzten Anfälle imm er schwerer, 
mit hochgradigem Meteorismus, Fieber und Schmerzen. Resection des Pro¬ 
cessus vermiformis den 1. Februar 1894. Chronische Entzündung aller 
Schichten, Strictur und Perforation in der Mitte. Inhalt übelriechendes 
Secret. Heilung. 

Fall 22. HerrG., 44 Jahre alt. Vier schwere Anfälle seit August 1892. 
Operation 13., März 1894. Wurmfortsatz in Schwarten eingebettet, halb¬ 
kreisförmig zusammengezogen. Schon vor der Spitze linsengrosse Perfo¬ 
ration, dieselbe erstreckt sich bis in das Coecum. Resection des Wurm¬ 
fortsatzes. Chronische Entzündung, Strictur, mit Geschwür und Koth- 
stein. Manschettenbildung, Naht. Naht des excidirten Coecumgeschwürs. 
Heilung. 

Fall 23. Frau T., 26 Jahre alt. Sechs Anfälle, erster und letzter 
besonders heftig. Juni 1890 erster Anfall, letzter Anfang Februar 1894. 
Nach Beendigung desselben 23. Februar Resectio processus vermiformis. 
Leichte Adhäsionen, chronische Entzündung des Appendix, Geschwür, 
nicht perforirend, Strictur. Heilung. 

Fall 24. Knabe von zwölf Jahren. Sechs Anfälle seit fünf Jahren, 
dieselben nahmen an Intensität zu. Processus vermiformis zu fühlen. 
Resection den 15. December 1893. Mässige Adhäsion. Processus vermi¬ 
formis kurz, hochgradig verdickt, chronische Entzündung. Manschetten¬ 
bildung, Naht. Heilung per primam. 


VI. PraktischeErwägungenüber das Operiren 
unter Anwendung der Narkose. 

Von Prof. Dr. 0. Witzei in Bonn. 

(Schluss aus No. 30.) 

Wir begnügen uns hier damit, nur auf die gewöhnlichen 
grossen, operativen Schädigungen, ihre Beziehungen zu be¬ 
stehenden pathologischen Veränderungen und zur Narkose hin¬ 
zuweisen. 

Die Herzthätigkeit wird in schädlicher Weise beeinflusst in 
erster Linie durch den Blutverlust, der um so verderblicher 
wird, wenn er plötzlich eintritt, zumal bei Kindern, Greisen, bei 
sonst geschwächten Personen und bei Trinkern. Wunderbar ist 
auf der anderen Seite die Fähigkeit des menschlichen Organismus, 
grössere Blutverluste in kürzester Zeit selbst während der Dauer 
der Operation aus der Gosammtsäftemasse zu ersetzen. Trotzdem 
bei einer Mammaexstirpation z. B. anfänglich die äussere Haut 
und die Schleimhäute wurden infolge des grossen plötzlichen 
Verlustes an Blut äusserst blass und trotzdem eine langwierige 
Achselausräumung nicht ohne weitere Verluste abgeht, gewinnt 
die Kranke wieder gute Färbung, der Puls wird wieder voll und 
langsam. — Allmählich während einer längeren Operation statt¬ 
findende Blutverluste haben, wenn sonst keine Schädigungen auf 
das Herz einwirken, infolge der Ausgleichung aus der übrigen Säfte- 
masse ein Kleiner- und Schnellerwerden des Pulses überhaupt nicht 
zur Folge. Wohl zu beachten ist für Eingriffe, die mit starker 
Blutung verbunden sind, der Umstand, dass ein plötzliches Auf¬ 
richten des Oberkörpers genügen kann, um Insufficienz der Blut¬ 
masse herbeizuführen. Das vorher eben noch genügend mit Blut 
versorgte verlängerte Mark functionirt infolge der jetzt mangel¬ 
haften Zufuhr schlechter und setzt unter Umständen seine Thätig- 
keit ganz aus. Ein derartiges Ereigniss kann nur zu leicht dem 
Narkoticum zur Last gelegt werden. 

Eine von der Blutfüllung des Gefässsystems unabhängige Her¬ 
absetzung der Herzthätigkeit wird auf reflectorischem 
Wege hervorgerufen. Eine solche Reflexwirkung tritt bei der 
Darmabklemmung allmählich zunehmend auf, sie kommt in einer, 
oft erschreckend schnellen Weise zustande, als operativer Shok, 
bei Manipulationen im Bauckraum, beim Wühlen zwischen den 
Darmschlingen, beim Zerren am Netz. Ohne den Fortschritt der 
Operation mit den Augen zu verfolgen, kann bei Laparotomieen 
der narkotisirende Assistent am plötzlichen Klein- und Schnell- 
werden des Pulses fühlen, wann nach Eröffnung der Bauchhöhle 
das^Bauclifell in genannter Weise zum ersten male gereizt wird 
und wann im weiteren Verlaufe der Operation die Reizung sich 


631 


wiederholt. — Ganz ähnlich wirken operative Eingriffe an dem 
Samenstrang und an den Testikeln, die Zerrung und Verletzung 
grosser Nervenbündel und in unerklärter Weise die Lösungen von 
Verwachsungen im ßauchraume sowohl als auch in den Gelenken. 

Eine direkt schädigende Wirkung des operativen Eingriffes 
auf die Centralleitung des Herzens und der Atlimung kommt 
wohl nie vor, dagegen gelegentlich eine Besserung störender Ver¬ 
hältnisse am Athmungs- und Herzcentrum durch operative Ent¬ 
fernung raumbeengender Dinge aus dem Schädelraum. 

Schliesslich sei noch einer wuchtigen, merkwürdigerweise bis 
jetzt kaum beachteten Sache Erwähnung gethan, nämlich der direk¬ 
ten operativen Schädigung der die Athmung und Herz¬ 
thätigkeit regulirenden Nerven in ihrem Verlaufe am 
Halse. Bei grossen Halsoperationen ist der Verlauf 3 / 4 Stunden 
und länger ganz glatt und ruhig. Der Puls ist vielleicht infolge 
des Blutverlustes etwas schwächer geworden, oder er hat sich gar 
nicht geändert; die Athmung ist ruhig und ungestört; die Operation 
nähert sich dem Ende; es wurde vielleicht schon gar kein Be¬ 
täubungsmittel mehr gegeben oder die Narkose nur noch durch 
minimale Dosen unterhalten, — da wird plötzlich die Athmung 
flach, der Puls setzt sofort aus, oder es ist noch eine kurze Reihe 
schnell aufeinanderfolgender Schläge, schwach und schwächer 
werdend, an der blossliegenden Carotis wahrnehmbar, mit den 
letzten oberflächlichen zuckenden Athembewegungen erlischt auch 
die Herzaction. Das ist das Bild des direkten traumatischen 
Insultes auf den in der Tiefe der Wunde liegenden Vagus und 
wohl auch auf den Sympathicus. — Dass die, gewiss häufig- 
unbeabsichtigt und unbemerkt erfolgende Durcbtremiung des Ner¬ 
vus laryngeus superior, oder die mechanische und chemische 
Reizung desselben in der Wunde Ursache für Abnahme der Fre¬ 
quenz der Athmung und für Athemstillstand wurde, ist noch nicht 
mit Sicherheit beobachtet. 

Somit tritt, durch die Operation bedingt — wenn wir von der 
Aspiration von Blut und Erbrochenem hier zunächst absehen — 
die Gefahr für die Athmung nicht isolirt auf, sondern meist erst 
nach der Herzstörung oder auch gleichzeitig mit derselben. Eine 
combinirte Einwirkung auf die Lungen und das Herz stellt sich in 
acutester Weise ein bei der operativen Eröffnung der Brust¬ 
höhle. Ich habe vor einigen Jahren (Centralbl. f. Ckir. 1890, 28) 
gezeigt, dass beim operativ entstehenden offenen Pneumothorax neben 
dem Collaps der Lunge eine Verdrängung des Herzens nach der ver¬ 
letzten Seite — nicht wie beim geschlossenen Pneumothorax nach 
der gesunden Seite — hin entsteht, und dass die starke Abkniekung 
der Herzgefässe in kürzester Zeit äusserste Gefahr bringen kann, 
wenn man nicht durch direkten Druck das Herz in seine normale 
Lage bringt. Die Operirten können auch infolge dieser Abkniekung 
noch in einigen Tagen allmählich eingehen, wenn keine Abhülfe ge¬ 
schaffen wird. Dass die künstliche Umwandlung des Pneumothorax 
in einen Hydrothorax und die nachfolgende Aspiration der Flüssig¬ 
keit die gefährlichen Zustände in sicherer Weise durch Wiederaus¬ 
dehnung der collabirten Lunge beseitigte, wurde an gleicher Stelle 
angegeben. 

Die vorstehenden Auseinandersetzungen zeigen dem denkenden 
Arzte, dass seine Schuldigkeit vor einer Operation durchaus noch 
nicht gethan ist, wenn ein guter Wund verlauf durch eine, eventuell 
stundenlange Vorbereitung, gesichert wurde. Nothwendig ist zu¬ 
nächst die Feststellung der pathologischen Veränderungen, welche 
für den ganzen Verlauf von Bedeutung sind (der Harn sollte wo 
irgend angängig stets vorher untersucht werden); die sorgfältige 
Erwägung der besonderen Gefahren der beabsichtigten Operation 
folgt in zweiter Linie; es gewöhne sich der Chirurg weiterhin, 
mit Hinsicht auf diese Schädigungen die Prognose der vorzu¬ 
nehmenden Narkose zu stellen, als einen wichtigen. Theil der 
Prognose des ganzen Unternehmens. Je sorgsamer nicht 
nur die bestehende Minderwertigkeit des zu operiren- 
den Körpers, die Schädigung durch die Operation und die 
bei jedem betäubenden Mittel vorhandene giftige Wir¬ 
kung nicht nur jede für sich, sondern auch in der Wechsel- 
wirkung zu den beiden anderen Factoren erwogen wird, 
um so sicherer stellt sich die Gesammtprognose für den 
operativen Eingriff, um so seltener wird derselbe unlieb¬ 
same Ueberraschungen bringen. 

Wie soll die Narkose ausgeführt werden? 

Mit unwilliger Verwunderung ist mir nicht selten begegnet 
worden, wenn ich, mit einem Collegen zum ersten male zusammen 
vor einer Operation stehend, nicht nur die Frage der Prognose der 
Narkose erörterte, sondern auch die Einzelheiten ihrer Ausführung 
in Erwägung zog. Wie darf man es aber auch wagen, nicht ohne 
weiteres vorauszusetzen, dass ein Arzt vollkommen vertraut sei 
mit einer Sache, die man Heildienem oder Hebammen, ja auch 
Laien überträgt, — deren Kenntniss in den meisten Kliniken von 


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632 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31 


vornherein vorausgesetzt wird! Wer so über die Narkose denkt, 
zeigt, dass er von der Verantwortlichkeit und der Schwierigkeit 
der Aufgabe, einen Menschen zu betäuben, keine Ahnung hat. — 
Jeder erfahrene Arzt würde, wenn er selbst in die Lage käme, sich 
in Narkose operiren zu lassen, ganz besonders genau den Collegen 
ansehen, welcher mit der Betäubung betraut werden sollte. Er 
würde sich gewiss einen solchen verbitten, der bis dahin nur von 
seinem erhabenen Platze im Auditorium aus Betäubungen gesehen 
und, wenn das Glück gut war, einen Vortrag über die Narkose 
gehört hat, der als Lückenbüsser in der klinischen Stunde einmal 
eingeschoben wurde. — Auch das in seinem bisherigen Vertrauen in 
die Unschädlichkeit der Narkose gestörte Publicum verlangt jetzt — 
und das mit unbestreitbarem Recht — vom Arzte, dass er gut zu 
betäuben versteht. Man kritisirt nicht blos die Antisepsis, sondern 
auch die Narkose, wobei allerdings die Frage, ob Chloroform, ob 
Aether, gegenüber der viel wichtigeren Frage nach der Anwendungs¬ 
art sehr unberechtigter Weise im Vordergründe steht. Auf Um¬ 
sicht und Gewissenhaftigkeit bei der Anwendung eines der gebräuch¬ 
lichen betäubenden Mittel kommt es viel mehr an als auf die Wahl 
zwischen den verschiedenen chemischen Körpern, die sämmtlich 
Gifte sind. 

Die Einleitung und Durchführung einer Narkose ist 
eine Kunstleistung, zu der nur ein tüchtiger Arzt fähig 
ist! Seine Hand verabreicht ein Gift, welches unter Umständen 
tödtlich wirken kann. Die richtige Dosirung ist nur möglich, wenn 
vorher der Kräftezustand des Patienten sorgfältig erwogen wurde, 
wenn die besonderen Schädigungen der Operation dem narkoti- 
sirenden Arzte bekannt sind. Es wird immer nur so viel gegeben 
werden dürfen, als unbedingt zur Erzielung von Schmerzlosigkeit 
und Ruhe erforderlich ist; man hat unter dieses Maass herunter 
zu gehen oder hqt das Mittel ganz fort zu lassen, wenn der unaus¬ 
gesetzt gefühlte Puls, der Gesichtsausdruck oder die Athmung sich 
verschlechtert. Dass es bei Erfüllung dieser schwierigen ärztlichen 
Aufgabe nicht möglich ist, anderweitig zu assistiren oder gar sich 
über die Tagesereignisse zu unterhalten, erscheint wohl selbstver¬ 
ständlich. — Für die richtige Werthschätzung der Leistung einer 
guten Narkose seitens der englischen Collegen spricht deutlich der 
Brauch, in den sonst durch angenehme Kürze ausgezeichneten Be¬ 
richten über Operationen auch denjenigen zu nennen, welcher die 
Betäubung besorgte. 

Im Zwange der Verhältnisse muss indess der Arzt gelegentlich 
die Verantwortung auf sich nehmen, allein zu betäuben und zu 
openren. Jedenfalls soll er aber dann bis zum Eintritt der Narkose 
selbst das Mittel geben und dabei diejenige Person unterrichten 
welcher die weitere Verabreichung zufällt. Während der Operation 
muss die Aufmerksamkeit zwischen dieser und der Narkose getheilt 

«ein — B 


Die Einverleibung des narkotischen Giftes soll für eine be¬ 
stimmte Zeit die selbstständige Function des Rückenmarkes auf- 
heben, die Thätigkeit des Grosshimes mehr oder weniger ganz 
ausschalten, dagegen diejenige des Herz- und Athmungscentrums 
im verlängerten Marke, sowie das Walten der im Herzen selbst 
gelegenen Nervencentren nicht beeinträchtigen. 

. D 1 as . s , ein ® br dske Aufhebung der Grosshirn- und Rückenmarks- 
S1 ® z - B. unheimlich schnell durch Bromäthvl ge- 
nich , t zweckmässig sein kann, ergiebt die einfachste Ueber- 
gung, aucn Organe von minder bedeutungsvoller Function ver- 
E P w tZ lche Schwankungen nicht. Andererseits darf selbst- 
redend die Wirkung des Mittels nicht zur Qual des Kranken, zur 
dftq fl y US D g T üabequemhchkmt des Arztes zu lange ausbleiben, wie 

Vor» P;, T wenn man Aether auf die gewöhnliche 

Esmarch sehe Maske giesst. 

P 1 ® Betäubung soll mit der geringst möglichen Menge toxischer 
Substanz herbeigefuhrt und gleicherweise in erforderlicher Tiefe unter- 
haiten werden. - Grösste Ruhe der Umgebung ist gut für den 
künstlichen wie für den natürlichen Schlaf. Im übrigeif zeigt sich 
dann das Geschick des Arztes darin, dass er mR'sehr^kleinen 
Mengen des Betäubungsmittels auskommt. Mit zunehmender Uebung 
werden nicht nur die Narkosen gleichmässiger, auch die Quantität 

selb^ Tnulf 1 T^ e + 8 Wd i mm t r ginger. Man kommt soweit, 
selbst Tropfen im Interesse des Kranken zu sparen. — Freilich 

issrjrÄH“ 's.sÄwf & 

die Maske wegzunehmen, um sie völlig durchtränkt bei drohendem 


Erwachen wieder aufzupressen, das ist ein Vorgehen, welches 
hoffentlich bald nirgends mehr erlaubt sein wird. Mit Recht wehrt 
sich auch instinctiv gegen eine solche intermittirende Giftüber¬ 
sättigung des Blutes der Patient nach Leibeskräften mit Händen 
und Füssen oder durch ein Anhalten des Athmens, so lano-e dies 
möglich ist. 

Auch von den Gegnern wurde dem Chloroform immer zuge¬ 
geben, dass es sich durch die Zeitdauer seiner Wirkung und durch 
die Einfachheit der Anwendung für die allgemeine Praxis vorteil¬ 
haft auszeichnet. Trotzdem waren die üblen Zufälle besonders 
seitens des Herzens bei schussweiser Darreichung doch zu häufig, 
als dass man nicht, vorsichtiger Weise, für geschwächte Personen 
wenigstens und solche mit Herzfehlern, den auch in grossen 
Dosen unschuldigeren Aether hätte bevorzugen sollen. So haben 
auch wir vor einigen Jahren immer erst überlegt, ob Aether, ob 
Chloroform aufgegossen werden sollte. Dann gingen wir zum 
continuirlichen Auftropfen des Chloroforms über. Wir erzielten 
damit schon so gute Narkosen, dass der Gebrauch reinen Aethers 
immer seltener vorkam und durch die Verwendung von Chloroform- 
Aethergemischen ersetzt wurde. Daneben erwies es sich als recht 
gut, nach Kocher bei lang dauernden Operationen so zu verfahren, 
dass die tiefe Narkose mit Chloroform nach der Tropfmethode 
herbeigeführt und dann durch Aufgiessen von Aether auf die ge¬ 
wöhnliche Maske unterhalten wurde. 

Die Möglichkeit, mit sehr geringen Dosen Chloroform (1 ccm 
für zwei Minuten im Durchschnitt) die erwünschte Betäubung zu 
erzielen und durch genaueste Dosirung zu unterhalten, brachte die 
Narkosen mit Mischungen — bei denen, wohl infolge der antago¬ 
nistischen Wirkung des Aethers, von dem gefürchteten Chloroform 
viel mehr einverleibt werden musste als bei reiner Chloroform¬ 
narkose — immer mehr ausser Gebrauch. Als wir dann zuerst im 
Verlauf einer eingeleiteten Betäubung, zur Heusoperation bei einer 
alten Dame (für welche schon der Aether zur Fortsetzung bereit 
stand) die Entdeckung machten, dass ein chemisch reines Chloroform, 
wie es die Methode Anschütz liefert, bei vorsichtigster Darreichung 
einen aussetzenden schwachen Puls zu einem regelmässigen und 
kräftigeren werden lässt, da haben wir auch nicht mehr in der 
Herzschwäche eineD Gegengrund für die Chloroformanwendung sehen 
zu müssen geglaubt. 

Es handelt sich um keine Zufälligkeit, sondern um eine regel¬ 
mässige Erscheinung, wie dies aus unseren genau geführten 
Narkosentabellen ersichtlich ist. 1 ) Der Puls, welcher fast stets zu 
Beginn der Narkose beschleunigt und schwach ist, wird bei tropfen¬ 
weiser Zuführung des Chloroform - Anschütz besser. Wir er¬ 
kennen den, früher beim Chloroformiren durch den Nach¬ 
lass der Excitation markirten Eintritt der Betäubung 
jetzt daran, dass der Puls die dem gesammten Kräfte¬ 
zustand entsprechende Stärke und Zahl annimmt. Viel¬ 
leicht liegt diese günstige Wirkung auf die Herzaction daran, 
dass die Betäubung der Regel nach ohne die geringste Unbe¬ 
quemlichkeit des Kranken und daher auch meist ohne Excitation 
ganz allmählich wie ein normaler Schlaf eintritt. Kommt es 
nämlich zum Würgen, zum Erbrechen oder zu einer stärkeren 
Aufregung, dann wird andererseits ein vorübergehendes Schlechter¬ 
werden des Pulö’es nie vermisst. 

So hat die wirkliche Reinheit des Chloroforms ausser 
den von mir in der ersten Mittheilung beschriebenen (Centralblatt 
für* Chirurgie 1893, No. 52: Das aus Salicylidchloroform gewonnene 
Chloroform An schütz) noch den so sehr wichtigen Vortheil ge¬ 
bracht, durch seine ungemein milde Wirkung indirekt die Herz- 
thätigkeit zu bessern, und zwar gerade in dem durch die 
Gefährlichkeit der Herzzufälle besonders berüchtigten 
ersten Stadium. 

Wir dürfen einem solchen Präparate, wie unsere eingehende 
Statistik immer weiter beweist, — und wie dies auch vonH. Schmid 
in seiner Arbeit: die Narkose mit dem Salicylid-Chloroform An- 
schütz (Münch, med. Wochenschr. 1894, No.26) bestätigt wird, — ein 
Vertrauen schenken, welches den früheren Chloroformarten nicht zu¬ 
kommen konnte, auch bei Anwendung der Tropfmethode. Voraus¬ 
setzung für das Vertrauen ist aber Vertrautheit des Arztes mit 
allem, was für die gute Ausführung einer Narkose Erforderniss ist. 
Deshalb habe ich es für richtig gehalten, dem Chloroform An¬ 
schütz auf seinem Wege zu den Collegen die Vorschriften gedruckt 
mitzugeben, welche für die Anwendung desselben in meinen Anstalten 
streng befolgt werden. Sie sind so einfach, dass sie auch unter den 
ärmlichsten Verhältnissen der Privatpraxis befolgt werden können; 

*) Die Tabellen über unsere Narkosen werden in der Narkosenstatistik 
der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie veröffentlicht, da ihre ausführliche 
Mittheilung hier zu weit führen würde. Es steht aber denjenigen Lesern, 
welche sich für die Einzelheiten interessiren, auf Wunsch durch den Ver¬ 
lag dieser Wochenschrift ein Abdruck von den Tabellen der ersten 200 Nar¬ 
kosen zur Verfügung. 


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2. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT* 


633 


ihr© Innehaltung macht auch - den oft erhobenen Vorwurf gegen 
das Präparat hinfällig, dass es zu theuer sei, da gewöhnlich noch 
nicht der fünfte Theil dessen gebraucht wird, was früher erforder¬ 
lich war. 

Nach brieflichen und mündlichen Mittheilungen sind manche 
Collegen nicht ganz mit der Ausführung der Narkose nach den 
gegebenen Regeln fertig geworden; ich darf dem Abdrucke der¬ 
selben hier wohl noch einige praktische Bemerkungen zufügen. 

Vorbereitung der Betäubung. 

1. Untersuchung des Herzens und der Lunge; patho¬ 
logische Zustände derselben erfordern besondere Vorsicht. 

Es ist dem früher in dieser Abhandlung Gesagten kaum etwa hinzu¬ 
zufügen. Die Untersuchung wird, wo besondere Bedenken bestehen, am 
besten wiederholt vorgenommen; besonders wünschenswerth ist es, die 
Art der Herzaction bereits am Tage vor der Operation festzustellen, da 
die Aufregung unmittelbar vor der Narkose ein sicheres Urtheil über die 
Herzthätigkeit nicht zulässt. 

2. Feststellung der Frequenz und Qualität des Pulses. 

Auch diese Feststellung geschieht am besten zu einer Zeit, wo der 

Patient noch nicht^ von dem Schrecken vor der Operation beherrscht ist. 
Für den weiteren Verlauf nach der Operation, besonders bei Laparotomirten, 
ist es ebenfalls von Bedeutung, zu wissen, wie der Puls sich zuvor in 
ruhiger Zeit verhielt. 

Den Voruntersuchungen für 1 und 2 ist zweckmässigerweise auch 
die chemische Untersuchung des Harnes hinzuzufügen. 

3. Sicherung freier Athmung durch Lösung einengender 
Kleidungsstücke, Entfernung künstlicher Gebisse. — Zungenzange 
und Kiefersperrer, ein Handtuch zum Abwischen des Mundes 
sind bereit zu legen. 

Die Bereithaltung der Instrumente, welche zur Freihaltung der Mund¬ 
passage nöthig sind, sind besonders nöthig bei den früher geschilderten 
Verlegungen der Nase, bei Schwellungen der Tonsillen und der Rachen¬ 
schleimbaut. Unter Umständen muss man sich sogar während der Operation 
cntschliessen, eine dicke Fadenschlinge durch die Zunge zu legen (genau 
median, um Verletzungen der Zungenarterien zu vermeiden) und an dieser 
dauernd die Zunge anzuzieben. 

4. Sorge für Leerheit des Magens, Auspumpen desselben 
vor Operationen bei Darmverschluss (!), sowie eventuell auch vor 
Mund-, Nasen-, Rachen-, Kehlkopfoperationen, wenn kurz vorher 
eine grössere Mahlzeit eingenommen wurde. 

Beim Ileus, besonders auch bei der paralytischen Darmstockung, 
welche durch Peritonitis bedingt ist, erfolgt das Erbrechen des durch seine 
Beschaffenheit meist höchst bedenklichen Magendanninhaltes, gewöhnlich 
ohne Würgen und sonstige Vorboten. Die üblichen Manipulationen können 
deshalb sehr leicht zu spät kommen, um den Eintritt des Erbrochenen in 
die Luftwege zu verhindern. — Die öftere Berührung der Rachenschleim¬ 
haut bei den Mund-, Nasen-, Rachen- und Kehlkopfoperationen lösen auch 
bei Narkotisirten noch leicht Erbrechen aus, und es erfolgt eine Ueber- 
schwemmung der Wunden bei den genannten Operationen. 

5. Möglichste Verhütung jeder für die Herzaction 
schädlichen Aufregung durch Bedecken der Instrumente, Ent¬ 
fernung blutbeflekter Gegenstände und dergleichen. — Ermuthigung 
des Patienten durch Zuspruch. 

In der Regel sind Kranke, welche bereits den Nachmittag und die 
Nacht vor der Operation im Krankenhause zugebracht haben, ruhiger als 
solche, die erst kurz vorher ein traten. — Bei den Voruntersuchungen 
lässt sich eher ein beruhigendes Wort anbringen als unmittelbar vor der 
Narkose. 

Ausführung der Betäubung. 

1. Der Kranke wird mit tiefliegendem Kopfe auf den 
Operationstisch gelagert, der Transport eines Betäubten ist möglichst 
zu vermeiden. 

Im allgemeinen erscheint die horizontale Rückenlage genügend. Bei 
älteren Leuten mit kyphotischer, steifer Wirbelsäule, bei Asthmatikern ist 
die Verwendung einer Nackenrolle erforderlich; bei Kropfkranken muss 
die für die Athmung bequemste Lage herausgesucht werden. Den Kopf 
bei gewöhnlicher Operation tiefer als den Rumpf, die Beine höher zu 
lagern, wie es von einigen Chirurgen empfohlen wird, erscheint überflüssig, 
ja insofern bedenklich, als man sich für den Fall einer plötzlichen Herz¬ 
schwäche im voraus eines der einfachsten und besten Abhülfmittel be¬ 
raubt hat. — Beim Aufheben eines Betäubten und Niederlegen auf einen 
anderen Tisch tritt sehr leicht Erbrechen auch bei solchen Kranken auf, die 
nicht vorher gegessen haben. Es führt dies häufig zu völligem Erwachen, 
wenn nach der Tropfmethode narkotisirt wurde. 

2. Störungen, welche den Eintritt des Schlafes ver¬ 
zögern (Reinigung des Operationsfeldes, lautes Sprechen und der¬ 
gleichen) sind fern zu halten. 

Bei strenger Befolgung dioser Vorschrift erreicht man — wie auch 
H. Schmid angiebt — ein schnelleres Eintreten der Toleranz. — Be¬ 
kanntlich besteht eines der Mittel, um den nicht kommen wollenden Schlaf 
herbeizuführon, darin, langsam zu zählen. Bei unruhigen Kranken dient 
lautes Zählen zugleich zur Regelung der Athmung. 

3. Der mit der Narkose Beauftragte hat sich mit 
nichts anderem zu befassen. Er beobachtet unausgesetzt 
Athmung, Puls, Gesichtsausdruck und meldet etwaige Störungen 
dem verantwortlichen Arzte; nur mit diesem darf er sprechen. 


Unzweckmässig ist es, dass der Arzt, welcher das Narkotikum ver¬ 
abreicht, zugleich die Masko hält, während ein anderer den Puls verfolgt. 
Die Maske wird bei uns von einem Studirenden, einem Wärter gehalten, 
welche, wo nöthig, auch den Kiefer nach vorn zu schieben verstehen; der 
narkotisirende Arzt soll mit der einen Hand auftropfen, mit der anderen 
unausgesetzt den Puls verfolgen; er bekommt dadurch die Ruhe und 
Sicherheit für die erwünschte minimale Dosirung des betäubenden Giftes; 
die stets störende Verständigung zwischen dem narkotisirenden Arzte und 
demjenigen, welcher den Puls überwacht, fällt weg. 

4. Die Form der Maske ist so zu wählen, dass unter den 
Rändern reichlich Luft zutreten kann; als Ueberzug dient eine 
mehrfache Lage nicht gestärkter Gaze, welche für jede Narkose 
neu zu nehmen ist. 

Unsere Maske hat die Form und Grösse der Esmarch’sehen; es 
wird auf dieselbe eine vier- bis sechsfache Lage der bei jeder Operation 
vorhandenen Verbandgaze aufgedrückt und durch einen federnden, der 
Umrandung entsprechenden dicken Draht niedergehalten; das Uebersteilende 
wird abgeschnitten. Der Gebrauch desselben Uoberzuges bei mehreren 
Personen ist nicht nur unappetitlich, er kann durch Zersetzung des 
Chloroforms in einem verunreinigten Maskenüborzug sogar schädlich und 
gefährlich werden. 

5. Der heutige Standpunkt der ärztlichen Erfahrung erlaubt 
für[die Chloroformnarkose nur die Tropfmethode; dieselbe gewähr¬ 
leistet bei Anwendung des chemisch reinen Chloroform Anschütz eine 
ruhige, ungefährliche Betäubung, aus welcher in der Regel 
die Patienten frei von Kopfschmerz undUebelkeit erwachen. 

Ungefährlichkeit einer Narkose kann nur erreicht werden bei sorg¬ 
fältiger Beobachtung aller besprochenen Cautelen; unverständige oder un¬ 
vorsichtige Anwendung kann jedes Betäubungsmittel lebensgefährlich 
machen. Je unruhiger der Patient ist, je länger die Erscheinungen der 
Betäubung auf sich warton lassen, um so grössere Ruhe und Vorsicht ist 
bei der Anwendung des Chloroforms geboten. In derartigen Fällen haben 
wir bis zu 20 Minuten, ruhig weiter auftropfend, gewartet, bis dann 
endlich dio Betäubung eintrat. 

6. Während der ganzen Dauer der Narkose wird das Mittel 
unausgesetzt aufgetropft, unter Benutzung der beigefügten, 
nur die Bildung kleiner Tropfen zulassenden Vorrichtung, anfangs 
langsamer, dann bis zum Eintritt voller Betäubung jede 
Secunde ein Tropfen, weiterhin bis zum Schlüsse jede 
dritte und vierte Secunde ein Tropfen. 

Ein Fehler, welcher sich sogar durch völliges Erwachen des Patienten 
rächen kann, ist die von der Gussmethode her gewohnte zeitweise Unter¬ 
brechung. Es muss fortwährend Chloroform auf die Maske gebracht 
werden, sonst gelingt es überhaupt nicht, eine gute Betäubung zu erzielen 
und zu unterhalten. — Die Oese, des in das Tropfröhrchen eingeführten 
Drahtes bestimmt die Grösse des Tropfens. Der Draht dient also nicht 
etwa wie in der Canllle der Pravaz’schen Spritze zum Offenhalten des 
Röhrchons. er muss in der Tropfvorrichtung während des Gebrauches der¬ 
selben verbleiben. (Neuerdings ist eine Tropfvorrichtung mit zwei Capillar- 
röhren ohne Draht beigegeben worden, welche den Vorzug hat, dass ein 
überreiches Aufschütten auf keine Weise mehr möglich ist.) — Man ver¬ 
meidet jede Aufregung des Kranken, wenn anfänglich dio Maske etwas 
fern von Mund und Nase gehalten und wenn auf dieselbe zunächst nur 
langsam aufgetropft wird; dann wird sie allmählich gesenkt; es fällt auf 
die Maske aus der ersten Tropfvorrichtung jede Secunde ein Tropfen, in 
schnellerer Folge kann man die Tröpfchen aus der neuen Vorrichtung 
fallen lassen. Die Kunst des narkotisirenden Arztes besteht darin, nach 
Eintritt der vollen Betäubung mit Verabreichung einer möglichst geringen 
Menge des Betäubungsmittels auszukommen, selbst Tropfen zu sparen. In 
dieser Hinsicht wird mit zunehmender Erfahrung immer Besseres geleistet. 

Zu Narkosen von der Dauer von 1 bis l l /ä Stunden genügen bei Be¬ 
folgung dieser Vorschriften 50 g reinen Chloroforms. Dem vielfach ge- 
äusserten Wunsche, den Inhalt der Fläschchen höher als 50 g zu nehmen, 
haben wir uns durchaus widersetzen müssen, wohl aber konnten wir das 
umgekehrte, volles Verständniss der Methode bekundende Ersuchen 
nach sicher verpackten Fläschchen mit einem Inhalt von 25 g und 
darunter befürworten. Mit solchen kommt man für gewöhnlich selbst bei 
grösseren Operationen vollkommen aus. — Reste dürfen, sofern eine Nar¬ 
kose nicht gleich an die andere anschliesst, zur Betäubung nicht mehr 
vorwendet werden. — Narkosen bei offenem Gaslicht sind wegen der be¬ 
kannten, durch die Entwickelung von Phosgen bedingten Gefahr, welche 
sich durch intensiven Hustenreiz aller Anwesenden ankündet, möglichst 
zu vermeiden. 

Man wird im Verlaufe dieser Abhandlung die Erwähnung eines 
Zustandes vermisst haben, welcher vielfach für plötzliche, beim 
Operiren in Narkose vorgekommene Todesfälle als entschuldigende 
Erklärung dient, es ist das dio Idiosynkrasie gegen die Be¬ 
täubungsmittel, besonders gegen das Chloroform. Nicht ohne Ab¬ 
sicht kommen wir auf diesen Begriff erst jetzt zum Schlüsse 
unserer Darstellung. 

Wir werden vorläufig noch nicht umhin können, anzunehmen, 
dass es Menschen giebt, deren vitale Functionen durch Darreichung 
einer geringen Menge betäubenden Giftes, wie das besonders beim 
Chloroform der Fall sein soll, ganz unverhältnissinässig schwer ge¬ 
schädigt werden. Wir werden aber andererseits uns klar machen 
müssen, dass durch diese Annahme eine unbestimmte Grösse als 
Nothbehelf zur Erklärung eingesetzt wird; bei der scheinbaren Un- 


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2; August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


635 


v. Szczawinski’s Thermophor 10—11 Stunden lang warm gehalten 
werden können. 

Anders liegt allerdings die Frage, ob es zweckmässig erscheint, die 
Milch für Flaschenkinder zehn Standen lang unausgesetzt auf Brut- oder 
gar höherer Wärme zu halten. Erst kürzlich ist ja von Flügge in der 
Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten davor gewarnt worden, 
die Milch in anhaltender Brutwärme zu erhalten, da selbst in nach 
Soxhlet sterilisirter Milch die Tuberkel-, Typhus-, Cholera- und 
Diphthoriebacillen zwar getödtet seien, nicht aber ein weiterer Theil der 
Bacterien (peptonisirende und alle Milchsilnrebacterion), deren Sporen weit 
widerstandsfähiger seien. Hierdurch sei die bisherige Anschauung, als 
könne die soxhlotisirte Milch für eine keimfreie Dauermilch gelten, un¬ 
annehmbar. Sind aber die peptonisirendeu Bacterienarten, deren Reincultur 
schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen (starke, ja tödtliche Diar¬ 
rhöen) noch vorhanden, so kann anhaltende Erhöhung der Temperatur 
unter Umständen die Milch nur schädlich machen. Es muss daher vom 
Standpunkte des Hygienikers davor gewarnt werden, die Milch vor ihrem 
Gebrauch länger warm zu halten, als es zur Entwickelung der pepto- 
nisirenden Bacterien kommen kann, eine Zeit, die allerdings in Zahlen 
erst genauer ermittelt werden muss. 

Um dieser wissenschaftlich berechtigten Anforderung zu genügen, 
muss also vermieden werden, in den viertheiligen Apparat am Abend 
gleich alle Flaschen einzusetzen, sondern es werden womöglich die ver¬ 
schiedenen etwa erforderlichen Flaschen erst nacheinander, d. h. die zweite 
erst nach Gebrauch der ersten u. s. w., eingesetzt. Da hierzu aber dio 
von v. Szczawinski construirten ein- und zweitheiligen Thermophore 
genügen würden, so werden die letzteren voraussichtlich dio ausge¬ 
dehnteste Verwendung für Einzelfälle finden, während die grösseren 
Apparate besonders für Hospitäler und grössere Anstalten zu empfehlen 
wären. — Aber auch im Hinblick auf die Erwärmung mehrerer Flaschen 
nacheinander ergeben die Untersuchungen, dass der Thermophor die 
Eigenschaft besitzt, auch dieser Anforderung zu genügen (s. o. Beispiel I 
und III, wo sei bst nach fünf, bezw. sechs Stunden vorher erfolgtem Kochen eine 
250 resp. 200 g Flüssigkeit haltigo Flasche noch auf 46° resp. 35° erwärmt 
wurde). Versuchsreihen, die besonders im Hinblick auf diesen wichtigen 
Punkt angestellt wurden, ergeben, wie das Beispiel IV zeigt, dass eine 
nach zwei Stunden eingesetzte Milchflasche sich bereits in 15 Minuten auf 
37«, nach fünf Stunden in 15 Minuten auf 30, in einer Stunde sogar noch 
auf 34° erwärmte. 

Versuch No. IV. 

5 Uhr 15 Min. eingesetzt 9 Uhr 15 Min. 54Va° 

5 „ 30 „ 52° 9 „ 30 „ 54 0 

6 „ 15 „ geschüttelt 9 „ 45 „ 53'/*° 

7 „ 15 „ 57° 10 „ 00 „ 53 

eine andere 250,0 Flasche eingesetzt 10 „ 15 „ 5274° 

7 Uhr 30 Min. 37° und eine dritte Flasche 250,0 Inhalt 

7 „ 45 „ 46° eingesetzt 

8 „ 00 „ 50° 10 Uhr 30 Min. 30° 

8 „ 15 „ 53° 10 „ 45 „ 33° 

8 „ 30 „ 54° 11 „ 00 „ 33 Va 0 

8 „ 45 „ 547j° 11 „ 15 „ 34° 

9 „ 00 „ 54V3 0 11 „ 30 „ 22° 

Insgesammt kann ich das Urtheil aussprechen, dass sich der nota 

bene sehr solide gebaute Thermophor v. Szczawinski’s (die Apparate 
sind durch Herrn S. M. B. v. Szczawinski, Elberfeld, Untergrüne- 
walderstr. 30, zu beziehen: der Preis für den viertheiligen Apparat 
beträgt 22 M., für den zweitheiligen 14 M., für den eintheiligen 10 M.) 
in meiner eigenen Familie bereits monatelang praktisch ausserordentlich 
sicher bewährt hat und ich diese für nächtlicher Weile so oft geplagte 
Familienmütter und -Väter so segensreiche, geradezu überraschende 
Neuheit aufs angelegentlichste empfehlen kann. 

Inwieweit der Thermophor noch für das Mitnehmen auf der Reise, 
auf Spaziergängen, auf der Jagd, im Manöver, in Hospitälern etc. nützliche 
Verwendung findet, gehört nicht hierher, soll aber wenigstens angedeutet 
werden. 


— J. J. Cohen, lieber den Phönix k ftlr ehaud. Arbeiten aus d. 
med. klin. Institut zu München 1893, Bd. III, S. 559—572. 

Der Phönix a air chaud gehört zu den Apparaten, die auf möglichst 
einfache Weise das römisch-irische Bad ersetzen sollen und angewandt 
werden können, während der Patient ruhig im Bett liegen bleibt. Der 
Apparat besteht aus einem länglichen viereckigen Holzkasten, der in das 
Bett an dessen Fussende unter die Decken gestellt wird und die ganze 

Bettbreite einnimmt. Ein Ofenrohr hängt daneben frei am Bett herab 

und mündet in die eine Schmalseite des Kastens ein. Unter dem Ofen¬ 
rohr steht eine Spirituslampe. Die heisse Luft strömt durch das Rohr 
in den Kasten, ihr Zufluss kann durch einen Rohrschlüssel im Rohr re- 
gulirt werden. Der Kasten hat in seiner gegen den Kopf gerichteten 
Wand eine Ocffnung, aus dieser strömt die heisse Luft zunächst gegen 

die Fasse des Kranken, die zum Schutz gegen zu starke Hitze mit 

wollenen Tüchern umwickelt werden können. Durch oin paar Längs- 
ßtangen, die auf dem Kasten und auf dem Kopfkissen aufliegen, werden 
die Decken etwas vom Körper abgehalten, so dass die heisse Luft den 
Körper ausgiebiger umspülen kann. Der Apparat ist leicht zu trans- 
portiren. da er ganz in den Kasten sich einpacken lässt und nur 5 kg 
wiegt. Er kostet 24 Mark bei Ch. Fulpius, Cours de Riva 17, Gen6ve. 
Er ist völlig ungefährlich. Meist genügt eine Dauer des Bades von 30 bis 
40 Minuten. Bei den späteren Bädern tritt das Schwitzen leichter auf. 
Durch Einroibcn der Haut mit spirituösen Stoffen lässt sich das Schwitzen 
erleichtern. Ueble Erscheinungen wurden nie beobachtet, ausser einmal 
Congestionen nach dem Kopf. Für chronischen Gelenkrheumatismus, echte 


Gicht, Hydropsieen bei chronischen Nierenentzündungen wäre der Apparat 
besonders angezeigt. _ E. Sehrwald (Freiburg). 

— Ein neues Hemd für Verwundete und Kranke, das sich ohne 
Lageverftnderung des Patienten in ausgiebigster Weise öffnen lässt, be¬ 
schreibt Dr. Vogl (Münch, med. Wochenschrift 1894, No. 13). Ein ge¬ 
wöhnliches, aus beliebigem Stoff gefertigtes Hemd ist in seiner Vorder¬ 
seite vom Halse nach abwärts und noch beiderseits bis zum Handende 
der Aermel aufgeschlitzt und wird, nachdem der Kranke in der Rücken¬ 
lage darauf zurecht gelegt ist, durch eine Reihe von Bändchen oder 
Knöpfchcn vollkommen geschlossen. Welcho Vortheilo ein derartiges 
Hemd für Schwerkranke bietet, die sich schlecht aufrichten lassen, ist 
ohne weiteres klar. (Erhältlich ist dasselbe bei Fräulein Medicus, München, 
Königinstrasse.)_H. Citron (Berlin). 


IX. Militärsanitatswesen. 

— No öl, Effect! fs ratloanels des mdddcins militaires en temps 
de palx et en temps de guerre. Le Bulletin medical 1894, No. 41. 

In französischen militärärztlichen Kreisen regt sich seit einigen 
Jahren der Drang, auf angebliche Missstände, welche das Verwaltungs¬ 
gesetz vom 16. März 1882 trotz seiner sonst trefflichen Fassung übrig 
gelassen hat, die öffentliche Aufmerksamkeit zu lenken und dadurch ihre 
Beseitigung vorzubereiten. So hatte schon im Jahre 1892 Dr. Freeman 
im Progres mödical eine Studio über die Organisation des Sanitätsdienstes 
veröffentlicht; im April dieses Jahres erschien dann im Bulletin medical 
eine Arbeit des Dr. Marinottau übor den gleichen Gegenstand. Diesen 
beiden Autoren schliesst sich nun als dritter Dr. Noöl an, der zunächst 
seinen Vorgängern vonvirft, dass sie keine rechten Gründe angegeben 
hätten, mit welchen die verlangten Cadre-Zahlen belegt werden können. 
Dies will Noöl nun nachholen. 

Nach seiner Ansicht muss jede sachgemässe Zahlenaufstellung über 
die Zusammensetzung des Sanitätsoffiziereorps drei Bedingungen gerecht 
werden: 

1. muss sie den Anforderungen des Friedensdienstes entsprechen; 

2. muss sie gestatten, dass bei der Mobilmachung das Personal der 
Reserve ohne Schwierigkeit eingefügt werden kann, und zwar derart, dass 
an der Spitze jeder Kriegssanitätsformation ein activer Sanitätsoffizier 
steht; 

3. müssen die Zahlen der Sanitätsoffiziere in den einzelnen Chargen 
so ausgeglichen werden, dass die Militärärzte ungefähr gleich schnell den 
Offizieren avanciren. 

No öl geht nun auf eine genaue Besprechung der einzelnen Punkte 
ein, welche zur Aufstellung jedes der drei Sätze führten. Manche der¬ 
selben erstreben das, was wir in Deutschland längst besitzen, manche er¬ 
scheinen wenig zweckmässig, einige werden immer pia dosideria bleiben. 
Es verlohnt sich, einige Einzelheiten schon deshalb hervorzuheben, weil 
sie manche Zustände im französischen Heere, besonders im Sanitätsdienst, 
gut beleuchten. 

Zunächst verlangt Noöl, dass den Corps-Generalärzten sämmt- 
lich der Rang eines Inspecteurs beigelogt werden soll. Zur 
Zeit sind zwei Drittel der Corps-Generalärzte nur Principal I. Classe; diese 
dürfen aber das ihnen unterstellte Armeecorps nicht inspiciren, sondern 
müssen das von einem benachbarten Corps-Generalarzt thun lassen, der 
den Rang eines Inspecteurs hat. . . 

Die Corps-Generalärzte sollen als Adjutanten einen Major 
I. Classe bekommen. Bisher besteht das einem Corps-Generalarzt zur 
Verfügung stehende Personal nur aus zwei Verwaltungsbeamten; ausser¬ 
dem ist der Generalarzt berechtigt, einen Hülfsarzt aus. der Garnison zur 
Dienstleistung zu sich zu commandiren. Man bemüht sich zwar in letzter 
Zeit, einen Mödecin-Major II. Classe dem Corps-Generalarzt zur Seite zu 
geben, doch reicht nach N o ö 1 auch dessen Rang nicht aus, um den Ver¬ 
waltungsbeamten, die fast dio ganzen Geschäfte des Sanitätsamtes ern- 
schliosslich medicinischer Dinge und Mobilmachung bearbeiten, erfolgreich 


8 Der Chefarzt eines Lazareths im Standort des Goneral- 
ommandos soll der älteste Principal I. Classe im Armeecorps 
ein, da nur der älteste nn Corps die Vertretung des Generalarztes über- 
ehraen soll; oine wohlberechtigte Forderung. . , n 

Der Chefarzt soll der älteste Sanitätsoffizier der Garnison 
ein; ein Hülfsarzt dor Garnison soll ihn unterstützen. In Deutschland 
esteht dieser Grundsatz längst zu Recht. . . 

Assistenzärzte will Noöl als Chefärzte in kleinen Laza- 
ethen nicht dulden; sie sollen durch Majors II. Classe ersetzt werden. 
; r will ihnen auch die Wachen im Lazareth abnehmen und diese 
leichfalls Majors II. Classe übertragen, die wöchentlich wechseln. 
>ieso Maassregel wird uns erst verständlich, wenn wir hören welche 
cringen Aufgaben ein wachhabender Arzt in Frankreich zu lösen hat. 
Ir hat die aufgenommenen Kranken zu vertheilen, bei der Ausgabe der 
Ineisen zugogen zu sein, dagegen macht er wieder Visite, noch darf er 
ie geringste^ dringende Operation machen. Danach ist also, wenn der 
-kefarzt das Lazafeth verlassen hat, dasselbe völlig den Verwaltungs- 
eamten überlassen. Um den Wandel zu schaffen, soll der wachhabende 
fedecin-Maior II. Classe den Chefarzt während seiner Abwesenheit yei- 
reten. Für jedes auch grosse Lazareth reichen nach Noöl zwei Majors 

L C In S den 1S militärärztlichcn Schulen möchte Dr No^l dio 
fajors II. Classe durch Aides-Majors ersetzt wisse«. Oas mag 
ärdie französischen militärärzthehen Schulen ganz Appells 

er Dienst der Inspections-Sanitätsoffiziere sich darauf beschrankt, Appell, 
bzuhalten und die Schüler in den Cursen zu “ b "“ h ®“* tehen a ls die 
Die Regimentsärzte müssen höher im Range stenc 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







636 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Compagnie-, Batterie- und Escadronschefs. Für die französische 
Infanterie trifft dies bereits zu; Noöl will das auch für die Cavallerie- 
regimeter eingerichtet haben, deren Sanitätsdienst nur ein Major II. Classe 
vorsteht. 

Von diesen kurz skizzirten Principien ausgehend, findet No öl als 
Minimalzahlen zur Sicherung des Sanitätsdienstes im Frieden 1 Inspecteur 
gdnöral (Generalstabsarzt), 23 Inspecteurs (Generalärzte), 46 Principaux 
de I. CI., 64 Principaux de II. CI. (Oberstabsärzte), 410 Majors de I. CI. 
(Majorsrang), 430 Majors de II. CI. (Hauptmannsrang), 300 Aides-majors 
de I. CI., 100 Aides-majors de II. CI., 60 Aidos-majors stagiaires 
(Assistenzärzte). Eine Tabelle zei^t deren Verthoilung auf die einzelnen 
Dienststellen. Die Zweckmässigkeit derselben lässt sich nicht bestreiten. 

Der zweite Theil der Noöl’schen Arbeit bemüht sich dazuthun, dass 
die von dem Verfasser für den Frieden berechneten Cadres auch für den 
Feldzug ausreichen, während sich dies zur Zeit mit den 1261 zur Ver¬ 
fügung stehenden Sanitätsoffizieren nicht ermöglichen lässt. Für die Be¬ 
setzung der einzelnen Chargen stellt No öl gewisse, in Deutschland wohl 
schon längst eingebürgerte Grundsätze auf, von denen die wichtigsten 
folgende sind. 

Der Commandeur einer Sanitätsformation soll ein activer Sanitäts¬ 
offizier sein; bei den auf Theilung berechneten Ambulancen soll auch der 
Zweitälteste Arzt dem activen Dienststande angehören, ebenso der älteste 
beim Truppentheil, die übrigen mögen aus der Reserve entnommen werden. 
Bei dieser Gelegenheit tritt No öl mit allem Nachdruck für das Verbleiben 
der Truppenärzte in der Feuerlinie ein; es ermuthige den Soldaten und 
flösse ihm Vertrauen ein, es erfülle ihn mit Achtung vor dem militär- 
ärztlichen Stande. 

No öl geht dann an dio für die Mobilmachung zu bearbeitende Be¬ 
setzung der einzelnen Dienststellen: Die nicht mit Inspecteurs zu be- 
setzenden Corpsarztstellen (38) sind Principaux I. Classe zu verleihen; 
76 Divisionsärzte (in Frankreich nur im Kriege existirend) nimmt er zum 
grössten Theil (64) aus der Reihe der Principaux II. Classe, 114 Comman- 
deure der Sanitätsdetachements, sowie 342 Chefärzte der verschiedenen 
Lazarethe sollen Majors I. Classe und II. Classe (diese letzteren besonders 
tur die 304 r eldlazarethe) werden. Wo es mangelt, füllt er die leeren Plätze 
mit ehemaligen activen Militärärzten aus. Um deren recht viele zur 
Hand zu haben, legt No öl der leitenden Stelle nahe, den sich mit Ab¬ 
schiedsgedanken tragenden Sanitätsoffizieren nur zuzureden, anstatt ihre 
Gesuche zurückzuweisen; das schaffe Platz zum Avancement für die Zurück- 
bleibenden, mindere die Misere des Standes und schaffe tüchtige Militär¬ 
ärzte der Reserve. Die Logik ist nicht falsch, aber etwas gewaltsam 

In einem mageren dritten Theile sieht sich Noöl gemüssigt, die 
Avancementsverhältnisse der Sanitätsoffiziere mit denen der Offiziere und 
und der Verwaltungsbeamten zu vergleichen. Das ist auch in Frankreich 
picht erspnesshch, und das neue Noöl’sche System ändert daran herzlich 
weiug ’ ___ Schumburg (Berlin). 

X. Therapeutische Mittheilungen. 

I» I.7.^i b j r ri^ Ash “ ea < 1 ’ M. D„ Tradltlonal trentment of Leprosy 

1894 ??o I7 d v^! n TVT? he p J f U ? a L° f th - 6 4j? crican medical Association 
1894 No. 17, Vol. XXII. Ref. A. Honnig (Königsberg i. Pr.). 

Mitthtilunwn S -,^ shn ? oad a “ s New-York verdanken wir interessante 
OenAll^ T b i • J Arb « l ‘ des japanischen Arztes Ratakara 
Genshiu aus Tokio aus dem Jahre 1781, die sich eingehend mit der 

Aufzähhmfr Symptomatotogie und Therapie der Lepra beschäftigt. Die 
Aufzählung des Symptomeucomplexes ist so vollständig, dass wir selbst 
m den klassischen Schilderungen der beiden norwegischen ^Torschor 

anbetrifft 5 so" fnhr^r®“ k . k . am }. et ;™s “«“> finden, und was die Aetiologie 
anbetnfit, so führt Genshiu die Leprose neben klimatischen Einflüssen 
Excessen in venere et in baccho, dem übermässigen Genüsse fetter Speisen 
eterLmey keto« zurück, die mehrere Jahre vor Ausbruch 
m d £ S betl T ffende Individuum einwandern sollen Wir 
dass aucb . er Knilch wie Schilling (1771), aber jedenfalls 
unabhängig von ihm, einen parasitären Ursprung des Leidens geahnt huf 
Ausserordentlich wichtig sind aber die thera^utischin MiÄ 
enshiu s, zumal sie auch noch heute zum Theil wenigstens Würdigen o- 
verdienen, weshalb hierüber etwas ausführlicher referirt g werdensoll g In 

Len u “sp™ng ^h a bt‘'hat S I™ IH^T w, ‘T*! diese J 1,,e in j™ en Ladern 

so ist dio Prognose trtbo Man ’umzieM-fff 6 bT 

Fällen auf circa 50 Tage: zur Operation am «w^ 611 . and .mittelschweren 
und der Anfang des Herbstes Während ^ ^ ei £ netsten lst der Sommer 


No. 31 


Lues verwechselt werden können und dass seit der grösseren Verbräm, * 
der letzteren Krankheit der Aussatz in China und jfpan wesentlich 
nommen hat. Prophylaktisch räth er bei der Ausführung des Coitus ein 
Lotusblatt zu benutzen. Zum Schlüsse berichtet er über acht Fälle aus¬ 
führlicher, von denen sechs vollkommen geheilt worden sind. 

zweckmässiges Epilatorium stellt folgendes Recept dar: Alkohol 
12,0, Jod 0,75, Collodium 35,0, 01. Terebinth. 1,5, 01. Ricini 2,0. An drei 
bis vier Tagen hintereinander aufgetragen. (Mödec. moderne 1894, No. 55.) 

- H. Citron (Berlin). 

Salbo”nir^rethralaondett thdrapeuti, ’ ae Te ™ ndet 
Sapon. 50,0 

Glycerin. 

Aqu. ana 25,0 

Hydr. bichl. corr. 0,02 

Die Salbe ist aseptisch und übt keinerlei Reizung auf die Urethra 
»US. Andererseits erleichtert sie das Katheterisiron der Urethra und der 
Hchen ^ttel^bertreffen!^ ^ m dieser Beziehung alle bisher gebrauch- 

— Die Union pharmaceutique bringt folgende Vorschrift gegen auf. 
gesprungene Hände und Lippen. In 180 g Aqu. Rosar. werden 8,5 «■ 
Gektine aufgelöst. Der erkalteten und noch flüssigen Mischung setzt 

i\ 2 ° g Elwei A sszu > , erhlfczfc YOn neuem ’ lischt mit 180 g Glycerin, 
welches 75 cg Acid. salicyl. m Lösung enthält, und filtrirt durch einen 
Warmwassertnchter. Das Präparat wird in weithalsige Flaschen gefüllt, 
in denen es zu einer Masse erstarrt. 


XI, Kleine Mittheilungen. 

_ , Magdeburg. Mit der diesjährigen Versammlung des Deut¬ 
schen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Magdeburg 
(vergl. No. 14, S. 332). wird eine Ausstellung technischer Ein- 
richtungen aus dem Gebiete der Wohnungshygiene verbunden 
sem. Dieselbe steht im Anschluss an den Vortrag des Herrn Ingenieur 
Koechling m der zweiten Sitzung: „Technische Einrichtungen für 
Wasserversorgung und Canalisation in Wohnhäusern“, und hat den Zweck, 
die besten technischen Einrichtungen der bezeichnten Art als Muster in 
hygienischer Beziehung einem grösseren Publicum, namentlich den bei 
Gelegenheit des Congresses zahlreich vertretenen Sachverständigen, vor- 
zufuhren Die städtische Verwaltung hat für diesen Zweck ein Haus 
(Domstr. d) mit grösserem Hofraum zur Verfügung gestellt, welches im 
Erdgeschosse und un Obergeschosse ausreichenden Raum für eine solche 
usstellung bietet. Das Erdgeschoss enthält einen zusammenhängenden 
Ausstellungsraum, in welchem nur Gegenstände, die auf die Wasser- 
versorgung und Entwässerung von Wohnhäusern Bezug haben, unter¬ 
gebracht werden sollen; dem gleichen Zweck sollen der Hofraum und 
le angrenzenden Schuppenräume dienen. Dagegen ist das Obergeschoss 
vr u? e l nen ei P ze hien Zimmerräumen dazu bestimmt, die Gegenstände in 
erbmaung mit dem Hause, sowie mit den Wasserzuleitungen und Ab- 
n ^ SS i eit i IDg v- n zu zeigen ’ und S °N Wer das Programm auch auf Gegen¬ 
stände der Zimmerheizung, Beleuchtung und Ventilation ausgedehnt werden. 

r> KJ .rA ön i gshütte - Dem Sanitätsrath Dr. W. Wagner ist das 
Prädikat Professor verliehen. 

■mjr ,r~. In / 4 6 ? 1 v ° n Schwalbe redigirten Jahrbuch für praktische 
Medicin (Enke-Stuttgart) hat Prof. E. Harnack, Direktor des pharma¬ 
kologischen Instituts in Halle a. S., das Referat über Pharmakologie und 
loxiKoiog 10 übernommen. Einschlägige, für das Jahrbuch bestimmte 
Eitteratur wolle man gefälligst an Prof. Harnack direkt senden. 

, . Von der Diagnostik und Therapie der Magenkrank- 
heiten von Dr. I. Boas (Verlag von Georg Thieme, Leipzig) ist eine 
italienische Ausgabe erschienen. Die Uebersetzung ist von Dr. 
Ursino Manganotti besorgt. 

„ *4 ~ Zur medicin sehen Publicistik. In Russland erscheinen zur 
Zeit 38 medicinische Zeitschriften, davon 20 in St. Petersburg, 5 in 
Moskau, 4 in Warschau, 2 in Odessa, 2 in Charkow, je 1 in Kasan, Kieff, 
baratow, Woronesz und Pultawa. Die ältesten sind die Medizinskoie 
Ubozrenie, die Russkaia Medizina und der Wratsch. 

• 4 i w 3 Uesammtzahl der Studirenden an den vier Univer¬ 
sitäten Hollands beträgt 2972; darunter befinden sich 19 Frauen. In 
der Schweiz studirten während des Sommersemesters an der Universität 
zu Basel 155 Männer, 3 Frauen, in Bern 162 Männer, 42 Frauen, in 
• .? "Jänner, 43 Frauen, in Lausanne 84 Männer, 19 Frauen, in 

in Zürich 235 Männer, 80 Frauen. 

~ Uie Zahl der Universitäten im Russischen Reiche be- 
f ißono 611 ?^ zehn. Die Gesammtzahl der Studirenden belief sich 
4 -u •! die sicb au f üie einzelnen Universitäten folgendermaassen ver¬ 

teilen: Moskau 3888, Kiew 2244, St. Petersburg 2225, Helsingfors 1875, 
Juqew (Dorpat) 1650, Warschau 1335, Charkow 1200, Kasan 825, Odessa 
555, Tomsk 405. 

“Universitäten. Berlin. Zum Decan der medicinischen Facultät 

lur das Studienjahr 1894/95 ist Prof. Dr. 0. Hertwig gewählt. - 
* Ö A gSb a er A Uen orde ntlichen Professoren der Universität Dr. H. Braun 
unü lir. otieda ist der Charakter als Geheimer Medicinalrath beigelegt. 

^ 0 stock. Dem Vernehmen nach hat Prof. Dr. Garr6, erster Assistent 
an der chirurgischen Klinik in Tübingen, einen Ruf als Nachfolger Ma- 
aelung s nach Rostock erhalten. — Prag. Für die Besetzung der durch 
ea Abgang von Prof. Gussenbauer erledigten Lehrkanzel sind in Vor¬ 
schlag gebracht: 1. Nikoladoni (Innsbruck), 2. Wölfler (Graz), 
J. v. Eis eis b erg (Lüttich). 


Gedruckt bei Julius Slttoufeld ln Berlin W. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



TXmnorcteg ' •* 8». _ 9. August 1884. 

DEUTSCHE ■" 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

LichtansteinaUee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am 
Friedrichshain in Berlin. 

Ueber Nierenaneurysma. 1 ) 

Von Engen Hahn. 

Das ausserordentlich seltene Vorkommen von Nieren¬ 
aneurysmen veranlasst mich, an der Hand eines von mir be¬ 
obachteten und operativ behandelten Falles einige Fragen über 
die Diagnose und Behandlung der Nierenaneurysmen zu erörtern 
und Ihnen das sehr interessante Präparat vorzulegen, welches 
durch eine am 8. Mai 1893 ausgeführte Operation gewonnen ist. 

Die Patientin, eine ledige 49jährige Wirthschafterin, hat ihre Mutter 
an Lungenentzündung, eine Schwester an Lungenschwindsucht verloren, 
ist sonst hereditär in keiner Weise belastet. Sie hat eine normale Ent¬ 
bindung mit normalem Wochenbett durchgemacht. Sie will niemals ernst¬ 
lich krank gewesen sein. Ein seit 20 Jahren bestehender rechtsseitiger 
Leistenbruch hat ihr nie erhebliche Beschwerden bereitet. Eines Tages, 
Anfang März 1893, will Patientin, nachdem sie mehrere Treppen ge¬ 
stiegen, plötzlich das Gefühl einer sich hin und her bewegenden Kugel 
im Leibe gehabt haben, und zugleich bemerkte sie eine Geschwulst unter 
dem linken Rippenbogen, welche ihr bis dahin hoch niemals aufgefallen 
war. -- Seit dieser Zeit fühlt Patientin sich nicht wohl. Sie bekam 
allerlei Verdauungsbeschwerden, Appetitmangel, Obstipation, wurde blass 
und magerte sichtlich ab. Zugleich stellten sich zeitweise, namentlich 
beim Sitzen, heftige Schmerzen im Kreuz ein. Am 24. April 1893 wurde 
sie auf die innere Station des Krankenhauses Friedrichshain aufgenommen 
und am 2. Mai nach der äusseren Abtheilung verlegt. 

Der zuerst auf der inneren Station aufgenommene Befund war in aller 
Kürze folgender: Patientin war von mässig kräftiger Körperconstitution, in 
ziemUch elendem Ernährungszustand, von blasser Hautfarbe und massigem 
Fettpolster. An den Brustorganen war ausser einer geringen Scballverkür- 
zung über der linken Lungenspitze und einer gewissen Unreinheit des ersten 
Herztones nichts Pathologisches nachweisbar. Das Abdomen war etwas 
vorgewölbt, besonders in der linken oberen Partie. Daselbst fühlte man 
einen kindskopfgrossen Tumor von praU elastischer Consistenz und glatter 
Oberfläche. Derselbe war überaU scharf abzugrenzen; er reichte nach 
oben bis zu dem Rippenbogen, nach abwärts bis handbreit unter den 
Nabel, nach innen bis etwa drei Finger breit von der Mittellinie, nach 
aussen verlor sich seine Begrenzung in die Regio lumbalis sinistra. Die 
Bauchdecken waren über dem Tumor deutlich verschiebbar. Der Tumor 
selbst, in der linken Nierengegend fixirt, konnte um diesen Fixationspunkt 
leicht etwas hin und her bewegt werden. Ueber dem Tumor deutliche 
Dämpfung. Bei Lageveränderungen der Patientin, ebenso bei tiefer Respi¬ 
ration war eine Bewegung des Tumors nicht sichtbar. Pulsationen wurden 
am Tumor nicht bemerkt, dagegen fühlte die vorn auf den Tumor ge¬ 
legte Hand bei Druck mit der anderen Hand auf die Regio lumbalis 
sinistra ein deutliches Ballotement 

Die Untersuchung der anderen Abdominal- und Sexualorgane ergiebt 
nichts Pathologisches. Beim Aufblasen des Darmes vom Rectum wölbte 
sich das stark aufgeblähte Colon Itransversum und descendens über den 
medianen und unteren Theil der Geschwulst etwa zwei Finger breit, so 
dass diese Grenzen nicht mehr dentlich abzutasten waren. 

Der Puls war ziemlich kräftig. Das Arterienrohr leicht sklerosirt. 
Die Urinmenge schwankte zwischen 1000 und 1500 ccm. Der Urin 
hatte ein durchschnittHches specifisches Gewicht von 1012, war von nor¬ 
maler Beschaffenheit, in Sonderheit frei von pathologischen Beimengungen. 
Die Diagnose schwankte zwischen Hydronephrose und weicher Geschwulst 
der Niere. 

. Nach 2 V* wöchentlichem Krankenhausaufenthalt, während welcher Zeit 
Patientin nie Fieber gehabt, aber immer elender geworden war, der Tumor 
auch keinerlei Veränderungen gezeigt hatte und auch die Untersuchung 

*) Vortrag, gehalten in der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins 
am 21. Mai 1894. 


in Narkose keine neuen Aufschlüsse gegeben hatte, wurde am 8. Mai die 
Operation vorgenommen. 

Es wurde zunächst versucht, extraperitoneal an den Tumor herauzu- 
kommen. Patientin wurde in die rechte Seitenlage auf eine hohe Rolle 
gelagert. Ein Schnitt, welcher von der linken zwölften Rippe etwa 8 cm 
von den Dörnfortsätzcn begann und schräg von hinten und oben an der 
Spina anterior superior endigte, durchtrennte allmählich die Weichtheile, 
bis ein Theil der Nierenconvexität zu Tage lag. Man konnte nun ohne 
Schwierigkeit die oberen hinteren zwei Drittel der Niere abtasten und 
auch durch die Inspection sich von der normalen Grösse und Beschaffen¬ 
heit der Niere überzeugen. Wiederholte Probepunctiouen in der Richtung 
nach dem Nierenbeckeri und dem mehr nach unten liegenden Tumor er¬ 
gaben theils ein negatives Resultat, theils nur reines Blut. Als ich nun 
den Versuch machte, die Niere nach dem unteren Pole freizulegen, trat 
plötzlich eine so profuse Blutung ein, dass ich von einem weiteren Vor¬ 
gehen nach dieser Richtung hin Abstand nehmen musste. Die Wunde 
wurde fest tamponirt und die Patientin in die Rückenlage gebracht, um 
die Geschwulst transperitoneal in Angriff zu nehmen. 

Zu dem Zwecke wurde der nach vom und unten, wie bereits erwähnt, 
bis zur Spina anterior superior sinistra reichende Schnitt bis zur Mittel¬ 
linie verlängert, die einzelnen Schichten der Bauchdecken durchtrennt und 
das Peritoneum in dieser Ausdehnung an der vorderen und seitlichen 
Wand eröffnet. Neben den leeren Darmschlingen im unteren Theil der 
Wunde wölbte sich im oberen Theile derselben der etwa kindskopfgrosse 
Tumor hervor. Derselbe war an seiner vorderen Seite von einer weisseh, 
derben Kapsel umgeben. Durch die eingeführte Hand konnte man den 
Zusammenhang mit der Niere nachweisen. Tumor und Niere lagen an¬ 
scheinend in einer Umhüllung eingebettet, über welche das Colon descen¬ 
dens mit einem kurzen Mesocolon in der Richtung von oben nach unten 
Uber die Tumorkapsel hinzog. Eine erneute Probepunction ergab keinen 
flüssigen Inhalt. Ich versuchte nun, von der Oberfläche des Tumors den 
Peritonealüberzug zusammen mit dem Colon descendens in Verbindung 
mit seinem kurzen Mesocolon abzulösen und medianwärts zu verschieben. 
Dabei zeigte sich jedoch das Peritoneum mit der Kapsel so fest ver¬ 
wachsen, dass das Mesocolon in seiner ganzen Ausdehnung entlang dem 
Tumor etwa in der Länge von 15—20 cm abriss und auch der Tumor 
selbst einen Riss erhielt, aus welchem dunkelbräunlicho, bröckliche Massen 
und wenig Blut hervorquollen; das nun locker und beweglich gewordene 
Colon descendens liess sich leicht medianwärts verschieben. Das über 
den Tumor hinziehende, mit demselben fest verwachsene Peritoneum wurde 
an soiner medialen Seite leicht Umschnitten und nun Niere und Tumor 
stumpf aus dem gemeinschaftlichen Bette losgelöst, bis beide nur noch 
an dein Hilus der Niere hingen. Letzterer wurde abgebunden und pe¬ 
ripher von der Ligatur abgetrennt. Nach sorgfältiger Reinigung der 
Bauchhöhle und Wunde von Blut und Blutgerinnseln und nach exacter 
BlutstiUüng handelte es sich einmal darum, das Peritoneum zu schliesseh, 
ferner das in seiner Ernährung gefährdete Colon descendens zu ver¬ 
sorgen. 

Die sehr ausgedehnte Operationswunde bestand aus einem lumbalen 
und ventralen Abschnitt. — Es wurde zunächst das Peritoneum des ven¬ 
tralen Abschnitts durch fortlaufende Catgutnaht, und die Haut- und Muskel¬ 
wunde durch Seidennähte vereinigt. 

Die dem lumbalen Abschnitt der Operationswunde entsprechende 
Peritonealöffnung hatte durch den Ausfall des mit dem Tumor fest ver¬ 
wachsenen und mit diesem entfernten Theils des Peritoneums erheblich an 
Grösse gewonnen. 

Es wurde zunächst der an der lateralen Seite des Colon verlaufende 
Rest des Mesocolons mit dem median vom Tumor gelegenen Peritoneal¬ 
rand, desgleichen derselbe Mesocolonrest in seiner ganzen Ausdehnung 
mit dem Peritonealrand, welcher dem lateralen Rand des lumbalen Schnittes 
entsprach, durch Catgutnaht vereinigt. — Es war somit die ganze aus¬ 
gedehnte Wunde des Peritoneums geschlossen und das Colon descendens 
intraperitoneal gelagert und eingenäht. 

Die restirende Hautmuskelwunde wurde mit Jodoformgazo ausge¬ 
stopft, und darüber wurden tiefgreifende Hautinuskelnähte angelegt, bis 
auf je eine Oeffnüng ah der Spina anterior superior und dem Anfangstheil 


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63Ö 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32 


des Schnittes an der zwölften Rippe, aus welchen die Jodoformgazestreifen 
und die Stielligaturen herausgeleitet wurden. Ein grosser Mooskissen¬ 
verband beschloss die etwa D/a Stunden dauernde Operation. 

Der nun folgende Krankheitsverlauf war ein ausserordentlich günstiger. 
Patientin erholte sich ziemlich, schnell nach der Operation. Sie hat un¬ 
mittelbar nach der Operation einige male aufgestossen und Brechneigung 
gezeigt, blieb aber dann frei von jeglichen peritonitischen Erscheinungen. 

Am fünften Tage nach der Operation erfolgte auf Eingiossung nor¬ 
male Stuhlentleerung. Die Urinmenge betrug im Durchschnitt 1000 ccm, 
Jäs specifische Gewicht des Urins 1020. Ein geringer Eiweissgehalt in 
den ersten Tagen nach der Operation ist bald wieder geschwunden. 

Drei Wochen nach der, Operation stiess sich die Stielligatur ab. 
FünfWochen nach der Operation ist die Operationswunde auf einen 15 cm 
langen und drei Finger im Durchmesser fassenden Canal, welcher mit 
festen guten Granulationen ausgekleidet ist, geschlossen. Patientin hat 
sich ausserordentlich erholt, hat guten Appetit, regelmässigen Stuhlgang 
und ist vollkommen frei von allen Beschwerden. 

Ausser dem mitgetheilten Fall habe ich noch fünf Fälle von 
Aneurysmen der Nierenarterien in der Litteratur auffinden können, 
die alle erst bei der Section erkannt wurden. Es gehört dahin ein 
Fall vo.n ‘Armstrong. 1 ) Schneller Tod' infolge von .Nierenblutung, 
Zerreissung der Kapsel und Austritt von Blut in das Peritoneum. 
Ausgangspunkt von der Oberfläche der Niere selbst. Eine kleine 
rundliche,'mit einem Thrombus gefüllte Höhle wird für ein Aneu- 
yysma der Interlobulararterie angesprochen. 

Dann zwei von Oestreich 2 ) publicirte Fälle, bei denen das 
Aneurysma einmal bei einer 50jährigen Frau innerhalb der Niere 
lag und schliesslich dep Hilus durchbrochen hatte, das andere mal 
bei einem jungen Manne an der Nierenarterie ausserhalb der Niere 
zwischen Niere, Nebenniere und Aorta nach oben hinter der Leber 
liegend. 

Die beiden folgenden Fälle sind als traumatische Aneurysmen 
zü betrachten, da sie sich sicher aus einer Verletzung durch Fall 
entwickelt hatten. 

Der eine von Grub er 3 ) bei einem 39jährigen Manne. Sturz 
auf den Rücken aus der Höhe von 2 m. Sofort blutiger Urin. 
Hämaturie sistirt drei Monate, kehrt dann wieder und führt schliess¬ 
lich zum Tode. Aneurysma verum arteriae renalis sinistrae von 
Kindsfaustgrösse, welches in der Höhe des Hilus in ein sehr 
grosses Aneurysma spurium überging. — Der andere Fall von 
Hockenegg, 4 ) hervorgerufen durch Fall auf den Rücken aus einer 
Höhe von 3 m. Birnenförmige Gestalt von 15 cm Länge und 
10 cm Breite, am unteren Theile der Geschwulst sitzt ein 7 cm 
langer und 2 cm breiter Zapfen, der Rest der rechten Niere. 
Membran derb, an der medialen Seite des Tumors thalergrosser 
Defect in der Membran, welchem ein erbensengrosses Loch in dem 
die Geschwulst erfüllenden Gerinnsel entspricht. Dieses führt zu 
einer mit flüssigem Blut erfüllten Höhle. . Das durch den Balg 
in die Höhle führende Loch entsprach der Communication mit der 
-Arteria renalis. 

Was nun die Diagnose anbetrifft, so ist dieselbe in den er¬ 
wähnten Fällen nicht gestellt. Es wird auch in Zukunft in An¬ 
betracht der^ -wenig charakteristischen Symptome Schwierigkeit 
haben, eine sichere Diagnose zu stellen, da besonders in keinem 
hall das für das Aneurysma charakteristische Symptom der Pul¬ 
sation Constatirt werden konnte. 

Man wird in Zukunft bei zweifelhaften Fällen von Nieren¬ 
tumoren die Auscultation zu Hülfe ziehen müssen, aber auch diese 
wird häufig in Stich lassen, da die geringe Blutbewegung bei dem 
Missverhältniss zwischen der kleinen Arterie und dem grossen 
back, wie bei dem vorliegenden Fall, kaum ein Geräusch wird er¬ 
kennen lassen. 


Eine schnell sich entwickelnde Geschwulst in der Nieren¬ 
gegend nach Verletzungen oder grossen körperlichen Anstrengungen 
muss den Verdacht auf ein Aneurysma der Nierenarterie erwecken 
insonderheit wenn es sich um Patienten mit Arteriosklerose 
handelt, bei denen die Geschwulst sich ohne erhebliche Kachexie 
ohne Fieber, und ohne Veränderungen de? Urins entwickelt hat! 

Wenn in solchen Fällen die Auscultation und Probepunction 
emen weiteren Aufschluss geben' und Pulsationen fehlen, werden 
wir über eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose nicht hinauskommen 
Blutungen treten immer erst auf beim Durchbruch des Aneurysma 
m das Nierenbecken und werden wohl meist sehr profuse sein. 

Was den Verlauf anbelangt, so wird derselbe ohne operativen 
.^ loh • Slcher ungünstig gestalten. .Eine Heilung kann nur 
erfolgen durch operative Entfernung der Niere mit dem Aneurysma 


jo«rn. ) otL”d i c r °scfenct n< oZZ ****** A “' 

Berl. ^lh.°\VocheD3ch^ S i89E*N™ e 42f SI ' 1It f ' Rud ' Virchow ' 

Wochlschr.^sÄ 4L AneU °' Smft art - ren - 8ini8trae - Wiener “«■' 

Schrift l H 8»r, h No e 4-28 B<!iträg6 ^ Nierenchirur g !e - Wien. klin. Wochen- 


Was nun das Präparat anbetrifft-, welches ich mir erlaube Ihnen 
vorzulegen, so werden Sie ohne weiteres erkennen, dass dasselbe in der 
Mitte steht zwischen den von Oestreich beschriebenen Fällen, bei 
welchen das Aneurysma einmal ausserhalb der Kapsel und das andere mal 
innerhalb der Niere lag, in letzterem Falle mit Durchbruch nach dem 
Hilus. In meinem Falle Ist! die Niere vollkommen 'getrennt vom Aneu¬ 
rysma, aber beide eingeschlossen von der Capsula fibrosa externa. Die 
Niere selbst zeigt in ihren oheren zwei Dritteln vollkommen normale Be¬ 
schaffenheit, und nur der untere Pol ist durch den Druck des Aneurysma 
stark abgeplattet und atrophisch. . 

Das Aneurysma liegt vor der Niere und nimmt zwei Drittel der 
vorderen Seite ein. Man erkennt deutlich an den Faserzügen, dass Niere 
und Aneurysma in einer Kapsel liegen. 

Ein Ast der Arteria renalis lässt sich deutlich in den aneuiysmatischen 
Sack vhinein verfolgen. Sie erkennen denselben an der eingeführten Sonde. 
Zwei andere Aeste, in welche sich bereits die Arteria renalis sinistra ge¬ 
spalten, und dieser nach dem unteren Pole der Niere gerichtete, aus 
welchem sich das Aneurysma entwickelt hat, sind durch angeschlungene 
Fäden kenntlich gemacht. 0 

Die vor der Arterie liegende Vene und den dahinter befindlichen 
Ureter erkennen Sie an den blauen und weissen Fäden 

An der vorderen Wand des gemeinschaftlichen Sackes sind ausser 
den Resten des Peritoneums einzelne Ueberbleibsel des abgerissenen 
Colon transversum sichtbar. 

Die Kapsel ist derb und an der Innenwand mit zahlreichen, fest 
ansitzenden, bräunlichen, bröcklichen Massen besetzt, die mehr nach der 
Peripherie gelegenen’ sind, von festerer Consistenz und hellerer Farbe. 
Die Kapsel selbst ist fest, an einzelnen Stellen .mehrere Millimeter stärk 
und aussen von einer weisslichen Membran bekleidet, deren äusserste 
Schichten die gemeinsame Kapsel für Niere und Aneurysma darstellen. 

Wenn wir•* die Verzweigungen der Arteria renalis in ihrem Ver¬ 
hältnis zur Niere und zum Nierenbecken betrachten, so wird ohne 
weiteres klar, dass, wenn die Entwickelung eines Aneurysma an 
dem Stamm der Nierenarterie eintritt, dasselbe auch ganz ausser¬ 
halb der Niere liegen und von ihr getrennt sein muss. Bei Er¬ 
krankung der Endäste der Arterie wird die von Armstrong und 
von Oestreich in einem Fall beschriebene Form des Aneurysma 
mit Zertrümmerung und Betheiligung des Nierengewebes eintreten, 
während bei der Bildung des Aneurysma aus einem der grösseren 
in dem Sinus befindlichen Aeste die von mir beschriebene, an 
diesem Präparat deutlich zu erkennende Entwickelung erfolgen 
wird, die sich dadurch von den anderen unterscheidet, dass das 
Aneurysma, obwohl es die Substanz der Niere, mit Ausnahme des 
atrophisirenden Druckes, ganz intact lässt, dennoch mit der Niere 
in einer gemeinsamen Kapsel sich befindet. 

U. Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Rostock. 

Ueber den Inhalt des gesunden nüchternen 
Magens und den continuirlichen Magen¬ 
saftfluss. 

Von Prof. Dr. F. Martins. 

Nach herrschender physiologischer Anschauung ist der ge- 
Sunde, nüchterne Magen leer. Die minimale Schleimmenge, die 
seine Oberfläche in dünner Schicht bedeckt, reagirt neutral. Ab¬ 
sonderung eines pepsin-salzsäurehaltigen, verdauenden Magensaftes 
tritt erst ein, wenn der Magen durch eingeführte Ingesta oder aüf 
mechanischem W r ege gereizt wird. 

Die aushebernden Kliniker und Aerzte schliessen sich in ihrer 
Mehrzahl dieser Lehre an. Sie gründen auf dieselbe die Behaup¬ 
tung, dass der Befund einer messbaren Menge eines salzsäure¬ 
haltigen Magensaftes im nüchternen Magen als durchaus patho¬ 
logisch zu deuten sei. Der von Reichmänn entdeckte, von 
Riegel, Jaworski und anderen genauer untersuchte und als 
relativ häufiges Vorkommniss erwiesene „continuirliche Magensaft¬ 
fluss“ steht in vollem, hartem Gegensatz zum secretorischen Ver¬ 
halten des gesunden Magens. 

Diese klinische Lehre wird in lebhafter Weise bekämpft von 
Schreiber, der seit dem Jahre 1888 behauptet, dass die Saiz- 
säureabscheidung des gesunden, speisefreien Magens „im Nüch¬ 
ternen“ als normales Phänomen beim Menschen anzusehen sei. 

Auf Grund dieser gegensätzlichen Anschauung ist eine heftige 
Fehde zwischen Riegel und Schreiber entbrannt, deren Umfang 
mit der Einfachheit des Gegenstandes kaum in rechtem Verhältniss 
zu stehen scheint. 

Vermuthlieh wird der unbefangene Leser dieser Polemik mit 
mir den Eindruck haben, dass eine weitere Discussion über das 
dürftige, thatsächliche Material, das vorliegt, nutzlos sein würde. 
Was Dialektik - vermag, ist geleistet. Wo in so schroffer Weise 
Behauptung gegen Behauptung steht, bringen nur neue, unbe¬ 
fangene und mit möglichst ein wandsfreier Methode angestellte Ver¬ 
suche die Sache weiter. 

Als ich mich daran machte, durch neue Versuche mir ein 
eigenes Urtheil in der streitigen Angelegenheit zu bilden, da be- 


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9. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


639 


herrschte mich, wie ich offen gestehe, die Vorstellung, dass die 
Riegel’sche Lehre doch wohl aller Wahrscheinlichkeit nach die 
richtige sei. Meine Versuche haben anders entschieden. 
Damit der Leser selbst sein Urtheil sich bilde, will ich dieselben 
möglichst objectiv, wenn auch kurz wiedergeben. Zunächst jedoch 
ist eine Besprechung des Versuchsplanes und der Versuchsbedin¬ 
gungen unerlässlich. 

Die Schwierigkeit des Unternehmens war eine doppelte. Die 
erste lag in der Beschaffung geeigneten Untersuchungsmaterials. 
Jede aus Kliniken und Polikliniken stammende Angabe über den 
Procentsatz an Säurebefunden bei so und so viel Versuchspersonen 
schliesst den Zweifel nicht aus, dass es sich nicht um nachweislich 
Gesunde gehandelt habe. Jeder aber, der viel mit dem Schlauch 
arbeitet, weiss, wie schwer Menschen, die sich für völlig magen¬ 
gesund halten, für diese Procedur zu gewinnen sind. Selbst der 
für die Wissenschaft begeisterte Student streikt gern, wenn er 
erst vor der Sonde sitzt. 

Die zweite Schwierigkeit liegt in der Ausheberungsmethode 
selbst. Wenn die Einführung des Schlauches bei nicht daran ge¬ 
wöhnten Personen genügt, um unter allen Umständen „reflectorisch“ 
oder „direct“ die Secretion anzuregen, so lässt sich jeder etwaige 
Säurebefund wegdiscutiren. 

Was den ersten Punkt betrifft, so wählte ich ein zu ähnlichen 
Zwecken schon mehrfach erprobtes Material — völlig gesunde 
Soldaten, und zwar konnte ich dieselben durch die Güte eines ober¬ 
militärärztlichen Collegen unter folgenden, für unseren Zweck ganz 
besonders günstigen Bedingungen untersuchen. Es handelte sich 
ausschliesslich um Leute, die wegen ganz geringfügiger äusserer 
Verletzungen oder Schäden (Panaritien, geringe Augenbindehaut¬ 
katarrhe oder dergleichen), die zudem meist schon abgelaufen waren, 
sich im Lazareth befanden. Dieselben lebten demnach vor dem 
Versuch schon Tage lang in völlig gleichmässigen, gesundhaften 
Verhältnissen, bei einfacher Kost, ohne Alkohol und ohne starke 
körperliche Anstrengungen. Sie erhielten des Abends um 6 V 2 Uhr 
vor dem Versuch Suppe mit oder ohne Butterbrod (I. und II. Form). 
Sie mussten am anderen Morgen bis zur Ausheberung (um 8 Uhr) 
zu Bett liegen bleiben. Dass sie des Morgens nichts, auch kein 
Wasser genossen, wurde durch den dienstthuenden Sergeanten con- 
trollirt. Sämmtiich erklärten sie, niemals Magenbeschwerden ge¬ 
habt zu haben. Sämmtiich waren sie fieberfrei. Genügend „ge¬ 
sund“ für unsere Zwecke also waren sie. 

Nun aber der zweite Punkt, „der Reiz der Schlaucheinführung“. 
Wiederum muss ich an die Erfahrung der selbst viel aushebernden 
Collegen appelliren. Man gewinnt durch unausgesetzte Uebung 
einer derartigen Manipulation schliesslich darin, wie ein College 
sagte, eine geradezu teuflische Gewandtheit. An der Uebung 
wenigstens hat es mir nicht gefehlt. Es stellte sich nun thatsäch- 
lich die Sache so, dass die sehr willigen Soldaten (die, wie gesagt, 
seit Tagen im Lazareth weder geraucht noch getrunken hatten, 
also besonders gut disponirt waren) den Schlauch gleich beim 
ersten mal so gut verschluckten, dass die ganze Procedur bei dem 
einen wie bei dem andern fast ohne jedes reactive Würgen verlief. 
Um eine Vorstellung von dem Ablauf einer jeden Ausheberung 
geben zu können, habe ich einen Collegen mit der Uhr in der Hand 
jedes mal die Zeit möglichst genau bestimmen lassen, die die Ein¬ 
führung des Schlauches und die Herausbeförderung des Magen¬ 
inhaltes selbst in Anspruch nahm. Diese Zeiten sind in der unten 
folgenden Tabelle mit aufgenommen. In den meisten Fällen dauerte 
die Schlaucheinführung etwa fünf, die Expression (durch Ansaugen) 
sieben bis acht Secunden! Wer die Vorstellung nicht aufgeben 
will, dass die in dieser Zeit heraufbeförderte Flüssigkeit, die bis 
zu 30 ccm betrug, ihre Entstehung dem Sondenreiz verdankt, mit 
dem will ich nicht weiter rechten. Ich selbst bin persönlich zu 
der bestimmten Ueberzeugung gekommen, dass ich jedes mal im. 
Magen vorhanden gewesene Flüssigkeit in das Rohr ein gesogen 
habe. Was ich dagegen nicht verbürgen kann, ist der Umstand, 
ob ich jedes mal die gesammte, im Magen vorhandene Flüssigkeit 
herausgebracht habe. Es kam mir mehr auf schnelles Arbeiten an, 
so dass der Schlauch unter leichtem Ansaugen stets sofort wieder 
zurückgezogen wurde. In vielen Fällen ist daher sicher Magen¬ 
inhalt zurückgeblieben. 

Alles weitere ergiebt die nachfolgende Zusammenstellung. 


I 

1 

£ 

Alter 

Grund des 
Lazareth- 
aufent- 
haltes 

Dauer der 
Expression 

Menge und Art 
der entleerten 
Flüssigkeit 

Reactionen 

1 . 

2i J. 

i 

Chroni¬ 

sches 

Haut¬ 

geschwür. 

1 

Einführung 

5 Secunden, 
Aussaugung 
8 Secunden. 

5 ccm einer schleimi¬ 
gen, wasserklaren, 
ein verschlucktes 
Sputum enthalten¬ 
den Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
A = 10. 

• . 


1 Nummer 

Alter 

Grund des 
Lazareth- 
aufent- 
haltes 

Dauer der 
Expression 

Menge und Art 
der entleerten 
Flüssigkeit 

Reactionen 

2 

. 22 J. 

Quet¬ 
schung am 
r. kleinen 
Finger. 

Einführung 
t 6 Secunden, 
i Aussaugung 
5 Secunden. 

20 ccm einer sehr 
, stark schleimigen, 
leicht gelblichen 
Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—. A = 12. 
Peptonreaction 
-h. 

Läkmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—. A=22. Die 
quantitativeHCl- 
Analyse (Mar- 
tius - Lüttke) 
ergiebt, dass Or¬ 
gan. Säure fehlt. 

3. 

, Der¬ 
selbe 
wie 2, 
an 

einem 

an¬ 

deren 

Tage. 


Einführung 

7 Secunden, 
Aussaugung 

8 Secunden. 

30 cem einer sehr 
> stark schleimigen, 
leicht grünlich ge¬ 
färbten Flüssigkeit. 

4. 

24 J. 

Pana- 

ritium. 

Einführung 

15 Secunden, 
Aussaugung 
9 Secunden. 

10 ccm einer wasser¬ 
klaren, schleimigen 
Flüssigkeit. 

Lakmus *, Congo 
—, Günzburg 
—. A = 14. 

5. 

23 J. 

Phlyctfine 
am rechten 
Auge. 

Einführung 

10 Secunden, 
Aussaugung 
5 Secunden. 

5 ccm einer schlei¬ 
migen, leicht grün 
gefärbten Flüssig¬ 
keit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—. A = 15. 

6. 

20 J. 

Pana- 

ritium. 

Einführung 

6 Secunden, 
Aussaugung 
9 Secunden. 

4 ccm einer wasser¬ 
klaren, etwas schlei¬ 
migen Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—. A = 15. 

7. 

22 J. 

Quet¬ 

schung. 

Einführung 

8 Secunden, 
Aussaugung 
5 Secunden. 

3 ccm einer ziemlich 
klaren, schleimigen 
Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—. A = 15. 

8. 

20 J. 

Sehnen- 

scheiden- 

entzün- 

dung. 

Einführung 

7 Secunden, 
Aussaugung 

8 Secunden. 

15 ccm einer grün¬ 
lichen, stark schlei¬ 
migen Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
—, Günzburg 
—, A=16. Pep- 
tonreaction, -h, 
Zuckerroaction 

9. 

22 J. 

Wund¬ 

laufen. 

Einführung 

5 Secunden, 
Aussaugung 
7 Secunden. 

10 ccm einer schlei¬ 
migen, leicht grün¬ 
lichen Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 
-h A - 20. Pep- 
tonrection. -h. 

10. 

22 J. 

Nagelbett¬ 
entzün¬ 
dung am 
r. Mittel¬ 
finger. 

Einführung 

7 Secunden, 
Aussaugung 

9 Secunden. 

6 ccm einer schlei¬ 
migen, wasserklaren 
Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 
+.A = 20.Pep- 
tönreaction -h. 
Enthält grüne 
Pilzrasen. 

11. 

22 J. 

Trommel¬ 

fellent¬ 

zündung. 

Einführung 

6 Secunden, 
Aussaugung 

5 Secunden. 

9 ccm einer weiss- 
lichen, schleimigen 
Flüssigkeit. 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 

H—h. A = 26. 
Peptonreaction 
+• 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 
h-h. A = 28. 
Peptonreaction 
-h. 

Lakmus+, Congo 
-h, Günzburg 
-|—h. A = 30. 
Peptonreaction. 
+ . 

12. 

23 J. 

Pana- 

ritium. 

Einführung 

9 Secunden, 
Aussaugung 
7 Secunden. 

10 ccm einer schlei¬ 
migen, ziemlich kla¬ 
ren Flüssigkeit. 

13. 

22 J. 

Furunkel. 

Einführung 

5 Secunden, 
Aussaugung 

6 Secunden. 

10 ccm einer schlei¬ 
migen, klaren Flüs¬ 
sigkeit, die ein ver¬ 
schlucktes • Sputum 
enthält. 

14. 

20 J. 

Pana- 

ritium. 

Einführung 

10 Secunden, 
Aussaugung 

7 Secunden. 

8 ccm einer schlei¬ 
migen, ziemlich kla¬ 
ren Flüssigkeit, die 
ein verschlucktes 
Sputum enthält. 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 
-h -h. A = 32. 
Peptonreaction 
“h,‘ 

15. 

20 J. 

Pana- 

ritium. 

Einführung 

5 Secunden, 
Aussaugung 

6 Secunden. 

14 ccm einer grün¬ 
lichen, sehr stark 
schleimigenFlüssig- 
keit. 

Lakmus-h, Congo 
-h, Günzburg 
-f- h • A — 38. 
Peptonreaction 

16. 

23 J. 

Conjuncti-' 
vitis. 

Einführung 

15 Secunden, 
Aussaugung 

7 Secunden. 

15 ccm einer grün¬ 
lichen, sonst ziem¬ 
lich klaren Flüssig¬ 
keit. 

1 ■ 

Lakmus-h, Congo 
-h, ’ Günzburg 
-h-h. A = 40. 
Peptonreaction . 

. -L, Zuckerreac- 
tion —. 


Bei der Eindeutigkeit des Befundes habe ich mich — aus 
äusseren Gründen — zunächst auf diese 16 Fälle beschränken zu 
können geglaubt. Geordnet sind sie, wie ersichtlich, nach dem 
Aciditätsgrade. Derselbe schwankte von 10—40, d. h. es enthielten 
auf Salzsäure berechnet, die Mageninhalte 0,4—1,5 °/oo HCl! In —- 
zufälliger Weise — genau der Hälfte der Fälle blieb die Acidität 
unter 20, in der anderen überstieg sie 20. Bei der ersteren Hälfte 
fiel die Reaction auf freie Salzsäure negativ, bei allen anderen 
Fällen mit einer Acidität von 20—40 dagegen positiv äus. In dem 


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DEUTSCHE MEDICmiSCHE WOCHENSCHRIFT. 


als verschleierte Form der erbten Migräne entpuppt (Möh.tWk 
*o wird auch hier die vermehrte SäureHbsdieidijög von eWr 
ixiim_ Syr&ptetn eiues NcrvcuMdpiiä Vnn dietüom Stand- 
.ppübt ist es von ^ntscbiedmi klittiselUmr Interesse, doreiv MH- 

• : WQ u »d bei Welchen Kraok- 

heita allen dieb Symptom vorkojmnt. NÄt •verst-ilndlfetr ist mir 
daher eine Bönerfenng ton Möbius gplngeintUbb (Jur. Atigftbe, dass 
«ins bei Migr&neunbUMt Brbrorhetje tü't außerordentlich sauer 
. .v,ITutprsöffriuig^ii-, ,5«&fc Pf? bube Mi, AMH: Y.^nehmen lassen, kann 

' ' Nun, die Aufkillrung, 

Ä^ie, ob Hyperaciditilt ein den MigrlVru- 
" . Symptom lfst odöf*. 

Das •. 4$$' •ic-HivwbU •duHtMu.s Astf.. g)#eimro Nlvenn mit $&: 

ö« wie viel Fällen • bei dev BüSedow’schea 
z)i Söhweißbildung oder Hitzögetühl m bcofr 
anderoü Symptome hei; den vrrsDfdödeusten 
und■.fögwd'firt.- worden. waru^ Maid: 
;e u V: Efkilif^b kann; Mi mir diese neuer- 
, ^ s ^■^ufesioeett^' 

pur als TbeliJr öder Wi.mjg'er bmvns&tn Rmtioh. 

> /der Mitgenspevjölfet.iuii W- 
,fefe£mal .gleich 4die' Krütik- 
sich, diu * H^peiwudiUit* hidigiicli 
w . * * * ’ /1 beiri&ihMßi 
in voUstämiigen Kranken- 
wie diu Bestimmung. der Fnls* 

. .es nun jöieiber 

4nm , M t ! ßtitikuiritoeo. MugönsaftHu^^“* 

<d kurjso Beobachtungen, 

$ vlabre- uit/ feelnia iSpgßre E^it mit don 2ricbyö 
F-of, kmiiint tu moi&tv BoliuPdlnng' wegca eleos 
^../*pfi^-VstAttgeili4btU' Blutung *yufe.?eii. kssh Rio 
AHäbMierlwg ergisbt, iinnbdenr ’iö- den frft&ifitj 'S4 Stunden nur etwas Tbok 
und kämuje Suppe genossefl- ist, emu rhÄUefite,. mit^ RafiuefBl? fibßbrben/ 
pretiün int .nftyMernHy .Mugtm- eben nicht- voJl.sUUidig vordegte, ja Massen charhsctzte Flüssigkeit yon der AddjtJlt 60 und gtark itüsge' 
sUgar in iduzeliien Füllen .bis ?« recht; ßrh'eblMjxm \$ei c bimft -ttfr-A«ü ■ tywäü&W '(xlla Ä&tttfg&eher Roactiun. Am nkchatön Morgou ergMH aie 

am ydilig ntichterrion Kranken vorg/cnutnrntme-ÄUälieL>erüag 

Wuw fMlteft wie ilarnm den Mscei. ein* Dura|.WÄe nüt ! Uo'U^'>^*^*‘**0? »»ff# 1 **rnt fei«; 

Tf-T™ w!r *•**? wU T , ; «nd toSSÄÄ^ ulcnw 

bcUono- YenrleittHH- khimen wir ebenso g’nt die , 

nur so yo^icbtigv das l^Uer . der Maschine' nie völlig nusgejivu la , l ^! i ‘ 2 =. m ‘ u *™ ^ OfHcie. dßm Male^örkmkt. 

?.u lassen ! : • ■ ■ •.' ^ IBtf t ui Dore Ari dyspuptjaeM.^ü Defer.hwoiden. «SoitKiem vvftl beMiodelt* Ziöhr. 

r . , t , ' . v<j:i tiinem A «v.t sum pmleüti in der Welt benuu. Gpaaü«re Bep'bavhtuoa 

bbioH uapaiii konupt es mvdit an. . KIjrus^b. • '«dpktlg.;* ist..' <lip . »Veifjbt ftd^tspi^clien' üaia , ästb«iiu^clie; •Böseh'Wpwlpft d«n' 

Thatsacli»:, näss '/ w-ischon, der patli 0 1 0 g 1 h dh 0 n/ au starken Oji,.|brtw;Vht’snd werh-ielude, .nicht np bnsthßmi^iNorv®»g«di.Mtpg§l)ppdß»r 

^ai tri bso 1 ) dernng. -dm n iielt Leroun 'Magens* und dem Solimer^aiiMUe an dun Kxtremitätch,.'•o.usseroftetüch festhö!'ionde,..j»yp»‘ 

phy sjulogisclipn W r erhalteir keiü ab^oTutor, uussufiUo^-. . rMudriscb« 'KrankheitavarstoHmignu. .starke. a«rvö*c Errogharkeit; einlin- 
seüder Geg.ausa^« Msklik ; HvÄ^r^ion juui- ton- BhuI uuieht dvs Magböbescbworden viel schJtei^l 

l»'»ir!(.;Vf Mu{?no.«ali.fhi«s B im! 'llrai.'khei» 4 Vn '•' ««„lAni ' ,lut " jndes Aojwehe», • neriiii.|W Ematam«sjustwia; E«rt sieb 

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Stßigenmg einer normalen FuooDön »laj» PbysjoMgiprM aethort FUb:sig'ke«'.i von der Acidität 1101 phmtu 90' bedingt dnrck 
ünit das Falltpluglmdin anfUngt. Eir-ö Culslmraoiiz von *)0 ßehld^en • Die ufimittribar daran sieb unscbiie?s«ude Auespülur/ «rn 

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/lerer dieselbe für sieh A sein pbvsiulogi^kßs iWdit in Ausprudh mt 8 '*^ r A]m m n ^ Umm W a 

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I)ie Cebergaügüporiode, in »1er wir «ms tu der MugenpaUmlo«^« %ßudmi des Kranken nichts goliodert. Taga Uber Appetit girudi 

augxmt»lioklihh:/d;cliö(löip/ .-wMl- yurübßr stdn, wtmn mpn lUdbün-o P^' $t ^ ts ?Air Hölben ■ »stuu.do: MageudrucK, 1 

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Äü^t.^hSi^,iib LeiS t? ‘i!’;*®’ \ 1 ‘ n w '', ««Mw»»ten*.y|apb.>me sj.s!m ni? mt , m ommm »Me ich «n eihe ^«sclum® «dufVerWcto *»8 
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^it^d^fibRuiirfai^s' eip^elirei* h , 'ftU 26 ai^kpr‘-;-AilW^o : auf; • nllrijähllhh wieäerr am BO Tage, gleirb 1JK iun 4Ü J; Tage. $«dd9imst6fe 
ujescut -u-ftbicte getrieben Unt,. j«f. IreKauut, - Hun-abernd. npcuiidur -Befund.:' j .73 Stüfidnixumd* DrobelrUli^ülck A ^*ngo 

Hypei^iditUfc de? Magensäfte« oder iiew ubi* nvonrebiorbv^liin ^ A Odii4U- 4O--50, nie maß %.user«sf:<; vom Tag^vorh^v. mt- 

isi genau so viel und ty wonig eine IbSoi vi " nU r ?* [ ? ^ 

fWpkf «der Altem OudonA« ^>r bei ^ • v \ . 

bn Emphysemabikto Qleieligüife ob-vom T EaH p, t .SOjghx^. Arbeiter, klagt Xfaer 

uUgemem pathologische« 8t,audpuiiHd aus der MÄdiaiösniue «b-r ^ wU *' u * Dnimne Umer^ciiong otgipht Immwlai smistm« AnomaliMW,. 

Oüdeiabilduüg in alMn diesen Faliei. im bdvtm» nrnr.a^ Espve^ton des- üttchteniöa -Mttgäiis agnht 

(» t f„b«r rrbdd £-k«M b i a f ? - • m Jf}^ g r W a iü^Mxm A&fe * Tbod «öd W^t geuossufi war) m* 2y0 ccm 

ik'-cÄn -r ’ ymisdi ist e« immer om hehier, dur WiiSsersueUt -wassärlgür ntwib tHiber-'Mössitfkeit. n«imrO Caixäimrg stark ; posithv. 
** sv'!' 10 ( ul ^f un ' 1 ’bnbbiidtdn zn woibm, ohne sieJi darum Audiilxt *i : j «üavot. ‘froin uV’i’-^üOj.* Koinc ‘ KabvungsrAsto vom TiyM 

W Mn Ht-ivdehler oder ylironivorher, Umm KuMd birnld durch Wucbwv cöKsfemt Morm« ^ 
mmer «Wokt. n*;p.:bt*vnr 0 Magen cuto uwiscboü- BOO und M am »c.h wank ende, m*' 

...die ].hy?dologisdjc Norm venuehrt.v HCt-Absrheid\iiirr flüs%ko»u«ienge. von der Acidität 00-80.- Pi«> Acidität ist, ^'Wieuor'- 
im Magen kommt vor lud Tfleus veuüdtmk m n ‘!!y aa^mative- Anteil m«hm nur dnnh HCl. bedingt. Urgamsplw 

KW,.,; ^ ^ o, >«:• • fehlem. Von der Aeiditbt durchwboiUlinb 20 .ft«t 

‘ . .. ’ ? 'i.\>usi^,fiöh: . bumlsuo, dfe Übrige auf Ub«rsrhö^i,gO. (fp^)Si UCl, — ; Boi xuonatohuig irtrt- 


«fim/'-Ähfün^saliftMihme .• ^Uie-: 'Itiicljh •• j mir auch uiidik , ... 

ckinimhalDgen, sanven Fldssigkoii im Magen somlorliohn AirlkhU;ii»ig zu crlangeu wäre, 
inrn lcdighrh SaDsdnrowar, Uinselbe war die zu erlungo« wäre, 
frei. lAdjcrMdissi&'o (freie) Saizsünnv Xund anfaJj (immer; hiitaig oder suDeiD b« 
lio Aeiditftt. über -20. stieg. Was biadot die nichts^ ^ 

20? Hämmtliebe därd^tO'du uatOTncbfrp dov l^age, ah und 

ml» di« ;f%ptanih4etiöp. TM ^ ' Kwkb'^ 

suf.lmHtm :babeu< das r'pgelreeht peptbnlsirt achten- ist. AADmn alli 
1. dH^s X),8 °/(>o den $6ee»diirlhtt HCl geiiuudeii Krankln^iteu goiuiii Imohaiditet. 

dpt*1H0j dhii^^lK Ö*>J vfti übur- äueTi dl« ^,1 lyMrV.jilorliythi ’ 
iwelgsr xur AVöihuon Bindung, und HCl im ilings mehrfach '/-U Tilge taetepde AJifmigung 
.Wüte a&ium-b." ilJO;?e-..lEfwetssmftiigo- •im- Säirrrbestimniuugon 
Lud dfts üoeh . Bonte der . N;ibrmg? . Tiaran segen die berrshiibnde Teudonz soitpni 
ht wordehv; Die rtdaliv .wemg- ECweiss-. eutr ..dom Naebwois devartie/or' Auomalmeo. 
war l$t/* ^tuaite vor dar A-iiMmherm^. -go*. herfA zu mächon. Oewöho.lv taau.. . . .,. 

als SvTßptoni an sieh sehr x-ursobiedener Kränklmitoa 
in iuelireren MagennUssägkiritöii versüiitimkDiK. stv yvird' man die SäurohoMimtnungöö- " 
unh’ der ges.ui>d«;stn Mondiih viyrt-i/lihmkr gifsehiObton ebenso wenig wermissou. 

Spnirdvel abges-t.OÄ»eaß MLUiddpitlvoHou; nuoh lVnq.ium?;^H|HiiiH9| 
usPort sieir dahii und ivämi und rcrönblimikt Meinung m 
e. Kurzj m e^^skhäftigbni Esllmutörial/ : 2hr K 

dreoht pepionisMi fehlt cs d.öJü udehtnriiftn J • ,. t 


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^^^SUhigÜ 







9. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


gesetzten Ausspülungen verringert sich allmählich sowohl die Flüssigkeits¬ 
menge, die Morgens nüchtern im Magen sich vorfindet, wie deren Aci- 
difcftt. Nach etwa acht Wochen findet sich notirt: Flüssigkeitsmenge 
Morgens nüchtern 30 ccm, Acidität 50. Der beste Beweis der Besserung 
ist der, dass Patient von selbst sich zu den Ausspülungen nicht mehr 
einstellt, vielmehr seine Arbeit wieder aufnimmt. 

Zu ergänzen sind alle drei Krankengeschichten noch betreffs Lage 
und Grösse des Magens. Bei Fall 1 (dem Ulcus ventriculi) wurde nicht 
besonders darauf hin untersucht. Bei Fall 2 und 3 wurde durch eine in 
meiner Poliklinik jetzt in der Ausbildung begriffene, möglichst exacte 
Methode, über die später im Zusammenhang berichtet werden soll, aus¬ 
drücklich festgestellt, dass weder Lage noch Grösse, noch motorische 
Kralt irgendwie von der Norm abwichen. 

Diese aus einem grossen Material beliebig herausgegriffenen 
Krankengeschichten beweisen zunächst soviel, dass eontinuirliche 
M agensaftsecretion als reine Begleiterscheinung (ziemlich 
nebensächliches Symptom) genau gekannter und klinisch um¬ 
grenzter Krankheiten vorkommt. Eine organische Magen¬ 
krankheit (das Ulcus ventriculi) und eine rein functioneile Nerven¬ 
krankheit (die Neurasthenie), beide können ebenso, wie von Hyper¬ 
acidität, vom „eontinuirlichen Magensaftfluss“ begleitet sein, d. h. 
bei beiden finden sich unter Umständen nicht unbeträchtliche Salz¬ 
säuremengen im nüchternen Magen. Der (von mir auch noch bei 
einem anderen Neurastheniker beobachtete) plötzliche Umschlag von 
Hypersecretion in beinahe völlige Ajiacidät, ohne dass eine Er¬ 
krankung des Magens selbst nachweisbar wäre, beweist wohl am 
besten, dass in Fall 2 auch die vorübergehende Steigerung der 
SaftseCretion des leeren Magens ein rein nervöses Symptom ist. 

Widersinnig wäre es unzweifelhaft, zu sagen, Fall 1 habe an 
continuirlichem Magensaftfluss mit Ulcus ventriculi und Fall 2 an 
continuirlichem Magensaftfluss mit Neurasthenie gelitten. A potiori 
fit denominatio. Also: die in mässigem Grade normaler¬ 
weise stattfindende HCl-Absonderung in den nüchternen 
(speisefreien) Magen kann bei gewissen Krankheiten (Ulcus 
ventriculi, gewissen Formen der Neurasthenie, vielleicht auch 
gastrische Krisen etc.) eine entschieden pathologische 
Steigerung erfahren, zum Krankheitssymptome werden. 

Wie steht es nun aber mit dem dritten Falle? Ersichtlicher 
Weise unterscheidet er sich nicht unwesentlich von den beiden 
vorhergehenden. Der Magensaftfluss ist hier nicht nur hartnäckiger 
und viel massiger, er tritt auch vor allem im Krankheitsbilde viel 
mehr hervor. Es ist nicht zu leugnen, hier beherrscht er die 
Situation. Stellt er nicht wenigstens in diesem (dem Re ich- 
mann-Riegel’schen Typus entsprechenden) Falle „die Krankheit“ 
dar? Sicher ist diese Frage berechtigt. Aber wie auch bei der 
„paroxysmalen Tachyeardie“, die man als Krankheit sui generis 
anzusehen und zu beschreiben sich gewöhnt hat, die Frage nach 
der Ursache dieses auffallenden Phänomens und damit nach der 
eigentlichen zugrunde liegenden Erkrankung nicht abzuweisen ist, 
so auch hier. Mit Schreiber zu erklären, dass solche Fälle nichts 
anderes als die längst bekannten „Ectasieen“ seien, ist unzulässig. 
Wenigstens bestand in unserem Falle eine solche ebenso wenig, 
wie in dem ersten, bekannten Falle Reichmann’s. Die Patho¬ 
genese ist eben noch aufzuklären. Und so entspricht es wohl am 
besten dem gegenwärtigen Standpunkt unseres klinischen Wissens, 
wenn wir zwischen physiologischem und pathologischem 
Magensaftfluss unterscheiden. Der letztere ist eine entschieden 
-krankhafte Steigerung des ersteren und kann entweder sympto¬ 
matisch, d. h. als Begleiterscheinung schon bekannter Krankheiten 
Auftreten, oder er kann — bei Abwesenheit derartiger bekannter 
Krankheiten — so sehr in den Vordergrund sich drängen und 
allein das Bild beherrschen, dass wir vorläufig berechtigt sind, 
ihn als Krankheit sui generis zu bezeichnen (Typus Reichmann- 
Riegel). 

Schliesslich will ich nicht zu bemerken unterlassen, dass ich 
bei Individuen mit dyspeptischen Beschwerden mehrfach den ge¬ 
kringen, exprimirbaren Gehalt des nüchternen Magens neutral 
oder ganz schwach alkalisch gefunden habe. Ob wir den 
Spiess umdrehen und den völligen HCl-Mangel im nüchternen 
Magen für pathologisch erklären müssen, das will ich dahin ge¬ 
stellt sein lassen. 

Hervorgehoben sei zum Schluss nur noch einmal, dass in den 
vpn mir untersuchten 15 Fällen (darunter einer zweimal) von ein¬ 
wandsfrei magengesunden Leuten ohne Ausnahme ein leicht aus¬ 
zuhebernder salzsaurer Mageninhalt sich vorfand. Damit ist 
natürlich nicht gesagt, dass nicht beim 16. Gesunden unter den¬ 
selben Bedingungen ein neutraler Schleim sich vorfinden kann. 
Aber die Regel ist das letztere eben sicher nicht. 


641 

III. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik und der 
chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts in Berlin. 

Ueber Harnsäure, Xanthinbasen und 
Leukocytose bei einem mit Organextracten 
behandelten Fall von Leukämie. 1 ) 

Von Paul Jacob. 

Die nachstehende Mittheilung betrifft eine Reihe von Unter¬ 
suchungen, welche wir an einem Falle von Leukämie mit der 
Ludwig Salkowski’schen Methode der Harnsäure- und der Dr. 
Krüger’sehen der Xanthinbasenbestimmung, die unten näher be¬ 
schrieben werden soll, angestellt haben. Es handelte sich hierbei 
nicht allein darum, den Harnsäuregehalt zu bestimmen; zahlreiche 
Autoren haben darüber Mittheilungen gemacht, so Virchow und 
Vogel, Bartels, Schmutziger, Fleischer und Penzoldt, 
Sticker, Mosler, Pettenkofer und Voit, Bohland und 
Schurz, Salkowski, Stadthagen, Kossel. Horbaczewski, 
Richter. Mit Ausnahme von Mosler sind sämmtliche Unter¬ 
sucher zu dem Resultate gelangt, dass die Ausscheidung der Harn¬ 
säure (und der. Xanthinbasen?) bei der Leukämie stark vermehrt 
sei.. Wenn auch einzelne dieser Angaben infolge der auf unzuver¬ 
lässigen Untersuchungsmethoden basirenden Resultate als zweifel¬ 
haft zurückzu weisen sind, so sind doch immerhin zahlreiche 
darunter, welche mit der durchaus sicheren Ludwig Salkowski- 
schen Methode ausgeführt wurden, so dass die Behauptung von 
dem vermehrten Harnsäuregehalt bei Leukämie als feststehend zu 
betrachten ist. 

Dieser Erscheinung suchten wir nun dadurch näher auf den 
Grund zu kommen, indem wir prüften, ob zwischen Harnsäure- und 
Xanthinbasenausscheidung und der bei Leukämie so ausserordent¬ 
lichen Hyperleukocytose t£ ) ein Zusammenhang bestehe. Zu wieder¬ 
holten malen ist auf denselben in den letzten Jahren hingewiesen 
worden, so von Stadthagen, Horbaczewski, Kossel und 
jüngst noch von Richter. Doch ist diese Frage durch die letzt¬ 
genannten Arbeiten keineswegs entschieden; denn obgleich Hor¬ 
baczewski für fast alle Krankheiten die vermehrte bezw. ver¬ 
minderte Harnsäureausscheidung auf eine dementsprechende Ver¬ 
mehrung oder Verminderung der Leukocytose zurückzuführen 
sucht, so giebt es andererseits zahlreiche Autoren, welche einen 
solchen Zusammenhang zwischen den beiden Erscheinungen ent¬ 
weder überhaupt nicht anerkennen oder zum mindesten stark 
beschränkt wissen wollen. Daher erschien es uns zweckmässig, 
dieser Frage durch die nachstehenden Untersuchungen näher¬ 
zutreten. 

Bei unserm Falle von Leukämie gewannen dieselben noch 
dadurch erheblich an Interesse, als er in die Gruppe deijenigen 
gehört, welche auf der I. medicinischen Klinik des Herrn Geh. 
Rath Prof. Dr. Leyden von Herrn Dr. Goldscheider und mir 
mit Organextracten behandelt worden sind. Ich will mich hier 
selbstverständlich in eine Erörterung der Gewebssafttherapie als 
solche und ihre Bedeutung nicht einlassen, zumal diese Frage erst 
kürzlich im Verein für innere Medicin abgehandelt worden ist und 
Herr Dr. Goldscheider auch unsere diesbezüglichen Erfahrungen 
daselbst mitgetheilt hat. 3 ) Ich möchte nur in Rücksicht auf diesen 
speciellen Fall einige erläuternde Worte sagen. In den Mit¬ 
theilungen, welche Herr Dr. Goldscheider und ich im ver¬ 
gangenen Jahre in der Berliner physiologischen Gesellschaft ge¬ 
macht, hatten wir auseinandergesetzt, dass eine Reihe von Organ¬ 
extracten, nämlich die der Milz, des Knochenmarks und der Thymus¬ 
drüse einen beträchtlichen Einfluss auf die Leukocytose ausüben, 
indem nach Injection dieser Extracte zunächst eine starke Ab¬ 
nahme, späterhin eine intensive Vermehrung der Leukocyten ein- 
tritt. Wir hatten weiterhin gefunden, dass andere Organextracte: 
Pankreas-, Thyreoidea-, Leber-, Nieren, nicht die geringste Wirkung 
auf die Leukocytose haben. 

Es lag nun nahe, die durch eins der erstgenannten Extracte 
hervorgerufenen Erscheinungen bei der Leukämie zu prüfen; wir 
gingen dabei von der Voraussetzung aus, dass durch die Injection 
zunächst eine erhebliche Abnahme der Leukocytenzahl veranlasst 
werden würde, eine Erscheinung, welche, wie wir an anderer Stelle 
ausführlich erörtert haben, darin gipfelt, dass unmittelbar nach 

•) Nach einem Vortrage, gehalten in der Berliner physiologischen 
Gesellschaft am 13. April 1894. 

*) In den nachfolgenden Mittheilungen werden wir unserm schon im 
vergangenen Jahre in der Berliner physiologischen Gesellschaft gemachten 
Vorschläge gemäss stets von Hyperleukocytose sprechen, wenn es sich um 
eine Vermehrung der Leukocyten über die Norm (ca. 7500) handelt, von 
Hypoleukocytose, wenn um eine dementsprechende Verminderung, und 
mit dem Namen Leukocytose einfach den jeweilig vorliegenden Zahlen¬ 
befund von weissen Blutkörperchen als solchen belegen. 

*) Deutsche medic. Wochenschrift 1894, No. 17. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



642 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32 


oder vielmehr infolge der Injeetion ein Hineindrängen der weissen 
Blutkörperchen in die Lungencapillaren stattfindet lind wahr¬ 
scheinlich erst allmählich der Zerfall eines Theils derselben eintritt. 

Wir waren uns andererseits aber wohl bewusst, dass im Ge¬ 
folge dieser Abnahme eine Vermehrung der Leukocyten erfolgen 
würde, eine Neuausfuhr von Zellen aus den die Blutzellen bildenden 
Organen. Doch erwarteten wir bei dieser Hyperleukocytose, dass 
für die allgemeine Blutzusammensetzung ein günstiges Moment 
geschaffen werden würde, wenn wir die alten in der Blutbahn be¬ 
findlichen Leukocyten zum Theil zerstörten und durch den forma- 
tiven Reiz, welchen die Injectionen auf die blutbereitenden Organe 
ausüben, neue Blutzellen einzuführen versuchten. Als dritter Ge¬ 
sichtspunkt kam in Betracht, ob sich durch diese Anregung für 
eine vennehrte Ausfuhr neuer Leukocyten vielleicht eine Abnahme 
der gewöhnlich bei Leukämie bestehenden enormen Milzschwellung 
erreichen lassen würde; kurz, ob es schliesslich gelänge, durch die 
Injectionen, wenn auch nicht eine lestitutio ad integrum, so doch 
eine Besserung zu erzielen. 

Diese kurzen einleitenden Bemerkungen mögen dazu dienen,' 
zu zeigen, welche Erwägungen Herrn Dr. Goldscheider und mich 
bei dieser Art von Behandlung der Leukämie leiteten, und uns 
vor dem Vorwurfe zu schützen, dass die Injectionen nicht auf 
wissenschaftlichen Ueberlegungen basirend, sondern nur „experimenti 
causa“ geschahen, vor welch’ letzteren Versuchen wir wiederholt 
warnten und dies immer wieder betonen möchten. 

Der hier in Frage kommende Fall von Leukämie, der zweite 
dieser Art, welchen wir mit Injectionen behandelten, betrifft eine 
63jährige Frau, welche im Februar dieses Jahres auf der ersten 
medicinischen Klinik des Herrn Geheimrath Prof. Dr. Leyden 
aufgenommen wurde. 

Patientin giebt an, dass ihr Vater an Brustwassersucht, ihre Mutter 
an einem „Gewächse im Leibe“ starb. Sie hat sechs gesunde Kinder ge¬ 
boren; die Menopause trat im 38. Lebensjahre ein. Bis vor sechs Jahren 
will sie stets gesund gewesen sein: zu der Zeit empfand sie zum ersten 
male heftige Schmerzen im Unterleibe rechterseits und wurde von Herrn 
Professor Litten und Dr. Friedländer, welche eine Cholelithiasis 
diagnosticirten, mit Oleum Olivarum und Ricinusöl behandelt. Das Be¬ 
finden der Patientin besserte sich danach erheblich und war während 
der folgenden Jahre ein leidlich gutes, bis sie im September 1893 
wieder starke Schmerzen im Unterleibe, diesmal auch links, bekam. 
Gleichzeitig schwoll ihr seit der Zeit der Leib enorm an, und da sich die 
Beschworden immer mehr steigerten, suchte sie im Februar dieses Jahres 
die Königliche Charite auf. 

Patientin ist eine 63jährige, mittelgrosse Frau, stark abgemagert, 
kräftigem Knochenbau. Untersuchung der Respirationsorgane 
und des Nervensystems ergiebt normalen Befund; nur ophthalmoskopisch 
erscheint der Augenhintergrund infolge von Linsentrübung verschleiert. 
WäM3 den Circulationsapparat anbelangt, so liegt der Spitzenstoss im 
turnten Intercostalraüm. Die Herzdämpfung reicht links bis zum Spitzen¬ 
stoss, nach oben bis zur Mitte der dritten Rippe, rechts etwas über den 
linken Sternalrand. An der Herzspitze hört man einen verlängerten 
dumpfen, rauhen ersten Ton, an den übrigen Ostien nur reine Töne. An 
der Pulmonahs ist der zweite Ton verstärkt. Herzpulsationen sind über 
mehrere Intercostalräume zu sehen, ferner besteht Venenpuls. Der Radial¬ 
puls ist von massiger Spannung und Füllung. 

In Bezug auf die Ünterleibsorgane ist zu bemerken, dass der Leib¬ 
umfang stark vergrössert ist, die Bauchdecken prall gespannt, dagegen 
Ascites nicht wahrnehmbar. Die Leber ist gut zu palpiren, sehr ver¬ 
grössert und fühlt sich hart an. Der untere Rand in Höhe der elften 
drei £ mg « breit v . om Nabel verläuft ziemlich gerade nach 
.dm Mitto des rechten Poupart sehen Bandes zu. Der vordere Rand der 

verlänft jlfmlt ^ rtel1 ^ I, Z - J ie f. te . lnha rt und von glatter Oberfläche ist, 
verlauft ziemlich gerade in der linken Sternallinie; die untere Grenze be¬ 
findet sich ungefähr fünf Finger unterhalb des Nabels. 

AlbiimAn ,,'T’ - ca - 80 ?' sp^ifisches Gewicht 1017, enthält mässig viel 
Albumen und einen starken Bodensatz von hamsauren Salzen. Auf die 
genaue Harnanalyse komme ich später zurück. 

'... Blutuntereuchung ergab folgendes: Der zur Zählung be¬ 
stimmte Blutstropfen erscheint auffallend blassrosa, von fast gelb- 
IC1 “Ä“* dem Zeiss-Thoma’schen Apparat: 
der 3 r n th«n E TOHP«'’ 8 ^> 000 Leukocyten; demnach war die Zahl 
? tt - 8rP °i r 5o® n unf?efähr 2 ‘/2 unter dem Normalen, 

di VerhSiT Ca ma gröS J Ser als beim gesunden Individuum; 
das Verhältmss der weissen zu den rothen wie 1:21 statt 1-660 

voi TRoma hn Han erth r W a e K her naC }' den neueren Untersuchungen 
von ihoma, Halla, Gräber, v. Limbeek, Reinert Rioder 

entepricht n als' g Z e v ber ^ h " et , ist und wohl mehr der Richtigkeit 
.entspricht als dm von Weleker und Moleschott angegebenen 

Lehrbüchern 3 Anden 6r aZZ• ““Z in den “eisten, Selbstkosten 
k fast aC Fön “• ^."V 116 I £‘ kr ? sko P lsch e Untersuchung, welche 
; “ allen Fdllen mit dem Ehrlich’schen Triacidgemisch vor- 

di*e nZis I feb UI s e ’ ? he ‘° h bier nicbt näber ein; dieselbe hat für 
W teh6 ^ en | lrort erungen keine Bedeutung. Ich möchte nur 
hervorheben dass durch dieselben die Natur der Leukämie als eine 
hauptsächlich lienale Form festgestellt wurde. 

In Bezug auf die Behandlung ist zu bomerkon, dass die Kranke 


eine bestimmte gemischte Kost erhielt, und zwar stets zu denselben 
Zeiten. Medicamente wurden ihr während der hier in Frage 
kommenden Beobachtungsdauer nicht verabreicht, abgesehen von 
ganz geringen Dosen Chloral. Dagegen injicirte ich ihr subcutan 
unter die Bauchhaut in Zeitintervallen von zwei, drei bis vier 
Tagen 2—3 ccm Milzextract. Auf die Herstellungsweise desselben 
will ich nicht näher eingehen; ich habe dies ausführlich bei meiner 
ersten Mittheilung in der Berliner physiologischen Gesellschaft aus¬ 
einandergesetzt. 1 ) Die Injectionen, welche ich auch immer genau zu 
derselben Tageszeit machte (ebenso wie die Zählungen), wurden 
stets vorzüglich vertragen, verursachten keine besondern Schmerzen 
noch jemals locale Schwellungen, geschweige Abscessbildungen. 
Nur eine Erscheinung, welche regelmässig die ersten drei bis vier 
Stunden nach der Injeetion anhaltend auftrat, war äusserst auf¬ 
fallend und bemerkenswerth: Während dieser Zeit verspürte Patientin 
nämlich immer Schweissausbruch, grosses Angstgefühl, das sich 
häufig bis zur Dyspnoe steigerte, und heftigen Hustenreiz. Diese 
Symptome lassen sich nach der von Herrn Dr. Goldscheider 
und mir aufgestellten Theorie über die durch Injectionen hervor¬ 
gerufenen Leukocytoseveränderungen wohl ohne weiteres dahin 
deuten, dass zunächst infolge der Injeetion ein hochgradiges Hinein¬ 
drängen von Leukocyten in die Lungencapillaren erfolgt und so 
die vorgenannten Erscheinungen veranlasst werden. 

Ich will nun hier nicht näher darauf eingehen, ob und welche 
therapeutischen Erfolge wir durch die Injectionen erzielten. Ich 
kann dies um so weniger, als die Patientin noch in analoger Weise 
auf der Klinik behandelt wird und wir daher ein definitives Urtheil 
jetzt noch nicht abgeben können. Es kommt hier nur darauf an, 
zu zeigen, ob irgend welche Veränderungen in der Harnsäure-und 
Xanthinbasenausscheidung im Anschlüsse an die durch die In¬ 
jectionen bedingten Leukocytoseveränderungen constatirt werden 
konnten. Ich werde daher im folgenden nur die für diese Beob¬ 
achtungen erforderlichen Ziffern geben und vorläufig auch nicht 
näher auf die Veränderungen eingehen, welche sich mikroskopisch 
während der Behandlung in Bezug auf die weissen Blutkörperchen 
feststellen Hessen. Die diesbezüglichen Ergebnisse behalten wir 
‘uns für eine spätere Mittheilung vor. 

Ich erwähnte schon eingangs, dass bei der Patientin, als sie 
in die Charitö aufgenommen wurde 1837 500 Erythro- und 
850 000 Leukocyten gezählt wurden, demnach ein Verhältniss wie 
1:2,1. Dieser Blutbefund erhielt sich constant innerhalb der 
ersten acht Tage, während der die Kranke keine Injectionen erhielt. 
3 l / 2 Stunden nach der ersten Injeetion zählte ich 575000 Leukocyten; 
zur Zeit der zweiten hatte die Kranke 607 500, vier Stunden 
später 325 000, zwei Tage danach 420 000.' Ich will hier nicht 
all die einzelnen Zahlen anführen, zumal dieselben aus der Tabelle 
ersichtlich sind. Wenn ich die Resultate zusammenfasse, so ergiebt 
sich, dass innerhalb der ersten drei bis vier Stunden nach der 
Injeetion ein enormes Absinken der Leukocyten zu eonstatiren 
war, dass ihre Zahl sich am nächsten Tage wieder erhob, aber nie 
wieder die ursprüngliche, vor der betreffenden Injeetion bestehende 
Ziffer erreichte. Die hier vorläufig mitgetheilte Beobachtungs¬ 
dauer erstreckt sich auf einen Zeitraum von drei Wochen; inner¬ 
halb desselben wurden vier Injectionen ausgeführt. Am Tage nach 
der vierten wurden 2 560 000 Erythro- und 282 000 Leukocyten 
gezählt, die Zahl der letzteren war also ca. auf ein Drittel der 
ursprünglichen Ziffer gesunken. Das Verhältniss der ersteren zu 
den letzteren statt wie anfangs 1:2,1, vielmehr 1:9,1. Ich ver¬ 
wahre mich aber nochmals ausdrücklich dagegen, aus diesen Zahlen¬ 
angaben vorläufig irgend einen Schluss auf den etwaigen thera¬ 
peutischen Nutzeffect zu ziehen, der durch diese Verminderung der 
Leukocyten erzielt werden könnte. Diese Zahlen wurden nur mit- 
getheilt, um jetzt im Zusammenhang damit die Resultate der 
Harnsäure- und Xanthinbasenuntersuchungen zu berichten. 

Diese Untersuchungen wurden ausschliesslich von Herrn Dr. 
Krüger nach der von ihm gefundenen Methode für die Bestimmung 
der Xanthinbasen und der Ludwig Salkowski’sclrm für die der 
Harnsäure angestellt. Nur als solche im Verein mit ihm gefundene 
Resultate bitte ich also die nachstehenden zu betrachten. Bei der 
Erörterung derselben kann ich mich kurz fassen, indem ich auf die 
später folgenden Tabellen verweise; ich beschränke mich daher 
darauf, nur die wesentlichsten gefundenen Ergebnisse mitzutheilen. 
Als besondere Punkte hebe ich hervor. 

1. Es besteht ein vollkommener Parallelismus im Verlaufe der 
Ourven für den Gesammtstiekstoff, die Harnsäureausscheidung, den 
Harnsäure-Basenstickstoff, den Basenstickstoff und das Harn¬ 
volumen. 

2. Alle diese Factoren halten sich während der Beobachtungs¬ 
dauer vor der Injeetion innerhalb bestimmter Grenzen; die des 
Harnvolumens schwanken zwischen 700—1000 ccm, die der Harn- 

*) Verhandl. d. physiol. Gesellschaft zu Berlin 1893. 


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DEUTSCHE MEDIC W3CHE WÖCRENSCHBJET. 


mit W a! t: I)nr ! ) den Vorzug jgpbe. Bei >tu>k um ?liq < hdVnung xurück* 
g&tagbfipr flaut bildete, sirli pjü weit, jdalTendrs Loeh, durch (ii\& 
man mit« IfamiUühg; qiiVo's JkdTer.-Wrs die ganz**, gfrmlk-lr. gT-o=*sb.. 

Höhte- b}£ 7Ml ! Wfj-lii?lrs}luH‘ ZU ft«CelltnOsfmil VC)lilOi’lltfJ.1jjo Menge 

des ISitHoxHid'Jir.'s *ar in diesem JAdie nm.^eordrudhuh gtring, und 
dte Wandungen iW ffnhfo gHiwwd und fufefge4&r unuhtsr- Z 

bfQfiumoft JSr\t uiföfon^ tim* Eu'üge wkMherJfi sieh djb JEliie nni i 

Tag zn Tag, und ^UKesfdiwh legte *ieiv diKlnMi# 1 an die JWu^twami 
an, welche H^teie inu-■ ganz wenig eiusmik/ a •-s 


■pvVSw WH } v\yfi&. >fHi 
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und gewissen Gefahren recht 
enmtcr Art, Ich nmum niniu 
wie Blutung 
ABjubai-imt des Drains in dm 
^ { r’Jnuvaiiöhfv, nicht m# öh* 
kwV t stammende -.Befahr»» 

qü\d Dinge, die tn'^ht 
_ den Qtuvmgoa interessim. 


au, welche ^E'-tyrq ■■hitr gi»nje weinig ei&ftK'fc; • sondern ich Idellm- auf dem Gebiete der inneren Pathologie-'uad' 

Dias- führt mich nun, meine Heitm zu einer kleinen Abschweifung beginne mit der grossen Bciiwlhdie mul dom OöUaps» die 1A v{elf*>i 
über die wii:htigA fragiv wm {Hunt ^‘Ichnn Vei’!nÜtiil$y*m, bei 1^1 ft-' ‘dmr natürlich nicht allen F^llöfi • Folgen 4or Operation s|«d.- AD 
et ft tritt in Um ITtMimbnblc, also La*I Pnewjjif'"ttwn»x, mul m WTdm- kimmm mit einem Bohr kleinen nml schwachen -Pulse T<?n 150 % 
H>nmH mit dm) a} 1 ge hiim n angyoom mrtrnn der Dhys-iolngie H»U. mln' Wenigstens sehr: jumgespvo.eii.8nm* Dimdiß eine Mer zwei.'.' 

die.Lunge Sieh:■ »i.onriUch erweitern kann? (juhm- chm Moi.-Jia- r<B a 

ummua int inan h-dder n«rh meid im JCtarcn, oljvs'ohl du* Einreitoruag, 

der Liingn duitshältts emo gondJfcio Btxte guo- juui itft, das« oiwo 
Höhle, ilift wogeu fbi’ov Atarron WhÄtJfgeii iE ü.sAq:r)t eeftr ; 

vnh tßnfft gewöimliüjren Aiis^s uÄrsefididat:, mch ' ^cfUiessq?j. [ 
utm! yj cbm U»*Unng hevhui itUimi katm. !Uo iiof?erVeijo Theorie gl 
-*tif Acv (fec fittpgv, u/f? diu 

■timm - Wru-kt Üej Autors an^tifuhion, Tiidbrio; tvanue.h /«igh ; 
l‘[»»dffu:o\veh»'r fewischon Lithgö mji{ Ja htet wid daff'h- 

eeinc Knfenjeticm* diö . Iiitruiig. : 'b'e.i!v ; |rkjF..’«i-'. dfeo Thoonn irjfi’i: r^v:t*n>*:n;yuoji«N:^ ; ;-,'i»;,ci);t>q<»ü :»v^üVui.ccb'licob^ituojH ffi|?^8>K^|jiTiü 

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»ohwlWi liin-ivlrtlici, (in- S:v!h'!-!,mU '■ " ' ' „l-l'M'ntisitliOV ft)«ilm«tt‘ ;,. H.f ohno naf-hwotstem. ndtsr jut- 

Vcrghuuht mne k*t?J die mif ,3 üv ti,\; \,s k - tiohtnharcft a.nat<aniKc.lmu Gi-rnnJ, •yaltfä^lmirdudi i)tfa)gc vmi HnÖtöt- 

iiitemmniraiiiu. 'wird mim ^ 7 .' «-mVep Vu'l"v^ ^irkmix tHhrdf) und an ähnliche . Eüllo bei der »ferösen P.Jenritis 

n-l.P.li-1. W Ivimi,™. Ci)i<it'u. dA «t« l.t,'," .t A ’ v ~*f AUcm ist- «W 4<«-U ein ^wa!% f 

n.'i. i.i. IV»n«, ich.i.-temmtefili.ri .„u,-,- rtete-u teiltet ATr V ’' ;ll g n,! l,ilml, A bl " dw S(,rfefi '' ClM>n«8 ‘irr Äi Ol.Bff liwna. 

<•'«'»»' «Ü» in«’«»!»« .»»nwcht M«, ho Hi.st -.kfr OnnittecMu ,%A * ' VP c l " ***«?»■ eintrete« krtnii, orftip-i, et bmi bm- 

idi writv yorlvut«»»- iil <H.< U.Wlna eetje wj Aeh A l,Afr-p ny«?* »<-'*«<«> UuHi-.|i« Tlu-nipif. Drr FaII .»» ft&ftijtuitf), Xp4 

srw-m-.itt 4in*i Ullr dir ^iiv-iwi-fUitr-.r rirr Brf. ; ,rf,i!u H '-'.i, s ti»' 1!ftf 1 Aimspülunj? <nit«r Ruipyemböhfe, tEAchfr »iuer Zoi!. Alif- 

pyewg <-o>- v H 20 Jahr-cii mit telcbi üat «-»•.] sich Air- »ürt ,ist wictelietiftr A« »k avteh Toratissah, nicht .«1er «iwagc 

Jr>5«i(a'ü, .gw'; aijfftciioit liiciäBi»«- V<W«cfc»iikiivim «Uift*-- ¥*M«w<0. Ich; selbst, itaho öacli cinor &)««<#»» einer 4?/o«g<?«‘; 


prinjjfre- }\esocti cd l. 


ZZ t? v * ■ ^ “J®« ^ da\ltu*ch .aüie. wich%e 

sr.n «mplrcttuomi«, vrrsl.op.rt. *„ ich jotM. ..«oh". 

tte AtenrlHte„ot ■!.,- «vir uns livoMoifttp«, wie ih.,- P Bvloimi- 
liuifc Mini n».m.v« !«..Oar wehr, irr, von m-Bri,-« Com ( .J ic,x!,i o,m> n 


jj, ■ : --».-wnyv. iiu 1 '.«»AUTirgtc : ißCfs, j\o 

’««K'Är *? ’r^ 


ftm'h WicdmvinfühMing dos Ucabi plöblich, collahifi, .in Cönvui- 
slörton füllt und nach einigem Stunden 'stirbt. 

Die Sucht« scheint kaum glaub lieh. Buch habe ich Ä in 
i'Wi'l bäjlöii. wo die Krarikcn glücklieherwciso ut»oh gut davon- 
ka>ucn,. Geiogenlmit gehabt Ae edbhfeu, dass das Dmiurohr eine 
reckt böse Itolle sphden kann. Ira ersten hdilie war der betreffende 
Pntioftt ein Tliißrata.fc vou eiuigcn dO Jufiren, ein vorgcßolikit-tenor 
Reionva]p;scejit. und sclum Ober sein recht ausgespruehoncB „Studiurn 
tlnbiittaUs“; hinaus; Bel der Wimloroinfühnmg eines 'Drains, der 

■); bi h« ich ca Om Empyei/uv pleursug kJi.uiHkft ijagfctngßiser mod .spewclt. 
Bfeösyij p.tei den, npsrntBo Dehatidlmg og dimnos Comjdikntioüer, >nirsk 
Mcguic f<n- bwgovidenskoben JASd, S. blA- BlA — Dir. Einzöllidteii. hitte 
ich iii diygCvOitWerke uuohzübeb.en. 


. . .. E.;s;:r;K aa, S'Äissss a * ii, - s ‘“ - “• »-»-“wr 

*\ Kuj-wcgisr'iiu iTeb^^rvtwjag-' Fia^^meHirMWn" -9. ,• v f . 1f ^ Runeberg, IAW die operative Behundlmig te qitrigef Btusb 

vfW'Vy ,v,i ‘ r ” ' ,,! Jä«>«>:4- > ‘ !ii Uid ,! 1 ..? U A uT\yf AVA AS !! ' 1Ki ' " 


t. kl,.? xvii’i ■AAo'A ?; .>«■» Jän, W *Hw. ZelWcbr. 

i.m<. . . . 


• b i{;» ( vnnmL Cäs- dD mort ^urvetuie rapidetiieiit liyth une poe.eti° u 
Uioj’avique et 5ui- les ecriiViilftioiiÄ dnilnptifontu^ eonsAeftti^os aux injeebons 
hbmrvdHy ßr>z. heh«l iWL fU,. 48, S. ?bf. 

r . f . , S Fol.kefvheHn, Kur Dohrc vorn Emprem, Miltlicbg« aüß d.. «So«.. 
-£hmk t<r . ' 




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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32 


646 


Behring-Ehrlich’sclien Präparat 20 mg hierzu noch nicht ausreichend; 
erst 50 mg entsprachen diesem Zweck, so dass die Wirkung des letzteren 
Präparates mindestens zweimal schwächer als diejenige des Aronson’schen 
angenommen werden muss. Vermuthlich handelt es sich hierbei nicht 
um* einen ursprünglich verschiedenen Immunisirungsgrad des betreffenden 
blutliefernden Thieres, sondern um eine verschiedene Concentration des 
Antitoxins bei Herstellung der Präparate. Ich wollte diese Resultate nur 
erwähnen, weil bei den günstigen Erfahrungen, welche in verschiedenen 
Berliner Krankenhäusern mit Antitoxin gemacht werden, eine versuchs¬ 
weise Anwendung des einen oder anderen Präparates in solchen Diphtherie- 
fällon, in denen sie frühzeitig gemacht werdeu kann, meines Erachtens 
angezcigt erscheint.“ 

Auf Grund vorstehender Mittheilungen muss jeder unbefangene 
Leser zu dem Schluss kommen: 

1. Dass Professor Büchner mein von den Höchster Farb¬ 
werken in den Handel gebrachtes Diphtheriemittel mit dem Diph¬ 
therieantitoxin dor Schering’schon Fabrik verglichen hat und dass 
das Schering'sche Präparat um ein Mehrfaches wirksamer ist als 
das der Höchster Farbwerke. 

2. Dass die günstigen Heilresultate in Berliner Krankenhäusern, 
auf welche Professor Büchner sich bezieht, auch mit dem käuf¬ 
lichen Schering’schen Präparat erlangt worden sind. 

Demgegenüber habe ich zu constatiren: 

Erstens. Mein Diphtherioheilmittel ist vor dem 1. August 
nicht in den Handel gebracht und nicht verkauft worden, 
sondern bloss an ganz bestimmte Personen unentgeltlich ab¬ 
gegeben worden, und zwar mit genauer Anweisung in Bezug 
auf die Yerwerthung. Professor Büchner hat meines Wissens 
nie ein Höchster Präparat erhalten, weder von mir, noch von 
Professor Ehrlich, noch auch von den Höchster Farbwerken. 
Er muss also wohl irgendwie mystificirt worden sein, wenn ihm 
ein angeblich von den Höchster Farbwerken käuflich erworbenes 
Präparat zur Verfügung gestellt worden ist. Damit ist dann 
selbstverständlich alles hinfällig, was dieser Autor betreffs 
der vergleichenden Prüfung sagt. Denn.selbst angenommen, dass 
er wirklich ein von mir oder von Prof. Ehrlich herstammendes 
Präparat irgend w r oher sich verschafft hat, so muss berücksichtigt 
werden, dass wir zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen 
Zwecken sehr verschiedenwerthige Präparate ausgegeben haben. 

Zweitens. Die Schering’sche Fabrik hat so wirksame Prä¬ 
parate, wie das von Ehrlich, Kossel und Wassermann be¬ 
schriebene 60fache Normalantitoxin, bis jetzt noch nicht in den 
Handel gebracht, und sie empfiehlt bekanntlich ihr käufliches 
Präparat auch bloss zur Immunisirung und nicht zur Heilung. 
Tinmunisirung und Heilung sind aber — trotz aller gegentheiligen 
Behauptungen Büchner’s — Begriffe, welche für die' Dosirung 
meines Mittels streng geschieden werden müssen. 

Drittens. Das käufliche Diphtheriemittel der Höchster Farb¬ 
werke ist 

a) beträchtlich wirksamer als die bisher von der S eher in g- 
schon Fabrik verkauften Präparate; 

b) sehr bedeutend billiger: nämlich — auf don Wirkungs¬ 
werth berechnet — ca. 25—30 mal billiger als das zuerst von 
der Schering’schen Fabrik verkaufte, und 5 mal billiger als 
das jetzt im Handel befindliche Präparat dieser Fabrik. 

Man kann aus alledem erkennen, dass der Leser der Bucli- 
nor’schen Behauptungen vollständig irregeführt wird und dass 
diese Behauptungen geeignet sind, die wohlberechtigten Interessen 
der Höchster Farbwerke in hohem Grade zu schädigen. 

Die Höchster Farbwerke haben mir die zur Nutzbarmachung 
meiner Entdeckung für die Behandlung diphtheriekranker Menschen 
erforderlichen grossen Geldmittel zu einer Zeit zur Verfügung ge¬ 
stellt, in welcher niemand sich bereit finden liess, und ich be¬ 
trachte es daher als meine unabweisbare Pflicht, jeder Darstellung 
entgegenzutreten, welche — zum Schaden der von mir zur Her¬ 
stellung meines Mittels legitimirten Farbwerko — Nachahmungen 
seitens anderer industrieller Unternehmungen mit Unrecht als werth¬ 
voller hinstellt. 

Es ist ja jetzt schon soweit gekommen, dass in öffentlichen 
Blättern Herr Aronson als Entdecker des Diphtherieantitoxins 
gefeiert wird.. Das kann ich mit dem Trostspruch ruhig liingehen 
lassen, dass die Lügen der namenlosen Presse kurze Beine haben. 
Aber wissenschaftlich renommirte Capacitäten sollten doch etwas 
vorsichtiger die Sache prüfen, ehe sie diejenigen protegiren, welche 
nichts weiter gethan haben, als dass sie mit den von mir ange¬ 
gebenen Methoden geschäftskundig meine Entdeckung auszubeuten 
versuchten, und zwar zum Schaden des kaufenden Publikums. 
Denn der medicinische Berather der Schoring’schen Fabrik hat jetzt 
selbst zugestanden, dass meine Kritik, in welcher ich das Diphtherie- 
antitoxin-Schering in der empfohlenen Dosirung auch zur Immuni¬ 
sirung als unzureichend erklärte, vollkommen berechtigt war. 


VI. Aus dem städtischen Krankenhause in Charlottenburg. 

Ueber einen Fall von periodischer 
familiärer Paralyse. 

Von Dr. Karl Hirsch, Assistenzarzt. 

Seit der bekannten, grosses Aufsehen erregenden Mittheilung 
von Westphal 1 ) im Jahre 1885 „Ueber einen merkwürdigen Fall 
von periodischer Lähmung aller vier Extremitäten mit gleichzeitigem 
Erlöschen der elektrischen Erregbarkeit während der Lähmung“ 
sind von anderen Autoren eine Reihe von weiteren Publicationen 
erfolgt, die letzte meines Wissens von Goldflam 2 ) im Jahre 1890. 
Goldflam stellt im Anschluss an einen von ihm selbst längere 
Zeit beobachteten Fall alle hierher gehörigen Fälle von Hartwig, 
Fischl, Schachnowitz, Westphal - Oppenheim, Cousot, 
Greidenberg zusammen, um auf ihrer Grundlage ein ausführ¬ 
liches Krankheitsbild dieser eigentümlichen, bisher noch in so 
vielen Punkten rätselhaften Affection zu entwerfen. Ihr Vor¬ 
kommen ist jedenfalls ein ausserordentlich seltenes, wie die 
kleine Anzahl der bisherigen Veröffentlichungen beweist; unter 
diesen sind noch dazu einige, welche streng genommen nicht in 
den engen Rahmen des aufs schärfste charakterisirten Krankheits¬ 
bildes hineinpassen, z. B. die von Hartwig und Fischl. — Ich 
hatte nun Gelegenheit, im October 1893 im städtischen Kranken¬ 
hause zu Charlottenburg einen neuen hierher gehörigen Fall zu be¬ 
obachten. Wird auch dieser nicht dazu beitragen, den Schleier, 
der über der Aetiologie und dem Wesen der Krankheit schwebt, 
zu lüften, so rechtfertigt seine Mittheilung allein schon die grosse 
Seltenheit dieser Lähmungsform. Er bringt ausserdem eine 
weitere Bestätigung der bisher gemachten Erfahrungen, sowie 
manche interessante Einzelheiten. 

Meinem verehrten Chef, Herrn Dr. Alt, spreche ich für die 
Erlaubniss zur Veröffentlichung der Krankenbeobachtung meinen 
besten Dank aus. 

Ich lasse gleich die Krankengeschichte folgen. 

Anamnese. Emil Fr., 26 Jahre, Kellner, aufgenommen am 14. Octo¬ 
ber 1893, Abends 8 Uhr. Der Vater des Patienten starb an einer ihm 
unbekannten Krankheit, seine Mutter vor zwei Jahren angeblich an Blut- 
armuth. Von seinen 13 Geschwistern sind 8 bis zum dritten Lebensjahr 
an den gewöhnlichen Kinderkrankheiten gestorben; die fünf lebenden sind 
völlig gesund und haben nie an nervösen Krankheiten irgend welcher Art-, 
insbesondere nicht an den Anfällen des Patienten gelitten. Dagegen hat 
seine verstorbene Mutter, welche Patient als eine durchaus ruhige, ver¬ 
nünftige und im übrigen gesunde Frau schildert, wiederholt ganz 
genau dieselben Anfälle wie der Patient gehabt. Wann die¬ 
selben sich zuerst bei ihr einstellten, weiss er nicht anzugeben; in den 
ersten Jahren traten sie nur ein- bis zweimal, in den letzten ziemlich 
regelmässig alle drei Monate auf. Die Anfälle bestanden in einer sich 
in fünf bis sechs Stunden ausbildenden vollkommenen Lähmung 
fast der gesummten Körpermuskulatur, die durchschnittlich 
24 Stunden sich auf ihrer Höhe erhielt und dann schnell, oft wie mit 
einem Schlage, zurückging. Nur die Gesichtsmuskeln sollen angeblich 
von der Lähmung verschont gewesen sein; während des Anfalles war das 
Bewusstsein völlig ungetrübt, es bestanden auch keine erheblichen 
Schmerzen, nur ein lebhaftes Durstgefühl. Irgend welche Folgeerscheinungen, 
wie Schwäche, Benommenheit, Steifigkeit der Glieder stellten sich nicht ein. 

Patient selbst nun will von Kinderkrankheiten nur die Masern durch¬ 
gemacht haben und erinnert sich sonst keiner weiteren Erkrankungen aus 
seiner Jugend. Geschlechtskrank ist er bisher nicht gewesen, hat auch 
nie an Wechselfieber oder anderen Fiebern gelitten. Er war aber niemals 
sehr kräftig und kam vom Militär frei, weil er angeblich durch zu schnellen 
Wuchs körperlich zurückgeblieben sei. — Seinen ersten Anfall bekam 
Patient vor sechs bis sieben Jahren während seiner Lehrzeit als Kellner 
in einem Hotel. Er bemerkte damals, wie ihm die Glieder allmahJicn 
schwer und steif wurden, und zwar zuerst die Arme, dann die Beine. Er 
konnte schliesslich nicht mehr weiter arbeiten und. legte ^ 

Nach dem Gebrauch einer Einreibung ging die Sache innerhalb 24 Dtunaen 
vollständig vorüber, ohne dass es zu einer ausgesprochenen Lähmung 
irgend welcher Muskeln gekommen wäre. Bis zum Jahre 1892 bekam er 
regelmässig jedes Jahr einen Anfall ganz derselben Art, der sich schon 
Tage lang vorher durch ein Gefühl von Schwere und Mattigkeit in den 
Gliedern anzukündigen pflegte. Nach dem Anfall fühlte sich Patient 
so wohl und frisch wie vorher und konnte seine Arbeit ohne Beschwerden 
verrichten. 

Im August diesos Jahres kam es nun zu dem ersten aus¬ 
gesprochenen Lähmungsanfall. Der Beginn war derselbe wie-in den 
früheren Anfällen, aber die Schwere in den Gliedern steigerte sich ziem¬ 
lich schnell zu einer vollkommenen Lähmung der Arme, Bo 1 “® 
und der Rumpfmuskulatur, während die Gesichtsmuskeln völlig frei 
blieben. Die völlige, ausgesprochene Lähmung dauerte 24 Stunden un 
verschwand dann ganz plötzlich wieder. Während derselben bestanden 
keine erheblichen Beschwerden, nur ein lebhaftes Durstgefühl, Nach dem 
Anfalle war dem Patienten so zu Muthe, als ob nichts vorgefallen wäre. 
— Irgend eine Veranlassung zu diesem, wie zu den früheren Anfällen 

*) C. Westphal, Berliner klinische Wochenschrift 1885, No. 31 
und 32. 

2 ) G. Goldflam, Wiener mediqiscbe Presse 1899, No r 36—39, 


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9. A ugust. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 



weiss Patient nicht anzugeben. Er ist weder starker Trinker, noch starker 
Raucher, nicht leicht psychisch erregbar, leidet nicht an Kopfschmerzen 
oder irgend welchen anderen nervösen Beschwerden. Er bezeichnet sich 
seinem Naturell nach selbst eher als phlegmatisch. Dies war auch der 
Eindruck, welchen wir während seines Aufenthaltes hier von dem sonst 
recht intelligenten Kranken gewannen. 

Der letzte Anfall, der den Patienten veranlasst^, unser Kranken¬ 
haus aufzusuchen, begann am 13. October, also einen Tag vor seinem 
Eintritt, wie gewöhnlich mit einem Gefühl von Schwere in den Gliedern, 
aber diesmal, wie Patient ausdrücklich hervorhebt, zuerst in den Beinen, 
von dort nach oben aufsteigend. Er konnte bereits am 13. October nicht 
mehr gehen, am 14. October Morgens waren alle Glieder gelähmt und die 
Lähmung so ausgesprochen, wie wir sie am Abend desselben Tages bei 
seiner Aufnahme feststellen konnten. — Irgend einen Grund zu diesem 
Anfalle weiss Patient auf wiederholtes Befragen ebenfalls nicht anzugeben. 

Status: 1,67 cm grosser, mittelkriiftig gebauter Mann von dürftigem 
Fettpolster. Muskulatur »ut entwickelt. Keine Oedeme, keine Drüsen- 
schwellungen. Gesichtsfarbe von natürlicher Röthe; der Gesichtsausdruck 
ist frei; die Züge machen einen intelligenten Eindruck. Das Sensorium 
ist vollständig frei. Patient beantwortet die an ihn gestellten Fragen 
schnell und klar. Er giebt an, keine besonderen Schmerzen zu ver¬ 
spüren, nur ein unbehagliches Gefühl, weil er seine Glieder nicht be¬ 
wegen kann. An der Sprache fällt nichts Besonderes auf. Die Gesichts¬ 
muskeln zeigen keine Spur von Lähmung; die Zunge wird gerade, ohne 
Zittern, herausgestreckt und ist leicht belegt. Die mimischen Gesichts- 
bewegungen zeigen keine Abweichung. Sehschärfe und Gehör normal. 
Pupillarreaction auf Lichteinfall prompt; Augenbewegungen nach allen 
Richtungen frei. 

Hals auffallend lang; der Kopf wird etwas steif auf dem Hals ge¬ 
tragen. Mit dem Kopf können nicht die geringsten Dreh- oder 
Nickbewegungen aasgeführt werden. Die Muskulatur des Halses 
ist dabei schlaff; passive Bewegungen des Kopfes lassen sich leicht und 
nach allen Richtungen hin ausführen. 

Thorax flach und lang; Sternum in seinem unteren Drittel etwas 
eingesunken. Bei der Athmung macht der Thorax nur sehr geringe 
Excursionen; die Athmung ist äusserst oberflächlich, leicht beschleunigt, 
ca. 20—25 Athemzüge in der Minute. Tiefe Inspirationen vermag Patient 
überhaupt nicht auszuführen. Es besteht also offenbar eine Lähmung 
der in- und exspiratorischen Thoraxmuskulatur mit Ausschluss des 
Zwerchfells. Percussion und Auscultation der Lungen ergiebt völlig 
normalen Befund. Der fühlbare und sichtbare, etwas verbreiterte und hebende 
Spitzenstoss liegt im vierten Intercostalraum, zwei Finger nach innen von 
der Mammillarlinie. Die absolute Herzdämpfung reicht nach 
rechts bis zum rechten Sternalrand, überschreitet nach links nicht 
die Mammillarlinie. Der erste Ton über der Herzspitzo ist unrein, 
geräuschartig; leichte Verstärkung des zweiten Pulmonal¬ 
tons; der physikalische Befund spricht also für eine Insufficienz der 
Mitralis. Der Puls ist regelmässig, von mittlerer Spannung, 78 Schläge 
in der Minute. 

Unterleib flach; Bauchdecken schlaff, leicht eindrückbar. Die 
Bauchmuskeln werden willkürlich gut bewegt. Leberdämpfung überragt 
in der Mammillarlinie den Rippenbogen um gut zwei Finger breit. Die 
Milz lässt sich nicht palpiren; ihre Dämpfungsfigur ist nicht ver- 
grössert. 

Patient liegt in passiver Rückenlage und vermag sich weder von der 
Bettunterlage zu erheben, noch von der einen Seit« auf die andere zu 
legen. Es besteht somit eine totale Lähmung der Rückenmusku- 
latur, w’elche ebenfalls eine schlaffe ist, da diese Bewegungen leicht 
passiv ausgeführt werden können. 

Die oberen und unteren Extremitäten sind völlig gelähmt; 
Patient vermag weder mit den Armen, insbesondere den Fingern, noch 
mit den Beinen bei der grössten Willensanstrengung nur die geringste 
Bewegung auszuführen. Erhoben, fallen die Extremitäten schlaff herunter. 
Die Muskulatur der Arme und Beine ist völlig erschlafft; alle physio¬ 
logischen Bewegungen derselben lassen sich passiv, ohne den geringsten 
Spasmus von Seiten der Muskeln oder Widerstand von Seiten der Gelenke, 
leicht ausführen. 

Die idiomuskuläre Erregbarkeit der gelähmten Muskulatur ist 
vorhanden, aber entschieden schwächer als die der nicht gelähmten. 

Die Patellarreflexe sind beiderseits völlig erloschen; ebenso 
fehlen die Tricepssehnenreflexe und Achillessehnenreflexe vollkommen. — 
Auch sonstige Periost- und Sehnenreflexe sind durch Beklopfen nicht zu 
erhalten. 

Fusssohlen- und Cremasterreflexo sind ebenfalls gänzlich er¬ 
loschen; Fussklonus nicht vorhanden. Dagegen lässt sich auf beiden 
Seiten der Bauchdeckenreflex schwach auslösen. 

Die Sensibilität ist für alle Qualitäten des Hautsinnes am ganzen 
Körper normal; dementsprechend ist auch der Muskelsinn ungestört. 
Parästhesieen bestehen nicht; Patient klagt nur über zeitweilige reissende 
Schmerzen im linken Fass. — Die Wirbelsäule ist auf Druck nicht 
schmerzhaft; auch sonst - lassen sich nirgends schmerzhafte Punkte auf¬ 
finden. 

Function der Blase und des Mastdarms zeigt keine Störung. 
Urin wird in gutem Strahl entleert, ist klar, von heller Farbe, specifisches 
Gewicht 1010, enthält weder Eiweiss noch Zucker, die Menge ist 
infolge reichlicher Flüssigkeitsaufnahme vermehrt. Es besteht lebhaftes 
Durstgefühl — vermehrte Schweisssecretion der Haut ist nicht vor¬ 
handen — Temperatur normal. Appetit nicht besonders, doch klagt Pa¬ 
tient sonst über keine Verdauungsstörungen. 

Eine Untersuchung der Muskeln und Nerven auf ihre elektrische 
Erregbarkeit konnte leider äussererUmstände wegen nicht ausgeführt 
werden. 


In der Nacht hat Patient gut ohne Unterbrechung geschlafen. Beider 
Morgenvisite (15. X.) landen wir ihn in genau demselben Zustand wio Abends 
zuvor. Es wurde ihm ein warmes Bad von 28° R und Vastündiger Dauer 
verordnet. Nachmittags 6 Uhr war er imstande, mit seinem Kopf gering¬ 
fügige Soitwärtsbewegungen auszuführen. Im übrigen bestand die Läh¬ 
mung seiner Arme und Beine unverändert fort. Die Reflexe blieben Mal 
erloschen. Durstgefühl, kein Schweiss, keine Schmerzen; Temperatur 
normal; systolisches Blasen über der Herzspitze, Verstärkung des zweiten 
Pulmonaltons deutlich nachweisbar. 

In der darauf folgenden Nacht, also vom 15. zum 16. wacht Patient 
um 11 Uhr plötzlich auf; er versucht seine Glieder zu bewegen und be¬ 
merkt zu seinem Erstaunen, dass er dieselben ganz leicht und 
vollständig wieder bewogen kann. Vor dem Einschlafen hat er 
bestimmt noch kein Glied rühren können. 

Bei der Morgenvisite am 16. October finde ich den Patienten mit v Olli g 
frei beweglichen Gliedern und sehr vergnügt im Bett liegend vor. 
Es kommt ihm so vor, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Die Motilit iit 
ist in derThat vollkommen in allen gelähmten Muskeln wieder- 
h erg es teilt; von irgend einer Parese keine Spur. Der Druck der 
Hand ist kräftig, alle Bewegungen mit (len Armen und Beinen sicher und 
kraftvoll. Auf mein Gekeiss steht er ohne Beschwerde aus dem Bett 
auf; an seinem Gang ist keine Anomalie nachzuweisen. Bei geschlossenen 
Augen und Fussspitzen steht er, ohne zu schwanken. 

Die Patellarreflexe sind jetzt leicht und deutlich auslösbar; 
dasselbe gilt von den Cremaster-, Kitzel- und Achillessehnenreflexen; mu h 
die idiosmuskuläre Erregbarkeit der gelähmten Muskulatur ist wieder 
stärker geworden. Ueber der Herzspitze zeigt der erste Ton sich immer 
noch etwas unrein, aber der zweite Pulmonalton nicht mehr 
accentuirt; der Spitzenstoss ist unsichtbar geworden und nicht mehr 
hebend. Die Herzdämpfung reicht nach rechts nur bis zum linken Stern* 
nalrand. Der Puls ist regelmässig, die Athmung wieder von normalem 
Typus. Der Thorax macht ausgiebige Excursionen. Irgend welche 
Schmerzen verspürt Patient nicht. 

Am nächsten Tage verlässt Patient auf Wunsch geheilt das Kranken¬ 
haus. Sein Befinden ist seit gestern unverändert gut geblieben; die 
Untersuchung des Herzens ergiebt denselben Befund wie gestern. 

Patient ist bald darauf von Berlin abgereist, um ausserhalb eine 
Stellung als Oberkellner anzunehmen. So konnte ich nur schriftlich hei 
ihm Erkundigungen über sein weiteres Befinden einziehen. Am 18. Fe¬ 
bruar 1894 theilte er mir brieflich mit, dass er bis zu diesem Tage einen 
Anfall der oben beschriebenen Art nicht wieder gehabt habe. Dagegen 
hätten sich häufig Morgens leichte Anfälle von Schwäche in den 
Armen eingestellt, aber nur dann, wenn er Abends vor dem Schlafen¬ 
gehen warme Getränke, wie Grog oder Thee zu sich nähme. — Dieser 
Anfälle wegen habe er keinen Arzt zu consultiren brauchen. 

Fassen wir ganz kurz die wesentlichsten Punkte aus dem 
eben skizzirten Krankheitsbilde zusammen, so handelt es sich also 
bei einem im übrigen ganz gesunden jungen Mann um 
eine sich in circa 24 Stunden zur vollen Höhe ent¬ 
wickelnde schlaffe Lähmung fast der gesammton Körper¬ 
muskulatur, einhergehend mit totalem Erlöschen der Patellar-, 
Cremaster- und Kitzelreflexe, welche circa 48 Stunden unverändert 
anhält und dann plötzlich wie mit einem Schlage wieder ver¬ 
schwindet. Die Mutter des Patienten hat an genau denselben 
Anfällen gelitten; Patient selbst hat früher mehrere unvollkom¬ 
mene und vor drei Monaten den ersten ausgesprochenen Anfall, 
welcher fast genau so wio der jetzige verlief, durchgemacht. Wir 
sehen also hier alle die charakteristischen Merkmale vereinigt, wie 
sie sich in den Fällen von Westphal-Oppenheim, Cousot und 
Goldflam wiederfinden und diese Art von Lähmung von allen 
übrigen aufs schärfste trennen. Das Bild ist ein so klares, dass 
ein Zweifel an der Diagnose, eine Verwechselung mit irgend einer 
anderen Affection unmöglich ist. 

Was zunächst die Erblichkeit der Erkrankung betriflt, 
welche in der grossen Mehrzahl der beschriebenen Fälle sich vor- 
findet, so stellt dieselbe mitunter ein so hervorstechendes Symptom 
dar, dass einzelne Autoren mit gutem Grund diese Lähmungsfonn 
als „familiäre, periodische Paralyse“ bezeichnet haben. Diese 
Heredität ist z. B. in den Fällen von Cousot und Goldflam in 
einem so eminenten Maasse vorhanden, dass in der Familie von 
Cousot, welche im ganzen aus zehn Personen besteht, 5, nämlich 
die Mutter, zwei Söhne und zwei Töchter, in der Familie von 
Goldflam sogar 11 Familienmitglieder mit der nämlichen Krank¬ 
heit behaftet sind. Bei uns leidet, soweit es dem Patienten be¬ 
kannt ist, nur noch ein Familienmitglied, bezeichnenderweise aber 
gerade die Mutter, an denselben periodischen Lähmungen, eine 
Thatsache, welche mit der bisher gemachten Erfahrung, »lass die 
Krankheit vorwiegend von mütterlicher Seite vererbt wird, 
gut übereinstimmt. Die Aehnlichkeit der Anfälle der Mutter mit 
denen des Sohnes ist eine frappante; sie erstreckt sich nicht nur 
auf die Dauer der Lähmung, sondern auch auf den Umfang der 


dahinten Muskelgebiete. 

Die Dauer der vollkommenen Lähmung betrug in 111 

all circa 40 Stunden. Dieselbe schwankt in den übrigen l allen 
dir, so z. B. bei Cousot acht bis zehn Stunden mit einer Aome 
>n drei bis vier Stunden, bei Goldflam 24—48 turnen c<.. 
e ist aber, wenn man nur das ausgesprochene Lähimmgsstadium 


Digitized by Gck >gle 


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PiAAHsü'ii^ IdRiüM&vflud unserem Ihm drnihmi, 

defty vf,idM?r^i r ihiH>A ‘ M5 Apfüll,- oijti Vnii tM* Nörm abwidehen- 
dbr, AV ährend-' .4ah sonst die IdihimHie ui {müh lieb, \vic t6$ 

gikoimtoii-ist, UPd.' War in umgekehrter iaüiu-iiRdgedm; hohdicimn 
MnvlkAhg aHö ni f i rd.crt na«-[i untern znnUdiZubihUm pflegt it nul 
Mktv fdAßi?re *>d.ffr kürzere 4C4it- hliitmdjer «.mh in ölpeni Gefühl 

• .yoi» ; Mattigkeit und M ukfctd«d) wlwhv goltvn«] macht..yersohwand 

fit '¥. binr plo tx4 i f ‘li m dhr Kuoht. ivi*} Thlt piiiifrn >&H 1 ag«, otmo 
Muh mir <!)»> ^'niijMi' fm wcgmng>r*;l(i.rhng oder •Bchw.V-he in deu 
U linder u /.ufiii;>«-:i'-n. Ihxfckmt-.konnte £üiiioG{.indni 5 y?L*sS«il wieder 
sh ••gut rgübi*<tü«thi*.n. wie in .seinen gesundesieip Tagein Nur- mno 
ge\VDm? iikUüdfgho g v dW‘ Bessern og iüss sM li wmngr f^tyndwi 

VpiliBV ihtfaii et'Mnirwen, dass 

unt debv kir»|*pj 'än^g'nT{i)i»t(> /ivpitl{?ö ; Vht?- Voifinn) unmöglicb 

pew.'^-fi wnr. 

WW uuty. düs Stadium »ipt*-'- .-d(& 

• J1 • *i* (* Anfalls, l»'lnHt. ö?» kiniui.-n -wir uus kut“/ «Jti 

dn* Mihj 1 »pl -tiftsriprcfii l'uiv.'nUm, gonau »Inrn. gf!W»>|n\liv)t Imnbanht.oi^ü 
hnt^rml+t * i hn Xj.tpniipög P$t- r-inn yöfll^ööHXifeii sc b { h fi ß nftiF ft 
^«•rUigst.i.m sjp!ist-i'5». , )H-*!i hianHdfiangf:!«: bei )>äs>>iy»n» !kßWeguinrS'H : 

tl.!f Ttmus il« g-fhlhmbnj Moskeia rtie B;«Teliar- 

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A eMfh-r-^fni'.'ii v<’ij!-A<‘. tjio Kii;;.>i Uj)l) i .Tii Ijiy ^io. tTMjl<*.N C. Eilte 

•rj.'iT’.-iibml de)’ • , . ,, UaHt*;H;i; I4fwt*gii«.4ikeii der Bftünltipu^k-nlnUiv 
dtjp - $idi\Yucli nufiiiidlnni Jjjg' 

i,, j vt-itPi'cih.gj'.sfVhzt. Lli.o j'nsniiö EtTOgbHiijOti 
|H ^veit Ufid Mnikvfp knuntc iM-hn. wh- xohon r-rwüi’int, aus 
auH>m-n Unlihlon nbiht gi*{*i:»fj.'i; v/ertion. IA S ivurdo bokaotiUiuh 
ifi allen fiinib&i; gcljorigiin tiur ^välu.’Piiil 

•düK Anbul? t^tAhaiüI, piftww{er a\m ^rk«l Geeab^eUung 
tuier ein vdliiges: ErHlsehPn uor /nrnvisnlii-M und galvnui- 

^" vSf e e !i ^$$, $i?y AP a der Liibnutög hBttnßönen-jvaiApU 
UlMl hnnVhtnlitet^ oihj t?h» m tzi pu, velnfiefc 

pbyiy Eretammu pj-regt? uadAn dWi oe hi'pp 4 er’ meik- 

. ErePkhthuii^Ti; Erki'ankaug ' i»rWinkt«, „Dkfins 

r, ’ u ’, nv . Krjößdinn und WirnJurkeln^n 'der elefetrisulnsi RbT- 

hMkmi. ui $m'bn nmi Mu^knh., sogt er. 1 ) steht ganz pinxig in 
smum- Art, du; WH’ UepHc-.n weder ßine Kmnklmit des Uhckenmmts 
"f }h , ih ‘ t: ^uumh Nerve«., in woh-imr jemuit; etwms (Ihnlielms br- 
yhaditni wr nbonstu iiim um diu n$m.mn in Bettuff einer Er- 
kldniüg vbllig in Stich “ 

i-Mih^ug ;tnf diiyA us.hrei.tnbg dur.LÄkmung ist iIhs-MH- 
i r i i I,t. i> m i .i 4e.t : >‘ii sr*’, a<k n iat n j\ wie sir hei unötironj Ba* 
\ m P l \ ziemlich häufig mrut die voll uns 

bnonfUldeUT der in«- tind exy 4 ifnhorisdinn Tb 0 ras* 

uMU-iuMatur. Die Atu rot,ug \v,xi in folg- d.^^n suiir olmMdüu^ 
emtu hnHdtfnimgt; vnn eiuer Ausdcdn.ung des ThoniK beim 
insr.tr mm war kn um ntwa* /,u bemerktv».; tfotzdetn hestand jd.dit 
Vo?l / hunessicnjsgei'ük!. Ani der Brimt ndor von 
*- ,HS ^w&rctifnll und die- Bnuuiimn sk ulatnr nicht rnit- 
mdutiint v/aren und imrmnl JfujvAipfifcrtm 

UH;. : mtiii>vti; wollen wir mir, Ohms wie iu allen nbrtgeu ■piüleu- 
dicBnnsIbniiAf sich viVltig normni 
von Bdicn der twhv*)*» Nerven ninbii <m ^ 
.A v •', . '*' '•'^ u bgtjQ vnrbjjmn — l»io Eri.n ent leer w.-h-hc 

'litict-' ^ fl, ^ü W: VW wm! von>i,.mn, ebinsh ’ 
iliwii. ir UT.TT UI 'Ta. ; 5 *' J ; n 0i A' r vun 1801) - • *4000’ <.em 

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I,- 11 v ’ ■ • V,, ’>'H 11 'v*t jii iii-11! i 1 ■'•. > i' |i ii. 1.01> p i’ n li i 1 i in ‘-.riioii 

A; vesr ^ s :-.":hi: ! ;"': Ar! . ' ,o ” K, 

‘ '■ -t ni dijQou, lug i.H.d iiHsePeith tiicki 

};) xirM ee fü -} 


\'tü { khhA^'fULliu^tund ein 

A. Amiit Wli ' w^tetr-d^ 


ass l’utient tiU^ Ihn.: dhrgnreicht&ii Speisen, ohne das gerin'«s)f.e'- 
Eifbetuigen ikl od»lr £)arm r 4b verspfireii. 

; Sehr 1 »erperbtn»sU’hrt.ji» uTjd von grnh&env Interesse ikt- der 
n^rjtbefun ii )m unserem Putieuthn: O pjienh#ijnA hat hei dem 
W cs tpliursciien ratientcn hni mimr kotanti Reihe von Anfiliha 
bi *m Vor stärk u ng der Wrrzaution» eine. Erweiterung tler Her/* 
d;iji!pf>Hig ; welche cinfiml s<«go.r den rechten Srenialmad um Eingcry 
hmi^ hhersctintt. ierner ein. s} siolisohes Blagen Uber Um- 
Hörsspit-ze und eine Avcentomtinü dos Unken Fühwo.nalWns naeh- 
ivctMcn küBurnvkürx ßrschtiiimnge.h, wnUdm ganz einer .megebiidelftn 
AIitruims«ifiic»e-nx VJitsprerhonv Merku-üfiUgor Weise vn»schwanden 
diejsblfeeh YoKst#öiMg tndA ua-cb AdiöUJret) der Aicfdllh, um bei iHnem 
neu au {'treten den yich wieder von neuen) zu soigeii; Ojipenhniui 
bringt mit- lleeht» diese, acut entgti>lK*ude Hnj 7 .iii 3 otnalie in goiudischoji 
^lisafftmonliaug mit den L;Uimnngsa)Uiilieii T weiss gi.d» aber auf 
kglne A^eist! dies sonderhai'r PhlOiornnju zu deuten v —- 

ln den auf die Upp 0 uhci.m ’scho .folgenden Puhlicutinr^u wird 
rin eobduis Vnrkommuö vi>a Störung der Horv« 3 .u 4 ion während der 
AriUlk' nicht berk'Hte}.': um so tvichtigor eischeini ns, das« in 
Uhu nein Fall die iJppenbenn Aehn Beobachtung bnsfdtigt wird. 

Es könnt#-, hei der Auinülinm bei uo^efoiii Patienten -eih'. aU*lu* 
bnrer etwas v.erh^eltertör und hnb^ndn^ Spltannstpus, riß 
u nr.einer gerä nKeiiurl .gor erster Ton über der ifer^ntze, 
eine Accontuatiön des zweiten Pulmunaltont» doutlirh. 
HUchgewir-seu wßrdtui, — Lite Iler?,diimpfuns' reichte nach rai-.lu-s 
b-^ zutn reclifen -Sternalröin.i. — Jbeider hatten wir nicht ftölegmn 
heit gehabt, rin$ Herz. • des Kranken vca’hur i \1 kttÄhulÜma, da er 
Snlimi itn An btli Irernfivk^m t Aber der Ümstaad* da 9 & 144 oben er- 
wiUmtm} Atiom-aliecn der ’fjwzaetwn, weiche anl der Höhn des 
Aninllä ui)verändert 'fottbontiiödnji, bald nach Authfu'on desselben 
ni?dit Oiöhr AAl^ddhilnn wären, spricht dock äeljr für liüw öng«n- 
^'tisä 9 iQ]iöGilüvn|t : . -iöi4 ..'der-;- I^äUmuüg; s^lLgt» —^ Bei dor EnUä^uu)!r 
des Piitinutenv -sisä ieirGUf 1 ?uge nnt'-h «leui Atifböheä der. Laii' 

• fao.döUv w;. von eimcm etwas ' 4tat»fi. föui 

Ölki der Ilpi'zspi tan, niubn « An z & err* tn a te ä ßerztrelumi. Tieider 

* kc: dnr glücklichen 'hsgB-t JiÄae 
Pv^o buch tun g in .mehreren Anfällen bestätigt, zu sidiwi. 

Ditii nigcUtliche Wetien sowip dlo AcAiojuw|p dcfvBrkrHU' 
liimg bleibt auch iu unaerwu Full ebenso diifiknr whr iii dca hfebGr 
gehuichhett BeobHchtUjtjgda. Ks 596(1 hierüber sehr . verächiedöne 
AA^irht'pn uu^gijsprocliöu ^nrdöii, diu btidinu aber alle nach. 
Hypothesen g.-bliebcn sind. NV cstphul dachte :ui eine nlcDaiche 
KiT)fihruö.g^i.ör üflA der Muskeln öde? Ne?veuQndi^uifgßn - durch; 
ncriplmrisrhe 1 .'i 1 cuJüti 0 n£s't.pruug t • Oppen b'eini. und GoMfiäm 
votiuutlmu ein Im KOrpnr gebildntcs Virus inibekanoter Art., w^lchefi 
nie Muskeln mul niotorlaohnu ' Nerven fasern • toslseh heöiHÜussl- 
Ilei'iihnrdt sprach den (jedänken aus, dass ep, sieh vicllcidd 
u»u ein d«mi • ’uraro Hhidirlms Ui ft handeln kduatc. Cousot 
sucht titif KraAj 1 eilsursaehe im Rückenmark urnii üiöt’tnt eine yffHK 
tibrrjirhtmdö Ißldbitiorjf der cp.inalcn Centron an. An« einieuöhfeQdatiiii 
pt : 9chulxili unä die von Oppönheifn und ^if&l;dfläni färtrekui^ An - 9 
Abdstu i'üjiei Art von Aiitoinioxicatiön durch^ ein bif?iituv onrh haht' 
kauutos Virus. Hierauf wird man auch in Zukunft hauptsäclduh 
sr-io Augenmerk, zu ruliteu haben,.' Betont wird ..foriihr überall iiß 
st.»vog.urGegensatz zur Hycstö-i io. das Pdileu jeg.iichor ne? vosor 
B %x)t$ tiv/Vg bei den Ikffallcuen P^t^öueö, £ü)wie der Gid eg üh Idfits- 
ur r achen für die .eiksseinoh Anfälle, — Auch wir woHeiiJ 
nu lit uuenvähpt lasseiij dass uioser Pniießf ein ijurehaus ruhiger, 
keineswegs nervös bcauiagter, eher phiognnatischerMann mb wehiü'-r 
nicht etiu’k raucht, nicht viel trinkt, tu geordneio« Vmkair ■hjssom 
lobt und der nie ••gesch.l'echtskratik war. Der AßfHÖ hbrilUlU' ihn 
io vollstor CrRHundhcdt, ohne dass er mir die geringste Ursache 
dafür auf?!«!lindem weiss. Auch seine Mutter war eine ruhige, vor* 
htäüdigo hraig die nach seiner Äüg;abe öhmials üUcuv oOfYÜae ße- 
:chwerden Iclagto, \ ; 

\Vi^ sphop in der Krftükhiigoscbiphth mkybtA uh 11 . 

Patifmt ngchtrügljcl». die Mittheihingv dass, er seif dein lotsten' hiev 

iioobHOhMcm Antall lmu% iefchtcre gehabt hätte, welche sieh 
ftpf BübjiiOtig dar Arme bestcjiniuktou tipti -meist Morgöps tuntraten 
Bin gingen sehr s( Unell wieder vorbei, Ei* will auch hav»l.*achh>t 
hahert, dass diesp .1 jähmuhgszii^tände bUc uhnn sich .cinhndoü» wour 
er Ahwhdg Grog utlcr There zu sieh likimtE - Hier tmghh also aach 
mhildenmg ijos äferhivo 'Anfälle vor, \?k * tt- 

weilen neben RVpmöbön Lähmungen auch vfth oudereti beob¬ 
achtet worden smd. Düs litiulogische Moment, welches n.u** r 
Püfinnt, der sicli zl.uelich genau hrobachfet und dessen Aogü)r*j» 
im iihrigon durchaus kuveHässig ör^Iieihhpv für difts^ihen tthgRm. 
TlÄmluili düs Trinkmi von Theo oder Otou Almuds zuvor, ist jek’«'- 
bdl.- merkwürdig. 

• *} li, :Oppenheim, Hu\t\i -MiiiheOttßgen Ühev.. <hm vi»u PrcDs^c 
W-ira 1 phäl ‘ b^ehciiilicftim E»fl • V*>n pnsiodi'faihAr iailumfiig Jüleh üüB' 
Extr'jjuitatöii’ -Chariic-Auruüon JÖd:. KVJ, 8 450,. 


VjU 




9. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Diese abortiven Anfälle kennzeichnen sich mitunter nur 
durch Schwäche in den Gliedern, Müdigkeitsgefühl und Schläfrig¬ 
keit. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, dass auch die 
ersten Anfälle des Patienten bis zum Jahre 1893 unvollkommen, 
gewissermassen abortiv verliefen und nur in grosser Schwere und 
Steifigkeit der Arme und Beine bestanden, ohne dass es zu einer 
richtigen Lähmung gekommen wäre. 

VII. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Choleradesinfectionsyersuche mit Formaliu, 

angestellt von Dr. Freymuth in Danzig. 

Die zahlreichen Empfehlungen des Formalin in der Fach- und Tages¬ 
presse, mehr noch das Ergebniss der Arbeiten von Lehmann, Gegner, 
Blum und anderen bewogen mich, es auf seine Brauchbarkeit bei einer 
bestimmten Substanz, den mit Choleradejectionen inficirten Objecten näm¬ 
lich, zu prüfen. 

Das Bedürfnis, eine Desiufectionsmethode zu besitzen, weiche ebenso 
zuverlässig ist, wie die Desinfection im strömenden Dampfe, aber einfacher 
und überall zu haben, wird niemand bestreiten. 

Methode der Untersuchung. 

Sie leimte sich, abgesehen von einigen Modificationen von der Art? 
wie das Formalin zur Wirkung gebracht wurde, eng an die Experimente 
von Lehmann an (Münchener medicinische Wochenschrift, Jahrgang 1893, 
No. 32). Um sie für die Praxis verwerthbar zu machen, wurde eine grössere 
Menge von Objecten in demselben Behälter der Desinfection unterworfen 
und die Infection nur ausnahms- und versuchsweise durch Reinculturen 
von Kommabacillen, in der Regel durch Stuhl von Cholerakranken, be¬ 
werkstelligt. Das Material dazu lieferte in zuvorkommendster Weise die 
hiesige bacteriologische Anstalt. Das Vorhandensein der Kommabacillen 
im Stuhl war selbstverständlich # stets vor der Benutzung durch die An¬ 
stalt festgestellt. 

Um unter einander vergleichbare Proben zu haben, stellte ich die¬ 
selben so her, dass jede Probe die Grösse eines Quadratcentimeters hatte. 
Bei dem Versuche I nahm ich unsterilisirte Stückchen eines alten Rockes, 
bei II unsterilisirten grauen Flanell, bei dem maassgebendsten Versuche III 
im strömenden Dampfe sterilisirte Quadrate von weissem Flanell. Letzteres 
deshalb, weil in den vorhergehenden Versuchen die Farbe der Quadrate 
und die Culturen von Mikroorganismen, welche ihnen ursprünglich an¬ 
hafteten, störend gewesen waren. Bei dem Versuche I liess ich die 
Läppchen trocken und wickelte sie dann in sterilisirtes trockenes Filtrir- 
papier. Bei II und III stellte ich die Objecte in anderer Weise her, 
nämlich 

a) Quadrate mit Stuhl getränkt, getrocknet, trocken eingewickelt. 

b) Quadrate mit Stuhl getränkt, sogleich in eine 2—4 mm dicke Schicht 
feuchter steriler Watte eingeschlagen. 

c) Quadrate mit Stuhl getränkt, zu dreien auf einander geheftet, das 
mittlere feucht gelassen, das obere und untere getrocknet, trocken ein¬ 
geschlagen. 

Diese Proben, in der Folge als trockene, feuchte und geschichtete 
bezeichnet, wurden in den verschiedensten Anordnungen in, zwischen, aut 
und unter Kleider, Stiefel, Schuhe, Hüte und dergleichen gelegt, zu ver¬ 
schieden Zeiten entnommen und in Pepton gebracht. Sie bleiben sechs 
Stunden bis Tage lang bei 37—38 0 C im Brutofen stehen. Tritt Trübung 
ein, so werden Deckglaspräparate angefertigt, bei irgend welchem Zweifel, 
ob Trübung oder nicht, ob Kommabacillen oder nicht, wurden Ueber- 

Ä en auf Bleisch’sches Pepton gemacht. Dann folgte die Prüfung 
olreaction, und liess diese noch im Zweifel, die Anfertigung von 
Gelatineplatten mit einer vorher abgenommenen Portion. Den Behälter 
filr die Objecte bildete eine festgefügte Holzkiste mit Deckel 79 cm lang, 
71 cm breit, 67 cm hoch. In dieser stand eine zweite, verschliessbare 
Blechkiste 74 cm lang, 69 cm breit, 65 cm hoch. Hierin wurden folgende 
Gegenstände lose über einander geschichtet untergebracht: ein Shawl, ein 
paar Socken, ein Katzenfell, zwei Kinderröcke, vier paar grosse Männer¬ 
hosen, drei paar Männerunterhosen, eine Mänuerunterjacke, neun Männer¬ 
röcke, eine Weste, eine Frauenhose, drei Kleidertaillen, zehn Unterröcke, 
zwei Wollhemden, eine Wolldecke, ein Federkopfkissen, ein Rosshaar¬ 
kissen, ein Paar Schaftstiefel, ein Paar. Lederschuhe, ein Paar Filzschuhe, 
drei Männermützen, zwei Männerhüte. Es waren das abgetragene, zum 
Theil sehr schmutzige und fettige, aber trockene Gegenstände. 

In einer kleineren Kiste, welche ausserhalb des Versuchszimmers 
stand und daher der Einwirkung der Formalindämpfe unfehlbar entging, 
wurde zwischen verschiedenen Kleidungsstücken eine genügende Anzahl 
von Objecten niedergelegt: Controllobjecte. 

Auch wurden sterile Quadrate in einen fest verschlossenen Blech¬ 
kasten aufs intensivste den Formalindämpfen ausgesetzt (200 ccm For- 
malin auf Filtrirpapier aufgesprengt bei einer Länge des Kastens von 
22, einer Breite von 21 und einer Höhe von 23 cm). An diesen Qua¬ 
draten wurde festgestellt, dass sie selbst nach 24 ständigem Aufenthalt 
m dem Kasten durch das ihnen anhaftende Formalin (Nachweis desselben 
mit 20°/o ammoniakalischer Silberlösung) nicht imstande waren, die Ent¬ 
wickelung . nachträglich zugesetzter Kommabacillen im Pepton zu ver¬ 
hindern; ein Versuch, welcher zeigte, dass die Culturversuche mit den 
Quadraten aus der Desinfectionskiste rein waren. Diejenigen von ihnen, 
die im Pepton keine Trübung gaben, mussten eben wirklich desinficirt 
sein und konnte ihnen nicht etwa noch lebendes Material anhängen, 
welches nur durch mitübertragene Spuren von Formalin in der Entwicke- 
lung gehemmt war. 

Die Zahl der eingelegten und in Pepton gebrachten Objecte be¬ 
trug: 


in Versuch I. 
* n H. 
„ BI. 


' insgesammt . . 285 

Versuch IV. und V. wurden in besonders zu erwähnender Weise atis- 
geführt. 

Versuche. 

I. Begonnen am 13. Juni. Material: Stuhl des Pe t e r Rau s c h, 
eingegangen am 8. Juni, am Tage des Versuches nur äusserst wenige 
Kommabacillen enthaltend. 

24 trockene Proben, davon acht zwölfstündige Agarreinculturen, acht 
Stuhl mit, acht ohne Zusatz von Reinculturen.; 

Der Boden der inneren Blochkiste Wird mit mehreren Lagen Filtrir¬ 
papier bedeckt. Das Papier vermittels eines Haarpinsels von 6'/a cm 
Länge und 4‘/a cm Dicke bis zur Durchtränküng mit Formalin besprengt. 
Hierauf eine einfache Lage Kleider, dann wieder Formalinfiltrirpapier, 
eine neue Lage Kleider u. s. w. bis oben hin. Die Proben waren oben, 
in der Mitte imd unten zwischen den Kleidern untergebracht. Und zwar 
so, dass sie direkt mit Fonüälin nicht in Berührung kamen.. Zu. dieöem 
Zweck war, wo sie lagen, das besprengte Filtrirpapier fortgelassen. 
Innere und äussere Kiste wurden schliesslich mit ihren Deckeln versehen. 
Verbrauch au Formalin 1000 g im Preise von 3,60 Mk. . 

Erfolg: Schon die ersten nach drei Stunden entnommenen Proben 
waren in allen drei Schichten steril. Von den Proben im .Gontrollkasten 
ging nach zwölf Stunden auch keine mehr in Pepton an. 

Nach dieser scheinbar äusserst günstigen Erfahrung.Wurde der zweite 
Versuch, der aus Mangel an Material erst 14 Tage , später angestellt : 
werden konnte, so modificirt, dass sehr viel weniger Formalin lind dieses 
in anderer Weise als vorher in Anwendung kam. ^ _ ...... 

II. Begonnen am 27. Juni. Material: Stuhl der Bertha Rösen- 
stein, eingegangen am 26. Juni, sehr bacillenreich. 

216 Proben (3 Schichten ä 9x 8 für eine achtmalige Entnahme in 
24 Stunden. Unter den Proben auch einige nur mit Reinculturen ge¬ 
tränkt). 

Auf den Boden des inneren Kastens werden sechs offene Glüs- 
schälchen mit je 20 ccm Formalin gestellt. Ueber denselben Wird durch 
Ziegelsteine und Latten eine Rost gebildet, auf dein' die Kleider ruhen. 
Sie feind so angeordnet, dass einer 7 cm dicken Schicht die erste Serie 
der Proben folgte, dann kommen wieder 7 erh Kleider, mit Fürmalm ge-, 
tränktes Filtrirpapier, 7 cm Kleider* zweite Serie Proben, 7 cm Kleider, 
Formalinpapier, 7 cm Kleider, obenauf die dritte Serie der Proben, Ver¬ 
schluss. ■ ■. ' 

Erfolg: Feuchte Proben und feuchte Reinculturen entwickelten sich 
noch nach 24—30 ständigem Aufenthalte in der Kiste, trockene und. geT 
schichtete Proben noch nach 21 Stunden; trockene Reinculturen waren 
schon nach drei Stunden in allen Schichten steril. 

Die Resistenz der Objecte im, Versuch II, .schob ich zum Theil auf 
das frischere, sehr bacillenreicbe Material, zum Theil war sie bestimmt 
auf fehlerhafte Anordnung des Formalin zurÜckzuftthreü. Es zeigte sich, 
dass aus dicken Schichten der Flüssigkeit so gut Wie nichts verdampft. 
Von den 120 ccm, die in sechs Schälchen aufgestellt waren, fehlte nach 
24 Stunden kaum Va cm. Der Gesammtverbraucli an Förmalin hatte 
175 ccm betragen. 

Wieder verzögerte sich die Fortsetzung der Versuche durch Mangel 
an Stuhl. " : 

III. Begonnen am 10. Juli, Material: Gehalt der Dünndarmsthlingo 
des todt aufgefundenen Flössers Latofck, eiügegangen’ eodem früh morgens. 
45 Proben, 3 Schichten k 3x5 für fünfmalige Entnahme in 24 Stunden^ 

Auf den Boden der Blechkiste kam besprengtes Filtrirpapier, hierauf 
eine einfache Lage Kleider, auf diese die erste Schicht der Proben.' Nun 
folgte eine weitere einfache Lage Kleider, direkte intensive Besprengung 
dieser selbst und ebenso fort bis zur Mitte der Kiste. Hier wurden 
Stiefel, Schuhe und Hüte untergebracht, in welche die zweite Serie der 
Proben gesteckt war. Diese Gegenstände würden stark besprengt, dann 
folgten wieder Kleider* nach jeder Lage frisch besprengt. Obenauf lag 
ein Rosshaarkissen 78 cm lang, 41 cm breit, 10 cm' dick. In die Haare 
dieses Kissens waren die letzten Proben hineingesteckt worden. Das 
Kissen wurde besprengt, die Deckel Wurden aufgelegt. Verbrauch aü 
Formalin 660 ccm. 

Erfolg: alle trockenen Proben blieben nach sechs Stunden steril, die 
feuchten und geschichteten nach zehn Stunden mit Ausnahme einer feuchten 1 
Probe aus einem Stiefel, die noch nach 18 Stunden Peptöntrübung durch 
Kommabacillen und Jndolreactidn ergab. Nach 24 Stunden war alles 
steril. Die Quadrate aus der Göntrollkiste trübten: die trockenen nach 
18, die anderen nach 24 Stunden noch das Pepton. 

IV. Begonnen am 12. Juli. Material: Stuhl des Philippski, ein¬ 
gegangen am 11. Juli Abends; Zahl der Proben 36,12x8 iu dreimaliger 
Entnahme in 24 Stunden. r 

In die Holzkiste, dieses mal ohne Blecheinsatz, kam ein besprengtes 
Laken, hierin ein Federbett 6200 g schwer, 170 cm lang* 81 cm bteity 
14 cm dick. Mitten in die Federn des Bettes, und zwar an Anfang, Mitte 
und Ende desselben, werden Proben gelegt, bestehend ans etwa 20 sterilr 
sirten, mit Stuhl getränkten Bettfedern, eingeschlagen in feuchte Watte. 
Auf das Bett kam ein langer, schwerer mit Tuch bezogener Schafpelz. 
Die Proben, welche in diesen gelegt werden, bestanden aus sterilisirten, 
mit Stuhl getränkten, in feuchte Watte eingeschlagenen Pelzstückchen. 
Ausserdem wurden in den Pelz noch Federproben und in das Bett I elz¬ 
proben gelegt. Im Pelze lagen sie zum Theil in deü Taschen, in den 
Aermeln und zwischen den beim Zusammenlegen sich berührenden Innen¬ 
flächen. Pelz und Bett waren von aussen an allen Seiten, der reiz auch 
von innen so stark besprengt, dass 500 ccm Formalin verbraucht waren. 
Ein besprengtes Laken wurd^überge deckt, Dje ^iemUch volletäödig ange- 


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650 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32 


füllte Kiste wurde mit dem Deckel versehen, dieser mit Ziegelsteinen 
beschwert. 

Erfolg: Im Bette waren eile Proben noch nach 24 Stunden ent¬ 
wickelungsfähig, die Proben in der Tasche des Pelzes waren nach zehn 
Stunden steril, aus den übrigen Proben entwickelten sich nach 18 bezw. 
24 Stunden noch Kommabacillen. 

V. Controllversuch mit Desinfection im strömenden Dampf, angestellt 
am 13. Juli. Material: von Wicorczek aus Schilno, eingegangen am 
12. Juli Mittags. Pas Bett wie im Versuche IV eingerichtet, nur nicht 
mit Formalin behandelt, wird in dem Budenberg’schen Apparat des 
Lazaretbs eine Stunde im strömenden Dampf desinfieirt. Alle Proben 
sind absolut steril. 

Nebenversuche: Das Formalin liess echt gefärbte Stoffe von Baum¬ 
wolle, Wolle und Seide auch bei direkter Besprengung unverändert, un¬ 
echte Stoffe färbten freilich ab. Pelze, Ledersachon, z. B. neues, lackirtes 
Leder, Stiefel, Schuhe, Hüte, Briefe, Bücher, blieben unbeschädigt. 

Gesammtergebniss. 

In der Cholerahygiene hat das Formalin nur die Bedeutung eines 
Desinfectionsmittels von untergeordnetem Werthe. Trockene Komma¬ 
bacillen in Reincultur erliegen ihm bald, aber die Austrocknung thut es 
auch ohne Formalin. Trockener Cholerastuhl scheint in wenigen Stunden 
die Virulenz zu verlieren, feuchter Stuhl aber behält sie viele Stunden, 
selbst wenn das Formalin bequem herankommen kann, und widersteht 
seinem Dampf länger als einen Tag, wenn er dickere Schichten zu durch¬ 
dringen hat, ehe er an die inficirte Stelle gelangt. 

Das Formalin ist zur Desinfection von Kleidern und dünnen Betten 
brauchbar, aber nur dann, wenn Eile nicht noth thut. Die Objecte 
müssen mindestens 24 Stunden mit dem Formaiin in Berührung bleiben, 
und dieses muss in grossen Mengen, in dünner Schicht ausgebreitet, jenen 
möglichst nahe gebracht werden. Grössere Bettstücke und Pelze darf 
man mit Formalin nicht desinficiren. Sein verhältnissmässig hoher-Preis 
und die Unannehmlichkeit seines widrigen, offensiven Geruches beein¬ 
trächtigt die Anwendbarkeit im allgemeinen nicht unerheblich.. 

Die Dampfdesinfection ist der mit Formalin bei weitem überlegen 
und wird durch dieselbe nicht ersetzt werden können. Wohl aber kann 
man das Formalin neben der Dampfdesinfection empfehlen zur Desinfection 
besonders zarter und empfindlicher Objecte von mässigem Volumen und 
solchem Material, welches im Dampf leidet, insbesondere sind das Kleider, 
Vorhänge, Teppiche und Ledersachen, auch Papiere und Bücher. Immer 
ist dabei noch vorauszusetzen, dass keine Eile bei der Desinfection er¬ 
forderlich ist. 

Bei meinen Versuchen haben mich die Assistenzärzte Dr. Samter 
und Haack durch unverdrossene, hei Tag und Nacht geübte Thätigkeit 
so wesentlich unterstützt, dass ich ihnen zum grössten Danke ver¬ 
pflichtet bin. 


Stand der Cholera. 

Im Weichselgebiet Preuspens wurden in der Woche bis zum 
23. Juli 22 Erkrankungen, welche zum Theil noch in die Zeit vor dem 
16. Juli zurückreichen neu festgestellt, davon 11 mit tödtlichem Ausgang. 
Unter den Erkrankten befanden sich 10 Flösser, 2 Schiffer, 2 Fischer* 
1 Werftarbeiter, 1 Arbeiter und 4 Angehörige von Fischern, Schiffern 
und Bühnenarbeitern. 6 Fälle werden aus Schilno, je 2 aus Thorn 
Christfelde (Kreis Schwetz), Graudenz, Gross-Wolz (Kreis Grau- 
denz) Kurzebrack und Pleknendorf, je 1 aus Brahemünde, For- 
don (Kreis Bromberg), Dirschau und Schidlitz (Kreis Danzig) 
gemeldet. In der Woche vom 23.-30. Juli ist die Zahl der Choleraffille 
auf 3 zuruckgegangen. Dieselben betrafen einen Schneider in Gross- 
Wolz, Vater eines in der vergangenen Woche erkrankten und mittler- 
wmle verstorbenen Kindes, ferner einen am 26. Juli erkrankten Mann in 
Ar Vf\ nG ^ or L elne ? am 21 - Juli verstorbenen Schiffer in Thorn. 

Kms. Ges.-Amts.) “ ,P® r m der vorigen Nummer gemeldete 
Berlin ist vereinzelt geblieben. - Auf einem Lübecker Dam¬ 
pfer, der von St. Petersburg kam, starb am 16. Juli der Schiffskoch auf 
See an Cholera; ferner starb auf dem am 29. Juli von St. Petersburg in 
gelaufenen Lübecldschen Dampfer „Trave“ ein Heizer unter 
suäu™rergab Cholera!' ,P ^ nachtri * licl «> bacteriologiscbe Unter- 

zufol &ekamen vom 18.—19. Juli inLüt- 
ain J iS C p 1_2 - Choleraerkrankungen vor. Nach amtlichen Mittheilungen 
^ d T^ d f ? r ° V1 i nZ vora i JuU 101 Todesfälle an Cholera 

zur Kenqtmss gelangt. In dem oberhalb von Lüttich an der Maas ge¬ 
legenen Jemeppe. (put 9000 Einw.) sind seit Mitte Mai rund 100 Er¬ 
krankungen mit 50 Todesfällen erfolgt. Die Seuche verbreitet sich der 
i! a 5Inf ailg ® owohl aufwärts als abwärts. Vereinzelte Fälle kamen vor 

mf S <W Hm,« H6 ^ 8 n a ’ £ heratt ? and Wan der, ferner jn einigen Orten 
auf der Höhe zwischen Maas und Vesdre. (Verüff. d. Kais. Ges.-Amt.s) 

• r t Y°? Belgiern aus hat die Cholera, wie aus neueren Zeitüngsnach- 
nchten hervorgeht, dem Laufe der Maas abwärts folgend bereits die 
5Ä G r Ze «erschritten. In MaLtrfcht kam n bis 

30. Juli _13 ( 6 ) Erkrankungen (Todesfälle) . an Cholera vor am 31 Tni; 

und^TodesfMle^'^Tn 11 ^ 11 ^^^^?^ 13 ^ ^ ** August 6 Erkrankungen 
gna o xoueslMle. In Holland ist ferner nach den Veröff. d Kais Gm. 

Rheinschiffe in LobHh ^°l erafaI1 au ? ejuem von Rotterdam kommenden 
kommen m? i„ ^W er pr S? ssls „ c >' mederIändisclie “ Grenze yorge- 

s-ä«ai Mä“äs sästsk 

srÄ.“.ÄÄ*5ärÄ-“ H,u " 


In Galizien ist ein weiteres Umsichgreifen der Cholera za ver¬ 
zeichnen. Ausser in der Stadt und dem Bezirk Krakau, wo in den 
Wochen vom 17. bis 23. und vom 24. bis 30. Juli die Zahl der Erkran¬ 
kungen (Todesfälle) auf 5 (2) und 5 (2) bezw. 23 (11) und 31 (16) anslieg 
und der Stadt Zaleszczyki und Umgegend, wo in derselben Zeit die 
Zahlen 70 (28) bezw. 114 (52) betrugen, macht sich namentlich in den 
Bezirken Borszczow und Horodenka ein weiteres Umsichgreifen der 
Seuche bemerkbar. In ersterem Bezirk betrug die Zahl der Erkrankungen 
(Todesfälle) vom 17. bis 23. Juli 20 (9), vom 24. bis 30. Juli 23 (13), in 
letzterem Bezirk in den gleichen Zeiträumen 6 ( 2 ) und 25 ( 8 ). Ausserdem 
sind weitere Erkrankungen vorgekommen in den Bezirken Bochnia 6 ( 3 ) 
vom 24. bis 30. Juli, Czortkow 2 ( 2 ) vom’ 17. bis 23. und 9 (2) vom 
24. bis 30. Juli, Husiatyn 3 ( 2 ) und 1 (0), Kolomea 1 ( 0 ) vom 17. bis 
23. Juli, Nisko 1 (1) und 2 (1), Skalat 1 (0) vom 24. bis 30. Juli, 
Stanislau 1 ( 0 ) vom 17, bis 23. Juli, Tarnopol 1 ( 0 ) und Wieliczka 
7 (5) vom 24. bis 30. Juli. — In der Bukowina ereigneten sich in der 
Woche vom 17. bis 23. Juli 9 ( 2 ), vom 24. bis 30. Juli 12 (5) Erkrankungen 
(Todesfälle), wovon 6 ( 1 ) bezw. 11 (5) auf den Bezirk Kotzmann ent¬ 
fallen. Ein am 21 . Juli in der Stadt Czernowitz vorgekommener Todes-. 
fall ist vereinzelt geblieben. — Im ganzen sind vom 7. April bis 30. Juli 
in Galizien 687 (325) Erkrankungen (Todesfälle) vorgekommen, darunter 
in der Stadt Krakau 14 ( 8 ), in der Umgebung von Krakau 66 (32), 
im Bezirk Borszczow 167 (92), Horodenka 32 (13), Husiatyn 47 (23), 
Zalesczyki 282 (128). (Oesterreioh. Sanitätswesen.) 

Den Nachrichten aus Russland zufolge ist die Cholera im Königreich 
Polen in der Zunahme begriffen. Im Gouvernement Warschau wurden 
vom 6 . bis 13. Juli 132 (73), vom 14. bis 19. Juli, sowie vom 20 . bis 

22. Juli 278 (115) bezw. 177 (105) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet, 
in der Stadt Warschau vom 9. bis 14. Juli 22 ( 6 ), vom 14. bis 20. Juli 
102 (52), vom 21. bis 23. Juli 56 (26). In den übrigen polnischen 
Gouvernements kamen folgende Zahlen zur Meldung: Kielce: vom 5. bis 
9. Juli 96 (37), vom 10. bis 16. bezw. vom 17. bis 18. Juli 244 (115) 
bezw. 125 (49); Radom: vom 4. bis 1L Juli 122 (57), vom 12. bis 

18. Juli 333 (133); Plock: vom 5. bis 11*. Juli 60 (29), vom 12. bis 17. 
bezw. vom 18. bis 20. Juli 92 (49) bezw. 54 (32); Lomza; vom 21. bis 

23. Juli 11 (5). Einer Meldung vom 24. Juli zufolge ist in dem unweit 
der deutschen Grenze gelegenen Eisenbahnkreuzungspunkt Bialy- 
stok (Gouvernement Grodno) ein Choleratodesfall vorgekommen, in 
der in demselben Gouvernement gelegenen Stadt Brest wurden vom 
30. Juni bis 7. Juli 11 ( 6 ), vom 8 . bis 13. Juli 17 (7). vom 14. bis 

19. Juli 19 (12) Erkrankungen (Todesfälle) und im Kreise Schaulen 
(Gouvernement Kowno) vom 1. bis 7. Juli 99 (36), vom 8 . bis 14. Juli 
73 (26), vom 15. bis 21. Juli 60 (33) Erkrankungen (Todesfälle) gezählt. 
— In der Stadt Narva (Gouvernement Esthland) ereigneten sich am 
3. und 4. Juli 8 (4) Erkrankungen (Todesfälle), in der Umgebung der 
Stadt sind während der vorausgegangenen Tage 2 Fälle an Cholera und 3 
der Seuche verdächtige Erkrankungen, davon 1 mit tödtlichem Ausgange 
vorgekommen. Bis zum 18. Juli waren in Narva und seinen Vorstädten im 
ganzen 15 (7) Fälle zur Meldung gelangt. Ferner ereigneten sich Cholera¬ 
fälle in einigen anderen Orten des Gouvernements Esthland, sowie im 
Bausrceschen Kreise des Gouvernements Kurland. In Reval verstarb 
ein am 12. Juli von St. Petersburg zugereister Arbeiter an Cholera. 

ln St. Petersburg wurden laut Regierungsanzeiger in der Woche 
vom 1. bis 7. Juli 141 (52), in der Woche vom 8 . bis 14. Juli 875 (294), 
vom 15. bis 21. Juli 1292 (584) — in Kronstadt während derselben 
Zeit 41 (18), 57 (15), 58 (18) — im übrigen Gouvernement vom 1. bis 
7, Juli 26 (10), vom 8 . bis 14. Juli 247 (34) Erkrankungen (Todesfälle) 
gemeldet. Einer Mittheilung vom 23. Juli zufolge soll die Epidemie 
während der vorausgegangenen Tage etwas abgenommen haben. — Im 
Gouvernement Nowgorod wurde vom 8 . bis 14. Juli 1 Erkrankung und 
1 Todesfall gemeldet. 

InFinland wurden zuHangoe 2 Erkrankungen, davon 1 mit tödt¬ 
lichem Ausgang gezählt. 

Die Zahl der unter den Passagieren und Mannschaften des in der 
Quarantäneanstalt Fajan untergebrachten, nach Stockholm bestimmten 
Dampfers „von Döbeln“ bis zum 11. Juli nachgewiesenen Cholerafälle be¬ 
trug im ganzen 15, davon waren 2 tödtlich verlaufen. , 

Im türkischen Vilajet Konia kamen vom 30. Juni bis 3. Juli m 
Akschehr 6 ( 6 ), in Akserai 7 ( 6 ), in Urkub 8 (2), in Arabsou 1(1) 
Erkrankungen (Todesfälle) vor. Laut Mittheilung vom 17. Juli sollen 
neuerdings täglich 4—5 Erkrankungen, von denen ein Theil tödtlich ver¬ 
läuft, in der Stadt Sparta im alten Pisidion Vorkommen. — Einer Mel¬ 
dung vom 21. Juli zufolge sind in Adrianopel seit dem 17. Juli 4 (d) 
Erkrankungen (Todesfälle) festgestellt. 


VIII. Militärsanitätswesen. 

Schumbnrg, Die Choleraerkranknngen in der Armee 1892—1898 
and die gegen die Ausbreitung and zur Verhütung der Cholera in 
der Armee getroffenen Maassnahmen. Heft 8 der Veröffentlichungen 
aus dem Gebiet des Militärsanitätswesens. Herausgegeben von der Medi- 
cinalabtheilung des Königlich Preussischen Kriegsministeriums. Berlin, 
Hirschwald, 1894. Ref. Schill (Dresden). 

Schumburg hält den Verlauf der Choleraepidemie in der deutschen 
Armee 1892—1893 für besonders geeignet, unzweideutiges Beweismatenal 
für den Kampf der Contägionisten und Localisten zu bieten, da die fast 
gleichalterigen Soldaten in denselben Räumen, unter denselben Lebens¬ 
bedingungen leben. Das vorliegende Material ist aber quantitativ kein 
grosses, da in der gesammten deutschen Armee an Cholera nur 22 ; Mann 
sicher erkrankten, von denen 13 starben, während in der Cholqraepidemie 
1873 Yoq 541 Erkrankten 218 der Seuche erlagen. Dje Heilerfolge ;sind 


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Gck igle 


Original fro-rri 

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91 August. 


DEUTSCHE MEDIÖINI3ÖHE WOCHENSCHRIFT. 


651 


trotz aller Fortschritte in der Erkenntniss über die Ursache der Cholera 
dieselben wie 1831/1832. Verfasser verzeichnet nun die Hülfe, welche 
Sanitätsofficiere durch Ueberwachung von Wasserstrassen, sowie in 
Hamburg, leisteten, die Verfügung des Kriegsministeriums vom 6. August 
1892 über Maassregeln gegen die Verbreitung der Cholera, die Verfügung 
des Kriegsministeriums vom 26. October 1892 über einen Informations- 
cursus für Cholerauntersuchungen, sowie die vom Stabsarzt Pfuhl ver¬ 
fassten Rathschläge für die bacteriologische Untersuchung auf Cholera 
und bespricht dann, den Ausbruch der Seucho in Hamburg-Altona. In 
Hamburg war zu jener Zeit das 85. Infanterie-Regiment, welches am 
11. August gesund angekommen war, einquartiert, und zwar das zweite 
und zumeist das erste Bataillon in der Kaserne des zu den Herbsttibungen 
ausgerückten 76. Infanterie-Regiments, das dritte und der Rest des ersten 
Bataillons im Vorort Eimsbüttel in Bürgerquartieren. Unter den Truppen 
nahm die Souche an demselben Tage, an- welchem sie unter der Ein¬ 
wohnerschaft constatirt wurde, ihren Anfang. Bis zum 26. August, an 
welchem Tage das Regiment nach dem Lockstädter Lager verlegt würde, 
erkrankten 7 Mann an Cholera, vom 26. August bis 5. September 61 Mann 
an verdächtigen Durchfällen, von denen 19 auf das erste, 3 auf das zweite 
und 39 auf das dritte Bataillon entfielen. Als Cholerafälle stellten sich 
von diesen 11 heraus, von welchen 5 starben. Den Umstand, dass sechs 
Tage nach dem Auszug aus dem verseuchten Hamburg sich kein Cholera¬ 
fall mehr im Lockstedter Lager feststellen Hess, verwerthet Verfasser 
dafür, dass alle Erkrankten den Keim ihres Leidens in Hamburg aufge¬ 
nommen haben. In keinem einzigen Fall Hess sich eine Uebertragung 
von Person zu Person feststellen. Aus den vom Verfasser mitgetheilten 
Zahlen geht hervor, dass die meisten Erkrankungen (17) unter den in 
Hamburg bezw. Eimsbüttel einquartiert gewesenen vorgekommen sind, 
während von den Kasernirten nur ein Mann erkrankte. —■ Ausserdem 
erkrankten noch in der Zeit yom 22. bis 26. August zwei Kanoniere vom 
9. Feld-Artillerie-Regiment, welches zu jener Zeit um Hamburg herum 
im Quartier bezw. Bivouac lag, und ein FreiwilHger vom 31. Infanterie- 
Regiment im Februar 1893 in Hamburg, ferner ein zur Uebung aus 
Demmin am 6. October 1892 zu dem 2. Fuss-Artillerie-Regiment einbe- 
rufener Reservist. 

Verfasser betrachtet nun kritisch, ob den Maassnahmen gegen die 
Cholera, insbesondere der Ernährung, IsoHrung und Trinkwasserversorgung, 
es zu danken gewesen sei, dass die Ausbreitung der Seuche eine so be¬ 
schränkte bHeb. Verfasser führt den Umstand, dass von den Kasernirten 
nur ein Mann, welcher häufig in der Stadt verkehrt hatte, erkrankte, 
während rings um die Kaserne zahlreiche Erkrankungen unter den Civil- 
personen vorkamen, und von den Niehtkasernirten 17 erkrankten, auf die 
Versorgung der Kaserne mit unverdächtigem Wasser zurück und kommt 
zu dem Schlüsse, dass es einheitlich geregelten und streng durch¬ 
geführten , auf wissenschaftUcher Epidemiologie aufgebauten und den 
besonderen Verhältnissen der einzelnen Garnisonen angepassten Vor¬ 
beugungsmaassregeln gefingen kann, die Cholera, selbst wenn sie in der 
Civilbevölkerung ihren Einzug gehalten hat, von den Truppen fem- 
zuhalten. 


IX. Krankenpflege. 

Zur Technik der Auscultation. 

Von Dr. Th. Jannowski in Kiew. 

Die Bedeutung der Antisepsis der Therapeuten ist schon längst an¬ 
erkannt, die praktische Anwendung aber derselben ist bis jetzt noch sehr 
beschränkt. Während sich Chirurgen und Gynäkologen in ihrer Thätigkeit 
bestreben, möglichst die Verschleppung des Ansteckungsstoffes zu ver¬ 
meiden, nehmen es die Therapeuten, wie man gestehen muss, damit nicht 
so genau: ein Arzt, der soeben die Eltern eines an Scharlach erkrankten 
Kindes über den möglichen Weg der Ansteckung befragte, fährt nicht 
selten danach direkt in ein anderes, drittes u. s. w. Haus, ohne genügende 
Vorsichtsmaassregeln getroffen zu haben, als ob wirklich „praesente medico 
nihil nocet“. Als Einwurf gegen die antiseptischen Forderungen giebt 
man an, dass eine vollkommene Anwendung derselben in der praktischen 
Thätigkeit der Therapeuten sehr schwierig sei; wenn aber das der Fall 
ist, wenn die Erreichung des Ideales in dieser Sache auch sehr schwer 
ist, so scheint das mögHchste Streben nach demselben bei weitem nicht 
fruchtlos und ist daher sehr wünschenswerte. 

Ohne hier alle Seiten der Antisepsis zu betrachten, wiU ich nur eine 
derselben näher erörtern, welche am wenigsten die Aufmerksamkeit auf 
sich gerichtet hat: ich meine das Stethoskop als Träger des Ansteckungs¬ 
stoffes. Das Stethoskop nimmt in vielen Fällen von der Haut den An¬ 
steckungsstoff mit, welcher danach mit ihm von einem Kranken zum 
anderen wandert und auf eine oder die andere Weise zur Ansteckung bei¬ 
tragen kann. 

Die jedesmalige Sterilisation der gebräuchHchen Stethoskope, sogar 
der metallischen, mehr noch derjenigen aus Holz oder Kautschuk, ist sehr 
schwierig auszuführen. Wenn man zu diesem Zweck in dem gebräuch¬ 
lichen Typus des Stetlioskopes das Holz oder den Kautschuk durch Glas 
ersetzen wollte, so wäre wenig damit gewonnen, weil solche Stethoskope 
sehr zerbrechlich sind, woraus sich ihr beschränkter Gebrauch erklären lässt. 

Ich gebrauche deshalb ein Stethoskop, das, ohne so zerbrechlich zu 
sein, die Möglichkeit einer leichten und bequemen Sterilisation sichert. 
Es stellt ein Glasrohr dar, welches gleichzeitig mit dem Waschen der 
Hände leicht mit Wasser und Seife, mit SubUraat-, Carboisäurelösung und 
dergleichen abgewaschen werden kann; ausserdem kann das verunreinigte 
Ende desselben und sogar das ganze Stethoskop direkt flambirt werden. 
Es steUt ein dickwandiges Rohr dar; sein Durchmesser beträgt etwa 1 cm, 
der Durchmesser des Lumens 4 mm, die Länge 20 cm, an einem Ende 


erweitert es sich zu einem kleinen Trichter — 2 cm im Durchmesser- 
dm gennge Breite dieses Endes gestattet eine genauere Lokalisation bei 
der Auscultation, was in der Kinderpraxis besonders wünschenswerte ist. 
Däs andere Ende des Rohres geht, nach einer Riefe, in eine kugelig 
etwas comsche Erweiterung über, welche, wie bei den Stethoskopen von 
Miemeyer und Voltolini, in den Gehörgang eingelegt wird. 

, tvl 6 * es d 9 - 9 Stethoskop so anzulegen, dass es sich in 

der Richtung des Gehörganges befindet. Die dazu gehörige Lage des 
Kopfes wird erkannt ander Verbesserung des Tones bei einer bestimmten 
Wendung des Kopfes, namentlich bei Abwendung des Gesichtes von der 
zu untersuchenden Person. Dieses Stethoskop scheint mir nicht nur im 
Smne der Forderungen der Antisepsis, sondern auch im acustischen 
Sinne befriedigend zu sein. Bei der Prüfung desselben in der Klinik des 
Herrn Prof. Trütschel (Kiew) verglichen es die Untersuchenden mit 
den Stethoskopen, an welche sich ein jeder von ihnen gewöhnt hatte, und 
der allgemeine Ausspruch war der, dass es in acustischer Beziehung 
anderen Stethoskopen gar nicht nachstehe und, nach Meinung mehrerer, 
dieselben sogar übertreffe. Die Reinheit der Töne und Geräusche wird 
zum Theil durch die Verringerung anderweitiger Geräusche bedingt, 
welche bei den Stethoskopen mit einer Muschel unvermeidlich sind. 

Was die Zerbrechlichkeit anbelangt, so wird dieselbe sehr beträcht- 
hch dadurch vemngert, dass das Stethoskop ein dickwandiges Rohr dar¬ 
stellt; es ist mir einige male vorgekommen, dass es aus einer Höhe von 
etwa 1— 1*/2 m herabfiel; trotzdem blieb es unversehrt. 


X. Zur Organisation der medicinischen 
Fachpresse. 

Unter dem unmittelbaren Eindruck der Missverhältnisse, wie sie auf 
dem. letzten internationalen medicinischön Congress in mannichfacher 
Hinsicht sich fühlbar machten, ist in der medicinischen Fachpresse das 
lebhafte Verlangen nach einem engeren Zusammenschluss der Einzel¬ 
organe erwacht. Die durch Vermehrung der officiellen Congresssprachen 
und durch das ungeheure Vortragsmaterial erhöhte Schwierigkeit der 
Berichterstattung, der Mangel jeglichen Einflusses der Presse auf die 
Dispositionen, welche vor und während des Congresses getroffen werden, die 
Aschenbrödelstellung der Presse bei den ganzen Arrangements der Congress- 
leitung, alle diese und andere Uebelstände, welche, schon auf früheren 
Congressen nicht vermieden, auf dem römischen Congress ihren Höhe¬ 
punkt erreichten, haben dio Nothwendigkeit einer umfassenden Organi¬ 
sation der medicinischen Presse zur Verbesserung ihrer Stellung in 
vollstem Maasse begründet. Das Bedürfniss nach einer Reform ist bereits 
in Rom selbst durch zwei Vorschläge zum Ausdruck gelangt. Der eine 
derselben, von Dobrzycki, dem Redacteur der Medycyna(Warschau), in 
der Schlusssitzung des CongresseS zur allgemeinen Kenntniss gebracht, 
zielte dahin, auf zukünftigen internationalen medicinischen Congressen 
eine besondere Section der Fachpresse zu gründen, in der die Interessen 
derselben durch einheitliche Arbeit nachdrücklicher als bisher verfolgt 
werden könnten. Das andere Project, von mehr privatem Charakter, auf¬ 
gestellt durch Baudouin (Paris) in Gemeinschaft mit Posner (Berlin), 
erstreckte sich auf die Gründung einer internationalen Pressvereinigung 
zum Zwecke schnellerer und umfassenderer Berichterstattung über die 
Congressverhandlungen. 

Der Dobrzycki’sche Plan ist zu einer näheren Besprechung in der 
Presse bisher • nicht gelangt, weil der Autor desselben anscheinend eine 
persönliche Antheilnahme der Fachzeitungen an der aufgeworfenen Frage 
vorläufig nicht für wünschenswerte erachtet. In der That würdo nach 
der Intention Dobrzycki’s selbst eine weitere Verfolgung und Aus¬ 
führung seiner Ideen erst auf dem russischen internationalen Congress in 
Betracht kommen. 

Der Baudouin-Posner’sche Vorschlag ist dagegen bereits von 
einem ad hoc erwählten Subcomite der Association de la presse mddicale 
fran<jaise (s. No. 22 dieser Wochenschrift S. 474) nach eingehenden Be¬ 
rathungen in bestimmte Formen gebracht, und der paragraphirte, folge¬ 
richtig gegliederte, wenn auch nur provisorische Entwurf, der die volle 
Anerkennung der genannten Association gefunden hat, ist uns in jüngster 
Zeit von Herrn Baudouin, dem allezeit rührigen und gewandten Secretär 
des Progtes ntedical und Generalsecretär der Association, zur Discussion 
übersandt worden. 

Der hauptsächlichste Inhalt dieses Programms lässt sich in kurzen 
Worten folgendermaassen zusammenfassen. 

Ein internationales Comite der medicinischen Presse wird gegründet, 
um den Functionen und dem Dienst der Presse auf den zukünftigen inter¬ 
nationalen medicinischen Congressen eino sichere Grundlage zu geben. 
Das Comite setzt sich aus zwei Repräsentanten der medicinischen Presse 
jedes Landes zusammen. Das Comite constituirt sich auf jedem Congress 
in der Stadt, in welcher der Congress abgehalten wird. Für die Sitzungen 
und für die Arbeiten des Comites im allgemeinen giebt es drei officiello 
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch. Bei Beginn jedes Congresses 
wählt das Comite ein Bureau, bestehend aus einem Präsidenten und Vize¬ 
präsidenten, drei Titulnrsecretüren, drei Beigeordnetensecretüren. Die 
Titularsccretäre haben die Aufgabe, den Pressedienst auf dem Congress 
nach bestimmten Regeln zu organisiren. Und zwar ist dieser Pressedienst 
folgendermaassen gedacht. Jeder Section des Congresses werden drei 
Redacteursecretäre, je einer für eine officielle Comitesprachc, zugethcilt. 
Jeder dieser Secretäre muss allen Sitzungen seiner Section beiwohnen und 
Abends vor 7 Uhr im Centralbureau der Presse ein Resurne aller Mitthei¬ 
lungen, die in seiner Section gemacht worden sind, für den alsbald erfolgenden 
Druck der Verhandlungen niederlegen. Wenn mögfich, soU der Redacteur- 
secretär Auszüge aus den Vorträgen originafiter von den Rednern schon 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


vor der Sitzung zu .erlangon suchen, wenn nicht, so muss er selbst ein 
Referat ;des Vortrags anfertigen, — Jeder Redacteursecretär erhält pro 
Sectionssitznng 20 Mark (25 francys, 1 Pfund Sterling). Für diese und 
die anderen Ausgaben des Oomitös (für den Druck des Berichts etc. etc.) 
Sßllen die Mittel von denjenigen Journalen aufgebracht werden, welche 
auf ein (gedrucktes) Exemplar- des (in der kurz angedeuteten Weise her- 
gestellten) Congressberichts abonniren; und zwar hat jeder Abonnent für 
meinen Gesammtbericht über alle Congressverhandlungen (adhdsion com- 
.pj&te) 120 Mark,, für einen Bericht über die Sitzungen einer Section 
(adhdsion partielle) 40 Mark, zu bezahlen, Mit Rücksicht auf die Unkosten 
des Comitös kann an eine Verwirklichung des ganzen Projects nur ge¬ 
dacht werden, wenn mindestens 100 Abonnenten des Gesammtberichts 
(adhesions compl&tes) sich zusammenfinden. 

Es würde uns zu weit führen, an dieser Stelle auf die einzelnen 
Punkte des mit grosser Sorgfalt und Accuratesse ausgearbeiteten Pro¬ 
gramms näher einzugehen. Eine speziellere Erörterung können wir uns um 
so eher versagen, als auch die Redaction der Berliner klinischen Wochen¬ 
schrift (No. 29) es für nqthwendig hält, „den Entwurf in einer ad hoc zu¬ 
sammenzuberufenden Versammlung auf dem nächsten Congress nochmals 
durchzuberathen und dann .erst das Provisorium in das Definitivum über¬ 
zuführen“. Um aber hier wenigstens principiell zu den vorliegenden Be¬ 
strebungen Stellung zu nehmen, wollen wir gestehen, dass wir den 
Wirkungskreis, der dem internationalen Presscomite durch die französischen 
Collegen gezogen worden ist,, als zu eng begrenzt ansehen. Unserer 
Meinung nach ist dio Aufgabe einer derartigen Pressvereinigung, wenn sie 
einmal ins Lehen getreten ist, mit der Intention, sich und den Lesern 
ihrer Blätter den Congressbericht möglichst schnell und vollständig zu- 
gänglrch* zu' machen,. jiipht erschöpft.' Wir halten es nicht nur für ein 
gutes Recht, sondern sogar für eine unleugbare Pflicht der Presse, einen 
bestimmenden Einfluss auf die wesentlichsten Punkte des für den je¬ 
weiligen Congress voip Executivcomite aufgestellten Hauptprogramms zu 
„gewinnen, um den in letzter Zeit so häufig hervortretenden Fehlern der 
gesamm.ten Congressorganisation von. vornherein zu steuern. Min¬ 
destens ebenso viel wie eine schnelle Berichterstattung gelten den Con- 
gressbesuchern eine zweckmässige Verkeilung des Vortragsmaterials, eine 
geeignete Anordnung der einzelnen Ritzungen, eine gerechte Berück¬ 
sichtigung aller Vortragenden, ein zuverlässiges Programm der Tages¬ 
arbeiten, ein geregelter Dienst in den Congressbureaus u. s. w. — alles 
Dinge, in denen bekanntlich sehr oft arg gesündigt worden ist und 
.für die auch, soweit wir sehen, in der nächsten Zukunft eine durch¬ 
greifende Remedur noch nicht geschaffen worden ist. Aus allen diesen 
Aufgaben nur die in dem obigen Programm gekennzeichnete heraus¬ 
greifen, das könnte dem projectirten Presscomite den Vorwurf particu- 
laristischer Interesseppolitik eintragen. 

.... Damit aber die medicinische Presse die Möglichkeit gewinnt, bei 
internationalen Maassnahmen das Schwergewicht ihres durch ein Comite 
zum. Ausdruck gebrachten Collectivurthefls in die Waagschale zu werfen, 
ist es unserer Meinung nach nothw^endig, dass die Mitglieder der Presse 
zu allererst in nationalen Verbänden sich vereinigen und fest Zusammen¬ 
schlüssen. ^ In diesem Sinne kommen wir nochmals auf unseren Aufruf 
zur Organisation der medicinischen Presse innerhalb der Grenzen des 
deutschen Sprachgebiets (s. diese Wochenschr. Nr. 22) zurück und verweisen 
hier namentlich auf den in dem Aufruf ausgesprochenen Satz: „Insbesondere 
würde dem Ausschuss (sc, der Vereinigung) auf Beschluss der versammel¬ 
ten Mitglieder die Pflicht obliegen, die Vereinigung bei dargebotener Ge- 
logepheit, bei Gongressen und dergleichen officiell zurepräsentiren und 
ZU diesem Zweck auch im Namen und Aufträge des Vereins mit den ent¬ 
sprechenden ausländischen Associationen l ) sowie mit Staats- und sonstigen 
Behöben,. Congress Vorständen u. s. >v. in Verhandlung zu treten“ 

. Line derartig umfassende Aufgabe, weit hinausgehend über das Ar- 
beitsgebiet des projectirten „Comite international de la presse mödicale“, 
zu erfüllen, seine Kräfte einzusetzen nicht nur für einige Sonderinteressen, 
sondern für die gerechten Bedürfnisse der Allgemeinheit, das wäre ein 
ihr die deutsche niedicinische Journalistik erstrebenswertes Ziel. Wir 
geben uns der Hoffnung hin, dass die ersten Grundlagen der von uns 
vorgeschlagenen Organisation in nächster Zukunft schon geschaffen wer- 
den können. Die leblmften Syiupathieerkliüungen, die uns privatim wie 
öffentlich nicht allein von der Presse unseres engeren Vaterlandes, son¬ 
dern auch yon derjenigen Oestorreich-Ungarns (Wiener med. Presse, 
Wiener ineii. Wochenschr., Prager med, Wochenschr.) und der Schweiz 
(Gorrespondenzbl. f. Schweizer Aerzte) abgegeben worden sind, werden 
A n W'«* des Redacteurs der Wiener medicinischen 
N.Ä F °' ge , zu Ie l sten « nd auf der in Wien tagenden deutschen 

S der F “hpresse unser Programm 

zuj näheren Begutachtung zu unterbreiten. ® 

Von PMWfIm Iten jdr Bitte um Abdruck folgende Erklärung: 

L®' b i d . a “ s smd - m der lebten Zeit ohne Bezeichnung des 
" n ° Ch - ? m ,° 60Dstl ®° Bemerkung Abzüge meiner Inaugural- 

s*rf 3 ?arfÄ".r.: t äs 

, w ^,. ? ur Orientirung der Leser bemerken besteht eine 

il ALrika. m ‘' dlCmiSChen Pre9S6 I ’ icht nUr in Frankreich, ■ sondernluch 


2. Die Abzüge, die im übrigen hinsichtlich der Form und des äusseron 
Aussehens meinen Exemplaren ganz ähnlich sind, zeigen insofern Ab¬ 
weichungen vom Original, als in jenen alles, was für das Mittel recht 
günstig lautet, mit gesperrter Schrift gedruckt ist. 

Leider fehlt mir ein juristisches Mittel, die missbräuchliche Be¬ 
nutzung meines Namens und meiner Schrift zu ahnden, so dass ich ge- 
nöthigt bin, auf diesem Wege das Verfahren des mir unbekannten Ab¬ 
senders (ich vermuthe die Elberfelder Fabrik) zur allgemeinen Kenntniss 
zu bringen. 

Dr. Otto Bakofen, 

Volontärassistent an der Dr. Landau’schen Privat-Frauenklinik. 

Berlin, den 1. August 1894. 


XU. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Unser Mitarbeiter, Prof. E.v. Düring in Constantinopel, 
ist zum Chefarzt der Abtheilung für Hautkrankheiten und Syphilis in 
Haidar Pascha (Kleinasien) ernannt worden. 

— Vorbereitung zum medicinischen Studium in Frank¬ 
reich. Das Unterrichtsministerium hat vor kurzem der Pariser medicini¬ 
schen Facultät die Frage zur Entscheidung vorgelegt, oh das durch Decret 
vom 5. Juni 1891 festgesetzte neue Baccalaureatsexamen als genügende 
Vorbereitung zum medicinischen Studium zu betrachten sei. Das durch eine 
Commission von fünf Professoren und dem Rector repräsentirte Lehrcorps 
der Facultät hat jetzt diese Frage nach sorgfältiger Prüfung des Programms, 
dessen Cardinalpunkt bekanntlich die vollständige Unterdrückung des Stu¬ 
diums der classischen Sprachen ist, in verneinendem Sinne beantwortet. Der 
Arzt, so lautet eine der hauptsächlichsten Begründungen des ablehnenden 
Bescheides, sei sein ganzes Leben hindurch auf den Gebrauch einer 
Terminologie angewiesen, die durchweg dem Lateinischen und Griechischen 
entstamme, und wenn er sich auch mit der Zeit eine oberflächliche 
Kenntniss dieser Ausdrücke aueignen könne, so bleibe es doch ein pein¬ 
liches Gefühl geistiger Inferiorität, sich beständig eines Handwerkszeuges 
zu bedienen, dessen Ursprung man nicht kenne. Dieses Gefühl müsse 
man im Interesse des Standesbewusstseins dem zukünftigen Arzte zu 
ersparen suchen. Die Commission erklärte es ferner für unumgänglich 
nöthig, dem Studium der alten Sprachen noch das einer modernen, und 
zwar der deutschen, beizufügen. Bei dem gegenwärtigen Stande der 
medicinischen Wissenschaft, die ihre wichtigsten Elemente aus allen 
Theilen der Erde zusammentrage, müsse jeder Arzt ein wenig polyglott 
sein. Was die Erweiterung des Programms der Naturwissenschaften be¬ 
trifft, so. hält die Commission dieselbe nicht für nöthig, da die beiden 
ersten Semester des Studiums demselben ausschliesslich gewidmet seien. 
Eine gründliche Vorbereitung der Mathematik sei ebenfalls nicht erforder¬ 
lich. D es cartes, das grösste mathematische Genie der Welt, habe 
durch seine berühmt gewordene ungeheuerliche Interpretation der Ent¬ 
deckung Harvey’s von der Circulation des Blutes bewiesen, dass der 
auf das Absolute gerichtete und durch das Studium abstracter Probleme 
geschulte mathematische Geist darum doch noch kein besseres Ver¬ 
ständnis für die Lösung der vom Relativen abhängigen medicinischen 
Frage besitze. „Mehr Latein und Deutsch!“ wird also von jetzt an die 
Losung heissen. . (Hochschul-Nachrichten 1894, No. 46.) 

— Aus dem Bericht über den Civilstand, die Todes¬ 
ursachen und die ansteckenden Krankheiten des Cantons 
Basel-Stadf im Jahre 1892 ergiebt sich zunächst eine Anzahl von 
1382 Todesfällen im Jahre, denen 2511 Geburten gegenüberstehen. 
Von den lebendgeborenen Kindern waren 220, von den todtgeborenen 
11 außereheliche. Die muthma&ssliche Bevölkerungszahl betrug in 
der Mitte des Jahres 75668. Abgesehen von gewaltsam und plötz¬ 
lich und kurz nach der Geburt lebensschwach Verstorbenen fehlte 
47 mal bei Kindern, 19 mal bei Erwachsenen ärztliche Hülfe. 
441 Leichen wurden geöffnet. 158 Menschen erlagen Erkrankungon der 
Athmungswerkzeuge, 2,5 von 1000 Gebärenden dem Puerperalfieber, 
274 tuberkulösen Affectionen der verschiedenen Organe, davon 138 der 
Lungentuberkulose. 34 Personen starben infolge oder unter Mitwirkung 
von Alkoholismus, 82 an ansteckenden Krankheiten (von 1316 Erkrankten). 
Die Zahl der an Diphtherie Erkrankten (181 mit 26 Todesfällen) ist gegen¬ 
über den an Keuchhusten Erkrankten relativ gering (309 bezw. 16). 

— Universitäten. Halle. Prof. e. o. Dr. v. Mering, Director 
der medicinischen Poliklinik, ist zum ordentlichen Professor ernannt. 
Dem Privatdocenten Dr. v. Herff ist das Prädikat Professor verliehen. 
— ?.°. nn * Dr. A. Schmidt hat sich als Privatdocent für innere Medicin 
habilitirt. — Göttingen. Dr. Boruttau, Assistent am physiologischen 
Institut, hat sich als Privatdocent habilitirt. — Würz bürg. Dr. M. 
Heidenhain, Prosector am anatomischen Institut, hat sich als Pnvat- 
docont habilitirt. — München. Dr. J. B ran dl, Assistent am pharma¬ 
kologischen Institut, hat sich als Privatdocent habilitirt. — Genf. Br* 
E. Guder hat sich als Privatdocent für Laryngologie und Rhinologie 
habilitirt. — Turin. Der Professor der vergleichenden Anatomie und 
Director des zoologischen Instituts M. Le sonn a ist gestorben. — Neapel. 
Als Privatdocenten haben sich habilitirt: Dr. G. Tria für medicinische 
Pathologie, Dr. V. Vitone für Materia medica und Therapie. — Mont¬ 
pellier. Dr. H6don, professeur agr6g6, ist zum Professor der Physio¬ 
logie ernannt. — Glasgow. Dr. Joseph Coats ist zum Professor der 
Pathologie an der Universität Glasgow ernannt. —• Stockholm. Der 
Professor der Pharmakologie O. Th. Sandahl ist gestorben. — Kiew. 
Dr. K. M. Leplinski, Privatdocent in Charkow, hat sich als Privat¬ 
docent für Neurologie und Psychiatrie habilitirt. 


Gedrückt bei Julius Uonfold ln Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 





DEUTSCHE 


MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Pani Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 

ßedaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstelnallee 3. Potadamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnigstr. 3L 


I. Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena. 

Zur diagnostischen 

Bedeutung des AchillessehnenpMnomens. 

Von Prof. Dr. Th. Ziehen in Jena. 

In zwei früheren Arbeiten 1 ) habe ich die diagnostische Be¬ 
deutung des Fehlens des Kniephänomens und seiner Steigerung 
eingehend an der Hand des Materials der hiesigen Klinik be¬ 
sprochen. ln der zweiten dieser Arbeiten ist bereits auch die 
diagnostische Bedeutung des Fussklonus erörtert worden. Er¬ 
fahrungen über das Verhalten des Achillessehnenphänomens hatte 
ich damals noch nicht in genügender Zahl sammeln können, um 
auch bezüglich dieses Sehnenphänomens zu bindenden Schlüssen 
zu gelangen. Ich habe seitdem systematisch diese Untersuchungen 
bei allen überhaupt zur Untersuchung gelangenden Fällen fortge¬ 
setzt und verfüge jetzt über ca. 1900 Fälle. Die bis jetzt in der 
Litteratur vorliegenden Angaben über die physiologische Ent¬ 
stehung und diagnostische Bedeutung des Achillessehnenphänomens 
sind ungemein spärlich und zerstreut. Aus den Untersuchungen 
Sternberg’s 2 ) ergiebt sich, dass die auf Beklopfung der Achilles¬ 
sehnen eintretende Contraction sich nicht auf den Gastroknemius 
beschränkt, sondern regelmässig auch den Soleus und Plantaris 
miteinbegreift. Wie das Kniephänomen nur dann zu erzielen ist, 
wenn die 2.—4. Lumbarwurzel intact sind, so ist nach Gowers 8 ) 
Unversehrtheit der 1. SacralWurzel für das Zustandekommen des 
Achillessehnenphänomens unerlässlich. Nach Allen Starr würde 
das Centrum des letzteren im Bereich des 8.—5. Sacralnerven ge¬ 
legen sein. Hiermit stimmen die anatomischen Daten gut über¬ 
ein. So fand Paterson, 4 ) dass die motorischen Fasern für den 
Soleus und Gastroknemius in der 5. Lumbar- und in der 1. und 
2. Sacralwurzel enthalten sind. Ueber das Wesen des Achilles¬ 
sehnenphänomens ist ein ganz ähnlicher Streit entbrannt, wie über 
dasjenige des Kniephänomens. Bald wurde das Achillessehnen¬ 
phänomen als einfacher Reflex gedeutet, bald als eine idiomuskuläre 
Contraction, für welche ein reflectorisch bedingter Tonus des 
Gastroknemius conditio sine qua non sei, bald als ein myostatisches 
Phänomen, welches direkt im Muskel entstehe, aber von einem 
durch die bei der Percussion erfolgende Dehnung des Muskels 
ausgelösten Reflex abhängig sei. Gegen die einfache Reflextheorie 
lässt sich namentlich einwenden, dass die Zeit der latenten Reizung 
für einen gewöhnlichen Reflex zu klein ist (Gowers, 6 ) Eulen¬ 
burg, 6 ) Waller, 7 ) de WaCteville 8 ). Auch die Ausführungen 
Sternberg’s in seiner ausgezeichneten Monographie über die 

0 Pie diagnostische Bedeutung des Fehlens des Knieph&nomens. 
Corresp. Bl. d. AÜg. ärztl. Vereins v. Thür. 1887. No. 11 u. Die diagnosti¬ 
sche Bedeutung der Steigerung des Knieph&nomens und des Fussklonus. 
Ebenda 1889, No. 1. 

*) Hemmung, Ermüdung und Bahnung der Sehnenreflexe hn Rücken¬ 
mark. Sitzungsbericht der kais. Akademie der Wissensch. in Wien 1891, 
Bd. 100, Abth. 3. 

^ Gowers, The diagnosis of diseases of the spinal cord. London 
1880, S. 24. Nach Westphal würde das spinale Centrum des Knie¬ 
ph&nomens bis in das untere Dorsalmark reichen. 

4 ) Origin and distribution of the nerves to the lower limb. Joum. 
of Anat. and Physiol. V, 28. 

5 ) Med.-chir. Transactions 1879. 

5 Neurolog. Central«. 1882, No. 1 u. 14. 

1 Lancet, 1881; Brain Vol. 3, 11 u. 15. 

®) Brit. med. Journ. 1882 und Centralbl. f. Nervenheilk. 1886. 


Sehnenphänome scheinen mir für die einfach reflectorische Natur 
des Achillessehnenphänomens wie des Kniephänomens noch nicht 
beweisend. Die sogenannte Tonustheorie ist durchaus nicht, wie 
Sternberg 1 ) anzunehmen scheint, gezwungen, den Tonus der 
Achillessehne bezw. des Gastroknemius ausschliesslich auf dio 
Hautnerven des Beins zurückzuführen, es ist vielmehr wahr¬ 
scheinlich, dass der in Rede stehende Tonus auch von den sen¬ 
siblen Muskelnerven und Sehnennerven des Gastroknemius selbst 
und seiner Sehnen, sowie eventuell auch von den sensiblen Haut- 
und Muskelnerven anderer Korpertheile, namentlich des gekreuzten 
Beines, in einer für das Zustandekommen des Phänomens aus¬ 
reichenden Weise unterhalten werden kann. 2 ) Ich möchte daher 
glauben, dass vorläufig zwischen den oben angeführten drei Theo- 
rieen bezw. des Wesens des Achillessehnenphänomens noch nicht 
sicher entschieden werden kann. Für die diagnostische Bedeutung 
des Achillessehnenphänomens ist dies übrigens von geringerem 
Belang, für diese ist nur die unzweifelhafte, von keiner der drei 
Theorieen geleugnete Thatsache wichtig, dass das Zustandekommen 
des Phänomens überhaupt an die Intactheit eines bestimmten 
Reflexbogens gebunden ist. 

Bezüglich des Vorhandenseins des Achillessehnenphänomens 
bei den Gesunden sind die früheren Angaben sehr widerspruchs¬ 
voll. So giebt Eulenburg 3 ) an, dasselbe komme nur bei 20°/o 
aller Gesunden vor, während Berger 4 ) angiebt, es fehle selten. 
Sternberg schliesst sich in seiner Monographie der Berger’sehen 
Angabe an. 

Fehlen der Achillessehnenphänomene ist schon öfter beobachtet 
worden. So ist bekannt, dass präagonal nicht selten Achilles¬ 
sehnenphänomen und Kniephänomen verschwinden. Desgleichen 
ist unzweifelhaft bei schwerer Kachexie, sowie bei hohem Fieber 
eine Herabsetzung der Achillessehnenphänomene wie der übrigen 
Sehnenphänomene sehr häufig. Desgleichen hat man schon oft 
bei organischen,' peripherischen Nervenerkrankungen das Achilles¬ 
sehnenphänomen vermisst, so namentlich bei der multiplen Neu¬ 
ritis. Neuerdings hat Sternberg auch bei der Ischias öfter ein 
Fehlen des Achillessehnenphänomens beobachtet und in diesem 
Fehlen mit Recht einen weiteren Beweis dafür gesehen, dass die 
Ischias meist keine functioneile Neuralgie, sondern eine echte Neu¬ 
ritis ist. Desgleichen hat man bei Vorderhornerkrankungen so¬ 
wie bei Hinterstrangserkrankungen des Rückenmarks öfter neben 
dem Westphal’sehen Zeichen auch Fehlen des Achillessehnen¬ 
phänomens beobachtet. Endlich ist bei Heerderkrankungen des 
Grosshirns auf der gelähmten Körperhälfte gelegentlich nicht nur 
Fehlen des Kniephänomens, sondern auch Fehlen des Achilles- 

») Die Sehnenreflexe und ihre Bedeutung für die Pathologie des Ner¬ 
vensystems. Leipzig und Wien 1893. . . 

*) Dr. Weinberg hat neuerdings in einer unter meiner Leitung 
angestellten Arbeit den von mir zuerst angegebenen Versuch — Cocaini- 
afrung des M. quadriceps bezw. gastroknemius —• in der yon Sternberg 
durchgeführten Modification wiederholt. Dabei ergab sich in der Thal 
in Uebereinstimraung mit der Angabe Sternberg’s, dass in dem 
Schenkel, an welchem die Cocaineinspritzung in die Arterie gemacht 
worden ist, das Sehnenphänomen rascher erlischt als m dem anderen 
Schenkel, an welchem die Arterie lediglich unterbunden worden ist. Lio 
sog. Tonustheorie wird hierdurch nicht widerlegt: sie braucht nur anzu- 
nehmen, dass an dem Zustandekommen des reflectonschen lonus aacU 
die sensiblen Quadriceps- bezw. Gastroknemiusnerven wesentlich oe- 
theiligt sind. 

-q Neurolog Centralbl. 1882, S. 313. 

«) Ueber Sehnenreflexe. Centralbl. f. Nervenheilk. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 







654:. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33 


sehnenphänomens, statt der sonst viel häufigeren Steigerung 
beider Sehnenphänomene constatirt worden. Die meisten ein¬ 
schlägigen Fälle betreffen Hirntumoren (vgl. z. B. Beobachtung XII 
in der Monographie Sternberg’s). Bei grösseren Tumoren und 
namentlich sub finem vitae kommt doppelseitiges Fehlen zur Be¬ 
obachtung. Eine umfassende statistische Untersuchung Ober 
das Fehlen des Achillessehnenphänomens bei den Erkrankungen 
des Nervensystems steht noch ganz und gar aus. Die Aufmörk- 
san^keit der meisten Autoren war ausschliesslich oder, ganz vor¬ 
wiegend dem sogenannten Kniephänomen zugewendet. 

Etwas mehr Beachtung hat die Steigerung des Achilles¬ 
sehnenphänomens gefunden, insofern sie sich in dem sog. Fuss- 
klonus oder Fussphänomen ausdrückt. 1 ) Auf die einschlägigen 
Litteraturangaben wird unten zurückzukommen sein. . * 

Meine eigenen Untersuchungen sind an dem Material der hie¬ 
sigen psychiatrischen Klinik während der letzten sieben Jahre an¬ 
gestellt. Für die Ueberlassung desselben bin ich Herrn Professor 
Binswanger zu grossem Dank verpflichtet. Principiell habe ich 
nur solche Fälle verwerthet, welche ich selbst untersucht habe; 
denn nur bei einer völlig gleichmässigen Untersuchung ist eine 
exacte procentische Vergleichung der gefundenen Zahlen statthaft. 
Die erste Untersuchung fand stets im Bett statt. Die Methode 
war folgende: ich hob das Bein von der Bettunterlage ab, so dass 
eine Flexion von ca. 40—50 u im Hüftgelenk zu Stande kam, dann 
wurde eine Flexion von ca. 90° im Kniegelenk von mir ausgeführt 
und schliesslich der Fuss leicht dorsalflectirt. Streng wurde dar¬ 
auf gesehen, dass alle dieso Bewegungen rein passiv waren oder 
dass der Kranke, wenn er bei den passiven Bewegungen doch 
activ mitinnervirt hatte, nachträglich die Beinmuskeln erschlaffte. 
Insbesondere kommt sehr viel auf völlige Erschlaffung des M. tibia- 
lis anticus an. Man kann die letztere leicht controlliren, indem 
man die Sehne auf dem Fussrticken befühlt, während bezw. bevor 
man mit dem Hammer den Schlag ausführt. Blieb bei dieser 
Prüfungsmethode das Phänomen aus, so wurden die verschieden¬ 
sten Kunstgriffe angewandt, um dasselbe doch noch zu erzielen. 
Mitunter genügt es schon, die Percussionsstelle etwas höher oben 


oder tiefer unten, etwas weiter medialwärts oder etwas weiter 
lateralwärts zu wählen, um das Phänomen deutlich zu erhalten. 
Auch ist es in manchen Fällen nicht gleichgültig, ob man den 
Schlag von der medialen oder von der lateralen Seite her ausführt 
(auch bei Wahl der gleichen Stelle!). Reichte diese Variation des 
Percussionsschlages nicht aus und war speciell auch alle Ablenkung 
der Aufmerksamkeit vergeblich, so wurde der bekannte Jendrassik- 
sche Kunstgriff angewandt, d. h. es wurde dem Kranken aufge¬ 
geben, während der Ausführung des Schlages die Hände fest zu 
verschränken oder beide Fäuste zu ballen oder die Zähne aufein¬ 
ander zu beissen. Führte auch dies nicht zum Ziel, so wurde der 
S ehr ei ber’sche Kunstgriff (Application energischer Hautreize auf- 
die unteren Extremitäten, z. B. Frottiren) zu Hülfe gezogen. Seit¬ 
dem mir die Sternberg’sche Publication bekannt geworden ist, 
habe ich auch die steigernde Wirkung des kalten Bades auf die 
Sehnenphänomene verwerthet. Einen Fall, wo alle anderen Mittel 
versagt hätten und das kalte Bad allein imstande gewesen wäre, 
das Achillessehnenphänomen nachweisbar zu machen, habe ich 
allerdings noch nicht beobachtet. Sehr wichtig ist es endlich, sich 
nicht auf eine einmalige Prüfung zu beschränken; namentlich kann 
nrtan mit der Annahme einer halbseitigen Differenz der Sehnen¬ 
phänomene nicht vorsichtig genug sein. Eine solche wurde von mir 
daher auch nur dann verwerthet, wenn sie sich bei wiederholten 
Prüfungen als constant erwiesen hatte. Auch in Fällen, wo 
bei der ersten Untersuchung auf keinem Wege das Achillessehnen¬ 
oder Kniephänomen zu erzielen war, gelingt es bei wiederholten 
Untersuchungen zuweilen doch noch, eine schwache Contraction zu 
erhalten. — In allen Fällen wurde ferner in der üblichen Weise 
auf Fussclonus durch brüske passive Dorsalflexion des Fusses ge- 
Prtft. Endlich wurden die übrigen Sehnenphänomene (Kniephänomen 
und Anconeussehnenphänomen), sowie die Hautreflexe untersucht. 
Auch der sogenannten idiomuskulären Erregbarkeit wurde stets be¬ 
sondere Beachtung geschenkt. Wenn der Verlust des Achüles- 
sehnenphänomens mit einer Atrophie der Unterschenkelmuskulatur 
verknüpft war, so wurde regelmässig auch eine galvanische und 
laradische Untersuchung der letzteren torgenommen. 

Um zunächst einen Ueberblick über das Vorkommen von Stö¬ 
rungen ^des Achillessehnenphänomens zu geben, habe ich alle Fälle 
m welchen .soiche voriagen, in 2 Tabellen übersichtlich zusammen- 
Die Tabelle 1 umfasst die männlichen, die Tabelle 2 die 
Veiblichen_Indiyiduen : Jede Horizontalreihe entspricht einer be¬ 
stimmten Psychose, jede Vertikalreihe einer bestimmten Störung 


1 . 1 ') ^xcessive Steigerung des Achillessehnenphänomens ohne Fuss- 
selfce °^ Fussklonus ohne deutliche Steigerung des 
Achillessehnenphänomens habe ich überhaupt nur zweimal beobachtet. 


des Achillessehnenphänomens. - Die Eintheilung der Störungen des 
letzteren bedarf einer kurzen Erläuterung. Es sei zunächst besonders 
bemerkt, dass einzelne Fälle bei der gewählten Eintheilung in zwei 
Verticalspalten, also doppelt erscheinen. So wird z. B. ein Fall, in 
welchem links Fussklonus und rechts Abschwächung des Achilles- 
selinenphänomens beobäcljteil worden ist, sowohl ~m der Spalte 4, 
wie in der Spalte 6 auftreten. Ebenso ist in Fällen, wo beiderseits 
Fussclonus, aber in verschiedener Intensität constatirt worden ist, 
die Eintragung sowohl in Spalte 5 wie in Spalte 8 erfolgt. Hin¬ 
gegen sind Fälle, wo lediglich einseitiger Verlust oder einseitige 
Abschwächung des Achillessehnenphänomens oder einseitiger Fuss¬ 
klonus vorlag, nur in der bezüglichen* Rubrik, nicht auch in der 
8. Spalte („ungleich“) eingetragen worden, da die Ungleichheit hier 
schon in der Uebersclirift der einen Spalte ausgedrückt ist. Ab¬ 
schwächung des Achillessehnenphänomens wurde überhaupt nur 
dann aufgenommen, wenn sie sehr deutlich ausgesprochen war. 
Die einfache Steigerung des Achillessehnenphänomens habe ich 
mit gutem Grunde völlig weggelassen. Eine scharfe Grenze, 
jenseits welcher etwa jede Steigerung als pathologisch anzusehen 
wäre, lässt sich nicht ziehen, und in denjenigen Fällen, wo die 
Steigerung unzweifelhaft einen pathologischen Grad erreicht hat, 
ist der Fussklonus ein viel klareres, brauchbareres Zeichen 1 ). Die¬ 
jenigen Fälle, in welchen das Achillessehnenphänomen nur mit 
Hülfe irgend eines Kunstgriffs, z. B. des Jendrassik’schen zu 
erzielen war, sind in der Spalte 3 bezw. 4 eingetragen worden. 

Tabelle 1; Mäüner. 


Krankheit 

Beiderseits 

erloschen 

Einseitig 

erloschen 

Beiderseits 
schwach | 

Einseitig . 1 
schwach | 

Fussklonus bei¬ 
derseits deutlich 

Fussklonus 

angedeutet*) 

iS 
‘3 
!§ 
.«j? 

fl 

© g 

ö 2 

P* 

Summe || 

a) Dementia paralytica . . 

44 

10 

9 

3 

23 

. 6 

7 

28 

130') 

b) Dementia senilis . . . 

2 

2 

3 

1 

1 

1 

1 

3 

14 

c) Dementia secundaria 

0 

0 

2 

0 

1 

0 

0 

0 

3 

d) Lues cerebri .... 

4 

0 

1 

1 

2 

0 

1 

2 

11 

e) AngeborenerSchwachsinn 

1 

1 

2 

0 

7 

4 

0 

4 

19 

f) Epileptische Psychosen. 

0 

0 

1 

0 

5 

3 

1 

2 

12 

g) Hysterische Psychosen . 
chosen. 

0 

0 

0 

0 

2 

0 

3 

1 

6 

2 

6 

9 

2 

2 

5 

1 

6 

33 

i) Manie, Melancholie, Para¬ 
noia, Stupidität . . . 

3 

1 

3 

0 

11 

10 

4 

2 

34 

k) Neurasthenie .... 

0 

1 

1 

1 

2 

11 

3 

1 

20 

1) Commotio spin. et cerebr. 

0 

0 

1 

1 

3 

0 

1 

1 

7 


Tabelle 2. Frauen. 


Krankheit 

Beiderseits 

erloschen 

Einseitig 

erloschen 

Beiderseits 

schwach 

Einseitig 

schwach 

Fussklonus bei¬ 
derseits deutlich 

Fussklonus 

angedeutet 

fj-S 

sg 

i 10 

3 * 
!* 

Ungleich- || 
heiten i| 

S 

m 

a) Dementia paralytica . . 

5 

0 

;1 

0 

5 

0 

1 

1 

13 

b) Dementia senilis . , . 

1 

1, 

5 

0 

8 

1 

0 

5 

16 

c) Dementia secundaria 

0 

0 

0 

0 

• 2 

1 

0 

0 

3 

d) Lues cerebri . . . . 

0 

1 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

e) AngeborenerSchwachsinn 

4 

1 

9 

1 

2 

0 

2 

0 

19 

f) Epileptische Psychosen. 

.0 

0 

2 

0 

4 

1 

3 

2 

12 

g) Hysterische Psychosen . 

1 

0 

1 

0 

3 

i 

3 

6* 

15 

h) Manie, Melancholie, Para¬ 
noia, Stupidität . . .' 

1 

4 

21 

2 

11 

•7 

• ä-l 

7 

55 

k) Neurasthenie <. . . v. 

0: 

Q: 

0 

1 

1 

3 

0 

1 

1 5 


Insgesammt fand ich bei 296 Männern und bei 156 Frauen 
irgend eine der in der Tabelle angeführten Anomälieen. In der 
Tabelle sind einige Fälle weggelassen worden, so zunächst alle 
Fälle von Embolie, Thrombose oder Hämorrhagie im Bereich der 

inneren Kapsel: ich könnte hier nur die längst bekannte Thatsache 

bestätigen, dass nach sehr schweren Insulten zunächst zuweilen das 
Achillessehnenphänomen fehlt und dass dann allmählich, bei leich¬ 
teren Insulten sofort, eine Steigerung des Achillessehnenphänomens 
sich einstellt, welche auf der gekreuzten, d; h. auf. der gelähmten 

‘) Die Beziehung des Fussklonus zu den Sehnenphänomenen ist mit 
Unrecht bestritten worden. Fussklonus ohne Steigerung des Achilles¬ 
sehnenphänomens kommt überhaupt nicht vor; und andererseits ist bei 
starker Steigerung des Achillessehnenphänomens fast stets auch Fuss¬ 
klonus zu erzielen. Die von de Fleury und Delom-Sorbe angezogenen 
Argumente für eine Verschiedenheit des Fussklonus und der Sehnenpba- 
nomene sind neuerdings von Sternberg entkräftet worden. 

a ) Einerlei, ob einseitig oder doppelseitig. . , 

*) Sowohl Ungleichheiten eines etwaigen Fussklonus wie Ungleicn- 
heiten in der Intensität des Achillessehnenphänomens sind hier einge¬ 
tragen. 

4 ) Diese Anomälieen vertheilen sich auf 101 Fälle. 


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16. August. 


DEUTSCHE MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT. 


655 


Seite Überwiegt. Ueber das Auftreten des primären und ßecuudären 
Fussklonus in solchen Fällen habe ich in meiner früheren Arbeit 
bereits ausführlich gesprochen 1 ). Fortgeblieben ist ferner aus der 
Tabelle ein Fall, welcher für die Localisation des Reflexcentrums 
des Achillessehnenphänomens nieht ohne Interesse ist. Es handelt 
sich um einen 52jährigen chronischen Paranoiker, welcher in einem 
plötzlichen Angstanfall aus einem Fehster des ersten' Stockwerkes 
sprang. Es wurde sofort eine totale sensible und motorische 
Paraplegie der Beine constatirt. Der Kranke ging sechs Wochen 
später an Cystitis zugrunde. Die Seetion ergab eine Fraetur des 
ersten Lendenwirbels und Quetschung des Rückenmarks an der 
entsprechenden Stelle. Dieser Befund widerspricht der oben an¬ 
geführten Angabe von Gowers, wonach die erste Saeralwurzel 
für das Zustandekommen des Achillessehnenphänomens entscheidende 
Bedeutung hat, nicht, da bei solchen Quetschungen erfahrungs- 
gemäss Hemmungswirkungen nicht selten sind und da in Anbetracht 
des stark absteigenden Verlaufes der unteren Rückenmarks wurzeln 
der Eintritt der ersten Saeralwurzel in das Rückenmark in der 
Höhe des zweiten Lumbarwirbels, also Unmittelbar unterhalb der 
Verletzung gelegen ist. Auf eine unmittelbare Läsion des Reflex¬ 
centrums bezw. der zugehörigen Spinalwurzel war wohl auch in 
einem anderen Fall traumatischer Wirbelluxation mit Parese des 
linken Beins. die Abschwächung des linksseitigen Kniephänomens 
und Achillessehnenphänomens zurückzuführen. In einem Fall 
schwerer corticaler Läsion im Bereich des linken Scheitelbeins 
waren die Sehnenphänomene der paretischen rechten Körperhälfte 
sämmtlieh gesteigert (Kniephänomen, Anconeussehnenphänomen und 
Achillessehnenphänomen). In einem Fall einseitiger Basisfractur 
war gekreuzter, in einem Fall doppelseitiger Basisfractur doppel¬ 
seitiger Fussklonus zu constatiren. Bei Hirntumoren waren die 
Achillessehnenphänomene ebenso wie die Kniephänomene zuweilen 
unverändert. In einem Falle einseitigen Tumors des Schläfen¬ 
lappens fand ich gekreuzten Fussklonus, in einem anderen Fall, in 
welchem die Lokalisation der Geschwulst sehr ähnlich war, waren 
beide Achillessehnenphänomene abgeschwächt. In einem Fall von 
Geschwulstbildung im Bereich des vorderen horizontalen Astes der 
Sylvischen Furche war das gekreuzte Achillessehnenphänomen ge¬ 
steigert. In drei Fällen multipler Sklerose fiel die Ungleichheit 
der Steigerung des Achillessehnenphänomens bezw. das halbseitige 
Ueberwiegen des Fussklonus auf. Endlich sind aus der obigen 
Tabelle auch alle Fälle von spinalen Vorderhornerkrankungen, so¬ 
wie von multipler Neuritis weggeblieben, da einerseits die Litteratur 
über das Verhalten des Achillessehnenphänomens bei dieser Krank¬ 
heit schon ausreichende Angaben enthält und andererseits das mir 
für diese Krankheit zu Gebote stehende Material zu klein ist. 

Der Besprechung der in den beiden Tabellen niedergelegteu 
Resultate lege ich die in der Ueberschrift der Tabellen angegebene 
Eintheilung der Störungen des Achillessehnenphänomens zugrunde. 


Beines (ohne Störung der elektrischen Erregbarkeit) acquirirt hatte 
Viele Symptome deuteten auf eine traumatische Hysterie (gemischte 
Hemianästhesie). Die Kniephänomene waren erhalten, die Achilles* 
sennenphänomene beiderseits nicht erhältlich. 


n. Einseitiges Fehlen des Achiüessehnenphanomeäs. 

Ein solches ist in 28 Fällen beobachtet worden. Dementia 
paralytica und senilis, Lues cerebri, Alkoholismus und angeborener 
bchwachsmü Stellen hiervon allein 22 Fälle. Tn dem einen Fall 
männlicher Neurasthenie sowie in dem einen Fall männlicher 
Paranoia Simplex chronica lag eine: alte Fraetur der Tibia und Fibula 
auf derselben Seite, wo das Achillessehnenphänomen fehlte, vor. 1 ) 
Die vier Fälle functioneller Psychose mit Verlust des Achilles- 
sehnenphänomens bei den Frauen sind folgende! -Im ersten handelte 
es sich um eine 67jährige Patientin, welche an acuter hallucinato- 
nscher Paranoia litt und genas. Die Kniephänomene waren sym¬ 
metrisch erhalten, das rechte Achillessehnenphänomen fehlte. Im 
Gebiet des Peroneus' und Tibialis des rechten Beines bestand eine 
deutliche Parese ohne Sensibilitätsstörüng und ohne Störung der 
elektrischen Erregbarkeit.. Der zweite Fall betraf eine 36jährige 
Frau. Klinisch bot sie Zunächst nur das Bild der hypochondrischen 
Melancholie (ohne jeden Intelligenzdefect). Sie klagte über „Gicht¬ 
schmerzen“ in. den Knieen und im Bereich der Harnröhre. Die 
gynäkologische Untersuchung ergab im wesentlichen normale 
Verhältnisse. Neuropathologisch fand sich nur: Verlust der Con- 
vergenzreaction auf dem rechten Auge, Abschwächüng des linken 
Kniephänomens, Verlust des linken Achillessehnenphänomens, 
Steigerung des rechten Kniephänomens und rechten" Aohillessehnen- 
phänomens. Jeder Anhaltspunkt für Syphilis fehlte. Im dritten 
Fall handelte es sich um ein 26jähriges Dienstmädchen. Das 
Achillessehnenphänomen war rechts erloschen. Am rechten Unter¬ 
schenkel bestanden ausgedehnte Brandnarben. Die Psychose war 
als acute hallucinatorische Paranoia (incohärente Varietät) zu be¬ 
zeichnen. Die Kranke ging an acuter Endoearditis zugrunde. Bei 
der Seetion fand sich eine deutliche graue Verfärbung im Bereich 
der Lumbalanschwellung. Ueber den mikroskopischen Befund werde 
ich an anderer Stelle berichten. Der vierte Fall endlich betraf 
eine 50jährige an subacuter hallucinatorischer Paranoia erkrankte 
Frau. Anamnestisch steht nur fest, dass im linken Bein, wo das 
Achillessehnenphänomen fehlt, schon seit der Kindheit eine leichte 
Entwicklungshemmung bestanden hat. Die somatische Unter¬ 
suchung ergab ausser dem Verlust des linken Achillessehnen¬ 
phänomens lediglich ein erhebliches Zurückbleiben der linksseitigen 
Zehen, sobald der Kranken aufgegeben wurde, gleichzeitig möglichst, 
rasch und möglichst ausgiebig die Zehen beider Füsse zu be¬ 
wegen. 


IH. Beiderseitige Abschwächung des Actiillessehnen- 
phänomens. 


I. Beiderseitiges Fehlen des Aehillessehnenphänomens. 

Ein Blick auf die Tabelle lehrt, dass dieses in 68 Fällen be¬ 
obachtet worden ist. Von diesen fallen allein 49 auf Dementia 
paralytica. Sieben weitere Fälle kommen auf andere organische 
Hirnerkrankungen (Dementia senilis und Lues cerebri). Die fünf 
Fälle von angeborenem oder in der Kindheit erworbenem Schwachsinn 
sind jedenfalls auch den organischen Hirnerkrankungen zuzurechnen. 
Bei dem einen männlichen Individuum, einem 14jährigen Knaben, 
ist eine Hirnentzündung im siebenten Lebensjahre nachgewiesen. 
Unter den vier weiblichen Individuen ist in einem Fall hereditäre 
Syphilis festgestellt, in einem anderen spätere syphilitische In- 
fection. 2 ) Von den beiden Fällen alkoholistischer Psychose betrifft 
der eine ein schweres Delirium tremens, der andere ein binnen 
weniger Tage tödtlich verlaufendes alkoholistisches Coma; der 
Sectionsbefund war durchaus negativ. Es bleiben sonach noch 
fünf Fälle functioneller Psychose im engeren Sinne. In dreien 
handelte es sich um jugendliche Individuen mit acuter stuporöser 
Paranoia hallucinatoria. Im vierten handelt es sich um einen 
53jährigen Mann mit chronischer einfacher Paranoia ohne jeden 
Intelligenzdefect; ausser dem Fehlen des Achillessehnenphänomens 
wurde Ungleichheit der Kniephänomene, Abschwächung beider 
Anconeussehnenphänomene, Verziehung, Lichtstarre 3 ) und Ungleich¬ 
heit der Pupillen festgestellt. Syphilitische Infection war un¬ 
zweifelhaft. Im fünften Fall blieb die Diagnose unaufgeklärt: es 
handelte sich um eine 45jährige Frau, welche im Anschluss an 
den Bi ss eines Hundes in die linke Wade eine Lähmung des linken 

*) Bei der cerebralen Kinderlähmung kann zuweilen diej excessiye 
Contractur die Steigerung des Achillessehnenphänomens und den Fuss- 
clonus verdecken. ; . ' „ 

*) ln diesem bestand zugleich Pupillenstarre. 

• u ' Lichtstarre der Pupillen ohne Störung der Sehnenphänomentf habe 
ich ausserdem noch in zwei Fällen chronischer einfacher Paranoia-, beob¬ 
achtet. In beiden war gleichfalls Syphilis unzweifelhaft. 


Der verhältnissmässig hohe Procentsatz der Alkoholisten und 
Senildementen ist hier besonders bemerkenswerth. Desgleichen 
ist der angeborene Schwachsinn sehr stark vertreten. Unter den 
elf hierher gehörigen Fällen war Syphilis nur einmal nachgewiesen; 
Alkoholismus kam in einem, Senium in zwei Fällen eventuell in 
Betracht. Die vier functioneilen Hauptpsychosen sind mit 24 
Fällen vertreten. In ganz auffälliger Weise überwiegt das weib¬ 
liche Geschlecht. In vier Fällen handelt es sich um senile 
Psychosen, in einem um Zwergwuchs, in zwei lagen mannichfache 
Wachsthumsabnormitäten vor, in einem schwere Inanition infolge 
eines langwierigen Empyems. In den anderen Fällen war ein be¬ 
stimmtes Moment nicht festzustellen; ein etwaiger Einfluss der 
Chlorose 2 ) und der Atheromatose, sowie gynäkologischer Er¬ 
krankungen, welcher mir nicht unwahrscheinlich ist, könnte mit 
Sicherheit nur durch noch grössere Untersuchungsreihen festgestellt 
werden. In dem einen Fall, welcher unter Neurasthenie in der 
Tabelle 1 eingetragen ist, handelt es sich nicht um typischo 
Neurasthenie, sondern um eine jener functioneilen Paraplegieen der 
unteren Extremitäten, welche namentlich von den Engländern be¬ 
schrieben worden sind; neurasthenische Symptome waren in grösserer 
Zahl vorhanden, typisch-hysterische (gemischte Hemianästhesie, con- 
centrische Gesichtsfoldeinengung etc.) fehlten durchaus, die Knic^ 
Phänomene waren gesteigert, elektrische Erregbarkeit und. Sensi¬ 
bilität iütact. Drei Morphiococainisten mit ausgeprägter Ab¬ 
schwächung beider Achillessehnenphänomene sind in der Tabelle 
flicht aufgenommen worden. Uebrigens kommt sowohl bei Morptii- 

*) In der Litteratur hat man bis jetzt nur Steigerung des Achilhrs- 
sehnenphänomens bei Unterschenkelfra'cttiren beobachtet. Vergl. de 
Fleiiry, Rev. de indd. 1884. 

*) Bei pernieiöser Ahitmie hat man öfter Fehlen' der Kniephänomene 
und Hinterstrangsdegeneration beobachtet. Vgl. Lichtheim, Verhand¬ 
lungen des Congresses für innere Medicin 1887, Minnieh, Zeitschrift 
für klinische Medicin Bd. 21, Eisenlohr, Deutsche medieinische Wochen¬ 
schrift’1892 und v. Nootden, Charite-Annalen Bd. 16. 


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656 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 83 


nismus wie bei Cocainismus auch Steigerung der Achillessehnen- 
phänomene und Fussklonus zuweilen vor. 

IV. Ein seitige Absohwächung des Aohillessehnenphäiiomens. 

Zu den Angaben der Tabelle habe ich nur hinzuzufügen, dass 
die beiden Fälle functioneller Psychose eine chronische Alkoholistin 
und eine senile Melancholie mit sehr ausgeprägter seniler Involution 
betreffen. 

V. Beiderseitiger ausgeprägter Fussklonus. 

Die verschiedenen organischen und functioneilen Psychosen 
und Psychoneurosen sind hier viel gleichmässiger an der Gesammt- 
zahl der Fälle betheiligt. Besonders hervorheben möchte ich, dass 
auch vier senile Melancholieen, vier Fälle von seniler Demenz und 
zwei Fälle von chronischem Alkoholismus hierher gehören. 

Die Fälle von „angedeutetem Fussklonus* 1 bieten zu besonderen 
Bemerkungen keinen Anlass. Ich gehe daher sofort über zu 

VI. Einseitiger ausgeprägter Fussklonus. 

Vier Fälle chronischer hallucinatorischer Paranoia gehören 
hierher. In einem könnte eine infantile, in der Anamnese aus¬ 
drücklich angegebene „Hirnentzündung“ vielleicht eine Erklärung 
für die Einseitigkeit des Fussklonus geben. Die drei Fälle von 
Neurasthenie sind zusammen mit dem einen in meiner früheren 
Arbeit erwähnten unter mehreren Hunderten, welche ich geflissent¬ 
lich seit sechs Jahren in dieser Richtung untersucht habe, die 
einzigen mit ausgesprochenem einseitigem Fussklonus. 

VH. Ungleichheit des rechten und linken Achillessehnen« 
Phänomens, bezw. des etwaigen Fussklonus. 

Unter den in der Tabelle verzeiehneten Fällen functioneller 
Psychose bezw. Psychoneurose sind zwei, in welchen syphilitische 
Infection unzweifelhaft ist; in einem kommt eine infantile Hirn¬ 
erkrankung in betracht, in zwei anderen vorgeschrittene senile In¬ 
volution. _ (Schluss folgt.) 

II. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn 
Geh. Bath Prof. B. Koch in Berlin. 

Das TizzonfscBe Tetanusantitoxin. 

Von Dr. W. Hübener. 

Nach Behring’s Untersuchungen kann man zur Heilung des 
Tetanus nur von einem Blutserum Erfolg erwarten, welches einen 
sehr hohen Immunitätswerth besitzt. Ihm selbst war es gelungen, 
ein solches im Werthe von lilOOOOOOO 1 ) zu erreichen. Dem¬ 
gegenüber behaupten Tizzoni und Cattani 2 ), dass sie über ein 
Tetanusheilserum verfügten von 100 000 000 Werth. Nach ihren 
Angaben haben sie ihre Werthbestimmung genau nach der von 
Behring und Knorr 3 ) veröffentlichten Methode angestellt, nur 
mit dem Unterschiede, dass sie mit weissen Ratten und Kaninchen 
arbeiteten, welch’ letztere nach der Ansicht dieser Autoren „für 
das Tetanusgift empfänglicher sind“, anstatt mit den von Behring 
empfohlenen und allgemein gebräuchlichen weissen Mäusen, da es 
ihnen nicht gelungen sei, sich eine hinreichende Menge dieser Ver¬ 
suchstiere zu beschaffen. Dieser Umstand fällt aber bei einer 
Werthprüfung schwer ins Gewicht, da die Kaninchen eine sehr 
viel geringere Empfindlichkeit gegen das Tetanusgift besitzen als 
weisse Mäuse, so dass ausser von Tizzoni wohl in keinem an¬ 
deren Laboratorium die Kaninchen zu quantitativen Werthbestim¬ 
mungen verwandt werden. 

Um so mehr ist diese Beschränkung auf die erreichbaren Ver¬ 
suchstiere zu bedauern, als Behring 4 ) schon lange Tizzoni 
aufgefordert hatte, zur Ermöglichung eines Vergleichs des Immu- 
nisirungswerthes solche Bestimmungen gerade an weissen Mäusen 
vorzunehmen, „ da es für eine gegenseitige Verständigung werth¬ 
voll sei, ein einheitliches Prineip für die zahlenmässige Bestimmung 
der Wirkung des Heilserums zu wählen, besonders aber jetzt, wo 
das Mittel auf den Menschen angewandt werden soll.“ 

^ ar -fir 111111 bislang nicht möglich, die Angaben Tizzoni’s 
über den Werth seines Tetanusheilserums an der Hand der im 
Institut für Infectionskrankheiten üblichen Ehrlich’schen Methode 
nachzuprüfen (von Brieger und Ehrlich in ihrer Arbeit „Zur 
Kenntmss der Milch immunisirter Thiere“ 5 ) mitgetheilt), so sind 
wir jetzt in die Lage versetzt, diese Prüfung vorzunehmen, da das 
Tizzoni sehe Tetanusheilserum durch Merck in Darmstadt käuf¬ 
lich zu erwerben ist; 

7 Behring, Blutserumtherapie II. 

2 Berliner klinische Wochenschrift 1893, No. 49, 50 und 1894, No. 1. 

*) Ueher den Immunisirungswerth und Heilwerth des Tetanusheil- 
jerums an weissen Mäusen. Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrank¬ 
heiten Bd. XIII T 

4 ) Blutserumtherapie n, S. 76. 

5 ) Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XTTT. 


Auf Veranlassung von Herrn Professor Brieger habe ich 
nun die Prüfung dieses käuflichen Tizzoni’schen Tetanusantitoxins 
(Marke Merck) vorgenommen. 

Das Tetanusantitoxin-Merck stellt eine gelblich-braune, schollig¬ 
krümelige Substanz dar, die augenscheinlich nichts weiter ist als 
im Vacuum eingedampftes und dann pulverisirtes Serum. Dieses 
Pulver löst sich leicht in etwa dem zehnfachen Volumen Wassers. 
Man erhält so eine klare, leicht opalescirende Flüssigkeit, welche 
völlig das Aussehen von normalem Blutserum darbietet. 

Der Immunisirungswerth dieses käuflichen Präparates wird von 
Tizzoni auf mehr als 1:100 Millionen angegeben (ce sörum, sec, 
est obtenu du cheval; il est muni d’un pouvoir immunisant sup6- 
rieur k 1:100 000 000). Hiernach würde das Ausgangsserum 
einen Werth von etwas mehr als 10 Millionen repräsentieren, da 
die festen Bestandtheile des Blutserums etwa 10 °/o betragen. 

Die Ehrlich’sehe Methode, deren ich mich bei dieser Prüfung 
bedient habe, weicht insofern von derjenigen Behring’s ab, als 
die erstere bei gleichen Serummengen mit den Multiplis der ein¬ 
fach tödtlichen Dosis arbeitet, während die letztere bei sich gleich¬ 
bleibender einfach tödtlichen Dosis diejenige Serummenge sucht, 
die zur Neutralisation des tödtlichen Effectes der Dosis minima 
letalis erforderlich ist. In den Resultaten stimmen beide völlig 
mit einander überein. 

Die Prüfungsergebnisse, die nach zwei orientirenden Vor¬ 
versuchen und ebenso viel Giftprüfungen erlangt wurden, sind aus 
nachfolgenden Tabellen leichtersichtlich. Es ist hierbei zu berück¬ 
sichtigen, dass die geprüfte Flüssigkeit eine Auflösung der festen 
Substanz im Verhältniss von 1:100 darstellt. Das Gift, dessen 
ich mich bei diesen Prüfungen bedient habe, ist ein von Herrn 
Prof. Brieger dargestelltes, pulverförmiges Tetanustoxin, dessen 
tödtliche Minimaldosis, wie sich aus den Vorversuchen ergab, 
0,000 000 4 g = 0,4 |U- betrug (1 /i, Mikrogramm = 0,000001, 
d. i. der tausendste Theil eines Milligramms); beide Versuche (I 
und II) wurden am selben Tage angestellt. 


Tabelle I. (Jede Maus erhielt 24 Stunden vor der Giftinjection 0,0004 ccm 
der */ioo Antitoxinlösung. Factor = 50 000.) 


— 



© 



Status 



No. 

Maus 

o 

•g 

II 

1 Tag 

2 Tage 
nach 

3 Tage 

4 Tage 

5 Tage 

6 Tage 

© 

o 

;2J 

nach 

nach 

nach 

' nach 

nach 




der In- 

der In- 

der In- 

der In- 

der In- 

der In- 



S 

Ö 

jection 

jection 

jection 

jection 

jection 

jection 

1 

Rücken 

16 

0,5/< 

Wohl 

Wohl 

Frag- 

Spur 

Ebenso, 

Status 


roth. 


nichts. 

nichts. 

lieh. 

teta- 

sehr 

idem. 








nisch. 

munter. 

Status 

2 

Schwanz 

16 

1,0 ß 

Frag- 

Dito, 

Leich- 

Etwas 

Status 


roth. 


lieh. 

munter. 

ter 

Beginn. 

stärker. 

idem. 

idem. 

Status 


3 

Kopf 

16 

1,25 fi 

Frag- 

Spur 

Etwas 

Status 

Status 


und 

Steiss 

roth. 

Rücken 


lieh. 

teta- 

nisch. 

stärker. 

idem. 

idem. 

iddm. 


4 

167a 

1,5/i 

Frag- 

Beginn. 

Etwas 

Ausge- 

Status 

Status 


gelb. 

lieh. 

stärker. 

sproch. 

idem. 

idem, 







teta- 


Pro- 








| nisch. 


gnosis 

hona. 

5 

Rücken 

17 

1,75/i 

Deut- 

Etwas 

Ausge- 

Stärker. 

Status 

Stark 


gelb und 


licher 

stärker. 

sproch. 


idem. 

teta- 


roth 



Beginn. 


teta- 



nisch, 

l 

(mageres 

schwach. 




nisch. 



Pro¬ 

gnosis 

dubia. 



Thier). 








6 

Kopf 

177a 

2,0/i 

Frag¬ 

Beginn. 

Deut¬ 

Status 

Etwas 

Status 


roth. 

lich. 

lich 

idem. 

stärker. 

idem. 






teta- 



Pro¬ 







nisch. 



gnosis 

bona. 

7 

Weiss. 

18 

2,5 [x 

Beginn. 

Deut¬ 

Etwas 

Status 

Etwas 

Status 




lich 

stärker. 

idem. 

stärker. 

idem, 






teta- 




Pro¬ 






nisch. 




gnosis 

bona. 

8 

Steiss 

18 

3,0/i 

Deut¬ 

Stark 

Sehr er¬ 

t 




roth. 


licher 

teta- 

heblich 








Beginn. 

nisch. 

(allge¬ 










meiner 










Teta¬ 










nus). 




9 

Kopf 

gelb. 

18 

4,0/t 

Dito. 

Dito. 

t 




10 

Kopf 

und 

Rücken 

18 

5,0 ß 

Dito. 

Dito. 

t 






roth. 










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Original fro-m 

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16. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Tabelle II. (Giftcontrollen.) 


O 

Maus 

Injicirte 
Gift¬ 
men ge 


Status nach der Injection 


£ 

1- Tag 

2- Tag 

3. Tag 

4. Tag 

5. Tag 

1 

Schwanz roth, 
17 g 

0,4 fi 

Leichter 

Beginn 

Deutlich 

tetanisch 

Stärker 

tetanisch 

Erheblich 

t 

2 

Kopf und 
Rücken roth, 
17,5 g 

0,5 fi 

Deutlicher 

Beginn 

Deutlich 

tetanisch 

Stark | 
tetanisch j 

t 


3 

Weiss, 18 g 

0,6 fi 

Deutlicher 

Beginn 

Ausge¬ 

sprochen 

tetanisch 

Erheblich 

t 


4 

5 

6 

Rücken roth, 

18 g 

Steiss roth, 
18,5 g 

Kopf roth, 

19 g 

0,7 fi 

0,8 fi 

1,0 p. 

Deutlicher 

Beginn 

Deutlicher 

Beginn 

Deutlicher 

Beginn 

Ausge¬ 

sprochen 

tetanisch 

Stark 

tetanisch 

Stark 

tetanisch 

Erheblich 

• t ( 

t : 

t 



Wir finden al6o nach unserer Methode einen Werth von 
800000 für die Lösung 1:100, also für das Ausgangsserum von 
8 Millionen und für das pulverförmige Präparat einen solchen von 
30 Millionen an Stelle des von Tizzoni angegebenen Werthes von 
mehr als 100 Millionen. Aus diesem Verhalten müssen wir folgende 
Schlüsse ziehen: 

Erstens hat Tizzoni nicht ein zehnmal stärkeres, 
sondern vielmehr ein drei -bis vierfach schwächeres Serum 
in den Händen gehabt wie Behring. 

Zweitens aber — und das ist die Hauptsache — ge¬ 
nügt ein solches Serum bei weitem nicht zur Heilung 
schwerer oder erst spät zur Behandlung gekommener 
Fälle, da für solche nicht einmal das weit stärkere 
Behring’sche Serum, selbst in den grossen Quantitäten 
von 200—400 ccm, auszureichen vermocht hat. 

Diesen ungenügenden Heilwerth des Tizzoni’schen Serums 
beweisen auch folgende Splitterversuche, die College Beck im 
Institut mit dem Merck’schen Präparat vorgenommen und mir 
gütigst zur Verfügung gestellt hat. 

Fünf Meerschweinchen wurden am 9. Juli, Mittags 1 Uhr, mit 
einem Splitter inficirt, und vier davon erhielten am 10. Juli, genau 
nach 24 Stunden, verschiedene Mengen der im zehnfachen Volumen 
Wassers aufgelösten Tizzoni’schen Trockensubstanz. Das fünfte 
dient zur Controlle. 


Splitterversuch an Meerschweinchen. 


1 Stirn und 

Am 9. Juli. 

Erhält 

| Nacken roth, 

1 Uhr Nachm. 

genau 24 Stunden 

1 670 g 

mit Splitter 

später, 10. Juli, 

Stirn und 

inficirt 

von dem Tizzoni- 
schen Antitoxin 
(auf das Pulver 
berechnet) 0,1 g 

do. 

24 Stunden 

Steiss roth, 


später, 10. Juli 

600 g 


0,25 g 

j Stirn und 

do. 

24 Stunden 

Rücken roth, 


später, 10. Juli, 

! 550 g 

i 


0,5 g 

: Stirn und 

do. 

24 Stunden 

; rechte Seite 


später, 10. Juli, 

1 roth, 460 g 


0,7 g 

Unbezeichnet. 

do. 

Bleibt als Con¬ 

550 g 


trolle 

unbehandelt 


Am 10. Juli, zur Zeit der 
Antitoxininjection, leicht 
tetanisch; 11. Juli, Mit¬ 
tags, stark tetanisch,Nach¬ 
mittags j\ 


Am 10. Juli, zur Zeit der 
Injection von Antitoxin, 
leicht tetanisch. Am 
11. Juli stark tetanisch. 
Am 12. Juli todt gefunden. 

Am 10. Juli, zur Zeit 
der Injection von Anti¬ 
toxin, leicht tetanisch. 
Am 11. Juli sehr stark 
tetanisch. Stirbt in der 
Nacht zum 12. Juli. 

Am 10. Juli, zur Zeit der 
Injection von Antitoxin, 
leicht tetanisch. Am 
11. Juliagonal, wird ge- 
tödtet. 

11. Juli, Vormittags, nichts 
zu sehen. 12. Juli, Vor¬ 
mittags 10 Uhr, stark 
tetanisch, Nachmittags 
4 Uhr f. 


Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, dass auch nicht die ge¬ 
ringste Andeutung einer den Tod hinausschiebenden, geschweige 
denn heilenden Wirkung des Tizzoni’schen Tetanusantitoxins vor¬ 
handen ist. 


Das Tizzoni’sche Tetanusantitoxin in der Form, wie 
es von Merck in den Handel gebracht wird, erfüllt somit 
auch nicht im mindesten an Versuchsthieren die ihm zu¬ 
geschriebene Wirksamkeit. Es ist also auch nicht im 
Stande, schwere oder spät zur Behandlung gelangte 
Fälle von Tetanus beim Menschen zu heilen. 


657 

HL Die neuerenMethoden der Urethroskopie. 1 ) 

Von H. Lohnstein. 

Die Entwicklung der modernen Medicin ist dadurch charakte- 
risirt, dass jede neue Methode, wenn nur einigermaassen brauchbar, 
rasch Gemeingut der Aerzte geworden ist. Besonders gilt dies 
von den Methoden, welche durch Zuhülfenahme optischer Mittel 
Körperregionen unseren Blicken erschlossen haben, die vermöge 
ihrer Lage vorher der direkten Betrachtung entzogen waren. Es 
sei hier vor allem an die Ophthalmoskopie und Laryngoskopie er¬ 
innert, die sich das Bürgerrecht in der medicinischen, Diagnostik 
sozusagen im Sturm erobert haben, ferner an die Cystoskopie, die, 
nachdem durch die bahnbrechenden Arbeiten von Nitze ein in 
jeder Hinsicht vollkommenes Instrument geschaffen war, nunmehr 
als ein längst gesicherter Bestandteil unseres diagnostischen 
Handelns zu betrachten ist. — Um so auffallender muss es er¬ 
scheinen, dass der Endoskopie der Harnröhre gegenüber, deren 
Anfänge fast ein halbes Jahrhundert zurückreichen, sich die Mehr¬ 
zahl der Aerzte noch gegenwärtig recht ablehnend verhält. — 
Am auffallendsten ist das Verhalten der Meister unseres Spezial¬ 
faches selbst. Posner 2 ) beispielsweise hat sich noch jüngst recht 
skeptisch über die Brauchbarkeit und den Werth der Urethroskopie 
ausgesprochen. Andererseits sind ihr in Oberländer und Ko 11- 
mann begeisterte Lobredner erwachsen, wobei aber hervorgehoben 
werden muss, dass diese eine Methode empfehlen, dje von ihrem 
Entdecker, Nitze, in neuerer Zeit zu Gunsten eines einfacheren 
Verfahrens aufgegeben ist. Dazwischen steht eine Reihe von 
Autoren, welche zwar die urethroskopische Methode als diagnosti¬ 
sches Hülfsmittel schätzen, aber doch die Vielseitigkeit ihrer Ver¬ 
wendbarkeit, wie sie beispielsweise Oberländer betont, leugnen 
und vor allen Dingen ihr die entscheidende Bedeutung absprechen, 
die nach Kollmann und Oberländer ihr in gewissen Stadien 
des chronischen Trippers für die Diagnose zukommt. Am weitesten 
ist in jüngster Zeit Kollmann 3 ) gegangen, der in einem vor der 
Naturforscherversammlung in Nürnberg gehaltenen Vortrage leb¬ 
haft bedauert, dass die Urethroskopie immer noch nicht die Ver¬ 
breitung gefunden hat, welche die endoskopischen Methoden, mittels 
deren wir die Krankheiten anderer Organe zu ergründen suchen, 
erlangt haben. Kollmann sieht die Ursache für die Gering¬ 
schätzung der Urethroskopie in der geringen Leistungsfähigkeit 
der meisten, insbesondere der mit reflectirtem Lichte arbeitenden 
endoskopischen Methoden. Ueber die Berechtigung dieser Begrün¬ 
dung werden wir uns weiter unten ausführlich zu verbreiten Ge¬ 
legenheit haben. Vorläufig genüge es, auf einen Punkt hinzu¬ 
weisen, den Kollmann auffallender Weise ganz übersehen hat. 
Zwischen der Urethroskopie einerseits und der Mehrzahl der übrigen 
endoskopischen Methoden andererseits besteht doch der erhebliche 
Unterschied, dass, während bei den letzteren das zu untersuchende 
Organ gar nicht oder nur wenig gereizt wird, da es mit Theilen 
des diagnostischen Instrumentariums nur in geringem Grade in 
Contact kommt, bei der Urethroskopie es nicht zu umgehen ist, 
gelegentlich der Einführung des Speculums in die Harnröhre das 
zu untersuchende Organ, die Urethra, in recht eingreifender Weise 
zu reizen. Schon aus diesem Grunde wird meines Erachtens die 
Urethroskopie niemals die Rolle spielen können, welche z. B. dor 
Ophthalmoskopie und Laryngoskopie zukommt. Ganz ausgeschlossen 
ist ihre Verwendung bei allen acuten Harnröhrenentzündungen, aber 
auch bei subacuten, mehr diffusen Urethritiden ist sie nur in der 
Hand geübter Techniker eine Methode, die mit einiger Sicherheit ohne 
Schaden für den Patienten geübt werden kann. Einwandsfrei und auch 
von weniger geschulten Aerzten anwendbar ist sie eigentlich nur 
in chronischen Fällen, wo die Reizbarkeit der Harnröhrenschleim¬ 
haut durch die lange Dauer des Processes und oft auch durch die 
Gewöhnung an frühere andere instrumenteile Eingriffe bedeutend 
herabgesetzt ist. Hier kann sie mit grossem Vortheil angewandt 
werden, und man kann auch hier mit Aussicht auf Erfolg an die 
Untersuchung eine lokale endoskopische Behandlung anschliessen. 
Ferner geht aus diesen Erwägungen hervor, dass man sich in der Wahl 
der Methode nicht allein von dem Gesichtspunkte leiten lassen darf, 
welches Verfahren in optischer Beziehung am meisten leistet, 
sondern auch zu berücksichtigen hat, welche Methode bei grösster 
optischer Leistungsfähigkeit relativ am wenigsten reizt, welche so¬ 
wohl vermöge der Form der Apparate, wie der möglichst geringen Um¬ 
ständlichkeit des Verfahrens in kürzester Zeit zu beenden ist. Sehen 
wir, in wie weit die gegenwärtig geübten Methoden diesen An¬ 
forderungen entsprechen. 

Die Untersuchungsmethoden, mittels deren die Urethroskopie aus¬ 
geübt wird, zerfallen, wie Ihnen bekannt, in zwei Gruppen, je nachdem 

*) Nach einem im Verein für innere Medicin zu Berlin am 16. April 181)4 
gehaltenen Vor trage. 

9 ) Diagnostik der Harnkrankheiten. Berlin, Hirschwald, 1894, S. 9(5. 

*) Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 39. 


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658 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38 


das Licht von aussen in das erkrankte Organ hineingeworfen 
wird, oder in ihm selbst sich befindet. Zu den ersteren gehören 
die älteren von Dittel, Grünfeld, Desormeaux. Fürsten¬ 
heim geübten, in neuerer Zeit, nach der Einführung des elektri¬ 
schen Lichtes in die medicinische Diagnostik von Leiter, Casper. 
Otis, Lang u. s. w. verbesserten Methoden; zu der zweiten die 
zuerst von Nitze angegebene, später von Oberländer wesentlich 
vereinfachte urethroskopische Methode. Bei den ersteren wird, 
wie Ihnen bekannt, das Licht entweder durch einen Hohlspiegel 
äufgefangen und in die Harnröhre geworfen, während der Unter¬ 
suchende durch ein in diesem Hohlspiegel angebrachtes Loch oder 
über den Hohlspiegel hinweg in die Harnröhre hineinblickt, oder 
das Licht wird durch ein rechtwinkliges Prisma in die Harnröhre 
reflectirt, wie es bei dem Casper’schen und Lang’schen Instru¬ 
mente der Fall ist. Als Lichtquelle dient hier die elektrische 
Glühlampe. Bei der zweiten Methode befindet sich die Licht¬ 
quelle im visceralen Ende des Speculums. Zur Verhütung von 
Verbrennung der Harnröhre durch dieselbe ist sie von einer 
Wasserkühlung umgeben; die von der Flamme direkt beleuchtete 
Harnröhre wird vom Beschauer studirt. Als Lichtquelle dient ein 
glühend gemachter Platindraht. — Was die Leistungsfähigkeit 
dieser beiden Methoden anlangt, so gehen die Ansichten der Autoren, 
wie bereits erwähnt, völlig auseinander. Die Fehler der einen 
Methode werden von den Verfechtern derselben der entgegen¬ 
gesetzten zugeschrieben, und man erhält zuweilen den Eindruck, als 
ob die betreffenden Autoren die Methode des anderen gar nicht 
praktisch erprobt haben. 

Die Kritik hat sich nach zwei Seiten hin mit den Methoden 
zu beschäftigen: 1) mit der diagnostischen Leistungsfähigkeit und 
2) mit ihrer Leistungsfähigkeit nach der technischen Seite hin, 
sowohl was die Leichtigkeit des Arbeitens, wie die Möglichkeit 
respective leichte Durchführbarkeit von Operationen u. s. w. anbe¬ 
langt. Wie weit auseinander die Meinungen bezüglich des dia¬ 
gnostischen Werthes der Methoden gehen, ergiebt sich besonders 
charakteristisch aus einem Studium des Lewandowsky’schen 
Buches: „Das elektrische Licht in der Heilkunde“ (Wien, Urban 
& Schwarzenberg, 1892). Hier finden sich zwei die Theorie der 
Urethroskopie berührende Abschnitte, die von Finger und Ober¬ 
länder bearbeitet sind. Beide Autoren suchen die von ihnen ge¬ 
übte Untersuchungsmethode als die richtige hinzustellen, Finger 
das mit reflectirtem Licht, Oberländer das mit einer in dem 
Speculum selbst befindlichen Lichtquelle geübte Verfahren. Indessen 
glaube ich, dass keiner von beiden den Kern der Sache getroffen 
hat. Beide nämlich, sowohl Finger als auch Oberländer führen 
störende Reflexe als Nachtheile der von ihnen bekämpften Unter¬ 
suchungsinstrumente an. So sagt Finger: „Das direkt in die 
Harnröhre bei den Oberländer’schen Instrumenten eingeführte 
Licht hat den Nachtheil, dass neben den auf die Schleimhaut auf¬ 
fallenden, von dieser theils resorbirten Strahlen, die uns eben das 
Bild der Schleimhaut geben sollen, auch Strahlen direkt und von 
den Wänden des Endoskops reflectirt, zu unserem Auge gelangen, 
die die Perception des Lichtbildes der Schleimhaut ganz erheblich 
alteriren.“ Dem gegenüber empfiehlt er nachdrücklich die Benutzung 
von reflectirtem Licht, wie es bei den Leit er’schen Instrumenten 
zur Anwendung kommt. Oberländer dagegen sagt: „Das Princip 
des reflectirten Lichtes erscheint für den Zweck der Harnröhren¬ 
beleuchtung nicht passend. Es gelingt nicht, das Licht, welcher 
Stärke und welcher Art es auch sei, so genau in dem urethro- 
skopischen Tubus zu concentriren, dass es eine passende und ge¬ 
nügende Beleuchtung giebt. Sobald es zu stark ist, giebt es 
störende Reflexe und Zerstreuungskreise, und ist es zu schwach, 
so erkennt man nicht genügend die Details der Veränderungen an 
den nicht beleuchteten Stellen der Schleimhaut.“ 

Meine Herren! Ich habe mich seit längerer Zeit mit dem 
vergleichenden Studium der beiden oben geschilderten Gattungen 
der Elektroendoskopie beschäftigt und glaube daher berechtigt zu 
86 016 m Betracllt kommenden Punkte ein Urtheil abzu- 

I^ der T s T ’ s ? itdem es mir gelungen ist, durch eine bereits 
veröffentlichte^ Vorrichtung*) die Möglichkeit zu gewinnen, un- 
mittelbar nach einander ein und dasselbe Gebiet der Harnröhren- 
schleimhaut bei direkt auffallendem Lichte (nach Nitze) und bei 
Beleuchtung mittels reflectirten Lichtes auf mich wirken zu 
lassen. Und da möchte ich denn mein Urtheil kurz dahin zü- 
sammenfassen dass die mit reflectirtem Lichte arbeitende Methode, 
S“ ? der For ^™ Ca sper empfiehlt, im allgemeinen 

Pftll«^Äm Ver " erthb f r . ei1 Resultate g ie bt, dass indessen einige 
Fälle Torkommen in welchen man hei Benutzung Nitze-Ober- 
länder scher Instrumente bessere Resultate erhält 

h«i heile* A 60 reti T he Retrachtun g der optischen Verhältnisse, die 
hei beiden A pparatengattungen in Betracht kommen, muss ja auch 

‘) Vergl. Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 25. 


a priori zu diesem Resultate führen. Wenn man die Zeichnung 
eines flächenhaften Gegenstandes mit unebener Oberfläche genau 
in seinen Einzelheiten kennen lernen will, so ist es vor allen 
Dingen nothwendig, dass die zu betrachtenden Flächen in allen 
ihren Punkten eine möglichst gloichmässige Beleuchung' erhalten. 
Dies kann nur dadurch erreicht werden, dass auf sie annähernd 
parallele Lichtbündel fallen. Das Nitze-Oberländer’sche In¬ 
strument findet sich mit dieser Forderung in unlösbarem Wider¬ 
spruch, denn die verschiedenen Theile der Schleimhautoberfläche 
empfangen eine recht ungleichmässige Lichtmenge. Am stärksten 
beleuchtet ist natürlich diejenige Stelle, die sich senkrecht unter 
dem Glühdraht befindet. Die Lichtstärke nimmt seitlich ab auf 
Grund zweier verschiedener Factoren: 1) infolge der grösseren 
Entfernung der beleuchteten Theile von der Lichtquelle, 2) infolge 
der schrägeren Incidenz, unter welcher die Theile von den Strahlen 
getroffen werden. 

Bekanntlich nimmt die Intensität der von einer punktförmig 
gedachten Lichtquelle ausgehenden Strahlung umgekehrt pro¬ 
portional dem Quadrat der Entfernung von dem leuchtenden Punkte 
ab, ferner ist die Helligkeit einer beleuchteten Fläche direkt pro¬ 
portional dem Cosinus des Winkels, welchen die sie treffenden 
Strahlen mit ihrer Normale bilden. 1 ) Wenden wir diese Sätze 
auf die beim Nitze-Oberländer’schen Instrumente stattfln- 
denden Verhältnisse an, wobei wir uns allerdings erlauben, einige 
die Rechnung vereinfachende Annahmen einzuführen. Der Harn¬ 
röhrentrichter, der in Betracht kommt, ist ziemlich flach, kann 
also ohne grossen Fehler für unseren gegenwärtigen Zweck als 
Ebene betrachtet werden. Die Lichtquelle ist seitlich von der Tubus¬ 
wand etwa 1 mm, von der zu betrachtenden Harnröhrenfläche 
4 mm entfernt, der zur Verwendung kommende Tubus 8 mm. 
Setzen wir nun die Helligkeit an der maximal erleuchteten Stelle 
des Harnröhrentrichters, die sich nach dem obigen senkrecht unter 
der Lichtquelle befindet, gleich 1, so ergiebt sich für die am 
weitesten peripher gelegenen Theile nach der obigen Annahme eine 
Intensität von einem Achtel. Es ist dies, wie jeder zugeben wird, 
ein recht erheblicher Unterschied in der Beleuchtungsintensität. 
Es kommen aber noch zwei andere Momente hinzu, welche sich 
beider Nitze-Oberländer’schen Methode störend geltend machen. 
Das eine ist der Durchleuchtungseffect einer auf derselben Seite 
mit dem Beobachter befindlichen Lichtquelle, welchen bekanntlich 
Liebreich 2 ) in so scharfsinniger Weise zur diagnostischen Er- 
kenntniss der Dermatosen unter dem Namen der phaneroskopischen 
Methode zu verwerthen verstanden hat. 

Die Gewebe des menschlichen Körpers haben bekanntlich eine 
bestimmte Durchlässigkeit für Licht. Wenn man daher eine Licht¬ 
quelle in die Nähe einer Gewebsoberfläche bringt, so wird nur ein 
Theil des Lichtes von der äusseren Oberfläche reflectirt, während 
der Rest in unregelmässiger Weise in die darunter liegenden 
Theile hineingebrochen wird, um dann schliesslich nach jnannig* 
fachen Reflexionen wieder in unser Auge zu gelangen- 
schwacher Beleuchtung liegt die Intensität der letzteren unterhalb 
des physiologischen Schwellenwerthes unserer Lichtempfindung, 
kommt uns also gegenüber dem direkt von der Oberfläche reflec¬ 
tirten Lichte gar nicht zum Bewusstsein. Bei grösserer Intensität 
der Lichtquelle muss sich dagegen dieser Effect der Durchleuch¬ 
tung in recht störender Weise geltend machen. Hierzu kommt, 
dass dieser Antheil der Durchleuchtung ein verschiedener wird, je 
nach den Winkeln, unter welchen die von der Lichtquelle aus¬ 
gehenden Strahlen die Schleimhaut treffen. Hieraus erklärt es 
sich auch, warum zarte Epithelauflagerungen der Schleimhaut, die 
mittels reflectirten Lichtes sehr scharf in die Erscheinung treten, 
und zwar als grauweisser Belag erscheinen, bei Anwendung der 
Nitze-Oberländer’schen Methode ganz verschwinden können, 
resp. erst erscheinen, wenn es sich um eine dicke opake Auflage¬ 
rung handelt. Ein weiterer Nachtheil des Verfahrens besteht dann, 


*) Die Vertheilung der Helligkeit in dem beleuchteten Stück der 
Hamröhrenschleimhaut lässt sich mathematisch sehr einfach ausdrücken. 
Bezeichnet Jo die Intensität in dem Punkte 0 der senkrecht unter der 
Lichtquelle liegt, h die Entfernung dieses Punktes von der Lichtquelle, 
J die Intensität im Punkte P, dessen Entfernung von 0 gleich p y so ist 

J = x sj—n- —r-Hr 3 • Die beiden Grenzwerthe für die Helligkeit finden statt 

V (p 3 -f- h 8 ) 

in den Endpunkten des Durchmessers des kreisförmigen, beleuchteten 
Schleimhautstückes, auf welchem 0 liegt. Bezeichnet man mit b die Ent¬ 
fernung des Punktes 0 vom Mittelpunkte der Kreisfläche, mit r den 
Halbmesser der Lichtung des Endöskoptubus, so sind die in den beiden 

erwähnten Punkten vorhandenen Helligkeiten — — —^ ezW * 

Joh 3 

V¥+ b) a + h a3 * 

a ) Berl. klin. Wochenschrift 1891. 


\^(r-b ), 3 + h ,J 


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JO. August. 


DEUTSCHE MEDICI^NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


dass sie die kleinen Prominenzen, Rauhigkeiten der Oberfläche in 
den allermeisten Fällen mit nicht genügender Schärfe hervor¬ 
treten lässt Es beruht dies darauf, dass infolge der relativen 
Lage von Lichtquelle und beobachtenden Augen bei jeder nicht 
ganz stumpfen Oberfläche Stellen vorhanden sind, die mit maxi¬ 
malem Reflex erscheinen und somit den Eindruck der Umgrenzung 
des Gewebes völlig verwischen lassen. Damit fällt ein mir gegen¬ 
über von Kollmann gesprächsweise gerühmter Vorzug der Ober¬ 
länder'sehen Methode, dass bei ihr die Schleimhaut in derselben 
günstigen Lage sich befindet wie beispielsweise eine Statue ein 
auf der Bühne befindlicher Gegenstand, der von den Soffitenlampen 
beleuchtet wird. Im letzteren Falle haben wir es nämlich mit 
Oberflächen zu thun, welche in ihrer ganzen Ausdehnung das Licht 
diffus reflectiren, also keinen oder sehr geringen Glanz zeigen. 
Für durchsichtige Gegenstände dagegen eignet sich diese Arider 
Beleuchtung nicht. 

Der oben formulirten Forderung, dass die zu beobachtende 
Fläche eine möglichst gleichmässige Beleuchtung erhalten soll, um 
eine objective Darstellung der zu untersuchenden Einzelheiten zu 
ermöglichen, werden die von Leiter oonstruirten und noch mehr 
die seitdem von Otis, Casper, Lang und Reiniger vervollkomm¬ 
nten urethroskopischen Instrumente in höherem Maasse gerecht. 
Bei ihnen fallen (mit Ausnahme der Reiniger’schen) nämlich die 
Lichtstrahlen parallel untereinander und zur Axe des Endoskops auf 
die Schleimhaut. Der von Oberländer dagegen erhobene Einwand 
der zu geringen Lichtintensität lässt sich durch die Wahl einer 
genügend starken Lichtquelle, wie sie-sich bei Casper’s Instru¬ 
ment findet, mit Leichtigkeit vermeiden. Wenn Oberländer ferner 
von störenden Reflexen und Zerstreuungskreisen redet, die aus Ein¬ 
führung einer stärkeren Beleuchtungsquelle resultiren, so habe ich 
davon nichts bemerkt und sehe auch keinen rechten Grund dafür; 
jedenfalls machen sich derartige Nebenwirkungen bei Anwendung 
seiner Methode in weit höherem Grade geltend. 

Besonders unbegründet müssen die Einwendungen Ob er¬ 
länder’s erscheinen, seitdem Casper das Prinzip des reflectirten 
Lichtes in anderer Weise realisirt hat. Der reflectirende Spiegel, 
durch welchen Leiter das Licht des Glühlämpchens in die Harnröhre 
wirft, ermöglichte nur die Nutzbarmachung eines relativ schmalen 
Lichtkegels für die Beleuchtung des Gesichtsfeldes, und von diesem 
gelangte wiederum nur ein kleiner Theil in die Harnröhre, ent¬ 
sprechend dem Verhältniss des Speculumlumens zur Flächengrösse 
des Hohlspiegels. Hierzu kommt, dass die Lichtstrahlen einen re¬ 
lativ langen Weg bis zu ihrer Endstation zurückzulegen haben. 
Den Fehler des Leiter’schen Instruments, bei dem durch die un- 
verhältnissmässige Grösse des Hohlspiegels nur ein geringer Theil 
des verfügbaren Lichtes nutzbar gemacht wird, hat man bei einem 
von Reiniger, Gebbert & Schall angefertigten Instrumente 1 ) 
dadurch zu beseitigen gesucht, dass man die durch eine Linse parallel 
gemachten Strahlen in einen Concavspiegel wirft, gleichzeitig wieder 
sammelt. Dadurch gelangt zwar ein viel grösserer Theil des 
Lichtes in die Harnröhre, aber in Form eines Lichtbildes des Glüh¬ 
fadens, welches auf der Harnröhrenschleimhaut entworfen wird. 
Es wird daher kein zusammenhängender, sondern ein ringförmiger 
Bezirk derselben maximal erleuchtet; in der Mitte des Gesichts¬ 
feldes dagegen erscheint ein dunkler Bezirk. Casper wirft das 
Licht durch ein Linsensystem von sehr geringer Brennweite in sein 
total reflectirendes Prisma. Von dessen Hypothenusenfläche werden 
sie annähernd parallel in die Hamröhrenfläche hineingeworfen. 
Dasselbe Princip ist bei dem Lang’schen 2 ) Instrument verwerthet. 

Dem im Vorhergehenden ausführlich erörterten theoretischen 
Gesichtspunkte entspricht der verschiedene Eindruck, den das endo¬ 
skopische Bild der Urethra bei direkter Beleuchtung und bei Be¬ 
leuchtung mit reflectirtem Lichte bietet. Am schärfsten tritt die 
Verschiedenheit der Bilder hervor, wenn man ein und dieselbe Stelle 
unmittelbar hintereinander mit direktem und mit reflectirtem Lichte 
betrachtet, was sich mittels der oben erwähnten von mir con- 
struirten Vorrichtung 3 ) ohne Schwierigkeiten ausführen lässt. Diese 
Vorrichtung ermöglicht, die mit dem Speculum fixirte Stelle der 
Schleimhaut längere Zeit in dieser Lage zu erhalten und so einer 
gründlichen Untersuchung und einem sich daran anschliessenden 
therapeutischen Eingriff zugänglich zu machen. 

Es würde hier zu weit führen, im einzelnen die Verschieden¬ 
heiten zu erörtern, welche die endoskopischen Bilder mittels dieser 
beiden vergleichenden Untersuchungsmethoden ergeben haben. Ich 
kann deshalb hier nur das Wichtigste mittheilen. Der unmittel¬ 
bare Eindruck ist ein, ich möchte sagen, bestechenderer, wenn man 


0 Dasselbe wurde von Görl auf der Nürnberger Naturforscher-Ver¬ 
sammlung 1893 zuerst demonstrirt. 

*) Der venerische Katarrh, dessen Pathologie und Therapie. Wies¬ 
baden, J. F. Bergmann, 1893, S. 52—55. 

3) Vergl. S. 6 und Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 25. 


m 

mit direktem Lichte beobachtet. Das hell beleuchtete Gesichts¬ 
feld in welches man hineinblickt, contrastirt lebhaft gegen die 
dunkle Umgebung; untersucht man mit reflectirtem Lichte, so 
hat man sich erst an die von dem Trichter des Speculums reflectir¬ 
ten Lichtstrahlen zu gewöhnen. 

Unterschiede in der Färbung der Schleimhaut treten um so 
deutlicher hervor, je succulenter und blutreicher sie ist. Eine 
solche Schleimhaut erscheint bei direkter Beleuchtung entsprechend 
der hier besonders in Wirksamkeit tretenden pkaneroskopischen 
Momente tiefer roth. Reflexe, die uns über die Fältelung der 
Schleimhaut oft wichtige Aufschlüsse geben, fehlen oft, zum 
Schaden der Deutlichkeit, fast ganz. Bei der Beleuchtung mit re¬ 
flectirtem Lichte erscheint eine solche Schleimhaut blasser und 
nicht durchleuchtet. Aus der Intensität und der Form der Reflexe 
ergeben sich Schlüsse in bezug auf die Feuchtigkeit der Mucosa, 
sowie die Configuration und Ausbildung der Schleimhautfalten. Ist 
allerdings die Urethra, wie häufig in den Spätstadien des Trippers, 
infiltrirt, resp. wenig blutreich, so ist der Eindruck, welchen man 
bei .Anwendung der beiden Beleuchtungsmethoden erhält, von 
weniger grosser Verschiedenheit. — Weitere charakteristische Unter¬ 
schiede ergeben sich bei der Untersuchung der an der Oberfläche 
sichtbaren Gebilde entsprechend der stärkeren Durchleuchtungs¬ 
fähigkeit des Gewebes. Bei direkter Beleuchtung erscheinen die Um¬ 
grenzungen der LittrO’schen Drüsen, sowie diejenigen der Laeuna 
Morgagni grösser, sowie in ihren Conturen verschwommener, als bei 
der Beleuchtung mit reflectirtem Licht. Granulationen entziehen 
sich aus demselben Grunde bei direkter Beleuchtung häufig ganz der 
Betrachtung, während sie bei reflectirtem Lichte schon durch den 
Unterschied in der Färbung deutlich von der blässeren Umgebung 
sich abheben. Sehr verschieden erscheinen auch die epithelialen 
Auflagerungen bei beiden Untersuchungsmethoden. Handelt es sich 
um geringere epitheliale Wucherungen an circumscripten Stellen der 
Schleimhaut, so werden sie infolge der starken zur Geltung kommen¬ 
den Durchleuchtung des Gewebes fast ganz ausgelöscht, während bei 
reflectirtem Lichte schon die zartesten Epithelial Wucherungen in 
voller Schärfe zu Tage treten. — Erst bei stärkerer Ausbildung der 
Epithelialbeläge, erst wenn sie infolge ihrer Dicke das tiefere Ein¬ 
dringen der auf sie treffenden Lichtstrahlen in die.Mucosa ver¬ 
hindern, also oberflächlich reflectirt werden, erscheinen sie auch 
bei direkter Beleuchtung als weisse opake Flecken und Streifen. 
Im allgemeinen lässt sich sagen, dass die auf der Schleimhaut 
sichtbaren, insbesondere das Niveau überragenden Gebilde bei Be¬ 
leuchtung mit reflectirtem Lichte stets klar und scharf in die Er¬ 
scheinung treten, mögen dieselben nun durchsichtig sein oder 
nicht, mag die Schleimhaut, die ihre Grundlage bildet, blutreich 
und succulent sein oder anämisch und schlaff. Bei Anwendung 
der seitlich einfallenden direkten Beleuchtung hingegen erscheinen 
dieselben Gebilde um so undeutlicher, je durchsichtiger sie selbst 
und die Schleimhaut, auf welcher sie sich befinden, ist. Für die 
Zwecke der Diagnostik verdienen daher die Methoden, die mit re¬ 
flectirtem Lichte arbeiten, insbesondere die nach meiner Erfahrung 
leistungsfähigste derselben, die nach Casper, entschieden den Vor¬ 
zug vor dem Nitze-Oberländer’schen Verfahren. 

Im Anschlüsse hieran mag es mir gestattet sein, über die bei 
beiden Methoden übliche Technik, sowie über die Leistungsfähig¬ 
keit beider bei intraurethralen Eingriffen meine Erfahrungen kurz 
zu resümiren. Obwohl anzuerkennnen ist, dass die neueren, von 
Oberländer und Kollmann an ihrem Urethroskop angebrachten 
Verbesserungen die Handhabung dieses Instrumentes wesentlich 
erleichtert und vereinfacht haben, so ist die letztere dennoch auch 
jetzt noch recht complicirt und umständlich, umständlicher jeden¬ 
falls und für den Kranken lästiger als die Handhabung des 
Casper’schen und ähnlicher Instrumente. Zunächst ist zu berück¬ 
sichtigen, dass bei Benutzung des Nitze-Oberländer’schen Ver¬ 
fahrens ceteris paribus die Verwendung dickerer Tuben nothwendig 
ist, als bei den mit reflectirtem Lichte arbeitenden Methoden, da 
die in die Harnröhre eingeführte Lichtquelle mit dem Spülapparat 
einen relativ beträchtlichen Theil des Querdurchschnitts unsichtbar 
macht. Wenn es nun auch in der Regel gelingt, in die cocaini- 
sirte Urethra Tuben von weitem Kaliber einzüschieben und einen 
für die Diagnose hinlänglich grossen Querschnitt zu gewinnen, so 
darf doch nicht übersehen werden, dass dadurch oft die. ohnehin 
entzündete Urethra in häufig recht unangenehmer, die Kranken 
lebhaft irritirender Weise gereizt wird. Bei Untersuchungen mit 
reflectirtem Lichte fällt dieser Uebelstand mehr oder weniger fort. 
Man ist in der Lage, ein gleich grosses Gesichtsfeld bei Anwendung 
von Tuben geringeren Kalibers, als bei direkter Beleuchtung mög¬ 
lich ist, zu übersehen, also auch unter geringerer Belästigung der 
Kranken zu untersuchen. 

Vor allen Dingen aber fällt hier die umständliche Kühlvorrich¬ 
tung der Nitze-Oberländer’schen Instrumente fort. Da die 
Kühlröhre ein sehr enges Kaüber besitzt, so kommt es leicht 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33 


vor dass sie sich verstopft und die weitere Communication des 
Wassers in dem Kühlrohr hemmt. Dies hat eine sofortige Steige¬ 
rung der Temperatur in der Harnröhre bis auf weit über 100 Grad 
zur Folge und führt zu reflectorischen Bewegungen der durch 
die plötzliche Hitze erschreckten Patienten, so dass nicht nur 
das Gesichtsfeld, welches man untersucht, verändert wird, son¬ 
dern auch häufig Verletzungen der Harnröhre nicht zu umgehen 
sind. Nun können allerdings derartige Zwischenfälle bei einiger 
Aufmerksamkeit des Arztes vermieden werden, immerhin aber wird 
vermöge des Umstandes, dass der Arzt bei der Untersuchung seine 
Aufmerksamkeit so verschiedenen Dingen zuwenden muss, ein 
ruhiges Arbeiten verhindert, oft ganz illusorisch gemacht. 

Andere Nachtheile hat der Platindraht. Derselbe schwebt m 
einer Entfernung von 1 mm über seiner metallenen, ihn kühlenden 
Unterlage. Sobald er diese letztere nur an einem einzigen Punkte 
berührt, reisst er sofort infolge der durch die Abkühlung bedingten 
energischen Zusammenziehung an der Contactstelle und muss meist 
durch einen neuen ersetzt werden. Dass dies bei der Feinheit des 
Drahtes nicht immer leicht ist, jedenfalls Ruhe und Zeit erfordert, 
wird mir jeder zugeben, der mit dieser Lampe gearbeitet hat und 
durch das Durchbrennen derselben während der Untersuchung un¬ 
angenehm überrascht wurde. Dass durch die Berührung von in 
die Harnröhre eingeführten Instrumenten mit dem Draht, die sich 
oft selbst bei subtilster und exactester Handhabung nicht vermeiden 
lässt, gleichfalls Durchtrennungen hervorgerufen werden, brauche 
ich hier nicht näher zu erörtern. Aus diesem Grunde ist es auch 
unmöglich, bei Anwendung der Nitze-Oberländer’schen Methode 
das Gesichtsfeld unter der Controlle des Lichts von Schleim u. s. w. 
frei zu machen. Handelt es sich nun um eine stark secernirende 
Harnröhrenpartie, bei der alle Augenblicke das Gesichtsfeld von 
störendem Secret überschwemmt wird, so ergiebt sich für den mit 
dieser Methode arbeitenden Endoskopiker die Nöthigung, die Unter¬ 
suchung diirch vorsichtige Herausnahme der Lampe zu unterbrechen. 

Die mit rcflectirtem Lichte arbeitende Methode, wie ich sie 
ausführe, kennt alle diese Uebelstände nicht. Die Glühlampe 
ist keinerlei störenden Einflüssen ausgesetzt. Brennt sie durch, 
so ist sie in wenigen Secunden ohne Schwierigkeit durch eine 
andere zu ersetzen. Das eingestellte Licht beleuchtet gleichmässig 
die zu untersuchende Partie ohne Belästigung der Kranken und 
ohne dass Spülvorrichtungen nothwendig sind. Die Reinigung des 
Gesichtsfeldes vollzieht sich unter Controlle der fixirt bleibenden 
Lampe. Besonders vortheilhaft hat sich mir die combinirte An¬ 
wendung des Casper’schen Instrumentes mit meinem Halter er¬ 
wiesen in allen den Fällen, in welchen es sich darum handelte, 
locale intraurethrale Eingriffe unter Controlle des Lichtes auszu¬ 
führen. Abgesehen davon, dass nach Einstellung und Fixirung 
der zu behandelnden Partie dem Operateur die freieste Beweglich¬ 
keit bleibt (bei der Oberländer’schen Vorrichtung, wie sie bisher 
bestand, war die eine Hand des Arztes durch das Fixiren des 
Tubus völlig in Anspruch genommen), fehlen hier alle die Uebel¬ 
stände, die in der Berührung der intraurethralen Instrumente mit 
dem Platindraht und dem dadurch bedingten Verlöschen der Lampe 
die Untersuchung mittels Oberländer’scher Beleuchtung so wesent¬ 
lich erschweren. Es soll ja nun keineswegs geleugnet werden, 
dass durch langdauernde Uebung die Häufigkeit der erörterten Zu¬ 
fälle eingeschränkt werden kann, gänzlich yermieden können die¬ 
selben jedoch niemals werden. Es ergiebt sich somit aus meinen 
Beobachtungen, dass das Nitze-Oberländer’sche Verfahren so¬ 
wohl in technischer Hinsicht, wegen seiner grossen Umständlich¬ 
keit und Complicirtheit, als auch nach optisch-diagnostischer Seite 
hin, weil es nicht ein reines Oberflächenbild giebt, der gegenwärtig 
leistungsfähigsten der mit reflectirtem Lichte arbeitenden Methoden, 
der, von Casper empfohlenen, entschieden nachsteht. 

Bei der streng mathematischen Formulirung der in diesem 
Aufsatze in Betracht kommenden physikalischen Verhältpisse bin 
ich durch den sachkundigen Rath meines Bruders, des Dr. phil. 
cand. med. Th. Lohnstein unterstützt worden. 


IV. Aus der chirurgischen Ahtheilung. des Allerheiligen- 
Hospitals in Breslau. 

Exstirpation eines basilaren Rachentumors 
nach Resection des harten Gaumens (Me¬ 
thode von Gussenbauer 1 ). 

Von Sanitätsrath Dr. 0 . Eiegner. 

Dieser 18jähnge Arbeiter (Carl Becke) litt an einem Nasenrachen¬ 
tumor, dessen Symptome sich ihm seit etwa anderthalb Jahren bemerklich 
gemacht hatten. Herr Dr. Brieger hatte zunächst versucht, die Ge- 

*) Nach einer Demonstration in der medicin. Section der Schics. 
Gesellschaft für Vaterl. Cultur am 16. Februar 1894. 


schwulst elektrolytisch zu zerstören, die Versuche scheiterten indess an 
der grossen Ausdehnung dereelben, weshalb der Patient mir zur Radical- 
operation freundlichst überwiesen wurde. 

Der Tumor füllte die ganze Nasenrachenhöhle aus und wölbte den 
weichen Gaumen hervor. An der rechten Seite war er wegen Ver¬ 
wachsungen mit der seitlichen Rachenwand nicht zu umgreifen, an der 
linken konnte der Finger nur mit Mühe an seinen Ursprung von der 
Schädelbasis Vordringen, an der er breitstielig aufsass. In die rechte 
Nase hatte er einen dieselbe ganz ausfüllenden und verbreiternden Fort¬ 
satz geschickt, welcher an der vorderen Nasenöflhung zum Vorschein 
kam. Die Nasenathmung war vollständig behindert 

Bei der vorsichtigsten Untersuchung und häufig auch spontan traten 
heftige Blutungen ein, welche den Patienten schon sehr anämisch ge¬ 
macht hatten. In den letzten Wochen wurde er zudem von anhaltenden 
heftigen Stirnkopfschmerzen gepeinigt. Die möglichst baldige radicale 
Entfernung der Geschwulst war demnach dringend indicirt. 

Für die Operation der basilaren Nasenrachenfibrome sind die ver¬ 
schiedensten Methoden angewandt worden. In leichteren Fällen, namentr 
lieh wenn der Polyp nicht mit zu breitem Stiele der Schädelbasis auf¬ 
sitzt, gelingt es mitunter, ihn mittels der von der Nase aus eingeführten, 
vom Munde aus entfalteten und um ihn hinaufgeführten galvanokaustischen 
Schneideschlinge abzutrennen. Ich habe diese Operation mehrfach von 
meinem Lehrer Middeldorpf ausführen sehen und später auch selbst 
einige male gemacht. Doch bleibt dabei wohl immer ein Stielrest zurück, 
welcher zu Recidiven Veranlassung giebt. Im vorliegenden Falle wäre das 
Verfahren überhaupt nicht anwendbar gewesen. Man hat ferner als Vor¬ 
operation die Spaltung des Velum palatinum gemacht, doch abgesehen davon, 
dass damit selten bei umfangreicheren Tumoren ein ausreichender Zugang ge¬ 
wonnen und die radicale Exstirpation gesichert wird, ist nachher noch die 
Staphylorrhaphie erforderlich, eine Operation, die bekanntlich recht un¬ 
bequem werden kann und selbst in den geschicktesten Händen nicht immer 
zur primären Heilung führt. Von aussen ist man zur Geschwulst vor¬ 
gedrungen durch Spaltung der Nase, durch Resection des Vom er und des 
Processus nasalis, sowie endlich durch temporäre osteoplastische Oberkiefer- 
resection nach Weber oder Langenbeck. Nur das letztere Verfahren 
gewährt einen ausreichend freien Zugang zur Geschwulst bis zu dessen 
Ursprungsstelle, doch ist es eine sehr eingreifende und für die meist durch 
vorhergehende Hämorrhagieen geschwächten Patienten nicht unbedenk¬ 
liche Hülfsoperatiön. Ein Tod durch Verblutung dabei, welchen ich unter 
den Händen eines der bewährtesten Chirurgen mit angesehen habe, steht 
mir noch in lebhafter Erinnerung. Jedenfalls aber bleibt danach oft eine 
grosse störende Narbe im Gesicht zurück, die nicht jeder Patient mit in 
den Kauf nehmen mag. Die Operation wird deshalb nicht selten ver¬ 
weigert. Um diese Uebelstände zu vermeiden, ersann Gussenbauer ein 
neues Verfahren, über welches er auf dem Chirurgencongress 1879 berichtete 
und mittels dessen er damals ein wallnussgrosses, basilares Rachenfibrom 
exstirpirt hatte. Er durch trennt die Weich theile des harten Gaumens bis 
an das Velum heran in der Mittellinie, schiebt wie bei der Uranoplastik 
die beiden mucös-periostalen Lappen bis an den Alveolarfortsatz zurück 
und meisselt den ganzen knöchernen Gaumen, also die Processus palatuu 
der Oberkiefer und die Ossapalatina in einem zusammenhängenden Stück 
heraus. Nachdem die Geschwulst von dieser weiten Oeffnung aus ent¬ 
fernt ist, wird die Gaumenwunde sofort wieder geschlossen. Vergleichende 
Versuche am Cadaver zeigten mir, dass durch diese leicht und rasch aus¬ 
zuführende Operation ein weit besserer Zugang zur Schädelbasis ge¬ 
schaffen wird, als durch die schwierigere, eingreifende und eventuell ent¬ 
stellende temporäre Oberirieferresection. Es werden dadurch beide Nasen¬ 
höhlen freigelegt und der ' ganze Nasenrachenraum bis zur Schädelbasis 
nicht nur dem Gefühl, sondern auch dem Gesicht direkt zugänglich ge¬ 
macht. Ich wählte daher diese Methode und führte die Operation am 
8. November v. J. bei hängendem Kopf in Chloroformnarkose aus. 

Sie Verlief ganz glatt und typisch, nur war der Knochen rechts schon 
so sehr durch den Druck des Tumors verdünnt, dass hier der mucös- 
periostale Lappen an einer kleinen Stelle einriss. Ich konnte bequem die 
Verwachsungen der Geschwulst mit der rechten Rachensdte trennen, den 
Nasenfortsatz aus seinem Lager herausheben und nach hinten luxirem una 
löste schliesslich den breiten Stiel mit einem Handmeissei von der Schädel¬ 
basis los, gleichzeitig eine dünne Knochenlamelle mit fortnehmend, um 
der radicalen Ausrottung ganz sicher zu sein. Die Blutung war bei dei 
Schnelligkeit des Vorgehens nicht sehr beträchtlich und konnte durch 
Tamponade gut.beherrscht werden. Ich stopfte die Nasenrachenhöhle mit 
einem Jodoformgazestreifen aus, welchen ich zum rechten Nasenloch her¬ 
ausführte. Dann schloss ich “sofort den bis an das Velum palatinum 
reichenden Gaumenspalt durch einige Nähte, ebenso die kleine seitliche 
Risswunde. - . 

Der Tumor war etwa gänseeigross, wie Sie aus dem durch bpintus 
stark geschrumpften Präparat ersehen, und erwies sich bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung — wie gewöhnlich in diesen Fällen » 
cavemöses Fibrom, woraus auch die starke Neigung zu Blutungen sich erkläre. 

Patient erholte sich rasch von dem Eingriff. Am dritten Tage wurae 
der Tampon, am fünften und siebenten’ die Nähte entfernt. Die Gaumen¬ 
wunde heilte per primam bis auf eine kleine, in der Mitte gelegene 
Stelle, welche sich später spontan schloss.- . . • 

Jetzt, nach 3‘/a Monaten, sieht der Mann blühend aus und ist rre 
von allen Beschwerden. Der Gaumen fühlt sich schon wieder ziemlich ies 
und knöchern an. In der Mitte desselben sieht man nur eine ferne Naro . 

Nach dieser Beobachtung kann ich also die Güssen bau er sc 
Operatiönsmethode für die basilaren Rachentumoren, welche, nach a 
Litteratur der letzten Jahre zu schliessen, nicht die verdiente N ac * 
ahmung gefunden zu haben scheint, nur dringend empfehlen, weilsie 
rascher und leichter Weise freien Zugang schafft und keinerlei Detee 
oder. Entstellung zurücklässt • . __ 


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16. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 




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V. Aus der chirurgischen Ahtheilung des Herrn Geheimrath 
Prof. Dr. E. Hahn im städtischen allgemeinen Kranken¬ 
hause am Friedrichsliain in Berlin. 

Zur operativen Behandlung der 
Zwerchfellshernien. 1 ) 

Von Dr. Alfred Neumänn, Assistenzarzt. 

In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft am 
25. Januar vorigen Jahres berichtete Abel 2 ) über eine Patientin 
mit Zwerchfellshernie, bei welcher einen Tag vorher, nachdem die 
Diagnose mit Bestimmtheit gestellt war, die Radicaloperation in 
Angriff genommen, aber nicht zu Ende geführt wurde.. Ausser in 
diesem Falle ist, wie ich bisher bei der Durchsicht der Litteratur 
ermitteln konnte, nur noch viermal bei Hernia diaphragmatica operirt 
worden, je einmal von Bardenheuer 3 ) 1879 und von GalassH) 
1885, welche beide erst bei der Section die Hernie erkannten, dann 
von 0’Dwyer r> ) 1888, welchem sich die Hernie in einem Pleura¬ 
empyem präsentirte, und von Naumann 6 ) im Jahre 1884, der die 
Hernie vorher erkannte, aber eben so wenig wie Abel die Operation 
zu Ende führen konnte. Unter diesen Umständen dürfte die 
Geschichte eines Kranken von Interesse sein, welchen ich am 
3. April er. auf der Abtheilung des Herrn Geheimrath Hahn zu 
operireri Gelegenheit hatte. 

Patient, ein 29jähriger Gastwirth, wurde in die innere Abtheüung 
unseres Krankenhauses eingeliefert. Anamnestisch wurde ermittelt, dass 
derselbe, hereditär in keiner Weise belastet, abgesehen von Kinderkrank¬ 
heiten, vorher niemals ernstlich krank gewesen sei. Er hat sehr viel ßier 
getrunken, oft 50—60 Glas pro Tag, tmd häufig Morgens nüchtern heftiges 
Erbrechen gehabt. Drei Wochen' vor seiner Aufnahme will er einen Tag 
an \ erstopfung gelitten haben, die nach’ geringen Gaben 01. Ricini ge¬ 
hoben wurde, sonst soll seine Darmfunction stets eine durchaus normale 
und ungestörte gewesen sein. Am 24. März, Nachmittags 5 Uhr fühlte 
Patient, angeblich nach dem Genüsse frischen Kuchens und nachdem er 
während der vorhergegangenen Feiertage besonders viel getrunken hatte, 
plötzlich einen heftigen Schmerz links von der Nabelgegend, der sich in 
den Tagen darauf nach der Gegend rechts vom Nabel verzog. Am 25. März 
Morgens hatte Patient noch etwas Stuhl, sonst sollen seit dem Eintritt der 
Schmerzen bis zu der neun Tage darauf folgenden Operation weder Winde, 
noch Stuhl abgegangen sein. Der Leib schwoll an, es trat Aufstossen 
und in den: ersten Tagen galliges Erbrechen auf. Klystiere, die in reichem ' 
Maasse gemacht wurden, hatten keinen Erfolg, so dass Patient am 2. April 
Abends zur operativen Weiterbehandlung nach der chirurgischen Abtheilung ; 
verlegt wurde. Hier verschlechterte sich der Zustand zusehends. Noch 
in derselben Nacht trat zum ersten Male reichliches Kothbrechen auf. Am 
anderen Morgen wurde sofort zur Operation geschritten. 

Kurz vor der Operation war der Zustand folgender: , 

Kräftig gebauter, gut genährter, blasser Mann mit ängstlichen Ge¬ 
sichtszügen. 

Temperatur 36,0°; Puls 110, etwas gespannt, regelmässig. Respiration 
ruhig, ohne Anstrengung, mit etwa 20 Athemzügen in der Minute. — 
Patient nimmt die flache Rückenlage ein. 

Bei der Untersuchung der Lungen fiel percutorisch der relativ hohe 
Rand der unteren Lungengrenzen auf; dieselben reichten rechts vorn bis 
zur fünften, links vorn bis zur vierten Rippe. 

Die Herzdämpfung war stark eingeengt, der Spitzenstoss schwach ; 
und dicht unterhalb der linken Mämmilla zu fühlen. Herztöne rein. 

Noch auf dem Operationstische sah man deutlich in der Regio axillaris 
sinistra eine etwa dem Ansätze des Zwerchfolles entsprechende Linie mit der 
Respiration sich auf- und abbewegen, ohne dass diesem Symptome weiter 
nachgegangen wurde. 

Das Abdomen war mässig stark aufgetrieben, und zwar war diese ; 
Auftreibung des Leibes unterhalb des Nabels bedeutend stärker als ober¬ 
halb desselben. Einzelne geblähte Darmschlingen zeichneten sich deutlich 
an den Bauchdecken üb. In einem handtellergrossen Bereiche rechts und 
etwas oberhalb vom Nabel bestand stärkere Druckempfiridlichkeit, keine 
deutliche Resistenz, während sonst am Abdomen weder palpatorisch, noch 
percutorisch etwas Abnormes nachweisbar war. 

Die Leberdämpfung war verkleinert, nach oben verschoben. Die 
Milz nicht deutlich percutirbar. 

Das Rectum war vollkommen frei von Stuhl, im Urin kein Eiweiss, 
reichlich Indican. 

Bezüglich der Wahl des operativen Vorgehens war die Frage 
zu entscheiden: Ist die Darmocclusion, welche in ihrem vollen 
Symptomenbilde seit neun Tagen bestand, bedingt durch ein acci- 
dentelles Hinderniss im Darm, wie bei Koprostase, Gallensteinen 
oder bei Tumor, wobei der Darm selbst in seiner Ernährung nicht 
beeinträchtigt zu sein braucht, oder droht zugleich eine Ernährungs¬ 
störung des Darmes durch Incarceration, Volvuius oder Invagination? 

*) Vortrag, gehalten in der Sitzung der Freien Vereinigung der 
Chirurgen Berlins am 21. Mai 1894. 

*) Karl Abel, Verhandlungen der Berliner medicinischen Gesell¬ 
schaft, Bd. XXIV, 2, 316. 

*) E. Bardenheuer, Berliner klinische Wochenschrift 1879. 

4 ) Galassi, Lo Sperimentale. Marzo 1885. 

6 ) O’Dwyer, Med. Record 1888, S. 417. 

®) G. Naumann, Hygien. Festband No. 15. 1889. 


In. ersterem Falle hätte man — nach den bei uns herrschenden 
Principien — mit der Laparotomie noch warten können, und es 
würde vor der Hand nur ein Anus praeternaturalis anzulegen ge¬ 
wesen sein. In letzterem Falle war die sofortige Ausführung der 
Laparotomie indicirt, und zwar weil einerseits der zur Zeit be¬ 
stehende Meteorismus des Darmes nicht so hochgradig war, dass 
durch denselben der Verschluss der Bauchdecken wunde gefährdet 
zu sein schien, andererseits mit jeder Stünde Wartens der Meteo¬ 
rismus sowohl, wie die Gefahr der geklemmten Darmschlinge 
grösser wurde. . ' 

Gegen eine einfache Koprostase sprach der ganze Krankheits¬ 
verlauf, die voraufgegangene, durchgehende regelmässige und nor¬ 
male Darmfunction. Für occludirende Gallensteine war weder in 
der Anamnese, noch im Status irgend ein Zeichen vorhanden. Bei 
Darmtumoren pflegen die Occlusionserscheinungen nicht so plötz¬ 
lich und nicht sogleich so vollkommen einzutreten. So blieb nur 
übrig, Incarceration, Volvuius oder Invagination anzunehmen. 

Was den Ort der Occlusion anbetrifft, so konnte aus dem Be¬ 
funde ein sicherer Schluss nicht gewonnen werden. Dass die 
Occlusion in den tieferen Abschnitten des Darmes sitzen musste, 
dafür sprach das exquisit kothige Erbrechen, andererseits konnte 
das relativ geringere Aufgetriebensein der oberen Bauchgegend 
dahin gedeutet werden, dass der Dickdarm daselbst weniger be¬ 
theiligt war. Nach dieser Erwägung und die Schmerzhaftigkeit 
rechts von der Nabelgegend in Rechnung ziehend, entschloss ich 
mich, handbreit oberhalb des Nabels, und zwar in der Mittellinie 
die Bauchdecken zu eröffnen. i 

Nach Eröffnung der Peritonealhöhle ‘fiel sofort auf das Fehlen des 
Netzes und des Colon transversnm; vor lagen stark geblähte Dünndarm- 
schlingen, deren Serosa getrübt und mit leichten fibrinösen Flocken be¬ 
setzt war und deren Gefässe stark injicirt waren. Zugleich flössen einige 
Esslöffel leicht hämorrhagisch tingirter, trüb seröser Flüssigkeit ab. Es 
bestand also bereits eine ausgesprochene, wenn auch beginnende Peri¬ 
tonitis. 

Zur Erklärung der obigen Schmerzhaftigkeit rechts von der Nabel¬ 
gegend wurde zuerst nichts, bei tieferem Eingehen der Hand jedoch eine 
aus der Tiefe der Regio hypochondriaea dextra kommende, gespannte 
Membran gefunden, die sich, nachher als das angespannte, Mesocolon trans- 
versum herausstellte. ' 

Ich suchte nun zuerst systematisch den Dünndarm ab. Da an diesem 
das Hinderniss nicht zu finden war, ging ich mit der Hand nach der 
Flexura sigmoides, welche sich' vollkommen leer und contrahirt erwies, 
ebenso wie das Colon descendens. Im weiteren Verfolg des Darmes kam 
ich nun unmittelbar an der Flexura colica sinistra an ein etwa markstück¬ 
grosses, kreisrundes Loch mit scharfen Rändern, welches zweifellos im 
Zwerchfell sich befand. In diesem Loche verschwand von links her das 
collabirte Darmstttck, während nach rechts hin das stark geblähte- Colon 
transversum, von einem' fingerbreiten Streifen des Omentum majus be¬ 
gleitet, abging und in flachem Bogen stark angespannt, nach der Flexura 
colica dextra hin sich verlor. Der Magen war etwas um seine Längs¬ 
achse gedreht, so dass seine grosse Curvatur etwas nach vorn und der 
der grossen Curvatur zunächst liegende Theil der hinteren Fläche nach 
unten gerichtet war. Die Diagnose „Zwerchfellshernie“ war nun unschwer 
zu stellen. 

Eine genauere Abtastung der Bruchpforte, wobei es mir gelang, den 
linken Zeigefinger zur Hälfte in die Pleurahöhle einzuführen, ergab fol¬ 
gende Verhältnisse: Wie schon erwähnt, kam von links her der collabirte 
Colontheil und ging um don freien scharfen Rand der linken Circuraferenz 
des Zwerchfellloches, ohne mit demselben Verbindungen einzugehen, in die 
Brusthöhle. An der rechten Circumferenz des Loches war das dem zufüh¬ 
renden Colontheile anhaftende Netz breit und fest angewachsen. In der 
Pleurahöhle lag eine etwa 50 cm lange, stark aufgeblähte Darmschlingb 
kranzförmig um die Zwerchfellskuppel herum, welcheihre normal nach oben 
convoxo Wölbung behalten hatte. Das grosse Netz lag in {ler Mitte dieses 
Kranzes zu einem Klumpen zusammengeballt. 

Die Reposition wurde nun in folgender Weise ausgeführt. Zuerst 
wurdon nach Erweiterung der Bauchdeckenwunde die im linken Hypo- 
chondrium liegenden Darmschlingen, in warme Tücher gehüllt, ausserhalb 
der Bauchhöhle gelagert und mit winkeligen und geraden Ecarteurs die 
Bruchpforte dem Auge zugänglich gemacht und sorgfältig mit Jodoform¬ 
gaze umstopft. Dann wurde unter grossen Schwierigkeiten die Adhäsion 
zwischen Netz und Zwerchfell mit Hülfe von Aneurysmanadoln doppelt 
unterbunden und durchschnitten. Da der dislocirte Darm auf leichten Zug 
noch nicht folgte, wurde in den lateralen, linksseitigen Rand des Dofectes 
zwischen zwei breitfassenden Pdans eine etwa 3 cm tiefe Incision gemacht. 
Nun gelang es leicht durch vorsichtigen, continuirlichen Zug zuerst den 
incarcerirten Darm und dann das Netz zurückzubringen. Sofort blähte 
sich das vorher collabirte Colon descendens auf. 

Sogleich nach der Reposition der dislocirten Eingeweide wurdo der 
Zwerchfelldefect mit einem dicken Jodoformgazetampon geschlossen. 
Trotzdem war es nicht zu verhindern, dass mit zwei Inspirationen unter 
schlürfendem Geräusche etwas Luft in den Pleuraraum eintrat. 

Der letzte Act der Operation war ohne Besonderheiten. Der reponirte 
Darm unterschied sich wenig von dem übrigen Darm. Das sehr fettreiche, 
vielfach thrombosirto und stark sugillirte Netz wurde abgetragen, dio 
beiden Klemmzangen an der Bruchpforte wurden entfernt, imd nachdem 
ich mich überzeugt hatte, dass es nirgends blutete, wurden die eventrirten 
Darmschlingen reponirt und die Bauchwunde mit Hülfe von Hegar sehen 


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DEUTSCHE MEDICINfSCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33 


Nadeln geschlossen; durch den oberen Wundwinkel wurden die das 
Zwerchfellloch tamponirenden Gazestreifen herausgeleitet. 

Die ganze Operation dauerte l a /s Stunden. Die Narkose, zu welcher 
240 ccm Aether gebraucht wurden, war vielfach durch Kothbrechen, das 
trotz reichlicher Magenausspülungen unmittelbar vor der Operation nicht 
aufgehört hatte, gestört. 

Patient erholte sich bald nach der Operation, nach zwei Stunden 
war er vollkommen klar. In den Nachmittagsstunden fühlte er sich 
leidlich wohl. Doch blieb der Puls klein, frequent, hatte etwa 120 Schläge 
in der Minute. Der Kranke stiess weiter wioderholt auf und erbrach noch 
einmal geringe Mengen schleimiger, nicht kothiger Flüssigkeit. Des Abends 
wurde er sehr unruhig, es traten kalte Schweisse auf, und um Mitternacht 
starb er ziemlich plötzlich nach kurzer Agone. 

Von dem Befunde bei der Section will ich nur das wichtigste 
mittheilen. 

Der Darm war durchweg sehr stark aufgebläht, besonders stark das 
Colon und vor allem das Coecum. Die einzelnen Schlingen waren mit¬ 
einander vielfach verklebt. 

Nach Herausnahme des Darmes zeigte sich etwa folgendes Bild. Der 
stark aufgetriebene Magen ist mässig mit Flüssigkeit gefüllt, normal ge¬ 
lagert. Ueber demselben liegt ein Gazetampon, welcher von der Bauch¬ 
deckenwunde kommend, durch ein in dem Zwerchfelle befindliches Loch 
in die linke Pleurahöhle geht, wo er knapp über dem Loche endot. Das 
Loch hat die Grösse eines Markstückes. Es befindet sich in der Höhe 
der mittleren Axillarlinie etwa gegenüber der sechsten Rippe, etwa 4 cm 
vom Zwerchfellsansatze entfernt. Die Ränder desselben sind abgerundet, 
nur an zwei gegenüberliegenden Stellen fetzig. An dem Loche hängen 
einzelne kleine Ueberreste von Netz, die mit Seidenßiden abgebunden 
sind. — Ein etwa l /s m langes Stück des Quercolon ist in seiner Wandung 
vordickt, lebhaft geröthet und dadurch scharf von dem übrigen Darme 
abgehoben. An diosem Darmstücke sind zahlreiche graugrünlich gefärbte 
Stellen, welche durch den ganzen Darm hindurchdringen und auf der 
Serosa deutlich hervortreten. Der Darm ist an diesen Stellen äusserst 
dünn. Auch im übrigen Colon transversum und ascendens, besonders 
im Coecum und im ganzen Dünndarm, finden sich ähnliche Stellen wie 
die zuletzt beschriebenen. Die Follikel des ganzen Darmtractus bis in 
das oberste Drittel des Jejunum sind theils geschwollen, theüs ulcerirt. 

Die Lungen sind normal geformt, normal gelagert, frei im Pleura¬ 
raum. Beide Lungen sind durchweg lufthaltig ödematös. Das Herz ist 
schlaff, frei im Herzbeutel. Das Parenchym der drüsigen Organe ist 
getrübt. 


Wir haben es also mit einer Hernia diaphragmatica spuria zu 
thun, und zwar sprechen die anatomischen Verhältnisse des De- 
fectes einerseits, in Sonderheit die Form, die Beschaffenheit des 
Randes, der Sitz an einer entwickelungsgeschichtlich prädisponirten 
Stelle, wie Waldeyer auseinandergesetzt hat, andererseits das 
Fehlen jeden Traumas in der Anamnese dafür, dass der Zwerchfell- 
defect ein congenitaler ist. Es ist wohl anzunehmen, dass durch 
das häufige Erbrechen des Potators, vielleicht auch gefördert durch 
eine Indigestion am Tage der Einklemmung, stärkere peristaltische 
und antiperistaltische Bewegungen des Darmes angeregt wurden, 
welche das Netz in die Nähe des Zwerchfelldefectes gebracht haben. 
Durch den negativen intrathoracischen Druck bei Gelegenheit einer 
Inspiration ist dann das Netz und allmählich von links nach rechts 
fortschreitend ein Theil des Colon transversum nach dem anderen 
nachgezogen worden. In derselben Weise ist ja auch der Ent¬ 
stehungsmechanismus bei der AbeFschen Hernie von J. Schwalbe 
angenommen worden. Vielleicht könnte hiermit auch das von 
Patienten geschilderte Wandern der schmerzhaften Stelle am Ab¬ 
domen von der linken Bauchseite zur rechten in Beziehung ge¬ 
bracht werden. 

Die Diagnose „Zwerchfellshernie“ ist, wie aus meinen vor¬ 
herigen Auseinandersetzungen hervorgeht, vor der Eröffnung der 
Bauchhöhle nicht gestellt worden. Es fragt sich nun: würde man, 
wenn man die Hernie vorher erkannt hätte, einen anderen Weg 
des operativen Vorgehens eingeschlagen haben. Diese Frage, glaube 
ich, ist zu verneinen, wie ich mit wenigen Worten auseinander¬ 
setzen möchte. 


Nach der klinischen Bedeutung lassen sich die Zwerchfell« 
heraien in drei Kategorieen eintheilen: 

1) in die Fälle, bei welchen ein Zwerchfelldefect, und zws 
meist ein sehr grosser, Baucheingeweide in die Brusthöhle eir 
treten lässt, ohne dass die Patienten irgend welche Beschwerde 
verspüren — diese Fälle dürften, wenn sie zufällig einmal dit 
gnosticirt werden sollten, kaum jemals Anlass zu operativem Voi 
gehen geben; 

tt ^j e Fälle, bei welchen Baucheingeweide in solchei 

Umfange in den Brustraum eingetreten sind, dass eine ganze Pleura 
höhle von denselben eingenommen wird und die Patienten Be 
sohwerden äussern, welche bedingt sind einmal durch die Beengun 
und Verlagerung der Brustorgane, auf der anderen Seite durch di 
Beeinträchtigung der Function der Baucheingeweide. 

Die 3. Kategorie bilden dann diejenigen Fälle, bei denen durc 
emen relativ kleinen Defect im Zwerchfell ein Stück Darm durch 
geschlüpft und eingeklemmt ist. 

Die bisher intra vifcam und ante operationem mit Sicherhei 


diagnostioirten Fälle — im ganzen drei — gehören alle der zweiten 
Kategorie an. Bei den kleinen Hernien fehlen die Zeichen, die 
Abel, Leichtenstern, Guttmann als pathognomonisch hervor¬ 
gehoben haben. Es fehlt die kahnförmige Einziehung des Abdomens, 
wie sie durch die Dislocation einer grösseren Menge von Bauch- 
eingeweiden trotz Blähung derselben ermöglicht wird. Es fehlen 
die Erscheinungen von Compression und Verlagerung der Brust¬ 
organe und die physikalischen, die percutorischen und ausculta- 
torischen Symptome an den Brustwandungen, oder die letzteren sind 
so wenig ausgeprägt, dass sie sich einer richtigen Deutung ent¬ 
ziehen. Ein Symptom allerdings, welches auch in unserem Falle 
aufgefallen, aber nicht verwerthet worden ist, wird gelegentlich 
einmal zur richtigen Diagnose verhelfen können. Bekanntlich hat 
Litten schon Ende der 70 er Jahre und neuerdings durch Becher 
darauf bingewiesen, dass die Stelle, an welcher sich das Zwerch¬ 
fell bei der jedesmaligen Inspiration von der Brustwand abhebt, 
besonders in der axillaren Partie des Thorax gekennzeichnet wird 
durch eine Wellenlinie, welche sich meist von der sechsten Rippe 
ein oder zwei Intercostalräume nach abwärts bewegt. Uns ist 
durch Zufall, während der Patient narkotisirt wurde, diese Linie 
an normaler Stelle aufgefallen, während vorher constatirt worden 
war, dass fast handbreit höher hinauf tympanitischer Schall be¬ 
stand. Eine Combination aus diesen beiden Beobachtungen hätte 
vielleicht die Vermuthung aufkommen lassen können, dass, da ein 
Pneumothorax auszuschliessen war, innerhalb der Pleurahöhle ober¬ 
halb des Zwerchfelles lufthaltige Baucheingeweide sich befanden. 

Jedoch über diese Vermuthung wären wir nicht hinaus¬ 
gekommen und wird man wohl in ähnlichen Fällen kaum hinaus¬ 
kommen können. Ohne sicheren Anhalt aber den Thorax zu er¬ 
öffnen und zu den Gefahren des Ileus noch die des Pneumothorax 
hinzuzufügen, dürfte kaum berechtigt sein. Aus diesem Grunde 
wird man bei analogen Verhältnissen kaum schwanken und die Ab- 
dominalhöhle eröffnen. 

Ebenso wird man keinen Augenblick Bedenken tragen, die 
Reposition von der Seite der Pleurahöhle aus vorzunehmen in den 
Fällen, in welchen letztere durch ein Trauma schon eröffnet ist 
oder in welchen vielleicht infolge von Gangrän des incarcerirten 
Darmtheiles die Symptome eines pleuritischen Exsudates oder eines 
Pyopneumothorax deutlich vorhanden sind. 

Anders verhält es sich mit den Zwerchfellshemien der zweiten 
Kategorie, bei welchen mehr oder minder eine ganze Pleurahöhle 
mit Baucheingeweiden gefüllt ist und Beschwerden bestehen. Sind 
diese Hernien diagnosticirt, so bleibt uns völlig freie Wahl, von 
der Pleurahöhle aus, oder von der Abdominalhöhle, oder von beiden 
Höhlen zugleich vorzugehen. 

Ich sehe von den weniger operativen, vielmehr rein mechani¬ 
schen Maassnahmen ab, welche gelegentlich einmal zum Ziele 
führen können; dahin gehören der Vorschlag Laönnec’s, 1 ) den 
Simon'sehen Handgriff zu versuchen, d. h. durch hohes Eingehen 
mit der Hand in das Rectum die dislocirten Eingeweide aus der 
Zwerchfellsöffnung herauszuziehen, oder nach Nicolaus 2 ) in der 
Weise einen Zug auf den Bruch ausüben, dass man den Magen 
oder den Darm mit Wasser anfüllt. 

Bezüglich der zuletzt erwähnten grossen Zwerchfellshernien, 
wenn sie Beschwerden verursachen, dürfte wohl der Ansicht 
Perman’s 8 ) beizupflichten sein, welcher nach Versuchen an 
Leichen zu dem Schlüsse gekommen ist, dass die Zwerchfells¬ 
hernien nicht durch Laparatomie zu reponiren sind, sondern dass 
die Reposition dieser wie bei allen anderen Hernien womöglich 
von der Seite stattfinden müsse, auf welcher der Bruch hegt. 
Per man schlägt zugleich vor, durch Bildung eines hufeisenförmigen 
Lappens an der Brustwand mit der Basis an der Seite und mit 
Resection von Rippen sich Zugang in die Pleurahöhle zu verschaffen. 

Bei den grossen Hernien wird durch die Eröffnung der 
Pleurahöhle nichts geschadet, denn die Lunge ist vorher schon 
collabirt oder vielmehr comprimirt, es wird vielmehr genützt, denn 
das Herz wird entlastet. 

Es wird ferner durch Eröffnung der Pleurahöhle ein gefähr¬ 
liches Repositionshindernis beseitigt. Bei den kleineren Hernien 
wie bei unserem Patienten ist es ein leichtes, den Darm, wenn er 
nicht angewachsen ist, aus der Pleurahöhle herauszuziehen, weil 
die Lunge wenig oder gar nicht comprimirt ist und die Möglich¬ 
keit gegeben ist, dass an Stelle des entfernten Baucheingeweides 
Luft durch die Bronchien in die Lunge eintritt. Bei den grossen 
Hernien ist die meist völlig und längere Zeit comprimirte Lunge 
nicht ausdehnungsfähig und deswegen ein voluminöseres Organ 
wie der Magen, wenn nicht der Zwerchfelldefect ausserordentlich 
gross ist, aus dem allseitig geschlossenen Thoraxraum nicht ent- 


*) cf. Abel 1. c. 

a ) Nicolaus, Centralblatt für Chirurgie XIII, 6, 1886. 
Perm an, Schmidt’s .Jahrbücher 231, S. 223, 1891. 


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ized by Go igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



16. August, 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


663 


fernbar. Aus diesem Grunde konnte in dem Abel’sehen und indem 
Naumann’sehen Falle die Operation nicht zu Ende geführt werden. 

Weiter wird man in der Mehrzahl der Fälle an den Zwerch- 
felldefect besser von der Brusthöhle aus als von der Abdominal¬ 
höhle herankommen. In der grossen Mehrzahl der hier in Be¬ 
tracht kommenden Fälle sitzt der Defect in den hinteren und 
etwas nach aussen gelegenen Partieen des linken Zwerchfelles, und 
es ist ausserordentlich schwierig, von der Abdominalhöhle aus in 
dieser Tiefe die Verhältnisse klar zu übersehen und zu operiren. 
Dabei dürfte es wenig von Belang sein, ob man in der Medianlinie des 
Abdomens oder parallel dem unteren Rippenbogen den Schnitt führt, 
oder ob man durch die dicken Weich theile am Rücken hindurch 
nach Bochdalek sich Zugang zu dem Operationsfelde verschafft. 

Schliesslich hat man es von der Pleurahöhle aus gleichzeitig 
in der Hand, den Defect durch die Naht oder nach Mikulicz 
durch Lappenbildung aus der Bauchmuskulatur zu schliessen. 

Dass man unter gewissen schwierigen Verhältnissen, wenn 
breitere Verwachsungen zwischen den Baucheingeweiden und der 
unteren Fläche des Zwerchfells bestehen oder wenn zugleich Axen- 
drehungen innerhalb der Bauchhöhle zu heben sind, oder wenn 
nach Ausführung der Laparatomie der dislocirte Darm nicht folgt, 
dass man unter diesen Verhältnissen gelegentlich einmal beide 
Höhlen eröffnen wird, bedarf wohl nicht erst der Erwähnung. 

Es ist bisher noch in keinem Falle von Zwerchfellshernie 
durch die Operation Heilung erzielt worden, in zwei Fällen, weil 
die Operation in unzweckmässiger Weise angestollt wurde, in 
zwei Fällen, weil die Hernie auch während der Operation nicht 
erkannt wurde, und in unserem Falle und vielleicht auch in dem 
O’Dwyer’schen, weil der Patient zu spät zur Operation gekommen 
ist. Dass aber auch auf dem Gebiete der Zwerchfellshernien der 
Chirurgie ein nicht unbedeutendes Arbeitsfeld in Aussicht steht, be¬ 
weist der Umstand, dass bisher an 300 Fälle von Zwerchfellshernien 
publieirt sind und dass nach der grossen Statistik von Lacher 1 ) 
12o/ 0 an Incarceration von Baucheingeweiden zugrunde gegangen sind. 

VI. Aus der chemischen Abtheilung des physiologischen 
Institnts in Berlin. 

Ueber Harnsäure, Xanthinbasen und 
Leukocytose bei einem mit Organextracten 
behandelten FaU von Leukämie. 

Chemische Untersuohung des Harnes der Jacob’sohen 
Patientin 2 ). 

Von Martin Krüger. 

Die chemische Untersuchung des Harnes der genannten 
Patientin erstreckte sich über einen Zeitraum von 27 Tagen; nur 
an zwei Tagen musste die Untersuchung aus Mangel an Zeit unter¬ 
lassen bleiben. 

Der mir täglich übersandte Harn zeigte fast regelmässig ein 
starkes Sediment aus Harnsäurekrystallen, häufig auch aus Uraten 
bestehend. Der Gehalt an Eiweiss war nur in den beiden ersten 
Tagen beträchtlich, ging nachher auf Spuren herab, war an manchen 
Tagen sogar gleich Null und erreichte nur in einzelnen Fällen 
wieder etwas höhere Werthe (das nähere über den Eiweissgehalt 
siehe in der zweiten Tabelle). 

Zur weiteren Untersuchung wurde der Harn zunächst auf 60 
erwärmt, um die Urate in Lösung zu bringen, und filtrirt 8 ). Das 
Filtrat wurde dann durch Erwärmen auf 100°, Zusatz von Essig¬ 
säure und Natriumacetat und Filtration des entstandenen Nieder¬ 
schlages von Eiweiss hefreit. . 

Mit dem nunmehr erhaltenen Filtrate wurden die einzelnen Be¬ 
stimmungen ausgeführt, deren Resultate in der zweiten Tabelle 
angegeben sind. In einem kleineren Theile des Harnes wurde der 
Gesammtstickstoff nach der Kjeld ah l’schen Methode bestimmt. 
100 resp. 200 ccm wurden nach der Methode von Salkowski- 
Ludwig auf Harnsäure^untersucht, nur wurde die absolute Menge 
der Harnsäure nicht durch Wägen des auf einem kleinen Filter 
gesammelten Niederschlages, sondern aus seinem gleichfalls nach 
der Kjeldahl’schen Methode ermittelten N-Gehalte berechnet. 

In der Tabelle II sind in der mit Basen N überzeichneten 
Spalte Zahlen angegeben, welche den in Form von Basen der Harn¬ 
säuregruppe (Xanthin, Adenin, Hypoxanthin, Guanin, Carnin, Para¬ 
xanthin, Heteroxanthin), den sogenannten Xanthinstoffen ausge¬ 
schiedenen Stickstoff darstellen. A. Kossel hat schon des^ Öfteren 
auf das Unlogische der Bezeichnungsweise „Xanthinbasen“ hinge¬ 
wiesen. Er hat für die vier im Zellkern gefundenen Basen, Xanthin, 
Guanin, Hypoxanthin und Adenin, den gemeinsamen Namen „ Nu dein- 

*) Lacher, Deutsches Archiv für klin. Medicin 1880, S. 268ff. 

*) S. No. 32 dieser Wochenschrift. . . 

3) Die ungelöst gebliebene freie Harnsäure wurde für sich bestimmt. 


basen“ vorgeschlagen und kürzlich (Zeitschrift für physiologische 
Chemie 18, 540) die bisher mit Xanthinbasen bezeichneten Körper 
in zwei Gruppen getheilt, in 1) Xanthinbasen, zu welchen Xanthin 
selbst, Guanin und Alkylderivate derselben, wie Theobromin, Caffeln, 
Heteroxanthin, Paraxanthin gehören, und in 2) Sarkinbasen, zu 
denen Hypoxanthin (Sarkin) selbst und Adenin gehören. Zu diesen 
müssen auch die in der Zeitschrift für physiologische Chemie 18, 
434 und 436 von mir beschriebenen, synthetisch dargestellten Basen 
Methyladenin und Dimethylhypoxanthin gerechnet werden. 

Nach dieser Definition können die mit dem Harn ausge¬ 
schiedenen zur Harnsäuregruppe gehörigen Basen am besten als 
„Xanthin- und Sarkinbasen“ bezeichnet werden. 

Die im folgenden beschriebene, von C. Wulff und mir aus¬ 
gearbeitete Methode zur quantitativen Bestimmung dieser Basen 
im Harn gründet sich auf die von mir gemachte Beobachtung 
(Zeitschrift für physiologische Chemie 18, 351), dass die „Sarkin- 
und Xanthinbasen durch Kupfersulfat plus Natriumbisulfit“ in der 
Wärme als Kupferoxydul-Verbindungen gefällt werden, und zwar 
Adenin und Hypoxanthin vollständig. Ebenso vollständig erfolgt 
die Ausscheidung der Harnsäure. 

Zur Ausführung der Bestimmung im Harn erwärmt man 
100 ccm desselben bis zum Sieden, setzt 10 ccm der käuflichen, 
gesättigten Lösung von Natriumbisulfit und 10 ccm einer 13%igen 
Lösung von Kupfersulfat unter Umrühren hinzu. Alsdann erwärmt 
man das Gemisch noch einmal bis zum Sieden und lässt es nach 
Zusatz von 5 ccm 10 o/ 0 iger Bariumchloridlösung (letzteres hat den 
Zweck, mit der Schwefelsäure der Lösung Bariumsulfat zu bilden, 
welches den Niederschlag der Kupferoxydulverbindungen schneller 
zu Boden reissen und beim nachherigen Filtriren besser auf dem 
Filter zurückhalten soll) zwei Stunden stehen. Alsdann filtrirt 
man die Flüssigkeit durch ein Filter, welches am besten aus dem 
Papier von J. Munktell bereitet ist, wäscht den Niederschlag fünfmal 
mit Wasser von etwa 700 aus, giesst den Niederschlag mitsammt dem 
Filter in einen Rundkolben und bestimmt in der üblichen Weise 
den Stickstoffgehalt desselben nach der Kjeldahl’schen Methode. 

Auf diese Weise erhält man den Stickstoff, welcher in 100 ccm 
Harn in Form von Harnsäure sowohl als von Sarkin- und Xanthin¬ 
basen vorhanden ist. Zieht man von diesem Werthe den Stickstoff 
der nach Ludwig-Salkowski ermittelten Harnsäure ab, so er- 
giebt die Differenz den Stickstoff der ausgeschiedenen Sarkin- und 
Xanthinbasen an. Dieser Werth, berechnet für die Tagesmenge 
des Harns, ist in der Tabelle II in der senkrechten Columne V 
angegeben, während die Zahlen für Harnsäure- plus Sarkin- und 
Xanthinbasen sich unter VI befinden. Zur Erklärung der Tafel II 
mag nur noch erwähnt werden, dass der 14. Harn während eines 
Zeitraumes von 30 Stunden gelassen ist: um die Mengen der 
während 24 Stunden ausgeschiedenen Körper annähernd richtig an¬ 
zugeben, wird man daher die unter No. 14 mitgetheilten Zahlen 
auf 4 /s redueiren müssen. 

Zur Erleichterung der Uebersicht über die nachfolgende, um¬ 
fangreiche Tabelle II und um den Einfluss der Injectionen auf die 
Ausscheidung der Harnsäure und Basen eclatanter zum Ausdruck 
zu bringen, empfiehlt es sich, die Durchschnittszahlen der täglich 
ausgeschiedenen Hambestandtheile aus einer Reihe von mehreren 
Tagen zu berechnen. ... . 

Der Zeitraum von 27 Tagen wird durch die Injeetionszeiten m 
sechs Perioden getheilt: ^ ... , 

Periode I (Ham 1—14, mit Ausnahme von 4, 12, 13) umfasst 
die elf Tage vor der ersten Iujection. 

Periode H (Ham 15 und 16) umfasst die zwei Tage nach der 
ersten Injection. . . _ , , 

Periode III (Harn 17, 18 und 19) umfasst drei Tage nach der 

zweiten Iujection. , ,, 

Periode IV (Ham 20 und 21) umfasst den vierten und fünften 
Tag nach der zweiten Injection. 

Periode V (Ham 22, 23, 24) umfasst drei Tage nach der dritten 

InJeC periode VI (Harn 25, 26 und 27) umfasst den vierten, fünften 
und sechsten Harn nach der dritten Injection. 



Harnsäure 

Harn9äure-N 

Basen-N 

Harnstoff zu 
Harnsäure 


1,0037 

0,3346 

0,0778 

18,8:1 
18,5:1 

Periode II . . 

1,2881 

0,4294 

0,1240 

erste Injection 
Periode 1TI . . 

1,1293 

0,3764 

0,0932 

18,05:1 

zweite Injection 
Periode IV . . 
Periode V . . 

0,8561 

1,0672 

0,2854 

0,3657 

0,0647 

0,0991 

22.H: 1 

23,8: 1 

dritte Injection 
Periodo VI . . 

0,9100 

0,3034 

0,0933 

22,0:1 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



664 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 83 


Tabelle II. Resultate der Analysen des leukämischen Harnes und Blutes. 



I. 

Tag 

II. 

Vol. des 
Harnes 

III. 

l - 4 -> 

® 0 
o | 

8 

CA 

IV. 

. ^ 
g 2 

CA 

V. 

Szi 

g 

CA 

es 

PQ 

(Ham- 
säure. 4- ä 
Basen) N 

Harnsäure ä 

VIII. 

(3 

es | 

6 

IX. 

»Sfc 

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a 4«« 

«I 4 . 

X. 

aez 

lag 

Jä« 

XI. 

s 

il* 

m ® 

5 

XII. 

Leuko- und 
Erythrocytose 

Besondere Bemerkungen 

1. 

22. bis 23. Februar 

987 ccm 

8,4898' 0,3938 

0,0801 

0,4739 

1.1815 

15,4:1 

17,9:1 

21,6:1 

4,91:1 

850000 L. 

Eiweiss, stark flockiger Nieder- 

2 

8 Uhr Morgens 
etc. 

730 ccm 

7,0403 0,3058 

0,0661 

0,3719 

0,9173 

16,4:1 

18,9:1 

23,0:1 

4,63:1 

1837500 Er. 

schlag. 

Eiweiss vermindert. 

3 

935 ccm 

8.7300; 0.3567 

0,0984 

0,4551 

1,0700 

17,5:1 

19,2:1 

24,5:1 

3,62:1 

—• 

Wenig Eiweiss. 

4 


730 ccm 

7.4828 

_ 

_ 

0,3940 

— 

— 

1874:1 

— 

— 

— 

Wenig Eiweiss. 

5 


786 ccm 

7,5935' 0,3102 

0,0580 

0,3682 

0,9306 

17,5:1 

20,6:1 

24,5:1 

5,35:1 

— 

Wenig Eiweiss. 

6. 


1068 ccm 

10.2502 0.3484 

0,0366 

0,3850 

1,0453 

21,0:1 

26,1:1 

29,4:1 

9,52:1 

— 

Wenig Eiweiss. 

7. 


820 ccm 

8,6709 

0.3206 

0,0729 

0,3935 

0,9617 

19,3:1 

22,0:1 

27,4:1 

4,4 :1 

— 

Spuren von Eiweiss. 

8 


960 ccm 

10,954 

0,3856 

0,0854 

0,4710 

1,1567 

20,3:1 

23,3:1 

28,4:1 

4,52:1 

— 

Spuren von Eiweiss. 

9.. 


930 ccm 

10,1714 

03319 

0,1005 

0,4324 

0,9956 

21,9:1 

23,5:1 

30,6:1 

3,3 :1 

856000 L. 
1830000 Er. 

Spuren von Eiweiss. 

10. 


875 ccm 

7,730 

0,3084 

0,0714 

0,3798 

0,9253 

17,9:1 

20,4:1 

25,1:1 

4,31:1 

— 

Eiweiss, flockiger Niederschlag. 

11. 


870 ccm 

84217 

0,2965 

0,0968 

0,3933 

0,8896 

19,6:1 

20,6:1 

27,4:1 

3,1 :1 

. — 

Spuren von Eiweiss. 

12. 


875 ccm 

— 

. — 

— 

— 

— 

— 

— 

Spuren von Eiweiss. 

13. 

6. bis 7. März, 

915 ccm 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

, — 

Spuren von Eiweiss. 

14. 

8 Uhr 

7. März, 8 Uhr, bis 
8. März, 2 Uhr 

1445 ccm 

11,417 

0,4028 

0,1119 

0,5147 

1.2085 

20,2:1 

22,2:1 

28,4:1 

3,61:1 

825000 L. 
1825000 Er. 

Ham No. 14 ist während eines 
Zeitraumes von 30 Stunden ge¬ 
lassen. Spuren von Eiweiss. 

15. 

8. März, 2 Uhr, bis 
9. März, 10 Uhr 

1410 ccm 

10.7053 

0,4165 

0,0985 

0,5150 

1,2494 

18,4:1 

20,7:1 

25,7:1 

4,23:1 

8. März, 5 l .'s Uhr: 
575 Ö00 L. 

Am 8. März, um 2 Uhr Nach¬ 
mittags, die erste Injection 
gemacht. Spuren von Eiweiss. 

16. 

9. bis 10. März, 
10 Uhr 

1480 ccm 

11,523 

0,4423 

0,1494 

0,5917 

1,3269 

18,6:1 

19,5:1 

26,1:1 

2,96:1 

9. März, 11 Uhr: 
602000 L. 

Spuren von Eiweiss. 

17. 

10. März, 10 bis 
2 Uhr 

170 ccm 

1,572 



0,0931 



16,9:1 



10. März, 10 Uhr: 
607500 L. 
1802500 Er. 

2 Uhr: 325000 L. 
1925000 Er. 

Am 10. März, Morgens 10 Uhr, 
die zweite Injection. Ei- 
weisfrei. 


10.März,2Uhrbis 
11. März, 10 Uhr 

1190 ccm 

9,340 

0,3723 

0,1115 

0,4838 

1,1168 

17,9:1 

19,3:1 

25,1:1 

3,34:1 

11. März, 12Uhr: 
448000 L. 

Spuren von Eiweiss. 

18. 

11. bis 12. März, 
10 Uhr 

965 ccm 

7,6438 

0,3335 

0,0647 

0,3983 

1,0006 

16,4:1 

19,2:1 

22,9:1 

5,15:1 


Spuren von Eiweiss. 

19. 

12. bis 13. März, 
10 Uhr 

1080 ccm 

9,9813 

0,3578 

0,0757 

1 

0,4335 

1,0735 

19,9:1 

23,0:1 

27,9:1 

4,73:1 

1 ■ 

12. März'12 Uhr: 
420000 L. 
1856000 Er. 

Eiweissfrei. 

20. 

13. März, 10 Uhr, 
bis 14. März, 

8 Uhr -i 

740 ccm 

7,6568 

0,2199 

0,0384 

0,2583 

0,6597 

24.9:1 

29,6:1 

34,8:1 

5,73:1 


Flockige Ausscheidung von Ei¬ 
weiss. 

21. 

14. März, 8 Uhr, 
bis 15. März, 

12 Uhr 

790 ccm 

10,5799 

0,3508 

0,0910 

0,4418 

1,0525 

21,5:1 

23;9; 1 

30,1; 1 

3,85:1 

14. März, 11 Uhr: 
448500 L. 
2425Ö0Ö Er. 

Spuren von Eiweiss. 

22. 

15. März, 12 bis 
4 Uhr 

197 ccm 

2,5137 

0,0681 

0,0268 

0,0949 

0,2043 

26,4:1 

26,5:1 

36,9:1 

2,54:1 

15. März, 4 Uhr: 
268000 L. 

Am 15. März, um 12 Uhr Mittags, 
die dritte Injection. Ei¬ 
weissfrei. 

15.März,4Uhrbis 
16. März, 12 Uhr 

835 ccm 

9,9185 

0,3294 

0,0678 

0,3972 

0,9881 

21,4:1 

24,97:1 

30,1:1 

4,86:1 

16. März, 12 Uhr: 
320500 L. 
2525000 Er. 

Flockige Ausscheidung von Ei¬ 
weiss. 

23. 

16. bis 17. März, 
12 Uhr 

880 ccm 

10,4082 

! 0,3090 

t 0,0758 

: 0,3848 

i 0,9270 

1 24,1:1 

28,1:1 

33,7:1 4,08:1 

I 

— 

Eiweiss, wenig. 

24. 

etc. 

1160 ccm 

12,653 

0,3608 

1 0,1269 

1 0,4877 

1,0822 

! 25,1:1 

25,9:1 

35,1:1 2,84:1 

_ 

Spuren von Eiweiss. 

25. 

etc. 

700 ccm 

8,6209 

1 0,2899 

1 0,0969 

1 0,3868 

! 0,8697 

r 21,2:1 

22,3:1 

29,7:1 

2,99:1 

! 19. März, 12 Uhr: 
364000 L. 

: Eiweissfrei. 

26. 

etc. 

925 ccm 

6,8544 

: 0,2063 

! 0,0567 

r 0,2630 

1 0,6189 

> 23,7:1 

26,1:1 

33,2:1 

3,64:1 

_ 

Spuren von Eiweiss. 

27. 

20. bis 21. März, 
12 Uhr 

1480 ccm 

12,5560 

1 0,4138 

t 0,1264 

: 0,5402 

! 1,2415 

► 21,7:1 

.23,2:1 

30,3:1 

3,26:1 

! 21.März, 12Uhr: 
I 314000 L. 

1 2430000 Er. 

: Spuren von Eiweiss. 


Um zu erkennen, dass ebenso wie eine Vermehrung der Harn¬ 
säure, so auch eine solche der Basen im leukämischen Harn gegen¬ 
über der normalen Ausscheidung stattgefunden hat, gebe ich die 
Zahl an, welche im Mittel aus 19 von mir an normalem Harn an- 
gestellten Analysen für die Ausscheidung des Basen-N erhalten 
wurde. Bei einer täglichen Ausscheidung von 0,7000 g Harn¬ 
säure = 0,2338 g Harnsäure-N werden 0,0481 g Basen-N aus¬ 
geschieden. 


VII. Aus dem Augusta-Hospital in Köln. 

Procentgehalt des Blutserums an Eiweiss 
und Procentgehalt des Blutes an Serum- 
eiweiss. 

Von Dr. Leopold Bleibtreu, Assistenzarzt. 

Ich habe in einem Aufsatze in No. 46 der Deutschen medi- 
cinischen Wochenschrift 1893 eine Kritik einer Arbeit von 
R. v. Limbeck und F. Pick 1 ) „Ueber die quantitativen Verhält¬ 
nisse der Eiweisskörper im Blutserum von Kranken“ veröffentlicht, 
in der der Nachweis geführt wurde, dass die von den beiden 


*) Prager medic. Wochenschrift 1893, No. 12—14. 


Autoren angeführten Zahlen nicht den Procentgehalt des Serums 
an Eiweiss, sondern allenfalls annähernd den Procentgehalt des 
Blutes an im Serum vorhandenem Eiweiss darstellen. 

v. Limbeck und Pick sagen nun in einer Erwiderung 1 ) auf 
meine Einwände, „dass der bei der Arbeit vielfach gebrauchte 
Ausdruck ,Procente des Serums 4 sich auch in die Mittheilung em- 
geschlichen habe,“ und fahren dann fort: „Uebrigens glauben wir, 
dass jeder Leser unserer Arbeit ersieht, was wir gemacht haben 
und es völlig genügt, in unserer Arbeit *statt ,Procentgehalt des 
Serums an Eiweiss 4 ,Procentgehalt des Blutes an im Serum vor¬ 
handenem Eiweiss 4 zu sagen, um den von uns gefundenen Zahlen 
ihre rechtmässige Bedeutung wiederzugeben.“ 

Ich habe hierauf zu erwidern, dass es für den Leser keines¬ 
wegs leicht war, den angeführten Zahlen die letztere Bedeutung 
beizulegen, und dass man um so mehr geneigt sein musste, die 
Werthe als Procentzahlen des Serums an Eiweiss anzusprechen, 
je aufmerksamer man die v. Limbeck-Pick’sche Abhandlung las- 
Um hierfür ein Beispiel anzuführen, sei folgender Passus aus der 
Abhandlung mitgetheilt: „Vorher mögen jedoch noch einige An¬ 
gaben über die von anderen Autoren und uns für den Menschen 
gefundenen Normal werthe hier Platz finden. So fand Ham- 


*) Deutsche medic. Wochenschrift 1894, No. 27, S. 563. 


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16. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


marsteiii) bei gesiindenMBnsohen 2,485-3,745 % Serumglobulin 
und 3,85—5,379 % Albumin, also Schwankungen des Gehaltes an 
Gesammteiweiss zwischen 6,335—9,124 %2). Hoffmann 8 ) giebt 
folgende Zahlen als von zwei normalen Individuen herrührend an 
.... Gesammteiweiss 7,76 und 7,36 % Unsere diesbezüglichen 
Bestimmungen ergaben relativ niedrige Werthe. Doch ist zu be¬ 
merken, dass sie sich auch nicht auf Individuen tadelloser Ge¬ 
sundheit, sondern auf Nervenkranke beziehen etc.“ Nun kann aber 
in den angeführten Versuchen gar kein Zweifel darüber sein, dass 
der Procentgehalt des Serums anEiweiss bestimmt wurde; so sagt 
Hammarsten ausdrücklich (1. c. S. 459): „die Zahlen beziehen 
sich wie gewöhnlich auf 100 ccm Serum“, und wenn v. Li mb eck 
und Pick diese mit ihren Zahlen vergleichen, so hat eine solche 
Vergleichung doch nur Sinn, wenn dieselben sich ebenfalls auf 
Procentzahlen des Serums beziehen. 

Wenn nun die Verfasser glauben, ihren Zahlen dadurch ihre 
„rechtmässige Bedeutung“ zu geben, dass sie dieselben als den 
Procentgehalt des Blutes an im Serum befindlichen Eiweissstoffen 
ansehen, so möchte ich hier nochmals darauf hinweisen, dass aus 
solchen Zahlen sich gar keine Schlüsse ziehen lassen und dass 
damit auch ihre „rechtmässige Bedeutung“ sehr herabgemindert wird. 

Es schwankt nämlich im Menschenblut unter pathologischen 
Verhältnissen nach Wendelstadt’s und meinen Versuchen 4 ) das 
Blutkörperchenvolum zwischen 10 und 50 %, d. h. in 100 ccm 
Blut können 90 bis 50 ccm Serum enthalten sein. Es bedeuten also die 
v. Limbeck-Pick’schen Zahlen nichts anderes als Eiweisswerthe, 
welche aus einer unbekannten Menge Serum gefunden wurden. 
Bekannt ist nur unter der Annahme obiger Grenzwerthe (das Vor¬ 
kommen noch grösserer Schwankungen ist nicht ausgeschlossen), 
dass diese Menge zwischen 90 und 50 ccm liegt. Diese Eiweiss¬ 
zahlen nun zu irgend welchen Schlussfolgerungen heranzuziehen, 
ist, wie ich es schon in meiner ersten Entgegnung sagte, ein Un- 
ding. So schliesst z. B. v. Limbeck aus seinen Versuchen, „dass, 
wie die Gewebe, auch die Eiweisskörper des Blutserums bei ge¬ 
steigertem Eiweisszerfall von demselben ergriffen werden und dass 
die quantitative Abnahme der Eiweisskörper im Blutserum an¬ 
nähernd einen Maassstab für das Fortgeschrittensein der allge¬ 
meinen Cachexie liefert.“ Nehme ich nun an, ich hätte in zwei 
Blutuntersuchungen beide male Serum vom Procentgehalte 8,0 ge¬ 
funden. Sind nun in dem einen Blut in 100 ccm Blut 90 ccm 
Serum und in dem anderen nur 50 ccm Serum enthalten, so sind 
in 100 ccm des ersten Blutes 7,2 g Eiweiss im Serum und in 
100 ccm des zweiten Blutes 4,0 g Eiweiss im Serum enthalten. 
Deshalb aber dem zweiten Blute, welches doch jedenfalls vermöge 
seines grösseren Gehaltes an Blutkörperchen dem physiologischen 
Blut näher steht als das erste, den Stempel der grösseren Ca¬ 
chexie aufdrücken zu wollen, wäre doch mehr als gewagt. 

v. Limbeck und Pick führen in ihrer ersten Abhandlung 
zum Vergleich öfter die Untersuchungen von Becquerel und 
Kodier an, welche den Titel „Neue Untersuchungen über die Zu¬ 
sammensetzung des Blutes in gesunden und kranken Zuständen“ 
tragen. Nun hätten aber gerade beim Studium dieser Untersuchungen 
v. Limbeck und Pick die Ueberzeugung gewinnen müssen, dass 
die Bestimmung des Eiweissgehaltes der in einer Volumeinheit 
Blutes enthaltenen Serummenge ein zweckloses Unternehmen ist, 
wenn man das Volum der Blutkörperchen nicht kennt. In dieser 
Arbeit, welche aus dem Jahre 1847 stammt, findet man dieselbe 
Ansicht über die quantitative Analyse entwickelt, wie ich sie so¬ 
eben auseinandergesetzt habe. Da heisst es Seite 15 ganz richtig, 
man müsse berücksichtigen, wie viel „Kügelchen“ das Blut ent¬ 
halte. „Diese identischen Serume aus Aderlässen, welche ver¬ 
schiedene Mengen von Blutkügelchen enthielten, zeigten im Ver¬ 
hältnis zur Totalität des Blutes eine wechselnde Menge von 
festen Stoffen, je nachdem die Kügelchen in stärkerem 
oder schwächerem Verhältniss zugegen waren: die festen 
Stoffe des Serums standen natürlich mit der Menge der Blut* 
kügelchen in umgekehrtem Verhältniss, während das Verhältniss 
zwischen dem Wasser und den festen Stoffen des Serums dasselbe 
blieb etc.“ Die Verfasser behandeln dann ein Beispiel, wo das 
Sorum in zwei Fällen beide mal 10 % feste Stoffe enthält, aber 
das Gesamm tblut einmal 15 % feste Stoffe, das andere mal 25 %. 

') Pflüger’s Archiv 1878. 

- . *) Die letzten Zahlen sind von den Verfassern falsch citirt. Diese 
beiden Zahlen stellen die Summe der in einer Versuchsreihe für Para¬ 
globulin und Albumin gefundenen Minimal- und Maximalwerthe, nicht aber 
die beobachteten Minimal- und Maximalwerthe des Gesammteiweisses dar. 
Zu dem Werth 2.485 Serumglobulin gehört in den Hammarsten’schen 
Versuchen 4,535 Serumalbumin = 7,02 Gesammteiweiss und zu dem Werth 
*>745 Serumglobulin 4,305 Serumalbumin = 8,05 % Gesammteiweiss. 

J Archiv f. exp. Path. Bd. 16, S. 138. 

4 ) Wendelstadt und Bleibtreu, Beitrag zur Kenntniss der quan- 
ntativen Zusammensetzung des Menschenblutes etc. Zeitschr. für klin. 
Med. Bd. 25, Heft 8—4. 


665 


„Wir haben sohin 


zwei Blute, deren Serum eine gleiche Zu¬ 
sammensetzung hat, während die festen Theile der beiden Serume 
hier durch sehr verschiedene Zahlen repräsentirt werden, und zwar 
bloss deshalb, weil diese festen Stoffe mit den wandelbaren Ver¬ 
hältnissen der Kügelchen zusammengestellt sind.“ Es heisst dann 
weiter: Wenn man daher die Einflüsse kennen lernen will welche 
auf die Zusammensetzung des Serums und auf den Wechsel seiner 
festen Stoffe einwirken, so muss man das Serum mit sich selbst 
vergleichen, man muss dass Serum für sich analysiren und 
die erhaltenen Zahlen auf 1000 als Einheit berechnen, um so 
Zahlen zu erhalten, die unter sich verglichen werden 
können. Dieses haben wir denn auch gethan.“ „Wir schliessen 
ferner daraus, dass bei den Blutanalysen die erhaltenen Resultate 
immer unter einem doppelten Gesichtspunkte betrachtet werden 
und in zwei Colonnen nebeneinander gestellt werden müssen und 
zwar in folgender Art. 

I. Zusammensetzung des Serums 


auf 1000, 
Wasser, 
Feste Stoffe. 


II. Zusammensetzung des Blutes 
auf 1000, 

Wasser, 

Fibrine, 

Kügelchen, 

Feste Stoffe des Serums. 

Nur in der zweiten Colonne bilden die festen Stoffe des Serums 
keine Zahlen, welche mit anderen entsprechenden Ziffern verglichen 
werden können; in der ersten dagegen findet sich die ver¬ 
gleichbare Zusammensetzung des Serums.“ 

Am Schluss wird in den Endresultaten auf dieses Verhältniss 
noch einmal besonders hingewiesen: S. 65 „Da das Serum des 
Blutes, Welches auch seine Zusammensetzung sein möge, bei ver¬ 
schiedenen Personen mit einer verschiedenen Quantität Blutkügel¬ 
chen gemischt ist, so haben bei den vollständigen Blutanalysen die 
Ziffern der festen Stoffe des Serums keinen absoluten Werth, 
und es lassen sich nur die Verhältnisse des Wassers zu den festen 
Stoffen des Serums miteinander vergleichen. Um eine Idee von der 
Zusammensetzung des Serums im gesunden und kranken Zustande 
zu bekommen, muss man in allen Krankheiten das Serum für 
sich studiren und analysiren,“ und weiter (S. 66). „So sind 
wir denn auch in diesen unseren neueren Untersuchungen immer 
verfahren, in der Ueberzeugung, dass man im gesunden und kranken 
Zustande das Serum nur mit sich selbst vergleichen dürfe, um 
mit einiger Genauigkeit die Modifikationen des Eiweisses und der 
anderen im Serum aufgelöst enthaltenen festen Stoffe bestimmen 
zu können.“ 

Wenn auch im übrigen die Art der Blutuntersuchung, wie sie 
von Becquerel und Rodier nach der damaligen unzulänglichen 
Methode ausgeführt wurde, viele Irrthümer aufweist, so ist doch 
über diesen Punkt eine zweifellos richtige Ansicht entwickelt. 

Ich hatte nun in meiner ersten Abhandlung, um zu zeigen, 
dass die v. Limbeck-Pick’schen Zahlen zu niedrige Werthe an- 
gaben, eine Anzahl von Versuchen mitgetheilt, in denen ich aus 
dem Stickstoffprocentgehalt des Serums durch Multiplication mit 
dem Factor 6,25 den Procentgehalt an Eiweiss ermittelt hatte. Es 
ist dies ja erlaubt, um sich eine annähernde Vorstellung von dem 
Eiweissgehalte des Serums zu machen. Dass dabei der Factor 6,25 
nicht auf absolute Genauigkeit Anspruch machen kann, ist für den¬ 
jenigen, der die Schwankungen in der quantitativen Zusammen¬ 
setzung der verschiedenen Eiweissarten kennt, wohl selbstver¬ 
ständlich. Es ist diese Betrachtungsweise ebenso berechtigt, wie 
man z. B. bei Fleischanalysen aus dem Stickstoffgehalt auf den 
Gehalt an Muskeleiweiss schliesst und wie bei Stoffwechselunter¬ 
suchungen die Stickstoffwerthe der Berechnung des umgesetzten 
Eiweisses zugrunde gelegt werden. 

Dass ich nur so die Eiweisswerthe aufgefasst habe und nicht 
als absolute Werthe, geht aus meinen sämmtlichen Untersuchungen 
über die quantitative Analyse des Blutes hervor. So habe ich noch 
kurz vor dem Erscheinen der v. Limbeck-Pick’schen Entgegnung 
in der oben citirten Arbeit über die Zusammensetzung des Menschen¬ 
blutes ausgesprochen, dass ich nur den Stickstoffwerthen Anspruch 
auf absolute Genauigkeit beimessen könne und dass ich die aus 
denselben berechneten Eiweisswerthe (der besseren Anschauung 
halber) an zweiter Stelle mittheilen wolle. Auch war ich mir wohl 
bewusst, dass die Stickstoffwerthe nicht allein auf Eiweiss zu be¬ 
ziehen seien, da doch auch andere stickstoffhaltige Substanzen in 
geringer Menge im Blut enthalten sind. Dass diese Stoffe in 
seltenen Fällen bis zu der von v. Limbeck angeführten Höhe von 
11,7 °/o vom Gesammtstickstoff steigen können, gebe ich gern zu 
und habe ich in unveröffentlichten Versuchen, in denen ich den 
Harnstoff im Blut nach einer von Pflüger und mir angegebenen 
Methode bestimmte, einmal bei einer Urämie einen ähnlich hohen 
Werth erhalten 1 ). 

*) Für unsere Wochenschrift ist hiermit diese Discussioa geschlossen. 
D. Red. _ 


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666 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 


VIII. Oeffentliches Sanitätswesen. 


— Am 4. August fand auf Anregung des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amtes in Eisenach eine Berathang hervorragender Vertreter der 
Chemie and Mikroskopie statt, welche von grosser Bedeutung für die 
Entwickelung der Gesundheitspflege in Deutschland zu werden verspricht. 
Es handelte sich um die Frage, wie durch Vereinbarung von ein¬ 
heitlichen Untersuchungsverfahrenünd Beurtheilungsnormen 
dem Gesetze vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit 
Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen 
eine erfolgreiche Wirkung verliehen werden könne. Die Ver¬ 
sammlung wählte zum Vorsitzenden den Direktor des Kaiserlichen Ge¬ 
sundheitsamtes Dr. Köhler, zum Ehrenvorsitzenden den berühmten Ver¬ 
treter der angewandten Chemie Remigius Fresenius (Wiesbaden). 
Der Redactionsausschuss besteht aus den Herren A. Hilger (München), 
J. König (Münster), Eug. Seil (Berlin). 

Der Vorsitzende hob zunächst die Gründe hervor, welche es gerade 
jetzt als wünschenswerth erscheinen lassen, einheitliche Normen für die 
Beurtheilung der Lebensmittel u. s. w. im Deutschen Reich zu schaffen. 
Bekanntlich tritt am 1. October eine Prüfungsordnung für Nahrungsmittol- 
chemiker in Kraft, durch welche eine bessere Ausbildung der mit der 
Controlle der Nahrungsmittel zu beauftragenden Sachverständigen ange¬ 
strebt wird. Ausserdem existirt in Bayern eine freie Vereinigung von 
Vertretern der angewandten Chemie, welche bereits derartige einheitliche 
Untersuchungsverfahren für ihre Mitglieder festgestellt und hierdurch 
grosse Erfolge erzielt hat. Nach diesem Vorbilde soll auch für das 
ganze Deutsche Reich eine einheitliche Regelung angestrebt werden. Die 
Versammlung trat einstimmig dieser Ansicht bei und erklärte ihre Auf¬ 
gabe für eine dauernde. 

Darauf wurden die einzelnen Gegenstände, für welche einheitliche 
Untersuchungsverfahren eingeführt werden sollen, festgesetzt und die 
Referenten dafür ernannt. Da aber die freie Vereinigung bayerischer Ver¬ 
treter der angewandten Chemie im Begriffe ist, ihre früheren Verein¬ 
barungen einer Neubearbeitung zu unterziehen, wurde infolge eines aus 
der Versammlung heraus gestellten Antrages beschlossen, an die bayerische 
Vereinigung das Ersuchen zu richten, sie möge das Material für diese 
Neubearbeitung als Grundlage für vorbezeichneten Zweck zur Verfügung 
stellen und die dort bereits thätigen Bearbeiter der einschlägigen Gegen¬ 
stände, insofern sie nicht schon an der heutigen Versammlung theilnehmen, 
mit heranziehen. 

Nach weiteren Beschlüssen sollen die bis zum Frühjahr 1895 für die 
einzelnen Gegenstände einzuliefernden Referate den Theilnehmern der 
gegenwärtigen Versammlung zur Einsichtnahme vorgelegt und soll deren 
definitive Fassung durch weitere Verhandlungen festgesetzt werden. 

Von der Ansicht ausgehend, dass Fragen wie die hier vorliegende 
am erfolgreichsten im kleineren Kreise von Sachverständigen berathen 
und erledigt werden, beschloss die Versammlung einstimmig, den 
Vorsitzenden zu ersuchen, er möge bei der Reichsvorwaltung dahin 
wirken, dass eine ständige Commission von anerkannten Fachmännern 
aus den verschiedenen Theilen Deutschlands eingesetzt werde, welche 
als technischer Beirath der Reichsverwaltung die Aufgabe erhält, einheit¬ 
liche Untersuchungsverfahren auf dem Gebiete der Chemie und Mikro¬ 
skopie der Nahrungsmittel, Genussmittel und Gebrauchsgegenstände für 
das Deutsche Reich zu berathen und festzustellen. 

Der Verlauf dieser Berathungen hat bewiesen, dass die Anregung, 
welche vom Kaiserlichen Gesundheitsamt ausgegangen ist, in den fach¬ 
männischen Kreisen die lebhafteste Zustimmung gefunden hat. 

Die Organisation, welche sich aus den Eisenacher Verhandlungen 
entwickeln wird, ist berufen, dem Volkswohl wichtige Dienste zu leisten. 


.. ^ ~n In der Sltzun S der deutschen Gesellschaft für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege zu Berlin vom 25. Mai 1894 sprach Herr 
G. Klemperer über die speciflschen Eigenschaften des Cholerabacillus. 
W enn als speciflsche Eigenschaft eines Bacteriums eine solche zu verstehen 
sei, welche nur diesem selbst und keinem anderen Bacterium zukomme soweit 
sie an dessen Leben geknüpft sei, so gipfle dieselbe in der speciflschen 
Veränderung des Blutserums, dessen Uebertragung Immunität verleihe 
Von diesem Gesichtspunkte aus sei für den Cholerabacillus nicht das 
giftige, durch Kochen nicht zerstörbare Choleraprotetn, sondern das 
ver ei ^ en d e Choleratoxin specifisch, welches bei der Erhitzung 
auf 100 zugrunde geht und dessen Wirkung im Thierversuch sich durch 
iemperaturerhöhung und Erzeugung von Antitoxinen im Blutserum kennt¬ 
lich macht. Diese Antitoxine gewähren nur gegen die Impfung mit der 
gleichen Art Schutz und geben so ein Mittel, den echten Cholerabacillus von 
ähnlichen Formen zu trennen. Diese Thatsache zeigt sich nicht nur im Serum ■ 
die Milch gegen Cholera immunisirter Ziegen gerinnt nicht mehr durch 
Impfung mit Cholerabacillen, weil sich diese daselbst nicht vermehren, 
wohl aber nach vorherigem Abkochen oder bei Beschickung mit anderen 
i ? acterien - „ Anch Hunde konnte Klemperer 
durch intravenöse Injektionen von Cholerabacillen unter choleraartigen Er- 
^ ödte ^ ; d , a . sowohl abgetödtete Choloraculturen, wie 
S , ?f ct ® nen die ?^ eic v he Wirkung zeigen, so handelt es sich hierbei 
nicht um einen speciflschen Vorgang. Hunde vertragen per os enorme 
f V ° n ^ cracultur °h?e Schaden, weil offenbar ihr Darmnucleln 
als Schutzvorrichtung gegen die Vergiftung diene. Klemperer vereuchte 
durch Hungern diesen Schutz abzuschwächen und erzielte so den Tod 

wir li™ H n« de Jr H Ut £ r , 9? olera 5 rscheiniin ^ en - Bei sämmtlichen Hunden 
war eme wesentliche Erhöhung der antitoxischen Function des Blutserums 

Hn?do r SL die - DU n den Cholerabacillus galt. Auch gelang bei einem 
’ ff de e f me . Darmfistel angelegt war, der Nachweis, dass dessen 
S( f^ fc Nährboden für den Cholerabacillus; nach der 

subcutanen Injection hochantitoxischen Blutserums die Fähigkeit- erhielt^ 


mittlere Mengen von Cholerabacillen abzutödten. Hieraus würde 
Immunität des Menschen gegen Cholera nach überstandenem Anfall i 
stündlich werden. Doch handelt es sich immer nur um Schutz gegen 
Toxin; gegen das Protein, wenn es in grösseren Mengen aus dem Di 
zur Resorption gelangt, bleibe der Mensch wehrlos. Eine zweite 
wesentliche speciflsche Eigenschaft des Cholerabacillus ist dann noch 
der epidemischen Verbreitung in ganz enormen Mengen, eine Eigensch 
deren Ursachen noch vielfach verborgen sind. 

An der Discussion betheiligte sich vorzugsweise Herr Blachste 
welcher gerade die Ursache, warum der Cholerabacillus für Cholera spi 
fisch sei, warum er asiatische Cholera mache, als noch des Nachweises 
dürftig erklärt nnd für die Entstehung der Krankheit die sehr Wechsel 
Virulenz des Bacillus betont, während Herr Klemperer demgegenü 
mehr auf die persönliche Disposition des Befallenen Nachdruck legt. 

- . A.G 

— Nath (Fünfter Generalbericht über das öffentliche Gesundhe 
wesen im Regierungsbezirk Königsberg für die Jahre 1889/91) bringt 
Schluss seiner die Gesundheitsverhältnisse des Regierungsbezirks Köni 
berg in fesselnder Weise schildernden Ausführungen einen Nacht 
über Xepra, welcher hier seines allgemeinen Interesses halber und 
wir es mit officiellen Zahlen zu thun haben, etwas genauer wied 
gegeben werden soll. 

Die neuerdings mit besonderer Sorgfalt vorgenommenen Nach! 
schungen haben ergeben, dass die Zahl der Leprösen eine weit höhere 
als man seither anzunehmen geneigt war. Seit dem Jahre 1870 starl 
im genannten Bezirk 8 und waren z. Z. noch an Lepra erkrankt 10 P 
sonen. Mit Ausnahme von 6 der Todesfälle ist bei allen übrigen V 
storbenen und namentlich den z. Z. noch lebenden Kranken die Diagni 
durch Nachweis der Leprabacillen über allen Zweifel gesichert. Der Fo 
nach handelt es sich überall um tuberöse Lepra, meist mit geschwürig 
Zerfall der Hautknoten und gleichzeitiger Schleimhauterkrankung. Me 
begann die sichtbare Hauterkrankung im Gesicht oder an den Unt 
Schenkeln mit dunkelfarbigen Flecken, die sich bald über ihre Umgebu 
zu derben infiltrirten Hautwülsten erhoben oder Knötchen bildeten, i 
im weiteren Verlaufe der Erkrankung ulcerirten. Ausfall der Cilien u 
Brauen war fast constant. An den Gliedmaassen war namentlich i 
Vorderseite ergriffen, Rumpf und Bauch blieben verschont. Die Hän 
zeigten vielfach ödematöse Schwellungen. In einem Falle war Glans u 
Praeputium penis ergriffen. In einem anderen Falle fand sich Schwellu 
der Leistendrüsen, in einem dritten entwickelte sich eine Epididymit 
Von den Schleimhäuten war zumeist der Larynx befallen, und zwar trat 
hier Ulcerationen auf, auch die Zunge und der harte Gaumen zeigten Knote 
Dem Geschlechte nach waren 9 Männer und 9 Weiber erkrankt : 
Alter von 17 bis 78 Jahren seit 10 bis 1 Jahre. Heredität ist na 
Nath auszuschliessen, dagegen scheint die Uebertragung durch persönlic 
Ansteckung, da lokale Momente nicht zur Erklärung der bacillären J 
fectionskrankheit herangezogen werden können, durch gemeinschaftlich 
Gebrauch von Ess- und Trinkgeräthen, Handtüchern etc. zu erfolgen. V 
die Krankheit in den Regierungsbezirk Königsberg bezw. speziell in d 
Kreis Memel gelangt ist, konnte, wenn auch der Verdacht der E 
Schleppung aus Russland nahe liegt, bisher nicht aufgeklärt werden, zuo 
die Einschleppung aus dem Lepra-Lande Norwegen auf dem Seewe 
keineswegs ausgeschlossen ist. Da die Behörden der Seuche die grösi 
Aufmerksamkeit zuwenden, so dürften die Fälle wohl auf sich beschräi 
bleiben. Welche sanitätspolizeilichen Maassregeln zur Anwendung koinmi 
ist. aus dem Berichte leider nicht ersichtlich. A. Pfeiffer (Wiesbaden), 

— G. A. Heron und A. Chaplin (The relation of dust in hos 
tals to tuberculous infection. The Lancet 1894, No. 3671, p. 14—1 
untersuchten, ob Staub, der mit Tuberkulösen in Berührung zu komm 
Gelegenheit hatte, die Tuberkulose zu übertragen vermag und ob < 
Ansteckungsgefahr durch den Staub vermindert wird, wenn a 
Auswurfsstoffe der Tuberkulösen sorgfältig desinficirt werden. Sie I 
nutzten zu den Versuchen Staub aus dem Hospital der Stadt Lond 
für Brustkranke. Die Staubproben wurden theils aus dem Thurm c 
Gebäudes, der als Hauptventilationsschacht dient und seit 40 Jahr 
nicht gereinigt war, entnommen, theils hinter den seit Jahren nicht 1 
nutzten Fensterläden des poliklinischen Wartezimmers, ferner unter c 
Platte eines in der Mitte des Hauptkrankensaales befestigten Tisches, 
er seit mindestens einem Jahre abgelagert war, dann aus dem patholo 
sehen Arbeitszimmer, endlich aus den Spalten eines Tisches, der sch 
40 Jahre in einem tuberkulosefreien Hause stand. Die Staubproben ward 
100 Meerschweinchen subperitoneal eingeimpft. Nur zwei bekamen dei 
liehe Tuberkulose. Bei beiden entstammte der Staub dem Hauptven 
lationsschacht. Nach Ansicht der Verfasser soll die hier herrschen 
Wärme und der Schutz vor direktem Sonnenlicht die Keime entwicl 
lungsfähig erhalten haben. Sie kommen zu den Schluss, dass die in c 
Anstalt durchgeführten antiseptischen Cautelen beim Auffangen des tub 
kulösen Sputums die Gefahr der Tuberkuloseverbreitung durch den Sta 
fast ganz beseitigen. Allerdings lassen sie unerörtert, inwieweit das All 
des benutzten Staubes bei ihren Resultaten mit in Betracht kommt, de 
durchweg waren sie bemüht, nicht bloss Jahre; sondern möglichst Jal 
zehnte alte Staubproben auszuwählen. 


— Nach A. Högyes (Ungarisches Archiv für Medicin Bd. I 
S. 1—16) wurden am Budapest er Pasteur-Institut im dritten Jal 
seines Bestehens 647 von wüthenden oder wuthverdächtigen Thieren C 
bissene mit antirabischen Schutzimpfungen nach der Pasteur’scb 
„intensiven“ Methode behandelt. Von diesen starben 1,85°/o. Rechi 
man die Fälle ab, die zu spät geimpft wurden und bei denen dal 
die Wuth schon während der Behandlung oder innerhalb von 
Wochen nach der letzten Schutzimpfung auftrat, so ergiebt si 


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Tropfen -Tubelte. 


Reich' (Vbarmocopoeti. Oornmütea ed. III) 1801 enthaltenen. \ t . Ans der ßreussiselitai Taxe für Abfertigung vm M «Ikon* tue« , f \ 

Heilmittel Geh.-Rath Pi-rf. Dr. Omr Liebreich in Berlin. j,»-« 1804. 

O Vak^d Via^nnAa^ 711 V Äfri TI fl WT’ll T\ IfVUl tfeT in. ...,1 Jui. MAnmtltnU» ' -lrtS't? hCÄOlUi&rßt' 




& Neuere, besonder«, zu berücksichtigende Veränderungen det 
PbantiacoTn^'i. 

1 Dfe MuxSiuaWosen der Arzneimittel nee Arzneibuches ftlr «las 
Deuteohe BtfÄ 

4. Toräebrifte» betreffend dte Abgabe stark wirkender Arznei¬ 
mittel % s .. w. ' *' f :'' 

$.. 6;et‘<dpi cv^iiarni -s und Phai’mfteupoett öbeoriomicÄ. 
ß, Pörmtilae” Magistrate« Berolinenses in n&uia paupfeTuni- 
7 f Dpsriung m«kvget und differenter Mittel für Kinder. 


18; Maaase' und Gewichte da# 

Benifthaiduigimg de* O^bbfföhftlt&v ^ \-V 
14. Die Zeitrechnung fkr.^hw^B^er$Ä^ttaßh;ddt». 

weRdren die letzte MmstnikuvD bietet» . . > *' 

to. Hympvurne uml Behandlungder-mnt,teii-.Vefgiftm)geu. t^h.-l»»«, 
.Prüf. Dr. Oscar Lirhr&ch In Berlin.. V^.. 

16. System der Tode8ors»chen nach Yitchaw. . .. 


u». oysujin uer xuuetjursmuwu »ucu r *<vuurr. .... t 

17 " \>y*eiebafes und »Gfearubtorwtik der wichtigsten BaT* und: / 



fhusfctön ?md ' nach* Btijftiiieiii '. 0 ; ßfe iudicatiduan. für die ii( d'^ß Xj&tsst^dit Jijiirea 

Ftnt Dr. i«<urne Therapie elag-ufiihrt©» 

^dx^ffiata *wr Ausftthraag von fihductiuiieft, Dr. fomMant. Ässihienzam »itt de?' Mni- v Mua*t=• • 

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4 Die bol gerR'htUehen Saetiopen hetjoudere iu DetracM ^Oh-Kumr, dör 

£rc*!im«ndaii 4taaPt*o «dd ÖewiuhtsveVliiältiij^e, r \\ t „ iä.V v <: j -n' , »*1 

Ahri»s der g^lmrisiifllfünheh Öperfttioualehro. X»fiTa*Ä<?«i5t. XJ«. Br«>'6 DhMöleivtung 

Dr 4 Freund iü- Su^sbiirg (mit ..-33 AbbUdui^genj. i .i: v* . .^rauktiagext. Ür, 1 , ^«hiralhh 1 j» 


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Kttrxgefasste Abhandlungen 


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Deutschlands Gesundheitswesen 

Organisation und Gesetzgebung 

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Guttsiadt, Deutschlands Gesundheitswesen. TheÜ 1/U, ü M. io.~. 

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Deutsche medicinische Wochenschrift. i8y<t 


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668 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38 


ausgehende und voneinanderstrebende lange, starke Nadeln an einem Ge¬ 
lenk befestigt sind. Die Nadelöhre befinden Sich am oberen Theil der 
Nadeln, in die ein Faden (Seide oder Catgut) eingefädelt ist. 

Die Patientin soll zu dieser Operation ebenso vorbereitet werden, 
wie dieses zu einer Laparotomie geschieht. Dann, nachdem die Vagina 
durch vorherige antiseptische Behandlung gänzlich gereinigt worden, wird 
die Patientin in die Trendelenburg’sche Lagerung gebracht, darauf, 
nachdem die Gebärmutter genügend erweitert ist, wird dieselbe gründ¬ 
lich curettirt und mit einer antiseptischen Lösung sorgsam ausgewaschen. 
Darauf wird das Instrument, dessen Caliber stark genug sein muss, um 
die ganze ausgeweitete Gebärmutter auszufüllen, in dieselbe hineingeführt 
und, indem man, das Peritonäum als Stütze benutzend, etwaige Adhäsionen 
losreisst, in direkte Berührung mit der Abdominalwand gebracht. _ Die 
Gebärmutter wird dann fest gegen das Peritonäum gedrückt und einige 
male auf- und niederwärts bewegt, bis man sicher ist, dass sich keine 
Eingeweide zwischen dem Uterus und dem Peritonäum befinden. Dann 
wird das Piston ein wenig vorgeschoben, um die Nadeln die Gebärmutter 
ein wenig durchdringen zu lassen, worauf man dieselben etwas gegen 
das Peritonäum reibt, um die Adhäsionen zu erleichtern. Dann wird das 
Piston zurückgezogen, ohne den Uterus aus der Lage zu bringen, worauf 
derselbe nochmals fest gegen die Abdominalwand gepresst und das 
Piston vollständig vorgeschoben wird, bis die Nadeln die Bauchwand 
gänzlich durchdringen. Der Faden wird nun aus den Nadeln entfernt 
und das Instrument von unten zurückgezogen. Dann macht man einen 
geringen Hauteinschnitt, nur tief genug, um den festangezogenen Stich 
und Knoten des Fadens zu verbergen, die Wunde mit Jodoform be¬ 
streuend und mit Colodium verschliessend. 

Ich habe bisher 27 dieser Operationen gemacht, von denen 26 als 
vollständig gelungen bezeichnet werden müssen. 

In dem einen missglückten Falle waren die Adhäsionen so. stark, 
dass dieselben nicht ganz losgerissen werden konnten, sondern dass 
eigentlich die Bauchwand an den Uterus angenäht wurde, anstattr dass 
das Umgekehrte der Fall sein sollte. 

In keinem Falle konnte irgend welche Temperaturerhöhung constatirt 
werden, und die Patienten, welche keine Klage über besondere Schmerzen 
geführt hatten, konnten nach zweiwöchentlicher Rückenlage und drei 
Wochen nach der Operation aus dem Hospital entlassen werden. In fünf 
Fällen war der Stich nicht in der Haut verborgen und am 7. bis' 
13. Tage durchschnitten; doch auch in diesen Fällen zeigte es sich, dass 
die Adhäsionen auch ohne Unterstützung des Fadens stark genug sind, 
um die Gebärmutter am Platze zu erhalten. Den Patienten wurde ange- 
rathen, für etwa einen Monat ein Pessarium zu tragen. 

Die erste Operation dieser Art wurde von mir am 21. April d. J. 
im hiesigen Bethany Hospital ausgeführt, daher ist die Zeit zu kurz, um 
von permanenten Erfolgen sprechen zu können. Wenn jedoch diese 
Adhäsionen am siebenten Tage stark genug waren, um nach Zerschneidung 
des Fadens den Uterus am Platze zu erhalten, so werden dieselben 
sicherlich' später erstarken und dadurch ein dauernd gutes Endresultat 
liefern. Die Hauptsache ist nur, dass das Ende des Instruments um¬ 
fangreich genug ist, um einen möglichst grossen Stich zu erzielen. 

Zur Behandlung der Milchanhäufung in den Brustdrüsen 
der Neugeborenen. 

Von Dr. Coesfeld, U.-Barmen. 

In früheren Jähren war es wohl eine allgemeine Sitte der Hebammen, 
jede Brustdrüse der Neugeborenen auszudrücken, um, wie sie sagten, die 
sogenannte „Hexenmilch“ daraus zu entfernen. Das müsse sein, und 
dabei drückten und pressten sie die Brüstchen so lange und so stark, bis 
die Flüssigkeit im Strahl herausspritzte. Dass durch solche rohe Manipu¬ 
lation leicht eine Entzündung der Brustdrüse mit nachfolgender Absce- 
dirung eintrat, ist leicht erklärlich, und ich habe in den ersten Jahren 
memer ärztlichen Thätigkeit viele solcher Brustdrüsenabscesse eröffnen 
müssen. Jetzt ist es seit vielen Jahren anders, und Brüste von Neuge¬ 
borenen, die durch jenes rohe Verfahren in Entzündung und Eiterung 
ubergegangen sind, sieht man kaum noch. Wissen doch jetzt wohl alle 
Hebammen, dass jene Milchanhäufung in den Brustdrüsen gleichsam ein 
physiologischer Vorgang ist und die Brüste einfach vor jedem Insult zu 
schützen sind. Geleitet indess von der Erfahrung über die Wirkung der 
Belladonna, die auch bei äusserlicher Anwendung Drüsenabsonderungen 
zu beschränken vermag, wie jene bei den Brust-, Schweiss- und Speichel- 
(Wisen nachgewiesen ist, lasse ich seit fast 20 Jahren auf die geschwollenen 
Brustdrüsen em auf weiches dünnes Leder gestrichenes Empl. Belladonnae 

yw ße 2' ^ Es - D Wir ? J t .. WUüderbar msch ' und in ganz kurzer Zeit ist der 
Zustand der Brustdruse ein normaler. Ebenso lasse ich auch bei An¬ 
schwellung der Brüste der Wöchnerinnen, wenn diese aus irgend einem 
Grunde nicht zu stillen vermögen und die Milch nicht künstlich zu ent¬ 
emen ist, Ungt. Belladonnae einreiben oder das Empl. Belladonnae auf- 
legen. Auch hier schwinden nach Stunden die Schmerzen, die Brüst 
S ? bzu ^ ehmen und 8ich zu erweichen, die Miichsecretion 

ztodnnl 111 ^! 1 ^- a p‘ n ^ b6r S6lbs i weiteren Stadium, dem der Ent- 
rt dl t B ^ ad ? nna ^och indicirt, und der Abscessbildung wird 
EÄ* l 0r pj eust -a lst aber die Eiterung nicht mehr aufzuhalten, so 
hoaivP tv? ■ Be i b f donna P daster doch die Schmerzen und begrenzt den Eiter- 
SC - W I eS f 6 ? ut T? en Worten Sydney Ringer’s: „Die plötzlich 

l hn M^ ei i ntretende Besserun S wird einen Jeden in Erstaunen setzen, 
der das Mittel zum ersten male anwendet.“ 


— J. Har die, A new Instrnment for surglcal drainage, and • 
ready method of making a self-retaining drainage-lube. The Lancet 
1894, No. 3697, S. 13. 

Um die Retention von Blut und WundflUssigkeiten in grösseren 
Wundhöhlen zu verhüten, was nicht immer sicher durch Einlegen von 
Drainröhren oder durch aufsaugende Compressionverbände erreicht wird, 
hält Har die die Wundränder durch eine Klemme auseinander, die ganz 
wie ein Sperrelevateur für die Augenlider gebaut ist und mit zwei kurzen, 
flachen Schaufeln die Wundränder auseinander drängt. Die Wunde wird 
genäht, an der Stelle, wo sie drainirt werden soll, werden aber zwei Nähte 
nur lose geknüpft, hier wird die Klemme mit geschlossenen Schaufeln ein¬ 
geführt und dann auseinander federn gelassen. Am nächsten Tage wird 
die Klemme entfernt und werden die zwei Nähte fest geknüpft. Um ein 
von selbst haftendes Drainrohr zu gewinnen, wird vom Ende eines dicken 
Gummidrains ein Ring von Vß Zoll Höhe (4 mm) abgeschnitten und in 
zwei Halbringe zerschnitten. Diese beiden Halbringe werden einander 
gegenüber am einen Ende des Drains als Querbalken mit Silberdraht 
(ihre Convexität gegen den Drain gerichtet) angenäht. 

— A. B. Kelly, The treatment of certaln conditlons of the 
tonsils by means of a new tonsll punch. The Lancet 1894, No. 3697, 
S. 18. 

In den Fällen, in denen sich die vergrösserte Tonsille nicht gut durch 
Tonsillotomie entfernen lässt, kneift Kelly mit einer Art von Locheisen 
eine Anzahl erbsengrosser Stücke unter Cocainanästhesie ah. Das kleine 
Locheisen ist seitlich an einem Metallstab befestigt, der in einer seitlich 
geschlitzten Röhre läuft und erlaubt, das Locheisen rückwärts gegen ein 
entsprechend durchbohrtes Widerlager zu ziehen oder hei anderer An¬ 
ordnung es gegen das Widerlager vorzustossen. Zum Halten des Instru¬ 
mentes dienen zwei seitliche Fingerringe, ein dritter ist am Ende des 
centralen Stabes befestigt. Meist lässt sich die Verkleinerung der Ton¬ 
sille bei geringer Blutung in einer Sitzung vollenden. 

_ E. Sehrwald (Freiburg). 

XII. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Prof. Eulenburg befindet sich bis Ende Septem¬ 
ber auf Reisen. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellen 
Inhalts nicht — wie es vielfach geschieht — nach seiner 
Privatwohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactions¬ 
bureau, Potsdamerstrasse 116, zu adressiren. 

— Dresden. Der Verein der deutschen Irrenärzte wird am 
21. und 22. September seine Sitzungen in Dresden, im Saale des König¬ 
lichen Landes-Medicinal-Collegiums, Zeughausplatz 3, halten. 

— Wien. Das Programm der 66. Versammlung deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte hat durch die bedauerliche Erkrankung des be¬ 
rühmten Physikers v. Helmholtz eine Lücke erhalten. Dieselbe wird 
durch einen anderen, den mathematischen Wissenschaften angehörigen 
Vortrag ausgefüllt. Der Professor der Mathematik in Göttingen, 
F. Klein, wird über „Riemann und seine Bedeutung für die Entwicke¬ 
lung der modernen Mathematik“ sprechen. 

— München. Eine Ministerialentschliessung hat, wie schon ge¬ 
meldet wurde, die Zulassung der Feuerbestattung abgelehnt. 
Der Verein für Feuerbestattung hatte in seiner Eingabe gebeten, dass 
„auf Grund der in Bayern bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und 
Verordnungen die Feuerbestattung neben der bisher ausschliesslich ge¬ 
bräuchlichen Beerdigung für zulässig zu erachten sei, unter der Voraus¬ 
setzung, dass dem Zwecke und dem ästhetischen Gefühle entsprechende 
Verbrennungsöfen erbaut und diejenigen Bestimmungen eingehalten werden, 
welche die Staatsregierung in dieser Hinsicht und insbesondere auf eine 
geordnete Rechtspflege zu treffen für gut finden wird.“ Hierzu wird in 
der erwähnten Ministerialentschliessung der „Allg. Ztg.“ zufolge im 
wesentlichen folgendes ausgeführt: „Wie in den bezeichneten Vorlagen 
selbst schon zum Ausdruck gebracht ist, kann die Feuerbestattung nicht 
ohne gewisse polizeiliche Anordnungen und Vorschriften zugelassen und 
durchgeführt werden, und es können ohne Zweifel solche Vorschriften 
dem Zwecke nur dann dienen, wenn die Zuwiderhandlungen dagegen unter 
Strafe gestellt sind. Als gesetzliche Unterlage hierfür würde nur der 
Art. 61, Abs. 1, Ziffer 3 des Polizeistrafgesetzbuches in Betracht kommen; 
da aber in diesen Bestimmungen nur von „Beerdigung“ und „Begräbniss- 
platz“ die Rede ist und der Gesetzgeber hierbei an eine „Feuerbestattung“ 
nicht wohl gedacht haben kann, so bietet jener Artikel in seiner Fassung 
eine sichere Grundlage für etwa zu erlassende Polizeivorschriften nicht, 
und es ist zu befürchten, dass solche Vorschriften von den Gerichten 
nicht als zu Recht bestehend anerkannt würden. Eine Zulassung der 
Feuerbestattung erscheint hiernach in Bayern ohne Ergänzung der ein¬ 
schlägigen Gesetzgebung nicht möglich. Ob aber zu einem gesetz¬ 
geberischen Vorgehen in der Sache gegenwärtig ein zureichendes Be- 
dürfniss in Bayern besteht, muss bezweifelt und deshalb Bedenkenge- 
tragen werden, behufs Einführung der Feuerbestattung zurZeit den Weg 
der Gesetzgebung zu beschreiten.“ 

— Universitäten. München. Dr. A. v; Franqud hat sich als 
Privatdocent für Geburtshülfe und Gynäkologie habilitirt. — Graz. Der 
Direktor der medicinischen Klinik, Prof. Re mb old, tritt in den Ruhe¬ 
stand; an seiner Stelle sind von der Facultät vorgeschlagen: Professor 
Dr. Fr. Kraus, Privatdocent Dr. Lorenz und Dr. Pal, sämmtlich m 
Wien. — St. Petersburg. Dr. G. J. Turner ist zum Privatdocenten 
der Chirurgie ernannt. Der Direktor des Kaiserl. Instituts der Expen- 
mentalmedicin Dr. E. F. Sperck ist gestorben. — Florenz. Dr. h. 
Centanni hat sich als Privatdocent für allgemeine Pathologie habilitirt* 


bedruckt bei Julius ältteoleld ln Berlin W. 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag _ M 84 , _ 23. August 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction : Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31. 


I. Exstirpation eines primären Lebersarkoms. ‘) 

Von Prof. Dr. J. Israel in Berlin. 

M. H.! Der mitzutheilende Fall gehört in doppelter Hinsicht 
nicht zu den alltäglichen; einmal wegen des Charakters der Krank¬ 
heit, welche Gegenstand der Operation geworden ist, sodann wegen 
der Natur des operativen Eingriffes selbst. Es handelt sich um die 
Exstirpation eines primären Angiosarkoms der Leber bei einem 
15jährigen Mädchen. Die Operation glückte, aber Patientin konnte 
sich nicht lange des Resultates erfreuen, da unzählige Metastasen 
bereits vier Monate nach der Operation dem Leben ein Ende 
machten. Die ausserordentliche Seltenheit der primären Leber¬ 
sarkome, von denen nur ganz wenige bekannt sind, so wie die 
geringe Zahl der bisherigen Geschwulstexstirpationen aus der Leber 
dürften wohl Ihr Interesse für die folgende casuistisehe Mittheilung 
erwecken. 

Bei der 15jährigen Patientin, welche ich am 28. September 1893 
zum ersten male sah, ist eine erbliche Belastung nicht bekannt ; von über¬ 
standenen Krankheiten werden Masern, Rüthein und Blasenkatarrh ge¬ 
nannt. Seit dem Frühjahr 1893 begann das Mädchen blass zu werden, 
klagte häufig über Kopfschmerzen, verlor an Körpergewicht, so dass sie 
aus der Schule genommen werden musste. Lokale Erscheinungen traten 
zuerst am 18. August auf, als Patientin plötzlich Schmerzen im Leibe, 
Uebelkeit. und Erbrechen bekam, Erscheinungen, welche nach einem Ab¬ 
führmittel in vier Tagen schwanden. 

Am 18. September wiederholten sich die Schmerzen, um in den 
nächsten Tagen schnell zuzunehmen. Am 21. September wurde von 
dem Hausarzt ein Tumor von der Grösse einer Billardkugel gefunden; 
acht Tage später sah ich das Kind. Ich fand ein für sein Alter sehr 
wenig entwickeltes Mädchen, von wachsarliger Blässe, Neigung der Lippen 
und Zunge zur Trockenheit, mit spurweisem Icterus der Conjunctiven; 
bei normaler Temperatur beschleunigter Puls und schnelle Respiration. Die 
Bauchwand war vorgetrieben, vorzugsweise in dem unterhalb des Nabels 
gelegenen Bezirk, während das Epigastrium flach und unempfindlich war. 
Die Empfindlichkeit gegen Berührung ähnelt an manchen Stellen einer 
peritonitischen. Die Vortreibung wird durch eine Geschwulst bewirkt, 
welche rechts stärker prominirt als links, deren obere Grenze rechts den 
Rippenrand in der vorderen Axillarlinie erreicht, in der Mittellinie 4 cm 
vom Schwertfortsatz entfernt bleibt, nach links bis zum Schnittpunkt des 
Rippenrandes mit der Mammillarlinie sich erstrockt, während der untere 
Umfang rechts den Darmbeinstachel berührt, in der Mitte 5 cm oberhalb 
der Symphysis pubis liegt. 

Die rechte Flanke prominirt ein wenig mehr als die linke, die 
Lumbalgegend gar nicht. Die Geschwulst bewegt sich fast gar nicht 
mit der Respiration; der PercussionsschaU über dem rechts von der 
MittelHnie gelegenen Theile der Geschwulst ist gedämpft, links tympani- 
tisch. Die Oberfläche zeigt kugelige Unebenheiten. Die Lage des Colon 
ascendens ist durch Aufblasung nicht zu bestimmen; der Urin ist frei 
von Eiweiss. 

Da zwischen Rippenrand und oberer Grenze des Tumors eine schmale 
Zone tympanitischen Schalles vorhanden war, deutliche rospiratorische 
Beweglichkeit fehlte und die Lage des Colons ascendens nicht erkannt 
werden konnte, so vermochte man nicht mit absoluter Sicherheit zu ent¬ 
scheiden, oh Leber oder Niere den Ausgangspunkt der Geschwulst 
bildete. 

Deshalb wurde bei der am 7. October 1893 ausgeführten Operation 
die Schnittführung so eingerichtet, dass sie der Möglichkeit beider Aus¬ 
gangspunkte Rechnung trug. Der Schnitt verlief von der Spitze der 
XI. Rippe in der Richtung nach vorn und unten, bis zum Aussenrande 
des M. rectus abdominis, der in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse 
getroffen wurde. Die einzelnen Schichten der Bauchwand wurden bis zum 


*) Vortrag, gehalten in der freien Vereinigung der Chirurgen 
Berlins. 


Peritoneum gespalten. Zunächst wurde die Fettkapsel der Niere freige¬ 
legt und die Intactheit der Niere sowie die intraperitoneale Lage des 
Tumors festgestellt. Nun wurde das BauchfeU in ganzer Ausdehnung 
eröffnet; sofort lag der grosse Tumor vor, frei von Vorwachsungen mit 
Ausnahme einer Netzadhäsion an seinem unteren Umfange, welche zwischen 
zwei Ligaturen durchtrennt wurde. Nach Herabziehen der Geschwulst er¬ 
kennt man deutlich ihren Ursprung vom rechten Leberlappen, an dem 
sie in ganzer Ausdehnung seines scharfen Randes entspringt, von seinem 
äussersten lateralen Ende bis zur Incision für die Gallenblase. 

Die Kuppe der letzteren liegt noch auf dem medialsten Theile der 
Geschwulstinsertion. 

Somit sitzt die Geschwulst nicht gestielt der Leber an, sondern hat 
eine sehr breite Verbindung von ca. 15 cm Querausdehnung. Ausser 
zwei Knötchen dicht über dem hinteren Umfange der Geschwulst werden 
secundäre Tumoren in der Leber nicht gefunden. 

Die Operation begann mit der Ablösung der Gallenblase von der 
Oberfläche des Tumors. Dann wurde mittels schwach glühenden messer¬ 
förmigen Thermocauters die Abtrennung der Geschwulst von rechts nach 
links begonnen. Dabei ging es zunächst ziemlich unblutig her; je weiter 
aber die Abtrennung nach links und hinten vorschritt, desto grössere Ge- 
fässe wurden eröffnet, desto profuser wurde die Blutung. Zunächst half 
ich mir so, dass da, wo es blutete, von Assistentenhänden ein Gazebausch 
aufgedrückt wurde, während ich an einer anderen Stelle fortfuhr zu 
brennen. Als aber die Durchtrennung an der medialen Seite in die Tiefe 
vordrang, wurden fingerdicke Venen eröffnet, so dass die Blutung durch 
Compression nicht mehr zu bemeistern war. Deshalb entschloss ich mich, 
einen 4 mm dicken Gummischlauch oberhalb der Durchtrennungslinie zwei 
mal um den ganzen rechten Leberlappen unter milssiger Spannung 
herumzulegen, worauf die fernere Trennung blutleer weitergeführt 
werden konnte. Bei Lösung des Schlauches wurde die Leber vom 
Assistenten zwischen beiden Daumen und Zeigofingern comprimirt und 
dann oberhalb der Trennungsfläche mit drei sehr starken Seiden- 
suturen in drei Partieen umstochen, worauf die Blutung vollkommen 
stand. Auf die verschorfte Fläche, welche sich ganz tief hinter den Rippen¬ 
rand zurückzog, wurde ein Jodoformgazebausch fest aufgedrückt, dessen 
eines Ende aus der im übrigen gänzlich geschlossenen Bauchwundo her¬ 
ausgeführt wurde. 

Der Wundverlauf war bis auf eine unbedeutende Bauchdeckeneite- 
rung ein sehr normaler. Am vierten Tage wurde der Tampon heraus¬ 
gezogen und ein Drain eingelegt. Dieses wird am 23. October entfernt; 

_ die Heilung der enormen Bauchwunde hat im wesentlichen prima 

intentione stattgefunden. . 

Patientin fing an sich recht zu erholen, bekam Appetit, war frei 
von Schmerzen. Aus der Drainfistel stiessen sich unter massiger Eite¬ 
rung noch längere Zeit hindurch Bröckel des Brandschorfes ab. Am 
6. November stand Patientin zum ersten male auf. Am 14. November 
begannen Klagen über Schmerzen in beiden Beinen; gleichzeitig fiel auf, 
dass Patientin sich nicht recht aufrecht halten konnte, sondern vor¬ 
sichtig vorn übergeneigt ging, wie ein mit Spondylitis Behafteter. 

Der Vordacht auf eine metastatische Erkrankung der Wirbelsäule 
wurde zur Gewissheit, als sich am 13. December fand, dass der Processus 
spinosus des XI. Brustwirbels nach vorn und links ausgewichen und druck¬ 
empfindlich war. , . T m , 

Bald Hessen sich Geschwülste in der Leber und im Leibe nachweisen, 
welche mit einer unglaublichen Rapidität wuchsen, bis am 21. Januar 1894, 
110 Tage post operationem, der Tod eintrat. 

Ich zeige Ihnen zunächst den exstirpirten Tumor, welcher natürlich 
durch Schrumpfung im Spiritus erhebHch an Grösse verloren hat. Er 
hat eine grosslappige Oberfläche und eine melonenartige Form. Sem 
grösster in der Quere gelegener Durchmesser betrug frisch 18 cm, sem 
sagittaler 14, sein Höhendurchmesser 7,5, sein Gewicht 122o g. An 
seinem oberen Umfange befindet sich die durch die Verschorfung bedeu¬ 
tend geschrumpfte Trennungsfläche von der Leber, welche o cm breit, 
5 cm tief ist. Die Schnittfläche zeigt nahe dem medianen Theile ihres 
hinteren Randes das Lumen einer kleinfingerdicken Vene. Dicht -neben 
dieser befindet sich ein erbsongrosser Hohlraum, welcher einem Oefäss- 


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lumen entsprach, der von einem hanfkorngrossen weichen Geschwulst¬ 
thrombus ausgefüllt war. Mit diesem Befunde war leider die Prognose 
besiegelt. Das an der Geschwulst befindliche Leberstück zeigt an 
seiner Hinterfläche dicht unter der Amputationslinie einen etwa 
fünfpfennigstückgrossen Knoten. Zwischen Schnittfläche und der 
den Tumor vom gesunden Gewebe abgrenzenden Furche befinden sich 
3 cm Lebersubstanz. An der linken Seite hat die Geschwulstwucherung 
die Serosa durchbrochen. 

Auf dem Durchschnitt sieht man ein sehr buntes Bild. Durch 
Septa zerfällt die Geschwulst in viele grössere Lappen, welche 
wieder in Unterabtheilungen durch feinore Bindegewebszüge geschieden 
werden. Der grösste Theil der Masse ist gelb, verfettet, auf dem Durch¬ 
schnitt über die Septa hervorquellend; die weniger veränderten Theile roth, 
fleischig, mit eingesprengter Verfettung. An manchen Stellen findet sich 
eine myxomatöse Veränderung des Stroma. Grosse Gefässe durchziehen 
die Geschwulst. Die mikroskopische Untersuchung, welche Herr Dr. Hanse - 
mann die Güte hatte auszuführen, ergiebt ein teleangiektatisches Angio- 
sarkom. Die Sarkomzellen entwickeln sich in den Gefässscheiden und 
folgen in ihrer Anordnung den Gefässen, in deren Lumen sie hier und 
da einbrechon. Die Wandungen der vielfach teleangiektatischen Bluträume 
sind äusserst dünn. 

Die Section, von Prof. 0. Israel ausgeführt, ergab eineu enormen 
Reichthum au frischen Metastasen, nirgend aber eine Geschwulst, 
welche als eine dom Lebertumor zeitlich vorangehende primäre hätte auf¬ 
gefasst werden können. Massenhafte Geschwulstknoten fanden sich im 
Unterhautgewebe, in der rechten Mamma, in beiden Lungen, in der Leber. 
Zwischen drittem und viertem Lendenwirbel ist die Bandscheibe durch 
Tumormasse zerstört; die Geschwulstbildung dringt in den Wirbelcanal 
ein und umgiebt vollständig die Cauda equina. Vor der rechten Darm¬ 
beinschaufel liegt ein faustgrosses Paquet. Die Leber, durchsetzt von meta¬ 
statischen Knoten, ist monströs vergrössert; ihr grösster Querdurchmesser 
beträgt 33 cm, wovon 19 auf den linken Lappen kommen. Die Ampu¬ 
tationslinie, welche frisch ca. 15 cm betrug, ist durch Vernarbung auf 
4,5 cm reducirt; hier adhärirt, die Leber der Bauchwand durch eine 
Narbenmasse, innerhalb welcher eine kirschkerngrosse Höhle liegt, ge¬ 
füllt mit den die Lebersubstanz umstechenden drei starken Seitenliga¬ 
turen, von denen zwei das Lebergewebe noch nicht völlig durchschnitten 
haben. Unmittelbar median von der Narbe befindet sich die sehr ge¬ 
schrumpfte Gallenblase. 

Die Zahl der bis jetzt operirten Lebertumoren ist recht ge¬ 
ring, aber die Resultate sind ermuthigend und beweisen jetzt schon 
die Berechtigung solcher Eingriffe. 

Mir sind im ganzen mit meinem eigenen Falle 14 Operationen 
von Lebergeschwülsten bekannt, und zwar handelt es sich sechs¬ 
mal, alzo in nahezu 43 %, um Syphilome, zweimal um Krebse 
(einen primären, einen secundären), einmal um ein primäres Leber¬ 
sarkom, ferner eine Michgeschwulst der Bindegewebsreihe, ein 
Adenom, ein Cystoadenom, ein Cavernom, einen Echinococcus. 
Von diesen 14 haben zwei Syphilomoperationen einen tödtlichen 
Ausgang gehabt, und zwar einmal durch Nachblutung, einmal durch 
Sepsis. Ausserdem trat einmal eine Nachblutung ein, welche eine 
Wiedereröffnung der Bauchhöhle zum Zwecke der Umstechung der 
blutenden Gefässe nöthig machte. 

Vier principiell verschiedene Methoden kamen für die Ver¬ 
sorgung der Leberwunde in Betracht, nämlich erstens die Ver¬ 
senkung mit Schluss der Bauchwunde, zweitens die Versenkung 
mit Tamponade der Leberwunde und Herausführung eines Tampon¬ 
zipfels durch eine Lücke der Bauchnaht, drittens die extraperito¬ 
neale Lagerung der Leberwunde nach vollendeter Exstirpation 
durch Annähen des Leberüberzugs in die Bauchdeckenwundränder, 
endlich die zweizeitige Operation, nämlich die extraperitoneale 
Lagerung der Geschwulst durch Einnähen in die Bauchwunde, mit 
darauf folgender Exstirpation nach Verheilung der beiden anein¬ 
ander genähten serösen Blätter. 

Die von der einfachen Versenkung abweichenden Methoden 
verfolgen den Zweck, die Gefahr der Nachblutung zu bekämpfen. 

Denn thatsächlich sind die beiden einzigen Nachblutungen, 
deren eine tödtlich verlief, bei der einfachen Versenkung des um- 
stochenen uud unterbundenen Stiels beobachtet worden. Nach 
diesen Erfahrungen wird ein solches Verfahren nur in den Fällen 
von dünnem oder sehr gefässarmem, bindegewig verändertem Stiel 
zu empfehlen sein. 

Ebenso wird die zweizeitige Methode im allgemeinen bei ma- 
lignen Tumoren nicht empfehlenswerth sein, da sie eine geringere 
Sicherung für die Entfernung alles Kranken giebt, als die ein¬ 
zeitige. Denn wenn man in der Schnittfläche noch Knoten findet, 
so ist man bei schon angewachsener Leber nicht leicht imstande, 
eine höhere Amputation vorzunehmen. 

Es kommen demnach wesentlich in Betracht die einzeitigen 
\ erfahren entweder mit nachfolgender extraperitonealer Lagerung 
der Leberwunde, oder mit Tamponade. Ersteres Verfahren verdient 
wegen der grösseren Sicherheit jedenfalls den Vorzug, wo es aus¬ 
führbar ist. Leider ist das aber nicht immer der Fall, da es, wie 
unsere Beobachtung lehrt, nach ausgedehnter Abtragung einer nicht 
ausgesprochen gestielten Geschwulst bisweilen unmöglich ist, die 
Leber soweit hervorzuziehen, dass ihre Trennungsfläche in die 


No. 34 


Bauchwunde eingenäht werden kann. Unter solchen Umständen 
ist man auf die Tamponade angewiesen. 

Unter den verschiedenen Modificationen der Tamponade scheint 
mir die grösste Sicherung gegen Blutungsgefahr das Verfahren 
von v. Eiseisberg zu gewähren, welcher den Tampon auf der 
Leberwunde durch Nähte befestigte, welche die Leberkapsel durch- 
drangen und mit ihren langen Enden aus der Bauchwunde her- 
ausgeführt wurden. 

Das einfache Aufpacken von Jodoformgaze auf die Leberwunde 
mit Hinausleitung eines Endes, wie es von v. Bergmann und 
mir geübt worden ist, scheint nicht vollkommen gegen Nachblutung 
zu sichern, hat aber mindestens vor der völligen Versenkung den 
Vorth eil, dass der Eintritt einer Blutung alsbald an der Durch¬ 
tränkung des Verbandes erkannt wird und somit rechtzeitig be¬ 
kämpft werden kann. 

Ein noch nicht angewandtes Verfahren ist das Liegenlassen 
des constringirenden Gummischlauches, welches gewiss in einigen 
Fällen mit Vortheil verwendbar wäre. 

Bezüglich der Wahl zwischen Messer und Thermocauter als 
Trennungsinstrument würde ich da, wo eine Schlauchconstriction 
möglich ist, dem scharfen Schnitt den Vorzug geben, weil er er¬ 
möglicht, die durchtrennten grösseren Gefässe zu sehen und durch 
Umstechung oder Unterbindung zu sichern. 

II. Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena. 

Zur diagnostischen 

Bedeutung des Achillessehnenphänomens. 

Von Prof. Dr. Th. Ziehen in Jena. 

(Schluss aus No. 33.) 

Auf Grund der beiden Tabellen, sowie der soeben gegebenen 
Einzelerläuterungen, sowie endlich auf Grund der bekannten Ge- 
sammtziffer der Fälle, welche von einer jeden Psychose bezw. 
Psychoneurose überhaupt zur Untersuchung gelangt sind, lässt sich 
nunmehr auch ohne Schwierigkeit die diagnostische Bedeutung der 
verschiedenen Störungen des Achillessehnenphänomens für die ein¬ 
zelnen Psychosen feststellen. 

a) Dementia paralytica. Unter 158 genau untersuchten 
männlichen Paralytikern hatten nur 57 normale oder annähernd 
normale Achillessehnenphänomene. Bei 64% waren dieselben ein¬ 
seitig oder doppelseitig deutlich verändert 1 ). Abschwächung oder 
Aufhebung ist fast doppelt so häufig als Fussklonus. Auch ein¬ 
fache Ungleichheit ist sehr häufig. In mehreren Fällen konnte im 
Laufe der klinischen Beobachtung das allmähliche Abnehmen und 
Verschwinden des Achillessehnenphänomens verfolgt werden 2 ). In 
anderen Fällen trat der Verlust des Achillessehnenphänomens als 
Frühsymptom auf. In einem privatim von mir beobachteten Falle 
waren fast zwei Jahre lang krankhafte Steigerung der sexuellen 
Libido und Verlust der Achillessehnenphänomene die einzigen Sym¬ 
ptome; jetzt sind Opticusatrophie, Pupillenstarre, einseitiges West- 
pharsches Zeichen und leichte intellectuelle und affective Ver¬ 
änderungen hinzugetreten. Syphilitische Infection ist sicher fest¬ 
gestellt. Der Uebergang in Dementia paralytica oder Lues des 
Centralnervensystems kann heute als unzweifelhaft angesehen wer¬ 
den. Sehr bemerkenswerth ist ferner, dass dieser Verlust des 
Achillessehnenphänomens nicht stets von dem Westphal’schen 
Zeichen begleitet ist, bezw. dem Verlust des Kniephänomens vor¬ 
angehen kann. Unter meinen Fällen war 23 mal das Achilles¬ 
sehnenphänomen einseitig oder doppelseitig erloschen, während das 
Kniephänomen erhalten war. Erwägt man, dass bei den functio¬ 
neilen Psychosen und bei der Neurasthenie Fehlen des Achilles¬ 
sehnenphänomens ungemein selten ist, so erhellt, welche Bedeutung 
der Nachweis des Fehlens des Achillessehnenphänomens für die 
Frühdiagnose und für die Differentialdiagnose der Dementia para¬ 
lytica hat. Der auch in manche Lehrbücher übergegangenen Be¬ 
hauptung, dass auch bei dem Gesunden das Achillessehnenphäno- 
men öfter fehle, muss ich entschieden widersprechen. Genaue 
Untersuchung unter den oben angegebenen Cautelen ist allerdings 
unerlässlich. 

Interessant ist auch, dass eine energische Inunctionscur zu¬ 
weilen das Achillessehnenphänomen wiederherzustellen vermag 
ähnlich, wie ich dies für das Kniephänomen beschrieben habe'’). 
Ein Beobachtungsfehler ist ausgeschlossen, da vor der Inunctions¬ 
cur bei oft wiederholten Prüfungen das Phänomen nie zu er- 

*) Bei den Frauen 46 %. 

a ) Der umgekehrte Verlauf — anfängliche deutliche Abschwächung 
und allmählicher Uebergang in Steigerung — ist erheblich seltener; doch 
glaube ich ihn in drei Fällen sicher beobachtet zu haben. 

^ Auch Pupillenstarre habe ich neuerdings unter dem Einfluss einer 
Quecksilbercur sowohl in einem Fall von Dementia paralytica wie in einem 
Falle von Himsyphilis ausnahmsweise schwinden sehen. 


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23. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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zielen war, während bei Anwendung derselben Cautelen nach der 
Inunctionscur eine unzweifelhafte Contraction erzeugt werden konnte. 

Beiderseitiger Fussklonus ist zwar bei Dementia paralytica 
auch sehr häufig, aber seine diagnostische Bedeutung ist geling, 
da auch functioneile Psychosen denselben nicht selten zeigen. Ein¬ 
seitige oder doppelseitige Abschwächung und Ungleichheit wurde 
in Fällen, wo die Diagnose zwischen Dementia paralytica und 
functionellen Psychosen schwankt, sehr entschieden für erstere 
sprechen. 

Für die Differentialdiagnose der Dementia paralytica gegen 
Dementia senilis, Lues cerebri und chronischen Alkoholismus lässt 
sich weder der Verlust noch irgend eine andere krankhafte 
Störung des Achillessehnenphänomens mit irgend welcher Sicher¬ 
heit verwerthen. 

Vorübergehende Ungleichheit des Achillessehnenphänomens 
habe ich öfter in und nach paralytischen Anfällen beobachtet. Die 
Steigerung findet sich regelmässig auf der gelähmten Körperhälfte. 
Mitunter kommt es ebenda zu wohl ausgeprägtem Fussklonus. 
Gelegentlich habe ich auch beiderseitigen Fussklonus nach und in 
paralytischen Anfällen vorübergehend auftreten sehen. 

b) Dementia senilis. Die 30 Fälle, in welchen Störungen 
des Achillessehnenphänomens zur Beobachtung kamen, entsprechen 
35 % aller Fälle seniler Demenz, welche überhaupt zur Unter¬ 
suchung kamen. Die diagnostische Bedeutung dieser Störungen 
des Achillessehnenphänomens wird jedoch ganz wesentlich durch den 
Umstand beeinträchtigt, dass alle Störungen fast gleichmässig Vor¬ 
kommen oder vielmehr sogar diejenigen überwiegen, welche ge¬ 
legentlich auch bei functionellen Psychosen Vorkommen. Ausdrück¬ 
lich möchte ich betonen, dass die Ungleichheit der Achillessehnen¬ 
phänomene (und auch der Kniephänomene) bei seniler Demenz auch 
dann vorkommt, wenn — wie die Section ergiebt — jede Com- 
plication mit einer makroskopischen Heerderkrankung fehlt. 

c) Lues cerebri. Dass die Lues .cerebri, wenn sie als 
circumscripte Heerderkrankung die eine Pyramidenbahn in ihrem 
intracerebralen Verlauf unterbricht, eine Steigerung des gekreuzten 
Achillessehnenphänomens bedingt, ist ohne weiteres verständlich. 
Weniger bekannt ist die Thatsache, dass ebenso wie eine isolirte 
Pupillenstarre oder der isolirte Verlust eines Kniephänomens so 
auch der isolirte Verlust eines oder beider Achillessehnenphänomene 
das einzige körperliche Symptom einer beginnenden Syphilis des 
Centralnervensystems sein kann. So habe ich Fehlen des Achilles¬ 
sehnenphänomens z. B. schon zweimal bei der Forme cöphalalgique 
Fournier’s beobachtet. Von diesem Standpunkt aus ist selbst¬ 
verständlich der oben angeführte Fall eines syphilitischen 58- 
jährigen Paranoikers auch hierher und nicht zu den functionellen 
Psychosen zu rechnen. 

d) Secundärer und angeborener Schwachsinn. Hier 
ist das Fehlen oder eine anderweitige Veränderung des Achilles¬ 
sehnenphänomens bedeutungslos. Nur bei dem angeborenen Schwach¬ 
sinn giebt das Fehlen des Achillessehnenphänomens zuweilen einen 
Hinweis auf eine zugrunde liegende hereditäre Syphilis. So hat 
bei einem 13jährigen Mädchen, welches das klinische Bild der so¬ 
genannten Moral insanity, d. h. einer Debilität mit vorzugsweisem 
Defect der ethischen Begriffsbildung, darbot, das Fehlen des 
Achillessehnenphänomens zusammen mit der Lichtstarre einer Pu¬ 
pille mir zuerst den Verdacht auf hereditäre Syphilis erweckt. 
Später wurde solche auch anamnestisch festgestellt. Specifische 
Behandlung führte nicht nur eine auch für Anstaltsbehandlung 
ganz auffällige Besserung der Debilität, sondern auch Rückkehr 
der Achillessehnenphänomene herbei. Die einseitige Pupillenstarre 
blieb unverändert. 

e) Epilepsie. Fussklonus ist in den Intervallen zwischen 
den Anfällen ausweislich meiner Tabellen nicht so häufig, als man 
vielleicht erwarten möchte. Nicht selten habe ich ihn vorüber¬ 
gehend unmittelbar nach einem Anfall beobachtet. Noch etwas 
öfter findet man unmittelbar nach schwereren Anfällen eine merk¬ 
liche Abschwächung des Achillessehnenphänomens, nach sehr 
schweren in dem dem Krampfstadium nachfolgenden Coma gelegent¬ 
lich auch ein vorübergehendes Erlöschen desselben. Es scheint, dass 
diese Abschwächung durchaus nicht nur von der Intensität des 
Anfalls abhängig ist und speciell nicht etwa einfach auf der Er¬ 
schöpfung der motorischen Apparate beruht, sondern in erheblichem 
Maasse von der Behinderung der Respiration während des An¬ 
falles bezw. der Kohlensäureüberladung des Blutes *) abhängt. 
Wenigstens habe ich eine Abschwächung der Achillessehnen¬ 
phänomene (und Kniephänomene) auch nach schweren Anfällen nie- 

*) In einem Falle acuter Opiumintoxication. 1,2 g, waren die Knie¬ 
phänomene erhalten, die Achillessehnenphänomene vorübergehend erloschen. 
Ueber den Fussklonus bei Epileptikern vergl. Fürstner, Arch. f. Psychi¬ 
atrie, Bd. 17, Moeli, ibid., Bd. 14, Westphal, ibid., Bd. 5, Olliver, 
Edinburgh, med. Journ. 1886, Beevor, Brain, Bd. 5, Bechterew, Neurol. 
Centralbl. 1892, Agostini, Riv. sper„ 1890, 


mals gefunden, wenn die Cyanose unerheblich war, weil die Re¬ 
spirationsmuskulatur weniger an dem Anfall betheiligt war. 

Der intervalläre einseitige Fussklonus, welcher sich in vier 
Fällen fand, lässt sich auf Grund unserer modernen Anschauungen 
über die Entstehung der genuinen Epilepsie sehr wohl erklären. 
Diese gehen bekanntlich dahin, dass auch in vielen Fällen der 
sogenannten genuinen, vermeintlich functionellen Epilepsie kleine 
auf infantiler circumscripter Encephalitis beruhende Heerderkran- 
kungen vorliegen, deren Reizwirkung sich von Zeit zu Zeit in epilep¬ 
tischen Anfällen entladet. Es ist nun sehr wohl verständlich, dass 
eine solche Heerderkrankung, wenn sie im Bereich der Pyramiden¬ 
bahn gelegen ist, zu Fussklonus in der gekreuzten Körperhälfte 
führt. Ich verweise hier namentlich auf die einschlägigen Arbeiten 
von Sachs. 

In dem einen Falle der Tabelle 1, in welchem beiderseitige 
Abschwäehung angegeben ist, lag Syphilis vor, desgl. handelt es sicli 
höchstwahrscheinlich in einem der beiden Fälle in Tabelle 2 um 
hereditäre Syphilis (Hutchinson’sche Symptomtrias, Dementia 
paralytica bei dem Vater). 

f) Hysterie. Fussklonus (einseitig oder doppelseitig) und 
Ungleichheit der Achillessehnenphänomene ist bei Hysterie ent¬ 
schieden noch weit häufiger, als bei Epilepsie. Sternberg 1 ) giebt 
an, dass in ca. 20°/o der Fälle sich Fussklonus finde, und Vor¬ 
kommen halbseitiger Verschiedenheit der Sehnenphänomene ist, wie 
auch Sternberg äussert, mit Unrecht von Althaus 2 ) bestritten 
worden. Fast stets lag die Steigerung des Achillessehnenphäno¬ 
mens bezw. des Fussklonus, wofern das Symptom überhaupt ein¬ 
seitig war, auf der Seite der gemischten Hemianästhesie vor. In 
einem Falle war rechts Fussklonus angedeutet, während das Knie¬ 
phänomen links stärker gesteigert war. Als Curiosum erwähne ich 
endlich einen Fall typischer Hysterie, in welchem der Fussklonus 
nicht durch Dorsalflexion, sondern nur durch intensive auf die 
Haut des Fusses applicirte Hautreize hervorzurufen war 3 ). 

Interessant wäre eine genauere Untersuchung der Sehnen¬ 
phänomene bei der sog. Syphilishysterie. In dem einzigen Falle, 
welchen ich bezüglich der Achillessehnenphänomene genau unter¬ 
suchen konnte, waren letztere merklich abgeschwäeht. 

g) Chronischer Alkoholismus. Nach meinen Tabellen 
ist Abschwächung oder Fehlen des Achillessehnenphänomens häufi¬ 
ger als Fussklonus. 4 ) Einfache Steigerung ohne Fussklonus ist 
ungemein häufig. Ich unterlasse genauere Zahlenangaben, da das 
Urtheil über krankhafte Steigerung mir wesentlich unsicherer 
scheint, als das Urtheil über krankhafte Herabsetzung. Der An¬ 
gabe Sternberg’s, dass in den Fällen von chronischem Alkoho¬ 
lismus (ohne multiple Neuritis) in der Regel gesteigerte Sehnen¬ 
phänomene bestehen, kann ich sonach nicht völlig beistimmen. Es 
kommen auch Fälle mit herabgesetzten und sogar solche mit erlo¬ 
schenen Sehnenphänomenen (speciell Achillessehnonphänoinenon) vor, 
ohne dass eine Neuritis nachweisbar wäre-- dem entspricht übrigens 
die von Sternberg nicht erwähnte pathologisch-anatomische That¬ 
sache, dass bei chronischen Alkoholisten die Section nicht selten 
auch eine graue Verfärbung im Bereich der Hinterstränge des 
Rückenmarks ergiebt. 

h) Functionelle Psychosen und Neurasthenie. Aus 

den oben gegebenen Erörterungen geht hervor, dass ein- oder 
doppelseitiges Fehlen des Achillessehnenphänomens sehr selten ist. 
Es fanden sich nämlich nur 10 Fälle (unter über 1500). In zweien 
lag auf der Seite des Fehlens eine alte Fractur vor, in einem 
Syphilis, in einem eine Entwickelungshemmung der bez. Extremität, 
in einem eine wahrscheinlich cerebrale Lähmung der bez. Ex¬ 
tremität (seniler Erweichungsheerd), in einem wahrscheinlich eine 
Ischiasneuritis. Sonach bleiben noch 4 Fälle (= In 

allen vier handelte es sich um jugendliche, an hallucinatorischer 
Paranoia erkrankte, vorwiegend in stuporösem Zustand befindliche, 
in der Ernährung stark zurückgegangene Individuen. Der in dem 
einen Fall vorliegenden Complication mit Brandnarben an dom bez. 
Unterschenkel, sowie mit Endocarditis geschah oben Erwähnung. 
Ich muss es weiteren Untersuchungen überlassen, festzustellen, 
ob diesem vierfachen Vorkommuiss irgend welche Gesetzmässigkeit 
zukommt. Jedenfalls ist sicher, dass bei der weit überwiegenden 
Majorität aller Fälle acuter hallucinatorischer Paranoia — auch bei 
jungendlichen, stuporösen und erregten, gut und schlecht genährten 


») 1. c. S. 254. 

a ) Arch. f. Psych. Bd. 16. ., 11 « 

3 ) Dass Hautreize steigernd auf den Fussklonus wirken bezw. gelegen!- 

h seine Hervorrufung erleichtern können, hat schon Westphal bei 
nleptikem beobachtet (1. e.). ... . . 

4 ) Dabei sehe ich von den Fällen mit einer typischen Alkoholneuiiu» 

“»fsehermer (Mttnch. mcd. IVuchenscl.r. 1889) vermiet« das Kiiii- 

länomen bei einer reconvalesceuteu Maniakalischen, T o m 1 1 n s on (. ourn. 

otwI «laut äiannc IftQfli hoi einer Melancholie. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84 


Individuen — die Achillessehnenphänomene normal oder gesteigert 
sind. 

Dass auch in den Fällen, wo eine Abschwächung des Achilles¬ 
sehnenphänomens vorliegt, oft ein bestimmtes ätiologisches Moment 
mitspielt (Syphilis, Senium, 1 ) Alkoholismus), ergiebt sich aus den 
früheren Erörterungen. Auch bezüglich der übrigen Störungen der 
Achillessehnenphänomene bei den functionellen Psychosen habe ich 
dem Früheren nichts hinzuzufügen. 

Für die praktische Diagnostik kann ich das Resultat 
meiner statistischen Zusammenstellung kurz dahin präcisiren: Das 
Achillessehnenphänomen ist — sorgfältige Untersuchung voraus¬ 
gesetzt — ein ebenso empfindliches, wenn nicht noch empfindlicheres 
Reagens auf bestimmte Erkrankungen des Centralnervensystems 
wie das Kniephänomen. Absolut eindeutigen Hinweis giebt es 
ebenso wenig wie dieses. Von besonderer Wichtigkeit ist nament¬ 
lich das ein- oder doppelseitige Fehlen des Achillessehnenphänomens. 
Dieses Fehlen, sofern es bei einem Geisteskranken beobachtet wird, 
deutet mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit auf Dementia para- 
lytica oder Lues des Centralnervensystems; in zweiter Linie kämen 
senile Demenz und namentlich auch chronischer Alkoholismus in 
Betracht. Die Verwerthung des Symptoms ist selbstverständlich 
nur zulässig, wenn peripherische Complicationen (Ischiasneuritis etc.) 
auszuschliessen sind. 


III. Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium des 
Herrn Prof. Baumann in Freiburg i. B. 

Zur Wirkung des Sulfonals, Trionals und 
Tetronals. 

Von Dr. med. W. Morro. 


Im Laufe der letzten Jahre haben neben dem Sulfonal zwei 
andere Disulfone, das Trional und das Tetronal eine ausgedehnte 
Anwendung erfahren. 

Nachdem durch Bau mann und Käst an Thieren festgestellt 
war, dass wie dem Sulfonal auch ihnen eine exquisit schlaf brin¬ 
gende Wirkung zukam, so zwar, dass das Tetronal die stärkste, das 
Sulfonal die schwächste hypnotische Wirkung hervorrief, während 
das Trional in der Mitte stand, w'aren Barth und Rumpel 2 ) die 
ersten, w r elche diese bezüglich des Trionals und Tetronals durch 
Thierexperimonte gefundenen Ergebnisse an Menschen prüften. Das 
Resultat dieser Versuche war, dass Trional und Tetronal auch bei 
Menschen eine sehr ausgesprochene schlaf bringende Wirkung er¬ 
zeugten, die oft noch zur Geltung kam, wenn Sulfonal versagte, 
dass aber die bei den Thierversuchen stark ausgeprägte Abstufung 
der Wirksamkeit nicht in gleicher Weise eintrat. 

Die Beobachtungen von Barth und Rumpel sind von vielen 
Seiten bestätigt und dahin erweitert worden, dass insbesondere 
das Trional auf Grund besonderer Eigenschaften eine allgemeinere 
Anwendung verdiene (Schultze, Horvath, Raimondi und Ma- 
riottini, Schäfer, Bötticher, Brie, Hammerschlag, Beyer, 
Kollaz u. a.). 

Es ergaben sich nämlich gewisse Unterschiede zwischen Trional 
und Sulfonal sowohl in der Art und Weise der Wirkung und ihrem 
Abschluss als auch hinsichtlich der Indicationen und des Auf¬ 
tretens von Neben- und Nachwirkungen, die zu Gunsten des Trio¬ 
nals sprechen. 

Diese Unterschiede sind kurz präcisirt folgende: 1) beim Trio¬ 
nal tritt die Wirkung früher ein als beim Sulfonal; 2) die Wir¬ 
kung des Trionals übertrifft meistens die des Sulfonals erheblich, 
erstreckt sich nur auf die sechs- bis achtstündige Dauer des Schlafes 
und ist damit abgeschlossen, wenn die Dosirung eine angemessene 
war (conf. Beyer); 3) unangenehme Nebenwirkungen schoinen 
beim Trional ganz zu fehlen oder doch weit seltener einzutreten. 

Beim Sulfonal ist von Käst und vielen anderen darauf hin¬ 
gewiesen worden, dass die Wirkung sich oft über eine Nacht hin¬ 
aus erstreckt und nicht selten noch in der zweiten Nacht zur 
Geltung kommt. Käst erklärte diese protrahirte, postponirende 
Wirkung des Sulfonals, welche als Benommenheit sich auch wäh¬ 
rend des Tages bemerkbar machte, durch die langsame Resorption 
und insbesondere durch die grosse Resistenz des Sulfonals, "welches 
durch den Stoffwechsel nur langsam angegriffen und umgewandelt 
wird (zu leicht löslichen Schwefelverbindungen, wahrscheinlich 
Sulfosäuren), und hielt auf Grund dieses Verhaltens eine cumu- 
lirende Wirkung des Sulfonals für nicht ausgeschlossen. Für eine 
cumulirende Wirkung des Sulfonals konnte auch die Erfahrung 


*) Dass das Senium — ganz abgesehen von der Dementia senilis - 
nicht nur eine Steigerung, sondern gelegentlich auch eine Herabsetzun 
der Sehnenphftnomene bedingt, muss ich in Uebereinstiramung mit Moebiu 
auch gegenüber den neuesten Angaben von Sternberg festhalten. 

) Deutsche med. Wochenschr. 1890, No. 82 


sprechen, dass mit der Dosirung des Mittels in vielen Fällen nach 
mehrmaliger Anwendung zurückgegangen werden konnte, ohne dass 
der Erfolg ausblieb. 

Ein besonderes Interesse gewann die Frage nach der cumu- 
lirenden Wirkung des Sulfonals, als nach lange fortgesetztem Ge¬ 
brauch dieses Medicaments wiederholt Vergiftungserscheinungen 
beobachtet wurden, w r elche ein ganz eigenartiges Bild darboten. 
Dasselbe ist wohl chrakterisirt und setzt sich zusammen aus 
Störungen, die der Tractus intestinalis — Erbrechen, hartnäckige 
Verstopfung —, das CentralnervenSystem — Ataxie, Ptosis, Be¬ 
nommenheit — und die Secretion und Beschaffenheit des Urins — 
Oligurie, Hämatoporphyrinurie — erfährt. 

Speciell das letztgenannte Symptom — das Auftreten von 
Hämatoporphyrin im Harn, welches durch die granat- oder him- 
beerrothe Verfärbung des Urins meist ohne weiteres zu erkennen 
ist — ist ein ausserordentlich charakteristisches und bei allen 
Sufonalvergiftungen constantes. 

Man war geneigt, die überraschende Thatsache, dass das Sul¬ 
fonal zu Vergiftungserscheinungen führen kann, durch die cumu¬ 
lirende Wirkung des Sulfonals zu erklären. Schien doch der 
Umstand, dass bei Menschen selbst sehr grosse Mengen von 
Sulfonal (100 g), wenn sie auf einmal genommen waren, ohne 
dauernden Schaden ertragen wurden, für die Richtigkeit der Er¬ 
klärung ohne weiteres zu sprechen. Dagegen sprach aber einmal 
die Thatsache, dass die Sulfonalvergiftung im Verhältniss zu dem 
Massenverbrauch des Mittels so ausserordentlich selten auftritt 
und dass Personen Jahre lang ununterbrochen Sulfonal genommen 
hatten, ohne dass sich auch nur die geringsten toxischen Wir¬ 
kungen eingestellt hatten. Des Weiteren fiel gegen obige Erklä¬ 
rung der Umstand ausserordentlich ins Gewicht, dass weder bei 
Menschen noch bei Thieren das Auftreten von Vergiftungserschei¬ 
nungen, vor allem das Erscheinen von Hämatoporphyrin im Harn, 
willkürlich erzeugt werden kann. 

H. Ehrlich (Dissertation, Würzburg 1893) hat in 64 Fällen 
nach fortgesetztem Sulfonalgebrauch niemals auch nur die geringste 
Spur von Haematoporpliyrin im Harn entdecken können. 

Als eine besonders bemerkenswerthe Erscheinung bei den Sul- 
fonalvergiftungen ist noch zu erwähnen das Auftreten erheblicher 
Mengen von unverändertem Sulfonal im Harn, welches zuerst von 
Jolles 1 ) beobachtet wurde. Die gleiche Erscheinung hat Jaffe 
nach einmaliger Einnahme einer grossen Menge Sulfonal constatirt. 

Smith 2 ) fand, dass bei Hunden nach Sulfonaldarreichung auch 
in kleinen Dosen unveränderte Substanz zum geringen Theil im 
Harn erschien. 

Goldstein 3 ) hat später diese an Thieren ermittelte Thatsache 
auch für den Menschen geltend erwiesen. Durch Versuche an sich 
selbst fand er, dass nach einer mehrere Tage lang fortgesetzten 
Einnahme von 1 g Sulfonal geringe Quantitäten unverändert aus¬ 
geschiedener Substanz im Harn nachweisbar waren, so zwar, dass 
die Mengen unverändert ausgeschiedenen Sulfonals von Tag zu 
Tag grösser wurden. 

Es war danach von nicht geringem Interesse festzustellen. 
ob Trional und Tetronal ein dem Sulfonal ähnliches Verhalten zeigen, 
ob namentlich die Unterschiede, welche bei der Wirkung von 
Trional und Sulfonal beobachtet sind, durch die Art und Weise, 
wie beide Körper im Stoffwechsel verändert werden, eine Erklärung 
finden. 

Einer Anregung von Herrn Prof. Bau mann folgend, habeich 
es unternommen, die Beantwortung dieser Fragen auf experimen¬ 
tellem Wege zu versuchen. 

Für die Behandlung meiner Aufgabe war es in erster Linie 
von Wichtigkeit, eine Methode zu besitzen, welche mit hinreichen¬ 
der Genauigkeit selbst kleine Mengen der unveränderten Disulfone 
im Harn erkennen liess. Der von Goldstein für diesen Zweck 
eingeschlagene Weg — nach dem Vorgang von Jolles — 
sprach nicht allen Anforderungen. Gold stein verfuhr folgender- 
maassen: 

Der Ham wurde dreimal mit Aether ausgeschüttelt, der Aether ab- 
destillirt und im Aetherrückstand der Schwefelgehalt bestimmt, 
diesem Zwecke wurde der Aetherrückstand im Silbertiegel mit Salpeter 
und Soda geglüht, die Schmelze in Wasser gelöst, mit Salzsäure ap- 
gesäuert und mit Chlorbaryum gefällt Die gefundene Menge BaSUi 
wurde auf Sulfonal umgerechnet. Von dem in der 24 ständigen Ham- 
menge gefundenen BaSO.» zog Goldstein, was Jolles nicht that, 
14 mg ab, weil er gefunden hatte, dass diese Menge dem in den Aether* 
auszug übergehenden Schwefel des normalen Harns beim dreimaligen Aus¬ 
schütteln entsprach. 

Wie Goldstein selbst bemerkt, hat die von ihm angewandte 
Methode mancherlei Fehler und Mängel. 


*) Pharmaceut. Post, 27. December 1891. 

2 ) Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. XV. 

*) Deutsche medicin. Wochenschrift 1892, No. 42. 


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23. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Einmal ist sehr störend, dass beim Ausschütteln des Harns 
mit Aether dieser ausser den Disulfonen eine schwefelhaltige Sub¬ 
stanz, deren Natur nicht näher bekannt ist, aufnimmt. Es liegt 
auf der Hand, dass die gewonnenen Resultate durch diesen Uebel- 
stand ausserordentlich beeinflusst werden. Go Idstein hat freilich 
den dadurch entstehenden Fehler durch Abzug des auf 14 mg 
BaSOi geschätzten Schwefels auszugleichen gesucht. Allein ist es 
wirklich sichergestellt, dass die Menge des im Harn vorhandenen, 
in den Aetherauszug übergehenden Schwefels in den verschiedensten 
Tagesharnen constant bleibt? 

Zweitens ist es auch Gold stein aufgefallen, dass beim Glühen 
mit Salpeter und Soda ein Theil des Disulfons verflüchtigt wird, 
wodurch ein immerhin beträchtlicher Theil des thatsächlich vor¬ 
handenen Disulfons der Bestimmung entzogen wird _ wie Gold¬ 

stein bemerkt, bis zu 20%. 

Ein dritter Fehler, welchen Goldstein nicht anführt, beruht 
darauf, dass das im Harn enthaltene Disulfon durch ein dreimaliges 
Ausschütteln mit Aethor durchaus nicht völlig dem Harn entzogen 
wird. Zahlreiche Versuche, die ich zur Klarstellung dieser Frage 
angestellt, haben gelehrt, dass es einer sechsmaligen Ausschütte- 
lung bedarf, um die Harnmenge zu erschöpfen. 

Durch eine Abänderung dieses von Goldstein bei der Sul- 
fonalbestimmung benutzten Verfahrens gelang es uns, die mit jener 
Methode verbundenen Fehler zu vermeiden und derartige Resultate 
zu gewinnen, dass selbst geringe Mengen von Disulfonen, welche 
im Harn enthalten sind, in Substanz und krystallisirtem Zustande 
aus demselben abgeschieden werden konnten. Es wurden zunächst 
Controllversuche angestellt, um die Genauigkeit der Methode und 
ihre etwaigen Fehlergrenzen kennen zu lernen. 

Beschreibung der Methode. Der bis auf 100ccm oingedampfte 
Tagesharn wird mit dem zwei- bis dreifachen Volumen Aether sechsmal 
ausgeschüttelt. Um die hierbei fast ausnahmslos eintretende Emulsion 
zu beseitigen, fügt man geringe Mengen Weingeist hinzu. Die Aethor- 
auszüge werden vereinigt und der Aether abdestillirt. In dom Rückstände 
von ca. 20 ccm sind in Lösung das in Betracht kommende Disulfon, 
ferner Färb- und Extractivstoffe, schwefelhaltige Verbindungen mit sogen, 
„neutralem Schwefel“ und schliesslich durch den zugesetzten Weingeist 
die in Alkohol löslichen Stoffe des Harns, also vor allem Harnstoff' und 
Kreatinin. Von allen diesen Substanzen kann nun bis auf minimale 
Spuren das Disulfon getrennt werden, dadurch dass der Aotherauszug im 
Wasserbad zur Trockne verdunstet, der trockne Rückstand in 15 bis 
20ccm 10%iger Natronlauge gelöst und diese Lösung bis zur völli¬ 
gen Trockne im Wasserbad wieder verdunstet wird. Der trockene 
Rückstand wird in 20 bis 40ccm destillirten Wassers unter Erwärmen 
gelöst und die wässerige Lösung mit alkoholfreiem Aether wiederum 
sechsmal ausgeschüttelt. Diesmal tritt eine Emulgirung nie ein. Die 
Aetherauszüge werden vereinigt und 24 Stunden lang zur vollstän¬ 
digen Trennung der ätherischen und wässerig-alkalischen 
Flüssigkeiten stehen gelassen. Die ätherische Flüssigkeit wird 
dann durch ein trockenes und zuvor entfettetes Filter vorsichtig in 
einen absolut trockenen Kolben abgegossen und der Aether verdunstet. 
Der Rückstand besteht aus Kristallen, die das betreffende Disulfon in 
nahezu reinem Zustande darstellen. 

Controllversuche. I. 0,1g Sulfonal wurden in lOOccm Harn 
gelöst. Gefunden 97,2 mg, Schmelzpunkt 124°, also chemisch rein. 

II. 50 mg Sulfonal in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 48,9 mg. 

Schmelzpunkt 124«. 

III. 10 mg Sulfonal in 100 ccm Harn gelöst. Gefunden 9,1 mg (sehr 
schöne Kiystalle, ein wenig gelblich gefärbt, Schmelzpunkt 119°). 

IV. 0,1 g Trional in 100 ccm Harn gelöst. Gefunden 98,1 mg, 
Schmelzpunkt 75—76°, also chemisch rein. 

V. 10 mg Trional in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 8,9 mg (sehr 
schöne Krystalle, doch ein wenig gefärbt, Schmelzpunkt 72°). 

VI. 50 mg Tetronal in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 48,7 mg, 

Schmelzpunkt 85°, also ebenfall chemisch ein. 

Nachdem somit die Brauchbarkeit der Methode auch für quantitative 
Bestimmungen völlig sichergestellt war, ging ich an meine Aufgabe. 

Sulfonal. Ich war in der Lage, die Frage nach den Aus¬ 
scheidungsverhältnissen von unverändertem Sulfonal an verschie¬ 
denen Harnen studiren zu können. Einmal diente ich selbst zum 
Versuchsobject. Ich nahm an einem bestimmten Tage 1 g (völlig 

gelöst!), fuhr 5 Tage lang mit der Einnahme dieser Dosis fort und 

untersuchte jeden einzelnen Tagesharn auch nach Aufhören der 
Sulfonaleinnahme, wie viel und wie lange Zeit selbst nach Aus¬ 
setzen des Sulfonals unverändertes Disulfon ausgeschieden wurde. 
Sodann hatte ich Dank des liebenswürdigen Entgegenkommens 
meines Collegen Dr. Pantzer, Assistenten an der medicinischen 
Klinik zu Halle a./S., Gelegenheit, je einen Harn zu untersuchen, 
der Patienten entstammte, die 14 Tage resp. 4 Wochen lang pro 
die 1 g Sulfonal erhalten hatten. Der Güte des Herrn Prof. 
Emminghaus verdanke ich schliesslich noch einen Harn, welcher 
von einer Geisteskranken herrührte, die während eines halben 
Jahres Sulfonal bekommen hatte, doch dergestalt, dass nach zwei 
Tagen, an denen pro die 1 bis 2 g gegeben wurden, einen Tag 
ausgesetzt wurde. 

Ich begann mit der Verarbeitung der von mir gelieferten 


673 

Haine. Die einzelnen 24ständigen Hanimengon wurden genau nach 
der vorn eingehend geschilderten Methode behandelt und die Rück¬ 
stände gewogen. 

Dabei zeigte sich nun einUebelstand, der bei der Prüfung der Brauch¬ 
barkeit unserer Methode zu quantitativen Bestimmungen in allen sechs 
Versuchen nicht zu Tage getreten und welcher geeignet war, die Vor¬ 
züglichkeit des neuen Verfahrens in Frage zu stellen. Sämmtliche Rück¬ 
stände waren sehr schön krystallinisch und bestanden auch zum grössten 
Theil aus reinem Sulfonal, allein amorphe Substanzen, wenngleich in ganz 
geringer Menge, waren ihnen beigemengt, beeinträchtigten ihre Reinheit 
und vermehrten das Gewicht der Substanz. Die verschiedensten Versuche 
wurden gemacht, die Krystalle von den Beimengungen zu trennen — 
allein ohne Erfolg. Ein Trennungsmittel gab es nicht. In denselben 
Flüssigkeiten, in denen die Disulfone leicht löslich sind, in Aether, Alkohol, 
heissem Wasser, lösten sich auch die Verunreinigungen. Sie widerstanden 
wie die Disulfone einer mehrmaligen Behandlung mit concentrirter Sal¬ 
petersäure in der Wärme. Sie stellten eine gelblich gefärbte harzige 
Masse dar von urinösom Geruch. Jeder Harn, den wir nach unserer 
Methode behandelten, gab — d. h. wenn die 24 ständige Harnmenge ver¬ 
arbeitet wurde —diese harzigen Producte. Die Menge wechselte bei den 
einzelnen Individuen. Bei denselben blieb sie in den verschiedensten Tages¬ 
hamen constant. Beispielsweise lieferte mein Harn, von je 24 Stunden, 
an verschiedenen Tagen untersucht, 6,8—7,2—7,9 und 8 mg amorpher Sub¬ 
stanz. Sonst fand ich im Minimum 2,5, im Maximum 11 mg für die 
24stündige Harnmenge. 

Die Frage nach der Natur dieser harzigen, dem normalen 
Ham entstammenden Substanzen hatte ein gewisses Interesse. 
Dass es sich nicht um Stoffe handelte, die erst unter dem Ein¬ 
fluss der Disulfone im Organismus entstunden und in den Harn 
übergegangen sind, lag auf der Hand: denn aus jedem normalen 
Harn konnten diese harzigen Producte gewonnen werden. Auch 
Cholesterin, an das wir dachten, war es nicht. Es war noch mög¬ 
lich, dass Substanzen mit sogenanntem „neutralen Schwefel“ vor¬ 
liegen, die ja, wie Munk und auch Goldstein fanden, in den 
Aetherauszug des normalen Harns in geringer Menge übergehen. 

Zur Klarstellung dieser Frage versuchten wir bei mehreren der¬ 
artigen Rückständen, die aus normalem, verschiedenen Individuen ent¬ 
stammenden Harn gewonnen waren, den Nachweis von Schwefel. Die 
Bestimmung wurde im Silbertiegel mit Salpeter und Soda ausgeführt und 
die etwa vorhandene Schwefelsäuro mit Chlorbarimn als Bariumsulfat ge¬ 
fällt. Nie erhielten wir eine sofortige Trübung; erst nach Stunden zeigto 
sich in der Flüssigkeit ein zarter Schleier oincs Niederschlages, durch 
schwefelsaures Barium gebildet. Liessen wir die Flüssigkeit einige Tage 
stehen, so fand sich am Boden des Glases ein ganz unbedeutender Nieder¬ 
schlag, der kaum wägbar war und höchstens ’/<j—1 mg betrug. Um in dieser 
Beziehung aber ganz sicher zu gohen, wurde ein grösseres Quantum von 
Harn — 10 1 — nach unserer Methode verarbeitet. Die daraus gewonnenen 
amorphen Substanzen wogen 27,6 mg. Die Schwofelbestimmung wurde 
nach der Carius'schen Methode vorgenommon. Wir fanden 2,6 mg 
Bariumsulfat, also für einen Liter Harn 0,26 mg BaSCh. 

Damit war der Beweis erbracht, dass die störenden harzigen 
Producte nicht aus schwefelhaltigen Verbindungen bestanden, dass 
überhaupt der sogenannte „neutralo Schwefel“ des Harns in den 
Aetherauszug bei Anwendung unserer Methode, d. h. also nach 
Behandlung mit Natronlauge in der Wärme höchstens in Spuren 
übergeht. 

Dass die harzigen Stoffe nicht vorhanden waren, als wir in 
sechs Versuchen die Brauchbarkeit der Methode zu quantitativen 
Bestimmungen prüften, dass wir damals die Krystalle in nahezu 
absoluter Reinheit gewannen, dieser Umstand erklärt sich daraus, 
dass nur geringe Mengen Harn, 100 ccm, zur Verarbeitung ge¬ 
langten, die natürlich nur den 15. Theil der amorphen Substanz 
lieferten, welche die 24stündige Harnmengo ergab, also 0,2 bis 
0,5 mg. Eine so geringe Menge konnte naturgeraäss die Rein¬ 
heit von 50 und selbst von 10 mg Krystallon nicht merklich be¬ 
einträchtigen ! Ueberhaupt je grösser die Menge des im Harn vor¬ 
handenen Disulfons ist, um so mehr treten die harzigen Stoffo in 
den Hintergrund. Absolut irrelevant sind dieselben in solchen 
Fällen, wo ganz erhebliche Quantitäten des Disulfons sich im Harn 
vorfinden, also bei der Sulfonalvergiftung. Da wird es stets ge¬ 
lingen, mit unserer Methode die Krystalle im chemisch reinen Zu¬ 
stande zu gewinnen. 

Da also die harzigen Verunreinigungen das Gewicht der aus 
dem Harn gewonnenen Disulfonmengen doch alterirten, wir aber 
nicht nur qualitativ, sondern vor allem quantitativ die unverändert 
ausgeschiedenen Disulfono bestimmen wollten, so habe ich von 
jedem einzelnen Rückstand noch die Schwefelbestimmung gemacht 
und aus dem gefundenen BaS 04 die Menge des Sulfonals, Trio- 
nals und Tetronals berechnet. Die Schwefelbestimmungen wurden 
zum Theil im Sibertiegel mit Salpeter und Soda ausgeführt, zum 
Theil nach der Carius’schen Methode. 1 ) Dass mit der Anwendung 


0 Die Carius’sche Methode konnte deshalb nicht immer angewendet 
werden, weil durch das Zerspringen der zugeschmolzenen Glasröhren, 
welches nicht mit Sicherheit vermieden werden konnte, mehrfach ganze 
Versuchsreihen verloren gingen. 


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674 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84 


des ersteren Verfahrens geringe Verluste an Disulfonen verbunden 
sind, wurde schon oben erwähnt. Allein dieselben sind so unbe¬ 
deutend, dass sie von keinem wesentlichen Einflüsse auf die Re¬ 
sultate der Versuche sind. Mehrere Versuche haben mir ausser¬ 
dem gezeigt, dass, wenn man bei der Schmelze so verfährt, dass 
die mit mehr als dem 50fachen Gewicht Soda gemengte Substanz 
nach und nach in sehr kleinen Mengen in den glühenden Silber¬ 
vögel, in welchem sich ein Gemenge von Salpeter und Aetznatron 
befindet, eingetragen wird, nicht mehr als 5 % Verluste zu ver¬ 
zeichnen sind. 

Nachstehend folgen die bezüglich des Sulfonals gefundenen 
Resultate: 


I. 


Datum 

Ilaru- 

meuge 

ccm 

spec. 

Gewicht 

ans dem 
Harn 
isolirte 
Substanz 
in mg 

Ba SO 4 
in mg 

umge¬ 

rechnet 

auf 

Snlfonal 
in mg 

Eingenom¬ 

menes 

Sulfonal 

Be¬ 

merkungen 1 ) 

27.-28. Nov. 

1750 

1014 

7,0 

5,5 

2,7 

am 27. 








Abends 








10 Uhr 


28.-29. „ 

1620 

1018 

12,2 

11,7 

5,7 

1 g 

1 g 


29.—30. „ 

1460 

1017 

19,2 

26,2 

12,8 

1 g 


30. Nov. bis 






M b 


1. Dec. . . 

1820 

1015 

40,8 

70,7 

34,5 

1 g 


1.—2. Dec. . 

2050 

1009 

54,8 

99,3 

48,6 

1 g 


2.-3. „ . . 

1540 

1014 

24,0 

40,0 

19,5 



3.-4. „ . . 

1700 

1012 

18,9 

26,4 

12,9 



4.—5. „ . . 

1450 

1016 

12,3 

12,7 

6,2 



5.—6. „ . . 

1860 

1013 

6,5 

2,2 

1,0 



6.-7. . . 

1550 

1014 

6,2 






chemischer Constitution und physiologischer Wirkung einiger Sulfone 1 ) 
findet und welche lautet: „im Harn der Versuchsthiere war kein unver¬ 
ändertes Trional nachzuweisen“. Allein die Methode, mit der damals 
diese Resultate festgestellt wurden, war so wenig zuverlässig, dass jene 
früheren Feststellungen zu einem sicheren Ergebnisse nicht führen konnten 

Zur Beantwortung der Frage nach dem Verhalten des Trionals im 
Organismus stand mir wiederum ein recht reichliches Material zur Ver- 
ftlgung. Einmal führte ich an mir selbst in entsprechender Weise wie 
beim Sulfonal die Versuche aus. Sodann war Herr Dr. Weis s soliebens¬ 
würdig, durch Versuche an sich mich in den Stand zu setzen, die an mir 
gefundenen Resultate einer vergleichenden Controlle unterziehen zu können 
Weiter war mein College Dr. Pantzer so gütig, mir aus der medici- 
nischen Klinik zu Halle die Beschaffung von zwei Harnen zu ermöglichen, 
von denen der eine nach 14 tägigem, der andere nach vierwöchentlichem 
Gebrauch von Trional (1 g pro die) gelassen war. 

Es ergaben sich folgende Resultate: 


I. Versuch von mir. 





I völlig 


nmge- 


Datum 

Ham- 

spec. 

amorph! 

BaSO« 

rechnet 

eingenom- 

meugo 

Gewicht 

Harn isolir- 

in mg 

anf 

menes 


ccm 


te Substanz 

Trional 

Trional 

1.—2. Februar . . . 

1450 

1020 

^ 6,1 mg 

. 

0 

am 1. 
Abends 

2. 3. „ ... 

3. -4. „ . . . 1 

4. -5. „ ... 

5. —6. ... 

J4800 

1600 

0 0 

CD 

}l4.2 „ 
6,8 „ 

)« 

Spuren 

13,1 

U 

1 g 




von 



6.-7. „ ... 




BaS0 4 



1480 

1020 

6,4 „ 

0 

0 



II. Versuch von Herrn Weiss. 


II. Ausscheidung von unverändertem Sulfonal im Harn nach 14 tägigem 
Gebrauch (pro die 1 g). ° ° 

Harnmenge ~ . , , au ^ ^ era Harn umgerechnet 

vom 15. Tag s P ec - Gewicht isolirte Substanz BaSO* auf 

1 dnn nnn imo in m s Sulfonal 

1400 ccm 1018 40,0 mg 61,0 32,3 mg. 

III. Nach vierwöchentlichem Sulfonalgebrauch 
(im ganzen wurden 28 g, pro die 1 g verabreicht). 

Gewicht ™nes Sulfonal 

1600 ccm 1012 75,5 mg 70,8 mg 

-p.. ® lne Schwefelbestimmung war in diesem Fall überflüssig: der 
Rückstand bestand aus schönen weissen Krystallen, nur am Rande 
des Xrystallisationsschälchens befanden sich ganz unerhebliche 
Mengen von harzigen Producten. Der Rückstand liess sich mit 
nl Qi™ 1 ! dlGS , e I l Sub ^ en derarti g reinigen, dass die Krystalle 
darstellten ZPlmkt V ° n 12 *° zeigten ’ also cbemisc h reines Sulfonal 

sechsmonatlicher Sulfonaleinnahme. 

_. . (Fall aus der Freiburger Irrenklinik.) 

o a c 16 Hatientm hatte Sulfonal erhalten: vom 4. bis 8. Auffust 1803 
2x0,5 pro die vom 10 August bis 3. September 1893 3x0,5 g pro die 

ber'bis 15 P Äar 1894 ?io? b<Jr 189 ?- 2X f° « P r0 die - ™m S. Decem- 
tresetzt n.r H™T 3 ? < , 0 ’ 5 8 P™ die Jeden dritten Tag wurde aus- 
16 Ms 17 d 1 ® h 1 , ■ z “ r , Verarbeitung erhielt, stellte die vom 

v.i i Januar innerhalb 24 Stunden gelassene Harnmenffe dar 

betraehtlirh ° m“ Tage vorhor kein Sulfonal mehr gegeben, fanden sich 
stehend eSfefe: 11 V °“ unvertod ^ Sulfonal dennoch vor, wie nach- 

Hammenge spec. Gewicht . dem Ham dqq umgerechnet 

“isur 1 

j_ a vorstehende Ergebnisse zeigen also klar und deutlich dass 

eiuerrPTheiT 1 ' V ICbt ,i V f llg u' 0rffanismus zerstört, sondern zu 
em iheil unverändert im Harn ausgeschieden wird. Des weiteren 

Methode 11 ? esaltate Grund einer ganz unanfechtbaren 

Sth d %r S uZn^ hend r e ® estäti ^ von Goldstein be* 
Menge des un lf ! n enen Ergebnisse: dass nämlich die 
Tas* zu Tio- o-vä ändei ! t abgeschiedenen Sulfonals von 

wissen w“nichts er Ob 8 I er v^ir n diBSeS Disulfons ™ Organismus 
zum 8 gerhogenTheil^ unverändert TT ^ ™ d <* Sulfonal 
darüber liegen keinerlei Beobachtungen vor'." ausgesclueden Wlrd - 

wissen wir mchts^so ’ Ubergeho^icb'heieentlich 3 j Tn ° t nid ? “S. Organismus 
siehi^erArbeit von 

Silbertiegel^ausgefflh'rt '™ rden dle emzolnen Schwefelbestimmungen im 


Datum 


20. —21. Januar 

21 . - 22 . „ 

22. -23. „ 

23. -24. 

24. -25. 


Harn- 

raeuge 


2000 

[4100 

1840 

1900 


ans dem 

sDftc Harn isolir * 

/v P s C ’u * e Substanz 
Gewicht völlig 
amorph! 


1011 

[l014 


1012 

1014 


4.8 
9,6 

5,2 

4.9 


BaSO< 
in mg 


l s S” 

/’S' 

Spuren 

0 


umge¬ 

rechnet 

auf 

Trional 


menes 

Trional 


1 g 
1 S 
lg 

1 1 g 

0 | - 


Harnmenge 
vom 15. Tage 

1400 ccm 


III. Nach 14 tägiger Einnahme von Trional. 

(pro die 1 g). 

aus dem Harn 

spec. Gew. isolirte Substanz, BaSOt Trional 
völlig amorph! 

1021 7,3 mg Spuren — 

IV. Nach vierwöchentlichem Gebrauch von Trional. 

(pro die 1 g; also nach 26 g). 

aus dem Harn 

spec. Gew. isolirte Substanz, 
völlig amorph! 

1016 10,2 mg 


BaSOi 


5,5 mg 


auf 

Trional 
berechnet 
2,8 mg 


Harnmenge 
vom 29. Tage 

1600 ccm 

Ueberblickt man die Ergebnisse der vorstehenden vier Ver¬ 
suche, so zeigt sich, dass nach der Einverleibung von Trional in 
den Organismus bei der Harnuntersuchung wesentlich andere Re¬ 
sultate sich herausstellen, als nach Einnahme von Sulfonal. In 
den Versuchen n und HI ist nach Eingabe von 4 g und von 14 g 
Trional, welche täglich zu 1 g genommen wurden, unverändertes 
Inonal überhaupt nicht nachweisbar gewesen. Spuren einer 
schwefelhaltigen Substanz (BaSOa 6,1 mg) konnten in der ersten 
allerdings im Aetherauszug nachgewiesen werden, 
als 4800 ccm Harn (Ausscheidung von drei Tagen) zusammen ver¬ 
arbeitet wurden. Dabei ist aber zu bemerken, dass, wie früher 
gezeigt wurde, auch aus normalem Harn Spuren einer schwefel¬ 
haltigen Substanz bei der von mir angewandten Methode in den 
Aetherauszug übergehen, wenn man sehr grosse Mengen von Harn 
verarbeitet. 

Die wichtige Entscheidung der Frage, ob Trional nach längerer 
Anwendung unverändert ausgeschieden würde, ergiebt sich vor 
allem aus Versuch IV. Hier berechnet sich aus dem gefundenen 
bchwefelgehalt eine Quantität von 2,8 mg Trional in der Tages¬ 
ausscheidung, nachdem 28 Tage lang ohne auszusetzen täglich 1 g 
Trional verabreicht worden war. 

Es verdient hierbei noch, besonders erwähnt zu werden, dass 
m den zwei Bestimmungen, bei welchen aus dem Harn eine 
schwefelhaltige Substanz in geringer Menge abgeschieden werden 
konnte, die aus dem Harn isolirte Substanz eine völlig amorphe 
durscheinende Masse darstellte und keine Spur von Krystallisation 
zeigte, während sonst immer mehr oder weniger deutliche Krystal- 

l ) Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. XIV. 


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Original fro-m 

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23. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


675 i 


lisationen der Sulfone erzielt wurden, wenn diese in Quantitäten 
von einigen Milligrammen in dem aus dem Harn gewonnenen Extract 
sich fanden. 

Gegenüber diesen bezüglich des Trionals gefundenen Resul¬ 
taten verlohnt es sich, daran zu erinnern, dass beim Sulfonal nach 
Einnahme von 5 g sich 48 mg unveränderter Substanz im Harn 
fanden und dass nach vierwöchentlichem Sulfonalgebrauch über 
70 mg reines Sulfonal in schönen weissen Krystallen aus einem 
Tagesharn abgeschieden werden konnten! 

Hieraus ergiebt sich der Schluss, dass das Trional durch den 
Stoffwechsel leichter und vollständiger zerlegt wird als das 
Sulfonal, dass für das Trional eine postponirende cumulirende 
Wirkung in dem Sinne, wie sie beim Sulfonal oft beobachtet und 
auf experimentellem Wege nachgewiesen ist, nicht besteht. 

Tetronal. Bezüglich unserer Kenntnisse über das Verhalten 
dieses Disulfons im Organismus kann ich auf das beim Trional 
Gesagte verweisen. Es ist nichts darüber bekannt. 

Auf Grund der beim Trional gemachten Beobachtungen konnte 
man geneigt sein, von vornherein anzunehmen, dass das vierfach 
äthylirte Disulfon, das Tetronal, entsprechend seiner wenigstens 
durch Thierexperimente festgestellten stärkeren Wirkung erst recht 
völlig zerstört werde. 

Diese Annahme fand zu unserem Erstaunen durch die von mir 
ausgeführten Versuche keine Bestätigung. 

Freilich war das Material hier kein so reichhaltiges, wie ich 
es beim Sulfonal und Trional zur Verfügung hatte; schon das 
Wenige zu beschaffen, hatte seine grossen Schwierigkeiten. Allein 
die beiden Beobachtungen, über die ich verfüge, genügen, die Frage 
zu entscheiden. 

Da ich durch Versuche mit anderen Disulfonen in Anspruch genom¬ 
men war, waren die Herren Weiss und Woerner so liebenswürdig, sich 
zu den Versuchen mit Tetronal zur Verfügung zu stellen. Jeder der 
beiden Herren nahm im ganzen 6 g während eines Zeitraumes von 9 Tagen. 
Die auch anfangs ausgeführte Absicht, täglich 1 g zu nehmen, musste in 
Anbetracht der ausserordentlich intensiven Wirkung aufgegeben werden. 
Die tägliche Dosis wurde für die letzten Tage auf ‘/a g beschränkt. Un¬ 
mittelbar nach der Einnahme des letzten halben Gramms wurde der 
innerhalb der nächsten 24 Stunden gelassene Urin gesammelt und ver¬ 
arbeitet. 

Es ergaben sich folgende Resultate: 


Datum. 

December 

28- 29. 

29- 30. 


Harn¬ 

menge. 


2200 ccm 
2400 „ 


Harn von Herrn Weiss: 
Aus dem Ham 
speec. isolirte Sub- 
Gewicht. stanz: schöne 
Krystalle. 

1009 20,5 mg 

1010 15,4 „ 


Ba S0 4 

23,7 mg 
13,5 


Umgerechnet 
auf Tetronal. 

12,8 mg. 
7,4 „ 


BaSOi 


16,1 mg 


Umgerechnet 
auf Tetronal. 

9,7 mg. 


Harn von Herrn Woerner: 

Aus dem Ham 

u r , . .. isolirte Sub- 

Harnmenge, spec. Gewicht. stenz . 6ch0ne 

Kiystalle. 

1240 ccm 1022 14,6 mg 

In beiden Fällen waren die Rückstände sehr schön krystalhnisch, 
immerhin durch die harzigen Producte doch so verunreinigt, dass eine 
Schwefelbestimmung nicht umgangen werden konnte. Alle drei Bestim¬ 
mungen wurden nach der Carius’sehen Methode ausgeführt. 

Wir sehen also aus vorstehenden Versuchen, dass das Tetronal 
nicht völlig im Organismus zerstört, sondern—allerdings zu 
einem recht unerheblichen Theil — unverändert im Harn ausge¬ 
schieden wird. Es verhält sich füglich wie das Sulfonal, nur dass 
bei letzterem die Mengen unverändert ausgeschiedener Substanz er¬ 
heblicher sind. Auch im Punkte der postponirten Wirkung 
gleicht es dem Sulfonal, wie aus dem Versuche des Herrn 
Weiss, wo noch am zweiten Tage nach der letzten Einnahme un¬ 
verändert Tetronal sich im Harn fand, hervorgeht. 

Um am Schluss unsere Ergebnisse noch einmal zusammenzu¬ 
fassen, so haben unsere Untersuchungen ergeben, dass von den 
drei in Rede stehenden Disulfonen bezüglich ihres Verhaltens im 
Organismus das Sulfonal und das Tetronal sich gleichen, höchstens 
dass graduelle Unterschiede vorhanden sind. Beide werden durch 
den Stoffwechsel nicht völlig zerlegt, sondern zum geringen Theil 
unverändert im Harn ausgeschieden. 

Beiden kommt auf Grund ihres physiologischen Verhaltens im 
Stoffwechsel eine protrahirte, postponirende Wirkung zu und damit 
beim längeren Gebrauch eine cumulirende; denn die postponirende 
Eigenschaft eines Mittels bei einmaliger Einnahme wird bei länge¬ 
rem unausgesetztem Gebrauche durch die Summation der Effecte 
zur cumulirenden. # . 

Anders verhält sich das Trional. Dieses Disulfon wird im 
Organismus auch nach längerer Zufuhr vollständig oder wenigstens 
so gut wie völlig zerlegt. 

Mit diesem auf dem Wege experimenteller Untersuchung er¬ 
mittelten differenten Verhalten der Disulfone im Organismus steht 


die Art der Wirkung, wie sie die klinische Erfahrung constatirt 
hat, durchaus im Einklang. 1 

Die Eigentümlichkeiten der Sulfonalwirkung — einmal die J 
spät eintretende, dann die protrahirte, auf den nächsten, ja über¬ 
nächsten Tag überspielende Wirkung und die damit zusammen- . 
hängenden lästigen Nebenerscheinungen — werden durch die Re¬ 
sistenz des Sulfonals dem Stoffwechsel gegenüber, seine langsame 
Umwandlung und unvollständige Verarbeitung, seinen langen Ver¬ 
bleib und seine allmähliche Ansammlung im Organismus demonstrativ 
erklärt. 

Und wenn alje Beobachter darin übereinstimmen, dass das 
Trional schneller als das Sulfonal wirkt, dass seine Wirkung bei 
passender Dosirung sich nur auf die sechs- bis achtstündige Dauer 
des Schlafes erstreckt und damit abgeschlossen ist, dass das Trional 
viel seltener unangenehme Neben- und Nachwirkungen hervorruft 
— so finden diese Eigentümlichkeiten der Trionalwirkung in dem 
Verhalten des Trionals im Stoffwochsei, in der leichteren und voll¬ 
ständigen Zerstörung und Umwandlung desselben ihre Erklärung. 

Des weiteren tragen die Ergebnisse unserer Untersuchungen 
zur Klärung der Frage nach der Ursache der Giftwirkung der 
Disulfone bei. 

Wie in der Einleitung schon bemerkt, war man geneigt, die 
Vergiftungserscheinungen,die lange Zeit ununterbrochen fortgesetzter 
Sulfonalgebrauch bei Personen weiblichen Geschlechts hervorrufen , 
kann, durch die cumulirende Wirkung des Mittels zu erklären. 
Mit welcher Berechtigung man sich auf diese Anschauung stützte, 
welche Gründe andererseits dagegen sprechen, das ist an derselben 
Stelle erörtert. ; 

Wir haben uns dieser Anschauung nicht anschliessen können. 
Jedenfalls ist es unmöglich, in der cumulirenden Wirkung des Sul¬ 
fonals die alleinige oder auch nur die Hauptursache für die Giftig¬ 
keit des Mittels zu sehen. 

Nun ist in allerneuester Zeit von E. Schultze 1 ) in Bonn ein 
Fall beobachtet worden, wo auch das Trional zu Vergiftungs¬ 
erscheinungen, zum Auftreten von Hämatoporphyrin im Harn, ge¬ 
führt hat. 

Es handelt sich um eine 50jährige Geisteskranke, die dio 
Nahrung verweigerte, bei der auch künstliche Ernährung unmöglich 
war, welche sich daher in einem höchst reducirten Ernährungs¬ 
zustände befand. Sie hatte längere Zeit unausgesetzt Trional er¬ 
halten (weil alle anderen Mittel versagten) in täglichen Dosen von 

1_li/o g; im ganzen aber nur ungefähr 25 g. Eines Tages war 

der Harn der Patientin himbeerroth gefärbt — wie die Unter¬ 
suchung lehrte, durch Hämatoporphyrin bedingt. Kurze Zeit darauf 
starb die Kranke. Ob sie ein Opfer des Trionals geworden, ob sie 
an Kräfteverfall oder einem inneren organischen Leiden gestorben 
ist, die Frage ist nicht zu entscheiden, da keine Section ge¬ 
macht ist. 

Die an sich hochinteressante Thatsache ist also zum ersten 
male festgestellt, dass auch das Trional bei längerer Darreichung 
zu Hämatoporphyrinurie führen kann. 

Unsere Versuche haben nun ergeben, dass dem Trional keine 
postponirende, cumulirende Wirkung, wie sie dem Sulfonal eigen, 
zukommen kann. 

Folglich ist auch die Anschauung, dass das Sulfonal allein 
vermöge einer cumulirenden Wirkung Vergiftungserscheinungen 
hervorrufe, nicht mehr haltbar. 

Eine Reihe anderer Momente müssen hinzukommen. Freilich 
welcher Art dieselben sind — über Vermuthungen käme man bei 
der Beantwortung dieser Frage nicht hinaus. Einer spricht von 
„Idiosyncrasie“, der andere von besonderer Disposition. 

Nur soviel kann man mit einiger Bestimmtheit sagen, dass 
der Ernährungszustand eine gewisse Rolle dabei zu spielen scheint. 


IY. Aus der Königlichen chirurgischen Universitätsklinik 
in Königsberg i. Pr. 

Beitrag zur Kenntniss der posttyphösen 
Eiterungen. 

Von Dr. G. Sultan, Volontairarzt. 

Seit dem Jahre 1887, in dem zuerst A. Fraenkel 1 ) und 
Tavel 2 ) über posttyphöse Eiterungen berichteten, ist eine so grosse 
Anzahl von analogen Fällen veröffentlicht worden, dass es fast 
einer Rechtfertigung bedarf, noch jetzt einen weiteren Beitrag 
hierzu liefern zu wollen. Da jedoch seit relativ kurzer Zeit erst 
die Schwierigkeiten der bacteriologischen Diagnose überwunden zu 
sein scheinen und somit eine zweifellose Differenzirung von einer 
Reihe von Wasserbacterien und speciell vom Bacterium coli com¬ 
mune nicht möglich war, so sind allein aus diesem Grunde heb u lt, 

•) Deutsche med. Wochenschrift 1894 No. /, S. 152. 


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676 


DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 


genauerer Bestätigung der früheren Untersuchungen neue und ein¬ 
wandsfreie Mittheilungen immerhin nothwendig. Und noch aus 
einem anderen Grunde beansprucht der Fall, den ich in der hiesigen 
chirurgischen Klinik zu untersuchen Gelegenheit hatte und dessen 
Publication mir mein hochverehrter Chef, Herr Geheimrath Braun, 
gütigst überlassen hat, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen 
ergebensten Dank ausspreche, ein ganz besonderes Interesse; 
insofern nämlich, als noch sechs Jahre nach überstandenem Unter¬ 
leibstyphus aus dem Inhalt eines durch eine Fistel mit der Körper¬ 
oberfläche communicirenden Abscesses Typhusbacillen in Reincultur 
gezüchtet werden konnten. ^ 

Nach den Arbeiten von Kitasato 3 ), Füller 4 ), Dunbar 5 ), 
Chantemesse und Widal 6 ), Smith 7 ), Luksch 8 ) und Germano 
und Maurea 9 ) ist es zu einer sicheren bacteriologischen Diagnose 
der Typhusbacillen erforderlich, neben der Prüfung des morpho¬ 
logischen (Form, Beweglichkeit, Geissein) und tinetoriellen (be¬ 
sonders negative Gram’sche Färbung) Verhaltens neben dem 
Wachsthum auf Gelatine, Agar und Kartoffeln auch das auf Milch 
und Traubenzucker-Agar oder Gelatine sowie dio Indolreact.ion zu 
prüfen. Diesen Anforderungen genügen eigentlich, soweit ich es 
habe feststellen können, nur die Arbeiten von Werth 10 ), Klomm 11 ), 
Hintze 12 ) und S tu eh len. 13 )*) während einige andere den grössten 
Theil der genannten Forderungen erfüllt haben 14 ) 15 ). Der Aufsatz 
Melchior’s, 16 ) dessen bacteriologiseher Theil nach Baumgarten’s 
Referat sehr sorgfältig durchgeführt sein soll, war mir leider nicht 
zugängig. Die übrigen meist in eine frühere Zeit zurückreichenden 
Publicationen weisen in dieser Beziehung mehr oder minder grosse 
Lücken auf, womit jedoch keineswegs geleugnet werden soll, dass 
es sich in der Mehrzahl der citirten Fälle mit Wahrscheinlichkeit 
um Typhusbacillen gehandelt haben wird. 

Der Fall, über den ich berichten will, betrifft ein 35 jähriges Dienst¬ 
mädchen L. P., welches angiebt, vor sechs Jahren an einem schweren 
Unterleibstyphus erkrankt zu sein, der sie acht Wochen ans Bett fesselte: 
einige Wochen nach Überstandener Krankheit bekam sie in der Gegend 
des rechten Schlüsselbeins eine Anschwellung, die bald von selbst aufbrach 
und ziemlich viel Eiter nach aussen entleert haben soll. Zu gleicher Zeit 
entwickelte sich in der rechten Seite am Rippenbogen eine angeblich 
kindskopfgrosse Geschwulst, die damals auch unter reichlicher Eiter¬ 
entleerung sich öffnete. Während am Schlüsselbein sich im weiteren Ver¬ 
lauf ein neuer Abseess nicht mehr bildete, allerdings aber auch die Wunde 
sich nicht vollständig schloss, vielmehr die ganzen Jahre hindurch durch 
eine kleine restirende Fistelöffnung etwas Eiter hindurchsickern Hess, bildete 
sich in der erwähnten rechten Seitengegend alle paar Monate ein neuer 
grosser Abseess, der sich stets spontan entleerte. Seit Anfang Mai d. J. 
begann die Schwellung am Schlüsselbein von neuem zu wachsen. 

Bei der Untersuchung sieht man, von der Mitte der rechten Clavicula 
beginnend, eine ovale, etwa gänseeigrosse Prominenz nach unten und 
aussen sich hervorwülben; die Haut, darüber ist nicht geröthet. Schmerzen 
sind auch auf Druck nicht vorhanden. Ueber der Schwellung ist schwap¬ 
pende Fluctuation zu fühlen. Am oberen äusseren Rande bosteht eine 
kleine, röthlichc. otwas eingezogenc Narbe, in deren Mitte man durch oine 
Fistelöffnung mit der Sonde auf dio vom Periost entblösste Clavicula stösst. 
Ausserdem ist in der rechten Axillarlinie über der zwölften Rippe eine 
kleine, fünfpfeunigstiiekgrosse Narbe sichtbar. Die Haut ist über der 
Rippe verschieblich; man fühlt in ihr eine haselnussgrosse, derbe, nicht 
schmerzhafte Infiltration. 


Bei der am 18. Mai 1894 vorgenommenen Operation fand sich, nach 
einer Incision in die über der zwölften Rippe befindliche Narbe, ein¬ 
gebettet m schwieliges Bindegewebe, dicht unter der Haut ein kleiner 
mst viereckiger, ausgezackter Sequester, welcher entfernt wird. Die 
Höhle ist allseitig abgeschlossen und speciell eine Verbindung nach 
der Rippe hin nicht mehr festzustellen. Auskratzung der Höhle, Naht. 
Durch Incision des an der Clavicula gelegenen Abscesses werden ca. 
loO ccm zähflüssigen, dicken, geruchlosen Eiters entleert, von dem ein 
iheil in einem sterilen Gläschen zur weiteren Untersuchung aufgefangen 
wird. Mit eingeführtem Finger fühlt mau auf der Mitte der Clavi¬ 
cula die glatt und nicht verdickt erscheint, ein kloines Loch. Nach 
Ureilegung desselben und Erweiterung mit der Hohlmeissel-Zange sieht 
man central einen schmalen, 2 cm langen allseitig ausgezackten Sequester 
logen. Nach Entfernung desselben wird die Höhle ausgekrazt, tamponirt 
Verlaufs^’ Beide Wlmden heilten glatt und ohne Störung des Wund- 


Die um den Rippenseqnester befindlichen ausgekrützten Granulations¬ 
massen wurden leider nicht untersucht. Von dem steril aufgefangeneu 
Eiter wurden sofort m dreifacher Verdünnung Gelatineschalen angofertigt, 
ausserdem eine Platinöse voll Eiter hinter einander auf drei Röhrchen 
Koi U 70 er8 ^ ari * 1 ' 011 Agars ausgestrichen: letztere wurden im Brütschrank 
^ T? aufbowahrt. In den von dem Eiter hergestellten, mit verdünnter 
Zieh 1 scher Lösung gefärbten Deckgkspräparaten fanden sich ausschliess- 
lich zaldreiche, m ihrer Grösse wechselnde plumpe Stäbchen, welche nicht 
seiten zu kleinen Häufchen gruppirt innerhalb der Eiterzellen lagen 
Färbungen auf Tuberkelbacillen fielen negativ aus. Auf den Agar- 
Köhrchen waren bereits nach 24 Stunden sehr zahlreiche, blassgraue. 
™ 0 , Colo f me ? n gewachsen, die in den beiden ersten Ausstrichen viel¬ 
lach bereits in einander geflossen waren; nach zwei und drei Tagen 


, .*) Angabe, dass der Bacillus Milch zur 
scheint offenbar ein Druckfehler zn sein. 


Gerinnung bringt, 


waren auch auf den Gelatineschalen in Menge Colonieen aufgeganti 
deren Identität unter einander ich durch Weiterimpfung und Du 
glaspräparate von verschiedenen Culturen feststellen konnte. Sie 
standen alle aus plumpen, an den Ecken abgerundeten Stäbchen von s 
variabler Grösse, die besonders auf Gelatine zu langen Scheinfaden u 
wuchsen. Die Wachsthumsdifferenzen zwischen den tiefer und den m 
oberflächlich gelegenen Colonieen entsprachen vollkommen denen 
Typhusbacillen. Im hängenden Tropfen zeigen sie lebhafte, schlänge! 
Bewegung. Mit Anilinfarben färben sie sich nicht leicht, am besten \ 
schnellsten noch mit verdünnter Ziehl’scher Lösung; nach Gram wen 
sie entfärbt. In der Gelatinestichcultur wuchsen sie gleichmässig in 
ganzen Ausdehnung des Stichs, verflüssigen nicht und breiten sich n 
einigen Tagen als dünne blassgraue Decke auf der Oberfläche aus. 
Bouillon trüben sie nach 24 Stunden, und weder ein- noch mehrtä^ 
Bouillonculturen geben eine Indolreaction. Auf Kartoffeln ist 
Wachsthum nicht sichtbar, obgleich durch Untersuchung im hängen 
Tropfen und Abimpfung ein üppiges Wachsthum constatirt werden ka 
In der Stichcultur auf 2°/o Traubenzucker-Gelatine wachsen sie ol 
Gasentwickelung, während das Bacterium coli, welches vergleichst-* 
auf sämmtlichen Nährböden daneben gezüchtet wurde, bereits n 
zehn Stunden starke Gasbildung zeigte. In Milch wachsen sie, 
durch Abimpfung festgestellt wurde, und bringen dieselbe nicht 
Gerinnung. Sowohl die Agar- wie die Milchculturen wurden mehr 
Wochen im Brütschrank belassen. Ausserdem gelang es, von se 
bis sieben Stunden alten Culturen auf Löffler’schein Blutseri 
ge misch nach desselben Autors Vorschrift 18 ) dio Geissein vorzügl 
zur Darstellung zu bringen. Allerdings kann auch ich dabei bestätig 
was sowohl Germano und Maurea, als auch Hintze bereits erwähn! 
dass zuweilen ohne Alkalizusatz zur Beize oder nur durch einige Trop 
das Optimum der Färbung erreicht wird, so dass es sich empfehlen dür 
in jedem Falle zuerst ohne Alkalizusatz die Beizung zu versuchen i 
erst bei mangelhaftem Ausfall tropfenweise 1 % Natronlösung zuzuset? 
Die besten Bilder sind mir ohne jeden Zusatz gelungen. 

Erscheint es hiernach als sichergestellt, dass die geschilde 
Osteomyelitis der Clavicula durch den Typhusbacillus hervorgeru 
worden ist — die alte Anschauung von Baum garten i 
E. Fraenkel, dass dem Bacillus typhi nur eine untergeordn 
Rolle hierbei zukommt, die eigentlichen Eitererreger vielmehr 
den meisten Fällen abgestorben seien, scheint jetzt allgemein a 
gegeben worden zu sein —, so bleibt es doch höchst auffalle 
dass noch sechs Jahre nach überstandenem Typhus die Bacillen 
menschlichen Körper sich lebensfähig erhalten konnten. Die läng 
bisher bekannte Lebensdauer der Typhusbacillen im lebenden Kör 
betrug in der von Klemm publicirten Mittheilung nur ein Ja 
Chantemesse und Widal sollen nach Janowski 21 ) neuerdit 
noch nach 18 Monaten Typhusbacillen haben nachweisen können, 
lag daher nahe, in unserem Falle mit besonderer Aufmerksamk 
auf etwa vorhandene Dauerformen zu fahnden, jedoch in keinem 
von dem Eiter angefertigten Präparate konnte ich sporenälmli 
Gebilde entdecken; nur das war bemerkenswerth, dass die Bacil 
häufig in kleinen Gruppen innerhalb der EiterzeHen lagen, ein Befu 
der bisher von diesem Bacterium noch nicht erwähnt worden y 
Hiernach bleibt wohl nur die Annahme übrig, dass die Bacil 
selbst gleichzeitig die Dauerform darstellen. Wie widerstandsfä 
die Bacillen selbst sein können, hat Schiller 19 ) nachgewies 
„Seidenfäden, welche am 26. Februar 1887 mit Typhusbacil 
imprägnirt waren, zeigten am 5. März 1888, also nach reich] 
einem Jahre noch Entwickelung von Typhusbacillen, die als sol 
durch Züchtung auf Kartoffeln bestätigt wurden. Dieselben Fä 
im Januar 1889, also nach beinahe zwei Jahren geprüft, erwie 
sich steril. Eine am 25. Februar 1887 abgeschnittene Oberflä 
einer Culturkartoffel, w r elche steinhart und nur mit ziemlicher Kr: 
aufwendung zu zertrümmern war, zeigte am 7. März 1888, i 
nach einem Jahre, und ebenso am 12. Januar 1889, also nach 1 
nahe zwei Jahren noch lebensfähige Typhusbacillen.“ Aehnli 
Versuche, die neuerdings Uffolmann 20 ) angestellt hat, führten 
dem Resultat, dass die Typhusbacillen unter anderem auf weis* 
Sand, der vorher getrocknet, sterilisirt und dann mit Typt 
bacilleneulturen beschickt war, sich noch am 82. Tage als lebe 
fähig erwiesen. 

Wie es kommt, dass unter den Eiterungen nach Typhus ger 
die Localisation im Knochen oder Periost eine relativ so häufige 
dafür geben die neuerdings von Quincke 13 ) wieder aufgenomme 
Untersuchungen, die Ebermaier 17 ) bereits einmal mit Erfolg s 
geführt hatte, vielleicht eine Erklärung. Quincke gelang es, ui 
neun Fällen, die infolge eines Typhus abdominalis zur Sec) 
kamen, achtmal aus dem Rippenmark, einige Male auch aus < 
Mark der Extremitätenknochen Typhusbacillen zu züchten, 
dem regelmässig positiven Befunde in der Milz von Typhusbran 
nimmt es allerdings nicht Wunder, denselben Nachweis auch i 
Knochenmark, welches gleichfalls eine Hauptbildungsstätte 
Blutes darstellt, erbracht zu sehen. 

Zur Beurtheilung der Frage freilich, ob die Organe der Bild: 
resp. des Unterganges von Blutbestandtheilen als solche eine - 
ziehungskraft auf die Ansiedelung der Bacillen ausüben soll 


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2&: Mil rüÄt; 


J 1 BDT 3 ÜQB MEBICINISCHB WOGBBNSCmJ^ 


Är-.ob öS du jmdir mw;hs*£srher, durch .Jeu hist&iusggeimn Bau 
bedingter Vorgang ist,, ferner unter welehun Bodii^nngen es in den* 
etVu Fallu/sur Üiteiung 'khmuit, im Änderen «Fht, dMiirteiiH. : m 
biäher an jedem Anhaltspunkt. 

Litte ?• fi t, u r »y. 

B A, PrapiikcF Verb. ti« VI Cöftgr. für innere Mcdiem 1887, S. i?b 
•.2rFfv.il, OmTcsf.owUmzhiaw. f. . schweif A erste 18*7, y. 5&K V 


■ Rosteti jmul and muu. jo»,m. rkz Nach BWinWite**»* 

W-.. itenhor^ i>!,er die- BMlnmo -der. TjjduiHb».-•ili.-ji -,U d.-nV 
fHnk.w'a^r. &>4l3«Htiift f. .Bff».3öi. ** &t.. *-* .— ..-. . * 

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«md.-deV: fiapt cmom, teum-albialt £ Bat«, 1HFL B4. XII* 8. 427. — 
:§/ ß : ö' r ju AHO tf«d 5l au f p :A \ r t/i^lta<Seü«le Djitermidj itugen über dev 
l^m^cdlus? HJtd Ähnlichste Bbcrutfmu ftiv.ghirg limtc, 1893, BA. Aül 
f- 49.4 “ Id) War tu, Fatal' S|0nmu^ m Ovaritfkyg^n. 

Deutsche srnd.- W«3<dmiisebrdt JtdbB, Xov. St; -- XI ) p. KTlein mV Bte- 
Kuodtdimrkraakufuren Im Typhus, Archiv JUktii*. Ohbv ja#k Bd. 4/, 
4‘i; Him /,jj. F» brr fite Lrimnsäiip^r und dm üv.rrfrpy« *i>i - 



^ ,. . , §ft $» 

Wüudp tat,Hu! nii^nui m «Ihm. Stelle« 7—8 mm. Der di^ui ; ™ t « dfr*««» 
Kmw'htulruiiij gelegen.; Ttail da» Unteh;otantate ißt. örj u jit, tamm.l-w. 
gemrfaivMfhite. ftftmiso. der Füsb. 1 Die* flaut* dsgglfcgt ist gfimzerute duukel- 
htao-fU und lässt pieif iiirgeuilÄ in ]f iten-oaftaW ita Temp.M- ,t m 
! *‘ !? ' Haut ovsimeiht ^cttciintar d.^-jouliien <te*r - en-tspreciioudmt •' St/ltai 
d^r itnkoH JMrötnibit tahebbdi bgr&li&iiiteL 

Ihr Fun* selbst befmdot sieh ln ho öJrgt adi gzr fCium p/ ft & 
M-eliung.. 

Bit« Zehen sind verkümmert «uul m-sclieine« als Ulötiie ktinpfföririiste 
Auhkoge;'. An den der sweittm/ drjfren nod mnfhrn mjfsprMmndeiv 
Atihnngau ftmion- steh. r M dii«..nlAVo, au dm- oh;Uö dor nrsten und viurtett 
Zehn grir keine NHgeJ. Za isdimi deo Spit««n - der jfcveilou. dritten und 
Viorfeu Zehe hcalet.t■ SyiidAivIu». 

Der neke-Fiiso -/foki. .di»- EfscliHnmageii tfea ge\vd!niiidnm hoch 
gcndiyrn KUimptuss«^. nhoo dass uo der’ littkon Extremität Zcieiun 
ftimmiffsoHm* Etil' mfer Ab^hnöräs&öß -mlftr irj^eoCf ffej(»he undtn^jä ß^e- 
«ocderliuiten vmvhauden sind. 

Bäq i’ T iu | ov Thu : i»ii.rtPÄ sich . ho heidejt .Oimdhh mehrfimh Alm.öhm. 


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hrtdiio de! iüo. Kitormu mmt. inyo, y rt - iOO. : "NÄ" Buu m t arten. - - 
ir») .l-Ttclina, (Vdrihottm? a VvUuiu fj( V m-Mun^iU-s et dee ahschs, pro, 
dUit.R' l’hr' lu irndUo de in j h/vre Uphtddr. Are ln de, nu-d expenm o{ 
dhuml... jKvUml. 1804, TU VhA: l. - Jtiv M Molehiee/Typhushm-. 
Aarsog td.Suppui-a-Uom U,.srdmJ«idK«ide J802, 8 R„ Ijd. X ‘ Ky-h Baum- 
gartem — 17t A B.hhryi> M ier, l : Kaaeh. -u. Wta,^ an--n hoi 1 rehus 

Areh. C. irfm.. Med. j_m. Bd. 4-U .8. HO,. • ih[ Lnnio.r. iV»srUUU1 I’ 
Hm:t. «mj Puras I80(.U i\,y % 825, < 104 ß.'UHUvr, Arbeiten w* 
dem Kaiser!. G«*smid heil sicht Bd. V 8.812. - 20) J \) f f M | naeni, Wr- 
sUühir iifua- die WidnrstämhdAhigkoit de- Hphashueibeo- gegenTwickuiimr 
und über die M5g]iu.iv-ni ihrer Y^r.Ul^ V nuui/ dWi-h dm !Infi Ci-ntHf- 
h(ati f t Beet, 1804.• Ny, f>/0.. ^ ' 2h WV JanoaHkM XJve hHuvheu der 
Eitpnmg von« heutigen AHrnlmmkH der AUssf.j^iihl Zieelxrh. Bm- 

tUige 1804, Bd. W, 8, 242. : ' ' 

V. Aus der chirorgisctjer, Privatkltaik des Herrn Prof. 
Dr. «fultus Wulff in Berlin. 

üeber einen Fall von amniotischer Ein- 
sehnürung des Unterschenkels mit Kltunp- 
fuss.-) 

Vosi Friedrich lind«, tliir Klinik. 

1 in ' .1 uU fortgvp. Jahnve.s- 
wnnh* dm* - KJffiik 4 o> Kerrii 
J’rot Wnlif cm drei Mitfmte. 
aUifH-Kiml mit idöar adgefnnn-, - 
ÄenMisshilduiur dherwlusev r iffp 
Aureh ihr yrütmttrti^ VtM'lm!» * 
tou t duridi (Bü eigy.mvrtig-C'ii Auf- e 
galimi. wplehe der.’Beimnd- 
iuug »cud clurch de« 

er*i«lfeu Erfolg der Beluunl 1 «Üg : 
dtTbesoiidOfoiiPid diefiilöi) wfrm' 
ejrsC,li^ 1 J€?i dörff ch : 'Tk mtdv . 
folgender fMuml tje^oBteJItu 

Massig- krbftio tnU-wiekaltes 
Kiod; dais' +nU*te Kind gefUimiev 
Eltern. A r« ecclifm« Ufiter^rilenkel 
fvergLhFig. V> iwliudet sipli «Uv« : 

cm obefhnlb det. j'ö’Sv »Viurr • 

ruigs uqj das; .gehende 

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eirsander Hegemlea Wiimfe. dtw- 
SBUwn »oa&eu Sieli du«;h Emger- 
4 ru<!k foTclit. von fiiucrtidbi' ««t- 
fümeiu gc» ftlsiitm» ilW; G fmul 
der J^urche sit 4 fcl»ar yvird, auf 
welcheaj man utitniüfeJbfcjf unter 
der Sonde den nur von niuer 
ganz dünnen, gespannten, Ktwtf 
glänzenden Hautlage hodp^ten 
Knochen fühlt, Die ^%i’e der 
Furc he hez w. die Brthe ihi-or sie ihm 



Kfimih dos m ^Mcher- Vfmse ahgBßöhüÜrbf «nofe.-foer, 

uu den vorkUrmnerwüx Xü^jilgjiedom dr^PJng und Ichdürn ¥&&>&. h*Hko, 
die Nügol. * 

AAvUh- dmson' MiyWhildtit^eji' vor u.IKmi dioj.Hjis«;« ih 

Hehteti flntoCKobenkels «m! l'm^es uovei- (nt.eregsn. 

.Aimiiotiyehy ..Ahscimtii «mgea ij«s üiiUwhimk^h?. kommm». u:e 
muthüch häutig er vor, alK ma« nach drm «hürilohen in der Li ti am tut* 
nhof diosfdho« ■ yorlieffeaden Nbtutm amiidimon konnte; sie riuil, 
\vjg ps scheint., nur darum sonHto« heforulhrs .hmhrit*b.en-AV.orde«. 
'veü Blcii in der Rovd kein yraXtis«. lies intHreKS«, wie; iu niise«*(au 
rivit. iiuelijri^iligem Klnmpta complieirten . Falte, Hn diu .Ab- 
ytd'oidnu'g gekuiipn hat. 

Mare kund;) hat einen in mehrfadmii Bogiohimgou dom 
'tnmefigmt lihnMdien Fuli ])esciir:ndn«ii, -Ks hauiieita sich um oimm 
weiblirhcn Fdtua von sfülmh hm adhf. McmAton. Tn der- MitU 1 . de^ 
lidkeu Untcr^ehmikhU tand sieh eine tiefe eimdlh'c Soiüxüefdr^ftfi; 
der ünferhaih dersidben gelegene -Theil war ddHMintAs gescjiwnitmi 
lloelitw h(?rft:md Pub variis. ÄuVi«eiilem fanrku 8ieh r - wie in unrermti 
Falle, Abs;iuiüningp« und VerwimliMin^n tnolirnr«r Finge»* vor.-} 
Der tAH ist also von dem unseligen .mir Omiuroü untörpdi iwJmi, da«s 
bei dum,Mereliund’sohen P<>tu;> an der die f; ; «»«1« ; !>u<-hniinir,g 
dat bietemkfi FnrmniBtt Kein Klompfuss vmnMm war, 

Kin zweitor hierher gelmrcudcr Fall wird von : Rc-da rd Ä l hc- 
vfjtri*4rmi Fs immieile sieh um eine«, fünf Monato altnn Knalle«, 
.hei «Hr.hcm sich int unteren IhhtüieO des 'Hulieü (hiicrsi henkeir- 
2 'ouhu dicaeiho KcliHürftirolif: wie in unserem Palle Vorhunl. Indes«; 
war. auch im f{/>dard'farFicn Falk keui Klumpluss, ; mluvihr ein 
leielitor Mnlgus vorbtnüeu Bas irnt'tnT Dntfheil des HnfersclmnKnh 
sowie der Fitss waren auch hhd' stark Prfemati»? .gpsdiwnllnh mfd 
iMhlte« Hhdj schi' kalt Tn. ..Bin Zehen waren atrojdlisch und ehun 
Fiw-ni, aber mit Angeln vofsehen. Der rechte Fuhs stäiHh 
cheUoli- in kn ht«r Vjig«4Srt,ellui«u, wuj almr rmisl nonimi. An 
d«o Hngetc ItöufoH sivh rvjdifnontAro Bjiilntrghn, Aj»r 

.■selmiirnTigivß ixnd SymlaktylieeiL 

. h -lkP.RAdir^fl’scjte FtD 'üitei'oHSirt; utia ^uglhich; dnflur.t4v, v rljtss 
-.H/‘«iürd Hür'-b mim operativen Eingriff die Kins.'jinilnotg Lo- 
s?Htigto und damit bessere FirotiInBoasverhditnins« in dem unter- 
halb der Finachnürmigs^teno gelogeucn Glicda.hsnhnF.fe herstrüte. 
Fr cnGhntee öifteti ID/? «an breiten/ ahi-UFIB n (ifmrhalh dml 2ur 
Httifto unterhalb der Furehn mid nabte; Hk- 

dan.n -die Whnde der Furche auvitutedor. ch Haffjing- ihn AVtmm» 
sthwfiiei: das .0Pdt.Mii, wcIHms zuvor, vom zwei«bis /n»u nlnften 
| Ltd*oftHiii«)i«tf.y dföi aifitsäkUch trmnoi- rokb Mtivkim 

; worilmt war. 

| Ferner-wurde in der Bitznng der GcsoHschalt: der F'häi:»iv:hv.t«j . 

| vom %l .Xtevojuhrr 1893 ein Pali voU'Ciff'alüw Sehn«rlür«'h.e- «iiw. 

i rimmsehenkete von HoHisf.o.tter vovareHnilt und ihibei »hm --mm hm«*. 

! Benbaehtutig ’MoMtgr t otH‘ i r> > S[ erwähnr.. in dorselhpu Stezung 
uemonstrvrte A !b«*.! , 3 feimi« Fall von- gleicher Sehiiurftu-eh»-. d»; 

! dhöurnh fesbuders iatercsssub ww, .dass? #/ e ^*«et) hUötien 


D Von einer ausführlichen LitteratnraugaF; bah« ich ahgcö^Uwi; 4k , 
beiia Schluss dieser Arbeit dn» : zusamrne;iifas^rinie Hefcral ,T a ü er *j 

nsdi 


l»e1 i-af. 

Darauf ibdsuhrÄftlrF ¥tbh äljeg, wgft ieh ffte blrhüfäte/§ühiiite 
fürehen am Itiitersdienkel aufeufindim vermochte. 

. • '}twb wnnigHi- »Ami ich, -weiin vni^ Behuurfiiralimi der 'Floger 
and Zehtt?i ahgrdsHhen wird, iö der fjtfteratür über 5 SehMrterirhro 
ji«! underen gössen - Gfiediibsehnitten. sumentlh*h um Ohiu’^.lienkH 
. und /tu d{«i Annen, ' Nuf LoprdvuHt r J hescitreiht zwui >-oirher 
; Fdilo, jn denen ns sich «kr um nur haibniigKhmige Arsch«efongrn. 


P '»'ho- .*n> 8, .b\D«iar 1894. 


' f y^fttenbUiT s Softlotmyklepliciie Bd. -13.1^ Artikel Misfliiiditn'gcn.; 
AJ VetjiJuichß ilm. Moi r<vb a n 4 »ehF. Ahbihlung ihu*- Hünda 4 bb h*n 
trcffendyii Fntns. L c B. 28 L 

:r ) Gaz, uiedicrdo de Parig 1K8H, \u. 28, 

H Gaz. tni-üicule de Paris. tSSdi N’o. 18. 


Gö ife 





DEUTSCHE Mmmmm WQCHEHSGHEtn:. 


Wj'iro, st Hi in jh» genügend woith bihjftii» dass* a\A' sukiw 

■\Vfi.so diu Cirenkd.musstdrm«g«m »UM das AMntu -des «-untevöii- fjliöd-• 
MiwohoiMes sehwunku »uni da«? uh-dhtnu im Fallt? eimsr iwim 

UMires^mwni d<* Vimh»* etwa 'riwhidmiideii Fraefnr .au. thv 
>iritHfV(vi« l'M koiim I» elti.hr der tRiiigr&iJ mdstehen wftrrlg. 

(fru gfabep zu gelten, dass flieht cihfra Infolge der 

vöhüftrduug der. gpstonMttiu, wm.ui auch noch «0 Jtüönmfp&öli 
Gctitese. der Haut Mi der Ti'ofo der Furche bene, d«> wlt d<n: Haut 
fest vwivneWouon jVfio**^ eine weitere- BiddUUgmi^ dar Fircu- 
lalionsverlutlthlisiSi« ^^uStdieli«, wurde beseiileRkea, zuMMfef. mir die 
eine, und zwar die - ii unsere. IRÜtle der Seitnürbireite $\i tectii^n 
und mich der } {»ilung deiv Wundo iu gicdohm* W oMe .an riie-zwite 
Halbe he rannigelum. 

.Fr w*mje dm..*g» um 17. Juli v.. J. an dm- äusseren'Seite 
d<5s niiMiffl e-n 2 um hreluwv halb oberhalb, balb unierbald dftr 
Siduiiirimudie boffodiiete Uaut.fttdck oxeadjrk U&raäf äftirötn die 
steilen Wfünlo. der Fuieb.c mittels zweier Catgctmüite :ui ein. 
ante gotcUM und darüber die Ffaurwumir^mler vereinig; 

FjVh HMU«M der Wunde Ml da-? 0(?$&n mir ln stdir 

Gagen Fnde Gelobet nGBmtUiAe sieh der upnrit-i^plj 
te- S'dixiUrrlng‘M &U eben iWdnb amr /■scö'fg unter dem- Niveau iXn- 
flaut liueejide Kinne, Y*;«hM%d Min: MWyidbüU Mnr FMinütMiGdb be- 
fimüit-lio GMuiahsebmtk noch ein • MendiGi ;im.vnFVntff.ftds Aussehen. 
!mbmhAH<‘U lia.td.ii.- , 

An. 2’) 0»j oIm 1 v wurde in genau dnrsolboii Weise wie Irüiwr 
an der missmmu, so nunmehr :m der inmumi Hdiih» der Furche 
die Mnftisehmig und - ^A>yi$kUH&",<lh?• -HiMite vargonominell. 

N'mdlilrm auch hier die \V iindc geheilt war, stoilK* HG. in »Jm 
T imt dm* Aeh.dl'tn Erfolg- in erfreulicher - m*.. .Die. gut?* 

V ' Kig.$. tUdtu^oildlirfV^^FW%fjfetZt 

>ß eine um- sehr !!;c!w 
Houtoiiisenkuug umgew.ue 
dMMvordoii. fV-e'rgl.Fii: &j 
. Sdum nach weni;••-•<•. 

\Vu. bei? begann dasUorlom 
i . rüekwiingig äu wenlou. Die 

c : 'Haut imbm riitf normal* 

‘ JjA' Färbung A\\\ sin umgab 
• jntz^wi(i.t4«;sidiF^br Babfc 

t ijär <lmi Y[\z* imd Ihm arh 

-Aäflr ilberülV in diiMö Falte« 


geiiandeit iiuir Din Absehfuimmron betähdoh ?ä/di hei niuvtii Jalm* 
alten iiut HydroiioviiudiJS KebnfUiten MiUluiiün sy müMd.i isel. an dem 
innennn Driftiudi dFr iieid^-o ()i>or-iri< , dnnikr>l uod der beiden fdber- 
«ti, und bei cdrmtu'eiohmyliiifieftn. yjigMtdr futt mxdtiedcmm. 
Finger- nnd YM\ oirvcrkr(intiu«iug^u •. 'SjMj.iittkhjliceu, liasen.eohaH.e 
um! GauinensnuMe und. rceiikdwniccn, Iviuuiiiiiistv heliadfid'-n 
ivimFmn an den tiiferidej! zwei J^riilhtdhai dnr ('ireuntiejvux. dtm 
r.vht, in ( H Musehen krd* dicht fil»*:r der Knie-eil ei he, 

Einen anderen hiorh«/- goböfi^n Fall Uaf K» 

der (lesellsclKMt. *(«**• Ae» -/Ja in- AVjeji aa‘« dh, Marz ti. d. vor- 
WiWf« lit De) F.il) I»»'trifft em wenige Murmle altes Kind, dessen 
l'ijcilfi: Hdif-rj* } ,l \* r*-nt)t;«f «n einen Knh-S^.ilcu -‘Tuinol* lUUirrV Ulldtdt 
arHcUöüjF. düna'liulb ds’K Tuüu*f^ zeigt sieh eifHt tiefn Kiiis* hutirurig:'. 

lv- hhdut i». noch .iibrli . .A-d««« .* ZusaniiiiiujfiVilen.s von 

■itmuidüaoUe-u AW^Möfeaköd' öiU unuoh'oronejji lOumpfujss, wotcUe^ 


Iditev Solchen Um- 
sländi'U stand .numimltr 
hifditi, woliv der Vormdune 
düK ' RFdre^4oH/nfiÄ de* 
KlHm-uut,ms»m*gu:oT.. Da- 
UetlreSbfiifpoTif um], * dit* 

FTx?nK»g «Irr durch: < d;is* 
shlljd gowomuamn BtAÜUHg; 
du« '‘ißittäs. Anim 

Hv p^ynrbamFrs uufnle rna 
%; JAuuaj! 1894 ror^ : 

Die . lüdlit g 1 ;- 


jmimlosMt das Ded-mn. wcddles- Mim schon drei Mnmittf hindurch 
ÄU;ht dir geririgsilo gdzm r <n‘ haika .rüokgltngig -?.\v werden, 

muFh ihT siorket- ge wurden; Ja. < f s HiuMa unUn gdfojHU! iAnkriiudeu 
iile f-ifd'Hhr der f-Jiuigrhji vatrgrdegen, 

|jKn-/u uee.h l.-deemh';; Jh‘denh'’ii: Jhn- Fedro^etjoad. des 

KHuopiusses wii;dc wegeu der sgtrrcn Wiilej-sKiiHid, die dsi'Kuss' 
d-.'n.rl, euu nb;Hi g? ringe K i albiülu endung miordet« halmn TAdcr 

Mith'!)♦'!» I (M.--t;d..ien hiM «iif. »\oit»*r«- Didaijr vor, d«s> an de»' Hieltti 
der DvhnhrtHrehr h»>itu Kedfcwpinohi rdne Fractur ciutrriD Es woj 
fch»f Wtdd vhinhbar üiid ido sdhr th^- 

dje K'diD'jj i‘uivh«a nicht) VhtKH;durch du Woh%UHnVa «uiiCh ejj wmdt xHjidi 
durch d)- / h »} It t. 1dl. f»M. u ,sj)i .,|mi ih’M oDi'oli- dr i hhj.i 1« ? n 
der an de? Si hni'n»fr{tu md (»Dich okM, dmitÜDi p;A}ni!deji h iluda 
•i J i“.eä dass fii>o jimdi idti“ Knoüouinnue vurjuiUdcn ward dir das 
Klnl.rfi.L de) lia.riM >.).,< h Weiter begünstigt titU-fe i;V) FuFe 
-um! Fraeüir an .)t,c SeliiHHNMIe hü.» t.(. die dümin ITaui* Im G ri in de 
de, SehnurfmadnS durch Um winDgen GoOcwm niin Flunihrung- dem 
uccit.hecir.clt) u Idicdivh^cijUtifes nicht hcSyiiFeu, ja wahrs'diLdnlicb 
HheriiaiiFf uKtH 'einmal (Hü Fvagjtieiitö %usnin ninfdi rU oh kdUni’iL 
bjerenie-*>H Gehisst' :\\m, duc-h \ve!? jje allein dc>' imnnh- j w,-!u 

Glwibbst hniti. mouldt wnr.h . die des ihadosts, dm; Km>e;u'hs mu) 

dc>. Marks, wdydet] lud dm* Fmctm zerrissen vvorden. seht. Dir 


rin gern Widei^Umb, :*li_«; 
der Fm-a? dcmKotirsssmarn!- 
’d'H^göusdtzf.c, liafUm siGi 

"'-•A 

hitiSHUi. .. A 

Tri den ibbhGmi Tageh trat, iijj AT'rbanäe wieder Oedcm dus 
Fussen diu : inde.xs h|ini> d|o Fuihw dnA'' Fugses nnd der ZßjmfH. 
^Giiunld nun»ml uml vmldcit sa h folg Kfmi ruhk, -so-dass. Vir. 
thm Verband hitdif aliZüooKHm^. tu^iudifop, vklmelir mv« mit etnev 
gdiuhgjid Lbf^iTig' f • 

in «hm Wönliüh WMii.uio .dns Öddeoi niitei ^ ßr ' 

barnlc wieder \Sei prj.nj,(ir v wahivad das Ailwciu'utihohmfoii dßs 
Kindess urn ganz v.om'clfiieh»^ Mich * -/ • 

Als ui Men Ictzlna Tugao doa Folminj* d. J. der Verbund ah- 
c aomrucn vounb), hg. ,tu CMreadtai uns ej-ti-onii. he Verhalten 
§|te w-de des dunh msrn Vijb'dabtn.i 1 (F!g 2) vnnnyrMM.iDit 
wu'd. 

[Jas Kind si'tzi. wenn man es auf «hm Ti«?ob -Mum*!’ 
sinn F ass mit dhr v{)iU>u Pbuiia tmt! iu n iüliieirfei'BteD 
tiing ii uj. .An du r Stube der Sohn ii rfu t ** h e boitude/ **' jl 
eine dicke und bew«:- ilGu* hc- WeioHihc’iljnnsso. Da& Oftd»'b 
cM aufeiucry ü w A s »:•• i; s t. g ö v Kt», g o n Grad rodueb't 

Der Fühs wird uat ni iicl» noch weife] «mtgr Font rode bFibuc 
und es wild ^fioch für kdfzrre- Zeit on< üwnim* A’*Tbun«l ftUgeietf« 
'•'i-.iun mnssen, um d??s gcwoiüieae Resultat zu siGu*rn l“ 1 ?«'. 
ruVe.h »ü.-vvas' 'w»niev /Ai yerlmsäenc ^ ( 

Ä hhr K‘lboti Ipt&i Vnnn -es dün Eite Hl als dicht 
«weife jh j fl,' in AmscIcM g'e-lf'lTt 'werden. dassdaS Kili'i 


B.. ... {BBm 

•Gfmgvän df» gfvdzmi mitnrhalh Aei' SchijiUst.iUe 
abs(d«ni< ics wi h% also -Im Falle Guer Fragt m' w 

ghwnspj). r ‘ 

Dorr t*rolAs,sur vVoir/, dev bdum fett hui: 
XVfJr ühnlinbr, -Acbnhi furchen ^ «hui ■ Fi-ngmui 
habn tmd dmn ns bhrigtimf ylamais buch uh-dd l 
DbG.nl h-.viN u uu am h a i; d«*m iMiccMUimik 
Opelath.ii 1 G*t A i.tcm m.c, vc. wcmn.cum UaG* 
shTtuto Dmötaudci;^ g/mM'ghst dir: d der 

zhiuhimn, tun an <bm Stello dav Fuivhn jungenm 
bedeckende di» it* XV jveill iif-dlagc /,u g*MVi»«;tc.i 


‘1 m»^l»«Mrpfii;ke. luuvuchHfl. ;181)4, N«u ifj; 
'j? 1 * ■ P>tfb r dagiü(ibö!y 




W;iTigf.o T«ed«irii 

s'ogihbd« eumn diwi 

EFnmiMnb^ r&druKhiPMvdv/i Vor-- 


mi# 

iiberulV in 

li.iulii. aitzldegeir 
fK»tunD’?b'Mig:tiug 

Fin sulche.!- Vai i 

stmi wbrdfi nur eine wein-ru 



abludum. 

Mp ohimdMs s<dm 

n höchst uumgüRnifKui GirFU’ 


' ■ 

.-••«.' * T^r\W»•; 

t/Ffev ’ 



23. August. 


spätestens binnen Jahresfrist den Fuss in normaler 
Stellung zum Gehen wird gebrauchen können. 

Ich bemerke noch, dass der linksseitige Klumpfuss gleich im 
Beginn der Behandlung des Kindes in der gewöhnlichen Weise 
durch den Wolffschen portativen Verband redressirt und geheilt 
und dass die Syndactylie der zweiten, dritten und vierten Zehen¬ 
spitzen durch eine kleine, bereits im Juli v. J. vorgenommene Ope¬ 
ration beseitigt worden ist. 

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem ver¬ 
ehrten Chef, Herrn Prof. Wolff, für die Ueberlassung des Falles 
zur Demonstration und zur Publication meinen verbindlichsten 
Dank auszusprechen. 

VI. Eingeklemmter Leistenbruch bei einem 
vierwöcbentüchenKinde. Operation. Heilung. 

Von Dr. Havemann, Dobbcrtin. 

Dass eingeklemmte Brüche kleiner Kinder zu den Selten¬ 
heiten gehören, darf wohl als unbestritten gelten, und wenn 
Wimmer (Dissertation, Leipzig 1868) aus Mittheilungen der 
Nassauischen Jahrbücher das Zahlenverhältniss zu den eingeklemmten 
Brüchen Erwachsener auf 1 zu 62 berechnet, so hat diese Ab¬ 
schätzung meines Wissens Widerspruch bis heute nicht erfahren. 
Inzwischen hat sich aber die absolute Zahl der in der Litteratur 
mitgetheilten Fälle nicht wesentlich vermehrt. 

Während Ravofch (Deutsche Klinik 1858) noch derMeinung 
ist, dass sich in der Litteratur nur etwa 30 sichere Fälle operirter 
Hernien bei Kindern fänden, und während Plum (Kopenhagen 1867) 
auf 572 Brucheinklemmungen nur einen Fall zwischen 1—10 Jahren 
mitzutheilen hat, berichtet Wimmer in seiner ersteitirten Disser¬ 
tation über 26 Operationsfälle bei Kindein bis zum 18. Lebensjahr. 

Benno Schmidt (Unterleibsbrüche, in Pitha-Billroth) stellt 
64 Bruchoperationen für dasselbe Lebensalter zusammen, und endlich 
hat P. Knobloch (Dissertation, Breslau 1890) sich der Mühe 
unterzogen, 87 Fälle von operirter eingeklemmter Hernia inguinalis 
aus der gesammten Litteratur zusammenzustellon, deren Träger 
alle nicht wesentlich über zwei Jahre alt waren. 

Durchmustein wir flüchtig diese lange Reihe, so ergiebt sich 
aus ihr, dass die im ersten Lebensjahre auf 62 % sich stellende 
Mortalität im zweiten Lebensjahr auf 17 °/o herabsinkt, dass feiner 
Operationen innerhalb des ersten Monats wesentlich seltner sind 
als im zweiten und dritten, und endlich wird evident, was auch 
schon Wimmer hervorhebt, dass Operationen nach dem dritten 
Einklemmungstage kaum je von Erfolg gekrönt waren. 

Dies vorausgeschickt, wird es, wie ich hoffe, nicht ohne Be¬ 
rechtigung sein, wenn ich einen am vierten Einklemmungstage 
erfolgreich operirten Fall von eingeklemmtem, congenitalem 
Leistenbruch bei einem vierwöchentlichen Knaben mittheile. 

An dem vier Wochen alten Sohne des Kutschers W. zu M. hatte 
die Mutter schon in den ersten Tagen nach der Geburt ein Stärkenverden 
der rechten Serotalseite bemerkt. Der Umfang dieser Hälfte erreichte 
bisweilen unter massiger Spannung und Röthung der Haut die Grosse 
einer kleinen Wallnuss und sank nie auf den Umfang der linken Seite 
herab. Uebrigens verhielt sich das Kind normal und wurde von der 
Mutter gestillt. 

Am Mittage des 12. September, an einem Freitage begann das Kind 
ohne nachgewiesenen Grund auf das heftigste zu schreien, und so schrie 
es mit wenigen Unterbrechungen die Nacht hindurch, fast den ganzen 
Sonnabend und die Nacht zum Sonntage. Dabei erbrach es alles, was es 
nahm. Die Dannausleerungen sistirten vollkommen, und statt derselben 
wurde unter heftigem Pressen Blut und Schleim, und zwar orsteres in 
beträchtlicher Menge entleert. 

Am Sonntag Mittag kam ich halb zufällig in den, fast 2 Meilen 
von meiner Wohnung entfernten Ort und fand bei dem gewaltsam schrei¬ 
enden Kinde einen eingeklemmten rechtsseitigen Leistenbruch. Ohne 
Assistenz und ohne den vollständigen Operationsapparat konnte ich für 
den Augenblick nur einen Repositionsversuch macheu. Die bläulich rothe 
rechte Hodenseite hatte die Grösse einer mittleren Wallnuss, war seitlich 
abgeplattet, war hart und offenbar sehr empfindlich. Eine Abgrenzung 
des Hodens war unmöglich; auch der Leib war prall gespannt. Durch 
vorsichtige, aber doch klüftige Massage gelang es, den Umfang und die 
Spannung der Geschwulst zu mindern, doch war deutlich ein zurück- 
bleibender, bei der Handhabung in ausgesprochener Weise crepitirender 
Inhalt zu fühlen. Das Kind war nach beendigtem Taxisversuche offenbar 
tief erschöpft; es wurde ruhiger, verweigerte aber von nun an jegliche 
Nahrung. Das Erbrechen und die Ausscheidung blutiger Massen aus dem 
Darm, welche das Lager des Kindes blutig gefärbt hatten, sistirte ebenso. 

In der Sonntag Nacht kehrte ich nach M. zurück, um mit beginnen¬ 
dem Tageslicht operiren zu können. Ich fand das Kind annähernd so, 
wie ich es am Mittage vorher gesehen hatte. Der Leib war gespannt, 
und der Bruch hatte seine volle Härte und Prallheit wiedergewonnen. 
Das Geschrei war in ein monotones Wimmern übergegangen, und die Er¬ 
schöpfung war offenbar eine hochgradige. 

Mein Sohn, der cand. med. Havemann übernahm die Assistenz 
und die Narkose. Es zeigte sich bald, dass ein äusserer Bruchschnitt, 


679 

der ja ohnehin das höchste Bedenken gehabt hätte, wegen der Seliwer- 
trennbarkeifc der Gewebsschichtcn, welche die Hohlsonde kaum zwischen 
sich ein drin gen Hessen, nicht gut ausgeführt werden konnte. Der Bnich- 
sack musste geöffnet werden. Das ahfliessende Bruchwasser war mit 
zahlreichen weissliehen Flocken vermischt. Im Bruchsack Ing eine ein¬ 
fache, aber verhältuissmässig recht grosse collabirte Dünndarmschiingo. 
Ihro Farbe war ein schmutziges Braunroth, und nahe der Convexität der 
Schlinge fanden sich drei etwa erbsengrosse hochkirschrot he. scheinbar 
hämorrhagische Flecke mit sehr dunklem Mittelpunkt, Nach hinten und 
einwärts dicht an der Darmschiingo lag der nur wenig gorötheto normale 
Hoden. Mit dem kleinen Finger neben der Darmschlinge vordringend, 
fand ich im äusseren Leistenringe und über ihn hinaus einige scharf vor¬ 
springende, den Bruchsaekhals von oben her beengende Faseienränder, 
welche im Vordringen mit dem geknöpften Bruchmesser wiederholt incidirt 
wurden, bis die Kuppe des kleinen Fingers den ganzen Leistencanal passirt 
hatte. Die Desinfcction des Bruchsackinnem geschah mit 2 % Carhol¬ 
lösung. Als darauf die Darmschlinge genauer augesehen wurde, fand sich 
ihr hinterer unterer Umfang mit der correspondirenden Stelle des Bruch¬ 
sackes verklebt. Die Lösung gelang leicht; aber es zeigte sich nun, dass 
die adhärent gewesene Stelle so stark blutete, dass an eine sofortige 
Reposition nicht gedacht worden durfte. Da die Blutung anhielt, so 
brachte ich sie durch drei, dicht neben einander gelegte Umstecliungsnahtc 
zum Stehen. — Ob diese Blutung, entgegen der gewöhnlichen Erfahrung, 
allein durch die Lösung der frischen Verklebung bewirkt war. oder oh 
ich, indem ich den Erötfhiingssclmitt bis an die Adhiisionsstelle herab¬ 
führte, den Dann mit dem Messer oberflächlich gestreift hatte, konnte 
ich leider nicht feststellen. Die Reposition gelang nach der ziemlich 
ausgiebigen Erweiterung sehr leicht, ohne jeden Zwang oder Druck. Die 
Wunde, in welcher gleich zu Anfang zwei spritzende Arterien unterbunden 
waren, ward nach Einlegung eines Drains bei ziemlich reichlicher An¬ 
wendung von Jodoform durch eine tiefgreifende Naht geschlossen und ein 
gewöhnlicher Listervcrband angelegt. 

Die späte Zeit der Operation — es war der vierte Tag der Ein¬ 
klemmung —, das zweifellose Vorhandensein einer Entzündung im Bruch¬ 
sack und das Aussehen des Darms gaben gewiss eine schlechte Prognose. 
Dazu kam, dass während der letzten Phasen der Operation Kreislauf und 
Athmung sich in bedenklicher Weise der Insufficieiiz näherten. Gleich¬ 
wohl war die Wirkung des Eingriffes, wie ich am nächsten Tage hörte, 
schon am Montage eine günstige gewesen. Das Erbrechen und die blutige 
Absonderung war nicht wiedergekehrt. Am Abend des Operationstages 
begann plötzlich der laute Abgang von Blähungen, und bald darauf er¬ 
folgte reichlicher Stuhlgang von gewöhnlichem, nicht blutigem Aussehen. 
Als dies geschehen war. legte die Mutter das Kind an; es nahm jetzt 
die Brust und behielt die Nahrung bei sich. Die höchste in den nächsten 
Tagen im After gemessene Temperatur betrug 88° C. — Am sechsten 
Tage konnte der Drain entfernt werden. Um dieselbe Zeit machte sieh 
bei dem Kinde ein papulöses Exanthem über Brust und Rücken bemerk¬ 
bar, welches aber schon am zweiten Tage, ohne weitere Symptome ge¬ 
macht zu haben, verschwunden war. Nach 14 Tagen war die rechte 
Serotalscite völlig abgeschwollen und die Operationswunde bis auf eine 
erbsengrosse, oberflächlich secemirende Stelle geschlossen. Das Kind 
gedeiht und befindet sieh vollkommen wohl. 

Der während der drei ersten Einkleinnumgstage bestehende, 
recht erhebliche Blutabgang durch den Darin ist eine unter diesen 
Verhältnissen höchst auffallende Erscheinung. 

In keinem der oben citirten Werke ist es mir gelungen, eine 
Erwähnung dieses Symptoms zu finden, und ebensowenig in der 
mir sonst zugänglichen Litteratur. Selbst in der KnobloclVsehen 
Arbeit, in welcher auch den Symptomen eine besondere Spalte 
gegönnt ist, finden sich derartige Blutungen auch nicht in einem 
einzigen Falle erwähnt. 

Gleichwohl erscheint es mir zweifellos, dass die Blutung mit 
der Incarceration in meinem Falle in eausalem Zusammenhänge 
stand. Denn die Blutung begann bei dem sonst gesunden und 
ausschliesslich von der Mutter genährten Kinde mit der Ein¬ 
klemmung und Hess keine Spur zurück, nachdem die Einklemmung 
gehoben war. 

Die Blutung, welche den Eindruck einer venösen Stauungs- 
blutung machte, stammte also aus dem abführenden Tlieile des 
Darmrohrs, welchen man sich bei Brucheinklemmungen eollabirt. 
wenn nicht gar anämisch zu denken gewöhnt ist. Ich möchte 
aber den Sitz dieser Blutung überall nicht in das Pfortadergebiet 
verlegen, sondern möchte vielmehr die direct in die Vena eava 
einmündenden Vonao haeinorrhoidales mediae als Quellen der Blutung 
bezeichnen. 

Bei den ganz ungewöhnlich heftigen und langdaucrnden Press- 
beweguiigen des Kindes standen diese Venen, ganz im Gegensatz 
zu den Verhältnissen des Pfortadersystems, unter der unmittelbaren 
Einwirkung des durch die’ Vena eava vermittelten Stauungsstosses, 
welchem sie, wie es scheint, nachgaben. 

Als dann später am Sonntag Mittag die Kräfte des Kindes 
erschöpft waren, hörte bei fortbestehender Einklemmung das Er¬ 
brechen und Schreien auf und damit zugleich die Blutung. Der 
noch am Montag Abend erfolgende erste Stuhlgang enthielt weder 
altes noch frisches Blut — eine Erscheinung, die wohl gleichfalls 
für die Richtigkeit meiner Auffassung spricht. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34 


VII. Paralytische Darmsaftsecretion 
nach einer infolge Rectumcarcinom unter¬ 
nommenen Darmresection. 

Von Dr. Caro in Posen. 

Im Juni 1893 wurde Herr N. wegen eines hoehsitzenden Rectum- 
carcinoms (kleinkartoffelgross) von Herrn Dr. Jaffö hier einer Operation 
unterzogen, bei welcher nach partieller Kreuzbeinresection das Rectum 
in grosser Ausdehnung resecirt wurde. Genauer gesagt, es musste wegen 
des hohen Sitzes und der Grösse des Carcinoms der Peritonealraum er¬ 
öffnet und der Darm bis zur Flexura sigmoidea freigelegt werden, an 
welcher Stelle der obere Resectionsschnitt geschah. Die Loslösung des 
Darmes von seiner Umgebung war wegen bestehender Verwachsungen 
eine sehr schwere, sie gelang aber schliesslich ganz gut in theils stumpfer 
Präparation, theils mittels des Messers. Vom unteren Rectumende blieb ein 
zweifingerbreites Stück stehen. Eine Vereinigung der beiden Darmenden 
war wegen der grossen Spannung unmöglich. 

Gleich nach der Operation machte sich ein für den Patienten recht 
unangenehmer Zustand geltend. Die Unterlagen wurden von der Wunde 
aus durchnässt, und zwar durch eine wasserhelle Flüssigkeit, welche so 
stark abfloss, dass in der ersten Zeit mehrmals täglich die Unterlagen 
\r' e jL S i^ werden mussten. Nachdem die ersten Umständlichkeiten der 
Wundbehandlung überwunden waren, unterzog ich mich in Gemeinschaft 
nut Herrn Dr. Jaffö der Untersuchung der stetig abträufelnden Flüssig¬ 
keit. feie hatte schwach alkalische, manchmal neutrale Reaction, war von 
wasserklarem, manchmal schwach gelblichem Aussehen, ohne alle morpho- 
tische Bestandtheilo. Sie enthielt kein Eiweiss, etwas Pepton, keinen 
Die Flüssigkeit wurde aus dem in der Wundhöhle sichtbaren 
Endtheil der hlexura sigmoidea entleert. Nach Einführung eines Speculums 
m diesen Darmtheil ergab sich bei gehöriger Beleuchtung, dass die Flüssig¬ 
keit nicht aus einem bestimmten Punkte der Darmschleimhaut quoll, son¬ 
dern diffus von der Schleimhaut seeernirt wurde. Sie kam dann tropfen- 
weise aus der Schnittöffnung des betreffenden Darm theils hervor. Die 
Berechnung ^fldter^ 1 ' abgesonderten Bissigkeit betrug nach unserer 

T:) . In , dem mich zum Zweck der Erklärung des Phänomens in der 
Litteratur umsah, fand ich in Landois’ Lehrbuch der Physiologie fol- 

Ken fch?en rkUDg ’ We ° he d ‘ e Gonese der Erscheinung völlig zu or- 

. »Y°, n den . Einwirkungen dor Nerven auf die Absonderung des Darm- 
Vi f ldVt 5t „^ en 'S .Roheres crmntelk Reizung oder Durchschneidung der 
den“ ihr n- denten Einfluss. Dahingegen hat die Ausrottung der zu 
Arefnl ^ lDgei? hrnlatifendeu. die Gefässe begleitenden Nervenfäden 

Dieser Prfnl^'r, m?*?' 1 ? 11 ® WÄSSe . n g c Eüllung des Damirohres zur Folge 
liesei Ei folg ei klart sich aus einer Lähmung der vasomotorischen Nerven 

dnL Tä ltraCtUS T Und ? us der bei der Operation oft erfolgenden Zerschneh 
Traf flTösseier Lymphgefitssc, wodurch die Aufsaugung gestört und die 
Transsudation durch Stauung im Blutlaufe vermehrt wird Da man die 

mos aneh, en a „la r i, <,me d (do fP elt caterbuudone) beschränkte Stelle des Dar- 
ausschneiden kann, so zeigt sich der wässerige Darminhalt in 
» Nach Hanau handelt es sich im Moreau- 

pischen Verlauf hüt.““® paraljt,sche Absonderung, die zeitlich einen ty- 

zu erhärten 6 ei?6r Pf^jf h. 6 “ Darmsaftsecretion noch mehr 

hl;!rä. Tr V-W dto h h r ne ,¥ elne Probe der Flüssigkeit an das physio¬ 
logische Institut zu Greifswald, von welcher Seite ich erst nach zehn 

AsS n teS e Besehfid r, hT iSe S®"" Geheimrath Landois undsekes 
findhehm He^ h r d h b?kam *'i, r In Y ertr0tlm " des Doch auf der Reise be- 

rffÄVaaf.aBs 

auf Eiwxiss 'iid kU Stlrk 0Ilnt d 1Ch mlt d ® m Secret nicht erzielen, ich prüfte 

wlrechdnlich*“ Pal ' alytlsche Geerction handelt, erscheint auch mir sehr 
Institut zn h riHff Zei ia lang ° hne A j ltwort Ton seit«» des physiologischen 

lasse ich unentschieden) sich ?e^™ert ™ “^^^spülungen, 

Wundverhältnisse das Auffangen de^ Uü< ? dle T ver ? nderten 

meinen Bericht folgenden Brief des TT«™ p erschwerten. In dem auf 
selbe über den Fall: 9 I * erTn Professor Ewald schreibt der- 

wie sie CI. Bornard ^uTzeit zuerst 1 ^ 09O f'enannte paralytische Secretion, 
schneidung der Chorda tympani resp dersvmnftv 10 ! 16Se n ^ h Durch ' 
hat. In diesen Fällen war die Bosnhaffnnir s L m P ath *sch en Fasern beobachtet 
Es fragt sich nun, ob es sich in Ihrem S< \ crets . etwas verändert, 

ungstüchtiges Secret oder nur um eine ‘ h ^- Pt nm em Yerdau_ 

eiweisshaltige, aber nicht fermenthalti™ Transsudation res P- eine 

rt r- 2 -“ 1 -—ÄfcÄ. &JS 

daher konnte °nür die^eiweissverdaulnde aber P >™ b j- zu sendo "> 

ficirende Kraft der Flüssigkeit geprüft werden 


» wir ßaoon aie i jusoigihoiü um tuitauscner Jtteaction auf ihr« 
eiweissverdauende Fähigkeit geprüft und gefunden, dass sie es in nur 
massigem Grade zu thun imstande war. Fibrinflocken wurden innerhalb 
48 Stunden nicht gelöst, wohl aber in einen feinen Detritus verwandelt 
Leider war die Menge zu gering, um die sacchariticirende und fettspi 
Eigenschaft der Flüssigkeit genauer studiren zu können.“ v 

Nach dem Mitgetheilten ist an der gegebenen Deutung der A uson 

derung wohl kaum zu zweifeln. Bei ungenügender Beobachtung hätte 

man die Erscheinung für eine Lymphorrhoe halten können, aber dagegen 
sprechen, abgesehen von der nicht circumscripten, sondern vielmehr 
diffusen Absonderung die chemischen und physiologischen Eigenschaften 
der abgesonderten Flüssigkeit. Dass die peptischen Eigenschaften schwache 
genannt werden müssen, ist aus der tiefen Region der absondemden Darm- 
partie (Flexura sigmoidea) und aus einer wahrscheinlichen Veränderung 
(Verdünnung) des Secrets erklärlich. ® 

allmählfclf bS ° nderUng ^ ^ ™ T Monaten Yölli S versiegt, und zwar ganz 


Der mitgetheilte Fall ist meines Wissens der erste, welcher beim 
Menschen nach einem operativen Eingriff am Darm eine paralytische Darm¬ 
saftsecretion zeigte. 


VIII. Ein Beitrag zur Casnistik der Fremd¬ 
körper in der weiblichen Harnblase. 

Von Dr. II. Rüdiger in Bremerhaven. 

Die Fachschriften berichten von den seltsamsten Gegenständen, 
weiche meistens infolge von Masturbation durch die Harnröhre in 
die Blase gelangen. Die Beschaffenheit der Eingangspforte bedingt 
es, dass wir es für gewöhnlich mit schmalen länglichen Körpern 
zu thun haben, und wenn wir uns die Statistik näher betrachten, 
fanden wir, dass dieser Typus der Fremdkörper auffallend häufig 
durch die Haarnadel vertreten ist. Dass letztere gar nicht selten 
Gegenstand eines chirurgischen Eingriffes werden kann, beweist 
schon die Thatsache, dass Leroy einen besonderen Haarnadelfänger 
construirt bat. Auch in dem Falle, welchen ich hier mittheilen 
will, handelt es sich um eine Haarnadel; das Bemerkenswerte 
desselben beruht aber weniger in der Natur des Fremdkörpers, als 
m der eigentümlichen Art, wie dieser sich infolge missglückter 
Manipulationen der Patientin in Blase und Harnröhre einbohrte 
und durch seine Formveränderung die Extraction bedeutend er¬ 
schwerte. 

Alma W., 17 Jahre alt, stellte sich mir am 13. Mai 1893 in der 
Sprechstunde vor unter Klagen über heftige Schmerzen in der Blasen¬ 
gegend, unwillkürlichen Harnabfluss und allgemeine Mattigkeit. Sie macht 
das Geständniss, dass ihr im Februar 1892 eine Haarnadel mit geschliffenen 
Spitzen m die Harnröhre geschlüpft sei. Aus Scheu vor ihren Angehörigen 
verheimlichte sie zunächst diesen Vorfall, bis sie eine Cystitis im März 
desselben Jahres zwang, ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen. Der 
behandelnde Arzt konnte die Nadel nicht entdecken, nahm aber von einer 
eingehenden Exploration der Blase Abstand, da das Allgemeinbefinden der 
ratientin sich während der nächsten Zeit erheblich besserte, 
i , e April 1893 stellten sich bei der Kranken nach einer stärkeren 

Körperlichen Anstrengung kolikartige Schmerzen im Unterleibe ein, gleich¬ 
zeitig hatte sie das Gefühl, dass sich die eine Haarnadelspitze unterhalb 
er Harnröhrenmündung herauszudrängen suche. Durch selbstausgeübten 
manuellen Druck auf die gefüllte Blase gelang es ihr wirklich, diese 
fepitze zum Vorschein zu bringen, und nun machte sie mehrere Tage hin- 
dureh trotz der grössten Schmerzen den vergeblichen Versuch, durch die 
Jrerlorationsöffnung die Nadel herauszuziehen. Infolge dieser Manipulationen 
nahmen die Blasenschmerzen immer mehr zu, der Urin wurde blutig ver¬ 
färbt und floss von selbst ab; Bücken und Sitzen wurde der Patientin 
infolge von Schmerzen fast unmöglich, was sie schliesslich bewog, mich 
aulzusuchen. 

.p*® Untersuchung der Genitalien ergab folgenden Befund: Urethra 
erweitert, aus derselben sickert eine blutig schleimige Flüssigkeit hervor, 
le Bartholini sehen Drüsen sind angeschwollen und schmerzhaft, unterhalb 
des Gnfacium urethrae bemerkt man eine stecknadelkopfgrosse Oeffnung, 
aus der Eiter hervorkommt; die Sonde gelangt hier nach kurzem Ein- 
dnngen auf einen harten Könier; Hymen intact; im vorderen Scheiden- 
gewölbe, ziemlich in der Medianlinie, fühlt man eine leistenförmige, hei 
rierülirung schmerzhafte Resistenz. Die in die Blase geführte Sonde trifft 
ebenfalls auf einen harten Gegenstand. 

i « , r Drin trübe, schwach sauer, enthält viele rothe Blut- und Eiter¬ 
körperchen. Puls 105, Temperatur 38,3. 

Nachdem ich bei der Patientin während der nächsten zwei Tage 
orsäureausspülungen der Blase vorgenommen und innerlich Salicylsäure 
verabreicht hatte, schritt ich am 16. Mai zur Entfernung des Fremdkörpers. 
f f x? k e * er Chloroformnarkose erweiterte ich die Urethra mit den ersten 
U llI ^ II ^ ern der ^ mon 8chen Specula und führte sodann den ganzen 
rechten Zeigefinger in die Blase, worauf ich folgende Localisation der 
Haarnadel feststellen konnte (s. Figur): 

. , P©r Bügel der Nadel ragt frei in die Blase hinein, die eine Zinke hat 
Sich in die hintere Harnröhrenwand eingespiesst und verläuft zur Hälfte 
unterhalb derselben in der Richtung de, die andere Zinke ist bei e in die 
nintere Blasenwand eingedrungen und hat hier den mit e b bezeichnten 
Weg genommen. 

x J\ war ^ ar » dass der Versuch einer Extraction der Nadel in toto zu 
erheblichen Zerreissungen der Schleimhaut führen musste, ich beschloss des¬ 
halb, den Bügel vermittels einer in die Blase geführten Zange in der Mitte 


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28. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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durchzukneifen. Dies gelang leicht, weil die Nadel infolge ihres l l jt jährigen 
Aufenthaltes in der Blase stark dnrchrostet und verdünnt war. Nunmehr 
packte ich mit der Kornzange das Stück ade bei a, entwickelte de durch 
allmähliches Zurückdrängen nach der Blase, brachte das häckcheriförmio-e 
Ende a mit der Zange nach vorn und zog hierauf die Zinke aus der 
Harnröhre heraus. 


Vesica. urin. 



Die andere Hälfte der Nadel wurde alsdami ebenfalls an der dureh- 
kniffenen Stelle erfasst, das Stück be in ähnlicher Weise wie cd befreit 
und schliesslich die ganze Zinke extrahirt. 

Die Schenkel der Haarnadel waren 6 cm lang, derjenige, welcher in 
der Harnröhre sass, hatte eine einfache Verkrümmung fconcav nach aussen 
von der Nadel), der andere war mehrfach verbogen und mit seiner Spitze 
stärker nach aussen gerichtet. 

In den nächsten Stunden nach der Extraction klagte Patientin über 
heftige Schmerzen in der Urethra und unwillkürlichen Abgang stark 
blutig gefärbten Urins. Temperatur am Abend 39,1; Puls 120. 

Wahrend des folgenden Tages hielt die Incontinenz an, doch Hessen 
Fieber und Schmerzen nach, der Puls wurde nahezu normal. Im Ver¬ 
laufe der nächsten Tage besserte sich das Allgemeinbefinden immer mehr, 
Patientin war bereits am vierten Tage post operationem imstande, ohne 
Schmerzen Urin zu lassen; auch die Symptome der Cystitis gingen nach 
zweimal täglichen Ausspülungen der Blase mit 3°,oiger Borlösung zurück. 
— Am 26. Mai konnte ich die Kranke als geheilt entlassen. 


IX. Reflexepilepsie nach Unfall. 

Von Dr. Knopf in Goldberg. 

Veranlassung zur Veröffentlichung des folgenden Falles giebt 
mir der Umstand, dass von hervorragender Seite das Vorhanden¬ 
sein echter Reflexepilepsie noch vielfach angezweifelt wird. So 
sagt Strümpell 1 ): 

„In früherer Zeit sind so häufig Verwechselungen mit hyste¬ 
rischen (traumatisch-hysterischen) Anfällen vorgekommen, dass wir 
selbst geneigt sind, an dem Vorkommen einer wirklichen Reflex¬ 
epilepsie zu zweifeln.“ 

In gleichem Sinne erklärt gelegentlich einer Besprechung der 
operativen Behandlung der Epilepsie Kümmell 2 ), einen typischen 
Fall nicht beobachtet zu haben; während König*) bei Besprechung 
der Neurosen nach Kopfverletzungen die Reflexepilepsie überhaupt 
nicht erwähnt. 

Im Gegensatz hierzu schildert Eulenburg 4 ) ausführlich einen 
selbst beobachteten schweren Fall von Reflexepilepsie: ebenso er¬ 
wähnt Tili man ns 5 ) einen von ihm operirten typischen Fall und 
erklärt sodann 6 ) folgendes: 

„Die Epilepsie tritt relativ häufig nach Kopfverletzungen auf, 
z. B. als Reflexepilepsie im Anschluss an eine periphere 
Nervenverletzung in den weichen Schädeldecken.“ 

Sonach scheinen die Ansichten über die in Rede stehende Er¬ 
krankung noch durchaus ungeklärt, ganz abgesehen davon, dass 
wir über das Wesen der Epilepsie überhaupt noch wenig wissen; 


*) Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 1892, S. 466. 

? ) Kümmell, Zur operativen Behandlung der Epilepsie. Deutsche 
med. Wochenschr. 1892, S. 528. 

3 ) König, Lehrbuch der speciellen Chirurgie 1889, S. 114. 

4 ) Eulen bürg. Ein schwerer Fall von Reflexepilepsie etc. Ctrlbl. 
f. Nervenheilk. 1886, No. 1. 

5 ) Tillmanns, Lehrbuch der speciellen Chirurgie 1892, S. 7. 

6 ) Tillmanns 1. c. S. 113. 


es dürfte daher, um zunächst eine sichere Grundlage zu erhalten, 
vor allem ein möglichst reichhaltiges, gut beobachtetes Material 
veröffentlicht werden, auf Grund dessen an eine Bearbeitung der 
Frage geschritten werden kann. Hierzu möchte ich mit der Schil¬ 
derung meines — auch sonst nicht uninteressanten Falles — an¬ 
regen. 

Am 18. Juni er. zu dem 17 Jahre alten Barbierlehrling H. aus G. 
gerufen, fand ich denselben, lebhaft delirirend, völlig bewusstlos an. Das 
Gesicht war roth, schweissgebadet, die Pupillen weit, auf Licht nicht rea- 
girend, der Puls mässig beschleunigt, Temperatur normal; die Herztöne 
waren rein, Urin frei von Eiweiss. Nach Angabe der Umgebung war H. 
bisher stets gesund; am Abend des vorhergehenden Tages habe er über 
Unwohlsein geklagt und zeitig das Bett aufgesucht. Am nächsten Morgen 
habe er die gewohnten Dienstleistungen verrichtet, doch über Kopf¬ 
schmerzen geklagt und alsbald sein Zimmer aufgesucht. — Der Kranke 
war nicht zum Bewusstsein zu bringen; — nach einigen Stunden Hessen die 
Delirien nach, und es stellte sich traumhafte Verworrenheit ein. Am 
Nachmittage traten bei völHg aufgehobenem Bewusstsein Krämpfe auf. 
In den folgenden Tagen konnten im Krankenbause, wohin ich den Patienten 
transferiren Hess, wiederholt Krämpfe beobachtet werden. Der Ablauf 
derselben war stets gleich. Der Aufall beginnt mit leichten Zuckungen an 
der Aussenscite dos rechten Unterschenkels; diese werden von dem 
Kranken noch verspürt und dauern einige Secunden (motorische Aura). 
Sobald die Zuckungen über den Unterschenkel hinausgehen, tritt plötzlich 
Bewusstlosigkeit em. Das linke Bein schiebt sich unter das rechte und 
bleibt schlaff. Sodann zuckt das ganze rechte Bein einige Secunden 
allein; hierauf stellen sich gleichzeitig lebhafte klonische Zuckungen an 
beiden Armen ein; die Gesichtsmuskeln werden hin und her gezerrt, die 
Augen rollen, die Zunge klemmt sich zwischen den starren Kiefern ein; 
das Gesicht wird blauroth. Nach einigen Minuten lässt die Intensität der 
Zuckungen nach; es stellen sich tiefe Athemzüge ein, und der Kranke 
kommt zum Bewusstsein; er klagt hiernach über allgemeine Schwäche und 
Kopfschmerz. Die Anzahl der Anfälle, zumeist in zwei Serien, Vor- und 
Nachmittags, betrug in den ersten Tagen acht bis zwölf; in der Nacht 
sind Anfälle nicht beobachtet worden. Trotz steigender Bromkaliumdosen, 
bis zu 15 g pro die, trat indess allmählich eine derartige Anhäufung von 
Anfällen ein, dass der Kranke aus der Bewusstlosigkeit fast gar nicht 
mehr herauskam und der Exitus letaHs zu befürchten stand. Auf Grund 
der im freien Intervall erhobenen Anamnese entschloss ich mich daher 
am 30. Juni zur Operation. „Auf Befragen hatte sich H. erinnert, am 
2. Juni 1892 einen leichten Unfall dadurch erlitten zu haben, dass ihm 
ein Hackebeil auf den Kopf geworfen wurde, wodurch eine kleine blutende 
Wunde entstand. Er schenkte derselben keine Aufmerksamkeit, da sie 
spontan geheilt war und keinerlei Beschwerden verursachte. Im übrigen 
sei er aus gesunder Familie, doch thoilte mir seine Mutter mit, dass ein 
jüngerer Bruder im Anschluss an Flecktyphus drei Krampfanfälle erlitten 
hätte. Ende Februar 1894 hat der Kranke den ersten Krampfanfall ge¬ 
habt; ob in der Zwischenzeit noch weitere Anfälle dagewesen, Hess sieh 
nicht eruiren.“ 

Nach Rasiren des Kopfes zeigte sich aut der Höhe des rechten 
Scheitelbeins eine 2 cm lange, lineare, weissliche Narbe. In der Mitte 
derselben ist ein circa stecknadelkopfgrosses, rothes Knötchen zu be¬ 
merken, welches auf Druck empfindHch ist; an dieser Stelle ist die sonst 
verschiebUche Narbe adhärent. — In Narkose wurde die Narbe Umschnitten 
und ein längliches, schmales Stück der Kopfhaut oxeidirt; bei der 
Lösung der verwachsenen Narbe traten Zuckungen im rechten 
Bein auf, welche indess durch Compression des Gliedes unterdrückt 
wurden. Nach Beendigung dos Verbandes trat klares Bewusstsein ein; 
der Operirte konnte allein aufstehen und ein frisches Lager aufsuchen. 
Nach einigen Minuten fing er indess an, starr vor sich hinzusehen, ant¬ 
wortete nicht auf Fragen, die Pupillen erweiterten sich, wurden reac- 
tionslos, Delirien und bald darauf Krämpfe stellten sich ein. Dieselben 
hielten etwa vier Stunden an und sind seitdem verschwunden. Aus der 
im übrigen reactionslos heilenden Wunde stiess sich am sechsten Tage etwas 
nekrotisches Gewebe ab. — Der Kranke konnte darauf aus dem Krauken- 
hause entlassen werden und seinon Beruf wieder aufnehmen. 

Es fragt sich nun, handelt es sich hier um echte Reflex¬ 
epilepsie? 

Gegen Hy steroepilepsie spricht das Fehlen sonstiger Zeichen 
von Hysterie, die völlige Aufhebung des Bewusstseins, sowie der 
Ablauf der Anfälle. 

Gegen Rindenopilepsie der Beginn der Zuckungen auf der 
Seite der Verletzungen. Höchstens konnte noch genuine Epilepsie 
in Betracht gezogen werden. Dafür scheint das Vorkommen von 
Krämpfen bei einem Bruder zu sprechen. Der Erfolg der Operation 
spricht noch nicht dagegen, ds erfahrungsgemäss zuweilen nach 
Operationen die Anfälle mehr oder weniger lange Zeit sistiren. 
Trotzdem scheint es sich hier um einen Fall echter Befiex- 
epilepsie zu handeln. Dafür spricht die Empfindlichkeit der 
Narbe in Verbindung damit, dass im Augenblick ihrer Durch¬ 
schneidung sich Zuckungen im rechten Bein einstellten. 
Auch dass im Anschluss an die Excision sich zunächst heftige 
Anfälle einstellten und dann erst dieselben wie abgeschnitten er¬ 
scheinen, spricht durchaus zu Gunsten meiner Annahme. 

Klinisch bemerkenswertli erscheint mir das Freibleiben der 
linken unteren Extremität, ferner das lebhafte epileptische De¬ 
lirium, welches sowohl vor als im Anschluss an die Anfälle 
beobachtet wurde. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34 


Von : praktischer Bedeutung erscheint der bei so schwerem 
Verlauf eintretende Erfolg; erfordert auf, in ähnlichen Fällen nach 
Spuren früherer Verletzungen zu suchen, zumal die Operation ganz 
harmlos ist; auffallend und für Uufallgutaehten eventuell wichtig 
erscheint die lange Latenz von nahezu zwei Jahren bis zum Auf¬ 
treten der ersten Erscheinungen. 


X. Ueber die Aetiologie des biliösen Typhoids. 

Vorläufige Mittlieilung von 
Dr. Scliiess-Bey, und Dr. H. Bitter, 

Direktor des Rogieruugshospitals, Inspecteur sanitaire, 

Alexandrien. 

Die unter dem Namen biliöses Typhoid bekannte und von 
Griesinger zuerst beschriebene Krankheit, welche an verschiedenen 
Punkten der Mittelmeerküste beobachtet wird, war in ihrer Aetio¬ 
logie bisher vollkommen dunkel, obwohl sich schon verschiedene 
Forscher mit ihrer Aufklärung beschäftigt haben. 

Bei der letzten kleinen Epidemie, die in Alexandrien herrschte, 
ist es uns nun gelungen, in allen Fällen, welche wir zur Unter¬ 
suchung bekommen konnten (5), im Blute des Lebenden Gebilde 
nachzuweisen, welche unzweifelhaft derselben Klasse angehören 
wie die „Plasmodien 44 der Malaria. 

Dieselben liegen wie jene zum grössten Theil im Innern der 
rothen Blutkörperchen, kommen jedoch auch frei zur Beobachtung. 
Im frischen • Präparate zeigen sie lebhafte amöboide Bewegung. 
Pigment ist vorhanden, aber nicht sehr reichlich. 

Die Plasmodien waren meist klein (etwa 1—2 n Durchmesser). 

Daneben konnten wir, wenn auch verhältnissmässig selten, 
alle Stadien, wie sie bei der Malaria Vorkommen, beobachten: also 
amöboide Formen in allen Grössen bis zur völligen Ausfüllung 
eines rothen Blutkörperchens und schliesslich das „Sporulations- 
stadium 44 , d. h. den Zerfall in ein Häufchen ovaler Körperchen. 

Diese ovalen Körperchen sind im freien Zustande lebhaft be¬ 
weglich (zeigen Ortsveränderungen) und dringen, wie direkte Beob¬ 
achtung zeigte, in die rothen Blutkörperchen ein. 

Nach diesen, allerdings wenig zahlreichen Beobachtungen 
müsste man das biliöse Typhoid den Malariakrankheiten zurechnen, 
was.übrigens schon von Griesinger geschehen ist. Auch Koch hat 
bei seinem Aufenthalt in Aegypten eine ähnliche Ansicht geäussert. 

Da die Krankheit augenblicklich erloschen scheint, so fehlt es 
uns leider vorläufig an Gelegenheit, unsere Studien fortzusetzen. 
Aeussere Gründe zwingen uns indessen, unsere Beobachtungen 
schon jetzt der Öffentlichkeit zu übergeben. 


XI. Oeffentüches Sanitätswesen. 

Stand der Cholera. 

Im Weichselgebiet Proussens wurden nach den Veröff. des 
Kaiser! Ges.-AmtS in der Woche vom BO. Juli bis 6. August 10 Cholera- 
falle festgestellt. Unter den Erkrankten befanden sich 1 Bühnenarbeiter, 
1 Schiffer, 2 Flösser, 2 Arbeiter und 3 Mitglieder einer Arbeiterfamilie. 
1 Fall ereignete sich in Scharnese (Kreis Kulm), 2 Fälle in Kurze¬ 
brack, 2 in Holm (Kreis Danzig, Niederung), 1 in Plehnendorf und 
3 in Sagorsch (Kreis Neustadt i. Westpr.), 1 in Gollub (Kreis 
B riesen). In der Woche vom 6.—18. August gelangten 15 Fälle 
zui’ Feststellung: 2 in Gollub bei Personen aus der auf russischem Ge¬ 
biet gelegenen Grenzstadt Dobrzyn, 1 in Garnsee (Kreis Marienwerder) 
bei einem zugereisten Kellner, 5 in Holm (Kreis Danzig, Niederung) bei 
vier Mitgliedern eines gemeinsamen Hausstandes und einer anderen Per¬ 
son, 4 in der Danziger Vorstadt Althof, 1 in Neufähr (Landkreis 
Danzig), 1 bei einem todt aufgefundenen Bühnenarbeiter in Gurski- 
Aussendeich (Kreis Thorn). 

Im Regierungsbezirk Königsberg wurde zu Orteisburg bei 
einem am 5. August in einer benachbarten Ortschaft erkrankten Ulanen 
Cholera nachgewiesen. Ferner erkrankte und starb im Gutsbezirke Drau- 
utten (Kreis Pr. Holland) ein Schiffer an Cholera; seine Frau und eine 
Tochter sind ebenfalls erkrankt. 

Im Regierungsbezirk Gumbinnen sind in der Ortschaft Nied- 
zwedzen des Kreises Johannis bürg seit dem 1. August 45 verdäch¬ 
tige Erkrankungen bis zum 11. d. M. beobachtet, von denen 15 zum Tode 
führten. In 8 dieser Fälle wurde am 11. August Cholera festgestellt. 
', 0 ? 1 U- August Mittags wurden weitere 6 Erkrankungen und ein 
Todesfall angezeigt. Ueber die ersten Fälle dieser Epidemie entnehmen 
Wir der Lokalpresse folgende Angaben: „Am 1. August verstarb in 
JNtedzwodzen ein Arbeiter unter den Anzeichen von heftigem Brech¬ 
durchfall mit Krämpfen, und erst am 5. August kam der zweite Todesfall 
vor bei einem Manne, welcher mit der Fortschaffung der ersten Leiche 
beschäftigt war, sowie bei einem fünfiährigen Kinde. Am darauffolgenden 
ia # e .i™ e ? Z ' V ' G1 Männer nach achtstündiger Krankheit, welche auf 
polizeiliche Anordnung Tags vorher die Beerdigung der zwei Leichen be¬ 
sorgten. Die weiteren Todesfälle vertheilen sich auf die nächstfolgenden 
läge. Um 5. bis 12. waren 15 Personen gestorben. Die Erkrankungen 
haben jetzt abgenommen und die Bevölkerung hat sich mehr beruhigt. 
Gleich die ersten Todesfälle wurden ärztlicher- und behördlicherseits als 
sehr kettig und ernst bezeichnet; nur dem energischen Eingreifen der 
Behörden ist es zu verdanken, dass die bösartige Krankheit auf ihren 


Heerd beschränkt blieb. Woher die Krankheit gekommen ist, konnte noch 
nicht festgestellt werden. 44 

Im Regierungsbezirk Bromberg kamen in der Woche vom 
6.—13. August 10 Fälle zur Anzeige, nämlich 1 am 8. August erfolgter 
Todesfall in Josefinen (Landkreis Bromberg), 4 am 11. August er¬ 
folgte Todesfälle und 3 Erkrankungen in einem Abbau bei Nakel (davon 
1 Erkrankung bei einem Flösser), endlich 1 am 11. August erfolgter 
Todesfall bei einem Flösser in Netzdamm bei Weissenhöhe (Kreis Wir- 
sitz) und 1 Erkrankung bei einer Schiffsgehilfentochter in Usch (Kreis 
Kolmar i. P.). 

Endlich ist noch im Rheingebiet, in Köln, die Erkrankung eines 
Schiffsmaschinisten an Cholera festgestellt. 

Die Reichs-Choleracommission ist auf den 20. dieses Monats 
zu einer Sitzung einberufen. Zur Vorlage und Berathung werden die 
Berichte gelangen, welche in den letzten Wochen über den Verlauf der 
Cholera aus dem deutschen Reiche selbst und aus dem Auslande einge¬ 
gangen sind, Wenn auch zu einer Beunruhigung kein Anlass vorliegt, so 
lassen die eingegangenen Berichte der letzten Wochen doch immerhin 
erkennen, dass die Erkrankungs- und Sterblichkeitsziffem an Cholera 
eine geringe und langsame Zunahme aufweisen. Namentlich bezieht 
sich dies auf den Kreis Johannisburg in Ostpreussen, auf das Grenz¬ 
städtchen Gollub, wohin die Cholera über die russische Grenze einge- 
schleppt wurde, ferner auf das Stromgebiet der Weichsel und auf den 
Netze-Warthe-Distrikt. An die bedrohten Orte sind bereits Medicinal- 
beamte entsandt, es sind Desinfections- und Quarantäneeinrichtungen ge¬ 
troffen, auch für das Odergebiet ein Reichscommissar ernannt, kurzum 
mit dankenswerter Beschleunigung alle Maassregeln getroffen, welche sich 
bei Bekämpfung der Cholera in den letzten Epidemiejahren bewährt haben. 
Nächst Russland kommen für uns in diesem Jahre die Niederlande als 
Choleraheerd in Betracht. Zwar ist bis jetzt nur ein vereinzelt gebliebener 
Cholerafall in Köln vorgekommen, aber bei der stetigen Zunahme der 
Cholera in Maastricht etc. und bei dem regen Schiffsverkehr mit den 
Niederlanden dürften demnächst wohl Abwehrmaassregeln auch für die 
Rheinlaude geboten sein. Wie verlautet, soll demnächst wieder ein 
Reichscommissar für das Stromgebiet des Rheins ernannt werden. Zum 
Studium der Cholera sind auf Veranlassung des Ministeriums vier Assisten¬ 
ten vom Institut für Infectionskrankheiten in Berlin unter Führung des 
Stabsarztes Prof. Pfeiffer an die preussisch-russische Grenze entsendet 
worden. Insbesondere soll auch das Weichselgebiet besucht werden. Der 
Zweck der Expedition ist die Feststellung der Verbreitungswege der Cholera. 

Aus Belgien werden Cholerafälle gemeldet: Provinz Lüttich 
vom 18.—28. Juli 32 Choleratodesfälle, vom 28. Juli bis 4. August 23 
Erkrankungen; Stadt Lüttich vom 23.—30. Juli 15 Todesfälle, vom 

30. Juli bis 5. August 15 Erkrankungen und 4 Todesfälle. Vereinzelte 
Fälle ereigneten sich in mehreren Ortschaften stromaufwärts und strom¬ 
abwärts der Maas; etwas gehäufter kamen dieselben in Wand re. 4—5 km 
unterhalb Lüttich, vor, wo vom 30. Juli bis 5. August 16—17 Erkran¬ 
kungen und 10 Todesfälle festgestellt wurden. 

In den Niederlanden hat die Seuche seit unserem letzten Berichte 
an Verbreitung gewonnen, ln Maastricht kamen vom 27. Juli bis 
2. August 20 Cholerafälle, vom 2. bis 8. August 28 Erkrankungen mit 
16 Todesfällen vor. Bis zum 15. August betrug die Gesammtzahl der in 
Maastricht an der Cholera Erkrankten (Gestorbenen) 60 (28). Ausserdem 
kamen vereinzelte Cholera- bezw. choleraverdächtige Fälle vor in Oud- 
Vroenhoyen und Heer bei Maastricht, Roermond (Provinz Limburg), 
Dordrecht, Zyderweld, Rotterdam (Provinz Südholland), Amsterdam. 
Haarlem, Oostreest, Bennebroek und Halfweg bei Haarlem, Bewerwyk bei 
Ymuiden, Barsingerhorn (Provinz Nordholland). Nach den Veröffent¬ 
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes sind im Wasser der Maas 
und eines Canales bei Maastricht Cholerabacillen naehgewiesen worden. 
Nach Berichten der Tageszeitungen hat die Zahl der Erkrankungen nament¬ 
lich in Amsterdam in den letzten Tagen zugenommen. Die Zahl der 
Erkrankungen (Todesfälle) betrug bis zum 14. August 20 (9). 

Vereinzelte Fälle scheinen auch in Frankreich eingeschleppt zu 
sein; so soll Tageszeitungen zufolge in Bordeaux ein aus Marseille ein¬ 
getroffener Reisender an der Cholera erkrankt sein. 

Ueber die Einschleppung der Cholera von Russland nach England 
meldet ein Telegramm aus London: An Bord des von Petersburg in 
Grave send eingetroffenen Dampfers „Bedford“ erkrankte ein Matrose 
unter choleraverdächtigen Auzeichen und wurde deshalb nach dem Hospital 
überführt. Der Dampfer wurde zur Dosinficirung zurückgehalten. Ein 
Krankenwärter, welcher vier Matrosen vom Dampfer „Baimore “ pflegte, 
ist an Cholera erkrankt. Ferner wird unter dem 17. August gemeldet, dass 
in der Vorstadt Battersea ein choleraverdächtiger Todesfall vorgekommen ist. 

In Galizien ist die Seuche noch in beständiger Zunahme begriffen. 
Die Gesammtzahl der Erkrankungen (Todesfälle) in der Woche vom 

31. Juli bis 6. August betrug 428 (228), in der Woche vom 7. bis 
13. August 668 (305); im ganzen sind in Galizien seit dem 7. April d. J. 
1815 (882) Erkrankungen (Todesfälle) amtlich festgestellt. Zu den in 
unserem vorigen Berichte genannten, von der Seuche ergriffenen Bezirken 
sind neuerdings noch hinzugekommen: Buczacz, Dabrowa, Kolbu9ZO^v. 
Mielec, Podhajce, Saybusch, Sniatyn, Tornobrzeg, Tarnow, 
Tlumacz, Wadowice. In den zumeist ergriffenen Bezirken lauten die 
Zahlen der Erkrankungs- (Todes-) Fälle: Zaleszczyki 31. Juli bis 
6. August 107 (64), 7. bis 12. August 102 (42) (also eine geringe Ab¬ 
nahme seit der letzten Juliwoche); Borszczow 31. Juli bis 6. Augus 
49 (25), 7. bis 12. August 73 (17); Horodenka 31. Juli bis 6. August 
59 (24), 7. bis 12. August 150 (65) (ein rapides Ansteigen). Ausserdem 
sind jetzt als stark verseucht anzusehen die Bezirke Buczacz, Czort- 
kow, Husyatyn, Kolomea, Krakau (Umgegend), Tarnobrzegi 
Tarnow, Tlumacz, Wieliczka. — In der Bukowina ist die Zahl der 
Erkrankungs- (Todes-) Fälle von 22 (9) in der Woche vom 31. Jüü * )19 


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23. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


683 


6. August auf 82 (39) in der folgenden Woche angestiegen (Oester- 
reichisches Samtätswesen.) — Eine Verschleppung der Cholera aus Galizien 
nach anderen Landern Oesterreichs oder nach Ungarn ist bis letzt noch 
nicht festgestellt. 

Ueber den diesjährigen Einschleppungsweg der Cholera und ihre 
allmähliche Verbreitung in Galizien bringt das „Oesterr. Sanitätswesen“ 
folgende interessante Mittheilungen: „Die Seuche, welche im Jahre 1892 
in Europa Eingang gefunden hatte, in Russland verheerend aufgetreten 
und von da nach Oesterreich-Ungarn und in das Deutsche Reich ver¬ 
schleppt worden war, jedoch auch im Westen Europas, in Frankreich, 
Belgien etc., zu ausgedehnten Epidemieen geführt hatte, trat im Jahre 1893 
abermals in verschiedenen Staaten Europas auf, kam auch während des 
letzten Winters nicht zum Erlöschen und griff im Frühjahre 1894 im 
Zbruczgebiete nach Galizien, später im Weichselgebiete auf das Deutsche 
Reich über. Gleichzeitig erschien sie wieder im Westen Europas, in 
Frankreich und in Belgien. In Oesterreich wurden die ersten aus dem 
benachbarten russischen Gouvernement Podolien eingeschleppten Cholera- 
fölle im Monat April d. J. fast gleichzeitig in den am Zbrucz gelegenen 
politischen Bezirken Borszczow und Husiatyn constatirt, auf deren 
Gebiete sich die Seuche durch geraume Zeit beschränkte, im letzteren 
Bezirke aber bald, wenigstens vorläufig getilgt wurde. Im Borszczower 
Bezirke setzte sich dieselbe jedoch hartnäckig fest, dehnte sich allmählich 
auf eine grosse Zahl von Gemeinden aus, griff dann in das Gebiet des 
Dniester über, fand in der Stadt Zaleszczyki einen günstigen Boden 
und führte daselbst zu einem Epidemieheerde, wie er sich in keinem der 
beiden vorausgegangenen Jahre irgendwo in Oesterreich gebildet hatte. 
Vom 5. Juni bis inclusive 4. August, also innerhalb zweier Monate, er¬ 
krankten in dieser Stadt 259 Personen, d. s. nahezu 5 % der Bevölke¬ 
rung. In zahlreichen Fällen wurde der Krankheitskeim aus den Cholera- 
emeinden der Bezirke Borszczow und Zalesczyki nach anderen Gemein¬ 
en Galiziens und der angrenzenden Bukowina verschleppt, und wenn es 
auch in der Mehrzahl der Fälle gelang, die eingesehleppten Fälle zu 
isoliren, knüpften sich doch in anderen Gemeinden an dieselben eine 
grössere oder kleinere Zahl weiterer Erkrankungen. Das Epiedemie- 
centrum in Galizien blieb bisher das von der Eisenbahn nicht durch¬ 
zogene, daher vom grossen Verkehr abseits liegende Gebiet am Dniester 
bis zu dessen Einmündung in den Zbrucz, und dürfte diesem Umstande, 
dass der Verkehr kein so lebhafter ist, es wesentlich zuzuschreiben sein, dass 
es bisher gelungen ist, die Seuche auf ein beschränktes Gebiet zu be¬ 
grenzen. Zu Beginn der zweiten Juliwoche trat die Cholera plötzlich in 
mehrfachen Fällen in einigen Gemeinden des politischen Bezirkes Krakau 
Umgebung auf. Die Einschleppung war aus Russland erfolgt, wo die 
Seuche in den an Westgalizien angrenzenden Bezirken (Miechwo) in 
grosser Intensität herrschte. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Krank¬ 
heit anfangs verheimlicht oder nicht erkannt wurde, jedenfalls musste 
der Umstand, dass dio Behörde erst dann, als bereits eine grössere Zahl 
von Fällen in den Gemeinden Bienczyce und Krzeslowicc vorgekommen 
war und Verschleppungen nach anderen Gemeinden, sowie nach der Stadt. 
Krakau stattgefunden hatten, die grosse Besorgniss begründen, dass auch 
in Westgalizien sich ein Cholerakeerd bilden werde, wie er im Osten des 
Landes in den Bezirken Borszczow und Zaleszczyki bereits bestand Dem 
energischen Einschreiten der politischen Behörden gelang es aber, dio 
beuche zu bescliränken. Es geht nicht bloss die Zahl der Erkrankungen, 
welche über eine vcrkältnissmftssig bedeutende Zahl von Gemeinden zer¬ 
streut aufgetreten waren, zurück, sondern es steht bei der gegenwärtigen 
Lage der Dinge auch zu hoffen, dass die definitive Tilgung der Epidemie 
in Westgalizien in Bälde gelingen dürfte. Mehrfache, zumeist durch 
aus Russland, beziehungsweise aus dem Weichselgebiete zurückgekehrte 
Flösser in verschiedene Bezirke eingeschleppte Fälle wurden sofort als 
verdächtige constatirt, isolirt und durch zielbewusste sachgemässe Vor¬ 
kehrungen eine weitere Verbreitung hintangehalten. 1 )“ 

In Russland herrscht die Cholera nach wie vor in weitem Um¬ 
fange und gewinnt an Verbreitung. Ausser in St. Petersburg, wo die 
Zahl der Erkrankungen in den letzten Wochen erheblich zurüekgegangen 
ist, herrscht die Seuche in den Gouvernements St. Petersburg, Esth- 
land, Livland, Kurland, Astrachan, Olonez, Tula und im ganzen 
Königreich Polen. Auch nach Finland sind mehrfach Fälle einge¬ 
schleppt. Von Bedeutung für uns ist das Auftreten der Cholera in Riga 
wegen der dadurch bedingten grösseren Gefährdung unserer Ostseehäfen. 
Den umfangreichsten Choleraheerd bildet nach wie vor das Königreich 
Polen, wo fast in allen Gouvernements ein weiteres Steigen, zum Theil 
(Gouvernement Ivielce, Gouvernement Petri kau) in ganz rapider Weise, 
und nur in wenigen Gouvernements (Radom, Siedlee) eine geringe Ab¬ 
nahme der Erkrankungszahlen zu constatiren ist. 

Auf von russischen Ostseehäfen imd von Finland nach Schweden 
gelangenden Dampfern sind wieder mehrfach Cholerafälle vorgekommen, 
doch ist eine eigentliche Einschleppung bisher verhindert worden. A. 


XII. Krankenpflege. 

Zur Technik der Auscultation. 

Bemerkungen zn dem Aufsatz von Dr. Th. Jannowski in No. 32 
dieser Woohensohrift. 

Von Dr. George Meyer in Berlin. 

Die in obigem Aufsatz gegebene Anregung zur Desinfection der 
Stethoskope hat mich um so mehr erfreut, als ich bereits seit Jahren 
diesem Verhältnisse grosse Aufmerksamkeit schenke. Gerade bei der von 
Jannowski erwähnten Krankheit, Scharlach, und anderen mit erheb- 

l ) Wie aus den oben mitgetheilten Zahlen hervorgeht, hat sich das 
Bild inzwischen etwas weniger günstig gestaltet. 


liehen Hauteruptionen einhergehenden Erkrankungen, kam mir häufig der 
Gedanke an die Gefahr der Uebertragung von Keimen durch die unter¬ 
suchenden Werkzeuge. Dass diese Gofabr aber mit den Plessimetern 
mit denen doch ein viel grösseres Stück der Körperoberfläche in Be¬ 
rührung kommt, als mit dem Stethoskoprande, besonders bei schwitzenden 
Kranken, noch gesteigert ist. liegt auf der Hand. Ich wasche seit Jahren 
nach jeder Untersuchung den unteren Theil dos Stethoskopes und das 
Plessimeter mit desinficirenden Lösungen, oder wo solche nicht sogleich 
zur Hand sind, mit reinem Wasser ab. um die Desinfection dann bei nächster 
Gelegenheit vorzunehmen. Zur Erreichung einer genügenden Desinfection 
bedarf es wohl kaum eines aus Glas hergestellten Stethoskopes, sondern 
es dürften wohl die für gewöhnlich gebräuchlichen, aus Holz oder Elfen¬ 
bein verfertigten Werkzeuge ausreichend sein. Die aus Hartgummi, 
Elfenbein oder Glas bestehenden Plessimeter sind natürlich leicht und 
ausgiebig zu desinficiren. Dass auch die Maasse, mit denen dio Aus¬ 
dehnungsfähigkeit des Brustkorbes geprüft wird,, der Reinigung bedürfen, 
ist zwar selbstverständlich, möge aber dennoch an dieser Stolle kurz er¬ 
wähnt wereen. (Dass die Form des von Jannowski geschilderten 
gläsernen Stethoskopes den akustischen Zwecken sehr dienlich ist, 
soll in keiner Weise angozweifelt werden.) 


Elektrische Ophthalmoskopirlampe. 

Mit Beziehung auf die betreffenden Artikel in No. 28 und 29 er¬ 
halten wir von Herrn Dr. F. Döus folgende Zuschrift: 

Die in No. 28 dieser Wochenschrift von mir gebrachte kurze Be¬ 
schreibung einer neuen elektrischen Ophthalmoskopirlampe unterzieht 
Herr Dr. Maximilian Bresgon in Frankfurt a. M. in No. 29 der 
Wochenschrift, S. 603, von seinem Standpunkte als Nichtophthal¬ 
mologe aus einer Kritik, die mich zu einigen Worten der Erwide¬ 
rung nöthigt. — Die von mir beschriebene Lampe ist ausdrücklich 
nur zum Ophthalmoskopiren bestimmt und liefert den meines Wissens 
bisher nicht erbrachten Beweis, dass man in der von mir angegebenen 
Anordnung elektrisches Licht- zur Augenuntersuchung ohne complieirte 
Zwischenapparate direkt gepaji ebenso benutzen kann, wie Gas- oder Pe¬ 
troleumlicht. Die Vorzüge des elektrischen Lichtes vor den ge¬ 
nannten Beleuchtungsquellen für den Untersucher, vorausgesetzt, dass es 
an Helligkeit und Regulirbarkeil den für dessen specielle Zwecke ge¬ 
stellten Anforderungen genügt, bedürfen keiner weiteren Erörterung; Inu- 
zuftlgen will ich bei diesem Anlasse für die Herren Specialcollegen noch 
die Angabe der Patienten, dass sie durch das weisse Licht der elektri¬ 
schen Ophthalmoskopirlampe weniger geblendet würden. Ich benutze 
die Lampe seit 3 U Jahren ausschliesslich, und wurde mir jene x\ngabe 
gelegentlich vergleichender Untersuchungen mit Petroleum- und Gaslicht 
gemacht. Ohne eine so eingehende Prüfung würde ich mich den Herren 
Fachcollegen gegenüber nicht zu der Behauptung für berechtigt geholten 
haben, diese einfache Lampe ersetze vollkommen jede sonst zum öphthal- 
moskopiren gebräuchliche Lichtquelle, ohne die Nachtheile der letzteren 
zu haben. 

Xin. Therapeutische Mitteilungen. 

Zwei Fälle von Lysolvergiftung. 

Von Dr. L. Kaempffer in Werneuchen (Mark). 

Nachdem ich wiederholt Gelegenheit gehabt, nach der äusseren An¬ 
wendung des Lysols in 0,5—1% Lösungen an den damit in Berührung 
gekommenen Körpertheilen starke Reizerscheinungen zu beobachten, 
kamen im letzten Halbjahr in meiner Praxis kurz hintereinander zwei 
Lysolvergiftungen, und zwar in Form acuter Dermatitiden mit so schweren 
Allgemeinerscheinungen und so üblen Folgen für die Betroffenen vor. 
dass es mir nicht weniger im Interesse der Aerzte, als der Kranken 
geboten erschien, dieselben zur Illustration der viel gepriesenen Unge¬ 
fährlichkeit dieses Mittels der Ocffentlichkeit zu übergeben, zumal es meines 
Wissens bis jetzt gerade an derartigen Beobachtungen noch fehlt. 

Der erste Fall betraf einen Arbeiter der hiesigen Holzschneidefabrik. 
Demselben war durch einen unglücklichen Zufall beim Abladen des Holzes 
ein etwa 1 cm breites Hautstück fast circular aus dom ersten Gliede des 
linken Mittelfingers gerissen worden. Wegen Ablehnung der Trans¬ 
plantation musste die Wunde per granulationem heilen, und wurden ab¬ 
wechselnd Salbenvorbiinde, Sublimat- und 1% Lysol-Priessnitz (letzterer 
gerade wegen seiner reizenden Eigenschaften) angewendet. Nach anfangs 
gutem Fortschreiton des Heiluugsprocesses trat plötzlich eine von der 
bereits gut granulirenden Wunde ausgehende, acute Dermatitis ein, deren 
Entstehung sich nicht erklären liess. An eine Lysolwirkung wurde um 
so weniger gedacht, als der Lysolverband pur an zwei bis drei Tagen 
zur Anwendung gekommen war, und zwar abwechselnd mit anderen 
Mitteln. 

Die Entzündung war klinisch charakterisirt durch das jeder Therapie 
trotzende, schnelle Vorwärtsschreiten und durch ilire ausserordentliche 
Neigung zu Recidiven. Nachdem sie sich dem ganzen Mittelfinger und 
den übrigen Fingern hauptsächlich durch Fortkriechen per continuitatern 
zwischen Epidennis und Papillarkörper nach allen Richtungen der Fläche, 
aber auch durch einfache Contactwirkung an den einander zugokehrton 
Theilen der Finger mitgctheilt hatte, verbreitete sic sich binnen fünf bis sechs 
Tagen Uber Hand, Arm und ganzen Körper, um an den einmal ergriffenen 
Theilen in wiederholten, wenn auch immer schwächeren Nachschüben 
wieder aufzuflammen. Erst nach vierzehntägiger Dauer begann sie in 
ihrer Heftigkeit nachzulassen. 

Der Kranke hatte während dieser Zeit unter dem furchtbaren Brennen 
der Haut — sie brannte „wie Feuer“ — viel zu leiden und kam durch 
das- bestehende hohe Fieber und die anhaltende Schlaflosigkeit in seinem 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84 


684 


Ernährungsstande so herunter, dass sein Zustand Besorgniss einflösste. 
Erst nach sechs Wochen konnte er als geheilt entlassen werden. 

Anatomisch zeigte die erkrankte Haut alle Merkmale einer acuten 
Dermatitis (Röthe, Schwellung, Bläschenbildung etc.). Nur war die Ab¬ 
sonderung seröser Flüssigkeit so stark, dass selbst die dicke, schwielige 
Epidermis an der Beugeseite der Finger und Hand macerirt wurde und 
sich in langen Fetzen abziehen liess. Der Verband war in kurzer Zeit 
durchnässt. Unter der Epidermis lag ein zähes, fibrinöses Exsudat, 
zwischen dessen Maschen fortwährend kleine Tröpfchen ätzender, seröser 
Flüssigkeit hervorsickerten. . 

Die sich neu bildende Epidermis erlitt sehr bald dasselbe Schicksal, 
so dass es stellenweise zu tieferen Ulcerat.ionen kam. 

Alle diese Erscheinungen waren am ausgeprägtesten an den Fingern 
und am Handteller, um von da ab an Intensität allmählich abzunehmen. 
Am Rumpf bestand nur ein diffuses Erythem ohne Nässen und Blasen¬ 
bildung. Einen eigentümlichen Anblick bot der Handrücken dar: die 
etwa hanfkorngrossen Bläschen standen nicht unregelmässig zerstreut, 
sondern mit ihrem längeren Durchmesser in dor Längsrichtung der 
Extremität perlschnurartig an einander gereiht. Man bekam unwillkürlich 
den Eindruck, dass es sich hier nicht um Entziindungsproducte, sondern 
um erweiterte Lymphspalten handele, zumal sie über das Niveau der 
Haut kaum emporragten. Das rapide Fortschreiten des Processes würde 
ja dadurch seine Erklärung finden. 

Der zweite (fast gleichzeitige) Fall betraf einen ländlichen Arbeiter, 
der sich eine Distel in den rechten Mittelfinger gestochen und dadurch 
eine phlegmonöse, zur Nekrose eines etwa zehnpfennigstuckgrossen Haut¬ 
stücks des Mittelgliedes führende Entzündung zugezogeu hatte. Nach 
völliger Reinigung der Wunde wurde der sonst sehr verständige Kranke 
mit der Weisung entlassen, täglich einmal einen 0,5°/ogen Lysol-Priessnitz 
aufzulegen. Zwei Tage darauf fand ich ihn stark fiebernd und über 
furchtbares Jucken und Brennen am ganzen Körper klagend und als 
Ursache seiner Klagen ganz dieselbe acute Dermatitis an den Fingern, 
der Hand und am Unterarm bis zum Ellenbogen, wie im ersten Falle. 
Oberarm und der übrige Körper waren frei, doch klagte der Kranke auch 
an diesen Theilen über unerträgliches Bronnen. 

Da nun dies Mal ausser Lysol kein anderes Mittel zur Anwendung 
gekommen war, so konnte es sich nur um eine acute Lysoldermatitis 
handeln, was auch dadurch bewiesen wurde, dass sofort mit dem Aus¬ 
setzen des Lysolverbandes dio Entzündung und die übrigen Beschwerden 
schwanden. 

Zugleich war durch diesen Fall der Beweis dafür geliefert, dass es 
sich auch im ersten nur um eine Lysolwirkung gehandelt hatte, nur mit 
dem Unterschiede, dass dieselbe dort — wohl in Folge einer grösseren 
individuellen Disposition — ganz andere Dimensionen und Folgen ge¬ 
habt hatte. 

Jedenfalls lehren diese beiden Fälle, dass das Lysol kein so harm¬ 
loses Mittel ist, wie immer betont wird, und dass bei seinem Gebrauche 
die grösste Vorsicht und strenge Ueberwachung am Platze ist. Denn 
wenn man bedenkt, dass es sich um — bereits gut granulirende — 
Wunden von höchsteus 3—5 qcm Flächeninhalt handelte, dass die Ver¬ 
bände einen nur wenig grösseren Raum bedeckten, dass ihr Lysolgehalt 
nur ein minimaler war — es liess sich kein Tropfen Flüssigkeit heraus¬ 
pressen — und damit die enormen Giftwirkungen vergleicht, so wird 
man zugestehen müssen, dass das Lysol ein Mittel von recht bedingtem 
Werthe ist. Zu feuchten Verbänden eignet es sich jedenfalls nicht oder 
doch nur in ganz schwacher Concentration; ebensowenig darf man es den 
Kranken zum Selbstgebrauch — der Billigkeit halber — überlassen, will 
man vor unangenehmen Ueberraschungen bewahrt bleiben. Ganz be¬ 
sonders dürfte auch vor unvorsichtigem Gebrauch des Lysols in der Ge¬ 
burtshülfe zu warnen sein. Bei jeder Geburt setzt es mehr oder weniger 
erhebliche Verletzungen des Genitalschlauches, und die nach einer Aus¬ 
spülung in der Vagina zurückbleibenden Lysolreste dürften völlig genügen, 
von jenen Wunden aus unter sonst günstigen Umständen Entzündungen 
von nicht vorauszusehenden Folgen hervorzurufen. 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Für die Besucher des vom 1. bis 9. September in 
Budapest tagenden VIII. Internationalen Congresses für Hygiene 
und Demographie dürfte es von Interesse sein zu erfahren, dass dio 
auf Grund der von den österreichisch-ungarischen Staatsbahnen gewährten 
Reisevergünstigungen zusammengestellten Fahrkarten gegen Vor¬ 
zeigen der vorher gelösten Mitgliedskarten von den Bureaux der inter¬ 
nationalen Schlafwagengesellschaft zu entnehmen sind. Die genannte Ge¬ 
sellschaft hat in Deutschland u. a. folgende Filialen: Berlin, W., Unter 
den Linden 69; Frankfurt a. M., Kaiserstrasse 1; Hamburg, Ham¬ 
burger Hof, Grosse Bleichen 6; Köln, Hauptbahnhof; München, im 
Bahnhof und Bayerisches Reisebureau, Promenadcnplatz 5; Strassburg, 
ücmossgasse 27. Mitgliedskarten versendet gegen Einzahlung von 10 fl. 
^ General-Sekretariat des Congresses, Budapest, 

Königliches Joseph-Polytechnicum. Damenkarten kosten 5fl. ö. W. 
Es empfiehlt sich die Vorausbestellung von Wohnungen bei einem der 
rester Hotels; Privatwohnung on sind beim Generalsekretariat zu erfragen. 
Die Karten zu den Festlichkeiten, Veranstaltungen, Ausflügen etc. ge¬ 
langen nur in Budapest selbst zur Ausgabe. Das emgehendere Programm 
der letzteren können Interessenten von der Redaction dieser Wochenschrift 
beziehen. 

— Aus dem soeben zur Versendung gelangten Programm der 
b. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher 


undAerzte, die vom 24.—30. September in Wien tagt, theilen wir 
mit, dass auch hier der Preis der Mitgliedskarte auf 10 fl., der Damen¬ 
karte auf 5 fl. ö. W. festgesetzt ist. Die Karten sind von der Kanzlei 
der 6. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte, 
Wien I, Universität, zu beziehen. Vorausbestellungen von Wohnungen 
vermittelt der Wiener Verein für Stadtinteressen und Fremdenverkehr, 
Wien I, Jasomirgottgasse 2. Für die Besucher des Budapester Congresses 
dürfte es von Interesse sein, dass die Firma Thomas Cook & Sohn in den 
Tagen vom 9.—20. September eine Extradampferfahrt durch Dalmatien 
veranstaltet. Näheres hierüber kann durch die Kanzlei (Wien 1, Universität) 
erfahren werden. Als ein sehr zweckmässiges Arrangement darf es gelten, 
dass, um das Zusammenfinden der engeren Fachgenossen zu erleichtern, 
für jede Section ein bestimmtes Lokal für den Mittagstisch in Aussicht 
genommen ist. Am letzten Congresstage wird ein gemeinschaftlicher 
Ausflug nach dem Semmering veranstaltet werden. — Ueber das wissen¬ 
schaftliche Programm der Versammlung haben wir bereits berichtet. 

— Prof. Dr. Köbncr und Prof. Dr. 0. Lassar sind zu Vico- 
präsidenten des nächstjährigen, in London tagenden internationalen 
Dermatologen-Congresses ernannt. 

— In allen gerichtlichen Entmündigungssachen wird seitens 
der Gerichte eine Abschrift des ärztlichen Gutachtens an den Re¬ 
gierungspräsidenten eingesandt. Da für die wissenschaftliche Beurtheilung 
dieser Gutachten durch die Provinzial-Medicinalcollegien die Protokolle 
über die Vernehmung des zu Entmündigenden eine werthvolle, in vielen 
Fällen sogar eine unentbehrliche Unterlage bilden, so hat der Justiz¬ 
minister durch allgemeine Verfügung vom 8. dieses Monats bestimmt, dass 
in Zukunft stets den Mittheilungen der ärztlichen Gutachten an die Re¬ 
gierungspräsidenten eine Abschrift des über die persönliche Vernehmung 
des zu Entmündigenden aufgenommenen Protokolls beigefügt werden soll. 
Hat eine solche Vernehmung nicht stattgefunden, so soll dies unter An¬ 
gabe der Gründe, welche hierfür maassgebend gewesen sind, in dem 
Uebersendungsschreiben ausdrücklich vermerkt werden. 

— Hamburg. In verschiedenen Stadttheilen haben sich ärztliche 
Bezirksvereine constituirt; dieselben bezwecken Förderung der Colle- 
gialität, Wahrung der ■ Standesinteressen, Förderung der sanitären Ver¬ 
hältnisse des Bezirkes und schliessen die Behandlung sonstiger wissen¬ 
schaftlicher Fragen von ihrer Tagesordnung aus. Nachdem von dem Senat 
und der Bürgerschaft ein Gesetz über die Errichtung einer Aerztekammer 
in Hamburg beschlossen ist, werden die Vereine sich demnächst über die 
zu wählenden Vertreter schlüssig zu machen haben. 

— Maserenpidemie in Samoa. Nachdem 1893 im Herbst die 
Masern durch ein Schiff nach den Samoainseln zum ersten mal einge¬ 
schleppt waren, sind die 34 500 Einwohner fast sämmtlich erkrankt und 
4000, darunter die Hälfte Erwachsene, gestorben. Die wenigsten Todes¬ 
fälle traten in der Eruptionsperiode ein, sondern sind zumeist dem unver¬ 
ständigen Verhalten der Eingeborenen zuzuschreiben, die in der Recon- 
valescenz infolge des Genusses von rohen Fischen, unreifen oder überreifen 
Früchten und halb gekochtem Schweinefleisch Gastritis, Enteritis und 
Dysenterie acquirirton. Die unter der Bevölkerueg schon herrschende 
Disposition zur Scrophuloso und die besonders durch zwei Influenza- 
epidemieen hervorgerufene Tendenz zu Limgenerkrankungen hat durch die 
Masern zu zahlreichen weiteren Erkrankungen in dieser Beziehung geführt. 
(Australien Medical Gazette April 1994.) . . 

— Universitäten. Breslau. Der Docent der Kinderheilkunde 
und Assistent an der Kinderklinik in der Landes-Findelanstalt in Prag, Dr. 
Czerny, ist als Nachfolger Soltmann’s zum a. o. Professor der Kinder¬ 
heilkunde an der Universität Breslau ernannt. — Giessen. Der a. o. Pro¬ 
fessor der Chirurgie Dr. Fuhr ist zum ordentl. Professor ernannt. — Göt¬ 
tingen. Dr. L. Aschoff hat sich als Privatdocent für pathologische 
Anatomie habilitirt. — Prag. Prof. Dr. Nicoladoni in Graz hat den 
an ihn ergangenen Ruf als Nachfolger Gussenbauer’s angenommen. 
Der ordentliche Professor dor Histologie und Embryologie an der 
böhmischen Universität, Dr. J. Jan.osik ist zum ordentlichen lro- 
fessor der Anatomie an der genannten Universität ernannt — Stock¬ 
holm. Der Direktor des pharmakologischen Instituts, Professor 0. lb. 
Sandahl ist gestorben. — Liverpool. Dr. A. M. Paterson, Professor 
am University College in Dundee, ist zum Professor der Anatomie am 
University College in Liverpool ernannt. — London. Dr. R. W. Boycc, 
Lecturer am University College, ist zum Professor der Pathologie ernannt. 
— Lyon. Der Professor der Hygiene Dr. Rollet ist gestorben. — Kasan. 
Der Professor der Therapie Dr. Khomiakow ist gestorben. Professor 
e. o. Dr. Boldyrew ist zum ordentlichen Professor -für allge- 
meine Therapie, Privatdocent Dr. A. Panormow zum ausserordentlichen 
Professor für medicinische Chemie ernannt. Der ordentliche Professor der 
Pharmakologie Dr. Vogel ist in den Ruhestand getreten. — Charkow. 
Professor Dr. L. Bartenew in Tomsk ist zum ausserordentlichen 
Professor der Pädiatrie in Charkow ernannt — Lausanne. Dr. Muret 
hat sich als Privatdocent für Gynäkologie habilitirt. — Montreal. D er 
Professor der klinischen Chirurgie an Mc. Gill University Dr. G. E. r en- 
wick ist gestorben. — Pa via. Dr. L. Cantu Jiat sich als Privatdocen 
für allgemeine P athologie habilitirt. — Florenz. Dr. Tedeschi aus 
Siena hat sich als Privatdocent für pathologische Anatomie habilitirt. 

— Prof. Eulenburg befindet sich bis Ende September aui 
Reisen. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellen Inhalt* 
nicht — wie es vielfach geschieht — nach seiner Privat¬ 
wohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactions- 
bureau, Potsdamerstrass 116,„zu adressiren. 


Gedruckt bei Julius Sltteufeld in Berlin W. 


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Donnerstag 


M 35 . 


30. August 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffentr 
liehen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


fiedaction: Prof. Dr. 1. Eulenborg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin 

UdW.Mt.loUl.. 8- Potsdunor.tr. 116. Po.fdr««: ftp.,», sldtorssO. SL 


I. Die Infectionskrankheiten im Lichte der 
modernen Forschung 1 ). 

Von Stabsarzt Professor Behring. 

I. Definition, Einteilung und Benennung der Infections- 
krankheiten. 

Das wesentlichste Merkmal der Infectionskrankheiten — in 
dem gegenwärtig geltenden Wortsinne — ist, dass sie durch von 
aussen stammende materielle Agentien hervorgerufen werden. Diese 
materiellen, krankheiterzeugenden Agentien, welche man in früheren 
Zeiten Contagien nannte, bezeichnen wir jetzt als Infoctionsstoffe. 
uir unterscheiden belebte und unbelebte Infectionsstoffe. Die 
ersteren sind uns bei einer grösseren Zahl von Infectionen als 
pflanzliche Mikroparasiten bekannt, die letzteren als specifische 
Krankheitsgifte, welche von den Parasiten producirt werden. 

Dass zwar nicht der Name, aber der Begriff der Infections¬ 
krankheiten scharfsinnigen Aerzten schon früher vollständig ver¬ 
traut war, können wir aus folgenden Ausführungen Bretonneau’s 
über die „eontagiösen“ Krankheiten entnehmen. 

»Die Uebertragbarkeit der epidemisch auftretenden Krankheiten, sagt 
Bretonneau, hat zu allen Zeiten die Aufmerksamkeit der Aerzte auf 
sich gelenkt; das Wort „contagion u sagt es schon, dass die epidemischen, 
d. h. die völkerunter jochenden Krankheiten sich fortpflanzen durch den 
Contact mit einem Kranken oder durch den Contact mit durchseuchten 
Gegenständen. Herrscht schon die Krankheit in einem Volke, so wird 
sie auf alle möglichen Arten weitergetragen, und so kann es kommen, , 
dass in einer stark bevölkerten Stadt die Einschleppung auch nicht ein¬ 
mal vermiitliungswei.se nachgewiesen werden kann; denn ganz vergeblich 
sucht man da die Ursprungsstelle und die weiteren Spuren der An¬ 
steckung; während in einem kleinen Flecken auch ohne besonderen Scharf¬ 
sinn der Zusammenhang dem Beobachter sich aufdrängt; die Person, 
welche die Krankheit eingeschleppt hat; die, welche zunächst davon be¬ 
troffen ist, die endlich, welche aus dem inficirten Flecken nach auswärts 
von neuem die Krankheit weiter getragen hat — alles sieht man hier 
aufs deutlichste, man mag wollen oder nicht (bon gre mal gre). u , . . . 

„Solche Thatsachen sind zu deutlich und zu auflallend, als dass sie 
der Aufmerksamkeit derjenigen hätten entgehen können, deren Aufgabe 
es ist, die eontagiösen Krankheiten zu bekämpfen; so hat man die Epidemieen 
immer angesehen und immer von neuem auch sind derartige Anschau¬ 
ungen ausgesprochen worden; stets von neuem sind aber auch Irrlehrer 
gekommen, die den Thatbestand verdunkelten, verschoben, und was noch 
viel schlimmer ist, ihn in’s Gegentheil umkehrten. Für die ärztliche 
Kunst ist es immer noch besser, dass eine wichtige medici- 
uische Thatsache ganz vergessen wird, als dass man sie 
fälschlich dar stellt. Das ist es aber, was hier leider geschieht; wird 
Uämlich die Thatsache der Ansteckung zu evident, um geleugnet werden 
zu können, dann giebt iuan’s endlich zu; der süffisante Doctrinarismus 
fängt trotz seiner angeblichen Unfehlbarkeit an, Zugeständnisse zu machen; ! 
aber das sind Zugeständnisse von der allerschlimmsten Art. Man sagt 
dann: „Ursprünglich war die Krankheit nicht ansteckend, aber wenn diese 
oder jene Bedingungen hinzukommen, dann kann sie es schliesslich wer¬ 
den;“ und so werden tausend verderbliche und schiefe Spitzfindigkeiten 
an die Stelle der allein wahren Sachlage gesetzt, bei deren genügender 
Berücksichtigung die Epidemieen verhindert und in ihrer Verbreitung auf- 
gehalten werden könnten. 

Das unwissende Volk aber, welches nichts weiss und alles glaubt, 
beeilt sich, angesichts der geheiinnissvollen Probleme des Lebens, von 
deren Unergründlichkeit es keine Ahnung hat, für jede Epidemie alle 
möglichen und unmöglichen Ursachen zu erdenken; die unmöglichen aber 
mit ganz besonderer Vorliebe; nach dem Volksglauben waren es zu ver- 

*) Nach einem Vorträge, gehalten in der Sitzung der militärurztlichen 
Gesellschaft in Berlin am 21. Juni 1894. 


schiedenen Zeiten die Juden, welche die Pest und die Cholera erzeugten 
indem sie das krankmachende Gift in Flüsse und Brunnen warfen. Kami 
diese \ orliebe des Volkes für das Unglaubliche in unserem 19. Jahr¬ 
hundert geleugnet werden, wenn man sein Verhalten zur Homöopathie; 
zum Magnetismus, zum Tischrücken in Erwägung zieht? 

Recht traurig aber ist es, dass man auf dem gleichen Pfade selbst 
hochgestellten Männern begegnet, die auf den Unterricht in der ärztlichen 
Kunst einen bedeutenden Einfluss ausüben, und dass man sehen muss, 
wie solche Männer die perversen Volksneigungen noch bestärken, so dass 
es ausserordentlich schwer wird, die Thatsache der Speciiicität der Krank¬ 
heiten und der specifischen Action der Krankheitsursachen zur Anerkennung 
zu bringen. Und dabei handelt es sich doch nicht um unsichtbare lim 
ponderabilien. 

Wenn es zuweilen den Anschein hat, als ob die krankmachende Saft- 
masse an einem diphtherischen Geschwür, welche man an demselben 
ebenso gut bemerken kann, wie an einem syphilitischen Schanker, nach 
Art von flüchtigen Infectionsstoffen sich Verhalte, so liegt dies nur 
daran, dass man nicht mit genügender Aufmerksamkeit beobachtete; es 
wurde dann der Schein für Wirklichkeit gewonnen. 

Auch die Pocken besitzen ausser dem flüchtigen inficircnden Agons 
noch ein fixes, welches den Pockenkranken anhaftet und welches man an 
jedem Pusteleiter sehen kann, den der Impfarzt an der Spitze einer Nadel 
oder Lancette antrocknen lässt oder mit welchem er einen Faden im- 
prägnirt, den er aufbewahren kann, um damit heute, morgen, nach Verlauf 
von Jahren die Pocken zu übertragen; den er auf kurze Entfernung, aber 
auch bis nach China verschicken und die Rundroiso um die ganze Welt 
antreten lassen kann, ohne dass der Infectionstoff seine krankmachende 
Wirkung einbüsst. In gleicher Weise verhält es sich mit dem diph¬ 
therischen Krankheitsstoff, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte 
stots in derselben Art reproducir-t hat. Das Resultat seiner Wirkung 
können wir von Schritt zu Schritt verfolgen. Wir sehen die flüssige 
Ausscheidung des diphtherischen Processes sich verhalten wie eine ölige 
Cantharidenlösung; beide heben das Epithel ah; sie bedecken beide die 
Fläche ihres Angriffsobjectes mit einer Pseudomembran, die man immer 
dicker werden sicht, nur mit dem Unterschied, dass dieser Vorgang heim 
Cantharidenöl sich schneller vollzieht, als beim Diphtheriegift. 

Von dem Augenblick an, in welchem beispielsweise das diph¬ 
therische Virus das einen Schneidezahn einfassende Zahnfleisch infieirt 
hat, vergeht immer eine ganze Weile, ehe das Epithel abgehoben und 
durch die neu sich bildenden flüssigen Ausscheidungen losgestossen wird; 
diese letzteren rollen herunter, benetzen die Lippenpartiecn, zu welchen 
sie hingelangen, heben hier wiederum das Epithel ab und stossen es los, 
um alsbald es dann durch eine Pseudomembran zu ersetzen; breitet man 
dagegen ein Tröpfchen Cantharidenöl mit der Fingerspitze (welche 
ihrerseits durch dasselbe nicht angegriffen wird) auf die vorher trocken 
abgewischte Zunge eines Hundes in der Ausdehnung von der Grösse etwa 
eines ZweifranksstÜckos, so orfolgt die Abhebung des Epithels schon in 
weniger als fünf Minuten, die papilläre Oberfläche wird glatt, sondert sehr 
bald eine seröse Füssigkeit ab (an Stelle des Zungenschleinies) und fühlt 
sich weniger weich an, als in normalem Zustande. Fast augenblicklicli 
verändert sich das rosige Aussehen der Zungenoberfläche und bedeckt sich 
mit einer weissen, opaken Membran, deren Dicke in kurzer Zeit beträcht¬ 
lich zunimmt. 

Bei den zahlreichen Species, welche innerhalb der Cantharidenarten 
zu finden sind (Meloö, Mylabre, Cörocome etc. etc.), sollen wir, wie aus 
denselben ein physiologisches Secret gewonnen wird, welches Aetz- 
wirkungen besonderer Art auslöst, und wir haben auch erkannt, dass bei 
einer ansteckenden Krankheit (der Diphtherie) das Secretionsproduct auf 
manchen unserer Gewebe (den Schleimhäuten) eine krankhafte Absonderung, 
ähnlich der durch Vosicantien erzeugten, hervorzurufon vermag. In beiden 
Fällen finden wir Secretionen von erstaunlich gleichem Aussehen; hier 
wie dort erfolgt der tödtliche Ausgang auf dieselbe, so eigenartige \\ eise. 
Wollte man nun daraus aber Gründe ableiten gegon dio Specificilat der 
Diphtherie, so würde man sich in einem grossen Irrthum befinden; trotz 
der scheinbaren Identität der Wirkung bestehen doch fundamentale Unter¬ 
schiede zwischen dem Diphtheriegift und dem Cantharidenöl.“ 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35 


Wie wir an anderen Stellen der Archives mödicales (1855 
„Sur les moyens de prövenir le döveloppement et le progr&s de la 
diphthörie“) erfahren, führt Bretonneau diese Unterschiede haupt¬ 
sächlich darauf zurück, dass wir es beim Cantharidencroup mit der 
Wirkung eines nicht reproductionsfähigen Giftes zu thun haben, 
während die Diphtherie des Menschen durch vermehrungsfähige 
Keime erzeugt werde. Er sagt nämlich: 

„Ich kann hier bloss von neuem wiederholen: Ein spe- 
cifischer Krankheitskeim, und zwar für jede ansteckende 
Krankheit ein besonderer, ist die Ursache einer joden conta- 
giösen Krankheit. Die epidemischen Krankheiten können nur 
entstehen und sich ausbreiten vermöge des sie erzeugenden 
Keimes: zu allen Zeiten und in allen Sprachen wird dies ver¬ 
kündigt.“ 

(„Je le repete donc encore: un germe spdeial, propre ä chaque con- 
tagion, donne naissance a chaque maladie contagieuse. Les fleaux 6pi- 
demiques ne sont engendres, dissimin£s, que par leur germe rdproducteur: 
de tout temps toutes les langues l’ont dit.“) 

Wie in Frankreich Bretonneau, so hat in Deutschland Henle 
in der ersten Hälfte und Mitte unseres Jahrhunderts ätiologisch 
richtige Grundanschauungen über die Natur der epidemisch auf¬ 
tretenden Krankheiten vertreten; und es bedurfte der machtvollen 
Persönlichkeit Virchow’s, um für eine Weile die parasitäre 
Theorie für das Zustandekommen der Cholera, der Diphtherie, der 
typhösen Erkrankungen und der mit Eiterbildung einhergeheuden 
Wundkrankheiten in den Hintergrund zu drängen. 

M. H.! Wir haben gesehen, dass schon vor Beginn der 
modernen, experimentell-ätiologischen Forschung richtige Grund¬ 
anschauungen über das Wesen der Infectionskrankheiten mit 
grosser Präcision ausgesprochen worden sind. Was aber die 
moderne Forschung, so wie sie sich unter dem Einfluss R. Koch’s 
entwickelt hat, von der früheren unterscheidet, das ist die zwingende 
Beweiskraft ihrer Argumente. 

Die Abgrenzung solcher Krankheitsbilder, die wir noch jetzt 
ätiologisch als einheitlich und zusammengehörig betrachten müssen, 
war früher immer nur für die Betrachtungsweise des Einzelnen 
bindend. Wenn Laönnec mit dem geübten Blick eines scharf¬ 
sinnigen Arztes, Klinikers und pathologischen Anatomen unter dem 
Namen der Tuberkulose fast alle wichtigeren Krankheitsformen 
zusammenfasste, die (wie wir jetzt wissen) durch den Tuberkel¬ 
bacillus erzeugt werden, wenn Bretonneau auf Grund von 
:klinischen, anatomischen und epidemiologischen Studien keine 
einzige Affection, die beim Menschen durch den Diphtheriebacillus 
hervorgerufen wird, ausser Acht liess und keine einzige zur Diph¬ 
therie rechnete, die nicht dem Löffler’schen Bacillus zuzuschreiben 
ist, wenn später aus den Wundinfectionen durch geniale Medieiner 
ätiologisch differente Gruppen abgesondert wurden, wenn Baeren- 
sprung den exanthematischen von dem abdominalen Typhus noch 
schärfer zu unterscheiden wusste, als das früher schon durch 
Bretonneau und andere französische Aerzte geschehen war, so 
blieb es ein Vorrecht weniger, mit glücklicher Intuition begabter 
Naturen, diese Krankheitsgruppen anzuerkennen. Die grosse Masse 
der Medieiner liess sich jedoch durch die Cellularpathologen ver¬ 
leiten, das Aussehen der makroskopisch wahrnehmbaren Krank- 
heitsproducte als das Wesentliche und für die Terminologie Maass¬ 
gebende zu erachten. Die unter Virchow’s Einfluss stehenden 
Medieiner können ja auch jetzt noch nur schwer sich entschliessen, 
den Lupus, die Kehlkopfschwindsucht, tuberkulöse Meningitis, 
Canes und Gelenkentzündung, die Peribronchitiden, die käsige 
Pneumonie, die ulceröse Lungenphthisis, die scrophulösen Drüsen¬ 
schwellungen, die Darmtuberkulose und die Miliartuberkulose der 
serösen Häute und visceralen Organe als ätiologisch einheitliche 
Krankheitsformen aufzufassen; noch immer wird ferner der Croup 
von der Diphtherie abgetrennt; noch immer hört man von einer 
scarlatinösen, variolösen, dysenterischen, typhösen Diphtherie reden, 
U +i- ± Wer aus P a th°l 0 gischen Instituten die Sectionsprotokolle 
studirt wird schwerlich daraus erfahren, ob eine Pneumonie durch 
r iaenkel sehe oder Friedländer’sche Bacillen, durch Strepto- 
coccen, Influenzabacillen oder Tuberkelbacillen erzeugt ist; durch 
welche Mikroorganismen ein eitriger Process bedingt wird; welche 
ätiologische Bedeutung ein Milz- oder Niereninfarct hat; was die 
ei lnlectionskrankheiten so häufig zu findenden parenchymatösen 
Entzündungen, die Exsudate in den Körperhöhlen, die embolischen 
1 rocesse verursacht hat. Es wird eben noch immer der anatomisch 
nachweisbare Sitz und die mit den Augen wahrnehmbare Beschaffen¬ 
heit der Rrankheitsproducte der Krankheitseintheilung und Krank- 
heitsbezeichnung zugrunde gelegt, obwohl darüber doch jetzt kein 
Zweifel bestehen kann, dass das ätiologische Moment den Verlauf 
f™? 8 P atll ölogischen Processes bestimmt und dass die Prognose 
und der Erfolg therapeutischer und prophylaktischer Eingriffe 
durch den ätiologischen Charakter des krankhaften Processes be¬ 
dingt, wird. 

Diese Ueberzougung hat sich heutzutage schon in solchem 


Umfange Bahn gebrochen, dass es wohl nur noch als eine gewisse 
Lässigkeit an zu sehen ist, wenn in dem Virchow’schen Schema 
der Todesursachen noch immer die Tuberkulose, die Lepra, die 
Pneumonieen, die Phlegmonen, der Tetanus vom Begriff der infec¬ 
tionskrankheiten ausgeschlossen werden. 

Dass in der That unter den Klinikern und Aerzten sich eine 
lebhafte Reaction vollzieht gegen die zu einseitige Hervorkehrung 
des anatomischen Standpunktes, dafür liefert uns ein gutes Bei¬ 
spiel die Entwickelung der Lehre von den Streptococcenkrank¬ 
heiten. 

Wie nach der Entdeckung des Tuberkelbacillus eine Unmenge 
von krankhaften Veränderungen zur Tuberkulose gerechnet werden 
mussten: der Lupus, Knochen- und Gelenkerkrankungen, Krank¬ 
heiten des Mittelohres, der serösen Häute, des Darms u. s. w., die 
doch scheinbar so grundverschieden sind von der Virchow’schen 
Tuberkulose, so werden nach Anerkennung der jetzt kaum noch 
anzuzweifelnden Zusammengehörigkeit der meisten Kettencoccen 
die verschiedenartigsten Erkrankungen ätiologisch einheitlich be¬ 
trachtet werden müssen, und man gewöhnt sich allmählich daran, 
bei der Wundrose, bei manchen Abscessen, bei vielen Gelenkleiden] 
bei eitrigen Processen in der Brust und Bauchhöhle, bei den viel¬ 
fach verschieden ablaufenden Eiterfiebern, beim Puerperalfieber in 
erster Linie nicht an die für den Kliniker und für den pathologischen 
Anatomen zu Tage tretenden Differenzen, sondern an die bacteriolo- 
gisohe Einheit dieser Krankheitsprocesse zu denken. 

Einen bedeutsamen Anfang zu einer solchen Auffassung sehen 
wir in neuester Zeit gemacht durch A. Fraenkel, welcher eine 
eigenartige, zuerst von Senator genauer beschriebene Muskel¬ 
erkrankung in mehreren Fällen auf Streptococcen zurückführen 
konnte und diese bemerkenswerthe Affecticn den Streptococcen¬ 
krankheiten einreihte. Wir haben jetzt wohl auch die Garantie, dass 
die ätiologische Betrachtungsweise der Infectionskrankheiten nicht 
mehr verlassen werden, sondern immer tiefere Wurzeln im ärztlichen 
Denken schlagen wird. 

Früher blieb es Sache persönlicher Ueberzeugung, ob man 
für die Laönnec’sche Tuberkulose, für die Bretonneau’sche 
Diphtherie, für den Baerensprung’sehen Typhus sich ent¬ 
scheiden wollte, oder für den von Virchow den Krankheitsnamen 
Tuberkulose, Diphtherie und Typhus untergelegten Wortsinn. 
Seitdem aber R. Koch das mikroparasitäre Specialstudium 
zum Gemeingut der ärztlichen Forschung gemacht hat, seitdem 
die Contagiosität, der parasitäre Ursprung und die Specificität der 
Infectionskrankheiten nicht mehr Glaubenssache ist, sondern ein 
sicheres Wissen, kann darüber kein Zweifel mehr bestehen, dass 
der Croup zur Diphtherie gehört, dass der Abdominaltyphus mit 
dem Flecktyphus (dem von Virchow in Oberschlesien studirten 
„Hungertyphus“) nichts zu thun hat und dass die Skrophulose 
und die käsige Pneumonie ebenso sicher tuberkulöse Infectionen 
sind, wie die miliare Tuberkulose. 

Angesichts dieser epochemachenden Wandlung in der Be¬ 
trachtungsweise der Infectionskrankheiten, welche der modernen 
Medicin das Gepräge giebt, ist es wohl der Mühe Werth, einen 
Blick zu werfen auf die Mittel und Methoden, mit Hülfe deren es 
R. Koch gelungen ist, die Krankheitsätiologie zum Range einer 
exacten Wissenschaft zu erheben. 

H. Kriterien für die ätiologische Classificirung einzelner 
Krankheitsfälle beim Menschen. 

Was die Diagnose einer infectiösen Erkrankung betrifft, so 
haben wir im wesentlichen folgende Hülfsmittel: 1) Die Aufnahme 
des klinischen Befundes. 2) Den makroskopisch erkennbaren Sec- 
tionsbefund. 3) Die mikroskopische und culturelle mikroparasitäre 
Untersuchung der Gewebssäfte und der pathologisch veränderten 
Körpertheile. 4) Die Untersuchung des Blutes auf einen etwaigen 
Gehalt an specifischen Giften. 5) Die Schlüsse, welche ex juvan- 
tibus et nocentibus sich in Bezug auf die Beurtheilung des Einzel¬ 
falles ziehen lassen. 6) Die Berücksichtigung des epidemiologischen 
Charakters der Krankheit. 

M. H.I Es giebt Krankheiten, bei welchen ein einzelnes 
dieser Kriterien zur Diagnose des Einzelfalles vollkommen ausreicht. 
Für eine typische Pneumonie, Diphtherie, Cholera, Scarlatina, für 
den Tetanus, die Masern, die Syphilis und für viele andere In¬ 
fectionen wird man in der Regel kaum nöthig haben, auf ändero 
diagnostische Mittel zurückzugreifen, als auf diejenigen, welche 
durch die althergebrachte klinische Schulung uns zu Gebote stehen. 
Es giebt aber andere Krankheiten, z. B. die typhösen Affectionen, 
die Influenza, viele Malariaformen, mannichfache tuberkulöse Er¬ 
krankungen, die meningitischen Processe und die Entzündungen 
der serösen Häute in der Brust- und Bauchhöhle, welche auf den 
ersten Blick nur selten mit Sicherheit erkannt werden, bei denen 
vielmehr erst eine längere Beobachtung, die Berücksichtigung der 
epidemiologischen Verhältnisse, der Sectionsbefund, das mikroskopische 


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30. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Studium und das Thierexperiment definitiven Aufschluss bringen. 
Von der Art der Schulung des einzelnen Arztes wird es äbhängcn, 
welcher Combination der hier aufgezählten diagnostischen Htilfs- 
mittel er im individuellen Fall den Vorzug giebt; dass aber heut¬ 
zutage jeder Arzt, und mag er ein weltberühmter Kliniker sein, 
sich im Nachtheil befindet, wenn er in der Handhabung des Mi¬ 
kroskops, des Culturexperiments und des Thierversuchs nicht geübt 
ist, diesem Urtheil wird sich wohl keiner von uns entziehen, und 
ebensowenig wird bestritten werden können, dass diese drei Hülfs- 
mittel erst durch die moderne ätiologische Forschung so ausser¬ 
ordentlich mächtige Bundesgenossen für die Diagnose der Krank¬ 
heiten geworden sind. Wer würde jetzt noch zur Erkennung der 
initialen Lungentuberkulose den mikroskopischen Nachweis des 
Tubelkelbacillus, für die Milzbranddiagnose und die Feststellung 
des Rotzes das Thierexperiment, für die zweifelhaften Diphtherie- 
und Cholerafälle den Culturversuch entbehren wollen? 

Aber m. H., selbst wer die klinische Beobachtung, die Ver- 
werthung des pathologisch-anatomischen Befundes, die Färbekunst, 
das mikroskopische Sehen, die verschiedenen Culturverfahren und 
die Infectionsversuche am Thier vollkommen beherrscht, wird immer 
noch Fälle finden, deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krank¬ 
heitsgruppe zweifelhaft bleibt. Beim Tetanus z. B. kann es Vor¬ 
kommen, dass alle diese diagnostischen Mittel versagen. Da be¬ 
nutzen wir denn die wissenschaftliche Errungenschaft der neueren 
Zeit, welche in dem Nachweis specifischer Gifte im Blute besteht, 
und beweisen durch die Hervorrufung des Tetanus bei Thieren 
durch das Tetanusgift, dass es sich um infectiösen Starrkrampf 
handelt. Es ist das eine chemische Reaction, bei welcher ein ge¬ 
eigneter lebender Thierkörper als Reagens dient. 

Etwas genauer möchte ich noch auf die neueren Hülfsmittel 
zum sicheren Nachweis der sporadisch auftretenden Cholera und 
zur Beurtheilung der choleraähnlichen Wasserbacterien eingehen, 
die ja noch immer die öffentliche Discussion beherrscht. 

M. H.! Wenn es sich darum handelt, die Krankheitserreger der 
Tuberkulose, des Milzbrands, der Diphtherie zu identificiren, dann 
gelingt das auch dem weniger geübten Bakteriologen ziemlich leicht; 
anders bei dem Kommabacillus der asiatischen Cholera. Das mor¬ 
phologische Verhalten, das Wachöthum in Culturen, die mikro¬ 
chemische Reaction, der Infectionsversuch an gesunden Meer¬ 
schweinen ermöglichen es einem Meister der Bacteriologie, wie 
R. Koch, schnell lind sicher die Zugehörigkeit einer fraglichen 
Kommaform zur Gruppe der echten Choleravibrionen zu entscheiden. 
Aber in den Händen derjenigen, welche nicht das Glück gehabt 
haben, unter Koch’s eigener Leitung die diagnostischen Merkmale 
zu studiren, haben alle diese methodischen Untersuchungen, (wie 
die Erfahrung gelehrt hat) nicht so Befriedigendes geleistet. Sollen 
wir nun deswegen, wie Liebreich es thun möchte, das Kind mit 
dem Bade ausschütten und die aus der Morphologie und Biologie 
des Choleravibrio entnommenen Kriterien für unbrauchbar erklären ? 
Ich meine, dass dies ebensowenig geschehen darf, wie wir auch 
nicht den Werth des Tuberkelbacillenbefundes uns discreditiren 
lassen werden, weil manche Mediciner möglicherweise nicht imstande 
sind, den Krankheitserreger der menschlichen Tuberkulose von dem 
der Geflügeltuberkulose oder vom Leprabacillus zu unterscheiden. 
Was wir aber thun können und thun müssen, das ist, dass wir 
nach weiteren differential-diagnostischen Mitteln suchen. Ein solches, 
und zwar eines von ganz hervorragender Beweiskraft, hat R. Pfeiffer 
jüngst gefunden. Es hat sich gezeigt, dass Meerschweine, welche 
gegenüber dem Kommabacillus der asiatischen Cholera eine sehr 
beträchtliche Immunität erlangt haben, keine erhöhte Widerstands¬ 
fähigkeit gegenüber den choleraähnlichen Mikroorganismen be¬ 
sitzen. Die Verwerthung dieser Thatsache für die Choleradiagnose 
ist nun sehr einfach. Es werden nämlich jetzt choleraimmune 
Meerschweine als Reagens benutzt. Die Immunität wird in der 
Weise sehr schnell und sicher hergestellt, dass von choleraimmu- 
nisirten Individuen ein auf seine schutzverleihende Wirkung ge¬ 
prüftes Serum den Meerschweinen eingespritzt wird. Hat man nun 
von einer fraglichen Vibrionenart die für normale Meerschweine 
sicher tödtliehe Dosis ausfindig gemacht, und findet man dann, dass 
ein choleraimmun gemachtes Meerschwein ebenso an dieser Dosis 
zugrunde geht, wie ein normales, so ist diese Cultur keine Cholera- 
cultur; bleibt dagegen das Meerschwein am Leben, so wird aus 
der specifischen Schutzwirkung auf die Zugehörigkeit zur echten 
Cholera geschlossen. 

M. H.! Bei Benutzung dieser diagnostischen Methode ge- 
rathen wir schon in das Gebiet der räthselvollen Lehre von der 
specifisch erhöhten und verminderten Widerstandsfähigkeit gegen¬ 
über den Infeetionsstoffen hinein, welche ja bekanntlich auch in 
der Diagnose der Tuberkulose eine Rolle spielt, indem wir nämlich 
durch die Fieberreaction auf sehr kleine Dosen von Tuberkulin die 
tuberkulöse Natur eines Leidens ermitteln können. Auch die Krank- 
heitsbeurtheilung, welche sich auf den Nutzen specifischer Heil¬ 


mittel stützt, wie das bei der Malaria mit 'dem Chinin, bei der 
Syphilis mit dem Quecksilber und mit den Jodpräparaten der Fall 
ist, gehört in die Immunitätslehre hinein. Die Diagnose ex jiivan- 
tibus wird in kurzem vielleicht auch bei der Diphtherie eine wich¬ 
tige Rolle spielen. Ich wenigstens habe schon jetzt die Ueber- 
zeugung gewonnen, dass eine frische, diphtherieverdächtige Hals- 
affection, welche auf mein Diphtheriemittel nicht prompt mit dem 
Rückgängigwerden der allgemeinen und lokalen Krankheitserschei¬ 
nungen reagirt, durch andersartige Krankheitsstoffe bedingt oder 
doch complieirt ist. 

IH. Ueber das W r esen der Immunität. 

Mit der Immunitätslehre stehen auch unsere modernen prophy¬ 
laktischen und Heilbestrebungen im engsten Zusammenhang, sowohl 
diejenigen, welche mit Hülfe von willkürlich abgemessenen speci¬ 
fischen Reactionen den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen 
wollen, wie bei der Tuberkulinbehandlung tuberkulosekranker 
Menschen, als auch die in der Blutserumtherapie zum Ausdruck 
gelangende, welche letztere durch Incorporation der direkten Heil¬ 
körper schützend und heilend wirkt. 

Es ist nicht meine Absicht, heute auf die wissenschaftlichen 
Grundlagen, die Leistungen und die Aussichten der Blutserum- 
therapie einzugehen. Für die Diphtherie ist schon jetzt den 
Aerzten Gelegenheit gegeben, sich davon zu überzeugen, dass ich 
in meinen bisherigen Mittheilungen eher zu wenig als zu viel ver¬ 
sprochen habe. 1 ) Dagegen halte ich es nicht für überflüssig, darauf 
hinzuweisen, wie die Immunisirungsmethoden an grossen Thieren 
zum Zweck der Gewinnung von Heilserum eine glänzende Bestäti¬ 
gung der durch R. Koch wissenschaftlich begründeten Thatsache 
von der heilenden Wirkung allmählich gesteigerter Dosen des¬ 
jenigen Krankheitsgiftes ergeben haben, gegen welches man ein 
Individuum schützen will. Bei Pferden, Kühen, Schafen und Ziegen 
kann man im Verlauf der Zufuhr lebender Diplitheriecultur sowohl, 
wie des Diphtheriegiftes, die Beobachtung machen, dass die Thiero 
chronisch krank werden, abmagern, remittirendes Fieber bekommen 
und in einen kachektischen Zustand gerathen, der unfehlbar zum 
Tode führt, wenn man die Thiere sich selbst überlässt. Bei solchen 
chronisch kranken Thieren habe ich nun nach dem Muster der 
Koch’schen Tuberkulinbehandlung mit zum Theil fast wunderbarem 
Erfolge vollständige Heilungen durch fortgesetzte und allmählich 
gesteigerte Diphtheriegiftzufuhr erreichen können. 

M. H.! Diese Thatsache, so paradox sie uns auf den ersten 
Blick vorkommt, ist in früheren Zeiten zwar nicht experimentell 
begründet gewesen, aber gekannt und ausgesprochen haben 
scharfblickende Aerzte sie schon vor dem Beginn der modernen 
ätiologischen Forschung. Bei Hunter finden wir hierher gehörige 
Bemerkungen, auch Sydenham schon macht darauf aufmerksam. 
Vor allen habe ich Ihnen aber auch hier wieder Bretonneau zu 
nennen, welcher das Immunitätsproblem so scharf erfasst und di**. 
Beziehungen der Immunisirung zur Heilung mit so klaren Worten 
ausgesprochen hat, dass ich es mir nicht habe versagen können, 
seine Ausführungen in’s Deutsche zu übersetzen. Sie lauten an 
den hauptsächlich in Betracht kommenden Stellen folgendermaassen: 

„Durch Rasori haben wir die Thatsache kennen gelernt, dass 
bei allmählich gesteigerter Dosirung des Tartarus stibiatus 
sich kein Erbrechon mehr mittels desselben hervorrufen lässt. Wir 
wissen ferner, dass durch eines der bedenklichsten Gifte, durch 
den Arsenik, habituelle Arsenikesser Schönheit, Gesundheit und 
Kraftvermehrung erlangen und dass Reiter und Pferd auf steilen 
Wegen nach gewohnheitsgemässem Arsenikgenuss schnell und 
lange Zeit weiter kommen, ohne sich zu echauffiren. Das Opium 
wird in der Türkei die Quelle der Fröhlichkeit, des Wohlseins und 
des kriegerischen Muthes bei dem Genuss solcher Dosen, die un¬ 
fehlbar denjenigen tödten würden, der nicht an das Opium gewöhnt 
ist; auch der Genuss des Opiumrauchens gehört, hierher; er ist 
in China von solcher Bedeutung, dass er dort zur Entstehung 
einer gewaltigen Revolution die Veranlassung gegeben hat. Und 
unsere passionirten Tabakraucher, — sieht man sie nicht geradezu 
entzückt in ihrem Tabakrausch, und ist es nicht etwas ganz Ge¬ 
wöhnliches, dass man sie ihre Lunge vollziehen zieht mit nicotin¬ 
haltigen Rauchwolken, ohne dass sie Schaden erleiden von einem 
Gift, das schlimmer ist, als diejenigen, welche die Zauberin Circe 
präparirte! 

Aber auf denjenigen bevölkerten Erdflächen, auf denen die 
Menschen noch nicht gewohnheitsgemäss unsere giftigen Genuss¬ 
mittel gebraucht haben, — da treten die Annehmlichkeiten solcher 
Intoxicationen nicht zu Tage; hat doch in wenigen Jahren die 
Alkoholvergiftung im Verein mit dem Pockengift (das seine Gefahr 

*) Vom 1. August er. ab ist mein Diphtherieheilmittel (von den I nrb- 
werken vorm. Meister, Lucius & Brüning in Höchst) käuflich zu haben. 
Vor diesem Datum ist mein Mittel nicht verkauft worden weuci zui 
Immunisirung noch zur Heilung. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35 


auch nur durch die Gewöhnung verliert) die eingeborenen Racen 
in Nord- und Südamerika fast ausgetilgt. 

Was ist es nun aber, was dieser unleugbaren Thatsache der 
Gewöhnung durch gewohnheitsmässige Ausübung einer Thätigkeit 
zugrunde liegt? 

Mithridates, der siebente seines Namens, hat uns dies Ge- 
heimniss nicht erst entdeckt, und er hat das über demselben 
schwebende Dunkel auch nicht gelichtet. Diese Accommo- 
dationsfähigkeit gehört der Menschheit an von allem 
Anfang her; sie wird geboren, und sie entwickelt sich 
mit dem werdenden Menschen, und sie ist nicht etwa be¬ 
schränkt auf die Fähigkeit des Menschen, sich den Gift¬ 
wirkungen zu entziehen; sie ist vielmehr für den 
Menschen ganz im allgemeinen das Mittel, allmählich 
alles zu erreichen, alles; während er ohne die Uebung 
und ohne die Gewohnheit nichts zu ertragen und nichts 
zu erringen vermag. 

Die Autorität des Menschen und seine Herrschaft über die 
Natur beruht hierauf; die Uebung und die Gewöhnung hat ihm 
die Mittel in die Hand gegeben, eine grosse Zahl von Lebewesen 
zu zähmen und sie seinem Machtbereich einzuverleiben, die grossen 
wilden Thiere sowohl, die er gelehrig, sich anhänglich und dank¬ 
bar macht, wie das kleine Insect, welches er im einsamen Gefängniss 
abrichtet. 

Wenn nur dieses Vermögen der willkürlichen Gewöhnung nicht 
gar so oft auf üble Dinge sich richten würde, welche wundervollen 
Wohlthaten könnten durch dieselbe der Menschheit erwachsen! 
Aber wir wollen unsere Blicke abkehren von den auf Dummheit, 
Mangel an guter Erziehung und Extravaganz beruhenden üblen 
Gewohnheiten und statt dessen bloss noch der Gaben gedenken, 
welche die Macht der Gewöhnung dem Herrn der Schöpfung in so 
überreichem Maasse zuertheilt hat. Sie hat ihn gelehrt, jede Art 
von Arbeit zu verrichten; sie hat ihn zum Herrn über Pflanzen 
und Thiere gesetzt; sie ist es, die im Laufe der Jahrhunderte an 
der Vervollkommnung des Menschengeschlechtes arbeitet. 

Sie ermöglicht es ihm, willkürlich Vögel und Hunde zur Jagd 
abzurichten und für jede Sorte von Wild eine besondere Hunde- 


race zu ziehen; sie hält die Hunde in der Meute an ihrer richtigen 
Stelle und bringt andere dazu, die wunderbarsten Kunststücke aus¬ 
zuführen; Vögel lehrt sie sprechen, Pferde tanzen; sie bringt einen 
Hund dazu, dem Blinden als Führer zu dienen und schafft in ihm 
dem Menschen einen Freund, der aus Schmerz und Trauer auf dem 
Grabe seines Herrn leblos niederfällt. 

Die Gewohnheit, die Gewöhnung und die Uebung verschaffen 
mit Hülfe von magischen Kräften der Menschheit aber noch viel¬ 
mehr an Wohlthaten. Diese Kräfte sind es, auf denen die müh¬ 
samsten Arbeiten und die am meisten geschätzten Fähigkeiten be¬ 
ruhen, welche alle in innigem Zusammenhang stehen mit dem 
Aufmerken lind mit der Erziehung. Die Sinne werden geschärft 
durch Uebung und Erziehung; der Wille wird gekräftigt durch die 
Hartnäckigkeit im Wollen .... 

Eine unverzeihliche Abschweifung von meinem hier 
zu behandelnden Thema würde das sein, was ich vorher 
in meinen langen Ausführungen sagte, wenn ich nicht 
die Gewissheit hätte, dass die Gewöhnung, welche die 
wilden Thiere zähmt, — dass sie es auch ist, welche den 
Ansteckungsstoffen das Gefährliche ihrer Fähigkeiten 
laubt, und zwar auf Grund des Unterschiedes, welcher 
besteht zwischen einem Gift und seinem vaccin. 

(„Je me repentirais de m’ötre laissö aller ä cette longue 
(ligression, si je n’avais la certitude que Taccoutumance, qui 
dompte les bßtes föroces, apprivoise aussi les virus, & la difference 
des poisons et des vaccins.“) 

Die Krankheitsstoffe, wenn sie in unseren Organis¬ 
mus eindringen und sich dort vermehren, können nichts¬ 
destoweniger sich so verhalten, dass jeder Bruchtheil 
derselben, welcher nach und nach absorbirt wird, einen 
Einfluss ausübt, der die.Gesammtwirkung des Virus ab¬ 
schwächt. Daher kommt es, dass zu Zeiten einer Epi¬ 
demie die Aerzte mit ausgebreiteter Praxis, indem sie 
von einem Kranken zum anderen laufen und dabei ge- 
wissermaassen fractionirte Dosen von dem Virus auf- 
nehrnen, schliesslich dahin gelangen, dass sie sehr be¬ 
trächtliche Immunität erlangen, deren Zustandekommen 
im allgemeinen freilich schlecht verstanden wird“ Und 
an einer anderen Stelle (1- c. p. 260): 

„Wenn ich diese Abschweifung hier gemacht habe, so geschah 
es wegen der merkwürdigen Beziehungen zwischen den contagiösen 
Krankheiten und den Mitteln, die imstande sind, sie zu heilen — 
Beziehungen, die zu den grossen Wahrheiten der Medicin gehören 
und die durch klinische Beobachtung entdeckt worden sind; kein 
' orurtheil kann gegen dieselben aufkommen. Und doch sind die 


medicinischen Zeitschriften erfüllt von sonderbaren und bedauerns- 
werthen Ableugnungen durch die Aerzte. 

Aber wenn man auch die Wahrheit nicht hören will, es muss 
wenigstens der Versuch gemacht werden, sie zur Anerkennung zu 
bringen.“ 

Man kann aus diesen Citaten erkennen, dass den älteren 
Aerzten die Thatsache gut bekannt war, dass bei vielen Krank¬ 
heiten des Menschen die fortgesetzte Anwendung kleiner Dosen 
von dem specifischen krankheitserzeugenden Stoff eine therapeu¬ 
tische Wirkung auszuüben vermag und eine geistvollere Hypothese 
zur Erklärung dieser Thatsachen, als die von Bretonneau, welcher 
die Heilwirkung giftiger Khrper auf eine immunisirende Wirkung 
und diese wiederum auf die dem Menschen angebome Fähigkeit 
der „Gewöhnung“ und „Uebung“ zurückführt, werden wir auch 
jetzt noch nicht aufstellen können. An dieser Stelle möchte ich 
bloss noch darauf aufmerksam machen, dass auch Hufeland jene 
„grosse Wahrheit“ gekannt hat, wenn er sagt: „Selbst die 
direkte Cur der Krankheiten durch sogenannte Specifica ist Werk 
der Natur, indem das Heilmittel nur als Anstoss wirkt, die da¬ 
durch aber erregte Reaction und die Umänderung zum Bessern 
selbst nur durch Hülfe der innerhalb wirkenden Naturkraft mög¬ 
lich ist; und insofern ist selbst die Homöopathie, die sich so hoch 
über die Natur stellt, gerade der beste Beweis ihrer wirkenden 
Kraft, denn auch sie ist nichts anderes, als eine Methode, durch 
Specifica zu heilen, und indem sie das ähnlich wirkende 
Mittel wählt, wirkt sie eben auf das leidende Organ 
selbst, weckt die Reaction der Natur in demselben und 
erzeugt jenen inneren Natürheilungsprocess, der die 
Krankheit heilt.“ (Einleitung zum Enchiridion medicum von 
Hufeland.) 

Freilich ho-wegt sich Hufeland bei dieser Darstellung nicht 
auf so streng wissenschaftlichem Boden, wie das bei Bre¬ 
tonneau der Fall ist; aber doch finden wir in jenen Worten 
Hufeland’s schon deutliche Anklänge an die Errungenschaft, 
welche R. Koch durch die Aufdeckung der Beziehungen des von 
den Tuberkelbacillen erzeugten Giftes zu dem Krankheitsprocess 
der Tuberkulose als dauernden Gewinn von epochemachender Be¬ 
deutung der medicinischen Wissenschaft übergeben hat. Am ent¬ 
schiedensten, wenn auch nicht am meisten überzeugend, hat die 
der Koch’schen Entdeckung zugrunde liegende Thatsache von 
der therapeutischen Wirkung eines krankmachenden Giftes 
gegenüber der durch dasselbe erzeugten Gesammterkrankung 
Hahnemann behauptet; aber wenn wir Zusehen, was dieser selbst 
und in noch höherem Grade seine Nachbeter für die Praxis aus 
dieser an sich richtigen Erkenntnis gemacht? werden, dann werden 
wir aufs lebhafteste von der verblüffenden Prägnanz des Aus¬ 
spruchs von Bretonneau getroffen: „Für die ärztliche Kunst 
ist es immer noch besser, wenn eine wichtige medicinischc 
Thatsache ganz vergessen wird, als dass man sie fälsch¬ 
lich darstellt und ausbeutet.“ Und in diesem Sinne darf 
man es den Lehrmeinungen der älteren wissenschaftlichen Medicin 
sogar zum Verdienst anrechnen, dass sie in Bezug auf den der 
Homöopathie zugrunde liegenden richtigen Kern das kleinere Uebel 
gewählt hat, indem sie es vorzog, denselben zu ignoriren. Halbes 
Wissen ist in der That oft schlimmer als gar nichts wissen. 

II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

II. Klinische Erscheinungen und pat hologische Anatomie 1 ). 

Was die Pathologie der Pustula maligna und ihre klinischen 
Erscheinungen anbetrifft, so ist noch heute die mustergültige 
Schilderung, wie sie Wilhelm Koch in der Deutschen Chirurgie 
giebt, maassgebend. 

Ich will mich deshalb kurz fassen und specieller nur auf 
einige seltenere Beobachtungen bei derselben zurückkommen. 

Bei weitem in der Mehrzahl der Fälle beginnt der lokale 
Hautmilzbrand als ein circumscripter Process, der ähnliche 
Beschränkungen zeigt wie der Furunkel. Nur in selteneren Fällen 
tritt er in einer diffuseren, phlegmonösen Form auf. 

Der erste Process, die eigentliche Pustula maligna, be¬ 
ginnt als ein kleines Bläschen, meist an einer Stelle, wo schon 
vorher eine Schrunde oder ähnliches bestanden hatte, oder wo eine 
kleine Verletzung bei der Infection erfolgt war. In der Mehrzahl 
der Fälle ist es nicht möglich genaues darüber zu erfahren, wie 
lange Zeit nach der Infection die Initialsymptome auftraten; jeden¬ 
falls brauchen dies nur wenige Stunden zu sein; meist scheinen 
etwa 24 Stunden dazwischen zu liegen; dass jedoch auch ein viel 

l ) Vergl. diese Wochenschrift 1894, No. 24, S. 515. 


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DEUTSCHE' MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


30. August. 


längeres Zeitintervall eintreten kann, beweist mir ein Fall von 
Impfmilzbrand, dessen Opfer ein College war. Beschäftigt mit 
Thierexperimenten, stach dieser sich mit der Nadel der Pravaz- 
schen Spritze in die Gegend des Phalangealgelenks des linken 
Daumens. Die Verletzung wurde sofort bemerkt und die betreffende 
Stelle energisch mit Sublimat ausgewaschen, eine Procedur, von 
der um so mehr erwartet werden durfte, als der Stich ein ausser¬ 
ordentlich oberflächer war. 

Vier volle Tage vergingen, ohne dass sich irgend etwas an 
der Impfstelle gezeigt hätte; die kleine Wunde war schon ver¬ 
gessen, als am Morgen des fünften Tages ein kleines rothes Pickel¬ 
chen bemerkt wurde, welches leicht juckte. Ich legte sofort eine 
Cultur aus dem völlig klaren Inhalt des kleinen Bläschens an und 
fand in derselben typische Milzbrandstäbchen. Der Finger wurde 
jetzt mit grauer Salbe bedeckt und durch eine Pappschiene fixirt. 
Weitere Beachtung wurde dem kleinen Uebel nicht beigelegt, bis 
am folgenden Tage ausgedehnte lymphangitische Streifen und’eine 
recht beträchtliche, aber wenig schmerzhafte Schwellung der Achsel¬ 
drüsen eingetreten war. Der ganze Arm war wie taub, machte 
bei Bewegungsversuchen unangenehme Empfindungen und war auf¬ 
fallend schwer. Er wurde jetzt suspendirt getragen. Das Bläschen 
hatte sich in ein kraterförmiges Geschwür umgewandelt, dessen 
weiteren Verlauf ich genauer schildern möchte, da er in einigen 
Punkten von dem gewöhnlich zu beobachtenden abweicht. 

Zunächst fehlte fast jede Spur einer Röthung um das linsen¬ 
grosse oder noch kleinere Geschwürchen, welches ausser Jucken 
keine unangenehmen Sensationen machte. Es hatte eine ovale 
Form, gewulstete Ränder und in der Mitte eine nekrotische, schon 
am sechsten Tage nach der Infection absolut bacterienfreie Masse. 
Trotz dem Fehlen jeder Eitererreger trat auch hier die typi¬ 
sche Gewebsnekrose ein, wieder ein Bew r eis dafür, dass der Milz¬ 
brandbacillus allein imstande ist Gewebsnekrose zu erzeugen, wie 
ich schon an anderer Stelle bewiesen habe 1 ). Am achten Tage 
nach der Infection waren die Lymphdrüsen immer noch ange¬ 
schwollen und verhältnissmässig schmerzhaft; auch dass Allgemein¬ 
befinden schien gestört, obwohl nicht stark und vielleicht durch 
die ängstlichen Vorstellungen, welche sich mit einer Milzbrand- 
infection verbinden, vorgetäuscht. Am neunten Tage waren die 
Achseldrüsen kleiner und schwollen im Laufe der folgenden Tage 
zugleich mit ein tretender Vernarbung des Geschwürchens ab. Trotz 
der Geringfügigkeit der Infection, trotz der Kleinheit des Lokal¬ 
heerdes hatte sich also eine beträchtliche Lymphangitis gebildet, 
und zwar zu einer Zeit besonders ausgesprochen, wo in dem 
Lokalheerd Milzbrandbacillen nicht mehr aufgefunden werden 
konnten. 

Nun zurück zu den gewöhnlichen Fällen. Mit dem geschilderten 
Bläschen voll klaren Inhalts pflegen wir die Patienten meist nicht 
zu Gesicht zu bekommen. Sie kratzen vielmehr das juckende Bläs¬ 
chen für gewöhnlich auf, und nun entstehen um dasselbe herum 
mehrere neue. Im weiteren Verlauf röthet sich die Haut in grösserer 
oder geringerer Ausdehnung um diese Heerde, während gleichzeitig 
eine Anschwellung eintritt, die jedoch immer noch verhältnissmässig 
schmerzlos ist. Diese Erscheinungen treten meist innerhalb der 
ersten 24—48 Stunden nach dem Auftreten des Bläschens ein — 
können aber viel rapider sich entwickeln. Kommen dann in diesem 
Stadium die Patienten in Behandlung, so bemerkt man auf infil- 
trirter und gerötheter Haut eine oft nur wenig das Niveau der 
Übrigen Haut überragende Geschwulst, oder auch mehrere, von ver¬ 
schiedener Grösse, aber charakteristischem Aussehen. Um eine 
meist schwarzblaue, centrale Masse von Linsen- bis Fünfmarkstück¬ 
grösse erhebt sich die angrenzende Haut wallartig empor, so dass 
der centrale Heerd scharf von der mehr oder weniger weit ge- 
rötheten Haut abgegrenzt erscheint. Diese Röthung erstreckt sich 
meist nicht sehr weit und verliert sich allmählich in die gesunde 
Umgebung. Hebt man den Schorf auf, der ein nekrotisches Gewebs- 
stück repräsentirt, so entleert sich unter ihm eine meist seröse, 
oder nur wenig getrübte Flüssigkeit. 

Sie enthält mikroskopisch einige Eiterzellen und stets die 
charakteristischen Milzbrandstäbchen, oft in ganz enormer Menge, 
so dass man in dem Gesichtsfeld sie in langen Reihen dasselbe 
durchziehen sehen kann. Die Keime liegen entweder einzeln oder 
reihenweise hintereinander und können mehrere Gesichtsfelder durch¬ 
ziehende Reihen bilden. Hat man so zahlreiche Milzbrandkeime im 
mikroskopischen Bilde, so pflegen meist andere Keime gänzlich zu 
fehlen; in vier Fällen, in denen so reichlich Bacterien gefunden 
werden konnten, sah ich keine andere Verunreinigung, und auch die 
mit Agar oder Gelatine angelegten Platten bestätigen diesen Be¬ 
fund, indem einzig zahllose Milzbrandcolonieen aufgehen, welche in 
ihrer peitschenschnurförmigen Anordnung • sich in nichts von den 


*) Kurt Müller, Der Milzbrand der Ratten. Fortschritte der Medicin 

1893. 


übrigen Milzbrandbacterien unterscheiden. Von einer Hemmung 
der Wachsthumsenergie ist nichts zu bemerken, wie auch die Thier¬ 
versuche beweisen, welche sammt und sonders positiv ausfallen. 
Sowohl Mäuse als Meerschweinchen erliegen rettungslos, sowohl der 
direkten Impfung mit dem serösen Inhalt der Bläschen, als mit 
Culturmaterial. Neben dem charakteristischen Aussehen, der wall¬ 
artig abgegrenzten Gewebsnekrose, sichert stets der Befund der 
Milzbrandbacillen die Diagnose. Zu dieser Zeit fehlen meist noch 
andere Krankheitssymptome bei den Patienten. Sie haben wenig 
Schmerzen und fühlen sich meist wohl; höchstens sind die schon 
recht beträchtlich geschwollenen Lymphdrüsen schmerzhaft. 

Indem nun, wohl stets infolge secundärer Infection, der Inhalt 
der Pustel sich trübt, tritt gleichzeitig eine grössere Schwellung 
auf, welche jedoch auch dann sich zu entwickeln pflegt, wenn die 
Bläschenflüssigkeit klar blieb, eine secundäre Infection also nicht 
erfolgt war. Diese Schwellung ist also ein typisches Werk der 
Anthraxkeime. Diese teigig sich anfühlende, ödematöse Schwellung 
erstreckt sich oft weithin und kann durch ihren' Sitz gefährlich 
werden; sie bleibt aber in einem grossen Theil der Fälle auch auf 
einen geringen Bezirk beschränkt. Sie ist gebildet durch Austritt 
einer klaren Flüssigkeit, welche die einzelnen Bindegewebs- und 
Muskelbündel von einander lockert und dem Gewebe ein eigen- 
thümliches, gallertartiges Aussehen auf dem Durchschnitte verleiht. 

Diese Oedeme, welche, wie gesagt, sich oft weithin erstrecken, 
sieht man nicht nur in der Umgebung des localen Heerdes, sondern 
auch bei intestinalem Milzbrand ist die ödematöse Durchtränkung 
des mesenterialen und retroperitonealen Bindegewebes eine sehr 
gewöhnliche Erscheinung. Der Milzbrandbacillus muss neben 
seiner verhältnissmässig geringen Neigung zu nekro- 
tisiren eine recht hohe Potenz zur Bildung von Trans¬ 
sudaten besitzen, durch die jene gallertig-ödematösen Schwellungen 
erzeugt werden. Beim experimentellen Milzbrand der Thiere kann 
man diese Processe auch hervorrufen. Die sulzige Erweichung des 
retroperitonealen Gewebes sieht man nicht selten, und die beträcht¬ 
liche Schwellung der Milz ist wohl nicht zum kleinsten Theile 
durch solch eine seröse Durchtränkung hervorgerufen. 1 ) 

Bei Thieren enthalten diese Oedeme stets Milzbrandkeime, und 
wenn wir beim Menschen diese Processe ganz analog entwickelt 
finden, so dürfen wir annehmen, dass auch bei diesen jene Oedeme 
Anthraxkeime enthalten. 

Verfolgen wir das Verhalten der Keime in der Pustel nun 
weiterhin, so macht sich sehr bald eine bedeutende Aenderung be¬ 
merkbar. Die auf der Höhe ihrer Entwickelung stehende Pustel 
enthält, wie beschrieben, oft massenhaft, culturell züchtbare Keime 
von erhaltener, nicht abgeschwächter Virulenz. Die Diagnose 
ist deshalb neben dem charakteristischen Aussehen der 
Pustel eine recht einfache. Doch schon am folgenden Tage 
kann sich das ganze Bild wie mit einem Schlage geändert haben. 
Man impft Röhrchen und giesst sie zu Platten; es spriessen ent¬ 
weder gar keine Keime auf, oder vielleicht nur Staphylococcen 
allein oder neben ihnen recht verkümmerte, schnell zur Vertrock¬ 
nung neigende Milzbrandcolonieen. Die Wachsthumsenergie dieser 
Colonieen ist deutlich geschwächt, denn schon am folgenden Tage 
vielleicht zeigen die auf der Platte gezüchteten Keime Involutions¬ 
erscheinungen. 

Auch experimentell ist diese Abschwächung nachweisbar; 
Meerschweinchen reagiren oft auf grössere Dosen nicht mehr, und 
es kann Vorkommen, dass Mäuse, die man mit einer ganzen Oese 
Cultur geimpft hat, ausserordentlich langsam sterben. So sah ich 
eine derartig geimpfte Maus aus einer Anthraxpustel des Vorder¬ 
arms, von der neben etwa 15 Colonieen des Staphylococcus aureus 
nur eine einzige Anthraxcolonie gewachsen war, erst nach sechs 
Tagen sterben. Ganz entgegengesetzt dem gewöhnlichen Befunde 
war ihre Milz sehr klein und enthielt auffallend wenig Bacterien; 
dagegen war besonders die Niere förmlich injicirt von ihnen; bei 
der Gram’schen Färbung erschien das ganze Blutgefässnetz der 
Niere wie ipjicirt mit blauer Masse, die sich aus dicht neben ein¬ 
ander gelagerten Milzbrandkeimen zusammengesetzt erwies. 

Ausstrichpräparate von Pustelinhalt zeigen entsprechende 
Bilder. Weisse Blutkörperchen sind meist recht zahlreich vor¬ 
handen ; daneben sieht man Staphylococcen und entweder gar keine 
Anthraxbacillen oder erst nach längerem oder kürzerem Suchen. 
Sie haben meist noch ihre Form behalten, sie zeigen höchstens 
ab und zu auffallende Verkrümmungen. Stets sieht man sie aber 
frei in der Flüssigkeit liegen, niemals stehen sie zu den 
Leukocyten oder zu anderen Zellen in Beziehung. Ihr Untergang 
scheint also ohne active Mitwirkung der Leukocyten im 
Sinne von Metschnikoff vor sich zu gehen. Ein solcher Vor¬ 
gang wurde mir um so wahrscheinlicher, als ich einen Anthraxfall 
zur Untersuchung bekam, der den Uebergang zu diesen Formen 

«) 1. c. Kurt Müller, Fortschritte der Medicin 1893, S. 602. 


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690 


DEUTSCHE MEDICINTSCBEE WOCHENSCHRIFT. 


bilden dürfte. Hier fanden sich sechs Pusteln am Vorderarm, von 
denen anamnestisch nachzuweisen war, dass die eine später ent¬ 
standen war als die andere. Während sich nun in der letztent¬ 
standenen Pustel massenhafte, aufs schönste färbbare, virulente 
Milzbrandkeime fanden, fehlten sie in der ersten Pustel anscheinend 
vollständig; doch fanden sich im Gesichtsfeld eigenthümliche Körper, 
welche zunächst kaum zu deuten waren. Man sah dort auffallend 
breite, meist nur schlecht färbbare, nach Gram sogar nicht- 
tingible, stäbchenförmige Gebilde, welche den Eindruck verquollener 
Milzbrandkeime machten, wie man sie gar nicht selten in den 
subcutanen Oedemen von Thieren findet, die gegen die Milzbrand¬ 
impfung widerstandsfähiger sind, und wie sie unter anderen Czap- 
lewski 1 ) bei Tauben und Frank 2 ) und ich 3 ) für Ratten beschrie¬ 
ben haben. Auch jene ampullenförmig aufgetriebenen Stäbchen 
und solche mit lückenweise färbbarem Protoplasma fanden sich, 
kurz alle jene Degenerationsformen, wie sie der experimentelle 
Milzbrand bei resistenteren Thieren auch hervorruft. Es ist sehr 
merkwürdig, dass man diese eigenthümlichen Involutionsformen des 
Anthraxbacillus stets nur da findet, wo ihm das Nährmedium nicht 
zusagt, wo er also nicht, um mich so auszudrücken, infolge 
Altersschwäche abstirbt, sondern gewissermassen in der Blüthe 
seiner Kraft abgetödtet wird. Die Involutionsformen in der 
Cultur sind ganz andere, ein Umstand, der auch nicht Wunder 
nehmen kann, wenn man bedenkt, dass hier der eigenthümliche 
Sporulationsvorgang eintreten kann, der im lebenden Körper 
nicht vorkommt. Wenn man jene eigenthümlichen Formen 
findet, so kann man beinahe mit Sicherheit behaupten, 
dass das Thier nur refractär ist, und man kann schon 
daraus mit fast absoluter Sicherheit schliessen, dass auch der 
menschliche Organismus zu den refractären gehört. Es 
ist die Betonung dieser Frage ausserordentlich wichtig, da sie 
den Weg angiebt, den die Therapie einzuschlagen hat. Jedem 
refractären Organismus stehen Kampfmittel zu Gebote, die Ein¬ 
dringlinge zu schädigen; diese Kampfmittel zu stärken, oder 
wenigstens in eine derartige Verfassung zu setzen, dass sie 
möglichst vollständig zum Kampfe benutzt werden können 
hat die Therapie anzustreben, und aus diesem Gesichtspunkte ist 
die seit langer Zeit von Herrn Professor v. Bramann geübte 
Therapie gegen die Milzbrandpustel von bestem Erfolge begleitet 
gewesen. & 6 

Diejenigen Pusteln, von denen aus die Entwickelung eines 
stärkeren Oedems zu fehlen pflegte, können wir zweifellos zu den 
leichteren Formen rechnen. Entweder handelt es sich bei diesen 
bormen um Infection mit abgeschwächtem Milzbrand, eine An¬ 
nahme, die mir nicht allzuwahrscheinlich scheint, oder es handelt 
smh um Ansteckung eines besonders resistenten Individuums mit 

S imeu - Y enn die Infection abgeschwächtem 
Milzbrand erfolgt sein sollte, so sieht man nicht recht ein warum 
man m dem serösen Secret solcher Pusteln gleichfalls sehr wohl 
eihaltene Bacillen findet, wie mir zwei Fälle beweisen, deren In¬ 
halt auf Thiere übertragen sich ausserordentlich virulent erwies 
Wie sollten diese Keime, die im Kampfe mit den Körperzellen ihre 
Kräfto verbrauchend nur einen kleinen Localheerd erzeugen konnten 

mcn«chi- h n le -Wa' ulenz erlan S en; sie müsste doch zweifellos im 
menschlichen Körper erst entstanden sein? Es giebt ja Autoren 
welche annehmen, dass Milzbrandkeime auf resistente Thiere über¬ 
geimpft eme ungeheure Virulenz erreichen können (Frank 4 ) eine 
fw 6 r 3h T Versuch ? n J' ed0ch - unter anderen auch ich 

nnrf h >BSe Fr - age anstellte ' haben dies nicht bestätigen lassen 
und eher zu einem entgegengesetzten Resultat geführt. Es machte 
mir ganz entschieden den Eindruck, als ob durch Ueberführung von 
Keimen auf schwarze resistente Ratten z. B. eine Abschwächumr 

?n nt d^’rTt 1Che a “rr h Sch °“ durcl1 das man gelhafte Wachsthum 
Sn d !i M U - tUr zu Tage trat ‘ Solohe Culturen hatten eine au™ 
zu bildem eiSUng Z “ vcrtroclnien und sehr ra sch Involutionsformen 

J ob möchte eine solche Auffassung auch für den menschlichen 
Milzbrand befürworten; es scheint mir dafür vor aHem das Ein- 
Sj eDer e ' genthDmlichen Degenerationserscheinung an den 

9 n 1 ?. US rt en ’ w ‘. e man sie nur bei refraetärfn Tbieren 
Bac * llen verlieren zunächst ihre Färbbarkeit- wie mich 
lst damifc mit Sicherheit ein Verlust 

gen, es t ritt dann vielmehr eine ausserordentlich merkwürdige 

t 4S’ s 1^ * ,r 

) Frank, Centralblatt für Bacteriologie 1888 und 1890. 


No,35 


Erscheinung ein, welche zu kennen für die Milzbranddiagnose und 
für die ganze Pathologie des Milzbrandes nicht unwichtig ist wie 
ich sie in zwei Fällen sicheren Milzbrandes beobachten konnte. 

Die Fälle waren dadurch sichergestellt, dass aus dem Inhalt der 
jüngeren Anthraxbläschen typische und virulente Keime gezüchtet 
werden konnten. Aus den beiden älteren Blasen, welche mit der 
Pravazspritze ausgesaugt wurden, konnte etwa je V 4 ccm Flüssigkeit 
entnommen werden. Die Flüssigkeit erwies sich als serös und enthielt 
culturell gar keine Mikroorganismen. Jetzt wurde je einer weissen 
Maus der viertel Cubikcentimeter Serum injicirt, mit dem Erfolge dass 
die Thiere sehr bald nach der Injection krank dasassen und ’nach 
Kunden starben. Die Section ergab einen von dem sonsti¬ 
gen Milzbrandbefunde abweichenden und näherte sich dem von 
Nencki durch Stoffwechselproduete der Bacterien erzeugten. Die 
Milz bei diesen Thieren war nicht vergrössert; eine mässige Pleuritis 
fand sich neben ödematöser Durch tränkung der Lungen, und woher 
man auch und wie viel man auch Material des Körpers zur Im¬ 
pfung verwendete, Röhrchen sowohl als Platten blieben ganz steril. 
Es handelte sich also zweifellos um eine Toxinwirkung, eine 
Beobachtung, die für die ganze Therapie des Milzbrandes von grosser 
1 rag weite ist. 

Doch die klinischen Erscheinungen sind mit dem Eintreten 
oder fs ichtemtreten dieses Oedemes nicht erschöpft. Während in 
den letzteren Fällen allerdings Allgemeinsymptome fehlen können 
oder wenigstens stets leichter ausgesprochen sind als in den Fällen 
wo grössere Oedeme eintreten, pflegen bei diesen meist recht 
charakteristische Erscheinungen sich auszubilden. 

Diese sind einmal subjective, und zwar ist es hier vor allem ein 
meist sehr ausgesprochenes Angstgefühl der Patienten, welches 
sich bis zur Todesangst steigern kann. Die Glieder sind schwer, 
schmerzen aber kaum, und im Leibe wird meist über Druckge¬ 
fühl geklagt. b 

Die objectiven Symptome sind ausserordentlich charakteristisch. 
Irotzdem die Kranken meist so schwind lieh sind, dass sie allein 
nur schwankend sich forzubewegen imstande sind und in der Regel 
m einer Art Somnolenz daliegen, ist das Sensorium meist frei, 
und nur selten treten nicht langdauernde Delirien auf. Durch 
Anrufen lassen sie sich leicht aus ihrem schlaftrunkenen Zustand 
wecken und geben dann stets präcise Antwort. 

Wenn wir schliesslich noch berücksichtigen, dass heftige 
Durchfälle auch bei localem externen Milzbrand nicht selten 
sind, ja sogar Blutbeimengungen zeigen können und dass die Urin- 
menge bei gleichzeitiger starker Eindickung oft wesentlich ver¬ 
ringert sein kann, so haben wir im allgemeinen wohl das klinische 
Bild der Pustula maligna erschöpft. Eiweiss pflegt übrigens im 
Urin in der Regel nicht vorhanden zu sein, kann aber besonders 
bei schweren Infectionen verkommen. 

Ein ganz besonderer Werth ist von jeher, und ich muss 
deshalb genauer auf diesen Punkt zurückkommen, für die Be- 
urtheilung der Prognose der Pustel ihrem jeweiligen Sitz zuge¬ 
sprochen werden. 

Wosskressenski 1 ) fand alle Pusteln, welche er sah, an unbe¬ 
deckten Körperstellen; sie waren stets von grossen Oedemen um¬ 
geben und konnten durch diese gefährlich werden. 

Als ganz besonders gefährlich betrachtet Davies-Colley 
Pusteln am Halse; bei diesem Sitze soll es leicht zu Mediastinitis 
und zu Glottisödem kommen, welches oft plötzlichen Tod herbei- 
Rihrt, wenn nicht rechtzeitig tracheotomirt wird. Eine Pustel am 
Kinn zwang Wagner 2 ) wegen eines im Gefolge des Milzbrand¬ 
ödems eintretenden Glottisödems zur Tracheotomie. 

Nasaro w 3 ), welcher gleichfalls ganz besonders die Abhängigkeit 
der Sterblichkeit von dem Sitze des Primärcarbunkels betont, giebt 
für Sitz und Mortalität folgende Tabelle: 

Kopf und. Gesicht 57 vom Hundert, davon gestorben 26,31 °/o 

R u “pf 21 „ „ „ 22,73 % 

Hals 27 . „ 18,52 o/o 

obere Extremität 86 „ „ 13,88 % 

untere Extremität 39 „ „ n „ 5,12 % 

Ganz übereinstimmend lauten, wie aus der letzten Tabelle klar 
wird, demgemäss die Angaben über die Gefährlichkeit des Sitzes 
nicht. Während besonders von englischer Seite die Pusteln am 
Halse als ganz gefährlich betrachtet werden, zählt sie Nasarow 
erst an dritter Stelle auf. 

Ausserordentlich interessant ist es aber, aus letzter Statistik 
zu erfahren, dass Pusteln an der unteren Extremität, also an einer 

,. *) Wosskressenski, Zur Dosirung der Carbolsäure bei Behandlung 

des Milzbrandes. Wratsch 1890, No. 4. 

") Wagner, Die Intestinalmykose und ihre Beziehung zum Milz¬ 
brand. Archiv für Heilkunde 1874. 

*) Wratsch 1886, No. 41. 


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30. August. 


Stelle mit verhältnissmässig geringer Blutcirculation am gut¬ 
artigsten verliefen. 

Bei diesen Leuten wurde naturgemftss eine ganze Zahl der 
Bedingungen erfüllt, welche Herr Professor v. Bramann, von 
bacteriologischen Gesichtspunkten geleitet zur Behandlung verlangt. 

Das erste ist Bettruhe, denn man darf wohl annehmen, dass 
alle Leute mit schwereren Pusteln der unteren Extremitäten nicht 
urahergelaufen sind und dass Elevation der Extremität und 
Ruhigstellung wegen der Schmerzen stets erfolgte. Eine Zahl 
der wichtigsten Factoren war damit erfüllt. Wenn auch eine 
Incision gemacht wurde, so war wegen der Schwäche der Circulation 
die Gefahr der Verbreitung eine verhältnissmässig geringe. 

_ (Schluss folgt.) 

III. Aus der Odessaer bacteriologischen Station. 

Zur Frage über die Bacteriologie der 
Cholera. 

Von Dr. P. Diatroptoff. 

Ende November 1893 erschienen in Odessa einzelne Krankheits¬ 
fälle der Cholera asiatica sporadischen Charakters. Im ganzen 
waren es vom 18. (30.) November bis zum 29. November (11. De- 
cember) sieben Fälle. Weitere Erkrankungen wurden nicht beobach¬ 
tet. Von den sieben Erkrankten sind fünf gestorben, zwei 
genesen. In allen Fällen wurde die Diagnose, ausser durch den 
scharf ausgesprochenen klinischen Verlauf, durch die bacteriologische 
Untersuchung der Excremente und in den Fällen mit letalem Aus¬ 
gang auch durch die Autopsie bekräftigt. 1 ) Ich habe die Gelegen¬ 
heit gehabt, das Blut und die Organe der Gestorbenen bacterio- 
logisch zu untersuchen; ebenso wurde von mir die Untersuchung 
ihrer Excremente in vivo ausgeführt. 

Fall 1. J., Schuster, 40 Jahre alt, kräftig entwickelt, obdachlos, hielt 
sich mehrere Tage bei verschiedenen Bekannten auf. Er erkrankte am 
18. November Morgens an Diarrhoe und Erbrechen ohne jede Veranlassung 
nach seiner Aussage. In’s Spital wurde er um 11 Uhr Abends gebracht 
im algiden Zustande, ohne Puls, mit Aphonie und Krämpfen in den 
unteren Extremitäten. Erbrechen und Diarrhoe dauerten im Spitalc fort, 
wo der Kranke nur fünf Stunden verweilte: um 4 Uhr Morgens des 19. No¬ 
vember war er todt. Die Autopsie, 30 Stunden nach dem Tode ausge¬ 
führt, entdeckte keine pathologischen Veränderungen weder im Herzen 
noch in den parenchymatösen Organen, ausgeschlossen diejenigen, welche 
durch die Cholera bedingt waren. Der Magen war leer, die Schleimhaut 
angeschwollen und hyperümisch, längs der Ourvatura minor ausgebrcitote 
Ecchymosen. Der Dünndarm enthielt eine Menge Flüssigkeit, nach der 
Farbe und Consistenz vollkommen einer Reisbrühe ähnlich. Die Epithel¬ 
schicht des oberen Dünndarmabschnittes war angeschwollen, die des unteren 
war ganz von der Epithelsehicht entblösst. Dio Contouren der Blutgefässe 
und der Pey r er’schen Drüsengruppen waren deutlich ausgesprochen, die 
Solitfirfollikel bedeutend erweitert. An der Stelle der Blinddarmklappe 
fehlte die Epithel Schicht nur stellenweise. Die Schleimhaut des Blind- 
und Dickdarms stellte keine bedeutende Veränderungen vor. 

Fall 2. 0., reicher Kaufmann, 54 Jahre alt, lebte in günstigen hy¬ 
gienischen Verhältnissen. Er legte sich Nachmittags zu Bette — noch 
am selben Tage um 11 Uhr Morgens hat man ihn auf der Strasse ge¬ 
sehen. Es war eine typische Form der Cholera mit reichlichem Erbrechen 
und Durchfall, denon das algide Stadium mit letalem Ausgang um 5 Uhr 
Morgens folgte. Die Autopsie, 29 Stunden nach dem Tode, constatirte 
folgendes: Arteriosclcrosis, Myocarditis chronica et Dilatatio cordis, Ne¬ 
phritis acuta, Gastritis et Enteritis chronica, Enteritis acuta infcctiosa 
(Cholera asiatica). Der Magen enthielt ungefähr ein halbes Wasserglas 
dunkler Flüssigkeit. Die Magenschleimhaut blass, etwas rosa gefärbt, ver¬ 
dickt, faltig und mit Schleim bedeckt. Die Schleimhaut des Zwölffinger- und 
Leerdarmes geschwollen, aufgelockert, mit zähem, dunkelgefärbtem, stellen¬ 
weise grünlichem Schleim bedeckt. Die Falten sind ein wenig ange¬ 
schwollen, als wären sie mit Mehl bestreut, rosenfarbig: näher zum 
Grimmdarmo hin erscheinen stellenweise etwas geschwollene Follikel. Im 
Grimmdarme ein wenig schwarze Flüssigkeit und Schleim, die Schleim¬ 
haut etwas angeschwollen, gleichmässig rosa gefärbt; dem Blinddärme 
sich annähernd, wird die Schwellung und Erweiterung der Follikel be¬ 
deutender; im unteren Grimmdarmabsclmitto sieht man baumförmige 
Pigmentirung. Im Dickdarme befindet sich eine schwarze, _ rahmige 
Flüssigkeit; die Schleimhaut ist angeschwollen, roth imbibirt, die Falten 
stellenweise pigmentirt, zwischen den letzteren sieht man erweiterte 
Follikel. 

Fall 3. M., 32 Jahre alt, Tagelöhner, wurde am 24. November um 
11 l /a Uhr Morgens aus einem Nachtlagerasyl in’s Spital gebracht. Der 
Kranke fühlte sich zuerst um 9 Uhr Morgens übel, nachdem er ein Glas 


9 Vier Autopsieen wurden im Israelitischen Hospitale ausgeführt, 
die fünfte in der Wohnung des Hingeschiedenen. Angaben über den 
Krankheitsverlauf der vier ersten Kranken sind aus den Krankenlisten 
entnommen, die mir von Dr. S. Margulies liebenswürdig mitgetheilt 
wurden. Die anatomisch-pathologisohcn Daten .sind aus den Protokollen 
der Autopsieen, die von Dr. M. Kranzfeld im Spitale und von Dr. 
Chenzinsky in der Wohnung des Gestorbenen ausgeführt sind, ent¬ 
nommen. 


691 


Thee getrunken hatte. Im Asyle hatte er sieben Entleerungen, kein 
Erbrechen; Krämpfe in den unteren Extremitäten waren vorhanden. In’s 
Spital wurde der Kranke gebracht ohne Puls, bei einer Temperatur von 
35,4, mit starker allgemeiner Cyanose, Aphonie und Krämpfen der Waden¬ 
muskeln. Um 2 Uhr folgte farbloser Stuhl, in der Nacht zum 25. No¬ 
vember sechs wässerigo, blutgefärbte Entleerungen, vollkommene Anurie. 
Im Spitale fehlte das Erbrechen gänzlich, der Kranke wälzto sich im 
Bette umhor, klagte über Uebelkeit, Durst und Brennen in der Sternal- 
grube. Am 25. November um 6 l /a Uhr früh erlag der Kranke. Die 
Autopsie, 9'/a Stunde nach dem Tode, entdeckte nur diejenigen patho¬ 
logischen Veränderungen, welche für die Cholera eigonthüralich sind. Im 
Magen zeigte sich eine Menge schmutzig-grauer Flüssigkeit, die Schleim¬ 
haut glatt, mässig geschwollen. Der Dünndarm reich an wässerigem In¬ 
halt von der Farbe eines Fleischaufgusses. Die Schleimhaut stark hyper- 
ämisch, besonders zwischen den Falten. Dio Peyer'sehen Drüsengruppen 
sind in den oberen Abschnitten des Dünndarms in einen hyperämischen 
Rand eingeschlossen, in den unteren Abschnitten sieht man eine starke 
Anschwellung der Solitärfollikol, unter denen einige auch von einem hypor- 
ämischen Rande umringt sind. Die Schleimhautoberfläche des Blind- und 
Dickdarmes sieht dunkel-blauroth aus, in deren Wandungen erblickt man 
weder Defecte noch Exsudate. Der andere Theil des Dickdarms, ebenso 
der Mastdarm, sind normal. 

Fall 4. P., 30 Jahre alt, Tagelöhner, wurde aus einem Nachtlager¬ 
asyl den 26. November um 3 l /j Uhr Nachmittags in's Spital gebracht. 
Fadenförmiger Puls, Temperatur 34,2, Aphonie, Krämpfe der Waden¬ 
muskulatur. Er erkrankte in der Nacht zwischen dem 25. und 26. an 
Diarrhoe und Erbrechen. Im Spitale erbrach der Kranke mehrere male, 
die Entleerungen, besonders kurz vor dem Tode, sahen ganz blutartig aus (fast 
reines Blut). Um 5 Uhr Morgens am 28. November erlag der Kranke. 
Die Autopsie, sechs Stunden nach dem Tode ausgeführt, constatirte 
folgendes: Der Magen ist zusammengeschrumpft, enthält eine geringe 
Menge zähen Schleim, die Schleimhaut ist geschwollen und hyper- 
ämisch. Im Dünndarm befindet sich eine fleischaufgussähnliche reichliche 
Transsudation. Die Schleimhaut des Dünndarms, besonders in den Falten, 
ist stark hyperümisch bis zur dunkelblaurothen Färbung. Die Solitär¬ 
follikel sind" erweitert, bei Seitenbeleuchtung bekommt die Schleimhaut 
ein körniges Aussehen. Die Schleimhaut des Blinddarms ist ebenso stark 
hyperämisch und geschwollen, das nämliche zeigt auch dio Schleimhaut 
des Dickdarms, wo ausser der Hyperämie noch Blutergüsse in der Schleim¬ 
haut vorhanden sind. 15—20 cm vom After entfernt sind zwei etwa 5 mm 
breite, oberflächliche Goschwüre vorhanden. 

Fall 5. G., 44 Jahre alt, Tagelöhner, Bewohner der Nachtlagerasyle, 
gelangte in’s Spital um 7 Uhr Morgens am 28. November im algiden Zu¬ 
stande, bei einer Temperatur von 35,4. Er erkrankte gegen Mitternacht 
an Diarrhoe, die auch im Spitale fortbestand und zuletzt ruhrartig wurde. 
Das Erbrechen fehlte wie im Asyle so auch im Spitale, dagegen waren 
Krämpfe, starker Durst und Uebelkeit vorhanden. Der Kranke starb den 
29. November um 4 Uhr Morgens. Dio Autopsie wurde um 11 Uhr, 
sieben Stunden nach dem Tode, ausgeführt; von den der Cholera nicht 
eigenthümlichen pathologischen Veränderungen sind nur atheromatüso Ab¬ 
lagerungen um die Mündungen der Kranzarterien bezeichnet. Im Magen 
wurde eine Menge schwarzbrauner Flüssigkeit mit Speiseresten gemischt 
gefunden. Im Dünndarm ebenso eine fleischaufgussähnliche Flüssigkeit. 
Die Schleimhaut ist in ihrer ganzen Ausdehnung stark hyperämisch 
und mit Ecchymosen bedeckt. In den oberen Theilen ist sio geschwollen, 
näher zum Blinddärme hin ist das Epithel fast ununterbrochen abge- 
löst, wodurch die Schleimhaut das Aussehen einer mit Kloio be¬ 
streuten Oberfläche gewinnt, Dio Pever’schen Drüsengruppen sind nicht 
erweitert, von den Solitärfollikeln sind nur wenige erweitert. Die Schleim¬ 
haut des Blind- und Grimmdarms ist auf einer grossen Ausdehnung 
dunkelblauroth, aber in ihrer Gesammtheit an dieser Stelle ganz unver¬ 
letzt erhalten. 

In allen soeben geschilderten Fällen habe ich Aussaaten aus 
der Lunge, Leber, Niere, Milz und dem Blute der Leichen ange¬ 
fertigt. Nur im Falle No. 2 unterblieb die Blutuntersuchung. In 
den Fällen No. 1 und 2 wurden Organpartikel zur Untersuchung 
auf die Station gebracht, in den übrigen Fällen wurde die Aussaat 
auf dem Sectionstische angefertigt. Das Blut wurde jedes mal un¬ 
mittelbar aus dem Herzen genommen und sofort verimpft. Nach¬ 
dem die Organfläche energisch angebrannt, wurde die Aussaat 
mittels sterilisirter Pipette auf die schräge Fleischwasser-Pepton- 
Agarlläche im Reagensglase aufgebracht und darauf in den Wärme¬ 
schrank bei 370 gebracht. Nur im Fall No. 3 (M.) ergab die Blut¬ 
aussaat positives Resultat: auf der Agaroborfläche wucherte eine 
ziemlich zahlreiche Koch’sche Kommabacillencultur. In den übrigen 
drei Fällen erwiesen sich die Blutaussaaten vollkommen steril. 
Aus der Lunge und der Leber entwickelte sich der Kommabacillus 
in allen fünf Fällen, aus der Milz in drei (No. 1, 4, 5) und aus 
der Niere auch in drei Fällen (No. 1, 2, 4). Abgesehen von den 
Organaussaaten im ersten Falle (J.) und denjenigen des Blutes iin 
dritten (M.), die auf Agar eine Reincultur des Koch’schen Vibrio 
enthielten, ergaben alle übrigen Aussaaten ein Gemisch des Koinma- 
bacillus mit anderen Bacterienformen, deren definitive Untersuchung 
ich unterlassen habe. Die Entleerungen der Gestorbenen enthielten 
wie auf Agar im Reagensglase, so auch auf den Platten nahezu eine 
Reincultur des Kommabacillus. Im Fall No. 2 (0.) wurde die am 
Tage vorher mit Fäces beschmutzte Wäsche des Gestorbenen zur 
Untersuchung genommen. Es wurden Deckglastrockenpräparate 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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692 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


aus den an der Wäsche kleben gebliebenen Flocken angefertigt: 
das Mikroskop entdeckte eine Reincultur des Choierapilzes. Das 
nämliche ergaben auch die Aussaaten. 

Im Blute und in den Organen der Choleraleichen wurde der 
Koch’sche Vibrio schon mehrmals entdeckt. Nicati und Ri et sch 
haben ihn im Gallengange, in der Gallenblase und in der Leber 
gefunden. 

Bab&s 1 ) züchtete ihn aus dem Nierensafte, Doyen 2 ) aus dem 
Nieren- und Lebersafte. Während der letzten Epidemie wurde das 
Vorkommen des Koch’schen Vibrio im Blute, im Gehirn und in 
den parenchymatösen Organen der Choleraleichen von Rekowsky 3 ) 
und Lesage und Macaigne 4 ) constatirt. Von den letzteren zwar 
nur ausnahmsweise in seltenen Fällen. 

Die Thatsache, dass wir den Kommabacillus in den Organen 
und im Blute der Choleraleichen gefunden haben, stellt damit nichts 
neues vor und ist nur insofern bemerkenswerth, als wir die Ba¬ 
cillen in allen Organen constatirt haben. 

Die Anwesenheit der Choleravibrionen in den Organen der an 
Cholera Gestorbenen werden von allen Forschem als postmortale 
Erscheinung anerkannt, hervorgerufen durch die Emigration der 
Mikroben aus dem Darmcanale. Als nothwendige Vorbedingung 
für diese Verbreitung der Mikroben im Organismus wurde früher 
das Vorhandensein des typhoiden Stadiums anerkannt. Nur in der 
letzten Zeit kommen in der Litteratur Mittheilungen vor (Rekowsky) 
dass der Kommabacillus im Blute und in den Organen erscheinen 
kann, wenn der Tod noch im algiden Stadium eintritt. Die Mög¬ 
lichkeit des raschen Durchdringens der Mikroben in die Gewebe 
und Organe der Leichen aus dem Darmcanal, besonders in den¬ 
jenigen Krankheiten, in welchen das Darmepithel mehr oder weniger 
zugrunde geht, ist durch eine Reihe von Autoren (Bouchard 
Oharrin und Bayer, M. Wurtz) dargethan. Es widerspricht 
nichts der Voraussetzung, dass auch in den oben erwähnten Fällen 
das Erscheinen der Choleravibrionen in den Organen am meisten 
auf ihrer postmortalen Verbreitung im Cadaver beruht, befördert 
durch diejenigen Veränderungen im Darmcanal, welche der Krank- 
heitsproeess selbst nach sich zog. Dabei muss aber betont werden 
i?-n S u A n y® 8enll ® it des Bacillus in den Organen in unseren 
hallen bei solchen Kranken stattfand, die einem ausserordentlich 
stürmischen Krankheitsverlaufe im algiden Stadium erlagen. Schein¬ 
bar stand auch das Auffinden der Mikroben in den Organen in 
keiner näheren Beziehung zu der Intensität der Darmaffection: 
der Bacillus war in den Organen derjenigen Leichen vorhanden 
deren Darmcanal fast gänzlich seiner Epithelschicht verlustig 
war, ebenso wie in den Organen derjenigen, bei welchen die 
Abnormität nur auf eine mehr oder weniger intensive Hyperämie 
der Harmschleimhaut beschränkt war. Unsere 
a le können uns sogar auf den Gedanken bringen, dass der rasche 
Krankheitsverlauf und der schnell darauf folgende letale Ausgang 
wenn sie auch nicht nothwendige Vorbedingung für die Auf¬ 
findung der Vibrionen in den Leichenorganen sind, die letztere 
^ ls belördern Die wenigen Beobachtungen an Menschen 
auf dieser Voraussetzung zu beharren, aber 
tL™ ^ bestätigt. Nach Infection der 

Ihiere mit Cholerabacillen werden die Vibrionen, wie bekannt 
nicht nur in den Geweben und Organen, sondern auch im Darm- 

erwfhnf VOr ^ fUn ? ei1 ' Als ich die Virulenz der von mir von den 
erwähnten Kranken -gewonnenen Culturen an Kaninchen mittels 

auf foleende ’ nfnbt Ut F?“ 8 ’ le ? kt l sich meine Aufmerksamkeit 
aut folgende nicht uninteressante Thatsache: Wenn das Thier 

dem Z XTtF7 ( V- 2 Tagen) ’ ergabe “ die AussZm aus 
^ d u den 0rganen ei "e Reincultur des Koch’schen 
war W d enn “»w flö f. i ? en In ^ alte des Dünndarms vorhanden 
p u * . 0I ! a a ^®r. eine kleinere Dosis verimpft wurde oder die 

mehr Ur T^e h Xh Vj ö Ulen T chwächt war uad das Thier fünf oder 
B1u£ T uKl der \ mpfun . g erla *’ 80 er ^en jedes mal die 
™ un . d Organaussaaten ein negatives Resultat (d i sie er- 

öpr M , S1C \ st ? ri1 )» aus dem Hünndarminhalt aber gelang es in 
trah,>^ hrZ T h i d r e . r n Fälle ’ den K °mmabacillus zu züchten & In pro- 
^•u^de d T ? ier gewöhnlich stark entkräftet 

epidemie der leteten^v^e'r^Jal^e^iidt 6 ^ 0 * 0 ^ ““d Prophylaxis der Cholera¬ 
breitung in IwS" VI itTttÄ dere “ V - 

epiddmiquef 6 Ärch. eC de r physW a ^et 1 ^Patt 0 foiri^ > 188 ? en t a *vi SU rJ e ®*°^ra 

Afanassieff, Die asiatfsTe ^ 010 ™ Ä 1885 ’ 1 VL Citirt 
6nildeSecfne ÄS fiences bio.ogiques p. ^ l’institut 


No. 35 



tomiam geöffnete Luftröhre wurden zwei bis drei Platinösen einer 
Agarcultur eingebracht. Auf eine derartige Impfungsart reagiren 
die Kaninchen fast ebenso wie auf die directe Einführung vnn 
Choleracultur in’s Blut. Die Thiere gehen gewöhnlich am dritten 
oder vierten Tage zugrunde aus den Organen, aus dem Blute und 
Dünndarminhalte lassen sich Koch’sche Bacillenculturen züchten 
Wenn das Thier einige Tage länger lebt, so erweisen sich die Blut- 
und Organaussaaten, ebenso wie bei der Verimpfung in’s Blut 
steril, und es gelingt nur, die Vibrionen aus dem Darminhalte zu 
züchten. Die Auffindung der Vibrionen im Darminhalte nach dem 
Tode des mficirten Thieres hat aber auch ihre Grenzen. Wenn 
das Thier längere Zeit gelebt hat (15-20 Tage), so gelingt es 
nirgends Vibrionen in der Leiche zu finden. B es 

, In, ? e ™ , ioh . f em er die Infectionsversuche' an Kaninchen variirte 
führte ich m jedes Nasenloch derselben zwei Platinösen einer Agar’ 
cultur ein ohne die Schleimhaut zu verletzen. Alle auf diese Art 
[ zw ? lf “ der Zahl) gingen zwischen dem 
ö. und 20. Tage nach der Infection zugrunde. Bei der Section 
konnte man, neben der allgemeinen Abmagerung des Thieres 
jedes ma 1 eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene 
Hyperämie des Darmcanals constatiren. Der Darminhalt war 
immer flüssig, was noch während des Lebens des Thieres durch 
Diarrhöen angedeutet war. Aus dem Blute und den Organen der 
gestorbenen Thiere gelang es mir kein einziges mal, die Vibrionen 
zu züchten: alle Aussaaten blieben steril. Aus dem Darminhalte 
gelang es in mehreren Fällen, nahezu eine Reincultur des Bacillus 
zu züchten, wenn das Thier nicht später als am neunten bis 
zehnten Tage nach der Infection zugrunde ging — solcher Fälle 
habe ich acht notirt. In den Fällen, wo der Tod später eintrat 
ergaben auch die Darminhaltaussaaten ein negatives Resultat. 

Aus der Zusammenstellung dieser soeben besprochenen Ergeh- 
msse mit den auch von mir wiederholt, trotz des relativ grossen 
Quantums der Choleracultur, das durch den Magenschlauch ein¬ 
gebracht wurde, ohne Erfolg angestellten Versuchen, die Kaninchen 
vom Magen aus zu inficiren, lässt sich der Schluss ziehen, dass die 
Oholerainfection dieser Thierart durch das Blut und die Athmungs- 
organe verhältnissmässig leicht gelingt. Die länger oder kürzer 
dauernde Zwischenzeit vom Moment der Infection bis zum Tode des 
Thieres hängt im letzteren Falle nicht allein von der Virulenz der 
für den Versuch verwandten Choleracultur, sondern auch von der 
Dosirung des Giftes ab. Das Fehlen der Vibrionen im Blute und in den 
Urganen der gestorbenen Thiere, sogar bei direkter Einführung 
des Giftes m das Blut in denjenigen Fällen, in welchen der 
lod nach längerer Zeit eingetreten ist, weist darauf hin, dass 
aas Blut und nach ihm die inneren Organe sich ziemlich rasch 
des eingeführten_ Giftes entledigen. Andererseits spricht das Vor¬ 
handensein der Vibrionen im Darminhalte, wenn sie im Blute und in 
den Organen fehlen, dafür, dass in diesen Fällen der Darmcanal in 
Bezug auf das eingeführte Gift als excretorisches Organ dem Orga- 
nismus Dienste leistet. Die Aehnlichkeit des makroskopischen 
pathologisch-anatomischen Bildes beim Menschen und bei Thieren, 
nach Infection der letzteren durch das Blut oder durch die Luftwege, 
bringt uns unwillkürlich auf die Annahme einer Identität auch der 
Infectionsbedingungen, infolge deren das Auffinden der Vibrionen 
im Blute und in den Organen der Choleraleichen möglich wird. 
Diese Bedingungen sind: eine starke Infection, ein rascher Krank- 
heitsverlauf mit bald darauffolgendem Tode, was auch unsere fünf 
oben geschilderten Fälle genügend illustriren. Zu gleicher Zeit- 
laut Versuchsergebnissen, die aus der Litteratur schon seit früher 
ekannt smd —- ist für das Auffinden der Vibrionen im Darm- 
mhalte die Infection durch den Magen allein keineswegs unbedingt 
erforderlich. Wollten wir auch in diesem Falle eine Analogie 
zwischen der Menschen- und Laboratoriumcholera durchführen, so 
würde vielleicht die Möglichkeit der Ansteckung der Thiere durch 
die Luftwege als Fingerzeig für die Möglichkeit einer Cholera¬ 
ansteckung des Menschen ebenfalls auf anderem als dem Verdauungs¬ 
wege dienen können. 

IV. Aus dem hygienischen Universitätsinstitut in Greifswald. 

Zur Kenntniss des Diphtheriebacillus. 1 ) 

Nachweis von Diphtheriebaoillen in den ersten Wegen eines Diph- 
tneriereoonvalesoenten bis zum 6Ö. Tage naoh Ablauf der Raohen- 
erkrankung. Beobachtungen über Rhinitis fibrinosa diphtherioa. 
Von Dr. Rudolf Abel, 

Privatdocenten und Assistenten des Instituts. 

Dass von .Diphtherie befallene Individuen nicht nur während der 
Dauer der floriden Erkrankung, sondern auch nach Ablauf des lokalen 
Processes bei scheinbar völliger Wiederherstellung oft noch Diph- 


*) Nach einem im Greifswalder medicinischen Verein im Januar 1894 
gehaltenen Vortrage. 


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30. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE 


WOCHENSCHRIFT. 


theriebacillen in Rachen- und Nasensecreten beherbergen, ist eine 
bekannte Thatsache. Glücklicherweise scheint die Zeitdauer, wäh¬ 
rend welcher solche Personen Infectionsquellen darstellen können, 
in der Regel nicht über wenige Wochen hinauszugehen. Bei den 
in der Litteratur verzeichnten Fällen sind im Maximum etwa drei 
bis höchstens fünf Wochen nach dem Verschwinden der Membranen 
noch Diphtheriebacillen gefunden worden. Bei einer Anzahl von 
Patienten, welche ich selbst untersucht habe, war der Zeitraum 
von fünf Wochen ebenfalls der höchste, welcher erreicht wurde. 
Dass diese Zeitdauer der Conservirung der Bacillen aber unter 
Umständen bedeutend überschritten werden kann, zeigt die fol¬ 
gende Beobachtung: 

Ein zwölfjähriges Mädchen erkrankte am 6. October 1893 mit Diph- 
theria faucium. Bei ihrer Aufnahme in die medicinische Klinik zu Greifs¬ 
wald am 7. October fand sich Röthung und Schwellung beider Tonsillen 
und Belag auf denselben, Röthung der hinteren Pharynxwand. Die Therapie 
bestand in Pinselungen mit Liquor fern, Kochsalzinhalationen und Gurge¬ 
lungen mit verschiedenen Antisepticis. Am 9. October waren die Er¬ 
scheinungen im Rachen geringer geworden, am 13. October war der Belag 
vollkommen geschwunden, und die Patientin verliess das Bett. Die Tempe¬ 
ratur stieg während der ganzen Krankheitsdauer nie über die normale 
Höhe. 

Um einer Weiterverbreitung der Ansteckung möglichst vorzubeugen, 
wurde die Patientin noch bis zum 19. October in der Klinik zurück- 
gehalten, trotzdem sie durchaus gesund schien. 

Am 22. October kam die Patientin in die Poliklinik für Hals- und 
Nasenkranke. Sie klagte über Schnupfen und erschwertes Athmen durch 
die Nase. Die Untersuchung der Nase durch Herrn Professor Strübing, 
dem ich für Zugänglichmachung des Falles bestens zu danken habe, ergab 
in beiden Nasenhälften ein fibrinöses Exsudat, welches rechts stärker war, 
beiderseits aber die Nasengänge nicht völlig ausfüllte. Nach Entfernung 
desselben blieb eine blutende Schloimhautwunde zurück. Fieber war nicht 
vorhanden, das Allgemeinbefinden war gut. 

Von den Membranen wurde ein Ausstrich auf Löffler’schem Blut¬ 
serum angelegt; in .demselben entwickelten sich zahlreiche Colonieen 
von Diphtheriebacillen, untermischt mit einigen Staphylococcus aureus- 
Colonieen. 

Weitere Ausstriche auf Blutserum wurden von den Membranen, 
welche sich nach der Entfernung schnell wieder bildeten, und von den 
Tonsillen am 25. October, 1. November, 6. November und 10. November 
gemacht und ergaben ebenfalls zahlreiche Diphtheriecolonieen. 

Vom 10. November an begann das Exsudat sich zu verringern, am 
17. November war es ganz geschwunden. In Intervallen von zwei bis drei 
Tagen wurden auch noch fernerhin Serumaussaaten aus der Nase und dem 
Rachen angelegt. In den letzteren fanden sich nur bis zum 24. November 
Colonieen von Diphtheriebacillen. Die Ausstriche von der Nasenschleim¬ 
haut Hessen dagegen noch bis zum 17. December Diphtheriecolonieen, von 
Untersuchung zu Untersuchung in sich verringernder Zahl, aufgehen. 
Nach diesem Termin wurden noch wiederholt Ausstriche aus der Nase 
angelegt, doch fand sich niemals mehr eine Diphtheriecolonie vor. 

Von den am 22. October, 24. November und 11. December erhaltenen 
Diphtheriecolonieen wurden Reincultui;en hergestellt. Mit denselben wurde 
je ein Meerschweinchen, und zwar am 2. November, 29. November und 
16. December in der übHchen Weise subcutan geimpft. Nach 36—60 Stunden 
erlagen die Thiere unter den für die Impfdiphtherie charakteristischen Er¬ 
scheinungen. 

Es fanden sich bei dieser Patientin also noch 65 Tage, nach¬ 
dem die Rachendiphtherie abgelaufen war, d. h. die Membranen 
im Rachen verschwunden waren, virulente Diphtheriebacillen in 
den ersten Wegen vor. Es ist dieser Zeitraum bedeutend länger 
als der gewöhnlich beobachtete. Dass die Bacillen sich so lange 
erhalten haben, ist dem Umstand zuzuschreiben, dass sie auf der 
Nasenschleimhaut, wo sie eine membranöse Exsudation erzeugten, 
einen besonders guten Nährboden fanden. Tobiesen 1 ) hat die 
Beobachtung gemacht, die ich nach meinen Erfahrungen bestätigen 
kann, dass die Diphtheriebacillen sich länger als sonst conserviren, 
wenn sich die diphtherische Erkrankung auf die Nase fortgesetzt 
hat. In unserem Falle haben wir es nun nicht mit einer eigent¬ 
lichen Nasendiphtherie, sondern mit einer sogenannten Rhinitis 
fibrinosa auf diphtherischer Basis zu thun gehabt, die aber ebenfalls 
einen conservirenden Einfluss auf die Bacillen ausgeübt hat. 

Unter Nasendiphtherie versteht man ein Weiterschreiten der 
diphtherischen Rachenerkrankung auf die Nase, selten tritt die 
Nasenerkrankung primär auf. Zu dem Krankheitsbilde gehören 
Fieber, schwere Allgemeinsymptome, und in der Regel zersetzt sich 
das Nasensecret foetide. Die fibrinöse Rhinitis ist dagegen ein 
acuter Krankheitsprocess, bei welchem in reinen Fällen nur die 
Nasengänge, ohne Betheiligung der Rachenschleimhaut, sich mit 
membranösen Auflagerungen bedecken, während Temperatur und 
Allgemeinbefinden ungestört bleiben. Diese ziemlich seltene Er¬ 
krankung, von Schüller 2 ) und Henoch 8 ) zuerst beobachtet, wurde 
vor sieben Jahren von Hartmann 4 ) ausführlich geschildert. Seit. 

*) Tobiesen, Ccntralblatt f. Bact. Bd. 12, S. 587. 

®) Schüller, Jahrbuch für Kinderheilkunde, Jahrg. IV, S. 83. 

*) Henoch, Vorlesungen über Kinderkrankheiten. Berlin 1883, S. 803. 

4 ) Hartmann, Deutsche mod. Wochenschr. 1887, S. 641. 


693 

dem sind eine ganze Reihe casuistischer Mittheilungen erschienen, 
welche ich in einer früheren Arbeit 1 ) aufgeführt habe. 

Die Erkrankung scheint in den meisten Fällen eine leichte 
Erscheinungsform der Diphtherie zu sein. Dass sie dies nicht 
immer ist, beweisen Beobachtungen von v. Stark, welcher keine 
Diphtheriebacillen in den Membranen zu finden vermochte, und ein 
von mir 0. c.) mitgetheilter Fall, in welchem Pneumococcen die wahr¬ 
scheinliche Ursache darstellten. Aehnliche Beläge wie bei der 
Rhinitis fibrinosa können auch nach Kauterisation der Nasenschleim- 
haut auftreten. Untersuchungen von Stamm, 2 ) Concetti, 3 ) Park 4 ) 
und Abbott 5 ) haben gezeigt, dass die Erkrankung durch An¬ 
siedelung von meist wenig virulenten Diphtheriebacillen entstehen 
kann. Unser Fall auf diphtherischer Basis hat das besondere, dass 
das Leiden nicht wie gewöhnlich primär, sondern im Anschluss an 
eine Rachendiphtherie auftrat und dass die Diphtheriebacillen volle 
Virulenz besassen; der Verlauf der Erkrankung entsprach ganz 
dem Bilde der Rhinitis fibrinosa. 

Die fibrinöse Rhinitis ist eine ausserordentlich leichte Er¬ 
krankung. Die Beschwerden, welche sie macht, sind namentlich 
in den Fällen, wo die Membranen keinen völligen Verschluss der 
Nasengänge bewirken, kaum andere als die eines einfachen 
Schnupfens. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, dass viele Pa¬ 
tienten wegen eines solchen Leidens überhaupt den Arzt nicht auf¬ 
suchen, sie kommen also gar nicht in den Verdacht, die Diphtherie 
verbreiten zu können. 

Schliesst sich die Erkrankung an eine Rachendiphtherie an, so 
können sich die Bacillen in der Nasenhöhle der Kranken, wie in 
unserem Falle, lange conserviren. Solche Individuen bleiben dann über 
Monate hin mit ihrer eigenen Person eine Ansteckungsquelle, ohne 
dass sie von irgend jemand noch dafür gehalten werden, auch wenn 
der behandelnde Arzt glaubt, durch Desinfection von Kranken¬ 
zimmer, Kleidern und Effecten der Patienten sein möglichstes gethan 
zu haben, um einer Weiter Verbreitung der Ansteckung vorzubeugon. 
Es ist darum immer wieder die Forderung aufzustellen, dass 
Diphtheriereconvalescenten nicht eher aus dem Krankenhause oder 
der Isolirung entlassen werden, als bis wiederholte bacteriologische 
Untersuchung — und zwar nicht nur die vielfach ausschliesslich 
geübte mikroskopische, sondern die weit zuverlässigere culturelle 
Untersuchung — ein Freisein des Rachens und der Nase von 
Diphtheriebacillen ergeben hat; auf das Verhalten der Nase muss 
besonderes Augenmerk gerichtet werden. Leider wird sich in den 
wenigsten Fällen dieses Postulat erfüllen lassen, weil einerseits die 
bacteriologische Untersuchung Zeit, besondere Einrichtungen und 
specielle Schulung verlangt, andererseits sich ein Patient nicht so 
leicht den ihn schwer belästigenden Anordnungen betreffs seiner 
persönlichen Freiheit mehr fügen wird, wenn er sich erst wieder 
gesund fühlt. 

Den wenigen Erhebungen zufolge, welche bisher angestellt 
sind, scheint die Gefahr der Verbreitung der Diphtherie durch 
Bacillen beherbergende Reconvalescenten keine besonders grosse zu 
sein. Nach einer Notiz in den Philadelphia medical News vom 
3. December 1892 hatte von 21 Diphtheriegeheilten mit Bacillen 
in der Mundhöhle nur einer die Krankheit weiter verschleppt. Da 
mir diese Notiz nur durch ein Referat ohne weitere Details be¬ 
kannt geworden ist, so weiss ich nicht, ob damit die Beobachtung 
von Tobiesen 6 ) wiedergegeben ist, welcher ebenfalls unter 21 
solchen Individuen, deren Geschick er weiter verfolgte, nur bei 
einem die Möglichkeit einer Weiter Verbreitung nachweisen konnte, 
oder ob die Zahl auf Beobachtung eines anderen Krankenmaterials 
beruht. Nach den Erfahrungen, welche ich während der augen¬ 
blicklich in Greifswald herrschenden Diphtherieepidemie sammeln 
konnte, scheint mir die Verbreitung der Diphtherie durch bacillen¬ 
führende Genesene doch wesentlich häufiger zu erfolgen. 

Ich möchte bemerken, dass bei unserer Kranken während der 
Rhinitis, um den normalen Verlauf derartiger Fälle möglichst un¬ 
getrübt verfolgen zu können, eine sehr wenig eingreifende Therapie 
gewählt wurde. Die Nase wurde nur einmal täglich mit Wasser 
und gelegentlich mit einer Lösung von Argentum chloratum in 
Natrium subsulfurosum (1: 20 :10 000 Aqua) ausgespült. Beim Zu¬ 
rückgehen der Membranen wurde auch mit dieser Behandlung auf¬ 
gehört. Nicht von der Hand zu weisen ist natürlich, dass die 
Bacillen sich in anderen ähnlichen Fällen, zumal wenn jede Therapie 
fehlt, noch länger als in unserem Falle in Nase und Rachen des 
Patienten zu erhalten vermögen. 

Dass die Infectiositüt der Diphtheriebacillen nicht etwa mit 
der Dauer ihres Aufenthaltes in der Nasen- und Mundhöhle sinkt, 

*) Abel, Centralblatt für Bacteriologie, Bd. 12, S. 841. 

*) Stamm, Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 13, Heft 3. 

s) Concetti, Archiv, ital. di Laring. 92. 

4 ) Park, Medical Record 92 und 93. 

6 ) Abbott, Medical News 1893, Mai. 

6 ) Tobiesen, 1. c. 


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Original fro-m 

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WOCHENSCHRIFT. 


DEUTSCHE MEDIZINISCHE 


geht aus den Tlüervemiidiesi hervor, in weloheti mh die Virulenz 
jedesmal .als eine sehr hohe erwies. 

Da die Kahl der FäHe vom Rhinitis fthrmosa,* welche bisher in 
der I4tf(?rati.ü: verzeiehuet Bind, noch iimnor keim» besoudeF&| hohe 
ist und da V.timal mmh blüht allzu v io! hoeierudogifeh imtorsnehte 
Falle bekannt gegeben sind, so möge hier ein Fall. .Pißte finden, 
wob: her vor einiger Zelt- durch die' Uüie des; Herrn 
SfMtbibg ti\ meiner UcoUaebtung kam. Pei^hlbo ■ hm>ta die: 
Eigenthlunlichlceit, dass er :aflf eine Seite der Nase beschränkt 
blieb, wvälireiul wnsl fast stets beide Nase nh|l Uten bt-mUkm werden. 
Nnr vo& DuntD) ist ain Ml LduaoiHgtu*-öbtinüger Rhinitis htt- 

sc.hriebeu worden. 

Der 'Patient, ein iieiinjähiiger Knabe, urkeankro um 14 November' 
trtltfl. Kr klagte über ößimufflSk und orselnvötfteö 'Uhmcn, durch diß 
Nhso-. B«i der fi.ni.ersneiiuag.au» ut.ehsteu Tage Kbigt-e eich Re Brhieiui- 
hnai der ivthim'. Njise wtnrk gd»Hj'wiVUt?ü und mb einem *0 starken tfbrK 
jUisee Exsudate bedeckt der NaSönemaj vmUkdramun e'.tunn vyc;r. 

•Die Seideiiubsuit •dnr !iu!:m; wat :w-e;n; und geschwollen, 

d'ei ven Exsmlkh im Rechen war wndi-r Bringt zu linden noch RbÜiung 
■ bemerk eu: Tidnu wm- otr.Ld voHmnUmi, mmh nicht verbunden gr/ 
wesmn das Aiigememhefimiuh «rngestor». J . 

Air 17. Novn;rii;er ward, v.m dm Vtombivwi em Au.-stitch auf 
KecfflvrAolicui tiintsmum gcnuicbf. ln dcmsmJW landen sich i«m .iw. 
Nuvmulmr neben, warAimm; ‘•Ai-epin--und Sianhyieeo^eRuuRied^iungee ^«•!ir 
^hk-eidie Co.loniK-n von fhpln lnu\ebuAUeu. 

Am 18; November wur noch Behänd]sn»g mit Jfodot and der oben 
gmnmnU'ji Chlta-BilboRbiUfug vvlhmid der v»uiw'j'gohemloji Inge rujcb iuiwor 
reieiiheims Exsudat. • in dur rrcJmm. Nase vorb.-inih.-n, mir m der Nfitto wai‘ 
de» NnEcmgang 4hvs*$ duvd/gflngig. Dm liuku Nneo -/ 

»‘0+heto väd gh^ehWoHiipc Seid ei m haut, dev Uut&na 


Neapel, Dtkektov Pröjf... A. Oar<JarclR 

JSinige neue Fälle von Geflugel-Tuberkulose 
•• ;TSgi Menschen und Säugethieren. 

ViHfß)’. Sergio-Pafwinj* PwaMpeeptc^i tfh* iimöre felicin-. 

; ' Es ist ein toptsScMihlios V a3rdhm*t mi M afftt c ei; vfu setefcr 

Wot gn jttYni Art an von Tuberkulose geschieden zu Imbun : dir 
TbberktHo^o dos München und dpt S«TngetbiiM'ß 
sEhn von K 0 ‘\b biW-bHobenc)' mul ilift Gail hge] t u herkp j\< 
Ww Utiteisr UißH beruht in Mt Ibtlerenz de« morf?bplogiBti}rh 
(HmrakturB, ^ Vorbrüt^iu^ in Cnltuam, dar Widm^uiiidafätugMi 
‘kr 'W-dnue opgpnübHk dor ladmnsdauer, disr Vinden^ • fdr Mour- 
Bduv(?iücben fdln posiliv ausRfiit b'sv der U’üboikulöBö ddr Selige- 
hbiero. nngatir bei der Tbbcikulosc der V%"dl) und (bn Tu ulen« 
fih* Hühner tponitiv fi|r 'PuberlufJose der Vögel, irugaliv -ffiV dk 
dor Süd^Huoru). 

Eine nouä interr^ante Uuter&he'huiig van Krnse 
AufmerkBUinkeit nuf das Probinm der Eexieh fingen •z^Eie.htjn den 
bbidtai TuboH-uloBcfdrmeu, Diel vcm ?Tulmrk-uio^a Wrdön 

io Korgniliigor Weise von SbugefHieivu »Bolirt, <lie eine von 
mir vöfr einem ^Hisrbwvemoter; ' mit phfÄsivselHVn] Äuk« 
wtirf gtdiiijift worden war; eine Hjulhre vur aitf dia 
von A v mh..irn i uHihliflü worden, otör ‘ vi>« S ivii jig(r 741t liHjojD , 
jUVrlkOa.tttdjUoii Thier, direkt grnommrn, Mkit kamr itmdiVüihiv .ylma 
liln-iaf%mi ; AHö v.oiL ud iR-mr Pröfessbr Äf iaiHtjii als. 

von SangofcbihiWrtilierkbioso berytajnmend fman wefe abrr nicht, 

. wie dieadibc isolirt wurdfö) ga.^audt vvordoh war. . Mit dtesßii wurde 
| :ß}.Ue .lituge. Uftibe von ;Vbi‘BireU;cir on^esVßlJt v avqlfüß £Wif- Cli^H4kde]P : 

! verBchiedr-ötm Cbavakie^ und tadutes dr^jmiigan der Virulenz 
%\1 dem UusnlUiW l’ökftß^ dass es Btcb ntn' fielt ii^rjti]bütk ul ob« 
lutiuleRe Es P.vgickt sj(‘h ittiu {olgeiider bcreobtigftf ^weikl: 
i •„t.-.r S , lf ) 1 „. 1 g dw S,«. ,luw h t« S»n«m- l{ E»Hi A t S.T 011 Wut.c, 1cuk.<- k m Mw.« l.m u,.rt Wlt. 

Üi. und -i7.Xw.rai.fei., ä. , u „| M .di '0 u “;' : ' U,iir - ' ,,f vft " ; 5< nsf, Vf.n . ivlnssisi tif« l.n.. •!•■■! «- 

> n i*> p«. . j !),e ^'I.ui^-ric -Hii h . h A r 'J) W». orklart es sich, dass einige \mt dm: w.n fuUuTPh 

Mlasg dk N/iv um 0. Dwretijh« Y< Ukmuimm «^sntUttlfpi ! tArinft-iini, Pansinr), die von Mcertiubwckutbmi isolirt. wurden, 
^mbbr wifrdmi • 'ktÄizö. .ßlpl» : / bf . ; 4bk 'Vßlobif difr^b phtbisisßibRii AofwUr0 Aöherkplok Are^Qrdaß vi*kifn, 


War; 


! ) itanfl, New Tovk pue'fllztaj, dovu^I 3d7:A\tgift!t .1895, 




80. August. 


DEUTS GHE MEDICINISGHE WOCHENSCHRIFT. 


695 


an: A. Ich versuchte Tuberkelculturen direkt aua dem Auswurf 
nach der Methode Kitasato’s zu isoliren (ich Hess durch einen 
Hustenstoss einen Phthisiker mit Cavernen direkt in eine sterili- 
sirte Petri’sche Doppelschale speien: das ausgeworfene Stück 
wusch ich 20—30 mal in ebensoviel sterilisirten Petri’schen 
Kapseln mit sterilem Wasser, und das in kleine Stücke get.heilte 
Stück impfte ich in. Reagensröhrchen mit Glycerinagar). Bei vier 
so behandelten Auswürfen (10—15 Tuben für jeden) gelang es mir 
nicht, indem ich die Tuben 40 Tage lang auf gleicher Temperatur 
im Brutofen hielt, Culturen zu isoliren, obgleich die Gläser sich 
grösstontheils von Verunreinigung frei gehalten hatten. Die nach 
40 Tagen untersuchten expectorirten Stücke zeigten zahlreiche 
Tuberkelbacillen; vielleicht ist das negative Resultat dem Umstand 
zuzuschreiben, dass nicht in Tuben mit Serum geimpft wurde. 

B. Direkte Impfungen mit den Produkten der menschlichen 
Tuberkulose (einmal vom Rind) Wurden zu gleicher Zeit in grosser 
Zahl in das Unterhautzellgewebe von Meerschweinchen und in das 
Bauchfell von Hühnern vorgenommen. Ein Theil der geimpften 
Thiere starb, oder was noch häufiger war, nach gewisser Zeit 
tödtete ich sie und versuchte aus den tuberkulösen Organen 
Tuberkulose-Culturen herzustellen. 

In dreizehn Fällen impfte ich Auswurf von Phthisikern (von denen 
die meisten Cavernen hatten); die grössten Stücke aus dem Expectorirten 
wurden wiederholt in stcrilisirtem Wasser gewaschen, dann unter dauernder 
Bewegung in stcrilisirtem Wasser in eine Emulsion übergeführt und hier¬ 
auf in grosser Menge (2 ccm) in das Unterhautzellgewebe von Meer¬ 
schweinchen oder in , noch grösserer (4 ccm) in das Peritoneum von 
Hühnern eingeimpft. 

Drei Meerschweinchen gingen nach drei oder vier Tagen zugrunde 
(eins am Diplocoecus pneumoniao, zwei an Fäulnissbacterien). Eins starb 
nach achtzehn Tagen an ganz acuter Miliartuberkulose, drei starben nach 25 
bis 30 Tagen an allgemeiner Tuberkulose, die anderen tödtete ich nach 24—40 
Tagen und fand alle tuberkulös. Aus den Organen der tuberkulösen Thiere, 
sowohl der spontan gestorbenen, wie der getödteten, nahm ich mit Pin- 
cette und Scheere, die an der Flamme sterilisirt waren, die Stellen, die 
am reichsten an jungen Tuberkeln waren, heraus und zerdrückte sie kräftig 
zwischen zwei Platten von sterilisirtem Glas; den ausfliessenden Saft 
nahm ich auf einen grossen Platinspatel und brachte ihn sainmt den 
zerdrückten Organstücken in Tuben von Glycerinagar. Ein einziges Mal 
erhielt ich Culturen von Tuberkelbacillen. 

Von den Hühnern starb eins nach 53 Tagen, abgemagert (von 585 
auf 355 g Gewicht), ohne besondere Organveränderungen zu zeigen und 
ohne Bacillenbefund. Die anderen wurden nach 30—80 Tagen getödtet. 
Drei zeigten eine bemerkenswerthe Abmagerung (unter diesen das mit 
dem Auswurf eines später zu erwähnenden Patienten geimpfte Huhn, das 
nach 47 Tagen getödtet, eine Gewichtsabnahme von 1140 auf 950 g zeigte), 
die anderen waron weniger abgemagert; keins der Thiere zeigte besondere 
Zeichen von der grossen eingeimpften Masse und nirgends, auch bei den 
abgemagerten nicht, waren Tuberkel oder Bacillen in den Organen zu finden. 

In drei Fällen impfte ich Eiter tuberkulöser Abscesse ein. — Das mit 
dem Eiter des ersten Abscesses (tuberkulöse Spondylitis, iin Eiter waren 
keine anderen Bacterien) geimpfte Meerschweinchen wurde nach 16 Tagen 
getödtet, es zeigte lokale Tuberkulose und Tuberkulose der benachbarten 
Inguinaldrttsen. Das Huhn starb nach zehn Tagen, zwar abgemagert, 
aber ohne sichtbare Organveränderung. — Das mit dem Eiter des zweiten 
Abscesses (tuberkulöse Prostatitis) geimpfte Meerschweinchen starb nach 
vier Tagen am Bacterium coli commune. Das nach einem Monat ge- 
tödtetc Huhn zeigte sich gesund. — Das mit dem Eiter des dritten 
Abscesses geimpfte Meerschweinchen (Caries des Oberschenkels) starb 
nach zehn Tagen an sehr acuter Miliartuberkulose. Das Huhn blieb ge¬ 
sund. Vom ersten und dritten erhielt ich keine Culturen. 

ln drei Fällen wurde das Material aus der Leiche genommen. 
Die an jungen Tuberkeln reichen Leichenstücke wurden in einen steri¬ 
lisirten Mörser gebracht, sterilisirte Bouillon dazugethan und der so er¬ 
haltene Saft in grosser Menge in das Unterhautzellgewebe von Meer¬ 
schweinchen und in das Peritoneum von Hühnern eingeimpft, das gleiche 
wurde mit Stücken von einem perlsüchtigen Rind gemacht. Im ersten 
Falle (ausgebreitete Tuberkulose der Lymphdrüsen, geringe Lungentuber¬ 
kulose) starb das Meerschweinchen nach zwei Tagen an Fäulnissbacterien, 
das Huhn wurde nach 45 Tagen getödtet und zeigte sich gesund. In dem 
zweiten Falle (acute Miliartuberkulose) wurde das Meerschweinchen nach 
einem Monat getödtet und zeigte allgemeine Tuberkulose — Culturen be¬ 
kam ich nicht , das Huhn blieb gesund. 

Im dritten Falle (Tuberkulose der Pia mater) fand sich bei dem 
nach 25 Tagen getödteten Meerschweinchen Tuberkulose, von acht Gläs¬ 
chen erhielt ich zwei Tuberkelbacillenculturen. Das nach zwei Monaten 
getödtete Huhn zeigte nur etwas Abmagerung. 

Mit dem Saft aus Lungen perlsüchtiger Rinder wurden zwei Hühner 
geimpft, das schwerere (1850 g Gewicht) wurde nach zwei Monaten ge¬ 
tödtet und zeigte sich gesund. Das Gewicht des anderen (1250 g) war 
in 53 Tagen auf 1100 g gesunken, es zeigte nach seiner Tödtung geringe 
Tuberkulose in den Eingeweiden und am Netz. Das nach 26 Tagen ge¬ 
tödtete Meerschweinchen zeigte lokale Tuberkulose und allgemeine Tuber¬ 
kulose (gering in den Lungen); aus den Organen erhielt ich Culturen. 

Häufig erhält man, wie aus den Versuchen hervorgeht, bei 
Einimpfungen von Producten menschlicher Tuberkulose bei Hühnern 
bemerkenswerthe Abmagerung (was übereinstimmt mit den Ver¬ 
suchen von Maffucci mit Einimpfung von Culturen von mensch¬ 
licher Tuberkulose), und einmal erhielt ich eine richtige, wenn auch 


geringe Tuberkulose durch Einimpfung von Impfstoff von einem 
perlsüehtigen Rinde. Dreimal erhielt ich aus den Organen tuber¬ 
kulöser Meerschweinchen Culturen: er) von dem Meerschweinchen, 
das mit Material von Meningitis tuberculosa eines Kindes geimpft 
worden war; 

ß ) von dem Meerschweinchen, das mit dem Auswurf des 
Patienten Esposito geimpft -worden war (s. S. 696); 

y) von dem Meerschweinchen, das von dem Stoff des perl- 
ßüchtigen Rindes geimpft worden war. Allerdings ist die Auzahl 
der isolirten Culturen gering (3:20), aber fünfmal sind die Thiere 
durch andere Bacterien zugrunde gegangen, deshalb ist das Ver- 
hältniss 3:15; vielleicht ist der geringe Erfolg dem Umstand zu- 
zuschreiben, dass die Thiere früher hätten getödtet werden müssen, 
und ferner dem Moment, dass ich zuerst die Culturen auf Glycerin¬ 
agar zu isoliren versuchte, während man empfiehlt (Straus und 
Gamal eia) die Isolirung auf Serum zu versuchen und die übrigen 
Uebertragungen auf Glycerinagar zu machen. Die Cultur « zeigte 
verschiedenen Charakter von den Culturen ß und y, weil sie erst 
nach 20 Tagen aufging, die Culturen ß und y waren nach zehn 
Tagen aufgegangen und zeigten reichliche Entwickelung. Der ver¬ 
schiedene Charakter erhielt sich constant bei den folgenden Gene¬ 
rationen. 


Die Cultur u wuchs stets langsam in Fortft von glänzenden, 
harten, häutchenartigen Auflagerungen, die sich leichter in Masse 
von der Oberfläche des Agar abheben, als mit dem Platinspatel 
zerbröckeln Hessen, sie gingen in Bouillon schwer in Emulsion über, 
in Glycerinbouillon wuchsen sie nur auf der Oberfläche. 

Die Culturen ß und y gingen auf der Oberfläche des Agar 
ausserordentlich reich auf, boten ein feuchtes Aussehen, waren 
nicht hart, gingen in Bouillon in Emulsion über, machten Trübung 
in Glycerinbouillon und zeigten vollständig den Charakter der 
Geflügeltuberkulose. Wir werden die Art ihror Virulenz noch be¬ 
trachten. 


II. Wie ist es zu verstehen, dass Meerschweinchen durch 
menschlichen Auswurf und durch Organe perlsüchtiger Rinder 
tuberkulös gemacht wurden und sich von ihnen Culturen mit dem 
Charakter von Culturen der Geflügeltuberkulose isoliren Hessen, 
we'nh man behauptet, dass Meerschweinchen sich gegen die Tuber¬ 
kulose der Vögel refraktär verhalten und nur mit lokaler Tuber- 
berkulose reagiren? 

. Ich suchte die Frage zu lösen, indem ich zu gleicher Zeit 
Meerschweinchen und Hühner impfte, 1) mit typischen Culturen 
von Geflügeltuberkulose, 2) mit unbestimmten Culturen (die von 
Kruse bereits angewandten und die neuen von mir isolirten), 8) mit 
typischen Culturen von Säugethiertuberkulose. Zur Controlle habe 
ich Meerschweinchen mit gleicher Menge von getödteten Tuberkel¬ 
bacillen (die fünf Minuten lang in Dampf von 100° gehalten 
worden waren) geimpft. 

1. Typische Culturen von Tuberkelbacillen von Geflügel¬ 
tuberkulose. (Ich habe niemals ein Huhn, das spontan an Tuberkulose 
erkrankt war, erhalten, und Professor Oreste von der hiesigen thieriirzt- 
lichen Hochschule erklärte mir, dass er seit vielen Jahren kein solches 
getroffen hat.) Für diese und die folgenden Versuche bemerke ich. dass 
die Meerschweinchen stets ins Unterhautzellgewebe geimpft wurden, die 
Hühner ins Peritoneum. In allen Fällen wurde sorgfältig nach Tuberkeln 
und Bacillen in den Organen gesucht. Wo ich hei Aufzählung von Be¬ 
funden von Tuberkeln zum Beispiel spreche, unterlasse ich es der Kürze 
halber zu sagen, dass Bacillen da waren, die ich stets antraf; wo ich von 
Bacillen spreche, traf ich selbstverständlich keine Tuberkel. In Klammern 
wird die m Cubikcentimetem inoculirte Menge der Emulsion angegeben. 

a) Maffucci. Diese und die folgenden Culturen stammen von dem 
von Kruse angewandten Material. 

Huhn I (2 ccm), nach einem Monat getödtet. Keine Tuberkel, 
keine Bacillen, keine Veränderung des Gewichtes (1600 g). 

Huhn II (2 ccm), nach einem Monat getödtet. Gewicht von 1520 g 
auf 890 g gesunken. Allgemeine Tuberkulose. 

Meerschweinchen I und II (1 ccm), nach 30-40 Tagen getödtet, 
lokaler Abscess mit Bacillen. 

Meerschweinchen III, IV, V (1 */a ccm), nach 28—45 Tagen getödtet. 
lokaler Abscess, Tuberkulose dor benachbarten Drüsen, wenige Bacillen in 
Milz und Leber. , . 

Meerschweinchen VI (l 1 /* ccm), nach 23 Tagen getödtet, Gewicht 
von 570 auf 350 g gesunken, Abscess, Tuberkulose der Drüsen, des Netzes, 
der Milz und der Leber. ' , . A „ ... . 

Meerschweinchen VII (1 ccm einer Emulsion von todten Bacillen). 
Tod nach 25 Tagen, Gewicht von 430 auf 300 g gesunken. Weder I u- 
berkel noch Bacillen (auch nicht an der Impfungsstelle). 

b) Migula. Huhn III (2 ccm), getödtet nach 39 Tagen, gesund, 
keine Abmagerung, keine Bacillen in den Organen. 

Huhn IV (2 ccm), nach 39 Tagen getödtet, Abmagerung, allgemeine 


berkulose. • 

Meerschweinchen VIH, Gewicht 400 g (1 l /a ccm), nach 34 
tödtet, lokaler Abscess, Tuberkulose der nächsten Drüsen. 

Meerschweinchen IX und X, Gewicht 625—420 g (1 js ccm), 
horlnilnsa und Tuberkulose der Organe (nicht der Lungen). 


Tagen 

lokale 


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696 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35 


Meerschweinchen XI (1 Vs ccm von sterilisirter Cultur), Tod nach 
20 Tagen, Gewicht von 450 auf 320 g gesunken, Atrophie der Organe. 

c) Sclavo ')• Huhn Y (2 ccm), getödtet nach 38 Tagen, Abmagerung, 
allgemeine Tuberkulose. 

Meerschweinchen XII und XIII (1 ccm), getödtet nach 34 Tagen. 
Meerschweinchen XII zeigte lokalen Abscess, Tuberkulose der Leisten¬ 
drüsen, spärliche Bacillen in Leber und Milz. Meerschweinchen XIII zeigte 
auch Tuberkulose der Lungen. 

2. Isolirte Bacillenculturen von Menschen- und Säugo- 
thiertuberkulose, mit dem Charakter der Geflügeltuberkulose. 

a) Cultur von einem Meerschweinchen, das durch menschlichen Aus¬ 
wurf tuberkulös gemacht wurde, gewonnen (Pansini). (Diese und die 
beiden folgenden Culturen stammen von Kruse.) 

Huhn V (3 ccm), getödtet nach 32 Tagen, wenig abgemagort, geringe 
Abdominaltuberkulose. 

Meerschweinchen XIV (l l /j ccm, alte Cultur), Tod nach 20 Tagen. 
Bemerkenswerthe Abmagerung. 

Meerschweinchen XV (1 ccm), Tod in 15 Tagen, lokaler Abscess, 
Tuberkulose der benachbarten Drüsen, Abmagerung. 

Meerschweinchen XVI (1 ’/a ccm), Tod nach 27 Tagen, lokaler Abscess, 
Lymphdrüsentuberkulose. 

Meerschweinchen XVII, XVIII, XIX, Gewicht 420—560 g (l l /a ccm), 
getödtet nach 28 —34 Tagen, lokale Tuberkulose, Tuberkulose der Drüsen, 
der Abdominalorgane, bei XIX auch Tuberkulose des Zwerchfelles und 
der Lungen. 

Meerschweinchen XX, XXI (l l /s ccm einer Emulsion von todten 
Bacillen), das erste starb nach sechs Tagen (Bacillen an der Impfungs¬ 
stelle), das zweite nach 16 Tagen, beide abgemagert. Atrophie der Organe 
ohne Bacillenbefund. 

b) Tuberkiilosecultur, direkt isolirt aus den Organen eines tuberkulösen 
Rindes (Sanfelice). 

Huhn VI (2 ccm), getödtet nach 35 Tagen, Tuberkulose. 

Meerschweinchen XXII, XXIII, XXIV (2 ccm), getödtet nach 28 bis 
34 Tagen, lokaler Abscess, Tuberkulose der nächsten Drüsen. No. 24 hatte 
Bacillen in Leber und Milz. 

Meerschweinchen XXV (2 ccm einer Emulsion von todten Bacillen), 
Tod nach 24 Tagen, Atrophie der Organe, Abmagerung. 

c) Straus. Cultur, die von Prof. Straus Prof. Armanni geschickt 
wurde, als von Säugethiortuberkulose herstammend. Isolirungsweise un¬ 
bekannt. 


IX und X (2—3 ccm), getödtet nach 32—45 Tagen, 


Huhn VII, VIII, 

Tuberkulose. 

Meerschweinchen XXVI, getödtet nach 86 Tagen, hatte lokale 
Reactiou gezeigt, die dann verschwunden war, nicht abgemagert, gesund. 

Meerschweinchen XXVII, XXVIII, XXIX (l 1 /* ccm), getödtet nach 
30—40 Tagen, lokaler Abscess, Anschwellung der Drüsen. 

Meerschweinchen XXX, XXXI (1—2 ccm), lokale und Drüsentuber¬ 
kulose, geringe Tuberkolose von Milz und Leber. 

Meerschweinchen XXXII (2 ccm), lokale und allgemeine Tuberkulose. 
Meerschweinchen XXXIII (mit einer grossen Menge von dem Safte 
der Organe von XXXII geimpft), lokale und allgemeine Tuberkulose. 

Meerschweinchen XXXIV (mit dem Saft aus den Organen von XXXIII 
geimpft). 

Meerschweinchen XXXV und XXXVI (1—2 ccm sterilisirte Cultur), 
l^od nach 7 20 lagen. Ausserordentliche Abmagerung, Atrophie der 

d ) Cultur ß (Pansini) von dem mit dem Auswurf Esposito’s ge¬ 
impften Meerschweinchen. Huhn XI und XII (2 ccm) nach 30—35 Tagen 
getödtet, Tuberkulose. 

Meerschweinchen XXXVII und XXXVIII (iy, ccm), nach 35 bis 
40 lagen getödtet, lokaler tuberkulöser Abscess, ausgesprochene Tuber- 

I ungLtuberkulose ^ AbdominaIor ^ ane wie des Zwerchfelles, geringe 

e) Cultur j (Pansini) von den durch den Saft aus den Organen des 
perlsüchtigen Rindes tuberkulös gemachten Meerschweinchen. 

kulose n XI11 Und XIV ^ ccm )’ getödtet nach 30—40 Tagen, Tuber- 


Meerschweinchen XXXIX (1 ccm), nach einem Monat getödtet, 1 
^ bscess ’ Tuberkulose der benachbarten Drüsen, Bacillen in Leb 
und Milz. 

von SÄr 1 " 1 XI ; C'/» ccm), nach 36 Tagen getödtet, Gewic 
von 420 a" f 310 g gesunken. Sehr bedeutende allgemeine Tuberkulös 

3. typische Culturen von S&ugethiertuberkulose. 

, , »).Sclavo. Meerschweinchen XL1 und XLII (1 ccm). Der Tc 

AHgemdr TubZull lagen ^ Wd6 am 32 ' Ta * e 

Abmagerung?? ge“™ (2 CCm)l ge “ dtet nach 30 ~ 35 T ^ n - “ 

nbgemagert.*^" ° * Huh " XV (3 CCm) ’ getödtet nach 34 Tagen, nic 

tuberkulöse". 86 ' Meerschwein< * on XLIII starb „ach 21 Tagen, Milia 

gesund"* 1 “ XVI ““ d XVU (2 '^ ccm ^’ nach 30—40 Tagen getödtet ■ 

culosf de U s' t K;nU?’ a n Sil l i) VOn ? em ä urch Tuberkel der Meningitis tube 
säweinchen & d herstammenden Stoff tuberkulös gemachten Mee 

Huhn^lgVI11* 1 ?,nYIv' ru° d n , a<dl 4 ? Tagen — Miliartuberkulos 
gesund™ XVIU d XIX (3 ccm > nach **>—45 Tagen getödtet ■ 

*) Den Herren Dr. Sclavo, Prof. Maffucci, Dr Kruse SDreche h 
meinen ergebenen Dank für die Culturen aus. P 


Aus den vorhergehenden Untersuchungen und Beobachtungen 
lassen sich folgende Schlüsse ableiten: 

1. In zwei Fällen, einmal von dem Meerschweinchen, das 
durch phthisischen Auswurf tuberkulös gemacht worden* war 
das andere mal von dem Meerschweinchen, das durch den Saft aus 
den Organen eines perlsüchtigen Thieres tuberkulös gemacht 
worden war, wurden Culturen isolirt, die den Charakter der Ge¬ 
flügeltuberkulose trugen. In der gegenwärtigen Casuistik sind 
diese zwei Fälle unter 15 (von 20) gewonnen (in fünf Fällen gingen 
die Meerschweinchen nach wenigen Tagen an anderen Infectionen 
zugrunde). Diese zwei Fälle muss man den anderen ganz sicheren 
anreihen, die Kruse untersucht hat. Es ist demnach ohne 
jeden Zweifel, dass bei Menschen und Säugethieren 
Fälle von Tuberkulose Vorkommen, die den Typus der 
Geflügeltuberkulose haben. 

Sehr wahrscheinlich sind solche Fälle gar nicht selten: der 
Fall von Straus kann auch ein solcher sein. Es wird sich darum 
handeln, besonders beim Menschen, das Verhältnis festzustellen, 
das zwischen den Fällen von Geflügeltuberkulose und der mensch¬ 
lichen Tuberkulose vorliegt, und wahrscheinlich wird sich bei diesem 
Verhältniss eine Verschiedenheit nach der Gegend ergeben. In 
Neapel dürfte der Fall vielleicht weniger selten sein. Jedenfalls 
ist die Aufmerksamkeit der Beobachter auf diese Frage jetzt ge¬ 
richtet, und es dürfte interessant sein zu erkennen, ob den ver¬ 
schiedenen bacteriologischen Typen ein verschiedenes klinisches Bild 
entspricht. 

Es lohnt wohl der Mühe, die Krankheitsgeschichte des Pa¬ 
tienten, von dem die Cultur ß von mir gewonnen wurde, anzu¬ 
führen. 

Domenico Esposito aus Neapel, Maurer, 32 Jahre alt, lag, als ich den 
Auswurf nahm (27. Mai 1893), im Provinzsaal des Krankenhauses im Bett 
No. 10, auf der Abtheilung meines Freundes, des Herrn Dr. Tinozzi. 
Er ist hereditär nicht belastet, seit acht Jahren leidet er an chronischer 
Bronchitis, vor einem Jahre fing er an zu fiebern, magerte ab, hatte 
häufig stechende Schmerzen in der rechten Fossa supraclavicularis. Er 
hatte oft Nasenbluten. Seit zwei Monaten ist eine bemerkenswerthe 
Verschlimmerung im Allgemeinbefinden eingetreten. 

Es handelt sich um ein heruntergekommenes Individuum mit para¬ 
lytischem Thorax und langem Hals, die Fossae supra- und infraclaviculares 
sind tief eingesunken, besonders rechts. Ueber den Spitzen ergiebt die 
Percussion vorn tympani tischen Schall, hinten eine mässige Dämpfung, 
man hört hier bronchiales Athmen und klingende Rasselgeräusche. Abends 
besteht Fieber von 38,5—39°, auch hat er Nachtschweisse. 20 Tage 
später verliess der Kranke das Spital, nicht sonderlich gebessert. Weiteres 
hörte man von ihm nicht. Wie man sieht, bietet die Krankheitsgeschichte 
nichts besonderes. 

2. Die Einimpfung grosser Mengen aus den Culturen von 
Bacillen menschlicher Tuberkulose ergab in unseren Versuchen 
bei den Hühnern weder Abmagerung noch Tuberkulose. Die Ein¬ 
impfung von Auswurf oder Producten der menschlichen Tuber¬ 
kulose . rief nicht selten (fünfmal) bemerkenswerthe Abmagerung 
und einmal den Tod nach zehn Tagen hervor. Das zeigt, dass 
ein Unterschied vorhanden ist zwischen den künstlich gezüchteten 
und den ursprünglichen Bacillen. 

3. Zweimal trat bei Einimpfung grosser Mengen von typi¬ 
schen Culturen von Geflügeltuberkulose (Maffucci, Migula) in 
dem Peritoneum von Hühnern keine Tuberkulose und keine Ab¬ 
magerung ein, ein Factum, das im Widerspruch steht mit den 
Resultaten der Versuche anderer Autoren und eigener Versuche 
(eins der von Kruse mit Geflügeltuberkulose geimpften Hühner 
starb zwar abgemagert, aber nicht tuberkulös). Man kann vielleicht 
annehmen, dass ich mit der Spitze der Nadel in den Darm und 
nicht in das Peritoneum eingedrungen bin, es ist bekannt (Maf¬ 
fucci), dass die Geflügeltuberkulose auf dem Wege der Eingeweide 
für die Hühner unschädlich ist. Ohne diese Möglichkeit auszu- 
schliessen, kann man auch, wie ich glaube, an eine relative Im¬ 
munität oder geringe Disposition dieser Hühner für Geflügeltuber¬ 
kulose denken. 

4. Bei Einimpfung von typischen Culturen von Ge¬ 
flügeltuberkulose in grosser Menge erhielt man in nicht 
seltenen Fällen eine richtige allgemeine Tuberkulose. 

Eine lokale Reaction bei Meerschweinchen durch Impfungen 
von Geflügeltuberkulose bei gleichzeitiger Anschwellung der be¬ 
nachbarten Drüsen, wobei auch die Bacillen in die inneren Organe 
eindringen, ohne Tuberkel zu erzeugen, war schon gezeigt worden 
(Maffucci, Straus und Gamaleia): aber die Thatsache, dass 
wirklich Tuberkulose entstände, war sehr bestritten worden. Mit 
Reinculturen von Geflügeltuberkulose hatten in einer gewissen Zahl 
von Fällen auch Sanchez-Toledo, Courmont und Dor, Cadiot, 
Gilbert, Roger bei Meerschweinchen Tuberkulose erhalten und 
in neuester Zeit Fischei; es freut mich, diesen strittigen Punkt 
beleuchtet zu haben. 

Man kann nun entgegenhalten, dass in unseren Fällen, wo wir 
grosse Mengen von Culturen unter die Haut impften, ein Theil 


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30. August. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


697 


vielleicht sehneU vom Blutstrom absorbirt worden ist und so, als 
Fremdkörper wirkend, Tuberkulose in den Organen hervorgerufen 
hat; es wäre dann das gleiche wie bei den Versuchen von Witt¬ 
mann, der in das Blut todte Bacillen, die von Säugethiertuber¬ 
kulose herstammten, brachte. Dieser Einwurf wird jedoch durch 
die Controllversuche hinfällig, denn eine gleiche Menge von todten 
Bacillen, die von Geflügeltuberkulose herstammten, wurden in die 
Haut, geimpft und riefen zwar nach 6—16 Tagen den Tod 
der Thiere unter allgemeiner Kachexie hervor, es fand 
sich jedoch weder in den Organen noch an der Impfungsstelle 
Tuberkulose. — 

Ausserdem ist bekannt, dass man keine neue Tuberkulose er¬ 
hält, wenn man Stücke aus Organen mit Tuberkeln einimpft, die 
durch Einbringen tuberkulöser Stoffe in das Blut entstanden’sind. 
Nun wurde das Meerschwein XXXIII mit Stücken der Organe von 
Meerschwein XXXII geimpft und wurde tuberkulös, ebenso zeigte 
sich allgemeine Tuberkulose bei Meerschwein XXXIV, das mit 
Stücken von den Organen von XXXIII geimpft worden war. Das 
heisst, dass nicht allein die entstandene Tuberkulose eine Folge 
der Wirkung lebender Bacillen war, sondern dass sich auch die 
Virulenz bei Uebertragung von einem Thier auf das andere erhält. 
Um die verschiedenen Resultate zu erklären, welche die Unter¬ 
sucher über die Art der Reaction der Meerschweinchen der Ge¬ 
flügeltuberkulose gegenüber erhalten haben, muss man sich vor 
Augen halten: 1) die Menge der eingeimpften Bacillen (diese 
Untersuchungen sind ein Beweis dafür), 2) den verschiedenen 
Grad der Virulenz der Culturen (ohne Zweifel giebt es auch 
bei den Culturen von Tuberkulose verschiedene Stufen der Virulenz 
ebenso wie bei anderen pathogenen Bacterien), 3) den verschie¬ 
denen Grad der Empfänglichkeit der Meerschweinchen 
für Geflügeltuberkulose (bei den vorhergehenden Unter¬ 
suchungen reagirten Meerschweinchen von fast gleichem Gewicht 
auf relativ gleiche Mengen derselben Cultur theils mit allgemeiner 
Tuberkulose, theils mit mehr oder weniger localisirter). 

Die durch Einimpfung von Culturen aus Geflügeltuberkulose 
bei Meerschweinchen entstandene Tuberkulose scheint im Verlauf 
und dem makroskopischen und mikroskopischen Charakter nach 
etwas verschieden zu sein von der Säugethiertuberkulose, man 
fand bei nach 30—40 Tagen getödteten Kaninchen ausgebreitete 
Tuberkulose bei verhältnissmässig geringer Gewichtsabnahme. Die 
locale Reaction (bei subcutaner Einimpfung) trat nach 5—7 Tagen 
auf, erreichte ihren Höhepunkt in 10—12 Tagen, wobei sich 
eine elastische Verhärtung, welche bei Palpation eine ähnliche 
Empfindung hervorrief wie eine syphilitische Initialsklerose, zeigte; 
gleichzeitig trat eine Anschwellung der benachbarten Drüsen 
auf, allerdings weniger hervortretend als bei der gewöhnlichen 
Tuberkulose. Nach 20—25 Tagen entsteht ein Abscess, der 
keine Neigung zur Geschwürsbildung hat und dessen Eiter 
flüssiger, ist als bei gewöhnlicher Tuberkulose. Die locale Re- 
aetion ist der allgemeinen gegenüber, falls eine solche eintritt, 
verhältnissmässig gering. In den inneren Organen (bei sub¬ 
cutaner Impfung, ich impfte unter die Haut der rechten Seite) 
sind zahlreiche Tuberkel in fallender Zahl im Peritoneum, den 
Mesenterialdrüsen, in der Leber und der Milz, dem Zwerchfell 
und den Lungen. Die Tuberkel sind makroskopisch grösser, 
weniger in einander übergehend als bei der gewöhnlichen Tuber¬ 
kulose, ihre Farbe ist weiss, glänzend, wenn sie sich etwas 
über die Oberfläche erheben. Häufig ist ein geringes fibrinöses 
Exsudat da, in der Leber fand ich oft Periphlebitis und Endo- 
phlebitis tuborculosa. Auf den Verlauf der Tuberkulose und die 
mikroskopischen Einzelheiten der Tuberkel hoffe ich ein anderes 
mal zurückzukortnnen, augenblicklich mangelt es an Zeit, die ganze 
Untersuchung durchzuführen. Das Wichtigste war, zu erkennen, 
dass in der That Geflügeltuberkulose Tuberkel hervorbringt. Die 
mikroskopische Untersuchung zeigt stets in den Tuberkeln eine 
sehr reiche kleinzellige Infiltration mit wenigen Riesenzellen, im 
Innern zahlreiche Tuberkelbacillen. Der genaue histologische Bau 
der Tuberkel erfordert noch eine genauere Untersuchung; in unserm 
Falle konnte ich sie nicht vollenden, weil die Thiere getödtet 
wurden und man ihren natürlichen Tod nicht abwartete. 

Angesichts aller dieser Beobachtungen von Geflügeltuberkulose 
bei Menschen und Säugethieren; der verschiedenen Reaction der 
Hühner gegenüber der Säugethiertuberkulose (Untersuchungen des 
französischen Forscher: floride Tuberkulose des Hahnenkammes); 
der Entwickelung der Tuberkulose bei Meerschweinchen durch* Ge¬ 
flügeltuberkulose; der Verschiedenheit, welche die Culturen von 
Geflügel- und Säugethiertuberkulose auf den Nährböden, bezüglich 
des Aussehens, der Consistenz, des Wachsthums (Kruse, Fischei; 
nach Fischel kann das Verhalten der Culturen bis zu einem ge¬ 
wissen Punkt künstlich beeinflusst werden) zeigen, ist die Be¬ 
hauptung vollauf gerechtfertigt, dass zwischen den zwei Arten 


von Tuberkulose, Geflügel- und Säugothiertuberkulose, einige Ueber- 
gangsformen Vorkommen. 

Meinem hochverehrten Director, Herrn Professor Cardarelli, 
spreche ich meinen ergebensten Dank für die Ueberlassung des 
Materials und das meinen Untersuchungen zugewendete Inter¬ 
esse aus. 

VI. Oeffentliclies Sanitätswesen. 

Ein Beitrag zur Hygiene auf dem platten Lande und in 
kleinen Städten. 

Von Sanitätsrath Dr. Kollm, Berlin. 

In den letzten Jahren ist sowohl in den Versammlungen als auch in 
der Zeitschrift des preussischen Medicinalbeamtenvereins vielfach darüber 
verhandelt worden, dass die sanitären Verhältnisse in kleinen Städten und 
auf dem platten Lande sehr viel schlechter seien als in grossen Städten. 
Zur Beseitigung dieses anerkannten Uebelstandes wurde von einer Seite 
vorgeschlagen, mit Unterstützung der vaterländischen Frauenvereine das 
Volk zur Reinlichkeit zu erziehen. Von anderer Seite wurde die ausgiebige 
Heranziehung der Krankenschwestern religiöser Orden und Vereine auf das 
Land als wirksamere Maassregel empfohlen. Es dürfte indessen zum mindesten 
zweifelhaft sein, ob durch diese Mittel allein die vielseitigen hygienischen Uebel- 
stände auf dem Lande gebessert werden können. Die verschiedenen socialen 
Verhältnisse, die mit in Betracht gezogen werden müssen, werden eine ganze 
Reihe noch anderer Maassnahmen erfordern. Vielo Kräfte werden mitwlrken 
müssen, um wenigstens die dringendsten Uebclstände einigermaassen zu be¬ 
seitigen. Manche fruchtlosen Versuche werden wohl noch gemacht und 
manche zweckmässigen, aber auch viele unausführbare Maassregeln ersonnen 
werden. Es mag daher vielleicht nicht überflüssig erscheinen, in eine Er¬ 
örterung dieser Fragen Yon neuem einzutreten und zu untersuchen, wie 
die Verhältnisse sich bis jetzt gestaltet haben, was mit den vorhandenen 
Mitteln geleistet werden kann und welche neuen Maassregeln ergriffen 
werden können, um die hygienischen Verhältnisse auf dem Lande zu bessern, 
ohne die Leistungsfähigkeit der Einzelnen sowio der kleineren Cornmunen 
und grösseren Verbände zu sehr in Anspruch zu nehmen. 

Es ist von vornherein hervorzuheben, dass die Verschiedenheit der ein¬ 
zelnen Provinzen und Landstriche in Bodenbeschaffenheit, Klima, industrieller 
Betriebsamkeit, Lebensgewohnheiten und Wohlhabenheit je nach Lage der 
Sache verschiedene Maassnahmen erfordern wird. Eine erschöpfende Besprechung 
aller einschlägigen Verhältnisse wird hier nicht beabsichtigt, es sollen nur 
in kurzen Zügen die Erfahrungen, die in langjähriger ärztlicher und amts¬ 
ärztlicher Thätigkeit in einem kleinen Landstädtchen Schlesiens gemacht 
sind und die sich durch dieselben als zweckmässig därbietenden, vielleicht 
zu ergreifenden Maassnahmen dargestellt werden. 

Das vor wiegendste Interesse werden stets die Infectionskrank beiten 
beanspruchen, weil sie hauptsächlich zu der erhöhten Sterblichkeitsziffer bei¬ 
tragen und weil bei deren Bekämpfung alle örtlichen, gesellschaftlichen und 
hygienischen Verhältnisse in Betracht gezogen werden müssen. Nach den 
ausführlichen statistischen Berichten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamto 
herrschen Jahr ein, Jahr aus die verschiedensten Epidemieen in weiten 
Landstrichen in Preussen. Dieselben bringen vornehmlich dem platten Lande 
stets neue schwere Verluste an Menschen und Geld. Die Mittel, welche zu 
deren Bekämpfung dienen und von Behörden und Privaten angewendet 
werden sollen, sind die Anzeigepflicht, Isolirung der Kranken, Desinfection 
nach Beendigung der Krankheit und Schaffung möglichst günstiger hygienischer 
Verhältnisse, oder vielmehr Verbesserung der schlechten hygienischen Ver¬ 
hältnisse. Es ist zweifellos und wird durch die Erfahrungen aus älterer und 
neuerer Zeit bestätigt, dass die genaue Durchführung dieser Maassregeln 
wohl imstande wäre, die Entstehung von Infectionskrankheiten zu beschränken 
und die Ausbreitung von Epidemieen zu verhindern. Wenn dieselben trotz¬ 
dem so verbreitet sind, so wird man die mangelhafte Ausführung dieser 
Maassregeln oder die unzulänglichen Einrichtungen, welche eine bessere 
Ausführung verhindern, dafür verantwortlich zu machen haben. Beides ist 
auf dem Lande der Fall. 

In erster Linie ist die Art tmd Weise, wie die Anzeigepflicht auf dem 
Lande vielfach gehandhabt wird, in Betracht zu ziehen. Dieselbe soll mög¬ 
lichst frühzeitig Kenntniss geben von dem Auftreten epidemischer Er¬ 
krankungen und eine Uebersicht über das Fortschreiten derselben darbieten, 
um die Möglichkeit rechtzeitigen Eingreifens zu gewähren. Jedem Physikus 
und jedem Arzte, der auf dem Lande praktizirt, ist es bekannt, dass dort 
von einer exacten Durchführung derselben nicht die Rede sein kann, ln 
kleinen, weit von dem Wohnorte eines Arztes entfernten Ortschaften mit 
armer Bevölkerung wird nur in den seltensten Fällen ein Arzt bei Er¬ 
krankungsfällen zugezogen. Bei den gewöhnlichen Ausschlagskrankhciton 
Masern, Röthelu, Scharlach, vielfach auch bei Diphtherie behilft man sich ohne 
Arzt und bleibt bei der von Alters her überkommenen Behandlung durch 
Hausmittel. Erst wenn mehrfache Todesfälle in einer Familie vorgekommen 
sind, wird der Arzt gerufen, der zu seinem Erstaunen eine weit verbreitete 
Epidemie vorfindet, die nun erst durch seine Anzeige zur amtlichen Kennt¬ 
niss gelangt. In den meisten Fällen hat es damit sein Bewenden, wenn 
nicht etwa Erk rank ungs fälle in dem Schulhause vorgekommen sind. Ein 
Eingreifen der Sanitätsbehörde ist dann meist auch wohl zu spät, besonders 
da noch recht viel Zeit vergeht, ehe der betreffende Physikus davon Kennt¬ 
niss erlangt und die Aufforderung erhält, die Untersuchung an Ort und 
Stelle vorzunchmen und die erforderlichen sanitätspolizeilichen Maassregeln 
anzuordnen. Die Anzeige erfolgt meist schriftlich an den Amtsvorsteher, 
wenn dieser nicht etwa zufällig seinen Sitz im Dorfe hat. Da der Amtsvor- 
steher nicht täglich mit dem Landrathsamte in Correspondenz stellt, sondern 
erst eine Anzahl Sachen sich ansammeln lässt, ehe er dieselben absendet, 


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698 


DEUTSCHE} MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


. No. 35 


so ist es nur einem glücklichen Zufalle zuzuschreiben, wenn die Anzeige an 
demselben Tage an das Landrathsamt weiterbefördert wird. Auch dort ver¬ 
gehen oft mehrere Tage, bis der Physikus die Anzoige erhfilt, namentlich 
wenn er sich nicht am Sitze des Landrathsamtes befindet. Hat er nicht, 
wie es in einzelnen Kreisen wohl vorkommt, ein für alle Mal von dem Land¬ 
rath die Vollmacht, nach Gutdünken, ohne erst eine amtliche Aufforderung 
abzuwarten, einzugreifen, so vergehen oft wieder Tage, ehe, unter Umständen 
auf sein Ansuchen, ihm die Vollmacht ertheilt wird. So kann es geschehen, 
dass eine Anzeige erst nach Wochen in die Hände des Physikus gelangt, 
wie es mir oft genug erging. Dass die Amtsvorsteher und Ortspolizei¬ 
behörden ferner die Bestimmungen über Anzeigepflicht recht verschieden 
auslegen, dafür giebt es manche Belege. 

Recht häufig bringen noch andere Ursachen eine Umgehung der An¬ 
zeigepflicht zu Wege. Vornehmlich ist es auf dem Lande und auch in 
kleineren Städten die Besorgniss vor den möglicherweise entstehenden Ver¬ 
kehrs- und Geschäftsstörungen, vor mancherlei Unbequemlichkeiten, welche 
das Bekanntwerden und die etwa angeordnete Isolierung zur Folge haben 
können. Man verheimlicht die Krankheit entweder ganz oder so lange als 
möglich, wozu bei den vielen Interessen, die mitspielen, die verschiedensten 
Organe mitwirken. Nicht zum mindesten spricht dabei die Sorge mit, dass 
den Einzelnen und der Gemeinde etwa ausserordentliche Kosten erwachsen 
könnten. Es darf unter diesen Umständen nicht Wunder nehmen, wenn die 
Anzeigepflicht zum grossen Theil ihren Zweck nicht erfüllt und erfüllen 
kann. 

Das Eingreifen des Medicinalbeamtcn, wenn dieses überhaupt verfügt 
wird, erfolgt meist zu spät. Gewöhnlich findet er eine ausgebroitote Epi¬ 
demie vor, gegen die er schwerlich imstande sein wird, wirksam anzu- 
kämpfeu. Die Entsendung der Physiker erfolgt in einzelnen Regierungs¬ 
bezirken, auch in den einzelnen Kreisen nicht immer nach denselben Ge¬ 
sichtspunkten. Namentlich in letzteren kommt cs sehr auf die Auffassung des 
Landrathes an, ob dieser geneigt ist, für die Nothwendigkeit der Maassregel 
einzustehen. Im allgemeinen findet die Entsendung der Physiker nicht zu 
häufig statt. Beispielsweise wurde nach dem Generalsanitätsbericht für den 
Regierungsbezirk Liegnitz für die Jahre 1886—1888 jeder Physikus jährlich 
zu sanitätspolizeilichen Verrichtungen durchschnittlich fünfmal entsandt, 
ln 4 Kreisen stieg die Zahl in einzelnen Jahren bis auf 10 oder etwas dar¬ 
über, in 5 Kreisen kamen nur 1 bis 2 sanitätspolizeiliche Requisitionen 
vor, trotzdem überall weitverbreitete Epidemieen herrschten. Von Laien und 
Aerzten kann man daher oft genug die Klage hören, dass die Anzeige eine 
leere, oft recht lästige und störende Form sei, die einen besonderen Erfolg 
doch nicht habe imd daher besser zu unterlassen sei. 


Nicht viel besser steht es mit den nach Ausbruch einer Epidemie von 
Seiten der Sanitätspolizei zu ergreifenden Maassnahmen der Isolirung der 
Kranken und später der Desinfection. Die, wie oben ausgeführt, so häufig 
verspätete Anzeige lässt es meist ganz zwecklos erscheinen, den Physikus 
nach den ergriffenen Orten zu entsenden. Falls dies geschieht, findet er 
dann gewöhnlich eine weit verbreitete Epidemie, die vielleicht schon im Er¬ 
löschen ist oder bei der fast jedes Haus Kranke beherbergt, der er machtlos 
gegenüber steht. Kommt er aber auch rechtzeitig, so steht es mit der Aus¬ 
führung der von ihm angeordneten Maassregeln doch oft genug recht übel. 
Dieselbe hängt von dem Verständnis, dem guten Willen des Amtsvorstehers 
und der niederen Organe, und nicht zum wenigsten davon ab, ob Geld¬ 
opfer damit für die Gemeinde und die einzelnen Betroffenen verknüpft sind. 
Ebenso sprechen Geschäfts- und Verkehrs- und andere Interessen auch noch 
mit,. Letzteres ist besonders der Fall bei etwa verfügter Isolirung der ein¬ 
zelnen Kranken oder einer ganzen Familie, die meist ein Gehöft inne hat. 
Der Geschäftsgang ist dann der Art, dass der Amtsvorsteher oder in dessen 
Vertretung zumeist der Gutsinspector oder Amtsschreiber den betreffenden 
Gemeindevorsteher mit der Ausführung betraut. Dieser sendet den Gemeinde¬ 
diener mit einer kleinen lafel, auf der die betreffende Krankheit verzeichnet 
ist, an Ort und Stelle. Daselbst wird sie möglichst verborgen und unkennt¬ 
lich angebracht, um keine Störungen zu veranlassen. Damit ist der amt¬ 
lichen Verfügung Genüge geleistet. In kleinen Ortschaften wird, da die Be¬ 
wohner sich genau kennen und alle Vorgänge sofort erfahren, die Sache 
nicht von grosser Bedeutung sein, aber in langen, oft über 8 km ausge¬ 
dehnten, zerstreut liegenden Dörfern wird von einer Isolirung dann nicht 
mehr die Rede sein können. Sind nur wenige Kranke am Orte, so würde 
die Absonderung einer Famjlie bei strenger Beobachtung der Vorschriften 
im allgemeinen leicht durchführbar sein, da die einzelnen Familien gewöhn¬ 
lich ein Gehöft bewohnen. Schwieriger ist es, einzelne Familienglieder ab¬ 
zusondern, da dieselben vielfach nur einen einzigen Raum bewohnen und zu¬ 
sammen schlafen. Auf grossen Gütern, wo grosse Gesindehäuser mit zähl- 
rrnchen Arbeiterfamilien belegt sind, die oft einen engen Raum, besonders 
die Küche gemeinschaftlich benutzen, ist es bei vielen Erkrankungen nicht 
möglich, eine Absonderung durchzuführen. In kurzer Zeit sind dort meist 
saraintliche Familen von der Krankheit ergriffen, wenn nicht gleich bei der 
ers en Erkrankung durch den Besitzer der betreffenden Familie ein leerer 
Stall oder ein anderer abgesonderter Raum angewiesen wird. Wenig Erfolg 
bietet die Schliessung der Schule auf dem Lande, da die Kinder fast den 
ganzen 1 ag sich selbst uberlassen sind und der Verkehr der Kinder unter¬ 
einander m der schulfreien Zeit in kleinen Ortschaften ein viel innigerer 
als m der ^tadt ist. Das Verbot des Ausstellens der Leichen an In- 
fectionskrankheiten Verstorbener wird von den Landleuten nur sehr schwer 
befolgt. Sie empfinden dies ebenso wie das Verbot der Schulbegleitung bei 
Begräbnissen als einen dem Todten angethanen Schimpf. In der Umgehung 

unterstützt^'' Werd<m ^ ° ft gCnUg aUch VOn den kirchli <*en Organen 

Was nun die Desinfection anbelangt, so wird sie, wenn sie verfügt ist. 

Lan , d< V aUch T unv ? llk '^nien gehandhabt, da sie gewöhnlich von 
dun Gemeindediener ohne jede Sachkenntnis vorgenommen wird. Dieselbe 
beschrankt sich gewöhnlich auf das Aufstellen einiger Näpfe mit Chlorkalk, 
die man ohne Zusatz von Säure oft noch nach vielen Tagen in den be¬ 


treffenden Krankenzimmern vorfindet. Zwar sind in einzelnen Kreisen vom 
Physikus geprüfte Desinfectoren vorhanden. Dieselben können aber auf 
dem Lande kaum ihre Thätigkeit entfalten, da weder die Gemeinde noch die 
von der Krankheit Betroffenen die Kosten tragen wollen, vielfach auch nicht 
können. Das Weissen der Wände und Decken der Zimmer mit Chlorkalk 
oder gewöhnlichem Kalk, das Abwaschen der Fussböden, Hausgeräthe mit grüner 
Seife, das Verbrennen des Bettstrohs, das Begiessen etwaiger Abgänge der 
Kranken mit Carbollösung wird zwar stets von dem Physikus dem Gemeinde¬ 
vorsteher streng anbefohlen, aber unterbleibt oft genug, da es für über¬ 
flüssig gehalten wird und eine Controlle schwer auszuführen ist. Nicht 
böser Wille, aber Indolenz, das Hängen an alten Gebräuchen und die Scheu 
vor entstehenden Kosten verhindern die Ausführung der besten Vorschriften 
bei dem gewöhnlichen Landmanne. Grosse Schwierigkeiten entstehen auch 
beim Desinficiren von Wäsche, Betten und Kleidern. Scheuen sich die Ge¬ 
sunden nicht, mit den Kranken in einem Bette zu schlafen, so fühlen sie 
auch keinerlei Besorgniss, die Kleider der Verstorbenen weiter zu benutzen. 
Befinden sich grössere Güter, womöglich eine Fabrik oder Brennerei mit 
Dampfbetrieb am Orte, so gelingt es dem Physikus unschwer, wenn er den 
betreffenden Besitzer dafür interessirt, die Desinfection durch Her¬ 
stellung eines improvisirten Dampfapparates, wie in der Ministerialverfügung 
vom 14. Juni 1888 bezüglich der Desinfection bei Cholera angegeben ist, 
durchzuführen. Besser ist das Verhältniss in den kleineren Städten oder 
in den Ortschaften, wo ein Arzt ansässig ist. Meist ist dieser dann in 
der Lage und hat das Interesse, die nothwendigen Desinfectionsmaassregeln 
zu überwachen und zu leiten. 

Wendet man sich nun zur Betrachtung der allgemeinen hygienischen 
Verhältnisse auf dem Lande, so erweisen sich dieselben nur selten zufrieden¬ 
stellend, in vielen Gegenden überaus schlecht. Man findet, allerdings nur 
bei ganz armen Leuten, noch immer schlechte, elende Hütten, deren Fenster 
mit Moos verpackt und nicht zu öffnen sind, niedrige, kleine, dumpfe Räume, 
deren Fussböden oft nicht gedielt sind, die einer grossen Anzahl von Per¬ 
sonen zum Aufenthalt dienen, mitunter auch noch Geflügel oder Vieh be¬ 
herbergen. Die Ställe sind dicht am Hause, die Düngergruben und der 
offene Ziehbrunnen gleich daneben. Werden im Sommer alle diese Nach¬ 
theile durch den beständigen Aufenthalt in frischer Luft aufgewogen, so 
treten sie desto greller im Winter zu Tage, oder dann, wenn durch schwere 
Erkrankung die Mitglieder der Familie an das Zimmer oder Bett gefesselt 
sind. Die für mehrere Personen eingerichteten grossen Bettladen beher¬ 
bergen dann oft Kranke und Gesunde. Bei der Unausführbarkeit der Ab¬ 
sonderung, bei dem Mangel frischer Luft, guter Pflege und ordentlicher 
Ernährung, meist auch jeder ärztlichen Behandlung, erscheint es nicht 
wunderbar, dass die Krankheiten viel schwerer auftreten und viel weiter um 
sich greifen. Besser sind die Verhältnisse bei wohlhabenden kleinen Be¬ 
sitzern und bei grösseren Bauern, obgleich für das Gesinde derselben, was die 
Wohnung betrifft, sehr schlecht gesorgt ist. Letzteres wird aber dadurch 
aufgewogen, dass sie im übrigen als zur Familie gehörig gezählt werden, 
sich beständig bei dieser aufhalten und die Nahrung mit ihr theilen. Bei 
den grösseren Grundbesitzern ist dagegen viel geschehen, um sesshafte Ar¬ 
beiter und Dienstleuto zu erhalten, diesen eine bessere Häuslichkeit zu 
schaffen. Fast überall findet man dort die Arbeiter in eigenen kleinen Häus¬ 
chen mit Vorgärten untergebracht, und vielfach ist ihnen gestattet, Hühner, 
Schweine etc. zu halten. Eine Riesenaufgabe für die Organe der Sanitäts¬ 
polizei ist es, die schlechten hygienischen Verhältnisse der ärmeren Bevölkerung 
zuverbessern. Alte Gewohnheit,Unverstand,Unkenntnissund häufig 
böser Wille sind zu überwinden. Wenn der Physikus nicht eine weit 
verbreitete Landpraxis hat, wird er diese Verhältnisse überhaupt nicht viel zu 
Gesichte bekommen, da er amtlich nur selten Gelegenheit hat, denselben näher 
zu treten. Geschieht dies, so ist der Widerstand, den er bei der Ausführung 
auch der nothwendigsten hygienischen Maaassregeln findet, ausserordentlich 
gross. Gewöhnlich scheitert selbst bei gutem Willen Alles an dem Kosten¬ 
punkte. Weder der Amtsbezirk, noch die Gemeinde, noch der Einzelne 
findet sich zur Tragung der Kosten gern bereit. Durch alle möglichen Mittel, 
auch durch immer wiederholte Eingaben an die Oberbehörden sucht man 
dann die lästigen Maassregeln zu verhindern, oder wenigstens auf lange Zeit 
zu verschieben. Wie schwer es oft hält, nur einen Brunnen auf dem Lande 
zu schliessen, weiss jeder, der damit zu thun hatte. Dass in dieser Beziehung 
ausserordentlich viel zu thun ist und dass die vorhandenen Organe der 
Sanitätspolizei nicht immer ausreichen, weder um die vielen, für gewöhnlich 
verborgen gehaltenen gesundheitlichen Schäden zu entdecken, noch die zu 
Tage tretenden zu beseitigen und so auch den so verheerend auftretenden 
Epidemieen einen Damm zu setzen, kann nicht bezweifelt werden. Es muss 
aber die Aufgabe einer weiterblickenden Hygiene und Sanitätspolizei sein, 
Mittel zu finden, welche ohne zu grosse Belastung des Staates, der Gemeinden, 
der Einzelnen hierin Wandel schaffen und das Auftreten von Epidemieen ver¬ 
hindern, welche kein unbedingt nothwendiges Uebel sind. Dass eine einzelne 
Maassregel nicht im Stande ist, dies zu erreichen, ist klar. Grosse organi¬ 
satorische Veränderungen einzuführen, dazu bedarf cs grosser Mittel, Vor¬ 
bereitungen und noch vieler Erfahrungen. Man wird deshalb immer mit den 
bestehenden Verhältnissen zu rechnen haben, und es fragt sich nun, ob man 
auch bei der gegenwärtigen Organisation der Sanitätspolizei nicht mehr zu 
leisten imstande ist als bisher. Gewiss ist dies der Fall; dafür sprechen die 
Erfahrungen einzelner Physiker. Immerhin sind diese doch nur als das Resultat 
besonderer Begabung und Energie und des Zusammenwirkens vieler günstiger 
Umstände, wie z. B. besonderes Interesse des Landraths, der Polizeibehörden, 
Entgegenkommen der Bevölkerung etc. aufzufassen. Aber auch ohne diese 
müsste es zu erreichen sein. Vielleicht dienen nachstehende Ausführungen 
dazu, einige Anhaltspunkte zu bieten. 

Der Ausbruch einer epidemischen Erkrankung ist als ein Unglücksfall 
zu betrachten, der zwar zuerst nur Einzelne betrifft, dann aber die 
Gemeinde, oft auch einen weiteren Kreis und grössere Länderstrecken, 
imter Umständen sogar eine ganze Provinz, ja den Staat bedrohen kann. 
Die Schuld kann nur in seltenen Ausnahmefällen einen Einzelnen treffen, 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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30. August. 


in der Regel sind mangelhafte Einrichtungen und Vernachlässigungen 
seitens der Gemeinde, des Kreises, der Provinzen die direct oder indirect 
die Ausbreitung befördernden Ursachen. Unter Umständen wird eine Ur¬ 
sache überhaupt nicht gefunden werden können. Es möchte unter dieser 
Voraussetzung wohl gerechtfertigt erscheinen, dass, wenn eine Gefahr für 
Alle besteht, auch Alle, die Betroffenen sowie die augenblicklich noch nicht 
von dem Unglücksfall Betroffenen, aber davon Bedrohten, sich zur Abwehr 
gegen denselben vereinen. Hiernach sind die Kosten für die Abwehr der 
Epidemieen, für die bei ihrem Auftreten zu ergreifenden sanitätspolizeilichen 
Maassregeln nicht dem Einzelnen zur Last zu legen, sondern müssen von der 
Allgemeinheit getragen werden, also entweder von einem grösseren Gemeinde¬ 
wesen, vom Kreise oder von der Provinz, eventuell vom Staate. Je grösser 
der Kreis ist, der für die Abwehr der Gefahr eintritt, desto ge¬ 
ringer würde die Last für den Einzelnen sein. Es würde dann auch 
ein Hauptgrund, die Scheu Yor den Kosten und der Mangel an disponiblen 
Mitteln, der gegenwärtig so lähmend auf alle Maassnahmen einwirkt und 
diese zum Theil vereitelt, wegfallen. Es würde, wenn der Kostenpunkt nicht 
wie bisher mitspricht, bei systematischem Vorgehen eine Besserung der 
hygienischen Verhältnisse und ein rechtzeitiges Eingreifen bei entstehender 
Gefahr ermöglicht werden. 

Es liegt unter diesen Voraussetzungen nahe, an der Errichtung von 
Kreis- oder Provinzialversicherungen, bezw. mit Rückversicherung 
auf den Staat bei Ausbruch grosser, den Staat bedrohender Volksseuchen, wie 
z. B. der Cholera, gegen den Ausbruch und die Ausbreitung von Epidemieen zu 
denken. Bei Thierseuchen besteht eine derartige Versicherung bereits und 
hat sich als segensreich erwiesen. Da alle in einem Orte oder in einem 
Kreise Wohnenden der Gefahr, bei einer Epidemie von dieser ergriffen zu 
werden, ausgesetzt sind, so könnten nur der Kreis oder der Regierungsbezirk 
als Versicherungspflichtige angesehen werden. Der Unterschied gegen den be¬ 
stehenden Zustand läge darin, dass nicht der einzelne von dem Unglücksfall 
Betroffene, sondern auch alle zu einem grösseren Verbände Gehörigen, auch 
wenn sie nicht betroffen sind, zur Abwehr des Unglücks herangezogen würden. 
Nimmt man den Fall einer Kreisversicherung an, so würde jede Ortschaft ge¬ 
zwungen sein, nach Maassgabe der Einwohnerzahl beizusteuern. Da die Ort¬ 
schaften indess nach Lage, Bodenbeschaffenheit, nach den bestehenden sani¬ 
tären Verhältnissen sehr verschieden sind, so könnte nicht ein Einheitssatz in An¬ 
wendung kommen, sondern es wären verschiedene Gefahrenklassen aufzustellen, 
je nach der Häufigkeit der in einem bestimmten Zeiträume bisher aufgetretenen 
Epidemieen und nach den örtlichen, dieselben begünstigenden Verhältnissen. 
Ein Ort könnte aus einer höheren in eine niedere Klasse versetzt werden, 
wenn eine Besserung der hygienischen Verhältnisse eingetreten wäre. Da¬ 
durch, dass die Versicherungsgesellschaft aber auch ihrerseits durch Unter¬ 
stützung aller sanitären Bestrebungen und durch Mitwirkung bei Her¬ 
stellung aller Einrichtungen, welche dieselbe befördern, thätig wäre, würden 
die Gefahren vermindert und ein Kapital für unvorhergesehene, plötzlich 
auftretende, sich schnell weiter verbreitende Epidemieen gesammelt werden 
können. Kosten für Verwaltung, Abschätzung etc. würden nicht entstehen, 
da die Beamten des Kreises oder der städtischen Gemeinden dazu heran¬ 
gezogen werden könnten. Nach ungefährer Berechnung würden sich die 
Beiträge auf 60 bis 100 M. das Jahr für je 1000 Einwohner durchschnitt¬ 
lich stellen. Diese Ausgabe könnte nicht in Betracht kommen gegen die 
Summe der Einbusse an Privatvermögon, Arbeitskraft und gegen den Jammer 
und sonstige Verluste, welche Epidemieen zur Folge haben, wenn es ge¬ 
länge, die Krankheits- und Sterblichkeitsziffer dadurch herabzudrücken. 
In erster Linie würde vorläufig dies nur den Erfolg haben können, die drin¬ 
gendsten sanitätspolizeilichen Massregeln schnell und gründlich durch¬ 
zuführen. 

Um dies zu erreichen, wäre vor allem eine Aenderung der Anzeige¬ 
pflicht erforderlich, und zwar der Art, dass die Anzeige von den Be¬ 
theiligten oder im Unvermögensfalle von der Gemeindebehörde, wenn mög¬ 
lich telegraphisch direct dem Kreisphysikus zuginge. Dies lässt sich durch 
einfache Polizeivorschrift erreichen, wie es ja auch schon bei Kindbettfieber 
eingeführt ist. Bei gleichzeitigem Auftreten von fünf und mehr Erkrankungs¬ 
fällen wäre der Physikus gehalten, an Ort und Stelle die nöthigen Erhe¬ 
bungen und Anordnungen zu treffen, im übrigen müsste es seinem Er¬ 
messen anheimgestellt bleiben, dies zu thun. Ferner wäre dann unerlässlich 
eine strengere Durchführung der erforderlichen Absonderung und 
einDesinfectionszwang. Zur sachgeraässen Desinfection dürften dann nur 
die geprüften Desinfectoren herangezogen werden. Es würde gewiss kein 
Mangel an solchen entstehen, da es genug Leute auf dem Lande giebt, die 
sich ebenso wie zu dem Amt als Fleischbeschauer zu dem als Desinfectoren 
drängen würden, wenn sie die Aussicht auf einen öfter sich bietenden Ver¬ 
dienst hätten. Mit Hülfe der Versicherungsgesellschaft könnten nach und 
nach dann Dcsinfectionsapparate angeschafft vrerden, selbstverständlich, 
da sie bei der dichteren Bevölkerung nothwendiger sind und öfter be¬ 
nutzt werden, zuerst in den Städten. Es kann nicht davon die Rede sein, 
so grossartige Anstalten mit einer grossen Zahl von Beamten und allem 
Zubehör zu errichten, wie sie in den wenigen grossen Städten, in denen 
sich Desinfectionsanstalten befinden, vorhanden sind. Eine kleine Des- 
infectionskamraer, vielleicht an eine vorhandene Dampfkraft angeschlossen, 
genügt durchaus und kann segensreich wirken. Derartige Apparate 
lassen sich auf dem Lande, wo fast auf jedem Dorfe jetzt eine Brennerei 
oder sonst eino Fabrik mit Dampfbetrieb sich befindet, gewiss leicht im- 
provisiren und sind von mir improvisirt worden, ebenso wie von vielen 
Anderen. Man hat von verschiedenen Seiten für das Land fahrbare Des- 
infectionsapparate empfohlen. Es ist jedoch dabei zu bedenken, dass diese 
sehr theuer sind, dass sie sachverständiger Bedienung bedürfen und dass 
durch den Transport, der oft auf langen, schlechten Wegen sich recht schwer 
bewerkstelligen lässt, leicht der Apparat zu Schaden kommen kann, so dass 
er im Bedürfnissfalle nicht functionirt. Längere Zeit dürfte er oft auch nicht 
benutzt werden, könnte durch Rost leiden oder dann wieder nicht aus¬ 
reichend erscheinen, wenn er gleichzeitig an verschiedenen Orten erforderlich 


699 


wäre. —Wünschenswert wäre es, wenn jede Ortschaft ebenso wie siegegen 
Feuersgefahr eine Spritze besitzt, gegen die Infcctionskrankhciten einen 
kleinen Desinfectionsapparat .besässo. Für dessen Anschaffung müsste dio 
Versicherungsgesellschaft Prämien aussetzen. Es möchte gewiss einer Ge¬ 
sellschaft nicht schwer fallen, bei zahlreichen Bestellungen die Fa¬ 
briken zu veranlassen, recht billige, einfache Apparate herzustellen. Dio 
Technik schmiegt sich ja den Bedürfnissen stets an. Zu bedenken ist. auch, 
dass in der Zukunft vielleicht noch andere weniger umständliche und kost¬ 
spielige Maassnahmen für Desinfection oder für Unschädlichmachung der Krank- 
heitskeirae gefunden werden. Die vielversprechenden Fortschritte, die in 
der Lehre von der Immunität gemacht sind, geben der Hoffnung Kaum, dass 
das Ziel auf einfachere Weise zu erreichen ist. 

Es möchte wohl scheinen, dass eine derartige Versicherung für den 
Kreis ein recht überflüssiger Apparat sei, da der Kreis ohnedies in seinem 
Budget für sanitäre Einrichtungen grössere oder kleinere Summen einstellt, 
speciell die Entsendung des Physikus in Fällen von Epidemieen aber auf 
Staatskosten geschieht, der Kreis also unnöthig belastet würde. Hiergegen 
ist anzuführen, dass gegenwärtig im allgemeinen die von den Kreisen für 
sanitäre Zwecke aufgewandten Mittel sehr geringe sind, dass die Kosten den 
einzelnen Amtsbezirken und kleineren Gemeinden zur Last fallen und mög¬ 
lichst abgeschüttelt werden, dass der Physikus nur in den seltensten Fällen 
auf Staatskosten entsandt wird und dass so den Gefahren, welche dem ganzen 
Kreise drohen, nur in der ungenügendsten Weise begegnet wird. Ob aber 
eine Kreisversiclierung ausreichen würde, ist eine andere Frage. Als das 
Wünschenswertheste muss ciucProvinzial Versicherung bezeichnet werden. 
Es würden dann grössere Mittel disponibel sein und namentlich auch weitere 
Gesichtspunkte für die Besserung der hygienischen Verhältnisse maassgebeml 
gemacht werden können. Schon gegenwärtig hat die Provinz in ihrem Haus¬ 
halt Ausgaben für sanitäre Einrichtungen eingestellt. Es sind dies dio Unter¬ 
haltungskosten für Irrenanstalten, das Landarmeuwesen, Beihilfen für (.'haussee- 
bauten und Wegeverbesserungen, die Kosten für lleguliruug grösserer 
Wasserläufe. Dieser Kreis könnte erheblich erweitert werden, ohne dass, 
wie mir versichert wurde, die Leistungsfähigkeit der Provinz erschöpft würde. 
Wenn die Provinz recht erhebliche Beihilfen für Verbesserung von Wegen 
gewährt, welche mitunter anscheinend nur dem Interesse eines einzelnen 
Besitzers dienen, sollte es da nicht viel mehr gerechtfertigt erscheinen, wenn 
sie Beihilfen an Gemeinden gewähren würde, welche grössere hygienische 
Einrichtungen zu treffen wünschen und aus eigenen Mitteln dies nicht können? 
Gewiss würden derartige Beihilfen oder Prämien dazu dienen, in den Ge¬ 
meinden den Sinn für hygienische Verbesserungen zu heben, und so der 
Allgemeinheit der Provinz zu gute kommen. Solche Beihilfen könnten z. B. 
gewährt werden zur Anlage von Wasserleitungen, Canalisation, Errichtung 
von Schlachthäusern, Kranken-, Siechen- und Obdachhäusern, Anlage von 
Desinfectionsanstalten oder zur Errichtung von bakteriologischen Abteilungen 
in den vorhandenen Krankenhäusern. Freilich könnten letztere nur in den 
bescheidensten Grenzen sich halten, doch möchte der Zeitpunkt wohl 
nicht so fern liegen, wo auch an kleineren Krankenhäusern derartige Ab¬ 
teilungen ein Bedürfniss werden. Solche Abtheilungen an einem Kreis- 
krankeuhause könnten aber auch noch in anderer Hinsicht für den Kreis 
segensreich werden. Dort könnten alle Untersuchungen auf Wasser, Boden- 
beschaffcnheit etc. geführt werden, wenn ein darin geübter und ausgebildeter 
Arzt vorhanden wäre. Wie schwer cs gegenwärtig ist, solche Untersuchungen 
ausgeführt zu erhalten, und mit welchen Kosten es verknüpft ist, davon wissen 
manche Comraunen zu erzählen. Es wird daher meist eine solche Unter¬ 
suchung überhaupt nicht veranlasst. Vorläufig dürfte es allerdings noch 
schwer halten, derartige Kräfte zu erlangen. Würde indessen beim Physikats- 
examen auch mehr Gewicht auf diese Gegenstände gelegt werden, so würde 
es ein weites, lohnendes Feld für die Thätigkcit des Kreiswundarzt.es bilden 
können, während dieser Beamte gegenwärtig in sanitätspolizeilichen Ange¬ 
legenheiten schwerlich ausser in Vertretung des Physikus einmal in Thätig* 
keit kommt. Immer dringender macht sich für einen Kreis bei der Aus¬ 
dehnung der Alters-, Invaliden- und Unfall-Versicherung auf die ländlichen 
Arbeiterkreise die Notlnvendigkeit zur Errichtung eines Kreiskranken¬ 
hauses geltend. Es wäre nur folgerichtig, dass in diesem der Physikus als 
dirigironder Arzt und der Kreiswundarzt als dessen Vertreter und Vorsteher 
einer bakteriologischen Abtheilung zu fungiren hätte. Letzterer könnte dann 
vielleicht im Verein mit den in Aussicht genommenen Lebensmittelchemikem 
alle diese Untersuchungen übernehmen. 

Unter den bisherigen Verhältnissen könnten die beiden Kreismcdicinal- 
beamten eine weitere nutzbringende Thätigkeit zur Verbesserung der 
hygienischen Verhältnisse entfalten, wenn sie dafür sorgten, dass das Ver¬ 
ständnis für die Grundsätze der Hygiene in die weitesten Kreise 
verbreitet würde und dass namentlich die vielen geeigneten Kriitte, die 
sich unter den Aerzten, Apothekern, Fabrikbesitzern, Gutsbesitzern, Lehrern 
und vielen anderen im Kreise befindlichen Personen linden, zusainmen- 
gefasst würden und dann gemeinschaftlich nach bestimmten Grundsätzen 
wirkten. Vornehmlich wären es die Guts- und Fabrikbesitzer auf dem Lande, 
welche für diese Angelegenheit, zu interessiren wären. Dass diese Herren 
ein lebhaftes Verständniss dafür haben und oft genug hygienische Fragen 
in den Bereich ihrer Berathungen ziehen, weiss Jeder, der zeitweise den 
Verhandlungen in den landwirtschaftlichen Vereinen beigewohnt hat. 
Man darf nur an die zahlreichen Discussioncu über Milchgeuosseuschaften, 
Thicrseuchen, Arbeiterwohnungen, Fleischversorgung etc. denken. Hieran 
müsste man anschliessen, mit den landwirtschaftlichen Vereinen in Ver¬ 
bindung treten und gewisse Versaramlungstage zu hygienischen Erörterungen 
bestimmen. Man würde erstaunt sein, welche Fülle von Erfahrungen und 
Beobachtungen dort zu finden ist. Wollen wir eine Verbesserung dm 
hygienischen Verhältnisse auf dem Lande erzielen, so sind es immer nun io 
Gutsbesitzer, von denen dieselben gefördert und ins Leben gerufen werden. 
Au ihnen nehmen sich dann auch die Bauergutsbesitzer mn Beispiel. ie 
Besitzer sind es, die den Arbeitern dio Wohnungen bauen, ihre krauen stehen 
den Armen und Kranken bei, sorgen für die Unterweisung der weiblichen 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




700 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Laadkinder in ^weiblichen Handarbeiten und ziehen oft genug Diakonissinnen 
oder andere bchwestern auf’s Land, wo diese oft eine viel gesegnetere 
Phätigkeit entfalten können als in den Städten. Es wäre wünschens- 
wertk und müsste auf jede Weise befördert werden, dass recht zahlreiche 
derartige Schwestern auf die Dorfschaften vertheilt würden, weil der segens¬ 
reiche Einfluss, den diese auf die sanitären Verhältnisse ausüben, ein nicht 
genug zu schätzender ist. 

Eine andere Maassregel von grosser Wichtigkeit für die Sanitätspolizei 
auf dem Lande möchte noch die Einführung von niederen Organen sein, 
Gesundheitsaufsehern und Desinfectoren. Letztere sind, wie oben aus¬ 
geführt, in einzelnen Kreisen schon vorhanden und sind bei Desinfectionszwang 
unerlässlich. Was die Gesundheitsaufsehor betrifft, so haben sich diese 
in England bereits bewährt und sollen in Berlin eingeführt werden. Die 
vielen sanitären Missständo auf dem Lande kennen zu lernen, hat der 
Physikus in seiner Amtstätigkeit nur selten Gelegenheit. Als Arzt, wenn 
er viel auf dem Lande praktiziert, kommt er eher dazu. Aber auch da ent¬ 
geht ihm so manches. Ein am Orte Wohnender, der genötigt ist, sich 
darum zu kümmern, der alles recht genau kennt und auch das nötige Ver¬ 
ständnis:? dafür besitzt, ist für gewöhnlich der Lehrer. Ein gewisses Maass 
von hygienischen Kenntnissen erscheint für den Lehrer überhaupt erforder¬ 
lich. Es möchte daher sehr nützlich erscheinen, wenn man die Lehrer auf 
dem Lande und in kleinen Städten zu einem Kursus in der Hygiene, der 
sich auf Boden, Wasser, Luft, Schule, Wohnungen und Ernährung bezöge 
bei dein Kreisphysikus vereinigte. Dieselben könnten dann als vortreffliche 5 
Gesundheitsaufseher auf dem Lande tätig sein, dem Physikus die erforder¬ 
lichen, regelmässigen Berichte liefern und auf die vorhandenen Schäden hin- 
wcjsen. Line durch dieses Nebenamt ihnen zugeführte Erhöhung ihrer 
Km?, durfte lhr Interesse für die Sache stets wach halten. Viel vor¬ 
teilhafter und einheitlicher könnten sich alle diese Einrichtungen gestalten 
of-u die „ K : ei .? e T d dic ausscrhalb des Kreisverbandes stehenden grösseren 
Städte selbst ihre Sanitätsbeamten aus der Zahl der pro physicatu geprüften 
Aerzte anstellten. Ls wurde dies allerdings eine Uebertragung der Sanitäts- 
pohzei auf die Comnmnen voraussetzen, wie sie für Berlin und Breslau von 
den königlichen und städtischen Behörden bereits in Aussicht genommen 
worden ist. Nach Ueberlassung der Grund- und Gebäudesteuer an die 
Gommunen mochten die für diese Einrichtung erforderlichen Mittel wohl 
vorhanden sein. 

Vielleicht ist es möglich, diesen Vorschlägen einmal näher zu treten. 
Dass eine Versicherung gegen Epideraieen bei Menschen in der oben ange- 
iSTZJT d ^ fuhrbar , wurde mir von versicherungstechnischer 
1 r e ! klart ’ ai ; ch behauptet, dass eine Versicherungsgesellschaft 
s eher einen Gewinn erzielen möchte. Dass eine Versicherung unter gewissen 
Modifikationen aber auch für grosse Städte von Vortheil sein könnte, ist 
wohl anzunehmen Erwägt man beispielsweise, welche Kosten in Berlin 

fS* 6 “ 7 elch ? inf0, » e Von Diphtherie, Scharlach etc. in der 

Familie genothigt sind^ mehrere Räume desinficiren zu lassen und wie 

werden !° ch ausse Fff c wohnli c he Unkosten Unbemitteltere getroffen 

werden, so wurde man gewiss nicht fehl greifen, wenn man einer Versiche- 
rung, die durch einen jährlichen Beitrag von vielleicht 2—3 Mk die Möcr- 
Äh“" 8 ' UUeB,geltlichen bäte, eine recht weite VcrbeeHung 

VII. Achter internationaler Gongress für 
Hygiene und Demographie. 

Coilo i™ 1- September wird in Budapest der achte internationale 
Kongress für Hygiene und Demographie eröffnet. 

VN enn man den internationalen Aerzteversammlungen eine ire- 

und ' B fOr d dta U Ä S flo d ‘ e S ? li 1 C ? tun | : wi ssenschaftliclier S Streitfra|en 
und f ur die Aufklärung dunkler Probleme beimisst, so verdienen 

Durch J dm n T n ? reSSI i ll J ese W erthsel >ü^ u ng in besonderem Grade. 
£, rc G d ® n Austausch der Erfahrungen, welche die Hygieniker der 

» edenen -^. atl ? nen r m lhren durcl1 m annichfaltige Sonderverhält- 
«rnsr 1 L Ü nder , n gesammelt haben, werden die Regeln 
Individnor» a de J hygienischen Lebensbedingungen der 

Individuen und \ olker auf eine breitere Basis gestellt* auf diesen 

runT^v-Tf S u anifcätsc . onve nten werden die Mittel ’zur Förde¬ 
rung r vielfachen, stets sich erweiternden Aufgaben der Nah- 

und g sMdlrnden g Tf’r,Vt Werb * e '’ St '. idteh yg iene etc. einer sichtenden 
una sondernden Kritik unterworfen; hier werden in eine-ehenden 

Auf so bedeutsamen Gebieten und nach so zahlreichen DiVh 

üsss-aÄtttsas*: 


No. 35 


sich nach der Hauptstadt Ungarns begeben. Mögen die Forschungs¬ 
resultate, die aus der Mitte dieser Versammlung hervoro-ehen 
reiche Früchte zeitigen und das Wohl der Nationen in'wirk¬ 
samster Weise erhöhen helfen! j g 


VIEL Kleine Mittheilungen. 

~ Berlin. Der in ärztlichen Kreisen oft erhobenen Forderung von 
Schulärzten, denen die sanitäre Ueborwachung der Schule und —‘“ganz 
besonders — der Schüler obliegen soll, scheint neuerdings die Regierung 
erfreulicherweise näherzutreten. In ihren jüngst erlassenen Vorschriften 
über die Einrichtung besonderer Schulklassen für Schwachbegabte Kinder in 
\ olksschulcn heisst der erste Passus: Zur Auswahl der betreffenden Kinder 
Jur die besonderen Klassen wird thunlichst ein Arzt zugezo^en weil 
körperliche Gebrechen und überstandene Krankheiten mit der zurück¬ 
gebliebenen geistigen Entwickelung im Zusammenhang zu stehen pflegen 
und T “? e , iirz 1 fcllc h e Mitwirkung die Gewähr bietet, das die Ueberweisun* 
aut Kinder beschränkt bleibt, die geistig nicht genügend entwickelt sind° 
um an dom normalen Unterricht mit Nutzen sich zu betheiligen. — Es ist 
dringend zu wünschen, dass die zuständigen Behörden in der Anerkennung 
des wohltätigen Einflusses, welchen die praktische Mitarbeiterschaft deJ 
Aerzte aul dem Gebiete der gesammten Schulhygiene zu gewinnen vermag 
weitere r ortschritte machen. '" " 

T) e Privatdocent Dr. Fritz Strassmann ist zum ausserordentlichen 
1 rofessor für gerichtliche Medicin ernannt und definitiv mit der Leitung 
der Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde betraut. 

■ r ..~ Sanitätsrath Dr. Joseph Samter, der im Jahre 1892 nach 
47jah n ger Thätigkeit m Posen nach Berlin übergesiedelt ist, feierte am 
21 . d. M. sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum. 
n ~ ? m städtischen Krankenhause Moabit starb am 24. d. Mts. als 

seines _ Berufs Dr. A. Finkeistein, Assistenzarzt der chirurgisclieu 
Abtheilung, im Alter von 31 Jahren. 

. Das medicinische Waarenhaus zu Berlin hat am 25. August 
seine erste constituirende Versammlung abgehalten. U. a. wurde ein 
Ausschuss, bestehend aus den Herren Sanitätsrath Dr. Thorner als 
erstem Vorsitzenden, Dr. Alexander als stellvertretendem Vorsitzenden. 
Professor Dr v. Noorden, Professor Dr. Eulenburg, Zahnarzt Dr. 
Arthur Richter gewählt. Ferner wurde in Bezug auf die Wahl der 
technischen Commissionen beschlossen, dieselbe der Initiative des ver¬ 
einigten Ausschusses und Aufsichtsrathes zu überlassen. 
or ~ Frankfurt a. M. In Frankfurt a. M. findet in der Zeit vom 
2o. Uctober bis 3. November 1894 eine Ausstellung für Kochkunst, 
Conditorei, Bäckerei, Armee Verpflegung, Volksornährung und 
alle verwandten Gewerbe statt. Unter den 15 Gruppen, in welche die 
Ausstellung eingetheilt ist, dürfte namentlich die „Collectivausstellung 
lur diätetische Präparate“ interessiren. Anmeldungen sind an das Bureau 
der Ausstellung: Palais Restaurant, Frankfurt a. M., zu richten. 

Wien. Am 23. d. Mts. erschoss sich im Prater Baron Dr. 

I* ^’ be ^ ann f namentlich als Gründer und langjähriger Chefarzt 

der W iener freiwilligen Rettungsgesellschaft. 

" Calcutta. Vom 24. bis 29. December d. J. wird in Calcutta 
der I. Indische medicinische Congress abgehaiten werden. Die 
wissenschaftlichen Arbeiten desselben werden folgende sechs Seetionen 
umfassen: Medicin und Pathologie; Chirurgie, einschliesslich Ophthal¬ 
mologie;* Geburtshülfe und Frauen- und Kinderkrankheiten; Hygiene; 
Gerichtliche Medicin und Irrenwesen; Pharmakologie mit specieller Be¬ 
rücksichtigung indischer Droguen. 

In Paris besteht die zweckmässige Einrichtung, dass sich jede 
Amme auf der Polizeipäfectur einer genauen ärztlichen Untersuchung 
unterziehen muss. (Vergl. das Referat von Dr. H. Neumann, Litteratur- 
beilage No. 6, S. 39.) Fournier hatte in einer Sitzung der Acadömie 
de medeeme (Le Bulletin mddical 1891, No. 49) unter anderem auf einen 
Mangel dieser Einrichtung hingewiesen, dass nämlich die Amme keine 
Garantie gegen eine syphilitische Ansteckung von Seiten des Säuglings 
besitze. Nach dieser Richtung wird es vielleicht allgemeines Interesse 
erregen, dass vor kurzem die „Assistanee publique“ verurtheilt wurde, einer 
Amme, welche von einem ihr durch diese Administration überwiesenen Siiug- 
ünge Lues acquirirt hatte, eine Entschädigung von 7000 Frs. zu zahlen. Die 
Grunde wodurch dieses Urtheil gerechtfertigt wurde, sind folgende: Die 
Amme war, bevor ihr der Säugling übergeben wurde, gesund befunden 
worden. Der Säugling war unbekannten Ursprungs, und deshalb war eine 
ausserordentliche Sorgfalt um so mehr gerechfertigt. Einige Tage nach- 
dem das Kind der Amme übergeben war, trat Coryza, später ein Exanthem 
aut. In einem solchen Falle musste die Administration, zumal das Kind 
von vorn herein einen sehr schwächlichen Eindruck machte, vermehrte 
Aulmerksamkeit hierauf verwenden, um die Amme vor der Gefahr der 
Ansteckung zu schützen. Der Gerichtshof fand, dass die Maassnahmen, 
UD f e «^ e ■^ ns ^ ec ^ un & zu verhüten, nicht nach allen erdenklichen Richtungen 
getroffen waren und deshalb die „Assistanee publique“ zu verurtheilen sei- 

Universitäten. Freiburg. Priv.-Doc. Dr. A. Ojppel wurde 
zum a. o. Professor für Anatomie ernannt. — Tübingen. Dr. Roloff 
v! i-r!- a ^ s Privatdocent für pathologische Anatomie und Bacteriologie 
Mbilitirt. — Heidelberg. Dem a. ö. Professor Dr. Lossen ist der 
Gharakter als Honorarprofessor verliehen. — Brüssel. Prof. Dr. Leo 
VVarnots ist im Alter von 38 Jahren in Wiesbaden gestorben. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld 


iu Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






Donnerstag: 


6. September 1894. 


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DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Pani Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenhnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Uchtenstelnallee 3. Potadamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 3L 


I. Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am König¬ 
lichen Charit6-Krankenhause in Berlin. 

Praktische Winke zur Behandlung der 
Diphtherie mit Heilserum. 1 ) 

Von 0. Heubner. 

M. H.! In dem Augenblicke, wo die theoretisch hochbedeut¬ 
same Entdeckung von Behring sich anschickt, in die ärztliche 
Praxis überzugehen und auf ihre Verwerthbarkeit am Kranken¬ 
bette geprüft zu werden, halte ich es nicht für einen Raub, als 
Praktiker das Wort zu dieser Frage zu ergreifen. Ich thue 
dieses nicht etwa, um mich über den Heil werth des Diphtherie¬ 
antitoxins beim Menschen auszusprechen. Was ich nach kritischer 
Prüfung eines früheren, allerdings dem jetzigen an Heilwerth 
nachstehenden, Antitoxins hierüber zu sagen hatte, habe ich auf 
dem Congress in Rom und ausführlicher im zweiten und dritten 
Hefte des 88. Bandes des Jahrbuches für Kinderheilkunde mit- 
getheilt. 

Ich stelle mir heute vielmehr die anspruchslosere, aber wie 
mir dünkt, nicht nutzlose Aufgabe, das Behring’sche Gold, wenn 
ich so sagen darf, in ein für den Praktiker handliches Courant um¬ 
zumünzen. Die Mehrzahl der Aerzte, welche jetzt das Diphtherie¬ 
heilserum anwenden werden, haben nicht Zeit und Gelegenheit ge¬ 
habt, die schwierigen und mühevollen Wege, welche der Entdecker 
bis zu seinem jetzigen Standpunkte zurückgelegt hat, an der Hand 
seiner Abhandlungen mit ihm zu gehen. Sie empfinden aber ge¬ 
wiss das Bedürfniss, über das Mittel, welches ihnen jetzt zur Er¬ 
probung in der Praxis geboten wird, genauere Vorstellungen zu 
gewinnen. Das ist es, was ich auf Grund meiner Studien der 
Behr ing’schen Arbeiten und mannichfacher persönlicher Gespräche 
mit ihrem Verfasser in Kürze jetzt versuchen möchte. 

Was ist das Antitoxin ? Ein mystisches, unfassbares, geheim- 
ni8svolles Etwas? Ein Geheimmittel? 

Mit Nichten. Es ist ein Stoff, den man allerdings noch nicht 
chemisch definiren kann, der aber im Blutserum von Thieren ent¬ 
halten ist, welche in einer bestimmten Weise gegen das von den 
Löffler’schen Bacillen producirte Gift widerstandskräftig gemacht 
worden sind. Es giebt sehr viele Dinge im ärztlichen und nicht¬ 
ärztlichen Leben, deren Wesen uns nicht genauer bekannt ist, als 
das des Antitoxins und mit denen wir doch handtiren, heilen, 
Kräfte umsetzen u. s. w. Dieses Antitoxin aber ist in den be¬ 
treffenden Blutserumarten in bestimmten Mengenverhältnissen 
enthalten, welche messbar und damit dosirbar sind. Das dürfte 
für uns Aerzte vor der Hand die eine Hauptsache sein. 

Eine zweite praktisch höchst wichtige Eigenschaft des Anti¬ 
toxins ist seine Unschädlichkeit. Jeder Arzt hat die Devise: 
primum non nocere zu oberst auf sein Rüstzeug zu schreiben. So 
activ nun beim Thierversuch unser Stoff als Gegengift sich er¬ 
weist, so passiv verhält er sich im übrigen dem thierischen und 
menschlichen Organismus gegenüber. Er ruft keinerlei lokale 
oder allgemeine Störung hervor. Dieser Satz ist durch eine 
nunmehr in die tausende von Einzelbeobachtungen gehende, an 
den verschiedensten Krankenanstalten gewonnene Erfahrung sicher¬ 
gestellt und wird fortdauernd in wissenschaftlichen Instituten 

*) Vorträg, gehalten auf dem achten internationalen Congress für 
Hygiene und Demographie in Budapest. 


weiter überwacht. Als Beweis dieser Unschädlichkeit führe 
ich noch eine eigene neue Erfahrung an. In einen Saal der 
Kinderabtheilung der Charitö, der mit einer Reihe sehr schwäch¬ 
licher und junger ein- und zweijähriger Kinder belegt war, war ein 
Diphtheriefall eingeschleppt worden. Sofort versuchte ich zehn 
dieser hochgradig widerstandslosen, schwachen Kleinen durch Ein¬ 
spritzung des Antitoxins zu immunisiren. Kein einziges dieser 
Kinder trug irgend einen Nachtheil (Fieber, Appetitlosigkeit oder 
sonst etwas) davon. Uebrigens wurde auch keines inficirt. 

Durch diese Unschädlichkeit unterscheidet sich das Behring- 
sche Antitoxin nicht nur von recht vielen Medicamenten unseres 
Arzneischatzes, sondern auch von den sogenannten Vaccins. Auch 
das Koch’sche Tuberkulin stellt doch immerhin ein abgeschwächtes 
Gift dar, es heilt durch Giftgewöhnung, wenn man diesen Ausdruck 
brauchen darf. Es ist dem Arsen zu vergleichen, welches der 
Steyermärker zur Erhöhung gewisser Leistungen in steigender 
Dosis nimmt. Das Behring’sche Antitoxin dagegen entspricht 
etwa dem unschädlichen Eisenoxydhydrat, welches die acute Arsen¬ 
vergiftung durch Herstellung einer ungiftigen Verbindung heilt. 

Kehren wir nun zu der erstgenannten Eigenschaft des Anti¬ 
toxins, seiner Messbarkeit zurück. Wo ist das Maass, der Titer, 
an dem gemessen wird? Dieses Maass ist im Besitze der Pro¬ 
fessoren Behring und Ehrlich und von diesen selbst darge¬ 
stellt. Es besteht in einer bestimmten Menge Toxins, d. h. 
also von Diphtheriebacillen erzeugten Giftes, welches in einer 
bestimmten Menge Nährbouillon gelöst ist. Diese Lösung hat 
die Concentration, dass 0,4 ccm genügen, um ein Kilo 
Meerschweinchen hei subcutaner Iiyection sicher zu tödten 
(also z. B. ein Meerschweinchen von 250 g Gewicht wird durch 
0,1, eins von 500 g durch 0,2 sicher getödtet). 

Eine solche Lösung also ist die Normalgiftlösung. Dass zu 
ihrer Herstellung eine Masse von Arbeit, von Thierversuchen und ge¬ 
nauesten Beobachtungen nöthig ist, kann hier nicht weiter ausgeführt 
werden. Jeder in die Methoden gut eingeweihte Sachverständige 
kann sich aber eine derartige Lösung selbst bereiten. 

Für den Praktiker wichtig ist es aber, dass ein solches Maass 
vorhanden ist. Das Antitoxin des von einem vorbereiteten 
Thiere gewonnenen Serums wird nun — natürlich wieder durch 
eine ganze Reihe von Versuchen — daraufhin geprüft, wieviel von 
dem Serum nöthig ist, um 1 ccm der Normalgiftlösung, wenn es 
der letzteren im Reagenzglase zugesetzt wird, gerade ungiftig 
zu machen. Ein Blutserum, von welchem 0,1 ccm genügt, um 
jenen 1 ccm Giftlösung ungiftig zu machen, wird als Normal - 
antitoxinlösung bezeichnet, von welcher jeder Cubikcentimeter 
eine Normalantitoxineinheit repräsentirt. Jede Normalanti¬ 
toxineinheit ist also imstande, 10 ccm Normalgift zu „neutrali- 
siren“. Wird aber z. B. ein Serum von einem Thier gewonnen, 
von welchem 0,01 ccm dieselbe Neutralisation bewirken würde, so 
würde der Cubikcentimeter solchen Serams zehn Antitoxin¬ 
einheiten enthalten, und solch’ ein Serum wird dann als ein zehn¬ 
faches Normalserum bezeichnet. In der genannten Weise wird 
also das von jedem einzelnen Thiere gewonnene Serum geprüft 
und die Zahl seiner Antitoxineinheiten in 1 ccm be- 


immt. 

Das kräftigste Serum, welches bis jetzt in den Handel ge¬ 
loht worden ist (No. HI), ist ein 140faches Normalserum. Aus 
i früheren Ausführungen ergiebt sich, dass 1 ccm von demselben 
DO ccm Nonnateiftlösunir neutralisirt: da aber für Meerschweine 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


von ca. 250 g, an welchen in der Regel die Antitoxinbestimmung 
vorgenommen wird, 1 ccm Normalgiftlösung zehn sicher tödtliche 
Minimaldosen enthält, so genügt 1 ccm vom 140fachen Normal¬ 
serum, um 14 000 sicher (für das Meerschweinchen) tödtliche 
Diphtheriegiftdosen zu neutralisiren. 

Da das Serum liefernde Thier keine Retorte, sondern ein com- 
plicirter Organismus ist, so ist es leicht begreiflich, dass die 
Serumwerthe im Einzelfalle sehr häufig die vorher gehegten Er¬ 
wartungen nicht erfüllen. So hohe Serumwerthe, wie die eben 
besprochenen, sind bis jetzt nur bei solchen Thieren zu erreichen, 
die sehr häufig gefahrvollen Diphtherieinfectionen ausgesetzt wurden, 
und die nach jahrelanger Behandlung ganz besonders glücklich davon 
gekommen sind. Das ist aber nur bei einem geringen Procentsatz 
der behandelten Thiere der Fall. Dieser Umstand hat zur Folge, 
dass die Möglichkeit der Lieferung eines sehr stark wirkenden 
Serums durch die Höchster Farbwerke noch nicht jederzeit gewähr¬ 
leistet werden kann. 

Soviel Material ist aber jetzt nach Prof. Behring’s Ver¬ 
sicherung vorhanden, dass No. I des Heilserums, dessen Preis pro 
Fläschchen 5 Mark beträgt, jederzeit geliefert werden kann 
(aber nicht jederzeit No. H, Preis des Fläschchens 10 Mark und 
No. IH, Preis des Fläschchens 15 Mark). Die Höchster Fabrik 
verfügt zwar über einen nicht gelingen Betrag sehr starken 
Serums, kann ihn aber nicht gänzlich verausgaben. Der noth- 
wendig zurfickzuhaltende Vorrath dient dazu, die noch jetzt häufig 
gewonnenen schwächeren Serumarten durch Zumischung ganz 
starken Serums auf den Werth von No. I zu bringen. Der Werth 
dieses Heilserums No. I beträgt 600 Einheiten. Wie aus dem eben 
Gesagten hervorgeht, ist dieser Werth nicht immer genau in 10 ccm 
des Serums enthalten, sondern z. B. einmal in 9, ein andermal in 
11, u. s. w. Die Fläschchen enthalten also nicht immer die gleiche 
Gewichtsmenge oder das gleiche Volumen Serum (da dieses 
eben zuweilen aus schwächerem und sehr starkem gemischt ist), 
aber sie sind stets genau auf die gleiche Menge Antitoxin¬ 
einheiten geprüft. 


Nach der Meinung von Behring genügt für die gewöhnlichen 
Diphtheriofälle eine solche Dosis von 600 Einheiten, welche von 
ihm als einfache Heildosis bezeichnet wird. Sie ist aber stets 
auf einmal und unverkürzt einzuspritzen (also wer grösseres 
Volumen im Fläschchen findet, muss mehr als 10 ccm einspritzen, 
wer nur 9 ccm im Fläschchen hat, ist deshalb nicht benachtheiligt, 
muss aber auch alle 9 ccm einspritzen). ° 

dem jetzt aber nicht mit der Gewährleistung dauernder 
Lieferung — in den Handel gebrachten Fläschchen No. III (Preis 
15 Mark) sind ca. 1600 Antitoxineinheiten enthalten (nämlich 
11,5 X 140). Sie finden in besonders schweren oder auch in schon 
länger fortgeschrittenen Fällen Anwendung; auch diese Dosis ist 
auf einmal, unverkürzt einzuspritzen. Wo in schweren Fällen 
JNo. 111 nicht geliefert werden kann, muss man zwei Dosen No I 
im Verlaufe eines Tages und am nächsten Tage dieselbe Dosis noch 
em- oder zweimal einspritzen. 


Ganz bedeutend weniger Heilserum hat man nach Behrins 
nothig wenn man noch nicht erkrankte Individuen vor dei 
Erkrankung schützen will, also z. B. in dem Falle, wo ein Kind 
dm Erkrankung aus der Schule in eine kinderreiche Familie ein¬ 
schleppt, zur Immunisirung der übrigen Kinder. Hier bedarf es 
nach der Anschauung von Behring und Ehrlich, die auf eine 
bereits nicht geringe Erfahrung im Grossen sich stützt, bei Kin- 
dern nur etwa des 10. Theiles des Inhaltes von Fläschchen No. 1 
(zu 5 Mark). Man kann dieses auch so ausdrücken, dass man 
sagt: der Immunisirungswerth des Heilserums ist mindestens zehn¬ 
mal so gross, als sein Heilwerth. 

die Anwendun g des Heilserums in der Praxis an- 
i V ° r al en ? darau£ hinzuweisen, dass das Mittel um 
*°. ™ 0hr ^^Ig/erspncht, je frühzeitiger es eingespritzt 
SrRpn d DleS °L- An i f0rd A rUng ist gerade bei der Diphtherie von 
leicht 7 ii r p P n? ktlSC il ien A ® rzte ’ der Haus- und Familienärzte besonders 
Familien ! 68 giebt weni S e Krankheiten, wo die 

beehren w* b ^ r . ecbtl £ £e . r Besorgniss so früh die ärztliche Hülfe 
begehren, wie bei der Diphtherie. Und man wird das Mittel viel- 

a i;fi h m - anfa f gS dia g n <>stisch noch nicht ganz gesicherten 

«ä AftEfvas r -• 
ääS = ‘ r" Äs tz 

Bevor zur Anwendung des Mittels geschritten wird, dürfte 


es sich empfehlen, den zu behandelnden Fall prognostisch zu ver¬ 
anschlagen und diese Veranschlagung zu notiren. Dann gewinnt 
man aus den Einzelfällen ein allmählich sich festigendes Urtheil 
über die Wirkung des Mittels und über die Grösse der noth- 
wendigen Dosis. — Es wird gut sein, hierbei nicht zu viele Nuancen 
zu machen. 

Man frage sich, kann ich die Prognose im Augenblicke gut 
zweifelhaft, oder ungünstig stellen. Bei der verschiedenen 
Veranlagung jedes Einzelnen werden die aus solchen Prognosen 
sich ergebenden Statistiken natürlich untereinander nicht ver¬ 
gleichbar sein: aber für den Einzelnen sind sie nützlich, wenn er 
verschiedene Perioden seiner eigenen Thätigkeit unter einander 
vergleichen will. Letzteres aber sollte unbedingt geschehen, be¬ 
vor man sich z. B. zur Veröffentlichung seiner Erfahrungen 'ent- 
schliesst. Sonst kann, wie das so oft schon bei der Empfehlung 
von Diphtherieheilmitteln sich zugetragen hat, eher Verdunkelung 
als Klärung der Frage die Folge sein. & 

Ich selbst würde z. B. am 1. oder 2. Tage der Krankheit 
die Prognose gut stellen, wenn die Ausbreitung und Dicke der 
Ausschwitzung mässig ist, zunächst nur eine Stelle der Gaumen¬ 
schleimhaut ergriffen ist, die Drüsenschwellung gering ist, die 
Allgemeinerkrankung sich nur durch Fieber ohne Schwäche¬ 
symptome seitens des Herzens und Nervensystems zu erkennen 
giebt und wenn das Kind über 4 Jahre alt ist, 

zweifelhaft, wenn an mehreren Stellen Ausschwitzung vor¬ 
handen, oder die Affection in der Nase ihren Anfang genommen 
hat und nach abwärts gegangen ist, die Drüsen geschwollen und 
schmerzhaft sind, ausser Fieber kleiner und frequenter Puls 
vorhanden ist, das Gesicht bleich und der Gesichtsausdruck 
ängstlich ist, Appetitlosigkeit vorhanden ist, und in jedem Falle, 
wenn das Kind 2—4 Jahre alt ist, 

schlecht, wenn die Membranen schon über Gaumenbogen und 
Uvula ausgebreitet sind, Drüsenpackete am Unterkieferwinkel 
fühlbar sind, Appetitlosigkeit vorhanden ist, Hinfälligkeit, grosse 
Blässe, Kräfteverfall sich zu erkennen giebt oder das Gesicht gar 
bleigraue Färbung angenommen hat, neben hohem oder geringem 
Fieber hohe Pulsfrequenz und schwache Herztöne sich zeigen, 
Blutungen in der Haut erkennbar sind, die Stimme belegt oder 
heiser ist oder gar schon Kehlkopfverengung wahrnehmbar, endlich 
in jedem Falle einer Erkrankung im Säuglingsalter. 

Es lässt sich an dieser Classification, wie schliesslich an jeder, 
etwas aussetzen, sie hat aber wenigstens, wie ich glaube, den Vor¬ 
zug, dass sie die häufigsten Erscheinungen und Zustände berück¬ 
sichtigt und einfach ist. 

Die Technik der Einspritzung ist durchaus einfach. Jede asep¬ 
tische Spritze, welche gegen 10 bis 12 ccm fasst, ist brauchbar. Ich 
ziehe die Koch’sehe Ballonspritze den anderen vor und bin bisher 
folgendermaassen verfahren: Der Glascylinder der Spritze sowie 
die Metallcanüle wird vor dem Gebrauche am besten durch Aus¬ 
kochen in l%iger Sodalösung desinficirt. Zum Einstich unter die 
Haut wählt man die Gegenden unter den Clavikeln oder lieber 
noch unter den Rippen, die Weichengegenden oder die Innenfläche 
der Oberschenkel. Die Haut wird mit Seife gewaschen und mit 
Aether gereinigt, der Arzt sterilisirt seine Hände. Vor dem Ein¬ 
ziehen des Heilserums (direct aus dem Fläschchen, oder vorher in 
ein völlig reines kleines Gefäss ausgegossen) in die Spritze wird 
letztere und die Canüle nochmals mit Aether und Alkohol gereinigt, 
dann durch langsames Ausdehnen des comprimirten Gummiballons 
das Serum in die Spritze gesogen, die Canüle aufgesteckt und ein 
wenig Serum zur Füllung der letzteren vorgedrückt, dann der Hahn 
am Ballon zunächst geschlossen. Dann hebt die linke Hand die be¬ 
treffende Hautfalte in die Höhe, und die rechte stösst die Canüle 
ungefähr 2—3 cm in das Unterhautzellgewebe ein, ohne aber die 
gegenüber liegende Haut anzustechen. Jetzt wird der Hahn vor 
dem Gummiballon geöffnet und durch langsame Compression des 
Ballons die Flüssigkeit in das Unterhautzellgewebe eingetrieben. 
Nach Vollendung der kleinen Operation wird auf die Stichwunde 
ein reines Pflaster (amerik. Gummielasticumpflaster) gelegt. Ich 
rathe, nicht zu massiren. Die Aufsaugung des Serums geht 
rasch vor sich und die Schmerzhaftigkeit der Injectionsstelle ist 
nach meiner Erfahrung geringer und von kürzerer Dauer, wenn jede 
Massage unterlassen wird. Die einzige Belästigung, die bei den 
kleinen Patienten häufig nach einer Reihe von Tagen auftritt, ist 
eine rasch wieder schwindende Urticaria, die aber wahrscheinlich 
nicht auf das Antitoxin, sondern auf andere Eigenschaften des 
thierischen Blutserums zurückzuführen ist. 

Unter den klinischen Erscheinungen, auf welche man nach 
der Anwendung des Mittels besonders zu achten hat, möchten 
hervorzuheben sein: 

1. das weitere Verhalten der lokalen diphtherischen Aus¬ 
schwitzung und der Drüsenschwellung; 



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6. September. 


DEUTSCHE 


MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


703 


2. der Gang der Körpertemperatur; 

3. das Verhalten der Nierensecretion; 

4. das Verhalten des Pulses, der Herzdämpfung und der 
Herztöne (des Blutdruckes). 

Das, m. H., waren die Punkte, auf welche ich, ausgerüstet 
mit einer etwas längeren Erfahrung über das Behring’sche Heil¬ 
mittel, als sie den meisten von Ihnen zu Gebote steht, Ihre Auf¬ 
merksamkeit zu lenken mir die Ehre geben wollte. 


II. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua. 

Neue Beobachtungen über die diagnostische 
und therapeutische Wirkung der Stofif- 
weciselproducte des Rotzbacillus bei der 
Rotzinfection des Menschen und der Thiere. 

Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts. 

Einer Infectionskrankheit Vorbeugen oder deren Bestehen mit 
genügend sicheren Kennzeichen feststellen, solange die Symptome 
noch ganz ungewiss sind, oder aber deren Heilung bewirken, 
sind Probleme, die noch bezüglich der. meisten Infectionen ihrer 
Lösung harren. Thatsächlich ist die praktische Anwendung einer 
Schutzvorkehrung, welche dem Thierkörper eine gewisse Immunität 
für ein bestimmtes Virus verleiht, nur bei einer ganz geringen Anzahl 
von Infectionen möglich, während es uns nur bei einer noch ge¬ 
ringeren Anzahl möglich ist, mit Mitteln, die jenen analog sind, 
welche zur Verleihung der Immunität dienen, auch Heilung zu er¬ 
zielen. Bei gewissen Infectionen trifft man sogar auf einen wahren 
Antagonismus zwischen der Leichtigkeit, womit man die Immuni- 
sirung der gesunden Thiere erzielt, und der Schwierigkeit, auch nur 
die erst kaum begonnenen Krankheitssymptome zum Schwinden zu 
bringen (Tetanus, Diphtherie). Etwas zweifelhaft ist es noch, ob 
man bei gewissen, gewöhnlich sehr langsam verlaufenden Infectionen, 
in allen Fällen die Anwesenheit der Krankheit zu erkennen ver¬ 
mag, ehe sie sich deutlich offenbart. Andererseits haben die 
bisherigen Studien vieler Infectionen nicht immer eine absolute 
Gleichstellung des an künstlich inficirten Thieren angestellten 
Laboratoriumexperiments mit den Untersuchungen von anderen 
Thieren oder von Menschen, die an derselben Infection spontan er¬ 
krankten, erwiesen, da sich nicht immer exact jene Bedingungen 
erfüllen liessen, welche die spontane natürliche Infection, und jene 
die die experimentelle begleiten. 

Aus den soeben angedeuteten Gründen ist es nicht möglich, 
die aus dem Studium eines einzelnen pathogenen Bacteriums oder 
Virus erhaltenen Schlüsse auf die grössere Anzahl derselben zu 
verallgemeinern, wir müssen uns vielmehr auf die Beobachtungen 
jeder einzelnen pathogenen Mikroparasiten-Species für sich be¬ 
schränken. 

Ich will hier die hauptsächlichsten Resultate meiner neuen 
Studien über die diagnostische Bedeutung und Heilwirkung einiger 
Stoffwechselproducte des Rotzbacillus, in Kürze berichten. 

I. Diagnostischer Werth der Stoffwechselproducte des 
Rotzbacillus. 

Zwei Jahre sind es bereits, dass ich in einer vorläufigen Mit¬ 
theilung die Schlüsse einiger von mir bezüglich der biologischen 
Eigenschaften der Stoffwechselproducte des Rotzbacillus (Mallöin) 
angestellten Versuche veröffentlichte, indem ich mich als einer der 
Ersten mit der Frage beschäftigte, auf welche Weise man jenen 
Producten einen wirklich diagnostischen Werth verleihen könne. 
Meine damaligen Untersuchungen betrafen nicht nur die von spon¬ 
taner Rotzkrankheit befallenen Hufthiere, indem sie derart die be¬ 
züglichen Resultate von Helman, Dieckerhoff und Lothes, 
Kalning, Heyne, Schilling, Peters und Fehlisch, Pearson 
u. a. bestätigten, sondern auch die Wirkungsweise des Mallöin auf 
die kleinen, künstlich rotzkrank gemachten Laboratiumsthiere, was 
bis dahin noch kein Forscher berücksichtigt hatte. 

Die Thiere, welche mir zum Nachweise dieser Diagnose im 
Laboratorium geeignet schienen, indem sie eine durch den Rotz¬ 
bacillus verursachte Verschlechterung des Allgemeinzustandes sowie 
Localerscheinungen darboten, waren: Meerschweinchen, Kaninchen 
und Katzen. Ich beobachtete jedoch damals nicht geringe Unter¬ 
schiede in der Reactionsweise der einzelnen Species der Versuchs- 
thiere, Unterschiede, welche ich nicht nur dem verschiedenen 
Empfänglichkeitsgrade für das Rotzvirus und den verschiedenen 
Entwicfcelungsgraden der Krankheit, sondern auch der Menge und 
vielleicht auch der Art der angewendeten Producte zuschreiben 
musste. Die geringe Anzahl der damals namentlich mit Einhufern 
angestellten Versuche und der Mangel gewisser Kenntnisse 
bezüglich der biologischen Eigenschaften des Rotzbacillus ge¬ 


statteten mir nicht, sicherere Schlüsse zu ziehen. Die später 
während der Dauer von mehr als einem Jahre ausgeführten Ver¬ 
suche rechtfertigten nicht nur meine Zweifel, sondern bewiesen 
auch, dass der Grad der Empfänglichkeit, den ein grosses Thier 
für den Rotzbacillus zeigt., nicht immer genau dem Empfänglich¬ 
keitsgrade für die Producte des genannten Mikroorganismus ent¬ 
spricht; dies beweist, dass diese Producte im Thierleibe unter 
gegebenen Verhältnissen wahrscheinlich eine Umwand¬ 
lung erleiden. Ein Thier, z. B. ein Kaninchen, kann thatsäch¬ 
lich in seinem Körper lange Zeit ungestraft den Rotzbacillus in 
voller Virulenz beherbergen, während es in wenigen Tagen zu¬ 
grunde geht, wenn ihm kleine Dosen von Mallöin wiederholt und 
in kurzen Zwischenräumen subcutan eingesprizt werden. Was die 
Empfänglichkeit der verschiedenen Thiergattungen für das Mallöin 
betrifft, so zeigt sich fast beständig die Thatsache, dass jene 
Thiere, welche auf den Rotzbacillus am promptesten reagiren 
(locale Erscheinungen, die bald von schweren Allgemeinstörungen, 
als Temperaturerhöhung, Abmagerung, Schlafsucht u. s. w. gefolgt 
werden), auch für die Producte dieses Bacillus, d. h. für das 
Mallöin sehr empfänglich sind. Das wären die Katze, der Esel 
und das Pferd. Bei diesen Thieren kann die in gesundem Zusando 
gemachte Einführung von Mallöin, insofern die Dosis etwas stärker 
genommen und wiederholt in kurzen Zwischenräumen injicirt wird, 
einen von Augen- und Nasenkatarrh, Diarrhöen, pustulösen Ekzemen 
und Temperatursteigerungen, denen ein beträchtlicher Temperatur¬ 
abfall folgt, begleiteten, rapid fortschreitenden Marasmus verur¬ 
sachen. Dies habe ich namentlich bei den Katzen beobachtet. 

Die subcutane Injeetion von V*— l /a ccm Mallöin, das aus frischen 
Culturen erhalten worden war, ruft auch bei gesunden kräftigen Katzen, 
ausser diarrhöisehen Entleerungen und einer leichten Albuminurie, eine 
starke Niedergeschlagenheit hervor. Nach etwa zehn Tagen sind die 
Thiere wieder vollkommen hergestellt. Wenn man jedoch die subcutane 
Mallöininjection mehrere male in Zwischenräumen von fünf bis sechs Tagen 
wiederholt, so kann man es dahin bringen, den Katzen weit grössere 
Dosen (2—8 ccm auf einmal) einzuverleiben, man constatirt aber alsdann das 
Auftreten einer fortschreitenden Abmagerung und ausgedehnter pustulöser 
Dermatiten, Katarrhe der Nasen- und Conjunctivalschleimhaut, schliess¬ 
lich andauernde Diarrhoeen und reichliche Albuminurie. In diesem Stadium 
tritt der Tod des Thieres ein, und bei der Section findet man eine aus¬ 
gebreitete fettige Degeneration der Nieren, manchmal auch eine solche 
der Leber und des Myocardiums; das Blut ist zum grössten Theile flüssig 
und blass; Milz und Knochenmark besitzen ein lymphoides Aussehen und 
enthalten zahlreiche kernhaltige rothe Blutkörperchen. 

Aus diesem Befund geht hervor, dass gesunde Katzen, welche 
wiederholten Injeetionen von Mallöin in starken Dosen unterzogen 
werden, an einer schweren toxischen Dyskrasie des Blutes zu¬ 
grunde gehen. Auch in sehr kleinen Dosen injicirt, ruft das 
Mallöin bei bereits rotzkranken Katzen eine Verschlimmerung ihres 
Zustandes hervor und beschleunigt den Tod des Thieres. 

Aehnlich wie die Katze verhält sich auch das Kaninchen 
gegenüber den toxischen Producten des Rotzbacillus, nur ist es 
dafür noch empfänglicher als ersteres Thier. Diese Empfänglichkeit 
kann sowohl beim gesunden wie beim bereits rotzkranken Thiere 
beobachtet werden. 

In den letzten Monaten habe ich -wiederholt den Einfluss 
der verschiedenen Mallöine, nämlich sowohl das aus dem Blute der 
verschiedenen rotzkranken Thiere als auch das aus den Culturen er¬ 
haltene, an Kaninchen versucht. Am stärksten schien das Kanin¬ 
chen die Wirkung des aus frischen und activen Culturen bereiteten 
Mallöin zu empfinden. 

Die subcutan oder in das Peritoneum in Zwischenräumen von je zwei 
oder drei Tagen, insgesammt drei- bis viermal vorgenommene Injeetion 
von 1—2 ccm solchen Mallöins bewirkten eine rapide Abmagerung des 
Thieres, oft gefolgt von dem Tode bald nach der letzten Einspritzung. 
Bei der Autopsie fand ich fast immer flüssiges und dunkles Blut, wie bei 
den rotzkrank gestorbenen Kaninchen. 

Wiederholte Versuche, das Kaninchen gegen den Rotzbacillus mittels 
subeutaner Injeetionen von ganz kleinen Dosen Mallöin (1—2. Tropfen 
auf 1 ccm Wasser), die nur in sehr langen Zwischenräumen wiederholt 
wurden, um eben den Marasmus zu verhindern, refraetär zu machen, 
blieben fruchtlos. 

Auch wenn ich zur Probeinfection Culturen von geringerer Virulenz 
verwendete, gelang es mir nicht Kaninchen mit dem Mallöin gegen den 
Rotz zu immunisiren. Während thatsächlich einige mit abgeschwächten 
Culturen inficirte Controllkaninchen nicht starben, andere wieder erst sehr 
spät unter dem gewöhnlichen Befunde der Rotzkrankheit zugrundo gingen, 
starben die mit Mallöin behandelten Kaninchen in einer weit kürzeren 
Zeit. 

Man könnte daher annehmen, dass das Kaninchen, wenngleich 
sehr empfänglich für den Rotzbacillus, doch nie spontan erkrankt, 
auch nicht, wenn es mit anderen rotzkranken Thieren in Berührung 
gehalten wird, mit Thieren, bei denen der Verlauf des experi¬ 
mentellen Rotzes langsamer erfolgt, als bei anderen; dass es dagegen 
äusserst empfänglich wird und in Bälde stirbt, wenn es mit aus Cul- 
turen bereitetem Mallöin behandelt -wird. Diese grosse Empfänglich- 


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Original fro-m 

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DEUTSCHE MEDICINISGÄ #OCHESSCHR(PT, 




\ 

; • ' 


kett kann jedoch nicht einer grösseren Fähigkeit des Rotzbacillus, 
eich iin Blut ^ termehren, zugeschrieben werden, da die mit dem 
Blute ton Kaninchen. die bald nach der Eiii veritehung von Mal leih 
iwel'jbes^ aus abgnseHwärdifati Rotzruifuren gewonnen ,wwr) an 
acutem kotz gey.terbon: waren, angelegten Oultuieu eine sehr spür- 
Uche oder gar keine Entwickelung zeigten und da ich mjeb itääerßr* 
so?ts durch zaldmclift Proben in vitro hberzeugen kannte, diirä sich 
dor Botsbacilhis im Serum von mHlleinisirtcit Karmjteuub nicht mit- 
wickelt, Worin- fliege bemorkeusw>‘.rthe Abnahmo. der Resistenz 
des niüllhinisirten Kanin eben.s gegmiüber dein Rotzbacillus bestellt, 
lässt sich schwor 'iriit- Sich, er heit ragen j .es aehteat jedoch, dass 
ihre tJrsacho in der gesteiirrten Ltei’htigkmt lfegt v mit welcher 

die . Cfeweba- •-gegenfttmr dchi Blut d.ie EhtyrUketüngBacillus 
begünstigen. Dies sieh auch Rite den Äa-Mrokhon iCnütnUmi- 
erupfionen folgern* die mau in de,o Vor&ehte denen Oewebeu iMtiz, 
Lteior. Sieben] der j^danütkp- '-Biubva beobft«'li.tet während das Blut 
um- sehr -späflfchg oder gär keine BsteiUm enthält. Man hätte ns 
also btM dem, sei vor, oder -tyftlUvittd der Roteinibct.ian mit 
MulU-ifi bobändi'J ton K a nln/dmo mit einem gewinset! Antagonismus 
zwischen döf KmptÜugiiciiUdt dos Blutet und jener der (tewebe/ 
bji tlöß Rotzhätellus^ thun, tentew Äntegoni^inbS!, der ein« '%#* 

wlssn AhaJogid ii^tte nffe dm' jüngst, von Behring bezüglich der 
jiiimurdsirung ^owfeker Thiere gegbij das TW ati u s vI j?h& gefitndbii^n. 
itew*r Autor nimmt nämiieb ' in der Thaf an, dass eine 
Avt linmumteu bestehe, welch».' der- Airwep»>nlvoifc von Antitoxin • im- 
Blute, 'zuzuschreiben ist, vitul .eine andere, die in dev SttegätOog 
d©r- Resistenz der v^ellek'rönntß der ftew-tem licp.>, ;■ diese beiden 
Arten von ImmumtäL die 'eilte luimategefe die andere liistogmi,' 
WÄrifteiK uö fmCiigom^Äh vefhälten, ähnlich vtfo -sich bei 

unseren Knninhbm die Di.spusdiöu Rot? au erkranken - verhält. 
Jö ättnßrm:. Faiic wfi< d e das Mal!h 1h jcao Sub.storizen 
M gAttegtfct? Sind, in normalem Zn- 
kelung odps ilo.taba.eili.us |ji 0(te :Z.eJJ~ 
%ani n »• h an s %u Vorhm({wrn t 
-Ma-o: Wahre Iris tagene DisposiUotJ bc- 
sölöhc hätte es eine wirlU/iOhe diaAnos-. 


b cninnuB^ou, wolrl 
kXarndd die; Ffl bwip. 
o] umo»tcu de r (}a w 
mithin \< Ürdc ee ni 
\eirkrite und ä ha söl< 

Ubohe Tiodputung. 

rf„. ’^eUidk hia zn Wölehnin Pnhkte \md mit welcher BeBfcändig' 
auukm tM das •KanUi.Uwu geschilderten Wirkmgm 


CAa fekiziiatellen, 
keil - dns Manüiä 





Moiifttnn) mit. durch. 'Alteriiijg. und AiBtföckhuag oder^ durch Hihäm- 
von Gftdaverim ubgesd»Süchten Cämor&a,' fßmpfr hatte.'. Vor der 
dio.se Ktmmchen ttäfommix kaxuml und 
gut gtmiihrh da sw bei{|.ti% drei MoBatö hmg frei im Gmm dea pätbo* 
,og(£chf:n Instifuts gehalten worden 'WArcn. ewige von Urnen zeigten- 
on dor btel)«, wo die infuctloii vargenommm wordeh war. ün suheukwien 
Bimtegesvohn eine kiemn h«vwcgimhc Aterdickiing. 

n röpid tmch 6m tejectiou von klcineä- 

teogen Mail&m i, /* ,« rciruj, «inigit v^u iimem zeigten eine Ztmahmeilns 

sobeutmmn Knotetm ^t: ceßtmifö' Krwemhnftg (iu?sßlbun Die mit dem 

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Mer^tch 
des KßidRcbenivfgft 
dasjenige L^borat 

gj'ÖHster Leichtigkoio aert a.iagRöktdkohd 
erhaltetteii M-dlViua darzulegufr vermag.- 
Eia wenig roreehityWiier al^ jiatz( 

steiited 
öhwP dri 



ei^ndm beweisen deutlich die gross©: Emiifänglichkeit 
, . »»s för das MalMn, so dass ä\m* *iimr 

•^sjwige Uhmtommm^r .»la^telk, bei welchem mag mit 
fester Leichtigkeit dm diagnostteclnh» Werth des aus Cult Uvm 

TA ag. ;. •' ■:• * .- 

■. , .. . - 1 ., • J£at*ev uad lUmahtea varhaiteß . 

MaUöia 
im ge&untJßh 

R^Ümf- Wh t 'Ti*, "-iUwwa Me.borEitsiropfuns-dra 

BttßilltM, MSliwt-JwJd ttaWr 's&mrtm Cocalerschmmmfi-oi) out,, 
gmdi«,,! dev EwMngspfwte. •zusvun# gehen, vm nm iioi der 

itt' ^ S*w'>lmlwh iKürt sf.irht. «dt-en I-oohaebtrt. Die gssuadBii 

Ä il «:®%*!>t<4aen gut, indom sie W- 

»iwtrt'df f (s— 1 wjn) ui kavspii ZwigcJ»«nvänmen 

wiedwhplt, «i w snb«uteh, eei «s iu fei PenWoeura S j„tra- 

yaiffM 8in ^rv» ört Wp u -- «fe.»« l>omerfc,ms.w.ortlie Svßrungeii ** 
LT , , ! ' y '' »«ewhwefc-*.«», fnsh«o«<lere Junge magern 
V^’ l 4 ’ : '^ eit ™ M*= W »ndm« bwtehtS S 

Rtl’ii, VpldU 'X U 'f- dßs . «ilspreebend -der 

Stelle, wfe tete vnrgeahmtteh wurde, oisJArdiclravg 

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I)fe Euifühmng von 
öChweiocliea vhrijtganht' 


p::-' -y-^ivvA:: -.; .- _ N o,M 

Msilbio m bereits rotzkranke Mhaiv 
im fregoiisntze *n den Eßobachlutig^ 


bei Kanmehon — kuiourtei Vui^ohlimmuniug der . hmalon odrr-Jb 
gemoinori VerbiUtiiisHo, wenn die Dosts liidit ullKugvoas war. -wes¬ 
halb dem Mallem Hei- rotzkranken Meersohwainehca Ahi w 
WhV&ftkUm: diagnostischer Werth zukämc. 

Während man gosundeö Mi.atr^hwe«»ehi?n lmgnHlmft erhcMAtit/ 
-Mwttgwr sehr aetmm Mülthiiig «yu a»r eiriumi). cliifhltrfe« ktfnü 

nirt bm. hermts n)tzkrariken Meersbhwtdndten dty ÄsSÖöh kJeinebu' 
Mengen, in- kurzen Zwisrifemiiumeü Aviederhoh; rapid djen Tw] därvdi 
abae- dass die localen Ei-sohetnnnguu, <1 % di«.Bntzlrii&ten dea.sukaSöin • 
llmd»g.nvebes-au tteOsse zunehmen würden; die 'Thiete uiajjorn ^iü(u4 
rapid ab. fressen nicht-, #iacl oiedergesoixlagea «ad besitzen oiedere 3W 



tidouy walbhe sieb in emor starkem ödeonaftsöfi Anscliwpiiuug' dpr. jÄr 
mtiiudrmm önweb« und in wmn, tHUQüh'nial rnt Baidllei), reitihem riihSd' 

Exsudate d«r Gftlöttkhöhie «flenhaTteu, Boi mohroreö mit wifutetboften 
Dosen von Mulkhn huhaodeltßa ffttztrnäkwi Maersciiwejncüen krbschiriv 
ich Ahöi’tu.^ . . ;" : : 

Der H inui zeigte glbich. dom Mear^cliwüuiühen- ©in vur^hir.- 
dches Resi^teAzvermögen für MeUten, und zwar- nielit nur lurzth«- 
Reh der; eiugefhhrtea Quautitä!., sondeni 


auch hiusithtlid'. der 


Bunde -mitüorcn Gewichte von 10 kg vertragen ohne schWv-teAteriuig 
m EiiiapntÄUßg von i oem -Mallem, dtmgbsteht aus lintienteii’Chintea 
WfteQ die Injertion ÄÄ wmrdö. so »Jeiben dio lbi^- 

einige ..Stauden, laug ausftmmehgnkauört mit ge&tränhtefn FrU, Bckimn 
vor dom Munde, äubnonüö.ler Tempöfätur and rm 
begteiteton. Muskobzackungan, itetrug die . ikjioirte Ihm ti t #m< mj b- 


II 



nmj uiniuit asch und nach ah. um Hßdlich ganz zu veiiachw’jiulrn.- 'Wenn 
man dio iutrayenäsfin lujecMoueo in. laugen E^'dmuräumeiLi voit &~ 10 Tilgen, 
d. h. wenn dte Hundo bereite Yollkoiumen hcrgesteilt ^iDd, wieGttrhfiif.. 
kenn mau ImaHchten, dass nueji gröö^ere Metigon .jgut vertfuge» werden. 

Ihc 1 ftteleraoaörsfeheinuugen md/dagügeß. 'ethAerpr: --und' -ändHubEfiden'- 
w>nii in den Zwisf-benrä,umen zwischen dem^ numduea ■Jitjecttpaen' Bjiu- 
^iteiebuugon. ■ stattJindeu.. Dir Vatzkröiil^n Runde ynd Mir die Wirkung 
dr.s »iu» OuJliirorj stennviondru MaUrinf, noch weit cuiplindiichorj diöstilhvii 
yerttageri auch kkdue Dosvm ^ebkuhf. wenn Hin in ZaDchonOoimcn von 
3-^-5 Tugen yiOm1«rho]t werden, magöin tbriscbreth^fl ab ribd wukiüi hier 
ü«d da auf dvr ilaut, auch an den vun der Implsirüc -tmtferrtteiAn- Ortuu, Re* 
»ehwürsbüdungeu unf, woich« den LTiiir-aktfV der Ihytzbeiih»«. bähen imd 
mam-hmai ,ö.u der. rSteUb: W4\rkotq.|nen. .-'tvü -4le M»llp}iivtä:^i.riitvä(ng 'wrgr*-- 
uonmitin wiifdo« Uas AuiRoten dio^or Gu^diwärtv schßiut .4k’0 üfoeg 
Sperifischeu Wirkung ries.Molliuiii aut dio Oewcbö dos rutekmukOri Rundes, 
zugesebricboß werden au ijiissson, unshitf eiacr uintbehcir bicaloii Rnzvir 
Ifang, da. diese (Xoschwiire such ;>n SteOoo. aiitzuircicn pÖog&m-.-Vli-G; v$b 
a, H. die ITotu.u, von der Iiiicciumsetelkv ?öbr entfeint teind. •; 

M öon mau .sohlio^nslteh.-di« wnUrcud der;MaUPmbyw.*lion h«iui 
Hunde uianiie^tarnntteii ExacorNationen der büreits bidifuhülteu 
Temperatur berörhsichtigt, sq kaua maß, ohne m öuctt, iVdgern, 
dass dem MaU^i.o Iil gewisser Dosirung auch boirn rafzmjttltehtigen 
.Hunde ein tiiaghostischur Werth zukomuit. 

Di.agHogt:itenhe Wirkung, dos Malibins bei .Inn Ei uh uforn.. 

Die ioterössäntesten Stedion, weicho stet drei Jahren brziig- 
hdv der diagnoÄttsohe» Wirkung' der ('vulturpmluete des .fette-: ... 

• bociliim-.- geführt Wörtteü buuI, bntroßeu die Einhufer, diejruig« 
Thiei'gättni'Tg. welche mit grösserer Laich tigjkeit ivinl fPau%keit' Von* 
spoutenen Rotz belüften wird und daln-t geoignet ite, din Krank- 
hnit *n verbreitoß- find flißsfiibe nichr fadteh auch äuf den Märufohen 
zu öbeDfagen. 

Man kann sagen, da$g -&? in Europa niumtebr kteüen -»Staat, 
gieht, rlessen Regierung dir AMiehl.iglreit teue£ slcteceiii"diftgn©8ti? 
sehen Mittels bei baghteendem Röte für die Pruplrt faxte dtescr 
Infectiongfe-ankHeit vöÄensien wOnir. 

Die. bisher aus den. Beobachtungen; ^aliJrci/JbRj' Forschev fe 
den verschiedenen Staaten Europa tehaitem-u Ites-ultaic sind im ;£ 
gabübn danacih angethan^ diu Wirksamkeit des Mällöte zur tnäclum. 
Erkeuunng dos Rotzes zu bestätigen,, indem die BinRlhnteg kiriuer 
Memgeii. dieser Substanz (1—1‘/V unter die Haid ; von äu 

natürlichem -Bote, erkrankten Pferden eine Erhöhung; der Körper- 
teiüporatnr rem 1—3°, .begioitöt vcm leichter immter S>•li‘.vteiiing. 
voa : liötkung- und Turge^cenz der GönjunctiYa find Steintederiaua, 
v-w. T\t©d^r^8iihlagetjhöit -..<!©&. TMeiAs und von Ätektezn^kung^u 
bewirkt, Erte.'heituiageti, die teiffimtlleh vier bin eetem Stunde« 
nach Einführung des MalMns beginnen und eiBen bis %vmi. 
u»dauern, uni sehiie^lich nach imd nkch zu versolrw3ii*ltet Xlk*f<sr 
gogötumht^ Rcm.'tionszustend tritt hei gesunden Pltedeii nicht aok 
Man isk jedoch w^oit entfernt, davon, die Sicherheit det Mothode 



6. Se ptember. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


705 


der Producte des Rotzbacillus auf rotzverdächtige Pferde keinerlei 
Zweifel oder Einwendung laut werden lassen könnte. Es ist that- 
sächlich noch nicht ausser Zweifel gestellt, ob alle Pferde, welche 
bei der Einführung von Mallein reagiren, auch als wirklich rotz¬ 
krank zu betrachten seien, da man auf Grund der Beobachtungen 
nicht den Fall auszuschliessen vermag, dass einige der Thiere 
infolge besonderer pathologischer Verhältnisse gegen das Mallein 
reagiren könnten, ohne dass sie sich bei der Autopsie als rotz¬ 
krank erweisen würden, oder ohne dass die Einimpfung ihrer 
pathologischen Producte auf andere Versuchsthiere das Bestehen 
der Rotzkrankheit nachgewiesen hätte. Diese Fälle scheinen die 
Aufmerksamkeit der grössten Anzahl der Forscher noch nicht ge¬ 
nügend gefesselt zu haben. 

Thatsächlich haben sich Cadiot, 1 ) Comöny, 2 ) Degive, 3 ) 
Feuillard-Souriau, 4 ) Hendriks, 5 ) Laborie, 6 ) Laquerriere, 7 ) 
Leclainche, 8 ) Nocard, 9 ) Semmer und Wladimiroff, 19 ) und 
andere über den diagnostischen Werth des Mallöins günstig ge- 
äussert. U. A. räth jedoch Nocard, indem er über die von ihm 
bei zwei rotzverdächtigen Pferden mit Mallein erzielten Resultate 
berichtet, nicht auch auf die übrigen diagnostischen Mittel, d. h. 
auf die Probeimpfungen zu verzichten, wenn irgend ein Zweifel 
obwalten sollte. 

Beachtung verdienen hier noch die Resultate von Di ecker¬ 
hoff und Lothes. 11 ) Indem diese Autoren das Mallöin in Dosen 
von 0,5—0,75 35 Pferden injicirten, wiesen sie durch die Autopsie 
nach, dass die 26, welche reagirt hatten, sämmtlich rotzkrank 
waren, während die übrigen 9, die nicht reagirten, mit anderen 
Krankheiten behaftet waren. Peters erzielte unter 41 mit Mallöin 
geimpften Pferden bei 23 eine Reaction; diese zeigten sich bei der 
Autopsie als rotzkrank, während die anderen 18, die nicht reagirt 
hatten, bei der Section keine Spur von Rotz darboten. 

Diesen Resultaten stehen die Schlüsse der vom französischen 
Kriegsministerium zum Studium der Mallöinversuche eingesetzten 
Commission gegenüber. Die Folgerungen, zu denen diese unter 
deih Vorsitze des Generals Faverot de Kerbreck stehende Com¬ 
mission gelangte, sind: 

1. Das Mallöin ist ein Mittel, um die Rotzkrankheit beim 
Pferde zu erkennen, doch ist dieses Mittel nicht sicher. 

2. Vom praktischen Standpunkte aus muss jedes Pferd, das 
ohne jedes vorherige klinische Symptom auf das Mallöin reagirte, 
nicht als rotzkrank, sondern nur als rotzverdächtig betrachtet 
werden. 

3. Kein Pferd, das auf das Mallöin nicht reagirt, darf man 
deshalb als frei von Rotz erklären. 

Gegenüber diesen Widersprüchen glaube ich, dass sich ein 
endgültiges Urtheil nur auf Grund einer grossen Anzahl von 
Beobachtungen fällen lasse, und ich halte es daher für angezeigt, 
über die Resultate einiger Versuche, die ich in den letzten zwei 
Jahren mit von mir erzeugtem Mallöin anzustellen Gelegenheit 
hatte, hier summarisch zu berichten. 

Ich habe insgesammt mit 32 Pferden experimentirt, von denen 
zwei gesund waren und zur Controlle dienten. Von den 30 ver¬ 
dächtigen Pferden, denen eine Mallöinmenge injicirt wurde, die 
zwischen 1 und 1 1 /a ccm variirte, hatten 24 eine mehr oder weniger 
intensive Fieberreaction. Die übrigen 6 reagirten nicht. Von den 
Pferden, die reagirt hatten, wurden 19 geschlachtet und die Autopsie 
wies bei 18 Rotzknoten in den Lungen oder Heerde rotziger 
Pneumonie, oder Geschwüre im Nasenseptum und im Kehlkopf nach; 
eins liess keinerlei Spur einer rotzigen Localisation wahrnehmen, 
so aufmerksam auch sämmtliche Eingeweide untersucht wurden. 

Unter den anderen fünf Pferden, die gleichfalls reagirten, jedoch 
nicht geschlachtet wurden, wies man den Rotz nur bei einem ein¬ 
zigen mittels Ueberimpfung auf Meersehweinschen und Hund und 


*) Tuberculine et Mallöine (Recueil de möd. vötör. Bd. LX1X). 

3 ) Morve latente devolöe par les injections de malleine (Bulletin de 
la sociöte centr. de möd. vötör. Bd. XLVI, 1892). 

3 ) Le diagnostique de la morve et de la tuberculose par les injections 
de mallöine et de tuberculine (Annales de möd vötör. Bd. XL1, 1892). 

4 ) De la malleine au point de vue du diagnostique de la morve 
(Journal de m£d. vötör. et de Zootechnic, Bd. XLIII, 1892). 

5 ) Evolution de la morve aiguö ä la suite d’uno injection de malleine 
chez un cheval atteint de morve chronique (Annales de m6d. vöter. 
Bd. XLI, 1892). 

®) Sur les injections de mallöine (Revue veter. Bd. XVII, 1892). 

7 ) Sur la malldine (Bulletin de la sociötö centr. de möd. veter. 
Bd. XLVI). 

®) fitudes sur la mallöine (Reyue vetdr. Bd. XVII, 1892). 

Application de la mallöine au diagnostique de la morve latente 
(Bulletin de la societd centr. de mdd. vetör. Bd. XLVI). 

,0 ) Sur la valeur diagnostique des injections de malldine (Archive» 
des Sciences biologiques de St. Petersbourg, Bd. J). 

u ) Berliner thierärztliche Wochenschrift, S. 169. 


mittels Culturen nach; die übrigen vier erholten sich nach und 
nach vollständig. 

Die nachfolgende Tabelle resumirt die Resultate meiner Ver¬ 
suche : 


Anzahl 
der ge¬ 
impf¬ 
ten 

Pferde 

Es reagirt 
geschlach 
der Aut 
fun 

rotzkrank 

en, wurden 
tet und bei 
opsie be- 
den 

nicht 

rotzkrank 

Es reagirt 
nicht gesc 
aus den 
suchenres 

rotzkrank 

en, wurden 
Machtet u. 
Thierver- 
ultirten als 

nicht 

rotzkrank 

Es reagirten 
nicht und die 
verdächtigen 
Symptome 
verschwanden 
bald, bei 

Gesunde 
Pferde, 
die nicht 
reagirten 

32 

18 

1 

1 

4 

6 

2 


Diese wenigen Versuche erlauben mir jedoch noch nicht in 
absoluter Weise die von Hellmann u. a. aufgestellte Behauptung 
zu bestätigen, wonach dem Mallöin eine sichere diagnostische Be¬ 
deutung zukommen würde, in dem Sinne, dass nur die rotzkranken 
Pferde auf die Mallöininjectionen reagiren. 

Thatsächlich ergab die Autopsie bei einem Pferde, welches der 
diagnostischen Probe unterzogen worden war und ausser einer beträcht¬ 
lichen Abmagerung und einer starken Fieberreaction keins der gewöhn¬ 
lichen Rotzsymptome dargeboten hatte, nur einen diffusen katarrhalischen 
Zustand des Magens und der Eingeweide. Cultur- und Impfversuche auf 
Meerschweinchen, welche mit einem im Dünndarm gefundenen geschwell¬ 
ten Lymphfollikel angestellt wurden, bewiesen durch nichts, dass das 
Pferd rotzkrank gewesen wäre. Dieser Fall, der beiläufig dem von 
Peters und Feh lisch beschriebenen ähnelt, kann nicht den Verdacht 
auf die Existenz einer latenten Form des Rotzes, noch auf die Anwesen¬ 
heit eines Rotzheerdes zulassen, der durch seine Kleinheit sich dem Auge 
des Prosectors entzogen hätte, da sämmtliche Organe aufmerksam unter¬ 
sucht wurden. Bei zwei anderen Pferden, von denen das eine an dem 
unteren Ende des linken Beines in der Nähe der Achillessehne einen 
taubeneigrossen ulcerirten Knoten aufwies, während das andere eine starke 
Anschwellung der submaxillaren Lymphdriisen und eitrigen Ausfluss aus 
beiden Nasenlöchern zeigte, war es gleichfalls nicht möglich, mittels 
Ueberimpfung auf Meerschweinchen und Hunde die Existenz des Rotzes 
nachzuweisen, trotzdem beide Thiere wiederholt mit Temperaturerhöhungen 
auf das Mallöin reagirt hatten. 

Mir scheint es, dass diese drei Beobachtungen zu dem Resul¬ 
tat führen, dass die Fieberreaction, die man mittels des 
Mallöins erhält, kein absolut sicheres Kriterium für die 
Diagnose auf Rotz bei den Einhufern bildet. Ich will da¬ 
mit keinesfalls die Bedeutung verkennen, welche dem Mallöin als 
diagnostischem Mittel zukommt, eine Bedeutung, welche dann zur 
absoluten werden kann, wenn die Probe durch andere, mit den 
Exsudaten der Nasenschleimhaut und mit den Infiltraten der Lymph- 
drüsen und der Haut angestellten bacteriologischen Untersuchungen 
unterstützt wird. 

Man könnte daher wohl behaupten, dass alle rotzkranken 
Pferde unter Temperaturerhöhung mehr oder weniger 
intensiv reagiren, doch nicht auch umgekehrt, dass 
sämmtliche Pferde, die unter Temperaturerhöhung auf 
die Mallöininjectionen reagiren, nothwendigerweise rotz¬ 
krank seien. 

Was das Verhalten der Temperatur bei den rotzkranken 
Pferden nach den diagnostischen Mallöininjectionen betrifft, so beob¬ 
achtete ich eine gewisse Veränderlichkeit des Zeitpunktes, in wel¬ 
chem die thermische Steigerung eintritt. Manchmal beginnt dieselbe 
3—4 Stunden nach der Injection; die Steigerung erfolgt rasch, 
erreicht bald ihr Maximum (2 bis 3 Grad über der Norm) und 
bleibt so verschiedene Zeit lang. Andere male wieder lässt die 
Steigerung mehr auf sich warten, und es dauert der Zustand der 
Hyperthermie 6 bis 10 Stunden: in einigen Fällen hat man die¬ 
selbe jedoch sich bis auf mehr als 24 Stunden ausdehnen sehen, und 
zwar nicht nur bei zweifellos rotzkranken Pferden, sondern auch 
bei solchen, die es nicht waren. Diese Thatsache der langen 
Fieberreaction pflegt constanter zu sein bei rotzkranken Pferden 
als bei jenen, die an anderen Krankheiten litten; die letzteren 
geben zumeist eine kräftigere, jedoch flüchtige Reaction. Ausser 
der Hyperthermie beobachtete ich bei den der Wirkung des 
Mallöins unterzogenen rotzkranken Pferden fast coustant Kräfte¬ 
verfall, Zittern, Taumeln, Steifheit der Glieder, Verweigerung der 
Nahrung, sowie Anschwellung der infiltrirten Drüsen und der er¬ 
krankten Schleimhäute, welch letztere gerötheter erschienen und 
eine grössere Menge Exsudat absonderten. 

Das Mallöin beim Menschen. 

Wohl Niemand bestreitet heute mehr die Möglichkeit einer 
Uebertragung der Rotzkrankheit von Einhufern auf den Menschen. 
allein, wie dies bei seltenen und infolgedessen wenig studirten 
Krankheiten der Fall ist, so constatirt man auch beim RoLz eine 
gewisse Schwierigkeit, die Krankheit infolge der je nach der 
Localisation sich offenbarenden grossen Veränderlichkeit ihior 
Symptomatologie zu diagnosticiren. 


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UNIVERSETY OF MICHEGAN 




706 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


Bei den acuten Formen mit inneren Localisationen kann die 
Diagnose lange Zeit ungewiss bleiben, wenn es nicht gelingt, sich 
pathologische Producte des Falles zu verschaffen und mit denselben 
detaillirte und sichere Untersuchungen anzustellen. Man stösst auch 
bei chronischen Rotzformen mit cutaner Localisation auf nicht ge¬ 
ringe Schwierigkeiten, indem dieselben nicht selten den gleichen 
Sitz haben wie die Alterationen der tardiven Syphilis. Man be¬ 
greift daher, dass sich in vielen Fällen das Bedürfniss fühlbar 
macht, irgend ein Mittel zu besitzen, welches die Lösung des 
diagnostischen Problems erleichtert. 

Der Umstand, dass ich im Mai, Juni und Juli vorigen Jahres 
einen mit chronischen Rotzläsionen der Nasenschleimhaut und 
der Cervicaldrüsen behafteten Burschen zur Verfügung hatte, 
gab mir Gelegenheit, eine Reihe von Beobachtungen über die 
diagnostische und therapeutische Bedeutung des Mallöins beim 
Menschen anzustellen. (Schluss folgt.) 


III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

(Schluss aus No. 35.) 

Was die Diagnose anbetrifft, so ist dieselbe leicht, sobald 
mau die charakteristischen Keime im Inhalte der Blasen findet und 
sie züchten kann. Sowohl die Agarstich- als die Gelatinestich- 
cultur bieten mit ihren Ausläufern ein so charakteristisches Aus¬ 
sehen, dass die Diagnose selbst für den Ungeübten nicht schwierig 
wird. Um dieselbe zu sichern, macht man dann von einer Agar¬ 
platte ein Deckgläschenklatschpräparat. Man stellt es am besten 
so dar, dass man das mit Aether gereinigte Plättchen flach auf 
eine gut entwickelte Colonie gleichmässig leicht andrückt. Das in 
der Flamme oder in Alkohol fixirte Präparat kann mit jeder Anlin- 
farbe oder mit der Gram’schen Lösung gefärbt werden und zeigt 
dann jene peitschenschnurförmige, so ungeheuer typische Anordnung 
der Keime. 

Stets ist also, um es kurz zusammenzufassen, die Diagnose 
dann absolut gesichert, wenn sich im serösen Inhalt milzbrandgleiche, 
nach Gram und mit anderen Anilinfarben sich tingirende Stäbchen 
finden, welche culturell die Merkmale der Milzbrandcultur bieten 
und im Klatschpräparat peitschenartig eingerollt erscheinen. 

Für die Diagnose ist der Thierversuch nur dann unentbehrlich, 
wenn sich jene schon beschriebenen Degenerationsformen finden. 
Oft zwar lassen sich diese stäbchenartigen Gebilde, wie ich 
experimentell nach weisen konnte, culturell noch züchten; doch zeigen 
die Culturen dann oft nicht mehr das typische Wachsthum; auf¬ 
fallend oft bleibt die Stichcultur und auch die Strichcultur aus; 
nur die auf Agarplatten angelegten Culturen gehen an, zeigen aber 
die eigenthümliche Neigung, ganz im Gegensatz zu anderen kräf- 
tigen, im Wachsthum sehr energischen Milzbrandcolonieen, zu ver¬ 
trocknen, zu sporuliren und ganz unkenntliche Involutionsformen 
zu bilden. 

In solchen Fällen ist der Thierversuch unentbehrlich; selbst 
in Fällen, wo man mikroskopisch eine Diagnose nicht mehr stellen 
kann, gelingt oftmals durch Uebertragung des Bläscheninhalts die 
Infection. Allerdings können solche Thiere ein ausserordentlich 
von dem sonstigen Verlaufe abweichendes Krankheitsbild darbieten, 
wie ich oben schon beschrieben habe. 

Der so erzeugte Milzbrand kann sich oft über Wochen aus¬ 
dehnen; — auch Tavel 1 ) erwähnt einen solchen Fall, wo die In¬ 
fection einer Maus erst in 32 Tagen zum Tode führte. Auch 
Jacobi 2 ) beobachtete ähnliches. 

Ich glaube die Beobachtung gemacht zu haben, dass die Niere 
in solchen Fällen das Hauptablagerungsdepot für die Bacterien zu 
sein scheint. Die Krankheitssymptome so inficirter Thiere und 
die enorme Ansammlung der Bacterien in den Nieren, legen den 
\ erdacht nahe, dass bei der Todesursache urämische Processo in 
.trage kommen. Krämpfe treten im Verlauf solcher Krankheit 
neben Coma oftmals auf, eine Beobachtung, welche um so mehr 
Beachtung verdient, als für den Milzbrand der Menschen ganz 
ähnliche Beobachtungen vorliegen und von Reynier und Gelte 3 ! 
und von Reil ly 4 ) beschrieben sind. 


*uJi- TaVe1 ’ ?^ e \ Fäll J Vvon Gastroenteritis nach Genuss eines Schinkei 
^demselben. Correspondenzblatt f 

schrift miT^Täfl’ S Mi ' 7 ' hrand bCim Me " SCh0n ' HahUitati0C 

WH?« m 6 0 u^i er a et G 1 e116 ’ P e “ ar ques ä propos de deux observations 
pustule maligne dans lesquelles la mort est survenue avec des asciden 
tetamques. _ Archiv g<5ner. de Med. 1894, Mai. 

n,,ctniw ei fL ly \ F ‘r^:’ 4 rema rquable case of coma one to maligna 
pustulc (anthrax). The Lancot 1887, Vol. I. 8 


Die Bacterien, welche man in der Niere solcher Thiere findet, 
zeigen meist ihre charakteristische Form, ein Vorgang, wie er in 
der Bacteriologie oft zu beobachten ist, dass degenerirte Keime, 
empfänglichen Thierarten eingeimpft, die best entwickeltsten Formen 
zeigen, nachdem sie diesen Nährboden passirt haben. Es wird also 
selbst in solchen Fällen stets noch möglich, die Diagnose zu 
sichern. 

Wir können heute, wo wir durch Koch die Möglichkeit der 
Diagnosticirung von gewissen Keimen lediglich durch Hülfe der 
erstarrenden durchsichtigen Nährböden gelernt haben, deshalb die 
Forderung Gosselin’s 1 ), welcher neben dem mikroskopischen 
Nachweis das Thierexperiment verlangt, auf die letzten Fälle be¬ 
schränken. 

Wo sowohl der mikroskopische als der experimentelle Nach¬ 
weis in einer milzbrandähnlichen Pustel nicht zu führen ist, da 
dürfen wir den Milzbrand auch nicht annehmen, eine Forderung, 
wie sie schon Dollinger aufstellt. Es ist allerdings von ver¬ 
schiedener Seite der Versuch gemacht worden, durch gewisse 
Symptome, welche nur der Pustula maligna zukommen sollen, die 
Diagnose zu sichern. 

So sehen einzelne Autoren 2 ) in dem Fehlen jeder Eiterung 
etwas Pathognomonisches, und Cordua 3 ) glaubt, selbst bei Fällen, 
die nicht das charakteristische Aussehen bieten, durch ein genaues 
Nachforschen nach der Art der Beschäftigung die Diagnose mit 
Wahrscheinlichkeit stellen zu können. Sie ist durch nachherige 
mikroskopische Untersuchung der excidirten Pustel zu bestätigen. 

Mehr als eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose wird sich aber so 
nicht erzielen lassen. Wie sehr man sich sonst täuschen kann, 
das können Fälle, wie sie Bordoni-Uffreduzi 4 ) (Proteus vulgaris) 
und Foä und Bonome 0 ) mittheilen, erläutern. Beide hier be¬ 
schriebenen Infectionen machten durchaus den Eindruck einer Milz¬ 
branderkrankung, und doch handelte es sich im ersten Fall um eine 
Vergiftung durch Proteus vulgaris, im zweiten durch einen nicht 
näher bezeichneten, nicht beweglichen, mit Milzbrand nicht iden¬ 
tischen Mikroorganismus. 

Einen ähnlichen hierher gehörigen Fall kann ich aus der Klinik 
des Herrn Prof. v. Bramann anführen. 

Ein Arbeiter war kurze Zeit, nachdem er alte Säcke auf der nur mit 
dem Hemd bedeckten Schulter getragen hatte, unter septischen Er¬ 
scheinungen, aber auffallend geringem Fieber erkrankt. Bei der Aufnahme 
in die Klinik war die Temperatur erhöht, der Patient somnolent und 
machte den Eindruck eines Schwerkranken. Die rechte Schulter und im 
Zusammenhang mit ihr die ganze rechte Thoraxhälfte war raässig geröthet 
und besonders an den seitlichen Thoraxpartieen stark geschwollen. Die 
Schwellung hatte eine eigonthümlich teigige, aber doch etwas pralle Con- 
sistenz, so dass die Annahme eines Milzbrandödems, vielleicht mit Primär- 
heerd in den Luftwegen oder dem Darmtractus, zumal bei der belastenden 
Anamnese nicht auszuschliessen war. Andererseits aber sprach vieles für 
einen phlegmonösen Process, weshalb an der am meisten infiltrirten Stelle 
eine Incision vorgenommen wurde. Die Gewebe, so weit und so tief inan 
sie auch einschnitt, waren durchsetzt von einom serösen, zähflüssigen 
Transsudate, wio wir es bei den Milzbrandödemen finden. Die sofort an¬ 
gelegten Plattenculturen aber und die Schnittpräparate durch Gewebs¬ 
stückchen zeigten, dass es sich um eine Streptococceninfection 
handelte, welche eine seröse Durchtränkung hervorgerufen hatte. 

Dass man unter Umständen selbst dann groben Täuschungen 
unterworfen sein kann, wenn man neben der mikroskopischen 
Untersuchung die Cultur unterlässt, beweist folgender Fall von 
Olliver*»). 

Olliver fand in einer Uleeration in der Aorta, gegenüber der 
Mündung der Coronararterien, eine Stäbchenart, welche er nach 
dem mikroskopischen Bilde als Anthraxkeime ansprach. Wie sehr 
er sich infolge des Unterlassens der Cultur täuschte, lehrt eine 
spätere Mittheilung 7 ), welche zeigte, dass es sich nicht um Milz- 
brandkeiine gehandelt hatte. Es ist also jene bisher einzig da¬ 
stehende Beobachtung der Lokalisation einer Milzbrandpustel im 
Gefässsystem zu streichen. 

Eine Frage, welche man bisher als noch nicht gelöst in der 
Pathologie der Pustel betrachten muss, ist die nach dem Ueber¬ 
gang der Bacterien ins Blut. In sämmtlichen Fällen der 
hiesigen Klinik, die absolut conservativ behandelt wurden und bei 

*) Bulletin de 1’acadömie de m6dec. 1880, No. 30; 1881, No. 6. 

*) Murray, Anthrax maligna. The New-York medic. Journal 1889, 
Bd. XLIX, p. 145. 

®) Cordua, Aerztlicher Verein zu Hamburg, Sitzung vom 12. Januar 
1886. Ref. Deutsche medicinische Wochenschrift 1886, p. 348. 

*) Bordoni-Uffreduzzi, Ueber einen neuen pathogenen Mikrophyten 
am Menschen und an den Thieren. Centralblatt für Bacteriologie 188/. 

5 ) Foä und Bonome, Ein Fall von Septikämie beim Menschen mit 
einigen Kennzeichen der Milzbrandinfection. Zeitschrift für Hygiene 1889, 
Bd. V, No. 3. 

6 ) Thomas Olliver, A case of acute perforating on ulcerative 
Aortitis in which the bacilli of anthrax were found. The Lancet 1891. 
Vol. II. 

7 ) The Lancet 1891, Vol. II. 


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denen mehrfach das durch breiten Einschnitt gewonnene Blut der 
Fingerbeere culturell und mikroskopisch untersucht wurde fanden 
sich in den verschiedensten Stadien der Erkrankung nie 
Milzbrandkeime. Denselben negativen Befund haben zu allen 
Zeiten die verschiedensten Autoren gehabt. 

Wagner 1 ) fand 24 Stunden vor dem Tode keine Bacillen in 
dem entnommenen Blutstropfen bei einer Allgemeininfection • 
Masing 2 ) konnte bei mehreren Fällen internen Milzbrandes intra 
vitam im Blut nichts finden, während in einem dieser Fälle schon 
3 l h Stunden post mortem in der Vena mediana sich zahllose Keime 
vorfanden. In einem anderen dieser Fälle dagegen war eine Stunde 
post mortem die Vena brachialis noch frei von ihnen. Albrecht 3 ) 
fand mehrere Stunden vor dem Tode im Blute nichts. 

Während der Inhalt einer Milzbrandpustel, welche Rieh et 1 ) 
auf Meerschweinchen übertrug, diese tödtete, konnte er mit Blut 
dieses Patienten eine Infection nicht erzeugen. Der Inhalt einer 
anderen Pustel tödtete Meerschweinchen gleichfalls an Anthrax, 
während im Blute des Zeigefingers Bacillen nicht nachweisbar waren. 

Zehn Tage nach der Infection mit äusserem Milzbrand konnte 
Lochner 5 ) im Blut Keime nicht nachweisen und während Cor- 
nado G ) bei der Excision einer Pustel zahlreiche Bacterien sah, 
konnte er solche im Blute der dabei durchschnittenen und spritzenden 
Arteria supraorbitalis nicht finden. 

Diesen zahlreichen negativen Befunden, welche sich zweifellos 
bei aufmerksamerem Studium der Litteratur noch vermehren Hessen, 
steht keine einzige positive Angabe gegenüber. 

Wenn ich im Anfang meiner Erörterungen mich dahin ausge¬ 
sprochen habe, dass man aus dem negativen Ausfälle von Blut¬ 
untersuchungen nicht ohne weiteres auf eine toxische Wirkung der 
Milzbrandkeime schlossen darf, so erhält doch durch so ein ab¬ 
solut negatives Ergebnis die Annahme einer Giftwirkung eine nicht 
unwesentliche Stütze. 

Eine noch viel dunklere Frage in der Pathologie des mensch¬ 
lichen externen Milzbrandes ist die Frage nach der Körpertem¬ 
peratur. „Zwar fehlt es,“ sagt Koch 7 ), „in der Litteratur nicht 
an Angaben dieser Art, doch sind dieselben immer nur Bruchstücke 
und besagen nichts über Temperatur im Beginn der Erkrankung 
und zur Zeit des letzten Athemzuges. Vor allem aber verschleiern 
den Thatbestand chirurgische Eingriffe und die innerlich darge¬ 
reichten Medicamente — Dinge, deren Anwendung doch fast in 
jedem Krankheitsfall geboten erscheint. Ich selbst verfüge über 
einige fünfzig Fiebercurven menschlichen Milzbrandes, kann aber, 
da die Kranken in der Regel erst am zweiten Tage und bei äusseren 
Infectionen oft sehr viel später sich stellten, nicht viel über die 
Art, wie die Eigenwärme ansteigt, aussagen, muss auch betonen, 
dass allemal eine äusserst eingreifende äussere und innere Behand¬ 
lung beliebt wurde.“ 

Die erste Hälfte dieser Worte Koch’s kann ich nur bestätigen; 
auch bis zum heutigen Tage existiren in der Litteratur verwerth- 
bare Angaben über die Eigenwärme der an Milzbrandcarbunkel 
Erkrankten nicht. Es ist mir desto angenehmer, hier eine Reihe 
von Curven aus der Klinik des Herrn Professor v. Bramann ver- 
werthen zu können. Da, wie schon bemerkt, in der chirurgischen 
Klinik die Pusteln absolut conservativ behandelt wurden und ausser 
Alkohol innerlich nichts verordnet wurde, so müssen dieselben als 
beweisend angesehen werden. 

Naturgemäss fehlen Angaben über die ersten Tage, doch liess 
sich in jedem Fall anamnestisch ermitteln, dass nennenswerthes 
Fieber nicht bestand. Alle Curven nun zeigen das gemeinschaft¬ 
liche, dass spätestens vom zweiten Tage des klinischen 
Aufenthaltes an ein ganz steiler Abfall der Temperatur 
bis zur Norm erfolgt ist: die Temperatur hat sich dann bis zur 
Entlassung nie wieder abnorm bewegt. 

Diejenigen Fälle aber, wo überhaupt Fieber bestand, betragen 
nur ein Viertel der gesammten; aUe übrigen zeigen einen von 
Anfang an fieberlosen Verlauf, trotzdem es sich oft um sehr weit 
ausgebreitete Oedeme handelte. Die höchsten Temperaturen, die 
gemessen wurden, betrugen 40,2, aber schon am zweiten Abend 
war die Temperatur meist unter 89° heruntergerückt. 


') Wagner, Die Intestinalmykose und ihre Beziehung zum Milz¬ 
brand. Archiv für Heilkunde 1874, XV. 

a ) E. Masing, Weitere vier Fälle von Anthrax internus. St. Peters¬ 
burger Wochenschrift 1877, No. 32. 

3 ) R. Albrecht, Fünf weitere Fälle von Pustula maligna. St. Peters¬ 
burger Wochenschrift 1879, No. 4. 

4 ) A. Ri che t, Sur Involution de la pustule maligne chez l’homme 
et son traitement par les injections joddes. Gaz. des höpit 1883, No. 47. 

5 ) Lochner, Ein Fall von Milzbrand beim Menschen. AerztUches 
Intelligenzblatt 1891, No. 9. 

•*) Thomas Cornado, Pustula maligna. Confirmazion de la bac- 
teridia patögena. Cronica medico-quirurgica de la Habana 1892, No. 8. 

7 ) Deutsche Chirurgie IX, S. 87. 


•707 

Aus diesen Curven glaube ich zwar schliessen zu dürfen, dass 
den Milzbrandtoxinen, wie es überhaupt Eigenschaft der Bacterien- 
toxine zu sein scheint, fiebermachende Wirkungon innewohnen. 
Dieselben können jedoch immerhin nur untergeordneter Bedeutung 
sein; denn schon ruhige Lage und Fixirung der betreffenden Par¬ 
tien genügt, um einen schnellen Abfall herbeizuführen; während 
vorher durch die Muskelbewegungen grosse Mengen der Stoff- 
wechselproducte in die Lymphbahnen eingepresst wurden, gelangen 
jetzt nur verhältnissmässig geringe Mengen iu diese, welche nicht 
mehr genügen, um Fieber hervorzurufen. Dieser steile Abfall der 
Temperatur spricht beredter, als alle theoretischen Erwägungen für 
die Berechtigung und für die Richtigkeit der, von Herrn Pro¬ 
fessor v. Bramann eingeschlagenen Therapie. 

In gleichem Sinne dürften die Curven 7 und 8 von Koch 1 ) 
aufzufassen sein. 

Die Bemerkung Koch’s, dass es durchaus nicht stets die 
schwersten Formen der Infection sind, welche das höchste Fieber 
zeigen, kann ich völlig bestätigen. 

Für die Richtigkeit und Zweckmässigkeit der Therapie, wie 
sie hier angewendet wird, für die Nothwendigkeit von Ruhe sprachen 
endlich auch Thierversuche. Während Ratten^mit denen C har rin 
und Roger 2 ) experimentirten, sich für gewöhnlich gegen die Milz- 
brandinfection als unempfänglich erwiesen, erlagen sie derselben, 
sobald sie fortgesetzt in einer Tretmühle laufen mussten. Die Er¬ 
müdung und die fortgesetzten Muskelbewegungen, hatten, so muss 
man dies auflfassen, einmal zu einer Erschlaffung der Körper¬ 
zellen geführt, andererseits aber dienten die Muskelbewegungen 
dazu, das Gift in den Lymphspalten weiterzutreiben. 

Es bliebe mir zum Schluss dieses Kapitels noch die Aufgabe, 
mich über die pathologische Anatomie der Pustel zu äussern 
— eine Aufgabe, zu deren Lösung ich jedoch infolge der hier ge¬ 
übten Praxis nichts neues beitragen kann. 


IV. Ans dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain 
in Berlin, Abtheilung des Herrn Professor Fiirbringer. 

Ein Fall von Meningitis tuberculosa mit 
Ausgang in Heilung. 

Von Dr. Freyhan, Assistenzarzt. 

Der Ausgang der tuberkulösen Meningitis pflegt in der Regel 
ein tödtlicher zu sein. Ja, trotz einer niemals ganz verstummen¬ 
den Opposition hat sich im Laufe der Jahre die Ueberzeugung 
mehr und mehr gefestigt, dass diese Rogel ausnahmslos zu Recht 
besteht und dass ein Individuum, bei jdem die Krankheit einmal 
zum Ausbruch gekommen ist, rettungslos verloren sei. 

Und wirklich wird man sich bei unbefangener und objeetiver 
Prüfung der Litteratur des Eindrucks nicht erwehren können, dass 
die angeblichen Heilungsfälle von tuberkulöser Meningitis zu sehr 
berechtigten Zweifeln Anlass geben und dass weitaus bei der 
Mehrzahl von ihnen diagnostische Irrthümer mit untergelaufen sein 
dürften. Es ist eine allen Klinikern geläufige Erfahrungsthatsache, 
dass im Verlaufe einer Tuberkulose mehr oder weniger vehemente 
meningeale Reizerscheinungen in den Vordergrund treten können, 
die schon nach kurzer Zeit einer Rückbildung wieder fähig sind. 
Von diesen passageren cerebralen Symptomen kann es nun gar 
nicht zweifelhaft sein, dass sie nicht von einer in der Entwicke¬ 
lung begriffenen und etwa im Keime erstickten tuberkulösen Menin¬ 
gitis abhängig sind, sondern sie stellen in der Regel einzig und 
allein den Ausdruck einer Intoxication mit dem tuberkulösen Virus 
dar. Es hat darum, gerade bei geheilten Fällen, unleugbar etwas 
Missliches, aus den klinischen Erscheinungen allein das Ueberstehen 
einer tuberkulösen Gehirnhautentzündung zu folgern; wir verfügen 
über kein einziges, ich möchte sagen klinisches Kernsymptom, 
welches der tuberkulösen Meningitis allein eigenthümlich wäre und 
das ausreichte, um diesem Schluss eine überzeugende Beweiskraft 
zu verleihen. Ganz besonders muss dies für diejenigen Fälle be¬ 
tont werden — und sie bilden die Mehrzahl —, in denen nur von 
meningealen Reizerscheinungen die Rede ist, aber auch bezüglich 
der weiter vorgeschrittenen Fälle, die trotz schon vorhandener 
Lähmungssymptome noch zur Heilung gelangten, wird man gut 
thun sich daran zu erinnern, dass ab und zu wirkliche Basal¬ 
meningitiden Vorkommen, die nicht auf tuberkulöser Basis beruhen, 
sondern, sei es durch cerebrospinalmeningitisches Gift, sei es durch 
anderweitige unbekannte ätiologische Factoren hervorgerufen wer- 


*) Deutsche Chirurgie IX, S. 88 u. 89. 

*) Charrin et Roger, Contribution k l’dtude experimentale du sur- 
menage. son influence sur rinfection. Archivos de phys. norm et phthol. 
1890, No. 2. 


6. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


den. Aus diesem Grunde sind die Mittheilungen von Bauer 1 ), 
Carter 2 ), Heddaeus 3 ), Fleming 4 ), Vogelsang 5 ), Holm 6 ), 
Sardu 7 ), Warfwinge 3 ), Alfaro 9 ) u. a., bei denen die mehr oder 
weniger gut fundirte Diagnose einer tuberkulösen Meningitis allein 
auf klinischen Beweisgründen basirt, für die Discussion unserer Frage 
nicht recht verwerthbar, denn die von diesen Autoren behaupteten 
Thatsachen leidefi unter der Unsicherheit ihrer uncontrollirbaren 
Voraussetzungen und öffnen dem Zweifel Thür und Thor. Zu einem 
gefestigten Abschluss der Lehre bedarf es sicherlich weit voll¬ 
wichtigerer und durchschlagenderer Argumente, als sie uns in den 
angezogenen Publicationen an die Hand gegeben werden. 

Mehr Beachtung dürfte schon eine Beobachtung von Du- 
jardin-Beaumetz 10 ) verdienen, der einen Fall von tuberkulöser 
Meningitis zur Heilung kommen sah, bei welchem er ophthalmosko¬ 
pisch Choroidealtuberkel im Augenhintergrund constatirt hatte. 
Wenn man nun auch diese Einzelthatsache nicht ohne weiteres 
verallgemeinern darf, so wird man immerhin doch mit ihr zu 
rechnen haben; meines Erachtens wenigstens hiesse es die Skepsis 
zu weit treiben, wollte man auch dieser Beobachtung gegenüber 
sich mit der durch nichts gerechtfertigten Annahme eines dia¬ 
gnostischen Irrthuma abfinden. Vor allem aber müssen die Fälle 
als belangvoll angesehen werden, welche nach dem glücklichen 
Ueberstehen einer tuberkulösen Meningitis späterhin einer inter¬ 
currenten Krankheit zum Opfer gefallen sind und bei denen die 
Obduction Tuberkelknötchen in den Hirnhäuten aufgedeckt hat. 
Am bekanntesten dürfte in dieser Beziehung der von Rilliet und 
Barthez 11 ) mitgetheilte Fall sein, dem sich in neuerer Zeit noch zwei 
gleichsinnige Beobachtungen von J. Schwalbe 12 ) und Leube 13 ) 
anreihen; freilich erkennen hartnäckige Zweifler auch diese That¬ 
sachen nicht als zwingende an und erheben den Einwurf, dass die 
tuberkulöse Natur der gefundenen Bindegewebsknötchen durch keine 
sicheren und charakteristischen Kriterien erwiesen sei. 

Nach alledem müssen wir die Frage einer Heilungsmöglichkeit 
der tuberkulösen Meningitis, der theoretisch und a priori keine 
unüberwindlichen Bedenken entgegenstehen, die aber schon des¬ 
wegen nicht in den Rahmen der uns geläufigen Vorstellungen hin¬ 
einpassen will, weil ja die tuberkulöse Gehirnhautentzündung nur 
in den seltensten Fällen solitär auftritt und zu allermeist mit all¬ 
gemeiner Miliartuberkulose vergesellschaftet ist, vorläufig noch als 
eine offene bezeichnen. Um so weniger glaube ich mit der Publi- 
cation eines einschlägigen geheilten Falles zurückhalten zu sollen, 
bei welchem ich die tuberkulöse Natur des Processes durch ein 
untrügliches und, wie ich glaube, ganz unanfechtbares Kriterium 
erweisen kann. Der Fall entstammt der inneren Abtheilung des 
städtischen Krankenhauses am Friedrichshain und ist mir von 
meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Für bring er, in ge¬ 
wohnter Güte und Liebenswürdigkeit zur Veröffentlichung über¬ 
lassen worden. 

p- , An . a mne s e. Am 27. Januar 1894 kommt der 20jährige Arbeiter 
Kicnard Al brecht in schwerkrankem Zustande zur Aufnahme. Ge- 
naue, zum Theil später ergänzte Nachforschungen ergeben, dass er here- 
ditär in keiner Weise belastet ist; nur ein entferntes Mitglied seiner Fa- 
müie soll m früheren Jahren an Lungenschwindsucht gestorben sein 

a i el r- St War s ,* ets kern S esu ad und hat weder als Kind an scrophu- 

rat« g ? htt £?’ “ ocl L spa i e - von Seiten des Respirationsappa- 

rates irgendwelche krankhaften Erscheinungen dargeboten. Vor drei Tairen 

/ r ’JTP 1 ® tzllch mitten im besten Wohlsein mit Frösteln und 
nachfolgendem Fieber, spannenden und ziehenden Gefühlen in den Beinen 
und excessiven Schmerzen in der Stirn- und Hinterhauptsgegend. Die 
«SfÄ“ S J J on ga, , iz ausserordentlicher Heftigkeit gewesen 
W»? “tu n* 8 U “o Na 01 ! 1 “gedauert haben. Der Kranke stöhnte laut, 
r Mrn 05 ’' W n Zt .! SI ?,? uf Semem Lager umher und konnte nur mit 
worden Müh *“ BeW gehalten werden - Krämpfe sind nicht beobachtet 

• praesens Der Patient ist ein schlanker, stämmiger 

CTÄ m gU - t ®? Ernährungszustände. Sein Bewusstsein ist um- 
Anwort Iw. energischem und wiederholtem Anrufen steht er Rede und 
den wCii indessen dazu bewogen werden zu können, seine Beschwer- 
den genauer zu präcisiren. Sem Körper befindet sich in heftigster Un- 

WochÄ e jÄ e , r N m o Pr63Se 1885 ’ N0 ' 23 ’ Und Deutsche med - 

5 S ar A er ’ Med. 'Times and Gaz. April, S. 378. 

4 } Heddaeus, Berl. klin. Wochenschr. 1869, No. 52 
Fleming, Bnt. med. Journ. 1871, April 29, S. 443. 

J Vogelsang, Memorabilien 1872. 

7 < q 0 ?’ Virchow-Hirsch’s Jahresber. 1882 II, S 88 

J w rd f U ’-Montpellier medic. 16. Oct. 1888. 

91 Alf«™ n p 6 -9^ uech Virchow-Hirsch’s Jahresber. 1886II, S. 176. 

,of fT- Revieta de la socied. med. argent. 1894, No. 13 
^ujardin-Beaumetz, L’union medicale 1879, No. 34 
J Rilliet und Barthez, Archiv. gdndr. de m<$dic.'1855. 

S. 137. ■ • Gr undnss der speciellen Pathologie und Therapie 1892, 

und 96 LeUbe ’ Specielle Hiaguose der inneren Krankheiten. Bd. II, S. 95 


ruhe und Jactation; er liegt nicht einen Moment ruhig und nimmt bald 
die Rücken-, bald die Bauch-, bald wieder die Seitenlage ein, wirft die 
Decken von sich, stösst seine Umgebung zurück und greift von Zeit zu 
Zeit immer wieder unter Stöhnen und Jammern nach seinem schmerzen¬ 
den Kopfe. Bisweilen werden die Kopfschmerzen so stark, dass er laut 
aufschreit und unter Zähneknirschen den Kopf rücklings tief in die Kissen 
einzubohren versucht. Erst einige Stunden nach der Aufnahme hat er 
sich unter Morphiumgaben so weit beruhigt, dass eine geordnete Unter¬ 
suchung vorgenommen werden kann. 

Die Temperatur beträgt 37,4° C., der Puls ist von mittlerer Quali¬ 
tät, in seiner Frequenz sehr wechselnd; während er kurz nach der Auf¬ 
nahme 72 Schläge zählte, steigt er 2 Stunden später auf 116, um kurz 
darauf wieder auf 96 abzufallen. Die Respiration ist beschleunigt 28 in 
der Minute. 

Die peripherischen Enden der Extremitäten, Ohrmuscheln und Nasen¬ 
spitze sind stark cyanotisch verfärbt. Die Zunge ist feucht und wenig 
belegt. Oedeme oder Exantheme finden sich nicht vor. s 

Die sorgfältigste Untersuchung der Lungen ergiebt nirgends eine 
Schallabschwächung; überall tönt der Percussionsklang hell und sonor- 
das Athmungsgeräusch ist vesiculär, etwas rauh. 

Das Herz liegt in normaler Breite vor, seine Action ist frequent, die 
Töne rein, aber leise. Der Spitzenstoss ist im fünften Intercostalraun] 
schwach fühlbar. 

Der Leib ist stark gespannt, hart und druckempfindlich. Leber und 
Milz halten sich in den normalen Dämpfungsgrenzen. Der Urin ist spär¬ 
lich, hochgestellt, ohne pathologische Beimengungen. Der Stuhlgang ist 
angehalten. ° b 

Der Kopf steht continuirlich in leichter Opisthotonusstellung. Die 
ganze Wirbelsäule ist steif und schmerzhaft, so dass der Kranke nur 
unter grosson Schwierigkeiten aufgerichtet werden kann; im Bereich der 
Halswirbelsäule ist die Steifigkeit bis zur vollkommenen Nackenstarre ge¬ 
diehen; passive Bewegungen treffen hier auf einen fast unüberwindlichen 
Widerstand und lösen die lebhaftesten Schmerzreactionen aus. Die Dorn¬ 
fortsätze der. W irbelsäule sind auf Druck excessiv empfindlich. 

Im Gebiete der Hirnnerven macht sich eine Reihe von Reizerechei¬ 
nungen bemerkbar; namentlich fallen gewisse unfreiwillige, seitliche, 
zuckende Bewegungen der Bulbi auf, ferner vereinzelte Zuckungen in der 
von den Nn. faciales versorgten Muskulatur. Die Pupillen sind von 
gleicher Weite, stark dilatirt, reagiren aber auf Lichteinfall nur träge. 
Die ophthalmoskopische Untersuchung stellt das Vorhandensein einer doppel¬ 
seitigen Neuritis optica fest. Die Papillen sind hyperämisch, tief roth 
gefärbt, ihr Rand undeutlich und verwaschen; bei direkter Untersuchung 
constatirt man eine geringe Schwellung des Sehnervenkopfes mit abnormer 
Streifung. Die Nerven sind beträchtlich dilatirt, die Arterien von nor¬ 
malem Aussehen; Hämorrhagieen oder weisse Flecken sind auch beim 
Absuchen der Peripherie nicht zu entdecken; desgleichen werden während 
der ganzen Krankheitsdauer trotz fortgesetzter Controlle niemals Chorio- 
dealtuberkel im Augenhintergrund wahrgenommen. 

Gleichwie im Gebiete der Hirnnerven, so beherrschen auch innerhalb 
der peripherischen. Nerven starke Reizerscheinungen die Scene. In der 
motorischen Sphäre besteht eine ausgesprochene Starre und Steifigkeit 
der Extremitäten neben gelegentlichen uncoordinirten Zuckungen ver¬ 
schiedener Muskelgruppen, in der sensiblen eine abnorme Hyperästhesie 
der gesammten Hautdecken, die besonders in den ersten Tagen von solcher 
Intensität ist, dass schon der leiseste Druck von lebhaften Schmerzäusse¬ 
rungen und Abwehrbewegungen begleitet wird. Nirgends dagegen, weder 
in der motorischen, noch in der sensiblen Componente des gesamten 
Nervensystems sind Ausfallserscheinungen irgend welcher Art zu con- 
statiren. 6 6 

Die Hautreflexe sind durchgehends sehr lebhaft; desgleichen sind die 
Patellarreflexe, Bauch- und Cremasterreflexe erheblich gesteigert. Der 
Fussclonus ist nicht auslösbar. Der VesicaU und Mastdarmreflex ist nicht 
nachweisslich gestört. 

In den folgenden Tagen ändert sich das Krankheitsbild insofern, als 
die Reizsymptome mehr und mehr schwinden und allmählich gewissen 
Lähmungserscheinungen Platz machen. Die Hyperästhesie lässt nach; die 
Benommenheit nimmt zu; der Kranke wird comatös und liegt den grössten 
Theil des Tages apathisch und theilnahmslos da. Der Urin wird spontan 
nicht mehr entleert und muss durch den Katheter entfernt werden. Die 
Eigenwärme, die sich anfänglich zwischen 38 und 39° C. gehalten hatte, 
beginnt tiefere Remissionen, unterbrochen von unregelmässigen Erhebungen 
aufzuweisen. Mehrfach tritt starkes Erbrechen auf. 

Bemerkenswerth ist ferner das Aufschiessen einer Herpeseruption 
um Mundwinkel und Nasenflügel, die im Verein mit dem ganz acuten Auf¬ 
treten der Krankheit, den mangelnden tuberkulösen Antecedentden und dem 
ganzen Ensemble der Symptome den schon anfänglich gefassten Verdacht, 
dass hier eine epidemische Cerebrospinalmeningitis vorliege, fast zur Ge¬ 
wissheit zu erheben schien. 

Um indessen die Diagnose über allen Zweifel sicherzustellen, wird 
am 6. Februar von Herrn Professor Fürbringer die Lumbalpunction des 
Rückenmarkes in der Höhe des zweiten Lendenwirbels ausgeführt und 
dabei 60 ccm einer leicht getrübten, hellserösen, im Strahl hervorquellen¬ 
den Flüssigkeit entleert. Die chemische Untersuchung derselben ergiebt 
einen Eiweissgehalt von 3 p. m. (Essbach) bei Fehlen von Zucker und 
anderer pathologischer Beimengungen; die mit Proben der steril aufge¬ 
fangenen Flüssigkeit beschickten Platten gehen nicht an. Mikroskopisch 
sieht man im Sediment spärliche Eiterköper neben zweifellosen, tief roth 
gefärbten, perlenschnurförmigen Tuberkelbacillen, deren Vorhanden- 
3ei11 — es war mit der erste Fall, bei dem wir in unserem Krankenhause 
Tuberkelbacillen in der Rückenmarksflüssigkeit nach weisen konnten — 
durch zahlreiche Controllpräparate sichergestellt wurde. Jeglicher Zweifel 
musste zudem bei einer zweiten, etwa acht Tage später ausgeführten 


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6. September. 


Punction schwinden, bei der die bacterioskopische Untersuchung der 
Rückenmarksflüssigkeit ein völlig identisches Resultat wie das erste mal 
ergab. 

Mit dem Befunde der Tuberkelbacillen schien uns das Todesurtheil 
über den Patienten gesprochen zu sein, und wir hielten es für ange¬ 
messen, die besorgten Anverwandten des Kranken von der gänzlichen 
Hoffnungslosigkeit des Falles zu verständigen. Indessen mussten wir uns 
bald davon überzeugen, dass wir mit unserer Prognose ebensowenig das 
Richtige getroffen hatten, wie anfänglich mit der Diagnose. Schon nach 
der ersten Punction Hess sich eine Remission der schwersten Erschei¬ 
nungen nicht verkennen, die wir aber im Hinblick auf analoge Fälle nur 
als eine trügerische auffassen zu sollen glaubten und von der wir mit 
Sicherheit erwarteten, dass sie baldigst einem Rückschlag zum Schlimme¬ 
ren Platz machen würde. Wider unser Erwarten hielt aber die Besserung 
an. Das Sensorium wurde klarer; das Fieber sank ab; die Kopfschmerzen 
Hessen allmählich immer mehr nach, und ebenso ermässigte sich die an¬ 
fängliche Rigidität der Extremitäten und die Steifigkeit der Wirbelsäule. 

Von jetzt an schritt die Reconvalescenz ungestört, wenn auch in 
langsamem Tempo, vorwärts, so dass der Patient nach Verlauf von drei 
fieberfreien Wochen imstande war, zum ersten mal aufzustehen. Noch 
lange Zeit hindurch blieben die Glieder steif und ungelenk und erlangten 
ihre frühere Geschmeidigkoit erst nach vielen Monaten wieder. Am 
längsten persistirte die Neuritis optica, die eine nur geringe Tendenz zur 
Heilung zeigte und bei der Entlassung des Patienten, die am 23. April 
erfolgte, noch zu constatiren war. Bis zum heutigen Tage ist das Be¬ 
finden des Patienten, der sich uns auf unser Ersuchen mehrfach wieder 
vorgestellt hat, ein gutes geblieben. 

Im vorstehenden Falle giebt uns der positive Baeillenbefund 
die sichere und, wie ich meine, unanfechtbare Gewähr, dass wirk¬ 
lich eine tuberkulöse Meningitis im Spiel gewesen ist; auch die 
hartnäckigste Skepsis muss meines Erachtens an einem Argument 
von so schwerwiegender Bedeutung zuschanden werden. Diese 
Thatsache ist, soweit ich sehen kann, von nicht zu unterschätzen¬ 
der Tragweite, denn sie durchbricht das Dogma von der Unheil¬ 
barkeit der tuberkulösen Meningitis und entzieht dadurch, dass sie 
die Frage unter einem völHg neuen Gesichtspunkt betrachtet, dem 
absolut negirenden Standpunkt jeden Halt. Im Lichte unseres 
Falles gewinnen nun auch die übrigen „Heilungsfälle“ von tuber¬ 
kulöser Meningitis eine erhöhte Bedeutung und eine viel grössere 
Glaubwürdigkeit, wenn man freilich auch über das Ziel hinaus- 
schiessen würde, wollte man ins entgegengesetzte Extrem verfallen 
und nun alle angebHchen Heilungen auf Treu und Glauben hin¬ 
nehmen. Vielmehr besteht die eingangs geübte Kritik für die Mehr¬ 
zahl der publicirten Fälle nach wie vor zu Recht und nur bei 
einem Br uchtheil derselben darf vermuthet werden, dass die supponirte 
Diagnose mit den thatsächlicken Verhältnissen im Einklang ge¬ 
standen hat. Möglicherweise giebt uns aber die Litteratur in 
dieser Beziehung gar keine richtigen Aufschlüsse; denn es muss 
als in hohem Grade wahrscheinlich gelten, dass sich vorsichtige 
Autoren gehütet haben, etwaige Heilfälle bekannt zu geben, oben 
weil ihnen die Beweiskraft des kUnischen Bildes nicht überzeugend 
genug erschien und weil sie in einer Frage, wo die Voraus¬ 
setzungen noch auf so schwankem Boden standen, nicht durch Bei¬ 
bringung unsicherer und nicht abgeklärter Thatsachen neue Hypo¬ 
thesen herauf beschwören wollten. So verfügen wir l)eispiel8weise 
über einen, etwa vor D /2 Jahren — damals war die Rückenmarks- 
punction bei uns noch nicht üblich — beobachteten Heilfall von 
Meningitis, dessen tuberkulöse Natur uns nach dem gewissen 
Ensemble der Symptome evident erschien und welcher demgemäss 
in unseren Journalen gebucht wurde — und trotzdem haben wir 
geglaubt, von der Publication des Falles Abstand nehmen zu wollen, 
da wir nicht imstande waren, den positiven Beweis für unsere 
Vermuthung anzutreten. 

Noch nach einer andern Richtung ist unser Fall lehrreich, 
nämUch bezüglich der Differentialdiagnose der tuberkulösen und 
der Cerebrospinalmeningitis. Wenn auch in prägnanten Fällen die 
Symptomenbilder der beiden Krankheiten zu Verwechselungen kaum 
Anlass geben, so wird doch jeder Kundige zugestehen, dass sich 
manchmal die Grenzen zwischen beiden AJfectionen so verwischen, 
dass eine sichere Differenzirung unmöglich wird. Es ist kein allzu 
seltenes Vorkommniss, dass man auf dem Sectionstisch von dem 
Vorhandensein einer Cerebrospinalmeningitis überrascht wird, wo 
man guten Grund für die Annahme einer tuberkulösen Meningitis 
zu haben glaubte, und umgekehrt da auf eine Tuberkulose stösst, 
wo alle klinischen Anzeichen für eine Cerebrospinalmeningitis 
sprachen. Auch in unserem Falle erging es uns ähnlich; wir glaubten 
mit voller Bestimmtheit eine Cerebrospinalmeningitis diagnosticiren 
zu dürfen und hätten zweifellos an dieser irrthümlichen Vermuthung 
festgehalten, wenn uns nicht die Lumbalpunction noch recht¬ 
zeitig eines Besseren belehrt hätte. Gerade der günstige Ausgang 
eines Falles, bei dem die Diagnose zwischen den beiden in Rede 
stehenden Affectionen schwankt, pflegt die Waagschale zu Gunsten 
der Cerebrospinalmeningitis sinken zu lassen; es dürfte demgemäss gar 
mancher Heilfall, der unter der Flagge der Cerebrospinalmeningitis 
geht, in Wirklichkeit der tuberkulösen Form zuzuzählen sein. 


700 


Die von Quincke angegebene Methode der Lumbalpunction 
gewährt uns in Zukunft die Möglichkeit, derartige Irrthümer zu 
vermeiden. Das Ergebniss der Punction im Verein mit dem Aus¬ 
fall der mikroskopischen und bacteriologischen Untersuchung setzt 
uns fürderhin ohne weiteres in den Stand, jeden etwaigen Zweifel 
an der Natur des fraglichen Processes niederzuschlagen. Ich muss 
es mir versagen, hier ausführlicher auf die Verwerthbarkeit der 
Lumbalpunction einzugehen und ihre Vorzüge zu schildern. Nur 
was die therapeutische Componente ihrer Leistungsfähigkeit 
anbetrifft, so möchte ich mich bezüglich unseres Falles sehr skep¬ 
tisch verhalten; es dürfte schon deswegen kaum statthaft sein, 
die Heilung auf Kosten der besagten Methode zu setzen, weil wir 
nach unseren übrigen, recht zahlreichen Erfahrungen, die mit denen 
anderer Autoren übereinstimmen, sonst niemals eine Heilwirkung 
beobachtet haben. Dagegen steht unleugbar fest, dass wir in der 
Methode ein diagnostisches Mittel allerersten Ranges besitzen, 
welches die moderne Diagnostik durch Aufhellung feinster und 
bislang der ärztlichen Forschung nicht greifbarer Detail Verhält¬ 
nisse in hellem Glanze erstrahlen lässt. Ihr haben wir die Auf¬ 
klärung unseres Falles zu danken; es steht zu hoffen, dass wir 
mit ihrer Hülfe noch einen reichen diagnostischen Schatz in dein 
dunklen Gebiete der Rückenmarkspathologie heben werden. 


V- Aus dem Alten allgemeinen Krankenhause in Hamburg. 
Station III, Oberarzt Dr. Engel-Beimers. 

Ueber die Abortivbehandlung der Gonorrhoe 
nach der Janet’schen Methode. 

Von Dr. Moritz Fürst. 

In einer interessanten Arbeit (Diagnostic et traitement de 
Turäthrite blennorrhagique) 1 ) von Dr. J. Janet findet sich eine 
Methode angegeben, mit deren Hülfe man nach den Erwartungen 
des Verfassers in kürzester Zeit jede acute Gonorrhoe heilen kann. 

Das Princip derselben ist eine gründliche Auswaschung der 
Harnröhre mit einer Kali hypermanganicum-Lösung (1 : 2000. 
1:1500, 1:1000) und das Hervorrufen einer „serösen Reaction“ 
der Harnröhrenmucosa, d. h. einer profusen wässerigen Secretion, 
durch welche die Gonococcen rasch entfernt werden sollen. 

Das zu dieser Methode nothwendige Instrumentarium ist ein 
sehr einfaches. Es besteht nämlich aus einem Holzstab, welcher 
bis zu 2 m calibrirt ist und einer auf- und abschiebbaren Platte, 
welche dazu dient, einen ebenfalls calibrirten Glasirrigator aufzu¬ 
nehmen. An dem Irrigator befindet sich ein langer Schlauch und 
an diesem wiederum eine Glascanüle zur Einführung in die Urethra. 

Nachdem der Patient urinirt hat und Eichel, Vorhaut und 
Harnröhrenmündung gehörig desinficirt worden sind, beginnt 
man nun in der ersten Sitzung damit, den vorderen Theil der 
Harnröhre (l’uröthre penien) mit der Kali hypermanganicum-Lösung 
unter einem Druck von 0,80 bis 1 m auszuwaschen (lavage 
ant6rieur). In den folgenden Sitzungen lässt man die Flüssigkeit 
unter gleichem Druck bis zum Bulbus urethrae durchströmen. 
Ergiebt die Zweigläserprobe das Vorhandensein einer Urethritis 
posterior, so steigert man den Druck auf 1,30 m (lavage posWrieur). 

Ausserdem wird noch während der Irrigation der Gummi- 
schlauch von Zeit zu Zeit zusammengedrückt und gleich darauf 
wieder geöffnet, um mittels der auf diese Weise erzeugten plötz¬ 
lichen Drucksteigerung die Harnröhre kräftig auszudelmen und die 
Flüssigkeit in alle Falten und Ausbuchtungen der Schleimhaut 
hineinzutreiben. 

Am ersten Tage der Behandlung hat sich der Patient in Ab¬ 
ständen von je fünf Stunden dreimal seinem Arzt zur Ausspülung 
der Urethra vorzustellen. Das erste mal wird ein ganzer Liter 
Flüssigkeit (1:2000), das zweite mal ein halber Liter (von Lösung 
1:1500), das dritte mal ebenfalls ein halber Liter (von Kali hyper- 
manganicum 1:1000) angewendet. Nach der zweiten und dritten 
Auswaschung beginnt eine ödematöse Anschwellung zunächst der 
Harnröhrenschleimhaut, weiter der Eichel und der Vorhaut mit 
spannenden und ziehenden Schmerzen längs der Urethra, die sich 
bei der jedesmaUgen Harnentleerung erheblich steigern. Gleichzeitig 
stellt sich eine seröse Hypersecretion aus der Urethra ein, und 
mit dieser verschwinden in der Regel die Gonococcen. Nach 
weiteren drei bis vier Tagen, während welcher die Irrigationen 
zweimal täglich mit der Lösung 1:2000 fortgesetzt werden, 
hören Schmerzen und Hypersecretion auf, die Harnröhre wird 
trocken, und in etwa fünf Tagen ist in den idealen Fällen der 
Tripper geheilt. 

In seiner oben citirten Arbeit hat Janet allerdings^ nur 
fünf (!) solcher idealen Fälle aufzuweisen. Er spricht aber die Er- 

*) Annales des maladies des Organes genito-urinaires 1892, No. 4 u. U. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


Wartung aus, dass alle frischen Tripper, welche in derselben Weise 
behandelt werden, einen ebenso glänzenden Verlauf nehmen würden. 

Dr. Ch. Au dry 1 ) in Toulouse hat eine weit grössere Anzalü 
von Fällen mit der Janet’schen Methode geheilt. Er beschreibt 
dieselbe mit grosser Ausführlichkeit und wünscht ihr mit seiner 
Arbeit in Deutschland den Boden zu bereiten, da er dieselbe für 
einen so gewaltigen Fortschritt in der Behandlung der Geschlechts¬ 
krankheiten hält, dass er sie der Einführung des Jodkali an die 
Seite setzt. 

Während eines Aufenthaltes in Berlin hatte ich im letzten 
Frühjahr Gelegenheit, in der Poliklinik des Herrn Prof. Posnor 
diese Methode angewendet zu sehen. Die Herren hatten damals 
gerade mit dieser Behandlung dort angefangen und waren von den 
Resultaten zunächst recht befriedigt. 

Ich glaubte nun, dass eine derartige Methode am besten auf 
einer grossen klinischen Abtheilung erprobt werden könne. Mein 
hochverehrter Chef, Herr Dr. Engel-Reimers gestattete mir gern 
die Einführung der Behandlung nach Jan et in unsere Trippersäle, 
und so begannen wir mit ihr Ende März dieses Jahres, um sie in 
33 speciell und sorgfältigst ausgesuchten Fällen von frischem 
Tripper bis Anfang August fortzufüliren. 

Es wurden für die Behandlung kräftige Patienten ausgewählt, 
die sich erst vor ganz kurzer Zeit inficirt hatten und sonst keinerlei 
Complicationen mitbrachten. Die Behandlungsweise wurde ganz 
besonders sorgfältig überwacht und theils von mir selbst, theils 
von einem erprobten Oberwärter ausgeführt. Selbstverständlich 
wurden die Secrete sehr häufig auf den Neisser’schen Gonococcus 
untersucht, überhaupt nichts unterlassen, was zur genauen Beobach¬ 
tung der ausgewählten Fälle erforderlich war. 

Von diesen 33 Fällen sind nun nach Anwendung der Janet- 
schen Irrigationen 15 geheilt worden (45,5 %). Als „geheilt“ be¬ 
trachten wir einen Tripperkranken, wenn derselbe keine subjectiven 
Klagen mehr hat und wenn während einer achttägigen Beobach¬ 
tungszeit nach dem Aussetzen der Behandlung sich weder Ausfluss 
zeigt, noch überhaupt gonococcenhaltige Bestandtheile von der 
Harnröhrenschleimhaut zu gewinnen sind. Die Dauer der Behand¬ 
lung bis zur Heilung war: in zwei Fällen 8 Tage, in einem 
Fall 11 Tage, in einem Fall 13 Tage, in einem Fall 14 Tage, in 
einem Fall 15 Tage, in einem Fall 18 Tage, in einem Fall 19 Tage 
in einem Fall 22 Tage, in einem Fall 23 Tage, in einem Fall 

einem Fal1 28 Ta S e ’ in einem Fall 30 Tage, in einem 
Fall 33 Tage, in einem Fall 34 Tage. 

Aussergewöhnlich günstig kann dieses Resultat nicht genannt 
werden. Die Behandlung war, wie aus den gegebenen Zahlen zu 
entnehmen ist, nur in wenigen Fällen in einer resp. zwei Wochen 
beendet. Die meisten der hierher gehörigen Patienten mussten 
eine weit längere Zeit behandelt werden, um zur Heilung zu 
kommen. 2 ) ö 

Un geh eilt entlassen wurden acht Patienten, bei denen die 
Jan et sehe Methode zur Anwendung gekommen war (24 2%) 
Sechs von diesen waren nur mit der neuen Methode be- 
handeit worden. Sie verlangten schon in den ersten Tagen, sobald 
die Schmerzen sowie Harnverhaltung eintraten, gleich den übrigen 
Kranken „gespritzt“ zu werden, und verliessen, als der ihnen von 
der neuen Cur verheissene schnelle Erfolg ausblieb, nach 7 bezw 
y, 1U, 11 14, 18 Tagen grollend das Krankenhaus. Bei zweien 
war die Janet sehe Methode schon vor dem Abgänge aufgegeben 
worden; bei dem emen, weil er bei jeder Irrigation einen Ohn¬ 
machtsanfall bekam, und bei dem anderen, weil nach 14tägiger 
Anwendung weder die Menge noch der Gonococcenreichthum des 
Secretes sich irgendwie vermindert hatte. 

Einer von den obengenannten hatte ausserdem noch während 
der Behandlung eine ziemlich starke Infiltration des submucösen 
uewebes des Corpus cavernosum urethrae bekommen 

Derartige unangenehme Complicationen blieben leider überhaupt 
nicht selten, denn unter den 33 nach Janet behandelten Patienten 
uZtt S1Ch V*™* d . lffus ® Infiltrationen des Corpus cavernosum 
urethrae, zweimal Permrethralabscesse, von denen einer gespalten 

Blasenkatarrh^ ^ Prostataabscess und endlich mehrere male 

2 Monatsh. f prakt. Dermatologie, 1. Juni 1894. 

./ u jl ese T r Stelle möchte ich übrigens beifügen, dass die seröse 
* £ **? wichtigste Moment seiner Deh^dlung an- 

f'f ; ’ gewöhnlich prompt schon am ersten Tage eingetreten ist Auch 

Ne“ser’sct g n r7n„r“ n aUC \ nich ‘ - ein WhXden der 

b , e!in S stl S CI1<Ie wurde. Nicht kann ichmich d^e4n der%T 


Diese Unannehmlichkeiten bedingten denn auch, dass wir in 
verhältnissmässig vielen Fällen später unsere alten Behandlungs¬ 
methoden wieder aufnehmen mussten und mit ihnen denn auch die 
Patienten zur Heilung bringen konnten. 

Erst nach Janet und, nachdem diese Methode ohne 
Erfolg geblieben, mit unseren alten Methoden behandelt 
wurden zehn Patienten (33,3 %), drei von diesen befinden sich zur 
Zeit noch auf der Station. Die Nachbehandlung bestand bei diesen 
Fällen in Spaltung des Abscesses, feuchten Umschlägen, Iiyectionen 
verschiedener Trippermittel, Darreichung von Balsam, copaivae oder 
Ol. santali, Ausspülungen der Blase mit Argentum nitricum oder In¬ 
stillationen von Argentum nitricum nach Guyon in den Blasenhals. 

Die erfolglose Irrigationsbehandlung war hier von folgender 
Dauer: einmal 10 Tage, zweimal 21 Tage, einmal 25 Tage, rinmal 

28 Tage, einmal 33 Tage, einmal 41 Tage. Bei den noch auf der 

Station befindlichen Patienten ist die Behandlung durchgeführt 
worden: einmal 2 Tage, einmal 14 Tage, einmal 20 Tage. 

Jedenfalls aber können wir nicht behaupten, dass durch die 
Kali hypermanganicum-Irrigationen der Boden für die Nachbehand¬ 
lung ein günstiger geworden wäre; denn auch sie erforderte jetzt 
mehr Zeit wie gewöhnlich: einmal 9 Tage, einmal 10 Tage, einmal 

17 Tage, einmal 23 Tage, einmal 27 Tage, einmal 32 Tage, einmal 

34 Tage. Von den noch jetzt auf der Station befindlichen Patienten 
dieser Kategorie erforderte die Nachbehandlung bisher einmal 16 Tage 
einmal 33 Tage, einmal 39 Tage. Die Länge dieser Zeit ist be¬ 
dingt durch die vielfachen unangenehmen Complicationen, die 
durch die Janet-Behandlung hervorgerufen sind. 

Wir haben es jedenfalls nicht an Bemühungen und Ausdauer 
fehlen lassen, die mit so grossen Verheissungen auftretende Be¬ 
handlungsweise des Herrn Janet zu ihrem Rechte kommen zu 
lassen. Die verhältnissmässigen ungünstigen Resultate aber haben 
uns veranlasst, unsere Versuchsreihe jetzt abzubrechen. Wollen 
wir über diese Reihe von 33 ausgesuchten, frisch inficirten Tripper¬ 
fällen, welche wir nach der Methode von Janet behandelt haben, 
ein Resumö fassen, so kann es nur das folgende sein: 

1. Durch die von Janet angegebenen Auswaschungen der 
Harnröhre mit Kali hypermanganicum-Lösung wird eine „seröse 
Reaction“ der Harnröhrenschleimhaut, d. h. eine profuse wässerige 
Secretion hervorgerufen, bei welcher in einzelnen Fällen die Gono- 
coccen thatsäehlich in kurzer Zeit definitiv verschwinden. 

2. In der Mehrzahl der Fälle muss jedoch die Behandlung 
lange Zeit fortgesetzt werden, und in manchen Fällen führt sie 
überhaupt nicht zum Ziel. 

3. Ausserdem aber giebt* sie, ganz abgesehen von ihrer Schmerz¬ 
haftigkeit, sehr leicht zu dem Auftreten ernster Complicationen 
Anlass und ist daher für den Patienten überhaupt nicht ganz un¬ 
bedenklich. 

Aus diesen Gründen glauben wir von einer Anwendung 
der Janet’schen Methode abrathen zu müssen. 


VI. Standesangelegenheiten. 

Die ärztlichen Prüfungen in England. 

Wie bei einer anderen Gelegenheit auseinandergesetzt, haben 
die ärztlichen Examina in Grossbritannien eine gewisse Ordnung 
erfahren durch die Bestimmungen des General Medical Council. 
Ein bestimmtes Mindestmaass von Anforderungen ist festgesetzt, 
die Zeit des Studiums, Anzahl und Gegenstände der Vorprüfungen 
sind gleichförmig gestaltet worden. Da aber nach Erfüllung dieser 
Vorschriften es den einzelnen zum Examiniren berechtigten Cor- 
porationen ganz frei gestellt ist, wie sie die Einzelheiten des Ex¬ 
amens ordnen wollen und wie hoch sie in ihren Anforderungen zu 
gehen für gut finden, so bleiben noch viele und wesentliche Unter¬ 
schiede zwischen den verschiedenen Prüfungen bestehen. Die grosse 
Mehrzahl der jetzt in England studirenden Mediciner erwirbt die 
Approbation durch die vom College of Physicians und College of 
Surgeons gemeinsam abgehaltene Prüfung (Conjoint Board); es 
scheint daher zweckmässig, diese zunächst zu beschreiben und die 
davon abweichenden Examina später zu berücksichtigen. 

Das Conjoint Board verlangt seit dem vorigen Jahre — wie 
alle anderen Corporationen — ein fünijähriges Studium, und sein 
Examen ist in vier Abschnitte getheilt, von denen der erste nach 
zwei Semestern, der zweite nach vier, der dritte nach dem achten 
und der letzte nach dem zehnten Semester gemacht werden kann. 
Das erste Examen hat zum Gegenstand Biologie (unter diesem 
Namen wird in allgemeiner Physiologie, Zoologie etc. geprüft), 
elementare Anatomie und Physiologie, und Chemie und Physik. 
Auch in der Kunde der Pharmacopoe kann bei diesem Examen ge - 
prüft werden, doch steht es dem Candidaten frei, diesen Gegen¬ 
stand mit dem dritten Examen zu vereinigen. — Das zweite Ex¬ 
amen umfasst Anatomie und Physiologie; in beiden Fächern wird 


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6. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


sehr eingehend geprüft; dafür findet dann aber bei den späteren 
Examina eine Prüfung in diesen beiden Gegenständen nicht mehr 
statt. Das dritte Examen ist eine theoretische Prüfung in den 
klinischen Fächern, das letzte Examen ist ein praktisch klini¬ 
sches. 

Die Examina werden viermal im Jahr abgehalten vor einer 
grossen Anzahl von Examinatoren, die von den beiden Collegien 
in bestimmten Perioden neu ernannt werden. Die Examinatoren 
auch für Anatomie und Physiologie sind in der Regel praktisch 
thätige Äerzte, Chirurgen oder innere Kliniker. Da jeder, der zur 
Stellung eines leitenden Arztes an einem der grossen Hospitäler 
gelangte, vorher lange Zeit den anatomischen und oft auch den 
physiologischen Unterricht geleitet hat, so hat diese Einrichtung 
für englische Verhältnisse nichts auffallendes. 

Jedes der einzelnen Examina ist wieder in einen schriftlichen 
und einen mündlichen Abschnitt getheilt. Das schriftliche Examen 
wird von allen Candidaten zusammen gemacht; es wird denselben 
ein Bogen mit — in der Regel — sechs Thematen vorgelegt, von 
denen mindestens vier in einer gegebenen Zeit bearbeitet werden 
müssen. Das mündliche Examen folgt einige Tage später; jeder 
Candidat wird von zwei Examinatoren geprüft, und es wird in der 
Regel darauf geachtet, dass seine Examinatoren nicht seine früheren 
Lehrer sind. Die Examina in Chemie und Physik entsprechen in 
ihren Anforderungen etwa denen des Tentamen physicum; eine ge¬ 
wisse Erschwerung liegt nur in den schriftlichen Arbeiten. Das 
Examen in Anatomie ist ein verhältnissmässig schwieriges; man 
geht dabei sehr in Einzelheiten, und zumal Osteologie wird sehr 
eingehend geprüft. In der Histiologie und Physiologie sind die 
Anforderungen im ganzen ein wenig geringer als im deutschen 
Staatsexamen. 

Die klinischen Prüfungen sind in recht zweckmässiger Weise 
geordnet; auch hier werden erst auf jedem Gebiet schriftliche Auf¬ 
gaben bearbeitet und später unter den Augen der Examinatoren 
Kranke untersucht und dergl. Beim chirurgischen Examen wird 
sehr eingehend topographische Anatomie geprüft: dann werden 
Kranke untersucht, Verbände angelegt, eine kurze Prüfung in der 
Instrumentenkunde abgehalten. Chirurgische Operationen an der 
Leiche werden bei diesem Examen nicht verlangt; man begnügt 
sich, die Candidaten die Schnittführung für die typischen Opera¬ 
tionen angeben zu lassen. Schliesslich wird ein Examen an chi¬ 
rurgischen Präparaten abgehalten, welches den Examinatoren er¬ 
laubt, sich über das ganze Gebiet der Chirurgie zu verbreiten. 
Augenheilkunde wird zusammen mit der Chirurgie geprüft; wie 
viel, ist dem Examinator überlassen; sehr eingehend ist die ophthal- 
mologische Prüfung gewöhnlich nicht. 

Zusammen mit innerer Medicin wird Pathologie, Pharmako¬ 
logie, etwas Psychiatrie und Hygiene geprüft; auch hier spielt die 
Untersuchung von Patienten natürlich eine wichtige Rolle, und in 
Verbindung damit werden die klinischen Untersuchungsmethoden 
durchgegangen. Pathologie wird an der Hand makroskopischer 
und fertiger mikroskopischer Präparate geprüft; Sectionen werden 
im Examen nicht gemacht. 

Noch einfacher ist das Examen in der Gynäkologie und Ge¬ 
burtshülfe. Da die Candidaten bereits bei der Meldung zu diesem 
Examen eine grössere Anzahl von Geburten geleitet haben müssen, 
so wird im Examen selbst keine Entbindung verlangt. Auch die 
Prüfung am Phantom ist nicht obligatorisch, sondern in das Be¬ 
lieben des Examinators gestellt. Da auch die Untersuchung gynä¬ 
kologischer Fälle fortfällt, so bleibt nur die schriftliche Prüfung 
und das Examen an Präparaten (Becken, kindliche Schädel, patho¬ 
logisch veränderte Organe etc.). 

Im ganzen kann man die Anforderungen dieses Examens, 
welches praktisch die Bedeutung eines Staatsexamens zu erlangen 
scheint, als etwas hinter denen der deutschen Staatsprüfung zurück¬ 
bleibend bezeichnen; nur das Examen in der Anatomie ist schwie¬ 
riger als in Deutschland. Auffallend ist besonders das Fehlen 
eines speciellen Examens in der Pathologie. Der Titel, der nach 
Bestehen dieses Examens verliehen wird, ist: Member of the Col¬ 
lege of Surgeons and Lieentiate of the College of Physicians 
(M. R. C. S. — L. R. C. P.). 

Uebrigens steht es dem englischen Mediciner, der die Schwie¬ 
rigkeiten des Examens sehr scheut, frei, noch eine bequemere 
Prüfung bei der Society of Apothecaries abzulegen. Es wird dort 
in denselben Gegenständen geprüft, aber die Anforderungen sind 
massiger. Der verliehene zur Approbation berechtigende Titel ist: 
Lieentiate of the Surgeons of Apothecaries (L. S. A.). 

Wesentlich verschieden von diesen Prüfungen sind nun die 
sogenannten higher examinations; unter diesem Namen werden 
zusammengefasst die Examina der Universitäten — besonders der 
Londoner Universität, sowie die Prüfungen für die Membership 
des College of Physicians (M. R. C. P.) und für die Fellowship des 
College of Surgeons (F. R. C. S.). 


711 


Diese Examina, deren Anforderungen weit über das hinaus¬ 
gehen, was von den Candidaten des deutschen Staatsexamens ver¬ 
langt wird, sind natürlich nicht obligatorisch; aber der Andrang 
dazu ist doch ein ziemlich grosser, da auf den Besitz eines der 
betreffenden Diplome grosser Werth gelegt wird. Für eine Hospi¬ 
talsanstellung ist es in der Regel Vorbedingung, eines dieser higher 
examinations bestanden zu haben. 

Das Examen für die Membership des College of Physicians, 
zu dem jetzt nur bereits approbirte Aerzte und diese nur nach 
vollendetem 25. Lebensjahre zugelassen werden, erstreckt sich auf 
innere Medicin, Hygiene und Psychiatrie und beschäftigt sich mit 
diesen Gegenständen in eingehendster Weise. Ausserdem wird 
merkwürdigerweise noch einmal in alten und neuen Sprachen ge¬ 
prüft, wobei die Anforderungen jedoch mässige sind. 

Schwieriger als dies Examen ist das für die Fellowship des 
College of Surgeons, welches fast nothwendig von allen absolvirt 
werden muss, die sich speciell mit Chirurgie beschäftigen wollen. 
Die Prüfung ist in zwei Abschnitte getheilt; der erste umfasst 
Anatomie, Physiologie und Embryologie und setzt eine vollkommene 
Beherrschung dieser Gebiete voraus; in allen drei Fächern erstreckt 
sich das Examen auf dio feinsten Einzelheiten, und selbst die 
neuesten Ergebnisse von Embryologie und Physiologie werden in 
den Kreis der Aufgaben gezogen. Auch die Principien und wesent¬ 
lichen Thatsachen der vergleichenden Anatomie werden berührt. 
Der zweite Abschnitt umfasst die schriftliche Bearbeitung chirur¬ 
gischer Themata, Untersuchung von Patienten, Operationen an der 
Leiche, topographische Anatomie und chirurgische Pathologie. Auch 
hier wird das Diplom erst nach dem 25. Jahre ertheilt. 

Die Examina der University of London nehmen eine ganz be¬ 
sondere Stellung ein, da sie ein vielseitigeres und länger dauerndes 
Vorstudium zur Voraussetzung haben. Die Vorprüfungen verlangen 
eine sehr gründliche Kenntniss von Physik und Chemie, auf dem 
letzteren muss im Examen auch praktisch gearbeitet werden. 
Ferner w r ird Biologie sehr gepflegt, und unter diesem Namen 
werden Zoologie, Pflanzen-Physiologie und verwandte Wissen¬ 
schaften geprüft. Die Candidaten erhalten praktische Aufgaben, 
wie zum Beispiel das Nervensystem bestimmter Würmer zu präpa- 
riren oder die Organe zoologisch wichtiger Fische zu demonstriren 
und dergleichen. Das zweite Examen in Anatomie und Physiologie 
ist nicht minder schwierig; auch hier spielt Embryologie eine 
grosse Rolle; physiologisch-chemisches Arbeiten, Prüfung in histo¬ 
logischer Technik bilden Theile dieses Examenabschnittes. Den 
Schluss macht die klinische Prüfung in Medicin, Chirurgie und 
Geburtshülfe, und nach Ablegung derselben wird der Titel: Bacca- 
laureus Medic. (M. B.) verliehen, der zur Approbation berechtigt. 
Wer höher hinaus will, kann den Titel Doctor of Medieine (M. I).), 
oder wenn er Chirurgie treiben will, Bachelor oder Master of Sur- 
gery (M. S.) erwerben; zur Erreichung dieses Zieles ist nicht, nur 
eine rocht schwierige Prüfung in Medicin resp. Chirurgie zu be¬ 
wältigen, sondern die Candidaten werden merkwürdigerweise auch 
sehr eingehend in Psychologie geprüft. Die psychologischen Auf¬ 
gaben, die ihnen zur Bearbeitung vorgelegt werden, sind oft recht 
schwierig. 

Es lässt sich nicht leugnen, dass die englischen Examons¬ 
verhältnisse — entsprechend der Entwickelung des ärztlichen 
Standes — etwas complicirt geblieben sind; und wenn man dazu 
erwägt, dass für die, deren Ehrgeiz das einfache Bestehen des 
Examens nicht, genügt, an den Universitäten noch Parallelexamina 
„for honours“ mit etwas grösseren Anforderungen abgehalten 
werden, dass zur Erlangung von Preisen, Stipendien etc. (Seho- 
larships) an den einzelnen medicinischen Schulen noch Prüfungen 
zu bestehen sind, so ist unverkennbar, dass auf diesem Gebiet des 
guten etwas zu viel geschieht. Es ist übrigens nicht das ärzt¬ 
liche Studium allein, welches augenblicklich mit Prüfungen über¬ 
lastet ist; auf anderen Gebieten macht sich die Neigung zu über¬ 
mässigem Examiniren ebenfalls geltend, und auf der letzten Ver¬ 
sammlung der British Medical Association in Bristol ist von ein¬ 
flussreicher Seite die Aufmerksamkeit auf diese Verhältnisse und 
die mancherlei schädlichen Folgen, die davon untrennbar sind, ge¬ 


richtet worden. 

In Schottland und Irland sind die Examina nach denselben 
Grundsätzen geordnet wie in England; doch sollen thatsächlich die 
Anforderungen in mancher Beziehung hinter denen der englischen 
Examina Zurückbleiben. 

Es mag hier noch kurz erwähnt werden, welche Anforderungen 
an Aerzte gestellt werden, welche — in anderen Ländern appro- 

birt_die englische Approbation dazu erwerben wollen. Für diese 

wird in der Regel das Examen des Conjoint Board das ^mgnetste 
sein; es wird ihnen das erste Examen in Chemie und Ihvsi ei- 
lassen, so dass nur eine Prüfung in Anatomie und Physiologie und 
eine zweite in den klinischen Fächern zu bestehen ist. Diese 
beiden Examina können zu beliebiger Zeit gemacht werden, ohne 


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712 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


Innehaltung der Fristen, die für englische Candidaten zwischen 
beiden Examina festgesetzt sind. In Schottland kann fremden 
Aerzten eventuell noch das Examen in Anatomie und Physiologie 
erlassen werden. Für die „higher Examinations“ werden keinerlei 
Erleichterungen gewährt. E. M. (London). 


— Bisher war auf Grund einer Ministerialverfügung von 1874 an¬ 
genommen worden, dass die Medicinnlbeaniten für die Atteste und Gut¬ 
achten Uber den Gesundheitszustand von Beamten Gebühren nicht 
fordern dürften. Aus Anlass eines zur Sprache gebrachten Falles haben 
die betheiligten Ressortminister jetzt angeordnet, dass nicht alle der¬ 
artigen Gutechten gebührenfrei abzugeben seien, sondern nur diejenigen, 
die sich als Befundatteste darstellten. Allerdings werde sich eine feste 
Grenze zwischen einem Befundattest und einem (jftitachten mit ausführ¬ 
licher wissenschaftlicher Begründung durch bestimmte, für alle Fälle 
maassgebende Kriterien nicht ziehen lassen, im allgemeinen würde es auf 
die Natur des Krankheitszustandes und die zu begutachtende Frage an¬ 
kommen, aus welcher sich die grössere oder geringere Schwierigkeit der 
Beurtheilung und damit das Maass der erforderlichen Begründung ergebe. 
Im allgemeinen werde die Abgabe eines wissenschaftlich begründeten 
Urtheils über den Gesundheitszustand eines Beamten in Form des Bo- 
fundattestes regelmässig dem Dienstinteresse genügen. Es sei nur dann 
ein ausführliches “Gutachten zu ■ erfordern, wenn ein solches ausnahms¬ 
weise, z. B. bei zweifelhafter Feststellung des Geisteszustandes, bei Ver¬ 
dacht der Simulation u. s. w., für nothwendig erachtet werde. 


VII. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Stand der Cholera. 


12. August 608 (265), Lublin vom 12.—18. August 56 (33), Siedlez 
vom 11.—20. August 609 (290), Petrikau vom 13.—19. August 938 
(461). Im letztgenannten Gouvernement ist besonders die Stadt Lodz 
ergriffen. Im Gouvernement Grodno erkrankten (starben) in den Städten 
Brest und Kobrin, sowie in den gleichnamigen Kreisen vom 21. Juli bis 
4. August 166 (70) Personen, im Kreise Schaulen, Gouvernement Kowno 
vom 5—11. August 19 (11), in St. Petersburg (Stadt) vom 14. bis 
21. August 160 (79), vom 21.—22. August 26 (12), in Narwa vom 10. 
bis 16. August 9 (6), in Stadt und Kreis Bauske, Gouvernement Kur¬ 
land vom 15. Juli bis 10. August 74 (36), im Kreise Junjew (Livland) 
bis zum 13. August 45 (23), in Riga vom 14.—21. August 35 (16). 

In Schweden hat, trotz fortdauernd unter der Besatzung von Russ¬ 
land kommender Schiffe festgestellter Cholerafälle, eine Einschleppung 
noch nicht stattgefundnn. ° 

Aus der Türkei wird jetzt bekannt (Veröffentlichungen des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamts), dass in Adrianopel der mit Anfang Juli er¬ 
folgte heue Ausbruch der kaum erloschenen Epidemie zuerst unter der 
12000 Mann starken Garnison stattgefunden hat; von hier griff die Seiiche 
auf die Civilbevölkerung über. In den Kasernen wurden bis zum 25. Juli 
40 Erkrankungen (mit 17 Sterbefällen) beobachtet, in verschiedenen Stadt- 
theilen vom 12.—22. Juli noch 9 (7). Vom 23. Juli bis 9. August 
wurden insgesammt 230 (113) Fälle angezeigt, davon 164 (65) unter den 
Soldaten. In ‘ dem Dorfe Mustapha Pascha, bei welchem sich ein von 
Soldaten der Garnison von Adrianopel überwachtes Quarantänelazaretb 
befindet, wurden am 31. Juli und 1. August je 2 Erkrankungen und je 
1 Todesfall gemeldet, ausserdem 1 Todesfall unter dem Militär; vom 2. 
bis 5. August erkrankten 5 und starben 3 Personen. Demzufolge be¬ 
schloss der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel am 2. August, 
die europäischen Reisenden ferner nicht in Austapha Pascha, sondern in 
Tschataldja anzuhalten. A. 


Die Zahl der Choleraerkrankungen in den ergriffenen deutschen 
Gebieten hat in den 14 Tagen seit unserem letzten Bericht immer noch 
steigende Tendenz gezeigt. Im einzelnen melden die Veröff. d. Kaiserl. 
Gesundheitsamts folgende neue Fälle: Ostpreussen: In Draulitten (Kr. 
Pr.-Ho 11 and) versterben in der Woche vom 13.—20. August ein Canal¬ 
schiffer und dessen Sohn, in der Stadt Osterode eino Bahnarbeiters¬ 
frau und in der Woche vom 20.—27. August wurden ebenda 2 weitere 
Erkrankungen gemeldet, desgleichen 1 Erkrankungsfall im gleichnamigen 
Kreise. In der Stadt Königsberg starb am 15. August ein Kutscher, 
welcher mit Holzabladen am Pregel beschäftigt gewesen war, und in der 
Woche vom 20.—27. August ereignete sich ebenda ein zweiter Todesfall. 
Im Kreise Labiau 1 Todesfall in Agilla in der Woche vom 13.—20. 
August und in der folgenden Woche 4 (2) Erkrankungs- (Todes-) Fälle 
m Baracke Grabenhof. In Nietswedzen, wo die Epidemie mit so 
grosser Heftigkeit auftrat, erkrankten (starben) in der Woehe vom 13. 
bis 20. August noch 14 (6), in der folgenden Woche nur noch 3 (1), da¬ 
gegen kamen in der letzten Woche 2 (2) Fälle in der nahegelegenen Kreisstadt 
Johannisburg und 1 (1) Fall in Wilken in demselben Kreise zur An- 
Z m lg i 0 ’ ^~ Iffl Weichselgebiet betrug die Zahl der Erkrankungen 
irodesfäHe) in der Woche vom 13.—20. August 34 (12), im Netze- 
Warthegebiet 15 (11) und 34 (12). Von da gelangte in der letzten 
Woclm auf dem Landwege ein Flösser nach Freienwalde a. 0. im 
Keg.-Bez. Potsdam und verstarb im dortigen Krankenhause an Cholera 
— Ein neuer Heerd scheint sich in OberBchlesien gebildet zu haben, 
woselbst in Rosdzin (Kr. Kattowitz) am 16. August ein Arbeiter an 
Cholera verstarb; m der Woche vom 20.-27. August wurden an zwei 
Orten desselben Kreises je 1 Erkrankung festgestellt, von denen 1 tödt- 
iich verlief. — Im Rheingebiet erkrankte in der Woche vom 13.—20 
August ein Maurer nach einem misslungenen Versuch, sich im Rhein zu 
/ erner ln ? Ruh rorter Hafen vom 20.-27. August auf einem 
von Rotterdam angekommenen Flussfahrzeuge eine Schifferfrau und deren 
lochter (erstere ist gestorben). - Wie aus dem Kreise Meppen, Reg.- 

n ^ k , wird ’, isfc daselbst ] u Hüntel bei einem hol¬ 

ländischen Canalarbeiter Cholera festgestellt worden. 

q« niTi Be J g i e L, Wurde ?. in der Provinz Lüttich vom 5.—11. August 
llLor? 0 erbeföJ e r mt i ch Z F Anzei s° gebracht; neuere Nachrichten 
liegen nicht vor. — In den Niederlanden sind jetzt die Provinzen 
Limburg, Nordbrabant, Südholland, Nordholland, Utrecht ergriffen. Es 
handelt sich meist um vereinzelte Erkrankungen nur in Maastricht, 
u Zün f 14- ^gesammt 57 (27) und vom 14.-21. August 

sieh^^nA r w^ U f ngen i T °i eS n Üle) gemoldet sind ’ UTld in Amsterdam zeigt 
38 40 FiinA U fr g de v an letzterem Orte sind insgesammt etwa 

38-40 Fälle (davon bis 18. August 13 Todesfälle) vorgekommen. 

ein hftfrJir.hf S r ® rrei . c k-Ungarn ist in den befallenen Provinzen wieder 
Es enSi ft !r%tr ' ,gen d S r Z ^‘ der Erkrankungen zu constatiren. 
in Her Wn\ f G l on len J n der Woche vom 13.—19. August 944 (531), 
Epidemie'3759 1057 (544) fseit d ™ Beginn der 

19 Amst a , uf ™ , ukowlIla m der Woche vom 13. bis 

ir - Au £l lst _( 65 )» m der Woche vom 20.—26. August 144 (79) Tseit 

dcif hat d sirW ldCm « ,! 4 i ? Auch die Zahl der ergriffenen Gemoin- 

in den Bortkle §■ a •, A l? stärks ‘? n hem scht die Seuche noch immer 
sÄswesen) H ° r0denka ’ Buczac2 ’ Z^^cki und Borszczow. (Oesteir. 

den we s tlichr,^T d t,^ hiilt / iC n <i - i \ Zahl , der Erkrankungen namentlich in 
aen ^westlichen Theilen des Reiches dauernd auf gleicher Höhe Die 
ernsten amtlichen Mittheilungen lauten nach den Veröffentlichungen des 

iD den Guuve^cmÄomt 

ml w« . k ® 4 14 ,V 68 i’ Plock TOm 9 —16. August 579 (288), 
Stadt. Warschau vom IG.—23. August 210 (85), Gouvernement War- 

7 r Z 3 - 20 - August 1104 (&». Kalisch vorn 14-16 August 
17 t6), Kielce vom 11.-16, August 1055 (530),«Radom vom 10. bis 


VIII. Krankenpflege. 

Das Victoriahaus für Krankenpflege in Berlin. 

Von Julius Schwalbe. 

Unter den wenigen Krankenpflegeschulen Berlins, welche Billroths 
Postulat, „eine Pflegerinnenschule muss mit einem eigens dafür bestimmten 
Krankenhause verbunden sein“, zu erfüllen in der Lage sind, nimmt das 
Victoriahaus eine bemerkenswertho Sonderstellung ein. Aus kleinsten 
Anfängen entstanden, hat dieses einzige mit städtischen Anstalten orga¬ 
nisch zusammenhängende Institut innerhalb weniger Jahre sein Arbeits¬ 
feld weit über die ursprünglichen Grenzen hinaus zu vergrüssem ver¬ 
mocht, ohne dabei den originären Charakter einer Privatanstalt zu ver¬ 
lieren oder an innerer Festigkeit etwas einzubüssen. Für seine rühmlichen 
Erfolge sind verschiedene Fact-oren maassgebend gewesen; unter ihnen 
sind besondere zu nennen: die treffliche Anfangsorganisation und die 
umsichtige äussere wie innere Leitung des Vereins, dor baldige enge 
Anschluss des Instituts an ein grosses städtisches Krankenhaus und nicht 
zum mindesten dio unablässige Fürsorge der Kaiserin Friedrich für 
das Gedeihen dieser unter ihrem Protectorat stehenden Schöpfung. 

Der Lehenslauf des Victoriahauses enthält genügend interessante und 
lehrreiche Beziehungen zur allgemeinen Organisation des heutigen Kranken¬ 
pflegewesens, um einen Rückblick auf die Geschichte des Instituts auch 
an dieser Stelle zu rechtfertigen. Wir unterziehen uns dieser Aufgabe 
um so lieber, als sie wieder einmal eine willkommene Gelegenheit dar¬ 
bietet, die Bedeutung einer geschulten weiblichen Krankenpflege dem 
praktischen Arzte vor Augen zu führen. 

Das Victoriahaus ist in seiner Genese auf den — auch jetzt noch 
segensreich wirkenden — Berliner Verein für häusliche Gesund¬ 
heitspflege zurückzuführen. Aus diesem ging im Jahre 1882 ein 
Specialcomite mit dem Namen „Victoriahaus für Krankenpflege“ hervor, 
welches die Ausbildung von Pflegerinnen und die Ausübung der Armen¬ 
krankenpflege als seine wesentliche Aufgabe betrachten sollte. Eine 
sichere materielle Grundlage erhielt die neue Stiftung seitens des 
Kronprinzen Friedrich Wilhelm und der Kronprinzessin Victoria 
durch die Ueberweisung einer Summe von 120000 Mark, welche die 
Stadt Berlin dem Kronprinzenpaare am Tage seiner silbernen Hochzeit 
für die Errichtung einer Heim- und Lehrstätte für Krankenpflegerinnen 
zur Disposition gestellt hatte. Die Basis für eine gedeihliche innere 
Entwickelung gewann die Pflegeschule erst durch ihre Verbindung mit 
dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain. Während der 
Verein in den beiden ersten Jahren seiner Thätigkeit gezwungen war, 
seine Angehörigen an verschiedenen Anstalten, zumeist in London, aus¬ 
bilden zu lassen, trat derselbe 1884 in einen Contract mit dem ge¬ 
nannten Krankenhaüse ein, nach welchem im „Friedrichshain“ die un¬ 
entgeltliche Ausbildung der Pflegerinnen des Vereins stattfinden 
sollte, das Victoriahaus dagegen einen Pavillon des „Friedrichshain 
sofort mit ausgebildeten Pflegerinnen besetzen und sich verpflichten 
müsste, dem Krankenhaus die Hälfte der in ihm ausgebildeten Pflege¬ 
rinnen zu überlassen, um allmählich die gesammte Krankenpflege der An¬ 
stalt zu besorgen. Diese Verbindung des Victoriahauses mit einer der 
grössten Krankenanstalten Deutschlands hat sich, wie zu erwarten war, 
für die Entwickelung der jungen Pflegeschule von grösster Bedeutung 
erwiesen. Alle die Vortheile, welche für ein Pflegerinneninstitut aus 
seinem beständigen Zusammenhänge mit einem Hospital erwachsen, 
namentlich die gleichmässige, vielseitige und continuirliche Ausbildung 
seiner Angehörigen, mussten hier in erhöhtem Maasse sich geltend machen, 
wo das Krankenmaterial ein ausserordentlich manniclifaltiges und zahl¬ 
reiches. die Einrichtungen der zumeist nach Virchow’s Plänen errichteten 
Anstalt in weitester Hinsicht mustergültig, dio Fortentwickelung der¬ 
selben nach innen und aussen Dank der vortrefflichen ärztlichen Leitung 


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Original fro-rri 

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6. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


7iB 


und der Liberalität der städtischen Behörden eine andauernde stets ge¬ 
wesen ist. Und die Vorthede, die das Victoriahaus aus seiner Yerbin- 
dung mit dem „Fnednchshain“ gewann, blieben in der Folgezeit unge- 
schmälert, weil es, wie schon oben angedeutet, eine Concurrenz an 
städtischen Krankenanstalten nicht erfuhr. 

• l“ “ he Beziehung, wie zum „Friedrichshain“ war der Ver- 
ern schon 1883 zur gynäkologischen und 1884 zur chirurgischen 
Klinik der Berliner Universität getreten; indess hat dieses Ver- 
hältmss niemals eine grössere Bedeutung erlangt. Immerhin hat die 
Verbindung der jipgen Pllegescliule mit den beiden Kliniken dazu bei- 
getragen ihren weiteren Weg nach einer bestimmten Richtung zu lenken 
nämlich den Schwerpunkt ihrer Thätigkeit auf die Hospitalspflege 
zu verlegen. 1 r 6 

Die Einsicht aber in den Umfang der voraussichtlich stets wachsenden 
Anforderungen einer Hospitalsarbeit bestimmte das Comit6 des Victoria¬ 
hauses für Krankenpflege im Jahre 1885 seinen noch immer bestehenden 
Zusammenhang mit dem Verein für häusliche Gesundheitspflege völlig 
zu lösen und sich als selbstständiger Verein zu constituiren. An die 
fepitze des neuen mit den Rechten einer juristischen Persönlichkeit aus¬ 
gestatteten Vereins trat ein aus 14 Herren und 7 Damen zusammen¬ 
gesetzter Vorstand, unter dem Vorsitz des Staatsministers a. D. Dr. Del¬ 
brück; die Kronprinzessin Victoria übernahm das Protectorat über das 
nun aut eigenem Fundament stehende Institut, An Capitalvermögen ge¬ 
wann dasselbe bei seiner Neubegründung die oben erwähnten, vom Verein 
für häusliche Gesundheitspflege mit Genehmigung des Kronprinzenpaares 
überwiesenen 120000 Mark, ferner eine aus anderweitigen Quellen her¬ 
rührende Summe von ca. 25000 Mark. Der grösste Theil des letzt¬ 
genannten Geldes wurde in Verbindung mit einigen verfallenen Cautionen 
und einem Zuschuss aus den laufenden Einnahmen des Vereins zur 
Gründung eines Invalidenfonds verwandt, aus welchem jede im Dienste 
des Victoriahauses arbeitsunfähig gewordene, bewährte Pflegerin unter¬ 
stützt werden sollte. Die Bestimmung hierüber wurde nebst einigen 
anderen, durch die bisherige Praxis gewonnenen Erfahrungen in den neuen 
1886 veröffentlichten Statuten festgelcgt. Dieses Regulativ, welches einer 
weitreichenden Einblick in die innere Organisation des Victoriahauses ge¬ 
währt, lautete folgendermaassen: & 


Regulativ für die Pflegerinnnen des Victöriahauses. 

§ 1. Die Anmeldung zur Aufnahme in das Victoriahaus geschieht, 
wenn möglich, durch persönliche Vorstellung, sonst schriftlich bei der 
Oberin. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft die Oberin in Ge¬ 
meinschaft mit dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses des 
Vereins. Die Aufnahme kann jederzeit erfolgen. 

§ 2. Bedingungen der Aufnahme sind: a) ein Alter von 25 bis 35 
Jahren, sofern nicht unter besonderen Umständen Ausnahmen zugelassen 
werden, b) ein befriedigendes ärztliches Zeugniss über den Gesundheits¬ 
zustand der Bewerberin, c) eine ausreichende allgemeine Bildung. Ausser 
dem ärztlichen Gesundheitszeugnisse sind bei der Meldung einzureichen: 
a) ein von der Bewerberin selbst verfasster und selbst geschriebener 
Lebenslauf, b) Empfehlungen bekannter Personen oder, in Ermangelung 
dieser, ein Führungsattest von einem Geistlichen oder der Ortsbehördo. 
c) ein Taufschein oder Geburtszeugniss, d) ein Revaccinationsattest. 

§ 3. Wird die Bewerberin angenommen, so hat sie sich schriftlich 
zu verpflichten, nach Ablauf ihres Ausbildungsjahres zwei 1 ) Jahre als 
Krankenpflegerin des Victoriahauses, sei es im Krankenhause, sei es in 
der Armen- oder Privatpflege, thätig zu sein und den für die Pflegerinnen 
dieser Anstalt geltenden Bestimmungen Folge zu leisten. Zur Sicherung 
dieser Verpflichtung hat sie eine Caution von 300 M. zu zahlen (§ 13). 
Sie wird alsdann als Probepflegerin aufgenommen. 

§ 4. Die Probepflegorin empfängt ihre Ausbildung in einem Kranken¬ 
hause. Letztere dauert in der Regel ein Jahr. Sie erhält während 
dieser Zeit freie Wohnung, Beköstigung und Reinigung der Wäsche, 
Dienstkleidung und, nach Ablauf von sechs Monaten, ein Taschengeld von 
monatlich 10 M. 

§ 5. Während der Dauer der Lehrzeit ist die Oberin in Gemeinschaft 
mit dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses befugt, eine 
Probepflegerin, welche sich als nicht geeignet zur Ausbildung erweist, 
jederzeit zu entlassen. Nicht minder hat während dieser Zeit die Probe¬ 
pflegerin das Recht, nach 14 tägiger Kündigung auszuscheiden. In diesem 
Falle hat sie dem Victoriahause für jeden Monat ihrer Ausbildung ein 
Lehrgeld von 25 M. zu vergüten. 2 ) 

§ 6. Nach Beendigung ihrer Ausbildung wird die Probepflegerin 
durch eine von dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses 
und der Oberin ausgestellte Urkunde in den Dienst des Victoriahauses 
aufgenommen. Sie erhält nunmehr neben freier Wohnung, Beköstigung 
und Reinigung der Wäsche, sowie neben freier Dienstkleidung, die sie 
während ihrer dienstlichen Thätigkeit zu tragen gehalten ist, ein Gehalt 
von 300 M. jährlich, welches sich mit jedem Jahre um 50 M. erhöht, 
bis es den Betrag von 500 M. erreicht hat. Bei vorzüglichen Leistungen 
wird es bis 600 M. erhöht werden. Die Pflegerinnen dürfen für sich 
keine Belohnung annchmen, ihnen etwa gewährte Geschenke haben sie 
der Anstalt abzuliefern. 


») Nach dem 1893 revidirten Regulativ erstreckt sich die Verpflich¬ 
tung auf. drei Jahre. 

2 ) In dem neuen Regulativ ist die im letzten Satze enthaltene Be- 
stimung folgendermaassen umgeändert: Macht sie von diesem Rechte 
Gebrauch, oder muss sie wegen mangelhafter Führung entlassen werden, 
so hat sie dem Victoriahause für jeden Monat ihrer Ausbildung ein 
Lehrgeld von 50 M. zu vergüten. Diese Vergütung beträgt 25 M. für 
den Monat, wenn die Entlassung nicht in der Führung der Probepflegerin 
ihren Grund hatte. 


§ 7. Die Oberin ist die Vorgesetzte der Pflegerinnen. Sie hat Ru¬ 
di e weitere technische Ausbildung und Vervollkommnung der Pflegerinnen 
Sorge zu tragen. Sie vertheilt die Pflegerinnen in ' der Krankenpflege¬ 
arbeit, führt sie m dieselbe ein und beaufsichtigt sie darin. Beschwerden 
der Pflegerinnen gehen durch ihre Hand an den geschäftsftthrenden Aus¬ 
schuss des Vereins. 

§ 8. Jede Pflegerin soll, wenn irgend möglich, jährlich einen Urlaub 
erhalten. 

§ 9. Vor Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit kann die Oberin 
m Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden des geßcliäftsführenden Ausschusses 
eine Pflegerin entlassen. Eine solche Entlassung wird, falls nicht eine 
unzweifelhaft schwere Verschuldung vorliegt, nur dann eihtreten, wehtt 
wiederholte Ermahnungen erfolglos geblieben sind. 

§ 10 . Zwingende persönliche Verhältnisse, welche einer Pflegerin den 
Austritt vor Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit wünschenswerte machen, 
werden thunlichste Berücksichtigung erfahren. ’ 

§ 11. Nach Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit kann der Austritt 
und die Entlassung ohne Angabe der Gründe jederzeit nach einmohat- 
licher 3 ) Kündigung erfolgen. 

§ 12. Im Erkrankungsfalle hat jede Probopflegeriü und jede' Pflfegcrm 
Anspruch auf freie Verpflegung und ärztliche Behandlung. 

§ 13. Die gezahlte Caution (§ 3) wird von dem Victoriahause zins¬ 
bar angelegt. Die aufkommenden Zinsen stehen der Cautionsbestellerin 
zu. Sie wird zurückgezahlt: 1) wenn die Pflegerin während der Probe“ 
zeit entlassen wird oder kündigt (§ 5), •im-letzteren Falle nach erfolgter 
Zahlung des Lehrgeldes; 2) wenn die zweijährige») Dienstzeit abgölaufen 
ist. In den Fällen der §§ 9 und 10 kann der Vorstand die' Caution ganfe 
oder zum Theil zurttckzalilen lassen. 

§ 14. Eine Pflegerin, welche sich im Dienste des Victöriahauses be¬ 
währt hat und in diesem Dienste arbeitsunfähig geworden ist* hat An¬ 
spruch auf Unterstützung aus dem Invalidenfonds des Victoriahause^. 
Die Höhe der Unterstützung wird von dem Vorstande in jedem einzelnen 
Falle bestimmt. 

Auf dieser Basis, nach aussen und innen fest gefügt, -nahm das 
Victoriahaus seine Thätigkeit mit verstärkten Kräften wieder auf. Währ 
reud der 'Jahre 1884 und 1885 war dio — am Sehluss des Jahres 1883 
sich_ auf 11 belaufende — Zahl der Schwestern gewachsen, so dass Ende 

1885 im ganzen 39 Schwestern vorhanden waren. Im Jahre 1886 stieg 
der Bestand auf 58. Unter diesen waren 13 Schülerinnen* die — zu- 
sammen mit 4 Lehrschwestern des mit dem Victoriahause ijn Kartei) 
stehenden Wiesbadener Vereins — noch .in der Ausbildung begriffen waren. 
Dieselben waren zumeist im Krankenhaus am Friedrichshain untergebracht, 
wo sie im sogenannten Sehüleriimenhaus wohnten. Neben der praktischen 
Ausbildung auf den Pavillons genossen die Schülerinnen hier einen theore¬ 
tischen Unterricht der Krankenpflege in Lehrkursen, welcho anfänglich 
von zwei Assistenzärzten, späterhin — auch heute noch —. von den beiden 
ärztlichen Direktoren selbst abgehalten, wurden. Die 45 ausgobildeten 
Pflegerinnen vertheilten sich auf folgende Stationen: .in der Königlichen 
chirurgischen Klinik waren 5 (von ihnen besorgte; eine die Assistenz 
im Operationssaal), in der Königlichen Universitäts-Frauenklinik 3 
(darunter eine als Ober-Hebeainme), im Krankenhause am Friedrichs¬ 
hain (auf sechs Pavillons) 30, im Lazareth des Waisenhauses zu Rum¬ 
mel sburg 1, in zwei Bezirken des Vereins für häusliche Gcsundheitsr 
pflege als Armenkrankenpflegerinnen.6. Von den im Friedrichn- 
hain stationirten Schwestern haben 7 interimistisch während des Sommers 

1886 — auf Grund einer Vereinbarung, des. Victoriahauses mit, dem 

Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeplätzen — im Spe- 
hospiz zu Norderney die kranken bezw,'erholungsbedürftige 11 Kinder 
(bis zu 200) beaufsichtigt und gepflegt. Endlich verdient noqh besondere 
Erwähnung, dass im Jahre 1885 vier Victöriascli Western nach dem ; bul¬ 
garischen Kriegsschauplatz abgingen und sich, an der Verwunde ten- 
pflege betheiligten. 7 : 

In gleicher Weise, wie in dem ersten Jahre .seiner selbständigen 
Wirksamkeit, nahm die Entwickelung des Victoriahauses auch in der 
nächstfolgenden Zeit einen durch die zielbewusste Arbdit des Vorstandes 
geleiteten Fortgang. 1887 erweiterte sich , im Krankenhause am 
Friedrichshain der Besitzstand des Victöriahauses um einen Frriuen- 
und einen Männerpavillon. Die Abtheilung der in der Königlichen 
chirurgischen Klinik stationirten Schwestern erhielt eine selbstän¬ 
digere Organisation durch die Einsetzung einer aufsichtsführendeii 
Oberschwester. Die Verbindung des Victöriahauses mit der. Stadt Berlin 
festigte sich weiterhin durch die Ueberweisung von je zwei Schwestern 
auf die neueingerichteten Heimstätten für Genesende in Blanken¬ 
burg und Heinersdorf. In diesen, mit je 4Q Betten ausgerüstetem 
Reconvalescontenhäusern übernahmen die Victoriaschwestern die gesammle 
Leitung, besonders die Pflege der Reconvalescenton und. dio Aufsicht, 
über den Haushalt. — In Norderney verblieben zwei Schwestern auch 
in der Winterstation zur Pflege von 28 Kündern. — Bemerkenswert!! 
ist endlich aus dem Jahre 1887, dass das Victoriahaus durch ongen 
Anschluss an die deutschen Vereino vom . Rothen • Kreuz sich das 
Recht sicherte, im Falle eines Krieges einen Theil seiner Kräfte..in 
den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Im Jahre .1887 hatte das 
preussische Kriegsministerium die Verfügung erlassen, dass nur die 
deutschen Vereine vom Rothen Kreuz und •die mit ihnen verbündeten 
deutschen Landesvereine sowie die Ritterorden, welche sich schon im 
Friedon innerhalb des deutschen Reiches den Zwecken der Krankenpflege 
widmen, berechtigt sind, den Kriegssanitätsdienst zu unterstützen, und 
dass sonstige Genossenschaften, welche zu den deutschen Verciuen vom 
Rothen Kreuz in keiner Beziehung stehen, von solcher Berechtigung 
überhaupt auszuschliessen sind. Um dieser letzteren Anforderung zu go- 

y ) Seit 1893 „dreimonatlicher“. . " :i ’ ; ' ’ ' ! 


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ungiral trom 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDICINISCHE; WOGjffiNSCHElFT^ 


vopi Verein verwendeten 120000 Mark, au sieh • $u' ’üebaven. Das Ver- 
bfiltiuss fischen dom VietoriahaiiBo und dyn sfilb tischen -AnmUt#- 
wurde-- bei dieser C*ii non geregelt; specieU wurde die Bo&tiumiim* 
getrotfr.n, <ia*s- dip i/p ..FrmdnohsUnm 1 '' ‘dnlkumlmi Schwestern und Schüfe! 
rmmm in. dem V miomhöini swir-tmi des Vereins beköstigt werden und Ain& 
ebenri'CiHOll»»3t. diu .Frobepflc-geidhüöh, die. wie obeo orwfthuk bigbijt im 
SithUlöriimtucdinus den ^Frißdriebskuin “ untärgalinu-ht. waren, wohner. sollteiL 
Der ' »ä den IKi$kd*eu dw .Knfeerin EyixDid^h .<,§Srieitnto Bau. 
wurrk iimoriudh 1 W JiOirtm • beendet' und gewühri. nun dem Vietmiß- 
sckwmSLßi-a ein würdiges. behflgüehes 'II tum, Das rwcestdckigä'.' den? 

Frmdrichphain gegenüber galhgene üans fs.gVbluiUungT entMU im Purterry 


&u$sur der Woimuug Vfür dig Uberxü amen ^rjBgbn ■ Sjieia^a^dv am Begr¬ 
ünd, V r ersuinmiuügs?fömirt?.* für di& endlich eine kieimvAhrftk] 

vou Wohnzimmern iftr die im Bause wohnenden Sckükkmtujtv und für 
dm wur Privat.- und Armeujdkge dnxigjurtün Schwestern. Der. gm-merö 
Th eil der letztgenannten K?iumikrh\ enteil befindet sieb mi erskm und 
iSI{>rk. im Souterrain sind diu Küebmimnine ; Vorra.tiiskrmimßm. 
ReUer vte. gubgmi. Die gerflumjgmi G iebel Wohnungen stüd ihr die Uaae- 
mbgde bestimmt-, . Sliffiwtliebfc Einridmmgeu der Fiusetzimmcr und der 


haror MHh« a,^ V - ^m nwtnmtei- 
R f - • u ...Pi mUneUDiaur' bnkgorm G.'wndHtUeL v*m er- k>iiO 

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6. Se ptember. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


715 


Diese gewiss anerkennenswerten Erfolge hätte das Victoriahaus trotz 
der günstigen Verhältnisse, die wir eingangs unseres Aufsatzes hervorge¬ 
hoben haben, nicht erzielen können, wenn das ihm zu Gebote stehende 
Schwestemmaterial nicht quantitativ und qualitativ den gestellten Anfor¬ 
derungen voll entsprochen hätte. Was die Zahl der Schwestern betrifft, 
so erkennt man aus vorstehender Tabelle den Grad ihrer jährlichen end¬ 
gültigen Zunahme. Die Schwankungen der Zu- und Abnahme, aus der 
die einzelnen Endzahlen resultirten, treten in folgender Tabelle deutlich 
hervor: 



Aufge¬ 

nommen 

Ausges 

angesteUte 

Schwestern 

?hieden: 

Probe- 

pflegerinnen 

Zuwachs 

Zahl am 
Jahres¬ 
schluss 

1882 

8 

_ 


8 

8 

1883 

5 

— 

2 

3 

11 

1884 

16 

— 

2 

14 

25 

1885 

28 

3 

11 

14 

39 

1886 

34 

7 

8 

19 

58 

1887 

41 

6 

16 

19 

77 

1888 

30 

7 

13 

10 

87 

1889 

48 

17 

14 

17 

104 

1890 

54 

8 

24 

22 

126 

1891 

55 

8 

24 

23 

149 

1892 

53 

17 

25 

11 

160 

1893 

63 

20 

23 

20 

180 

Summe 
Die U 
haben, sind: 

435 

rsachen, aus 

93 

i welchen <3 

162 

lie Schwest< 

180 

3rn das Hai 

us verlassen 


Ungeeignet: Verlobt Krankheit Gestorben 

ca. 152, davon 130 Probepflegerinnen 19 4 5 

Andere Anstellung bezw. Privatpflege Eigener (z. Th. unbekannter) Wunsch 
37 36 

Auf die in mehrfacher Hinsicht interessanten Ziffern der Erkran¬ 
kungen und Sterbefälle werden wir bei anderer Gelegenheit zurück¬ 
kommen. Hier wollen wir nur den hohen Procentsatz von Schwestern 
(152 von 435 aller Aufgenommenen, also ca. 35%) hervorheben, welche 
im Probejahr — und das war die überwiegende Mehrzahl — oder noch 
später als ungeeignet zur Krankenpflege entlassen wurden. Es wird 
eben durch diese Thatsache aufs neue bewiesen, dass selbst bei einer 
gebildeten jungen Dame — das Schwesternmaterial des Victoriahauses 
recrutirt sich lediglich aus den besseren Ständen — die Befähigung zur 
Krankenpflegerin durch die Neigung zu diesem Beruf oder gar durch 
die Abneigung gegen andere Lebensstellungen noch nicht eo ipso ver¬ 
liehen wird. Andererseits geht man freilich wohl kaum fehl, wenn man an¬ 
nimmt, dass nicht jede unter dieser Ziffer rubricirte Schwester an und für 
sich zur Krankenpflege ungeeignet gewesen ist, sondern dass sie nur unter 
den jeweiligen Verhältnissen, vielleicht infolge eines Conflicts zwischen ihrer 
Individualität und anderen Mächten sich als unbrauchbar erwiesen hat. 
Immerhin lässt sich nicht leugnen, dass die Strenge des Purifications- 
processes, welche in obiger Zald der „Zurückgewiesenen“ ihren Ausdruck 
findet, dem Victoriahause als Ganzem zugute kommen und für die Thätig- 
keit des im Dienste befindlichen Schwesternpersonals eine grosse Garantie 
mehr bieten musste. Thatsächlich haben sich im allgemeinen die Victoria- 
schwestem in der Aerztewelt einen ganz vorzüglichen Namen erworben. 
In den Urtheilen von Hospitals- und Privatärzten, in persönlichen Mit¬ 
theilungen wie in Jahresberichten, nicht zum mindesten endlich aus dem 
Munde der von ihnen gepflegten Kranken tönt das Lob über die Thätig- 
keit der Victoriaschwestem wieder. 

Erheben wir zum Schluss noch die wichtige Frage nach den Aäqui¬ 
valenten, welche die Victoriaschwestern für ihre mühevolle, aufreibende 
Thätigkeit vom Victoriahause erhalten, so ergeben sich recht erfreuliche 
Verhältnisse. Die Gehaltsremuneration ist bereits oben in dem Re- 

f ulativ (§ 4 und 6) angegeben. Ebendaselbst (§ 14) istauch bereits des 
nvalidenfonds Erwähnung gethan. Dieser Fond hat durch Schenkungen, 
jährliche Mitgliederbeiträge etc. am Ende des Jahres 1893 die nicht un¬ 
beträchtliche Höhe von 71232 Mark erreicht. Ein weiteres Benificium 
wurde im Jahre 1888 auf Anregung der Kaiserin Friedrich durch die 
Begründung eines Sparfonds geschaffen. „Jede Pflegerin hat von ihrem 
Gehalt jährlich 50 Mark als Sparfond zurückzulegen, welche bei der Preussi- 
schen Rentenversicherungsanstalt eingezahlt und nach vollendetem 60. Le¬ 
bensjahre, wenn die Pflegerin dann noch im Dienste des Victoriahauses 
sich befindet, in Gestalt einer lebenslänglichen Leibrente zurückgezahlt 
werden. Scheidet die Pflegerin vorher aus dem Verbände des Victoria¬ 
hauses aus, so erhält sie die Einlagen, nachdem dieselben fünf Jahre bei 
der Rentenanstalt gestanden, nach einjähriger Kündigung mit Zinsen und 
Zinseszinsen zurückgezahlt. Stirbt die Pflegerin vor Ablauf der Kündi¬ 
gungsfrist, so verfallen die Einlagen zu gunsten der Preussischen Renten¬ 
versicherungsanstalt. Für jede Pflegerin, welche diese Zahlungen leistet, 
zahlt das Victoriahaus aus eigenen Mitteln jährlich 30 Mark an die 
Preussische Rentenversicherungsanstalt, welche zur Erhöhung der Leibrente 
verwendet werden, wenn die Pflegerin das 60. Lebensjahr im Dienste des 
Victoriahauses vollendet hat, und an das Victoriahaus zurückfallen, wenn 
sie vor dieser Zeit aus dem Verbände desselben ausscheidet.“ 

Endlich erhalten nach Beschluss des Vorstandes vom 20. November 
1893 die nach 25jähriger Dienstzeit im Dienste des Victoriahauses arbeits¬ 
unfähig gewordenen Schwestern Anspruch auf lebenslängliche Woh¬ 
nung und Verpflegung in dem neuen, oben beschriebenen Victoriahause. 

»Alle diese Einrichtungen sind nach unserer Meinung noch nicht aus¬ 
reichend, um einen wesentlichen Grund für den heute überall beklagten 


Mangel an gebildeten Krankenpflegerinnen,, nämlich die ungenügende Ent¬ 
schädigung ihrer Dienste, völlig aus der Welt zu schaffen. Indess wird 
man gewiss anerkennen müssen, dass das Victoriahaus auch den nach 
dieser Richtung hin aufzustellenden Forderungen in hervorragender 
Weise gerecht zu werden sich bemüht. Trotz einiger Unvollkommen¬ 
heiten, die wir bei anderer Gelegenheit berühren werden, kann das 
Victoriahaus mit Fug und Recht zu den besten Pflegerinnenschulen 
unseres Vaterlandes gezählt werden. 

IX. Achter internationaler Congress für 
Hygiene und Demographie in Budapest, 

1. bis 9. September 1894. 

Budapest, den 2. September 1894. 

Der Congress beginnt unter offenbar günstigen Auspicien. 
Die Fehler seines römischen Vorgängers scheinen vermieden oder 
wenigstens auf ein sehr erträgliches Maass herabgemindert zu 
sein. Die unvermeidliche Congress-Maschinerie arbeitet bisher gut 
und glatt, und man bemerkt unter den zahlreich aus nah und 
fern, aus allen Himmelsgegenden und Erdtheilen (einschliesslich 
des berühmten „ungarischen Globus“) herbeigeeilten Congressisten, 
die grösstentheils Budapest zum ersten male besuchen, nur ver- 
hältnissmässig wenig unzufriedene und enttäuschte Gesichter. 
Gestern Abend fand eine zwanglose Begrüssung der Ankömmlinge 
im Namen der Stadt in der Aula und dem Garten des National- 
Museums statt, und man konnte dabei Heerschau über die schon 
Erschienenen halten, die ein quantitativ und qualitativ recht gün¬ 
stiges Ergebniss in Aussicht stellt. Eine auch nur annähernde 
Taxirung der Gesammtzahl ist natürlich einstweilen noch ganz un¬ 
möglich; selbst von den schon bestimmt Angemeldeten werden 
voraussichtlich Viele erst im Laufe des heutigen Tages oder morgen 
erscheinen. Am heutigen Vormittag um 11 Uhr findet in dem grossen 
Redoutensaale die officielle Eröffnung des Congresses durch den Erz¬ 
herzog Carl Ludwig statt, der sich die Eröffnung der Ausstellung im 
Polytechnikum unmittelbar anschliessen wird. Der Nachmittag 
wird eine Semmelweiss-Feier im Sitzungssaal der Ungarischen 
Akademie der Wissenschaften bringen, wobei Hueppe die Festrede 
übernommen hat, und der sich die Enthüllung und Schmückung 
eines Gedenksteins zu Ehren von Semmelweiss auf dem Kara- 
poser Friedhof anreihen soll. Etwas späte und allzu posthume 
Ehrungen des bei Lebzeiten ignorirten oder angefeindeten Mannes! 
Der Abend verheisst noch einen Empfang in der Ofener Burg. — 
Die eigentliche Congressarbeit in den — leider immer noch 23 — 
Sectionen (um drei wenigstens ist die ursprüngliche Zahl inzwischen 
herabgemindert) wird am Montag beginnen und sich — mit einiger 
Unterbrechung durch den für Ausflüge freigehaltenen Donnerstag — 

! bis zum Wochenschluss forterstrecken. Hoffen wir, dass im Halten 
der angekündigten Vorträge (deren Gesammtzahl nach, einer von 
mir in der Eile gemachten Berechnung sich dem Programm zu¬ 
folge auf 861 beziffert) eine erfreuliche Mässigung obwalte und 
dass den fleissigen Sectionsmitgliedem jedenfalls noch Zeit bleibe, 
um das kaum minder ergiebige Vergnügungspensum mit gleicher 
Gründlichkeit abarbeiten zu können! 

2. September, Mittags. 

Die feierliche Eröffnungssitzung in dem prachtvollen Saale der 
hauptstädtischen Redoute hat soeben in würdigster Weise statt¬ 
gefunden. Der Congresspräsident, der bekannte ungarische Minister 
des Innern Hieronymi, ersuchte in einer längeren französischen 
Ansprache den Erzherzog Carl Ludwig, als Vertreter des Kaisers, 
den Congress zu eröffnen, und der Erzherzog — eine hohe, statt¬ 
liche, sympathische Erscheinung in magyarischer Generalsuniform — 
entledigte sich seiner Aufgabe in kurzer, ebenfalls französischer 
Rede, die bei jeder Gelegenheit, zumal bei jeder Erwähnung seines 
kaiserlichen Bruders, von stürmischen Eljenrufen der begeisterten 
Versammlung unterbrochen wurde. Der Oberbürgermeister von 
Budapest, Rath, dankte in magyarischen Worten — es war dies 
das einzige mal, dass das nationale Element zur Geltung kam, und 
es war hier wohl am Orte — dem Erzherzog für sein Erscheinen, 
und die Delegirten der auswärtigen Regierungen, der Reihe nach 
aufgerufen, hielten mehr oder weniger kurze (glücklicherweise 
zumeist kurze) Anreden, in einer der officiellen Congresssprachen 
(meist deutsch oder französisch), die in Form und Inhalt nicht 
über das bei solchen Gelegenheiten Uebliche hinausgingen. — Der 
Eröffnungssitzung folgte unmittelbar ein Rundgang durch die m 
den weiten Räumen des Polytechnikums untergebrachte Ausstellung. 
Ich habe sie durchwandert und kann sagen, dass sie ganz über¬ 
raschend reichhaltig und vielseitig ist und einen durchaus be¬ 
deutenden Gesammteindruck hervorruft. Von Einzelheiten jetz 
schon zu reden, wäre verfrüht, doch mögen die Ausstellungen 
unseres Kriegsministeriums und der Stadt Berlin als besonteib 
wohlgelungen und imponirend hervorgehoben werden. a. l 


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Mhn>i!tnu.ti;ovivybc:noLi k ' .möge. <*5 goaUitieH smn, auf eine Bemerkuug von 
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WLO-O(v isurn o; ö. rWa8^»t.;d.orA«gonh^kmko' mh #il8itÄ^l¥‘ 
t*•* v ; H ^'ntnin«t. — AJoAUüu. Proi*. Aiu'barjir. boid»sirh!igl. soimw I.-Im'* 
v* - w- ,f: kÜJtiüei.e Mudirio auiVjigeboti. Wib •YoBan.tol, b\»U dm’^ojbo »o« 
dm hjotüv «b^. russischen MecUe'ilmb.vo.'nens treten...' .- 'Modi id. 

Jmi na ■ aus iailix hl aal den Ju.'litAMibf für Pbrsiolcgi-. Prof. Snf»«'«Vo 
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Donnerstag 


M 97. 


13. September 1894. 


DEUTSCHE 

MEDIOINISOHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Br. Paul Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Ans der medicinischen Klinik der Universität Frei¬ 
burg i. Br. 

Die Behandlung der Pleuraempyeme bei an 
Lungentuberkulose Leidenden. 1 ) 

Von Geheimrath Professor Dr. Ch. Bäumler. 

Wenn ich mir erlaube, hier eine engbegrenzte Frage aus dem 
weiten und in den letzten Jahren viel bearbeiteten Gebiet der 
Behandlung des Pleuraempyems zur Erörterung zu bringen, 
so geschieht es in der Ueberlegung, dass bei einem Gegenstand 
von vorwiegend praktischem Interesse die Besprechung in einer 
Versammlung, welche die ärztliche Praxis so vieler Länder 
repräsentirt, manches zur Klärung der Ansichten beitragen könne. 
Handelt es sich doch um eine Frage, bei deren Entscheidung im 
Einzelfall persönliche Erfahrungen noch mehr ins Gewicht fallen, 
als theoretische Erwägungen oder Analogieschlüsse. 

Wie sollen wir uns den Pleuraempyemen von an 
Lungentuberkulose Leidenden gegenüber verhalten? 
Diese Frage wäre, so sollte man meinen, im allgemeinen wie im 
einzelnen vorkommenden Fall nicht schwierig zu beantworten, nach¬ 
dem nunmehr, Dank den Arbeiten von Bowditch, Trousseau, 
Kussmaul, Roser, Koenig, Bouveret, Schede und vieler 
anderer für die Behandlung des Pleuraempyems überhaupt feste 
Grundsätze gewonnen sind. Dem Eiter möglichst günstigen, 
dauernden Abfluss nach aussen zu verschaffen und da¬ 
durch das Aufhören der eitererzeugenden Entzündung 
herbeizuführen, muss hier, wie anderwärts am Körper, 
im allgemeinen dasPrincip unseres Handelns sein. Dieser 
Zweck wird am besten erreicht durch die Thoracotomie mit 
Rippenresection, wie sie besonders von König ausgebildet 
worden ist. 

Hat ein Empyem noch nicht allzulange bestanden, ist die 
Lunge selbst grösstentheils gesund und ihr Pleuraüberzug nicht 
bereits fibrös verdickt und noch dehnbar, so kann nach Eröffnung 
der Brusthöhle und Sicherung des Eiterabflusses die Höhle sich 
rasch verkleinern und die Lunge den Pleuraraum allmählich wieder 
ganz ausfüllen. Nach Jahr und Tag ist man oft nicht mehr 
imstande, eine Verkleinerung der Lungengrenzen nachzuweisen, 
und selbst die Verschieblichkeit der Lungenränder an ihren be¬ 
weglichsten Theilen ist nur wenig geringer als in der Norm. 

Auch wenn die Lunge oder ihr Pleuraüberzug bereits so ver¬ 
ändert waren, dass eine vollständige Wiederentfaltung nicht mehr 
möglich ist, kann doch Heilung mit Kleinerbleiben der Lunge und 
des betreffenden Pleuraraumes eintreten, indem benachbarte 
Organe herangezogen werden. Uebrigens scheint die com- 
primirte Lunge in weit höherem Maasse, als man bisher annehmen 
zu dürfen glaubte, in einzelnen Fällen ausdehnungsfähig zu bleiben. 
Schede 2 ) hat die auch praktisch sehr wichtige Erfahrung gemacht, 
„dass eine Jahre lang comprimirt gewesene Lunge noch der Aus¬ 
dehnung fähig ist und wieder athmen lernt, sobald sie nur unter 
Verhältnisse gebracht wird, unter denen sie sich wirklich aus- 


! ) In kurzem Auszug vorgetragen in der Section für innere Medicin 
auf dem internationalen medicinischen Congress in Rom am 3. April 1894, 
gelegentlich der Discussion über den Vortrag von Laache, welcher in 
No. 32 dieser Wochenschrift abgedruckt ist. 

*) Verhandl. des IX. Congresses für innere Medicin 1890, S. 50 
und 63. 


dehnen kann.“ Aber selbst wenn die Lunge sich nur theilweise 
wieder entfaltet, kann durch Heranrücken der Nachbarorgane eine 
Missstaltung des Oberkörpers ausbleiben, die selbstverständlich 
eintreten muss, wenn die Lunge nur ganz wenig oder gar nicht 
mehr ausdehnungsfähig ist. Dann wird durch enges Aneinander¬ 
rücken der Rippen und durch Verkrümmung der Wirbelsäule die 
betreffende Seite verkleinert. Soweit eine Ausfüllung des durch 
Fortnahme des Flüssigkeitsergusses geschaffenen Raumes selbst in 
dieser Weise nicht möglich ist, bleibt Flüssigkeit zurück. Darum 
sehen wir auch bei veralteten, nicht völlig zur Heilung kommenden 
serofibrinösen Ergüssen eine seröse Ansammlung von zuweilen 
nicht unbeträchtlicher Menge, eingeschlossen in eine fibröse Kapsel, 
stationär bleiben. 

Im Fall eines Empyems mit Durchbruch oder künstlicher Er¬ 
öffnung bleibt eine, oft nur kleine, Eiterhöhle mit Fistel¬ 
öffnung zurück. Letzteres ist der gewöhnliche Ausgang von 
zu spät operativ behandelten Pleuraempyemen, und die Unannehm¬ 
lichkeiten und Gefahren einer solchen Eiter absondernden Thorax¬ 
fistel (septische Infection, amyloide Degeneration) haben zur Aus¬ 
bildung von Operationsmethoden Veranlassung gegeben, durch 
welche eine weitergehende Verkleinerung und völlige Obliteration 
der Eiterhöhle erstrebt wird. Mehr oder weniger ausgedehnte 
Resection von Stücken der Brustwand wurde zuerst von 
Simon, dann von Gay et und Lötiövant 1 ) versucht, unabhängig 
von den genannten von Schede, Estländer, Billrot h, 
Whitehead 2 ) u. a. mit zum Theil sehr gutem Erfolg vorgenommen. 
Auch in den von v. Kor&nyi auf dem neunten Congress für 
innere Medicin mitgetheilten günstig verlaufenen Fällen von 
Thoracotomie bei selbst vorgeschrittener Lungentuberkulose handelte 
es sich um Resection von drei Rippen. Zur Entspannung der ver¬ 
dickten Pleura hat man Einschnitte in dieselbe, zur Anregung einer 
lebhafteren Granulationsbilduug Auskratzen der Höhle, Reizung 
ihrer Wandungen mit Argent. nitr., das G. Baccelli vor Jahren 
zur Erzeugung einer heftigeren Entzündung der Pleura bei alten 
Empyemen zu Injectionen anwandte, hinzugofügt. Aber wenn auch 
das Leben erhalten und ein sehr leidliches Allgemeinbefinden da¬ 
durch herbeigeführt wird, dürfen wir bei diesen erstaunlichen 
Leistungen der modernen Chirurgie doch nicht übersehen, 
dass selbst bei jüngeren Menschen mit noch grossem Ausgleichs¬ 
vermögen ein thätiges Leben nach solchen Operationen doch nur 
in sehr beschränktem Maasse möglich ist, indem bei schon geringer 
Muskelthätigkeit Athmungsinsufficienz sich einstellen muss. Immer¬ 
hin befinden sich aber solche mit grossem Defect von ihrem 
Empyem Geheilte in dieser Hinsicht in keiner schlimmeren Lage, 
als Menschen mit einem durch hochgradige Kyphoskoliose difformirten 
Brustkorb und dadurch zum Theil comprimirter Lunge. 

Diese Grundanschauungen haben für alle Empyeme Geltung. 
Besondere Rücksichten treten aber in den Vordergrund, wenn es 
sich um ein Pleuraempyem bei einem mit Lungentuberku¬ 
lose Behafteten handelt. Wiewohl hier auch die gewöhnlichen 
Ursachen des Empyems die Krankheit veranlassen können, wie bei 
Gesunden, so steht doch meist die Pleuraentzündung in einem 
direkten Zusammenhang mit der Lungenerkrankung. Letztere 
kann dabei sehr geringfügig sein. Ein einziger oder einige 
wenige kleine Heerde sind in der Lunge vorhanden. Ein oder der 
andere derselben sitzt nahe dem Pleuraüberzug der Lunge, bei 


») Cit. bei L. Bouveret, Traitö de l’empy&no. Paris 1888. S. 706. 
a ) Ibid. S. 861 (Brit. med. Journ. 1884). 


Go gle 


ungirai Trcm 

UNIVERSfTY OF MICHIGAN 





718- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37 


seiner langsamen Ausbreitung und dem beginnenden Zerfall wird 
die Pleura an einer kleinen Stelle in den Process hineingczogen, 
sie wird nekrotisch und bricht durch, oder sie verklebt mit 
der Brustwand. Aber Eitercoccen oder Tuberkelbacillen sind dabei 
in die Pleurahöhle hineingelangt und rufen nun eine rasch sich 
ausbreitende, zu reichlicher Exsudation, eventuell zu Eiterbildung 
führende Entzündung hervor. Bei wirklichem Durchbruch der 
Pleura kommt es zu rasch oder langsam sich entwickelndem 
Pneumothorax. 

Hauptsächlich Eitercoccen sind es wohl, die bei mit 
Lungentuberkulose Behafteten ein Empyem ohne oder mit 
Pneumothorax hervorrufen. In nicht wenigen Fällen dieser Art 
handelt es sich nicht um Phthisiker, sondern um ganz ge¬ 
sund aussehende und kräftige, ja blühende Menschen. 
Die Lungentuberkulose war bis dahin bei ihnen ganz latent ver¬ 
laufen, falls nicht ein umsichtiger Hausarzt ein schon länger be¬ 
stehendes leichtes Hüsteln und vielleicht etwas Blässwerden des 
Betreffenden bedenklich fand, und, wenn überhaupt Auswurf vor¬ 
handen war, eine Untersuchung desselben vornahm, wobei dann 
Tuberkelbacillen sich fanden. 

Ob Tuberkelbacillen allein, wenn sie aus einem solchen 
kleinen Lungenheerd in grösserer Menge in die Pleurahöhle ein¬ 
brechen, in acuter Weise ein Empyem hervorrufen können, oder 
ob in dieser Weise das von Anfang an chronisch verlaufende 
Empyem Tuberkulöser zustande kommt, welches schleichend, ohne 
besondere allgemeine oder örtliche Erscheinungen, zu bedeutender 
Höhe sich entwickeln kann, darüber ist näheres noch nicht bekannt. 
Die Eiterzellen in einem solchen Exsudat sind meist im Zustand 
hochgradiger Verfettung, das Exsudat gleicht mehr einer Fett¬ 
emulsion, weshalb ihm von Bouveret 1 ) auch der Name „Empyeme 
graisseux“ beigelegt wird. Tuberkelbacillen finden sich in ihm 
entweder nur in geringer Zahl oder gar nicht, was aber selbst¬ 
verständlich nicht ausschliesst, dass unter der krümelich-käsigen 
Eiterdecke die Pleura mit Miliartuberkeln durchsetzt sein kann. 
Eitercoccen oder andere Bacterien fehlen gleichfalls vollständig. 

Bei langsamem Ueberwuchern der Miliartuberkel 
vom Lungengewebe auf die Pleura, wobei wohl die Lymphbahnen 
den Verbreitungs weg darstellcn, bildet sich meist ziemlich langsam 
unter geringfügigen Erscheinungen, ein seröses oder, bei hinzu- 
tretender heftigerer Entzündung, ein serös-hämorrhagisclies Exsudat. 
In einem solchen können sich, wie in einem von A Fraenkel 2 ) 
mitgetheilten Fall, Tuberkelbacillen finden, 

Aber die Acuität der Anfangserscheinungen ist überhaupt in 
dem einen wie in dem anderen Fall eine sehr verschiedene, und 
selbst bei ganz acutem Entstehen, das auf Durchbruch eines 
Heerdes hindeutet, und bei heftigen Erscheinungen braucht das 
Exsudat durchaus nicht immer ein eitriges zu sein oder 
lm *i We i£?i ren Ver ! auf zu werden. Ich kann zwei bemerkens- 
werthe Falle aus meiner eigenen Beobachtung anführen, in welchen 
wahrend der ganzen Verlaufszeit bis zur Heilung der Pleuritis das 
Exsudat rein serös blieb, wiewohl es sich in beiden um acuten 
tuberkulösen Pneumothorax handelte; in dem einen Fall bei 
schon seit Jahren bestehender Lungentuberkulose, in dem andern 
rnt Wahrscheinlichkeit bei ganz lokaler Tuberkulose der be- 
tieffenden Lunge Das Vorkommen rein serösen Ergusses bei 
tuberkulösem Pneumothorax ist übrigens auch von anderen 
so von Frantzel 3 ) und Bouveret*), beobachtet. 

Die von mir selbst beobachteten Fälle seien kurz mitgetheilt; 

hatte F nhn« k , raftlg T C ; El J de der 20er Jahre stehende Dame, 

einia-fi Mnnni daS \ besondere Brustbeschwerden vorausgegangen wären, 
tmi 0 e Monate nach einer schweren Entbindung eine linksseitige Pleuritis 

SelndT < W Und , bal • da ™ u £ AnfaDg Juni 188 ±’ wurde ;on ö dembeian 
£1/?’ dem mz / lsc ? en verstorbenen Dr. Hindenlang, Pneumo- 

Anfimr Hnr Vie ^f- n ’ de u T sckl . eichender Weise entstanden war. Von 
Aniang der Pleuritis an hohes Fieber. 

Als ich am 11. Juni 1884 die Kranke mit Dr Hindenlann sah 
die^vluhi gr ° SSeS Ill i ksseitigcs E ^ U dat und Pneumothorax: im litzen 
nÄÄr T iten ? ip r Starke Verschiebung der Herzens 

“srion. S erC “ Tll 0 r;,x P llrtic bei Stlbchenplessimcterpcr- 

eiuer D pi eu h ri!k d4s ., 1 “g sa me Hinzutreten eines Pneumothorax zu 

^rjo3och E l,e" d dlr°T^3 

seröses Ex, H*t F. *?' J ,“?L vorgenomm<mei1 Function ein roin 
seröses Exsudat Es wurden 1100 ccm wesgonommen. 

P ei fc y m Panitische Schallbezirk links hinten unten blieb fortbestehon 
dte Grenzendes Exsudats und des darüber befindlichen^ iStSÄ 

;) 1. c. xS. 582. 

3 ? deutsche med. Wochcnschr. 1891, S. 597 . 

) V. Gongress f. innere Mudicin 1886, S 64 

) '• c. S. 455. 


änderten sich entsprechend der Verringerung dor Exsudatmenge. Links 
hinten oben wurde das Atherageräusch vesiculär mit inspiratorischen 
Rasselgeräuschen. Das Fieber sank nach dor Punction. 

Da die Flüssigkeit wieder anstieg, wurden am 5. Juli durch eine 
zweite Punction mit Aspiration 1500 ccm gleichfalls rein seröser 
Flüssigkeit entleert. Darauf Verschwinden des Fiebers, aber Fortbestehen 
des Pneumothorax, dessen Erscheinungen auch am 19. Juli noch die 
gleichen waren wie früher. / ■' 

Eine dritte Punction mit dem gleichen Ergebniss hinsicht¬ 
lich der Beschaffenheit des Exsudates wurde am 14. August ge¬ 
macht. Patientin erholte sich darauf sehr rasch. Pneumothorax^ war 
Anfangs October nicht mehr nachweisbar, das Herz nur wenig 
mehr verdrängt, unten noch die Zeichen von Exsudat. 0 

Auswurf, der auf Tuberkelbacillen hätto untersucht werden können 
war zur Zeit meiner. Beobachtung des Falles niemals vorhanden. Für das 
Bestehen oiner tuberkulösen Affection bei Frau T. sprach aber, abge¬ 
sehen von der Natur der Pleuraerkraukung mit Pneumothorax, das Auf¬ 
treten zahlreicher tuberkulöser Knochenaffectiouen bei dem kleinen 
Töchterchon der Kranken. Dieses Kind starb nach hinzu^etretener 
Lungenaffection im Jahre 1890. e ’ 

Frau T. erlangte, trotz Fortbestehens von Compression des unteren 
1 heiles der hinteren Lunge durch Exsudat und Sfchwartenbildun* wo¬ 
durch etwas Kurzathmigkeit beim Bergaufgehen bedingt wurdet’doch 
wieder ein vortreffliches Allgemeinbefinden, machte im Jahre 1885 glück¬ 
lich eine Schwangerschaft und Goburt eines kräftigen, noch jetzt gesunden 
Knaben durch und befand sich, einem noch kürzlich erhaltenen Bericht 
zufolge, auch zwei Jahre nachher völlig wohl. Auch eine im Jahre 1887 
aufgetretene Bronchitis mit pleuritischen Reizungserscheinungen links 
unten ging im Verlauf einiger Monate glücklich vorüber, und Frau T. 
erfreu! sich jetzt, fast zohn Jahre nach jener schweren Pleuritis 
mit Pneumothorax, einer völlig befriedigenden Gesundheit. 

Noch bemerkenswerther war das Auftreten .und Verharren 
einer rein serösen Pleuritis nach Pneumothorax im folgenden 
Falle, weil hier bereits ganz deutliche tuberkulöse Veränderungen 
in der betreffenden Lungenspitze seit längerer Zeit bestanden 
hatten. 

E n 11 2. Frau K. hatte zwei Brüder an Phthise verloren und bc- 
gnnn. im April 1886 zu husten. Anfangs Mai fand ich an der gutgebauten, 
klüftigen, Ende der 20er Jahre stehenden Frau eine Verdichtung der 
rechten Lungenspitze, im übrigen nur trockene Rasselgeräusche und 
verschärftes Athmen. Durch einen Landaufenthalt wesentlich gebessert, 
erfuhr sie in den darauffolgenden Jahren zunehmende Verschlimmerung 
der Lungenerscheinungcu. von Dccember 1890 bis Februar 1891 wurde 
sie von einem anderen Arzt systematisch mit Tuberkulin eingespritzt, ohne 
dass, selbst bei allmählicher Steigerung der Dosis bis 0,2, allgemeine oder 
örtliche Reaction aufgetreten wäre, wiew'ohl Tuberkelbücillen im Auswurf 
nachgewiesen werden konnten. Während und nach der Injectionsbehand- 
lung befand sich Frau K. übrigens besser als vorher (vielleicht haupt¬ 
sächlich infolge des ruhigeren Lebens 1 zum Theil in einer Krankenanstalt) 
und nahm an Körpergewicht zu. 

Am 25. Mai 1891 führte sie stärkerer Husten wieder zu mir. Bei 
sehr gutem Allgemeinbefinden (Körpergewicht 64,3 Kilo) zeigte sie jetzt 
Verdichtungserscheinungen auf der linken Seite: starke Dämpfung über 
der Spitze bis zur dritten Rippe und in die Herzdämpfung übergehend; 
hinten schwächere Dämpfung bis zur Spina scapulae. Auch jetzt nur Rhonchi 
1 sonori, nirgends feuchtes Rasseln. 

Im Winter 1891/92 litt Frau K. viel an Husten, fieberte und magerte 
ab. Eines Tagos, Ende April 1892 trat unter äusserst schweren Erschei¬ 
nungen von Athemnoth und Cyanose nach einem heftigen Hustenanfall 
linksseitiger Pneumothorax ein. Ich sah sie von da an öfter mit dem 
behandelnden Arzt Herrn Dr. Gross mann. 

Durch Morphium gelang es, die Kranke über die Tage beständiger 
Lebensgefahr hinwegzubringen. Es bildete sich nun unter abnehmendem 
r leber ein ziemlich rasch ansteigendes Exsudat, "welches wegen zunehmen¬ 
der Verdrängungserscheinungen und wieder aufs neue bedenklich werden¬ 
der Athemnoth am 17. Mai punctirt wurde. Das Exsudat war ein rein 
seröses, Tuberkelbacillen konnten in demselben nicht nachgewiesen wer» 
den. Der Husten war bereits mit Eintritt des Pneumothorax 
viel geringer geworden und nahm noch mehr ab, desgleichen der 
Aus wurf. 

Nach Entlastung der Brustorgane durch die Punction, wobei sioh der 
Pneumothorax als offener erwies, besserte sich der Zustand, das Fieber 
hörte völlig auf, die Kräfte uud die Ernährung nahmen zu, nur stieg 
allmählich die Athemnoth mit der Wiederansammlung des Exsudats. Am 
6. August wurde eine zweite Punction nothwendig, wobei eine erhebliche 
Verkleinerung des Luftraumes nachgewiesen und wiederum nur rein 
seröses Exsudat zu Tage gefördert wurde. 

Von da an ging die Erholung der Kranken rascher voran, so dass 
noch ira August ein Landaufenthalt genommen werden konnte, durch den 
Patientin sich zusehends^ erholte. 

Bei einer am^29. September 1892. vorgenofiimenen Untersuchung 
konnte keine freie Luft mehr im Thorax'nachgewiesen werden, vom 
Kxsudat gab sich ein Rest noch hinten und seitlich durch Dämpfung von 
der achten Rippe abwärts und durch entsprechende Abschwfichung dos 
Athmungsgeräusches zu erkennen. Weiter aufwärts bis zum Angulus 
scapulae fand sich Vesiculärathineni, links hinten oben über der Spitze bei 
stark gedämpftem Schall abgeschwächtes Athmungsgeräusch; links vorne 
oben starke Dämpfung bis zur vierten Rippe, oberhalb der Clavicula 
Hronchialathmen, unterhalb rauhes Athemgeräusch und spärliches,, dumpfes 
Raspeln bei der Respiration, Das Herz überragte mit seinem rechten 
Rand noch drei Finger breit den rechten Sternalrand. Herztöne rein. Auf 


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13. September. ___ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 7 ] 9 


der rechten Seite nur verschärftes Athemgeräusch. Körpergewicht 
64,650 Kilo. Patientin war zwar kurzathmiger, befand sich aber im 
übrigen wohler als im Mai 1891, insbesondere hatte sie wenig Husten mit 
etwas gelblichem Auswurf. 

Am 14. März 1893 bei fortdauernd sehr gutem Befinden Körper¬ 
gewicht 70,2 Kilo. Die physikalischen Erscheinungen haben sich nur in¬ 
sofern etwas verändert, als der rechte Herzrand etwas mehr nach links 
gerückt ist, den rechten Steraalrand weniger weit überragt, und als der 
halbmondförmige tympanitisch schallende Bezirk grösser geworden ist. 
Hinten unten ist die Dämpfung schwächer und weniger weit nach auf¬ 
wärts reichend. Das Exsudat hatte sich also vermindert. Oben 
war der Befund ziemlich derselbe wie im September 1892, das Athem¬ 
geräusch unbestimmt, nirgends bronchial, nach unten allmählich schwächer 
werdend, vorn oben mit inspiratorischen, gegen die Axilla hin dichter 
werdenden Rasselgeräuschen. 

Auch im Februar 1894 befand sich Frau K. nach einem gut ver¬ 
brachten Winter recht wohl. 

Der letzterwähnte Fall drängt eine Frage in den Vordergrund, 
die bei der prognostischen Beurtheilung eines pleuritischen Exsu¬ 
dates bei einem mit Lungentuberkulose Behafteten nicht ohne 
Wichtigkeit und auch das therapeutische Handeln zu beeinflussen 
geeignet ist. Wie in dem mitgetheilten Falle ist es schon öfter 
beobachtet, und jeder Arzt, der viel mit Lungenkranken zu thun 
hat, wird Beispiele aus seiner eigenen Erfahrung anführen können, 
dass mit Eintritt eines Pneumothorax oder eines pleu¬ 
ritischen Exsudates auf der Seite der tuberkulös er¬ 
krankten Lunge die Erscheinungen einer schon länger 
bestehenden, selbst vörgerückten Lungentuberkulose in 
den Hintergrund treten, ja dass sie zu einem gewissen 
Stillstand kommen. Dies gilt nicht nur vom Husten und Aus¬ 
wurf, sondern auch zuweilen vom Fieber, das, während es vorher 
wochenlang in gleichmässiger Weise fortgedauert hatte, nunmehr 
geringer wird oder selbst ganz schwindet. Hier scheint der Luft¬ 
austritt in den Pleuraraum oder die Bildung eines Flüssigkeitsergusses 
wahrscheinlich durch die Compression der erkrankten 
Lunge, wodurch deren erkrankte Theile dem fortwährenden 
Wechsel der Luftfüllung entzogen werden und auch in ihrem 
Blutgehalt eine Aenderung erfahren, diese für das Allgemein¬ 
befinden des Kranken günstigen Wirkungen auszuüben. Wenn 
wir berücksichtigen, dass die Ausbreitung des tuberkulösen Pro- 
cesses in einer Lunge von - einem oder mehreren Anfangsherden 
aus in weit höherem Maasse auf dem Bronchialwege durch Aspira¬ 
tion von Secret und Zerfallsproducten aus den erkrankten Theilen, 
als durch unmittelbares Fortschreiten oder durch Verbreitung auf 
dem Lympliwege stattfindet, so ist es begreiflich, wie die fast 
völlige Ausschaltung einer Lunge von der Athmung, der Wegfall 
der Luftbewegung in den Bronchien derselben, zum mindesten der 
eben erwähnten Art der Ausbreitung der Krankheit auf dem 
Bronchialwege Einhalt thun muss. Dadurch, dass das kranke Or¬ 
gan mehr oder weniger vollständig zur Ruhe gesetzt wird, können 
auch die schon vorhandenen krankhaften Vorgänge in demselben 
möglicherweise günstig beeinflusst werden. Hat man doch die 
Wirkung eines pleuritischen Exsudates auf die kranke Lunge auch 
schon mit der Wirkung eines immobilisirenden oder Druckverban¬ 
des bei einer äusserlichen chirurgischen Affection verglichen. Es 
ist denkbar, dass bei mekrwöchcntlichem Bestehen dieser Com¬ 
pression in den kranken Lungentheilen günstige histologische Ver¬ 
änderungen, Resorption, Bindegewebsbildung, ein treten können 
und dass, wenn das Exsudat, wie es bei einem sero-fibrinösen Er¬ 
guss ja auch bei Tuberkulösen häufig vorkommt, allmählich zur 
Resorption gelangt, die früher vorhanden gewesenen Lungenerschei¬ 
nungen nur ganz allmählich, oder, wie in unserem Fall, für längere 
Zeit gar nicht zurückkehren. 

Angesichts dieser Erfahrungen und Erwägungen würde es 
also von Vortheil für den Kranken sein, die Lunge eine Zeit 
lang unter dem Exsudatdruck zu lassen. Handelt es sich 
um ein sero-fibrinöses Exsudat, so wird man dasselbe selbst¬ 
verständlich wie ein gewöhnliches Exsudat dieser Art behandeln, 
so dass, auch wenn mehrmals punctirt wird, doch wie in den 
beiden mitgetheilten Fällen, Wochen und selbst Monate darüber 
vergehen, ehe das Exsudat völlig resorbirt ist. (Schluss folgt.) 

II. Aus der chinirgischen Klinik zu Giessen. 

Ueber einen Fall von Aethertod infolge von 
Lungenödem nebst Bemerkungen zur 
Narkosenstatistik. 1 ) 

Von Prof. Dr. Poppert, Oberarzt der Klinik. 

Der seit einigen Jahren von neuem entbrannte Streit Aether 
versus Chloroform scheint nach den zahlreichen bisher vorliegenden 

J ) Nach einem Vortrag, gehalten in der medicinischen Gesellschaft 
zu Giessen. 



Veröffentlichungen mehr und mehr zu Gunsten des Aethers ent¬ 
schieden -werden zu sollen, und gerade in dem letzten Jahre sind 
diesem Anästhetikum aus der Reihe der deutschon Chirurgen wieder 
zahlreiche Lobredner erstanden, die ihm wegen seiner grösseren 
Ungefährlichkeit den unbedingten Vorzug vor dem Chloroform ein¬ 
zuräumen geneigt sind. Insbesondere wird dem Aether nachge¬ 
rühmt, dass er ungleich seltener üble Zufälle herbeiführe, wie das 
Chloroform, auch sollen letztere nach den übereinstimmenden Be¬ 
richten der Aetherfreunde vorwiegend in Störungen der Respiration 
bestehen, die durch entsprechende Maassnahmen leicht und mit 
grosser Sicherheit gehoben werden könnten. Die bei der (,'hlu- 
roformnarkose so sehr berüchtigte Herzsynkope komme nur aus¬ 
nahmsweise vor und ist von zahlreichen Anhängern des Aethers 
(Julliard, Comte, Garr 6 ) überhaupt noch nicht beobachtet 
worden. Als ein nicht geringer Vorzug der Anwendung des 
Aethers wird endlich auch die Sorglosigkeit und die Gemüthsruhe 
gerühmt, der sich der Operirende infolge des ruhigen, ungestörten 
Verlaufs der Narkose unbedenklich hingeben darf, so dass er seine 
ganze Aufmerksamkeit auf den chirurgischen Eingriff selbst richten 
könne. 

Die von Gurlt 1 ) zusammengestellte Narkosenstatistik, welche 
bekanntlich von der deutschen Gesellschaft für Chirurgie angeregt 
wurde, scheint die grosse Ueberlegenheit des Aethers gegenüber 
dem Chloroform in augenfälliger Weise darzuthun; wenn man die 
in den vier Berichtsjahren 1890—1894 gesammelten Narkosen zu¬ 
sammen nimmt, so geht daraus hervor, dass schon auf 2647 Chlo¬ 
roformnarkosen ein Todesfall kommt, während bei Anwendung 
von Aether ein Todesfall erst auf 13160 Narkosen entfällt. 

Unter dem Eindruck dieser günstigen Mittheilungen hielten 
wir uns für verpflichtet, ebenfalls zur Aethernarkose überzugehen. 
Dieser Entschluss wurde uns zudem noch erleichtert durch einen 
Fall von Chloroformtod infolge von Herzsynkope, den wir im Be¬ 
ginn dieses Semesters zu beklagen hatten und durch den wir einen 
kräftigen und im übrigen gesunden Knaben verloren. Wir be¬ 
gannen unsere Versuche Anfang Mai d. J. und benutzten hierzu 
den „Aether pro narkosi“ von Merck; mit dem Verlaufe der 
Aethernarkosen hatten wir zunächst allen Grund zufrieden zu sein, 
da erlebten wir bei der 40. Betäubung, einige Zeit nach Beendi¬ 
gung der Operation, einen Todesfall, den wir dem Aether zur Last 
legen müssen. 

Der Fall betrifft einen 46jährigen Landarboitor, welcher wegen 
leichter peritonitischor Roizcrscheiuungen und eines rechtsseitigen, iriv- 
poniblen Leistenbruchs auf der Klinik zur Aufnahme gekommen war. 
Aus der Vorgeschichte ist zu erwähnen, dass der Patient bis vor Beginn 
seinos jetzigen Leidens gesund und gewohnt war, schwere körperliche 
Arbeit zu verrichten. An Husten bat or früher nie gelitten. Wie wir 
nachträglich durch die Angehörigen in Erfahrung brachten, soll er in 
früheren Jahren zeitweise dem Trünke ergeben gewesen sein, in den 
letzten U/a Jahren jedoch den Alkohol nur in mässigen Mengen genossen 
haben. Die Erkrankung, wegen deren Patient am 20. Mai aufgenommen 
worden war, hatte am 15. Mai, angeblich infolge einer Ueberanstrengung. 
mit mässigen Schmerzen im rechten Hypochondrium begonnen, um 17. 
Mai musste er wegen zunehmender Leibschmerzen sich zu Bett legen, 
am 19. Mai klagte er auch über heftige Schmerzen in dem schon seit 
17 Jahren bestehenden rechtsseitigen Leistonbruch, der sich nun rasch 
vergrösserte und auf Druck sehr empfindlich wurde. In der darauf fol¬ 
genden Nacht musste der Kranke zweimal erbrechon, Stuhlgang war 
immer vorhanden, in den letzten Tagen bestanden Durchfälle. 

Bei der Aufnahme wurde eine rechtsseitige grosse Leistenhernie 
festgestellt, welche nur zum Theil zuriickgeschoben werden konnte, die 
Haut des Hodensackes war leicht ödematös, die Palpation schmerzhaft; 
ebenso bestand Druckempfindlichkeit über dem ganzen Abdomen und ein 
massiger Grad von Mcteorismns. Der Perkussionsschall war überall 
tympanitisch. der Puls massig beschleunigt, die Temperatur nicht nemiens- 
werth erhöht, 37,8. Die klinische Diagnose lautete deshalb auf leichte 
peritonitische Reizung im Bruchsack und im Abdomen, einhergehend 
mit einem subacuten Darmkatarrh. Unter der Darreichung von Opium 
und der Anwendung der Eisblase wurden die Beschwerden etwas ge¬ 
lindert und bildeten sich in den folgenden Tagen die Reizerscheinungen 
am Scrotum zurück, die Durchfälle wurden seltener, docli kam es noch 
einige male zum Erbrechen. Dabei war der Kräftezustand immer ein 
Verhältnissraässig guter, der Kranke nahm genügend flüssige Nahrung, 
irgend welche bedrohliche Erscheinungen wurden nie beobachtet. Die 
Temperatur war morgens normal, abends bestanden bisweilen geringe 
Steigerungen, bis 38,3. , , „ . 

Da am 30. Mai sich wieder Erbrechen emsteilte und der Kranke 
über heftige ziehende Schmerzen im Bruch klagte, wurde in der An¬ 
nahme, dass die Beschwerden möglicherweise auf die im Bruchsack be¬ 
stehenden Verwachsungen der Darmschlingen zurückzuführen seien der 
Plan gefasst, die Radicaloperation der irreponiblen Hernie ausziililhren. 
Bei der am folgenden Tage unter Aethernarkoso ausgefuhrten Ope¬ 
ration fand sich nach Erüflhung des Bruchsackes in dom unteren Ab¬ 
schnitt desselben ein zwischen den Darmschlingen gelegener, etwa aptei- 
grosser Abscess mit fibrinös-eiterigem, nicht übelriechendem Inhalt, eine 

i) Zur Narkotisirungsstatistik. Archiv itlr klin. Chirurgie, 48. Bd.. 
S. 223. 


Original frem 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






720 


B™t!s a » t X/prw?il rm ' SC i hlin ^ ,1 J War “ r f ends vorhanden und die Höhle des 
Vnrw olf^ eS GrW1S S1C A nack dem Abdomen zu durch ausgedehnte frische 

Xn ekt EnÄ H SSe “;- ün .i ter '“T“ Umständ ®ü ™rdo natürlich 
von emei Losung und Reposition der vorliegenden, mit eitrigem Belan-e 

l «hf e Jtt!w ChlmgCn abgesehen ’ und man begnügte SZ e!??° 
eine snätere J 7pH 0n Il gaZe n ZU tam P oniren - Die Radicaloperation sollte auf 
Dieser kleine EhfJff w!“ ss ausgebeilt 'Y ar > verschoben werden, 
nommen Ln “ j g $ ? atto ” ur w “ige Minuten in Anspruch go- 
ASen’dM virh» s der ^ arkoS .?, bet . rug vom Beginn derselben bis zum 

»razeS etwa V 1W?rm S 4 TÜ S Uber ? ne baibe Stunde - bierbei «’nron im 
zunächst ml? rW-V?» A «‘her verbraucht worden . Der Aether wurde 
des TnLTnLl!u- C y . Sch , en Maske ger61ch t; da indess der Eintritt 
Jun^d-rÄ UD \ S 6cbr -J ange ? uf sich Wf irten Hess, wurde zur 
C 0 d £ dÄ/r fa ’ und “ un kam die Narkose allmilhlich in 
l ang :,, so das f die Operation ausgeftthrt werden konnte. Die Betäubung 

bcwegunfen S n“* RndLl‘ # °’ U ” d der Kra n k e machte mehrmals Abwehr? 

na fi Eadlal P“Js war immer kräftig und langsam, das Ge- 
sicht, w ig so häufig m der Aethernarkose, leicht cvanotisch dieAthmmur 
war tief und regelmässig, einmal erfolgte Erbrechen von etwas Masre/ 

usi^isi! 

S£rS'ÄSriiSSS: 

Kranke wurde mehr undmehr^^Pr'tzungen allmählich ab, der 

Stunden „ach ? ** T ° d ’ ^ ZWei 

das Vorhandensein oiW^ffüsIi^BancWeMent 18 - S / ction ® rgab zunächst 
dehnten Verklebungen und fihrin««ai a i ZUndung ’ welche zu ausge- 
geführt hatte im Weinen A A uüü ^ngen der Darmschlingen 

Mesenterium. ' bl* Äj! “ d ° r Nfibe d ? r Wurzel des 
eiterigem, nicht jauchigem Inhalt Die TW»! 8 ? 68 ? 6 dl . ckem fibri nös- 
Finger durchgängig, die imScroti™ hpf °n e ™ s Slch für mehrere 

falls mit einander durch fibrinöse Anflar^r? 611 Darmscll lingen waren eben¬ 
schien von normalerGrösse se ne' rechtem ^ S Das Herz ^ 

Die Muskulatur von dunke^ braunrothIr Ä H ft . 6 ™ r . ? tark ^Iutüberfüllt. 
apparat erwies sich n “ Der Klappen- 
atenosklerotisch veränderte Stelle Dto Lun^tn^hf^ 11 ^ eme kl(3ine ’ 
sematös waren, zeigten sich Zungen, welche etwas emphy- 

enorm ödematös bdm üSihiSÄ Abscbni ‘ t 

lieh gefärbter, mit Schaum untlrmil 'btl^ Pi ' e ! n ®M®“ g ® dünner, röth- 
hervor. Auch die Trachea und ^b,R™„,Pnssigkmt aus dem Gewebe 
migen Flüssigkeit angefüllt Die übrigen fw“ 'TT m] t .dieser schau- 
heiten dar. 1,16 übngen Organe boten keine Besonder- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 87 


ödem^angesproelmn a werfen eSI Zu a ents ? U \f de “ Lmgw- 
;vmdureh g letztere S "betont wurde n k^„ el d™ ^ F 4®, 

hang- gebracht werden mit den bei der Q D P j“ 0edem . in Zusammen- 
haften Veränderungen oder ist datelh? ? T rgef !» n denen krank- 
des Aethers zurückzuführen? VtZ eme giftige Wirkung 
zutreffend, wenn man ausJL t V 8lbstv ® r8 ttadlich ganz un? 

Peritonitis vorgefuTden wurde n ^n d1n <i^ SS be ! dcr SectioI > «he 

diese den Tod°herWgeführt habe t ' rZ™?“ Wollte - dass 
an sich eine ernste Erkrankung darstellt 16 ® aacb £ eEellbz üudung 
ichen Ausgang nirnnft Zmi Z Ze l^e,, bä , Ufi{? e . inen töd ^ 
leichte Form von Peritonitis vor hoi f 1 ? ? e eine re ^ at iv 
aus nicht ausgeschlossen war und^i™ lcher «ne Heilung durch¬ 
muss, dass bei unserem Kranken dl« üZZ Zug i c f ehen werden 
Organismus bis zu einem lZ;™ ^ Widerstandsfähigkeit des 
waren doch zurZeit dei ODeZT«« n^d® heball fe rf! setzt w ar , so 
welche einen baldigen tödtliehm. 4 ° keln * rIel Zeichen vorhanden, 
Auch Vermuthel1 lassan ’ 

sich zuweilen beim Vorhandensein eiJL h T™ pönalen, welches 
infolge der Herz- und Athmunssinsi ffl ? cb K radl g e u Meteorismus 
unserem Fall nicht zulfcsig weil Zr Ä 1 ® 2 ent ^ickelt, ist in 
und ein derartiges Oedem sich TiiVh* -^ ete °r isi nus sehr gering war 
Bei unbefangener ZurthenuZZ 80 “ r Plötzlicl, entwickelt, 
gezogen werden, dass der AetheAls dk d *1 S . ck ! ussfoI gerung 
des Lungenödems zu betrachten sei üZ wahr . scbe,nllc he Ursache 
Spättod infolge der Aethernarkoa if S a * so um eiuen 
auffällig musste hierbei dcr Umstand Leh ' Als be8oad ers 

.. —£ SÄSÄ ÄS» 


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verantwortlich gemacht werden, da wir als Gegner der sogenannt 
„SratiokungBrnethode" allzu concentrirte und deshalb stark reSl 
Aetherdämpfe nicht einathmen lassen, noch konnte das Uebersehen 

SdÄrZ" 6 (LUngenerkrailkUng - Br0nchitis «• Ä 

Dieser Todesfall kam für uns um so überraschender als ,* n 
den m letzter Zeit so zahlreich erschienenen Arbeiten über Aethßri 
sirung dieser gefährlichen Nebenwirkungen des Aethers keiimriJ 
Erwähnung gethan wird. Allerdings wird in der Mobr-zoiii a- 61 
Arbeiten als ein Nachtheil des Mittels das gelegratifchf Hemr' 
"Sf ™ B J on ß hltls und Bronchopneumonie angeführt indess 

Surbetllem 6 ^’ Com P licati °™ k - a -hr erns“ 

Eine Durchsicht der Litteratur in Bezug auf Todesfall« im 
Anschluss an die Aethernarkose führte nun zu einem sehr üh«r 
rauchenden Ergebniss. Es möge mir deshalb gestattet sein mit 
Rücksicht auf die grosse Bedeutung und Tragweite dieser Fra™ 
etwas näher hierauf einzugehen. Wie ich weiter unt^n • a&6 

ÄiciTm zurtr hteD l ° b dieS6 nac ht r %l^hen r T odesfölle ei S 

JNarkoticum zur Last zu legen seien, sehr getheilt, es ist daher 
einleuchtend, dass die Entscheidung dieser Frage für die Auf- 

deutünf sein r i^ss k0SenStatlStU£ V °“ der gr8SSte “ P rinci P iellea B«- 
Was zunächst die Fälle von Aethertod infolge ran 

ÄS LfÄ 

Chirureie 1 S lKl Cit ’ rt , n Q ac ^ , Ka PPeler, Anüsthetica, Deutsche 

”• Ära 

, -r r kranke asph^ktisch und starb zwei Stunden später Die 

verlaufen es war w«l^r her verbraucbt Würden, schien sehr günstig zu 
Operation snrach PafW;,? J ™* 0 S i’ Erbrecb(m vorhanden. Nach der 
wahrnahm ^ i «/„ df,,«/! Q mit der Wärtern, die nichts abnormes an ihr 
Symptome Cvanr>< 5 « P - S ?^? r zei g^ n sich plötzlich alarmirende 
un“nach weiteret uf starkes Rasseln über beiden Lungen, 

Hydrops ararhnnifioo * j^ un T den stark die Kranke. Die Obduction ergab 
Organe geTund d d '° Lungea »dematös und Hass, die übrifen 

Inhalfüon^-A n ^„T!? 0 ma a H fl o Spi ^’ citirt nach Hankel, Handbuch der 
Die PVcpiiöi etica, S. 62: Mann von 45 Jahren. Mastdarmkrebs. 
Puls hörte auf^dns unter denen der Tod eintrat, waren folgende: Der 
Autor» «siß P p ffn K. tj S Besic ht war erst eingefallen, dann turgescirend. Die 
v n f Berz & esun d, Lungenödem, extensive Pleuraadhäsionen, 
sund« Prnn Dancet. 1882, I, S. 538: 54jährige, gut genährte und ge- 
Zur Narkntjö ^duefaon einer fünf Wochen alten Schulterverrenkung. 
verbranoht ¥ Minuten dauerte, wurden sechs Unzen Aether 

etwas Wn«or. ° Minuten^nach geschehener Reposition trank die Kranke 
ii/ Stnndo crlxf 16 ? S1 °h zunächst anscheinend ganz wohl, aber schon 
etwa zwei fand man sie cyanotisch und sterbend. Der Tod trat 

leichtp Vprfotf 11 ^ 611 ^ 11 ^ dor Narkose ein. Bei der Section fand man 
gestionirt“ ^ emen ^ ere ’ di® Lungen waren hochgradig „con- 

einer^pral£f t >J J Q 1 ^ et i/^’ ^ Mann von 62 Jahren, Reduction 

wöhnlirhon 7«ff ^phulterverrenkung. Die Narkose trat innerhalb der ge- 
nlöt 7 lirh hl nco lt e ^ n ‘*i^ a< ? 1 der & e i un & en en Reposition wurde der Kranke 
lantien und i- Und ^hmete oberflächlich; trotz Anwendung von Stimu- 
livide VorfürK aD ^ ere ^ 61 j ^ or ^ es ctzter künstlicher Athmung nahm die 
Emnhvse^ nnd ng p ZU und ftikrfce bald zum Tode. Die Autopsie ergab 
Schleim in d*n f n j? GStl0n der Lungen; Bronchitis mit einer Menge 
Luft in don h k,u ^ 1 ’ ökrenas ten. Die Unterlappen enthielten nur wenig 
der Trflohpn •« ° re \^Lungentheilen bestand stärkeres „Oedem“. Auch in 
der lrachea war schaumiger Schleim enthalten. 

sehr ersrhunff Brit - med * Journ. 1885, S. 887: 64jährige Frau. Patientin 
Operation wnrd indess den Aether gut. 12 Stunden nach der 

Stunden imw 6 die Kranke dyspnoisch und starb nach weiteren fünf 
Section. deD Brsckemun & en der „Lungencongestion“. Keine 

S 973 a fft,J'i f ^ r k en ä?Archiv für klinische Chirurgie, 48. Bd., 
blasendiSnnd «i S ^ stlk ) / ; 3 5jährige Frau, Anlegung einer Gallen- 
beträchtlirhor q s ^- e *.. Bie 1 Astündige Narkose verlief normal, aber mit 
J und wiederholtem Erbrechen. Nach dem Er- 
am nächston au ^ IeQ des Schleimrasseln in Trachea und Bronchien; 

Operation 7 *S dies zu uad am Abend, 32 Stunden nach der 

^ W *° der Tod unter den Erscheinungen des Lungenödems. 

e-äno-lioh 11 ^ W ^ r den ( ^ r ^* ien der mir im Original nicht zu- 

sirhtiert l ar> y e ^ en der ungenügenden Beschreibung unberück- 
Tod n ’ dann . bleiben also sechs Fälle übrig, in denen der 

nimo-AT» J ähnlichen, beziehungsweise völlig gleichen Ersehei- 

vier^Fälip 1 ^ 7*-’ S ^ e . ullserem Fall beobachtet wurden. In 
u (einschliesslich des unsrigen) konnte bei der Section 

Original fro-m 

UNIVERSITYOF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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13. September. 


Lungenödem constatirt werden, einmal ist starke Lungencongestion 
angegeben, die beiden übrigen Fälle wurden nicht obducirt. Ein¬ 
mal erfolgte der Tod unmittelbar im Anschluss an die Narkose, 
dreimal nach zwei Stunden und je einmal nach 3, 17 und 32 Stunden! 
Da von diesen Fällen 5 in der von Hanke 1 (1. c.) aufgestcllten 
Liste von 45 Aethertodesfällen enthalten sind, so würden also 1 /q 
sämmtlicher Beobachtungen von Aethertod auf Lungenödem zurück¬ 
zuführen sein. 

Trotz dieses relativ häufigen Auftretens von Lungenödem bei 
der Aetherisirung war man bisher anscheinend nicht geneigt, den 
Aether hierfür verantwortlich zu machen. Hankel (1. c. S. 77) 
kommt bei Besprechung der Lungenerscheinungen zu der Ansicht, 
dass der Tod häufig seine Ursache in schweren, schon vorher be¬ 
standenen Störungen haben müsse, insbesondere Hesse sich aus der 
Section allein niemals der Schluss ziehen, dass der Tod durch die 
Anwendung des Aethers eingetreten sei. Kappeier (1. c. S. 180) 
äussert sich in Bezug auf diese nachträglichen Todesfälle ebenfalls 
unbestimmt, er findet den ersten und zweiten Fall unserer Liste 
„räthselhaft“ und ist im Zweifel, ob man sie auf eine Wirkung 
des Anaesthetieums zurückführen dürfe, weil die üblen Erscheinungen 
sich erst relativ, spät nach Beendigung der Narkose eingestellt 
hatten. Aehnlich spricht er sich an einer anderen Stelle aus (vgl. 
Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte, 1889, S. 714). 

Und doch kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die ver- 
hältnissmässig grosse Zahl von Beobachtungen, wo der Tod unter 
den Erscheinungen des Lungenödems erfolgte, nicht in einem bloss 
zufälHgen Zusammentreffen begründet ist, wir sind vielmehr ge- 
nöthigt, anzunehmen, dass ganz bestimmte Momente hierbei in Be¬ 
tracht kommen, welche wir am ungezwungensten in einer schäd¬ 
lichen, giftigen Wirkung des Aethers suchen werden. Es ist eine 
allgemein zugegebene Thatsache, dass dieses Anaestheticum lokal 
eine stark reizende Wirkung auf die Haut und Schleimhaut ausübt 
und letztere nicht selten zu einer stärkeren Secretion anregt. Man 
braucht sich nun zum Zustandekommen des Lungenödems nur eine 
bedeutende Steigerung dieses Reizes vorzustellen. 

In der That gelingt es auf experimentellem Wege, durch 
Aether Lungenödem zu erzeugen. Wenn man nach Löwit 1 ) 
bei einem curarisirten Kaninchen oder einer Katze einige Tropfen 
Essigäther in die Jugularvene injicirt, so hört die Herzthätigkeit 
bald auf, vorher aber sieht man eine blutig rothe, schaumige 
Flüssigkeit in der Trachealcanüle als Zeichen eines hochgradigen 
Lungenödems aufsteigen. Bei der Section findet sich alsdann stets 
ein ausgeprägtes Oedem der Lungen. 

Dieser Versuch ist von so sicherer und augenfälliger Wirkung, 
dass Löwit den Essigäther geradezu als ein zu Schulversuchen 
geeignetes Mittel zum Hervorbringen von Lungenödem empfiehlt. 
Auch mit Schwefeläther und Buttersäureäther vermag man bei 
intravenöser Injection Lungenödem hervorzurufen, doch pflegen 
hier die Erscheinungen etwas weniger hochgradig zu sein wie bei 
Anwendung des Essigäthers. Als beachtenswerth ist noch hervor¬ 
zuheben, dass man durch Ein träufeln der genannten Aetherarten 
in die Luftröhre ebenfalls ein ausgesprochenes Lugenödem hervor¬ 
zurufen vermag. Wie Löwit des Genaueren ausführt, liegt hier 
kein Stauungsödem vor, das Oedem muss vielmehr als ein toxi¬ 
sches aufgefasst werden, das wahrscheinlich durch eine erhöhte 
Durchlässigkeit der Gefässwand, eventuell durch geänderte secre- 
torische Verhältnisse bedingt ist. 

Diese zur künstlichen Erzeugung von Lungenödem unter¬ 
nommenen Versuche geben uns sicheren Aufschluss über den Zu¬ 
sammenhang von Lungenödem und Aether, sie sind deshalb für 
die Beurtheilung der Gefahren der Aethernarkose von grosser Be¬ 
deutung. Nachdem der direkte Beweis dieser Abhängigkeit der 
Lungenerscheinungen von dem Anaestheticum erbracht ist, müssen 
selbstverstäncUich die oben angeführten Todesfälle durch Lungen¬ 
ödem als echter Narkosentod aufgefasst, also auch auf Rechnung 
des Aethers gesetzt werden. Unerklärt bleiben nur die Bedin¬ 
gungen, unter welchen sich im einzelnen Falle diese Lungenerschei¬ 
nungen entwickeln und warum dieselben oft erst viele Stunden 
nach der AethereinWirkung sich einstellen. Ohne Zweifel spielt 
hier die Idiosynkrasie eine gewisse Rolle, da das Zustandekommen 
des Oedems unabhängig ist von der Menge des verbrauchten 
Aethers. In Bezug auf den anderen Punkt muss man bedenken, 
dass der Aether mehrere Tage im Körper zurückgehalten werden 
kann und vorwiegend durch die Lungen wieder zur Ausscheidung 
gelangt, wobei er dann seine schädliche Wirkung zu entfalten 
vermag. 

Wie verhält es sich nun mit den übrigen bekannt gewordenen 
Fällen von Spättod im Anschluss an die Aetherbetäubung, ist für 


l ) Löwit, Ueber die Entstehung des Lungenödems; ein Beitrag zur 
Lehre vom Lungenkreislauf; in Ziegler’s Beiträgen zur pathol. Anatomie 
XIV. 3. H. • 


721 


diese Fälle dem Narcoticum ebenfalls eine Schuld beizumessen? 
Was zunächst die nach der Aetherisirung häufig auftretendon 
Bronchopneumonieen betrifft, so kann es jetzt wohl keinem Zweifel 
mehr unterliegen, dass für die grosse Mehrzahl dieser Erkran¬ 
kungen der Aether verantwortlich gemacht werden muss; denn 
wenn dieses Mittel infolge soiner reizenden Wirkung ein acutes 
Lungenödem hervorzurufen vermag, dann muss es um so mehr im¬ 
stande sein, auch einen langsamer verlaufenden entzündlichen Pro- 
cess der Lunge anzuregen. Ebenso müssen wir, wenn wir gerecht 
sein wollen, auch diejenigen nachträglich eingetretenen Todes¬ 
fälle, bei welchen als Ursache Collaps angegeben ist, bei der Sta¬ 
tistik berücksichtigen, da es unzweifelhaft feststeht, dass der Aether 
oine schwächende Wirkung auf das Herz ausüben und sogar den 
Tod während der Narkose durch primäre Herzlähmung veran¬ 
lassen kann. 

Aus diesen Erörterungen geht hervor, dass es als durchaus 
willkürlich erscheinen muss, wenn man bei der Aufstellung einer 
Narkosenstatistik die verspäteten Todesfällo ausser Betracht 
lässt und nur die während der Betäubung eingetretenon als 
wirkUchen Narkosentod berücksichtigt. Wie wir weiter unten sehen 
werden, führt ein solches Verfahren zu irrthümlichen Behauptungen 
und fehlerhaften Schlüssen. 

In den Arbeiten über Aetherisirungen werden, wie schon an¬ 
gedeutet, die nachträglichen, aus der Aethernarkose erwachsenden 
Gefahren als unerheblich hingostellt, insbesondere wird in der 
Mehrzahl der Veröffentlichungen auf eine Würdigung der Spät¬ 
todesfälle ganz verzichtet, da letztere selbstverständlich als von 
dem Anästheticum unabhängig zu betrachten seien. So sagt 
Comte 1 ), welcher über die Erfahrungen auf der Genfer Klinik 
unter Julliard berichtet, gelegentlich der Aufzählung der be¬ 
kannt gewordenen Aethertodesfällo: „Wir haben die Fälle von 
nachträgHehern Tod bei Seite gelassen, da sie sehr discutabel sind, 
selbst nach der Ansicht der Anhänger des Chloroforms.“ Garrö 2 ) 
bringt die Beobachtungen, wo die Kranken längere Zeit nach der 
Narkose starben, nachdem sie zum Theil wieder zum Bewusstsein 
gekommen waren, bei der Berechnung der Aethertodcsfälle eben¬ 
falls in Abzug, „da sie nicht ausschliesslich dem Aether zur Last 
zu legen seien.“ — Diese Ansicht theilt auch Gurlt 3 ), er äussert 
sich in seinem letzten Bericht über die Narkosenstatistik in Bezug 
auf sechs nachträgliche Todesfälle, bei welchen von den Bericht¬ 
erstattern der Narkose gleichfalls ein Theil der Schuld an dem 
tödtlichon Ausgang beigeraessen wurde, in folgender Weise: „Da 
in diesen Fällen der Tod erst zwei bis zu 30 Stunden und länger 
nach der Operation eintrat, habe ich Anstand genommen, diese 
Fälle den unmittelbar bei der Einwirkung der Narkose erfolgten 
Todesfällen zuzuzählen.“ Auf Grund des gesammten Beobachtungs¬ 
materials seiner Statistik kommt nun Gurlt zu dem schon ein¬ 
gangs erwähnten Ergebniss, dass das Chloroform fünfmal so 
gefährlich wie der Aether ist. 

Wie gestaltet sich aber das Resultat, wenn wir auch die¬ 
jenigen Fälle von nachträglichem Tod in Rechnung ziehen, für 
welche, wie wir nachgewiesen haben, der Gebrauch von Aether 
mit Gewissheit oder doch mit Wahrscheinlichkeit verantwortlich 
zu machen ist? Unter Zugrundelegung der Gurl t’schen Narkosen¬ 
statistik ergiebt sich, dass in den vier Berichtsjahren 166 812 
Chloroformnarkosen mit 63 Todesfällen und 26 320 Aethemarkosen 
mit 2 Todesfällen gesammelt sind. Berücksichtigt man aber auch 
die in die Statistik nicht aufgenommenen Spättodesfälle, so kommen 
noch hinzu beim Chloroform 3, beim Aether dagegen 10 Todes¬ 
fälle, wodurch das Verhältniss zu Ungunsten des Aethers be¬ 
deutend verschoben wird. 

Für den Aether noch beträchtlich ungünstiger wird das Er¬ 
gebniss, wenn wir nur das letzte Berichtsjahr 1893—1894 in Be¬ 
tracht ziehen, in welchem zum ersten mal von den deutschen 
Chirurgen die Aethernarkose in ausgedehnterem Maasse in An¬ 
wendung gezogen wurde; die in den beiden vorhergehenden Be¬ 
richtsjahren gesammelten Aethemarkosen rühren vorwiegend von 
überzeugten Aetherfreunden (Julliard, Roux) her, welche an¬ 
scheinend nicht geneigt sind (vergl. Comte, 1. c.) die nachträg¬ 
lichen Todesfälle dem Aether zur Last zu legen, und welche des¬ 
halb möglicherweise der hierhergehörigen, etwa beobachteten Fälle 
nicht Erwähnung gethan haben. Bei der grossen Wichtigkeit und 
Tragweite dieser Frage dürfte es wohl gestattet sein, die in dem 
Berichtsjahr 1893—1894 beobachteten Fälle von Spättod bei 
Aethernarkose hier anzuführen. 

Fall 1. Bessel-Hagen (Gurlt, 1. c., Anlage 3). 39jährige anä¬ 
mische Frau. Operation eines Uterusmyoms. Im Anschluss an die 1 /a- 
stündige Aethernarkose entwickelte sich eine schwere Bronchitis und 
Bronchopneumonie, die jeder Therapie trotzte und nach etwa fünf 

i) De l’emploi de l’dther sulfurique, Genöve 1882, S. 146. 

*) Beiträge zur klin. Chirurgie 11. Bd., S. 38. 

3) 1. c., S. 224. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


722 


Wochen zum Tode führte. Der Berichterstatter bomerkt hierzu: „Es ist 
zweifellos, dass die Aethernarkoso die direkte Ursache für die Entwicke¬ 
lung der Pneumonie abgegeben hat.“ 

Fall 2 und 3. Czerny (Gurlt, 1. c., Anlage 7). Der Bericht¬ 
erstatter v. Beck erwähnt zwoi Todesfälle infolgo von Pneumonie am 
achten Tage bei Bauckopcrirten, welche vorher an keiner Bronchitis litten; 
er fügt noch hinzu, dass wegen der nachtheiligen Folgen auf den Respi- 
rationstractus der Aethergebrauch seit December vorigen Jahres einere- 
schränkt wird. 

Fall 4. Rohn (Gurlt, 1. c., Anlage 19). Gallonblasenresection 
wegen Carcinom. Puls während der 1 Stunde und 20 Minuten dauernden 
Operation schlecht. Patient nachträglich sehr collabirt und stirbt nach 
30 Stunden an Collaps. Section ohne Erklärung hierfür. Nach Ansicht 
des Berichterstatters ist der Tod erfolgt „offenbar an Aethernach- 
wirkung“. 

Fall 5 und 6. Riedel (Gurlt, 1. c., Anlage 20). a) 48jährige Frau, 
Strumaexstirpation. Narkose ohne Störung. Hiernach sofort oinsetzende 
Pneumonie, die nach zwei Tagen zum Tode führt, b) 44jähriger, sehr 
kräftiger und gut genährter Mann. Probeincision. Dauer der Narkose 
45 Mmuten. Nach dem Erwachen ist Patient wie geistesgestört, zeit¬ 
weise unruhig, zuletzt rascher Verfall. Tod 33 Stunden nach der Ope¬ 
ration. Die Section ergab Emphysem der Lungen, letztere etwas öde¬ 
in atös, an den Rändern stollenweise beginnende Infiltration. Riedel 
bemerkt hierzu: „Beide Fälle sind nach meiner festen Ueberzeugung 
wesentlich durch den Gebrauch von Aether zugrunde gegangen.“ 

. hall 7 und 8. Trendelenburg (Gurlt, 1 . c., Anlage 25). a) 12- 
jähriges, sehr anämisches Mädchen. Sequostrotomie. Dauer der Aether- 
narkoso 45 Minuten. Nachträglich Puls sehr klein und frequent, später 
erholt sich die Kleine wieder etwas und war vorübergehend bei vollständig 
freiem Bewusstsein. Alsdann wiederum Collaps und Tod zwei Stunden 
nach Beendigung der Operation. Section: Sehr starke Hyperämie der 
Gehirnrinde, im Kehlkopf und in der Trachea zäher, lufthaltiger Schleim 
Anämie sämmtheher Organe, b) 35jährige Frau; Tod nach 32 Stunden 

m I1 a L I! : n geilÖ i em Fal1 ist bereits ob en bei der Aufzählung der 
lodesfälle an Lungenödem erwähnt). 

Gegenüber diesen acht Fallen von nachträglichem Tod durch 
Aether findet sich in demsolben Berichtsjahr nur ein Todesfall 
durch Chloroformvergiftung (Morian, Gurlt, 1. c., Anlage 16) 
erwähnt, welcher sieben Stunden nach der Narkose durch Herz- 
synkopo erfolgte, welcher jedoch, da zweifellos durch das Chloro- 

* 01 ™i^l eiSC ^ lu * de ^ von bei den Chloroformtodesfällon mit¬ 

gezahlt wurde. 

Wenn wir nun die angeführten Spättodesfällo bei der Gurlt- 
Zahlen* atlStik in ^ cc,lnim £ zie ben, so erhalten wir folgende 

« T n H 6 f- l ‘,f 1 ' nark u S ^ n: J 1 , 669 mit 2 Todesfällen während und 
o Todesfällen nach der Narkose = 1:1167. 

„na Cliloroformnarkoseu: 33 083 mit 16'Todesfällen während 
und 1 lodesfall nach der Narkose, = 1:2647. 

An der Hand dieser Zahlen Hesse sich also die Behauptung 
-“\ ,aSe di0 Narkose mit Aether noch einmal so 
narkos G e 6 " *" 81 schliesst . wie die Chloroform- 

7*61™ , i( r h . Jedoch ausdrücklich, dass die gesammelten 

Zahlen noch viel zu klein und die vorliegenden Erfahrungen zu 

Uns^LlTriUT t’ lndende ® chlU S i0 zuzulassen. Indess auch die 
Unschuld des Aethers an einem Theil der aufgeführten Todesfälli 
zugegeben, kann es einem Zweifel nicht mehr unterliegen dass 
man durch die Gurlt’sche Statistik zu einem Trugschlusf gelangl 
stonte nnU T" j®" A ? th , er als vorhältnissmässig unschuldig hin- 
räumen wollt« 1 " Vorzug ™r dem Chloroform ein- 

-SaoL™ V nf Ch der Statistik in der von uns ein- 

geradi Grenth«'il lt r g n‘ eht n f dermann frei, aus derselben das 
gerade Gegentheil der obigen Behauptungen herauszulesen. 

, ,, , , nd v °rstehender Ausführungen glauben wir zur Auf¬ 

stellung folgender Schlusssätze berechtigt zu sein: 

Tod 1- an 6 Li^ ä i 1 A^»'!i ° d6r - TI 11 a der Aethernarkose eintretende 
WirknL L d„ 0 g A *1 lst b ? dla gt durch eine toxische 
flssin cW? Und 18t als echter Narkosentod aufzu- 

b ist die überwiegende Mehrzahl der nachträglichen 

ÄÄTetz®“ UDd Br0DCb °— aaf Äg 

„i i 2 '- Aether ist der Tod während der Narkose seltener 
ulfo-eTV^loroform; umgekehrt treten nachträglich oft noch 
ange Zeit nach beendigter Narkose beim Aether üble Zufälle mit 


No. 37 

III. Ueber die Gefahr der Hirnblutung bei 
der Narkose alter Leute. 

Von Dr. Emil Senger in Crefeld. 

Aus der durch die Sammolforschung der deutschen Gesell¬ 
schaft für Chirurgie gewonnenen Narkotisirungsstatistik von 
E. Gurlt 1 ) ersehen wir, dass von angewandten Betäubungsmitteln 
für chirurgische Zwecke das Pental die grösste MortaHtät (1:199) 
besitzt, dass darauf das Chloroform mit einem Todesfall auf circa 
2900 Narkosen, Chloroform und Aether, nach einander angewendet 
nrit einem Todesfall auf 4100, die Billroth’sche Mischung ohne 
Todesfall und endlich der Aether mit keinem Todesfall bei 14646 
Narkosen rangiren. 

Sehen wir uns nun die Gefahren der Narkosen und die Todes¬ 
ursachen der dort registrirten Todesfälle näher an, so finden wir 
zunächst die Asphyxieen erwähnt; von den neun Todesfällen durch 
Chloroform ist ausdrücklich angegeben, dass nur bei vier derselben 
eine Section vorgenommen worden ist und dass bei derselben 
Schlaffheit des Herzens, Blutreichthum, Verwachsung der Lungen, 
Myocarditis, Hämoglobinurie etc. gefunden wurde. Bei allen diesen’ 
Todesfällen ist stillschweigend angenommen, dass das Betäubungs¬ 
mittel unmittelbar und direkt auf die nervösen Centren des 
Circulationsapparates (dos Herzens) oder des Respirationstractus 
lähmend und tödtlich eingewirkt habe; und in diesem Sinne spricht 
man auch von Nerven- oder Herzsliok. 

Ausser diesen unmittelbaren Gefahren des Betäubungs¬ 
mittels haben wir aber noch andore üble Zufälle boi der Narkose 
zu fürchten, welche in ihrer Dignität für das Leben des Patienten 
ebenso wichtig und wohl der sorgfältigen Berücksichtigung werth 
sind. Man könnte diese als mittelbare Gefahren der Narkose 
von jenen unmittelbaren unterscheiden. 

Zu diesen rechnen wir z. B. die Aspiration erbrochener Massen 
und die dadurch bedingte Erstickungsgefahr, die Athmungsbehinde- 
rung durch die zurückgefallene Zunge u. a. Es darf heute als 
sicher angenommen werden, dass längere Betäubungen mit Chloro¬ 
form, sodann auch mit Aether, degenerative Störungen der Paren¬ 
chymorgane bis zur fettigen Entartung derselben, vor allem der 
Nieren, hervorrufen können (James Israel 2 ) u. a.); und noch kürz¬ 
lich hat Braun 3 ) darauf aufmerksam gemacht, dass durch starke 
Hyporextension des Armes in der Narkose im Gebiete des Plexus 
brachialis recht empfindliche Drucklähmungen entstehen. 

Zu diesen mehr mittelbaren Gefahren der Narkose füge ich 
noch eine hinzu, welche bisher wenig beobachtet worden ist: näm¬ 
lich die Gefahr der Berstung eines arteriosklerotischen Hirngefässes 
bei der Narkose alter Leute; und ich möchte mir deshalb erlauben, 
die Aufmerksamkeit auf dieselbe zu lenken. 

Wenn ein Patient bei Beginn der Narkose in das sogenannte 
Excitationsstadium kommt, wo er mit rothem Gesicht, vollem, 
kräftigem Pulse, angeschwollenen Halsvenen daliegt oder sogar 
die grösste Kraft in seiner Erregung entfaltet, um sich vom Ope¬ 
rationstische zu erheben, so dürften wir kaum bezweifeln, dass die 
Pulsstärke sehr erheblich gegenüber dem normalen, ruhigen Zu¬ 
stande erhöht ist. Diese bei jeder Narkose zu beobachtende That- 
sache hat auch eine öftere experimentelle Bestätigung gefunden. 
So hat P. Bruns 4 ) durch zahlreiche tachometrische Versuche nach¬ 
gewiesen, dass die Chloroformnarkose nur im Beginn der Nüfkose 
die Pulsstärke, namentlich bei jugendlichen Individuen, hebt, dass 
dagegen die Pulsstärke im Verlaufe der Narkose unter die Norm 
sinkt. Die Aethemarkose dagegen hebt ganz constant die Puls¬ 
stärke durchschnittlich um den dreifachen Werth, auf dieser Höhe 
bleibt die Pulsstärke während der ganzen Dauer der Narkose. In 
einem Falle, wo vorher Chloroform angewandt worden war, stieg 
die Pulsstärke bei nachfolgendem Aether sogar bis auf das fünf¬ 
fache des Werthes.“ Rechnet man zu dieser erhöhten Herzleistung 
das Erbrechen während und nach der Narkose, den mitunter sehr 
heftigen Hustenreiz und den krampfhaften Husten, Vorgänge, welche 
alle eine beträchtliche Hyperämie des Gehirns mit sich führen 
müssen, so werden wir es natürlich finden, dass ein durch Arterio¬ 
sklerose an Elasticität und Widerstandsfähigkeit geschwächtes 
Arterien System des Gehirns in steter Gefahr der Ruptur sich be¬ 
findet. 

Man sollte nach diesen Ueberlegungen meinen, dass Gehirn- 
hämorrhagieen während der Narkose nicht zu den Seltcn- 


*) Gurlt, Zur Narkotisirungsstatistik. Verhandlungen der Deutschen 
Gesellschaft für Chirurgie 1893. 

*) James Israel, Archiv für klinische Chirurgie Bd. XWH und 
a. a. 0. 

®) Braun, Ueber Drucklilhmungen im Gebiete des Plexus brachialis. 
Deutsche med. Wochenschrift. 1894, No. 3. 

. ) P- Bruns, Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chi¬ 
rurgie 1890. 


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Gck igle 


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13. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


heiten zählen; und doch kennen wir diese Gefahr so wenig, dass 
z. B. die umfangreiche Statistik von Gurlt diese Todesart oder 
diese Gefahr gar nicht erwähnt und dass auch die mir sonst zu¬ 
gängliche Litteratur nichts darüber enthält. Daraus dürfen wir 
wohl schliessen, dass thatsächlich die nur nach allgemein patho¬ 
logischen Grundsätzen abstrahirte Gefahr keine besondere Rolle 
spielen könne; allein ich kann mich des Gedankens doch nicht er¬ 
wehren, dass mancher Todesfall der rein nervösen Chloroform- resp. 
Aetherwirkung auf das Herz zugeschrieben sei, welcher wirklich 
als eine Apoplexie des Gehirns infolge der Narkose sich darstellt. 
Wenigstens konnte ich nur bei den wenigsten Todesfällen aus den 
Berichten ersehen, ob eine Gehirnsection vorgenommen worden ist, 
da von demselben in dem Protokoll gar nichts erwähnt ist. 

In einigen Fällen hat sich die Section, wie ausdrücklich be¬ 
merkt ist, nur auf die Brusthöhle beschränkt; wohl die meisten 
Todesfälle haben überhaupt keine Section erfahren. Es ist das ja 
aus menschlichen Gründen leicht erklärlich. Wie ich wenigstens 
während einer 15jährigen praktischen Thätigkeit in Krankenhäusern 
und in der Privatpraxis die Erfahrung zu machen Gelegenheit 
hatte, werden die meisten Unglücksfälle in der Narkose überhaupt 
nicht veröffentlicht, und es werden gewiss viele Operateure mjt mir 
übereinstimmen, dass die oben angeführte Statistik gerade aus 
diesem Grunde viel zu günstig gefärbt sei. Was ist natürlicher, 
als dass der Arzt und besonders der Chirurg in der Privatpraxis 
bei seiner grossen Verantwortlichkeit ein von ihm gar nicht ver¬ 
schuldetes Unglück mit seinem in der Narkose plötzlich ver¬ 
storbenen Patienten lieber begräbt, als es einer öffentlichen Be¬ 
sprechung zu unterziehen? — leider sehr zu ungunsten einer 
richtigen Statistik der Gefahren und Todesfälle durch die Betäu¬ 
bungen. 

Vielleicht hat dieser oder jener Fachgenosse doch einen Fall 
von Apoplexia cerebri in narcosi erlebt, ohne ihn in der Litteratur 
niederzulegen. 

Aus diesen Gründen mag es kommen, dass die Gefahren der 
Apoplexie alter Leute während der Narkose gar nicht erwähnt 
werden. Dass sie aber bestehen und Vorkommen, hat mich ein 
Fall gelehrt, über den ich kurz berichten möchte: 

Eine 56jährige Frau suchte meine Hülfe wegen eines mächtigen, 
etwa kleinmannskopfgrossen, im Centrum uleerirten und leicht blutenden 
Sarcoms, welches die ganze linke Brustseite von der fünften Rippe bis 
zur Supraclaviculargrube einnahm. Die Geschwulst ging von der Haut 
aus und war offenbar schon mit dem Pect, major verwachsen. Die 
Patientin war klein und schmächtig, aber sonst gesund, nur durch die 
Ulceration etwas kachektisch; Nieren gesund, ebenso war am Herzen 
nichts krankhaftes nachzuweisen, der Radialpuls war von normaler Spannung 
und zeigte geringe Rigidität und beginnende Arteriosklerose. Operation 
am 12. December 1891 in meiner Privatheilanstalt. — Narkose zeigte kein 
schweres Excitationsstadium, dagegen stellte sich mehrmaliges Erbrechen 
ein. Plötzlich wurde, während eben noch das Gesicht geröthet war, das¬ 
selbe leichenblass und kalt, das Auge starr und glanzlos, die Pupillen 
weit und reactionslos, Puls nicht zu fühlen, Athmung zuerst aussetzend, 
dann oberflächlich und schnappend, um bald für einige Zeit aufzuhören: 
kurzum es stellte sich jenes erschreckende Bild ein, welches sich dem 
Operateur unauslöschlich in die Seele prägt und ihm bei jeder neuen 
Narkose in die Erinnerung tritt als eine Mahnung, dass jede Narkose nur 
bei dringender Nothwendigkeit und mit der grössten Vorsicht vorgenommen 
werden dürfe und als ein ausserordentlich verantwortungsvoller Eingriff 
sich darstellt. Ich sah sofort, dass es sich hier nicht um eine Athmungs- 
stockung handele, die man ja öfter erlebt und welche bei fühlbarem Pulse 
bei weitem nicht die Gefahren des Herzstillstandes bietet, und hielt die 
Frau für verloren. Ich nahm sofort künstliche Athmung vor, liess heisse 
Umschläge auf die Brust machen und that alles, was man in derartigen 
Fällen zu thun pflegt. Nach kurzer Zeit — freilich für don Beobachter 
recht lang — stellte sich wieder der Puls ein, ebenso die Athmung. Es 
wurde weiter chloroformirt und die Operation zu Ende geführt. Sie be¬ 
stand in der radiealen Exstirpation des grossen Sarkoms mitsammt dem 
Pectoralis major; Plastik der Haut und Transplantation des übrig bleibenden 
Defectes mit Thiersch’schen Lappen. Patientin wird anscheinend 
schlafend ins Bett gebracht. Als dieselbe erwachte, klagte sie über 
Steifigkeit des rechten Beines und der rechten Hand und darüber, dass 
ihr das Sprechen schwer wurde. Ich schob zuerst alles dieses auf die 
noch nicht ganz beseitigte Chloroformeinwirkung, musste mich aber bald 
überzeugen, dass die Patientin während der Betäubung eine ganz typische 
apoplectische Hemiplegia dextra erlitten hatte, so zwar, dass das rechte 
Bein ganz gelähmt war, der rechte Arm in geringerem Grade, am 
wenigsten die Gesichtsmuskulatur (Facialis). Nach einiger Zeit erfolgten 
in der unteren rechten Extremität heftige klonische Krämpfe, nur an¬ 
deutungsweise in der oberen Extremität. Patientin klagto viel über Kälte 
in dem gelähmten Bein resp. dem Fusse. Die Lähmung des Annes und 
des Facialis besserte sich sehr bald. Nach ca. sechs Tagon konnte Patientin 
der Arm etwas beugen und heben, derselbe fiel dann aber machtlos zurück. 
15 Tage nach der Operation bei der Entlassung aus der Klinik war die 
Wunde geheilt, der Arm konnte wenn auch noch mangelhaft bewegt 
werden, das Bein dagegen hatte langsame Fortschritte in der Heilung ge¬ 
macht und blieb gelähmt. Jetzt nach zwei Jahren sieht man von der 
Lähmung des Armes sehr wenig, dagegen wird das linke Bein noch deut¬ 
lich beim Gehen nachgeschleiffc. 


723 


Wäre die Patientin in der Narkose gestorben, so hätte ich 
sicher geglaubt, es handele sich um eine Herzlähmung durch das 
Chloroform, denn das klinische Bild ist durchaus dasselbe; eine 
Autopsie wäre nicht zugegeben worden: nur die relative Leichtig¬ 
keit der Hirnblutung gab Aufschluss über die Natur des Anfalles 
von Herzstillstand während der Betäubung. 

In der gegenwärtigen Zeit, wo der Aether dem Chloroform das 
Feld streitig zu machen sucht und täglich an Terrain gewinnt, 
wo Viele so viele Vorzüge des Aethers zu rühmen wissen, schien 
es mir angebracht, den obigen Fall und die obigen Betrachtungen 
dem Urtheil der Aerzte zu unterbreiten. Denn wenn auch keines¬ 
wegs behauptet werden soll, dass der üble Zufall einer Apoplexie 
bei der Arteriosklerose alter Leute zu den Seltenheiten gehört, so 
scheint mir doch jedenfalls die Gefahr der Hirnblutung bei alten 
Leuten schon bei dem Chloroform zu bestehen. Viel grösser 
aber ist diese Gefahr bei dem Aether. Denn da wir oben 
gesehen haben, dass die Pulsstärke bei demselben bis auf das drei-, 
ja bis auf das fünffache unter Umständen erhöht sein kann, so 
dürfte es gar nicht Wunder nehmen, wenn Apoplexieen bei Aether 
häufiger als früher eintreten. Jedenfalls muss man, sobald 
man die Betäubungsmaske in die Hand nimmt, sich der 
obigen Gefahr der Hirnblutung bei alten Leuten bewusst 
sein, mag sie auch nur in dem hundersten Fall begründet sein; 
und jedenfalls wird man bei der Nothwendigkeit einer Narkose bei 
alten Leuten mit ausgesprochener Arteriosklerose unter 
keinen Umständen dem Aether vor dem Chloroform den 
Vorzug einräumen. _ 

IV. Aus dem städtischen Obuchoffhospital in St. Petersburg. 

Drei Fälle traumatischer Leberverletzung. 

Von Dr. K. Zeidler. 

Die traumatischen Verletzungen der Leber bieten ein grosses 
Interesse sowohl in diagnostischer, als auch in therapeutischer Be¬ 
ziehung; da sie dabei kein häufiges Vorkommniss sind, erlaube ich 
mir einige Fälle die im Obuchoffhospital zur Beobachtung kamen, 
mitzutheilen. 

Die einschlägige Casuistik findet sich bei L. Mayer 1 ), Barnes 
und Otis 2 ) und Edler 3 ). Letzterer unterwirft die Leberverletzungen 
an der Hand von 543 Fällen einer ausführlichen Besprechung. Nuss¬ 
baum 4 ) behandelt dieselben in seinem bekannten Lehrbuch auf 
Grund von 251 ihm bekannten Fälle. In einer neueren Arbeit 
von Adler 5 ) sind 36 Fälle von Laparotomieen bei Leberverletzungen 
angeführt. 

Gleich den traumatischen Verletzungen der übrigen Bauch- 
organe, werden auch die der Leber eingetheilt in subcutane 
Rupturen und in offene Wunden. 

Die Diagnose der subcutanen Rupturen ist nicht leicht, da 
die vorherrschenden Symptome (Shok, acute Anämie und Peri¬ 
tonitis) auch den Verletzungen der anderen Bauchorgane gemein 
sind. Die übrigen Symptome, wie lokale und irradiirte Schmerzen, 
Icterus, vergrösserte und schmerzhafte Leber etc., : ; ind erstens 
wenig beständig und treten zweitens, mit Ausnahme der Schmerzen, 
erst in einem späteren Stadium auf. Und doch ist eine frühe 
Diagnose sehr wichtig in therapeutischer Beziehung. Nach Edler 
starben sogleich nach der Verletzung 12, bis zu einer Stunde 25, 
bis 24 Stunden 82, von 2 Tagen bis 37*2 Monaten 47, und zwar 
in 69 Fällen an primärer oder secundärer Blutung, d. h. mehr als 
die Hälfte der Kranken starben im Laufe der ersten 24 Stunden 
an Verblutung. 

Die in solchen Fällen gebräuchlichen Maassnahmen, wie Ruhe, 
Eis, lokale Compression durch Schwämme (Nussbäum), Druck aut 
die Aorta (Mayer) etc. waren natürlich nicht imstande die 
Blutung zu stillen, wenn keine Tendenz zum spontanen Stillstand 
vorhanden war, welche letztere sich nur bei sehr oberflächlichen 
Wunden geltend macht. Die Kranken gingen zugrunde dank diesem 
abwartenden Verfahren, welches auf der natürlichen Sehen, das 
nicht verletzte Peritoneum anzugreifen, begründet war. Mit dieser, 
in der vorantiseptischen Zeit sehr begreiflichen Scheu vor der Er¬ 
öffnung der Bauchhöhle, haben wir nicht mehr zu rechnen, daher 
sprechen sich jetzt die meisten Chirurgen für ein energisches Vor¬ 
gehen in solchen Fällen, welche keinen Aufschub leiden, aus, für 


*) L. Mayer, Die Wunden der Leber. München 1872. 

9 ) Barnes und Otis, The medical and surgical history of tlu; war of 
rebellion. Washington 1876. „„ Mtr 

2) Edler, Archiv für klin. Chirurgie 1886, Bd. XXX1\. 

*) Nussbaum, Die Verletzungen des Unterleibes. Deutsche Chi¬ 
rurgie 1880, Lieferung 44. , . . 

5 ) Adler, De la laparotomie oxploratrice d’urgence pour les trau- 
matismes de l’abdomen. (Plaies pdnätrantes, coutu sions abdominales 
graves.) Paris, Steinheil, 1892. 


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UMIVERSITY OF MICHIGAN 



724 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ein Vorgehen, welches das einzig rationelle Mittel, — die Stillung 
des Blutes in loco, — im Auge hat. 

Schon Nussbaum und Edler geben den Rath, zur Laparatomie 
zu schreiten, wenn die gewöhnlichen Mittel erfolglos bleiben. 

Heutigen Tages ist die Nothwendigkeit einer Laparatomie bei 
Verletzung der Baucheingeweide wohl allgemein anerkannt; wenn 
wir daher einen Kranken mit den Symptomen einer Leberverletzung 
vor uns haben, so schreiten wir sofort zur Laparatomie, um die 
Blutung zu stillen. 

Leider ist es aber sehr schwer, wie schon oben erwähnt, in 
den ersten Stunden, wo gerade eine rasche Hülfe noth thut, eine 
Verletzung der Leber zu diagnosticiren. Vorherrschend sind es 
die Symptome des Shoks, der inneren Blutung, Reizerschei¬ 
nungen von seiten des Peritoneums, mit denen wir es zu thun 
haben, d. h. ein Symptomencomplex, der ganz im allgemeinen jeder 
Verletzung eines Bauchorganes oder grösseren Gefässes der Bauch¬ 
höhle eigen ist. Dadurch aber, dass wir nicht imstande sind, eine 
Verletzung speciell der Leber zu diagnosticiren, wird die Indication 
zu einem activen Eingreifen kaum geändert. Dio Verletzungen 
der übrigen Bauchorgane erfordern dieselben Maassnahmen, das¬ 
selbe active Eingreifen so rasch wie möglich nach der Verletzung, 
ob es sich nun um eine Naht des geborstenen Darms oder um die 
Ligatur eines Gefässes etc. handelt. 

Wenn wir daher einerseits in Betracht ziehen, dass die Ver¬ 
letzungen der Baueheingeweide in den ersten Stunden ein so all¬ 
gemeines Bild darbieten, dass es kaum möglich ist zu differenziren, 
welches von ihnen verletzt ist, andererseits bedenken, dass ein Er¬ 
folg nur von einem in den ersten Stunden nach der Verletzung 
unternommenen chirurgischen Eingriff erwartet werden kann, so 
Scheint mir in allen Fällen, in denen dio Patienten die den Ver¬ 
letzungen der Bauchorgane eigentümlichen Symptome a.ufweisen, 
sofort die Probelaparotomie indicirt, und zwar zur genaueren Fest- 
Stellung der Verletzung. Ist die Verletzung gefunden, so gehen 
wir gleich zu den betreffenden therapeutischen Maassnahmen über. 

Die Symptome der offenen Leberwunde sind beinahe die- 
selben, wie die der subcutanen. In den ersten Stunden nach dor 
Verletzung prävaliron auch die allen Verletzungen der Bauch- 
organo gemeinsamen Symptome. Die Frage eines operativen Ein¬ 
griffes ist aber bei einer offenen Verletzung viel leichter zu ent¬ 
scheiden. Wir werden uns nicht lange auf halten bei der Frao-e 
ob eine Verletzung der Bauchorgane vorliegt oder nicht, sondern 
schreiten sofort, sogar wenn jeglicho Symptome einer Verletzung von 
Seiten der Bauchorgane fehlen, zur Erweiterung der äusseren 
Wunde und, wenn dieselbe die Bauchhöhle perforirt, auch 

la U paratomie SUC ,UnS ^ Ietzteren ’ d ' wir machen eino Probe- 
Eine solche Erweiterung und Untersuchung der Wunden wird 

seiten S wl^T - iU “! len T Fällen Regel prakticirt, und nicht 
selten kamen wir in dio Lage, einen angeschnittenen Darm zu 
nahon eine verletzte blutende Arterie zu unterbinden ete„ obgleich 
k merlei Symptome auf eine solche Verletzung hino'ewiesen hatten 
macht hajtte. nde Ei “ drUCk #faer «^^ächliclicn HZtwLdfge- 

iegliche kleine perforirende Wunde, ohne die ge- 
ringsten Symptome von Seiten der Bauchhöhle, eine Erweiterung 
Untersuchung der letzteren, d. h. eine Laparatomie erfordert so 
die Operation tun so mehr indicirt bei den drohenden Erscheinungen 

Z e v»Tt ren I31u * un f’ einer Ru P tur des Darms etc., sogar wenn 
die Verletzung subcutan ist und die Bauchdecken heil sind. 

Torvaw • • da . r £ ele £ten Erwägungen gemäss, habe ich die 

Sr c! Ue , m o ? al . le von su beutaner Leberruptur und in 
ällen von Stich-Schnittwunden derselben ausgeführt. 

Der Fall von Leberruptur ist in kurzem folgender. 

wagenden ^d^^lr'dÄä^Ä ^Ärten 

des kranken nach, ungefähr in der Höhe des Nabels 
bracht H ° SPlUl WUrde er drei Shmden »ach der Katastrophe ge- 

Zeichen von Contusion auch hier nicht zu finl« „ n Ir , gend we i che 
tusion der Schulter vom Knaben in A hw«!« dCn '. m C 1 S urd £ ßlne ^ 0I1 ' 

Eisbeutel auf den Bauch. Innerlich Opium'. 

wSÄSSJ a XX? Vär 1 - ‘ä “ 

-ÄSsasitÄsssaa 


No. 37 


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derselben hinzuweisen. Unter diesen Umständen schritt ich (4 l k Stund™ 
nach der Verletzung) zur Probelaparotomie. 

Chloroformnarkose. Der Schnitt in der Linea alba vom Nabel zur 
Symphyse wurde später bis zwei fingerbreit oberhalb des Nabels weiter¬ 
geführt. Das subperitoneale Zellgewebe und das Peritoneum waren blutig 
mnltnrt. Als ich das Peritoneum mit einem kleinen Schnitt eröffnete* 
strömte aus der Oeffnung in ziemlich starkem Strahl Blut, venösen Cha¬ 
rakters. Nach Spaltung des Peritoneums in der ganzen Länge der 
äusseren Wunde fand sich die Bauchhöhle incl. das kleine Becken mit 
einer kolossalen Menge flüssigen Bluts und Blutcoagula gefüllt — dio 
Därme schwammen im Blut. ’ 

Nach Entfernung des Blutes untersuchte ich den Darm* derselbe 
war ebensowenig wie sein Mesenterium verletzt. Es war auch kein Darm- 
mhalt m der Bauchhöhle. Bei der weiteren Untersuchung fand sich als 
Quelle der Blutung einen Leberriss, und zwar befand sich an der unteren 
fläche des rechten Lappens, zweifingerbreit vom Leberrande entfernt 
eine quer verlaufende Wunde ungefähr 4 cm lang und V* cm tief Aus 
dieser Wunde sickerte Blut tropfenweise. Anderweitige Verletzungen 
waren nicht zu finden. - ö 

Die Leberwunde temponirte ich mit'einem eingeführten Streifen 
steriler Gaze, welcher am oberen Winkel der äusseren Wunde heraus- 
geleitet wurde. Die Wunde der Bauchdecken wurde bis auf den oberen 
Winkel schichtenweise genäht. Die Operation hatte ungefähr eine 
stunde gedauert und war vom Kranken gut vertragen worden 

Im weiteren Verlauf hielt sich die Schmerzhaftigkeit des Abdomens 
die ersten drei Tage allmählich abnehmend. Sonstige Reizerscheinungen 
von seiten des Peritoneums wurden nicht beobachtet. Der Schulter¬ 
schmerz war am folgenden Tage, d. h. zwölf Stunden nach der Operation 
vollkommen verschwunden. Am fünften Tage -wurde die mit blutig- 
serösem Secret getränkte Gaze aus der Bauchhöhle entfernt und die 
nachgebliebene Wunde der Bauchdeckon secundär genäht. Am achten 
Tage Entfernung der Nähte. Vollo Prima intentio. 

Die ersten acht Tage bekam der Kranke Opium. Diät: kalte Milch. 
Der erste spontane Stuhl am vierten Tage. 

Trotz der Coraplication durch eine katarrhalische Pneumonie im 
unteren Lappen der rechten Lunge, welche eine Woche läng andauerte, 
war der Kranke zwei Wochen nach der Verletzung vollständig gesund. 

Im beschriebenen Falle war das Bild, das der Kranke vor der 
Operation bot, recht unklar. Vorherrschend waren die Erschei¬ 
nungen des Shoks und der peritonealen Reizung. Acute Anämie 
wai nicht vorhanden. Der Puls, wenn auch schlechter als normal, 
gab keinen Anlass, heftige Blutung zu vermuthen. Auf Grund 
der starken Schmerzhaftigkeit des Abdomens, wie sie so intensiv 
bei Blutungen in die Peritonealhöhle kaum beobachtet wird, lag 
die v ermuthung einer Darmruptur mit beginnender acuter Perito¬ 
nitis näher. 

Dem einzigen Symptom, welches auf eine Leberverletzung 
hinwies, dem Schulterschmerz maass ich, aufrichtig gestanden, 
keine Bedeutung bei; ich nahm eine einfache Contusion beim 
Fallen an. 

Klar war m i r nur i dass eine ernste Verletzung eines der 
Bauchorgane vorlag, da die Symptome zu heftig ausgeprägt 
waren, um eine einfache Contusion des Bauches mit Shok zuzu¬ 
lassen. 

Um die Verletzung festzustellen, machte ich die Probe- 
laparatomie, welche weiterhin in eine therapeutische überging. 

den Fällen von offener Verletzung der Leber handelte es 
sich um Messerwunden. 

Fall 2. Iwan Kalatoff, 16 Jahre alt, hatte sich selbst, aus Versehen, 
mit einem breiten Schustermesser eine Wunde unterhalb des rechten 
Kippenrandes beigebracht. Die Blutung soll sehr heftig gewesen sein, 
ins Hospital wurde der Kranke eine Stunde nach der Verletzung in 
mneni recht schlechten Zustande gebracht, sehr anämisch, fast pulslos. 
Der 1 atient war bei Besinnung, aber sehr apathisch, antwortete auf die 
Jj ragen lässig, ungern. Ueber Schmerzen klagte er nicht. Hart unter 
dem rechten Rippenrande befand sich eine schräg verlaufende Schnittwunde, 
von ca. 5 cm Länge. 

Unter Chloroformnarkose schritt ich zur Erweiterung der Wunde, 
welche sich als perforirend herausstellte. Bei der weiteren Untersuchung 
and sich der scharfe Rand des rechten Leberlappens angeschnitten, die 
Debenvunde hatte eine Tiefe von ungefähr 1 cm und blutete ziemlich 
r xxr j j Blutung aus der Bauchhöhle fortdauerte, erweiterte ich 
15 ™ der Bauchdecken weit nach unten zu; dabei erwies sich die 
.Bauchhöhle mit dem kleinen Becken mit dunklem Blut gefüllt. Dio Därme 
schwammen im Blut. Sowohl der Darm als auch sein Mesenterium waren 
unverletzt. Ebenso war auch keine Verletzung eines grösseren Gefässes 
zu finden. Ueberhaupt fanden sich ausser der Lebenvunde keine weiteren 
Verletzungen vor. Augenscheinlich war diese kolossale Mengo Blut in 
der Kauchhöhle ausschliesslich auf die Leberwunde zurückzuführen. Nach 
J^ntlornung des Blutes aus der Bauchhöhle durch Gazetampons, kauterisirte 
icü die Wunde der Leber mit dem Paquelin, worauf die Blutung voll¬ 
kommen stand. Etagennaht der äusseren Wunde. Der Kranke, schon 
se r schwach vor der Operation, befand sich nach derselben, die etwa eino 

&®dauert hatte, in einem sehr . desolaten Zustande. Der Puls 
norm. Nach Anwendung von Excitantion kam er aber bald zu sich, 
klagte den ersten Tag über Sclimerzen im Abdomen, welche aber schon 
am zweiten Tage vollkommen verschwunden waren. Andere Reiz- 
erschcinungen von seiten des Peritoneums wurden nicht beobachtet. Der 
Kuis, noch beschleunigt in den ersten Tagen, war am vierten schon voll- 


Original from 

university of michigan 



18. Se ptember. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


725 


kommen normal, 72 in der Minute. Am achten Tage Entfernung der 
Nähte. Volle prima intentio. Innerlich die ersten Tage Opium. Diät: 
gefrorene Milch. 

Im beschriebenen Falle fehlten, im Gegensätze zu dem ersten, 
jegliche Reizerscheinungen von seiten des Peritoneums, dagegen 
trat das scharf ausgeprägte Bild der acuten Anämie in den Vorder¬ 
grund. Als ich gleich nach Erweiterung der äusseren Wunde 
die kleine Leberwunde fand, war es mir unwahrscheinlich, dass 
die Menge Blut in der Bauchhöhle ausschliesslich aus dieser kleinen 
Wunde, welche nur eine parenchymatöse Blutung aufwies, stammen 
könnte. Die weitere Untersuchung zeigte aber keine anderen Ver¬ 
letzungen. 

Fall 3. In dem zweiten Falle wurde dem 28jfthrigen Michael 
Feodoroff im Streite ein Stich in den Bauch mit einem Schustermesser 
beigebracht. Nachdem der Patient die Wunde und das prolabirte Netz 
mit schmutzigen Lappen' und Pferdemist verbunden hatte, kam er zu 
Fuss ins Hospital; seit der Katastrophe war keine halbe Stunde vergangen. 
In der Regio epigastrica, etwas links von der Linea alba l l j 9 Finger 
breit unterhalb des Rippenbogens befand sich eine schräg verlaufende 
Schnittwunde von 5 cm Länge. Aus der Wunde prolabirte ein Stück 
Netz. Der Allgemeinzustand des Kranken war recht gut; der Puls voll 
und kräftig. Kein Erbrechen, kein Aufstossen. 

Unter Chloroform wurde die Wunde erweitert, das prolabirte Netz 
unterbunden und amputirt. In der Bauchhöhle fand sich eine grosse 
Menge Blutcoagula, vorzugsweise längs dem Colon transversum und in 
der Umgebung der Milz, welche sich als unverletzt erwies. Gleicher- 
maassen fanden sich nach Wegräumen der Coagula auch am Darm und 
Mesenterium keine Verletzungen. Dagegen fand sich hei Untersuchung, 
der Leber auf der vorderen Fläche des linken Lappens — ein Finger breit 
vom Rande entfernt, eine nicht tiefe, etwa 3 cm lange Wunde, welche 
eine parenchymatöse Blutung aufwies. Die Wunde der Leber kauterisirte 
ich mit dem Paquelin, führte dann in dieselbe einen Gazestreifen ein, der 
zum oberen Winkel der Bauchwunde herausgeleitet wurde. Bis auf den 
oberen Winkel wurde darauf die Bauchwand schichtenweise genäht. Im 
weiteren Verlauf wurden keinerlei Reizerscheinungen von seiten des Peri¬ 
toneums beobachtet. Der grössere Theil der Wunde heilte per primam. 
Im oberen Theil, um den Gazestreifen herum, war eine unbedeutende 
Eiterung, und die Wunde verheilte hier per secundam. Am zweiten Tage 
nach der Operation trat ein leichter Icterus auf, der aber nach ein paar 
Tagen wieder verschwand. Innerlich: Opium. Diät: Milch. 

Betrachten wir unsere Fälle in Bezug auf die beobachteten 
Symptome hin, so finden wir sehr wenig charakteristisches. 

Im ersten Fall war das Bild des Shoks und der Reizung des 
Peritoneums vorherrschend, und trotz einer colossalen Menge Blut 
in der Bauchhöhle war keine acute Anämie vorhanden. 

Im zweiten Falle, bei ungefähr derselben Menge Blut in der 
Bauchhöhle, fehlten jegliche Reizerscheinungen von Seiten des 
Peritoneums, und trat das scharf ausgeprägte Bild einer acuten 
Anämie, der inneren Blutung, in den Vordergrund. 

Im dritten Fall, bei freilich geringerer Blutmenge in der Bauch¬ 
höhle, fehlten überhaupt jegliche Symptome. Der Kranke kam zu 
Fuas ns* Hospital. 

Yo» den übrigen Symptomen der Leberverletzungen konnte 
ich nur in einem Fall den charakteristischen irradiirten Schulter¬ 
schmerz beobachten. 

Obgleich dieses Symptom nicht beständig ist, kann es doch, 
wenn vorhanden, auf eine Verletzung der Leber hinweisen. 

Von Interesse ist noch, , dass so kleine Wunden, wie in unseren 
beiden ersten Fällen, in kurzer Zeit eine so colossale Menge Blut 
geben können. Die Blutung aus diesen Leberwunden trug den 
Charakter einer parenchymatösen. Das Blut sickerte unanfhörlich, 
tropfenweise aus der Wunde. 

Augenscheinlich ist die Tendenz zum spontanen Stillstand der 
Blutung bei Leberwunden sehr gering und können, wie unsere 
Fälle beweisen, sogar kleine Wunden der Leber ohne Verletzung 
grösserer Lebergefässe mit Verblutungstod drohen. 

Was jetzt unsere Maassnahmen bezüglich der Stillung der 
Blutung aus Wunden der Leber anbelangt, so stehen zu unserer 
Verfügung: die Naht der Leberwunde, die Kauterisation mit dem 
Paquelin und die Tamponade der Wunde. 

Beim Durchsehen der einschlägigen Casuistik finden wir mit 
vollem Erfolge alle drei Mittel angewandt. 

Der Paquelin, vollkommen zweckentsprechend bei oberfläch¬ 
lichen Wunden, ist wohl kaum imstande, die Blutung aus tieferen 
Wunden mit Verletzung grösserer Lebergefässe zum Stillstand zu 
bringen; in solchen Fällen wird die Naht der Leberwunde melu* 
angebracht sein; in den meisten Fällen wird es gelingen die 
Blutung zum Stehen zu bringen, trotzdem wir in der Litteratur 
Mittheilungen darüber haben (Hohenegg, v. Bergmann, Broca 
und andere), dass die Nähte durchschnitten. Dann bleibt uns noch 
die Tamponade der Leberwunde. 

Ziehen wir den schwachen Druck in. den Lebergefässen in 
Betracht, so scheint uns durch, den Tampon eine sichere Blut¬ 
stillung erreichbar. Aus der Wunde nach aussen geleitet, hat der 
Tampon noch, den Vortheil, dass die Leberwunde sozusagen unter 


Beobachtung bleibt. Um den Gazetainpon bilden sich sehr bald 
peritoneale Verklebungen, welche die Wundgegend von der übrigen 
Bauchhöhle isoliren, wodurch die Gefahr einer Peritonealinfection 
bei secundärer Eiterung oder Gallenausfluss vermieden wird. 


V. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua. 

Neue Beobachtungen über die diagnostische 
und therapeutische Wirkung der Stoff- 
wechselproducte des Rotzbacillus bei der 
Rotzinfection des Menschen und der Thiere. 

Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts. 

(Fortsetzung aus No. 36.) 


Ich bringe hier in Kürze die betreffende Krankheitsgeschichto, 
welcher ich eine summarische Darlegung meiner Beobachtungen 
folgen lasse. 

Dali Erba Pietro, 16^* Jahre alt, gebürtig aus Modane; keine erb¬ 
liche Belastung, ausser vorübergehenden Bronehiten war Patient stets bei 
bester Gesundheit. Vor drei Jahren nahm er Dienst in einer Stallung, 
in welcher sich mehrere Pferde befanden, die oft Nasenfluss und Drüsen¬ 
anschwellungen zeigten; einige derselben starben auch und wurden, ohne 
von einer Sanitätsperson untersucht worden zu sein, beerdigt. Patient 
hatte die Verpflichtung, den Dünger wegzuschaffen, die Krippen zn reinigen, 
und war ausserdem auch damit, betraut, den schleimig-eiterigen Nasen- 
ausfluss der Pferde mittels eines Schwammes abzutrocknen, den ihn sein 
Brodherr stets in der Tasche führen liess. Oft schlief Patient in dem 
Raume, wo sich diese kranken Thiere befanden: in einem finsteren, feuchten 
und schlecht gelüfteten Stalle. 

Kurz nachdem Patient diesen Dienst übernommen hatte, wurde er ab 
und zu von Fieberanfällen heimgesucht, die sich mit Frostgefühl einstellto.n; 
in den Intervallen hatte er oft Schmerzen in den Gelenken und litt an 
einer steigenden allgemeinen Schwäche. Bald darauf bemerkte er eine 
Zunahme der Nasensecrotion, insbesondere Nachts, so dass er Morgens 
das Kopfpolster mit ausgedehnten Flecken von oft mit Blut gemischtem 
Schleim beschmutzt fand. Infolge des wiederholten Fiebers und des zu¬ 
nehmenden allgemeinen Krüfteverfalles sah sich Patient genöthigt, nach 
einigen Monaten den Dienst zu verlassen, und er begab sich zurück in sein 
Elternhaus. Hier traten nun Schwellungen der Drüsen der oberen Hals¬ 
region auf, und der Nasenausfluss wurde reichlicher. Er wurde wiederholt 
ärztlich behandelt, jedoch fruchtlos; die Cervicaldrüsen vereiterten sogar 
unter Auftreten eines dichten und zähen Pus, und es blieb in der be¬ 
treffenden Gegend eine Fistel, die sich nicht wieder schloss. Später kam 
es infolge emes kleinen Trauma zu einer eiterigen Entzündung des 
Thr&nensackes, und auch hier blieb ein kleiner Fistclgang, der sich nie 
vollständig .schloss. In der Folge kam er ausserordentlich herab, litt oft 
an Fieber, bis ihn Schmerzen und Brennen beim Schlucken fester Speisen 
gewahr werden liessen, dass er beiderseits vom Zäpfchen, sowie am Gaumen 
kleine Knötchen besitze, die sich in Kürze vergrösserten, vereiterten und 
Pus austreten liessen. Diese Geschwüre vernarbten mit Ausnahme eines, 
welches durchzubrechen drohte, als sich Patient mir vorstellte. 

Status praesens. Patient ist ein Bursche mit wohlentwickeltem 
Knochenbau. Haut blass. Spärlicher Panmculus adiposus. Muskeln zart. 
An der Nasenwurzel befindet sich links eine lineare Narbe, an deren oberen 
Theil ein kleines Geschwür sitzt, welchem ein Fistelgang entspricht, aus 
dem stets eine kleine Menge eiterigen Exsudates tritt. Die Nase ist dick, 
ein wenig abgeplattet, so dass sie eine breite Basis besitzt. Die Oonnung 
der Nasenlöcher ist durch die Schwellung der Haut und Schleimhaut, 
die auch geröthet sind, verengt. Am Nasenseptum und an der inneren 
Oberfläche der Muscheln bemerkt man oberflächliche Erosionen mit regel¬ 
mässigen Rändern, gleichsam wie rein ausgeschnitten, die mit einem 
schmutziggraueu dünnen Exsudate bedeckt sind. An beiden Seiten des 
Halses unter dem Winkel des Kiefers besteht eine an der Haut adhänrende, 
gelappte Geschwulst von der Grösse einer Wallnuss, die. an einem 
Punkte geröthet, abgeflacht und exulcerirt erscheint. Die Geschwülste 
entsprechen evident infiltrirten und erweichten Lymphdrüsen. Aus den 
Geschwüren, welche zu einem Fistelgang führen, tritt em dickes eite¬ 
riges Exsudat. Aus diesem Exsudat erhielt ich Reinculturen des Rotz¬ 
bacillus und konnte dadurch mit dem bekannten Befunde der Rotzinfection 
vier Meerschweinchen tödten, die ich unter der Rückenhaut geimpft hatte. 
Zahnhildung normal, ebenso die Schleimhaut des Mundes; die des weichen 
Gaumens geröthet und mit mehreren kleinen Narben versehen, namentlich 
an den beiden Seiten des Zäpfchens; dieses selbst ist kurz und etwas 
nach links hängend. In der Mittellinie, etwas vor dem Zäpfchon besteht 
eine linsengrosse Geschwürsbildung mit infiltrirtem Grund und ebensolchen 
Rändern. Der Pharynx bietet nichts Bemerkenswerthes. Thorax cylindriscli 
gewölbt. In den Lungen hie und da feuchtes Rasselgeräusch. Percussions- 
resultate negativ. Herzdämpfung normal; Töne rein. Im übrigen nichts 
Bemerkenswerthes. j , , ■, 

Am 18. Mai 1893 ins Spital aufgenommen, wird Patient daselbst bis 
zum 22. Mai in Beobachtung gehalten. Während dieser Zeit wird die 
Temperatur zweistündlich gemessen; dieselbe hält sich immer mneibaii) 
normaler Grenzen. Am 22. Mai, Nachmittags, wird die erste lnjection 
mit aus Agarculturen dargestelltem Mallöin gemacht (drei Tropfen in einem 
Cuhikcentimeter sterilisirten Wassers). . ... 

Die Resultate finden sich, in folgender Tabelle zusammengestellt. 

Beobachtungsperiode vom 18. bis 22. Mai 1893. Temperatur 
mal. — Ham normal. 


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726 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37 


22. Mai. Subcutano Injection von drei Tropfen Mallein in 1 ccm 
sterilisirtes Wasser. Puls 66, Respiration 24. Es beginnt die Temperatur¬ 
steigerung; fünf Stunden nach der Injection 38 , Maximum nach zwölf 
Stunden 39,8°, Apyrexie nach 19 Stunden 37,2. Symptome: heftiges 
Frösteln fünf Stunden nach der Injection. — Beschwerliches Athrnen durch 
die Nase. — Schmerzen an der Injectionsstelle. Profuser Schweiss beim 
Beginn des Fiebers. — Während des Höhepunktes der Reaction Puls 100, 
Respiration 40. 

23. Mai. Tag nach der Injection. Die Temperatur übersteigt nicht 
36,9 ü , Nachts sinkt dieselbe auf 35,8°. Keinerlei Beschwerde. Puls 80, 
Respiration 24. Während des Nachts Schlaf. — Lässt 1000 ccm sauren 
Urins. Harnstoff 1,57%. 

24. Mai. Zweite Injection: zwei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes 
Wasser. Puls 80, Respiration 24. Keine Reaction. Temperatur niodrig, 
schwankt stundenlang zwischen 35,6 und 36,7 °. Keinerlei Beschwerde. — 
An der Injectionsstelle nichts Bemerkenswerthes. Puls voll, 80. Harn 
950 ccm; Harnstoff 1,84%. 

25. Mai. Temperatur normal. Maximum 37,3 °. Zustand gut. 
Puls 61, Respiration 24. Harn 900 ccm; Harnstoff 1,36%. 

27. Mai. Dritte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser. 
Temperatur 36,4°, Puls 80, Respiration 20. Fünf Stunden nach der In¬ 
jection beginnt die Reaction 37,7 °; sie erreicht ihr Maximum nach neun 
Stunden (39,3°). Apyrexie 22 Stunden später. (36,8). Heftiger Schauer. 
— Leichte Anschwellung und Schmerz an der Impfstelle. Trockenheit 
und Anschwellung der Nasenschleimhaut. Puls 120, Respiration 24, Harn 
2000 ccm. 

27. Mai. Apyrexie. Maximum der Temperaturen 36.9. Wohlbefinden. 
Harn 1700 ccm; Puls 66, Respiration 20. 

28. Mai. Vierte Injection: zwei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser. 
Temperatur 36,2°. Keine Roaction; Nase leicht verschlossen. Puls 70, 
Respiration 20, Harn 1700 ccm. Volumen der Cervicaldrüsen vermindert. 
Die Thränensackfistel secemirt weniger Pus. 

29. Mai. Fünfte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser. 
Temperatur 36,6. Die Reaction beginnt vier Stunden nach der Injection 
37,6, erreicht ihr Maximum sieben Stunden später 39,4°. Apyrexie nach 
14 Stunden 36,5 °. Frösteln. Anschwellung der Nasenschleimhaut. Puls 90, 
Respiration 24, Harn 2000 ccm. 

30. Mai. Apyrexie. Wohlbefinden. 

31. Mai. Sechste Injection: drei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes 

Wasser. Temperatur 36,2°, Puls 70. Die Reaction beginnt vier Stunden 
nach der Injection, 37,6 °, erreicht ihr Maximum nach sieben Stunden, 39,1 
nach 14 Stunden 36,6°. Puls 120, Respiration 24. Ham 1050 ccm, Harn¬ 
stoff 1%, schwach ammoniakalischer Geruch. Reaction alkalisch. 

1. Juni. Apyrexie. Puls 80. Ham 975 ccm; schwach ammoniaka¬ 
lischer Geruch; Reaction stark alkalisch; die Oberfläche des Harnes be¬ 

deckt ein schmutzig-graues, fettig aussehendes Häutchen. Setzt ein reich¬ 
liches, theils amorphes, theils krystallinisches Sediment von dreifach 
phosphorsaurem Ammonium-Magnesium ab. Zucker und Eiweiss fehlen. 
Harnstoff 1,57 %. 

2. Juni. Siebento Injection: drei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes 

Wasser. Temperatur 36,3°, Puls 72. Starke Reaction, die sechs Stunden 
nach der Injection beginnt, 38,8°, ihr Maximum (40°) nach acht Stunden 
erreicht und sich auf 40 0 vier Stunden lang hält. Hierauf fällt sie langsam, 
Und nach 22 Stunden besteht wieder Apyrexie. Heftiger Schauer. Schmerz 
und Schwellung an der Impfstelle. Profuser Schweiss. Schlaflosigkeit. 
Gesicht glüht. Nasenschleimhaut geschwellt. Puls 100. Harn 1000 ccm. 
Reaction des frisch gelassenen Harnes alkalisch. Schwach ammoniakalischer 
Geruch. 

3. Juni. Temperatur-Maximum 37,6°. Puls 100, Respiration 20. 
Niedergeschlagenheit. Gesicht blass. Nasenausfluss reichlich. Harn 
850 ccm, Harnstoff 0,84%. 

4. Juni. Temperatur sehr niedrig, Minimum 35,8°, Maximum 36,7 °. 
Der Schmerz an der Stelle der letzten Injection hält an. Harn 620 ccm. 
Harnstoff 2,92 %. 

> 5* Juni- Temperatur sehr niedrig, Minimum 35,5 Maximum 36,8 °. 

Keinerlei Beschwerde. — Hain 1000 ccm. 

6. Juni. Temperatur neigt zur Norm. Puls 60, Respiration 20. 
Nasenausfluss reichlich. Zustand der Cervicaldrüsen gebessert. Harn 
1150 ccm; reichliches weisses Sediment; Harnstoff 1,48%. 

. 7. Juni. Achte Injection: zwei Tropfen. Temperatur 36,8°. Leichte 

Reaction nach zehn Stunden (38,7 °), welche nur vier Stunden anhält. 
Harn 1600 ccm. 


J B-Juni. Neunte Injection: zwei Tropfen. Temperatur 36,8°. Leichl 

Reaction nach neun Stunden, Maximum 38,8 °. 

'. 9. Juni. Temperatur normal. Schmerz an der Stelle der letzte 

Einspritzung. Ham 650 ccm; Reaction stark alkalisch; Harnstoff 1,04°/ 
. 10. Juni Zehnte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasse 

lpmperatur 36,4 °. Heftige Reaction, dio zehn Stunden nach der Injectio 
beginnt, ihr Maximum nach elf Stunden erreicht (40,4) und acht Stunde 
4ng anhält. Apyrexie nach 30 Stunden. Frösteln. Schmerz an d( 
Impfstelle, die geschwellt erscheint. Profuser Schweiss. Schmerz in de 

stoffYä^/o PU 8 12 °’ Respiration ^ Ham 830 ccm > alkalisch; Han 

12. Juni. Temperatur niedrig, Minimum 35,8 °, Maximum 36,7 

behr niedergeschlagen; fällt bei oinem Versuche, sich zu erheben, i 
~, Cht - klem ’ ( 10 °)- - Ham 1800 ccm. Keinerlei B< 

schworde. Halsdrusen an Volumen abgonommen; aus der Fistel dring 
kem Eiter mehr. Nasonfluss beträchtlich vermindert. 

13. Juni. Temperatur niedrig; Minimum 35,5°, Maximum 36,9 

Niedergeschlagenheit. Harn 800 ccm. ’ 

B6,5° 14 ‘PdTkleüi emPeratUr 8tets sehr niedri g; Minimum 35,2, Maximuz 


15. Juni. Temperatur neigt zur Norm; Minimum 36,2°, Maximum 
37,5. Kräfte im Zunehmen. 

16. Juni. Elfte Injection: drei Tropfen. Temperatur 37,3. Massige 
Reaction; beginnt nach fünf Stunden (38°), Maximum 38,8°; Apyrexie 
nach 24 Stunden. Puls 100, Respiration 24. Ham 1400 ccm. 

17. Juni. Temperatur 37,8, Wohlbefinden. — Die Halsdrüsen an 
Volumen sehr reducirt. Einer der Fistelgänge vollständig geschlossen; der 
andere sondert nur sehr wenig Pus ab. Man impft zwei Meerschweinchen, 
die nur sehr langsam, nach einem Monat zugrunde gehen. 

19. Juni. Zwölfte Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,3 °. Schwache 
Fieberreaction; dieselbe beginnt nach fünf Stunden (37,7 o) und dauert 
sieben Stunden. Puls 80, Respiration 20. 

20. Juni. Apyrexie; Minimum 36,4, Maximum 37,8. 

21. Juni. 13. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,5 o. Leichte 
Fieberreaction, die, nach sechs Stunden beginnt und nach einem Maximum 
von 38,7° sechs Stunden dauert. Kein Schauer. Keinerlei andere Be¬ 
schwerde. Puls 80. 

22. Juni. Apyrexie. Auch der andere Fistelgang am Halse hat sich 
geschlossen. — Der Kranke giebt an, sich sehr gebessert zu fühlen. — 
Nasenausfluss fast gänzlich geschwunden. 

23. Juni. 14. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,3 °. Leichte 

Reaction, die zehn Stunden nach der Injection beginnt; Maximum 38o. 

24. und 25. Juni. Apyrexie. Wohlbefinden. Appetit gut. 

26. Juni. 15. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,8 n . Leichte 

Reaction, die acht Stunden nach der Injection beginnt und bei dem 

Maximum von 38,8° zehn Stunden dauert. — Puls 80. 

Es werden noch sechs lnjectionen in längeren Interwallen gemacht, 
bis zuna 18. Juli, wo der Kranke entlassen wurde. Die Reaction war 
auch bei Erhöhung der Dosis bis zu sechs und acht Tropfen stets schwach, 
indem die Temperatur 38,5° nicht überstieg. Patient befindet sich im 
Augenblicke seiner Entlassung aus dem Spitale in günstigen Verhältnissen 
und hat viel Appetit. Die Drüsen am Halse sind fast auf das normale 
Volumen reducirt und die Fistelgänge geschlossen; der Nasenausfluss 
sehr sprärlich. 

Dieses ist, soweit mir bekannt, bisher der einzige Fall von 
Rotzkrankheit beim Menschen, der mit Mallüin behandelt wurde 
und bei welchem man, wenn man auch daraus noch keine end¬ 
gültigen Schlüsse ziehen kann, doch sicherlich so zufriedenstellende 
Resultate erzielte, dass es zum Fortsetzen dieser Heilmethode auf- 
muntort. Unter den Betrachtungen, zu denen mich dieser Fall 
anregt, würde ich hervorheben: 

1. Das aus Culturen dargestellte Mallein ruft bei dem mit 
chronischem Rotz behafteten Menschen eine heftige allgemeine 
Reaction hervor, viel heftiger als diejenige bei rotzkranken Pferden, 
indem in ersterem Falle 2—3 Tropfen des Mallüins genügen, wäh¬ 
rend beim Pferde etwa 1 ccm davon benöthigt wird. Diese Reaction 
besteht hauptsächlich in einer Temperatursteigerung, welche 4—7 
Stunden nach der Reaction eintritt und von Schwellung der Augen- 
und Nasenschleimhäute sowie von vermehrter Pulzfrequenz und 
Hamsecretion begleitet ist, während die Athmung unbeeinflusst 
bleibt. 

2. Der Grad der Hyperthermie, die Schnelligkeit, mit welcher 
sich dieselbe einstellte und die Dauer derselben sind anfangs der 
injicirten Mallüinmenge proportional; nach einer Reihe von In- 
jectionen wird jedoch die Fieberreaction bei sonst im grossen und 
ganzen gleichbleibenden Mallüinmengen immer schwächer. Die 
Injection von Y 20 ccm Mallüin bewirkt bei einem Menschen von 
43 kg Gewicht eine Temperatursteigerung von beiläufig 3 Graden. 
Die erste Injection von V 2 ccm, welche ich ausführte, als mir der 
Grad der Empfänglichkeit des Individuums für das Mallüin noch nicht 
bekannt war, rief eine Temperatursteigerung von 4,2° hervor. Die 
Hyperpyresis begann etwa zwei Stunden nach der Injection und 
dauerte über 48 Stunden an, begleitet von heftigem Kopfschmerz, 
Erbrechen, diarrhoischen Entleerungen und Muskelzuckungen. 
Nach dieser schweren Mallüinvergiftung beobachtete man, was vor¬ 
her durch keinerlei therapeutischen Eingriff gelingen wollte, den 
Verschluss und die rapide Reinigung und Ausheilung eines Ge¬ 
schwüres am weichen Gaumen, das bereits durekzubrechen drohte. 

3. An der Stelle, wo die lnjectionen vorgenommen werden, 
stellt sich eine leicht ödematose schmerzende Schwellung ein, die 
jedoch bald verschwindet. 

4. An • den Tagen, welche unmittelbar auf eine starke, durch 
das Mallüin bewirkte Temperatursteigerung folgen, sinkt die Körper¬ 
temperatur manchmal bis auf 35,5o herab und bleibt auf diesem 
Niveau 24 bis 48 Stunden lang, ohne von irgend einem subjectiven 
oder objectiven Symptom begleitet zu sein. 

5. Die Harnmenge nimmt während der Reaction ausserordent¬ 
lich zu und erreicht manchmal das doppelte des gewöhnlich aus¬ 
geschiedenen Quantums; diese Polyurie wird beobachtet, auch wenn 
der Patient viel schwitzt. Der während der Fieberreaction ge¬ 
lassene Harn zeigt sich fast immer stark alkalisch, während der¬ 
selbe in den fieberfreien Intervallen schwach sauer war. Die per- 
centuelle Harnstoffmenge, die während der Hyperpyresis aus¬ 
geschieden wird, ist nicht« vermehrt; oft zeigte der Harn ein rekli- 
liches Sediment von Phosphaten. Eiweiss und Zucker fehlten stets. 


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13. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


727 


6. Die in Zwischenräumen von einsm, zwei oder drei Tagen 
in dem Verhältnisse von V 20 und Vis ccm gemachten Mallöin- 
injectionen bewirkten in derZeit von zwei Monaten eine bemerkens- 
werthe Besserung in dem Zustande der Rotzaffeetion. Man er¬ 
zielte thatsächlich eine fortschreitende Besserung der Drüsenan¬ 
schwellung an beiden Seiten des Halses, so zwar, dass die rechtsseitige 
ganz verschwand und die daselbst befindlichen Geschwüre sich 
vollkommen schlossen, während diejenige der linken Seite sich auf 
weniger als V 3 der ursprünglichen Grösse reducirte. Der Nasen¬ 
ausfluss, der anfänglich reichlicher geworden, nahm ab. Die 
thermischen Reactionserscheinungen wurden nach und nach weniger 
heftig, stellten sich immer später ein und wurden kürzer; auch 
waren sie mehr von den Allgemeinstörungen begleitet, wie sie im 
Gefolge von fieberhaften Processen aufzutreten pflegen. Unglück¬ 
licherweise war es mir nicht möglich, die Beobachtungen länger 
als zwei Monate fortzusetzen, da sich der Patient von Padua 
wegbegab. Auf Grund dieser Resultate ist es jedoch zulässig zu 
behaupten, dass dem Mallöin beim Menschen nicht nur eine 
diagnostische Bedeutung, sondern auch eine Heilwirkung zukommt 
_ (Schluss folgt.) 

VI. Heilung eines Falles von Riesenzellen¬ 
sarkom (ausgehend vom Tibiakopf) durch 
Arsenik. 

Von Dr. Pani Samter in Königsberg i. Pr. 

Im Januar 1892 consultirte mich Frl. T. wegen einer Geschwulst 
des linken Unterschenkels. Es handelte sich um ein 23 Jahre 
altes Mädchen, das sonst einon durchaus gesunden Eindruck machte; 
von Lues sowie von Tuberculose war anamnestisch und durch die 
Untersuchung nichts constatirbar. Im Januar des Jahres 1890 
suchte Patientin die Hülfe der Charite zu Berlin auf, woselbst ein 
Tumor, ausgehend vom linken Tibiakopf constatirt wurde. Der 
Tumor wurde durch Auskratzung entfernt, und Patientin verliess 
neun Monate nach der Operation die Charite. Zwei Monate danach 
stellten sich wiederum Schmerzen und Anschwellung am linkon 
Unterschenkel, in der Nähe des Kniegelenks, ein. Es war jetzt 
eine Wucherung der Geschwulst in der Operationswunde sichtbar, 
die in der Grösse eines kleinen Apfels die Haut überragte. Die 
neuen Wucherungen wurden durch einen Arzt herausgekratzt, 
jedoch kam es innerhalb zweier Monate zum Recidiv. Patientin 
wurde nunmehr nach Königsberg gewiesen zur eventuellen Ampu¬ 
tation des Beines. Der Status war folgender: Das linke Knie¬ 
gelenk war bedeutend geschwollen, active und passive Bewegungen 
unmöglich. An der Vorderseite zeigte sich ein Tumor, der die 
Grösse eines kleinen Apfels hatte und von innen emporgewuchert 
war. Die Drüsen der linken Leiste fühlten sich als derbe Knoten 
von der Grösse einer kleinen Kartoffel an. Desgleichen waren die 
Drüsen der Achselhöhle in Kirschgrösse geschwollen. Patientin 
klagte über sehr heftige Schmerzen im linken Bein, so dass Stehen 
und Gehen ihr unmöglich wurde. Sie wurde von mir einer chirur¬ 
gischen Anstalt überwiesen, woselbst eine Amputation abgelehnt 
wurde, weil der Process zu grosse Fortschritte gemacht hätte. 
Die emporgewucherten Geschwulstmassen wurden, behufs mikrosko¬ 
pischer Untersuchung, oberflächlich ausgekratzt, die, im hiesigen 
pathologischen Institut ausgeführt, die Diagnose eines Riesenzellen¬ 
sarkoms ergab. 

Der Patientin wurde nunmehr von mir Arsenik in Form der 
asiatischen Pillen verordnet, und zwar steigernd bis zu 10 Pillen 
pro Tag, mit der Weisung, dieselben Monate lang zu brauchen. 
Die Wundhöhle wurde mit Jodoformgaze austamponirt, der Tampon 
wöchentlich zweimal erneuert. Patientin wurde von mir nach 
ihrer Heimathstadt entlassen mit der Weisung, die Tamponade 
regelmässig fortzusetzen, was sie inzwischen selbst zu machen ge¬ 
lernt hatte, desgleichen den Arsenikgebrauch. 

Neun Monate nach Einleitung der Arsenikcur hatte ich Gelegen¬ 
heit, die Patientin wiederzusehen. Die geschwollenen Drüsen waren 
bis auf erbsengrosse Drüsen in der Leiste verschwunden. In der 
Gegend des linken Tibiakopfes bemerkte man eine Höhle, die mit 
wenig zerfallenen Gewebsmassen angefüllt war. Dieselben wurden von 
mir entfernt, was mit Leichtigkeit geschah, wobei sich herausstellte, 
dass sich die Wundhöhle um die Hälfte verkleinert hatte. Patientin 
gab an, völlig frei von Schmerzen zu sein, sie konnte das Bein im 
Kniegelenk ohne Schmerzen beugen und strecken, desgleichen 
waren extreme passive Bewegungen völlig schmerzlos auszuführen. 

Jetzt, zwei Jahre nach Einleitung der Arsenikbehandlung, 
nachdem Patientin 2600 Arsenikpillen verbraucht hatte, stellte sich 
Patientin mir vor. Von Drüsen war weder in Leiste noch Achsel¬ 
höhle eine Spur zu finden, das Kniegelenk erschien völlig normal, 
bis auf eine kleine granulirende Knochenhöhle im Tibiakopf. 
Patientin kann grössere Fusstouren ohne jegliche Beschwerden 


vollführen. Die Beweglichkeit im Kniegelenk ist eine völlig nor¬ 
male. Die mikroskopische Untersuchung der Granulationen in der 
Knochenhöhle zeigte das Fehlen jeglichen Tumorgewebes. 

VII. Standesangelegenheiten. 

Generalversammlung des Vereins der freigewählten 
Kassenärzte. 

Die Ferien der ärztlichen Veroino gehen zu Ende. Zu allererst trat 
wieder in die Oeflfentlichkeit der stets rührigo Verein der frei- 
gewählten Kassenärzte, der seine Mitglieder zu einer General¬ 
versammlung am 28. August nach Dräsel’s Festsälen entboten hatte. 
Obwohl noch ein grosser Theil der Collogon sich auf der Sommerreiso be¬ 
findet, waren doch mehr als sweihundert dem Rufe des Vorstandes ge¬ 
folgt. Man wusste, dass es sich um eine wichtige Frago handelte, deren 
sachgemässo Erledigung von weittragender Bedeutung für das Verhältniss 
der Aerzte zu den Krankenkassen in Berlin sein würde. — Vor Eintritt 
in die Tagesordnung machte der Vorsitzende, Herr S. Marcuse, einige 
geschäftliche Mitthoilungen, aus denen erwähnt sei, dass das Princip der 
freien Arztwahl in Berlin unter den Kassen immor mehr Boden gewinne; 
alle Prophezeiungen, dass sich dieselbe höchstens zwoi Jahre halten 
würde, seien durch die Thatsac-ho ihres nunmehr vierjährigen Bostehens 
zu Schanden geworden, und der Vorstand der Maschinenbauerkasse, die 
am meisten gefährdet sein sollte, habe bereits beschlossen, auch für das 
Jahr 1895 die freie Arztwahl beizubehalten Es sei möglich, dass einige 
kleinere Kasson ihre Contracte kündigen würden, dafür sei der Zutritt 
einiger neuer zu erwarten. Wenn einzelne Kassen durch ihro Finanz¬ 
verhältnisse gezwungen worden seien, die gesetzlichen Mindestleistungen 
einzuführen, so trage daran nicht die freie Arztwahl die Schuld, sondern 
es rächten sich jetzt alte Sünden und Missstände, die vor der Einführung 
der Arztwahl verübt worden seien. 

Zu dem Hauptpunkte der Tagesordnung hatte Herr Bloch das Re¬ 
ferat übernommen. Wie den Lesern dieser Wochenschrift noch erinner¬ 
lich sein wird, hatten die Verhandlungen, welche vor einigen Monaten die 
Ortskrankenkasson mit ihren Aerzten geführt hatten, einen derartigen 
Verlauf und Abschluss gofunden, dass sowohl in der Presse als auch in 
den Vereinen allgemein die Meinung kund gegeben wurde, dass die 
Würde des ärztlichen Standes durch diese Verhandlungen Schaden ge¬ 
litten hätto. Nachdem der Geschäftsausschuss der Standesvereine Stellung 
zu dieser Sache genommen hatte, beschloss auch eine Generalversammlung 
des Vereins der freigewählten Kassenärzte, eine Commission zu ernennen, 
welche über das Verfahren bei Abschluss von Verträgen mit Kranken¬ 
kassen in Berathung treten sollte. Wenn dieser grosse Verein, der, wie 
wir glauben, jetzt schon mehr als tausend Mitglieder zählt und der, was 
zur Erreichung seiner Zwecke absolut nothwendig ist, oino Disciplin führt, 
wie sie strenger kein behördlich eingesetzter Disciplinargerichtshof hand¬ 
haben könnte, in dieser Angelegenheit Beschlüsse fasst, so wird dadurch 
denjenigen Aerzten, welche zu unwürdiger Nachgiebigkeit den Kassen 
gegenüber geneigt sind, das Rückgrat gestählt werden. Es wird aber 
auch vermieden werden können, dass eine Laienaufsicht über ilrztlicho 
Leistungen als solche stattfindet, dass ferner das Honorar untor don jetzt 
in Berlin üblichen Satz heruntergedrtickt wird, und es werden nach solchen 
Festsetzungen, wie die Erfahrungen mit der freien Arztwahl bis jetzt 
ergeben haben, sowohl die Aerzte als auch die Kassen gut fahren. — 
Die Commission war nicht in der Lage, einen sogenannten Normalcontract 
aufzustellen; dazu sind die Verhältnisse der hiesigen Kassen zu ver¬ 
schiedenartige; sie hat aber Leitsätze aufgestellt, nach denen dem Verein 
eine hoffentlich ebenso wirksamo als segensreiche Aufsicht Uber Kassen¬ 
verträge zugowiesen wird. Die Verhandlungen der Generalversammlung 
wurden zwar lebhaft, aber durchaus sachlich geführt und dabei u. a. auch 
darauf aufmerksam gemacht, dass viele ärztliche Verträge mit verschie¬ 
denen Vereinen, mit mehreren Theatern u. s. w. noch sehr der Durch¬ 
sicht und Verbesserung bedürftig seien. Schliesslich gelangten die An¬ 
träge der Commission mit einzelnen Amendirungen in folgender Fassung 
mit sehr grosser Majorität zur Annahme: 

I a. Die Mitglieder des Vereins der freigewählten Kassenärzte sind 
verpflichtet, Verträge, welche sie mit Krankenkassen, die unter das 
Krankenkassengesetz fallen, zu schliossen beabsichtigen, dem Verein zur 
Prüfung vorzulegen. , 

Ib. Aenderungen und Verlängerungen bestehender Verträge unter¬ 
liegen derselben Betimmung. 

Kein Mitglied darf solchen Kassen ohne schriftlichen Vertrag regel¬ 
mässige ärztliche Dienste leisten. (Durch diosen Satz soll die unentgelt¬ 
liche Behandlung von Kasscnmitgliedem in den Polikliniken verhindert 
werden. Ref.) „ ... 

II. Zur Prüfung der Verträge wird eine Vertragscommission ein¬ 

gesetzt. Dieselbe besteht aus neun Mitgliedern, davon werden vier vom 
Vorstand, fünf von den Sectionen gewählt, welche letztere jedoch nicht 
Mitglieder des Centralvorstandes sein dürfen. — Die Wahl der Sections- 
mitglieder geht in der Weise vor sich, dass jede Section jährlich ein 
Voreinsmitgliod, dos der betreffenden Section nicht anzugehören braucht, 
wählt. Diese von den Sectionen Gewählten bestimmen unter sich lünf 
Mitglieder und fünf als Stellvertreter. . 

III. Die Vertragscommission hat sich bei Prüfung der vertrage 
ausschliesslich zu beschäftigen a) mit der Art der Anstellung (Bewerbung) 
und Entlassung, b) mit der Honorirung, c) mit der Frage, ob m rem 
ärztlichen Dingen jede unsachgemässe und unwürdige Beaufsichtigung 
vermieden ist, d) mit dor Frage, ob durch die Form und Dauer der Ver¬ 
träge das Bestehen und die weitere Durchführung der freien Arztwahl m 
Berlin und den Vororten gefährdet erscheint. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37 


728 


IV. Geschäftsgang: a) Die Commission ist verpflichtet, von ihrem 
Beschluss binnen 48 Stunden dem Vorstande und dem betreffenden Mit- 
gliede (im Falle der Ablehnung unter Anführung der Gründe) Kenntniss 
zu geben, im übrigen aber über ihre Verhandlungen Stillschweigen zu 
bewahren. — b) Der Vorstand muss in der nächsten Nummer des Ver¬ 
einsblattes die Ablehnung eines Vertrages ohne Nennung des Namens 
des Arztes zur allgemeinen Kenntnis bringen. — c) Erhebt der Ab¬ 
gewiesene Widerspruch, so hat der Vorstand innerhalb acht Tagen eine 
Generalversammlung zu berufen, die definitiv über die Genehmigung ent¬ 
scheidet. — d) Schliesst ein Mitglied ohne oder gegen die Entscheidung 
der Commission oder der Generalversammlung einen Vertrag, so hat der 
Vorstand das Ausschlussverfahren einzuleiten. 

Die Commission ist verpflichtet, acht Tage nach ihrer Constituirung 
dem Vorstande eine Geschäftsordnung vorzulegen. 

V. Diese Bestimmungen treten acht Tage nach ihrer Veröffentlichung 

im Vereinsorgan in Kraft. H. 


— Von geschätzter Seite erhalten wir folgende Zuschrift: Da wohl 
die Verhandlungen übor das Verfaältniss der Aerzte zu den Lebensver¬ 
sicherungen allen Collegen noch in lebhafter Erinnerung sein werden, ist 
es vielleicht nicht unangebracht, zu sehen, welchen Einfluss die Beschlüsse 
des Vereinstages auf die Gesellschaften selbst ausgeübt haben. 

Dio Urania, Actiengcsellschaft für Kranken-, Unfall- und Lebensver¬ 
sicherung zu Dresden, welche augenblicklich eine neue Emission Actien 
ausgiebt, erlaubt sich folgende Anreisserei: 

„Selbstverständlich werden wir auch bei der Uebertragung von Ver¬ 
trauensarztmandaten auf unsere Herren Actionäre in erster Linie Rück¬ 
sicht nehmen.“ 

Nun, verehrte Herren Collegen, flott gezeichnet, es winkt eine Ver¬ 
trauensarztstellung. _j 


D 0r Cultusminister hat die Oberprftsidenten aufgefordert, die 
Aerztekammerii ihrer Provinz über den Antrag der Aerztekammer Berlin- 
Brandenburg: „Es ist nothwendig, dass die Studirenden der Medicin auf 
der Universität Kenntniss von den für den Arzt wichtigen Bestimmungen 
des Krankenversichorungsgesetzes, des Unfallversicherungsgesetzes, so¬ 
wie des Alters- und Invaliditätsversicherungsgesetzes erlangen“ zu hören 
und darüber zu berichten. 


Wie vorsichtig man bei Abschluss einer Versicherung sein muss 
und wie nothwendig es ist, sich die Satzungen der betreffenden Gesell¬ 
schaft genau anzusehen, dafür liefert folgender Fall oinen Beweis den 
wir zur Warnung mittheilen: Ein hiesiger College hatte sich im Jahre 1883 
bei der Schlesischen Lebens-Versicherungs-Actien-Gesellschaft gegen Un¬ 
fälle versichert, hatte also durch elf Jahre seine Prämie bezahlt Vor 
kurzer Zeit erhielt er nun folgendes vom 1. August c. datirtes Schreiben 
von der Gesellschaft: „Hiedurch kündigen wir auf Grund des § 22 der 
Versicherungsbedingungen Ihre Unfallversicherung zum Ablauf am 30 Sep- 

bÄltenXto“ ' raiChen " lg IhresAItere wegen Statutengemäss nicht 
_ xi. 

VIII. Therapeutische Mittheilungen. 


Berichtigung zu dem Kobert’schen Aufsatze; Heber das 
Eisen in diätetischer Hinsicht. 

Von Dr. Max D ahmen in Crefeid. 

ln No. 29, S. 599, dieser Wochenschrift zählt Kobert eine Anzahl 
von Eisenpräparaten des Handels auf und sagt bezüglich derselben u a: 
In Deutschland (Zürich!) hat Hommel ein flüssiges und Dahmen ein 
pulverförmiges entsprechendes Präparat empfohlen etc. D ah men hat den 
Namen Hämalbumin gewählt, während andero dasselbe Präparat als San- 
guinal bezeichnen. 

Um diesem Irrthum entgegenzutreten und Verwechselungen vorzu¬ 
beugen, möchte ich ausführen, dass die von dem Apotheker Krewel her¬ 
gestellten Sanguinalpilleri mit dem Gewichte von 0,1 g (in kochendem 
Wasser nur nach Zusatz von Säure löslicher) Substanz, 0,046 g Blutsalzo 
0,01 g getrockneten Blutkuchen (= 0,000042 g Eisen) und 0,04 g Pepton 
enthalten. Die Wirkung der beiden letzten Stoffe ist der homöopathischen 
Dosen wegen selbstverständlich nicht ernst zu nehmen, und dürften die 
in Prospecten mitgotheilton Erfolge lediglich den Blutsalzen zuzuschreibon 
sein, deren therapeutischer Werth ausser Frage steht.* 

Das von mir hergestollte Hämalbumin enthält ebenfalls diese Blut¬ 
salze, jedoch vornehmlich, wie ich in No. 14 a. c. dieser Wochenschrift 
auch mittheilte, das gesammte Eiweiss des Blutes — also auch Hämo¬ 
globin — als in kochendem Wasser, Alkalien und Säuren leicht löslichen 
Albuminate, d. i. ca. 95 % wasserfreies Eiweiss. 

Bei der normalen Dosis von 1 g Hämalbumin erhält also der Patient 
zunächst die in einer Sanguinalpille vorhandenen Blutsalze, ca. 0,05 g, 
ausserdem 0,95 g von in saurem, neutralem und alkalischem 
Magensaft löslichem Eiweiss und das ebenfalls vollkommen lösliche 
Eisenalbuminat des Hämoglobins (also das Eiweiss von 6 g Ochsenfleisch 
oder 9 g Hühnerei). Ueberhaupt kann das Hämalbumin bezüglich seiner 
Löslichkeit nur mit der Somatose von Bayer verglichen werden. San- 
guinal und Hämalbumin sind also zwei gänzlich verschiedene Präparate, 
was auch vergleichende Versuche in der Praxis längst dargethan haben. 


. t - . Untersuchungen Uber das Papain (Reuss) hat Fr. Oswald in der 
medicinischen Klinik des Herrn Geh. Rath Riegel zu Giessen (Münch, med. 
Wochenschr. 34/1894) angestellt. Papain wird aus den Früchten der Carica 
papaya gewonnen, im Unterschied zum Papayotin, das aus dem einge¬ 
dickten Milchsaft dargestellt wurde und vor dem es den Vorzug der 
grösseren Billigkeit hat. Es ist ein lockeres grauweisses, in Wasser un¬ 
lösliches Pulver. Die Suspension giebt deutliche Biuretreaction. Die Ver¬ 
suche wurden in neutralen, alkalischen lind sauren Gemischen, die 0,l°/ 0 
Papain enthielten, angestellt. Eigentliche Peptone werden bei der Papain¬ 
verdauung wenig gebildet, dagegen tibörwiegt Syntonin und einfach ge¬ 
löstes Eiweiss. Vor dem Pepsin, dem es im übrigen an Wirksamkeit 
nachsteht, hat es den Vortheil, auch in neutraler und alkalischer Flüssig¬ 
keit zu verdauen, was es befähigen würde, auch noch nach Verlassen des 
Magens seine peptonisirenden Eigenschaften auszuüben. — Verfasser 
möchte das Papain hauptsächlich bei Darniederliegen der secretorischen 
Functionen empfehlen, am besten in Tablettenform zu 0,3—0,5 g mehr¬ 
mals täglich. 


Behandlung der Leukoplakie. 

Von Dr. S. Rosenberg in Hamburg. 

i ,, f He , n ‘ L r 42 J ^ hTe vor 20 Jahren mit einem Ulcus penis be 
haftet ohne irgend eine weitere Folgeerkrankung, verheiratet, Vater gesun 
der Kinder, leidet seit 7 Jahren an Leukoplacia linguae. Auf der Zun ff 
^ che / nen . von Zeifc zu Zeit sehr schmerzhafte, flache, kleinste ln 
nnH ^f3 S - UCk -f- 0SSe Geschwüre mit nicht wallartig aufgetriebenem Ram 
und schmutzig-eitrigem Grunde. Die Geschwüre heilen nach mehr ode 
Sfn r ^?£ en L Bestehen und hinterlassen flache, bläulich glänzend« 
3 b ? T n , Betroffen war stets nur die obere Zungenfläche; Seitenrände: 
£Ä“t ind unme J frei u gebheben. Gegenwärtig ist die ganz« 
M he v ± r J U , nge V0 T?- eben beschriebenen Narbenfewebe bedeckt 
HnoLif verschiedenen Richtungen sich durchkreuzende Furchen theilei 
B ’ r rha f ad e nä bn lich , m Plaques ab, da und dort befinden sich ver 
Geschwüre. - Therapeutisch, in der Absicht, die Geschwüre 
" ZUr Heil J?S Z \ bnn £ en und ihr Recidiviren zu verhindern, wurdei 
bisher die verschiedensten Mittel vergeblich probirt. Ich erwähne nur 
Resorcumiundbäder, Pinselungen mit Milchsäure, Jodoform und Methylen 

haff sTch S sch feT s iich R nm hVerb0t hatt - 6 ga o k v einen Einfluss - Ben Patienl 
nan sicn schliesslich, um nur von semen Schmerzen befreit zu sein mil 

Cocamlösungen, und verbrauchte zuweilen bis lgcöcZpro die -Zun 

ÄoS ht T 0 n “«»fe rein e g mpS, P pLeluugenl" 

liphlJ iS* • , führte sie gleichfalls rapide zur Reparation. Durch tä s- 

geschwÄr u S HL ZU ? ¥ Herr lv s fc d-Hand s.ch daue^d 
schadl^h™aA ■ a u %\ chen und der Genuss reizender Speisen 
senadet ihm dabei durchaus nichts. — Ob der Erfolg dieser Themnia „„ 

geÄ“ er''berenht i i ti ? Che - n n Na u Ur dcr . Le . uko P laki ° spneht, lasse ich Habin . 

procent’ui^r^«MnL m T 1C sb a fe’ W ‘ 6 lah glaube - die Anwendung hoch- 
procentuirter (20 / 0 igoi) Jodkahlösungen in analogen Fllllcn zu empfehlen 


— Hügel hat mit den in Java als schätzbares Antldiarrholcnin 
bekannten Blättern des Djainboebauuies in der medicinischen Poliklinik 
der Universität Wtirzburg eingehende Versuche angestellt, die recht 
befriedigend ausfielen. Nachdem durch Vorversuche die vollständige 
Ungiftigkeit des Mittels selbst in Gaben von 30 g erwiesen war 
(schon 0,5 g haben therapeutische Wirkung), wurden zahlreiche Kinder- 
diarrhöen ausschliesslich mit Djamboe behandelt (Inf. fol. Dj. (5) 100,0, 
zweistündlich einen Theelöffel voll). Der Erfolg war in allen Fällen schon 
nach den ersten Löffeln ein ausgesprochener. Auch bei chronischen 
Magen- und Darmkatarrhen war eine günstige, wenn auch nicht so ecla- 
tante Wirkung zu constatiren. In zwei Fällen von Typhus abdominalis 
bekamen die Stühle rasch ‘festere Consistenz, im übrigen wurde der Ver¬ 
lauf der . schliesslich in Heilung ausgehenden Erkrankung anscheinend 
nicht beeinflusst. (Münchener med. Wochenschr. 1894, No. 29.) 


— Gegen Bronchialasthma: 

Kal. jodat. 7,0 

Ammon, carbon. 3,0 

Tinct. Lobei. 7,0 

Spirit. Chloroform. 15,0 

Infus. Seneg. ana 180,0 

M.D. 4 stündlich 1 Theelöffel voll. 
(Med. and Surg. Report. 4. Vn. 94.) 


— ixegen Lrbrechen der Schwangeren: 

Cocain, mur. 0,03 

Antipyrin. 1,0 

Aq. dost, ana 120,0 
M.D. halbstündlich einen Thee¬ 
löffel voll. 


Oder: 

Tinct. jod. 7,5 
Chlorof. 60,0 

M.D. morgens u. abends 5 Tropf, 
in Selterwasser. 


Gder: Cocain, mur. 1,0 

Extract. Belladonnae 0,25 
Vaselin. . 15,0 

M.D. äusserlich zum Bestreichen des Os uteri. 
(Med. and. Surg. Report. 4. VIII. 94). 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



13. S eptember. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


729 


— The non-operative nietliods of treating anal flssnre by Lewis 
H. Adler. Adler Hisst die wunden Stellen nach jeder Defäcation sorg¬ 
fältig mit lauwarmem Wasser reinigen. Gegen die Schmerzen giebt er 
ein Opium-Belladonnazäpfchen oder eine Salbe aus Extr. Conii 7,5, Ol. 
Ricini 15,0, Ungt. Lanolin. 60,0. Während diese Mittel nur palliativen 
Werth haben, wirkt das Argentum nitricum, in 2—5°/oiger Lösung einge¬ 
pinselt, geradezu als Specificum. Dieselbe wird im Anfang täglich auf¬ 
getragen, hinterher eine Jodoformsalbe applicirt. Für manche Fälle eignet 
sich auch eine 10°/oige Calomelsalbe statt dos Höllensteins. (American 
Lancet, July 1894.) 

— Antinervin (Radlauer) wurde von Kosinski mit gutem Erfolge 
bei acutem Gelenkrheumatismus und exsudativer Pleuritis gegeben. 
Antinervin besteht aus je einem Theil Bromammonium und Salicylsäure 
und zwei Theilen Acetanilid (Antifebrin). Die vom Verfasser verwen¬ 
deten Dosen von 5—6 g Antinervin erscheinen wegen des hohen Ge¬ 
haltes an Antifebrin (2,5—3 g pro die!) recht bedenklich. (Allg. med. 
Centralzeitung 1894, No. 59.) _ 

— Als bestes Antlielminthicum empfiehlt Calderone das Thymol in 
Tagesdosen von 0,5—2 g. Gleichzeitige Darreichung eines Abführmittels 
ist nothwendig. (Medec. moderne 1894, No. 55). 

— Bela-Nagy hat mit dem Hyoscin bei Hysteroepilepsie folgende 
Erfahrungen gemacht: 1) Es wirkt sowohl in der Aura wie während des 
eigentlichen Anfalls. 2) Der Effect tritt nach 5 bis 20 Minuten ein. 
3) Meist erfolgt Schlaf. 4) Die Dosis beträgt 1 mg. Dieselbe ruft niemals 
bedenkliche {Erscheinungen hervor. 5) Selbst nach längerem Gebrauch 
tritt keine Gewöhnung ein. (Mödee. moderne 1894, No. 55.) 

_H. Citron (Berlin). 

IX. Vom Budapester Congress. 

Budapest, den 6. September 1894. 

Der Congress, dessen erste Anfänge ich neulich „auf frischer 
That“ noch flüchtig verzeichnen konnte, hat nunmehr den Höhe¬ 
punkt seines Tage- oder Wochenwerks völlig erreicht-, vielleicht 
schon etwas überschritten, so dass dem schärferen Beobachter Züge 
des beginnenden Stadium decrementi sich hier und da andeuten. 
Ein Theil der Mitglieder hat bereits, gesättigt oder abwechslungs¬ 
bedürftig, den Schauplatz verlassen, ein anderer bereitet sich zur 
Abreise vor, und auch unter denen, die bisher mit Ausdauer und 
Hingebung gearbeitet und der erschlaffenden Hitze Trotz geboten 
haben, fängt nach der anstrengenden Sectionsthätigkeit der ver¬ 
flossenen Tage, nach den grossen intornationalen Redeturnicren 
über Diphtherie am Dienstag, und über Cholera am Mittwoch (in 
letzterem, das noch nicht zu Ende geführt wurde, errang 
Metschnikof’s Auftreten den höchsten Preis) eine leicht begreif¬ 
liche Abspannung an sich bemerkbar zu machen. 

Der heutige Tag, ein Donnerstag, der aber als „Freitag“ in 
die wissenschaftliche Thätigkeit eingeschaltet und für Ausflüge 
nach allen Richtungen hin reservirt ist, ladet ganz von selbst zu 
einer Rück- und Umschau auf den bisherigen Congress verlauf ein. 
Selbstverständlich kann von einem vollständigen und erschöpfenden 
Bilde noch nicht die Rede sein — am wenigsten hinsichtlich der 
wissenschaftlichen Arbeitsleistung, die ja noch keineswegs abge¬ 
schlossen ist, aber auch nicht einmal hinsichtlich der Aeusserlich- 
keiten des Congresses und seines organisatorischen Apparates, der 
— wie mir gestern unser liebenswürdiger Präsident Fodor ver¬ 
sicherte — mit jedem Tage besser in’s Arbeiten kommt und, wenn 
der Congress noch vierzehn Tage dauern könnte, auf dem Gipfel 
seiner Leistungsfähigkeit angelangt sein würde. Immerhin lassen 
sich jedoch die vorherrschenden Eindrücke bereits feststellen, und 
es lässt sich wenigstens der Versuch eines zusammenfassenden 
Endurtheils machen, das vielleicht von der Wahrheit nicht allzu¬ 
entfernt bleibt, wenn auch später einzelne Correcturen und Modi- 
ficationen noch angebracht sein mögen. Dieses Gesammturtheil 
nun kann — und ich glaube darin ein ziemlich getreuer Dol¬ 
metscher der „öffentlichen Meinung“ zu sein! — im grossen und 
ganzen nicht anders als höchst günstig ausfallen — was natür¬ 
lich mancherlei kleinere und wohl auch einzelne grössere Schwächen 
und Mängel der Einrichtung und Leitung, vereinzelte unliebsame 
Vorkommnisse und Missgriffe handelnder Persönlichkeiten, kurz 
allerlei „Menschliches, nur zu Menschliches“ hier wie bei jeder 
anderen ähnlichen Gelegenheit keineswegs ausschliesst. 

Die Gesammtzahl der anwesenden Congresstheilnehmer wird 
von autoritativer geschäftskundiger Seite auf ungefähr 2500 ge¬ 
schätzt und damit wohl schwerlich überschätzt (eine genaue Con- 
gressstatistik scheint bisher noch nicht möglich gewesen zu sein, 
die Listen bringen immer noch Nachträge neuerlicher Anmeldungen). 
Unter obiger Gesammtzahl sollen sich nach der Meinung unseres 
trefflichen deutschen Generalsecretärs Weyl — der in einem Saale 
der Congressausstellung sein Bureau aufgeschlagen hat und über 
dessen aufopfernde Bereitwilligkeit und Zuvorkommenheit nur eine 
Stimme des Lobes herrscht — etwa 700 Reichsdeutsche befinden. 


Jedenfalls machen sich diese österreichischen Sprachbrüder so be¬ 
merkbar, dass das Deutsche als Congresssprache — nicht bloss in 
den Cafö- und Bierhäusern, sondern zumal in den wissenschaft¬ 
lichen .Arbeiten, bei Vorträgen und Sectionen, ganz entschieden 
vorherrscht. Ungarische Vorträge sind zwar angekündigt, aber — 
nach stillschweigender Verabredung — nicht gehalten worden (wio 
überhaupt die Zahl „ungehaltener“ Vorträge recht bedeutend zu 
werden verspricht); Französich hört man etwas mehr, Englisch 
ziemlich vereinzelt. Natürlich schliesst dieser Umstand nicht aus, 
dass nicht auch andere Nationen durch zahlreiche und zum Theil 
sehr hervorragende Namen hier wissenschaftlich vertreten wären — 
sowie sich andererseits unter den einheimischen und auswärtigen 
Oongresstheilnehmern gloichmässig recht zahlreiche Congressbummler 
und -Bummlerinnen befinden. Nach meinem (vielleicht etwas 
zu subjectivem) Geschmack machen sich die letzteren, für deren 
Unterhaltung übrigens durch ein vortrefflich organisirtos Damon- 
comitö überreichlich gesorgt ist, schon hier und da in etwas zu 
anspruchsvoller Weise bemerkbar. Die mehr oder weniger schönen 
Vertreterinnen des schönen Geschlechts überschwemmen zu gewissen 
Tageszeiten das „Conversationszimmer“ des Versammlungsgebäudes, 
erfüllen es mit ihrem holden „Geplausche“, halten jeden Schreib¬ 
platz bis auf den letzten ausdauernd besetzt und stellen an Zeit 
und Geduld der leitenden Congresspersönlichkeiten, wie mir scheint, 
nicht selten Anforderungen, denen zu genügen das ganze Maass 
der hier ortsüblichen Galanterie erforderlich ist — bekanntlich ein 
Punkt, worin die so oft als „Paris des Ostens“ bezeichnote un¬ 
garische Capitale den Vergleich mit ihrem Vorbild an der Seine 
nicht zu scheuen braucht und auch niemals gescheut hat. Es sei 
übrigens daboi gleich bemerkt, dass den Frauen hier durchaus auch 
die active und passive Betheiligung an der wissenschaftlichen 
Congressarbeit ohne weiteres eingeräumt ist und dass sie von dieser 
Vergünstigung denn auch thatsächlich Gebrauch machen. In der 
Section VI (für Schulhygiene) genoss ich vorgestern den recht be¬ 
lehrenden Vortrag einer Dame über Handarbeitsunterricht in den 
Schulen, und in Section XXin (der siebenten demographischen 
Section) bewunderte ich gestern wenigstens die Ausdauer und 
Kaltblütigkeit, die eifrige Zuhörerinnon bei der an einen Vortrag 
Krafft-Ebing’s geknüpfte Discussion über progressive Paralyse 
und Syphilis an den Tag legten. 

Um von dem Congresse ein einigermaassen der Wirklichkeit 
nahekommendes Bild zu gewinnen, muss man vor allem erst ein 
.solches von dem Congressschauplatz zu erlangen trachten — von 
diesem eben genannten „Paris des Ostens“, dieser glanzvollen un¬ 
garischen Hauptstadt, die bei uns noch so viel weniger bekannt 
und gewürdigt ist, als fast alle anderen älteren und jüngeren euro¬ 
päischen Capitalen. Budapest ist eine junge Grossstadt von durch¬ 
aus weltstädtischen Allüren — eine Grossstadt, die in einem 
rasenden, geradezu unheimlichen Tempo des Aufschwunges be¬ 
griffen ist, wofür europäische Maassstäbe schon fast nicht mehr 
ausreichen, sondern die Vergleichsobjecte von den wunderbaren 
Neuschöpfungen amerikanischer Metropolen, von Chicago, San Fran¬ 
cisco und ähnlichen entlehnt werden müssen. Um einen annähern¬ 
den Begriff von dem erstaunlichen Wachsthum Budapests zu geben, 
führe ich nur ein paar Ziffern über den Bevölkerungszuwachs an, 
die ich dem ausgezeichneten, den Congressinitgliedern gewidmeten 
Buche vonDr. Gustav Thirring „Budapest, hygiöne publique 
et culture“ (1894) entnehme. Während die Bevölkerung von 
Pest-Ofen zusammen im Jahre 1720 erst 12200 Einwohner betrug, 
ist sie nach der Zählung von 1891 bereits auf über eine halbe 
Million (506384) gestiegen, hat sich also in 170 Jahren mehr 
als verzweiundvierzigfacht — und zwar entfällt dies ganz enorme 
Wachsthum besonders auf die drei letzten Decennien. Der Be¬ 
völkerungszuwachs erfolgte weit rapider als bei irgend einer euro¬ 
päischen Grossstadt; Budapest übertrifft in dieser Beziehung so¬ 
gar noch Berlin, das im übrigen verhältnissmässig am meisten 
ähnliche Wachsthumsbodingungen aufweist (der durchschnittliche 
Bevölkerungszuwachs betrug in den 90 Jahren von 1801—1891 
auf je 1000 Einwohner in Budapest 90,7, in Berlin 88,2, in Wien 
53,9, in Paris 38,1, in London 37,7). Budapest verdankt seinem 
jüngsten ungeheuerlichen Aufschwung in erster Reihe unzweifel¬ 
haft den seit 28 Jahren, seit dem Zustandekommen des Ausgleichs, 
so überaus günstig gestalteten politischen und wirthschattlichen 
Constellationen — aber, „wie sich Verdienst und Glück verketten“, 
doch auch kaum minder der Staunenswerthen und beneidenswert hon 
Energie seiner staatlichen und gemeindlichen Organe und (lein 
thatkräftigen Eingreifen seiner gesammten Bewohner, ln dieser 
Beziehung ist vielleicht der Gegensatz zu der behaglichen Indolenz 
und schlaffen Passivität des Wieners (der mehr zu kritischem 
Raisonniren als zu eigenem selbstständigen Handeln und Besser¬ 
machen neigt) ein nicht mit Unrecht öfters hervorgehobcnei 
Charakterzug, und es ist begreiflich, wenn auch für uns Deutsche 




UNIVERSITf OF MICHIGAN 



730 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


bedauerlich und schmerzlich, dass sich die Entwickelung Budapests 
zu so ungeahnter Blüthe nicht ohne Einbusse Wiens, ja grossen- 
theils auf dessen Kosten vollziehen musste. — Wer Budapest vor 
20, vor 10, ja auch nur vor 4 oder 5 Jahren gesehen hat, wird von 
dem, was inzwischen wie durch Zauberkraft geleistet worden ist 
geradezu überrascht und geblendet. Und in gleichem Eilschritt 
geht es weiter. Im Jahre 1896 soll das tausendjährige Bestehen 
des ungarischen Reiches durch eine grosse Festausstellung in 
Budapest glanzvoll gefeiert werden; bis dahin plant man u. a. die 
gänzliche Durchführung eines unterirdischen elektrischen Strassen- 
bahnnetzes (die Stadt erfreut sich bereits elektrischer Strassen- 
bahnen mit Accumulatorbetrieb ausser den Pferdebahnen und 
einigen Drahtseilbahnen), den Bau von zwei neuen gewaltigen 
Donaubrücken, die Anlegung von Centralmarkthallen, die Voll¬ 
endung des neuen Parlamentsbaues — eines Wunderbaues, der in 
Grossartigkeit und Schönheit der Anlage, mit seinen an der Donau 
weitlungestreckten Terrassen, an Westminster erinnert. Von den 
glanzvollen Quaianlagen der Pester Seite, dem imponirend durch¬ 
geführten System der Hauptstrassen und Boulevards (das Demo- 
lirungen in riesigem Umfange erforderlich machte), von der Un¬ 
zahl grosser industrieller Etablissements jeder Art von dem 
Reichthum der in kürzester Frist geschaffenen künstlerischen und 
wissenschaftlichen Institute auch nur andeutungsweise zu sprechen 
wurdo den an dieser Stelle verfügbaren Raum weitaus über¬ 
steigen ! 

- P*? 0 i& 01lt Hcken engeren Congressschauplatz bildet 

em dafür ganz ausserordentlich geeigneter Gebäudecomplex: das 
am Museumsring belegene Franz Josefs-Polyteehnicum mit seinen 
Adnexen und einzelnen unmittelbar anstossenden Universitäts- 
bauten Dieser Complex, auf dem ein kleines Uebersichtskärtchen 
jeder rageblattnummer die leichteste und bequemste Orientirung 
gestattete (manche brachten das allerdings trotzdem nicht fertig) 
bot nicht nur ausreichenden Raum für alle Bureaulocalitäten der 
üongressverwaltung, Generalseeretariat, Postsaal, Conversationssaal 
9U S ^^f,-n S0nd0ril / l ^ h fu I- (! |? Zusammenkünfte der sämmtlichen 
, kectionen und für die Unterbringung der gesammten weit- 

Vnrminf" f Au f tcllun g-- Als Mittelpunkt des besonders in den 
' T", lr f g Stu " t !' 5 “ zu ffewalüg-erFrequenz anschwellenden Congress- 
Pnst«« „Tf de J orsten . Stock des Hauptgebäudes belegene 
„Postsaal gedacht — ein Saal von gewaltigen Läncen- 

di^ZfT 611 ’. Ub w , de, ‘ iD äusserst zweckentsprechender Weise 
disponirt wai. Nach einer von unserem deutschen Generalsecretär 
gegebenen Anregung war nämlich die Verfügung getroffen dass 

in rehnt gel t e a et6n < -'. 0I1 S re ^ th( ‘ i l u ehmer ein besonderer Post sack 
zu Gebote stand, worin er Briefe, Drucksachen, Einladungen Tace- 
blattnummern, kurz alles ihn Iuteressirendc und für ihn Einfe- 
dnr^ D °i l f zusammengelegt (die Zusammenlegung geschah in 
der Nacht oder in grösster Frühe) für jeden Tag vorfand Ahd,^ 

Buchstaben 1 dn ^ ®. ch » lter ’ mit besonderen Expedienten für jeden 
imrt Frhnh ’ C1 ' ?- 1C ' te, ' I t ) en aueh dem Ungeübtesten die Auffindung 
konnfe 8o UD dass ,e e S in f. 0 “?- die zu Tageszeit .stattfinden 
niemals shttfand D !sT aSS ’ S T stdrender Andrang thatsächlich 
Ilu l- ,\ Das Ganze be wahrte sich als eine äußerst 
wohlthat.ge naehahmeuswertbe, von allen anerkannte Einrichtung 
Abu latet anguis m lierba! In den letzten Tagen fand sich 

Abweichung 3 vom 5 *Princip 

stmle T K ° der zur Expedition herangezogenen jungen Leute’ 

Einlad'ungskarten zi^fV Mkören,’ 

Ä»£SÄf «tt ÄKffi 

Rom der Fall gewesen 7.1 «f,*« !!{, •! ’ i e ® s beis P*elsweise in 
einzelnen Geschädigten durch diw/ 16111 ^ j Und die überdios für den 
fang der viXewunlr^ ungeheuerlichen Urn- 

compensirt wurden. garischen Gastlichkeit überreich 

heit rifz^^ ja bei solcher Gelegen- 

Ieh halte sie, soweit th ^ ’ eta 

zumeist für unbegründet und C mi d darüber bilden konnte, 
in der Natur dÄhe liegendT 

Congressleitung der Welt kann nieht -f . 1 dl ° beste 

jedem Einzelnen eine gute Wohnuno- e-nt/lR^idenüeller Weise 
oder doch mässige Preise Verschontfdpfu Beküstl S U1 ^ b dlige 

* A « <— ■ * (ÄÄ’Ä 


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No, 37 

staunliches leisten), wo möglich auch noch gutes Wetter zu allen 
Ausflügen und gute Eckplätze auf allen Bahnzügen garantire 
Eine gewisse Summe der mit allen Massenzusammenktinfteu iinal, 
änderlich verbundenen Uebelstände muss man also hinnehmen _ 
und wer das nicht will oder kann, wer dafür nicht die nötliDe 
Lebenskenntmss und wer vor allem auch solchen Kleüii°keit™ 
gegenüber nicht den nöthigen Humor besitzt, der sollte lieber sei 
chen Zusammenkünften ein für allemal fernbleiben, was ich sogar 
nicht anstehen möchte als das im allgemeinen Rathsamere über¬ 
haupt zu empfehlen. Um noch einige charakteristische Besonder¬ 
heiten hervorzuheben, so sei erwähnt, dass „allgemeine Sitzungen“ 
in der Form und Bedeutung, wie wir sie beispielsweise von den 
Naturforscherversammlungen her kennen, hier nicht existiren Die 
schon geschilderte Eröffnungssitzung, die einen lediglich' cerc- 
moniellcn Charakter an sich trug, und die Schlusssitzung für die 
wohl dasselbe gelten wird, kommen dabei nicht in Betracht Die 
im voraus als Themata für die allgemeinen Sitzungen angekün- 
digten Aorträge werden, sofern sie nicht überhaupt wegzufallen 
scheinen (wie z. B. die von Hart und Lorabroso), zu sehr ver- 
schiedenen Zeiten und an sehr verschiedenen Orten auch wohl 
vor einer ziemlich verschiedenen Zuhörerschaft gehalten; öfters 
mehrere um dieselbe Zeit, wie u. a. Dienstag um 3 Uhr der Vor¬ 
trag von Erismann (Moskau) im Saal des Magnatenhauses la 
lütte contre la mort“, der ein besonders zahlreiches Damen- 
publicum angelockt hatte — und der hochinteressante Vortrag 
des Directors des hiesigen städtischen statistischen Bureaus 
Korösi „über die Gesetze der ehelichen Frucht¬ 
barkeit im Lehrsal des geologischen Instituts. Es sind 

das also mehr Sondervorträge, Conferences, die mit dem Con«ress 
nur in einem losen und äusserlichen Zusammenhänge stehen° In 
diese Kategorie gehörte streng genommen, auch die neulich schon 
erwähnte Semmelweis-Feier, mit der zündenden Ansprache 
von Huppe, die in dem Hinweise des Redners auf die in Trauer¬ 
kleidung anwesende Wittwe von Semmelweis so dramatisch 
gipfelte. Die zahllosen Besichtigungen von Instituten, tech¬ 
nischen . Betrieben, öffentlichen sanitären Einrichtungen u. s. w. 
finden in der Regel Nachmittags und zwar vielfach um dieselbe 
Zeit statt, so dass dem Einzelnen stets nur eine relative Betheili¬ 
gung möglich war, was freilich bei der grossen Masse des Gebo¬ 
tenen auch kaum anders sein konnte. Als Beispiel mag dienen, 
dass gestern (Mittwoch) Nachmittag um 3 Uhr ausser einem Vor¬ 
trage von Lcvasseur (Paris) „histoire de la dömographie“ 
im Saale des neuen Rathhauses noch folgendes angesetzt war: 
Besichtigung der Wasserwerke in Käposztäs-Megyer; Ausflug nach 
dem altrömischen Ofen (Aquincum) und in das Römerbad; Besich- 
tigung der technischen Einrichtungen des Opernhauses, Besichti¬ 
gung des. Nationalmuseums, dreier Brauereien, der Veterinär-Aea- 
demie, einer Handwerksschule, einer Volksschule, des Blinden¬ 
instituts, des israelitischen Spitals, der Jutespinnerei, des „Schub¬ 
hauses“ der ungarischen Staatspolizei und der Ofener Präparandie! 

Selbst die späte Abend- und Nachtzeit muss zu Hülfe ge¬ 
nommen werden; so hielten am Montag Abend um 10 Uhr — 
allerdings ganz ihrem nächtlich düsteren Treiben entsprechend — 
die Leichenverbrenner eine „internationale Begriissung“, 
und am nämlichen Abend um 11 Uhr fand ein Besuch der Cen- 
tralmilchhalle statt, wohin Separatzüge der Strassenbahn die 
Iheilnehmer entführten. Dass alle die zahlreichen Ofener Bäder 
zum Besuche einladen, dass die Wittwe Saxlebner am Montag 
den gesammten Congress in drei gefüllten Extrazügen zum Besuche 
ihrer weltberühmten Hunyadi-Jänos-Quellen und zum Photographirt¬ 
werden aufgeboten hatte, dass morgen dem wissbegierigen Oeno- 
logen u. a. die Tärley’sche Champagner-Fabrik, die Dietzl’schen 
und Abel’schen Weinkellereien zu vergleichenden Studien offen 
stehen, mag nur beiläufig erwähnt werden. Man sieht, dass auch 
mr Hygieniker und Demographen hier noch grosse und vielseitige 
Aufgaben zu lösen sind, und dass jener so oft und zum Ueber- 
druss vernommene magyarische Lieblings-Refrain mit Leichtigkeit 
auch die kleine Abänderung zulässt: „extra Hungariam non est — 
congressus“. 

Budapest, 9. September 1894 (Mittags). 

Soeben hat, wiederum in dem grossen Festsaale der haupt¬ 
städtischen Redoute, die feierliche Schlusssitzung des Congresses 
stattgefunden, die vom Congresspräsidenten, Ministor des Innern 
Hieronymi, geleitet wurde. Der Generalsecretär des Congresses 
theilte im Namen der „Permanenz-Commission“ — deren 
Existenzberechtigung und Legitimation übrigens einmal ernstlicher 
Prüfung zu unterziehen sein dürfte! — die von dieser vorge¬ 
nommene Statutenveränderung und Cooptation mit. Als Sitz des 
nächsten Congresses wurde (auf Einladung des spanischen Dele- 
girten) Madrid proclamirt; ausserdem wurde die Annahme der 
von den Sectionen beantragten Resolutionen kundgegeben. Nach- 


Original frn-m 

university of michigan 



13. Septem ber. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


dem der Oberbürgermeister von Budapest, Rath, in ungarischer 
Sprache den zum Congress erschienenen Fremden gedankt hatte, 
dankten ihrerseits die Delegirten der einzelnen Regierungen in 
alphabetischer Reihenfolge und mit der einem jeglichen verliehenen 
grösseren oder geringeren Beredtsamkeit (u. a. Scheel für Deutsch¬ 
land, Juraszek für Oesterreich, Chantemesse für Frankreich, 
Pagl i an i für Italien und so die übrigen „secundum ordinem“). Dem Ver¬ 
treter der Stadt Berlin, unserem Statistiker Bo ekh war es Vorbehalten, 
dem Organisations-Comitß den Dank auszusprechen, was er—vielleicht 
nicht ganz ohne ironische Pointirung — mit der Schlusswendung 
that, dass, wenn die Stadt Berlin im nächsten Jahrhundert 
den Congress bei sich empfangen sollte, es ihr beschieden sein 
möge, dem von Budapest gegebenen Vorbilde in jeder Hinsicht 
nachzueifern! — Der Vorhang ist nun gefallen. Die Congress- 
mitglieder, die schon zur Schlusssitzung in verhältnissmässig ge- 
ringer Anzahl erschienen waren, zerstreuten sich heut noch in alle 
Winde — der grössere Theil in die Heimath, ein kleinerer zu den 
arrangirten Ausflügen nach Agram, Fiume (Circvenica, Abbazia) 
und nach Belgrad-Constantinopel. Von mancher Seite ruft man 
auch: auf Wiedersehen in Wien, wo der nächste Vorhang über 
dem nächsten Congressschauspiel in vierzehn Tagen aufgehen wird. 
Hoffentlich erfreut man sich dort einer gleich geschickten mise en 
sc£ne und eines gleichen Erfolges! A. E. 


Am 7. September hielt E. Leyden (Berlin) im National¬ 
museum einen Vortrag über die Versorgung tuberkulöser Eiran¬ 
ker seitens grosser Städte. Die praktische Medicin wie die Hy¬ 
giene haben einen merklichen Einfluss auf die socialen Bestre¬ 
bungen der Neuzeit in der Fürsorge für die Armen und Kranken 
ausgeübt. Namentlich im Kampfe gegen die Volkskrankheiten und 
Epidemieen haben wir durch die Ergebnisse der bacteriologischen 
Forschung bessere Schutzmaassregeln gewonnen. Die verbreitetste 
Volkskranklieit ist die Lungentuberkulose und sie erheischt vor¬ 
nehmlich die Fürsorge der Gesellschaft für ihre Opfer. Die Zahl 
der Brustkranken im Deutschen Reiche wird auf 1 800 000 be¬ 
rechnet, davon sterben jährlich 170—180 000, d. h. etwa 8% aller 
odesfälle kommen auf die Tuberkulose. In Preussen beträgt die 
Zahl der Erkrankungen und Todesfälle etwa die Hälfte von der des 
Deutschen Reiches, in Berlin allein starben in den letzten Jahren 
durchschnittlich 3 800 Personen an Schwindsucht. Von dieser 
grossen Zahl fällt mindestens die Hälfto auf die Unbemittelten 
und gerade auf das arbeitsfähige Alter. Zu einer planmässigen 
Prophylaxe der Tuberkulose hat erst die Entdeckung des Tuberkel- 
bacillus durch Robert Koch die Möglichkeit geboten. Die Krank¬ 
heit schien dadurch als eine ansteckende erwiesen, und jeder damit 
Behaftete wurde als eine Gefahr für seinen Nachbar betrachtet. 
Diese weitgehenden Anschauungen haben sich im Laufe der Zeit 
sehr gemässigt, und man sieht gegenwärtig nur noch in dem Aus¬ 
wurf der Kranken den Punkt, wo eine Prophylaxe der Tuberku¬ 
lose ansetzen kann, die freilich auch in diesem beschränkten 
Sinne nicht allgemein durchführbar ist. 

Die Bekämpfung der Schwindsucht durch therapeutische Bestre¬ 
bungen ist zuerst von Brehmerin Görbersdorf mit Erfolg in die Wege 
geleitet worden. Er hat uns gezeigt, dass die Schwindsucht bei ge¬ 
eigneter Behandlung vollkommen heilbar ist. Unter den nach dem 
Beispiel der Brehmer’schen Anstalt errichteten ähnlichen Instituten 
ist in erster Reihe dasjenige in Falkenstein im Taunus zu erwähnen, 
dessen verdienter Leiter Dr. Dettweiler auch das erste Volkssana¬ 
torium für Lungenkranke daselbst errichtet hat. Die Heilmethode, die 
sich für die Behandlung der Phthise als die weitaus günstigste er¬ 
wiesen hat, ist die hygienisch-diätetische. In Falkenstein werden 18% 
der Kranken vollständig, 11% relativ geheilt. Die Anerkennung dieser 
Heilmethode hat nur vorübergehend eine Unterbrechung durch die 
Entdeckung des Tuberkulins erfahren. Bisher aber ist der Segen 
dieser Behandlung leider zumeist nur den wohlhabenden Kreisen 
der Gesellschaft zugänglich. Erst in neuester Zeit hat man ange¬ 
fangen, für die Unbemittelten eine Fürsorge zu treffen, welche dem 
Können der Wissenschaft entspricht. England, das hinsichtlich 
des Hospitalwesens einen weiten Vorsprung vor allen anderen 
Culturstaaten hat, hat zuerst Specialkrankenhäuser für Schwind¬ 
süchtige errichtet. Das älteste derselben besteht seit 1814. Diese 
Hospitäler werden aber sämmtlich durch private Wohlthätigkeit 
erhalten. In Deutschland hat 1887 Dr. Goldschmidt (Reichen¬ 
hall) in einem Vortrage „Ueber die Verpflichtung des Staates und 
der Gesellschaft gegen Lungenschwindsüchtige“ zuerst den Vor¬ 
schlag gemacht, eine Colonie für unbemittelte Lungenkranke zu 
errichten. In den nächsten Jahren haben Finkelnburg (Bonn) 
und Leyden selbst diese NothWendigkeit nachdrücklich betont. 
Der Magistrat der Stadt Berlin hat sich den ihm gemachten Vor¬ 
schlägen gegenüber lange Zeit ablehnend verhalten und erst Ende 
1892 auf dem Rieselgut Malchow eine Pflegestätte für Lungen¬ 


731 


kranke errichtet, deren Umfang und Einrichtung indess den An¬ 
forderungen nicht genügen. Von mehr-Glück waren die Bemühungen 
von Finkelnburg und Dettweiler begleitet. Ihre Anregung ist 
auf fruchtbaren Boden gefallen. 1892 ist inFalkenstein die erste Volks- 
lieilstätte unter D et t weile Fs Leitung begründet worden, demnächst 
wird von Frankfurt aus eine zweite, in Ruppertsheim bei Königstein 
eröffnet werden. Auch andere deutsche Städte wie Worms, Bremen, 
Stettin u. a. sind dem Beispiel gefolgt; der in Sachsen eigens für 
diesen Zweck ins Leben gerufene Verein gedenkt in Reibolsheim 
eine Anstalt aufzuthun. In Wien hat auf Anregung des Professors 
Schrötter Baron von Rothschild ein Schloss für eine solche 
humane Anstalt hergegeben. Sonst ist aber ausserhalb Deutsch¬ 
lands bisher wenig für die Versorgung unbemittelter Lungen¬ 
kranker geschehen. 

Ein anderer Weg, auch den Armen die Wohl that geeigneter 
Anstaltsbehandlung zutheil werden zu lassen, wird jetzt durch 
die Invaliditäts- und Krankenkassen angestrebt; ein erster Ver¬ 
such dazu wird gegenwärtig von der hanseatischen Versicherungs¬ 
anstalt für Invaliditäts- und Altersversicherung gemacht, die da¬ 
durch ihrer eigenen Oeconomie Nutzen zu bringen hofft. Auf 
diesem Wege würden die deutschen Arbeiter auf Grund der mo¬ 
dernen socialen Gesetzgebung aus eigener Kraft, die Sorge für ihre 
Lungenkranken übernehmen. Für die grosse Masse der unbemit- 
telten Lungenkranken werden aber die Städte die Fürsorge über¬ 
nehmen müssen. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft er¬ 
fordert die Behandlung der Schwindsucht die Errichtung von 
Specialheilstätten. Sie gewährleisten nicht nur eine zweckmässige 
Behandlung, sondern auch eine Verhütung der Verbreitung und 
Uebertragung der Tuberkulose. Denn nur in Anstalten lässt sich 
der Auswurf der Schwindsüchtigen auf die Dauer mit Sicherheit 
unschädlich machen. Dass der Plan von Volksheilstätten durch¬ 
führbar ist, zeigen schon die bisherigen Erfahrungen. Leider 
stehen aber die Mehrzahl der Grossstädte seiner Ausführung noch 
fern. Die Kosten sind keine unerschwinglichen. Sie belaufen sich 
auf 2—2,50 Mark pro Kopf und Tag. Die Schwerkranken sollen 
von den Anstalten ausgeschlossen sein und nur solche aufgonommen 
werden, die bestimmte Aussicht auf Heilung oder erhebliche Besse¬ 
rung haben. Nach dem Beispiele englischer Krankenhäuser soll 
man auch die Möglichkeit ins Auge fassen, die Kranken arbeiten 
zu lassen, um zu den Kurkosten beizutragen oder sich selbst etwas 
zu verdienen. Denn zu leichteren Arbeiten sind Lungenschwind¬ 
süchtige im ersten Krankheitsstadium befähigt. Solche Heil¬ 
anstalten sollen in gesunder Umgebung errichtet werden, indessen 
ist Höhenlage und Waldluft nicht nothwendig. Am meisten ist 
Staub und scharfer Wind zu fürchten. Die Nähe der Stadt ge¬ 
währt den Vortheil einer besseren Beaufsichtigung der Anstalt, 
für die Kranken den Verkehr mit ihrer Familie. In den Anstalten 
können Aerzte speciell für die Phthiseotherapie ausgebildet werden. 
Indessen bieten auch die ferner gelegenen Seeküsten geeignete 
hygienische Bedingungen für die Anlage solcher Anstalten. Auch 
wäre es wünschenswerth, da nicht alle Phthisiker in diesen Son¬ 
deranstalten untergebracht werden können, in den allgemeinen 
Krankenhäusern besondere Abtheilungen für sie zu errichten. Auch 
ist eine specialistische poliklinische Behandlung der Phthisiker 
ins Auge zu fassen. Sie giebt ferner dem Gedanken, solche An¬ 
stalten auch innerhalb der Stadt anzulegen, eine Stütze. Leyden 
schloss mit dem Wunsch, dass die Autorität dieses internationalen 
Congresses einen neuen Impuls zur Förderung dieser Angelegen¬ 
heit, welche für die humanen und socialen Bestrebungen unserer 
Zeit ein ruhmvolles Zeugniss ablege, geben möge. 

Der Vorsitzende der Sitzung, Professor Koränyi (Budapest) 
schloss an den Vortrag Loyden’s folgende Bemerkungen: Die 
Lungentuberkulose ist nicht nur darum die schlimmste Krankheit, 
weil sie so zahlreiche Opfer, sondern auch deshalb, weil durch 
keine andere Krankheit die Lasten der Armuth so dargestellt 
werden, wie durch die Tuberkulose. Wolil giebt es Krankheiton, 
denen der Arme mehr ausgesetzt ist als der Reiche, z. B. die 
Cholera, aber es giebt keine Krankheit, deren Ausgang von der 
Vermögenslage des Kranken so bestimmt wird, wie die Tuberkulose. 
Sie bedingt einen schweren nationalöconomischen Schaden. In 
Budapest sterben durchschnittlich 3000 Personen an der Lungen¬ 
schwindsucht, in Ungarn 15000. Diese Sterblichkeitsziflfer lässt 
die Cholera im Vergleich zur Tuberkulose als eine zahme Krank¬ 
heit erscheinen. In Ungarn bestehen bisher noch gar keine Vor¬ 
kehrungen zur Fürsorge für unbemittelte Lungenkranke. Auf die 
Ankündigung des Leyden’schen Vortrages hat ein noch unge¬ 
nannt bleiben wollender Menschenfreund 10000 Gulden für diesen 
Zweck gespendet. Leyden wird deshalb als der erste Förderer 
dieser humanen Bestrebungen in Ungarn genannt werden müssen. 

Ref. Albu (Berlin). 


lal trorr 


UNIVERSITf OF MICHIGAN 


Go gle 




DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


732 



Am 8. September starb im Alter von 73 Jahren H. v. Helmholtz, 
der grösste Physiker unserer Tage, einer der genialsten Männer, welche 
das neunzehnte Jahrhundert geboren hat. 

„Pallida mors aequo pulsat pede pauperum tabernas regumquo 
turres“ — und so ist auch er dahingegangen, ein ruhmvoller Fürst der 
Wissenschaft, ein gewaltiger Herrscher im Reiche des Geistes. Iu der 
unversiegbaren Fülle seiner schöpferischen Kraft erfasste und erleuchtete 
sein Genius eine Reihe der schwierigsten Grundprobleme der Natur¬ 
wissenschaften, ungelöste Rätsel der Psychologie, verborgene Gesetze 
der Mathematik und Physik, ungeahnte Schütze der Medicin hat der 
unsterbliche Gelehrte in rastlosem, selbst durch das Greisenalter nicht 
gemindertem Schaffensdrange erforscht und erschlossen. 

Die bewunderungswürdigen Erfolge 1 ), die sich an seinen Namen 
knüpfen, sind nicht nur in den Kreisen der Berufsgenossen ein fester 
Besitzstand geworden, sie haben sich in ihrem wesentlichsten Thcil dem 
Gedächtnis der gesummten gebildeten Welt mit unauslöschlichen Zügen 
eingeprägt. Dem Schöpfer des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft, 
dem bahnbrechenden Gelehrten im Reiche der physiologischen Optik und 
Acustik, der Muskel- und Nervenphysiologie, dem hervorragenden Forscher 
auf dem Gebiete der Hydro- und Electrodynamik ist ein dauernder Ehren¬ 
platz in der Geschichte der Wissenschaft, dem Erfinder des Augenspiegels 
der unvergängliche Ruhm eines Wohltäters der Menschheit gesichert! 
„Es kann die Spur von seinen Erdetagen nicht in Aeonen untergeh’n!“ 
_ J. S. 

XI. Kleine Mitteilungen. 

Q-. Di° Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer letzten 

vo l 7 ; lin f, I ^ enden Antra f a T nommen : .Die Versammlung erbdiü*t ihre 
jo Je Zustimmung zu der Eingabe des Magistrats vom 10. April 1894 

Unterricht ^ , No - an den Herrn Minister der geistlichen 

- Sguä 

Go,,V„M? Ut, - C HI er#i “ g0 S en dc “ Missbrauch geistiger 
tretiänke halt seine Jahresversammlung am 18. und 19. September in 

C Vcrh Dl ® wichtigsten Verhandlungen betreffen folgende Gegenstände • 

• VOn So^abend nachlit^s bis Mont^ 
lLh« P ^? richter8t attung: Justizralh Hennecke aus Soest) Goset^ 

sprechen 0ber dlcJ(,n, S cn ln St-adt und Bezirk Calsel 

PivadenLebiUth,™' J’“>< Renk nach 

ÄiatiisF-“ 

kttrzlich aus München nach Wien Senc P.1 “ Uf D«r 

mann, wird über das Thenm der L,Smu d , er Ph >’ sik - Boltz- 

düng mit der Versammle “vird an , 2 RÄ s > ,rechc "' ~ In Verbin- 
Congress vonNahrungsmittel f’Um l 61 ’ orn internationaler 
stattfinden. ™ngsmitteI-Chemikern und -Mikroskopikern 

harn aufgestellt Wordem USCUm der Universität ist die Statue von Sy de n- 
V ° m 31 -^i Ms 4? ^August *1895 ^in L o n d^n abgehalte^ ^ 

und eine eingehender^mrdi^ung ^ei 1 Ichke jdes grossen Mannes 
wird aus berufener Feder in der niSr/ 1 “ 0 v thclleü Leistungen 
erscheinen. der n,lchsten Hummer dieser Wochensclmift 


P er , n ^; c ^^ e internationale Congress für Gvn'i 
und Gehurtshülfe soll in Genf im September 1896 stattfind 
bisher aulgestellten 1 hemata sind: 1. Die Behandlung der E 
2. Die chirurgische Behandlung der Retroflexio und Retaoversio 
relative Häufigkeit der verschiedenen Formen von engem Becken 
einzelnen Nationen 4. Die beste Methode der Bauchwandiiaht 
hutung von Bauchhennon. ö. Die Behandlung der Beckeneiterur 
~ Das Programm der im Jahre 1900 in Paris statifi 
Weltausstellung umfasst nach der „Semaine medicale“ meMo 
rnern, welche zur Medicin in Beziehung stehen. So betrifft 01 
die Hygiene, und zwar in folgenden Unterabtheilungen- Hv< 
Wissenschaft im allgemeinen, Persönliche und Wobnuiifrshvmßnc * 
der öffentlichen Gebäude und grossen Etablissements, Hyi?ne d< 
gemeinden Hygiene der Städte, Vertheidigung der Landgrenze 
Seuchen, Nahrungsmittelhygiene. Mineralwässer und Sanatorien l 
statisük und -Gesetzgebung. Classe 130 umfasst das Militärsa 
wesen, Classe 16 die Medicin und Chirurgie, Classe 111 die 

Bhnd^etr 01 fahrtSeinriChtUngen fUr Kinder ’ Erwachsen. 

• ?} G Köai ^ lich Sächsische Militärverwaltung hat 

m Militärlazarethen von schwerer Krankheit oder Verletzung Q 
m der Nahe von Dresden eine Genesungsanstalt erbaut 
Reiche 118 dl ° GrSte demrt,ge Einrichtung für Soldaten im De 

• , Die Genfer Convention, welche bis iet 7 t qß iu; 5 „Li. 
zeichnet haben bekommt einen neuen Zuwachs durch den Beit 
sudamcnkanischcn Republik Venezuela. Dies dürfte insofe 
grosser Bedeutung sein, als dieser Umstand auch den Anschluss 

haben könnte - umsowiir 
Kriege ist l ’ a S ge ‘ ad<! d ° r Sade “ Amerik!ls der Schauplatz 1 

bat ^Hh. r hU., r ,!'° W ' - Cin i ekM ,'" tcl ' en glischer Torpedoboot-Baur 
Int iür die Errichtung eines Kinderreconvalescentenheims in 
»tairs die Summe von 120 000 Pfund Sterling gestiftet. 

ü«r,viTt In p de i r -* l6 n t ? ten J Sit ? ung der Acad emie der Medicin zi 
nbor drei plützliche Todesfälle beim Veloi 
per erste Fall betrifft einen 65jOhrigen Mann der si 
4 Wochen im Velocipedfahren übte: er starb in de^ArmeiTseinos L 
tiffft 6 »; .q““, 6 “ Veblk6 * heruntersteigen wollte. Der zweite F 
®‘ ne 2, ^hngen Arzt, welcher seine im Anschluss an Typhu 

wo»te Oh 6 i elbl h ke ci d '' r p l ’ ebun S eQ auf dem VelocipedYeki 

nach^mew 'S 1 ? 1 ' übar .Herzbeschwerden geklagt zu haben, wu 
TTchnno« ln? r'u hem Y e I° CI P ed fahren eines Tages inmitten 
ÖtZ ! w h vol \. At hemnoth und einem heftigen Schmerz 
cr S r ' ffen ,. dle „ ihn zwangon, von seinem Fahrrad her 
r e ir S< if Zfc ? S1 j h , au f eme Bank und starb nach wenigen Mom. 

• ff ß -balle handelte es sich um einen 40jährigen Sportsmann 
mitten auf der Strasse beim Velocipedfahren verschied. Petit betr. 
Pnntr ^ U J? d d ieser Phatsachen Herzkrankheiten und höheres Alt< 
Contraindicationen für das Velocipedfahren. 

. DerProgres m ®dical bringt aus derFeder seines bekannten Corr< 
AÄ. M ? rC ?i^ au . dou . in einen mit viel Geist und Witz geschrie 
lni.nf .”. e Medecin Amdricain“, bei dem es sich der Miih< 

• f ’ ? im S e Augenblicke zu verweilen. — Das amerikanische Aerzt 

51a e starke Neigung zur Specialisirung. Es giebt eine Unzahl 
Rhino-, Neuro-, Gynäko-, Proctologen (!), feraer in 
Enntt -f Sta ? fc beso T nder ? Dispensiranstalten für Augen-, Ohren-, Fi 
• . 61 en ^ tc - In vielen grossen Städten empfängt der Arzt 

Offi/.n« em j daUSe L. s ? ndei ? 111 einem in der Goschäftsstadt hole 
iS« oini ’ da8 1 e v m °hroren Collegen zusammen gemiethe 

i^a sicn gewöhnlich Specialisten verschiedener Fächer in dieser Wei; 
SnnQk-h S0 . braucht d er mit mehrfachen Leiden behaftete E 
ctond Cim ^ : ' weiterzugehen. Uebrigens nehmen die Aerzte keine 
stann zu mehreren gleichzeitig in einem Hause zu practiciren. Baud 
cr.ni; Q eia Geschäftshaus, dessen zweiter und dritter Stocl 

1C ^ ^T z Iüchen „Offices“ eingenommen war. — Am b< 
den Europäer wirkt die ungenirte Art derReclame, di. 
Har«« den Städten des Westens erreicht. Selbst angesehene A 
v amen m Europa nicht unbekannt sind, scheuen sich nicht, 
insfiri Gn mi ^ lbr j m Hamen zu schmücken und in den Tageszeitung 
Wai, eü j’ - vo ? d en dei minorum gentium ganz zu geschweige 
j* n r f nd , m den grossen Städten immerhin noch die besseren Eiei 
erhand haben, herrscht auf dem Lande ein arges Proletariat 
Hpmn g T S if e n T j G 1 aus Hichtgraduirten besteht. — Interessant is! 
Rovrniu abe Ie ’. dio Baudouin über den Procentsatz der Aerztescha: 

• ? ei . ni ^ en kleinen Städten mittheüt. In Korvüle 0 
Kommt beispielsweise auf 30 Einwohner ein Arzt, in Santa F6 (Olii. 

ei ’ Hix (Georgia) auf 25 zwei Aerzte (I). Hierzu reohne mn 
wi vi r« 1 - ^ e ? en ’ die der Landarzt für Pferde und Wagen hat, und 
ffiJpi 16 Existenz eines solchen nicht für beneidenswert halten, 
dp»; en . ient ® sicb aa ph unter den „Diplomirten“ befinden, schildert 
vor/nüf 111 t. aer k^ s Hichen kleinen Anokdote, die wiedergegeben zu w 
IpHnniv a bea hsichtigte seine Köchin zu heiraten, befün 

J T 7 op.,H- 4 damifc - -f. 118 ^ 088 za erregen. Da hörte er, dass in Chicagc 
liofnro 11 t? exiS j 1 i re ’ di® in sechs Monaten einen Doctor fix und 
nie n’ft i r - sail L die Köchin dorthin, führte sie nach sechs Mo 

m4dfcM 1894, ^9^ PraCticirt jetzt mit ibr 8 emeinS!lnl - (Pl 


Gedruckt bei Julias Sittenfeld in Berliu W. 


Digitized by 


Go^ gle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 






Donnerstag 


20. September 1894 


Mit Berücksichtigung lös deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitfcheilüngeu, 
der 'öffentlichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet, ton Br. Paul Börner. 

Zvvatmgster Jahrgang. 

fte»la*li<>nPri>f. l)r. A. KuJtetifotm' uod ffrh JähBerlin 

ddchwhsikjuatiea 3. rdvfäamaiTttr. fier 


Vortag: Oeo% TiBeme*. Leippig-Börlin 

Pemdr^ssf-: l.cic-'.tg yeeborgstt, 5t- 


i ov »ii-dh*. gpKüliftu^ M-ilier ihii 

W alt )'?*• h vi nJ i f h ku-H. ;»ul diGsetUun- 

: > - *iaSB ' 

HeimV t&pdW*)A'Khlffilp 

• ITfitoPGuelmiig bvtraif ttio Fäuiülri^ 

* % u n (1 -GR h Mi n g |J 9 h. M ti 11 w r ’s Afsh. 

i. AiUU. II. VbysM. !H4U) tnni erlogt r 
. das lolnpsso (jjvi- !u*.rühinivn Physiker* 

• . G u - i n v Al u g i! ti * iu so bobmnMfi.'W.-.v, 

dass »r denc 

p i nnUvrimn zur Verfügung sU-Ute «‘hi 

ihn dji-, ytrssjohB na oh 

: ;j).»vrvp Riehl nsige-n hie MüH'/.mlphnvo 

'• v V£ : .: und andeiv AiKhoOen nuxuwrmU 

'' Hilfetniitrl erfel^v 

' ' . Ion. ui- !>>« .]»:*;'{»•, vim soiü<yu Kohl 

V/ ; \ k-boader Militärarzt ?iüh vm>Y.bnfT..m 

t • > . v V.'- komd.r. 

.Teile Ver^K-hr vvari-o -i.iL*;- 

. % \;diki' v ajs Am Tüpsse Titel ahiitbl lÄjtfciv 

Vv ,£i 'i ' Hnj da sin u» dir h<Vhst<in Prohlnino der 

Ur-BrÄPugwitg- rhimHohrr Omi r*töw«r 

. .. ;i( hrf U‘i;<*'V*>!vOi *• nl<r:tt|»i‘ivn. 

P ’ •■; \<y Zu.riii- v-M! Udt >m </.r<vHrs(s«.djeo 

;-} ■■■■<\ >■••;;* • ■•--:;:•••••,: 1.- ! - i *) 1 ! > \\ -? HiPy , U!Ü Fi;UP 

ni&$ inior iiiilmnlr; (kr-ulben fti I m 
™***^®*® wirken, Hohnholtk liewmfr gogüit 

(lio Autorität dos dumuIS sifiihi so 
; - i -aitig. daas gp-giü'hte Buft vollkomniw>, 

«i g - i immids oder Gahrsing hoiTorguntion. Mm 
t r-i.'/' ügung von C'rgafiisT.mti. kan» .iiticil Bt ol)aolit»tig 
njoht wson, worden • Mitojrganisiiimi üntBiohoiv in 

faulig»» Flithkigkci^n Mi dunn. wouh Jio MOgUnhkoit- 

'• 2 uü : ir.t< orgft«weiter Koitno aü« tip? I/nfi gegolten ist 

pHPüor prüfte er den Stdfivörhj Kuclt dos thRtigoti 
M n k p I s r dio Wärffi oön t.w ioüo) u n g hei der M «i sk p 1 - 
aohion (MüUor's Arch, 1H45 u. 1817), solmeb 11845) iüt 
tiae ..Snoyk .4 WörtprXnjoh dm* ried. WiSGeusch,. iiernns- 

‘i Lho Wmbtiokdk d«i» danmligeu BohrndnsVird m«:ht ver* 
tiegert duiTh dou NAeÖiröis der WützßtagK mit vorgedchritioüftn 
tecft*ik,' ; dass die KoWsn&isöri» in die üaugtazöiioii tußht m- 
treten,, .»mileru dfoselhen mit baunitenigw X&rtetoh\wf*iti uw- 

apifi&hfi. 


.t.'ifiv.)‘i i 
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’■ irit-b BAI 1^1- > ,,'. 

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Fvortolirrilonui*" >’ •: .'"••••••'*<> \ *i - io 

dir SaftiuiiuHL' de:, ^, v j*b 
ij. Heimholt, ü Ip? , ' ♦»<«* ; ; ; ^ v * Vf 

auJfgrnOtn.int*ft iJV'Vdhn . iv»i T A.h e/h.hä.fh als rtt^voni^S ,d*’g 
Xaidiwrm des rmr'0<- : • ••:•-•."•.• in dip i »jiyliht 

"hä U i-ißp Fnhel, dass auf dop) ÜviuimsiuM ?u Potsdam 
dör tlu^n-ield in rief Matltomütik und V’tj^ik ^hieuhi gewenen 
*m. ii*» Go.genllmil ist. mditig. foh «HimMv. <im nmisio Ät-U- 
•iooion ■nWfi so vißl von dor Spiogohin^ ond Bn-.chuup dos Uehtee 
yomhndoR. als wir m tV»r Soonyd? «md maxu jenos Gynihüsuim 
ivritoii könntt*u. 


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734 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


gegeben von Mitgliedern der Berliner medicinischen Facultät“, den 
Artikel Wärme, physiologisch, in dem er für den Menschen den 
Vergleich zwischen den Wärme-Einnahmen und Ausgaben mit Er¬ 
folg durchführte. 

In das Jahr 1845 fällt eine für die Entwicklung sowohl des 
jungen Forschers als auch der gesammten exacten Wissenschaften 
ausserordentlich bedeutsame Thatsache, nämlich die Gründung der 
physikalischen Gesellschaft zu Berlin. E. du Bois-Rey- 
mond, E. Brücke, H. Helmholtz, G. Kirchhoff und andere 
begründeten unter dem Vorsitze des Erstgenannten 1 ) diese Gesell¬ 
schaft, welche sehr bald die höchst verdienstvolle Herausgabe der in 
ihrer Art einzigen Jahresberichte über die Fortschritte der ge¬ 
sammten Physik aufnahm. Regelmässige Sitzungen wurden abge¬ 
halten, in denen die Mitglieder eigene Forschungen vortrugen und 
durch Meinungsaustausch sich gegenseitig anregten. 

Der junge Militärarzt Helmholtz, der in Potsdam bei den 
rothen Husaren stand, nahm unter grossen persönlichen Opfern an 
der Herausgabe der Jahresberichte und an den Sitzungen der Ge¬ 
sellschaft den regsten Antheil. 

Seine Kameraden, die ihn so häufig nach Berlin reisen sahen, 
mochten kaum ahnen, dass er auf diesen Fahrten nicht Vergnügen 
oder Zerstreuung suchte, sondern die Wissenschaft reformiren 
werde. 

Hier im Kreis befreundeter Gelehrten trug Helmholtz am 
23. Juli 1847 die Abhandlung über die Erhaltung der Kraft 
vor. Die Einleitung dieser (überaus selten gewordenen, doch in 
den gesammelten Abhandlungen wieder abgedruckten) Schrift ent¬ 
hält ein ebenso vollständiges wie kühnes Programm der theo¬ 
retischen Physik oder Naturphilosophie. 

„Das endliche Ziel der theoretischen Naturwissenschaften ist, 
die letzten unveränderlichen Ursachen der Vorgänge in der Natur 
aufzufinden. 


Ob nun wirklich alle Vorgänge auf solche zurückzuführen 
seien, ob die Natur vollständig begreiflich sein müsse, oder ob es 
Veränderungen in ihr gebe, die sich dem Gesetz einer nothwen- 
digen Causalität entziehen, die also in das Gebiet einer Spontaneität 
(Freiheit) fallen, ist hier nicht der Ort zu entscheiden; jedenfalls 
ist es klar, dass die Wissenschaft, deren Zweck es ist, die Natur 
zu begreifen, von der Voraussetzung ihrer Begreiflichkeit aus¬ 
gehen müsse, und dieser Voraussetzung gemäss schliessen und 
untersuchen, bis sie vielleicht durch unwiderlegliche Facta zur An¬ 
erkennung ihrer Schranken genöthigt sein sollte. 

Die Wissenschaft betrachtet die Gegenstände der Aussenwelt 
nach zweierlei Abstractionen: einmal ihrem blossen Dasein nach, 
abgesehen von ihren Wirkungen auf andere Gegenstände oder un¬ 
sere Sinnesorgane; als solche bezeichnet sie dieselben als Materie. 
Das Dasein der Materie ist uns aber ein ruhiges, wirkungsloses; 
wir unterscheiden an ihr die räumliche Vertheilung und die Quan¬ 
tität (Masse), welche (letztere) als ewig unveränderlich gesetzt 
wird . . . Die Gegenstände der Natur sind aber nicht wirkungslos, 
ja, wir kommen überhaupt zu ihrer Kenntniss nur durch die Wir¬ 
kungen, welche von ihnen aus auf unsere Sinnesorgane erfolgen, 
mdem wir aus diesen Wirkungen auf ein Wirkendes schliessen. 
Wenn wir also den Begriff der Materie in der Wirklichkeit an¬ 
wenden wollen, so dürfen wir dies nur, indem wir durch eine 
zweite Abstraction derselben wiederum hinzuftigen wovon wir 
vorher abstrahiren wollten, nämlich das Vermögen, Wirkungen 
auszuüben, d. h. indem wir derselben Kräfte zuertheilen. Es ist 
einleuchtend, dass die Begriffe von Materie und Kraft in der An¬ 
wendung auf die Natur nie getrennt wprden dürfen. 

Ebenso fehlerhaft ist es, die Materie für einen blossen Begriff 
zu erklären, dem nichts Wirkliches entspräche; beides sind viel- 
mehr Abstractionen von dem Wirklichen, in ganz gleicher Art ge¬ 
bildet; wir können ja die Materie eben nur durch ihre Kräfte nie 
an sich selbst wahrnehmen. 


Denken wir uns das Weltall zerlegt in Elcmepte mit unver- 
iuidei liehen Qualitäten so sind die einzigen noch möglichen Aende- 
rangen in einem solchen System räumliche, d. h. Bewegungen, unc 
die äusseren Verhältnisse, durch welche die Wirkung der Kräfti 
modificirt wird, können nur noch räumliche sein, also die Kräfte 

^ ™ 

f -.A! S0 n ^ er bestimmt: Die Naturerscheinungen sollen zurück¬ 
geführt werden auf Bewegungen von Materie mit unveränderten 
SS2S ^^ wdche nur von den räumüchen Verhältnissen 


l ) Nach 35jährigem Vorsitz wurde derselbe 
H. Helmholtz zum ersten, G. Kirchhoff zuj 
der Gesellschaft gewählt. 


zum Ehrenpräsidenten, 
zweiten Vorsitzenden 


Die Kräfte, welche zwei Massen auf einander ausüben, missen 
nothwendig ihrer Grösse und Richtung nach bestimmt sein, sobald 
die Lage der Massen vollständig gegeben ist. Durch zwei’Punkte 
ist aber nur eine Richtung vollständig gegeben, nämlich die ihrer 
Verbindungslinie, folglich müssen die Kräfte, welche sie gegen¬ 
einander ausüben, nach dieser Linie gerichtet sein, und ihr? In¬ 
tensität kann nur von der Entfernung abhängen. 

Es bestimmt sich also auch die Aufgabe der physikalischen 
Naturerkenntniss dahin, die Naturerscheinungen zurückzuführen auf 
unveränderliche anziehende und abstossende Kräfte, deren Intensität 
von der Entfernung abhängt. Die Lösbarkeit dieser Aufgabe ist 
zugleich die Bedingung der vollständigen Begreiflichkeit der 

Natur.-Das Geschäft der theoretischen Naturwissenschaft 

wird vollendet sein, wenn einmal die Zurückführung der Erschei¬ 
nungen auf einfache Kräfte vollendet sein und zugleich naehge- 
wiesen werden kann, dass die gegebene die einzig mögliche Zurück¬ 
führung sei, welche die Erscheinungen zulassen. Dann wäre dieselbe 
als nothwendige Begriffsform der Naturauffassung erwiesen, es 
würde derselben also auch objective Wahrheit zuzuschreiben 
sein.“ 

In dieser klassischen Abhandlung, die in dem strengen Stil 
der mathematischen Physik verfasst ist, wird auf Grund einer 
reichen Induction das Naturgesetz abgeleitet, dass die Summe 
der wirkungsfähigen Kraftmengen im Naturganzen bei 
allen Veränderungen in der Natur ewig und unver¬ 
ändert dieselbe bleibt. 

Uebrigens gehört H. Helmholtz nicht zu denjenigen Ge¬ 
lehrten, welche von der alten und überwundenen Gewohnheit, ge¬ 
lehrte Dinge in lateinischer Sprache abzuhandeln, noch die Unsitte 
bewahrt haben, ein allgemein verständliches Deutsch zum Ausdruck 
ihrer Gedanken nach Kräften zu vermeiden. Trotz der hohen Auf¬ 
gaben, die er sich gestellt, hat er es immer verstanden, die Er¬ 
gebnisse seiner Forschungen in fasslicher Form und dabei in voll¬ 
endeter Abrundung dem grösseren Leserkreise der Gebildeten zu¬ 
gänglich zu machen: Beweis, — die populär-wissenschaftlichen 
Vorträge Helmholtz’s (Braunschweig, Vieweg u. Sohn 1865—1876), 
deren zweiter Theil, ausser der Theorie des Sehens, die wundervolle 
Abhandlung über die Wechselwirkung der Naturkräfte, über das 
Ziel und die Fortschritte der Naturwissenschaft und über die Er¬ 
haltung der Kraft uns darbietet. 

Uebrigens hat Helmholtz nie unterlassen, sowohl in seinen 
populär-wissenschaftlichen Vorträgen (II, 112, 141, 144) als auch 
in seinen gesammelten Abhandlungen (I, 71—73) die ihm ursprüng¬ 
lich unbekannten 1 ) Verdienste, welche der unglückliche R. Mayer 
(1842) um das Gesetz von der Erhaltung der Kraft sich erworben, 
rückhaltlos anzuerkennen. Mayer wurde, in Folge der Zurück¬ 
weisung seitens der Physiker, schliesslich geisteskrank. Helmholtz 
berichtet in den wichtigen Zusätzen zu seiner Abhandlung 
(Gesamm. Abh. n, 74), dass auch seiner Arbeit die Aufnahme 
in Poggendorff’s Annalen verweigert wurde und dass unter den 
Mitgliedern der Berliner Akademie nur der Mathematiker Jacobi 
sich seiner annahm. 


1848 wurde Helmholtz auf Veranlassung von Humboldt 
seiner militärärztlichen Verpflichtung enthoben und als Lehrer der 
Anatomie an der Kunst-Akademie und Assistent am anatomischen 
Museum nach Berlin berufen und von hier 1849 als ausserordent¬ 
licher Professor der Physiologie und allgemeinen Pathologie nach 
Königsberg versetzt. 

Als Al brecht v. Graefe, der trotz kleinlicher Nörgler doch 
stets der Reformator der Augenheilkunde bleiben wird, 1851 zu 
Wien nach ernstem Tagesstudium in den Kreis seiner Freunde 
trat, erzählte ihm ein zufällig anwesender junger Buchhändler aus 
Berlin, Namens Jeanrenaud, dass er seinen Verlag mit einem 
Schriftchen des Königsberger Professors der Physiologie H. Helm¬ 
holtz über den Augenspiegel beginnen werde. 

Ahnte v. Graefe, dass damit eine neue Zeit der Augen¬ 
heilkunde anhob, dass man späterhin die Augenheilkunde geschicht¬ 
lich in zwei Perioden, eine vor- und eine nach-ophthalmoskopische 

eintheilen werde? — Nach wenigen Monaten wusste er es und riet 
begeistert aus: 

„Helmholtz hat uns eine neue Welt erschlossen.“ 

Wie kam es, dass Helmholtz dieses Problem löste, das man 


. *) Er schrieb seine Abhandlung 1847 in Potsdam, wo seine litera¬ 

rischen Hilfsmittel auf die dortige Gymnasialbibliothek sich beschränkten. 
Die Fortschritte der Physik bestanden noch nicht. Mayer’s Arbeiten 
sind wegen ihrer Form in naturwissenschaftlichen Kreisen lange unbekannt 
geblieben. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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Problem 1 *^ 

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20. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


bis dahin für völlig unlösbar gehalten? Einfach, weil er es von 
der richtigen Seite anfasste. 

Mit anderen bedeutenden Erfindungen und Entdeckungen hat 
die des Augenspiegels das gemein, dass Grosses mit einfachen 
Mitteln geleistet wird. 

Helmholtz selber erzählt, in seiner wunderbaren Bescheiden¬ 
heit, die Geschichte der Entdeckung folgendermaassen: „Ich hatte 
die Theorie des Augenleuchtens, die von Brücke herrührte, meinen 
Schülern auseinanderzusetzen. Brücke war hierbei eigentlich um 
eines Haares Breite von der Erfindung des Augenspiegels entfernt 
gewesen. Er hatte nur versäumt, sich die Frage zu stellen, 
welchem optischen Bilde die aus dem leuchtenden Auge zurück¬ 
kommenden Strahlen angehörten. Für seine damaligen Zwecke 
war es nicht nöthig, diese Frage zu stellen. Hätte er sie sich ge¬ 
stellt, so war er der Mann dazu, sie sich ebenso schnell zu beant¬ 
worten wie ich, und der Plan zum Augenspiegel wäre gegeben 
gewesen. Ich wendete das Problem etwas hin und her, um zu 
sehen, wie ich es am einfachsten meinen Zuhörern würde vor¬ 
tragen können, und stiess dabei auf die bezeichnete Frage. Die 
Noth der Augenärzte um die Zustände, die man damals unter dem 
Namen des schwarzen Stares zusammenfasste, kannte ich sehr 
wohl aus meinen medieinischen Studien, und machte mich sogleich 
daran, das Instrument aus Brillengläsern und Deckgläschen für 
mikroskopische Objecte zusammenzukitten. Zunächst war es noch 
mühsam zu gebrauchen. Ohne die gesicherte theoretische Ueber- 
zeugung, dass es gehen müsse, hätte ich vielleicht nicht ausgeharrt. 
Aber nach etwa acht Tagen hatte ich die grosse Freude, der Erste 
zu sein, der eine lebende menschliche Netzhaut klar vor sich 
liegen sah.“ 

Durch die Erfindung des Augenspiegels ist die innere Medicin 
in ungeahnter Weise bereichert, für die Augenheilkunde aber eine 
neue Epoche angebahnt, die Blindenziffer unleugbar herabgedrückt 
worden. 

Jeder der vielen, vielen Tausende von Kranken, denen der 
Augenspiegel zum Segen gereichte, müsste im Innern seines 
Herzens Hermann Helmholtz ewig dankbar bleiben; und viele 
von diesen würden ihm dankbar sein, wenn sie von der Tragweite 
seiner Erfindung eine Ahnung hätten. 

In Paris hörte ich 1876 den Saal, in welchem Augenspiegelunter¬ 
richt an der Universität ertheilt wurde, Salle Helmholtz nennen; 
in einer französischen Schrift las ich, die Erfindung des Augen¬ 
spiegels sei so schön, dass sie verdiente, eine französische zu 
heissen. 

Nicht unerwähnt bleibe ein anderer Fund Helmholtz’s 
aus seiner Königsberger Zeit, die Messung der Fortpflanzungs¬ 
geschwindigkeit der Nervenerregung, an der Haller und 
Johannes Müller ganz vergeblich sich abgemüht und die ein 
ungeheures Aufsehen erregte. Mit Hülfe der elektrischen Zeit¬ 
messung bestimmte Helmholtz (1850—1852) durch völlig ein¬ 
wandfreie Versuche, dass im Froschnerv die Erregung mit einer 
Geschwindigkeit von nur 26 m in der Secunde sich fortpflanzt, so 
dass die früheren Träume von der blitzschnellen Fortbewegung 
eines Imponderabile vollständig beseitigt waren. „Die Nerven¬ 
erregung fliesst nur dreimal so schnell wie der Orinoko“, rief 
A. v. Humboldt aus, alsE. du Bois-Reymond ihm die Entdeckung 
mittheilte. 15 Jahre später (1867—1870) bestimmte Helmholtz 
durch sehr feine und schlagende Versuche die Fortpflanzungs¬ 
geschwindigkeit der Nervenreizung beim lebenden Menschen 
gleich 34 m in der Secunde. 


Durch die Erfindung des Augenspiegels war Helmholtz mit 
einem Schlage ein hochberühmter Mann geworden. 1852 wurde er 
ordentlicher Professor in Königsberg, 1855 als ordentlicher Professor 
der Anatomie und Physiologie nach Bonn versetzt, von hier 1858 
als Professor der Physiologie nach Heidelberg, wo er bis zum 
Jahre 1871 verblieben ist. 

Zwei bahnbrechende Werke zur Physiologie der Sinnes¬ 
organe verdankt die Wissenschaft dieser Zeitepoche des Forschers, 
erstlich das Handbuch der physiologischen Optik (Leipzig 1856 
bis 1867) und zweitens die Lehre von den Tonempfindungen 
(Braunschweig 1862, 4. Aufl. 1877). 

Die physiologische Optik ist die Bibel des wissenschaft¬ 
lichen Augenarztes. Das Werk machte einen geradezu über¬ 
wältigenden Eindruck auf die hervorragendsten Geister unseres 
Faches, z. B. auf meinen Lehrer A. y. Graefe, der in seiner Klinik 
stets ein Exemplar zur Hand hatte und bei jeder Frage aus der 
physiologischen Optik sorgsam zu Rathe zog; es war das erste Buch, 
das wir jüngeren, die damals in die Augenheilkunde eintraten, uns 
anschafften und um so eifriger studirten, als ein brauchbares Lehr¬ 


735 

buch der praktischen Augenheilkunde, welches den neuen refor- 
mirten Standpunkt vertrat, zu dieser Zeit noch nicht vorhanden 
war. In der Vorrede zu-dem Werke, das als IX. Band der all¬ 
gemeinen Encyelopädie der Physik, herausgegeben von Gustav 
Karsten, in Leipzig bei Leopold Voss erschienen ist, sagt Helm¬ 
holtz selber, dass der Versuch gemacht werden musste, Ordnung 
und Zusammenhang in dieses Gebiet hineinzubringen; dass er das 
Princip der empiristischen Theorie zum Leitfaden genommen; 
dass es sein Hauptbestreben bei der Ausarbeitung gewesen, durch 
eigenen Augenschein und eigene Erfahrung von der Richtigkeit 
aller, nur einigermaassen wichtigen Thatsachen sich zu über¬ 
zeugen. In der That ist eine geradezu überwältigende Fülle 
von eigenen Beobachtungen in diesem Band von 874 Seiten auf¬ 
gespeichert. 

Zu dem Genie des Entdeckers, der uns mit zahlreichen neuen 
Instrumenten und Methoden beschenkte — ich nenne ausser dem 
Augenspiegel nur das Ophthalmometer, wodurch es gelang, die 
optischen Constanten des lebenden Auges mit physikalischer 
Genauigkeit abzumessen, — kommt der unermüdliche Fleiss der 
eigenen Untersuchung, jener Fleiss, der als ein zweites Genie zu 
bezeichnen ist. Form und Sprache des Werkes sind vollendet, die 
Uebersichtlichkeit und Vollständigkeit bewundrungswürdig: die 
wichtigen Thatsachen, die jeder kennen muss und jeder begreifen 
kann, sind schon durch Druck und Anordnung getrennt von den 
schwierigeren Untersuchungsmethoden und mathematischen 
Erörterungen, sowie von den geschichtlichen Nachweisen am 
Schlüsse jedes Kapitels. 

Die physiologische Optik ist auf Veranlassung von Javal iirs 
Französische übersetzt; die deutsche Ausgabe war vor kurzem 
völlig vergriffen. So entschloss sich Helmholtz 1885, also in 
seinem 64. Lebensjahre, eine neue Ausgabe zu veranstalten. 
Diese konnte nach seiner Ansicht nicht wohl ein unveränderter 
oder nur von Druckfehlern und Versehen gereinigter Abdruck der 
ersten Ausgabe sein, da die grosse Menge von Arbeiten, die seit, 
dem Erscheinen des Werkes in der Augenheilkunde durchgeführt 
waren, doch viele theils gewichtige Bestätigungen und Sicherungen 
der damals aufgestellten Sätze, theils Verbesserungen und genauere 
Bestimmungen gebracht hatten. Andererseits fand er es unmöglich, 
in absehbarer Zeit alle wichtigen Punkte durch eigene Beobach¬ 
tungen und Versuche neu zu prüfen. So hat er einen mittleren 
Weg eingeschlagen, nämlich aus der neueren Literatur möglichst 
das berücksichtigt, was ihm einen wesentlichen Fortschritt oder 
eine wünschenswerte Sicherung, beziehungsweise Widerlegung 
seiner früheren Ergebnisse und Meinungen zu enthalten schien; 
er hat aber nicht im Text eine vollständige Kritik der neueren 
Meinungen gegeben, sondern den alten Haupttext im wesentlichen 
unverändert gelassen, nur durch Hinzufügungen (in leicht erkenn¬ 
barer Weise) vervollständigt. Bis zum achten Heft war das Werk 
gediehen, als der unerbittliche Tod den Lebensfaden absclmitt. 
Hoffen wir, dass sein treuer Mitarbeiter, Prof. Arthur König 
bald den Schluss des Buches uns bringen wird. 


Im Jahre 1871 wurde Helmholtz nach Berlin zurückberufen 
und zwar als Professor der Physik und Nachfolger seines 
Lehrers Magnus, der noch uns allen, die wir jetzt des Lebens 
Mitte überschritten haben, mit unvergleichlicher Formvollendung 
die Grundsätze der Physik vorgetragen und durch Versuche er¬ 
läutert hat. Nach der Neubegründung des Deutschen Reiches war 
auch bei uns in Preussen eine grössere Freigebigkeit auf dem Ge¬ 
biete der Wissenschaft zur Geltung gekommen. Helmholtz er¬ 
hielt ein Gehalt, wie es noch nie bei uns einem Professor bewil¬ 
ligt worden und wie es auch nothwendig war für eine vornehme 
Lebensführung in der Hauptstadt des Deutschen Reiches. 

Musste er zwar zunächst noch seine Versuche in den Corri- 
doren der Universität anstellen, wo auch ich noch als sein Schüler 
in den unzulänglichen Räumen mich ein wenig äbquälte, — 1878 
konnte er einziehen in jenen Palast der Wissenschaft am 
Reichstagsufer, der grossartige Lehr- und Arbeitsräume darbot, 
für den Forscher, wie für seine Schüler, (einschliesslich der für 
unsere Versuche so unentbehrlichen Dunkelzimmer,) und auch ein 
würdevolles Heim für den Leiter der Anstalt, neben dem seines 
Freundes E. du Bois-Reymond. 

So war Helmholtz nicht blos zu der Stadt, sondern auch zu 
der Wissenschaft, von der er ausgegangen, zurückgekehrt. Theorie 
der Elektrodynamik (1870 bis 1875), über galvanische Polarisation 
(1873—1884), über Leistungsfälligkeit der Mikroskope (1874), über 
anomale Dispersion (1874), Thermodynamik chemischer Vorgänge 
(1882—1883), über monocyclische Bewegungssysteme (1884), end¬ 
lich die etwas frühere Abhandlung über die Thatsachen, die der 
Geometrie zu Grunde liegen (1868), — das sind einige von den 


Go gle 


Grigiral frem 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




736 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


wichtigsten Arbeiten des Forschers, der, wie man sieht, das ge¬ 
waltige Gebiet der Philosophie 1 ), Mathematik, Physik mit seinem 
universellen Geiste zu umspannen vermag. 

Der Forscher, der in der Akademie der Wissenschaften seine 
Ergebnisse vorträgt, welche neues Licht über die dunklen Grenzen 
menschlicher Erkenntniss hinauswerfen, er muss auch als Lehrer 
wirken. In dem Vortrag über Physik für Anfänger, namentlich 
für Studenten der Heilkunde aus den ersten Semestern, konnte der 
Genius seine Flügel nicht voll entfalten, da seine Schüler dem 
Fluge nicht würden folgen können. Das Pythagorische Wort 
M-Tjdelq dyeüjfieTpTjTos ElfftTO) stand wohl über Plato’s Hörsaal, steht 
aber nicht über dem für unsere angehende Mediciner. Ganz an¬ 
ders fand ich Helmholtz in der Vorlesung über theoretischö*Phy¬ 
sik und über die Theorie des Lichts, wo ihn diese Schranken 
nicht einengten und die höhere Mathematik ihn auf den höchsten 
Standpunkt erhob, von dem der Menschengeist die natürlichen 
Vorgänge zu betrachten befähigt ist. Er war, auch nach der 
Ueberzeugung der Mathematiker, ein mathematisches Genie, wie¬ 
wohl nicht ein Mathematiker von Fach. Gelegentlich kam es 
vor, dass er — ungleich seinem Freunde G. Kirchhoff — beim 
Integriren sich verrechnete. Wenn ich dann, als Aeltester, im 
Namen meiner Mithörer, vor der nächsten Stunde ihm mittheilte, dass 
wir dies oder jenes nicht verstanden hätten, war er stets freund¬ 
lich und wiederholte den Gegenstand mit richtiger Rechnung. In 
einer Sitzung der physiologischen Gesellschaft hatte ein jüngerer 
Forscher sehr schwierige Rechnungen ungeheuer rasch vorgetragen 
und^ Hel m h o 11 z s Meinung über den Gegenstand befragt; der 
Weise erwiderte aber, dass er den schwierigen Gegenstand nicht 
verstände und die Sache zu Hause genauer überlegen wolle. Seine 
Bescheidenheit ging soweit, dass er in der Vorlesung über physio¬ 
logische Optik alle seine Methoden vortrug, ohne je den Namen 
des Erfinders zu nennen; mein Nachbar, ein Student der Mathe¬ 
matik, fragte mich ärgerlich: „Warum nennt er nicht den Urheber?“ 
und war sehr erstaunt das richtige zu erfahren. 

Helmholtz gehörte zu den Grossen, denen man nicht zu 
schmeicheln braucht, um ihrer Freundlichkeit sich zu versichern 
Wo er einen seiner Schüler fand, sei es in einer wissenschaftlichen 
Sitzung, sei es in einer Abendgesellschaft, war er bei aller Vor¬ 
nehmheit, die zu seinem Wesen gehörte, stets entgegenkommend 
und vor allein begierig zu erfahren, welche Fortschritte die 
Studien des Schülers inzwischen gemacht hätten. Bei zufälliger 
Anwesenheit auf dem Heidelberger Congress verschmähte der Hoch¬ 
gefeierte nicht, den Frauen und Töchtern der Fachgenossen, die 
staunend dem grossen Gelehrten nahten, ein Paar freundliche 
und noch dazu in durchaus natürlicher und ver- 
® pracbe> Im stJ hweizer Postwagen, auf der Gebirgs- 
wf/Jarn h 6r i?ir ar U ?? rkanüt ’ aber ob seiner Kenntnisse hoch- 
5 de n? U / äl i lgen . Reise gefährten auf ihr Befragen die Ent- 
AW g n der G J etscher . m einfacher, aber fesselnder Weise, — 
gestern hat.’ ^ " 816 “ Sein<m populären Abhandlungen dar- 

fir Geffentlicbk eit ist Helmholtz nie hervorgetreten da 

er gleich dem grossen Galen die Wirrsale der Politik vermied 

- Tsel denn er a ,, e / ge “ en W ^ ku ?« s . 8tätt «n war er selten zu sehe! 

denn auf seinem Nachmittagsspaziergang oder in e-e- 
w 1S sen auserlesenen Concerten, wo fr niemals fehlte der fein¬ 
sinnige Musikhebhaber, der durch seine Lehre von den TonemDfin- 

mentenbau n^n!°R e h der MuS ? k beeinfl “sst und sogar dem Inslru- 
n a ir 6n F wiesen - In Einern Halse waltete die 
gleichgestimmte Gattin, der wir die Uebersetzung von Tvndall’s 
e re vom S chall verdanken: hier vereinigte sich eine auserlesene 

tÄtsvorlesungen ÄJFÄL Äf“ Universi- 

Gesammtheit der Wssenschaft un^ ^‘T 8 , d<är .N^mssenachaft zur 
Erkenntnisvermögens abzuhandeln d Sdn« Phlln 0W 1?- d ! 6 G ™ nz e n unseres 
bildnng Kant'acher Grundaät“ =>eme Philosophie ist eine freie Port- 


- - - , , N o. 38 

Gesellschaft von Gelehrten, Künstlern, hervorragenden und vor 
nehmen Männern und Frauen. 

Alle Ehren häuften sich auf das Haupt des greisen aber 
immer noch wunderbar rüstigen und schaffensfreudigen Gelehrten 
der in seinem Alter dem Altmeister Goethe nicht unähnlich schien 
und wirklich eine grosse Wahlverwandtschaft zu jenem besass und 
sie auch in vortrefflichen Abhandlungen und Reden, noch 1892 in 
Weimar vor der Goethe-Gesellschaft, an den Tag gelegt hat. 1 ) 
1883 erhielt Helmholtz den Charakter als Geheimer Regierunffs- 
rath und den Adelstitel, 1888 wurde er Präsident der physikalisch¬ 
technischen Reichsanstalt und zog in die Villa zu Charlottenburg 
während er an Professor Kundt die Leitung des physikalischen 
Instituts abgab; 1891 erhielt er den Titel Excellenz, zu seinem 
70jährigen Geburtstag, der sich zu einem Festtag der ganzen 
gebildeten Welt gestaltete, da alle gelehrten Gesellschaften 
Universitäten, Akademieen ihre Vertreter nach seiner Villa ent¬ 
sandten und ihm Adressen und Festschriften überreichten. Auch 
die Heidelberger Ophthalmologen-Gesellschaft, die ihm 1886 bereits 
durch Verleihung der goldenen Graefe-Medaille ein Zeichen ihrer 
Verehrung dargeboten, hat ihm damals einen stattlichen Band mit 
Veröffentlichungen in den vier Hauptcultursprachen gewidmet. 
Und wie einfach, bescheiden und natürlich war sein Dank* Wie 
munter blitzte sein Auge, als er später auf dem Festcommers den 
die Studirenden ihm und dem gleichaltrigen R. Virchow dar¬ 
brachten, seinen Entwicklungsgang und den der exacten Wissen¬ 
schaften von 1840 bis 1890 humorvoll auseinandersetzte! Die 
Orden, welche er besitzt, die Akademieen, denen er angehört, kann 
ich nicht aufzählen; aber nicht blos die von Berlin, sondern auch 
die von London und Paris zählt ihn zu den ihrigen. Die britische 
Ophthalmologen-Gesellschaft hat ihn zu ihrem ersten Ehrenpräsi¬ 
denten ernannt. Er war Vicekanzler der Friedensklasse des Ordens 
pour le mörite. 

Obwohl in der Kindheit kränklich und während der Studienzeit 
von einem Typhus heimgesucht, scheint er später stets einer guten 
Gesundheit sich erfreut zu haben. Das Alter bleichte wohl 
sein Haupthaar, vermochte aber die aufrechte Gestalt nicht zu 
beugen. 

Zum ersten Mal vernahmen wir von Krankheit, als er im Auf¬ 
trag der Regierung 1893 nach Chicago gereist war, — vielleicht 
ein Wagniss für einen an solche Reisen nicht gewöhnten Mann von 
72 Jahren, — und auf der Heimfahrt durch Hinabstürzen von der 
Salontreppe des Dampfers eine nicht ungefährliche Verletzung sich 
zuzog. Aber bald kam die frohe Kunde seiner Genesung. Um so 
grösser war die allgemeine Trauer, als Anfang Juli d. J. ein 
Schlaganfall ihn auf das Krankenlager warf. Unter der auf¬ 
opfernden Pflege der ersten Aerzte und seiner Familie schien die 
Hoffnung auf Genesung schon wieder sich zu beleben, als ein neuer 
Schlaganfall am Mittwoch den 5. September ihm das Bewusstsein 
raubte und am 8. September seinen Tod herbeiführte. 

Hirnblutung war die Todesursache. Die ungewöhnliche Ent¬ 
wicklung der Gehirnwindungen erregte die staunende Bewunde¬ 
rung der bei der Section anwesenden Aerzte und ist durch kunst- 
geübte Hand in Wachs nachgebildet und der Nachwelt auf¬ 
bewahrt. 

Von der Bestattungsfeier nur wenige Worte. Die Kränze 
des Kaisers, der Kaiserin Friedrich, seiner Vaterstadt Potsdam, die 
ihn schon vor längerer Zeit zum Ehrenbürger ernannt hatte, der 
Akademieen, Universitäten, gelehrten und künstlerischen Gesell¬ 
schaften bedeckten den Sarg. 

Die wirkliche Leichenrede für Hermann Helmholtz 
schreibt die Geschichte der Wissenschaft. 

*) „ Goethe’ s Vorahnungen kommender naturwissenschaftlicher Ideen“. 

Popul. Abh. I, 2: „Ueber Goethe’s naturwissenschaftliche Arbeiten“. 
Die Abhandlung „über Eis und Gletscher“ schliesst mit Mahomet’s Gesang 
von Goethe. 


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20^ September. 


t _ DEUTSCHE ME DICINI SCHE WOCHENSCHRIFT. 

I. Ans dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg i. B. 

Zur Kenntniss des Loretins. 


v Von Ad. Claus. 


In einem in No. 26 dieser Wochenschrift vom 28. Juni d J 
erschienenen Referat über „Neue Arzneimittel“ findet sich bei 
der Besprechung des Loretins wörtlich die folgende Bemer¬ 
kung: 

„ . . . . Das Präparat soll ungiftig sein: dies ist un- 
richtig, da es keine ungiftige Jodoformverbindung 
giebt! . . . 6 

.?* ese . letztere Behauptung des Referenten: „dass die über die 
Ungiftigkeit des Loretins vorliegenden, zuerst von mir gemachten 
Angaben unrichtig seien“, sofort und in demselben Journal abzu¬ 
lehnen und zu widerlegen, erscheint mir um so nothwendiger, als 
diese Behauptung nicht etwa einem näheren Studium des be¬ 
treffenden Jodpräparates entsprungen oder auf eine genauere 
Kenntniss desselben gestützt ist, sondern sich lediglich darauf 
beschränkt, den von uns experimentell festgestellten Thatsachen 
eme allgemeine theoretische Abstraction entgegen zu stellen. 

In wie weit es überhaupt gerechtfertigt oder statthaft ist, so 
wie es hier vom Referenten geschieht, das Dogma aufzustellen, 
„dass alle Jodverbindungen als giftig anzusehen seien“, einfach aus 
dem Grunde, weil sie eben Jod als Bestandtheil enthalten und weil 
sie sich unter Umständen alle unter Abscheidung von freiem Jod 
zersetzen können, — mag zunächst hier unerörtert bleiben. Zwei¬ 
fellos ist mit einer derartigen allgemeinen Sentenz in keiner Be¬ 
ziehung, weder praktisch noch wissenschaftlich, etwas gewonnen, 
und am Ende müsste man mit demselben Recht auch die gleiche 
Annahme der Giftigkeit für alle Chlorverbindungen gelten lassen, 
da bekanntlich auch aus diesen unter den geeigneten Umständen 
das giftige Chlorgas in freiem Zustand abgeschieden werden 
kann! 

Was speciell das sogenannte Loretin, die m-Jod-o-oxychi- 
nolin-ana-sulfosäure anbetrifft, so waren es — wie ich bereits 
in meiner ersten Mittheilung 1 ) über diesen Gegenstand hervor¬ 
gehoben habe — gerade die für eine organische Jodverbin¬ 
dung in mancher Hinsicht bemerkenswerthen Erscheinungen in 
den Beständigkeitsbeziehungen dieser Substanz, welche mich zuerst 
auf den Gedanken brachten, in ihr ein wichtiges Heilmittel, den 
so lange vergeblich angestrebten Ersatz des Jodoforms aufge- 
funden zu haben! Wie gleichfalls schon früher mitgetheilt ist, 
haben die vor etwa zwei Jahren ausgeführten Voruntersuchungen 
sowohl chemischer wie physiologischer und bacteriologischer Art 
diesen Erwartungen nach jeder Richtung hin in überraschender 
Weise entsprochen, und nachdem nun, abgesehen von zahlreichen 
anderen einzelnen Untersuchungen, vor allem von Prof. Schinzin- 
ger in seiner hiesigen Klinik seit mehr als 1 7-2 Jahren das Lore¬ 
tin in seinen verschiedenen Anwendungsformen bei allen einschlä¬ 
gigen Fällen an Stelle des früher verwendeten Jodoforms plan- 
mässig zur Anwendung gebracht und in seinen Wirkungen und 
Eflecten systematisch verfolgt und beobachtet ist, liegt nunmehr 
ein Material an Beobachtungen und Erfahrungen vor, welches ge¬ 
stattet, ohne jedes Bedenken mit vollster Sicherheit und Bestimmt¬ 
heit das Loretin als ein, das Jodoform in jeder seiner guten 
Eigenschaften mindestens vollwerthig ersetzendes, von den unange¬ 
nehmen Eigenschaften des letzteren, namentlich von jeder intoxi- 
cativen Nebenwirkung durchaus freies Heilmittel zu be¬ 
zeichnen ! 

„Um die Frage über die Giftigkeit des Loretins zu entscheiden,“ 
heisst es in einer kürzlich aus der Münchener Klinik des Herrn Pro¬ 
fessor Klau ssner veröffentlichten Untersuchung, der Dissertation des 
Herrn Dr. Schnaudigel*), „wurden zahlreiche Thierversuche gemacht, 
welche die Ungiftigkeit des Loretins in vollstem Maasse bewiesen 
haben: Hunde bekamen wochenlang bis zu 10 g innerlich, ohne irgend 
welche Störungen in der Temperatur und ohne irgend welche anormale 
Hambestandtheile zu zeigen. Desgleichen ergab die Behandlung künst¬ 
lich gesetzter Wundflächen und die wochenlang fortgesetzte Einimpfung 
von Loretin- und Loretinnatronlösung niemals eine Störung im Befinden 
der Versuch^thiere und einen normwidrigen Harnbefund. Loretin muss 
somit auf andfere Weise antiseptisch wirken, wie die anderen Jodpräparate! 
Und bei der Beurtheilung dieses Umstandes sind die Veränderungen in 
Betracht zu ziehen, welche das Antisepticum auf der Wundflächo oder 
im Darmcanal erleidet.“ 

„So wird beim Jodoform an der Applicationsstelle Jod abgespalten, 
welches als Jodnatrium etc. und als Jodalbuminat in das Blut resorbirt 
wird (Högyes, Zeller, Harnack); das Jodalbuminat wird im Orga¬ 
nismus wieder zersetzt und geht mit organischen Substanzen anderweitige 
jodhaltige Verbindungen ein, die gleich dem Jodkali im Ham ausge¬ 
schieden werden. Die Jodalkalien sind für den Organismus ziemlich irrele¬ 
vant, so dass die Jodoformintoxication hauptsächlich auf dem Jod- 


Archiv für Pharmacie 1893. 
*) München 1894, S. 12. 


albuminat, bezw. auf den daraus entstehenden organischen Jod- 
verbindungen beruht (Harnack, Ludwig). Der Nachweis von Jod 
un Ham kann bei Jodoformanwendung durch zweckmässige Untersuchung 
immer geführt werden.“ 

„Beim Loretin liegen die Verhältnisse durchaus anders: Auf secer- 
nirende Wundflächen gebracht, entzieht es als Säure dem Blutserum 
Natron und vielleicht auch sonstige Alkalien, nie aber spaltet sich dabei 
Jod ab, so dass es auch nie zur Bildung der gefährlichen Jodalbuminate 
kommt und daher auch im Ham Jod nicht nachgewiesen werden kann!“ 
..... „Auch sonstige Zerfallsproducte des Loretins, wie Chinolin etc., 
werden nicht ausgeschieden. Auch der Darm resorbirt Loretin nicht, da 
es, per os eingeführt, in den Fäces quantitativ vollständig wieder aus¬ 
geschieden wird.“ 

„Wir müsssen uns daher die antiseptische Wirkung des Loretins so 
erklären, dass durch die Durchtränkung der Gewebe ein schlechter Nähr¬ 
boden entsteht; es werden im durchtränkten Gewebe Loretinalkalien ge¬ 
bildet, die antiseptisch wirken, und ebenso werden die Alkalien des ex- 
sudirten Serums an das Loretin gebunden. Die feste Verkettung des 
Jods im Loretin erklärt auch die Thatsache, dass bei äusserlicher An¬ 
wendung dieses Mittels niemals eine artificielle Dermatitis entsteht.“ 

An einer anderen Stelle, S. 23, wo Dr. Schnaudigel seine Er- 
fahrungen über die Anwendung des Loretinnatriums als fnjoctionsmittel 
bei Gonorrhoe beschreibt, heisst es: 

„Alle bisher zur Verwendung gekommenen Mittel leiden an einem 
oder mehreren von folgenden drei Fehlem: 

1. Viele Mittel wirken in der zu Injectionen gebräuchlichen Ver¬ 
dünnung viel zu schwach, um bactericid wirken zu können. 

2. Die zahlreichen Mittel, welche den Salzen der Schwermetalle 
oder den Tannaten angehören, verlieren ihre Wirkung schon in den 
oberflächlichsten Schichten des Schleimhautepithels durch die che¬ 
mische Umsetzung, die sie mit dem Eiweiss des Gewebes erfahren. 
Diese Decke von Metallalbuminaten oder Albumintannaten hindert 
das weitere Vordringen der antiseptischen Flüssigkeit einerseits und ist 
selbst ohne antiseptische Wirkung andererseits. Das Mittel ist also 
indifferent gemacht, ehe es die in der Tiefe liegenden Gonococcen 
erreicht; und die Wirkung dieser Adstringentien wäre dann nur noch in 
der Verödung des Nährbodens zu suchen. 

3. Viele Mittel wirken endlich zu sehr reizend auf die Schleim¬ 
haut, erzeugen Schmerzen und befördern eher das Wachsthum der Bac- 
terien in entzündetem Gewebe. Dieser letztere Fehler schliesst auch unser 
bewährtestes Antisepticum, das Sublimat, von den Mitteln gegen Gonorrhoe 
mit aus. 

Von diesen Nachtheilen bemerkt man beim Loretin nichts: Die (spe¬ 
ciell hierzu verwendete) Lösung von Loretinnatrium ist ein kräftiges 
Antisepticum und, ebenso wie das Loretin selbst, Eiweiss gegenüber nahezu 
indifferent; die Lösung des Natronsalzes 4:100 wird ohne jegliche 
Schmerzen ertragen und ausserdem kann die Concentration noch höher 
genommen werden. Der einzige Nachtheil der Loretinnatronlösung, wel¬ 
chen man auffinden könnte, wäre der, dass sie orangerotho Flecken in 
die Wäsche macht, die jedoch durch einfaches Auswaschen mit Wasser 
leicht zu entfernen sind.“ 

Gestützt auf die früheren Angaben und Erfahrungen von Professor 
Schinzinger, sowie auf seine eigenen, an der Münchener Poliklinik ge¬ 
machten Beobachtungen, fasst Dr. Schnaudigel, S. 13 seiner Disser¬ 
tation, die wesentlichsten Vorzüge, welche das Loretin bietet, in fol¬ 
gende acht Punkte zusammen: 

„1. Das Loretin ist vollständig geruchlos. 

2. Das Loretin zersetzt sich an der Applicationsstelle nicht. 

3. Es entzieht, als Säure applicirt, dem Blutserum und dem Gewebe 
Alkalien und bildet damit die leichtlöslichen Alkalisalze, welche ebenfalls 
hohen antiaeptischen Werth haben. 

4. Dadurch, dass das Loretin nicht resorbirt wird und sich nicht 
zersetzt, sondern als Säure angewandt, allmählich weitere Verbindungen 
von mindestens gleich hohem antiseptischem Werth entstehen lässt, wird 
eine lange Dauer der desinficirenden Wirkung gewährt. 

5. Grosse eiternde und leicht resorbirende Wundhöhlen können mit 
beliebig grossen Quantitäten der Loretinnatronlösung durchspült 
werden. 

6 . Ekzeme und Dermatitiden werden bei der Anwendung von Loretin 
vermieden. 

7. Das Loretin befördert die Granulation. 

8 . Es wirkt desodorirend.“ 

Aus dem ausserordentlich umfangreichen Material, welches 
neuerdings aus der hiesigen chirurgischen Klinik 1 ) des Herrn 
Prof. Schinzinger zu Gebote steht, hebe ich hier, wo es sich 
doch zunächst wesentlich nur um die Frage nach der Giftigkeit 
des Loretins handelt, nur einige Fälle hervor, welche ganz beson¬ 
ders deutlich erkennen lassen, dass auch bei ununterbrochen 
festgesetzter Anwendung des Loretins in beliebig grossen Dosen 
irgend eine Vergiftungserscheinung, oder auch sonst wie 
nur unangenehme Nebenwirkung nicht beobachtet werden 
konnte! 


*) Eingehender wird Herr Prof. Schinzinger auf der diesjährigen 
Naturforscherversammlung in Wien darüber berichten. 


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UNIVERSETY OF MICHEGAN 





738 _____ 

„Wenn Loretin als Jodpräparat, wie in dem besprochenen Referat 
der deutschen medicinischen Wochenschrift behauptet ist, giftig wäre, so 
würden wohl“ — schreibt mir Prof. Schinzinger — „wenigstens sicher 
bei längerer Anwendung desselben in immer erneuten Mengen ähn¬ 
liche Erscheinungen nicht ausbleiben können, wie sie bei den Jodoform- 
intoxicationen in vielen Fällen schon von vorne herein auftreten. Habe 
gerade ich seiner Zeit auf die letzteren zuerst aufmerksam gemacht und 
danach dieselben bei langjährigem Gebrauch des Jodoforms in meiner 
Praxis genau kennen zu lernen vielfältig Gelegenheit gehabt, so wird 
man es verstehen, dass ich von den ersten Versuchen an, bei welchen 
überhaupt Loretin zur Verwendung kam, immer mit ganz besonderem 
Interesse und geschärfter Aufmerksamkeit darauf geachtet, ja geradezu 
danach gefahndet habe, ob sich nicht auch aus der Anwendung dieses 
Jodpräparates, wenigstens unter gewissen Umständen, ähnliche unange¬ 
nehme oder überhaupt irgend welche Nebenwirkungen bemerklich machen 
würden. Allein, in keinem einzigen der zalilreichen und verschieden¬ 
artigen Fälle konnten bisher irgend derartige Erscheinungen constatirt 
werden, und ebenso wenig wie Intoxicationserseheinungen oder 
Nierenreizungen konnte das Auftreten eines artificicllon Ekzems, 
nicht einmal eines Erythems beobachtet werden!“ 

Um zu zeigen, bis zu welchen Quantitäten unter Umständen 
die Anwendung des Loretins in seinen verschiedenen Formen zur 
Ausführung kam, dürften die folgenden Beispiele genügen: 

1. Bei einer Frau mit Osteomyelitis des Femur und umfäng¬ 
lichen Weichtheilabscessen wurde nach Aufmeisseln des Knochens 
vom 30. März bis zum 7. Juli d. J. nach und nach nicht we¬ 
niger als 146 Meter Loretingaze in die verschiedenen Wund¬ 
höhlen eingelegt und ausserdem wurden noch Loretinpulver, 
Loretins albe, -Stäbchen und ebenso Lösungen von Loretin 
und von Loretinnatron zum Ausspülen der Wunden reichlich ange¬ 
wandt! & 

Wenn man bedenkt, dass in dem Meter der 10®/oigen Loretin- 
calciumgaze durchschnittlich 2—2,5 g Loretin enthalten ist, so 
reprasentirt das bei diesem einen Patienten allmählich zur An¬ 
wendung gekommene Material mindestens 3—400 g Loretin 
und bei dem Aufwand dieser Menge innerhalb etwa dreier Monate 
liess sich keine Spur einer Giftwirkug oder überhaupt einer 
sonstigen schädlichen Wirkung wahrnehmen; die Patientin welche 
vorher zwei Jahre lang wegen ihres Leidens zu Bett liegen 
Stock?’ 1St JGtZt aIS geheilt entlassen zu Hause — und geht am 

. , 2. Ein mit diffusem Lymphangiom am Oberschenkel behaf¬ 
teter Patient erhielt wegen der reichlichen Secretion der Geschwulst 
mit grossem Nutzen seit Januar d. J. 150 Meter Loretingaze: 
also auch m diesem Falle wurden nach und nach über 300 g 

^W P rkbar r machte daSS ^ gWi “ gSte Nebenwirku ^ 

drei , .schweren complicirten Unterschenkelfracturen 
T , orsckieden j en Präparate des Loretins reichlich, und 
zwar ununterbrochen durch 9-10 Wochen hindurch, mit dem 
gleichgünstigen Erfolg verwendet! 

Diesen Thatsachen gegenüber, denke ich, wird jede weitere 

ÄÄ** Upgi ftigkeit des «» -eek,r e e? 

II. Ans der medicinischen Klinik der Universität Frei¬ 
burg i. Br. 

Die Behandlung der Pleuraempyeme bei an 
Lungentuberkulose Leidenden. 

Von Geheimrath Professor Dr. Ch. Bäumler. 

(Schluss aus No. 37.) 

Schwieriger gestaltet sich die Frage, wenn das Exsudat bei 

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fmJfc- en * be T Pneiimoc °ccenexsudat, und auch hier nur in 
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38 


zum mindesten auch das Alter 1 ) des Kranken wird hier aus¬ 
schlaggebend dafür sein, ob zunächst ein mehr zuwartendes 
Verfahren eingeschlagen werden darf, oder ob alsbald 
die Radicaloperation vorzunehmen ist. Als ein Beispiel 
wie es häufig in der Praxis vorkommt, erlaube ich mir folgenden 
Fall kurz anzuführen: 

. u F J all ,. 3 ‘ , Ein ® gesund aussehende, im Anfang der zwanziger Jahre 
stehende barmherzige Schwester, die schon seit längerer Zeit etwas se 
hustet hatte, erkrankt am 11. Januar 1893 mit stärkerem Husten Stechen 
m der linken Seite und hat etwas blutig (pneumonisch) geerbten Aus¬ 
wurf. Daboi Fieber mit Temperaturen zwischen 39,2 und 40 4o eine 
Pulsfrequenz von 96 bis 120 und 28 bis 32 Respirationen, Schon bei der 
ersten Untersuchung des Sputums am 14. Januar fanden sich Tuberkel¬ 
bacillen. V on Anfang an waren in der linken Spitze feinblasige Rassel¬ 
geräusche zu hören, die sich, während der Auswurf schon am 15. Januar 
geballt eitng wird, allmählich nach abwärts ausbreiten, während die Er¬ 
scheinungen derPleuritis mit langsam ansteigendem Erguss deutlicher werden: 
ani ^ uar * st lmks hinten unten von der Spina seapulae und von der 
dritten Rippe abwärts absolute Dämpfung vorhanden. Im Sputum fanden 
sich Diplo- und Streptococcen und ganz vereinzelte Tuberkelbacillen. Pa 
das Exsudat sich nicht zur Resorption anschickt, das Fieber im Gegen¬ 
teil Ende Januar noch steigt und fast allabendlich 4Go erreicht wird 
am dl. Januar die Probepunction mittels des Dieulafoy’schen Apparates 
gemacht Das Exsudat, von welchen 450 ccm entleert werden, ist eitrig 
und enthält Streptococcen und weniger zahlreich Diplococcen. 
b leber und Athembeschwerden wurden darauf etwas geringer, doch schien 
es bei der Beschaffenheit des Exsudates trotz der offenbar pro- 
gressiven Lungonaffection geraten, die Thoracotomie vorzunehmen. 
Am 8 Februar wurde dieselbe von Herrn Prof. Kraske gemacht. Darauf 
Fieberlosigkeit und gute Erholung, rasche Wiederentfaltung des linken 
Unterlappens, bald vollständige Ausheilung der Eiterhöhle. 

Am 8. März wurde die Kranke auf die medicinische Klinik zurück- 
verlegt, wo sie noch bis zum 27. März verblieb. In dieser Zeit waren 
nur Abends leichte Temperaturerhöhungen bis höchstens 37,9 bei Puls- 

bls , 90 vorhande n, während das Körpergewicht von 54,5 auf 
56,5 Kilo zunahm. 

Bei der Entlassung aus der Klinik am 27. März fand sich im Bereich 
des linken Oberlappens, vom bis zur dritten Rippe, hinten bis zum vierten 
Brustwirbel allmählich abnehmende Dämpfung des Percussionsschalls und 
bei unbestimmtem Athemgeräusch mit verlängertem Exspirum hinten oben 
klemblasiges, zum Th eil klingendes Rasseln. Links hinten unten Dämpfung 
an der zehnten Rippe, abgeschwächtes Athemgeräusch. 

Die rechte Lunge, über welcher früher in der Höhe des Angulus 
seapulae eine Zeit lang pleuritischos Reiben gehört worden war, frei von 
katarrhalischen und Verdichtungserscheinungen. Im spärlichen Sputum 
ruberkelbacillen. Kurze Zeit nach dem Austritt aus der Klinik trat eine 
\ erschlimmerung ein; die verheilt gewesene Operationswunde brach wieder 
auf, es stellte sich Fieber ein, und unter ziemlich rascher Zunahme der 
Lungenerschcinungen erfolgte der Tod im November 1893. 

Hier hatte es sich offenbar um eine rasch fortschreitende 
Tuberkulose im Oberlappen der linken Lunge und ein Uebergreifen 
broncho-pneumonischer Entzündungsheerde auf die Pleura gehandelt. 
Das hohe Fieber und die Beschaffenheit des Exsudats erforderten 
unbedingt die Radicaloperation, welche in Anbetracht der 
vorhandenen Lungenerscheinungen auch einen überraschend guten 
unmittelbaren Erfolg hatte. Da die rechte Lunge wahrscheinlich 
nur sehr wenig erkrankt war, konnte man, da auch die Er¬ 
scheinungen in der linken Lungenspitze nach der Operation sich 
besserten, einigermaassen hoffen, dass der tuberkulöse Process zum 
Stillstand kommen würde. Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. 
Immerhin hat die Operation der Kranken genützt, ihr Zustand 
besserte sich vorübergehend erheblich, sie wurde fieberfrei und 
ihre allgemeine Ernährung hob sich: es war ihr durch den Eingriff 
wenigstens die Möglichkeit gegeben, sich wieder zu erholen, 
während sie ohne denselben sicher in wenigen Wochen erlegen 
wäre. So zog sich, was ja allerdings für die Kranke kein Gewinn 
war, die Krankheit noch durch fast acht Monate hin. 

Kann in solchen Fällen mit derartigem bacteriologisclien Be¬ 
fund von vorne herein keine Frage sein, was zu geschehen hat, so 
ist die Entscheidung viel schwieriger in Fällen, in welchen ein 
Empyem ohne oder mit Pneumothorax schleichend ent¬ 
standen ist, und der Kranke gewöhnlich erst nach Wochen oder 
selbst Monaten in Behandlung kommt. Hier besteht die Be¬ 
fürchtung, dass die lange comprimirt gewesene Lunge nicht mehr 
in genügendem Maasse entfaltungsfähig ist, dass also Heilung, 
sofern der Zustand der tuberkulösen Lunge eine solche zulässt, 
nach der Radicaloperation, eventuell nach mehrfacher Rippen- 
resection, nur mit erheblichem Defect und mit Difformität möglich 
ist, oder dass, wenn man sich auf eine weniger eingreifende 
Operation beschränkt, eine Thoraxfistel Zurückbleiben wird. 

In einem solchen Fall ist das, was von etwaigen günstigen 
mechanischen Wirkungen des Exsudates auf die kranke Lunge 
erwartet werden darf, vielleicht längst erreicht gewesen, ja es ist 
hinsichtlich der Compression des Guten schon zu viel geschehen, 


■p n !) den Fall von Schede, IX. Consrr. f. inn. Med. S. 74; auch 
Fall 50, S. 93. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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20. Septemb er 


so dass die Lunge sich nun nicht mehr genügend entfalten kann. 
Lassen Sie mich die Schwierigkeit, die in einem derartigen Fali 
die Entscheidung über das zweckmässigste Handeln haben kann, 
an einem Beispiel illustriren. 

Fall 4. Frl. v. S. hatte sich, 26 Jahre alt, wahrscheinlich bei der 
Pflege eines an Phthise verstorbenen Bruders inficirt, bekam im Winter 
1886/87 Blutspucken und darauf Pleuritis und Pneumothorax auf der 
rechten Seite 1 ). 

Als ich am 7. Juni 1887 die Kranke in Consultation mit Herrn 
Dr. Kollmann in Badenweiler sah, war sie trotz des seit Monaten 
bestehenden Exsudats von gesundem, ja blühendem Aussehen, nur ein 
wenig cyanotisch und beim Gehen etwas kurzathmig, aber ganz fieberfrei. 

Der Percussionsschall rechts vod der ersten Rippe abwärts stark ge¬ 
dämpft, das Herz stark nach links verschoben, Erscheinungen von 
Pneumothorax waren jedoch nicht vorhanden. Um die Natur 
des Exsudats und die Verhältnisse der Brustorgane festzustellen, wurde 
mit dem Dieulafoy’schen Apparat punctirt und 1000 ccm eitrigen 
Exsudates aspirirt. Starker Hustenreiz, Spannungsgefühl in der Brust, 
gesteigerte Herzaction und vermehrte Cyanose nöthigten zur Unter¬ 
brechung der Operation, welche eine entsprechende Veränderung der 
physikalischen Erscheinungen ohne Auftreten von solchen eines 
Pneumothorax zur Folge hatte. 

Der stark verfettete Eiter des Exsudats enthielt ganz vereinzelte 
Tuberkelbacillen, keine anderen Bacterien (Prof. Schottelius). 

Die bereits nach Fortnahme eines kleinen Theiles des Exsudats auf¬ 
tretenden erheblichen Erscheinungen schienen darauf hinzudeuten, dass 
die rechte Lunge nur mehr sehr wenig ausdehnungsfähig sei. 
Es wurde deshalb in der Befürchtung, es möchte eine offene Thoraxfistel 
Zurückbleiben und immer aufs neue zu wiederholende Resectionen am 
Thorax nöthig werden, beschlossen, von einer Radicaloperation Umgang 
zu nehmen und nur nach Erfordernis durch Aspiration das Exsudat zu 
verringern. 

Bei einer am 21. Juli 1887 vorgenommenen zweiten Punction trat 
schon nach Wegnahme von 800 ccm Exsudat Hustenreiz auf. Nachher 
wurden in der rechten Lungenspitze Rasselgeräusche gehört, die linke 
Lunge war bisher ganz frei von krankhaften Erscheinungen. In dem 
krümlichen Empyemeiter konnten diesmal keine Tuberkelbacillen gefunden 
werden. 

Der Aufenthalt in Badenweiler und die zweimalige Verminderung 
des Exsudats bekamen Frl. v. S. sehr gut. Sie konnte mehr gehen und 
befand sich bei ruhigem Verhalten völlig wohl. Im Herbst ging sie nach 
Seewis, ein Versuch, den Winter in Davos zuzubringen, musste aber 
wegen gesteigerter Athembeschwerden aufgegeben werden. Sie ging dann 
nach Mentone, verbrachte dort einen guten Winter und kehrte im Mai 
1888 nach Badenweiler zurück. 

Am 25. Mai 1888 fand ich sie etwas kurzathmiger als im Jahre vor¬ 
her, etwas abgemagerter, aber doch immer noch sehr gut genährt, fieber¬ 
frei und ohne erheblichere und besondere Beschwerden. 
Namentlich war auch jetzt, wie schon bisher, kaum Husten vorhanden. 

Die physikalischen Erscheinungen hatten sich aber gegen das Vor¬ 
jahr geändert. Es war jetzt Pneumothorax nachweisbar: Rechts 
oben unter der Clavicula dreieckig gestalteter Raum mit tiefem tyrnpa- 
nitischem, aber etwas gedämpftem Schall, unterhalb desselben, 
zwischen zweiter und vierter Rippe, in der Parasternalgegend 
ein rundlich gestalteter Bezirk von gedämpftem, hoch tym- 
anitischem Schall, bei Lageverändenmgeji seine Grenzen wechselnd; 
uccussionsgeräuseh, von der Kranken selbst gehört und gefühlt. 

Am 5. Juni war der hohe tympanitisehe Schallbezirk und ebenso 
auch das Succussionsgeräusch verschwunden, auch sonst keine Zeichen 
von Pneumothorax mehr nachweisbar. Es war also offenbar in¬ 
zwischen die Luft im Thorax zu Resorption gekommen. Wegen der 
trotzdem noch starken Verlagerung des Herzens wurde punctirt. Die 
Aspiration förderte dünnflüssigen geruchlosen Eiter zu Tage, und wiewohl 
nur 1760 ccm entleert wurden, wobei Luftblasen in der Röhre sich nicht 
zeigten, blieben doch diesmal alle jene bei den früheren Pnnctionen auf¬ 
tretenden Erscheinungen von Spannungsgefühl und Circulationsstörung in¬ 
folge der Druckerniedrigung in der rechten Pleurahöhle aus. Dabei rückte 
aber trotzdem das Herz, dessen Spitze vorher in der linken Mammillarlinie 
gestanden hatte, bis zur linken Parasternallinie herüber. Erst gegen 
Ende der Aspiration hörte man wiederholt bei der In- und 
Exspiration ein feingurgelndes Geräusch in der rechten Brust¬ 
hälfte. Der Percussionsschall war jetzt rechts unten von oben bis unten 
voll, in der obersten Partie etwas tyrapanitisch. Unterhalb der vierten 
Rippe deutlicher Metallklang bei Stäbchenplessimeterper¬ 
cussion. 

Es war also während der Aspiration wieder durch die offenbar durch 
den Aspirationszug eröffnet« Perforationsstelle an der rechten Lunge Luft 
aus der letzteren in die Pleurahöhle übergetreten. Oben lag die compri- 
mirte Lunge der Brustwand wahrscheinlich fest verwachsen an (tympani- 
tischer Schall). 

Patientin fühlte sich nach Entfernung einer so erheblichen Flüssig¬ 
keitsmenge sehr wohl, brachte den Sommer in Dänemark zu, im Herbst 
kam sie wieder nach Badenweiler, wo sie auch den Winter 1888/89 
über blieb. 

Am 26. April 1889 hatte ich Gelegenheit, eitrigen Auswurf, der nur 
ein einziges mal in letzter Zeit in dieser Weise vorhanden gewesen war, 
zu untersuchen. In sieben Präparaten landen sich keine Tuberkelbacillen. 
Der allgemeine Ernährungszustand war besser, als im Jahre zuvor (Körper¬ 
gewicht 65 Kilo), das Aussehen vortrefflich, doch etwas cyanotisch. Bei 

1 ) Der Pneumothorax war im März 1887 von Prof. A. Weil ip Ajaccio 
uachgewiesen worden. 


731 

einer am 21. Mai vorgenommenen Untersuchung zeigte sich der Thora 
vollkommen symmetrisch, rechts oben etwas Zurückbleiben bei der Ath 
mung, aber keine Abflachung. Oberhalb der Clavicula leichte Dämpfunj 
mit etwas tympanitischem.Beiklang, unterhalb der Clavicula der Percussions 
schall laut tyrapanitisch in dem für Pleuraexsudate typischen dreieckigel 
Bezirk. Nach aussen und unten ist letzterer begrenzt von absolute 
Dämpfung, welche bis zum Rippenbogen und in der Mammillarlinie 2 cu 
unterhalb desselben hinabreicht. Erscheinungen von Pneumothora: 
auf keine Art nachzuweisen. Herzdämpfung reicht bis 2 cm jen 
seits der linken Mammillarlinie. Neben dem Sternum rechts zwischei 
zweitem und viertem Rippenknorpel fein- und mittelblasiges klingendei 
Rasseln. Rechts hinten oben bis zur Spina scapulae mässig voller Schall 
vesiculäres Athmungsgeräusch und sehr spärliches Rasseln. Seitlich wii 
vom unten ganz abgeschwächtes Athmungsgeräusch, starke Fortleit um 
der Herztöne, die ganz rein sind. Hinten von der Spina scapulae ab 
wärts hohes Bronchialathmen beim Exspirium, oder schwaches Respi 
rationsgeräusch. Linke Lunge ganz frei, auch hinten unten kein Rassel 
geräusch. 

Seitdem habe ich die Kranke nicht mehr gesehen. Sie kehrte ii 
ihre Heimath zurück, wo, wie ich später erfuhr, zwischen März 1890 um 
April 1891 von Dr. J. Schou in Kopenhagen wiederholte ausgedehnt« 
Rippenresectionen vorgenommen wurden. 1 ) Zur Zeit der Berichterstattung 
war noch eine kleine Fistel von der grossen Eiterhöhle zurückgeblieben 
Erscheinungen von amyloider Degeneration nicht vorhanden. Aussei 
etwas Dyspnoö befand sich Patientin wohl. Sie hat sich inzwischen ver 
heirathet. 

Wir sehen an diesem sehr bemerkenswerthen Fall, dass eir 
kräftiges, vorher gesundes Mädchen, bei welchem sich, offenbai 
sehr frühzeitig im Verlauf einer ganz lokalen tuberkulöser 
Affection der rechten Lunge, ein Pyopneumothorax gebildet hatte 
drei Jahre lang mit Ausfüllung fast der ganzen rechten Pleurahöhle 
mit Eiter fieberfrei bleiben und sich eines vortrefflichen Ernährungs¬ 
zustandes, ja, sofeme stärkere Bewegungen vermieden wurden, 
eines von Beschwerden freien Lebens erfreuen konnte, wenn von 
Zeit zu Zeit durch Fortnahme von 1000—1700 ccm Flüssigkeit die 
Brustorgane entlastet wurden. Vom Juni 1887 bis Juni 1888 wur¬ 
den drei Entleerungen nöthig. Nach den geringfügigen Operationen 
fühlte sich Patientin erleichtert, konnte besser gehen, und hatte 
bei ruhiger Beschäftigung im Hause keine besondern Beschwerden. 
Nach der weiteren Krankengeschichte von Dr. J. Liisberg 2 ) 
wurden zunächst vom October 1889 bis März 1890 etwa allmonat¬ 
lich Entleerungen vorgenommen. Nie konnten von diesem im 
Exsudat Tuberkelbacillen nachgewiesen, noch auch Kaninchen mit 
demselben tuberkulös inficirt werden. 

Schon bei der ersten Punction im Juni 1887 war es klar, 
dass, wenn anstatt der Punction die Thoracotomie gemacht worden 
wäre, sicher eine Fistel zurückgeblieben sein würde. Denn schon 
nach Entfernung von 1000 ccm Flüssigkeit traten Erscheinungen 
auf, die bewiesen, dass die eomprimirte Lunge sich nicht weiter 
ausdehnen und dass auch auf andere Weise der durch Fortnahme 
von Flüssigkeit geschaffene Raum nicht ausgefüllt werden könne. 
Neben der Misslichkeit und Gefahr einer offenen Fistel hielt da¬ 
mals auch noch die Befürchtung, es möchte nach dauernder Weg¬ 
nahme des Druckes von der kranken Lunge die tuberkulöse Er¬ 
krankung derselben eine raschere Ausbreitung erfahren, von einer 
Radicaloperation ab. Diese letzterwähnte Befürchtung musste, wie¬ 
wohl Tuberkelbacillen im Auswurf nicht nachgewiesen werden 
konnten, angesichts des auscultatorischen Befundes (fein- und 
mittelblasiges, klingendes Rasseln rechts neben dem Sternum) auch 
im April 1889 gehegt werden. 

Damals lagen eben auch noch nicht die emuthigenden Er¬ 
folge eines dreisten operativen Eingreifens vor, wie sie seit den 
Mittheilungen Sehe de’s auf dem IX. Congress für innero Medicin 
(1890) in steigender Zahl von verschiedenen Chirurgen gewonnen 
worden sind. 

Es handelte sich im vorliegenden Falle um die eigenthümliche 
Form von Empyem, welcher Bouveret *aen Namen „Empyömc 
graisseux“ beigelegt hat und deren specielle Genese noch in Dunkel 
gehüllt ist, wiewohl soviel wohl mit Sicherheit angenommen wer¬ 
den darf, dass der Tuberkel bacillus dabei die Hauptrolle spielt. 

Bei den so vielfachen Möglichkeiten, unter denen ein Empyeme 
sich mit Lungentuberkulose verbinden kann, muss bei der Be¬ 
handlung sehr individualisirt werden. Die verschiedensten 
Umstände können im Einzelfalle ausschlaggebend für die Wahl 
des Heilplanes sein, es kann derselbe im Laufe der Behandlung 
auch geändert werden müssen, wenn neue Gesichtspunkte sich bei 
fortgesetzter Beobachtung ergeben. So erklärt es sich auch, dass 
wir so verschiedenen Ansichten in Bezug auf diese Frage bei den 
erfahrensten Aerzten begegnen. Während manche, wie Fräntzel, 


i) Durch Herrn Dr. Kollmann’s freundliche Vermittelung erhielt ich 
die No. 12 des Jahrgangs 1893 der „Ugeskrift for Laeger“, in 
welcher auf S. 175 der vorliegende Fall ip seinem weiteren Verlauf be¬ 
schrieben ist. 

*) 1. c. S. 176. 


~Gö gle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




I 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Senator, Goltdammer nahezu alle Empyeme bei Tuberkulösen 
für ein Noli me tangere ansehen, wollen andere, wie Bouveret, 
Runeberg und die Mehrzahl der Chirurgen nur die von vorn¬ 
herein ganz hoffnungslosen Fälle aussehliessen. Einzelne, wie 
Debove und Courtois-Suffit 1 ) gehen wieder nicht soweit, in¬ 
dem sie die Thoracotomie nur bei dem acuten, durch Eitercoccen 
hervorgerufenen Empyem der Tuberkulösen angewendet wissen 
wollen, das chronische, nach Art eines kalten Abscesses verlau¬ 
fende Empyem aber nur mit wiederholten Punctionen zu behandeln 
rathen. 

Weitere Erfahrungen werden vielleicht die Waagschale vol¬ 
lends zugunsten der Radicaloperation sinken lassen, doch können 
auch jetzt schon gewisse Regeln als Richtschnur für unser Handeln 
in derartigen Fällen aufgestellt werden. Obenan muss selbstver¬ 
ständlich immer der Satz stehen: Was ist zu möglichst langer 
Erhaltung des Lebens bei möglichst gutem Befinden für den 
Kranken das Beste? 

Die möglichst lange Erhaltung des Lebens in den Vorder¬ 
grund zu stellen, hat deshalb seine Berechtigung, weil wir doch 
oft genug bei chronisch Kranken, und nicht zum mindesten bei 
den tuberkulösen Erkrankungen der Lunge, überraschende und un¬ 
erwartete Wendungen, die allmählich zur Besserung führen, ein- 
treten sehen. Man missverstehe mich nicht. In der Mehrzahl 
der Fälle wird man gewiss von Anfang an bestimmt den einzu¬ 
schlagenden Weg vor sich sehen; aber es giebt Ausnahmefälle, 
die nicht nach den allgemeinen Regeln, sondern nach den für den 
betreffenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände aufzu¬ 
suchenden Indicationen zu behandeln sind, und da kann unter 
Umständen auch bei gutem Allgemeinzustand ein abwartendes 
rein palliatives Verfahren vor eingreifenderen zunächst den Vorzug 
verdienen. b 

Im allgemeinen dürften aber für die Behandlung der Em- 
pyeme ohne oder mit Pneumothorax bei an Lungen¬ 
tuberkulose Leidenden die folgenden Gesichtspunkte als die 
leitenden aufzustellen sein: 

1. Unter allen Umständen muss ein radicaler Ein- 
gnff, am besten die Thoracotomie mit Rippenresection 
gemacht werden, wenn die Probepunction Eitercoccen 
im Exsudat nachw r eisen lässt. 

_ llf ? er . kan ° e . ia et waiger günstiger mechanischer Einfluss des Exsudats 

Jt Ube * kul 1 L r geU T, Grkrankimg gar nicht in Betracht kommen, 
da das mit einem solchen Empyem verbundene hohe Fieber, bezw die 

noch , ™ nachtheiliger auf den Kranken wirkt und seine 
Kräfte rascher aufzohrt, als selbst em ziemlich schnelles, mit hektischem 
Fieber emhergehendes Fortschreiten der Lungenerkrankung. 

Unterlassen wird man die Operation hier nur, wenn der Kranke 
schon vor Auftreten des Empyems in einem rasch fortschreitenden 
schlechtei und hoffnungslosen Zustand sich befand. Hier befchlelnigt das 
Empjem entweder die überhaupt durch nichts mehr abzuwendonde 8 Auf- 
sung, oder es kann sich unter Umständen sogar diese oder jene quälende 
Erschemung wie Husten und Auswurf, bessern, und so trotz Fiebe/s der 

lieber*werdem StaDd d6S S6mem E “ de ont S e g en gehenden Kranken erträg- 

1 • nF' B .^. h “ , * d « Exsudafc keine Eitercoccen aber viel- 

kOTnd welchS°Art e ^ el H- dI1 t n ’- od6r A auch S“ keine Bacterien 
irgend welcher Art, wie dies bei von Anfang an schleichend yer- 

st fe so e werfet b hed C \ r rr h / e T 0rdenem Exsudat “eist der Fall 
4 ■ S0 .- werden bedrohliche Verdrängungserscheinungen zunächst 
Aspiration einer gewissen Exsudatmenge erforderlich machen Da- 

entfMt rd S1 ä. he ™ sst ® Uen ’ inwieweit die comprimirte Lunge noch 
entfaltungsfähig ist. Auch über den Grad der Erkrankung der¬ 
selben lässt sich erst nach Verminderung des Druckes uudttoil 

i 

es.'Sj- “Ätstr: i 

hand Zeiä s£h B b f b r f er f-kuTüseÄÄg Äge™' 1 

^kiKÄrLunS, £iRXtÄÄr ! 

S.38^u M °8 U ^ ard M8rtin Und ^°* Eez ’ eit- bei Bouveret, 1. c., 


menge, etwa 1000 ccm und darüber, keine unangenehmen Ersehe, 
nungen ein, wie heftiger Hustenreiz, Cyanose, kleiner frequenter 
Puls Schmerzen in der Brust, ist die andere Lunge ganz ode 
grösstentheils gesund, die comprimirte nur wenig erkrankt so wird 
man, nachdem der Kräftezustand sich nach der theilweisen Ent. 
leerung etwas gebessert hat, die Thoracotomie wagen können Tr 
nach dem endgültigen Ergebniss derselben kann es später nöthig 
werden, durch weitere Rippenresectionen die völlige Ausheilung der 
etwa zuriickbleibenden Eiterhöhle zu erstreben. S 

3. Ist bei einem grossen, bereits lange bestehenden Em- 
pyem die comprimirte Lunge, auch nach dem Ergebniss der Asm- 
Wenlg ode J r ’f au “ ausdehnungsfähig, ist dabei 
abei der Allgememzustand des Kranken leidlich oder gut das Em- 
pyem stationär und sind die Erscheinungen lediglich von der Be 
einträchtigung der Respiration und Circulation abhängig (Athem- 

T n w., H er pfei !i- ? ÜSte i?' ErUCk im Epigastrium), Io ist unter 
Umständen ein palliatives Verfahren mehr im Interesse des Kranken 

7wi-*h radlcaler E . lngrlff - H , ier sind in grösseren oder kleineren 

Fitflr= h „I'r”ti, e “i Je na S h ., de “ Er8 °beinungen, Aspirationen des 
Eiteis zur theilweisen Entlastung der Brustorgane vorzunelimen 
Bessert sich unter sorgfältiger palliativer Behandlung der Zu- 
stand des Kranken noch weiter, stellt sich nach wiederholten 
Punctionen eine deutliche Neigung zur Verkleinerung der be¬ 
treffenden Brustseite heraus, so könnte man auch hier doch noch 

bewegen* lassen!* '’ ^ ^ * Ur AusheiIung zu bringen, sieb 

.. Als das mildeste Verfahren, um diesen Zweck zu erreichen 
konnte hier vor allem die Playfair»J-Bülau^’sche Methode 
er langsamen Aspirationsdrainage angewendet werden, 
welche in Immermann Curschmann und Leyden auf dem 
?• ^ngress für innere Medicin für die Behandlung des Empyems 
überhaupt w ar me Vertreter gefunden hat. Durch die Mittheilungen 
von Wolfler, Bohland3), A. Fraenkel*), Sahli (A. Eberle*) 
ist dieselbe noch mehr in den Vordergrund gerückt worden, ob¬ 
wohl nicht verschwiegen werden darf, dass andere, wie Runc- 
berg, Bouveret, sich abweisend verhalten. Immerhin wird auch 
bei Anwendung dieser Methode je nach Umständen im weiteren 
erlaufe die Thoracotomie, eventuell mit weiteren Rippenresectionen, 
als letztes Auskunftsmittel nicht zu umgehen sein. 

Die ganze Entwickelung, welche die therapeutischen Bestre¬ 
bungen zur Heilung des Empyems bei Lungentuberkulösen ge¬ 
nommen haben, drängt mehr und mehr zu der wiederholt in neuerer 
Zeit, namentlich auch in der Discussion auf dem 9. Congress für 
innere Medicin in Wien ausgesprochenen dringenden Mahnung an 
die Aerzte hin, wie beim Empyem überhaupt, so auch beim Em- 
pyem Tuberkulöser frühzeitig planmässig und entscheidend ein- 
zugreifen. Am schwierigsten wird unter Umständen die Entschei¬ 
dung sein in Fällen von acuter eiteriger Pleuritis bei plötzlich 
flond werdender, bis dahin latent gewesener Tuberkulose der 
Lungen. Allein sorgfältigste Ueberwachung eines solchen Falles 
unter Berücksichtigung des bacteriologischen Ver¬ 
haltens des Exsudates wird auch hier hinsichtlich der Be¬ 
handlung des Empyems zur rechten Zeit das Richtige treffen 
lassen. 


sies purulentes. P^ris 1892^ S° 182°^ 196. fflt ’ Tra,tement des P leilr<5 ‘ 


Digitized fr, 


Gck .gle 


III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik und dem 
St. Johannes-Hospital in Bonn. 

Erfahrungen bei 2000 Aethernarkosen. 

Von Dr. Otto Heusler, Assistenzarzt. 

Als Prof. Trendelenburg im Sommer 1892, veranlasst durch 
wiederholte Todesfälle in der Chloroformnarkose und durch die 
ersten Ergebnisse der Gurlt’schen Statistik angeregt, sich ganz 
der Aethernarkose zuzuwenden begann, war dieselbe in Deutsch¬ 
land nur wenigen Chirurgen bekannt. Nach dem Bericht von 
VOm April 1892 hatten nur Bruns und Stelzner in aus¬ 
gedehnterem Maasse von der Aethernarkose Gebrauch gemacht, 
der eine in 678, der andere in 761 Fällen; fünf andere Chirurgen 
hatten dieselbe, ebenso wie Trendelenburg, bisher nur in ein¬ 
zelnen Fällen benützt. In früheren Zeiten allerdings war die 
Aethernarkose, oder wenigstens die gemischte Aether-Chloroform¬ 
narkose, in einzelnen Kliniken regelmässig in Gebrauch gewesen. 
So leitete Busch in Bonn die Narkose immer mi t. Aether ein und 
liess dann Chloroform folgen, ein Verfahren, dass meines Wissens 
auch Busch’s Schüler, Madelung, beibehalten hat. 

3 Transact. of the Obstetr. Soc. of London 1872, t. XIV. 

2 Verh. des 9. Congr. f. inn. Med. 1890. 

) Deutsche med. Wochenschr. 1891, S. 1304 und 1893, S. 449. 

5 ) 1 . c. 

5 ) Zur Behandlung der Pleuraempyeme mittels Punctionsdrainagc. 
Inaug.-Diss. Bern 1892, . 

Original from 

university of michigan 






DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


741 


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laeteriolouisii^ 1 
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Zeit das MW W 


täfsklinit nnd äa 


20. September. 


Die ersten Versuche mit reinen Aethernarkosen in der Bonner 
Klinik ergaben unbefriedigende Resultate; es dauerte sehr lange 
ehe die Narkose erzielt wurde, und es stellte sich eine sehr lästige 
profuse Salivation ein. Es lag dies daran, dass wir eine zu kleine 
Maske nahmen und die Aetherdämpfe daher nicht eoncentrirt genug 
emwirkten Im Herbst 1892 fand dann Prof. Trendelenbur« 
durch das freundliche Entgegenkommen von Juliiard in Genf Ge¬ 
legenheit das von diesem angewandte Verfahren kennen zu lernen 
und seitdem wir dieses in der Klinik ausschliesslich anwenden’ 
haben wir allen Grund, mit der Aethemarkose zufrieden zu sein’ 
Mit der Veröffentlichung der Resultate haben wir bisher ge¬ 
zögert, um erst ausgedehntere Erfahrungen zu sammeln. Jetzt 
steht uns eine Reihe von über 2000 reinen Aethernarkosen (aus 
der Universitätsklinik und dem St. Johannes-Hospital) zu Gebote 
und wir haben nach den dabei gemachten Erfahrungen mehr und 
mehr die Ueberzeugung gewonnen, dass der Aether als das Normal- 
anästhesirungsmittel anzusehen ist, so lange kein neues, vielleicht 
noch besseres und noch weniger gefährliches Mittel’ gefunden 
wird. 


In statistischer Beziehung ist die Zahl 2000 zwar an sich 
sehr klein; unsere Resultate können daher erst Bedeutung ge¬ 
winnen, wenn sie in der allgemeinen von Gurlt unternommenen 
Narkotisirungsstatistik 1 ) mit verarbeitet sind. Es ist zu hoffen 
dass die Betheiligung an dieser Statistik von seiten der Kliniken 
und Krankenhäuser eine allgemeinere wird, als sie bisher gewesen 
ist. Denn der Nutzen derselben liegt klar zu Tage. Sind doch 
schon jetzt die Resultate sehr überraschende: Auf 2915 Chloro¬ 
formnarkosen kam ein Todesfall, die Aethemarkose ergab erst auf 
14646 Fälle einen Todesfall, oder richtiger gesagt, keinen Todes¬ 
fall. Denn der registrirte Todesfall aus der Bonner Klinik war, 
wie hier ausdrücklich hervorgehoben werden soll, kein Todesfall 
durch Aether, er ist nur aus übergrosser Gewissenhaftigkeit als 
solcher eingetragen und bei der Revision versehentlich stehen ge¬ 
blieben. 

Was die Technik der Aethemarkose angeht, so bestellt unsere 
der Julliard’schen nahezu gleiche Maske aus einem mit Hand¬ 
griff versehenen Drahtkorb, dessen ovale Oeffnung so gross ist, 
dass sie das volle Gesicht des Patienten aufnimmt, ferner einer 
darüber gelegten dicken Lage von Gaze oder einer mehrfachen 
Schicht von Flanell, die noch.von einem Wachstuch überdeckt ist. 
Auf diese Weise erhält man die zur Erzielung von vollkommener 
Anästhesie erforderliche Concentration der Aetherdämpfe. Eine 
Chloroformmaske, auf welcher der aufgegossene Aether im Augen¬ 
blick verdunstet sein würde, ist gänzlich unbrauchbar. 

Das Quantum des aufgegossenen Aethers muss zu Beginn der 
Narkose gross sein. Die nöthige Menge ist individuell sehr ver¬ 
schieden. Erwachsene brauchen naturgemäss mehr als Kinder, 
Männer wieder mehr als Frauen, das meiste Potatoren und nervöse 
Individuen. Doch sollten 30 ccm immerhin das Mindestmaass des 
anfangs aufgegossenen Aethers, auch bei Kindern, sein, falls nicht 
aussergewöhnliche Umstände, wie z. B. Sliok nach schweren Ver¬ 
letzungen, zu besonderer Vorsicht mahnen. Das Mittelmaass bei 
uns ist wohl 50 ccm; im übrigen, möchte ich sagen, ist es Sache 
der Uebung und des Gefühls des Narkotisirenden, wieviel er jedes¬ 
mal aufzugiessen für nöthig hält. Ist einmal vollständige An¬ 
ästhesie vorhanden, deren Eintritt in vielen Fällen schon durch deu 
ersten Aufguss nach wenigen Minuten he wirkt wird, so sind nur 
noch geringere Mengen Aether nöthig, jedesmal etwa 20 ccm, um 
die Narkose zu unterhalten. Bei allen voraussichtlich länger 
dauernden Operationen erhalten Erwachsene zu Beginn eine sub- 
cutane Morphininjection, und zwar Männer 0,01—0,015, Frauen 
0,005—0,01 g. Die Vorbereitungen zur Aethemarkose sind die¬ 
selben wie die zu jeder anderen Narkose. 

Die Maske wird zunächst nicht sofort ganz übergestülpt, son¬ 
dern erst bis zu einer Entfernung von ungefähr 5 cm dem Gesicht 
des Patienten genähert, wodurch das anfängliche Gefühl der Be¬ 
klemmung und Erstickung gemildert und auch, wie uns scheint, 
die Schleim- und Speichelsecretion, von der an späterer Stelle die 
Rede sein wird, nicht so profuse wird. Nach etwa l /2 Minute wird die 
Maske dem Gesicht fest aufgesetzt und darüber noch ein nasses aus¬ 
gerungenes Handtuch gedeckt, so dass überall ein möglichst dichter 
Abschluss gegen aussen erzielt wird. Die Maske wird, wenn sonst 
keine Störung eintritt, bei kurzdauernden Narkosen nur zum neuen 
Aufgiessen gelüftet. Man wird jedoch finden, dass sich die Aether¬ 
dämpfe in diesem abgeschlossenen Raume vorzüglich halten, so dass, 
wie schon gesagt, häufig der erste Aufguss zur Herbeiführung 
vollständiger Anästhesie genügt und dass oft erst nach V-i, ja V 2 
Stunde und mehr ein neues Aufgiessen nöthig wird. Aus dem¬ 
selben Grunde kann man die Maske, nachdem man sie — mit dem 


offenen Theil nach unten und übergedecktem Handtuch — bei 
Seite gelegt hat, auch wieder nach längerer Zeit benutzen, ohne 
frisch aufzugiessen. Im allgemeinen geschieht dies jedoch nur bei 
länger dauernden Operationen. Desgleichen nehmen wir allerdings 
auch bei kleinen Kindern, trotzdem wir gerade hier nur sehr selten 
üble Zufälle gesehen haben, aus Vorsicht die Maske ab, sobald 
Anästhesie eingetreten ist. 

Mit Unrecht hat man dieser sogenannten Genfer Methode des 
Aotherisirens den Namen Erstickungsmethode beigelegt, und wenn 
Grossmann 1 ) aus diesem Grunde neuerdings für eine auch von 
anderen geübte Methode des langsameren Aefcherisirens mit der 
Wanseher’schen Maske eintritt, so mache ich darauf aufmerksam, 
dass Dreser 2 ) auf Grund von ausführlichen Untersuchungen zu 
dem Resultat gekommen ist, dass es unter der Julliard'schen 
Maske „weder zu einer bedenklichen Anhäufung der Kohlensäure 
noch zu einer irgendwie gefährlichen Verarmung der geathmeten 
Luft an Sauerstoff kommt.“ Dies ganz abgesehen von der Länge 
der Zeit, welche diese Methode zur Erzielung von Anästhesie be¬ 
ansprucht und die 15—80 Minuten befragen soll. 

Der Aether wird aus Marquart’s chemischer Fabrik in braunen 
Flaschen von 500 g Inhalt bezogen. Eine solche Flascho nebst 
den zur Narkose nötliigen Instrumenten: Roser’schem Kieferdiln- 
tator, Zungenzange, Schwämmchen zum Mundauswischen, trägt der 
Narkotiseur in einer an einem Schulterband befestigten Tasche. 
Der Aether wird von Zeit zu Zeit in dem hiesigen pharinokolo- 
logischen Institut auf seine Reinheit geprüft. Derselbe erwies sieli 
als den Ansprüchen der Pharmakopoe entsprechend bis auf einen 
geringen Gehalt von Wasserstoffsuperoxyd, der nach der Meinung 
von Herrn Geheimrath Binz zu unbedeutend war, als dass er 
irgend einen nachtheiligen Einfluss auf die Narkose hätte ausüben 
können. 

Von dem Verlaufe der Aethemarkose will ich nur die Haupt¬ 
punkte, und zwar mit besonderer Berücksichtigung des Unter¬ 
schieds gegenüber der Chloroformnarkose hervorhebou. Derselbe 
ist in der Mehrzahl der Fälle (etwa %) ein typischer. Um diesen 
sozusagen idealen Verlauf zu erzielen, ist es vor allem nöthig, 
den Patienten in Ruhe zu lassen, ihn nicht durch zu frühes 
Waschen und Desinficiren, geschweige denn Operiren, zu stören, 
bevor Anästhesie eingetreten ist. Narkotisirt man unter Beob¬ 
achtung dieser und der früher angegebenen technischen Regeln, 
so tritt im Mittel nach fünf Minuten, oft aber auch schon nach 
1—2 Minuten, ohne jegliches Excitationsstadium volle Anästhesie 
ein. Schon vorher tritt eine lebhafte Rötho des Gesichts und 
des Halses, manchmal auch der oberen Brustpartieen, ein, die 
auch bei freien Luftwegen in leichte Cyanose übergehen kann. 
Oefters tritt gleichzeitig ein mehr oder weniger starker Schweiss - 
ausbruch, besonders im Gesicht, auf; die Conjunctiven sind stark 
injicirt. und glänzend. Die Hautröthe nimmt im Verlauf der 
Narkose meist ab, selten aber bemerkt man jenes fahle Aussehen, 
das vielen Chloroformnarkosen eigen ist. Eine mässige Speichel¬ 
und Schleimsccretion in den oberen Luftwegen, besonders zu Be¬ 
ginn der Narkose, ist die Regel. Sehr bemerkenswerth ist das 
Verhalten des Pulses, der sich schon nach wenigen Zügen zu heben 
beginnt, und gewiss ist die Hebung der Herzkraft, wie schon von 
den verschiedensten Seiten hervorgehoben worden ist, einer der 
wesentlichsten Vorzüge des Aethers vor dem Chloroform. Die 
Athmung ist zu Beginn der Narkose frequenter und erhält erst 
bei länger dauernder Narkose ihre normale Frequenz wieder. Die 
Muskelerschlaffung ist, wenn man nur die Narkose gleichmässig 
tief zu erhalten versteht, in den meisten Fällen eine vorzügliche: 
im allgemeinen gilt dies auch für die Bauchmuskulatur, und nur 
hier und da wurde dieselbe bei Laparotomieen durch Chloroform 
besser entspannt. In solchen Ausnahmefällen ist man dann eben 
darauf angewiesen, das geeignete Narkoticum auszuprobiren. 

Doch nicht immer verläuft die Narkose so glatt. Häufig 
wird die Salivation und Schleimsecretion in den oberen Luftwegen 
recht lästig und führt im Anfang zu einem widerwärtigen Schlucken, 
Würgen und Husten. Diese Erscheinungen legen sich regelmässig 
mit der Zeit, kehren aber leicht beim neuen Aufgiessen von Aether 
wieder, selbst wenn die Betäubung noch eine so tiefe ist, dass 
vollständige Anästhesie vorhanden ist. Sie können zu Beginn der 
Narkose, wie schon bemerkt, entschieden vermindert werden, indem 
man die eingeathmeten Aotherdämpfe erst allmählich conc-entrirter 
werden lässt. Bedenkliche Zufälle während der Narkose infolge 
von starker Schleimansammlung in den oberen Luftwegen haben 
wir kaum gesehen; hierdurch bedingte Cyanose konnte immer durch 
Vorschieben des Unterkiefers, im Nothfall durch Auswischen des 
Schlundes und Vorziehen der Zunge, beseitigt werden. Die Tracheo¬ 
tomie wurde deshalb niemals erforderlich, wohl aber zogen wir cs 


*) E. Gurlt. Zur Narkotisirungsstatistik. Arch. f. klin. Chirurgie 
Bd. 46, S. 169. 


r ) Diese Wochenschrift 1894, S. 55 und 81. 

,J ) Beiträge zur klin. Chirurgie, Bd. X, S. 412. 


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ungirai rren 

UNIVERSETY OF MICHtGAN 






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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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ler Narkose, gross Ag?; 

der Aetherdämpfe s ^ 
fitwa 2-3 Miauten, y® 
ziemlich plötzlich fe 
'orziehen des Untatob: 
iört bald auf. Papto v>, 
ize. Vorbereitung tat IrA 
wird, erfolgt ein tick s 
Widerkehr des P&« t 
,d Apnoe dauerten tsip- 
eine besonderen Ersior: 
Athem- und Hen-Lita 
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zeitlich auseinander fe 
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20. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


743 


.Narkose entfernt. Nach Beendigung der Operation ist das Kind sehr blass 
geworden der Puls sehr klein. Eine halbe Stunde nachher - das Kind 

Sr n° n Alu" 01 au te 8 ® hn ;e n - ist der Radialispuls nicht mehr zu 
mhlen. Die Atmung sistirk Unter Hautreizen, künstlicher Athmung, 
Beklopfen der Herzgegend, Darreichen von Cognac, erholt sich das Kind 
im Verlauf einer halben Stunde. 

über 130 aUCh fÖDf Tagß DaCh d ° r 0peration sehr klein * Frequenz stets 


Sechs Tage später wird die Amputation vorgenommen, wobei Chloro¬ 
form, aber mit grösster Vorsicht gegeben wird. Kein Zwischenfall: aber 
dafür wird auch kaum eine tiefe Narkose erzielt. 

Patientin starb zwei Monate später ausserhalb der Klinik- a u unbe¬ 
kannter Ursache. (Metastasen in den Lungen waren bei der Entlassung 
schon wahrscheinlich.) 


Es handelte sich also in beiden Fällen um heruntergekommene 
anämische Kinder, bei denen auch jede andere Narkose schon als 
em bedenklicher Eingriff zu bezeichnen gewesen wäre. 

Auch in dem dritten Falle handelte es sich um eine in ihren 
Kräften (durch Carcinomatose) bereits heruntergekommene Frau 
(primäres Pankreascarcinom ?): 

Marianne W., 34 Jahre alt, Dauer der Narkose 90 Minuten. Gallen¬ 
blasenfistel. Cholecystenterostomie. Die Narkose verlief normal, aber mit 
beträchtlicher Salivation und wiederholtem Erbrechen. Nach dem Erwachen 
bestand auffallendes Schleimrasseln in der Trachea und den Bronchien. 
Am nächsten Tage nahm dies zu, die Expectoration war wegen der Bauch¬ 
wunde erschwert. Abends trat stärkere Dyspnoe ein, die zwar im Laufe 
der Nacht wieder stundenlang geringer war. Während des folgenden 
Tages nahm das Trachealrasseln wieder zu. Abends 7 Uhr (32 Stunden 
nach der Operation) trat der Tod unter den Erscheinungen von Lungen¬ 
ödem ein. Section nicht gestattet. Geschwulstknoten aus dem Netz, 
durch die Bauchwnnde excidirt, erweisen sich als Uarcinom. (Lungen¬ 
metastasen?) 

Also auch hier ein Todesfall zweifelhaften Ursprungs, hei dem 
sehr zu bedauern ist, dass die Section unterlassen werden musste. 
Auch hier wirkten wieder verschiedene Umstände zusammen: eine 
eingreifende Operation von 1V-2 stündiger Dauer hei einem, durch 
ein progressives Leiden geschwächten Individuum, die durch die 
Bauch wunde sehr erschwerte Expectoration. Was man in diesem 
Falle dem Aether zur Last legen kann, ist die starke Schleim¬ 
und Speichelsecretion während der Narkose. Zeichen eines starken 
Bronchialkatarrhs hatten vorher nicht bestanden. 

Um nichts von dem, was zu Ungunsten des Aethers sprechen 
kann, verschwiegen zu haben, habe ich absichtlich diese Fälle etwas 
genauer beschrieben, ohne dass ich wohl zu fürchten brauche, da¬ 
durch vor der Aethemarkose abzuschrecken. Ein ganz gefahrloses 
Anästhesirungsmittel giebt es eben nicht. Aber das muss dem 
Chloroform gegenüber hervorgehoben werden: Ein ganz plötzlicher, 
unvermutheter Tod in der Narkose bei einem gesunden und blühen¬ 
den Menschen, wie ihn wohl jeder beschäftigte Chirurg in der 
Chloroformnarkose wiederholt erlebt hat, scheint bei der Anwen¬ 
dung von Aether absolut nicht vorzukommen. Tritt Gefahr ein, 
so sieht man sie allmählich heranziehen und kann ihr zu rechter 
Zeit entgegen treten. 

Trotz der unverkennbaren Vorzüge des Aethers, ist das Chloro¬ 
form nun doch nicht ganz entbehrlich. Das gilt vor allem für die 
Operationen im Gesicht, das durch die grosse Aethermasbe ganz 
verdeckt wird. Bei kurz dauernden Operationen ist natürlich auch 
hier der Aether noch anwendbar, indem man bei Beginn der Ope¬ 
ration die Maske wegnimmt. Bei länger dauernden Operationen 
macht sich bald der Uebelstand bemerkbar, dass die Aethemarkose 
nur sehr kurz anhält. In gewissen Fällen, besonders wenn das 
Operationsgebiet nicht Nase und Mund betrifft, kann man sich noch 
mit einer kleinen Maske helfen. Dass dies gut möglich ist, be¬ 
weisen die 2500 Fälle der Berliner Universitäts-Augenklinik, über 
die Silex 1 ) berichtet. Wir haben zu diesem Zweck das Draht- 
gestell einer Esmarch’schen Chloroformmaske in derselben Weise 
ausgerüstet wie die Aethermaske. Im allgemeinen jedoch ist es 
im Interesse der Beschleunigung der Operation selbst, sowie viel¬ 
leicht auch im Interesse der bei der grossen Aethermaske nicht 
sichern Asepsis, nicht umgänglich, Chloroform zur Hülfe zu nehmen, 
selbstverständlich, nachdem man mit Aether die Narkose eingeleitet 
hat. Unter den gemischten Aether-Chloroformnarkosen der Tabelle 
sind 163, die sich auf Gesichtsoperationen beziehen. 

Ferner ist auf die grosse Brennbarkeit des Aethers bei An¬ 
wendung von Glühhitze und von künstlicher Beleuchtung Rücksicht 
zu nehmen. Was letztere angeht, so ätherisiren wir bei Beleuch¬ 
tung durch Gasflammen, die in minimo 1 m vom Operationsterrain 
entfernt sind, und haben nie einen unangenehmen Zwischenfall er¬ 
lebt. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die Aether- 
dämpfe schwerer als Luft sind und deshalb zu Boden sinken, zu¬ 
dem noch durch das übergedeckte nasse Tuch zurückgehalten werden. 
Will man mit dem Pacquelin’schen Thermokauter arbeiten, so 
muss bei Operationen am Gesicht und Hals jedenfalls die Aether- 

*) Silex. Ueber die Aethemarkose. Berlin, klin. Wochenschr. 1890. 


maske entfernt werden. Xieileicht ist es aber übertriebene \ r orsich1. 
wenn wir auch bei Operationen an entfernteren Körperteilen die 
durch ein nasses Handtuch verdeckte Aethermaske durch die 
Chloroformmaske ersetzen. 

Bei Erkrankungen der Luftwege sahen wir uns, wie gesagt, 
nur selten veranlasst, Chloroform anzuwenden. Regelmässig wandten' 
wir es von vornherein hei Tracheotomieen wegen Larynxdiphtherie 
an. Desgleichen gingen wir hei den hier nur vereinzelt vor¬ 
kommenden Fällen vou Struma zum Chloroform über, sobald die 
Schleim- und Speichelsecretion stärker wurde. 

Ausserdem scheint es einzelne Individuen zu geben, welche den 
Aether als Narkoticum weniger gut vertragen als Cloroform. wenn 
es auch nicht so häufig vorkommt wie das Umgekehrte. So sahen 
wir in einem Falle in der Aethemarkose Glottiskrampf auftreten, 
während die Chloroformnarkose ohne jede Störung verlief. Es 
handelte sich um einen 25jährigen Studenten, der behufs Excision 
eines Rectumpolypen nach subcutaner Morphininjection (0,015) 
ätherisirt. wurde. Nachdem derselbe zwei bis drei Minuten den 
Aether ruhig eingeathmet hatte, entstand inspiratorische Dyspnoe: 
die Inspiration erfolgte jedesmal unter einem langgezogenen hellen 
Ton. Dabei wurde Patient cyanotisch, ohne dass die Zunge zurück- 
gesunken war. Dieser Zustand verschwand mit der Wegnahme 
der Aethermaske und kehrte wieder, sobald sie wieder vorgehalten 
wurde. Bei Fortsetzung der Narkose mit Chloroform wurde die¬ 
selbe alsbald eine ruhige. 

In 37 Fällen wurde Aether im Anschluss an Bromäthyl ge¬ 
geben; diese Narkosen verliefen alle ohne Zwischenfall. 

Auf Grund unserer Erfahrungen können wir mit den genannten 
Einschränkungen die Aethemarkose mit bestem Gewissen empfehlen. 
Auch in Deutschland hat sie im Laufe des letzten Jahres bereits 
manche Anhänger gefunden, bisher mehr in den Krankenhäusern, 
als in der Praxis. Es liegt in der Natur der Sache, dass der 
praktische Arzt zunächst ausgedehntere Erfahrungen in den Kliniken 
und Krankenhäusern abwartet, ehe er zu einem neuen Narkoticum 
übergeht. Mögen diese Mittheilungen dazu beitragen, die Aether- 
narkose auch bei den in der Praxis stehenden Collegen populärer 
zu machen. Wer sich mit der Methode des Aetherisirens vertraut 
gemacht hat, wird sich von den grossen Vortheilen der Aether- 
narkose bald überzeugen und sich durch die kleinen Nachtheile 
nicht wieder von ihr abwendig machen lassen. Er wird es als eine 
grosse Beruhigung empfinden, dass die bei der Chloroformnarkose 
im Hintergründe dirohende Gefahr der urplötzlichen, ganz unberechen¬ 
baren Herzsynkope beseitigt ist, und er wird mit grösserer Ruhe 
und Sicherheit operiren, weil seine Aufmerksamkeit, wie Roux 1 ) 
richtig hervorhebt, viel weniger von dem Operationsfeld abgolenkt 
wird wie bei der Chloroformnarkose. 

Zur Orientirung über die Zahl 2 ) lind die Dauer der ausgeführten 
reinen Aethernarkosen, sowie der gemischten Aether-Chloroform¬ 
narkosen, ferner über Alter und Geschlecht der Narkotisirten diene 
folgende Tabelle. (Die gemischten Aether-Chloroformnarkosen sind 
eingeklammert.) 


unter 1 Jahr 
1—10 J. 
10—20 J. 
20—60 J. 
60—70 J. 
über 70 J. 


Summa 


Summa 1391 (150) 780 (96) 


Also: 

reine Aethernarkosen.2171 

Aether-Chloroformnarkosen.246 

Dazu Bromäther-Aetliernarkosen ... 37 


Gesammtzahl 2454 


l ) E. Gurlt, Zur Narkotisirungsstatistik. Archiv für klin, Chirurgie 
Bd. 46, S. 169. 

a ) Seit Abfassung dieser Arbeit ist die Zahl unserer Aethernarkosen 
auf etwa 3000 angewachsen. 


Männer 

unter I 30 bis 160 bis I über 
30 Min. 60 Min. 120 M. 120 M. 


Frauen 

unter I 30 bis I 60 bis | über 
30Min. 60Min. 120 M. 120M. 


«in 

^ <3 


64 

|195 

1152 

|419 

32 


(5) 

(7) 

( 8 ) 

(51) 

(5) 


10, (5) 


( 1 ) 


, (5) 

1111 ( 8 ) 
|114; (9) 
213(28) 
19! (3) 
4 (1) 


341 (3) 

11221118 )! 
15 (3) 
11, (l)i 


4i — 
[13 (2) 
35'(10) 
61 (1) 


( 1 ) 


872 (81) 413 (53) 90 (15) 16 (1) 489 (54) 221 (28) 58 (13) 12 (1) 


Go gle 


Orlglr fföm 

UNIVERSSTY OF MICHIGAN 







744 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38 


IV. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua. 

Neue Beobachtungen über die diagnostische 
und therapeutische Wirkung der Stoff- 
wechselproducte des Rotzbacillus bei der 
Rotzinfection des Menschen und der Thiere. 

Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts. 


(Schluss aus No. 37.) 


11 . Heilwerth der Stoffwechselproducte des Rotzbacillus. 

Dem grössten Theil der von mir angestellten Forschungen 
lag die Absicht zugrunde, festzustellen, ob es möglich sei, die 
spontane oder experimentelle Rotzkrankheit auf irgend eine Weise 
mittels der toxischen Product# des Rotzbacillus zu heilen. Der 
Umstand, dass es weder gelungen war die Laboratoriumsthiere 
noch die Einhufer gegen den experimentellen Rotz immun zu machen, 
genügte nicht, mich von meinem Vorhaben abzubringen, und zwar 
sowohl wegen der gleichzeitig beim Menschen erzielten Resultate, 
als auch infolge der durch den verschiedenen Verlauf der natür¬ 
lichen und der experimentellen Rotzinfection gewonnenen Kennt¬ 
nisse von der Eingangspforte des Rotzbacillus, von dessen Virulenz 
und der Menge des eingeführten Materials. Ich dachte mir ferner 
sowie es Infectionskrankheiten giebt, bei denen es viel leichter 
ist Immunisirung als Heilung zu erzielen (selbst wenn die Krank¬ 
heit auch erst ganz kurze Zeit besteht), so müsste es auch andere 
geben, bei denen es im Gegentheile leichter ist, Heilung als Im¬ 
munisirung zu erzielen (Initialformen der experimentellen Tuber- 
kulosis). 

Geleitet von diesen Erwägungen, habe ich mehrere Reihen von 
Heilversuchen bei verschiedenen Thieren (Meerschweinchen, Katzen, 
Hunden, Pferden) angestellt, indem ich mich hierbei der toxischen 
Producte des unter verschiedenen Bedingungen, — d. h. sei es auf 
günstigeren Nährböden (Kartoffel, Glycerin-Agar), sei es in weniger 
günstigeren (Serum von Ochsenblut), oder im Organismus einiger 
Thiere, die die Eigenschaft besitzen, die Wirkung des genannten 
Bacillus für andere bestimmte Thiere abzuschwächen — gehaltenen 
Rotzbacillus bediente. 


Die Resultate aller dieser Versuche, die ich hier mittheilen 
will, waren günstiger als jene, denen die Absicht zugrunde lag, 
mittels einer Präventivbehandlung Immunität zu verleihen. That- 
sächlich gelang es mir, die Heilung des experimentellen Rotzes bei 
einigen Meerschweinchen und bei einem Hunde, so wie die des 
natürlichen Rotzes bei einem Pferde zu erzielen, welch letzteres 
Thier nicht nur die bekannten Infectionssymptome gezeigt, sondern 
auch auf das diagnostische Mallein reagirt hatte und dessen Blut, 
zweien Meerschweinchen eingeimpft, dieselben rotzkrank machte. 

Da die Heilmethode nicht durchgängig für alle Thiere die 
gleiche war, sondern je nach dem verschiedenen Grade der Empfäng¬ 
lichkeit für das Rotzvirus diflferirte, so ist es angezeigt, die bei 
jeder Thiergattung erhaltenen Resultate gesondert mitzutheilen. 

Nicht geringen Schwierigkeiten begegnete ich bei der Heilung 
der mit experimentellem Rotz behafteten Meerschweinchen, sei es 
weil die zur Infection benutzten Culturen zu virulent waren, oder 
weil die Anwesenheit der in verschiedenen Formen (Mallöin, 
Serum) eingeführten toxischen Producte des Rotzbacillus die Er¬ 
nährung der Thiere störte und in der Folge die Vermehrung und 
Verbreitung des Rotzbacillus im Organismus der zu heilenden 
Meerschweinchen förderte. Nachdem ich bei der Behandlung mit 
dem aus Culturen stammenden Mallöin mehrere Misserfolge zu 
verzeichnen hatte (Misserfolge, welche darin bestanden, dass die 
behandelten Meerschweinehen trotz des langsameren Verlaufs der 
Krankheit und trotz der geringeren Grösse und des mehr fibrösen 
Charakters der Rotzknoten doch auch zugrunde gingen), entschloss ich 
mich, mit dem Rinderserum zu cxperimentiren, in welchem ich 
lange Zeit die Agar- oder Kartoffelcjilturen entnommenen Rotz¬ 
bacillen gehalten hatte. Dieses Serum, welches bekanntlich für 
die Entwickelung des Rotzbacillus ungeeignet ist, wurde im 
Thermostat, im Dunklen, bei einer Temperatur von 30—32° zwei 
bis drei Wochen lang gehalten und schliesslich mittels Filtrirung 
durch den Chamberlain’schen Apparat für die Behandlung 
hterilisirt. Dieser Behandlung habe ich nun mehrere Meerschwein- 
chen vom Beginne der Infection an unterzogen, indem ich ihnen 
ln , d ®* der Rotzknoten in das subcutane Bindegewebe jedes¬ 
mal Vs —72 ccm Serum einspritzte. 

Die auf diese Weise behandelten Meerschweinchen zeigten bei 
ihren Rotzknoten bemerkenswerthe Veränderungen, indem dieselben 
weicher und kleiner erschienen als bei denjenigen der Controllthiere; 

„ mit diesen kleineren Knoten angelegten Culturen ergaben eine 
spärliche Entwickelung. Kein derart behandeltes Meerschweinchen 
konnte geheilt werden; sämmtliche gingen, wenn auch nur sehr 
langsam, zugrunde. 


In der Annahme, dass diese Misserfolge weniger der Menge 
des eingeführten Infectionsmaterials als vielmehr dem Grade der 
Virulenz der benutzten Culturen zuzuschreiben sei, versuchte ich 
die Behandlung der inficirten Meerschweinchen mit durch Alterung 
und Austrocknung abgeschwächten Culturen durchzuführen. 

Ich verschaffte mir ganz feinen sterilisirten Sand, inficirte ihn, 
in kleinen Mengen in Erlenmeyer’sche Kölbchen und in Eprou¬ 
vetten vertheilt, nach vorheriger neuerlicher Sterilisirung mit 
Reinculturen des Rotzbacillus und hielt ihn alsdann 3 bis 15 Tage 
lang im Thermostat bei 35°. 

Viele mit diesem Sand subcutan inficirten Meerschweinchen 
wurden rotzkrank. Der Verlauf der Krankheit war jedoch diesmal 
langsamer, die Knoten kleiner und flacher und die visceralen und 
und articulären Localisationen minder schwer. Ein Theil der so 
inficirten Meerschweinchen wurde nun der Behandlung mit Rinder¬ 
blutserum, das, nachdem es vorher in Berührung mit den Rotz- 
culturen gewesen, filtrirt worden war, unterzogen; ein anderer 
Theil wurde sich selbst überlassen. Von letzterem Theil starben 
alle Thiere unter dem anatomischen und baeteriologischen Befund 
des Rotzes. Unter den behandelten Meerschweinchen beobachtete 
ich einige Fälle unzweifelhafter Heilung; so schwanden bei zweien, die 
mit (mit Erde gemischtem) Blut eines rotzkranken Meerschwein¬ 
chens (nach zweitägiger Trocknung) geimpft wurden, rapid die 
Rotzknoten nach der Injeetion des Serums, während bei den 
Controllthieren die Krankheit ihren fortschreitenden und mit dem 
Tode endenden Verlauf nahm. Ebenso überlebten zwei Meer¬ 
schweinchen, die der Serumcur unterzogen wurden, nachdem sie 
vorher mittels Einimpfung von Erde, die durch bacillenreichen Pus 
eines rotzkranken Pferdes (nach elftägiger Austrocknung) inficirt 
war, rotzkrank gemacht worden waren, während die Controll-Meer- 
schweinchen starben und harte, tiefe, an der Impfstelle ad- 
härirende Knoten von Haselnussgrösse aufwiesen. — Bei anderen vier 
Meerschweinchen, denen eine kleine Menge einer seit zwei Monaten 
getrockneten Rotzcultur subcutan eingesprizt worden war und bei 
denen sich nach wenigen Tagen knotige Verdickungen zeigten, 
nahm ich in Zwischenräumen von je drei Tagen eine Reihe von 
sechs Injectionen meines Heilserums vor und beobachtete, dass, 
während die Controllthiere circumscripte, tiefgreifende Knoten auf¬ 
wiesen, die behandelten Meerschweinchen nur eine leichte, flache 
Verdickung zeigten. Bei letzterem Versuche kann ich jedoch 
keinerlei sicheren Schluss ziehen, da nach einer gewissen Zeit so¬ 
wohl bei den behandelten als bei den zur Controlle dienenden 
Meerschweinchen alle Läsionen schwanden. 

Bei der Behandlung des experimentellen Rotzes der Meer¬ 
schweinchen wurden also die grössten Erfolge mittels des die 
toxischen Producte des Rotzbacillus enthaltenden Rinderserums 
erzielt. Ich bemerke jedoch, dass, wenn man nicht so vorsichtig 
ist, mit geschwächtem Virus zu arbeiten, man eine Heilung nicht 
zu erzielen vermag. 

Noch günstigere Resultate bei der Heilung des experimentellen 
Rotzes erzielte ich beim Hunde mittels des aus Culturen dar¬ 
gestellten Mallöins; diese günstigeren Resultate stehen vielleicht 
in einem gewissen Zusammenhänge mit der grösseren Widerstands¬ 
fähigkeit, die der Hund gegenüber dem Meerschweinchen für das 
Rotzvirus besitzt. Während die wiederholte Injeetion verhältniss- 
mässig starker Dosen Mallöin (aus Culturen) bei den Hunden eine 
progressive Abmagerung zur Folge hat, welche die Thiere weniger 
widerstandsfähig für den Rotzbacillus macht, wirkt dieselbe 
Substanz, in minimalen Mengen bereits rotzkranken Himden sub¬ 
cutan injicirt, günstig, indem sie binnen wenigen Wochen den 
Infectionsprocess hemmt. Bei einem kräftigen Jagdhund, welcher 
infolge subcutaner Einimpfung von virulenter Rotzcultur an der 
Impfstelle eine ausgebreitete Exulceration mit infiltrirten Rändern 
und speckigem Grund aufwies — eine Läsion, der bald andere 
Geschwürsbildungen an der Ohrmuschel, am Rücken, an den Seiten 
und an den Beinen folgten — unternahm ich die Behandlung, nach¬ 
dem ich nachgewiesen hatte, dass sich in dem von der Oberfläche 
der Geschwüre entnommenen Pus die Rotzbacillen vorfinden. 
Alle drei bis vier Tage wurden nun Vs —*/2 ccm Mallöin mit der 
gleichen Menge sterilisirtes Wasser verdünnt, eingespritzt ; Nach 
einem .Monate waren die Geschwüre vollkommen abgeheilt, und 
das Thier, das zu Beginn der Cur abzumagern begonnen hatte, er¬ 
holte sich vollständig. Im besten Wohlsein getödtet, zeigte es bei 
der Autopsie keinerlei Alterationen. Dieser Versuch entbindet uns 
durch seine Klarheit von der NothWendigkeit, noch andere ähnliche 
anzuführen; er weist deutlich die Heilwirkung des Mallöins beim 
Hunde nach. Um auch dem Zweifel derjenigen zu begegnen, die 
da behaupten könnten, dass der rotzkranke Hund spontan zu ge¬ 
nesen pflegt, bemerke ich, dass der zur Controlle dienende und 
mit der gleichen Cultur inficirte Hund an Rotz zugrunde ging, 
und ich hebe ferner hervor, dass keiner der von mir mit viru¬ 
lenten Rotzculturen geimpften Hunde spontan genas. 


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Original fro-m 

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20. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


745 


• L ! le u “ te rsehiede in der therapeutischen Wirkungsweise der 
toxischen Producte des Kotzbacillus (Serum des Rinderblutes — 
Mallem) stehen wahrscheinlich in Beziehung zur individuellen 
^Institution; aus dieser resultirt, dass, während das Mallein bei 
Meerschweinchen wirkungslos bleibt, es beim Hunde sich als nütz¬ 
lich erweist, dass dagegen bei ersterem das Rinderserum nütz- 
lieh wirkt. 


Heilung des spontanen Rotzes beim Pferde. 

Schon im Jahre 1892 wies ich in einer vorläufigen Mittheilung 
mit Hinblick auf die biologischen Eigenschaften verschiedener 
Malleinarten nach, dass man verschiedene Wirkungen erzielen kann 
je nachdem man sich des aus Culturen, oder aus dem Blute oder 
aus Emulsionen der an Rotz verstorbenen Thiere dargestellten 
Malieins bedient. Bei den Versuchen der letzten zwei Jahre hatte 
ich Gelegenheit, mich zu überzeugen, dass die aus Blut oder 
frischen Ewgeweiden dargestellten Malleinarten stets besser tolerirt 
werden, als die aus frischen und activen Culturen. Dies hängt 
meiner Ansicht^ nach, nicht nur von der geringeren Menge an 
toxischem Material in dem aus frischem Blute dargestellten Mallein 
ab,, sondern auch von der Fähigkeit des Organismus gewisser 
Thiere, die Virulenz und Entwickelungsactivität des Rotzbacillus 
herabzusetzen. 


Bidem ich mich nun durch die Beobachtung leiten liess, dass 
das Rotzvirus für das Pferd abgeschwächt wird, wenn es vorher 
den Organismus der Katze passirt hat, eine Beobachtung die 
wir den Versuchen ZakharoffV) verdanken, machte ich eine 
Reihe von Versuchen in der Absicht festzustellen, ob man 
mittels Einspritzung von aus dem Blute und den frischen Ein- 
geweiden der rotzkranken Katze extrahirten Mallein den Rotz des 
Pferdes heilen könne. 

Da ich nicht über genügende Räumlichkeiten und Mittel ver¬ 
fügte, die zu behandelnden Pferde direkt in meinem Institute unter¬ 
zubringen, so wurde ein Theil derselben in dem Mailänder 
Veterinär-Institute, an der Klinik des Prof. Giuseppe Levi auf¬ 
genommen, welcher sich freundlichst dazu verstand, meine Heil¬ 
methode anzuwenden. Ein anderer Theil der Pferde wurde von 
mir selbst behandelt. Die Zahl der bisher verzeichneten positiven 
Resultate ist spärlich, da ich nur eine beschränkte Anzahl von 
Pferden zur Verfügung hatte, bei denen sich dielnfeetion in einem 
Initialstadium befand. 

Ich will mich daher darauf beschränken, nur über einen Fall 
zu berichten, bei welchem nach der Mallöinbehandlung jede 
klinische Kundgebung des Rotzes definitiv aufhörte; seit einem 
Jahre versieht das Thier seine Arbeit wie früher, ohne die geringste 
Störung aufzuweisen. 

Ehe ich jedoch zur eingehenden Schilderung der erzielten 
Resultate schreite, will ich daran erinnern, dass ich dem aus dem 
Blute, und den Eingeweiden der rotzkranken Katze dargestellten 
Mallöin den Namen des Heilmallöin verliehen habe, zum Unter¬ 
schiede von dem aus den Agar- und Kartoffelculturen erhaltenen, 
das ich diagnostisches Mallein nannte. Die Darstellungs* 
methode ist die gleiche wie die des Mallöin aus Culturen. Die 
Flüssigkeit besitzt eine entschieden alkalische Reaction, sieht 
gelblich-grau aus und ist geruchlos. 

Das in Rede stehende Pferd gehört einer Batterie des 20. Artillerie¬ 
regiments an; seit einiger Zeit magerte es ab, zeigte aus beiden Nasen¬ 
löchern schleimig-eitrigen Ausfluss, zerstreute Geschwürsbildungen auf 
der Schleimhaut des Nasenseptums und Anschwellungen der peritrachealen 
Drüsen. Die zur Beurtheilung des Zustandes des Pferdes eingesetzte 
Commission hatte Probeinjection mit diagnostischem Mallöin vorgenommen, 
die eine heftige Fieberreaction von drei Graden zur Folge hatte und fast 
48 Stunden andauerte. 

Nachdem ich die Suspendirung des Befehles, das Thier zu schlachten, 
erhalten hatte, unternahm ich eine Serie von 13 subcutanen Injectionen 
mit dem Heilmallöin, in Dosen von 1 — 27 a ccm. Dieselben wurden von 
Herrn Dr. E. Sarzetto, Veterinärai*zt-StellVertreter, vorgenommen, dem 
ich an dieser Stelle zu danken mich verpflichtet fühle. Nach jeder Injection, 
die man in Zwischenräumen von zwei bis vier Tagen vornahm, wurde die 
Temperatur Abends gemessen, und niemals konnte man auch nur die ge¬ 
ringste Fieberbewegung constatiren. Vor Beginn der Cur wurden zwei 
Meerschweinchen mit dem nasalen Exsudate geimpft und der Rotz auch 
durch das Experiment bestätigt. Die Curperiode dauerte 45 Tage, wäh¬ 
rend welcher sich der Zustand des Thieres rapid besserte: Der Nasen¬ 
ausfluss hörte ganz auf, die Drüsenanschwellungen gingen vollständig 
zurück, und die Geschwüre der Nasenschleimhaut verschwanden. Im Ver¬ 
laufe der Cur wurde dreimal auch das diagnostische Mallöin versucht 
und schon beim zweiten mal constatirt, dass die Fieberreaction weniger 
intensiv und von kürzerer Dauer war. Beim letzten male rief die Ein¬ 
spritzung des diagnostischen Mallöin keinerlei thermische Reaction 
hervor. 


l ) Zakharoif, Ueber die Immunisirung von Pferden gegen den 
Rotz. — Besonderes Compte-rendu des Veterinär-Instituts zu Charkoff, 
Bd. II, 1889 (In rassischer Sprache erschienen). 


Auf Grund dieses einzigen günstigen Resultats kann man 
natürlich noch nicht behaupten, das sichere und constante Heilmittel 
für den Rotz der Einhufer in Händen zu haben, es gehören viel¬ 
mehr zu diesem wichtigen Schlüsse neue Thatsachen. Auch darf 
man nicht mit definitiver Heilung jenen Zustand erheblicher Besse¬ 
rung verwechseln, der bei rotzkranken Pferden manchmal spontan 
und ohne jede Behandlung eintritt. Das von mir erzielte Resultat 
kann nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit der Forscher auf die 
Möglichkeit zu lenken: die rotzkranken Pferde mit Vortheil zu be¬ 
handeln und zu heilen. 

Aber auch zugegeben, dass unser Pferd, welches sich nun¬ 
mehr seit mehr als Jahresfrist bester Gesundheit erfreut und 
seinen Dienst regelmässig versieht, nicht thatsächlich geheilt sei, 
so muss man doch zugestehen, dass durch die Behandlung 
mit meinem Heilmallöin der Organismus des kranken Pferdes 
sich so tiefgreifend veränderte, dass er nicht mehr auf das aus 
Culturen entnommene diagnostische Mallöin reagirt und keines der 
bekannten Symptome der Rotzkrankheit mehr darbietet. 

Die Autopsie wäre das einzige Mittel, die Frage zu entschei¬ 
den; dasselbe konnte jedoch zwecks Vervollständigung meiner 
Beobachtung bisher, nicht angewendet werden. 

Die bisher in der königlichen Veterinärschule zu Mailand er¬ 
haltenen Resultate entsprachen nicht meiner Erwartung, indem 
dort Thiere zur Behandlung gelangten, bei denen die Krankheit 
bereits sehr vorgeschritten war. Nichtsdestoweniger wurde be¬ 
obachtet, dass die Einspritzung von grossen täglichen Dosen (8 bis 
12 ccm) Heilmallöins den Nasenausfluss und die Drüsenanschwel¬ 
lungen binnen kurzem verringert und beseitigt. Einige in einer 
späten Periode der Behandlung getödteten Thiere zeigten den 
grössten Theil der Geschwüre der Schleimhaut und des Nasen¬ 
septums in beginnender Vernarbung. 

Die Thiere magern während der Cur stark ab, auch wenn sie 
bei Appetit bleiben. Diese dystrophische Wirkung auf die Ge¬ 
webe muss wahrscheinlich den Toxinen des Rotzbacillus zuge¬ 
schrieben werden. 

Auf Grund aller dieser meiner Versuche könnte man also 
schliessen, dass die Producte des Rotzbacillus ausser einem un¬ 
zweifelhaften diagnostischen Werth auch Heilwirkungen besitzen, 
indem sie die Entwickelung und Vermehrung des Rotzbacillus im 
Organismus der für denselben empfänglichen Thiere verhindern. 

Diese therapeutische Wirksamkeit wechselt bei den verschie¬ 
denen Thieren je nach der Zusammensetzung der genannten Pro¬ 
ducte, indem bei gewissen Thieren, wie bei den Meerschweinchen 
die durch das Rinderserum modificirten Producte des Rotzbacillus 
sich als wirksam erweisen, während beim Pferde die durch den 
Katzenorganismus veränderten Producte nützlicher sind und beim 
Menschen und Hunde wiederum die Producte der künstlichen Cul¬ 
turen in der Form des gewöhnlichen MaUöins eine unzweifelhafte 
Wirksamkeit entfalten. 

Was schliesslich die Menge betrifft, in welcher diese ver¬ 
schiedenen Producte ihre Wirkung am günstigsten entfalten, so 
muss man constatiren, dass es besser ist, sich an die minimalen 
Dosen zu halten, als an diejenigen, durch welche dem Auftreten 
der toxischen Dystrophie vorgebeugt wird. 


V. Standes angelegenheiten. 

Die Sitzung der Aerztekammer der Provinz Ostprenssen am 

25. Juli 1894 verdient die allgemeine ärztliche Aufmerksamkeit, weniger 
wegen des ersten Punktes der Tagesordnung, welcher über die Stellung 
des Aerztekammerausschusses handelt. Dieser Ausschuss, dessen Noth- 
wendigkeit sich bei den privaten Besprechungen der zu den Sitzungen 
der wissenschaftlichen Deputation zusammenberufenen Vertreter der Aerzte- 
kammem fühlbar gemacht hat, soll eine vermittelnde Instanz zwischen 
der Staatsbehörde und den einzelnen Kammern bilden und soll hauptsäch¬ 
lich eine die Beschlüsse der Kammern zusammenfassende Thätigkeit aus¬ 
üben, ohne dass dadurch jedoch das Ansehen und die (leider so) geringen 
Machtbefugnisse der einzelnen Kammern geschmälert würden. Die ost- 
preussische Kammer erklärte eine officielle Anerkennung des Ausschusses 
und seine Einfügung in den Rahmen der Königlichen Verordnung für 
wünschenswert!) und sprach einmütig seine Zustimmung zu den Sätzen 
aus, welche der Ausschuss in seiner Sitzung vom 16. April 1894 zum 
Beschlüsse erhoben hatte. Danach soll die Thätigkeit des Aerztekammer¬ 
ausschusses sich auf alle diejenigen Gegenstände erstrecken, welche ein 
gemeinsames Interesse aller Aerzte oder die öffentliche Gesundheitspflege 
betreffen, ohne die Selbständigkeit der einzelnen Kammern zu beschränken. 
Diese Thätigkeit soll zunächst sein: 1) die Vorberathung der ministeriellen 
Vorlagen, die Ueberweisung derselben an die einzelnen Kammern, die 
Zusammenstellung der Berathungsergebnisse und Beschlüsse der einzelnen 
Kammern und Berichterstattung an den Minister; 2) Vorberathung der 
von einzelnen Kammern oder Mitgliedern des Ausschusses an den letzteren 
gerichteten Vorschläge und Anträge, soweit solche zur Thätigkeit des 
Ausschusses gehören, Ueberweisung auch dieser Anträge an die Kammern 
und Zusammenstellung der bezüglichen Beschlüsse und Berichte an alle 
Aerztekammem bezw. Erledigung im Sinne der Beschlüsse der Mehrheit 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 






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DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 




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♦I* r Amtekamoieru. Vefi Atissalm? soll jährlich .in* FrUhjahr nu»l .nexltefc. 
KQsamuiHnU-efen, ouss^d»?^ wenn dor ^orsitztmd'V es föfc : üötltwpndifi; oV- 
Juhtet. 

Von viel Intoressi? war der mm Tolgtentte Iteeu'.ht über diu 

Yerluindlflftg^ti mit der Atters* und In va J tdl iiihxvr« leJ»ernotiSßttstHJt 

hetreAond die.Ausstellung- vtm Ältesten. WKhr(>nd tih tiUgku kirn ii dir. 

Vtrrändiß^n'W^ttöiif-AtteÄ' ein Eliivernubniiro iiiiib.-.;<ton •Äejäy.foui Wzftgthih 
AÖ-esfifr-^erwei^ufttiiron &tefecui, indem jtu c-tftepmcbutfd 4<?ö Ö$i#bu. 
ites ÄerVTetavc-H m Weimar <nr Jahre IH92 .für juite* Attest piim .&»• 
äehiiSB vfu* o Alk. an den auPfcfoUoiiOc’iV Aral.tu» willigen, wcüteH» sich ein- 
zeW doch, Witwen kioiueu Betrüg xu jr’nh’Um, uhwt/ki sic .«Ties dio 

nitdsi : uiehl in dttPjAtjfö ■?&&. ; {g«? - 

Mitteln die Kosten für die vomitegeh«teu F*n|nwe iUjiVdihqogööl ’Kq lohnte 
Auch die Alters« und itiviüiUitöta>ipstaIt BeiTro : 

sudt Brandenburg fern iEihgehen auf die Wünsche- der Aeiv.tc ab. - Wie 
sehr f$w\ auch in behmrtiiohen Erateen firn Arbeit dör Aur/te unter- 
• «cbiU.id wird, wir- Sali)- man sieh bemüht. dir soziale zu 

ihren-1 Ingo« st sn auszukoulett.. wie wenig mm geneigt ist, niteovrki.üm.m, 
ihtfc*: inihige der fttuien (iesetzu die materiell?.'^teftetiir .^iOi*'-Äor<R3Ro• .gfr- 
sfthRdigt- ist, <l»ur -geht einmal wieder deutlich um? demBeTifmberi hervor, 
weiehq* der VorsBmd der IdvaHditäteöiistiilt {Vtpreu^vis an die wir'.' 
pteÄtechc A.ct*xtehniü«ier :i|ui-14, Juli 1893 gerichtet. £ivt und. vnfeJiqs. . 
wir iofölgedosa&jfi zur «tlgchieinen Koontniss briugmri „Ew. Afeqb'wdl'dgV^ 
bofüti brnfttfbtichtiffe. ich zufolge. des gef,?liigöti :$<tteihftes v»Hu j % d Mß. . 
vrgeknrst, <)wa duf Vorstand dot« in do« £>k>mtig, 

vonj 23: v. Mts. die Anfrage der Amtekummeu; ki^fl^nd die Vmgümfu- 
fe zum Zwauko des Rcj>toave:rfahi^ri.K. »ui »gestellten hrzIlicHen Atteste : 
wiednvhnlt in oingeheJide. ^rfVAgtuig gjeAOKttuuji bat iüdcmseü tv dom B©- 
&eh!wm- jjßfaf&L , hitj'. 'möh/'^tebfc- mr Mit niohi eiuLreton m 

lassen. - Die hierfür mwur^gubendcji i>r.ön{10 'VAron im wesenÜidven iVd- 
g©n de; Ziunlehet waltet Avrüber ein /Cwe.ifei nicht ob-, dass ui ne besetz 
liebe Verpniehtung zur FeimruulinjC der fraglichen Kosten nichKbc-. 
•‘4tf»htd r*? hftiido.lt sich dnlibt* ih- .’Falid'- '-Iffdiglrdb: '•um'...'big©i : i- Ao( dhr 
Freigebigkeit, und zwar nicht etwa gegenüber der ihr Recht sne-hcmlen 
Bovdikorujig, sondern gegenüber dein'hrztiichon Stande. Denn ei« Falk : 


..- y. V.V/.A- • .-:• 


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in' W’tdcijem «g .oinenr IKsntonboworhin’ nicht gnhmg.cn \yiirc-. das SrÄtlieFF 
Attest au-örfiiiltöQ,. ist aidti bokaont gworden; iis dari daher mit Sehck 
htit ftngenommöö werden. Uns« ein solcher Fall auch nicht vörgehommtm 

HL dfif* nlöo^^ thakütliHohAdie Attest, svelrdd* zur 
jmsardchon gobi-aucht weinten, aucli ohne ciiosrur.f.uc Vcrgijinnc zur Aus- 
stdüu>ig gyhiugen. pfR.'Fjpa'g'jK: : g«st4lf# 'löirfijt."dfibm*- m. teb liio Wiviie&iviayi^ 
fiftöt'jJt Äw -tier. ufctpre»j;s?isv.h«;-n Aerzt« t»j«r. freiwillige AuAvc-ndung 

bdBtna soll, welche Hieb hoi ifern SaD’. voti Ö Mk. für jedes AUosi tinf 
jährlich etwa .20(H>) M, Stollen wUrde, und ^war ul» dauonidc Lank da eine 
Zin , Ucki?i£jhutJg der oiuaiaj erfcd.gton Bewillig!mg doch scutechtorditigs nickt 
thunlich «eiu wurde, — Bm der deu ubngbn gieidiBii gogenübm- 


Wir sind gespant]t, nb jHcso Schritie von ErrVdg begleitet syu- svur<i.;ji 
Sötltfr 'djihs OHtld tförBilJ' soia, au WSt’d •imBo-r6J*:-atniQW!^' .nnVH : ^ v A'u, 
nähme fc Was dte oät|ir.eg{?skth6 'Anr^kmagigy.. . 

m ihtn.i IKI.ic. Mur durch ein iortes Aüftrcteu gogenülwr uidüiiige;! anti 
ungoretdiirii Aidorderuiigon, ketnmmi Hhw woher sm wcjDi». Kana dvK 
tlirrAo wie jede ander« Aurztoluumucr die ZufnoHunlu il ihrer Äiiffnigg^.u’ 
erwürben ii 

VI Oeffentliches Sanitätswesen. 

Löffler^ 8ellhstt1)Mlg^r Bti^- »mt! Funkenfti^r. 

Zin Bos-driguo-: dev ii; mom .Imn < >rt*>?•:; sg iUv-rau:» Usficr;} Buurh- 
rb*o- hat Lüffi.nr einen . v'dbstMifii^gm 'Ruaä- -myd lunkmilknuc-r vmi- 
s.truirt. «tHV u«f dem l’rimiiju- .beruht-.' -Auhtd* .cuio. mbglKiifti. grnsha Rw 
rninmugH' r.p;l. AbbigjjtaihgctbeiUc den' IiaurJir 

a (ksfW sokweriui. Btsl.aihb. 

*.t tzon, ho dass mir iSie jldcbtigan Iteuchg^y. tiik 

Dk »’«>nsta’uctu>ii «Fs Apparates.deraaf.it*J»:h 

btÄfeldg^U -Sqliv.cnirtlplfth gu%:s?id?i1: ; Wftnlbn Fadir . 
dhfiy «Ih-tevI den Zug zu iar mw rodicu- 

-■ ^kb-udw Figur .orsu’-hüiob. 
r . iM: H»f>vh Aviiai drtreb hin Kohr te >HW t( 
tötihtis . wvuj^h^r . fteh. im X&ngrt .«Jim;? 

Muktels hfltimfe and ! . Vfm bidev ÜÄ‘£ Titar 
drc.hi ?st, Ini imieili. -dfS Conus. 4iöil Walk 
ktehkabscdmitifv frei aüdgelitin'gt, uud iÄ: ein v.uni 
Dabtg'ßtevyfti’ts vQröpringGfuiqr;-.'CJiÄntä ;äiigahtetihi 
DK*»;- .Vörnnhtimg^ri diönen xur ^eidhribun» <h* 
ßhuchi^ . wetelmr dio votsehitittennn ilifu Or bmv- 
jiek. Äijtep)^tüi^rtttckftß uaisjUfli und; :?ui itmet} 

jKöjmemP 

^iöketi givf emfe in dem lYtekterc^ 

,^r Abödiiliiclm id’edöy *gad geangen dtüth Ab- 

B : - gj..-.' - fö-i,, 'ÄSpjhr^ in-hdfiii Buufug j Snmnnib• 

■ ■ :-ij leisten ist im !»«»hr zug^nglidnü Stell» itTSi. f f-br,'cS'i 

d' ; F|| : .-' ->'ttk4.'WijalspfeiukdöjFh-'ö^U-.'BAduft^ntlqijH.; '• X'W»#-- 

"§ ; pi : 3 mitesig, aiter ateht nüDug ist ; diV. Vurbimbing 

;. • Wj des SnummikaRtetis mit nißer stdhsttbiU'igen eb‘k- 

:1 Kj iji^iheu Mßldrvnn*i«ht»U'^ we-teite rfichtzHtig xm- 

SB.*» . Entfocrun« .urffcffdwt 

Der Preis .der ApfoUTdc, deren Veririab von 
der Firma Paul l^Hiklot*. in Stuttgart übernommen isi ateHt aich aaeh -der 
auf ^Cte-^öÖdMatk. 




wemg gttiiaMgen tinauzieBmi Page der -Vörsidierangsaßstalt ÖötbräU$s«Uff ... Ä AvW'^- ^»deJjo d» Russphig;« vewiijmtei'n Und 

■■ÜHissie -der EüUßhluftS ^ür-tlehomfttoe (Uesor Last üi hob»m Grade te> di« unreh fortgelührte Fuükeii «teolvöudn Feuwsgdfahti l>f#itrgoö; vtmi 
donkheh er?ckemmumd konnte aersulbo nur durek Ö'Hiode schwurwirgender ^mljmnfete irumerhin nur 

Art goj eeUttertigt werden. Sotelwv iiegoü indessen uaek Ansicht des Vbr- & ^ choun^cbvii B^tairdtheiie dos Haneke night in 

hliiixlo nicht "vor. -- Wenn in dkserMtichfmiir zunüchet dio. s<-hMyngc ^ um^härUnüt 'gomueUt werden, so wird mim.Aabls^uuinernuge- 

Luge der- Aarzfa kmworgoholmn. worden', ist. äö : kann hiebt aniiikanet hteioen Tkirolifühfung Wbkliek-)*athmoJlqr Petiennig^imiftgen mul ratiönellen 

g'erdon. (lass. Wh; der Herr Vertreter dm Äevzieknmmvr irnffifÄ dte Bctm-lu s {terseltseu wobi noch iange Xeit sergehen wird, auch schon du: 
neuen' Fie^utegehung* aul' wirthabhHftßckuri Gebiete lM& iü^.slrwert :%-K , vlIgyu^ der Jitetlgnn und Jenergefäljrlifivon IteuchbeslfiUdliieilp als 
hat-,- Tn< (te^mitheii kt düi:ek die&o Dr.setzgeInnig «ine iunfr.o.-Teirh»j ow,tr! .-^'butzouswuffnim Gowi'nü antdiWn mfVsseu und bei Blickcrcien und 
TbiUigkeit der Amte bervm'g.wuten -wöiNtem AvV.Jri»-" dori, -lidilic^licb/ia Shuliuiic.e <>wijrlkk?tribbon, Wirteln; zü -aiöi*r Qua? für 'ihre Nacbbirsekui 
irgaud oüier Form.-sei-es aus üHcmtliolu-u oder j.Hvoran MPtdn zur VVr- könnüo. von der Müglielikeit-. wenigstof!* voc dem liktig«ui h^>‘- 

g«uu>g gelangt. Wenn dio Gesamiolkgo <ibr Anrara ein« iiy^usugo böftvit w werdki, gern Gebram.k inscbn« " 0. Rinde! iDubceH 

ist, vorüber besthnmte KiiUütni^ Fdilt. so. diteteon hterfUr toadtee; 

MU.mtwortlteh g«--mtmben - : hci», •saweuMUdi dte .Uei-uriblifuig des Borutes, Di« uristöcliöuden Krankheiten wotebb id Fraukri?iüi van (ksi 

«»fttK* ** S'i'H-ml A i;ril'j» don «ebflfSftn- gejuMdjtt Vot-^ii iu #«*#., simU l>«- 

oVib.! drtssoAligo- . .liH'fcsijwHlis; INftliW <md- V«riblois. =SÄ««,I»ipW^W- 

A^VT“ "•'•« ,öas ’' »' »*»'«• Cbolsm «ml choloraiilmVid,.. Efkranbmfiiäi.. l>«sl,'.G»n.fl.*er,:«i:i.i;Wwte»- 

I «IW wÄ » » • U«a>«ta4en ."i-l \f- IwüHbIioi-. Bbnnorrto.» »«öqatortim. 'Bi* 1»I(>W'im«eii itilj« <«f - 

*Z um TZhf t * * <1^ m limügcK HbrnO Hwdt !»««». ,«.> (tOätanlas w V.M6.Bw gestellt Verltm. .«««»i* » 

SS| !rr\n,' »Af-T; "'fl i ,el ( ^’f"» r «W-aw ß»‘t« <N»a «MUk «üüiolum un^ahv tu» gr«e£«B HnhiSto» wfe M. m* «">' aoltun 

Äwfe« TwXS ^U^^dl^ > %.srn M - »?> I>t1'raili«it gWHnnma; .Ho BweahuivBg: .b>Ebotnem.nd.m Kvau'rtafen 

Vmütum* .her i'W-nln c'* - **J l y ausrgjcht... -- Eme tuml.wetse nicht durch deren Ihumnuung, Remtern durch errio be.stinnute /.uh) aus- 
mmW$m £ÄS1S /jUi, ^W -V» ■*'*** ^ m* Meldung imi. sofort »ach fo«igesraia.u* Dlagnoso xn 

ihrt:.h ’. l i!" l, v Ä ' ,w !f lscUt w ! lr .' U: -' ist ■ÜMm «wl di.. Bofofle« dwn ertMrdMbV^ftils di», eoH#«*»*«» 

«kher-'»»heafrdk'ri*‘ht'*'in Au^teht ml* 'V*' ' ?l K üt ,\ Ui *? *l ü< 1 ' :oul? --’- • bvxj*;*v*\z*h\ troffen künmm. Merkwürdig bunihrl. uns dio Müthemmg. 

Ulmr dmi« BinWete nur SßtÜich darf gegen- 4 ;4a«s;;4sn-.HelH.vil3«J^v|j-4 AusfiibmagAfe Impkuig u«d WtedbQtJtplöhg Ifft- 

»kr frdgliciwin Ruditium wlodnrbfte ' irtt'ubr-e^ »^Hdimuuig{^«8ta)ii.a m Ate hei «hH ia lvß ^’Ä 5Uf |?* 

istAitpn k?fmmHlnh k-lü '. iTWmifit .wurtihnr ^£Sös steil diefld( Am Aikubyttg dfesgg Zivbiges d;d*r.Br^xi^ dev Ä'Fr-^tytv- vöVbehMteu 'Bk 

iiiWigH V«J^irhfrungin^'f kd^uu’o. iM \{ Uuhin ,il! ' W-üüi p .leider in» Übrige«- iutteronmii >;ioh uugesU-aff mU der 'ß«)«w*3huig 
Mci-.-rbnun.^n der Vvaiuvtehtiiehr*« Fh tf< l t r rllmlete 1 » Krujilrac bete'e« dm-t’. Die biten>-Daite;bzra nwi Mc<tiom 3 f.mhruu«h‘n 

SPfcrSd ".^, 2 i!:r } lUt *T- 7 J \ ü T U '”l »'* v ß tti * ^ Studium »inrfe« mit. Frkulmi^ des Prüfecten ^kvul 

erreichen und die 'iotercren Hi ‘K^' U 7 U J ; uik ’ n ^' %&Hma die ptökltettlion-oder hedmtH.eo Aorzta -verlvetefi, 

' Überate.igfm. — Sollt«« die wt-ira»- n hVfrBasteu^ seb»’ cuUehlicd; Die Ernte de,* .'iahres 18W e.rKeiue.o(*n.o miui?.teno)!e Vc-rfugim*:.. u“; 

der Saofc hegrliuden *c virA ,ter- VW« °V iö ' träffejid' «Jk- ÄhÜ^aiiafituibe .MeWimg der .nnate^k'üßdßu fcrankkutahr 

kommun*’ *7 *^ rd 1101 >0 ^ üd ^ 7 ^be z»«rUc.k- (U Progr. »ok!. 18:4, No. te einer Kritik unteren Kr- 

Auf Griuid diesaft »fei ■■Vt^hstoni^ *' j \ . T , gelbe »ernte dass m»ldting':Un ; .Bürgeriaei>f-er .ii»d..0iite^^^;^ fer '‘ 

sraitei, rn.reh.»,« 7 A^rztq .zu Mn Iteutouam flüssig, afsdieirm. Tn Paris best.hht soft, dom j.& Juli 1.W an! de»u. 


mm 7 «"** mmm 

BllSr ?Ü tl m 11 7' hl ' v!,5;vlli ‘ r te-tztere moti AÄiipg mehrerer 

»rümte Mrhjitean Hüllte. Am dk rnm^mk^ SS 

n*Z^**7 7i ä dom. 







nmef:KEpIdniiite dm pt^lctipdidn iulej' iHgnntb.te'n Amzto 'verti'öteß. 

Die Ende des Jahres-1893 erRehieneno mmi?.terio)!ö Vorfü^urig.. 
treifejid die eblfgatofitniiie .MeWuüg der anatedk'üßdßu Kiraakhiataiir 
vim Keggtur TD« Ikop'. »liAd. 1894, Ney 1) eimir Kritik mitnrÄOgoit. Ä* 
gelbe tnamk dass diu Äcddting' un BürgomoiYfer and 
flüssig. erscUnimj. Tn Parte baatebt joit ilo.m J.&. Jult- 1892 aul diau. 
Polizeipräsidium ein Burtnru. un wvicho.H dio Ä)f‘ld»tegcA gßhmmui- -an 
düS««n %»it2o idn Ait«J5chus5 Kervoiragöndor -Mediviüor'«teilt. Das VVjcMv 
bettfeWr unterKegT nur dann der Au/.ei.gojdlicht, wo.im die VS dehnen» 
o«j:W:Ul»gk Ihrb Seh waügorachjiJft bekauht. wird. Am ii&ubfifteh 

dns SV ooliuitbcülieber oac-ii A hortö» und h»um1ick«i: Frithituluugön 
• syh ; .d««;.Bmi%ükeJAi?4^- ; 'lA'' 4 mA: Röcht« tritt, fn •kleui»n..'-Btüdten h»'- 
diügfe Alid än Maiwv- mul Ö.nfofiirfiftioi,- die nidit durch- ij^. 

Beruf hü V ersGhwiögonh&H gewühwt* sind (V Rofuri?»i». U2t*trilgüchkciv««'• 

ih r Bürgometeter und sein Secfetär.- dor SehuUocnster, averto^wom u«- r 


Original from ^. ” , 

UfJIVERSITY OF MICHIGAN 




20. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


imstande sein, die Krankheiten in die Listen einzutragen, und viel un¬ 
nützes Schreibwerk verursachen, ohne die nothwendigen Maassregeln zur 
\ erhutung der Weiterverbreitung zur Ausführung zu bringen. ® 

_ George Meyer (Berlin). 

• Tt n tete 7-» in Frankr «* cl > (1892) hat wiederum 
emen Ueberschuss der Sterbefiüle über die Geburten von rund 20000 
ergeben. Dieser Umstand, der geeignet ist, alle denkenden Männer 
j ra Mij 1C f 1 1 S , org:e zu erfü, *en, veranlasste Ledd in der Acad. 

Vorschläge zu machen: In den grossen Städten werden 
öffentliche, unentgeltlich zu benutzende Nachweis? für Ammen errichtet 
Die zur Aufziehung aufs Land geschickten Kinder sollen von eigens er¬ 
nannten Aerzten beaufsichtigt werden, die sich von Zeit zu Zeit persön- 
hch vom Wohlbefinden der Säuglinge zu überzeugen haben. Das ge¬ 
summte statistische Material soll behufs eingehenden Studiums an eine 
Zentralstelle abgefuhrt werden. (La Province medicale 25. VIII. 94.) 

_ H. Citron (Berlin). 

— Aus dem Bericht Ober deu Civil stand, die Todesursachen und 
die ansteckenden Krankheiten des Clintons Basel-Stadt im Jahre 1892 
ergiebt sich zunächst eme Anzahl von 1382 Todesfällen im Jahre, denen 
2511 Geburten gegenüberstehen. Von den lebendgeboronen Kindern 
waren —0, von den todtgeboreneu 11 aussereheliche. Die muthmaassliche 
Bevö kerungszahl betrug in der Mitte des Jahres 75 668. Abgesehen von 
gewaltsam und plötzlich und kurz nach der Geburt lebensschwach Ver- 
storbonen fehlte 4 mai bei Kindern, 19 mal bei Erwachsenen ärztliche 
Htlife. 44t Leichen wurden geöffnet. 158 Menschen erlagen Erkrankungen 
der Athmungswerkzeuge, 2,5 von 1000 Gebärenden dem Puerperalfieber, 
274 tuberkulösen Affectionen der verschiedenen Organe, davon 138 der 
Lungentuberkulose 34 Personen starben infolge oder unter Mitwirkung 
von Alkoholismus, 82 an ansteckenden Krankheiten (von 1316 Erkrankten) 
Die Zahl der an Diphtherie Erkrankten (181 mit 26 Todesfällen) ist gegen¬ 
über den an Keuchhusten Erkrankten relativ gering (309 bezw. 16)7 

_ George Meyer (Berlin). 

PU 7 Th ? mortality front diphtheria In London. 

(The Lancet 1894, No. 3698, S. 88.) Während in London Scharlach und 
Typhus dauernd abnehmen, dank der gewissenhaften Isolirung und der 
verbesserten Wasserversorgung und Canalisation, nimmt trotzdem die 
Zahl der Todesfälle an Diphtherie in bedenklicher Whise zu. Die Be¬ 
hauptung von Sykes, dass in entsprechendem Maasse die Todesfälle an 
anderen Rachenkrankheiten abgenommen hätten, da infolge schärferer 
Diagnosenstellung jetzt viele Fälle der Diphtherie zugezählt würden, die 
früher als Croup, Laryngitis, wunder Hals, Bräune u. s. w. bezeichnet 
wurden, reicht zur Erklärung nicht aus. Der wahre Grund ist noch 
unbekannt. Zweifellos fällt der Schule ein Theil der Schuld zu, doch 
mag auch eine Acnderung im Charakter der Krankheit und ein cyklisches 
An- und Abschwellen der Frequenz betheiligt sein. Ausser eingehendem 
Studium der Thierdiphtherie empfiehlt es sich, in den Schulen systematisch 
die Rachenorgane der Kinder untersuchen zu lassen. 

E. Sehrwald (Freiburg). 

VII. Therapeutische Mitteilungen. 

Aus der gynäkologischen Universitätsklinik in Moskau. 

Der Dampf als blutstillendes Mittel. 

Vorläufige Mittheilung von Prof. W. F. Snegirew. 

Etwa vor einem Jahre wurde in die gynäkologische Klinik der 
Kaiserlichen Universität in Moskau eine Kranke mit einem Unterleibs¬ 
tumor aufgenommen. Der elastische, glatte und schmerzlose, ungefähr 
mannskopfgrosse Tumor nahm die Nabelgegend ein und konnte sowohl 
m der Richtung von rechts nach links, als auch von oben nach unten 
leicht bewegt werden. Die Ursprungsstelle der Geschwulst konnte nicht 
eruirt werden. Bei jeder Bewegung der Kranken verursachte die Geschwulst 
infolge der dabei stattfindenden Verschiebung Schmerzen, und die Kranke 
verlangte daher, dass die Geschwulst entfernt werde. Bei der Opera- I 
tion erwies sich der Tumor als ein vom linken Leberlappen ausgehen- I 
der Echinococcussack, welchem der linke Leberlappen gleichsam als Stiel 
diente; der Sack war gedehnt und erschien ungefähr vier Finger breit. Ich 
fasste den Entschluss, den Sack in toto zu entfernen und begann ihn mit¬ 
tels des Ferrum candens (Rothgluth-Thermocauter von Paquelin) vom 
Leberparenchym abzutrennen. Die Blutung aus der Leber liess sich trotz 
der consequenten und andauernden Anwendung des Ferrum candens nicht 
stillen, und ich benutzte daher das Omentum, um die Leberwunde zu 
tamponiren, wonach die Blutung aufhörte. Die Kranke genas ohne irgend 
welche Complicationen. 

Dieser Fall, obwohl er gut verlaufen war, hinterliess in mir den 
Eindruck der vollkommenen Hülflosigkeit bei Leberblutungen, und als 
ich danach die Litteratur über die Methoden zur Bekämpfung von Leber¬ 
blutungen durchsah, überzeugte ich mich, dass alle Chirurgen, welche es 
mit Stillung von Leberblutungen zu thun hatten, dasselbe trostlose Re¬ 
sultat hatten: die Anlegung von Nähten half nichts, weil die Nähte das 
Parenchym zerrissen, selbst die unlängst zu diesem Zwecke vorgeschlagene 
Matratzennaht ist in dieser Hinsicht auch nicht immer wirksam (z. B. 
wenn es sich um dicke Leberstellen handelt). Meist wurde das Ferrum 
candens zu Hülfe genommen, aber auch dieses reichte nicht aus, und in 
der Mehrzahl der Fälle gelang es, die Blutung nur dann zu stillen, wenn 
ausser dem Ferrum candens noch die Tamponade mit Gaze angewandt 
wurde. In Anbetracht dessen beschloss ich ein mir persönlich schon I 


__747 

dem'W«LnSmpf. CndeS MUtel b6kanntes A ® ens “»uwenden - nämlich 

. 1 . at7f r j UnBef ^ h ki 7 . 0 ??i r 8 , Jall ™ n babe ich zuerst begonnen, den Dampf 
fih hS«» d h ? UD J b ’ utst * Ue . n<ie3 Mittel “ der Uterustherapie auzuwenden 

angew^dt wurde, “ ? ™ 8ie dama,s 

Nach vorheriger (ohne Chloroform ausgeführter) Dilatation des Uterus 
die d n£ l niÄ 0h ”- 6 Aua3chablm g (ebrasio) ein gefensterter Katheter in 
dmm7s te ™* h ^-*- e ™?~^“ dem ?? theb6 rlumen befindet sich 


__uurouswomen zu lassen, um 

sogleich dessen ätzende und blutstillende Wirkung zu erhalten, welche 
sich sofort dadurch zu erkennen giebt, dass ans dem Katheter eine dunkle, 
811 F ,eIS0h o bl ? he erinnernde Flüssigkeit herausfliesst. Die Kranko 

empfindet keine Schmerzen, sie kann sogar den Moment der Dampfwir- 
kung nicht bestimmen. ^ 

Was geschieht nun in der Uterushöhle? Am ausgeschnittenen Uterus 
(bei brauen) erscheint sofort nach der ersten Minute andauernder Vanori- 
sation die ganze Schleimhaut der Uterushöhle oberflächlich verbrüht die 

mnere Uterusoberfläche ist, von oinAr foinon _Tn:_•_. 

bedeckt. 


ist von einer feinen, weisslichen Eiweissschicht 

War infolge von Zerfall Foetor vorhanden, so verschwindet er. War 
die mnere Uterusoberfläche empfindlich, so verschwindet die Empfindlich- 
keit. Hieraus ergiebt sich die Wirkungsweise des Dampfes: er verbrüht, 
wirkt blutstillend, beseitigt üblen Geruch und Empfindlichkeit; zieht man 
ferner noch die ideale aseptische Wirkung des Dampfes in Betracht, so 
wird der Werth dieses Agens begreiflich. 

Das war mir schon längst bekannt als eine Thatsache, welche ich 
an Kranken des Basmannaja-, Staro-Ekaterininskaja-Hospitals, der Klinik 
und des Alexmer Semstwo-Hospitals beobachtet habe. Meine in der 
letzten Zeit gemachten Erfahrungen lassen mich nun hoffen, dass der 
Dampf —- als blutstillendes, aseptisches Mittel — in der medicinischen 
Praxis eme hervorragende Stelle einnehmen wird. 

Wie ich schon erwähnt, beschloss ich, da ich in der Litteratur 
keinen Hinweis auf em zuverlässiges Mittel zur Stillung von Leberblu¬ 
tungen gefunden hatte, den Wasserdampf anzuwonden. Zu diesem Zwecke 
unternahm ich in Gemeinschaft mit Dr. Blagowolin, Ordinator der 
gynäkologischen Klinik, eine experimentelle Untersuchung über die blut¬ 
stillende Wirkung des Wasserdampfes an Thieren. 

Das Resultat unserer Untersuchungen ist folgendes: 

1. Man kann beliebige Leberstücke ohne den geringsten Blutverlust 
entfernen, die Thiere bleiben am Leben. 

2. Man kann ohne Blutverlust beliebige Theile der Milz entfernen. 

3. Man kann ferner ohne Blutverlust ganze Lungenlappeu aus- 
schneiden. 

4. Ganze Theile aus den Nieren entfernen. 

5. Bis zu einer gewissen Grösse auch aus dem Gehirn. 

6. Blutungen aus der spongiösen Substanz der Knochen werden 
gestillt. 

7. Das Knochenmark wird verbrüht, und die Wiederherstellung des 
Knochens verläuft regelmässig. 

8. Man kann beim Hunde fast ein ganzes Uterushorn ohne Blut¬ 
verlust amputiren. 

9. Die Arteria femoralis des Hundes, quer oder der Länge nach 
durchschnitten, blutet bei Einwirkung des Dampfes nicht. 

10. Haut- und Muskelblutungen sistiren momentan. 

11. Die Wunden nach Anwendung des Dampfes verheilen per pri- 
mam. Letzteres wurde nicht nur bei Thieren, sondern auch bei einer 
Masse von Operationen an Menschen, darunter auch Laparotomieen, be¬ 
obachtet. 

Diese Versuche haben uns überzeugt, dass die erhaltenen Daten auch 
auf den Menschen übertragen werden können, und wir haben im vorigen 
Sommer im Alexiner Semstwo-Hospitale den Dampf mit Erfolg bei fol¬ 
genden Operationen angewandt: 

1. In 5 Fällen von Kniegelenkresectionen ohne die elastische Binde, 
absolut ohne Ligaturen und ohne Quetschpincetten. 

2. Bei einer Exstirpation einer cancrös entarteten Mamma unter den¬ 
selben Bedingungen. 

3. Bei Entfernung adipöser und cancröser Neubildungen der Haut¬ 
decken. 

4. Bei einer Amputation des Gebärmutterhalses. 

5. Bei Fibromyotomieen zum Zweck der Blutstillung aus dem Ampu¬ 
tationsstumpfe. 

6. Bei Knochenresectionen und Sequestrotomieen. 

7. Bei Abscessen, um Geruchlosigkeit und Verheilung der Absecss- 
höhle zu erzielen. 

8. Bei sinuösen und fistulösen Gängen (besonders tuberkulösen 
Charakters). 

Auf Grund des Gesagten unterliegt es keinem Zweifel mehr, dass 
der Dampf eine hohe blutstillende und aseptische Wirkung besitzt. 
Die Verheilung geht ohne Complicationen vor sich; die prima intentio 
wird nicht gestört; die parenchymatösen Organe erscheinen an den Schnitt¬ 
flächen eben und glänzend. Als Beispiel führe ich das Protokoll einer 
von den von Prosector N. F. Melnikow-Raswedenkow ausgeführten 
Sectionen vor: 

Experiment No. 9 — am 19. Juni 1893. Bei einer Hündin wurde 
von der Theilungsstelle an ein 8 cm langes Stück des linken Uterus - 
hornes entfernt; Blutstillung mittels des Dampfes. 

Sectionsprotokoll vom 10. October 1893: „In der Nähe der linken 
Niere hängt an einem langen Stiele (ligamentum latum) der Rest des 
linken Uterushornes etwa 2 cm lang; in demselben ist eine Flüssigkeits- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.' 


ansammlung (nach Art einer Cyste) vorhanden; das verbrühte Ende er¬ 
scheint als glatte, in der Mitte pigmentirte Narbe. Das Lumen des 
Unken Horne S g ist an der verbrühten Stelle solid ver ^^ 8ei U J n ^ des 
Verwachsung ist die oben erwähnte Cystenbildung erfolgt. Der Rand des 
breiten Mutterbandes erscheint an der openrten Stelle eben und glatt, 
ohne merkliche Schrumpfung und Narbenbildung. Spuren von.alten oder 
frischen Blutungen sind nicht vorhanden. Das Peritoneum ist glatt, dünn, 
feucht und glänzend. An der Theilungsstelle der Uterushörner ist eben¬ 
falls eine glatte ebene Narbe. Im Zellgewebe des Ligamentum latum, des 
Beckens und des Retroperitonealraumes ist überhaupt keine Spur von 
pathologischen Veränderungen sichtbar. Im breiten Uterusbande des nach¬ 
gebliebenen rechten Hornes sind die grossen Gefässe zu isehen. Ueber- 
haupt wurden am Cadaver der secirten Hündin keme pathologischen Ver- 
indcrungen^wahrgenommen.“ ^1^0 ^ ^ neu6n Mittels Exstir- 

pationen der Lebertumoren unternehmen, ohne befürchten zu müssen, dass 
die StiUung der Blutung grosse Schwierigkeiten bieten werde. 

Weitere thatsächliche Beweise für diese Behauptung gedenke ich m 
Bälde in einer eingehenden Arbeit zu liefern. 

Ueber Jodoform-Yasogene. 

Von Dr. G. J. C. Mueller, Generalarzt a. D. in Posen. 

Herr Max Dahmen hat in der Deutschen medicinischen Wochen¬ 
schrift 1894, No. 15 in einem Aufsatz „Ueber die Resorptionsfähigkeit der 
Haut für Lösungen von Jodoform und Kreosot in Vasogen“ Bezug ge¬ 
nommen auf meine in dieser Wochenschrift 1893, No. 48 erschienene 
Arbeit „Ueber die Resorption des Jodoforms etc.“ Leider hat über dieser 
meiner Arbeit ein ganz eigener Unstern gewaltet. Dieselbe war beendet 
und abgesandt im April 1892, ist aber erst 19 Monate später zum Druck 
gekommen. In dieser langen Frist ist manches recht Wichtige in der 
fraglichen Sache passirt, was vielen Lesern dieser Wochenschrift und 
jedenfalls, wie ersichtlich, Herrn Dr. Dahmen gänzlich entgangen ist. 

Das neue betrifft gerade die chemische Seite; den ersten Schritt, der 
hier einen erheblichen Fortschritt bedeutet, that ein bewährter Chemiker 
Dr. B. Fischer in Breslau, welcher in der pharmaceutischen Zeitung 
1893, No. 37 in der Kritik einer meiner weiteren Arbeiten die Löslichkeit des 
Jodoforms in Glycerin, in Wasser und wässrigen Flüssigkeiten behauptete, 
in donen durch Zusatz von rauchender Salpetersäure und Chloroform die 
bekannte Jodreaction erzielt wurde. Dann habe ich in derselben Zeitung 
1893, No. 47 entscheidende Beweiso für dio Thatsache der bezeichnten 
Lösung beigebracht. Eine Zusammenstellung der betreffenden Fortschritte 
hübe ich im Aerztlichen Praktiker 1894, No. 8 gegeben. 

Aus allem diesen ergab sich, dass nicht nur angefeuchtetes, sondern 
auch gelöstes Jodoform — in den Harnanalysen handelt es sich nur um 
gelöstes — die gleiche Reaction mit rauchender Salpetersäure etc. zeigt. 
Es-kommen an erster Stelle die Lösungen in wässrigen Flüssigkeiten in 
Betracht, über welche 1. c. das Nähere nachzusehen ist. 

- Im übrigen erscheint es mir durchaus zweifelhaft, ob Herrn Dr. D ah¬ 
men durch sein Experiment der Beweis, dass in Vasogene gelöstes 
Jodoform durch die unverletzte Haut resorbirt worden, gelungen ist. So 
sehr ich diese Lösung in Vasogene für aussichtsreich halte und dieselbe 
sehr, empfehle, so muss ich doch hier einen wichtigen Punkt entgegen¬ 
stellen. Die Lösung des Jodoforms in Fetten ist gegen Licht äilsserst 
empfindlich, ganz besonders in dünnen Schichten. Herr Dr. Dahmen 
machte die Einreibungen am hellen Tage, es war also die immerhin dünne 
Schicht der aufgetragenen Flüssigkeit eine genügende Zeit dem Licht aus¬ 
gesetzt. Vorsichtsmaassregeln gegen dieses Moment sind nicht erwähnt. 

Der Hauptgrund aber, der dafür zeugt, dass hier im wesentlichen 
freies Jod resorbirt wnrden ist, liegt in dem Resultat der Harnanalyse. 
Wäre wirklich unzersetztes Jodoform in irgend erheblichem Maasse resor¬ 
birt worden, so musste dieses im Harn sicher direkt durch rauchende 
Salpetersäure etc. nachzuweisen sein, welcher Nachweis dann durch die 
von mir erfundene Lichtprobe vervollständigt werden konnte, was alles 
ich 1. c. genugsam dargelegt habe. 

Herr Dr. Dahmen scheint allerdings gerade sein Resultat der Harn¬ 
analyse in dem Sinne verwerthen zu wollen, dass bei seinen Einreibungen 
das Jodoform als solches resorbirt worden ist. Das wäre ja an sich 
Wasser auf meine Mühle, der ich seit lange dafür streite, dass das in den 
lebenden Körper einverleibte Jodoform grösstentheils unzersetzt durch den 
Kreislauf hindurch geht, indessen kommt es doch zuerst darauf an, dass 
dieser Stoff unzersetzt einverleibt wird. Die Bemerkung zwar, dass sein 
subjectives Befinden nach den Einreibungen ein sein* schlechtes war, 
könnte in seinem Sinne gedeutet werden, doch hätte er die Symptome 
näher beschreiben sollen. 

Trotzdem habe ich die Ueberzeugung, dass die Jodoform-Vasogeno 
eine grosse Zukunft hat, die Gründe dafür sind auch in meiner eiterten 
Abhandlung im Aerztlichen Praktiker angegeben. 

In meiner Arbeit „Ueber Resorption des Jodoforms etc.“ sind die 
Thatsachen erörtert, vrelche die Action des unzersetzten Stoffes darthun, 
jetzt kann ich denselben noch eine weitere Thatsache hinzufügen. Wenn 
wirklich, wie von den meisten Autoren angenommen wird, die Action des 
einverleibten Jodoforms auf Freiwerden des Jods beruht, dann ist es gar 
söhr wunderbar, dass die namhaftesten Chirurgen hartnäckig das Jodo¬ 
form bevorzugen gegenüber ähnlichen Stoffen, deren Wirkung man eben¬ 
falls dem gleichen Vorgange zuschreibt und welche den so unangenehmen 
Geruch des ersteren nicht haben. Jodol, Aristol und Europhen z. B. 
kommen gegen das Jodofoim nicht auf. Der Grund kann doch nur darin 
liegen, dass eben das Jodoform gewisse specifische Eigenthümlichkeiten 


hat, die den andern analogen Jodverbindungen abgehen. Wenn die Wir¬ 
kung aller dieser Körper auf Freiwerden des Jods, also auf Zersetzung 
beruht, so kann von einer specifischen Eigenschaft des einen gegenüber 
dem andern gar nicht die Rede sein. 

r _ Vor einer Reihe von Aerzten demonstrirte Dr. Moos in New-York 
die Wirkung des übermangansauren Kali als Antidot gegen Morphium. 
Nachdem er 3 Gran (0,18) Morphium sulf. genommen hatte, trank er 
120,0 Wasser, in dem 0,24 übermangansaures Kali gelöst war. Die ge¬ 
wöhnliche Wirkung des Morphiums blieb danach völlig aus, und es wurde 
auch in der Folge keine Intoxicationserscheinung beobachtet. (Boston 
med. and surg. Journ., 1. Febr.) Reunert (Hamburg). 


vni. Kleine Mittheilungen. 

_ Berlin. Die Obduction hat bei v. Helmholtz, wie wir von 

zuständiger Seite erfahren, als Todesursache eine ausgedehnte Blutung 
in der rechten Himhemisphäre mit Durchbruch in den rechten Ventrikel 
ergeben. Auf einige interressante Details, an deren Mittheilung wir 
augenblicklich durch bestimmmte Rücksichten verhindert sind, werden 
wir später zurückkommen. 

— Stabsarzt Prof. Dr. Behring ist zum ausserordentlichen Professor 
in der medicinischen Facultät der Universität Halle ernannt und da¬ 
selbst bis Ende März mit der Vertretung des durch die Berufung von 
Professor Renk nach Dresden erledigten Ordinariats, sowie mit der 
Leitung des hygienischen Institutes beauftragt. 

— Von dem in Paris verstorbenen Medicinalrath Dr. Heinrich 
Lippert ist der medicinischen Facultät zu Berlin ein Legat von 
18 500 Mark zugewandt worden. Alle drei Jahre — das erste mal im 
Januar 1896 — soll aus den Zinsen ein Preis von 1800 Mark für die 
beste Bearbeitung einer Aufgabe aus den Gebieten der praktischen Heil» 
künde ertheilt werden. Zur Bewerbung zugelassen werden die Studirendeu 
der Medicin und die Aerzte Deutschlands und Oesterreichs. 

— Rostock. Am 13. September ist der ausserordentliche Professor 
Dr. Lemcke, Leiter der Poliklinik für Nasen- und Ohrenkrankheiten, im 
Alter von 44 Jahren gestorben. 

— Hamburg. Prof. Dr. Albrecht, bekannt durch seine Arbeiten 
auf anatomischem und zoologischem Gebiet, ist durch Selbstmord gestorben. 

— Wien. Prof. L. Mauthner ist zum Nachfolger Stellwaag’s als 
ordentlicher Professor und Direktor der Augenklinik am Allgemeinen 
Krankenhause ernannt worden. 

— Christiania. In Norwegen sind in letzter Zeit zwei biologische 

Stationen, ähnlich derjenigen in Neapel, eingerichtet worden, dio emo 
an der Westküste bei Bergen, die andere bei Droebak, einem klemen 
Städtchen im Christianiafjora, unweit von Christiania. 

— Im Verlag von Georg Thieme in Leipzig ist soeben erschienen. 
Akademisches Taschenbuch für Mediciner, Wintersemester 
1894/95. Achte Bearbeitung. Zusammengestellt unter Benutzung amt¬ 
licher Quellen und handschriftlicher Mittheilungen. — Das sehr praktische 
und handliche Büchlein enthält ausser einem Kalender das Vcrzeichniss 
der Vorlesungen, Behörden, wissenschaftlichen Anstalten und Univereitats- 
einrichtungen, der Docenten und der verschiedenen akademischen V ereme 
an den deutschen Universitäten. \ 

— In L. Heuser’s medicinischem Verlag, Neuwied und Leipzig- 
ist eine zweckmässige Recepttasche hergestellt. Dieselbe ist handlicü, 
dauerhaft, enthält auf eingeklebtem Cartonpapier die Antidota acuter Ver¬ 
giftungen, Dosirung einiger differenten Mittel bei Kindern, Dosen für sud- 
cutane Injectionen, Dosen nach dem Alter, Maximaldosen. Die I n ? ens .^ 
des Deckels ist mit Schieferpapier für Notizen beklebt. Bei dem niedngen 
Preis (2 Mark) dürfte die praktische neue Recepttasche weite Verbreitung 
finden. . , 

— Universitäten. Bonn. Dr. M. Bleibtreu hat sich 
Privatdocent für Physiologie, Dr. Pietz er als Privatdocent für Ge 
hülfe habilitirt. — Graz. Prof. Dr. Kraus in Wien ist als ordent¬ 
licher Professor der klinischen Medicin an der Universität Graz 
rufen. — Klausenburg. Der Docent Dr. B. Kenyeres 
o. ö. Professor der gerichtlichen Medicin an der Universität, luausen- 
burg ernannt. - Warschau. Der Professor der specieüen Pathologw 
und Therapie Dr. J. Stolnikow ist gestorben. - Dorpat. PnvateoMnt 
Dr. Popow in Moskau ist zum ausserordentlichen Professor für t'aj ^ 
logie an der Universität Dorpat ernannt. — London. Dr. bhar y 
sich als Lecturor für Medicin und Dr. Mackenzie für Pharmakologi 
Therapeutik am St. Thomasspital, Dr. Havilland zum Lecturer iur 
Medicin und Dr. Bloxall für Bacteriologie am Westmmsterhospital zu 
London habilitirt. Dr. Trevelyan ist zum Professor für Pathologie am 

Yorkshire College ernannt worden. — Glasgow. Dr. “Urdoc 
meron ist zum Professor der Geburtshülfe an der Universität Ula g - 
ernannt. — Dundee. Dr. J. Mackay ist zum Professor der A 
ernannt. _______ 


Berichtigung. 

In der Roceptformel „Gegen Bronchialasthma“ 
Wochenschrift, S. 728, muss es „ad“ statt ana heissen. 


No. 37 dieser 


Gedruckt J)ei Julius Siltcufold lu Berlin W. 


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Donnerstag 


M 30 . 


27. September 1894, 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Paul Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 

.Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtensteinallee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 8L 


Zur 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. 


Die 66. deutsche Naturforscherversammlung, welche vor zwei 
Tagen in der schönen Kaiserstadt an der Donau ihren Anfang ge¬ 
nommen hat, bildet für die lange Reihe unserer diesjährigen Con- 
gresse einen bedeutungsvollen Abschluss. Sind im Beginn dieses 
Jahres die deutschen Aerzte in dichten Schaaren nach dem klas¬ 
sischen Land Italia gezogen, um an dem internationalen Wett¬ 
bewerb der medicinischon Wissenschaften theilzunehmen und die 
freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Culturvölkern erwei¬ 
tern und festigen zu helfen, so finden sich jetzt an des Jahres 
Rüste Aerzte aus allen Ländern, soweit die deutsche Zunge 
klingt, auf nationalem Boden zusammen, wo sie in treuer Stam- 
mesbrüderschaft Schulter an Schulter sich eng aneinander schliessen, 
um deutsche Wissenschaft und deutsche Collegialität zu 
fördern und zu pflegen. — Haben fast alle anderen Congres.se in 
nationalem oder internationalem Kreise die Vertreter eines Son¬ 
derfachs der Medicin zur Erörterung von Einzelfragcn vereinigt, 
so bildet der Gongress in Wien einen Sammelpunkt für alle Dis- 
cipliuen unserer Wissenschaft, für alle Specialitäton der Heilkunde, 
er lässt die Mediciner sämmtlich wieder sich um ein einziges Wahr¬ 
zeichen schaaren, welches seit Hippokrates’ Zeiten den Kämpfern 
für das leibliche Wohl der Menschheit stets vorangeleuchtet hat. 
— Die Wiener Versammlung endlich hebt, zum Unterschied von 
allen anderen Congressen, den Arzt, indem sio ihn zu den Natur¬ 
forschern gesellt, aus dem Wirkungskreise seines alltäglichen Be¬ 
rufes heraus und lässt ihn wieder aus den Quellen einer ratio¬ 
nellen Fortbildung seines Wissens schöpfen. Hinausschreitend 
aus der kleinen Welt der praktischen Heilkunde in die grosse 
Welt der gesammten Naturwissenschaften, gewinnt der Arzt hier 
einen Einblick in die jüngsten Errungenschaften der Physik und 
Chemie, der Astronomie, Geologie und Anthropologie, überall em 
pfängt er neue Impulse für die eigene Forschung, für die Er¬ 
weiterung seines geistigen Horizonts. Gerade in dieser Eigen¬ 
schaft der Naturforsclierversammlung liegt ihr Hauptwerth und 
ihr grösster Reiz, und es ist deshalb zu hoffen, dass ungeachtet 
der Congressmüdigkeit, die sich in allen Sphären unserer Aerzte- 
schaft bemerkbar macht, die Mitgliederzahl der Naturforscher¬ 
versammlung in Wien wiederum eine Steigerung erfahren wird. 
Unterstützt wird diese Hoffnung durch den Hinblick auf die 
günstigen Verhältnisse der diesjährigen Versammlung. Die Orga¬ 
nisation derselben ist nach allem, was wir vernommen haben, vor¬ 
trefflich vorbereitet, und das Programm der Arbeiten und Festlich¬ 
keiten hat eine grosse Anziehungskraft gewonnen. 

Freilich — auf einen wesentlichen Theil der Verhandlungen ist 
der dunkle Schatten des Todes gefallen; der glänzendste Stern, der 


dem Congress erstrahlen sollt«, ist erloschen — Holm hol tz ist 
nicht mehr. Der geniale Mathematiker, Physiker und Physiologe, 
der in sich die höchste Blüthe der Naturforschung xafiGotfv ver¬ 
körperte, der, um mit du Bois-Reymond zu reden, eine bei¬ 
spiellose Vereinigung in der Geschichte der Wissenschaft, vollends 
der Gegenwart, zwischen der feinsten Kunst des Experiments und 
der höchsten Kraft der Analyse darstellte, er ist aus dem Kreise 
der Naturforscher geschieden. — „Ueber bleibende Bewegungen und 
scheinbare Substanzen“ wollte er sprechen, nun wird man nur von 
ihm reden, in tiefster Klage, in grösstem Schmerze über die Lücke, 
die er gelassen und die so bald nicht wieder ausgefüllt worden 
dürfte. 

Der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte war 
Helmhol tz stets ein treuer Freund und Berather gewesen. Be¬ 
kanntlich hat er sich noch im Jahre 1889 an den Verhandlungen 
rege betheiligt, und nicht zum mindesten hat sein Votum in der 
lebhaften Discussion über die von Virchow ins Leben gerufene 
Neuorganisation der Gesellschaft den Ausschlag gogeben. Wie er 
hervorhob, dass in dem derzeitigen Zustand der Naturforscher¬ 
versammlung die Hoffnung auf eine Dauer und eine weitere Ent¬ 
wickelung derselben nicht enthalten sei, wie er auseinandersetzte, 
was für Erfolge die British Association for the Advancement of 
Science mit ihrer vervollkommneten Organisation errungen habe, 
da neigte das Zünglein der Waage nach der Seite des Fortschritts, 
und der Streit war entschieden. 

Möge die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte 
in den Bahnen vorwärtsschreiten, die ihr Helmhol tz gleich anderen 
Heroen deutscher Naturwissenschaften gewiesen hat! In ihrer 
festen Organisation, in welcher sie von Wien zum ersten Male 
empfangen wird, hat die Gesellschaft ein neues Fundament erhalten, 
auf ihm weiter hauend, wird sie stets der hohen Aufgabe gerecht 
werden, welche v. Bergmann auf der Nürnberger Versammlung 

_ iu .seiner glänzenden Gedächtnissrede auf A. V. v. Hof mann 

und Werner v. Siemens — durch die Worte eharakterisirt: 
„Unsere Gesellschaft hat sich neben dem idealen Streben, die natur¬ 
wissenschaftliche Methode in das Leben unserer Nation hinaus¬ 
zutragen, sowie die persönlichen Beziehungen ihrer Mitglieder und 
Theilnehmer zu pflegen, hat sich neben dem Verknüpfen von Wissen¬ 
schaft und Kunst auch die Aufgabe gestellt: die deutsche Tüchtig¬ 
keit im Fördern und Verwerthen der Naturwissenschaften vor den 
übrigen Nationen zu erweisen!“ 

In diesem Sinne rufen wir der Wiener Naturforscherversamm¬ 
lung ein herzliches „Glückauf*! zu. 

Julius Schwalbe. 


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750 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


I. Van Swieten und die moderne Klinik. 1 ) 

Von E. Leyden. 


Wenn heute eine grosse Anzahl deutscher Kliniker lind Aerzte 
in der schönen Kaiserstadt Oesterreichs vereinigt sind, um in 
gemeinschaftlicher Arbeit die medicinische Wissenschaft zu 
fördern, so gedenken wir gern in Dankbarkeit und Pietät des 
ruhmreichen Antheiles, welchen die Wiener medicinische Facultät 
an der Entwickelung der deutschen Klinik gehabt hat. Zu zwei 
verschiedenen, nahe aneinander liegenden Perioden war hier der 
Mittelpunkt der deutschen Klinik und des klinischen Unterrichtes. 
Hierher pilgerten aus allen Gauen Deutschlands und selbst des 
Auslandes Studirende und Aerzte, um sich in Wissenschaft und 
Praxis auszubilden und das hier Gelernte in ihre Heimath zu über¬ 


tragen. 

Hier in Wien stand die Wiege der deutschen Klinik. Zu 
einer Zeit, da man im übrigen Deutschland die Medicin nur theo¬ 
retisch lehrte, wurde die praktische Klinik begründet und so voll¬ 
kommen organisirt, dass sie sich schnell zu grossem Rufe erhob 
und ihre Einrichtungen das Muster für andere Hochschulen wurden. 
Der Mann, welchem das Verdienst gebührt, diese Einrichtungen 
geschaffen und in so vollkommener Weise organisirt zu haben, ist 
Gerhard van Swieten, dessen Andenken wir heute erneuern 
wollen. Zwanzig Jahre lang hat er als Schüler des berühmten 
Boerhave in Leiden das Lehrgebäude und die Lehrmethode 
dieses grossen Meisters studirt, hat dessen Vorträge in Schnell¬ 
schrift aufzeichnen lassen und ihrer Bearbeitung 30 Jahre seines 
Lebens gewidmet. 

Der medicinische Unterricht an den Universitäten war früher 
nur ein theoretischer gewesen und bestand zum grössten Theil in 
der Erklärung der Werke des Hippokratos, Galen und Avi- 
cenna. Die Ausübung der ärztlichen Kunst selbst blieb den 
Studirenden unbekannt und wurde erst dann angefangen, wenn sie 
bereits als Aerzte über die Diagnose und Behandlung der Krank¬ 
heit entscheiden sollten. 

Deutsche Studenten auf der italienischen Universität 
Pa via waren es, welche zuerst energisch darauf drangen, prakti¬ 
schen Unterricht zu erhalten. Infolgedessen begannen um das 
.Jahr 1578 die Professoren Oddi und Bottoni Unterricht am 
Krankenbette selbst zu ertheilen. Indessen nach dem Tode der 
beiden Professoren schlief diese Einrichtung wieder ein und er¬ 
langte keine weitere Bedeutung. Erst mehr als ein halbes Jahr¬ 
hundert später, im Jahre 1630 eröffneten die holländischen Pro¬ 
fessoren Otto van Heurne und E. Schrevelius eine Klinik im 
Krankenhause zu Leiden, welche nunmehr zu einer dauernden und 
maassgebenden Einrichtung wurde. Der klinische Unterricht be¬ 
stand darin, dass die Studirenden den Kranken examinirten und 
untersuchten, jeder derselben seine Ansicht über Diagnose, Pro¬ 
gnose und Behandlung fiusserte und dann der Professor die rich¬ 
tigen Ansichten bestätigte, die falschen widerlegte. 

Unter Franz de la Böe (Sylvius) entwickelte sich die 
Leidener Klinik zu grossem Ansehen und erreichte den Höhepunkt 
ihres Rufes durch Boerhave, welcher als Arzt und klinischer 
Lehrer einen Weltruf ohne Gleichen genoss und allgemein als 
Luropae communis medicorum praeceptor gefeiert wurde. 
Mit Boerhave’s Tod, 1738, erlosch der Glanz der Leidener Klinik; 
seine bedeutendsten Schüler wurden, da man sie nicht festhalten 
konnte oder wollte, an andere deutsche Universitäten berufen und 
setzten das in Holland so ruhmreich Begonnene in ihrem neuen 
Wirkungskreise fort. 

Während Albrecht v. Haller in Göttingen die Physiologie 
begründete, ging die holländische Klinik mit van Swieten und 
später Anton de Haen nach Wien über. Bei diesem wichtigen 
Ereignisse spielte auch der Zufall eine Rolle. Die Erzherzogin 
Marian na, die Schwester der Kaiserin Maria Theresia, war zu 
Brüssel im Wochenbett schwer erkrankt (1744). Van Swieten, 
der bereits einon grossen Ruf als Arzt genoss, aber seiner katho¬ 
lischen Confession wegen in Leiden nicht zum Professor gewählt 
war, wurde nun an das Krankenbett der Erzherzogin berufen Ob¬ 
gleich die Patientin starb, hatte er sich das Vertrauen der grossen 
Kaiserin in vollkommenstem Maasse erworben. Bereits im folgen¬ 
den Jahre, 1745, wurde er als Leibarzt nach Wien berufen, als¬ 
bald aber mit grösseren Plänen zur Reform des medicinischen 
U nternchts betraut. 

. p onn um diese Zeit waren in Oesterreich die Wissenschaften 
überhaupt verkümmert und hinter den norddeutschen Universitäten 
zurückgeblieben, auf denen sich der Geist der freien Forschung 
mächtig regte. 

Insbesondere um die Medicin war es schlecht bestellt. — Van 


'} Vortrag gehalten in der ersten allgemeinen Sitzung der 6G. Vor 
Sammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien 


I Swieten wurde nun zum ständigen Präsidenten der medicinischen 
' Facultät und zum Direktor aller medicinischen Dinge ernannt. Sein 
Plan war es, den Unterricht nach dem Muster der Leidener Schule 
zu begründen. Er begann sein Reformwerk damit, dass er selbst 
Vorlesungen über die Methodologie der ärztlichen Wissenschaft und 
die Boerhave’schen Institutionen hielt; aber bald sah er ein, dass 
er den Unterricht aufgeben und seine Thätigkeit auf ein anderes 
Gebiet, das der Censur, concentriren müsse. 

Im Jahre 1755, also zehn Jahre später als van Swieten, 
wurde Anton de Haen, ebenfalls Schüler Boerhave’s, nach 
Wien berufen und ihm die neu eingerichtete Klinik im Kranken¬ 
hause übertragen. Die Klinik bestand aus zwei Abtheilungen, für 
Männer und für Frauen, jede aus nur sechs Betten. Ueberdies 
w r ar dem Vorstand das Recht der Auswahl aus den übrigen Kranken 
eingeräumt. Die Methode des klinischen Unterrichtes blieb nahezu 
dieselbe -wie in der holländischen Klinik, und auch der Inhalt des 
Vorgetragenen schloss sich eng an die Lehre des Meisters an. 
De Haen führte die regelmässige Temperaturmossung am Kranken¬ 
bette ein. Sein unvergängliches Verdienst besteht darin, dass er 
die Medicin in Oesterreich von dem Zwange der Scholastik befreite, 
sie aus den .Irrgängen einer überladenen und abergläubischen Heil¬ 
mittellehre zur methodischen, wissenschaftlichen Krankenunter¬ 
suchung und zu einer einfachen, den Hippokratischen Grundsätzen 
sich anschliessenden, fest begründeten Therapie hinüberleitete. Die 
exspectative Behandlung und die Hippokratische Diät wurden wieder 
in ihr Recht eingesetzt. Die althergebrachten „Hebel der ärzt¬ 
lichen Kunst“, die Blutentziehungen, Brechmittel und Abführungen, 
blieben in ihrem Recht bestehen und wurden nach den autoritativ 
festgesetzten Grundsätzen angewendet. Unter de Haen erreichte 
die Wiener Klinik einen europäischen Ruf: so hatte sich die 
Schöpfung van Swieten’s schnell zu hoher Blüthe entfaltet, aber 
zur Erreichung dieses Zieles hatte es vieler Arbeit und vorsichtiger 
Zähigkeit bedurft. Als eine seiner wichtigsten Aufgaben erkannte 
van Swieten die Einrichtung der Censur-Commission, in 
welcher er selbst als Censor der medicinischen und philo¬ 
sophischen Werke 21 Jahre lang unermüdlich wirkte und 
länger als 12 Jahre den Vorsitz führte. In dieser Wirksamkeit 
wusste er einen freieren, wissenschaftlichen Geist nach Oesterreich 
hineinzutragen und die Entwickelung der Naturwissenschaften zu 
fördern. Vor allem waren es Chemie und Botanik, welche er 
als Hülfswissenschaften der Medicin ausserordentlich hochschätzte. 
In dieser wie auch in mancher anderen Beziehung, z. B. bezüglich 
der Pockenimpfung, zeigte er einen freieren Geist als sein College 
de Haen, welcher mit dogmatischer Schärfe die absolute Selbst¬ 
ständigkeit der Klinik forderte und dem Einflüsse der Natur¬ 
wissenschaften nur wenig Raum gestattete. 

Noch ein anderes Denkmal unermüdlicher Mitarbeit an der 
Entwickelung der klinischen Medicin hat sich van Swieten in 
seinen berühmten Commentaren zu den Boerhave’schen 
Aphorismen gesetzt. Dieses grosso Werk, anfangs von der noch 
feindlich gesinnten alten medicinischen Facultät zurückgewiesen, 
wurde bald das berühmteste und verbreitetste Lehrbuch. Die 
beiden ersten Bände waren bereits in Holland erschienen, 1742 bis 
1744, der letzte kurz vor seinem 1772 erfolgten Tode. Dieses 
Werk repräsentirt das Gesammtergebniss der medicinischen Wissen¬ 
schaft des XVIII. Jahrhunderts und verwerthet in grosser Voll¬ 
ständigkeit die gesammte medicinische Litteratur von den ersten 
Anfängen griechischer Medicin bis zu Boerhave hinan. 

Der leitende Gedanke dieses Werkes war der, das System 
seines Lehrers, welches er von Grund aus kennen gelernt hatte, 
zu einem festen, unzerstörbaren Gebäude aufzurichten und so zu 
befestigen, dass es dem Sturm der Zeiten trotzen konnte. Das 
Endziel dieses Systems aber ging dahin, der Heilkunde eine Gestalt 
zu geben, welche ebensowohl don wissenschaftlichen, wie den künst¬ 
lerischen Ansprüchen Genüge leistete. 1 ) 


*) Wer dies Werk heute liest, wird nicht umhin können, die sorg¬ 
fältige, auf Erfahrung und Menschenkenntnis aufgebaute Therapie zu be¬ 
wundern, und viel auch heute Brauchbares daraus lernen, während 
allerdings die wissenschaftlichen Vorstellungen vage, unbestimmt und 
vielfach willkürlich sind. Manche gelegentliche Bemerkung überrascht 
durch ihre besonders zutreffende Schärfe, so zum Beispiel diejenige über 
die specifische Therapie. „Das ansteckende Gift der Kinderpocken, Masern, 
Pest u. s. w. kann durch seine Reizung das heftigste Fieber verursachen. 
Wo dergleichen erregende Ursachen vorhanden sind, befiehlt die heilende 
Indication, dass sie entweder dergestalt gebessert werden, dass sie keinen 
Schaden mehr bringen können oder dass sie gänzlich aus dein Körper 
hinausgeschafft werden . . allein hierin hat es die Kunst bisher noch 
nicht weit gebracht, obgleich in der Natur der Dinge für jede einzelne 
giftige Reizung vielleicht ein entgegengesetztes, besonderes Gegengift 


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27. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Seit 1770 fing van Swieten’s Gesundheit an zu schwanken, 
er erholte sich noch einmal, konnte wieder thätig sein, aber er 
erwarb seine frühere Kraft und Gesundheit nicht wieder. Mit 
klarem Blick sah er furchtlos dem herannahenden Tode entgegen. 
Er starb am 18. Juni 1772. 

Das Vertrauen und die Dankbarkeit der grossen Kaiserin blieb 
ihm bis zum Tode unverändert erhalten. Ja, sie ehrte den be¬ 
rühmten und hochverdienten Mann über das Grab hinaus. Auch 
die Nachwelt ist seinen Verdiensten gerecht geworden. An dem 
grossen Denkmal der Kaiserin Maria Theresia hat ihr treuer 
Diener und ärztlicher Berather einen würdigen Platz gefunden. 

van Swieten war kein schöpferisches Genie, er hat keine 
neuen, bahnbrechenden Ideen in die Medicin hineingetragen, aber 
er war für seine Zeit und Aufgabe der rechte Mann an rechter 
Stelle. Mit klarem Geiste und fester Hand hat er sein Reform¬ 
werk durchgeführt, welches darin bestand, die vollendetere Wissen¬ 
schaft seines Vaterlandes nach dem Orte seiner neuen Wirksamkeit 
zu übertragen. Er verzichtete auf selbstständige Originalität und 
begnügte sich damit, die Lehren seines bewunderten Meisters, 
welche für ihn unumstössliche Orakelsprüche waren und blieben, 
aufzuzeichnen und auszuarbeiten. Um diese Resignation zu ver¬ 
stehen, hat man mit Recht darauf hingewiesen, dass sein Leben 
dem Zeitalter des Autoritätsglaubens angehörte. Mit derselben 
unwandelbaren Treue, wie an seinem religiösen Glauben, hielt er 
an den Lehren seines Meisters fest. Dies gab ihm auch die grosse 
Sicherheit und Festigkeit in seinem ganzen Handeln, eine Festig¬ 
keit, welche zuweilen in Härte und Tyrannei ausartete. Indessen 
behielt er immer die Sache im Auge und hat seinen grossen Ein¬ 
fluss niemals zu persönlichen Interessen missbraucht. 

In der Geschichte der Medicin bleibt sein Name mit der Grün¬ 
dung der medicinischen Klinik in Wien verbunden. Die von ihm 
gegebene Organisation hat sich auf das vollkommenste bewährt, 
sie hat der Wiener Klinik das Fundament zu einer freien und 
glücklichen Entwickelung gegeben. 

van Swieten’s Verdienste gehen aber noch weiter, indem er 
als Reformator des Unterrichtes in Oesterreich, der Vermittler von 
freieren Anschauungen und Ideen wurde, welche auf den Gang des 
öffentlichen Lebens von wesentlichem Einfluss geworden sind. Darin 
besteht seine historische Bedeutung. 

Nach dem Tode deHaen’s, 1776, welcher van Swieten nur 
um kurze Zeit überlebte, ging die Klinik an Maximilian Stoll 
über und erreichte unter ihm ihre höchste Anerkennung. Sie war 
zu dieser Zeit unbestritten das Vorbild aller medicinischen Schulen; 
sie blieb dabei im Sinne ihres Begründers eine Schule des Hippo- 
kratismus. In vieler Beziehung repräsentirt M. Stoll diese 
Richtung am vollendetsten. Seine Persönlichkeit übte einen beson¬ 
ders wohlthuenden Zauber auf die Kranken aus, wie man aus den 
ihm gewidmeten Nachrufen entnehmen darf. In der Therapie stellte 
er die Behandlung der gastrisch-biliösen Störungen in den Vorder¬ 
grund. Er liebte es, seine Lehren in Aphorismen zu formuliren, 
welche in Form und Inhalt vielfach an die berühmten Sätze des 
grossen Koers erinnern. 

Nach Stoll’s Tode sank das Ansehen der Wiener Klinik, hob 
sich aber wieder, als Peter Frank im Jahre 1795, also jetzt 
nahezu vor 100 Jahren, das klini sche Lehramt übernahm. Schon 
1804 gab er diese Stellung auf, um nach Russland überzusiedeln. 
Auch Peter Frank kann noch zu den Hippokratikem gerechnet 
werden. Mit ihm findet die erste ruhmreiche Periode der Wiener 
Klinik ihren Abschluss. Das bisherige autoritative System der 
Klinik und die anscheinende Vollkommenheit und Unfehlbarkeit 
wurden ein Hemmschuh und konnten dem Fortschritte der Zeit 
auf die Dauer nicht Stand halten. Die Naturwissenschaften, denen 
man nur widerwillig Eingang in die Medicin gestatten wollte, er¬ 
hoben sich siegreich zur glänzendsten Blüthe und begannen, den 
Maassstab ihrer Methode auch auf die Medicin zu übertragen. Die 
wissenschaftliche Kritik rüttelte stark an den Axiomen der alten 
Klinik: der Aderlass, die Hauptsäule der bisherigen Therapie, 
wurde gestürzt, aus der alten Heilmittellehre hielt nur weniges 
Stand, und selbst die Beobachtung und Untersuchung am Kranken¬ 
bett erschien vielfach unvollkommen und willkürlich. 

Der neue revolutionäre Geist brach mit der Vergangenheit und 
verlangte nichts weniger als das alte Gebäude der Medicin gänz¬ 
lich zu stürzen. Broussais (1772—1832) erklärte die herkömm¬ 
liche Medicin für werthlos, die Krankheitsformen der Schule für 
Phantasiegebilde und Ontologieen, ihre Therapie ohne Werth. 
Magendie sagte: „La m 6 de eine est une Science ä faire.“ Man 


anzutreffen sein möchte. Denn hat nicht derjenige, der einmal die 
Kinderpocken gehabt hat, ein wahres Gegengift gegen das 
Pockengift, obgleich es niemand kennt, wodurch eben dies 
erstgedachte Gift, wenn er es auch nachher wieder empfängt, 
unwirksam gemacht wird?“ 


verlangte nun auch für die Medicin die naturwissenschaftliche 
Methode und das Experiment. 

Inzwischen hatte die pathologische Anatomie und die Expe¬ 
rimentalphysiologie eine stattliche Reihe von Entdeckungen zu 
Tage gefördert, welche unerwartetes Licht über viele Vorgänge 
am Krankenbette verbreiteten. Der Schatz des wirklichen Wissens, 
über welchen die alte Klinik gebot, erschien nun auf einmal auf¬ 
fallend beschränkt. Die Klinik bedurfte neuer Methoden, um die 
Entdeckungen zu verwerthen und den Anforderungen der neuen 
Zeit gerecht zu werden. Diese erhielt sie durch die Entdeckung 
der Percussion durch Auenbrugger (Wien 1772) und der 
Auscultation durch Laennec (Paris 1820). 

Die glückliche Organisation, welche die Wiener Klinik unter 
van Swieten erhalten, bewährte sich auch dadurch, dass sie der 
neuen Richtung nicht nur nicht hinderlich war, sondern ihr eine 
ebenso schnelle und blühende Entwickelung gestattete wie zur Zeit 
der ersten Wiener Klinik. Unter Skoda (1839), Rokitansky 
und Oppolzer entwickelte sich jetzt die neue wissenschaft¬ 
liche Klinik, an welcher die physikalischen Untersuchungs¬ 
methoden neben der pathologischen Anatomie die Grundlage des 
Unterrichtes bildeten und zu ein'er Diagnostik von überraschender 
Schärfe und Sicherheit ausgebildet wurden. Zum zweiten male 
wurde die Wiener Klinik der allgemeine Anziehungspunkt, wiederum 
pilgerten Studirende und Aerzte aller Nationen nach Wien, um 
die neue Medicin zu erlernen. 

Von hier aus ging die wissenschaftliche exacte Klink schnell 
auf die anderen Universitäten über. In Berlin fand sie unter 
Ludwig Traube ihren bestimmtesten Ausdruck. Seine streng 
wissenschaftliche Lehrmethode, unter vollendeter Anwendung der 
physikalischen, chemischen, mikroskopischen Untersuchungen, seine 
gewissenhafte Verwerthung der pathologischen Anatomie, der Phy¬ 
siologie und des physiologischen Experimentes, seine scharfe, 
sichere Diagnose sichern meinem unvergesslichen Lehrer einen 
hervorragenden Platz in der Geschichte der medicinischen Klinik. 

Die grosse Bedeutung dieser Epoche besteht darin, dass die 
Klinik in die Reihe der Naturwissenschaften eintrat und dass das 
naturwissenschaftliche Denken und Arbeiten in derselben einge¬ 
bürgert wurde. Sie übte objective Untersuchung lind Beobach¬ 
tung am Krankenbette, lehrte uns den natürlichen Verlauf der 
Krankheiten kennen und schuf hiermit die Basis für die objective 
Beurtheilung jeder Therapie. Ihr Glanzpunkt war die exacte pa¬ 
thologisch-anatomische Diagnose. Ohne Zweifel wird diese Me¬ 
thode die Grundlage der Klinik und des klinischen Unterrichtes 
bleiben. 

* * 

* 

Weniger glücklich war diese Zeit für die interno Therapie, 
welche ebenfalls nach exact naturwissenschaftlichen Methoden auf¬ 
gebaut und der Kritik des Experimentes unterworfen werden sollte. 
Physikalische und chemische Mittel und Methoden fanden das 
meiste Vertrauen. Man war bestrebt,- aus den bisherigen grossen- 
theils dem Pflanzenreich entnommenen Medicamenten die wirksamen 
Stoffe in chemischer Reinheit zu gewinnen und deren Wirkungen 
auf den gesunden thierischen und menschlichen Organismus zur 
Richtschnur ihrer therapeutischen Anwendung zu machen. So 
hoffte man einfache, klare Verhältnisse und die Grundlage für eine 
wissenschaftliche Therapie zu gewinnen. Allein diese Bestrebungen 
haben nicht so schnell zu den erwarteten Resultaten geführt. In 
der Praxis reducirte sich die Therapie vorzüglich auf das Ver¬ 
schreiben von Recepten, aber das Vertranen zu denselben wurde 
mehr und mehr schwankend. Die Folge davon war der Rück¬ 
schlag zum Nihilismus in der Therapie und zum Pessimismus 
in der Praxis. Man glaubte sich nahezu auf ein blosses Beobachten 
des Krankheitsverlaufes und ein mehr oder minder unthätiges Zu¬ 
schauen beschränkt. 

Diesen Standpunkt hat die interne Medicin gegenwärtig glück¬ 
lich überwunden, sie hat gelernt, nicht das Unmögliche zu ver¬ 
langen, sich nicht allein auf Medicamente zu beschränken; sie hat 
die Therapie ebensowohl nach der wissenschaftlichen Seite geför¬ 
dert wie die Ausbildung der ärztlichen Kunst sich angelegen sein 
lassen. Damit hat sie einen festeren Boden und grösseres Selbst¬ 
vertrauen gewonnen. Der Irrthum des Nihilismus in der Therapie 
bestand darin, dass man nur Krankheiten heilen und nur das¬ 
jenige gelten lassen wollte, dessen heilende Wirkung auf den 
Kranklieitsprocess wissenschaftlich, das heisst experimentell er¬ 
wiesen worden war; jede andere Leistung der Therapie wurde 
gering geschätzt. Hiermit wurde der Wirkungskreis und die 
Leistungsfähigkeit der Therapie erheblich eingeschränkt, man musste 
daher wieder oinlenken. «Der Versuch, die Klinik ausschliesslich 
auf naturwissenschaftlichen Errungenschaften zu basiren“ — so 
sagt Herr Prof. J. Petersen gewiss nicht ohne Grund — „hat 
sich als unausführbar gezeigt.“ Man durfte die Erfahrung und 
die ärztliche Kunst früherer Zeit nicht bei Seite schieben. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


„Die ärztliche Behandlung,“ sagt Peter Krukenberg, einer 
der gefeiertsten Kliniker der Neuzeit, „ist und bleibt eine Kunst“ 
— und er hat Recht behalten. Wir haben eben nicht nur die 
Krankheit, sondern das kranke Individuum zu behandeln, 
mit allem, was ihn umgiebt und was Einfluss auf ihn hat. So 
lange aber die Behandlung des Menschen eine Kunst ist, die sich 
nicht mathematisch berechnen lässt, so lange wird auch die Therapie 
eine Kunst bleiben. 

Neben der lokalen und specifiscken Therapie kam nun wieder 
die Gesammttherapie zur Geltung, ebensowohl in ihrer phy¬ 
sisch-vegetativen wie in ihrer psychischen Beziehung. In Fällen, 
wo wir den lokalen Krankheitsprocess nicht wesentlich beeinflussen 
können und seinen natürlichen Verlauf abwarten müssen, da bleiben 
uns noch viole Mittel, um die Kräfte des Kranken zu unterstützen 
und ihm im Kampfe mit der Krankheit zum Siege zu verhelfen. 
Auch hierbei beschränken wir uns nicht auf Medicamente allein, 
wir ziehen alles herbei, was unseren Zwecken dienen kann. Wir 
haben wieder den Werth einer richtigen, individuell geregelten 
Ernährungstherapie für die Erhaltung und die Stärkung der 
Kräfte erkannt; wir müssen die Ernährung quantitativ nach 
dem Stoffverbrauch im Körper, qualitativ nach dem Zustand 
der Verdauungsorgane anordnen. In nicht wenigen Krankheiten 
und Krankheitsstadien, welche eine stärkende (roborirende) Behand¬ 
lung erfordern, ist die methodisch durchgeführte Ernährung der¬ 
jenige Factor, welcher den Erfolg am sichersten garantirt. 

Auch die psychische Therapie wurde wieder in ihr Recht 
eingesetzt, auch sie soll den Heilplan unterstützen und die mo¬ 
ralische Widerstandsfähigkeit des Kranken erhöhen. 

Zu ihr gehört auch das in neuerer Zeit viel besprochene Ge¬ 
biet der Suggestion. Ich füge gleich hinzu, dass ich nicht den 
Hypnotismus meine, dem ich eine wissenschaftliche Berechtigung 
in der Therapie bisher nicht zuzusprechen vermag. Dagegen bin 
ich der Meinung, dass der Arzt am Krankenbette der suggestiven 
Therapie nicht entbehren kann und dass sie insofern und in¬ 
soweit berechtigt ist, als sie im Interesse des Kranken den ge- 
sammten Heilplan fördert. Sie wirkt analog einem Heilmittel, und 
es wird die Aufgabe des Arztes sein, sich ihrer in richtigem 
Maasse und zur richtigen Zeit zu bedienen. An dieser Berech¬ 
tigung wird meines Erachtens dadurch nichts geändert, dass die 
Suggestion missbraucht werden kann und von Cliarlatanen so häufig 
zur Täuschung des Publikums missbraucht wird. 

Diese Heilmethode in dem angeführten Sinne hat man (neuer¬ 
dings) als die hygienisch-diätetische Therapie bezeichnet, 
indem die Vermeidung alles dessen, was schädlich wirken kann, 
und die sorgfältige Durchführung einer zweckmässigen Lebens¬ 
ordnung mit Einschluss der Ernährung die Elemente dieser Be¬ 
handlung bilden. Indessen erschöpft diese Bezeichnung doch nicht 
das Ganze. Herr Prof. J. Petersen in Kopenhagen hat sie in 
einem geistvollen Vorträge auf dem Congress der inneren Medicin 
1889 den modernen Hippokratismus genannt, und wir können 
uns dies gern gefallen lassen, insoweit dio alte hippokratische 
Medicin die Gesammtbehandlung und den künstlerischen Beruf dos 
Arztes in den Vordergrund gestellt hat. Die Medicin des Alter¬ 
thums hat bei geringen Kenntnissen von den Vorgängen im ge¬ 
sunden und kranken Körper die Ethik der ärztlichen Kunst zu 
hoher Vollendung ausgebildet. Es scheint keine unwürdige Auf¬ 
gabe, die antike Kunst mit der modernen Wissenschaft in Harmonie 
zu bringen. 

Auf der anderen Seite hat die specifische Therapie der 
neuesten Zeit erheblich an Terrain gewonnen. Sie ist augenblick¬ 
lich diejenige, auf welche alle Blicke mit den grössten Erwartungen 
gerichtet sind. Sie hat nach drei verschiedenen Richtungen hin 
wesentliche Fortschritte zu Vorzeichen. 

Zunächst wollen wir der Pharmakologie gedenken, welche 
sich mit Hülfe der ausserordentlichen Fortschritte in der Chemie 
rasch und reich entwickelt hat. Sie ist nicht mehr wie früher 
darauf beschränkt, die Heilwirkung der Pflanzen, wie sie die Natur 
uns liefert, zu studiren, auch nicht mehr darauf, die wirksamen 


Stoffe 


in den Pflanzen chemisch rein darzustellen. Sie 


vermag 


jetzt selbstständig Heilmittel zu construiren und hat uns mit cmci 
grossen Anzahl solcher neu construirter, wirksamer Heilmittel be- 

fmd f enn ? V °I al i e , n d ; e Antifebrilia, die schmerzstillenden 

und die schlafmachenden Mittel, an welche sich noch eine grosse 
X 1 '. il “ dere , r anschliesscn Freilich hat die Fruchtbarkeit der 
Qnr£hf hen s 1 i ldust ü! e - • me , hr ? eliefert > als dem Bedürfniss ent- 
^ ,! netl ' c,ms ;- ht ' n Mal ; kt derartig überschwemmt, dass 

' V . erth des Einzelnen nicht mehr sicher beurtheilen kann 
zumal die Anpreisungen und Roclamen sich nicht immer in den 
zulässigen Grenzen halten. 

Das grösste Interesse und die grösste Bedeutung haben 
gerade un gegenwärtigen Momente diejenigen Arbeiten erreicht 
welche aus dem Gebiete der Baeteriologie hervorgegangen sind! 


Die grosse allgemeine Bedeutung dieses neuesten Zweiges unserer 
Wissenschaft, ihren Einfluss auf die gesammte Medicin und Hygiene, 
speciell auch auf die innere Klinik, darf ich hier wolil als all¬ 
gemein bekannt voraussetzen; ich will hier nur diejenigen Re¬ 
sultate hervorheben, welche durch sie für die innere Therapie 
gewonnen sind. 

Die Möglichkeit, die pathogenen Mikroben in den Reinculturon 
zu studiren, erweckte frühzeitig die Hoffnung, ihre Weiterentwickc- 
lung im erkrankten Organismus ebenso gut wie im Reagensglase 
durch chemische Mittel aufhalten zu können, indessen die Anti- 
parasitica und Antiseptica, welche der Chirurgie gegen die In- 
fection der Wunden so grosse Dienste geleistet haben, liessen die 
innere Medicin im Stiche. Dieselben chemischen Substanzen, 
welche die Bacterien vernichten, sind auch dem Organismus selbst 
und den Geweben schädlich, ja die Bacterien zeigten sich vielfach 
gegen sie resistenter als die Gewebe selbst. Die Aufgabe, Mittel 
zu finden, welche die Erreger der Krankheit zerstören, ohne gleich¬ 
zeitig dem kranken Organismus zu schaden — die Lösung dieser 
Aufgabe musste auf anderem Wege gesucht werden. 

Man hat, wie bekannt, in diesem Sinne Methoden analog der 
Jenner’schen Schutzpockenimpfung ins Werk gesetzt, nicht nur 
als Präventiv-, sondern auch als therapeutische Impfung. Auf 
dieser Methode ist dio berühmte Pasteur’sche Behandlung der 
Hundswuth begründet. 

Ferner wurden die Stoffwechselproducte der Bacterien, 
welche, wie man annehmen durfte, nach einiger Zeit die weitere 
Entwickelung der Bacterien hindern, dem kranken Körper einver¬ 
leibt, in der Absicht, die pathogenen Organismen unwirksam zu 
machen, doch sind entscheidende Resultate auf diesem Wege bisher 
noch nicht erzielt worden. 

Aussichtsvoller sind die therapeutischen Ver&uche zurlmmu- 
nisirung des kranken Organismus gegen dio in ihm sich ent¬ 
wickelnden Bacterientoxine, man wünscht den Körper schneller 
immun zu machen als es durch den natürlichen Ablauf des infec- 
tiösen Krankheitsprocesses geschieht, damit gleichzeitig die Krank¬ 
heit, soweit sie auf der Toxinwirkung beruht, schneller und ge¬ 
fahrloser verlaufe. 

Zu den grössten Erwartungen berechtigt gerade in diesem 
Augenblicke die von Herrn Prof. Dr. Behring in Berlin ge¬ 
schaffene Heilserumtherapie, welche darauf beruht, dass das 
Blutserum von Thieren, welche methodisch gegen die betreffende 
Krankheit immunisirt worden sind, als Heilmittel gegen die gleiche 
Krankheit beim Menschen verwendet wird. Den meisten von Ihnen 
wird es bekannt sein, dass auf diesem Wege ein Heilmittel für 
eine der schlimmsten Infectionskrankheiten, die Diphtherie, ge¬ 
wonnen und den Aerzten zur Prüfung und Anwendung boreits 
übergeben ist. Die bisherigen Versuche berechtigten zu den 
schönsten Erwartungen, wenn man auch zugeben muss, dass ein 
sicheres Urthoil noch aussteht. Auf dem kürzlich abgehaltenen 
Internationalen hygienischen Congress in Budapest haben die Ver¬ 
handlungen gerade über diesen Gegenstand das grösste allgemeine 
Interesse erregt. 

Ich muss noch einer anderen neuen therapeutischen Strömung 
gedenken, welche auf wissenschaftlichen Forschungen basirt, gegen¬ 
wärtig in der Entwickelung begriffen ist, aber auch ein bestimmtes 
Urtheil noch nicht gestattet, nämlich die Organsafttherapie. 
Sie hat bisher ihre besten Erfolge bei der als Myxödem bezeich- 
neten Krankheit aufzuweisen. Diese eigenthümliche Krankheit 
entwickelt sich in Fällen, wo die Schilddrüse entweder auf opera¬ 
tivem Wege entfernt oder auf natürlichem Wege geschwunden ist. 
Solchen Kranken hat man den frisch bereiteten Saft aus der 
Schilddrüse gesunder Thiere eingespritzt oder das Gewebe der 
Schilddrüse selbst in Tablettenform eingegeben und darnach we¬ 
sentliche Besserung der Krankheitssymptome beobachtet. Nach 
analogen Indicationen werden auch andere Drüsen und Drüsen¬ 
säfte therapeutisch vorwendet; indessen das ganze Gebiet ist noch 
so unsicher, dass man nicht genug vor Uebereilnng und Illusionen 
warnen kann. 

So viel geht aus dem Vorgetragenen hervor, dass gegenwärtig 
in der inneren Medicin die therapeutische Richtung vorwaltet. 
So wtinschenswerth dieses ist, so kann man die Schwierigkeiten 
nicht übersehen, welche sich in solcher Zeit gerade für die Auf¬ 
gaben der wissenschaftlichen Klinik herausstellen, denn es ist 
vieles noch unfertig und unsicher, und an dasjenige, was auf wis¬ 
senschaftlichem Boden langsam hervorwächst, sc-hliesst sich eine 
überhastete Erfindungslust von weniger Berufenen, welche das 
Publicum durch enthusiastische * Anpreisungen in Verwirrung 
bringen. 

* * 

Inmitten dieser Strömungen sind die Aufgaben der modernen 
Klinik grössere und schwierigere geworden wie je zuvor, und wenn 
man ihre ideale Aufgabe heute so formuliren will, wie es seiuer- 


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27 > September. 


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Tiierrtidr, wriohe dm h da? Endend ailcr liiiniHchcu Arbidt.ru »Hb : 
FiU'i*. 1«v»|nrl ; es iMuaiKdin slmr.hatm. einer «litprh WiFsf-n-ihatf- un»J 
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d--n Ar/fcrfe > a Hcltmr XVAK-s^iis.iduift nitii za seinem Herwf t'nHst 
w'iiseijUfeJ} uitf smiu*)’ .Bichrrhidt- in «ler MclianiilU n^r. lHd; Kfunlcp 

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neu- Msdhn, fdni«h-« icnn«::«at erweitern die Urm.zmi 

‘iiWa-UT Runs« und er werke« • in . den Hmmu da* anHcu Kranken 
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MHfwlieh war- Zu ihrem \\ ehh> mtissuu wir {üln* au-nutzen ih. 
l|>‘Tit.!W0 Almü.dii 'tuWt. nkdd an!' eir.cm uiiijiiyvn he-timtuten Sj^mn 
uni ^hüpte nndd ,i»i, einer Queliw. SA nimmt ihm Mul*.*, wu sie 
es tim ihr., Uio AX'i-^n/ aut ddd» v « wir zu urtae-rrni. Zude grfynn;md 
Ajud tiinuüiuhhi'di. Ahm’ wir wuJlmi rnitUd.h «rtU'Au u»id.s*4h*t 

bi fidie;, n »d,ti ailcn i»hc-i drfi WerTji dessen, Wae U»H nrimten 
wini. ürta Ke.-m der sclhststitmli^vji L’nifeij.s nf,*j de* KidliHtsnim 
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'iiUucn ?h*(> nehrignu AVzdidj., den festen Üai* gicht und ihm 
Am* ve«i s--hl.H Idem ihm Weizen von der Spreu •aidmSeiimde« 
Mud. das ist- -die S< hniung in »{er nhjeetiveu lhml»»telitu«e-. und in 
jder Aifd-hode der Kat3tr\vt4- s >C t «deht>fteii ldins Ijutt« mdinn 'die Hdl- 
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Aar di*r Meitrng.. den die ,V a 1 • tj nv i: i * *«n.«* d m Id«• u iieferten, nur ein 
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menhaug' mit *lei Ku» up wiaK*»rtßuhaft erkennt am dt diu Klinik Kn 1 
ict-jik und fitr di«^ Ztikiuiit. diu iRhSt? lilher wmiferHi 

Fnrlut hMtr.e udd die Autfiuliu gegs-n \d-e|rf’dugeu auej, aut »fern 
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; §^l n Um der Na t tudorsi-lita- in.ut Aer/U' Aiiiu hja»ur«a.:h 
; herum igle hiariehtung liHMit./mi, Wöiehe deii *«*;«••♦} Zus.iti*n>vi)haudi 

u.'i5:\vlM)d{i _Mddiejii iin«l’N»rnrwiHSdüscitöChm» zu uiumn ftnaufkmüf-hen 

hat. 

; TL Auh der Universitätsangehklinik in (Treifswald. 

KlöiÄere ophthalmologisclie MittheilungeB. 

Vuu Prof. Öito ftdiirntär, 

Hedluxtg ew.pa Harbe npt erygium 3 ciitroh Cornba- 
' tfftnapla'ntatiqn % 

K«ter Na tu Vei^peUt man sntiß C’Antnm-tjvdlmttiu 

wehdm xhnMi NarMnzug auf di«; Kopirna 1 dttatitgowajdrs/ü} mf AT.^i 
uuterWchnrd* 1 eä z v< < (aml-mg vöri citai (M)H«U lMvrvgW.it, weiehe 
dm - !< Wiudiemng “in« r Pdm-meufa tadslolu-u Amd ■ tli.-mgeifids.s 
idtmm: m dei iüdwnatuu vm« 'innen oder .von au>wmr her, am d*>' 
(Amnsm iHuauCwuudmun, 'wahrmdl die Uirhnudv d«\* NH.rlhdad,m , yumias 
vlm höllnhio-t» .fei. ' _ . ; ^ * -'• ; ■ 

i)a-M‘U« eiibdeM dur» i» eijU' ’ m l-mrntiii*» «Hier \ ei it?.n;ig d.*t 

; l/tirnca und der .mgtmaendvn rM„juu-.d,iv aljs-.it * «s en. Oie Zej^idi <mg 

di's f 'oj-mufSidi-mloimhis sidimi«; djj A irmudm >;u «.rh», ;li:-w du- 
Uffuiumg des j (..•••rihaid.dide.des tiii ht. wi. htd winlaeiuut (h‘.-ed>n üi; ,. 
durch Wm lu'M'Rg «ier OxumfeuMtuez un«l thes' 'Mpifdti.d.S .vor si-K 
gellt. SfMid.cn» »hiss die heum ithiUdc t utijltn» l * V;l d,*>,n hernuwzcwmi 
wjrxl. Fnd v.vriw wird sk dann »nrist *m'-'lVuf>Mng j|»m «nir/ou 
DHertn» verwiHidt: ich hahv festen? nid gmch?«. tkds? in)v 
UtAva ein v Hill tV: rtps nek rot j.suu^«n JArZiritw :l| tiirrderM. Wti b fMt)'d die 
sinduru liafttc in gewuhnih her W*dse. vernaHde. 

War nur ein khdmmer Uexirk dm- < Armut und dm Cnpjmudiva 
hitlhi hetmffeii, ho* Wjrd dureh die VpVzwrfWftp; riet* lUndelm+tl virut 
\*erk)ig/ung' der lVb*?<vnjig5fAlirv zuSdsinde kmmhmt. W*ir 
jefiorh die Thudelimd i»>. g» «b-ercr \ itsdidiuuuü eie .»Ilias 

guvAdmliid»- <ier Fail <4 und nicht um an» Mulhn-.. -muk*ni am h 
au der (Nbrrgangsf/die uml am .Ltd, so hjldun sieh s*d*r skmfTe 
r Nathonzdwe. ^wf^dieu Lid und ihdinm djerans; S.vmhluphni’o« ddiW 
Cnnu-nrijej.tharo'd; das Lid wird ftwA svm-Biid'ms mier air *ler ikmien 
hxiri 

Ein Htdehor Znsdand. ist für dmi PaUeiih*« im hüehslc« (irade 
j dnangrnrhm Om Me^eunngon i.h«§ Aug»rs-R?«il durch du'öe .NiU’hidt- 
; zdigfv dhi-keröfflcmtltci» imhiaderfc^ fhik SdhvwmOgon Xui in rkdwn 
FjpM; rluA'b ilds Mter5gUUe herfxiigeniUf, Ujuj tllfi l’UÜhl gewitisiMt' 
lf*njuö* brji sirht mnsdh^if auf der 1%'ima *uw Stlrnn 

Irnhzcitig lud»ec* sich d*’-s!iäih di*' OjdiUm.lmologeu hemliht, i!|mt“4iv 
: diese Besidwverdmi zu hoi)«!), und *>inn. fkihe- von ./Verfahren ist 
: iuigeefdims, weicht) im wcwtsntdjrlicii «hiraut huiailrtlauh'«, dem Mofim.s 
; som ijiilAyjeder frei zu {nnfninrea uu»I den so md.slaudunm* Iddeet 
euiwMnj- duroh LntvifiUetivnlphivdik iTexdeh didur tlurwh 1 a-.hr.r- 
}>t}HMZunw von.- KtiUindhdnbhulwluUft; rWolfe, Klein): u»eoscddmiu i 
S'.'hifintliyitt •: V e i s { 1 .! H . ()e Ln }»et sOUtir.» ud'd 1 li*e.US*djli<'i)e. Haut 
(Ewersbu K U li li t) ZU denke«. Au«d» .•-U.m i ‘uMihifiafic.Vi dm- 

f wUieNMie-u Mofhode mit stifdlOMei latppynüMfTrawnsig «\»rd angw- 
\Vandf. und iM'smjdhrs ven llirsehhr.rg wurm mimpinhlen. T>id 
I Bindchanrr?ihe .mf <IW (/yfimf wnidr hinrWt vöti Tente ’ufihenihr'f 
\ gyda^un juirfi wtoillp Htch iklTmähUrM 4uV<h. pk ?•• 

klein«'»-)«: ehe«?« x*Leinen c* vVeli z mul die nroifslfwu der rnumr'eu 
; ÄdWftvsi g'tdnaeM zu tmhou, hdt ln pMi Ar- d 

heiteü, die niir LthM'dtd^ Ädn) TlMd -ttixr- .mj. 

A-nren. ; W ;A üi&Awn Üher ^hißlc^tl de? PtiUygfitHtvs, 
"Nair .Kinin givM r»n, 0 ? und KdJföihcAMd’hrt 1 «hunt ad/ tH}i: 

■tovntu t * anspUuitu f- •/.'! halrcu; airsmim s-m are-lt msLodtcdf, fern 
PtcMygiuiu habe sieli ah»u’ tiotzdnn i.mlit upw^hhibict. 

In «liesest! lefzicn l'tinkfc^ guvmh* liegt «iic (Klahr. Losen wir 
diu (N')«LjUnßUwxillf»]txX von dsT und i/tssoti 'iie)v Jj**iVet *d)nt v 

h«-.»sMog ? h., Itabm» wir ku»m Oübudmeti d;ms nn.ht. jnmetdm ( es 
«{je LotijMiedivt »tnf die Uornhlilit hhmufiir-zogim wird und sieb 
wbulmini »dn» vv.enn auch vmlhueht« etwa.* LLdtieres rterygunn und 
vS,Vi«bleplw*r«>n bildid. Aüdei>!,v<dl;- n»i;e= es bei dem MiiHif'liaut- 
iViatuvel wh, dsdnweod wtinst hrn-wndh bezeichnet cmTen, di« auf 
der rorrns» befiudiLlum Falte« mit zu«* fhv-kung des p-h- 
hmfus/m/irlifm; auch knanietd^Öfin lidnksifdlteu hnssum di« Lidft'riHUui 
dt:r:ndbnn sehr wij.«H'di*MJ 

d oli tlitsr.ri IX. l '>fj-'gueenn :u«sg)di*m«i, cjdss.hjor--fei«, mc to 
einem ipdi. von «.■«» -<■(*-•>- nt Mfen «dism, das Ahm zwm f.ivtt.*rt *h* f 
Ootamfi «shiidUim dt ui ruil ?,K*mHe!t jüieUgrädigem S}!tdjj«cp)±it.Mm 
üsnibtuirh war. «iie Lt^eitjgijmg des- letztmww lediglich aut ifU-lte 
des DOg'dlrlks önzustrebrrs und den Lormmbkdec! n«d irgemt diM 
\V«d«e zu «hMom. I lau f, hipp n 11 öfter KpidM■.niLiripi.Mfe.n " : »c I» 

a \ i.di mü.'hi .uh d. l^dunmr bSP4 im (h>.i(V«Lih’ei‘ mmi!« imo lern 

l i'i'i'iii tadniiiem-u \d>i lv;ig*o 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


754 


Thiersch wollte ich hierzu nicht verwenden,'weil das kosmetische 
Resultat voraussichtlich sehr wenig befriedigend gewesen wäre und 
weil ich fürchtete, durch nachträgliche Schrumpfung derselben 
einen Theil des Effectes wieder zu verlieren. Schleimhautlappen 
scheinen nicht leicht anzuheilen, und selbst die vollzogene An¬ 
heilung schützt uns nicht mit Sicherheit vor einem Recidiv, wio 
der Fall Klein beweist. Ich entschied mich deshalb für Horn¬ 
hautlappen, zumal es mir das natürlichste schien, einen Defect der 
Hornhaut wieder mit Hornhaut zu decken. 

Die bisherigen Methoden der Hornhauttransplantation, wie sie 
nach vielfachen vergeblichen Versuchen endlich durch A. v. Hippel 
in der partiellen Keratoplastik zu einer gewissen Vollendung ge¬ 
bracht sind, haben einen optischen Zweck. Es handelt sicli darum, 
in der getrübten Membran ein durchsichtiges Fenster zu schaffen, 
und hierzu genügte die Anheilung eines kleinen Stückchens durch¬ 
sichtiger Cornea, welches genau passend in ein Loch des Leukoms 
eingelegt wurde. Die Ernährung dieses Stückchens geschieht wahr¬ 
scheinlich nur zum geringsten Theil von der Rückfläche, haupt¬ 
sächlich von den Rändern her. Dementsprechend konnte es in der 
ganzen Dicke einer Kaninchencornea genommen werden. Bei mir 
handelte es sich darum, grössere Lappen zu übertragen, deren Er¬ 
nährung ausschliesslich von der Rückseite geleist/et werden musste, 
und dementsprechend wagte ich nicht, die ganze Dicke der Horn¬ 
haut zu überpflanzen, sondern entschied mich dafür, möglichst 
dünne Lappen zu verwenden. 

Es ist nun nicht ganz leicht, von der ohnehin dünnen Horn¬ 
haut eines jungen, lebenden Kaninchens eine Lamelle mit dem 
Epithel abzuspalten, doch gelingt es bei einiger Uebung. Am 
besten bewährte sich mir folgende Methode: Das cocaYnisirte Auge 
wird luxirt. und dann ohne Fixation ein sehr scharfes Beer’sches 
Staarmesser etwas unterhalb der Hornhautmitte, nahe dem einen 
Limbus eingestochen und horizontal möglichst nahe der Oberfläche 
zwischen den Lamellen vorgeschoben, so weit es die Cornea¬ 
krümmung gestattet. Ist die Spitze aussen hervorgedrungen, so 
wird das Messer langsam immer weiter vorgeführt und so der 
Lappen in annähernd gleicher Breite bis zum oberen Comeoscleral- 
rand herausgeschnitten. An der Basis, der man eine Länge von 
4—5 mm geben kann, schnitt ich dann den Lappen mit einer 
fecheere ab und legte ihn bis zum Gebrauch in erwärmte, physio¬ 
logische Kochsalzlösung. 

Ich habe bisher in einem einzigen Fall Gelegenheit gehabt, 
diese Methode zu erproben; da aber derartige Verletzungen in 
Greifswald sehr selten sind und ich vielleicht sobald nicht wieder 
Gelegenheit haben werde, die Operation auszuführen, gestatte ich 
mir schon jetzt, eine Mittheilung über dieselbe zu machen mit der 
Bitte, dass die Fachgenossen in geeigneten Fällen Versuche mit 
dieser Methode anstellen möchten. 


Der Schäfer Hermann Jürgens. 17 Jahre alt, hat im April 1893 eine 
\ erletzung des linken Auges durch ungelöschten Kalk erlitten. Während 
die anfänglich sehr heftige Entzündung allmählich nachliess, wuchs von 
unten her eine Haut auf die Cornea, zugleich sank das Sehvermögen 
Bei der ersten Vorstellung am 20. Januar 1894 wurde folgender Befund 
notirt: 


\on der Gegend des äusseren Lidwinkels ziehen zwei dicke, straff 
gespannte Conjunctivalfalten zum äusseren Corueoscleralrand, welchen sie 
etwa in seiner Mitte überschreiten. Aehnliche, aber weniger straff ge- 
ziehen vom ganzen unteren Lidrand zur ganzen unteren 
Hälfte der Cornealgrenze, gehen über dieselbe hinweg und bedecken in 
y. y!?? 11 ’. r0 o mehr als die unteren zwei Drittel der Cornea: 

dm höchste Spitze des Pterygiums überragt den oberen Rand der normal 
weiten Pupille. Das obere Drittel der Hornhaut ist klar, der Bulbus im 
übrigen völlig normal Die Sehschärfe beträgt 5 / 35 . Abgesehen von der 
Entstellung war der Patient auch durch die Zerrung, welche sich bei 

d , e ? ÄU ? es cinstellt * in hohem Grade belästigt und 
wünschte deshalb dringend von seinem Leiden befreit zu werden. 

t 3; Januar * In tiofer Chloroformnarkose wird mit 
wnu 1 r A /, e s - chen .. L ;j‘;armesser das Pterygium von der Cornea und 
weitir die Conjunctivalfalten und Narbenstränge von der Sclera losnräna- 

Uebomw if h f ie - SSh ? h . Bulb T us bis zur Tiefe der früheren unteren 

Ucbergangsfalte frei prrtpanrt ist. In den so erhaltenen Wundspalt zwischen 
Bulbus und Lidinnenfläche wird nun die disponibel gewordene Bindehaut 
des Symblepharons plus I terygium, die durch zwei Entspannungsschnitte 
' 0I, 1 ^osseren und inneren Cornealrand nach aussen oben resp innen oben 
noch beweglicher gemacht war, gefaltet hineingelegt, so dass bette Seiten 
des Spalts mit Conjunctiva ausgekleidet sind imd de - frühere obere Rand 
des Pterygiums nun am unteren Cornealrand sich befindet. In dieTer 

der neuen' U ebergan’gsGHe'nS IterW^ Das'Ä 

sSftSw'JSnäi* “W” - " ,i 

samste gestillt. Auf diefe FlfcS'wcrfen l fn®"^ ?*? 

Weiso gewonnenen Läppchen von der Comeaoherfl»cn« r ^ 6r * ,es j! lrl ? 1>e “ er 


drei solcher Läppchen, eins gerade unten, eins mehr aussen, das dritte 
mehr innen. Da die Läppchen nicht vorher besonders zugeschnitten waren 
überdecken sie sich zum Theil mit ihren Rändern, zum Theil bleiben 
kleinere Lücken zwischen ihnen. Suturen wurden nicht angelegt; um 
wenigstens etwas Fixation zu erhalten, schob ich die Lappen unter die 
angrenzende Conjunctiva etwas herunter. Jodoforrapuder, doppelseitiger 
Ocelusiwerband, absolute Bettruhe. * 

Nach drei Tagen wechselte ich zum ersten mal den Verband und 
fand alle drei Lappen leicht getrübt und .gebläht, aber mit spiegelnder 
Oberfläche an Ort und Stelle. In der Folge nahm die Trübung und 
Quellung noch etwas zu, aber die Oberfläche blieb stets spiegelnd, und 
die durch leichte Schrumpfung der Läppchen frei gewordenen Partieen 
der Wuadfläche, ebenso wie die ursprünglich vorhandenen kleinen Lücken 
bedeckten sich bald von den Seiten her mit Epithel. Am 1. Februar 
wurde zuerst eine beginnende Vascularisation der Läppchen bemerkt, 
welche schnell die ganze Ausdehnung derselben einnimmt und schon am 
8. Februar sich zurückzubilden beginnt; die freien Stellen sind viel 
dünner und heller als vor Beginn der Vascularisation. 

Hiermit hielt ich und halte ich noch jetzt eine normale Anheilung 
für beendet. In diesem Falle wurde der Heilungsverlauf coinplicirt da* 
durch, dass am unteren Rande der Hornhaut von der Sclera aus eine Gra¬ 
nulationswucherung sich bildete, welche schnell auch in die unteren Hälften 
der Läppchen eindrang und dieselben nochmals stark trübte und blähte. 
Erst durch zweimaliges energisches Cauterisiren gelang es mir, den Pro- 
cess zum Stillstand und zur Rückbildung zu bringen, doch verlief jetzt 
die Heilung so langsam, dass während meiner Abwesenheit mein Assistent 
erst am 4. April es wagte, den Patienten aus der Klinik zu entlassen. 
Das Auge war völlig reizlos, vom mittleren Lappen noch das untere 
Viertel etwas gequollen, alles übrige in graues Narbengewebe umge¬ 
wandelt. V = Vs- 

Am 21. Mai, also vier Monate nach der Operation, habe ich den 
Kranken zum letzten Mal gesehen und folgenden Befund notirt: Das Auge 
ist vollkommen reizlos und kann nach allen Seiten hin ohne jedes 
Zerrungsgefühl bew egt werden. Nur bei starkem Ectropioniren des unteren 
Lides sieht man in der äusseren Hälfte eine Conjunctivalfalte sich an¬ 
spannen. Ein Recidiv des Pterygiums ist im allgemeinen nicht eingetreten, 
nur aussen unten ist die Bindehaut wieder etwas auf die Cornea hinauf- 
gewachsen und überragt mit ihrer äussersten Spitze den Rand derselben 
um 2,5 mm, doch ist diese Partie sehr dünn und fast gofässlos, so dass 
sie durchaus nicht entstellend wirkt. — Der Totaleindruck der Hornhaut 
ist derart, dass ihr unteres Drittel von einem mässig dichten, leicht vascu- 
larisirten, graulichen Leukom eingenommen erscheint, die beiden oberen 
Drittel erscheinen bei Tageslicht vollkommen durchsichtig. Ihre Ober¬ 
fläche ist überall glcichmässig und glatt, die Grenzen der drei Läppchen 
sind nicht mehr sichtbar. Bei focaler Beleuchtung sieht man, dass auch 
das mittlere Drittel, soweit früher das Pterygium gereicht hatte, noch von 
einer sehr zarten Trübung eingenommen ist, doch alterirt dieselbe deu 
Gang der Lichtstrahlen so wenig, dass die Sehschärfe jetzt die Hälfte der 
Norm beträgt. 

Es ist also eine Beseitigung der störenden Conjunctivalstränge 
und damit der Beschwerden bei Bewegungen des Auges erzielt 
worden, eine Umwandlung des überaus hässlichen, rothen Ptery¬ 
giums in ein halb so grosses graues Leukom und eine Verbesserung 
der Sehschärfe von */7 auf 1 / 3 der Norm. Gewiss ein zufrieden¬ 
stellendes Resultat. 

Was die unverhältnissmässig lange Heilungsdauer betrifft, so 
ist dieselbe sicher nicht als Norm anzusehen, sondern wurde durch 
den oben erwähnten Granulationsknopf bedingt, welcher in dem 
schon angeheilten Lappen nochmals eine Reihe schwerer Verände¬ 
rungen inducirte. In der That erzielte ich bei einer weiteren 
Transplantation, die ich bei einem gewöhnlichen Pterygium, nur 
um die Methode zu erproben, ausführte, prompte Anheilung binnen 
14 Tagen. Das Läppchen war jetzt noch etwas über die Um¬ 
gebung prominent, leicht getrübt und vascularisirt, aber fest an¬ 
gewachsen. Zur Sicherheit behielt ich den Patienten noch mehrere 
Tage in der Klinik und liess ihn ohne jeden Schutz des Auges 
frei herumgehen, doch trat eine weitere Aenderung nicht ein. 

Die Befestigung der Läppchen auf der Cornea lediglich durch 
Unterschieben unter den Conjunctivalrand ist leider keine ideale, 
und ich würde deshalb im nächsten Falle sicher ein Annähen an 
den Bindehautrand versuchen. 

Wenn zwei Suturen durch die Ecken des Cornealappens gelegt 
werden, ehe er völlig vom Kaninchenauge gelöst wird, dürfte eine 
solche Fixirung keinen allzu grossen Schwierigkeiten begegnen, 
um so mehr, als ein genaues Aneinanderpassen der Läppchen nicht 
nöthig ist, da etwaige Lücken und freie Stellen bald durch Epithel¬ 
verschiebung von den Läppchen aus, wie von der intact geblie¬ 
benen Cornea gedeckt werden. 

Ob diese Methode der Transplantation nur für die relativ 
seltenen Fälle von Narbenpterygium brauchbar ist, oder auch bei 
anderen Hornhautdefecten, speciell bei perforirenden Geschwüren 
Verwendung finden kann, müssen weitere Erfahrungen lehren. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




27. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


755 


III. Ans der chirurgischen Klinik des Herrn Geh. Ober- 
Medicinalraths Prof. Dr. y. Bardeleben in Berlin. 

Beitrag zur operativen Behandlung der 
diffusen eitrigen Peritonitis. 

Von Stabsarzt Herhold. 

Die bis jetzt immer noch im allgemeinen nicht günstigen Er¬ 
folge, welche die operative Behandlnng der diffusen eitrigen Peri¬ 
tonitis erzielt, mögen es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn ich 
hier über zwei günstig infolge der Operation verlaufene Fälle der 
genannten Krankheit berichte. 

Fall 1. A. Sch., Kinderfrau, 54 Jahre alt, wurde am 7. December 
1893 wegen eingeklemmten Bruches auf die Station des Herrn Geheim¬ 
raths v. Bardeleben eingeliefert. Sie gab an, dass sie seit zwei Jahren 
an einem doppelseitigen Bruch, leidq und deswegen ein Bruchband ge¬ 
tragen habe. Vor vier Wochen habe sie das letztere fortgelassen und vor 
14 Tagen beim Aufheben eines schweren Waschfasses plötzlich Schmerzen 
im Leibe, Uebelkeit und Erbrechen bekommen. Sie hat die 14 Tage bis 
jetzt zu Hause gelegen und ist dort behandelt worden. Stuhlgang soll 
nur sehr wenig erfolgt sein, seit zwei Tagen gar nicht mehr, auch haben 
sich seit zwei Tagen die Leibschmerzen und das Erbrechen gesteigert, sie 
könne nichts mehr bei sich behalten. 

Unterhalb des Ligamentum Poupartii fand man beiderseits einen etwa 
wallnussgrossen, prall elastischen Tumor, welcher die Fossa ovalis aus¬ 
füllte. Der Leib war stark aufgetrieben und druckempfindlich, freie Flüssig¬ 
keit war mit Sicherheit nicht nachzuweisen. Patientin erbrach alles, was 
sie zu sich nahm. Der Puls war sehr klein, 108 Schläge. Dio Kranke 
machte im ganzen einen eollabirten Eindruck. Ueber dem rechten Unter¬ 
lappen der Lunge war der Schall unterhalb des Winkels der Scapula etwas 
gedämpft und das Athmungsgeräusch abgeschwächt. Sonst boten die 
übrigen Organe nichts Bemerkcnswcrthes. 

Es musste zunächst angenommen werden, dass die Krankheits¬ 
erscheinungen durch die Einklemmung einer oder beider Schenkelhemien 
bedingt sei, und es wurde dementsprechend von Herrn Geheimrath 
v. Bardoleben die Herniotomie ausgeführt. 

Rechterseits wurde nun in der Fossa ovalis ein etwa 4 cm langer 
leerer Bruchsack gefunden. Derselbe wurde gespalten und, da man gut 
mit dem Zeigefinger durch den Annulus cruralis hindurchdringen konnte, 
abgebunden und erst die Fascie, dann dio Haut durch Catgutnähte wieder 
vereinigt. 

Auf der linken Seite lag in dem gespaltenen Bruchsack ein Stück 
Netz und hinter ihm eine etwa 3 cm lange Darmschlinge. Das Netz 
wurde abgebunden, die Darmschlinge war mit der Umgebung im Schenkel¬ 
ring so stark verklebt, dass sie nicht herausgezogen werden konnte, 
das Aussehen der Schlinge war dunkelroth, nicht gangränös. Die Ad¬ 
häsionen wurden mit dem Finger vorsichtig gelöst, und unvorhergesehen 
schlüpfte der Darmtheil in die Bauchhöhle zurück. Nunmehr floss aus 
der Bauchhöhle eine missfarbene übelriechende Flüssigkeit. Da der Zu¬ 
stand der Patientin eine Laparotomio nicht mehr erlaubte, wurde der 
Schenkelring erweitert und ein Jodoformgazetampon in die Bauchhöhle 
geschoben und einige tiefere und oberflächlichere Nähte angelegt. 

Diese Operation änderte die Boschwerden der Kranken in den nächst¬ 
folgenden Tagen nicht. Das Erbrechen, der Meteorismus und die Druck- 
cmpfindlichkeit des Abdomens hielten trotz Darreichung von Opiaten an, 
der Schwächezustand dauerte fort. Vier Tago nach der Operation liess 
sich in den seitlichen Theilen der Bauchhöhle ein Erguss nach weisen, 
dessen Grenzen sich bei Umlagerungen nur wenig veränderte. Nach sechs 
Tagen war links die Dämpfungslinie bis auf vier Fingerbreiten an den 
Nabel herangerückt, während rechts nur in den abhängigsten Theilen des 
Abdomens Dämpfung nachzuweisen war. Bei Umlagerung veränderte sich 
die links gelegene Dämpfungslinie nur wenig. Es wurde nun von Herrn 
Geheimrath v. Bardeleben die Peritonealhöhle durch einen etwas nach 
aussen vom lateralen Rande des linken Rectus abdominis schichtweise 
durch die Bauchdecken geführten Schnitt eröffnet. Es entleerten sich 
etwa 300 ccm eines stark jauchig riechenden Eiters. Der in die Wunde 
vorsichtig eingeführte Finger fühlte die untereinander verklebten Dnrm- 
schlingcn. Die Wundhöhle wurde mit einer 3% Bor-Salicyllösung aus¬ 
gespült und drainirt, nach drei Tagen wurde das Drain fortgelassen. 
Am Tage nach dieser zweiten Operation hatten die Beschwerden der 
Kranken nachgelassen, Erbrechen blieb aus, der Leibschmerz hörte auf. 
Drei Tage nachher erfolgte von selbst Stuhlgang. Die Kräfte nahmen 
schnell zu. Das Exsudat der Peritonealhöhle schwand, drei Wochen später 
war die Wunde verheilt. 

Fall 2. Der zweite Fall betraf einen achtjährigen Knaben G. L., 
welcher wegen Bauchfellentzündung am 18. Februar 1894 auf die Kinder¬ 
station der Charitd gebracht wurde. Angeblich war er vor drei Tagen 
infolge Falles auf einen Stein an kothartigem Erbrechen und Leibschmerzen 
erkrankt. 

Bei seiner Aufnahme war der Kleine collabirt, der Leib äusserst 
druckempfindlich, in der Bauchhöhle ein geringer freier Erguss. Tempe¬ 
ratur 37,8, Puls 130. Lungen und Herz waren frei, im Urin kein Albumen. 
Patient erbrach den Tag über mehrfach, jedoch keine faculenten Massen. 
Er erhielt Opiate und Exeitantien, Eismilch etc. Der Zustand des Kloinen 
verschlechterte sich zusehends, die Pulsfrequenz nahm zu, es trat starkes 
Oedem der Bauchdecken und des oberen Theiles der Oberschenkel ein. 
Am 22. Februar — sieben Tage nach Beginn der Krankheit — Nach¬ 
mittags wurde der Kleine der chirurgischen Kinderstation übergeben. 

Im Abdomen war in den beiden Seitenhälfton ein Exsudat vorhanden, 
dessen Dämpfungsgrenzen sich bei Umlagerungen nur wenig veränderten. 


Der Kranke war sehr collabirt, der Puls flatternd, trotzdem entschloss ich 
mich zur Operation. In Chloroformnarkose wurde erst links ein in der 
Höhe der Spina inferior anterior und etwa eine Fingerbreite medial von 
ihr beginnender Schnitt 6 cm nach aufwärts geführt und die Bauchdeckeu 
schichtweise durch trennt. Aus der Peritonealhöhle entleerten sich etwa 
250 ccm einer stark jauchig riechenden eitrigen Flüssigkeit. Ein eben¬ 
solcher Schnitt wurde rechts gemacht; auch hier entleorto sich dieselbe 
Menge jauchigen Eiters. Der in die Wunden eingeführte Finger fühlte 
beiderseits die stark miteinander verklebten Darm schlingen. Die Wunden 
wurden durch weiche Drains drainirt, eine Spülung wurde nicht vorge¬ 
nommen. Patient erholte sich in den folgenden Tagen in auffälliger 
Weise. Aus den Wunden entleerte sich noch ziemlich lange Eiter, "es 
heilten dio Wunden sehr langsam, nach zwei Monaten erst waren sie ge¬ 
schlossen. 


In beiden Fällen handelt es sich um die für den operativen 
Eingriff günstige Form der diffusen eitrigen Peritonitis, bei welcher 
sich Adhäsionen im Peritonealraum bilden konnten. Die Peritonitis 
hatte allem Anscheine nach als progrediente fibrinös-eiterige, wie 
sie Mikulicz 1 ) nennt, begonnen und war dann im Verlaufe eine 
jauchig-eiterige geworden. In dem ersten Falle lag der Beginn der 
Erkrankung 14 Tage, im zweiten 8 Tage vor der Operation. 

Die Entstehungsursache der Peritonitis ist im ersten Falle 
nicht ganz klar; eine Brucheinklemmung wurde nicht gefunden, 
das links im Schenkelringe liegende Darmstück war zwar mit der 
Umgebung durch peritonitische Adhäsionen verwachsen, zeigte aber 
keine Erscheinungen, welche für eine 14tägige Einklemmung 
sprechen. Ob durch das 14 Tage vor der Aufnahme stattgehabte 
Aufheben eines schweren Fasses eine innere Darmeinklemmung 
ein trat, welche später rückgängig wurde, oder ob das Abdomen 
dabei durch einen Stoss etc. verletzt wurde, und ob durch eines 
von diesen beiden die Peritonitis entstand, lässt sich nicht fest¬ 
stellen. Auch im zweiten Falle ist die Aetiologie nicht ganz klar, ob¬ 
wohl hier ziemlich viel für eine traumatische Ursache der Peri¬ 
tonitis spricht. 

In die Augen springend war in beiden Fällen die nach der 
Operation schnell eintretende Besserung der eollabirten Kranken. 
Der Knabe war derartig collabirt, dass wir Furcht hatten, er würde 
auf dem Operationstische bleiben; am anderen Morgen hatte er sich 
so erholt, dass er kaum noch den Eindruck eines Schwerkranken 
machte. In beiden Fällen war es wegen der allem Anscheine nach 
infolge der Verklebungen bestehenden Buchten des Peritonealraumes 
nicht möglich, allen Eiter zu entfernen, es ist dieser in den 
späteren Tagen nachgesickert und zum Theil auch wohl resorbirt 
worden. Ich glaube, die, wenn ich so sagen darf, acute Besse¬ 
rung war in den drei, von Herrn Körte 2 ) auf dem Ckirurgen- 
congress des Jahres 1892 angegebenen Punkten begründet: 1) Ver¬ 
ringerung der das Leben bedrohenden Resorption von Fäulniss- 
stoffen, 2) Herabsetzung des intraabdominellen Druckes, 3) Ab¬ 
leitung der nachfolgenden Secrete durch Drainage. 

Die statistischen Zusammenstellungen über die operative Be¬ 
handlung der diffusen eitrigen Peritonitis haben bis jetzt keine 
sehr günstigen Resultate gezeigt. 

Krecke 3 ) hatte 101 Fälle aus der Litteratur gesammelt, da¬ 
von wurden 28 % geheilt. Von 14 durch Mikulicz bis zum 
Jahre 1891 operirten Fällen waren 3 genesen = 21 %, von 11 
durch Bouilly operirten 5 = 45%, von 7 durch Krönlein 2 = 
28 %. 4 ) Körte 5 ) hatte bis zum Jahre 1892 von 19 Fällen 6 Ge¬ 
nesene = 30 %. 

Ich habe aus den Charitdannaleri die auf der Klinik des Herrn 
Geheimrath v. Bardeleben operirten Fälle gesammelt, indem ich 
dabei aussonderte alle die Fälle von Peritonitis, welche nur cireum- 
script auftraten und dadurch von vorn herein zu abgekapselten 
Bauchfellabscessen führten. 

Im ganzen wurden bis jetzt auf der chirurgischen Station der 
Charitd operirt 25 Fälle von diffuser eitriger Peritonitis mit 
5 Heilungen = 20%. 

Dieses wenig günstige Resultat ist darauf zurückzuführen, 
dass 16 von den 25 Fällen sehr schwerer, von vornherein hoffnungö- 
loser Natur waren: es waren da zwei Fälle von Peritonitis nach 
Perforation eines Geschwürs bei Typhus, neun Fälle, welche infolge 
einer länger bestehenden Darmocclusion, -und vier Fälle, welche sich 
an Perforation von Darmgeschwüren anschlossen, in einem war ein 
Magengeschwür perforirt. Bei den übrigen neun Fällen blieb die 
Ursache der Peritonitis unbekannt. 

Trotz dieser wenig günstigen Resultate, welche die operative 
Behandlung der eitrigen diffusen Peritonitis giebt, wird ihr doch 


! ) Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 18.Congross 
1889, S. 305. . 

*) Vorhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 21. Congress 
1892, S. 135. 

®) Münchener med. Wochenschrift 1891, No. 33,34. 

4 ) ibid. . ri 

») Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 21. Gon¬ 
gress, S. 142. 


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UMIVERSITY OF MICHIGAN 




756 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


heute von fast allen Chirurgen ein weites Feld eingeräumt, sogar 
auch für die Fälle, welche von vornherein hoffnungslos erscheinen. 
Auch in dem von mir beschriebenen zweiten Falle war die Operation 
ein ultimum refugium, man sagte sich, der Kranke stirbt sicher, 
wenn eine Operation nicht ausgeführt wird, wahrscheinlich aber 
auch trotz der Operation; trotzdem wurde er gerettet. 

Nur jene Formen von Peritonitis werden infolgedessen als 
dem chirurgischen Eingriff nicht zugänglich bezeichnet werden 
müssen, welche als allgemeine Sepsis in die Erscheinung treten. 
Hier wird die lokale Therapie machtlos bleiben und den Kranken 
nicht von seinem jähen Ende erretten können. 


17. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena. 


Ueber Lipämie. 1 ) 

Von Dr. Gumprecht, Assistenzarzt. 


Der Ausdruck Lipämie 5 ) (Piarrhämie) bedeutet Fett im Blute. 
Es sind aber in jedem Blute geringe Mengen von Fett ent¬ 
halten, und nach reichlichen Mahlzeiten kann dessen Menge auf 
12 o/oo selbst bei gesunden Menschen steigen. Das Blutserum kann 
in solchen Fällen schon deutlich milchig getrübt sein, und im 
Einzelfalle könnte die Erscheinung leicht als pathologisch gelten. 
Sicher pathologisch ist die Lipämie, wenn das frische Blut bereits 
mikroskopisch deutliche Spuren von Fett erkennen lässt, also 
milchig getrübt erscheint. 

Einem solchen hochgradigen Falle von Lipämie sind die auf¬ 
gestellten Präparate entnommen. Sie entstammen einem 21jährigen 
mässig fetten, bleich aussehenden Brauerknechte mit sonst nor¬ 
malem Organbefunde, von 68 kg Körpergewicht, der seit Jahr und 
Tag täglich 5—6 1 leichtes Jenenser Bier getrunken zu haben an- 
giebt. Da der Patient einen Aderlass entschieden ablehnte, so ist 
die ganze Blutuntersuchung mit wenigen Tropfen des Blutes durch¬ 
geführt, die dann und wann der Fingerbeere durch Einstich ent¬ 
nommen wurden. 

Dieses Blut hatte eine ziegelrothe Farbe mit weissen Streifen. 
Das spezifische Gewicht betrug 1036; die Trockensubstanz nach der 
Stintzing’sclien Methode 17,6 o/ 0 , die Erythrocyten 3,3 Millionen 
die Leukocyten 125000. Die Blutkörperchen waren normal o"e- 
staltet, zeigten keine Poikilocytose, die weissen keine Verfettung 
ausser einigen sehr wenigen, die meisten waren mehrkörnig’ 
neutrophil. Mikroskopisch bot das frische Blut ebenso wie das un¬ 
gefärbte Deckglaspräparat kaum eine Abnormität, es sei denn dass 
das Plasma stärker lichtbrechend aussah als sonst, aber selbst mit 
den stärksten Vergrösserungen konnte man kaum eine Körnung 1 
dann erkennen. 6 


Ungleich mehr Ausbeute gewährt nun das Deckglastrocken- 
präparat; die Deckgläser kommen in einprocentige Osmiumsäuro 
•x VT stunden und werden dann lange ausgewaschen. Dann wird 
mit Eosm nachgefärbt. Sie sehen an solchen Präparaten, wie das 
Blut mit zahllosen schwarzen Tröpfchen von verschiedener Grösse 
förmlich ubersät ist. Es ist aber, wie Heidenhain sehr richtig 
bemerkt, ebenso wenig wie alles Gold ist, was glänzt, nicht alles 
• ’n Slch . Osmiumsäure schwarz färbt. Zudem giebt 
e Jf e *^ r bung mit Alkanna nur eine blasse Rothfärbung der Tröpf- 
?? en :. C V Y ir also, um die schwarzen Pünktchen als Fett zu 

ldentinciren, die verschiedenen Lösungsmittel zu Hülfe, Xylol 
Toluol, Aether, Terpentinöl. Um den Effect dieser Lösungsmittel 
demonstrativ zu gestalten, tauchen wir immer nur die Hälfte des 
Präparates in die fettlösende Flüssigkeit; wir haben dann eine 
schwarze und eine ungeschwärzte Deckglashälfte, die sich schon 
makroskopisch scharf unterscheiden. - Um uns aber zu ver- 

das^Fetf 11 rjü hef ™ c ^.' blos die Schwarzfärbung, sondern auch dass 
das Tett selbst wirklich verschwunden ist, tauchen wir das Prä- 

dhf a ^Ph aChtl ^L lCh 24 . Stunden lan » in Osmiumsäure; da auch jetzt 
die Schwarzfärbung nicht wiederkehrt, so wissen wir in der That, 


Aderlässe stammen, so finden sie sich wesentlidh^de Int ^ f der 
Von den neueren Forschern goben nurCantani v Tat Sh”” 1 t r lttera , tur - 
eigene Beobachtungen an. Die Litteratur findpt V ’ c ,VK k - SC i 1, - V ' Noo - rd i 0n 

voHs^ Ä ,Äg^ 

u B rÄ^ 

Genese^durc^d^cJSssbrL^ch^'alk^oholhaitigo^Ge^rHuk^e'^ann 11 ^ Un< ^ 8 ^“? 

f. d. Heilkunde 1847, N. F. VII). Knstner Uebe^? n & T r ' A . nnal - 
Blutes. Dissertation. Erlangen 1832. — Uober (’hvlnJw, atU . r d f s ® elsse , n 
Deutsches Archiv f. klin. Med. VI. ^ 1016 ver £ * 


No. 39 


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dass das Fett 
durch die Rea- 
gentien aufgelöst 
ist. Zum Ein- 
schliessen der 
Präparate muss 
man Canadabal- 
sam nehmen, aus 
welchem das Xy¬ 
lol völlig ver¬ 
dunstet ist, und 
ihn durch Hitze 
verflüssigen. Aus 
einem solchen 
Präparate ist hier 
ein Stück abge¬ 
zeichnet. Wir 
haben es also hier 
zweifellos mit 
!•] Fettkörnchen zu 
thun, die in einer 

Lipämie. Blut. Mittlerer Thcil eines Deckglaspräparatcs. äUSSerst feinen 
Färbung durch Osmiumsäuro. Die obere Hälfte, durch Terpen- Fmiilomn 
thinöl entfettet, zeigt allein die rothen Blutkörperchen, die untere n , U , 

Hälfte ist dicht gesprenkelt mit schwarz gefärbten Fotttröpfchen. Blutplasma V6F- 

Vcr * r - m theilt sind. 

Was die Pathogenese und Aetiologie des Leidens anbe¬ 
trifft, so fungirt eine ausserordentlich grosse Zahl von Krankheiten 
in der Litteratur als Ursache der Lipämie, soweit diese nicht pri¬ 
mär in einem sonst gesunden Körper auftritt: Phthise, Nieren¬ 
entzündung, Diabetes, Dyspnoe, Kohlenoxyd Vergiftung, Suppressio 
mensium, Schwangerschaft, Fettsucht, Icterus, hohes Fieber, 
Typhus, Malaria, Milzentztindung, Cholera, endlich, last not least, 
Alkoholismus. Ganz allgemein kann man sagen, dass entweder 
eine vermehrte Fettaufnahme statt hat, oder eine verminderte Ver¬ 
brennung desselben. 



Während der menschliche Organismus nämlich gegenüber der 
Nahrung von Eiweiss und Kohlehydraten gewisse Schutzmittel hat, 
welche die schrankenlose Aufnahme derselben in das Blut verhüten, 
fehlen solche gegenüber dem Fett. Es giebt hier kein Reservoir 
oder keine Schleuse für die Regulirung des Fettgehaltes im Blut, in 
dem Sinne etwa wie es die Darmwand gegenüber den Albumosen 
und Peptonen, die Leber gegenüber dem Zucker thatsächlich sind. 

Es besteht aber doch ein gewisses Gleichgewicht zwischen 
Fettaufnahme einerseits, Fettverbrennung und Ablagerung anderer¬ 
seits, dergestalt, dass grössere Mengen von Fett sich für gewöhn¬ 
lich nicht im Blute vorfinden. 

„Wird dieses Gleichgewicht gestört, so tritt eine Lipämie 
ähnlich wie sonst eine Glykosämie ein, nur dass eine Störung 
der an und für sich laxeren Fettregulation eine weit weniger 
schwere Bedeutung hat als die Zuckerkrankheit. Es kommt dazu, 
dass in der Lipämie, soweit bisher bekannt, immer nur eine vor¬ 
übergehende Krankheit gegeben ist, die gelegentlich wohl ein 
schwaches Individuum rasch dahinrafft, meist aber bald ver¬ 
schwindet. Die Lipämie ist also ein Analogon nicht des Diabetes, 
sondern der Glykosurie. 

Eine vermehrte Fettaufnahme bedingt Lipämie z. B. bei 
gemästeten Gänsen. Die ersten Beobachter waren geneigt, alle 
Lipämieen durch zu reichliche Fettnahrung zu erklären: Nicolaus 
Pulpius sah sie bei einem beleibten, nur an Nasenbluten leiden¬ 
den Manne, der viel Milch trank, und Thomas Bartolinus fand 
bei einem Mädchen, das viel Milch trank, „lac loco seri“. 

Buchanan giebt an, bei fünf Personen nach reichlicher Mahl¬ 
zeit eine Trübung des Blutserums gesehen zu haben; die Trübung 
begann V 2 Stunde nach der Nahrungsaufnahme, war nach 6 bis 
8 Stunden am stärksten und verschwand nach 18 Stunden. Hew- 
son fand dieselbe früher ein tretend, Autenrieth später. Nach 
Ri ecke zeigte ein Knecht, der sich Wochen lang hauptsächlich 
von Schmalz genährt hatte, ein völlig milchähnliches Blutserum. 
Bei ganz jungen säugenden Katzen soll dies die Norm sein. 

Mannigfaltiger sind die Zustände, in denen man eine ver¬ 
minderte Verbrennung des Fettes annehmen muss, wie aus 
der obigen Zusammenstellung hervorgeht. In den älteren Beob¬ 
achtungen vor 1845 sind allerdings die Leukämieen noch unter 
„milchigem Blut“ einbegriffen. Besonders verdächtig in dieser Be¬ 
ziehung sind die Fälle von milchigem Blute mit „Milzentzündung“ 
oder bei sehr hohem Eiwuissgelialt des Blutes; denn gerade das 
leukämische Blut zeichnet sich durch hohen Eiweissgehalt aus 
(Stintzing und Gumprecht). Allen voran steht der Alkohol. 
Beyer erzählt von einem 40jährigen Mann, der „dem Trünke, be¬ 
sonders dem Spiritus vini“ sehr ergeben war, Fauthier et Bert- 
rand von einem ancien militaire adonnö ä rivroguerie; Rösch, 
der einen dem unsrigen aufs Haar gleichenden Fall sah, sagt: der 


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UNIVERSfTY OF MICHIGAN 


27- Bnptemte. 

PatröjiF „fiiiaii? ' hmo sehr uahigelin rissige Lobnm^wetew. iudeiu er 
si’ivoti Morgous nnflng Bur zu trinkon und ilaua den ^aii^otr Tag 
jnit dom Ctfbru^ifügi war-“ B^ruiik spfküR direkt von zitier' 

^Piaryhaeijiia pptatorunU, 

Dip AlkohhOfpamie ist «opii am bfisd^a *$by$ra)^gi a h-i4Ffnfe&ft 
y.u vorsiehen, da die feUspnfende Wirkung ehi Alkohol» huiJUng- 
«eil to3t.»’ftSitcllt ist... Kör diu Phthise und diu iivii Dyspnoe’eui- 
liergeUomterr Zustände Ulgo tu* nahe. cdm- HeruhHerxrjiigder Kauef- 
sf.nfftiußi*hme. zw pusluiüen, wnftn .der Tlaswmüikel in diesen Zu- 
stöndch fitfetw uctnnnl InduiidWn wäre,. WH tudssen deshalb für 
dioso Kraakludlun, ebenso wim für dir sonstige« attohrpschrir Fae- 
H«vi; auf ein Versnindniss der oRu-n WuVtMis Vvmthtcu; wb kmn- 
muv. < in|.tiu*lvr dahin, cint> Fa 11 bimi<s$fdriujg'. der drts Fett veFhten- 
• npöden bdpr AufsptuCberjulen- Zellen äAztttmhnmii. Nicht einmal das 
wiSbOnwiy guimu, in WötohwZyllpi/ wirdiewi imtbnfogisolm SRurupg 
yviJegen solWi, ' da der Oft der ITttverhrejiunug Im Drgaai&tnttit'' 
üöoli Tiitdit tflcilxni* fi«6tetf0u. 

Die. By tu p\Mn:iF ücr'K'mvklieit sind nicht intrunr säir prü- 
gfttlui; vhx i?i %5iS6!‘ V*’^- ^üiiuu . WuToo -sie **r&>t: dwreh .dtnr 

aögi‘W*tndfcun Adwtuss entdeekf- Ijliu% «U‘ht; 
m\c andero KVankhnii »bi Vordei-gruud dos ftfuuäclidt) Bildes, Im¬ 
merhin sind lUd) gewiss Symptome .im'wktnnbär, dH 

Zehheü dos %'jovsfo.(VitthiTi^u!H, FioUmnkev Verden vnn ul nur un- 
»‘o\vöhnUuv.Ku(7.atbnd|Tk»*it Iwt'nilen, schwache abgezehrte Personen 
worden in höherem Mansie IröndUljg mul Itlaghty. liintr Htdi windeh. 
und Imhte Kmhtibarkmt. Unser Rru/>kmy der als iTräuRnuchU 
stets schwere Arbeit golumiot butte., wurde binnen vier Tagt?» Tagt 
völlig iirkoitsnuni-hm. konnte Anne und Beine hur mit Alüho be¬ 
wege« mul spürH Druck auf der 1 trugt, el* ge. wann ubm\ aU tk< 
Fett. aus dem Blüte verkclrwumlen \vot, smijo Al 4zum 
grdsptvu TludJe wmilnr. 

,A»?& don dötHillud^n ICfaKki ij'rraoliii hbm dm iiltcinn ]>nobiu*l(tor 
Hisst sinh sonst ko in eiuhcitludir-s s.v m[ d < i! n ni 0) o^nsi ( li ob JBild ijf- 
wirxnöA bJottd, diV?<s dib* L^i|ihjo ^4j*ijr iirwVrijg'^- 

nelttup i>uio;i}Ho dos Alkohylisnm.s; ist» und zwar Hir don Br-hnar»»- 
trinkpr f‘bof*so wiu- i'ür ijf.n odioron Alkoholhitm!, wie liiaiß iiiitm 
dotr ftfmjtitojEi ;te fte’hfi Acr^tr.' »iult niAbrfii*ib . Aj>* cJö- 

SiästM dioTtitidrB (lAUn yon'J. Srhtuidt, Ojioiu. 

Dtp Prfigiioxr do|- Idpitmr stoÜt mh günstig',sowril. 
niohl dxirch. diu Orundkrankhmt rrrsrliloi iitort wird. XuwpjIou int 
'tiiiv'Lf|»r«tiif ojn dinpibg ^mptoxnT dag.s nie allAüi zuu) Tüdu i'Oümy 
katm, ist niulif sHior Hr^iosÄ- 

Itoheri’tiseitoiVT ist dir von ivllou BwCfji'ehtprn — 
(iaraüf'.^iActe.t Ha bau -- ulmmusttiHtueml ungumdii-m: k-u-z^ IHuu-: 1 
des Leidens:. JfM OowAui/ s Kf unken wölr duy Fett nAfdt 2 o.hii 

Taawi, Ltd Nivmias uu"h ««dif Tage«, tud Burdarh narb vu/i 

./J’ageü aus den» Hiutn verst Hwuf»d(*n. Aurdi 7\raill's und t : hr’.- f j- 
■Sdn> K;i)j(> gennsrn ra»<‘.h s die Zoit, wird Rieht uiUmr angesehen. 

Unser: Kranker zmgtg von Tag iii Tag ein*- deut.lieh»* Akomlt»iU? 
?lus UottgeHidi^ iio Hjutn. Äuelt als er oae.h n« in’"- Kut ?HKA'nug 
die iiltgewolujten A—-G J Bief weder trank. Vimindert»? sie!» der 
b’< «fgebult noch weiten, das JotKlö Prfiparat, das 1H Tage imeh 
dVm nrsl.nt* eutmimnw-ji ist, y.eg't nur ln>i geouuöüi noeh 

gaiiz, vnrelyzeltr aresehwaiztr; i' l v!.tkötn« Hen. . 

Diu Art. und \V’nf>{o der Idptimicliniltijv^ ist ^omdtjodeu, 
^ti.weikm werden dukoH don Orjn. grös^etn von Uett 

Uitseca-ddeijen {Fälle Von Rdseh, Rie.kcj, ata-n Lipnric und 
sind durdiauK -nhh 1 TheUr-r»tyfiVitHtü^ii Hioör 
Uietj-tjiieheo KrahkljiUtd so Ba^or. L^fg'ef das Fett 

;jn* Blute iud rtivlurie; um) .nt n..Vs«'tmn ; 'Llj»AmietnUe. gai> derTitdn, 
mit Aethtn- ansgiNc.hdttrJt kn ine Bpili* von lei* •:*}♦, Him ist du> 
Fott des llfutes ~ sa ViFsBieh ul ho im Ri>v)W •vFrbnvmit- oder • als 
^Fuitä^wel.n'' anixesntzt. 

i>ie TheiHiAe. soweit > f o‘i »dner sohdmn die Krile nein kann, 
würdy in AlkaH.'d.ndiiuitKimkeit und für #m*l kräftige TVi.*som» 
in Müskeiii/iieU zu mr\im sFu, ganz dhntieh wie lud der F»ri.tsuvi/{. 

Bei sehr IdodkUigen ueäniisdnu! Kranken wird .man du reit 
rmehüidm Diät die gFsari&f.nVft :ivAriuwkrjlrto zu liehen Hncheii. 
unser i'Hticm wyinigndeoy m'koH'e ae-n giidil.jkdi Hui reieHlhdver Ajili* 
Tyn^s^uTuHt;. .AifkAtnJelinfdm ßilal.frifn^n ühftr digfe ydoi' dm>T 
Therapie tVHiHu 

Y. Aus dem physiologischen Institut der Universität Gt^. 

neuer Blutfarbstofiproben einiger Blut- 
eiaenpraparate. 

Yim I)r. Oökftr Zoih. 

In praktisch wk'hiigrTn ZtiHKipnnudHo.g*’ mH der Irnge näeli 
düi* Husdrhichttikolt \örsolihvltinor organischer EirTnvei idnduugcn 
vom At k rdÄvumg5irHoty rw^ PtöHt die Präge iia^k dum Verwand!- 


nFlTTSl Tni) MKId.CdK'l?fTTK WmiBNBCHRlFT. 


sejiaftygmde dereclhen zw dem JJrmiogJahiii des Blutes, und es wird 
die Wahrschehilidikeit. der Assimilation re£ürb?eter Suhstaiizen 
zu Hämogioldn im ullgommivei? im geraden VerhiUtidssn zur 0rosse, 
dieses VerWaiidtsehuUsg]adoS zu- oder nlolehmeu Fredieh verhält 
es sieh nicht mehr so zwisf)heu \rorw?-ndtsohiHt zn rosorhrrendQr 
und ihrer Aiisiimlu'hAckett; dowt diu VorilürupgGBOi T 
die (iinseliicn unter der Ki?iWirkung, des narnjiiilmlt.es und der Vm- 
dauungssaHc, vor .allem uueh drs sauren Mugensaftes vermuthH.Ii 
erleiden, hevor goV iüf : ■Uft&irrpttö'ö. kOiRinon. können zu meitt- ünVie- 
deutouden Verümlortingen jooes Vnrhäitfüssos HUirmi. Immerliiu 
ersoheiid ein Bljek auf den Vürwamltselmflsgrad z\vißcli«n eintu- 
tübroiiden BtuteiseRprHpanijton uii<i dem HfiuiogJobin meht ganz 
ohne Werth, vvomi nun die P/tmÜrde mit der tjormolua Kisöiw 
zufuhr durch die XnhnmgsmHtol zieht und die unter dem Fin- 
üusse der Verdatinfigssatfe und des Thirmiuhaltes jnögliclmn Vem 
hmJerungen firwägt. • 

Finite einfache übliche,' grössereuthdlK Hpecfimskopiseho Blui • 
t:M:Hstuffprohen mm) nun gucignel, Heihl-iHige AufsehiUts«ö ühür dlww 
Frage zu geheti, Tnsoieru sie zimavhst epktmnHU hvssen^ o.H der 
Bäiuogluhimmundox als Holfdier im imvmändnrtor mier schon im*.i,r 
öder weniger- vorhiidorter und mehr oder weniger iöidlH mkifuim 
htrur .Fm-jti, oder nur mehr ihm iUmfttmmmipH.x des Hürimg.oluo- 
moleküls nm h vprlmnthm ist ndoe endHeh auch dieser- ictztere nicht 
niehr ; ip weltdmin Falle das IT^uirat wohl kaum gmugmu »«du 
dHitic. zu HHmnghdan assimüir? v.u unrdiui. 

V.h kumcu gehn Kisunpräpiu-atu des Ilnndels .{ueun Biutmsen- 
präparaW umi eiiw künstliche Kiu<umihumiiiyRilrimitmgi mt; UvHer* 
suci’uüg l)h? aRgestoilten Proben waren, folgende; 

; 1. Hen5tntiüug einer iWüoentnrten Lüsung {znRmist ln WROHfrk 

BFnliachtung der Farbe in v/trsdiiedowii Vefdüfniun^irr^fden tnul 
:itds Absorpficimsjw'ctniins dm; Lüsung hui raittlerer Concmniratiou. 

2. Direkte und KpeHrnHkopjsdm •BOo.hmd.tBihg der Ftirbeu- 
vraiiudornngmr die in.'(lor Losung auf Zusatz der HoppFsolmn 
Ivcdiict,i* *rtsij (issigkcif (weinsäuros ZmnuX.v»hibünmoniak). ui »ln;-Mo?. 

H. f>ir»‘kt** und speckruskopisidu 1 Befdmr.htuug flicser redaeirten 
Lühum- nutji dem Schütteln mH L-.ift 

- 4- Horste]hing der VTiikloITschetr' HIlm&tmhis'nng dn.mh Ti4- 
stömligos Dig'orlrfiii der iTripuruto mit l'ottashfio in Äflidhul von 
Hö |,ei 13HF 

-5, Iferst ejlutur von rOdueHtem HflmatiQ tniitels b/2 ‘Vo%or 

Kuli lauge auf d«mi milcraHkoptsolfeu OV^md träger. 

b. HcrstiAldng der TrHeumannAchen Iläiufukrystälie durch 
fXhHzH< mit und Chionmirimn ortMtjni mikrusVopW‘dnm 

Ohjeeitl ilger. 

• f tie Kpectrölpn v Adjshxpöpusüi^rliumwngwr dpi*. heithm nSiny) - V 
'giohtiunmliiUoitiouen ?mt, üatLoSme. lose •gehundeTiep Sutnwstod 'sind 

ImkiiiiHtüih sehr charakteristisch, und mich dH« Spoettniorschm- 
riung'm d<*r meHtcn - ImkontHeu iinmiBplUlrou KtHomibkumiiiirngB des 
ginpiinop BlutlhvhsluHe^ sind guh dohnirt. Das Al‘Hfrtptioi>sfspudritm 
des Oxyhiimuglehdis (fiuloustelmude Figur; f) «‘dat von Lösungen 
miHlerm- (Voiccnifjiiofien in miMeldiekcn Schii hfoo (Von-11,01 bis 
<)M { % in 10 mm dkktw SUHoht) zwei uharaktmWtisd^ Absondions- 
Imnder int Udb und im Orftn, InzwikrheU- diu* Linicu \) und F, 
glcb liZcitig Verdunkelung des violetten Kodes 1 ), -.'liäs •«a'iuersTol! 
(Voie < cc.duc.iiM*;) Häinogb.djii) gudit mn !>ndt.ey,- weniger scjjari be* 
ß'Penztes Ahourpiiousbaud in dbr Hegend dos Oelbgrüu Hl), zwisehen 
2mt beiden. Streilvu d.-- .1 )xyhämoglobius. Lüsuiigen, die /.um TheH 
fcbufvirte.v zitm Thril Oxyidimogbddn enthuiteip zeigen bmdwSpew 
tniicrscluMüengen neben eilimulei, mit Ibdmrwioge« der ttmmj oder 
d;u anderen, je oH>d» dorn -Mehiiltveflutltuisse. Von dop Abk'Vinni- 
d<*s HnTj«r^>itB liat tuw die vofbegefüle ITfifei^mamn^hi# 
iUx ARttMmuglubin behindere. Bedonlüng, in KnurVn AnT ymn- 



Oiit dtti Al*HurptM.ihMstreUen zeigt, 


mm 


WKm- 




i) Die ao debhirto AhKoiptimisersUicmuug ändurMjch, hn4o.fi 
tPhvsiologie des Bluthö.Tn. BejntijahÄs Mftndhhrh Bd, ly. 1* >> a 

&\£l hat: in alliniilihciuun IMmramme m» muc/ u-ninmu-e ..„d .b.mu 

SehielittMi in ganz liestimuder Weise. 


Go Ql 


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758 


DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Wir werden weiterhin für die Absorptionsbänder die in der 
Iigur eingesetzten Buchstaben a—s gebrauchen. 

Die Absorptionsstreifen des reducirten Hämatins (Hämo- 
chromogen) und das Band der Wittich’sehen Hämatinlösung 
[Alkalihämatin]') sind ebenfalls scharf und gut begrenzt. 

Im folgenden soll nun das Verhalten der untersuchten Prä¬ 
parate, die wir zum grösseren Theil der Freundlichkeit des Herrn 
Professor J. Mo eil er verdanken, gegenüber den Angestellten 
1 roben skizzirt werden. 

1. Hämoglobin-Extractsyrup von Dr. Ph. Pfouffer in 
München. Dunkelkirschrother, dicker, nach Angabe Pfeuffer’s 
mit Zucker bereiteter Syrup, vollkommen wasserlöslich. Das Her¬ 
stellungsverfahren der Pfeuffer’schen Präparate ist durch Deutsches 
Reichspatent vom 10. Juni 1882 geschützt. Zeigt, zwischen zwei 
blasplatten flachgedrückt, das reine Spectrum des (reducirten) 
Hämoglobins, mit nur ganz schwacher Andeutung der Oxyhämo- 
globmbänder. Die Lösung in Wasser ist im Anfänge dunkelkirsch- 
b» bläulichroth, wird beim Stehen und besonders beim 
Schütteln mit Luft dunkelscharlach- bis hellgelbroth (in dicken 
und in dünnen Schichten). Die Stelle des Absorptiousbandes y, 
aas anfangs neben den nur angedeuteten Streifen a und ß noch 
deuthch ist hellt sich allmählich auf, während u und ß dunkler 
und deutlicher werden, besonders rasch beim Schütteln mit Luft 
(Von dieser Lösung erhält man zuweilen den Eindruck einer ganz 
schwachen Andeutung des ersten Methämoglobinstreifons d). Die 
so das Oxyhämoglobinspectrum zeigende Lösung wird durch 
Vuir Reductionsflüssigkeit reducirt, und es treten wieder 
barbe und Spectrum des (reducirten) Hämoglobins auf. Diese ver¬ 
wandeln sich beim Schütteln mit Luft neuerlich in die des Oxy 


No. 39 



" 01 Losung aurcü Schütteln mit Luft er- 

b t ' tal “ e “ O^hämoglohmspeetrums bei allen untersuchten Priipa- 
dle dlBEe Reaction geben (No. 1—6), viel dunkler und schärfer 
erscheinen als vor der Reduction. — Der Pfeuffer’sche Extraet- 
syrup giebt, in möglichst wenig Wasser gelöst und so in Alkohol 
ingetragen, mitl ottasehe digerirt schöne, granatrothe Wittich’sche 

«“Ä mit , “Wff Ka,iIa ^ e aaf d -> Oyecttäge 

(Jiiekt behandelt, reducirtes Hämatin, und mit Kochsalz und Pis 
SysteRe.“ 21 ’ Üb ° ra “ S Zahlreiche ’ schönB . reinB . scharfkantige Hämin- 

2. Hämoglobinzeltchen von Dr. Ph. Pfeuffer in München 
felmittHeh ?°o Ugnlsse . voni Emmerich und Pettenkofer durch- 
dunkelkirqrbr’ntho ra “ eS Hä l mo S l « bin im Stücke enthaltend. Die 
MtS^Ki;h g ^ m T rt,gB “ 11U, ’ g dieses cacaoi, l | erzogcnen 

iTß K e undTf f st 7 z 

ä“; ÄtÄJfSfi 

fohnes"lilh Un blelbT 6 p^r inde ^- P Hi ° rauf geht die Reduftioli weite,- 
bins bestehen Dh»f« " Dd Sp . ee f rum des reducirten Hämoglo- 
genau wie die redneluT“ g verl l ält ® ich beim Schütteln mit Luft 
die Füllung der Häm 1 t?- SU11 u ^ x ^ rac ^ s J r ups. Ebenso giebt 
der Extrac?syrup.^ llmOS OblnZe tC leD a "° anderen Rationen wie 

von Dr P^rfTulter^ , sterilisatu m liquidum 

kfiil mii wA - , M ' ,nchen -. Dunkelblutrotho, klare Flüssi-- 

’*• assei in jedem Verhältnisse mischbar, verhält sich allen 

Methämoglob?nspeetrum b ^iü7 ~ J bräunIich ' »" d BB ‘ritt ein 

ausnehmend stark markirt’ sind "'Vrd a “ d p ■j cll J ecllt . hingegen d 
scher Flüssigkeit * i. t. Bei der Re duction mit Hoppe- 
geschildertcn gk doch IdidVd • dle Ersch ® mun gen analog den bei 2. 
nach ang " deUtet Erst 

Reductionsflüssigkeit verschwimmt^ eine J nicht zu geringen Menge 
das undesbleibt 

in Darmstadt. DunkelbraunroVe^hart 111 ^ 1 ^ nellls von E - Merck 
scheinlich ein älteres Häraoo-lnbiW* 1 ^ 6 ’ w ine Bruchstücke, wahr¬ 
pharmakologischen Institutes) 1 Die P Lös a un^ nW der Saaimll,n S des 
— braunroth — bräunlich gefärbt unri Un - g iA D ^ asser lst granatroth 

spectrum, ohne besondere MwMrung von T ^nd" tfWd^ 11 ' 

grösserem Oxyhämoglobingehalte herrührm, Jm , L (dlBTOn 

*■” «•“ «-«Sv Mt«ÄSyTÄ 

‘) 1. c. S. 64 u. 65. 


nicht besonders gut angedeutetes Oxyhämoglobinspectrum in ein 
schönes Spectrum des reducirten Hämoglobins über Der spectro 
skopischen Veränderung entspricht die Farbenveränderune von 
bräunlich in gelbroth und violett. Mit Luft geschüttelt giebt die 
redueirte Lösung ein prächtiges Oxyhämoglobinspectrum _ Die 
Keactionen 4—G gelingen wie bei den bisherigen Präparaten 
5. Hämatogen Hommel von Nicolay & Comp, in Zürich 
ßraunrothe, dicke Lösung, mit Wasser leicht mischbar zeigt 
prächtig die vier Bänder des Methämoglobins, a und 8' vielleicht 
etwas markirter (Oxyhämoglobin) als reine Methämoglobinlösuno-en 
DieselbeAbsorptionserscheinung zeigt die dunkelhellbraune Mischung 
mit Wasser. Mit Hopp e’scher Reductionsflüssigkeit verschwinden 
zunächst die Bänder d und e, die Lösung wird gelblichrotb, und 
die Streifen « und ß des Oxyhämoglobins sind ziemlich deutlich 
Die weitere Reduction und Wiederoxydation verläuft wie bei den 
vorausgehend beschriebenen Präparaten. Ebenso die Reactionen i 
bis 6; die aus Hämatogen dargestellten Häminkrystalle sind pracht- 
voll schön, rem und reichlich. Im Spectrum des reducirten Hämatin 
tritt besonders auch der zweite Streifen scharf hervor 
• -vt 6 - T refusia (natürliches Eisenalbuminat) von L d’Emilio 
m Neapel, angeblich aus den festen Bestandtheilen (Eiweiss und 
Körperchen) des Blutes junger Rinder bestehend. Dunkelroth- 
braunes eekig-korniges Pulver, in Wasser gut löslich. Die granat- 
rothe-braunrothe-gelblichbraune Lösung zeigt ein gutesMethämo- 
globinspeetrum und verhalt sich ganz wie die des vorigen Präpa- 
lates. Ebenso gelingen die Reactionen 4—6. Die aus Trefusia 
hergestellten Häminkrystalle sind von verschiedener Grösse, dunkel 

wnhi n w«in S °a SC f °4 W1 £ die aus gämatogen erzeugten, vielleicht 
wohl wegen der festen Form des Präparates. 

7 Hämol Robert von E. Merck in Darmstadt. Nach Ko- 
bert ) em durch Zinkstaub erzeugtes Reductionsproduct des Blut¬ 
farbstoffes, dem Zinkparh ämoglobin und Zinkhämol verwandt, durch 
Schwefelammonium zmkfrei gemacht und wie das Zinkhämol an- 
« ln Nasser unlöslich Das vorliegende Präparat stellt ein 
lieht-chocoladebraimes, in Wasser lösliches Pulver dar. Die 

phal k Vf lü ^ 4 - 1C l brai i? e Bchtbraune Lösung giebt kein deutliches 
charakteristisches Bänderspectrum. Hoppe’sche Reductionsflüssig- 
kmt erzeugh m der Lösung einen Niederschlag. Das Hämol giebt 
tt® ittich sehe Hämatinlösung und mit Ralilauge reducirtes 
amatin Hie daraus erzeugten Häminkiystalle sind meist kurz, 
dunkel, knollig, unregelmässig. 

jr . H J imogallol Robert von E. Merck in Darmstadt. Nach 
ui 4 i? e i \ dar(dl Byrogallol erzeugtes Reductionsproduct des 
ElutfarbstofFes: „Pyrogallol-Hämoglobin“, in Wasser unlöslich. Das 
vorliegende Präparat ist ein dunkelrothbraunes Pulver^ in Wasser 
unlöslich, löslich in 1 o/^ Salzsäure. Die dunkelbraune bis hell- 
ge bbraune Lösung giebt kein charakteristisches deutliches Bänder¬ 
spectrum und mit Hopp e’scher Reductionsflüssigkeit einen Nieder- 
schlag, die Reactionen 4—6 ähnlich dem Hämol. 

, . • Hämalbumin Dr. Dahmen von F. Rlever in Röln, an¬ 
geblich Hämatin, Hämoglobin, Serin und Globulin als saure Albu- 
minate enthaltend. 3 ) Ein dunkelrothbraunes, körniges Pulver, in 
i ? sser und verdünntem Alkohol löslich. Die dunkel- bis 

ie u othlichbraune Lösung giebt kein deutliches charakteristisches 
anderspectrum. mit Reductionsflüssigkeit einen Niederschlag. Die 
£ eat J°" en gelingen; die aus Hämalbumin erzeugten Hämin- 
kij stalle sind spärlich und unregelmässig, theils längere, theils 

U1 f e Ji. ^ edrun S ene Formen, ähnlich wie die aus Hämol dar¬ 
gestellten. 

• Schmiedeberg von C. F. Boehringer u. S. 

in w aldliof bei Mannheim. Nach Sch miedeberg’s 4 ) patentirtem 
ertahren aus Hühnereiweiss und weinsaurem Eisen hergestelltes 
künstliches Präparat mit 7 o/ 0 Eisengehalt, das mit dem ur¬ 
sprünglich aus Schweineleberextract durch Fällung mit Weinsäure 
ei gestellten Präparate übereinstimmen soll. In Wasser fast un- 
os iches, in Alkalien lösliches ockerbraunes Pulver. Die ziemlich 

Qu ^ Litteratur; R. Robert, Uebcr ein neues Parhämoglobin. 
öitzungsber. der Dorpater naturf. Gesellsch. Jahrgang 1891. — Ueber den 
i GI a v ? n . Fei ™enton und Giften im Blute. Verhandl. der 64. Ver- 
deutscher Naturforscher und Aerzte, Halle 1891, S. 177. - Ueber 
ißoT >ar 4 Elsen Präparate. St. Petersburger med. Wochenschr. Jahrgang 
c n i ’ °p , ‘ ~ E. Grahe, Ueber die Einwirkung des Zinks und seiner 
who Ze °. U ^, da ® B lut .und den Blutfarbstoff, in R. Robert, Arbeiten des 
pharmakologischen Instituts zu Dorpat. Bd. 9, S. 170. 

6 au< £ Busch, Ueber die Resorbirbarkoit einiger orga- 

l Eisenverbindungen, in R. Robert, Arbeiten des phannakolo- 
gischen Instituts zu Dorpat, Bd. 7, S. 90. 

' . • Dahmen, Ueber Hämalbumin, ein neues diätetisches Präparat 
^| eme Wirkung bei Chlorose. Deutsche med. Wochenschrift 1894, 

j ), Bcbuiiedeberg, Ueber das Ferratin und seine diätetische 
3 therapeutische Anwendung. Centralbl. f. klin. Med. 1893, No. 45, 
und Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 33, S. 101. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



27. September. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


759 


stark fluorescirende Lösung in verdünntem Natriumcarbonat, in 
dicken Schichten dunkel-orangeroth, in dünnen oder stark verdünnt 
lichtorange, giebt kein Bänderspectrum. Wie voraussichtlich ver¬ 
sagten alle angestellten Blutfarbstoffproben. 

Die angeführte Reihenfolge der untersuchten Präparate bietet 
zugleich eine beiläufige Uebersicht über ihre Verwandtschafts¬ 
grade zum Hämoglobin, die sich kurz in folgendem zusammen¬ 
fassen lässt: 

a) Hämoglobin enthaltend: 1) Extractsyrup, 3) Häraoglobinum 
liquidum, frisch. 

b) Hämoglobin und Methämoglobin enthaltend: 2) Hämoglobin- 
zeltchen. 

c) Vorzugsweise Methämoglobin enthaltend: 3) Hämoglobinum 
liquidum, alt, 4) Hämoglobin Merck, 5) Hämatogen Hommel, 
6) Trefusia. 

d) Den Hämatincomplex enthaltend: 7) Hämol, 8) Hämogallol. 
9) Hämalbumin. 

e) Den Hämatincomplex nicht enthaltend: 10) Ferratin. 

Die nächste Aufgabe zur Frage nach der Assimilirbarkeit der 
Blut-Eisenpräparate wäre, ähnliche Versuchsreihen an den Umwand- 
lungsproducten der gleichen Präparate nach Einwirkung künstlicher 
Verdauungsflüssigkeiten, insbesondere Pepsin- und Trypsinlösungen, 
sowie nach successiver Einwirkung beider anzustellen. 

VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg. 

Ueber zwei interessante Fälle von Magen- 
chirurgie. 1 ) 

Von S. Bernhard v. Beck, 

Privatdocenten und Assistenzarzt der Klinik. 

I. Stichverletzung der Leber und des Magens vier Stun¬ 
den post trauma Laparotomie, Leber- und Magennaht. Hei¬ 
lung. 

Bei dem allgemeinen Interesse, welches zur Zeit infolge der 
anarchistischen Dolchattentate in Lyon, Livorno und Turin den 
Stichverletzungen der Oberbauchgegend entgegengebracht wird, 
lohnt es sich wohl, vorliegenden Leber- und Magenverletzungsfall 
zur Kenntniss zu bringen. 

Es handelt sich uni einen 17jährigen Arbeiter Peter Reinhardt 
aus Wieblingen, der in der Nacht vom 24. zum 25. Februar 1894 beim 
Heimweg vom Wirthshaus mit seinem Bruder in Streit gerieth und 
von diesem mit einem kräftigen Stellmesser einen Stich in die linke 
Oberbauchgegend erhielt. Der Verletzte vermochte noch in sein nahe 
elegenes Elternhaus zu gehen, stürzte aber dort beim Betreten der 
tube ohnmächtig zusammen. Bei dem in das Bett gebrachten Patienten 
bemerkten die Eltern Heraussickern von Blut aus den Kleidern zwischen 
Weste und Hose, und ein herbeigeholter Bader constatirte eine stark 
blutende Wunde in der linken Oberbauchgegend und schloss diese mit 
einigen Seidennähten. In der Zwischenzeit war mehrere male Erbrechen 
aufgetreten, zuerst nur reichlicher Mageninhalt, dann aber zweimal theils 
dunkles, theils helleres Blut in grosser Menge. Wegen zunehmender 
Schwäche wurde der Verletzte noch in der Nacht nach Heidelberg in die 
chirurgische Klinik verbracht. Gegen 11 Uhr nachts hatte die Verletzung 
stattgefunden, und gegen 3 Uhr morgens erfolgte der Eintritt des Pa¬ 
tienten in die chirurgische Behandlung. Der Verletzte bot das Bild der 
acuten Anämie dar, fahles spitzes Aussehen des Gesichts, Pupillen ad 
maximum erweitert, Apathie, Puls fliegend, kaum fühlbar. 

Im linken Epigastrium 1 cm einwärts von der Spitze der neunten 
linken Rippe befand sich eine 3,5 cm lange, querverlaufende, durch 
Seidennähte vereinigte Wunde, aus welcher noch ständig dunkles Blut 
absickerte. Der Leib war aufgetrieben, druckempfindlich und ergab bei 
der Percussion in den Lumbalgegenden und Hypogastrien Dämpfung. 
Es bestand fortwährender Singultus und von Zeit zu Zeit Erbrechen von 
schwarzem Blut. Die Lage der Wunde, das Bluterbrechen, die hoch¬ 
gradige acute Anämie Hessen mich die Diagnose stellen auf: Penetri- 
rende Stichwunde des Bauches-mit Verletzung des Magens 
und der Leber und starker intraperitonealer Hämorrhagie. 

Als einziges Rettungsmittel für den Verletzten erschien mir ein so¬ 
fortiger operativer Eingriff, die Freilegung der Quelle der Blutung und 
ihre Stillung zur Verhütung der drohenden Verblutung und der Ver¬ 
schluss der Magenwunde zur Beseitigung der Gefahr der fortwährenden 
Infection des Peritonealraumes durch die aus dem Magen ausfliessenden 
Stoffe. 

Während der Reinigung des Operationsfeldes wurde noch eine in¬ 
travenöse Transfusion von 600 ccm 0,6%iger Kochsalzlösung in die 
Vena basifica in der Ellenbogenbeuge ausgeführt, um den durch die 
starke Blutung bedingten Säftoverlust etwas zu ersetzen, die Circulations- 
verhältnisse zu bessern. Die Narkose geschah mit Aether. 

Operation: Erweiterung der Wunde bis zur Leibesmittellinie ohne 
einen genügenden Einblick in die Bauchhöhle zu erhalten, weshalb Zufü¬ 
gung eines Medianschnittes vom Processus xiphoideus bis zum Nabel. Nach 
dieser breiten Eröffnung der Peritonealhöhle quoll dunkles Blut in Strö¬ 
men aus der Tiefe unter der Leber hervor, und es wurde nun zur provi- 


*) Vortrag, gehalten im naturhist.-medicin. Verein Heidelberg am 
17. Juli 1894. 


sonschen Stillung der Blutung und zur Austrocknung des Bauchraumes 
dieser soweit und tief als möglich mit langen sterilen Gazestücken aus¬ 
gefüllt; nach einigen Minuten erfolgte das langsame Herausziehen jedes 
einzelnen Gazestreifens und die Revision seines Lagers in Beziehung auf 
den Sitz der Blutung, worauf sich c-onstatiren Hess, dass die Hämorrhagie 
eine parenchymatöse war und aus einer 2,5 cm langen queren Wunde 
der Unterfläche der Leber im Bereiche des linken Lappens, vier Finger 
breit proximal vom unteren Leberrand entfernt, herstammte. Auf der 
oberen Leberfläche lag die fast 3 cm lange EinstichsöfFnung in der Höhe 
des siebenten Intercostalraunies. Die Tiefe des Leberwundcanales betrug 
6 cm. Die Blutung aus den Wunden war eine ständige und beträch£ 
liehe. Zur Stillung derselben wurde je eine tief greifende Leberwund¬ 
naht vorgenommen mit sechs beziehungsweise fünf mittelstarken Seiden¬ 
knopfnähten und dies mit sofortigem Erfolg. Die Besichtigung des Ma¬ 
gens nach Hervorziehung desselben ergab auf dessen Vorderfläche in der 
Mitte zwischen grosser und kleiner Curvatur 6 cm median vom Pylorus 
gelegen eine quere Stichwunde von 2,5 cm mit ektropionirter Schleim¬ 
haut, in welcher eine Arterie spritzte. Schluss der Magenwunde durch 
sechs Mucosanähte und darüber eine fortlaufende Serosa - Lembertnaht. 
Nahtmaterial Seide. Ausräumen der Blutmassen aus den Lumbalgegen¬ 
den, Hypogastrien und dem Douglas’schen Raum, Auswaschen der Po- 
ritonealhöhle mit 0,6°/oiger Kochsalzlösung, Versenkung des Magens, Ein¬ 
legen eines Jodoformgazestreifens zwischen Magen- und Leberwunde und 
zwischen oberer Leberwunde und Bauchwand zur Tamponade der noch 
etwas blutenden Stichcanäle der Lebernaht. 

Schluss der Bauchwunde mit Spencer-Wells’scher Seidenknopf- 
naht, Herausleiten der Tampons an der Stelle der ursprünglichen Wunde. 
Aseptischer Verband. 

Der Heilungsverlauf war ein fieberfreier, die Tamponade wurde am 
dritten Tage entfernt. Die Ernährung geschah die ersten acht Tage nur 
mittels nutritiver Klystiere, in der zweiten Woche flüssige Kost per os. 

In der vierten Woche bildete sich an der Tamponadestelle eine 
kleine Fistel, deren Excortication einige Leberseidennähte zutage för¬ 
derte, worauf sich die Fistel rasch schloss. 

Nach acht Wochen sah der Verletzte blühend aus und konnte seiner 
gewohnten Arbeit und früheren Lebensweise voll und ganz nachkommen. 
Zum Schutze der Bauclmarbe trägt Patient eine weiche elastische Binde. 

Das Vorkommen der eombinirten Leber verletz ungen ist kein 
häufiges, ihre Prognose ist meist schlecht, da ärztliche Hülfe ge¬ 
wöhnlich zu spät kommt, die Verletzten entweder einer Verblu¬ 
tung erliegen oder schon die Zeichen der Peritonealinfection auf¬ 
weisen. 

Die Therapie darf keine exspectative sein, je früher der ope¬ 
rative Eingriff' gemacht wird, die Stillung der Blutung, die Naht 
der verletzten Eingeweide stattfindet, um so eher wird man die 
acute Anämie bekämpfen können, die Peritonitis beschränken oder 
zu verhüten vermögen. 

Bei der hochgradigen Anämie durch den rapiden Blutverlust 
aus den Leberwunden ist es wohl stets angezeigt, einen Flüssig¬ 
keitsersatz zu liefern, das Gefässsystem wieder der normalen 
Füllung nahe zu bringen, die Herzaction so anzuregen und zu 
kräftigen. Und dies geschieht am raschesten und besten durch 
die intravenöse Transfusion von 0,6o/ 0 iger Kochsalzlösung 
von Körpertemperatur. 

In neuerer Zeit ist an Stelle der intravenösen Transfusion die 
subcutane Infusion, besonders in der geburtshülflichen Praxis, em¬ 
pfohlen worden. An hiesiger chirurgischen Klinik haben wir bei 
schweren acuten Anämieen von dieser keine Erfolge gesehen, 
während die intravenöse Transfusion mehrere male lehensrettend 
gewirkt hat. Und es ist auch klar, warum: die Transfusion in die 
Vene schafft direkt die neuen Flüssigkeitsmassen in die Gefäss- 
bahnen, in das Herz und regt dieses mechanisch zur verstärkten 
Thätigkeit an, während bei der subcutanen Infusion erst noch 
eine Resorption der injieirten Flüssigkeit durch die Lymphbahnen 
statthaben muss, bevor sie zum Herzen gelangt. Die Resorp¬ 
tionsfähigkeit der Gewebe und Lymphgefässnetze ist aber natür¬ 
licherweise bei der geschwächten Herzkraft infolge des raschen 
Blutverlustes herabgesetzt, und so gelangen nur geringe Mengen 
der unter die Haut eingespritzten Flüssigkeit zur Aufnahme in den 
Blutkreislauf und können keinen annähernden Ersatz bieten für die 
verlorenen Blutmassen. 

Der Standpunkt, dass die subcutane Infusion eine leichter aus- 
zufiihreude Manipulation ist als die intravenöse Transfusion, kommt 
kaum in Betracht, da letztere keineswegs zu den schwierigen opera¬ 
tiven Eingriffen zu zählen ist und, was die Zeitdauer ihrer Aus¬ 
führung betrifft, viel rascher als die erstere vollendet ist. Für 
den Patienten bietet ferner momentan wie auch für dio nächste 
Folgezeit die nur an einem Ort vorgenommene intravenöse Trans¬ 
fusion -weniger Schmerzen und Qualen, als das häufige und an 
mehreren Körperstellen vorzunehmende Einstechen der Infusions¬ 
nadel unter die Haut, um die genügende Flüssigkeitsmenge dem 
Körper zuführen zu können. 

Eine Drainage des Bauchraumes in der Gegend der \ erlet- 
zungsstelle des betroffenen Eingweides mit Jodoforingaze ist ange¬ 
zeigt wegen der Gefahr der Peritonitis durch den infolge der Ver¬ 
letzung ausgetretenen Magen- oder Darminhalt und ferner zur Ab- 


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UNIVERSITY OFMICH1GAN 




•DEUTSCHE .MEmmisntE WOCHEKSCHEIFT, 


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A]w ns dauerte keine .sechs Worhoü, a» • erschien Fnrrer wieder 
'tMvsr in .wgm'tfljtottr JSu^lamüc. i« dH- efer^gisfd»#® Klinik «nd 

f.Virnk; oiitH si'lir’iif.li.-lir f>scb<dn,iguju? von Augimrtngr-u mit, ihr* i.r 
,-ir.u'i Stui.-Ku» zuvor wiederum avüii ’lWd<uKae^^n Vn*ilikk ; ki. habg,' vu» 
linuiMi Fmc drei KKugf-n, dinM iJAkno Im'd oiimn KoHizioluw gut- 
ft/tUn. Avditrjnnl i]ns nudurn -. 

Fatn-nt wurde auf dnji niiult-simi Tag zm: AiUhahmr .wKuk-r. -W^lil.; 
•Sein; »rstos- Bugidrrtm w,tr. buMig.-n.. .ij>uDrt yax unrdun mul y.w rK, u or 
Wuiisöl», dnu ur }.ugi-n um Auur _gtrru-hMiüi.Hi JivMigfung wegen kltelnh 

iM-nuue-UA,» iT^tAf-ilil- und Uhgurijtbunng vi enignlten. j'ijunor Wunsidi 

wurde ihm tm-id »•••fülitv ihm! du koiwuninl urjnmlinün Mügnnstonnigea vor- 

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-iriumitnn gu^emaUeii. iI J düöntöfhie]! 

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ilöü iMi'lMf, n ITg Ninr kr’ilhrf- l/osif. 
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I $r . D'UnmlL, horten Stnhfgmig. .0^3 
m”-"' Kßh der tüijtkujoh- DutuTwnrlnun' dm 

rvugnSiiijT ,v(n 10 ent langen 1.5 m 

| { , : i."|p breik-s BiorJsJtHgijffls Mw-i>ei ; mit HoJ?.-, 

»t^VSfer Mag:.. .•■&• gW^in#' E«»t Ä- 

Uidursmdtyng d*^ UiK«. d<*> pafieo- 
feV* W .. Xko, dkt’ ^nub dtCpul f^Arödeti 
* • 4w1 • guwr*s«>^ni^ö|j^into 

W . h | links obßrluüb den NtdkdTynrfi('lHvuij- 

J j )f\ ilnn wt>r oti«) Rinh mm roehU Jin»l 

»yp-.y' ;. t'} unterhalb ITdkls i bidaud. m& 

»•' dufür sprfteh, d-iu-, out.!. rffi& ntuituv 

»: ; : T. V.i nuf der:.'VViifuinrbehul’t bn* 

• T; TTiTnn Boi nml skh wnltrst Trio lieh 

UH .Dfi.rtiiii.‘ü‘aiV bettndnv Mit «bjr Blau'* 

> ihinnttKühimfiipie wimie iurtgebüniMi, 

;• A.' mfr -' i nnd am; ft. ’l'agc orsuhicu mn-li ik< 

wji ’ :'?:;7. /dvutlo,: fevin }tnv -ruidnök cw. 

Hi ft ^ MiK, 2 .ft {‘tu breit, j 'eilt du-k; fKhrt 

yyi K'yFyf es "drei miilülgn^c liijira. viu 

MjjpF iiäköTiift^W und ptuen niHudä'!) 

,. Rpit/eis. surk obsinhnudcm !C«cW/..* i .-1 

l er v*w MmtWi »hs«^«, llw ; S «!riie)M! littbc « 


XI. OaBteotomie wogen drei v ernehiaekt ö r Tas chonmm 8er. 

GrfisfUir* 5 - Frenulbörpn):. in dkn' Mutrob uiifgunUnnrion. tui vs uu- 
wilHiurdrli. Win lirim Vt ivi-Uuj,’!^ n ‘rbü-t t,*,{t(-i kihtsiin lim Gubigsn 
tjilei' bei fobigurnkjinnui! Znulnn kuu.n-.rofdetui udor wHlkdrinu! Uri 
Ansdbiin- von Brnvoiii - umi Well küit-Mun mlw ton j).<vi-)ioj, il ln- 
y<j\u-h Zik-DUKbHi,/hnbnu dmi ‘VVegn, >vindnr uns vluiü Krtrpm* benm» 
g‘.-- h.jfb \v< rü--u) Kni wrd'-f grhro sju uiim,Htiif*{t pur vin.s- tiu- 
f.ornb'H ab Odm' aber ;-.'je i*itit hmt - kw**rurt< ijrit:btniiäM^I 
und gjdofdnra üpunulvu Hdlb%- odm- »irdt.mm. .-in iödn»i‘u sfrb nulbKi 
: bffrrtf YVTg dUfcb diu ''JugmiAnnd, t’ührm tu ^mfzCmddih «mi VuT- 
uno•bsntigr.M iu dor Inngubmio ihwi Utgoi^inlbm, xu 

Absimss? h Jiiil ] >ur.c)ibnu-h -nfld l ,, istf‘ljii!uinvg \ n .t,>i ibuu.Kwn»ol 

und sultlinsrliebmü -iur 'KrMiniivib-prru rdi>sf naub 

aussrn. Unart' ü*1g ( ->fiö r IVbf iUtiKtriri' *H?> rwui njjbnj Aytob,. 

Joeob Furb-K o‘2^. ; bH->grr T'ag , d f düu'J’ irt .üft^U puytdut- 

poHtirft'lt i»<•lastet., ober 'Aiitf.diöbsi Suit fünf Jidure bgf < r sti lt' duti sondtn» 
bftW'n Keb/ung i'itigügobkiK- r img^ttny.rl*jircj* KTrp-v %f\ verspms'cjL &u-nsb 

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vor Z\v<u .lubi’etr, vngnldr-m.: m; e!g .FnOtOre bt,-am.T Ei-t-micir.'.asvhd bei 

Arhcit des Tuges Uher |ü ly KUit'lf llffiu lunue Kistmslii'tu. 
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tiilHJ« Ua-iHiidlUdt, dedüt/'h ht-ubrrk! /.»i !utl li T,. ITür-r oibtni +*hV>U^'ü Ab* 
y:my tÜft. iVbrVte l'M-'mt imTk üu/.vml«'i. Jm twuoi.ur 18‘kj. 

ver;jcldivrirt(-FüVim* TiAvt^ü rinu.iyWTFg um. »lin d 11 irr bii-.r Hu <>in und.. 

«io J^vidUifrog''-’ '! i • ‘. -i i u. ’ * v -rj ei.d r* u v frrtöi^ 

bmdra Kml.-n /m.y.\u, f 1 1 nu 7 M « m I. m t -u 

voll pro» wöllb' er <!:;uü /\\t t T.I m j UVA Ml,-», iMrdi-ft N« hiiieig im 

I’juyu'.t jiuiH verspürl liolu u, .da r tmy 'l ori Bilnm Ariiil t - 

gvy.urgeu Sein. ■ Au; n biiur deu AI'.gang t.lirsrj IN (umikbriiiU- URRhv er 
ou bi.-' auruvub.ui. 

Au«. 1. April IS01 .'unt wur llttieul wieder iu ein.« übbdm lb;-r- 
wnn^ vurwAted. und .vorRfblnnklo in msagyreht-vm' Eueboid;-. «im T; 4 
\md T ;I)!ir;.NMmii(tugs ;ir mh Tbsrbennu,*sser 'Von-KftgjiddVn *1Ö.; -7 uod : 
b ciH KtjUue. alle ui gi^iblossönmn-'Za'larida, wn? voj< Zx*.’ 

stlum^nr bHutngt tvunltJ. v - : • 

jt n ; arjb.il /n*-« T.iyr tiiU. i. j.mu-r neu'jiV/n'fi.-n mU damt ub< ?• bau« 

' •’ v?5 A! >-ji »• -r!«1 a* iou»i11, Ff'JnvHss Sind Frunb AnjeAitiöMebeil, AtOstOs^m 
mit rneulji-. it.m (iredmm.T. . : DttrSi/ SduiHu^eo im Fpi 

giisfrnu!!:. A'it! A.jU’ü s-taUle. sieb seblMirMig«^, blutig- i'mgirlps Flliriibltnn:- 
f.itj, Steigerung der BeseliwmdMi. vidiigr Arb»*ilsi»niaiti.gkutt. und l'atiH»! 
Jyabi. Arte Auftuibmu itj dm Mfc«ig*v < ; .lsiruigis* , 'ho ivlltülC. 

^ Ihr kr.dfig gulmntr Xbrnsn klugU' tiber Rpuübiu auHr-'lt.-nl.- SVbiimrzUn 
n-v.iOs : iiuks v«•>!»-der- Äfillgllinb' d^lddbn.s zwik'lmu Nabel und linkem riirdteu- 
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. September. 


DEUTSCHE MEDI0IN1SCHE WOCHENSCHRIFT. 


761 


jten ich leider nicht in der Lage bin, als eine Kundgebung zu 
insten des Zusammenhanges der beiden in Rede stehenden 
sciplinen. Es dürfte eine derartige Kundgebung vielleicht in 
ien, der Wiege der jetzt so fleissig vorwärts strebenden Derma- 
ogie, der Stätte, an der der alte Hebra gewirkt, besonders am 
atze sein. Hat man doch gerade gegen die Hebra’sche Schule 
n Vorwurf allzu grosser Selbstständigkeit gar oft erhoben, ein 
»rwurf, der wohl nur theilweise berechtigt war. Der heutigen 
iener dermatologischen Schule, die man wohl auch noch als 
abra’sche bezeichnen kann, gegenüber ist er wohl ziemlich ver- 
lmmt, wenn auch dieselbe in der Berücksichtigung interner Ver¬ 
derungen nicht so weit geht wie die französische Schule, in der 
sonders die Diathesen eine Rolle spielen, die wir nicht immer 
verstehen vermögen. 

Es kann nicht in meiner Absicht liegen, in die Einzel¬ 
nen einzutreten, ich will mich begnügen, eine kurze Skizze, ein 
hema der Wege zu entwerfen, auf welchen innere Leiden zu 
lutveränderungen führen, und einige erläuternde Beispiele ein¬ 
ten. 

Man kann die Hautanomalieen bei inneren Leiden nach ihrer 
ltstehungsweise in drei grosse Gruppen eintheilen, je nachdem sie 
;h per continuitatem, resp. per contiguitatem entwickeln, je 
chdem die Nervenbahnen oder die Blutbahnen die vermittelnde 
>lle übernehmen. 

1. Per continuitatem resp. per contiguitatem sehen wir 
le grosse Zahl krankhafter Veränderungen auf der Körperober- 
,cho im Anschluss an interne Leiden entstehen. Es ist leicht, 
dspiele hierfür heranzuziehen. Denken Sie, um mit einer Rarität 
beginnen, an die nach aussen wachsenden, zuweilen die Bauchwand 
irchwuchernden Carcinome des Magens, ferner an die perforirenden, 
reiterten Echinococcuscysten der Leber, an das Pyema necessitatis, 
i das Hautemphysem bei Läsionen in den Wandungen der tieferen 
thmungsorgane und des Oesophagus. Denken Sie an die entzünd- 
:hen Anomalieen der Haut, sobald dieselbe durch Secrete kranker 
;hleimhäute, durch quantitativ oder qualitativ veränderte Excrete 
'reizt resp. inficirt wird. Wir sehen dieselben vornehmlich an den 
Übergangsstellen von Haut und Schleimhaut sich abspielen: so 
e Sycosis vulgaris an der Oberlippe, die Diphtherie am Nasen- 
ngange, dio Tuberkulose der Haut am Munde und After, die 
tertrigo der Säuglinge, welche ja stets unsere Aufmerksamkeit 
if abnorme Vorgänge in den Verdauungsorganen hinlenken soll, 
e Balanitis und Vulvitis der Diabetiker, wolchc nach causaler 
ehandlung oft so leicht heilen, nachdem sie dem dermatothera- 
iutisehen Arsenal getrotzt. 

2. Die zweite Hauptgruppe umfasst dio Hautverände- 
ingcn, dio auf dem Wege der Nervenbahnen ausgolöst 
erden, die sogenannten neurotischen Dermatosen im 
eitesten Sinne des Wortes. Es kann dieses zunächst geschehen 
ircli Reflex, eine Bezeichnung, mit der wir allerdings oft unserem 
iologischen „ignoramus“ ein wissenschaftliches Mäntelchen um- 
ingen. Eine Reihe von Angioneurosen, manche Erytheme, der 
illor cutis, manche Urticaria werden auf diese Weise erklärt. 

? handelt sich in diesen Fällen meistens um schnell vorüber- 
shende Veränderungen. 

Wichtiger und ernster sind die durch direkte Functions- 
örung der die Haut versorgenden Nervenfasern 
ler Gattungen entstehenden Anomalieen auf derselben, sei^ es, 
iss es sich um periphere oder centrale Läsionen handelt. Sen- 
ble, secretorische, vasomotorische, trophische Störungen der Haut 
innen die Folge sein. 

Die Bedeutung der Sensibilitätsstörungen in einer Sec- 
m für innere Modicin zu schildern, hiesse Eulen nach Athen 
agen. Dio Berücksichtigung der verschiedenen quantitativen 
id qualitativen Veränderungen der verschiedenen Empfindungsarten 
id des Verhältnisses derselben unter einander bildet ja das Fun- 
mient jeder neuropathologischen Diagnose, mag es sich um Tabes, 
emianästhesie durch Läsion in der Capsula interna, Brown* 
iquard’sche Halbseitenlähmung, periphere Neuritis, functioneile 
3 urosen handeln. Da können zunächst Hyper-, Hyp- oder An- 
thesieen bestehen, die wiederum variiren, je nachdem sie sich 
if alle Empfindungsarten erstrecken oder nur auf einzelne. Da 
immen dio zahlreichen Parästhesieen in Frage, Taubsein, Krib- 
ln. Jucken etc. und die Gefiihlsanomalieen, welche man als para- 
>xe Empfindung, Doppelempfindung, Nachempfindung, verlang- 
mte Leitung, Anaesthesia dolorosa, Dysaesthesie bezeichnet. Um 
ir ein Beispiel herauszugreifen, welches interne Mediciner wie 
ermatologen in gleicher Weise interessirt, erinnere ich an die in 
tzter Zeit soviel erörterte, vielfach auch mit der Lepra in Be- 
ahung gebrachte Syringomyelie mit den dissociirten Sonsibi- 
ätsstörungen, der Herabsetzung der Schmerz- und Temperatur- 
tpfindung bei intactem Tastgefühl. . . 

Weniger bedeutungsvoll, aber doch nicht unwichtig sind die 


socretorischen Anomalieen, die sich ja nur auf Abscheidung des 
Schweisses beziehen, ist uns doch von einem Nerveneinfluss auf 
die Talgsecretion bisher nichts bekannt. Ich gedenke nur der He- 
mihyperhidrosis facialis, welcher wir bei Erkrankungen des Sym- 
pathicus, aber auch bei materiellen Veränderungen in den Schweiss- 
centren, bei Affectionen des Facialis und Trigeminus begegnen. 

Die Alteration vasomotorischer Fasern, welcho auf dom 
weiten Wege von dem vasomotorischen Centrum durch die Seiton- 
stränge, die vorderen Wurzeln, die Rami eommunicantes, den Sym- 
pathicus, die peripherischen Nervenstränge viel Gelegenheit haben 
afficirt zu werden, löst so manche angioneurotische Anomalie auf der 
Haut aus. Je nachdem die Gefässerweiterer oder die Gefässver- 
engerer getroffen sind, je nachdem Reiz- oder Lähmungszuständo 
bestehen, je nachdem es sich um vorübergehende oder dauernde 
Schädigungen handelt, je nachdem endlich die Arterien oder Venen 
alterirt sind, können wir verschiedene Bilder erhalten. 

Die Zahl derselben wird dadurch eingeschränkt, dass bei der 
antagonistischen Wirkung der Constrictoren und Dilatatoren der 
Effect der Lähmung der einen Fasergattung immer demjenigen 
gleichkommt, welchen die Reizung der anderen Fasergattung aus¬ 
löst. — Ich erinnere hier wiederum an ein von Dermatologen und 
Internen gleichmässig bearbeitetes Leiden, die Erythromelalgie 
mit der ausgesprochenen vasomotorischen Neurose der Haut. Dieses 
Leiden, wie die erwähnte Syringomyelie, die Maladie de Morvan, 
zeigt uns auch, dass durch eine Combination von Störungen der 
Haut, die auf dem Wogo der Nervenbahnen ausgelöst werden, 
durch Betheiligung verschiedener Fasergattungen wir ein auch für 
interne Vorgänge charakteristisches Krankheitsbild auf der Körper¬ 
oberfläche erhalten. Wir finden hier sensible, vasomotorische 
Störungen neben trophischen in bunter Reihe neben einander. 

Die trophischen Anomalieen der Haut als Folgen innerer 
Vorgänge lenken das grösste Interesse auf sich, und zwar nicht 
nur vom Standpunkte des Klinikers, sondern auch von demjenigen 
dos Physiologen. Sobald der letztere die Existenz der trophischen 
Fasern beweisen will, sind es ja eigentlich nur klinische Beobach¬ 
tungen, zu denen er seine Zuflucht nehmen muss, dieselben klini¬ 
schen Beobachtungon, welche hier in Rede stehen. Nicht uner¬ 
wähnt will ich lassen, dass nicht immer dio Bezeichnung „Tropho- 
neurose“ hinreichend begründet erscheint; sie ist sehr beliebt als 
Lückenbüsser bei mangelnder ätiologischer Erkonntniss. 

Die Zahl der trophischen Hautveränderungen ist nicht klein, 
wir kennen Atrophieen der Haut und ihrer Adnoxa, selbst oine 
solche des Pigments. Es darf uns besonders nach den Unter¬ 
suchungen über dio Aetiologie des Morbus Addisonii dio Abhängig¬ 
keit der Pigmentbildung von Innervationsvorgängen nicht wundern. 

_ Weniger zahlreich sind die trophischen Hyperplasieon der Haut, 

dagegen zahlreich und charakteristisch die Dystrophieen derselben. 
Obenan steht noch immer der Herpes Zoster als Typus einer Tropho- 
neurose. Die Vorsuche Pfeiffer’s und Wasielewski’s die tro- 
phischo Natur des Herpes Zoster anzufochten, seine Ausbreitung 
mit den GefässVerzweigungen in Zusammenhang zu bringen, haben 
wohl noch wenige überzeugt. Noch besteht der alte Bäron- 
sprung’sche Beweis zu recht, selbst wenn ein infectiösos Agens 
den Zoster auslösen sollte. — Neben dem Herpes Zoster sind die 
symmetrische Gangrän, die multiple Gangrän, die trophischon Ano¬ 
malieen bei der Maladie de Morvan und — last not least dei 
Decubitus acutus zu nennen, der nicht wenig zur Begründung 
der Lehre von den trophischen Nervenfasern beigetragon hat. Man 
hat ja viele dieser Dystrophieen auf vasomotorische Vorgängo zu¬ 
rückführen wollen, sie als Folge paralytischer angioneurotischer 
Anämie hinstellen wollen. Aber giebt es überhaupt eine solche. 
Keineswegs. Die Physiologie lehrt, dass es überhaupt keiuo Nerven 
giebt, deren Lähmung Anämie bewirkt. x 

3. Die dritte Gruppe hierher zählender Hautleiden 
setzt sich aus solchen zusammen, welche durch innero 
Krankheiten auf dem Wege der Blutbahn resp. der 
Lymphbahn entstehen. Der Vorgang kann dabei ein verschie¬ 
dener sein. Zunächst kann es sich um organische Verände¬ 
rungen in den Gefässwandungen handeln. So kann es bei 
Atheromatosc der Gefässe zu Gangrän kommen, so entstehen, um 
ein sehr seltenes Beispiel anzuführen, Oedeme bei amyloider De¬ 
generation der Gefässwandungen. Möglicherweise ist dieser Weg 
häufiger betreten, als man annimmt. 

Sehr erheblich umfangreicher ist das Gebiet derjenigen Baut- 
anomalieen, welche mechanische Störungen des Blut¬ 
kreislaufs hervorzubringen vermögen; sie bilden eine wahre 
Fundgrube diagnostischer Anhaltspunkte für den inneren Mediciner. 
Mag ein Gefäss durch einen Embolus oder Thrombus verstopft, 
mag es durch Compression unwegsam geworden sem, mögen im 
«rossen oder kleinen Kreislauf sich abnorme Hindernisse dem Blute 
entgegenstellen, mag die Triebkraft des Herzens alterirt sein - 
stets kann es zu wichtigen Hautveränderungen kommen. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 








762 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. B9 


wir einige Beispiele heraus! Ich erinnere zunächst an die grosse 
Bedeutung der Venenerweiterungen und cyanotisehen Verfärbung 
im Gebiete des Kopfes und Halses bei der Erkennung der Throm¬ 
bose des Hirnsinus; die Lokalisation der Hauterscheinungen ist ja 
oft für die Diagnose des Sitzes des Thrombus allein ausschlag¬ 
gebend. Ich übergehe die bekannten, in durch Stauung respeetive 
mangelhafte Decarbonisation bedingter Cyanose und Oedemen sich 
äussemden Folgen von Herz- und Lungenleiden, um die Erweiterung 
der Venen bei Tumoren des Mediastinum, die feinen Gefässbaum- 
zeichnungen an der vorderon unteren Thoraxwand als allgemeinen 
Ausdruck von Circulationsstörungen innerhalb des Thoraxraumes 
und im Abdomen hervorzuheben. — Schliesslich weise ich noch 
auf die bekannten Folgen der Lebercirrhose hin, das Caput Medusae, 
dem ja nicht nur diagnostisch, sondern auch prognostisch wichtigen 
Symptom, zeigt es doch an, dass das Blut es verstanden hat, mit 
Umgehung der geschrumpften Leber sich einen Weg zum Herzen 
zu bahnen, und deshalb unangenehme Stauungsfolgen weniger 
drohend sind. 

Wir kommen nun zu einer weiteren Reihe von Hautstörungen, 
zu den durch anomale Blutzusammensetzung, d. h. durch 
Aenderung in dem normalen Verhältniss von Plasma, 
eorpusculären Elementen und Hämoglobingehalt be¬ 
dingten. Vornehmlich haben wir hier zu denken an die Anämie und 
ihre böseste Form, die pernic-iöse Anämie, ferner an die Chlorose, 
die Hydrämie, Leukämie und Pseudoleukämie. Da ist zunächst 
die allen diesen Leiden gemeinsame Blässe, die aber doch für das 
scharf beobachtende Auge bei den verschiedenen Leiden verschiedene 
Nuancen aufweist. Eine häufige Folge sind dann Oedeme, — auch 
die nephritischen Oedeme zählen in diese Gruppe —, weniger häufig 
Hämorrhagieen. Besonderes Interesse flössen die bei der Leukämie 
und Pseudoleukämie in den letzten Jahren beobachteten Haut- 
anomalieen ein. Bei der Leukämie findet man bald geschwulst¬ 
artige Bildungen, bald ekzematoide Veränderungen, bald diffuse 
oder eircumscripte Infiltrationen lymphadenoider Natur. Bei der 
Pseudoleukämie Knötchen und papulöse Erhebungen, ähnlich den 
pruriginösen. Alle diese Hautveränderungen haben in einzelnen 
Fällen schon zur richtigen Erkennung des Grundleidens geführt. 

Die Zusammensetzung des Blutes kann aber auch in 
der Richtung verändert sein, dass ihm Substanzen bei¬ 
gemengt sind, welche in ihm sonst gar nicht oder nur in 
minimaler Menge Vorkommen. Auch dann giebt sich das sehr 
oft auf der Haut kund. Es können nun diese Fremdkörper, wenn 
ich mich so ausdrücken darf, zunächst Mikroorganismen oder 
deren Stoffwechselproducte sein. Das grosse, stetig wachsende 
Heer der Infectionskrankheiten zählt in diese Abtheilung. Diese 
bieten ja bekanntlich sehr viele Efflorescenzen auf der Haut, welche 
entweder regelmässige, typische, ja pathognomonische Symptome sind, 
wie beispielsweise die für die Diagnose ausschlaggebende winzige 
Roseola typhosa, oder accidenteller Natur, dann aber durchaus 
nicht immer unwichtig. Man denke beispielsweise an die hohe 
prognostische Bedeutung einer Hauthämorrhagie bei der Diphtheritis. 
— Im übrigen sind das so alltägliche Dinge, dass ich da füglich 
von jeder weiteren Anführung von Beispielen absehen kann. 

Von Interesse ist es festzustellen, ob im Einzelfalle die be¬ 
treffende Hautefflorescenz durch die Bacillen selbst oder lediglich 
durch deren Stoffwechselproducte ausgelöst ist. Beide Entstehungs¬ 
weisen sind möglich. Bewiesen ist die lokale Thätigkeit der be¬ 
treffenden Erreger als Ursache der Hautanomalie, wie es scheint, 
für die Roseola typhosa und für einige accidentelle Hauterschei¬ 
nungen. Ich erinnere da an die in ihren Schlussfolgerungen 
vielleicht anfechtbaren Untersuchungen von F. Klemperer über 
die Aetiologie des Herpes facialis, dieses häufigen Begleiters 
vieler Infectionskrankheiten. Früher, allerdings auf Grund absolut 
unbefriedigender Hypothesen, als neurotische Affection aufgefasst, 
stellt sich nach diesen Untersuchungen derselbe als Cocceninfection 
dar, als ein Symptom coccogener Leiden, wie der Pneumonie, der 
Cerebrospinalmeningitis. Damit würde auch gleichzeitig die Selten¬ 
heit des \ orkommens bei durch specifische Bacillen hervorgerufenen 
Infectionen, so bei Typhus abdominalis, bei Diphtherie, bei Basilar- 
memngitis erklärt sein. — Auch den Befund, den Finger bei 
einem im Geleite einer Diphtherie aufgetretenen Erythema exsu¬ 
dativum mit, Dermatitis hämorrhagica machte, möchte ich hier 
kurz erwähnen. Die Hautanomalieen waren rein coccogener Natur 
da man Coccen in.den Blutgefässen der veränderten Hautstellen 
land Es handelte sich also um metastatische, bacteritische Der- 
Coccen ^ U1 °^ socundär in den Diphtherieheerden angesiedelte 

Ganz anderer Natur 
Prodücten des Stoffwc 
zum Blute ausgelöst 
die Hautanomalieen bei der 
Umsetzung, der Arthritis un 


sind die durch Beimengung von 
)chsels des eigenen Organismus 
en Erscheinungen. Bekannt sind 
Urämie, dann bei der abnormen Eiweiss- 
d der abnormen Kohlenhydratumsetzung, 


dem Diabetes. Dem Diabetes als Urheber von Hautanomalieen 
sind wir schon in der ersten Gruppe begegnet. Dort handelte es 
sich aber um Veränderungen infolge der lokalen Einwirkung des 
zuckerhaltigen Harns, an dieser Stelle aber ist von denjenigen die 
Rede, die durch die constitutionelle Anomalie, die Ueberladung des 
Blutes mit Zucker, und die massenhafte Flüssigkeitsausscheidung 
ausgelöst worden. Die Haut wird spröde, faltig, juckt oft sehr 
lebhaft, zeigt eine verminderte Vitalität, eine Neigung zu Furun- 
culosis, Gangrän; die Schweisssecretion ist vermindert, es sei denn, 
dass Tuberkelbacillen sich in dem ihnen sehr willkommenen dia¬ 
betischen Organismus niedergelassen hätten. Erinnert sei ferner 
an das in der englischen Litteratur besonders oft geschilderte 
Xanthoma diabeticum, von dem es allerdings sehr zweifelhaft ist, 
ob es die Bezeichnung „Xanthom“ verdient. — Ein Stoffwechsel- 
product, welches, in’s Blut gelangt, die hervorstechendsten Er¬ 
scheinungen auf der Körperoberfläche macht, ist bekanntlich der 
Gallenfarbstoff. Es würde natürlich zu weit führen, wollte ich auf 
die Pathologie des Icterus und seine Folgen für die Haut näher 
eingehen. 

Von grosser Bedeutung sind dann ferner für die Entstehung 
von Hautveränderungen in’s Blut gelangte Producte der Ver- 
dauungsprocesse, wie jüngst Singer es wiederum dargethan. Es 
ist das ein ziemlich brach liegendes Feld, bei dessen Bearbeitung 
die Internen und Dermatologen gemeinsam Vorgehen müssten. 
Genaue Harnanalysen, Untersuchung der Darmexcretionen sollten 
in allen den vielen Fällen von Erythemen, Urticaria, Pemphigus, 
deren Aetiologie uns dunkel ist, ausgeführt werden. Für die 
Therapie dürften wir daraus auch manchen Vortheil erwarten. 

Wenn ich an dieser Stelle die Erwähnung des Myxödems 
einschalte, so wird man das vielleicht nicht billigen; es ist ja 
doch bei diesem Leiden das Blut nicht überreich an einem be¬ 
stimmten Stoff, sondern ermangelt im Gegentheil, wie wir aus 
pathologischen Untersuchungen und ex juvantibus wissen, des für 
die normale Beschaffenheit von Haut und Psyche nothwendigen 
Schilddrtisensecretes. Es bleibt dabei aber doch zu erwägen, ob 
dieser Mangel direkt schädigend wirkt, oder indirekt. Es ist ja 
doch denkbar, und meines Dafürhaltens sogar nicht unwahrschein¬ 
lich, dass das Secret der Schilddrüse den Zweck hat, andere im 
Blut enthaltene toxische Stoffe unschädlich zu machen. Fehlt das¬ 
selbe,- dann sammeln sich die letzteren im Uebermaasse im Blut 
an und entfalten ihre schädigende Thätigkeit. 

Als weitere Abtheilung in dieser Hauptgruppe ist dann an¬ 
zuführen die Metastasirung der Tumoren auf dem Wege 
der Blutbahn oder Lymphbahn, sobald Zellbestandtheile der¬ 
selben, vielleicht auch, ihre mikrobiäre Entstehung als bewiesen 
angenommen, die Erreger derselben in dieselben gelangen. Die 
Hautmetastasen sind ja durchaus häufige Folgen maligner Ge¬ 
schwülste in inneren Organen, häufiger allerdings ist es umge¬ 
kehrt, bilden maligne Geschwülste der Haut das Primäre. 

Endlich gehören hierher alle Exantheme, welche, meistens 
als ebenso unerwartete wie unwillkommene Nebenwirkungen nach 
Resorption bestimmter, individuell verschiedener Arznei- und Gift¬ 
stoffe auftreten und nur zu leicht zu diagnostischen Irrthümern 
führen; man bezeichnet sie am passendsten als Toxidermieen. 

Meine Herren, ich sagte im Beginne meines Vortrages, dass 
ich die kleine Skizze, die ich von dem überaus grossen Gebiete 
bei der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur ent¬ 
werfen konnte, als Kundgebung zu gunsten eines festen Zusammen¬ 
hanges der internen und dermatologischen Diseiplinen aufgefasst 
wissen wollte. Eine Kundgebung, die den Dermatologen ermahnen 
soll, stets des ganzen Menschen eingedenk zu sein, bei Haut- 
aflectionen auf interne Störungen zu fahnden, die Dermatologie 
nicht nur um ihrer selbst wegen zu lernen und zu lehren; — 
aber auch eine Kundgebung, die den internen Mediciner darauf 
hinweisen soll, dass in dem Studium der Hautanomalieen auch für 
ihn ein Fond lehrreichen Wissens zu suchen ist. Hat der Der- 
matologo von der internen Mediein Aufklärung in ätiologischer 
Beziehung zu erwarten, so findet die interne Mediein in der makro¬ 
skopischen Beobachtung der Haut vornehmlich diagnostische An¬ 
haltspunkte. In beiden Fällen wird das Endziel mediciniscken 
Forschens, die richtige Therapie, nicht ohne Förderung bleiben. 

Die Sicherheit des Fundamentes, auf dem sich die mediebu- 
sche Wissenschaft aufbaut, wird durch nichts mehr gewähr¬ 
leistet, als durch die Zunahme und stets fortschreitende Ver¬ 
vollkommnung der diagnostischen Untersuchungsmethoden. Physik, 
Chemie, Mathematik, sie werden herangezogen und bringen grossen 
Nutzen. Jeder wissenschaftlich denkende Arzt wird das mit 
Freude und Stolz begrüssen. Aber deshalb wollen wir doch 
nicht vergessen, dass auf manchen Gebieten der praktischen Me- 
dicin die Alten schon Grosses geleistet mit den einfachen Unter¬ 
suchungsmethoden, welche die Natur in ihrer Weisheit dem Men- 


27 .Sepfen 
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


763 


27. September. 


sehen mitgegeben. Lassen Sie uns deshalb auch diese nicht ver¬ 
nachlässigen und vor allem auch die einfache Adspection schulen, 
denn auch makroskopisch zu sehen, makroskopisch Gesehenes 
richtig zu deuten und zu schildern muss geschult werden. Was 
in der Pädagogik der Anschauungsunterricht, das ist in der prak¬ 
tischen Medicin das Studium der Hautveränderungen. Sehen wir 
selbst ab von dem grossen Nutzen, den Hautleiden uns auch da¬ 
durch bieten, dass sie mikroskopischen Studien viel leichter zu¬ 
gänglich gemacht werden können, so bleibt die Dermatologie doch 
eine fruchtbare Vorschule für den internen Medieiner, die nicht 
gering geachtet werden darf. Sorgen Sie dafür, dass die 
Dermatologie studirt, oder was Vorbedingung dafür 
zu sein scheint, dass überall in der Dermatologie ge¬ 
prüft wird, und Sie schärfen den ärztlichen Blick, 
Sie schulen das für jeden Arzt so wichtige makroskopi¬ 
sche Sehen. 

VIII. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Hofrath 
Albert in Wien. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Bemerkungen zu dem Auftatze von Dr. K. Müller in No. 24 
und 25 dieser Wochenschrift. 

Von Dr. Julius Schnitzler, Assistenten der Klinik. 

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die von 
Müller in seinem interessanten Aufsatze bezüglich der Therapie der 
Pustula maligna ausgesprochenen Ansichten, also auf den in No. 24 
und 25 dieser Wochenschrift publicirten Abschnitt seiner Arbeit. 

Müller verlangt absolut conservatives Verhalten gegen die 
Pustel, Ruhigstellung und Hochlagerung des erkrankten Gliedes, 
Bedeckung des lokalen Krankheitsheerdes mit grauer Salbe, robo- 
rirende Diät, vor allem Darreichung von Alkohol. Bei der Em¬ 
pfehlung dieser nicht operativen Therapie stützt sich Müller auf 
theoretische Raisonnements und auf die Thatsache, dass unter 
dieser Behandlung alle seit 1890 an der Hallenser chirurgischen 
Klinik behandelten Fälle von äusserem Milzbrand zur Heilung ge¬ 
langt sind. 

Könnte man in einem einzigen Falle nachweisen, dass ein 
durch Pustula maligna bedrohtes Menschenleben durch die Ent¬ 
fernung des primären Krankheitsheerdes gerettet wurde, das ohne 
diesen Eingriff verloren gewesen wäre, so wäre das therapeutische 
Princip Müller’s gerichtet. Begreiflicher Weise lässt sich aber 
ein solcher Beweis immer nur bis zu einem gewissen Grade von 
Wahrscheinlichkeit erbringen. Ein Fall, der den günstigen Ein¬ 
fluss der Exstirpation eines Milzbrandheerdes zu beweisen scheint, 
ist der auch von Müller citirte Fall Kurl off’s 1 ). 

In diesem Falle handelte es sich um eine Infection am Daumen 
der linken Hand. Trotz Exstirpation der Pustel hielten die 
schweren Erscheinungen an, resp. steigerten sich noch. Erst nach 
der Exstirpation der geschwollenen Achseldrüsen trat sofortiger 
Abfall der Krankheitserscheinungen ein. — Ehe ich auf die aus 
diesem Falle sich ergebenden Schlussfolgerungen eingehe, will ich 
einen Fall erwähnen, den ich vor einem Jahre publicirt 2 ) habe, 
der jedoch Müller unbekannt geblieben zu sein scheint. 

Am 28. März 1893 exstirpirte ich bei einer 28 Jahre alten Bürsten¬ 
bindersgattin eine Milzbrandpustel am linken Vorderarm. Die Temperatur 
war 39,9. In der Achselhöhle waren einzelne geschwellte Lymphdrüsen 
nachweisbar. Am folgenden Tage war das Allgemeinbefinden ein unver¬ 
ändert schlechtes, Temperatur 39,7, die Schwellung der Lymphdrüsen 
hatte zugenommen. Ich exstirpirte dieselben, resp. machte die typische 
Ausräumung der Achselhöhle. Aus den exstirpirten Drüsen Hessen sich 
— wie aus der Pustel — vollvirulente Milzbrandbacillen züchten. Nach 
der Ausräumung der Achselhöhle fiel das Fieber rapid ab, die Temperatur 
war nach 12 Stunden auf 37° gesunken und blieb, wie das Allgemein¬ 
befinden, von nun ab normal. 

Kurloff’s Fall und der von mir beobachtete weisen manche 
gemeinsame Züge auf, und es fragt sich, ob sie im Sinne Müller’s 
sprechen oder einer gegentheiligen Ansicht zur Stütze dienen 
können. Zunächst erwies sich in beiden Fällen die Exstirpation 
des Primäraffeetes — der Pustel — wirkungslos. Das kann uns 
nicht überraschen, wenn wir die Versuche von Nissen 3 ) berück¬ 
sichtigen, aus denen hervorgeht, dass die Infection der regionären 
Lymphdrüsen bei Versuchsthieren enorm rasch erfolgt. Es ist da¬ 
her sehr unwahrscheinlich, dass der Arzt jemals eine Anthrax- 
pustel in Behandlung nimmt, ehe zu mindest einzelne Keime in 
die nächstgelegenen Lymphdrüsen eingewandert sind. Da nun ein 
grosser Theil der Milzbrandpusteln beim Menschen theils nach Ex¬ 
stirpation der Pustel, theils ohne derartigen Eingriff ausheilt, so 


! ) Deut. Arch. f. klin. Medicin 44. 

2 ) Internat, klin. Rundschau 1893, No. 21. 

3) Deutsche med. Wochenschr. 1891, No. 53, 


folgt hieraus, dass die in die nächstgelegenen Drüsen eingewan¬ 
derten Milzbrandkeime den Tod des Menschen nicht unbedingt nach 
sich ziehen müssen. 

Daneben bleiben Fälle von äusserem Milzbrand in genügender 
Zahl übrig, die zum letalen Ausgang führten. Durch welche Be¬ 
handlungsmethode kaun nun die Zahl der letztgenannten Fälle am 
meisten reducirt werden? Nach der Ansicht mancher Autoren, 
durch eine exspeetative, resp. nicht operative Therapie, wie eben 
auch Müller sie empfiehlt, Diese Autoren halten die Exstir¬ 
pation der Pustel nicht nur für nutzlos, sondern sogar eventuell 
für gefährlich, da bei dem operativen Acte Milzbrandkeimo direkt 
in die eröffneten Blutbahnen gelangen könnten. Ganz abgesehen 
davon, dass man ja die Entfernung der Pustel mit dem Paquelin 
ausführen und damit die erwähnto Gefahr bestimmt vermeiden 
könnte, halte ich diese auch gar nicht für so gross, weil man ja 
nicht durch die mit Bacillen erfüllte Pustel, sondern durch die 
bacillenärmere Umgebung derselben das Messer führt und weil 
überhaupt eine blutende Fläche nicht so leicht inficirbar ist. Es 
dürfte wohl auch kaum einen Fall geben, der für eine durch die 
Excision der Pustel vermittelte Allgemeininfection sprechen könnte. 

Die Vertreter der conservativen Therapie finden es nur notli- 
wendig, den infieirten Organismus zu kräftigen und der Propagation 
der Bacillen durch Ruhigstellung des erkrankten Gliedes entgegen¬ 
zuwirken. Und doch kann man aus der Statistik einen ungünstigen 
Einfluss der Bewegung des erkrajikten Körpertheiles auf das 
Allgemeinbefinden des Erkrankten gar nicht erhärten. Nach 
der von Müller wie von Kurloff citirten Statistik von 
Nasarow hat gerade der Extremitätenmilzbrand die beste, 
der an Kopf, Gesicht, Hals und Rumpf eingeimpfte Milzbrand die 
schlimmste Prognose. Auch ich habe einen Fall von Milzbraud- 
carbunkel der Wange letal ablaufen gesehen, nachdem noch 
30 Stunden ante mortem die Tracheotomie durch Glottisödem noth- 
wendig geworden war. Hingegen habe ich zwei Fälle von Pustula 
maligna am Arme — mit Excision behandelt — günstig ablaufen 
gesehen, trotzdem es sich beide mal um Männer handelte, die bis 
zu ihrem Eintritt in die Klinik sehr kräftig gearbeitet hatten. 
Wenn es auch feststeht, dass Muskelarbeit den Lymphstrom be¬ 
schleunigt und daher der Propagation von Mikroorganismen Vor¬ 
schub leisten kann, so darf man doch die Bedeutung dieses 
Momentes für die Verallgemeinerung des Milzbrandes nicht über¬ 
schätzen. Es spricht nämlich trotz Müller’s gegensätzlicher 
Ansicht manches dafür, dass die eingedrungenen Keime in den 
regionären Lymphdrüsen eine Barriere finden, die nicht einfach 
passirt werden kann. Besonders Colin 1 ) hat betont, dass zwischen 
der lokalen Infection, der Drüseninfection und der Allgemein¬ 
infection beim Menschen stets eine Zeit des Stillstandes be¬ 
stehe. Dies scheint uns auch durch die klinischen Erfahrungen 
bestätigt zu werden, erhärtet aber gleichzeitig die Behauptung, 
dass die Milzbrandkeime die Lymphdrüsen nicht unbehelligt passiren 
können. Der Fall Kurloff’s und der von mir mitgetheilte scheinen 
mir aber unzweifelhaft zu beweisen, dass zur Zeit der regionären 
Drüsenschwellung der ganze übrige Organismus noch frei von 
Milzbrandkeimen sein kann, denn sonst wäre der rasche Abfall 
der Temperatur, das sofortige Eintreten des völligen Wohlbefindens 
nach der Exstirpation unerklärlich. 

Möglicherweise hätten Kurloff und meine Patientin auch 
ohne Drüsenexstirpation die Infection überstanden; wahrscheinlich 
ist mir dieser günstige Ausgang zumindest für meine Patientin 
nicht. Ich würde daher in einem analogen Fall nicht einen Augen¬ 
blick zögern, die Drüsenexstirpation auszuführen. 

Nicht weniger entschieden muss ich mich aber im allgemeinen 
für die Exstirpation der Pustel aussprechen, und zur Begründung 
dieser meiner Ansicht kann ich mich auf die durch Müller’s 
Untersuchungen festgestellte toxische Natur der Milzbranderkran¬ 
kung stützen. Wenn beim menschlichen Milzbrand in der Regel 
eine grenzenlose Vermehrung der Keime stattfinden würde, dann 
wäre allerdings eine Entfernung des Lokaleffectes sinnlos, weil die 
schon vorher in die Lymphwege aufgenommenen Keime durch ihre 
rasche Vermehrung den Effect dieser Therapie illusorisch machen 
würden. 

Doch verhält sich glücklicherweise die Sache ganz anders. 
Kurloff und ich konnten in den exstirpirten Drüsen nur wenige 
Milzbrandbacillen nachweisen. Hingegen finden sich in den Pusteln 
zumeist sehr zahlreiche Bacillen. Wenn dieselben auch nach einer 
gewissen Zeit absterben, so kann und wird doch bis zu diesem 
Augenblick ein beständiger Nachschub von Bacillen in die regionären 
Lymphdrüsen erfolgen. 

Besonders betont wird von Müller die Ansammlung giftiger 
Substanzen in der Milzbrandpustel, deren Existenz er auch durch 
Thierversuche beweist. Müller gesteht nun einerseits die Schäd- 


*) Cit. nach Fischer’s allgem. Chirurgie. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


lichkeit dieser Toxine für den Körper zu, will sie aber anderer¬ 
seits als wichtige Heilfactoren aufgefasst wissen, da sie schädigend 
auf die Milzbrandbacillen wirken. Er betrachtet es daher als eine 
Hauptaufgabe der Therapie, die Verbreitung dieser Stoff- 
wechselproducte in den Körper so gut wie möglich zu 
hindern und ihre Ausscheidung zu befördern. Diesem 
Satze muss man unbedingt beistimmen. Doch glauben wir nicht, 
dass man den Rath Miiller’s genauer befolgen kann, als indem 
man die Pustel entfernt. So werden die Toxine und eine relativ 
beträchtliche Anzahl von Keimen am sichersten und raschesten 
entfernt. Auch wäre ja die Möglichkeit zu erwägen, dass durch 
die Aufnahme dieser Toxine in den Organismus die Disposition 
für die Allgemeininfection temporär gesteigert würde, ehe die 
bekannte immunisirende Wirkung eintritt, eine Annahme, für 
welche Analogieen bekanntlich vorliegen. 

Müller weist auf die guten Erfolge der von ihm wieder em¬ 
pfohlenen conservativen Therapie hin; er hat seit vier Jahren keinen 
Fall verloren. Von diesen Fällen wäre wohl auch mit Exstirpation 
der Pustel keiner gestorben. 

Man kann also dieser Therapie nur zugestehen, dass sie in 
einer Reihe von Fällen nicht geschadet hat. Dagegen giebt es 
eine genügende Zahl von Fällen, die unter Anwendung der con¬ 
servativen Therapie resp. bei Unterlassung jedes therapeutischen 
Versuches an äusserem Milzbrand gestorben sind und von denen 
man auf Grund der angedeuteten theoretischen Ueberlegungen — 
besonders mit Berücksichtigung der von Müller hervorgehobenen 
Bedeutung der Intoxication beim Milzbrand — annehmen kann, 
dass sie durch frühzeitige Entfernung der Pustel hätten viel¬ 
leicht gerettet werden können. Endlich zeigen die Fälle von 
Kurl off und mir, dass man nach erfolgloser Exstirpation 
der Pustel noch durch Exstirpation der inficirten Drüsen so¬ 
fortige Genesung erzielen kann. Gegenüber diesen Erwägungen 
hätte ich den Muth zu der von Müller empfohlenen, con¬ 
servativen Therapie nicht. Noch immer bleiben die Worte Kö¬ 
nigs 1 ) zu Recht bestehen: So oft sich auch Stimmen erheben 
für eine abwartende Behandlung, weil in der Tliat. manche Fälle 
spontan heilen, so unlogisch ist dies Verfahren doch gegenüber 
einer Infection, die nachsweisbar Stunden und Tage lang lokal bleibt, 
um sich erst dann in ganz unberechenbarem Grade dem Gesammt- 
orgarismus mitzutheilen. 


IX. Zur Casuistik der Parafflnembolieen bei 
intramuskulären Hydrargyruminjectionen. 

Bemerkung zu der Mittheilung des Herrn Dr. W. Harttung in 
No. 29 dieser Woohensohrift. 

Von Professor E. Lesser in Bern. 

Harttung fügt den von mir, Blaschko u. A. veröffentlichten Fällen 
von Lungenembolieen nach Einspritzungen unlöslicher Hg-Präparate zwei 
weitere derartige Beobachtungen hinzu. Es ist sicher nur dankenswerth, 
wenn derartige Fälle von unangenehmen Nebenwirkungen bei einer viel¬ 
gebrauchten Äpplicationsmethode eines Medieamentes der Oeffentlichkeit 
ubergeben und nicht, wie es wohl manchmal geschieht, verschwiegen 
werden, aber ich kann mich im übrigen doch mit Harttung nicht ganz 
einverstanden erklären. 

Einmal scheint es mir nicht ganz richtig zu sein, wenn Harttung 
meint, wir können bei intacten Lungen diese Gefahr mit Rücksicht auf 
die grosse Seltenheit des Zufalls ganz ruhig in den Kauf nehmen. Denn 
wenn auch in den bisher bekannt gewordenen Fällen ein übler Ausgang 
nicht vorgekommen ist, sondern nach kurzer Zeit, immerhin in einzelnen 
I ällen nach mehrtägigem Kranksein, völlige Heilung eingetreten ist, so 
ist damit natürlich nicht gesagt, dass nicht doch einmal ein solcher ein- 
treten könnte. Und neben dieser wirklichen Gefahr scheint mir auch die 
grosse Peinlichkeit der Situation, das unmittelbare Eintreten des Husten- 
paroxysmus nach der Injection, welches auch den Patienten sofort darüber 
autklärt, dass es sich um eine Folge der Injection handelt, es in hohem 
ürade wünschenswerth zu machen, oinon Weg, der diesen unangenehmen 
Zufall vermeiden lässt, zu finden. 

Dieser \\eg ist nun, wie ich auch im Gegensatz zu Harttung 
glaube, gefunden, wenn hei den Einspritzungen die Methode angewendet 
wmd, die ich soit einer Reihe von Jahren übe und die auch in den letzten 
A, iS8F n ™' in , es Lehrbuches angeführt ist. Ich halte, nachdem ich mit 
gefüllter Spritze m der üblichen Weise eingestochen habe, die Canüle 
fest und entferne die Spritze von der Canüle. Dann warte ich einige 
Augenbheko und nur, wenn kein Blut aus der Canüle hervor¬ 
sickert setze ich die Spritze wieder auf und mache die Injection. Seit¬ 
dem ich diese Methode anwende, habe ich keinen Fall von Lungen- 
em io ie molir geseheil, wohl aber ist es mir mehrere male vorgekommen, 
dass Blut aus der Canüle hervorquoll. Dann habe ich die Canüle ent- 
.V™ 1, au . eiaor ailder011 Stelle eingestochen und erst, nachdem ich mich 
f ! 11 " 1 '' da8s h »cr kein Blut kam, injicirt. Es kann keinem Zweifel 
nntci liegen, dass in diesen fällen eine Vene angestochen war und dass, 
enn nicht die oben angeführte Vorsichtsmaassregel angewendet wäre, 
die Injection m die Vene gelangt und höchst wahrscheinlich zur Ent- 

l ) Allgemeine Chirurgie. 


stehung einer Lungenembolie Veranlassung gegeben hätte So gl.iube ich, 
dass durch diese sehr einfache Methode jener unangenehme und auch 
nicht unbedenkliche Zufall mit Sicherheit vermieden werden kann. 

Uebrigens möchte ich noch bemerken, dass diose Methode keines¬ 
wegs neu ist, sondern auch früher schon bei subcutanen Injectionen an¬ 
derer Mittel empfohlen wurde, um der Gefahr des direkten Eindringens 
des Medieamentes in die Blutbahn aus dem Wege zu gehen. 


X. Feuilleton. 

Die allgemeine Poliklinik in Wien. 

Von Albert Eulenburg. 

Wenn man im Alserbezirk, von der an der Westseite des all¬ 
gemeinen Krankenhauses verlaufenden Spitalgaßse abbiegend, die 
Mariannengasse betritt, so steht man nach wenigen Schritten vor 
einem in dieser bescheidenen, ruhigen und verkehrlosen Seiten- 
strasse doppelt auffälligen, grossen, vierstöckigen Gebäude, das mit 
seiner reichgegliederten, in farbigem Majolikenschmuck prangen¬ 
den, mit Büsten und Namensinschriften, hervorragender Aerzte ge¬ 
zierten Fa^ade einen überaus stattlichen Eindruck hervorbringt, 
und das in grossen Goldlettern über dem Portal die Aufschrift 
zeigt: „Allgemeine Poliklinik“. 

Es ist die letzte, vor nicht langer Zeit (am 80. Deceinber 
1892) feierlich eröffnete, definitive Heimstätte dieses aus genügen 
Anfängen in kaum 23 Jahren zu so ungeahnter Bedeutung empor¬ 
gestiegenen, als Humanitäts- und Lehranstalt so segensreich wir¬ 
kenden und in seiner gesammten Organisation bisher unerreicht, 
ganz einzig dastehenden Institutes. 

Für den Arzt und zumal für den Verehrer der älteren Wiener 
Schule ist hier so zu sagen „classischer Boden“. An dieser Stelle 
hat ehedem Hebra gewohnt, und von seinen Erben ist das ge- 
sammte, sehr umfangreiche Terrain dem Verein Poliklinik über¬ 
lassen worden, der hier nach den Plänen eines hervorragenden 
Wiener Architekten, des Baurath Streit, den jetzigen — übri¬ 
gens noch in steter Fortführung und Erweiterung begriffenen — 
Bau aufgeführt hat. 

Durchschreiten wir das stattliche Eingangsportal — zu dem, 
zumal in den Vormittagsstunden, die Menge der Hülfesuchenden 
fluthet und drängt, um nach der im Vorraum angebrachten Ueber- 
sichtstafel und mit Hülfe des galonnirten Hausmeisters in die 
einzelnen Abtheilungen zerstreut zu werden —, so gelangen wir 
zunächst in das vornehm angelegte, weite und lichtvolle Vestibül, 
wo vier Marmortafeln in Goldschrift die Namen der hervorragen¬ 
den Beschützer und ^Förderer (unter ihnen nicht weniger als fünf 
Erzherzoge, und als Vertreter des „Protectors“ Erzherzog Rainer 
der Fürst Metternich), vor allem der freigebigen Donatoren der 
Anstalt verkündigen. Links vom Eingang finden wir die Kanzlei, 
rechts die vom Wiener Apothekerverband eingerichtete und muster¬ 
haft unterhaltene Apotheke, die zwei vom Verbände angestellte, in 
der Anstalt wohnende Pharmaceuten überreichlich beschäftigt. Die 
arzneilichen Verordnungen werden hier für die Ambulanz mit 30 
bis 50% Nachlass — für das poliklinische Spital ganz unentgelt¬ 
lich — gefertigt. — Im Erdgeschoss finden wir ferner links die Ordi¬ 
nationsräume und dazu gehörigen Nebenräume der Abtheilungen 
für Kinderkrankheiten (Monti und Frühwald) — rechts die der 
chirurgischen Abtheilungen (Hacker, Hochenegg, Neudörfer): 
der chirurgisch-orthopädischen Abtheilung von Hochenegg ißt im 
Souterrain noch ein grösserer, für Zwecke der Gymnastik und 
Massage besonders hergerichteter Raum zur Benutzung überwiesen. 
Im übrigen umfasst jede dieser Abtheilungen, ausser einem Vor¬ 
raum und grösserem Warteraum, je einen dreifenstrigen Hörsaal 
und zwei kleinere Zimmer, die in der Abtheilung für Kinderkrank¬ 
heiten zu Ordinationszwecken, in der chirurgischen Abtheilung zu 
Operations- und Verbandräumen u. dgl. bestimmt sind. 

Aehnlich in Umfang und Ausstattung sind auch die in den 
beiden nächsthöheren Stockwerken befindlichen Abtheilungen jni 
innere Krankheiten (Stoffella, Winternitz, v. Basch), tiiv 
Nervenkrankheiten (Benedikt), Magenkrankheiten (Oper), dm 
otiatrischen (Urbantschit.sch) und laryngologischen (Chiari), die 
Abtheilungen für Augenkrankheiten (L. Mauthner, v. Reuss), 
Frauenkrankheiten (Lott), für Hautkrankheiten (Hebra), Krank¬ 
heiten der Urogenitalorgane (v. Frisch, Grünfeld) beschaffen. 
Im obersten Stockwerk endlich befindet sich das vortrefflich ein¬ 
gerichtete, unter Leitung von Prof. Julius Mauthner stehende 
chemische und das bactoriologische Laboratorium; ausserdem 
sind in diesem Stock die Direktionszimmer, der grosse vierfenstnge 
Sitzungsaal (für das Plenum der Abtheilungsvorstände), nebst der 
Bibliothek lind ein Theil der erforderlichen Bureaulokalitäfcen unter¬ 
gebracht worden. 

Im Souterrain befindet sich, neben dem schon erwähnten oi- 
thopädisehen Saale, u. a. ein gut ausgestattetes Inhalatorium, 
ausserdem Dienstwohnungen. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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27. Sept ember . 

Das ganze Gebäude ist in allen seinen Theilen durch Luft¬ 
schläuche und durch die grossen, bis zur Decke reichenden Fen¬ 
ster vortrefflich ventilirt, besitzt Centralheizung und elektrische 
Beleuchtung; in den Laboratorien ist daneben Gasleitung vor¬ 
handen. 

Diesem, in sich ein Ganzes bildenden, eigentlichen Poliklinik¬ 
gebäude, dem „Ambulatorium“, schliesst sich nun der noch in 
der A r ollendung begriffene Spitalsbau an, der sich weit in den 
Garten des ehemaligen Hebra’schen Besitzthums hinein erstrecken 
wird und durch einen breiten gedeckten Gang mit dem Ambu¬ 
latorium in Verbindung steht. Dieser Spitalsbau ist in dem Um¬ 
fange geplant, dass den sämmtlichen (18) Abtheilungen der Poli¬ 
klinik durchschnittlich je 20 Betten, im ganzen also etwa 360 
Betten zur Verfügung stehen sollen. Bereits vorhanden sind gegen¬ 
wärtig ausser dem gleich zu erwähnenden Wintern Hz’sehen 
Pavillon (mit 22 Betten), eine chirurgische Abtheilung mit 
28 und eine Kinderabtheilung mit 38 Betten, und es ist nach 
den bisherigen Erfolgen und bei dem bisherigen Tempo des Fort¬ 
schrei tens kaum zu bezweifeln, dass es dem jetzigen verdienst¬ 
vollen und unermüdlichen Leiter der Poliklinik, Prof. Monti, in nicht 
allzuferner Zeit gelingen wird, auch die Spitalspläne in ihrem 
vollen Umfange zu verwirklichen. In allerjüngster Zeit erst hat 
sein nie rastender Schaffensdrang in der Anlegung eines am Endo 
des grossen poliklinischen Gartens befindlichen Leichenhauses (an 
dem der Proseetoradjunct des Allgemeinen Krankenhauses, Pro¬ 
fessor Kolisko, als Prosector wirkt), sowio eines „Waschhauses“ mit 
Wäscherei und Desinfeetionsapparaten, woitere Nahrung gefunden. 
— Es sei dabei bemerkt, dass alle diese, zum Theil recht kost¬ 
spieligen Einrichtungen selbstverständlich nicht ohne die dem 
Unternehmen ganz besonders zugewandte Gunst der „oberen Zehn¬ 
tausend“, ohne die ihm fortdauernd zufliessenden sehr bedeutenden 
Spendungen möglich gewesen wären. Um nur ein Beispiel anzu¬ 
führen, so beruht die jetzige provisorische Spitaleinrichtung wesent¬ 
lich auf einer Schenkung der Gebrüder Gutmann im Betrage von 
155 000 fl., die zur Errichtung eines Kinderpavillons der Poliklinik 
gemacht wurde. 

Der vorerwähnte „Pavillon Winternitz“ ist ganz und gar 
eine (mit einem Kostenaufwande von mehl’ als 30 000 fl. gemachte) 
Stiftung seines Namengebers, des berühmten Schöpfers der mo¬ 
dernen wissenschaftlichen Hydrotherapie, der in diesem Pavillon 
seinen langgehegten Lieblingswunseh, die Hydrotherapie auch zum 
Gegenstände theoretischen und praktischen akademischen Unter¬ 
richts machen zu können, endlich erfüllt sehen durfte. Die hy- 
driatische Abtheilung dieses Pavillons, die in eine Männer- und 
Frauenabtheilung geschieden und in beiden mit musterhaften Bädern, 
Douchevorrichtungen u. s. w. ausgestattet ist, besitzt in ihrer 
Mitte eine hochgelegene Estrade, von der aus die Zuhörer (oder 
Zuschauer) die in beiden Abtheilungen vorgenommenen Proceduren 
bequem übersehen kann und somit in die dem Klinicisten sonst stets 
verborgenen Geheimnisse der Hydrotherapie gründlich eingeweiht 
wird. Der Pavillon verfügt ausserdem über Säle mit 22 Betten, 
die von dem grossmüthigen Gründer nur zur Zeit der Unterrichts- 
curse zum überwiegenden Theilo belegt, im übrigen aber den internen 
Abtheilungen der Poliklinik zur Verfügung gestellt werden. — 
Den Dienst hier, wie in den übrigen Spitalabtheilungen versehen 
Schwestern, deren Zal\l augenblicklich neun beträgt. Die Ver¬ 
pflegungsgeb ühr im Spital ist nach unseren Begriffen sehr gering 
bemessen (nur 1 fl. täglich); dabei ist die gereichte Kost — wo¬ 
von ich mich bei wiederholten Besuchen überzeugte — ganz 
vortrefflich, und es werden bei diesem gelingen Verpflegungssätze 
noch erhebliche Ueberschiisse erzielt, da die Selbstkosten sich 
gegenwärtig nur auf 85—90 Kreuzer für Tag und Kopf belaufen: 
sicher ein glänzender Beweis für die ein- und umsichtige Ver¬ 
waltung des Institutes, an dessen Spitze (nach Schnitzlers 1893 
erfolgtem Tode) als Direetor jetzt Monti, als Directorstellvertreter 
v. Reuss und L. Mauthner gestellt sind. 

Eine Geschichte der Poliklinik, die leider noch nicht 
existirt, wäre ebenso lehrreich wie erfreulich; erfreulich besonders, 
weil sie von einem steten, ununterbrochenen Aufschwung zu be¬ 
richten haben würde, wie ihn innerhalb des gleichen Zeitraumes 
und am gleichen Orte kaum irgend ein medicinisches Lehrinstitut 
darbot, und weil sich dieser Aufschwung vollzog trotz immenser 
entgegenstehender Hindernisse und Schwierigkeiten, bei einem aus 
rein privater Initiative und mit privaten Mitteln geschaffenen In¬ 
stitute, das anfangs ohne jede Begünstigung und Förderung von 
oben her mit dem Widerwillen der Facultät, zum Theil auch der 
Aerzteschaft, und überdies mit der Ungunst der damaligen Wiener 
Verhältnisse (man denke nur an den Krach von 1873!) hart zu 
kämpfen gehabt hat. ior7i 

Der Gedanke der Polikinik wurde gegen Ende des Jahres 1871 
von einer Anzahl strebsamer jüngerer Docenten gefasst, denen es 
damals trotz vielfacher Bemühungen bei der Facultät auf keine 


Weise gelingen wollte, in den Besitz von Hörsälen und einem für 
Vorlesungszwecke geeigneten Krankenmaterial zu kommen. Man 
muss dabei die eigenartigen Wiener Facultätsbestiramungen im Auge 
haben, die von jedem, der als Privatdoccnt zugelassen sein will, 
den Nachweis von ihm zur Verfügung stehenden Vorlesungslokali¬ 
täten und Krankenmaterial erheischen und wiederholt dio Streichung 
selbst tüchtiger Docenten wegen Nichterfüllung dieser Forderungen 
möglich gemacht haben. Dio ersten Gründer der Poliklinik, fast 
sämmtlich schon damals angesehene oder seitdem zu Ansehon ge¬ 
langte Specialisten, waren Auspitz, Fleischmann, Hock, Neu¬ 
dörfer, Oser,Reuss, Karl Rokitansky, Rollet, Schnitzler, 
Schwanda, Ultzniann und Winternitz — denen sich sehr bald 
darauf Monti und Urbantschitsch zugesellten. Ich selbst hatte 
Gelegenheit, die Poliklinik ungefähr ein Jahr nach ihrer Begründung, 
im Herbst 1872, in ihrer ältesten Heimstätte — einem Hause der 
Wipplingerstrasse — kennen zu lernen, und der empfangene Ein¬ 
druck war schon damals so mächtig, dass er mich bestimmte, 
im Verein mit einigen Freunden, mit Paul Guttmann, Tobold 
und einigen anderen in Berlin eine ähnlich geplante, wenn 
auch zunächst in bescheidenerem Umfange durchgeführte Ein¬ 
richtung ins Leben zu rufen. Es ist aus Gründen persönlicher und 
sachlicher Art (dio ich zum Theil in dem von mir verfassten 
Lebensbilde Paul Guttmann’s angedeutot habe) nichts Rechtes 
daraus geworden; die „Berliner allgemeine Poliklinik“ in der 
Taubenstrasse 10 ist nur ein dürftiger Torso des damals Geplanten, 
und os berührt doppelt wehmüthig, dass sie so traurig stehen ge¬ 
blieben ist, während ihre vorbildliche Wiener Collegin, dem sonstigen 
Verhältnisse der beiden Capitalen keineswegs entsprechend, zu so 
glanzvoller Höhe emporstieg. — Doch dies nur nebenher. Die Be¬ 
deutung der Wiener Poliklinik wurzelte in ihrem von Anfang an 
sehr geschickt entworfenen Statut, das seinen Mitgliedern die 
strengeren und bindenden Formen eines Vereins (des „Vereins 
allgemeine Poliklinik in Wien“) auferlegte und das als 
„ordentliche Mitglieder“ nur die jedesmaligen Abtheilungs¬ 
vorstände der Poliklinik, die, um wählbar zu sein, dem Lehrkörper 
der Universität angehören mussten, anerkannte — dagegen aber in 
der Form von aussorordentlichen Mitgliedern das Laien- 
element als Stifter, unterstützende Mitglieder, Wohlthäter, 
Ehrenmitglieder in weitestem Umfange zur Betheiligung heran¬ 
zog. Nach dem von der niederösterreichischen Statthalterschaft 
genehmigten, später in zweckmässiger Weise ergänzten und er¬ 
weiterten Statut wurde von Anfang an neben der unentgeltlichen 
Behandlung unbemittelter Kranker die Ertheilung von Unter¬ 
richt in der praktischen Heilkunde mit scharfer Betonung in 
den Vordergrund gestellt. In der That ist die Poliklinik ein medi¬ 
cinisches Lehr- und Unterrichtsinstitut allerersten Ranges geworden 
und bis zum heutigen Tage geblieben; ein Institut, das gerade wegen 
der eminent praktischen Art des Unterrichtsbetriebs und wegen 
der reichen Gelegenheit zu allseitiger specialistischer Ausbildung die 
willkommenste Ergänzung zu den anderweitigen inedicinischen Lehr¬ 
anstalten, namentlich zu den Kliniken des benachbarten allgemeinen 
Krankenhauses darbietet. Der alte Gegensatz zwischen der Facul¬ 
tät und der als eine Art von Neben- oder Sonderfacultät betrach¬ 
teten Poliklinik scheint denn auch längst geschwunden zu sein, 
und wenn auch nicht gerade leidenschaftlicher Zuneigung, so doch 
einem besseren gegenseitigen Verständnisse und den Gefühlen wohl¬ 
wollender Achtung und Duldung Platz gemacht zu haben. Die 
Facultät übt ein Aufsichtsrecht über die Poliklinik, das schon dar¬ 
aus entspringt, dass eben jeder Abtheilungsvorstand als solcher 
dem Lehrkörper der Universität angehören muss und dass er 
den oben erwähnten Bestimmungen zufolge — von der Facultät 
die ausdrückliche Genehmigung erhalten muss, in der Poliklinik 
und mit deren Krankenmaterial Unterricht halten zu dürfen 
_ eine Erlaubniss, die übrigens bis in die letzte Zeit hinein nie¬ 
mals versagt wurde. Es sei übrigens noch bemerkt, dass dio 
Wahl der Abtheilungsvorstände beim Freiwerden einer 
Stelle auf Comit4Vorschlag im Plenum der ordentlichen Mitglieder, 
mit Zweidrittel-Majorität stattfindet — während die poliklini¬ 
schen Assistenzärzte auf Vorschlag der betreffenden Ab¬ 
theilungsvorstände ebenfalls vom Plenum in der Regel auf zwei 
Jahre (mit dem Rechte der Prolongirung) ernannt werden. Das 
Spital allein hat gegenwärtig drei Assistenten, die ausser fieiei 
Wohnung mit 50 fl. monatlich remunerirt werden. Eine bedeutende 
Veränderung in den Assistenz Verhältnissen dürfte sich vermuthlich 
vollziehen, wenn der dem Vernehmen nach gegenwärtig auch im 
österreichischen Unterrichtsministerium erwogene Plan, den Aerzten 
nach absolvirtem Studium noch ein Jahr praktischen Krankennaus- 
dienst aufzuerlegen, unter Einbeziehung der Poliklinik zur aus- 

fttlmmg^gdangte. längeren, aber für ein Institut von so 

ungewöhnlicher Bedeutung kaum zu langen Aufsatzes "'"?™ uoc i 
ein paar Zahlen stehen, die .für sich selbst sprechen. Im eisten 


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... _ Üri g i r a I fre ___ 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




7 66 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


Betriebsjahro der Poliklinik (1872) wurden 7 607 männliche, 4 855 
weibliche, zusammen 11 962 Kranke; im letzten Jahre (1898) 
28 654 männliche und 22 986 weibliche, zusammen 51 640 Kranke 
ambulatorisch behandelt. 

Im ganzen ist die Poliklinik seit ihrer Gründung von 706 659 
Kranken besucht worden. Die Abtheilungen für innere Krank¬ 
heiten zählten im verflossenen Jahre 12 838 — die für Kinder¬ 
krankheiten 10 005 — für Laryngologie 4 672 — für Otiatrie 
2 220 — für Augenkrankheiten 6 603 — die chirurgischen Ab¬ 
theilungen 8 211 — die Abtheilung für Gynäkologie 1 290 — 
für Krankheiten der Harnorgane 1 005 — für Hautkrankheiten und 
Syphilis 3 431 — für Krankheiten der Harnorgane und Syphilis 
1 365 ambulante Kranke. Die Spitalabtheilung hatte 759 Kranke 
(301 Kinder, 458 Erwachsene) mit zusammen 12 445 Verpflegungs¬ 
tagen; die Anzahl der im Spital vorgenommenen Operationen be¬ 
trug 322. 

In der nächsten Woche wird in Wien die 66. Versammlung 
deutscher Naturforscher und Aerzte stattfinden, und es steht in 
dem Einladungsprogranim auch die Aufforderung zu einem Besuche 
der allgemeinen Poliklinik, der für den 26. September in Aussicht 
genommen ist. Möge davon recht reichlicher Gebrauch gemacht 
werden! — und möge dabei vielleicht in diesem und jenem Col- 
legen auch der Gedanke erwachen, dass es zw r ar spät, aber doch 
noch nicht zu spät und bei einmüthigem energischem Wollen nicht 
aussichtslos sei, auch für die deutsche Reichshauptstadt die Nach¬ 
schöpfung eines Instituts anzustreben, dessen musterhafte Durch¬ 
führung wir bei unseren österreichischen Stammesbrüdern mit neid¬ 
loser Anerkennung bewundern. 


XI. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Stand der Cholera. 

Deutsches Reich. Noch immer werden aus dom östlichen Theilc 
J reussens, wenn auch nicht sehr zahlreiche Cholerafälle und anscheinend 
mit absteigender Tendenz der Erkrankungshäufigkeit gemeldet. Es fallen 
aut Ostpreussen 6 Erkrankungen (1 Todesfall) auf die Woche vom 
?!• W'JJ? bls September, 5 (3) vom 3. bis 10. September, 11 (3) vom 
}/\, 18 jj- keptomber. In derselben Zeit betrugen die entsprechenden 
Zalden für das Weichsel gebiet 24 (11), 17(4), 13 (5); für das Netze- 
A a 1 1hegebiet 7(3), 3(3), 4(1). Im Odergebiet, und zwar auf einem 
\on Küstrin nach Stettin eingetroffenen Fuhrzeuge und in einem Orte des 
Areises Kömgsberg N -M. ereigneten sich in der Woche vom 27. August 
bis 3. September 2 (2), vom 3. bis 10. September 1 (1) Fall. In der 
Woche vom 3. bis 10. September wurde im Elbegebiet je 1 (1) 
11 ! v n J ° r tfau ^ und Charlottenburg, welche beide Schiffer, und vom 
•A i 7 ' September 1 (1) Fall in Tangermünde festgestellt, welcher 
" ® uhuo V arb0ltor betraf ; Emo etwas grössere Ausbreitung hat ein 
S'? 1 ! 7 l ( l b °r sc l les ; e f ge'vonnon Die Zahl der daselbst von Mitte 
1 J; Sc P^ rab er festgestellton Fälle betrug 45 (22), davon in 

Hjuthen? 8 ^ 1 ^® 11 v!f S 42 (20) ’ in Königshütte (Kreis 

neu tuen) 3 (_,). Vom 8. bis 14. September wurden aus zwölf Orten des 

Kreise 8 S k)Wlt f? 50 i 19) FiÜl A £ omeldet: ferner aus J 0 e]ne m Orte der 
Kreiso Zabrze, Rosenberg und Oppeln 1 (1) und aus einem Orte des 

sirh^M ^i'oss-StreJiiitz^ 1 (0). In Breslau verstarb ein Hülfsbremser, der 
iw; Ö H S " a lu’schemlich in Oberschlesien inficirt hatte. In Bürgeln 
lrounz Hessen-Nassau, erkrankten in der Woche vom 27. August bis 
wekhp 1 w b ^ i 2 I l erso J ,en , an der Cholera, von denen 3 starben. Auf 
festet Ihm Wissen 10 w* ^"geschleppt worden ist, hat sich nicht 

Sf lassen. In der Woche vom 3. bis 10. September erkrankten 
(starb) an demselben Orte noch 4 (1) Personen, und in der folgenden 
Woche ereignete sich nur noch 1 Erkrankungsfall. Einige wahrscheinlich 

d!m draf BoriSSl?- T ^ ^ eder {“! d< » zurüekzuf Uhrende Fälle sind in 
i "ochen auch noch in den Rheinlandon vorgekommen 

(\ eröffenthehungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) ^ Komm0n - 
Desterreich-Ungarn. In Galizien betrug die Zahl der Er 
, in Y ocheü vom 27. August bis 2. Sep- 

^28) 042 U \ d 1( \ bls , 16 ' So P tember ^08 (739), 1117 

nähme der Z-ihl Hori- 1 i es , m ‘ lC ^ S / cb ^ so emo * wenn auch geringe Ab- 
den Beginn der bem0rkbcb - Eie Gosammtzahl der seit 

Bukowina 1 f Ep dem !? S cme ldoten lalle beträgt 7738 (3868). Für die 

bSHE-SKtt «a&s» 

.OMtem.ichis.hen Sanitfcsen“n,»S, n i 1 ’™«, X nach dem 

Tn Belgien ist die 7olil rm Cl i D F Cholerafalle aufgetreten. 

I)io Zahl der in d.rl'rovin' La Tn An8toi 8 en - 

betrug in den drei Wochen vom 12 lis 18^ JXX h- en <J 0< l eBlÄ110 
und 2« August bis 1. September 50 M b c „ S 9 o' A “S U8t 

-sr HF vö“ en 

Maastricht, in der Woche vom 4 bi, « , urs P rü nglichon Heerde, 

krankungen (TodcstiUic) vorgekommen. Im^brimn™ afdilTs ““a' 2 <2) E P 
lieh auch im westlichen Küstengebiet, immerhin e^tw & “ che ’ 

grosse Verbreitung gewonnen, w!nn auch» t n eÄn 0 X SÄ 


der Erkrankungen keine grosse ist. In Amsterdam betrug die Zahl der 
bis dahin festgestellten Erkrankungen am 1. September 51. 

In den befallenen russischen Provinzen erhält sich die Zahl der 
Cholerafälle immer noch auf beträchtlicher Höhe. A 


XII. Jaromir Mundy f. 

Ein Nachruf. 

„Wenn ein Nachruf nur Gemeinplätze enthalten soll oder mau 
bei dem Verfassen desselben mit der Wahrheit Verstecken spielt, 
etwa noch dabei das Rauchfass nur darum recht emsig schwingt, 
wie „der Chorknabenschwarm der Zeit“, damit die Leser besser 
sehen „in Dunst und Dunkelheit“, dann freilich ist dies eine leichte 
Aufgabe. — Farbe aber bekennen angesichts des Antlitzes eines 
eben Verstorbenen und dabei nicht feige zurückweichen vor den 
Lebenden, ob Gegnern oder Genossen, das ist eine harte und un¬ 
dankbare Arbeit, an die sich selten einer wagt.“ 

Mit diesen Worten leitete Dr. Jaromir Freiherr v. Mundy 
im Jahre 1885 einen Nachruf ein, den er seinem Freunde, dem be¬ 
rühmten Psychiater Ludwig Schlager widmete. Und wie wahr 
und richtig diese Worte sind, zeigt sich am besten, wenn man daran 
geht, gerade demjenigen einen Nachruf zu halten, der diese Worte 
gesprochen. 

Nicht gross ist wohl die Zahl der Menschen, die ein so mühe- 
und arbeitsvolles, thatenreiches Leben hinter sich haben, die sich 
mit ihrem ganzen Können und Wollen in so selbstloser, uneigen¬ 
nütziger Weise Zeit ihres Lebens nur dem Wohle der Menschheit 
widmeten und die trotz alledem stets so maasslosen, ungerechtfer¬ 
tigten Angriffen ausgesetzt gewesen waren, wie Jaromir Mundy. 

Vom Beginn seines gemeinnützigen Wirkens an — seiner 
Stellungnahme gegen die alte barbarische Behandlung der armen 
Geisteskranken — bis auf sein letztes unvergängliches Denkmal, 
die Wiener freiwillige Rettungsgesellschaft (sein „Schmerzenskind“, 
wie er es oft zu nennen pflegte) bildet sein edles, rastloses Streben 
einen fortwährenden Kampf mit menschlicher Geistesschwäche und 
Indolenz einerseits und der böswilligen Verkennung seiner humanen, 
selbstlosen Absichten andererseits. 

„Utopieen“, „idealistische Schwärmereien, die den realen Boden 
unter den Füssen verlieren“, waren die stereotypen Rufe, mit welchen 
seine vielen Gegner in blinder Verkennung die zielbewussten Pläne 
dieses opferwilligen Mannes beantworteten. 

Der Raum eines fachwissenschaftliehen Blattes für den Nach¬ 
ruf eines, wenn auch noch so grossen Mannes ist ein zu be¬ 
schränkter, um hier die ganze Leidens- und Lebensgeschichtc 
Mundy’s, alles was er anstrebte und was er Bleibendes geschaffen, 
des näheren anzuftihren. 

Wir wollen hier in Kürze sein Curriculum vitae entwerfen. 
Dr. Jaromir Freiherr v. Mundy wurde am 3. October 1822 
im Schlosse Eichhorn bei Brünn in Mähren geboren. Schon im 
Knabenalter zeigte Mundy einen unwiderstehlichen Drang zu dem 
Studium der Arzneikunde. Doch nach den Anschauungen und Ge¬ 
wohnheiten der damaligen automatischen Zeit versagte ihm sein 
Vater eine freie Standeswahl und zwang ihn, sich der Theologie 
zu widmen. 

Allein, J. Mundy — wie er sich stets bis zu seinem Tode, 
ohne jeden anderen Titelbeisatz zu nerfnen pflegte — verliess bald 
das Brunner Alumnat und wurde Soldat. — Als solcher brachte 
er es bis zum k. k. Hauptmann und machte die Feldzüge 1848 
und 1849 in Italien mit. — Hier mag er die unzulänglichen Zu¬ 
stände der damaligen Militärsanität beobachtet haben. — Er 
quittirte seine Charge, und der in einem Alter von 33 Jahren 
stehende Mann setzte sich auf die Schulbank in Wiirzburg (nach 
einer mehr als 12jährigen ausgezeichneten Dienstzeit im Kriego 
und im Frieden), wo er im Jahre 1857 zum Doctor der Medicin 
promovirt wurde. 

Treue Freundschaft verknüpfte ihn in späteren Jahren mit 
seinen damaligen Lehrern, es sind dies Virchow, der Anatom 
Kölliker, der Gynäkologe Scanzoni, der berühmte Kliniker 
Bamberger, der Chirurg Linhart etc. 

Nach seiner Promotion befasste sich Mundy vorzüglich mit 
dom Specialstudium der Irrenheilkunde. — Er vertrat die freio 
Irrenbehandlung oder das „coloniale System“ und erwarb sich als 
Vertreter und Pionier der Reform des Irrenwesens und der mo¬ 
dernen Irrengesetzgebung einen geachteten Namen. 

In den Jahren 1860—1867 sprach er in den meisten medi- 
cinischen Gesellschaften Europas (Brüssel, Paris, London, Berlin, 
Neapel, Lyon, Wien etc.) über das System der familiären Behand¬ 
lung auf Landgütern, ebenso auch über Irrengesetzgebung. 

Um dieses neue System der Irrenbehandlung recht anschau¬ 
lich darzustellen, erbaute Mundy zur Zeit der Weltausstellung 
in Paris (1867) mit grossen pecuniären und moralischen Opfern 
im Parke des Ausstellungspalastes ein eigenes Musterhaus. 


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Original fro-m 

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27. Se ptembe r. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


767 


Noch sind dem Schreiber dieser Zeilen einige Worte in Er¬ 
innerung, die Mundy in einem Vortrage im Jahre 1884 unter dem 
Titel „Beiträge zur Reform der Irrenpflege“ in Wien gehalten hat. 

Mit flammender Entrüstung donnerte er gegen „ein In¬ 
strument, welches eines der qualvollsten ist, das die menschliche 
Kunst erfunden hat und zur Ehre des Menschengeschlechtes in 
einem freien und gedankenreichen Lande durch die besten Irren¬ 
ärzte ihrer Zeit schon längst auf dem Scheiterhaufen verbrannt 
wurde, nämlich die Zwangsjacke.“ 

Die Litteratur Mundy’s über dieses Thema in französischer, 
englischer und deutscher Sprache ist sehr zahlreich. — Sein 
letztes Werk darüber ist eine Denkschrift über die Irrenfrage in 
Mähren im Jahre 1887. 

Wir sagten schon, dass Mundy als Soldat auf den Schlacht¬ 
feldern Gelegenheit hatte, die unzulänglichen Einrichtungen der 
Militärsanität zu beobachten. — Hier mag der Gedanke in ihm 
entstanden sein, wo so viel Elend besteht, da muss auch Hülfe 
sein. Darum finden wir ihn als Arzt überall, wo arme verwun¬ 
dete Krieger nach Trost und Hülfe lechzen, darum weiht er eine 
ganze Periode seines Lebens der Militärsanität und steht Jahre 
hindurch in fortwährendem Kampfe mit den leitenden Persönlich¬ 
keiten des Militärsanitätswesens, leider mit geringem Erfolg, „weil 
es gar oft geschieht, dass das Wohlfeile für das Gute und das 
Gute, wenn es kostspieliger ist, für das Unmögliche gehalten wird, 
dies aber ohne Rücksicht auf die daraus naturgemäss entstehenden 
bösen Folgen“, wie Mundy persönlich sich hierüber zu äussem 
pflegte. 

Als Delegirter des Reichskriegsministeriums nahm er an den 
Reformen der Genfer Convention in Paris (1864) und Genf (1868) 
lebhaften Antheil, und seine Fachkenntniss wurde dort hoch- 
geschätzt und anerkannt. 

Im Jahre 1869 wird Mundy nach Berlin als k. k. Delegirter 
der Internationalen Conferenz der Hillfsvereine entsendet, und Ende 
1869 geht der damalige Regimentsarzt Mundy nach der insur- 
genten Bocca de Cattaro, um im Aufträge des Reichskriegs- 
ministeriums die dortigen Sanitätsanstalten im Felde zu con- 
trolliren. 

Im deutsch-französischen Kriege finden wir Mundy während 
der Belagerung von Paris und später während des Aufstandes der 
Commune als Director dreier grosser Feldspitäler. 

Was er dort als ärztlicher Leiter, Organisator, Ambulan- 
cier etc. geleistet hat, gehört der Geschichte an. 

Ende März 1871 nach dem bekannten blutigen Zusammenstoss 
in der Rue de la Paix wird er für seine damalige tapfere und be¬ 
sonnene Hülfeleistung durch den Präsidenten der Republik Thiers 
persönlich mit der französischen militärischen Medaille für Tapfer¬ 
keit ausgezeichnet, eine Decoration, welche bisher noch nie einem 
Nicht-Militär und Ausländer verliehen worden ist. 

Nach Oesterreich hierauf zurückgekehrt, legt Mundy, ent- 
muthigt über die geringen praktischen Erfolge, welche man in der 
Militärsanität seines Vaterlandes trotz seiner vielseitigen Vor¬ 
schläge und Denkschriften gemacht hat, den ihm im Jahre 1867 
ertheilten Stabsarzttitel ab und wendet sich nunmehr desto that- 
kräftiger der Förderung der freiwilligen Hülfe im Kriege zu. 

Nach der erfolgreich beendeten Unterstützung (als Sachver¬ 
ständiger) des Werkes vom Deutschen Ritterorden organisirt 
Mundy im Jahre 1875 nach seinem System als Generalchefarzt 
des souveränen Malteser-Ritterordens die Sanitätszüge und den 
Evacuationsdienst von Kranken und Verwundeten auf Eisenbahnen, 
was sich später im Jahre 1878 (Occupation Bosniens) und im Jahre 
1884 (serbisch - bulgarischer Krieg) unter seiner Leitung trefflich 
bewährt hat. 

Im russisch - türkischen Kriege 1877—1878 hat Mundy als 
Mitglied des rothen Halbmondes als Organisator und Leiter von 
Ambulanzen unter den schwierigsten Verhältnissen so Hervor¬ 
ragendes und Erfolgreiches geleistet, dass ihm die dankbare An¬ 
erkennung auch dieser Völker des Orients unfehlbar gesichert 
bleibt. 

Im Jahre 1879 veröffentlichte Mundy, um die so reichhaltigen 
praktisch gewonnenen Erfahrungen zu verwerthen, dieselben in 
einem Sammelwerke unter dem Titel „Der freiwillige Samtäts- 
dienst im Kriege des souveränen Malteser-Ritterordens“. Schon 
früher (1875) hat Mundy ein Buch „Studien über den Umbau 
von Güterwagen zu Sanitätswagen“ veröffentlicht und im Jahre 
1880 die Beschreibung der von ihm orgamsirten zwölf Sanitäts¬ 
züge des souveränen Malteser-Ritterordens. 

Als am 8. December 1881 ein gewaltiger Feueralarm die 
Bewohner Wiens aufschreckte und die schier endlose Liste von 
Todten und Vermissten an eine grosse Schlacht mit schimpflichem 
Ausgange erinnerte, da zählte auch Mundy zu den Rufern in der 
Wüste. 


Nachdem er bereits früher zu wiederholten Malen über die Un¬ 
zulänglichkeit des öffentlichen Rettungswesens gesprochen hatte und 
eine diesbezügliche Reform von officieller Seite nicht zu erwarten 
war, beschloss er, den geeigneten Moment des Ringtheaterbrandes 
benützend, eine langgehegte Idee zur glänzendsten Ausführung zu 
bringen. Und er sollte nicht allein dastehen. Wackere, gleich 
ihm hochherzige Männer (Graf Wilczek und Graf Lamezan) ge¬ 
sellten sich ihm bei, und so entstand die Wiener freiwillige 
Rettungsgesellschaft, welche heute, in der ganzen Welt 
einzig, ein Denkmal Mundy’s „aere perennius“ bilden wird. 

So wurde Mundy der Begründer des modernen freiwilligen 
Rettungswesens, und jede in den verschiedenen Städten Oesterreich- 
Ungarns und des Auslandes gegründete freiwillige Rettungsgesell¬ 
schaft verehrt in Mundy ihren Vater. 

Alle weiteren Leistungen Mundy’s sind mit der Geschichte 
der Rettungsgesellschaft verknüpft, ich erwähne hier seine Ar¬ 
beiten auf dem Gebiete des Krankentransportwesens. — Alle 
Krankentransportwagen, Tragbahren, Tragsessel und sonstigen 
Tragmittel der Gesellschaft, die sich so trefflich bewähren, sind 
Erfindungen und Verbesserungen Mundy’s. Die Küchen wagen, 
Labewagen, Rüstwagen, Irren wagen, Wagen zum Transporte von 
Infectionskranken, sowie die mustergiltigen Einrichtungen der 
Rettungsgesellschaft und ihrer Epidemiebaracken und was alles 
noch die Hülfsmittel des modernen Samariterwerkes bilden, ver¬ 
danken ihre Entstehung dem schöpferischen Geiste Mundy’s. 
Dass er dies Alles unter grossen Kämpfen und Mühen, unter 
kleinlichen Nörgeleien von Berufenen und Unberufenen geschaffen, 
dass er von seinem 60. bis zum 72. Lebensjahre buchstäblich 
Tag und Nacht nicht nur ohne Entgelt, sondern noch mit 
eigenen grossen materiellen Opfern, sein ganzes edles Wollen und 
Schaffen diesem Werke der Barmherzigkeit gewidmet hat und 
dass er bei all’ diesem noch Zeit fand, hier einen populären Vor¬ 
trag, dort wieder einen Vortrag zu Gunsten von Verunglückten 
zu halten, dann wieder in Städte zu eilen, wo Epidemieen wütheten 
oder Massenkatastrophen sich ereigneten, um uneigennützig seine 
Erfahrung zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, 
dann wieder den armen verwundeten Krieger nicht vergessend, im 
In- und Auslande Vorschläge zu machen und Proben abzuhalten, 
um mittels des elektrischen Lichtes auch zur Nachtzeit die Räu¬ 
mung der Schlachtfelder von Verwundeten vornehmen zu können, 
dass er alles dies in einem Alter vollbrachte, wo andere Menschen 
nach so erfolg- und thatenreichem Leben sich die Ruhe des 
Greisenalters gönnen, muss ihn zu jenem nimmermüden „Barm¬ 
herzigen Bruder“ der Menschheit stempeln, der er in wahrstem 
Sinne des Wortes stets gewesen. Es erscheint an diesem Orte 
unthunlich, die durch eine Reihe von mehr als 30 Jahren von 
Mundy verfassten, in allen modernen Sprachen gedruckten 
Zeitungsartikel, Denk-, Gelegenlieits- und Flugschriften, sowie 
Bücher und Brochtiren nach den Zeitepochen ihres Erscheinens 
und mit ihren Titeln aufzuzählen; allein die Schriften über Gegen¬ 
stände wie die Reform des Irrenwesens, öffentliche Gesundheits¬ 
pflege und Militärsanität, sowie über Rettungswesen würden eine 
kleine Büchersammlung ausfüllen. Auch der zahllosen Vorträge 
und der meist improvisirten Reden Mundy’s muss hier gerechter 
Weise Erwähnung geschehen. 

Wenn wir nun „J. Mundy’s“ Curriculum vitae nach vor¬ 
stehendem knappen Bilde, welches keinen Anspruch auf Voll¬ 
ständigkeit machen kann, prüfen und seine mannigfache segens¬ 
reiche Thätigkeit auf allen sanitären Gebieten im Geiste an uns 
vorüberziehen lassen, dann müssen wir uns sagen, dass kaum 
ein edleres Walten und Schaffen wie das seine in unserer Zeit 
aufzuweisen ist. Seine Thaten bilden ein Buch mit goldenen 
Lettern in der Leidensgeschichte der Menschheit. Allen seinen 
Schülern und Freunden wird Mundy ein Vorbild sein eines 
tapferen und humanen Streiters im Frieden wie im Kriege, aut 
den Schlachtfeldern und in den Lazarethen, ob es galt, den 
Verwundeten zu dienen unter dem Weissen und Rothen Kreuze 
oder dem Halbmonde. Ihm gilt gewiss das grosse Wort: „Wer 
den Besten seiner Zeit genug gethan, der hat gelebt für alle 

Zeiten.“ . ^ , „„ 

Ich kann diesen Nachruf nicht schliessen, ohne die Worte zu 
citiren, die Mundy am offenen Grabe seine Freundes Theodoi 
Billroth sprach: 

„Ein Posten ist vacant, die Wunden klaffen, 

Der eine fällt — die andern rücken nach. . 

Doch fiel er unbesiegt und nicht gebrochen sind seine Watten, 

— Nur sein Herze brach.“ 

Wien, den 17. September 1894. 

])r. Heinrich Charas. 


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Qrigiral frem — 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



768 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


ttttt. Von der 66. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte. 

Wien, 24. September 1894. Die schöne Donaustadt befindet sich 
diese Woche unter dem Einflüsse jener acuten, cyclischen, in der Regel 
in acht Tagen günstig verlaufenden und unzweifelhaft infectiösen Krank¬ 
heit, die man „Congress“ nennt. Schon in der vorigen Woche zeigten 
sich' einzelne Prodrome. In den Schaufenstern der Buch- und Kunstläden 
tauchten die Bildnisse Virchow’s auf und in den Zeitungsspalten hier 
und da Notizen über dio Eröffiiung der Ausstellung im Universitätsgebäude 
und Klagen forschungseifriger Medieiner, denen man trotz Legitimation 
den begehrten Eintritt in die Ausstellung verwehrte. Mir gelang der 
Eintritt ohne Schwierigkeit, und ich konnte mich überzeugen, dass die 
Ausstellung namentlich in ihren naturwissenschaftlichen Abtheilungen viel 
Gutes und Interessantes, dagegen auf medicinischem Gebiete nicht gerade 
Neues und Hervorragendes bietet. Am meisten fielen hier noch eine von 
den Wiener Krankenhäusern und Kliniken ausgestellte Collection der aus¬ 
gezeichneten Hcnnig sehen „Moulagen“ (besonders Hautkrankheiten) und 
die berühmte Zsigmondy’scho Sammlung von Kiefer- und Zahnanomalieen 
als bemerkenswerth auf. Bei der in den geräumigen Hofarkaden des weit- 
läuligen Gebäudes untergebrachten Abtheilung für Hygiene und Statistik 
wird dio Aufmerksamkeit durch die Ausstellungen der Stadt Wien, der Wiener 
Krankenanstalten, des Oesterreichischen Landesausschusses, der Curorte 
Carlsbad und Marienbad u. s. w\ hauptsächlich gefesselt. Im ersten Stock be¬ 
findet sich unter anderem die vortrefflich geordnete Ausstellung naturwissen¬ 
schaftlicher Lehrmittel der österreichischen Mittelschulen. In anderen Uni¬ 
versitätsräumen tagen die verschiedenen Festausschüsse; hier wird auch 
ein Theil der Sectionen seine Sitzungen halten — leider eben nur ein 
Theil, da dio Unterbringung der sämmtlichen (vierzig!) Sectionen in dem¬ 
selben Gebäudo an der einfachen Unmöglichkeit seheiterte. So werden 
denn die medicinischen Sectionen in sehr verschiedenen Orten und zum 
Theil nicht unerheblich auseinanderliegonden Gebäuden zersplittert sein: 
die meisten im allgemeinen Krankenhause, andere in der Universität, im 
Hause der Gesellschaft der Aerzte, im hygienischen, anatomischen und 
physiologischen Institute. Auch eine unvermeidliche, aber nichts desto 
weniger unerfreuliche Folge der allzu weit getriebenen Sectionstheilung, 
über die dio Klagen niemals verstummen wollen, zu deren Abstellung aber 
bisher doch niemals ein ernstlicher Versuch gemacht wurde! 

Der officielle Theil der Versammlung begann gestern (Sonntag) mit 
einer Vorstandssitzung, welcher die Sitzung des wissenschaftlichen Aus¬ 
schusses folgte. Letzterer war nur unvollständig vertreten. Ein Theil 
der in Nürnberg Gewählten hatte die auf ihn gefallene Wahl nicht an¬ 
genommen, ein anderer hatte sich entschuldigt, ein dritter war ohne Ent¬ 
schuldigung ausgeblioben. Unter den Städten, welche zur nächsten Ver¬ 
sammlung in Vorschlag kommen konnten, wurde mit Acclamation und 
einstimmig Lübeck als diejenige bezeichnet, welche im Jahre 1895 die 
Versammlung deutscher Nat urforscher und Aerzte bei sich sehen sollte. I 
Es wird also in der Goschäftssitzung am nächsten Mittwoch Lübeck vom 
Vorstande im Ausschüsse in Vorschlag gebracht werden. Im übrigen 
wurden die Vorschläge für die Wahlen eines dritten Vorsitzenden und 
der ausscheidenden zwei Verstandsmitglieder Königsbergor (Heidelberg) 
und His (Leipzig) formulirt, als dritter Vorsitzender, für den ausscheidenden 
ersten Vorsitzenden Prof. Suess sollto Prof. Edler von Lang in Wien 
vorgeschlagen werden. Im übrigen bildeten Angelegenheiten des Druckes 
und der Separatabzüge für die Verfasser und Vortragenden den Gegen¬ 
stand der Berathungen und Beschlüsse. In Zukunft soll jeder, der 
Separatabzüge bestellt, 50 Exemplare, nicht weniger und nicht mehr, er¬ 
halten. Prof. Wange rin wurdo als ständiger Redacteur der Verhand¬ 
lungen bestätigt. 

Nach Schluss der Sitzung forderte der Stellvertreter ihres leider nicht 
anwesenden Vorsitzenden Virchow, Herr v. Bergmann, die Mitglieder 
der medicinischen Hauptgruppe des Ausschusses auf, zu einer Berathung 
noch zusammenzubleihen. Herr v. Bergmann erinnert daran, dass ein 
Hauptzweck bei der Creirung des Ausschusses gewesen sei, wie die Ge¬ 
schäftsordnung sage (§ 18), dafür zu sorgen, dass einzelne Abtheilungen 
(Sectionen) zusammentagen. Nachdem eine Reihe von Specialgesellschaften 
ins Leben gotreten, sei es Bedilrfniss, nun auch einmal gemeinschaftlich 
interessirendo Fragen in gemeinsamen Sitzungen zu behandeln. Zu diesem 
Zwecke sollten in den Nachmittagsstunden am Dienstag und Donnerstag 
folgende Sectionen zusammentreten: Innere Medicin, Chirurgie, Gynä¬ 
kologie, Kinderkrankheiten, Psychiatrie, Laryngologie, Otologie und 
Syphilidologic, um nachstehende Themata gemeinsam zu hören: Ueber 
Struma (Koeher-Bern, Brun s-Tübingen und andere), Ueber Diphtheritis 
(Heller-Nürnberg, König-Herrmannstadt, Epstein-Prag, Aronson- 
Berlin und andere), Ueber Himabscesse (Schubert-Nürnberg, Brieger- 
Breslau und andere), Ueber Syphilis und Aphasie (Jol ly-Berlin). Der 
Vorschlag wurde einstimmig angenommen. 

Der gestrige Sonntag Abend vereinigte die bereits anwesenden Theil- 
nehmer, deren Zahl auf mehr als 2000 geschätzt wird, zu der üblichen 
zwanglosen“ Zusammenkunft, diesmal im Cursalon des jedem Besucher 
Wiens wohlbekannten Stadtparks. Der heutige Vormittag brachte die 
e I/ t . e i, all J{ ,5moino Slt , zun S (im grossen Musikvereinssaale). An die 
ofiiciellen Begrüssungsreden des Geschäftsführers (des Botanikers Kerner 
von Marilaun), desi ) ersitzenden (Eduard Suess), des Unterrichts¬ 
ministers v. Madeyski und des Bürgermeisters Grübl schlossen sich 
die angekundigten Vorträge von Leyden und Mach (jener „über 
Gerhard van Swieten und die moderne Klinik“, dieser„ über 
das Prnicip der V ergleichung in der Physik“). Da die Ansprachen 
und Vortrage zumeist schon vorher gedruckt den Vertretern der Tages- 
presse z u gingen un d unzweifelhaft heute Abend oder spätestens morgen 


früh durch sämmtliche Blätter „urbi et orbi“ bekannt gegeben werden, 
wäre ein näheres Eingehen darauf an dieser nothwendig verspäteten Stelle 
vollständig zwecklos. Heute Vormittag werden die einzelnen Sectionen 
ihre Constituirung vornehmen, und der Rest des Tages ist Ausflügen auf 
den Kahlenberg, in den Prater u. s. w. Vorbehalten. — Eine ganz be¬ 
sonders „lobende Erwähnung“ erheischt die von unserem Collegen Hein¬ 
rich Adler, dem Redacteur der Wiener medicinischen Wochenschrift, 
mit seltenem Geschick vollbrachte Zusammenstellung der ersten Nummer 
des „Tagblatte“. Es ist ein ziemlich gewaltiges Stück Arbeit, das man 
beim Studium dieser Nummer zu überwältigen hat; aber hat man sich 
durchgearbeitet, so kann man sich auch als völlig „fest“ und allen 
Eventualitäten gewachsen ansehen. Auch für eine zuverlässige und 
prompte Berichterstattung aus den Sectionen scheint in vortrefflicher 
Weise vorgesorgt zu sein, — wie denn überhaupt hier Allem, was sich 
auf die Presse bezieht, augenscheinlich besondere und nachahmenswerthe 
Sorgfalt zugewandt wird. Wien ist eben noch immer die Stadt des besten 
nicht nur, sondern auch des einflussreichsten Journalismus! Zur Gehurts- 
stätte der von uns angebahnten und, w r ie unsere Leser wissen, eifrig ver¬ 
folgten Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse erscheint es 
daher schon aus diesem Grunde besonders berufen. A. E. 


XIV. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Am 18. d. M. verstarb nach langer schwerer Krankheit 
Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Oskar Fraentzel im 56. Lebensjahre. Einer 
der hervorragendsten Schüler Traube's hat er gleich seinem Meister sich 
vorwiegend auf dom Gebiete der Lungen- und Herzkrankheiten bethätigt 
und hier Arbeiten von bleibendem Wertho geschaffen. — Einen die Ver¬ 
dienste Fraentzel's würdigenden Nachruf aus der Feder Leydens 
werden wir in einer der nächsten Nummern unserer Wochenschrift ver¬ 
öffentlichen. 

— Hamburg. Auf den vor einiger Zeit ausgeschriebenen Direktor¬ 
posten des Alten allgemeinen Krankenhauses ist Prof. Lenhartz aus 
Leipzig berufen worden. 

— Frankfurt a. M. Dr. Hoffmann, der Verfasser des „Struwel¬ 
peter“, ist an einer Hirnapoplexie gestorben. ... . . 

— Kissingen. Vom 3. bis 6. October wird in Kissingen die dritte 
öffentliche Jahresversammlung des Allgemeinen Deutschen Bäder¬ 
verbandes tagen. 

— Budapest. Die Gesammtkosten des Internationalen hygie¬ 
nischen Congresses belaufen sich auf 93000 fl., welchen Einnahmen aus 
dem Erlös der Mitgliedskarten, Spenden u. s. w. in Höhe von 24530 fl. 
gegenüberstehen. Der von der Stadt Budapest bewilligte Beitrag von 
105000 fl. wird daher nur zum Theil in Anspruch genommen werden. 

— Dorpat. Dem Conseil der Universität ist officiell mitgetbeilt worden, 
dass vom Jahre 1895 an alle Professoren mit Ausnahme derjenigen 
der theologischen Fac-ultät in russischer Sprache vorzutragen haben. 

— In No. 31 dieser Wochenschrift ist im Anschluss an oinen Aul¬ 
satz von Vogl über ein „neues“ Hemd in der Verwundeten- und 
Krankenpflege berichtet. Der historischen Gerechtigkeit wegen be¬ 
merken wir dazu nachträglich, dass ein derartiges Hemd bereits lo/o in 
unserer Wochenschrift (S. 534) von G. Siegmund empfohlen worden ist. 

— Die Kosten der Vernachlässigung der Gesundheits¬ 
pflege. In einer Zusammenstellung einer Anzahl Städte mit mehr as 
100000 Einwohnern nimmt den ersten Platz, bei einer Ordnung nach den 
Todesfällen auf 1000 Einwohner, New-Orleans mit 28,72 ein; es folgt Rheims 
mit 28,62, Dublin mit 27,05, New-York 26,47. . Die günstigsten Zahlen 
haben St. Paul und Minneapolis, 9,61 bezw. 9,60. Der G rui l d der . . f 
Sterblichkeit soll darin liegen, dass in den amerikanischen Städten m 
genügend Geld für Gesundheitszwecke aufgewondet wird. Mit t' bica » 
verglichen, ergiebt sich in den fünf grössten Städten des Gstens 

Amerika (Boston, Philadelphia, New-York, Brooklyn, Baltimore) ein uv ^ 

von 11550 Todesfällen. Schätzt man den Werth der Arbeit eines n 
löhners auf 1 Dollar pro Tag, auf 300 pro Jahr, die Lebensdauer au , 
die Dauer der Productionskraft auf 20 Jahre, so ergiebt sich ein u 
gefährer Werth von 6000 Dollars pro Kopf. Zieht man von Jf nen , ... 
ein Drittel für diejenigen ab, welche das Arbeitealter bereits ubersen 
haben, so bleiben 7700, oder in Zahlen ausgedrUckt ein Schaden von 
als 46 Millionen Dollars. (Med. News 30. Dec.' 1893.) (In der ** 
findet sich für Berlin als Zahl der Einwohner 1669124, ftR .. , 

fälle 17181, also auf 1000 Einwohner 20,58. Nach der . Tab ? lle “S 
statistischen Amtes von Berlin betrugen jedoch bei einer Einwonne v 
von 1656698 [Januar 1893] die Todesfälle 32696 im Jahre 
wäre jedenfalls interessant, zu erfahren, wo das amerikanische 
die so günstige Sterblichkeitsziffer für Berlin entnommen und o 
Ziffern der anderen Städte auf gleiche Zuverlässigkeit (?) Anspruc 
heben können.) . , . r> 

— Universitäten. Wien. Dr. E. Redlich hat sich als 
docent für Neuropathologie habilitirt. — Zürich. Dr. C. v. Mona " 
zum ausserordentlichen Professor für hirnanatomische Fächer und 
Poliklinik ernannt. __ 

— Prof. Eulenburg wird vom 1. October ab wieder in Berlin^ 
wesend sein. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellon Inhalts, * 
scripte u. s. w. nicht — wie es vielfach geschieht — nach sein< £ r p L 
wohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactionsbureau, '»• 
damerstrasse 116, zu adressiren. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Go igle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag .*» 4 : 0 . 4. October 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieine, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteiuailee 3. Pofsdamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 3L 


I. Basedow’sche Krankheit und Schilddrüse. 1 ) 

Von A. Eulenburg. 

M. H.! Ihnen allen sind die morphologischen, physiologischen 
und klinisch-therapeutischen Thatsaehen geläufig, die in den letzten 
Jahren zu einer ganz veränderten Auffassung der Function und 
Bedeutung der Schilddrüse für den normalen Organismus, 
wie auch ihrer Functionsanomalieen bei gewissen Formen 
schwerer kachektischer Allgemeinerkrankung geführt 
haben. Insbesondere liegen die wichtigen Beziehungen dieser 
Functionsanomalieen zu den pathologischen Zuständen der Kaehexia 
strumipriva und des Myxödems bereits ziemlich klar vor 
Augen, und sie haben, was ja ganz besonders erfreulich und zu 
weiteren Bestrebungen auf diesem Gebiete einladend ist, hier auch 
zu werthvollen therapeutischen Bereicherungen in Gestalt der 
neuerdings so erfolgreich geübten Form der Organsafttherapie 
mittels subcutaner oder interner Schilddrüsendarreichung bei 
den genannten Krankheitszuständen Anlass gegeben. Ohne auf 
diesen in jüngster Zeit so vielbesprochenen Gegenstand näher ein¬ 
zugehen, möchte ich dagegen Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch 
nehmen für die ziemlich problematischen oder mindestens noch 
recht unaufgeklärten Beziehungen, die zwischen einer anderen Form 
schwerer, nicht selten kachektischer Allgemeinerkrankung, der 
Basedowschen oder, wie man sie jetzt hier und da (mit Unrecht) 
zu nennen anfängt, der Graves’schen 2 ) Krankheit und primären 
pathologischen Functionsstörungen der Schilddrüse obzu¬ 
walten scheinen. Es wird meine Aufgabe sein, durch ein ein¬ 
leitendes Referat einen Meinungsaustausch über diese so wichtige 
Frage anzuregen, den ich für um so notlrwendiger und erspriess- 
licher halte, als wir es hier keineswegs bloss mit einer Förderung 
unseres vor der Hand noch so überaus mangelhaften theoretischen 
Verständnisses der Basedow’schen Krankheit, sondern zugleich 
mit unmittelbar praktischen, therapeutischen Aufgaben von 
grosser Bedeutung — ich erinnere nur an die, eine immer ein¬ 
dringlichere Sprache redenden Ergebnisse der operativen Be¬ 
handlung durch partielle Strumelrtomieen — auch auf diesem Ge¬ 
biete zu thun haben. 

Die Versuche, den vielgestaltigen Symptomencomplex der 
Basedow’schen Krankheit oder wenigstens einzelne ihrer „Car- 
dinalerscheinungen“ (namentlich den Exophthalmus und 
die Palpitationen) von einer primären Erkrankung der 
Schilddrüse abzuleiten, sind ja bekanntlich nichts weniger als 
neu. Sie sind vielmehr schon verhältnissmässig früh, durch 
Ko oben 1855, dann wiederholt zu Anfang der sechziger Jahre, 
namentlich durch französische Autoren (Piorry, Cros und andere) 
in Angriff genommen worden — bewegten sich aber auf einer 
längst als unrichtig erkannten und fast allgemein verlassenen 
Grundlage, insofern dabei stets wesentlich nur das mechanische 
Moment der Vergrösserung der Schilddrüse zur Erklärung 
der weiteren Krankheitserscheinungen, namentlich der beiden er- 


l ) Vortrag, gehalten in combinirter Sitzung der Sectionen für 
innere Medicin, Chirurgie, Psychiatrie und Neurologie, Pädiatrie, Gynäko¬ 
logie. Dermatologie und Syphilis und Laryngologie der 66. Versammlung 
der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien. 

/ Graves (1835) war keineswegs der erste Beschreiber der Krank¬ 
heit. Will man aus der Zeit vor Basedow (1840) einen Autor hervor¬ 
heben, so müsste in erster Reihe Parry genannt werden, der jedoch’den 
Exophthalmus unter seinen 5 Fällen nur einmal erwähnt. Vergl. die be¬ 
züglichen Angaben in der „Pathologie des Sympathicus“ (1868; 1873). 


Go gle 


wähnten Cardinalsymptome, indem man diese als Druckphänomeno 
von Seiten der Struma auffasste, berücksichtigt wurde. Ich habe 
bereits vor 26 Jahren in der von dem verstorbenen P. Guttmann 
und mir gemeinsam verfassten „Pathologie des Sympathicus“*) auf 
das Irrige und Verfehlte dieser Anschauungen hingewiesen und 
habe nicht lange darauf in einer besonderen Abhandlung die 
differenzielle Diagnose zwischen Basedow’scher Krankheit einer¬ 
seits und primärer Struma mit ihren mechanisch-irritativen Folge¬ 
zuständen andererseits eingehend erörtert. 2 ) Die Haupteinwendungen 
übrigens, die man gegen die „Schilddrüsentheorie“ in ihrer damaligen 
Form erheben konnte und thatsächlich auch immer erhoben hat, 
waren sehr naheliegender Art. Man ermangelte natürlich nicht, 
vorzubringen, dass es Fälle von Basedow’scher Krankheit giebt, 
die (anscheinend) ganz ohne Struma verlaufen — dass in sehr 
zahlreichen Fällen wenigstens das eine der beiden übrigen Cardinal¬ 
symptome, die Palpitationen, seltener auch der Exophthalmus erheblich 
früher beobachtet werden, als die Struma 3 ) und dass endlich sehr be¬ 
deutende Vergrösserungen der Schilddrüse, wie man sie beispielsweise 
beim endematischen Kropf und bei Neubildungen dor Drüse antrifft, 
ohne den typischen Symptomencomplex der Basedow ’schen Krankheit 
einherzugehen pflegen. Bei näherer Betrachtung verlieren diese 
Einwendungen, namentlich die beiden ersteren, doch manches von 
der Beweiskraft, die sie auf den ersten Blick zu haben scheinen. 
Es sei nur darauf aufmerksam gemacht, dass eine geringe "Ver¬ 
dickung des Halses oft der Beobachtung entgeht; dass das Wachs¬ 
thum der Schilddrüse mehr nach innen gegen die Luftröhre ge¬ 
richtet sein kann, wie dies besonders bei Operationsfällen neuer¬ 
dings wiederholt in überraschender Weise constatirt wurde, und 
sich dadurch der äusseren Wahrnehmung entzieht; dass endlich 
anatomische Veränderungen der Schilddrüse, Hyperplasie und 
chronische Entzündung, bei der Section auch in solchen Fällen an¬ 
getroffen wurden, wo bei Lebzeiten keine Veränderungen bemerk¬ 
bar waren (Renaut). Indessen treffen die erhobenen Einwendungen 
überhaupt nur die mechanische Schilddrüsentheorie, diejenige 
also, die den Exophthalmus, die Palpitationen u. s. w. als Druck¬ 
phänomene von Seiten der vergrösserten Drüse auffasst 
und die aus so vielen Gründen hinfällig ist, dass es nicht lohnt, 
sich bei ihrer Widerlegung überhaupt weiter aufzuhalton — wäh¬ 
rend die neuerdings allein zur Erörterung stehende, chemisch- 
toxische Schilddrüsentheorie durch jene Einwendungen in 
keiner Weise berührt wird. 

Es muss als das Verdienst von Möbius 4 ) bezeichnet werden, 
im Anschluss an die bekannten Erfahrungen über Myxödem und 
Kaehexia strumipriva zuerst dieser neuen Auffassung der Be¬ 
ziehungen der Schilddrüse zur Basedow’schen Krankheit Aus¬ 
druck gegeben zu haben, und ihm bleibt dieses Verdienst un¬ 
geschmälert, auch wenn sich vielleicht heraussteilen sollte, dass 


i) Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten Band I (1868). — 
Später in der bei Aug. Hirschwald (1873) erschienenen Buchausgabe 

S. 37, 38. . . j * • i 

a ) Zur differcnziellen Diagnose zwischen Morbus Basedown und 
Struma mit Sympathicusreizung. Berliner klinische Wochenschrift 1869. 

3 ) Pathologie des Sympathicus (Berlin, Aug. Hirschwald, 1873) S. 33. 

4 ) Ueber das Wesen der Basedow’schen Krankheit. Centralblatt 
für Nervenheilkundo 1887, No. 8. Zeitschrift für Nervenkrankheiten 
1891. — Aehnliche Anschauungen vertraten Gauthier, Revue de med. 
1890; Lyon mödical 1892, No. 2ff. Fr. Müller, Deutsches Archiv für 
innere Medicin 1893, Bd. 51, S. 4 und 5. 


Original from 

UNIVER5ITY OF MICHIGAN 






770 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40 


seine Ansichten in der ihnen ursprünglich gegebenen Form einer 
Modification oder Ergänzung in manchen Punkten bedürfen. 
Möbius ging von der Statuirung eines Gegensatzes, sowohl in 
den anatomischen, wie in den symptomatologisch-klinischen Be¬ 
funden, zwischen Basedow’scher Krankheit und Myxödem 
aus: dort Vergrösserung, Hyperplasie, hier Aplasie und Schwund 
der Schilddrüse, dort Tachycardie, Exophthalmus, psychische Er¬ 
regtheit, allgemeine Abmagerung, Verdünnung und Temperatur¬ 
erhöhung der Haut — hier umgekehrt Pulsverlangsamung, Ver¬ 
engerung der Lidspalte, Abschwächung der psychischen Functionen, 
Gewichtszunahme, Abkühlung und Verdickung der Haut u. s. w. 
— Indessen abgesehen davon, dass die Aufstellung dieses Gegen¬ 
satzes im einzelnen vielfach etwas Gezwungenes und Gekünsteltes 
hat, auch theilweise nur scheinbar zutrifft und Hauptsymptome 
der einen Krankheit dabei Nebensymptomen der anderen gegen- 
übergestellt werden — abgesehen also von dieser etwas willkür¬ 
lichen Formulirung werden durch die Statuirung dieser nosologischen 
Gegensätzlichkeit auch die Schwierigkeiten einer befriedigenden 
theoretischen Erklärung, wenigstens soweit es sich um die Base¬ 
dow sehe Krankheit handelt, noch durchaus nicht gehoben. 

Die chemische Theorie hat bekanntlich für die physiologische 
Schilddrüsenfunction die Vorstellung ausgebildet, dass die Schild¬ 
drüse im normalen Zustande entweder einen der Gesundheit nach¬ 
theiligen Stoff im Körper durch Umwandlung unschädlich macht 
und zerstört — oder aber (was wahrscheinlicher ist), dass sie in 
diesem Zustande einen specifischen Stoff producirt, der für die 
Lebenserhaltung direkt in irgend einer Weise wichtig, sogar un¬ 
entbehrlich ist. Als Hauptstütze dieser Vorstellungsweise gelten 
ja eben die nach dem Schwund und functionellen Ausfall der 
Drüse, bei Myxödem und bei Kachexia strumipriva eintretenden 
Kiankheitserscheinungen, sowie andererseits die therapeutischen 
Erfolge der Schilddrüsenfütterung bei den genannten Krankheits¬ 
zuständen. Wenn wir uns aber diesen, trotz vereinzelter Bedenken 
jiionr und mehr zu allgemeiner Anerkennung gelangenden An¬ 
schauungen vorbehaltlos ansehliessen, so bleibt es doch immer 
keine ganz leichte Sache, von hier aus zu dem Basedowschen 
Krankheitsgebiete eine auf haltbaren Voraussetzungen beruhende 
theoretische Brücke zu construiren. Man darf jedenfalls dabei 
nicht von einem einfachen Gegensatz in den Krankheitserscheinungen 
des Myxödems (und der Kachexia strumipriva) einerseits, der 
Basedow sehen Krankheit andererseits ausgehen; vielmehr muss 
man auch die vorhandenen Aehnlichkeiten und Uebergänge, sowie 
den W echsel der Erscheinungen berücksichtigen und insbesondere 
auch dem Umstande Rechnung tragen, dass in vereinzelten Füllen 
Basedow sehe Krankheit und Myxödem successiv aufeinander 
folgend (das Myxödem als secundärer Zustand) angetroffen wurden, 
wie ich es selbst in einem Falle beobachten konnte und worüber 
u. a. auch von Rowalewskii), Sollier-*), v. JakschS) Angaben 
vorhegen Ueberdies wäre es auch schwer zu verstehen, wie die 
einfache .Steigerung einer für den Organismus heilsamen, sogar 

"efahrli.V lchen S Tu rO IOn , al * P at l'°genes Agens wirken und 
„eführlidie, zum 1 heil unheilbare kaehektische Zustände (zuweilen 

hief'mlm? 1 . raplder Welse ) bervorrufen sollte. Es muss sich also 
‘ um comphcirtere Vorgänge im Stoffwechsel der 

und Vie WM ^ usai “et Z ,rag des ihr gelieferten Seeretes 
ie d dls 7i,st!nd U t h lm S T Ct !? nS ' und Re sorptionsmodus handeln, 

• Is I w 1 !" 11 “ der Basedowschen Krankheitssymptome 

übereeführten° Seh' mI '.P 1 r e " d 6 " Wirkung des in den Kreislauf 
' '^hilddrusenseerets begreiflich machen können. Es 
llfri h dabei vielleicht zunächst an einen alienirten Nerven- 
„.,, 1 ,::^/; 10 Schilddrüse zu denken und somit doch 

wonach d/e R™!?^ ,1 - ai L an £ ,qU ^ Stand P u “kt zurückzukommen, 

. dle Basedow sehe Krankheit als eine primäre Neurose 

vom^Crns S J m P athicus , T °m Vagus, vom verlängerten Mark 
I c n Ze“ W ° VOn i,amer ausgehend - aufgefasst wurde: 
zolneSeetin^w ’ u™ , g ? s ? gt ’ nahe lio K e ndo und auch durch ein- 
die troff u .r b fUn 1.° sche ? nbar begünstigte Standpunkt ist uns durch 
die tiefifl oben, auch nach anderer Seite höchst beachten*wertbee 


_ gereizte Brüse unterschied sich nicht - öder 
? s -^ 


nur un- 


■ - -- — -—AUCH, o. AUU. 

) rrager med. Wochenschrift 1892, S 49 
WochenYÄ “ dCr Schildd '“se. Deutsche med,ein. 


wesentlich von der Drüse der anderen Seite, die vor der Reiz um r 
exstirpirt war. & 

Da nun diesen Versuchen zufolge der Nervenreiz auf die 
Secretbildung in der Drüse ohne Einfluss ist, so ist die Ursache 
der physiologischen, wie der pathologischen Secretbildun«- offenbar 
in etwas anderem zu suchen, und zwar ist nach Hürthle an 
eine bestimmte Zusammensetzung des Blutes dabei zu 
denken, die in Anwesenheit oder Mangel eines bestimmten Stoffes im 
Blute bestehen kann. Es Hesse sich diese Annahme für die Basedow’- 
sche Krankheit also dahin formuliren, dass bestimmte(ih r emWe s en 
nach vorläufig noch unbekannte) primäre Veränderungen 
der Blutbeschaffenheit, als des auslösenden Drüsen¬ 
reizes, es sein müssen, die auf die Drüsenfunction, die Secret¬ 
bildung, auf die Bildung und das Wachsthum der Follikel auf die 
Degeneration, Zellvorgänge u. s. w in der Weise verändernd ein¬ 
wirken, dass dadurch eigenthümliche, specifische und pathogene in- 
toxicirende Veränderungen der Secretmischung herbeigeführt werden 
Es könnten dabei sowohl quantitative, wie qualitative Veränderun¬ 
gen des der Drüse zuströmenden und in ihr circulirenden Blutes 
eme Rolle spielen. Was den quantitativen Factor betrifft, so 
wird dieser ja ohne weiteres gegeben durch die in der Reo-el sehr 
starke arterielle Congestion und die Blutüberfüllung, nicht bloss 
m den aneurysmatisch erweiterten arteriellen, sondern auch in den 
venösen Drüsengefässen, wie sie sich klinisch-symptomatisch in dem 
fühlbaren und hörbaren Schwirren, in der Pulsation, in den der 
Basedowschen Struma eigen thümlichen und hier fast constant vor- 
handenen, beim genuinen Kropf dagegen fehlenden Gefässgeräuschen 
(r. Guttmann) 1 ) ausspricht. Der letztere Umstand liefert uns 
zugleich einen Schlüssel dafür, warum bei anderen, selbst dem Um¬ 
fange nach bedeutenderen strumösen Geschwülsten, Erscheinungen 
der Basedowschen Krankheit in der Regel nicht auftreten: es fehlt 
hier eben die initiale Congestion und Blutüberfüllung und damit 
zugleich der Antrieb zu gesteigerter und anomaler Secretbildung; 
der Vergrösserung des Organs kann bei anderen Strumen viel eher 
umgekehrt eine Verminderung der Secretbildung durch Verödung 
des secernirenden Parenchyms, Degeneration oder Untergang der 
Epithelien u. s. w. entsprechen, und es kann im weiteren Verlaufo 
der Basedow ’schen Krankheit auch durch regressive Metamorphosen 
zu derartigen Zuständen kommen, worin eben der ausnahmsweise 
beobachtete Uebergang von Basedow’scher Krankheit in Myxödem 
seine Erklärung findet. — Ausser diesem quantitativen Factor, der 
nachweisbaren Congestion und Blutüberfüllung der Driise, dürfte 
aber auch die. allerdings nicht immer mit gleicher Sicherheit er¬ 
weisbare qualitative Veränderung der Blutzusammensetzung Be¬ 
rücksichtigung verdienen. Schon den ersten Beobachtern der 
Krankheit, schon Basedow selbst z. B., war ja die gewöhn¬ 
liche Coincidenz des Leidens mit Anämie oder Chloroanämie der 
befallenen Individuen nicht entgangen, und sie waren stets ge- 
neigt gewesen, die wesentliche Ursache der Krankheit in einer 
anomalen, der chlorotischen ähnlichen Blutmischung zu suchen. 2 ) 
Das überwiegende Vorkommen der Krankheit beim weiblichen 
Geschlecht, die gewöhnliche Verbindung mit menstrualen Stö¬ 
rungen (Amenorrhoe), der zuweilen beobachtete günstige Einfluss 
der Gravidität wurden ehedem schon in diesem Sinno verwerthet. 
Neuerdings Hessen sich noch manche andere Umstände hinzufügen: 
das häufige Auftreten des Leidens nach voraufgegangenen schweren 
acuten Krankheiten (Infectionskrankheiten) oder nach sonstigen 
schwächenden Momenten, Blutungen, starken Säfteverlusten, beson¬ 
ders nach schweren psychischen Affeeten; die häufige Verbindung 
mit Verdauungsstörungen, mit profusen Durchfällen und Erbrechen, 
Darmatonie, Icterus, w r orauf besonders Charcot 3 ), Jaccoud 4 ), 
Federn 5 ) und andere in letzter Zeit aufmerksam gemacht haben. 
Gerade diese letzteren Vorkommnisse erinnern sehr auffällig an die 
von Hürthle (1. c.) kürzlich constatirte Thatsache, dass Unter¬ 
bindung des Gallenganges und dadurch bewirkter Icte¬ 
rus entschieden regelmässig eine veränderte Thätigkcit 
der Schilddrüse zur Folge habe, und zwar die Erschei¬ 
nungen gesteigerter Colloidproduction, bestehend in reich¬ 
lichem Auftreten von ColloidzeUen, von Colloidsubstanz innerhalb 
der Lymphspalten und in den Epithelzellen. Es bleibt dafür nach 
Hürthle keine andere Erklärung übrig, als „dass die bei der 
Gallenstauung ins Blut übergegangenen Bestandtheile einen Reiz 
für die Drüse bilden, der sie zu erhöhter Colloidproduc¬ 
tion veranlasst.“ 


*) Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 11, S. 254. 

, .*) Vgl. die darüber angeführte Literatur in der „Pathologie des Sym- 
pathicus (1873) S. 33 ff. 

. *0 Neue Untersuchungen über die Krankheiten des Nervensystems, 

insbesondere über Hysterie, deutsch von S. Freud. Leipzig und Wien. 
1886. 

*) Gaz. mddicale de Paris 1888, No. 20, S. 231. 

) Aerhdlg. der K. K. Ges. der Aerztc in Wien. 6. April 1888. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



4. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


771 


Etwas ähnliches müssen wir also auch zur Erklärung der 
gesteigerten Drüsenproduction hei der Basedow’schen Krankheit 
annehmen, wenn es uns auch bisher noch nicht gelungen ist, die 
pathogen wirkenden Anomalieen der Blutbeschaffenheit bei Basedow¬ 
scher Krankheit mit Sicherheit zu charakterisiren. Weder die 
morphologischen Blutuntersuchungen, noch die (übrigens bisher in 
geringer Zahl und mit schwankendem Ergebnisse angestellten) 
Prüfungen des Hämoglobingehalts u. s. w. haben in dieser Richtung 
brauchbare Resultate zu liefern vermocht. Doch müssen diese 
Untersuchungen womöglich an grösserem Material sorgfältig fort¬ 
geführt werden. 

Dass es sich übrigens unter dem Einflüsse der anomalen Be¬ 
schaffenheit des auslösenden Blutreizes nicht bloss um eine 
quantitative Steigerung der Secretbildung, sondern zu¬ 
gleich auch um qualitative Veränderungen derselben, 
im Sinne einer mehr pathogen, intoxicirend wirkenden 
Secretbeschaffenheit handelt, das ist aus den schon früher 
angegebenen Gründen von vornherein wahrscheinlich und wird 
auch durch verschiedene neuere Beobachtungen unmittelbar be¬ 
stätigt. Es sei in dieser Beziehung nur auf die Versuche von Che¬ 
valier 1 ) hingewiesen, der mit dem Urin von Basedow-Patienten 
Injectionen bei Kaninchen voruahm und dabei eine dreifach stärkere 
IntoxicationsWirkung beobachtete als mit normalem Urin, sowie an 
die Befunde von Boinet und Silbert 2 ), die aus dem Harn bei 
Basedow’scher Krankheit drei auf das Herz, die Motilität, Sensi¬ 
bilität und Körperwärme toxisch wirkende Ptomaine zur Darstel¬ 
lung brachten. Auch diese Versuche sind an Zahl und Bedeutung 
noch ungenügend; sie bezeichnen aber immerhin die Richtung, in 
der weitere Forschungen mit berechtigter Aussicht auf Erfolg an¬ 
zustellen sein werden. 

Es kann aber zu dieser quantitativen und qualitativen Ver¬ 
änderung des in der Schilddrüse gebildeten Secrets noch etwas 
Drittes hinzukommen, was die pathogene Wirkung nicht unwesent¬ 
lich zu verstärken imstande ist: nämlich eine veränderte, be¬ 
schleunigte Abführung des Drüsensecrets und ein direk¬ 
terer beschleunigter Uebergang desselben in die Blut¬ 
masse. Bekanntlich sind die älteren Vorstellungen von Biondi und 
Langendorff, wodurch die Abführung des Secrets lediglich auf dem 
Wege der passiven Zellschmelzung und Berstung der angewachsenen 
Follikel zustande kommen sollte, durch Hürthle 3 ) jüngst dahin 
ergänzt und berichtigt worden, dass ausserdem auch eine Ent¬ 
leerung des in den Zellen gebildeten Secrets durch Inter¬ 
cellularspalten, und zwar lediglich bei gesteigerter Thätig- 
keit der Drüse (wie z. B. nach Unterbindung des Gallenganges) 
stattfindet. Diese Intercellular spalten sind, wie Hürthle dar- 
gethan hat, keine selbstständigen und permanent vorhandenen 
Gebilde, sondern sie entstehen und vergrössern sich je nach Be- 
dürfniss, so dass man der gesteigerten Drüsenthätigkeit entsprechend 
bald nur enge und feine homogene Colloidlinien zwischen den 
Zellen, bald breitere, mit Colloid gefüllte Spalten antrifft, die die 
Follikelhöhle mit dem interfolliculären Lymphraum verbinden. Ob 
die angesammelte Colloidsubstanz durch die abgehenden Lymph- 
gefässe die Drüse verlässt oder zum Theil auch schon inner¬ 
halb dieser von den Schilddrüsenvenen resorbirt wird, 
ist noch nicht sicher entschieden, die letztere Annahme aber, nach 
Hürthle’s Versuchen, keineswegs unwahrscheinlich. Es kommt 
hinzu, dass nach den (allerdings wohl nicht so allgemein zutreffenden) 
Befimden von Renaut (Bertoye 4 ) in der Schildddrüse bei^Base- 
dow’scher Krankheit regelmässig Veränderungen interstitieller, 
hyperplastischer und chronisch - entzündlicher Natur Vorkommen 
sollen, wodurch eine Beeinträchtigung und Verlegung der Lymph- 
wege in der Drüse in grossem Umfange herbeigeführt werde. Da 
überdies gleich den Arterien auch die Venen der Schilddrüse 
bei der Basedow’schen Struma erweitert und vermehrt gefunden 
werden, so bietet die Annahme einer in grösserem Maasse statt¬ 
findenden Venenresorption keine Schwierigkeit dar, wodurch das 
in abnormer Menge und Beschaffenheit gebildete Secret zugleich in 
beschleunigter Weise und direkt, ohne Vermittelung der Lymph- 
bahn, die möglicherweise einen partiell entgiftenden Einfluss übt, 
in den Kreislauf geschafft und somit zu erhöhter toxischer Wirkung 
gebracht wird. 

Endlich kann, worauf ich schon im Anfänge hindeutete, zur 
weiteren Bestätigung der hier entwickelten Anschauungen auch 
noch ein anderer Factor herangezogen werden, dessen Benutzung 
freilich, wo es sich um Fragen von verwickelter theoretischer Natur 
handelt, nur mit grosser Vorsicht geschehen darf. Es ist das die 


l ) These, Montpellier 1890. 

3 ) Gaz. des höpitaux 1891, S. 1062. 

®) Deutsche med. Wochenschrift 1. c. und Pflüger s Archiv Bd. 06 . 

4 ) These de Lyon 1888. 


Betrachtung ex juvantibus und nocentibus, die kritische Würdigung 
derjenigen therapeutischen Maassnahmen, die sich bei Base¬ 
dow’scher Krankheit, sei es rein empirisch oder schon auf Grund¬ 
lage vorgefasster theoretischer Meinung, verhältnissmässig am besten 
bewährt haben. Will man unbefangen sein, so muss man zuge¬ 
stehen, dass schon lange vor der Aera der (augenblicklich w T ohl 
etwas über Gebühr gepriesenen) chirurgisch - operativen Eingriffe 
keineswegs selten sehr erhebliche Erfolge, Besserungen und selbst 
Heilungen bei Basedow’scher Krankheit erzielt worden sind und 
dass diese Erfolge mit Mitteln von der allcrverschiedensten Natur 
und scheinbar verschiedenstem Wirkungsmodus erzielt wurden — 
was eben nur dafür spricht, dass wir es mit einer zum Glück in 
nicht wenigen Fällen mild auftretenden und günstig verlaufenden, 
wenn auch im allgemeinen bekanntlich der vollen Heilung nicht 
sehr zugänglichen Krankheit zu thun haben. Immerhin jedoch muss 
es auffällig erscheinen, dass gerade die Mittel, die von Anfang an 
gegen die Basedowasche Krankheit am meisten benutzt wurden 
und auf die auch im Wechsel der Tagesmeinungen und der . thera¬ 
peutischen Modeströmungen stets vorzugsweise zurückgegriffen 
wurde, solche sind, die mit den vorgetragenen Anschauungen 
in harmonischem Einklänge stehen, nämlich die auf „Verbesserung 
der Blutmischung“ gerichteten antichlorotischen, roboriren- 
den, sowie auch eine Regulirung und Kräftigung der Herzthätig- 
keit anstrebenden Mittel. Es soll hierbei keineswegs bloss oder 
auch nur vorzugsweise an die pharmaceutischen .„Tonica“, an 
Eisen, Chinarinde, Digitalis u. s. w. gedacht werden — sondern 
noch weit mehr an diejenigen Methoden, die eine allmähliche 
Kräftigung und erhöhte Widerstandsfähigkeit des Organismus 
auf anderem Wege, durch Diätcuren, hydriatische Behand¬ 
lung, Climatotherapie u. s. w. anstreben und denen wir, wie 
ich dies schon an anderem Orte weiter ausgeführt habe 1 ), so 
schätzenswerthe Erfolge bei Basedow’scher Krankheit zu danken 
haben. — Was sodann die operativen Erfolge, namentlich der 
Schilddrüsenresectionen (partiellen Strumectomieen) betrifft, 
so mehrt sich, trotz einzelner ablehnender Stimmen auch von 
chirurgischer Seite (Wölfl er), die Zahl der beobachteten Besserungs¬ 
und Heilungsfälle fortdauernd in solchem Maasse, dass wir sie 
nicht ignoriren dürfen und, gern oder ungern, davon praktisch und 
theoretisch Notiz zu nehmen gezwungen sind. Der einstweilen ge¬ 
botene praktische Standpunkt scheint mir der zu sein, dass man, 
da der Eingriff immerhin nicht unbedenklich ist, nur die schwersten, 
gegen jede anderweitige Therapie rebellischen Fälle, diejenigen mit 
„thyreogener Kachexie“ (Rehn 2 ) der Resection unterziehen sollte. 
Theoretisch aber liefern diese Erfolge der operativen Therapie 
doch der chemisch-toxischen Hypothese über die Entstehung- der 
Basedow’schen Krankheit eine unleugbar wichtige Stütze. 

Wir können uns somit, wie ich glaube, auf Grund des vor¬ 
liegenden physiologischen, morphologischen und klinisch-therapeu¬ 
tischen Materials wenigstens eine vorläufige hypothetische Vor¬ 
stellung in betreff der veränderten und pathogen wirkenden Schild¬ 
drüsenfunction bei Basedow’scher Krankheit und der Entstehung 
der letzteren durch „Autointoxication“ zu bilden versuchen. Diese 
Vorstellung dürfte etwa von folgender Art sein: 

1. Die Schilddrüse verändert bei ihrer normalen Function die 
chemische Blutbeschaffenheit in eigenartiger Weise, und zwar ge¬ 
schieht dies durch Bildung und Absonderung eines specifischen 
Stoffes, der von den gereizten Follikelzellen producirt und theils 
durch Zellschmelzung und Berstung der Follikel in die inter- 
folliculären Lymphräume (Biondi, Langendorff) — theils 
auch (Hürthle) in die je nach Bedürfniss sich bildenden und er¬ 
weiternden Intercellularspalten entleert und im Normal¬ 
zustände jedenfalls vorzugsweise durch die ausführenden Lyrnpli- 
gefässe der Drüse abgeführt wird. Als adäquater Reiz für 
diese Secretbildung in der Drüse ist nicht der Nervenreiz, sondern 
wesentlich eine bestimmte Zusammensetzung des Blutes 
(Hürthle) zu betrachten. 

2. Bei der Basedow’schen Krankheit ist eine progressiv 
gesteigerte Secretionsthätigkeit der Drüse, möglicher¬ 
weise verbunden mit einer noch unbekannten quali¬ 
tativen Veränderung (erhöhten Toxicität) des von ihr 
gelieferten Secrets anzunehmen, wodurch das letztere in spe- 
cifischer Weise pathogen wirkt. Während die erhöhte Secret¬ 
bildung durch den quantitativ und qualitativ veränderten Blutreiz 
(s u) wahrscheinlich gemacht wird, können zu Gunsten einer ver¬ 
änderten Beschaffenheit (erhöhten Toxicität) des Secretes wenigstens 
die — allerdings noch unzulänglichen — Befunde über veränderte 
Harnbeschaffenheit, namentlich über den Nachweis verschiedener 
Ptomaine im Harn der Basedow-Kranken (Chevalier; 


*) Zur Symptomatologie und Therapie der Basedow’schen Krankheit. 
Berl. klin. Wochenschrift 1889, S. 1 ff. . , , 1ftq , q 10 

*) Ueber Morbus Basedowii. Deutsche med. Wochenschr. 189*. S. 


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772 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40 


Boi net und Silbcrt) angeführt werden. — Nicht unwahrschein¬ 
lich ist es endlich, dass mit der quantitativen und qualitativen 
Veränderung der Secretion auch eine veränderte Abführung 
des Secrets aus der Drüse insofern einhergeht, als dabei ver- 
hältnissinässig grössere Mengen desselben durch Venenresorption 
direkter in die Blutmasse übergeführt und zu unbehinderterer 
pathogener Wirkung gebracht werden. Die Renaut’schen Be¬ 
funde, die eine Beeinträchtigung und Verlegung der Lymphwege 
auf Grund chronischer Bindegewebsentzündung ergeben, lassen sich 
— im Verein mit den zuvor erwähnten Hürtkle’scken Unter¬ 
suchungen — in diesem Sinne verwerthen. 

B. Der die gesteigerte und qualitativ anomale Secretion aus¬ 
lösende pathologische Reiz ist dabei einerseits in der mehr oder 
weniger gesteigerten arteriellen Congestion und Blutüber¬ 
füllung der Drüse — andererseits auch in den häufig voraufgehenden 
und begleitenden Abnormitäten der Blutbeschaffenheit bei 
den Basedow-Kranken zu suchen. In dieser Beziehung ist, was das 
symptomatisch-klinische Verhalten betrifft, an das constante und 
fast als pathognomonisch zu bezeichnende Vorkommen von Gefäss- 
geräuschen, namentlich arteriellen Geräuschen, über der Drüse — 
an die schon den ältesten Autoren nicht entgangene Verbindung 
mit Anämie und Chloroanämie — an das nicht seltene Vorkommen 
von Icterus, schweren Störungen der Verdauung und des Gesammt- 
stoffwechsels — an j)ie Entwickelung des Leidens nach vorauf¬ 
gegangenen schwächenden acuten Krankheiten, Traumen, schweren 
psychischen Erschütterungen u. s. w. zu erinnern. 

4. Mit den hier entwickelten Anschauungen stehen auch die 
therapeutischen Erfahrungen insofern im Einklänge, als die eine 
wesentliche Besserung oder Heilung der Basedow-Krankheit herbei¬ 
führenden Behandlungsmethoden entweder vorzugsweise durch eine 
Hebung und Regulirung der Blutbeschaffenheit, der Circulation 
Und Ernährung, durch „allgemeine Tonisirung“, somit auf dem 
Wege der Normalisirung des auslösenden pathologischen 
Reizes (des Blutreizes) ihren Einfluss üben — oder aber, wie die 
operativen Verfahren, darauf abzielen, die für den Organismus 
schädigenden Reizwirkungen, die Folgezustände der unter abnormen 
Bedingungen vor sich gehenden Drüsenfunction, durch Einschrän¬ 
kung und partielle Ausserkraftsetzung dieser Function, durch Ver¬ 
ringerung der sccernirendcn Fläche, in möglichst weitem Umfange 
zu eliminiren. 

II. Erwiderung auf die Arbeit von Dr. Hübener 
über das Tizzoni’scbe Tetanusantitoxin. 

Von Professor G. Tizzoni und Docentin G. Cattani. 

Im ersten Theil seines in No. 33 dieser Wochenschrift er¬ 
schienenen Aufsatzes über unser Antitoxin bedauert Herr Dr. 
Hüboner, dass wir für die Bestimmung des Immunisirungswerthes 
des Serums nicht wcisse Mäuse, sondern Kaninchen benutzt haben; 
denn dieser Umstand „fällt bei einer Werthprüfung schwer in’s 
Gewicht, da die Kaninchen eine sehr viel geringere Empfindlichkeit 
gegen das Tetanusgift besitzen als weisse Mäuse.“ 

Dem gegenüber sind wir genöthigt, hier einiges zu wieder¬ 
holen, was wir bereits vor kurzer Zeit publicirt haben, und 
dabei noch manches anzudeuten, was wir in einer demnächst 
erscheinenden Schrift ausführlicher darlegen werden. 

Vir wiederholen also 1 ), dass das Immunisirungsvermögen 
eines gegebenen Serums an für das Tetanusgift verschieden em¬ 
pfindlichen Thieren gemessen werden kann, nur muss seine Wirkung 
gegen solche Tetanusvergiftungen und -Infectionen versucht werden, 
welche die betreffenden Thiere in der gleichen Zeitfrist tödten; die 
derart erzielten Resultate sind immer gleich, d. h. der Werth des 
Serums erscheint von gleichem Grad bei den verschiedenen 
Thieren. 


Wir haben dieses feststellen können mittels vergleichende! 
Untersuchungen an der Ratte und am Kaninchen, welche Thier« 
nicht für uns allein, sondern auch für die deutsche Schulo als un 
gleich empfindlich gegen Tetanus gelten. Der einzige Unterschied 
den wir fanden, besteht darin, dass die Menge von Tetanusgift 
welche durch eine Immunisirungseinheit neutralisirt werden kann 
im minder empfindlichen Thier grösser ist, was gerade seiner 
brund dann hat, dass hier eine grössere Giftmenge nöthig ist 
Jr n i en Gr m d L . der Ver £ ift U“ff hervorzurufen, welcher beim em 
Endlicheren Thier durch eine geringere Dosis erzielt wird. 

W ir fügen hinzu, dass wir in zahlreichen und wiederholter 
Versuchen mit filtrirten Totanusculturen oder mit dem aus den¬ 
selben gewonnenen trockenen Gift immer das Kaninchen viel em 


r^vnlin A Catt ?, ni ’ Nuov ; e esperienze sulla vaccinazione de 

cavallo contro ll tetano. Gnzzotta degli Ospitali und Berliner klinisch 


Wochenschrift 1894. 


pfindlicher gefunden haben als die Ratte und, wenn nicht mehr, 
doch gleich empfindlich wie die weisse Maus. 

Damit wollen wir nicht ausschliessen, dass mit nicht filtrirten 
Culturen ausgeführte Versuche nicht für dieselben Thiere .ein an¬ 
deres Verhältnis im Empfindlichkeitsgrad für Tetanus ergeben 
dürften. Da wir sogar beobachtet haben, dass gegen nicht filtrirte 
Tetanusculturen, besonders wenn sie alt sind, die Ratte fast mit 
gleicher Empfindlichkeit reagirt wie das Kaninchen, so möchten 
wir nicht entscheiden, ob die ungleichen Resultate, welche wir in 
Italien und andere Forscher in Deutschland bei vergleichenden 
Untersuchungen über die Tetanusempfindlichkeit von Kaninchen, 
Ratte und Maus erzielt haben, nur auf Rassenunterschiede der 
Versuchstiere zu beziehen sind, oder aber vom verschiedenen, für 
die Versuche angewandten Tetanusmaterial abhängen. 

In jedem Fall aber steht fest, dass, wenn auch die geringere oder 
grössere Empfindlichkeit der Thiere, welche zur quantitativen Be¬ 
stimmung des Immunisirungsvermögens des Serums benutzt werden, 
wirklich zur Feststellung eines höheren oder niedrigeren Wertkes 
führen könnte, es keinen Unterschiöd ‘ ergeben würde, wenn wir 
für unsere Bestimmungen statt der Mäuse Kaninchön verwenden, 
weil, bei uns wenigstens, beide Thierarten gegen filtrirte Tetanus¬ 
culturen oder das aus ihnen gewonnene trockene Gift (d. h. gegen 
das zu solchen Versuchen gebräuchliche tetanuserzeugende Material) 
in gleichem Maasse empfindlich sind. 

Es bleibt also ausgeschlossen, dass der Unterschied der Immuni- 
sirungswerthe, den wir und Herr Hübener bei unserem Antitoxin 
gefunden haben, davon abhängig sei, dass letzterer die Bestimmung 
jenes Werthes an viel empfindlicheren Thieren vorgenommen hat: 
wir nehmen dagegen an, dass dieser Unterschied seinen Grund 
darin hat, dass Herr Hübener in seinen Controllversuchen über 
den Werth unseres Antitoxins das Verfahren Ehrlich’s und nicht 
das Behring’sche benutzt hat; derart sündigte er selber gegen 
die Mahnung, welche er an uns richtete: „dass es für eine gegen¬ 
seitige Verständigung werthvoll sei, ein einheitliches Princip für 
die zahlenmässige Bestimmung der Wirkung des Heilserums zu 
wählen.“ 

Wir wollen gern zugeben, dass das Ehrlich’sche Verfahren 
dem Behring’schen gegenüber den Vorzug der Bequemlichkeit 
hat, sowie dass bei Anwendung desselben die individuellen Unter¬ 
schiede in der Absorption durch das Unterhautbindegewebe weniger 
bemerkbar werden; es muss uns aber zugegeben werden, dass 
durch jenes Verfahren alle anderen Ursachen der Inconstanz der 
Resultate nicht ausgeschlossen werden; z. B. nicht jene, welche 
aus der Natur des Gegenstandes derartiger Untersuchungen selbst 
sich ergeben und deshalb unvermeidlich sind, da wir alle zugeben 1 ), 
„dass eine absolute Genauigkeit in der Bestimmung des Immunitftts- 
werthes überhaupt nicht zu erreichen ist.“ 

Ja, einige von jenen störenden Momenten üben bei den Be¬ 
stimmungen mittels des Ehrlich’schen Verfahrens auf das End¬ 
resultat einen viel hochgradigeren Einfluss aus als bei Anwendung 
der Methode von Behring. So*z. B. die Differenz ad minus, die sich 
bei jeder geringsten Differenz ad plus in der Menge des Tetanus- 
giftes, welche als minimale tödtliche Dosis gewählt wird, für den 
Werth des gleichen Serums ergiebt. Ist jene Differenz bei den 
nach dem Behring’schen Verfahren ausgeführten Werthbestim¬ 
mungen bereits ziemlich bedeutend, so wird sie bei Anwendung 
des Verfahrens nach Ehrlich noch viel ansehnlicher, weil sie 
durch die Zahl der injicirten tödtlichen Dosen multiplicirt wird, 
und dieses um so mehr, je höher der zu controllirende Immum- 
sirungswerth ist. 

Wenn man bedenkt, dass „die Bestimmung der tödtlichen 
Minimaldosis immer etwas willkürliches behalten wird“ 2 ), so wird 
man begreifen, wie leicht es ist, beim Ehrlich’schen Verfahren 
einem gegebenen Serum einen drei- bis vierfach geringeren Werth 
zuzuschreiben als derjenige ist, welchen andere Forscher mittels 
des Behring’schen Verfahrens bestimmt haben. 

Wir kommen nun zu den Schlüssen, die Hübener aus seinen 
Untersuchungen über unser Antitoxin ziehen zu müssen ge¬ 
glaubt hat. • . 

Der erste dieser Schlüsse ist: „Erstens hat Tizzoni nicht ein 
zehnmal stärkeres, sondern vielmehr ein drei- bis vierfach schwächere. 1 ' 
Serum in den Händen gehabt wie Behring.“ __ 

Vor allem wäre es wünschenswerth gewesen, dass neri 
Hübener, um das Behring’sche Serum mit unserem zu ver¬ 
gleichen, wirklich vergleichende Untersuchungen vorgenommen, 
d. h. mit Hülfe einer und derselben Methode und unter gleichen 
Versuchsbedingungen das genaue Werthverhältniss der beiden 
Serumsorten festgestellt hätte. 

‘) Behring und Knorr, Ueber den Immunisirungs werth und Heil* 
werth des Tetanusheilserums bei weissen Mäusen. Zeitschrift für Hygien° 
und Infectionskrankh. Bd. XHI, 1898. 

*) Behring und Knorr, 1. c. 


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4. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


773 


Es hätte aber jedenfalls Herrn Hüben er nicht entgehen 
sollen, dass seine Vergleichung des Behring’schen Serums mit 
unserem in der Weise, wie er sie angegeben hat, wenigstens den¬ 
jenigen, welcher nur die Endresultate seiner Arbeit liest, zu der 
irrigen Meinung führen muss, dass der Werth unseres Serums 
bei der Hüboner’schen Bestimmung 30—40mal niedriger ausge¬ 
fallen ist als der, welchen wir ihm zugeschrieben hatten. Dagegen 
ist der von Herrn Hüben er für unser Antitoxin mit dem Ehr¬ 
lich’sehen Verfahren gefundene Werth (30 Millionen für das 
pulverförmige Präparat, 3 Millionen für das Ausgangsserum) nur 
3—4 mal niedriger, als wir nach Behring’s Verfahren bestimmt 
haben. 

Uebrigens ist es nicht schwer, dem Ursprung dieses Fehlers 
auf die Spur zu kommen. 

Herr Hüben er beginnt seinen Aufsatz mit den Worten: 

„Nach Behring’s Untersuchungen kann man zur Heilung des Te¬ 
tanus nur von einem Blutserum Erfolg erwarten, welches einen sehr 
hohen Immunisirungswerth besitzt. Ihm selbst war es gelungen, ein 
solches im Werthe von 1:10 Millionen zu erreichen. Demgegenüber 
behaupten Tizzoni und Cattani, dass sie über ein Tetanusheilserum 
verfügten von 100 Millionen Werth.“ 

Olfenbar bezieht sich Herr Hüben er, wenn er schreibt, 
„Tizzoni hat nicht ein zehnmal stärkeres Serum in den Händen 
gehabt wie Behring“, auf das Serum, welches wir vom Pferde 
Capinero in der ersten Serie von Verstärkungsinjectionen bekamen 
und welches wir gerade (auf Grund zahlreicher Untersuchungen) 
auf den Werth von 100 Millionen schätzten. Jenes werthvolle 
Material (welches wir leider zur Heilung des Tetanus am Men¬ 
schen nicht anwenden konnten) war also zehnmal stärker als das 
Serum, aus welchem das Merek’sche Präparat gewonnen wird, und 
auf dieses letztere allein darf sich Herr Hüben er beziehen, wenn 
er fortfährt, „sondern vielmehr ein drei- bis vierfach schwächeres 
etc.“ 

Also eine wirkliche und thatsächliche Verwechselung der ver¬ 
glichenen Mengen, wodurch der Unterschied zwischen unseren und 
Herrn Hübener’s Resultaten in der Bestimmung des Heilwerthes 
unseres Antitoxins um das Zehnfache vergrössert wird. 

Zuletzt schreibt Herr Hüben er: 

„Zweitens aber — und das ist die Hauptsache — genügt ein solches 
Serum bei weitem nicht zur Heilung schwerer oder erst spät zur Behand¬ 
lung gekommener Fälle, da für solche nicht einmal das weit stärkere 
Behring’sche Serum selbst in den grossen Quantitäten von 200—400 ccm 
auszureichen vermocht hat.“ 

Zur Bestätigung dieser Beurtheilung führt Herr Hüben er 
einige von Dr. Beck mit dem Merck’schen Präparate ausgeführte 
Splitterversuche an, in welchen nicht nur jede heilende Wirkung, 
sondern sogar jede Verspätung des Todes der mit unserem Mittel 
behandelten Thiere ausblieb. — Aber was für ein Werth kann 
solchen Experimenten zugemessen werden, welche, wie die von 
Beck, unter Bedingungen ausgeführt wurden, deren absolut nega¬ 
tiver Ausgang mit Sicherheit vorausgesehen werden konnte? 

Ein gleichfalls total negatives Resultat erzielte in der That 
neuerdings bei ähnlichen Experimenten Brieger selbst 1 ), indem er 
sein eigenes Antitoxin anwendete, das er durch Concentrirung der 
Milch von gegen Tetanus vaccinirten Ziegen gewonnen hatte. 

Es sei noch bemerkt, dass Beck unter noch ungünstigeren 
Verhältnissen experimentirte, denn er operirte an empfindlicheren 
Thieren (Meerschweinchen) und wartete, um unser Antitoxin zu 
injiciren, genau 24 Stunden nach Einführung des Splitters, während 
Brieger minder empfindliche Thiere (Mäuse) benutzt und das 
Antitoxin nicht später als 20—22 Stunden nach Einführung des 
Splitters injicirt hatte. 

Und jene ungünstigeren Verhältnisse sind nicht etwa in 
Beck’s Versuchen dadurch ausgeglichen, dass er eine grössere 
Menge der antitetanischen Substanz anwendete. In der That er¬ 
hielten von den vier mit dem Merck’schen Präparat behandelten 
Meerschweinchen von einem Gewicht von 460—670 g, das erste 
0,10 g, das zweite 0,25 g, das dritte 0,50 g, das vierte 0,70 g. 

Brieger hat bei fünf von den acht zu seinen Splitterver¬ 
suchen benutzten Mäusen, deren Gewicht 14,5—19 g betrug, 
von seinem, nach dem Ehrlich’schen Verfahren, 20 Millionen 
werthigen Antitoxin nicht weniger als 0,10 g per Individuum in¬ 
jicirt, d. h. 1 g des Mittels für 145—190 g Körpergewicht. 

Wenn wir dem Merck’schen Antitoxin, unserer Schätzung 
entsprechend, den Werth von 100 Millionen zuschreiben, so konnte 
Beck davon bis zu 0,20 g für je 140—190 g des Körper- 
gewichtes (d. h. bis zu 0,80 g für jedes Meerschweinchen) injiciren, 
ohne berechtigt zu sein, „die geringste Andeutung einer den Tod 
hinausschiebenden, geschweige denn heilenden Wirkung“ davon zu 


*) Brieger und Georg Cohn, Beiträge zur Concentrirung der 
gegen Wundstarrkrampf schützenden Substanz aus der Milch. Zeitschrift 
[ür Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XV. 


erwarten, wie in den oben angeführten Versuchen Brieger’s keine 
Heilwirkung und keine Verzögerung des Todes eirigetreten war. 

Weun zuletzt, wie Herr Hübener angiebt, 200—400 ccm des 
Behring’schen Serums zur Heilung schwerer und vorgerückter 
Fälle von Tetanus nie ausreichten, so können wir für unser Anti¬ 
toxin, in Bezug auf die Heilung des Tetanus am Menschen, zweifel¬ 
los günstigere Resultate verzeichnen (unter den geheilten Fällen, 
gewiss schweren oder spät zur Behandlung gekommenen, können 
wir, abgesehen von mehreren, einen Kopftetanus 1 ) und einen 
Tetanus neonatorum 2 ) erwähnen, welchem letzteren allein vielfach 
ein höherer Beweiswerth zugeschrieben wird, als zehn Heilungen 
von Erwachsenen). Genügt nun diese Thatsache nicht schon an 
und für sich, zu beweisen, dass das von Herrn Hübener gefällte 
Urtheil der Minderwertigkeit und Unzuverlässigkeit unseres 
Tetanusantitoxins ein unrichtiges ist? 


III. Der galvanische Pinsel. Die Behandlung 
der Impotenz, Ischias und Tabes dorsalis. 

Von Dr. A. Witkowski in Berlin. 


Während der faradische Pinsel seit. Jahrzehnten in die Elektro¬ 
therapie eingeführt ist, findet der galvanische Pinsel nur wenig 
Verwendung. Wicsner 3 ) empfahl ihn 1868 bei Behandlung einer 
Trigeminusneuralgie, Seeger 4 ) 1872 bei Ischias. Erb erwähnt 
in seinem Handbuch der Elektrotherapie den mit der Kathode 
armirten Metallpinsel gegen Anästhesie, und Seeligmül ler 5 ) hat 
1883, dann Böttger 6 ) 1884 auf seine Veranlassung den galva¬ 
nischen Pinsel bei chronischem Gelenkrheumatismus in Anwendung 
gebracht. Seitdem ist es still geworden von dem galvanischen 
Pinsel; denn man kann nicht sagen, dass die genannten Empfehlungen 
Anklang bei den Aerzten gefunden hätten. 

Die Wirkung des faradischen Pinsels ist eine erregende, eine 
irritative. Die gepinselte Haut wird zuerst blass, dann röthet sie 
sich, und es tritt Schmerzempfindung auf, je nach der Stromstärke 
grösser oder geringer. Der galvanische Pinsel übt dieselbe Wir¬ 
kung aus: Blässe, Röthung, Schmerz. Ein Vergleich des Grades 
und der Dauer der einzelnen Stadien zwischen beiden Stromarten 
ist ungemein schwierig, da es einen absoluten Gradmesser für den 
faradischen Strom nicht giebt. Ich habe hierzu die Reizwirkung 
auf einige besonders bequem liegende Nervenstämme benutzt, für 
die Unterextremitäten auf den Nervus peroneus, für die Ober¬ 
extremitäten auf den Nervus ulnaris und habe diejenigen Ströme 
als gleich stark angesprochen, die ungefähr gleich grosse Muskel¬ 
zuckungen verursachten. Hiernach ergab sich eine grosso Mannig¬ 
faltigkeit in den Reactionsverhältnissen der Haut, auf die ich hier 
nicht näher eingehen will; constant nur schien bei dem galva¬ 
nischen Pinsel die Röthe intensiver und andauernder zu sein; sicher 
aber ruft der galvanische Pinsel eine weit grössere Schmerz¬ 
empfindung hervor, als der faradische. Es ergiebt sich also aus 
diesen Versuchen die Ueberlegenheit des galvanischen Pinsels in 
der Reizwirkuug: Röthe—Schmerz. Und hierauf kommt es einzig 
und allein an. > 

Die ganze therapeutische Aufgabe des faradischen Pinsels be¬ 
steht in der Reizung der Haut, sei es nun behufs direkter Beein¬ 
flussung derselben, sei es behufs Ausübung des sogenannten Gegen¬ 
reizes, sei es behufs reflektorischer Fernwirkung auf die nervösen 
Centralorgane. Ausser der genannten Wirkung wird man aber dem 
galvanischen Pinsel noch diejenige zusprechen müssen, die dem 
galvanischen Strome überhaupt vor dem faradischen eigen ist, näm¬ 
lich die Wirkung in die Tiefe. Der faradische Strom hat nur 
Oberflächenwirkung; will man Stromschleifen direkt in die tiefer 
gelegenen Theile gelangen lassen, so muss man sich des galva¬ 
nischen Stromes bedienen. Aus dem Gosagten ergiebt sich, dass 
der galvanische Pinsel den faradischen quantitativ und qualitativ 
in der Wirkung überragt. 

Der Grund, weshalb trotzdem der galvanische Pinsel bisher so 
wenig Beachtung gefunden hat, liegt in den gefürchteten Folgen 
seiner Behandlung. Zunächst bemerke ich, dass mit dem Absetzen 
der Elektroden bei beiden Stromarten der Schmerz sofort aufhört; 
die Röthe dagegen hält sich noch eine Zeit lang, beim galvanischen 


i) Dr. Giusti, Un caso di tetano curato con siero antitetanico. 
azzetta degli Ospitali 1894. 

3) Escherich, Vier mit Tizzoni’s Antitoxin behandelte 1 alle von 
rismus et Tetanus neonatorum. Wiener klin. Wochenschr. 1893, No. o- 
3) Wiosner, Zwei Fälle von Heilung schwerer und langwieriger 
rosopalgie durch den constanten Strom. Berl. klin. Wochenschr. lob», 

° *)’Seeger, Abhandl. über Neuralgie, bezw. Ischialgie. Wien. med. 
resse 1872, No. 34, 35, 37, 38. _ ., ioqq 

») Seeligmül ler, Naturforschorversammlung m Froiburg leöd. 
i 6 ) Böttger, Beitrag zur Behandlung des chronischen Gelenk- 
lieumatismus mit Elektricität. Inaugural-Dissert., Halle 18 . 


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774: 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Strom viel länger, als beim faradischen. Erb 1 ) hat bei ersterem 
noch nach 6—10 Tagen bei gewissen Einwirkungen auf die Haut 
z. B. nach Gebrauch eines Dampfbades, die Applicationsstellen sich 
wieder röthen sehen. Zum Unterschied aber von dem faradischen 
gewirkt der galvanische Pinsel, wenn er längere Zeit auf einer 
Stelle haftet, Aetzungen und Verschorfungen. Seeligmüller be¬ 
nutzte diese AetzWirkung therapeutisch bei Gelenkleiden Dies 
würde nur eine Fehlerwirkung sein, wie sie den meisten der zur 
Reizung der Haut im Gebrauch befindlichen Mittel, der o-anzen 
Gruppe der Vesicantien u. a. m., ebenfalls anhaftet. Aber man 
kann dieselbe sehr leicht dadurch vermeiden, dass man den Pinsel 
häufig von der behandelten Stelle abhebt und ausserdem die Stelle 
leicht anfeuchtet. — Ein zweiter Vorwurf, den man dem galva¬ 
nischen Pinsel gegenüber dem faradischen macht, ist die heftige 
Schmerzerregung. Dieser Vorwurf gleicht ungefähr dem, den man 
dem Chloroform machen kann, weil es betäubt. Da der galva¬ 
nische Pinsel zur Reizung der sensiblen Hautnerven angewandt 
wird, so kann die gewollte Wirkung nur die des Schmerzes sein 
Und dass man den galvanischen Strom bei einem einigermaassen 
guten Apparate genau dosiren kann, bedarf keiner Erläuterung 
w Ulian £> enehm ls t bei längerem Hin- und Herstreichen nur die 
Wirkung des rauhen Metallfadens auf die Haut, eine Wirkung die 
sich aber sowohl beim faradischen, wie beim galvanischen Pinsel 
äussgrt. Diesem Uebelstande begegne ich dadurch, dass ich den 
Pinsel kurz, bei längerem Gebrauche öfter in kaltes Wasser tauche 
so dass nur einige Tropfen an den Fäden hängen bleiben. Es ist 
dm h rW d f aS \f die °b erfl ^henwirkung des galvanischen Stromes 
f nf * U( J tlm £ der Haut verringert wird, da hierdurch der 
H , aUt ver P mdert wird. Aber die erwähnte Art 
der Anfeuchtung ist so gering, dass sie kaum für die Widerstands- 
rechung in Betracht kommt, und doch gross genug, um Ver- 

verhindern ^ HaUt dUFdl den railllen trock enen Metallfaden zu 
Wir besitzen somit im galvanischen Pinsel einen den fara- 

Haut™i 7 P T d ^ Intensität weit überragenden, acut wirkenden 
Hautreiz, den man ganz genau lokalisiren und dosiren und 
den man beliebig oft zur Anwendung bringen kann ohne ire-end 
welche schädlichen Nachwirkungen zu verursachen ’ S 

Kranker'“ ^ ^ Hautreiz zur Behandlung von 

1. Der Hautreiz dient zur direkten Erregung der sensiblen „ml 

vasomotorischen Apparate der Haut. Das Behandlungsobject Tst 
die periphere Anästhesie und Parästhesie einerseits arculations- 
störungen (mangelhafte Ernährung) andererseits. Behufs Behand- 
lung der ersten Gruppe wird der trockene, mit der Kathode armirte 

abä?m^teht. Alsdann 

pssgssis 

sSässrÄx 5S& 

durch häufige Oeflnung des starken »ufgesetzt wird und 

Alsdann wird dg bewirkt wird. 

angofeuchtete Kathodenmetallpinsel ltgs%es GlTedes^ 6 ’ 

Inn- und hergeführt, während er auf Hin rnf • d t em P aar mal 
Weise, aber leicht angefeuchtet wfedeSnit 8 k“ ° ben e enannter 
empfindung aufgesetzt wird Biö T> e<er '°^ bis zur Sehmerz- 
und wird zweitfglfch wiederhop 16 £ a T ah. d f aUert drei Minuten 
werden der BehandlungpmahLeZ?, Ablauf , von drei Wochen 
sie in Berlin in einigen AnstaUen Ll ', enSä T Urebildcr wie 

in vorzüglicher Weise verabreicht werdet" 11 Dte n» rt ' SCh - e “ S l stem 
mu„ ■/, Stunde betragen. K, !£ 

5 Handbuch der Elektrotherapie. 

Tabes. 6 ° g6nde Besprechung des Zusammenhanges bei der 


_ No. R) 

wüewil? h an de “ Zwischentagon wird elektrisirt 

Nach Ablauf dieser Cur wird eine Pause von zwei Monaten in £ 
Behandlung gemacht. Alsdann wird die Cur in milderer Form -1 
hnl? hS M-t lt d- ICh M 1 , Bebandlun g in der Woche — wieder- 

ÄTÄf' 1,k ” " h ” lk “"*•“*» »« M 

, Ber Hautreiz dient als Gegenreiz. Weshalb bei Reizumr 
der Haut tiefer gelegene erkrankte Theile, wie Muskeln und Nernn 
dir r«™ Beizzustaad befinden, heilen, ist nicht recht klar Aber 
dor häufig eclatanto Erfolg beweist die Richtigkeit der Behandln 
Zu dieser Gruppe gehört das ganze Gebiet der Mvalgieen Neursf 
gieen Arthralgieen. Ich wende bei allen diesen FäUen den 
vanischen Pinsel an, da er den intensivsten Hautreiz totem' 
der am leichtesten abstuf bar, genau begrenzt und ohne Nach’ 
empfindung und schädliche Folgen für die Haut anwendbar 

SgefeuICten Pm“el ClU “ g Ste,le d ®m leicht 

»äÄaffiÄÄÄ 

Pinsels über die anderen elektrischen Methoden besonders hcmr 
Der Patient liegt auf dem Bauch. Die Haut wird über 
Ischiadmus in seiner ganzen Ausdehnung von seinem Austritt bis zu 
den letzten Ausläufern mit dem leicht angefeuchteten Kathoden- 
Wai 6 b j', 6tarkem Strome ca. fünf Minuten lang kräftig gepinselt 
kurze? -f“Ä* derPinsel wiederholt auf den Schmerzpunkten 
kurze Zeit. Mit dieser täglich oder zweitäglich zu wiederholenden 
Behandlungsart erreicht man oft glänzende Erfolge. Viele alte 
Fällo, die anderen Methoden Widerstand leisteten, heilten und 

Bls?e“ng l m 0S aUen Z Fäi, ^ ^ ^ dies Totzdem 

tfesseiung m allen Fällen zu erzielen ist, geht dieselbe manchmal 

HrTZ» 11 bestlmm £ en PuDkt nich ‘ hinaus; die Heilung bleibt aus 

k^utl IrMT 610 ??’ empfeble ich di ® Combination dreier ^ 

dehnMg M e “ : MaSSag6 ~ g a,vanisck ® Pinselung _ Nerven- 

r,ch;j!wM d der auf dem Bauche lie gt. wird das ganze 

Nachdem' BS . Nervus ‘? chiadlcu s ca. fünf Minuten lang kräftig massirt. 
fohrt wteH»? ZUr M f aSS r a f« benutzte Fett sorgfältig abgerieben ist, 
vftSl p- Ca ‘ fu £ f ¥ lnuten lan S die oben beschriebene gal- 
vamsche Pinselung. Es ist selbstverständlich, dass der Pinsel bei 

/q 1 ^ e ^^| nWendun ^ käu % angefeuchtet werden muss, wenn auch 
dUFCh emmali ges Eintauchen in kaltes Wasser. Nach 

igung der Pinselung legt sich der Patient auf den Rücken, 
er rzt greift mit der einen Hand unter den Hacken des er¬ 
krankten Beines, mit der anderen drückt er fest auf das Knie- 
ge enk. Alsdann hebt er plötzlich und mit grosser Kraft das in 
er Streckung gehaltene Bein an, um eine möglichst ergiebige 
eugung in der Hüfte auszuführen. Die Bewegung wird in ganz 
kurzen Zwischenpausen vier- bis fünfmal wiederholt. Die Methode, 

. ^ sck on lange als unblutige Nervendehnung bekannt 

, lst J etz « von Bonuzzi 1 ) und später von Benedikt 2 ) wieder 
neu entdeckt worden. So leicht wie die Verfasser sich die Beugung 
ei Butte denken, ist dieselbe wenigstens bei an Ischias Leidenden 
nun nicht. Die Kranken spannen, durch den heftigen Schmerz ver¬ 
anlasst, die Hüftmuskeln auf das äusserste an, um die Beugung 
zu verhindern. 

Auch halte ich behufs Nervendehnung die Beugung nicht für 
genügend, wenn dabei das Bein nicht energisch gestreckt wird. 

eide Indicationen erfüllt die oben angeführte Methode leicht und 
schnell, was bei der Schmerzhaftigkeit der Affection ein nicht zu 
unterschätzender Vortheil ist. 

Von den drei zur Behandlung angegebenen Acten — die in 
ga,nz schweren Fällen täglich, sonst zweitäglieh ausgeführt werden 
müssen halte ich die Massage für den direkt am wenigsten 
wirksamen. Doch möchte ich sie als Hülfsmittel zur Kräftigung 
er bei längerer Dauer der Krankheit stets in Mitleidenschaft ge¬ 
zogenen Muskeln nicht entbehren. Das Hauptgewicht lege ich auf 
ie galvanische Pinselung und die Nervendehnung. So ungemein 
schmerzhaft diese beiden Acte der Behandlung auch zu sein pflegen, 
so entziehen sich die Patienten derselben doch niemals. Denn der 
riolg ist nach jeder einzelnen Vornahme ein ganz evidenter, 
atienten, die zur Behandlung getragen werden müssen, können 
e ^ ner .Sitzung häufig schon eine Zeit lang gehen. Allerdings 
p egt der Erfolg in seinem ganzen Umfange nur eine Reihe von 
stunden anzuhalten. Aber es bleibt nach jeder Sitzung doch 
PM? er ,u em Besserung dauernd übrig. Führt man die 

-Behandlung nun regelmässig mit nur 24ständigen Pausen durch, 
so erreicht man in kürzester Zeit vollkommene Heilung. Ich 

■Röfn l ?° w U f Z1 ,’ d ®üa R. Accademia medica di Roma 1890,91, S.257. 

Keferat m Eulenburg’s Realencvclopädie Bd. 24, S. 649. 

TTT- ' Benedikt, Die Methode Bonuzzi. Die Behandlung der Tabes. 
Wiener med. Presse 1892, No. 1. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




4. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


775 


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habe Patienten, die Jahre lang an schwerster Ischias, complicirt 
mit hochgradiger Muskelatrophie, litten, in vier bis sechs Wochen 
durch die angegebene combinirte Behandlungsmethode geheilt. 

3. Der Hautreiz dient zur Fernwirkung auf die nervösen 
Centralorgane (reflectorische Wirkung). Nothnagel 1 ) fand, dass 
Hautreizung Verengerung der Hirngefässe bewirkt. Rumpf 2 ) hat 
dann nach gewiesen, dass genügend starke faradische Reizung einer 
Extremität bei Fröschen und Kaninchen Erweiterung der Pia- 
arterien auf der entgegengesetzten Hirnhemisphäre hervorruft. 
Löwenfeld 3 ) hat dann gefunden, dass starke faradische Haut¬ 
reizungen Erweiterung der Piagefässe im Rückenmark bewirken. 
Auf diese Experimentalerfolge gestützt, hat man nun eine Behand¬ 
lungsart von Krankheiten der Centralorgane, vorzüglich der Tabes 
dorsalis gegründet. Durch faradische Pinselung grosser Haut¬ 
gebiete haben Rumpf und Andere Erfolge bei der letztgenannten 
Krankheit erzielt. 

Bei den Rückenmarkskrankheiten unterscheidet man nicht wie 
bei den Gehirnkrankheiten direkte und indirekte Symptome. Ich 
glaube, mit Unrecht. Man würde durch diese Unterscheidung viel 
genauer die mit Erfolg zu behandelnden Erscheinungen von den 
incurabein abgrenzen lernen. Auch bei den chronisch degenerativen 
Processen, wie bei der Tabes, giebt es indirekte Symptome. Aller¬ 
dings handelt es sich hierbei nicht um periphere entzündliche oder 
ödematöse Erscheinungen, wie beim Gehirn. Aber es ist sehr 
wahrscheinlich, dass bei Ausfall des Nervengewebes an einer 
Stelle des Rückenmarkes das umliegende Gewebe, des Haltes be¬ 
raubt, etwas einfällt. Besonders die kleinen Gefässchen werden 
hierbei leicht einem Drucke unterliegen, gross genug, um die Er¬ 
nährung und demgemäss die Function der Nervensubstanz zu beein¬ 
trächtigen. Hierbei ist das Gewebe anatomisch ganz unverletzt. 
Wenn es gelingt, die Circulation kräftig anzuregen, den Blutzufluss 
zu vermehren, die durch den Druck bedingte Anämie zu heben, so 
werden auch die Krankheitserscheinungen weichen. Die Art der 
Erkrankung erklärt auch, weshalb die Erscheinungen so leichtem 
Wechsel unterworfen sind. 

Zu den indirekten Erscheinungen bei der Tabes gehört vor¬ 
züglich die gestörte Blasenfunction. Abgesehen von den spon¬ 
tanen Schwankungen, giebt es kaum ein Symptom bei der Tabes, 
das so leicht sich durch therapeutische Maassnahmen beeinflussen 
liesse. Allerdings tritt die Wirkung nicht regelmässig ein und ist 
oft von nicht langer Dauer, aber als Erfolg fast aller Methoden 
der Behandlung der Tabes wird die Besserung der Blasenstörungen 
aufgeführt. Auch die neuesten zur Behandlung der Tabes em¬ 
pfohlenen Methoden rühmen dieses Resultat. So erwähnt Eulen- 
burg 4 ) in dem Bericht über die Suspensionsbehandlung in der 
Eulenbug-Mendel’schen Poliklinik, dass zu den am häufigsten 
gebesserten Krankheitserscheinungen auch die Blasensymptome ge¬ 
hören, wenn auch nur mit temporärer Wirkung. Jürgensen s ), 
der zur Behandlung der Tabes das Tragen von nach dem System 
Hessing gearbeiteten Stoffcorsetts empfiehlt, meint, dass sich bei 
dieser Behandlung zunächst die Blasenstörungen bessern. In seinem 
Artikel über Suggestionstherapie betont v. Corval 6 ), dass fast 
alle Beobachter über mehr oder minder entschiedene . . . Kräfti¬ 
gung der Blasenschliessmuskel berichten. 

Diesen Methoden zur Behandlung der tabischen Blasen¬ 
störungen reihe ich 4 ie mittels des galvanischen Pinsels an. Sie 
übertrifft dieselben an Leichtigkeit der Ausführung, Sicherheit, 
Schnelligkeit und Dauer des Erfolges. Sie wird ausgeführt durch 
galvanische Pinselung der Haut über dem Lendenmark bei ange¬ 
feuchtetem Pinsel mit starken Strömen, am besten täglich, jedes 
Mal bis zu intensiver Hautröthung. Die Wirkung beginnt häufig 
schon nach zwei bis drei Pinselungen, und nach Ablauf einer 
Woche ist meist das Aufhören der Blasenstörung erreicht. Die 
Behandlung muss dann noch ein bis zwei Wochen fortgesetzt 
werden. 

Selbst in weit vorgeschrittenen Fällen von Tabes erreicht man 
noch gute Resultate. Die Dauer der Wirkung beläuft sich auf 
Wochen, Monate, Jahre. Hierbei kommen eben die direkten, durch 
die Krankheit selbst im Rückenmark gesetzten Veränderungen 
wieder in’s Spiel, welche natürlich auch wieder Veränderungen der 
indirekten Symptome veranlassen. Schliesslich werden auch die 
indirekten Symptome durch Uebergreifen des Processes auf das 
Blasencentrum zu direkten, und dann hört die Wirksamkeit aller 


*) Nothnagel, Die vasomotorischen Nerven der Gehirngefässe. 
Virchow’s Archiv Bd. 40, S. 203, 1867. 

Rumpf, Deutsche med. Wochenschr. 1881, No. 29, und Archiv 
f. Psychiatrie 1881. 

*0 Löwenfeld, Untersuchungen zur Elektrotherapie des Rücken¬ 
marks. München 1883. 

*) Realencyclopädie Bd. 23, S. 649. 

Ä ) Deutsche med. Wochenschr. 1889, No. 40. 

6 ) Realencyclopädie Bd. 23, S. 637. 


Methoden auf. Bis zu diesem Punkte aber gehört die Behandlung 
mit dem galvanischen Pinsel zu den weitaus wirksamsten. Beim 
Wiederauftreten der Störungen ist bei der Einfachheit der Methode 
eine Wiederholung leicht zu bewerkstelligen. 

Es ist sehr interessant, die einzelnen Stufen der Wirksamkeit 
der Behandlung in der subjectiven Empfindung des Patienten zu 
beobachten. Die Mehrzahl der in meine Behandlung gekommenen 
tabischen Blasenstörungen kam zustande infolge von Anästhesie. 
Die Patienten merkten überhaupt nicht, wann die Entleerung der 
Blase erfolgen sollte. Ein kleinerer Theil bekam allerdings Harn¬ 
drang, bemerkte es aber zu spät, um noch rechtzeitig zum Abort 
zu kommen. Alle diese Patienten geben nun an, dass bei der Be¬ 
handlung mit dem galvanischen Pinsel zuerst die Empfindung des 
Harndranges auftritt, anfangs kurz vor der Entleerung, dann immer 
früher und früher, so dass schliesslich den Patienten genug Zeit 
übrig bleibt, bis zum Abort zu gelangen. Das Gefühl, den Harn 
besser zurückhalten zu können, haben die Patienten im Anfang 
der Behandlung nie. In Uebereinstimmung damit bessern sich 
zuerst die Erscheinungen der Blasenstörung auch nur am Tage, 
während das nächtliche Bettpissen noch andauert. Es fehlt eben 
der reflectorische Vorgang des Harndranges und des Zusammen¬ 
ziehens des Schliessmuskels der Blase. Erst nach weiterer Be¬ 
handlung fühlt der Patient die Möglichkeit, den Harn längere Zeit 
in der Blase zurückhalten zu können. Es erweitert sich der 
Zeitraum von der ersten Empfindung des Harndranges bis zu der 
des Zwanges der Entleerung. Dann hört auch das nächtliche 
Bettpissen auf. 

Ein anderes Symptom, das sich durch die Behandlung leicht 
beeinflussen lässt und das ich deshalb zu den indirekten zähle, ist 
die Sensibilitätsstörung der Haut. Es mag auffallen, dass ich eine 
Erscheinung, auf die viele Forscher eine Theorie von dem Wesen 
der Tabes gründen, zu den indirekten rechne. Aber es ist 
unzweifelhaft, dass bis zu einem ziemlich weit vorgeschrittenen 
Zeitpunkte der Krankheit die Sensibilitätsstörung zu den wechseln¬ 
den Symptomen gehört, dass sie demnach bis dahin nicht zu den¬ 
jenigen Erscheinungen gehören kann, als deren Veranlassung man 
einen doppelseitigen chronisch degenerativen Process annehmen 
muss. Sie gehört nicht zu den unwandelbaren Ausfallssymptomen, 
wie deren eines zum Beispiel der fehlende Patellarreflex darstellt. 

Weitere theoretische Betrachtungen führen an dieser Stelle zu 
weit. Ich beschränke mich im Folgenden auf das Thatsächliche 
und vor allem auf das für die Behandlung Verwerthbare. 

Wenn man die Haut der Unterextremitäten eines Tabikers mit 
dem galvanischen Pinsel täglich streicht, so bemerkt man, dass 
der Strom, der im Anfang gar nicht gefühlt wurde, nach einer 
Reihe von Sitzungen schmerzhaft empfunden wird, häufig derart, 
dass man genöthigt ist, beträchtlich schwächere Ströme anzu¬ 
wenden. Die elektrocutane Sensibilität hat sich eingestellt. 

Wenn man die Tast- und Schmerzempfindung an den Unter¬ 
extremitäten eines Tabikers vor und nach der galvanischen Pinse¬ 
lung untersucht, so findet man, dass diese Qualitäten nach der 
Pinselung erhöht, häufig sogar beträchtlich erhöht sind. Nach 
einem Zeitraum, der nur nach Stunden rechnet, nimmt diese Er¬ 
höhung wieder ab, aber doch nur so langsam, dass am nächsten 
Tage immer noch ein geringes Mehr an Empfindung übrig ge¬ 
blieben ist. Wiederholt man nun die Behandlung täglich, so kann 
man es erreichen, dass nach einiger Zeit eine nicht unbedeutende 
Vermehrung der genannten Empfindungsarten gesichert ist. 

Die galvanische Pinselung bewirkt überall auf der Haut 
Röthung. Aber es fällt auf, dass diese Röthung an Hautstellen, 
die von Sensibilitätsstörungen ergriffen sind, viel langsamer und 
schwächer auftritt, ja manchmal überhaupt nur sehr schwer 
erreichbar ist. Es fällt ferner auf, dass dem Grade der möglichen 
Hautröthung die Zunahme der Sensibilität zu entsprechen scheint. 
Ueberall, wo eine beträchtliche Hautröthung gelingt, ist auch die 
Besserung der Sensibilität eine beträchtliche. Ebenso ist auch im 
gegentheiligen Falle das Verhältnis ein gleichartiges. Häufig ge¬ 
lingt. es erst nach einer grossen Reihe von Sitzungen, eine wesent¬ 
liche Veränderung in der Möglichkeit der Hautröthung zu bewirken. 
Bis zu diesem Zeitpunkte muss man dann auch auf den Eintritt 
einer Besserung der Sensibilitätsstörung warten. 

Dies sind die drei Punkte, die sich bei der Behandlung der 
Unterextremitäten von Tabikern mit dem galvanischem Pinsel auf 
der Haut bemerkbar machen. Subjectiv macht sich ein wesentlich 
angenehmeres Gefühl in den Beinen geltend. Die überaus lästige 
Empfindung der Kälte und der Gefühllosigkeit in den Beinen lässt 
nach, und in vielen Fällen verringern sich auch die spontanen 
Schmerzempfindungen nicht unbeträchtlich. 

Schon die Möglichkeit, den gerade durch Sensibilitätsstörungen 
bei Tabikern verursachten qualvollen Zustand zu bessern, würde 
die Behandlung mit dem galvanischem Pinsel rechtfertigen Abei 
die Wirksamkeit desselben ist damit noch nicht erschöpft. Dei 


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Meteahi dm Eällo »»hie Be»öenmg dos Ganges vim Er wirii -fächewty 
und dar JEiflleat El itn*fufi<]<? schneller zu gedron v fchöc siidi Oer 
IQlBfr rtn> Sturzes -*iu ö»* is*fU-x«n, Ohjortiv Hisst sich mirit eior 
Ahüalärth Om' Ataxie tuudjwoisoQ. Ute .SrJm.'rnkuiig-eji bei Schluss 
f h •' A ugmi •••im! viel ^eni^er aiis^ioh!^ ut^ ivüht^. Es «min;art dem 
i-'aLEnteio Pteji j-hic-m- ’lrit ohne Ü nimmLite ung dm Au^ii im 
itlwkdigo wicht %\i taluühßn. Uh 0er .OPUiifEu.Ue.]; dleäur- Ersriirimm* 
gm ■• «utzif»* und ‘Olein m <ft>r Hessmmg der SenAhdirkExtbnHigmi 
• Irr iJ;m( «u sjitrluio Er v odnr oh duhri eine Wirkung ndf tikur 
jjcJpgeiw Thvilr, u<km wpj iite- divp fHmdisohep iHmwd mi^iiehi.mcn 
\OvtL eine lAu’tnyy’kwöß n{d (p.g'Ehokepjpa'rfc sojbxt uwh in Jlo- 

rmi-jit ku.mmt. UfWOb.W Will j.'h II»u U lllOr fiidli OttlSi {leidolU dwiwi' 

A01« glaube ich‘rföft j£y1 wiHßTif'n- -Hinkel als cm nusgmKeEJiprJms 
3-Hü.cl zur s.vn<|^mu>ysiilic-_!j' iEhiindiung di* Tabu* miipEHor m 
dürim, Ein HoimmU.uv; h‘dm Eh in '!»*r Wcis-u sitta »b*>fr iuh 
dm lfmu über dem Bomlewri»! i; mir dem .mnnrcurhtrt.pii 
rnlvitni-vitcj; Oumyl uni morEm Xtmm hh. zu vKvnmver **;• ur- 
rotliiny.» siiridtr. jils»Uni) dm r*Or»*'.\'(f'«aiulaten in gi-ifher Weis«-. 
J<'.h. Eun-Mutiii b- 1 Mio ul tut form !U>'i/ { f Uw .»n* h M- /tiMOult- 
'■ihhfifüi Um .Bch;«mlInog ij«*yt*!ii,:«i. an» lu-sUin tripi;.;-},. dfihjji go~ 
lamn' man noch mi| *ivy.u„m--<v LeEimUunu n»n Zivi 

Ml* sIlfMr Methode Intim i* 1» ?»,m Tlt*‘il hntH, 1 itowlb 

Uiii? m-MidU .ASm Heilung nd*T Amli dlm» dfu Kunkumt rih £<jj$fg| 
vfv^tantlhh |) gor keine JE. fl re Kitt durch Benin fl üswuig der in- 
tbrn-tcl» ;i’>V'!.(!{!l.O«ltfi, fl. tl. derjclbio ny Ab* Vbb fji üüigOfli Simm or~ 
kfanUi’»/ Nw \ cntU-Mcu. welche nl-w mn.b nnln .Irr 1 icLvn i.Aum 
VfTi.ilh'ff sind, hemihnm. irciiit M es mhe ih. s .a rimu /n fnm.-licn 
JiE T\äbr(. Mcnaif.' bis ,kliw- f .jo nach her Jh'^ccs-ivh 

liii des ;inai(muschf j u IhrüH^sns, dimhnlhi' .Jlflire bttiE 

nt'IU buh. j-r» ist ^ aurJi Imebi da- Bild m.o-nin h.-( ijoilnm- 

v.n^iEin^dtnfL IHnftlr um ein Ein EmtonrnMvtfiJirfC' 


jhrimlUc um E1 lptiboJioh Stilek um dirwotu enUcnil und sohliß^Uoi». 
dk AVurnJo ditivh NiliO» ^skblbssou. Avnküe Üwik nur di»/ {4nr 
tlEllh Baut and Knorpel fentretfVm, An der irpvnm. FMk der 
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i( und Müin,- *on,Emhf. ? ts-».U' U r Jj LM-u, Auel: die Ataxie ie fi;i u, 

• m) EonauEhlmdersvfe.jtirni:- bmih wevdvTt Lij<wd£lF 

■fom; blich i.w. ÄUiti JhImv iWU . Wo Eh den SAcl ieniofi aus dem 
Aii^e Nniler. I»öl-- .I*’at.j.<?»t haUe ds.us. Ut-h'ihl- den HdüuUjLr; wt d m 
•subjftcliv* niM' wonip; Von seiner Ivranhbrjr. nnÄklb. 

^‘Otrulid dri •irndntniM-he )‘i f..t,f Ks fort;. Umi-m naf nre-cimUs 
Veist-ldoebtcnn.,^; aut, Man kann denn . wiedormn vci-sueheE 
VypkOtno. IuUh yflMtt imcdx rml'h&öto Mötf ilSvh 
mm- b'ur tu ^rhesbero, lEe Et meinen utmb .las .inhd^ü 

'r"," r i ' i!il ' ll "'- U " li " 1,i; ' *'.-i T-.l.,'- •i!.- : i.,u.,,t hl.nr ist, 

l’v; b* ,!l, '!; n[ : ,i,irr| i .»iiHiim!is.;i.,> V.‘i'iiiiit.!rO,c unalv 

:ü)U'dinim ^iigiaoile die f<ii ik>ii Krjeköit jöfigBeiisi. cigstÄsteil 

IV. Ans i3(.tU hrenalifheitaBg dcrKönigli,;heu clunu-giVJten 
i'uivemiäiypoiiklinik in München. 



e,':r; aeus plastische Methode zur 

Rueklagenmg hochgradig ahsteheuder Ohr- 

A'-AVv’-'AE • tausqhela. - 

V‘>» D"C*nt. i>r. Hhust tu Mllnehtn. 

U.Md, K T,«lf« ii&tsiirtnlu i.il 1 i-ii.i*«..lu>)n sin.l Pi« hauüa ,.„ r . 
kimiiiii'.ulur kosmeltfiihw -J>eSvf. .1.-,. %-y. I niscrdw- 

H,Mmn einem .iiu,lHrv.ähn.twiM.. (iunai.^-.- l ,r i 4, a .- K WH. n ,u„l, »er- 
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fortentxrtpio.i fcO» T-fiMfu, *hc4,n. {hot fbfUHpiU'jrl .ven<.L 

tl ruber- 1 *) verffthrt. in der WVi-m, dtus er lumm de? ÜJ)T- 
..mn^-jfc! ei n tnUpinthmidos liuuMmk uurc‘u zwei. - mif ihrnt- 
; 1 Vnn avd.: : if ooeron eil mit dm’ gorielitcdw, nntdi obnii imd «idcii im 
j Spillen Wmitf-i veroiniut.o hicgtmiftnui&e Srlmitfo. deren eirmr du 
der htnipFb/i Mp. c nl t dn\*iddr pnclnrn !u der Wiiizflpgogtifid gu- 
nebri wurde, iuHsrimiiiil»i u-std MiH'ernl. Oie jfaiih wird von den 
AA'undrbftdoi’u ttur fd-rte :g«\«'s$b Strecke von der' Entcrmge■ h.m- 
! p^ipnrirt, dir W nndrdjtdt'r wm-d- n durch 'Naht wOimgr und die <lw 
1 hHrte. durch rinstpihVlupiifeTT Vpphftitd in die mttürlEhe Lüge g'dnrm iib 
< in Eoigendem mneibo jrdi mir gesOuimt das VurlHliren zu I»s- 
j aEreshen, dnx tfii yai wiridorhullv.u. muhm mit grossem XiiE^o 

ungrwi'mdi JiM'#! ^ % 
eMatdr, &G{\i\r und' >S 
quem m>il Jviidb‘4 -dtjrrJn 
fdlirbmc ^xrtj 

Hei stark alwügmiim'fi 
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SbJimtt A -ih drriiijPrmt 
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imisrhd, fast, -fo ihrer 
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bin ^MAiter Ahjgmrmifmi' 
gor,. über dro Warnn* 

jfartsai^regejid ti ciidiider 

Schnitt, 11 gcst’t?H,, ^ 
thut.s jet.7;t nrn. spikoUdm 
miges- toler (ndltTnniuitdiv 
fuTges dVubmih nmsihois 
Inn ist. Von eHpseiu 
vSlVu k Xvihd fl io-Haut 
rv eg} > r kpH ri rt, u i blbU d ilur 
erst«* iWeuseluiilt n^rii 
obeDridstj und nAch uotcu 
bis Cb nvnf (Hb HüökfliiCilg 
der OhfOiHMdud wmf Hiit- 
nio ruH^rtgw't :. v'un da an? 
Win! W'MbwdEiJ.iiu rt\i,\ 
MfV'f ScHniti A ws.fi auf .fh-nruMhiri..’. bi-; zur. ridUlr dmrHc.f«i?n. 
WrXnwohi LMK (, t..,«. C, »ml ÜH -1 amHu. .. n{ >j., r Vtn^cludriickscite 

| ,vC, aoMhum <Us^ii 0 ?m« durch tu* pnÄe W • . 

A W&kt$t-.hü< ev«sUüi4L amhih«, fcot C„ x« tu w.'h 1 

Lctppuu m'.vUf «HoPlö'St Ad- 

Ujsr BÄUC o, min dass: j W$ä hu» nfubmonu- 
A ^äUi »* UM- huor*.«dimfUom.» ihn.) fbniiiirer Läppen gebihlci 

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777 


wird. Diesrtr Lappen. dm kleiner sein muss ais der sirhriförnii^t* 
Leihet au der WarmufortSiasgegoniL wiva'üim auf eben doix 
®Äpn unter starkem Zuge- Kehr «ca et angetrant, so dans 
also der j,-itfipen f\, A, Cj auf B m livwmh kommen muss, 

•Idemm Aeckihrem das *b;b. Von, dmh UruberLehen dfurr-h die 
J«>4*penbild*m£r vornherein untersolimdtn. gm figf malst bei stark 
fUisifiumib-n Obrfiiüseheiu. J5r« eist Ahh jwjürb die Muss hei infolge 
btiifkei^’r \d>r^v^iy?kit!guiug: »W Knorpel pkti.fr gßjir mjidß&t, so iu»tm 
ich eiuaiH.! dH- MudiHuatioi) angewandt, dass die Y.erihngmmiigK- 
snlwitt-f* des -ersten, iu der Lsrnd muslimr vermutenden Fvuirejisubr.itt.es 
Lh «tu! (V Hfj wie sie auf der liib.-konfbli-ho d*M‘.MiiKubri veriaiih’-m 
bis.in dm> Rimiwi solimF etwa um die UttU'tn. seines Djukondun.b 
messerüj geführt- und uhn du? KnorpedkunÄlmi, uidHü amn die )i*?- 
ti'ebVrnie F.*«Jd,fn tngi ;$Vv*l&£tbD Xeignluurer mul Damnen fasst *-tiud 
zugleich- Hbbr» Ht ; arkmi -Duiek' uusiUiF frwrtorii't weHkm. iu gleiduw 
Weise wird bei zu rö. kge^ bLigen» m Läppen' dd. A, Cd l ui der : 
Mirtn zwißubeu diesen zwei rrnh-n KnorpeUmÄshwu.'.gf ei H» m-u. 
entfernt 'un der oberen mul unsren, oim* dritte Kiientelim-iAo;» 
(x \b¥ eienr 2* mit .p;tj:|»toJV?ftHiivr lAmd.nrinmg vorgmmmmmi; 
hier werden alnu- /,wei S< JuiifLe, die in Form rtu*:t ■ V.-‘' cduvcrjrimü 
— dm V' ifry^ p’pm Lea < Otrr.ipd zm 'sdfctm «. 



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Dg ...Hl. Jh 4ct.- De» Srlimale, LißpjiH 0* ,\ e>'utwi. 

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•'StanibfFafn tF Y^ftudd. «fdW; 


gegcLl, Die KnormdludAimen dtuLu trivM die küwnüiibvrbug-e'fuie 

Wrusdei.ke verletzen-; ktensA sidi Vad jIhv T'fnetmirnng mbgUehm 
;mt 'EDmllmig der Haut an der. äu&&ri'ii> iFädlu* thw Muse-Vt Ar kl 
n’ew.d.eu worden. LhxLiiligk dm Jvnui-fHdihebdcmevi iwfvmrfc rdum 
mul unten je ) erö^ Jjj der MiOC luig&fälli’ i -4 ko cm. D k’. J'dbfv-h 
gkfijvfeL es, anck sehr wider^A tintige LKlmdLdLfelrr yfriLMMig sinket’ 
v;-dressuxu. ohne dass rs .unriiWi.ru) m wärm die vkimrubmido 
faöWWliddjHy Proueduc der Knorprlexs iskm uiiswufubrem X>&sk 
mndl jlcl» dureil nimm eritspre.dmodru FnJtiprns^ivmbimd das (du' 


dtK Lttllo difu (XlindtiW’bel rtnkn ich ituvif 

;di»s Zird der ninfiudi dadiireli errmdUt:, da^ <äus der 

buiteKai Klä^m der OtinuU'.i-lnd ein klfdoiss ] ein Iruv/ws- m.v'ri.hciu 
Idpttfowu.i^ex fLmtoü k»h. u und .un zwrtU.w eben sobdies, iw!i;ni 
m* gi"- - - l m dm V nrzetifnn'/saiziib Darbe, dum ursfen ron-equm- 
diinud. ans^-Si-imiTtun wurde. Fs \>. uvd<*n nun die beidei. WFmd- 
ftäebmi ohne je^liDre .Naht gmum {dmaurlor ndüptiit: idodamd kam 
auf die VViunillii.eh*?u seliu-t tiie.hr-. Van von missen auf darf 
Ohr üuwnif^Tei- sehr sorufUiriger (>.n.p» »‘.sHivverbnurl. .^’lueH; die. 
Thcile in dm : OdiOooii. Lage; <*i l.ijeb vrdlo 10 ’tmre liegen, um 
keJne Fldriibg iin HuiivrrbmCtx xü ofZtdoö. ikuwidt 
gute Rüekiagermig tlmeb i'ei ; -wm-bsnaig. 


Y. Ueber operative AbortivbehandJung der 
acuten Osteomyelitis. ! i 

Vun jii Ka*-owHki iü Kl-! Du. . 

S'-il'ifm «s }'»*{(>in- im .litjiw. esMii fftiuu^rii i«t, Jiai’lizu- 
wenven. ilarf Uersolbö Mb'vmwmntm. <kr den Piipmikei Hrzeusrt, &P;h 
bei dt-r muftm d LhmmynüDs vdidtmJtt, bAläai nim versehiedeijstcn- 
DntersiniiHngCü immer svieurr ee^igF Uass -die d.^vnbnliidiun 
Kdureoe.'rn Iml dnmer K fa.uk liei}; uta duLugiiflüS- Aftern-; ajilt-fntun. 

I Lmf un Wuj.sfnfiiin dn-W'.<vi<m>.jii‘m <f<. j St:jph\ ioeneuus, mul Per I-,r j . 
drr als der erste dir Kfnnkbmr. auf Thmrt.* zu ubtminidf'ui in.o neir 
v,ar T jjlnoUrc iw dem Stapkylm n> eus ain-mis rinn sgembs? heu 

K.rankhritserr«£. =r gpfmdlim Lu Uabtfu . Alter- ifas e.Jibdi) h ' w ins 
mo ft, dnss darsLkn MiktOfniradit ayssür bö] Lkikom|Ffi^Ts ind einar 
An/.ab! andrrrr Kifm-ungen. -"(»rkumru« ' runt-' im mdrmniki-- 
tischen Film" äussm’. deav Ftagbylneuwnir. liaBHtk iuH’li: der ;dnu- 
uml der Sf lyjdororeus pyagendw beOuiMh j».. IramM war di< 
fdrjdFdt der <ndooi«oe}iPs‘ehm> md dm g.*" öb. : iiidn>M Jüirnruug' 
f, vf o’csndlt, die nmjtrmbr Ydn Krause. Dar/i, !\»>d r ?,. f .Kr a^kc, 
Kohl s, Lexei; u. h. in>: wmsentliclien imstufigt; wurde. Selroa 

K ra s ke lmtte die M%lmkkmt aagedmifoF dass mis.ser-nK'ü-, gr.- 
n.dodedn'n Li‘'.. ; ri*ü ou lat« mug ouft-r iOastäntum .jueh vU-> 
Bpwifjsojnm Mikteami» Feriamgim \ öteedTnrislOtübklwdPdi. in 
Vorlaui' mau jVmmmmeüorofigrn sieh mitwirkrln mnhf, time :/kjr 
i Istnnmudifis gleirbnrUge k«ioejienentztii)dung scimlTen binnen, 
und nnobdem Ll»orikey er >u mmr ni .m mlirie-n i‘.-.Dxis- hu .•! ! um* 
Lyid'uwlmrdlüii tmfdenkt irnttm ••rmrir. K'mjuerirb Ptlmann in 
<M\\m s.-bünmi expm’immbr.ürn AHndt, dass man lad Tineren mir 
n]ien ’Hncj.erjcnAr-tun, ibumti pinn lyrotrene. ß^mischatV zukommo, 
iXlmli OstAöinyrikis hervuvimftdh kann; Oim-um ydn yioldn anderen 
Autoren* ipuppr n iader jmstiUdgl» ! u '{'UftfsürkMi iLhf eijehille i'mnmv 
an, dtiSB kycll j^ljehr ipmd'< r iddlfj>vudurfu UsUfAy ini) itud reizende 

.dinjnLejvw Fnbshi.n^en fKmekoja IU;;XiFi; h i im KnorlmnnuiDv eine 
Eitwuils r-rrrgrn kimmm, An< »llmlcm erb! .hervor, dass die acute' 
( )& mmiKnU- Ia-O m spet : iksnlje LtibdLtiskrankhcif dnrskeifil snndurn 
drirrli jed.es ‘Virus, Wefeitr-w ad. U )n :.»ndm'r.u {ImvolmU Lünttdng vmv: 
nvs.!- i*r snsinhde Icomnieii kaum 

Nielitsdetifowe«iigkr Tbrätehl tnkb im allginnnlimn itnim: 4w 

in uf-Oj ( isl eofiti *dil je B n bfprhf w; £ die dmrk fhterroeren hrf-\'om 

"CfdbMü,'» Fdrng nkd zwar dmjebfgn, welche mit Bddht «fL Attwihmf 
des Wa'disth'niiiSMivmv htmeiebm-f; wmajim kfinü. ii h. dir nCi.iU\ 

unicr pshmiftehefi Krsi huirnnJ-gcu <low 
g os ii n drr K it*del* br ft»! icndb. rLri»y K u wch*.* j> rn t.y. h aä t»ug , 
\»m he. das ln-.-«>»»der»* Utilertum y.r.igl, iIvk in der iDxei 

rinn lllnge ngspiuH e- i fn da..- V it os jnbit oder we.n: l-;.'» eu s 

zi» fehlen -« li«1 *11 

ln der Thal hat gerade dwes FrLirn nidcr Fingang^i)l'nrlo l;mgu 
. ;^’hF- ilnFu bi%hFir*i‘m:A i\n% W mm dar yu- ILDiv^fidmndhn Kvnnbhnit 
5ii rin gewisses Dnul.« I v.o h.lih'M ln« j t*db m*> Fmnnhdi 
fi(i)‘duu . Kra'-lcid Ht«dnde K» pfwuinton (Kuh es;}.. Impiwunfhm. 
meieer „[Ihn Hn'ffnlr str-ibm ift- Jhuw-uub •;mm dm LiPweerrcn 
rdftm w'eiicD’.s- evMufcru golihimH Ltd Kinderrt /u ihm -Fhdf-euhoitmL— 
sje hijd(di hid 'Frwa.hsriu-i! die Luwdl (Ache dordaH s Dasuistik), 
Viel baniieer fe/'Orn fiidieflidfi UUel bei Kimie u Id / lir kleine 
Schnitt- und Kis-wum!. r. du* hmm Aiiffreten der < LtemoyeHus 
IfcrÄityf gchnilti *>dcr” is|'upddn v'cvs.rhwiindcu siud: die Lrsftdho 

s»da. Ahm es ist aurf, mit. Fendh \)m Smberbrii rrwmseii■ 'dm 
dDAihimi.m-w.— • \ f »e r.f) k r i w l ; it Xixieh u»m-m 'Mm ».{in Kiypnvit 
der ‘hmA.ilö«, üidi iaiAou Slt'vh*. bir m», m, bHier«,..» y.-n dass die¬ 
selben mir den N;»]ir»ui',vm»ff«du in Am Darme.um! Ams- 

■sir Ire; ■ i»-e .yUmotuw io dm Lniigi* empirir», v»H Mn i K öas h " k ja 
.biss sie ilmvk de h)iaM» Hanf Mh (u-emilStmw InvndPeu kdimro 

(p.ith. (Jiir v r, Fiimni u m), kurz, dass nrnb ohor oflrnkuiidiW'V 

< '».ntinuitüwlfi’niumir der unseren Ibuirdnuigen dicKitm-eM.-n*.» .'«-idm 

Hi hp Ui'L^utheü Jinben, iu die Plulihaliu Pfe Iminuheh 

hier i.'h Id sr-td; f in \\ irksttinkeil’ zu treten, sie kOmou? nimmm um 
oder Mid* den veT‘toV}ii<d1ensf(*n SVogen w»4H r verKuhb'hpX dveydcu 
!)U d unlrn Doeddiuimt. vüo ihre \'rrimdiruuw mim Ausie»ieh r! m }>»•- 
giiimtn ihte Adiksainkeii, enUblten. HaMmi VtSlTfunnn und 
•K raske IVifbee seiodi die nmife OshryTn.Vejihis als. Ciuk i , y;i!.ub‘ br- 
(rmditeL d'nvo w'nmmtliuhr Krseh^iimneen Atu hnnuhmi M- 

üfdclmi, Ad»/ Dd JhJÖi m den moumrmi ilntm sie-biinumi inihiur mhhr 
zir dom Resdlkif gi-kbrn^mn, Mm. föc^o KivtnLhOt fp kmom- W egsr 



dinrse. T'Vkemitn'ne- mit-dtAf Wm'teh aUK! ...Dt« f- M fn ba'A-tud.Fh'- 
irt P.V'h'mic meiert- im jü^oijiinehcw A-Jt/tr -eine iier- 

»» Narli Kr’anbmnmrsbdivifm'en nn.»fAairi»vitwm in der iinrinu-r. me bn 
mvdmn Ges.ill^h^l. und mf dorn XMi O^'^s MiimM« ^n^rb 
sriiatMUi tfbu’urgm 


C'.o gk 



778 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


vorragende Neigung zur Metastasenbildung in den 
Knochen; die acute Osteomyelitis ist eine pyämische Er¬ 
krankung der Entwicklungsperiode“. 

Von diesem Standpunkt ausgehend, müssten wir den osteomye¬ 
litischen Heerd stets als eine secundäre Affection im eigentlichen 
Sinne des Wortes betrachten, als ein Symptom bereits bestehender 
Pyämie, und nicht die Allgemeinerscheinungen, welche wir bei der 
Osteomyelitis finden, als den Folgezustand der Knocheneiterung. 
Dieser theoretisch durchaus richtigen Auffassung des Krankheits¬ 
bildes widersprechen nun aber die Thatsachen praktischer, klinischer 
Beobachtung, sowie die Resultate vielfacher, erfolgreicher Thier¬ 
experimente. Aus ihnen ergiebt sich, dass wir zwei anscheinend 
verschiedene Formen der Krankheit zu unterscheiden haben: eine, 
bei der im Blute kreisende Eitererreger von vornherein das Bild 
schwerer Pyämie hervorrufen, und eine andere, bei der dieselben 
— ja tagtäglich und stündlich von unendlich vielen Kindern auf 
den verschiedensten Wegen aufgenommenen — Lebewesen erst 
durch geeignete Verhältnisse befähigt werden, sich irgendwo im 
Organismus anzusiedeln, hier die Knochenentzündung zu verur¬ 
sachen und dann die Gefahren der Eitervergiftung heraufzube¬ 
schwören. 

Durch Erfahrungen am Krankenbett und bei Thierexperimenten 
steht fest, dass durch Traumen und allerlei Einflüsse, welche den 
Organismus schwächen, eine Prädisposition für Osteomyelitis ge¬ 
schaffen wird, dass also das Haften der im Blute kreisenden Eiter¬ 
erreger im Knochenmark der Kinder von Bedingungen abhängig 
ist, die theils in der anatomischen Beschaffenheit (Neumann’s 
Untersuchungen über die Einrichtung der Capillaren im Knochen¬ 
mark), theils in besonderen Gelegenheitsursachen localer oder all¬ 
gemeiner Natur (Traumen, Blutentziehungen, Circulationstörungen, 
Ullmann, Jordan u. a.), ja sogar des Alters der Versuchstiere 
(Lexer) gefunden wurden. Wir wissen ferner, dass die Erscheinungen, 
unter denen die Osteomyelitis auftritt, sehr verschiedenartig sein 
können. Bald entsteht sie hyperacut, unter den Symptomen der 
schwersten Eitervergiftung rapide zum Tode führend, so rapide, 
dass Localisationen am Knochen während des Lebens gar nicht 
wahrnehmbar sind, sondern erst bei der Section aufgedeckt werden, 
bald beginnt sie nur mit leichten Knochenschmerzen, die, zunächst 
noch afebril einsetzend, erst nach einiger Zeit von schwereren All¬ 
gemeinerscheinungen gefolgt sind. Bei dem einen Kinde sehen wir 
in wenigen Tagen nach einem geringfügigen Trauma durch eine 
weitgehende Eiterung eine Totalnekrose eines grossen Röhren¬ 
knochens sich ausbilden, bei dem anderen vergehen Monate, ehe 
eine periostale Verdickung den Grund der früher geklagten „Wachs¬ 
thumsschmerzen“ erkennen lässt u. s. f. 

Jene schweren Fälle allgemeiner primärer „Sepsis“ dürfen wir 
auffassen als eine Ueberschwemmung des Organismus mit Eiter- 
coccen, welche sich im Zustand höchster Virulenz befinden, als 
eine qualitativ und quantitativ ausserordentlich hochgradige’Ein¬ 
wirkung. Die anderen stellen eine erst innerhalb des Körpers er¬ 
folgende Vermehrung der Zahl und Steigerung der Infectiosität 
der vorher in der Blutbahn kreisenden Mikroben vor. Haben wir 
es also bei der foudroyanten Form mit einer Allgemeininfection 
zu thun, welche Metastasen in den Knochen veranlasst, so werden 
wir im zweiten Falle annehmen, dass die durch locale oder all- 
gememe Ursachen an einer oder an mehreren Stellen des Knochens 
erfolgte Ansiedelung von bis dahin wenig virulenten und nicht 
zahireichen Eitercoccen dieselben am Ort ihres Haftens an Menge 

Virulenz zunehmen lässt und dann erst die Pyämie hervorruft. 
Wurde demnach im ersteren Falle die „Sepsis“ ohne weiteres zustande 
kommen so würde im anderen erst durch die locale Erkrankung 
des Knochenmarks die Rückwirkung auf den Allgemeinzustand sich 
entwickeln, sozusagen die Pyämie erst secundär entstehen. Diese 
-Beobachtung kann man besonders deutlich bei denjenigen Kindern 
machen, bei denen die Osteomyelitis fast unter den Augen 
des Arztes im Anschluss an ein Trauma entsteht. Die kleinen 

1 atienten werden uns zur Untersuchung gebracht, weil sie nach 
einem Falle aus dem Bett, einem Stoss gegen die Tibia u. s. w. 
rnniif 1 ? Ta P vorh 1 e . r stattgefunden hatte, das Glied nicht mehr 
recht benutzen wollen. Objective Untersuchung ergiebt keinerlei 

,lieFn d nPtin n S « anderel ; ^ sieht man die Küder wieder, weil 
nrlZf iTc f to ™ ns ? 0Ch ■ lm "l er nicht weiche “ will, die neue Ex- 
m * miI !T ! r Cme kleine Intumescenz in der Gegend 

,!i n f entdecken, man stellt die Diagnose auf Infraclion 
S.J. d, 0 Geschwulst nimmt zu, bald fiebert der Kleine, die ganze 
«SiliTnrtf ' v ' rd odematös, Trockenheit der Haut, fuliginöse Zunge, 

2 nnnik Erbra i r und P elirien ze igen den Ernst der Situation 
ud nunmehr sieht man klar über das Wesen der Krankheit Wir 

haben uns in der Poliklinik dos jüdischen Krankenhauses zur Auf¬ 
gabe gemacht, bei jedem Kinde, das nach einer leichten Verletzung 

ÄsseT uld^tf h f tS h ymP -Tt Z6ig P die Temperaturen messe! 
zu lassen, und wir glauben infolge dieser Vorsichtsmaassregel 


No. 40 


wiederholt gerade die Anfangsstadien zur Behandlung bekommen 
zu haben! 

Auf der anderen Seite steht es fest, dass die Angaben über 
die Dauer der Krankheit, welche man von den Eltern oder An¬ 
gehörigen der Kinder erhält, in sehr vielen Fällen unrichtige sind, 
weil der Affection, welche in der ersten Zeit nur geringfügige 
Symptome machte, keine rechte Wichtigkeit beigelegt wurde. Con- 
trollirt man die entsprechenden Angaben, so lässt sich oft genug 
eruiren, dass die vermeintlich seit 7—8 Tagen bestehende Krank¬ 
heit schon 3—4 Wochen alt ist. 

Daraus ergiebt sich zweierlei, 1) dass die acute Osteomye¬ 
litis häufig bei Kindern in den ersten Tagen ihrer Ent¬ 
stehung sehr unbestimmte Erscheinungen macht, und 
2) dass — wie wir schon vorher urgirten — die Symp¬ 
tome purulenter Allgemeininfection in sehr vielen Fällen 
erst nach längerem Bestand des oder der localen Heerde 
auftreten, woraus sich als dritte Schlussfolgerung er¬ 
giebt, dass 3) in allen diesen Fällen es möglich sein dürfte, 
durch die Elimination des primären Heerdes die „Sepsis“ 
zu verhüten. 

Während wir bei jener Form „primärer Sepsis“ mit Rücksicht 
auf die allgemeine Durchseuchung des Gesammtorganismus von 
der Entfernung etwaiger Knochenheerde nur eine lokale Besserung 
erhoffen können — sofern die Krankheit überhaupt Zeit und Ge¬ 
legenheit für operative Eingriffe lässt —, gelingt es bei der, wie wir 
glauben, an Zahl sehr viel häufigeren Art des Krankheitsbildes, 
durch frühzeitiges Vorgehen mit dem Messer die Osteomyelitis zu 
coupiren. 

Schon der Engländer Holmes hatte die frühzeitige Totalexstir¬ 
pation des erkrankten Knochens nach eingetretener Eiterung und 
vor dessen Sequestrirung empfohlen und fand inGiraldds,Duplay, 
Kocher Nachahmer, die über gute Resultate berichteten. Indessen 
wurde dies Verfahren im allgemeinen wieder verlassen, weil es 
häufig noch gesunde Gewebe opfert und auch nur an Extremitäten 
mit zwei Knochen, wo also der eine gesunde bei geeigneter Nach¬ 
behandlung die normale Länge der Extremität zu erhalten im¬ 
stande ist, ohne grossen Schaden für das Glied angewendet wer¬ 
den kann. Auch die von anderer Seite empfohlene Amputation 
des ganzen erkrankten Gliedes, welche von manchen ausgeführt 
wurde, dürfte nur unter ganz besonderen Verhältnissen gerecht¬ 
fertigt sein. Aber die Thatsache, dass die Osteomyelitis notorisch 
nichts anderes darstellt als eine im Knochenmark sitzende, phleg¬ 
monöse Entzündung, dass die grosse Spannung, unter welcher die 
Producte dieser Entzündung stehen, der starke, centrifugale Druck 
dieser Producte bei der geringen Nachgiebigkeit der sie umschliessen- 
den compacten Substanz nicht nur zu destructiven Veränderungen 
am Knochen selbst führen, sondern auch eine Quelle für die Ueber¬ 
schwemmung des Organismus mit den deletären Stoffwechselpro- 
ducten des örtlichen Krankheitsheerdes und für Metastasen bilden, 
lässt die primären Heerde als die Hauptgefahr erscheinen. 

Sie zu heben, muss die vornehmste Aufgabe des Chirurgen 
sein, und das ist — wenn man von jenen radicalon Eingriffen ab¬ 
sieht — nur möglich durch breite Eröffnung des Krankheitsheerdes 
und Entfernung des in ihm enthaltenen infectiösen Materials. Die 
Methode ist gegeben durch die Aufmeisselung des Knochens mit 
nachfolgendem Evidement. Ursprünglich von französischer Seite 
erfunden, ist sie vornehmlich von dem Dänen Tscherning, sowie 
von den Deutschen Tbelen, Kraske, Madelung (Naturforscher¬ 
versammlung 1888) und von Lauenstein benutzt worden. Das 
Verfahren ist natürlich nur an Röhrenknochen ausführbar, giebt 
aber für diese, doch die überwiegende Mehrzahl der Fälle aus¬ 
machende Form der Osteomyelitis, richtig angewendet, überraschende 
Erfolge. 

Der Schwerpunkt der Behandlung liegt nach unserer Ueber- 
zeugung in möglichst frühzeitigem und möglichst radi- 
ealem Eingreifen. Man darf nicht, wie das bisher fast allgemein 
geschah, warten, bis sich periostale Eiterung eingestellt hat, son¬ 
dern muss unmittelbar nach Feststellung der Diagnose 
den betreffenden Knochen in seiner ganzen Länge mit 
dem Meissei eröffnen und das eitrig infiltrirte Mark mit 
scharfem Löffel und Hohlmeissei entfernen. Nicht durch 
multiple Anbohrungen des Knochens oder Freilegung einer circum- 
scripten Partie oder gar nur Incision des Periostabscesses ist es 
möglich, die Entzündungsproducte gänzlich zu entleeren. Es ist 
erforderlich, die ganze Diaphyse freizulegen und das ge- 
sammte Mark zu evidiren, damit man sicher ist, keine 
Heerde zurüekzulassen. Diese NothWendigkeit wird man ohne 
weiteres verstehen, wenn man sich erinnert, wie oft man hei 
Sequestrotomieen alter Fälle weit entfernt von der Knochenfistel 
noch krankes Material findet, welches auch hier Entfernung fast 
der gesammten Corticalis erfordert, um gründliche Säuberung uud 
eine dauerhafte Heilung zu erzielen. 


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Go igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



4. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


779 


Ich nehme hier gleich vorweg, dass diese Operation, mit 
genügender Sorgfalt und Geschick ausgeführt, vor allen 
Dingen unter Berücksichtigung anatomischer Verhält¬ 
nisse, um unnöthige Blutungen zu vermeiden, keine Ge¬ 
fahren mit sich bringt. Sie wurde von uns bei Kindern, die 
innerhalb der ersten beiden Lebensjahre standen, sechs mal ge¬ 
macht, und unsere anfängliche Scheu, sie bei so jungen Individuen 
anzuwenden, schwand bald, als wir ihren nur vortheilhaften Ein¬ 
fluss sahen. Weder das Leben noch der Bestand des Knochens 
wird durch den Eingriff bedroht, vielmehr beide durch denselben 
erhalten. 

Die Hauptschwierigkeit liegt in der Frage, zu entscheiden, 
wann der Zeitpunkt zur Operation gekommen ist, d. h. die Früh¬ 
diagnose zu stellen. Man nimmt im allgemeinen, wie wir 
glauben, mit Unrecht an, dass die Erkennung der Osteomyelitis 
in ihren allerersten Stadien nicht leicht sei. Nach unseren Er¬ 
fahrungen, die sich allerdings fast ausschliessliesslich auf Kinder 
bis zum zehnten Lebensjahre beziehen, giebt es hinreichend 
Merkmale für die Diagnose zu einer Zeit, wo sich die ersten Er¬ 
scheinungen bemerkbar machen. Es scheint, als wenn man sich 
noch immer nicht von der alten Vorstellung, die Osteomyelitis sei 
eine seltene Krankheit, frei machen könne, als wenn noch immer 
die Anfangssymptome dieser schweren Knochenaffection verkannt 
und auf allerlei „innere“ Krankheiten bezogen werden. Dafür spricht 
die Thatsache, dass die Chirurgen im Vergleich zu der grossen 
Zahl von alten Osteomyelitisfällen, die mit Fisteln, Nekrosen, Ge¬ 
lenkvereiterungen , Knochenabscessen zu ihnen geführt werden, 
eine nur relativ kleine Zahl frisch Erkrankter in Behandlung be¬ 
kommen. Unter 37 Fällen von Osteomyelitis, die ich in den letzten 
beiden Jahren theils in der Poliklinik des jüdischen Krankenhauses, 
theils in meiner Privatpraxis zu beobachten Gelegenheit hatte, be¬ 
fanden sich nur 8, von denen zu erweisen war, dass sie innerhalb 
der ersten 12—14 Tage ihrer Erkrankung standen, die übrigen 
hatten ihre Leiden viele Wochen, Monate oder Jahre. Auch von 
dem ältesten Patienten (im 38. Lebensjahre stehenden) konnte nach¬ 
gewiesen werden, dass der Krankheitsheerd, welcher über Jahr und 
Tag immer von neuem Beschwerden und Krankenlager verursachte, 
aus der Zeit vor der Pubertät stammte. Fast immer stellte sich 
heraus, dass die, oft genug sehr schweren, Deformirungen der 
Glieder sich im Anschlüsse an eine acute fieberhafte „rheumatische“ 
Krankheit entwickelt hatten. Bei weiteren Nachforschungen über 
die früheren Jahre meiner chirurgischen Thätigkeit stellte sich 
heraus, dass auf im ganzen etwa 110 Fälle (seit 1886) nur 14 als 
eigentliche Frühfälle zu rechnen sind, d. h. solche, die vor Ent¬ 
wickelung einer grösseren Eiterung oder eines Sequesters zur 
operativen Behandlung kamen. 

„Acuter Gelenkrheumatismus“ ist aber die häufigste Fehl¬ 
diagnose, welche die Erkennung der Osteomyelitis verhindert, — 
trotzdem Rheumatismus bei Kin dern so selten beohachtet wird, 
dass ein frischer, spontan oder nach Trauma, unter Fieber 
entstandener Erguss in ein Gelenk stets die Vermuthung einer 
Knochenentzündung wachrufen sollte. Aber auch wenn die Ar¬ 
thritis fehlt, sollte man bei solchen Kindern, die unter fieber¬ 
haften Allgemeinsymptomen erkrankt sind, für welche keine 
innere Affection genügende Aufklärung giebt, das ganze Skelett 
untersuchen, ob man nicht an irgend einer Stelle eine Schwellung, 
einen intensiv schmerzhaften Punkt, eine Functionsstörung findet, — 
und wird aus diesen Merkmalen die Diagnose stellen können. Ich 
selbst habe Fälle operirt, bei denen erst drei Tage nach Eintritt 
der Erkrankung verflossen waren. Bei diesen bestand sehr gering¬ 
fügige Schwellung; von Röthung der Haut war nichts zu bemerken, 
aber das Bein wurde, wie gelähmt, unbeweglich gehalten, und hohes 
Fieber (39,5—40°) sowie allgemeine Prostation zeigten den Ernst 
der Situation an. 

Schwieriger mag es fallen, den Sitz des Heerdes in 
so früher Zeit zu bestimmen. Man kann manches mal nicht 
sagen, wenn man ein Kind vor sich hat, dessen ganze Extremität 
ödematös oder nur wenig im Umfang vermehrt ist, welches das 
ganze Bein herabhängen lässt, bei Berührung des Oberschenkels wie 
des Unterschenkels Schmerz äussert: hier ist die Tibia, hier ist die 
Fibula, hier ist das Femur entzündet. Aber auch dafür giebt es 
gewisse Merkmale. Zunächst gewährt die Erkrankung der benach¬ 
barten Gelenke einen Fingerzeig: bei Tibiaaffection findet man Er¬ 
güsse im Fuss- oder Kniegelenk, bei derjenigen des Femur solche 
im Kni e- oder im Hüftgelenk; ferner wissen wir, dass die Fibula 
nur selten befallen "wird, haben oft in der frühzeitigen Periost¬ 
anschwellung, die sich als circumscripte Infiltration kundgiebt, 
weitere Zeichen, die, wenn auch schwer nachzuweisen, so doch 
sichere diagnostische Anhaltspunkte abgeben. 

Eine fernere Frage ist die, ob man denn in so frühen Stadien 
bei der Eröffnung des Knochens auch wirklich schon Veränderungen 


antrifft, die geeignet sind die Allgemeinsymptome zu erklären und 
die man als operabel anselien darf. 

Nun, man wird erstaunt sein, zu sehen, wie intensiv 
das Mark bereits entzündet ist. Das Periost hat vielleicht 
nur Hyperämie oder missfarbige Beschaffenheit gezeigt, eine perio¬ 
stale Eiterung fehlt, die Corticalis ist etwas geröthet oder trägt 
wohl auch eine feine Cloake, aus der sich eben ein Tröpfchen 
eiteriger Flüssigkeit entleeren will, beim Aufmeisseln fällt aber das 
Ausfliessen eines serös-hämorrhagischen Liquidums aus der ver¬ 
wundeten Compacta auf; und ist die Markhöhle befreit von der 
einengenden Schale, so sieht man das lebhaft blauroth gefärbte 
Mark, so zu sagen, herausspringen aus seiner Umhüllung, man er¬ 
kennt zahllose, gelbliche Einsprengungen und Trübungen, auch wohl 
schon hier und da einen stecknadelknopfgrossen Abscess — kurz 
man hat den von Pasteur so richtig bezeichneten „Knochen¬ 
furunkel“ vor sich. 

In anderen Fällen hat bereits eine periostale Eiterung sich 
entwickelt und hat an irgend einer Stolle das Periost vom Knochen 
abgehoben. Es ist sogar manches mal nicht schwer, den Abscess 
vor der Operation festzustellen, man findet ihn erst bei der Auf¬ 
schlitzung der Beinhaut, sei es, dass sein Sitz ein sehr versteckter 
in einem Interossalraum ist, oder dass mächtige Weiehtheilmassen 
ihn bedecken, die nicht gestatten Fluctuation nachzuweisen, resp. 
selbst das Gefühl des Schwappens geben. 

Es dürfte aber von grosser Bedeutung sein, zu ope- 
riren, bevor ein Abscess die Beinhaut abgehoben hat, 
weil dann der Bestand des Knochens noch am wenigsten 
gefährdet ist und auch die allgemeine Pyämie, d. h. die 
Metastasenbildung noch zu fehlen pflegt. Von meinen 
14 Fällen wurden 6 vor nachweisbarer (auch bei der Operation 
nachweisbarer), periostaler Eiterung operirt, von diesen (die inner¬ 
halb des dritten bis siebenten Erkrankungstages standen) hatte 
noch keiner multiple Heerde, acquirirte sie auch nicht im weiteren 
Verlaufe. Die 8 anderen, bei denen geringfügige Periostabscesso 
sich schon entwickelt hatten, vom vierten bis zehnten Krankheits¬ 
tage, hatten 6 anderweitige Affectionen und wiesen fast stets 
schwerere allgemeine Erscheinungen auf, als die ersteren. Diese 
Zahlen sprechen mit grosser Deutlichkeit dafür, dass man nicht 
frühzeitig genug operiren kann und dass die von mancher Seite 
gegen diese Eingriffe gemachten Einwürfe, man hätte in diesen 
Fällen wohl auch noch werten können, und die guten Resultate 
bewiesen gar nichts für den Werth der Frühoperation, durchaus 
unberechtigt sind. So wenig man bei einem Panaritium mit 
der Incision warten darf, bis eine ausgedehnte Volar- 
phlegmone die Arbeitsfähigkeit des Armes für immer 
vernichtet hat oder bei ausgebrochener Pyämie die Am¬ 
putation — oft vergeblich — das Leben zu retten sucht, 
weil hin und wieder ein Spontandurchbruch schnelle 
Spontanheilung herbeiführt, so wenig sollte man eine 
Osteomyelitis sich selbst überlassen, bis ausgedehnte Ne¬ 
krosen oder Gelenkvereiterungen langes Siechthum und 
Verkrüppelung herbeigeführt haben oder fortschreitende 
Pyämie alle Eingriffe vergeblich erscheinen lassen. Auch 
die so seltene Möglichkeit eines chronischen Ablaufes der Knochen¬ 
entzündung oder eines gutartigen (abortiven) Verlaufes derselben 
giebt zum „Abwarten“ keine Berechtigung. Eine wirkliche, spon¬ 
tane, vollkommene Rückbildung der Knochenmarkentzündung bei 
„palliativer“ Behandlung, ohne Eiterung und Nekrose, dürfte noch 
niemand mit Sicherheit beobachtet haben. Die scheinbar so ge¬ 
heilten Fälle zeigen in der restirenden Knochenverdickung an, was 
ihre Träger noch nach Jahren zu erwarten haben. Stete Schmer¬ 
zen und häufiges Wiederaufflammen der alten Entzündung zwingen 
sie noch zu einer späteren Zeit., sich durch Aufmeisselung von 
ihrer in der Tiefe einige Tropfen Eiter bergenden Hyperostose 
(Knochenabscess) befreien zu lassen, wenn nicht ein schlimmeres 
Recidiv von neuem die Gesundheit oder das Leben bedroht. 

Dazu kommt, dass die radicale Frühoperation so vorzüg¬ 
liche und so schnelle Heilresultate giebt, dass man dieselbe in dei 
That als eine Abortivbehandlung der Osteomyelitis bezeich¬ 
nen darf. 

Fast unmittelbar nach dom Eingriff ändert sich der Zustand 
der Kinder. Der typhöse Eindruck, den sie vorher machten, ver¬ 
schwindet, die hohe Temperatur fällt nach 24 Stunden ab, um 
noch einige Tage subfebril zu bleiben, dann aber normal zu werden, 
langsam kehrt Appetit zurück, die so häufigen, katarrhalischen Sym¬ 
ptome auf den Lungen lassen nach, kurz die kleinen Patienten 
zeigen bald das Bild eines Reconvalescenten. Je früher man die 
Operation gemacht hat, um so schneller findet die Genesung statt, 
selbstverständlich ist letztere auch davon abhängig, ob man einen 
oder mehrere Heerde zu eröffnen hatte, oder ob sich gar noch 
während der Heilung neue Metastasen bilden. In denjenigen 
Fällen, wo wir am dritten bis siebenten Tage — also vor Eiterung 


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780 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


— operirten, traten keine weiteren Erkrankungen auf, bei den 
anderen hatten wir mehrmals gleichzeitig bestehende oder spätere, 
neue Heerde zu beseitigen. In Bezug auf den Sitz der Osteomy¬ 
elitis konnte kein Unterschied des Verlaufes oder des Einflusses 
der Operation constatirt werden (wir operirten sieben mal an der 
Tibia, sechsmal am Femur, einmal am Humerus — abgesehen von 
den multiplen Heerden). 

Keine dieser „Frühoperationen“ endete mit dem Tode der 
Patienten, vielmehr kamen alle zur Heilung und zwar in einer 
relativ kurzen Zeit, so zwar, dass die erste Gruppe von Operirten 
(drei bis sieben Tage pos initium morbi) in etwa drei bis vier 
Wochen, die anderen innerhalb sechs Monaten völlig vernarbt 
waren. Keiner dieser Fälle hatte eine nennenswertho Nekrose er¬ 
litten — nur sehr kleine Stückchen der Corticalis stiessen sich 
hin und wieder ab, — keiner behielt eine Fistel übrig, — bei 
keinem wurde eine Deformirung der Glieder herbeigeführt oder 
entstand eine Ankylose der betheiligten Gelenke, dio zum Theil 
incidirt worden waren, zum Theil aber auch infolge der Auf- 
meisselung des erkrankten Knochens spontan zur Heilung kamen. 
(Im Uebrigen hatte es sich stets nur um seröse Gelenkergüsse ge¬ 
handelt.) Auch Reeidive kamen nicht vor. 

Von Wichtigkeit ist noch die Thatsache, dass kein einziges 
Kind nach dieser Operation eine Wachsthumsstörung 
erlitt (Beobachtungen über vier Jahre, — von früheren Patienten 
sind einige später an Kinderkrankheiten gestorben, von anderen 
fehlen Nachrichten) trotzdem sieben von den kleinen Patienten noch 
nicht zwei Jahre alt waren. — 

Vergleicht man die Resultate mit denen unserer früheren Be¬ 
handlungsmethoden und mit denen, welche wir bei späteren Ein¬ 
griffen erzielen, so wird man wohl kaum zweifeln können, dass 
die möglichst frühzeitige, radicale Elimination des osteomyeli¬ 
tischen Heerdes jeder anderen Behandlungsmethode überlegen ist. 
Man kann sie mit Recht als eine Abortivbehandlung für die¬ 
jenigen Fälle bezeichnen, welche zu einer Zeit derselben 
unterworfen werden, wo noch keine grössere Eiter- oder 
Nekrosen-Bildung besteht, — vorausgesetzt dass man 
es nicht mit jenem Zustande foudroyanter Sepsis zu tliun 
hat, bei denen Heerde in den inneren Organen jede Hoff¬ 
nung von vornherein abschneiden. 


VI. Aus der chirurgischen Klinik zu Bologna 
(Prof. Novaro). 

Untersuchungen über den Stoffwechsel des 
Hundes nach Magenexstirpation und nach 
Resection eines grossen Theils des Dünn¬ 
darms 1 ). 

Von Dr. F. De Filippi. 

Mit gütiger Erlaubniss dos Herrn Assistenten Dr. Monari habe ich 
zwei Hunde, welche von ihm im Juni 1892 operirt waren, zu Unter¬ 
suchungen von Februar 1893 bis Ende Mai erhalten können. Dem einen 
war der Manpn total exstirpirt mit Ausnahme eines kleinen, trichter- 
artigen btreifens nahe an der Cardia; dem anderen waren vom Dünndarm 
l,yu m resecirt. Die Thiere wurden im Juni 1893 getödtet und die 
Autopsie ergab bei dem ersten einen fast vollständigen Mangel des 
Magons ohne irgend welche sackartige Erweiterung zwischen Oesophagus 
und Duodenum, beim zweiten, dass vom Dünndarm nicht mehr als 25 cm 
Länge ° n Waren ’ Ungefähr ein Achtel der vollständigen ursprünglichen 

M ,, D J e Unt ^suchungen wurden bei diesen beiden Hunden nach der 
Methode der btoffwechseluntersuchungen v. No orden’s 3 ) angestellt, und 
Hunde ndenen Kesu ^ ltato wur den verglichen mit denen bei einem normalen 

UO dem magenlosen Hunde sind die Resultate im grossen und ganzen 
g ^ h en, V 1 ? S1C durch eine andere Versuchsmethodc Ogata 3 ) er- 
Duodpnmn Ä" d '° 1 '“ hru *>f *>‘<>«6 direkt durch den Pylorus in das 
' ' mttels . einer Magoniistcl emfflbrte. Meine Untersuchungen 

bestätigen demnach; gleichfalls die Möglichkeit der totalen Ma^encxstir- 
pation beim Hunde, ohne dass beim Stoffwechsel bemerkenswertbe Ver- 

«nH er S- lg r ZW?*** 1 d , as T1,ier orn ährt sich auf regelmässige Weise 
und die Kothbildung geht normal vor sich. Das rohe Fleisch wird nu? 
verdaut, wenn es in feinem Brei zugeführt wird. In ^rossen ^ Stücken 
mint 1 >" wird es nur oberflächlich eingekerbt und verursacht Assi- 
die m einer ungenügenden As similation der Fette be- 
t ' D ie Kohl enbydratc sind indessen vollständig verwertet. Trotz 


) Die Originalarbeit wurde in der Sitzung dos 18. Februar 1894 der 

di BoIog - M 

suehul g en. V -B N oZ r , d l C 892 GrUn<lriSS Ctaw Mothodik dcr Stoffweehselnnter- 

Areh^ÄÄtn b r h s 4r halluns dcs Magens - 


No. 40 


des Mangels der desinficirenden Wirkung des Magensaftes scheinen keine 
abnorm stärkeren Fäulnissprocesse im Darm stattzufinden. Die Bestand- 
tbeile des Kothes bieten ausser einem Fehlen der Gallensäure (Petten- 
kofer’sche Roaction) nichts Auffallendes dar. Diese Thatsache wird schon 
von Ogata angegeben, der die fehlende Gallensäure dem Mangel an Salz¬ 
säure zuschreibt, so dass die Taurocholsäure nicht umgesetzt wird. Der 
Harn ist dunkol gefärbt und enthält etwas Urobilin. Nichts Anormales 
in den Umsetzungsproducten. 

Diese Resultate finden ihr Analogon beim Menschon in der Er¬ 
scheinung chronisch veränderter gastrischer Secretion. — v. Noorden 1 ) 
hat bewiesen, dass in keinem der erwähnten Fälle erhebliche Veränderungon 
beim Stoffwechsel stattfindon, weder heim Eiweissumsatz, noch bei der 
Resorption, so dass die beobachteten Erscheinungen sieb nur auf unge¬ 
nügende Zufuhr der Nahrung beziehen können. e 

Das Studium des Stoffwechsels bei dem am Darm operirten Hunde 
führt zu dem Schluss, dass nach fast vollständiger Exstirpation des 
Dünndarms das Leben des Thieres nicht nur ungefährdet ist, sondern 
dass es dem Thiere alsdann noch möglich ist, sich regelmässig unter fast 
normalen Bedingungen zu ernähren. Dio Resorption im Darm bietet keine 
andere Veränderung dar als eine unvollkommene Assimilation der Fette 
(ein Verlust im Kotk von 19 %), während die Kohlenhydrate vollkommen 
nutzbar gemacht sind und der Stickstoff keinen grösseren Verlust er¬ 
leidet als beim normalen Hunde. — Bemerkenswerth ist die Thatsache. 
dass das Thier, welches im Juni 1892 operirt war, eine Schwangerschaft 
bis zum Endtermin vollkommen austragen und das eine der im November 
geborenen Jungen während dreier Wochen selbst nähren konnte, ohne 
andere Störung als einen gewissen Grad von Abmagerung. 

Diese Resultate drängen uns anzunehmen, dass der Dickdarm vica- 
riirend die Thätigkeit des Dünndarms übernehmen kann, eine Hypothese, 
welche übrigens unterstützt wird durch die Erfahrung, welche man mit 
nährenden Klystieren gemacht hat 3 ). 


VII. Feuilleton. 

Die Ausstellung des achten internationalen (Kongresses für 
Hygiene und Demographie in Budapest. 

Von Dr. George Meyer in Berlin. 

Wie bei allen ähnlichen Veranstaltungen war auch auf dieser Aus¬ 
stellung nicht streng genug an dem Grundsatz festgehalten worden, nur 
Gegenstände aufzunehmen, welche wenigstens einigennaassen auf Neuheit 
Anspruch erheben konnten, ferner waren auch manche Stücke vorhanden, 
deren Daseinsberechtigung aus anderen Gründen ernste Zweifel erregen 
konnte. Bei sehr weiter Fassung des Begriffes konnte man auch von 
diesen sagen, dass sie „in den Rahmen der Hygiene gehörten“, da es 
eigentlich kaum Gegenstände giebt, von denen man dies nicht behaupten 
könnte. Dio zerstreute Aufstellung auf den Fluren und in einzelnen Sälen 
des Polytechnikums, die wegen der Besetzung der meisten Räumlichkeiten 
durch die zahlreichen Sectionen des (Kongresses nöthig war, trug nicht gerade 
dazu bei, die Besichtigung zu einer sehr bequemen zu gestalten. Der zur Ori- 
entirung der Besucher ausgegebene Katalog konnte diesem Uebelstande bei 
vielen Mitgliedern nicht abhelfen, da er in — ungarischer und französi¬ 
scher Sprache abgefasst war. Abgesehen von diesen kleinen Mängeln bot 
die Ausstellung eine solche Fülle interessanten Materials und war in 
ihren einzelnen Theilen so vorzüglich und übersichtlich aufgestellt, dass 
man dem gesummten Ausstellungsausschuss nur höchstes Lob für seine 
Mühewaltung zollen kann. Insbesondere seien an dieser Stelle die Namen 
des Ordners der Ausstellung Dr. Kresz, des verdienstvollen Direktors der 
Budapester freiwilligen Rettungsgesellschaft, und des Ordners der Deut¬ 
schen Gesammtausstellung, Dr. Theodor Weyl, rühmend hervorgehoben. 

Gleich in der Nähe des allgemeinen Unterhaltungszimmers war ein 
hauptsächlich mit Nährmitteln besetzter Saal bemerkenswerte. Bur* 
roughs, Wellcome u. Co. (London) hatten hier verschiedene compri- 
rairte Stoffe, auch Thee in Pastillenform, ausgestellt, die zur Benutzung 
auf Reisen und Märschen wohl beachtenswerte erscheinen, wenngleich der 
Geschmack des gepressten Thees hinter dem des frisch bereiteten Ge¬ 
tränks zurückzustehen scheint. Verschiedene gepresste Arzneimittel 
hatten sowohl diese Finna als auch Sauter (Genf) gesendet. Eine 
Champagnerart, die durch Mangel an Zucker und Alkohol sich besonders 
für Zuckerkranke und durch Zusatz von Coca als Belebungsmittel eignen 
soll, wurde von Laurent-Perrier gezeigt. Die Pester Walzmühlgesell- 
schaft batte eine grosse Zahl ihrer feinen Erzeugnisse gesandt und ver¬ 
theilte auch Proben derselben zum Kosten- Vorzüglich für abwaschbare 
Wandanstriche ist die von Ratti & Paramatti (Turin) gefertigte 
Emaillefarbe geeignet, die nach zweimaligem Ueberstreichen dem betreffen¬ 
den Gegenstand majolikaartiges Aussehen verleiht. Das von Dr. Gruby 
(Paris) «ausgestellte Modell eines Krankenhebeapparates zeigt als grossen 
Nachtheil mit anderen gleichen Zwecken dienenden Apparaten, dass er 
umfangreich und mehr wie ein Werkzeug zum Foltern als zur Kranken¬ 
pflege bestimmt erscheint. Aus dem Lepraasyl in Trinidad stellte Dr. 
Rcayen Rake verschiedene Präparate zur Veranschaulichung der Er¬ 
scheinungen dieses Leidens aus. 


*) v. Noorden, Ueber die Ausnutzung der Nahrung bei Magen¬ 
kranken. Zeitschr. f. klin. Med. XVII; und Lehrbuch der Pathologie des 
Stoffwechsels. Berlin 1893, S. 239 u. f. 

u ) C. A. Ewald, Ueber die Ernährung mit Pepton und Eierklystieren. 
Zeitschr. f. klin. Med. 1887, H. 5, S. 407; und A. Huber, Ueber den 
Nährwerte dor Eierklvstiere. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. XLVII, 
S. 495. 


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4. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


781 


Im Nebensaal hatte die „erematis tische Ausstellung“, die einen eigenen 
grossen Katalog herausgegeben, Platz gefunden. Ausser vielen interessan¬ 
ten Schriften über Feuerbestattungswesen fanden sich hier Urnen ver¬ 
schiedener Gestalt und aus verschiedenem Material zur Aufnahme der 
Aschenüberreste, Nachbildungen und Risse der Leichenverbrennungs¬ 
anstalten zu Gotha, Heidelberg, Hamburg, Stuttgart, New-York, Zürich, 
Mailand, Stockholm, Gothenburg, Paris, Brescia. Auch mehrere photo¬ 
graphische Aufnahmen, die den Zustand von Leichen, die verschieden 
lange Zeit in der Erde gelegen, darstellten und Furcht und Schrecken 
vor dem bisher gebräuchlichen Beerdigungsverfahren erregen sollten, waren 
ausgelegt. 

Auf dem Corridor hatte Jahnle-Berlin einen nach Angabe von 
Stabsarzt Schmiedicke gefertigten Apparat ausgestellt, bei dem in 
geschickter Weise Geräthe zur Bewegung verschiedener Gelenke der 
oberen und unteren Extremitäten vereinigt sind. Die übrigen bekannten 
Erzeugnisse dieses Fabrikanten waren in einem Saale untergebracht. Ausser 
dieser Firma habe ich übrigens auffallend wenig Berliner Fabrikanten als 
Aussteller vertreten gefunden; es fehlten die besten und berufensten 
Berliner Namen, und wenn auch naturgemäss das Land, in welchem der 
Congress stattfindet, die meisten Aussteller liefert, so war doch der Mangel 
deutscher, auch russischer und amerikanischer, Privatfirmen erheblich in 
die Augen springend und sicherlich in einer gewissen Ausstellungsmüdig- 
keit begründet. 

Hervorragend war die statistische und demographische Abtheilung 
auf der Ausstellung vertreten. Staatsregierungen und Stadtbehörden 
schienen gewetteifert zu haben, in dieser Beziehung nur Vorzügliches zur 
Ausstellung zu senden. Alle vorhandenen Tafeln, Tabellen, Curven- 
zusammenstellungen und Karten boten so viel Interessantes und für den 
Statistiker von Fach Anziehendes, dass es schwierig ist, aus der Fülle 
des reichlich Gebotenen einige wenige Punkte herauszugreifen. Das 
Kaiserlich Deutsche statistische Amt, das Königlich Preussische statisti¬ 
sche Bureau, das statistische Amt der Stadt Berlin, zahlreiche andere Städte, 
Hamburg, Köln, Posen, Mannheim, das Königlich Bayerische und Württem- 
bergische statistische Bureau, das Kaiserliche Ministerium für Elsass-Loth- 
ringen hatten mit bekannter Genauigkeit und Uebersichtlichkeit aus¬ 
gearbeitete Pläne und Karten ausgehängt. Recht augenfällig war auf 
einer Karte das Verhalten der Sterblichkeit unehelicher Kinder in Deutsch¬ 
land während des ersten Lebensjahres in den Jahren 1881—1890. Die 
meisten Kinder, mehr als 530, starben im Kreise Teltow, Regierungs¬ 
bezirk Köln, Stadtkreis Bonn; nur in den westlichen Provinzen Deutsch¬ 
lands waren die geringsten Zahlen, bis zu 200, vertreten. Eine andere Karte 
zeigte das Ueberwiegen des weiblichen Geschlechtes in den östlichen und 
südlichen, des männlichen Geschlechtes in den nördlichen und westlichen 
Theilen des Deutschen Reiches. Bemerkenswerth ist auch die Zunahme 
des Verbrecherthuras nach dem Osten des Reiches zu, die durch andere 
Zeichnungen verdeutlicht wurde. Das Kaiserliche Ministerium lür Eisass- 
Lothringen veranschaulicht die Erfolge der Beaufsichtigung der Prosti- 
tuirten durch die Sittenpolizei. Während beim Militär seit 1873 eine Ab¬ 
nahme der Geschlechtskrankheiten festzustellen war, zeigte sich Zunahme 
der Zahl der im Krankenhause verpflegten Dirnen. Von anderen deut¬ 
schen Staats- und Stadtbehörden welche hier ausstellten, sind noch zu 
erwähnen Hamburg, Heilbronn, Köln (hervorzuheben die Pläne, welche die 
Gestaltung der Stadt in den Jahren 1752, 1881, 1893 zeigen), Posen und 
ganz besonders die Musterausstellung des Magistrates der Stadt Berlin. 
So oft ich auch Pläne, Modelle und Zeichnungen der Berliner hygienischen 
Einrichtungen und Anstalten auf Ausstellungen gesehen, immer habe ich 
beim Vergleich mit anderen Städten gefunden, dass Berlin mit in der 
ersten Reihe der Städte steht, welche für das leibliche Wohl ihrer Ein¬ 
wohner am besten Sorge tragen. Von anderen öffentlichen Anstalten 
ist noch aus Deutschland das Hygiene-Institut der Berliner Universität 
zu erwähnen, dessen Leiter Rubner sich um das Gelingen der Deut¬ 
schen Ausstellung ausserordentlich verdient gemacht hat. Die Medicinal- 
abtheilung des Preussischen Kriegsministeriums hatte eine Reihe ihrer 
Werke und Berichte ausgestellt, welcho bereits seit langer Zeit einen 
ehrenvollen Platz in der medicinisclien Litteratur einnehmen. Die Aus¬ 
stattung der Sanitätsberichte, welche im Verlage von Mittler & Sohn, 
Berlin erscheinen, ist als mustergiltige anerkannt. Erwähne ich noch die 
von der Budapester städtischen Impfanstalt, vom ungarischen Cultus- und 
Unterrichtsministerium und der ungarischen Eisenbalmdirektion gesendeten 
Gegenstände, so ist die Aufzählung der in der Ausstellung vertretenen 
Regierungsbehörden beendet. Bemerkenswerth bei den letzteren waren 
die Dienstanweisungen für die Schulärzte (deren Fehlen in Deutschland 
noch immer beklagt wird) und die auf den ungarischen Eisenbahnen vor¬ 
handenen Rettungskästen und Tragbahren. (Schluss folgt.) 

Vin. Krankenpflege. 

Ueber Lage, Bau und Einrichtung von Hospitälern. 

In einem stattlichen Werke (Healthy Hospitals, on some points con¬ 
nected with hospital construction. 287 S. Oxford, 1893) hat Sir Douglas 
Galton, besonders durch eine eigenartige Construction von Kaminen rühm- 
lichst bekannt, seine reichen Erfahrungen Uber Krankenhausbau und -Einrich¬ 
tung niedergelegt. Nach einer allgemein gehaltenen historischen Uebersicht 
über die Entwickelung des Krankenhauswesens von seinen ersten An¬ 
fängen bis zur Neuzeit spricht Gal ton zunächst über Zweck und Ziel eines 
Krankenhauses, als dessen Hauptaufgaben er neben seiner Bodeutung für 
den medicinischen Unterricht die Heilung der Kranken in möglichst kurzer 
Zeit hinstellt. Die wesentlichste Erfüllung dieser Aufgabe ist Reinlich¬ 
keit und Salubrität; frische, gut temperirte Luft, möglichst direktes 
Sonnenlicht für alle Krankenräume, leichte Reinigung von Fussboden und 


Wänden, genügende Vorrichtungen für die persönliche Reinigung, gute, 
leicht zu reinigende und saubor zu haltende Lagerung, gute, zweckent¬ 
sprechende Beköstigung und ein gutes Wartepersonal sind die Forde¬ 
rungen, die er an ein gut eingerichtetes Krankenhaus stellt. Bezüglich 
der einzelnen Baulichkeiten und Räume unterscheidet er 1) solche, welche 
für die Aufnahme und Behandlung der Kranken bestimmt sind, wie die 
Räume für die Krankenaufnahme und die Verkeilung derselben auf die 
einzelnen Stationen; die Stationen selbst und ihre Nebengelasse; medi- 
cinische Bäder; den Operationssaal mit seinen Nebenräumlichkeiten; die 
Dispensiranstalt, die Lager- und Werkstatträume; das Leichenhaus und 
eventuell die Räume für die Poliklinik, Warte- und Examinationszimmer. 
2) Räume für ökonomische und administrative Zwecke, und zwar die 
Küche mit ihren Nebenräumen, die Vorrathsräume, die Wäscherei, Des- 
infection, Räume zur Vernichtung des Mülls, der gebrauchten Verband¬ 
stoffe und dergl., endlich die Schlaf-, Ess- und Wohnräume für das Dienst¬ 
personal. 3) Räumlichkeiten für das Pflege- und Wartepersonal, bestehend 
in Schlaf-, Ess- und Wohnzimmern für die Schwestern u. s. w., sowie 
der Bibliothek und den für den Unterricht der Pflegerinnen bestimmten 
Zimmern. 4) Baulichkeiten, die für den medicinischen Unterricht bestimmt 
sind; Secirsaal, Präparationszimmer und Laboratorium, Präparatensamm- 
lung und Bibliothek, Auditorium, Warte- und Garderobenzimmer für die 
Studenten; und schliesslich 5) für die Oberleitung benöthigte Räume, zu 
denen er die Conferenzzimmer, die Bureaux, Wohnräume etc. für die 
Aerzte, die Oberin und die Pförtnerwohnung rechnet. 

Die folgenden Kapitel beschäftigen sich nach dieser allgemeinen 
Uebersicht mit den Einzelfragen, die bei der Anlage und dem Bau eines 
Krankenhauses zu berücksichtigen sind, und zwar bespricht Gal ton zu¬ 
nächst die Lage desselben. Als das Erstrebenswertheste stellt er die 
Errichtung des Hospitals ausserhalb der Städte hin, doch hält er diese 
Forderung mit Rücksicht auf dio Schwererreichbarkeit derselben bei Un¬ 
glücksfällen und schweren Erkrankungen, sowie auf die Erschwerung des 
medicinischen Unterrichts durch eine solche Aussenanlage in grösseren 
Städten nicht für durchführbar; nur Isolir-Hospitälor, sowie Reconvales- 


U’OCKenen, von Keinerlei scaauucueu ijiuuvii-u vciumcmigwu uuraguumco 
und eines guten Trinkwassers, die Abhaltung der Grundluft von den Bau¬ 
lichkeiten durch Asphalt- oder Cementschiclitcn, die Gefährlichkeit einer 
sumpfigen, öfters überschwemmten Umgebung und fordert eine möglichst 
hohe, gegen Nord- und Ostwinde geschützte Lage mit leichter Drainir- 
barkeit des Bodens unter Berücksichtigung der geologischen Formationen 
desselben. Bei der Anlage eines Krankenhauses innerhalb der Stadt 
sollten nach Ansicht des Verfassers bei einem Belegraum für 100 Betten 
mindestens 60 qm, bei 3—400 Betten 90 qm und bei 500 und darüber 
120—140 qm Fläche pro Bett vorhanden sein. Im Anschluss hieran 
giebt Galton eine Uebersicht der einschlägigen Verhältnisse in einer 
grossen Anzahl englischer und zum Theil auch französischer Hospitäler. 

In vier aufeinander folgenden Kapiteln erörtert sodann Verfasser die 
Frage der Ventilation von Krankenhäusern. Er bespricht zunächst die 
Bedingungen, die zu einer Luftverderbniss in bewohnten Räumen An¬ 
lass geben und führt als solche die Producte der normalen Athmung 
und Körperausdunstung, Krankheitsproducte, mangelhafte Reinlichkeit und 
Exhalationen des Bodens und der Räumlichkeiten selbst an. Zum Maass¬ 
stab für die Luftverunreinigung dient der COa-Gehalt und eventuell der 
Bacteriengehalt derselben. Um dieser Luftverunreinigung entgegen¬ 
zuwirken, ist es nothwendig, für Ersatz der schlechten Luft durch reine 
Luft in der Weise Sorge zu tragen, dass durch den Luftwechsel keine 
Zugluft entsteht, wobei gleichzeitig die Temperatur und der Feuchtigkeits¬ 
gehalt der Innenluft zu berücksichtigen ist. Gal ton kommt hierbei auf 
die bekannten Versuche über die Permeabilität der Wände für Luft zu 
sprechen und verwirft, gestützt auf diese Versuche, die Bekleidung der 
Aussenwände mit undurchlässigem Material. In Bezug auf die Häufigkoit 
des Luftwechsels wendet er sich gegen die Forderungen Chaumonts 
und angeblich auch Pettenkofers, die eine sechsmalige Ergänzung der 
Innenluft pro Stunde fordern, da hierbei Zugluft entstehen müsse, und 
hält einen dreimaligen Wechsel bei einem genügend gross bemessenen 
Cubikraum des Zimmers für ausreichend, selbstverständlich unter der Be¬ 
dingung der constanten Luftzufübrung. 

Zur Reinigung der Zuluft von Staub und Schmutz, insbesondere 
auch für Fernhaltung des in England ungemein lästig wirkenden Nebels 
empfiehlt Galton, nachdem er die verschiedensten zu diesem Zwecke 
getroffenen Vorkehrungen besprochen, die im Victona-Krankenhause zu 
Glasgow eingeführte und als leistungsfähig erprobte Art der Luftreinigung. 
Hier muss die aspirirte Aussenluft eine Kammer passiron welche durch 
eine Art Vorhang in, zwei Abtheilungen getheilt ist. Dieser Vorhang 
besteht aus mehreren Tausend Fäden aus Cocosnussfasem, die von •einem 
an der Decke befindlichen Rahmen zu einem zweiten, nahe dem h ussboden 
befindlichen gezogen sind und so dicht aneinander verlaufen, dass sie Sich 
berühren Durch diese vertikal verlaufenden Fäden smd m horizontaler 
Richtung feine Kupferdrähte geflochten, die fest angezogen smd und dem 
Ganzen das Aussehen eines quer durch die Kammer gespannten groben 
Tuches verleihen. Der obere-Theil der Fasern setzt sich an em Ilanell- 
sttlck an, das seinerseits in eine längs der Decke entlang geführte stete 
mit Wasser gefüllte Rinne taucht, wodurch Flanell sowohl, wie dio ach 
daran anschliessenden Fäden andauernd nass gehalten werden (also ähn¬ 
lich dem von H. Wolpert angegebenen Rollvorhang. Ref.). Bie soge 
reinigte Luft gelangt dann in die Heizkammern, wo sie erwärmt und dann 
den einzelnen Räumen zugeleitet wird. . R . • „ der 

Im Anschluss hieran spricht Verfasser auch über die Remigung der 
Abluft, die bei Infectionskrankheiten und hauptsächlich bei Poeten . oto 
infectionsverdächtig bezeichnet wird, und beschreibt ein. mi Jahre lö»» 
von Cowper ausgearbeitetes Project, das bisher noch nicht ausgetührt i..t 


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782 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40 


(und wobläoch nie zur Ausführung gelangen dürfte! Ref.), in welchem die 
aus den Krankensälen aus tretende Luft aufgefangen und zum Zwecke der 
Desinfection durch eine Feuerungsvorriehtung geleitet wird, bevor sie sich 
der äusseren Atmosphäre mittheilt — dabei müsste man natürlich sämmt- 
liche Krankenräume „pilzdicht“ gegen die Umgebung abschliessen können! 

Nachdem Galten sodaim als ersten Grundsatz die Bedingung stellt, 
dass die Zuführung der Aussenluft in der Nähe der Decke mit gegen diese 
gerichteter Strömung, die Ableitung der Verbrauchten Jnnenluft in der 
Nähe des Fussbodens stattfinden müsse, bespricht er die Factoren, welche 
itttr die Bewegung der Luft maassgebend sind, und unterscheidet als solche 
einmal die Temperaturdifferenzen, die sowohl in der äusseren Atmosphäre 
wirksam sind, als auch durch künstliche Wärmeerzeugung in Gebäuden 
hervorgerufen werden können, und zweitens mechanische Hülfsmittel, wie 
Ventilatoren und dergl., welcho die Bewegung der Luft nach einer be¬ 
stimmten Richtung hin bewirken. Ausgenutzt werden. die natürlichen 
TemperatIndifferenzen zwischen Aussen- und Jnnenluft zur Ventilation in 
der Weise, dass man— abgesehen vom Ooffnen der Fenster und dergl. — 
Abzugsschlote an legt, die, bei wärmerer Jnnentemperatur und ent¬ 
sprechender Luftzufuhr zu dem zu ventilirenden Raume, das Abströmen 
der Luft nach aussen bewirken. Gallon weist bei dieser Gelegenheit 
darauf hin, dass diese Abzugsschlote glattwandig gehalten werden und 
eine entsprechende Höhe bei nicht zu weitem Querschnitt besitzen müssen, 
sowie, dass unter gewissen Bedingungen auch Gegenströmungen innerhalb 
der Schlote zustande kommen können; Dachtirstveiitilation in Form der 
bekannten Dachreiter bei eingeschossigen Gebäuden ist eine wirksame 
Modification solcher Abzugsschlote, vorausgesetzt, dass untere Luft- 
cinströmungsöffnungen vorgesehen sind. — Bei der durch künstlich her- 
heigoführto Tempeniturdifferenzen bewirkten Ventilation verlegt man die 
Vv ärmequelle in den Abzugsschlot, der um so stärker angeheizt werden 
muss. Me niedriger er ist. und umgekehrt-. Handelt es sich um die Ven¬ 
tilation einer grösseren Anzahl in einem Gebäude befindlicher Räume, so 
wird man zweckmässigeiweise die einzelnen Abluftcanäle in einen Haupt- 
abzugssohlot sammeln, und zwar in der V eise, dass man sie entweder 
cpuyergireud direkt nach oben in den angeheizten Hauptschlot führt, oder 
horizontal in denselben leitet, oder endlich sie zunächst in absteigender 
Richtung UI1 t , 'Hialb der Solde des tiefstgelegenen Raumes sammelt und am 

. d ? 8 . Hauptabzugssch 1 otes münden lässt. — Die durch mechanische 
Hülsmitto hervorgerufene Ventilation wirkt theils durch Propulsion, 
theds durch Schrauben Ventilatoren in Form der Aspiration; Verfasser giebt 
den- letzteren den Vorzug .und bringt als treibende Kraft die Elektricität, 
in Vorschlag. 

Das nächste Kapitel beschäftigt sieh mit den Heizungsanlagen für 
Krankenhäuser. Verfasser hebt zunächst hervor, dass dieselben nie von 
der Ventilation getrennt gehalten werden sollten, und bespricht hierauf 
die verschiedenen Heizmethodem; deren er drei unterscheidet, nämlich die 
durch■ offene Feuerstellon (Kamin), die Luftheizung und die Er¬ 
wärmung durch Oefen oder W armwasserrohre und dergl. Nach einigen 
äugen Hünen AiLseinandm-setziingeii über die Wärmcverluste, die durch das 
der Wtode (nut Holz--bekleidete. oder hohl «emauerte Wttnde 
21 '•‘»“»»«l« Hnftsehieht «eben die geringsten Verluste), durch Fen- 
cZ\ ^T"' 1 «ssbodeu und Hecken herbeigefdhrt werden, bespricht 
Vnnr H r Kes !’ n ^ rto Heizung jedes einzelnen Zimmers mittels-offenen 
eners, die er als eine nahezu ideale bezeichnet, indem sie boi richtiger 
Unntm etmn dar Kamine e ne frleiclimiissige, vom Körper angenehmem- 

'r m ?* i mA fe' leichz, - iti fe r eine ausgezeichnete Ven- 
tilation des zu beheizenden Raumes gestattet (doch wohl nur unter kli¬ 
matischen \ ftrhültnissen, die den englischen gleichen, durchführbar Ref 1 
^ f uf die Kesprechunt; von Contrnlhcizmilagen «her. Hie 

<\Li < l!T‘ anat '? z "« (!fllhrt< ‘ Aussenluft soll durch unterirdische 
Cai^e geleitet werden, um die Erdtemperatur ausnutzen zu können 
m 't 1,1 dtr Heizperiode hei selir niedrigen Teinneraturen 

wohl kaum von Einfluss sein. Ref.); die warme St darf nicht Ä 

dmch d.Vene Z " ge « ^ soadom zunächst müssen die Wftnde 

Stei erforde th™dr T^'V Wkdm ' n S™ zur Anfeuchtung der Luft 
mu f, *H»riialb der einzelnen Stationen 
HÄ! Ä' i Na ä-, cmer Sehildenmg der einzelnen 

eiz.}steme, aut die des Näheren einzugehen wir uns hier veisno-fm 

k '',’ ra " ,t „<'i' ZU dem Resultat, dass sowohl aus sanitären wie aus 
ökonomischen Gründen die centralisii-tc Heisswassor- its l m . l f 
ta«mg waten, d« Voruug verdient und dass nur, wo eine “Äe 
m <U1 ‘ S| 'h nicht durchführen lässt, die Verlegung der Heizkörner 

m den zu erwärmenden Raum seihst zulässig ist; auch unter dfesen X- 
JX" e V' S ° tC dic ei B 6aUic l‘e Ofenheizung Wegfällen und an ihre 
whkt werden l ' ,ZU, ‘ g Warm ™- «di DLpfheSrper he- 

Klekl ricität als Lieht'pudle^'plaidirt )vobri für' den Gellrm C l^ enUt K' U " J 'i, dC1 
hett spedelle Von-ichhmcrpn “ V n . ,Gebrauch am Kranken- 

Lampen ermöglichen. gefordirt^erden^"“**““ 8 ^wegte-her elektriscl,e1 ' 

»»« Hcizvorrich- 
V ■ 
d 



--i mwaung ju» utjuen namimrirer 

und Ä (k ‘ r ^tilaüonseinrichtungen im Johns^ Ho^n^^ 

sprechen und^fllt"zunitehllt von ^dem jlnz V 1 ° m? n K ^ n ken h a n sba u zu 
Stock der gaiiin A We u ' ^™ U ?V elbst als dem Grund- 

.- üfc 


tilation, waren hierbei kaum zu vermeiden. Wir heben aus den bis ins 
Einzelne gehenden Auseinandersetzungen Folgendes hervor: 

Für eingeschossige Pavillons ist die Dachfirstventilation die beste- 
die Ecken und Winkel in den einzelnen Räumen sollen abgerundet sein 
(Schilderung von Tollet’s System). Das Gebäude soll höher liegen ah 
das umliegende Terrain, und der Zwischenraum zwischen zwei benach¬ 
barten Gebäuden soll mindestens das doppelte der Höhe eines jeden be 
tragen. Bei der Anordnung der einzelnen Räumlichkeiten ist darauf Be¬ 
dacht zu nehmen, dass Uebersichtlichkeit geschaffen und dadurch Pflege 
und Wartung der Kranken erleichtert wird. Eine Anzahl von Abbildungen 
veranschaulicht die Lage der 'Räume und die Verkeilung der Betten auf 
den einzelnen Stationen in den bekannteren Krankenhausanla^en Eng¬ 
lands, Deutschlands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten Nordamerikas 
ebenso giebt eine tabellarische Zusammenstellung ein Bild von der Grösse 
des aut' den einzelnen Kranken entfallenden Boden- und Luftraums- als 
(durchaus nicht nachahmenswerthes, Ref.) Beispiel für die kreisförmige 
Anlage eines Krankenpavillons wird der Grundriss einer Station des 
Burnley-Hospitals gebracht. Für Tageräume, sowie für mit Glaswänden 
versehene heizbare sogenannte Sonnenräume und offene Wandelgän^e 
u. s. w. ist bei der Anlage Sorge zu tragen.' Die Fenster sollen 
möglichst hoch gehalten werden, die Wände sind mit einem hellen An¬ 
strich zu versehen; die möglichst einfach gehaltenen Thüren soffen von 
genügender Breite und leicht zu reinigen sein. Ein besonderer Werth 
ist darauf zu legen, dass die Wände leicht abwaschbar sind, und zu diesem 
Behufe ist es wünschenswerth, dass das für sie verwandte Material sehr 
wenig porös sei; am besten eignen sich hierzu glasirte Ziegel, die in 
Cement gelegt und deren Fugen mit Emaillefarbe zu überstreichen sind. 
Der Fussboden ist in der Weise zu construiren. dass zwischen ihm und 
dem Untergründe eine Luftschicht geschaffen wird; die Grundluft, deren 
Gefährlichkeit für den Organismus Verfasser ungemein hoch anschlägt, 
soll nach Kräften abgehalten worden. Als bestes Material fürFussböden 
wird Terrazzo oder Holzparquet empfohlen; derselbe soll jeden Morgen 
zunächst nass und danach trocken aufgewischt werden. Für seine An¬ 
gaben und Forderungen bringt Verfasser Beispiele und Belege aus den 
bekanntesten Krankenhäusern. —- Von Nebenräumen bespricht Galton 
1) das Arztzimmer; möglichst jede Station sollte ein solches besitzen, 
das hell und geräumig gehalten und zu Untersuchungen sowie zum An¬ 
legen von kleineren Verbänden zu benutzen wäre. 2) Die Unterkunfts- 
räume für das Wartepersonal. Die Schlafräume desselben soffen weder 
im Krankenpavillon noch in einem mit demselben verbimdenen Gebäude, 
sondern vollständig von diesem getrennt liegen; die Aufenthaltsräume 
für Pfleger und Pflegerinnen, die im Pavillon selbst liegen, müssen hell, 
leicht ventilirbar und so angeordnet sein, dass von ihnen aus durch ein 
Fenster der Krankensaal leicht übersehen werden kann. 3) Die Spfllkflche 
soll gegenüber oder direkt neben dem Zimmer der Oberpflegerin angelegt 
! werden, so dass sie von dieser beaufsichtigt werden kann. Sie soff ein- 
' faph gehalten, aber mit allen nothwendigen Gerätschaften versehen sein. 
Hierzu gehört eine Feuerstelle (Gaskocher?) zur Herstellung von heissen 
Aufgüssen etc., sowie zum Wärmen von Milch und dergl., ein nur für 
das Spülwasser bestimmter Ausguss, der hell gestrichen sein muss, damit 
jede Spur von Unsauberkeit sofort zu bemerken ist, mit Kalt- und Warra- 
wasserzuleitung und freiliegendem Abflussrohr. Schränke sind thunlichst 
zu vermeiden, das Geschirr etc. vielmehr auf offenen Etageren zu placiren; 
vorräthig zu haltende Nahrungsmittel, wie Milch und dergl., sind ausser¬ 
halb des Raumes der Sptllküche, vielleicht am Fenster imterzubringen. 
Ferner ist ein Wärmeschrank aufzustellen. — Für die Unterbringung der 
schmutzigen Wäsche empfiehlt Gal ton ausserhalb des Gebäudes aufge¬ 
stellte eiserne Kästen und fordert schnelles Fortschaffen der Wäsche. 
Müll, Kehricht und dergl. darf nicht im Hause selbst auf bewahrt werden; 
lür Bürsten, Besen, Eimer und dergl. ist ein besonderer, leicht zu reini¬ 
gender Raum herzurichten. Die Kleidung der Patienten kann, nachdem 
sie entsprechend gereinigt, im Pavillon selbst in einem mit Fenster ver¬ 
sehenen Raum auf bewahrt werden; bei Hospitälern für Infectionskrankheiten 
sind die Kleider der Kranken in einem besonderen Gebäude unt-erzu- 
bringen. Hier wäre es wünschenswerth, dass Patient zunächst im ersten 
Raum sich auskleidet., darauf in einem daranstossenden Raum gebadet 
wird und in einem dritten Raum die Hospitalkleidung erhält. Die Wasch- 
zirnmer, Closets u. s. w. sind an einem Ende des Pavillons anzulegen 
und von dem Krankensaal durch einen Flur getrennt zu halten; die Ver¬ 
legung dieser Räume nach dem den Zimmern für das Personal gegenüber 
gelegenen Ende des Pavillons ist vom ökonomischen Standpunkt nicht 
wünschenswerth, vom hygienischen nicht erforderlich. Gal ton bespricht 
noch die Badeeinrichtungen, erklärt sich gegen die Anlage von Pissoirs, 
da diese schwer geruchlos zu halten sind, und schlägt an ihrer Stelle die 
Benutzung von Geschirren (!) vor und giebt noch eine Beschreibung des 
für die Ausgussbecken etc. bestimmten Raumes. 

An diese Schilderung des einzelnen Pavillons schliesst sich eine 
mit vielen Abbildungen versehene Beschreibung verschiedener Kranken- 
hausanlagen, in der specielle Erläuterungen der Situationspläne gegeben 
werden, sowie nach kurzer Aufführung der für die Verwaltung benöthigten 
Räume, der Dispensiranstalt, des Operationssaales resp. -Hauses, des 
Bade-, Leichenhauses und der Poliklinik, eine Besprechung der Küche, 
ihrer Einrichtung — bei mehrstöckigen in der Stadt gelegenen Hospitälern 
empfiehlt Gal ton die Verlegung derselben in die oberste Etage und Her¬ 
stellung der Verbindung mittels Fahrstühlen —, der Speisetrausportwagen 
und dergl. Die Beseitigung des HausmtiUs soll durch Verbrennung in 
einem Destructor erfolgen, von dem Zeichnung und Beschreibung gegeben 
werden. Die Wäscherei muss möglichst entfernt von den anderen Räumen 
liegen, die betreffenden Baulichkeiten sollen hell, luftig, gut ventilirbar. 
mit \ orkehrungen für das Absaugen des Wrasens versehen sein; inficirte 
\\ äsche ist selbstverständlich getrennt von der übrigen zu behandeln. 
Eine Aufzählung der Wohn- und Sclilafräume für Wärter und Schwestern, 


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4. Octobcr. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


783 


sowie dor für eine Pflegerinnenschule bcnöthigton Räumlichkeiten bo- 
schliesst diesen Abschnitt. 

In den letzten Kapiteln bespricht Verfasser noch die Einrichtung 
von Anstalten für unheilbare Kranke, Kinderhospitälern, Reconvalescenten- 
hiiusern (Unterbringung der Genesenden in einzelnen kleinen Häuschen 
für etwa acht Personen) und Hospitälern für Infectionskrankkeitcn, sowie 
etwas detaillirter die von Gebärhäusern (er führt hier auch die Berliner 
gynäkologische Klinik an), giebt einige Bemerkungen über temporäre 
Hospitäler hauptsächlich in Kriegszeiten, wobei er der Bestrebungen des 
Rothon Kreuzes und der Antwerpener Ausstellung vom Jahre 1885 ge¬ 
denkt, und schliesst mit einem Appell an die Krankenhausarchitekten, 
bei der Einrichtung von Hospitälern weniger Werth auf die Aufführung 
palastartiger Häuser, als auf die einfach construirter, für Licht und Luft 
gloichniüssig leicht zugänglicher Bauten zu legen, in denen einzig und 
allein das Interesse der Kranken und deren Wiederherstellung in erster 
Linie steht. 

Galton hat in dem vorliegenden Werke nicht nur die einschlägige 
Litteratur seines Vaterlandes, sondern auch, soweit sie ihm zugänglich, 
die der Vereinigten Staaten Nordamerikas, Deutschlands, Frankreichs und 
anderer Staaten eingehend benutzt und mit Geschick und Fleiss ver- 
wcrthet. Er hat dadurch ein Werk geschaffen, wie es in gleicher Voll¬ 
ständigkeit und Ausführlichkeit unseres Wissens bisher noch nicht vor¬ 
handen war und von dem wir, wenn wir auch in manchen Einzelheiten 
mit dem Autor nicht übereinstimmen, nur wünschen können, dass es 
recht bald von kundiger Seite eine Hebertragung ins Deutsche erführe, 
damit es um so leichter auch in unserem Vaterlande bekannt und ver¬ 
breitet würde. H. Merke (Berlin). 

IX. Standesangelegenheiten. 

Aus dem Oeschäftsausschuss der Berliner ärztlichen 
Standesvereine. 

In der ersten Sitzung nach den Sommerferien, am 14. September c., 
theiltc der Vorsitzende Herr Becher mit, dass auf einen Protest von 
Mitgliedern des Curatoriums der in Verbindung mit der Berliner ärzt¬ 
lichen Unterstützungskasse stehenden Wilhelm-Augusta-Stiftung 
das Polizeipräsidium entschieden habe, dass der Geschäftsausschuss als 
der Nachfolger des früheren Centralausschusses der ärztlichen Bezirks¬ 
vereine Berlins zu betrachten und deshalb auch in Zukunft berechtigt 
sei, drei Mitglieder in das Curatorium genannter Stiftung zu entsenden. 

Aus der Hygienecommission wurde berichtet, dass man be¬ 
schlossen habe, die jetzt in Berlin vielfach besprochene Frage der Muste¬ 
rung der Schulkinder zusammen mit der wichtigeren Schularzt¬ 
frage zu behandeln, und dass man etwa angenommenene Leitsätze später 
vorlegen werde. — Dieselbe Commission hatte sich ferner mit der An¬ 
zeigepflicht der Aerzte bei ansteckenden Krankheiten be¬ 
schäftigt, und zwar infolge einer durch die Zeitungen bekannt gewor¬ 
denen Gerichtsverhandlung, in welcher zwei hiesige Collegen wegen unter¬ 
lassener Anzeige von Diphtherieerkrankungen k auf Grund des § 327 des 
Strafgesetzbuches mit Gefängnisstrafe bedroht waren. In diesem Falle er¬ 
folgte zwar die Freisprechung, doch erscheint eine Aenderung des ge¬ 
nannten Paragraphen nothwendig, da sonst leicht einmal ein Arzt ohne 
grösseres Verschulden zu einer Freiheitsstrafe vemrtheilt werden könnte. 
(Der § 327 des Strafgesetzbuches lautet : Wer die Absperrungs- oder Auf¬ 
sichtsmaassregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Be¬ 
hörde zur Verhinderung des Einführens oder Verbreitens einer anstecken¬ 
den Krankheit angeordnet worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Ge¬ 
fängnis bis zu zwei Jahren bestraft, — Ist infolge dieser Verletzung ein 
Mensch von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden, so tritt Ge¬ 
fängnisstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein.) Die Hygiene¬ 
commission hatte nach längerer Verhandlung vorgeschlagen, der Geschäfts¬ 
ausschuss möge folgenden Antrag bei der Aerztekammer und bei dem 
Aerzte Vereinsbunde einbringen: „Die Anmeldung ansteckender Krank¬ 
heiten, spcciell der Diphtherie, ist eine Pflicht der Aerzte. Jedoch ist 
bei Unterlassung der Anmeldung die Anwendung des § 327 nicht zulässig, 
wenn nicht nachgewiesen ist, dass durch diese Unterlassung eine An¬ 
steckung stattgefunden hat“. Die Versammlung gab diesem Anträge nicht 
ihre Zustimmung, sondern wünschte, dass über diese Angelegenheit sowie 
auch über die hierher gehörende Polizciverordnung vom 3. Juli 1893, 
wonach die Aerzte verpflichtet sind, von Erkrankungen an Tuberkulose, 
die in Gasthäusern und ähnlichen Unterkunftsstätten Vorkommen, der 
Polizei Anzeige zu machen, in den einzelnen Vereinen zunächst eingehende 
Verhandlungen gepflogen werden, um daun später nochmals darüber ge¬ 
meinsam im Geschäftsausschuss zu berathen. (Bei der hohen Wichtig¬ 
keit dieser Angelegenheit behält sich Referent vor, auf dieselbe in einem 
eigenen Artikel demnächst zurückzukommen.) 

Ueber die Beschaffung eines Publicationsorgans des Geschäfts- 
Ausschusses wurde auch heute noch kein Beschluss gefasst, sondern die 
Sache abermals in die Vereine zurückgewiesen. 

Bereits vor längerer Zeit war durch den Nordclub die Anregung er¬ 
gangen, man möge mit besseren Versicherungsgesellschaften in 
Verhandlungen eintreten behufs Erlangung von Vergünstigungen bei 
Versicherungen von Aerzten, um dadurch einen Fond für allgemeine, 
wohlthätige Zwecke zu erlangen. Die Sache ist damals nicht weiter ge¬ 
diehen. Jetzt hat das medicmische Waarenhaus diese Angelegenheit in 
die Hand genommen und nach gründlicher Prüfung Verträge mit der all¬ 
gemeinen Versicherungsanstalt in Karlsruhe, ferner mit der Unfallver¬ 
sicherungsgesellschaft in Zürich in Aussicht genommen, wodurch für die 
direkt abgeschlossenen Versicherungen mehrfache nennenswerthe Erspar¬ 
nisse herauskommen werden (kostenfreie Ausfertigung von Policen, Nach¬ 
lass der Aufnahmegebühr, verringerte Prämienzahlung u. a. in.). Das 


Waarenhaus ersucht den Geschäftsausschüss, die, Mitglieder der Ststides- 
vereine darauf aufmerksam zu machen, dass sie bei etwaigen Versiche¬ 
rungen die genannten Gesellschaften bevorzugen und die Vermittelung 
des Waarenhauses herbeirufen sollen. Hach längerer, theilwoise- recht 
erregter Verhandlung, in der namentlich betont wurde, dass der Gesphäfts- 
ausschuss über die NothWendigkeit und Nützlichkeit des Waaroii- 
hauses kein Urtheil abzugeben vermöge, gelangten folgende Beschlüsse 
zur Annahmo: 1) Der Gcschäftsausschuss hält eine Vereinbarung mit, 
Lebensversicherungsgesellschaften behufs Gewährung von. Vergünsti¬ 
gungen, welche zur Unterstützung nothleidender Collegen dienen sollen, 
für erstrebenswerth. 2) In Anbetracht, dass das medicmische Waaren¬ 
haus eine solche Vereinbarung für Aerzte mit der allgemeinen Vcrsor- 
gungsanstalt in Karlsruhe bereits getroffen hat, empfiehlt der Geschäfts-, 
ausschuss, um Zersplitterungen zu vermeiden, deu Mitgliedern der Stau¬ 
desvereine dringend den Beitritt zu dieser Vereinbarung, falls der Auf¬ 
sichtsrath des medicinischeu Waarenhauses sich in einer öffentlichen 
Erklärung verpflichtet, die gewährten Vergünstigungen (nach Abzug dor 
Unkosten) ungekürzt dem zu Gunsten nothleidender Aerzte gegründeten 
Darlehnsfond des medicinischen Waarenhauses zu überweisen. Ausserdem, 
soll für jede abgeschlossene .Versicherung ein gewisser, sich nach dor. 
Höhe der Versicherungssumme richtender Procentsatz und ebenso ein 
solcher von sämmtlichen Prämienzahlungen an das Waarenhaus abgeführt 
werden. _ II. 


X. Therapeutische Mittheilungen. 

— Die BaccellPsche Methode der intravenösen Suhlimatinjectioneii 

scheint in Deutschland noch wenig nachgeprüft worden zu sein. Ich 
möchte dieselbe durch folgenden Fall iu empfehlende Erinnerung bringen: 
Der Maurer W. in Lüben, den ich eine Zeit lang wegen Leber- 
gummata mit grossen Dosen Jodkali und Calomelinjectionen behandelt 
hatte, war ein Vierteljahr später an Erscheinungen erkrankt, die mir 
die Diagnose eines gummösen Gehirntumors als sicher erscheinen Hessen. 
Eine Schmier- oder Spritzcur waren für den Ernst der Situation noch zu 
milde Mittel, und so entschloss ich mich zu den intravenösen Sublimat- 
injectionen, die täglich von 1—12 mg in die Armvenen gemacht wurden. 
Es trat darauf eine wunderbar schnelle Besserung ein. Entsprechend den 
Angaben Bac-.celli's konnte auch mein Kranker m der Besscrungsperiode 
kaum eine Minute nach der Injection den metalHschen Quecksilber¬ 
geschmack im Munde fühlen. Dermatologen und Kliniker sollten iu. 
ernsten Fällen sich dieser „Bluttherapie“ nicht verschHesson. 

— Tympania uteri spielt in der Geburtshülfe eine gewisse Rolle. 
In gynäkologischen Lehrbüchern wird sie meistens kaum erwähnt. Viel¬ 
leicht gewinnt deshalb nachstehender Fall an Interesse. Am 12. Juli 
wurde ich nach meinem früheren Wirkungskreise Lüben zu Frau R. ge¬ 
rufen. Wegen chronischer Endometritis war hier mit Jodoformgazetampo- 
nade dor Uterus erfolgreich behandelt worden. Im Augenblick litt sie an 
ausserordentlichen Unterleibsbeschwerdcn, die ganz gleich schon früher 
öfter aufgetreten waren, nur von anderer Seite immer als Leberbeschwer¬ 
den gedeutet worden waren. In Wirklichkeit war von einem. Leberleiden 
nichts zu eruiren, der Leib war stark gespannt und der Fundus uteri 
drei Finger breit über Nabelhöbe zu fühlen. Beim Sondiren gelangto die 
Sonde in eine weite leere Höhle, und mit einem richtigen Knall entwich 
Luft aus dem Uterus. Von Interesse ist, dass Patientin schon öfter 
an diesem Leiden erkrankt ist, und zwar trat die Uterustympanie regel¬ 
mässig dann ein, wenn sie sich den Magen verdorben batte und Darm¬ 
störungen sich oingefunden hatten. Einige Tage bestanden noch etwas 
Schmerzen zu beiden Seiten des Uterus. Massage, Verabreichung von 
Rheum mit Carbo lignous bessert© den Zustand weiter.. Zur Hebung des 
Allgemeinzustandes wurde Patientin nach FUnsbcrg geschickt. Wie man 
sich das regelmässige Eintreten von Tympania uteri bei leichten Darm¬ 
störungen zu denken hat, muss ich vorläufig dahingestellt sein lassen. 

Lichtenstein (Liegnitz). 


— Nachdem von mehreren Seiten, so u. a. aus den Abtheilüngcn 
von Prof. Mosotig-Moorhof und Prof. Demme, günstige Erfolge mit 
Aristol bei der Behandlung von Verbrennungen mitgetheilt waren, sah 
sich Haas veranlasst, dieser Therapie näher zu treten. . Das Aristol ist 
ein mildes, reizloses Antisepticum, das, abgesehen von seiner Ungiftigkeit, 
_ im Gegensatz zum Jodoform — eine schnelle und schmerzlose Ver¬ 
narbung herbeizuführen imstande ist, Eigenschaften, die das Mittel für 
Verbrennungen in hohem Maasse geeignet erscheinen lassen. Die von 
Haas geübte Behandlungsmethode ist folgende: Nach Desinfection der 
verbrannten Stellen mit zwciprocentiger Borsäure (bei solchen von 
kleinerem Umfange eventuell mit einem energischer wirkenden Anti¬ 
septicum) uud Eröffnung der Brandblasen werden die betreffenden Particen 
mit Aristolgaze ausgiebig bedeckt; darüber kommt sterile Watte und 
Guttaperchapapier; Bindentouren befestigen alsdann den Verband, der 
nach Bedürfnis gewechselt wird. Aristolpulver anfangs direkt auf die 
verbrannten Stellen zu streuen empfiehlt sich nicht, da hierdurch die 
Aufsaugung der Secrete durch den Verband behindert wird. Nach Ver¬ 
ringerung resp. Aufhören der Secretion wird durch Aufstrouen von 
Aristolpulver oder durch eine Aristolsalbe (Rp. Aristol. 5,0—10,0, Ol. 
Oliv. 20,0, Solve, add. Vaselin, americ., Lanolin, ana 40,0) eine schnelle 
Heilung herbeigeführt. Edmund Saalfeld (Berlin). 


— Zur Vermeidung der üblen Nebenwirkungen des Jod empfiehlt 
londel, dasselbe mit Natrium bicarbonicum zu gleichen Theüen ge¬ 
fischt zu reichen. Der Jodschnupfen soll danach ausbleiben. (Medecmo 
loderne 1894, No. 55.) H. Citron (Berlin). 


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784 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40 


XI. Von der 00. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte. 

Wien, 28. September. Die 66. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte hat soeben ihre letzte öffentliche Sitzung gehalten und damit 
ihren offiziellen Abschluss erreicht, dem sich allerdings noch verschiedene 
mehr oder minder appendiculärc Veranstaltungen — ein Festessen bei 
Ronacher, ein Ausflug nach Baden heut Nachmittag, auf den Sömmering 
und nach Pörtschach morgen und übermorgen — für noch nicht gesättigte 
oder vielmehr noch nicht übersättigte Besucher anschliessen werden. Ein 
allgemeines Facit der Versammlung, die von mehr als 4200 Theilnehmem 
(dies das Minimum; die genaue Endzahl ist noch nicht bekannt gegeben) 
besucht wurde, dürfte in wissenschaftlicher Hinsicht recht befriedigend 
ausfallen. Es ist in den öffentlichen Sitzungen viel Interessantes und An¬ 
regendes gesprochen und in den sämmtlichen 40 Sectionen, soweit sich das 
aus persönlicher Kenntnissnahme und auf Grund des sehr sorgfältig redigirten 
Tageblatts beurtheilen lässt, überaus fleissig gearbeitet worden. Als hervor¬ 
ragende Ereignisse, als Höhepunkte der Darbietungen auf dem engeren ärzt¬ 
lichen Fachgebiete dürften die, auch von der gesummten hiesigen Presse nach 
Gebühr gewürdigten Vorträge von Behring und Ehrlich über Di¬ 
phtheriebehandlung, im hiesigen hygienischen Institute (am 25. d. M.) 
und die im Hörsaal des Instituts für experimentelle Pathologie 
an mehreren auf einander folgenden Tagen veranstalteten Demonstra¬ 
tionen (an denen der Leiter des Institus, Stricker, selbst theilzunehmen 
leider durch Krankheit verhindert wurde) nach allgemeiner Schätzung be¬ 
zeichnet werden. Eine sehr bemcrkenswerthe und erfreuliche Neuerung, 
die der Ausschuss auf Anrogung v. Bergmann’s hier zum ersten Male 
durchzuführen versuchte und von deren weiteren Entwickelung wir das 
beste hoffen dürfen, ist die Zusammenlegung einer Anzahl von 
medicinischen Fachsectionen zum Zwecke der Verhandlung 
gewisser.^ allgemein interessirender Themata. Die erste ge¬ 
meinsame Sitzung dieser Art, zu der die Sectionen für innere Medicin, 
Chirurgie, Gynäkologie, Neurologie und Psychiatrie, Pädiatrie, Laryngologie, 
Dermatologie und Syphilis aufgeboten waren, hat am Nachmittag des 
25. September in dem schönen geräumigen Versammlungssaale des Ge¬ 
bäudes der K. K. Gesellschaft der Aerzte in der Frankgasse (einer wesent¬ 
lich von Billroth herrtthrenden Schöpfung) unter v. Bergmann’s Vor¬ 
sitz stattgefunden, v. Bergmann selbst leitete die Verhandlung mit 
einigen Worten ein, in denen er die Einberufung solcher gemeinsamen 
Sitzungen mit den Zwecken und Zielen der Naturforscherversammlung 
rechtfertigte und zugleich ihre statutenmässige Begründung nachwies 
hs waren die Themata Kropf, Gehirnsyphilis, Gehirnabscess auf 
die Tagesordnung gestellt worden. Das erstere Thema wurde am reich¬ 
lichsten und nach verschiedenen Seiten hin erörtert; es sprachen darüber 
V (Behandlung der Kropfkranken mit Schilddrüsenfütterung, wo¬ 

durch bei manchen Strumen rasche Verkleinerung oder vollständige Be- 
soitigung herbeigeführt sein soll); Eulenburg (Basedow’sche Krankheit 
und Schilddrüse); Buschan (Kritik der neuen pathogenetischen Theorieen 
u 1 Basedow scher Krankheit und der — vom Redner ziemlich abfällig 
beurtheilten - operativen Erfolge); Krönlein (der im Gegensatz zum 
Vorredner für die operative Behandlung der Basedow’schen Krankheit 
durch bchüddrüsenresection eintrat und damit in acht Fällen bleibende 
zum iheil schon seit sechs Jahren andauernde Resultate erzielte). Die’ 
übrigen namhaft gemachten Themen wurden durch sehr interessante Vor- 
(l,ber Gebimsyphilis und Aphasie) und von Schubert 
(.Nürnberg) (über einen Fall von otitischem Ilirnabscess) vertreten. Im 
ganzen kann dieser erste \ ersuch, der herrschenden allgemein beklagten 
^cctionszersphtterung einen Damm entgegenzusetzen, als wohl gelungen 
„eiten, und er wird hoffentlich bei künftigen Versammlungen in noch er¬ 
weiterter Form nachgeahmt und vervielfältigt werden. — In der zweiten 
allgemeinen Sitzung, die am Mittwoch, dem 26., wiederum im Musik- 
veremssaale stattfand, sprachen Prof. Klein aus Göttingen in sehr inter¬ 
essanter Weise über den 1866 verstorbenen Riemann und dessen Be- 
ersSrT d, ° Mathematik der.Gegenwart; Forel über das grosse un- 
Spplp“ Pf i c l ° UU 2 C ir Pr Lö ^ un g schier unzugängliche Thema „Gehirn und 
f® e J® ’ dessen abschliessende Betrachtung wir natürlich auch vom Vor¬ 
tragenden nicht erwarten durften, m dessen Erörterung er aber immerhin 

hiüp? erl ® 1 i, Anr0gen ? 0S l und freilich auch zum Widerspruch anregendes) 
hineinzuziehen wusste; Boltzmann in Wien über die allmähliclfe Ent- 
wickelung und die neueren Versuche der Luftschifffahrt, denen er (nament- 
hch den durch Luftschrauben fortbewegten Aßroplanen im Ge "ensa?z zu 
sükon sLnte al SC n- T n eil ?* ng in i Flügel) ^ sehr’ güns% ö es Progno- 

Jahrhundertwende, hat man sich einstweilen mit'Recht ZUr 

stiegen. Hoffen dürfen wir aber und ^ ht ' ?. och nicht ver - 

Erfalirungen im verstärktem Maas«?« lmfr« a uueh den hier gemachten 
Jahrhundert 

unentbehrlichen Institution gewordenen ZU e , mer 

— --- r _ ~ ~ a. e. 


XII. Zur Organisation der deutschen medid- 
nischen Fachpresse. 

Unsere Leser sind durch die Artikel in No. 22 und 82 dieser 
Wochenschrift über unsere Bestrebungen zur Herbeiführung einer 
Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse bereits wieder¬ 
holt unterrichtet. Diese Bestrebungen sind, wie wir zu unserer 
Freude berichten können, nicht ohne den gewünschten Erfolg o- e . 
blieben. Die vom 24.—80. September in Wien tagende 66. Ver¬ 
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte bot den äusseren 
Anlass und erwünschte Gelegenheit, der Sache näher zu treten 
und vor allem die leitenden Redactionen einer Anzahl hervor¬ 
ragender Fachblätter zur Berathung und Verständigung über einen 
formulirten Programmentwurf zusammenzuführen. Am 25. Sep¬ 
tember hat daraufhin die einstimmige Annahme dieses Programms 
und damit die Begründung der angestrebten „freien Vereinigung 
der deutschen medicinischen Fachpresse“ stattgefunden Der¬ 
selben sind als erste Begründer beigetreten: Adler, (Wiener me- 
dicinische Wochenschrift); Beer (Wiener medicinische Blätter)- 
Bum (Wiener medicinische Presse); C. Cohn (Oesterreichisehe 
ärztliche Vereinszeitung); Eulenburg (Deutsche medicinische 
Wochenschrift); Ewald (Berliner klinische Wochenschrift); 
E. Fischer (Medicinisch-chirurgisches Centralblatt); Frank (All¬ 
gemeine Wiener medicinische Zeitung); Mendelsohn (Zeitschrift 
für Krankenpflege); Paschkis (Internationale klinische Rundschau); 
Posner (Berliner klinische Wochenschrift); G. Riehl (Wiener 
klinische Wochenschrift); Schwalbe (Deutsche medicinische 
Wochenschrift); Spatz (Münchener medicinische Wochenschrift); 
Unverricht (Centralblatt für klinische Medicin). Weitere Bei¬ 
trittserklärungen werden unzweifelhaft folgen. Als Vorort wurde 
für das nächste Jahr Berlin gewählt, zum Geschäftsführer Pro¬ 
fessor Eulenburg, zu Mitgliedern des Ausschusses Professor 
Posner (Berlin), Dr. Spatz (München), Dr. E. Fischer und 
Dr. krank (Wien). Der für neue Mitglieder vorgeschriebeno Auf¬ 
nahmemodus, die organisatorischen Einrichtungen, sowie die Zwecke 
und Ziele des Vereins sind aus dem provisorischen Statut, das wir 
demnächst veröffentlich werden, erkennbar. Wir dürfen hoffen, dass 
das nach manchen Anstrengungen inaugurirte Werk sich in ge¬ 
deihlicher Weise fortentwickeln und unserer medicinischen Presse 
dazu verhelfen wird, mit der durch Einheit und Concentration ver¬ 
stärkten Machtfülle dem ärztlichen Stande noch grössere und voll¬ 
kommenere Dienste zu erweisen und seine Interessen, wo es darauf 
ankommt, wirksamer zu schützen. A. E. 


XIII. Kleine Mittheilungen. 

~ Sir Joseph Li st er hat sich mit Ablauf dieses Semesters 
definitiv vom Krankenhausdienst und von seiner Lehrthätigkeit zurück¬ 
gezogen. Bei dieser Gelegenheit ist der Plan aufgetaucht, ihm eine 
besondere Ehrung zu Theil werden zu lassen, und in London, Glasgow 
und Edinburgh haben sich Comitäes gebildet, um die hierzu nöthigen 
Mittel aufzubringen. Es besteht die Absicht, ihm ein Portrait zu über¬ 
reichen. Der Beitrag für den Einzelnen ist auf zwei Guineen festgesetzt, 
wofür jedem Zeichner voraussichtlich ein Andenken an die Gelegenheit 
überreicht werden wird. Zeichnungen werden von dem Sekretär des Lon¬ 
doner Comitdes, J. Fred. W. Siek, 29 Weymouth St. Portland Place, 
London W., sowie von den Herren Dr. James Finlayson, 2Woodside 
Place, Glasgow, Prof. Chiene, 26 Charlotte Square, Edingburgh, Prot. 
William Rose, 17 Harley St., London W., entgegengenommen. 

— Prof. Dr. Rabl-Rückhard wird von jetzt an seine Vorlesungen 
und Curse über normale Histologie und mikroskopische Technik im La¬ 
boratorium der Prof. Dr. Lass arischen Klinik, Karlstrasse 19. abhalteu 
und daselbst auch für geübtere Studirende und für Aerzte die Leitung 
selbstständiger wissenschaftlicher Arbeiten übernehmen, 

— Privatdocent Dr. A. Goldscheider übernimmt an Stelle von 
Prof. Dr. Vierordt am 1. October a. c. die Redaction der „Fortschritte 
der Medicin“. 

Von der gegenwärtig in dritter Auflage erscheinenden Real- 
encyklopädie der gosammten Heilkunde, herausgegeben von Prof. 
Albert Eulenburg, sind zur Zeit spanische, italienische und 
russische Uebersetzungen in Angriff genommen. Die spanische Aus¬ 
gabe, von einem hervorragenden Madrider Hospitalarzte, Dr. Isidoro de 
Miguel y Viguri, übersetzt und von Cortezo mit einer Einleitung 
versehen, erscheint bei Jiibera in Madrid und ist nahezu vollendet, wäh¬ 
rend die italienische, die bei Pasquale und Vallardi in Neapel heraus¬ 
kommt, bis zum achten Bande vorgeschritten ist. Die russische Ausgabe 
wird von Prof. Afanasieff bearbeitet. 

Zwischen dem Vorstand des Vereins der Apotheker Berlins und 
dem Medicinischen Waarenhause, Actiengesellschaft, wurde vorbehaltlich 
der Zustimmung dos Vereins der Apotheker folgendes Einverständniss 
erzielt : 1) Durch ein Zusammenwirken von Arzt und Apotheker können 
die beiderseitigen Interessen am besten gefördert werden. 2) Das Medi* 
cinische Waarenhaus richtet sich im Verkehr mit den Apothekern im 
allgemeinen nach den bei Engrosgeschäften üblichen Grundsätzen. 3) Der 
Verein der Apotheker Berlins entsendet in die technische Commission für 
Arzneimittel des Medicinischen Waarenhauscs zwei Delegirte. 


Gedruckt bei Julius SittenXeld in Berlin Wr 


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Original frorri 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag ■¥ 41 . _ 11, October 1894. 

DEUTSCHE 

MEDIOINISOHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteiuallee 3. Potadamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. SL 


I. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen. 

Ueber die Kropfbehandlung mit Schild- 
drüsenfütterung. 1 ) 

Von Prof. Dr. P. Bruns in Tübingen. 

Die Schilddrüsenfütterung hat sich neuerdings als ein speci- 
fisches Heilmittel bei einer Reihe von Affectionen bewährt, welche 
mit mangelhafter Entwickelung, Degeneration oder Verlust der 
Schilddrüse in Zusammenhang stehen. Ihre Erfolge bei sporadi¬ 
schem Kretinismus, Myxödem und Entkropfungskachexie sind eine 
glänzende, fast wunderbare Errungenschaft, welche auch für die 
Zukunft noch verheißungsvolle Ausblicke gewährt. 

Ich habe versucht, einen solchen neuen Weg einzuschlagen 
und die Schilddrüsenfütterung auch bei der häufigsten Affection 
der Schilddrüse selbst, bei den Strumen, in Anwendung zu ziehen, 
um eine Rückbildung derselben zu bewirken. In dieser Rich¬ 
tung habe ich seit Anfang dieses Jahres Versuche angestellt, 
welche zum Theil überraschende Erfolge ergeben haben. 

Die Fälle, welche der Schilddrüsenfütterung unterworfen wur¬ 
den, betrafen einfache Strumen ohne Complicationen, und zwar aus¬ 
schliesslich Parenchym kröpfe, da Cystenkröpfe für diese Behand¬ 
lung von vorn herein keine Aussicht bieten. Zuerst wurden Kinder 
und jugendliche Individuen gewählt, in der Voraussetzung, dass 
die Kröpfe bei diesen eher der Rückbildung fähig sind. 

Zur Fütterung wurden ganz frische, rohe Schüddrüsen vom 
Hammel und Kalb benutzt, welche fein geschabt in Oblaten oder auf 
Butterbrod genossen worden. Die Einzelgabe betrug gewöhnlich 
5—10 g; sie wurde zu Anfang der Behandlung alle 2—3, später 
alle acht Tage wiederholt. 

Ich kann bisher über 12 Fälle von Kröpfen berichten, welche 
mit Schilddrüsensaft behandelt sind. Von diesen sind neun Fälle 
geheilt oder gebessert, indem die Struma entweder ganz beseitigt 
oder erheblich verkleinert wurde; drei Fälle erwiesen sich als re- 
fractär. Eine grössere Anzahl von Fällen steht gegenwärtig noch 
ln Behandlung, von denen mehrere der Heilung nahe sind. 

. Vollständig geheilt sind vier Fälle im Alter von 4 bis 
12 Jahren. Die Schilddrüse fand sich hier in allen ihren Theilen ver¬ 
größert, der Umfang einer Seitenhälfte hatte etwa Hühnereigrösse 
erreicht. Dabei war zweimal starkes pulsatorisches Schwirren in 
der Struma zu fühlen, einmal bestanden Athembeschwerden mit 
hörbarem Stridor. Schon nach 8—14 Tagen liess sich eine auf¬ 
fällige Besserung constatiren: die Struma war bedeutend verklei¬ 
nert, das Schwirren und der Stridor verschwunden. Nach vier 
Wochen war in allen Fällen die Struma ganz beseitigt, der Hals¬ 
umfang um 272, 3 und 5 cm vermindert. 

. einem weiteren Falle, bei einem 14jährigen Knaben, wurde 
innerhalb vier Wochen eine faustgrosse Struma soweit zur Rück¬ 
ladung gebracht, dass der Halsumfang um 7 cm abgenommen hat. 
Was hierbei noch von besonderem Interesse ist: ein kleiner zu¬ 
rückgebliebener Rest besteht aus zwei nussgrossen Cysten. Es 
hatte sich also um eine cystisch-parenchymatöse Struma gehan- 
delt, bei der nur der parenchymatöse Antheil sich zurückge¬ 
bildet hat. 

In einem weiteren Falle, bei einem 40 jährigen Manne, bestand 
seit sechs Ja hren eine rechtsseitige kleinfaustgrosse Struma mit 

! ) Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung zu Wien in 
lö 94 ^ em ° inSC ^ a ^li C h en der klinischen Sectionen am 25. September 


Verdrängung der Trachea und zunehmenden Athembeschwerden. 
Nach vier Wochen war die Struma verschwunden, der rechte 
Schilddrüsenlappen von normaler Grösse und Consistenz, der Hals¬ 
umfang um 5 cm verkleinert, die Athmung ganz frei; an der lin¬ 
ken Seite besteht noch eine hühnereigrosse Struma fort. 

Endlich wurde in drei Fällen je eine Struma von etwa Oran¬ 
gengrösse um 3 cm Halsumfang verkleinert, jedoch hat die Be¬ 
handlung aus äusseren Gründen nur drei Wochen gedauert. 

Diesen neun Fällen mit positivem Erfolg stehen drei mit 
negativem gegenüber. Die Patienten standen im Alter von 23 bis 
57 Jahren und litten an apfel- bis faustgrossen Strumen mit 
leichten Athembeschwerden. Die Behandlung wurde einmal fünf 
Wochen, zweimal nur 14 Tage ohne jeden Erfolg durchgeführt. 
Nachdem nachträglich die Strumektomie vorgenommen war, fanden 
sich hyperplastische Strumen, das eine mal mit reichlichen kleinen, 
bis kirschgrossen Cysten, das andere mal mit vorgeschrittener 
eolloider Degeneration. 

Von üblen Nebenwirkungen der Schilddrüsenfütterung sind 
nur in einem Falle Vergiftungserscheinungen beobachtet worden: 
Bei einem 40jährigen Manne traten nach 14 tägiger Fütterung mit 
insgesammt 46 g Schilddrüse Kopfschmerzen, Uebelkeit, Appetit¬ 
losigkeit, Pulsbeschleunigung (ohne Temperatursteigerung) und Ab¬ 
nahme des Körpergewichts um 10 kg auf, Erscheinungen, welche 
nach dem Aussetzen der Behandlung rasch wieder zurückgingen. 
Bei allen anderen Patienten blieb das Allgemeinbefinden ganz unge¬ 
stört, trotzdem die verabreichte Dosis meist grösser war. Nur 
eine geringe Abnahme des Körpergewichts um 0,5 bis 1,0 kg wurde 
noch viermal beobachtet, wiederum zumeist bei solchen, die nicht 
die grössten Mengen genossen hatten. 

Im ganzen schwankte die innerhalb zwei bis fünf Wochen dar¬ 
gereichte Menge von Schilddrüse zwischen 40 und 200 g. Um 
sich vor üblen Nebenwirkungen zu schützen, dürfte es sich em¬ 
pfehlen, bei Erwachsenen alle 8—14 Tage nicht mehr alä 10 g, 
bei Kindern nicht mehr als 5 g zu reichen. 

Aus den mitgetheilten Thatsachen ziehe ich den Schluss, dass 
die Schilddrüsenfütterung auf manche Strumen eine 
specifische Wirkung ausübt und deren rasche Ver¬ 
kleinerung oder vollständige Beseitigung bewirkt. Der 
Erfolg ist am sichersten bei Kropfkranken im kindlichen und 
jugendlichen Alter und beginnt gewöhnlich schon nach ein bis zwei 
Dosen sich einzustellen. 

Zur Bestätigung hierfür dient eine kürzlich erschienene Mit¬ 
theilung von Reinhold 1 ) aus der psychiatrischen Klinik in 
Freiburg, in welcher Versuche mit Schilddrüsenfütterung bei.kropf- 
leidenden Geisteskranken angestellt wurden, um die psychopathischen 
Vorgänge zu beeinflussen. An SteHe dieser letzteren Wirkung 
wurde in fünf Fällen ein beinahe vollständiges Schwinden der 
Strumen beobachtet, indem der Halsumfang um 1 bis 4 cm 
abnahm. 

Immerhin ist die Zahl unserer Beobachtungen noch viel zu 
klein, um bindende Schlüsse zu gestatten. Wir wissen vor allem 
noch nicht, welche Formen von Strumen dieser Therapie zugäng¬ 
lich sind, welche nicht. Vorläufig lässt sich nur so viel sagen, 
dass jedenfalls die relativ frischen Strumen jugendlicher Individuen 
die günstigsten Aussichten bieten und dass wohl die einfachen 
hyperplastischen Formen geeigneter sind als diejenigen mit vor¬ 
geschrittener coll<?ider Degeneration, während die Cysten garnicht 

Münchener tned. Wochenschr. 1894. No. 31. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






786 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41 


beeinflusst werden. Wir wissen aber auch noch nicht, wie es mit 
der Frage etwaiger Recidive steht. Und noch ganz im Dunkeln 
liegt die Wirkungsweise des Mittels, die jetzt bei seiner Anwendung 
an übrigens gesunden Menschen eher geprüft werden kann. 

Wenn ich trotz solcher Lücken schon jetzt mit dieser Mit¬ 
theilung hervortrete, so geschieht es, um zu ausgedehnteren Ver¬ 
suchen in dieser interessanten und wichtigen Frage anzuregen. 
Diese werden über die Tragweite der neuen Beobachtungen zu 
entscheiden haben — im Verhältnis zu den seltenen Myxödem¬ 
fällen ist jedenfalls der Wirkungskreis der Schildrüsenfütterung 
bei der Behandlung der Strumen ein unendlich viel weiterer und 
daher praktisch wichtigerer. 


II. Aus der II. medicinischen Universitätsklinik des Herrn 
Geheimrath Prof. Dr. Gerhardt in Berlin. 
Beobachtungen über ein neues harnsäure¬ 
lösendes Mittel bei Gichtkranken. 

Von Stabsarzt Dr. E. Grawitz, 

Privatdocenten und Assistenten der Klinik. 

Zu Anfang Juli dieses Jahres wurde mir von Herrn Geheim¬ 
rath Gerhardt ein Mittel überwiesen zur Erprobung seiner Wirk¬ 
samkeit bei Gichtkranken der Klinik. 

Das Mittel war unter dem Namen „Lysidin“ von Herrn Ge- 
heimrath Prof. Dr. Ladenburg in Breslau gesandt mit der Notiz, 
dass es sich um ein stark alkalisch reagirendes Präparat handele, 
welches die fünffache harnsäurelösende Wirkung des 
Piperazin habe und bei Thierversuchen als unschädlich erprobt 
worden sei. 

Das übersandte Material erwies sich als sehr hygroskopische, 
weissröthliche, krystallinische Substanz von eigenthiimlichem, an 
den Geruch von Mäusen erinnerndem Geschmack, leicht löslich in 
Wasser. 

Zufällig befanden sich zu der erwähnten Zeit gerade zwei 
Kranke mit ausgesprochenen Zeichen von Gicht auf der Klinik, bei 
welchen das Mittel sogleich in Anwendung gezogen werden konnte, 
und zwar handelte es sich bei dem einen Kranken um einen acuten, 
ziemlich heftigen Gichtanfall, während bei dem zweiten stark aus¬ 
gesprochene chronische gichtische Veränderungen vorhanden waren. 

Diese Kranken nun erhielten das Mittel in kohlensaurem Wasser 
gelöst, wie das von Herrn Geheimrath Prof. Ladonburg als ge¬ 
eignetes Lösungsmittel zum innerlichen Gebrauche empfohlen war, 
und zwar wurde es in steigender Dosis von 1 bis 5 g in 500 ccm 
kohlensaurem Wasser täglich gegeben. Der Geschmack war auch 
in den Lösungen von 5:500 keineswegs unangenehm und am 
wenigsten hervortretend, wenn die Lösung kalt, womöglich auf Eis 
gekühlt, getrunken wurde. 

Ich bemerke gleich hier, dass bei dieser Dosirung des Mittels 
auch bei länger fortgesetztem Gebrauch sich keinerlei störende 
Nebenwirkungen bemerkbar machten, speciell waren weder Be¬ 
schwerden in der Verdauung, noch Störungen in der Urinsecretion, 
Albuminurie etc. zu constatiren, auch trat bei keinem der Kranken 
ein subjectives Gefühl von Widerwillen gegen das Mittel ein. 

Die klinische Beobachtung dieser Kranken nun ergab Fol¬ 
gendes: 

• F „ a11 ., 1 .* *? er 66 Ja hre alte Arbeiter H. F. stammte angeblich aus 

einer ramme, welcher gichtische Anlage nicht erblich ist. Er war 
-o Jahre hindurch Rollkutscher gewesen und hatte sich später mit ver- 
schiedenartigen Arbeiten beschäftigt. Seit dem Jahre 1885 war er ver¬ 
schiedentlich an Gelenkrheumatismus erkrankt, mehrfach daran auch in 
der Uiarite behandelt worden, fernor hatte er hier auch einmal Pleuritis 
ein ander mal Pneumonie und Angina überstanden und war zuletzt vom 

aiI Cb :T ^ 3 Kl ,S l, M8ra . 1893 «‘■“falls «>'f der II. medicinischen 
Klinik an Gicht behandelt worden. 

\r ZU d * esor ^t geführte Krankenjoumal erwähnte, dass der Patient 
TnnW Ungen an me h re ren Metacarpophalangealgelenken mit einem kleinen 
Är ““ 1 ePBtcn Interphalangealgelenk des linken Zeigefingers und 
feraer XerCckungen an silmmtlichen Fussgelenken gehabt habe Durch 

ÄtQ i«°b. Cyllcu ™’ * ac £mg er Wasser uni Soolbäder war sein Zustand 
damals in kurzer Zeit gebessert worden. 

schwelhmir ®w a n J j} hr L Sfn ) t i? merkte er wieder eine schmorzhafte An- 
Shwn , G » e l en ft ko d <? rFm e er un <l des linken Fusses, und am 2. Juli 

schwoll untu lebhaften Schmerzen die linke grosse Zehe derartig an 
dass der Patient am folgenden Tage wiederum diü Klinik aufsuchte. 6 ’ 

*«m 

wegung" Hnsscret tW “ 1 “ d0rSelben bei jcder leisesten Be ‘ 

*- « 


5 g und am 8 . und 9. Juli zusammen 5 g des Mittels, worauf diese Medi- 
cation einstweilen sistirt werden musste, da die erste übersandte Portion 
des Präparates, welches gleichzeitig noch von einem zweiten Kranken ge¬ 
nommen wurde, aufgebraucht war. 

Bei dieser Behandlung war eine deutliche Verminderung der, zu 
Anfang sehr erheblichen Schmerzhaftigkeit der Zehe und besonders eine 
starke Abnahme der Anschwellung bemerkbar, so dass der Patient am 
9. Juli bereits mit dem Fusse auftreten konnte. 

Am 10 . Juli wurde der Kranke von Herrn Geheimrath Gerhardt 
klinisch vorgestellt mit der Diagnose: Arthritis urica. 

Während nun bis zum 13. Juli das Lysidin ausgesetzt und andere 
Mittel naturgemäss währenddess nicht angewendet wurden, verschlimmerten 
sich die Schmerzen in der befallenen Zehe sehr erheblich, auch schwoll 
dieselbe wieder an und fühlte sich heiss an, während gleichzeitig auch 
Schmerzen in der Gegend der Malleolen auftraten. 

Am 14. Juli erhielt der Patient wieder 5 g Lysidin, desgleichen an 
den folgenden Tagen bis zum 17. Juli und am 18. Juli noch 3 g. 

Bereits am 15. Juli war die Zehe wieder ganz abge¬ 
schwollen und nur noch leicht geröthet, am 16. Juli verursachte nur 
noch starker Druck Schmerzen, und der Patient wurde betroffen, als er 
gegen das Verbot, aufzustehen, im Saale umherging. Am 18. Juli war die 
grosse Zehe auch bei starkem Drucke und forcirten Bewegungen völlig 
schmerzlos, so dass der Patient am 19. Juli geheilt entlassen werden konnte! 

Gleich zu Beginn der Behandlung mit Lysidin wurde ein Stoff¬ 
wechselversuch bei dem Kranken angestellt zur Ermittelung der 
Stickstoffbilanz und des Verhaltens der Harnsäureausscheidung. 
Die täglich genau abgewogene und, soweit es nöthig war, ana- 
lysirte Nahrung musste dem wechselnden Appetite des Patienten 
Rechnung tragen, der in den ersten Tagen nur gering war, später 
dagegen ziemlich rege wurde. Die Nahrung bestand aus Milch, 
von welcher der Kranke in den späteren Tagen 1,5 1 pro Tag 
trank, ferner aus Schabefleisch, Semmel, Brod, Butter, Eiern und 
Suppen. Die täglichen Stickstoffanalysen wurden nach Kjeldahl, 
die Harnsäureanalysen ebenfalls täglich nach Ludwig-Salkowski 
ausgeführt. Die Reaction des Urins war, wie hier vorweg be¬ 
merkt sei, an jedem Tage sauer. Eiweiss liess sich an keinem 
Tage nachweisen. Der Koth wurde von der ganzen Versuchszeit 
gesammelt, getrocknet, gepulvert und auf seinen Stickstoffgehalt 
in mehreren Proben analysirt. 

Die folgende Tabelle giebt Aufschluss über die Untersuchungs¬ 
resultate an den einzelnen Tagen. 


6 C 

ca 

H 

Einnahme 

N fCitlorien 

Menge 

Ausgabe 

Urin 

}sp.Gew.| N 

Roth 

N 

Bilanz 

N 

l ü 

i i? 
£ 

1 Körper- 
gew. 

Kilo 

5 

12,7 

1798 

1700 

1012 

10,2 

1,12 

+1,4 

0,45 1 

2 

62,5 

6 

15,8 

2421 

2300 

1010 

10,6 

1,12 

+44 

1,19 

3 

— 

7 

15,0 

2385 

2030 

1011 

9,9 

1,12 

+4,0 

0,43 

5 

— 

8 

13,3 

2431 

1400 

1014 

8,3 

1,12 

+3,9 

0,29 

\ 5 

— 

9 

15,7 

2632 

2100 

1012 

10,6 

1,12 

+4,0 

0,65 

/ 5 

— 

10 

16,2 

2740 

2300 

1010 

10,3 

142 

+4,8 

0,28 


G3 

11 

17,5 

2783 

1660(?) 

1008 

6,5(?) 

1,12 

? 

0,32 

— 

— 

12 

17,2 

2640 

2400 

1008 

9,7 

1,12 

+6,4 

0,66 

— 

— 

13 

17,1 

2589 

2300 

1009 

10,6 

1,12 

+5,4 

0.50 

— 

— 

14 

16,8 

2550 

2200 

1012 

12,8 

142 

+2,9 

0,62 

5 

_ 

15 

16,9 

2630 

2400 

1009 

11,0 

1,12 

+4,8 

0,38 

5 

— 

16 

16,6 

2590 

2200 

1012 

13,0 

1,12 

+2,5 

0,41 

5 

— 

17 

16,8 

2610 

2100 

1011 

11,9 

1,12 

+3,8 

0,40 

5 

— 

18 

16,3 

2570 

2200 

1010 

10,3 

1,12 

+4,9 

0,47 

3 

64,5 


Ueberblickt man die bei diesem Kranken gewonnenen objectiven 
Resultate, so steht zunächst die günstige Wirkung des 
Mittels auf den acuten Gichtanfall ausser Frage. Dieselbe 
tritt besonders deutlich durch die unfreiwillige Pause in der 
Medication vom 10. bis 13. Juli incl. hervor, welche von einer er¬ 
heblichen Verschlechterung des Zustandes begleitet war, während 
bei der Wiederaufnahme der Therapie vom 14. Juli ab die 
Schmerzen und Schwellungen der vornehmlich betroffenen Gelenke 
prompt und schnell zurückgingen. 

Sollte man nach diesen Erfahrungen die Dosirung des Mittels 
beurtheilen, so dürften für den acuten Gichtanfall nicht zu kleine 
Dosen am Platze sein, da die versuchsweisen kleinen Gaben der 
ersten Behandlungstage doch nur eine langsame Besserung gegen¬ 
über den stärkeren der zweiten Periode erzielten. 

Dieser günstige praktische Erfolg lässt sich nun nicht, wie 
man hoffen konnte, aus den Ergebnissen des Stoffwechsel Versuches 
theoretisch erklären. Es ergiebt sich aus letzteren zunächst, dass 
bei unserem Kranken, dessen Diät seinem grossen, starkknochigen, 
aber etwas herabgekommenen Körperbau entsprechend kräftig ge¬ 
wählt war, eine nicht unerhebliche Menge von Stickstoff im Körper 
zurückbehalten wurde, welche vielleicht ihren Ausdruck findet m 
der Gewichtszunahme von 1,5 kg, vielleicht aber auch derjenigen 
schwer erklärbaren N-Retention bei Gichtischen zuzurechnen ist, 
auf welche i n letzter Zeit besonders v. Noorden 1 ) und Vogel ) 

') C. v. Noorden, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels S. 431. 

a ) L. Vogel, Ueber Gicht. Zeitschrift für klinische Medicin Bd. 
Heft 5/6. 


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Original from 

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11. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


787 


auf Grund mehrerer an der II. medicinischen Klinik ausgeführter 
Stoffwechselversuche bei Gichtischen aufmerksam gemacht haben. 
Hieran ist umsomehr zu denken, als zu dem in der ersten Columne 
der Tabelle aufgeführten N der Nahrung noch derjenige hinzu¬ 
kommt, welcher eventuell in dem Medikament enthalten ist, doch 
ist mir dieser Factor unbekannt, und ich kann daher zunächst nur 
die objectiven Thatsachen referiren- 3 ) 

Diese letztere Rolle fällt mir ebenfalls zu bezüglich der Haru- 
säureausscheidung, von welcher sich nach der vorliegenden Tabelle 
nur soviel sagen lässt, dass sie sich nicht wesentlich von ähnlichen 
Beobachtungen anderer Autoren bei Gichtischen unterscheidet, viel¬ 
mehr besonders in der ersten Hälfte ziemliche Schwankungen der 
einzelnen Tagesmengen aufweist und nur in der letzten Periode 
constantere Werth e zeigt. 

Eine Vermehrung der Hamsäureausseheidung während des 
Lysidingebrauches lässt sich hieraus ebenso wenig constatiren, wie 
eine Verminderung. Trotzdem halte ich es für werthvoll, diese 
Zahlen mitzutheilen, weil sie erstens durch exacte Analysen ge¬ 
wonnen sind und später im Verein mit anderen analogen Beob¬ 
achtungen sicher auch zur theoretischen Erläuterung dieser thera¬ 
peutischen Frage beitragen werden. 

Fall 2. Die nächste Beobachtung betraf den 54 Jahre alten Ge¬ 
schäftsreisenden P., welcher wegen gichtischer Beschwerden am 16. März 
1894 die Klinik aufsuchte. Der Kranke gab an, dass gichtische Anlage 
in seiner Familie erblich sei und dass seine Mutter und Schwester an 
dieser Krankheit leiden. 

Er selbst war in seiner Jugend in einem Manufacturwaarcngeschäft 
thätig gewesen und hatte später eine Stellung als Reisender übernommen, 
die sehr anstrengend war. Der Patient hatte dabei immer ein gutes Aus¬ 
kommen gehabt und ziemlich reichlich Alkohol genossen. Vor 25 Jahren 
hatte er eine Gonorrhoe acquirirt, an die sich Gelenkrheumatismus an¬ 
schloss, später überstand er Pneumonie mit Pleuritis, sodann noch einmal 
Gelenkrheumatismus und im Winter 1893 Influenza. 

Der Patient zeigte bei seiner Aufnahme ein stark entwickeltes Fett¬ 
polster, blasse Hautfarbe und gichtische Veränderungen an den ver¬ 
schiedensten Körperstellen. An der rechten Hand traten besonders Ver¬ 
dickungen am ersten Phalangealgelenk des Mittelfingers und ein erheb¬ 
lich über haselnussgrosser, röthlichgelb durchscheinender 
Tophus über dem Metacarpophalangealgelenk des Zeige¬ 
fingers hervor Aehnliche Tophi fanden sich an verschiedenen Ge¬ 
lenken der linken Hand resp. Finger, ein besonders auffälliger, 
etwa von der Grösse einer kleinen Wallnuss wie ein Sporn 
über der Achillessehne rechts, ferner ein Knoten an der 
Ohrmuschel. Ausserdem klagte der Patient Uber Schmerzen im 
linken Schultergelenk und im rechten Bein, welche bei Bewegungen 
Crepitation zeigten. Als Guriosum sei erwähnt, dass Herr College 
Schultzen auf dem freien Rande der Epiglottis, etwas rechts 
von der Mitte, ein kleines gelbes Knötchen von harter Con- 
sistenz, offenbar einen kleinen Tophus, fand. Aus mehreren der 
oben erwähnten Knötchen wurden durch einen kleinen Einstich weissliche 
Bröckel entleert, die massenhaft Krystalle hamsaurer Salze enthielten. 

Dieser Patient nun wurde in der üblichen Weise zunächst mit Lithium 
salicylicum, Lithium carbonicum und reichlichen alkalischen Wässern 
behandelt, ohne dass in der Zeit vom März bis Juli mehr erreicht worden 
wäre, als eine Besserung der Schmerzhaftigkeit in den grossen Gelenken. 
An den Tophis selbst war keinerlei Veränderung bis zum Juli zu beob¬ 
achten, und der Patient stand im Begrifle, die Klinik zu verlassen, als 
das Lysidin eintraf, zu dessen Erprobung er sich sogleich bereit erklärte. 
Auch bei diesem Patienten wurde ein Stoffwechselversuch eiu- 
geleitet, den der sehr willige und intelligente Mann fast während vier 
Wochen durchführte. 

Das Mittel selbst wurde in folgenden Dosen gegeben, die Tagesdosis 
in 500 g kohlensaurem Wasser: 


Juli 

1.5 

6 

1 7 | 

8 

Ljl 

! io 

11 

12 

13 | 

I 14 ! 

1 15 

! 16 

1 17 

Lysidin g 

U 

2 

1 3 | 

4 

1 5 

i — 

— | 

— | 

— | 

5 i 

1 5 

1 5 | 

1 3 

Juli 

118 

19 

20 | 

21 

| 22 

1 23 ! 

24 | 

25 

26 ; 

27 ] 

28 

! 29 

Zus. 

Lysidin g 

1 3 | 

3 1 

3 1 

1 

l i 

1 1 

1 ~ 

3 

3 

3 

3 

1 3 

60 g 


Die Pausen in der Darreichung des Mittels erklären sich auch hier 
dadurch, dass die übersandten Quantitäten desselben zeitweise eher er¬ 
schöpft waren, bevor neuer Vorrath zur Disposition war. 

Der objective Befund, welcher in dieser Zeit erhoben wurde, liess, 
wie zunächst bemerkt sei, nicht die geringste Störung des Allgemein¬ 
befindens oder einzelner Organe erkennen. 

Bereits am 9. Juli zeigte die Epiglottis an ihrem freien 
Rande eine spitzwinkelige Einkerbung da, wo das oben erwähnte 
Knötchen gesessen hatte, von dem man jetzt nur noch einen Rest als 
gelbenPunkt sah. Die Gichtknoten an allen übrigen Stellen, be¬ 
sonders auch an den Händen, hatten ihre röthliche Färbung 
verloren und sich so deutlich verkleinert, dass es auch dem 
Patienten auffällig war und er die damals in der Mcdication ent¬ 
stehende Pause gern abzuwarten sich entschloss. 

Während der weiteren Behandlung verkleinerten sich sodann die 
Knötchen stetig und deutlich, und als der Patient am 30. Juli wegen 
privater Verhältnisse die Klinik verliess, war die Beweglichkeit der grossen 

*) Vergl. den nachträglich hinzugefügten Anhang des Herrn Geheim¬ 
rath Ladenburg. 


Gelenke schmerzlos und bedeutend froier geworden. Der erwähnte 
grosso Tophus auf dem rechten Handrücken, der anfänglich 
weit über Haselnussgrösso zeigte, war etwa bis zur Grösse 
eines Kirschkernes geschrumpft, der Sporn an der Achillessehne 
von Wallnuss- zur Kirschgrösse verkleinert, das Knötchen an der Epi¬ 
glottis gänzlich geschwunden, so dass nur noch eine kleine glatte Narbe 
zu sehen w r ar. 

Die Ergebnisse der Stoffweehseluntersuchung sind in der fol¬ 
genden Tabelle enthalten. 

Die Nahrung des Patienten bestand aus Weissbrod, Schwarz- 
brod, Butter, Eiern, 1 I Milch, Schabefleisch, Suppen, Gel6e, Kaffee 
und Zucker, wozu ein reichlicher Wassergenuss von mehreren 
Litern kam, an den der Patient schon vorher gewöhnt war. 

Vom 25. Juli ab wurden bei völlig gleichbleibender Kost¬ 
ordnung die N-Bestimmungen ausgesetzt und die Untersuchungen 
auf die Harnsäureausscheidung beschränkt. 


Tag: 

Eiunahmc 


Ausgabe 

Urin 

Koth Gesammt 

Bilanz 

ü 

ö 

Ui 

Juli 

N 

Caloricn 

Menge 

sp.Gcw. 

N 

N 

N 

N 

s 


3 

16,1 

2534 

3300 

1008 

15.3 

1,04 

16,3 

—0,2 

0,2 

_ 

72,0 

4 

15,5 

2372 

3240 

1007 

14,0 

1,0 

15,0 

+0,5 

0,91 

_ 

_ 

5 

14.9 

2145 

3800 

1007 

13,3 

1,0 

14,3 

+0,9 

1,41 

1 

_ 

6 

17,1 

3024 

3600 

1007 

13,3 

1,0 

14,3 

+2,8 

1,02 

2 

_ 

7 

17,3 

3046 

3100 

1010 

14,4 

1,0 

15,4 

+ 1,9 

0,40 

3 

_ 

8 

17.4 

3051 

3900 

1007 

14,1 

1,0 

15,1 

+2.3 

0,58 

4 

_ 

9 

17,2 

3045 

4100 

1009 

13,7 

1,0 

14,7 

+2,5 

0,61 

5 

_ 

10 

18,0 

3110 

3100 

1007 

13,7 

1,0 

14,7 

+ 3,3 

— 

_ 

_ 

11 

17,8 

3090 

4000 

1009 

15,6 

1,0 

16,6 

+1,2 

0,80 

— 

_ 

12 

16,7 

2980 

3400 

1010 

14,7 

1,0 

15,7 

+ 1.0 

1,41 

_ 

_ 

13 

17.7 

3030 

3500 

1010 

13,7 

1,0 

14.7 

+3,0 

0,87 

_ 

73,5 

14 

17.0 

3005 

3600 

1007 

13,1 

1.0 

14,1 

+2,9 

0.91 

5 

_ 

15 

17,5 

3040 

4000 

1007 

12,8 

1,0 

13,8 

+3,7 

0,72 

5 

jy§^ 

16 

16,3 

2989 

4000 

1008 

13,0 

1,0 

14,0 

+2,3 

0,70 

5 

_ 

17 

17,2 

3015 

3800 

1008 

12,7 

1,0 

13,7 

+3.5 

0.55 

3 

_ 

18 

17.6 

3050 

3900 

1009 

12,1 

1.0 

13.1 

+4.5 

0,78 

3 

_ 

19 

17,6 

3045 

3800 

1008 

14.7 

1.0 

15.7 

+1,9 

0,96 

3 

_ 

20 

17.1 

2990 

3300 

1010 

13,5 

1.0 

14,5 

+2.6 

1,25 

3 

_ 

21 

16.5 

2989 

2900 

1010 

11.8 

1.0 

12,8 

+3,7 

0,84 

1 

74,0 

22 

15.4 

2880 

3000 

1009 

12,6 

1,0 

13,6 

+1,8 

0,73 

1 

- • 

23 ; 

15,8 

2940 

3400 

1008 

13.3 

1,0 

14,3 

+1,5 

0,76 

1 

_ 

24 

15,3 

2870 j 

2040 

1012 

11,1 

1,0 

12,1 

+3,2 

1.01 

_ 

_ 

25 

— 

— ! 

3400 

1008 

— : 

— 1 

— 

— 

0,81 

3 

_. 

26 

— 

— ■ 

3000 

1008 , 

— | 



— 

1.15 

3 

_ 

27 

— 

— i 

2700 

1011 

— 

- ! 


— 

1,13 

3 

— 

28 

— 

— I 

2600 

1009 

_ 

_ 1 



0,84 

3 

_ 

29 



2800 

1010 

_ 

_ 


_ 

0,93 

3 

74,5 

80 

— 

~ I 

3200 

1010 

— , 

—: 



1,12 

— 

— 


Auch bei diesem Patienten ist das Ergebniss der Stoffwechsel¬ 
untersuchungen in Bezug auf den Eiweissumsatz ähnlich wie bei 
dem ersten, insofern auch hier eine verhältnissmässig starke Stick¬ 
stoffretention im Körper stattfand, welche doch wohl nur zum 
Theil durch die Gewichtszunahme von 2,5 kg erklärt wird. 

Man könnte beim Betrachten der Tagesmengen des Urins und 
seines specifischen Gewichts an das Vorhandensein einer Schrumpf¬ 
niere denken, und die Möglichkeit des Bestehens einer solchen lässt 
sich nicht von der Hand weisen, indess ist doch dabei zu be¬ 
denken, dass der Patient zur Unterstützung seiner Cur verord- 
nungsmässig viel Wasser trank und dass sich Eiweiss an keinem 
der Beobachtungstage in seinem Urin fand. 

Die ausgeschiedenen Harnsäuremengen waren in diesem Falle 
durchschnittlich höher — 0,9 pro die — als bei dem ersten Pa¬ 
tienten, doch liegt auch diese Menge nach den neuesten Beobach¬ 
tungen noch innerhalb des Normalen. 

Ob die verhältnissmässig grösseren Harnsäuremengen der letzten 
Tage durch den Lysidingebraueh bewirkt sind, wage ich nicht zu 
entscheiden, nur soviel dürfte sich v r ohl mit einiger Sicherheit be¬ 
haupten lassen, dass nur ein Theil der aus den Tophis resorbirten 
Harnsäure sich im Urin als solche hat nachweisen lassen. 

Die Verkleinerung der Tophi, soweit sie sichtbar 
waren, und die Besserung der Beweglichkeit der grossen 
und kleinen Gelenke war um so auffälliger, als die vor¬ 
hergegangene mehl-monatliche Cur nur überaus geringe 
Fortschritte gebracht hatte, und es reiht sich daher der 
günstige Erfolg des Lysidin bei diesem Falle von chro¬ 
nischer Gicht dem ersten mit acuten Erscheinungen in 
ebenbürtiger Weise an. 

Da sich nun seit Juli keine neuen Fälle von Arthritis urica 
auf der Klinik eingefunden haben und diese Krankheit überhaupt 
unter dem Publicum der Charitö eine relativ seltene ist, so habe 
ich die Publication dieser Beobachtungen in Rücksicht auf ihre 
günstigen Resultate und auf anderweitige Erprobungen des Lysidin 
für angezeigt gehalten. 

Zum Schluss füge ich hinzu, dass das Mittel bei einem Falle 
von echter Polyarthritis rheumatica keinerlei Einfluss auf 

,N 


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< 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 








788 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41 


die Erscheinungen hatte, während durch Antipyrin ein prompter 
Heilerfolg erzielt wurde. 

Anhang von Prof. Ladenburg. 

Das hier besprochene Lysidin ist identisch mit dem Aethy- 
lenäthenyldiamin, das zuerst A. W. Hof mann dargestellt, aber 
nur oberflächlich untersucht hat. 

Ich habe eine einfache Darstellungsweise und die harnsäure¬ 
lösende Wirkung der Base gefunden. Ihre Zusammensetzung ent¬ 
spricht der Formel ^ 

CH 2 -N\ 

C 4 H 8 N 2 =i xt >C-CHa 

L/X 12 ‘ N 

Das Chlorhydrat derselben wird durch trockene Destillation von 
Natriumacetat mit Aethylendiaminchlorhydrat gewonnen. Aus diesem 
ist die Base leicht zu erhalten. Dieselbe schmilzt bei 105° und 
siedet bei 198°. Ihre Darstellung im Grossen haben die Höchster 
Farbwerke bereitwilligst übernommen. 


III. Ein Fall von acuter Dermatomyositis. 1 ) 

Von Dr. Buss in Bremen. 

Im Jahre 1887 haben E. Wagner 2 ), Hepp 8 ) und Unver- 
richt 4 ) merkwürdige Fälle von acuter Muskelerkrankung beschrie¬ 
ben, über deren Deutung damals grosse Meinungsverschiedenheit 
herrschte. Es handelte sich um Patienten, welche mit ziehenden' 
Schmerzen und Steifigkeit in verschiedenen Muskelgebieten, vor¬ 
wiegend in denen der Extremitäten erkrankt waren; es bestand 
Fieber, die Muskeln begannen anzuschwellen, wurden auf Druck 
empfindlich und konnten nicht bewegt werden. Es zeigten sich 
Oedeme an den befallenen Gliedern, erythem-, purpura- oder urti¬ 
caria-ähnlicher Ausschlag, sowie profuse Schweisse. Später, mit 
Nachlass der Muskelschwellungen, traten Schlingbeschwerden auf, 
die Patienten verschluckten sich und gingen suffocatorisch zu¬ 
grunde. Bei den Sectionen fand sich das Unterhautzellgewebe 
serös durchtränkt, ebenso das Muskelfleisch; letzteres zeigte dabei 
eigenthümlich starre Consistenz, war glanzlos und mürbe Die 
Farbe war blassroth, mehr homogen, stellenweise fleckig und von 
Hamorrhagieen durchsetzt. Das periphere und centrale Nerven¬ 
system war mtact, Herz, Lunge und Zwerchfell ohne Veränderung. 
t^ 1 - tut er ^ £1,an ^ en Muskeln wurden Trichinen nicht gefunden 
Die Milz war vergrössert. Bei der mikroskopischen Untersuchung 
zeigte sich, dass die Muskelfasern theüs ödematös, theils verfettet 
oder atrophisch waren, viele zeigten wachsartige und hyaline De¬ 
generation. J 


i J^ a £ ne £i ^ essen Phthisis pulmonum complieirt war 

glaubte das Fieber und einige andere Symptome dieser Krankheit 
zuschreiben zu müssen und rechnete das Krankheitsbild zur pro¬ 
gressiven Muskelatrophie. Dem hat Unverricht sogleich wider¬ 
sprochen und die Krankheit als etwas Besonderes, ganz Eigen- 
artiges hingestellt. Auch Hepp hat dies in der Ueborschrift 
S““ er ausgesprochen, indem er zugleich der Krankheit den 

Namen „Pseudotrichmoso gab. Im Laufe der nächsten Jahre er- 
weitere Mittheilungen über diese Krankheit von 
Ln gl ä d Ja ?° by ’ J PIehn ’ Löwenfeld, Prinzing, Strüm¬ 
pell und Breck, und zwar figurirte dieselbe meist unter der Be¬ 
zeichnung „primäre acute Polymyositis“ oder auch „subacute pro¬ 
gressive Polymyositis . Im Jahre 1891 erschien wieder eine Mit- 
L/l' T T Unverricht 6 ) über denselben Gegenstand. Er hatte 
jetzt die Bezeichnung geändert. Während er früher von Poly¬ 
myositis acuta progressiva sprach, nannte er die Krankheit letzt 
Dermatomyositis acuta. Es war mittlerweile die Beobachtung ge¬ 
macht worden, dass die Krankheit nicht immer fortschreitend ist 

ausLum aUCh m U elIu “g übergeht. Dann hatten sich die Haut- 
ausschlägo so regelmässig neben den Muskelschwellungen gezeigt 
dass Unverricht es für richtiger hielt, dies auch bei der Be- 
nennung auszudrucken. Es hat dann bis zum Jahre 1893 Lewv 6 l 
alles bis dahin über die Krankheit Bekannte in seiner Arbeit zii 
sammengestellt. Waren im Laufe der Jahre die Kenntnisse über 
mannigf achen Symptome und den wechselnden Verlauf der 


tcnen' ) Vortrag°e inem “ J ' ™ Rrztlic, ‘ <!n m Bremer, gehal- 

f. klin! !fed W K; V0 “ Polymyositis. Deutsch. Arcli. 

3 ) Hepp, Ueber Pseudotrichinose, eine besondere Perm , 

parenchymatöser Polymyositis. Berl. klin. 

Med. Bd U Xll"s. C 533 u.T y ° SiÜS “ CUta progressiva ' Zeitscl >^ (■ Mn. 
lWH,\o.Ti r 4iu. n ermat0m - V0Si,is a ™ ta - IWhe med. Wochonschr. 
Berl. klin.' WoThensdii l%*Ko°Vm ff““ 10 " pri '" iiren Polymyositis. 


Krankheit auch umfassender geworden, so wusste man doch bis 
daliin noch nichts Sicheres über die Aetiologie derselben. Zwar 
hatte schon Unverricht 1887 mit Rücksicht auf die früher von 
Scriba 1 ) veröffentlichten Fälle von „infectiöser Myositis“ ausge¬ 
sprochen, dass es sich vielleicht auch bei der Polymyositis um 
eine Infectionskrankheit handeln könnte; von anderer Seite aber 
wurden die Fälle von Wätzoldt und Winckel, welche bei einer 
Erkrankung im Puerperium auftraten, als nicht rein und beweis¬ 
kräftig angesehen. Senator 2 ) sprach in seiner 1893 erschienenen 
Arbeit die Ansicht aus, dass es sich bei der Entstehung dieser 
Krankheit um sogen. Autointoxicationen vom Darm aus handeln 
könne. 

Im Anfänge dieses Jahres (1894) erschienen dann die Mit¬ 
theilungen von A. Fraenkel 3 ), welche uns der Lösung der Frage 
nach der Aetiologie der acuten Dermatomyositis ein Bedeutendes 
näher bringen. 

Bei der Besprechung der mitgetheilten Fälle kommt Fraenkel 
zu der Ansicht, dass bei seinem Falle von acuter Dermatomyositis 
(erste Beobachtung) die Ursache der Krankheit in der eitrigen 
Mittelohrentzündung zu suchen sei und dass die von hier aus ver¬ 
schleppten Streptococcen die Veränderungen in den Muskeln und 
in der Haut erzeugten und so das charakteristische Krankheits- 
bild hervorriefen. Die beiden anderen Fälle betrachtet er nur als 
äusserlich verschiedene Formen septischer, durch Streptococcen¬ 
einwanderung bedingter Infection. Ein Hauptgewicht legt Fraenkel 
bei seiner Auffassung der acuten Dermatomyositis als Infections¬ 
krankheit darauf, dass bei vielen der bisher beschriebenen Fälle 
inficirte Wundflächen, Eiterungs- oder Entzündungsheerde vorhanden 
gewesen sind. Er nimmt an, dass von da aus, wie in seinem 
Falle, die Infection erfolgt sei. Auch weist er im Anschluss an 
die früher von ihm gemachten Mittheilungen über schwere, sep¬ 
tische Allgemeinerkrankungen von den Rachenorganen aus 
darauf hin, dass öfters im Beginne der Dermatomyositis Angina 
und Stomatitis beobachtet seien. Es sei nicht unmöglich, dass 
die pathogenen Mikroorganismen bei diesen Erkrangungen öfter von 
der Mundhöhle aus in den Körper eindrängen und dann das Krank¬ 
heitsbild hervorriefen. 

Mit Rücksicht hierauf erfolgt die Mittheilung nachfolgenden 
Falles, bei dem sich im Beginne der Krankheit eine Angina, im 
weiteren Verlaufe derselben eine Stomatitis zeigte. 

Der Arbeiter Wilhelm Borchers, 22 Jahro alt, bis dahin gesund, er¬ 
krankte am 24. Februar 1894 mit Schmerzen in den Waden und schmerz¬ 
hafter Anschwellung am rechten Oberschenkel. Am folgenden Tage 
zeigte sich eine Anschwellung am rechten Handgelenk. Der behandelnde 
Arzt, welcher den Patienten zuerst sah, fand diffuse Anschwellungen an 
den oben bezeichneten Stellen, am rechten Oberschenkel und rechten 
Unterarm; es bestanden daselbst Schmerzen bei Bewegung und auf Druck, 
sowie über den geschwellten Partieen eine fleckige Hautröthe. 

Die Schwellung am rechten Unterarm nahm in den nächsten Tagen 
zu, auf dem rechten Handrücken lag ein dickes ödematöses Polster, dio 
Schwellung am rechten Oberschenkel bestand fort; es wurde deshalb Auf¬ 
nahme in’s Vereins-Krankenhaus empfohlen, die am 28. Februar erfolgte. 

Die Temperatur betrug am Abend 37,8. Am 1. März Morgens 37,7, 
Mittags 38,2, Abends 38,1. 

Status praesens: Patient ist ein im allgemeinen gut und kräftig 
gebauter Mann mit entsprechender Muskulatur. Er ist bei freiem Sen- 
sorium und giebt klare Antworten. Die Athmung ist ruhig, 16, Puls 82 
in der Minute. Es besteht eine diffuse Schwellung an der Vorder- und 
Aussensoite des rechten Oberschenkels bis zum Knie herunter, desgleichen 
am rechten Unterarm bis zur Hand. 

Die geschwellten Partieen sind auf Druck empfindlich, doch sind die 
Schmerzen viel grösser, wenn man die Muskeln zwischen die Finger 
nimmt und etwas drückt. Die Gelenke sind frei, und vorsichtige Be¬ 
wegungen können ausgeführt werden, machen aber Schmerzen. Ueber 
den geschwollenen Stellen findet sich eine fleckige, rothe Verfärbung der 
Haut, und zwar sieht der Ausschlag masemartig aus; es sind grössere 
und kleinere, unregelmässig gestaltete, blassrothe Flecke, die sich von 
der umgebenden blassen Haut durch ihre stärkere Färbung deutlich ab¬ 
heben. Auch auf der Brust und der Bauchgegend zeigt sich fleckige Haut¬ 
röthe. Die Consistenz der geschwollenen Partieen ist eine weiche, teigartige. 

Patient klagte nicht über Halsschmerzen, gab aber auf specielle 
Nachfrage an, dass er bereits gestern und auch heute noch Halsschmerzen 
verspürt habe. Bei der Besichtigung des Rachens zeigt sich, dass die 
rechte Tonsille sehr gross, zerklüftet und mit vielen grossen Lacunen 
versehen ist. Dieselbe ist stärker geröthet, als der übrige Pharynx, in 
den Lacunen findet sich stellenweise ein weisslicher Bodensatz, Beläge 
sind nicht vorhanden, auf Druck ist sowohl die Tonsille selbst, bei Be¬ 
rührung von der Mundhöhle aus, wie auch die seitliche Halsgegend am 
Kieferwinkel bei Betasten von aussen empfindlich. Patient zeigtNeigung 


*) Scriba, Beitrag zur Aetiologie der Myositis acuta. Deutsche 
Zeitschr. f. Chiurg. Bd. 22. 

3 ) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Deutsche 
med. Wochenschr. 1893, No. 39. 

*) A. Fraenkel, Ueber eigenartig verlaufene septico-pyämische Er¬ 
krankungen nebst Bemerkungen über acute Dermatomyositis. Deutsche 
med. Wochenschr, 1894, No. 9, 10, 11, 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



11. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHIUFT. 


789 


zu Transpiration. Er erhielt Nachmittags 2 g Natrium salicylicum und 
wurde zum Schwitzen eingewickelt. 

2. März. Die Halsschmerzen sind geringer, dagegen klagt Patient 
Uber Schmerzen im linken Oberarm, in der Ellenbogengegend und im 
linken Oberschenkel. Das Gesicht, besonders beide Augenlider erscheinen 
leicht geschwollen. Der Urin enthält kein Ehveiss. 

3. März. Im Stuhlgang, welcher nicht imgewöhnlich hart ist, wird 
Blut bemerkt. Es ist hellroth, streifenförmig, annähernd ein Tlieelöffel 
voll. Das rechte Handgelenk wird freier, dagegen nehmen links die 
Schmerzen zu und entwickelt sich am linken Oberarm und Ellonbogen 
eine diffuse Anschwellung; rechts geht dio Anschwellung zurück. 

4. März. Der ganze linke Arm von dor Schulter bis zur Hand ist 
diffus angeschwollen, vorwiegend die Streckseite und dann mehr der Ober¬ 
arm als der Unterarm. 

Es sieht aus, als bestände am Arm eine ausgedehnte, tiefe Phleg¬ 
mone. Die Haut Uber den geschwellten Theilon fühlt sich heiss au und 
ist diffus geröthet; beim Betasten hat man das Gefühl des „Teigigseins“, 
der undeutlichen Fluctuation. Dio Messungen ergeben, dass der linke 
Unterarm, an derselben Stelle gemessen, 5 cm mehr an Umfang hat als 
der rechte. Am linken Oberschenkel, über den seit zwei Tagen geklagt 
worden ist, tritt jetzt auch Anschwellung auf. Im Stuhlgang zeigt sich 
wieder hellrothes Blut in etwas grösserer Menge als am Tage vorher. 

5. März. Die Anschwellung und Schmerzhaftigkeit am linken Ober¬ 
schenkel hat zugenommen, sie erstreckt sich bis zum Kniegelenk, welches 
mithetheiligt ist; es ist geschwollen und enthält Flüssigkeit, die Patella 
tanzt. Der linke Oberschenkel misst 20 cm oberhalb der Patella 
4 cm mehr im Umfang als der rechte. Die Herzaction ist be¬ 
schleunigt; bei einer Abendtemporatur von 37,5 werden 112 Pulsschläge 
in der Minute gezählt. Die Herztöne sind acc-entuirt, aber rein, eine Ver¬ 
breiterung der Herzresistenz ist nicht nachweisbar, dio Lungen sind frei von 
nachweisbaren Veränderungen, der Urin ist frei von Eiweiss und Zucker. 

6 . März. Auch der linke Unterschenkel ist jetzt etwas ange¬ 
schwollen und auf Druck empfindlich. Patient klagt heute wieder über 
Halsschmerzen, aber erst, als er danach gefragt wird. Der Rachenbefund 
ist unverändert. 

8 . März. Es werden Klagen über Ohrenstiche rechts und Schmerzen 
in der rechten Schlälengegcnd gcäussert. Die rechte Tonsille ist noch 
immer mehr geröthet als die übrigen Rachengebilde und auf Druck em¬ 
pfindlich. Das linke Bein ist jetzt in seiner ganzen Ausdehnung diffus 
angeschwollen, zeigt teigige Consistcnz und fleckig gerötheto Haut. Die 
Temperatur beträgt Abends 37,9. Pulsfrequenz 108. Patient erhält jetzt 
dreimal täglich 0,12 Chininum muriaticum. Zum ersten male werden 
Klagen über Empfindlichkeit im Munde und über Herzklopfen geäussert. 

9. März. Der linke Arm und das linke Bein beginnen abzuschwellen. 
Am Oberarm zeigen sich jetzt gelbröthliehe Verfärbungen dor Haut, von 
Blutergüssen herrührend, wie nach einer Contusiou. 

10. März. Bei einer Temperatur von 37,1 werden heute 128 Pulse 
gezählt. . Die Klagen über Schmerzen im Mund nehmen zu, es hat sich eine 
Stomatitis entwickelt. Heftiges Herzklopfen, es wird ein Eisbeutel aufgelegt. 

12. März. Temperatur 37,8, Pulsfrequenz 136. 

13. März. Temperatur 37,6, Pulsfrequenz 124. Die Stomatitis 
nimmt zu, das Zahnfleisch ist stark geschwollen und blutet bei Berührung, 
es besteht starker Foetor ex ore. Pie Temperatur erreicht jetzt Abends 
38,7—39,2. Patient erhält nur flüssige Kost, der Stuhlgang erfolgt alle 
zwei Tage und wird meistens künstlich bewirkt. 

In der Zeit vom 14.—23. März nahmen die Abschwollung der be¬ 
fallenen Extremitäten und das Wohlbefinden des Patienten stetig zu. Die 
Stomatitis ging nach reichlichen Mundsptllimgen mit Kaliumpermangan- 
lösung allmählich zurück. Die Temperatur betrug Morgens 36,8—37,2, 
Abends 37,7—38,2. Die Pulsfrequenz war immer noch hoch, Morgens 90—94 
Pulse, Abends 98—112 in der Minute. 

Am 30. März wurde über Seitenstiche rechts geklagt, objectiv liess 
sich nichts nach weisen. Die Milzdämpfung, auf die Anfangs nicht ge¬ 
achtet war, konnte als etwas vergrössert nachgewiesen werden. 

Vom 23. März bis zur Entlassung des Patienten am 6. Mai war die 
Temperatur normal bis subnormal. Die Herzaction war bis zur normalen 
Frequenz zurückgekehrt, doch schnellte dieselbe bei Erregung oder An¬ 
strengung noch leicht in die Höhe. Ueber Herzklopfen w urde nicht mehr 
geklagt. Patient hat etwa sechs Wochen lang das Bett gehütet. 

Es besteht wohl darüber kein Zweifel, dass der hier mitge- 
theilte Fall in die Kategorie der acuten Dermatomyositis eingereiht 
werden muss. 

Wir haben hier alle die charakteristischen Erscheinungen der 
Krankheit, wie sie zuerst von Unverricht geschildert und später 
von anderen Autoren bestätigt worden sind. Das sind in erster 
Linie die acut auftretenden, diffusen, schmerzhaften Anschwellungen 
zahlreicher Muskeln, und zwar vorwiegend der der Extremitäten, 
und dann die über den geschwollenen Theilen sich zeigenden Haut¬ 
ausschläge. Letztere zeigten sich als Erytheme und als fleckiges 
masernartiges Exanthem, und zwar nicht allein über den ge¬ 
schwellten Muskeln, sondern auch am Stamme, nämlich an Bauch 
und Brust. 

Die Anschwellungen der Muskeln gingen mit Blutungen ein¬ 
her, wie sie sich im weiteren Verlaufe an der Verfärbung der Haut 
zeigten. Es fehlte nicht die eigenthümliche, teigartige Consistenz der 
geschwollenen Muskeln, es bestanden profuse Schweisse, und es liess 
sich eine Vorgrösserung der Milzdämpfung nacliweisen, endlich be¬ 
stand Fieber. 

Wie wir aus den Untersuchungen Fraenkel’s wissen, besteht 


im Beginn der Erkrankung entzündliches Oedem in der Haut und 
den Muskeln, auch treten Blutungen auf; erst später kommt es 
zu den sogenannten parenchymatösen Veränderungen in den Mus¬ 
keln, dem scholligen Zerfall, der wachsartigen Degeneration etc. 
Soweit ist es in unserem Falle wohl nicht gekommen, denn der 
Patient verfügte später wieder über seine volle Kraft in den be^ 
fallen gewesenen Muskeln. 

Was nun unseren Fall auszeichnet, das ist zunächst das drei¬ 
malige Auftreten von Darmblutungen auf der Höhe der Krankheit. 
Am achten, neunten und zehnten Tage der Krankheit, als die 
Muskelschwellungen ihren Höhepunkt erreichten, fand sich hell¬ 
rothes, flüssiges Blut im Stuhl, in der Menge von einem Thee- 
bis zu einem Esslöffel. Das Blut war nicht verändert, deutlich 
als solches zu erkennen, muss somit aus dem unteren Darmabschnitt 
stammen. 

Gegen Hämorrhoidalblutung spricht das jugendliche Alter des 
Patienten und die hellrothe Farbe des Blutes; an eine mechanische 
Verletzung der Schleimhaut durch harte Kothmassen ist ebenfalls 
nicht zu denken, denn die Entleerungen hatten keineswegs harte 
Consistenz; es muss somit ein anderer Grund dafür vorhanden sein. 

Wie oben erwähnt, traten die Darmblutungen auf, als die 
Muskelschwellungen ihren Höhepunkt erreicht hatten; einige Tage 
nach dem Abschwellen zeigte sich nun, dass auch unter der Haut 
oder in den oberen Schichten der entzündeten Muskeln Blutungen 
stattgefunden hatten, denn es traten die bekannten Verfärbungen 
auf, wie man sie nach einem Schlag, Fall oder Stoss zu sehen 
bekommt. Endlich bildete sich einige Tage später eine Stomatitis 
aus, welche bereits nach vier Tagen starke Neigung zu Blutungen 
zeigte. Dies alles erweckte den Verdacht, dass sich bei unserem 
Patienten eine hämorrhagische Diathese entwickelt hatte. Aller¬ 
dings können ja die Blutungen, welche, wie sich nach der Ab- 
schwellung zeigte, in den entzündet gewesenen Muskeln oder in 
dem subcutanen Gewebe über denselben stattgefunden hatten, durch 
die Entzündung an und für sich bedingt gewesen sein, dann war 
es aber immerhin eine hämorrhagische Entzündung, welche da¬ 
durch einen besonderen Charakter erhält. 

Betreffs der Darmblutungen habe ich bereits oben bemerkt, 
dass als Veranlassung derselben mechanische Verletzungen und 
Hämorrhoiden ausgeschlossen werden müssen; auch an ulceröse 
Processe im unteren Darmabschnitt — dieser kann bei der un¬ 
veränderten Blutbeschaffenheit nur in Frage kommen — darf wegen 
Fehlens jeglicher Symptome nicht gedacht werden. 

Was endlich die Stomatitis anlangt, so wird für gewöhnlich, 
wenn dieselbe nicht durch Scorbut bedingt ist, eine solche Nei¬ 
gung zu Blutungen, wie in unserem Falle, nicht beobachtet. An 
Scorbut ist aber nicht zu denken, denn bei unserem Patienten 
traten die diffusen Muskelschwellungen als erstos und hervor¬ 
stechendstes Symptom auf, während beim Scorbut zuerst eine aus¬ 
gesprochene Anämie, dann die Stomatitis und eventuell, aber nicht 
immer, circumscripte Muskel- oder im subcutanen Gewebe ge¬ 
legene Blutungen aufzutreten pflegen. 

Dann fehlten in unserem Falle die Petechien, dagegen waren 
Erytheme und masernartiges Exanthem vorhanden, die beim Scor¬ 
but nicht aufzutreten pflegen. Endlich spricht gegen Scorbut das 
acute Auftreten der Krankheit. 

Wir haben es also mit einer einfachen Stomatitis zu thun, 
die auffällig starke Neigung zu Blutungen zeigte. Betreffs der 
Entstehung einer Stomatitis weiss mau, dass dieselbe entweder 
von entzündeten benachbarten Organen fortgepflanzt oder als Be¬ 
gleiterscheinung von Infectionskrankheiten beobachtet wird. 

Nehmen wir ersteres an, so ist es auffällig, dass sich die 
Stomatitis so spät zeigte. Halsschmerzen bestanden am 27. und 
28. Februar und 1. März, dann verloren sie sich und kehrten ganz 
unbedeutend am 6. März wieder. Am 8. März wurden die ersten 
Klagen über den Mund laut Dabei ist zu bomerken, dass die 
Stomatitis aus der Mundhöhle heraus nach vorn zu vorwärts¬ 
schritt, also zuletzt das Zahnfleisch befiel, entgegen dem Verlaufe 
beim Scorbut, wo gewöhnlich das Zahnfleisch um die Schneide¬ 
zähne herum zuerst befallen wird. Obschon diese Entwickelung 
der Stomatitis für eine Fortleitung von der Angina zu sprechen 
scheint, möchte ich mich doch nicht ohne weiteres für diese Auf¬ 
fassung entschliessen, zumal beide Erkrankungen, obwohl sie die¬ 
selbe Schleimhaut betrafen, in ihrer Intensität so verschieden 
waren; die Angina so unbedeutend, die Stomatitis so hervor¬ 
tretend. — Im anderen Falle wäre die Stomatitis als Begleit¬ 
erscheinung anzusehen, und da sie nur bei Infectionskrankheiten 
aufzutreten pflegt, so wäre die acute Dermatomyositis als solche 
anzusehen. Fraenkel hat dies auch bestimmt ausgesprochen,^ und 
zwar auf Grund des Befundes von Streptococcen in den entzünde¬ 
ten Muskeln und der erkrankten Haut. In der Discussdon im 
Verein für innere Medicin in Berlin haben sich mehrere Redner, 
wie Lewiu und Schwabach der Ansicht FraenkePs angeschlos- 


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790 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


son und die infectiöse Natur der acuten Dermatomyositis für sehr 
wahrscheinlich erklärt, während Senator diese Annahme nur für 
einige Formen, aber nicht für alle Fälle gelten lassen will. Er 
weist besonders darauf hin, dass in mehreren Fällen die bacterio- 
logiscke und mikroskopische Untersuchung der excidirten Muskel¬ 
stückchen nichts von Mikroorganismen ergeben habe. Diesen nega¬ 
tiven Befund hält Fraenkel nicht für beweisend. Einmal können 
seiner Ansicht nach — und dies hat auch schon Strümpell aus¬ 
gesprochen — die Muskelveränderungen durch toxische Producte der 
Bacterien entstehen, dann hat er selbst durch eigene Unter¬ 
suchungen nachgewiesen, dass die Vertheilnng der Mikroorga¬ 
nismen in den Muskeln eine sehr unregelmässige sein kann. 
Während z. B. in dem zweiten Falle seiner Beobachtung die 
Oedemflüssigkeit zahllose Streptococcen enthielt, waren dieselben 
in Schnittpräparaten der Muskeln nur äusserst spärlich vor¬ 
handen; in vielen Schnitten fanden sich überhaupt keine. In 
dem dritten Falle wurden die Mikroorganismen nur an den Stellen 
gefunden, wo mikroskopisch Leukocytenanhäufungen vorhanden 
waren; streckenweise fehlten Mikroorganismen völlig, obwohl die 
Muskeln in ausgedehnter Weise erkrankt waren. Es’ ist deshalb 
nach der Ansicht Fraenkel’s ein negativer Befund an einem 
kleinen excidirten Muskelstückchen noch nicht beweisend für die 
Abwesenheit von Mikroorganismen in den übrigen Muskeln Ein 
positiver Befund wiegt alle, durch unvollkommene Untersuchungen 
bedingten negativen Befunde auf. Von diesem Standpunkte aus 
erklärt Fraenkel die acute Dermatomyositis für eine Infections- 
krankheit, und zwar für eine Septicämie. Wenn diese Annahme 
richtig ist, so macht die Erklärung der in unserem Falle aufge¬ 
tretenen Darmblutungen, sowie der zu starker Blutung neigenden 
Stomatitis keine grosse Schwierigkeit, denn von der Septicämie 
sind als constantester Befund die Veränderungen am Magendarm¬ 
canal bekannt. Katarrhalische Schwellung und Eochymosen sind 
dabei ein gewöhnlicher Befund. Treten hochgradigere Verände¬ 
rungen auf, so kommt es zu blutigem Erguss, 
i dem zweiten Fraenkel’schen Falle war die Schleimhaut 
des oberen Dünndarmes etwas geschwollen und ödematös, mit 
dunkelioth lnjicirten Falten und strichweisen Hämorrhagieen ver- 
sehen. Auch im unteren Theile des Dickdarmes war die Schleim- 
üaut geröthet. 

E»ll« W hLr Ür i d w S °^ it d ?',' ^" nahrae zuueigen, dass die in uusenn 
* ehteten . Da ™ b lu‘“ngen, die hämorrhagischen Muskel- 
tntiundungen, sowie die Stomatitis durch eine septieüraiscke In- 
fection bedingt gewesen seien. 

Hi« lfr a »nn d h!,^ nnahme e “ er solchen lässt sieh noch anführen, dass 
die Krankheit m unserem Falle mit einer Angina begonnen hat 
Fraenkel hat in einer früheren Publieation bereits darauf hin«-e- 

daSS - S10h nlcl *. t f elten von einer einfachen Angina aus die 
Symptome einer septischen Allgemeininfection entwickeln Der 

Secthuf a B h° Ich ? r koimte hl den betreffenden Fällen durch die 
Section nachgewiesen werden. Von den Mandeln aus waren die 
Mikroorganismen m die benachbarten Lymph- und Spalträume des 

Entetehung einer septischen Allgemeininfection im Anschluss an 
eine Angina gewiss nicht von der Hand gewiesen werden Tch 

%&%£££$£& 

deneif sichln den Krypten vorwIegend^dor^Strfft' SC ^ 6r bei 

Blutuntersuchungen vorgenommen Es [sful* 000 ! 00 “ 8 lon ? us fand ’ 
Falle die Streptococcen « „ 1 !, t lst llm gelegen, in einem 
allen FäUen , DaSS es nicht in 

'S”’man C muS 

untersuchten Blutmengen sind unf 
MikrolrgamW’ I>eut.sd7!^!U^ 


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. No. 41 

nach bei einer Angina die Keime im Blute nicht jedes mal vor- 
handen oder wenigstens nicht immer sehr zahlreich sein werden 
denn sonst müssten doch gewiss noch viel öfter Complicationeii 
nach Angina beobachtet werden. Für die Entscheidung der oben 
angeregten Frage ob nicht die Angina für manche Infections" 
krankheiten die Eingangspforte der pathogenen Mikroorganismen 
daistellt, ist jedenfalls dieser Buschke’sche Befund von weit- 
tragender Bedeutung; er stellt die Gefährlichkeit der Angina und 
ihre Bedeutung für die Entstehung metastatischer Entzündungen 
ms rechte Licht. 

Em zweiter Punkt, welcher in unserem Falle Beachtung ver¬ 
dient, ist das Befallenwerden eines Gelenkes. Wahrscheinlich be¬ 
fand sich m dem Kniegelenk nur ein seröser Erguss da die 
Resorption schnell von statten ging und Patient sein Gelenk bald 
wieder ohne Schmerzen zu beugen imstande war. Eine derartige 
Gelenkafifection ist, soweit mir bekannt, bei dieser Krankheit noch 
nicht beobachtet. Eiterergüsse in Gelenke sind zwei mal von 
h raenkei gesehen, und zwar in den beiden Fällen, die er zwar 
mclit als acute Dermatomyositis, aber doch als dazu gehört be¬ 
zeichnet; die Muskeln enthielten in beiden Fällen multiple Abszesse. 

• * a - ei i dritte I unkt, welcher in unserem Falle Interesse verdient 
ist die frequente Herzaction bei relativ niedriger Temperatur. Eine 
Betheiligung der Herzmuskulatur selbst oder seiner Klappen Hess 
sich nicht nach weisen. Der Puls war ein sogenannter Erregungs- 
fJJ 1 ® l ' nd oharaktensirte sich als solcher durch seine hohen, 
hüpfenden Wellen. Liebermeister hat das Verhältnis des Pulses 
zur lemperatur wie folgt angegeben: 

QQ 3 i° C ;^ ™ P ulse - bei 380 c. 91 Pulse, bei 39« C. 
99 Pulse bm 400 C iOS Pulse, bei 41® C. 110 Pulse. In unserem 
Falle wurden bei 37,5<> C. 112 Pulse gezählt, bei 37,9» C. 108 Pulse 
em ander mal bei 37,10 C. 128 Pulse und bei 37,80 sogar 136 Pulse’ 
Bei dem Fehlen jeglicher Erkrankungserschoinungen des Herzens 
selbst ist wohl nur an eine Reizung der accelerirenden Herznerven 
oder auch des vasomotorischen Nervensystems zu denken, vielleicht 
auch der Herzganglien selbst. Nervöse Erscheinungen hat Patient 
nie gezeigt. Als reizendes Agens müssten dann wohl Bacterien- 
gitte angenommen werden; gerade bei septischen Infectionon erreicht 
die Pulsfrequenz schnell eine bedeutende Höhe, ohne dass die 
lemperatur dementsprechend hoch ist. 

^ r 1 aen / k ( H beobachtete bei einer Temperatur von 39,2o C. 
u / ,, S ?nk erster Fal1 )* In dem zweiten Falle wurden bei 38.8« C. 
ebenfalls 120Pulse gezählt, bei dem dritten Falle bei38,2°C. 136PuJse. 
Die r raenkel’schen Patienten sind aber alle gestorben, während 
unser Patient völlig genesen ist. 

IV. Aus der medicinischen Abtheilung des Herrn Primärarzt 
Dr. Buchwald im Allerheiligenhospital in Breslau. 

Ueber gutartige Fälle von Dermatomyositis 
acuta. 

Von Dr. H. Herz, Assistenzarzt. 

Von der eigenthümlichenErkrankung, die zuerst von E. Wagner, 
Hepp und Unverricht beschrieben und von letzterem 1891 als 
Dermatomyositis acuta bezeichnet worden ist, sind seit ihrer Ent¬ 
deckung bis jetzt erst einige 20 Fälle beschrieben worden. Im 
Breslauer Allerheiligenhospital hatten wir in den letzten zwei 
Jahren zweimal Gelegenheit, das furchtbare Bild dieser von 
A. Fraenkel 1 ) wohl mit Recht wenigstens zum grossen Theil auf 
septische Infection zurückgeführten Krankheit mit tödlichem Aus¬ 
gange zu beobachten. Die geringe Zahl der bis jetzt veröffent¬ 
lichten Bilder der Art rechtfertigt es wohl, wenn ich am Schluss 
der Arbeit einen ganz kurzen Auszug der Krankengeschichte des 
einen Falles hier wiedergebe; der zweite Fall, der sich an ein 
Uhrenleiden anschloss, wird anderweitig publicirt werden. 

Ob es ein Zufall ist, dass die Berichte über solche Fälle aus 
anderen Theilen Deutschlands nur spärlich einlaufen, während 
gerade Schlesien — wie auch B. Lewy ^) in seiner Zusammen¬ 
stellung von 21 Fällen bemerkt — verhältnissmässig reichlich ver¬ 
treten ist, dürfte vorläufig nicht zu entscheiden sein. 

• a ^ ew ^knlich wenn ein neuer Krankheitstypus aufgestellt wird, 
sind es zunächst die schwersten und charakteristischsten Bilder 
der betreffenden Krankheit, welche die Aufmerksamkeit zuerst aut 
sich ziehen; erst wenn diese Fälle genau studirt sind, überzeugt 
man sich, dass es neben diesen furchtbaren Formen der neuen 
Krankheit leichtere Erkrankungen giebfc, die Uebergänge zu den 

*) A. Fraenkel, Ueber eigenartig verlaufene septikopyämische Er- 
krankungen. Deutsche raed. Wochenschrift 1894, No. 9, 10, 11. 

) B. Lewv, Zur Lehre von der primären acuten Polymyositis. 
Berliner klin. Wochenschrift 1893, No. 18, 19. 20. 


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11. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


791 


schweren bieten und erst unserem durch die gemachten Erfahrungen 
geschärften Blicke sichtbar werden. 

Die ersten Fälle von Dermatomyositis acuta endeten meist 
tödtlich. Strümpell 1 ) kannte 1891 nur zwei Fälle mit günstigem 
Ausgange. B. Lewy ( 1 . c.) fand 1893 unter 21 Fällen schon 9, 
die in Heilung übergingen. Auch Wätzold 2 ) und Senator 8 ) haben 
je einen in Heilung übergehenden Fall beschrieben. 

Immerhin handelte es sich in allen diesen Fällen um schwere, 
das Leben bedrohende Erkrankungen. Dagegen haben die leichteren, 
nicht lebensgefährlichen Formen der Dermatomyositis acuta, soweit 
mir die Litteratur zugänglich ist, keinen Bearbeiter gefunden. 
Gleichwohl handelt es sich um Krankheitszustände, die wenigstens 
hier in Breslau nicht so ganz selten sind und die jeder erfahrene 
Praktiker — ich habe deren mehrere interpellirt — gesehen hat. 

Ganz ähnlich wie neben der schweren septischen Form der 
Gelenkeiterung die leichtere und häufigere „rheumatische“ Arthritis 
besteht, giebt es neben der septischen Dermatomyositis eine gut¬ 
artige Form derselben Erkrankung, charakterisirt, dem Namen ent¬ 
sprechend, durch Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Muskeln, 
durch Röthung und Hyperästhesie der Hautdecken. Diese Er¬ 
krankungen sind bisher wohl meist zum Muskelrheumatismus ge¬ 
zählt oder als anämische Muskelschmerzen betrachtet worden. Es 
dürften aber doch diese Fälle wegen ihrer Eigenthümlichkeiten 
eine eigene Betrachtung verdienen, umsomehr, als sie zwar das 
Leben nicht bedrohen, aber zuweilen ein recht lästiges und nicht 
leicht zu bekämpfendes Leiden darstellen. 

Was die Aetiologie dieser Haut-Muskelerkrankungen be¬ 
trifft, so ist ein infectiöser Ursprung nicht ganz unwahrscheinlich. 
Ich sah das Leiden einmal bei zwei Mädchen nach einander mit 
einem ziemlich kurzen Zwischenraum auftreten, die in demselben, 
im Vergleich mit anderen Dienstbotenwohnungen nicht besonders 
unhygienischen Raume geschlafen hatten. Ein ander mal ent¬ 
wickelte sich das Leiden im Anschluss an eine Halsentzündung, 
wobei man vielleicht an eine Resorption von Toxinen (wie bei 
manchen der sogenannten infectiösen Erytheme nach Angina und 
Diphtherie) denken könnte. Wenn man annimmt, «lass im Gegen¬ 
satz zur septischen Arthritis, die durch virulente Coccen entsteht, 
der Gelenkrheumatismus sein Entstehen abgeschwächten Eiterer¬ 
regern verdankt — (0.Rosenbach 4 ), Sahli 5 ) —, so lag derGedanke 
nicht fern, dass auch die schwere Dermatomyositis auf virulenten, 
die leichteren Fälle auf abgeschwächten Erregern beruhen. Meine 
Culturversuche, über die ich unten berichten werde, haben ein 
negatives Resultat ergeben, ohne dass deshalb diese Hypothese 
gänzlich zu verwerfen wäre. 

Von anderen ätiologischen Momenten wurde von den Er¬ 
krankten zuweilen Ueberanstrengung, niemals dagegen die in der 
Aetiologie anderer „rheumatischer“ Erkrankungen so häufig mit 
Recht und Unrecht beschuldigte Erkältung als Ursache der Er¬ 
krankung angegeben. 

Was Lebensalter und Beruf betrifft, so handelt es sich meist 
um jugendliche Personen der dienenden Classe, was aber vielleicht 
nur, dem Material des Hospitals entsprechend, scheinbar ist. Das 
weibliche Geschlecht ist weit überwiegend. Unter den sieben 
Fällen, über die ich genaue Notizen besitze — ich erinnere mich 
genau, schon früher ähnliche Fälle gesehen zu haben, habe dieselben 
aber vorher wenig beachtet und nicht besonders registrirt — be¬ 
finden sich vier Dienstmädchen, zwei Hospitalwärterinnen und ein 
Bäckerlehrling. 

Die Krankheit beginnt meist mit leichten oder auch schweren 
Fiebersteigerungen; dabei besteht Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, 
Appetitlosigkeit, belegte Zunge. In einem (unten näher zu 
schildernden) Falle, der durch eine Halsentzündung complicirt war, 
konnte eine ganz leichte Milzschwellung constatirt werden. Nach 
wenigen Tagen fiel bei allen diesen Kranken das Fieber ab, der 
weitere Verlauf war stets fieberlos. In dieser fieberhaften Anfangs¬ 
periode treten die typischen Localisationen der Krankheit an Haut 
und Muskeln auf. 

Den Hauptsitz der Krankheit, zuweilen den einzigen, stellen 
die Unterschenkel dar. In den Wadenmuskeln, etwas weniger in 
der vom Nervus peroneus versorgten Muskulatur, ferner in der 
Haut an der Vorderfläche der Tibia und zu beiden Seiten davon 
treten die unten zu schildernden Symptome meist zuerst und am 
deutlichsten in Erscheinung. In den meisten Fällen dehnt sich 
aber der Process weiter aus; dann sind die Unterarme, Oberschenkel, 

*) Strümpell, Zur Kenntniss der primären acuten Polymyositis. 
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. I. S. 479. 

*) Wätzold, Beitrag zur Lehre von der Polymyositis acuta. Zeit¬ 
schrift für klinische Medicin Bd. XXII. 

*) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Deutsche 
med. Wochenschrift 1893, No. 39. 

4 ) Rosenbach, Grundlagen der Therapie 1891, S. GO. 

5 ) Sahli, Deutsches Archiv für klin. Medicin 1893. Bd. 51. 


Hüften miterkrankt, seltener, soweit mein kleines Material Schlüsse 
gestattet, die Oberarme und Schultern. Den eigentlichen Rumpf, 
sowie den Kopf habe ich nie befallen gesehen; Athem- und Schling¬ 
muskeln, deren Mitbetheiligung den schweren Fällen oft eine so 
ungünstige Wendung giebt, sind stets frei geblieben. Die Er¬ 
krankung ist oft symmetrisch, doch nicht gleichmässig stark auf 4 ^ 
beiden Seiten ausgeprägt. 

Die befallenen Muskeln sind deutlich geschwollen, was man 
besonders gut bei einseitigem Sitze der Krankheit, wenn die Haut 
wenig ödematös ist, nachweisen kann. 33s finden sich dann Diffe¬ 
renzen des Dickendurchmessers am Unterschenkel um mehrere 
Centimeter. Die Schwellung geht in den typischen Fällen nicht 
über die Muskelbäuche hinaus. Dem palpirenden Finger zeigen 
sich die Muskeln von eigentümlich derber Consistenz. Die 
Muskulatur schmerzt auf Druck sehr lebhaft, ebenso bei passiver 
Spannung. Spontan äussern sich die Schmerzen bei schwerer 
Muskelarbeit und werden dabei von intelligenten Kranken als ähn¬ 
lich einem sehr unangenehmen Ermüdungsgefühl geschildert. Geringe 
Bewegung ist in den leichten Fällen schmerzlos, doch klagen die 
Patientinnen meist über Schmerzen, sobald sie zur Ruhe, besonders 
wenn sie Abends ins Bett kommen. Die rohe Kraft der Muskeln 
ist bei Ueberwindung der Schmerzen anscheinend nur durch die 
Muskelschwellung etwas gestört — eine Prüfung, die in schweren 
Fällen aber wegen der Schmerzen unmöglich ist; doch scheint die 
Ausdauer der Bewegungen herabgesetzt. In den schwersten Fällen 
der Art halten die Kranken wegen der Schmerzhaftigkeit die Glieder 
ängstlich in einer Mittelstellung flxirt. Die elektrische Unter¬ 
suchung, die wegen der Schmerzhaftigkeit meist nur mit recht 
schwachen Strömen ausgeführt werden konnte, ergab normale Ver¬ 
hältnisse; nur in einem Falle fand ich für beide Stromarten herab¬ 
gesetzte Erregbarkeit, sowohl vom Nerven als vom Muskel aus. 
Fibrilläre Zuckungen fehlten stets. 

Das zweite Cardinalsyinptom, die Hautaffection, tritt meist als 
ein livid röthliches Erythem zu Tage; selten hat die Röthung eine 
hellere Nuance. Das Erythem kann sich diffus in der Umgebung 
verlieren, ist aber oft mit scharfen zackigen Linien, last wie ein 
Erysipel, begronzt. Die Haut ist an den befallenen Stellen leicht 
ödematös und auf Druck sehr empfindlich; sensible Kranke 
empfinden schon die Bettdecke sehr lästig. Die Erytheme sind 
Abends manchmal bedeutend stärker ausgesprochen, als früh. Sie 
finden sich wesentlich in Körperregionen, wo die Muskeln erkrankt 
sind, finden sich aber nicht über allen befallenen Muskelgruppen, 
überschreiten andererseits deren Gebiet, bedecken z. B. am Unter¬ 
schenkel gern die Tibiafläche. Sind neben den Unterschenkeln auch 
die Oberschenkel betroffen, so scheinen die Erytheme am Ober¬ 
und Unterschenkel stets getrennt zu sein: die Gelenke bieten in 
den reinen Fällen keinen Angriffspunkt für das Virus. Um die 
grossen gerötheten Hauptstellen können sich kleinere erkrankte 
Stellen von ähnlichem Charakter gruppiren. Diese Form bildet 
den Uebergang zu einem Falle, wo neben einem grossen Erythem 
eine grosse Zahl Roseolaflecken an beiden Beinen vertheilt waren. 
Andere Ausschläge, Urticaria, follikuläre Blutungen, habe ich nicht 
beobachtet. 

Die Hauttemperatur an den erythematösen Stellen ist stark 
erhöht, bei einseitiger Affection maass ich ein Plus von über 3° C 
auf der erkrankten Seite. Verstärkung der . Schweisssecretion, 
die in den schwersten Fällen oft sehr deutlich, ist, finde ich nicht 
verzeichnet. Die Hautsensibilität ist vollständig intact. 

Der Process ist nicht immer auf Muskel und Haut beschränkt. 
Sicher können die Sehnen, resp. Sehnenscheiden miterkranken. .Be¬ 
sonders die Sehnen in der Gegend des Fussgelenks, in einem meiner 
Fälle die Sehnen der M. peronei, in einem anderen die des M. 
tibialis posticus (letztere mit isolirtem Erythem über der erkrankten 
Stelle), sind nicht ganz selten schmerzhaft und fühlen sich ver¬ 
dickt an. Bei dieser Erkrankung der Sehnenscheiden werden haupt¬ 
sächlich die Bewegungen schmerzhaft, durch welche die betreffende 
Sehne gespannt wird. , . , 

Weniger leicht zu entscheiden, zumal ja die uns hier^ be¬ 
schäftigenden Fälle nicht zur Obduction gelangen, ist die Mit¬ 
erkrankung des Knochens, im speciellen der Knochenhaut. Die 
Erytheme wandern, wie schon oben erwähnt, nicht selten über die 
Tibiafläche. Es giebt in diesen Fällen keinen Anhalt dafür, ob die 
auf Druck oder spontan an diesen Stellen empfundenen Schmerzen 
den Nerven der Haut oder des Periosts ihren Ursprung verdanken. 
Circumscriptere periostitische Entzündungen habe ich nie gesehen, 
auch nie eine Druckempfindlichkeit der Tibiafläche ohne Betheili- 


rung der Haut. ^ „ 

Ferner wäre hier die Betheiligung der Gelenke zu besprechen. 
)iese fehlt in den ganz typischen Fällen. Zuweilen treten aber 
loch leichte Gelenkschwellungen, z. B. am Talocruralgelenk, auf 
Mese Fälle bilden dann Uebergangsforraen zu Erkrankungen bei 
lenen es nicht mehr möglich ist zu entscheiden, ob man sie als 


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792 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41 


zu der hier geschilderten Gruppe gehörig rechnen, oder ob man sie 
lieber als leichte Fälle von Gelenkrheumatismus aulfassen will, bei 
denen die auch sonst bei letzterer Erkrankung recht häufige Be- 
theiligung von Muskeln und Haut einmal recht besonders ausgeprägt 
ist. Dieser Zusammenhang der Dermatomyositis acuta benigna mit 
«•dem Rheumatismus articulorum acutus ist schon im ätiologischen 
Theile dieser Arbeit gewürdigt worden; beide Krankheiten sind mög¬ 
licher weise verschiedene Lokalisationen desselben Virus. 

Die regionären Lymphdrüsen, von denen bei der vorwiegenden 
Lokalisation an den Bebfen hier besonders die Inguinaldrüsen in 
Frage kommen, fand ich zweimal leicht geschwellt; doch sind solche 
Schwellungen zu häufig, als dass ein sicherer Zusammenhang an¬ 
zunehmen wäre. 

Die Nervenstämme sind stets schmerzfrei; es treten auch 
keinerlei Symptome, die auf nervöse Störungen der Motilität oder 
Sensibilität hinwiesen, in Erscheinung. Die Sehnenreflexe waren, 
soweit die Schmerzhaftigkeit ihre Beobachtung zuliess, normal. 

Von Complicationen innerer Organe kann wenig die Rede sein. 
Insbesondere blieb der beim Gelenkrheumatismus so häufig er¬ 
krankende Gefässapparat frei. Einmal begann die Erkrankung mit 
einer Angina, die vielleicht die Eintrittspforte für das Virus dar¬ 
bot; derselbe Fall zeigte eine geringe Milzschwellung. Ein anderes 
Mal finde ich leichte transitorische febrile Albuminurie notirt. Zu 
erwähnen wäre vielleicht noch ein ziemlich anhaltendes, in mehreren 
meiner Fälle vorhandenes Seitenstechen in der Gegend der linken 
unteren Rippen; den Grund desselben kann ich nicht angeben. 

Was den Verlauf des Leidens betrifft, so ist nach einigen 
Tagen, spätestens nach etwa zwei Wochen, das Allgemeinbefinden 
wieder ein gutes. Die lokalen Processe können einen ebenso 
schnellen Verlauf nehmen und sind nach zwei bis drei Wochen 
total verschwunden. Meist ist dies aber nicht der Fall. Vielmehr 
nimmt die Abheilung der Haut- und Muskelerkrankung gewöhn¬ 
lich einen recht schleppenden Gang, Verschlimmerungen und 
Besserungen wechseln wochenlang mit einander (so dass man zu¬ 
weilen eher von einer subacuten, als von einer acuten Krankheit 
sprechen müsste). Dabei können nicht selten bei Abheilung des 
Processes in einem Körpertheile andere befallen werden. In einem 
meiner Fälle traten zuletzt die Muskelerkrankungen hinter der Haut¬ 
erkrankung vollständig zurück, letztere blieb recht lange bestehen; 
öfter noch verschwindet der Hautausschlag, während die Muskeln 
befallen bleiben. Kommen letztere Fälle spät zur Beobachtung, so 
dürften sie kaum vom Muskelrheumatismus zu unterscheiden sein. 
Schliesslich kam es aber doch in allen meinen Fällen zur Aus¬ 
heilung. In einem sah ich nach einem halben Jahre ein Recidiv 
eintreten, das mit erneutem Fieber einsetzte. 

Ueber die anatomischen Grundlagen der Erkrankung lässt 
sich nichts Bestimmtes sagen, da die Fälle nicht zur Section 
kommen. 


Die Therapie ist lokal, in der ersten Zeit auf Hochlagerune 
und Watteeinpackungen beschränkt. Feuchte Einpackungen wurden 
meist schlecht vertragen. Nach Ablauf der heftigsten Erschei¬ 
nungen sind Einreibungen von entschiedenem, zum mindesten sub- 
jectivem Nutzen. Innerlich erzielt man mit salicylsaurem Natron 
m den beim Gelenkrheumatismus üblichen Dosen zuweilen gar 
kernen, meist einen deutlichen, aber vorübergehenden Erfolg 1 ). Von 
Antipyrin habe ich keine Wirkung gesehen. Am besten bewährte 
sich mir die Behandlung mit öfteren lauwarmen Bädern. 

Als Paradigmata der geschilderten Erkrankung möchte ich 
noch ganz kurz die Krankengeschichten von zwei Fällen anführen' 
leider sind es die beiden einzigen, bei denen der Versuch einer 
bacteriologischen Züchtung der etwaigen Erreger gemacht wurde 
wie ich vorausschicken will, mit negativem Erfolge 

Angin F a al VckneÄ^ Dermat0,ny09itiS aCUta ™ Anschlu " “ ™ 

Dienstmädchen, 19 Jahre alt, wurde am 18. Juni 1894 ins 
Vllerheihgenhospital aufgenommen. In der Anamnese gab Patientin unter 
anderem an, im Alter von 13 Jahren seien beide Beine* roth geschwoflen 
schmerzl ‘ aft gewesen; Heilung trat nach drei Wochen ein- 
näheres kann sie darüber nicht aussagon. Patientin will einen schweren 
Dienst haben; eine Erkältung soll nicht vorangegangen sein Am l5 Ma“ 
erkrankte sie plötzlich mit Uebelkeit, Fieber und Halssämfraen Am 
16. Mai bemerkte sie Schmerzen im linken Bein, am 17 Mai schwoll es 

HoÄTcht erhalten . 111 Medi “ «““• - * - ihrem Eintritt ins 

«che iSä ä hoch 1 «,“ä Shä :r iich - 

eatarrhalis geringen Grades. Halsdrüsen nur wenig geschwollen Lunten 

TO“J?ämi?ch e em : Ohrnkte? "*hT “V' 8 lautcs sfstolisches Gorilufch 
CÄÄ Mi. z nicht sehr 

aSäSsSSSSii® 


Am auffälligsten ist die Schwellung des linken Beines an allen Stellen 
wo Muskeln liegen, während die Gelenkgegenden und der Fuss nicht dicker 
sind, als rechts. Messungen ergeben eine Differenz von U/g cm zu 
Gunsten der linken Seite, sowohl am Ober- wie am Unterschenkel. Ausser¬ 
dem findet sich eine leichte circumscripte Schwellung hinter dem linken 
Malleolus internus im Verlaufe der Sehne des Musculus tibialis posticus 
Die Kranke hält das Bein ängstlich in leicht gebeugter Ruhelage. Sämmtr 
liehe Muskeln des Oberschenkels (handbreit unter dem Poupart’schen 
Bande beginnend) und der Wade sind auf Druck und bei activen und 
passiven Bewegungen stark schmerzhaft, ebenso die Sehne des Musculus 
tibialis posticus, während kleinste Bewegungen in den Gelenken schmerz¬ 
frei sind. Die Muskeln fühlen sich hart und geschwollen an. 

Die Haut des linken Beines zeigt drei abgegrenzte livid geröthete 
Stellen: Eine von Handtellergrösse über der Patella an der Innenseite 
des Oberschenkels, mit scharfen Rändern begrenzt. Ein zweites Eiythem 
beginnt drei Finger unterhalb des Kniegelenks, ist circa 15 cm lang und 
beginnt 2 cm nach aussen von der Tibiakante, überschreitet dann die 
Tibia und geht erst tief hinten an der Wade mit einer wenig ausgeprägten 
Linie in die normale Haut über. Eine dritte kleine geröthete Stelle be¬ 
findet sich über der erkrankten Sehne des Musculus tibialis posticus. Die 
Haut an den befallenen Stellen ist leicht ödematös, auf Druck sehr 
schmerzhaft, um 2 , / 2 0 R wärmer, als rechts. Die übrige Haut ist ganz 
normal. Druck auf die Tibia dort, wo das Erythem nicht sitzt, verursacht 
keine Schmerzen. 

Am rechten Beine besteht nur geringe Druckempfindlichkeit der 
Wadenmuskulatur. 

Es wurden nun mit steriler Spritze Einsticho gemacht und sowohl 
von der aus den befallenen Muskeln aspirirten Feuchtigkeit als von dem 
aus einer kleinen Hautwunde (an erythematöser Stelle) gewonnenen Blute 
Culturen auf Bouillon und Agar angelegt. Die Culturen blieben steril. 

Vom Verlauf ist zu bemerken, dass das Fieber schon in der folgenden 
Nacht kritisch abfiel und dass im Verlauf von zehn Tagen der ganze 
Process ohne weitere Complicationen zur vollständigen Heilung führte. 

Fall 2. Gutartige Dermatomyositis acuta. Etwas prot-rahirtorer 
V erlauf. 

M. G., Lehrlingin des Hospitals, 20 Jahro alt, wurde am G. März 1894 
als Kranke auf Station genommen. Sie ist schon früher wegen „Seiten¬ 
stechen“ behandelt werden. Sie klagt seit mehreren Tagen über Schmerzen 
in beiden Beinen und sehr starkes Seitenstechen links. 

Status: Kleines, kräftig gebautes Mädchen. Temperatur 38,7. Innere 
Organe ohne Besonderheiten. Für das Seitenstechen ist kein Grund auf¬ 
findbar; insbesondere ist die Milz nicht vergrössert. 

Beide Unterschenkel zeigen auf der Vorderfläche eigonthiimliche 
Erytheme von hellrother Farbe. Rechts beginnt das Erythem in der Mitte 
des Unterschenkels, bedeckt die Vorder fläche der Tibia und den inneren 
Theil der Wade. Unton endet cs an der Fussbouge. Ein zweites Erythem 
von Thalergrösso findet sich am Fussc, auf der Sehne des Extensor 
hallucis. Links beginnt das Erythem handbreit unter der Patella und 
erstreckt sich nacli abwärts bis zwei Finger über der Fussbeuge, wo cs 
sich diffus verliert, während es sich nach den Seiten scharf absetzt. 

Die Haut ist an den befallenen Stellen leicht ödematös, sehr schmerz¬ 
haft auf Druck und fühlt sich heiss an. Besonders an den Stellen, wo 
das Erythem über der Tibia liegt, ist der Schmerz sehr stark, oberhalb 
des Erythems ist die Tibia schmerzfrei. 

Die Wadcnniuskelu sind deutlich geschwollen, die Wade fühlt sich 
(ohne Hautödein!) abnorm prall und fest an. Auf Druck sind die Muskeln 
ziemlich schmerzhaft. Der Muskelschmerz findet sich auch bei Anstren¬ 
gungen ein, dagegen wird mässige Bewegung nicht als schmerzhafter an¬ 
gegeben, wie die vollständige Ruhelage. Die Peronealsehnen sowie einige 
Sehnen des Fusses sind ebenfalls leicht druckempfindlich. 

Links sind die Gelenke ganz frei. Rechts findet sich auch etwas 
Schwellung am Talocruralgelenk, dasselbe ist schon bei kleinen Be¬ 
wegungen ein wenig schmerzhaft. 

vom Verlauf ist zu bemerken, dass das Fieber nach zwei Tagen 
aufhörte. Auf salicylsaures Natron (5 g pro die) stellte sich auch Besse¬ 
rung der lokalen Beschwerden ein. Als aber am fünften Tage das Salicyl 
wegen zu starker Nebenwirkungen ausgesetzt werden musste, traten die 
Schmerzen mit erneuter Heftigkeit auf, zu den schon etwas abgeblassten 
Erythemen trat ein neues am linken Fussrückeu. Ferner zeigte sich aut 
der Streckseite des rechten Unterarmes eine geringe, ohne scharfe Grenzen 
in die Nachbarschaft übergebende röthliche Verfärbung, die Extensoren 
der Hand wurden schmerzhaft; eigentliche Schwellung war nicht zu con- 
statiren. Antipyrin (3 g pro die) blieb ohne Erfolg. So zog sich der 
Process unter Wechseln der Krankheitserscheinungen circa drei Wochen 
hin. Lauwarme Bäder schienen ani besten die Beschwerden zu lindem. 
Am 28. März wurde Patientin auf ihren Wunsch wieder in Dienst ge¬ 
stellt. Die objectiven Symptome w r aron verschwunden, es bestanden noch 
unbedeutende Wadenschmerzen und etwas Seitenstechen. 

Auch in diesem Falle wurden, ganz ähnlich wie im vorigen, Culturen 
aus dom Inhalt einer in die Wadenmuskulatur an der Stelle eines Erythems 
eingestochenen Spritze gemacht; sie blieben ebenfalls steril. 

Bemerken möchte ich zu diesem Culturverfahren noch, dass 
ich, ebenso wie Fraenkel (1. c.), den negativen Befund von Erregern 
nicht als genügenden Grund anselie, ihre Abwesenheit anzunehmen. 
Erstens können die erregenden Bacterien — Gregarmen, wie sie 
L. Pfeiffer 1 ) vermuthete, haben sich bei den nahestehenden Processen 

nie gefunden — an einer anderen Stelle des Körpers, z. B. im 
Halse sitzen und durch ihre Toxine wirken; zweitens ist die Menge 
der durch Punction gewonnenen Flüssigkeit so minimal, dass der 

*) Zeitschrift für Hygiene Bd. IV. 


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11. Octobcr. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


793 


Nachweis darin durch Zufall misslingen kann. Sind doch auch 
boim Gelenkrheumatismus, bei dem an der ursächlichen Betheiligung 
von Spaltpilzen die meisten Autoren nicht mehr zweifeln, die 
Punctionsresultate in bacteriologischer Hinsicht zum überwiegend 
grössten Theil negativ ausgefallen. 

Endlich möchte ich noch über den in der Einleitung erwähnten 
tödtlichen Fall von Dermatomyositis einige kurze Notizen mit¬ 
theilen. 

Fall 3. Maligne Dermatomyositis mit rapidem Verlaufe. Die Ar¬ 
beiterfrau J. K., 55 Jahre alt, soll schon einige Wochen vor ihrer 
Aufnahme ins Hospital gehustet und ein nach ihrer Angabe mftssig 
reichliches, weissliches Sputum entleert haben. Sie erkrankte, ohne jede 
ersichtliche Ursache, plötzlich in der Nacht vom 26. zum 27. Mai 1893 
mit Schmerzen „in allen Gliedern“ und Fieber. Da der Zustand sich 
immer mehr verschlimmerte, wurde Patientin am 31. Mai ins Hospital 
gebracht. 

Aus dem Status sei hervorgehoben: Patientin sieht sehr verfallen, 
etwas cyanotisch aus. Temperatur 40,1. Puls klein und schnell; öOAthem- 
züge in der Minute. Massige Somnolenz. Der rechte Arm ist in der 
Umgebung des Ellenbogengelenks stark geschwollen, indem sowohl die 
Muskehi oberhalb, als die unterhalb verdickt sind; auch das Gelenk selbst 
scheint mit afficirt. Die Haut über dieser Gegend ist heiss und geröthet, 
die Röthung schneidet mit scharfem Rande ab. Aehnliche Stellen finden 
sich an der Beugeseite des linken Unterarms in fast 3 /* der Länge des¬ 
selben und an der Innenseite des rechten Fusses, der Muskulatur der 
grossen Zehe entsprechend. Beim Berühren sind diese Stollen enorm 
schmerzhaft, ebenso, nur etwas weniger, fast die ganze Körpermuskulatur. 
Die Kranke kann daher nur mit den allergrössten Schmerzen selbst geringe 
Bewegungen ausführen. 

Die inneren Organe bieten nichts Besonderes. Die Milz ist nicht 
vergrössert. Die bacteriologische Untersuchung wurde intra vitam leider 
versäumt. 

Am nächsten Tage trat Coma ein, die Temperatur hielt sich zwischen 
39,5 und 40 0 C, und gegen Abend erfolgte der Exitus. Der ganze Process 
spielte sich also in sechs Tagen ab. 

Bei der Section fanden sich einige kleine Milziufarcte; ferner 
Bronchitis und Lungenödem; sonst waren die inneren Organe normal. 
Schnitte durch die entzündeten Bezirke, besonders den rechten Biceps 
brachii, die Flexoren der Hand links und die Muskeln an der Planta des 
rechten Fusses zeigen, dass die Muskulatur eigenthiimlich verfärbt, grau 
mit einem Stich ins Blaue, erheblich geschwollen und ganz weich ist. 
Stellenweise sind die Muskeln schon in Suppuration fibergegangen, cs 
quillt missfarbiger Eiter aus der Schnittfläche hervor. Dagegen ist das 
subcutane Bindegewebe, sowie das die einzelnen Muskeln trennende Binde¬ 
gewebe eiterfrei. — Sonst fand sich in der Leiche nichts Septisches, bis 
auf einige Blutungen an der Zungenbasis. — Die Culturvcrsuche aus dem 
Eiter der Leiche (circa 12 Stunden post mortem) ergeben typische 
Colonieen einer Bacterium-coli-Art. (Dr. Stolper.) 

Ich glaube, dass man Uebergangsformen zwischen den malignen 
Erkrankungen, von denen der letztgeschilderte Fall ein Beispiel 
giebt, und den von mir oben beschriebenen gutartigen Formen der 
Dermatomyositis acuta ebenso finden wird, wie zwischen dem Ge¬ 
lenkrheumatismus und der pyämischen Infection. Ich erinnere 
z. B. an manche Formen der Gelenkentzündung im Wochenbette, 
wo zuweilen der Arzt schwer entscheiden kann, ob er einen 
genuinen Rheumatismus articulorum acutus, oder eine nicht letale 
Infection mit Eitererregern intra partum vor sich hat. 

Nicht minder werden sich Uebergänge finden zwischen der 
gutartigen Dermatomyositis und dem gewöhnlichen Muskel¬ 
rheumatismus, der typisch ohne Schwellung der Muskeln, ohne Be¬ 
theiligung der Haut verläuft. Auf die Beziehungen unserer Er¬ 
krankung zum genuinen Gelenkrheumatismus habe ich ebenfalls 
mehrfach hingedeutet. So sehr es unser Bestreben sein muss, 
verschiedene Gruppen abzuscheiden und gesondert zu betrachten, 
darf man den Zusammenhang aller dieser „rheumatischen“ Affectionen 
nicht aus den Augen verlieren. 

V. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Geh. 
Medicinalrath Professor Dr. Riegel in Giessen. 
Stoffwechselversuclie mit Somatose, einem 
Albumosenpräparat. 1 ) 

Von Dr. Franz Kuhn und Dr. Karl Volker. 

Auf dem Congress für innere Medicin 1893 zu Wiesbaden 
sprach Hildebrandt 2 ) (Elberfeld) über ein neues Albumosenpräparat, 
mit dem er einige Versuche angestellt hatte. 

Das Präparat wird von den Farbenfabriken vorm. Friedrich 
Bayer & Co. in Elberfeld aus Fleisch hergestellt und hat nach 
den Analysen der Fabrik folgende Zusammensetzung: Der Wasser¬ 
gehalt beträgt 9,2 o/ 0 ; j n dem bei 1050 getrockneten Pulver sind 

*) Nach einem in der med. Gesellschaft zu Giessen gehaltenen Vor¬ 
trage. 

3 ) H. Hildebrandt, Ueber die Ernährung mit einem geschmack- 
und geruchlosen Albumosenpräparat. Verhandl. des XII. Congresses für 
Innere Medicin 1893. 


enthalten: 14,14 o/ 0 N, 7,46 o/ 0 Salze, 0,24o/ 0 Pepton. Rechnet 
man das N auf Eiweiss um, indem man den Multiplicator 6,25 ein¬ 
setzt, so enthält das Präparat 88,37 % Eiweisskörper; nimmt man 
jedoch den Multiplicator für Pepton (welches den Albumosen näher 
steht), nämlich 6,4, so sind die 14,14 N mit 90,49 o/ 0 Albumosen 
gleichwerthig. 

Danach ist die Zusammensetzung der Somatose folgende: 
Albumosen 88,37 o/ 0 oder 90,49 o/ 0 , Salze 7,46 o/ 0 , Peptone 0,24 o/ w . 
Die Somatose bezeichnet die Fabrik als ein in seiner Zusammen¬ 
setzung ziemlich gleichbleibendes Präparat. Es enthält, nach ihrer 
Angabe, an Albumosen nur die Deuteroalbumose und die Hetero- 
albumose, während Protero- und Dysalbumose in demselben fehlen. 
Die erstgenannten Albumosen sind in dem Präparate zu etwa 
gleichen Theilen enthalten. Auf 100 Theile salz- und wasserfreie 
Albumosen berechnen sich Deuteroalbumose 48,2, Heteroalbumose 
51,8 Theile. Die Somatose enthält kein Extractiv-N. 

Was die physikalischen Eigenschaften des Präparates anbelaugt, 
so ist es ein hell gelbliches, feines Pulver, welches sich in Wasser 
sehr leicht löst. 

Ein Hauptvorzug desselben, wodurch es sich namentlich von 
allen seither gebräuchlichen, eiweissreichen Nährmitteln und Ersatz¬ 
mitteln des Fleisches unterscheidet, ist seine Geruch- und Geschmack¬ 
losigkeit. 

Diese günstigen Eigenschaften des Präparates im Zusammen¬ 
halte mit den empfehlenden Angaben des ersten Beobachters gaben 
Herrn Geheimrath Prof. Riegel Veranlassung, uns mit den Unter¬ 
suchungen über die klinische Verwendbarkeit des Präparates zu 
betrauen. 

Bevor^wir an die Schilderung der Ergebnisse unserer eigenen 
Versuche gehen, wollen wir in Kürze die bis jetzt über die Somatose 
publieirten Arbeiten berühren. 

Ich übergehe dabei diejenigen Versuche, welche für die vorliegende 
Frage nur theilweise Interesse haben, indem sie die physiologische Bedeutung 
der Albumosen überhaupt zum Gegenstände haben" Es sind solche von 
Pollitzer und Gerlack mitgetheilt. Ferner haben nur nebensächliches 
-Interesse die Arbeiten über die im Handel befindlichen Peptonpräparate 
von Zuntz, Munk, Pfeiffer, v. Noorden, Deiters. 

Hildebrandt 1 ) kam in seinen ersten Versuchen, welche er an 
Hunden mit Verabreichung von Somatose per os und subcutan anstellte, 
zu dom Resultate, dass bei diesen die Somatose die äquivalente Menge 
Fleisch nicht ganz zu vertreten vermöge; der Stoffansatz ist bei Fütte¬ 
rung von Somatose etwas geringer als bei Ernährung mit Fleisch, doch 
ist durch Somatose N-Ansatz erzielbar. Subcutan wird sie gut und reiz¬ 
los vertragen. 

In der zweiten Arbeit, 2 ) die Hildebrandt über diesen Gegen¬ 
stand veröffentlichte, ergänzt er die erste, indem er namentlich einen Stoff¬ 
wechselversuch am gesunden Menschen anführt. Er findet auch für den 
Menschen dieselben Resultate, wie oben für das Thier: die Menge des 
Urins nämlich und die N-Ausscheidung in demselben nehmen unter Ge¬ 
brauch von Somatose ab, die N-Ausscheidung im Kothe zu. N-Ansatz 
ist erzielbar, doch etwas geringer als unter Ernährung mit Fleisch. Aus 
weiteren Beobachtungen glaubt er sich zu dem Schlüsse berechtigt, dass 
die Albumosen, wie sie in der Somatose geboten sind, für den Organis¬ 
mus einen höheren Nährworth repräsentiren, als andere durch Prankreas- 
oder Fäulnisseinflüsse im Darm veränderte Eiweisskörper, vielleicht weil 
die Somatose imverändert vom Darm aus resorbirt wird. Was den Magen 
allein betrifft, so wird nach Hildebrandt in demselben ein Theü der ein? 
gebrachten Somatose resorbirt. Subcutan erscheint das Präparat zweck¬ 
dienlich und wird gut vertragen. 

Wir fügen zu diesen Arbeiten das Bemerken, dass wir in 
denselben die Bedeutung des Körpergewichtes für Stoffwechsel¬ 
versuche zu sehr betont finden und dass uns andererseits die ein¬ 
zelnen Versuchsperioden für Somatose zu kurz erscheinen. Gleich¬ 
zeitig betonen wir, dass wir über die von Hi 1 de b ran dt be¬ 
hauptete, von Neumeister 8 ) bestrittene direkte Assimilation der 
Somatose bei subcutaner Einverleibung keine Versuche angestellt 
haben, daher diesen Punkt in vorliegender Arbeit nicht berühren. 

Nach diesen einleitenden Bemerkungen geben wir im Folgenden 
die Resultate unserer eigenen Versuche wieder. Es wurden zur 
Lösung der an das Präparat gestellten Fragen sieben grössere 
Versuchsreihen, unter wechselnder Versuchsanordnung, bis zu 
zwanzigtägiger Dauer, ausgeführt. Der Kürze halber Werden in 
diesem Referate 4 ) nicht alle ausführlich geschildert werden. 

Bezüglich der Technik und Versuchsanordnung ist zu be¬ 
merken, dass in der Arbeit allen Anforderungen der modernen 
Stoffwechsellehre gebührend Rechnung getragen wurde: jede Sub¬ 
stanz wurde vor der Einnahme in doppelten Proben analysirt, die 
Excremente sorgsam gesammelt und analysirt und dergleichen. 

’) Siehe oben. 

*) H. Hildebrandt, Zur Frage nach dem Nährwerth der Albnmoson. 
Zeitschrift für physiologische Chemie Band XVIII, Heft 2, 1893. 

*) Neumeister, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 36. — Neu¬ 
meister, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 46. 

4 ) Die Originalarbeit ist in den „Verhandlungen der Giessener medi¬ 
cinischen Gesellschaft Jahrgang 1892/1893“ niedergelegt. 


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794 


DEUTSCHE MEDICINJSCHE WOCHENSCHRIFT. 


. Die Fragen, welche durch die einzelnen Versuchsreihen ent¬ 
schieden werden sollten, waren die folgenden: 

1. Welche Stellung nimmt physiologisch, beim gesunden 
Menschen, die Somatose als Nährmittel gegenüber anderen N-reichen 
Nahrungsmitteln, namentlich Fleisch und Peptonpräparaten, ein: ist 
durch sie N-Ansatz erzielbar? 

Die Versuche sind unter wechselnder Anordnung angestellt: 

a) Bei einer Beikost, deren N-Gehalt unter dem Schwellen¬ 
werth des N-Bedürfnisses des Menschen steht. 

b) Bei einer ei weissreichen Beikost. 

2. Unter welchen Bedingungen wird die Resorption und Aus¬ 
nutzung des Präparates, welche zunächst geringer ist als die des 
Fleisches, wesentlich aufgebessert? 

8 . Inwiefern ist die Somatose als Ernährungsmittel bei Kranken 
verwendbar? 

4. Wie verhält sich die Somatose speciell im Magen, in moto¬ 
rischer Hinsicht und besonders bezüglich der Secretion des 
Magens ? 

5. Wie weit ist Somatose in Klysmen verwendbar? 

Im folgenden die einzelnen Versuche: Die wichtigste Frage 
musste, bezugnehmend auf die Arbeit von Deiters^), zunächst sein: 
Wie weit sind die Albumosen in Form und Mischung der vor¬ 
liegenden Somatose neben einer Beikost, die durchaus nicht genügt 
einen Körper auf seinem N-Bestande zu erhalten, imstande den 
menschlichen Körper vor N-Verlust zu schützen oder selbst dessen 
N-Bestand zu vermehren. 

Zur Lösung dieser Frage wurde zunächst mit allen Vorsichts¬ 
maassregeln ein zwölftägiger Versuch ausgeführt an einem Manne 
mit ganz gesundem Magendarmcanal. 

Patient ist 36 Jahre alt, mittelkräftig gebaut, wegen einer Hystero- 
cpilepsie die zur Zeit des Versuches bereits geheilt ist, in der Klinik. 
innn V D hren Ll 6S n 0rSu l es n * mmt er gleichmässig jeden Tag: Brot 

Wpin anno £ aca ,? ? 0,0, ? u ? pe 600 A Butter 50 A ZuckS 100,0, 

Wem 300,0, etwas Kochsalz und eine Flasche eines alkalischen Wassers. 

«nnh« orn Ser ^ , werde "; dl ® ersten und letzten vier Tage des Ver¬ 
suches -50 g Fleisch gegeben; an den dazwischen gelegenen vier Tagen 
wird dasselbe durch 60 g Somatose ersetzt. & ö g 

bi«* nalwo« m iS ° lirt - ?T? mt ^etthige ein; der Urin, von morgens 7 Uhr 
M ° rge o i T P h !’ TA d in versc hlossenen Gofössen gesammelt. 
Erste Nahrung um 8 Uhr täglich, letzte abends 6 Uhr. Stuhl um 5 Uhr 

VS" Uhf und h abe^d«, iei !' Kill ^wogen, ganz nackt, früh 

dÄhTe d a“eJ't 56 ^ ^ K °"' dl!r Perioden wird 

, beantworten waren zahlenmässig die Fragen: 1) Verliert 

p' w 5v,t, P61 f U a nte , r . Ern * hrurl g mit Somatose Stickstoff von seinem 
Gewehsbestand dadurch dass die N-Ausfuhr in Koth und Urin 

7 eit Hofe: S,S t dl6 , Elnfuh , r yon N in der Nahrung? 2) Ist in der 
f«*. d ® r Somatosedarremhung die N-Ausfuhr des Körpers grösser 
als in der folgenden und vorausgehenden Fleischperiode? 

mino- in iw t ri” t - aU i f l! 6 ?.® Fragen gmbt die tabellarische Berech- 
nung in der Originalarbeit. 

Während laut dieser Tabelle (Bilanz A) in der ersten Fleisch- 

P®" ode vv i 3 ” 1 . erSte " Tage der Son >atoseperiode ein gleichblei- 
■ n d ® r N-Verlust stattfindet, kommt es in der Somatoseperiode zu 
einem bemerkenswerthen N-Ansatz an zwei Tagen ^ vierten 

Periode tritt eb^nMir^M 6 ^' 1" . der foI S end ® n rietachcontroll. 
der^eriode^mf^SomatoTo^"^ 11 ^ 312 ei ”’ * niCht S ° gr0SS wic in 

Nach dieser Berechnung ist also Somatose zum N-Ansätze 
seVho^! 618 ^! Sjeiohwerthig, vielleicht um etwas überlegen Das¬ 
selbe besagt die beigegebene TabeUe des Körpergewichts! 

nfirina™ 6 ” w J edo . ch an die Zahlen aus den einzelnen Versuchs- 
f ®* n ® ?? harfe Kritik, so kann man vieUeicht über die Ab- 

m"L de if E ° t J les ’ * rotz gewissenhafter Verwendung von Kohle 
und mikroskopischer Controlle der Ausscheidungen und genauer 

einige Änkr der TT Entle erung in dem vorliegenden Versuch 
ratifl i f Um uns selbst über diesen Einwurf zu be- 


) O. Duiturs, lieber dir Enüihrumr 


zur Lehrt* vom .Sloihvrrhsel 


von v. X(tun] 


mit Albumosepepton. Beitrim 


*ii. 1802 


- --_—r _ __ No. 41 

am neunten Tage (wozu allerdings kein zwingender Grund vor 
liegt) noch der Ausscheidung in der Somatosezeit zu, so erhalten 
wir die Zahlen in der Bilanz B. 

T * dieser findet in der Somatoseperiode im Mittel auch ein 
N-Verlust statt, allerdings beträchtlich weniger als unter der 
Fleischkost der ersten Periode In der zweiten Fleischperiode setzt 
der Körper im Mittel N an. Nach dieser Bilanz wäre der Nähr 
werth der Somatose etwas geringer als nach der vorhergehenden 
Zusammenstellung, aber immer noch dem Fleische annähernd gleich 
auch selbst nachdem wir alle Möglichkeiten zu Ungunsten de«?’ 
Präparates gedeutet haben. 

Ein zweiter Versuch, zu demselben Zweck wie der vorige 
unter ähnlichen Bedingungen angestollt, ergab ebenfalls ein Rc- 
sultat zu Gunsten des Präparates. Versuchsperson ist ein 16jäli- 
nger, mässig kräftiger Bauernjunge, der nur zeitweise an Obsti- 
pation leidet. Sehr eiweissarme Beikost. 

Patient setzt laut der erhaltenen Tabelle, die in der Original- 
arbeit nachzusehen ist, obwohl er in der Beikost eine Nahrung 
erhält, deren N-Gehalt an der unteren Grenze des Eiweissbedürf¬ 
nisses des Menschen steht, unter der Ernährung mit Somatose N 
an, allerdings nicht so viel wie unter Ernährung mit einer äquiva¬ 
lenten Menge Fleisch. 

Nach Beantwortung der ersten und Hauptfrage und befriedi- 
gendem Ausfall derselben bot die Frage nach den Ausnützungs¬ 
verhältnissen der Somatose und deren eventuellen günstigen Beein¬ 
flussung durch bestimmte Versuchsbedingungen einiges Interesse, 

Zunächst sollte entschieden werden, wie sich die Ausnützung 
der Somatose und ihr Nährwerth beim Gesunden verhalte im Ver¬ 
gleich zu einer gleichwerthigen Menge Fleisch bei einer ziemlich 
N-reichen Beikost. 

. Lösung giebt folgender Versuch: Der oben genannte 
lbjährige Bauernjunge bekommt in einer Versuchsreihe täglich: 
Milch 800, 5 Weissbrötchen, 3 Eier, Bouillon 300,0, Gries 50 (oder 
dafür Kartoffelbrei), Fleischextract 10 , Butter 20 , Wein 200 , 
Fleisch 300; das Fleisch und das Fleischextract werden in der 
zweiten Periode des Versuches weggelassen und durch 84 g Soma¬ 
tose ersetzt. 

Die Schlüsse, welche die an anderer Stelle einzusehende Ta¬ 
belle gestattet, sind: Bei reicherer Zufuhr von N-haltigen Sub¬ 
stanzen in der Beikost steht der Nährwerth der Somatose etwas 
hinter Fleisch zurück; während nämlich unter Fleischkost im Mittel 
L7 2,6 N-Ansatz erfolgt, findet unter Somatose ein N-Defielt statt. 
Hieran scheinen nicht die geringste Schuld die klinisch beobach¬ 
teten Durchfälle zu tragen, welche nicht nur eine geringere Aus¬ 
nützung der Somatose selbst, sondern auch der anderen N-haltigen 
Substanzen der Beikost bewirken. Zu bemerken bleibt, dass die 
Menge der Somatose in diesem Versuche eine relativ grosse war. 

Aber selbst unter diesen Verhältnissen lässt sich die Aus¬ 
nutzung der Somatose wesentlich steigern dadurch, dass man den 
N-Gehalt der Beikost herabsetzt. Dies ergiebt sich aus der Fort¬ 
setzung des Versuches. Nachdem Patient in der Beikost nicht 
mehr als 6,3 N in Form von Eiweiss erhält, dabei aber dieselbe 
Menge Somatose, scheidet er nur mehr 4,9 g N pro Tag im Koth 
aus, gegen 9,73 N pro Tag in dem früheren Versuch, was, ver¬ 
glichen mit den jeweiligen ControlIfleischperioden, eine Mehraus- 
scheidung für den ersten Fall von 4 9—1,46 = 3,44 N, für den 
zweiten Fall von 9,73—1,93 = 7,8 N pro Tag im Stuhl bedeutet. 
Die Resorption und Ausnutzung gleicher Mengen Somatose ist 
demnach, bei einer Verminderung des N der Beikost wie im vor¬ 
liegenden Beispiel, gut um das doppelte besser als bei eiweiss¬ 
reicher Beikost. 

Wie die Quantität der Beikost, scheint auch die Qualität der¬ 
selben für die bessere Ausnützung im Darm von maassgebender 
Bedeutung. 

Wie aus der Fortsetzung des Versuches an dem Jungen unter 
etwas veränderten Bedingungen hervorgeht, scheint die Gegenwart 
gut verdaulicher Eiweisskörper, wie sie z. B. das Fleisch bietet, 
die diarrhöische Wirkung der Somatose etwas zu compensiren und 
die Resorption der N-Träger zu fördern, ein Umstand, der bezüg¬ 
lich der Verwendung der Somatose in der Krankendiät dem Prä¬ 
parate sehr günstig ist. 

Um diese Verhältnisse mit genauen Zahlen zu belegen, wurde 
hierzu ein eigener Versuch angestellt, in welchem gleiche Mengen 
von Fleisch und Somatose (je 4,24 N entsprechend) gegeben wurden, 
welche in der Controllprobc durch die der Summe entsprechende 
Menge Fleisch (8,48 N) vertreten waren. 

Das Resultat, das sich aus den Tabellen und den klinischen 
Beobachtungen ergiebt, ist das folgende: 

1. Somatose wird in dieser Weise, ohne Durchfall zu machen, 
gut vertragen. 

2. Die Resorption des Somatose-N und seine Ausscheidung im 
1 rin ist nahezu gleich dem N des Fleisches. 


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11. Üctübor. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


795 


3. Die Ausnützung des Präparates im Darm ist in dieser 
form wesentlich besser; im Koth wird, unter Gebrauch von 4 24 
i m xTu 1 VOn Somatose rieht die Hälfte, sondern nur ein Achtel 
der N-Menge ausgeschieden, die bei Genuss der doppelten Menge 
also von Somatose = 8,48 N, im Darme uubonützt geblieben. 

4. Endlich ist der Stoflfansatz durch Somatose mindestens 
nicht schlechter als durch Fleisch, wie auch die beiliegende Ge¬ 
wichtstabelle besagt. 

Du rcli^^ diese Thatsaehen ist eine beinerkenswerthe Eiweiss 
sparende Wirkung der Somatose im Körperhaushalt bewiesen 

Soweit der physiologische Theil der Arbeit. Die folgenden 
Versuche sollten feststellen, wie weit die Somatose am Kranken¬ 
bett als diätetisches und Nährmittel verwendbar sei. 

Hierzu wurden zunächst an der Hand eines grossen Stoff¬ 
wechselversuches von 20 Tagen an einem Patienten mit einem 
Magencareinom, deutlich fühlbarem Tumor und weit vorge¬ 
schrittener Kachexie, die Ausnützungs- und .Resorptionsverhältnisse 
der Somatose, die N-Bilanz und das subjective Befinden studirt 

Patient bekommt in der ersten Periode des Versuches (vier Tage) 
neben emer meht eiweissarmen Kost, bestehend aus Milch 800, Brot 20 
, 3 K Eier Bouillon 800, Gries 50, Butter 20, Wein 200, noch an 
Fleisch 150 imd Fleischextract 10. In der zweiten Periode wird Fleisch und 
Extract durch 47 g Somatose ersetzt; in der dritten, ebenfalls viertägigen 
Fenode werden wieder die Bedingungen der ersten Periode hergestellt. 

Was die N-Bilanz betrifft, so ist zu bemerken, dass Patient während 
des ganzen Versuches nicht zu Stickstoffgleichgewicht kam, sondern stets 
mit N-Ueficit arbeitete, eine Erscheinung, die man bei Carcinomkranken 
ja häufig findet. Aus den Zahlen der im Original angeführten Tabelle 
geht hervor, dass durch Somatose, verglichen mit der Controllperiode, 
eine Verringerung des N-Defieits um 1,0 N pro Tag zu erzielen ist, ein 
für die Ernährungsverhältnisse eines Carcinomkranken nicht unerheblicher 
Werth. Die Resorption im Darm ist, nach Abzug der grösseren Zufuhr 
von N-haJtigern Nährmaterial vom Magen her, unter Somatosegebrauch 
nicht viel schlechter als in der Controllperiode. 

In , der L folgenden beiden Perioden (vierte und fünfte) wurde die N- 
Menge der Beikost verringert; dabei ereignete es sich, dass in der vierten 
Periode dieselbe Menge Somatose wie in den vorhergehenden Versuchs¬ 
reihen wesentlich besser ausgenutzt wird, die Bilanz sich bessert, so dass 
vorübergehend den Zahlen nach selbst N-Ansatz erfolgt. 

Als dann jedoch in der fünften Periode bei sehr geringem N-Gehalt 
der Beikost die Menge der Somatose gesteigert wurde, daneben auch der 
Gehalt an Kohlehydraten in der Beikost zur Deckung des Calorieen- 
bedürfnisses etwas vennehrt ward, förderte dies wohl das subjective 
Wohlbefinden des Patienten, nicht aber die Ausnützung der Somatose, 
noch die Gesammt-N-Bilanz des Körpers im gleichen Sinne. Doch ist die 
Besserung des Befindens durch die Ernährung mit Somatose, die selbst unter 
diesen erschwerenden Bedingungen erfolgte, keinesfalls ausser Acht zu lassen. 

Abgesehen von diesem Falle, wo Besserung des Allgemeinbefindens, 
grösseres Kraftgefühl und Zunahme des Gewichtes eintritt, sei in dieser 
Beziehung auf die Angaben eines anderen Patienten hingewiesen, 
eines Phthisikers mit vorgeschrittener Darmphthise, der unter So¬ 
matose seine intensiven Schmerzen im Abdomen geringer und erträglich 
werden sah. 


Wichtiger jedoch noch erscheint uns die günstige Beeinflussung 
der Magenfunctionen durch die Somatose unter bestimmten Ver¬ 
hältnissen. Nachdem in dem oben geschilderten Falle von Car¬ 
cinoma ventriculi eine Hebung der motorischen Leistungen des 
Mageus bis zu einer vollständigen Sufficienz der aus¬ 
treibenden Kräfte und einem Aufhören des seitherigen 
Erbrechens constatirt w r orden war, wurden noch einige specielle 
Versuche über die Somatose im menschlichen Magen in’s Werk 
gesetzt. Es geschah dies namentlich auch in Rücksicht auf eine 
neuere Arbeit von Cahn 1 ), welcher den seither im Gebrauch be¬ 
findlichen Peptonpräparaten den Vorwurf macht, dass sie in sehr 
unangenehmer Weise die HCl-Abscheidung im menschlichen Magen 
steigerten. 

Ein Versuch bei Magenoctasio infolge von Pylorusstenose ohne 
Hypersecretion zeigte sich die Somatose bezüglich der Fortschaffung des 
Mageninhaltes nicht im Vortheil gegenüber dem Fleisch oder Fleisch¬ 
pulver, vielmehr bemerkenswerth im Nachtheil; bezüglich der Secretion 
aber war der Procentgehalt von Gesammtsäure, abgeschiedener HCl und 
freier HCl geringer als in dem Versuch o mit Fleisch und Fleischpulver. 

In dem zweiten Falle (über beide vergleiche die Zahlen der Original- 
arbeit) ist jedoch die Somatose nach jeder Richtung dem Fleisch und 
Fleischpulver überlegen. Zunächst, wird sie von dem motorisch-sufficienten 
Magen am besten fortgeschafft, so dass der Stickstoffrest im Magen nach 
einer Stunde weniger als den vierten Theil des N-Restes der beiden an¬ 
deren Präparate betrug. Die Gesammtsäure und abgeschiedene Gesammt- 
salzsäure (nach Martius -Lüttke) betrögt weniger als bei Gebrauch von 
Heisch, annähernd gleichviel wie bei Genuss von Fleischpulver. Somit 
ist der Vorwurf, den Cahn den Peptonen macht, zunächst nicht auf die 
Somatose anwendbar. 

Eine letzte Versuchsreihe endlich sollte die Ausnutzung der 
Somatose im Rectum feststellen, um hiernach die Verwendbarkeit 
der Somatose zu Nährklystieren zu bemessen. 


l ) Ueber die Ernährung mit Peptonen. Berliner klinische Wochen¬ 
schrift 1893. 


Der Stoffwechselvorsucli wurde an einer zu diesem Zwecke sehr ge¬ 
eigneten Patientin angestellt, welche wegen eines sehr vorgeschrittenen 
Magencarcinoms nur auf eine Ernährung per rectum angewiesen war. 
Die erhalteno Zahlentabelle beweist, dass Somatose durchaus nicht im¬ 
stande ist, das Hühnereiweiss im Klysma zu orsetzen, dass sie vielmehr 
überhaupt nicht vom Dickdarm aus aufgenommen wird. 

Zum Schlüsse lassen sich die Ergebnisse vorstehender Arbeit 
zu folgenden Sätzon zusammenfassen: 

1. Bei einer Beikost, deren N-Gehalt unter dem sogenauuten 
Schwellenwerth des Eiweissbedürfnisses des Menschen steht, ist 
durch Somatose eine vollständige Vertretung des Albumins in der 
Nahrung des Menschen möglich. Somatose, ein Vertreter der¬ 
jenigen Präparate, welche aus gewissen Albumosen allein sich zu¬ 
sammensetzen, ist also imstande, den Körper auf seinem N-Bestand 
zu erhalten. 

2. Durch Somatose vermag Fleisch, bei einer sonst nicht 
ehvoissarmen Beikost, nicht immer ganz ersetzt zu werden, indem 
die Somatose bei Zufuhr einer grossen Menge von N in der Bei- 
kost selbst schlecht ausgenützt wird, ferner aber noch dadurch, 
dass sie Durchfälle erzeugt, auch die Resorption der anderen mit- 
geuossenen Eiweisskörper beeinträchtigt. 

3. Insofern die Resorption und Ausnützung der Somatose im 
Darm sehr durch die Qualität und Quantität der Beikost beein¬ 
flusst wird, ist dieselbe durch Verminderung des N in der Beikost, 
durch Zufügen von Fleisch zu der letzteren sehr zu heben. Auch 
die Verminderung der eingeführten Somatosemenge befördert deren 
Ausnützung. 

4. Namentlich unter Beachtung der in 3 berührten Punkte 
wird die Somatose von Kranken ohne Nebenwirkung sehr gut ver¬ 
tragen. Grosse Mengen wirken abführend und erzeugen etwas 
Durchfall. Von Phthisikern mit starken Darmveränderungen und 
profusen Durchfällen wird Somatose gern genommen und oft 
besser vertragen als Fleisch. 

5. Für einzelne Formen von Magenkrankheiten ist Somatoso 
unter Umständen besser iudicirt als andere Eiweisspräparate, sei 
es aus mechanischen Gründen, sei es aus Rücksicht auf die Secre- 
tionsverhältnisse des Organs. 

6. Für Nährklystiere ist Somatose unbrauchbar. 

7. Ueber subcutane Verwendung des Präparates werden in 
vorstehender Arbeit keine neuen Thatsaehen gebracht. 


VI. Ein Fall von tödtlicher Laboratoriums- 
Cholera. 

Von Dr. J. J. Reineke in Hamburg. 

Am Morgen des 15. September d. J. wurde der hiesige prak¬ 
tische Arzt Herr Dr. Schmalfuss in die Wohnung dos Assistenten 
am Hygienischen Institut, Herrn Dr. Oergel, durch dessen Freund 
Herrn Dr. v. Grabe gerufen. Letzterer theilte mit, 0 er ge 1 habe 
sich wahrscheinlich bei Arbeiten mit Choleraculturen im Hygieni¬ 
schen Institut durch eine Unvorsichtigkeit inficirt, seit gestern 
seien Durchfälle aufgetreten, in der letzten Nacht, welche er bei 
Oergel verbracht, habe dieser Erbrechen, Durchfälle, Waden¬ 
krämpfe gehabt und sei zur Zeit sehr unruhig. Herr Dr. Schmal¬ 
fuss fand Oergel verfallen, cyanotisch, mit kühlen Extremitäten; 
aufgehobene Hautfalten blieben lange stehen, der Puls war sehr 
klein, etwas beschleunigt. Der Kranke war beklommen, hatte 
Waden- und Bauchmuskelkrämpfe, die Stimme war etwas heiser. 
Urin war noch vor kurzem gelassen. Er bot das Bild eines 
schwerasphyktischen Cholerakranken. Er war übrigens bei vollem 
Bewusstsein und bestätigte die Angaben von Grabe’s. Auf die 
Frage, ob er nicht absichtlich Choleraculturen eingenommen habe 
— da er früher an sich selbst Beobachtungen über die Wirkung 
von choleraähnlichen Elbvibrionen und von Vibrionen aus dem 
Ruhrorter Hafen angestellt hatte —, antwortete er, Experimente 
mit sich würde er während der Abwesenheit des seit dem 24. 
August beurlaubten Herrn Professor Dunbar, den er augenblick¬ 
lich vertrete, selbstverständlich nicht machen. 

Herr Dr. Schmalfuss brachte dann den inzwischen völlig 
pulslos gewordenen Kranken sofort persönlich in das Eppendorfer 
Krankenhaus, nachdem er ihm mehrere Spritzen Campher und 
Aether injicirt hatte. Unterwegs erholte der Kranke sich etwas. 
Einige Stunden später sah ich ihn. Er gab an, dass er seine De- 
jectionen vom ersten Augenblicke an mit Sublimat desinficirt habe 
und dass das auch während der ganzen vergangenen Nacht ge¬ 
schehen sei. Ueber die Infectionsgelegenheit äusserte er sich 
ebenso, wie er es Herrn Dr. Schmalfuss gegenüber gethan, doch 
war ein eingehendes Befragen wegen seines Zustandes sowohl jetzt 
wie auch in den folgenden Tagen nicht möglich. 

Inzwischen hat Herr Professor Dunbar versucht, durch ge¬ 
naue Erhebungen im Institut möglichste Klarheit über den Infee- 
tionsmodus zu gewinnen, doch sind dabei so viele einander wider- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



796 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41 


11. Oc 


sprechende Mitthei hingen gemacht worden, dass auf eine sichere 
Feststellung über diesen Punkt leider verzichtet werden muss. 

Oergel selbst schien anzunehmen, dass er sich am 18. mit 
Weichselwasser, das er sich aus Thorn hatte kommen lassen, in- 
ficirt habe, als er beim Ansaugen einer Pipette ein grösseres Quan¬ 
tum desselben an den Mund bekam. Es hat sich indessen heraus¬ 
gestellt, dass in dem Wasser gar keine Cholerabacterien waren, 
und für die von einer Seite gemachte Angabe, dass Oergel dem 
Wasser Choleraculturen beigemischt habe, hat sich kein weiterer 
Anhalt finden lassen. 

Wahrscheinlicher lauten die Aussagen anderer Herren, dass 
Oergel schon am 12. September bei Thierversuchen mit dem 
Pfeiffer’schen Serum etwas von dem serösen Bauchinhalt eines 
Controllthieres in den Mund bekommen habe. Nachdem er einen 
hängenden Tropfen hergestellt, habe er sich den Mund ausgespült. 
Nach dem Protokoll fanden sich im Serumpräparat lebhaft beweg¬ 
liche Vibrionen, das Meerschweinchen erlag der Vibrioneninfection. 

Indessen wird auch dieser Infectionsmodus zweifelhaft durch 
die Aussage von Dr. Paulsen aus dem Hygienischen Institut, 
dass Oergel schon 4—5 Tage vor seiner schweren Erkrankung 
über Durchfall und Abgesehlagenheit geklagt habe. 

Auf alle Fälle ist Oergel bei seinen täglichen Arbeiten mit 
Choleraculturen ununterbrochen der Gefahr ausgesetzt gewesen, 
sich durch irgend eine Unvorsichtigkeit zu inficiren, während jede 
andere Infectionsgelegenheit völlig ausgeschlossen war. Wie bei 
der Mehrzahl der übrigen bekannt gewordenen Laboratoriumsinfee- 
tionen wird man sich auch in diesem Falle mit dieser allgemeinen 
Thatsache begnügen müssen. 

Am 14. September nachmittags war Oergel noch bei mir auf 
dem Bureau, um mir seine Versuche mit dem Pfeiffer’schen Se¬ 
rum zu berichten, ohne über sein Befinden zu klagen und ohne 
dass ich ihm irgend etwas angemerkt hätte. Als ich ihn am an¬ 
dereren Morgen im Eppendorfer Krankenhause wiedersah, war er 
kaum zu erkennen. 

Ueber den weiteren Verlauf und den Obductionsbefund geben 
die nachfolgenden Aufzeichnungen Auskunft. Dieselben, sowie das 
Resunte sind mir von Herrn Oberarzt Dr. Rumpel, welcher ge¬ 
meinsam mit Herrn Secundärarzt Dr. Reiche den Kranken be¬ 
handelte, freundlichst zur Verfügung gestellt worden. 

Patient, 29 Jahre alt, litt nach Aussage der Mutter im Kindcsalter 
an zweimaliger, mit längerem Fieber einhergehender typhöser Erkrankung, 
war aber , sonst stets gesund und kräftig. 

Status praesens: Schweres typisches Cholerabild. Patient ist 
kaum wieder zu erkennen. Augen "tief eingesunken, von den Lidern halb 
bedeckt. Gesichtszüge verfallen. Massige Cyanose. Hände und Füsse 
kalt; Hautfalten bleiben stehen. Stimme heiser. Sensorium völlig frei. 
Temperatur 35,4. Puls eben fühlbar, 100. Athmung unregelmässig; es 
besteht heftiges Oppressionsgefllhl. Die objective Untersuchung ergiebt — 
soweit dieselbe bei dem schweren Zustand möglich ist — keinerlei krank¬ 
hafte Veränderungen an den inneren Organen. Herztöne rein. Erster 
Mitralton stärker als zweiter. 


Patient entleert in kurzen Pausen mehrere Stühle von reiswasser 
ähnlicher Beschaffenheit. Alle dargereichten Getränke und Medicament 
blicht Patient in kurzer Zeit wieder aus. Heftiger Singultus. Unruhige 
Hin- und Herwerfen im Bette. Krämpfe in den Oberschenkeln, Unter 
armen, Fusssohlen. Ord.: Campherinjectionen, heisses Bad. 

_ 11V* Uhr Morgens. Nach letzterem hebt sich die Temperatur au! 
30.9; Puls wie zuvor kaum fühlbar. — Erbrechen und Krämpfe heftiger 
3 Uhr Mittags: Einlauf von 3 l /a 1 40° warmer 1 % Tanninlösung 
welche eirca 20 Minuten gehalten wird, worauf sich circa 2 l /a 1 wiedei 
entleeren. 

6 Uhr. Wegen fortwährendem Erbrochen und Singultus Magenaus¬ 
spülung; kein sichtlicher Erfolg. 

, .,, 8 Uh A r Abends: Tomperatur 36,9; Puls aussetzend, nur ab und zu 
fühlbar. Aussehen des Patienten sehr schlecht, Gesichtsfarbe mehr blass 
• laotisch. Fast unaufhörlicher Singultus. Sehr heftige, sich schnei] 
wiederholende Krämpfe, namentlich in der Zwerchfellmuskulatur, bilden 
me Hauptklage des Patienten. „Befreien Sie mich nur von den Schmerzen 
ich kann das nicht mehr aushalten.“ 

. 9 Uhr: Infusion von 900 ccm 40» warmer, 0,66% NaCl-Lösung 
Kein eclatanter Erfolg hinsichtlich der Herzaction. Der Puls hebt sich 
q , b . al V vied £'i il T' bleibt aber während der Nacht immei 
lassoi/nacir* SubjecUveß Befindcn entschieden etwas besser, Krämpfe 


i 1 \ Ubr , Na 1 cljts: Ab und zu wieder sehr schmerzhafte Krämnf 

RriÄhSTstShi. ^ SUbCUtan - Bis ZUm Mor ^ en efcw 

« TTm. 6 k Sept0mbC - r * Jtu$ or ß en era « utes Erbrechen. Patient bekenn 
? Ru Borgens em Nährklystier von Portwein. Tannin und Opium ui 

Rann St , Uüde bei sich * Campherinjection zwei m 
Morgens. Puls eben fühlbar, frequenter, 108; Temperatur 36.4. 

beit 8 Uhr Morgens keine Krämpfe mehr; aber AUgemeinbetind. 
Mpb^p? 61 v oiaem . heissen Bad (11 Uhr) vermehrtes Erbreche 

geben ohne &fot 1 ]’ ° piUm “ kleiue11 Do8en • 

Champ^r! 1 SchM Pa,icnt h< - h51 ‘ etw » s Thee «, 


Gegen 3 Uhr erneuter Collaps, Temperaturabfall bis 35,1. Campher- 
injection, heisser Thee, Senfteige. 

5 Uhr: Temperatur 36,0. Erbrechen und Stuhl. Nacli lieissem Luft¬ 
bad im Bett geringer Schweiss, aber noch immer keine ausgesprochene 
lieaction. 

9 Uhr: Inzwischen vier mal Erbrechen und ebenso oft Stuhl. Quälender 
Singultus. 

Die Nacht verbringt Patient unter grosser Unruhe und dauerndem 
Erbrechen. 

17. September. Gegeu Morgen wird Thee mit etwas Cognac ver¬ 
tragen. Der Puls hebt sich langsam, Patient scheint sich zu erholen. 
Erbrechen lässt nach, bis 11 Uhr Morgens nur vier mal. Temperatur 
35,9 (im Anus gemessen 37,0). 

Da noch fortgesetzt Reincultureu von Choleravibrionen ausgesehiedeu 
werden, wird in Anbetracht, dass das Erbrechen über Stunden sistirt, ein 
Versuch mit Calomel gemacht. 12 l /a Uhr Calomel 0,2. 

3 Uhr Erbrechen; im Erbrochenen kein Calomel nachzuweisen. Kura 
vorher (2 Uhr) erster Urin, 30 ccm trüber Flüssigkeit, stark eiweiss¬ 
haltig, im Sediment sehr viel Epithelien und Cylinder (hyaline und 
epitheliale), zwei mal dünner bräunlicher Stuhl. 

9 Uhr Abends: Patient befindet sich besser. Puls voller, Temperatur 
36,0. Calomel 0,2. 10 Tropfen einer l%igen Morphinlösung. 

Bis 12 Uhr verhältnissmässig Ruhe, kein Erbrechen. 

18. September. 12 Uhr Nachts bis 8 Uhr Morgens unruhiger Schlaf, 
periodisch unterbrochen von Singultus ohne Erbrechen. Kein Stuhlgang 
Puls bleibt kräftig. 

8 Uhr flüssiger, dunkelbrauner, stark stiukeuder Stuhl in kurzen 
Pausen, dreimal hintereinander. 

Am Morgen fühlt Patient sich subjectiv wohler und glaubt, dir 
Krankheit überstanden zu haben. Er ist völlig klar und erkundigt sich 
nach den bacteriologischen Untersuchungen. 

Status: Gesicht lebhaft geröthet, Augen weniger eingesunken. 
Haut von besserer Spannung, aber trocken. Pupillen eng, Temperatur 
35,5. Athmung eigenthümlich tief, regelmässig. Puls deutlich 
gespannt. Am Herzen reine Töne. Lungen frei. Man befürchtet den 
Eintritt des Coma. 

Von 3 Uhr Nachmittags leichtes Benommensein, grössere Unruhe. 
Sonst keine Klagen, speciell keine Kopfschmerzen. Patient behält Bouillon 
mit Ei, Thee und Champagner. 

Gegen 4 Uhr lässt Patient einen reiswässerigen Stuhl von bräuu- 
licher Farbe ins Bett. 25 ccm Urin von derselben Beschaffenheit wie der 
gestrige. 

Am Abend Zustand unverändert, Temperatur 36,1. Zwei wässerige, 
braune, sehr übelriechende Stühle. 

19. September. Patient hat die Nacht anfangs etwas geschlafen, 
von 2 Uhr ab grosse Unruhe, stärkeres Benommensein. Patient lässt 
mehrfach unter sich; gegen Morgen Schlaf mit Unterbrechungen. 

Mittags: Immer noch leichtes Benommensein bei euphorischer 
Stimmung, auch sonst Befinden wie gestern. Mehrfache reiswässerige, 
sehr übelriechende Stühle. Ein grosser Einlauf mit Seifenwasser fördert 
grosso Massen dünnen, mit Fetzen durchsetzten Darminhalts heraus. — 
Temperatur früh und Abends 36,1; Puls 84. Kein Urin. 

20. September. Unruhe und Benommenheit nehmen während der 
Nacht zu; von 4 Uhr Morgens starke Somnolenz, In den Morgenstunden 
wird Patient wieder lebhafter. Er hat das Bedürfnis, sich mit seiner 
Umgebung zu verständigen; er erkennt jeden, schläft jedoch während des 
Gesprächs ein. Zur Nahrungsaufnahme muss Patient geweckt werden; er 
nimmt reichlich Bouillon mit Ei, Cacao, Wein, Welgen. 

Kein Erbrechen. Mehrere reiswässerige, braungefärbte Stühle mit 
Fetzen. 

Objectiver Befund: Rechts hinten unten an den Lungen gelinge Ab¬ 
schwächung des Percussionsschalles, leiseres Athemger&usch wie links, 
vereinzelte Rasselgeräusche. Patient hustet selten, nur beim Aufnchten 
oder Umbetten. Am Herzen zwei Töne. Herzaction regelmässig oü. 
Temperatur 36,1. , 

Abdomen weich, nicht schmerzhaft. Bei Palpation: Plätschern und 
Gurren der anscheinend schwappend gefüllten Darmsclilingon. Kein Milz- 
tumor. .An beiden Nates: Prurigo. # 

Patient wird mit Seifenwassereinläufen und innerlich mit Bismutn 
bis zu 2,5 behandelt. (Von Calomel wird wegen der hämorrhagischen 
Beschaffenheit der Stühle abgesehen.) 

3 l / 4 Uhr Nachmittags: Mit Stuhl 120 ccm Harn entleert, weniger 
eiweisshaltig wie der vorgestrige. (Specifisches Gewicht 1013.) 

21. September. Patient lässt fortgesetzt unter sich, muss bis zum 
Morgen sieben mal umgebettet werden, danach fällt er sofort wioder m 
Schlaf. 

Status: Somnolenz grösser wie gestern. Pupillen sehr eng. l 0r ' 
manente fibrilläre Zuckungen in den Masseteren und der Muskulatur ue 
Oberschenkel. An den Lungen rechts hinten unten stärkere Dämpmiig, 
dichtes fein und mittelgrössblasiges feuchtes Rasseln, kein Auswurf. ^ 
wenig Husten. Am Herzen nur ein Ton hörbar. Temperatur o i • 

Ord. Kampher, Bismuth (1,0 mehrmals täglich). Die Stühle, welc 
fortgesetzt in das Bett entleert werden, sind von 10 Uhr ab schwarz B • ' 
färbt; am Nachmittag wird ein handtellergrosser Fetzen einer fibnnose 
Membran entleert. . 

3 Uhr. Auftreten trachealcr, spärlicher Rasselgeräusche. Einschlag« 
in ein nasses Laken. Frottiren. Zunehmende Somnolenz. Zwei Spritz u 
Kampheröl. • 

9 Uhr. Puls beginnt kleiner zu werden. Dio Athmung schwer, 
stöhnend. Mit dem Katheter werden 600 ccm Urin entleert, eiweis 
haltig, viel Cylinder und Epithelien enthaltend. Sehr viel Indican. 
Kampherätherinj ectionen. 


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11. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


797 


stärker! » n FcftU a e r h ’ UCkt ** ^ T '^ealrasseln 

2 3 /* Uhr. In tiefer Benommenheit Exitus letalis 
Während des achttägigen Krankenhausaufenthaltes wurde Oergel von 
den Assistenzärzten des Neuen Allgemeinen Krankenhauses, besonders 
von Herrn Dr. Zuschlag, mit treuester Aufopferung gepflegt 

Reincufturen'von ^holeravibrion*enf * “*• 

vibiionen SePtember ’ Faßt braUne Flüssigkeit ’ ßeinculturen von Cholera- 

17. September. Zahlreiche Komraacolonieen neben anderen Colonieen 
(ßactenum coli und eine verflüssigende Colonie). 

September. Bacterium coli - Colonieen überwiegen die Kommata. 
oa September. Sehr viele Colonieen neben Bacterium coli. 

20. September. Reinculturen von Bacterium coli — erst nach 30 
Stunden ganz kleine Choleracolonieen. 

21. September. Fast Reincultur von Choleravibrionen. 

Section: Duodenum (alkalisch). Nicht sehr reichliche Konima- 

colomeen, zu gleichen Theilen mit Bacterium coli. 

Mittleres Jejunum (alkalisch). Reichlich Bacterium coli neben ver¬ 
einzelten Kommacolonieen. Verhältnisse 1:15. 

Ileum (alkalisch) wie Jejunum. 

Valvula (neutral). Erst nach Durchsehen mehrerer Gesichtsfelder 
eino Kommacolonie. 

Flexur (alkalisch). Choleracolonieen so zahlreich wie an der Klappe 
— Proteusformen, viel Bacterium coli. 


Soctionsprotokoll (Dr. Eugen Fraenkel). Kräftiger männlicher 
Leichnam mit starker Todtenstarro. Die Haut des Gesichts auffallend 
roth. In der rechten Ellenbogenbeuge eine von einer intravenösen In¬ 
fusion herrührende Wunde; die freigelegte Vene ohne Thrombus. 

An der Vorderfläche des Thorax multiple Stichstellen, in deren Be¬ 
reich die Haut vielfach sugillirt ist. 

Muskulatur trocken. 

Darmschlingen wenig aufgetrieben, Serosa schwach fadenziehend. — 
Zwerchfell rechts unterer Rand vierte Rippe, links vierter Intercostalraum. 

Die Serosa der beiden Lungen stark seifig anzufühlen, Pleuraräume 
frei von abnormem Inhalt, der linke Ventrikel stark contrahirt. Im rechten 
Vorhof massige speckähnliche Gerinnsel. 

Aortenklappen stark gefenstert, das rechte und linke Klappensegel 
an ihrem vorderen Umfang verwachsen. Die Verwachsungsstelle inner¬ 
halb der ganzen Ausdehnung stark knotig verdickt. An dem übrigen 
Klappenapparat, abgesehen von Fensterungen der Semilunarklappen der 
Pulmonalis, nichts Bemerkenswerthes. 

Auf der Aortenintima ausgedehnte streifige Verfettungsheerde. Herz¬ 
fleisch ausserordentlich derb, heerdfrei. 

Auf dem Epicard der Hinterfläche zahlreiche schwarzrotlie Hämor- 
rhagieen. 

Linke Lunge freibeweglich. Auf der spiegelnden Pleura des Unter¬ 
lappens zahlreiche ältere und frischere Blutungen, im unteren Drittel 
dieses Lappens theils disseminirte, theils an einer Stelle in einem grösseren 
Keil confluirende, roth hepatisirte Infiltrationsheerde. 

An den Bronchien und Gefässen nichts Bemerkenswerthes. 

Rechte Lunge frei beweglich, an den einander zugekehrten Flächeü 
des Ober- und Unterlappens, sowie an der Aussonfläche des Unterlappens 
in dessen oberer Hälfte frische abstreichbare, fibrinöse Pseudomembranen. 
In diesem Bereich ist der Unterlappen rothgrau hepatisirt. 

Es folgt dann eine wieder lufthaltige Zone, an welche sich gegen 
die Basis zu wieder frische pneumonische Infiltrationsheerde anschliessen. 
Der Ober- und Mittellappen sind frei und durchweg lufthaltig. 

Milz etwas geschwollen. Pulpa trübe, Follikel bis hanfkorngross. 

Die Flexura sigmoidea ist nach der rechten Darmbeingrube verzogen 
und hier durch derbe Pseudomembranen mit dem Mesenterium ilei fest 
verwachsen. 

Linke Nebenniere normal. 

Linke Niere 13—8 l /a—3 1 /*. Sowohl an der vorderen als der hinteren 
Fläche unregelmässig geformte, tief narbige Einziehungen. Das narben¬ 
freie Parenchym zeigt eine glatte Oberfläche und eine auf dem Durch¬ 
schnitt stark geschwollene, überquellende, keine weitere Zeichnung er¬ 
kennenlassende Rinde von schmutzig grauer Färbung. In mehreren Mark¬ 
kegeln frische Hämorrhagieen, in einem dickere, streifige Kalkinfarcte. 
Auf der Schleimhaut des nicht erweiterten Nierenbeckens frische Blu¬ 
tungen. 

Rechte Nebenniere normal. 

Rechte Niere W/ 2 —8—4. Oberfläche vollkommen glatt. Schnitt¬ 
fläche mit enorm trüber Rinde von röthlich-grauer, einen Stich in’s Gelb¬ 
liche bietender Färbung. Markkegel blauroth. Nirgends im Parenchym 
Heerderkrankungen. 

Im Mastdarm höchst übelriechender, dünnflüssiger Koth; etwa 5 Cm 
oberhalb des Anus ist die Schleimhaut in mehr als 7 cm langer Aus¬ 
dehnung von zum Theil zusammenhängenden, missfarbenen, festhaftenden 
Schorfen eingenommen, zwischen denen allenthalben die stark geröthete 
Mucosa zu Tage tritt. 

Iü der Harnblase etwa 50 ccm trüben Urins. Der Magen durch 
Luft stark aufgetrieben, an seinen Wandungen nichts Bemerkenswerthes. 
Duodenum mit wesentlich an seinem absteigenden Schenkel stark inji- 
cirter, stellenweise hämorrhagischer Mucosa. 

In der Gallenblase dünnflüssige, graugrüne, schleimige Beimengungen 
enthaltende Flüssigkeit in beträchtlicher Menge. 

Leber 37—21—7. Schnittfläche gleichmässig braun gefärbt mit deut¬ 
licher Läppchenzeichnung. 

Im Dünndarm grünlich gefärbte, theils dünnflüssige, theils zäh schlei¬ 
mige, nirgends geformte Kothmassen. 


Die Wand des Dünndarms bietet — abgesehen von einer auf kurze 
Strecken etwas stärker kervortrotenden blutigen Rötkimg — makroskopisch 
anscheinend nichts Abnormes. Im Colon descendens befinden sich noch 
einzelne, sich an den Verlauf der Taenia libera haltende, weniger fest¬ 
haftende Schorfe. Die Schleimhaut in diesem Abschnitt zeigt eine 
stärkere, fleckige Röthung. Sonst am übrigen Dickdarm nichts Bemerkens¬ 
werthes. 

Anatomische Diagnose: Pneumonia fibrinosa lobi inferioris 
utnusque, praecipue dextri. Endocarditis aortica inveterata. Ren choleri- 
cus (Stadium secundum). Cicatrices renis sinistri. Intumescentia recens 
hepatis. Proctitis et Colitis diphtherica. 

Resume: Nach einer mehrtägigen, prodromalen Diarrhoe entwickelt 
sich allmählich ein typisches Stadium asphycticum, welches trotz der hef¬ 
tigsten, anhaltenden Muskelkrämpfe wegen der nur mässigen Cyanose und 
des verhältnissmässig geringen Temporaturabfalls (35,4—36,9 am ersten 
Tage) zunächst als eine nur mittelschwere Form der Erkrankung impo* 
nirt. Das gänzlich unveränderte Fortbestehen indess dieser mittel¬ 
schweren Erscheinungen, die sich durch therapeutische Maassnahmen ab¬ 
solut nicht beeinflussen liessen, namentlich der geringe, schnell vorüber¬ 
gehende Erfolg der am Abend des zweiten Erkrankungstages nothwendig 
werdenden Infusion, stempeln den Fall zu jener charakteristischen Form 
subacuter Cholera, welche mit langem, oft wenig ausgesprochenem Sta¬ 
dium asphycticum ohne deutlich eintretende Reaction verläuft und sehr 
häufig unmerklich in Coma übergeht. Nachdem der dritte Krankheitstag 
(16. IX) zwar unter Nachlass von Krämpfen, aber bei unverändertem All¬ 
gemeinbefinden unter dauerndem Erbrechen und Durchfällen vorüber¬ 
gegangen ist, bringt auch der folgende Tag noch nicht die ersehnte Reac¬ 
tion, die sich schliesslich nur unvollkommen ohne Eintritt von Schweiss 
und genügender Urinsecretion an dem Heben des Pulses, der strafferen 
Hautspannung und dem dadurch bedingten besseren Aussehen des Kranken 
während des vierten bis fünften Krankheitstages allmählich kundgab. Aber 
zugleich treten auch die unverkennbaren Zeichen des herannahonden 
Comas auf: die Röthung des Gesichts, die eigenthümlich tiefe Athmung, 
die engen Pupillen und die ganz leichto Benommenheit, die sich am 
fünften Krankheitstage durch Entleeren eines Stuhles in das Bett zuerst 
bemerkbar macht. Am sechsten Krankheitstage geringe Zunahme der 
Somnolenz, am siebenten treten die ersten Anzeichen einer Lungencom- 
plication auf, während die Urinsecretion noch fast vollkommen sistirt; am 
achten Tage Tod in tiefem Coma. 

An sämmtlichen Krankheitstagen gelang der Nachweis der Cholera¬ 
vibrionen, deren Menge in den einzelnen Dejectionen mit einer Ausnahme 
(6. Tag) eine annähernd gleiche war und deren Wachsthum sich durch 
therapeutische Eingriffe — Calomol, Bismuth, Einläufe von Tannin und 
Seifenwasser — nicht beeinflussen liess. 

Kurt Karl Emil Oergel, geboren am 6. September 1865 in 
Wehlau, trat nach absolvirtem Staatsexamen im Winter 1891 auf 
1892 als Assistent unter Herrn Professor Löffler in das Hygieni¬ 
sche Institut der Universität Greifswald, nachdem er schon vorher 
als Student dort gearbeitet hatte. Nach Jahresfrist übernahm er 
die poliklinische Assistentenstelle an der chirurgischen Klinik, wo 
er ebenso wie in dem pathologisch-anatomischen Institut schon 
während seiner Studienzeit drei Monate lang als Volontair be¬ 
schäftigt gewesen war. 

Am 1. Februar 1893 Jtam er nach Hamburg als Diätar am 
Hygienischen Institut auf Empfehlung von Herrn Professor Löffler. 
Am 29. Juni 1893 wurde er dort zum Assistenten erwählt und am 
29. Juni 1894 definitiv als Staatsbeamter angestellt. 

Ausser seiner Doctordissertation über Casuistische Beiträge 
zur Pathologie und Therapie der Perforationsperitonitis nach Ulcus 
ventriculi hat er mit Buschke in dieser Wochenschrift 1893, No. 7 
Beiträge zur Kenntniss des Tetanus veröffentlicht; nach der Mit¬ 
theilung von Kutscher (ebenda 1893, No. 49) hat Oergel unab¬ 
hängig von ihm das Leuchten einiger choleraähnlicher Wasser- 
bacterien beobachtet. 

Das hohe Lob, das Professor Löffler ihm spendete und das 
ich erst vor wenigen Wochen in Budapest und Magdeburg aus 
dessen eigenem Munde habe wiederholen hören, hat Oergel in 
seiner Hamburger Thätigkeit in vollem Maasse gerechtfertigt. 
Durch seinen unermüdlichen Fleiss und seinen Eifer für die von 
ihm bearbeiteten wissenschaftlichen Fragen, wie duroh sein reifes 
Urtheil, sein besonnenes Wesen und seine feste männliche Art hat 
er nicht nur den höchsten Anforderungen seiner Vorgesetzten ge¬ 
nügt, sondern sich auch deren Vertrauen und Liebe erworben und 
im weiten Kreise Freunde gewonnen, vor allem unter den zahl¬ 
reichen Aerzten, welche unter ihm im Hygienischen Institut ge¬ 
arbeitet haben. 

Das Institut, das ihm ein warmes und dankbares Andenken 
bewahren wird, hat an ihm einen vortrefflichen, gewissenhaften 
und treuen Beamten, der schwer zu ersetzen sein wird, verloren, 
die Wissenschaft einen hochbegabten hoffnungsvollen Jünger. 

Möge sein Tod, den er im Dienste Hamburgs und im Dienste 
der Wissenschaft gefunden hat, nicht umsonst gewesen sein und 
Allen denen zur Warnung dienen, welche noch immer glauben, 
die Cholerabacterien als etwas wenig Gefährliches behandeln zu 
dürfen. 


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798 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


VII. Schlusswort zu den Bemerkungen 
des Herrn Benario über meine Leukocyten- 
schatten. 

Von Dr. S. Klein, 

Assistenzarzt an der I. medicinischen Klinik in Warschau. 

Zu dem, was ißh in meinen Bemerkungen (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift No. 9) zur Verteidigung der Existenz der Leukocytenschatten 
angeführt habe und was Herr Benario, wie es scheint, gar nicht be¬ 
rücksichtigen will, möchte ich nur noch ein paar Worte nachtragen. 

An Blutpräparaten, die viel neutrophile Leukocyten enthalten, kann 
man sich manchmal überzeugen, dass, wenn das Präparat so stark 
gedrückt wurde, dass von den Erythrocyten eben nur Spuren 
zu sehen sind, gar keine oder nur ganz vereinzelte Schatten 
nach der Färbung zum Vorschein kommen. Ich glaube, dass auch 
Herr Benario dieser Thatsache keine andere Erklärung geben kann, als 
nie, dass die Leukocytenschatten nur dann zu sehen sind, wenn dieselben 
bezw. ihre Vorstufen auch im activen Blute nachzuweisen sind. In dieser 
Richtung ist die Anwesenheit von grossen runden Leukocyten mit spärlich 
im Protoplasma emgestrouten feinsten Körnern, die ich als Vorstadium 
der Leukocytenschatten hervorgehoben habe und deren Existenz im Blute 
von dem unten zu bezeichnenden Forscher bestätigt worden ist, gewiss 
von nicht zu unterschätzender Bedeutung. ' 

Ich habe seit kurzem eine unter der Leitung des Prof. Deh io in Dorpat 
von Dr. Harmsen au»gefuhrte Arbeit in meinen Händen, worin der Vor- 
ers .^ n , Male dle Zahl der Leukocytenschatten bei verschiedenen 
^ k pl 2T tua, f ch “Siebt- Heim Benario muss nach 

dir! nukorvf»^ ? U ™ l6n ’ • daSS , die quantitativen Verhältnisse 

derLeukocytenschatteneineseHenanzutreffendeRegelmässig- 

.k.6it zeigten. ° 65 

1 er ? I l s T tenz der eosinophilen bezw. neutrophilen 
des Prof O>ebjmr Herrn Benario auf einen schönen Aufsatz 
Ä°i ' ’i Ueber den Tod der Ge^be“ (Berl. klin. Wochensehr. 
PhrX “l aufmerksam zu machen, der im Eiter dieselbe Erscheinung 
vife? Ä/tV Ch T.? Uto g ? ,nnde “ habe- Dort heisst es: .... . aller 
ftammr ™?^ , 7 ®n° nen - 0der i“ tzan ? ich e ereizten Schleimhäuten ent- 
Sil im .tf Z • el Seaartigo, durch Eosin färbbare Körner auf- 
Hemönte des B^fT/ 161 kl , ein ? r , sin . d - »ls die der eosinophilen 

53*r H > “ä. »a dt ä 

HSää äss 

woU Suf hin t T S p Ze - . sta ? llrt haben ’ Diesor Umstand weist 
wom aaraut hm, dass die Consistenz des mehr oder weniger aimirßlnnirtpn 

SÄ, g ÄV” i3t p * ettiger afiVentrrp^Tr’twort“^“ 

Competenz ran O i»!! ' 8 Pb*“?“»“, kein Kunstproduct sein (an der 

also t Blute sebl? " ^ ” “ Ute 08 


VIII. Standesangelegenheiten. 

Der § 387 des Strafgesetzbuches in Beziehung auf die 
Anzeigepflicht der Aerzte. 

Von Dr. Henius in Berlin. 

sä 

Besitzers*^einef g“^S 'Hofe f w ^ md z T ei BedieIlstete d <* 
welche an einemdem Hot»“° tel8 l et f afo “ und »ls mehrere Gäste, 
hatten, wenige Tage darauf ^tv ^ e l stn ? a . ll ^ e theilgenommen 

Zuerst erkrankte das Kind «nftfpr Ir 'pr Diphtheritis befallen wurden. 
Dienstmädchen welche ^letzÄ G S te ll S0W l e ein Kellner und ein 
Fest hatte übrigens mehre^Tacre vnrW M ? hle au % ewart «t hatten; das 
Kinde eine sichere iSS 2^1 °^. « tafct & efu ^cn, bevor bei dem 
war. Nachdem die Krankheit sichpr^rV 160 ! 18 ZU stel l en m0 gHcli gewesen 
als auch die Bediensteten hiesi^F™t Än ?r Wai% w y rden sowohl das Kind, 
von den behandelnden Aerzten ah^r^ 11 ^ 1186171 uberwiesen i die Anzeige 
annahmen, dass nach der Aufnahme ; U n n ^ r as J en ' hauptsächlich weil sie 
desselben die Verpflichtung zur Meldung 1 w^ ank $ nliau -? die VerwartUll g 
züglich der vorgeschriebenen DpbJS hatte, und weil andererseits be- 
sondern mehr als das geschehen w^ f ?ni° n ?^ ht - ? ur alIes Nothwendige, 
der Thätigkeit der städtischen Desinfeowl! beis P iels V® lse > abgesehen von 
sich die Kranken und auch das PfW Pn nrc *1 a * n Zimmern, welchen 
Tapeten geklebt und die Fussbödem™?, ° na J • ^gehalten hatton, neue 
mchts unterlassen worden, was nach den Es war also 

aas« 

3, ÄÄlfyFSS 

‘) Die DiscuSsion ist hiermit auch fttr uns geschlossen. D. Red. 


lassenen schriftlichen Anzeige der Diphtheritis eine Geldstrafe von 5 bis 
30 Mark festsetzt, sondern auf § 327 des Strafgesetzbuches. Danach 
wird derjenige, „welcher die Absperrungs- oder Vorsichtsmaassregeln oder 
Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Behörde zur Verhütung des 
Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnet 
sind, wissentlich verletzt, mit Gefängniss bis zu zwei Jahren bestraft — 
Ist infolge dieser Verletzung ein Mensch von der ansteckenden Krankheit 
ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu zwei 
Jahren ein.“ Die Anziehung dieses Paragraphen ist neu, ist unerhört ist 
geradezu ein Widerspruch gegen den Geist des Gesetzes selbst, und es 
ist nothwendig, dass dieser bisher unerkannten Gefahr, welche dem Aerzte- 
stände droht, bei Zeiten entgegengetreten wird. In weloher Weise dieses 
am besten geschehen kann, darüber wollen wir heute noch kein Urtheil 
abgeben, das bedarf reiflicher Erwägung, und deshalb können wir es nur 
billigen, dass der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine 
beschlossen hat, die Angelegenheit mit Eifer durchzuberathen, um später 
einen gut begründeten Antrag sowohl der Aerztekammer als auch dem 
Aerztevereinsbunde vorzulegen. — Wir wollen in folgendem nur einiges 
vorbereitendes Material für diese Frage Zusammentragen. 

Dass das Auftreten ansteckender Krankheiten bei den Behörden ange¬ 
zeigt werden muss und dass in erster Linie die Aerzte dazu verpflichtet 
sind, ist von letzteren niemals bestritten worden. So zögerten auch die 
Berliner ärztlichen Bozirksvereine nicht, als im Anfänge des Jahres 1881 
das Polizeipräsidium nach einer Anregung, des Cultusministeriums ihre 
Mitwirkung zur Ermittelung der Verbreitung gemeingefährlicher Krank¬ 
heiten erbat, ihre Zustimmung zu einer freiwilligen Anzeige zu erklären, 
obwohl sie wussten, dass sie damit eine grosse dauernde Last sich aufer¬ 
legten, ohne weitere Entschädigung als durch das Bewusstsein, in solcher, 
dem Arzte wohl anstehenden Weise mitzuarbeiten bei der wissenschaft¬ 
lichen Erforschung der gefährlichen Erkrankungen und bei den Versuchen, 
dieselben in geeigneter Weise zu bekämpfen. — Ebenso gab sich, um ein 
Beispiel aus neuester Zeit anzuführen, bei Berathung des sogenannten 
Reichsseuchengesetzes auf dem Aerztetage in Breslau im Jahre 1893 die 
einmüthige Ansicht kund, dass die Anzeigepflicht zu den Obliegenheiten 
des Arztes gehören müsse (natürlich unter der Voraussetzung, dass dem 
Arzte durch dieselbe keine selbst zu tragenden Kosten entständen). Dass 
freilich bei Unterlassung der Anzeige dem betreffenden Sünder eine Gc- 
fängnissstrafe in Aussicht stehe, daran hat keiner der zahlreichen Redner 
gedacht, und eine solche harte Bestrafung, wie sie im § 327 des Straf¬ 
gesetzbuches vorgesehen ist, die in gar keinem Verhältnisse zu dem be¬ 
gangenen Vergehen steht, war auch in dem von der Regierung dem Reichs¬ 
tage vorgelegten Gesetzentwürfe nicht vorgeschlagen worden. Dort biess 
es im § 44: „Mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark oder mit Haft nicht 
unter einer Woche wird bestraft: 1) wer die ihm nach den §§ 2 bis 4 
obliegende Anzeige unterlässt oder länger als 24 Stunden, nachdem er 
von der anzeigepflichtigen Thatsache Kenntniss erhalten hat, verzögert. 
Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige, obwohl nicht von 
dem zunächst Verpflichteten, doch rechtzeitig gemacht worden ist“ u. s. w. 
Das klingt doch in vielen Beziehungen ganz anders als § 327: Zunächst 
steht hier dio Geldstrafe in erster Linie, für welche subsidiär nicht Ge¬ 
fängniss sondern Haft eintreten kann, und endlich darf eine Anklage nicht 
erfolgen, wenn überhaupt nur zur rechten Zeit die Anmeldung geschehen 
ist. Mit diesen Bestimmungen kann man sich vielleicht einverstanden 
erklären und sie dürften vollständig genügen, um den Zweck, zu welchem 
die Anzeigepflicht überhaupt ins Leben gerufen ist, zu erfüllen. Wie 
kann man es aber rechtfertigen, dass man gerade diejenigen, deren Haupt¬ 
aufgabe seit undenklichen Zeiten darin bestanden hat, in ernster, gewissen¬ 
hafter Arbeit die Wege der Weiterverbreitung der ansteckenden Krank¬ 
heiten zu verfolgen und ihr Fortschreiten zu bekämpfen, die dabei nur das 
allgemeine Beste im Auge haben und am allerwenigsten an sich selbst 
und an ihr Fortkommen denken, ohne deren eifrige und gewissenhafte 
Mitwirkung ein Vorgehen gegen die Seuchen trotz aller Regierungsver¬ 
ordnungen nicht möglich ist, dass man gerade die Aerzte wogen einer 
geringfügigen Unterlassung gleich mit einer Gefängnisstrafe belegen will.*' 
Wie konnte eine solche bei dem oben angezogenen Falle überhaupt nur 
in Frage kommen, nachdem die behandelnden Aerzte nachgewiesen, dass 
sofort nach dem Fcststellen der Diphtheritis die Kranken in Krankenhäuser 
verbracht worden, dass also von dort aus, wie wenigstens seitens der 
meisten Berliner Collegen angenommen wird, eine Anzeige erfolgen musste, 
dass ferner alles und mehr noch geschehen war, als das, was «von der 
zuständigen Behörde als Aufsichtsmaassregel zur Verhütung des Verbreitens 
der ansteckenden Krankheit“ hätte geschehen können? Wenn die Auf¬ 
fassung des Staatsanwalts Geltung gewinnen würde, dann könnte es leicht 
dahin kommen, dass bei Eintritt weitverbreiteter Epidemieen, welche die 
ganze körperliche und geistige Spannkraft der Aerzte vollauf in Anspruch 
nehmen, ein grosser Theil derselben ins Gefängniss spazieren müsste und 
dort darüber Betrachtungen anstellen könnte, dass es nicht genügt, sein 
ganzes Sein, seine ganze Arbeitsfähigkeit in den Dienst der leidenden 
Menschheit zu stellen, sondern dass man daneben sich auch noch Zeit 
absparen muss, nicht etwa um sich ein wenig zu erholen, sondern um eine 
grosse Anzahl von Moldekarten auszufüllen und bei dieser geisttödtenden 
Arbeit sich bei Leibe keiner einzigen Unterlassung schuldig zu machen. 

Man könnte nun vielleicht einwenden, dass im obigen Falle eine 
härtere Bestrafung deshalb am Platze gewesen wäre, weil infolge der 
unterlassenen Anmeldung (desinficirt wurde ja trotzdem in der üblichen, 
unserer Ansicht nach meist den Zweck verfehlenden Weise) 1 ) andere 
Menschen von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden seien. Indessen 
abgesehen davon, dass eine direkte Uebertragung gerade in diesem Falle 
keineswegs erwiesen ist, so -wäre es ganz unmöglich gewesen, die Anzeige 

1 ) cf. meine Bemerkungen über die Desinfection nach ansteckenden 
Krankheiten in No. 11 dieser Wochenschrift. 


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11. .October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


so frühzeitig zu erstatten, dass eine Gefahr gänzlich ausgeschlossen ge¬ 
wesen wäre. Denn als der am 4. Februar hinzugerufene Arzt das vier¬ 
jährige Kind untersuchte, zeigte dasselbe die Erscheinungen der Diphthe¬ 
ritis noch nicht, am 6. Februar fand die Gesellschaft statt, und erst am 
8. desselben Monats wurde die sichere Diagnose gestellt und das Kind 
sofort nach der'Klinik verbracht. — Uebrigens wollen wir nicht unter¬ 
lassen, darauf aufmerksam zu machen, dass in jüngster Zeit eine Arbeit 
von Feer in dem ersten Bande der Mitteilungen aus Schweizer iuedici- 
nischen Instituten über die Verbreitungsweise der Diphtherie erschienen 
ist, in welcher er sich überhaupt gegen die direkte Ansteckung ausspricht, 
und wenn wir auch- selbst gerade in Bezug auf die Diphtheritis auf 
contagionistischem Standpunkte stehen, so meinen wir doch, dass bei der 
Strafabmessung wegen unterlassener Anzeige und damit etwa verschuldeter 
Weiterverbreitung auch die entgegengesetzte Ansicht und zwar zu Gunsten 
der Angeklagten zur Geltung kommen muss, zumal wenn dieselbe durch eine 
sorgfältige Untersuchung an einem grösseren Material begründet wird. 

Es wird sich ohne Zweifel öfters wiederholen, dass, wie in dem be¬ 
sprochenen Falle, die Diagnose nicht frühzeitig gestellt werden kann. 
Beim Ileotyphus vergeht bekanntlich häufig eine längere Zeit, ehe man 
seiner Sache ganz sicher ist, und jedem beschäftigten Praktiker ist es 
wohl schon begegnet, dass er bei einem kranken Kinde nur die Zeichen 
der folliculären Angina vorfand und den Angehörigen beruhigende Ver¬ 
sicherungen gab, natürlich auch keine Anzeige erstattete, bis sich plötz¬ 
lich mit eintretender Heiserkeit und darauf folgenden croupösen Anfällen 
das Bild der Erkrankung gänzlich veränderte und klar wurde, dass man 
es mit einer richtigen Diphtheritis zu thun hatte. Man wende nicht ein, 
dass durch eine bacteriologische Untersuchung die Sache viel eher in die 
rechte Beleuchtung gerückt werden könne. Denn zunächst dürfte noch eine 
geraume Zeit darüber vergehen, ehe auch nur die Mehrzahl der Aerzte so 
weit geschult sein wird, um mit voller Zuverlässigkeit bacteriologische 
Diagnosen steilen zu können. Dann verstreichen bei diesen Untersuchungen 
doch auch ein oder mohrere Tage bis zur Feststellung des Vorhanden¬ 
seins der gesuchten Bacillen, und in dieser Zwischenzeit wird in manchen 
Fällen die Diagnose schon durch weitere klinische Symptome gestützt 
sein. Endlich wird man auch später nach besserer Schulung der Aerzte 
kaum je in. der Lage sein, alle in Behandlung genommenen Erkrankungen 
auf das Vorkommen von Bacterien zu untersuchen. Aber nehmen wir 
selbst einmal an, dass das letztere möglich und durchführbar wäre, so 
wäre doch auch durch die blosse Anwesenheit der Bacterien noch nicht 
der zwingende Beweis für das Vorhandensein der betreffenden Krankheit 
geliefert. Es ist doch bekannt, dass der Löf fl er’sche Bacillus sich nicht 
nur bei echter Diphtherie vorfindet, sondern dass er auch in der Mund¬ 
höhle ganz gesunder Menschen vorkommt, ebenso ist der Cholcrabacillus 
m den Ausleerungen von Menschen entdeckt worden, die sich ganz ge¬ 
sund fühlten, dasselbe kann man vom Tuberkelbacillus und vielen anderen 
sagen. Die Bacillen allein machen es also nicht, sondern zur Feststellung 
der Erkrankung gehört noch das Vorhandensein der längst bekannten und 
nach allen Richtungen studirten klinischen Symptome und die genaue 
Kenntniss der pathologisch-anatomischen Veränderungen, welche durch 
die Krankheit hervor^erufen werden. Es ist also trotz der bedeutenden 
Fortschritte, welche in der Bacterioscopie gemacht worden sind, oftmals 
recht schwer, eine sichere Diagnose zu stellen, und es wäre ganz unge¬ 
rechtfertigt, mit Bezugnahme auf § 327 des Strafgesetzbuches Gefängnis¬ 
strafe anzuordnen, wenn in zweifelhaften Fällen der Arzt die Anzeige der 
Erkrankung unterlässt. — Welche Gefahren aus diesem Paragraphen den 
Aerzten drohen, zeigt unter anderem auch die Verordnung, welche der 
Polizeipräsident für Berlin am 3. Juli 1893 erlassen hat und die ausser von 
der Desinfection bei ansteckenden Krankheiten, auch von der Anzeige¬ 
pflicht bei Lungen-, Kehlkopf- und Darmtuborkulose handelt. Der § 3 
dieser Verordnung besagt: „Aerzte, welche an Lungen-, Kehlkopf- und 
Darmtuberkulose Erkrankte in den im § 1 bezeichneten Aufenthaltsein- 
richtuugen u. s. w. behandeln (d. h. in Privatkrankenanstalten, in Gast¬ 
höfen, Logirhäusern, Herbergen, Pensionaten, Chambregamies, Schlaf¬ 
stellen und dergleichen mehr) oder aus denselben anderweitig übernehmen, 
sind verpflichtet, hiervon der Sanitätscommission binnen 24 Stunden 
auf den üblichen Meldekarten Anzeige zu machen.“ Und im § 4 heisst 
es: i,Mit Geldstrafe bis zu 30 Mk., an deren Stelle im Unvermögensfalle 
eine Haftstrafe bis zu zehn Tagen tritt, wird bestraft, a) wer die im 
§ 1—3 erlassenen Vorschriften Übertritt, b) . ..... sofern nicht durch die 
Zuwiderhandlung die im § 327 des Strafgesetzbuches vorgesehene höhere 
Strafe verwirkt ist.“ Die Anzeige wird für erforderlich erachtet, um dem 
Polizeipräsidium die Möglichkeit zu geben, bei Auftreten von Tuberkulose 
in den genannten Anstalten eine streng auszufiihrende Desinfection anzu¬ 
ordnen. Ich brauche hier nicht anzuführen, wie schwer oft, namentlich 
bei Beginn der Krankheit, die Tuberkulose festzustellen ist, wie also eine 
Anzeige binnen 24 Stunden nur bei weit vorgeschrittenen Fällen sich wird 
durchführen lassen. Aber wenn es auch möglich wäre, alle Erkrankungen 
dieser Art, die in genannten Anstalten Vorkommen und die ärztlich be¬ 
handelt werden, ohne Ausnahme zur polizeilichen Kenntniss zu bringen, 
würde dann selbst durch eine jedes Mal auf die Anzeige folgende Desin- 
feetion für das allgemeine Beste viel gewonnen werden? Wir glauben es 
nicht. Dazu ist die Tuberkulose eine viel zu verbreitete Krankheit; viele 
sind davon befallen, ohne von der Schwere der AfFection eine Ahnung zu 
haben, viele andere wissen wohl, dass ihre Krankheit keine leichte ist, 
halten sie aber doch nicht für schwer genug, um alle Anordnungen des 
Arztes genau zu befolgen, andere befragen wohl im Beginne des Unwohl¬ 
seins den Arzt, hören aber, sei es aus Lässigkeit, sei es aus Mangel an 
den nöthigen Mitteln bald auf, sich ferneren ärztlichen Rath zu erholen, 
genug, es laufen sehr viele Leute herum und versehen ihre Geschäfte, 
die durch die Absetzung einiger Sputa für die Verbreitung von Tuberkel¬ 
bacillen Veranlassung geben können. Wenn man sich nun etwas von der 
Wirksamkeit der Desinfection bei Tuberkulose verspricht, so wttrdß: es 


799 

nicht genügen, nur nach den bekannt gewordenen Fällen den mühevollen 
und kostspieligen Apparat in Bewegung zu setzen, dann mflsste man sich 
schon entschliessen, täglich zu desinficiren, denn es ist kaum je ausge¬ 
schlossen, dass unter den vielen Personen, von denen ein grosser Gasthof 
oder ein bedeutendes Pensionat täglich durchlaufen wird, sowie unter der 
zahlreichen Bedienungsmannschaft sich mehrere Tuberkulöse befinden, 
welche die soeben gründlich gereinigten Räume mit Leichtigkeit von neuem 
inficiren können. Demnach hat also eine selten ausgeführte Desinfection 
keinen rechten Nutzen; und trotzdem soll es möglich sein, Aerzte mit 
Gef&ngnisssträfe zu bedrohen, weil sie eine Anzeige unterlassen haben, 
auf Grund deren eine Maassregel hätte angeordnet werden können, deren 
Zweckmässigkeit durchaus noch nicht erwiesen ist? Dem muss vorgebeugt 
werden, ehe die Strenge der Verordnung durch einen praktischen Fall 
illustrirt wird. 

In der Processsache, von welcher unsere Betrachtung ausgegangen 
ist, kamen die beiden angeklagten Aerzte mit einer Geldstrafe von 
je 40 Mk. davon, da, wie bei der Verkündung des Urtheils ausgeführt 
wurde (wir citiren nach dem Berichte der Vossischen Zeitung), „nach 
einem Erkenntnis dos ^Reichsgerichts vom 18. October 1890 es für den 
Thatbestand des § 327 darauf ankomme, dass die Maassregel objectiv 
dafür bestimmt ist, im sanitätspolizeilichen Interesse der Verbreitung an¬ 
steckender Seuchen vorzubeugen, und dass der Thäter sich bewusst ist, 
dieser Zweckbestimmung entgegenzuhandeln. Das habe der Gerichtshof 
bei beiden Angeklagten nicht angenommen und diese daher unter Frei¬ 
sprechung von der Anklage des Vergehens gegen § 327 nur wegen Ueber- 
tretung der Polizeiverordnung verurtheilt.“ Wie wir hören, hat die 
Staatsanwaltschaft sich Vorbehalten, die Revision gegen dieses Urtheil ein¬ 
zulegen. Wenn diese wirklich erfolgen sollte, so werden wir uns er¬ 
lauben, von dem weiteren Fortgange der Angelegenheit dem Leserkreise 
Mittheilung zu machen. — Jedenfalls ist es aber jetzt schon Aufgabe der 
ärztlichen Vereine, darüber ernstliche Erwägungen anzustellen, auf welchem 
legalen Wege am besten es möglich zu machen ist, dass der § 327 des 
Strafgesetzbuches nicht mehr gegen Aerzte in Anwendung gezogen werden 
kann, die ein mal die Anmeldepflicht versäumt haben. 


IX. Oeffentliches Sanitatswesen. 

Stand der Cholera. 

Die Ausbreitung der Cholera in Oberschlesien stellt sich als be¬ 
deutender heraus, als bisher angenommen wurde. Nach den Veröffent¬ 
lichungen des K.G.A. sind in den Kreisen Beuthen, Kattowitz, Op¬ 
peln, Pless, Rosenberg, Gr. Strehlitz und Zabrze bis zum 
18. September insgesammt 221 Erkrankungen, 101 Todesfälle angezeigt 
worden, bei weitem die Mehrzahl davon entfällt auf den Kreis Katto¬ 
witz. In der Woche vom 15. bis 22. September wurden in Oberschlesien 
59 (17) Cholerafälle gemeldet, davon im Kreise Kattowitz (11 Ortschaften) 
47 (15); in der Woche vom 23. bis 29. September betrug die 
Zahl der gemeldeten Fälle 35 (11), davon im Kreise Kattowitz (10 Ort¬ 
schaften) 34 (11). Die übrigen Cholerafälle kommen auf die Kreise Op¬ 
peln, Gr. Strehlitz, Beuthen. — Aus Ostpreussen wurden in den 
beiden letzten Septeraberwochen insgesammt 28 Erkrankungen mit nur 
3 Todesfällen gemeldet. Die Fälle vertheilen sich auf die Kreise Memel, 
Allenstein, Labiau, Wehlau; in letzterem Kreise kamen 14 (2) Fälle 
vor. Erst nachträglich wird bekannt, dass in Griestienen, einem Dorfe 
des Allensteiner Kreises, sich ein Choleraherd gebildet hatte: bis zum 
17. September waren daselbst 19 (4) Fälle vorgekommen. — Im Weichsel¬ 
gebiet wurden in der Woche vom 17. bis 24. September 29 (4), in der 
vom 24. September bis 1. October nur 4 (2) Erkrankungen (Todesfälle) 
berichtet Die Mehrzahl kam in den Kreisen Elbing-Land und Ma¬ 
rienburg, Einzelfälle in Thorn vor. — Im Netze-Warte-Gebiet sind 
nur 4 (2), bezw. 5 (3) Fälle aus Nakel zu berichten. — In der vorletzten 
Woche kam je eine Erkrankung in Aachen und Duisburg, in der letzten 
eine tödtliche in einem Orte des Kreises Luechow (Elbgebiet) vor. 

In Belgien herrscht die Cholera in der Provinz Lüttich nach wie 
vor stark. In den beiden ersten Septemberwochen wurden daselbst 139 
bezw. 92 Choleratodesfälle amtlich festgestellt. Vereinzelte Erkrankungen 
wurden aus den Provinzen Antwerpen, Brabant, Limburg und 
Luxemburg gemeldet. 

In den Niederlanden kommen wie bisher mehr vereinzelte Fälle 
in den verschiedensten Theüen des Landes vor. 

Aus Frankreich liegen Choleraberichte nicht vor. In Marseille 
scheinen in den letzten Monaten „choleraartige“ Erkrankungen und Todes¬ 
fälle in ziemlich beträchtlicher Zahl sich ereignet zu haben. 

In Galizien hatte die Epidemie in der Zeit von Anfang August 
bis gegen die Mitte des September ihren höchsten Stand. Seit den löteten 
Wochen macht sich ein stärkerer Rückgang der Erkrankungs- und Sterbe¬ 
ziffern deutlich bemerkbar: dieselben betragen in den vier September¬ 
wochen vom 3. September an: 1117 (628), 1042 (567), 731 (439), .446 
(271). Doch hat die Epidemie, wenn sie auch in einer Anzahl der früher 
ergriffenen Bezirke bereits erloschen ist, sich räumlich noch immer aus¬ 
gedehnt. Während bis Ende Juli Cliolerafälle in 20 politischen Bezirken 
aufgetreten waren, wurden im August dereu 17, im September 11 neue 
ergriffen. Vorzugsweise, sowohl was die Anzahl der infioirten Gemeinden, 
als diejenige der Erkrankungen und Sterbefälle angoht, ist der Osten des 
Landes betroffen. Hier, im Stromgebiet des Dniester, sind die Bezirke 
fast ausnahmslos verseucht, und von den 31 Bezirken, aus welchen für die 
letzte Septemberwoche Cholerameldungen vorliegen, gehören 26 dem öst¬ 
lichen Theiie Galiziens an. Der Grad, in welchem die einzelnen Bezirke 
von der Seuche heimgesucht wurden, ist natürlich, ejn sehr, verschiedener: 
il hatten nur vereinzelte Erkrankungen (unter 10), in 18 Bezirken be¬ 
trug die ZahL der letzteren zwischen 10 und 100, in 14 zwischen 100 und 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




800 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41 


500 und über 500 in 5 Bezirken, nämlich in Borszcow (667), Tlumacz 
(750), Zaleszczycki (1012), Horodenka (1048) und Buczacz (1607 
Erkrankungen). In der letzten Woche waren besonders folgende Bezirke 
betroffen: Buczacz mit 97 (63), Rohatvn 75 (38), Tlumacz 56 (32), 
Zloczow 35 (17), Stanislau 22 (13), Husiatyn 17 (9), Horodenka 
und Krakau Umgegend je 14 (11), Zaleszczycki 13 (12), Pod- 
bajce 12 (10), Lemberg Umgegend 8 (5) Erkrankungen (Todesfällen). 
— Die Gesammtzahl der seit Beginn der Epidemie bis zum 30. Septem¬ 
ber in Galizien bekannt gewordenen Cholerafälle wird im „Oesterr. San. 
W.“ auf 9087 (4971) angegeben. Die Sterblichkeit der Erkrankten be¬ 
rechnet sich danach auf etwa 59,3%. 

In der Bukowina hat die Seuche sämmtliche politischen Bezirke 
ergriffen. In den beiden letzten Wochen kamen 35 (29) bezw. 21 (15) 
Cholerafiille zur Anzeige. Die Gesammtzahl der seit Beginn der Epide¬ 
mie in der Bukowina gemeldeten Fälle beträgt bis Ende September 810 
(458). (Oesterr. San. W.) 

Ein Cholerafall ereignete sich am 12. September in Mährisch- 
Ostrau. — Ferner wird gemeldet, dass im ungarischen Comitat Mar- 
maros, an der galizischen Grenze gelegen, infolge einer Einschleppung 
durch galizische Arbeiter 23 Personen unter choleraverdächtigen Erschei¬ 
nungen erkrankt sind. 

Das österreichische Ministerium des Innern hat die Bezirke Bo- 
hordczany, Kalusz, Kolomea, Kosow, Nadworna, Podhajce, 
Sniatyn, Stanislau, Chrzanow, Wieliczka, Stadt und politischen 
Bezirk Krakau am 18. September als Choleraheerde erklärt. 


Auch in Russland macht sich in letzter Zeit eine Abnahme der 
Erkrankungs- und Sterbeziffern bemerkbar. Dagegen hat sich die Zahl 
der von der Seuche ergriffenen Gubemien etwas vermehrt. Das letzte 
officielle Cholerabulletin weist, wie wir der Petersburger medicinischen 
Wochenschrift vom 29. September entnehmen, Cholerafälle aus 47 Gu- 
bernien nach, und zählt man diesen noch denjenigen Bezirke hinzu, in denen 
in diesem Sommer früher vor kürzerer oder längerer Zeit Cholera beobachtet 
worden ist, so bilden, abgesehen von den allemördlichsten Landstrichen 
und den Kaukasusländern, in dem weiten Gebiet des europäischen Russ¬ 
land die von der Seuche bisher verschont gebiebenen Gubemien nur 
vereinzelte Inseln. Nach dem erwähnten Bulletin, dessen für die ein¬ 
zelnen Gubemien nicht gleichmässige Daten nicht über. die -Mitte des 
September hinausreichen, hatten die Gubemien Kielce, Podolien, 
Bessarabien, Petrikau, Radom, Grodno, Siedlecz, Warschau, 
Jaroslaw, Minsk, Nishni-Nowgorod, Rjäesan, Sarätow die 
meisten, nämlich über 100 Erkrankungen in der betreffenden Berichts¬ 
woche; in den übrigen Gubemien betrug die Zahl der Erkrankungen 
unter 100. Nach neueren Nachrichten hat die Cholera in säüimtlichen 
russisch-polnischen Gubemien, wo sie bis in den September hinein 
ausserordentlich heftig aufgetreten war, in den letzten Wochen sehr ab- 
genommen, dagegen ist sie in den Gubemien Podolien, Bessarabien, 
Wolhynien, Nishni-Nowgorod, Rjaesan, Saratow, Kostroma, 
Nowgorod, Jaroslaw, Olonez noch stark verbreitet. In Peters¬ 
burg hatte die Seuche bis gegen Ende August ziemlich gleichmässig 
abgenommen, erfuhr dann auf kurze Zeit wieder eine Steigerung, um d«.np bis 
gegen Ende September neuerdings geringere Erkrankungs- und Sterbe¬ 
ziffern aufzuweisen. Nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift 
beträgt die Gesammtzahl der bis zum 26. September in Petersburg an 
Cholera Erkrankten (Gestorbenen) 4516 (2198). Ende August wurden in 
M o s ka u einzelne Gholerafälle beobachtet. In der Stadt Warschau betrugen 
A ie ]® tz l eu ^ at , en ( ü r r ,? e Zeit vom 3 ~ 12 * September 44 (19), vom 13. 
bis 19. September lo (6). In der Stadt Riga waren vom 1—12. Septem- 
b -nochllO < 52 \ im ganzen bis zum 24. September 274 (128) Erkrankungen 
(Todesfälle) vorgekommen. Ueber die in ganz Russland in den amtlichen 
Nachweisungen veröffentlichten Gholerafälle bringt das Oesterr. Sanitätswesen 
1U Tj g *ii d y W1 f folgendes entnehmen. Die Daten scheinen 
mit dem erwähnten Bulletin abzuschliessen, d. h. sie gehen nicht über 

krfätfTw In t 8 Gube T en und den Städten Peters- 
burg Kronstadt und Warschau wurden bis dahin insgesammt 43525 
Erkrankungen, 20 844 Sterbefälle angezeigt. Die meisten Erkrankungen 
hatten die Gubemien Kielce (5941), Radom (5741) Petrikau (3690) 
Warschau (385°), Grodno (2746), Petersburg (2417), Stadt Peters- 
urg (bis 21. September 2131) — vergleiche dazu die oben erwähnte Be¬ 
rechnung der Petersb. med. Wochenschr. —, Stadt Warschau (1162) 

ft 70 fi) ai p b i eub Ji 71 ( 1706 )i Nishni-Nowgorod (1535), Plock 
(1706) Podolien (1312), Siedlec (1264). Die übrigen Gubemien weisen 

gesehenen IT klein e Ziffern auf. Inwieweit die 

ITlTZ ^r^htig sind, entzieht sich der Beurteilung, doch muss 

ihrer ll Zuverl!ls^£it*OTegen! nS1C ^*^ C * 1 Stadt “mrgZweife! an 
I"fngran“- Hu/"“®^ 12 - & P‘ember 214 (138) grösstentiefls k 

^f a öuf b v", ka ” r ä 

11. September 7 (5) Fälle gemeldet P6 ' Wnrden vom 7 ‘ b,s 

siSfiSÄpSHS: 

Si i sä bää iSSis 
ÄJÄSÄÄÄ 5Üi 


behandelt zu werden pflegten. Nach den Veröffentlichungen des Könitr- 
liehen Gesundheitsamtes sind in Bombay übrigens in den 8 Wochpn vtL 
29 Juni bis 21. August 11, 14, 26, 37, 38, 71, 23, 12 Personen “ 
Cholera gestorben. _ Sperling. 


— In der Section für Öffentliche Gesundheitspflege der vom 31 Juli 
bis 1. August d. J. in Bristol abgehaltenen 62. Versammlung der British 
medical Association machte Dr. Biggs aus New-York eine Mit¬ 
teilung, die allgemeine Beachtung verdient. Danach hat das Health- 
Departement in New-York 40 Stationen eingerichtet, welche die prakti¬ 
schen Aerzte mit den notwendigsten Utensilien und Nährböden (Blut¬ 
serum) für die Züchtung der Diphtheriebacilien und einer Anweisung 
für die Handhabung des Verfahrens versehen. Ein sterilisirtes Watte- 
bäuschchen soll über die erkrankten oder verdächtigen Rachenorgane 
hingeführt und dann auf dem Serumröhrchen ausgebreitet werden. Die 
letzteren werden dann täglich gesammelt und der bacteriologischen Ab¬ 
teilung des oben genannten Instituts nach 24stündiger Aufbewahrung 
im Brütschrank untersucht. Am anderen Tage erhält der betreffende 
Arzt schriftlichen Bescheid über den Ausfall der Prüfung. Bisher wurden 
6000 erstmalige und mehr als 5000 wiederholte Untersuchungen aus¬ 
geführt. Dabei hat sich mit auffallender Häufigkeit die wichtige, zuerst 
von Löffler ermittelte Thatsache feststellen lassen, dass auch nach 
anscheinend völliger Heilung der erkrankten Kinder virulente 
Diphtheriebacilien viele Wochen hindurch auf den Rachen¬ 
organen noch in grösseren Mengen vorhanden sein können. 
Die Gesundheitsbehörde hat deshalb angeordnet, dass die Desinfection der 
Wohnungen u. s. w. bei Fällen von Diphtherie stets erst dann statthaben 
solle, wenn durch die bacteriologische Untersuchung das Fehlen der 
Bacillen festgestellt sei; ebenso lange sollen dieReconvalescenten nament¬ 
lich in Gasthöfen, Boarding Houses u. s. f. isolirt und unter Aufsicht 
bleiben. Die Thatsache, dass diese weitgehenden Vorschriften sich an¬ 
scheinend als praktisch durchführbar erwiesen haben, entbehrt nicht 
des Interesses. (British medical Journal No. 1755.) 


X. Kleine Mitteilungen. 

Berlin. Das Curatorium des Kaiser und Kaiserin Friedrich- 
Kinder-Krankenhauses erlässt, da der seitens der städtischen Be¬ 
hörden früher gewährte Zuschuss in Wegfall gekommen, einen Appell an 
die öffentliche Mildthätigkeit. Wir weisen unsere Leser darauf hin unter 
Hervorhebung, dass gerade jetzt sehr erhebliche Summen erforderlich sind, 
um die Versuche der Diphtheriebehandlung mit Antitoxin, die in dem 
Krankenhause im Gange sind, fortsetzen zu können. 

— Ueber den jüngst in Frankfurt a. M. verstorbenen Geheimen 
Sanitätsrath H. Hoffmann, dessen Tod wir in No. 39 unserer Wochen¬ 
schrift gemeldet haben, erhalten wir von Herrn Prof. Moritz Schmidt 
folgende dankenswerthen Notizen: „. . , Er war ausserdem noch ein sehr 
verdienter College, der auch in ernsteren Dingen viel geleistet hat. So hat 
er als noch ganz junger Mann die hiesige Armenklimk, eine der ersten 
überhaupt, mit fünf anderen Collegen gegründet, er war Lehrer der 
Anatomie am Senkenbergianum, dann während 37 Jahren Direktor der 
hiesigen Irrenanstalt, Er war einer der ersten in Deutschland, der die 
menschenwürdigere Behandlung der Geisteskranken eingeführt, und er hat 
mit grösster persönlicher Mühe und Thatkraft die Gelder zum Bau einer 
neuen Irrenanstalt hier zusammengebracht. Das rechnen wir ihm hier 
zum grössten Verdienste an. Ferner war er Mitgründer des hiesigen 
ärztlichen Vereins, der im nächsten Jahre sein 50jähriges Jubiläum feiert. 
Daneben war ihm auch die „Frohnatur und Lust zu fabuliren“ in hohem 
Grade eigen, und eine ungemein grosse Zahl von heiteren Kindom der 
Muse sind von ihm in die Welt gesetzt worden, die Alt und Jung überall 
erfreuten. Unter seinen humoristischen Schriften ist eine der vorzüg¬ 
lichsten „das Bad Salzloch von Dr. Polykarpus Gastfänger“. Es ist aber 
wenig bekannt geworden, dass er der Verfasser war.“ 

— Ein internationales Comitd, dem von Deutschen Caspary 
(Königsberg), Kromayer (Halle), Lassar (Berlin), G. Lewin (Berlin), 
Neisser (Breslau), Unna (Hamburg), A. Wolff (Strassburg) angehören, 
hat sich die Aufgabe gestellt, die Mittel zur Errichtung eines Denkmals 
für Daniel Danielssen zusammenzubringen. 

— München. Der frühere Leiter der medicinischen Klinik in Jena, 
Prof. Dr. Rossbach ist hier gestorben. 

—- Wien. Der oberste Sanitätsrath hat beschlossen, die Herstellung 
v ? n Diphtherieheilserum auf Staatskosten zu besorgen. Es ist zu 
diesem Zweck vorläufig ein Laboratorium im Militärthierarzneiinstitut 
eingerichtet worden. Beabsichtigt ist die Einstellung einer grösseren 
Summe in den Staatshaushalt zur Begründung einer grösseren Anstalt. 

— Paris. In Bruy6res-en-Vosges ist ein Denkmal für Villennin 
enthüllt worden. 

— Dr. Georg Fischer, Oberarzt am Stadtkrankenhause zu Han¬ 
nover (Warmbüchenstrasse 22), bereitet mit Einwilligung von Frau Hof¬ 
rath Billroth in Wien eine Veröffentlichung der Briefe des grossen 
Chirurgen Theodor Billroth vor und bittet darum, ihm Briefe des 
Verstorbenen für kurze Zeit zur Einsicht schicken zu wollen. 

. . — Das bekannte Werk Senator’s über Albuminurie ist in 

italienischer.Uebersetzung erschienen. 

— Universitäten. Giessen. Dr. Walther aus Darmstadt hat 
sich als Privatdoeent für Gynäkologie und Geburtshülfe habilitirt. — 
Wien. Die Privatdocenten der Gynäkologie und Geburtshtllfe, Dr. K. Breus 
üDd Dr. G. Lott und die Privatdocenten für Dermatologie und Syphilido- 
logie, Dr. E. Finger und Dr. F. Mracek sind zu ausserordentlichen 
Professoren ernannt. — Lemberg. Dr. H. Ka’dyi ist zum ordentlichen 
Professor ernannt. _1_*__ 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag M 4J8. _ 18. October 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Aus dem hygienischen Universitätsinstitut in Greifswald. 

Die lokale Behandlung der Rachen¬ 
diphtherie. 1 ) 

Von Prof. F. Loeffler in Greifswald. 

M. H.! Wenn ich in dem Augenblicke, in welchem die Boh¬ 
ren g’sche Heilserumtherapie bei der Diphtherie ihre Triumphe zu 
feiern beginnt, Ihnen eine Mittheilung über die lokale Behandlung 
der Rachendiphtherie zu machen mir erlaube, so könnte dies man¬ 
chem von Ihnen als ein Superfluum erscheinen. Wenn durch ein 
in den Körper an einer beliebigen Stelle eingespritztes Antitoxin 
der diphtherische Process sicher coupirt, geheilt wird, wozu dann 
noch eine lokale Behandlung? Die Gründe, weshalb ich trotz der 
Serumtherapie nicht anstehe, Ihnen die Ergebnisse meiner seit einer 
Reihe von Jahren fortgeführten Untersuchungen über die lokale 
Behandlung der Rachendiphtherie mitzutheilen, sind folgende: In 
einer recht erheblichen Zahl von Fällen ist die von mir aufgefuii- 
dene, auf bacteriologischeu Studien basirende Behandlungsmethode 
mit ausgezeichnetem Erfolge in Anwendung gezogen worden. Es 
hat sich ergeben, dass der im Anfang stets lokale Process, falls der 
Sitz der primären Affection eine locale Behandlung gestattet, durch 
meine Behandlungsmethode sicher coupirt werden kann. Zudem 
werden die die diphtherieähnlichen Rachenerkrankungen bedingen¬ 
den und auch die den diphtheritischen Process selbst so häufig 
complicirenden pathogenen und saprophytischen Bacterien ebenfalls 
durch diese Behandlung beeinflusst, so dass jeder verdächtige Fall 
von Raehenerkrankung, gleichviel ob diphtherischer oder nicht 
diphtherischer Natur, mit gleich günstigem Erfolge durch mein 
Mittel behandelt werden kann, während die rein specifische Serum¬ 
therapie auf die anderen, die Diphtherie häufig complicirenden Or¬ 
ganismen nicht einwirkt. Auch dürfte es für die Prophylaxe der 
Diphtherie von Wichtigkeit sein, dass eine grosse Menge viru¬ 
lenter Bacillen an ihrer Ansiedelungsstätte abgetödtet werden, dass 
mithin die Zahl der in infectionstüchtigem Zustande nach aussen 
gelangenden Bacillen durch die lokale Behandlung erheblich ver¬ 
mindert wird. 

Dazu kommt, dass die Kosten des Mittels unerheblich sind 
und dass Schädigungen der Gesundheit durch dasselbe nicht be¬ 
dingt werden. 

Der Weg, auf welchem ich zu meinem Mittel gelangt bin, ist 
folgender: In einer früheren Mittheilung 2 ) hatte ich dargelegt, dass 
bei der lokalen Bekämpfung der Diphtherie zwei Momente zu beachten 
seien: 1) komme es darauf an, die Ansiedelungen von Diphtherie¬ 
bacillen zu verhüten und 2) die angesiedelten, in den oberflächlichen 
Schichten der Pseudomembranen zu dichten Haufen entwickelten 
Bacillen abzutödten. Ich hatte deshalb Mittel zu finden gesucht, 
welche in möglichst kurzer Zeit, bei einer wenige (10—20) Secun- 
den währenden Application diesen Anforderungen gerecht zu werden 
vermöchten, indem ich einmal Aussaaten von Diphtheriebacillen 
auf der von mir angegebenen Blutserummischung und dann voll¬ 
entwickelte Culturen der Bacillen auf demselben Substrat im Re¬ 
agensglase mit den betreffenden Substanzen behandelte. 


*) Nach einem in der Section für Aetiologie der infectiösen Krank¬ 
heiten des Vm. internationalen Congresses für Hygiene und Demographie 
in Budapest am 4. September 1894 gehaltenen Vorträge. 

*) Zur Therapie der Diphtherie. Deutsche med. Wochenschr. 1891, 
No. 10. 


Diese Versuche hatten zu dem Ergebniss geführt, dass bei 
continuirlicher Einwirkung die Dämpfe mehrerer Kohlenwasserstoffe, 
wie Benzol, Toluol, mehrorer Aether der aromatischen Reihe, wie 
Phenetol und Anisol, sowie mehrerer ätherischer Oele, wie Apfelsinen¬ 
schalenöl, Citronenöl, Eucalyptusöl, ferner bei 10 Secunden währen¬ 
der Berührung Sublimat 1:10000 bis 1:15000, Quecksilbercyanid 
1:8000 bis 10000, Chloroformwasser, Chlorwasser mit einem Theil 
Chlor in 1100 Theilen Wasser, Thymol 1 Theil in 500 Theilen 
20°/oigen Alkohols, die Entwickelung der ausgesäten Diphtherie¬ 
bacillen auf den Serumflächen zu verhindern vermochten, und ferner, 
dass Culturen der Diphtheriebacillen in 20 Secunden abge¬ 
tödtet wurden durch Sublimat 1:1000, Carbolsäure 3% in 
30°/oigem Alkohol, durch 5o/ 0 ige wässerige Carbol-, 2o/ 0 ige wässe¬ 
rige Brom- und l%ige wässerige Chlorlösungen, sowie auch durch 
eine Mischung von gleichen Volumina Alkohol und Terpentinöl mit 
2o/ 0 iger Carbolsäure. 

Die praktische Erfahrung lehrte nun, dass mit diesen im 
Laboratorium erprobten Mitteln sich recht gute Erfolge erzielen 
Hessen, dass es aber sehr schwierig war, 20 Secunden währende 
Gurgelungen oder Pinselungen mit den betreffenden Substanzen 
vorzunehmen. Ich suchte deshalb nach Mitteln, welche die gleiche 
Diphtherieculturen abtödtende Wirkung in noch kürzerer Zeit, wo¬ 
möglich momentan oder in wenigen Secunden haben möchten. 

Auffallend war es mir bei meinen früheren Versuchen ge¬ 
wesen, dass ein Gemisch von gleichen Theilen Alkohol und Ter¬ 
pentinöl ohne erhebliche Wirkung gewesen war, dass aber ein Zu¬ 
satz von 2% Carbol diese Mischung hatte wirksam werden lassen, 
und zwar erheblich wirksamer als die einzelnen Componenten der 
Mischung. Ich hoffte deshalb durch Combinationen verschiedener 
Substanzen zum Ziele zu gelangen. Zwar waren Mischungen der 
am energischsten in Dampfform auf die Aussaaten einwirkenden 
Körper mit Alkohol verschiedener Stärke, so z. B. Toluol mit 
25% Alkohol versetzt, 70% Alkohol, in welchem 9% Toluol ge¬ 
löst war, Anisol 1% in Alkohol, Phenetol 20% in 60%igem 
Alkohol gelöst, ohne wesentliche Wirkung auf Culturen geblieben. 
Doch gab ich deshalb nicht jede Hoffnung auf, sondern nahm diese 
Versuche von neuem auf und fand dann auch schUessHch nach 
vielen Versuchen, dass, wenn das Mischungsverhältniss der Kohlen¬ 
wasserstoffe zum Alkohol ein ganz bestimmtes war, die Wirkung 
erheblich gesteigert wurde, und zwar zeigte sich am wirksamsten 
eine Mischung von 64 Volumtheilen Alkohol und 36 Volumtlieilen 
Benzol oder Toluol. 

Nachdem dies Factum sichergestellt war, versuchte ich durch 
Zusätze anderer Körper den Wirkungswerth der Kohlenwasserstoff¬ 
alkoholmischungen noch zu erhöhen. 

Da ich Körper von einer erheblichen Giftigkeit wie SubUmat 
und Carbol zu vermeiden wünschte, richtete sich mein Augenmerk 
auf eine vielfach in der Therapie der Diphtherie nach Angabe der 
betreffenden Autoren mit gutem Erfolge verwendete Verbindung, 
auf den Liquor ferri sesquichlorati. 

Orientirende Versuche, welche ich besonders auf Anregung der 
Herren Rehn in Frankfurt a. M. und Reinhardt in Stralsund im 
Jahre 1891 vorgenommen hatte, hatten ergeben, dass reiner Liquor 
ferri Aussaaten der Diphtheriebacillen momentan abtödtete, 
dass Verdünnungen desselben mit dem gleichen und doppelten Vo¬ 
lumen Wasser ebenso schnell wirkten, dass 1 Theil Liquor ferri mit 
5 Wasser zwar nicht mehr momentan, aber doch noch nach 5 Secunden 
die besäte Fläche steril machte und dass sogar 1 Theil Liquor 
mit 9 Wasser eine recht erhebliche, wenn auch nicht mehr ganz 


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802 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Na. £2 


sichere Wirkung auF AÜsSAöfe« bot 10 Seeundm dauernder Ein¬ 
wirkung erkennim liesk. Ciilturtih Wtf$rj<*n düreh reinen Liquor 
in 10 Sovimden u-bgutödtet,, •Ynrfjßiinungen von 1 4-1 und 1-s2 Wasser 
hntteö in 20 Sucundeu eifio nahezu sichere Wirkung;;: (Mini -analog dem 
Liquor lorri sesi|ntdiiöraii verbiöll suih der Liquor fern sulfurim 
ox^iiafj, i.«\Wdc~um dagegen war der Liquor tun .»vjiTilunm 
Die J ¥iuä(\irfr fern chlarnti petlirreu. und die 'Tinctunt fern &neti£i 
uerbefea tödiaden A-fissiüifrm in weiugen/Seetmden. CulMmin gegen- j 
über aber war derou Einwirkung bei 20. J&Lüiidoü Dauer unsidißk j 
lob wählte dMml b ;.zu dev TvoJkj^ä^ü-^e^O’Ä- ■; 
.AlkühuJiiiiwObMiig dim Liquor fetri aasquiehlond.i Geringe Zusätze ! 
1 —2’Vu. erhöhten dte Wirkung nicht WffeiUrdb* er&t hei einöm 
Äu&ittä von 4 n . ( , wurde die* "Wirkung eiu« imiatnnt bc<-**.'Mit 
einer derartiges Mischung von: 

Aieohol t )0 Volumina 
' Toluol ’M) 

; LiQU.eT-‘fefT* ^r^htuiijnnvt. i vnluniina 
Jmhe • ich • öUü mhe, gimsrw Kmlm von Versuchen aügeskeUL. loh 
wählte das TyJiiol an Stelle de* tieileicht uöoli etwus wirk¬ 
samerem Benzols, weil «}pi Ge-mtimuek Oes Toluols ein besserer ist 
und weil das Tohnd fe«?i ipiirrlteher Barr«khnüg in größeren Dg- 
soll von ragen *-vi•’;t :\U Tv- Ibmzol. Iteveh ..die Mis.dimig wurden 
duke', VuIlmiUnukeBe rmteiMHchteu ja h $m?odcn ubgrtddj.of, 
Wuftio- Mornsrhwui neben »ine Oese vmthmter 1 len in 


•weise genau vertraut gemacht warn, tirtO Fällen, I& MÄr- 
Uzareth in 5 Füllen und in ttör internen Klinik 
ijkUcimHtfcii 'MoeL.vr in 30 P$&m aags^enÄ- JSÜimnftltü F$iu 
wurdm? bacteriologiscli durch Aussüen von BeUgt-heiic-heu auf mmir 
ßtufscjauu misch ung untersucht.. 

\\m den unter diphtherischen Ersobeifcuugsm Erkrankte« tum 
mit dom Mittel Bchaiidolton heti m rund Yn To keine Diphihmte 
hä Villen. Die Kahl der echten I)!>ilH.horiemt verhielt u»k 2u der Z;hi 
der iliphfhencOhüjichen Eftankungen mithin wie H i 1, ein Wr- 
hitHrvM, welches dom von amierwi Üntersiuhöni zwischou oohM 
und lakthor Dtybtbcrii» gfduudermn MmnHoh gDi< ii ist. 

Die Mentalität der wahrend der DiptUhmteMderrde prdBGmii 

gemeldeten Fälle hat 18,2 Eh 'betragen. 

Von den süiiimdlclmu in privater Behandlung 
umt. mit dem Mittel Mi and eMcn II Fatemten iM ~akü rhi niazW 
*;e>Mi-hon. s Fast alle diase Fälle sind frühzeitig iimovMh aW 
ervtoj» heldnn Tuge UftOh -der. Erkvhnkurnr m ?iir [khmnlhme ev 
kofm.icit. Von den In dm* Klinik Mnmdcdteu 30 Ffijhm, h'vi.Jj,. 
föoist emst ruioh dem wtdUui Ktankhcdtstagf zur feimuOWg $$ 
langten-, sind IChj-t gesturbon. Vier derselbe« waren dUmrhmvpt .hitid 
mehr für dir loealo- Böbandtung '.gwdgnct.,. fU bei ibhoji vier ditihthv- 
rischo [‘rneoss li.umit-s auf den Kehlkopf und aut die N.ma ri!»n’- 
gegriffen Iiafck<\ ak die Bohanditmg imgann. Der fünfte Fall to 



Citit.ni’eu der idpliUioi'icbiieHif.*! unter die Ihnl Wiir die Wirkung : ;i L normal. Ihm schueilo .Absihkau der Tompöratur, WeloliWis 
ayciltnau hei der aiachlu^igott Einsiif'IWajiiW .[ Tür' 1 * ^ ' ----- 


dtT Baeiiloa mit »fekelbvn zu Tr.Äh 


auch iiae-ii der Dduction grosser Jluilserummwigm» hpf»haehtä‘ ^lÄ 
ht*weist dass Junsli die lokal«. lhhuudHmg dis Giflprodnri.lm» 
döi' BafiiUün sisffr't kt. VicUhteht' wdru huch di»? iDaorptictf den 
bereits’. in den MenUu-ancu gebüdoren Giftes duv*;K dir 
verhindeil, djanz bosomiovs heionon -müchto ich die mci-d st-br 


dVpAimehüiig nur cifton ThaB. 

mMMMpin m - -. 

Auch aucJi Appifrylloü der Diphtlroriehmdllon die Vulva 

t ........ ..,,, ,„.. . . -- 

empfDhh'ii hrtb«, weil erden Verhüll;.der icutirlrdh'c f »Dt 1 . - ndÜaliigc schmdlc Biaiscruüc dos Aifgenifdnh‘hmicns Lhr AHm 
tum Im im Monschou focht tw orUprei iwn siduon als diö- suhoMOmv. ,,i,|, "‘‘" tkhmm nach • 'wmiigmt'Tügen eine andere f>*flkisi6«x an,Wir 
inipiiuäg. konnte h-'u drirch Appliba-tion der Mip'Tiung stets HoiJtutc j 'v.utaleii weich und hrhig; n?ni lassen sich iti -grorsen Fotaeii ad- 
erzielen, wofern imeh naht die 'lMox.icati.oii durch das von den Km j ^Ischeu. . KhTno KoshF'dcr: .sogcaamnvn sccmhdrer! Mem(‘mimu 
eilhin produdrfe LiK mngcir.u, ,«• war. i Di*«T v.l weit he tu Tugn treten, so lauge Ji« durch Aufnahme 

Die Misrfcmm bst eh» «*nerpL;lif Ein^ukumr a»U ihphfhi’ricgti’fes ImdingKm 0*"ucbf- und iiaiumiHhh fDffes- 


semdchü Chuyohfg U1Q dmscdUcm Sind imsUrHUs dtiVa Id ecu* 

Ausser aafzimehMtm, ohac, dass mm* Aö^hghitmg. des Toluols 
Antritt, bin Tropfen auf itiu (\u*nea »aues IviufthohOiisi gohnu.ht, 
bpavukt ein mo.uaddLoslüson d»t'; oburMöu- Kdld'ditcn derselben 
In ! f'tzcxL Eä : eitfwjektdt xicti dann ninn Tpfibupg der Hün^hunt 
uu»l »ine Eiterung Ur i-U Kgeu kehrt da* 

Auge zur Vorm zurü- k, Bei dw t Application uui Jm B;:*di»4»- 
»uWouuhaut gesunder indiyhUm-n ejatstalu eiV ^bjptfU-s Bpommn; : 

das LfutheHviid Mir tiu^’gjsrjiöf.ivhslei^‘t _ *» ._ ^ v 

Ketin Afiplü.ünm kann es Hogaj, wie lhti t.oDegf KtrUhipg j D.i «Mo DiplithetdobaeUlun An Rnagensglase limdts arnh i Stumlmt- 
u»ns..it]it U.itr, tu einer Ieiditon Exsudaf.jo.n auf die Oherdiiehe ! mikroMcopmch nrkwmhare ■Ookminrm. zu. bilrmu venvtOgcn, so muss, 
lommeu IM ■BrenmmJdfiSF mich wenigen Minuten nach ümi voh I &*> Applumthm. dos Miu.ds niLhesfmm al!» vier Kluudme 
I u. , . JV . ln ' , ^ ut f * (>j rmmgis* heu AV'iikimg in dm TmK mH' j ü.omh dmsi.iimjllfh gesphebtni, sc* lauge bis die TcrnporhMir zur Nui’Ui 

T UySe{ ?i lM r h ^• ar ^ , ‘ u imiziAlwTiiien Wirkung des i ^urücte-gä.ugm) und das Allgcniein'bohudeü ein ^ubWdonstihende« 

Ti‘^- ' S ' • ,1,>u WHhs:tn X nu,KuhstFjr>.An das EiiolriPgop h »>m : ^worden id. fst .dieser Koitpimkt eiagotreten, so genügt, ft?, 

4 0 ^ :nu-t, beudii Seme timrnpouiim‘hn Wirkfamkoii | MojgmiH, MitJags lind Abends die Appliuation rfmumdmien hi« 

imcjJkbpo au dun DuU I VVrS»ijiwl«deii der Bölsiäh 


YffUndcruiignti ipifbcätohou, lileilion Mündern in umVu Kr.vpUm d«P 
Inmuden oiowciion nmdi bis zür Diuiß'r einer Wodm,• jti• selbst 
imh eiöigd Tagd hiogor br-moikhar. So laugr irgend' welche 
McnibräimurHsfcd Ymbündw» sind, mos.*, dm lukiile* Kdininjbm^ ihn*■ 
pdsetFt wopdfpf, dainit dicht »Bö überall auf dwTibthjhiuhe' hv,c 

KaohcpschloimldUitd vorluuubmpP Bnctlhm yii.h von ijemup in den 
Mcnihsumeu Wsravdzeh und von neuem Gift protluhrem ; 

Vpp der aliorgrfestpij Wichtigkeit- Dt «\ daäs. pü ulmr cWtoi* 
Tug^h dD Ibköle Application muirgisoh .nad hiudp’ gcmxg gek^tieltf» 


zur Ltpr«.! »mg d«r (U . b IVu { mKd.m } rl .j 

mphthömfcriiukun- muK+hm» Die Gftlogcnhmh hierzu hot skh mir 



üekktö: ^ 

Da mir ^itetiCffläfceamatflr^c »^fe W Vwffitw stand, a ö 

Ut j,Ii Ht-in, (t.il.-of.w Ktrülii]!^, « olotifr voi- uhiu'i.« .»jimi 

b .li, Praxis «bertm««« ],« dlo iC an- 
Fp'T 1 '-. J -A tl, ‘' ni ' tUil " m " ,,,w «< '•Ommlehi. Horj- 

'• ' , ”1-' ' l i' ; 4 " :)l ’ s " ,,>l ' t n;.. is.ä,... i,h i) im von nipiTien 

U .d'RÜ'- Vl"'' Ul 1 ^■' ;1 ' 1 ."'“ Ii<,;< ' Uu,,i ‘■'•’ i ■>'•'• !.H(.hU i ,.ri, i k, ; ,nk<-n 

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. mit einer- Kocuzsnge. rrn S? üök Waffe und dun-h Fnnlnhon 
i der Watte- um die .^ftpgeimpitycn einen iniudlieheii -Wulst. juusMK. 
■j Mil cuuein -sidehen Ikutseh vmht mail smuiehät ule aflioirtei» 
ab, ?mi. die ishwilaFhltclj a.uitslfendcn SdhieimtheiJg. zu enHerumu 
Daun nimmt nmn kmn fri.^bea WaGebauWiv, träufelt .auf 
»ms der FifiM-h« die Fiii^igkrit ;tuL bis der Bausch g-m/ -huTi- 
: (r ankt ist, und druckt nun tierischen, kräftig: wlihrcud ? f *hn Secifi- 
I den geg»m die von Mmubrumm bodpektnn Sttlkm au. rnfm IV- 
nalzung irnfper frtscJi WaiIfd)ti»Dchi v h*k ,T,3 D 

Sorge zu tiagen,.dass hütimUi« he a.ffieirtft Stella« unter di»* M irkme: 
üee Medienmontß« geiärngmi 

ln .sehtvoHoyn Ffülen lässt mün zpmckmäwTg kurze un« h 
»!ov erstenApplication gjoitb houH eim* zweit» Toi geh.: 

Du diu ihit.iepfcji häu/ig» bei hier ApidicHtHm dundi Ilo.-^v '- 
ist-Öftsp .’Flü^aigkeil.. am? dem „Monde hmau^ebiemh » n. so sitd.lp. now* 
sich, während derscilxm reii uürl.^. Auch eit»i>Ö<ddt ■(■* ~ ; o ü *hg 
iVugon durch Apfhetzeii einer Öcbuübrillu vor der 
ausgehusteUdi Mnn?v>ti zu k»J duzen. 


GttsJi 






18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Wenn die Application häufig und energisch genug geschieht, 
so schreitet der Process nicht weiter. Bisweilen sieht man gleich¬ 
wohl neue Stellen der Schleimhaut sich mit Belag bedecken. Fast 
immer handelt es sich dabei um bereits erkrankte, aber vorher 
makroskopisch noch nicht als erkrankt erkennbar gewesene Stellen. 
Wir haben in keinem Falle ein Weitergreifen nach abwärts auf 
den Kehlkopf oder nach aufwärts in die Nasenhöhlen beobachten 
können. Auch anderweitige Complicationen, namentlich consecutive 
Lähmungen kamen nur selten zur Beobachtung, und zwar nur 
dann, wenn bereits bei Beginn der Behandlung der Process räum¬ 
lich weit ausgedehnt gewesen und eine Reihe von Tagen seit dem 
Beginn der Erkrankung verflossen war. 

Ich sehe davon ab, meine Herren, Ihnen die sämmtlichen 
Krankengeschichten hier vorzutragen, ich begnüge mich, zur 
Llustrirung der Wirkung der Behandlung Ihnen einen Fall kurz 
zu skizziren. bei welchem ich selbst die Behandlung durch geführt 
habe. Derselbe betrifft meine zehnjährige Tochter. 

Am 9. Mai dieses Jahres Morgens klagte dieselbe, als sie zur Schule 

g ehen wollte, über Schluckbeschwerden und allgemeines Unwohlsein. 

ie lokale Inspection ergab eine Rachen- und Mandelentzündung; besonders 
die rechte Mandel war stark geschwollen und geröthet. Ich legte der 
Erkrankung keine besondere Bedeutung bei und verordnete nur einen 
hydropathischen Umschlag. Als ich Mittags nach Hause kam, fand ich 
das Bild wesentlich verändert. Das Kind hatte dreimal heftig erbrochen; 
es sah blass und verfallen aus. Die Temperatur betrug 38,6, der Puls 130. 
Auf der rechten Mandel besonders zeigte sich ein zarter reifartiger Belag, 
auch liessen sich mehrere kleine subepitheliale Ecchymosen erkennen. Ich 
machte nun einen Abstrich aut Blutserum und applicirte sofort und Hann 
noch einmal Abends mein Mittel. Ausserdem liess ich mit Hydrargyrum 
cyanatum 1:8000 halbstündlich gurgeln. Am nächsten Morgen zeigte 
sich auf den Mandeln und auf den Gaumenbögen Belag, das Allgemein¬ 
befinden war besser, die Temperatur 37.9, der Puls 110. Auf den Blut¬ 
serumröhrchen fand sich ein Ueberzug von einer fast reinen Diphtherie- 
bacillencultur. Application des Mittels Morgens, Mittags, Nachmittags, 
Abends. Abends Temperatur 37,4. Puls 90. Am nächsten Morgen befand 
sich das Kind wohl, Temperatur 36,9, Puls 80. Die Belöge stark zurück¬ 
gegangen. Application Morgens und Abends. 

Am 12. Mai kein Belag mehr, aber noch starke Röthung der Rachen¬ 
organe. Wohlbefinden. Steht auf. Morgens nochmals Application des 
Mittels. Durch die täglich fortgeführte bacteriologische Untersuchung 
wurde die Anwesenheit der Bacillen in den tiefen Krypten der Tonsillen 
bis zum Ende Mai nachgowiesen, also fast drei Wochen nach dem Ver¬ 
schwinden der Beläge. 

Der Fall setzte unzweifelhaft ziemlich schwer ein. Durch die 
sehr frühzeitige energische Lokalbehandlung ist er nach meiner 
Ansicht coupirt worden. 

Im Laufe der praktischen Versuche mit meinem Mittel stellte 
es sich heraus, dass unter gewissen Umständen der Ersatz des 
Liquor ferri durch eine andere wirksame Substanz in der Alkohol- 
Toluolmischung von Vortheil sein könnte. Es zeigte sich, dass, wenn 
Fäulnissprocesse im Rachen, namentlich in den Membranen statt 
hatten, die Membranen und die Zunge schwarz gefärbt wurden. 
Durch den bei den Fäulnissprocessen gebildeten Schwefelwasserstoff 
wurde das Eisenchlorid in Schwefeleisen verwandelt und dadurch 
unwirksam gemacht. 

Ausserdem klagten einzelne Patienten nach mehrmaliger Appli¬ 
cation des Mittels über heftige Schmerzen bei jeder neuen Appli¬ 
cation. Die Schmerzen gingen zwar in wenigen Minuten vorüber, 
immerhin aber wurden dieselben doch sehr unangenehm empfunden? 

Um die Schmerzhaftigkeit der Application zu vermindern, ver¬ 
suchte ich auf Vorschlag des Herrn Collegen Strübing einen 
Zusatz von Menthol. Einige orientirende Versuche mit alkoho¬ 
lischen Menthollösungen .ergaben, dass dieser Körper an sich schon 
eine gewisse Wirksamkeit gegenüber den Diphtheriebacillen be¬ 
sitzt. So tödtete z. B. schon eine Lösung von ßprocentigem Men¬ 
thol in 62procentigem Alkohol Aussaaten der Diphtherie nahezu 
momentan. 

Da lOprocentige Menthollösungen vielfach bei der Behandlung 
von Halsaffectionen verwandt werden, wählte ich als Zusatzmenge 
10 g (gleich etwa 20 ccm) Menthol zu 100 Theilen der Mischung. 
Ich verfuhr dabei so, dass ich dieses Quantum in einen in Cubik- 
centimeter getheilten Messcylinder hineingab und soviel Toluol hin¬ 
zusetzte, dass die Menthol-Toluollösung 36 ccm betrug, dann fügte 
ich 60 ccm Alkohol und 4 ccm Liquor ferri sesquichlorati hinzu. 
Diese Mischung wurde in der That sehr viel besser vertragen als 
die Mischung ohne Menthol. Die Wirkung der Mischung nach 
dem Mentholzusatz war eine gleich gute wie ohne denselben. 

Nunmehr suchte ich nach einem geeigneten Ersatz für den 
Liquor ferri. Eine energisch die Fäulniss beschränkende Substanz 
ist das Creolin. Aus einer Reihe von Versuchen ging hervor, dass 
ein Zusatz von 2—3 % Creolin an Stelle des Liquor terri sehr 
wohl verwendet werden konnte. Eine derartige Mischung wurde 
auch gut vertragen. Freilich blieb sie in ihrer Leistung auf Cül- 
turen etwas hinter der Mischung mit 4 °/o Liquor ferri zurück. 

An Stelle des Creolins habe ich auch noch das Metacresol ver¬ 


sucht und bei gleicher Concentration von annähernd gleicher Wir¬ 
kung wie dieses gefunden 1 ). 

Schon in meiner früheren Arbeit hatte ich auf die grosse 
Wirksamkeit der Kresole gegenüber den Diphtheriebacillen hin¬ 
gewiesen. Culturen wurden von den wässerigen Lösungen des o- und 
p-Kresol in 30 Secünden vernichtet, von der Lösung des m-Kresol 
zwar sehr erheblich beeinflusst, aber noch nichtvollständig abgetödtet. 
In 4%iger Lösung mit 40%igem Alkohol vernichteten sie alle kräf¬ 
tige Culturen in 20 Secünden. Von der Verwendung des o- und 
p-Kresols habe ich ungeachtet ihrer besseren Wirksamkeit abgesehen, 
weil diese beiden Kresole vielleicht noch giftiger sind als die Car- 
bolsäure, und mich auf das weniger wirksame, dafür aber nahezu 
ungiftige m-Kresol beschränkt, von welchem 2—3°/oige Zusätze 
gut vertragen werden. Die Mehrzahl der Patienten, welche probe¬ 
weise mit den verschiedenen Liquor ferri-, Creolin- und m-Kresol- 
Mischungen gepinselt wurden, ohne zu wissen mit welcher Mischung 
der Wattebausch getränkt war, gaben der m-Kresolmischung den 
Vorzug. Die Creolin- und die m-Kresolmischungen dringen aber 
weniger energisch in die Tiefe wie die Liquor ferri-Mischung. Da¬ 
mit hängt auch ihre etwas geringere Wirksamkeit, was die Zeit¬ 
dauer der Einwirkung anlangt, zusammen. Während die Liquor ferri- 
Mischung in 5 Secünden die Diphtherieculturen abtödtet, erreichen 
die 3%igen Mischungen der anderen beiden Körper denselben Effect 
erst in 10 Secünden. 

Einige neuerdings von mir angestellte und noch nicht ganz 
abgeschlossene Versuche machen es mir wahrscheinlich, dass sich 
die Wirkung der Creolin- und der Kresölmischung durch einen 
weiteren Zusatz von 1 ccm einer alkoholischen Pyoctaninlösung 
zu 100 Theilen noch verstärken lässt, so dass sie dann der Liquor 
ferri-Mischung sehr nahe kommen. 

Alle diese Mischungen wirken recht gut auch auf die Strepto¬ 
coccen- und Pneumococcenculturen. Die überaus widerstandsfähigen 
Culturen der Staphylococcen bedürfen einer längeren Berührung, 
40—60 Secünden, mit denselben, um abgetödtet zu werden, oder aber 
einer öfter wiederholten kürzeren. Nach meinen bisherigen Erfah¬ 
rungen ist überall da, wo es sich um echte Diphtherieen handelt, di« * 
Liquor ferri-Mischung in Anwendung zu ziehen. Nur wenn es sich 
um gleichzeitig bestehende Fäulnissprocesse, oder um sehr empfind¬ 
liche Individuen, oder um diphtherieähnliche Erkrankungen handelt, 
dürften die anderen Mischungen, namentlich die m-Kresolmischung 
mit Vortheil Verwendung finden. 

Die Mischungen halten 6ich, in Flaschen aus dunklem Glase 
mit Glasstopfen aufbewahrt, Monate lang. In der Liquor ferri- 
Mischung entwickeln sich im Laufe der Zeit aromatische Aether 
von eigenartigem, etwas stechendem, aber nicht unangenehmem 
Geruch, welche jedoch die Wirkung in keiner Weise beeinträchtigen. 


II. Die ersten Etappen der Choleraepidemie 
von 1892 im Orient. 

Von Stabsarzt Dr. Schum bürg in Berlin. 

Wohl kaum wird je mit Sicherheit die Streitfrage gelöst 
werden, ob die Cholera im Jahre 1892 von Russland oder von 
westlicheren Hafenstädten her in Deutschland eingezogen ist: der 
Spuren, welche sie, von einem Ort zum andern schleichend, hinter- 
liess, waren zu jener Zeit schon zu viele. Viel erspriesslicher da¬ 
gegen ist es, jenen Fährten nachzuspüren, so lange sie noch ver¬ 
einzelt waren, ihnen bis in das Lager zu folgen, von wo aus die 
Seuche frisch gestärkt zu neuen Raubzügen aufzubrechen pflegt. 
Von Indien aus lässt sich dann mit grösserer Sicherheit erkennen, 
nach welcher Richtung ihr verderblicher Weg führte. 

Als Wegweiser dienten mir einmal eine grosse Anzahl von 
Einzelheiten, welche sich besonders in den jährlichen Berichten der 
Gesundheitsbeamten von Engliseh-Indien hier und da zerstreut 
finden und die, aus Unwesentlichem herausgeschält, manchen wich¬ 
tigen Fingerzeig geben, ferner mehrere Berichte, welche mir von 
landkundigen, erfahrenen Beobachtern wie Forschungsreisenden zur 


>j Die Ordination lautet also für die verschiedenen Mischungen: 

1) Rp. Menthol. 10 g 

Solve in 

Toluol, ad 36 ccm 

Alcohol. absolut. 60 ccm 

Liquor, ferri sesquichlorati 4 ccm 

M. D. ad Lagenam flavam. 

2) Rp. Menthol. 10 g 

Solve in 

Toluol, ad 36 ccm 

Alcohol. absolut. 62 ccm (61 ccm) 

Creolin. 2 ccm (3 ccm) 

3) oder ra-Cresol. 2 ccm (3 ccm). 

M. D< ad Lagenam flavam. 


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804 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42 


Verfügung gestellt sind und die sicherlich das Interesse auch 
weiterer medicinischer Kreise wach rufen werden. 

Bekanntermaassen pflegt die Cholera auf zwei Wegen nach 
Europa vorzudringen, zur See durch das rothe Meer und zu Lande 
längs der persisch-russischen Handelsstrassen. Da nun im Sommer 
1892 in europäischen Häfen, besonders Frankreichs und der Nieder¬ 
lande, die Seuche schon frühzeitig auftrat, so lag es zunächst nahe, 
an eine Uebertragung durch den Suezcanal hindurch zu denken. 
Fassen wir deshalb zunächst den 

Seeweg 

näher in’s Auge. — Der Weiterverbreitung auf der Wasserstrasse 
werden in der Regel die englischen, von Ostasien kommenden, oder 
auch die niederländischen Schiffe aus dem Sunda-Archipel beschuldigt. 
Indess sind es weniger die Kauffahrteischiffe als die Pilgerschiffe, 
welchen die Schuld an der Weiterverbreitung der Cholera beige¬ 
messen wird. Und mit Recht. Denn, abgesehen zunächst von der 
minderwerthigen hygienischen Einrichtung, bringen die Pilgerschiffe 
ihre Passagiere nicht in wohl beaufsichtigte Häfen, sondern nach 
einem, in hygienischer Hinsicht alles zu wünschen übrig lassenden 
Versammlungsort, nach Djeddah, wo Tausende und Abertausende 
durch langdauernde Reisestrapazen heruntergekommene Pilger zusam- 
menfluthen. Djeddah und Mekka dienen dann der Cholera gewisser- 
maassen als Relais: wenige aus Indien importirte Cholerafälle ge¬ 
nügen, um eine heftige Epidemie unter jenen, für die Krankheit 
günstigen Umständen zu entflammen. Von hier aus, wo die Cholera 
die Pilger decimirt, ist dann infolge allgemeiner Kopflosigkeit und 
unzureichender Hülfe eine Weiterverbreitung schwer zu verhüten. 

Sehen wir uns bezüglich der Choleramorbidität im Jahre 1892 
in Indien um. Wie schon seit Jahrzehnten, so setzte sich auch 
in das Jahr 1892 in Indien die Cholerakette des Jahres 1891 fort. 
Vom 15.—18. November 1891 werden aus Kalkutta noch 117 
Choleratodesfälle berichtet, eine Zahl, die in der zweiten und dritten 
Januarwoche 1892 auf 14 und 10 sich vermindert, um dann im 
März wieder auf über 100 wöchentlich anzusteigen. Der Sanitary 
Commissioner für die Centralprovinzen berichtet gleichfalls, „dass 
die Cholera von 1891 während der kalten Jahreszeit nicht erlosch,“ 
der für die Nordwestprovinzen, „dass die Epidemie von 1891 voll- 
ständig in diejenige von 1892 überging,“ die Landverwaltung von 
Madras 1891, „dass in keinem Monat von 1891 die Cholera dem Land¬ 
gebiet von Madras fern blieb.“ In der Stadt Madras selbst trat 
sie nach einem Intervall von vier Monaten wieder auf, und der 
Berichterstatter von Punjab konnte ein Verschwinden der Seuche 
nur vom 7. Februar bis 24. März 1892 beobachten, üeberhaupt 
nimmt in Englisch-Indien die Choleramortalität von Jahr zu Jahr 
mit gelegentlichen vereinzelten Rückschritten zu, wie nachfolgende 
Zahlenreihe beweist. Es starben an Cholera 

im Jahre 1880 — 119 256 im Jahre 1888 — 270 408 

„ 1881 — 161 712 

„ 1882 — 350 971 

„ „ 1883 — 248 860 

„ „ 1884 — 287 600 

„ „ 1885 — 385 928 

„ „ 1886 — 208371 

„ „ 1887 — 488 788 

, £ eb . e i;, di ® Ursachen der Fortdauer der Cholera herrschen be: 
den Berichterstattern der englisch-indischen Provinzen noch aus- 

wX,o e [ r rg rt hen Q. e ^ e i; U J ngen 7 0r - Während der Bericht der Ver- 
Lin J Stadt - Madras den Genuss von Wasser eines Brunnens 

efne ChoW l^h m “ ““?? Tank ia Verbindung stand, in welchem 
e v C “ mChe ver f nk V'-ar, während der Sanitary Commissionei 
lJl rUn T r : in u' gUng i e - r als , En tnahmestelle für Trinkwasser be- 
\ R durch Wäsche und Leichen als Veran- 

ass ““£ eine J; Choleraausbruchs auffasst, werden in Bombay die Hitze. 
TWh « re ? Provinzen auc h meteorologische Einflüsse herangezogen, 

Uraachen de ^i.r C n. n* au !“ abm slos in jedem Bericht unter den 
iT..™,'“UeohtealIlgememeGesundheits Verhältnisse und schlechte 
Wasserversorgung (Tanks)“ aufgeführt, wie im Landkreise Madras, 
ni«.h«n\r 8t ®nff hsche Regierung ja bemüht, diesen hygie- 
Städt«n ¥‘ssständen zu steuern, und namentlich in den grossen 
IäS K o i "\ B T ba y uad Kalkutta ist ihr das, wie ja hin- 
saeheemässoTe J?’ f E A ^ ührung reine “ Trinkwassers und 
TlSn Ä Dg a der ,w fa J Ust0 . ffe gingen. Indess gerade 

liehe Soli wiprirrt -f 8 s ©ibst der Assanirung fast unüberwind- 
Ono!i 4 -1 gke ten * Auf emer Fläche von mehreren tausend 

S ^ssTn SWdt^ ne “ n s ahe2U 300 Millionen Einwohner, die nicht 

ein^slnd St 8o te ^hi B i 0n s er ".i n - eiS * , Tj n Flecken und Dörfern ver- 
Aim? der kleine Regierungsbezirk Bombay bei 

sZnt- S n t elmUng T0 “ 1241 Quadratmeilen mit 19 MuLnen 
Oudh“ bei 109 Dörfer, die „Nordwestprovinz mit 

Dörfer. 109000 Quadratmeüetl ““ 47 Millionen Seelen 105 283 

Diese Zahlen geben eine Vorstellung von der hohen Summe 


1889 — 428 923 
- „ 1890 - 297 443 

„ „ 1891 — 601 603 

„ „ 1892 — 721 938 

(es fehlen 1892 noch 5 
Provinzen). 


sämmtlicher Dörfer in Indien und damit auch von der Schwierig¬ 
keit der Assanirungsaufgabe, welche der englischen Regierung ob¬ 
liegt. Diese Schwierigkeit wird noch dadurch ganz erheblich ver¬ 
mehrt, dass die Eingeborenen zäh an alten religiösen Gebräuchen 
festhalten, die sich zu den Vorschriften moderner Hygiene direkt 
entgegengesetzt verhalten. Auf die Bäderfeste, die Hauptursache 
der Choleraverbreitung, komme ich weiter unten zu sprechen. 

Wenn nun auch die englische Regierung dieser Missstände im 
Innern, welche das stete Fortglimmen der Cholera zulassen, noch 
nicht völlig Herr geworden ist, so ist sie doch unablässig bemüht, 
der Weiterverbreitung der Seuche nach anderen Ländern durch die 
Pilgerschiffe grosse Aufmerksamkeit zuzuwenden. Nur Dampfer 
sind nach den englischen Vorschriften befugt, Pilger nach dem 
rothen Meere zu befördern; als „Pilger“schiff werden solche Dam¬ 
pfer angesehen, welche 60 oder mehr Pilger in indischen Häfen zu 
einer „langen“ Seereise — als solche gilt dort die Reise nach 
Djeddah — an Bord nehmen. 

Der Umfang der jährlichen Pilgerzüge von Indien hat es noth- 
wendig gemacht, für Pilgerschiffe gewisse Zwangsvorschriften auf¬ 
zustellen in einem „Manual of regulations to be observed by 
masters of vessels coming to Bombay“ und ferner eine genaue 
ärztliche Controlle der von Indien abreisenden und ankommenden 
Pilger und Pilgerschiffe durchzuführen; eine Quarantäne gegen 
Cholera giebt es in Indien nicht. Die ärztliche Controlle ist sehr 
strikt. Zunächst werden die Pilger, bevor sie sich einschiffen, an 
Land untersucht und ein zweites mal an Bord unmittelbar vor der 
Abreise des Schiffes. Kein Schiff, welches von Indien nach Häfen 
in Europa, am rothen Meer und nach Quarantänehäfen segelt, be¬ 
kommt vorher einen Gesundheitspass. 

Was dagegen die Controlle über die Unterkunft der Pilger an 
Bord und die Gesundheitspflege während der Reise angeht, so ver¬ 
hehlt man sich selbst in den zuständigen amtlichen Kreisen in 
Indien durchaus nicht, dass die bestehenden Vorschriften unzu¬ 
reichend sind und dass noch weniger ihre Ausführung an Bord be¬ 
friedigt. Bei einem so wenig profitablen Gewerbe, wie es der 
Pilgertransport für die sich damit befassenden mohamedanischen 
Rheder ist, sind Reformen nicht leicht durchzuführen. Indess wird 
mit Ernst darauf hingearbeitet und auch nicht ohne Erfolg, wie 
sich das durch die in den letzten Jahren bedeutend herunter¬ 
gegangene Sterblichkeitsziffer an Bord der indischen Pilgerschiffe 
beweisen lässt. Insbesondere haben die namentlich im Zwischen¬ 
deck sehr mangelhaften Ventilationseinrichtungen nicht unwesent¬ 
liche Verbesserungen erfahren. Die Hauptgefahr der Pilgerschiffe 
liegt zweifellos in der Ueberfüllung; doch sollen an diesem Uebel- 
stand weniger die indischen als vielmehr die vom persischen Golf 
und von Zanzibar kommenden Fahrzeuge leiden. 

Aus dem von dem Hafenarzt in Bombay der (im November 
1890 bestellten) Native Passenger ships Commission eingereichten 
Memorandum vom 30. Januar 1891 mögen einige der Hauptmiss¬ 
stände, mit welchen die Gesundheitspflege an Bord zu kämpfen 
hat, und die zu ihrer Abstellung vorgeschlagenen Maassregeln auf¬ 
geführt sein. 

1. Die Pilger befleissigen sich bei allen ihren Hantirungen nicht 
der geringsten Sauberkeit. Der Gestank und Schmutz an Bord 
eines einkommenden Pilgerschiffs ist fast unbeschreiblich. 

2. Eine sehr grosse Zahl von Passagieren, vielleicht ein volles 
Drittel, besteht aus sehr alten oder sehr jungen Personen. Dazu 
kommt eine unverhältnissmässig grosse Zahl von armen Passa¬ 
gieren, welche sich den Fahrpreis zusammenbetteln oder von den 
Eigentümern der Pilgerschiffe freie Fahrt erhalten. 

3. Unter den Passagieren sind schon bei der Abreise von 
Bombay viele schwächliche Leute. Bei der Rückreise steigt infolge 
der Strapazen und Entbehrungen die Zahl der Geschwächten und 
Kranken; namentlich sind Diarrhoe und Dysenterie häufig zu 
beobachten. 

4. Viele treten die Reise an, ohne Nahrungsmittel mitzu- 
nehmen, indem sie sich auf die Mildthätigkeit Mitreisender oder 
der Schiffseigenthümer verlassen. 

5. Der ohnehin vom Gesetz für den einzelnen Passagier schon 
unzureichend bemessene Raum, nämlich 9 Quadratfuss (6: IV 2 ) 
für einen Erwachsenen oder zwei Kinder unter 12 Jahren, wird 
einmal dadurch noch mehr beschränkt, dass häufig Erwachsene 
sich als Kinder einzuschmuggeln wissen, dann aber besonders durch 
die grossen Mengen Gepäck, von dem die Eingeborenen sich nur 
sehr ungern trennen. Da viele Pilger noch Waaren mit sich 
nehmen, um damit unterwegs zu handeln, da ferner reichere Mu- 
hamedaner auch noch Fässer mit Trinkwasser bei sich haben, so 
nimmt das Gepäck eines einzigen Pilgers nicht selten 20 Cubik- 
fuss, den Raum von zwei Baumwollenballen, ein, der für die Passa¬ 
giere bestimmt ist und diesen verloren geht. Während der guten 
Jahreszeit, wo sich ein Theil der Passagiere auf dem Oberdeck 
aufhalten kann, ist der Uebelstand der Ueberfüllung noch ertrfig- 


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18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


805 


lieh, im Südwestmonsum dagegen, wo sich alles im Zwischendeck 
zusammendrängt, ist jedes mal ein Steigen der Sterblichkeitsziffer 
zu beobachten. 

6. Bei der räumlichen Beschränktheit des Schiffshospitals sind 
immer eine Menge Kranker im Zwischendeck. 

Um diesen Missständen abzuhelfen, wird am angeführten Ort 
vorgeschlagen: 

1. Den jedem Passagier zustehenden Raum auf 12 Quadrat- 
fuss in der guten und 15 Quadratfuss in der schlechten Jahreszeit 
zu erhöhen. 

2. Das Schiffshospital auf mindestens 12 Betten einzurichten. 

3. Ein Minimum an Pferdekräften für die Dampfer vorzuschreiben. 

4. Genauere Vorschriften über Ventilation und Lichtzuführung 
zu erlassen. 

5. Eine Minimalzahl von Kehrern und Latrinenreinigern (To¬ 
pasen) vorzuschreiben, an denen die Rheder zu sparen geneigt sind. 

6. Jedes Pilgerschiff von einem Regierungsarzt begleiten zu 
lassen, von denen eine schärfere Controlle zu erwarten ist, als von 
den jetzigen, durch die Rheder engagirten Schiffsärzten. 

Auf die besonders von Karlinski beobachtete und festgestellte 
Qualität der Pilgerschiffe im rothen Meer komme ich noch weiter 
\mten zurück. 

Die von Indien westwärts fahrenden Pilgerschiffe haben sich 
nun in Aden einer ärztlichen Inspection zu unterwerfen, und ein 
Decret vom November 1892 bestimmt, dass nur Schiffe, welche mit 
einem reinen Gesundheitspass versehen sind, Aden verlassen dürfen. 

Die nächste Station ist für die nach Djeddah bestimmten 
Pilgerschiffe die Insel Camaran im rothen Meer. Hier müssen die 
Pilger das Schiff verlassen und machen am Lande eine mehrtägige 
Quarantäne durch; ihr schmutziges und verdächtiges Gepäck wird 
desinficirt. Treten Cholerafälle auf, so wird die Quarantänezeit 
erst vom letzten Fall ab gerechnet. 

Vor der Ankunft in Djeddah wird noch einmal in^Abu-Saad, 
Vasta und Abu - Ali der Gesundheitszustand der Pilgerschiffe 
untersucht. Die Lazarethe auf den dicht bei Djeddah gelegenen 
Inseln Abu - Saad und Vasta sind das ganze Jahr über in Be¬ 
trieb, während das Lazareth in Camaran nur sechs Monate lang 
zur Zeit der Pilgerfahrten geöffnet ist. 

In Camaran werden seit der Errichtung im Jahre 1881 jähr¬ 
lich durchschnittlich 17 000 Pilger zur Quarantäne ausgeschifft. 
In dieser Zeit, von 1881 bis 1892, ist in Camaran drei mal die 
Cholera ausgebrochen: 1882 angeblich durch das englische Schiff 
Hesperio, 1890 durch das englische Schiff Deccan und 1891 durch 
das englische Schiff Sculptor von Bombay. 

Indess bestreiten die Engländer, wie dies in dem Bericht des 
Sanitary Commissioner for the Government of Bombay 1891, 
S. 74 ausgeführt ist, auf das energischste, Schuld an dem Ein¬ 
dringen der Cholera nach Mekka und weiterhin nach Europa ge¬ 
wesen zu sein: der Dampfer Deccan habe auf der Reise im Som¬ 
mer 1890 Jeddah überhaupt nicht erreicht. Die Passagiere wurden 
im Juli 26 Tage in Camaran in Quarantäne festgehalten und 
mussten, als die Cholera nicht erlosch, nach Indien zurückkehren. 
Im Falle von „Sculptor“ 1891 brach die Cholera unter seinen 
Passagieren während des zehntägigen Landaufenthalts auf der 
Insel Camaran aus. Der „Sculptor“ musste denn gleichfalls die 
Heimreise antreten, so dass weder er noch der Dampfer Deccan 
Jeddah überhaupt erreicht hat. 

Diese Beweise, die einzigen, welche man für eine ganze Reihe 
von Jahren gegen Indien angeführt hat, scheinen nach dieser Dar¬ 
stellung nicht stichhaltig zu sein, und man wird angesichts dieser 
Thatsache zu der Meinung gedrängt, dass wenigstens eine grössere 
Anzahl von Cholerafällen nicht von Indien nach Mekka einge¬ 
schleppt worden ist. 

Wenn nun auch der hygienische und der Gesundheitszustand 
der indischen Pilgerschiffe bei ihrer Ausfahrt ein günstiger zu sein 
scheint, so wurde im Gegensatz dazu der Zustand der heim¬ 
kehrenden Pilgerdampfer schon weiter oben gekennzeichnet. Es 
fällt dann auch nicht weiter auf, dass die Schiffe bei ihrer Rückkehr 
erheblich weniger Passagiere an Bord haben als beim Auslaufen. 


Folgende Zahlen mögen das illustriren: 


Jahr 

Es verliessen 
Bombay 

Es kehrten nach 
Bombay zurück 

Unterschied 

1885 

8 436 

5 045 

3 391 

1886 

8 606 

6150 

2 456 

1887 

9 466 

5 726 

3 740 

1888 

13 970 

6 505 

7465 

1889 

12495 

10101 

2 394 

1890 

11665 

1 8 662 

3 003 

1891 

14068 

i 8 677 

5 391 

1892 

12 787 

| 9490 

3 297 

gmamniwm 

91493 

j 60356 

31139 


Nun ist nicht ohne weiteres aus diesen Zahlen zu abstrahiren, 
dass Alle, welche nicht nach Bombay zurückkehrten, der Cholera 
zum Opfer gefallen seien; viele Pilger steigen auf der Rückfahrt 
schon in Hodeidah, Aden, Mokalla, Karatschi aus, so im Jahre 
1882 von 11994 Passagieren, die von Djeddah nach Bombay zurück¬ 
kehrten, 2403. Doch lässt sich vielleicht immerhin noch ungefähr 
die Höhe der Pilgersterblichkeit erkennen. Besser ist dies mög¬ 
lich in der nachfolgenden Zahlenaufstellung, welche eine Ueber- 
sicht über die im Jahre 1891 und 1892 in Djeddah aus dem Osten 
angekommenen und nach der Hadsch wieder abgereisten Pilger 
giebt. 


' 

Jahr 

! Natio- | 
' nalität ! 

1 .1 

Pilger, welche während der 
Hadsch von Osten in Djeddah 
ankamen 

Pilger, welche nach der 
Hadsch von Djeddah 
nach Osten abgingen 

1891 

1 

1 

gelandet 
in Djeddah 
via 

Camaran 

via 

Suez 

gelandet 
in Jambo 

zusammen 

via 

Bab-El- 

Mandeb 

via 

Suez 

zusammen 


Javaner 

10 636 

181 

I 

10 817 

7 557 

_ 

7 557 


Perser 

1072 

645 

237 

1954 

471 

200 

671 


Bokharer 

1086 

557 

410 

2 053 

822 

585 

1407 


Inder 

| 11015 

20 | 

12 

11047 

7 770 

— 

7 770 

1891 1 

zusammen 

23 809 

1403 

659 

25 871 

16 620 

iG 

00 

r- 

17 405 

1892 1 

Javaner 1 

11500 

8 

_ 

! 11 508 

7 204 

_ 

! 7 204 


Perser 

431 

590 

— 

| 1021 

603 

342j 

945 


i Bokharer 

2 755 

404 

— 

| 3159 

2 373 

373 

2 746 


Inder 

10 916 

43 

— 

|10 959 

8 748 

— 

8 748 

1892 

zusammen 

25 602 

11045 

- 

26 647 

18 928 

715 

19 643 

1891 
-+- 

1892 

|| insge- | 
1 sammt 1 

49 411 

2 448 

1 

659 

52 518 

35 548 

1500 

37 048 


Hiernach sind 1891 und 1892 nur 37048 Pilger von Djeddah 
nach dem Osten abgereist, dagegen waren 52518 dort angekommen; 
29/45 % traten also den Heimweg nicht an, wenigstens nicht zur 
See. Auch aus Afrika liegen ähnliche Meldungen vor. So kehrten 
von 9000 Pilgern, welche tunesische Häfen im Mai 1892 verliessen, 
im September nur die Hälfte zurück, und von 6000, welche von 
Tunis selbst aufgebrochen waren, sahen diese Stadt noch nicht 
2000 wieder. Doch auch diese Zahlen geben keinen rechten An¬ 
halt für die Pilgersterblichkeit in Mekka. Denn ein Theil der 
Pilger, der zur See kam, wandert nach Medina und von dort zu 
Lande heimwärts. Manche Pilger sollen auch Monate lang, ja 
öfter bis zur nächstjährigen Hadsch in den heiligen Städten ver¬ 


teilen. 

Ganz sind derartige Zahlen indess nicht von der Hand zu 
«reisen. Denn viele, längst bekannte Schilderungen der Zustände 
während der Cholera in Mekka bestätigen sie gewissermaassen. 
A.uch Karlinski berechnet für das Jahr 1893 eine Mortalität 
von 50 °/o der ankommenden Pilger, nachdem er die in Mekka 
verbliebenen abgerechnet hat. Der Grund für dieses Wüthen der 
Seuche grade in Mekka ist in der Anhäufung jener in wenigen 
Tagen sich ansammelnden Menschenmassen zu suchen, für die weder 
Unterkunft noch Nahrungsmittel noch Wasser vorräthig sind. 
Einige neue Einzelheiten sind vielleicht noch von Interesse. 

So fand Karlinski in Djeddah bei der Rückkehr der Pilger 
nach diesem Hafenort am 29. Juni nur 4 Aerzte vor, denen jede 
Unterstützung seitens der Ortsbehörden fehlte; Tausende von Pilgern 
lagerten mehrere Tage bis zur Abfahrt der Schiffe auf den Strassen; 
es fehlte an Leuten, die Leichen von den Strassen fortzutragen; am 
Wege nach Mekka sah Karlinski Hunderte von Leichen liegen, 
in Verwesung und von Raubvögeln zernagt; schlechtes Schmutz- 
wasser kostete theures Geld. Die Ueberfüllung der Schiffe erläu¬ 
tert Karlinski durch Zahlen und Namen, ebenso den Mangel an 
Lebensmitteln, Wasser und hygieinischen Einrichtungen sowohl 
auf den Schiffen wie den Stationen. 

Nach der Procession und der Predigt auf dem heiligen Berge, 
zu der sich am 24. Juni 1893 über 100000 Pilger eingefunden 
hatten, soll der Weg von dem heiligen Berge wie ein Schlacht¬ 
feld ausgesehen haben, bedeckt mit Todten, Sterbenden und Kran¬ 
ken. Zu der Aufräumung wurde ein Bataillon türkischer Soldaten 
von Soana herangezogen, das 700 Mann stark ausrückte und nach 
gethaner Arbeit von der Cholera decimirt nur noch mit 200 Mann 

zurückkehrte. ., 

Neuerdings hat die Pforte der Verbesserung der sanitären 
Einrichtungen in den genannten Orten erhöhte Aufmerksamkeit 
zugewendet, und bei dem grossen Interesse, welches der Sultan 
persönlich an der Sache nimmt, ist es immerhin möglich, dass der 
Erfolg nicht ausbleiben wird. (Fortsetzung folgt) 


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806 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42 


HI. Ueber Myxödembehandlung 1 ). 

Vorstellung von spontanem Myxödem mit Zwergwuchs. 

Von Dr. Joh. Julias Schmidt in Frankfurt a. M. 

Vor ungefähr zehn Jahren beschrieb Kocher und mit ihm 
Reverdin und Juillard das unter dem Namen Kachexia strumi- 
priva oder thyreopriva bekannte Krankheitsbild, als dessen Ursache 
er die bis dahin geübte totale Exstirpation der Schilddrüse bei Struma 
sicher erkannte und das er mit dem idiopathischen, spontanen Myx¬ 
ödem vollständig identificirte. Unabhängig davon hatte der englische 
Arzt Oliver in demselben Jahr (Brit. med. Journal 1883, I, S. 502) 
die Atrophie der Schilddrüse als die Ursache des Myxödems erklärt. 
Beide Krankheiten zeigten sowohl dieselben klinischen Symptome, 
nämlich die charakteristische Schwellung der Haut, besonders im 
Gesicht, an den Händen und Füssen, mit hochgradiger Anämie und 
Störungen der psychischen Thätigkeit, als auch dieselbe pathologisch¬ 
anatomische Grundlage mit Bindegewebswucherung der Haut und 
inneren Organe und vermehrter Einlagerung von Mucin zwischen 
das Zellgewebe. Diese Thatsachen bestimmten Schiff 2 ) im 
nächsten Jahr (1884) an Hunden die Folgen der Thyreoidektomie 
zu. studiren, wobei er die auffallende Thatsache constatirte, dass die 
Thiere ohne Schilddrüse starben, während er durch Zurücklassen 
eines Schilddrüsenrestes oder Implantation der Glandula thyreoidea 
eines anderen Thieres (derselben Species) in die Bauchhöhle oder unter 
die Bauchhaut die Versuchsthiere am Leben erhielt. Im Jahre 1890 
machte V. Horsley (Brit. med. Journal 8. Februar 1890) darauf 
fussend den Vorschlag, diese Operation auch bei myxödemkranken 
Menschen zu machen, ohne zu wissen, dass schon ein Jahr vorher 
H. Bircher (Volkmann’s Sammlung klin. Vortr. No. 357, 1889) 
eine menschliche Schilddrüse in die Bauchhöhle verpflanzt hatte 
und nach einem Vierteljahr mit Nachlassen des günstigen Erfolges 
die Operation wiederholte. 

Es ist nun das besondere Verdienst Horsley’s, für die Folge 
die Schilddrüse des Schafes zur Implantation empfohlen zn haben. 
Dieses Verfahren wurde geübt von Lannelongue und Legroux, 
W alther und Merklen (Virchow-Hirsch Jahresber. 1890II, S. 339), 
von Macpherson (Edinburgh med. Journal 1892, März), von 
Bettencourt und Serano (Semaine mödicale 1890, 13. August), 
indem sie die Schafs thyreoidea am Thorax einheilten. Letztere 
sprechen die sichere Ansicht aus, dass die plötzliche Besserung 
nicht auf einer physiologischen Function der implantirten Drüse, 
die bald wieder resorbirt wurde, sondern auf eine Aufnahme des 
Drüsensaftes zurückzuführen sei, worauf Murray (Brit. med. 
Journal 1891, 10. October) die Injection des Schilddrüsenglycerin- 
extracts empfahl und auch ausführte. Von jetzt ab lag die weitere 
Entwickelung der Myxödemtherapie, abgesehen von den nordischen 
Ländern und der Schweiz, speciell in den Händen der englischen 
Aerzte, wie wir dies in den Jahrgängen des Brit. med. Journal bis 
1894 gradatim verfolgen können, da in England die meisten Fälle von 
spontanem Myxödem zur Verfügung stehen. Schon früher wurde 
die Krankheit von William Gull (Transactions of the Clinical 
Society, London October 1893) als „Cretinoid condition“ in fünf 
Fällen und später genauer von Ord (Med. Chirurg. Transactions LXI, 
b. 57, 1877) in zwei weiteren Fällen als Myxödem beschrieben’ 
welche sieben Kranke sämmtlich das weibliche Geschlecht betrafen 
so dass diese Autoren glaubten, jene Affection käme nur Frauen 
? u :. ~; ieser Ansicht trat zuerst Charcot entgegen, der die Krank- 
heit Kachexie pachydermique nannte und sie auch bei Männern 
beobachtete, jedoch eine grössere Betheiligung seitens der Frauen 
nicht leugnen konnte. Das Verhältnis der Männer zu den Frauen 
S 338) tZt all ^ emein auf 1:10 angenommen (Virchow-Hirsch 1. c. 

Durch die Sammelforschung von Semon und Horsley ist 
man noch weiter gegangen und hat den Zusammenhang des 
operativen und spontanen Myxödems, des sporadischen und ende¬ 
mischen Cretinismus, den man schon früher angenommen hatte, als 
ganz bestimmte Thatsache hingestellt und als die Ursache dieser 
verwandten Krankheiten das vollständige Fehlen oder die Atrophie 
der Glandula thyreoidea.. beziehungsweise bei vorhandenen normal 

f™ ss f, n oder 80 ^ r hypertrophischen Drüsen eine Functionsanomalie 
derselben angegeben. 

. n Y m i n ü n wie< ?® r . zu M urrayV epochemachender Empfehlung 
U r kehr6n .’ W ! . lch kurz eine Beschreibung geben, wie er sein 

wih d f l ene i 0 Q^ i er f S o hat Wichmann, Deutsche med. 
Wochenschr. 1893, No. 2, S. 27): „Unmittelbar nach Tödtung des 

hßirtln 8 T W ’* d der * LaP i? 6n der Bch’lddrüse mit vollständig steri- 
? herausgeschnitten, nachdem das umfebende 
Fett und Bin degewebe entfernt ist. Die Drüsenstückchen kommen 

7. Mid WM™ 6 ’ gehaIten ™ ftrztUchen Verein zu Frankfurt a. M. am 

Archiv f. experiment. Pathol. XVIII, S. 25. 


in ein sterilisirtes Reagensglas mit Watteverschluss und werden 
hierin mit 1 ccm Glycerinum purissium und 1 ccm einer 0,5 procentigen 
Carbollösung übergossen. Die Mischung wird 24 Stunden kühl 
gestellt. Darauf wird das Ganze durch ein vorher in Wasser aus¬ 
gekochtes, reines, feines Leinwandläppchen kräftig ausgepresst. So 
gewinnt man 3 ccm Extract, das eine trübe Flüssigkeit darstellt 
welche in einem sterilisirten Glas mit Glasstöpsel bis zum Ge¬ 
brauch aufbewahrt wird. Jedesmal sollen 1,5 ccm injicirt werden 
zweimal wöchentlich. Allwöchentlich wird das Extract neu be¬ 
reitet.“ Diese Extracte wurden von anderen mehr oder weniger 
abgeändert, im grossen ganzen hielt man doch an der Murray- 
schen Vorschrift fest. Es wurde von Besserungen und Heilungen 
berichtet (Carter, Davies, Beathy, Brit. med. Journ. 1892, 

16. April, 30. April, 12. Mai), jedoch boten die Einspritzungen 
nicht das Ideal der Behandlung, weil verschiedene Missstände da¬ 
mit verbunden waren. Vor allen Dingen lief man Gefahr, trotz 
der Aseptik bei der Herstellung und der Handhabung der Spritze 
durch rasch sich entwickelnde Zersetzung dieser organischen Sub¬ 
stanz eine Infection zu verursachen, ferner wurden die Ein¬ 
spritzungen allgemein als sehr schmerzhaft und zu Abscessbildung 
neigend hingestellt. Diesen Uebelständen wurde mit einem Schlag 
abgeholfen, als Hektor Mackenzie und Fox (Brit. med. Journal 
29. October 1892) empfahlen, die Schilddrüse per os in roher Form 
zu reichen. Diese Methode bürgerte sich rasch ein, da die Schafs¬ 
schilddrüse leicht zu beschaflen war, mit Pfeffer und Salz roh gern 
genommen wurde, also keiner weiteren Präparation bedurfte. Fox 
behandelte eine 49jährige Frau anfangs mit Glycerinextract, später 
mit zweimaliger Darreichung von einem Drüsenlappen in der Woche 
vom 2. Juni bis 22. September. Am 11. Juli constatirte er schon 
Besserung des Gesichtsausdrucks und der Sprache, am 12. Sep¬ 
tember war die Haut weich („soft“) und feucht geworden, und am 

17. October war vollständige Heilung zu verzeichnen. Einen ebenso 
in die Augen springenden Erfolg beschreibt Cresswell-Baber 
(Brit. med. Journal 7. Januar 1893), der einen 53jährigen Mann, 
seit fünf Jahren erkrankt, wie folgt behandelte. Am 12. November 
1892 wurde ein Drüsenlappen vom Schaf roh genommen, worauf 
am 14. November Kopfweh und Schmerzen in den Gliedern auf¬ 
traten und weitere drei Tage später Gesicht, Hals und Hände ab¬ 
schwollen. Am 26. November wurde ein zweiter Drüsenlappen ge¬ 
reicht, worauf sich wieder Kopfschmerz einstellte. Wegen Nausea 
wurde die dritte Drüse am 1. December in heisser Suppe, aber 
ohne Erfolg gegeben, angeblich weil die Drüsensubstanz geronnen 
war. Eine andere rohe Drüse wurde am 2. December und wieder 
eine am 3. December, im ganzen also fünf Drüsen gegeben mit 
eclatantem Erfolge. Auffallend an diesem Bericht ist nur, dass die 
Drüse in heisser Suppe gegeben keinen Erfolg hatte, während 
Vermehren in Kopenhagen (Deutsche med. Wochenschrift No. 11, 
S. 255) uns einen Fall aus der Klinik von Prof. Howitz schildert, 
der durch die Darreichung von vier gekochten und gehackten 
Drüsenlappen in Suppe während drei Wochen mit Erfolg behandelt 
wurde. Zu erwähnen ist noch, dass Howitz, abweichend von den 
englischen Autoren, die Drüsen von Mastkälbern verwandte. 

Auch Thyreoideaglycerinextract, und zwar auf einmal in der 
Verdünnung von 5:100, wurde von Laache in Christiania (Deutsch, 
med. Wochenschr. No. 11, S. 258) einem 49jährigen Mann mit Erfolg 
innerlich gegeben, während Rehn auf dem vorjährigen Congress für 
innere Medicin in Wiesbaden zwei Kinder demonstrirte, die er mit 
Extract von einer Hammeldrüse mit Glycerin und W asser per os be¬ 
handelte, und zwar mit Erfolg, wie ich mich persönlich überzeugen 
konnte. Rehn hat ebenfalls auf dem letzten internationalen medizi¬ 
nischen Congress in Rom über seine Myxödemfälle referirt und mir 
zwei Photographien (vor und nach der Behandlung) gütigst zur 
Demonstration überlassen, die am deutlichsten den günstigen Einfluss 
der Schilddrüsensaftfütterung auf das infantile Myxödem zeigen. 
Sie sehen deutlich die Hautwülste am gesammten Körper und den 
cretinoiden Gesichtsausdruck des 4Vajährigen Kindes vor der Be¬ 
handlung und die ganz colossale Veränderung (bedeutendes Wachs¬ 
thum, natürliche Gesichtszüge und Körperformen) ein Jahr später. 

Wiederum trat eine neue Phase in der Behandlung des Myx* 
Ödems dadurch ein, dass Apotheker White (Brit. med. Journ. ll.Febr. 
1893, S. 289) in London versuchte, die Drüsensubstanz für längere 
Zeit haltbar zu machen, indem er deren Extract mit chemischen 
Ingredienzien zu einem trockenen Pulver verarbeitete. Diese Dar¬ 
stellung ist deshalb von Wichtigkeit, weil die Drüsen sich rasch 
zersetzen und nicht überall eine sachverständige Person zur Her¬ 
ausnahme derselben an frisch geschlachteten Thieren zur Verfügung 
steht und ferner eine Dispensirung des wirksamen Stoffes durch 
die Apotheke das denkbar einfachste ist. White lässt die Drüsen 
mit Glycerin und Wasser zu gleichen Theilen ausziehen, säuert 
mit Phosphorsäure an, giebt Kalkhydrat bis zur alkalischen Re- 
action hinzu, filtrirt, wäscht und trocknet über Schwefelsäure, 
woraus dann ein graues, salzig schmeckendes Pulver entsteht. 


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Original fro-m 

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38, Octöber. __DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. $07 


Lfetetierfes wird in Tabletten dojn^rimirt «bE entsprioM 1 Stück 
Am Gewicht nach 3 grains «'D e eiuer Snkafsdröw. .Sic werden 
kergestelU, darob die Firma Siirröügks, Wfdfcpmo & €W, Show 
H iU Biiimhigs^ Lumina. Die Vertretung für Pttttech&n.j bat 
die Dregtmtte G Üamt>aia> m Dresden, IVugors Hasse 1. Der 
Preis fOr eui Glas nut BfO Tablett .m betrat 3 Mark. Bei 
der parmeiiung derselben beginnt man mit ‘einet halben IV 
blette und Kteigmfc silmahlieb. je upeh der Boköuimiiebkeit, mf 
3—4 Stück- pro die.. Nach mhx&m Erfahrungen haben ?io dieselbe 
Wirkung wie dus trisrhc l/rütmigewuhe. Mit denselben Tabletten 
bat Th, Rayon (Bote. med jounial, &; Jan, 1814) hm einer alten 
IXuee q\H, tyjusebejn Myxödem binnen fünf Worben .vollständige 
Heilung erzielt, H»ybn -seiner Patientin in der ersinn Woche. 
Btgiiob fcwei StUrk, die drm fnlgPmhm Wochen täglich drei und 
die fünfte 'Woche vier yStück pro Tag Kiels^n kt Koponb:igon 
(Momddhofto f, prukf. permgfbT J89 W >te, 3} hat aus .gofcrpodtmd^T», 
mit Aeilmr bobiindoiten und piiiyefisirtöa. Schilddrüsen vom Kalb 
ü 0,1 bsrstaUtm bissen und . 0 uv mit Dgrrekhung diesem 
Prüpni'ats eine fbMäontin geheilt; Er allmählich bi.6.-*u siehe« 
Pillen pro die, dann ging er wieder v.iinrnk und gab ^üldtvd täglich 
nur swoi Stück. Auch Vor «1 ehren (PeütsvÜh mod, Wnümmiehr 
1893, No. Ti) bat den wirksamen Steh! durch Glycerin exrnuurt 
und ihn TDyrcoidin genannt Emo 29jäbngo Putionfbi .mit spo¬ 
radischem (Vetteisutiis erhielt da? Tbyreoidm in Pillen (in ..Dosen 
roh Qri—0^8} tmd wurde hednutoiul gäbm?:tevt. Tm hatte 

: Pfttjfcntirr T25 g crhailöp; 1 ) / .;‘ ; _ 



riivm<?Kapb»sclie Vor;Wer BUwdl'JHg. 

Viflildebt gjikit. us Tibif# pnob iW pbysioiögiKehüu Chemie, 
den w.h’ksatnen Körper gim; dem -.- MHu dar?,«- 
stellen und die Therapie ituroh, Üe3?$ih>' ; DaTrnit’bung aoob mobr 7,11 

vereinte ehen 

Nachdem ich so die therapeuti scheu M^sgiwiininri im aJlge- 
meinen los auf die Nfeinteii dargcstellt habe, mochte ich meine Er¬ 
fahrungen mit. Fütterdng'-von frischen -Schilddrüsen bezvv, IV 
Metteib dJT ick der Eicfafehhe.iT kfdta$; vör den 

anderen 'Methoden gewählt hübe, an dm: Hand einer l£rank«m- 
geschieht -schildery- Boi meiner IVGgntln, die }oW\. 20 Jahre 
zählt, hoodelf es sich om von Von tan es Myxödem, dos auch 
Tn fab t Obs genannt- 'werden' könnte.,." 4a fassen iTrcprung bis rum 
fünften Lfebeusjahr zm verfolgen ist. Dumate soll dus TG ml- ein 
Trauma durch erneu Pall auf den Kopf mit n weh folg;* ml er Com- 
motio eercbti ; erlitten- Jmbeo, was für, die noch teukeLo A*tioiogift • 
des spontanen Myxödems nicht unwichtig m erwähim-n hl.. Ich 
halte die BeHOlireibnng metnös Mips hosoudßx*s deshalb für Köge» 
zeigt, da er geeigjiet i&T einerseits die VchAtllifebo Einwrrküng der 
Kr^nkhmt während der Pubertätszeit auf da^ 'KhoejheirwaehstiHim, 

- 1 } jNbu(jrdij(gs bat uueb dia Pirmft Merck in Darmstadi geteocknete 
Sahiiadriise unter dem Noiiien Tbrreoidiimm Hifec*fcuni (Me^cki äd' de)i 
-Markt. gebtrßuhtv Es entspricht 0,6 g des getreckneten Pulvers einer 
gaiijen Scbilddriüe vöm Kftlh mittlerer'Cteöese.' Es empfiehlt such folgende 

JS ’ r- '‘ Kreibw 6 jsf> r 

. Bpi. Thyrnoidiij. eieret. (Merek) ‘2,0 
Snccii. IftCt. 18 t 0 

M, b trochisci No, XX. 

I). S. Töglich 1—3 «Stück zu nehmen. 


Google 


amiereraeite ein WlodeinnfacdieQ dos Waolistlnuns durch die SellSd- 
{irib'en?horai>iA doutlieii zu domonstriven, 

' ä.tih müese:. fbüientio. E, M. Dt iru April lB7i ohne Eimsthülüi gm 
baren. Sic .ist',dös zweiütUeste Kind vf.n fünf Geschwistern, ttie aHe-gc* 
sund sind- liire Mütter ist im 32. Lebendbdtr na epidninitK'bor Cerehfo* 

■ spinabiioaingitis gfeirterben, als Pati'»mtin_ ,z<*hq Jidire n).t war. Der VTtcr 
b tt und ist gesund. E> Hiihnn hcmeilni iierven* o.*tev iteiyteskrnnkiteiänv. 
in der FamUm busttuule-n litt ?weiten Ta-h? bat P,Tf, Sfes^rn m ihiete 
tum Abunw 'dur*-hgmm\fehT .• Bin enlwickniie Hvh kOrpHfbeü mal gggSqj 
■ gut hi-> zu 'ihrmo OusUv-n Eehfmgirdu*, wo vor rdloxi ilingon ihr WachT 
. tbum- Sf«Hi r ü*ikhlir:b. Während der Schulzeit *:wm ihre gniefige« Fälu^kidteu 
normale. dAgysmi blieb sie körperlich aulfnlbnd Unin,‘wurdnpluhip lm>Mider r c 
bim. Gesiebt und au doo Häudm;. Türe. und Spcnndm wm-Mii.Un«.- 

sam. Sih klagte immer iib«r tuul Mnttigkfeit und HöbW’dic Eube 

. itnd die Einsamkeit. Ärb -dom Tl. Lfibe.nTfnhr.hr;miitn m A er. Vater, ntu 
. sie. avftät.uüll durch emen KJtnmvvpnbsel vnc baftami- natih Slhif g^tfk r^cdi, wo 
jedoch der iroi-tio^f’ hustend boine^wegr? günstig beeilteüsst wurde. 

im V.üvz IHÜM call ir.h Patientin, in ih.rvm iO. .Lekvjisjakr zuuiyr^twa 
wdt und sofort iM mir ter endinoidfes Aussehen auf. Tdx «ahm damaW 
j Tolemidon Sta-tus. auf*. Geaicdö Fcbr ldass, gpdmig.nii ^ mit breiten iJacktin 
'mul öuiDlIoo'l dicker. berfthh.Hijgehuer Uniesüepe. Kopfjumr und A.ugsa- 
luwieix spiü’Hcle dünn SchfeimlUiuto selw blnss. Talniüeiytei gemiiwollen. 
leicht blutend., Malaie gciieif und au den RfimttVm gezackt, l.hi'r Gesichts' 
»ifödtimk ist ein Starrer, iiuuot.ftrHr.her. Sprache sTbr lajigr-aoi. mit ui ul er f 
muhef Stimme. Die Glundulö thymvHn Ist nicht, zu h1hh*ij ; ühacali deute 
lißhb IrKchottlcmgo. Die Hilndfe und PitesC sind "osöhW-dUca, bbm? bm 
Fmgerdriu-.lc eine ftedle zu -InuTeffetsSiHj Um Haut tnhü sieh tanh und 
tfocko« U-n und'/oigt yudujpponföi'ibiüc Ahschilicrung An den Si recli- 
•Vmiteu- der Zehen 'iiiisehriclipue rauhe, graue Stellt*»: voü vcudiuktur' Ppi* 



dt)r»ci»:/ Weniger rauh war 'die Haut 'ün' dfcn ExmmuUltcu .und am Rumpf, 
iodoch ist Rö'.auch hier lihmü ksüte tr-idccc. juu! 4 schwyDslg. .' Kekiü- 
Snnailülitiüs- und ftrauyoin Hitegxu nor-mhb Lei!» dick, aufas- 

lrichun. Innert: Grgauo gemuul. Urin fiel v«>u Zucker tmd Biwum*. 
Munsu? vncen noch «ight eing^traten Patbmtln xetgt om«i wif^Qinteu 
Gang, Br scJiwtwD.lUg io il uv.a Bowi-gmigeu nmi ihvora Hamli-ia. .-Iliw- . 
KdrpcrUjmu betteigl aür W7 nnu Ks hesiohl bei ihr mng.gcdHS.ekte Goinüths-- 
ctimifimm/ h\p»u H.meirtecJh-Ru'I.iri* lodte-l-rr N »tur. Bie- th-hi c« u«e^ mit . 
ihren ßrk« rr: viel .:n sprechen, zu scherzen tute /.e l'uiiciu gtUndoru 

sitzt meist ruhig in emer Ecke des Zimmers. Ihre. Jntelbge«?-.. hat mjb 
sproehend iWm Alter feum Kiidavsse erlitten. Wem» aacb der Denk- 
proccss eiAv.ie bugwmncr als oonrm! nblkuti. so scheint, er keteteweg*. goRtört; 

Alle di^i' SyiBpUmm zuKninmciigofasst. und mit dct. boson- 
deren Borücksiohtigu ng dm 1 dmrakteristi?clteTi ptudirderuiiscben 
der hoteigrddigtei Amdmio und der psyteustetmv 
Dfepr^siou, «Ute Zviritekbloilmns <!fs AVatdiSUumipt konnte, die 

Diagöiisü dos spontunon bp?w. inbmtÜeß Mrxödyms Jiicbb ? weif Ate 

haff Bfein. Auch wurde dmmlbo hestftGj;» durch den giiu.^tlgorj Ein- 
fluss der oingeselilHgeiiüii Tbwapic ; du j«, wie NieU-en (Mmmtehoftu 
l pr, DcrmatoiQg:. Bd. 16, >!g ,B) durch FüUerimg*' ytei Sfelulddrüßmr 
an sich 'selbst.'üAckwioÄ imd mit mich m mir ©ifAim>B hubo, um 
#?ftßüadör Munseli nicht im ududesteh .darauf roaghT 

Bezüglich der Fütterung: üdt ^ThbHisöii war hmm Bogimi 
dm- Unr noch keine Eiijl>cdi.libhMi- Aur 0-tei? <n de*v Angaben der 
LfUerntur erzielt; es war selbst in dos Berichten oXt nicht dmmal 
zwischen Drüsen und -Drüftoniappon oüi gmiuuur irpterschte.u 
gemacht, ge,%hwoigo denn, dass fWieute'tevm in Gramm imirr.- 
geben waren. Ausserdem diSbrlror: die OmVicbt^iiteng^M der Uhtü^ 
ÜteA tbyreoidou. \hvm Kalb uud fcehät die iimi'mv nur aus zmn 






808 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42 


Lappen bestehen, ganz bedeutend. Bei mehreren diesbezüg¬ 
lichen Wägungen ergab sich als Durchschnittsgewicht für 
einen Kalbsdrüsenlappen 5 g, dagegen für einen Schals¬ 
drüsenlappen nur 2 g. Damit ich auch wirkliche Schilddrüsen, 
die leicht mit Muskelsubstanz zu verwechseln sind, bekam, setzte 
ich mich mit dem Thierarzt des hiesigen Schlachthauses, Herrn 
Schenk, in Verbindung, durch dessen Güte ich in den Stand ge¬ 
setzt war, je nach Bedarf wöchentlich Drüsen vom Schaf oder 
Kalb zu beziehen. Durch die vorhin berührte Unsicherheit in der 
Dosirung sollte ich gleich im Anfang der Cur (Beginn am 27. März 
1893) unangenehme Erfahrungen machen. Vermehren (Deutsche 
med. Wochenschr. 16. März 1893, S. 255) gab einer 42jährigen 
Patientin vier Wochen lang täglich vier Drüsenlappen von Mast¬ 
kälbern, wodurch ich ermuthigt wurde, meiner Patientin am ersten 
Tag einen Lappen, am zweiten Tag zwei Lappen und am dritten 
Tag wieder einen Lappen vom Kalb roh zu verabreichen. An 
diesem letzten Tag (29. März 1893) trat heftiger Kopfschmerz mit 
Schwindel, Erbrechen und Appetitlosigkeit ein; das Gesicht war 
geröthet, der Puls war auf 100 gestiegen, voll, jedoch regelmässig, 
und es waren deutliche stenocardisclie Beschwerden bemerkbar. Die 
Temperatur, die vor der Cur nie, auch Abends nicht, über 35,9 C 
gestiegen war, erreichte die Höhe von 38,1, während Patientin 
Morgens nur 35,0 gemessen hatte. Sofort wurde die Fütterung 
ausgesetzt, die Patientin zu Bett gebracht und regelmässig Morgens 
und Abends während der ganzen Cur Temperaturbestimmung und 
Pulszählung gemacht, wobei ich die Erfahrung machte, dass die 
Temperatur nie mehr, auch nicht nach längerem Aussetzen unter 
36,2 sank, während sie bei der Fütterung sofort wieder bis zu 
37,9 anstieg. Dementsprechend stieg auch regelmässig die Fre¬ 
quenz des Pulses manchmal bis zu 120, und war gerade dieser 
Punkt ausser sich einstellenden Kopfschmerzen und Zuckungen des 
ganzen Körpers bei weiteren Fütterungen für mich maassgebend, 
von der Darreichung vorübergehend abzusehen, da ich dann eine 
gewisse Intoxication beziehungsweise eine Sättigung des Körpers 
mit Schilddrüsensubstanz annehmen musste. — Die Urinmeno-e 
die vor der Behandlung nur V 4 bis V 2 Liter betragen hatte, stieg 
auf eine tägliche Durchschnittsmenge von l 1 /* Liter, und das 
? C iad? 6 Gewicht wurde nach den ersten drei Tagen von 1017 
bis 1030 vermehrt und hielt sich immer in ziemlich hohen Grenzen 
Diese plötzliche Steigerung des Stoffwechsels wurde auch noch 
durch eine Abnahme des Gewichts von 62V 2 Pfund auf 61 Pfund 
bewiesen. Die Gewichtsverminderung konnte ich jedoch nur in 
der ersten Zeit der Cur constatiren, während später nach Verlauf 
eines Jahres sogar trotz Fütterung das Körpergewicht auf 65 Pfund 
anstieg. Stoffwechseluntersuchungen sind bereits bei einer Pa¬ 
tientin mit Myxödem von W. Ord und E. White (Brit. med. 
Journal 29. Juli 1893) angestellt worden. Beide Autoren haben 
vor und nach der Behandlung mit Schilddrüsenextract Urinunter- 
suchungen gemacht und gefunden, dass während der Behandlung 
die Menge des ausgeschiedenen Stickstoffs die mit der Nahrun? 
eingenommene übertraf, und zwar kam der Stickstoff hauptsächlich 
in .borm von Harnstoff zur Ausscheidung. 

Mnro i m B 31 j M fr z * 89 . 3 ’ 1* April und 2. April wurde nur noch 
Morgens und Abends je V« Lappen d. h. circa 2 g Drüsensubstanz 
gegeben, wonach sich wieder folgende Beschwerden: Zu¬ 
sammenschrecken, Hämmern im Kopf, Ohrensausen, Erbrechen und 
ausserdem Druck m der Nierengegend einstellten. Die Unter¬ 
suchung des Urins auf Zucker und Eiweiss ergab auch ietzt 
7 0 !!Lr g H H S , Re fJ ltat ’ dagegen war Jedesmal durch Essigsäure- 

HantRPhi^n 11 ^ 6 ^rhanden, die nach Abnahme der 

Hautschwellung nicht mehr auftrat. 

wa . r . ni f * Zungen, das Bett zu verlassen, so 
?end Sth«„ ■ !! dUr * Ch ™ Cur - Ueberhaupt möchte ich drin- 
behandtln d<m , ^,° chen die Patienten nur im Bett zu 
hat Ich EL dle lei ® ht ™ g liche Dosis herausgefunden 
v p .. s ® t . zte wel tere Tage die Fütterung ausf und da 

‘Ltt WolÜ / dWte ’ machte sie einen kleinen Spaziergang 

T^ge am 6 A g nrirn^hU 1Ch TJ' Drüsenlappen, und am nächsten 
T t / V ’ nachdem hef tiger Durst und Jucken am ganzen 
Kön>er aufgetreten war, beobachtete ich, jedenfalls durch Cumulativ 

d^fir U ^?fl Abend - S /^ en schweren urämischen Anfall von V^stün- 
rf'"'«" “PoK“*» Stadium ron meh- 


fälle beobachtet worden seien. Ich war durch diese Mittheilmw 
umsomehr erstaunt, da in den letzten Veröffentlichungen von 
Mendel und Laache (Deutsche med. Wochenschr. 1893 No 2 
und 11) keinerlei Rede von solchen Zufällen war. In der englischen 
Litteratur war allerdings von mehreren Seiten auf Vergfftungs- 
symptome aufmerksam gemacht worden, jedoch nie mit tödtlichem 
Ausgang. Leichtenstern hat später in der Deutschen medi 
cinischen Wochenschrift 1893 in einer sehr fleissigen Arbeit 
einen Fall von operativem Myxödem beschrieben, wo er allerdings 
nach grossen Dosen von 10—12 g roher Schilddrüse (einmal in 
der Woche gereicht) einen schweren Anfall von hochgradiger Herz¬ 
schwäche mit schwachem Puls, Oedem an den Unterschenkeln 
Eiweiss im Urin beobachtete, der 14 Tage anhielt, sich jedoch 
später bei gleicher Dosis während eines ganzen Vierteljahrs nicht 
mehr wiederholte. (Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 51, S 1356) 

Auch Schotten hat erst im October 1893 in einem Vorträge 
im Aerzteverein zu Cassel (Münch, med. Wochenschr. 1893, No 51 
S. 983) einen Fall von schwerer Stenocardie bei Myxödem mit- 
getheilt, die schon nach zwei Gaben von je 5 g Schilddrüse am 
ersten und dritten Tage verursacht wurde. 

Durch den oben geschilderten urämischen Anfall waren die 
Angehörigen, wie leicht zu erwarten war, so abgeschreckt, dass 
sie sich auf lange Zeit hin weigerten, die Behandlung fortsetzen 
zu lassen. Wenn die Zeit der Darreichung auch eine kurze ge¬ 
nannt werden muss (während 11 Beobachtungstagen), so war doch 
der Erfolg ein ganz auffallender. Gesicht, Hände und Füsse waren 
bedeutend abgeschwollen. Die Haut schälte sich und fühlte sich 
weich und feucht an, selbst der Gemüthszustand der Patientin fing 
an, em heiterer zu werden. Sie zeigte mehr Interesse für ihre Um¬ 
gebung, Bewegungen und Gang wurden rascher, während ihre Sprache 
den rauhen Timbre verlor. Im Kopfhaar und an den Augenbrauen ein 
J an £ er Nachwuchs sehr deutlich zu bemerken. Auch stellten sich bald 
die Menses zum ersten mal ein und kehrten seitdem regelmässig 
alle 4—6 Wochen wieder. Ich konnte sonach mit dem Erfolg der 
Cur zufrieden sein, so dass ich der Weigerung der Patientin nach¬ 
gab und die Cur im ganzen bis zum Monat Juli aussetzte. 
Da ich aber auch noch eine eventuelle Begünstigung des bis jetzt 
nicht beeinflussten Wachsthums anstrebte, begann ich von Juli ab 
mit kleinen Dosen Drüse, und zwar ging ich von Kalbsdrüsen zu 
rohen Schafsd-rüsen über, die keinerlei Unterschied in der Wir¬ 
kung zeigten. Ich ordinirte nie mehr als dreimal wöchentlich 1 g 
und war auch selbst bei dieser vorsichtigen Dosis nach vier- bis 
fünfmaligem Nehmen wegen Intoxicationssymptomen mehrmals ge- 
nöthigt, auszusetzen. Von November ab wurden Schilddrüsen¬ 
tabletten nach Apotheker White genommen, und zwar jeden dritten 
Tag eine Pastille, doch stellten sich auch hierbei zuweilen Kopf- 
schmerz, Erbrechen, Zuckungen ein, bis Patientin von Januar ab 
täglich eine Tablette vertragen konnte. Seit vier Wochen ist die 
Fütterung vollständig ausgesetzt worden. 

Erst im letzten Vierteljahr der Behandlung konnte ich nun 
auch ein langsames Wachsen bei meiner Patientin constatiren. 
Wie mir der sehr intelligente Vater, der wegen des zurück¬ 
gebliebenen Wachsthums am meisten besorgt war und deshalb sein 
Kind früher regelmässig mit genauen Aufzeichnungen gemessen 
hatte, mittheilte, hat das Wachsthum in den letzten fünf Jahren 
absolut still gestanden. Im März 1893 maass Patientin vor der 
Gur 127 cm, Anfangs Januar 1894 2 cm mehr und Mitte April 
132 cm, hatte also in einem Zeitraum von einem Jahr 5 cm an 
Körperlänge zugenommen, eine Zahl, die dem normalen Wachsen 
vollständig entspricht, da nach Franz Liharzik (Das Gesetz des 
Wachsthums und der Bau des Menschen, die Proportionslehre aller 
menschlichen Körpertheile für jedes Alter und beide Geschlechter. 
Wien 1862) vom zweiten bis zwanzigsten Lebensjahr der mensch¬ 
liche Körper in Zeiträumen von je 17 Monaten immer um 5 cm 
wächst. Dieses Resultat ist um so auffallender, als bei den meisten 
Frauen im zwanzigsten Lebensjahr das Wachsthum vollständig zu 
cessiren pflegt. Auch von anderen ist über bedeutende Wachs¬ 
thumszunahme nach Myxödembehandlung geschrieben worden. So 
berichtet Gibson (Brit. med. Journal 14. Januar 1893) über eine 
solche, wo ein sechsjähriger Junge nach Implantation von zwei 
Schafsdrüsen binnen einem Jahr zwei Zoll gewachsen ist. Schotten 
(Münchener med. Wochenschr. 1893, No. 52, S. 1004) erzielte bei 
einer 18jährigen Patientin mit sporadischem Cretinismus im Zeit¬ 
raum eines Vierteljahres ein Wachsthum von 2 cm. H. Rehn’s 
kleine Patientin, deren Photographie Sie vorhin gesehen haben, 
hat nach einem Jahr an Körpergrösse sogar 10 cm zugenommen. 
Trotz des gewiss nicht zufälligen Wachsthumsfortschritts im 
letzten Jahre ist die Körpergrösse und das Gewicht bei meiner 
Patientin im Vergleich zu den betreffenden Zahlen einer gesunden 
Person weiblichen Geschlechts (von demselben Alter) noch be¬ 
deutend zurück. Nach Quetelet (siehe Froehlich’s Artikel 
„Körpergewicht“ in Eulenburg’s Realencyklopädie XI, S. 193) 


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18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


809 


misst eine gesunde zwanzigjährige Frau 1,57 m mit einem Gewicht 
von 52 kg, während meine Patientin ihrer Grösse und ihrem Ge¬ 
wicht nach den Durchschnittszahlen eines zwölfjährigen Mädchens 
entspricht. Dagegen zeigt sich der Schädel in seinen sämmtlichen 
Maassen als vollständig ausgewachsen, ja dürfte eher noch als 
etwas zu gross erscheinen, da die Zahlen die obersten Grenzen der 
Durchschnittsmaasse erreichen. Nach Froehlich (1. c. S. 205) sind 
am deutschen ausgewachsenen Schädel folgende Zahlen aufgefunden 
worden: 

1. Längsdurchmesser 18 cm ... (meine Patientin 18 cm) 

2. Breitendurchmesser 13,5—15,5 cm ( „ 15 C m) 

3. Höhendurchmesser 12,5—14 cm . ( ” ,, 14 C m) 

4. Wagrechter Umfang 53,6 cm . . ( „ ” 52 cm). 

Sehr interessant ist auch eine vergleichende Messung des 

Brustumfanges, der mit seinen Zahlen (60—64 cm) in einem Miss¬ 
verhältnis zur Körperlänge steht. Normaliter fällt in dem Alter 
bis zum zwanzigsten Jahr der Umfang des Thorax mit der halben 
Körperlänge zusammen, und der erstere hält mit der letzteren 
gleichen Schritt, während die Maasse meiner Patientin beweisen, 
dass ihr Thorax wachsthum im Umfang um 6 cm zurückgeblieben 
ist. Die Extremitäten sind im Vergleich zum übrigen Körper zu 
klein, besonders fällt dies an den unteren auf. Wir sehen also, 
dass das Myxödem im wachsenden Alter zu recht bedeutenden 
Störungen der Körpergrösse als auch der Proportion der einzelnen 
Körpertheile führen kann. Durch meinen Fall finden die schönen 
Experimente Franz Hofmeister’s (Beiträge zur klin. Chirurgie 
1894 XI. Bd., Heft 2, S. 490—501) ihre klinische Bestätigung. 
Dieser Autor thyreodektomirte Kaninchen und constatirte mehrere 
Monate später gegenüber den Controllthieren (desselben Wurfs) 
ausser einer Gewichtsabnahme ein Zurückbleiben des Längen¬ 
wachsthums der Extremitäten und der Beckenknochen (nicht des 
Schädels) und eine Verzögerung der Ossification an den Epiphysen¬ 
knorpeln. Noch mehr in die Augen fallend wegen der längeren 
Extremitäten waren die Versuche der Wachsthumshemmung, welche 
v. Eiseisberg an thyreodektomirten Ziegen anstellte, über die er 
auf dem vorjährigen Chirurgeneongress in Berlin referirte. 

Ausser dem vermehrten Körperwachsthum zeigte die Schild¬ 
drüsenfütterung noch ihren mächtigen Einfluss auf die Zahn- 
bildung. Meine Patientin, die offenbar noch nicht die zweite 
Dentition überschritten hat, machte mich darauf aufmerksam, dass 
sie im letzten Vierteljahr drei neue Zähne bekommen hat, nachdem 
die alten cariösen Milchzähne ausgefallen waren. Es betraf die 
beiden Buccales rechts oben und einen links unten, welche meistens 
schon, im 10. bis 15. Lebensjahr durchzubrechen pflegen. Augen¬ 
blicklich sehen Sie auch links oben einen bleibenden Zahn, und 
zwar den Bucccalis internus durchbrechen, der meist schon sich 
im zehnten Lebensjahr zeigt. 

Schliesslich möchte ich noch über den mikroskopischen Blut¬ 
befund bemerken, dass derselbe für Myxödem nicht pathognostisch 
ist. Mendel, Leichtenstern, Schotten (1. c.) constatirten an¬ 
fangs eine Leukocytose, jedoch nach der Behandlung eine Ver¬ 
mehrung der rothen Blutkörperchen und des Hämoglobingehalts. 
Kraepelin (Deutsch. Archiv f. klin. Med. Bd. XLIX, S. 587) fand 
bei drei Fällen von Myxödem eine Vergrösserung des Durchmessers 
der rothen Blutkörperchen, dagegen war die Zahl der Blutkörperchen 
und der Hämoglobingehalt normal. Herr Dr. Benario hatte die 
Güte, vor einigen Wochen folgenden Blutbefund bei meiner Patientin 
zu erheben, der sich fast vollständig mit dem normalen deckt: 


Polynucleäre Zellen 63% 

Lymphocyten 24 % 

Mononucleäre Zellen 5,7 % 

Uebergangsformen 6,8 % 

Eosinophile Zellen 1,5 % 


Die Zahl der rothen Blutkörperchen betrug die für Frauen etwas 
übernormale Menge von 4 200 000 in 1 cmm, der Hämoglobingehalt 
80%. Wie Sie sehen, ist auch an der Färbung der Haut und 
sichtbaren Schleimhäute die vor der Cur bestehende hochgradige 
Anämie nicht mehr zu erkennen. 

Ziehe ich nun aus meinen Beobachtungen die Folgerungen für 
die Praxis, so möchte ich rathen, bei der Behandlung des Myxödems 
besonders im Anfang der Cur bis zur Abnahme der Hautschwellung 
sehr kleine Dosen Schilddrüsensubstanz zu verwenden und erst 
allmählich zu steigern. Nach meinen Erfahrungen kommt man 
mit geringen, täglich gereichten Schilddrüsenquantitäten (circa 
1,0 pro die) ebenso weit, ohne seine Patienten in Gefahr zu bringen, 
als mit den bis jetzt noch allzusehr üblichen grossen, einmaligen 
Dosen in der Woche. Dasselbe gilt von den White’schen Schild¬ 
drüsentabletten, von denen anfangs eine pro Tag (bei Kindern 
l h Tablette), später zwei bis drei Stück während vier bis fünf 
Wochen mit demselben Erfolg wie bei Darreichung frischer Drüse 
gefüttert werden. Bei eintretenden Alarmerscheinungen (Kopf¬ 


schmerz, Erbrechen. Pulsfrequenz etc.)’ ist jedoch sofort eine Schild¬ 
drüsendarreichung jeglicher .Art bis auf weiteres zu unterbrechen. 

Was nun die definitive Heilung angeht, so sind wir hiermit 
auf dem einzigen wunden Punkt dieser Therapie angelangt, da sie 
nämlich den Nachtheil hat, keine eonstanten Resultate zu liefern. 
Ich halte Litteraturberichte von vollständigen Heilungen nach Be¬ 
obachtungen von % bis 1 Jahr für. vollständig verfrüht, ja ich 
gehe soweit zu sagen, dass überhaupt keine Heilung auf Jahre hin 
möglich ist, sondern dass wir nur temporär durch die Fütterung 
die normale Schilddrüsenfunction nachahmen. : In meinem Fall 
hatte sich l U Jahr nach den ersten Fütterungen noch kein 
charakteristisches Myxödemsymptom wieder eingestellt, und glaube 
ich, dass nach eingetretener Besserung später eine vierteljährige 
prophylaktische Darreichung für eine bis zwei Wochen dem 
praktischen Bedürfniss genügt. Selbstverständlich müsste man bei 
einem früheren Recidiv sofort einschreiten. Wir wollen jedoch den 
Mangel der mehrmaligen prophylaktischen Fütterung im Jahr gern 
übersehen, wenn wir erwägen, dass wir durch die Schilddrüsen¬ 
darreichung befähigt sind, diese unglücklichen Myxödemkranken 
der menschlichen Gesellschaft wieder zu schenken. Es soheint 
sonach, dass von der . übrigen so romanhaft klingenden Gewebs- 
safttherapie die Schilddrüsenfütterung bei Myxödem sich vorteil¬ 
haft unterscheidet und allein berufen ist., Gemeingut aller. Aerzte 
zu werden zum Heile ihrer Patienten. 


IV. Was wir von der chirurgischen Behand¬ 
lung des Morbus Basedowii zu erwarten 
haben. 

Von Dr. F. Lemke in Hamburg. 

Die in letzter Zeit sehr lebhafte Discussion über das Wesen 
des Morbus Basedowii hat uns leider in der richtigen Erkenntnis 
desselben wenig gefördert Die Hu fei an d’sche Gesellschaft hatte 
im vorigen Jahre diese Frage zum Gegenstände einer Preisschrift 
gemacht und hat der Arbeit des Herrn Dr. Busch an den Preis 
zuerkannt. In diesem Buche .finde ich im Abschnitte „Prognose“ 
folgendes: 

„Quoad vitam bietet die Krankheit eine günsige Prognose — 
quoad restitutionem ad integrum stellt sich die Prognose gleich¬ 
falls günstig, wofern das Leiden möglichst frühzeitig in Behänd? 
lung genommen wird.“ „Die pessimistische Ansicht verschiedener 
Autoren von der Unheilbarkeit der Krankheit kann Verfasser auf 
Grund einiger eigener Beobachtungen und der in der Litteratur 
verzeichneten Krankheitsfälle nicht theilen. Die Therapie ist ge¬ 
wiss imstande, alle Erscheinungen, im besonderen die den Kranken 
in hohem Grade belästigenden nervösen Symptome zu beseitigen, 
nur Kropf und Exophthalmus können eine Ausnahme machen, 
wenn sie bei schon länger bestehender Krankheit auf organischen 
Veränderungen beruhen.“ Jetzt werden vom Verfasser eine 
Reihe von Autoren angeführt, die über vollständige Heilungen 
berichten; geprüft werden die einzelnen Fälle nicht, auch wird 
der später erwähnte Neurologe nicht gefragt, ob alle diese 
Heilungen auch von ihm als solche anerkannt werden. Die einfache 
Behauptung der Heilung wird widerspruchslos als unanfechtbar 
hingenommen. 

Weiterhin kommt dann der Verfasser auch auf die chirur* 
gische Behandlung des Morbus Basedowii, und zwar mit folgenden 
Worten: „Die Wichtigkeit der Sache erheischt es, diese Fälle etwas 
eingehender zu betrachten: Zunächst fragt es sich, ob in 
denselben wirkliche Heilungen erzielt sind? Nach den 
Aussagen der Berichterstatter gewiss. Allein, wenn 
man die Mittheilungen näher prüft, findet man, dass 
diese angeblichen Heilerfolge nicht den Erwartungen 
entsprechen, die der Neurologe an sie stellt, dass sie 
vielmehr nur als Besserungen, mitunter zwar auch als 
ziemlich bedeutende zu bezeichnen sind.“ 

Das heisst doch mit ganz ungleichem Maass messen. Ist ein 
Chirurg ein weniger glaubwürdiger Berichterstatter als ein mit 
innerer Medicin ausschliesslich sich beschäftigender Arzt? Die von 
den Chirurgen berichteten Fälle können wohl ohne Ausnahme den 
Vorzug für sich in Anspruch nehmen, dass sie längere Zeit ärzt¬ 
lich beobachtet sind, denn so schnell entschliesst sich kein Patient 
zur Operation, da muss erst alles hübsch durchprobirt werden und 
sich als erfolglos erwiesen haben. 

Dasselbe kann mau z. B. von den in Bädern angeblich ge¬ 
heilten Fällen doch Wohl nicht behaupten, hier entspricht die 
Beobachtung des Berichterstatters, doch vielfach nur der kurzen 
Zeit des Badeaufenthaltes. Die dort eingetretene Besserung wird 
dann als neue Indicatieen -für. .die betreffende Quelle den Bade¬ 
schriften einverleibt. 


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810 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


Ein so schweres Leiden wie der Morbus Basedowii 
heilt nicht über Nacht, heilt auch nicht nach einigen 
elektrischen Sitzungen. 

Wer je einen schweren Fall davon gesehen hat, erwartet das 
auch gar nicht. Man sieht, Herr Dr. Buschan hat nur einige 
Fälle selbst gesehen, sonst würde er nicht versprechen, gewiss 
imstande zu sein, alle nervösen Erscheinungen zu beseitigen. 
Der Kropf und der Exophthalmus, die er selbst als nicht immer 
zu beseitigende Symptome anerkennt, sind aber gerade diejenigen, 
über welche die Patienten am meisten klagen. Mit Glotzaugen 
herumzugehen und von allen Menschen deswegen angestarrt zu 
werden, ist den Kranken das Schrecklichste, wie sie mir häufig 
versichern, und was den Kropf anbetrifft, so bringt derselbe allein 
schon als mechanische Last, die naturgemäss die Athmung be¬ 
hindert, das Gefühl des Krankseins dauernd zum Bewusstsein, ja 
eine Steigerung der letzteren Beschwerden führt die Kranken 
schliesslich doch zum Chirurgen. 

Seit meinen Veröffentlichungen über Morbus Basedowii haben 
viele der hiesigen Collegen die Güte, mir ihre daran erkrankten 
Patienten zuzusenden, so dass ich glaube, einen nicht unwesent¬ 
lichen Theil der hiesigen Fälle zu kennen, die Häufigkeit dieser 
Erkrankung ist viel grösser als ich je geglaubt habe, leider giebt 
es zu viele messerscheue Individuen. Wie sehr die von mir Ope- 
rirten, deren Zahl ich weiter unten durch neue Fälle vermehren 
werde, sich erleichtert fühlen, geht aus der lebhaften Propaganda 
hervor, die sie selbst aus eigenem Antriebe für die Operation machen. 

In allen von mir operirten Fällen, und sie leben alle noch, 
mit Ausnahme einer Frau, die zwei Monate später an Influenza 
starb, haben sich die schwersten Symptome, selbst die Glotzaugen 
und der Kropf zurückgebildet, schwere nervöse Erscheinungen, wie 
asthmatische Anfälle, die hochgradige nervöse Unruhe,, das uner¬ 
trägliche Zittern der Hände, das sie ganz arbeitsunfähig machte, 
haben sich ganz verloren. Zwei Patientinnen, mit denen, wie die 
Angehörigen sich ausdrückten, nicht mehr auszukommen war, so 
unleidlich zänkisch waren sie, sind jetzt durchaus normal, worüber 
mir im ersten Falle der Ehemann, im zweiten die Eltern ausführ¬ 
lich berichteten. 

Bei Gelegenheit des Besuches eines Neurologen aus New-York, 
der die Fälle zu sehen wünschte, habe ich alle erreichbaren Pa¬ 
tienten zusammenberufen, einzelne, die am Erscheinen verhindert 
waren, haben wir nachher in ihren Wohnungen aufgesucht; ich 
kann versichern, dass ich selbst überrascht war, zu sehen, wie 
vollständig bei den zuerst Operirten, bei denen also die Operation 
schon in den Jahren 1890, 1891 und 1892 ausgeführt wurde, der 
Zustand zur Norm zurückgekehrt ist, so dass ich mit gutem Ge¬ 
wissen von wirklichen Heilungen sprechen kann. 

Was zurückbleibt und selbstverständlich unver¬ 
ändert Zurückbleiben muss, ist das nervöse Individuum 
das auch sicher vor der Erkrankung vorhanden war 

Damit erklärt sich auch, dass derartig behandelte Patienten 
nicht Gegenstand der Vorstellung in ärztlichen Vereinen sein 
können. Das regt schon gewöhnliche Patienten auf, wie viel mehr 
Leute, die em so impressionables Nervensystem haben, wie unsere 
Patienten. 


Bei eben operirten Fällen kann man meistens noch nichi 
y on Heilung sprechen, dazu gehört längere Zeit und Geduld, ge¬ 
wöhnlich schwinden gleich anfänglich die schwersten Symptome 
bis dann m ein bis zwei Jahren die Heilung vollständig wird. ' 
Wenn man also über die Erfolge der operativen Behandlung 
des Morbus Basedowii aburtheilen will, muss man nicht mit vor¬ 
gefasster Meinung an die Fälle herangehen, sondern muss die¬ 
selben, soweit sie zugänglich sind, sich ansehen. Verlangt man 
doch von jedem Kunstforscher und Kritiker, z. B, über Gemälde 
dass er sie nicht nur aus Nachbildungen kennt, sondern sie auch 
, 0rl gJ?al gesehen und studirt hat. Dieses Princip sollte auch 

pL d nL MC<Ü T ? a ? SSgeben - d sein ‘ Sehon beim Gesunden ist das 
Befinden wechselnd, um wie viel mehr beim Kranken. 

„•-v, "} . f ! arf f 10 * 1 a,8 ° in seinem Urtheil nicht von verführten Be- 
Hfim ™ Mtel1 lassen ’ dle . ] v än g st nicht mehr zutreffend sind, son¬ 
dern muss, wenn man nicht selbst hinreisen kann, brieflich Er- 

mhvJjhn M fig Wird i ? s ^ ohl lange daueru t bis wieder eine so aus- 
d^des h H^rrn 0 Dr aP H? iT ^ rankheit geschrieben wird, wie 
würden also f a ?k ihnschan die dort ausgesprochenen Ansichten 
Z*\t L T’f !X lh f ] * nichfc sofort widersprochen wird, für lange 
f® lfc alfi 'maassgebend angesehen werden, deshalb möge man es 
entschuidigen, wenn ich meinen Standpunkt sofort gewahrt wissen 

vocirem ^ “ ferner ’ als ^en Federkrieg zu pro^ 

q .. .übrigen wäre es durchaus wünschenswerth wenn von 
Seiten einer Behörde oder grösseren ärztlichen Corporation der 


Morbus Basedowii zum Gegenstände einer Sammelforscliung, ähn¬ 
lich wie vor mehreren Jahren die Influenza, gemacht würde* dann 
würde doch eine Statistik mit ihren vielen Nebenfragen möglich 
sein, die jetzt vollständig unbeantwortet bleiben müssen. Wie 
wenige Fälle sind veröffentlicht, und nach diesen wird nun abge- 
urtheilt. Vielleicht könnte die Hufeland’sche Gesellschaft sich 
der Sache annehmen, dann würde sie ihre verdienstvolle Anregung 
zu einem wirklichen Erfolge steigern. Doch nun zu meinen Patienten 
Fall 1. Heilmann, Operation 12. April 1890, ist jetzt Post¬ 
beamter, der ohne Beschwerde seinen Dienst thut; um dies werden zu 
können, musste er sich einer genauen Untersuchung des betreffenden 
Postarztes unterziehen, der ihn also doch wohl für vollständig gesund 
befunden haben muss. Es war dies einer der schwersten Fälle, die'ich 

f esehen habe, ich hatte ihn zwei Jahre lang mit allen möglichen inneren 
litteln behandelt. In diesem Falle musste die Tracheotomie wegen 
Asphyxie gemacht werden, dann habe ich fast 2 /a der Struma exstirpirt. 
Struma und Exophthalmus sind ganz geschwunden, der Puls langsam (80) 
und regelmässig. 

Fall 2. Quedenbaum, Operation 28. Mai 1890, befindet sich durch¬ 
aus wohl. Als ich ihn vor 14 Tagen zuletzt sah und ihm noch etwas 
anrathen wollte (Pil. Blaudii) sagte er: „ich brauche nichts, ich bin jetzt 
ganz wohl.“ Sehr schwerer Fall. Jahre lang von mir und in fast allen 
hiesigen Krankenhäusern vergeblich behandelt. Damals bestand bedeu¬ 
tende weiche comprimirbare Struma und sehr hochgradiger Exophthalmus. 
Puls war gar nicht zu zählen. Sehr starkes Zittern der Hände und auch 
des übrigen Körpers, das ihn arbeitsunfähig machte. Alle diese Symptome 
sind vollständig geschwunden, der Mann arbeitet, wohnt drei Treppen 
hoch, was ihm keine Beschwerden verursacht. Die genaue Untersuchung 
eines Neurologen stellte als einziges noch vorhandenes Symptom das 
Gräfe’sche Phänomen fest. 

Fall 3. Frau Hausen, Operation 9. Februar 1891. Schwerer Fall, 
der die Tracheotomie nöthig machte, sehr ausgesprochenes Zittern der 
Extremitäten und des ganzen Körpers. Profuse Schweisssecretion. De¬ 
lirium cordis. War nach der Operation bedeutend gebessert und wieder 
arbeitsfähig, starb aber am 14. April 1891 an Influenza unter den Er¬ 
scheinungen von Lungenödem. 

Fall 4. Elise Vogt, Operation 30. Juli 1891. Habe ich vor drei 
Monaten zuletzt gesehen. Leichterer Fall, nur starkes Herzklopfen und 
ziemlich grosse Struma, leichter Exophthalmus. Patientin jetzt ganz 
normal. 

Fall 5. Auguste Sarnau, Operation 31. November 1891 habe ich 
aus den Augen verloren. 

Die nun folgenden Fälle sind noch nicht veröffentlicht. 

Fall 6. Frau Louise Schmidt, 36 Jahre alt, erkrankte im Jahre 
1889 infolge eines starken Schrecks, ihr Mann wurde ihr schwer verletzt 
ins Haus gebracht. Sehr schwerer Fall. Der Exophthalmus war so stark, 
dass die Frau in ihrer Stadtgegend als die „Frau mit den Augen“ be¬ 
kannt war. Augenärzte und Neurologen haben sie vielfach untersucht 
und.beiderseitige Pupillenstarre nebst Graefe’schem Phänomen constatirt. 
Patientin hatte sehr starkes Zittern der Hände und des ganzen Körpers, 
so dass sie nichts in die Hand nehmen konnte, ohne es feilen zu lassen. 
Die Gemüthsstimmung war derart, dass mir der Mann erklärte,- es wäre 
nicht mehr möglich, mit ihr zusammen zu sein, sie ärgere sich über die 
Fliege an der Wand. Der Umfang der Struma war sehr wechselnd, im 
ganzen nicht sehr gross, sie war weich und zusammen drückbar. Voll¬ 
ständiges Delirium cordis, dazu allnächtlich mehrmals schwere asthmatische 
Anfälle, die sie zwangen, das Bett zu verlassen, bedeutende Abmagerung. 
Menses unregelmässig. Patientin entschloss sich sofort zur Operation, 
die am 4. Februar 1892 stattfand. Dieselbe war recht schwer und blutig, 
die Struma glich vollständig einem nur aus Blutgefässen bestehenden 
Schwellkörper. Abtragung der rechten Hälfte der Struma, Tamponade der 
Wunde mit Jodoformgaze. Secundärnaht. Heilung ohne Zwischenfall. 
Entlassung nach 14 Tagen. Sofort nach der Operation sistirten die nächt¬ 
lichen Anfälle, alle anderen Symptome haben sich allmählich so zurück¬ 
gebildet, dass die Patientin jetzt vollständig gesund ist, vor allem ist 
sie heiter, liest sehr viel, steht ihrem Hausstande vor, in dem sie alles 
selbst thun muss. Ophthalmologen und Neurologen haben sie nach der 
Operation vielfach untersucht und das allmähliche Verschwinden aller 
Symptome constatirt. Schon seit langer Zeit wurde sie von allen Seiten 
als geheilt angesehen. 

Fall 7. Auguste Muthweiss, 18 Jahre alt, litt seit langer Zeit an 
starkem Herzklopfen, Struma mittlerer Grösse und Exophthalmus. ^ Puls 
dauernd 120, unregelmässig, Herztöne rein. Deutliches Graefe’sches 
Phänomen, sehr starkes Zittern der Hände, besonders deprimirter, mo¬ 
roser Gemüthszustand, die Eltern sagen aus, dass sie im Hause ganz 
unleidlich und zänkisch ist. Nachts starke Angstanfälle. Menses unregel¬ 
mässig. Operation am 27. April 1894. Es wurde die rechte Hälfte der 
Struma entfernt, was sich leicht, schnell und fast unblutig ausführen 
liess.. Tamponade der Wunde mit Jodoformgaze. Secundärnaht. Pa¬ 
tientin war mehrere Tage nach der Operation sehr unvernünftig, riss sich 
den Verband ab, soll nach Anssage der Schwestern in Bethanien buch¬ 
stäblich im Bette Kopf gestanden haben, trotzdem heilte die Wunde ohne 
Zwischenfall. Patientin blieb auf Wunsch der Angehörigen noch mehrere 
Wochen nach der Heilung im Krankenhause. Hier hat sich kurze Zeit 
nach der Operation der Gemüthszustand so gebessert, dass sie jetzt ganz 
umgänglich und verträglich geworden ist, Struma ist verschwunden, 
Exophthalmus sehr verringert, Puls aber noch frequent, jedoch regel¬ 
mässig. Wir können also in einiger Zeit erwarten, dass der Zustand zur 
Norm zurückkehrt, 

Fall 8. Ada Warnecke, 24 Jahre alt. Seit längerer Zeit wegen 
starken Herzklopfens und Exophthalmus in Behandlung, Puls dauernd 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


811 


120, ganz unregelmässig, reine Herztöne. Graefe’sches Phänomen, 
Nachts starke asthmatische Anfälle. Periode unregelmässig. Operation 
14. Juni 1894 in Bethanien. Exstirpation der rechten Hälfte der nicht 
sehr vergrösserten Schilddrüse. Tamponade mit Jodoformgaze. Naht. Sehr 
leichte Operation. Patientin nach 14 Tagen mit geheilter Wunde ent¬ 
lassen. Die nächtlichen Anfälle haben sich gänzlich eingestellt. Pa¬ 
tientin fühlt sich viel wohler. Nachbehandlung mit Ferrum. 

Mein Urtheil über die Schwierigkeit der Operation hat sich 
wesentlich geändert, nachdem ich meine Technik derselben durch 
grössere Uebung an anderweitigen Kropfoperationen vervollkommnet 
habe; sie lässt sich schnell, unblutig und gefahrlos ausführen. So¬ 
bald Haut und Muskulatur nebst Fascie in einem gewöhnlich 
4 cm langen, am inneren Rande des Sternocleidomastoideus verlaufen¬ 
den Schnitte durchtrennt sind, wird die Struma mit einer Klemm¬ 
zange nach Spencer-Wells gefasst und hervorgezogen. 

Die Auslösung geht so vollständig unblutig und glatt vor 
sich. Dann folgt die Unterbindung und Abtragung. Tamponade 
mit Jodoformgaze und Naht bis zum unteren Wundwinkel, durch 
den später der Tampon entfernt wird. Am zweiten oder dritten 
Tage stehen die Patienten auf, nach 14 Tagen werden sie mit ge¬ 
heilter Wunde entlassen. Das cosmetische Resultat ist ganz aus¬ 
gezeichnet. 

V. Die radicalen Bruchoperationen 
im Kinderhospital Trousseau in Paris. 

Von Gertrud Gordon. 

Die Behandlung der Hernien bildet eines der wichtigsten und 
ältesten Kapitel der chirurgischen Therapie. Wir sehen die 
Chirurgen aller Zeiten mit der Lösung der Frage beschäftigt, wie 
wohl die Menschheit dauernd von einem Leiden zu befreien wäre, 
das Jahrhunderte hindurch nicht nur als Krankheit, sondern über¬ 
dies noch als entehrende Affeetion betrachtet wurde. Die Ge¬ 
schichte der Radicalcur der Hernien zeigt uns, dass schon die 
Alten mit ihren blutigen Methoden bei der Behandlung der Brüche 
denselben Zweck verfolgten wie die modernen Chirurgen, nämlich 
die anatomische und definitive Obliteration der Bruchpforte. Sie 
lehrt uns ferner, dass viele der heute „neu erfundenen“ Operations¬ 
verfahren — in weniger wissenschaftlicher Form allerdings — 
bereits zu einer Zeit im Gebrauche waren, wo sich die Chirurgie 
noch auf einer embryonalen Entwickelungsstufe befand. Es sei 
hier nur die von Celsus und Oribasius 1 ) angewandte Technik 
der Radicalcnr der Hernien erwähnt, die sich in ihren Grundzügen 
nur wenig von der heute üblichen unterscheidet. In Frankreich 
beginnt erst mit Ambroise Par 6 und Franco die Renaissance 
der radicalen Bruchoperation. Franco wandte dieselbe nur bei 
eingeklemmten Brüchen an. Er sowie Par6 dürfen es sich zum 
Verdienste anrechnen, die Ersten gewesen zu sein, die den Samen¬ 
strang schonen lehrten, nachdem während der ganzen Blüthezeit 
der Empiriker vom V. bis XVI. Jahrhundert die Castration als 
unumgängliches Requisit der radicalen Bruchoperation betrachtet 
worden war. Am Ende des XVH. Jahrhunderts nahm hier die 
Bewegung zu Gunsten der Radicalcur wieder ab. 2 ) Mit der Er¬ 
findung der elastischen Bruchbänder machte sich eine ausgesprochen 
reactionäre Tendenz gegen die altgewohnte Therapie geltend, und 
die französischen Chirurgen des XVHI. Jahrhunderts, J. L. Petit, 
Arnaud, Garengeot u. v. a., sind bereits erklärte Gegner der 
Radicalcur. Für die Bandagisten war jedoch das goldene Zeitalter 
hereingebrochen. In Paris wimmelte es damals von Bruchoperateuren, 
die sich ausschliesslich mit der Vervollkommnung der Bruchbänder 
beschäftigten. Bis zum Jahre 1835, wo mit Gerdy’s Invaginations- 
methode die Radicaloperation wieder zu Ehren kam, zog man gegen 
die Hernien nur mit Bändern, Pillen, kalten Douchen und Bädern 
zu Felde. 1835 erschienen in Frankreich nacheinander die ver¬ 
besserten Verfahren von Velpeau, Leroy d’Etiolles und 
Bonnet, Malgaigne und Jules Gu6rin. Nach Gerdy’s Tode 
wich die Radicaloperation von neuem den Bruchbändern, um dann 
in den Pariser Hospitälern mit Beginn der antiseptischen Aera 
von Lucas Championniäre wieder aufgenommen zu werden. 
Während nun heute die radicale Bruchoperation bei- Erwachsenen 
zu den fast ausschliesslich angewandten Heilmitteln gehört, scheint 
man sich in der Kindertherapie dieser Frage gegenüber einstweilen 
noch reservirt zu verhalten. Das Radicalverfahren bei Kinder¬ 
hernien wird von vielen Chirurgen unter Hinweis auf die Schwierig¬ 
keit seiner Ausführung nur als ausnahmsweises, einzig durch 
dringende Umstände gerechtfertigtes Hülfsmittel betrachtet. 
Der Erfolg hat denen Recht gegeben, die sich durch diese 
Schwierigkeiten nicht zurückschrecken liessen. Das heute zu Ge¬ 
bote stehende Material von Erfahrungen gestattet bereits ein 
positives Urtheil sowohl über die absolute Ungefährlichkeit, als 

*) P. Segond, Th&se d’Agrögation. 

loc. eod. . 


auch über den definitiven Erfolg der radicalen Bruchoperation bei 
Kindern, selbst vom zartesten Alter an. Einen Beitrag hierzu 
dürfte die Statistik des Kinderhospitals Trousseau liefern. 
Bis vor zwei Jahren, wo die Leitung der chirurgischen Haupt¬ 
abtheilung dieser Klinik in die bewährten Hände meines ausge¬ 
zeichneten Lehrers Herrn Dr. Broca überging, sind die Hernien 
dort einfach mit Bruchbändern behandelt worden. Seitdem hat die 
radicale Bruchoperation in Trousseau eine Heimstätte par excellence 
gefunden. Herr Dr. Broca hat dort von Juli 1892 bis Juli 1894 
250 Inguinalhernien operirt, die sich wie folgt 'vertheilen. 

Knaben: 

Alter darunter 


0- 1 Jahr 

— 

8 freie 

u. 2 incarcer., 

, 3 rechtss. 

4 linkss. 

3 doppels. 

1— 2 


= 

19 


3 

16 


5 

„ 

1 

„ 

2— 3 


= 

23 


1 

14 

„ 

8 


2 


3— 4 

W 

= 

15 

„ 

— „ 

8 


7 

„ 

— 

,, 

4— 5 


= 

11 

„ 

— „ 

8 . 


2 

„ 

1 

,, 

5— 6 

n 

— 

17 

„ 

— „ 

11 

„ 

5 


1 


6- 7 

n 

== 

18 


— „ 

13 

,, 

2 

„ 

3 


7— 8 


= 

13 


— ., 

7 


3 

„ 

3 


8— 9 

T7 

=3 

13 

,, 

1 

6 

„ 

4 

„ 

4 

n 

9-10 


= 

8 


— „ 

5 

„ 

2 

„ 

1 


10-11 

n 

= 

12 

„ 

— „ 

7 

„ 

2 

„ 

3 


11—12 

n 

= 

9 

„ 

n 

3 

„ 

3 

„ 

3 

n 

12—13 


= 

9 


- n 

3 


3 


3 


13—14 


= 

12 

„ 

l 

3 

,, 

8 

„ 

2 


14-16 


= 

3 


— „ 

2 

„ 

1 

„ 

— 

„ 







109 rechtss. 

59 

linkss. 30 doppels. 






Mädchen: 







Alter 1— 5 Jahre = 6 darunter 4 rechtss. 1 linkss. 1 doppels. 

„ 6— 7 „ = 5 „ 3 2 „ — „ 

„ 7-14 „ = 9 „ 6 „ 2 „ 1 „ 

13 rechtss. 5 linkss. 2 doppels. 

Diese Zahlen bestätigen zunächst die bekannte Beobachtung, 
dass das männliche Geschlecht in unvergleichlich höherem Maasse 
zu Hernien prädisponirt als das weibliche. Auf 198 Knaben 
kommen in unserem Falle nur 20 Mädchen. Ferner lässt sich aus 
denselben entnehmen, dass bei den Knaben die erste Kindheit von 
0—3 Jahren einen nicht unbedeutenden Procentsatz — auf 56: 6 
— von incarcerirten Brüchen gab, bei denen, wie man später sehen 
wird, die Hemiotomie ausgeführt werden musste. Die zweite 
Kindheit von 3—7 Jahren lieferte auf 61 Fälle keinen einzigen 
eingeklemmten, während die dritte, von 7—16 Jahren das grösste 
Contingent der Hernien stellte: 81 mit 2 incarcerirten. Combi- 
nationen der Hernien mit den verschiedenen Hydrocelenformen: 
Hydrocele vaginalis, Hydrocele funiculi spermatici, sowie mit 
Ectopia testis intra- und extrainguinalis und mit Testis oscillans 
(Testicule oscillant der französischen Autoren) kamen mit folgender 
Häufigkeit vor: 

Hernia inguinalis dextra mit Hydrocele funiculi: 12 mal, Hemia 
inguinalis sinistra mit Hydrocele funiculi: 6 mal, Hernia inguinalis 
dextra mit Testis oscillans: 21 mal rechtsseitig und 8 mal doppel¬ 
seitig, Hernia inguinalis sinistra mit Testis oscillans: 7 mal links¬ 
seitig, Hernia inguinalis dextra mit Ectopia testis: 9 mal rechtsseitig 
und 4 mal doppelseitig, Hemia inguinalis sinistra mit Ectopia testis: 
9 mal linksseitig und 1 mal doppelseitig, Hernia inguinalis doppel¬ 
seitig mit Testis oscillans: 2 mal linksseitig und 5 mal doppelseitig, 
Hernia inguinalis doppelseitig mit Ectopia testis 9 mal doppelseitig, 
Hemia inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis 1 mal, Hemia 
inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis und Phimose 1 mal, 
Hemia inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis und Hydrocele 
funiculi lmal, Hernia inguinalis sinistra mit Hydrocele vaginalis 
2 mal, Hemia inguinalis sinistra mit Varicocele 1 mal, Hernia in¬ 
guinalis sinistra mit Hydrocele vaginalis und Phimose 1 mal, Hemia 
inguinalis sinistra mit Hydrocele funiculi, Testis oscillans doppel¬ 
seitig und Phimose 1 mal. 

Die Erblichkeit konnte in unseren Fällen 54mal nachge¬ 
wiesen werden, und zwar fanden sich in den Familien der Kinder 
als Träger von Hernien der Vater 17 mal, die Mutter 3 mal, der 
Grossvater 23 mal, darunter 13 mal der Grossvater mütterlicher¬ 
seits, die Grossmutter 4 mal, die Seitenverwandten 7 mal. 

Bruchbänder wurden in 69 Fällen getragen. Dieselben ver¬ 
theilten sich nach Zahl und Dauer der Anwendung folgender- 


... 8 18 15 8 5 8 2 2 2 1 

ahre.0 1-1% 2-2% 3-372 4-472 5-57 2 6 7 8 9 

ag und Nacht 1 — 1 — 4 1111 

Unsere Ziffern zeugen von der Nutzlosigkeit des Bruchbandes 
l Bezug auf die Radicalcur der Hernien. In einzelnen Fällen 
urde dasselbe 4, 5, 6, 7 und 8 Jahre hindurch Tag und Nacht 
e- oder vielmehr ertragen, ohne dass dadurch irgend eine Tendenz 
ar Obliterirung der Brachpforte hervorgerufen worden wäre, 
lei denjenigen Hernien — und dieselben büden bei Kindern die 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





1 


812 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


überwiegende Mehrzahl —, bei denen es sich um congenitale Mal¬ 
formationen des Leistencanals, um Abwesenheit oder mangelhafte Con- 
struction der Leistenpfeiler, um einen abnorm erweiterten Leisten¬ 
ring handelt, kann selbstverständlich mit der Behandlung durch 
die Bruchbänder kein irgendwie nennenswertes Resultat erzielt 
werden. Das Bruchband wird unter solchen Umständen niemals 
imstande sein, jenen adhäsiven physiologischen Entziindungsprocess 
hervorzurufen, der bei der Obliterirung des Processus vaginalis 
und der Verklebung des serösen Bruchsackhalses eine so bedeutende 
Rolle spielt. Während nun dasselbe in diesen Fällen sich als völlig 
unwirksam erweist, übt es jm Gegentheil einen schädlichen Ein¬ 
fluss auf die mit Ectopia testis verbundenen Hernien aus, indem 
es ein Hinderniss für den Descensus bildet. In einer kleinen An¬ 
zahl von Brüchen kann beim Kinde durch die methodische, mehr¬ 
jährige Behandlung mittels des Bruchbandes in der That eine 
Heilung erlangt werden. Aber um welchen Preis! Es bedarf hier¬ 
zu der unausgesetzten peinlichsten Ueberwachung und Ausdauer 
seitens der Umgebung, der grössten Geduld und Fügsamkeit von 
Seiten des kleinen Patienten. Und nachdem dem letzteren so die 
schönste Kinderzeit vergrämt wird durch ein Gebrechen, das ihm 
jede Anstrengung und Ermüdung verbietet, das ihn folglich von 
den Spielen und Erholungen seiner Kameraden, von allen Freuden 
der Jugend ausschliesst, ist er nicht einmal sicher, dass nicht nach 
Jahren der Bruch, den man längst definitiv und radical geheilt 
glaubte, wieder erscheine! Dr. Broca verordnet das Bruchband 
nur als Palliativmittel bis zu dem Alter von 18 Monaten oder zwei 
Jahren. Es ist dies für die Säuglinge eine kleine Kautschukbinde 
m Hufeisenform, für die Kinder, die das erste Lebenmahl* über¬ 
schritten haben, ein doppeltes Bruchband mit Pelotte!). Vom zweiten 
Jahre ab operirt Dr. Broca alle Hernien, unter zwei Jahren 
nur die besonders grossen, die schwer zu reponiren und reponirt 
zu erhalten sind, sowie diejenigen, die ungünstig auf das All¬ 
gemeinbefinden wirken. In allen unseren Fällen — bis auf einen 
von dem später die Rede sein wird — hat die Radical Operation zu 
einer Radicalcur geführt, wie denn dieselbe einem geschickten 
Chirurgen bei sorgfältiger Beobachtung der antiseptischen und 
aseptischen Vorschriften überhaupt gelingen muss. Die Operations¬ 
technik Dr Broca’s ist folgende: Eine 5-6 cm lange, dem 
Leistencanal parallel laufende Incision eröffnet die Haut, das sub- 
cutane Gewebe und die Aponeurose des Obliquus major. Auf jede 
Lippe des letzteren wird zum Richtungszeichen eine haemostatische 
Pincette gesetzt. Man gelangt auf diese Weise in den Leisten¬ 
gang und weiter nach dem oberen Theile des Hodensackes zu auf 
(hm bamenstrang,. dessen beide über einander liegende Hüllen der 
Uremaster und die Tunica fibrosa communis (fibreuse commune) 
stets leicht wahrzunehmen und von einander zu trennen sind Da 
e LT°\ bei Hermen i eT ^ in dheit — bis auf seltene pathologische 
Ausnahmen — um Entwicklungsstörungen im Bereiche des Pro¬ 
cessus vaginalis, um congenitales Offensein dieses Canals handelt 
so muss der Bruchsack unter der Tunica fibrosa communis in 
unniittelbarm* Nähe der Elemente des Samenstrangs gesucht werden 
er^fftt Sa fa g6f r den ’ -1° Wird er durch ^nen Weinen Einschnitt 

S^ttn Ver d ^iP^ V fiV n lhm eütha ! tene N& tz exstirpirt. Die beiden 
beiten der Tunica fibrosa communis, sowie der Serosa werden als- 

J e eine ^emostatische Pincette markirt und die beiden 

d T F “ ger ton einander losgelöst, 

stranJ rf fi r d Rhrl»! ll s R ? cksichtnahn ‘e auf den Samen- 

trang Der Boden des Bruchsackes wird nun freigele°*t wenn 

fibefdLXden 6 w 6rnia fU T Uli ’ der ganze Umfa “g 'desselben 
Der Finfi-P^lfnt i We ? n , es s . lch um eme Hernia testiculi handelt. 
T® 1gBr . hafc inzwischen immer der Länge nach die Loslösun^ 

Atterf a r °p a * for ^ eset,z . t ’ Y lS daS geIbe su hperitoneale Fett und die 
«T T htb u r W T " de "' Hierauf wird der Bruchsaek- 

de"" M f a Äht gesessen, dfelkAponeurose 

™f n t q Zr7rZv i0 MUSCU,i ^ ” inores 

aSSgÄp. 

Leistenringe gelegen ist^nA p ** der J ße ^ el am hinteren 
) Legendre et Broca, Thdrapentique infentilem<5dico-chirargicale. 


No. 42 


und zwar in methodischer Weise unter Chloroform und mit grosser 
Vorsicht, da Repositionsversuche bei Kindern leicht eine Contusion 
des Dai*ms oder eine Ruptur des Bruchsackes herbeiführen können 
Er schreitet erst nach gescheiterter Taxis zur Herniotomie welche 
er auf diese Weise vom Juli 1892 bis jetzt achtmal bei ’incarce 
rirten Ingumalbrüchen ausgeführt hat. Es waren darunter sechs bei 
Kindern im Alter bis zu 2 1 /-» Jahren; eine bei einem sieben- und 
eine bei einem 14jährigen Kinde. In Anbetracht der verhältnis¬ 
mässigen Seltenheit der Brucheinklemmungen und Herniotomieen 
im frühesten Kindesalter dürfte die ausführliche Mittheilung der 
von Dr. Broca behandelten Fälle nicht uninteressant sein Ich 
führe dieselben daher nachstehend an: 


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Google 


Alter 


18 

Tage 


3 

Mo 

nate 


10 

Mo 

nate 


16 

Mo 

nate 


18 

Mo 

nate 


Jahre 


7 

Jahre 


Art der 
Hernie 


Rechtssei 
tige Ingui¬ 
nalhernie, 
die sich im 
Momente 
der Ent¬ 
stehung 
einge¬ 
klemmt 
hatte 


Rechtssei 
tige Ingui 
nalhernie, 
die seit der 
Geburt be¬ 
stand 


Rechtssei¬ 
tige, seit 
drei Mona¬ 
ten beste¬ 
hende In- 
guinal- 
hemie 


Rechtssei 
tige Ingui 
nalhernie 


Rechtssei¬ 
tige Ingui¬ 
nalhernie 


Linkssei¬ 
tige Ingui¬ 
nalhernie 


Rechtssei¬ 
tige con¬ 
genitale 
lnguinal- 
hemie 


Inhalt 


[EineDünn 
darm- 
: schlinge in 
einem 
nicht obli 
[terirteuln 
fundibu- 
lum des 
[Processus 
vaginalis 


EineDünn 

darm¬ 

schlinge 


[EineDünn- 

darm¬ 

schlinge 


| EineDünn 
darm¬ 
schlinge 


[EineDünn- 
darin- 
schlinge 


Dauer 
der Ein 
klemm 
img 


2 Tage 


1 Tag 


2 Tage 


2 Tage 


2 Tage 


Tage 


4 

Tage 


Operation 


Am 21. Januar 
1893Hemiotomie- 
Eröffnung des 
Sackes. Reposi 
tion des Inhaltes 
Drainage des Pro¬ 
cessus vaginalis 
mit Jodoform¬ 
gaze. Keine Ra 
dicaloperation. 


Am 21.Nov. 1892 
Herniotomie nach 
vergeblichem 
Taxisversuch. Er¬ 
öffnung d. Sackes; 
Döbridement des 
buntem Leisten¬ 
ringes. Reposition 
des Darmes und 
Radicaloperation. 

Am 26. August 
1893Herniotomie 
Eröffnung des 
Sackes, der in der 
Gegend des 
Bruchsackhalses 
eingeklemmt ist. 
D4bridement, Re¬ 
position und Ra¬ 
dicaloperation. 

Am 8. Juli 1893 
Herniotomie nach 
vergeblichem 
Taxisversuch. 
Während der Prä 
pari rang des 
Bruchsackes tritt 
die Hernie spon¬ 
tan zurück. 
Eröffnung des 
Sackes und Radi¬ 
caloperation. 

Am 5. Juli 1892 
Herniotomie nach 
vergeblicher, i 
ChJoroformnar- 
kose ausgeführter 
Taxis. Einklemm¬ 
ung am hinteren 
Leistenringe. 

Am 18. März1893: 
Taxis in Chloro- 
formnarkose, wel¬ 
che gelingt. Ra¬ 
dicaloperation. 


Am 7. April 1893: 
Herniotomie nach 
j vergeblicherTaxis. 
Einkl emmung 
am Bruchsack¬ 
halse. Exeision 
Ides Sackes. Ra-J 
dicaloperation. 1 


Resultat 


Am 6. Febr. wird 
eine kleine Ster- 
coralfistel be- 
merkt, die sich 
jedoch einigeTage 
später schloss. 
Patient verlässt 
am 12. Febr. voll¬ 
ständig geheilt 
das Hospital. Am 
2. October 1893: 
Leistenring etwas 
weit, Lokal¬ 
zustand ausge¬ 
zeichnet. 

Verlässt am4.De- 
cember vollstän¬ 
dig geheilt das 
Hospital. Am 
6. Februar 1893: 
Lokalzustand 
ausgezeichnet, 
Jesgleichen am 
15. October 1893. 

Verlässt am 7. 
September 1893 
vollständig ge¬ 
heilt das Hospital. 


Verlässt am 16. 
Juli vollständig 
geheilt das Hospi¬ 
tal Am 19. Oc¬ 
tober 1893: Lo¬ 
kal- und Allge¬ 
meinbefinden vor¬ 
trefflich. 


Verlässt am 23. 
Juli 1892 voll¬ 
ständig geheilt 
das Hospital. Am 
21. October 1893: 
Lokal- und All- 


ausgezeichnet. 

Patient ist voll¬ 
ständig geheilt 
am 30. März. Am 
Juli 1894 Lokal- 
und Allgemein¬ 
befinden ausge¬ 
zeichnet. 

Patient verlässt 
nach 16 Tagen 
vollständig ß°‘ 
heilt das Hospital. 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


813 


Alter 

Art der 

Hernie 

Inhalt 

Dauer 
der Ein¬ 
klemm¬ 
ung 

Operation 

Resultat 

14 

Jahre 

Rechtssei¬ 
tige Ingui- 
nalhemie, 
die sich im 
Momente 
des Ent¬ 
stehens 
geklemmt 
hatte 

Dünndarm 

3 Tage 

Am6.Decbr. 1892: 
Hemiotomie nach 
vergeblicherTaxis. 
Der Bruchsack 
enthält eine trübe 
Flüssigkeit. Ra¬ 
di cal Operation. 

Verlässt am 10. 
Januar 1893 voll¬ 
ständig geheilt 
das Hospital. Am 
14. October 1893: 

Lokalbefmden 
sehr gut. 


Mit Ausnahme des ersten Falles, bei dem eine kleine vor¬ 
übergehende Stercoralfistel constatirt wurde, haben alle übrigen 
Hemiotomieen zu einem vortrefflichen Endresultate geführt. Die 
kleinen Operirten sind nach IV 4 Jahre, nach 10, 9, 8 und 3 Mo¬ 
naten wiedergesehen und im besten Lokal- und Allgemein¬ 
befinden angetroffen worden. Die Prognose der Radiealoperationen 
des Herrn Dr. Broca ist eine ebenso günstige. Auf 165 längere 
Zeit hindurch beobachtete Fälle ein Recidiv, das übrigens hätte 
vermieden werden können. Die Wunde des betreffenden Knaben 
hatte geeitert, und zwar infolge der Verunreinigung seines Ver¬ 
bandes; der definitive Verschluss des Bruchcanals ist daher nicht 
erreicht worden. In den übrigen 249 Fällen ist die Wundheilung 
durchweg per primam intentionem erfolgt. Die allgemeine und ört¬ 
liche Reaction unmittelbar nach der Operation ist immer unbedeu¬ 
tend gewesen: Temperatursteigerungen bis zu 37,5, 37,6, 37,7 und 
37,8° C während der ersten 3—4 Tage; 32mal eine leichte Epidi- 
dymitis und einmal ein Scrotalabscess. Die letzteren Complicatio- 
nen waren jedoch bei der Entlassung der Operirten vollständig 
beseitigt. Die Entfernung der Nähte und der erste Verband¬ 
wechsel finden am sechsten Tage statt; eine Woche später ver¬ 
lassen die Kranken bereits ohne Verband das Bett und am zwan¬ 
zigsten oder einundzwanzigsten Tage schon das Hospital. Ueber 
den definitiven Erfolg der radiealen Bruchoperation lässt sich erst 
nach längerer Beobachtung der Operirten ein Urtheil fällen. Herr 
Dr. Broca, der dieselben darum nicht aus den Augen verliert, 
hat erst in den letzten Wochen wieder die Genugthuung gehabt, 
über ein Drittel in vortrefflichem Zustande wiederzusehen. Bis 
jetzt sind im ganzen 165 der Operirten auf ihr Lokalbefinden hin 
wieder untersucht worden, darunter 10 nach 2 Jahren, 4 nach 
D /2 Jahren, 10 nach D /4 Jahren, 41 nach 1 Jahre, 45 nach 
% Jahren, 40 nach 6 Monaten und 15 nach 3 Monaten. Das Ge- 
sammtresultat dieser „Revisionen“ lässt sich kurz dahin zusamnien- 
fassen: Lineäre, weisse und weiche, in einzelnen Fällen etwas keloid- 
artige Narbe; nicht die geringste Vortreibung bei Anstrengung der 
Bauchpresse und normaler, auf dem Boden des Hodensackes befind¬ 
licher Testis. Bei einigen wegen Ectopie Operirten wurde jedoch 
der Hode noch am vorderen Leistenringe gefunden. Er war dann 
aber immer leicht herabziehbar. 

Das definitive Ergebniss der übrigen Radiealoperationen steht 
noch aus. Es sind dies zum Theil noch zu frische, während der 
letzten zwei bis drei Monate behandelte Fälle, zum Theil solche, 
die bis jetzt noch nicht wieder ermittelt werden konnten. Doch 
lassen die glänzenden Resultate, die Herr Dr. Broca mit seiner 
Methode des radiealen Vorgehens gegen die Hernien der Kindheit 
schon erreicht hat, mit Sicherheit auch auf einen ebensolchen 
Ausgang der vorläufig noch nicht controllirten Fälle schliessen. 


VI. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin. 

Bemerkungen zu der Erwiderung über das 
Tizzoni’scbe Tetanusantitoxin in No. 40 
dieser Wochenschrift. 

Von Dr. W. Httbener. 

Zu der Erwiderung des Herrn Professor Tizzoni und der 
Docentin Cattani habe ich folgendes zu bemerken: 

1. Ich muss daran festhalten, dass das Tizzoni’sche pulver- 
förmige Tetanusantitoxin, wenn es nach der im Institut für I 11 - 
fectionskrankheiten üblichen Methode, welche bei den letzten Publi- 
eationen ausschliesslich zur Anwendung gelangt und deshalb für 
eine Beurtheilung meinerseits maassgebend ist, geprüft wird, 
nicht den von Tizzoni angegebenen Werth, sondern einen 
3—4 fach geringeren besitzt. 

2. Tizzoni hat Unrecht, wenn er diesen Unterschied im ge¬ 
fundenen Immunisirungswerth auf die Ungleichheit zwischen der 
Ehrlich’schen und der Behring’schen Methode zurückführt. 
Zwar hat Behring in der ersten Publication mit einfach tödt- 
lichen Dosen gearbeitet, später jedoch redet er, z. B. in der Arbeit 


mit Knorr, selbstständig der Berechtigung und Zweckmässigkeit 
der Verwendung von vielfach tödtlichen Dosen das Wort. Unter 
diesen Umständen besteht in der Ausführung der Prüfungsmethoden 
in den letzten Jahren kein Unterschied mehr. 

Im Gegentheil habe ich häufig Gelegenheit gehabt, mich bei 
Prüfungen, die in verschiedenen Laboratorien des Instituts angc- 
stellt wurden, davon zu überzeugen, dass diese (Ehrlich’sche) 
Methode bei richtiger und sachgemässer Anwendung mit mathe¬ 
matischer Präcision arbeitet. 

3. Es ist durchaus nicht zu empfehlen, bei quantitativen 
Werthbestimmungen von den Mäusen als dem für alle Laboratorien 
klassischen Testobject für Tetanusversuche abzugehen. 

Ausserdem steht Tizzoni’s Angabe, dass die Empfindlichkeit 
der Kaninchen eine gleiche sei wie die der Mäuse, mit allen bis¬ 
herigen Publicationen in direktem Widerspruch. Man ersehe diesen 
Unterschied der Empfindlichkeit aus folgender Tabelle Wladi- 
miroff’s*). 


Thierspecies 

Tödtliche Minimaldosis auf 
das Körpergewicht berechnet 

Empfänglichkeit 

Weisse Maus . . . 

1:500 000 

| 1 

Weisse Ratte . . . 

1:50 000 

V 10 

Meerschweinchen . 

1:1000 000 1 

! 2 

Kaninchen. 

grösser als 1: 24 000 

(erheblich kleiner 

I als ‘/so) ca. Viuo 

Ziege. 

1:250 000 

j ungefähr l /a 


Ueberdies lässt der Umstand, dass in die Arbeiten Tizzoni's 
so vielfach Versuchsfehler erheblichster Art sich eingeschlichen 
haben, mich dieser Behauptung Tizzoni’s doppelt skeptisch gegen- 
überstehen. 

4. Herr Professor Tizzoni bemängelt es weiter, dass ich 
nicht zugleich mit der Prüfung seines Antitoxins eine solche des 
Behring’schen 10 Millionenserum vorgenommen habe. Da alle 
derartigen Untersuchungen im Institut bei gleicher Methode mit 
demselben Gift vorgenommen werden, bedurfte ein einmal fest¬ 
gestellter Werth einer Nachprüfung meinerseits nicht mehr. 

Die anderen Ausführungen und Aussetzungen Tizzoni’s sind 
so rein äusserlicher und unbedeutender Natur, dass es sich nicht 
verlohnt, darauf einzugehen. 

Festzuhalten ist jedoch dies eine, dass das von Tizzoni in 
den Handel gebrachte pulverförmige Tetanusantitoxin 
nur einem Werthe von 30 Millionen entspricht und in¬ 
folgedessen, wie aus den Arbeiten Behring’s hervorgeht, zu 
Heilzwecken nicht genügt. 

Solange Tizzoni Tetanusfälle beim Menschen mit einem Anti¬ 
toxin von dem Werthe des Merck’sehen Präparates behandelt, kann 
ich die erfolgten Heilungen nicht auf diese Behandlung mit Anti¬ 
toxin zurückführen, sondern bin vielmehr der Ansicht, dass es sich 
in allen diesen Fällen um Patienten gehandelt hat, welche auch 
ohne Antitoxin genesen wären und bei denen eine günstige^ Pro¬ 
gnose schon von vornherein eine Heilung in Aussicht stellte 2 ). 


VII. Feuilleton. 

Die Ausstellung des achten internationalen Congresses für 
Hygiene und Demographie in Budapest. 

Von Dr. George Meyer in Berlin. 

(Schluss aus No. 40.) 

Dass in Oesterreich-Ungarn alles, was zur Errettung von Menschen 
aus Notli und Gefahr zu dienen hat, vortrefflich eingerichtet ist, ist selbst¬ 
verständlich. Besitzt .doch fast jede kleinste Gemeinde im Lande eine 
Rettungsgesellschaft, welche, wenn auch in bescheidenen Grenzen, nach 
dem Muster der Wiener Anstalt, der Schöpfung Mundy’s, eingerichtet 
ist. Wohl als ebenbürtig dieser ist die Budapester Schwesteranstalt, 
anzusehen, welche sich unter ihrem trefflichen Leiter Ge za Kresz, dem 
thatkräftigen Ordner der Ausstellung, gleichfalls zu hoher Vollendung 
entwickelt hat, Aeusscrlich betrachtet, gebührt sogar der Budapestor An¬ 
stalt der Vorrang, da sie in einem mehrstöckigen palastartigen Gebäude 
untergebracht ist. Ihre innere Einrichtung, die Ausstattung ihrer Trans¬ 
portwagen, Gerätschaften war in ausgezeichneter Weise auf der Aus¬ 
stellung zur Anschauung gebracht. Die Zahl der Hilfeleistungen ist vom 
Gründungsjahre 1887 an in stetem Wachsthum begriffen; sie betrug 7530 
im Jahre i892 und 8731 im Jahre 1893. An den Transportwagen wären 
verschiedene Aenderangen wohl angebracht. Leider erlaubt es der Raum 


1 ) A. Wladimiroff, Ueber die autitoxinerzeugende und immuni- 

irende Wirkung des Tetanusgiftes bei Thieren. Zeitschrift für Hygiene 
nd Infectionskrankheiten Bd. XV. . 

2 ) Ausserdem scheint sich die Form, in welcher das Tizzoni sehe 
‘etanusantitoxin in den Handel gebracht wird, nicht besonders zu empfehlen, 
’oux berichtet neuerdings, dass das im Vacuum eingedampfte berum aem 

ativen Serum gegenüber den grossen Nachtheil besitzt, dass es leicM 
u ausgedehnteren Infiltrationen des Unterhaut Zellgewebes Veranlassung 


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Go, gle 


Original fro-rri 

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814: 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


nicht, an dieser Stelle die Vortheile, welche die Gründung einer ähnlichen 
Anstalt in Berlin, wo bereits einzelne Einrichtungen zur ersten Hülfe- 
leistung bestehen, mit sich bringen würde, auseinanderzusetzen. Ich werde 
an anderem Orte auf die Wichtigkeit des Unternehmens, dessen Ver¬ 
wirklichung auch in Berlin jetzt gesichert erscheint, näher ein¬ 
zugehen haben. 

Gerade auf dieser Ausstellung war eine Fülle von Mitteln zum 
Krankentransport sowie zur ersten Hülfe bei Unglücksfällen vorhanden, 
wie ich sie bisher kaum auf einer anderen Fachausstellung vorgefunden 
habe. Krankentragen stellten zur Ansicht aus J ähnle -Berlin, Strei¬ 
tenfels und Jacob-Wien (Bahren nach Angabe von Mundy. Langen¬ 
bock und die im österreichisch-ungarischen Heere eingeführte Räderbahre 
nach Neudörfer), die Pester freiwillige Rettungsgcsellschaft, die König¬ 
lich ungarische Eisenbahndirektion, Tsida-Budapest (Krankenstuhl). Die 
zusammenlegbare Bahre nach Glavay ist in oinem Rettungskasten unter¬ 
zubringen. Die vom Regimentsarzt Ellbogen-Iglau zur Darstellung ge¬ 
brachten Modelle von als Krankentransportwagen improvisirten Bauern¬ 
wagen hatten Aehnlichkeit mit den beim deutschen Heere zu diesem 
Zwecke gebräuchlichen Beförderungsmitteln. 

Mit anderen der eigentlichen Krankenbehandlung dienenden Apparaten 
und Werkzeugen, sowie den für Untersuchungs- und bacteriologische 
Zwecke bestimmten Gegenständen war die Ausstellung nicht sehr reich¬ 
lich beschickt worden. Redeutende deutsche und Berliner, aber auch von 
anderen Ausstellungen mir bekannte ausländische Fabrikanten waren fast 
gar nicht vertreten. Hauptsächlich waren Budapester und mehrere öster¬ 
reichische Firmen vorhanden, welche meistens recht sauber und genau 
gearbeitete Werkzeuge lieferten. Altmann, Schober, Lautenschlä¬ 
ger-Berlin, Keleti, Weszely & Co., Garay & Co., Fischer & Co.- 
Budapest, Broz-Graz, Breitenfels und Jacob-Wien treten hier be¬ 
sonders durch ihre Auslagen hervor. Eine neue Chloroformmaske nach 
\ ajna war bei Garay & Co. zu sehen. Dieselbe stellt einen ovalen 
gläsernen Keifen von etwa 5 cm Höhe dar. dessen unterer Rand mit 
einem Gummiband umgeben ist, sodass er dem Gesicht sich fest an- 
schmiegt. Der obere TheU ist mit Flanell bespannt, auf den die Betäu¬ 
bungsflüssigkeit aufgeträufelt wird. Mikroskope und andere Apparate aus 
dem Gebiete der Präcisionsmechanik waren von Siebert. Eberling, 
Merker, Reichert-Wien aufgestellt; einige Instrumente reihten sich 
wrnrdig den besten deutschen Arbeiten an. Unter den elektrischen Apparaten 
von Schulmeister-Wien war ein Taschengalvanometer mit schwimmen¬ 
dem Magneten (eine Nachbildung des Hirschmann’schen) bemerkenswert!! 

\ on bekannten Elektrotechnikern hatten sonst nur noch Reiniger, Geb¬ 
iert & Schall ihre Erzeugnisse ausgestellt. Von den zahlreichen Samm¬ 
lungen von verbandstoffen waren die von Kahnemann und Krause-Wien 
° il n Ud ur eS L ZU erwähnen; erstere brachten neue Organtinholz’ 
binden nach Dr. Waltuch zur Ansicht, Als neue Heilpräplrate sind 
Hämolchocoladeplätzchen von Merck-Darmstadt, deren Geschmack jedoch 
keineswegs sehr zu rühmen ist, und Ricinuszucker von Lux und Utari- 

wfird?n eSt G nf] U ^' W S n u“i ) velcber von Kindern sehr ? ern eingenommen 
ZJn a2 die n Fabnk , La Ferme-Dobruska hatte Malzcognak herge- 
p? b ™ ucb 1( ? h J. ei der keine Indicationen ermitteln konnte, 
ln demselben Saal hatte noch die Centralmilchhallo von Budapest einige 

DerF^fp 6 ^ 1886 ’ *? as £ hen eigenartigem Verschluss ausgesteift, 
viofn Frauenunterst!chungstisch, an dessen Vorderwand ein Speculum federnd 
befestigt ist, von Dr. Stroüe-Ujvidok. bedarf vor weiterer Empfehle 
S,ri^ ehÖ f dere 1 Ir 5 un =- da doch wahrscheinlich durch Fest? 
bewirk? torrto?.“?, UmS bcl Bewegungen der Kranken leicht Verletzungen 
Si.Ä i können. Einen recht guten Eindruck riefeu die von 
Biichwald-Budapest erzeugten Operationstische, Krankenbetten etc 
hervor. Von Sterilisatoren für Verbandstoffe und ärztliche Werkzeuge 
vp^rptfn 6 A ?i P * ra *l V0 ? Schimmelbusch und Bassfreund-Hildesheim 


vprtrpt^n CT 7 M wumuiuiuusen una jö asstreund-Hildesheim 
DamsGidt Ä r tCn Fischungen gerecht werdend, hatte Merck- 
iiarraStaat Antitoxin gegen letanus und Rabies nach Tizzoni-Cattani 

statfsfcische Än ** hm 0 Ansta,t in Gebersdorf zeigte mehrere 
statistische Tafeln, Reger-Hannover hatte die Gesetze der Verbreitung 
'erschiedener ansteckender Krankheiten, Hennig-Königsberg ausser einer 
Anrahl von Wandtafeln aus dem Gebiete der PathoIog^dÄXenorZe 
darecs < tcIlt." I 1 Fin deS - dr a'n A .usdehmmg der Diphtherie graphisch 
der^Mcicroiborit° er^Boll'o-Biirlin cmzelnor Theil " zitier Anstalt lieferte 

4 hf.n ) ! C <r' ra f e der Beseitigung und Fortschaffung des Mülls und der 
AbhilUteffo der Städte ist in letzter Zeit von verschiedenen SeÜen in 
Angriff gonominon worden. Die Stadt Homburg hatte die Art ihrer Mull 

Stct':;ve^ e, L P 1 r i d ;T g 0 St .f L , Hi ? r -- den ASSn 

von GoS i d l ‘to UOS B W i agenS r f “"’tsLbS“Sr W S 

SSSSrfjSäÄiaSjS 

Prof.'Paglfa“iVom)! P? ^tte 

mehrerer CholeraeDidemieen in Curventafeln vom Verlauf 

»eit dem Jre l874 ratroc^rf^ a m U n« U ? d J er Sterblichkeit daselbst 
und Zeichnungen verschiedener Krankenhäuser ausge^tdlt ’" tin0pel) Risse 


Im Anschluss hieran will ich eine Beschreibung des Saales geben 
welcher Pläne, Zeichnungen, Modelle und Risse der hygienischen Anstalt™ 
verschiedener Städte der Welt — mit Ausnahme der deutschen welche 
sich bei der deutschen Gesammtausstellung befanden — enthielt und wohl 
auch die ausgezeichnetsten Gegenstände auf diesem Gebiete barg Die 
hier versammelten Städte waren: Alexandrien, Amsterdam, Arad Brescia 
Brünn, Budapest, Debreczyn, Graz, Györ, Kolozsvär, Luzern, Mons Mont’ 
pelher, Nagyvärad, Nyitra, Odessa, Paris, St. Louis, Ujvidek, Venedig 
Das Bild omes öffentlichen Bades in Brescia war insofern etwas merk¬ 
würdig, als der Waschraum des Bades von allen Seiten freien Einblick ge¬ 
stattete. Paris stellte ein Durchschnittsbild der Früchte seiner Riesel 
culturen aus.. In St. Louis wird zur Fortbewegung der Krankentransnort- 
wagen elektrische Kraft benutzt. Die Ausstellung der Stadt Budapest 
legt, wie dies auch allerorts in der Stadt selbst zu beobachten, Zeugniss 
von dem gewaltigen Aufschwung, welchen die der Öffentlichen Gesundheits¬ 
und Krankenpflege dienenden Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten 
daselbst erfahren, ab. Ihre Zahl beträgt, wie aus einer Karte ersieht, 
lieh, 52. Das Modell Szent Laszld Korhäz (Ladislaus-Spital) zur Auf¬ 
nahme von Infectionskranken zeigt eine Reihe von Pavillons, welche nur 
eingeschossig (hochparterre) gebaut sind. Ein überdeckter Gang der 
durch Seitengänge mit den einzelnen Gebäuden in Verbindung steht,’ ver¬ 
läuft in der Mitte der Längsachse der Anstalt, Diese Anordnung’habe 
ich bei den meisten neueren im Pavillonsystem erbauten Krankenhäusern 
in Oesterreich-Ungarn gesehen. Andere Modelle, z. B. eines Querdureh- 
sclinittes der Dorotheagasse (Profil), waren mit bewundernswerther Ge¬ 
nauigkeit ausgeführt. Die in der Erde befindlichen Ganalisationsanlagen 
haben geruchlose Abschlüsse, die ähnlich wie der Abguss einer Tabaks- 
pfeife construirt sind. Die Schlamm sinkt als schwerster Theil hernieder 
und durch die in einem Knie in gleicher Höhe mit dem Hauptleitungs¬ 
rohr befindliche Flüssigkeit wird gegen das letztere ein Abschluss be¬ 
wirkt. 

Von speciell medicinischen Gegenständen sind noch mehrere zu er¬ 
wähnen, welche ganz besonders die Aufmerksamkeit der Beschauer auf 
sich lenkten. Th. Weyl (Berlin) hatte ein Modell zur Veranschaulichung 
des Stoffwechsels Berlins anfertigen lassen, durch welches in sehr ge¬ 
lungener Weise dargestellt wurde, wie viel von den einzelnen Nahrungs- 
stoflen auf jeden Einwohner jährlich (1890) durchschnittlich entfällt. Eine 
bis zur Saaldecke emporreiehende Pyramide von Würfeln verschiedener 
Grösse und Farbe, deren jeder mit Bezeichnung der Art und Grösse ver¬ 
sehen war, stellte dar, wie viel Wasser, Bier, Mehl, Milch, Fleisch, Kar¬ 
toffeln etc. in Berlin im Jahre von jedem Einwohner verbraucht wird. 
Das Bier steht mit 192 kg erst an zweiter Stelle, den ersten Platz nimmt 
das Wasser mit 24 472 kg ein, zuletzt sind die Eier mit 0,8 kg gesetzt. Einen 
interessanten Beitrag zur Frage der Dauer der Infection der Milch durch 
verschiedene Bacterien lieferte Dr. Hosso (Dresden). Bereits nach zehn 
Stunden zeigte sich kein Weiterwachsen der Bacterien mehr, so dass hier¬ 
nach die Milch kaum Träger einer Infection sein könnte. Dr. Morelli 
(Budapest) hatte eine grosse Anzahl von gastroskopischen Aufnahmen von 
Hunden nach Einwirkung verschiedener Heil- und Reizmittel ausgestellt. 
Prof. Bökai (Budapest) zeigte eine erstaunlich grosse Sammlung von 
vielen Hunderten Steinpräparaten von Kindern. Die Steinkrankheit ist in 
jenen Gegenden bei Kindern weit verbreitet; in der Sammlung waren 
Stücke von seltener Grösse vorhanden. 

Dio ungarischen Curorte und Mineralquellen hatten eine schöne Ge¬ 
sammtausstellung veranstaltet, welche zeigte, in wie reicher Weise der 
Boden Ungarns von der Natur mit segensreichen Producten zur Heilung 
und Linderung der Leiden der Menschen bedacht ist. 

Auf dem Hofe befanden sich zahlreiche Desinfectionsapparate, von 
denen einzelne durch ziemlich grosse Ausdehnung, keiner jedoch durch 
Neuheit der Construction auffiel. Ferner war hier ein Modell ausgestellt, 
welches ein sinnreich erdachtes Ansaugesystem mittels Schwimmervor¬ 
richtung für Canalisationszwecke zeigte. Weniger sinnreich war ein ge¬ 
polstertes Sitzkissen, welches zur Anbringung an der Vorderseite der 
elektrischen Strassenbahnwagen bestimmt war, um zu bewirken, dass etwa 
auf den Geleisen befindliche Personen nicht niedergeworfen und überfahren, 
sondern sanft auf diesen Ruhesitz gesetzt werden. Die Construction dieses 
Apparates lässt es jedoch zweifelhaft erscheinen, dass wirklich die be¬ 
treffenden Personen stets so auf das Polsterkissen geschleudert werden, 
dass sie darauf zum Sitzen kommen. 

Im Garten waren mehrere transportable Lazarethbaracken bekannter 
Firmen aufgestellt. 

Anschliessend an diesen Bericht möchte ich ganz kürz einen der 
Ausflügo, an dem ich nach Beendigung des Congresses mich bethefligti 
schildern, da auf demselben der recht erheblichen Thcilnelimerzahl eine 
Fülle hygienisch bemerkenswerther Einrichtungen der bereisten Gebiete 
von den überall vorhandenen liebenswürdigen Führern in bereitwilliger 
Weise gezeigt und, wo dies nöthig erschion, erklärt wurde. Zunächst 
folgten wir einer Einladung der kroatischen Hauptstadt Agram, wo thafc- 
sächlich den von Budapest her bereits sehr verwöhnten Congressisten ein 
Empfang bereitet wurde, welcher sich allen vorangegangenen Festlich¬ 
keiten würdig anreihte. In Agram fesselte besonders das öffentliche 
allgemeine Krankenhaus der barmherzigen Schwestern die Aufmerksam¬ 
keit, ein Neubau, der nach den neuesten Anforderungen der Hygiene her- 
gestellt ist. Die Primarärzte Kosirnik und Wikerhauscr, von der 
inneren und chirurgischen Station, hatten hier die Führung übernommen 
und gaben die nöthigen Erklärungen. Auch hier konnte man sich auf 
der chirurgischen Abtheilung von der Häufigkeit der Steinkrankheit bei 
Kindern überzeugen. Der Führung der zwanglos in Gruppen einge- 
theilten Gäste unterzogen sich die einzelnen Herren mit einer Ausdauer 
und Geschicklichkeit, dass wirklich nicht zu bemerken war, dass sie alle noch 
einen anstrengenden Beruf zu erfüllen hatten, wie dies z. B. bei unserem 
sachkundigen Führer Dr. Rakovac der Fall war, ums omehr als bereits um 


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Original fro-m 

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18. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


815 


5 Uhr Nachmittags das Festessen begann, welches die Stadt Agram zu 
Ehren ihrer Gäste veranstaltet batte. Die Zahl der Trinksprüche war 
eine sehr grosse; den Reigen eröffnete der Bürgermeister der Stadt, dem 
nach einer Ansprache des Regierungsvertreters Geheimrath Leyden in 
trefflicher Weise erwiderte. Von den sechs an diesem Mahl theilneh- 
menden Berlinern ergriffen vier das Wort, um der Dankbarkeit für die 
gastliche Aufnahme Ausdruck zu verleihen. Nur ungern verliess man 
abends die schöne Stadt, um am nächsten Tage einer Einladung des Bades 
Cirkvenica Folge zu leisten, wo Ingenieur Pfister (Agram) eine von ihm 
ersonnene Vorrichtung zeigte, durch welche es ermöglicht wird, das See¬ 
wasser durch Entfernung des Salzgehalts geniessbar zu machen. Das 
Wasser wird zu diesem Behufe durch Holzkloben hindurchgepresst, und 
diese werden für weiteren Gebrauch dann durchgespült. Vor der Ueber- 
fahrt nach diesem Bade war in Fiume Halt gemacht worden, wo gleich¬ 
falls ein Empfang auf dem Bahnhofe stattfand. Der Primärarzt des dor¬ 
tigen Krankenhauses Dr. Catti zeigte uns das ihm unterstellte Spital, 
welches, obwohl bereits älteren Datums, durch die unermüdliche Fürsorge 
seines Leiters allen Anforderungen gerecht wird, welche in der Neuzeit 
an Krankenhauspflege gestellt werden. Bemerkenswerth war die ziem¬ 
lich erhebliche Zahl von Kranken mit Unterleibstyphus, die hier verpflegt 
wmrden. Sicher ist als Ursache dieser Erscheinung das Verhalten des 
Trinkwassers anzuschuldigen; eine Wasserleitung wird erst in nächster 
Zeit fertig gestellt werden. Die Markthallen und das meistentheils aus 
Lava verfertigte Strassenpflaster machen in Fiume einen vollkommen 
grossstädtischen Eindruck. 

Von Cirkvenica ging die Reise nach Abbazia, vorbei an dem medi¬ 
zinisch interessanten Orte Skerljewo, nach welchem jene Erkrankung be¬ 
nannt worden ist, welche früher als eigenartiges Leiden aufgefasst wurde, 
bis es in den sechziger Jahren gelang, Syphilis als wahre Ursache der 
Krankheit aufzufinden und diese sachgemäss zu behandeln, sodass jetzt 
auch in dem Dorfe selbst dieselbe eine seltenere Erscheinung geworden 
ist. In Abbazia hatten sich die Congressbesucher des besonderen Ent¬ 
gegenkommens der Badedirektion zu erfreuen; sicherlich werden die herr¬ 
lichen daselbst verlebten Tage bei Allen in dauernder Erinnerung bleiben 
nnd bei vielen den Wunsch erwecken, recht bald wieder ihre freie Zeit 
am Ufer des adriatischen Meeres zu verleben. 

VIII. Oeffentliches Sanitfttswesen. 

Hypnotische Schaustellungen in Berlin. 

Von Dr. Albert Moll. 

Vor einigen Jahren wendete ich mich mit einer Anfrage in Bezug 
auf die hypnotischen Schaustellungen an das Polizeipräsidium von Berlin 
und erhielt darauf am 10. September 1888 von dieser Behörde folgende 
Antwort: 

Euer Wohlgeboren erwidere ich auf die Eingabe vom 4. dieses 
Monats ergebenst, dass seitens der Preussischen Polizeibehörden die 
öffentlichen Vorstellungen sogenannter Magnetiseure in sanitäts- und 
ordnungspolizeilichem Interesse nicht mehr gestattet werden, nachdem 
durch einen gemeinschaftlichen Erlass der Herren Minister des Innern 
und der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten vom 
Jahre 1881 denselben davon Kenntniss gegeben worden ist, dass ein 
von der Königlichen Wissenschaftlichen Deputation für das Medicinal- 
wesen abgegebenes Gutachten zu dem Resultat gelangt sei, dass es sich 
bei den gedachten Vorstellungen um physiologische Experimente handele, 
welche die Möglichkeit einer Schädigung der Gesundheit der dabei als 
sogenannte Medien benuzten Personen mindestens sehr nahe legen. 

Der Polizeipräsident, v, Richthofen. 

Es ist nun aufgefallen, dass anscheinend im Widerspruch mit dieser 
Auffassung des Polizeipräsidiums vielfach Schaustellungen von hypnotischen 
Experimenten in neuester Zeit in Berlin stattgefunden haben. Ich habe 
mich deshalb mit einer neuen Anfrage an das Polizeipräsidium gewendet 
und erhielt folgende Antwort: 

Berlin, den 28. August 1894. 

Euer Wohlgeboren erwidere ich auf die gefällige Anfrage vom 
19. dieses Monats ergebenst, dass hierselbst in Verfolg des Ministerial¬ 
erlasses vom 12. Mai 1881 hypnotische Demonstrationen und Experimente, 
bei denen lebende Personen in Frage kommen, in öffentlichen Ver¬ 
sammlungen principiell nicht geduldet werden. Soweit es sich da¬ 
gegen um Abhaltung von Vereinsversammlungen handelt, ist die 
Polizei nach Lage der thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht 
ohne weiteres befugt, der Veranstaltung derartiger Experimente etc. 
entgegenzutreten. 

Der Polizeipräsident. I. V.: Fried heim. 

Dass die Polizei ihre Pflicht in dieser Sache verletzen würde, war 
nicht anzunehmen. Wir wissen, dass gerade in Bezug auf Sanitäts¬ 
verhältnisse die Berliner Polizei stets mit grosser Umsicht und Energie 
vorgegangen ist. Ich möchte nur an die strengen Maassregeln erinnern, 
die getroffen wurden, als die Choleragefahr bestand, und ich möchte auch 
auf die peinliche Sauberkeit, die im allgemeinen in Berlin herrscht, hin- 
weisen. Immerhin scheinen mir nach Rücksprache mit mehreren Juristen 
die rechtlichen Anschauungen der Polizei in Bezug auf die Schaustellungen 
nicht einwurfsfrei zu sein. 

Man könnte nun verschiedener Meinung darüber sein, ob es überhaupt 
zweckmässig sei, öffentliche hypnotische Schaustellungen zu verbieten; 
ein hervorragender Psychologe in Lüttich, Delboeuf, tritt z. B. für die 
Oeffentlichkeit der Schaustellungen ein. Darüber aber werden wir wohl 
alle einer Meinung sein, dass die Umgehung eines Verbotes im Interesse 
der Rechtssicherheit verhindert werden muss. Es liegt mir fern, die 
Herren, die Experimente öffentlich gemacht haben, zu verdächtigen; ich 


möchte im Gegentheil hervorheben, dass einer von ihnen, ebenso wie 
Hansen sich verschiedenen anderen Forschem zur Verfügung stellte, 
auch die Freundlichkeit hatte, sich und seine Experimente mir zu wissen¬ 
schaftlichen Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Ich glaube aber, 
dass, abgesehen von solchen persönlichen Fragen, öffentliche hypnotische 
Schaustellungen Bedenken erregen müssen. Es ist, wie schon gesagt, dio 
Frage der Gesundheitsschädigung von der Wissenschaftlichen Deputation 
erörtert worden; und das kann doch gewiss nicht geleugnet werden, dass 
unter Umständen hypnotische Experimente schädlich sein können. Mir 
scheint aber ein anderer Gesichtspunkt mindestens ebenso wichtig zu sein. 
Es ist von anderer Seite hervorgehoben worden, dass, ebenso wenig wie 
man Sectionen und Vivisectionen öffentlich gestattet, man sich auch gegen 
öffentliche hypnotische Schaustellungen wenden müsse. Der Hypnotische 
ist ein seines Willens theilweise oder gänzlich beraubtes Individuum, das 
zu einer seine Menschenwürde verletzenden Figur wird, wenn ungebildete 
Personen es als ein Schaustück betrachten. Nur höhere Interessen, seien 
es die der ärztlichen Behandlung, seien es die der Wissenschaft, können 
es rechtfertigen, dass man hypnotisirt. Die Hyprfose zum Gegenstand 
eitler Neugier der Personen zu machen, die die Hauptmasse solcher Ver¬ 
sammlungen bilden, widerspricht den Grundsätzen der Ethik. Auch der 
Umstand, dass die Versuchspersonen sich freiwillig zu solchen Experi¬ 
menten hergeben, kann hieran nichts ändern, da jeder als Mitglied der 
menschlichen Gesellschaft auf diese Rücksicht zu nehmen hat. 

Das Polizeipräsidium ist nun der Ansicht, dass gegen hypnotische 
Experimente, die in Vereinsversammlungen* stattfinden, nicht ohne weiteres 
eingeschritten werden könne. In der That gewann ich beim Studium des 
Vereins- und Versammlungsrechts 1 ) die Ueberzeugung, dass auf Grund 
desselben die Polizei kaum einschreiten kann. Handelt es sich um blosse 
gesellige Zusammenkünfte in Wohnungen und geschlossenen Räumen, so 
stehen solche nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts unter 
dem Schutz der Wohnungsfreiheit, sie gelten als Privatgesellschaften; es 
hat die Polizei sich überhaupt nicht um sie zu kümmern. Handelt es 
sich aber um die Erörterung öffentlicher Angelegenheiten, dann müssen 
die Versammlungen der Polizeibehörde zwar angezeigt werden, dieser steht 
aber nur ein Recht der Aufsicht zu. Wenn daher auch der Hypnotismus 
von den Behörden als eine öffentliche Angelegenheit betrachtet würde, so 
hätte die Polizei nur das Recht der Beaufsichtigung, nicht das des Ver¬ 
bots solcher Versammlungen. 

Allerdings hat nach einer anderen Entscheidung des Oberverwaltungs¬ 
gerichts die Polizei das Recht, Maassregeln zu treffen, alle Versammlungen 
an gesundheitsgefährlichen Orten, in unzureichenden Lokalen oder zu un¬ 
sittlichen Zwecken zu verbieten. In keine dieser drei Gruppen, die aber 
keineswegs das einzige Recht der Polizei bilden, würden hypnotische 
Schaustellungen gehören. Ich halte es für möglich, dass die Polizei das 
Recht hätte, Versammlungen zu Zwecken zu verbieten, die eine Gefahr 
für die Gesundheit möglicherweise herbeifuhren. Allerdings würden 
sich hieraus sehr leicht Folgen ergeben, die so weit gingen, dass es besser 
ist, die Polizei verzichtet auf dieses Recht. 

Sehen wir also hiervon ab, so drängt sich doch die Frage auf, ob 
nicht die Art und Weise, wie in Berlin die hypnotischen Experimente 
gegenwärtig unter dem Schutze von Vereinen stattfinden, nur eine Um¬ 
gehung der öffentlichen Schaustellungen sind, und hierin sind alle Juristen, 
mit denen ich gesprochen habe, einer Ansicht. In den Ankündigungen 
heisst es gewöhnlich: „Gäste willkommen“; dann und wann haben sie 
auch ein kleines Entröe zu zahlen. Diese Form der Zulassung bildet un¬ 
bedingt den Begriff der Oeffentlichkeit, so dass die Schaustellungen, die 
dann in solchen Vereinen stattfinden, als öffentlich anzusehen sind und 
von der Polizei verboten werden dürfen. Wann der Begriff der Oeffent¬ 
lichkeit hier beginnt, wurde mir von verschiedenen Juristen verschieden 
beantwortet. Einige sind der Ansicht, dass, wenn jedes Vereinsmitglied 
das Recht hat, einen Gast mitzubringen, kaum von Oeffentlichkeit die 
Rede sein könne. Dass aber, wenn Gäste unbeschränkt Zutritt haben, der 
Begriff der Oeffentlichkeit vorliegt, darüber waren alle, wie schon er¬ 
wähnt, einer Meinung. Dass das Polizeipräsidium hierin anderer Meinung 
zu sein scheint, war für mich um so mehr befremdend, als der Begriff’ 
der Oeffentlichkeit mehrfach im Strafgesetzburch und auch sonst im Gesetz 
enthalten ist und dort keineswegs sehr eng aufgefasst wird. 

Sehen wir uns zu diesem Zwecke einmal die Gewerbeordnung an, so 
werden wir hier am ehesten Anhaltspunkte für die Beurtheilung hypno¬ 
tischer Schaustellungen finden müssen. Nach einem Commentar zur Ge¬ 
werbeordnung 2 ) sind beispielsweise Tanzlustbarkeiten, zu denen jeder gegen 
Erlegung eines bestimmten Eintrittsgeldes zugelassen wird, als öffentliche 
Lustbarkeiten anzusehen. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie 
von einem Verein oder einem sonstigen Unternehmer veranstaltet werden, 
da es sich um eine für das ganze Publikum bestimmte Lustbarkeit han¬ 
delt. Dasselbe gilt von Theatervorstellungen. Der Commentar, auf den 
ich mich beziehe, berücksichtigt ausdrücklich ein Rescript des preussischen 
Ministeriums des Innern vom 2. November 1884. Ebenso wären nach 
einem Erkenntniss des Oberverwaltungsgerichts vom 24. September 1888 
von Privaten oder Vereinen veranstaltete Lustbarkeiten öffentliche, sobald 
jedermann, sei es mit oder ohne Eintrittsgeld Zutritt zu ümen hat. Es kann 
meines Erachtens kaum zweifelhaft sein, dass, wenn hier der Begriff der 
Oeffentlichkeit in diesem Sinne aufgefasst wird, er auch für Schaustellungen 
in ganz gleicher Weise angenommen werden muss. . 

Ja ich möchte zum Schluss noch den Fall betonen, wo nur yereins- 
mitglieder Zutritt haben und wo dennoch die Oeffentlichkeit vorliegt. Es 


1) Paul Caspar, Das Preussische Versammlungs- und Vereinsrecht, 

jrlin 1894. Mäscher, Das Versammlungs- und Vereinsreoht Deutsch¬ 
es. Berlin 1892. Delius,' Das preussische Vereins- und Versammlungs- 
cht. Berlin 1891. _ , D 1fiü0 

2 ) Marcinowski. Die Deutsche Gewerbe-Ordnung. Berlin lööA 


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816 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


könnte etwa m den Statuten des Vereins der Passus stehen, dass jeder 
Mitglied des Vereins wird, der Abends 20 Pfennige Entree beim Eintritt 
bezahlt. Es lüge nahe, einen Verein ad hoc, d. h. lediglich um hypno¬ 
tische Schaustellungen abzuhalten, zu begründen. In allen Fällen handelt 
es sich nur um eme Umgehung des Verbots der öffentlichen Schau¬ 
stellungen, die von der Polizei durchaus bekämpft werden 
müsste und, wie mir scheint, auch bekämpft werden kann. Jedenfalls 
scheint es mir Sache der Polizei zu sein, hier einzugreifen. Sollten wider 
Erwarten nach diesem Eingreifen höhere Instanzen der Polizei Unrecht 
geben, so würden wir doch jedenfalls die Ueberzeugung gewonnen haben, 
dass die Polizei alles gethan hat, was in ihren Kräften stand. So lange 
aber Veremsmtzungen mit hypnotischen Schaustellungen, zu denen jeder 
Zutritt hat, in Berlin ohne Emspruch der Polizei stattfinden, so lange 
HÄ. man + £ lcht ^nehmen können, dass die Polizei alles, was in ihren 
Kräften steht, zur Verhinderung derartigen Unfugs thut 


IX. Krankenpflege. 


m 'l™ J ? hre 1892 durch Dr. Armaingaud eine 

«Mellschafl zur Bekämpfung der Schwindsucht') („Ligue contre la 

SST 1 f gr ? ndet w i rd ? n - Ib re Aufgabe glaubt diese Vereinigung 
S“ dadurc . h za e ^“ Ue nj dass sie durch Verbreitung populäre? 
Schriften und durch persönliche Maassnahmen die Prophylaxe derTuber- 

fn Zdelx "hat Wird hSte ^ rd0 K rt - ■ Mitg 1 ‘ ied des Bundea . der seinen Sita 
in Bordeaux hat, wird man durch einen Beitrag von 5 Frs. — Welchen 

Umfang und welche Erfolge diese Liga bisher gewonnen hat, darüber haben 
P wi 1 ?, e ?üt Ue ü e A ?£ aben n ^ ht auffinden können. Dass aber wenigstens der 
bemüht kt H nabkssi g uni den Ausbau seiner humanitären Pläne 

rt'Hv h gVbne D U h?in e ,,'e te V SS “d te “itthoilung i m Augustheftder Annales 
Hygiene publique. Von der Ansicht ausgehend, dass man zur Verhü¬ 
tung der tuberkulösen Infection nicht allein die Möglichkeit einer Con" 
r in gleicher Weise auch diePrlldispSonTiStof« 

Fltp^^A ntt - A a main f a T d i dafür ein ’ dass man die Kinder tuberkulöser 
f cbon m den ersten Lebensmonaten aus dem Bereich der Ansteckungs 
? 6 ? en l md m , eme hygienisch und klimatisch treffliche Umgebung 

wand d eTn^ mösse ’ ™ ^re ÄÄ 

private Goldsammlüngen'motwhaltön^werden?" "" d d “ rCh 0ffeiltliche he ^- 

an^dem" 0 Widerspruci:"Vieler^®tern" n ^»“auÄ un'l 

- j. s. 


*0 Endeulch "bel^Bonn^lurch StilS Prl T at - HeH - »"« PB^anstalt 

Als eine der ft*® Kra ? kon «««»t. 

oiL e B?d"'rfm ? sses P8 fto diesS"^^!} Vorh^dSn 

Pr. Richarz gegründet ist von iTJ” r . Q S'"™ f ; Wo Anstalt, von 
golangt und hat sich das Verträum a . ln ^ hllch zur Blüthe 

völkomng i„ weiten Krdscn e Zben n d ^ <?unst der Bo- 

Aorzton hat an ihr gewirkt di^^f d ® rhalten - Eine Reihe von 
gosohene Lebensstellung errumrpn n!nif n Y ° n lbnen .haben sich eine an¬ 
vollen Arbeiten mit /chtumAind Anprkl W6rden m F °lge ihrer werth- 
Wissenschaft genannt. Meist s?nd dr?*! ? g auf dem Gebieto der 
jf zt Dr. Oebeke seit Au^u t 1859 DrU Zte , ftn de . r Aa ^alt thätig. 
Dr von der Helm seit Octobor lfiftfi D ak He ? den seit October 1872. 
llcben Arbeiten der einzelnen Aerzto ’dei" fei?!? 11 - V ° n de . n . Wissenschaft¬ 
zeitschriften ist die Wirksamkeit Ir a A *1? m versch iedenen Fach- 
mehreren Jahres- und grösseren selbststän^ DSt ^4 s . p £ cie11 ersichtlich aus 
veröffentlichte; so ausfrühere? 7 «?!- Bencllt eii, die Dr. Oebeke 
für Psychiatrie, im Irrenfreund 1875 No^u^Tp g ®3 CoiTesponde,,zbl “ tt 
roichcm Uber die Jahre 1873-1878 imd von °l 870 if“ 8 - ft*“. umfnn g- 
Tut:-i.., . . von 1°79 bis inclusive 1890. 


reichern 

fe.»uch'weitStfaZ TMlS^deXstl 

Kranken emo erspriessliche und heilbringende sci^ 016 lhr zugehe “ tlen 


Gesellschaft. *" der bweiz besteht seit dem vorigen Jahro eine ähnliche 


_No. 12 

X. Kleine Mittheilungen. 

er noch Tags vorher in voUe'^geUt^rFrischfund kOne^h" “p Meia 
kett seines Amtes gewaltet bitte, Ter GeSU sS^Ä' 
Physikus Dr. Leopold Lewin. dirifrirender ? ", ßezir!0, 

am Untersuchungsgefänguiss in Moabit, im 74?UlLsk^ 
amteniaufbahn beginnt mit dem Jahre 1862 in Fr«n«toü J t 6 ‘ .. me Be ‘ 
Kreiswundarzt bis 1868 fungirte ^ wo f bs f ok 

Schrimm, 1871 wurde er na?h Berlin veJeUt L pfr 4 "* » 
Frankreich machte er als freiwilliger Arzt mit und 1 ” Eridzug ” e f™ 

lich^^älrztlichen Bestrobungen'^nahm^e" Ttote""regste' 

sstÄSt £&£&£« 

msm 

der darauf folgenden 

der Universta^Linvi»"^”«* 1 ? 00611 *! der Pathologischen Anatomie an 

aadtkriXihanse eSnt SChm ° r ' ' St ZUm P “ r aa > “•*" 

selbe enthaft TV' r fc eiiieneueBitterquellc erbohrt worden. Die- 

MaSo! 59 Iftr IT Gew.chtstheilen: Na, SO, 5,9 - NaCl 7,3- 

Tetanus 2969°• von 1875—1892 an traumatischem 
3237 Personon’ fRw+ 189-, an idiopathischem Tetanus 568, zusammen 
ö * a ‘ J ^ ei ^? n 1 e “- ^ nt - raed - Journal 22. August 1894.) 

mals erwähntfi °A « o n Ue * lö f ^ ede i ltU1 i g d ^ e dieser Wochenschrift mehr- 
30( ; latloa . de . la presse medicale fran^aise für 
winnen yermap- nrtrfm^ 6 i ftUCb ^hGitterarischen Angelegenheiten zu ge- 
reich groS AnÄ 1 ge eg ? tb ?} 1 emer Affaire ^ dj e augenblicklich in Frank- 
b Bofdeaux A e f e . gt *. Vo ^ eini & er Zeifc war ein Arzt, Dr. Lafitte 

von ihm ag ^ hei emem jungen Mädchen, das mehrere Wochen 

eiZn AhJf ht'^hh^deit worden war, aus criminellen Gründen 
st^mtheft nnM ° r ? erUfeü Z, J haben * Trotzdem nicht einmal mit Be- 
thatsächlioh p ; n ^ e ) Vle f Sei1 we . rd en konnte, dass bei der Patientin ein Abort 
der Sfirh vprkS?' 6 011 f 1 ’, und trotz der übrigen günstigen Aussagen 
urtheilt Pina p lfa . e ^ wurde Gf- Lafitte zu drei Jahren Gefängniss ver¬ 
worfen w ü f- deS ^ er theidigers wurde vom Cassationshof ver- 

PräsidentAn dm. p ba f die ^Oßannte Association ein Gnadengesuch an de« 
selkcliGfton TTn- r ep -+«?k h? 1 sämtlichen Vorsitzenden medicinischer Ge- 
auf diGopm ’w ^^^thtsprofessoren etc. in Umlauf gesetzt, um wenigstens 
Zufuhren Anct^i 61116 B reisp r ec hung des unglücklichen Collegen herbei- 
keit der Aerf/f o 0rd01 TT e * ilSsfc dl ° ^ ssoc i a tion einen Appell an die Mildthätig* 
S“ ? u f Unterstützung der fünf Kinder Lafitte's. Die Asso¬ 
ciation^ hat selbst tausend Francs gezeichnet. J. S. 

fahren<; v!fn p ^ me 1 f orschung über die Zulässigkeit des Rad¬ 
in«? Worir er Fi au ?ß hat die Redaction des Journal de Mddecine de Paris 
In und A,, g ? Se j 1 - ndei ? s ^ e an e ^ ne Reihe hervorragender Aerzte des 
i wiefS» M 0 * and ^ T e A ? zah / diesbezüglicher Fragen richtete. Die über- 
besetzt Slcb ^ ff ünst igem Siime ausgesprochen, voraus- 

untprln«GAn • .^ S F ^h ren . mi t Maass betrieben, während der Menstruation 
gehen nnriy W *1 und heine Organerkrankungen vorliegen. Nicht wenige 
& n n i°T weiter, indem sie dem Radsport günstige Wirkungen auf die 
emnfohlAn .?i isc h rei ben und ihn bei einer Reihe von Krankheiten direkt 
Diahete« «f«\ ear ? s ^heme, Hysterie, Morphinismus, Anämie, Chlorose, 
har* flim’rrü a ‘ 7 ie . co pgestionirende Wirkung des Radfahrens ist unbestreit- 
Frntnmo«; 0 Ae T Zte sm d_ deswegen Gegner des Sports, weil sie Metrorrhagieeu. 
hnbon n ’, Gageverändezmngen des Uterus und dergleichen beobachtet 
Dae-ejypn <bese ü hlen Folgen die Ausnahmen zu bilde«. 

dl T,^| e] du n g und der Sattel vorläufig noch nicht dem Ideal 
müQQfa oc Qd ’ i n ? hier etwas Passendes, Zweckentsprechendes (natürlich 
Badonnrf kleidsam sein. Ref.) gefimden würde, so wäre gegen den 

Paris^l894 e Nr r 37 e ) n niC ^ S we ’ ter einzuwenden. (Journal de M^dec. de 

wiede7aufge i nommen. Dr ' Schider hat seine etliche Thäügkeit in Arco 

nit,7.iH ni ^ e , rsi , t ^ e . n ' Pra S- Dr. Spiotschka und Dr. R. Winter- 
flEp ? cb als Pnvatdocenten für Dermatologie habilitirt. - Inns- 
f n i_ ’n roa “5* Nicoladoni hat den an ihn ergangenen Ruf als Nach- 
AiiA± U ^ Senb T auei : ,s nacb Fra ff abgelehnt. Der Privatdocent der 

_ t> f e b,r - Len ho s s6 k ist äs Professor nach Innsbruck berufen. 

Oiiwf« ur D ‘ j er ehemalige Professor der Anatomie am Harvard College 
nrfpo, f Wendel 1 Holmes, ist, 86 Jahre alt, gestorben. Der Verstorbene 
Spbriffcf 8 !^ m . Fn ^ an d und Amerika auch als Essayist und philosophischer 
Schriftsteller eines weit verbreiteten Rufes. 


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Donnerstag jg 43. 25. October 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung dos deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang, 

Rcdaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 81. 


I. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am j 
Friedrichshain in Berlin. 

Ueber chirurgische Eingriffe bei Magen¬ 
erkrankungen’). 

Von Professor Eugen Halm. 

M. H.! Gestatten Sie, dass ich Ihnen einige Patienten vor¬ 
stelle, bei denen ich wegen Magenerkrankungen chirurgische Ein¬ 
griffe gemacht habe; und zwar will ich Ihnen nur die Fälle und 
die Präparate zeigen, die aus dem letzten Jahre stammen, nicht 
etwa, weil die Resultate im letzten Jahre besonders günstig sind, 
sondern weil ich nicht mehr die Zeit hatte, die ganze Zusammen¬ 
stellung zu machen. Meine ersten Operationen, bei denen die 
Resultate nicht so günstig gewesen, sind bereits publicirt. Es fehlt 
noch eine Zwischenzeit, in welcher ich ebenfalls ungünstigere Re¬ 
sultate gehabt habe als die, welche ich Ihnen heute mittheilen werde. 

Ich habe im Verlaufe des letzten Jahres neunmal die Gastro¬ 
enterostomie ausgeführt. Von diesen Patienten ist kein einziger 
gestorben, es sind alle durchgekommen. Ausser den Gastro- 
enterostomieen habe ich in diesem Jahre vier Magenresectionen 
gemacht, und zwar, wie Sie an den Präparaten sehen werden, die | 
ich Ihnen sogleich zeigen wiU, theilweise sehr ausgedehnte. | 

Von diesen vier Magenresectionen ist ein Fall zugrunde ge- j 
gangen, bei dem ich wohl, nachdem ich drei hintereinander glück- | 
lieh operirt hatte, etwas zu kühn geworden war. Ich hatte hei der 
Patientin, welche an einem sehr ausgedehnten Carcinom litt, den 
grössten Theil des Magens herausgenommen. 

Dann habe ich noch eine Patientin operirt, bei der sehr grosse 
Schmerzen und Beschwerden dauernd vorhanden waren, die seit 
ihrem 15. Lebensjahre an häufigen Magenblutungen litt und bei 
der alle Symptome darauf hindeuteten, dass sich erhebliche Ver¬ 
wachsungen in der Magengegend befinden mussten. Die Be¬ 
schwerden waren so enorm, dass Patientin dringend nach einer 
Operation verlangte. Ich machte die Laparotomie und fand ausser 
fünf ziemlich starken Adhäsionen zwischen Magen und Colon weiter 
nichts Abnormes. Ich unterband diese fünf Adhäsionen doppelt, 
durchtrennte sie, und von dem Moment ab hat die Patientin ihre 
sämmtlichen Beschwerden vollkommen verloren. 

Zunächst möchte ich Ihnen diese und einige andere Patienten 
vorstellen, und zwar unter anderen einen Collegen, Herrn Dr. L. 
aus New-York, welcher so liebenswürdig ist, sich Ihnen vorzu¬ 
stellen. 

Es ist bei ihm die Pylorusresection gemacht; an dem vorliegenden 
Tumor und den mikroskopischen Präparaten werden Sie orkennen, dass 
der Tumor ein Angioma fibrosum ist. Sie sehen an diesem Präparat zu¬ 
nächst einen papillären Tumor, der fast ausschliosslich im Duodenum sich 
befindet, und dann bemerken Sie nach der Magenseite hin einen grossen 
Defect der Schleimhaut in der Pylorusgegend. Die ganze Muskulatur 
war ausserordentlich hypertrophisch. In der hypertrophischen Muskulatur 
habe ich die Operation ausführen müssen. Herr College L. war ausser¬ 
ordentlich abgemagert. Sein Gewicht betrug 102 Pfund. Die Beschwerden 
bestanden in heftigem Aufstossen und Erbrechen. Der Pylorus schien 
vollkommen undurchgängig. Der Tumor war sehr beweglich und fühlte 
sich nicht so hart an wie die meisten Carcinome. Der College, der seinen 
Zustand sehr genau beurtheilen konnte, drängte sehr zur Operation. 

Herr Geheimrath Gerhardt und Herr Dr. Rosenheim riethen eben- 


*) Vortrag mit Krankenvorstellung, gehalten in der Freien Vereini¬ 
gung der Chirurgen Berlins am 25. Mai 1894. 


falls zur Operation, da die Abmagerung schnell zunahm. Ich entschloss 
mich dazu und führte dieselbe am 19. Juli 1893 aus. Der Verlauf war 
ein ausserordentlich günstiger. Das Körpergewicht nahm sehr schnell zu, 
die Verdauung war in jeder Beziehung befriedigend, und nach einigen 
Monaten betrug die Körpergewichtszunahme ungefähr 26 Pfund. Patient 
reiste dann nach seiner Heiinath in Westpreussen, kam aber bereits nach 
acht Monaten wieder mit der Erklärung, dass er entschieden wieder Stenosen¬ 
erscheinungen bemerke. Das Körpergewicht hatte wieder sehr erheblich 
abgenommen. Durch wiederholte Ausspülungen am Morgen, nachdem er 
«am Abend vorher Speisen genossen hatte, konnte unzweifelhaft festgestellt 
werden, dass ein grosser Theil der Abends genossenen Speisen im Magen 
zurückgeblieben war. Er schilderte ausserdem die Stenosenerscheinungen 
so vorzüglich, schilderte so deutlich, wie der Magen vergeblich arbeite 
und doch nichts durch den Pylorus durchgehe, so dass eine Stenose un¬ 
zweifelhaft schien. Ich entschloss mich auf seinen Wunsch die Laparo¬ 
tomie zu machen, in der Annahme, dass sich Adhäsionen gebildet hätten, 
welche eine Narbenverziehung an der Operationsstelle und auf diese Weise 
eine Abknickung hervorbritchton. Die Operation wurde, wie dio vorige, 
in Aethernarkosc ausgeführt. Sie dauerte ungefähr drei Stunden. Aus¬ 
gedehnte Verwachsungen wurden gefunden und alle gelöst. Es schien 
anfangs, als ob der Zustand sich besserte und der Magen an der re- 
secirten Stelle durchgängig geworden wäre, aber schon nach einigen Tagen 
behauptete der College, es gingen nicht alle Speisen durch den Magen 
durch, und drang ganz entschieden auf eine Gastroenterostomie. Das 
Gewicht war inzwischen wieder auf 102 Pfund, also auf das Anfangs¬ 
gewicht, zurückgegangen. 

Am 10. März 1894 machte ich die dritte Operatien, und zwar eine 
ausgedehnte Gastroenterostomie. Ein sehr weiter Einschnitt wurde so¬ 
wohl in Magen als Dünndarm gemacht. Die Ausdehnung der Oeffnung 
betrug mindestens 5—6 cm. Die Operation war eine ausserordentlich 
schwierige. Es waren sehr ausgedehnte Verwachsungen vorhanden; der 
Magen war inzw r ischen sehr klein geworden und lag ganz unter dem 
Rippenbogen. Die Operation nahm vier Stundon in Anspruch, aber dor 
Verlauf war, wie Sie sehen, ein sehr guter. Patient hat vom 10. März 
bis jetzt wieder um 14 Pfund zugeuommen. Da schon bei der zweiten 
Operation in der Mittellinie wegen ausgedehnter Verwachsungen grosse 
Schwierigkeiten Vorlagen, musste bei der dritten Operation der Schnitt 
ganz auf der linken Seite gemacht werden. 

Auf dem internationalen Congress in Rom ist auch über die 
Magenchirurgie verhandelt worden. Ich bin leider bei der Besprechung 
dieses Themas nicht zugegen gewesen. Es soll dort behauptet 
sein, dass kein einziger Fall von dauernder Heilung nach Magen - 
resection wegen Carcinom vorgekommen sei: Ich glaube doch 
über einen solchen zu gebieten und ergreife die Gelegenheit, Ihnen 
heute die Patientin vorzustellen. Es wird mir allerdings vielleicht 
entgegen gehalten werden, dass die Zeit von 3 l /2 Jahren, vor welcher 
die°Kranke operirt ist, zur Annahme einer völligen Heilung noch 
eine zu kurze sei. 

Es war einer der grössten Tumoren, die ich überhaupt ent¬ 
fernt habe, und dennoch ist die Patientin ohne Recidiv gehliehen. 
Die mikroskopische Untersuchung hat unzweifelhaft Carcinom er¬ 
geben. 

Ich werde Ihnen zunächst das Präparat zeigen und dann die 
Patientin. Ich besinne mich auf die Maasse nicht genau; wenn 
ich nicht irre, sind es 18 cm an der grossen Curvatur und 12 cm 
an der kleinen gewesen. Ich hätte es selbst nicht für möglich 
gehalten, dass in diesem Falle dauernde Heilung eintreten würde. 
Die Patientin wog bei der Aufnahme 94 Pfund, und als sic herausging, 
121 Pfund, hatte also ungefähr um 27 Pfund zugenommen. Jetzt 
soll ihr Gewicht wieder etwas heruntergegangen sein. Sie muss 
schwer arbeiten und sich abmühen, um ihren Lebensunterhalt zu 
erwerben, und wird natürlich draussen sich nicht so ernährt haben 
wie in unserer Anstalt: daher ist wohl das Gewicht jetzt vicdei 


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818 


DEUTSCHE MEDtCINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


etwas herabgegangen. V f on einem Reeidiv ist nicht die Spur zu finden, 
wie Sie sich durch Untersuchung der Patientin überzeugen können. 

Die beiden nächsten Präparate stammen von zwei Patienten, 
die am 7. März und 22. März 1894 operirt sind und die Operation 
glücklich überstanden haben. Ich werde mir erlauben, Ihnen die 
Kranken nachher vorzustellen. 

Zuletzt lege ich Ihnen einen enorm grossen Tumor von einer 
Patientin vor, welche am 13. April 1894 operirt und am 16. April 
gestorben ist. Dies ist der Fall, in welchem ich den grössten Theil 
des Magens bis auf ein kleines Stück an der kleinen Gurvatur entfernt 
habe. Ich glaube, dass auch diese Patientin durchgekommen wäre, 
wenigstens dass die Möglichkeit des Ueberstehens der Operation vor* 
gelegen hätte, wenn ich die Operation anders ausgeführt hätte. Nach 
meinen jetzigen Erfahrungen halte ich es nicht für richtig, bei 
sehr ausgedehnten Resectionen des Magens eine Vereinigung 
zwischen dem Duodenum und dem Magenrest zu versuchen. Man 
hätte den Magen und das Duodenum schliessen und alsdann eine 
Gastroenterostomie ausführen müssen. Die Chancen für die Hei¬ 
lung wären dann ausserordentlich viel günstiger gewesen als bei 
der von mir angewandten direkten Vereinigung, bei welcher sich 
eine Naht als nicht sufficient erwies. 

M. H.! Sie wollten noch etwas über die Technik hören. Das 
wichtigste, was ich jetzt bei meinen Operationen abgeändert habe, 
ist, dass ich keine Darmklemmen mehr benutze. Die Darmklemmen 
haben zwei grosse Nachtheile. Einmal kann man durch Anwendung 
einer Darmkiemme nachträglich Gangrän erhalten — das ist ver¬ 
schiedenen Operateuren passirt —, und zweitens ist, wenn man 
eine Klemme angelegt hat, nachher die Blutung oft so stark, dass 
man sie schwer beherrschen und dass, wie nach jeder Constriction, 
später leicht eine Nachblutung eintreten kann. Tritt eine Nachblutung 
zwischen die Darmschichten, zwischen Serosa, Mucosa oderMuscularis 
ein, so muss dadurch das Heilungsresultat erheblich gestört werden. 

Dann verfahre ich in Bezug auf die Schnittführung folgender- 
maassen bei der Gastroenterostomie. Ich nähe zunächst bogen- 
iormig in ziemlich grosser Ausdehnung Serosa desDarmes undMan-ens 
zusammen und mache nicht,wie ich das früher gethan habe, die Gastro¬ 
enterostomie an der tiefsten Stelle des Fundus, sondern ich mache 
dieselbe möglichst in der Nähe des Pylorus, d. h. natürlich mcht 
unmittelbar 1111 Bereiche des Pylorus, namentlich wenn es sich um 

k“ m band£dt ’ a ,ei ; I0h , bleibe doch immer ziemlich nahe am 
Pylorus und halte mich auch möglichst nahe — was ich früher 
meistens vermieden habe - an der Coronararterie, also dicht an 
der grossen Curvatur. Es stören mich einzelne grössere Aeste, die 

abgehen, nicht. Diese Aeste 
fasse ich mit den Nadeln mit, umsteche sie auf diese Weise und 
lege den Magenschnitt möglichst in der Nähe der Arteria coronaria 
fliehe d , 6r f“ sd , eb T n K der zusammengenähten Serosa- 

itmaehf „efl h r U ebe “ fall J; lelubt imgenförmig nur durch die Serosa 
^emajülit und die zweit« Serosanaht angelegt. 

Darme? 1 letzt wird de f Eröffnungsschnitt des Magens und des 
Darmes gemacht und die Mucosa durch fortlaufende Naht ver¬ 
einigt, und zwar in der ganzen Ausdehnung der Wunde so dass 

kömmt" eTne^Leml vo ‘; haade “ ^ Über den oberen Ietzten Theil 
kommt eine Lembert sehe Naht. Nach Eröffnung der Mucosa 

Gewöhnlich^sind*die"p . v . on . Klemmen etwas Darminhalt austreten. 
MagÖn noch ö L 1 ö Pat n" ten ?° vorbereitet, dass weder aus dem 
fbef ötaas Schbfim Dm ? lrgend etwas heraustritt. Kommt 

mit einem FadcnTn f'T’ dann , ™. d ein kleiner Jodoformbauseh 
“h w"nn ol r I Eumen hmeingelegt. Ausserdem schiebe 
tJ. 6 n , dle ersten Serosanahte angelegt habe einen grossen 

nöhÄm ZÖ C umv!n Che ö d - Ma S« a ™ d d «n an dieÖen^öÖge" 

<r a ™ und umhülle den Magen und Darm mit Jodoform- 

Et S hit daTnirÖÖ? r tWaS , Maffet1 ' oder Darmsehleim heraus- 
JoÄmg1ze d gelanS “ S “ gen ’ da w auf die 

Eröffnung des Darmes L J.ade"° C * al !. sebr Wlc btig erwähnen: die 
Seit ich hierauf Gewicht lerne ? e ? cnuber dcm Mesenterialansatz, 
ich sie frnhwdÄh H I ™V h f. be - lc ^ S °. schwere Zufälle, wie 
oder dass ein Theil der Nahrunn in'fle' 0 ' 1 ^ ag f n bi ? e higeüossen 
getreten ist, erlebt habe nicht m 1 ** l? 38 , C< t ntla e Stuck hinliber- 
ersten Zeit garnichtÄÄJ^5- beob * oht f, Ich babe in der 
und habe manches Maf^eht!« 4 ?. on solcher Bedeutung sei, 

1 0 £ cnau an dieser Stelle, sondern mehr 


.No. 4 3 

nach der Mesenterialseite hin, bald nach der einen, bald nach der 
anderen Seite den Schnitt angelegt und dabei gefunden dass die 
Circulationsverhältnisse der Nahrungsmittel sich oft ausserordent 
lieh ungünstig gestalteten. 

Ferner halte ich die frühzeitigen Magenausspülungen für ausser 
ordentlich wichtig und glaube, dass wir einen Theil unserer guten 
Resultate denselben zuzuschreiben haben. "Wir haben stets bald 
nach der Operation, d. h. in den ersten 12 bis 24 Stunden Magen¬ 
ausspülungen vorgenommen. Sie glauben gamioht, was für Jaudie- 
massen besonders bei der ersten Magenausspülung aus dem Magen 
herausbefördert werden. Ich habe noch vor kurzer Zeit in meiner 
Privatklinik eine Patientin operirt, bei der ich die Gastroenterostomie 
angelegt habe, von der ich die feste Ueberzeugung habe, dass sie 
allein durch anhaltende Magenausspülungen gerettet ist. Sie wurde 
sehr elend und erbrach in den ersten fünf Tagen andauernd. Die er 
brochenen Massen rochen sehr übel, geradezu fäculent. Nach 
consequenten Ausspülungen erklärte am fünften Tage die Patientin • 
„Ich merke, es geht alles durch“, und von dem Moment ab sind 
alle Beschwerden vollkommen verschwunden. Man muss sich die 
Mühe nicht verdriessen lassen, man muss in den ersten Tagen 
häufig den Magen ausspülen. Was sollte man auch durch eine 
Magenausspülung schaden? Wir machen es gewöhnlich so, dass 
vorher die Entfernung des Fundus durch eine Sonde festgestellt 
wird. Es wird an der Stelle die Sonde mit etwas Heftpflaster als 
Marke umwickelt. Bis zu dieser Stelle wird die Sonde einge¬ 
führt. Es kann die Spitze der Sonde an die Wunde gar nicht 
herankommen, und wenn man gesehen hat, was für eine Jauche, 
was für ein penetrant übelriechendes Secret sich im Magen 
befindet, dann wird man sich vor diesem mechanischen Einfluss 
der Magenausspülung nicht fürchten, sondern dieselbe ohne Be¬ 
denken unternehmen. 

Einen Fall aus früheren Jahren möchte ich noch erwähnen, 
den ich schon einmal auf dem Chirurgencongress vorgestellt habe. Es 
handelt sich um einen Patienten aus Landsberg, bei dem ich die 
Gastroenterostomie gemacht habe. Leider habe ich die Nachricht 
von seinem Ableben an einer intercurrenten Krankheit zu spät 
erfahren, so dass die Section nicht ausführbar war. Der Mann 
hat nach der Operation noch sieben Jahre gelebt. Alle, die bei 
der Operation zugegen waren, hatten die feste Ueberzeugung, dass 
es sich um Carcinom gehandelt habe. Wir können es jetzt natür¬ 
lich nicht beweisen. Der Tumor war nach der Operation immer 
zu fühlen. Ich habe ihn wiederholt zur Beobachtung herkommen 
| lassen. — Der Patient, der früher sehr zu leiden hatte, hat sieben 
Jahre lang schwere Landarbeit verrichtet und niemehr bis zu seinem 
Tode irgend welche Beschwerden gehabt. 

Nach meinen Erfahrungen kann ich die Gastroenterostomie 
nach der Methode von Wölfl er, wie ich sie auch mit geringen 
Abweichungen fast immer ausführe, am allermeisten empfehlen. 
Ich halte alle Methoden, auch die von May dl (Durchtrennung 
des Darmes und Einpflanzung des centralen in das periphere 
Ende) für nicht so ungefährlich. Man wird durch diese 
Methode vielleicht noch günstigere Circulationsverhältnisse er¬ 
halten können, aber die Gefahr ist doch eine ausserordentlich 
viel grössere als bei der beschriebenen Gastroenterostomie. Wenn 
man den Darm durchschneidet, das centrale Ende in das periphere 
und nacher das periphere in den Magen einpflanzt, so haben wir 
immer. zwei Darmwunden, an denen etwas passiren kann. Die 
Operationsdauer wird entsprechend der doppelten Darmnaht erheb¬ 
lich verlängert werden müssen, daher bei sehr geschwächten 
Patienten schon aus diesem Grunde nicht anzuwenden sein. Ein 
Eintreten von Nahrungsmitteln in den centralen Schenkel wird 
allerdings dadurch sicher verhindert werden können. 

Sollte einmal bei der Wölfler’schen Methode das üble Er¬ 
eigniss des Einfiiessens von Nahrungsmitteln in den centralen 
Schenkel eintreten, dann müsste man eine Enteroenterostomie 
machen und den centralen Schenkel in der Nähe des Magens durch 
Serpsanähte verengern, eine Operation, die ich leider bei dem 
vorgestellten Coli egen aus New-York am 5. Juni 1894 habe aus¬ 
führen müssen und die ohne jede Reaction verlaufen ist. 

Nachtrag: Bis zum 18. October, dem Tage, wo mir die Cor- 
rektur zuging, habe ich noch sechs Gastroentarostomieen ausgeführt, 
so da ps iin ganzen meine letzten fünfzehn Gastroenterostomie© 11 
glücklich und ohne Zwischenfall verlaufen sind. Herr College L- 
ist seinem Leiden erlegen. Die Seetion hat ein Reeidiv im Bereich 
der Operationsstellen und Metastasen ergeben. Die- mikroskopische 
Untersuchung ergab ein Chondrosarkom. (Ausführlichere Kranken¬ 
geschichten der kurz mitgetheilten Fälle behalte ich mir für eine 
spätere Publication vor.) 


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25. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


819 


II. Zur Tabaksamaurose. 

Von Th. Husemann in Göttingen. 

Auf eine interessante Beobachtung, die in der letzten Zeit in 
Australien über epizootiscbe Blindheit gemacht wurde, glaube ich 
hinweisen zu müssen, weil jene für die Lehre von der Tabaks¬ 
amaurose beim Menschen von besonderer Wichtigkeit zu sein scheint 
und die australischen Notizen darüber nicht leicht in die Hände 
europäischer Aerzte gelangen. 

Im „Australasian“ vom 4. Juli 1894 findet sich unter der Ueber- 
schrift: „Epizootische Blindheit bei Pferden. Einige wichtige Ver¬ 
suche“ die Mittheilung, dass an der Thierarzneischule von Mel¬ 
bourne von den Herren W. T. Kendall und S. S. Cameron 
Untersuchungen über eine mysteriöse Form von Blindheit ange¬ 
stellt worden seien, die sich bei Pferden in einem ausgedehnten 
Gebiete von Neusüdwales, das vom Darling River durchflossen 
werde, gezeigt habe. 

Diese Krankheit ist nicht mit den bisher bekannten Formen 
epizootischer Blindheit von Thieren zu verwechseln, die in 
Australien Vorkommen und nicht bloss bei Pferden, sondern auch 
bei Rindvieh und Schafen beobachtet werden. Diese sind mit ent¬ 
zündlichen Affectionen des Auges verbunden, während die in Frage 
stehende Augenaffection keinen inflammatorischen Charakter trägt. 
Sie ist ausschliesslich gebunden an das bezeichnete Territorium, 
während die epizootischen Augenentzündungen in verschiedenen 
Gegenden von Australien auftreten, und ist am oberen Lauf des 
Darling seit mehreren Jahren bekannt. Erst während der letzten 
2—3 Jahre hat sie sich in südlicher Richtung verbreitet und ist 
jetzt zu einer solchen Ausbreitung gelangt, dass sie in ernstlicher 
Weise die Pferdezucht in jenen Gegenden bedroht. An einzelnen 
Stellen in den Districten zwischen Wilcannia und Wentworth 
sind 25 % aller Pferde vollkommen blind und andere fast blind 
und in ihrem Sehvermögen mehr oder weniger beeinträchtigt. 

Im März 1894 wurden auf Veranlassung des Thierarztes 
Dr. Parr in Broken Hill, der das ganze Gebiet der Krankheit 
durchreist hatte, um die Ursache der Krankheit zu erkunden, zwei 
typische Fälle an die Thierarzneischule in Melbourne eingeliefert. 
Bei beiden Thieren, einer alten grauen Stute und einem vierjährigen 
braunen Wallach, von denen erstere total blind und der Wallach 
bei Nacht völlig blind, bei Tage partiell blind war, ergab sich bei 
der von J. J. Barrett und J. J. Miller vorgenommenen Unter¬ 
suchung keine Structurveränderung am Auge; nur die Reaction 
der Iris auf Licht war etwas retardirt, alles übrige normal. Die 
Pferde boten auch sonst keine krankhaften Symptome, wie schon 
daraus hervorgeht, dass Dr. Parr mit den Pferden in 16 Tagen 
etwa 600 englische Meilen zurücklegte, wobei er die Stute ritt 
und den Wallach führte. Dieser Mangel an Krankheitserschei¬ 
nungen ist übrigens um so merkwürdiger, als die Section der 
Thiere ausgedehnte Veränderungen am Rückenmark und an den 
Nerven constatirte. 

Nach den bisherigen Erfahrungen über die Krankheit hat diese 
einen progressiven Charakter. Fälle von Heilung durch Behand¬ 
lung oder Spontanheilung wurden bisher nicht beobachtet. Im 
Beginn der Affection wird das Sehvermögen in der Weise beein¬ 
trächtigt, dass das Thier unfähig wird, im Dunkeln Gegenstände zu 
unterscheiden; erst nach sechs Monaten bis zwei Jahren kommt es zu 
totaler Erblindung. Werden partiell blinde Thiere aus dem Distrikt 
der Epizootie entfernt, so bleibt das Leiden stationär; Besserung 
tritt nicht ein. Werden sie aber in den Distrikt zurückgebracht, 
so bekommt die Krankheit wieder ihren progressiven Charakter. 

Ueber die Aetiologie des Leidens sind verschiedene Theorieen 
aufgestellt, doch macht sich vorwaltend die Ansicht geltend, dass 
es sich um eine chronische Alkaloidvergiftung handle, die ihre 
Ursache in einer giftigen Futterpflanze habe. Eine Pflanze, die in 
dieser Beziehung von der Mehrzahl der Beobachter verdächtigt 
wurde, ergab sich nach der Untersuchung des berühmten Botanikers 
Baron Ferdinand v. Müller in Melbourne als der australische 
Tabak, Nicotiana suaveolens. Der Grund zur Verdächtigung 
war besonders der, dass das Auftreten dieser Pflanze auf den 
Weiden infolge von Ueber6chwemmungen unmittelbar dem Auf¬ 
treten der Epizootie vorausging. So war denn die Grundlage zu 
einer experimentellen Untersuchung gegeben, die allerdings noch 
nicht völlig abgeschlossen ist, die aber in Bezug auf die Tabaks¬ 
amaurose des Menschen von Bedeutung zu werden verspricht. 
Untersuchungen mit dem von Dr. Morgan in Wentworth gelieferten 
Material haben vorläufig das Resultat gehabt, dass ein Unterschied 
in der acuten toxischen Action von Nicotiana suaveolens und Nico¬ 
tiana Tabacum nicht existirt. Die Vergiftungserscheinungen waren 
identisch mit den durch eine gewöhnliche Tabaksabkochung oder 
durch Subcutaninjection von Nicotin bewirkten. Kleine Dosen be¬ 
wirkten Nausea und Tremor, grosse complete Paralyse und Tod. 


Der erwähnte halbblinde Wallach starb nach einer Abkochung von 
vier Pfund der Blätter von Nicotiana suaveolens in drei Stunden 
unter den charakteristischen Erscheinungen der Nicotinvergiftung. 
Auch in Bezug auf die Leichenveränderungen ergaben sich Unter¬ 
schiede nicht. Untersuchungen von Kirkland ergäben das Vor¬ 
handensein eines Alkaloides, dessen Identität mit Nicotin jedoch 
noch zu erweisen ist. 

Das Wesen der fraglichen Affection ist Degeneration bezw. 
Atrophie des Opticus. Dies lässt sich schon mit blossem Auge 
erkennen und wird weiter noch durch die mikroskopische Beob¬ 
achtung erwiesen. Bei beiden Pferden zeigten die Sehnerven par¬ 
tielle palpable Einschnürungen und in ihrem ganzen Verlauf ab¬ 
norme Ungleichheiten im Caliber. 

Nach Mittheilung von Baron Ferdinand v. Müller kommt 
auch im südlichen Theile von Westaustralien epizootische Blind¬ 
heit bei Pferden vor, die man dort auf eine monokotyledonische 
Pflanze, die sogenannte Graslilie, zürückführt. In Neusiidwales 
findet sich diese Pflanze nicht und ist daher als ätiologisches Mo¬ 
ment ausgeschlossen. 

Ueber weitere Untersuchungen in Bezug auf die seltsame 
Epizootie hoffe ich später Mittheilung zu machen. Da die Mel- 
bourner Untersuchungen der Regierung von Neusiidwales im Detail 
zugegangen sind, wird die Möglichkeit erwogen werden, in wie 
weit die Ausrottung der gefährlichen Pflanze thunlieh ist, und man 
wird dann erkennen, ob damit der Epizootie ein Ziel gesetzt ist. 

III. Ans der Umversitätsfrauenklinik in Leipzig. 
Ueber das bacterienfeindliclie Verhalten des 
Scheidensecretes Schwangerer. 1 ) 

Von Dr. B. Krönig, Assistenten der Klinik. 

Meine Versuche sollten in erster Linie einen Beitrag liefern 
zur Frage nach der sogenannten Selbstinfection. Wenn wir von 
Selbstinfection sprechen, so muss man gleich eine genaue Defini¬ 
tion hinzusetzen, was man unter dem Worte Selbstinfection ver¬ 
standen wissen will. 

Natürlich können wir uns eine Selbstinfection nicht mehr so 
entstanden denken wie Semmelweis, nämlich, dass der zersetzte 
thierischo organische Stoff innerhalb der Grenzen des ergriffenen 
Organismus erzeugt werde, sondern wir Avissen, dass jene schäd¬ 
lichen Stoffe stets von aussen in den Genitalcanal zu irgend einer 
Zeit gelangt sein müssen. 

Dass eine Kreissende, die während der Geburt nicht inner¬ 
lich berührt worden ist, im Wochenbett selbst septisch erkranken 
kann, daran kann wohl schAverlich noch gez weif eit worden. 

Die Fragestellung lautet jetzt, wie sind die Keime in den Geni¬ 
talcanal der Frau gelangt? 

Kaltenbach sagt in seinem Aufsatze über Antiseptik in der 
Geburtshülfe folgendes. Ausseninfection und Selbstinfection sind 
in ihrem Wesen vollkommen identisch. Beide beruhen auf dem 
Eindringen pathogener Keime in den Genitalcanal; nur zeitlich sind 
beide Infectionsarten von einander verschieden. Die Ausseninfection 
wird bedingt durch Mikroorganismen, die während des Geburts¬ 
actes durch den touchirenden Finger in den Vaginalcanal eingeführt 
sind; die Selbstinfection dagegen durch Keime, Avelehe während 
der Schwangerschaft oder sogar noch früher in den Genitalcanal 
gelangt sind, aber erst bei oder nach der Geburt ihre Wirkung 
entfalten. 

Diese Erklärung der Selbstinfection von Kaltenbach ist über¬ 
aus einfach und bestechend. Sie hat aber zur Voraussetzung, dass 
die Mikroorganismen im Scheidensecret einen ihnen zusagenden 
Nährboden finden, so dass sie also monatelang in der Vagina fort¬ 
leben können. 

Steffeck und Winter geben diese Möglichkeit direkt zu. 
Sie fanden im Secret der Schwangeren, auch wenn sie lange inner¬ 
lich nicht berührt waren, alle möglichen Aussenkeime, verschie¬ 
dene Formen von Staphylococcen, albus, aureus, citreus, Strepto¬ 
coccen, ferner Diplococcen und andere Arten. 

Ahlfeld nimmt auf Grund seiner klinischen Erfahrungen an, 
dass jede Frau in ihrer Vagina Mikroorganismen beherbergt, die 
unter geeigneten Verhältnissen Fieber und Tod herbeiführen 
können. Die in der Vagina vegetirenden Keime spielen nach Ahl¬ 
feld eine so grosse Rolle, dass z. B. in wohlgeleiteten Anstalten 
die Zahl der durch Selbstinfection erfolgten fieberhaften Erkran¬ 
kungen im Wochenbett grösser ist, als die durch Infection a t oii 
aussen herbeigeführten. 

Die etwas heikle Frage, warum denn nicht alle Kreissenden 
im Wochenbett erkranken, da ja doch bei jeder die Scheide von 

J ) Nach einem Vortrage in der Gesellschaft für Geburtshülfe in 
Leipzig. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


820 


Mikroorganismen wimmelt, bei jeder also die Möglichkeit der Selbst¬ 
infection besteht, wird verschieden beantwortet. Ahlfeld beant¬ 
wortet sie im Sinne der örtlichen Disposition. Winter durch Ab¬ 
schwächung der Virulenz der Keime. Mermann etwas sonderbar 
durch einen Vergleich des Genitalsecrets mit dem Giftsack einer 
Giftschlange: er meint, ebensowenig wie die Schlange durch 
ihr Gift erkranke, ebensowenig schade auch das Secret einer 
Schwangeren dieser selbst. Mermann musste folgerichtig nach 
den damaligen Untersuchungen von Winter und Steffeck zu 
einem solchen Vergleich seine Zuflucht nehmen, sonst hätte er 
seine glänzenden Resultate ohne objective Antisepsis nicht erklären 
können. 

D öd er lein nimmt eine mehr vermittelnde Stellung ein, er 
unterscheidet zwischen normalem und pathologischem Secret und 
giebt hierfür die Charakteristica an, welche icli hier kurz er¬ 
wähnen muss. Das normale Secret reagirt stark sauer, das patho¬ 
logische schwach sauer, nicht selten neutral oder alkalisch. Die 
bacteriologische Untersuchung ergiebt. im normalen Secret das 
fast ausschliessliche Vorkommen von bestimmten Bacillen arten, 
im pathologischen Secret dagegen die verschiedensten Mikroorga¬ 
nismen, Bacillen sowohl wie Coccen in grosser Zahl. Wurden 
von den verschiedenen Secretarton Nährböden beschickt, so er«*ab 
sich, dass im normalen Secret saprophytische Keime höchstens 
nur vereinzelt Vorkommen, pathogene Keime dagegen nie. Wurde 
vom pathologischen Secret eine kleine Monge auf Nährböden ge¬ 
bracht, so kam sowohl auf Gelatine wie auf Agar bei Zimmer¬ 
temperatur. und im Brütofen jedesmal eine grössere Anzahl ver¬ 
schiedenartigster Mikroorganismen zur Entwickelung, Kurzstäbchen 
Coccen etc., darunter in 4,9 % der Fälle Streptococcen. 

Döderlein giebt also für eine grosse Gruppe von Scheiden- 
secreten,ca. der.Hälfte aller Schwangeren, die Möglichkeit zu, dass 
Aussenkeime, seien es nun saprophytische oder pathogene Keime, im 
Secret vorhanden sein können und dass die in der Schwangerschaft 
eingefuhricn pathogenen Keime günstige Entwickelungsbedingungen 
Dagegen glaubt er, dass bei dem normalen Secret die ein¬ 
geführten Keime keine Existenzbedingung finden, ja dass vereinzelt 
in die Scheide gelangte pathogene Keime in der Schwangerschaft 
sogar bald wieder zugrunde gehen. Demnach wird nur für das 
pathologische Scheiden secret eine Selbstinfection im Sinne Kalten- 
bach’s zugegeben. 

J? babe sch0 " früber auf Grund meiner Untersuchungen ge- 
•"rVf 3 . nach ™ elner Meinung diese Scheidung in normales 
und pathologisches Secret nicht gemacht werden darf. Gewiss 
®?® bt * S verschiedene Secretarten, die sich am besten noch durch 
rtä rtil TT C U de i!® ? aCt , C1 ' lr 'n flora von einander unterscheiden lassen 
der d nL™ n r 1SChlede - de ''. Reaction viel zu schwankende sind. Bei 
der einen Gruppe sind die Stiibchenarten mehr vorherrschend bei 
der anderen die Coccenformen. ’ Del 

Dikl erlein hat nun gerade eine Secretart, in welcher sich die 
' on , ihm näher beschriebenen Scheidenbacillen befanden als be- 
sonders günstig für die Besitzerin in Bezug auf Geburts ,m 
zdchnet b V hervorgehobcn und dies sfcret als nomal be 

auch I meTmSche!rtp^p tan t de ’ , ebCnS ° gut wie die Scheidenbacillei 
autn die m bcheidensecret vorkommenden anderen Stäbchonfnrmen 
sowie auch die Coccenformen rein zu züchten me i’ 

Die in der Scheide sich aufhaltenden Keimarten wachsen - 
erfer "ii d i G0 ?° C0CCe - n aus a*' sc hlossen _ nicht aerob auf neutra 
•n,cll l„f T reagirenden Nährböden, wohl aber geling es eine. 

dfe C Natur SV und h die K^af^er“ Är}*“ 

orientirt sind er vei schiedenen Scheidenkeime 

*b 

“ »«“«I «» ■" 

werthigkeit 1 zuerkMme° h s^ müsste Secretarten eine Gleich- 

ebenso wie es Döderlein vom auch das pathologische Secret, 
sein von Aussenkeimen und pathoge“en*0 beha . u P. tet ’ frei 
erwäbut, sab Döderlein im (Wmw 611 0rganifemen - Wie schon 


NoJ3 

gegen vermochte niemals einen Unterschied bei den verschiedenen 
Secretarten im Plattenbefunde zu erkennen. Die Agar-Gussplatten 
blieben steril, mochten sie von einem Secret herstammen, welches 
Scheidenbacillen, oder Kurzstäbchen und Coccen im mikroskopischen 
Bilde zeigte. Jede Secretart erwies sich frei von Aussenkeimen 
von pathogenen und Fäulniss erregenden Mikroben. 

Greife ich jetzt zurück auf die Kaltenbach’sehe Definition 
der Selbstinfection, so war schon erwähnt, dass Winter und 
Steffeck den Infectionsmodus rückhaltlos zugeben. Döderlein 
giebt die Möglichkeit zu für die Hälfte der Schwangeren leugnet 
sie für die Schwangeren mit einem Secret, welches Scheidenbacfllen 
enthält. 

Ich glaube auf Grund meiner Untersuchung zu der Bebauu¬ 
ng berechtigt zu sein, dass die Kaltenbach’sche Lehre* die 
Keime, welche einmal in die Vagina getragen sind, können monate¬ 
lang in derselben leben und ihre Entwickelungsbedingungen finden 
für jede Secretart unhaltbar ist. Durch die verschiedensten Mani¬ 
pulationen, durch Cohabitatio, durch Seheidenspülungen etc. werden 
Mikroorganismen in grosser Zahl im Genitalcanal deponirt. Wenn 
wir trotzdem das Secret so absolut frei von aöroben Keimen finden 
wenn wir nur eine gewisse Zeit nach der inneren Berührung Secret 
entnehmen, so müsste die Scheide der Schwangeren die Eigenschaft 
besitzen, die eingeführten Keime entweder mechanisch wieder 
herauszubefördern, oder dieselben zu vernichten. Diese bactericide 
Eigenschaft kommt nach Döderlein auch wiederum nur seinem 
normalen Scheidensecret zu, das pathologische Secret liefert nach 
ihm sogar günstige Entwickelungsbedingungen. Döderlein glaubt, 
dass ausser der Säure hauptsächlich die Scheidenbacillen die Ver¬ 
nichtung der oingeführten Keime herbeiführen. Döderlein ver- 
lmpfte zu diesem Zweck in eine Bacillencultur von Scheidenbacfllen 
den Staphylococcus aureus und sah, wie die pathogenen Keime zu¬ 
grunde gingen. Ausserdem brachte er in die Vagina einer Virgo, 
bei 'welcher die Secretuntersuchung die Scheidenbacillen in Rein- 
cultur ergeben hatte, eine Bouilloncultur von Staphylococcus aureus 
und beobachtete, dass die Staphylococceu nach 4 Tagen abgestorben 
waren. 

Es musste für die Frage der Selbstinfection von ganz beson¬ 
derem Interesse sein, festzustellen, ob auch die Scheide der 
Schwangeren diese bactericide Eigenschaft hat und ob sich heraus¬ 
stellt, dass, wie Döderlein annimmt, nur das Scheidensecret, 
welches Scheidenbacillen enthält, den Kampf gegen eingetragene 
Keime siegreich besteht. Die Versuchsanordnung war zu diesem 
Zwecke folgende. Bei einer grösseren Zahl von Schwangeren, 
gleichgültig, ob in ihrem Secret Scheidenbacillen waren oder ob 
sie nach Döderlein pathologisches Secret hatten, wurden mittels 
eines sterilen Röhrchens verschiedene Keimarten eingetragen, dann 
wurde in ganz bestimmten Zwischenräumen vermittels des Menge¬ 
schen Scheidenlöffels Secret entnommen, und zwar jedesmal vom 
Scheideneingang und vom Scheidengrund. Ich erwähne hier gleich, 
dass ich am Scheideneingang die Stelle der Scheide, die innerhalb 
des Hymenalringes sich befindet, gewählt habe. 

Vorausschicken möchte ich noch, dass ich bei diesen Ver¬ 
suchen mit grösster Vorsicht vorgegangen bin. Es wurden nur 
Schwangere benutzt, welche nachweislich noch eine geraume Zeit 
bis zu ihrer Niederkunft hatten. Selbstverständlich ist keine von 
diesen im Puerperium erkrankt. 

Als Infectionskeime wählte ich zuerst den unschuldigen Pyo- 
cyaneus, der nebenbei noch den Vortheil hat, dass er sich sehr 
leicht auf der Agar-Gussplatte nachweisen lässt. 

Pyocyaneus wurde in die Scheiden von 20 Schwangeren über¬ 
tragen. Unter diesen 20 Schwangeren befanden sich 9 mit 
Scheidenbacillen, 4 mit verschiedenen Kurzstäbchenarten, 7 mit 
Coccen im Secret. Bei der ersten Gruppe waren im Durchschnitt 
nach 1472 Stunden die Pyocyaneuskeime verschwunden, im Minimum 
10 Stunden, im Maximum 24 Stunden. Bei der zweiten Gruppe 
war die geringste Zeit bis zur wiedererlangten Asepsis 10, die 
längste 20 Stunden, im Durchschnitt also 16 Stunden. Bei der 
letzten Gruppe das geringste 10, das höchste Zeitmaass 80 Stunden, 
im Durchschnitt 20 Stunden. Wir sehen also, dass hierbei die 
letzte Gruppe etwas ungünstiger gestellt ist, doch liegen solche 
Differenzen natürlich innerhalb der vorkommenden Fehler. 

Bei der Versuchsanordnung sind einige Fehler nicht zu ver¬ 
meiden. In gewissen Zwischenräumen von 3—5 Stunden wurden im 
allgemeinen Secretproben entnommen, leider kommt aber die Nacht 
mit einer unliebsamen Pause dazwischen. Der Hausordnung ent¬ 
sprechend musste die letzte Secretentnahme Abends l /S und die 
erste Morgens nicht vor 1 / 2 7 vorgenommen werden, also immerhiu 
ein Zwischenraum von 11 Stunden. 

Der Unterschied zwischen der bactericiden Kraft des Scheiden¬ 
eingangs und des Scheidengrundes war kein grosser, bald reinigte 
sich der Scheideneingang, bald der Scheidengrund früher, im all¬ 
gemeinen war allerdings eine gewisse Differenz zu Ungunsten des 


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25. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Scheideiieiiigangs zu bemerken. Auf die näheren Angaben kann 
ieh natürlich an dieser Stelle nicht eingellen. 

Nachdem ich mich so von der prompten Giftfestigkeit des 
Sclieidensecrets überzeugt hatte, ging ich über zu der Uebertra- 
gung von Staphylococcen. Die Versuchsanordnung blieb dieselbe. 
Wenn ich auch hier wieder die Einteilung in die oben angegebenen 
drei Gruppen festhalte, so ergab sich für die erste Gruppe: Schei¬ 
denbacillen im Secret 9 Schwangererem Durchschnitt I6V2 Stunden, 
als Mindestzeit 12, als höchste 36 Stunden. Zweite Gruppe: 
3 Schwangere im Durchschnitt 11 Stunden, als geringste Zeit 
6 Stunden, als längste Dauer 14, darunter eine mit Gonorrhoe in 
13 Stunden. Dritte Gruppe: 4 Schwangere mit coccenhaltigem 
Secret als Durchschnitt 14 Stunden, geringste Zeit 6, längste 
Dauer 24 Stunden. 

Gehe ich gleich zu den Streptococcenversuchen über, so ver¬ 
füge ich nur über drei Beobachtungen, da ich nur Schwangere, 
welche sich im siebenten oder achten Monat befanden, zum Ver¬ 
such heranziehen konnte. Unter diesen befand sich nur eine mit 
einem Secret, in welchem sich Coccen vorfanden. Die Zeit, bis zu 
welcher die Keime nicht mehr nachzuweisen waren, betrug 6 Stun¬ 
den. Die beiden anderen Schwangeren hatten Scheidenbacillen im 
Secret, und war hier ebenfalls nach 6 Stunden kein Streptococcus 
mehr zu finden. 

Fasse ich nochmals kurz zusammen, so wurden die Versuche 
bei 48 Schwangeren vorgenommen. Das Resultat war: 

1) dass die bacterienfeindliche Wirksamkeit der Scheide gleich 
gross ist, ob Stäbchen oder Coccen in ihrem Secret sind; 

2) dass grosse Unterschiede bestehen je nach der Art der 
Keime, die eingeführt sind. Die Streptococcen werden in sehr 
kurzer Zeit abgetödtet. Die Staphylococcen und die Pyocyaneus- 
keime bedürfen fast des doppelten an Zeit. Die längste Dauer, 
bis zu der die Scheide sich von allen eingeführten Keimen wieder 
gereinigt, beträgt circa zwei Tage. Ziehen wir die Consequenzen 
unserer Resultate, so können wir sagen, eine Selbstinfection im 
Sinne Kaltenbach’s derart, dass Keime, die zu irgend einer Zeit 
der Schwangerschaft in den Genitalcanal eingetragen sind und sich 
dort bis zur Geburt lebenskräftig hielten, um nun im Puerperium 
in Wirkung zu treten, giebt es nicht; 

3) die Scheide einer Schwangeren dürfen wir wieder als 
aseptisch ansehen, wenn nachweislich 2—3 mal 24 Stunden seit der 
letzten inneren Berührung vergangen sind. 

Döderlein musste auf seinen Versuchen fussend die Forde¬ 
rung aufstellen, dass auch in praxi, vor allem aber in der Klinik 
eine Trennung der Schwangeren mit normalem und pathologischem 
Scheidensecret vorzunehmen sei. Seine Forderung lautete dem¬ 
nach: bei Schwangeren mit normalem Secret bringt die Unter¬ 
suchung mit aseptischen Fingern keine Infectionsgefahr, gehen 
doch vereinzelt in die Scheide gelangte pathogene Keime in der 
Schwangerschaft sogar bald wieder zugrunde. Das pathologische 
Secret, in welchem einerseits pathogene Keime bereits vorhanden 
sein können und andererseits auch die in der Schwangerschaft ein¬ 
geführten pathogenen Keime günstige Entwickelungsbedingungen 
finden, wird für die Kreissende zur erheblichen Gefahr, wenn in¬ 
folge häufiger innerer Untersuchungen der Transport der Keime 
nach dem Uterus begünstigt wird. Schwangere mit pathologischem 
Secret müssen entweder vor dem Touchiren bewahrt werden, oder 
es muss durch eine geeignete lokale Behandlung die im patholo¬ 
gischen Secret liegende Gefahr beseitigt werden. 

Da ungefähr die Hälfte der Schwangeren in hiesiger Anstalt 
dies pathologische Secret haben, so war diese Forderung natür¬ 
lich eine einschneidende. Es durften nur die Hälfte der Schwan¬ 
geren zu Lehrzwecken benutzt werden, weil eine Behandlung des 
pathologischen Secrets mit Milchsäurespülungen, wie Döderlein 
vorschlägt, 14 Tage und länger dauern kann. Ich möchte an dieser 
Stelle nur kurz erwähnen, dass ich des öfteren einen Wechsel der 
Scheidenflora ohne jede Behandlung habe eintreten sehen. Dabei 
gebe ich aber zu, dass gerade in der schwangeren Scheide im all¬ 
gemeinen eine Coustanz der Flora besteht. 

Da ich nachgewiesen, dass jede Art von Scheidensecret eine 
natürliche Widerstandsfähigkeit gegen Aussenkeime jeder Art, 
speciell auch gegen Infectionskeiine besitzt, so wurden hier in der 
Klinik wieder alle Schwangeren zu den Touchirübungen heran¬ 
gezogen. Aus diesem Wechsel der Anordnungen haben wir noch 
keinen Nachtheil gesehen. Schwangere mit Scheidenbacillen im Secret 
sind gleich oft im Wochenbett erkrankt wie diejenigen mit Keim¬ 
stäbchen und Coccen im Secret. Ich habe diesen Satz zahlen- 
mässig belegen können. 

Burkhardt hat in der geburtshülflicben Klinik in Basel auch 
die Frage, wie sich normales und pathologisches Secret zu normalem 
und pathologischem Wochenbett verhalten, bearbeitet. B urkhar d t 
kommt zu anderen Resultaten wie ich. Ich kann diese Differenz 


821 


nur erklären durch die klein© Zahl der Beobachtungen, Burkhardt 
im ganzen 111. Hierbei sind natürlich Zufälligkeiten möglich. 

Bei der relativen Ungefährlichkeit der inneren Untersuchung 
Schwangerer, gegenüber der bei Kreissenden, können die Schwan¬ 
geren in Lehranstalten möglichst oft zu Touchirungen verwendet 
werden, damit von Seiten der Studirenden und der Hebamme hier 
die zur Diagnostik nothwendigen Kenntnisse erworben werden. 
Dementsprechend liesse sich vielleicht die ungleich gefährlichere 
Untersuchung Kreissender etwas einschränkon. 

^ Selbstverständlich muss auch bei der inneren Untersuchung 
Schwangerer stets die peinlichste Asepsis herrschen, da wir ja nie 
mit Sicherheit Voraussagen können, wann die Geburt ihren Anfang 
nehmen wird. 

Ueber die Factoren, welche dem Scheidensecret der Schwan¬ 
geren diese natürliche Immunität verleihen, werde ich mich mög¬ 
lichst. kurz fassen; in einer anderen Arbeit aus hiesiger Klinik 
wird in dieser Wochenschrift hierüber ausführlich berichtet werden. 

Ais bacterienfeindliche Factoren sind in Betracht zu ziehen: 
1. Chemische Stoffe im Secret, vielleicht die Säure. 2. Der An¬ 
tagonismus der Scheidenkeime mit importirten Keimen. 3. Der 
Phagocytismus. 4. Der Mangel an Sauerstoff. 

In gewisser Beziehung ist auch an eine mechanische Reinigung 
von den Infectionsstoffen zu denken. 

Versuche über Einwirkung des Säuregrades auf die bacterieu- 
feindliche Eigenschaft des Secrets lassen sich bei Schwangeren 
schlecht ausführen. Der Säuregrad ist inconstant, die Differenz 
eine geringe. Sämmtliche Schwangere, circa 500, die ich unter¬ 
sucht habe, hatten saures Secret. 

Um einigermaassen Anhaltspunkte zu gewinnen, habe ich dio 
Secreto colorimetrisch in drei Gruppen eingetheilt, je nach der 
Rothfärbung des blauen Lakmuspapiers. Die Scala war schwach- 
roth, mittelroth und hellroth. Von den mit Pyoeyancus behan¬ 
delten Schwangeren zeigten zwei schwach saure Reaction. Diese 
tödtete den Pyocyaneus in durchschnittlich 18 Stunden. 14 hatten 
mittleren Säuregrad, die Vernichtung der Keime erfolgte in 
19 Stunden. 11 mit stark saurem Secret, hier war die Asepsis 
der Scheide in 13 Stunden wieder erreicht. Die mit Staphylococcen 
beschickten Scheiden verhielten sich ähnlich. Reaction 6chwacli- 
roth, mittlere Zeit bis zur völligen Keimtödtung 1272, Reaction 
mittelroth circa 13 Stunden, Reaction hochroth circa 20 Stunden. 

Soviel geht aus dieser kurzen Zusammenstellung hervor, dass 
der Säuregrad keine so bedeutende Rolle spielt, ja dass auch 
schwach sauer reagirende Secrete bacterienfeindliche Wirksamkeit 
ausüben. 

Uebor den Antagonismus der Sclieidenkeime gegen eingeführte 
Aussenkeime habe ich schon gesprochen. Ich habe gezeigt, dass 
die verschiedenen Secrete mit ihren verschiedenen Keimarten gleich 
wirksam den Kampf gegen die Eindringlinge aufnehmen. Dio 
natürliche Immunität des Scheidensecrets ist nicht an eine specifische 
Bacterienart gebunden. 

Die so bestechende Phagocytentheorie musste natürlich auch 
berücksichtigt werden. Nur in einer gewissen Zahl von Secreten, 
circa Vs der untersuchten Schwangeren, war im Deckglastrocken¬ 
präparat die ersten Stunden nach Beschickung der Vagina Pliagocy- 
tose zu erkennen, d. li. es lagen die Staphylococcen in Diploeoccen- 
formen innerhalb einer Eiterzelle. Damit ist ja natürlich immer 
noch nicht gesagt, dass hier die Eiterkörperchen die Coccen 
wirklich gefressen und dadurch vernichtet haben: es ist sehr wohl 
denkbar, dass die Eiterkörperchen sich nur an vorher schon abge¬ 
storbene Keime herangemacht und dieselben in ihren Leib auf¬ 
genommen haben. Die Phagocytose kann nicht allein durch das 
Mikroskop entschieden werden, sondern durch den Versuch. Der 
Versuch muss so angeordnet sein, dass unter Fortbestand aller 
anderen Bedingungen nur die vitale Energie der weissen Blut¬ 
zellen vernichtet wird. Wir wissen, dass durch Herabsetzen der 
Temperatur auf 0° die Contractionsfähigkeit der Zellen dauernd 
zerstört ist. Ich entnahm Scheidensecret vermittels eines Capillar- 
röhrchens und setzte dies eine Stunde lang einer Temperatur 
von — 4o aus. Darnach wurde das Secret mit Staphylococcen be¬ 
schickt und dem Wärmschrank übergeben. Die nach 14 Stunden 
entnommenen Proben zeigten, dass auch hier die Staphylococcen 
vernichtet waren. 

Hiermit ist natürlich die Frage nach der Bedeutung der 
Leukocyten noch nicht abgeschlossen. Wenn sie auch nicht als 
Fresszellen den Kampf entscheiden, so bleibt doch die Möglichkeit, 
dass sie in anderer Weise an der Abwehr ganz wesentlich be¬ 
theiligt sind. Gerade die für das schwangere Secret allerdings 
weniger ausgesprochene Leukocytose nach Einführung der patho¬ 
genen Keime lässt darauf schliessen. 

Die reducirende Eigenschaft des Scheidensecretes kommt bei 
unseren Versuchen nicht in Betracht, weil die verimpften Bacterien, 
Pyocyaneus, Staphylococcus aureus und Streptococcus facultative 


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822 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43 


Anaeroben sind; dieselben wachsen also bei Sauerstoffmangel obenso 
gut wio bei Luftzufuhr. 

Bei Einführung streng aerober Bacterien in die Vagina kann 
diese Eigenschaft des Scheidensecrets sicher mit zur Absehwächung 
bezw. Vernichtung dieser Keime beitragen. 

Vorläufig wissen wir noch nicht, welches die bacterienfeind- 
lichen Factoren im Secret sind, alles scheint aber darauf hinzu¬ 
weisen, dass durch das Zusammenwirken verschiedener Factoren 
die allerdings langsame aber prompt wirkende bactericide Kraft 
des Scheidensecretes zu erklären ist. 

Schliesslich wäre noch die reine mechanische Entfernung der 
Keime durch das abfliessende Secret in Betracht zu ziehen. Um 
zu erfahren, in wie weit sich die Scheide von eingeführten kleinen 
Fremdkörpern reinigen kann, wurden Aufschwemmungen von sterili- 
sirter Kohle und Zinnober in die Scheido gebracht. 

Die feinen Kristalle lassen sich gerade mit Immersion sehr 
gut sehen, so dass eine rein mikroskopische Controlle geführt 
werden konnte, wann sich das Secret von den eingeführten Fremd¬ 
körpern befreit hatte. Wir sahen, dass die mechanische Reini¬ 
gung viel langsamer vor sich geht als die Abtödtung der Keime. 
Nach 2 mal 24 Stunden sahen wir meistens das Secret noch ange¬ 
füllt von Krystallen. Die durchschnittliche Zeit bis zur völligen 
Ausstossung der Fremdkörper dauert fast drei Tage. Eine Phagocy- 
tose habe ich hierbei nie beobachtet. Die Krystalle lagen stets 
ausserhalb der Eiterkörperchen. Das Verschwinden der einge- 
brachten Mikroorganismen aus dem Secret hat also bestimmt nichts 
mit einer mechanischen Fortschaffung zu thun. 

Allo diese Erfahrungen lassen uns also das Scheidensecret als 
ein starkes Antisepticum und Desinficienz erkennen. Wie ver¬ 
halten sich dem gegenüber die in der Geburtshülfe zu Scheiden¬ 
spulungen zur Zeit benutzten Antiseptica an Werthigkcit? 

Ueber Desinfection des Genitalcanales liegen zur Zeit haupt¬ 
sächlich die Untersuchungen von Döderlein und Steffek vor. 
Sie begnügten sich damit, mikroskopisch nachzuweisen, ob durch 
bestimmte Spülungen die in der Scheido normaler Weise vor¬ 
kommenden Keime zum Verschwinden zu bringen wären Ihre 
Resultate waren folgende: Einfache Spülung mit Lysol genügt 
nicht, um die Scheide von ihren Keimen zu befreien. Döderlein 
verlangt gründliche Auswaschung der Vagina und des unteren 
Cervixabschmttes mit Creolin bezw. Lysol unter gleichzeitigem Ab- 

Äl«f^n S Ä e n WÄn , de ZW6i Fingern - Sfceffek nimmt 
Sublimat 1,0 : 3000,0 und verlangt, dass diese Ausspülung während 
der Geburt zweistündlich wiederholt werde. 

Doch entsprechen diese Versuche eigentlich nicht der Frage¬ 
stellung der Praxis. Der Arzt will nicht wissen, ob er durch eine 
Scheidenspülung imstande ist, die gewöhnlichen Scheidenkeime zu 
entfernen, sondern ob eine Spülung genügt, zufällig eingetragene 
pathogene Kenne abzutödten. b B 

Der Versuch musste dementsprechend in absichtlicher Infection 
und dann nachfolgender Desinfection bestehen. Die Anordnung 
? ne Louilloncultur des betreffenden Bacteriums 

nun mit 2 M? tunde nach der Infe(tion wurde 
T' 11 ] 1 Lysol die Scheide durchgespült, in den ersten Ver- 

v h i ^. breiben der Scheidenwand, einige Versuche genau 
vtlI° r f Cllrift V ° n Döderlein * 15 Schwangere wurden zum 
^crangezogen: 7 wurden vorher mit Staphylococcen 

Nur U be^drei^ &? c ^ aneuskeimeD ’ 1 wurde mit Streptococcen inficirt! 
htezugefü Jt S " b ^ a ^ ere n wurde die Abreibung der Scheidenwanc 
StSSP -i* a D u Y“° lassen sich hierbei so schlecht an 
T. ei1 dur ? h d »es Verfahren auf 15 Stunden jede Secretioi 

gewinnen DteTef-f- ^ in dieser Zeit kaum Secrel 

ff« S S Lie Scheidenwande werden derartig ledern, dass mar 

dffi S fn' Bld ? nl f ffel ™ e hr al s Scheidenbohrer benutzen muss. Vor 
Btoto d t r schwan S eren Scheide mit Seife, 

allen habe icb ab ^ esehe », da man wohl jetzt in 

kommen dst 11 V ° n 61nem derarti S en Vorgehen zurückge- 

*i Y??. ? en Versuch benutzten Schwangeren wurde nun in 

rLf l en / W1SC ^ ni ; äUn ; en Secret entnommen, in AgarTber 
tragen, um dann durch das Plattenverfahren ein Bild über di* 


die doppelte Zeit wie ohne Spülung. Bei fünf Schwangeren wurde 
ferner die autizymotische Kraft ihres Secrets gegen Staphylococceu 
zuerst festgestellt; dio Durchschnittszeit bis zur völligen Ver¬ 
nichtung der Keime betrug 19 Stunden; bei denselben Schwangeren 
.wurde nun nach erneuter Infection eine Lysolspülung nachgeschiekt 
jetzt vergingen bis zur völligen Keimfreiheit der Scheide im DurcL 
schnitt 39 Stunden. 

Bei einer so grossen Differenz kann schliesslich kein Zulall 
mehr herrschen, sondern man darf es für erwiesen halten, dass 
durch antiseptische Spülungen mit und ohne mechanische Reinigung 
1) die beim Touchiren etwa eingeführten Keime nicht vernichtet 
werden, 2) dass die Antiseptica aber den grossen Nachtheil haben 
dass sie die natürliche Widerstandsfähigkeit der schwangeren 
Scheiden aufheben. 

Da an manchen Kliniken nur einmal vor der Geburt aus¬ 
gespült wird, so musste auch in diesem Sinne eine kleine Ver¬ 
suchsreihe angestellt werden. Es wurden zwölf Schwangeren 
Staphylococcen in Placentarbouillonaufschwemmung in die Va®ina 
gebracht, nachdem dieselbe vorher mit 2 1 Lysol in 1 % Lösung 
gründlich durchgespült war. Hier betrug die durchschnittliche 
Dauer bis zur wieder erlangten Asepsis der Scheide 39 Stunden. 

Besonders cclatant war der Nachtheil der Scheidenspülungen 
bei einer Schwangeren, die mit Streptococcen inficirt war. Dir 
Scheidensecret liess sechs Stunden post infectionem die eingeführten 
Streptococcen nicht mehr aufkeimen. War die Scheide vorher mit 
Lysol behandelt, so konnten noch 30 Stunden nachher zahlreiche 
Streptococcen aus dem Secret gezüchtet werden. Ausser Lysol 
wurden noch andere Antiseptica versucht. Die Resultate übergehe 
ich hier. 

Wodurch das Antisepticum so schädigend wirkt, lässt sich 
nicht leicht entscheiden. Ich glaube den Grund darin zu finden, 
dass das Antisepticum Eiweissstoffe fällt, wodurch die Einwirkung 
des Scheidensecrets auf die eingeführten Keime wirksam verhindert 
wird. Diese Ansicht wird etwas gestützt durch die Versuche mit 
einfachen Wasserspülungen, welche genau in derselben Weise wie 
die Lysolspülungen vorgenommen -wurden. Bei den Wasserspülungen 
sah ich nur eine ganz geringe Absehwächung der bactericiden 
Kraft des Scheidensecretes. 

Eine stets wiederkehrende Folge der Sekeidenspülungeii ist 
der Umschlag der Reaction, eine Erscheinung, die gerade bei dem 
stark saueren Secreto mancher Schwangeren in die Augen fällt. 
Nach der Spülung, sei es mit Lysol oder Wasser, sehen wir, wie die 
saure Reaction verschwindet und an die Stelle manchmal eine 
stark alkalische tritt. Diese Alkalescenz dauert manchmal zwölf 
Stunden, um nach dieser Zeit der allmählich wieder einsetzenden 
sauren Reaction Platz zu machen. 

Soviel geht aus den Versuchen hervor, dass die prophy¬ 
laktischen Scheidenspülungen bei der Geburt in Wegfall kommen 
müssen. Sie nützen nichts und schaden viel. 

Doch nicht nur in der Geburt, sondern schon am Eudc der 
Gravidität haben Scheidenspülungen zu unterbleiben, mögen -sie 
nun den Zweck verfolgen, das sogenannte pathologische Secret in 
normales umzuwandeln oder etwa bei bestehender Gonorrhoe zu 
therapeutischen Zwecken. 

Sänger verlangt in seinem Aufsatz über Aseptik in der Ge¬ 
burtshülfe, dass man bei gonorrhoischen Frauen mit stark eiterigem 
Ausfluss wegen der Gefahr für das Puerperium gerade am Ende 
der Gravidität energisch mit Auswaschungen der Scheide vorgehen 
solle. Ich glaube, dass man auch in solchen Fällen richtiger 
bandelt, eine lokale Therapie aufzugeben. Das eitrige Secret birgt 
nur insofern eine Gefahr für das Wochenbett in sich, als die Gono- 
coccen vom Cervix aus in die frisch puerperale Uterushöhlc er¬ 
wandern können; der eitrige gonococcenhaltige Ausfluss ist für 
das septische Puerperalfieber belanglos. Auch die Vagina der 
gonorrhoisch afficirten Schwangeren besitzt wie jede andere die 
natürliche Immunität. Die bestehende Cervixgonorrhoe aber wird 
durch Vaginalspülungen natürlich nichts gebessert. 

Ahlfeld verlangt auch bei eclatanter Gonorrhoe die energische 
Anwendung der antiseptischen Sclieidendouchen, und zwar deshalb, 
weil er so oft bei Gonorrhoe fieberhafte Wochenbetten erlebt hat. 
Dies ist richtig, doch dürfen wir nicht vergessen, dass die Ur- 
Sachen dieses Fiebers in den meisten Fällen die Gonococcen ai s 
solche sind. Auch Veit spricht hiervon septischen Mikroorganis¬ 
men, welche sich entsprechend den Untersuchungen von Döder¬ 
lein gerade im Vaginalsecret bei gonorrhoisch inficirton Frauen 
finden. 

Die Resultate Ahlfeld’s beweisen, wie ich glaube, direct 
meine Behauptungen. Ahlfeld machte, wie ich dem Aufsatze 
Veit’s entnehme, bei 17 gonorrhoischen Schwangeren und Kreis¬ 
senden energische, häufig wiederholte Spülungen der Scheide mit 
dem Erfolge, dass 13 von diesen 17 im Wochenbett erkrankten, 
also genau 82,3 % Morbidität. Gewiss kann man ja auch hier 


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25. October. 

.sagen, hätte er hiebt; stusgespiil«, so wären vielleicht 100% er¬ 
krankt. Doch ich kann versichern, dass auch hier ein gewisser 
Theil der Gonorrhöen auch ohne Spülung ein fieberfreies Wochen¬ 
bett durchgemacht hat. 

Demnach sollen Scheidenspülungen auch am Ende der Gra¬ 
vidität in jedem Fall unterbleiben: die Hebammen sind in diesem 
Sinne zu instruiren. In hiesiger Klinik mussten wir des öfteren 
bei inficirten Wöchnerinnen, die während der Geburt hier nicht 
berührt waren, die Infection auf Vaginalspülungen, zurückführen 
welche bis zum Tage der Geburt fortgesetzt waren. 

Wenn ich so auf Grund von Laboratoriums versuchen die For¬ 
derung aufstellen musste, dass in der Klinik die Scheidenspülungen 
am Ende der Gravidität, vor allem aber in der Geburt zu unter¬ 
lassen sind, so bin ich in der glücklichen Lage, die Richtigkeit 
dieser Forderung durch die klinischen Resultate bestätigen zu 
können. 

An hiesiger Klinik sind jetzt seit l l / 2 Jahren, also bei ca. 
1500 Kreissenden, nicht nur bei normalen Geburten, sondern vor 
allem auch bei allen operativen Entbindungen, Accouchement forcö, 
Wendung, Plaeentarlösung die Spülungen unterblieben. Die Re¬ 
sultate sind ungefähr dieselben geblieben wie die von mir im Cen¬ 
tralblatt für Gynäkologie nach einer Serie von 600 Geburten ohne 
objective Antisepsis berechneten. Sie waren noch immer keine 
idealen, aber wesentlich bessere wie bei den mit Spülungen be¬ 
handelten. 

Das zu erreichende Ziel muss sein, durch Steigerung der subjec- 
tiven Antisepsis, wenigstens bei normalen Geburten, eine gleiche 
Morbidität bei touchirten und nicht touchirten Kreissenden zu er¬ 
zwingen. 

Während wir so in der Klinik schon längst die Frage der 
Asepsis entschieden -haben, trifft die Handhabung derselben in der 
operativen Geburtshülfe der Privatpraxis doch noch auf einige 
Schwierigkeiten. Der Arzt wird ja leider in Deutschland gewöhn¬ 
lich nur zu solchen Geburten gerufen, bei welchen die Hebamme 
schon vorher so und so oft mal meistens aus Langerweile mit oft 
sehr zweifelhaft aseptischen Fingern, innerlich untersucht hat. 
Aussenkeime, wer weiss, ob nicht pathogene, sind mit Wahrschein¬ 
lichkeit massenhaft eingeführt. Wie sollen wir uns hier verhalten? 
Sollen wir, wenn wir z. B. einen operativen Eingriff machen 
müssen, vorher die Vagina ausspülen oder nicht. Sollen wir auch 
hier der natürlichen Giftfestigkeit der Scheide vertrauen? W T ir 
befinden uns sicher in einem argen Dilemma. Einfache Lysol¬ 
oder Sublimatspülungen nützen absolut nichts, eine energische 
Desinfection des Cervicalcanals und der Vagina mit Bürste etc. 
hat, wie schon gesagt und auch allgemein zugegeben, in der Ge¬ 
burt grosse Nachtheile, und selbst hierbei ist es noch sehr zweifel¬ 
haft, ob wir die durch den touchirenden Finger gewöhnlich hoch 
in den Genitalcanal hinaufgeführten Keime vernichten können. 
Besteht schon Fieber, so ist jede Desinfection absolut unnütz. 
Nach meiner Ueberzeugung thut man besser, auch in der Praxis 
jede Desinfection des inneren Genitalschlauchs zu unterlassen. In 
der- hiesigen Poliklinik wird so verfahren, doch sind die Zahlen 
noch zu klein, um etwas zu beweisen. 

Der Hauptgegner dieser Lehre ist wohl Ahlfeld. Während 
Ahlfeld die prophylactische Scheidenspülung principiell bei jeder 
Frau durchgeführt wissen will, verlangt Döderlein sie nur noch 
für Schwangere mit pathologischem Secret. In Wirklichkeit ist 
ja beides ungefähr dasselbe, denn Döderlein sagt mit Recht, bei 
der Gebärenden ist es nicht mehr möglich, den Zustand des 
Scheidensecrets festzustellen. Durch den bei der Geburt auf¬ 
tretenden Cervixschleim sowie durch das abfliessende Fruchtwasser 
wird das Scheidensecret in seinem äusseren Ansehen und in seiner 
Reaction verändert. Also muss der Arzt, wenn er, wie das ge¬ 
wöhnlich der Fall ist, erst zu der Kreissenden gerufen wird, in 
jedem Fall die Scheide ausspülen. 

Ich bin mir wohl bewusst, dass schliesslich die Statistik in 
diesen Fragen die entscheidende Antwort geben muss. Doch da 
gerade gegen die Asepsis in der Geburtshülfe fast stets theoretische 
Bedenken geäussert werden, so glaube ich das wenigstens auf 
Grund meiner Untersuchungen sagen zu dürfen, dass vom wissen¬ 
schaftlichen Standpunkte aus nichts im Wege steht, auch in der 
Geburtshülfe von einer Asepsis zu sprechen, ebenso wie in der 
Chirurgie und Gynäkologie. Auch in der Gynäkologie verstehen 
wir unter aseptischem Operiren nicht nur wirklich keimfreies Ar¬ 
beiten im bacteriologischen Sinne, sondern ein Operiren unter 
Fernhaltung septischer oder fäulnissbringender Keime. Da im 
Vaginalsecret der Schwangeren, wie ich nachgewiesen habe, weder 
pathogene noch saprogene Keime leben, sondern nur solche Mikro¬ 
organismen, die vielleicht ihrerseits dazu beitragen, die natürliche 
Widerstandskraft des Scheidensecrets zu erhöhen, so dürfen wir 
auch in der Geburtshülfe von einer wahren Asepsis sprechen. 

Wir haben nicht mehr nothwendig, gesuchte Erklärungen, wie 


828 

Absehwächuug der Virulenz der in der Scheide angeblich vorhan¬ 
denen pathogenen Keime oder Giftfestigkeit gegen ein im Körper 
selbst erzeugtes Gift herbeizuziehen für die Thatsache, dass früher 
Millionen von glücklichen Geburten mit normalen Wochenbetten 
stattgefunden haben, ohne dass ein Tropfen Desinficienz au die 
Frau kam. Die natürliche Immunität der Scheide hat besser ge¬ 
wirkt wie jede objective Antisepsis. 

IV. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin. 

Ueber die Blutserumtherapie bei Diphtherie. 1 ) 

Von Dr. H. Kossel, Assistenten am Institut. 

M. H.! Herr Geheimrath Koch hat mich beauftragt, den von 
Ihnen gewünschten Vortrag über die Behandlung der Diphtherie 
mit Diphtherieheilserum zu halten. Ich möchte Ihnen zunächst über 
die Gewinnung des Serums nach Behring und Ehrlich kurz be¬ 
richten und dann die von mir unter Leitung von Herrn Geheim¬ 
rath Koch am Krankenbett gemachten Beobachtungen mittheilen, 
die sich bei den jetzt seit zwei Jahren auf der Krankenabtheilung 
des Instituts fortgesetzten Untersuchungen ergeben haben» 

Die Blutserumtherapie Behring’s ist, wie Sie Avissen, aufge¬ 
baut auf der grundlegenden Thatsache, dass das Blut des gegen 
eine bestimmte Krankheit immunisirten Thiercs imstande ist, ein 
beliebiges Individuum derselben oder einer anderen Thierspecies 
gegen diese Krankheit unempfänglich zu machen. 

Hat man z. B. ein Thier gegen Tetanus- oder Diphtherie¬ 
bacillen immunisirt und injieirt eine geringe Menge seines Blutes 
einem anderen Thiere, so Avird das letztere für eine bestimmte Zeit 
gegen eine Impfung mit dieserBacterienart refraetär sein. 

Die Diphtheriebacillen geKören nun zu denjenigen Bacterien, 
w elche in der ausgesprochensten Weise durch ihre giftigen Producte 
krankmachend auf den Organismus einwirken. Will man also ein 
Thier gegen die Wirkung der Diphtheriebacillen immimisiren, so 
muss man vor allen Dingen dafür sorgen, dass os Aviderstandsfähig 
gegen das Diphtheriegift wird. Man kann einem Thier eine hoch¬ 
gradige Immunität gegen ein Gift dadurch verleihen, dass man es 
fortgesetzt mit steigenden Dosen des Giftes injieirt, Avelche jedes 
mal ausreichen, um das Thier krank* zu machen; ohne es zu tödten. 
Mit der Unempfindliclikeit des Thieres gegen das Gift steigt dann 
die immunisirende Fähigkeit seines Blutserums, wie Ehrlich für 
die giftigen Pflanzeneiw r eisse, Behring für die Bacteriengifte ge¬ 
zeigt haben. 

Man verfährt nun nach Behring und Ehrlich und Wasser¬ 
mann bei der Immunisirung von Thieren gegen Diphtherie in der 
Weise, dass man ihnen erst kleine und dann immer grössere Dosen 
Diphtheriegift unter die Haut injieirt. Letzteres gewinnt man, 
wie Roux und Yersin gezeigt haben, indem man geeignete 
Diphtheriebacillencultureu in grosse Kolben mit Nährbouillon impft 
und nach circa vier Wochen durch Zusatz von 0,5 % Carbol oder 
0,3% Trikresol die Bacillen abtödtet. Die todten Bacillenleiber 
fallen dann beim Stehen der Bouillon zu Böden und die darüber 
stehende klare Flüssigkeit enthält das Gift gelöst. 

Die Thiere reagiren auf die Einspritzungen des Giftes mit Fieber, 
teigigen Anschwellungen an der Iiyectionsstelle und, was das 
wichtigste ist, mit der Production des specifischen Antitoxins. Nach 
jeder derartigen Reaction treten im Blute des betreffenden Thieres 
die Schutzkörper auf und zwar n^ch jeder Injection in grösserer 
Menge. Die Behandlung des Thieres mit Gift wird so lange fort¬ 
gesetzt, bis das Blut die Heilkörper in genügender Menge enthält. 

Dies eontrollirt man dadurch, dass man von Zeit zu Zeit dem 
Thier kleine Mengen Blut entzieht und auf seine Wirksamkeit 
prüft. Das Verfahren beruht auf der zuerst von Behring und 
Kitasato gemachten Beobachtung, dass Gift und specifisches 
Gegengift, im Reagensglase gemischt, sich neutralisiren. Der 
Prüfungsmodus, welcher jetzt beim Diphtherieserum angewendet 
wird, stammt von Ehrlich und ist folgender. Von einem Gift, 
dessen Wirkung auf Meerschweinchen genau bekaunt ist, wird die 
zehnfache Menge der tödtlichen Minimaldosis, also z. B. 1,0 mit 
verschiedenen Mengen des zu untersuchenden Blutes, z. B. 0,3, 
0,25, 0,2, 0,15, 0,1, gemischt und die fünf Mischungen fünf ver¬ 
schiedenen Meerschweinchen injieirt. Dann -wird, will ich an¬ 
nehmen, das Thier, Avelches 0,3 Blut + 1,0 Gift bekommen hat, 
ohne alle Krankheitserscheinungen bleiben, das zweite Thier 
(0,25 Blut + 1,0 Gift) Avird eine kaum erbsengrosse Infiltration 
bekommen, das dritte (0,2 Blut -f- 1,0 Gift) Avird ein grösseres In¬ 
filtrat haben, das sich nekrotisch abstösst. Däs vierte (0,15 4- 
1,0 Gift) wird mit einer Necrose nach circa 14 Tagen zugrunde 
gehen, das fünfte (0,1 -f- 1,0 Gift) wird acut in zAvei Tagen an 


*) Nach einem vor Militärärzten am 11. Octoher 1894 gehaltenen 
Vortrage. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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824 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43 


Diphtherieintoxication sterben. Dann wissen wir, 0,8 Blut sind 
HOthwendig, um die lOfaeli tödtliclie Giftmenge vollständig zu 
paralysiren. 

Um die Verständigung über den Werth eines Serums zu er¬ 
leichtern, bezeichnen Behring und Ehrlich ein bestimmtes Serum 

( als Normalserum, nämlich ein solches, von dem 0,1 genügen, 
um die 10 fach tödtliclie Giftmenge unschädlich zu machen, und 
sagen: 1 ccm Normalserum enthält 1 Immnninisirungseinheit. Also 
ein Serum, von dem 0,01 zur Giftneutralisirung ausreichen, stellt 
ein lOfaehes Normalserum dar, resp. 1 ccm desselben enthält 
10 Immuninisirungseinheiten. 

Durch die Versuche von Ehrlich und mir ist nun festgestellt, 
dass zur Heilung der Diphtherie bei Kindern mindestens 500 Im¬ 
in unisirungseinheiten injicirt werden müssen, d. h. 10 ccm eines 
50fachen resp. 5 ccm eines lOOfachen Normalserums. Ist durch 
die vorläufige Blutprüfung nachgewiesen, dass das Blut eines zur' 
Serumgewinnung immunisirten Thieres diesen Werth besitzt, so 
wird dem Thier eine grössere Blutentziehung gemacht, das Blut 
in sterilisirten Gefässen aufgefangen und in den Eisschrank ge¬ 
stellt, bis es geronnen ist. Das ausgeschiedene klare Serum wird 
abgeschöpft, mit 0,5% Carbol versetzt, um es haltbar zu machen, 
und das Diphtherieheilmittel ist fertig. 

Zweckmässig wählt man zur Immunisirung grosse Thiere, be¬ 
sonders Pferde, schon weil die Blutentziehung bei diesen viel er¬ 
giebiger ist. 

Gehen wir jetzt zu der Anwendung des Serums am Menschen 
über, so muss ich einige Bemerkungen über den diphtherischen 
Krankheitsprocess vorausschicken. 


Jeder Arzt weiss aus Erfahrung, dass die Diphtherie in der¬ 
selben Familie bei den verschiedenen Mitgliedern verschieden auf- 
treten kann. Bei einem Kinde sehen Sie das gewöhnliche Bild 
einer folliculären Angina. Am nächsten Tage hat sich wohl ein 
geringer Belag von weisslicher Farbe von den folliculären Pfropfen 
auf die benachbarten Theile fortgesetzt, die Veränderungen gehen 
aller schnell zurück, und das Kind ist anscheinend genesen. Ein 
zweites Kind macht vielleicht eine Erkrankung des Rachens mit 
Bildung von stärkeren fibrinösen Pseudomembranen durch, be¬ 
kommt aber in der anscheinend schon beginnenden Reconvalescenz 
eine Erkrankung des Larynx, die zur Tracheotomie führt. Bei 
einem dritten Kinde endlich sehen Sie bald die ganzen Rachen¬ 
organe und die Schleimhaut der Nase sich mit dicken Pseudo¬ 
membranen bedecken und nach wenigen Tagen unter Hinzutreten 
schwerster Allgemeinerscheinungen den Tod eintreten. 

Wollten Sie diese drei Erkrankungen vom rein anatomischen 
Standpunkt auffassen, so würden Sie niemals auf den Gedanken 
kommen, dass drei so verschiedene Krankheitsformen durch ein 
und dasselbe Mittel beeinflusst werden könnten. Forschen Sie 
aber nach der Ursache der Veränderungen, so finden Sie, dass 
alle drei Formen auf dieselbe Ursache zurückzuführen sind, näm¬ 
lich auf eine Infection mit Diphtheriebacillen. Diese Infection hat 
nur infolge von Fac^oren, die wir nicht genau kennen, die wir 
aber unter dem Namen individuelle Disposition zusammenfassen 
so verschiedenartige lokale Erscheinungen gemacht, 
i • ^ ber , ? V( : nn . Sie 7 on den letzteren absehen, so bieten die 
drei Krankheitsbilder in ihrem Verlauf doch etwas Gemeinsames. 

le sehen dass das anscheinend an follikulärer Angina erkrankte 
Kind nach einigen Wochen eine Schlundlähmung bekommt, dass 
das tracheotomirte Kind plötzli<* an Herzlähmung zugrunde o- e ht 
Sie erkennen auch an dieser specifischen Wirkung des Diphtherie- 
gutes, dass die drei Krankheitsformen zummengehören, und können 
sich jetzt vorstellen, dass es für sie ein gemeinsames Heilmittel giebt 
xr . d ! esen Gründen wird die Diagnose für uns durch den 
Nachweis der Diphtheriebacillen und nicht durch den lokalen 
Krankheitsprocess allein entschieden l ) 

hfiha lT n , k v1?rT ein Kind durch Antitoxin mit Erfolg 

SoJ wfrklmkdt UCh BWM " aU ° h fÜr daS SerUm eine 


[ diphtherische Process schon tief in die Bronchei 
kein«tei?rabgestiegen ist, so dass selbst die Tracheotomie 
mehr verschafft, kommtauch die Serumbehand 
cationen h^nJ^T zum diphtherischen Process Compli 

coccen sich Ä« l en slnd ’. 1 " dem andere Bacterien, specicll Strepto 
Blutbahn VhL™' anS, - ede lV md yon dort in die Drüsen und du 
aber nicht mX Dlp , h ^rieantitoxra wohl nützen 
aber nicht mehr mit Sicherheit heilen. Hat endlich der Köiuei 

sch°aft dfe e fean U db ter ^ ? nWirkul * des Giftcs gestanden 'sl 
senaüt die Behandlung mit Serum dem Körper wohl aueenblick 
lieh—Erleichterung, aber die Prognose blTibt IweifeZft wei 

Dion angegossenen und erstarrten Agars verreibe. 1 


man nicht weiss, welche Veränderungen schon an Nerven. Herz¬ 
muskeln und Nieren vor sich gegangen sind. 

In solchen Fällen, die spät in Behandlung kommen, sieht mau 
denn auch zuweilen den Tod an Herzlähmung eintreten. Trotzdem 
würde ich stets auch die verzweifeltsten Fälle in Behandlung 
nehmen, weil man niemals mit dem Mittel schaden, sondern nur 
nützen kann. 

Nach diesem Princip sind wir im Institut für Infectionskrank- 
heiten verfahren und haben die Mortalität dauernd auf lfi% 
aller eingelieferten Diphtheriefälle sinken sehen. Von 

den am ersten und zweiten Krankheitstage eingelieferten 

Kindern haben wir kein einziges verloren. Ich bin über¬ 
zeugt, dass es gelingt, jeden frischen Fall von echter Diph¬ 
therie durch Anwendung einer genügenden Menge Anti¬ 
toxin zu heilen. 

Man deutet die günstigen Resultate der Serumbehandlung mit 
Vorliebe dadurch, dass man sagt, es herrsche eine leichte Epidemie. 
Für unsere Versuche ist dieser Einwand hinfällig, da sie sich über 
einen viel zu grossen Zeitraum ausdehnen und da Versuche bei 
anderen Epidemieen und in anderen Orten gleiche Resultate er¬ 
geben haben. 

Gleich günstige Resultate wie bei uns sind nämlich nach 
uns im Kaiser und Kaiserin Friedrich - Krankenhause und von 
Roux in Paris durch die Serumtherapie erreicht worden. 

Was nun die Wirkung des Serums anbelangt, so muss vor 
allen Dingen hervorgehoben werden, dass es keine schädlichen 
Wirkungen äussert. Es erhöht die Temperatur nicht und wirkt 
nicht ungünstig auf Nieren oder Herz. Albuminurie ist als Folge 
der Injection niemals von mir beobachtet worden. Zuweilen 
bildet sich an der Injectionsstelle nach mehreren Stunden eine 
Schmerzhaftigkeit aus, die aber am nächsten Tage meist ver¬ 
schwunden ist. Auch tritt in einzelnen Fällen nach mehreren 
Tagen ein völlig harmloser urticariaähnlicher Ausschlag auf. 

Die Wirkung des Mittels auf den lokalen Process kennzeichnet 
sich durch eine beschleunigte Ablösung der Membranen. Am Tage 
nach der Injection werden Sie allerdings häufig erstaunt sein. 
Theile, welche am Tage vorher frei waren, mit Membranen bedeckt 
zu sehen. Sie dürfen daraus aber nicht auf ein Fortschreiten des 
Processes sehliessen, sondern die Membranen bilden sich nur auf 
solchen Theilen der Schleimhaut, welche zur Zeit des Beginns der 
Antitoxinwirkung schon inficirt und durch Schwellung und 
Röthung als solche gekennzeichnet waren. Nach weiteren 24 Stun¬ 
den sehen Sie deutlich, dass der Process zum Stillstand gekommen 
ist, und bemerken schon hier und dort beginnende Abstossung 
der Membranen. Die Infiltrationen der Halsdrusen gehen oft 
rapide zurück. 

Noch deutlicher als die Wirkung auf den lokalen Process ist die 
auf das Allgemeinbefinden. Einige Stunden nach der Serum injection 
beginnt die Temperatur zu sinken, die Pulsfrequenz geht herab, 
und Sie können bei frischen Fällen innerhalb 24 Stunden eine 
Rückkehr der Temperatur und des Pulses zur Norm beobachten. 
Wenn Sie dann die oben beschriebene Erscheinung der scheinbaren 
Ausbreitung des Processes im Rachen haben, ist der Contrast 
zwischen Allgemeinbefinden und lokalem Befund oft ein höchst 
merkwürdiger. Das Kind sitzt munter im Bett, und dabei besteht 
noch eine ausgedehnte lokale diphtherische AfFection. Ich habe 
die Temperatur innerhalb 24 Stunden von 40 ü auf 87° und den 
Puls von 160 auf 96 Schläge sinken sehen, und zwar dauert, diese 
Entfieberung in frischen Fällen an. Steigt das Fieber wieder zur 
alten Höhe an, so können Sie mit Sicherheit auf Complicationen, 
z. B. Otitis media, beginnende Drüsenabscedirungen, acute Exan¬ 
theme, Pneumonie sehliessen. 

Bei den diphtherieähnlichen Erkrankungen, diphtheroiden An¬ 
ginen, den sogenannten Scharlachdiphtherieen ohne Diphtherie¬ 
bacillen wird Temperatur und Puls durch das Mittel nicht beein¬ 
flusst, bei. vorgeschrittenen Fällen von echter Diphtherie vom 
dritten Krankheitstage an nur dann, wenn die vorliegenden Com¬ 
plicationen es nicht von vornherein ausschliessen. 

Auf Lähmungen müssen Sie sich, wie gesagt, in einigennaassen 
spät zur Behandlung kommenden Fällen gefasst machen, in frischen 
Fällen brauchen Sie sie nicht zu fürchten. Das Uebergreifen des 
Processes auf den bis dahin freien Kehlkopf habe ich, seit ich Anti¬ 
toxin anwende, nie gesehen. 

Die Injection nehmen Sie am besten über den unteren seit¬ 
lichen Partieen des Thorax, unter der Axilla vor. Die Haut, ist 
dort leicht verschieblich und das Unterhautgewebe geeignet, selbst 
grosse Flüssigkeitsmengen leicht aufzunehmen und zu resorbiren. 
Bei Kindern mit Athemnoth würde ich die Injection in den Ober¬ 
schenkel vorziehen. Nach Heubner’s Vorschlag massire ich neuer¬ 
dings die Injectionsstelle nicht. 

Für die Ipjection bedienen Sie sich am besten der Koeh- 
schen 10 ccm - Spritze. Nachdem Sie Canüle und Spritze durch 


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‘25. Oetobor. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCMENSCIimET. 825 


Ausspülung mit Alkohol absolut us und nachfolgende Entfer¬ 
nung des Alkohols durch 0,5% ige i’henollösung gereinigt 
haben, saugen Sie den Inhalt eines Fläschchens auf, indem 
Sie den comprimirten (iuinmiballon nach Auflegen eines Fingers 
auf die Oeffnung sieh langsam ausdelmen lassen. Nachdem 
das Serum in das Glasrohr eingetreten ist, schliessen Sie den 
Hahn und stechen die Canüle an einer vorher durch Abreiben mit 
Alkohol gereinigten Hautstelle ein. Nachdem der Hahn geöffnet 
ist, treiben Sie durch leichte Compression des Ballons unter Auf¬ 
legen eines Fingers auf seine Oeffnung langsam das Serum aus der 
Spritze heraus. Wenn die Caniile herausgezogen ist, empfiehlt es 
sich, die Einstichstelle durch Watte und Jodoformcollodium zu ver- 
schliessen, weil bei weiten Canülen sonst leicht ein Theil des 
Serums aus der Stichöffnung fliesst. 

Die Fabrik, welche die Lieferung von Heilserum unter Controlle 
von Behring und Ehrlich übernommen hat, die Farbwerke vorm. 
Meister Lucius & Brüning in Höchst a. M. geben das Serum in 
drei verschiedenen Flaschen ab, deren Inhalt stets auf einmal 
zu injiciren ist. 

No. I enthält 600 Immmiisirungseinheiten (siehe oben) und 
genügt für frische Fälle am ersten und zweiten Krankheitstage. 

No. II enthält ca. 1000 Immunisirungseinheiten und würde bei 
mehr als zwei Tage alten Diplitherieen oder besonders schweren 
Diphtherieen am ersten und zweiten Tage oder bei jeder Betheiligung 
des Kehlkopfes zu geben sein. 

No. III = 1500—1600 Einheiten wird injicirt bei Erwachsenen; 
oder bei sehr schweren verschleppten Diphtherieen der Kinder. 1 ) 

Erweist sich durch die Beobachtung die injicirte Dosis am 
nächsten Tage als zu gering, so ist die Einspritzung unverzüglich 
zu wiederholen. Im allgemeinen ist es aber rathsam, sofort die ganze 
Menge zu injiciren, welche voraussichtlich nothwendig ist. 

Wenn Sie die Fälle frisch in Behandlung nehmen, werden Sic 
sich über eine besondere Kostspieligkeit der Serumbehandlung nicht 
zu beklagen haben. Bedenken Sie nur, was sonst die Pflege eines 
Kindes mit Arzneien, Inhalationsapparat etc. besonders bei lang¬ 
samer Reconvalescenz kostet. Bei der Serumtherapie kommen Sie 
ohne alle anderen Mittel aus. Ich lasse nur für möglichste Rein¬ 
haltung der Mundhöhle durch Ausspülungen sorgen, vermeide aber 
alles Pinseln oder dergleichen. 

Wollen Sie noch gesunde Familienangehörige der Kranken 
gegen die Krankheit schützen, so werden Sie diesen Effect nach 
dem neuesten Prospect der Höchster Fabrik durch Injection des 
vierten Theiles von Flasche I erreichen. Die Erfahrungen darüber, 
wie lange der durch eine solche Injection verliehene Schutz anhält, 
sind aber noch nicht abgeschlossen. Sie müssen bedenken, dass 
die Antikörper nach einiger Zeit wieder ausgeschieden werden 
und dass dann der Körper ebenso schutzlos gegen die Infection 
ist, -wie vor der Injection. 

Ich würde mich auf einen länger als 14 Tage bis 3 Wochen 
dauernden Schutz nicht gefasst machen und lieber nach dieser 
Zeit die Injection 'wiederholen. Monate lang, wie manche be¬ 
haupten, hält der Schutz jedenfalls nicht an. Selbstverständlich 
kommen Erkrankungen an Diphtherie in den nächsten Tagen nach 
der Immunisirung noch vor bei solchen Individuen, welche zur Zeit 
der Schutzimpfung schon inficirt waren. In einem solchen Falle 
würde ich sofort die Heildosis No. I injiciren, wenn auch die Er¬ 
fahrung gezeigt hat, dass Erkrankungen nach kurz vorhergegangener 
Immunisirung meist leicht verlaufen. 

Soweit reichen die Erfahrungen, welche uns bisher über die 
Serumtherapie bei Diphtherie zu Gebote stehen. 


V. Ueber Mechanotherapie und Medico- 
Mechanik und ihre heutige SteUung in der 
praktischen Medicin 2 ). 

Von Dr. ined. Dolega, 

Inhaber der vorm. Schreber-Schildbach'schen orthopädischen und 
mechanotherapeutischen Heilanstalt zu Leipzig. 

Unseren heutigen Anschauungen entsprechend kann sich eine 
wirklich rationelle Therapie nur aufbauen auf der Grundlage einer 
engsten Verschmelzung von unbefangener klinischer Beobachtung, 
sowie anatomischer und physiologischer Forschung mit der Fülle 
von Thatsachen, welche die unentbehrlichen, sogenannteil exacten 
HülfsWissenschaften der Medicin, die Physik und Chemie, zu Tage 
fördern. Zudem muss noch jederzeit den Fortschritten der Technik 
und dem stetig in Vervollkommnung begriffenen technischen Apparat, 
wie ihn die moderne Medicin benöthigt, Rechnung getragen werden. 

*) Diese Zahl von Immuiiisirungseinheiten ist nicht immer in der¬ 
selben Zahl von Cubikcentimetem enthalten fs. o.). 

,J ) Nach einem in der Leipziger medicinischen, wie biologischen Ge¬ 
sellschaft gehaltenen Vortrage. 


Ein Blick auf die Geschichte der Medicin lehrt uns dagegen, 
dass der Anfang der sogenannten Heilkunde die rohe Empirie 
war, wenn man von allem, was Mysticismus und wissentlicher Be¬ 
trug hinzuthat, absieht. Diese Empirie wurde erst dadurch ge¬ 
läutert, dass auf Grund bestimmter Erfahrungen auch bestimmte 
Gesichtspunkte für die Anwendung der verschiedenen Heilmittel 
und Heiifactoren aufgestellt wurden. 

.Diese reiu empirische und mit den Mängeln der schwer¬ 
wiegendsten Selbsttäuschungen behaftete Therapie herrschte in der 
Medicin durch Jahrtausende, bis exacte Forschung und wissen¬ 
schaftliche Kritik mehr und mehr hervortraten und in unaufhalt¬ 
samem Siegeslauf die allein maassgebliche Stimme auch auf dem 
Gebiete der praktischen Medicin errangen. Sie beeinflussten in ein- 
schneidenster Weise die ganze Auffassung von den krankhaften 
Zuständen des Organismus und den diesen zugrunde liegenden 
Ursachen, somit aber auch die Gesichtspunkte für das therapeu¬ 
tische Handeln. 

Es kam nun jedoch eine Zeit, und zwar eine durchaus noch nicht 
völlig hinter uns liegende Zeit, der Reaction und des Radicalismus. 

Was auf Grund exacter und wenn möglich experimenteller 
Thatsachen von therapeutischen Maassnahmen nicht zu erklären 
oder wenigstens als wahrscheinlich in seiner Causalität anzusehen 
war, wurde von den Vertretern der wissenschaftlichen Medicin mit 
Geringschätzung behandelt. Da nun solcher einwandsfreier thera¬ 
peutischer Factoren nur eine sehr geringe Zahl war, so machte 
sich, und zwar vorwiegend in der inneren Medicin, auf dem Boden 
des Skeptieismus der therapeutische Nihilismus geltend. 

Diese Verhältnisse trugen ihrerseits mit dazu bei* dass zwei 
Heilmethoden, von Laien zuerst angewandt, auch bis in die neueste 
Zeit sich fast ausschliesslich in den Händen von Laien fort¬ 
pflanzten, ehe sie von ärztlicher Seite gewürdigt und in wirklich 
sachgemäßer Weise in die Hand genommen wurden. 

Trotz der zweifellosen Erfolge, welche diese Methoden aufzu¬ 
weisen hatten, mussten sie allerdings kritischen Augen zunächst 
mein* oder weniger als Kurpfuscherei erscheinen, da ihnen zum 
Theil eine Fülle von charlatanistischem Beiwerk anhaftete und klare 
Anhaltspunkte für ihren therapeutischen Werth nicht Vorlagen. 

Die beiden Behandlungsmethoden, welche ich damit meine, 
sind die Hydrotherapie und die Mechanotherapie. Nur von letzterer 
zu reden ist heute meine Aufgabe. 

Unter dem Collectivnamen Mechanotherapie fasst man nach 
dem heutigen Sprachgebrauch die zwei Methoden der Massage 
und der sogenannten Heilgymnastik zusammen. Beide suchen auf 
mechanischem Wege durch gegebene Reize die Zustände des 
Organismus, sowohl bei lokalen, wie bei allgemeinen Störungen 
desselben zu beeinflussen. Während dieser Einfluss bei der Massage 
durch eine von aussen auf den Körper einwirkende Kraft statt hat, 
erstrebt die Heilgymnastik dieses Ziel, wenn wir zunächst einmal 
von den sogenannten passiven Bewegungen absehen, im wesent¬ 
lichen durch Selbsthülfe des Organismus zu erreichen. Sie will 
Beeinflussung. pathologischer Zustände und allgemeiner functioneller 
Störungen dadurch bewerkstelligen, dass sie die in dem Körper 
und besonders den Nerven, Muskeln und sonstigen Theilen des 
Bewegungsäpparates zur. Auslösung kommenden Kräfte in An¬ 
spruch nimmt und mittels derselben theils eine direkte Einwirkung 
auf die Weichtheile selbst, theils eine indirekte Wirkung auf 
Blut- und Lymphcirculation sowie den Stoffwechsel im allge-> 
meinen auszuüben sucht. 

Ehe ich mich der Besprechung der allgemeinen physiologischen 
und therapeutischen Wirkungen dieser Methode zuwende, möchte 
ich nur noch einige ganz kurze, historische Bemerkungen 
einflechten. 

Die Massage, deren Terminus technicus sowohl von dem ara¬ 
bischen mass, wie von dem griechischen udaanv, welches beides 
„kneten“ bedeutet, abgeleitet wird, ist, wie schon erwähnt, Natur¬ 
heilmethode im vollsten, aber auch im besten Sinne des Wortes. 
Sie verdankt augenscheinlich dem Instinct des Menschen, schmerz¬ 
hafte Stellen zu drücken und zu reiben, ihre Entstehung. 

Allmählich bildete sich eine bestimmte Technik der Massage 
heraus, welche besonders unter den orientalischen Völkern, am 
frühesten bei Chinesen und Indern zur Anwendung als allgemeines 
Kräftigungs- wie als Heilmittel kam, auf Griechen und Römer 
überging und weiterhin bei den christlichen Culturvölkern \ er- 
breitung fand. . 

Die Methode blieb vorzugsweise in der Hand der Laien, doch 
giebt es immerhin eine Anzahl von Belegen dafür, dass sie auch 
von einzelnen Aerzten aller Zeiten als wirkliches Behandlungs¬ 
mittel angewandt wurde. Es seien hier nur einige ganz wenige 
Beispiele herausgegriffen 1 ). Eins der bekanntesten Zeugnisse aus 


i) Ausführlicheres über Geschichte der Massage und Mechanotherapie 
überhaupt, findet man bei: Htthnorfauth, Kleen, Nebel. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4:> 


dem dassisriicii Alterthum ist in einer der Scliritten enthalten, 
welche dein Hippokrates zugeschrieben werden und in welcher 
er die Massage zur Behandlung von Gelenksteifigkeiten ausdrück¬ 
lich empfiehlt. 

Ausgedehntere Anwendung fand die Massage bei den Aerzten 
des römischen Kaiserreichs. Besonders war es Galen, der sowohl 
der Massage, wie auch der Heilgymnastik — wenn wir diesen 
modernen Namen und Begriff in hier übertragenem Sinne anwenden 
wollen — Beachtung schenkte. Auch das Buch des Cornelius 
Celsus: „De medicina“ giebt Zeugniss davon, dass die römischen 
Aerzte diese Methoden anwandten. 

Ambroise Parß und Baco von Verulam seien weiter als 
Zeugen angeführt, dass die Mechanotherapie von einzelnen hervor¬ 
ragenden Aerzten jederzeit geschätzt wurde, und auf der Schwelle 
des 18. Jahrhunderts sei der bekannte Hallenser Friedrich 
Hoffmann genannt. 

In die weiteren ärztlichen Kreise fand die Methode keinen 
Eingang, und die Massage blieb die Domäne der Curpfuscher jeg¬ 
licher Art, vorzugsweise von Schäfern und „weisen Frauen“ ausgeübt. 

Ebenso verhielt es sich mit der sogenannten Heilgymnastik, 
wenn schon dieser Begriff als solcher ein neuerer, aus dem An¬ 
fang dieses Jahrhunderts stammender ist, Von jeher ist ja von 
Aerzten wie von Laien körperliche llebung als nothwendig für 
die Gesundheit des Menschen erkannt worden, und nur cülturelle 
Verirrungen waren es, welche zu bestimmten Zeiten die Entwicke¬ 
lung und Erhaltung des Körpers durch freie Leibesübung als 
etwas Unnöthiges und vor allen Dingen „Unästhetisches“, eigent¬ 
lich mehr „Unmodisches“ hinzustellen suchten. 

Hinsichtlich unserer Hygiene des weiblichen Geschlechts sind wir 
allerdings bei weitem noch nicht über diese Zeiten hinweg; aber 
es ist ja auch da ein wirklich zweckentsprechendes hygienisches 
lurnsystem für das weibliche Geschlecht erst noch zu schaffen. 
Allgemeine gymnastische Uebungen wurden nun auch schon von 
den vorerwähnten Zeugen vergangener Jahrhunderte als therapeu¬ 
tisches Hülfsmittel benutzt, um allmählich wieder mehr und mehr 
m Vergessenheit zu gerathen. Als aber Ende des 18. Jahrhunderts 
nach der Zeit des Zopfes sich überall wieder das Bedürfniss mit 
Macht geltend machte, die Unnatur der Lebensweise, und vor allem 
der Erziehung’sweise der Jugend, zu ändern; als in Deutschland 
Basedow, Salzmann, Pestalozzi und Jahn die pädagogische 
Gymnastik wieder zu Ehren brachten und dies gleichzeitig auch 
m Schweden unabhängig durch Per Henrik Lingi) der Fall war, 
da kommt es zuerst in Schweden durch den letztgenannten Ling’ 
und ein reichliches Menschenalter später in Deutschland durch 
einen Arzt, Dr. Daniel Schreber, dazu, auch ein bestimmtes 
System gymnastischer Bewegungen aufzustellen, welches auf Grund 
von Beobachtung und Ueberlegung zur Beeinflussung krankhafter 
Zustände, vor allen Dingen Störungen im Bewegungsapparat 
dienen sollte. ö ** ’ 


Die sogenannte schwedische Heilgymnastik also, in welcher 
u j UC !\ dem besonderen Namen Massage zusammengefassten 
Handgriffe mit enthalten sind, wurde von Ling zu einem abge¬ 
schlossenen, eigenartigen therapeutischen System ausgebildet 
7oon el ^ e / and in Sch weden seit den Zeiten Ling’s, welcher 
18J9 starb, durch die weiteren Verdienste seines Sohnes Hjalmar 
Ling und Branting’s, welcher Ling’s Nachfolger als Director 
des von diesem gegründeten „gymnastischen Centralinstitutes“ 
in Stockholm war, immer ausgedehntere Anerkennung 

.^uteche Heilgymnastik blieb in ihrer Ausübung an die 
Ihätigkeit Schreber’s und späterhin seines Nachfolgers Schild- 
p ch geknüpft, beide Aerzte, welche von klaren phvsiologischen 
Gesichtspunkten ausgingen. ‘ 

t u Di ® schwedische Heilgymnastik fand seit Ende der vierziger 
lTnT gan ? In . die . übrigen europäischen Culturstaaten, aber 
zunächst noch nicht m den weiteren Kreis ärztlicher Beach- 
.^ ugen Vertreter der wissenschaftlichen Me- 
?voiphf h T^ te lhr . vor . alle m das naturphilosophische Gewand, in 

Trit?dL Lin if Un , d I em ? u Schüler d 16 Methode gekleidet hatten. 
Trotzdem aber fand sich auch eine Zahl tüchtiger Fachleute 

Methode kllr PrLn t“ h ° h ? thera P enti **en Werth der neuen 
LaieHueo U ? d zu = chä ‘ zen wussten. Nachdem ein 

iifue Hugo Rothstein, der nachmalige erste Director der unter 

etoc eF auf Ät^Sto wf r i°“ <leten »Ceutoaltumanstalt“ in Berlin, 
Schrift ri rvlf f t gemachte Erfahrungen begründete 

PH L i! SyStem d6S G y®»<«en 

nächst t herausgegeben hatte, waren es zu- 

Dr M P,n„nh “ r> m , Graudenz und vor allen der Orthopäde 
Dr. M. Eulen burg m Berlin, welche die schwedische Heilgymnastik 

lieh Tlieoloee °Tn |!!^ <!gÄbte ®i? en S ti 8 e Persönlichkeit, war ursprflng- 

Noth n ? hm er eine Pechüehrerstelfe 
1 an lim ßrhnt a,,s dieser heraus sein verdienstvolles Werk. 


in die wissenschaftliche Therapie ein führten. Ersterer schadete 
allerdings ebenfalls der Sache bald durch allzugrossen Enthusiasmus 
während Eulenburg in streng sachlicher Weise den Werth der 
neuen Methode den Fachgenossen klar zu machen suchte 1 ) und 
dieselbe bis zu seinem Tode mit Eifer vertrat. 

Ende der fünfziger Jahre war es dann auch mein Vater 
Dr. E. Dolega, der in Leipzig seine ausgedehnte Thätigkeit als 
praktischer Arzt so gut wie ganz aufgab, um nach mehrmonathcheni 
Studienaufenthalt in Stockholm ein rasch aufblühendes Institut 
für schwedische Heilgymnastik in Leipzig zu begründen Leider 
starb derselbe schon 1866, und die Frucht seiner Arbeit rin" 
wieder verloren. * 

Ein Gemeingut ärztlicher Anschauungen wurde aber trotz 
mannichfacher Schüler der genannten Leute die Methode nicht* 
Erst an den Namen des früheren Amsterdamer Arztes Mezger 
und auch seines Schülers v. Mosengeil knüpft sich für Deutsch¬ 
land das Bekannterwerden zunächst derjenigen Handgriffe, welche 
unter dem Namen „Mass^e“ geübt werden. Mezger führte vor 
allem die Massage in die Behandlung der Fracturen imd Distor¬ 
sionen ein und wurde durch seine glücklichen Curerfolge rasch in 
den weitesten ärztlichen Kreisen bekannt. 

Langsamer als die Massage fand in den letzten Jahren aber 
auch die „Heilgymnastik“ bei uns, soweit sie nicht nur die Be¬ 
wegungen umfasst, welche in der Nachbehandlung chirurgischer 
Affectionen angewandt werden, eine grössere Anzahl tüchtiger Ver¬ 
treter und allmählich zunehmende Würdigung von ärztlicher Seite. 
— In dem letzten Jahrzehnt hat sich nun auch die wissenschaftliche 
Forschung daran gemacht, für die Erfolge, welche Massage und 
eine systematische Bewegungscur in einer grossen Reihe von Er¬ 
krankungsformen zweifellos aufzuweisen haben, eine Erklärung 
zu geben. Des Näheren auf diese Untersuchungen einzugehen, 
liegt nicht im Rahmen des heutigen Vortrages. 

Ausführlicher habe ich dieselben, zum Theil auf Grund eigener 
Nachuntersuchungen, in meinem kleinen Buche über Massage 2 ) ah- 
gehandelt. 

Es seien nur ganz in kurzem die allgemeinen physiolo¬ 
gischen Wirkungen der Massage und Heilgymnastik, 
aus denen die allgemeinen therapeutischen Indicationen für die 
genannten Methoden sich eigentlich von selbst ergeben, angeführt, 
wobei von den Wirkungen, welche in das Gebiet der Suggestion 
zu verweisen sind, natürlich abgesehen ist. 

Was zunächst die Massage anbetrifft, so wirkt diese vor 
allem auf die Lymphbewegung und den venösen Blutstrom. Wo 
es daher zu einer erhöhten Spannung der Gewebe, zur Schwellung 
und Schmerzhaftigkeit bestimmter Theile gekommen ist, sowohl da, 
wo es sich um zu beseitigende locale Circulationsstauungen, wie 
auch die Folge bestimmter entzündlicher Vorgänge handelt, ist die 
Massage imstande, deplethorisch und bis zu einem gewissen Grade 
antiphlogistisch zu wirken. Sie beschleunigt den Lymphstrom und 
den venösen Abfluss und in weiterer Linie auch die arterielle Zufuhr. 

Bei Vorhandensein grösserer Ergüsse in die Gewebe wirkt sie 
demnach resorbirend; wo es sich um schon organisirte Ent- 
zündungsproducte handelt, bewirkt sie auf rein mechanischem 
Wege eine Zerkleinerung der pathologischen Gebilde, Resorption 
und regressive Metamorphose veränderter Theile. Wie für Muskeln, 
Sehnenscheiden und Zellgewebe gilt dies auch für andere Weich- 
theile, z. B. die peripheren Nerven, besonders da, wo es sich um 
perineuritische Veränderungen und Veränderungen infolge von 
Druck und Zerrung, welche periphere Nerven von der Umgebung 
aus treffen und deren Ursachen beseitigt werden können, handelt. 
Durch Beeinflussung des Blut- und Lymphstromes und direkten 
mechanischen Reiz erklärt sich ferner auch der regenerirende und 
tonisirende Effect der Massage. Hierauf beruht die günstige Be¬ 
einflussung von Ernährungsstörungen der Muskeln, sowohl der 
quergestreiften wie der den Massagehandgriffen zugänglichen glatten. 

Zu den Organen mit letzteren, welche in den Wirkungskreis 
der Massage gezogen werden können, gehören vor allen Dingen 
Darm und Blase. Auch sei hierbei an die Behandlung bestimmter 
Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane mittels Massage 
und Heilgymnastik (Thure Brandt) erinnert. 

Allgemeine Körpermassage beeinflusst ferner die Blutbe¬ 
wegung im grossen Kreislauf, wenn auch nicht so intensiv, 
wie die gleich noch zu erörternde Gymnastik. 

Sie ist ein Förderungsmittel der verschiedensten pe- 
cretionsprocesse, vor allem in den Organen des Unterleibes 


*) Ausser in Gestalt von Vorträgen und Demonstrationen timt ei 
dies vor allem in seinem ausgezeichneten Schriftchen: „Die schwedische 
Heilgymnastik, Versuch einer wissenschaftlichen Begründung derselben. 
Berlin 1853. 

P Dolega, Die Massage, ihre Technik und Anwendung in der 
praktischen Modicin. Leipzig. C. G. Naumann. 


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25. Octobcr. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


827 


(Einfluss auf Magen- und Darmverdauung 1 ), Nierensecretion 2 ) etc.), 
und sie übt somit einen mächtigen Einfluss auf den gesammten 
Stoffwechsel 3 ) (besonders auch z. B. die Wftrmebildung) aus. In¬ 
direkt vermag sie auch auf den Zustand des Centralnerven¬ 
systems tonisirend zu wirken, wie die interessanten Versuche 
Mosso’s und Maggiora’s 4 ) erst in neuerer Zeit bestätigten. 
Bei der Heilgymnastik ist es zunächst die Wirkung auf den Er¬ 
nährungszustand und den Stoffwechsel der Muskeln, mithin auf 
die notorische Leistungsfähigkeit derselben, welche vom physiolo¬ 
gischen wie therapeutischen Gesichtspunkte aus in Betracht kommt, 
weiterhin aber auf Grund dieser Momente der Einfluss auf die 
Blutcirculation überhaupt. Letzterer wird erreicht: durch die 
Inanspruchnahme einmal der grossen Gelenke als Saug- und Druck¬ 
pumpen, andererseits der arbeitenden Muskeln als grosser Blut- 
reservoirc. 

Neben allen den Wirkungen, welche dadurch in den peripheren 
Theilen, vor allem denen des Bewegungsapparates, eintreten, ist 
es der Herzmuskel, welcher zur energischeren Arbeitsleistung 
angeregt und durch Uebung befähigt wird. In Wechselwirkung 
zur Muskelaction und Herzthätigkeit steht dann wieder die Respi¬ 
ration, welche in ganz bestimmter Weise berücksichtigt wird. 
Man treibt ja ganz specielle „Lungengymnastik“ in einer Reihe 
von Affectionen des Respirationstractus und Fällen von primär wie 
secundär bedingter Beeinträchtigung der Expansionsfähigkeit der 
Lungen. 

Bei den activen und sogenaunten Widerstandsbewegungen, 
besonders denjenigen, welche in ganz bestimmter Folge mit be¬ 
stimmten Muskelgruppen vorgenommen werden, bedeutet der Inner¬ 
vationsreiz eine Uebung des zugehörigen centralen, wie peri¬ 
pheren Nervenapparates. So bedeutet Uebung der Muskeln, wie 
du Bois-Reymond gelegentlich sagt, auch Uebung des Ge¬ 
hirns. Demzufolge werden durch solche Uebungen in einer Reihe 
von Fällen unwillkürliche Mitbewegungen nach und nach ausge¬ 
schaltet werden können. Aus den zwei vorstehenden Gründen 
erklärt sich der günstige Einfluss der Gymnastik auf be¬ 
stimmte Beschäftigungsneurosen und vor allem auf die Coordinations- 
störuugen bei Krankheiten (den neurotischen Formen der Chorea 
minor und einer Anzahl Fällen von Tabes dorsalis), in deren Krank¬ 
heit sbild jene Motilitätsstörungen im Vordergrund stehen. 

Ein besonders wichtiger Gesichtspunkt ist nun noch hervor¬ 
zuheben, das ist das erzieherische Moment, das Wecken der 
Energie, welches für Patienten bestimmter Kategorieen (Hysterie, 
Neurasthenie) in Betracht kommt und auch für eine Reihe leichter 
Affectionen in der orthopädischen Gymnastik von Wesenheit ist, 
7 . B. bei den beginnenden habituellen Skoliosen und Haltungs- 
anomalieen überhaupt. Es sei aber gleich an dieser Stelle noch 
darauf eingegangen, dass ja gerade in der Orthopädie gym¬ 
nastische Uebungen auch eine wichtige Rolle als dyna¬ 
misches Behandlungsmittel spielen. Mittels bestimmter 
Uebungen sucht der Orthopäd Anomaiieen des Skelettes, welche auf 
geschädigter oder ungleichmässiger Muskelthätigkeit oder auf 
pathologischen Veränderungen anderer Weichtheile beruhen, zu 
beeinflussen und, soweit dies möglich, schon bestehende Difformi- 
täten allmählich auszugleichen. 

Wie sich für die Massage eine bestimmte Technik heraus- 
gebildet hat, die natürlich in der Hand des Geübten die besten 
Resultate geben wird, so hat sich auch für die Heilgymnastik 
eine bestimmte Methode entwickelt, und diese ist nicht ohne Be¬ 
rechtigung. Wirft man auch alles laienhafte Beiwerk über Bord, 
welches, wie oben erwähnt, der schwedischen Methode Ling’s 
und seiner Schüler in reichem Maasse anhaftete, so bleibt doch 
die Thatsaehe bestehen, dass für einzelne Krankheitsformen die Aus¬ 
wahl der Uebungen keine indifferente ist, sondern eine Reihe von 
Uebungen ganz specielle Indicationen erfüllen. 

Ganz selbstverständlich erscheint, dass die Dosirung der Ueb- 
ungen und vor allem die Dosirung der gesetzten Widerstände bei 
den sogenannten „Widerstandsübungen“ von besonderer Wichtig¬ 
keit ist. Bei einzelnen Individuen ist oft sogar eine Vorsicht ge¬ 
boten und eine geradezu homöopathische Dosirung, welche man 
fast für eine Spielerei halten möchte, wenn nicht die Erfahrung 
lehrte, dass in solchen Fällen schon ganz geringe mechanische 
Reize genügen, um wahrnehmbare Beeinflussung zu erzielen und 

! ) Vergl. die Untersuchungen von Gopadze und Chopoliansky. 

*) Bum, Ueber den Einfluss der Massage auf die Harnsecretion. Zeit¬ 
schrift f. klin. Medicin Bd. XV. 

^ Zabludowski, Ueber die physiologische Bedeutuug der Massage. 
Contralblatt f. d. med. Wissenschaften 1883. — Finkler. Behandlung 
des Diabetes mellitus durch Massage. Verhandlungen des Congresses für 
innere Medicin 1886. 

4 ) s. Mosso’s und Maggiora’s Untersuchungen über die Ermüdung 
des Muskels. Italien. Arch. für Biologie 1831, Bd. 16; du Bois-Hey- 
mnnd’s Archiv f. Physiologie 1S‘)(). 


zu starke Reize ausserordentlich leicht unbeabsichtigte und un¬ 
günstige Nebenwirkungen hervorzurufen imstande wären. 

Aus den soeben gemachten kurzen Andeutungen über die 
physiologischen Wirkungen der Massage und Heilgymnastik, aus 
denen die allgemeinen therapeutischen Indicationen sich mit Leichtig¬ 
keit ergeben, geht hoffentlich hervor, dass es sich für den Arzt 
lohnt, die Methoden der sogenannten Mechanotherapie in das 
Bereich des ihm zu Gebote stehenden Heilschatzes mit aufzunelimen. 
Aber er darf nicht den Fehler machen, wie dies bis in die letzten 
Jahre hinein fast noch vorwiegend geschehen ist, ihre Aus¬ 
führungungeschulten oder auch sogenannten geschulten 
Laien, sogenannten ärztlich-geprüften Masseuren und Heildieuern 
selbstständig oder auf unbestimmte allgemeine Ver¬ 
ordnung hin zu überlassen. 

Sollen die mechanotherapeutischen Methoden wirklich ziel¬ 
bewusste therapeutische Bestrebungen verfolgen, soll der gute 
Kern, der in ihnen liegt, immer freier herausgeschält werden, 
so ist die Ausübung derselben nur möglich unter Voraussetzung 
exacter wissenschaftlicher Ausbildung. 

Freilich erfordert die Ausübung dieser Methoden aueh r ganz 
besondere .Geduld und Ausdauer, denn selbstverständlich ist ja die 
Ausübung derselben, wie schon im Namen liegt, nicht ohne einen 
starken mechanischen Beigeschmack, andererseits gehört aber auch 
ein gewisser Schematismus und eine gewisse Pedanterie dazu, 
wenn wirklich gute Resultate erzielt werden sollen. 

Es liegt nun fernerhin auf der Hand, dass zur Ausübung in 
weiteren Grenzen, besonders der heilgymnastischen Behandlung, 
der Arzt allein nicht imstande ist, und er bedarf der unter¬ 
stützenden Kräfte, welche aber nur im Dienste seiner Intentionen 
stehen dürfen. 

Die heilgymnastischen Uebungen sind, wie bekannt, nur zum 
Theil sogenannte active. d. h. solche, welche der Patient allein, 
höchstens unter Zuhülfenahme ganz einfacher Geräthe ausübt, es 
sind zum grossen Theil passive und besonders sogenannte Wider¬ 
standsbewegungen. Zur Mithülfe bei Ausführung einer heil- 
gymnastischen Cur sind also immerhin für den Arzt zur Besorgung 
des mechanischen Theiles Hülfskräfte erforderlich. Diese bestehen 
nun zunächst in geschulten Gehülfen, welche unter steter 
Controlle und auf die direkten Angaben des Arztes hin arbeiten. 
Auch für diese Leute aber sind ja selbstverständlich bestimmte 
Fähigkeiten und persönliche Eigenschaften unerlässlich, die nicht 
allzuleicht zu finden sind; und menschliche Arbeitskraft ist 
theuer. 

Es war also das Bestreben verständlich, sich von solcher so 
frei als möglich zu machen. Dies brachte zuerst Dr. Zander in 
Stockholm auf den Gedanken, die menschliche Hand für die 
passiven und Widerstandsbewegungen so gut wie ganz durch 
maschinelle Kraft zu ersetzen. Seine geistvoll construirten Ap¬ 
parate sind ja genugsam besprochen, bekannt und gewürdigt. 
Dass aber die menschliche Hand das beste Werkzeug 
trotzdem für die Massage bleibt, ist sicher und auch von 
Zander selbst nie in Abrede gestellt. 

Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon in meinem 
kleinen Buche als meine feste Ueberzeugung ausgesprochen habe: 
„Nur die feinfühlende Hand des geschickten Arztes, jederzeit gc- 
feitet von der vollständigen Kenntniss der Sachlage, ist imstande. 
sich den lokalen anatomischen und pathologischen Verhältnissen 
jederzeit in der richtigen Weise anzupassen und genau dem lokalen 
wie Allgemeinzustand entsprechend das richtige Maass von Kraft 
und Zeit abzuwägen, welchos für die möglichst rasche Erzielung 
guter Resultate, wie für die Vermeidung aller Nachtheile, welche 
eine mechanische Behandlung mit sich bringen kann, unerlässlich 
nothwendige Bedingung ist.“ 

Aehnliche Versuche wie von Zander sind auch von anderer 
Seite in mannigfaltigster, mehr oder weniger glücklicher Weise 
gemacht worden. . . 

Auf Grund dieser Einführung maschineller und über¬ 
haupt mechanischer Hülfskräfte wird diese Alt der 
Mechanotherapie speciell als Medico - Mechanik be¬ 
zeichnet. Dieser Begriff kann nun aber meiner Ansicht nach 
erweitert und mit vollem Recht auch auf das Gebiet der Ortho¬ 
pädie übertragen werden, soweit in derselben die Anwendung 
mechanischer Hülfe im Sinne von Apparaten. Stütz Vorrichtungen 
und Verbänden unentbehrlich ist, um körperliche Difformitäten zu 


leeinflussen. .. . % 

Da nun Medicomechanik im vorerwähnten erweiterten biunt, 
;owie Massage und Heilgymnastik (orthopädische Gymnastik) die 
vichtigsten Factoren in der Behandlung wohl der Mehrzahl so ge¬ 
launter orthopädischer Leiden sind, so erscheint es mir durchaus 
ogisch, die unblutige Orthopädie mit unter den Collectiy- 
legriff der Mechanotherapie einzubeziehen. Soweit iur 
lie Orthopädie dagegen chirurgische Eingriffe im \ ordergrund »tohen 


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828 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


oder die Grundlage einer weiteren inoelianotherapeiitisclien und 
spceiell medicomechanischen Behandlung bilden, gehört dieselbe, 
wie eigentlich schon der Name „orthopädische Chirurgie“ besagt, 
zur Diseiplin der Chirurgie. 

Die praktischen Verhältnisse zwingen weiterhin dazu, die 
Meehanotherapie, besonders so weit es sich um allgemeine Be¬ 
wegungseuren und orthopädische Behandlung handelt, an Stätten 
zu verweisen und in Formen zu kleiden, welche für eine Massen¬ 
behandlung geeignet sind. Auf der Hand liegt ja, dass eine 
inechanotherapeutische Behandlung jederzeit eine verhältnissmässig 
mühsame, anstrengende für den Arzt, und doch auch langwierige, 
sich über Wochen und oft Monate erstreckende ist. Es wird 
also einerseits der Arzt seinen Aufwand an Mühe und Zeit nicht 
gering veranschlagen können, andererseits der Patient mittlerer 
Kreise nur in einem kleinen Bruchtheil so grosse Geldopfer 
bringen können, als sie der aufgewandten Leistung des Arztes 
äquivalent sein würden. 

Soll dieser Widerspruch befriedigend gelöst werden und eine 
gute Sache auch weiteren Kreisen zu gute kommen, so kann dies 
nur mit Hülfe eines kaufmännischen Fundamentalsatzes geschehen, 
nämlich diese Behandlungsmethode so zu basiren. dass, unbeschadet 
der Genauigkeit in der Ausübung, in einer gegebenen Zeit eine 
grosse Zahl von Patienten durch den Arzt oder unter direkter 
Leitung desselben behandelt werden können. 

Dieser rein praktische Gesichtspunkt ist sicher auch mit Ur¬ 
sache dafür, dass nur die Massage, welche ohne besondere Neben¬ 
apparate oder Assistenz ausführbar ist, besonders in der Nach¬ 
behandlung chirurgischer Affectionen oder bei bestimmten Ver¬ 
änderungen im Bewegungsapparat, vor allen Dingen bei Gelenk- 
affcctionen, in die weiteren ärztlichen Kreise gedrungen ist, während 
die Kenntniss von der Meehanotherapie in ihrem ganzen Umfange, 
eine klare Vorstellung von ihrer wirklichen Leistungsfähigkeit und 
ihren Indicationen immer noch durchaus beschränkt geblieben ist. 
Die ja jetzt sicher nicht in etwa zu geringer Zahl vorhandenen 
mechanotherapeutischen und medicomechanischen Institute stehen 
so gut wie in keinerlei Beziehung zu den medicinischen Lehr¬ 
stätten und deren Vertretern, und der Beigeschmack des Unwissen¬ 
schaftlichen und vielleicht auch des der Modo Unterworfenen haften 
ihnen in den Augen noch sehr vieler Fachgenossen an. 

Und doch hat sich die grosse praktische Bedeutung mechano- 
therapeutischer Heilanstalten schon Bahn gebrochen, besonders 
nach einer Seite hin. Es ist dies die der Behandlung aller der¬ 
jenigen Fälle, welche in Beziehung zum Unfallversicherungsgesetz 
zu bringen sind. 

Alle die Genossenschaften, welche diesbezüglich in Betracht 
kommen, haben immer zunehmendes Interesse für die genannten 
Heilmethoden als worthvolle Hiilfsmittel zur Nachbehandlung von 
Verletzungen gezeigt , zumal da in unseren grossen Krankenhäusern 
derartige Fälle eine solche in ausreichend zweckentsprechender 
Weise vorläufig nicht finden können. 

Ich glaube nun, dass das Gebiet der Meehanotherapie, wie ich 
es im Vorstehenden zu zeichnen versucht habe, ein zwar be¬ 
grenztes, aber doch wohl cliarakterisirtos therapeutisches Fach 
in unserer praktischen Medicin darstellt, mit bestimmten prak¬ 
tischen Aufgaben und wissenschaftlichen Arbeitszielen. Ich glaube 
ferner, dass ein gewisser Schematismus demselben jederzeit an¬ 
haften muss, dass aber schonungslose Kritik gerade auf diesem 
Gebiete ebenso nöthig ist, wie nur irgendwo. 

Ich glaube ferner, dass derjenige, welcher sich mit diesen 
Methoden befasst, nichts weniger als etwa nur ein geschickter 
Masseur und ein ärztlich gebildeter Turnlehrer sein darf, sondern 
dass gerade die engen Fäden, welche diese therapeutische Dis- 
ciplin mit den verschiedensten anderen Gebieten der praktischen 
Medicin verbinden —- ich erinnere nur an die Verbindung mit 
hydrotherapeutischen Maassnahmen, diätetischen Curen, an die 
A erbandtechnik und Apparatbehandlung bei orthopädischen Fällen 
— eine vielseitige und immer fortschreitende Ausbildung des 
Mochanotherapeuten erfordern. 

Ich halte ferner für unerlässlich nothwendig, diese Methoden 
dem angehenden Mediciner mehr als bisher an der Hand Von 
v orlesungen und praktischen Cursen vor Augen zu führen, damit 
er zum mindesten seine allgemeinen therapeutischen Gesichts¬ 
punkte auch nach jener Seite hin zu erweitern imstande ist. 

die Meehanotherapie, wie überhaupt die physi¬ 
kalischen Heilmethoden, eine entsprechende Berücksichtigung in 
dem klinischen Lehrplane unserer Universitäten finden werden, 
wn* ( l cs auch den Aerzten möglich sein, erfolgreicher als bisher 
den Kampf mit dem erschreckend überhand nehmenden Curpfuschcr- 
thum aufzunehmen und auch den Anforderungen und Fragen, wie 
sie unser modernes Unfall- und Krankenversicherungswesen mit 
sich gebracht hat, noch grösseres Verständniss entgegenzubringen. 


No. 43 

VI. Die ersten Etappen der Choleraepidemie 
von 1892 im Orient. 

Von Stabsarzt Dr. Schum barg in Berlin. 

(Fortsetzung aus No. 42.) 

Von der Landseite, über Syrien, hat Europa bisher durch 
Cholera von Mekka her noch nicht zu leiden gehabt. Auch der 
Seeweg ist scheinbar nicht ohne Schutz, denn die Quarantäne- 
Stationen in Djebel-Tor und Suez sollen jeden Cholerafall und Cho¬ 
leraverdächtigen zurückhalten. Doch ist das in Wirklichkeit 
unmöglich; denn sobald in Mekka unter den Pilgern der Ausbruch 
der Cholera bekannt wird, greift eine allgemeine Panik Platz. 
Jeder beeilt sich, nothdürftig seinen religiösen Pflichten gerecht 
zu werden, dann aber stürzt Alles in wildem Durcheinander nach 
den Hafenstädten Djeddah und Yumbo und ohne jede ärztliche In- 
speetion in die bereitsteheuden Dampfer, die bald weit überfüllt 
sind und dann in jenen oben geschilderten widerlichen Schmutz- 
zustand gerathen. Schiffsärzte sind gegen solche entfesselten 
Volksmassen machtlos, auch wenn sie wirkliche Aerzte sind, was 
bei den Pilgerseliiffen, wenigstens den nach dem Norden bestimm¬ 
ten, meist nicht der Fall zu sein pflegt. Karlinski, der vom 
24. Juni bis 9. Juli 1893 in Djeddah 46 Pilgerschiffe inspicirte. 
fand nur auf 6 derselben wirkliche Aerzte. Die übrigen 40 soge¬ 
nannten Aerzte hatten kaum die Kenntnisse eines Barbiers. Der 
Capitän, dem natürlich diese Qualität bekannt war, behandelte sie 
auch dementsprechend: An Bord des englischen Schiffes Venezia 
ohrfeigte der Capitän in Gegenwart des Dr. Karlinski seinen 
Schiffsarzt, weil er die Cholerafälle nicht erkannt hatte: der Arzt 
an Bord des englischen Schiffes Gardji konnte seinen Namen weder 
in lateinischer noch in arabischer Schrift schreiben, und der Arzt des 
türkischen Schiffes Abd-el-Kader, ein Schwarzer, konnto nicht die 
einfachste Medicin bereiten, ja nicht einmal die Etiketten seiner 
Standgefässe lesen. Dass also derartige Schiffsärzte irgend einen 
Einfluss beim Ausbruch der Cholera an Bord ihrer Schiffe aus¬ 
üben werden, steht wohl kaum zu hoffen. Ebensowenig kann die 
Quarantänestation am Sinai, Djebel-Tor, grösserem Andrange ge¬ 
nügen, und schliesslich ist die Inspektion der Pilgerschiffe in Suez 
nach allen Schilderungen eine nur oberflächliche. 

Somit stehen den Pilger- und übrigen Schiffen aus dem rothen 
Meer so ziemlich ungehindert die Häfen Europas offen. Dass nun 
die Cholera vom rothen Meer aus trotzdem nicht häufig verschleppt, 
wird, hat darin seinen Hauptgrund, dass nur etwa 4 1 /* % der 
Pilger über Suez nach dem Norden abziehen; die übrigen 95,5 °/u 
wenden sich über Camaran nach Süden. 

Für die geringe Wahrscheinlichkeit des Vordringens der Cho¬ 
lera von Arabien nach Europa gerade im Sommer 1892 sprechen 
auch folgende Zahlen. Das Jahr 1892 war für Mekka ein relativ 
günstiges Cholerajahr, obschon in einigen Orten Temens, Loheia 
und Hodeida die Cholera das ganze Jahr fast, ununterbrochen 
herrschte, eingeschleppt wahrscheinlich durch das türkische Truppen¬ 
schiff Djeddah. Dass aber gerade im Jahre 1892 die Pilgerzüge m 
Mekka verschont blieben, sprach sich dadurch aus, dass nach 
Bombay von Djeddah keine Schiffe mit Cholerafällen an Bord zu¬ 
rückkehrten. Das Jahr 1893 hatte dagegen bei ungewöhnlich 
grossen Pilgerzügen nach Mekka — über die Hafenstadt Djeddaii 
allein langten 92625 Pilger dort an — die grösste bis jetzt da- 
gewesene Sterblichkeit an Cholera in Mekka zu verzeichnen, wäh¬ 
rend Europa von einer Epidemie verschont blieb. 

Trotzdem aber darf uns diese Thatsaeho nicht ^ abhalten, die 
sanitäre Ueberwaehung der Mekkapilger gerade zur See, in Djebel- 
Tor, Suez, Clazomeuä im Auge zu behalten, da heutzutage sic i 
die Pilger, wo sic können, der modernen Verkehrsmittel bedienen 
und die Karawanen, welche über Land nach Mekka ziehen, ünmei 
schwächer werden und ihre Mitgliederzahl weitaus hinter der Zal» 
der Pilger zurücksteht, die heute in Djeddah auf dem Dampfer landen. 

Für die europäische Epidemie des Jahres 1892 ist aber gen |( k 
jener Weg einer genaueren Betrachtung zu unterwerfen, weleliei 
von Indien durch Afghanistan nach Persien und von hier niK i 
Russland führt. Auch auf diesem : 

. Landwege 

stosseu wir auf ein für die Vermehrung der Choleratälle 
wichtiges Relais, wie es die heiligen Orte Arabiens für den * ( ' c 
weg darstellen, das ist Mesched im nördlichen Persien. ^ 

Weder in Afghanistan, noch in Persien ist je ein emlcm 1 ^' 111 '" 
Auftreten der Cholera beobachtet worden: die ersten CMcik 
nach richten aus Persien im Jahre 1892 datiren vom 25. Mai. )b 
dahin scheint dort alles ruhig gewesen zu sein, während in Kalk’ 1 
im Januar und Februar etwa 20—30 Cholerntodesfällc zur Meinung 
kamen und im März bereits Wochenzahlen bis 154 Beunruhig* 11 ^ 
heiworriefen. 


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25. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


829 


Dieses plötzliche Anwachsen der Choleramorbidität und -Mor¬ 
talität findet seine ungezwungene Erklärung durch das Zusammen¬ 
strömen, Zusammenleben und Zusammenbaden der Eingeborenen 
bei den grossen Festen an heiligen, meist an Flüssen gelegenen 
Orten und bei grossen Jahrmärkten. 

So liess schon imJahre 1891 das Arthodoyafest die Todes¬ 
fälle an Cholera in der Provinz Assam von 12000 auf 23800 an¬ 
schwellen. Es ist dies Arthodoyafest eine Art Badefest, das nur 
gefeiert wird, wenn das Scrabanagestirn und Neumond auf einen 
Sonntag der Monate Pous oder Magh zusammenfällt. Dies kommt 
alle 27 oder 28 Jahre einmal vor und giebt alsdann die Ver¬ 
anlassung zu einem grossen Badefest ab. Es war dies nun der 
Fall am 8. Februar 1891; vorher war das Fest zum letzten male 
am 7. Februar 1864 gefeiert. Die Vorzüge, welche das Baden in 
heiligen Strömen während der Festzeit verleiht, schildert die 
Religion als besonders werthvoll, und es sammelt sich infolgedessen 
am Ganges eine ungeheure Menschenmasse an. Diesmal aber 
strömten die Hindus zumal von Osten her in besonders dichter 
Schaar nach Bengalen zum Ganges hin, weil der Ganges bald seinen 
heiligen Charakter verliert und dann an seine Stelle der Narbada- 
fluss tritt. Mit dem Bewusstsein, komme, was da wolle, verliessen 
1891 die frommen Hindus ihre kleinen Dörfer, wurden wie Fracht¬ 
güter auf der Eisenbahn in Güterwagen verladen und kamen mehr 
todt als lebend am Ziele an, wo sie in dem schmutzigen Wasser 
des Ganges badeten und sich durch Trinken desselben aus dem 
heiligen Strom den Tod holten. Tausende, welche die Eisenbahn 
nicht mehr befördern konnte oder welche zu arm waren, traten 
die mehrtägige Reise zu Fuss an; durch Reisestrapazen und Ent¬ 
behrungen erschöpft, kamen sie am heiligen Flusse an, wo ihrer 
bei der Anhäufung der Menschenmassen noch weit grössere Mühen 
und Entbehrungen harrten. Der Boden, die Luft und vor allem 
die Brunnen und das geringe, langsam fliessende Wasser des Flusses 
waren im Augenblick gänzlich verunreinigt, und dies nicht nur an 
den Badeplätzen, sondern längs der ganzen Pilgerstrasse (Commiss. 
f. Bengal. 1891). Das Baden fand am 8. Februar nach Sonnen¬ 
untergang statt; die Lufttemperatur betrug nicht viel über dem 
Nullpunkt. Viele der Badenden verbrachten die Nacht unter freiem 
Himmel in nassen Kleidern. 

In Katihar, wohin sich nach Ausbruch der Cholera die ge- 
ängstigten Pilger flüchteten, um mit der Bahn fortzukommen, 
wurden 37 Kranke aus dem Eisenbahnzuge herausgeholt; indess 
die Passagiere machten die Beamten nicht einmal auf das Vor¬ 
handensein einer Leiche im Coupö aufmerksam, aus Furcht, selbst 
den Zug wieder verlassen zu müssen. Aehnliche Scenen spielten 
sich auf der ganzen Eisenbahnlinie ab. Die Anzahl der Todesfälle 
an Cholera beläuft sich deshalb in der Provinz Bengalen 1891 auf 
229575 Fälle mit 26200 im März (im Februar war das Ardhodoya- 
fest), 44775 im April und 26400 im Mai. Seit 1876 hat man dort 
eine solche Mortalitätsziffer nicht notirt. 

Der Bezirk Purnea in Bengalen hat oft noch durch eine andere 
jährliche Feier, das Caragalafest, zu leiden. Obwohl indess auf 
den Strassen nach Caragala im Februar 1891 sich unablässig ein 
dichter Strom von Pilgern wälzte, obschon die Ufer des Ganges 
dort meilenweit von Badenden belagert waren, so war doch im 
Jahre 1891 Caragala verhältnissmässig frei von Cholera. Indess 
stieg auch in Purnea die Mortalitätsziffer im April bis auf 10000. 

Den eigentlichen Grund für die Ansteckung gelegentlich der 
Badefeste erblickt der Berichterstatter von Purnea in der Sorg¬ 
losigkeit der niederen Classen: Er sah in den schlimmsten Zeiten 
Leute in denselben Betten mit Cholerakranken zusammen schlafen 
oder angethan mit den ungewaschenen, oft noch beschmutzten 
Kleidern der eben Gestorbenen. Ebenso hat er das Volk zu 
Trink- und Kochzwecken Wasser aus Tanks entnehmen sehen, in 
welche man, wie sie wussten, Choleraleichen geworfen hatte, ob¬ 
schon es nur wenig Mühe gekostet hätte, einige Schritte weiter 
unverdächtiges oder wenigstens anscheinend unverdächtiges Trrnk- 
wasser zu erhalten. 

Auch die Stadt Madras (Rep. of the government 1891/92) 
führt den Ausbruch der Cholera in ihren Mauern fast stets auf 
ein im August abzuhaltendes Badefest in Periapolliam zurück. Im 
Gegensatz dazu bemüht sich Dr. J. M. Cunningham in seiner Mono¬ 
graphie „Cholera: What can the State do to prevent it“ (S. 81) 
nachzuweisen, dass eine Choleraepidemie ihren eigenen Gang geht, 
unbekümmert um Jahrmärkte und Feste. 

Aus all den geschilderten Einzelheiten des Jahres 1891 erklärt 
sich, weshalb, wie an einer anderen Stelle schon zahlenmässig be¬ 
wiesen wurde, gerade die Epidemie des Jahres 1891 an besonders 
viele Ortschaften durch die Pilgerschaar der ausnehmend stark be¬ 
suchten Badefeste verschleppt, sich durch die Spätmonate hindurch 
in das Jahr 1892 fortsetzte. Es kann dann nicht Wunder nehmen, 
wenn bei den Frühjahrsbadefesten 1892, die, wie wir gleich sehen 


werden, sich gleichfalls eines unerhört grossen Zulaufes erfreuten, 
die Seuche einen gewaltigen Umfang erreichte. 

Die Mittellandprovinzen bilden für die vom Süden nach dem 
Norden und zurück ziehenden Pilger die allgemeine Heorstrasse. 
Nun hatten schon die zahlreichen Jahrmärkte, die jährlichen bis 
herab zu den wöchentlichen, welche in jeder Stadt und jedem Dorf 
grosse Menschenansammlungen veranlassen, jedesmal im Sommer 
1892 eine grössere oder geringere Anzahl Cholerafälle im Central¬ 
lande im Gefolge, so dass dort von 160 Bezirken 127 von Cholera 
heimgesucht wurden. Die zunächst wenigen Cholerafälle erweiterten 
sich in Raipur zu einer Epidemie, als die Pilger von der Allahabad- 
feier am 27. Januar zurückkehrten. Auch in Bilaspur war der 
erste Fall ein Pilger, welcher am 12. Februar von der Allahabad- 
feier zurückkam, in Damoh waren es drei Leute, welche den 
Garhakotaviehmarkt besucht hatten. In Narsingpur wurde die 
Krankheit gleichfalls von dem Garhakotamarkt, in Nimar vom 
Mandhattafeste eingeschleppt; ähnliche ursächliche Verhältnisse lagen 
für die übrigen Distrikte. der Centralprovinzen vor, die im ganzen 
im Jahre 1892 über 39972 (4,21 %o) Choleratodesfälle berichteten. 

Ueber die unmittelbare Ursache sagt der amtliche Bericht¬ 
erstatter, dass das Volk die Benutzung von Brunnen verschmäht 
und mit Vorliebe das Tankwasser zum Trinken herbeiholt. Anderer¬ 
seits ist es ganz allgemein bei den Dorfbewohnern, ihre Todten in 
Tanks oder die heiligen Ströme zu versenken, damit sie von ihren 
Sünden Erlösung finden. Ebenso werden, wie das ja auch schon 
die Deutsche Choleracommission aus Indien 1884 berichtete, die 
Kleider der Cholerakranken und -Todten in den Dorftanks ge¬ 
waschen, allen Verboten der Behörden zum Trotz. Bemerkenswerth 
erscheint auch noch die Beobachtung des Berichterstatters, d^ss 
Burhanpur, welches sich einer ausreichenden Versorgung mit reinem 
Trinkwasser erfreut, die einzige Stadt des Bezirks war, die von 
Cholera frei blieb, obschon einige Dörfer der Umgebung ergriffen 
waren. (Schluss folgt.) 


VII. Therapeutische Mittheilungen. 

Drei Cholerafälle, behandelt mit menschlichem Heil- 
serum. 

Kurze Mittheilung von Dr. Freymtith in Danzig. 

Am Abend des 11. August kamen aus dem Vororte Althof drei 
Cholerakranko in’s Lazareth: der Arbeiter Albert Lehmann, 17 Jahre alt, 
die 35jährige Inspeetorsfrau Bertha Pieper und die Arbeiterin Johanna 
Kusch, 18 Jahre alt; Lehmann war 24 Stunden krank, die beiden anderen 
hatten die Krankheit erst seit dem Morgen bezw. Mittage dos Aufnahme¬ 
tages. Alle drei hatten 36° C, erbrachen unaufhörlich, hatten einen Reis¬ 
wasserstuhl nach dem anderen, die Augen waren tief eingesunken, die 
spitze Xase. die Extremitäten waren blau, marmorkalt, aufgehobene Haut¬ 
falten blieben stehen, der Puls war nicht zu fühlen, die Stimme raub und 
heiser, es bestand Anurie, Wadenkrampf, Jactation; kurzum, es waron 
drei Fälle schwerster asphyktischer Cholera mit schlechtester Prognose. 

Die auf meiner Choleraabtheilung übliche Therapie: warme Ein¬ 
wickelung. l /i —*/a stündlich wiederholte subcutane Einspritzung von Oleum 
camphoratum, Darreichung von Eis und Champagner, subcutane Infusion 
von 600—800 ccm physiologischer Kochsalzlösung, hielt den Tod des Leh¬ 
mann, welcher am 12. August früh 7'/aUhr erfolgte, nur wenige Stunden 
auf; die beiden Frauen hielten sich zunächst, ohne sich jedoch mehr als 
vorübergehend zu erholen. 

Ich fasste nun den Entschluss, bei den Ueberlebenden, die ich gleich¬ 
falls beide für verloren hielt, die Serumtherapie zu versuchen. 

Das Blut gaben bereitwillig zwei meiner früheren Patienten her, 
welche die Cholera seit vier Wochen Überstunden hatten, mithin in einer 
Periode der Gesundung waren, in welcher dio Schlitzkraft des Serums, 
wenn überhaupt vorhanden, auf der Höhe sich befinden musste. Die Blut¬ 
spender, die Arbeiter Zielke’schen Eheleute aus Schidlitz bei Danzig, 
waren gesunde, kräftige, junge Menschen, der Mann hatte eine Cholera 
mit Anurie und Asphyxie, die Frau einen leichten Anfall durchgemacht. 
Die Methode der Blutentnahme wich von den bisher üblichen ab und 
schloss sich an die Art an, welche Ziemssen zur Gewinnung von Blut 
für subcutane Injectionen angegeben hat. Am Oberarm wurde wie zum 
Aderlass eine Binde angelegt, darauf iu die pralle Vena mediana von unten 
her eine entsprechend starke Hohlnadol eingestochen und in der Längs¬ 
achse des Gefässes ein Stück hinaufgeführt. Das Blut floss schnell und 
sehr ergiebig ab, es wurdo in sterilen gläsernen Schröptköpfen aufgefangen. 
In jeden Schröpfkopf liess ich gegen 20 ccm Blut cinfliessen, dann ver¬ 
schloss ich ihn mit Watte und stellte das so gewonnene Matenal 24 
Stunden in den Eissehrank. Nach dieser Zeit, am 13. August, hatte ich 
240 ccm eines klaren Serums, 7 / 8 von dem schwerkrank gewesenen Manne 
Zielke, */« von seiner Frau herstammend, zur Verfügung; cs wurde mit 
0 6 % Carbolsäure versetzt und hielt sich, im Eisschrauke aufbewanrt, 
viele Tage unverändert. An den Blutspendern ging der kleine Emgritt 
ohne den geringsten Nachtheil vorüber, sie Hessen sich, nachdem die fcm- 
stichstellen mit einem Collodiumwatteverbande geschlossen waren, mehl 

mehl *Die Heilversuche begann ich am 13. August Abends, ich sagte mir. 
dass ich, um Wirkungen zu erzielen, grosse Dosen wählen müsste, hng 
aber der Vorsicht halber mit einer massigen Quantität an, da jene ui- 
fahrung über Schädlichkeit oder Unschädlichkeit des Serums iehlte. 


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830 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Fall L Bertha Pieper. Zustand am 13. August: Cyanose, Kälte, 
Anurie, viel Stuhl, der etwas Blut enthält, Erbrechen seltener, Tempe¬ 
ratur 38 C, Puls 120, eben fühlbar, grosse Apathie. Sie erhält 10 ccm 
herum unter die Haut zwischen den Schulterblättern, eine Stolle, welche 

der Folge beibehalten wurde. Eine merkbare Reaction erfolgte nicht, 
das Serum war sehr bald resörbirt, wie solches auch stets nachher bei 
den injöctionen grösserer Mengen der Fall war. 

14. August. Des Morgens etwas freier. Puls 96, Temperatur 37°, 
schon gegen 10 Uhr wird die Patientin unruhig, unbesinnlich, bekommt 
Siogultus. Zweite Injection: 30 ccm. Keine Besserung; fünfmal Stuhl 
mit Blut 

August. Unnihe steigt. Patientin ist kaum im Bette zu halten, 
delinrt. Puls 90, voller. Kein Erbrechen, 4 blutige Stühlo. 50 ccm 
Serum. 

16. August. Morgens erster ei weisshalt iger Urin, die Kranke ist 
ruhiger, giebt bessere Antworten, der Puls ist gut, die Hände sind warm: 
3 blutige Stühle, Temperatur 37°. 

17 August, Patientin verfällt, bekommt 38,9°; 4 blutige Stühle 
Sie stirbt am 18. August früh 2 1 /* Uhr. S 

Section 10 Stunden p. m.: Hämorrhagische Infiltration der Dünn¬ 
darmschleimhaut, blutiger Stuhl im Darm; im Herzblut und Milzausstrich 
Diplococcen, die lür Mäuse pathogen waren (Bacteriologische Anstalt, 
Komm^bacilLn »twickelnngriUüge 

• , f J 1 ?: Johanna Kusch. 13. August, Patientin stöhnt, schreit, 
li ft sich hin und her, sie ist kalt, blau, die Augen sind tief eingesunken 
^X Pe ? w 6 'J ‘ viel Erbrechen und Stuhl. Nur der gute Puls (96) 
giebt etw as Hoffnung. 10 ccm Serum. ^ 

. 14 - Au & ust - Sieht wohler aus, ist aber noch sehr unruhig. Sie 
!md 30 ZU cm e Semm Unn 8 °° CCm ’ eiweisshalti ^ Bekommt ein Bad 
Serum 5 AugUSfc ' * St ruhi o e ri giebt an, sich wohler zu fühlen. 50 ccm 

t? • . August, Zunehmende Besserung, jedoch noch immer mehrere 

30 ei p^ S q rStüh 6 Erbrechen. Noch einmal am 18. August 

fvnTnh Seniin ’ danach sofort Erbrechen, doch hatte die Kranke kurz 
.uvor Champagner genommen. In dem zwischen dem 15. und 18 August 
S ^ h yer f tzt cu Pepton wurden keine Kommabacillen mehr 

WOh i aber ku g e kge Gebilde, welche für degenerirte Bacillen 
ange|ehen wurden. Vom 18. August an Stuhlverstopfung bis zum 24. p • 
am 21. August konnte Patientin das Bett verlassen. P *’ 

aufo-pnnmLr August Sanowski, 45 Jahre alt, Matrose auf Dampfer Ella 
217 114 - August Nachts. Er kommt in Quarantäne da auf 
Cholera v“rftorbenT« n *“ M “ tr0Se ’ mit dem er die an 

rolativeaÄefind» 6 ” 41 *** -eimal Erbrechen, 

erbricht til« 81 »« 0 '' ^ ustan . d hat bedeutend verschlechtert. Patient 

mrss 

.blau. Puls klein, beschleunigt. Temperatur 36 4 hi« plf tti,*. 

Nach rrEi U n a , 8 n S r r ? ft aberg0b a e “, ™ ren ’ d ™ »■* Vorraths ® 
klein 17 ä;^. UgUS i' J Beflnden wieder schlechter, Extremitäten kühl Pul, 

IQ nnlfon 1 Allgemeinbefinden unverändert, ein Stuhl. 

21 b„ d 9 ? J August: Besserung, nur häufige Stahle, 
gesetzt.' b 2 ' AugUSt: Die Besserun « hiUt d «r Kampher wird aus- 

30. A^gus J t UgaSt: FeSter StUh1, V ° Ue Ke “nvalescenz. Entlassung am 

Nach 24stmd “ 

24 Stunden r "' 5 0 AgS?ul 8 ir'Tubt.” 11 >h ^ Ser “ m intra P erit <>neal, nach 

setzuigen U zu r taüpfen;’ ihreZaff ™“ g - di T drei Falle Auseinander- 
haft, um bindende Schlussfolgerune-pn die Beobachtung zu lücken- 

denen Werth werden sie haben als die «rct* 1 ZU .k önnen< Ihren beschei¬ 
behandelten Cholera fälle. Wenn nicht« mlhr mit m . enschl . lchem Serum 
Art der Behandlung verhältnissmässiV z ? lgen sie? dass diese 

Ehrlich und wenn nicht be^ ZZ ührb ? r ’ dass sie ™ge- 
andere Therapie. Wollte ich ’ ontimiSriiS. h - nicht s f hlechter ist, als jede 
Ergebnissen eine L° h in “ 

sehen. Dass sich Frau Piepe? nur h ür?^ erf ^ff«ng der Seruratherapie 
dyauf geschoben werden ** LT bei TZZZ mcht d »T on ^ kann 
mtoxication, sondern eine Mischinfectinn v«ri 6me - rei 5? Kommabacillen- 
l erarbeitung des Falles zeigte. Die Fälle fesoh 16 d * e Q bacter iologische 

—•«- aa sst; uri 


schieben " 8 “ cht anhieIt ’ 30 kann maB das auf d « zu geringe Dosis 

Freilich würde es misslich um die Serumtherapie stehen, wenn 
Erzielung der vollen Heilung so grosse Mengen Seram erforderlich wflC 
wie ich sie bei der Kusch angewondet habe w " r,: "' 

Aber der Hinblick auf die Ereignisse des Tages erweckt die Hoffiu.,» 
i»,y r i™c el d «r Diphtheriös auch bei der Cholera nicht Ä 
menschliche Serum allein angewiesen sein dürften und dass das Thier 
expenment uns auch hier zu Hülfe kommen wird. WeHiit“on h 
hchem Serum weiter arbeiten will, wird gut thun als ' 

genesene Kranke zu benutzen, welche einen schweren Anfal&Ü” 
haben. Serum welches ich einem jungen Manne entnahm, der arn iSt, 
nWHF 8 8 e babt hatte, war, auf seine immunisirende Kraft am Thiere ec 

FegenheTme™ 8 S ’ Z ” Pr “ fung “ Mensch “ hatte ick 

m ~ B- Macrae, Proventivo inocnlation for Cliolcra in India. 

^September 1894 .) Während der Choleraepidemt 
™ m ®r X ® 94 ™ Distnct Gaya Gaol wurde es den Gefangenen frei- 
T^nn-n’ b rir ^ assen ™>Hten oder nicht. Die Zahl der 

je 2004 zu ^ Verwendung 

Kam die Halfkine sehe Methode. Von ersteren erkrankfpn 9^7 ™n 
letzteren 3,34 %. Es starben 1,89 bezw. iSSVüm ^s diÄl 
einen Beweis für die Schutzkraft der Haffkine’schen Impfung heran', 
se^n sFheT man em S ° grosser Optimist sein, wie es de/ Verfasser za 
j Sem schemt - __ H. Citren (Berlin). 

VIII. O. Fraentzel f. 1 ) 

Hochgeehrte Versammlung! 

In der kurzen Zeit, welche seit unserer letzten Sitzung vor 
den b enen verflossen ist, hat der Verein schwere Verluste erfahren. 
Kmer jener Geistesheroen, welche während der Dauer eines Meuschen- 
alters nur vereinzelt auftauchen und nicht bloss der Mitwelt, 
f.? nd f. rn au °k kommenden Geschlechtern als beredtes Zeugniss da- 
tür dienen, dass die grossen Fortschritte der Wissenschaft lediglich 
das Werk weniger, besonders Ausgewählter sind - Hermann 
. li elmhol tz, Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, ist aus dem 
eben geschieden. Dem Andenken an ihn wird der Verein nach 
escnluss des Vorstandes eine besondere Gedächtnisfeier widmen. 

Heute liegt es mir ob, des Heimganges desjenigen Mannes zu ge¬ 
denken, welcher zu den Begründern dieser Gesellschaft zählte und 
ihr von Beginn an als Vorsitzender angehörte. Wir alle, die wir 
ihn so häufig in diesem Saale vor und neben uns erblickten und 
Zeugen davon waren, wie er trotz seiner schwer erschütterten Ge¬ 
sundheit noch bis vor Jahresfrist das ihm übertragene Ehrenamt 
auszuuben versuchte, haben die Empfindung, dass mit ihm ein 
otück der Geschichte unseres Vereins zu Grabe getragen worden 
ist und dass sein Verlust noch lange als ein besonders schwerer 
naengefühlt werden wird. Gehörte doch Fraentzel mit zu den 
lervorragendsten Vertretern der inneren Medicin, nicht bloss in 
dieser btadt, sondern weit über die Grenzen derselben hinaus, in 
unserem deutschen Vaterlande. Aufgewachsen in der Schule 
unseres grossen Lehrers Traube war er einer derjenigen, welcher 
mit besonderem Erfolge und Geschick die von diesem gelehrte 
exacte Erforschung der inneren Erkrankungen zu verallgemeinern 
und weiter auszubauen suchte. 

ü v ^ s Eraentzel, welcher 1838 zu Meseritz geboren war, die 
erliner Universität im Jahre 1856 bezog, existirten im Königlichen 
Unaritekrankenhause nur zwei Kliniken, an welchen Civilärzte als 
Assistenten angestellt waren, nämlich die Schoenlein’sche, nach¬ 
mals Frerichs’sche Klinik und die Abtheilung für Geisteskranke. 

Ls war daher von ausschlaggebender Bedeutung für Fraentzel’s 
ganze spätere Laufbahn, dass er als Zögling in die militärärztliche 
Hildungsanstalt eintrat und damit von vornherein die Möglich¬ 
keit gewann, nach einigen Jahren in die Stellung eines Unterarztes, 
später eines Assistenzarztes am Charit6krankenhause einzurücken. 
Zwei unserer bedeutendsten gegenwärtigen deutschen Kliniker, 
Leyden und Nothnagel haben bekanntlich denselben Entwicke- 
lungsgang durchgemacht. Bei einer so bevorzugten Anordnung 
des otudienganges, welche den meisten strebsamen Civilärzfcen zu 
damaliger Zeit verschlossen war, ist es begreiflich, dass Fraentzel 
mächtige Anregung empfing. Er war sich aber auch des ihm zu 
4 1 werdenden Vorzuges, in vollem Maasse bewusst. Mit unge- 

W v ij beri ? -BBer warf er sich auf das Studium der inneren Medioin, 
sobald er in die Traube’sche Abtheilung eingetreten war. Einer 
seiner damaligen Studiengenossen und Freunde tlieilte mir noch 
dieser Tage mit, wie Fraentzel, der ursprünglich ein flotter 
otuaent war, von diesem Augenblicke an, fast alles andere ver* 
nachlässigend, neben dem anstrengenden Abtheilungsdienste Tag 
für Tag emsig litterarischen Arbeiten auf dem Gebiete der klinischen 
Medicm obla g. In jene Periode (1860) fällt auch seine erste Be* 

, Gedenkrede, gehalten im Verein für innere Medicin am15. October 
lo94. 


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Original ftorri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



25'. October. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


kanntschaft mit seinem nachmaligen Freunde Leyden der zu 
gleicher Zeit als Stabsarzt und Assistent Traube’s auf dessen 
Station in der Charitö thätig war. Die militärärztliche Carrtere führte 
ihn nach beendigtem Staatsexamen im darauffolgenden Jahre 1861 als 
Assistenzarzt zunächst nach Mainz und zwei Jahre später nach Breslau 

1864 nahm er am schleswig-holsteinischen Krieg theil, und bereits 

1865 sehen wir ihn, noch bevor er zum Stabsarzte befördert war, 
wieder nach Berlin an das Friedrich Wilhelm-Institut zurückkehren. 
Die verhältnissmässig kurze Zeit der Wanderjahre war beendigt, 
und es beginnt nunmehr die Periode ernster eigener wissenschaft¬ 
licher Arbeit. Sofort begann er sich mit mikroskopischen Studien 
zu beschäftigen, deren Frucht auch ein besonderer Fund, der Nach¬ 
weis eines Endothelüberzuges an den mit einer Hülle versehenen 
Ganglienzellen war. Jedoch waren theoretische Arbeiten niemals 
das Gebiet, auf dem er sich heimisch fühlte. Sein ganzes Streben 
war auf praktische Thätigkeit gerichtet, und kein grösserer Wunsch 
beseelte ihn, als auf diejenige Abtheilung zurückkehren zu dürfen, 
auf welcher er seine erste praktische Ausbildung erfahren hatte! 
Derselbe wurde im Jahre 1867 dadurch, dass er Assistent Traube’s 
wurde, verwirklicht. 

Das Verhältniss zu seinem früheren Lehrer und jetzigen Chef 
gestaltete sich alsbald zu einem besonders vertraulichen, da 
Fraentzel sich der strengen Methodik Traube’s nach jeder 
Richtung hin anpasste und mit solcher Liebe seiuer Thätigkeit 
hingab, dass Traube den grösseren Theil der in dieser Zeit aus 
seiner Ahtheilung hervorgegangenen Publicationen durch ihn be¬ 
sorgen liess. Noch von einer anderen Seite her wirkten Einflüsse 
auf ihn, die den Entschluss, sich später der Universitätscarrißre 
zu widmen, mehr und mehr in ihm reifen liessen. Es bestand da¬ 
mals eine Vereinigung junger aufstrebender Mediciner in Berlin, 
wie sie in ähnlicher Zusammensetzung und mit gleichen Bestre¬ 
bungen nicht so leicht sich wieder zusammenfinden dürfte. Mit¬ 
glieder derselben waren vorwiegend Assistenten der Kliniken und 
sonstigen wissenschaftlichen Institute. Man vereinte sich zu 
zwangloser Geselligkeit, benutzte aber zugleich die abendlichen 
Zusammenkünfte, um hier die allerersten Mittheilungen über die¬ 
jenigen Arbeiten anzuhören, welche die einzelnen Mitglieder be¬ 
schäftigten, bezugsweise von ihnen eben vollendet waren und vor 
ihrer Veröffentlichung dem Freundeskreise zur Discussion unter¬ 
breitet wurden. Keine Geringeren als Cohnheim, Kühne, 
Westphal, Hermann, Rosenthal gehörten dieser Vereinigung, 
die den Namen des „Raisonneur“ trug, an. In sie wurde Fraentzel 
aufgenommen und schloss sich alsbald in enger Freundschaft be¬ 
sonders Cohnheim und Westphal an. 

Seine weitere Carri&re ist Ihnen sämmtlich bekannt; sie war 
eine aussergewöhnlich schnelle und erfolgreiche. Bereits 1870, ein 
Jahr nachdem er aus der Traube’schen Klinik ausgeschieden war, 
wurde er dirigirender Arzt in der Charite, nachdem er schon vor¬ 
her die Stelle eines leitenden Arztes im Augustahospital über¬ 
nommen hatte. Zugleich habilitirte er sich und entfaltete von nun 
ab eine überaus fruchtbringende Thätigkeit als Lehrer, indem ihm 
zunächst der Unterricht der militärärztlichen Zöglinge in der physi¬ 
kalischen Diagnostik übertragen wurde, zu gleicher Zeit aber sein 
unverkennbares Lehrtalent ihm zahlreiche Civilzuhörer zuführte. 
Nur der deutsch-französische Feldzug, an dem auch er theilnahm, 
unterbrach diese Thätigkeit. 1875 wurde er zum ausserordent¬ 
lichen Professor an der Berliner Universität und 1890 zum Ge¬ 
heimen Medicinalrath befördert. 

Fraentzel gehörte neben Leyden und Nothnagel, wie ich 
schon hervorhob, zu den Hauptvertretern der Traube’schen Schule. 
Die Eigenart Traube’s, am Krankenbette alle Symptome auf ihre 
Ursachen zurückzuführen, ihre Entstehung, soweit als zulässig, 
mit den Thatsachen der Physik und Physiologie in Einklang zu 
bringen und die erklärten Erscheinungen zu dem Aufbau der 
Diagnose zusammenzufassen, wurde von Fraentzel übernommen, 
soweit sich dies ohne Zuhülfenahme eigener experimenteller Unter¬ 
suchungen, an die er sich niemals heranwagte, bewerkstelligen liess. 
Die ungemeine Pietät gegen seinen früheren Lehrer war der Grund, 
dass er nur ungern etwas von den Anschauungen opferte, die ihm 
von diesem überkommen waren, und dass er selbst da, wo die immer 
fortschreitende Wissenschaft allmählich zu anderer Auffassung zwang, 
oftmals lange zögerte, ehe er die Berechtigung einer solchen zugestand. 
Sein Hauptgebiet war und blieb das der Herz- und Lungenkrank¬ 
heiten, jener beiden Krankheitsgruppen, bei welchen die physikalische 
Diagnostik bis heutigen Tages ihre Haupttriumphe zu verzeichnen 
hat. Hier trat auch Fraentzel mit eigenen Untersuchungen 
hervor, welche seinen Ruf nach aussen begründeten. In den 
sechziger Jahren hatten englische und amerikanische Forscher 
zuerst nachdrücklich auf das Vorkommen von Störungen der Herz- 
thätigkeit infolge übermässiger körperlicher Anstrengungen hinge¬ 
wiesen. Von deutschen Autoren schloss sich ihnen zunächst Seitz 
an, der unter Biermer zahlreiche bestätigende Beobachtungen aus | 


831 

der Züricher Klinik gesammelt hatte. Ein verhältnissmässig kurzer, 
aber überaus klar geschriebener, im 57. Bande von Virchow’s 
Archiv (1873) enthaltener Aufsatz Fraentzel’s lenkte von neuem 
die Aufmerksamkeit der Fachgenossen auf dieses Gebiet und bildete 
mit den Hauptantrieb, dass man von nun ab mit grösserem 
Interesse als bisher sich dem Studium der sogenannten functionellen, 
oder, wie man sie damals nannte, der idiopathischen Herzerkran¬ 
kungen zuwandte. Das Material zu seiner ursprünglichen Mit¬ 
theilung, die er später durch weitere Aufsätze über den gleichen 
Gegenstand vervollständigte, bezog sich auf 69 Krankheitsfälle von 
Soldaten, welche durch die Strapazen des Krieges von 1870/1871 
Symptome von Herzerkrankung mit Erweiterung der Herzhöhlen 
davongetragen hatten. Ausser diesen Veröffentlichungen über die 
Ueberanstrengung des Herzens war es namentlich seine Bearbeitung 
der Erkrankungen der Pleura in Ziemssen’s grossem Handbuch 
der speciellen Pathologie und Therapie, durch welche sich Fraentzel 
ein besonderes und allgemein anerkanntes Verdienst erwarb. Zum 
ersten male erfuhren hier die neueren Fortschritte auf dem Gebiete 
der Behandlung der Rippenfellkrankheiten eine zusaramenfassende, 
durch eigene Erfahrung vielfach unterstützte Darstellung. Sind auch 
seitdem durch Hinzutreten einer verbesserten Operationstechnik, 
sowie der Ergebnisse der bacteriologischen Forschung vielfach neue 
Bausteine dem Gebäude dieser Erkrankungen eingefügt worden, die 
Grundprinzipien der Behandlung werden allem Anschein nach dieselben 
bleiben wie bisher, und die klare Zusammenstellung ihrer Indica- 
tionen und Contraindicationen sichert dem Werke Fraentzel’s die 
Anerkennung für spätere Zeiten. Es wäre ein Uebriges, wollte ich 
hier seine zahlreichen sonstigen Veröffentlichungen aufführen. Sie 
sind Ihnen um so bekannter, als die hauptsächlichsten, wie die¬ 
jenige über den Galopprhythmus, die angeborene Enge des Aorten¬ 
systems etc., gerade in Form von Mittheilungen in dieser Gesell¬ 
schaft erfolgt sind. Während der letzten Lebensjahre beschäftigte 
ihn die Abfassung seines Lehrbuches der Herzkrankheiten, welches 
er, obwohl bereits mehrfach durch schwere Krankheitszufälle heim¬ 
gesucht, dennoch vollendete. Er hat darin noch einmal seine 
hauptsächlichsten eigenen Beobachtungen in übersichtlicher Dar¬ 
stellung niedergelegt. 

Was die Persönlichkeit Fraentzel’s anlangt, so war er im 
Grunde eine durchaus joviale Natur, wiewohl er im Verkehr mit 
Fremden sich zuweilen eine gewisse Zurückhaltung auferlegte, ge¬ 
legentlich auch w T ohl gern eine sarkastische Bemerkung über die 
Schwächen Anderer sich gestattete. Aber, wem er einmal eine 
freundschaftliche Empfindung entgegenbrachte, dem bewahrte er sie 
dauernd. Neid und Bitterkeit lagen ihm fern, und er erkannte 
gern die Erfolge anderer an, wenn sie berechtigt waren. Rührend 
war namentlich die Anhänglichkeit und Verehrung, die er Cohn- 
heim gegenüber an den Tag legte, den er nicht bloss als Ge¬ 
lehrten, sondern auch als Freund überaus schätzte. Ebenso weiss 
jeder von uns, in wie engem freundschaftlichem Verkehr er 
mit Leyden stand. Ich selbst trat zum ersten male im Jahre 
1868 zu ihm in nähere Beziehungen, als ich als junger Klinicist 
meine Studien auf der Traube’schen Abtheilung begann und von 
ihm, dem damaligen Assistenten, meine ersten Unterweisungen er¬ 
hielt. In späteren Jahren genoss ich seine besondere Zuneigung, 
die er mir bis an sein Lebensende bewahrte. 

Die Heiterkeit seines Wesens übertrug er in der Unterhaltung 
auch auf seine Umgebung, und diejenigen, die ihn näher kannten, 
erinnern sich mit Vergnügen der humorvollen Darstellungen, die 
er gelegentlich über Erlebnisse aus der ersten Zeit seiner militä¬ 
rischen und ärztlichen Laufbahn zu geben pflegte. Seine Patienten 
hingen an ihm mit besonderem Vertrauen, und dies war berech¬ 
tigt, da, wie schon von anderer Seite neulich hervorgehoben wurde, 
er in glücklichster Weise die Eigenschaften des praktischen Arztes 
und Consilienten in seiner Person vereinte. Seit 1872 w r ar er mit 
der ältesten Tochter Traube’s vermählt und erfreute sich eines 
ungetrübten Familienglückes. 

Meine Herren Collegen! Das Lebensbild, welches ich Ihnen in 
kurzen Zügen von unserem verstorbenen Freunde und Collegen 
vor Augen zu führen versucht habe, zeigt uns ihn als einen red¬ 
lichen Kämpfer und Streiter im Dienste unserer hehren Wissen¬ 
schaft. War es ihm auch nicht vergönnt, die höchste Staffel zu 
erklimmen, so wird ihm doch Jeder gern und voll die Anerken¬ 
nung zollen, dass er den Besten seiner Zeit nachzueifern bestrebt 
war und seine ganze Kraft einsetzte zum Wohle seiner Mit¬ 
menschen. Ein an Erfolgen reiches Leben liegt abgeschlossen vor 
uns. Der Verein für innere Medicin aber, welcher in ihm seinen 
Vorsitzenden verloren hat, wird ihm eingedenk dessen, dass er die 
Interessen desselben stets zu seinen eigenen machte und sie, wo er 
nur immer konnte, nach aussen mit Nachdruck vertrat, noch in 
ferner Zeit ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren! 

A. Fraenkel. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


IX. Ludwig Mauthner, 

geboren den 13. April 1840 zu Prag, gestorben den 20. October 1894 
zu Wien. 

«Rasch tritt der Tod deu Menscheu au.“ 

Die heutige Morgenpost (21. October 1894) bringt mir einen 
Brief, der in Wien am 19. October 1894, Nachts 11—12, abge¬ 
stempelt worden und die beifolgende Karte enthält: 

19. October 1894. 

Besten Dank für Ihre freundlichen Vorahnenden 
Wünsche. Meine Ernennung zum Ordinarius und Vorstand 
der I. Augenklinik wurde erst heute publicirt. 

Herzlichen Gruss 

> Ludwig Mauthner. 

Es dürften mit die letzten Zeilen Mauthner’s gewesen sein. 
Freitag, den 19. October, Abends spät hat er sie .geschrieben, in 
der Nacht vom 19. auf den 20. October ist er plötzlich am Herz¬ 
schlag gestorben. 

Die Wirklichkeit ist tragischer, als alle Trauerspiele. 17 Jahre 
hat der Unermüdliche um den einen Siegespreis gerungen, der ihm 
seltsamer Woise als das höchste Gut vorschwebte, — um die ordent- 
J 1 ® 11 ® Professur an der Wiener medicinischen Facultät; am 
19. October d. J. wird seine Ernennung veröffentlicht: in der darauf¬ 
folgenden Nacht stirbt der 54jährigo, — wie ein Heerführer nach 
siegreicher Schlacht. 

13* April 1840 wurde Ludwig Mauthner zu Prag ge¬ 
boren. Begabung und Scharfsinn waren das Erbtheil seiner Familie 
die mehrere berühmte Mitglieder aufzuweisen hat. Seine Studien 
vollendete er m \\ ien, wo er 1861 promovirte und eng au den genialen 
abev in jener Zeit verkannten und zurückgesetzten Ed. v Jäger 
smh anschloss. Rührend war das Verhältniss von Lehrer und 
Schüler. Obwohl Ed. v. Jäger ein hochbegabter Künstler war 
in seinem ophthalmoskopischen Atlas vom Jahre 1869 noch heute 
unübertroffen und als Staroperateur von wenigen erreicht, — im 
Jahre 1871 sagte nur der bescheidene Mann in seinem eigenen 

inflSsin 10 ^ 8 !? 1 ti a ’ WCIlI J S ! e gute Operationen sehen wollen, 
müssen Sie Mauthner aufsuchen.“ 

0 » in b' n T d , Mauthner .. wie . derum wurde nicht müde, das Verdienst 
init SnJrV™ Augenspiegelung, die Refractionsmossung 

nit Hilfe des Augenspiegels, um die genauere Sehprüfung in das 

■tndver^chi F° ht ^f 1 !Ü“ und gegenüber einseitigen Vertretern 

«inciier Schulen zu vortheidigen. 

Nach einem kurzen Wanderjahr, das ihn nach Berlin zu Graefe 
und auch nach London führte, habilitirte sich Mauthner 1864 in 
Lande Id« , d<m folg ? nden 30 Jahren die österreichischen 

sultftmnsrek? i e 8fiq Sen ’ “ lt Ausnahme einer gelegentlichen Con- 
A i 186 . 9 ,"' urd0 er als ordentlicher Professor der 

^I, r ,n< 'n. nacL Innsbruck berufen, gab aber 1877 diese 
fe ellung freiwillig wieder auf und kehrte nach dem geliebten Wien 

7 u r entfalten le die n ’ , I ‘ le y.. als Pnvatdoceut eine bescheidene Thätigkeit 

smkeit nml’ T ei,rf erd n ngS s ? iner ganz »«gewöhnlichen Bcredt- 
•samkeit und Lehrbegabung in schreiendem Widerspruch stand 

Uneikannt besuchte ich 1881 seine öffentliche Vorlesung Drei 
Zuhoror waren zugegen, zwei amerikanische Aerzte, die der Sprache 
Mauthn? SS,S fe^ d8r , des Ge ^« sta « d es nicht mächtig wan und 
“haf hohe w l5° aU f Wa , hrhaft künstlerische, vollende™ sse „- 
Welse . >« der kurzen Spanne von einor Stunde die 
„nf ®n ^ jC r. re » von dem Ophthalmometer und der Messung der 
opüschen Constanten des lebende» Auges, wie nach meS Reis“ 

crUgScMbüt t r. 2 ?^i aUf d ' r ganzen Erdoberfläche e S 

die ,Stf,, pntiV Ut i- 8 °, cll , e Vorträge waren freilich zu hoch für 

leLngm unH P 0° n ° ch d ? ZU durch das Joch der Zwangsvor- 
ß f « nd Prüfungen gehemmt werden. Aber in der Privat. 

Gesellschaft de/ a'® A . nerkea ?«"£ «« d höchste Geltung; und in deO 

s— 

ae'Äi“»'- 

Stil zeichnen ihn aus, wiewohi e b *h 5n ‘s “ nd ^^arliger 
Scharfsinn gelegentlich zur Anfc+oii 1 <Urck seiDen dialektischen 
verleiten liess. Aufstellung von paradoxen Ansichten 

vom S JM,r?\l6M4 k 6rL d8 0a/ hrb t UCh der Ophthalmoskopie 
Literatimangabcn und bis heute nnolh* ? t hr - liche - mit g0 “ a «» 

ständigste. Sein zweutes Wo,®, ^ 


No. 43 


Fehler des Auges (Wien 1876, 878 S.), enthält eine Fülle „ 
schichthcdier Untersuchungen und eigener Forschungen aus der Int 
brucker Zeit, in lebhaftester Darstellung des scheinbar unergiebigen 
Gegenstandes. Nach Wien zurückgekehrt, begann Mauthner eine 
umfassende Reihe von Monographien zu veröffentlichen, unter dem 
Titel: Vorträge aus dem Gesammtgebiet der Augenheilkunde für 
Studirende und Aerzte. Erschienen sind: Functionsprüfunir die 
sympathischen Augenleiden, Gehirn, und Auge, Glaucom, Auwn- 
muskellähmungen. 1 ) b 

Die Farbenlehre, der Functionsprüfung erster Theil, ist in 
zweiter, vielfach geänderter Auflage, erst vor wenigen Wochen 
erschienen. 

Im persönlichen Verkehr gehörte Mauthner zu den geht- 
reichsten und witzigsten Menschen, die ich kennen gelernt Jedem 
dem er näher getreten, wird er unvergesslich bleiben. Die Augen¬ 
heilkunde aber hat in ihm einen ihrer besten Vertreter verloren 

Berlin, 21. October 1894. j. Hirscliberg. 

X. Kleine Mitth.eilu.ngen. 

,. 77 f?. eF u "i P* c im Königlichen Charitö-Krankenhause neu eröffne!. 
ii lai j * r j • s " « nd Nasenkranke ist nunmehr in ihren Einrichtungen 
vollendet und in vollem Betriebe. Aerzte, welche Kranke dieser Klinik 
zuweisen wollen, thun gut, auf dem betreffenden Schein zu bemerken: 
„bur die Klmik für Hals- und Nasenkranke“. Die Klinik hat Veran¬ 
lassung gegeben, dass der Dirigent derselben, Prof. B. Fränkei. seine 
voiiesungen verändert hat. Derselbe hält j'etzt dreimal wöchentlich, 
und zwar von 9—10 Klinik und Poliklinik dor Krankheiten der oberen 
Kespirationsorgane ab, bei welchen die Untersuchungsmethoden etc. ab 
bekannt vorausgesetzt und nicht mehr gelehrt werden. Ausserdem finden 
m der Poliklinik, Luisenstrasse 59, die praktischen Uebungen für 1 
fortgeschrittenere Vormittags von 10—12 statt und werden zu ver¬ 
abredeten Stunden Curse in den Untersuchungsmethoden sowohl in der 
(jhante wie in der Poliklinik gegeben. 

“.An den städtischen allgemeinen Krankenhäusern sind 
als dirigirende Aerzte der inneren Abtheilungen Prof. Stadelmann 
(bisher in Dorpat), Priv.-Doc. Dr. Goldscheider und Priv.-Doc. 

Ui\ JVrönig— als Oberärzte der chirurgischen Abtheilungen Dr.A. Neu - 
mann, Dr. Hermes und Dr. Brentano erwählt worden. 
tt •i~7,.?A 0ri V “^ u £ ust fand die Grundsteinlegung der Berner 

Heilstätte für Tuberkulöse in Schwandi bei Thun statt. Dieselbe 
ist zur Aufnahme von 40—50 Kranken bestimmt. 

. — Dorpat. Bei der zu Beginn des II. Semesters 1894 stattgehabten 

m n ^ ricu J a ^ 10ri an der Universität Jurjew (Dorpat) sind, wie die 
»■N“ Dörpt. Ztg.‘ berichtet, im ganzen 57 Personen in die Zahl derStudi- 
renden neu aufgenommen worden, und zwar wurden für die theologische 
facultät 22, für die medicinische 19, für die juristische und die physiko- 
mathematische je 8 Studirende inscribirt. Im ganzen betrug die Zahl der 
Studirenden (abgesehen von den bekanntlich nicht mehr den Studirenden 
beigezählten Pharmaceuton) an diesem Tage 1204, von denen 719 zur 
medicinischen Facultät gehören. Die Zahl der Studirenden weist somit 
eine erhebliche Abnahme auf, und namentlich fällt der geringe Zudrang 
zum Studium dor Medicin auf. 

“ St* Petersburg. Einen interessanten Beitrag zu der Frage, 
wie Professoren der Medicin in Russland behandelt werden, 
entnehmen wir der Petersburger med. Wochenschrift 1894, No. 39. ln 
verschiedenen Petersburger Zeitungen war die Nachricht erschienen, dass 
yProfessor der Chirurgie W. Pawlow nach Ablauf einer 25 jährigen 
Rehrthätigkeit die militär-medicinische Akademie verliesse. Daraufhin 
bittet Pawlow die Redaction dos „Wratsch“ um Aufnahme der Erklärung, 
dass er bis zum 10. September von seiner Entlassung nur durch die 
Zeitungsberichte etwas erfahren habe; die Richtigkeit der letzteren sei 

,dadurch bestätigt worden, dass er bei seinem Erscheinen in der 
Akademie seinen Namen aus dem Verzeichniss der Vorlesungen gestrichen 
gefunden habe! 

. Professoren Lubarsch (Rostock) und Ostertag (Berlin] 

richten als Herausgeber der im Erscheinen begriffenen „Ergebnisse 
j r £ eme i nen Pathologie und pathologischen Anatomie 
dos Menschen und der Thiere“ an die Verfasser von Arbeiten nb - 
gemein pathologischen, bacteriologischen und pathologisch-anatomischen 
Inhalts die Bitte, das Unternehmen durch Uebersendung von Sonder¬ 
drucken ihrer Arbeiten zu unterstützen. Arbeiten thierpathologischen In¬ 
halts bittet man an Herrn Professor Dr. Ostertag in Berlin NW., thier- 
ärztliche Hochschule, alle anderen an Herrn Professor Dr. Lubarsch m 
Rostock i. M., pathologisches Institut, zu senden. 

* 011 Meyer’s Conversations-Lexicon hat der VI. Band die 
Presse verlassen. W ie die früheren Bände erweist sich auch der soeben 
erschienene als ein Muster encyklopädiseher Darstellung und übertrifft an 
Vorzüglichkeit der Ausstattung alle ähnlichen Unternehmungen. ^ 0D 
fachmännischem Wissen getragene Abhandlungen aus dem Gebiete der 
Hygiene und der öffentlichen Wohlfahrtspflege zeichnen auch diesen Band 
a V s ’ un £ die Art wie hier medicinische Fragen popularisirt werden, 
nicht über ein gewisses Maass hinaus, mit dem wir uns noch einverstanden 
erklären können. 

*) Letzteren Gegenstand hat Mautliner erst ganz kürzlich für die 
dntte Auflage der „Real-Encyklopädic der gesammten Heilkunde“ nc’ 1 
bearbeitet. D. Red. 


Gedruckt bei Julius Sittcnfeld in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Donnerstag _ 44* 1. November 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31. 


I. Aus der Universitäts-Augenklinik in Göttingen. 

Ueber das binoeulare Sehen Schielender vor 
und nach der Operation. 1 ) 

Von Prof. Dr. H. Schmidt-Rimpler. 

Die Anschauungen über den Grund des Fehlens der Diplopie 
bei eoncomitirend Schielenden gehen noch auseinander: Donders 
nahm eine Unterdrückung des Bildes des abgelenkten Auges an, 
andere denken ah eine in abnormer Form neu sich entwickelnde 
Identität der Netzhäute, so zwar, dass der Macula lutea des 
fixirenden Auges nicht die des abgelenkten, sondern eine dem Schiei¬ 
grade entsprechende, seitlich davon gelegene Netzhautpartie corre- 
spondire. Gegen letzteres lassen sich zahlreiche Einwendungen 
machen, besonders spricht dagegen, dass viele Schielende, welche 
nie Doppelbilder empfanden und auch bei den ersten daraufhin an- 
gestellten Versuchen mit Vorhalten eines farbigen Glases oder 
eines Prismas vor ein Auge nicht zur Wahrnehmung derselben 
kamen, doch sehr bald bei abwechselnder Verdeckung eines Auges 
und schnellem Freigeben desselben das zweite Bild auftaucheu 
sehen und seine Stellung im Raume der Ablenkung entsprechend 
richtig pröjieiren. Dass diese Projection nicht immer ganz so 
exact ausfällt, wie wir sie bei normal und binocular Sehenden finden, 
ist nicht erstaunlich, da für die Projection neben der Identität, 
beider Netzhäute auch die Empfindung der erforderlichen Muskel- 
eontraction, die bei Schielenden alterirt ist, eine maassgebende 
Rolle spielt. Weiter lässt es sich mit der Bildung einer neuen 
Netzhautidentität schlecht vereinigen, dass in den so häufigen 
Fällen, in denen wir ein starkes Wechseln des Schieigrades be¬ 
obachten oder bei periodischem Schielen das Individuum doch nie 
doppelt sieht. Wie sollte ferner bei alternirendem Schielen das 
fixirende Auge richtig pröjieiren können, wenn seine Macula zur 
Zeit der Ablenkung dieses selben Auges nicht mit der Macula 
des anderen Auges, sondern mit einer ganz anderen Stelle pro- 
jectionsidentisch wäre? Hier hilft auch nicht der Ausweg, den 
man zur Erklärung binocularer Fixation bei wechselndem Schiei¬ 
grade versucht hat, dass nämlich dem centralen Fixirpunkt der 
einen Netzhaut nicht ein Punkt, sondern ein grösserer Bereich der 
anderen entsprechen müsse. 

Weiter spricht folgender Versuch deutlich dagegen, dass, 
wenigstens soweit die Mehrzahl der Schielenden in Betracht kommt, 
ein binoeulares Sehen durch eine neugebildete Netzhautidentität 
zustande käme. Lässt man von dem Schielenden mit dem ein¬ 
gestellten Auge ein Lieht fixiren und führt dann von der ent¬ 
sprechenden Seite her einen Gegenstand, z. B. den Finger, so weit 
vor, bis er das Licht deckt, so verschwindet das Licht, und nur 
der Finger wird gesehen. Da aber auf der Netzhaut des abge¬ 
lenkten Auges dauernd das Bild der Lichtflamme entworfen wird, 
und zwar auf eine dem Fingerbilde nach der obigen Theorie 
identischen Stelle, so müssten jetzt Licht und Finger gesehen 
werden, beziehentlich ein Wettstreit der Bilder entstehen. Dies 
geschieht aber nicht. Hingegen sagte mir ein seit Kindheit diver¬ 
gent Schielender, der von selbst dieses Experiment an sich ge¬ 
macht hatte, dass wenn der Finger das Licht decke, ein anderes 
Licht ihm erschiene, an einer (seinem Schieigrade entsprechenden) 


*) Nach einem auf dem internationalen medicinischen Congress in 
Rom gehaltenen Vortrage. 


anderen Stelle im Raum. Ganz charakteristisch war es übrigens, 
dass derselbe Patient, der in dieser Weise das zweiäugige Sehen 
an sieh beobachtet, selbst beim Vorhalten eines farbigen Glases 
vor ein Auge anfänglich nicht zur Perception des Doppelbildes 
einer Kerzenflamme gelangen konnte. 

Alles weist darauf hin, dass für gewöhnlich den Schielenden 
nur das Bild zum Bewusstsein kommt, auf welches sich die Auf¬ 
merksamkeit richtet: natürlich hat das maeulare Bild hier das 
Uebergewicht. Diese Auffassung scheint mir etwas correcter die 
Sachlage auszudrücken, als wenn man mit Donders von einer 
Unterdrückung des anderen Bildes spricht: letztere ist nur die 
Folge der gespannten Aufmerksamkeit, sie ist seeundär. Auch 
physiologisch können wir beim Mikroskopiren und Ophthalmo- 
skopiren durch eine dem Objecte zugewandte intensive Aufmerk¬ 
samkeit von den Bildern des anderen offengehaltenen Auges ganz 
oder theilweige abstrabiren, sie eben nicht sehen. Kommt aber 
irgend etwas hinzu, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Bilder 
des anderen Auges gelenkt wird, so sehen wir auch mit 
diesem Auge. Dies erklärt die von Schweigger ganz 
richtig beobachtete Thatsaehe, dass das schielende Auge, wenn 
auch keine Doppelbilder vorhanden seien, doch sehe: er erwies 
dies durch Hineinwerfen von Licht mittels des Augenspiegels in 
dasselbe. Aber ich kann nicht zugeben, dass dies — wie er will 
— ein Einwand gegen die Donders’sehe Unterdrückungstheorie 
sei, wenn man sie in dem Sinne auffasst, dass man das Haupt¬ 
gewicht eben auf die gespannte, alles Nebensächliche und Störende 
dem Bewusstsein fernhaltende Aufmerksamkeit auf das fixirte 
Object legt. Diese erklärt das Ausfallen der Perception gewisser 
Netzhautbilder eines Auges, ohne dass damit zugleich alle Netz¬ 
hautbilder desselben der psychischen Verwerthung zu entgehen 
brauchten: ich finde, dass diese „regionäre Exclusion“, um ein von 
A. Gräfe für bestimmte Fälle angewandtes Wort zu gebrauchen, auch in 
physiologischem Zustande vorkommt, im Gegensatz zu Schweigger’s 
Anschauung, nach welcher der physiologische Vorgang einer Unter¬ 
drückung der Netzhautbilder sich immer auf die ganze Netzhaut 
beziehe. Wenn ich beispielsweise mit einem Auge ophthalmoskopire 
und das andere offen halte, so kommen die Bilder des letzteren für 
gewöhnlich nicht zu meiner Perception, nähert sich aber jemand 
von der Seite des offenen Auges oder fällt starkes Licht in das¬ 
selbe, so bemerke ich dies sofort, ohne dass mir das maeulare Bild 
dieses Auges wahrnehmbar wird und mit dem des ophthalmosko¬ 
pischen in Wettstreit kommt. Dass gerade das Störende nicht zum 
Bewusstsein gebracht wird, während anderes die Empfindung 
hervorruft, erweist auch die bei Schielenden oft zu beobachtende Er¬ 
scheinung, dass, trotzdem durch Vorlegen eines rothen Glases vor 
das abweichende Auge kein Doppelbild der Liehtflamme zur Per¬ 
ception kommt, dennoch die mit dem fixirenden, unbedeckten Auge 
gesehene Lichtflamme jetzt einen deutlichen rothen Schein erhält: 
der sinnliche Eindruck der Farbe gelangt zur Wahrnehmung, da 
er das fixirte Bild nicht stört. Dass die erregte Aufmerksamkeit 
auch bei den peripheren Wahrnehmungen des schielenden Auge6 
die Hauptrolle spielt, tritt ganz analog dem physiologischen Verhalten 
häufig genug zu Tage: wir können sie oft erst durch Bewegung 
oder ungewöhnliche. Helligkeit der betreffenden Objecte her vorrufen. 
Ich habe für stereoskopische Uebungen — ähnlich den Javal- 
schen — ein Vorlegeblatt von Pappe anfertigen lassen, bei dem 
in Rinnen seitlich verschieblich je zwei farbige Oblaten sind: m 


!) Verfertigt von Mahrt & Hörning in Güttingen. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


834 


den mittleren horizontalen beiderseits rothe, die zur Deckung 
gebracht werden sollen, und darüber grün auf der einen Seite, blau 
darunter auf der anderen Seite. 1 ) Es giebt bekanntlich viele Fälle, 
wo der- Schielende nur die eine Seite, beispielsweise roth und grün’ 
sieht; bewegt man aber die Oblaten der anderen Seite, so kommen 
recht oft auch diese zur Wahrnehmung und werden selbst an der 
Stelle noch wahrgenommen, wo sie früher, als sie still standen, 
nicht gesehen wurden. Man hat hiermit ein gutes Mittel, das 
binoculareSehen anzuregen, selbst in Fällen, in denen es sonst in 
keiner anderen Weise gelingt. Natürlich muss man acht haben, 
dass der Untersuchte nicht, etwa durch abwechselnde Einstellung 
bald dos einen, bald des anderen Auges nacheinander beide Seiten 
sieht und uns fälschlich ein binoculares Sehen angiebt. 

. Dieselbe Vorlage dient auch dazu, bei geeigneten Patienten 
die nasale Hemiopie des schielenden Auges nachzuweisen, indem 
die temporalwärts gesehenen Oblaten beim weiteren Vorschieben 
nach der Mittellinie zu verschwinden. Aber dass es sich auch 
hier nicht um einen reellen Defect handelt, kann man leicht be¬ 
weisen, wenn man an dieselbe- Stelle ein brennendes Zündhölzchen 
bringt: dieses wird in der Regel noch gesehen, wenn dieOblaten bereits 
verschwunden sind. Der nasale Gesichtsfelddefect, den wir öfters 
bei einseitig Schielenden auf dem schielenden Auge antreffen, lässt 
sich ebenfalls durch die Aufmerksamkeit, welche dem fixirenden 
Auge vorzugsweise zugewandt ist, erklären, da die auf dem 
schielenden Auge scheinbar fehlende Gesichtsfeldpartie gerade die- 
ff ' st ' welche noch in das Bereich des eingestellten Auges 
rallt. Dafür spricht ferner, dass bei der perimetrischen Prüfung 
des schielenden Auges allein kein Gesichtsfelddefect vorhanden 
ist oder wenigstens bei öfteren Prüfungen bald schwindet. 

Wenn wir den bei den meisten Menschen bemerkbaren Wider¬ 
willen gegen Doppelbilder in Betracht ziehen, der selbst starke 

M> n ^rd B n dUr ° h - “! Stli ä eil, g eIeit etes Schielen überwinden lässt, 
so werden wir m dem Hervorrufen von Doppelbildern bei Schielen- 

m^LeT an H r' UIlg , e J heblich unterstützendes Moment suchen 
“ * & . s . en - Allerdings wird meist erst durch eine Schieioperation ein 
dZ^ S ml !f, kuIäres Gleichgewicht zu schaffen sein. Da s 
wirkt^rird m h n k T“ e T Gleichgewicht durch die Operation be- 
tatrll «Ins lc V n . der R. e!? el für ausgeschlossen, da wir nicht 
„ Lf ^ e s 'nd mit einer absoluten Genauigkeit den Operations- 
fef. ^rher zu bestimmen. Dazu kommt die bekannte ErfXung 
t l e \ ten0t<>m,r ^ rM ' ISkel im Lau fe<ler Jahre sehr verschiedenartigen 
Ou JiX a ?Z D “ SeiDer Kraft gesetzt ist. Fast jeder ScWe“ 
besteht* der*’ "T" T* 1“, binocuIarer Fixation exLte Stellung 
2 doth . unter , der deckenden Hand kleine Abweichungen* 

sind die Fälle em6r ^ £ a ? h der °P era t>on. Nicht seften 

längere 7 «fi P Convergentschielende nach der Operation noch 
längere Zeit Convergenz hatten, dann zu exacter Stellung kamen 
? ih Jahre la "g anhält, um schliesslich dann noch in Divergenz 
lleX in dirv D ‘1 bBSt l Sicherung dauernder RicStfgste fung 
oftbe SehTlnn -°r r6 a Elnfacbseh «"- Dasselbe findet fleh abe? 

ÄS KSTÄff*" <" 

Nach der Operation beobachten wir in der Reirel GAihof 

ganz typ scher G a "?dorAusbüdung des binocularen Sehens ein 
werdend B auf IL hJi S* 11 binoculares Doppeltsehen, es 
sehen, dishlilXX S?" Vorlegeblatt vier Oblaten ge- 
ander; 2) binoculares Finfaehsoh 1 * 6 ! 1 i! eS Vorlegeblattes neben ein- 
Deckung gebracht und nc t T dl °, r ? bben Oblaten werden zur 
3) stereoskopisches KölerLu u 6 “ dr ®' 0blaten untereinander; 
scheu Fallversuche S eT “ ; 4) Eestehen des Herin g : 
scheinbar gleichartige VorlXn "«“die W6 ^ h .’ wie ® ft 

ähnlich der Oblatentefel nur »fa V v d e , Bu rckhardt’schen, die 
kein Reliofsehcu eHordern Figuren, 

Deckung gebracht werden’ können h Noch* gl ® lcher Weise zur 
dies bei den eigentlichen sstAmnoir ’• auffallender zeigt sich 

lichsehen hervorrufen sollen- man^musß 11 ^ llde^n, f 1 ? ein Körper- 
lagen (Pbotographieen von Statuen f „ h if r v ? n 1 1 . eichteren Vor¬ 
an schwierigeren übergehen Zu beacht f ? rblgen Vorlagen) 

Spruch der liebenden, C sähen fflS^2,.* ber 18 \ daSS d «'Aus- 
sondern wirklich körperhaft nicht im™ a & en nic ht als Bilder, 
bchsehen beweist. XutedemtÄ ^«culares Körper- 
Convexgläsern beobachtete Bilder in le^riswr' w - ers . ohel , ne “ “1* 
da das Körperlichsehen ei» psychischfrToZng ^ bd d^d!^ 


No.B 

roJXutrtitn a kan U n g ’ VergrÖ68erun S ete ‘ *äe Täuschung h ff . 

.Man thut gut, stereoskopische Vorlagen zu wählen bei d«n.« 
an irgend einer Stelle kleine EntfernungsunterschiedezÄtal 

einzelnen Objecten bestehen, die nur beim wirklich An i 

DaR^Fft 10111 !^ 1 der Bildbetrachtiing, wahrgenommen werdenkönnen" 
Das Körperlichsehen geometrischer Figuren (z.B. entsprechend 2 ' 
zeichneter Kreise als Kugeln) zeigt die höchste Ausbildung de 
binocularen Sehens nach dieser Richtung hin. Am schwierig 
ist das Bestehen des Hering’schen Fallversuches, bei dem anzu- 
geben ist, ob eme Perle vor oder hinter einer zweiten binoeullir 
fixirten und festhängenden herabfällt. r 

Ich habe mit Gesunden und Schielenden vielfältig derartige 
Versuche angestellt und anstellen lassen»). Neuerdings wurdet 
Anoidnung des Fallversuches so gemacht, wie G re eff sie be- 
schrieben hat. Es fand sich dabei, dass ein Theil des poliklinischen 
Publikums trotz vollkommen binocularen Sehens aus psychischer 
Ferner"! * dahln , zu bri “f>“ »st, richtige Angaben In machen. 
8 o1! B ,w a in S o/ Ch ’ da u? sellb , st »teUigente Personen Fehler bis 
s Io, selbst 10 /o machten; beachtenswerte ist, dass besonders 
dm vorn herabfallenden Perlen gern irrthümlicher Weise als hinter 
. Fl xationsobjecte herabfallend angegeben werden. Unter Be¬ 
rücksichtigung dieser Verhältnisse kann man in einer Reihe von 
Fällen sicher nachweisen, dass nach der Schieioperation sich das 
Körperlichsehen bis zu der Höhe entwickelt, dass der Hering’sche 
Fallversuch innerhalb der physiologischen Grenzen bestanden wird. 
Ich führe nur als Beispiel einen Fall (18jährigen Gymnasiasten) 
o? s ? bemerkenswerter ist, weil auf einem Äuge nur ein 
Drittel Sehschärfe bestand. Die Operation hatte wegen Strabismus 
convergens im sechsten Lebensjahre stattgefunden. Für gewöhnlich 
Richtigstellung; beim Bedecken eines Auges trat eine geringe Con¬ 
vergenz em. Der Hering’sche Fallversuch wurde unter 40 mal 
nur einmal verfehlt; geometrische Bilder wurden im Stereoskop 
rperlich gesehen. In der Regel jedoch wird nach der Operation 
f a r versi ? c h se ibst bei bereits vorhandenem stereoskopischen 
Keliefsehen nicht bestanden. In einzelnen Fällen kann man aber 
eobachten, wie allmählich die Zahl der falschen Angaben bei 
dem Versuche sich vermindert. Es spricht dies für ein Wachsen 
des binocularen Sehactes. Will man dauernde Erfolge nach 
chieloperationen erreichen, so ist grosses Gewicht auf diese 
Vorgänge zu legenwenn jede leichte Abweichung des Auges von 
der correcten Fixation, wie bei dem Normalsehenden auch bei dem 
ochieloperirten Doppelbilder hervorruft, so wird der Widerwille 
gegen letztere sofort durch einen vermehrten Nervenimpuls auf den 
erschlaffenden Muskel die richtige und correcte Stellung — wenn 
i .]^ ne zu & rosse Ungleichheit der Muskelkraft besteht — 
herbeiführen. Allerdings muss erwähnt werden, dass dieser Wider¬ 
wille gegen Doppelbilder, der zu ihrer Vereinigung durch erhöhten 
Nervenimpuls führt, nicht bei allen Individuen gleich ist, oder dass 
e en dieser Nervenimpuls, trotzdem er eine verhältnissmässig ge- 
rmge bpännungsvermehrung zu leisten hätte, von einzelnen nicht 
au geboten werden kann. Auch kommt hier der stärkere oder ge- 
ringere „Wille zur binoculären Fixation“, wie ich früher*) ausge- 
ttinrt, mit in Betracht. Man beobachtet nach dieser Richtung hin 
gelegentlich recht interessante Fälle; besonders trifft dies für die 
bchielform zu, welche sich bei Kurzsichtigen öfter nach dem zehnten 
bis zwölften Lebensjahre und später entwickelt, 
i. "Jähriges Mädchen klagt über Doppeitsehen seit zehn Tagen: 

DIS /» m Entfernung vom Auge sieht sie gekreuzte Doppelbilder, dann 
ommt em Punkt des Einfachsehens, und weiter hinaus in die Ferne 
treten gleichnamige Doppelbilder auf. Wir haben demnach für die Nähe 
btrabismus divergens, für die Ferne Convergenz. Trotzdem also etwas 
näher oder weiter von dem Punkte, wo sie einfach sieht, die Doppelbilder 
oen dient aneinander stehen, so ist sie nicht imstande* sie zu vereinen: 
sie vermag ihre für die Nähe zu wenig gespannten M. recti intemi nicht 
s er zu spannen und für die Ferne nicht ihre zu schwach wirkenden 
ec 1 ® x *' er ? 1, Fs handelt sich hier um krankhafte, nervöse Allgemein¬ 
zustande. In der That verschwand nach einer sechswöchentlichen rebo- 
rmmden Cur (verknüpft mit Anwendung der Elektricität) das Schiele» 
zutrete ^ SG k en ’ Um nac ^ elnem halben Jahre periodisch wieder auf- 

Aehnlich ein anderer Fall: 

®i Q lTjähnges hysterisches Mädchen hat Strabismus convergens oculi 
dextn concomitans seit ihrer Kindheit; derselbe hat im letzten Jahre 
a^ 611 ! 0111111611 ' i st i e f z f von sehr wechselndem Grade, im Maximum 
r-ooift ^ 0n iA ^ 1S . ® mm - Dabei besteht Äccommodationskrampf, der 

, s Ä L°P ie 5,0, links Myopie 2,0 bewirkt, während nach Atropin* 
rau felung rechts Hyperopie 0,5, links Hyperopie 1,0 vorhanden ist. 
rotnem Glase werden gleichnamige Doppelbilder von Licht im Dunkel¬ 
zimmer gesehen; im Stereoskop mit meiner Vorlegetafel binoculares 
doppeitsehen. Durch Strabotomie des Internus wurde fast correcte 


„ 1 Fickert, Untersuchungen mittels des Hering’schen Fall¬ 

versuches. Göttingen 1893. 

2 ) Deutsche med. Wochenschr. 1888, No. 43, 


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1: November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


835 


Stellung (etwa 1 mm Convergenz) und binoculares Einfachsehen mit meinem 
Vorlegeblatt erzielt. Stereoskopische Bilder wurden nicht plastisch ge¬ 
sehen. Gleichzeitig hatte sich der Accommodationskrampf gehoben. Aber 
bereits einen Monat später war letzterer wieder eingetreten, ebenso 
grössere Convergenz, die besonders bei der Fixation sich erheblich steigerte. 
Bei der Auswärtswendung traten zuckende Bewegungen des Bulbus ein. 
Durch eine entsprechende klinische Behandlung (Anwendung constanter 
Ströme), welche zwei Monate später erfolgte, verlor sich wieder der 
Strabismus vollkommen, wenngleich durch Vorlegen eines Prismas mit 
der Basis nach unten gleichnamige, übereinanderstehende Doppelbilder ge¬ 
sehen wurden. Ein Prisma von 4 °, Basis nach aussen, glich diese latente 
Convergenz aus. Einige Wochen darauf war wieder für die Nähe geringe 
Convergenz mit Doppelbildern aufgetreten; der Accommodationskrampf 
hatte sich aber nicht eingestellt. 

Auch folgende Beobachtung gehört hierher: 

Ein 18jähriger junger Mann hat beiderseits sehr wechselnden Accom¬ 
modationskrampf, der bis zu Myopie 18,0 steigt; die wirkliche Refraction 
ist beiderseits Hyperopie 1,0. Es sei erwähnt, dass dieser Krampf 
ebenso wie in dem vorher erwähnten Falle auch bei der objectiven ophthal¬ 
moskopischen Refractionsbestimmung fortbestand, wenngleich nicht immer 
in demselben Grade. Dabei hatte Patient Strabismus convergens concomi- 
tans des linken Auges mit Doppelbildern. Für die Ferne betrug das 
Schielen circa 2—3 mm. 23. Juli 1892: links Strabotomie. 29. Juli: 
richtige Stellung, spontan keine Doppelbilder. Mit Prisma Basis nach 
unten für die Ferne übereinanderstehende gleichnamige Doppelbilder gleich 
Prisma 6°, für die Nähe Prisma 3°. Er sieht stereoskopisch plastisch. 

I. August. Das stereoskopische Sehen ist nur noch zeitweise möglich. 
3. August. Gelegentlich Doppelbilder; unter der deckenden Hand Con¬ 
vergenz. 6. September. Correcte Stellung bei binocularem Sehen, unter 
der deckenden Hand Convergenz. 27. Februar 1893. Wiederum Strabis¬ 
mus convergens des linken Auges mit Doppelbildern, deren Abstand auf 
25 cm Entfernung durch Prisma 11°, auf 6 m -durch Prisma 22° ausge¬ 
glichen wird. 14. Juli 1893. Dauernd gleichnamige Doppelbilder; für die 
Nähe Prisma 17°, für die Ferne 24°. Die Doppelbilder für die Nähe können 
erst unter einem Prisma 15°, Basis nach aussen, zur Vereinigung gebracht 
werden. Der Patient ist demnach nur imstande, im Interesse des Ein¬ 
fachsehens seinem Rectus externus eine Hyperinnervation von 2° zu geben, 
während normalerweise noch Prisma 18°—22° überwunden wird. Nebenbei 
hatte der Patient hysterische Amblyopie, eoncentrische Gesichtsfeld¬ 
einengung und Ermüdungserscheinungen bei der Gesichtsfeldprüfung. 

Diese übrigens seltenen Fälle beweisen, wie gelegentlich durch 
eine nervöse Schwäche oder krampfartige Zustände die Fähigkeit, 
Doppelbilder selbst bei geringem Abstande im Interesse des Ein¬ 
fachsehens zur Vereinigung zu bringen, ganz oder fast ganz ver¬ 
loren geht. Hier werden wir uns von stereoskopischen Uebungen 
zur Ausgleichung kleinerer musculärer Kraftunterschiede natürlich 
wenig versprechen können. Unter gewöhnlichen Verhältnissen 
jedoch, ja sogar bei höherer Schwachsichtigkeit eines Auges, bringt 
die Anregung binocularen Sehactes unter sonst normalen Verhält¬ 
nissen meist Nutzen. Ist hier auch die Anwendung stereoskopischer 
Bilder nicht möglich, da das schwachsichtige Auge die ihm gegen¬ 
überliegende Seite der Vorlage nicht erkennt, so kann doch für 
grössere Gegenstände oder für die Lichtflamme eine Mitbetheili¬ 
gung dieses Auges beim Sehen festgestellt und entsprechend zur 
Correction der Augenstellung verwerthet werden. Nach alledem 
erscheint es mir für den dauernden Erfolg der Schieioperation von 
grösster Bedeutung, wenn einmal vor Ausführung derselben durch 
Uebung des schielenden Auges bei Verschluss des anderen wenig¬ 
stens zeitweise die Aufmerksamkeit auf die von ihm aufgenommenen 
Bilder gelenkt wird, um ein späteres binoculares Sehen zu er¬ 
leichtern, und vor allem, wenn nach der Schieioperation, wo durch 
die Stellungsverbesserung das Bild des fixirten Gegenstandes ganz 
auf die Macula lutea oder w-enigstens in die Nähe derselben fällt, 
das nun erleichterte binoculare Sehen durch Uebung immer mehr 
zum körperlichen Sehen ausgebildet wird. 

II. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Greifswald. 

Ueber einen Fall von Schwefelsäure- 
Vergiftung. 1 ) 

Von Dr. Ackermann, Assistenzarzt der Klinik. 

Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen kurz über einen Fall von 
Schwefelsäurevergiftung, der Anfang September dieses Jahres 
mehrere Tage in unserer Klinik beobachtet wurde, berichte. Der 
vorliegende Fall hat insofern unser Interesse in Anspruch ge¬ 
nommen, als die Säurewirkung nicht in acuter, foudroyanter Weise 
auftrat, sondern ganz allmählich einsetzte und die Patientin erst 
nach ungefähr zwölf Wochen zum Exitus kam. 

Es handelt sich um eine 60 Jahre alte Frau; dieselbe ist anscheinend 
hereditär nicht belastet und bisher immer gesund gewesen. Sie war ver- 
heirathet und hatte fünf normale Geburten tiberstanden. Ihr jetziges 
Leiden zog sich Patientin vor ungefähr elf Wochen zu. Sie nahm abends 
in der Dunkelheit einen Schluck aus einer Schwefelsäure enthaltenden 

*) Vortrag mit Demonstration von Präparaten im Greifswalder medi¬ 
cinischen Verein am 11. November 1893. 


Flasche, sofort stellten sich Schmerzen im Munde. Rachen, Speiseröhre 
und Magen ein, denen sich alsbald Erbrechen hinzu gesellte. Aerztlicher- 
seits wurden sogleich die nöthigen Gegenmittel angeordnet. Drei Wochen 
nach diesem Unfall begab sich Patientin in Behandlung von Herrn Dr. Dos. 
dem wir folgende anamnestische Angaben verdanken. Ihre Hauptbe¬ 
schwerden bestanden in hartnäckigem Erbrechen, das sich nach jeder 
Nahrungsaufnahme einstellte. In der Pylorusgegend bestand auf Druck 
Schmerzhaftigkeit, ein Tumor liess sich daselbst erst einige Wochen 
später fühlen. Infolge der eingeleiteten Therapie besserte sich das Be¬ 
finden der Patientin bis ungefähr Mitte August; von dieser Zeit trat das 
Erbrechen wieder häufiger auf, der Krüfteverfall nahm wieder zu, es 
traten noch Durchfälle hinzu, während Patientin bisher stets Neigung zur 
Stuhlverhaltung hatte. Der behandelnde Arzt hatte anfangs, da die Frau 
ihm nichts von der Schwefelsäurevergiftung gesagt hatte, die Diagnose 
auf Carcinoma pylori gestellt, wozu er gewiss durch den vorliegenden 
Symptomencomplex alle Berechtigung hatte, erst kurz vor ihrer Aufnahme 
klärte sie ihn über den wahren Sachverhalt auf. Am 31. August fand 
ihre Aufnahme statt. 

Status praesens: Bei der Untersuchung der etwa mittelgrossen 
Patientin fällt vor allem der extreme Grad von Abmagerung auf. Der 
Panniculus adiposus ist fast gänzlich geschwunden. Die Augenhöhlen 
sind tief eingesunken, dio Jochbeine springen stark vor, die Fossae supra- 
und infraclaviculares bilden beiderseits tiefe Gruben. Die Haut ist von 
schmutzig-gelber Farbe, sie lässt sich in grossen Falten emporheben, ist 
äusserst schlaff, welk und trocken, beim leichten Hinüborstreichen Uber 
dieselbe lassen sich kleine weissliehe Schüppchen abstreichen. An den 
Längsseiten der Arme und in der Leistengegend finden sich zahlreiche 
kleine, stocknadelkopfgrosso Petechien. Die Muskulatur zeigt ebenfalls 
äusserst starke Atrophie. Das Gesicht der Patientin macht einen leicht 
cyanotischcn Eindruck, die Wangen und sichtbaren Schleimhäute zeigen 
eine etwas dunkelrothe Verfärbung. Die wenigen Zähne der Patientin 
sind sehr cariös; die Zunge ist stark geschwollen und lebhaft geröthet, 
sie macht den Eindruck eines Stückes rohen Fleisches. Die Rachen¬ 
organe, Uvula, Tonsillen und Gaumenbögen sind leicht geschwollen und 
geröthet, man sieht daselbst zahlreiche neugebildete Gefässchen. Die 
Stimme hat einen etwas bleiernen Charakter. Patientin vermag gut und 
ohne Schmerzen zu schlucken, sowohl feste wie flüssige Nahrung, das Ge¬ 
nossene wird selten sofort ausgebrochen, meist pflegt es erst einige Stunden 
nachher herausgebracht zu werden. Das Abdomen ist massig vorgewölbt, 
unter den dünnen schlaffen Bauchdecken sieht man deutlich die lebhafte 
Darmperistaltik. Bei der Palpation des Abdomens fühlt man unterhalb 
des linken Rippenbogens eine kugelige, kindeskopfgrosse, auf Druck 
schmerzhafte Rosistenz, die als der erweiterte Magen angesehen wird; 
handbroit unter dem Processus xiphoideus fühlt man eine kleinapfelgrosse 
Resistenz. Leber- und Milzdämpfung bewegen sich in normalen Grenzen. 
Patientin hat mehrmals täglich dünnen Stuhl von hellgelber Farbe. Bei 
der Percussion der Lungen erhält man überall normalen Schall, die Aus- 
cultation ergiebt über den Unterlappen, besonders über dem rechten. Gurren 
und Schwirren. Herzdämpfung ist nicht vergrössert, dio Töne sind rein, 
etwas schwach, der Puls schwankt zwischen 80—100 pro Minute, ist regel¬ 
mässig, von fadenförmiger Beschaffenheit. Im Urin lässt sich kein Ei- 
weiss nachweisen. Reaction schwach sauer. Die Monge ist äusserst 
spärlich. Die Temperatur bewegt sich innerhalb normaler Grenzen. 
Wegen des hartnäckigen Erbrechens wurde die Ernährung per anum ver¬ 
sucht, Patientin erhielt vor jedem Nährklystier, dem noch einige Tropfen 
Opiumtinctur hinzugefügt wurden, einen Tannineinlauf, indess wurden die¬ 
selben nur auf kurze Zeit zurückbehalten; der Durchfall nahm leider an 
Häufigkeit noch zu. Am 4. September erfolgte in der Frühe, nachdem 
der Kräfteverfall stetig zugenommen, der Exitus letalis; derselbe war als 


Folge der hochgradigen Inanition anzusehen. 

Dass das vorliegende Krankheitsbild als eine Folge der ge¬ 
nossenen Schwefelsäure anzusehen war, war uns fraglos, ebenso 
wenig Schwierigkeit bot wohl die weitere Frage, wo der Sitz 
der Aetzwirkung zu suchen sei. Als solcher konnte wohl 
bloss der Pylorus angesehen werden, darauf wiesen die ganzen 
Krankheitserscheinungen ja mit grösster Deutlichkeit hin. Zunächst 
konnten wir # den Magen deutlich erweitert unter dem linken Rippen¬ 
bogen fühlen, Patientin vermochte ferner gut feste wie flüssige 
Nahrung zu schlucken, das Erbrechen pflegte meist in grossen, 
copiösen Massen zu erfolgen. Der unterhalb des Processus xiphoides 
fühlbare Tumor wurde als hypertrophirter Pylorus angesehen. 
Unsere klinische Diagnose lautete daher: narbige Strictur der 
Pylorusgegend durch Aetzwirkung und compensatorische Hyper¬ 
trophie; Tod infolge hochgradiger Inanition. 

Wäre Patientin früher zur Aufnahme gekommen in einem Zu¬ 
stand, in welchem die Körperkräfte noch nicht so völlig erschöpft 
gewesen wären, so wäre ein operätiver Eingriff, wie solcher ja in 
letzter Zeit häufig mit Erfolg ausgeführt worden ist, gewiss am 
Platze gewesen, so aber, da Patientin sich im äussersten Grade der 
Kachexie befand, wurde im Einverständniss mit Herrn Professor 
Heidenhain, der die Patientin ebenfalls untersucht hatte, hier¬ 
von Abstand genommen, ausserdem verschlechterten die dauernd 
bestehenden Durchfälle die Prognose einer Operation noch wesentlich. 

Der Sectionsbefund bestätigte unsere Diagnose vollauf, ich 
entnehme dem Sectionsprotokolle nur das wesentlichste 

Bei dor Eröffnung der Bauchhöhle sieht man die Darmschlingen ganz 
collabirt, das Peritoneum ist überall glatt und glänzend mit Ausnahme 
einer Stelle an der Vorderflftche der Leber, welche starke fibunöse - 
dickungen und reichliche feste Verwachsungen mit dem Peritoneum 


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836 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44 


parietale aufweist. Etwa 5 cm unterhalb des unteren Leberrandes in der 
Medianlinie liegt der Pylorus, durch derbe fibrinöse Verwachsungen mit 
dem grossen Netz und der vorderen Bauchwand verbunden. Bereits bei 
der ausseren Betrachtung lässt diese Stelle des Pylorus eine Einschnürung 
wahrnehmen, welche sich derb und fest anfühlt. Der Magen reicht bis 
oberhalb der fünften Rippe nach aufwärts und ist in seiner Längsachse 
der Körperlängsachse parallel gestellt. Bei dem Versuche, vom Duodenum 
aus in den Magen durch den Pylorus mit einer Scheere zu gelangen, 
stellte sich eine so enge Strictur heraus, dass nur eine sehr feine Sonde 
durch dieselbe passiren kann. Diese enge Stelle am Pylorus entspricht 
genau der vorher bereits erwähnten, mit dem grossen Netz und der 
vorderen Bauchwand verwachsenen und von aussen schon verengt er¬ 
scheinenden Partie desselben. Sie liegt 2 cm vor dem Pylorusrande und 
ist an ihrer grössten Derbheit 1 cm breit. Nach dem Magen erstreckt 
sich aber noch eine beinahe l'/a cm lange, hellgraue, oberflächliche Narben¬ 
ausstrahlung. Die Muskulatur der verdickten Pyloruspartie erscheint auf 
dem Durchschnitt grauglasig. Die Schleimhaut des Dünn- und Dickdarms 
ist überall intensiv geschwollen, besonders ausgeprägt im Dickdarm sowie 
im Anfangstheil des Ileuras. Es bietet sich daselbst auf der Darmschleim¬ 
haut ganz das Bild, wie man es bei der typischen Ruhr oder Quecksilber¬ 
vergiftung zu sehen gewohnt ist. Der oberhalb des Ileums gelegene 
relativ intacte Theil des Darmtractus zeigt überall starke Schwellung der 
Schleimhaut und eine intensiv gelbliche Verfärbung. Die pathologisch¬ 
anatomische Diagnose lautete: Strictura pylori, Glossitis, Pharyngitis, 
Oesophagitis, Gastritis diphtheriea, Diphtheria coli et ilei, Myocarditis, 
Hepatitis et Nephritis parenchymatosa, Perihepatitis, Hyperplasia lienis 
inveterata, Bronchitis catarrhalis, Hypostasis pulmonum. 

Die Aetzwirkung der Schwefelsäure ist also am intensivsten 
in dem vor dem Pylorus gelegenen Abschnitt des Magens zur Ent¬ 
faltung gekommen. Die Folge davon war, dass sich durch narbige 
Schrumpfung eine Stenose dieser Stelle entwickelte, die zu einer 
mächtigen Verdickung der Muskulatur infolge von Compensations- 
hypertrophie führte. Der Einfluss der Säure hat sich auch dem 
peritonealen Ueberzug der Pars pylorica mitgetheilt, worauf die 
fibrösen Verwachsungen der stenosirten Partie mit Netz- und 
vorderen Bauchwand hinweisen. Was die eigenthiimliche, bereits 
erwähnte Lage des Magens anbetrifft, so lässt sich von ihr nicht 
mit Bestimmtheit sagen, ob sie lediglich erst infolge der Pylorus¬ 
stenose entstanden ist, vielleicht hat dieselbe auch schon vorher 
bestanden; in diesem Falle würde die intensive Einwirkung der 
Schwefelsäure auf die Pars pylorica und das relative Freibleiben 
des Fundus ventriculi sich noch besser erklären lassen. 

Die sich dem Bilde der Dysenterie und Hg-Vergiftung am 
meisten nähernden Erscheinungen im untersten Theil des Ileums 
und im Dickdarm müssen wohl als ein völlig von der Schwefel- 
säurevergiftung getrennter Befund angesehen werden. 

HL Die ersten Etappen der Choleraepidemie 
von 1892 im Orient. 

Von Stabsarzt Dr. Schum bürg in Berlin. 

(Schluss aus No. 43.) 

Die Provinz Bombay wurde 1892 verhältnissmässig spät be¬ 
troffen ; erst im April und Mai häufen sich die Fälle, die schliess¬ 
lich doch sich auf 72113 mit 42900 Todesfällen belaufen. Das 
Pandharpurfest im Juli soll diesmal ohne Einfluss gewesen sein. 
Hitze sei vielmehr die Ursache, überhaupt sei die Cholera, wie das 
British medical Journal richtig meine, „eine Krankheit, die von 
schmutzigen Leuten nach schmutzigen Orten verschleppt wird“. 

Die Provinz Puiyab (im wesentlichen am oberen Indus) war 
vom 7. Februar bis 24. März 1892 cholerafrei. Da wurde am 
25. März 1892 ein von der Hardwarfeier (am 22. März in den 
Nordwestprovinzen) heimreisender Pilger in Phillour als cholera¬ 
krank im Eisenbahnzug aufgegriffen, am 26. März ein gleicher in 
Ludhiana, am 27. März 5 Personen, alle aus Hardwar stammend. 
Nun folgte Fall auf Fall, Ort auf Ort, so dass von 31 Distrikten 
der Provinz am 31. März bereits 14 auf der Choleraliste standen; 
alle Fälle hingen unzweifelhaft und unmittelbar mit dem Hardwar- 
fest zusammen, ausgenommen vier Fälle in Sahpur und einen 
Knaben in Jhelum. In weiteren vier Wochen brach die Seuche in 
noch 15 anderen Distrikten aus, so dass, mit Ausnahme der 
Grenzorte, die Krankheit innerhalb vier Wochen, seit die ersten 
Pilger Hardwar verlassen hatten, in der ganzen Provinz ver¬ 
breitet war, wo sie im ganzen 75959 Personen in 130 Städten 
und 6634 Dörfern dahinraffte (1867: 43146; 1879: 26135* 

coo^L ^ In den Städten wurden 6413, in den Dörfern 

68858 Todesfälle registrirt. Dieser Unterschied wird von dem 
Berichterstatter darauf zurückgeführt, dass auf den Dörfern die 
lnnkwasserentnahmestellen ausserordentlich viel leichter von der 
Bodenoberfläche her verunreinigt werden können, als in den besser 
verwalteten Städten. — Den Einfluss geringer Regenmengen lässt 
derselbe nur insoweit gelten, als dadurch ein Wassermangel in den 
Brunnen, Tanks und Flüssen herbeigeführt wurde, der eine grössere 
und concentrirtere Verunreinigung zur Folge habe, vielleicht auch 


mit Kommabacillen, oder — wie fast erschrocken über den Mutli 
des Bekenntnisses hinzugefügt wird — „whatever is eise the soureo 
of infection“. 

Einen höchst interessanten Ueberblick über die Art der 'Weiter¬ 
verbreitung der Cholera vom Fest auf die Pilger und von diesen 
nach ihrer Rückkehr auf die Einwohner ihrer Heimathstädte und 
-Dörfer gewährt eine Zusammenstellung einmal der Daten, an denen 
die Hardwarpilger zurückkehrten, dann des Zeitpunktes, an welchem 
die ersten Erkrankungen unter den Pilgern, ‘ und drittens, wann die 
ersten Erkrankungen von Leuten gemeldet wurden, welche nicht 
beim Hardwarfest gewesen waren. Diese drei Daten folgen in allen 
Distrikten zeitlich nach einander, zwischen zwei und drei liegt 
meist ein Zeitraum von mehreren, bis zu zehn Tagen. 

Bei alledem aber muss auch erwähnt werden, dass vom Westen 
der Provinz Punjab und Afghanistan vereinzelte Cholerafälle vor 
dem grossen Ausbruch beim Hardwarfest gemeldet wurden. Indess 
verschwindet diese kleine Zahl wohl gegenüber einer Ziffer von 
75959, die von Hardwar stammen. 

Und in der That beansprucht das Hardwarfest nicht 
nur für die Cholera in Indien, sondern weiter für den Zug 
derselben durch Afghanistan, Persien, Russland und 
Europa die weitgehendste Bedeutung. 

Hardwar liegt in der Nordwestprovinz an der Austrittsstelle 
des Ganges aus dem Himalaja in die Ebene; das kleine Städtchen 
hat durch diese seine ausserordentliche Lage an dem heiligsten 
Strom der Hindus eine besondere religiöse Wichtigkeit. Dorthin 
findet jedes Jahr eine Wallfahrt statt, die grosse Wallfahrt (Kumbh 
Mela) kehrt nur alle zwölf Jahre wieder, wenn der Planet Jupiter 
in das Zeichen des Wassermannes tritt und die Sonne im Zeichen 
des Widders steht. Das war am 22. März 1891 der Fall, und 
es versammelten sich dazu, Nachrichten aus Bombay zufolge, 
3 /4 Millionen Hindus, mindestens die fünffache Zahl der jährlich nach 
Mekka wallfahrenden Pilger. Im Jahr 1892 sollen nur 70 000 
Hindus dort versammelt gewesen sein, etwa 200 000 befanden sich 
aber noch auf dem Wege dorthin. 

Die Gesainmtsumme der Choleratodesfälle in den Nordwestpro¬ 
vinzen belief sich 1892 auf die enorm hohe Zahl von 194886 (4,15 o/qo). 
Für das Jahr 1883 stellt sich diese Zahl auf 18 160, 1884 auf 
30143, 1885 auf 63457, 1886 auf 34565, 1887 auf 200628, 1888 
auf 18704, 1889 auf 48494, 1890 auf 80 295, 1891 auf 169013. 
Nach der grossen Epidemie von 1887 sinkt also die Sterblichkeits¬ 
ziffer auf ein „Minimum“ von 18704 im Jahr 1888, dann steigt 
die Zahl rapide an, um ihren Höhepunkt in einer fast ununter¬ 
brochen dauernden zweijährigen Epidemie 1891/1892 zu erreichen, 
während welcher allein in den Nordwestprovinzen durchschnittlich 
500 Personen täglich starben. 

Der Hauptausbruch der Cholera erfolgte beim Mahavarunifest. 
zu Hardwar am 22. März 1892, noch ehe die eigentliche grosse 
Badefeier am 26. und 28. März erfolgen konnte. Nach dem Bericht- 
erstatter der Nord westprovinz sollten zu diesem Fest nur 200000 
Hindus zusammengekommen sein; aus Bombay wurde indes mehr 
als die dreifache Zahl angegeben. Die sanitäre Ueberwachung des 
Festes lag diesmal in Vertretung des auf Urlaub in Europa 
weilenden Regierungsarztes in den Händen eines „officiating sanitaty 
commissioner“, und es wird berichtet, dass in diesem Jahre die 
unzweifelhaft sehr heilsame Vorsichtsmaassregel, einen permanenten 
Strom frischen Wassers durch den Badepfuhl zu leiten und die 
Verunreinigungen fortzuspülen, nicht den gleichen Erfolg hatte, 
wie im Vorjahre. Das lag einmal daran, dass die Menge de* 
Wassers im Fluss diesmal eine geringere w r ar, und zweitens, dass 
deshalb unterhalb der heiligen Pfütze künstliche Dämme errichte 
waren. Bezeichnend für die Zustände an dieser Badestelle ist noen 
die Thatsache, dass zwei Pilger im letzten Stadium der Cholera 
aus dem Bade gezogen wurden und bald danach verschieden. D ie 
Ursache zu diesem widersinnigen Thun giebt der Glaube, dass, 
wenn die Sterbenden in dem heiligen Strom ihren Geist aufgeoe , 
sie des Einzuges in das Paradies sicher sind. (Veröff. d. Kaiser. 
Gesundheits-Amts 1892, S. 507.) 

Im Jahr 1891 forderte die Seuche beim Hardwarfest — eI ) 
gegen einer Londoner Nachricht — nur sehr wenige Opfer. 
Jahre 1892 dagegen, obschon in verschiedenen indischen rroviM 
die Cholera bereits vor dem 22. März epidemisch herrschte, bra 
Ende Mai plötzlich die Krankheit unter den Pilgern in Hardw 
aus, und als dieselben sich nach allen Richtungen zerstreute , 
folgte sie in den Distrikt von Dehra Dun und in das Gebirge, we 
und breit die Bevölkerung niederstreckend. Auch, wie schon 
wähnt, aus den Eisenbahnzügen, welche die Pilger nach Lano . 
Delhi, Saharanpur und allen Richtungen heimwärts führten, vur _ 
Kranke und Todte aller Orten herausgetragen, besonders auf 
Hardwar benachbarten Eisenbahnstationen der durch Punjab 
renden Nordwestbahn. k(1 

In Delhi wurden beispielsweise am 30. März 11 cholerakran 


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1. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


837 


Pilger aus dem aus Hardwar anlangenden Eisenbahnzuge gehoben. 
Am 2. April starben 6 Personen in Delhi an der Cholera, welche 
nicht in Hardwar gewesen waren, und 4 Tage darauf hatte die 
Epidemie 110 Erkrankungen mit 73 Todesfällen verursacht. Am 
18. April war, nach den Veröffentlichungen des K. G. A., die 
Epidemie weiter nach Westen, nach Lahore vorgedrungen. 

Am 15. April wurde gemeldet, dass die Cholera nach Afghanistan 
herübergegangen sei: Vom 19. bis 29. April starben in Kabul 
bereits 5575 Menschen. Ebenso lief aus Herat die Nachricht ein, 
dass die Cholera in heftigster Form dort ausgebrochen sei und dass 
sie bereits 2000 Opfer gefordert habe. Doch soll bereits Ende 
Februar in Herat Cholera geherrscht haben. 

Immer weiter wurde der Kreis der Choleraerkrankungen von 
Hardwar als Centrum aus: In Srinagar, der Hauptstadt Kaschmirs, 
begann die Epidemie am 7. Mai mit 85 Fällen, am 15. Mai war, 
nach den Ermittelungen des K. Q. A., die Tageszahl der Erkran¬ 
kungen auf 162 gestiegen, und am 23. Mai kamen 499 neue Er¬ 
krankungen mit 233 Todesfällen hinzu. Nach einem Bericht aus 
Kaschmir sind vom 7. Mai bis zum 23. Juni 8863 Personen in 
Srinagar an der Cholera erkrankt, von denen 5720 starben. 

Bald überschritt die Cholera die persische Grenze, langsam auf 
der grossen Handelsstrasse von Kabul über Herat nach dem 
heiligen Mesched vordringend. So meldete der britische Agent in 
Mesched, dass der ersto Cholerafall dort am 23. Mai vorgekommen 
sei. Schon am 25. Mai traf aus Teheran eine weitere Nachricht 
ein, dass die Cholera heftiger in der Ortschaft Türbe Scheich 
Djami (in einer Woche 180 Fälle mit 60 Todten) und in einigen 
Dörfern auf der ersten Hälfte der Strasse nach Mesched herrsche. 
In Mesched erkrankten bereits am 26. Mai 40, und es starben 
nach einer Nachricht vom 1. Juni 5—8 Personen täglich, am 
2. Juni 110, vom 5. bis 8. Juni etwa 60 täglich. Die Seuche 
stamme aus Herat und sei von dorther durch afghanische Nomaden 
verschleppt. Am 9. Juni trat die Seuche in den Dörfern bei 
Mesched an dem Wege nach Nischapur (westlich) auf; vom 5. bis 
11. Juni kamen in Schehzevar (noch westlicher) 503 Todesfälle 
zur Kenntniss, vom 27. Juni bis 3. Juli 7 in Mezinan, 3 in 
Damegan (noch westlicher, auf Teheran zu), 15 in Enzeli, das bereits 
am kaspischen Meere liegt. Mitte Juli laufen schon die Nach¬ 
richten von 17 Todesfällen in Rescht am kaspischen Meer, und 
von 70 aus Erdebil an der türkisch-persischen Grenze ein. Ende 
Juli finden wir die Seuche in Asterabad (100 Todesfälle), ferner 
nicht weit von der russischen Grenze in Täbriz. In Teheran wurden 
die ersten verdächtigen Fälle am 1. August bekannt. Von diesem 
Moment an griff die Cholera heftiger um sich. Am 6. August 
hatte Teheran schon 24 Todesfälle, Täbriz 100; in Rescht und 
Asterabad starben täglich 50 Personen. Vom 13. bis 15. August 
zählte man in Teheran bereit 750 Erkrankungen mit 450 tödtlichen 
Ausgängen, in Täbriz 800 und 380. Von Teheran zog die Seuche 
auch wieder südlich und am 15. August nach Ispahan, am 
17. August nach Kasan und später im November nach Kum und 
Schiras; aus Teheran wurden um diese Zeit täglich 300 Todesfälle 
gemeldet. Erst Anfang September begannen die Zahlen der Er¬ 
krankungen und Todesfälle sich zu verringern, während die Zahl 
der ergriffenen Orte zunahm. 

Wir sehen also, dass im Verlauf weniger Wochen (18. Mai 
bis Mitte Juni) die Cholera von Herat in Afghanistan das 
ganze persische Reich von Osten nach Westen bis nach Russland 
durchwanderte; von Teheran unternahm sie eine Abzweigung 
wieder nach Süden. Die Seuche verbreitete sich in Persien längs 
der grossen Karawanenstrassen Herat—Mesched—Teheran—Rescht, 
und trotzdem war ihr Marsch ein so geschwinder und erfolgreicher 
(in Täbriz starben 15 000, in Teheran 20 000 Menschen). 

Die Ursache dieser schnellen und heftigen Weiterverbreitung 
der Cholera gerade in Persien liegt aber einmal in den argen 
hygienischen Missständen, dann in den uralten, widersinnigen 
religiösen Gebräuchen, welche wie vor Jahrtausenden noch jetzt im 
Reich des Schah festwurzeln. Bei diesen auf Grund neuerer zu¬ 
verlässiger Beobachtungen ein wenig ausführlicher zu verweilen, 
ist deshalb wohl angezeigt. 

Zu Zeiten, wo ansteckende Krankheiten im Lande herrschen, 
ist es in Persien ausserordentlich schwer, zuverlässige Nachrichten 
über die Ausbreitung derselben zu erhalten, da man im allge¬ 
meinen dem Princip huldigt, den Ausbruch zu verheimlichen. Die 
Geheimhaltung wird dann so streng gehandhabt, dass beispiels¬ 
weise selbst den Leichenwäschern, Todtengräbern und ähnlichen 
Organen verboten wird, irgend welche Angaben über die Zahl der 
von ihnen gereinigten und bestatteten Todten oder die Krankheit, 
an welcher die betreffenden verschieden sind, zu machen. Auch 
das Betreten der Friedhöfe, welches eine Controlle über die Zahl 
der frisch aufgeworfenen Gräber ermöglichen könnte, untersagt 
man im allgemeinen. Deshalb sind die nach Europa gelangenden 
Nachrichten nicht immer ganz zuverlässig. Indess steht doch 


manches namentlich über den Eingangsort der verschiedenen Epi- 
demieen in Iran fest. 

Die Stadt Mesched in der Nordostecke des Landes bildet meist 
das Eingangsthor für die Cholera, welche auf der belebten und 
wichtigen Karawanenstrasse von Herat (Afghanistan) vordringend, 
sich von Mesched aus über das ganze Persien zu verbreiten pflegt. 
Der südliche Theil der persischen Ostgrenze scheint wegen seines 
theilweise wüstenartigen Charakters und des dort wegen der un¬ 
genügenden Wasserverhältnisse nur geringen Verkehrs der Cholera 
bisher, auch im Sommer 1892, nicht als Weg nach Persien gedient 
zu haben. Dagegen ist wiederum der persische Golf wegen der 
hier anlangenden und den Schat-El-Arab hinauffahrenden Pilger¬ 
schiffe aus Indien eine besonders geeignete Stelle für das Ein¬ 
dringen der Seuche, mag dieselbe nun von Mohammera direkt oder 
erst auf dem Umwege über Bagdad nach Persien gelangen. 

Ueberhaupt scheint, wie 1892, so auch früher die Cholera in 
der Mehrzahl der Fälle von Pilgern nach Persien gebracht zu sein, 
zumeist von solchen, die von Afghanistan nach Mesched oder 
weiter zogen. Aber auch die nach Besuch der heiligen Orte im 
türkischen Reiche nach oder über Persien zurückkehrenden bilden 
eine grosse Gefahr. 

Sobald nun die Cholera Persien erreicht hat, findet sie in dem 
jeder hygienischen Einrichtung baaren Lande einen besonders 
fruchtbaren Boden zur Ausbreitung. 

Die bisweilen von indischen Berichterstattern ausgesprochene 
Behauptung, die Cholera herrsche in einigen Theilen Persiens — 
beispielsweise in den fieberreichen, sumpfigen Niederungen am 
kaspischen Meer — endemisch, ist nach zuverlässigen Beurtheilern 
persischer Verhältnisse durchaus unbegründet. Allerdings wirkt 
das Klima auf die Verdauungsorgane in besonders schädlicher 
Weise ein, und der reichliche Genuss von Früchten lässt oft Er¬ 
krankungen entstehen, die in ihren Symptomen an Cholera erinnern. 

Als Hauptgrund indess für die leichte Ausbreitung der Seuche 
im Lande kann man im allgemeinen wohl die Religion der Perser 
mit ihren Auswüchsen und die mit derselben Hand in Hand gehende, 
nicht hundertjährige, sondern mehr als tausendjährige Stagnation 
in der culturellen Entwickelung bezeichnen. Bis jetzt ist es noch 
nicht gelungen, den Errungenschaften europäischer Bildung in 
Persien Eingang zu verschaffen, wenngleich einzelne Angehörige 
jenes Landes oft nicht ohne Erfolg bemüht gewesen sind, sich auf 
abendländischen Universitäten die Ergebnisse moderner Forschung 
zu eigen zu machen. In die Heimath zurückgekehrt, vermochten 
sie ihre Kenntnisse nicht zu verwerthen. 

Das, was dem in Persien neu ankommenden Europäer zu aller¬ 
erst ins Auge fällt, so berichtet mein Gewährsmann, ist die an das 
Unglaubliche grenzende Vernachlässigung der einfachsten Forde¬ 
rungen der Hygiene. 

Die geringe Bedeutung, welche denselben beigelegt wird, lässt 
sich zunächst daran bemessen, wie wenig für die Reinhaltung des 
Wassers geschieht. Brunnen sind in dem vegetationslosen Persien 
eine seltene Erscheinung. Man kennt dieselben im allgemeinen 
nur in der Niederung des Kaspischen Meeres und im Süden des 
Landes. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass die oberen 
Bodenschichten sehr durchlässig sind und die isolirende Schicht 
ausserordentlich tief liegt. So blieben in Teheran artesische 
Brunnenbohrungen, die bis zu einer beträchtlichen Tiefe ausgeführt 
wurden, gänzlich resultatlos. Bei dem gebirgigen Charakter des 
Landes fasst man daher die Quellen am Fusse der Berge und führt 
sie in Leitungen oft grosse Strecken weit nach den wasserbedürf¬ 
tigen Ortschaften. 

Nach der Vorschrift des Koran haben fünf mal am Tage die 
gewöhnlichen Waschungen, ausserdem aber Waschungen nach jeder 
Verrichtung eines Bedürfnisses stattzufinden. Die Folge davon ist 
die, dass die letzteren stets in unmittelbarster Nähe des Wassers 
oder in demselben verrichtet werden. Sämmtliche Bäche und ober¬ 
irdischen Wasserleitungen sind daher in Persien stets in der wider¬ 
lichsten Weise verunreinigt. Aber auch die unterirdischen Lei¬ 
tungen geben eine Gewähr für die Reinhaltung nicht, weil in den¬ 
selben behufs Ausführung von Reparaturen dauernd Leute beschäf¬ 
tigt sind und sie überdies fast immer an einigen Stellen zur Ent¬ 
nahme von Wasser zu tage treten. 

Das oberirdisch laufende Wasser wird, obwohl als Trinkwasser 

dienend, in einer jeder Beschreibung spottenden Weise verunreinigt. 

Die Bassins, durch welche dasselbe hindurchgeführt wird oder 
welche es als Reservoirs speist, werden nie ausgeschlammt; im 
fliessenden Wasser wird gewaschen, häufig auch die Todtenwäscho 
besorgt-. Selbst während der heftigsten Periode der Cholera im 
Jahre 1892 wurden die Choleraleichen gleichfalls im laufenden 
Wasser gereinigt. * 

Dem Perser gilt fliessendes Wasser auch in spärlicher M.enge 
und stehendes Wasser inJBassins, sobald letztere einen gewissen 


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838 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44 


Umfang besitzen, als rein und zu jedem Gebrauch — auch als 
Trinkwasser — benutzbar. 

Wenn schon das Einschioppen der Cholera in der Regel 
durch die Pilgerzüge erfolgt, so sind diese auch eine der Ur¬ 
sachen der raschen Verbreitung im Innern des Landes und 
über die Grenzen desselben hinaus. 

Die durch das langdauernde Reisen bei schlechter Kost, elen¬ 
destem Unterkommen und grosser Hitze entstehende Ueberanstren- 
gung schwächt die Gesundheit der Pilger und macht sie für An¬ 
steckung empfänglicher. 

Die aus Afghanistan kommenden Pilger ziehen über das hei¬ 
lige Mesched durch ganz Persien hindurch über Kum, Kirmanschah 
nach Kerbela bei Bagdad und auch weiter nach Mekka. Beson¬ 
ders verderbenbringend werden die Pilgerfahrten durch die damit 
verbundenen Leichentransporte. 

Es herrscht, wie mein Berichterstatter weiter erzählt, in Per¬ 
sien die unselige Sitte, die Todten — sofern es das Vermögen der 
Hinterbliebenen irgend erlaubt — nicht an ihrem Wohnorte zu 
begraben, sondern an gewissen für heilig geltenden Stätten, sei es 
innerhalb Persiens, sei es in der Türkei. 

Stirbt daher ein Perser, dem dieser Dienst erwiesen werden 
soll, so wird seine Leiche zunächst provisorisch beerdigt, das 
heis6t oft ohne irgend welchen Sarg ganz oberflächlich eingescharrt, 
um zu den Perioden der grossen Pilgerkarawanen exhumirt und, 
wegen des leichteren und weniger kostspieligen Transports, ge¬ 
wöhnlich nur in Decken eingehüllt oder in Säcke eingenäht, oft 
in voller Verwesung, in wochen-, ja monatelangen Reisen ihrem 
Bestimmungsorte zugeführt zu werden. Welche Gefahren ein ober¬ 
flächliches Beisetzen namentlich von Choleraleichnamen für die 
Umgebung und welche weiteren das Exhumiren und Transportiren 
derselben während grosser Hitze mit sich bringt, bedarf keiner 
näheren Ausführung. 

Zeitweilige Verbote des Leichentransports beziehen sich immer 
nur auf einige Distrikte, werden wenig beachtet und auch nicht 
rechtzeitig erlassen. 

Die schiitischen Stämme der Afghanen bringen ihre an heiliger 
Stätte zu beerdigenden Todten in der Regel nur bis Mesched; die 
Perser beerdigen die ihrigen, abgesehen von Mesched, in Kum und 
jenseits der türkischen Grenze, namentlich in Kerbela. 

Die Zahl der jährlich nach Mesched pilgernden Afghanen 
wird auf etwa 20000 angegeben, diejenige der jährlich innerhalb 
Persiens transportirten Leichen auf 25—30000. Endlich wird ge¬ 
meinhin angenommen, dass etwa 8—10000 Leichen von Persien 
aus über Kirmanschah nach Kerbela gebracht werden. Die Anzahl 
der die türkische Grenze überschreitenden Pilger wird auf etwa 
50000 jährlich geschätzt. 

Noch in vieler Hinsicht tritt der Mangel öffentlicher und pri¬ 
vater Hygiene hervor. Insbesondere dürften die elenden Woh¬ 
nungsverhältnisse der ärmeren Klassen, die nur allzuhäufig be¬ 
merkbare grosse Unreinlichkeit des ärmeren Volkes, der ver¬ 
wahrloste Zustand der Latrinen in den Häusern, endlich das Un¬ 
terlassen des Wegräumens von Abfällen jeglicher Art hervorgeho¬ 
ben werden, das den herrenlosen Hunden überlassen wird. Die 
Gemeindeverwaltungen befassen sich nicht mit der Reinhaltung der 
betreffenden Ortschaften, verfügen auch über gar kein Budget zu 
cuesem Zweck. In Teheran werden, nach den Angaben meines 
Gewährsmannes, nur einige Strassen im europäischen Viertel noth- 
dürftig gereinigt. An eine Beaufsichtigung der Bäder, Wasch¬ 
anstalten und an eine Reinigung von Trinkwasser - Reservoirs 
wird nicht gedacht. Gekochtes Wasser indes trinkt kein Perser 
Selbst Gebildete unter ihnen sollen ein geradezu Ekel erregendes, 
schmutziges Wasser anstandslos genossen haben, da sie besseres 
eben nicht zur Hand hatten. 

Die wenigen vorhandenen europäischen Aerzte stehen solchen 
Z-uständen machtlos gegenüber. Von einer einheimischen medici- 
mschen Wissenschaft kann aber gar keine Rede sein, da in Persien 
n °uT- und Galenus als Hauptautoritäten gelten. An¬ 

geblich darf als praktischer Arzt nur derjenige thätig sein, welcher 
£® H ? chBoh V le in Teheran längere Zeit besucht hat. 

Thatsltohhch aber kann jeder Perser ohne irgend welche Kennt- 
nisse den ärztlichen Beruf ausüben. 

Pni„Sfn-f “ Un 'S 1 ,. den ? us der nedicinischen Abtheilung des 
Polytechmkums zu Teheran hervorgehenden Aerzten auf sich hat, 

Twi.„a , de “ mlr V0rl * e 8 en den Mittheilungen schon aus der 
Unrnrnm^ij -i“ 88 "* , d ? r 8®! lannt ® n Anstalt bereits seit einer 
Uhua f R i Ü1 ! V0 “ , dah / en Immer nur ein einziger europäisch 

Zuha™™ dt g6W,r t a- . Die t en l lieg* g^z allein ob, seinen 
Zuhüiern die gesammte medicimsche Wissenschaft des Abendlandes 

. . E . rwäg t “ a “ nun < dag s diese Zuhörer keine Gym- 
S 11 ^ kf®f ® lcl1 . hab « n . dass anatomische Studien unter¬ 
em ar i L - eh i e t es Eoran sich jeder Secirung entgegen- 

11 , dass endlich jeder- Satz, welchen der Vortragende Professor 


spricht, zunächst von Dolmetschern, die als Fachleute nicht an¬ 
gesehen werden können, ins Persische übertragen werden muss 
so wird man ermessen können, welche Kenntnisse sich die studi- 
renden Mediciner in Persien zu erwerben in der Lage sind und 
welches Vertrauen ein persischer Arzt verdient. 

.Hat nun einmal die Seuche in Persien Verbreitung erlaiK, 
so wird ein Weitergreifen derselben über die türkische und russi¬ 
sche Grenze, ganz abgesehen von sonstigen Verhältnissen, wegen 
der an diesen Grenzen vorhandenen nomadisirenden Stämme, welche 
je nach der Jahreszeit bald in diesem, bald in jenem Gebiete ihren 
zeitweiligen Wohnsitz aufschlagen, besonders schwer zu verhindern 
sein. Eine polizeiliche oder sanitäre Ueberwachung der Ankom¬ 
menden, insbesondere der Pilger, ist aber wegen der freien, weiten 
Grenzen nicht durchführbar, überall ist eine Umgehung etwa ein¬ 
gerichteter Stationen leicht möglich, da das persische Gelände, 
mit Ausnahme der Gebirgsgegenden, sich Überall als Weg be¬ 
nutzen lässt. 

Es besteht nun allerdings in Persien eine Einrichtung, welche 
den Glauben erwecken könnte, es geschähe dort etwas für die 
öffentliche Hygiene. Diese Institution ist der Gesundheitsratli, 
welcher seit 1867, aber ohne eigentliche Erfolge existirt. Er ist 
dem Minister für Wissenschaften unterstellt und hat unter Leitung 
eines höheren persischen Beamten eine ganze Reihe persischer 
Aerzte zu Mitgliedern; Vorsitzender ist der Leibarzt des Schah, 
Dr. Tholozan. Den Mitgliedern ist etwa noch zuzuzählen der 
Delegirte des internationalen Sanitätsraths von Constantinopel, 
Dr. Camposampierro; endlich assistiren die in Teheran anwesen¬ 
den europäischen Aerzte den Sitzungen. Diese Sitzungen tragen, 
nach den Angaben meines Gewährsmannes, mehr den Charak¬ 
ter geselliger Zusammenkünfte, bei welchen Informationen aus¬ 
getauscht werden. Sitzungsprotokolle pflegen nicht aufgenommen 
zu werden. Ein Budget besitzt der Gesundheitsrath nicht. Fasst 
derselbe daher einmal irgendwelchen Beschluss, so bleibt letzterer 
in der Regel todter Buchstabe, da es zur Ausführung an den 
nöthigen Mitteln gebricht. 

Der Gesundheitsrath kann daher praktisch die Regierung nur 
auf die vorhandenen Uebelstände aufmerksam machen, ohne dass 
sich deswegen erstere veranlasst sähe, nun auch wirklich Abhülfe 
zu schaffen. Dem zufälligen Umstande, dass dem Minister der 
Wissenschaften gleichzeitig das Ressort der Telegraphen unter¬ 
steht, verdankt der Sanitätsrath allein die Vergünstigung der 
freien Benutzung der Telegraphenlinien des Staates. Die Nach¬ 
richten indess, welche ihm aus den Provinzen auf Anfragen oder 
ohne solche zufliessen, sind, soweit sie nicht etwa von europäischen 
Aerzten stammen, durchaus unzuverlässig und richten sich oft 
nach dem persönlichen Interesse des betreffenden Berichterstatters. 

Nach alledem dürfte es ausser Frage stehen, dass es einer 
durchgreifenden Reform der äusseren und inneren Hygiene Persiens 
bedarf, wenn die Gefahr, welche für Europa in der besprochenen 
Empfänglichkeit dieses Landes für die Cholera liegt, gemindert 
oder beseitigt werden soll. 

Bei solchen Zuständen im persischen Reiche ist es nun nicht 
wunderbar, dass sich auch 1892 die Seuche mit rasender Schnellig¬ 
keit nach Russland fortpflanzte: Schon vom 6.—12. Juni erkrankten 
in Baku 164 Personen an der Cholera, 70 davon starben. 

Es werden nun immer noch Stimmen laut, welche die Invasion 
der Cholera in das russische Reich durch die Wolgahäfen bestreiten 
und dem Vordringen der Seuche auf den Handelsstrassen Östlich 
des kaspischen Meeres das Wort reden. Zur Entscheidung dieser 
Frage scheint mir eine Mittheilung eines Forschungsreisenden nicht 
ohne Gewicht, welcher sich zu jener Zeit in Centralasien auf hielt. 

So soll sich zwar auf dem über Merw, dem Emporium des 
centralasiatisehen Handels, führenden Wege die Epidemie nach dem 
Osten verbreitet haben. Die meist ergriffenen Plätze auf diesem 
Wege waren die Städte Tschinas und Tschisack, zwischen Samar¬ 
kand und Taschkent, von wo dann die Krankheit weiter nae 
Osten, nach Margelan und Kokhan, vordrang. Für ein Fortwan¬ 
dern von Taschkent nach dem Norden auf der grossen orenbuigi 
sehen Poststrasse liegen dagegen für 1892, nach den Aeusseriingjj 11 
jenes erwähnten Forschungsreisenden, keine Beweise vor; gelang 
doch die Krankheit nicht einmal bis zu dem 70 Werst nördlich von 
Taschkent gelegnen Tschinkent. Nach Orenburg kam die Kran' 
heit nicht aus dem Süden, sondern vielmehr, nachdem sie auf oe 
zweiten Wege über Baku und die Wolgahäfen nach Russland ein 
geschlept war, aus dem Westen entlang der Eisenbahnlinie. 

Dieser zweite Weg über das kaspische Meer und die ”olg 
häfen ist jedenfalls für Europa der bedeutungsvollere, also z lP läc ht 
auf den Handelsstrassen von Herat, Astrabad, Teheran, R 080 ’ 
Enzeli, dann dem Littoral des kaspischen Meeres entlang J 8 
Baku, wo 30—40000 Perser leben, die einen sehr regen Verse 
mit der Heimath aufrecht erhalten. . . 

Den Zug der Cholera im Jahre 1892 nun durch Russlan» 


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1*. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


selbst, der durch weit zuverlässigere Meldungen, als wir sie über 
die ersten Etappen zu erhalten in der Lage sind, genau bekannt 
und schon des öfteren und weiteren kritisch besprochen wurde, 
diesen Weg zu verfolgen, liegt ausserhalb der vorgesteckten Gren¬ 
zen dieser Arbeit. 


839 


Jahre sich erstreckenden Kasuistik 1 ) die Erfahrungen Heiden¬ 
hain’s 2 ) bestätigen, dass vermittels derartig construirter Ban¬ 
dagen in einer grossen Zahl von Fällen die Lageanomalie des 
Hodens dauernd beseitigt werden kann. 


IV. Ueber radicale Bruchoperationen bei 
Kindern. 

Von Dr. Karewski in Berlin. 

Auf dem XX. Congress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 
habe ich schon 1891 in einem auch in dieser Wochenschrift ab¬ 
gedruckten Vortrage 1 ) Mittheilung von neun Radicaloperationen 
grosser freier Scrotalbrüche bei Kindern unter drei Jahren gemacht 
und mein überaus einfaches Verfahren beschrieben, das in überraschend 
schneller Weise zu dauernder Heilung geführt hatte. Seit dieser 
Zeit haben nun eine ganze Reihe von Chirurgen sich für die 
früher nur in Ausnahmefällen zugelassene blutige Beseitigung 
von Unterleibsbrüchen innerhalb der ersten Lebensjahre ausge¬ 
sprochen; so K. Bayer 2 ), Phocas 3 ), Koenig 4 ), Szumann 5 ) u. a. 
Einige dieser Autoren, wie Phocas und Szumann haben sich 
im grossen und ganzen an die von mir gegebenen Vorschriften 
gehalten und sind mit deren Resultaten zufrieden gewesen, während 
andere sich der complicirteren, bei der Radicaloperation von Brüchen 
Erwachsener üblichen Verfahren bedienten. Es gereicht mir nun 
zur besonderen Genugthuung, aus dem Aufsatz von Gertrud 
Gordon 6 ), die über die immense Zahl von 250 innerhalb zweier 
Jahre im Kinderhospital Trousseau zu Paris bei Kindern (da¬ 
von 50 freie Brüche bei Kindern vor dem dritten Lebensjahre) ope- 
rirte Hernien berichtet, zu ersehen, dass man in Frankreich, wo 
man noch vor wenigen Jahren wenig geneigt war, radicale Bruch¬ 
operationen bei Kindern vorzunehmen, sich mehr und mehr der 
Ansicht erschliesst, dass auch vor dem dritten Lebensjahre schwer 
retinirbare oder grosse Beschwerden verursachende Leistenbrüche 
— um diese handelt es sich ja in der Regel — dem Messer ver¬ 
fallen sollen. Ich selbst habe seit meiner ersten Publication 15 
weitere Radicaloperationen bei Kindern ausgeführt, von denen nur 
zwei Knaben jenseits des fünften Lebensjahres betrafen. Auch diese 
Fälle, über die demnächst in einer Dissertation ausführlicher be¬ 
richtet werden wird, sind anstandslos innerhalb einer Durchschnitts¬ 
zeit von zehn Tagen ohne alle Zwischenfälle und Wundstörungen 
geheilt und dauernd ohne Recidiv geblieben. Die Dauer der Radical- 
heilung beträgt, so weit es möglich war Controlle auszuüben, nun¬ 
mehr bei einem Fall sechs, bei einem 5%, bei zweien fünf, bei 
zweien vier, bei dreien drei, bei sechs zwei Jahre, so dass an 
der Dauerhaftigkeit des Resultates wohl kein Zweifel sein kann. 
Nur dreimal habe ich mich veranlasst gesehen von meiner früher 
beschriebenen Methode, von der ich annehme, dass sie durch 
ihre Einfachheit und Sicherheit die beste Garantie für die bei 
Kindern so schwer zu erhaltende Asepsis gewährleistet, abzugehen. 
Ich habe mich in diesen Fällen des auch sonst von mir häufig 
mit bestem Erfolge benutzten Kocher’schen Verfahrens bedient. 
So geringfügig die Differenz zwischen den sonst üblichen, so 
auch dem von Broca beliebten, und meinem Verfahren erscheinen 
mag, so möchte ich doch hervorheben, dass die von mir zuerst ge¬ 
übte stumpfe Auslösung des geschlossenen Serosasackes aus den 
übrigen Bruchhüllen am sichersten vor Infection schützt, dass die 
einfache Zusammendrehung und doppelt — über Kreuz — ausge¬ 
führte Ligatur unter den schwierigsten Verhältnissen genügenden 
Schutz vor Prolaps der Därme giebt, jede Matratzennaht des Bruch¬ 
canals, Pfeilernaht etc. bei jungen Kindern gänzlich überflüssig ist 
und nur zu Complicationen führt. 

Was im übrigen die Indication zur Ausführung der Radical¬ 
operation bei Kindern anlangt, so erscheint es uns auffällig, dass 
von den Franzosen die Ectopia testis immer wieder als Anzeige 
genannt wird, weil die Anlegung eines Bruchbandes den Descensus 
testieulorum hindere. Wir selbst haben niemals gerade aus Lage- 
anomalieen des Hodens, die ja so häufig mit Hernien vergesell¬ 
schaftet sind, einen Grund für die blutige Cur herleiten können. 
Wenn man das Bruchband mit einem entsprechenden Ausschnitt 
für den Hoden am vorderen Ende der Pelotte versieht, kann man 
nicht nur den Bruch zurückhalten und auf diese Weise bei jungen 
Kindern in der Regel zur Heilung bringen, sondern auch den ver¬ 
lagerten Hoden allmählich nach abwärts in das Scrotum drängen. 
Wir können in dieser Beziehung aus einer zahlreichen, über viele 


') Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 5. 
*) Prag. med. Wochenschrift 1891, No. 35. 

*) Mercredie m 6 d. No. 29. 

4 ) Lehrbuch der Chirurgie, VI. Aufl. 

6 ) Therapeut. Monatshefte 1894, No. III. 

®) Deutsche med. Wochenschr. 1894, No. 42. 


V. Zur Frage der Säuglingsemahrung. 

Von Prof. Walther llempel in Dresden. 

Am 12. Januar dieses Jahres starb der bekannte Agricultur- 
chemiker Julius Lehmann. Derselbe hat einen Theil der Zeit, 
die ihm nach seiner krankheitshalber verhältnissmässig frühzeitig 
erfolgten Pensionirung blieb, dazu verwendet, um ausgedehnte 
Untersuchungen über die chemische Natur der Milch in dem La¬ 
boratorium des Schreibers dieses Aufsatzes auszuführen. 

Ausgehend von der statistisch festgestellten Thatsache, dass 
unter allen Ersatzmitteln der Muttermilch die Kuhmilch immer 
noch das beste ist, hoffte er durch genaue Erforschung der Ver¬ 
hältnisse die Mittel zu finden, um durch passende Zusätze oder 
mechanische Operationen der Kuhmilch in noch erhöhtem Grade 
die Eigenschaften der Muttermilch zu verleihen. 

Ich habe im Bd. 56, S. 558, des Acrhivs für die gesammte 
Physiologie ausführliche Mittheilungen aus den hinterlassenen No¬ 
tizen über diesen Gegenstand gemacht und gestatte mir im Nach¬ 
folgendem in gedrängter Kürze die wichtigsten Resultate dieser 
Arbeit mitzutheilen und daran eine Reihe von Schlussfolgerungen 
zu schliessen, die sich vom chemischen Standpunkt daraus mit 
zwingender Nothwendigkeit ergeben. 

Während bei den zur Zeit vorliegenden Milchuntersuchungen 
das Casein stets entweder mit Säuren, Salzen oder Lab abgeschieden 
worden ist, hat Lehmann bei seinen Arbeiten die Milch mittels 
sogenannter Thonseparatoren getrennt. 

Diese Methode hat gegenüber den anderen Abscheidungsweisen 
den Vorzug, dass das Casein gebunden an die Salze erhalten wird, 
mit welchen es in der Milch als gequollene oder sogenannte colloidale 
Substanz auftritt. Lehmann nennt deswegen das so abgeschiedene 
Casein „genuines Casein“. 

Seine Versuche lehren, dass in dem genuinen Kuhcasein 7,2 % 
anorganische Bestandtheile vorhanden sind, welche beim Verbrennen 
als Asche Zurückbleiben. 

Die Asche enthält: 49.8 °/ 0 CaO, 2,l%MgO, 0,9% K 2 0, 
0,4% Na 2 0, 45,0% P 2 0 5 , 1 , 2 % S0 8 . 

Aus den Versuchen geht ferner klar hervor, dass ein Theil des 
Phosphors im Casein selbst enthalten ist, in der Form einer ester- 
artigen Verbindung, die sich von der Phosphorsäure ableitet. 

Auf P 2 O 5 berechnet, enthält das Casein in organischer Ver¬ 
bindung 1,2—1,5% P 2 O 5 . 

Im genuinen Kuhcasein ist 1,6 % CaO enthalten, welcher 
wahrscheinlich mit dem Casein zu Caseincalcium vereinigt ist. Es 
enthält das genuine Kuhscasein den übrigen Kalk und Phosphor¬ 
säure als dreibasisch phosphorsauren Kalk, so dass das genuine 
Kuhcasein als eine Doppelverbindung von dreibasisch phosphor¬ 
saurem Kalk mit Caseincalcium anzusehen ist. 

Als Mittelwerth für die Elementarzusammensetzung des genuinen 
Kuhcaseins ergiebt sich: Asche 6,47, der Hauptsache nach phosphor¬ 
saurer Kalk, Kohlenstoff 50,86, Wasserstoff 6,72, Stickstoff 14,63, 
Phosphor 0,81, Schwefel 0,72. 

Dies entspricht auf aschenfreies Casein berechnet: Kohlenstoff 54, 
Wasserstoff 7,04, Stickstoff 15,6, Phosphor 0,85, Schwefel 0,77. 

Die Schwefel- und Aschenbestimmungen des genuinen Kuh- 
und Frauencaseins lehren, dass man es unzweifelhaft mit zwei ver¬ 
schiedenen Caseinen zu thun hat. Während nämlich der Schwefel¬ 
gehalt des genuinen Kuhcaseins 0,723 ist, enthält das genuine Frauen¬ 
casein 1,09. Es ist ferner der Gehalt an phosphorsaurem Kalk im 
Kuhcasein 6,6 %, im Frauencasein 3,2 %. 

Das Kuhcasein ist daher viel reicher an Phosphaten als das 


Frauencasein. 

Als mittlere Zusammensetzung der Kuh- und Frauenmilch hat 
Lehmann die nachfolgenden Zahlen gefunden: 

Kuhmilch Frauenmilch 

Casein.3,0 % 1,2 °/o 

Albumin.0,3 „ 0,5 „ 

Fett .3,5 „ 3,8 „ 

Milchzucker .4,5 „ 6,0 „ 

Asche.0,7 „ 0,2 „ 

Wasser .88,0 „ 88,5 „ 


100 100 

Trockensubstanz.12,0% 11,7% 

Die für die Frauenmilch gefundenen Werthe dürften mehr als 
die der meisten bis jetzt veröffentlichten Analysen Anspruch auf 


l ) 

alters. 

*) 


S. auch Karewski, Die chirurgischen Krankheiten des Kindes- 
S. 561 ff. 

Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 14. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


840 


No. 44 


Richtigkeit haben, weil sie sich auf Milch beziehen, die in der 
Weise erhalten -war, dass gesunde Frauen ihre Milchdrüsen voll¬ 
ständig abmolken. Lehmann hat hierauf besonderes Gewicht ge¬ 
legt, da es eine bekannte Thatsache ist, dass die Zusammensetzung 
eines und desselben Gemelkes ganz verschiedenartig ist, und zwar 
so, dass die zuerst abgegebenen Milchmongen fettärmer, während 
die zuletzt abgegebene Milch fettreicher ist. Aus dieser Thatsache 
erklären sich die so sehr unter einander abweichenden Analysen¬ 
resultate verschiedener Forscher. 

Lehmann hat ferner gefunden, dass das mit Säuren aus 
Frauenmilch und Kuhmilch abgeschiedene Casein einen ganz ver¬ 
schiedenen Fettgehalt hat. 

Er fand in diesen Niederschlägen bei Frauenmilch 1,2 % Casein, 
3,6 % Fett, bei Kuhmilch 3 % Casein, 3,5 % Fett, entsprechend 
einem relativen Verhältniss von 1 Gewiehtstheil Casein auf 3 Theile 
Fett, bezw. 1 Gewiehtstheil Casein auf 1,16 Theile Fett. 

Das nähere Studium der Verhältnisse zeigte, dass das Casein 
der Kuhmilch genau so wie das Casein der Frauenmilch die Eigenschaft 
erlangt, sich als feines Gerinnsel abzuscheiden, wenn man der Kuh¬ 
milch so viel Fett zusetzt, dass das Casein- und Fettverhältniss 
das gleiche wird, wie es die Frauenmilch hat; die gleiche Eigen¬ 
schaft konnte auch durch Zusatz von Hühnereiweiss erhalten werden. 

In Bezug auf die wichtige Frage, in welcher Weise man die 
Kuhmilch der Frauenmilch möglichst ähnlich machen kann, um 
Säuglinge damit zu ernähren, ging Lehmann’s Ansicht dahin, 
dass man entsprechend den von ihm gefundenen und im Vorher¬ 
gehenden mitgetheilten Zahlen für die Zusammensetzung der Kuh- 
und Frauenmilch die Kuhmilch so weit mit Wasser verdünnen 
möchte, bis der Caseingehalt derselben dem der Frauenmilch gleich¬ 
kommt, und hierauf derselben so viel Rahm, Milchzucker und 
Hühnereiweiss zuzusetzon, bis das Gemisch der Frauenmilch ent¬ 
sprechende Quantitäten an Fett, Milchzucker und Albumin enthält. 

Den Albuminzusatz schlägt er vor, in der Weise auszuführen, 
dass man das Eiweiss von einem Hühnerei etwas quirlt, mit vier 
Esslöffeln Wasser vermischt, durch eine Leinwand seiht und dann 
den dritten Theil dieser Flüssigkeit der zu verabreichenden Menge 
Kuhmilch zusetzt. 

Besonderes Gewicht legte Lehmann darauf, dass der Rahm¬ 
zusatz genau quantitativ, entsprechend dem Fettgehalte, gemacht 
werde, da der Begriff Rahm ein in sehr weiten Grenzen schwan¬ 
kender ist. Er fand den Fettgehalt verschiedener Rahmsorten 
zwischen 8 und 30% schwankend. 

Der Zusatz von Hühnereiweiss dürfte besonders dann geboten 
sein, wenn der Säugling sofort künstlich ernährt werden muss, da 
bekanntlich das Colostrum der Frau wie der Kuh besonders eiweiss¬ 
reich ist. Es ist dies auch der Grund, warum zum Besten des 
Kindes auch schwache Frauen, wenn es irgend möglich erscheint, 
ihre Kinder zum wenigsten bis zum zehnten Tage säugen sollten! 

Bei der Herstellung der nach diesen Gesichtspunkten zusam¬ 
mengesetzten Gemische verfuhr Lehmann in der Weise, dass er 
die mit Rahm, Milchzucker und Wasser gemischte Milch durch 
kurzes Erwärmen auf eine Temperatur von circa 80° von der 
grössten Zahl der Keime befreite und dann nach der Abkühlung 
unter der Coagulationstemperatur des Eiweisses dasselbe in der 
oben beschriebenen Weise zusetzte. Die mit dieser Milch ernährten 
Kinder gediehen gut. 

Noch vor wenigen Jahren hätten sich der Ausführung der 
Lehmann’schen Ideen beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten ent¬ 
gegengestellt. Inzwischen ist aber einerseits durch Gerber die Be¬ 
stimmungsmethode des Milchfettes so vereinfacht worden, dass sie 
sich in wenigen Minuten ausführen lässt, andererseits sind die Milch- 
centrifugen so verbessert worden und selbst in den kleineren Mol- j 
kereien zur allgemeinen Einführung gelangt, dass keinerlei Grund 
yorliegt, warum man nicht zu der Anreicherung der Milch an Fett 
übergehen sollte. E. Brücke hat also nicht mehr Recht, wenn 
er m seinem ausgezeichneten Buch „Wie behütet man Leben 
und Gesundheit seiner Kinder“, nachdem er ausführlich auseinander¬ 
gesetzt hat, dass die Theorie erfordere, dass man entsprechend 
dem Vorschlag von Biedert die Milch fettreicher machen müsste 
trotzdem zu dem Satz kommt (Seite 41): 

„Warum folgt man hier nicht der Theorie, die Kindernahrung 
auf den mittleren Fettgehalt der Men sehen milch zu bringen? Um 
Kahm zu erlangen, muss man warten, bis er sich abgeschieden 
hat. Während dieser Zeit aber gehen Veränderungen in der Milch 
vor deren Fortschreiten man zwar durch Kochen auf halten, aber 
weiche man durch dasselbe nicht, ungeschehen machen kann. Um 
diese Veränderungen so viel als möglich zu beschränken, muss 
man das Ausrahmen bei möglichst niedriger Temperatur vor sich 
gehen lassen, aber dann soll der Rahm wieder zu compact und 
schlecht vertragen werden.“ 

Wahrend man fröher in der That Stunden lang warten musste, 
um Rahm von Magermilch zu trennen, ist dies heute in wenigen 


Minuten mit der Centrifuge leicht ausführbar. Dabei wird, wie 
hinlänglich bekannt, die Milch von einem grossen Theil der Keime 
die in derselben enthalten sind, befreit; zeigt es sich ja, dass der 
sogenannte Centrifugenschlamm neben allem möglichen Unrath 
massenhaft Keime enthält. 

Es bietet heute keinerlei technische Schwierigkeiten, die Milch 
von irgend welchem Fettgehalt, der der Natur der Sache nach über¬ 
haupt in Frage kommen kann, zu liefern. 

Die Centrifugenfabriken könnten mit Leichtigkeit, durch ent¬ 
sprechende Veränderung der Abflussöffnungen für Magermilch 
und fettreiche Milch, die Centrifugenkörper so liefern, dass sofort 
eine an Fett etwa 7 x / 2 % haltige Milch, wie es die Theorie erfor¬ 
dern würde, von dem Apparat producirt wird. Da die Centri- 
fugenkörper leicht aus der Maschine herausgenommen werden 
können, so brauchte man in den Molkereien nur mehrere Trom¬ 
meln zu haben, von denen die eine zum Abscheiden des eigent¬ 
lichen Rahms, die andere zur Herstellung der Kindermilch ver¬ 
wendet würde. 

Diese fettreiche Milch würde gegenüber den durch einfaches 
Stehenlassen der Milch abgeschiedenen Rahmen den grossen Vor¬ 
zug haben, dass sie unzweifelhaft bedeutend ärmer an Keimen sein 
müsste, als die gewöhnliche Milch. 

Es kann gar nicht genug hervorgehoben werden, dass der 
Fettgehalt der Milch quantitativ controllirt werden sollte, was 
heute mittels der Gerber’schen Methode eine so einfache Sache 
ist, dass der praktischen Durchführung kein Hinderniss entgegen¬ 
steht. So allein kann vermieden werden, dass höchst ungleich- 
werthige Producte unter dem Namen Kindermilch zum Verkaufe 
kommen. Die grossen Molkereien sollten auf der Abgabeflasche 
den garantirten Fettgehalt einfach angeben und sich denselben ent¬ 
sprechend bezahlen lassen. 

Zur Zeit ist w r ohl die am meisten verbreitete Zubereitung 
der Milch für die Säuglingsemährung die, dass man die Milch 
durch einfaches Kochen oder mittels des Soxhlet’schen Appa¬ 
rates sterilisirt und entsprechende Zusätze von Wasser und Milch¬ 
zucker macht. 

In früherer Zeit gab man die Milch erst stark verdünnt und 
brach dann nach und nach am Wasserzusatz ab, jetzt folgt man 
vielfach dem Vorschlag Prof. Dr. Heubner’s und Geheimrath 
Prof. Dr. Hofmann’s und giebt 1—9 monatlichen Kindern für ge¬ 
wöhnlich nur eine Mischung, bestehend aus einem Theil Kuhmilch 
und einem Theil einer Milchzuckerlösung, welche 69 g davon im 
Liter enthält. 

Dabei geht man im allgemeinen von dem Gedanken aus, dass 
es zulässig ist, einen Theil des im Vergleich mit der Frauenmilch 
fehlenden Milchfettes durch Milchzucker zu ersetzen. 

So unzweifelhaft es sicher besser ist, das fehlende Fett 
■wenigstens bis zu einem gewissen Grade durch Milchzucker zu 
ersetzen, eben so unzweifelhaft ist es aber, dass Fett und Milch¬ 
zucker chemisch ganz verschiedene Körper sind. Aus den Fetten 
lässt sich mit Leichtigkeit Glycerin und Fettsäure abspalten, was 
mit dem Milchzucker nicht möglich ist. Will man einen mög¬ 
lichsten Ersatz der Frauenmilch schaffen, so muss man entsprechend 
den fraglichen Gehalten das Fett anreichern. 

Der Fettgehalt erhält aber eine noch viel bedeutungsvollere 
Wichtigkeit, da das Fett der Kuh- sowohl als der Frauenmilch 
neben den Glyceriden der Fettsäure einen gewissen Gehalt an 
Lecithin hat. Das Fett der Frauenmilch ist sogar ■wahrscheinlich 
erheblich reicher an Lecithin als das der Kuhmilch. 

Lecithin ist aber nach den Untersuchungen von Strecker 
und Hundeshagen und Gilson eine ätherartige Verbindung von 
Fettsäureradicalen substituirter Glycerinphosphorsäure und einer 
Base, dem Cholin: C 44 H 90 NPO 9 . 

Das Fett der Milch enthält demnach Phosphor, der aller 
Wahrscheinlichkeit nach in dieser Form leicht assimilirbar ist. 

Bedenkt man, von welch eminentem Einfluss kleine Gaben von 
Phosphor, in der Form von Phosphorleberthran gegeben, auf die 
Knochenbildung im kindlichen Organismus sind, so wird man kaum 
einen anderen Schluss ziehen können, als dass der Phosphorgehalt 
im Fette der Milch von der vorsorgenden Natur als ein noth* 
wendiger und sehr wichtiger Bestandtheil vorgesehen ist. 

Nachdem die Wissenschaft und die Technik die Mittel .an die 
Hand gegeben haben, um die entsprechend fettreiche Milch für den 
Säugling zu liefern, sollte man dieselbe den Kindern, die ohnehin 
das Unglück trifft, dass ihre eigenen Mütter sie nicht ernähren 
können, nicht mehr vorenthalten. Betrachtet man die Lehmann- 
schen Zahlen für die Zusammensetzung der Frauen- und Kuhmilch, 
so drängt sich, entgegengesetzt zu dem heutzutage allgemein ange¬ 
nommenen Gebrauch, vom chemischen Standpunkte die Üeberzeugung 
auf, dass das Kochen oder Sterilisiren der Milch, in Bezug auf 
die Assimilirbarkeit eines der wichtigsten Bestandtheile, ein 
Fehler ist. 


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1. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


841 


Lehmann hat nämlich gefunden, dass die Frauenmilch 0,5 o/ 0 
Albumin enthält, während die Kuhmilch nur 0,3 % hat. 

Das Albumin hat aber die Eigenschaft, beim Kochen zu 
coaguliren und sich in Form einer dünnen Haut auf der Milch 
abzuscheiden. Jeder, der selbst die Kinderernährung mittels der 
Flasche genau verfolgt, beobachtet, dass gewöhnlich eine ganz 
geringe Quantität von Milch in der Flasche bleibt: sieht man näher 
zu, so findet man, dass diese reich an solchen Älbumingerinnseln 
ist; ganz abgesehen davon, dass in sehr vielen Fällen die Wärterin 
die Haut einfach vorher entfernt, so dass das Albumin überhaupt 
nicht in die Flasche kommt. 

Nimmt man an, die Kuhmilch sei zum Zweck der Säuglings¬ 
ernährung mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt worden, so 
enthielt sie von Haus aus nur 0,15% Albumin, während die 
Frauenmilch 0,5% Albumin hat. Durch das Kochen wird nun 
diese an sich viel geringere Quantität von Albumin in den unlös¬ 
lichen Zustand übergeführt, wodurch es unbestreitbar weniger leicht 
assimilirbar werden muss, als es im ungekochten Zustande ist. 

Man denke ferner daran, dass Personen mit schwachem Magen 
hartgekochte Eier überhaupt nicht mehr vertragen, während sie 
rohe oder doch nur weich gekochte Eier leicht verdauen. 

Hiermit steht wohl auch im ursächlichen Zusammenhang die 
Thatsache, dass gekochte Milch auf viele erwachsene Personen 
stark verstopfend wirkt, während sie ungekochte Milch leicht ver¬ 
tragen. 

Von geradezu ausschlaggebender Bedeutung in dieser Frage 
dürften die Beobachtungen sein, welche Bezirksarzt Dr. Walther 
Hesse in der Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten 
Bd. 17, Seite 238 kürzlich mitgetheilt hat. 

Hesse fand, dass in ungekochter Milch Reinculturen von 
Cholera- und Typhuskeimen bei gewöhnlicher und bei Brutofen¬ 
temperatur in kurzer Zeit abstarben, jedenfalls sich unzweifelhaft 
nicht vermehrten, während sie in gekochter Milch weiter wuchsen. 

Diese hochwichtige Thatsache lehrt, dass der ungekochten 
Milch von der Natur die Eigenschaft gegeben ist, dem Wachsthum 
von gewissen Keimen, und zwar gerade solchen, die als Feinde des 
menschlichen Organismus zu betrachten sind, hindernd entgegen¬ 
zutreten. Die Untersuchungen Hesse’s haben sich bis jetzt nur 
auf Cholera- und Typhuskeime erstreckt; es ist sehr wahrscheinlich, 
dass eine grosse Zahl anderer Keime sich ähnlich verhält. 

Erwägt man diese Thatsache und bedenkt man nebenbei, dass 
selbst bei sorgfältigster Sterilisation es nie ausgeschlossen erscheint, 
dass von den Betten, Möbeln, Händen der Kinderwärterinnen, durch 
den Staub der Luft u. s. w. Bacterien in den Mund des Säuglings 
gelangen, so ist es zum mindesten zweifelhaft, ob die grössere 
Sicherheit, dass nicht Krankheitskeime direkt durch die ungekochte 
Milch in den Verdauungsapparat kommen, völlig aufgewogen wird 
durch den Nachtheil, dass die gekochte Milch einestheils des ge¬ 
lösten Eiweisses beraubt ist, andererseits die Fähigkeit verloren 
hat, selbst das Wachsthum gewisser Keime zu hindern. 

So epochemachend seiner Zeit die Entdeckung der antiseptischen 
Behandlung von Wunden war, so ist man sich doch jetzt in den 
maassgebenden Kreisen völlig einig, dass in vielen Fällen die 
aseptische Behandlung bei weitem bessere Resultate erzielen lässt. 
Wer aber möchte behaupten, dass bei der sogenannten aseptischen 
Behandlung jeder Keim absolut ausgeschlossen sei. Alles was man 
bestimmt sagen kann, ist, dass bei der Art, mit welcher man die 
scrupulöseste Reinlichkeit handhabt, die Krankheit erzeugenden Keime 
erfahrungsgemäss nicht mehr zur Entwickelung kommen. 

Betrachtet man die Verhältnisse, wie sie in der Milchwirth- 
schaft liegen, so ist es klar, dass bei der Erzeugung von Kinder¬ 
milch vieles sehr wesentlich gebessert werden könnte. Um des 
sehr zweifelhaften Vorth eiles, ein Maximum der Milchproduction 
zu erlangen, hält man an vielen Orten die Kühe wie schwere Ver¬ 
brecher. Im halbdunklen Stall stehen die armen Thiere Jahr aus 
Jahr ein an der Kette auf ihrem eigenen Mist. Ist dies nicht ge¬ 
nug Erklärung, warum dieselben in so erschreckend grosser Zahl 
der Perlsucht verfallen. In der Mehrzahl der Fälle wird ferner 
die Milch direkt über dem Mist abgemolken, von den schmutzigen 
Fingern der diese Arbeit thuenden Personen gar nicht zu reden. 

Es ist gewiss nicht zu bestreiten, dass seit der Einführung 
der Sterilisation der Milch die Diarrhöen der Säuglinge verschwun¬ 
den sind. Dass die so aufgefütterten Kinder aber weniger anderen 
Krankheiten unterliegen, ist nicht festgestellt. Im Gegentheil 
findet man, dass eine grosse Zahl mit sterilisirter Milch aufge¬ 
brachter Kinder nun an Verstopfung leidet. Alle Aerzte stimmen 
in der Beobachtung überein, dass das Wachsthum an der Brust 
ein viel besseres ist. Grund genug, um darüber nachzudenken, 
wo hier etwas gebessert werden könnte. 

Ich bin der Ansicht, dass, wie man durch die Entdeckung 
der antiseptischen Behandlung zur aseptischen Behandlung ge¬ 


kommen ist, man bei der Säuglingsernährung auf dem Umwege 
der Sterilisation der Milch zur ausgesuchten Reinlichkeit bei der 
Behandlung der Milch kommen wird. 

Selbstverständlich muss man den Kindern sterilisirte Milch 
geben, wenn sie dünne Stühle haben, oder wenn man es der 
Wahrscheinlichkeit nach mit kranken Kühen zu thun hat oder 
wenn extrem hohe Sommertemperaturen es nicht gestatten, die 
Milch ohne Verderbniss so lange aufzuheben, als bis zum Verbrauch 
nöthig ist. 

Hiergegen scheint es mir unzweifelhaft, dass man Kindern, 
die an Verstopfung leiden, ungekochte Milch geben sollte. 

Es ist dies keineswegs eine neue Erkenntniss. Hochbedeu¬ 
tende Kinderärzte mit der reichsten Erfahrung haben diesen Stand¬ 
punkt durchaus vertreten, bis die neuen Errungenschaften der 
Bacteriologie rücksichtslos alle anderen Erwägungen zurück¬ 
drängten. 

So sagt Chavasse (Advice to a mother on the management 
of her children, 1878. 13. Auflage S. 32): „The milk, as a general 
rule, ought to be unboiled, but if it purge violently, or if it 
cause offensive ihotions, which it sometimes does, then it must 
be boiled“. 

Kümmert sich die Mutter selbst um ihr Kind, trägt sie Sorge, 
dass die Milch an einem möglichst kühlen Ort aufbewahrt wird, 
so findet man bei der praktischen Durchführung dieses Gesichts¬ 
punktes, dass es leicht ist, die Ernährung des Kindes zu reguliren. 
Das Aussehen des Stuhlganges ist der Maassstab, nach welchem 
entweder sterilisirte oder unsterilisirte Milch verabreicht werden 


muss. 

Unter Zugrundelegung der im Vorstehenden entwickelten Ge¬ 
danken ergiebt die nachfolgende Betrachtungsweise eine Vorschrift 
für die Darstellung von Muttermilchersatz: Nimmt man den Ca¬ 
seingehalt der Kuhmilch zu 3% an, so wird man dieselbe in dem 
Verhältniss wie 4 zu 6 mit Wasser verdünnen müssen, damit das 
Gemisch D /2 % Casein (entsprechend dem Caseingehalt der Frauen¬ 
milch) zeigt. Soll das Gemisch nach dem Verdünnen 3,8% Fett 
(entsprechend dem Fettgehalt der Frauenmilch) enthalten, so müsste 
die Milch vor dem Verdünnen auf 9,5% Fett mit der Centrifuge 
angereichert worden sein. Legt man die Mittelzahl von 3% Fett, 
welche andere Forscher für die Frauenmilch gefunden haben, zu¬ 
grunde, so müsste die ursprüngliche Milch 7 L /2% Fett enthalten. 

Da ferner durch die Verdünnung der Albumingehalt von 0,3% 
auf 0,12% herabgedrückt wird, so müsste pro Liter Milchersatz 
3,8 g Eiweiss zugesetzt werden, damit derselbe den Albumin¬ 
gehalt der Frauenmilch habe. Wollte man das Eiweiss der ur¬ 
sprünglichen Milch zumischon, so müsste man pro Liter 9 l /-2 g 
Albumin zusetzen. Dem Gemisch müsste ferner pro Liter 42 g 
Milchzucker zugesetzt werden, oder die ursprüngliche Milch müsste 
105 g pro Liter Milchzuckerzusatz erhalten, um beim Verdünnen 
von 4 zu 6 eine Mischung zu geben, die dem Milchzuckergehalt 
der Frauenmilch entspricht. 

Zur Darstellung eines Muttermilchersatzes möchte ich Vor¬ 
schlägen, die Milch cur anstalten, welche jetzt in allen grossen 
Städten bestehen, möchten in Zukunft eine Milch liefern, welche 
unter Einhaltung möglichster Reinlichkeit von gesunden Thieren, 
die einen grossen Theil des Tages in frischer Luft sich be¬ 
wegen dürfen, in der Weise hergestellt ist, dass man zunächst 
die Milch mit der Centrifuge auf 7V2% Fett angereichert hat 
(wobei nebenbei ein grosser Theil der etwa darin enthaltenen 
Keime entfernt worden ist) und hierauf mit 105 g Milchzucker 
und 9V2 g Hühnereiweiss pro Liter versetzt. Das Hühnereiweiss 
ist nach dem Vorschläge Lehmann’s vorher pro Ei mit vier 
Esslöffeln Wasser zu vermischen, zu quirlen und dann durch eine 
Leinwand zu seihen. , M . 

Diese so mit grösster Sorgfalt hergestellte Mischung müsste 
regelmässig chemisch auf ihre Bestandteile untersucht werden 
und in mit Eis gekühlten Wagen, wie solches für Bier längst im 
Gebrauch ist, in die Haushaltungen geliefert werden. 

Ein Liter derartigen Muttermilchersatzes würde beim Ver¬ 
dünnen mit 1500 cm Wasser 2500 cm Säuglingsnahruung geben. 

Während die Herstellung der Mischung am besten in den 
Molkereien auszuführen ist. ist das Verdünnen mit Wasser zweck¬ 
mässig kurz vor der Verabreichung in den Haushaltungen vorzu¬ 
nehmen. 

Dabei würde man in der Weise zu verfahren haben, dass man 
zuerst das zum Verdünnen zu verwendende Wasser auf kocht und 
hierauf dasselbe durch Einstellen des Kochgefässes in kaltes Wasser 
auf 60° C abkühlt, um zu verhindern, dass beim Vermischen des 
heissen Wassers mit der Milch nicht ein Theil des Albumins 


coagulirt werde. „ 

Je nach den Verhältnissen ist dann das so hergestellte lie- 
misch entweder nachträglich noch weiter zu kühlen oder wieder zu 
erwärmen, bis es die Temperatur von 37° C hat. 


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842 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44 


Die so erhaltene Mischung ist dem Kinde, so lange es im 
normalen Ernährungszustände ist, ungekocht zu geben. Treten 
Durchfälle ein, so ist die Milch ohne Eiweisszusatz zu sterilisiren. 

Schliesslich gestatte ich mir noch hervorzuheben, dass im 
Falle schlechter Knochenbildung der Kinder der vielfach gegebene 
Kalkzusatz zur Kuhmilch, in Ansehung des Umstandes, dass die 
Kuhmilch an sich viel reicher an phosphorsaurem Kalk als die 
Muttermilch ist, ungerechtfertigt erscheint. Ich bin vielmehr der 
Ansicht, dass man unter diesen Umständen eine an Lecithin 
reiche Nahrung geben sollte, die im Eigelb von der Natur bereitet 
zur Hand ist. Dabei verfalle man jedoch nicht in den Fehler, zu 
viel zu geben. Ein halbes Eigelb pro Tag würde sicher schon 
genügend sein. Weit davon entfernt, von einem einzelnen Fall 
allgemein gültige Schlüsse machen zu wollen, gestatte ich mir 
schliesslich die Mittheilung, dass ich bei meinem eigenen Kind, 
nach dem Weglassen des Sterilisirens, mit der Kuhmilch eine vor¬ 
zügliche Ernährung erreicht habe und dass ich durch Beimischung 
von Eigelb zur Kuhmilch die Knochenbildung sichtlich habe för¬ 
dern können. 


VL Pseudotabes mercurialis. 

Von Dr. W. H. Gilbert in Baden-Baden. 


Patient wurde nämlich nach einem Alkoholexcess von zunehmender 
Herzschwäche ergriffen, der er imter allgemeinem Hydrops nach etwa 
14 Tagen erlag. Zu den anderen Symptomen gesellten sich luetische 
Geschwürsbildungen auf der Brust und im Rachen. Wahrscheinlich tragen 
an dem Tode luetische Processe im Herzmuskel die Schuld. Seclon 
wurde nicht gestattet, und so mussten wir auf die jedenfalls interessanten 
Postmortalbefunde verzichten. 

Es dürfte dieser Fall wohl ein interessantes Seitenstück zu dem von 
Leyden 1 ) beobachteten bilden und als „Pseudotabes mercurialis“ be¬ 
zeichnet werden. 

Dafür, dass wir wirklich eine infolge therapeutischer Anwendung 
des Quecksilbers entstandene mercurielle Polyneuritis vor uns hatten 
dürften wohl auch hier die von Leyden citirten Momente sprechen: 

I. Die Erfahrung, dass solche Erkrankungen nach Quecksilberanwen¬ 
dung Vorkommen. 3 ) 

II. Weil auch dieser Fall gleich demjenigen Leyden’s den be¬ 
kannten toxischen Formen entspricht. 

III. Dass wie in dem bekannten Leyden’schen Falle auch hier die 
Heilung bei Abstinenz von Quecksilber eingetreten ist. 

•Ausgeschlossen wäre demnach die Zurückführung der Aetiologie auf 
Syphilis, abgesehen von der Beobachtung Leyden’s, dass typische Poly¬ 
neuritis und acute Ataxie auf syphilitischer Basis nicht bekannt sind. Ob 
aber vielleicht doch nicht noch andere Momente in Betracht kommen, 
vermag ich nicht zu entscheiden. 


Es sei mir gestattet, in Kürze den Bericht eines Falles von 
therapeutisch-mercurieller Polyneuritis zu geben, welcher durch seine 
Eigenart, dass zugleich schwere tabische Erscheinungen auftraten, von 
Interesse sem dürfte. 

nJ nl x^ ecem b. er Y er £ an & enen Jahres wurde uns vom einem Collegen 
in Montreux em 26jähriger früherer Officier zur Behandlung über¬ 
wiesen. Derselbe soll bis Juni 1892 vollkommen gesund gewesen sein 
und acqiunrte erst in jenem Monat eine luetische und gonorrhoische In- 
iection. Patient machte verschiedene antiluetische Curen durch, zuerst in 
Sonnenberg, dann in Berlin (Maison de Sante), darauf in Aachen und 
schliesslich in Würzburg, von wo er als geheilt entlassen wurde. Im 
darauffolgenden Sommer verweilte Patient in Interlaken, wo alsdann eine 
schwere Hals- und Rachenaffection auftrat, die als einfache eitrige 
ha“delt e wuJde dUng dmgnostlcirt und sechs Wochen lang specialistisch be- 

W11 r . A n ls Affection sich aber trotzdem immer mehr verschlimmerte, 
wurden die Professoren G<$rard und Valentin in Bern zu Rathe ge- 
Pof.w welcbe dle . syphditische Natur der Rachenaffection feststellten, 
dl« r rd * l0 n*1, behandeIfc und da nn Anfangs September der Therapie 
des Montreuxer Collegen überwiesen. Der damalige Befund war: 

TTvnln" «nA S« P i*° qUe ™ aU J dem vorderen weichen Gaumenbogen, der 
dlrch TndiJr rechten Mandel. Bedeutende Besserung wurde erzielt 
Gurgel dtd ’ Subhmatm J ectl0nen » Localbehandlung mit Aristol und 


1 wai S t Pte - mber u to^on hoftig® Schmerzen in den unteren Extremi 
?? nerbalb ac , ht Ta gon zu vollständiger Lähmung und zi 
£ f eid T Be \ ne fü ^ n ‘ Die grossen Nervenstämme warer 

iufe , 8 Äf schme rzhaft; es bestand Entartungsreaction, und 
d 6 f S r p n rR efl f t Xe p[ eh te . n ’ ? s ^ aber keine atactischen Erscheinungei 
Lg f en Pd™fritS\ Bt ' 0 , 1 .?. bestätl g t f ^e Diagnose des behandelnden Col- 
N&n^inm/Sf u s yptohtica paralytica, die noch durch Alkohol- und 

Ener ^ sche Inunctionscur (28 Tage 
Massage und Kif g / ,T; } - TV? äfce f; als die Schmerzen nachliessel 
^Snder d B J e^«r^n < l <3lek tosche Behandlung wurde abgelehnt) führten zu 
^ S ° daS8Patient auf -ei Stecke gestützt sich lang- 

suchll ttr Z p s . tande kam Patient in unsere Behandlung. Die Unter- 
suchung ergab. Patient mittelgross, ziemlich kräftig gebaut Muskulatur 

Ha ffetfaiT stark 

lefchtes OeXn «« t®, Un ? T Con J im ctivae blass, keine Exantheme, 

ergiebt normale Un ^ rsuch . un g der Lungen und des Herzens 

3 eLrTvstelhfeW? p mit Ausna bme einer äusserst frequenten Action 
bis zum Ä! - h f Bewegung, welche sich von der Papilla mammae 

breit unterhafh t dA U a ra p f?rtp i anZt L o ber gr enze nach unten ca. dreifinger- 
J l ™ erhaIb d ? Bippenbogenrandes, Milz normal. Nervus cruralis 

Der ? • ! bei geschlossenen Augen verstärkt ist. 

Die SenaibiUut I ä"Tj ler und atactisch, Romherg’sches Symptom. 
uLracheoM J t “V den . U ? teren Extremitäten vom oberen Drittel der 
Die Klagen des Patienten 68 .^. namentl .' ch Blasenfunction gestört, 

sprechend dem ■VeriSL ^ S,ch auf brennende Schmerzen, ent- 

Extremitäten Taubes p^ f ^T? sa - ea Nervenstamme der oberen und unteren 
unsicheren^Gehbewegungeu ' D *” Schwlteb «g«f™ bei den 

Diät ^o C (Iib«<wf W M CllentllC * ier . Debaodlung mit roborirender aber blander 
jeräven Worie v^n^lS ?dElekt r itil i War ™ die «bjectiven wie aub- 
Schwanken hoi v ® rsc ^ w unden. Gang sicher und fest, kein 

hLSLSS“TT A c? en - bfusculatur wieder normal und 
refleie’ ™ n keine Schmerzen, Sensibilität normal. PateUar- 

war c^e^rvoLtodtT S p ;- d f h ^der vorhanden. Die Heüung 
machen konnte, imdlbüeb^ch^kBe^.o' Fab ™ ar » och einen Ball mit- 
seinem am 26. April erfolgten Tode B ° f d “ Nen ' ens J’ stem bls zu 


VIL Ein Fall von Pseudotabes mit Arthro- 
pathia genu sinistri. 

Von Dr. Konrad Ruhemann, prakt. Arzt in Berlin. 

Gelenkaffectionen kommen bei Erkrankungen des Rückenmarkes ausser 
bei der Syringomyelie und Tumoren am häufigsten bei Tabes dorsualis 
vor; es ist das grosse Verdienst von Charcot, zuerst auf die Beziehungen 
zwischen den Gelenkerkrankungen und Tabes dorsualis unsere Aufmerk¬ 
samkeit gelenkt zu haben. Da die häufigste Form der Spinalerkrankungen, 
bei der Arthropathieen beobachtet werden, die Tabes ist, sind diose von 
Charcot mit dem Namen „Arthropathies tabetiques“ benannt worden. 
Während es in den ersten Jahren nach der Veröffentlichung Charcot’s 
(Sur quelques arthropathies qui paraissent dependre d’uue ldsion du cerveau 
ou de la moölle epintere. Arch. de physiol. 1868) besonders französische 
Autoren waren, welche die Lehre ihres Meisters durch Veröffentlichung 
schätzenswerther Beiträge bereicherten und stützten, sind es seit den 
achtziger Jahren englische und besonders deutsche Forscher gewesen, die 
dazu beigetragen haben, das Dunkel dieser neuropathischen Gelenkaffection 
aufzuklären. Hervorheben möchte ich die Arbeiten von Rotter und von 
Sonnenburg in Langenbeck’s Archiv (1888, Band 34 ) und die treffliche 
Darstellung von Kr edel in den Volkmann’sehen Vorträgen, wo fast die 
ganze Litteratur über unseren Gegenstand zusammengetragen ist. — Es 
möge mir im lolgenden gestattet sein, über einen Fall von Arthropathia 
genu sinistri aus meiner Praxis zu berichten, der mir anfangs als Tabes 
imponirte, dessen genauere Untersuchung jedoch ergeben hat, dass es sich 
wahrscheinlich um keine Systemerkrankung, sondern um eine diffuse 
Affection der Hinterstränge handelt, wahrscheinlich auf syphilitischer 
Basis. Ich möchte gleich hier hervorheben, dass die Gelenkerkrankung 
sehr frühzeitig aufgetreten ist, fast 15 Jahre früher, ehe Patient arbeits¬ 
unfähig wurde, und sicher schon als erstes Zeichen seiner vorhandenen 
Spinalerkrankting anzusehen war, zu einer Zeit, wo sonstige Symptome 
derselben noch vollkommen fehlten (vergl. Sonnenburg 1. c., C. West- 
phal, Berliner klinische Wochenschrift 1881, No. 29). Besonders von 
Sonnenburg ist die Frage aufgeworfen worden, ob die tabischen Arthro* 
pathieen, die übrigens sämmtliche Gelenke des Körpers befallen können, 
als nur der Tabes eigentümliche Formen anzusehen sind oder ob sie 
auch im Verlauf anderer Neurosen beobachtet werden. Sonnenburg 
hält dieselben offenbar für pathognomonisch für Tabes; allerdings, so 
äussert er sich, kommen nach Contusion, Durchschneidung, Schuss¬ 
verletzungen, Syringomyelie, Compression des Rückenmarkes durch einen 
Tumor ähnlicho Gelenkaffectionen zur Beobachtung, ebenso wie bei ge¬ 
wissen cerebralen Leiden Gehirnerweichung; indess kommt es selten zu 
so wesentlichen Veränderungen in den Gelenken. Die gewaltigo Auftreibung 
des linken Kniees bei meinem Kranken war den Gelenktumoren, die ich 
bei Tabikern gesehen, so ähnlich, dass ich aus der Arthropathie zusammen 
mit der bestehenden Pupillenstarre die Diagnose auf Tabes stellte; um 
so grösseres Interesse dürfte der Kranke daher beanspruchen, als ich 
von dieser Annahme zurückgekommen bin. 

Der Kranke ist ein 64 Jahre alter Schlosser. Die Eltern desselben 
waren mit einander nicht verwandt; der Vater starb in hohem Alter von 
85 Jahren, die Mutter starb 79 Jahre alt, nachdem sie fünf Jahre zuvor 
einen Schlaganfall erlitten. Von fünf Geschwistern war keines nerven- 
leidend. Er selbst war in seiner Jugend ganz gesund und kräftig, seiner 
Militärpflicht hat er bei einem Garderegiment genügt; im Alter von 
28 Jahren hat er einen harten Schanker acquirirt und wurde deswegen m 
der Charite behandelt. Hautausschläge hat er nicht gehabt, auch eine 


*) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am 
29. Juni 1893. Deut. med. Wochenschrift 1893, No. 31, S. 733. . 

*) Forestier, polynßvrite motrice des membres d’origine mercunelle. 
Aix les Bains 1890. — Kussmaul, Ueber den constitutioneilen Mer- 
curialismus Würzburg 1861. — Letulle, Archives de physiologie nor¬ 
male et pathologique. 1887, Bd. IX. — Leyden, Ueber multiple Neuritis, 
a. a. 0. — Hallopeau, Du mercurialisme. Arch. de physiologie et 
thörapie 1878. 


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1. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


843 


antiluetische Cur will er nicht gebraucht haben. Als Schlosser ist er 
seiner schweren Arbeit stets, nachgegangen und war später ganz gesund 
bis vor 15 Jahren. Als er eines Morgens erwachte, bemerkte er, dass an 
der Innenseite seines linken Kniegelenkes eine wallnussgrosse Geschwulst 
entstanden war. Entzündliche Erscheinungen fehlten angeblich voll¬ 
kommen; die Haut war nicht gerüthet, die Geschwulst nicht schmerzhaft, 
Fieber bestand nicht, beim Gehen war er nicht behindert. Der Kranke er¬ 
innert sich ganz genau, dass die Anschwellung spontan entstanden war, 
ein Trauma stellt er entschieden in Abrede. Mit der Zeit schwoll das 
Gelenk bedeutend an, vor etwa fünf Jahren betrug der Umfang 45 cm 
nach seiner Angabe, jetzt 54 cm gegen 34 cm rechts. Im Jahre 1887 
hatte er im Anschluss an Influenza Lungenentzündung und Blasenkatarrh, 
drei Monate später Gallensteinkolik. Nach Heilung des Blasenkatarrhs 
ist er stets imstande gewesen, den Urin, ebenso wie Stuhl, in normaler 
Weise zu halten. Gefühlsstörungen will er nie gehabt haben, im be¬ 
sonderen bestreitet er, dass er an blitzartigen durchfahrenden Schmerzen 
in den Gliedern gelitten hat. Dagegen giebt Patient an, dass er seit 
sieben Monaten das Gefühl hat, als wäre seine ganze Brust und der Leib 
eingegypst; das Kreuz ist ihm zu kurz, und bisweilen ist es ihm, als wäre 
ein eiserner Reifen krampfartig um seine Taille gelegt; oft ist dieses Ge¬ 
fühl mit einer drückenden Beklemmung in der Magengegend verbunden, 
welches sich nach dem Essen steigert. Bisweilen klagt er über Uebelkeit 
und Neigung zum Erbrechen. Seit längerer Zeit hat er das Gefühl in 
beiden Beinen, besonders links, als ob er mit der Fusssohle auf Sand 
ginge, auch in den Händen hat er über Kribbeln zu klagen. Die Ohren 
sind ihm stets kalt, ebenso die Beine, die ihm oft wie Steine Vorkommen. 

Beim objectiven Befund ergiebt sich folgendes: Kniehackenversuch 
sicher ausgeführt. Zielbewegungen in den Händen ohne Schwanken. Beim 
Stehen mit Augenschluss droht er umzufallen. Augenbefund (Dr. Seelig- 
sohn): Rechts Abducensparese, zeitweise auftretender beiderseitiger 
Nystagmus horizontal. Rechte Pupille weiter als die linke. Beiderseits 
reflectorische Pupillenstarre auf Licht und Accommodation. Pupillen un¬ 
regelmässig gestaltet. Ophthalmoskopisch: Hypermetropie. Beiderseits 
im Centrum und im Umkreise von 1—2 Papillendurchmesser um das¬ 
selbe zahlreiche Stecknadelkopf- und spitzengrosse, hellgelbe und rosa 
Tüpfelchen in der Retina (Retinitis centralis), wahrscheinlich infolge von 
Lues. 

Sehschärfe: Rechts mit 2,5 D, links 2,0 = f. In der Nähe rechts 
+ 5,0, links +4,5 feinster Schrift, Sn 1+ 10". Gesichtsfeld am Peri¬ 
meter für weiss und Farben frei, kein Skotom. 

Doppelbilder sind auch mit Prisma und rothem Glas nicht mehr nach¬ 
weisbar, sollen aber zeitweise beim Blicke ganz nach rechts auftreten. 
Rechts Exophthalmos, keine Ptosis. 

Was die objectiven Störungen der Sensibilität anlangt, so sind sie 
bei unserem Kranken nicht so ausgeprägt wie bei Tabes. Während sonst 
in Fällen typischer Tabes eine bedeutende Verminderung der Gefühls¬ 
schärfe besteht, kann man sich hier leicht überzeugen, dass alle sensiblen 
Reize (Berührungen, Kneifen, Nadelstiche), richtig und zeitig bemerkt, 
richtig lokalisirt werden. Auffallend ist nur. dass Nadelstiche meistens 
als Brennen empfunden werden und dass Patient an den unteren Extremi¬ 
täten kalt für 'warm empfindet, nicht nur bei plötzlicher Berührung, sondern 
auch, wenn man das kalte Gefäss längere Zeit auf der Haut stehen lässt. 
Während hier die Empfindlichkeit nicht vermindert ist, ist es augenschein¬ 
lich, dass die Sensibilität um den Leib herum sogar gesteigert ist. 

Der Geruchsinn erscheint vollkommen normal. Das Gehör ist seit 
einem halben Jahr etwas herabgesetzt. Der Geschmacksinn scheint in 
der Weise pervers, dass dem Patienten sämmtliche Speisen übelriechend 
schmecken. 

Die Gemüthsstimmung ist meistens mürrisch und pessimistisch, er 
ist um unbedeutende Dinge sehr leicht erregt, sein Krankheitszustand 
deprimirt ihn sehr; er leidet an Verfolgungsideen, wird Nachts durch 
heftige Träume geplagt; er sieht des Nachts, wie Männer auf ihn los¬ 
springen und sein Leben bedrohen; die Neigung zum Schlaf ist meistens 
aufgehoben; an offenem Fenster darf er sich nicht auf halten, da er zu 
leicht schwindelig wird. Sprachstörungen sind nicht nachweisbar. 

Blasenstörungen bestehen nicht, auch ist er imstande, Stuhl zu halten; 
Neigung zur Obstipation. Am After und dessen Umgebung hat er oft 
über schmerzhafte Zusammenziehung zu klagen. Die Potenz ist seit fünf 
bis sechs Jahren vollkommen aufgehoben. 

Gastrische Complicationen schwerer Art fehlen; ab und zu klagt er 
über die geschilderten Magenbeschwerden, die aber sicher nicht als Crises 
gastriques anzusehen sind. Feste Speisen vermeidet Patient möglichst, 
flüssige werden von ihm besser vertragen. 

Von Seiten der Respirationsorgane ist zu erwähnen, dass Patient nach 
seiner Angabe etwa zwei- bis dreimal wöchentlich, meistens zur Nachtzeit 
an Hustenanfällen leidet, so dass er Neigung zum Erbrechen bekommt. 
Der Husten ist hohl und bellend, dabei tritt ein Angstgefühl ein, dass dem 
Patienten der Schweiss am ganzen Körper austritt, besonders am Kopf. 

Anfälle von seiten des Herzens werden nicht angegeben; bisweilen 
besteht Herzklopfen, Puls ist regelmässig, 84 in der Minute. 

Die Maasse an den Extremitäten haben folgendes ergeben: Die 
Entfernung der beiden Condylen beträgt rechts 8,5 cm, links 15,5 cm. 
Ein Eiguss ist im Gelenk links deutlich nachzuweisen, besonders nach 
der medianen Seite zu. Das linke Knie ist kolossal aufgetrieben 
und in seiner Gestalt deformirt, im Innern der Gelenkhöhle scheinen sich 
mehrere Epiphysenfragmente losgelöst zu haben, an vielen Stellen ist deut¬ 
liches Crepitiren nachweisbar. Wie weit Knorpel und Knochen des Ge¬ 
lenkes an der Auftreibung betheiligt sind, lässt sich nicht mit Bestimmt¬ 
heit angeben. 

Es messen die Mitte beider Oberschenkel 39 cm im Umfang, 
oberhalb des Kniegelenkes beträgt das Maass rechts 33, links 39 cm, in 
der Mitte des Kniegelenkes rechts 34, links 54 cm; dicht unterhalb dos 


Kniegelenkes messen die Unterschenkel rechts 30, links 35 cm. — Die 
Waden messen im Umfang rechts 32, links 33 cm; der linke Fuss ist um 
1 cm kürzer als der rechte. — Die Kniescheibe misst rechts 5 cm, links 
7 l /* cm in der Breite, während die Maasse von der Basis bis zur Spitze 
fast gleich sind. 

Während Patient das rechte Bein vollkommen normal bewegen, im 
besonderen beugen kann, ist er mit dem linken Bein nur imstande, das 
Kniegelenk bis zum rechten Winkel zu beugen. Das linke Bein hält er 
meist in Genu valgum-Stellung; da die Gelenkenden theils abgeschliffen, 
theils zerstört sind, entstehen unregelmässige Schlotterbewegungen. An 
dem erkrankten Knie fehlt der Pateuarreflex, was bei der anatomischen 
Veränderung im Knie nicht überrascht, während der Patellarreflex 
am gesunden Knie vollkommen erhalten ist. 

Diagnostisch wäre nun folgendes hervorzuheben. In dem Bilde einer 
typischen Tabes fehlt vor allem das Westphal’sche Zeichen; ausserdem 
sind nicht vorhanden Ataxieen bei Einzelbewegungen, Analgesieen, 
Störungen des Muskelsinnes; ferner spricht auch der bisherige Verlauf der 
Krankheit dagegen. — Eine Neuritis schliesse ich auch aus; es fehlen die 
Schmerzen, Muskelatrophieen, auch wäre die Pupillenstarre nicht damit 
in Einklang zu bringen. Dagegen macht die bestimmte Angabe des 
Patienten, dass er vor 36 Jahren einen harten Schanker hatte, und der 
Augenbefund es in hohem Maasse wahrscheinlich, dass es sich um eine 
Erkrankungsform handelt, wie man sie bei Lues findet, mit vorzugsweiser 
Betheiligung der Hinterstränge. 

Therapeutisch hat Patient Jodkali wiederholt während der sieben 
Monate bekommen, in denen ich ihn beobachte, und zwar in grossen Dosen 
ohne jeden Nutzen; im übrigen ist die Behandlung eine roborirende und 
symptomatische gewesen. Von seiten des kranken Kniees hat Patient 
viel zu wenig Beschwerden, als dass überhaupt eine Behandlung noth- 
wendig wäre; im besonderen habe ich von jedem chirurgischen Eingriff, 
der von anderer Seite vorgeschlagen wurde, abgerathen. Eine Resection 
würde auch einen weit geringeren Nutzen haben, als bis jetzt die Zer¬ 
störung des Gelenkes seiner Function geschadet hat. 

Herr Privatdocent Dr. Köppen ist so freundlich gewesen, meinen 
Kranken nachzuuntersuchen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle ver¬ 
bindlichst danke. 


VIII. Standesangelegenheiten. 

Staatliche Aufsicht über die ärztliche Thätigkeit in Amerika. 

In dem losen Staatenbund, den die Vereinigten Staaten darstellen, 
ist nach’der Schilderung von Reginald H. Fitz (Bostonmed. and surg. 
Journal, 14. Juni bis 12. Juli 1894) die Gesetzgebung eine durchaus un- 
leichmässige, so dass Vorschriften, die an einem Ort gelten, an anderer 
teile vollständig unbeachtet bleiben können. Die dadurch hervorge¬ 
rufenen Missstände haben sich ganz besonders bei der staatlichen Auf¬ 
sicht über die ärztliche Thätigkeit geltend gemacht, denn während 
einzelne Staaten in dieser Beziehung feste und zum Theil recht strenge 
Gesetze aufgestellt haben, liegen in anderen die Verhältnisse ungefähr 
noch ebenso wie vor 50 Jahren, und es ist dem Quacksalberthum 
und der Betrügerei Thür und Thor geöffnet. Zu den letzteren gehört 
der Staat Massachusetts, in dem bis jetzt jeder Angriff aut die be¬ 
stehenden Zustände von den daran interessirten Parteien siegreich 
abgeschlagen ist. Dass sie dabei ihre Kräfte bis aufs äusserste an¬ 
strengen, ist natürlich, denn beim Zustandekommen eines solchen Gesetzes 
— bei den Schilderungen, die der Verfasser von den wahrhaft schauder¬ 
haften Zuständen giebt, wäre es dringend wünschenswerth, dass das Unter¬ 
nehmen gelänge — w’ürde ein grosser Theil dieser sogenannten ärztlichen 
Praktiker ihrer Einnahmen beraubt. Es hat sich daher eine förmliche 
Liga zur Bekämpfung des drohenden Gesetzes gebildet, die „National 
Constitutional Liberty Loague“, die Circulare versendet und die bedrohton 
Genossen zu Geldbeiträgen auffordert, denn der Ansturm gegen das neue 
Gesetz kostet viel Geld. Auf die interessanten historischen Schilderungen 
des Verfassers Uber die ärztliche Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten 
können wir hier nicht oingehen, und wir geben daher nur einen kurzen 
Bericht über seine Reformvorschläge. Hauptsächlich handelt cs sich 
natürlich um die Aufstellung von Prüfungscommissionen, denn der Unfug, 
der mit dem Verkauf von Diplomen getrieben ist — so erhielt z. B. ein 
zweijähriges Kind für 200 Dollars ein solches von irgend einem obscuren 
Coli egen — kann natürlich nicht so w T eiter gehen. Dass Fitz in seinen 
Vorschlägen gar zu rigoros ist, können ihm selbst seine Gegner nicht 
nachsagen; er geht von dem Standpunkt aus, dass nicht alles auf einmal 
zu erreichen ist und dass man froh sein muss, wenn die ganz unwissenden 
und gemeingefährlichen Individuen unschädlich gemacht sind. Darum 
sollen der Prüfungscommission ausser einer Vertretung der „Regular 
physicians“ auch Homöopathen, die in Amerika ihre eigenen Schulen be¬ 
sitzen, und die sogenannten eklektischen Aerzte 1 ) angehören; dabei muss 
eine Prüfung in der Materia medica ganz ausfallen, oder es werden die 
Candidaten nach ihrem Wunsch nur von Vertretern einer Richtung hierin 
examinirt. Die Mitglieder der Commissionen sollen erfahrene Praktiker 
sein; um jede Begünstigung von vorn herein auszuschliessen, dürfen 
Lehrer an den Universitäten oder „Colleges“ nicht hierzu herangezogen 
werden. Ausser den Prüfungen liegt ihnen die Durchsicht der verschiedenen 
Diplome ob, damit Vorkommnisse wie die oben erwähnten oder Fälschungen, 
die jenseits des Oceans in ausgedehntestem Maasse betrieben werden, nicht 
mehr Vorkommen können. Nur denjenigen, welche auf diese Weise 
approbirt werden, wird die Eintragung in die öffentliche Liste und damit 
die Erlaubniss zur Ausübung der Praxis gewährt; allerdings smd sehr 

>) Was hierunter verstanden wird, ist aus dem Artikel nicht recht 
ersichtlich, es scheint sich aber um reine Empiriker zu handeln. 


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844 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No: 44 


milde Uebergangsbestimmungen vorgesehen, so dass den „ärztlichen 
Praktikern“, welche schon seit einiger Zeit ihr Geschäft betreiben, der 
Erwerb nicht abgeschnitten wird. Der Pröfungscommission sollte ausser¬ 
dem nach dem Vorschlag von Fitz das Recht zustehen, Personen in der 
Liste zu streichen, falls sie Verbrechen begehen oder durch unehrenhafte 
Handlungen sich ihres Berufes unwürdig zeigen. Das eingebrachte Gesetz 
kennt in letzterer Beziehung nur eine Aberkennung wegen crimineller 
Vergehen. Im übrigen bestimmt es, dass die Executivbehörde des Staates 
eine Commission von sieben Mitgliedern wählt, von denen höchstens drei 
einer staatlich anerkannten medicinischen Gesellschaft angehören dürfen. 
Die Eintragung in die Listen erfolgt ungefähr ebenso wie von Fitz ge¬ 
wünscht; Personen, die kein Diplom besitzen oder nicht schon drei Jahre 
lang prakticirt haben, müssen sich vor der Commission einer Prüfung 
unterziehen. Daneben kann aber jeder die Heilkunde betreiben, wenn er 
nur nicht beim Publikum den Glauben erweckt, dass er Doctor derMedicin 
sei. Also ist die Gewerbefreiheit im vollsten Maasso gewahrt, und die 
Bürger von Massachusetts werden sich in Zukunft ebenso von „Heil- 
künstlem“ be- oder misshandeln lassen, wie das in Deutschland geschieht, 
seitdem wir uns dieser Segnung erfreuen. Reunert (Hamburg). 


Staatsapotheken in Holland. 

In der 45. allgemeinen Versammlung der Niederländischen Gesell¬ 
schaft zur Beförderung der Heilkunde (2. u. 3. Juli 1894) beantragte die 
Abtheilung von Friesland, die wichtige Frage von Staatsapotheken genauer 
zu untersuchen. Nach längerer Discussion wurde der Antrag in der Form 
angenommen, dass ein Ausschuss von drei Mitgliedern der Gesellschaft 
in Verbindung mit einer Commission aus der Gesellschaft zur Beförderung 
der Pharmacie untersuchen sollten, ob Staatsapotheken möglich und 
wünschenswerth seien. Diese vereinigte Commission solle über ihre Unter¬ 
suchung in der allgemeinen Versammlung von 1895 berichten (Weekblad v. 
li. Nederl. Tijdschrift v. Geneeskunde. 1894, No. 2). 

Zum Verständniss der Bedeutung des Antrags muss vorausgeschickt 
werden, dass jeder niederländische Arzt seit Jahrhunderten die Erlaubniss 
hat, seinen Patienten die nöthigen Arzneien zu liefern, dass diese Ge¬ 
wohnheit heute noch von den Aerzten des flachen Landes äusgeübt wird und 
dass die Einnahmen aus der Medicamentenabgabe einen grossen, ja wohl 
den grössten Theil des ärztlichen Einkommens dort ausmachen. Der Arzt 
bereitet die Arzneimittel nicht selbst, sondern bringt sie nur in die für 
den einzelnen Fall nöthige und nützliche Form, bezieht aber seine Vor- 
räthe von den Apotheken, die unter staatlicher Aufsicht stehen. 

Nach dem Anträge von Friesland soll nun der Staatsapotheker, d. h. 
der vom Staate nach abgelegtem Examen angestellte und von ihm besoldete 
Apotheker, fortan an Stelle der Aerzte die alleinige Abgabe von Medica- 
menten an das Publicum gegen festen, niedrigen Tarif und gegen sofortige 
Bezahlung übernehmen. Zweck des Antrages ist, das Publikum besser 
und billiger im Erkrankungsfalle zu behandeln, als bis jetzt geschehen sei. 

Diesen Plan wenigstens für die Landpraxis als unerreichbares Ideal 
hinzustellen, ist Ziel einer Abhandlung von Slingenberg und Tres- 
Lng * n No. 12 des Weekblads. Wird der Plan ausgeführt, so würde 
aut alle 5000 — 10000 Seelen eine Staatsapotheke errichtet werden. Be¬ 
trage die mittlere Clientenzahl eines Arztes 2500 Seelen, so würde der 
Staatsapotheker den pharmaeeutisehen Antheil der Arbeit von etwa drei 
Aerzten des flachen Landes an sich ziehen. Damit würde ungefähr 
die Hälfte der Landärzte gezwungen sein, ihre Stelle aufzugeben, weil 
es ihnen den Staatsapotkekem gegenüber durch die Vermögensverhält¬ 
nisse ihrer ländlichen Patienten unmöglich sei, dem Wegfall der Ein¬ 
nahmen aus der Medicamentenabgabe durch Erhöhung ihrer Liquida- 
tionen für ärztliche Hülfe entgegenzutreten. Das flache Land ver¬ 
arme schon lange mehr und mehr, die Reicheren zögen in die Stadt- 
. Landärzten sei durch die Verminderung der Malariaerkrankungen 
em früher fruchtbarer Brunnen für Arbeit und Erwerb verschlossen: 
käme os jetzt zur Einführung von Staatsapotheken, so würden die 
Landarzte aus Noth zu den Städten hingezwungen, jüngere Aerzte vom 
flachen Lande abgeschreckt und weite Strecken Hollands dann von ärzt- 
i f ® K be n Ub u w £ de 5* Staatsapotheken dienten also nicht dem 
Interesse des ärztlichen Standes, der in keinem Lande so zahlreich sei 
und so viele ernähre wie in den Niederlanden. 

w. „ruT W i 6 - n i g ? rford °rten die Interessen der ärztlichen Kunst den 
WJL d 2 P bisherigen Einrichtungen. Die Furcht vor ungenügender 
x C ; ^ e der Heceptur in Händen der Landärzte und ihrer jeweiligen 
Assistenten sei unbegründet, ebenso die Gefahr, die im Umgänge mit 
besteLS hÄ? Möglichkeit, Fehler und Vergesslichkeiten zu machen, 
aber^meh U hei Jetzigen Apothekern und ihren Angestellten, ebenso 

sebier d Staatsapothekem. Gerade der Arzt sei sich der Pflicht 

SÄ, r t uber b . ewui gt. er fühle, dass für neue Arznei- 
Prtfhn«mbfSti P b ku n Sel S er Praxls ’ sondern das der Klinik das richtige 
anÄÄrl T n Der .Staat fordere ja auch mehr und mehr vom 

TW Ä ASi® d Beweise seiner pharmaeeutisehen Kenntnisse. 

Der Anstellung von Staatsapothekern gegenüber habe aber das alte 
System finanz'die Vortheile für die Kranken, besonder“ C die brrite 

Helfen TW** 'f f,”' ,. Dlese bezahlen wenig oder nichts für den ürzt- 
lichen Besuch und für die ärztliche Untersuchung; der Arzt mache sich 

nun beide d FMier e ' 1 A Er ? 9 aus , s f 11011 Medicamenten bezahlt. Würden 
TW * i ’ 4 e T rzte und Arzneilieferant, getrennt, so müsse die 
S?® ? If“ che u P d Leistungen erhöht und gefordert werden Wenn 
FW Staatsa P°t h pker dem Kranken die Arzneien für etwas geringeren 
™ ,s llof f e ’ 80 schwinde dieser Vortheil durch die nothJedruSfEr 

derfteateanoSef ^steh' atie 'T« e ^ Der erstrebten direkten Bezahlung 
“genüber den der Z “ Gna ?ten der Kranken der unbegrenzte Credit 

VPP - L ? en der Arzt seinen durch längere Erkrankung in Zahlung 
j-eliwiengkeiten gerathenon Patienten gewü&e. EslTÄ 1Ä 


dass der Staatsapotheker, als vom Staate besoldeter und daher von der 
Gunst des Publikums unabhängiger Beamter, Tag und Nacht für das viel¬ 
verlangende Publikum den Eifer und die Geduld besitze, den die jetzigen 
Aerzte und Apotheker ihm bewiesen. Der Staatsapotheker und der hinter 
ihm stehende Staat sei ein lästigerer und gefährlicherer Schuldforderer 
als der Arzt, und die Unmöglichkeit der direkten Zahlung müsse den 
Kranken zur Weigerung der Zahlung und zur grösseren Belastung der 
Gemeinden und der Armenverwaltung führen. 

Heute noch müssten viele ungünstig gelegene Orte vom Staate mit 
ärztlicher Hülfe versehen werden — der Staat handele also unverständig 
und gegen den Vortheil der Bewohner des flachen Landes, wenn er durch 
Einführung von Staatsapotheken die Zahl der Aerzte in den Dörfern in 
dem Maasse verringere, wie es von der neuen Einrichtung befürchtet 
werden müsse. _ Schumacher (Aachen). 

— Der Aerztekammernnsschuss hat am 23. d. M. unter dem Vor¬ 
sitz von Graf (Elberfeld) eine Sitzung abgehalten. Der Ausschuss trat 
zunächst über den von der Berliner Aerztekammer angenommenen Antrag 
Mugdan, betreffend die Unterweisung der Studirenden in der 
socialpolitischen Gesetzgebung, in Berathung und schloss sich 
demselben mit einigen Vorbehalten an. Der Ausschuss beschloss ferner, 
an den Herrn Minister die Bitte zu richten, dass bei Neugestaltung 
der Medicinalordnung die Aerztekammern vorher gehört 
werden. Zu dem Zweck wurde eine Commission, bestehend aus den 
Herren Graf, Wallichs und Becher gewählt, um diese Bitte dem 
Herrn Minister vorzutragen. Die Anfrage des Vorstandes der Branden¬ 
burger Kammer, ob es nicht angebracht sei, nach dem ablehnenden 
ministeriellen Bescheide in der Besteuerungsfrage nochmals an den¬ 
selben eine Eingabe zu richten, wurde abgeleimt, da es nicht wünschens¬ 
werth sei, dieses einen Rechtes wegen eine gesetzliche Regelung an¬ 
zustreben. Seitens der Brandenburger Kammer wurde sodann an den 
Ausschuss die Frage gestellt, ob den entmündigten geisteskranken 
A erzten nicht für die Zeit der Entmündigung gesetzlich die Approbation 
zu entziehen sei. Die Frage wurde einstimmig bejaht. Die weitere Frage, 
ob Aerzten, die wiederholt Verbrochen begangen, mit Gefängmss 
und Zuchthaus bestraft sind und ein für allemal die Qualification verloren 
haben vor Gericht als Zeuge zu fungiren, nicht auch auf gesetzlichem 
Wege die Approbation zu entziehen sei, wurde mit acht gegen vier 
Stimmen bejaht. Ferner beschloss der Ausschuss, eine Eingabe an den 
Herrn Minister über die Taxangelegenheit zu richten. — Zum ersten 
Vorsitzenden für das Jahr 1895 wurde Graf, zum zweiten Becher gewählt. 


IX. Oeffentliches Sanitfttswesen. 

Stand der Cholera. 

Im Gebiet des Deutschen Reiches hat die Cholera während der 
beiden ersten Octoberwochen weiter abgenommen. In Ostpreussen 
wurden vom 1.—8. October 7 Fälle gemeldet, von denen 4 in Wehlau, 
3 in der Stromüberwachungsstelle Laps au, Landkreis Königsberg, vor¬ 
kamen. In der folgenden Woche liegen Cholerameldungen aus Ost¬ 
preussen nicht vor. Im Weichselgebiet kamen in den beiden Wochen 
9 (2), bezw. 12 (2) Fälle vor, davon 19 (4) im Kreise Elbing Land, 2 
im Kreise Marienburg. Die meisten Choleraerkrankungen ereigneten 
sich in Tolkemit, Kreis Elbing Land. Im Netze-Warthegebiet 
wurden 16 (1), bezw. 4 (1) Fälle festgestellt, bis auf 1, welcher im Bro m - 
berger Landkreise vorkam, sämmtlioh in Nakel. Aus Oberschlesien 
wurden seit dem 30. September 37 (6) Fälle gemeldet, die grosse Mehr¬ 
zahl aus dem Kreise Kattowitz, Einzelfälle aus den Kreisen Beuthen. 
Pless, Gr. Strehlitz. Am Rhein kamen 2 Fälle vor, der eine auf 
einem holländischen Schiffe im Hafen von Ruhrort, der andere in Neu¬ 
wied auf einem Schiffe, welches vorher im Hafen von Ruhrort an der¬ 
selben Stelle gelegen hatte wie das eben erwähnte. In Hamburg kam 
bei einem Arzte ein Fall von Laboratoriumsinfection vor, welcher am 22. 
September tödtlich verlief. 

In Frankreich wurden Ende September „choleraartige“, zum Theil 
tödtliche Fälle aus Orten der Departements Nord und Finistöre ge¬ 
meldet. Ein von Lüttich eingeschleppter Fall kam im Departement 
Ardennes vor. Nachträglich wird bekannt, dass im Juli 6 Fälle in 
Paris, 1 im D6p. Meuse, 2 im D6p. Meurthe et Moselle, 1 fr 
Avignon und 2 im Dep. Seine et Oise beobachtet wurden. 

Belgien. In der Provinz Lüttich wurden vom 16.—22. und vom 
23.—29. September 55 bezw. 27 Choleratodesfälle festgestellt, vereinzelte 
in den Provinzen Luxemburg, Namur, Brabant, Ostflandern, 
Antwerpen, Limburg. 

In den Niederlanden ist die Lage unverändert. Nach der Lancet 
sollen im ganzen Lande in der letzten Septemberwoche 20 (17)> fr der 
ersten Octoberwoche 16 (8) Cholerafälle gemeldet worden sein. Von diesen 
entfielen auf Amsterdam 4 (7), bezw. 6 (1). 

ln Galizien kamen vom 1.—7. October 571 (321) Cholerafälle aus 
153 Gemeinden zur Anzeige. Die letzteren vertheilen sich auf 30 Bezirke. 
Neu ergriffen wurden die Bezirke Gorlice und Nowy Targ (Neumarkt), 
beide im westlichen Theile des Landes gelegen. Von den früher ergriffenen 
Bezirken waren während der Berichtswoche 20 ohne Cbolerafälle. Am 
stärksten betroffen waren die Bezirke Zloczow mit 46 (25), Tlumacz 
mit 49 (28), Rohatyn mit 77 (46), Podhajce mit 21 (12), Lemberg 
Umgebung mit 18 (12), Kolomea mit 33 (16), Kamionka Strumi- 
lowa mit 90 (40), Buczacz mit 65 (41), Bobrka mit 29 (13) Erkran¬ 
kungen (Todesfällen). — Die Bezirke Rohatyn, Kamionka Sfcrumilowa 
und Zloczow wurden als Choleraheerde erklärt 

In der Bukowina wurden vom 1.—7. October insgesammt 23 
Cholerafälle angezeigt. 


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1. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


845 


Alis Russland liegen neuerdings folgende Choleranachrichten vor, 
welche zum Theil politischen Blättern entnommen sind. Es kamen vor in 
• Petersburg vom 30. September bis 5. October 25 (16), vom 6.—13. Oc- 
tober 15 (5), vom 13.—20. October 9 (5), im gleichnamigen Gubernium 
m den einzelnen Wochen seit 23. September 28 (7), 12 (4) und 4 (1) in 
Warschau vom 1.—7. October 5 (3), vom 7.—13. October 0 (0),’im 
gleichnamigen Gubernium vom 30. September bis 13. October 28 (11) 
m den Gubemien Kielce vom 23 September bis 6. October 35 (26)’ 
Petrikau vom 30. September bis 6. October 46 (27), vom 7.—13. Oc¬ 
tober 29 (14), Kali sch vom 23.-29. September 21 (11), vom 30. Sep¬ 
tember bis 6. October 3 (2), Siedl ec vom 20.—28. September 44 (24) 
y° m 29- Se P tember October 0 (2), Lublin vom 21.—27. September 
16 (7), vom 28. September bis 2. October 16 (10), Radom vom 20.—26. 
September 6 (4), vom 27. September bis 4. October 2 (2), Lomza vom 
23.-29. September 0 (0), Grodno vom 9.-22. September 100 (49), 
Kowno vom 16.—29. September 23 (17), vom 30. Steptember bis 6. Oc¬ 
tober 8 (4), Kurland vom 16.—22. September 72 (27). vom 23.-29. Sep¬ 
tember 82 (44), Livland vom 23. September bis 13. October 16 (9), 

Witebsk 30. September bis 13. October 82 (25), Podolien vom 16_22 

September 411 (173), vom 23.-29. September 290 (142),. vom 30.' Sep¬ 
tember bis 6. October 240 (111), vom 7.—13. October 238 (96), Wol¬ 
hynien vom 23.-29. September 17 (5), Bessarabien vom 16.—22. Sep¬ 
tember 143 (67), vom 23.-29. September 157 (63), vom 30. September 
bis 6. October 120 (53), Minsk vom 23.—29. September 32 (19), vom 30. 
September bis 13. October 50 (27), Wladimir vom 30. September bis 
6. October 96 (55), vom 7.—13. October 125 (65), Rjaesan vom 9.-22. 
September 204 (115), Saratow vom 30. September bis 6. October 22 (18), 
Kiew vom 30. September bis 6. October 19 (7), Perm vom 23.-29. Sep¬ 
tember 94 (30), vom 30. September bis 6. October 131 (44), Jaroslaw 
vom 30. September bis 13. October 76 (18), Jekaterinoslaw vom 16. 
bis 22. September 42 (28), Taurien 23.-29. September 18 (6), Archan¬ 
gelsk vom 16.—26. September 197 (98), vom 27. Sember bis 4. October 
116 (63) Erkrankungen (Todesfälle). Aus diesen Zahlen geht ein weiterer 
Rückgang der Seuche in Russisch-Polen und in Petersburg hervor. 
In stärkerem Grade herrscht dieselbe noch in Podolien, Bessarabien, 
Witebsk, Minsk, Wladimir, Perm, Archangelsk; die beiden 
letzteren Gubemien scheinen erst neuerdings ergriffen zu sein. 

Türkei. Seit dem 30. September wurden in Konstantinopel 
mehrere Cholerafälle festgestellt. Im Vilajet Adrianopel herrscht die 
Seuche fort, vom 12.—23. September wurden 50 (32) Fälle gemeldet. 
Neuerdings kamen zahlreiche Fälle in Lule Burgas vor, vom 29. Sep¬ 
tember bis 2. October 24 (14). In Kleinasien kommen Cholerameldungen 
noch immer aus den früher betroffenen Bezirken. Am stärksten tritt die 
Krankheit im Vilajet Erzerum auf, wo in Erzingian vom 13.—22. 
September 154 (86) Fälle angezeigt wurden. Anfang October zeigte sich 
die Seuche in heftiger Weise in Musch, Vilajet Erzerum. 

In Ostindien trat die Cholera in schwerer epidemischer Form 
während des Juli und August im oberen Gangesgebiet auf. Nach der 
Lancet war am heftigsten betroffen der Bezirk, welcher von den Städten 
Dinapore, Benares, Allahabad, Lucknow, Cawnpore und Fategar 
(soll wohl heissen Fatehpur) umschlossen wird. Hier war die Sterb¬ 
lichkeit unter der indischen Bevölkerung eine sehr beträchtliche, am 
stärksten litt Cawnpore. Die nordwärts an dies Gebiet grenzenden 
Bezirke Meerut und das Punjab blieben fast ganz verschont. 

Sperling (Berlin). 

— Reineke, Bericht des Medicinalrathes über die mediclnische 
Statistik des Hambnrglsciien Staates für das Jahr 1893. Hamburg. 

Die Bevölkerung des Hamburgischen Staates betrug dem officiellen 
Bericht des Medicinalraths zufolge 1892 am 1. December 2808 Köpfe 
weniger als am nämlichen Tage des Jahres 1891. 

Von 23814 Geburten des Jahres 1893 waren 2758 unehelich; die 
Procentzahl der Todtgeborenen betrug 29,1. — Es wurden im Jahre 
1893 an Todesfällen 12 977 gemeldet, so dass sich eine Sterbeziffer von 
20,4 pro Mille herausstellt. Dies ist die niedrigste Mortalitätszahl, 
welche Hamburg je gehabt hat; denn sie war niemals unter 22,3%n herab¬ 
gegangen (1890); die höchste hatte das Cholerajahr 1892 mit 39,8 ge¬ 
bracht, so dass wenig fehlt, um zwischen den jüngsten beiden Jahren das 
doppelte als Differenz anzusprechen: gewiss ein in der Sterblichkeits- 
Statistik Europas noch nicht dagewesener Fall. Bei der Altersklasse unter 
einem Jahr betrug der Mortalitätsverlust 1892: 4048 — 1893:2402 von 
10 000. Am geringsten ist die Differenz in der Altersklasse jenseits des 
70. Jahres mit 1353 gegenüber 1152. Den Krankheiten nach stand als 
Todesursache obenan die Schwindsucht mit 1523 = 24% der Verstor¬ 
benen, 11,74% aller Lebenden. Es folgen Atrophie der Kinder, Lebens- 
schwflche der Neugeborenen, Brechdurchfall der Kinder mit 1241 resp. 924, 
resp. 686, Bräunekrankheiten mit 411, Krebs mit 599, Schlagfluss mit 
467, Katarrh und Grippe mit 829, acute Entzündungen der Athmungsorgane 
mit 686, Herz- und Gefässkrankheiten mit 614 Todesfällen. W. 

— Third annual message of Edwin S. Stuart, Major of the City 
of Philadelphia, with Annual Reports of Abraham M. Beitier, Director 
of the Department of public safety, and of the Board of health for the 
year ending December 31. 1893. Issued by the City of Philadelphia, 1894. 

Das für uns beispielgebende Moment der amerikanischen Sanitäts¬ 
berichte. wie sie ganz besonders reichhaltig für die Communen im Osten 
der Vereinigten Staaten, theils alljährlich, theils in etwas grösseren Zwi¬ 
schenräumen herausgegeben werden, liegt in dem einmüthigen Vor¬ 
gehen, zu welchem sich die städtischen Gesundheitsämter, die Magi¬ 
stratsvorstände und die (gewählten) Aufsichtsbeamten bei Abfassung eines 
solchen Werkes zusammenthun. Es ist richtig, dass eine gewisse Dick¬ 
leibigkeit dabei unvermeidlich erscheint, dass Wiederholungen an manchen 


Stellen dabei riskirt werden, — aber sich reibende oder gar zuwider¬ 
laufende Ansichten, welche in offieiösen Schriften immer einen befremden¬ 
den Eindruck hervorrufen, die Eifersüchtelei zwischen verschiedenen Amts¬ 
stellen, widersprechende Zahlenangaben und ähnliche Unzuträglichkeiten 
wird man in diesem, wie in den analogen Berichten vergebens suchen. 

289 Seiten sind den hygienischen Verbesserungen, viele darunter 
dem Schriftwechsel betreffend ihre Einführung, der Verbreitung der ver¬ 
meidbaren Krankheiten, den speciellen Thätigkeitsnachweisen der 37 Sec- 
tionen des städtischen Board of health gewidmet. — 448 Seiten nimmt 
die meteorologische und die Statistik der Bevölkerungsverhältnisse in An¬ 
spruch. _ w 

— ln der städtischen Desinfectionsanstalt II in Berlin, in welcher 
die Desinfection der Kleider, Mobilien und Effecten der Obdachlosen einer¬ 
seits, sowie der Anstaltsmobilien, der Lager- und Wäschestücke anderer¬ 
seits ausgeführt wird, erfolgte im Verwaltungsjahre 1893/94 die Desin¬ 
fection in den weitaus meisten Fällen durch Einwirkung heisser, direkter 
bezw. indirekter Dämpfe — bis + 150° C — sowie durch Behandlung 
der Gegenstände mit verdünnten Säuren (Carbolsäure etc.). Letztere Art 
der Desinfection trat ein, wenn die zu desinficireuden Gegenstände natur- 

f Bmäss grosser Hitze nicht ausgesetzt werden durften, z. B. bei Leder-, 
elz- oder Gummisachen, geleimten Möbeln etc. Zur Erzeugung des zur 
Desinfection erforderlichen Dampfes waren vom Beginn des Berichtsjahres 
bis zum 17. December 1893 drei Dampfkessel, vom 18. December 1893 
ab aber fünf Dampfkessel im Betriebe. Im Berichtsjahre wurden d ; e 

Kleider und Effecten von 109 Hebammen — gegen 126 im Vorjahre _, 

welche bei an Kindbettfieber erkrankten Wöchnerinnen thätig gewesen 
und von der Polizeibehörde legitimirt waren, kostenlos desinficirt. 
Auch wurde an solche Hebammen je ein warmes Bad verabreicht. Wie 
früher wurden auch in diesem Jahre Desinfectionen von als Putz¬ 
lappen zur Verwendung kommenden Lumpen für Privatpersonen ausge¬ 
führt, und zwar — wie bisher — zu dem Satze von 1 M. für den Centner. 
Desinficirt wurden 1421 Centner (gegen 1399 Centner im Voijahre). 
Ferner wurden noch einige kleinere Desinfectionen für benachbarte Ge¬ 
meindevorstände, Polizeireviere etc. ausgeführt. Endlich ist 744 Per¬ 
sonen. deren Kleider mit Ungeziefer behaftet waren, zu dem Satze von 
50 Pf. für die Person ein Bad verabfolgt und die Desinfection ihrer 
Kleidungsstücke bewirkt worden. 


X. Krankenpflege. 

— Lehmann, Die Königlieh Sächsische Landesheil- und Pflege¬ 
anstalt für Geisteskranke zu Untergöltzsch. Allgemeine Zeitschrift für 
Psychiatrie Bd. 51, Heft 1. 

Die Heil- und Pflegeanstalt Untergöltzsch liegt im östlichen Theile 
des Voigtlandes, fünf Minuten vom Marktflecken Rodewisch und etwa eine 
halbe Stunde von der Stadt Auerbach entfernt. Sie ist nach dem colonialen 
System angelegt, in Pavillons, und zwar in Häusern mit Erdgeschoss und 
einem Obergeschoss erbaut und besteht aus 29 Gebäuden; sämmtliche 
Häuser stehen inmitten der Anlagen und sind theilweise durch grössere, 
mit Pflanzungen ausgestattete Plätze von einander getrennt. Das Areal 
von 97 ha gewährt die Möglichkeit, die Kranken in ausgedehntem Maass¬ 
stabe landwirtschaftlich zu beschäftigen. Die Grösse der Innenräume ist 
reichlich; in der untersten Verpflegungsclasse beträgt der Luftcubus circa 
40 cbm für Wohn- und Schlafraum. Was die Heizung anbelangt, so 
wurden, um in den für ruhige Kranke bestimmten Gebäuden den Patienten 
nur bekannte und ihnen von früher her vertraute Einrichtungen zu ge¬ 
währen, in diesem Gebäude lokale Heizungen eingerichtet, für die übrigen 
Gebäude ist Warmwasserheizung gewählt worden. Elektrische Beleuchtung, 
Quellwasserleitung mit eigener Druckleitung, die ca. 240 Liter pro Tag 
und Kopf bei voller Belegung der Anstalt liefert, Beseitigung der Fäcalien 
durch das Tonnensystem, die der übrigen Abwässer durch Canalisation 
und Klärbecken sind ferner hervörzuheben. Die Details der Anlage der 
Bäder, Isolirräume, der Wach- und Krankenabtheilung bieten für das 
grössere ärztliche Publikum kein erhebliches Interesse, der Fachmann sei 
auf das Original verwiesen. 

— Krfipelin, Ueber die Waebabtheilung der Heidelberger Irren¬ 
klinik. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie Bd. 51, Heft 1. 

Der Wunsch, Selbstmorde und Selbstverletzungen zu verhindern, hat 
den ersten Anstoss zur Errichtung sogenannter Wachabtheilungen in 
den Irrenanstalten gegeben, Abtheilungen, in denen eine dauernde Ueber- 
wachung möglich ist. Mit der Weiterentwickelung dieser Maassregel 
haben sich ihre Aufgaben in ungeahntem Maasse erweitert. Die Pflege 
der Unreinen, die Verhütung von Druckbrand, die Einschränkung des 
Schmierens, der Zerstörungssucht, der Masturbation sind wuchtige Neben¬ 
ziele, deren erfolgreiche Berücksichtigung die Wachabtheilung heute mit 
verhältnissmässig geringem Aufwande an Mühe und Arbeitskraft ermöglicht. 
Einer der wuchtigsten Vortheile der Wachabtheilung ist die Möglichkeit, 
durch weite Ausdehnung der Bettbehandlung den Krankheitsverlauf in 
zahlreichen Fällen milder und günstiger zu gestalten. Im Laufe der Zeit 
führt, wie Kräpelin darlegt, die Unterbringung aller überwachungs¬ 
bedürftigen Kranken auf einer einzigen Wachabtheilung zu schwerwiegenden 
Unzuträglichkeiten; eine vollkommene Lösung der Wachabtheilungsfrage 
wird nur durch Zerlegung der einen Waebabtheilung in mindestens zwei, 
eine für ruhige und eine für unruhige Kranke, erreicht werden können. 
Dann erst wird es möglich sein, Isolirungen ganz auf diejenigen Fälle zu 
beschränken, in denen sie für den Kranken selbst eine Wohlthat sind, und 
dann wrird es auch möglich sein, auch Schlafmittel nur dann in Anwendung 
zu ziehen, wenn man sicher ist, dass der Schaden derselben den Nutzen 
nicht etwa überwiegt. — In der Wachabtheilung der Klinik, die der 
eigentliche Kern der Anstalt, der Mittelpunkt des Ganzen ist, vereinigt 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





846 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44 


sich so ziemlich alles, was irgendwie einer genaueren ärztlichen Beob¬ 
achtung oder Behandlung bedarf. Dadurch vor allem hat sich das „Stadt¬ 
asyl“, wie schon Griesinger forderte, in hohem Maasse dem Muster der 
übrigen Kliniken und Krankenhäuser genähert. Die Tragweite einer 
solchen Wandlung wird niemand unterschätzen; sie ist vielleicht in höherem 
Maasse geeignet, die Vorurtheile der Menge gegen die Irrenanstalten ab¬ 
zuschwächen, als alle Belehrungen. Für die grosse Anstalt stellt die 
Wachabtheilung nur ein Glied in der ganzen Kette von Einrichtungen dar, 
welche das Loos der Kranken zu bessern bestimmt sind; für das Stadt¬ 
asyl ist sie der wichtigste Bestandtheil, denn die Wachabtheilung erhebt 
es erst zur Heilanstalt _ Lewald (Lichtenberg). 


— Roller, Die Fürstlich Lippe’sche Heil- nnd Pflegeanstalt 
Lindenhaus in Brake bei Lemgo. Mit 7 Ansichten und einem Beiheft, 
enthaltend 7 Tafeln mit Plänen. Bielefeld 1891, und Derselbe, Bericht 
über die Jahre 1891, 1892 und 1893. 

Die bei dem Dorfe Brake unweit Lemgo im Fürstenthum Lippe- 
Detmold in anmuthiger Gegend gelegene Anstalt zur Heilung und Pflege 
von Geisteskranken ist im Jahre 1811 eröffnet, also eine der ältesten in 
Deutschland. Sie besteht ausser dem Wohnhause des Direktors und den 
nothwendigen Wirthschafts- etc. Gebäuden aus vier für dio Aufnahme von 
Kranken bestimmten Bauten, von denen die zwei grösseren, das Männer¬ 
haus und das Frauenhaus, aus der Zeit der Entstehung der Anstalt 
stammen, während die neue Villa für Frauen sowie die neue Villa für 
Männer, je 25 bis 30 Personen fassend, erst in den Jahren 1889 resp. 
1891 bezogen worden sind. Die älteren zweistückigen Gebäude stehen 
mit der Längsaxe von Nord nach Süd gerichtet und sind im allgemeinen 
so gehalten, dass im Erdgeschoss die tagesräume, im oberen Stockwerk 
dio Schlafräume untergebracht sind. Ausserdem befindet sich im Erd¬ 
geschoss beider Gebäude je eine Beobachtuugsstation, die aus mehreren 
in sich zusammenhängenden Zimmern besteht, Badezimmer, und in einem 
Anbau eine Anzahl Einzelzimmer. Die Wohnung des Assistenzarztes 
liegt im oboren Stockwerk des Männerhauses. — Die neue Villa für 
Frauen, die durch eine mit Glasfenstern versehene Halle mit dem alten 
Frauenhause in Verbindung steht, ist ebenfalls zweigeschossig, ohne ver¬ 
gitterte Fenster; die Zimmer schiiessen sich oben und unten" an den ge¬ 
meinschaftlichen Versammlungsraum an, in beiden Stockwerken sind 
Badezimmer und Spülraum; ähnlich ist die neue Villa für Männer ein¬ 
gerichtet. 

Die Heizung ist in den neueren Gebäuden eine Niederdruckdampf¬ 
heizung, von Gebr. Körting in Hannover ausgeführt, und bewährt sich nach 
Verfasser gut; die Ventilation wird zum Theil durch Luftklappen, die 
über den Thüren angebracht sind, sowie durch Luftsehomsteine, welche 
neben den Rauchschornsteinen liegen und von diesen angewärmt werden, 
zum Theil durch die natürliche Lüftung bewirkt; besondere Ventilations- 
voriichtungen sind nicht vorhanden. 

Dio Wasserversorgung geschieht durch eine im Jahre 1885 angelegte 
Wasserleitung, in der das Wasser aus einem in den Anlagen der Anstalt 
befindlichen, quellenreichen Teiche entnommen und durch maschinelle 
Kraft in Reservoire gedrückt wird, von denen aus es den einzelnen Stock¬ 
werken und Baulichkeiten zufliesst; eine Filtration desselben findet 
nicht statt. 

Die Closetanlagen sind durch einen an beiden Seiten mit Fenstern 
versehenen Vorraum vom Hause getrennt und entwässern, mit Ausnahme 
der neuen Villa für Männer, in eine cementirte, mit Wasserabschluss und 
Dunstrohr versehene Cloake; für letzteres Gebäude ist das Tonnensystem 
(mit. hermetischem Verschluss) vorgesohon, das auch bei den übrigen 
Baulichkeiten allmählich Anwendung finden soll. 

Das Areal der Anstalt hat eine Grösse von 15V 3 Hektar. 

Verfasser, dessen Initiative sämmtliche hygienischen Neuerungen der 
Anstalt zu danken sind, giebt nach der baulichen Beschreibung eine 
Schilderung des Lebens in der Anstalt, verbreitet sich sodann in ein¬ 
gehendster Weise Uber die dort übliche Krankenbehandlung, die durch 
eine reichhaltige Casuistik illustrirt wird und bezüglich deren wir die 
Interessenten auf das Original verweisen müssen, und schliesst mit einem 
Bericht über dio Krankenbewegung vom Jahre 1811 bis 1890. Der letzte 
Verwaltungsbencht für das Jahr 1893 ergiebt als Gesammtzahl der Ver- 
pflegton 230 Personen, von denen 106 dem männlichen und 124 dem 
weiblichen Geschlechte angehörten, während im vorhergehenden Jahre 209 
(92 Männer, 117 Frauen) behandelt wurden. Der Satz für die auf öffent- 
hche Kosten verpflegten Kranken wurde im Jahre 1892 von 80 Pf. auf 
1 Mark pro Kopf erhöht. Merke (Berlin). 


XI. Therapeutische Mittheilungen. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Elberfeld. 


Ueber die Behandlung der Anämie, besonders 
der Chlorose mit Schwitzcuren. 1 ) 

Von Sanitätsrath Dr. Künne, Oberarzt. 

4 i or “^0 Jahren pflegte Romberg in der ihm eigenen, etwa 
pathetischen Ausdrucksweise zu sagen: Meine Herren, die medicinisch 
bignatur unserer Zeit ist die Anämie. Heute würde man wohl allgemeii 
d e Nervosität die Neurasthenie in ihren verschiedenen Formen als di 
medicimsche Signatur der Zeit bezeichnen, aber trotzdem zugeben müssen 
, dle ^nanne m ihrem Umfange eher zugenommen als abge 
nommen habe. Sehen wir uns aber das therapeutische Rüstzeug gegei 
dieselbe an, so stehen wir damit noch auf demselben Boden wie vo 


i . ^ ^ «rtrng^gehaiten in der Frühjahrsversammlung 1893 des Verein 
dei Aerzte im Regierungsbezirk Düsseldorf. 


40—50 Jahren. Zwar hat die Zahl und die Form der gegen dieselbe an¬ 
gewandten Mittel fast von Jahr zu Jahr zugenommen, im grossen und 
ganzen ist es aber immer nur das Eisen, das uns bald in einer leichter 
löslichen, bald in einer schmackhafteren Form stets von neuem wieder 
empfohlen wird. Dass auf diesem Wege auch Vortheile erzielt werden, 
will ich keineswegs leugnen, aber trotz dieser Vortheile machen wir un¬ 
ausgesetzt die Erfahrung, dass die Besserung nur sehr langsam und stets 
auch nur sehr unvollkommen erreicht wird. Wir mindern einige Be¬ 
schwerden und Symptome, aber aus einem anämischen einen frischen 
blühenden Menschen zu machen, gelingt, wenn überhaupt, so jedenfalls 
sehr selten. 

Bei dieser Sachlage war es mir hochinteressant, als mir vor etwa 
drei Jahren eine Broschüre von Dr. Friedrich Scholz in Bremen in 
die Hände fiel mit dem Titel: Die Behandlung der Bleichsucht mit Schwitz¬ 
curen und Aderlässen. Es waren nicht die theoretischen Anschauungen 
von Scholz über das Wesen der Anämie und speciell der Chlorose, die 
mir imponirten, sondern seine eclatanten therapeutischen Erfolge, die mich 
bewogen, seine Behandlung praktisch zu prüfen. Diese Erfolge waren für 
mich um so überzeugender, da er den Grad der Besserung nicht bloss 
nach dem Verschwinden der subjectiven Beschwerden und dem Aussehen 
der Haut und Schleimhäute beurtheilte, sondern zugleich durch wieder¬ 
holte Untersuchungen des Blutes auf seinen Hämoglobingehalt und die 
Zahl und Beschaffenheit der rothen Blutkörperchen genau feststellte. 

Die Methode, welche Scholz an wandte, war die, dass er die Kranken 
auf eine Rosshaarmatratze lagerte, zwischen den durch Umwickelung mit 
Tüchern geschützten Oberschenkeln eine Daog’sche Spirituslampe brennen 
liess und über die Kranken dann Reifen spannte, die er mit Decken über¬ 
deckte. In diesem Schwitzbett liess er die Kranken zunächst eine Stunde 
mit brennender Lampe und dann noch eine weitere Stunde nach Ent¬ 
fernung der Lampe liegen, dann aufstehen und abreiben. An Stelle dieses, 
wie mir scheinen will, etwas unvollkommenen und selbst nicht ganz un¬ 
gefährlichen Bettes habe ich das den meisten von Ihnen gewiss schon aus 
eigener Anschauung bekannte Schwitzbett der Gebrüder Pönsgen in 
Düsseldorf in Gebrauch gezogen. Auch bei diesom habe ich die Lagerung 
des Kranken unvollkommen und mangelhaft gefunden und deswegen ge¬ 
ändert. Wie Sie wissen, sind in demselben über der Heizschlange in 
Zwischenräumen Bretter und auf diese eine Seegrasmatratze gelegt, auf 
welcher der Kranke, in wollene Decken gehüllt, gelagert wird. Die Folge 
ist, dass die Hitze erst die Matratze durchdringen muss, bis sie den 
Kranken erreicht, deshalb dio erstere bald versongt und unbrauchbar 
macht. Dazu kommt, dass die Kranken alle sehr bald über das harte 
Lager klagen, auf dem sie liegen müssen, weil die Matratze bald sehr fest 
und hart wird und die unterliegenden Bretter auch gerade keine Schwell¬ 
polster sind. Ich habe daher Bretter und Seegrasmatratze fortnehmen 
und statt ihrer einen horizontalen eisernen Springrahmcn, wie wir ihn auch 
in den anderen Betten unseres Krankenhauses haben, so einsetzen lassen, 
dass, wenn der Kranke auf demselben liegt, der Rahmen doch noch in 
einer kleinen Entfernung von der Heizschlange bleibt. Der mittlere Theil 
des Rahmens, direkt unter dem Kranken, ist mit Segeltuch überspannt, 
auf dem derselbe, den Kopf im Nacken durch ein Rollkissen unterstützt, 
in doppelte oder dreifache wollene Decken gewickelt, liegt. Ueber den 
Kranken und das ganze Bett wird dann noch eine wollene Decke gelegt 1 , 
damit die neben dem Kranken durch die Maschen des Springrahmens auf- 
steigende Hitze den ersteren stets umgiebt. Auf diese Weise liegt der 
Kranke bequem und elastisch, und es wird nicht viel an dem Material ver¬ 
dorben. 

Bei dem Gebrauch des Bettes ist darauf zu achten, dass der Wasser¬ 
behälter immer richtig gefüllt ist, die Flammen gerade unter dem Schirme 
stehen und die Flammenlöcher sowie die Züge nicht verrusst sind. Ist 
alles in Ordnung, so wird in der Heizschlange eine Wärme von 120 bis 
130o erzeugt. Da cs indess vorkommt, dass der Kranke oft schon bei 
95—100 o eine so grosse Hitze empfindet, wie ein anderes mal bei 125°. 
so scheint es mir, dass die Zuverlässigkeit des an der Heizschlange ein¬ 
gelassenen Thermometers etwas zu wünschen übrig lasse. 

In diesem Bette lasse ich nun die Kranken l 1 /*—2 Stunden liegen 
und dann noch eine ebenso lange Zeit im eigenen Bett verbleiben. Mcbt 
selten findet man, dass sie die ersten male, selbst wenn sie zwei Stunden 
lang aushalten, nicht sehr schwitzen, doch ändert sich dies bald. Einigen 
wird es schwer, gleich von Anfang an zwei Stunden auszuhalten; sie 
werden dann die ersten male schon nach 1—1 ’/a Stunden herausgenommen 
und erst allmählich zu einer längeren Schwitzcur gebracht. Manche 
klagen über starken Kopfschmerz im Schwitzbett und auch noch einige 
Zeit nachher; sie bekommen kalte Umschläge oder auch einen. Eisbeutel 
auf den Kopf mit gutem Erfolge. Sehr wenige klagen über heftiges Hexz- 
klopfen, so dass auch bei ihnen anfangs die Dauer des Schwitzbettes ab¬ 
gekürzt werden muss. Bei keinem einzigen Kranken sind aber Beschwer¬ 
den oingetreten, die es nöthig gemacht hätten, von der Behandlung über¬ 
haupt Abstand zu nehmen. , 

Neben dem Schwitzbott steht eino exact gehende Stuhlwaagc, aul 
der die Kranken bei Beginn der Cur, sowie später alle acht Tage vor 
dem Besteigen des Schwitzbettes, nur mit einem Hemde bekleidet, ge¬ 
wogen worden. Ausserdem wird bei Beginn der Cur und später von _“ e, _ 
zu Zeit durch den Thoma-Zeiss’schen Apparat die Zahl der Blut¬ 
körperchen und durch den F1 eischl’schen Apparat der Hämoglobingehal 
des Blutes untersucht. 

Es war von vornherein wahrscheinlich, dass nicht alle Arten von 
Anämie von dieser Behandlung gleichmässig beeinflusst werden wttrdeu, 
da sich die letztere ja unzweifelhaft nicht gegon eine Ursache, sondern 
gegen ein wenn auch sehr wesentliches Symptom einer Erkrankung 
wendet. Für mich sind nur von Bedeutung gewesen die Chlorose nn 
die secundären Anämieen; pemieiöse Anämie ist gar nicht zur Beobacn 
tung gekommen, und ein Fall von Leukämie blieb durchaus unbeeinflusst 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



1. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


847 


von der Behandlung. Die Unterscheidung der beiden oben angegebenen 
Formen von Anämie musste nach wie vor nach den bekannten rationellen 
Symptomen erfolgen, indem die Blutuntersuchung wohl eine Auskunft 
gab über den Grad, aber nicht über die Art der Anämie. Immerhin ist 
es mir interessant gewesen zu finden, dass, wenn die Krankheitssymptome 
sich in dem Bilde der Chlorose zeigten, die Blutuntersuchung aber nur 
eine geringe Verminderung des Hämoglobins und der Zahl der Blut¬ 
körperchen ergab (etwa um 20—25%), sich dann bei genauer Unter¬ 
suchung auch immer der Nachweis einer secundären Anämie führen liess, 
besonders eine zu Grunde liegende Erkrankung der inneren Sexualorgane. 
Als Ursachen der secundären Anämie kamen vor Fälle von überstandener 
hoftiger Erkrankung an acutem Gelenkrheumatismus und besonders häufig 
Entzündung der Ovarien und der Trompeten sowie Para- und Perimetri¬ 
tiden. 

Ich habe gesagt, dass die Blutuntersuchung wohl eine Auskunft Uber 
den Grud, aber nicht über die Art der Anämie gegeben habe. Die von 
Birch-Hirschfeld, sowie von Dehio in Dorpat — allerdings nicht in 
übereinstimmender Weise — ausgesprochene Ansicht, dass sich jene 
beiden Formen von Anämie durch ein verschiedenes Verhältniss des 
Hämoglobins und der Blutkörperchen zu einander auszeichneten, habe ich 
nicht bestätigt gefunden. Während ich mit Birch-Hirschfeld darin 
übereinstimme, dass bei der Chlorose die Zahl der rothen Blutkörperchen 
und des Hämoglobingehalts des Blutes annähernd gleichmässig vermin¬ 
dert sind, kann ich ihm nicht zugeben, dass bei den secundären Anämieen 
die rothen Blutkörperchen vermindert seien ohne Abnahme des Hämo¬ 
globins; wenigstens habe ich dies in den von mir beobachteten Fällen 
nicht constatiren können. Auch Dehio tritt dieser Ansicht ontgegen, 
indem er sagt, dass einerseits die Zahl der rothen Blutkörperchen nicht 
immer verringert sei und andererseits im allgemeinen, besonders bei der 
Tuberkulose, der Hfiraoglobingehalt sogar rascher sinke als die Zahl der 
Blutkörperchen. Ganz entschieden trete ich wieder Dehio entgegen, wenn 
er sagt, bei der Chlorose sei die Zahl der Blutkörperchen wenig oder 
gar nicht vermindert, bemerke aber, dass procentisch gerechnet der Hä¬ 
moglobingehalt durchschnittlich tiefer steht als der Gehalt an rothen Blut¬ 
körperchen. 

Ich habe nun der Schwitzcur bisher etwas über 40 Anämische unter¬ 
worfen und unter diesen 23 Chlorotische. Der Gehalt des Blutes der 
letzteren an Hämoglobin war auf 50—25%, die Zahl der rothen Blut- 
körperchcn auf 3500000—1800000 gesunken, gewiss ein Beweis, dass die 
Zahl der Blutkörperchen bei der Chlorose nicht allein überhaupt, sondern auch 
sogar sehr bedeutend sinken kann. Bemerken will ich freilich hierbei, dass die 
von mir in dieser Weise behandelten Chlorotischen alle recht alte und 
schwere Fälle waren, die ausserhalb des Krankenhauses schon lange Zeit 
mi t, allen Mitteln erfolglos behandelt worden waren. Es ist ja begreif¬ 
lich, dass leichte Fälle von Chlorose nicht ins Krankenhaus kommen 
und sich ihrer Beschäftigung und ihrem Umgangskreis auf viele Wochen 
um so weniger entziehen lassen, als ja überhaupt ein grosser Theil der 
Bevölkerung sich nur schwer zu einem Eintritt in ein Krankenhaus ent- 
schliesst. 

Unter der Einwirkung der Schwitzcur nahm nun sehr rasch und in 
fortwährend steigendem Maasso der Gehalt des Blutes an Hämoglobin 
und rothen Blutkörperchen stetig zu, so dass durchschnittlich etwa nach 
6—8 Wochen der Hämoglobingehalt 80% und die Zahl der rothen Blut¬ 
körperchen ca. 4000000 betrug. 

Auch auf das Körpergewicht hatte die Cur einen sehr günstigen 
Einfluss; dasselbe zeigte fast stets nach acht Tagen, nicht selten schon viel 
früher eine Zunahme und erreichte am Ende der Cur seinen Höhepunkt. 
Nur eine einzige Kranke zeigte nach siebenwöchcntlicher Cur trotz Stei¬ 
gerung des Hämoglobingehaltes* von 50 auf 80% und der Zahl der rothen 
Blutkörperchen von 3500000 auf 4100000 und, obwohl das subjective Be¬ 
finden und die körperliche Leistungsfähigkeit sich sehr gehoben hatte, 
eine Abnahme des Gewichts von 2 Pfund; ich komme später auf diesen 
Fall zurück, bemerke aber schon hier, dass ich in diesem Fall Zweifel an 
der Diagnose habe. Bei den übrigen Chlorotischen war während der Be¬ 
handlung das Körpergewicht gestiegen, und zwar 

bei 1 Person um 2 Pfd. in 6 Wochen Cur 
.1 „ „ 3 „ „ 5 

: i , ; 4 „ „ 7 

„ 2 „ .,5 ., „ 4 resp. 8 Wochen Cur 

„3 „ „6„„6 resp. 6, u. 14 Wochen Cur 

„ 4 .. i, 9 „ „ 7 resp. 5 1 /*, 6 u. 6 „ 

„1 „ „ 10 „ „ 5 Wochen Cur 

.1 „ . 11 „ 4 

.,2 „ „ 12 „ „ 7 u. 12 Wochen Cur 

,, 1 „ „ 13 „ „ 13 Wochen Cur 

.,1 „ * 14 „ 6 

.1 - 15 „ „ 5 

..1 „ , 16 . . 7 

„1 ., ,. 23 . 8 

„ 1 „ . 26 „ „ 13 

Ebenso wichen die subjectiven Beschwerden: Kopfschmerz, Magen¬ 
schmerz, Appetitmangel, Athemnoth und Herzklopfen, besonders beim 
Besteigen von Treppen und Bergen, Gefühl von anhaltender Müdigkeit 
und rascher Ermüdung bei körperlichen Bewegungen durchschnittlich 
sehr rasch und waren meist schon nach 8 bis höchstens 14 Tagen auf 
ein geringes Maass gesunken. Am Ende der Cur zeigte das Aussehen 
der lö'anken und namentlich die Farbe des Gesichts und der Lippen eine 
Frische und Lebhaftigkeit in vielen Fällen, die alle diejenigen, welche die 
Patientinnen früher gekannt und gesehen hatten, auf das stärkste frap- 
pirte. Die Störungen in den Menses wichen zuletzt. 

Nicht verschweigen will ich, dass ich gleichzeitig Tinctura Fern com- 
posita oder Pilulae Blaudii verordnet und den jungen Mädchen aus den 


besseren Ständen streng anbefohlen habe, jeden Nachmittag ausgedehnte 
Spaziergänge zu machen. Einen irgendwie ausschlaggebenden Werth aber 
kann ich auf diese Verordnungen nicht legen, weil einestheils alle Pa¬ 
tientinnen schon vorher sehr lange Zeit ohne Nutzen Eisenpräparate ge¬ 
nommen hatten und anderntheils die Hauptmasse der Patientinnen. Dienst¬ 
mädchen und Personen ähnlichen Standes, das Krankenhaus während der 
Cur nicht verlassen durften und doch denselben Erfolg hatten. 

Neben den reinen Chlorosen kam eine Reihe von Fällen vor, die 
ich complicirte Chlorosen nennen möchte. Es fand sich bei ihnen das 
ganze Krankheitsbild der Chlorose, einschliesslich starker Verminderung 
des Hämoglobingehaltes des Blutes und der Zahl der rothen Blut¬ 
körperchen, aber gleichzeitig Symptome, dio nicht zu diesem Bilde ge¬ 
hörten. So kamen einige Mädchen mit besonders starker Anämie vor 
(unter dem Bilde der Chlorose), die erblich stark mit Tuberkulose belastet 
waren, Eltern und Geschwister an diesor Krankheit verloren hatten, auch 
gleichzeitig auf eine Injection von 2—3 mg Tuberkulin stark reagirten, 
aber weder physikalisch Zeichen beginnender Tuberkulose der Lungen oder 
der Drüsen zeigten, noch auch irgend welcheö Husten hatten. Bei ihnen 
war der Erfolg der Cur genau so wie bei den Fällen reiner Chlorose. 
Bei anderen Fällen fand sich gleichzeitig eine Lageveränderung der Ge¬ 
bärmutter, besonders vollkommene Retroversion oder Retrolateroversion. 
Auch bei diesen war der Erfolg vollkommen, wenn die Lageveränderung 
durch ein Pessar gehobon wurde, oder in den Fällen, wo die betreffenden 
Versuche mit einem Pessar den Zweck nicht erreichton, durch die Ope¬ 
ration der Ventrofixation. Zwei Fälle zeigten neben starker Chlorose 
gleichzeitig eine etwa pflaumengrosse Anschwellung eines Ovariums. 

Ausser diesen Fällen von einfacher oder complicirter Chlorose kamen 
nun eine Reihe secundärer Anämieen vor. Dieselben (sie sind bei den 
oben speciell angegebenen Gewichtsangaben nicht aufgeführt) waren natür¬ 
lich ein sehr dankbares Object für dio Cur, wenn die Ursache der Anämie 
bereits gehoben war oder gleichzeitig gehoben werden konnte. Hierzu 
gehören einige Fälle hochgradiger Anämie infolge langdauernder und hef¬ 
tiger Erkrankung an acutem Gelenkrheumatismus, ferner mehrere Fälle 
von massiger Anämie mit vielen subjectiven, besonders nervösen Be¬ 
schwerden, bei denen die Untersuchung Endometritis und Parametritis 
oder Entzündung der Ovarien ergab und bei denen eine starke Ver- 
muthung (nicht der Nachweis) vorlag, dass früher eine gonorrhoische In- 
fection stattgefunden hatte. Die Fälle von Eierstockentzündung (mit 
gleichzeitiger Verdickung und Verkürzung der Trompete und des Eileiters) 
besserten sich unter gleichzeitiger Anwendung von zweimal täglich einge- 
führten Ichthyoltampons ausgezeichnet, diejenigen von Endometritis und 
Parametritis nur theilweise, namentlich in Bezug auf die Endometritis. 

Bei Anämieen infolge chronischer Nierenleiden (chronischer paren¬ 
chymatöser Nierenentzündung und Schrumpfniere) ist diese Behandlung 
mit Schwitzcuren um so mehr indicirt, als man bei diesen Leiden neben 
der Aufbesserung des Appetits und der Blutbeschaffenheit zugleich günstig 
auf beginnenden Hydrops wirkt und die gestörte Horzthätigkeit durch die 
Bethätigung der peripheren Circulation wohlthätig beeinflusst. Eine 
Heilung tritt aber natürlich nur dann ein, wenn das zugrunde liegende 
Nierenleiden überhaupt heilbar ist, also im allgemeinen, wenn sich eine 
parenchymatöse Nierenentzündung einer acuten Erkrankung (Scharlach, 
Influenza, acutem Gelenkrheumatismus) angeschlossen hatte und sich un¬ 
gebührlich in die Länge zog. In den übrigen Fällen muss man sich mit 
der Beseitigung der Beschwerden, der Aufbesserung des Allgemein¬ 
befindens und der Verminderung der Eiweissausscheidung begnügen. 

Nun giebt es noch eino Reihe von Anämieen. die mit nervösen Be¬ 
schwerden hysterischer Natur verbunden sind, bei denen sich aber keine 
lokalen Erkrankungen der Sexualorgane nachweisen lassen. Entweder ist 
hier die Anämie Folge der angeborenen Nervosität, da wohl eine normale 
Nerventhätigkeit auch für eine normale Blutbildung erforderlich sein wird, 
oder es ist die Störung im Nerven System (vielleicht häufiger als man ver¬ 
muthüt) eine Folge fortgesetzter Onanie. In drei Fällon dieser Art habe 
ich wohl eine Besserung erhalten, aber erstlich war die Wirkung eine 
nicht so entschiedene und auffallende, namentlich nicht mit einer so mäch¬ 
tigen Hebung des Ernährungszustandes verbunden, einmal sogar mit einer 
definitiven Gewichtsverminderung, zweitens nicht so rasch und drittens 
nicht so dauerhaft. n 

Immerhin war in den drei Fällen der Erfolg so gut, dass die Pa¬ 
tientinnen und ihre Angehörigen sehr mit demselben zufrieden waren. 
Beiläufig bemerkt, habe ich Grund, anzunehmen, dass der Fall, den ich 
oben den Chlorosen zugezählt habe und der mit einer Gewichtsabnahme 
von 2 Pfund schloss (er ist in der angeführten speciellen Aufstellung aus¬ 
gelassen) entweder auch zu diesen hysterischen oder zu den secundären 
Anämieen gerechnet werden muss. Die Untersuchung war in. diesem 
Falle keine vollkommene gewesen, da aus äusseren Gründen bei diesem 
Mädchen aus den besseren Ständen auf eine innere Untersuchung der 


lexualorgano verzichtet werden musste. . 

Was die Dauer der Behandlung anbetrifft, so betrug dieselbe durch- 
chnittlich sechs bis acht Wochen. Sie wurde so bestimmt, dass bei der 
Entlassung der Kranken alle subjectiven Symptome geschwunden, die 
rfenses wenigstens einmal in normaler Stärke und Zeitdauer ewgetreten 
raren und sich der Hämoglobingehalt des Blutes wenigstens bis auf 80 / 0 
md die Zahl der Blutkörperchen auf circa 4000000 gehoben hatte. Einige 
dale habe ich diesen Punkt nicht erreichen können, weil sich die Patien- 
,innen, da sie sich wieder vollkommen wohl fühlten, einer längeren bort- 
etzung der Cur nicht unterwerfen wollten. 

Es wird Sie nun dio Beantwortung der Frage intercssiren, wie es 
lenn mit der Dauerhaftigkeit der Heilungen, namentlich der Chlorose, die 
a bei diesor Behandlung in erster Linie in Betracht kommt, aussient. 
Einen genauen Nachweis darüber kann ich Ihnen begreiflicher YY eise ment 
reben, da wir die Patientinnen des Krankenhauses ja meist spater au> 
ien Augen verlieren. Immerhin < kann ich über eme ganze Reihe \uu 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




fl 


848 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44 


Fällen, die sich theils später aus Dankbarkeit wieder im Krankenhaus vor¬ 
stellten, theils mir in der Privatpraxis wiederholt zu Gesichte kamen, mit¬ 
theilen, dass die Besserung eine dauernde und vortreffliche gewesen ist. 
Zwei Fälle kamen wogen eines Rückfalls von neuem in’s Krankenhaus; 
os waren dies die beiden Fälle mit pflaumgrosser Vergrüsserung eines 
Ovariums, von denen der eine ausserdem noch hochgradig erblich mit 
Tuberkulose belastet war. Auch die zweite Cur hatte denselben ausge¬ 
zeichneten Effect wie die- erste. Im übrigen würde es nicht auffallend 
sein, wenn noch häufigere Rückfälle sich ereignen sollten, da die Cur ja 
offenbar nicht gegen die Krankheitsursachen, sondern nur gegen deren 
Folgen gerichtet und da zu erwarten ist, dass, wenn später die früheren 
Ursachen der Krankheit wieder von neuem wirksam werden, auch wieder 
dieselben oder ähnliche Folgen eintreten werden. 

Endlich kann man nun auch noch die Frage aufwerfen: wie soll denn 
eigentlich diese Cur auf die Anämie und speciell auf die Chlorose wirken ? 
Wollte man eine genügende Erklärung geben, so müsste man zunächst 
genau naohweisen können, worin die Ursachen und das Wesen der Chlorose 
und der secundiiren Auämieen bestehen. Da ein derartiger Nachweis 
aber bis jetzt, meines Wissens, noch nicht erbracht ist, so lässt sich auch 
eine sichere Erklärung der Wirkungsart der Schwitzcuren nicht geben. 
Mit den Anschauungen von Scholz, die Ihnen mitzutheilen zu weit 
führen würde, kann ich mich nach keiner Richtung einverstanden erklären. 
Wenn inan aber sieht, mit welcher Schnelligkeit Kopfschmerz, Appetit¬ 
losigkeit, Müdigkeit imd Athembeschwerden schwinden sowie die Ernährung 
sich hebt, so liegt der Gedanke sehr nahe, dass es sich um eine StofL 
Wechselstörung handelt, infolge deren Producte der regressiven Meta¬ 
morphose im Körper zurückgehalten werden, die ähnlich wie andere Gifte 
jene subjectiven Störungen und die Entmischung des Blutes bewirken. 
Wäre das richtig, so würde es sich unschwer erklären, wie durch starke 
Schwitzcuren jene Stoffe rascher aus dem Körper entfernt und gleich¬ 
zeitig der Stoffwechsel günstig beeinflusst, somit eine Besserung, selbst 
Heilung der Krankheit herbeigeführt würde. Ob aber diese Hypothese 
eine Berechtigung hat, werden wir einstweilen zukünftigen Untersuchungen 
überlassen und uns vorläufig damit begnügen müssen, dass factisch meist 
eme fast zauberische Wirkung statt findet und die desfallsigen Angaben 
von Dr. Scholz auch von mir vollständig bestätigt werden müssen! 

Nachtrag Ende Februar 1894. Nachdem sich die Veröffent¬ 
lichung des vorstehenden Vortrages jetzt schon fast ein Jahr hinaus¬ 
geschoben hat, seitdem das in demselben enthaltene Material zuerst 
bearbeitet wurde, will ich noch hinzufügen, dass sich die vorstehenden 
Angaben auch in dem abgelaufenen Jahre im allgemeinen durchaus 
als richtig bewährt haben. Namentlich hat sich aber wieder gezeigt, 
dass die mit starken nervösen Störungen verbundene Anämie der Be¬ 
handlung viel weniger rasch und vollkommen weicht. Die Kranken 
dieser Art klagen nicht über Kopfschmerz, namentlich nicht über 
die last regelmässigen am Morgen vorhandenen Kopfschmerzen der 
Uhlorotischen, dagegen häufig über heftige Magen- und Rückenschmerzen, 
die an em Ulcus rotundum ventriculi denken lassen, sind sehr reizbar so 
?Sn S aUCh i 11 d ? r ßuEe s^r frequente, kleine Puls (nicht selten’bis 
kehlte uaa mehr) beim Besuche des Arztes seine Schnelligkeit sehr 
steigert, um erst nach einigen Minuten wieder auf seinen gewöhnlichen 
Stand zurttckzukehren, von wechselnder, weicher Gemüthsstimmung und 
leiden häufig au Schlaflosigkeit sowie nicht selten trotz reiner Zunge an 
hochgradiger Appetitlosigkeit. Namentlich dieses letzte Symptom? das 
sonst meist, so rasch, oft schon nach drei bis vier, durchschnittlich aber 
o^m regen Hungergefühl weicht, widersteht nun in 
diesen Fällen bisweilen Wochen lang und macht es erklärlich, dass dann 
auch die Besserung, namentlich die Gewichtszunahme sich nicht in ge- 
wohntorWmse einstellt, ja sogar manchmal zunächst noch eine Gewichts- 
abnahme von vier bis sechs Pfund eintritt. Trotzdem zeigt sich die 
PnL Tf 7 an \ m d T ^igeren, weniger frequenten und gespannteren 
P?fnKi d « ZuDah T £ es H ? mo S loblrLS und der Blutkörperchen und dem 
grösserer Kraft und grösseren Wohlbefindens. — In einem Falle 
Ar i Ze ! g i e S1 j h trofcz örhaltenen Hamens ein so ausserordentliches 
•Si = er8tehen d6r «"T“ .und kleinen Labien, dass Onanie nüt 
rirhw fc a . ng ? no 1 mm ® n werden dürfte; in einigen anderen Fällen fanden 
statt ^nvindftlfnrlr/ 6r tlusse . rer Geschlechtstheile vergrösserte Ovarien, die 

£f,Ä S- £ S-.VÄ SÄUS 
STÄtÄS“ Ure5ChUChen Z — 


geführt, nicht 
dauerhaft. 


Zur medicinischen Elektrote chnik . 

Von A. Eulenburg. 

Die rühmlichst bekannte Firma W A TTirfioiim 0nn j- 
wartig auf ein schon 33jähriges Bestehen zurückblicken kann hat soeben 
“JJJ® 4 ° Ue ’ , d “ rC , h 8™ sse Reichhaltigkeit und Vollständigkeit auseezoich 
, A , U . Sgabe ll T s Apparatenkatalogs mit Abbildungen iTvoXucht 
Ausstattung erschcmen lassen. Wenn irgend etwas. s^ ist dieser Ewog 


Schwung 61 'den’ dir? LeS i! r ■£! >e 1 r den ausserordentlichen Um- 
senwung, den die modicimsche Elektrotechnik neuordintrs erfahren W 

der b0deUt ? de E 0';?^rung ihres i^h 

f r ,® eito chirurgisch-speciahstischer, diagnostischer und onerativer An 
Ä“ T,',™' Die Abschnitte Xtterieen und InsÄnteir 
^ ’ r Batterieen un( l Instrumente zur Galvanokaustik und Rn 

JSS .Apparate zum Anschluss an Beleuch ZsaZmn“ Ace«: 
nmlator en nehmen nahe zu die H älfte des stattlichen QuStbandes ein 


GMnickt b«i Julius Slttenfeld ln. Berlin W. 


und enthalten fast auf jeder Seite werthvolle und bewährte Speciahtaten 
eigener Gonstruction, sowohl in den einzelnen Instrumenten, wie in den 
Apparaten-Zusammenstellungen (es seien beispielsweise die äusserst reich¬ 
haltigen Instrumente zur Beleuchtung, insbesondere die Instrumente zur 
Blasenbeleuchtung — sodann die Anschlussvorrichtungen und die 
stationären und transportablen Apparate mit Accumulatoren ange¬ 
führt). Wenn übrigens die vorgenannten Abschnitte besonders her¬ 
vorgehoben werden, so soll damit nicht gesagt sein, dass nicht auch die 
übrigen Abtheilungen des Katalogs, für stationäre Apparate, Influenz- 
maschinen, hydroelektrische Bäder, transportable Batteneen, Inductions- 
apparate, Galvanometer, Rheostaten u. s. w. sehr viel Treffliches und Vor¬ 
zügliches enthalten, das jedoch im grossen und ganzen schon mehr be¬ 
kannt und Gemeingut der ärztlichen Welt geworden ist. Auch hier ist 
freilich im einzelnen fast beständig geändert und gebessert worden, wovon 
als Beispiele nur die neuerdings mehi; und mehr vervollkommneten trans¬ 
portablen Batterieon und Inductionsapparate, die neuen aperiodischen 
HonzontalgalvanometCr mit schwimmendem Anker, die neuen compen- 
diösen Flüssigkeitsrheostaten, die zahlreichen neuen Elektroden für die 
verschiedensten Specialzwecke genannt werden mögen. Besonders dan- 
kenswertk ist, dass sämmtlichen Einzelabtheilungen des Katalogs eine 
orientirende Ueborsieht, sowie auch ein Verzeichniss der wichtigsten 
Speciallitteratur voraufgeschickt ist, wodurch — ebenso wie durch das 
sorgfältig gearbeitete alphabetische Namen- und Sachverzeichnis — die 
Brauchbarkeit auch für den auf elektrischem Gebiete minder Bewanderten 
wesentlich erhöht wird. 

XII. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. An der Königlichen Gharitd sind poliklinische Sprech¬ 
stunden für die medicinischen Kliniken in Aussicht genommen, 
welche vom 1. November ab in den Räumen des Instituts für In¬ 
fektionskrankheiten stattfinden sollen. Die Poliklinik der I. medicinischen 
Klinik (Leyden) hält Dienstag, Donnerstag, Sonnabend von ‘/sll bis 
12 Uhr Stabsarzt Dr. Thiele, diejenige der II. medicinischen Klinik 
(Gerhardt) Montag, Mittwoch, Freitag */g9 bis 10 Uhr Oberarzt Dr. 
Weintraud ab. Mit der III. medicinischen Klinik (Senator) 
bleibt wie bisher die Universitätspoliklinik verbunden. 

.— Der Verein für innere Medicin tagte am 29. d. M. unter dem 
Vorsitz von Gerhardt. Vor der Tagesordnung stellte Litten einen 
bemerkenswerthen Fall von Mediastinaltumor vor, bei dem die ge¬ 
summten Symptome in den letzten acht Tagen eine beträchtliche Steigerung 
orfahren haben. In der Discussion sprachen A. Fraenkel, Fürbringer, 
Litten. — Darauf demonstrirte Gerhardt das von Ladenburg darge¬ 
stellte Lysidin, welches auf seiner Klinik in einigen Fällen von Gicht 
erfolgreich angewandt worden ist. Zur näheren Orientirung verwies 
Gerhardt auf die Publication von Grawitz in dieser Wochenschrift 
No. 41. — In der eigentlichen Tagesordnung hielt Rosenheim einen 
interessanten und inhaltreichen Vortrag Ueber die chirurgische Be¬ 
handlung der Magenkrankheiten. Redner beleuchtete vom Stand¬ 
punkte des internen Klinikers auf Grund eigener Erfahrungen den thera¬ 
peutischen Werth der Resection, Gastroenterostomie, des Loretta’schen 
Verfahrens und der Gastrostomie für die wichtigste Magenaffection, das 
Carcinom, und unterzog des weiteren auch die chirurgische Behandlung 
der gutartigen Pilorusverengerungen, der idiopathischen Magenerwoiterung 
und der wesentlichsten Complicationen des Magengeschwürs, nämlich der 
Blutungen, der acuten Perforation und der Perigastritis, einer eingehenden 
Kritik. Ein besonderes Interesse beanspruchten die passageren Aus¬ 
führungen des Vortragenden über einige wichtige Fragen aus der Sympto¬ 
matologie und Diagnostik der Magenerkrankungen. — Die Discussion 
wurde auf die nächste Sitzung (5. XI.) verschoben. J. S. 

— Der Geheime Sanitätsrath Dr. L. Gueterbock feierte am 23. d. 
M. in vollkommenster körperlicher und geistiger Frische seinen achtzigsten 
Geburtstag. 

— Unser langjähriger fleissiger Mitarbeiter Dr. Gentilli jun. ist in 
Görz gestorben. 

— Düsseldorf. Der Niederrheinische Verein für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege hält am Sonnabend, den 10. November 1894 
in Düsseldorf seine ordentliche Generalversammlung (25jähriges Bestehen 
des Vereins) ab. Auf der Tagesordnung stehen ausser geschäftlichen An¬ 
gelegenheiten folgende Vorträge: Das Sterilisiren der Much und die hierzu 
dienenden neuesten Apparate, Prof. Dr. Stutzer (Bonn); Hygienische 
Verbesserungen baulicher Art in den grösseren Städten Italiens, Baurath 
Stübben (Köln). 

— Die seit 1844 bestehende Diakonissenanstalt in Duisburga.Rh* 
von Pastor Th. Fliedner gegründet, bildet Diakonen aus, die gleich den 
Diakonissen auf dem Gebiete der Kranken-, Armen-, Kinder- und Ge¬ 
fangenenpflege in Deutschland thätig sind. Tausende von Kranken ohne 
Unterschied der Religion erfahren jährlich den Segen ihrer hilfreichen 
Arbeit. Gegen 350 Diakonen waren während der letzten Kriege auf den 
Schlachtfeldern thätig. Durch die geforderte Ausdehnung der Anstalt und 
den Neubau ihres grossen Krankenhauses befindet sich die Anstalt in grosser 
Nothlage, da die Zöglinge meist kostenfrei ausgebildet werden, weshalb 
der Minister des Innern der Anstalt zu ihrem 50jährigen Bestehen eine 
Hauscolleete in Berlin und in den Provinzen Preussens bewilligt hat. 

e — Universitäten. Krakau. Der Assistent des anatomischen 
Instituts in Strassburg, Dr. H. Hoyer, ist zum ausserordentlichen Pro¬ 
fessor der vergleichenden Anatomie ernannt worden. — Warschau. Dr. 
Senez ist zum Professor der allgemeinen Therapie und Diagnostik er¬ 
nannt. — Kasan. Prof. Kotowschtschikow ist an Stelle des ver 
storbenen Prof. Chomjakow auf den Lehrstuhl der Hospitalklinik be¬ 
rufen. — Paris. Der Prof. agr6g6 Dr. Legroux ist gestorben. 


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Donnerstag M 4g. 8 . November 189 4. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet yon Dr, Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Aus der llniversitäts-Frauenklinik in Giessen. 
Die operative Behandlung des tuberkulösen 
Ascites. 1 ) 

Von Dr, G. Frees, Assistenzarzt der Klinik. 

Wie so viele Errungenschaften auf naturwissenschaftlichem 
und speciell auf medicinischem Gebiete verdankt auch die An¬ 
wendung der Laparotomie bei Ascites tuberculosus bekanntlich 
einem Zufall, einem diagnostischen Irrthum ihre erste Empfehlung. 
Spencer Wells wollte einen Ovarialtumor operiren und fand nach 
Eröffnung der Bauchdecken das charakteristische Bild des abge¬ 
sackten tuberkulösen Ascites; er liess den Ascites ab, schloss die 
Bauchwunde und — die Kranke genas. In der Folge wurde dann 
der Bauchschnitt planmässig bei den verschiedensten Formen der 
Peritonitis tuberculosa in Anwendung gezogen, und während die 
einen — und wohl die Mehrzahl — günstige Erfolge sahen, ver¬ 
hielten sich wieder andere diesen Erfolgen gegenüber sehr skep¬ 
tisch. Viele glauben, dass bei der wirklich bacillären Form der 
Bauchfelltuberkulose die Incision niemals oder doch nur äusserst 
selten zur Heilung führe. Diese Ansicht wird allerdings dadurcli 
unterstützt, dass in einer Reihe von Ascitesfällen mit Knötchen¬ 
eruption auf dem Bauchfell bei der histologischen Untersuchung 
der „Tubercula“ der typische Bau und der Nachweis von Tuberkel¬ 
bacillen vermisst wurde. Gusserow 1 ), der im übrigen die La¬ 
parotomie bei freiem Ascites warm befürwortet, schlägt deshalb 
für dieses ganze Krankheitsbild den Namen Peritonitis nodosa 
vor. Es erscheint aber meines Erachtens doch wichtig, vor allem 
für die Prognose etwaiger operativer Eingriffe, wenn möglich hier 
zu unterscheiden: der klinische Verlauf, der Nachweis tuberkulöser 
Erkrankungen in anderen Organen, die hereditäre Belastung sichern 
die Diagnose doch meist schon- bis zu einem gewissen Grade, und 
wenn man die Laparotomie macht, so hat mau ja an excidirten 
Stücken die beste Gelegenheit, sein Urtheil eventuell zu verificiren. 
Findet man den typischen Bau des Tuberkels, auch ohne Bacillen, 
die ja in diesen Knötchen oft sehr spärlich Vorkommen, so hat 
man, glaube ich, auch das Recht und die Pflicht, die Erkrankung 
als Peritonitis tuberculosa im engeren Sinne zu bezeichnen. 
Solange man indess den histologischen Befund nicht hat oder 
wenn man überhaupt nur auf den makroskopischen Befund am 
Peritoneum angewiesen ist, wird man allerdings gut daran thun, 
die rein descriptive Bezeichnung Peritonitis nodosa zu wählen, 
obwohl hier gewiss in vielen Fällen von einer eigentlichen Ent¬ 
zündung nicht die Rede sein kann. So fanden wir vor einem 
halben Jahr gelegentlich der Exstirpation einer Hydrosalpinx auf 
dem Tumor selbst und überall auf der Beckenserosa eine Eruption 
von kleinen, weisslichen Knötchen. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung ergab, dass es sich um kleinste Bindegewebsgeschwülste, 
um Fibrome handelte, ähnlich wie in einem Falle von Gusse row 
(1. C; S. 473). Ein anderer Fall, der im November v. J. zur Ope¬ 
ration kam, mag hier auch kurz Erwähnung finden: Bei einer 
55jährigen Frau war die Diagnose auf Ascites tuberculosus ge¬ 
stellt, und bei der Operation fanden wir auch das charakteristische 
Bild: freier Ascites, das Peritoneum, besonders die Parietalserosa 
allenthalben mit hirsegrossen grauen Knötchen besetzt, nirgends 
eine Organerkrankung. Die mikroskopische Untersuchung der ex- 


!) Nach einem in der raedicinischen Gesellschaft zu Giessen gehal¬ 
tenen Vorträge. 


cidirten Knötchen ergab zu unserer grossen Ueberraschung das 
Bild eines Carcinoms. Man könnte dies für einen der seltenen 
Fälle von primärer Carcinose des Bauchfells halten, da wie gesagt 
nirgends eine primäre Organerkrankung gefunden wurde und da 
auch jetzt noch — ich habe brieflich und mündlich Nachricht von 
der Patientin — nur der nach den Punctionen sich in immer kürzeren 
Intervallen wieder ansammelnde Ascites das Krankheitsbild be¬ 
herrscht, doch soll das nicht mit Bestimmtheit behauptet werden. 
Ich wollte diese Fälle hier nur kurz zur Illustration anführen, 
dass man, auch wenn man die Laparotomie ausgeführt hat, oft 
erst nach der histologischen Untersuchung excidirter Stücke in 
der Lage ist, die Diagnose mit Sicherheit zu stellen. 

Merkwürdig erscheint in vielen Operationsstatistiken das 
starke Ueberwiegen des weiblichen Geschlechts, und ganz im Wider¬ 
spruch stehen damit gewisse Sectionsstatistiken, aus denen 
ein überwiegendes Befallensein der Männer hervorzugehen scheint. 
So findet König 2 ) unter 131 operativ behandelten Fällen 
120 Frauen und nur 11 Männer, während sich bei einer Zu¬ 
sammenstellung von 107 Sectionen 89 Männer und nur 18 Frauen 
fanden. Man hat natürlich nach Erklärungen für diese auffallende 
Thatsache gesucht und zum Theil darin zu finden geglaubt, dass 
der tuberkulösen Erkrankung des Peritoneums sehr häufig eine 
primäre Genitaltuberkulose speciell Tubentuberkulose 
zugrunde liege. Indessen kann dies doch nur bis zu einem ge¬ 
wissen Grade zugegeben werden, da nach einer grossen Zusammen¬ 
stellung von Sick 3 ) aus den Hamburger Krankenanstalten über 
2500 Sectionen nur in 26% die Bauchfelltuberkulose mit Tuber¬ 
kulose der inneren Genitalien complicirt war, dagegen in 65% 
mit Darmtuberkulose. In der That neigen auch viele Autoren der 
Ansicht zu, dass der Darm die häufigste Eingangspforte für das 
tuberkulöse Virus darstellt. Andererseits erhellt auch aus einer 
Statistik von Heiberg, 4 ) dass die Urogenitaltuberkulose beim 
Mann noch etwas häufiger vorkommt als bei der Frau (unter 
29 Fällen 16:13), Wir müssen also nach anderen Gründen suchen, 
und wenn ich auch nicht annehme, dass die Häufigkeit dieser 
Operationen bei Frauen der Häufigkeit diagnostischer Irrthlimer 
der operirenden Gynäkologen entspricht, so glaube ich auf der 
anderen Seite doch, dass die Frauen mehr auf Veränderungen im 
Leibesumfang zu achten gewöhnt sind und entschieden deshalb 
oft früher, viel öfter in einem günstigen Zeitpunkt der Erkrankung 
zum Arzt kommen und dass sie sich ausserdem leichter zu einem 
operativen Eingriff entschliessen. Wenn Conitzer 5 ) auch hei 
Kindern unter 7 Fällen 5 bei Mädchen beobachtet hat, so sind 
diese Zahlen zu klein, um irgendwelche Schlussfolgerungen daraus 
zu ziehen. 

Nach König können alle Formen der Bauchfelltuberkulose 
durch die blosse Incision zur Heilung gebracht werden, sowohl die 
mit Ascites einhergehenden, wie die sogenannte „trockene“ oder ad¬ 
häsive Form, als auch endlich die eiterige Form; er hat (und mit ihm 
auch andere) wenigstens hei allen Formen Heilungen beobachtet. 
Für die Prognose erscheint es aber doch wichtig, die einzelnen 
Arten, besonders gerade die ascitische und die trockene auseinander- 
zuhalten. Die Angaben der Autoren weisen in dieser Beziehung auch 
bemerkenswerthe Verschiedenheiten auf: Aldibert 6 ) berechnet 
so für die ascitische Form 35,4% Heilungen, für die trockene, 
adhäsive 80%, davon 50% definitiv, und auch Rörsch 7 ) kommt 
zu fast den gleichen Resultaten. In Deutschland dagegen wird 
entschieden mehr die mit Transsudat einhergehende Form, der 
eigentliche Ascites tuberculosus, als geeigneter und prognostisch 


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DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45 


günstiger für die operative Behandlung angesehen (vergl. Helm- 
rich 8 ), wiewohl auch bei uns in einer Reihe von Veröffent¬ 
lichungen Heilungen der trockenen Form constatirt wurden. 

Da die Thatsache nun einmal feststand, dass der einfache 
Bauchschnitt in einer Reihe von Fällen genügte, die tuberkulöse 
Peritonitis zur definitiven Heilung zu bringen, ergab sich nun als 
weitere Aufgabe, die Ursachen dieser räthselhaften Heilwirkung zu 
erforschen. Da lag es zunächst nahe, an äussere Einflüsse zu 
denken; alles mögliche wurde auch in dieser Richtung heran¬ 
gezogen: der Einfluss antibacteriell wirksamer Substanzen, des 
Jodoforms, der Borsäure etc.., der Luftcontact, der Einfluss des 
Sonnenlichts u. s. w. Ich will hier nicht näher darauf eingehen, 
nur soviel möchte ich erwähnen, dass, wie überall, auch hier 
diese verschiedenen Theorieen verschiedene Modificationen in der 
Behandlung, ja ganz andere Behandlungsmethoden im Gefolge 
hatten. Ich erinnere vor allem an die bemerkenswerthen Ver¬ 
suche von v. Mosetig-Moorhof 9 ), nach der Punction des Ascites 
durch das Einblasen von keimfreier Luft die Laparotomie zu er¬ 
setzen und die Erkrankung zur Heilung zu bringen, was ihm in 
zwei Fällen anscheinend gelungen ist. In gleicher Richtung be¬ 
wegen sich die Versuche von W. Nolön 10 ), der unter drei Fällen 
zwei genesen sah. Riva 11 ) empfiehlt nach der Punction apneu- 
matische Auswaschungen der Bauchhöhle mit 8—10 1 sterilen 
Wassers und will dabei elf Heilungen beobachtet haben. Ueber- 
haupt wird bei Franzosen und Italienern auch bei der Laparotomie 
nach dem Ablassen des Ascites auf eine ergiebige Ausspülung mit 
sterilem Wasser oder 3°/o Borsäurelösung anscheinend grosser 
Werth gelegt [vergl. Hartmann und Aldibert 12 ), Pinard und 
Kirmisson 13 ),Raymond 14 ), Nannotti und Baciocchi 15 )]. Andere 
suchten die Ursache der Heilung mehr in Veränderungen, die durch 
den Eingriff am Peritoneum und im ganzen Organismus hervor¬ 
gerufen werden. Ich werde auf diese Fragen noch kurz am Schlüsse 
zurückkommen. 

Natürlich war auch die Art und Weise, wie bei dem tuberkel¬ 
besäten Bauchfell die Restitutio ad integrum zustande kommt — 
denn eine solche ist durch Autopsie und bei Gelegenheit späterer 
Laparotomie zur Genüge nachgewiesen — der Gegenstand zahl¬ 
reicher histologischer Untersuchungen. Bumm 16 ) konnte bei einer 
zweiten Laparotomie nachweisen, dass die Umgebung der Tuberkel¬ 
knötchen mit Rundzellen infiltrirt war und dass der Tuberkel 
selbst durch narbige Umwandlung des Gewebes zugrunde ging. 
Andere — Nannotti und Baciocchi (1. c), Kischewski 17 ), 
Gatti 18 ) — suchten auf dem Wege experimenteller Versuche an 
Meerschweinchen, Kaninchen und auch Hunden dieser Frage näher¬ 
zutreten, doch sind diese meines Erachtens nicht ohne weiteres 
auf den Menschen zu übertragen, da z. B. bei Meerschweinchen 
meines Wissens wenigstens gerade die ascitische Form der Peri¬ 
tonitis tuberculosa nicht vorkommt. 

Nach alledem erschien es nicht ohne Interesse, wenn einmal 
das ziemlich reichhaltige Material, welches unserer Klinik in den 
letzten Jahren zu Gebote stand, mit zur Beantwortung der einen 
oder der anderen dieser Fragen herangezogen würde. Vier Fälle 
sind bereits von meinem hochverehrten Chef, Herrn Prof. Löhlein 
— dem ich für die gütige Ueberlassung des Materials meinen besten 
Dank ausspreche — in einem Vortrag „Erfahrungen über den 
Bauchschnitt bei tuberkulöser Peritonitis“ 19 ), der im Jahre 1889 
in der medicinischen Gesellschaft zu Giessen gehalten wurde, an¬ 
geführt worden; drei weitere wurden von Schreiber in seiner 
Dissertation „Ueber die Tuberkulose des Bauchfelles“ 20 ) mitgetheilt, 
es sind inzwischen noch 11 Fälle hinzugekommen, so dass wir 
also im ganzen über 18 operativ behandelte Fälle verfügen. Es 
muss noch vorausgeschickt werden, dass in allen diesen Fällen die 
Incision erst dann gemacht wurde, nachdem entweder in der Klinik 
oder ausserhalb die übliche interne Therapie — Seifenumschläge, 
Diuretica etc. — vergeblich in Anwendung gekommen war. Mehrere 

Fälle — erst vor einigen Wochen wurde ein solcher entlassen _, 

bei denen auf die genannten Mittel ein deutlicher Rückgang des 
Ascites zu beobachten war, wurden selbstverständlich dem Bauch¬ 
schnitt nicht unterworfen. Ich lasse die einzelnen Fälle kurz 
folgen: 

Fall 1. Frau Sophie M., 43 Jahre, 1888 J.-No. 65. 

Neun Geburten; seit einigen Monaten Empfindlichkeit und An¬ 
schwellung des Leibes. 

9. Mai 1888 Incision. Klarer, freier Ascites (einige Liter); Knötchen¬ 
eruption auf dem Bauchfell, besonders nach dem Douglas. Nach glattem 
Verlauf 1. Juni 1888. entlassen. Nachweis von Tuberkelbacillen im Schnitt 
und durch Impfung. 

Weiterer Verlauf: Nach zwei Monaten alte Ausdehnung des 
Leibes; soll bald darauf gestorben sein. 

T F jN 2 - Frau Henriette K., 24 Jahre, 1888 J.-No. 134, 1889 
J.-No. 7o. ’ 

Zwei Geburten; seit */a Jahr unbeholfen, Anschwellung des Leibes. 


27. Juli 1888 erste Incision. Reichlicher, gelblicher Ascites, 
die ganze Serosa dicht mit Tuberkeln besetzt. — Glatter Verlauf. 

9. December 1888 wieder vorgestellt. Wohlbefinden; kein Ascites. 
Seit Januar 1889 sammelt sich wieder Ascites an, deshalb 22. März 1889 
zweite Incision. Klarer Ascites, Befund wie bei der ersten Incision, 
besonders üppige Entwickelung der Knötchen an Tuben und Ovarien. 
Entlassen 10. April 1889. Kein Ascites nachweisbar. Nachweis voii 
Tuberkelbacillen gelang nicht, dagegen typischer Bau des Tuberkels. 
Riesenzellen. 

Weiterer Verlauf: Laut Nachricht vom 7. Juni 1994 von ihrem 
eigentlichen Leiden völlig befreit, bei stärkerer Anstrengung Schmerzen 
in der rechten Seite. 

Fall 3. Marie F., 15 Jahre, 1889 J.-No. 26. 

Seit kurzer Zeit Anschwellung des Abdomens bemerkt; wahrschein¬ 
lich linksseitige Ovarialcyste. 

30. Januar 1889 Incision. Ascites saccatus, 2 1 heller, seröser 
Flüssigkeit, Peritoneum dicht mit hirsekorngrossen, grauen Knötchen be¬ 
setzt. Mikr.: typischer Bau. 

Weiterer Verlauf: Es entwickelt Bich im Verlauf der nächsten 
Monate eine abgesackte, eitrige Peritonitis, Lungenerscheinungen. Tod 
sechs Monate post operationem. 

Fall 4. Karoline H., 17 Jahre, 1889 J.-No. 94. 

Menses vom 13. bis 14. Jahr, von da ab ausgeblieben. Seit drei 
Monaten Zunahme des Leibes. 

10. April 1889 Incision. Einige Liter grünlichklarer Flüssigkeit; 
Serosa überall besät mit hirsekom- bis erbsengrossen Knötchen; Netz 
knollig verdickt. Nach reactionslosem Verlauf 27. April 1889 entlassen. 
Leibesumfang bereits wieder so gross wie vor der Operation. Weitere 
Nachrichten fehlen. 

Fall 5. Frau Margarethe R., 28 Jahre, 1890 J.-No. 138. 

Ein Partus vor sechs Jahren; seit einigen Wochen Dickerwerden des 
Leibes; vor acht Tagen draussen Punction. 

10. Mai 1890 Incision. 5—6 1 gelblicher Ascites; typisches Bild, 
Parietal- und Visceralserosa mit Knötchen besät, besonders nach dem 
Becken dicht entwickelt. Abtragung der rechten Anhänge, die vor allem 
ergriffen sind. Fieberhafter Verlauf. 17. Juni entlassen. In den Riesen¬ 
zellen Tuberkelbacillen nachgewiesen. Tod sechs Wochen nach der Ent¬ 
lassung. 

Fall 6. Katharine B., 60 Jahre, 1890 J.-No. 173. 

Vier Partus, zwei Aborte; seit 2 l /a Monaten Anschwellung des 
Leibes. 

13 .Juni 1890 Incision. Reichliche Menge von klarem Ascites ent¬ 
leert. Peritoneum parietale, Darm und Uterusadnexe mit Tuberkeln dicht 
besetzt; dicke Knollen im Mesenterium. Reactionslose Heilung, typischer 
Befund an den excidirten Knötchen. 2. Juli entlassen. 

Weiterer Verlauf: Briefliche Mittheilung vom 8. Juni 1894: 
„Als ich von Giessen kam und war ein paar Tage hier, ging der Schnitt 
wieder auf, und ich musste zum Arzt gehen. Es dauerte zwei Monate, 
dann war ich vollends hergestellt, und seitdem ist von meinen früheren 
Beschwerden nichts mehr vorhanden. Ich zähle jetzt 64 Jahre und kann 
noch alle Hausarbeit verrichten.“ 

Fall 7. Christine H., 15 Jahre, 1890 J.-No. 190. 

Seit Mitte April Anschwellung des Leibes, die mit Schmerzen einher- 
ging und rasch zunahm. _ 

19. Juni 1890 Incision. Grosse Mengen klarer Flüssigkeit ent¬ 
leert; typische Veränderungen am Bauchfell. 6. Juli entlassen. 

Weiterer Verlauf: Ein Jahr völlig gesund, Tod im November 
1891 an Darmtuberkulose. 

Fall 8. Frau Margarethe Sch., 42 Jahre, 1891 J.-No. 92. 

Mutter an Phthise gestorben, zwei Geschwister an Bauchwassersucht, 
Seit einem Jahr Anschwellung des Leibss. 

15. Juli 1890 ausserhalb Incision. Darnach Ascites rasch wieder- 
gekehrt. . 

18. März 1891 Incision. 10—12 1 Ascites entleert; typisches Büd. 
Tuberkulininjectionen. , 

13. April entlassen. Ascites bis zum Nabel reichend. Bald darau 
gestorben. 

Fall 9. Marie M., 25 Jahre, 1891 J.-No. 109. 

Menses in letzter Zeit etwas schwächer; seit acht Wochen 
rung bei gleichzeitiger Anschwellung des Leibes. Während der l el f l * 
Menses angeblich Zunahme des Leibesumfangs von 90 auf 100 cm, Leibes¬ 
umfang 107 cm. . . . 

4. April 1891 Incision. 14 1 grünlich-gelber Ascitesflüssig* 
spec. Gewicht 1020. Serosa überall, besonders nach dem Becken zu 
grauweissen Knötchen besetzt. 19. April 1891 entlassen. Tod fünf Mon 
post operationem. 


Fall 10. Anna S., 27 Jahre, 1891 J.-No. 176. 

Vor vier Jahren Partus; vor einem Jahr Pleuritis. 22. Jum 
L eibesumfang 89. Ascites. Linke Tube geschwollen, rechte stärker 
ändert, knotig verdickt, rechtes Ovarium angelöthet im Douglas; 
glas’sche Falten mit Knötchenreihen besetzt. Salpingitis et Pensalpm B 
tuberculosa. . ; n# , 

1. Juli 1891 Laparotomie. Netz der Bauchwand adhärent, m 
fingerdicke, knollige Masse verwandelt; Entleerung von 1 1 8*°“ 
Ascitesflüssigkeit. Hochgradige Verwachsung der Beckenorgane, ö - 
besonders um die Tuben überall mit Knoten und Knötchen besetzt, 
stirpation beider Tuben. Drainage im unteren Wundwinkel. - 
ersten, zweiten und siebenten Abend 38,0°, sonst reactionsloser v 


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8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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28. Juli entlassen. Mikr.: Tuberkulose; Bacillen nicht nachgewiesen. 

Weiterer Verlauf (Polikl. J. 1894 208): Inzwischen verheirathet; 
vollkommenes Wohlbefinden, kein Ascites, rechts neben dem Uterus zwei 
kleine, wallnussgrosse Tumoren. 

Fall 11. Frau Elisabeth H., 38 Jahre, 1891 J.-No. 274. 

Vier Entbindungen, Menses in letzter Zeit schwächer, unregelmässig. 
Seit drei Monaten Stärkerwerden des Leibes. Mutter und Schwester an 
Phthise gestorben, ein Bruder lungenkrank. Leibesumfang 97. Knoten 
im Douglas, Schwellung beider Tuben. Ueber beiden Lungenspitzen 
Bronchialathmen und Knisterrasseln. 

18. Juli Incision. Charakteristischer Befund, Drainage. 

12. August entlassen. Leibesumfang 92 cm. Ascites wieder ange¬ 
sammelt. 

Weiterer Verlauf: Am 8. Februar 1892 infolge ihres inneren 
Leidens gestorben. . . 

Fall 12. Frau Katharine B., 44 Jahre, 1991 J.-No. 390. 

Vier normale Partus; Menses früher regelmässig, in letzter Zeit 
schwächer. Diarrhöen, Vorfallbeschwerden. Ascites; linke Lungenspitze 
suspect. Prolapsus utriusque vaginae, Cysto- und Rectocele; Retro- 
flexio uteri. 

22. October 1891 Incision. Typischer Befund. 

15. November entlassen. Unterer Wundwinkel nässt noch etwas. 

Weiterer Verlauf: Vollständiges Wohlbefinden zwei Jahre lang, 
auch jetzt nur geringe Beschwerden, welche auf die zweimal überstandene 
Influenza zurückgeführt werden. (Briefliche Nachricht vom 10. Juni 1894.) 

Fall 13. Frau Wilhelmine St., 56 Jahre, 1892 J.-No. 171. 

Elf Partus; Cessatio mensium seit sechs Jahren. Seit December 1891 
Dickerwerden des Leibes, Appetitlosigkeit, Diarrhöen. Ascites, leicht 
blutende Erosion der Portio. 

11. April 1892 Incision. Eine Menge seröser Flüssigkeit wird 
entleert; Serosa besonders nach dem Becken mit hellgrauen bis linsen- 1 
grossen Knötchen besetzt. Zwei Tage Drainage mit Jodoformgaze im j 
unteren Wundwinkel. j 

Mikroskopische Untersuchung: 1) des Peritoneums: typischer Bau I 
der Tuberkeln, Riesenzellen, Bacillen nicht gefunden; 2) eines aus der 
Portio excidirten Stückchens: Carcinoma incipiens. 

1. Mai 1892 entlassen auf Wunsch. Ascites wieder angesammelt. 
Zur Totalexstirpation wiederbestellt, kommt aber erst am 18. Februar 1893 
wieder zur Aufnahme. Massiger Ascites, cancroide Papillengeschwulst. 
Da die Patientin die Totalexstirpation verweigert (die hier besonderes 
Interesse geboten hätte, vor allem für die Frage, ob auch eventuell durch 
eine Entleerung von der Scheide aus der tuberkulöse Ascites zur Aus¬ 
heilung gebracht werden könnte), wird sie nach Hause entlassen, wo sie 
im Juli 1893 gestorben ist. 

Fall 14. Frau Wilhelmine W., 24 Jahre, 1892 J.-No. 525. 

Ein Partus; seit Juli Anschwellung des Leibes (angeblich inter menses 
entstanden). Leibesumfang 97 cm. Ascites, körnige Resistenzen im 
Douglas. 

13. October 1892 Incision. Klarer Ascites, mehrere Liter, spec. 
Gewicht 1019. Peritoneum überall dicht mit grauweissen Knötchen 
besetzt. 

Mikroskopische Untersuchung: typischer Bau, Riesenzellen, Bacillen 
nicht gefunden. 

Entlassen 6. November. Kein Ascites. 

Weiterer Verlauf: Im Januar 1894 stellt sich Patientin in 
blühender Gesundheit wieder vor; kein Ascites, völliges Wohlbefinden seit 
der Operation. Im Juni erhielt ich nochmals Nachricht, dass es ihr fort¬ 
dauernd ausgezeichnet gut geht. 

Fall 15. Frau Katharine H., 48 Jahre. 1893 J.-No. 194. 

Neun Partus. Seit November 1892 Zunahme des Leibes, Schmerzen, 
Appetitlosigkeit, Durchfälle, Husten. Aufnahme 21. April 1893. Lupus 
der linken Wange, linke Lungenspitze suspect. Leibesumfang 104 cm. 
Ascites, körnige Resistenzen an den Douglas’schen Falten. Rasche Zu¬ 
nahme des Ascites; 25. April Leibesumfang 107. 

29. April 1893 Incision. 10 1 hellgelbe, klare Ascitesflüssigkeit. 
Serosa überall mit grauen Knötchen besetzt. Excision des Lupus. 

Nach glattem Verlauf 19. Mai entlassen. Dämpfung in den abhän¬ 
gigen Partieen des Abdomens. 

Weiterer Verlauf: Nach mündlicher Nachricht (Juni 1894) ist 
die Patientin zwar noch am Leben, aber in äusserst elendem Zustande. 

Fall 16. Katharine H., 13 Jahre, 1893 J.-No. 249. 

Vater an Lungenleiden gestorben, seit sieben Wochen Stärkerwerden 
des Leibes, in letzter Zeit rasche Zunahme. Keine Beschwerden. Schlecht 
genährt. Leibesumfang 70 cm. Ascites. 

28. Mai 1893 Incision. Klarer Ascites. Peritoneum parietale, 
Barm, Uterus und Adnexe mit massenhaften hirsekorn- bis erbsengrossen 
Knötchen besetzt. Bei der Entlassung, 17. Juni, hatte sich bereits wieder 
etwas Ascites angesammelt. 

Weiterer Verlauf: Tod 30. October 1893 „nach siebenmonat¬ 
lichem Siechthum“. 

Fall 17. Lina L., 20 Jahre, 1893 J.-No. 287. 

Seit Ende April Anschwellung des Leibes. Abdomen = Grav. VII. 
mense, Ascites und Tumor ovarii (?) dextri. 

10. Juni 1893 Laparotomie. Geringe Merme klarer Ascitesflüssig- 
keit; Peritoneum überall mit grauweisslichen Knötchen dicht besetzt. 
Ziemlich schwierige Exstirpation einer rechtsseitigen Ovarialcyste und 
einer Pyosalpinx dextra mit käsigem Inhalt. Die Reconvalescenz 
wird durch eine Pneumonie des linket Oberlappens und eine rechts- 
seitige^Becken Zellgewebsentzündung gestört. 


12. Juli entlassen. Guter Kräftezustand. Kein Ascites. 

Mikroskopische Untersuchung (pathologisches Institut): Tubentuber¬ 
kulose. 

Weiterer Verlauf: Die Patientin hat sich ausgezeichnet erholt, 
stellt sich im Juni in der Poliklinik vor (P. J. 94/608): Blühendes Aus¬ 
sehen, kein Ascites, kleine Fadeneiterung im untersten Theü der Narbe; 
Residuen einer rechtsseitigen Parametritis. 

Fall 18. Katharine W., 21 Jahre, 1894. J.-No. 261. 

Seit einigen Wochen starke Anschwellung des Leibes ohne beson¬ 
dere Beschwerden. Sehr schlechter Ernährungszustand; Zeichen über¬ 
standener Scrophulose. Infiltration der rechten Lungenspitze. Ascites. 
Uterus tief gedrängt, körnige Resistenzen im Douglas. 

2. Juni 1894 Incision. 6 1 klarer, grünlicher Flüssigkeit, spec. 
Gewicht 1015. Ziemlich grosse, mehr solitäre Tuberkel auf der Darm¬ 
serosa und Leberoberfläche; die Parietalserosa zeigt nur ganz vereinzelte 
kleine Knötchen. Im Douglas bis bohnengrosse Excrescenzen. Rasche 
Wiederansammlung des Ascites. 

18. Juni auf Wunsch entlassen. Kurz darauf zu Hause gestorben. 

Endlich soll noch ein letzter Fall erwähnt werden, der aller¬ 
dings erst vor einigen Wochen operirt wurde und deshalb für die 
Statistik nicht verwerthbar ist, obwohl sich bis jetzt der Ascites 
nicht wieder angesammelt hat. 

Frau Christine Sch., 44 Jahre. 1894 Journ.-No. 421. 9 Partus; 
seit einigen Monaten Anschwellung des Leibes, Rücken- und Leib¬ 
schmerzen. 

22. August. Incision. Entleerung von 31 klarer Ascitesflttssigkeit, 
Bauch- und Beckenserosa überall mit den charakteristischen Knötchen 
besetzt. Excision eines Stückchens. 

Wunde per primam intentionem geheilt, marantische Thrombose der 
rechten Schenkelvene. 

28. September. Entlassung. Kein Ascites nachweisbar, Leib flach, 
eingesunken. In Schnitten des Peritoneums gelang es, vereinzelte 
Tuberkelbacillen in den Riesenzellen nachzuweisen, dagegen 
blieb die Untersuchung des Ascites, den wir sedimentiren Hessen, in 
dieser Beziehung erfolglos. 

Wie aus der Beschreibung der Fälle ersichtlich, kamen nur asci- 
tische Formen der Peritonitis tuberculosä zur Operation, und 
zwar schwankte die Menge der Flüssigkeit von 1—141, durchschnittlich 
wurden 5—6 1 entleert. Es mag hier gleich hervorgehoben werden, 
dass der Ascites in 16 Fällen klar war, mitunter etwas grünlich 
gefärbt; in drei Fällen (8, 11 und 12) ist die Beschaffenheit nicht 
näher angegeben, doch kann man schon hieraus ersehen, dass die 
Angaben mehrerer Lehrbücher, wonach das Transsudat bei Peritonitis 
tuberculosa und, worauf ich noch später kommen werde, bei 
Carcinose des Peritoneums sehr häufig hämorrhagisch sein soll, 
wenigstens nicht in diesem Umfange zutrifft, also auch bei Probe- 
punctionen nicht besonders verwerthbar sein dürfte. Bei Ovarial¬ 
tumoren, besonders nach Stieldrehungen, findet man dagegen 
häufiger etwas blutig gefärbte Flüssigkeit. 1 ) (Schluss folgt,) 


II. Aus der medicinischen Klinik von Prof. G. Sacharjin 
in Moskau. 

Ein Pall gemischter Lebercirrhose. 

Von Dr. P. JakowlefF, Ordinator der Klinik. 

Der Kranke, Bauer, 41 Jahre alt, ist am 20. Februar 1893 iu die 
Klinik von Prof. Sacharjin eingetreten mit Klagen über Schwäche, 
Dyspnoe, bedeutende Vergrösserung des Unterleibes und Oedem der Füsse, 
Icterus und Abmagerung. Ausgeprägter Icterus, Vergrösserung des 
Unterleibes mit Venenerweiterung an diesem sind, von Diarrhöe begleitet, 
im Herbste 1891 aufgetreten. 

Anamnese. Seit dem 12. Lebensjahre lebt Patient in Moskau als 
Bäcker. Wohnzimmer erträglich, Arbeiteraum dagegen heiss und staubig. 
An s Baden nicht gewöhnt, geht etwa zweimal monatlich in die Badestube. 
Raucht viel, hat mit Ausnahme des letzten Jahres während 20 Jahren 
sehr stark Branntwein getrunken; trinkt heissen Thee in massiger Quan¬ 
tität. Nahrungsweise befriedigend. Patient arbeitete in schwüler und 
staubiger Luft, hauptsächfich wärend der Nacht, so dass er mit häufigen 
Unterbrechungen, dennoch aber genug schlief. Bis zu seiner Erkrankung 
ermüdete er bei seiner Arbeit nicht, ist aber seit dem Herbst 1891 nicht 
imstande zu arbeiten. Patient ist verheirathet, hat venerische Krankheiten 
nicht gehabt. Hat seine Kindheit bis zum 12. Jahre auf dem Lande im 
Arehangelsehen Gouvernement verbracht, erinnert sich nicht, Kinderkrank¬ 
heiten fiberstanden zu haben. Sodann ist er, wie schon erwähnt, nach Moskau 
Ubergesiedelt und in eine Bäckerei eingetreten. 17 Jahre alt. fing er an 
Branntwein zu trinken, zuerst wenig, später aber eine halbe Flasche fast 
täglich und selbst mehr. 27 Jahre alt, hat Patient, wie es scheint, einen 
Abdominaltyphus durchgemacht, nach welchem er sich vollkommen gut 
erholt hat. 31 Jahre alt, erkrankte er aller Wahrscheinlichkeit nach an Pleu¬ 
ritis. Diese verging, doch hatte Patient danach häufiger an Erkältungen 
(Schnupfen und Husten) zu leiden, hat aber nie dauernd gefiebert, magerte 
auch nicht ab und bemerkte keine Schwäche. Seit dieser Zeit trank 


! ) Die kleine Blutbeimischung, welche Litten (Deut. med. Wochenschr. 
1894, No. 8, S. 183) in allen Fällen von Ascites, auch bei anscheinend 
klarer Flüssigkeit durch die Centrifuge nachweisen konnte, bleibt hier 
natürlich unberücksichtigt. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45 


852 


Patient Branntwein in noch grösserer Menge; dem parallel stellten sich 
Aufstossen. Sodbrennen, Uebelkeit, zuweilen Erbrechen ein. Vor zwei Jahren, 
im Mürz 1891 wurden nach copiösem Essen und grosser Quantität Brannt¬ 
wein die dyspeptischen Erscheinungen stärker und trat zuerst Icterus und 
Hemeralopie auf. Patient enthielt sich vom Branntwein, wurde in der 
Diät vorsichtig, und nach zwei Monaten verging der Icterus. Sodann fing 
Patient von neuem an zu trinken, und im August 1891 nach hochgradigem 
Betrunkensein und Liegen auf feuchter Erde stellte sich der Icterus 
zum zweitenmal ein und exacerbirten die dyspeptischen Erscheinungen, 
doch hatte der Kranke weder früher noch während des Icterus Schmerz¬ 
anfälle, aus welchen man auf Gallensteine schliessen könnte. Seit dieser 
Zeit schwanden Icterus und die dyspeptischen Erscheinungen schon nicht 
mehr, obwohl der Kranke keinen Branntwein mehr trank und sich curirte; 
im Gegentheil, die Gesundheit wurde allmählich immer schlechter; bald 
schwand der Appetit, der Unterleib schwoll au. Schwäche, Diarrhöen 
(zwei bis drei flüssige Stühle während 24 Stunden, ohne Schmerzen und 
Schleim, zuweilen aber Blut enthaltend) stellten sich ein, sodann Venen¬ 
erweiterung am Abdomen, Blutungen aus der Nase und dem Zahnfleisch, 
Hautjucken und Hemeralopie. Patient liess sich in Krankenhäusern be¬ 
handeln. die Gesundheit wurde aber nicht besser. So ging es bis De¬ 
zember 1872, bis der Unterleib noch mehr schwoll, die Unterextremi¬ 
täten ödematös wurden und Dyspnoe sich einstellte. Mit jedem Tage 
immer schwächer werdend und immer mehr und mehr abmagernd, ist 
Patient am 20 . Februar 1898 in die Klinik eingetreten. 

Status. Patient von mittelmassigem Körperbau, sehr mager und 
schwach. Hochgradiger Icterus der Haut, Schleimhäute und Skleren. Die 
Haut gelblich-braun, sehr trocken, von kleinen Petechien. Ecchymosen und 
Kratzwunden besetzt. Der Unterleib sehr gross, zeigt erweiterte ge¬ 
schlängelte Hautvenen. Die Unterextremitäten bis zu den Knieen öde¬ 
matös. Der Appetit sehr schlecht, unbedeutender Durst. Zunge belegt. 
Zahnfloiscli locker und' blutend. Nach dem Essen Schwere, Aufstossen, 
Sodbrennen, zuweilen Uebelkeit, Stuhl täglich zwei- bis dreimal ohne 
Schmerzen und ohne Schleim, mit Beimischung von Blut; Hämorrhoiden; 
die Fäces sehr flüssig, schwach mit Galle gefärbt, übelriechend. Der 
Harn prägnant icterisch, Reaction sauer, enthält, kein Eiweiss, keinen 
Zucker; specifisches Gewicht 1020, Tagesquantum 400 ccm. Bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung nichts Abnormes. Symptome von Syphilis nicht 
vorhanden. Unterleib gleichmässig vergrüssert, prall gespannt (Umfang 
auf der Nabelhöhe 98 cm, Abstand zwischen Schwertfortsatz und Sym¬ 
physe 43 ein). Die objective Untersuchung des Abdomens erweist eine 
grosse Flüssigkeitsansammlung im Peritonealraum. Keine Schmerzen im 
Unterleib, auch ist dieser bei Druck nicht empfindlich. Die Leber ist wegen 
der Spannung der Bauchdecken nur der stossweisen Untersuchung zugäng¬ 
lich, und es ist daher schwer ilme Dimensionen und den Zustand ihres 
Randes zu eruiren. jedenfalls aber konnte man sagen, dass die Leber, sehr 
hart und nicht vergrüssert, schmerzlos war (wie auch die Gallenblasen¬ 
gegend). Milz sehr gross, hart und schmerzlos. An Malaria hat Patient 
nie gelitten. Das Herz erscheint wegen Hochstandes des Diaphragma 
höher gelagert, ist aber nicht vergrüssert; an der Herzbasis prägnant aus¬ 
geprägtes systolisches Geräusch, stärker an der Aortenstelle. " Puls 92. 


regelmässig, aber sehr schwach; Radialarterie hart, aber nicht geschlängelt; 
kein Herzklopfen. Die Brust schmerzt nicht; bei Bewegungen Dyspnoe; 
Husten mit ergiebigem schleimig-eitrigem Auswurf (ein Glas während des 
Tages). Die Untersuchung des Sputums auf Tuberkelbacillen ergab ein 
negatives Resultat. Bei der Percussion der Lungen heller Schall: bei der 
Auscultation reichliches trockenes und feuchtes Rasseln, wie es dem 
Bronchialkatarrh eigen ist, Blut im Sputum nicht gewesen, aber täglich 
Nasenbluten — etwa einen Kaffeelöffel Blut, Rachen- und Kehlkopf¬ 
katarrh. Kein Kopfschmerz, beim Aufstehen Schwindel. Das Gedächtniss 
ist während des letzten Jahres bedeutend schwächer geworden, doch ist 
das Bewusstsein ziemlich klar. Schlechter Schlaf. Deprimirte Gemüths- 
stimmung. Hemeralopie. Gehör normal. Schmerzen im Rücken, in 
Armen und Beinen nicht vorhanden. Patient klagt über Hautjucken. 
Kein Fieber, T. 36,6. Die Untersuchung des Blutes" ergab 3 '/* Millionen 
rothe Biutkörperchen, 40% Hämoglobin nach Fleischl. keine Leuko- 
und Poikilocytose. 

Diagnose. Bovor ich zu den Erscheinungen an der Leber und 
Milz mid zur Besprechung des Icterus und des Ascites übergehe, will 
ich zuerst den Zustand der übrigen Organe betrachten. Die dyspeptischen 
Erscheinungen weisen bei unserem Patienten zweifellos auf Magenkatarrh 
hiu, der gegenwärtig durch den erschwerten Blutkreislauf in der Pfort¬ 
ader unterhalten wird. Dio Diarrhöen ohne Schmerzen und Schleim mit 
Beimischung von Blut erklären sich ebenfalls durch die venöse Stauung 
vollkommen. Das Fehlen von Eiweiss und anderen abnormen Elementen, 
ansser den Gallenbestandtheilen, im Harn spricht gegen Nephritis. Die 
Harnmenge ist infolgo des erschwerten Blutlaufes in den Nieren, bedingt 
durch die schwache Herzthätigkeit und den Ascites, vermindert. Seitens 
des Herzens haben *wir schwachen und frequenten Puls, harte Arterien, 
systolisches Geniuch an der Basis bei normalen Dimensionen des Herzens. 
Letzterer Umstand spricht gegen eine verbreitete und ausgeprägte Arterio¬ 
sklerose, und wir müssen daher das bedeutende systolische Geräusch, 
welches an der Herzbasis am stärksten ist, nicht durch Aortensklerose, 
sondern theils durch die Dislocation des Herzens, theils durch den Ein¬ 
fluss der im Blute kreisenden Gallenelemente auf den Herzmuskel er- 
kiären. ) Alle Respirationswego sind katarrhalisch afficirt. Das Fehlen 
' 0D rr v )C i i baci en » Ildercn Symptomen schliesst jeden Gedanken 
an Tuberkulose aus. Die Erscheinungen seitens des Nervensystems: Ge- 
dächtmssswäche unruhiger Schlaf, deprimirte Gemülhsstimmung, Hemera- 
l opio — sind durch die schon eingetretenc Cholämie bedingt. Das 


m i 'tj?' vvn'^i^ n ^ 0 ^’ Ueber biliäre Lebercirrhose. 
Med. Bd. XXR, II. 3—4. S. 357. 


Zeitschr. f. kl. 


Oedem der Unterextremitäten ist die Folge des allgemeinen Kräftever¬ 
falles und namentlich der geschwächten Herzaction und des Ascites. Die 
wichtigsten Krankheitserscheinungen bei unserem Kranken sind — Ascites. 
Icterus und der Zustand der Leber und der Milz. In Betracht der voll¬ 
kommenen Schmerzlosigkeit des Unterleibes unterliegt es keinem Zweifel 
dass der Ascites (welcher früher erschienen ist als das Oedem der Unter¬ 
extremitäten) im gegebenen Falle vom erschwerten Kreislauf in der Pfort¬ 
ader abhängt; dies wird durch die bedeutende Erweiterung der Bauch- 
liautvenen, die Diarrhöen, Vergrüsserung und Consistenz der Milz bestätigt. 
Letztere kann weder durch Malaria, an welcher der Kranke nie gelitten 
hat, noch durch Leukämie, noch durch lienale Pseudoleukämie erklärt 
werden, da für Leukämie charakteristische Blutveränderungen nicht be¬ 
stehen und das Vorwiegen der Lebersymptome, die Aetiologie und der ganze 
Kraukheitsverlauf gegen Pseudoleukämie sprechen. Das Fehlen von 
Fieber und Schmerzen im Unterleib schliessen jeden Gedanken an chro¬ 
nische Peritonitis und Pylephlebitis aus. während der Pfortadorthrombose 
die langsame Entwickelung des Ascites nicht entspricht. So weist denn 
also bei unserem Kranken das gleichzeitige Bestehen des Ascites und des 
Icterus, bedeutende Vergrösserung und Verhärtung der Milz, bei einer 
nicht vergrösserten Leber fester Consistenz, was. wie schon erwähnt, bei 
stossweiser Untersuchung eonstatirt werden konnte, auf eine Erkrankung 
der Leber. Die hochgradige Störung des Pfortaderkreislaufes in Ver¬ 
bindung mit der Thatsache, dass der Eintritt von Galle in den Darm 
nicht ganz aufgehoben war, spricht gegen Neubildungen, Echinococcus 
oder dergleichen in der Leberpforte oder in der Umgebung der letzteren. 

Was den Charakter des Leberleidens anbetrifft, so kann man Hyperämie, 
Verfettung, eitrige Entzündung der Leber sowie leukämische Leber 
ohne weiteres ausschliessen. Gegen Amyloid spricht der Umfang der 
Leber, der Icterus und namentlich das Fehlen von Albuminurie und ent¬ 
sprechender ätiologischer Momente. Syphilis der Leber ist nicht denk¬ 
bar, da weder in der Anamnese, noch im gegenwärtigen Zustand des 
Kranken Hinweise auf Syphilis vorhanden sind und der Kranke selbst 
eine Infection durch Syphilis verneint. Die enorme Milz vergrösserung und 
der ganze Symptomencomplex erlaubt os nicht, an uniloculären Echino¬ 
coccus zu denken. Der multiloculäre Echinococcus ergiebt ein Krank- 
heitsbild mit langsamerem Verlauf, als er bei unserem Patienten zur Be¬ 
obachtung kam, ist selten von Ascites begleitet und zeichnet sich durch 
eine harte knorpelige Consistenz der Leber aus. Im gegebenen Falle 
könnte man in Betracht des hochgradigen Verfalls der Ernährung an 
Krebs der lieber denken, doch spricht dagegen das Fehlen von Schmerzen 
und Fieber, die lange Krankheitsdauer und die bedeutende Volumzunahme 
der Milz. So ist es also auf Grund der vorgeführten Symptome und 
des Alkoholmissbrauches am wahrscheinlichsten, dass wir es hier mit 
der Lebercirrhose zu tliun haben (Hepatitis interstitialis). 

Was für eine Form der Lebercirrhose hat unser Patient? ExistirU- 
bei unserem Kranken der Icterus nicht, so müssten wir die venöse 
Lebercirrhose voraussetzen, aber dass Bestehen eines so lange dauern¬ 
den, hochgradigen, ununterbrochen anhaltenden Icterus spricht zweifel¬ 
los für eine Affection im System der Gallengänge. Offenbar ist es 
kein Icterus infolge Yon Verschluss, denn die Galle kommt in den 
Darm, dabei sind keine Hinweise auf die Gallensteine, eine häufige Ursache 
des Retentionsicterus, vorhanden. Gegen eiterige Angiocholitis spricht 
das gänzliche Fehlen von Fieber und Schmerzhaftigkeit der Leber. Es 
erübrigt also jene, den Austritt der Galle in den Darm nicht aufhebende, 
verbreitetet« katarrhalische Affection der Gallengänge vorauszusetzen. 
welche der Lebercirrhose zugrunde liegt l .) Da nun aber die ätiologischen 
Momente der venösen Cirrhose vorliegen, die Krankheit mit prägnant 
ausgedrückten Gallensymptomen begann, zu denen sich rasch, ja fast 
gleichzeitig Zeichen von Störung des Pfortaderkreislaufes hinzugesellten, 
sind wir im gegebenen Falle zu dem Schlüsse berechtigt, dass wir ge¬ 
mischte Lebercirrhose vor uns haben. Zu denken, dass hier eine rem 
biliäre Cirrhose vorliege, zu welcher sich Störungen im Pfortaderkreislauf 
infolge von Bindegewebswucherung, welche nur von den Gallengäiuren 
ausgegangen ist, hinzugesellt haben, ist unmöglich; die klinischen Beobach¬ 
tungen lehren, dass eine solche Kreislaufstörung bei der reinen biliären 
Lebercirrhose nur nach sehr langem Bestehen der Krankheit eintritt —ein 
Umstand, welcher französische Autoren bewogen hat, die Möglichkeit 
irgend bedeutender Störung des Pfortaderkreislaufes bei der typischen 
biliären Lebercirrhose gänzlich zu negiren (Ilanot 3 ). 

Prognose. Der schlechte Ernährungszustand und die geschwächte 
Herzthätigkeit, sowie die ausgeprägte Störung des Pfortaderkreislaulei 
und deutlich gekennzeichnete Cholämie Hessen die Prognose als eine sehr 
ungünstige erscheinen, und man konnte kaum darauf rechnen, dass der 
Kranke lange leben werde. 

Krankheits verlauf. Um die Herzthätigkeit zu heben, wurde eine 
Mischung von Liqu. anodini Hoffmanni mit Liq. ammon. anis., letzteres 
wegen der Bronchitis gegeben, und Calomel um die Gallenabsonderung 
zu beeinflussen und um eventuell eine Erleichterung des Blutlaufes im 
Pfortadergebiete, theilweise auch die diuretische Wirkung, zu erzielen- 
Das Calomel schaffte dem Kr ank en eine unbedeutende Erleichterung. 
characteristische Entleerungen mit normaler Färbung erfolgten, aber fcCin| 
diuretische Wirkung ausübte, trotzdem nach dem Calomel noch Lone 
gegeben wurde. Indess war der Ascites so sehr gewachsen, dass mn 
Punction erforderlich wurde. Es wurden 4000 ccm eines citronengel 
Transsudates entleert. .. . 

Nach der Punction wurden Leber und Milz der Palpation zugäng 1C _ 
die Leber erwies sich den Dimensionen nach normal, von fester Consiste • 
schmerzlos (auch in der Gallenblasengegend), mit scharfem Rand und 

*) Goluboff, op. cit. . .. , 09*2 

*) La cirrhose hypertrophique avec ictere chroniqut*. ians 
(Bibliothequo medicale Charcot-Debove). 


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Original fro-rri 

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8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


853 


höckeriger Oberfläche; Milz bedeutend vergrössert (ragt etwa vier Finger- * 
breiten unter dem Rippenbogen hervor), hart, auf Druck nicht empfindlich, 
mit glatter Oberfläche. Diese Beschaffenheit der Leberoberfläche über¬ 
zeugte uns noch mehr, dass hier kein Leberkrebs vorliege, während der 
Umstand, dass die Consistenz nicht knorpelig und der Rand nicht de- 
formirt war, mit Evidenz gegen den multiloculären Echinococcus sprach. 

Nachdem wir den Kranken durch die Punction entlastet, wiederholten 
wir das Calomel; die zweite Calomelgabe erwies einen gewissen Effect: 
die bis dahin fast gänzlich entfärbten Fäces erhielten eine normale 
Färbung, die Diarrhoe sistirte, der Harn wurde heller, die Harnmenge 
stieg von 400 auf 800 ccm, das Eigenbefinden des Kranken wurde viel 
besser; doch dauerte dieser günstige Einfluss des Calomel nicht lange, 
obwohl nach dem Calomel Coffein in gesteigerter Dose, sodann auch 
Digitalis gegeben wurde. 

Danach fuhren wir fort, dem Patienten die oben erwähnten, die Herz- 
thätigkeit anregenden Mittel zu geben, zuweilen Colomel, von Zeit zu 
Zeit die Herzthätigkeit regulirende Mittel (Digitalis, Strophanthus), 
Diuretica (Coffeinum, Diuretinum, Adonis vemalis, Kali aceticum und a.). 
Weder das Calomel, noch die anderen Mittel äusserten nunmehr einen 
bemerkbaren Effect. Die Punction des Abdomens wurde noch zwei mal 
wiederholt, mit nur kurz dauernder Erleichterung des Kranken. 

Patient wurde trotz der angewandten Mittel immer schwächer, dem 
parallel wuchs das Oedem der Beine, trat Lungenödem ein und wurden 
die cholämischen Erscheinungen stärker. Drei Tage vor dem Tode des 
Kranken stieg die Temperatur auf 39,5, Patient verfiel in einen Zustand 
der Bewusstlosigkeit und starb am 13. April unter den Erscheinungen 
des sogenannten Icterus gravis. 

Ich will kurz einige Worte über die Calomelwirkung bei unserem 
Kranken sagen. So ausgezeichnet und prompt das Calomel bei der 
biliären Lebercirrhose und bei Erkrankungen der Gallenwege überhaupt 
wirkt, ist sein Heilwerth bei der venösen und gemischten Cirrhose ein 
sehr unbedeutender. Die klinische Erfahrung lehrt, dass man in solchen 
Fällen auf eine gewisse Entlastung des Pfortaderkreislaufes und auf 
eine diuretische Wirkung und bei der gemischten Cirrhose auch auf die 
Cholagoge rechnen könne. Der Erfolg hängt natürlich von der Periode 
ab, in welcher das Calomel gegeben wird; sind schon tiefe und ausge¬ 
breitete anatomische Veränderungen vorhanden, so kann man nur einen 
ganz unbedeutenden Effect erzielen. Als ein gutes Beispiel der erfolg¬ 
reichen Calomelwirkung bei der mit Katarrh der grösseren Gallengänge 
combinirten venösen hypertrophischen Lebercirrhose kann der von Prof. 
Sacharjin im III. Bande seiner „Klinischen Vorträge“ beschriebene 
Fall dienen (siebenter Fall S. 48). Die klinischen Beobachtungen weisen 
darauf hin, dass das Calomel bei der venösen und gemischten Cirrhose 
seine Wirkung am besten nach vorher ausgeführter Punction entfaltet. 
In der That hat das Calomel unserem Kranken bei der ersten Verab¬ 
reichung eine nur geringe Erleichterung verschafft, während nach dor 
Punction ein merklicher Erfolg erhalten wurde. Daher empfiehlt es sich, 
dieses von Sacharjin vorgeschlagene werthvollo Mittel bei allen Formen 
der Lebercirrhose anzuwenden. 

Am 14. April erfolgte die Autopsie und ergab wesentlich folgende 
Resultate: Herz nicht vergrössert; der linke Ventrikel schwach contrahirt; 
Herzmuskel schlaff, von lehmi» gelber Farbe (Degeneratio parenchymatosa 
myocardii). Ecchymosen am Peri- und Endocardium. Alle Klappen und 
Ostien normal. In der Aorta unbedeutende sklerotische Plaques. Im 
Lungengewebe unter den Pleuren viele kleine hämorrhagische Heerde 
(Ecchymoses subpleurales hämorrhagicae in substantia pulmonum). Rechte 
Lunge verwachsen — offenbar Reste der Pleuritis (siehe Anamnese). 
Lungen für die Luft permeabel. Die Bronchialschleimhaut im Zustand 
des chronischen Katarrhs. In der Bauchhöhle etwa 5 bis 6 Pfund serösen 
Transsudates. Peritoneum im allgemeinen normal, stellenweise Flecken, 
Verdickungen — gewöhnliche Erscheinung bei lange dauerndem Ascites. 
Magenschleimhaut katarrhalisch afficirt, stellenweise atrophisch. Im Darm 
Erscheinungen des Stauungskatarrhs. Nieren vergrössert und ödematös. 
Bei der mikroskopischen Untersuchung — Blutstauung und körnige Ent¬ 
artung der Epithelien (trübe Schwellung). Milz mehr als um das drei¬ 
fache vergrössert, von harter Consistenz; ihre Kapsel ist etwas verdickt, 
doch keine Erscheinungen der acuten oder chronischen Peripleuritis. Die 
Schnittfläche hat eine gesättigte rothe Färbung; die Trabekeln treten 
prägnant hervor und sind hyperplasirt. Alle inneren Organe icterisch 
verftrbt. _ 

Volumen und Gewicht der Leber übersteigt die normalen Grenzen 
nicht. Ihr seröser Ueberzug normal. Die Leber ist abgeflacht, besonders 
ihr linker Lappen, welcher die Form einer breiten Zunge angenommen 
hat, sehr hart; die Leberoberfläche ist körnig, von citronengelber und 
olivengrüner Farbe; die Granulirung ist ungleichmässig verbreitet; die 
einzelnen Körner miliär bis erbsengross, sind von Bindegewebe umringt. 
Der vordere Rand scharf. Keine Thrombose oder Verengerung der 
Pfortader. Die Gallenblase enthält helle Galle; ihre Schleimhaut normal. 
Die grossen Gallengänge (alle Gewebe des Ductus hepato-duodenalis) normal 
und. für Sonde und Wasser permeabel. Schleimhaut des Duodenum 
ödematös und katarrhalisch afficirt. An Schnitten der Leber zeigt sich 
um die auch mit blossem Auge wahrnehmbaren intrahepatischen venösen 
Gefässe und Gallengänge herum eine hochgradige Bindegewebswucherung 
in Form von Streifen, welche das ganze Leberparenchym durchsetzen. . 

Etliche Leberstücke wurden in Alkohol, sodann in Alkohohl mit 
Aether gehärtet und in Celloidin eingebettet. Die aus diesen Stücken ge¬ 
wonnenen Schnitte wurden mit Hämatoxylin und Eosin und nach der 
Methode von Gram und Ni coli 1 ) gefärbt, letzteres zum Zwecke der 
Untersuchung etwa vorhandener Mikroorganismen. Bei schwacher Ver- 

*) Annales de l’lntitut Pasteur No. 11, S. 783. Mdthode de recherohe 
des microorganismes qui ne se colorent pas par le proeddd de Gram. 


grösserung sehen wir enorme Bindegewebswucherung; wegen der 
überaus verschiedenartigen Verbreitung des Bindegewebes in der 
Leber erscheinen die Leberläppchen deformirt. Einige Läppchen sind 
förmlich von breiten Bindegewebsringen umfasst; stellenweise dringen 
von solchen Ringen Bindegewebsstränge in das Läppchen selbst ein und 
zerklüften dieses in Segmente verschiedener Grösse und Form, oft werden 
einzelne Leberzellen von einander abgeschieden (Cirrhosis monocellularis). 
Stellenweise sieht man wieder inmitten des Leberparenchyms prägnant 
hervortretende Bindegewebsinseln. Es ist also das Bindegewebe in der 
Leber theils ring-, theils inselförmig verbreitet. 

Bei stärkerer Vergrösserung sehen wir Parenchyroabschnitte, welche 
theils umringt, theils durchsetzt sind von Streifen des faserigen Binde¬ 
gewebes. Die Bindegewebsfasern zeigen einen Überaus verschiedenartigen 
Charakter: an den einen Stellen sind es sehr dicke zickzackförmige Fasern, 
fast ohne kleinzelliges Infiltrat, an anderen feinere Fasern mit Häufchen 
feinzeiligen Infiltrates darunter zerstreut. Die breiten Bindegewebsstreifen 
erweisen sich als erweiterte interlobuläre Räume, iu denen wir grosse 
Gallengänge, Pfortader- und Arterienäste finden: dor übrige Theil des 
Bindegewebsheerdes ist mit neugebildeten feinen Gallencanälchen über¬ 
füllt. Ausser diesen finden wir hier mit rothen Blutkörperchen gefüllte, 
erweiterte und geschlängelte Capillargefässe (capilliire Angiectasieen). 
Diese Gefässe bilden ein vicariircndes (Jaccoud l )< die obliterirten Aestchen 
der Pfortader ersetzendos Netz. Zwischen den neugebildeten Gallen¬ 
canälchen und den erweiterten Capillargefässen findet man Infiltrationen 
weisser Blutkörperchen. Sowohl die Verästelungen der Pfortader, als 
auch die Gallengänge sind von einer dicken Bind ege websschicht umringt, 
welche mit feinzelligem Infiltrat durchsetzt ist. Stellenweise sind die 
Pfortaderästchen durch Schrumpfung des sklerotischen Bindegewebes voll¬ 
kommen obliterirt. Der sklerotische Process befindet sich sowohl um dio 
Gallengänge, als auch um die Pfortaderverästelungen herum auf der 
gleichen Entwickelungsstufe. Um die Arteria hepatica herum findet man 
meistens weder Bindegewebswucherung, noch feinzeiliges Infiltrat. Das 
System der Venae hepaticae bietet nichts Besonderes. An Quer- und 
Längsschnitten der grösseren Gallengänge erweist sich ihr Lumen er¬ 
weitert und mit Epithelien, stellenweise auch mit amorphen Massen an- 
gefüllt. Die Leberzellen zeigen bedeutende Veränderungen, namentlich 
an der Peripherie der Läppchen; viele sind ohne Kerne und sehen wie 
nekrotisch aus, an vielen Stellen linden wir an Stelle der Leberzellen 
mehr oder weniger glänzende Fetttropfen, wie es bei der sogenannten 
fettigen Cirrhose beobachtet wird. Zwischen den Leberzellen sind Häuf¬ 
chen von Gallenpigment in Form feiner brauner Körnchen, welche einige 
Zellen anfüllen, zerstreut. 

Die Untersuchungen nach Mikroorganismen nach dem Verfahren von 
Gram und Ni coli sind negativ ausgefallen. 

Sowohl dem Krankheitsverlaufe und den klinischen Daten, als 
auch den Resultaten der pathologisch-histologischen Untersuchung 
nach, gehört unser Fall zu den Fällen der sogenannten gemischten 
Lebercirrhose, welche von Dieulafoy 2 ) und dessen Schüler 
Guiter 3 ) zuerst eingehend beschrieben worden sind. Jetzt sind 
durch Arbeiten französischer Autoren (Charcot, Hanot, Dieulafoy 
und andere) klinisch und histologisch zwei Grundformen der Leber¬ 
cirrhose als zwei selbstständige Krankheiten festgestellt — die 
venöse und die biliäre Cirrhose. Zwischen diesen typischen, klinisch 
und histologisch wohl charakterisirten Grundformen (types extremes) 
kommen Formen vor, bei welchen Symptome und pathologisch¬ 
histologische Daten gefunden werden, die beide diese Formen 
eharakterisiren. Dies sind die Formen, welche von der französischen 
Schule (Dieulafoy, Surre und anderen) gemischte Lebercirrhose 
genannt worden sind. Beschränkt sich der Process der Binde¬ 
gewebsneubildung auf die Verästelungen der Pfortader, so haben 
wir die venöse Cirrhose — mit Erscheinungen des gestörten Pfort¬ 
aderkreislaufes, mit atrophischer oder hypertrophischer Leber, doch 
ohne Icterus; geht die Bindegewebsneubildung von den Gallen¬ 
canälchen aus, so erhalten wir die biliäre Cirrhose — mit hoch¬ 
gradigem Icterus, gewöhnlich vergrösserter Leber, doch ohne 
Ascites; eine Bindegewebswucherung, die gleichzeitig vom System 
der Gallengänge und von den Verästelungen der Pfortader ausgeht, 
ergiebt das Bild einer gemischten Cirrhose, bei welcher Icterus 
und Kreislaufstörungen im Pfortadergebiet bestehen, wobei das 
Volumen der Leber variirt (Dieulafoy, Guiter). Es basirt also 
der Process bei der gemischten Cirrhose auf der gleichzeitigen 
Existenz der Periangiocholitis und Peripylephlebitis. In der That 
sehen wir in unserem Falle die Bindegewebsentwickelung sowohl 
um das System der Pfortader herum, als auch um die Gallengänge, 
wobei die Vertheilung des Bindegewebes eine sehr verschieden¬ 
artige, für die Grundformen der Cirrhose nicht typische ist. Das¬ 
selbe atypische Verhalten finden wir ferner in dem gleichzeitigen 
Bestehen der obliterirten Pfortaderästchen und der capillären Angi- 
ektasieen einerseits und einer Menge von neugebildeten und er¬ 
weiterten, mit Epithelien und Gallenpigment angefüllten Gallen¬ 
canälen andererseits, und endlich in den Veränderungen der Leber¬ 
zellen. 


‘) Jaccoud, Klin. Vorträge über Lebercirrhose 1886, S.,55. 

,J ) Gaz. hebdomadaire, Sept.-Oct. 1881, No. 39, 40, 41 et 43. Manue 
> Pathologie interne, 13 . 

*) Da cirrhoses mixtes. Paris 1881. 


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854 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Was die Aetiologie der gemischten Lebercirrhose anbetrifft, 
so trägt sie aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls einen gemischten 
Charakter, indem die Entzündungserreger in solchen Fällen sowohl 
auf die Blutgefässe, als auch auf die Gallengänge wirken können. 

In dem hier beschriebenen Falle missbrauchte der Kranke 
während 20 Jahren alkoholische Getränke. In Betracht der be¬ 
deutenden Rolle, die dem Alkoholmissbrauch in der Aetiologie der 
venösen Lebercirrhose zukommt, und auf Grund des weiteren 
Krankheitsverlaufes sind ■wir berechtigt zu vermuthen, dass sich 
bei unserem Kranken noch vor dem erstmaligen Auftreten des 
Icterus der cirrhotische Process um die Pfortaderäste herum zu 
entwickeln begann und dass, wenn nur unbekannte Entzündungs¬ 
erreger nicht auf die Gallengänge eingewirkt hätten, unser Patient 
bis zu seinem Lebensende die Erscheinungen einer typischen venösen 
Cirrhose dargeboten hätte. Aber vor zwei Jahren entwickelte sich 
Angiocholitis, welche nach zwei Monaten wohl verging, dann a^ber 
wiederkehrte und nicht mehr schwand, sondern sich weiter ent¬ 
wickelte; es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Entzündungs¬ 
erreger schon während des ersten Icterusanfalles in die Leber ein- 
gedrungen waren und zu einem verbreiteten Katarrh der mittleren 
und feinen Gallengänge geführt hatten (die grossen Gallengänge 
erwiesen sich bei der Autopsie intact), sodann zur Periangiocholitis 
und bei der schon bestehenden und sich weiter entwickelnden Peri- 
pylephlebitis zu der gemischten Lebercirrhose. 

So hat also unsere Diagnose auf gemischte Lebercirrhose im 
Sinne von Dieulafoy ihre volle Bestätigung erhalten. Wie aus 
allem oben gesagten erhellt, theilen wir die Ansichten der fran¬ 
zösischen Schule, welche die Existenz verschiedener Formen der 
Cnrhose anerkennt und namentlich die Anschauungen von 
Dieulafoy, der der erste gewesen ist, welcher eine genaue und 
präcise Beschreibung der gemischten Lebercirrhose gegeben hat. 
Dm m der Litteratur angesammelten Thatsachen und klinischen 
Beobachtungen sprechen so sehr für die Existenz der biliären 
Cirrhose im Sinne von Hanot und der gemischten im Sinne von 
Dieulafoy, dass nunmehr die Lehre von der Unität der ver¬ 
schiedenen Formen der Lebercirrhose nur von einzelnen Autoren 
aufrecht erhalten wird. Stellt man unseren Fall mit den von 
Prof. Sacharjin 1 ) und Prof. Goluboff 2 ) beschriebenen zusammen 
so wd es evident, _ dass wir jetzt nicht mehr nötliig haben, uns 
nnt der Diagnose Cirrhosis hepatis zu begnügen, sondern auf dem 
wege der genauen klinischen Diagnose, ausser der einfach venösen 
oder biliären Cirrhose, auch solche Varietäten diagnosticiren können 
wie die gemischte Lebercirrhose und selbst noch seltener ver¬ 
kommende und complicirtere pathologische Combinationen, wie die 
GaUengänge u^a ^ nÖSen Cirrhose mit Entzündung der grossen 

III. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in 
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel. 

Untersuchungen über das Aneurysma der 
Brustaorta. 

Von Dr. Georg Puppe, Assistenzarzt. 

Anrf?nof nÜber einer . Fül j? T on casuistischen Mittheilungen über 
Ze n gt (he . Litteratur der letzten Jahre nur wenige 
a,,gemei . nerer Art ’ Durchmusterung dfr 
letzteren lässt erkennen, wie nur in wenigen Punkten eine Eini- 

Ken^krsrh^n^H is £ und wie weit die Ansichten 

A ^ Forscher über wichtige Punkte, insbesondere über die 

An«p°h 0ffle der fönten Erkrankung auseinandergehen. Zwei 
^ündHT geU /^ hen *T einaüder schroff gegenüber: die ent 
ffenannt hat U v d r! ?\ e . chanis che Theorie, wie man sie auch wohl 
“ter beider H&Sjg aUBeB Und Köster Haupt- 

elasti^m^i«™ d *‘ e J heori . e »“fgestellt, dass die Zerreissung der 
teuSmen seT Pnmär6 Vorgw * bei d « Entsteh«nf von 

ssS 

Richtigkeit der . angel ®g® n 8em lassen, weitere Beweise für die 

lösung Abspmen ?“ w^enger starker Fuchsin- 

*) l' c kUmsche Vortr& g«. Bd. III, siebenter und achter Fall (russisch). 
VirchoVs Archiv'lli. Uel>6r dle Entste hung der wahren Aneurysmen. 


No. 45 


•Präparate) wies er in allen Fällen Rupturen der elastischen Elemente tsM, 
und concedirte den bindegewebigen und entzündlichen Veränderunsen 
erst eine secundäre Stel e. Entweder sollen dieselben eine dnfälfc 
Comphcation darstellen (allgemeine Arteriosklerose des höheren Altrni 
oder durch Fortschreiten des Anemysmas selbst bedingt sein (lokal.- 
Artemtis im Gebiete des Aneurysma). v 

Die Ausfü hrungen M a n c h o t’s fordern in verschiedenen Punkten 
Widerspruch heraus. Einmal fanden sich die von ihm urgirten 
Rupturen der elastischen Fasern der Media nicht nur in der aneu¬ 
rysmatisch dilatirten Arterienwand, sondern auch in der endarte- 
ntischen Aorta des Aneurysmatikers ausserhalb des Aneurrma 
ebenso gut wie in der Aorta einer an Gummiknoten des Herzens 
zugrunde gegangenen Patientin, ohne dass auch hier eine Spur 
von Lumenerweiterung vorhanden gewesen wäre. Und dann muss 
doch schlechterdings bezweifelt werden, ob, wie Manchot be¬ 
hauptet, stets die bindegewebigen Einlagerungen der Media als 
secundäre Folgon der primären Rupturen aufzufassen sind und 
nicht als selbstständige Residuen primär in der Media lokalisirt 
gewesener Entzündungen, welche dann ihrerseits erst secundär 
eine Trennung der elastischen Lamellen bewirken. Dass derartige 
Elasticarupturen bei vielen Aneurysmen primär bestanden haben 
soll nicht bestritten werden. Doch wird man sich bei vielen an¬ 
deren Fällen nach unparteiischer Prüfung dazu herbeilassen müssen, 
anderen Ursachen als der Elasticazerreissung das Recht der 
primären Affection zugestehen zu müssen. Im übrigen ist es sehr 
zu bedauern, dass Manchot nur ein einziger Fall von Aneurysma 
bei einem Syphilitiker Vorgelegen hat, ferner dass er speciell über 
diesen Fall keine weiteren Mitteilungen macht. 

Welche Gründe Manchot für die primäre Entstehung der 
Elasticarupturen verantwortlich macht, erklärt er in dem Schluss¬ 
wort seiner Arbeit; er recurrirt darin auf „schwere Störungen der 
allgemeinen Ernährung, wie Alkoholismus, geschlechtliche Excesse 
bei elenden Lebensverhältnissen, schwere constitutionelle Krank¬ 
heiten, welche die Widerstandsfähigkeit des elastischen Gewebes 
herabsetzen und damit das Zerreissen desselben erleichtern.“ Wäre 
dies in dieser Allgemeinheit richtig, so wäre nicht einzusehen, 
warum nicht heutzutage das Aneurysma zu einer unserer gewöhn¬ 
lichsten Erkrankungen gehörte. Im übrigen sollen an dieser Stelle 
noch besonders die leichte Ausführbarkeit und die sicheren Re¬ 
sultate des Manchot’schen Färbeverfahrens der elastischen Fasern 
betont werden. 

Ein entschiedener Anhänger der mechanischen Theorie ist auch 
Eppinger, 1 ) der bezüglich der Aetiologie dem Trauma den breitesten 
Raum zuweist und auch ein inneres Trauma bei plötzlichen Gemüths- 
bew^gungon, beim Lastenheben und dergl. infolge plötzlicher Steigerung 
des Blutdrucks und consecutiver Läsion der Innenschichten der Arterien 
gelten lässt, ähnlich, wie es auch schon v. Recklinghausen angegeben 
hatte. Es wird nicht geleugnet werden können, dass bei einer mehr oder 
weniger schwer erkrankten Arterie sich einmal dieser letztere Fall er¬ 
eignen kann, indess muss die Gültigkeit der Eppinger’schen Behaup¬ 
tung ohne diese Einschränkung bestritten werden; allein das bereits 
oben erwähnte Missverhältniss zwischen Häufigkeit der Schädlichkeit und 
seltenem Vorkommen der Aneurysmen spricht dagegen. 

Die Anschauungen von Thoma 2 ) bilden die Vermittelung 
zwischen mechanischer und entzündlicher Theorie. 

Dieser Autor erkennt als das Primäre bei der Entstehung eines Aueu- 
las eine „Schwäche der Media“ an; für gewöhnlich soll die Folge 

»a 7nafaUf1ao —_i._• _ TT - 1 ■ 1_ _ _ 


rysmas wu C M wui»rnuic ut?r meuia an; iur gewonnucn sou uie rui 
dieses Zustandes eine compensatorische Verdickung der Intima sein - 
Arteriosklerose —; tritt dagegen die Dehnung des Arterienrohres mit 
abnorm gesteigerter Heftigkeit, so bei Anstrengungen u. a. m. ein, so 
soll der Effect das Entstehen eines Dilatationsaneurysmas sein. Thoma 
sucht hier die sogleich näher anzuführende Lehre von der Mediaschwächung 
mit rein mechanischen Dehnungsvorgängen in Einklang zu bringen, unter¬ 
scheidet aber nicht scharf zwischen der sogenannten Arterioslderose und 
den mesarteritischen Entzündungsvorgängen — immerhin betont er die 
„Mediaschwächung“ als das Primäre. 

Auch Orth*) erkennt die Wichtigkeit der Mediaveränderungen voll 
und ganz an; dieselben sind nach ihm constant und weisen bestimmt 
auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen und dem Aneu¬ 
rysma hin. Auf die Frage nach der Pathogenese der Mediaveränderungen 
geht er nicht näher ein. 

Dass eine Mesarteriitis das Primäre beim Aneurysma sei, hat 
Köster 4 ) zuerst mit Entschiedenheit ausgesprochen. 

Dieser geht davon aus, dass längs den Vasa vasorum ein Entzfln- 
dungsprocess statt hat, welcher zuerst eine Mesarteriitis und nächst 
dieser. eine Endarteriitis im Gefolge hat, dann aber weiter eine binde¬ 
gewebige Neubildung in der Media verursacht, die ihrerseits wieder zur 
Zerstörung von muskulösen und elastischen Elementen führt. 

*) Epping er, Phathogenesis der Aneurysmen etc. Archiv für klm. 
Chirurgie 33. Bd., Sppl. 1887. 

*) Thoma, Untersuchungen über Aneurysma. Virchow’s Archiv 
111 , 112, 113. 

*) Orth, Lehrbuch der spec. pathol. Anatomie I, S. 248. . 

v Köster, Die Entstehung der spontanen Aneurysmen und die 
chronische Mesarteriitis. Sitzungsbericht der medic. Gesellschaft etc. m 
Bonn, XXXII. 


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8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


855 


Knifft baut« die Köster sehe Theorie weiter aus, betonte aber 
neben den Media- und Intimaveränderungen die Constanz von entzünd- 
- liehen Vorgängen in der Adventitia. 

Köster spricht somit dem Aneuiysma entschieden einen entzünd¬ 
lichen Ursprung zu; diese Entzündung zeigt einen wohl ausgesprochenen 
anatomischen Charakter, der ihr auch eigentlich eine klinische Bedeutung 
sichern sollte. In pathologisch-anatomischer Hinsicht erinnert sie in 
manchen Fällen, wie unten noch weiter ausgeführt werden soll, an die 
nach Heubner’s Vorgänge von ^aumgarten u. a. als solche beschrie¬ 
bene syphilitische Arteriitis. 

Ob und inwieweit diese Analogie zu Recht besteht, ob in allen 
Fällen und in welchen, wie weit sie auch in klinischer Beziehung 
ihre Rechtfertigung findet, soll Gegenstand der nachfolgenden 
Untersuchungen sein. 

Das Material bildeten 16 im städtischen Krankenhause am 
Urban beobachtete classische Fälle von Aortenaneurysma, bei denen 
in der Regel die Diagnose intra vitam mit aller Bestimmtheit ge¬ 
stellt werden konnte. Abgesehen wurde von den häufiger zur 
Autopsie gekommenen Fällen von diffuser Aortenerweiterung bei 
Arteriosklerose. Zur besseren Orientirung erscheint es geboten, 
kurz einen Auszug aus den Krankengeschichten vorweg zu geben. 

Fall 1. Almosenempfängerin K., geb. Pf., 68 Jahre alt. Aufge¬ 
nommen 15. October 1890. Seit einem Jahre Rücken- und Brustschmerzen, 
Athemnoth. Seit 14 Tagen Oedeme der unteren Extremitäten; Schluck¬ 
beschwerden. 

Status praesens. Kyphoskoliose. Rechts vom Sternum vom ersten 
bis dritten Intercostalraum Dämpfung und Pulsation bis zur rechten 
vorderen Axillarlinie. Links Radialpuls nicht fühlbar. Ascites. Anasarca. 
Therapie diuretisch. Verlauf: Zunahme der Pulsation. Exitus 23. De- 
ceinber 1890 durch Beratung des Aneuiysmas in die linke Pleurahöhle. 

Autopsie: Arteriosklerose. Aneurysma dissecans arcus aortae. 
Verlegung des Abganges der linken Subclavia, Usurirung der zweiten 
rechten Rippe. 

Fall 2. Kellner St., 34 Jahre. Aufgenommen 23. März 1891. 
1878 Lues mit Secundärerscheinungen — mangelhafte Schmiercur, kein 
Jodkali. Anfang 1890 Schmerzen rechts in der Brust mit Gesich'ts- 
sehwellung. 

Status praesens. Leicht gedunsenes Gesicht, ektasirte Venen an 
dem prominirenden oberen Stcmalende, stark geschlängelte Vena epi- 
gastrica superficialis superior. Rechts Radialpuls kleiner als links. Auf 
dem oberen Theil des Sternum Dämpfung mit Pulsation und diastolischem 
Geräusch. Klagt über heftige Schmerzen unter dem Sternum bei Er¬ 
schütterungen, Herzklopfen, Luftmangel. Entzieht sich weiterer Beob¬ 
achtung. 

Fall 3. Maurer K., 44 Jahre alt. Aufgenommen 14. Mai 1891. 
Seit November 1890 zunehmende Athemnoth, Druck in der Herzgegend, 
Kopfschmerzen. Infection geläugnet, massiger Potus. Als Kind Aus¬ 
zehrung. 

Status praesens. Stridor, Dyspnoe. Bandförmige Dämpfung auf 
und neben dem Sternum. Beginnende Hervortreibung der zweiten und 
dritten linken Rippe. Pulsation im zweiten rechten Intercostalraum. Ab¬ 
schwächung des Athemgeräusches links unterhalb der Clavicula und im 
linken Interscapularraum. Parese beider Stimmbänder, rechts mehr als links. 
Verbreitete Lymphdrüsenschwellung, auch die Cubitales sind betroffen. 
Entlassen, nachdem Jodkali, dann Arsen, dann wieder Jodkali mit Un¬ 
guentum cinereum angewendet sind, gebessert am 6. December 1891. 
Zweite Aufnalmic 18. November 1892 wegen Verschlimmerung der Athem- 
beschwerden und der Schmerzen in der linken Seite. Status wie früher, 
nur ist der linke Radialpuls kleiner als der rechte. Cadaverstellung des 
linken Stimmbandes; starke Herabsetzung der Motilität des rechten. 
Exitus 23. December 1892. 

Section: Aneuiysma diffusum arcus aortae et aortae descendentis von 
Faustgrösse. Defect an der Aorta an der Stelle des linken Hauptbronchus 
mit Compression desselben. Arrodirung des vierten und fünften Brustwirbel¬ 
körpers mit abermaligem Defect an der Aortenwand. Verengung der Sub¬ 
clavia sinistra durch Gerinnsel. Weiche endarterielle Plaques in der 
Aorta. Bronchiektasie und induratio anthracotica der linken Lunge. Rechts 
Recurrens durch verkalkte Drüsen comprimirt, links durch das Aneuiysma 
platt gedrückt. 

Fall 4. Drechslermeister Kn.. 72 Jahre alt. Aufgenommen 2. April 
1891. December 1890 mit Brustschmerzen erkrankt. Seit einiger Zeit 
Heiserkeit. 

Status praesens. Stridor. Pulsirende Dämpfung unter der linken 
Clavicula. Insufficienz der Aortenklappen. Doppelseitige Recurrensparese. 
Verlauf: Zunahme der Dämpfung bis zur Supra- und Infraspinata. Leb¬ 
hafte Schmerzen in der unteren Brusthälfte. Entlassen gebessert am 
21. Juni 1891, nach energischer Jodkalicur. Wieder aufgenommen 7. De¬ 
cember 1891, erheblich abgemagert, ohne wesentliche Aenderung. Exitus 
10 . December 1891. 

Section: Kindskopfgrosses Aneurysma des Arcus jenseits des Ab¬ 
ganges der grossen Gefässe mit partieller Zerreissung der Aortenwand und 
vicariirender Pleuraverdickung. Vielschichtige Gerinnsel im Sack. Arterio¬ 
sklerose. Endoearditis valvulae aortae. Phthisis pulmonum praecipue 
sinistri. 

Fall 5. Arbeiter St., 58 Jahre. Aufgenommen 27. August 1891. 
Starker Potator (40 Pfennig Schnaps pro die). Quetschung durch einen 
schweren Stein vor l l fa Jahren. Seit zehn Wochen Schmerzen in der 
Brust, Luftmangel und Stridor. 

Status praesens. CJyanose, Dyspnoe. Venenkranz vom unten am 
Thorax. Pulsation rechts vom Sternum im zweiten intercostalraum. 


Auf dem oberen Theil des Sternums Dämpfung, ebenso rechts vom Sternum. 
Entzog sich nach 14 tägigem Jodkaligebraucn weiterer Beobachtung. 

Fall 6. Beamter St., 60 Jahre alt. Aufgenommen 28. August 1891. 
1886 Fall auf die linke Seite mit nachfolgenden Schmerzen in der linken 
Schulter. Seit Januar 1891 Schmerzen in der linken Seite und Heiserkeit. 

Status praesens. Tuberkelbacillen im Sputum; Phthise mit 
Cavernensymptomen. Vorwölbung am Thorax links zwischen zweiter und 
dritter Rippe. Hebung der Partieen zwischen zweiter und sechster Rippe 
und Dämpfung daselbst. Schmerzhaftigkeit in der Mitte des Sternums 
schon beim Aufsetzen des Stethoskops. Recurrenslähmung links. Doppel¬ 
seitige Peroneuslähmung. Therapie symptomatisch. Exitus 23. Novem¬ 
ber 1891. 

Section: Gefässabgänge am Arcus frei. Kindskopfgrosses Aneurysma 
des Arcus, spindelförmig, zur Hälfte im Mediastinum anticum liegend. 
Innenwand'durch'ein vielschichtiges Fibrinlager gebildet (bis 6 cm dick). 
Die eigentliche Lichtung des Aneurysmas ist so gross wie die der Aorta 
ascendens. Arteriosklerose. Schwere linksseitige Phthise, rechts mässige 
Induration. 

Fall 7. Kanzleisecretär Sch., 46 Jahre alt. Aufgenommen 1. De¬ 
cember 1891. März 1891 mit Husten und Schmerzen in der rechten 
Schulter erkrankt. Gonorrhoe zugegeben. 

Status praesens. Diffuse systolische Elevation unterhalb der 
rechten Clavicula, Pulsus celer, rechts an der Radialis grösser als links. 
Jugularvenen geschwollen. Verkürzung des Schalles unterhalb der rechten 
Clavicula bis zur vierten Rippe. Schwache Dämpfung auf dem oberen 
Theil des Sternum. Systolisches und diastolisches Geräusch am zweiten 
rechten Rippenknorpel. Ektasirte Venen am Rippenbogenrand beiderseits. 
Abschwächung der Athmung rechts vorn und im rechten Interscapular¬ 
raum. Keine Drüsenschwellung. — Wurde nicht weiter beobachtet. 

Fall 8. Maler Sch., 57 Jahre alt. Aufgenommen 28. December 1891. 
Specifische Infection im 30. Jahre; Schlaganfall im 49. Jahre, ein Jahr 
später Oculomotoriuslähmung, seit sechs Monaten Schwäche beim Gehen. 
Seit drei Monaten Athembeschwerden, seit fünf Wochen Heiserkeit. 

Status praesens. Dämpfung auf dem oberen Theil des Sternums 
und systolische Elevation daselbst und in der Gegend der benachbarten 
Rippenknorpel, besonders rechts. Typische Tabes, Oculomotoriuslähmung 
links, Recurrenslähmung links. 

; Therapie: Energische Jodkalitherapie während der letzten 18 Tage. 

1 Exitus 6. Februar 1892! 

Section: Kindskopfgrosses Aneurysma der Aorta descendens, durch 
einen scharfen Ring oben und unten einsetzend. Die erweiterte Aorta 
ist angefüllt mit geschichteten Fibrinlagen, die bis 5 cm dick sind. 
Umfang der Blutrinne 20 cm. Endarteriitis aortica. Ektasirung der 
Aorta ascendens, Atelektase des linken Oberlappens. Narbe im Laiynx. 
Leberkapselverdickung. Arteriosklerose der Hirnarterien. Atrophie des 
linken Oculomotorius und Recurrens. Graue Degeneration der Hinter¬ 
stränge. 

Fall 9. Stadtbauschreiber G., 49 Jahre. Aufgenommen 6. Juni 1892* 
Lucs zugegeben. Seit l l /a Jahren Husten, seit einem Jahre Stridor, 
Mitte April 1892 röthlicher Auswurf (Pneumonie). 5. März 1891 Schlag¬ 
anfall. 

Status praesens. Hämorrhagisches Pleuraexsudat links. Diffuse 
Hebung der linken Thoraxhälfte; Stridor, Dämpfung über der linken Thorax¬ 
hälfte mit Dämpfungstreifen auf dem Sternum. Puls links grösser als 
rechts. Fleischfarbenes Sputum. Exitus 11. Juni 1892. Therapie: Jod¬ 
kali und Unguentum cinereum. 

Section: Mannsfaustgrosses Aneurysma des Arcus. Innenfläche des 
Aneurysma rauh, ohne ausgedehnte Auflagerungen. Aussenfläche des 
Aneurysma links mit der Pleura der indurirten linken Lunge verwachsen. 
Anonyma durchgängig. Carotis thrombosirt , Subclavia sinistra eng, 
Trachealschleimhaut geschwürig. 

Fall 10. Tischlerfrau R., 35 Jahre. Aufgenommen 7. Juni 1892. 
Hat in ihrer ersten Ehe vier gesunde Kinder geboren, in der zweiten 
einmal abortirt, nie geboren (in sechs Jahren). Seit sechs Wochen 
Schmerzen in der rechten oberen Brusthälfte, Dyspnoe, Stridor. 

Status praesens. Keine Dämpfung, nur Abschwächung des Athem¬ 
geräusches. Stridulöse In- und Exspiration. Auftreibung der zweiten und 
dritten Rippe. Linke Pupille enger als rechte; beide lichtstarr. Unter 
schweren dyspnoischen Anfällen Kräfteverfall. Tracheotomie mit langer 
Canüle ohne Effect. Exitus 13. Juni. Therapie: Jodkali, Unguentum 
cinereum. 

Section: Sackförmiges Aneurysma der Aorta ascendens und des Arcus. 
Aneurysma dissecans an der Abgangsstelle der Anonyma und dadurch be¬ 
dingte Trachealstenose. Aorta rauh mit verdickter Intima ohne Ver¬ 
kalkungen. Trachea an der Berührungsstelle verdünnt, mit Schleimhaut¬ 
geschwür, bildet die hintere Sackwand. Linker Ventrikel etwas hyper¬ 
trophisch. Echinococcusblasen im Herzbeutel. 

Fall 11. Steinsetzer Fl., 58 Jahre. Aufgenommen 24. Juni 1892. 
Vor 24 Jahren Ulcus durum, mit Injectionen behandelt. Seit drei Mo¬ 
naten Heiserkeit und Schlingbeschwerden. Bereits seit zwei Jahren an- 
fallsweise Schmerzen in der linken unteren Thoraxhälfte. 

Status praesens. Stridor bei Aufregung. Schwellung der Jugular- 
und Armvenen und der Venen am Thorax vorn, desgleichen der Vena 
epigastrica superficialis superior. Pulsation am oberen Theil des Sternum 
und der benachbarten Intercostalräume. Dämpfungsstreifen links neben 
dem Sternum. Links oben abgeschwächtes Athmen. Schlucken in kleinen 
Absätzen möglich, sonst Husten. Im weiteren Verlauf dyspnoische An¬ 
fälle. Arsentherapie. Aus der anfangs mangelhaften Motilität beider 
Stimmbänder entwickelt sich weiter eine vollkommene linkseitige Recurrens- 
lälimung. Aphonie. Exitus 3. August 1892. 


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856 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


-.Section: Arrodirung des vierten, fünften und sechsten Brustwirbel¬ 
körpers durch ein faustgrosses Aneurysma des Arcus und der Aorta 
descendens, in dessen Hmterwand die Trachea hineinragt. Ektasirung 
der Aorta ascendens. Intima der Aorta rauh mit Erhabenheiten. Schiefrige 
Induration beider Lungenspitzen mit alten Kfiseheerden. 

Fall 12. Arbeiterfrau B., 34 Jahre. Aufgenommen 25. März 1893. 
Vor zehn Jahren Abort eines Fötus sanguinolentus (VII. Mens.); seit 
l 8 /* Jahren Schmerzen in der linken Brusthälfte, die in den Arm aus¬ 
strahlen, seit sieben Wochen Athemnoth. 

Status praesens. Tönende Respiration und tönender Husten. 
Links kein Radialpuls fühlbar. Pulsation auf dem oberen Theil des Sternums. 
Bandförmige Dämpfung auf und beiderseits neben dem Sternum. Therapie: 
Jodkali, graue Salbe. Exitus 7. April 1893. 

Section: Diffuse Erweiterung des Arcus mit secundärer Erweiterung 
l) der Anonyma und 2) der Partie zwischen Carotis dextra und sinistra. In 
dem Aneurysma Fibrinniederschläge und Verlegung des Lumens der Sub¬ 
clavia. Intima mit Plaques, theils gallertigen, theils gelben fibrösen, 
zum Theil verkalkten. Pleuritis sinistra exsudativa. Schrumpfniere. 

Fall 13. Glaser G., 41 Jahre. Aufgenommen 26. Juni 1893. 
1875 Ulcus durum, Behandlung mit Sarsaparilla. December 1892 Heiser¬ 
keit; zunehmende Athemnoth. 

Status praesens. Cyanose und Dyspnoe. Pulsation im zweiten 
rechten Intercostalraum. Dämpfung auf dem Manubrium und rechts vom 
Sternum. Recurrenslähmung links. Später Venenschwellung am Halse 
und continuirliche Dyspnoe. Therapie: Jodkali. Schmiercur. Exitus 
9. Juli 1893 an Asphyxie. 

Section: Faustgrosses, sich nach hinten und oben ausdehnendes 
Aneurysma der Aorta ascendens und des Arcus mit secundärem daran 
sitzenden Aneurysma rechts vom Sternum. Arrodirung des Sternums und 
der zweiten Rippe. Linke Lunge in ganzer Ausdehnung verwachsen. 
Sklerotische Aorta. Trachea säbelscheidenartig verdünnt; Schleimhaut 
blutig imbibirt. 

Fall 14. Korbmacher G., 34 Jahre. Aufgenommen 18. November 
1893. Massiger Potator, leugnet Infection. Vier Wochen vor Aufnahme 
Brustfellentzündung links. 

Status paesens. Pleuritis sinistra exsudativa. — Allmählich stellt 
sich eine tönende Respiration ein, ferner ungleiche Radialpulse und diffuse 
Pulsation am Thorax. Links Recurrens- und Sympathicuslähmuner. Exitus 
17. December 1893. 

Section: Aneurysma aortae aseendentis. Druckgeschwür in der Trachea 
und Mediastinitis postica mit secundärem jauchigem Empyem links. Tuber¬ 
kulöse eitrige Bronchitis und Peribronchitis. 


Fall 15. Bureaubeamter G., 34 Jahre. Aufgenommen 10. Januar 1894. 
Vor zehn Jahren Ulcus durum. Selbstbehandlung. Seit fünf Wochen 
Athembeschwerden. 

Status praesens. In- und Exspiratorischer Stridor; Cyanose, ge¬ 
ringe Pulsation beiderseits vorn am Thorax. Nirgends Dämpfung. Leises 
Athemgeräusch. Die Dyspnoe nimmt stetig zu. Tracheotomie mit langer 
Canüle am 13. Januar. Exitus 13. Januar 1894 an Asphyxie. 

Section: Kindskopfgrosses Aneurysma des Arcus mit Usurirung der 
Trachealringe oberhalb der Bifurcation. Aortenintima mit Auflagerungen. 
Hypertrophie beider Ventrikel. ° 


Fall 16. Förster R., 36 Jahre. Aufgenommen 2. Januar 1894. 
Stimme seit einem Jahr etwas belegt, tonlos seit sechs Wochen. Seit 
einiger Zeit Schmerzen links in der Gegend des Schulterblattes, Klagen 
über Klossgofühl. Am 8. Januar etwa 6 1 (!) Blut erbrochen. 

* Status praesens. Pulsation im zweiten linken Intercostalraum- 
nirgends Dämpfung, Schlingbeschwerden. Recurrenslähmung links. Exitus 
an erneuter Blutung 16. Januar. 

Section: In den Oesophagus perforirtes Aneurysma des Arcus; dicht 
oberhalb der hinteren Aortenklappe ein zweites acutes, etwa erbsengrosses 
Aneurysma. Schwielen auf der Aortenintima. 

Wie aus den vorstehenden Angaben erhellt, waren unter den 
Aneurysmatikern drei Frauen, die übrigen 13 Männer, ein Ver¬ 
hältnis, welches mit dem bislang allgemein angenommenen durch¬ 
aus übereinstimmt. Die Männer vertheilen sich, was ihre Be¬ 
schäftigung anlangt, folgendermaassen: 1 Kellner, 3 Maurer 
und verwandte Berufsarten, 1 Drechsler, 2 Weber, 1 Korbmacher, 
1 Jäger, 4 Beamte; insgesammt würden also den vier eine mehr 
sitzende Lebensweise führenden Beamten neun Handwerker gegen- 
überstehen. 6 6 


Interessante Ueberblicke gewährt die Sichtuug der Fälle nac 
Altersklassen. 60 Jahre alt und darüber waren drei Patienter 
zwischen 50 und 60 ebenfalls drei; zwischen 40 und 50 vier un 
™ h o e K n T 30 t und 40 sechs Patienten, von den letzteren wiederui 
fünf 35 Jahre alt und darunter. Das Minimum von 34 Jahre 
wurde in keinem Falle überschritten. Es ist bemerkenswerth - 
- wenn auch mit den bisherigen Erfahrungen durchaus in Einklan 
di 0 jüngeren Jahrgänge reicher an Aneurysme 
sind, als die älteren und wie die eruirte Verhältnisszahl sich nac 
oben hin allmählich verkleinert. 

Die meist sehr detaillirt vorliegenden Anamnesen gestattete 
weiter auch eino kurze Betrachtung Ober die Dauer des Aneu 
rysmas, d. h. natürlich nur Ober die Zeit von dem ersten Aui 
treten der Symptome bis zum Exitus. Das Maximum und Mi 
mmum varnren ziemlich bedeutend: von 2 Monaten bis zu 25 Mo 


No. 45 

naten; immerhin gewährt die Durchschnittsziffer bei den 15 zur 
Autopsie gekommenen Fällen einige Anhaltspunkte. Dieselbe be¬ 
trägt 10,3 Monate, Die Beobachtungsdauer war nur bei zwei Fällen 
eine erhebliche, bei Fall 3 und 4, die IV 2 Jahr bezw. 8 Monate 
in Anstaltsbehandlung oder doch Beobachtung blieben. Alle übrigen 
Patienten kamen entweder in extremis zur Aufnahme oder sie 
stellten so vorgeschrittene Fälle dar, dass die eingeschlagene 
Therapie ihnen gegenüber gänzlich machtlos blieb. Es hängt dies 
theils mit der schlechten Selbstbeobachtung der ärmeren Klassen 
theils mit der immer noch sehr verbreiteten Scheu derselben vor 
der Krankenhausbehandlung zusammen. (Schluss folgt) 


IV. Reflexmultiplicator. 

Apparat zur Untersuchung des Kniephänomens bei Aequi- 
librirung des Unterschenkels. 

Von Privatdocenten Dr. Sommer in 'Würzburg. 

Ueber die Motive, welche zur Construction des Apparates ge¬ 
führt haben, habe ich mit Bezug auf meine früheren Mittheilungen 
(cfr. Jahrbücher für Psychiatrie 1892, ferner die Referate über 
meine Vorträge in Rom und Karlsruhe Ctrlbl. für Nervenheilkunde 
u. Psych. Augustheft und Septemberheft 1894) folgendes zu wieder¬ 
holen: 

Die Schwierigkeit, psychophysische Methoden zur Untersuchung 
von pathologischen Zuständen zu verwenden, liegt wesentlich in 
der Kürze der Zeiten, um die es sich bei den zu untersuchenden 
Vorgängen handelt. Genau wie man in der anatomischen Forschung 
die Gegenstände vergrössert, um sie besser sehen zu können, so 
müssen wir uns bemühen, den Ablauf von physiologischen Vor¬ 
gängen zu verlängern, um sie leichter wahrnehmbar zu machen. 
Es handelt sich darum, sozusagen ein physiologisches Mikro¬ 
skop zu construiren. 

Die künstliche Verlängerung des Kniephänomens, weiches wohl 
der am besten studirte Reflexvorgang ist, kann nun am einfachsten 
durch Aequilibrirung des Unterschenkels bewirkt werden. 

Dadurch werden Unterschenkel und äquilibrirendes Gewicht in 
ein mechanisches System verwandelt, welches durch die reflecto- 
risch bewirkte Innervation des Unterschenkels ausser Gleichgewicht 
gebracht wird und nun, nach Art eines Pendels schwingend, ganz 
allmählich zur Ruhe kommt, wenn nicht andere Kräfte vorzeitig 
hemmend eingreifen. Durch die Pendelbewegungen wird also der 
einfache Reflex in eine Reihe von Hebungen und Senkungen ver¬ 
wandelt, gewissermaassen multiplicirt (wenn man diesen kurzen 
Ausdruck annehmen will), und man kann nun an der Art des Ab¬ 
laufes, d. h. bei graphischer Aufzeichnung, an der Form der 
Curve die Kräfte studiren, welche diese Pendelbewegung modi- 
ficiren. Da sich diese Curve über mehrere Secunden erstreckt, so 
ist in der That obige Forderung, nämlich Verlängerung der 
Zeit, erfüllt. Es kommt mir also weniger auf die Höhe des 
ersten Ausschlages als vielmehr auf die Form der Curve an. 

Nach mehrfachen Aenderungen im einzelnen hat der Apparat 
folgende Gestalt angenommen. Er besteht aus vier Theilen: 

I. Der Stütze für den Oberschenkel; 

H. Dem Apparat zur Auslösung des Reizes mit Messung des 
mechanischen Momentes; 

HI. Dem Aequilibrirungsapparat; 

IV. Dem Schreibapparat. 

Von diesen sind je zwei (I mit H, IH mit IV) mit einander 
verbunden. 

No. I besteht aus einem Dreifuss, auf welchem sich eine Röhre 
von ca, 50 cm Länge erhebt, in welcher ein Stahlstab gleitet, der 
zur Verlängerung der Stütze dient. An diesem ist oben ein ge¬ 
polsterter Bogen mit Convexität nach unten angebracht, auf welchem 
der Oberschenkel ruht. 

No. H ist eine Nachahmung der gewöhnlichen Methode, ein 
Kniephänomen auszulösen, unter exacten Bedingungen. 

Der Stiel eines Hammers ist nm eine Axe drehbar angebracht, 
welche sich senkrecht über der Stütze bezw. dem Kniegelenk quer 
zu diesem befindet. Der Hammerkopf hat eine quer stehende 
Kante, welche die Sehne des Quadriceps in möglichster Breite tnui. 
Der Kopf ist verschieblich, sein Gewicht kann durch zwei auf dem 
Stiel gleitende Gewichte nach Belieben variirt werden. 

Die Messung des mechanischen Momentes geschieht in folgender 
Weise: Der Hammerstiel ist jenseits der Queraxe verlängert. Diese." 

kurze Stück bewegt sich beim Fallen des Hammers an einem 
Halbkreis vorüber, welcher eine Gradeintheilung trägt. Dieser 
Halbkreis zeigt parallel zur Peripherie eine ebenfalls halbkreis¬ 
förmige Lücke, in welcher zwei verschiebliche Hemmungsvornch- 
tungen angebracht sind. Dadurch kann die Bewegung des Ham¬ 
mers in festen Grenzen gehalten werden. Die obere Hemmung 
dient mehr dazu, den Hammer nöthigenfalls (cfr. das Bild) zU 


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Original fro-m 

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DEUTSCHE MlEaJCJKfSCHE WTKSfJENSCHB tt?T. 


hhÄftötnon, Wj^mt »’s- nnt. dWser Methode untersucht wird, ist nl?o 
■m-'-wti? ompfmuIPhes p^yriu^iiy^i^ckos Uoa^ons, \volcbes. i>e8mideft 
für HÜ)P «• % nto)l«‘ U.*vfrg1> gneig&ätr orscjietmMi 


No. II1. Dhv foqmUUilf-mjßn pim.ru t besteht au.> muHin vier¬ 
eckiger cirra gwei Meiei höbet* Ho^zgj^stöjh ;n> svajHditjMi oben eine 
Kdlle mit mUMmalstdrKoihuug uu^bruebf i^f-. Ant dinsYO gl rät et. 
oiuo. jSshirär.. welche auf der Suite Mw Kitt^se töit %il uafrtv, 
Schenkel. <k* xu ITntersu'-’hondmi, not der ändern Scitu mU Mwn* 
CrwkditS'Hjyh* Ui Verbindung steht. J*io jhitir.-fJirrMi*-; dot Schnur 

am nntertuj Ende des Unterschenkels geseidvhi dmvi, rim ge- 

polsierie '.L.fttfcrinftiifcC'-boito. Durch Emlngon vi,t» iU*\vir'.ht»ui io -.1* 
Seh.Mii whM der Uet omhenkei in y<tl-« hic<lcn«*e ttMAt-bMhjag«^ 
idjuilibrirE 

No. IV. DefSebrnbapparah stobt du reit vlötj läbgmfrVv^t eines' 
xweiarnuMrn Hebels mit dar Sibuor. \\fb-ho uns ' ihitiilibvircude 
(ixvwiehf trügt,.. in Verbindung.; fbe*c VetTdo.dVwg Pi sv, onustniirt-,' 
dass boi '.iledmb.it und Senkt? ng sieh *\km AM de* 2we.iarmkei! 
Behüte verlängerri kann. wjfktVml dir, Helmut, ab der da* ßewicht 
haogi v iy der Verticalen bleibt;.; (AbMhrmidisMi üuSgiMeVkP /'-'die 
H-ötbohi 'katiii hol Mer Bewog nag dmvü AVH/ingerimg mh' U) yn~ 
ttieouyc Morden:) Pie Att«?e.bi.%e des !:m/*h ilebet.uw«--, viele* 
bn gieiUmn Skme wie die des ilüter^öhciikels bei "Amd/istttig dos 
Knieplinnotnenb 'vor sieb .gellen, werden di/roh eine roiöplk-irV 
Technik bei «dnimulstbr /Reibung uv eine vertikale Brtvegu#|| u?n- 
-jSäsfit'Zi, WOleiie sieb dinl eimu- vdiiiviiidon Troiiuubi. airi&fdj reibt. D 


l ) Der Appftryt fei hak Mwimnikgr' 

7\ -mt*. ü r.„__ ir.n.__ rj- .. n ioäfi-r 


7 ) rhv Rtogar. Haltung, fiäfeäusg.■Bo^dgos^ et<v 1892 ; 




858 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


schmerzhaft sind, ohne dass eine bemerkenswerthe Schwellung der Ge¬ 
lenke vorhanden ist. Temperatur Morgens 37,5°, Abends 38°. 

20. October. Die Nacht verläuft sehr unruhig. Im Laufe des Tages 
verbreitet sich das Exanthem über den Rumpf; an den Extremitäten hat 
es die Tendenz, zu confluiren. Die Gelenkschmerzen steigern sich zu 
grosser Intensität, das Kind liegt bewegungslos mit ängstlichem Gesichts¬ 
ausdruck da. Temperatur Morgens 37,8°, Abends 38,4°. 

21. October. Die Nacht verlief schlaflos und unruhig. In dem Be¬ 
finden des Kindes tritt keine Veränderung ein, die Schmerzen sind haupt¬ 
sächlich im Kniegelenk, während sie am Ellenbogen, Hand- und Fuss- 
gelenk nur zeitweise auftreten. Keine stärkere Schwellung derselben. 
Temperatm* Morgens 38,2°, Abends 39,4 o. 

22. October. Während der sehr unruhigen Nacht ist das Fieber auf 
40,3° gestiegen. Die Haut ist brennend heiss. Am nächsten Morgen be¬ 
merkte man, dass das Exanthem nunmehr auf das leicht gedunsene Ge¬ 
sicht übergegangen ist, zeitweise soporöser Zustand. Im Laufe des Tages 
scheinen die spontanen Schmerzen in den Gelenken geringer geworden zu 
sein; auf Druck jedoch erfolgen heftige Schmerzausbrtiche. Temperatur 
Abends 39,2°. 

23. October. Fieber und Schmerzhaftigkeit der Gelenke haben nach¬ 
gelassen; Bewegungen, besonders der unteren Extremitäten, sind jedoch 
der Schmerzen halber unmöglich, trotzdem keine Schwellung besteht. Das 
Exanthem beginnt abzublassen und sich besonders in der Mitte der ein¬ 
zelnen Flecke zu involviren. Temperatur Morgens 38,2°, Abends 38,6°. 

24 October. Das Kind hat die Nacht besser geschlafen, die Schmerzen 
m den Gelenken haben weiter nachgelassen, das Exanthem blasst ab. 
Temperatur Morgens 37,5 o, Abends 37,2 o. Kein Albumen. 

25 October. Gute Nacht; vollständige Euphorie; die Schmerzen in 
den Gelenken sind nicht mehr vorhanden, das Exanthem ist ohne Ab¬ 
schuppung mit Hinterlassung leichter Pigmentirung verschwunden. 

Im weiteren verlief die Reconvalescenz ungestört. Die Behandlung 
bestand m Darreichung kräftigen Weines, Champagners; während der 
Heftigen Schmerzen wurde Natrium salicylicum verordnet. 

Vir haben es also hier mit einem mittelschweren Fall von 
Diphtherie zu thun gehabt, der durch das Behring’sche Heilserum 
ausserordentlich günstig beeinflusst wurde. Dass wir drei In¬ 
jektionen machen mussten, lag in äusseren Verhältnissen und in 
der späten Application des Mittels. Die Wirkung des Heilserums 
zeigte sich in der Art, wie sich die Membranen, besonders in der 
Nase und dem Nasenrachenraum abstiesson. Diese plötzliche Aus- 
stossung der Membranen aus diesen Theilen, ihr vollkommenes Ver¬ 
schwinden mit sofort eintretender Euphorie scheint für das Mittel 
charakteristisch. Zufällig hatten wir Gelegenheit, kurze Zeit 
vorher ohne Heilserum einen sehr ähnlichen Fall zusammen zu be¬ 
handeln, der zwar auch günstig ablief, aber wie lange dauerte es 
bis sich die Membranen, aus der Nase besonders, vollkommen ab- 
stiessen, wie elend sah das Kind nach überstandener Krankheit 
aus, wie lange Zeit erforderte die Reconvalescenz! 

, J?! e ^ rei i de S*. er . de J n guten Erfol £ wurde »ns einigermaassen 
wi ’ a l S i da ? Elnd ’ da s sich schon in voller Reconvalescenz be- 
AlWüte 1 A w + d d ? S i 18 * October wieder unwohl zu werden begann. 
Allerdings hatte sich schon eine Woche vorher um die Ini'ecUons- 
steUen em handtellergrosser rother Hof mit leichter J Druck- 

T P d fi en d närh e f gebüdet ’ ab f da a »sser etwas Brennen und Jucken 
' , d f nächsten Tagen sich keine weiteren Erscheinungen zeigten 
bo legten wir dem keinen grösseren Werth bei, auch nicht als sich 
am zehnten Tage nach der ersten Injection ein Exanthem von der 

3 6 Uber die Extrein itüten verbreitete. War doch 

auf diese Comphcatnrn schon aufmerksam gemacht worden. Erst die 
heftigen Gelenkschmerzen, die ohne stärkere Schwellung und Röthumr 
mit immer stärker an wachsendem Fieber auftraten, erregten unsere 

Dm f™ 8 « 21111 w das letztere in einer Nacht auf 40J* 0 anstieg 
Das Exanthem hatte vollkommen den Charakter des Erythem^ 
exsudativum inultiforme, und ich glaube auch dass wir es mit 
“ en r? U F* U K g t habfc baben - Allerdi ngs ist es nicht gewöhn¬ 
lichen SS" J 1 dems . elben 80 lange andauert und zu einer 

wnwf • ¥ anste . ] £t, aber immerhin sind doch Fälle beobachtet 
worden in denen ein ziemlich heftiges Fieber, wie in unserem^ FaP 

tZ selten 

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beXcftet wurden unT ^" 1 ^ Schon äMcIle Fälle 
drohlich SÄ&Ä Ä ^ 


- - No.J o 

VI. Ueber den. Werth der Urethroskopie für 
die Diagnose und Therapie der chronischen 
Gonorrhoe. 

Von Dr. H. Wossidlo in Berlin. 

.... *.» der letzt ®n Zeit ist die Frage des Werthes der UrethroskopiV 

fm* Diagnose und Therapie der Gonorrhoe, sowie über die Vorzttee der 
verschiedenen endoskopischen Instrumente vielfach discutirt worden I>, 
dieselbe jedoch noch zu keinem befriedigenden Abschluss gebracht wordei 
ist, so hoffe ich durch meine nachfolgenden Erörterungen die Lösung der 
Trage um emen Schritt weiter zu fördern. 

In erster Linie muss betont werden, dass wohl niemand zur Stellung 
der Diagnose der acuten Gonorrhoe endoskopirt. Allerdings empfiehlt 
r eleki 1 ) m Budapest die abortive Behandlung des Trippers durch endo- 


uxo ttuuxuvo Domumiung aes xnppers durch endo¬ 
skopische Application von Höllensteinlösung mittels Aufpinselung auf die 
erkrankte Urethralschleimhaut. Ich weiss aber nicht, ob er viele Nach¬ 
folger finden wird, da sich unter den meisten Autoritäten wohl die 
Ueberzeugung Bahn gebrochen hat, dass man die acute Urethritis ** 
norrhoica möglichst wenig irritirend behandeln soll. " 

Zur Stellung der Diagnose sowohl, als auch zu therapeutischen 
Zwecken wird die Urethroskopie vornehmlich bei der chronischen Gonorrhoe 
angewandt. 

Wir wollen zunächst die Frage der Diagnose der chronischen 
Gonorrhoe betrachten. Von den meisten Autoren wird bekanntlich die 
Diagnose der chronischen Gonorrhoe hauptsächlich aus dem Nachweise 
der mehr oder weniger starken Secretion, der Filamente und vor allem der 
Gonococcen in diesen gestellt und der Schwerpunkt auf den Gonococcen- 
befund gelegt. Die Endoskopie wird dann auch noch so nebenbei als 
diagnostisches Hülfsmittel von mehr oder weniger zweifelhaftem Werthe 
augeführt, doch wird sie nicht als essentiell betrachtet. Zweifellos muss 
die Untersuchung der Secrete sowie der Fäden im Urin auf Gonococceu 
jeder anderen voraufgehen. Durch den gelungenen Nachweis der Gono¬ 
coccen in dem Secrete oder in den Fäden ist die Diagnose der chro¬ 
nischen Gonorrhoe und der noch bestehenden Infectiosität gesichert. 
Wie aber allgemein zugegeben wird und die Versuche von Goll und 
Anderen erwiesen haben, ist der Gonococcenbefund bei der chronische« 
Gonorrhoe ein inconstanter. Man kann die Tripperfaden oder Eiter¬ 
tropfen der chronischen Gonorrhoe häufig mehrere Tage und Woche« 
lang untersuchen, ohne Gonococcen zn finden. Ja es kann der Fall ein- 
treten, dass dieselben unter Umständen einen oder mehrere Monate hin¬ 
durch nicht mehr nachzuweisen sind, um dann, bei nicht völliger Heilung 
wieder aufzutreten. Der negative Gonococcenbefund erlaubt uns keinen 
ochluss, so beweisend auch der positive ist. Aus dem Auftreten der 
jf^ de » können wir wohl schliessen, dass noch Desquamation und entzünd¬ 
liche Exsudation bestehe, aber sie beweisen noch nicht, ob die Blennorrhoe 
noch virulent ist oder nicht, ln vielen Fällen, wo wir Andrologen nicht 
imstande waren, Gonococcen zu finden, findet doch noch Infection statt, 
und der Gynäkologe ist dann imstande, dieselbe nachzuweisen, wo wir 
beim Manne völlige Heilung angenommen haben. 

Neisser hat deshalb empfohlen, in solchen Fällen durch Injcctionen 
emer Lapislösung die Eiterung wieder anzufachen. Durch diese Eiternug 
wird eme Desquamation dei obersten Zelllagen bedingt, und es gelingt 
dann häufig, auf diese Weise in dem Socret noch Gonococcen nachzu¬ 
weisen; dieselben sind gewissermaassen wieder mobil gemacht. Allein 
es giebt immerhin noch eine Anzahl von Fällen, wo es trotz häufiger 
» nd durch Wochen fortgesetzter Untersuchungen und mehrmaliger künst- 
i be -o Exacerba ^ on nicht gelingt, Gonococcen nachzuweisen, und wo doch 
der Process noch nicht abgelaufen ist, w*as sich nicht selten durch eine 
Ansteckung der Frau kundgiebt. Wir dürfen deshalb die Diagnose der 
chronischen Gonorrhoe nicht auf das Vorhandensein oder Fehlen der 
Fäden und Gonococcen allein stützen, sondern müssen uns nach anderen 
diagnostischen Hülfsmitteln umthun. 

Kurz will ich nur der Untersuchung durch Sonden erwähnen. Mit 
Hülfe der Knopfsondo oder des Otis schen Urethrometers kann mau wohl 
teststellen, dass man in der Harnröhro auf Hindernisse stösst, man kan« 
wohl die Lage und Grösse von Infiltrationen bestimmen, aber über ihre 
anatomische Beschaffenheit kann man mittels dieser Instrumente nichts 
aussagen. Das kann man nur mit dem Endoskop. 

Die Veränderungen, welche die Gonorrhoe in der Urethra hervor- 
nift, bestehen in solchen des Epithels, der Drüsen und des subepithelialeu 
Bindegewebes. Es handelt sich um Infiltrationen des Bindegewebes ver¬ 
schiedener Mächtigkeit mit entschiedener Tendenz zum Uebergange in 
schrumpfendes Bindegewebe, um Entzündungen und Schwellungen der 
Littre sehen Drüsen und Morgagni’schen Krypten und Drüsenabscesse. 
Diese pathologisch-anatomischen Veränderungen kann man endosko¬ 
pisch nachwcisen. Wir sehen bei der chronischen Gonorrhoe entweder 
vermehrten Glanz des Epithels bei leichter Schwellung der Mucosa, oder 
verminderten Glanz bei stärkeren Infiltrationen des Schleimhautgewebes; 
wir sehen die Ausführungsgänge der Drüsen deutlicher hervortreten oder 
vergrössert uud entzündlich geschwellt, wir finden Drüsenabscesse. 

Oberlaender 3 ) unterscheidet zwei Arten von Erkrankungsgraden. 
Der erste Grad umfasst die mucösen Katarrhe oder weichen Infiltrations¬ 
formen. Endoskopisch sieht man in diesen leichtesten Graden vermehrte« 
Glanz der Oberfläche, in stärker ausgebildeten Fällen mattes und höck- 
nges Aussehen derselben. Die kranke Partie ist stärker geröthet als die 
gesunde, die Schleimhaut gewulstet, die Längsfaltung grob. Anstatt 
sechs bis zehn kleiner Fältchen in der Centralfigur sieht, man vier bb 

*) Centralblatt für die Krankh. der Harn- und Sexualorgane Bd.V 
Heft 5, 1894. 

*) Lehrbuch der Urethroskopie. Leipzig, Georg Thiomc. 


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Go gle 


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8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


859 


sechs. Die Krypten haben gewilistete, hoehrothe Ränder, enthalten mehr 
oder weniger Secret. Die Littrd’schen Drüsen sind nicht sichtbar afficirt. 
j-,.., Bei d em , »weiten Grade Oberlacnder's findet man sehr variable 
Bilder Oberlaender beschreibt die dabei vorkommenden Veränderungen 
folgendennaassen: 1 ) Harte Infiltrate unterscheidet man nach der jedes¬ 
maligen Affection dor Drüsen, und zwar erstens in glanduläre harte Entzün¬ 
dungen; bei diesen sind immer Drüsonausführungsgänge in den verschie¬ 
densten Entzündungsformen sichtbar und fast immer auch je nach dem 
Grade der Entwickelung Narben in den verschiedensten Grössen und Ent- 
wiekelungsformenJ) Bei der zweiten Abart finden sich keine oder doch 
nur ganz vereinzelte Drusenausführungsgänge an der Oberfläche, da sie 
durch eine Bindegewebs- und Epithelschicht von der Oberfläche getrennt 
sind. Das Secret der entzündeten Drüsen kann sich alsdann nicht ent¬ 
leeren; infolge dessen schwillt der Ausführungsgang zu, und der Drttsen- 
körper erweitert sich. Die Umgebung der Drüsen entzündet sich dadurch 
(folliculäre und perifolliculäre Entzündung). Das Aussehen des Epithels 
über solchen folliculär entzündeten Zonen ist, wie schon erwähnt, besonders 
charakteristisch trocken, glatt und ganz glanzlos.“ 

Abgesehen von diesen bei der chronischen Gonorrhoe sichtbaren 
Veränderungen der Urethralschleimhaut — auf welchen Befund wir allein 
schon die Diagnose stellen können, da solche V eränderungen nur bei der 
chronischen Gonorrhoe und bei keiner anderen Affection der Urethra Vor¬ 
kommen — kann man auch unter Leitung des Endoskops Secret aus den 
einzelnen Drüsen gewinnen. In gewissen Fällen wird man dann noch im¬ 
stande soin, Gonococcen in dem auf diese Weise erhaltenen Secret zu 
finden. 

In einem Vortrage, in der Sitzung der Berliner medicinischen 
Gesellschaft vom 13. Juni d. J., betitelt: „Ueber die Grenzen und 
den Werth der Urethroskopie“ greift L. Casper Oberlaender auf 
das schärfste an. Sehen wir, wie sich die Casper’sclien Angriffe der 
Wirklichkeit gegenüber verhalten. Zunächst wirft er Oberlaender vor, 
dass dieser die urethroskopischen Bilder falsch deute. Er bemerkt gegen 
Oberlaender, dass Farbe und Glanz der Urethralschleimhaut keine 
feststehenden Grössen seien, sondern bei den einzelnen Individuen wie 
zu verschiedenen Zeiten verschieden seien. Oberlaender sagt nun in 
seinem von Casper angegriffenen Lohrbuche der Urethroskopie ausdrück¬ 
lich: „Die Beschaffenheit der normalen Harnröhrenschleim¬ 
haut ist individuell ausserordentlich verschieden. Es ist dies 
eine für die Lehre der urologischen Erkrankungen sehr wichtige Tbat- 
sache, welche bis jetzt noch nicht in der nöthigen Weise erörtert und 
klargelegt w'orden ist.“ Und weiter: „Das erste, was bei der Endoskopie 
in die Augen fällt, ist die Farbe der Schleimhaut. Diese richtet sich, wie 
bei anderen Schleimhäuten nach dem Blutgehalt, und wir können dement¬ 
sprechend eine normal „anämische“, „mittelmässig blutreiche“ und „sehr 
blutreiche“ Schleimhaut unterscheiden. Casper fährt dann fort, dass 
Farbe und Glanz der Urethralschleimhaut, die durch die Einführung des 
urethroskopischen Tubus auseinandergedrängt wird, verändert werden, 
wodurch künstliche Hyperämie mit Anämie wechsele. Auch die reflecto- 
rischen Spasmen alteriren in mannichfacher Weise die Gefässfüllung. Dem¬ 
zufolge sei es bedenklich, wie Oberlaender es thue, aus dem Grade des 
Glanzes und der Farbennüancirung in der Harnröhre Schlüsse zu ziehen. 

Das klingt natürlich, als ob Oberlaender die Veränderungen des 
Glanzes und der Farbe der Urethralschleimhaut, welche durch Einführung 
des Tubus herbeigeführt werden, nicht kenne oder einfach übersehen habe. 
Und doch sagt Oberlaender in seinem Lehrbuche auch hierüber aus¬ 
drücklich: „Die normale Färbung wird verändert, wenn der 
Tubus auf die Harnröhrenwandung drückt; dabei wird das Blut aus 
der Schleimhaut an den Tubusründem verdrängt, und dieselben erscheinen 
blass. Diese künstliche Farbenveränderung wird auch von 
dem ungeübteren Endoskopiker sehr bald als solche erkannt. 
Tritt dieser Fall bei einer normalen Harnröhre ein, so kann es entweder 
daran liegen, dass der Tubus für die betreffende Harnröhre zu stark ist, 
oder dass derselbe schräg und w r andständig gehalten wird. Man muss 
dieses Vorkommniss der Farbenveränderung durch Tuben¬ 
druck übrigens genau beurtheilen lernen, da die krankhaften, 
durch Infiltrationen innerhalb des Mucosagewebes hervorgerufenen Ver¬ 
änderungen dos Colorits sehr häufig sind und von diesen Artefacten 
selbstverständlich unterschieden werden müssen.“ 

Weiterhin äussert sich Casper, dass es sich mit den Falten, denen 
Oberlaender eine besondere Bedeutung beilege, ähnlich verhalte. Ober¬ 
laender gehe von der Prämisse aus, dass Beschaffenheit der Harnröhre 
und Bau des Penis oine Gongruenz zeigen, z. B. einem grossen Penis eine 
weite Harnröhre entspreche. Infolge dessen soien auch seine weiteren 
Schlussfolgerungen auf pathologischem Gebiete falsch, weil Umfang des 
Penis und Bau der Harnröhre keineswegs ein feststehendes proportionales 
Verhältniss zeigen. 

Dies ist eine falsche Interpretation dessen, was Oberlaender be¬ 
hauptet. Oberlaender’s eigene Worte hierüber sind: „Im allge¬ 
meinen richtet sich die Beschaffenheit der Harnröhren¬ 
schleimhaut nach dem Bau des Penis. Ein kleines, zartgebautes 
männliches Glied wird eine entsprechend zarte Schleimhaut haben, und 
umgekehrt ein derbes, fleischiges Organ hat eine stärker construirte 
Mucosa. Der Maassstab für diese individuelle Beschaffenheit findet sich 
nicht im mehr oder weniger kräftigen Körperbau ausgeprägt; es können 
also kräftige Personen in diesem Punkte vernachlässigt, schwächer ge¬ 
baute bevorzugt erscheinen. Bis zu einem gewissen Grade richten sich die 
vitalen Eigenschaften der Hamröbrenmucosa nach dem Bau der anderen 
mit Schleimhaut versehenen Organe.“ Und Seite 26 seines Lehrbuches 

*) Klinisches Handbuch der Harn- und Sexualorgane von Zuelzer- 
Oberlaender 3, Abteilung. Leipzig, F. C. W. Vogel. 


heisst es: „Die mehr oder weniger reichliche Faltung steht in 
geradem Verhältniss zur natürlichen Weite derHarnröhre und 
zum Bau des Gliedes überhaupt, d. h. also: je grösser die natür¬ 
liche Weite der Harnröhre und je umfangreicher das Glied, desto reich¬ 
licher ist natürliche Faltung der Schleimhaut vorhanden.“ 

Das klingt doch ganz anders als das, was Casper Oberlaender 
unterschiebt. Dieser behauptet also nicht, wie Casper es auslegt, dass 
einem grossen Penis eine weite Harnröhre entspricht, sondern je grösser 
die natürliche Weite der Harnröhre und je umfangreicher 
das Glied, desto reichlicher sei die natürliche Faltung der 
Schleimhaut. 

Während nun Casper im Beginn seines Vortrages der Bedeutung 
der Falten der Harnröhrenschleimhaut jeden Werth abspricht und sagt, 
es müsse noch phantastischer erscheinen, aus dem Verhalten der Falten 
und einiger anderer Momente, wie Oberlaender das thue, auch den Grad 
der Infiltration bestimmen zu wollen, so legt er selbst bei der Diagnose 
der frühen Infiltrate, der Stricturen weiten Kalibers, besonderen Werth 
auf die Faltung, wie auf die Farbe der Schleimhaut. Eine beginnende 
Stricturbildung, d. h. die beginnende Umwandlung der zellenreichen In- 
filtrationsmassse in zellenarmes Bindegewebe sei bei einer gewissen Weite 
des Orificiums' urethroskopisch wahrzunehmen zum Theil durch das 
Verstrichensein der Falten oder Verwischtsein der Längsstreifen, 
zum Theil durch ein blasses gefässarmes Aussehen der Mucosa. 

Also einmal ist es phantastisch, aus dem Verhalten 
der Falten den Grad der Infiltration bestimmen zu wollen, 
und ein ander mal kann durch das Verstrichensein der Falten 
eine frühe Infiltration diagnosticirt werden! Dann ist es also 
nicht phantastisch? 

Während es nach Casper weiterhin bedenklich ist, aus dem 
Glanze und der Farbennüancirung Schlüsse zu ziehen, stellt 
er selbt die Diagnose der frühen Infiltration aus dem blassen, 
gefässarmen Aussehen der Mucosa! 

Soweit die Bemerkungen Casper’s. Es dürfte hiermit wohl be¬ 
wiesen sein, dass die Ein wände, die er gegen die Lehrsätze Oberlaen¬ 
der’s erhebt, nicht auf Thatsächlichem beruhen, sondern auf dem, wie 
Casper die Oberlaender’sehen Worte interpretirt. Es ist klar, dass 
Casper bei der Beurtheilung des Oberlaender’schen Werkes von 
falschen Prämissen ausgegangen ist und nicht Oberlaender seine Sätze 
und Ansichten auf falsche Prämissen aufgebaut hat, wie Casper be¬ 
hauptet. 

Ist es nun in einzelnen Fällen schon schwierig, auf die bacteriolo- 
gische Untersuchung hin ohne Endoskopie die Diagnose „chronische Go¬ 
norrhoe“ überhaupt zu stellen, so ist es fast unmöglich, den lokalen Heerd 
der Blennorrhoe ohne Endoskop zu bestimmen. Es ist aber für den thera¬ 
peutischen Eingriff nicht gleichgültig, ob man den lokalen Heerd selbst 
diagnosticiren kann oder nicht. In vielen Fällen wird man z. B. imstande 
sein, mittels des Endoskops zu constatiren, dass der ganze Process sich 
auf einige Drüsengruppen beschränkt, die man dann endoskopisch zer¬ 
stören und zur Heilung bringen kann. 

Bekanntermaassen sind die Ansichten über die Ausbreitung der Go¬ 
norrhoe in der Harnröhre noch ausserordentlich getheilt. Während man 
die Erkrankung der Schleimhautdrüsen, die subraucösen und periglandu¬ 
lären Infiltrate bei der chronischen Gonorrhoe allgemein anerkennt, ist 
man sich z. B. über die Betheiligung der Pars posterior noch immer nicht 
einig. Während Neisser, Jadassohn und andere annehmen, dass bei 
circa 80% aller Gonorrhoeen die Pars posterior erkrankt ist, constatiren 
andere, wie z. B, Oberlaender und Kollmann, die relative Seltenheit 
der Urethritis posterior. Es wird von Koch(Breslau) angenommen, dass 
die Differenzen, welche zwischen den Resultaten Kollmann’s und denen 
der meisten Autoren, speciell Jadassohn’s, vorhanden sind, zum Theil 
auf der Verschiedenheit des Materials, zum Theil auch auf der Verschie¬ 
denheit der angewendeten Methoden beruhen. Ob dies der Fall ist, lässt 
sich zur Zeit noch nicht entscheiden. 

Bekanntlich wird die Diagnose der Urethritis posterior gewöhnlich 
durch die sogenannte Zweigläserprobe gestellt. Diese ist aber durchaus 
nicht ausreichend. Es wurde deshalb unter anderen von Jadassohn die 
Ausspülung der vorderen Harnröhre mittels eines bis zum Bulbus einge¬ 
führten elastischen Katheters und darauf folgenden Urinirens empfohlen. 
— Kollmann hat nun diese Jadassohn’sche Methode zu seiner Fünf¬ 
gläserprobe erweitert. Er macht zunächst eine Ausspülung der vorderen 
Harnröhre bei voller Blase, welche so lange fortgesetzt wird, bis das 
Spülwasser ganz klar bleibt. Das Spülwasser wird in ein Sammelgefäss 
gegossen (erstes Glas). Das letzte Quantum des Spülwassers wird ge¬ 
sondert verwahrt (zweites Glas), und nun lässt der Patient den Urin in 
drei Portionen (drittes, viertes und fünftes Glas). 

Gegen die Beweisfähigkeit der Spülmethoden (nach Jadassohn) 
wendet Werther 1 ) folgendes ein: „Bis dahin kann die Statistik, die 
(für Urethritis posterior) 80% herausgefunden hat, nicht als gültig an¬ 
genommen werden, weil die Methode nicht exact genug ist. Sie setzt 
nämlich als Thatsache voraus, dass der Harnröhrenschlauchmuskel, der 
sogenannte Sphincter extemus, immer eine Scheidewand zwischen vor¬ 
derer und hinterer Harnröhre bildet und dass eine injicirte Flüssigkeit 
an seinem Contractionsring zurückprallt. Darin irrt man sich. Für 
gewöhnlich ist der Muskel schlaff. Seine Aufgabe ist die Auspressung 
der Harnröhre am Schlusso des Urinirens und der „Desemination“; den 
Abschluss der Blase bildet er nicht, don besorgen der Spincter internus 
und die Elasticität der Gewebe. Ebenso wie eine Sonde mehr oder 
weniger leicht den Widerstand des Sphincter externus überwindet, thut 
es auch eine Flüssigkeitssäule. Der Muskel zieht sich zusammen. 


l ) Die Pathologie der Gonorrhoe, Vortrag, gehalten in der Gesellseh. 
für Natur- und Heilkunde zu Dresden 16. Dec. 1893. 


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Original fro-rri 

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860 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45 


wenn er gereizt wird, die Reize und die Erregbarkeit sind jedoch in¬ 
dividuell und in physiologischen Grenzen sehr verschieden. Wahrend 
bei Manchen eine Sonde wie von selbst, hineingleitct, findet sie bei 
Anderen ein unüberwindliches, eine Strictur vortauschendes Hinder¬ 
niss im Spasmus des Schlauchmuskels. Ebenso ist es mit injicirter 
Flüssigkeit. Manche Leute sind imstande und machen die Erfahrung, 
ohne es zu wollen, bei der Tripperinjection mit der Tripperspritze Flüssig¬ 
keit bis in die Blase zu treiben, sic haben ein Kältegefühl am Damm, 
und, wenn die Spritze abgenommen wird, kommt nichts oder fast nichts 
wieder heraus. Ich habe dies bpi den Cocaininjectionen, die ich in der 
Sprechstunde vorzunehmen Gelegenheit hatte, wiederholt mit eigenen 
Augen gesehen. Bei schwachem Druck ruft die Flüssigkeit gar keinen 
Spasmus hervor, sondern schleicht sich ein; ein starker Druck ruft den 
Krampf hervor und kann ihn auch überwinden. Dies ist in den neuer¬ 
dings wieder bekannt gewordenen Blasenirrigationen ohne Katheter zur 
Methode ausgebildet worden. Alle diese Momente erschüttern die Beweis¬ 
fähigkeit der Zweigläserprobe,’) bei welcher der Verschluss der hinteren 
Harnröhre gegen den Flüssigkeitsanprall eine Conditio sino qua non ist. 
Man kann sich nicht Zutrauen, bei der grossen Verschiedenheit der Er¬ 
regbarkeit des Sphincter und bei der Verschiedenheit seiner muskulären 
Verschlusskraft mit der Spritze jedesmal den Druck so abzumessen, dass 
die Contraction gerade eintritt und dass weder vor ihrem Eintritt sich 
Flüssigkeit einschleicht, noch bei Verschluss welche hineingetrieben wird. 
Es ist also bei dieser Methode leicht möglich, dass Fäden aus der vor¬ 
deren erst in die hintere Harnröhre gespritzt werden und dann im zweiten 
Glase erscheinen. Sie ist daher nicht zuverlässig und nicht beweis¬ 
fähig.“ 

Wenn die Ansicht von Werther richtig ist. dann bleibt allerdings 
für die Diagnose der Urethritis posterior nur die Endoskopie übrig. Bis¬ 
her ist aber die Werth er’sche Ansicht noch nicht definitiv bewiesen. 

Die Endoskopie der hinteren Harnröhre wird deshalb weniger häufig 
unternommen, weil erstens die meisten Endoskopiker annehmen, dass dio 
Jadassohn’sche oder Kollmann’sche Methode der Ausspülung etc. zur 
Diagnose in der Mehrzahl der Fälle genügt, und weil ferner die Endo¬ 
skopie der Pars posterior für den Patienten unangenehm ist, gleichgültig 
nach welcher Methode man endoskopirt. — Selbstverständlich darf dies 
aber den Urologen im conereten Falle nicht von der Ausübung der Ure- 
throscopia posterior abhalten, sobald es dio Umstände wahrscheinlich 
machen, dass sich neue Gesichtspunkte aus ihr zur Beurtheilung des 
Falles ergeben könnten. Ich erinnere diesbezüglich nur ganz vorüber¬ 
gehend z. B. an die gonorrhoische, papillomatöse Urethritis der Pars 
posterior, deren Vorhandensein man mit der Ausspülungsmethode allein 
selbstverständlich nicht zu erkennen vermag. 

Ebenso bedeutungsvoll wie für die Diagnose der chronischen Go¬ 
norrhoe ist aber die Urethroskopie für die Beurtheilung der Heilung der¬ 
selben. Es ist dies eine Frage von hervorragender socialer Wichtigkeit, 
da hiervon das Zugeständniss oder die Verweigerung des Eheconsenses 
abhängig gemacht werden muss. Seitdem es erwiesen'ist, dass der nega¬ 
tive Gonococcenbefund für das Bestehen oder Nichtbestehen einer chroni¬ 
schen Gonorrhoe, also auch für die Infectionsfähigkeit nicht genügend 
stichhaltig ist, seitdem die Existenz der latenten Gonorrhoe festgestellt 
ist, befindet sich der Arzt dieser Frage gegenüber in einer recht schwie¬ 
rigen Lage. 

Finger*) schildert das Dilemma in folgender treffender Weise: 
„So lange das Secret oder die Fäden noch Eiterkörperchen halten, 
ist dieses stets der Beweis, dass die Entzündung noch nicht erloschen 
ist. Nun kann wohl die Entzündung, wie wir bereits hervorgehoben 
haben, noch fortbestehen, wenn auch deren ursprüngliches ätiologisches 
Agens, der Gonococcus, bereits beseitigt ist, doch gar zu häufig dürfte 
dies nicht der Fall sein. Andererseits ist aber gerade die Frage nach 
dem Vorhandensein des Gonococcus eine sehr heikle und in einer so ver¬ 
antwortlichen Sache oft schwer zu beantwortende. Dass der positive Be- 
fund, der Nachweis von Gonococcen, ausschlaggebend ist, darüber ist ja 
kein Zweifel. Aber der negative Befund, das Misslingen dieses Nach¬ 
weises ist eben nur ein negatives Ergebniss, es beweist absolut nicht, 
dass de facto keine Gonococcen da sind. Die Ergebnisse dieser Unter¬ 
suchungen sind oft so bizarr, nach mühevollen Untersuchungen, die stets 
negativ ausfallen, treten plötzlich unerwartet Gonococcen auf, dass ich 
davor, die Frage nach dem Eheeonsens nur nach dem bacteriologischen 
Befunde zu beantworten, nur dringend warnen kann und, so lange Eiter¬ 
körperchen, die beredten Zeugen noch bestehender Entzündung da sind, 
von der Ertheilung des Eheconsenses nur dringend abratlien muss “ 

Steinschneider theilt nun mit, dass er von Secret, in dem keine 
Gonococcen mehr zu finden waren, eine typische Reincultur auf mit 
menschlichem Unn versetztem Blutserumfleischpeptonagar gewonnen habe. 
Unter diesen Umständen ist es freilich kein Wunder, dass die Gynä- 
nUÄ/ 1 0 t 1R a de l s l nd L eino gonorrhoische Infection der Frau 

goheir™U^r^den "f <5ndOEhemann ,8ngS ‘ als V °" Seinem 

inner M ir UT1S V™’ ob die Urethroskopie uns in der Beurthei- 

eriln derÄ? Tf* ^ , Welches sind die endoskopischen Kri- 
? ?’ lch ve ^ eise hier ™der auf Oberlaender, der sich 
fol p n . de .™ laasse n 3 ) äussert: „Das endoskopische Bild einer voll- 
Fn?JnnH,,n bge i hei ten ^ imd T l llcht mehr recidivirungsfähigen chronischen 
f n ä d “ ng de . r vo f de / e n Harnröhre muss folgende Eigenschaften haben- 

“eMt«Vf la ^T?i n ^ e V gl ^ tte Epi i liel 2J >e ^ lache ’ der normalen Zone entsprechend 
ge faltete Schl eimhaut; in der Färbung dürfen wesentliche Unterschiede 

mit a^ÄeÄhWr 08 “ 86116 AUSSpflllmg d6r ParS 
2 £}. n £ e ? D X e Blennorrhoe der Sexualorgane. 

) Klinisches Handbuch der Krankheiten der Harn- und Sexualorgane. 


nicht zu bemerken sein, dio Krypten und Drüsen sind nicht mehr infiltriri 
oder narbig verzerrt, hingegen können sie noch in dem sonst normalen 
Gewebe zu erkennen sein. Die vorhandenen Narben sind glatt zeigen 
keinerlei Faserung und liegen unter der Oberfläche!“ ’ b 

Es muss zugegeben werden, dass auch wohl der geübte Eudosko 
piker sich bezüglich der Diagnose der completen Heilung täuschen kann 
dass Fälle Vorkommen, wo. obgleich endoskopisch eine Heilung angenommen 
werden musste, doch noch Infection erfolgt. Wenn man sich aber nach dem 
endoskopischen Befunde richtet und seine Behandlung nicht aussetzt so 
lange anatomische Veränderungen im Endoskop zu sehen sind, dann han¬ 
delt man wenigstens gewissenhaft. 

/ Wir müssen also die Forderung stellen, dass ein Patient nur als ge¬ 
heilt betrachtet werden darf, bei dem folgende Bedingungen erfüllt sind- 

1) dürfen weder im Secret, noch in den Fäden, bei über Wochen sich er¬ 
streckender Controlle, Gonococcen nachweisbar sein und dürfen dieselben 
auch durch die Neissersche Lapisspülung nicht mehr mobil gemacht 
werden können; 2) muss der urethroskopische Befund die Bestätigung 
geben, dass die durch die Gonorrhoe verursachten pathologischen Verfinde 5 - 
rungeu geheilt sind. 

Als wünschenswerth zur Bestätigung der completen Heilung können 
wir noch die folgenden zwei Bedingungen hinzufügen: 1) die Forderung 
von Finger, dass keine Eiterkörperchen sich mehr vorfinden, und 2) dass 
die mit dem Secret resp. den Fädeu angestellten Culturvorsuche negativ 
ausfallen. ö 

Im vorausgehenden glaube ich zur Genüge erwiesen zu haben, dass 
die Urethroskopie sowohl für die Diagnose der chronischen Gonorrhoe, 
als für die Therapie und die Beurtheilung ihrer definitiven Heilung von 
höchstem Werthe, ja absolut unerlässlich ist. 

Ich will nun noch einige Worte über die verschiedenen Methoden 
der Endoskopie hinzufügen. Bekanntlich theilt man die grosse Zahl der 
Urethroskope in zwei Hauptkategorieen, 1) die mit reflectirtem Lichte und 

2) die mit direkter Beleuchtung. Bei den ersteren Instrumenten (Grlln- 
leid, Casper u. a.) befindet sich die Lichtquelle ausserhalb des Unter¬ 
suchungstubus, also ausserhalb des Körpers, bei den letzteren (Nitze- 
Oberlaender) wird sie direkt in den Tubus eingeführt und befindet sich 
in dem Lumen der Urethra selbst. 

Schon auf dem diesjährigen Dermatologen-Congress ist diese rein 
instrumentelle Frage lebhaft discutirt worden. In letzter Zeit haben sich 
wieder Casper und Lohnstein darüber geäussert. Namentlich Casper 
hat sich wiederholentlich gegen das Nitze-Oberlaender’sche Urethro- 
skop gewendet und dasselbe als durchaus ungeeignet erklärt. 

Zunächst wird behauptet, dass das Licht bei demselben ungleich- 
mässig sei und störende Reflexe gebe. Ich habe schon auf dem Derma¬ 
tologen-Congress darauf hingewiesen, dass Kollmann Photogramme des 
Harnröhreninnern darstellte und von diesen Photogrammen Projections- 
bilder in Leipzig demonstrirt hat, die an Klarheit und Deutlichkeit 
nichts zu wünschen übrig Hessen. An diesen von Kollmann demonstrirten 
Projectionsbildern, vierzehn an Zahl, waren sowohl die normale radiäre 
Streifung, die normale radiäre Faltung, als auch Mündungen von Mor- 
gagni’schen Taschen zu sehen, sowie der verschieden geformte Trichter¬ 
abschluss. Als pathologische Befunde führte Kollmann einige erkrankte 
und kraterförmig klaffende Drüsen vor und den Eingang in eine narbige 
Strictur, ebenso Papillome aus dem hinteren Abschnitte des Bulbus. 
Kollmann hat seine Arbeit über die Photographie des Hamröhren- 
innern beim lebenden Menschen bereits veröffentlicht, 1 ) und ich verweise 
des Näheren auf dieselbe. Alle diese photographischen Aufnahmen sind 
mit Hülfe des Nitze-Oberlaender’schenUrethroskops gemacht worden. 

Schon auf dem Dermatologen-Congrcss wies ich darauf hin, dass solche 
exaeten photographischen Aufnahmen doch nicht möglich wären, wenn, wie 
behauptet wird, bei dem Nitze-Oberlaender’schen Urethroskop das 
Licht ungleichmässig wäre und störende Reflexe hervomefe. Ich er¬ 
wähne dies hier nochmals, weil Lohnstein in seinem Vortrage im 
Verein für Innere Medicin, Berlin, 30. April d. J., dieselben Einwände 
gegen dasselbe erhebt. — Was sollen alle theoretischen RaisonnemcpB 
gegenüber dem durch die Photographie gelieferten experimentellen Beweis.-' 

In seinem oben besprochenen Vortrage in der Berliner medicinischen 
Gesellschaft behauptet nun Casper, dass bei dem Nitze-Oberlaender- 
schen Urethroskop die durch das Licht verbreitete Hitze sich trotz der 
Wasserspülung sehr bald dem Tubus und den Wänden der Harnröhre 
mittheile, so dass leicht eine Reizung eintrete. Man müsse daher, was 
sehr störend sei, die Beleuchtung öfters unterbrechen. 

Ich muss dem entgegnen, dass ich und die meisten anderen, die 
nach Oberlaender endoskopiren, nie beobachtet haben, dass die Patienten 
sich über irgendwelches Gefühl bei der Untersuchung beklagt hätten. Icn 
habe bei Kollmann Demonstrationen mit dem Urethroskop beigewohnt, 
wo dasselbe fünf und sechs Minuten oder noch länger an einer Stelle 
unbeweglich gehalten wurde, und zwar ohne vorhergegangene Cocalmsi- 
rung der Harnröhre, bis alle Anwesenden sich von dem Befunde über¬ 
zeugt hatten, ohne dass je der Patient Unbehagen wegen der Hit* 6 jfi' 
äussert hätte. Es füllt dabei niemandem ein, wie Casper es für nöfcnig 
hält, die Beleuchtung zu unterbrechen. 

Wenn also, wie bewiesen, das Licht bei dem Nitze -Oberlaender* 
sehen Instrument keine Wärme hervorruft, wie Casper meint, so ßü 
auch damit der zweite Einwand Casper’s, dass durch die Wärme Ver 
finderungen in dem Füllungszustande der Gefässe hervorgerulen werden, 
künstliche Hyperämie, Röthung und Erhöhung des natürlichen Glanzes. 

Ganz überraschend und neu ist mir die Bemerkung von Casper, 
dass man bei therapeutischen Eingriffen den Lichtträger erst herausaeüen 
müsse! Es wird ja gerade von Oberlaender und Kollmann 8 ^* s öe 
tont, dass man die lokalen Eingriffe, wie z. B. Elektrolyse der Drüse 


l ) Internationale medic.-photogr. Monatsschrift Bd. I, Heft 2. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


861 


unter direkter Beleuchtung vornehmen solle, dass man Polypen unter 
Controlle des Auges entfernen könne, wie Ko 11 mann dies thut. Es ist 
ja gerade ein Voräug des Nitze-Oberlaender’schen Urethroskops, dass 
man hier Instrumente einführen kann, welche man bei dem Casper’schen 
Endoskop nicht einzuführen vermag, weil sie dann soviel Licht wegneh¬ 
men, dass man an der Schleimhautstelle, auf die es ankommt, fast nichts 
mehr erkennt. 

Was schliesslich die Kostspieligkeit des Apparates anbelangt, die 
Casper auch gegen denselben anführt, so wird derselbe jetzt von dem 
Mechaniker C. Gr. Heynemann in Leipzig beinahe ebenso billig herge¬ 
stellt wie das Casper’sche Endoskop mit dein dazu gehörigen Accumu- 
lator. 


Von Dr. Alois Strasser, 

Assistenten an Prof. Winternitz’ Wasserheilanstalt in Kaltenleutgeben. 

Es liegt nunmehr eine ziemlich grosse Litteratur der Wasser¬ 
behandlung des Wechselfiebers vor, und die casuistischen Beob¬ 
achtungen zeigen uns in so eminenter Weise ganz übereinstimmend 
die prompte Wirkung der Wasserproceduren, dass an der günstigen 
Beeinflussung dieser Krankheit im Sinne einer Coupirung der Fieber- 
paroxysmen und auch einer vollständigen Heilung nicht mehr ge- 
zweifelt werden kann. 

Es ist nicht der Zweck meiner heutigen Mittheilung, auf die 
Methodik der Behandlung einzugehen, ich verweise in dieser Be¬ 
ziehung auf die älteren Mittheilungen von Fleury und Fischhof 
und auf die neuere ausführliche Mittheilung von Fodor und 
werde hier nur eine mir momentan zur Verfügung stehende Kranken¬ 
geschichte zur Bereicherung der Casuistik mittheilen und dann 
versuchen, von der Wirkungsweise der Hydrotherapie bei Malaria 
eine auf unseren modernen Anschauungen basirende Erklärung zu 
geben. 

Der mitzutheilende Fall kam in der Anstalt des Herrn Pro¬ 
fessor Winternitz 1 ) zur Beobachtung. Die Fieberparoxysmen 
kamen tertian mit Anteposition von fünf Stunden, dauerten zehn 
bis zwölf Stunden, und es boten sich während des Frostes so 
schwere Erscheinungen dar, dass der Fall füglich als Intermittens 
perniciosa (delirans et eclamptica) bezeichnet werden konnte. 

M. D., 56 Jahre alt, Kaufmann aus Orgejew in Bessarabien (schwere 
Malariagegend), kam am 18. Juli d. J. in der Anstalt zur Aufnahme. Er 
klagte nur über häufig auftretenden Kopfschmerz, nahezu continuirliches 
Sausen im Kopfe, über Schwache in den Beinen und über Zucken und 
Zittern in den Händen, besonders beim Schreiben oder bei sonstiger in- 
tendirter Bewegung. Auf Befragen über überstandene Malariaanfälle er¬ 
zählte er, dass er, wie seine Landsleute, an Malaria gewöhnt sei und so¬ 
bald er Durstgefühl und Frösteln spüre, durch einige Tage Chininpulver 
nehme, auf das die Anfälle einige Wochen lang ausblieben. Bei seinem 
Eintritt in die Anstalt war der Patient angeblich seit vier Monaten an¬ 
fallsfrei. 

Der Status zeigte einen kleinen, ziemlich anämischen, muskel¬ 
schwachen Mann, dessen innere Organe, bis auf eine Vergrösserung 
der Milz mit unter dem Rippenbogen tastbarer Spitze, keine 
Abnormität aufwiesen. 

Für den Kopfschmerz, das Ohrensausen und das Zittern konnte 
kein positiver Grund gefunden werden; sowohl die Gehirn-, wie 
auch die Rückenmarksnerven functionirten prompt, Sensibilität und 
Sehnenreflexe waren vollkommen normal. Herr Prof. Winternitz 
fasste den Fall als Malariacachexie auf und rerordnete für den 
Anfang, da der Patient noch niemals eine Wassercur durchgemacht 
hatte, eine vorbereitende Cur, nämlich ein Lakenbad des Morgens 
und eine Rogendouche mit beweglichem Fächer Vormittags. Es 
zeigte sich recht bald, dass der Patient noch im Bannkreise der 
miasmatischen Infection stand. 

Am folgenden Tage schon trat ein kurzer Frostanfall mit nach¬ 
folgender Hitze ein. Der Anfall soll im ganzen zwei Stunden gedauert 
haben und wurde vom Patienten gar nicht für einen Paroxysmus von 
Malaria gehalten; aus diesem Grunde unterliess er auch den Arzt zu 
rufen, und so entging der Anfall meiner direkten Beobachtung. Am zweiten 
Tage darauf begann um 5 Uhr früh ein regelrechtes Froststadium des 
Fieberparoxvsmus mit vehementen Erscheinungen. Patient lag mit tief 
halonirten Augen, mit kühler, blasser Haut, lebhaft zitternd im Bette. 
Die Rectumtemperatur betrug um Vs? Uhr Morgens 39,2° C und stieg 
unter Zunahme des Zitterns, unter Eintritt von Delirien und eclampsie- 
artigen Anfällen um 9 Uhr Vormittags bis auf 41,2° C. Wiederholte feuchte 
Einpackungen mit nachfolgender kühler Abreibung im Bette bitten nur 
geringen Effect. Der Puls war fliogend, klein, auffallend dikrot. Nach 
diesem sehr langen (4 l /a Stunden) Froststadium begann das Hitzestadium, 
und die Temperatur fiel unter kolossalem Schweissausbruche bis 5 Uhr 
Nachmittags etwas unter die Norm (36,9°) herab. 

Der am 19. überstandene Anfall begann um 10 Uhr Vonnittags, der 
eben beschriebene am 21. um 5 Uhr früh, somit hatten wir einen Anhalts- 

*) Au dieser Stelle danke ich Herrn Prof. Winternitz für die gütige 
Ueberlassung des Falles behufs Publication. 


punkt, mit Anteposition von ca. fünf Stunden den nächsten Anfall gegen 
Mitternacht des 22. Juli zu erwarten. Im Verlaufe des 22. bekam Patient 
des Morgens eine Abreibung von 10° R mit nachfolgendem Halbbade von 
20—18° K; Vormittags ein kaltes Regenbad mit kräftigem beweglichem 
Fächer auf die Milz und um 8 Uhr Abends abermals eine Abreibung und 
beweglichen Fächer auf den ganzen Körper und besonders auf die Milz. 
Es lag an der technischen Schwierigkeit (Patient wohnte nicht innerhalb 
der engeren Grenzen der Anstalt), dass wir nicht knapp vor dem zu er¬ 
wartenden Anfalle eine der üblichen Proccduren machen konnten, welchen 
Umstand ich aus dem Grunde hervorhebe, weil sämmtlic-he Beobachter 
betonen, dass der hydriatische Eingriff kürzeste Zeit vor dem Anfalle zu 
geschehen hat. Die um 8 Uhr Abends applicirte Abreibung und Douche 
hatten auch nur die Wirkung, dass der darauf folgende Anfall um mehr 
als zwei Stunden hinausgeschoben wurde und von viel geringerer Heftig¬ 
keit war als der vorige. 

Die oben angegebenen Proceduren wurden täglich wiederholt, wobei 
beachtet wurde, dass eine derselben immer vor die zu erwartenden An¬ 
fälle fallen sollte. Noch zweimal trat ungefähr zur Zeit der ausgebliebenen 
Anfälle Durstgefühl und leichtes Unbehagen ein; nachher verschwanden 
auch diese Erscheinungen, um seit dieser Zeit nicht mehr wiederzukehren. 

Der Patient blieb noch ca. fünf Wochen in Behandlung der Anstalt; 
er fühlte sich bei seinem Abgänge vollkommen wohl, seine Hautfarbe war 
eine viel bessere; Kopfschmerzen und Sausen im Kopfe hatten aufgehört, 
und das Zittern der Hände war auch nahezu vollkommen verschwunden. 

Im Anschluss an diesen ausschliesslich durch hydriatische 
Therapie geheilten Fall will ich einigen Ideeen über medicamen- 
töse und hydriatische Therapie der Malaria hier Ausdruck geben. 

Bei Fodor findet sich zur Erklärung der Wirkungsweise der 
Hydrotherapie wohl ein unbestimmter Hinweis auf Phagocytose; 
das Schwergewicht der Theorie liegt aber auf der reflectorisch ange¬ 
regten Contraction der Vasomotoren und der dadurch erzielten 
Wärmeregulation. — Nun scheint mir diese Erklärung weitaus 
nicht genügend. — Das Hinausschieben der Anfälle um einige 
Stunden nach Kälteeinwirkung Hesse sich noch auf diese Weise 
erklären, doch die völlige Heilung der Krankheit nicht. — In 
meiner Anschauung gewinnt eher die Phagocytenwirkung bestimm¬ 
tere Form, doch erst in Verbindung mit einer andern sehr mäch¬ 
tigen Wirkung der Kältereize, nämlich mit der auf die rothen 
Blutzellen. Darüber weiter unten. 

Bedenkt man die Wirkung des Chinins, denn auf dioses kommt 
es — spricht man von medicamentöser Therapie des Wechselfiebers 
— hauptsächUch an, auf das Blut und den ganzen Stoffwechsel, 
und stellt derselben die analoge Wirkung thermischer Proceduren 
entgegen, so zeigt sich, dass sich hier entgegengesetzte Ex¬ 
treme in der Coupirung oder Heilung eines Krankheits- 
processes treffen. 

Chinin bewirkt schon in kleinen Dosen eine Verminderung der 
Zahl der corpusculären Elemente des Blutes, besonders der Leuko- 
cyten, deren Zahl bei nur einigermassen grösseren Dosen bis auf 
ein Viertel des Normalen und darunter sinken kann. Der Stoff¬ 
wechsel ist im ganzen beschränkt, herabgesetzt, alle Oxydations¬ 
vorgänge verringert; die CO 2 -Abgabe ist vermindert (Bock, 
Bauer), die Harnstoffausscheidung um 20°/o (Ranke, Kerner), 
die Harnsäureausscheidung um 72°/o, die Schwefelsäureabgabe um 
34°/o, die Phosphatausscheidung um 24°/o vermindert. (Kerner, 
Prior.) 

Die Kältereize auf die Körperoberfläche erzeugen im kreisen¬ 
den Blute eine mächtige Erythrocytoso und Leukocytose (Winter¬ 
nitz), sie steigern den respiratorischen Gaswechsel (Winternitz 
und Pospischil), sie steigern den ganzen Stoffwechsel und führen 
den ganzen Organismus zum normalen Abbau, besonders der 
N-haltigen Componenten des Eiweissmolecüls; ausserdem, steigern 
sie insbesondere die Ausscheidung der Phosphate im Harn 

(Strasser). . 

Der Gegensatz der Wirkungen auf den Organismus ist also 
ein diametraler, und doch sehen wir bei Bekämpfung der Paroxys- 
men des Wechselsfiebers einen äusserlich vollständig gleichen Effect, 
nämlich das Ausbleiben der folgenden Anfälle. Welches mag denn 
der Modus der Wirkungen sein? 

Es wirken sowohl das Chinin als auch die Hydrotherapie 
meiner Meinung nach causal, indem beide an die Noxe, an das 
Plasmodium herantreten, um dasselbe unschädBch zu machen. 

Die antizymotische Wirkung des Chinins ist sehr gut bekannt, 
so auch die calossale Wirksamkeit, mit welcher das Chinin Gährungs- 
proeesse und die Fäulniss organischer Substanzen zu unterdrücken 
vermag; weiter die Eigenschaft, die amöboide Bewegung der weissen 
Blutkörperchen und des Protoplasmas der Infusorien einzustellen. 
Chinin wirkt überhaupt hemmend auf die lebendige Thätigkeit der 
Zelle. Ich will in dieser Hinsicht nur auf die berühmten Versuche von 
Bunge, Schmiedeberg und Hofmann über die Synthese der 
Hippursäure erinnern. Wenn die Lösung von Benzoösäure und 
Glykokoll durch eine frisch ausgeschnittene Niere geleitet wurde, 
so entstand Hippursäure als Product der Synthese durch die vitale 
Thätigkeit der Zellen. Wurde die Niere völlig zerstampft, die 


VH Wirkungsweise der Hydrotherapie hei 
Malaria. 


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Original fra-m 

UMIVERSITY OF MICHIGAN 



DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Zellen zerquetscht, so entstand in der auf die zerstampfte Masse 
gebrachten Lösung keine Hippursäure; ebenso blieb die Hippur¬ 
säure aus, wenn zu der durch die frische Niere zu leitenden Lösung 
Chinin zugefügt wurde. Es war also für die Thätigkeit der leben¬ 
digen Zelle die Chininwirkung mit der Zerquetschung vollständig 
gleichbedeutend. 

Es wäre nach all’ diesem also denkbar, dass die Chininwirkung 
auf die Hämamoeba oder Laverania eine Vergiftung ist, welche 
das Miasma, als das weniger widerstandsfähige tödtet oder schwächt, 
ohne dem Träger, dem Menschen zu schaden. Es wäre daher die 
Chinindarreichung ein direkter Angriff auf das miasmatische Indi¬ 
viduum. 

Um von der Einwirkung der hydriatischen Behandlung eine Er¬ 
klärung zu geben, muss ich die Biologie des Plasmodiums und die 
Blutbefunde vor, während und nach einem Fieberparoxysmus zu 
Hülfe nehmen. 

In der apyretischen Zeit findet man bekanntlich im Blute 
keine Plasmodien; erst kurze Zeit vor dem Anfalle oder zu An¬ 
fang desselben finden wir sie, wie sie in den rothen Blutzellen 
sitzen und amöboide Bewegungen zeigen. Ist nun die vergrösserte 
Milz etwa das Reservoir, in welchem sich das Miasma vor seinem 
Austritte in das Blut aufhält, wie es vielfach vermuthet wird, oder 
nicht, das ist für die weitere Folge des einzelnen Anfalles von 
untergeordneter Bedeutung, ebenso die Frage, ob der Parasit eeto- 
globulär m die Blutbahn gelangt und erst dort eine rothe Blut¬ 
zelle befällt, oder ob er schon in der Zelle heraustritt. Der 
I arasit entwickelt sich in der Blutzelle, und sobald er vollständig 
entwickelt ist, wird der Fieberanfall ausgelöst, auf welche Weise 
ist bisher vollkommen räthselhaft. ? 

• -^ <ls _ Hämoglobin der rothen Blutzelle ist untergegangen und 

m Melanin verwandelt; gegen Ende des Anfalles gehen die be- 
iallenen Blutzellen selbst zugrunde, und wir finden in den Blut- 
praparaten wenig freischwimmende Melaninkörnchen, die meisten 
sind m die Leukocyten aufgenommen und bilden in denselben ganze 
Pigmentgruppen. ö 

Es besteht also der natürliche Ablauf des Paroxysmus 
im Austreten des Parasiten in die Blutbahn, im Wachs- 
thum des Parasiten, Zerfall des Trägers (Blutzelle) 
Zerfa des Parasiten unter theilweiser Aufnahme der 
Zerfallsproducte durch Leukocyten. 

Es wäre nun nichts einfacher, als zur Erklärung der Heil¬ 
wirkung hydnatischer Maassnahmen bei Malaria die durch dieselben 
?Tn!i U f? e als Hhagocytose herbeizuziehen! — 

?? T H l l d ? r Wlrkuil S stelle ich mir auch in dieser Weise 
vor, doch nicht den ersten, sondern den letzten Theil. — Die 
Leukocyten nehmen nur frei schwimmende Körnchen (etwa Theile 
von Plasmodien) auf, also würde die Leukocytose als Phago- 
£ Ur ZU einer Zei . t als bedeutender Factor in Be¬ 
tracht kommen, wenn die Körnchen ihr Haus, die Zelle 

im C r!V C;SSen - Z f crfa11 ’ blassen haben, und dies geschieht 

H^r^ weise 61 Zeit des Froststadiums. 

Hier weise ich aber auf die erste und anscheinend 

b h e . deut ? 11( |? Wirkung der peripheren thermischen 
K RoYiffh? B hi 1 C V uf den Zerfall von rothen Blutzellen. 

,, ^ bat schon nach seinen Thierexperimenten die Ver- 

niuthung ausgesprochen, dass bei Kältereizen auf die Haut rothe 

^i^eif Verfall direkt bei Iä ? ger dauernden kühlen Bädern 

mesen Zerfall direkt beobachtet; auch möchte ich als Stütze für 

“ aCh - DUrC ?. k , ältUngen der ffaut S auftretende 
LiLhtfl Hämoglobinurie anführen, als deren Ursache von 

Peripherie «n der Konti ei “ der rotllen Blutzellcn in der 

„ nHo p p , er ^ In . der Haut) angenommen wurde und wohl nicht leicht 

mehrun/ e der Ph"’ er n en End lich muss ich hier die Ver- 

(biS ZU 300/o) erwähnfl n. die 

n lu a Stoffwechseluntersuchungen im N-Gleichgewichte 
h;, Anin’i e,Zen - anf S ie Haut Sefonden habe „nd welche m(ch 
Nerve Substanz TnnM? 6 '’^ anderer P-haltiger Gewebe (Leber, 
aU ° h z " der Annahme des Zerfalles 

I,ringen n bevor*tfer ^ e „, rothe f ü 1 Blu ^eHe.i zum Zerfalle 
so hX’ ich nur den n t ran , fa v H "?- clöst we rden kann, 

theilweise grossgewachsen das KaX i il- ? die Parasiten schon 
ist auch zum TheU verehrt LdÄ d *f befallenen Zellen 

Wirksamkeit d i L a Plasmodium zur Entfaltung seiner 
irKsamkoit, d. zur Auslösung eines Fieberanfalles die Zelle 


No. 45 


unbedingt, nöthig hat oder nicht, es scheint dies der Fall zu sein- 
in diesem Falle ist demselben der Boden seiner Wirksamkeit ent 
zogen, und ich lege daher bei der hydriatischen Behandlung das* 
Hauptgewicht der Wirkungsweise auf die Zerstörung der Parasiten- 
tragenden rothen Blutzellen; in welcher Weise etwa die Phajro 
cytose auf die herausgeschleuderten Körnchen wirkt, ist Gegen' 
stand weiterer Combination und fällt mit der Wirkungsweise der 
Phagocytose bei anderen Infectionskrankheiten vollkommen zu¬ 
sammen. Ich will die Möglichkeit einer Phagocytenwirkung ent¬ 
schieden zugeben, und zwar einer Phagocytenwirkung im Sinne 
Metschnikoff’s, eine Art physikalischen Processes, nämlich die 
Aufnahme der Zerfallsproducte der Plasmodien — wir sehen doch 
nach dem Anfalle die mit Melanin beladenen Leukocyten — etwa 
so, wie die Leukocyten, welche Metschnikoff bei der Rückbildung 
des Schwanzes der Batrachier beobachtet hat, wo dieselben so«xr 
Fibrinflöckchen in sich aufgenommen haben. — Ich habe mich über 
die Art der Phagocytenwirkung aus dem Grunde etwas weitergehend 
ausgesprochen, da man nach den kürzlich von Büchner geschilderten 
neueren Anschauungen die antiparasitäre Wirkung nicht in den 
Leukocyten selbst, sondern in der antitoxischen Wirkung der von 
diesen ausgeschiedenen Alexine sieht und sonach die Phagocyten¬ 
wirkung mehr den Charakter eines chemischen Vorganges bekommt. 

Die Erklärung der Coupirung des einzelnen Anfalles wäre also 
die oben gegebene. — Belege einer Experimentaluntersuchung bei¬ 
zubringen, behalte ich mir für eine spätere Gelegenheit vor; diesmal 
will ich nur erwähnen, dass sich bei dem Patienten, dessen Krank- 
heitsgeschichte ich oben mitgetheilt habe, zwei Tage nach dem 
letzten Anfalle vor der Wasserprocedur (6 Uhr Abends) keine 
Plasmodien und kein Pigment, einige Zeit nach der Procedur aber 
im Blute einige freie Pigmentschollen und mehrere pigmentführende 
Leukocyten gefunden habe. 

Zur Erklärung der Dauerwirkung muss noch eine Beobachtung 
herbeigezogen werden, nämlich die starke Contraction der Milz 
auf den thermischen und mechanischen Reiz einer energischen 
Fächerdouche auf die Milzgegend (Mosler). Wäre also wirklich 
die Milz eine Ablagerungsstätte der miasmatischen Infectionskeime. 
so würden bei energischen Contractionen der Milz viele in die 
Blutbahn geschleudert und fändon dort, vielleicht unter der kräftig 
gesteigerten Oxydation der Gewebe bei thermischen Reizen, viel¬ 
leicht durch Phagocytenwirkung ihren Untergang. 

Dies ist der Gedankengang, den ich bei der hydrotherapeutischen 
Heilung der Malaria verfolge; ich hoffe noch weitere Belege fiir 
meine Auffassungsweise herbeizuschaffen. 

Wird es sich bestätigen, dass sich die Sache so verhält, dann 
fällt hier die Wirkung der hydrotherapeutischen Behandlungsweise 
mit ihrer Wirkung bei den meisten sonstigen (besonders Infections-) 
Krankheiten zusammen, sie besteht in der gewaltigen Unterstützung 
des Organismus in seiner Selbsthülfe gegen die Krankheiten und 
deren Ursachen. 

Es giebt viele Patienten, bei denen Chinin unwirksam bleibt: 
es wird auch viele geben, bei denen wir mit Wassercur auch 
keinen Erfolg haben werden; diese Patienten sind dann die 
„reactionslosen“, die durch schlechte Hautbeschaffenheit oder 
aus sonstiger Ursache, auf die ich hier nicht eingehen kann, 
die uns bei jeder Wasserprocedur erwünschte Reaction nicht auf¬ 
zubringen vermögen. 

VIEL Standesangelegenheiten. 

Aus dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen 
Standesyereine. 


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Die letzte Sitzung des Geschäftsausschusses am 26. October begann 
erst um 9 Uhr, weil ein Theil der Mitglieder den Vorträgen der Herren 
Professor Dr. P. Ehrlich und Dr. Wassermann über das Diphtherie¬ 
heilserum beiwohnte, welche die Deutsche Gesellschaft für öffentliche 
Gesundheitspflege veranlasst hatte. Fast ausschliesslich mit diesem Gegen¬ 
stände beschäftigten sich auch die sehr lebhaften Verhandlungen dieses 
Abends, die erst um 1272 Uhr ihr Ende fanden, ohne dabei zu einem 
endgültigen Beschlüsse zu fuhren. Es hatte nämlich der Standesverein 
von West-Berlin folgenden Antrag eingebracht: „Der Gesc-h8ftsausschus> 
der Berliner ärztlichen Standcsvereine spricht sein lebhaftes Bedauern 
darüber aus, dass in den politischen Zeitungen die Behandlung der 
Diphtherie mit Heilserum in einer das Interesse der Allgemeinheit nicht 
fördernden Weise besprochen wird. Diese Besprechungen sowie die Art, 
wie öffentliche Sammlungen zur Herbeischaffung des Serums von einigen 
Zeitungen veranstaltet werden, machen entschieden den Eindruck, als oh 
damit eine nicht zu billigende Reclame für die betreffenden Zeitungen ins 
Leben gerufen werden soll. — Da die Frage der Serumbehandlung sowohl 
wissenschaftlich noch lange nicht abgeschlossen als auch praktisch durch¬ 
aus noch nicht genug erprobt ist, so können die vorzeitigen Veröffent¬ 
lichungen nur dazu aiönen, die Allgemeinheit theils zu beunruhigen, theils 
in falsche Hoffnungen zu wiegen, andererseits, falls sich diese Hoffnungen 
nicht ganz erfüllen sollten, das Ansehen des ärztlichen Standes zu schädigen. 
Es ist daher ebenso im Interesse des Publikums alsjder Forschung 


Original from 

university of michigan 



8. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


863 


dringend zu wünschen, dass in Ruhe und mit Vorsicht das Verfahren 
zuniichst weiter erprobt und von öffentlichen Besprechungen derselben in 
den Zeitungen vorläufig Abstand genommen wird.“ In der Berathung 
wurde der Artikel Bchring’s in No. 3 der socialpolitischen Zeitung „Die 
Zukunft über „das neue Diphtheriemittel“ von allen Rednern einer ver- 
urtheilenden Kritik unterzogen. Niemand konnte es billigen, dass Behring 
mit Berufung auf Citate , von denen das grosse Publikum natürlich nicht 
\veiss, dass sie vor vier bis fünf Jahrzehnten niedergeschrieben worden sind, 
einen rein wissenschaftlichen Streit vor das Forum der breitesten Oeffent- 
keit gezogen hat. 

Wae den angeführten Antrag selbst betrifft, so herrschte voll¬ 
kommene Uebereinstimmung sowohl darüber, dass die Frage der Be¬ 
handlung mit Diphtherieheilserum noch nicht spruchreif und°dass daher 
bei Anwendung desselben grosse Vorsicht geboten sei, als auch darüber, 
dass die sensationellen xVrtikel in der Tagespresse für das Publikum von 
keinem Nutzen seien, dennoch wurde dieser Antrag sowie eine Reihe 
anderer, die sich in ähnlicher Weise aussprachen, mit Stimmengleichheit 
abgelehnt. Bei den Gegnern waren folgende Gründe maassgebend: Man 
hielt den Geschäftsausschuss nicht für die geeignete Stelle, um über diese 
Angelegenheit ein Urtheil zu fällen, zumal ein solches, selbst vorsichtig 
abgefasst, leicht als eine Verurtheilung aufgefasst werden könne; man 
müsse daher sich zunächst abwartend verhalten, da voraussichtlich in nicht 
zu langer Zeit der wahre Werth des neuen Mittels erkannt, die genaue 
Dosirung sowie Indication und Contraindication noch besser als jetzt fest¬ 
gestellt und klar geworden sein würde, ob die schädlichen NebenWirkungen, 
welche in einzelnen Fällen mitgetheilt werden, auf Zufälligkeiten beruhen 
und zu vermeiden seien. Da man allseitig wünsche und hoffe, dass die 
Erwartungen, welche der Erfinder der Heilserumtherapie und seine An¬ 
hänger an dieselbe knüpfen, sich voll und ganz erfüllen, müsste man sich 
in Bezug auf Aeusserungen Zurückhaltung auflegen, die das grosse 
Publikum im gegenteiligen Sinne voreinnehmen und beunruhigen könnten. 
Und wenn man auch die Art, wie die Geldsammlungen zum Theil in 
Scene gesetzt worden seien, nicht billigen könne, so dürfe man auch da¬ 
gegen nicht auftreten, da sie im allgemeinen doch einen humanen Zweck 
verfolgten und u. a. dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhause zu 
gute kommen würden, dessen Unterstützung und Förderung sehr not¬ 
wendig sei. 

Aus der grossen Zahl von geschäftlichen Mitteilungen, welche der 
Berathung dieser Angelegenheit vorangingen, wollen wir nur noch er¬ 
wähnen, dass Formulare für Passirkarten, bei deren Vorzeigung es Aerzten 
gestattet sein soll, polizeiliche Absperrungslinien zu Fuss zu durchschreiten, 
dem Königlichen Polizeipräsidium auf dessen Verlangen vom Vorstande 
zur Begutachtung eingereicht worden sind, so dass voraussichtlich in 
kurzer Zeit ein lange gehegter Wunsch der Berliner Aerzteschaft erfüllt 
sein wird. Honius. 


IX. Mittheilungen über die Heilserumtherapie 
der Diphtherie. 

Bericht von Dr. W. Körte über die Resultate der 
Diphtheriebehandlung mit Behring’schem Heilserum im 
städtischen Krankenhause am Urban. 1 ) 

Es sind im Krankenhause am Urban vom 20. Januar bis 27. 
October d. J. 132 Kinder mit dem Heilserum behandelt, 121 Fälle 
davon sind abgelaufen, und zwar 81 = 66,9% geheilt, 40 = 33,1% 
gestorben. — Das durchschnittliche Resultat der Jahre vom Juni 
1890 bis 31. December 1893 betrug 54,9 % Heilungen, 45,1 °/ 0 
Todesfälle — also Minderung der Mortalität durch das Heilserum 
um 12%. 106 Fälle wurden zwischendurch (während kein Serum vor¬ 
handen war) ohne Serum behandelt mit dem Resultat von 46,2% Hei¬ 
lungen, 53,8 % Mortalität. Es war also in der gleichen Epidemie 
die Mortalität ohne Heilserum 20,7 % höher als mit demselben. 

Von 43 schweren Fällen heilten 41,8 %, starben 58,2 %, 

„ 47 mittelschweren „ „ 70,2 „ „ 29,8 „ 

„ 31 leichten „ „ 96,7 „ „ 3,3 „. 

Von 15 Kindern unter zwei Jahren wurden acht geheilt, sieben 
starben. 

42 Kinder mussten tracheotomirt werden, 47,6% genasen, 
52,4 % starben, während in den Voqähren 22,5 genasen, 77,5 starben. 
Bei der Serumbehandlung war also dies Resultat um 25 % günstiger. 

8 Kinder unter zwei Jahren wurden tracheotomirt und mit 
Serum behandelt, 3 heilten, 5 starben (früher von 108 derartigen 
Patienten 10 geheilt, 98 gestorben). 

Je früher das Serum nach dem Beginn der Krankheit injic-irt 
wurde, desto besser wurden die Resultate. 

Von 37 schweren und mittelschweren Fällen, die innerhalb der 
ersten drei Krankheitstage injicirt wurden, starben nur 8. Bei 
Injectionen nach dem dritten Krankheitstage waren die Resultate 
weniger günstig. 

Je grössere Anfangsdosen (zuerst 200 Amtitoxineinheiten, 
jetzt 600) gegeben wurden, desto besser die Resultate. Schädliche 
Folgen des Serums wurden nicht beobachtet, nur Urticaria kam 
neunmal vor. 

*) Vor einer Gesellschaft von Aerzten vorgetragen im Krankenhause 
am Urban am 30. October 1894. (Die ausführliche Veröffentlichung er¬ 
folgt an anderer Stelle.) 


Einfluss auf die Temperatur und auf die lokalen Krankheits¬ 
heerde wurden bei schweren und mittelschweren Fällen nicht be¬ 
obachtet. Dagegen wurde gerade bei schweren Fällen oft ein auf¬ 
fallend günstiger Einfluss auf das Allgemeinbefinden constatirt. 

Die Erfahrungen lauten im ganzen günstig. Weitere klinische 
Beobachtungen, besonders bei frühzeitig mit Serum Behandelten 
sind nöthig, um über den Werth des Mittels zu entscheiden. Das¬ 
selbe muss in einer grossen Anzahl schwerer Fälle, bei verschiedenen 
Epidemieen und an verschiedenen Orten versucht werden. W. K. 

Martin, Sörumthörapie de la diphtlterie. Progtes 
ntedieal 1894, No. 42. 

In diesem Vortrage giebt Martin eine Uebersickt über die 
Anwendung des von Roux bereiteten Behring’schen Diphtherie¬ 
heilserums im Kinderhospitale zu Paris, sowie über die damit 
unter der Leitung von Roux erzielten Resultate. 

Zunächst berichtet der Verfasser in kurzen Worten über die 
Gewinnung des Antitoxins im Institut Pasteur. Dieselbe ist mit 
geringen Modificationen analog der von Behring und Ehrlich 
ausgebildeten, bei uns jetzt allgemein angenommenen Immunisi- 
rungsmethode. Auch in Paris werden die blutliefernden Thiere, 
Pferde, nicht mit lebenden Culturen, sondern mit keimfreiem Di¬ 
phtheriegift immunisirt. Das dazu benöthigte Gift wird folgender- 
maassen dargestellt: 

Von einer 24stündigen Diphtheriecultur auf erstarrtem Serum wird 
auf die in grossen Kolben befindliche zweiprocentige Peptonbouillon 
abgeimpft. Diese Bouillonkolben bleiben vier Wochen bei 37° stehen. 
An den Kolben befindet sich ein seitlicher Ansatz, der gestattet, während der 
gesammten Wachsthumszeit einen Luftstrom über die Oberfläche der Bouillon 
gehen zu lassen. (Dies geschieht deshalb, weil Roux schon früher ge¬ 
funden hatte, dass die Diphtheriebacillen bei reichlicher Sauerstoffzufuhr 
mehr Gift bilden.) Nach vier Wochen werden die Kolben aus dem Briit- 
schrank genommen, um die Bouillon von den lebenden Keimen zu be¬ 
freien. Ist genug Gift gebildet, so muss die keimfreie Flüssigkeit in der 
Dose von 0,1 ccm ein 500 g schweres Meerschweinchen innerhalb 48 Stunden 
tödfcen. Dieses Gift dient nun dazu, die serumspendenden Pferde zu immuni- 
siren. Anfangs wird indessen den Thieren nicht das reine Gift eiugespritzt, 
sondern ein mittels Gram’scher Jod-Jodkalilösung (2 Gift: 1 Jodlösung) 
abgeschwächtes Gift. Ist das Thier mittels dieser abgeschwächten Gift¬ 
zufuhr zu einer gewissen Grundimmunität gelangt, so erhält es nun 1 ccm 
reinen Giftes. Nach fünf Tagen wird diese Injection wiederholt, dann, 
wenn keine Reaction mehr erfolgt, wird auf 2 ccm gestiegen und so fort 
bis zu 5 ccm Gift, wobei bei den höheren Dosen die Injectionen öfters, 
alle zwei Tage, wiederholt werden, um dem Thiere möglichst viel Gift 
zuzuführen. Glaubt man nun auf diese Weise zu einer genügenden 
Immunitätshöhe gelangt zu sein, dann wird an der Vena jugularis ein 
Aderlass vorgenommen und das so gewonnene Serum auf seine Wirk¬ 
samkeit geprüft. 

Die Prüfungsmethode besteht, wie die erste Behring’sche Prüfungs- 
methodo, in dem Feststellen des Immunisirungswerthes gegenüber einer 
Diphtherieinfection. Zu diesem Behufe wird einem Meerschweinchen 
eine bestimmte Menge Serum injicirt und das Thier alsdann 24 Stunden 
später mittels eines halben Cubikcentimeters lebender Diphtheriebacillen- 
cultur inficirt. Diese Infection ist so stark, dass ein gewöhnliches Meer¬ 
schweinchen daran innerhalb 24 Stunden stirbt. 

Als genügend stark wird ein Serum erachtet, wenn Vioo ccm des¬ 
selben ein 500 g schweres Meerschweinchen gegen diese Infection schützt, 
doch lassen sich leicht Serumsorten erzielen, die doppelt so wirksam sind. 

Mit solchem Serum wurden Versuche an Kindern angestellt. 
Die Injectionen werden in die Gegend der falschen Rippen verab¬ 
folgt. Unter 3000 Injectionen wurden nur 3 Abscesse beobachtet. 
Zwecks Schutzimpfung gesunder Familienangehöriger empfiehlt der 
Verfasser bei Kindern unter zehn Jahren 5 ccm, bei älteren 10 ccm 
dieses Serums zu geben. Man soll lieber eine Injection zu viel 
als zu wenig geben, da sich das Serum als ganz unschädlich er¬ 
wiesen hat, insbesondere soll in allen zweifelhaften Fällen auch 
vor Abschluss der bacteriologischen Untersuchung die Behandlung 
eingeleitet werden. Als vorwiegend diphtherieverdächtig bezeichnet 
Martin mit Recht die Fälle von Rhinitis, die bei scheinbar all¬ 
gemein ganz gesunden Kindern in Zeiten von Diphtherieepidemieen 
Vorkommen, und er empfiehlt daher, allen Kindern, die zur Zeit 
einer Diphtherieepidemie Ausfluss aus der Nase haben, jedenfalls 
20 ccm Serum zu injiciren. 

Einen schädlichen Einfluss auf die Nieren seitens des Serums 
hat Martin nie beobachtet, im Gegentheil, während bei den ohne 
Serum behandelten diphtheritischen Anginen in zwei Dritteln der 
Fälle Eiweiss auftrat, war dieses bei den der Serumtherapie unter¬ 
worfenen Kindern nur zu 50 % der Fall. 

Die lokale Behandlung des diphtherischen Processes wurde 
neben der Serumtherapie nicht völlig unterdrückt. Sie beschränkte 
sich indessen auf Spülungen mit schwach desinficirenden Flüssig¬ 
keiten, wie Borwasser u. s. f. Vor Pinselungen mit Carbol und 
Sublimat wird gewarnt. , 

Der Einfluss der Seruminjectionen auf den örtlichen Process 
im Rachen macht sich bald geltend. Die Membranen werden weiss, 
demarkiren sich, um dann am zweiten oder dritten Tage losge- 


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Gck igle 


Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




864 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


stossen zu werden. Diese prompte Wirkung des Serums bezieht 
sich indessen nur auf die Fälle von reiner, uncomplicirter Diph¬ 
therie. Sind neben Diphtheriebacillen noch andere Mikroorganismen, 
besonders Staphyloeoccen und Streptococcen vorhanden, dann er¬ 
streckt sich der Einfluss des Diphtherieheilserums nur auf die 
Diphtheriebacillen und die durch sie hervorgebrachten Verände¬ 
rungen. Die daneben bestehende Mischinfection muss alsdann noch 
in der bisher üblichen Weise energisch behandelt werden. 

Für die reinen Fälle von Diphtherie empfiehlt Martin 50 ccm 
seines Serums in zwei bis drei Injectionen zu geben und bei den 
Fällen, in denen eine septische Mischinfection besteht, auf 75 ccm 
Serum zu steigen, die in drei bis vier Ipjectionen innerhalb drei 
bis vier Tagen, je nach dem Verlaufe verabreicht werden. 

Bei dieser Behandlungsmethode starben von 120 Kindern, die 
an reiner Diphtherie erkrankt waren, 9. — Unter diesen 9 starben 
7 innerhalb weniger als 24 Stunden nach der Aufnahme, waren 
also bereits agonal bei der Aufnahme. Der achte Todesfall betraf 
ein schwer tuberkulöses, der neunte ein gleichzeitig an Masern er¬ 
kranktes Kind. 

Bemerkungen des Referenten: Um einen genauen Ver¬ 
gleich dieser Resultate mit den bisher an anderen Orten erzielten 
Erfolgen zu ermöglichen, wäre es vor allen Dingen nöthig, die 
antitoxische Kraft des in Paris verwendeten, von Roux dargestellten 
Serums mit dem bei uns in Deutschland üblichen Maassstab zu be¬ 
stimmen. — Diese von Ehrlich angegebene und auch von Behring 
adoptirto, viel genauere und daher fast allseits angenommene Prüfungs¬ 
methode unterscheidet sich in den wesentlichsten Punkten von der oben 
referirten, im Institut Pasteur zur Anwendung kommenden Werth¬ 
bestimmung des Serums. — Dieselbe beruht auf der von Behring 
gefundenen Fundamentalthatsache, dass das Antitoxin beim Zu¬ 
sammenmischen mit dem entsprechenden Gift dieses sofort neutra- 
Jj 8 }*: * Mengen Serum > die dazu nöthig sind, hängen von dem Ge¬ 

halt des Serums an Antitoxin ab, und man kann daher bei Verwendung 
einer bestimmten Giftmenge aus dem zum Neutralisiren derselben 
erforderlichen Volumen Serum einen Rückschluss auf dessen anti¬ 
toxische Kraft machen. In praxi gestaltet sich die Ausführung 
der Ehrlich’schen Prüfungsmethode für das Behring’sche 
Heilmittel also so, dass in mehrere Fläschchen je die für 
Meerschweinchen zehnfach tödtliche Dosis Diphtheriegift ge¬ 
geben und dann das zu prüfende Serum in abgestuften 
Mengen z. B. 0,05 ccm, 0,1 ccm, 0,2 u. s. f. zugemischt wird. 
Diese .Mischungen werden den Meerschweinchen injicirt und 
dann aus dem Fehlen jeglicher Krankheitserscheinung die neu- 
i? 0 ?? be n t l mmt - Neutralisirt 0,1 Serum die zehn- 
fach tödtliche Dose Gift beim Mischen im Reagensglase, so be- 

, pTjvilh mS ? n d - ie f ? ach dem Übereinkommen von Behring und 

1 h J? 8 <? mfach normale Seru m oder als eine Immunitäts- 

nht * Em i Seru “’ da ? bei <M>1 ccm bereits diese Wirkung aus¬ 
übt, wäre also zehnfach normal oder besitzt im Cubikcenthneter 

in^öchS^^v' 01 vT D u e h t l UnS VOn Seiten der Far bwerke 
«Lvwr h t S ?^ J Verkehr gebrachten drei Serumsorten sind stets 
nach dieser Methode geprüft und sind 600,1000 und 1400fach normal! 
mafhnT Un ^ r , ßchied zwischen der in Paris gebräuchlichen Prüfungs¬ 
methode und der eben beschriebenen ist also ein sehr grosser Bei 

^ dana u leb ende Cultur injicirt, die Einwirkung von 
^ ^ ^ , und Cl ! ltur g®ht im Organismus vor, bei der EhrHch- 
schen Methode wird das Antitoxin ausserhalb des Or^anis- 

r r l e7e ^Ä h tödtli ^ e “P 08e eines ganz constanten keim- 
rreien Giftes zugemischt; diese letztere Methode ist also so genau 

eThält n den S e T ifcr ^ ng V W ° beidasThier ’ welches dfeM sfhung 
° b alleS Gift neutra bsirt ist oder nicht 

£ SH™™ Ä s 

1 

fiiufteu el Krai!khe b itetai'c l< 6(i) t Tmrn r & Kind, dem am 

Bei Beginn 1 * 

s:ü:j en Der vZ 1 z b z? Iis?b>Dl 7 t i on ' ^ 

XlXtryg& fo S S^üSfasSt 


, Fälle von Diphtherie in die Behandlung zu nehmen, nicht aber 
zu glauben, wie dies auch der Verfasser sehr richtig i? 
merkt, jeden Fall von Diphtherie, der bereiteT Folg Lt 
längeren Dauer schwere anatomische Degenerationen der lebZ 
wichtigsten Organe oder septische Complicationen zeigt nunS 
sicher bellen zu können Das ist bei der Art der Wirkung 
Mittels absolut ausgeschlossen. ® es 

, Die in de™ Balle verwendete Dose von 600 Immunitätsein. 
heiten ist in Anbetracht der bereite seit vier Tagen bestandenen 
Diphtherie, die noch dazu mit septischen Erscheinungen verknünft 
J a £. aU - , em ? . 6t I aS S^inge zn bezeichnen. In solchen Fällen 
w® Dosis von 1400 Immunitätseinheiten 
(Fläschchen III der Höchster Farbwerke) empfehlen. 

Wassermann (Berlin) 

Lanc®tl U 894 W No k 3710 Dl S P 791. eria treated * The 

“ der Privatpraxis ein achtjähriges 
Mädchen Ende Juli 1894 mit Behring’schem Antitoxin, das von 
Zimmermann & Co. bezogen war. Das Kind hatte eine schwere 
Diphthene Am fünften Tage war die Respiration sehr beschleu- 
mgt der Puls 140, die Temperatur 39,4» C. Die Gaumenbögen 
rechte und links und der weiche Gaumen waren mit Membranen 
bedeckt und diese hingen theilweise in den Mund herab Der Zu¬ 
stand wurde bei der üblichen Therapie schnell schlechter Walker 
uyicirte daher 0,66 ccm Antitoxin subcutan am Vorderarm Nach 
vier Stunden befand sich das Kind viel besser, das Fieber war ver¬ 
schwunden der Puls langsam. Am nächsten Tage war die Tem¬ 
peratur 36,9, die Membranen begannen sich zu lockern, stiessen 
sich am folgenden Tage ab und waren am nächsten völlig ver¬ 
schwunden. Es erfolgte völlige Genesung. Die Iiyectionsstelie 
b^b reizlos. E. Sehrwald (Freiburg). 

X. Kleine Mitteilungen. 

, . ~ Pf r rli ?; kf der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 
, ■ ■ , , (Vorsitzender Ohrtmann) demonstrirte vor der Tagesordnung 
Mendelsohn einen neuen Krankentisch; B. Lewy zeigte im mikrosko- 
pischen Präparat eines Carcinoms der Portio vaginalis Charcot-Leyden- 
sene Krystalle und sprach über die verschiedenen Bildungsstätten der 
letzteren, sowie über den Zusammenhang dieser Kiystalle mit deneosino- 
pbuen Zellen (Discussion Litten, B. Lewy); N. Auerbach empfahl die 
öcnafmilch als Nahrungsmittel, worin ihm A. Baginsky nach eigenen 
Erfahrungen im Kaiser Friedrich-Krankenhause beipflichtete. — In der 
eigentlichen Tagesordnung hielt Zahnarzt P. Ritter a. G. einen Vertrag 
»r 6 die Nothwendigkeit einer höheren Würdigung der Zahn- und 
Mundhygiene“. Das an dieser Stelle noch nicht erörterte Thema 
reizte zu einer lebhaften Discussion, an der sich Skamper, Krön, 
P®bert, Rosenheim, Becher, Lewin, Miller und der Vortragende 
betheiligten. j. s. 

~ J n <Jer letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 
dl. October kamen die neuen ärztlichen Ernennungen für dieBer- 
11ner Krankenhäuser zur Besprechung. Bei dieser Gelegenheit äusserte 
den Zeitungsberichten zufolge der Stadtverordnete Cassel einer von 
anderer Seite geübten Kritik gegenüber, dass die vom Magistrat getroffenen 
Wahlen in den ärztlichen Fachkreisen nicht nur nicht Verwunderung, 
sondern sogar allgemeine Befriedigung hervorgerufen hätten. Es widerstrebt 
uns, auf Personalfragen einzugehen, und wir haben uns deshalb absichtlich 
m der obigen Sache bisher jeder Meinungsäusserung enthalten. Allein 
der auf die Spitze getriebenen Behauptung des Herrn Cassel gegenüber 
müssen wir zu unserem Bedauern doch constatiren, dass das, was er sagt, 
nicht zutreffend ist und dass die im Widerspruch mit den Deputations¬ 
vorschlägen getroffenen Wahlen zum Theil keineswegs der Aus- 
drack dessen sind, was als „öffentliche Meinung“ in ärzt¬ 
lichen Kreisen bezeichnet werden könnte. Wir behalten uns 
zuk aU ^ den ^°^ IS bei derartigen Ernennungen gelegentlich zuröck- 

. “ Moskau. Wie wir von wohlunterrichteter Seite erfahren, wird 
internationale medicinische Congress erst im Jahre 
1897 stattfinden. 

. Verlage von F. Deuticke (Leipzig-Wien) ist soeben ein histo¬ 
logischer Handatlas für den Gebrauch bei praktischen Uebun- 
gen von Privatdocent Dr. C. Benda und Paula Guenther erschienen. 
Die zahlreichen, nach mikroskopischen Präparaten naturgetreu ausgeführten 
Zeichnungen mit Text auf 60 Tafeln dürften — bei dem geringen Preise 
von 7,50 M. — dem Werke eine grosse Verbreitung, namentlich unter 
den Studirenden, gewährleisten. 

. . Universitäten. Wien. Prof. Dr. v. Reuss ist zum interi¬ 
mistischen Leiter der II. Augenklinik in Wien ernannt. 

Berichtigung. 

In der Mittheilung von Dr. Freymufch über die mit Serum be¬ 
handelten Cholerafälle (No. 43 dieser Wochenschrift) muss da, wo von der 
Prüfung des Serums auf seine Immunisirungskraft die Rede ist, Absatz 1 
lauten: Ein Meerschweinchen von 430 g bekommt intraperitoneai */• sehr 
virulenter Agarcultur: Es stirbt (Dosis letalis minima = ‘/io Agarcultiir). 


Qudruekt b«i Julias Slttenfeld in UcrJiu W. 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




Donnerstag M 4 «. 15. N ovember 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. ' 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstein&llee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 8L 


I. Zur Diphtberieimmunisirungsfrage. 

Von Prof. Behring in Halle. 

I. 

In Bezug auf die Heilung der Diphtherie durch mein Mittel 
nind gegenwärtig alle Aerzte in der Lage, sich ein eigenes Urtheil 
zu bilden. Die Gebrauchsanweisung, welche dem Diphtherieheil¬ 
serum von den Höchster Farbwerken mitgegeben wird, hat sich bis 
jetzt bewährt, und das Urtheil, welches die Statistik über die 
Leistungsfähigkeit des neuen Diphtheriemittels zu sprechen hat, kann 
in Ruhe abgewartet werden. Demgegenüber ist für die Benutzung 
meines Mittels zum Zwecke der Immunisirung gesunder Menschen 
in mehrfacher Richtung ein Commentar zu den Angaben erforder- ] 
lieh, welche bisher über die Dosirung gemacht worden sind. 

Dass dem Diphtherielieilserum auch für den Menschen eine 
schützende Kraft innewohnt, darf schon . jetzt als allgemein an¬ 
erkannt gelten. Der Grad der Sicherheit aber für die Schutz¬ 
wirkung und die Dauer derselben unterliegt noch immer der Con- 
troverse. Da nun der einzelne Arzt aus einer geringen Zahl von 
Beobachtungen unmöglich ein zutreffendes Urtheil über die schein¬ 
bar sehr widerspruchsvollen Ergebnisse der bisherigen Immunisirungen 
sich bilden kann, so halte ich es für meine Pflicht, das, was sich 
hierüber auf Grund eines grossen Beobachtungsmaterials sagen 
lässt, zusammenzufassen und daraus einige wuchtigere Consequenzen 
für die Praxis zu ziehen. 

Im Einverständnis mit Prof. Ehrlich habe ich im August 
dieses Jahres die Vorschrift gegeben, dass gesunde Individuen den 
zehnten Theil der einfachen, von den Höchster Farbwerken in den 
Handel gebrachten Heildosis bekommen sollten, also ca. 60 Anti¬ 
toxinnormaleinheiten; vor einigen Wochen aber ist die Gebrauchs¬ 
anweisung dahin abgeändert worden, dass nicht der zehnte, sondern 
der vierte Theil der einfachen Heildosis eingespritzt werden soll; 
wir erklären somit jetzt 150 statt 60 Antitoxinnormaleinheiten als 
erforderlich zur Immunisirung des Menschen. Diese Abänderung 
ist durch die Erfahrungen in der Praxis als zweckmässig erkannt 
worden, und zwar aus folgenden Gründen. Durch eigene Beob¬ 
achtungen, sowie durch Mittheilungen, welche von anderer Seite 
zum Theil dem Prof. Ehrlich und mir, zum Theil dem Sanitäts¬ 
rath Libhertz zugegangen sind, ist festgestellt worden, dass es 
Bedingungen giebt, unter welchen 60 Antitoxinnormaleinheiten zur 
sicheren Schutzwirkung nicht ausreichen. Insbesondere hat sieh ge¬ 
zeigt, dass trotz Anwendung dieser Dosis Kinder wenige Tage nach 
der Einspritzung an typischer Diphtherie erkrankten, wenn in der¬ 
jenigen Familie, aus welcher die Kinder stammten, zur Zeit der 
Einspritzung ein Diphtheriefall in Behandlung war. Als uns die 
ersten derartigen Fälle bekannt wurden, sahen wir uns noch nicht 
veranlasst, die Immunisirungsdosis zu erhöhen, weil es sich da nach 
unserer Anschauung um inficirte Kinder handelte, die zwar noch 
gesund erschienen, bei denen aber das Incubationsstadium schon 
soweit vorgeschritten war, dass der Krankheitsausbruch nahe be¬ 
vorstand; unter solchen Verhältnissen aber würde zur vollständigen 
Coupirung der Diphtherie nach den Ergebnissen des Thierexperiments 
selbst die ganze einfache Heildosis kaum ausreichen; man würde 
von derselben mit Sicherheit nur erwarten können, dass der 
Krankheitsverlauf ein ausserordentlich leichter, gewissermaassen 
ein abortiver wird. Später kamen dann auch Fälle vor, wo vor¬ 
behandelte Kinder nach sieben und nach neun Tagen noch er¬ 
krankten. Ich bin nun zw T ar auf Grund besonderer Untersuchungen 


und Erwägungen geneigt, auch für diese Fälle anzunehmen, dass 
die krank gewordenen Kinder schon den Diphtheriekeim in sich, 
aufgenommen hatten, als sie gespritzt wurden. Jedoch sind die 
eine solche Erklärungsweise begründenden Experimente noch nicht 
abgeschlossen, und für die Praxis haben wir auch gar nicht nöthig, 
den Abschluss derselben abzuwarten; da können wir uns einfach 
auf den Standpunkt stellen, dass wir fragen: „Können wir durch 
eine Erhöhung der Immunisirungsdosis über 60 Normal¬ 
einheiten hinaus solche Diphtherieerkrankungen wie die 
oben erwähnten mit Sicherheit ausschliessen?“ Diese 
Frage kann durch keine noch so sorgfältigen Erwägungen, sie 
kann auch durch keine Thierexperimente beantwortet werden; es 
kann uns da einzig und allein die Erfahrung Aufschluss geben. 

, Und aus diesem Grunde blieb nichts übrig, als das zu thun, was 
i Ehrlich und ich gethan haben, indem wir die zu Schutzzwecken 
zu verwendende Dosis des Heilserums höher zu wählen empfohlen 
haben. Bis jetzt sind uns Erkrankungen nach Einspritzung von 
dem vierten Theil der einfachen Heildosis noch nicht bekannt ge¬ 
worden; aber wir sind noch keineswegs sicher, dass dieses Er- 
gebniss ein dauerndes bleiben wird. 

II. 

Bei diesem Stande der Immunisirungsfrage könnte jemand, 
der weiter nichts von der Sache weiss und hört, als dass alle bis 
jetzt über die immunisirende Heilserumdosis gegebenen Vorschriften 
eine sichere Schiitzwirkung nicht gewährleisten, leicht zu der Mei¬ 
nung kommen, dass der Nutzen einer schützenden Vorbehandlung 
noch gänzlich zweifelhaft sei. Dem ist jedoch nicht so, wie ich 
glaube darlegen zu können. 

Bevor das Diphtherieheilserum von den Höchster Farbwerken 
verkauft wurde, haben Ehrlich und ich umfangreiche orientirende 
Beobachtungen in verschiedenen Theilen des deutschen Reiches 
unter solchen Verhältnissen gemacht, unter welchen mit grösster 
Wahrscheinlichkeit beim unbeeinflussten Verlauf der Dinge zahl¬ 
reiche Diphtherieerkrankungen zu erwarten waren. Wir haben 
namentlich in solchen Gegenden Einspritzungen vornehmen lassen, 
in welchen wegen stark grassirender Diphtherie die Schulen ge¬ 
schlossen wurden. Unbefriedigend waren da die Resultate, als wir 
bloss eine Antitoxinnormaleinheit einspritzen Hessen. Sie waren 
sehr viel besser bei fünf Einheiten, und bei 15 Einheiten glaubten 
wir uns ganz beruhigen zu können, als zwei sehr lehrreiche Fälle 
im Institut für Infectionskrankheiten den Beweis lieferten, dass im 
Incubationsstadium auch diese Dosis den Ausbruch der Krank¬ 
heit nicht zu verhüten vermag. Da wir nun, um das Vertrauen 
zur Sache zu stärken, uns zum Ziele gesetzt hatten, womöglich 
alle diphtheriebedrohten Menschen mit Sicherheit zu schützen — 
ein Ziel, welches theoretisch ja erreichbar ist, wenn man nur ge¬ 
nügend grosse Heilserumdosen anwenden lässt —, so stiegen wir 
noch höher, und als bei 60 Einheiten Erkrankungen zunächst nicht 
mehl’ vorkamen, blieben wir dabei stehen, indem wir von der An¬ 
schauung ausgingen, dass mindestens für die übergrosse Mehrzahl 
der diphtheriebedrohten gesunden Menschen diese Dosirung aus¬ 
reichen würde. Diese Anschauung hat zwar durch die Thatsache, 
dass unter mindestens 10000 mit 60 Normaleinheiten vorbehandel¬ 
ten Menschen schätzungsweise etwa 10 nachträglich noch erkrankt 
sind, eine Erschütterung nicht erleiden können; die weitergehende 
Hoffnung aber, dass alle gesunden Menschen, auch die. im Incu¬ 
bationsstadium der Diphtherie befindlichen, einen Infectionsschutz 
von wenigstens sechs Wochen langer Dauer dabei erhalten würden, 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46 


hat sich nicht erfüllt. Wenn nun nach Einspritzung von 150 Anti- 
toxinnormaleinheiten unter 10000 Fällen vielleicht nicht mehr zehn, 
aber noch zwei oder drei nachträglich erkranken, sollen wir dann 
wiederum die Dosis erhöhen? Diese Frage ist nicht ganz leicht 
zu beantworten, und ohne einer endgültigen Entscheidung vorzu- 
gfeifen, will ich mich damit begnügen, meinen eigenen Standpunkt 
in der Dosirungsfrage zu präcisiren. 

Wenn, was ich für möglich und sogar für wahrscheinlich halte, 
einzelne im Incubationsstadium befindliche Individuen auch bei der 
jetzt gewählten Immunisirungsdosis noch nachträglich erkranken 
sollten, so würde ich deswegen diese Dosis nicht mehr vergrössern 
vollen. Ich gehe bei dieser Stellungnahme von der wohlbegrün¬ 
deten Annahme aus, dass gesunde Menschen, die den Diphtherie¬ 
keim noch nicht in sichtragen, alle durch die obengenannte Dosis 
geschützt werden. Was aber die schon inficirten Individuen be¬ 
trifft, so wird die Dauer der Infection es bedingen, ob 150 Nor¬ 
maleinheiten zur Verhütung des Ausbruchs der Erkrankung aus¬ 
reichen. Wie schon erwähnt, steht nach den thierexperimen¬ 
tellen Erfahrungen zu erwarten, dass in Fällen, in wolchen nach 
einer starken Infection das Incubationsstadium sich seinem Ende 
nähert und die Manifestation von Krankheitssymptomen sehr bald 
zu erwarten steht, auch eine ganze Heildosis, also 600 Antitoxin¬ 
normaleinheiten, hierzu noch nicht ausreichen. Solche Fälle werden 
aber ausserordentlich selten sein. Sollen wir nun, wonn für tausend 
zu schützende Menschen die Dosis, welche jetzt IV 4 Mark kostet, voll¬ 
kommen ausreicht, wegen der Möglichkeit, dass sie für den tausend- 
understen nicht genügt, für alle die viermal kostspieligere nehmen, 
wo wir eine absolute Schutzwirkung auch bei dieser nicht garan- 
tiren können? Man könnte allenfalls noch diese Frage bejahen, 
wenn für den im weit vorgeschrittenen Incubationsstadium sich 
befindenden Menschen eine erhebliche Gefahr bestände. Aber 
nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen wird 
schon durch 60 Normaleinheiten, falls danach überhaupt 
noch die Diphtherie zum Ausbruch gelangt, der Verlauf 
derselben so leicht gestaltet, dass die Erkrankung keine 
nennenswerthe Gefahr in sich schliesst, und wenn wir 
dazunehmen, dass durch nachträgliche Einspritzung 
einer einfachen Heildosis jedes Bedenken für einen 
glücklichen Ausgang schwindet, so meine ich, dass wir 
über die jetzt vorgeschriebene Immunisirungsdosis 
nicht mehr hinauszugehen brauchen; eher könnte man 
daran denken, später zu der kleineren von 60 Ein¬ 
heiten zurückzukehren. Vorläufig jedoch wird es sich em¬ 
pfehlen, abzuwarten, ob 150 Normaleinheiten für die Fälle, wie sie 
in der Praxis Vorkommen, durchweg ausreichen oder nicht. 


IH. 

Man sieht, dass sich für meine Erwägungen die Dosirung für 
Schutzzwecke zu einer ökonomischen Frage zuspitzt. Es ist selbst¬ 
verständlich, und in früheren Publicationen ist das überdies mehr¬ 
fach ausgesprochen worden, dass man um so sicherer geht, für die 
Immunisirung sowohl wie für die Heilung, wenn man möglichst 
viel Antitoxineinheiten verwendet, und wer die Kosten nicht zu 
scheuen braucht, wird mit Vortheil in Zeiten der Diphtheriegefahr 
diesen sichereren Weg gehen. Für die grosse Praxis aber dürfen 
wir die ökonomischen Gesichtspunkte nicht vernachlässigen, wenn 
dieselben mit den Zwecken, die wir verfolgen, vereinbar sind. Das 
ist besonders auch zu berücksichtigen .bei der Frage nach der 
Dauer der Immunität, für welche gleichfalls die Dosirung eine 
wichtige Rolle spielt. 

Die Schutzwirkung des Diphtherieheilserums hält 
um so länger an, je grösser die Zahl der Antitoxin- 
normaieinheiten ist, welche eingespritzt worden sind. 
Die Richtigkeit dieses Satzes leuchtet ohne weiteres ein, wenn man 
im Auge behält, dass das Antitoxin mit den Drüsensecreten, be¬ 
sonders mit dem Urin, allmählich wieder ausgeschieden wird. 
Gesetzt den Fall nun, dass für ein gesundes nicht inficirtes Kind 
bei emem Körpergewicht von nicht mehr als 20 kg die Dosis von 
• bü Normaleinheiten eine sechswöchentllche Schutzwirkung gegen- 
über einer Infection von massiger Stärke ausübt, so hört nach 
Ablauf dieser Zeit nicht sofort jede Schutzwirkung auf; vielmehr 
können dann leichte Infectionen noch vollständig unschädlich ge¬ 
macht werden und solche Infectionen, die bei nicht vorbehandelten 
Individuen schwerere Erkrankungen hervorrufen, werden in weniger 
schwere umgewandelt. Allmählich aber, wenn alles Antitoxin aus¬ 
geschieden ist, hört jede Spur einer Schutzwirkung auf. Es ist 
nun ohne weiteres klar, dass nach der. Einspritzung von 150 Nortnal- 
emheiten ein längerer Zeitraum vergeht, bis alles Antitoxin aus¬ 
geschieden ist, als bei 60 Einheiten. Denn zu der oben supponirten 
sechswöchentlichen Schutzdauer kommt noch die Zeit hinzu, welche 
vergeht, bis der Antitoxingehalt im Blute von 150 Einheiten auf 
60 gesunken ist. Wir erhalten demnach durch die grössere 


Dosis nicht bloss eine auf mehr diphtheriebedrohte 

Menschen sich erstreckende und eine vollkommenere 
Schutzwirkung, sondern auch eine länger dauernde. Und 
da diese Vortheile in noch höherem Grade vorhanden sind, wenn 
die Dosirung weiter gesteigert wird, so könnte mit Rücksicht auf 
die Dauer der Immunität von neuem die Frage aufgeworfen werden 
ob wir nicht gut daran thun würden, noch mehr Einheiten als 
150 zu Schutzzwecken zu injiciren. Das Thierexperiment hat nun 
aber ergeben, und eine einfache Ueberlegung sagt es uns auch 
schon, dass ein langdauernder Diphtherieschutz auf weniger kost¬ 
spielige Weise erreicht wird, wenn wir statt einer einzigen grossen 
Dosis in angemessenen Zeitintervallen mehrere kleinere anwenden 
Es wird nämlich um so mehr Antitoxin ausgeschieden 
je concentrirter dasselbe im Blute vorhanden ist. Bei 
milchgebenden Thieren ist dies sehr genau verfolgt worden, und 
für die Ausscheidungsverhältnisse durch den Urin habe ich we¬ 
nigstens für das Tetanusantitoxin mich von dem gleichen Verhalten 
überzeugen können. Wenn also 60 Einheiten einen sechswöchent¬ 
lichen Schutz gewähren, so ist von 150 Einheiten nicht etwa ein 
15 wöchentlicher zu erwarten, sondern, wie ich annehmen muss, 
höchstens ein zehn wöchentlicher, und wollten wir die ganze Heil¬ 
dosis von 600 Einheiten zu dem Zweck verwenden, um eine längere 
Schutzwirkung zu erzielen, so würde noch viel weniger dem 
Sparsamkeitsprincip Rechnung getragen werden, 

IV. 

Sowohl zur Erreichung einer für die praktischen Verhältnisse 
ausreichenden Sicherstellung des Diphtherieschutzes, wie für die 
Erreichung einer über längere Zeiträume sich erstreckenden Im- 
munitätsdauer befürworte ich demnach, dass wir ärztlicherseits 
dem Publikum gegenüber die Parole ausgeben, dass einerseits die 
jetzt für 1,25 Mark erhältliche Antitoxindosis diphtheriebedrohten 
Menschen — und zwar ohne Unterschied des Alters und der Con¬ 
stitution — eingespritzt wird und dass man andererseits diese 
Dosis periodisch wiederholt. Ob man in Bezug auf die periodische 
Wiederholung in diphtheriedurchseuchten Orten zehnwöchentliche, 
oder längere oder kürzere Intervallen zu wählen hat, darüber ist 
jetzt ein endgültiges Urtheil noch nicht zu fällen. Zunächst würde 
ich auf Grund meiner Erfahrungen die Wiederholung von zehn zu 
zehn Wochen vorschlagen. Ebenso kann und muss es noch der 
Discussion unterworfen bleiben, ob in diphtheriefreien oder diph¬ 
theriefrei gewordenen Gegenden gleichfalls die periodisch wieder¬ 
holte Einspritzung anzurathen ist. Vorläufig rathe ich selbst 
nicht dazu. Es bleibt auch noch zu erwägen, ob man die in 
einer diphtheriedurchseuchten Familie vermuthlieh schon inficirten 
Individuen mit der kostspieligeren Dosis von 150 Einheiten be¬ 
handeln will und für die als nicht inficirt zu betrachtenden Indi¬ 
viduen in der Nachbarschaft sich mit der billigeren Dosis von 60 
Einheiten begnügen soll. Ein ernstliches Bedenken gegen ein 
solches Vorgehen liegt, wie ich glaube, nicht vor. 

Unter allen Umständen aber halte ich es für zweckmässig, dass 
der von sehr vielen praktischen Aerzten bei mir angeregte Vorschlag 
jetzt verwirklicht wird, dass nämlich die Immunisirungsdosen nicht 
aus den zu Heilzwecken von den Höchster Farbwerken ausgegebeneu 
Fläschchen entnommen werden, sondern dass hierfür besondere 
kleinere Fläschchen, mit nicht mehr als zwei Immunisirungsdosen 
zu je 150 Normaleinheiten, verabfolgt werden. So lange als ein 
einigermaassen sicheres Urtheil über die Zulänglichkeit der früher 
empfohlenen Dosirung für den Diphtherieschutz noch ausstand, 
hielt ich es für inopportun, durch Ausgabe von einer besonderen 
Immunisirungsflüssigkeit einer späteren definitiven Regelung zu 
präjudiciren. Jetzt steht es anders damit, und ich hofie nunmehr, 
dass die von mir zur Abgabe von Diphtherieheilserum legitimirten 
Höchster Farbwerke schon in nächster Zeit in der Lage sein 
werden, Dreimarkfläschchen mit je 2 ccm Inhalt in den Handel zu 
bringen, in denen diese 2 ccm 800 Normalantitoxineinheiten reprä- 
sentiren. Ein Serum, welches dieser Anforderung entspricht, ist 
ein 150faches Normalserum, also ein stärker concentrirtes, ah 
es für Heilzwecke bis jetzt ausgegeben wurde. Dass ich, entgegen 
vielfach verbreiteten Meinungen, für Schutzzwecke ein concen* 
trirteres Heilserum für wünschenswerth erachte, ist darin be¬ 
gründet, dass man gesunden Menschen, zur Vermeidung von allen 
Nebenwirkungen, nur kleine Flüssigkeitsmengen einspritzen sollte. 
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kinder nach der Einspritzung 
nur schwer im Ruhezustand zu halten sind. Wenn dann infolge 
der Reibung an den Kleidern oder infolge lebhafterer Bewegung 
aus dem Stichcanal Flüssigkeit herausgedrängt wird, so ist zwischen 
dem subcutanen Gewebe und der äusseren Hautoberfläehe. eine 
Continuität hergestellt, die zur Verunreinigung der eingespritzten 
Flüssigkeit und damit zu entzündlichen Erscheinungen Veranlassung 
geben kann. Dieser Eventualität wird ziemlich sicher vorgebeug • 
wenn man durch eine enge Canüle nicht mehr als 1 ccm Serum 


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15. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


867 


unter-die Haut bringt, und deswegen dürfte es sieh empfehlen, an 
der oben präcisirten Anforderung für die Antitoxinconcentration 
zum Zweck der Immumsirung festzuhalten, falls man 150 Normal- 
emheiten für dieselbe verwenden will. 


II. Aus dem mediciuisch-cbemischeu Laboratorium der 
Universität Freiburg. 

Zur Theorie der hypnotischen Wirkung 
der Sulfone. 


Von Dr. med. W. Morro. 


Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen chemi¬ 
scher Constitution und physiologischer Wirkung gewisser Körper 
ein bedeutungsvoller Zusammenhang besteht. Was die Gruppe der 
Hypnotica betrifft, so ist ein solcher Zusammenhang für die Alkohole 
und Sulfone aufgedeckt worden. 

Bezüglich der Alkohole fanden Schneegans und v. Mering 1 ), 
dass die primären Alkohole weniger narkotisch wirken als die 
secimdären und die secundären weniger als die tertiären; und 
weiter, dass bei den tertiären Alkoholen die Wirkung abhängig ist 
von der Art der Alkoholradicale, welche mit dem tertiären Kohlen- 
stoflfatom verbunden sind. Ist nur das Radical Methyl vertreten, 
so ist die Wirkung eine relativ schwache, grösser ist sie, wenn 
ein Aethyl eintritt, und nimmt zu mit der Anzahl der mit dem 
tertiären Kohlenstoffatom verbundenen Aethylgruppen. Zum Bei¬ 
spiel wirkt Dimethyläthylcarbinol (Amylenhydrat) 

CHjv 

c Ha-^C —oh 

CüHj/ 

schneller und intensiver als das dreifach methylirte Carbinol 

CHs x 

CH 3 —C-OH 

ch 3 / 

und andererseits wieder schwächer als das Triäthylcarbinol 

C 2 H 5 

C 2 H 5 —C—OH 

. . c 2 h 5 / 

in dem das tertiäre Kohlenstoffatom mit drei Aethylgruppen ver¬ 
bunden ist. 

Für die Sulfone ist von Baumann und Käst 2 ) auf Grund 
zahlreicher Beobachtungen ein gleicher Zusammenhang zwischen 
Constitution und Wirkung nachgewiesen worden. Genannte Autoren 
fanden, dass Disulfone, welche Methylgruppen enthielten, nur wenig 
oder ganz unwirksam waren, dagegen Disulfone mit Aethylgruppen 
im Molecül eine intensiv schlaferzeugende Wirkung besassen, so 
zwar, dass die Intensität der Wirkung proportional war der Zahl 
der in ihnen vorhandenen Aethylgruppen. Ganz besonders betonen 
Baumann und Käst noch, dass bei der Wirkung der Disulfone 
die Gruppe SO 2 als solche nicht in Betracht kommt und dass 
die tertiär oder quaternär an Kohlenstoff gebundenen Aethylsulfon- 
gruppen (SO 2 C 2 H 5 ) je einer in gleicher Kohlenstoflfbindung befind¬ 
lichen Aethylgruppe äquivalent sind. 

Des weiteren konnten Baumann und Käst constatiren, dass 
die Unwirksamkeit der methylirten Sulfone auf ihrer Resistenz 
dem Stoffwechsel gegenüber beruhte, derart, dass dieselben den 
Organismus ganz oder doch zum grössten Theil unzersetzt pas- 
sirten; während die wirksamen, Aethylgruppen enthaltenden Di¬ 
sulfone nahezu völlig vom Stoffwechsel zerlegt wurden. 

Von dieser Gesetzmässigkeit schien nur ein Disulfon, das Di- 
methylsulfondimethy lmethan 


CHs p SO 2 CH 3 
CH 3 >U< S0 2 CH3 

eine Ausnahme zu machen. Dieses Disulfon war, wie verschiedene 
Versuche an Thieren und Menschen lehrten, selbst in den ausser¬ 
ordentlich hohen Dosen von 6 und 8 g gänzlich unwirksam. Trotz¬ 
dem gelang es damals nicht, das unveränderte Disulfon im Harn 
wieder zu entdecken. 


Um diesen Widerspruch aufzuklären, lag es nahe, mit einer 
verbesserten Methode diese für die Theorie der Wirkung der Sul¬ 
fone principiell wichtige Frage von neuem zu untersuchen. Eine 
solche Methode ist in meiner Arbeit: „Zur Wirkung von Sulfonal, 
Trional und Tetronal“ 8 ) ausführlich geschildert worden. Es wurde 
gezeigt, dass es mit dem genannten Verfahren gelingt, Milligramme 
von Sulfonal oder Trional im Harn sicher zu erkennen und die 
Sulfone in ganz reinem Zustande aus dem Harn abzuscheiden. 


*) Therapeutische Monatshefte 1892, Juli. 

*) Baumann und Käst, Ueber die Beziehungen zwischen chemi¬ 
scher Consitution und physiologischer Wirkung bei einigen Sulfonen. 
Zeitschrift für physiol. Chemie Band XIV, 52. 

*) Deutsche raedicin. Wochenschrift 1894, No. 34. 


Bei Wiederholung der Versuche von Bau mann und Käst 
gelang .es in der That den Beweis zu führen, dass das Dimethyl- 
sulfondimethylmethan den Organismus zum grossen Theil unver¬ 
ändert passirt, wodurch die Thatsache, dass es ganz unwirksam 
ist, ohne weiteres erklärt wird. 

Ich nahm an zwei aufeinander folgenden Tagen je 2 g Dimethyl- 
sulfondimethylmethan, ohne dass auch nur eine Spur von Wirkung 
sich gezeigt hätte. Aus dem Urin, welcher an beiden Tagen ge¬ 
sammelt und verarbeitet wurde, konnten 0,84 g chemisch reines 
Dimethylsulfondimethylmethan vom Schmelzpunkte 118 0 wieder¬ 
gewonnen werden. Dabei ist zu bemerken, dass der Harn auch an 
den nachfolgenden Tagen noch Disulfon enthielt und dass bei der 
Verarbeitung der Harn nicht sechsmal ( 1 . c.), sondern nur viermal 
mit Aether aufgeschüttelt wurde, wobei ein Theil des Disulfons 
verloren ging. 

Somit ist die Richtigkeit jener von Bau mann und Käst be¬ 
züglich des Verhaltens der Sulfone aufgestellten Sätze ausnahmslos 
bewiesen: dass nämlich die hypnotische Wirkung der Sulfone, 
welche in erster Linie durch die Zahl der in ihrem Molecül ent¬ 
haltenen Aethylgruppen bedingt wird, ausserdem wesentlich ab¬ 
hängig ist von dem Grade der Zerlegung, welcher die Molecüle 
der verschiedenen Sulfone im Stoffwechsel anheimfallen. 

Der enorme Unterschied in der Wirksamkeit der methylirten 
und der äthylirten Sulfone ist also in letzter Linie dadurch bedingt, 
dass die Aethylgruppen dieser Körper durch den Stoffwechsel leichter 
angreifbar sind als die Methylgruppen. 

Dass in der Reihe der äthylirten Sulfone die Art und Weise 
der Wirkung der einzelnen Körper im engsten Zusammenhänge mit 
dem Verhalten der Sulfone im Stoffwechsel steht, habe ich schon 
in meiner früheren Mittheilung dargelegt. 

Es wurde gezeigt, dass das Trional im Stoffwechsel auch nach 
wochenlanger Darreichung völlig verschwindet, während Sülfonal 
und Tetronal nicht vollkommen zerlegt und langsam eliminirt 
werden. Diese Thatsache erklärt in. der einfachsten Weise die 
allgemein anerkannte Erfahrung, dass die Wirkung des Trionals, 
welche schneller einsetzt als die des Sulfonals, in einer bestimmten 
Zeit rascher und vollständiger abläuft, als es beim Sulfonal und 
Tetronal der Fall ist, und dass beim Trional — bei richtiger 
Dosirung — störende Nebenwirkungen, vor allem eine postponirende 
Wirkung, so gut wie ganz ausgeschlossen sind. 


III. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig. 
TJeber ein bacterienfeindliches Verhalten der 
Scheidensecrete Nichtschwangerer. 1 ) 

Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik. 

Die Ansichten über die pflanzlichen Bewohner des gesunden 
und kranken weiblichen Genitaltractus differiren ebensosehr, wie 
sich die einzelnen diesen Gegenstand betreffenden Untersuchungs¬ 
resultate widersprechen. Man hat daher versucht, die therapeuti¬ 
schen und präventiven Maassnahmen in der Geburtshülfe und der 
Gynäkologie Erkrankungen bacteriellen Ursprungs gegenüber nur 
auf Grund der klinischen Erfahrung festzulegen. Doch kommt 
man mit dieser allein nicht aus, da eine verschiedene Auslegung 
derselben klinischen Beobachtungen selbstverständlich verschiedene 
Consequenzen nach sich zieht. Wie different sind die Anschauungen 
von Leopold und von Ahlfeld in der Selbstinfectionsfrage. Beider 
Autoren Stellung zu dieser Frage basirt ausschliesslich auf der 
Beobachtung klinischen Materiales. Es wird also neben der rein 
klinischen Beobachtung weiterer bacteriologischer Untersuchungen 
bedürfen, wenn die ausserordentlich wichtige Frage nach dem 
Keimgehalte des Uterovaginalcanales endlich in bestimmter Weiso 
beantwortet worden soll, wenn besonders über die Möglichkeit des 
Vorkommens pyogener Mikrococcen in Cervix und Scheide eine 
Uebereinstimmung der Meinungen erzielt worden soll, die dem 
ärztlichen Handeln eine bestimmte Richtung vorschreibt. 

Was ist über das Vorkommen der pyogenen Mikrococcen im 
Uterovaginalcanal bisher überhaupt sicheres bekannt? 

Bewiesen ist und wohl auch allgemein anerkannt, dass der 
Streptococcus pyogenes und der Staphylococcus pyogenes aureus 
bei gewissen acuten Erkrankungen des weiblichen Genitalcanales 
sowohl in dem Gewebe als auch in den von diesem gelieferten Se- 
creten durch das Mikroskop und durch das Reinzüchtungsverfahren 
nachzuweisen ist; so bei septischer Erkrankung des Uterusinnern 
nach der Geburt oder nach gynäkologischen Operationen, bei Eiter¬ 
ansammlung in den Tuben etc. 

Mit Bestimmtheit weiss man ferner, dass der Gonoooccus 
Neisser sich in einzelnen Abschnitten des woiblichen Genital- 


1 ) Nach einem Vortrage, gehalten in der Gesellschaft für Geburts- 
liülfe zu Leipzig. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


tractus aufhalten kann, in denen er specifisclie pathologische Pro- 
(iesse bedingt. 

Nun hat man die Frage aufgeworfen, ob diese pyogenen 
Mikrococcen, die wir im weiblichen Genitalschlauch ganz be¬ 
stimmte Erkrankungen unter bestimmten Bedingungen erregen 
sehen, auch als facultative Saprophyten sich in demselben auf¬ 
halten können, ob sie dort ein Leben führen können, das völlig 
demjenigen entspricht, zu dem sie auf unseren gebräuchlichen 
künstlichen Nährböden ausserhalb der Körpergewebe gezwungen sind. 

Wenn der Gonococcus an einen Ort des Körpers gelangt, der 
eine unverletzte Gewebsoberfläche darstellt und zugleich ein Secret 
liefert, das dem Keim günstige Ernährungsbedingungen bietet, so 
wird derselbe dortvegetiren können, sobald eine zu seinem Wachsthum 
nothwendige Temperatur ihn umgiebt. Er wird zunächst vielleicht 
in dem von der Gewebsunterlage gelieferten Gewebssafte kurze 
Zeit rein saprophytisch leben, um sich jedoch bald vor die Entschei¬ 
dung gestellt zu sehen, entweder eine Infection der Gewebsunter¬ 
lage zu bedingen oder zugrunde zu gehen. . Ist die Gewebsunter¬ 
lage so beschaffen, dass sie der Gonococcus invadiren kann, so wird 
er eine specifische, acute Erkrankung hervorrufen, auch wenn nir¬ 
gends ein Oberflächendefect vorhanden ist. Die Erkrankung geht 
nach einer gewissen Zeit in Heilung über, oder aber sie wird 
chronisch. Wir haben ein Recht dazu, dieses Verhalten des Gono¬ 
coccus aus solchen klinischen Beobachtungen abzuleiten, welche 
durch bacteriologische Untersuchungen controllirt sind. Kann der 
Gonococcus.nicht alsbald das Gewebe selbst angreifen, so geht er 
rasch zugrunde. Auch dies schliessen wir aus unseren Beobach¬ 
tungen und Untersuchungen; denn wir finden die Gonococcen nur 
dort, wo sich zugleich die durch sie bewirkten acuten oder chro¬ 
nischen entzündlichen Veränderungen der Gewebe nachweisen lassen, 
und wir finden sie dort nicht mehr, wo das von ihnen inficirt ge¬ 
wesene Gewebe zu einem normalen Zustand zurückgekehrt ist 
JSach allem, was wir über das Verhalten des Gonococcus im 
menschlichen Körper in Erfahrung gebracht haben, können wir 
demnach als These aufstellen: Der Gonococcus lebt niemals im 
Körper des Menschen längere Zeit hindurch ausschliesslich so dass 
er die physiologischen Secrete als todten Nährboden benutzt 
sondern seme dauernde Anwesenheit in diesen Secreten ist ge¬ 
bunden an eine durch ihn gesetzte Infection der Gewebsunter- 
agen, die meist nur eine auf die oberflächlichen Gewebslagen be¬ 
beschränkte bleibt, und er gelangt immer von neuem aus der Ge¬ 
websunterlage in das von derselben gelieferte Secret. 

Nur wenn der Gonococcus als facultativer Saprophyt im Se- 
crete der Scheide oder des Uterus sich aufhalten könnte, wäre der 
Ausdruck gonorrhoische Spontaninfection für die von Kroenig be¬ 
schriebene gonorrhoische Erkrankung im Wochenbette gerechtfer¬ 
tigt. Das Fieber, welches in puerperio durch eine Propagation 
des gonorrhoischen Entzündungsprocesses von einem Theile der 
Uterushöhle aus auf das ganze Cavum uteri bedingt ist, welches 

vfn’iir«»loh+^ w- £ Ur eü ? reines Intoxicationsfieber darstellt, 
verursacht durch die Resorption von Stoffwechselproducten die in 
Blut- und Serummassen des Uteruscavum durch dort vegetirende 
Gonococcen gebildet werden, dieses Fieber ist nur der Ausdruck 

abernichtTa^ A}J sbrei . tun ^ ? iner sc hon bestehenden Infection, 
aber nicht das Zeichen einer frisch gesetzten Spontaninfection. 

Der Name Selbstmfection würde demnach auch unangebracht 
wArrf fUr f eberbaft ® Zustände, die im Puerperium dadurch^bedingt 

ohvlnnn’ daSS em durch den Stre P toc °ccus pyogenes oder den Sta- 
phylococcus pyogenes aureus schon vor der Geburt in der Scheide 
oder m dem Cervicalcanal erzeugt gewesener, chronisch entzünd- 

i C ch° r ausSJ äh n nd ° der , naCh de? Gebuit Ute r uskö“e r 

sich ausbreitet Denn es läge auch hier nur eine Propagation 
einer schon bestehenden Krankheit vor. ^ ^ 

Existiren denn überhaupt derartige, durch pyogene Strentn- 

d6r°r«wn>io ®J ap ^ 0 e occen veranlasste, entzündliche Veränderungen 
der.Gewehe der Vagina oder des Uterus, die chronisch verlaufen 
ähnlich der Gonorrhoe nur oberflächlich bleiben die Secrete mit 
ein I1 «r P A < lf :nen ' M ec t , . 0MBrr ®* er " erfüllen und dennoch nicht zu 

£> t "ää; 


No. 45 


Streptococcen und Staphylococcen regelmässig in den Secreten oder 
in Schnitten durch das Gewebe nachzuweisen, und es entsorieht 
dieser negative Befund auch völlig der Eigenart der pyoS! 
Mikrococcen, welche in den Geweben des menschlichen Körners 
überhaupt nur acute Entzündungen hervorzurufen pflegen 1 
Von acuten, durch die pyogenen Mikrococcen bedingten Er 
krankungen der Gewebe des weiblichen Genitalcanales ist oben 
schon die Rede gewesen. Sie können nur dann einsetzen wenn 
die Wundmfectionserreger das Gewebe der Scheide oder des Uterus 
an einer Stelle offen, das heisst lädirt, finden, und sie verlaufen 
nach unserer Kenntniss stets so, dass sie über kurz oder lang zur 
Heilung führen oder aber eine Allgemeininfection des Körpers be¬ 
dingen, um entweder auch dann noch in Genesung überzugeben 
oder den Tod zu veranlassen. 6 

Zu einer Propagation eines schon bestehenden, durch pyogene 
Streptococcen oder Staphylococcen verursachten chronischen Ent 
ziindungsprocesses der Scheide oder der Cervix auf den Uterus- 
körper intra oder post partum kann es demnach gar nicht kommen, 
weil diese supponirten, chronischen Infeetionszustände thatsächlich 
nicht existiren. Und es bleibt deshalb die Möglichkeit einer 
Spontaninfection im Sinne Kaltenbach’s intra oder -post 
partum ausschliesslich dadurch offen, dass die pyogenen Staphylo¬ 
coccen und Streptococcen vielleicht imstande sind, als facultative 
Saprophyten ante partum längere Zeit hindurch in den Secreteii 
des Uterovaginalcanales ohne Einbusse ihrer Virulenz sich auf¬ 
zuhalten, aus denen sie intra oder post partum in die Uterus¬ 
körperhöhle Vordringen und, die zu einer Infection frisch gelieferten 
benutzend, in das geöffnete Körpergewebe gelangen 
können. Von einer Spontanintoxication könnte man vielleicht in 
den Fällen sprechen, in welchen obligate Saprophyten, die vor der 
u ui Urt n im Uterovaginalcanal vegetirten, post partum in der Körper¬ 
höhle Gelegenheit fänden, dort angehäuften todten Nährboden zu 
zersetzen und fiebererregende Stoffwechselproducte abzulagern. 

Wenn nun die pyogenen Infectionserreger diese facultativ 
saprophytische Lebensweise in den Uterovaginalsecreten wirklich 
ertragen, so müssen sich dieselben auch dort durch bacteriologische 
Untersuchungsmethoden nachweisen lassen. Von diesem Gedanken 
ausgehend, haben zahlreiche Untersucher die Secrete durchforscht, 
in der Hoffnung, durch Züchtungsversuche und durch Betrachtung 
der Secrete mit dem Mikroskop zur Erledigung dieser so äusserst 
wichtigen Frage Beiträge liefern zu können. Es sind auch viele 
bemerkenswerthe Resultate auf diesem Wege gezeitigt worden: 
aber leider haben diese sowohl an Schwangeren als auch an Nicht¬ 
schwangeren angestellten Untersuchungen bekanntlich die wider¬ 
sprechendsten Ergebnisse geliefert. 

Ich will nicht alle Arbeiten aufführen, die hier angezogen 
werden müssten, sondern blos hinweisen auf die verschiedenen Be¬ 
funde von Doederlein und Kroenig, die sie in der Scheide 
Schwangerer erhoben haben, und auf die Befunde von Winter 
und mir, die sich auf den Cervicalcanal beziehen. Es steht hier 
Befund gegen Befund; jeder ist von der einwandsfreien Art seiner 
Beobachtungsmethode überzeugt, und nur durch weiteres Arbeiten, 
durch welches grosse Zahlen zur statistischen Verwerthung ge¬ 
langen können, muss ein endgültiger Entscheid getroffen werden. 

Ich möchte im Folgenden eine kleine Reihe von Untersuchungen 
vorlegen, die sich auf diese ungelöste Frage beziehen und die zum 
Theil ganz in der alten Weise ausgeführt sind, das heisst auch nur 
darauf hinausgehen, das Genitalsecret auf die schon in ihm ent¬ 
haltenen Keime zu untersuchen und besonders festzustellen, oh 
jemals bei Culturversuchen pyogene Mikrococcen aus den Genital- 
secreten der Frau zu züchten seien. Es wurde bei diesen ersten 
Versuchen nur in der Technik gegenüber den bisher ausgeführten 
Experimenten eine Aenderung getroffen. Einem anderen Theil 
der Versuche wurde aber eine neue Richtung gegeben. Ich ging 
zu Uebertragungen über, die mir erlaubten, das Schicksal künst¬ 
lich in den Uterovaginalcanal eingetragener Bacterien, insonderheit 
der pyogenen Mikrococcen zu verfolgen und aus ihrem Verhalten 
in den Secreten Schlüsse auf die Möglichkeit ihres facultativ sapro- 
phytischen Aufenthaltes in den Genitalsecreten zu ziehen. 

Doederlein hat in seiner bekannten Monographie über das 
fecheidensecret schon von einem Versuche berichtet, bei dem 
eine Uebertragung von Staphylococcen in das Scheidensecret einer 
Virgo intacta vorgenommen und gesehen hat, dass die Mikroorga¬ 
nismen aus dem sauren Secrete, in welchem eine Reincultur der 
von ihm genauer beschriebenen Scheidenbacillen sich vorfand, nach 
einigen Tagen wieder verschwanden. Er berichtet über zwei gleich¬ 
artige Versuche von Bumm; auch letzterer vermochte eine Auf¬ 
zucht von Staphylococcen im Scheidensecrote nicht zu erzielen. 
Doch sind grössere Versuchsreihen mit derartigen Uebertragungen 
nicht bekannt geworden. Da nun bei meinen Experimenten recht 
interessante Details zur Beobachtung gelangten und ich aussei 
über 80 derartige Uebertragungen in die Scheide, auch von einigen 


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15. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


809 


Uebertragungen in den Corvicalcanal und von Versuchen mit 
Scheiden secret ausserhalb des Körpers berichten kann, beschloss 
ich, meine Resultate schon jetzt vorzulegen, wenn auch ein ab¬ 
schliessendes Urtheil durch dieselben für die Frage der Scheiden- 
keimo noch lange nicht gewonnen ist. 

Kroenig und ich, wir sind seit längerer Zeit gemeinschaftlich 
damit beschäftigt, die Frage des Keimgehaltes des ganzen ge¬ 
sunden und kranken Uterovaginalcanales bei der nicht schwangeren 
und bei der schwangeren Frau zu bearbeiten. Es führte dieses 
gemeinschaftliche Studium zu einer Arbeitstheilung, bei welcher 
mir die Untersuchung der einschlägigen Verhältnisse bei dem nicht 
schwangeren W eibe zufielen. Ich musste bei der Auswahl meines 
Materiales gehörig sichten, da die auf der gynäkologischen Station 
der Universitätsfrauenklinik in Leipzig liegenden Frauen zum 
grössten Theil bald nach der Aufnahme in die Klinik als Unter¬ 
richtsmaterial benutzt werden müssen und ausserdem gerade von 
der Scheide aus bei ihnen am häufigsten therapeutisch vorgegangen 
wird. Es ist also eine beständige Trübung der Untersuchungs¬ 
befunde nur bei solchen Frauen auszuschliessen, welche schon als 
Unterrichtsmaterial gedient, eine die Scheide nicht tangirende Ope¬ 
ration durchgemacht hatten und durch eine an den Eingriff sich 
anschliessende längere Bettruhe der Scheide Gelegenheit gaben, 
eine sich gleich bleibende, von aussen möglichst unbeeinflusste 
Baeterienflora aufkeimen zu lassen. 

Es eigneten sich demnach am besten zu den Experimenten 
laparotomirte Frauen, bei denen die Scheide nicht in das Ope¬ 
rationsgebiet mit einbezogen war und welche mindestens 14 Tage 
lang nach der Operation sich ruhig im Bette befunden hatten. 

Bestand für alle Scheiden, auch für die der nichtschwangeren 
Frau, das Bestreben, sich von aerob nur auf alkalischem Nähr¬ 
boden wachsenden Bacterien rein zu halten, allgemein, so musste 
sich dies auf den mit Scheidensecret beschickten Agarplatten aus¬ 
sprechen. Von diesem eigenthümlichen Verhalten des Scheiden- 
secretes, alle nur auf neutralem oder alkalischem Nährboden aürob 
wachsenden Bacterien, insbesondere die pyogenen Mikrococcen zu 
vernichten, wird im Folgenden noch häufiger die Rede sein, und 
ich werde der Kürze halber für dasselbe den Ausdruck Selbst¬ 
reinigung der Scheide benutzen. 

Schon früher habe ich in einer Discussionsbemerkung zu 
Kroenig’s Vortrag über die Scheidenkeime in der Gesellschaft 
für Geburtshülfe zu Leipzig die Selbstreinigung der Scheide nicht 
nur für die schwangere, sondern auch für die nicht schwangere 
Frau in gewissem Umfange als zu Recht bestehend angenommen, 
weil ohne dieselbe eine Erklärung für die Keimfreiheit der alka¬ 
lischen Zone des weiblichen Genitalcanales nicht wohl aufzufinden 
ist. Meine jetzigen Untersuchungen haben diese Annahme völlig 
gerechtfertigt. Bevor ich jedoch die diesbezüglichen Untersuchungs¬ 
resultate selbst mittheile, möchte ich noch kurz angeben, in wel¬ 
cher Weise das Secret der Scheide zur Aussaat entnommen wurde. 

Ich hielt für die Culturversuohe eine Trennung der Secret- 
massen des Scheideheingangs von denen des Scheidengrundes für 
nothwendig und machte die Erfahrung, dass sehr wesentliche 
Differenzen zwischen diesen beiden Secreten bezüglich ihres Keim¬ 
gehaltes zu bestehen pflegen. Das Introitussecret wurde vom 
Rande der Hymenaireste abgestreift, einer Stelle, die bei der Ein¬ 
führung eines Speculums von demselben stets gestreift wird. Es 
wurde deshalb zur Gewinnung des Scheidengrundsecret.es die Ver¬ 
wendung sterilisirter Specula grundsätzlich verworfen und nur mit 
einem dünnen, sterilisirten, verschliessbaren Scheidenlöffel experi- 
mentirt, den man bei gespreizten kleinen Labien gewöhnlich in 
den Scheidengrund einführen kann, ohne den Introitus vaginae zu 
berühren. Der Löffel bewährte sich bei den Versuchen recht gut. 
Er brachte immer genügende Secretraassen mit. Selten kam es 
bei dem Schlüsse des Löffels zu Schleimhauteinklemmungen, die 
man völlig dadurch vermeiden kann, dass man die geschlossene 
Seite seines Maules stark auf die Hinterwand des Scheidengrundes 
aufdrückt und dann rasch den Löffel schliesst. Mit dem gewon¬ 
nenen Secret wurden Agarplatten beschickt, die Aufnahme im 
Brutofen fanden, ferner wurden Objectträgerpräparate hergestellt, 
welche mit Lösungen von Fuchsin oder Methylenblau gefärbt und 
mikroskopisch untersucht wurden. Bei jedem Versuche wurde die 
Reaction des Secretes vom Scheideneingang und vom Scheiden¬ 
grund geprüft. 

Zur Untersuchung gelangte in dieser Weise das Scheidensecret 
von 50 laparotomirten Frauen. 44 mal blieben die Agarplattein, 
welche mit Scheidengrundsecret beschickt waren, steril, 6 mal 
zeigte sich auf ihnen Wachsthum. 2 mal blieben die Agarplatten, 
welche mit Scheideneingangssecret beschickt waren, steril, und 
48 mal zeigte sich auf ihnen Wachsthum. Bei solchen Zahlen 
kann man nicht mehr von zufälligen Unterschieden der Secret- 
arten sprechen. 


Beim Durchmustern der aus dem Scheidengruud zur Ent¬ 
wickelung gelangten Colonieen fand ich nun in einem Falle einen 
Streptococcus, der sich in keiner Weise von dem Streptococcus 
pyogenes unterscheiden liess, und zwar fand ich ihn in Rcincultur 
sowohl im Scheidengrund als auch am Scheideneingang. 

Es hatte in diesem Falle sicherlich keine Verschleppung der 
Keime vom Introitus aus in die Vagina stattgefunden, sondern der 
Streptococcus wohnte offenbar dauernd in dem alkalisch reagirenden 
Scheidensecrete, in welchem er bei jeder erneuten Untersuchung, 
und zwar stets in Reincultur in grosser Zahl nachweisbar war. 
Auf diesen Fall, den ich zunächst verlassen muss, komme ich noch 
mehrfach zurück. Die auf den anderen Platten aus Scheidongrund- 
secret zur Entwickelung gelangten Colonieen enthielten ein Baeterieii- 
material, welches nicht identisch mit einem uns bekannten pyogenen 
Infectionserreger war. Sie stimmten in jedem Falle überein mit 
den aus Introitussecret gleichfalls auf den Agarplatten zur Ent¬ 
wickelung gelangten Bacteriencolonieen. Doch wählend diese auf 
den Introitusplatten in grosser Menge ausgekeimt waren, zeigten 
die Grundplatten immer nur wenige Colonieen, so dass es nicht 
ausgeschlossen erscheint, dass in diesen Fällen die Keime, trotz 
Anwendung des Scheidenlöffels, von dem Eingang der Scheide in 
den Grund hinauf verschleppt wurden. Möglicherweise war aber 
auch die Selbstreinigungskraft der Scheide diesen Bacterien gegen¬ 
über eine herabgesetzte. Zur genaueren Feststellung dieser Ver¬ 
hältnisse sind noch weitere Versuche über die Eigenschaften dieser 
Keime, ihre Neigung zu saurem und alkalischem Nährboden u. s. w. 
nöthig. Am Introitus der Vagina fand ich in zwei Fällen Strepto¬ 
coccen, während zugleich der Scheidengruud frei von ihnen war. 

Bezüglich der Reaction der Secrete ist folgendes zu bemerken: 
Es kommen bei nichtschwangeren Frauen ausgesprochen alkalisch 
reagirende Scheidensecrete vor, und zwar gar nicht so selten. Es 
steht also das Secret der nichtschwaugeren bezüglich dieses Punktes 
in einem sehr bemerkenswerthen Gegensätze zu dem Secrete schwan¬ 
gerer Frauen, auf den ich später zurückkommen werde. Oofter 
fand ich Secrete, welche sowohl saure als auch alkalische Reaction 
zeigten: ich will sie kurz amphotere nennen, obwohl dieser Aus¬ 
druck nicht gerechtfertigt ist. Endlich reagirt in der Mehrzahl 
aller Fälle das Secret der Nichtschwaugeren mehr oder weniger 
stark sauer. Bemerkenswerth erschien es mir, dass in zahlreichen 
Fällen die Reaction des Introitus vaginae nicht mit derjenigen des 
Scheidengrundes übereinstimmte. Bei den 50 untersuchten Frauen 
fand ich das Scheidengrundsecret 

28 mal sauer | 

16 mal alkalisch reagirend. 

6 mal amphoter ] 
das Scheideneingangssecret 

34 mal sauer \ 

13 mal alkalisch > reagirend. 

3 mal amphoter J 

Dieser Unterschied Ist wahrscheinlich in der verschieden starken 
Absonderung einerseits des Cervicalsecretes, andererseits des Secrets 
der Bartholinischen Drüsen begründet. 

Aus dem Scheidengrundsecret waren, wie oben erwähnt ist, 
in 6 Fällen Colonieen auf den Agarplatten ausgekeimt. Die Secret- 
reactiou war in diesen Fällen 3 mal sauer, 2 mal alkalisch und ein¬ 
mal amphoter. Es verbleiben demnach 14 Frauen, welcho ein 
alkalisch reagireudes Grundsecret aufzuweiseu hatten und die den¬ 
noch nach den angestellten Culturversuchen keine Bacterien in 
diesem Secrete führten, welche nur auf alkalischem Nährboden aerob 
zu wachsen vermögen; dagegen wurde 3 mal bei saurer Reaction 
des Scheidengrundsecret es aus dem Secret e auf alkalischem Agar bei 
aerober Culturmethode Wachsthum erzielt. Es mussten diese Be¬ 
funde schon darauf hin weisen, dass nicht die von den Scheiden¬ 
bacillen gelieferte Säure allein das Selbstreinigungsvermögen des 
Scheidensecretes aus macht. 

lieber den mikroskopischen Befund, den ich bei der Unter¬ 
suchung dieser 50 Scheidensecrete erheben konnte, habe ich zu 
bemerken, dass nicht eine der untersuchten Frauen ein Secret 
in der Scheide trug, welches mikroskopisch coccenfrei war. Es 
überwogen allerdings meist im mikroskopischen Bilde die Stäbchen-i 
bacterien; doch waren unter diesen nur in einzelnen Fällen die 
Doederlein’schen Scheidenbacillen, viel häufiger dagegen ziemlich 
fette Kurzstäbchen und zierliche, feine Bogenstäbchen sichtbar. 
In dem Scheidensecrete, aus welchem Streptococcen gezüchtet 
wurden, waren ausser diesen nur noch typische Gonococcen zu 
sehen. Die Streptococcen waren nicht zu Ketten, sondern zu 
Paaren im Bilde angeordnet. Man konnte sie aber durch die 
Gram’sche Färbung sehr leicht von den intracellulär liegenden 
Gonococcen differenziren. 

Verhältnissmässig selten waren die Secrete, welche an zelligen 
Bestandtheilen ausschliesslich Epithelien führten, am häufigsten 
diejenigen, in welchen zahlreiche Epithelien und weniger zahlreiche 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Leukocyten zusammen zu sehen waren, ganz vereinzelt nur die, 
welche fast ausschliesslich Leukocyten als zeitige Bestandtheile 
enthielten. (Fortsetzung folgt.) 


IV. Aus der Provinzial-Irrenanstalt in Leubus. 

Paralytische Anfälle nicht-corticalen Sitzes. 

Von Dr. Clemens Neisser, Oberarzt, 

In einer Abhandlung über die Paralytischen Anfälle habe ich 
unlängst 1 ) auseinandergesetzt, dass die sogenannten Anfälle nicht 
eigenartige Sondererscheinungen im Verlaufe der Krankheit bilden, 
sondern dass sie sich nur theilweise und mehr quantitativ aus 
dem Rahmen des paralytischen Gesammtprocesses herausheben 
lassen. Die sehulmässige Lehre, dass die Anfälle entweder apo- 
plekti- oder epileptiformer Natur seien, erwies sich selbst klinisch- 
descriptiv in keiner Weise als zureichend, die damit gegebene Um¬ 
grenzung als willkürlich und nicht von den wesentlichen Eigen¬ 
tümlichkeiten hergeleitet. Eine umfassende klinische Betrachtung 
ergab vielmehr, dass die sogenannten Anfälle als besonders acute 
Schübe des sonst, wenn auch unter vielfachen Intensitätsschwan¬ 
kungen, so doch im allgemeinen mehr allmählich progressiv ver¬ 
laufenden Krankheitsprocesses imponiren. Worauf diese Exacer¬ 
bationen beruhen und wie sie vor sich gehen, wissen wir nicht, 
ebenso wenig wie wir über die Bedingungen etwas Näheres wissen’ 
unter welchen die Remissionen im Krankheitsverlauf der pro¬ 
gressiven Paralyse zustande kommen. 

Früher haben die Autoren bei ihren Deutungsversuchen in 
einseitiger Weise die Allgemeinsymptome sowie die meist flüchtige 
Natur der etwa gleichzeitig mit denselben auftretenden Heerdsym¬ 
ptome fast ausschliesslich berücksichtigt. Indess leuchtet ein, dass 
für die Ermittelung des zu Grunde liegenden pathologischen Pro¬ 
zesses nur solche Fälle verwerthbar sind, bei welchen ein einwands¬ 
freier Schluss auf die locale Genese der Symptome klinisch mög¬ 
lich ist. Dies wird natürlich nur unter besonderen Umständen 
und bei einer Minderzahl von Fällen zutrefifen. Eine solche sorg¬ 
fältige Beschränkung in der Auswahl ist ja bei der Beurtheilung 
gehirnpathologischer Fragen durchweg geboten. Für das Studium 
der paralytischen Anfälle kommen demgemäss in erster Linie solche 
Fälle in Betracht, in welchen nach dem Anfalle Heerdsymptome 
von dauerndem Bestände zurückgeblieben sind, sodann solche 
Fälle, in welchen in verschiedenen successiven Anfällen die glei¬ 
chen Heerdsymptome sich wiederholt haben, und endlich solche, bei 
welchen ein plötzliches Einsetzen von motorischen oder sensorischen 
Ausfallssymptomen ohne irgend welche erheblichere Allgemein¬ 
symptome erfolgt ist. 

Li ss au er hat das Verdienst, in klarer Erfassung dieser kli¬ 
nischen Gesichtspunkte systematische und erfolgreiche anatomische 
Untersuchungen vorgenommen zu haben. Unter Vermeidung von 
Einzelheiten, bezüglich deren ich auf seine Originalmittheilungen ,2 ) 
sowie auf meine Abhandlung») verweise, führe ich an, dass in 
denjenigen Rindenterritorien, auf deren Läsion der klinische De- 
tect hinwies, sich ein sehr erheblicher, schichtweise sogar völligei 
Schwund des specifischen Gewebes, namentlich der Ganglienzellen 
ergab, ausserdem Degeneration im Marklager und in ganz be¬ 
stimmten Sehhügelabschnitten, welche als höchstwahrscheinlich 
secundäre gedeutet werden musste. Nach Li s sau er stellt die 
von ihm gefundene Rindenläsion „nur einen ganz ungewöhnlich 
hohen Grad des systematischen Degenerationsprocesses dar, welcher 
überhaupt die Paralyse ausmacht.“ Seine anatomischen Unter¬ 
suchungen führten ihn zu dem Schlüsse: „Die paralytischen Anfälle 
erscheinen danach als ein plötzliches Anschwellen des paralytischen 
Processes in bestimmten Rindenterritorien.“ 

1St 8< J r ZU plagen, dass ^ Lissauer nicht mehr ver- 
gönnt war die ausführliche Publication seiner Untersuchungen 
seine^tz^ 8 Th ge “’ um durch ausreichendes Thatsachenmaterial 
aTo- JI T wf zu stützen ' Die Ton ihm vorliegenden kurzen 

» geSt ? tte " z , unäc hst nur das als erwiesen zu erachten, 
d ? ht d *anatomischen Residuen des Anfalls sich qualitativ 
tv^nh Jnte rscheiden von denjenigen des langsamer verlaufenden 

Ä he A n n Kra ? khelte ' )r0 ~ 0b aber diejenige acute circum- 
scnpte Alteraüon, welche klinisch als Anfall sich kundgab und 

Hch ^ ber f dle Seschilderto intensive Degeneration einsetzte, wirk- 
p f “ £ nscbw ellen des sonst langsam zur Atrophie 

wÄÄ b6rUht ° der . ob dieselbe »«* durch irgend 
welche Beson derheiten ausgezeichnet ist, zur Entscheidung dieser 

«and Enke ^89l yti8ChenAnnUle - Hinis ^r Vortrag. Stuttgart, Ferdi- 


No.4(i 

Frage hat Lissauer Anhaltspunkte nicht gegeben. Hier besteht 
also noch eine Lücke in der anatomischen Beweisführung welche 
künftige Arbeiten auszufüllen haben werden, Jedenfalls aber ist 
es eine Thatsache von grosser Tragweite, dass bei denjenigen An¬ 
fällen, bei welchen die klinischen Symptome überhaupt einen An¬ 
griffspunkt für die anatomische Prüfung verstatten, regionär eine 
im Wesen gleichartige, quantitativ aber auffällig intensiver ent 
wickelte Degeneration als sonst bei dem paralytischen Processe 
sich als charakteristischer Befund in den daraufhin untersuchten 
Fällen regelmässig ergeben hat. 1 ) Diejenigen Anschauungen, zu 
welchen wir durch die klinische Betrachtung unabweisbar’ge¬ 
führt wurden, haben damit eine wichtige positive Unterlage ge¬ 
wonnen. J 

Solange wir den pathologisch-anatomischen Hergang nicht ge¬ 
nauer kennen, muss die Frage offen bleiben, durch welche der 
Affection etwa innewohnenden mechanischen Momente die häufig 
im Vordergründe stehenden Allgemeinerscheinungen der Anfälle 
ausgelöst werden. Man kann sich vielleicht denken, dass der ra¬ 
pide Untergang umfänglicher Nervengewebspartieen eine negative 
Druckschwankung und somit den Insult bedingt. Ich habe in 
meiner Abhandlung diese Hypothese aufgestellt, ich möchte aber 
kein besonderes Gewicht auf dieselbe legen, zumal die inzwischen 
bekannt gegebenen Untersuchungsbefunde von Nissl über Ganglien¬ 
zelldegeneration und Gliawucherung damit schwer vereinbar sind. 
Das aber muss unbedingt festgehalten werden, dass die Insult¬ 
erscheinungen nur Nebenwirkungen sein können, abhängig von 
den räumlichen Verhältnissen und der Angriffsweise der Schädlich¬ 
keit. Dass nicht selten nur Allgemeinerscheinungen die Anfälle 
constituiren, sowie dass die Heerdsymptome, wenn solche auf¬ 
getreten sind, in der Mehrzahl der Fälle sich rasch, mindestens 
theilweise ausgleichen, ist auch nach unserer Auffassung von dem 
V esen der Anfälle sehr erklärlich. Es kann ja in keiner Weise an¬ 
genommen werden, dass das Fortschreiten des Krankheitsprocesses 
durch die physiologische Zusammenordnung der nervösen Elemente 
zu besonderen Centren territorial bestimmt werde, und es wird 
deshalb nur unter besonderen Umständen ein distincter Functions¬ 
ausfall als direktes Heerdsymptom resultiren. Andererseits darf es 
wohl als sicher gelten, dass bei jeder acuten Läsion zunächst eine 
grössere Anzahl von nervösen Elementen functioneil versagen, als 
von derselben unmittelbar betroffen sind. Sodann aber muss auch 
an ein vicariirendes Eintreten der anderen Hemisphäre gedacht 
werden. 

Die Schwierigkeit, zu der geschilderten Auffassung der paraly¬ 
tischen Anfälle als von acuten circumscripten Rindenläsionen zu 
gelangen, lag, wie wir gesehen haben, hauptsächlich in den Er¬ 
scheinungen des Insults begründet, welche dieselben zu begleiten 
pflegen und welche die pathogenetischen Beziehungen der Sym¬ 
ptome. naturgemäss mehr oder weniger zu verdecken geeignet sind. 
Nun ist aber, wie die klinische und anatomische Untersuchung 
lehrt, wohl in keinem Falle der paralytische Process blos auf 
die Rinde beschränkt. Es ist deshalb von principieller 
Wichtigkeit, zu ermitteln, ob auch anderweitig im Ge¬ 
hirn oder Rückenmark bei Paralytikern ein anfalL- 
weises acutes Fortschreiten des Krankheitsprocesses 
stattfindet. 

Ich möchte nun einen Fall mittheilen, bei welchem die Sym¬ 
ptome eines Anfalls auf einen subcortiealen Sitz der Läsion hin- 
wiesen. 

C K., Gastwirth, 44 Jahre alt, kein Potator, frühere Lues wahr¬ 
scheinlich. Anfang dieses Frühjahres Kopfverletzung. Seitdem Schmerzen 
im Hinterkopf. Im April d. J. wurde er aus geringfügiger Ursache von 
einem Polizisten zur Bestrafung notirt. Danach höchst aufgeregt, zitterte 
am ganzen Körper, erzählte ängstlich immer wieder, was ihm passirt war. 
Seitdem deutlich geistesgestört, er ging wie träumend umher, wurde 
schlaff, träge und vergesslich, schlief überall ein und war überhaupt den 
ganzen Tag schläfrig. Im Mai ein schwerer Ohnmachtsanfall. All¬ 
mählich unruhiger, verkehrtes Treiben, lief in fremde Häuser, nahm be¬ 
liebige Sachen an sich, wurde bei Einspruch gewaltthätig etc. Bei der 
Untersuchung durch den Kreisphysikus zeigte er sich verwirrt, wusste 
weder Datum noch Jahreszeit, lief unruhig hin und her, war dabei w 
euphorischer Stimmung, lachte über seine Antworten, wie wenn er ein® 11 
Witz gemacht hätte. Von einer Sprachstörung berichtet der Kreis* 
physikus nichts. Zehn Tage danach, am 2. Juli d. J., wurde Patient io 
unsere Anstalt gebracht. Ich notirte bei der Nachmittags erfolgenden Auf¬ 
nahme: Patient in Zwangsjacke zugeführt, direktionslos im EmpteuS 8 ' 

*) Lissauer’s Befunde, sowie ein späterer analoger von Ascher 
erhobener (Allg. Zeitschr. für Psych. Bd. 49, S. 256 ff) beziehen sich aus¬ 
schliesslich auf sensorische Ausfallserscheinungen. Brie .hat aber n» 
einem Falle von motorischen Heerdsymptomen eine entsprechende hjn- 
denläsion in der Centralwindung gesehen (Allg. Ztschr. f. Psych- Bd.*« 

S. 682). Die zum Theil abweichenden Ergebnisse von Zagari (Neuroteg. 
Centralbl. 1891, S. 108 ff.) können keine Beweiskraft beanspruchen, da < 1 
über die anatomisch untersuchten Fälle vorliegenden klinischen 1 
durchaus ungenügende sind. 


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15. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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zimmer umherirrend, sagt mit grösster Anstrengung unter vielen Muskel- 
verrenkungen seinen. Namen. Andere Anfragen bleiben unbeantwortet, er 
ertheilt aber offenbar wiederholt bezügliche Impulse, ohne dass otwas 
anderes als grimassirende mimische Muskelbewegungen resultiren. Er¬ 
hebliche Pupillendifferenz, rechts maximal erweitert, links ziemlich eng; 
nur die linke reagirt ein wenig auf Belichtung. Anscheinend auch Seh¬ 
störung, da Kopfstellung und Blickrichtung nicht ganz übereinstimmen. 
Näheres nicht zu prüfen möglich. — Der sehr verständige Begleiter be¬ 
hauptet mit Bestimmtheit, dass Patient heute frühmorgens noch habe 
leidlich gut sprechen können; etwas erschwert sei die Sprache schon 
einige Zeit (ob seit dem Anfall im Mai, weiss er nicht) gewesen; diese 
grobe Störung habe sich aber erst heute unterwegs eingestellt, ohne dass 
Krämpfe, Ohnmacht und dergleichen vorhanden gewesen sei. Patient hat 
auf der Reise zu Mittag gegessen und getrunken, „musste es aber etwas 
langsam gereicht bekommen.“ — Bald nach der Aufnahme, während des 
Bades, fand ich ihn etwas geordneter, Sprache auch etwas besser, wenn¬ 
gleich immer noch kolossal erschwert. Versteht alle Fragen, vergisst aber 
sehr oft mittendrin in der Beantwortung fortzufahren, muss immer von 
neuem stimulirt werden. Findet für die verschiedensten vorgehaltenen 
Gegenstände, soweit bei der erschwerten Articulation ein zuverlässiges 
Ürtheil hierüber möglich ist, anscheinend sofort die richtige Bezeichnung. 
Am Abend war Patient unruhig, liess sich nicht dirigiren, fiel Nachts aus 
dem Bette und schlug sich eine Wunde am linken oberen Augenlide. Zur 
Sicherung des Verbandes wurde Patient dann einige Tage unter der Ein¬ 
wirkung von Narkoticis gehalten, so dass er der Beobachtung gewisser- 
inaassen entzogen war. Danach trat im ganzen eine Besserung ein; er 
blieb ruhig im Bette liegen und war soweit geordnet, dass es beispiels¬ 
weise möglich war, ihn das Alphabet und einige andere Proben schreiben 
zu lassen. Die Sprache war dick und schwerfällig, dabei ein wenig 
explosiv und auch von mancherlei Mitbewegungen begleitet, aber doch 
nicht entfernt so gestört wie bei der Aufnahme. Schlucken ohne 
Schwierigkeiten, Patient isst dauernd die volle Kost. 

So blieb es ungefähr eine Woche. Dann wird eines Tages gemeldet, 
dass Patient unruhig werde und nicht im Bette bleibe. Als ich ihn bald dar¬ 
auf sah, bot er ein sehr merkwürdiges Bild. Er wollte beständig reden; sobald 
er aber einige Worte begonnen hatte, hielt er plötzlich wieder inne, mit der 
Hand den Unterkiefer fest nach oben pressend. Dabei machte er die ab¬ 
sonderlichsten mimischen Gebärden, riss die Augen auf und schnob mit 
der Nase, sperrte den Mund weit auf, hielt ihn lange Zeit offen, machte 
mit der Zunge einige unbehülfliehe Bewegungen, holte geräuschvoll Athem; 
manchmal nahm das Gesicht den Ausdruck an von Jemandem, der gern 
niesen möchte, aber nicht kann. Die wenigen Worte, welche er hervor- 
stiess — meist dieselben: „ich kann nicht reden — wenn ich das Maul 
nicht festhalte“ — kamen mit grosser Anstrengung und einer Fülle von 
Mitbewegungen, aber in ihrem sprachlichen Aufbau in keiner Weise ver¬ 
stümmelt heraus. Sie standen ihm auch offenbar geistig zur Verfügung, 
nur die articulatorische Coordination versagte. Eine genauere Analyse 
des fehlerhaften Mechanismus gelang nicht. Alle einzelnen befohlenen 
Zungenbewegungen konnten vollzogen werden, wenn auch zum Theil schwer¬ 
fällig, Mund öffnen und schliessen, seitliche Kieferbewegungen und Ver¬ 
ziehungen der Mundwinkel waren, wenn auch oft wiederholte Versuche 
nothwendig wurden, ausführbar. Speichelfluss war nicht vorhanden. Sehr 
intensiv bestand aber ein Tremor der linksseitigen Wangen- imd Lippen- 
rauskulatur, dieselbe bebte und flatterte beständig und namentlich bei allen 
mimischen, sprachlichen etc. Bewegungsversuchen in hochgradiger und 
auffälliger Weise. Ferner bestand ein starker Tremor der rechten oberen 
Extremität, welcher sich bei intendirten Bewegungen zu heftigen Rucken 
steigerte, so dass Patient trotz lebhaften Bemühens auf Geheiss nicht im¬ 
stande war, einen einzigen Buchstaben zu schreiben. Sofort fuhr die Feder 
in grober Excursion und ungeregelter Schleuderbewegung über das Papier 
oder glitt weit ab von der Unterlage. Bei längerer Fortsetzung der Unter¬ 
suchung theilte sich der Tremor allmählich auch der übrigen Muskulatur 
des Körpers mit, wenn auch in geringerem Grade. Dabei schien die grobe 
Kraft im rechten Arm deutlich herabgesetzt, während dieselbe am linken 
Arm und an beiden Beinen sowohl in der Beuge- wie Streckmuskulatur 
ausgiebig erhalten war. Keine Ataxie oder Lähmung an den unteren 
Extremitäten. Kniephänomene beiderseits, wie auch vorher schon, sehr 
lebhaft. Kein Fussklonus, keine Blasen- oder Mastdannlahmung, keine 
Pupillenverengerung (die rechte blieb extrem weit, die linke eng, aber 
reactionsfähig). Schlucken von festen Bissen unmöglich, nur 
flüssige Nahrung konnte vorsichtig gereicht werden. Dieser Zustand hielt 
mit geringen Intensitätsschwankungen etwa drei Tage an. Dann schlief 
Patient viel, fast einen ganzen Tag. Die Sprache besserte sich, die fort¬ 
währenden Nachhülfeversuche des Patienten mit der Hand an Mund und 
Kiefer fielen fort, der Tremor der rechten oberen Extremität hörte auf, 
es blieb aber eine linksseitige Facialisparese zurück, und das Schlucken 
von festen Bissen war erst nach sieben Tagen wieder möglich und ist 
seither ungestört. 

Es handelte sich also um ein plötzliches Einsetzen einer 
Störung in dem coordinatorischen Gefüge des Schluckactes und 
der Sprache sowie in geringerem Grade auch der . Respirations¬ 
bewegungen, ferner der Motilität in dem linksseitigen Facialis- 
gebiete und der rechten oberen Extremität. Von Allgemein¬ 
erscheinungen bestand nur eine etwas gesteigerte Unruhe, welche 
sich in incohärenten Bewegungsantrieben und vielleicht in einem 
ganz leichten Grade von Angst kundgab. 

Ich möchte diesen Anfall als bulbären bezeichnen, indem ich 
glaube, dass dieser Name auch für solche Läsionen sich rechtfertigt, 
welche die von der Rinde zu den Kernen ziehenden Leitungswege 
botreffen. Dass die nicht zur Sprache gehörigen einseitigen Be¬ 


wegungen der Zunge, Lippen und Wangen durch besondere Nerven¬ 
fasern im Gehirn vertreten sind (und deshalb in ihrer Function im 
wesentlichen erhalten sein können bei Störungen der motorischen 
Bahn der Sprache), ist nach Wer nicke durch pathologische Er¬ 
fahrungen ausreichend sichergestellt. Wollte man den Symptomen- 
complex in unserem Falle anstatt ihn auf die Gegend der Brücke 
zu beziehen, vom Cortex aus entstanden denken, so müsste man 
multiple doppelseitige Läsionen als vorhanden annehmen. Es wäro 
dann aber doch auffällig, dass Allgemeinerscheinungen fast gänz¬ 
lich fehlten, und ferner wäre es kaum zu verstehen, wieso bei so 
schwerer Störung des Schluck- und Spraehapparates die übrigen 
von den betheiligten Nerven abhängigen Bewegungen relativ wohl¬ 
erhalten bleiben konnten. 

Im Anschluss hieran möchte ich trotz lückenhafter Notizen 
eines anderen Anfalles bei einem Paralytiker kurz Erwähnung thun, 
welchen ich für einen spinalen angesprochen habe. 

Von einem vorgeschrittenen Paralytiker, welcher aber noch so weit 
rüstig war, um körperliche Arbeit zu leisten, zur Zeit jedoch wegen einer 
unerheblichen Brandwunde das Bett hütete, meldete der Wärter, dass er 
über Schmerzen in den Beinen klage und „Krampf“ habe. Als ich hinzu¬ 
kam, war nichts mehr zu constatiren und auch von dem stumpfen Patienten 
nichts genaues zu erfahren. Soweit es durch Befragen des Wärters zu 
ermitteln war, hatte der Patient nicht das Bewusstsein verloren, sich auch 
nicht geschüttelt oder Zuckungen gehabt , er habe bloss mehrfach ge¬ 
klagt, dass es ihm die Glieder schmerzhaft zusammenziehe, und die Beine 
seien ganz steif gewesen. Die oberen Extremitäten seien nicht oder sicher 
nicht erheblich betheiligt gewesen und auch nicht das Gesicht. Im Laufe 
dos Tages wurde nichts Auffälliges bemerkt. Am folgenden Tage konnte 
Patient nicht aufstehen, war weinerlich und verdrossen, konnte das 
Wasser nicht halten und hatte ausgeprägte hochgradige Ataxie und 
Schwäche in den Bewegungen der unteren Extremitäten, während die 
oberen nur gesteigerten Tremor zeigten. Er konnte sich nur mit Mühe 
im Bett aufsetzen, die Beine wurden ihm dann über den Bettrand ge¬ 
hoben, und als er nun sicli aufstellen sollte, nahm er in sehr charak¬ 
teristischer Weise eine breite Spreizstellung ein, um die Balance zu er¬ 
halten. Bei dem Versuche, zu gehen, wäre er ohne Unterstützung schon 
beim ersten schleudernd erfolgenden Schritte hingefallen. Die Sensibilität 
war bei der Stumpfheit des Patienten nicht genau zu prüfen möglich, sie 
war auch längere Zeit vorher leider nicht untersucht worden, sicher aber 
war sie jetzt an den Beinen erheblich herabgesetzt. Die Kniephänomene 
waren, wie auch früher schon, links aufgehoben, rechts leicht gesteigert. 
Eine intercurrente Pneumonie verhinderte dann die Fortsetzung der Unter¬ 
suchungen an dem Patienten. Er hat sich aber im Laufe einer Wocho 
soweit erholt, dass er wieder gehen kann, wenn auch wesentlich atactischer 
als vor dem Anfalle; eine geringe Incontinenz der Blase ist bestehen ge¬ 
blieben. 

Die Beobachtung des Falles ist, wie von vornherein bemerkt, 
eine nicht ausreichende. Immerhin dürfte nach dem Auftreten von 
anscheinend lediglich tonischen Krampfzuständen, dem ausschliess¬ 
lichen Befallensein beider unteren Extremitäten und der Blase die 
Annahme eines spinalen Processes sich rechtfertigen. 

Endlich möchte ich noch auf besondere Erscheinungen hin- 
weisen, welche mitunter nach Anfällen auftreten und weiche früher 
nicht leicht einer Erklärung zugänglich schienen. Es kommt näm¬ 
lich vor, dass die wesentlichste Störung, welche der Anfall setzt, 
eine hochgradige Schwäche ist, welche namentlich die unteren 
Extremitäten befällt und zu jeder Leistung, selbst manchmal zum 
Stehen unfähig macht. Dabei handelt es sich nicht um eine eigent¬ 
liche Lähmung, weder um einen Ausfall der Bewegungsvorstellungen, 
noch um eine Lähmung einzelner Muskeln oder Muskelgebiete, 
sondern es ist eben nur eine äusserste Hinfälligkeit und Kraft¬ 
abnahme insgesammt zu verzeichnen. Daran pflegt sich ein all¬ 
gemeiner Rückgang und eine progressive, oft rapide Abmagerung 
anzuschliessen. Sollte man nach den interessanten Ergebnissen der 
Luciani’schen Untersuchungen nicht an einen cerebellaren Sitz 
der Läsion in solchen Fällen denken müssen? Leider habe ich, 
seitdem mir Luciani’s Arbeit bekannt geworden, einschlägige 
Fälle nicht mehr gesehen, und beweisende Krankengeschichten stehen 
mir nicht zur Verfügung. Ich möchte deshalb diese Mittheilung 
nur als eine beiläufige Anregung für weitere Beobachtungen an¬ 
gesehen wissen. 

Y. Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M., 
chirurgische Abtheilung von Dr. Harbordt. 

Ein Fall von Hydrocele muliebris. 

Von Dr. med. W. Lierinann, 

ehemaligem Assistenzarzt der Abtheilung. 

Wie der Processus vaginalis peritonei beim Manne durch Kicht- 
obliteration Veranlassung zu mannigfachen pathologischen Vor¬ 
gängen giebt, so kann auch das Persistiren desselben beim \\ eibe 
analoge Veränderungen hervorrufen. . 

Die eingehenden Untersuchungen über den Processus vaginalis 


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Ürigiral frem 

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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


S72 


poritonei von H. Sachs, 1 ) der es sich zur Aufgabe machte, die dies¬ 
bezüglichen entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge an einer grossen 
Zahl von Kinderleichen anatomisch klarzulegen, haben dargethan, 
dass der Processus vaginalis des Weibes — Diverfciculum Nuckii 
genannt — normaler Weise schon innerhalb des intrauterinen 
Lebens verschwindet. Sachs kommt fernerhin zu dem Resul¬ 
tat, dass der offene Processus vaginalis beim Manne sowohl 
wie beim Weibe viel häufiger auf der rechten Seite, als linker¬ 
seits angetroflfen wird und dass beim Weibe der durch Offen¬ 
bleiben des Processus vaginalis gebildete Canalis Nuckii im 
späteren Alter ebenso häufig angetroflfen wird wie gleich nach 
der Geburt. 

Ebenso wie sich beim Manne in persistirenden grösseren 
oder kleineren Resten des Processus vaginalis peritonei Flüssig¬ 
keitsansammlungen bilden können, ein Zustand, den wir als Hydrocele 
bezeichnen, so können sich auch in analoger Weise in dem persi¬ 
stirenden Canalis Nuckii des Weibes derartige pathologische Ver¬ 
änderungen vollziehen. Es ist dieser analoge Zustand beim Weibe 
als Hydrocele muliebris bezeichnet worden. 

Hennig 2 ) hat seinerzeit unter diesem Namen, mit Hinzu¬ 
rechnung zweier selbst beobachteten Fälle, 41 Fälle in der ge- 
sammten Litteratur zusammenstellen können, was schon ein Be¬ 
weis für das nicht häufige Vorkommen der genannten Affection 
sein dürfte. 

Trotzdem ist die sogenannte Hydrocele muliebris nicht als ein 
pathologisches Curiosum zu betrachten, sondern die erheblichen 
Beschwerden und die diagnostischen Irrthümcr. zu denen die Affec¬ 
tion Veranlassung geben kann, machen es nothwendig, sich mit 
den Erscheinungen derselben vertraut zu machen. Gerade was die 
diagnostischen Irrthümer bei der Hydrocele muliebris anbetrifft, 
so hat Hennig mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die 
meisten der genannten Wasserbrüche bis jetzt zuerst für Darm¬ 
brüche gehalten wurden. 

Dass sich je nach dem Sitz dieser Hydrocelen — d. h. je nach¬ 
dem sie den Leistencanal ganz oder theilweise ausfüllen, mit der 
Bauchhölüe communiciren oder sich zu vollständig abgeschlossenen 
Bälgen hei ausbilden sowohl die klinischen Symptome, wie auch 
der anatomische Befund sehr verschieden gestalten können, liegt 
auf der Hand. Ich will auf diese verschiedenen Möglichkeiten hier 
nicht näher eingehen, sondern auf das Hennig’sche Referat ver¬ 
weisen, wo im Anschluss an die 41 citirten Fälle sowohl die 
Diagnosenstellung, wie die klinischen Symptome, die Verschieden¬ 
heit des Sitzes der Hydrocele und der sich daraus ergehende patho¬ 
logische Befund des näheren geschildert sind. 

Einen von uns vor kurzem beobachteten Fall glaube ich auch 
U ? t< : r (lem Namen Hydrocele muliebris zu¬ 
sammengefassten Fälle rubnciren zu können, und dürfte derselbe 
besonders auf Grund des anatomischen Befundes von Interesse sein. 

G., Therese. 28 Jahre, Näherin, wurde am 2. November 1891, nach- 
6ch . on 11 ,nehrore Woelmn i n ärztlicher Behandlung gewesen war 
T -T f °? erativGn Eingriffes einer nicht repoSrbaren rechts-’ 
nommen. L st<?nhCmie * llf dßr t ‘ hiri,I ^ ischon Abtheilung aufge- 

wol . Anan \ ne ^ ergab folgendes: Menstruation trat mit 17 Jahren ein 
reg °l mäs > slg und ohuo Beschwerden. Vor 3 Jahren bemerkte 
Patientin zuerst eine etwa haselnussgrosso Schwellung in der rechten 
Leistengegend, die ihr jedoch keinerlei Beschwerden machte In den 
nächstem Jahren nahm diese Schwellung langsam und stetig zu Die 
«rsten Bc»ch« cr den v°n Seiten der Geschwulst tretenzufrstv„7ctwa 

L d or * o«,, °i n n t c'nS to! fp 0 ' °"' l "' stand ? n in “»‘woise ziehenden Schmerzen 
4 't { i! • I ^ lu » enn gen gastrischen Beschwerden Vor 

s ca; ÄsiEiicSir | 

als prUdisp<mircndes^Mmnent*'^ür™ ie^^insspr/'T° Ce ^ SU i vag . iualis l>eritonr-i 

beck’g Archiv Bd. 35 “ 321 erC Lunge«. 

Bd. 25, HoSTs. m"' nmliehris. Archiv für (ivnhlcologi,. 


- —- • • , : _ __ _ _ No. 

der genannten Geschwulst, ist unter den Bauchdcckou oino zweite"^, 
kleinere Geschwulst zu filhlen von etwas härterer Consistenz und th 
längsovaler Form. Diese zweite Geschwulst, die sich direct an die 
genannte ansetzt ist viel druckempfindlicher und fast gar nicht vetscMeb' 

fingen nfekt ° G< ’ SChwulst na< * »«• a reponiren gc 

Nachdem am 3. November morgens auf Oloum Rieini Stuhl erfolvl 
war, wird abends 5 Ohr zur Operation geschritten. In Narkose Län»? 
schnitt paraUel der Inguinalfalte über die äusserlich sichtbare Gosel,«K 
Nach Dnrchtrennung der Bauchdecken zeigt sich in der Tiefe eine klein 
hühnereigrossc Geschwulst. Beim Einschneiden derselben entleert «H 
unter Ziisammcnfallon der Geschwulst, hellgelbe Flüssigkeit. Nach UL 
ligom Aufschneidon und Siehtbarmachen der Innonfläche des GcschmiUi 
sackes zeigen sich an dem oberen äusseren Winkel desselben nobenoin’ 
ander zwei haselnussgi-osse gefüllte Cysten mit bläuliehweissor Wandim» 
Dieselben sitzen nur an einem kleinen kurzen Stiel der Wandune £ 
Sackes an. Ans diesen beiden Cysten entleert sich beim Einschneiden, 
wasserhclle Flüssigkeit. Von dem oberen äusseren Winkel des erst 
geöffneten Sackes gelangt man mit. der Holilsonde durch eine enge Snail, 
in das Innere eines zweiten Sackes. Nachdem derselbe durch Vorlimw- 
rung des Hautschnitts und Durchtrennung der Bauchdecken frcigelcgt ist 
präsentirt sich dieser zweite Sack als eine zweite etwas kleinere Go- 
schwulst als die zuerst eröffnet«. Beim Einschneiden fallt diese Gc- 
schwulst ebenfalls zusammen, und cs entleert sich diosclbe gelbliche 
t lüssigkeit. Beide Bälge lassen sich vollkommen exstirpireu. Der durch 
diese Exstirpation geschaffene Hohlraum ist gegen dio Bauchhöhle voll¬ 
ständig abgeschlossen; ebenso vollständig ist der Abschluss nach (kr 
beite und nach unten. Die Incisionswunde wird vom&lit und im unteren 
Winkel drainirt. Dio W r imdheilung verläuft normal. Am vierten Tage 
nach der Operation erfolgt auf Einlauf normaler Stuhl. Patientin wird 
am 18. November geheilt entlassen, nachdem von Seiten des Mageus und 
Darms keinerlei Beschwerden mehr aufgetreten waren und jegliche Kost 
gut vertragen wurde. 

Die anatomische Untersuchung der beiden exstirpirtcu, sandulirföniiig 
nebeneinander gelagerten Geschwulstsäcke ergab eiuen fibrösen Balg mii 
einer 1 min dicken W andung, sowio seröse, mit Plattenepithel ausgo- 
kloidete, nicht ganz glatte Innenfläche. Die beiden hasselnussgrosseii 
Oys ton zeigten eino durchsichtige, aus Bmdegewebsstroma bestehend^ 
Wandung und waren mit Endothel ausgekleidet. 

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Entstehung der 
hier geschilderten Affection auf die Persistenz des Canalis Nuckii 
zurückzuführen ist, der sich in unserem Falle innerhalb des 
Leistencanals völlig abgeschlossen hatte. 

Was nun die eigentümliche Sanduhrform der beideu Bälge 
anbetrifft, in deren einem sich noch dazu zwei fast völlig isolirtc 
kleine Cysten yorfanden, so giebt uns auch hier das analoge Vor¬ 
kommen derartiger Formen von Hydrocele beim Manne Aufschluss. 

Von der Hydrocele funiculi spermatici, die mit der hier be¬ 
schriebenen am meisten analog sein dürfte, kommen eine Reihe von 
Abnormitäten in der Form des Sackes vor, welche als Hydrocok 
bilocularis bezeichnet werden. 

Es sind insbesondere von Kocher (Krankheiten der männ¬ 
lichen Geschlechtsorgane 1887) viele derartige Fälle zusammenge- 
stellt worden, und auch gerade das Vorkommen von multiplen, 
endothelbekleideten Cysten innerhalb derartiger Hydroceleusärkc 
findet sich analoger Weise beim Manne. 

Während sonst die Entstehung, die Symptome und der V cr- 
lauf des hier geschilderten Falles mit den von Hennig be¬ 
schriebenen übereinstimmt, so dürfte der anatomische Befund einen 
neuen Beitrag zu der Vielgestaltigkeit auch der Hvdrocele mulie- 
bris liefern. 

Auch unser Fall gab anfangs zu dem diagnostischen Irrthum, 
den \\ asserbruch für einen Darmbruch zu nehmen, Veranlassung- 
Was uns zum operativen Eingriff veranlasst«, war die Annahme, 
dass wir es mit einer incarcerirtcn Netzhernie zu thun hätten. V ir 
vermutheten in der äusseren Geschwulst den mit Bruchwasser an¬ 
gefüllten Bruchsack, während nur die kleinere unter den Baueh- 
decken gelegene, druckempfindlichere Geschwulst der eingeklemmte 
Netztheil zu sein schien. 

Dass erst die Operation uns die völlige Aufklärung brachte, 
ist ein Beweis dafür, dass trotz des seltenen Vorkommens dei 
Hydrocele muliebris es doch angebracht erscheint, hei dem Di 3- 
gnosticiren von Leistenhernien beim weiblichen Geschlecht, insbe¬ 
sondere bei nicht ganz klaren Fällen, auch die Möglichkeit ehrni 
solchen Hydrocele in Betracht zu ziehen. 

Herrn Dr. med. A. Harbordt, Chefarzt der chirurgischen Ab¬ 
theilung, bin ich für die gütige Ueberlassung des obigen Falles zu 
besonderem Dank verpflichtet. 


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15. Novoniber._ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 873 


VI. Aus der Universitäts-Frauenklinik in Giessen. 

Die operative Behandlung des tuberkulösen 
Ascites. 

Von Dr. G. Frees, Assistenzarzt der Klinik. 

(Schluss aus No. 45.) 

Der Befund am Peritoneum war in allen Fällen der 
charakteristische: Die Parietal- und Visceralserosa war in dem 
einen Falle mehr, im anderen weniger dicht mit grauen, hirsekorn- 
bis erbsengrossen Knötchen besetzt. Die specifische Natur dieser 
Knötcheneruption wurde durch die histologische Untersuchung 
excidirter Stückchen, bei denen allerdings der Nachweis von Bacillen 
nur selten gelang, und durch den Befund tuberkulöser Erkran¬ 
kungen in anderen Organen sichergestellt. Diese Knötchen¬ 
eruption wird in der Regel nach dem kleinen Becken hin 
«lichter und ist im Cavum Douglasii und an der hinteren Fläche 
der Ligamenta lata meist am stärksten. Hier sitzen auch die 
grössten, oft erbsen- bis bohnengrossen Knoten, welche in einer 
grossen Zahl von Fällen schon bei der Untersuchung vom Scheiden- 
gew f ölbe oder noch besser vom Mastdarm aus der Diagnose zugäng¬ 
lich sind. Es kommt dies nicht daher, wie es wohl den Anschein 
haben könnte, weil die Tuberkulose des Peritoneums von einer 
primären Genital- und hier besonders von einer Tubentuberkulose 
ihren Ausgang genommen hat — so häufig ist dies, wie bereits 
erwähnt, nach der Statistik nicht —, sondern weil sich die im 
Transsudat suspendirten Bacillen, so spärlich sie auch sein mögen 
(im letzteren Falle haben wir z. B. vergeblich das Sediment 
daraufhin untersucht) an die tiefste Stelle der Bauchhöhle 
senken und hier, wenn auch nicht zuerst, so doch in ausgedehntester 
Weise die typischen Wucherungen veranlassen. Schon dieser 
Umstand allein scheint mir nebenbei auch für den infectiösen 
Ursprung derartiger Eruptionen zu sprechen. 

In unseren Fällen war zweimal mit Wahrscheinlichkeit anzu¬ 
nehmen, dass die Erkrankung von den Tuben ausgegangen war 
(Fall 1 und 2), doch war die Verbreitung eine so universelle, dass 
von einer Exstirpation dieser Theile Abstand genommen wurde 
(der eine Fall [2], 1889 operirt, ist bis jetzt gesund geblieben); 
in drei anderen Fällen wiesen der klinische Verlauf und der Befund 
so zweifellos auf primäre Genitaltuberkulose hin, dass in Fall 5 
die rechten Anhänge, in Fall 10 beide Tuben und im Fall 17 
eine Pyosalpinx dextra mit käsigem Inhalt und ein Ovarialtumor 
von derselben Beschaffenheit entfernt wurden. Die letzten zwei 
Fälle sind, wie ich gleich anfüge, bis jetzt gesund geblieben. 

Bezüglich der Technik wäre noch kurz zu bemerken, dass 
die Incision möglichst klein in der Linea alba angelegt wird, der 
Ascites wird langsam abgelassen, aus dem kleinen Becken möglichst 
vollständig aufgetupft, und dann wird nach kurzer digitaler Ex¬ 
ploration — wenn kein weiterer Eingriff angeschlossen wird — die 
Bauchwunde geschlossen. Drainirt wurde in einigen Fällen die 
ersten Tage, ohne dass irgend ein Unterschied gegenüber den nicht 
drainirten Fällen zu bemerken gewesen wäre. 

Das Alter der Operirten schwankte zwischen 13 und 60 Jahren. 

Ueber die Erfolge der Laparotomie wäre nun folgendes 
anzuführen: die unmittelbare Mortalität infolge des Eingriffes be¬ 
trug 0 %, d. h. infolge der Operation selbst ist keine der Frauen 
gestorben, was für die Indicationsstellung entchieden nicht zu 
unterschätzen ist. (Andere Statistiken geben 3—4 °/o Mortalität an.) 

Von den 18 Patientinnen nun habe ich über 17 mehr oder 
weniger genaue Auskunft erhalten können, nur ein Mädchen, das 
im Jahre 1889 operirt w r urde, konnte nicht aufgefunden werden, 
doch ist in der Krankengeschichte bemerkt, dass bei der Entlassung 
der Leibesumfang wieder so gross war, als bei der Aufnahme, wir 
werden also wohl nicht fehlgehen, wenn wir diesen Fall als un- 
geheilt mit in Rechnung ziehen. Von diesen 18 Fällen nun sind 
bis jetzt sechs (Fall 2, 6, 10, 12, 14 und 17) völlig geheilt ge¬ 
blieben = 33,3%, neun sind innerhalb des ersten Jahres nach der 
Operation theilweise an anderen Complicationen zugrunde gegangen, 
eine Patientin starb, nachdem sie sich ein Jahr lang wohl be¬ 
funden hatte, an Darmtuberkulose (No. 7), eine, die vor einem 
Jahr operirt wurde, lebt noch ungeheilt in desolatem Zustande 
(No. 15), von einer bin ich ohne Nachricht. Wenn ich die geheilten 
Fälle kurz analysiren darf, so zerfallen dieselben in drei Gruppen, 
jede mit zwei Fällen: 

In zwei Fällen (10 und 17) waren — wie schon erwähnt — 
die offenbar primär erkrankten Tuben resp. der Pyosalpinx und 
Ovarialtumor entfernt worden; die erste Patientin ist jetzt drei 
Jahre gesund und hat sich vor kurzem in der Poliklinik vorgestellt, 
ebenso die zweite, die allerdings erst vor einem Jahre operirt 
wurde, doch hat sich dieselbe so ausgezeichnet erholt, dass wir sie 
wohl auch für die Zukunft als geheilt betrachten dürfen. 


In zwei anderen Fällen (12 und 14) genügte eine einmalige 
Incision zur Heilung, und zwar wurde die eine 44jährige Patientin 
vor 2% die andere, eine 24jährige Frau, vor 1% Jahren operirt.. 
In den beiden letzten Fällen (2 und 6) endlich war bei der 
ersten — einer 24jährigen jungen Frau, die jetzt seit 574 Jahren 
gesund ist — eine zweite Laparotomie nöthig gewesen, bei welcher 
wieder typische Tuberkelknötchen gefunden wurden; bei der zweiten 
60jährigen Patientin brach zu Hause die Wunde wieder auf und 
schloss sich erst nach zwei Monaten; sie ist vor vier Jahren operirt 
worden. 

Gruppiren wir die Fälle etwas anders, nehmen wir diejenigen 
aus, bei welchen die offenbar primären Heerde bei der Operation 
entfernt werden konnten, so haben wir auf 15 (16) Fälle vier 
Heilungen, d. i. ca. 25%, eine Zahl, die mit den von König (1. c.) 
und anderen Autoren angegebenen gut übereinstimmt. Wir können 
demnach die Sätze, die Herr Prof. Löh lein 1889 auf Grund von 
wenigen Fällen aussprach, vollauf bestätigen und in einigen Punkten 
noch ergänzen: „Die Incision leistet bei vielen Kranken gewiss 
nicht mehr als eine mit vollem Erfolg ausgeführte Punctioii, 
sie hat aber dieser gegenüber den Vortheil, dass wir den meist 
nicht ganz leicht diagnosticirbaren Krankheitszustand völlig klar 
übersehen und dass wir der Gefahr der inneren Blutung aus dem 
verdickten, gefässreichen Peritoneum oder der Verletzung der durch 
Verlöthungen und Verziehungen dislocirten Därme, wie auch der 
ungenügenden Entleerung der Flüssigkeit nicht ausgesetzt sind. 
Durch die Incision werden wir auch über den Ausgangspunkt der 
Erkrankung in einer Reihe von Fällen belehrt und in vereinzelten 
gleichzeitig in die Lage versetzt werden, den primären He erd 
der Erkrankung operativ zu entfernen.“ Wenn dies bei den 
damals angeführten Fällen noch nicht geschehen war, so haben 
wir jetzt von drei Fällen, in denen es möglich war, zwei schöne 
Heilerfolge aufzuweisen. Ausserdem wäre noch beizufügen, dass 
der operative Eingriff selbst in allen Fällen gut tiberstanden wurde 
und also auch in dieser Beziehung zum mindesten nicht viel ge¬ 
fährlicher erscheint als eine Punction, was bei der Indications¬ 
stellung, wie schon bemerkt, gleichfalls ins Gewicht fallen dürfte. 

Ich möchte doch nicht unerwähnt lassen, dass ich, als ich die 
Recherchen nach dem Befinden der Operirten begann, eigentlich 
überzeugt war, dass ich nicht viel tröstliches zu hören bekommen 
würde, ich war daher wirklich überrascht, als sich kurz hinter¬ 
einander drei Patientinnen, von denen ich zwei früher in ziemlich 
elendem Zustande gesehen hatte, in blühender Gesundheit in der 
Poliklinik vorstellten und dann auch von den drei anderen die 
günstige Nachricht einlief. 

Dies bringt uns zum Schluss noch kurz einmal auf die Frage 
von der Mechanik des Heilungsvorganges. Die Fälle, bei 
welchen es gelingt, ausgedehnte primäre Heerde zu entfernen, sind 
leicht erklärt: nach der Elimination der Infectionsquelle kann der 
Organismus seine Kräfte gegenüber dem schwachen Feind, der 
zurückgeblieben ist, concentriren und wird leicht mit ihm fertig. 
Anders mit der universellen Form ohne ausgesprochenen lokalen 
Heerd. Hier liegen die Verhältnisse entschieden nicht so einfach. 
Dass äussere Momente — Zutritt chemisch oder antibacteriell 
wirksamer Stoffe, von Luft und Licht — hier jedenfalls nur eine 
untergeordnete Rolle spielen können, scheint klar. (Die Ansicht 
von Braatz 21 ), dass die in der Bauchhöhle an eine anaörobe 
Existenz gewöhnten Tuberkelbacillen durch den Zutritt des Sauer¬ 
stoffs in ihrer Entwickelung gehemmt würden, klingt doch etwas 
gewagt.) Die neueren Autoren — Bumm (1. c.), Warneck 22 ). 
Lindner 23 ), Kocks 24 ) u. a. m. — sind vielmehr der Ansicht, 
dass in den veränderten Bedingungen, die durch den Eingriff im 
Organismus, vor allem in der Bauchhöhle und am Bauchfell ge¬ 
schaffen werden, der Grund für die Heilungsvorgänge zu suchen 
ist Die Reaction des Bauchfells auf operative Eingriffe, der Ein¬ 
fluss der Eröffnung der Bauchhöhle auf den Gcsammtorganismus 
sind ja bekannt, besonders wird von Lawson Tait u. a. der 
brennende Durst hervorgehoben, der nach anderen Operationen in 
dieser Intensität nie auftritt. Mehrfach konnten wir z. B. auch 
beobachten, dass Fiebersteigerungen ohne erkennbaren Grund, die 
vor der Laparotomie bestanden, nach derselben verschwanden. 
(Vor kurzem lag ein derartiger Fall auf der Abtheilung, bei welchem 
vor der Operation Abendtempei-aturen bis 38,6 ° bestanden; es wurde 
bloss eine Explomtivincision gemacht, da die offenbar von den 
Ovarien ausgehenden malignen Tumoren bereits überall ausgedehnte 
Metastasen verursacht hatten; die Kranke war nach dem Eingriff 
längere Zeit vollkommen entfiebert.) Lawson Tait ist sogar der 
Ansicht, dass durch die blosse Laparotomie auch bösartige 
Tumoren so beeinflusst werden können, dass sie wenigstens für 
lange Zeit keino Symptome mehr machen oder sogar völlig ver¬ 
schwinden. Auch Gusserow (1- c ) hafc Fäll ® n n^kgner Er¬ 
krankung des Peritoneums entschieden verlangsamten Verlaut nacn 
der Laparotomie gesehen, und Mackenrodt*) bemerkt m der sich 


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874 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4() 


an den Vortrag Gusserow *s anschliessenden Discussion, dass 
auch er bei retroperitonealen Tumoren, die für bösartig gehalten 
werden mussten, nach dem einfachen Bauchschnitt Heilungen ein- 
treten sah. Ich habe deshalb auch einmal die Operationen, die in 
hiesiger Klinik wegen Ascites im Gefolge von malignen 
Organerkrankungen, vor allem der Ovarien als „probatorische 
Incisionen“ ausgeführt wurden und bei welchen wegen ausge¬ 
dehnter Metastasirungen auf dem Bauchfell nach Ablassen des 
Ascites der Leib wieder geschlossen wurde, zusammengestellt. 
Wenn man unsere Resultate überblickt, so muss man Winter 25 ) 
beistimmen, der in der Discussion Gusserow gegenüber hervor¬ 
hob, dass bei vielen dieser Frauen das Leben durch die Laparo¬ 
tomie verkürzt wird, dass viele nach der Operation überhaupt 
nicht mehr aufstehen. Von vierzehn Fällen dieser Art, die in 
den letzten Jahren operirt wurden, sind allein neun in den ersten 
fünf Wochen nach dem Eingriff zugrunde gegangen, die übrigen 
vier in den nächsten Monaten, nur eine Patientin, die im No¬ 
vember 1893 operirt wurde und bei welcher es sich, wie eingangs 
bemerkt wurde, vielleicht um eine der seltenen „primären Carci- 
nosen“ des Bauchfells handelt, lebt resp. lebte noch vor einigen 
Wochen, allerdings im elendesten Zustande. Auch hier möge neben¬ 
bei noch bemerkt werden, dass der Ascites in acht Fällen klar 
war, nur in drei Fällen hämorrhagisch: in drei Fällen fehlt 
eine genauere Angabe. 

Wenn wir am Schlüsse noch einmal versuchen wollen, uns 
eine Vorstellung über die Art und Weise der in einem Viertel 
der Fälle feststehenden Ausheilung zu machen, so möchte 
ich glauben, dass hier entschieden mehrere Factoren wirksam 
sein müssen. In dem Ascites sind, wenn auch spärlich (s. v.), 
Tuborkelbacillen suspendirt; dies wird durch die bereits erwähnte, 
fast überall zu beobachtende Thatsache erhärtet, dass im Douglas 
immer die üppigsten und reichlichsten Eruptionen Vorkommen. 
Durch das Ablassen der Flüssigkeit — ich habe, wie gesagt, nur 
die ascitische Form im Auge, da die Resultate bei der sog. 
„trockenen“ Form, nach den deutschen Veröffentlichungen 
wenigstens, entschieden schlechter sind (vgl. Helmrich) — werden 
einmal die in ihm enthaltenen Keime entfernt, dann werden aber 
auch die Stoffwechsclproducte der Bacillen, die bekanntlich 
im Gegensatz zu den Bacterienprotelfnen negativ chemotaktisch 
wirken, eliminirt. Dies ist auch schon von Bumm (1. c.) hervor¬ 
gehoben worden. Drittens werden durch die Entleerung die Lymph- 
bahnen, die Wege der Resorption, und die Blutgefässe, die Wege 
der Nahrungszufuhr, entlastet, ausserdem durch die verschiedenen 
Manipulationen in der Bauchhöhle eine erhöhte Blutzufuhr erzeugt. 
Da nun die Stoffe, welche im Organismus den Kampf gegen eine 
Bacterieninfection zunächst aufzunehmen haben, nach den neueren 
Anschauungen im Blute zu suchen sind — mag man sie nun 
„Alexine oder „Antitoxine“ nennen —, so verschaffen wir so dem 
Blute und diesen Stoffen die Möglichkeit, in grösseren Mengen zu 
den Krankheitsheerden vorzudringen, und so wird häufig der Feind 
erliegen. 

Litteratur: 


f p ^ Gusserow, Ueber Ascites in gynäkologischer Beziehung. Archiv 
ü ?* ~ 2) König, Die peritoneale Tuberkulose und ihre 

Heilung durch den Bauchschnitt. Centralbl. f. Chir. 1890, 657 — 3) C 
f PK a - SU1S So d T l . Lapar0 ^ mi e bei Bauchfclltuberkuiose. Rof! 
hÄ i P hir L 1893 ’ ~ Hoiberg, Die Primär-Urogenital- 
Ä kU f pt de ifi^o an SQn und r des r Leibes. Virchow’s Festschr., ref. Cen- 
m 1 ? 92 !’ ? 8 °' T 5 U" C onifczer * Zur operativen Behandlung 
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tuberculeuse Gaz. hebdom de m6d. et de chir. 1892, No. 39. Centralbl. 

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P.nTJlfKi /pi| a Pf^omte tuberculeuse. Revue de chir. 1893, 7, cit. n. 
Wandh!^ o-in ^'a 189 ^ ^ 2 'aT 8 ) v - |[ elmri ch, Die therapeutischen 
™ d * er „? ebaadlung der Bauchfelltuberkulose etc. Basel 

430 ’u 730 f ,.r Chir l 189 Ä 468 und Centralbl - f - Gyn. 1892, 

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Berlin n ldL B WorhpmPn me iQQQ e ®f sudativen tuberkulösen Peritonitis! 

med 1891 'H?n 8 U) Riva > Arch. ^ * chir. 

mea. loyi, H. 5 cit. n. Centralbl. f. Chir. 1892, 741. — 121 H Hart- 

^renfanfc ^4nn ^ laparotomie dans la peritonite tuberculeuse 

& ÄwB: urÄ® m Pifel- f - Chir - T’ 

nales d° GyxuSc. 1891, Sopt., cit. n. Centralbl. f. Gyn. 1892* 8 35i — 
i 4 ß7^ y p°? d iui Bul i' do la s °ci6te de chir. de Paris T XV11I 

fkS uelltab^k^ 0 r Ch T U h ng de ? Banchschnitu a^f dii 

aucnlelltuberkulose bei Thieren (vorl. Mittlu. Chir. Annalen 1893. 595 


(Russ.), cit, n. Centralbl. f. Chir. 1893, 863. — 18) Gatti, Sul processo 
intimo di regressione della peritonite tuberculosa per la laDarotomia ko™ 
plice. Rif. med. 1894, Contralbl. f. Chir. 1894, 578. — 19) H. Löhlein 
Erfahrungen über den Bauchschnitt bei tuberkulöser Peritonitis. Dcutschr 
med. Wochenschr. 1889, No. 32. — 20) E. Schreiber, Ueber die Tuber- 
kulose des Bauchfells. Inaug.-Diss. Giessen 1891. — 21) E. Braatz 
Bemerkung zum Referat von Kischewski (17). Centralbl. f. Chir. 1893 
863. — 22) L. N. Warn eck, Zur Frage von der Heilwirkung der Lapa¬ 
rotomie bei Peritonealtuberkulose. Centralbl. f. Gyn. 1893, 1159, 

23) H. Lind ne r, Ueber die operative Behandlung der Bauchfelltuber¬ 
kulose. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 34. — 24) Kocks, Vorh. der 
Gescllsch. für Gyn., VI. Congr. 1891. Centrabl. f. Gyn. 1891, 496. - 
25) Mackenrodt-Winter, Discussion über den Vortrag von Gussern* 
(1). Centralbl. f. Gyn. 1892, 366 ff. 


VII. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in 
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel. 

Untersuchungen über das Aneurysma der 
Brustaorta. 

Von Dr. Georg Puppe, Assistenzarzt, 

(Schluss aus No. 45.) 

Bei Betrachtung der Aetiologie ergeben sich folgende Ge¬ 
sichtspunkte : Reine Altersarteriosklerotiker zind zwei Fälle (1 und 
4); Arteriosklerotiker, bei denen ein Trauma wohl die Veranlassung 
zum Aneurysma gegeben haben mag, sind abermals zwei (5 und 6). 
Die Section ergab bei den drei in Betracht kommenden Fällen 
(1, 4, 6) typische Arteriosklerose, bei zweien darunter mit Ecta- 
sirung des aufsteigenden Schenkels der Aorta. Dass bei einer 
arteriosklerotischen Aorta sich ein Aneurysma zu der schweren 
primären Erkrankung hinzugesellt, ist bei der Häufigkeit der 
Arteriosklerose und der Seltenheit der genannten Complication ein 
zwar immerhin bomerkenswerthes Vorkomraniss, aber ein durch 
die Schwere der Arterienerkrankung erklärbares. Eine sklerotische 
Aorta ist selbstredend nicht annähernd so gut wie eine normale 
imstande, dem Druck der immerfort andrängenden Blutwelle Wider¬ 
stand zu leisten. Ihre durch bindegewebige Einlagerungen ge¬ 
schwächte Media verliert bis zu einem gewissen Grade die Con- 
tractilität, die Usuren der Intima setzen weiter die ihrer Schutzdecke 
beraubte Media immer erneuten Schädlichkeiten aus, und die Folge 
ist zunächst die keineswegs so seltene diffuse Erweiterung der 
Aorta, die ja auch dem Kliniker in Form des bekannten Dämpfung- 
streifens als Erweiterung des aufsteigenden Schenkels der Aorta 
diagnostisch zugängig ist. Ein weiteres Moment bei dem Zustande¬ 
kommen dieser Affection scheint noch ein von den meisten der 
bisherigen Untersucher nicht genügend berücksichtigtes zu sein: 
Es ist dies die einfache senile Atrophie der Arterie, insbe¬ 
sondere der Media, und bei dieser wieder die Atrophie der elastischen 
Elemente. In einem Falle von diffuser Erweiterung der aufsteigen¬ 
den Aorta bei einer 72jährigen arteriosklerotischen Patientin, welche 
mir zur näheren Untersuchung zur Verfügung stand, fand sich 
jedenfalls neben den bekannten Veränderungen in Media und Intima 
eine sehr auffällige Atrophie der Elastica, welche bei starker Ver- 
grösserung mittels des Manchot’schen Verfahrens als ein aus 
spinnewebendünnen Fädchen bestehendes Netzwerk imponirten. Die 
ganze Arterie erschien in ihrer Dicke reducirt. Eine derartig 
atrophische Arterie kann, sobald das Spannungsmaximum ihrer 
Elastica überschritten ist, sehr bald Rupturen in diesen ihrou 
wichtigsten Bestandteilen acquiriren, und diese Rupturen geben 
dann, wieManchot sehr einleuchtendauseinandergesetzt hat, den 

weiteren Grund zur Entstehung eines Aneurysmas ab. FjS mu& 
demnach für senile arteriosklerotische Aneurysmen ab 
durchaus richtig anerkannt werden, dass bei ihrer Entstehung 
wesentlich Dehnungsvorgänge, jedenfalls aber mechanische 
Vorgänge eine erhebliche Rolle spielen. „ , 

Vorhin wurde bei Besprechung der Aetiologie der Fälle ö um 
6 der Combination von Trauma und Arteriosklerose gedacht. H eine 
Fälle von traumatischem Aneurysma gelangten hierorts nicht zm 
Untersuchung, doch gab ein Fall von Aortenruptur bei einer 
Apoplexie, welcher auf der äusseren Abtheilung des städtische 1 ' 
Krankenhauses am Urban (Abtheilung des Herrn Direktor Eöi e. 
wegen oiner Kopfwunde behandelt wurde und zur Autopsie ge¬ 
langte, bezüglich der Entstehung eines Aortenrisses sehr wen. 
volle Fingerzeige. Es handelte sich um einen 42jährigen, kräftige 
Mann, welcher plötzlich auf der Strasse hinstürzte und moribun 
bewusstlos eingeliefert wurde. Die Section ergab zunächst ein 
Narbe im hinteren Schenkel der inneren Kapsel mit Erweichung 
in der Umgebung, sodann eine starke Sklerose der basaleb Bi ^ 
gefässe, ferner der Subclavia, der Carotiden, des Arcus Aortae 
aber die Aorta a^cendens war vollkommen intact bis auf - 


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Original fro-m 

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15. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


875 


leicht verfettete Abschnitte; an ihrem Anfang zeigte sie einen 
4,5 cm langen, leicht nach oben verlaufenden Riss, welcher alle 
drei Schichten betraf und Hämopericardium bewirkt hatte. Die 
mikroskopische Untersuchung der aufsteigenden Aorta zeigte weder 
bezüglich des Verhaltens der zelligen Elemente noch der Elastica 
irgend welche wesentlichen Besonderheiten. Der Fall zeigt eclatant, 
wie unter ungünstigen Verhältnissen ein schwerer Fall auf den 
Thorax eine totale Ruptur in einem sonst gesunden Aorten¬ 
abschnitt bewirken kann. Eine Abstrahirung hiervon auf eine nur 
partielle Ruptur des Gefässes, die dann ein Aneurysma traunia- 
ticum zur Folge haben müsste, ist wohl durchaus am Platze. 

Wir wenden uns jetzt zur Erörterung der Aetiologie der noch 
übrigen 12 Fälle von Aortenaneurysma. Bei Betrachtung der Ver¬ 
hältnisse der einzelnen Patienten fällt zunächst auf, dass es lauter 
im besten Alter stehende Leute sind, um die es sich handelt; ihre 
Lebensbedingungen sind in keinem Falle extrem ungünstige, in 
mehreren sogar direkt als gute zu bezeichnen. Potatoren befinden 
sich nicht unter ihnen. Welches ist nun die Aetiologie? Wir 
werden nicht umhin können, des Umstandes zu gedenken, dass bei 
nicht weniger als sieben Fällen sicher Lues vorhanden gewesen 
ist, wie die Angaben der Patienten es bezeugt haben; einen weiteren 
achten Fall bin ich nach Maassgabe des mikroskopischen Befundes, 
den die Aorta darbietet, sehr geneigt, ebenfalls zu dieser Kategorie 
zu rechnen (Fall 16). Fall 2 hat Lues mit Secundärerscheinungen 
gehabt, Fall 8 Lues mit späterem Schlaganfall, Fall 9 desgleichen, 
11 hatte ein Ulcus durum und wurde mit Injectionen behandelt, 
wie noch ausdrücklich angegeben wird, Fall 12 abortirte einen 
syphilitischen Fötus sanguinolentus, Fall 13 hatte ein Ulcus und 
erhielt dagegen Sarsaparilla, Fall 15 behandelte selbst sein Ulcus 
durum mit Argentum. 

Es soll dies keine Beweisführung rein ex ananinesi sein, son¬ 
dern sie muss überzeugend werden aus sich selbst heraus einmal, 
wenn man erwägt, dass alle anderen Gründe, wie sie gewöhnlich 
für das Zustandekommen eines Aneurysmas angeführt werden, hier 
nicht zutreffend sind; ferner wenn des Umstandes gedacht wird, 
dass von diesen acht Fällen vier gar nicht oder nur unvollkommen 
specifisch behandelt worden sind, und endlich unter Berücksichti¬ 
gung des anatomischen Befundes bei zweien der angezogenen Fälle 
(15 und 16), welche einerseits makroskopisch den übrigen eonform 
waren, andererseits aber auch mikroskopisch viel Aehnlichkeit mit 
einander haben und von denen überdies der eine Riesenzellen in 
der Nähe des Aneurysmahalses aufweist, ein Befund, der ihn mit 
grosser Wahrscheinlichkeit als syphilitisch hinstellt. 

Makroskopisch boten die sieben zur Section gekommenen Fälle 
(nur zwei wurden, wie angegeben, nicht weiter beobachtet) sämmt- 
lich folgende Veränderungen der Aorta dar: Die Intima zeigte 
grauweisse, prominirende Plaques von mehr oder weniger weicher 
Consistenz, theils von mehr gallertigem Aussehen, theils mehr 
derb, Verkalkungen kamen selten vor. Eigenthümlich war der 
wechselnde Charakter der Veränderung, welcher bald die eine, bald 
die andere Stelle der Aorta stärker erkrankt sein liess. Media¬ 
veränderungen waren, wo auf sie geachtet wurde (in den Pro¬ 
tokollen Fall 15 und 16), constant-, und zw f ar meist den Intima¬ 
verdickungen entsprechend in Form grauer fleckiger Partieen vor¬ 
handen. 

Zur mikroskopischen Untersuchung gelangten von beiden er¬ 
wähnten Fällen Theile der nicht ectatischen Aorta ascendens und 
descendens, ferner vom Falle G. (15) ein Stück aus dem Aneu¬ 
rysmahalse und vom Falle R. (16) ein Theil des kleinen acuten 
Aneurysmas dicht oberhalb der Aortenklappen» Ich gebe im fol¬ 
genden das Wesentliche aus den Protokollen über die mikroskopi¬ 
schen Befunde wieder. 

Fall 1. G. (15). a) Aorta ascendens. Schwere Infiltration der 
Vasa vasorum, die in der Adventitia beginnt und in die Media fort¬ 
schreitet; infiltrirt sind sowohl die Partieen um die Gefässe herum als 
auch die Gefässschläuche selbst mit theilweiser Obliteration des Lumens 
der letzteren. In der Media finden sich ferner Stellen von ziemlicher 
Ausdehnung mit typischem Granulationsgewebe, andere mit Narbengewebe, 
meist sich deutlich an die infiltrirten Vasa vasorum anschliessend. An 
den Verfistelungsstellen eines Vas pflegen zuweilen die beiden Aestchen 
Territorien einzufassen, welche sich durch erheblichen Kernmangel aus¬ 
zeichnen. Die elastischen Elemente sind theilweise an- bezW. auseinander¬ 
gedrängt durch die Infiltrate, theilweise in ihrem Verlauf unterbrochen 
oder rupturirt (Manchot). Intima stellenweise verdickt. 

b) Aorta descendens. Die adventitiellen Gefässe zeigen mässige 
Wandinfiltration mit Lumenverengung; nach der Media zu nimmt die Er¬ 
krankung an Schwere ab. Elastica an Stelle der Infiltrate auseinander¬ 
gedrängt, ohne wesentliche Ruptureffecte. 

c) Aneurysmahals. Wir unterscheiden hier Aortenwand und 
Aneurysmawand. Bei beiden sieht man unter erheblicher Bildung von 
Granulationsgewebe die Adventitia verdickt, am stärksten an den Stellen 
der Aneuiysmawand, welche der Media beraubt sind. Adventitielle in- 
ftltrirte Gefässe ziehen sich hier ein Stück in die Intima hinein; nahe der 


letzteren eine Gruppe vou Riesenzellen. Im Bezirk der Aorten wand 
fällt zunächst auf, wie die Media nahe dem Aneurysmaeingange bei einem 
aus der Adventitia kommenden Geftiss wie abgeschnitten aufliört: auf der 
einen Seite derselben adventitielle Granulationen, auf der anderen fast 
völligem Kerntod verfallene Media von eigonthllmlich an nekrotisches Ge¬ 
webe erinnerndem Aussehen mit zahlreichen infiltrirten Gefässen. Der 
Befund bezüglich der elastischen Fasern entspricht dem bei der Aorta 
ascendens erhobenen; doch ist zu bemerken, dass sich auch noch eine 
kleine Strecke in der Anourysmawand, also dort, wo zwischen Aussen- 
und Innenschicht die Media fehlt, Trümmer von Elasticis nach weisen 
lassen. 

Fall 2. R. (16)- ft) Aorta ascendens. Auch hier finden sich 
mässig zellreiche Gefässinfiltrate, die von der Adventitia ihren Ursprung 
nehmen. An den Verästelungen der Vasa vasorum wie nekrotisch aus¬ 
sehende, sehr kernarme Bezirke. Media zeigt an den schwerer erkrankten 
Abschnitten erhebliche Verdrängung der Elastica oder trümmerartige Auf¬ 
lösung derselben. Intima au vielen Stellen verdickt. 

b) Aorta descendens. Die Gefässinfiitration ist hier im allge¬ 
meinen stärker als bei der ascendens; die Elasticarupturen sind ebenfalls 
schwerer als dort. Zwischen Media und Intima Atherombildung. 

c) Durchschnitt durch das kleine Aneurysma oberhalb der 
Aortenklappen. Totaler Riss durch Intima und Media; Adventitia 
halbkugelig vorgebuchtet unter ziemlich erheblicher Bildung von Granu¬ 
lationsgewebe, welches letztere nahe der Eingangspforte des Aneurysmas 
am mächtigsten ist und Zellzüge, zum Theil deutliche Gefässo mit in¬ 
filtrirten Wandungen in die verdickte Intima hineinschickt. An einer 
Stelle dicht am Aneurysmaeingango eine im Beginn der Nekrose befind¬ 
liche Partie von zwei Gefässveriistelungen eingefasst. Während auf der 
einen Seite dieses kaum erbsengrossen Aneurysmas die Media im Bereiche 
des Präparates fehlt und durch die gewucherte Adventitia und Intima er¬ 
setzt ist, hört dieselbe auf der anderen scharf an einem besonders stark 
infiltrirten Gefiiss auf; sie ist sehr zellarm, atrophisch. In den benach¬ 
barten Adventitiaschichten Eiasticatrümmer. Elastica hören in ihrer un¬ 
gestörten Continuität an dem eben erwähnten Gefäss scharf auf. 

Wenn ich jetzt noch einmal kurz die erhobenen mikroskopi¬ 
schen Befunde zusammenfasse, so handelt es sich in boiden Fällen 
um eine schwere Infiltration der Vasa vasorum, welche von der 
Adventitia ausgeht und auch die Gefässschläuclie selbst theilweise 
obliterirend betrifft; ferner finden sich in beiden Fällen der Nekrose 
mehr oder weniger nahe Mediaabschnitte von Gefässverästelungen 
umrahmt. Die Intima ist den erkrankten Partieen entsprechend 
meist etwas verdickt. Im Falle 15 endlich fanden sich noch in¬ 
mitten eines sehr zellreichen Infiltrates in der Adventitia nahe am 
Aneurysmahals Riesenzellen. 

Diese Beobachtungen zeigen, dass in beiden Fällen eine schwere 
Gefässerkrankung vorliegt, welche sich im Bereiche der ectati¬ 
schen und nicht ectatischen Aorta gleichartig, wenn auch im 
Bezirk der Aneurysmen stärker ausgesprochen, vorfindet und die 
man daher für die circumscripten Arterienectasirungen verantwort¬ 
lich zu machen gezwungen ist. Es erhellt ferner aus ihnen, wie 
infolge dieser die äussere und mittlere Gefässschicht betreffenden 
schweren Affection, die auch weiterhin die Intima in Mitleiden¬ 
schaft zieht, secundär erst Elasticaveränderungen hervorgerufen 
wurden und dass nicht die erwähnten hochgradigen entzündlichen 
Veränderungen Effecte primärer Elasticazerreissungen sind. Wir 
haben demnach hier den Typus des entzündlichen Aneurysmas vor 
uns, den ich für die Mehrzahl der Fälle in den drei Decennien 
von 30—60 Jahren — soweit sie nicht traumatischer Natur sind 
— reservirt sehen möchte und von welchem ich es nicht für un¬ 
wahrscheinlich erachte, dass es auf syphilitischer Basis ent¬ 
standen ist. 

Zur weiteren Erhärtung dieses Schlusses will ich noch kurz 
eines Falles gedenken, der demnächst in anderem Zusammenhänge 
seine ausführliche Würdigung erfahren wird. 

Es handelt sich um eine 37jährige Patientin mit einem Gummi im 
Septum ventriculi cordis, die daneben noch eine schwere Arterienerkran¬ 
kung aufwies. Infiltrate der Vasa vasorum, zellarme, der Nekrose zu¬ 
eilende Partieen an den Gefässverästelungen fanden sich auch hier, ebenso 
wie die Elastica entsprechende Verhältnisse zeigte. Aber ein besonderes 
Interesse gewinnt der Fall noch ährch den auch hier erhobenen Befund 
von Riesenzellen inmitten eines sich an ein Vas vasorum anschliessen¬ 
den Infiltrates. Wie ersichtlich, bietet dieser ätiologisch wohl aufgeklärte 
Fall des Analogen genug zu den beiden ausführlich beschriebenen. 

Es sei ferner gestattet, hier noch eines weiteren, für den 
Entstehungsmodus eines Aneurysmas anscheinend sehr 
werthvollen Befundes zu gedenken: des causalen Zusammenhanges 
von nekrotischen Mediaabschnitten innerhalb einer Gefässgabelung 
und des plötzlichen Aufhörens der continuirlichen Mediazüge an 
einem infiltrirten Vas vasorum bei beiden untersuchten Aneurysma¬ 
hälsen. Mir war keine Stelle in der Litteratur zugänglich, in 
welcher dieses Zusammentreffens als wesentlich gedacht wäre. Und 
doch ruht vielleicht hierin der Schlüssel zum Verständniss der 
Gründe, warum gerade an dem einen Punkte ein Aneurysma ent¬ 
steht und am anderen nicht; ferner dazu, wie es entsteht. 

Prompt erfüllt die Media ihre wichtige Function bis auf die 
Stellen, wo zellarme,-der Nekrose mehr oder weniger nahe Bezirke 


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m 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


zwischen den infiltrirten Vasa nutrientia Ausdehnungsfähigkeit imd 
Contractilität eingebiisst haben. Schreitet dieser nekrotisirende 
Process: weiter fort, so ist die Resistenzkraft der wichtigsten 
Gefässhaut mehr oder weniger erloschen. Die Folge ist zunächst 
ein Nachgeben und schliesslich, wenn sich infolge der Media¬ 
dehnung Usurcn der Intima einstellen, ein Einriss, mit dem dann 
das Aneurysma im wesentlichen fertig ist. So ist es vielleicht am 
besten zu verstehen, wie die Media an beiden genauer untersuchten 
Aneurysmahälsen scharf an einem Vas nutriens aufhört. Es wäre 
interessant, weitere Beobachtungen hierüber anzustellen. 

Den acht anscheinend auf Syphilis beruhenden Fällen von 
Aortenaneurysmen stehen nur noch neun weitere Fälle zur Seite, 
die vielleicht ebenfalls dieser Kategorie zuzuzählen sein werden. 
Indessen will ich — obschon bei jedem der Fälle eine Reihe von 
Umständen für die Annahme einer Lues zu sprechen scheinen, von 
einer Einreihung dieser in die eben besprochene Gruppe absehen 
und mich mit den hierbei gefundenen Zahlen und Resultaten be¬ 
gnügen, um der Beweisführung nicht noch anfechtbare Momente 
hinzuzufügen. 

AVie bekannt sein dürfte, ist der Begriff eines syphilitischen 
Aneuiysmas ein bereits öfter in der Litteratur ausgesprochener. 
Ambi oise Pare, 1 ) Lancisi und Abertini gedachten bereits der 
Lues als ätiologischen Momentes bei dieser Erkrankung, desgleichen 
Morgagni. In neuerer Zeit finden sich häufige diesbezügliche 
Beobachtungen, so von Lancereaux, Hertz, der über ein 
syphilitisches Aneurysma der Aorta abdominalis bei einer 34jährigen 
brau berichtet, und von McNalty, welcher von einem Aneurysma 
areus Aortae bei einem 85jährigen Soldaten erzählt, v. Lan^en- 
beck geht sogar soweit zu erklären, dass er in der Hälfte aller 
von ihm gesehenen Aortenaneurysmen habe nachweisen können 
dass die Patienten längere Zeit an Syphilis gelitten hätten! 
Maclean erklärt ähnliches auf Grund seiner bei Soldaten ge¬ 
machten Erfahrungen, ebenso wie Francis H. Welch von'34 
Aneurysmen bei Soldaten 17 als sicher syphilitisch anspricht und 
“ h ‘f wahrscheinlich syphilitisch. _ Verdi* berichtet von 
i 1 U . von syphilitischem Aortenaneurysma, ähnlich Fournier 
und Maisten; Buchwald 2 ) theilt zwei Fälle von syphilitischen 
Aortenaneurysmen mit. Zu gedenken wäre vor allem nocli der 

ArwI m ' h0 ' V ) zu p? ellM ' ori Möglichkeit, „dass auch an den 
Arterien aneurysmatische Aussackungen einen syphilitischen Ur- 
sprung haben. 

Mehrere dieser Autoren haben auch die Dauer von der Infection 
V.JT A . ll ® bnu ‘ h , des Aneurysmas zu bestimmen gesucht; so 
Verdi* und Fournier, welche sie auf 11 bezw. 11W, Jahre im 

lebfer n C . h . m !' t • In mlserer Zusammenstellung war es 

der e.stJn b R ät T ' a u l6n mfif?Uch ’ den Termin d er Infection und 
oer eisten Beschwerden zu vergleichen (2. 8. 11 12 13 151 

BWahref* 1 hi6r *“ we8entlich höheres; es beträgt' etwa 

Die Auffassung eines Thailes der Aneurvsmen als Whct 
wahrscheinlich auf syphilitischer Basis beruhend legt den Versuch 

zi^hun^Nift^n 1 ^!^ 0 ^^ 111611 ^? 11 ^ aUCh in therapfutischer Be¬ 
ziehung Nutzen zu ziehen. Zwar ist es bekannt dass durch Ge- 
nnnungsvorgänge innerhalb des AnourysmasackesBesseru^en von 
mehr oder weniger langer Dauer, ja durch völlige Obligation 
Heilungen ein treten können; so fiiiden wir von Quincke in 
. Ziemsgens Handbuch 4 ) eine Reihe derartiger Beobachtungen 

r«Ä , Ä'E;,-» 2«5 

therngen gUth ?“ 6 E ’' f ° Ige , * ecM "* en Mitteln Mit- 
des SÄÄ 

die Besserung bewirkt, haben u Gennnungsvorgänge 

letzteres erscheint mir oder , das antiluetische Agons; 

wie erstere Möglichkeit. wenigstens ebenso wahrscheinlich 


S. 395 Lang ’ Vorlesuu 8 en über Pathologie 

J ° CheUSChr - W9 ' 

3 y- Ziemssen’s Handbuch Bd. VI 


und Therapie der Syphilis 
No. 52. 


5 ( . . ..— ° J-UU1UDUCÜ 15a. VI. 


--sch- 

Brnstaorta. 


_.. .... No. 46 

Die überaus kurze Beobachtungszeit nahezu aller Fälle h 
desperate Zustand und das weit vorgeschrittene Stadium der v! 
krankung gestatteten nicht, hierorts in dieser Beziehung Iw 
Erfahrungen zu sammeln. Nur Fall 3, bei dem eine lV Jahr 
lange Beobachtungsdauer möglich war, zeigte nach Jodkaligcbranrf 
Besserung seiner Beschwerden; er verliess dann die Anstalt m 
erst kurz vor seinem Tode in extremis wieder ins Krankenhaus 
kommen. Jedenfalls aber ermuntert die Thatsache, daBS offenbar 
zwischen dom Aneurysma des vierten bis sechsten Decenniuins 
sowmt es nicht, traumatischer Natur ist — Beziehungen zu der 
Syphilis bestehen, zu weiteren Versuchen in dieser Richtung 
Es ist zwar einleuchtend, dass eine derartige Therapie einen 
weit vorgeschrittenen Fall, der nahe bis zur Rupturirung ndiehen 
ist, kaum wesentlich wird beeinflussen können. Indess sind sicher 
zwei bezüglich der 'Wirkungsweise einer energischen anfi- 
syphilitischen Therapie in Betracht kommende Momente m 
berücksichtigen: Einmal wird ein Weitergreifen des Processes auf 
die benachbarten Theile der Qefässwand hintangehalten wenku 
können: und dann ist in dem dergestalt am Weitergreifen ver¬ 
hinderten Aneurysma die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von 
G ennnungs Vorgängen eine grössere. 

Am Schlüsse meiner Auseinandersetzungen an gelangt ist cs 
nur eine sehr angenehme Pflicht, meinem verehrten Chef! Heim 
Prof. A. Fraenkel, für die Anregung zu dieser Arbeit sowie für 
dm gütige Ueberlassung des Materials meinen verbindlichsten Dank 
a u szu sprechen. 

VIII. Oeffentliches Sanitätswesen. 

Ueber Fenstervorhänge ln Schulen. 1 ) 

Nach gemeinsam mit Dr. B. Jungmann vorgenommenen photo- 
metrischen Untersuchungen 

von Prof. Hermann Colin in Breslau. 

i .• '^ rcu hat ^ie Hygiene eine ihrer Hauptaufgaben 

aann erblickt, dass bei Bauten von Schulen und Arbeitsstätten durch 
Lage, Zahl und Grösse der Fenster Räumlichkeiten geschaffen werden, in 
denen aiich an Plätzen, welche am wenigsten Tageslicht erhalten, olmr 
Schädigung der Augen gearbeitet werden kann, 

während man sich früher mit unbestimmten und ungenauen Angabe» 
bei Beurtheilung der Helligkeit eines Platzes abfinden musste, ist es be¬ 
kanntlich. seit 1884 durch das sinnreich construirte Photometer von Leon- 
bnrd Weber 2 ) ein Leichtes, in wenigen Minuten die Helligkeit eines 
rlatzes mit einer absoluten Zahl auszudrücken, zumal das Instrument in 
jüngster Zeit durch die Verbindung mit dem Lummer-Brodhun’schen 
Irisnia 4 ) für die Ablesung noch eine werthvolle Verbesserung erfahren hat. 

bür eine gute Beleuchtung eines Zimmers ist es natürlich nothwendig. 
dass das diffuse Tageslicht ungehindert gewissernrnasseu hineinfluthe: 

11 ta ( ar * direktes Sonnenlicht keinen Arbeitsplatz treffen. Wenn 
alle benster nach Norden liegen, kann letzteres nie Vorkommen. Liegen 
aber Fenster nach anderen Himmelsrichtungen, so müssen Vorrichtungen 
getroffen worden, welche das direkte Sonnenlicht dämpfen, d. h. es müssen 
\ orhänge angebracht werden, welche imstande sind 1) die direkten 
Sonnenstrahlen abzufangen, 2) nicht zu blenden und 3) doch möglichst 
viel Licht durchzulassen. 

Wie schwer diese Forderungen zu erfüllen sind, sieht man am besten 
aus der grossen Zahl von Mustern, die im Handel im Gebrauch sind, ver¬ 
worfen und in veränderter Gestalt wieder in den Handel gebracht werden, 
b örster 4 ) sagt treffend: „Wenn die Vorhänge ihren Zweck erfüllen 
sollen, so müssten sie so beschaffen sein, dass sie die direkten Licht- und 
Wärmestrahlen der Sonne abhielton, dabei aber selbst eine Lichtquelle 
abgäben, die der des hellbewölkten Himmels gleichkäme. Der Erfinder 
solcher Vorhänge würde als Wohlthäter der Menschheit angesehen 
werden müssen; denn für zahllose Privatwohnungen wären solche Vor¬ 
hänge von ausserordentlichem Vorth eil.“ Da es aber an solchen Vor¬ 
hängen noch fehlt, da ferner selbst die besten gegenüber der Behandlung 
der Schuljugend schwer in Ordnung zu halten sind und da das Auf- und 
Zuziehen bei Wechsel von Sonne und Wolken lästig ist, empfahl Förster 
*^ r ^ ' e Schulzimmer die Nord läge; denn dann braucht inan keine 

Solche Schulbauten sind leider selten zu ermöglichen; auch fand ich 
photometrisch, dass es ceteris paribus in Nordzimmern stets dunkler H 
als m Zimmern, die nach anderen Richtungen liegen. Somit stehen ^ ir 
immer noch vor der höchst wichtigen praktischen Frage: Welche Art 
VOn !) orhängen sollen wir empfehlen? 

Merkwürdig genug, dass ausser der ersten kurzen Mittheilung- du 
JFh über Lichtabsorption durch Vorhänge in einem Aufsätze über Tag®- 
Iichtmessungen in Schulen (Deutsche med. Wochenschr. 1884, No. 38) 'or 
zehn Jahren, veröffentlichte, noch von Niemandem weitere Messung-- 
resultate mitgetheilt worden sind. Nur eine Notiz des Ingenieurs Herz - 

l ) Vortrag, gehalten auf dem achten internationalen hygienische» 
Kongress in Budapest in der Section für Schulhygiene am 5. September 
2 Centralzeffung für Optik und Mechanik 1883, No. 16 und 17. 
f) Zeitschr. f. Instrumentenkunde, Januar 1889. — Auch Helmholi- 
Physiol. Optik 1892, 2. Aufl., 6. Lief., S. 420. 

) Deutsche Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspil. 1334. 


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Original frorn 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



15. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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berg 1 ) finde ich, nach welcher derselbe den Verlust, den das Licht durch 
matte Scheiben erleidet, als 27% angiebt. 

Meine Messungen hatten damals ein ganz überraschendes Resultat 
des Lichtverlustes durch Vorhänge ergeben; die gebräuchlichengrauen 
Staubrouleaux zeigten nur 11—13%, weisse Chiffonvorhftnge 18—25% 
durchgehendes Licht (im Roth gemessen). 

Im Arbeitszimmer meiner Kinder hatte ich damals die von Weck¬ 
mann*) in Hamburg angefertigten verstellbaren Vorhänge angebracht; 
das sind Jalousieen, bei denen aber statt der Holzleisten kleine, mit 
grauem durchscheinendem Stoffe überspannte Rahmen sich befinden, die 
man senkrecht, schräg und wagerecht stellen kann. In senkrechter Rich¬ 
tung Hessen sie nur noch 9%, in schräger 30%, in wagerechter 43% 
Licht durch. Ich habe sie daher sehr empfohlen; man würde aber wohl 
noch mehr Licht erhalten, wenn nmn sie mit heUerem Stoffe überspannte. 

Um nun unter den jetzt in Schulen und Privatwohnungen be¬ 
nutzten Vorhängen diejenigen herauszufinden, -welche am meisten Licht 
durchlassen, habe ich und mein Assistent, Herr Dr. Berthold Jungmann, 
an 18 verschiedenen Vorhängen, die uns in bereitwilligster Weise von 
Herrn Generalconsul Julius Houel (Firma Henel-Fuchs in Breslau, 
Am Rathhause 26) zur Verfügung gestellt wurden, ferner an zwei matten 
Glassorten und an einer Holzjjüousie mit verstellbaren Leisten genaue 
Messungen mit Weber’s Photometer gemacht, und zwar in folgender 
Weise. 

Das Zimmer, in welchem wir die Untersuchungen anstellten, lag im 
ersten Stock, war 6 m lang, 5 in breit und 4 m hoch und hatte zwei 
Fenster nach Osten. Das Zimmer ging auf grosse Gärten mit niedrigen 
Bäumen; das gegenüberliegende Haus war etwa 200 m entfernt. Selbst 
wenn der Experimentirtisch 5 m vom Fenster entfernt anfgestollt wurde, 
stand die Dachkante des gegenüberHegenden Hauses (mit dem Web er¬ 
sehen Raumwinkelmesser bestimmt) noch 9° tiefer als der obere Querarra des 
Fensters, bis zu dem nur das Fenster zu Lichtmessungen benutzt wurde. 
Förster nennt diesen Winkel den Oeftnungswinkel und giebt als die 
geringste zulässige Grösse 5° an; am dunkelsten Platze des Zimmers be¬ 
trug derselbe also fast das Doppelte. Wenn der Tisch nur 1,5 m vom 
Fenster abstand, war dieser Winkel sogar 34°, so dass ein ungeheuer 
grosses Himmelsstück, wie es wohl selten im ersten Stock eines Schul¬ 
zimmers zur Beleuchtung eines Arbeitsplatzes vorhanden ist, als Licht¬ 
quelle benutzt wurde. 

Das eine der beiden Fenster wurde durch eine Holzjalousie, deren 
Leisten senkrecht lichtdicht schlossen, völlig verdunkelt. Da es zu kost¬ 
spielig und zugleich unnöthig gewesen wäre, 21 das ganze andere 
Fenster deckende Vorhänge zur Untersuchung anzuschaffen. so haben wir 
die zwei oberen Flügel des Fensters, welche 0,85 m hoch waren, bis zum 
Querarm auch mit einer lichtdichten Jalousie verschlossen und die Scheiben 
des oberen Fensterflügels noch ausserdem mit schwarzem Papier verklebt. 

Es blieben also noch die beiden unteren Fensterflügel von 1,55 m 
Höhe und 1.20 m Breite als Beleuchtungsfläche, welche mit den zu unter¬ 
suchenden Vorhängen völlig bedeckt werden konnten. Die Fensterflügel 
wurden übrigens stets bei den Messungen mit und ohne Vorhänge auf 
das weiteste geöffnet; die Vorhänge selbst waren so gearbeitet, dass sie 
genau das noch offene Beleuchtungsfeld verschlossen. 

Im Juli und August d. J. wurden die Messungen an sonnenhellen 
Vormittagen zwischen 9 und 12 Uhr (entsprechend der bei uns üblichen 
Zeit des Vormittagsunterrichts) ausgeführt. Sobald Wolken, selbst die 
kleinsten, am Himmel erschienen, mussten die \ ersucho abgebrochen 
werden. Wer nur einmal derartige Messungen ausgetührt hat, wird die 
Schwierigkeit anerkennen, gerade in dieser Beziehung Fehlerquellen zu 
vermeiden; denn plötzlich erscheint oft während der Messung selbst ein 
ganz kleines weisses Wölkchen oder ein dünner grauer Schleier vor der 
Sonne, und sofort ändert sich die Lichtmenge um 50 bis 100 Meterkerzen 
und mehr. Man würde alsdann als Wirkung des ausgespannten \ orhanges 
ansehen, was nur die Folge einer Wolke war. Solche tadellose \ ormittage, 
wie -wir sie brauchten, waren in diesem Sommer nur wenige vorhanden; 
aber an diesen w'urde mit um so grösserem Eifer gemessen. 

In allen Fällen war die horizontal gestellte quadratische Papierfläche, 
auf deren Mitte visirt wurde. 1,5 m vom geöffneten I enster entfernt. 
Im direkten Sonnenlicht konnte überhaupt nicht gemessen w r erden, weil 
für diese enormen Lichtmeugen die Verdunkelungsplatten des Photometers 
nicht ausreichten. Um uns (He Rechenarbeit zu erleichtern, hatte mein 
verehrter Freund, Herr Prof. Leonhard Weher in Kiel den Werth aller 
möglichen Einstellungen mit den vorhandenen \ erdunkelungsplatten in 
Meterkerzen von einem Assistenten ausrechnen lassen, wofür ich ihm hier 
noch besonderen Dank sage. Die diesseits 100 mm von der Flamme im 
wagrechten Rohre messbaren Stellungen der verschiebbaren Milchglas- 
platte waren nicht berechnet werden, da so nahe der Flamme kleine 
Schwankungen schon grosse Fehler zur Folge haben. Daher konnten 
nur diejenigen Werthe benutzt werden, welche sich auf Entfernungen von 
mehl’ als 100 mm von der Benzinflamme bezogen. . 

Jedesmal w’urde vor Befestigung des Vorhangs die Helligkeit des 
Cartons bei Tageslicht mit rothem und grünem Glase gemessen, nach¬ 
dem die Benziukerze immer wieder genau auf 20 mm Höhe eingestellt 
worden. Bald darauf wurden dieselben Messungen bei herabgelassenem 
Vorhänge gemacht. __ 

Jede Messung sowohl des vollen, als des durch den Vorhang ge¬ 
lassenen Lichtes wurde dreimal in roth und dreimal in grün vorge¬ 
nommen und bei der Berechnung die Mittel aus je drei Messungen ge- 
zogen. ^ ... 

Die Mehrzahl der Ablesungen machte Herr Dr. Jung mann allein, 
nachdem ich mich überzeugt, dass derselbe gleiche Sehschärfe, gleichen 


>) Gesundheits-Ingenieur 1889, No. 3. 

2 ) Vgl. mein Lehrbuch der Hygiene des Auges. 


Wien 1892, S. 391. 


Lichtsinn und gleichen Farbensinn, wie ich hatte und dass unsere Ab¬ 
lesungen fast stets auf '/a bis 1 mm übereinstimmten. Oft wechselten 
wir bei Ermüdung mit einander: eine kleinere Anzahl Messungen machte 
ich allein. 

Wünschenswerth ist es, bei Benutzung des Lummer-Brodhun- 
scheu Prismas ein Diaphragma in’s Ocular des Photometers zu legen und 
genau central in die Oeffnung zu sehen, da dann sicherer bestimmt werden 
kann, wenn der „ideale Fettfleck“ verschwindet. 

Untersucht wurden nun von Glasarten: 1) eine auf einer Seite durch 
Sandgebläse mattirte Scheibe von 2,5 mm Dicke und 2) sogenanntes 
graues Kathedralglas, gegossenes Glas, ungefärbt, 3 mm dick. (Es 
wird in allen Farben angefertigt.) 

Ferner eine grüne Holzjalousie, deren Leisten wagerecht, schräg 
unter 45 0 und senkrecht gestellt wurden. Ausserdem 18 Stoffvorhänge, 1 ) 
die in folgender Tabelle genau bezeichnet sind. Hier genüge zu bemerken, 
dass dieselben theils aus Baumwolle, theils aus Leinen waren. 

Von den baumwollenen unterscheiden die Kaufleute l)Shirting, 
d. i. glatte appretirte Waare, 2) Köper, d. i. schräggestreifte Baumwolle. 
3) Dowlas, starkfädiger und fester als Shirting, 4) Satin, d. i. atlas- 
glänzende Baumwolle.— Die leinenen werden bezeichnet als 1) starkes 
Leinen, 2) Futterleiuen oder Klötzelleinen, 3) Brahnituch, 4) Drell, 
d. i. eine stark gedrungene Waare und 5) Segel leinen. 

Die Buchstaben- und Nummernbezeichnungen, welche die genannten 
Vorhangstoffe in dem Geschäfte der Firma Henel-Fuchs führen, so 
wie die Preise für den laufenden Meter sind in der folgenden Tabelle 
festgesetzt. 

Die Reihenfolge 1—23 ist nach dem Lichtdurchgange im Roth ge¬ 
ordnet. Der Platz, den die einzelnen Vorhänge einnehmen würden, wenn 
man sie nach der Grtindurchlässigkeit ordnen wollte, ist in der letzten 
Columne der Tabelle angegeben. Grosse Differenzen bei der Ordnung 
nach roth oder grün sind ausser bei den blauen und grünen Vorhängen 
nicht vorhanden. 


TabeUe I. TagesHchtdurchgang durch Vorhänge iu Procenten. 


No. 


Vorhang 


Preis d. 
Meter 

Mark 

Roth jorünl 
% % 

No. 

nach 

Gröu 

3,00 

73 1 

68 ! 

2 

4,00 

64 

70 

1 

0,80 

56 

37 

5 

0,90 ! 

i 

52 

21 

7 

0,90 

50 

35 j 

6 

20,00 | 

48 

50 | 

3 

0,95 i 

44 

45 

4 

1,35 

24 : 

15 

8 

1,35 

6 

* i 

12 

1,30 

3,8 

0,9 

16 

0,75 I 

3,6 

1,7 

13 

' 1,10 

3 ' 

4,5 

11 

1,50 

2,8 j 

5,7 

1 9 

1,15 

2,5 

1 

15 

0,90 

2 

0,6 

17 

0,75 

1,2 

0,3 

1 

1 19 

1,50 

1 

1 

0,5 

18 

1 1,58 1 

1 

0.7 

0,2 

: 20 

: 1,50 

0,7 

5.7 

i io 

1 

i 1,10 

0,6 

0,2 

i 21 

i 20,00 

0,6 

1,6 

i 14 

! 1,50 

0,3 

0,1 

22 

| 20,00 

0,1 

0,1 

; 23 


1 ° 
11 
12 | 

13 

14 

15; 


Weisse Mattscheibe, 2,5 mm dick, qm . * 
Graues Kathedralglas, gegossen, 3 mm dick, qm 

Weisser Shirting. feiufädig. B.R. 104 cm breit 
Ecrufarbiger Köper, dünnfädig. K. S. 900.! 

115 cm breit. 

Crömefarbiger Köper, dünnfädig. K. S. 7839. 

115 cm breit. 

Grüne Holzjalousie, wagrecht gestellt . . 
Weisser Dowlas, starkfädig. W. 130 cm breit 

Ecrufarbiges Leinen, dicht, mit weissen 
Streifen. R. D. 887. 128 cm . . . . 

Helles graues Leinen, dicht, mit dunkel- 
grauen Streifen. R. D. 884. 120 cm breit 

Hellgelbes leinenes Brahmtuch, ganz stark- 
fädig. J. W. K. 85 cm ...... 

Gelblich rohes Futterleinen, starkfädig. K. L. 

106 cm breit. 

Dichtes, hell und dunkelgrau gestreiftes 
Leinen. R. D. 890. 100 cm . . . . . 

HeUblau gestreifter, baumwoUener, dichter 

Satin. B.T. 6481. 130 cm. 

Leinendrell, ganz dicht, starkfädig, grau mit 
dunkelblauen breiten Streifen. D. J. 894. 
100 cm breit . . . . . • • • # • • 

Rohfarbenes, grobes starkfädiges Segelleinen. 
L. T. 100 cm breit. 


6 Schmutziger Schulvorhang, rohes Futterleinen. ! 

I gelblich, starkfädig. H. L. 100 cm breit 

7 | Bordeauxfarbiger, gestreifter, dichter baum- 
; wollener Satin. B. T. 6480. 130 cm . 

.8 I Hellgelbes, starkfädiges, wasserdicht im -. 

| prägnirtes Segelleinen. R. L. E. 100 cm . ■ 

9 1 Dunkelgrün gestreifter baumwollener dichter 

, Satin. B. T. 6482. 130 cm. 

>0 Rohfarbener starkfädiger LeinendreU. A.P. 
j 100 cm. 

51 j Grüne Holzjalousie, unter 45 0 gestellt . . 

52 Dunkelblau gestreifter, dicker baumwollener i 
! Satin. B. T. 6483. 130 cm ... . 

53! Grüne Holzjalousie, senkrecht gestellt . 

Aus dieser Tabelle folgt zunächst, dass die matten Schoiben das 
leiste Licht durchlassen, 64-73 »/„. Das stimmt sehr gut mit den 
[essungen von Herzberg (siehe oben) überein, weicher 73 ,o fand, 
Jlein die Scheiben sind theuer; der Quadratmeter kostet für gewönn¬ 
et 5_6 Mark; für Schulen will allerdings Herr Glasmaler Seiler m 
Ireslau, Neue Taschenstrasse 5, nur 3 Mark für Mattglas und 4 Mark 
Ir Kathedralglas berechnen; Vorhänge kosten aber nur den dritten bis 
inften Theilf Die Scheiben sind ja auch zerbrechlich, blenden 
nmerhin etwas, lassen sich nicht bequem zur Seita sehieben. 


i) Sie wurden in dem Vortragssaale zu Budapest an den Fenstern 
demonstrirt. 


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' |>g.S«vH uberk yj Ni'.mbnrg schläft joter. -wie m mir brfrliudi -miD 
t fi' i’i ; vne. jlip ^UugläyiVyister niohr mm Ootfnen, soudmn /um Schieben 
mopurichion; .die - itivtore INmsDrhiÜfto- sei) mit /woi X(nf!Hoh‘#unvor 
«*»-ließ smu, emur «kep uml enum nach «dum bowegtivhen. die. bei Roune-n- 
yehm •üioanfg.-'HdiobtfU wür<Io. 'Der Versuch mÜ-sHÜ mitaHh h imDcheiden, 
eh der jHehlvulusl. «h»n die Mti-lyr.«' Fez^t erhiUite deren hevtfindi^y 'loi'- 
)i»d!o Maikdasb; .bwbuüg erfahrt, ttudu' ’/M mW Wut dire YimfabtH '.!iws«m 
jrltdi die M^rt^lasscbej^ ko in das Mynm'wmtr «*>*«»• (W Pföglefc 
ölfhtHrg viy's^nL.yi, da«-- hnä fcftfc&i Tugftlr.Mt'' dtt« gvwühnlmbe Fenster 
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immlilmhkHi' spricht gegen da?» Mtdf-ghm, 

Piu gröbu Ho]Vje 1 Ott«i« ist- nur bei ^nftjfiuret bfpt’ Stetihflg ilPP 
üimHvr frum-bbar: da ülsst die ünlltn dpt» fdt’hH’S tfcftt'lt. 4H--50 **/«>„■ 
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kaum ÖJ; ®ü*r Ihmwge&miuiher Mud die <»Dt-u hipohf-joheyeH JaioOsPttHi von 
VV i' ’ k in ix t« u . dovmv versi.ttJÜtärö.-^heiie -m.it $U«tf ttb«isjunH*i 4M, bedeu¬ 
tend Yomizmhmj, d„ -3, Hsgtiw.M Id schräg' H<> <’;•» nud rimkrnchi 
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Kryldkpii'iin^of vmimddmr wurden, noch.' vojHmillmtier; u l. konttte keine 
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Srluthyi georaueitten VoHuinge y.-mli v m- vipnea) • m. vlahro-gmU-äiMlfiti ■' 

weuleu tuüssoii Dar gesuhh,?!it- H<*i: oft jahrelang mehr. Ich 
mHi SrbiOe. bei der avbl Jahre inug uogorohrigt blieben^ Deuz ,*h 
ut-sahoi von der Abnahme det Lipiitnuiatbia^gkeH- bei dor KuiuditDa i'U 
Bshnmi ^.. smi .»()«* Vorlditigo il u<■ i i I en l'R u >.nn- und hei dem iHieen-' 
IfttfAkt- und Iittrtmferd uhm Daei.U>morbrotler, *>u (iftfc Kvlpftv iVw 
. wegou 4m- häufire lVus«'hpn- derendbe-fi• i.d»ihwendig «st. -- 

' Für «litt .Vnhf/itig-u i.g rfor VRirbÜnpe sind ’ •yi'rsohiVdont* AieUnH ») 
vCMpepehlapttti AviteÜHi«, ln Cman /^torrepJttsehen MustefsyhuHi»Ui.v m*‘ 
Mer Wmrifve VVell.ttttsHt.eihtug‘) - 1873 s«lv ich Vorhänge • ans uerW -hsjin 
W>VüHU die- uu-taii uttfgurolif, wmrr, ( m,j b«ii .Bedaif naeii oIhhi- !! 

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weH^gr teiöfadigpr hHiirtittg. ecru- oder crPtnelttrhigd»* h^b r p 
«idoi weif.ser Dowlas niignscimOV, dagugeu . alle 
hauen-, Drell- lind .Brtvhn:i.üehvorhäng«? ’unlfeilit weithin nidgl-n. 

Preis der cprij« fohlen an Xiimmom im. gering; m* (ml Higt dar 8«.h— ÜOihetnre 
pvo fvlctir. 

6 Yorgl. meine Behelft '...Die ScbuUiiUHer »ud ScIiuIufUh' ou 
? /Wiblibr Wettausstelhurg'h Afit 93 Abbild ungern Hrösjau 3673. - w?«; 

mteli fuupr Lnbrbut'h der Hrgimiu dos Auges'. Wien 1892 ; S* 389, 

; ; f; SehulonsiitidiHutsptl., 1^88, S. 468 ‘ . 

Y 'Vnrrfchiftg«> Äti'r VA rljesöttrung adnigiM' unzwn«;kittt»n?iger ©W , ?H* 
i l utig<m i?i. Bchtilttfu üitfsl«» 1880, 


Go gle 




15. No vember. DEUTSCHE MEDIC1NK 

IX. Feuilleton. 

Die maritim-biologische Station bei Dröbak. 

Von G. Guldberg, 

Professor der Anatomie und Embiyologie an der Königl. Frederiks- 

Universität in Christiania. 

Im inneren Theile des 13 Meilen langen Christianiafjords im 
südlichen Norwegen liegt die kleine Hafenstadt Dröbak; von ihr 
ist ungefähr iy 2 Stunden Fahrt mit dem Dampfer nach Christiania 
hinein. Schon im vorigen Jahrhundert war diese Lokalität wegen 
ihrer interessanten Fauna durch die Untersuchungen des berühmten 
Naturforschers 0. F. Müller bekannt, und daselbst ist nun seit 
dem 23. Juni d. J. eine maritim-biologische Station eröffnet worden. 

Das nette Laboratoriumsgebäude, das zu diesem Zwecke eben 
gebaut wurde, liegt ganz am Ufer, ungefähr 3,5 m über dem 
Wasserspiegel, ist 15 m lang, 8 m breit und 11 m hoch und be¬ 
steht aus einem Parterre (Erdgeschoss) und einer Belle-Etage mit- 
sammt einer Dachzimmer-Etago. Das Erdgeschoss, aus Ziegelstein 
gebaut, hat den Haupteingang und nach rechts einen Raum für 
Schauaquarien, nach links einen Raum für die Pumpe und sonst 
für Aufbewahrung. Das Haus ist aus Holz gemacht mit ganz 
netter Holzconstruction. Die Belle-Etage hat fünf Zimmer, ein 
grösseres nach Osten mit sechs Fenstern und sechs Tische für 
Morphologie, ein kleineres nach Norden für den Vorsteher, 
mitsammt einem Dunkelzimmer für Photographie, zwei kleinere 
nach Westen für Physiologie und ein kleines nach Süden 
für Zeichnen oder diverse andere Zwecke. Ueber der Belle-Etage 
hat man fünf Dachzimmer, drei mit schrägen Dächern, eingerichtet, 
nämlich ein grösseres als Bibliothek- und Schreibzimmer, eins für 
Liehtversuche mit einem Dunkelzimmer, eins für Sammlungen und 
noch zwei kleine für Wohnung oder als Arbeitszimmer. Noch höher 
hinauf führt die Treppe in einen kleinen Thurm hinauf, wo eine 
Wassercisterne steht; diese Cisterne wird von der Pumpe im 
Erdgeschoss gespeist. Von dieser Cisterne aus geht ein Rohr¬ 
leitungssystem hinab zu den verschiedenen Arbeitszimmern in 
der Belle-Etage. Die Vertheilung der verschiedenen Rohrleitungen 
sind unter dem Dache des Erdgeschosses angebracht — also unter 
dem Boden der Belle-Etage —, und zu jedem Tische in den mor¬ 
phologischen Arbeitsräumen kommt vom Boden herauf ein Wasser¬ 
rohr, von welchem man das Meerwasser in das Aquarium des 
Arbeitstisches leiten kann. Ausserdem sind in der Mitte des 
Raumes 12 Wasserleitungsrohre mit Gestell für Agentien ange¬ 
bracht. An den Wänden findet man Regale und Schränke für 
mikrochemische Reagentien. Ein Mikrotom und ein Ofen für 
Paraffineinschmelzen werden angeschafft. 

Die „physiologischen“ Zimmer haben die für ein chemisch¬ 
physiologisches Laboratorium gewöhnliche Einrichtung. Im Laufe 
dieses Winters soll die Station fertig montirt werden. — Von 
dem Erdgeschoss im Felsen eingesprengt, geht das Wasser¬ 
saugrohr in den Fjord hinein und liegt die Oeffnung für die 
Wassereinnahme mehr als zehn Klafter unter dem Wasserspiegel. 
In einer solchen Tiefe hat das Wasser einen fast constanten Salz¬ 
gehalt (ca. 3 %). Vor dem Fundament des Gebäudes hat man ein 
Bassin aufgebaut, das ein „Vivier“ bilden soll. 

In diesem Sommer haben die Herren Professoren G. 0. Sars 
über die Entwickelung der Crustaceen, N. Wille über die Algen, 
indem er den genaueren Vorgang der Befruchtung der Florideen 
und die Zusammenschmelzung des männlichen und weiblichen Vor- 
kemes nachgewiesen hat, Prof. S. Torup, Dr. Geelmuyden und 
Dr. Bödtker mit physiologisch-chemischen Untersuchungen über 
die Stickstoffverbindungen des Meerwassers, Assistent am bota¬ 
nischen Garten Gran über die Algen, Dr. B. Hansten über die 
Assimilationsprodiicte der Algen und Fräulein Bonnevie über 
Ascidien, und noch andere da gearbeitet. Mittheilungen darüber 
werden später ausgegeben. — Die Direktion der biologischen 
Station sind die Herren Prof. Dr. G. Guldberg (Vorsitzender 
der Baucommission), Prof. Dr. S. Torup und Prof. Dr. N. Wille. 

Wenn die nothwendigen Mittel gesammelt sind, wird man auch 
zum Bau einer Anstalt für Fischausbrüten schreiten; diese wird auf 
derselben Stelle an der Seite des Stationsgebäudes angelegt werden. 

Es wird auch ausländischen Naturforschern Gelegenheit ge¬ 
geben werden, an der Station zu arbeiten. 

X. Standesangelegenlieiten. 

Aus dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen 
Standesvereine. 

Um einen Theil des reichlich angesammelten Verhandlungsmaterials 
zu erledigen, fand am 9. November eine ausserordentliche Sitzung des 
Geschäftsausschüsses statt. Der Vorsitzende, Herr Becher, theilte 
zunächst mit, dass das Königliche Polizeipräsidium das eingereichte 
Formular der Passirkarten mit einzelnen kleinen Aenderungen ge¬ 
nehmigt habe. Danach trägt die Vorderseite der Karten die Aufschrift: 


WOCHENSCHRIFT. 879 


Passirkarte für den praktischen Arzt (Name und Adresse), darunter das 
Datum, Stempel, und die Worte: der Vorstand des Geschäftsausschusses 
der Berliner ärztlichen Standesvereine. Auf der Rückseite ist zu lesen: 
1 „Laut Mittheilung des Königlichen Polizeipräsidium vom 31. Mai 1894 an 
den Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine dürfen 
Aerzte, sofern sie sich in Ausübung ihrer Praxis befinden, gegen Vor¬ 
zeigung dieser Passirkarte die polizeilichen Absperrungslinien zu Fuss 
durchschreiten!“ Es ist selbstverständlich, dass die Karten nur von den 
Inhabern persönlich benutzt werden dürfen. Dieselben sollen nunniehr 
schleunigst gedruckt und an sämmtliche Aerzte Berlins und der Vororte 
in der Weise vertheilt werden, dass die Mitglieder der Standesvereino sie 
durch die betreffenden Schriftführer zugeschickt erhalten, während die 
übrigen Aerzte sie sich von den Vorsitzenden der einzelnen Standes¬ 
vereine abholen können. Kosten erwachsen dadurch nicht, da der Ge- 
schäftsausschuss die bezüglichen Ausgaben aus seiner Kasse bestreiten wird. 

Folgende Anträge werden zur Berathung angemeldet: 1) Vom Verein 
Königstadt: Die Aerztekammer soll veranlasst werden, bei den zuständigen 
Behörden dahin vorstellig zu werden, dass a) Aerzten, die infolge von 
Geisteskrankheiten entmündigt sind, für die Dauer der Entmündigung und 
b) solchen Aerzten, die durch richterliches Erkenntniss ein für alle mal 
die Fähigkeit verloren haben, vor dem Gericht als Zeuge zu fungiren, 
dauernd die Approbation von Staatswegen entzogen werde. — 2) Vom 
Nordclub: Es soll seitens des Geschäftsausschusses eine Prüfung darüber 
vorgenommen werden, ob und in wie. weit die ärztliche Begutachtung von 
Handelsartikeln zum Zwecke geschäftlicher Ausuützung derselben dem 
Ansehen des ärztlichen Standes entspricht. 

Der folgende Punkt der Tagesordnung betraf die Organisation 
der Sanitätswachen und des öffentlichen Rettungswesens. Es 
ist darüber schon sehr viel in den ärztlichen Vereinen gesprochen worden, 
da es offenkundig ist, dass die betreffenden Einrichtungen, wie sie jetzt 
in Berlin bestehen, theils unzweckmässig, theils unausreichend und der 
Grösse der Stadt durchaus nicht entsprechend sind. Leider ist man trotz 
aller Berathungen nicht viel vorwärts gekommen, und zwar hauptsächlich 
aus dem Grunde, weil die Aerzte die bedeutenden Mittel, welche zur Ein¬ 
führung und Erhaltung der nothwendigen Geräthe, Fuhrwerke, Instrumente, 
Verbandmittel etc., ferner für die Miethung der Lokale, für Besoldung 
u. s. w. erforderlich sind, nicht aufbringen können. Es wäre sicher am 
zweckmässigsten, wenn die städtischen Behörden die Sache in die Hand 
nehmen würden und die neu zu gründenden Anstalten an die Kranken¬ 
häuser oder an die Feuerwachen angliederten, da es bei Verunglückungen 
das wichtigste Erforderniss ist, dass die betreffenden Kranken möglichst 
schnell und in möglichst geeigneter Weise in die Krankenhäuser geschafft 
werden, nachdem ihnen vorher die not.hwendigste ärztliche Hülfe zu Theü 
geworden ist. Leider hat die Stadt bisher geglaubt, genug gethan zu 
haben, wenn sie mit einigen Geldmitteln die alten Sanitätswachen unter¬ 
stützte, über die in ärztlichen Kreisen nur die übereinstimmende Meinung 
herrscht, dass sie bis auf die Wache vor dem Halleschen Thore, 
die eine eigene Organisation hat, keineswegs den Anforderungen 
entsprechen, die man an solche Institute zu stellen berechtigt ist. Sie 
renommiren mit der Anzahl ihrer Leistungert, erwähnen aber dabei nicht, 
dass wirkliche Hülfe bei dringender Gefahr nur äusserst selten in Frage 
kommt, da naturgemäss bei weitem die meisten Unglttcksfälle bei Tage 
passiren, und dass die Sanitätswachen eigentlich weiter nichts sind, als 
nächtliche Polikliniken. — In neuerer Zeit haben die Berufsgenossen- 
schaften, welche die Unfallstationen in Berlin errichtet haben, sich auch 
des Rettungswesens angenommen und mit dem bei diesen Genossenschaften 
üblichen Schlagen der Reclametrommel täglich in den politischen Zeitungen 
urbi et orbi verkündet, dass das liebe Berlin nunmehr ruhig sein könne, 
da sie das ganze Rettungswesen in schönster Weise geordnet hätten. 
Nun lässt es sich gar nicht leugnen, dass die Unfallstationen bei weitem 
besser und zielbewusster eingerichtet sind als die Sanitätswachen, und 
der geschenkte Wagen zum Transport der Kranken, sowie das gestiftete 
Pferdepaar, von dem wir in den letzten Tagen die Beschreibungen zu 
lesen bekamen, werden wahrscheinlich ganz vortrefflich sein, aber es hat 
doch den Anschein, als ob es den Genossenschaften vor allem darauf an¬ 
käme, für die Privatkliniken ihrer Aerzte, alias Unfallstationen, das ge¬ 
nügende Material zu schaffen, während es im öffentlichen Interesse liegt, 
möglichst alle Krankenhäuser und möglichst alle Aerzte an diesen Dingen 
zu betheiligen. Und nebenbei ist noch zu bemerken, dass die Unfall¬ 
stationen bei den Arbeitern, für die sie gegründet sind, im allgemeinen 
keine Gegenliebe gefunden haben und dass diese trotz aller Lockungen 
und trotz allen Druckes es. wenn es angeht, noch immer vorziehen, auch 
bei Unglücksfällen sich von Privatärzten behandeln oder in die grossen 
Krankenhäuser aufnehmen zu lassen. — Auch der jüngst gegründete 
„Nationalverein zur Hebung der Volksgesundheit“ hat sich die Neugestal¬ 
tung des Berliner Rettungswesens zur Aufgabe gemacht und zur Be¬ 
sprechung diesor Angelegenheit eine öffentliche Versammlung im Ratli- 
hause abgehalten. Wenn man auch anerkennen muss, dass dieser Verein 
gute Zwecke verfolgen will, so ist doch die Annahme gerechtfertigt (ganz 
abgesehen davon, dass die Thätigkeit des Vereins auf Wege hinzuleiten 
scheint, welche die sogenannten Naturärzte zu wandeln pflegen), dass er 
nicht viel erreichen wn*d, da er sich viel zu viel vorgenommen hat. Fast 
alle Fragen, die irgend ein von allgemeiner Humanitätsduselei ergriffener 
Verein je aufgeworfen hat, finden sich in dem Programm dieser neuen 
Schöpfung vor, ihre Ziele sind unklar und verschwommen, so dass dabei 
kaum etwas greifbares herauskommen wird, obwohl auch einige Collegen 
mit an der Spitze des Vereins stehen. — In Berücksichtigung, dass das 
Transportwesen für Kranke in Berlin noch sehr schlecht geregelt ist, hat 
übrigens die Charite seit einigen Wochen einen entsprechend eingerich¬ 
teten Wagen angeschafft, auf welchem Verunglückte oder Schwerkranke 
von dem Orte des Unfalls oder von ihrer Behausung nach der Charite 
überführt werden können. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


880 


No. 46 


Aus allem Angeführten sieht man, dass die Sache des Rettungswesens 
jetzt im Flusse ist. und da die Aerzte, die gerade hierbei die Sachver¬ 
ständigsten und Meistbetheiligten sind* nicht nur nicht zurückstehen, 
sondern möglichst zweckentsprechend Vorgehen und alle auf dasselbe Ziel 
gerichteten Bestrebungen, wenn es sich machen lässt, vereinigen wollen, 
so wird schon in nächster Zeit eine vom Verein zur Einführung freier 
Arztwahl einberufene allgemeine Aerzteversaminliing behufs Stellungnahme 
zu dieser Angelegenheit statthaben. — Nachdem alle diese besprochenen 
Gesichtspunkte in lebhaftester Debatte erörtert waren, nahm der Geschäfts¬ 
ausschuss folgende Anträge an: 1) In Rücksicht darauf, dass das Rettungs¬ 
wesen bei plötzlichen ÜnglQcksfdllen hauptsächlich den Transport der 
Verunglückten betrifft und dass für den Transport in Berlin nicht ge¬ 
nügend gesorgt ist, somit ein allgemeines öffentliches Interesse vorhanden 
ist, sind die Kosten für dasselbe aus communalen Mitteln zu bestreiten. 
2) Der Geschäftsausschuss ernennt eine Commission, die betreffs der Or¬ 
ganisation des Rettungswesens persönlich mit den städtischen Behörden 
und sonstigen Vereinigungen zu unterhandeln sucht. 3) Diese Com¬ 
mission vertritt die Anschauungen des Geschäftsausschusses in der all¬ 
gemeinen Aerzteversammlung und soll in dieser durch Cooptation ergänzt 
werden. — In die betreffende Commission wurden die Herren Becher, 
Küster und Alexander gewählt. 

Der folgende Punkt der Tagesordnung betraf ein altes Schmerzens¬ 
kind der Aerzteschaft. nämlich die Taxfrage. Im November 1892, also 
vor nunmehr zwei Jahren, hatte das Cultusministerium selbst die Aerzte- 
kammern aufgefordert, sich über eine neue Taxe gutachtlich zu äussera, 
da „wie allgemein anerkanut werde, die Taxe vom 21. Juni 1815 den 
jetzigen Verhältnissen nicht mehr entspreche 4 ’. Die Aerztekammern hatten 
reiflich berathen und prompt geantwortet, warten aber bis heute vergeb¬ 
lich auf eine Rückäusserung des Ministeriums. Deshalb beantragt der 
Verein der Friedrichstadt, der Geschäftsausschuss möge Delegirte sämmt- 
licher Berliner ärztlichen Vereine, welche sich mit Standesfragen und 
wirtschaftlichen Interessen beschäftigen, zusammenberufen, um energisch 
und durch persönliche Unterhandlungen mit den betreffenden Behörden 
in Sachen der ärztlichen Taxfrage vorzugehen. Da indess der Aerzte- 
kammerausschuss in seiner letzten Sitzung beschlossen hat, sich an das 
Ministerium mit der Bitte zu wenden, sich endlich über diese Sache zu 
üussern. und da auf diese Bitte eine Antwort in 6—8 Wochen zu er¬ 
warten ist. wurde der Antrag der Friedrichstadt bis zum Eintreffen dieser 
Antwort, spätestens aber auf drei Monate zurückgelegt. — Uebrigens ist 
der Ausschuss der Aerztekammer 'willens, falls die ministerielle Antwort 
keine recht baldige Erledigung in Aussicht stellt-, die Taxfrage unter die¬ 
jenigen Gegenstände aufzunehmen, über welche die Delegirten der Aorzte- 
kammern in Gemeinschaft mit der wissenschaftlichen Deputation verhan¬ 
deln sollen. Hoffen wir, dass nunmehr die Sache im Flusse bleibt und 
dass wir endlich von der ganz veralteten und unzureichenden Medicinal- 
taxe befreit werden. jj 


XI. Mitteilungen über die Heilserumtherapie 
der Diphtherie. 

Bezüglich der Nachwirkungen des Diphtherieheilserumi 
erhalten wir von Herrn Stabsarzt Dr. Scholz in Hirschberi 
(Schlesien) folgende Zuschrift: 

Sehr geehrter Herr College! Im Anschluss au den Aufsat: 
von \\. Lublinski in No. 45 Ihrer Wochenschrift erlaube icl 
mir eine Beobachtung mitzutheilen, welche der dort beschriebene] 
Nachwirkung des Antitoxins völlig gleichkommt. 

23. October früh zeigte sich bei meinem zehn Jahre altei 
Sohn nach voraufgegangenem zweitägigem Fieberzustande diphthe 
ritischer Belag auf beiden Mandeln. Ich machte sofort eine Ein 
spntzung der schwachen (600 Einheiten) Antitoxinlösung, von dei 
ich vorher 1 ccm zur Immunisirung meiner sechs Jahre alten, bi; 
dahin ganz gesunden Tochter entnommen hatte. Die Wirkung dei 
Einspritzung bei dem Knaben war eine überraschende: im Verlau 
eines Tages waren Puls, Athmung und Körperwärme normal; dii 
Beläge auf den Mandeln wuchsen nicht mehr und hatten sich nacl 
drei Tagen abgestossen. Am 26. erkrankte auch, trotz der ver 
suchten Immunisirung, meine Tochter, da sie jedenfalls zur Zer 
der Immunisirung schon inficirt war. Der Verlauf dieser Erkran¬ 
kung war ein leichter, ich möchte sagen abortiver, so dass ich voi 
S“®*, nachträglichen Einspritzung einer vollen Dosis Antitoxin Ab 
T r ^ nur J oin Fläschchen des stärksten Anti- 
fph rnPb iS^^ i nd ’ Uber dessen Anwendung in leichten Fällei 
S / f8h -™ g f macht hatte - Die Reconvalescenz wai 

v«™w “ Ki " dern fhr schnelle und ihr Befinden am 1. No- 

(zehn Ta™ n^^V 1 ” d f N “ ht vom 2 - zum 3- Novembe. 
Knaben fin ««hr w5 Em6 P n l tzun g). stellte sich plötzlich bei den 
2,1?, t heftiger Juckreiz ein, der veranlasst war durcl 

HaiT und“?-?,«;.-, 11 ! 18611 'a biS bo ? nCngrosse Knötchen, die zunächsi 
Sti?n'unri d n«^ht k6 s’ w n . a ! J6r auch Armo nnd Beine befielen 
Mnlh! ? , ,ed0Cl l. f r Hessen. Bei Tageslicht crschienei 
rothJmH 1 nach . k " rzem Bestehen flacher wurden, blau- 

ioth und flössen nach Verlauf weniger Stunden an der Innensoitf 

S^^UtÄh* 51 h T and f tell , erg v SSen Flecken zusammen. Zu- 
gleich stellten sich im Laufe des Vormittags heftige Schmerzen in 

den meisten Gelenken und Schmerzen in der Rumpfmuskulatur ein 
SO dass der Knabe ausser Stande war, sich im Bett aufzurichC: 


Am meisten klagte er über Schmerzen in den Kniekehlen. Dabei 
fehlte jede Schwellung, und die Körperwärme überstieg nie 376 
(im Rectum gemessen). Auch das Mädchen fühlte sich im Laufe 
des 3. November matt, und es traten bei ihr an beiden Hand- und 
Fussriicken erbsengrosse, blaurothe Flecken auf, welche nach un¬ 
gefähr drei Tagen gänzlich verschwunden •waren: von Gelenk- 
schmerzen blieb sie verschont. Bei dem Knaben war der Aus¬ 
schlag nach vier Tagen verschwunden , desgleichen die Gelenk¬ 
schmerzen, doch besteht jetzt noch eine Mattigkeit in den Beinen 

Das plötzliche Auftreten des Ausschlags, das zuerst wegen des 
äusserst heftigen Juckreizes den Verdacht auf Urticaria erweckte, 
sich aber dann, als die Gelenkschmerzen dazu traten, als eine Alt 
von Erythema exsudativum multiforme charakterisirte, überraschte 
mich nicht, da mich am Abend vor dem Auftreten desselben 
College Middeldorpf, welcher bei sich selbst und seiner Frau 
eine immunisirende Einspritzung vorgenommen hatte, bat, darauf 
zu achten, ob sich bei meinen Kindern ähnliche Nachwirkungen, 
wie er sie bei sich und seiner Frau beobachtet hatte, wahrnehmen 
würde. College Middeldorpf beobachtete bei sieh das Auftreten 
eines urticariaähnlichen Exanthems am linken Oberarm und eine 
mehrere Tage anhaltende Mattigkeit; seine Frau litt, ohne Fieber, 
eine Woche, lang an heftigen Gelenkschmerzen und namentlich 
Schmerzen in den Kniekehlen, worüber auch mein Sohn am 
meisten klagte. 

Dass es sich in den vorstehend beschriebenen Fällen nur um 
eine Nachwirkung des Antitoxins handelt, erscheint mir nach dem 
Auftreten und dem eigenartigen Verlauf der Erscheinungen un¬ 
zweifelhaft. Was die Behandlung desselben betrifft, so schienen 
mir einige Dosen Phenacetin zu 0,5 die Heftigkeit der Gelenk¬ 
schmerzen zu lindern. 


Prof. Bökai, Chefarzt des Budapester Stephanie-Kinderspitals, 
referirte in der am 27. v. M. abgehaltenen Sitzung der Budapester 
Gesellschaft der Aerzte über die Resultate von 35 vom 11. September 
bis 21. October 1. J. mittels Behring’schen Serums behandelten 
Fällen von diphtheriekranken Kindern (mittelschwer 20, 
schwerste Fälle 15). Von diesen w T aren 9 reine Rachendiphtherie, 
7 Nasen- und Rachendiphtherie, 4 Rachen- und Kehlkopfdiphtherie 
und 15 reine Kehlkopfdiphtherie (Laryngitis crouposa). Es starben 
5, also 147 3 % der Fälle, was Bökai im Vergleich mit den bis¬ 
her mit anderen Mitteln behandelten Fällen als äusserst günstig 
bezeichnet, da bei diesen das Heilungsprocent 43,2 bis 58,8 aus¬ 
machte, während das mit dem Behring’schen Mittel 85,6 aus¬ 
macht. Sehr. 


XII. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. In nächster Zeit wird der Magistrat sich über die Be¬ 
setzung der neuqp Pros ectors teile im Krankenhaus Friedrichshain 
zu entscheiden 1 haben. Wie wir hören, hatVirchow erklärt, dass er mir 
sehr ungern wieder einen seiner Assistenten für den Prosectorposten eine? 
städtischen Krankenhauses abgeben möchte. Hoffentlich wird der Magistrat 
diesem gewiss berechtigten Wunsche volle Beachtung schenken. 

— Von den Vorstehern der deutschen Impfinstitute ist für das 
Jahr 1896 eine Feier zur Erinnerung an die Jenner’sche Ent¬ 
deckung der Vaccination geplant. Die Feier soll im Anschluss an 
eine der jährlich wiederkehrenden Aerzteversammlungen statthaben. In 
Verbindung damit ist eine Ausstellung von alten und neuen Impfinstru- 
menten, von Instrumenten zur Lymphconservirung, von Impf bestecken, 
bildlichen Darstellungen der Impfung, Originalschriften über die Pocken 
und Vaccination, über Schafpocken- und Rinderpestimpfungen in der Vor- 
Jennerlschen Zeit, von Abbildungen zur Constanz der Variola- und Vaccine¬ 
pustel, von Pasquillen auf die Impfung, von Impfmedaillen, Porträts von 
hervorragenden Inoculatoren, Impfärzten, Impfgegnera, von Autographen 
u. s. w. in Aussicht genommen. Baldige vorläufige Zusagen oder Zusen¬ 
dungen von Ausstellungsgegenständen erbittet Geh. Med.-Rath Dr. L. 
Pfeifer, Vorstand des Grossh. Sächsischen Impfinstitutes in Weimar. 

— Karlsruhe. Die diesjährige Versammlung des südwest¬ 
deutschen psychiatrischen Vereins findet am 3. und 4. November 
in Karlsruhe statt. 

— Breslau. Die DDr. C. S. Freund, Prof. Magnus, Methner 
halten einen Cyklus von Vorlesungen über Unfallverletzung mm 
deren Begutachtung ab, und zwar liest Dr. C. S. Freund über Nerven¬ 
krankheiten nach Unfällen; Prof. Dr. Magnus über Unfallverletzung de.» 
Auges; Dr. Methner über Functionsstörungen nach Verletzung der 
Extremitäten. 

— Ly on. In der Schlusssitzung des in Lyon zum ersten male tageuden 
französischen Congresses für innere Medicin wurde beschlossen, 
dass die nächste Session zu Bordeaux im Monat August oder Septembei 
1895 stattfinden sollte. Zum Präsidenten des nächsten Congresses wurd ' 1 
Bouchard, zum Viccpräsidenten Pitres gewählt. Für das zukünftig ' 1 
Programm wurden drei Themata bestimmt: 1) Die infectiösen Myelitiden. 
2) Leber- und Darmpathologio, 3) Ueber antifebrile Analgetica. 

— Universitäten. Rostock. Als Nachfolger des verstorbene'! 
Prof. Lemcke ist Dr. O. Körner aus Frankfurt a. M. als ausserordent¬ 
licher Professor der Ohrenheilkunde berufen.— Basel. Der Privatdocen 
der Anatomie Dr. Burckhardt ist zum a. o. Professor ernannt. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHtGAN 






Donnerstag 


M 47, 


22. November 1894, 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtenstelnallee 3. Potsdameretr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Aus dem hygienischen Institut der Universität 
Greifswald. 

Zur Diptaheriefrage. 

Erläuterungen zu den Thesen des Deutschen Diphtherie- 
Comites auf dem VIII. internationalen Congress für Hygiene 
und Demographie in Budapest. 

Von Prof. F. Loeffler in Greifswald. 

M. H.! Als Vorsitzender des Deutschen Diphtherie-Comites 
habe ich die Ehre, Ihnen die von diesem Comite aufgestellten 
Thesen vorzutragen. Dieselben liegen Ihnen gedruckt vor 1 ), ich 
kann mich daher darauf beschränken, einige Erläuterungen zu 
denselben zu geben. 

Das deutsche Comit6 hat an die Spitze seiner Thesen den 
Satz gestellt: Der Erreger der Diphtherie ist der Diphthe¬ 
riebacillus. Zweifel über die ätiologische Bedeutung dieses 
Bacillus bestehen nicht mehr. Es gereicht mir zu besonderer Ge- 
nugthuung, diese Worte, welche die volle und endgültige Aner¬ 
kennung des von mir vor jetzt zehn Jahren in seinen morpholo¬ 
gischen und biologischen Eigentümlichkeiten scharf charakteri- 
sirten Bacillus als ätiologisches Moment der Diphtherie enthalten, 
hier auf diesem Congresse proclamiren zu dürfen. Der Umstand, 
dass die Diphtheriebacillen nicht, wie die Erreger bei anderen 
Jnfectionskrankheiten, im Innern der Organe, sondern nur auf der 
Oberfläche der erkrankten Theile von mir gefunden waren, ist 
wohl die Hauptursache gewesen, dass meine Angaben mit starken 
Zweifeln aufgenommen wurden und dass erst drei Jahre nach 
meiner ersten Mittheilung die Forscher überhaupt, begonnen haben, 
sich mit meinen Untersuchungen zu beschäftigen. Sieben Jahre 
hat es dann noch gewährt, bis sich der Bacillus Bürgerrecht er¬ 
rungen hat. Nachdem der Bacillus überall, in allen Erdtheilen, in 
allen typischen Fällen von Diphtherie gefunden ist, nachdem allein 
durch den Bacillus, bezw. das von ihm producirte Gift, durch dessen 
Production, wie ich in meiner ersten Arbeit dargelegt hatte, seine 
pathogene Wirkung allein verständlich war,^ alle Erscheinungen 
der Krankheit ihre zureichende Erklärung gefunden hatten, nach¬ 
dem das von dem Bacillus in seinen Cuitursubstraten gebildete 
Gift auch in den diphtherischen Membranen, sowie auch in den 
Organen von an Diphtherie Verstorbenen nachgewiesen war, nach¬ 
dem auch die so eigenartigen diphtherischen Lähmungen ex¬ 
perimentell durch den Bacillus bezw. seine Producte beim Thier 
erzeugt waren, endlich nachdem es Behring gelungen ist, mit 
Hülfe der Culturen des Bacillus das die Krankheit heilende Anti¬ 
toxin zu erzeugen — nachdem alle diese Thatsachen wissen¬ 
schaftlich sichergestellt sind, jetzt müssen auch die ärgsten Zweifler 
vor ihrer Wucht verstummen. Der Erreger der Diphtherie ist der 
Diphtheriebacillus. 

Da es nun aber Erkrankungen der ersten Wege giebt, welche 
klinisch als Diphtherie erscheinen, bei welchen aber der Bacillus 
vermisst wird, so müssen fortan alle jene Erkrankungen als etwas 
ganz Heterogenes von der Diphtherie abgetrennt werden. Nur da, 
wo der Bacillus vorhanden ist, nur da ist echte Diphtherie. 

Dass diese diphtherieähnlichen Erkrankungen nicht gar so 
selten sind, dass der Arzt sehr häufig in der Lage ist, über die 


l ) Vgl. die Verhandlungen des Congresses in unserer Vereinsbeilage ! 
vom 18. October 1894, No. 42, S. 117 und 118. D. Red. ! 


Natur einer Erkrankung mit Belägen im Zweifel zu sein, das 
beweisen die von zahlreichen Forschern mitgetheilten Zahlen. 

So haben Roux und Yersin unter 80 Fällen 29, Morel unter 
86 20, Martin unter 200 ,£2^ Baginsky unter 154 36, Park 
unter 159 105, Challlou und Martin unter 99 4J9, ich seihst !n 
mit Strühing unter 100 25, oder sämmtliclie^Beobachter unter 
878 diphtherieartigen Erkrankungen 316 gefunden, welche mit der 
Diphtherie nichts zu thun hatten — ohne bacteriologische Unter¬ 
suchung hätten sich die betreffenden Aerzte unter drei Fällen ein¬ 
mal in der Diagnose geirrt. Daraus erhellt, welche enorme Be¬ 
deutung die bacteriologische Untersuchung für die ganze weitere 
Erforschung der Diphtheriefrage hat, dalior der in These 2 und 12 
zum Ausdruck gebrachte Wunsch, dass, wenn möglich, jeder ver¬ 
dächtige Fall bacteriologisch untersucht werde. (Unruhe und 
Widerspruch in der Versammlung.) Ja, meine Herren, wenn Ihnen 
dieser Gedanke augenblicklich auch noch als ein praktisch nicht 
durchführbarer erscheint, so müssen Sie sich gleichwohl mit ihm 
vertraut machen. Es handelt sich da nicht etwa nur um Utopieen 
am grünen Tische, bezw. im Laboratorium ausgedacht, nein, meine 
Herren, es handelt sich um hochwichtige, für die Erforschung der 
Diphtherie geradezu mit Nothwendigkeit. zu erfüllende Desiderata, 
welche im übrigen bereits die Feuerprobe in der Praxis bestanden 
haben — zwar nicht bei uns, wohl aber, wie wir wohl noch von 
dem Präsidenten des amerikanischen Comites ausführlicher hören 
werden, in Amerika, in der Stadt New-York. Nach einer vor 
kurzem in der Wiener medicinischen Wochenschrift erschienenen 
Mittheilung von Schrank werden den Aerzten Now-Yorks von dem 
Sanitätsdepartement kostonfrei Reagensröhrchen mit Blutserum ge¬ 
liefert, welche von den Aerzten mit Partikelchen von den ver¬ 
dächtigen Belägen mittels des gleichfalls gelieferten Impfinstruments 
besät und dann in einer Apotheke deponirt werden. Allabendlich 
werden die besäten Röhrchen gesammelt und von dem Gesundheits- 
departement bacteriologisch untersucht. Am Mittag des nächsten 
Tages erhält der Arzt telephonisch oder mittels Postkarte die 
Diagnose. 

Nun, was in der Stadt New-York möglich ist, das sollte doch, 
in grossen Städten wenigstens, auch bei uns möglich sein. Pro¬ 
gnose, Therapie und Prophylaxe erheischen in gleicher Weise die 
möglichst umfangreiche Durchführung der bacteriologischen Unter¬ 
suchung. 

Aus dem soeben dargelegten Umstande, dass die Diagnose der 
Diphtherie bisher eine so wenig sichere gewesen ist, folgt nun 
weiter, dass die bisherigen Morbiditätsstatistiken der Diphtherie, 
aus welchen manche Statistiker weitgehende Schlüsse über die 
Verbreitungsweise, die Bösartigkeit u. s. w. der Diphtherieerkran¬ 
kungen zu ziehen geneigt sind, nur durchaus unzuverlässig sein 
können, weil Niemand wissen kann, wie viele von den registrirten 
Fällen echte Diphtherie gewesen sind und wie viele nicht. Nun, 
aber die Todesfallstatistiken liefern doch ein brauchbares Material, 
werden viele sagen, weil doch erfahrungsgemäss die diphtherie¬ 
ähnlichen Erkrankungen nur selten zum Tode führen. 

Nein, meine Herren, auch die Todesfallstatistiken liefern meist 
keine verwerthbaren Unterlagen, weil die Angaben über die Todes¬ 
ursachen vielfach falsch sind, da ihnen häufig nicht die Angaben 
von Aerzten, sondern die Ausweise von Standesbeamten zugrunde 
liegen und weil überall Croup und Diphtherie zusammengeworfen 
werden. In nfanchen Gegenden aber spielt der'reine, nicht diph¬ 
therische Croup eine wesentliche Rolle. Dies ist z. B. der hall 
bei uns in Ostpreussen. Infolgedessen ist hei den statistischen Er- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


liebungen über die Verbreitung der Diphtherie in Preussen vielfach 
0 stpreussen als die am schwersten von der Diphtherie heimgesuchte 
Provinz bezeichnet worden, während nach den viel zuverlässigeren, 
auf ärztlichen Angaben basirenden Krankenhausstatistiken dies 
durchaus nicht der Fall ist, das Maximum der Diphtherie in mehr 
central gelegenen Provinzen zu suchen ist. 

These 8, welche das Verhalten der Diphtherieepidemieen 
charakterisirt, dürfte wohl keinen Widerspruch erfahren. Zu 
These 4 möchte ich folgendes bemerken: Die Ursachen der 
Steigerung der Virulenz der Diphtheriebacillen sind noch nicht ge¬ 
nügend erkannt. Thatsache ist es nach den übereinstimmenden 
Beobachtungen vieler Forscher, Barbier, Roux und Yersin, 
Schräder und anderer, dass concomitirende pathogene Bacterien, 
besonders aber Streptococcen die Diphtherieerkrankungen in sehr 
ungünstiger Weise beeinflussen, die Erkrankungen schwerer, be¬ 
drohlicher machen. In neuester Zeit ist von Funk nachgewiesen, 
dass in der That durch Streptococcen die Giftproduction der Diph¬ 
theriebacillen eine Steigerung erfahren kann. Wenn Funk Meer¬ 
schweinchen die sicher tödtliche Menge einer Diphtheriebouillon- 
cultur einerseits und Mischungen der gleichen Menge derselben 
Diphtheriecultur mit einer gewissen Menge einer für diese Thiere 
nicht pathogenen Streptococcencultur andererseits einspritzte und 
zugleich bei allen Thieren eine die tödtliche Diphtheriedosis gerade 
neutralisirende Menge von Heilserum folgen liess, so starben die 
zugleich mit Streptococcen behandelten Thiere an Diphtherie, 
während die mit der Diphtheriereincultur inficirten am Leben blieben. 
Wenn er aber nun die Heilserumdosis bei den mit dem Diphtherie- 
Streptococcengemisch inficirten Thieren steigerte, so blieben sie 
ebenfalls am Leben. Die Streptococcen hatten demnach die Gift¬ 
production der Diphtheriebacillen erhöht. Die concomitirenden 
Bacterien haben nun aber, abgesehen von der jetzt sicher nach¬ 
gewiesenen Steigerung der Giftproduction der Diphtheriebacillen 
noch eine andere Bedeutung. Sie können von den diphtherisch 
afficirten Stellen aus in die inneren Organe eindringen und zu 
septikämischen, die Widerstandsfähigkeit des Organismus herab¬ 
setzenden Processen Anlass geben. Dies kann durch das Heilserum, 
welches eine specifische Einwirkung nur auf die Diphtheriebacillen, 
aber nicht auf die pathogenen Coocen hat, nicht verhindert werden. 
Es folgt daraus, dass es nothwendig ist, namentlich bei Misch- 
infectionen, die lokalen Erkrankungen lokal zu behandeln, um die 
concomitirenden Organismen zu bekämpfen. 

Auch aus prophylaktischen Gründen empfiehlt sich die lokale 
Behandlung, wie These 14 besagt. Je mehr Bacillen an ihrer An¬ 
siedelungsstätte getödtet werden, um so weniger können nach 
aussen gelangen, um so geringer ist die Möglichkeit der Verbreitung 
der Krankheit. Die quantitativen Verhältnisse, das heisst die 
Mengen der Bacillen spielen eine wichtige Rolle, sowohl bei der 
Intensität der Erkrankungen wie bei dem Zustandekommen der In- 
fectionen. Die lokale Vernichtung ist um so dringender geboten, 
als, wie These 8 darlegt, die nach aussen gelangten Bacillen 
unter für sie günstigen Bedingungen, bei Dunkelheit, Feuchtigkeit, 
Schmutz in den Wohnräumen, sich eine Reihe von Monaten ausser¬ 
halb des Körpers lebenskräftig erhalten können. 

Freilich sind die von dem Kranken mit Auswurfstoffen nach 
aussen beförderten Bacillen nicht das einzige die Verbreitung der 
Diphtherie begünstigende Moment. 

Die Reconvalescenten sind es, welche noch lange Zeit nach 
dem Verschwinden der lokalen Erscheinungen Bacillen in ihren 
ersten Wegen beherbergen und natürlich auch nach aussen befördern 
können. In neuester Zeit sind von meinem Assistenten Dr. Abel 
mehrere Fälle genau verfolgt worden, in welchen noch acht Wochen 
nach der Gesundung Diphtheriebacillen, und zwar virulente Bacillen 
bacteriologisch nachgewiesen werden konnten. Bisweilen bestehen bei 
solchen, Diphtheriebacillen in den ersten Wegen beherbergenden 
Reconvalescenten gar keine krankhaften Erscheinungen, bisweilen 
nur ganz leichte Katarrhe des Rachens oder der Nase. Es folgt 
daraus, wie nothwendig es ist, die Reconvalescenten von Diphtherie 
genau zu überwachen, und wie nothwendig es ist, namentlich er¬ 
krankt gewesene Schulkinder bacteriologisch zu untersuchen, ehe 
man sie zum Schulbesuch wieder zulässt (These 17). 

Von recht erheblicher Wichtigkeit für das Verständniss der 
diphtherischen Infection ist nun noch eine Thatsache, welche ich 
bereits in meiner ersten Arbeit festgestellt hatte und welche lange 
Zeit der Anerkennung des Diphtheriebacillus als ätiologischen 
Moments entgegengestanden hat, d. i. das Vorkommen von Diph¬ 
theriebacillen bei gesunden Individuen, ohne dass dieselben irgend 
welche krankhaften Erscheinungen machen. Zahlreiche Forscher 
haben diese Thatsache bestätigt, so C. Fraenkel bei uns, Roux 
UQ d Yersin in Paris. Heute erscheint dieses Factum uns nicht 
mehr wunderbar, nachdem bei gesunden Individuen, welche der 
cholerischen Infection ausgesetzt gewesen sind, Cholerabacillen in 
den Fäces nachgewiesen sind. Bei der enormen Verbreitung, welche 


das Diphtherievirus überall bei uns gefunden hat, ist es selbst¬ 
verständlich, dass die Diphtheriebacillen in die ersten Wege zahl¬ 
reicher Individuen gelangen. Wie bei der Cholera erkrankt nur 
ein Theil der befallenen Individuen, ein anderer Theil aber nicht. 
Während unserer letzten Greifswalder Epidemie habe ich Gelegen¬ 
heit. gehabt, nach dieser Richtung einige interessante Beobachtungen 
zu machen. Nachdem in mehreren Schulen Diphtheriefälle vor¬ 
gekommen waren, wurde seitens der Sanitätscommission eine ärzt¬ 
liche, von Zeit zu Zeit zu wiederholende Untersuchung sämrat- 
licher Schulkinder angeordnet und von den verschiedenen medi- 
cinischen Universitätsinstituten auch durchgeführt. Das hygienische 
Institut betheiligte sich ebenfalls an diesen Untersuchungen. Ich 
habe nun diese günstige Gelegenheit benutzt und 160 Kinder mit 
meinem Assistenten Dr. Abel bacteriologisch untersucht. Bei vier 
von diesen fanden sich am nächsten Tage auf den Blutserum- 
röhrchen echte Diphtheriebacillen. Bei sofortiger persönlicher Er¬ 
kundigung in der Schule ergab sich, dass einer von diesen Ba¬ 
cillenträgern, welche bei der Ocularinspection, wie ich ausdrücklich 
betonen möchte, nicht krank befunden waren, in der Schule fehlte. 
Er war an Diphtherie erkrankt. Bei dem zweiten wurde eine 
floride Diphtherie entdeckt. Der Junge w r ar etwas torpide, hatte 
zu Hause nicht geklagt und sass nun mit seiner Diphtherie zwischen 
seinen Mitschülern. Der dritte hatte eine leichte Mandelentzündung 
ohne irgend welche subjectiven Beschwerden, und der vierte war 
ganz gesund. Die beiden letzteren erkrankten auch nicht, wie¬ 
wohl bei dem einen erst nach drei Tagen, bei dem anderen sogar 
erst nach zehn Tagen die Bacillen aus dem Rachen verschwanden. 
Bei elf von den Kindern wurden ausserdem noch sogenannte 
Pseudodiphtheriebacillen gefunden, welche von manchen, so von 
Roux und seinen Mitarbeitern, für eine abgeschwächte, oder sagen 
wir lieber nicht virulente Art der Diphtheriebacillen, von mir aber 
für eine ganz andere Bacterienart gehalten werden. 

Warum machen nun die Bacillen, welche in die ersten Wege 
hineingelangt sind, keine krankhaften Erscheinungen? 

Ja, meine Herren, für die Beantwortung dieser Frage kommt 
eine Reihe von Momenten in Betracht, die wir noch nicht alle mit 
hinreichender Sicherheit erforscht haben. Sehr nahe liegt der Ge¬ 
danke anzunehmen, dass diese Individuen gegen die Diphtherie 
immun sind. Für diese Annahme sprechen die Ergebnisse der 
Untersuchungen, welche Herr Dr. Abel neuerdings im hygienischen 
Institut zu Greifswald ausgeführt hat und über welche er 
demnächst (in dieser Wochenschrift. D. Red.) ausführlich be¬ 
richten wird. Dr. Abel hat gefunden, dass das Blut einer 
ganzen Anzahl von gesunden Individuen, die nicht kurz vor¬ 
her Diphtherie überstanden hatten, die Eigenschaft besitzt, Meer¬ 
schweinchen gegen eine tödtliche Infection mit Diphtheriebacillen 
oder Diphtheriegift zu schützen. Bei solchen immunen Individuen, 
muss man annehmen, können die Bacillen nicht haften, weil diese 
durch ihr Gift nicht geschädigt werden. Eine andere Erklärungs¬ 
möglichkeit wäre die, dass man sagte: Die Bacillen befinden acn 
nur auf der Oberfläche gesunder, intacter Schleimhäute. Wenn 
sie da ihr Gift produciren, so wird dasselbe nicht lokal resorbir 
Es wird verschluckt, und vom Darm aus, das wissen wir, ist seine 
Wirkung nur eine sehr geringe. Erst wenn die Bacillen an irgen 
einer Stelle sich angesiedelt, die schützende Epitheldecke durci- 
brochen haben, dann findet eine lokale Resorption und mloge 
dessen eine schwere lokale Veränderung des Gewebes statt. Dami 
sie sich aber ansiedeln können, müssen erst irgend welche Läsioneii 
der Schleimhäute vorhanden sein, w r elche bei den nicht erkran i 
den Individuen fehlen. Ob nun aber immer erst kleine Verletzung« 
oder katarrhalische Veränderungen der Schleimhäute die lo» a ® 
Ansiedelungen der Bacillen ermöglichen müssen, das * onl j 
wir mit Sicherheit noch nicht sagen. Es scheint, dass dem so jv 
V ielleicht sind gerade deshalb bestimmte, zu Katarrhen der ers * 
Wege Anlass gebende Witterungs Verhältnisse, besonders die Le ^ 
gänge von trockener und warmer zu nasser und kühler w it ri o 
der Ausbreitung der Krankheit förderlich. Nach den hoi _• 
welche ich mir während der letzten Diphtherieepidemie m 1 
wald gemacht habe, schienen mir Perioden nasskalten, u n ang en ^ 
empfundenen Wetters von einer Steigerung nicht nur der ia 
Katarrhkranken, sondern auch der an Diphtherie Erkrank » 
folgt zu sein. Eine bestimmte Angabe, dass dem sicher so » • 
kann ich freilich nicht machen, da ich dieselbe nicht dujch -j 
belegen kann. Aber den Eindruck habe ich gewonnen. -Nae i - 
Richtung könnte die epidemiologische Forschung viclleiGDt mi ^ 
folg thätig sein. Für nothwendig halte ich es aber, dass ® 
artigen Untersuchungen nicht nur der jeweilige Zustand der ^ 
rologischen Elemente, sondern stets auch die subjectiven v ^ 
düngen, welche der Witterungszustand bei dem Beobachter 
hat, mitverzeichnet werden. . TIa w. 

Den Thesen 6 bis 9, welche die Art und Weise der 
tragung der Diphtherie und die eine solche begünstigen 



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22. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


883 


mente behandeln, habe ich nichts hinzuzufügeu. Sie beruhen auf 
tausendfach wiederholten Beobachtungen, beziehungsweise auf sicher 
constatirten wissenschaftlichen Thatsachen. Sie sprechen für sich 
selbst. 

Von einer gewissen praktischen Bedeutung ist nun noch die 
Möglichkeit einer Uebertragung von diphtherieartigen Erkrankungen 
der Thiere auf den Menschen (These 10). Der Diphtheriebacillus 
ist bisher bei keiner Thierkrankheit mit Sicherheit nachgewiesen 
worden. Freilich sind manche dieser Krankheiten, namentlich die 
vorzugsweise in Frage stehende Diphtherie der Hühner, noch nicht 
genügend untersucht. Es ist ja die Möglichkeit nicht ausge¬ 
schlossen, ja es erscheint sogar nicht unwahrscheinlich, dass von 
den an diphtherieartigen Krankheiten erkrankten Thieren die Keime 
dieser Krankheiten unter Umständen auf den Menschen übertragen 
werden können. Mit der eigentlichen menschlichen Diphtherie haben 
aber diese Affectionen nichts zu thun. Jedenfalls ist es in hohem 
Maasse zu wünschen, dass dieses von manchen Seiten immer wieder 
für die Ausbreitung der menschlichen Diphtherie herangezogene 
Moment durch möglichst eingehende Untersuchungen geprüft 
werde. Es würde dies am besten in der Weise geschehen können, 
dass die Regierungen, sobald sie von dem Auftreten von Tliier- 
diphtherieen oder von Uebertragungen diphtherieartiger Krank¬ 
heiten von Thieren auf Menschen Kunde erhalten, sogleich zuver¬ 
lässige Sachverständige mit der Untersuchung der Fälle beauf¬ 
tragen. Nach Ansicht des deutschen Comites würde durch ein 
solches Vorgehen am schnellsten Klarheit über die fraglichen Ver¬ 
hältnisse gewonnen werden. 

Die Thesen 11—18 enthalten die Maassnahmen, von welchen 
sich das deutsche Comitö in dem Kampfe gegen die Diphtherie 
Erfolg verspricht. Sie betreifen einerseits die Verhütung und 
andererseits die Bekämpfung der Diphtherie. 

Die Maassregeln sind grösstentheils bereits früher empfohlen, 
zum Theil bereits in der Praxis erprobt. Neu ist, abgesehen von 
dem soeben bereits dargelegten Wunsche nach möglichst umfang¬ 
reicher bacteriologischer Untersuchung aller diphtherieverdächtigen 
Kranken sowie auch der Reoonvalescenten von Diphtherie vor ihrer 
Zulassung zum freien Verkehr, die Empfehlung der prophylaktischen 
Schutzimpfung der in der Umgebung erkrankter Individuen befind¬ 
lichen Personen mittels des von Behring aufgefundenen Heil¬ 
serums. Die Unschädlichkeit desselben ist bereits sicher erwiesen; 
es scheint daher wünschenswerth, dasselbe in ausgedehntester 
Weise anzuwenden, damit möglichst bald die sicher schützende 
Dosis und die Dauer ihrer Wirksamkeit festgestellt wird. Ich 
selbst habe, als ein Kind von mir an Diphtherie erkrankte, die 
Mitglieder meiner Familie, zwei Erwachsene und vier Kinder, 
schutzgeimpft mit je 1 ccm Behring’schen Serums. Eine Erkran¬ 
kung ist fernerhin nicht erfolgt, freilich hat auch strenge Isolation 
und Desinfection stattgefunden. 

Wenn das Heilserum die Erwartungen erfüllt, welche wir hin¬ 
sichtlich seiner immunisirenden Kraft auf dasselbe setzen, so dürfte 
dasselbe berufen sein, die Hauptrolle in der Bekämpfung der 
Diphtherie zu spielen. Gleichwohl würde die Isolirung der Kranken 
und die nachfolgende sorgfältige Desinfection aller mit dem Kranken 
in Berührung gekommenen Objecte nach wie vor stricte durchzu¬ 
führen sein. 

Wie bei der Cholera, so ist auch bei der Diphtherie ein 
schnelles Erkennen und schnelles Eingreifen eine Hauptbedingung 
für den Erfolg. Sehr vielfach besteht aber in den breiten Schichten 
der Bevölkerung noch nicht das richtige Verständniss für die 
Bedeutung dieser beiden Momente. 

Nach Ansicht des deutschen Comitös muss überall da, wo 
Diphtheriefalle sich zu zeigen beginnen, die Bevölkerung auf die 
Gefahr aufmerksam gemacht und zur Wachsamkeit aufgerufen 
werden. Das geschieht ohne Zweifel am besten durch allgemein¬ 
verständliche Belehrungen, welche in den öffentlichen Blättern ab¬ 
gedruckt, und an öffentlichen Orten ebenso wie in allen Häusern 
angeschlagen werden. Ich erlaube mir eine solche Belehrung, wie 
wir sie in Greifswald für zweckentsprechend erachtet haben, Ihnen 
hier vorzulegen. 1 ) 

Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Wenn es mir ge¬ 
lungen sein sollte, meine Herren, durch die vorgelegten Thesen 
und meine Erörterungen zu denselben Ihnen ein einigermaassen 
klares Bild zu geben von dem Stande der Diphtheriefrage, von dem 
was erreicht ist und von dem was noch erreicht werden muss, so 
halte ich die Aufgabe, welche das deutsche Comit£ sich gestellt 
hat, für gelöst. 

’) Siehe diese Nummer. Seite 894. 


II. Aus dem pharmakologischen Institut und der chirur¬ 
gischen Klinik in Dorpat. 

Einiges über die Functionen des mensch¬ 
lichen Dickdarmes. 

Von R. Robert und W. Roch. 


1. Bericht über eine Darmresection, von W. Koch. 

Die hiesige chirurgische Klinik hat verhältnissmässig häufig 
mit inneren Einklemmungen und Eingoweidebrüchen zu thun, an 
welche Gangrän sich anschliesst. Herr v. Budberg-Boening- 
hausen berichtet darüber nächstens ausführlicher. Wenn ich ihm 
vorgreife und einen Fall von Brucheinklemmung skizzire, so ge¬ 
schieht das nicht in der Absicht, mit einer relativ umfänglichen 
Darmresection glänzen zu wollen, sondern nur, um wieder einmal 
an jenes sehr seltene Zusammentreffen von Umständen zii erinnern, 
infolgedessen nach der Resection der Dickdarm isolirt, also für 
sich allein, ohne Secrete und Inhalt der höheren Abschnitte des 
Darmes aufgenommen zu haben, physiologischen Untersuchungen 
zugänglich gemacht und auf seine specifischen Functionen hin unter¬ 
sucht werden konnte. Die Verhältnisse waren folgende: 

Der 36jährige Bauernknecht Adam Kikkas hat einen rechtsseitigen 
Leistenbruch seit seiner Kindheit getragen, denselben aber, so oft er 
wollte, in die Bauchhöhle zurückbringen können, obwohl er im Laufe der 
Jahre, ohne Bruchband belassen, stetig sich vergrösserte. Dies änderte 
sich zum ersten mal, in verhängnisvoller Weise, am Morgen des 
19. Februar 1893. Der Bruch schien empfindlich und liess sich nicht 
mehr umlagern, weder vom Kranken selbst, nach dessen Hantirungen er 
nur grösser wurde, noch von dem alsbald hinzugerufenen Arzte, dessen 
Taxisversuche übrigens energisch gewesen sein und zu einiger Ver¬ 
kleinerung der Geschwulst geführt haben sollen. Als am folgenden Tage 
der Zustand sich nicht besserte, liess der Kranke sich in die hiesige 
chirurgische Klinik fahren. Er will seit der Einklemmung weder Koth 
noch Harn entleert, nur einmal, und zwar eigelbe, flüssige Massen er¬ 
brochen haben, klagt aber über heftige Leibschmerzen und macht den Ein¬ 
druck, als sei er bereits collabirt. Seine Augen liegen tief in der Orbita 
und sind glanzlos, die unteren Lidfurchen sind rauchig verfärbt. Die 
Athmung geht wie in leichter Dyspnoe, doch ist der Puls nicht faden¬ 
förmig, der Meteorismus nur mässig. Infolgedessen agiren die Bauch¬ 
muskeln, ohne dass peristaltische Unruhe sichtbar wäre, noch leidlich und 
sollten Dämpfungen vorhanden sein, so könnten sie nur die abhängigsten 
Partieen beider Flanken betreffen. Leider ist der ganze Körper, nicht 
zum wenigsten auch die untere Bauchhlilfte und das Scrotum, von einem 
schweren alten Krätzexanthem bedeckt; Scrotum und Damm entwickeln 
äusserst stinkende Schweisse. Temperatur schätzungsweise etwas über 


38 0 C. . . . L 

Die Bruchgeschwnlst ist prall gespannt, klingt tympamtisch und 
gleicht dem schwach S-förmig gekrümmten Oval, dessen obere seitliche 
Convexität nach rechts, dessen untere nach links sich kehrt, und misst im 
senkrechten Umfang 20 cm, im wagrechten 40 cm. — Links unten in 
ihr lässt sich der Hoden abtasten, auf der Mitte der Vorderfläche .des 
Penis, als rundliche, nabelähnliche Fältelung, nur die äussere Mündung des 
Präputialsackes sich erkennen — so vollständig ist der Penis in die Bruch¬ 
geschwulst hineingenommen, welche übrigens in dem Raum zwischen beiden 
Leistenringen w r urzelt und einen mächtigen Fortsatz in den rechten Leisten¬ 
canal entsendet, indessen auch über dem linken Leistencanal die Weichtheile 
dermaasseu gespannt sind, dass der Finger in ihn kaum eingeführt werden 
kann. Diagnose: Hernia inguinalis dextra incarcerata permagna. — 
Bruchschnitt von 30 cm bis über den rechten Leistencanal hinaus. Im 
Bruch sack liegt, aufgetrieben und an relativ langem Mesenterium, das 
Coecum mitsammt einem etw^a vier Querfinger breiten Stück des Colon 
ascendens, beide mit ihrer Tänienseitc nach vorn rechts gerichtet, wes¬ 
wegen die Einmündungsstelle des Ucum in das Colon erst nach Hebung und 
Auswärtsdreliung des dicken Gedärms sich zu Gesicht bnngen lässt. Das 
Heum liegt also unten innen vom Dickdarra und zieht in links gewundener 
Spirale Uber die Vorderfläche des Coecum zu dessen Aussenseite hinauf, 
um hier, kaum fingerdick, in den äusseren Leistenring einzutreten; vorn 
zwischen Coecum und Ileum befindet sich der 15 cm lange Processus 
vermiformis. Und während das Ileum bis auf ein paar Centimeter seines 
dem Dickdarm nachbarlichen Endes tief blauschwarz, aber noch feucht 
ist bei der Scarification auch nicht einen Tropfen Blut abgiebt, im 
übrigen auffällig schnell sich abkühlt und eher zusammengefallen als ge¬ 
bläht erscheint, müssen Coecum und Colon als anämisch und stellenweise 
hellroth injicirt bezeichnet werden. Doch enthalten sie daneben drei bis 
vier fünfpfennigstuckgrosse dunkle Stollen in der Nähe der Tämen.. Ich 
kann die Gangrän des Ileum sicher, die des Dickdarms aber nicht einmal 
mit Wahrscheinlichkeit bestimmen und schlitze darauf den Leistencanal, 
um an’s Ende des todten Ileumabschnittes zu gelangen. Dies erfordert 
aber die Entwickelung von reichlich 1,25 m Ileum nach aussen aus dem 
Bauchraum; wahrscheinlich hatte also Massenreduction des gangrä¬ 
nösen Ilcums stattgefunden und die Einklemmung länger bestanden, als 
nach der Anamnese sieh veimuthen liess. Wir machen solche, die be¬ 
sonders grosse Unzuverlässigkeit der Aussagen cbaraktensirende L- 
fahrungen hier leider öfter. Das Ileum musste selbstredend resecirt 
werdem Es geschah, wie die spätere Messung ergab, m 
reichlich 1,5 m und unter Belassung seines, der Bauhin sche “ 
nachbarlichsten, 3—4 cm betragenden Endes. Mit letzterem wurde de 
noch bleibende Rest des Ileums sorgfältig vernäht, so dass also nur die 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


Länge des Darmcanals, nicht aber seine Configuration in der Höhe der 
Valvula Bauhini Aenderungen erlitt. Denn ich Hess das Coecum und das 
Colon, als nicht sicher nekrotisch, noch zurück und bemühte mich nur, 
sie in der grossen Bauchwunde möglichst ohne Einzwängung, ihre schwarz¬ 
blauen Stellen nach vorn gekehrt, zu lagern. Feuchter Deckverband und 
besondere Tamponade des übelriechenden Bruchsackes beendeten die Ope¬ 
ration, welche auffällig gut ertragen wurde und unter baldigem Ver¬ 
schwinden des Meteorismus nur ein paar Tage anhaltende Temperaturen 
von nicht über 38,2 im Gefolge hatto, welche lotztere übrigens durch 
Zersetzungsvorgänge im nun weit gespaltenen Bruchsack allein hinreichend 
sich erklären lassen. 

Aber ich hätte mit dem Dickdarmanfang radicaler verfahren sollen. 
Denn bereits am 22. Februar Vormittags war er todt. aschgrau, weich, zu¬ 
sammengefallen und an seinen vorher schwarzen Stellen perforirt. Ich 
schnitt ihn, sowie den Rest des lleums sammt der Klappe ohne jede 
Blutung mit der Scheere ab, verkürzte den Darmcanal also nochmals 
und hatte nun in der inzwischen etwas kleiner gewordenen Leisten¬ 
wunde einen doppelmündigen Anus praeter naturam — aussen das weit¬ 
klaffende Colon ascendens, innen und wenig unten das natürlich weniger 
umfängliche Ileum, an beiden Stellen sehr bald auch geringen Vorfall der 
Schleimhaut. Ganz gegen meine sonstige Gewohnheit entschloss ich mich, 
in Anbetracht des voraufgegangenen Eingriffs, der Scabies, der stinkenden 
Schweisse, der Eiterung in den Bauehdeckon, endlich der Jauchung ini 
Scrotum wegen es bei dem Anus praeternaturalis bew enden zu lassen und 
dio Zusaramenfügung und Rücklagerung der Darmenden auf spätere Zeit 
zurückzustellcn. Dem Kranken brachte es freilich ein Längeres Kranken¬ 
lager, aber schliesslich den vollen, durch keinen Zwischenfall getrübten 
Erfolg. Denn sein Allgemeinbefinden gestaltete sich schon in den nächsten 
Tagen befriedigend; das Fieber Hess nach, Peritonitis kam auch nicht 
in leichten Andeutungen zustande, die grossen "Wunden verkleinerten sich, 
bedeckten sich mit Granulation und secernirten relativ wenig. Die Er¬ 
nährung geschah zunächst durch den Mund. Zu schnelles Ausfliessen 
der Ingesta aus der Ilcumfistel, somit Verunreinigung der Wunden, der 
Bauchdecken und des Lagers, lernten wir bald durch leichte Stopfung 
des lleums verhindern. Der Vorfall der Dickdarmschleimhaut blieb eben¬ 
falls raässig. So konnte denn, namentlich als der Kranke auch an Ge¬ 
wicht zunahm, an Versuche Über die Darmfunctionen mit gutem Gewissen 
gegangen werden. 

Vollkommen getrennt von einandor standen zur Verfügung einmal 
der Magen sammt Jejunum und wahrscheinlich grösserer Hälfte des Ileum, 
andererseits der gesammte Dickdarm bis auf sein Coecum und ein Stück 
des Colon ascendens. Ich kann es Herrn C’ollegen Kobert nur danken, 
dass er trotz seiner vielfach in Anspruch genommenen Zeit wenigstens 
die Leistungen des Dickdarms nach einigen Richtungen hin von neuem 
zu untersuchen sich hat bereit finden lassen. 

Die Geschichte des Kranken nach Abschluss dieser Versuche ist auf 
einigen Zeilen zu geben. Am 31. Mai entfernte ich zunächst die Granu¬ 
lationen um den künstlichen After möglichst vollständig, frischte dann 
die Bauchwunde ergiebig an und fügte, nach Sprengung ihrer peritoni- 
tischcn Adhäsionen, das Ileum in die mesenteriale Partie des Colon 
ascendens ein. Was dabei von der wundgemachten Peripherie des Colon 
ascendens übrig blieb, wurde zipfelförmig nach unten zusammengenäht, 
um das Coecum wenigstens im Rudiment darzustellen. Auch die Rück¬ 
lagerung des nun wieder geschlossenen Darmes auf die Darmschaufel 
machte keine Schwierigkeiten, worauf die Bauchdecken aufs sorgfältigste, 
schichtenweise, zusammengefügt wurden. Das erforderte viele und starke 
Nähte, da die vordere Bauchwand, trotz inzwischen verkleinerter Bauch¬ 
höhle, in der Richtung von rechts nach links sich verkürzt hatte. 

Im übrigen folgte auch dieser Schlnssopcration keine irgendwie 
beängstigende Erscheinung. Ohne dass es zu Fieberbewegungen ge¬ 
kommen wäre, entleerte der Kranke bereits 4 Tage später durch den 
After gut verarbeiteten, geballten Koth und nahm auch an Gewicht ent¬ 
sprechend zu. Wir entliesscn ihn am 1 . Juli 1893, behielten ihn aber 
unter Oontrolle. Zuletzt haben wir ihn am 26. September 1893 gesehen; 
er lebt aber auch jetzt noch und befindet sich wohl. Er machte am 
26. September 1893 den Eindruck eines kräftigen Menschen, wog 67,7 kg 
gegen 52,5 kg Anfang März 1893 und gab an, dass er bei gewöhnlicher 
grober Kost, die wir ihm verboten hatten, schwerste Arbeit verrichten 
müsse. Dabei hatte sich die Narbe in der Bauchwand etwas gedehnt. 
Es war zu einer flachen, breitbasischen, seitlichen Hemia ventralis ge¬ 
kommen, welche ihn bis jetzt freilich nicht genirte. Ob wir die Ver- 
grösserung derselben durch die Gummibinde u. a. werden dauernd ver¬ 
hüten können, steht dahin. 

2, Bericht über die am Dickdarm des Patienten angesteiiten 
Versuche, von B,. Kobert. 

Durch die schönen Versuche, welche C. Lehmann, Fr. 
Müller, I. Munk, H. Senator und N. Zuntz 1 ) an zwei 
hungernden Menschen angestellt haben, sind unsere Kenntnisse 
über den Stoffwechsel des Menschen nach manchen Richtungen hin 
wesentlich erweitert w r orden. Schon ehe der ausführliche Bericht 
der genannten Autoren uns in Dorpat zugängig wurde, hatte ich 
auf freundliches Ersuchen des Collegen Koch einige Beobachtungen 
an dem im Vorstehenden beschriebenen Patienten zu machen an¬ 
gefangen, welche sich mit dem Stoffwechsel beschäftigten So 
fragmentarisch meine Ergebnisse auch sind, so will ich sie doch 
der ( »Öffentlichkeit übergeben, da ich bei meiner vielleicht nur noch 
kurzen Thätigkeit, in Dorpat keine Gelegenheit mehr haben dürfte, 

! ) Vircli. Auh. Bd. 131. 1893, Supplomcnthoft. 


dieselben abzurunden, während in chirurgischen Kliniken Deutsch¬ 
lands sich dazu wohl einmal Gelegenheit finden wird. 

Beobachtungen über die Function des isolirten menschlichen 
Dickdarmes liegen bisher meines Wissens nur sehr wenige vor. 
Weitaus die wichtigsten stammen von C. Czerny und J. Lat¬ 
schenberger 1 ), welche auch die bis dabin vorliegende Litteratur 
vollständig aufzählen. Das von ihnen benutzte Dickdarmstück 
war aber nur 29—30 cm lang, während das mir zur Verfügung 
stehende fast den ganzen Dickdarm umfasste. Später hat eigent¬ 
lich nur Jakowski 2 ) an einem Menschen mit Dickdarmfistel hier¬ 
her gehörige Beobachtungen angestellt. Eine ganz ausgezeichnete 
Versuchsreihe, welche an einem Menschen mit Dünndarmfistel an¬ 
gestellt wurde, aber auch auf die Vorgänge im Dickdarm einiges 
Licht wirft, stammt von A. Macfadyen, M. Nencki und Frau 
N. Sieber 3 ) und wird ergänzt durch Versuche von Zumft 4 ) über 
die Einwirkung von Dickdarmbacterien auf Fleisch. 

Die Ernährung und Verdauung des mir zur Verfügung stehen¬ 
den Patienten fand mit Ausschluss des Dickdarmes statt, so dass 
letzterer also monatelang sich selbst überlassen war und nur 
von Zeit zu Zeit in meinem Interesse von der am oberen 
Ende befindlichen Fistel aus nach dem Anus hin mit Wasser 
ausgespült wurde. Eigentlicher Koth war schon wenige 
Tage nach der Operation nicht mehr darin. Spontane Kothentlee- 
ruug fand daher auch gar nicht statt, und die Spülwässer, welche 
farblos waren und neutral reagirten, verloren sehr rasch den in 
den ersten zwei Tagen anhaftenden fäcalcn Geruch und die kothige 
Farbe, waren vielmehr später ganz geruchlos. Nur wenn ich 
Eiweiss einführte, trat langsam wieder etwas Geruch auf. Dies 
stimmt zu den Angaben von Nencki, dass die bacterielle 
Eiweisszersetzung hauptsächlich im Dickdarm vor sich 
geht. IJebrigens war der Dickdarm meines Patienten infolge des 
mehrfachen Ausspiilens und infolge der Leerheit recht baeterien- 
arm, so dass die Eiweisszersetzung nur sehr langsam vor sich 
ging. Falls ich wochenlang nichts in den Darm als Wasser ein¬ 
führte, entleerte derselbe nichts destoweniger bei der Spülung stete 
etwas, und zwar flockige schneeweisse oder weissgraue Massen, 
welche namentlich anfangs grosse Neigung hatten zu nussgrossen 
Klumpen von Talgconsistenz zu verkleben und zum Theil mittels 
Finger aus dem Anus entleert werden mussten. Bei mikroskopischer 
Untersuchung derselben konnte man ausser Detritus stets auch 
einzelne noch gut erhaltene Epithelzellen des Dickdarms, freie 
Kerne und meist auch einzelne Gebilde, welche wie weisse Blut¬ 
körperchen aussahen, wahrnehmen. 

Bei chemischer Untersuchung ergaben sich in den Ausschei- 
dungsproducten des Dickdarms stets organische und unorganische 
Bestandteile. Von unorganischen Hessen sich* nachweisen 
Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphorsäure, 
Schwefelsäure, Salzsäure — von organischen Mucin, hi- 
weiss, Hornsubstanz (Epithel), Fettsäuren, Seifen, Neu¬ 
tralfette. Mir ist nicht bekannt, dass über die vom isolurten 
menschlichen Dickdarm abgegebenen Stoffe überhaupt eine Mitthei- 
lung vorhanden wäre. Nach denVersuchen an den beiden Hunger¬ 
menschen in Berlin Hessen sich die genannten Substanzen allei- 
dings erwarten. Immerhin ist es interessant, nachgewiesen zu 
haben, dass diese Stoffe eben nicht nur vom Dünndarm abgegeben 
werden. Kl ecky 5 ) hat kürzlich gegen den bekannten Ringprersuc 

am Dünndarm, welchen L. Hermann 6 ) und seine Schüler M. Bli t- 
stein und W. Ehrenthal 7 ) angestellt haben, den Einwand er¬ 
hoben, dass die Bacterien, welche übrigens bereits Berenstein 
auszuschliessen versuchte, an der dabei beobachteten massennat en 
scheinbaren Kothbildung den Hauptantheil hätten und dass um 
sterilen Darm der Ausfall ein anderer ist. Für den Dünndarm mag 
dem sein, wie ihm wolle; am Dickdarm hatte die Einfühlung 
antiseptischer Substanzen bei meinem Patienten ke " ie . 
vermindernden Einfluss auf die Abscheidungen, wo 
aber scheint die Zusammensetzung der Nahrung aut 1 . 
Zusammensetzung und die Menge der Dickdarmausscn 


*) Physiologische Untersuchungen über die Verdauung und •- H 
tion im Dickdarm des Menschen. Virch. Arch. Bd. 59, 1874, o. l ■ 

2 ) Contributions ä l’6tude des processus chimiques dans * 
testines de l'homme. Archives des Sciences biologiqucs de ot. i 


bourg I, 1892, S. 539. . 

3 ) Untersuchungen über die chemischen Vorgänge nu mons - 

Dünndarm. Arch. f. exp. Path. u. Pharmakol. Bd. 28, 1891, «> 

2 Tafeln. . . , ,,, . m , 

4 ) Sur le processus de putrefaction dans le gros intestin de ^ s 

et sur les microorganismes qui les provoquent. Archives de. > 
biologiques de St. Petersbourg I, 1892, S. 497. ^03 

5 ) Berichte der Krakauer Akademie der Wissenschaften 


Polnisch. 


G ) Pflüger’s Arch. Bd. 46, 1890, S. 93. 

7 ) Pflüger’s Arch. Bd. 48, 1891, S. 74. 

ö ) Pflüger’s Arch. Bd. 53, 1892, S. 52. 


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22. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


885 


düngen von Einfluss zu sein; wenigstens kann ich mir auf keine 
andere Weise das beträchtliche Schwanken der von mir erhaltenen 
Wertheerklären. Die Gesammt menge der bei 100 o getrockneten 
festen Substanzen, welche vom Dickdarm des Patienten pro 
24 Stunden abgegeben wurden, betrug im Durchschnitt von 12 Be¬ 
stimmungen 0,9684 g pro 24 Stunden; das Maximum betrug 1,391g, 
das Minimum 0,385 g. Fr. Müller hat die Trockensubstanz des 
24ständigen Kothes des Berliner HungerküDstlers zu 3,818 g an¬ 
gegeben; auf die Abscheidungen des Magens, Dünndarmes, 
der Galle und des Pankreassaftes würde danach also pro 
24 Stunden 2,849 g Trockensubstanz kommen. 

Das Verhältniss der organischen Substanzen der Dickdarm- 
abscheidungen meines Patienten zu den unorganischen schwankte 
in der Trockensubstanz der Ausscheidungen, die hierzu theils für 
24 Stunden bis 48 Stunden, einige male aber auch für ein bis vier 
Wochen gesammelt wurden, ebenfalls sehr beträchtlich: die niedrigste 
von 14 Bestimmungen, welche überhaupt ausgeführt wurden, ergab 
3,35 % Asche gegenüber 96,65 % organischen Bestandtheilen; die 
höchste Bestimmung ergab 57,52% Asche gegenüber 42,48% 
Organischem: der Durchschnitt aller Bestimmungen führt zu dem 
Werthe 27,88% Asche, während die Trockensubstanz des Kothes 
des einen Berliner Hungerkünstlers 12,477 % Asche ergeben hat. 
Diese Verschiedenheit kann uns nicht wundern, denn mein Patient 
wurde während der ganzen Cur möglichst- gut ernährt und musste 
daher die im Dünndarm aufgenommenen Aschensalze doch auch 
wieder abgeben, während die Abgabe organischer Stoffe durch die 
Dickdarmschleimhaut durch die Nahrungsaufnahme natürlich viel 
weniger oder gar nicht beeinflnsst wird. Da wir nämlich durch 
zahlreiche Versuche am Hund wissen, dass ein Theil der un¬ 
organischen Salze der Nahrung durch die Drüsen des unteren 
Darmcanales ausgeschieden wird, so musste die Untersuchung der 
unorganischen Dickdarmausscheidungcn meines Patienten einen 
höheren relativen Werth als bei den Inanitionsversuchen am ganzen 
Darm ergeben. Das beträchtliche Schwanken zwischen 3,35 und 
57,52% ist ebenfalls leicht verständlich: an Tagen, wo, wie nach 
dem Genuss von Heringen, reichliche Mengen von Salzen mit der 
Nahrung im Dünndarm zur Resorption kamen, Wurde auch sehr 
viel Unorganisches ausgeschieden; an Tagen, wo wenig Salze 
genossen worden waren, konnte auch nur wenig ausgeschiedem 
werden. Ich bekam daher um so grössere Differenzen, je kleiner 
die Zeiträume waren, von welchen ich die Ausscheidungen unter¬ 
suchte. 

Was die einzelnen Bestandtheile der Kothasche meines 
Patienten anlangt, so ist zunächst zu bemerken, dass stets nicht 
unbeträchtliche Mengen von Alkalien (Kali und Natron) vor¬ 
handen waren, für welche ich leider nicht in der Lage bin, quan¬ 
titative Zahlen anzuführen. In den Lehrbüchern der Physiologie 
findet man über Ausscheidung von Alkalien durch die Dickdarm¬ 
schleimhaut nichts, wohl aber lassen einige neuere Arbeiten in 
dieser Hinsicht den wahren Sachverhalt erkennen. So fand Grund¬ 
zach, 1 ) welcher unter Nencki dio Asche des normalen Menschen- 
kothes untersuchte, dass durch die vorhandenen Säuren kaum ein 
Viertel der vorhandenen Alkalien und alkalischen Erden gebunden 
werden, so dass drei Viertel der letzteren mit organischen Säuren 
und mit CO-j verbunden sein müssen. Dieser Ueberschuss von 
Alkalien, so folgert Gr und zach ganz richtig, entstammt der 
Darmschleimhaut resp. den Darmsäften, welche so reichlich Alka¬ 
lien secerniren, um die durch saure Gährung der Kohlehydrate, der 
Fette und der Eiweisssubstanzen gebildeten organischen Säuren 
einschliesslich der Kohlensäure zu neutralisiren. Vergleicht man 
diese Zusammensetzung der Kothasche mit der Asche des Dünn- 
dannchymus an der Hand der schon erwähnten Arbeit von Nencki, 
Macfadyen und Frau Sieber, so ergiebt sich, dass dem von der Dick¬ 
darmschleimhaut secernirten Darmstoff ein beträchtlicher Gehaltan Al¬ 
kalien zugeschrieben werden muss. Womöglich noch überzeugender 
geht, wie Salkowski und Munk in ihrem Referat über die obige Ar¬ 
beit 2 ) mit Recht bemerken, die Secretion von Alkalien durch den Dick¬ 
darm aus der Vergleichung der Chymusanalysen mit den von Fr. Mül¬ 
ler am hungernden Hunde 3 ) sowie an dem schon mehrfach erwähnten 
Hungermenschen gemachten Untersuchungen hervor, da diese einen 
sehr reichen Gehalt des Hungerkothes an Alkalien ergaben. Da 
in meinen Versuchen keine saure Gährung vorhanden 
war, so ergiebt sich, dass auch ohne diese vom Dick¬ 
darm Alkalien secernirt werden. 

Damit gehe ich zur Besprechung des Gehaltes der Asche der 
Dickdannausscheidungen an alkalischen Erden (Kalk, Magnesia) 
und an Phosphorsäure über. Die Menge des Calciums in der 
Asche, welche nur einmal bestimmt wurde, ergab 12,793%, die 


der Phosphorsäure, welche ebenfalls nur einmal bestimmt wurde, 
44,120% der Asche. Fr. Müllerfand bei den Berliner Versuchen 
in der Asche des Hungerkothes 14,516% Ca und 43,132° o H 3 PO*. 
Die Menge des Magnesiums war bei mir wie bei Fr. Müller 
viel, viel geringer als die des Calciums. Das Auftreten so reichlicher 
Mengen von Kalk und Phosphorsäure in den Darm aussch ei düngen 
kann uns nicht Wunder nehmen, seit Fr. Müller in seiner schon 
erwähnten Arbeit über den Hundekotfi in Uebereinstimmung mit 
Voit. Etzinger und anderen den Nachweis geliefert hat, dass 
auch beim Hunde Kalk und Phosphorsäure von der Darmschleim¬ 
haut abgegeben werden. Weiter haben v. Noorden und Beigar dt 1 ) 
den Nachweis geliefert, dass beim Menschen 90% des genossenen 
Kalkes der Nahrung mit dem Kothe Weggehen, während natürlich 
die Menge des unresorbirt gebliebenen viel geringer ist, so dass 
also eine Ausscheidung des resorbirt gewesenen Kalkes durch die 
Darmschleimhaut statt haben muss. Weiter fand R. v. Limbeck 2 ), 
dass das Plus von Kalk, welches bei Osteomalacie vom weiblichen 
Organismus abgegeben wird, nicht durch die Niere sondern durch 
die Dannschleimhaut abgegeben wird. 

Von sonstigen Aschenbest-andtheilen wurde bei meinem 
Patienten nur noch das Eisen quantitativ bestimmt-, und zwar im 
ganzen elfmal, davon neunmal durch Titration und zweimal (für 
längere Zeiträume) durch Wägung. Der Durchschnitt ergab eine 
Ausscheidung des Dickdarmes von 1,006 mg Fe pro 
24 Stunden, d. h. also gerade so viel wie mein Schüler Damaskin 3 ) 
für die tägliche Ausscheidung des Eisens durch den Harn gefunden 
hat. Fr. Müller hat für seinen Hungermenschen die tägliche 
Eisenausscheidung durch den ganzen Darmkanal auf 7 mg pro 
24 Stunden festgestellt. Von diesen 7 mg muss also eins auf 
Conto der Dickdarmausscheidung gesetzt werden. Da 1 mg Fe 
etwa auf die Gallenausscheidung zu setzen sein dürfte, bleiben 
für die Dünndarmausscheidung 5 mg Fe übrig. Das Ver¬ 
hältniss des Eisens zur Gesammt-asche wurde von mir zwölfmal 
bestimmt. Danach machte das Fe bei meinem Patienten 
0,16% der Gesammtasche aus, während bei dem Hunger¬ 
menschen von Fr. Müller sich 1,48% berechnet. Dieses Plus 
beim Hungermenschen kann uns nicht wundern, da dieser täglich 
reichliche Mengen seiner Blutkörperchen verbrauchte. 

Was die Ausscheidung der organischen Stoffe durch den 
Dickdarm anlangt-, so wurden nur drei quantitative Analysen aus¬ 
geführt, die sich lediglich auf die Fette bezogen. Fr. Müller 
fand, dass 35,46 o'o des getrockneten Hungerkothes aus Fett be¬ 
stand; bei meinem Patienten schwankte die Fettmenge 
zwischen 9,32 und 6,84% der Trockensubstanz der Darm¬ 
ausscheidung. Dieses Minus von mehr als 25 o/o Fett erklärt 
sich durch Wegfall des von dem Dünndarm und der Leber ab¬ 
gegebenen Fettes; bekanntlich wird das Cholesterin der Galle bei 
der Analyse mit den Fetten zusammen gefunden als sogenanntes 
unverseifbares Fett. Bei Müller betrug die Menge desselben 
16,24 % des Gesammtfettes. Die Menge des Neutralfettes und der 
freien Fettsäuren war bei Müller ziemlich gleich gross: die freien 
Fettsäuren machten 37,65 % und die Neutralfette 38,78 % des Ge¬ 
sammtfettes aus. Bei meinem Patienten waren 90% des 
Gesammtfettes freie Fettsäuren und nur 9% Neutral¬ 
fette; der Rest war Fettseife. Müller fand 7,33% Fett¬ 
seifen. Der fast gänzliche Mangel an Fettseifen ist für den Dick¬ 
darm leicht erklärlich, da dessen Reaction neutral ist. Bei Müller’s 
Hungerniensehen dürfte fast die Gesammtmenge der Fettseifen 
aus dem Dünndarm stammen. Ueber die Fettausscheidung des 
menschlichen Dickdarmes wussten wir bisher gar nichts; nach 
meinen Versuchen scheidet er also sowohl Neutraltett als Fett¬ 
säuren aus, letztere aber in zehnmal grösserer Menge als die 
Neutralfette. 

Von den aromatischen Fäulnissprodukten, wie Indol, 
Skatol, Phenol und Kresol, fand sich im Dickdarm meines Patienten, 
falls ich keine Speisen einführte, so gut wie nichts. Dies kann 
kaum Wunder nehmen, denn, obwohl diese Stoffe nach Nencki 
bei der Verdauung ausschliesslich im Dickdarm gebildet werden, 
so sind sie doch Spaltungsproducte des Nahrungseiweiss und können 
bei Abwesenheit von Nahrung auch nicht zur Entwicklung kommen. 
Der Harn des Patienten war zwar nicht frei von ge¬ 
paarten Säuren, aber er enthielt davon bei zwei Unter¬ 
suchungen nur sehr geringe Mengen. 

Um zu untersuchen, ob der Dickdarm meines Patienten nach 
monatelanger Ruhe etwa die Fähigkeit zu resorbiren eingebüsst 
habe, führte ich in denselben eine kleine Menge von Jodkalium 
ein und untersuchte danach von Zeit zu Zeit den Speichel. Schon 
nach zehn Minuten gab der Speichel unzweifelhafte Jodreaction. 


*) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 23, 1893, S. 70. 
a ) Virchow-Hirsch Jahresbericht pro 1893, Bd. 1, S. 157. 
: V Zeitschr. f. Biologie Bd. 20, 1884, S. 327. 


*) Berliner klin. Wochenschr. 1894 Nr. 10. 

-) Wiener med. Wochenschr. 1894. No. 17—19. 

-) Arbeiten des pharmakol. Institutes zu Dorpat. Bd. V II, 


1891, S. 40. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


886 


M. A. Olschanetzky, 1 ) welcher dasselbe Experiment kürzlich 
am normalen Menschen angestellt hat, fand das Jod nach 7 l /2 Mi¬ 
nuten im Speichel wieder. Die Resorptionsfähigkeit des von 
mir untersuchten Dickdarmes w$r also eine normale. 

Nachdem dies festgestellt worden war, schien es mir von In¬ 
teresse, zu prüfen, ob etwa auch Haemol resorbirt werden würde. 
Indem ich inbetreff dieses Präparates auf meine ausführliche Mit¬ 
theilung in No. 28—29 dieser Wochenschrift verweise, sei hier nur 
bemerkt, dass es den Blutfarbstoff als Hämatin enthält. Zur Ver¬ 
wendung kam eine Menge, welche 0,5 g Hämoglobin entsprach. 
Dieselbe wurde in sehr verdünnter Natriumsuperoxydlösung gelöst, 
und dann wurde ein Kohlensäurestrom bis zur beginnenden Trübung 
durchgeleitet, um dem Natriumsuperoxyd seine reizenden Eigen¬ 
schaften zu benehmen. Alsdann wurde die Gesammtmenge der 
Flüssigkeit von der oberen Oeffnung des Dickdarmes aus eingefüllt 
und blieb 24 Stunden darin. Nach dieser Zeit wurde der Darm 
mehrmals sorgfältig mit Wasser ausgespült und die Spülwässer 
auf Hämatin quantitativ 2 ) untersucht. Es ergab sich, dass über 
die Hälfte der eingeführten Substanz verschwunden war. Wir 
dürfen daraus schliessen, dass der menschliche Dickdarm die 
Fähigkeit besitzt, Hämol theilweise zu resorbiren. 

Es lag nahe, denselben Versuch mit Blut zu wiederholen. 
Acht Tage nach dem vorigen Versuche wurden in die obere Dickdarm- 
öflnung 5 ccm defibrinirtes Rinderblut, in demselben Vehikel ebenso 
verdünnt gelöst wie das Hämol, eingefüllt und 35 Stunden darin ge¬ 
lassen. Es war während dieser Zeit jedoch nur ein Viertel der 
gesammten Menge resorbirt worden; das übrige war nur in 
eine in Wasser unlösliche graubraune Masse umgewandelt worden, 
war aber noch vorhanden. Ich möchte aus diesen zwei Versuchen 
schliessen, dass Blutfarbstoff vom Dickdarm aus resorbirbar 
ist, dass er jedoch in dieser Beziehung vom Hämol über¬ 
troffen wird. Da wir Grund haben, anzunehmen, dass die Fähig¬ 
keit des Dünndarms, Hämoglobin und Hämol zu resorbiren, hinter 
der des Dickdarms nicht nur nicht zurücksteht, sondern sie seiner 
Länge entsprechend mindestens fünfmal übertrifft, so können wir 
vermuthen, dass mehrere Gramm Blutfarbstoff in Form von 
Hämol beim Menschen täglich vom gesammten Darm- 
eanale aus zur Aufsaugung kommen können. 

Nachdem vor kurzem im pharmaceutischen Intitute unserer 
Universität das wirksame Princip der Sennesblätter in Form der 
Jensz’schen Kathartinsäure 3 ) dargestellt worden ist, erschien 
es von Interesse, eine Dose, welche vorher an zahlreichen gesunden 
und kranken Menschen als wirksam erkannt wurde, in den Dick¬ 
darm unseres Patienten einzuführen. Diese Dosis betrug 0,2 g. 
Zum Verständnis des Folgenden muss bemerkt werden, dass der 
Patient niemals spontan Stuhldrang empfand und daher auch nie 
von sich aus spontan den Dickdarm entleert hat. Acht Stunden 
nach Einfuhr des in wenigen Cubikcentimetem schwach alkalischen 
Wassers gelösten Abführmittels — von dem Patient natürlich 
nichts wusste — konnte Patient es jedoch vor Stuhldrang nicht 
mehr aushalten und entleerte einen — natürlich minimalen — 
Stuhl, welcher sehr reich an Mucin war und die Gesammtmenge 
der eingeführten Substanz in wenig umgewandelter Form zu ent¬ 
halten schien. Somit scheint mir bewiesen zu sein, dass die 
Kathartinsäure auch ohne Zutreten der Galle bei ledig- 
] ™\ e ™ Contact mit der Schleimhaut des Dickdarmes 
otunldrang zu veranlassen vermag und dabei unresorbirt 
wieder entleert wird. 


Was das Verhalten des Mastdarmes zu Nahrungsmittel] 
anlangt, so sind alle wichtigen Fragen längst entschieden. Immer 
hin habe auch ich einige Versuche in dieser Richtung angestellt 
Stärke von Weizen, Reis und Kartoffeln wurde, falls sie gu 
zu dünnem Kleister verkocht in kleiner Menge eingeführt wordei 
war vollständig in Zucker übergeführt und theüweise resorbirt 
die Umwandlung von roher Stärke war jedoch eine sehr unvoll 
kommene, selbst wenn die Spülung des Dickdarmes erst 48 Stundei 
nach der Einfuhr stattfand. 

Emulgirtes Fett in kleinen Mengen wurde vom Dickdarn 
langsam resorbirt. Aon nicht emulgirtem Fett wurde jedoch nrn 
äusserst wenig aufgenommen: 20 ccm Leberthran waren nach 1( 
stunden noch nicht vollständig verschwunden. 

,owiJvnn in M^ 0Ckei1 e ^ föh * em Ei "-eiss, und zwar von Fibrii 
Z a ? Üh T eiwei ® s (roh ^ wurden mir bringe Mengen lang 
^am verdaut und resorbirt. Dass manche Autoren in dieser Hin 

wohl bekannt* 1 * 6 Krgebn,SS ° zu verzei <*nen gehabt haben, ist mii 


*) Deutsches Archiv f. klin. Med., Bd. 48, S 619 
) Dos ^ erfahren war analog dem von einem meiner Schüler kürzli 

• ** Handolaprftparate von Kathartinsäure sind meist wirkungsli 


Nach Thierversuchen von Trzebicky 1 ) darf man vermuthen 
dass 280 cm vom unteren Dünndarm des Menschen ohne direkte 
Lebensgefahr weggenommen werden können. Das grösste bis jetzt 
ohne Schaden für den Kranken excidirte Darmstück betrug 250 cm 
und betrifft einen Patienten von Koeber 16. Bei unserm Patienten 
fehlte nur die Hälfte der zulässigen Menge; man darf daher wohl 
annehmen, dass durch die Wegnahme keine erheblichen Störungen 
in, der Ernährung und Leistungsfähigkeit der übrig gebliebenen 
Darmabschnitte durch die Operation eingetreten sind. Dafür spricht 
ja auch der Umstand, dass Patient bald wieder arbeitsfähig wurde 
und es noch jetzt ist. Die an seinem Dickdarm angestellten Be¬ 
obachtungen haben somit den Werth wirklicher physiologischer 
Versuche. Möchten sie bald durch Beobachtungen an anderen 
ähnlichen Patienten wiederholt und erweitert werden. 


III. Aus der Nervenabtheilung des ersten Moskauer 
Stadtkrankenhauses. 

Ueber Polyneuritis puerperalis. 3 ) 

Von Dr. M. A. Lunz, Ordinator. 

Während die Puerperalpsychosen ihrer Häufigkeit wegen in 
der Litteratur vielfach bearbeitet und discutirt worden sind, ge¬ 
hört eine andere Affection des Nervensystems, die multiple Ent¬ 
zündung der Nerven, wie es scheint, zu den seltenen Vorkomm¬ 
nissen im Puerperium. P. J. Möbius gebührt das Verdienst, auf 
diese Affection zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben. 

Er t heilte im Jahre 1887 sieben Beobachtungen 3 ) mit, wo nach der 
Entbindung infolge Wochenbetterkrankungen Entzündungen der peri¬ 
pheren Nerven, hauptsächlich die Endäste der N. ulnares, mediani oder 
beider zugleich, entstanden. Merkwürdigerweise finden wir in den nächst¬ 
folgenden Jahren in der Litteratur sehr spärliche Veröffentlichungen über 
die puerperale Polyneuritis seitens anderer Autoren, und Möbius ist es 
wiederum, der diese Form der Nervenentzündungen durch weitere Beobach¬ 
tungen ergänzt. 1890 4 ) veröffentlichte derselbe noch einen Fall von Neu¬ 
ritis puerperalis, die in einem, wie es scheint, normalen, fieberfreien Puer¬ 
perium eintrat und vor den früheren Fällen sich dadurch auszeichnetc, 
dass nach den oberen Extremitäten die unteren afficirt wurden. Bei 
dieser Gelegenheit betonte der Verfasser wieder die charakteristische 
initiale Lokalisation dieser Entzündung in den Nerven der Oberextremi¬ 
täten, hauptsächlich im Ulnaris und Medianus; im späteren Verlaufe 
können sich alle Neuritisformen generalisiren und dasselbe Bild darbieten. 
In ätiologischer Hinsicht glaubt Möbius nicht eine puerperale lnfection 
ohne weiteres verantwortlich machen zu sollen, da in diesem Falle 
das Wochenbett völlig fieberfrei war. Er spricht sich für die Möglichkeit 
der Erzeugung des Giftes im Körper selbst aus, wofür die von anderen 
Autoren beschriebenen, während der Gravidität vorkommenden Neuritiden 
sprechen. 

Die letzten Mittheilnngen über diesen Gegenstand machte Möbius*) 
im Jahre 1892. Er berichtet über zwei Fälle, wo die Nervenentzündung 
augenscheinlich nach puerperalen fieberhaften Erkrankungen eintrat und 
im ersten Falle mit Schmerzen der linken Wade begann und später 
Reissen in den Oberarmen eintrat, welche mit einer Parese und Ent- 
artungsreaction im Flexor pollicis longus endete. Der zweite Fall stellte 
eine Neuritis Nervi ulnaris sinistri dar. 

Ausser den Möbius’sehen Arbeiten konnten wir in der Litteratur 
nur folgende Veröffentlichungen über Neuritis puerperalis auffindep. 
Andrö Tuillant, 6 ) ein Schüler von Döjerine, veröffentlichte in 
seiner Dissertation drei Beobachtungen und unterscheidet zwei Typen 
der puerperalen Nervenentzündung: „Den Arm- und Beintypus“, beim 
letzteren ist das Peroneusgebiet besonders betroffen. Von den drei 
Beobachtungen betrafen zwei den Beintypus und eine den Armtypus. 
Im selben Jahre berichtet Mader 7 ) über einen Fall von Polynennüs 
nach einer Entbindung mit normalem Verlaufe. Die Nervenentzündung 
war am meisten in den unteren Extremitäten ausgeprägt mit Atro¬ 
phie und Entartun^sreaction verbunden, während in den Annen nur 
Schwäche und Unsicherheit bestanden; gleichzeitig bestand auch Ver¬ 
wirrung des Sensoriums. Heilung nach drei Monaten. Hier sehen wir 
schon die Nervenentzündungen im Puerperium, combinirt mit psychischen 
Störungen. 

Eine solche Combination stellen auch die interessanten Fälle Kor- 
sakoff’s dar, die in seiner Arbeit „Ueber psychische Störungen bei 
multipler Neuritis“ 8 ) beschrieben sind. Im ersten Falle traten bei einer 
28jährigen Frau am Ende der Gravidität Oedem der Füsse, Schmerzen 


*) Virchow’s Archiv Bd. 136, Heft 3. Nach F. de Philipp] s Ver¬ 
suchen vermochte sogar ein Hund, dem fast der ganze Dünndarm exstir- 
pirt worden war, sich in fast normaler Weise zu ernähren. Siehe diese 
Wochenschr, 1894, S. 780. 

*) Vorgetragen in der Gesellschaft der Neurologen und Psychiater 
an der Universität- zu Moskau. 

*) Münch, med. Wochenschr. 1887, No. 9. 

4 ) Münch, med. Wochenschr. 1890, No. 14. 

j Münch, med. Wochenschr. 1892, No. 45. 

®) De la növrite puerpörale. These de Paris, No. 252, 1881. 

7 ) Ueber Polyneuritis. Bericht der Krankenanstalt „Rudolfstiftwb. 
in Wien, 1891. 

8 ) Archiv f. Psychiatrie Bd. XXI, Heft 111. 


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22. November. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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uu Kraue uod im Bereiche beider Nervi ischiadici, ein; es wurde ein 
todtes, nicht ausgetragones, halb verwestes Kind geboren: das Woclien- 
KW e nnd ‘‘'“tzdeui fieberfrei. Nach der Geburt traten Schmerzen im 
Kreuz und in don Beinen Pauo[)hobic, Verwirrtheit, Aufregung ein, es 
Ä'^ elte SIC i‘ ■ , aresc lle '' unteren Extremitäten, hauptsächlich der 
7u Ä Ieic , h Schmerzen und Paritsthesieen in den unteren 

Extremitäten, Verstopfung und Urinverhaltung vorhanden. Die Parese 
der unteren Extremitäten progressirte und verbreitete sich auf die oberen 
Extremitäten, wo die Extensoren und Interossei am meisten afficirt 
wurden zugleich trat auch eine Parese der Rücken- und Bauchmuskeln 
ein; endlich kamen Schmerzen im Bereiche des N. trigeminus, Zuckumren 
in den Extremitäten und im Gesicht, Schluckbeschwerden und Sprach¬ 
störungen. F 

•• P er ™ eito ^ ™ kotral e ’ ne 22 jährige Frau, bei welcher infolgo der 
zurückgebliebenen Placenta pyämisches Fieber und Parametritis eintrat. 
Nach eirnger Zeit zeigten sich psychische Störungen: Verworrenheit, 
Hallucmationen, Dehnen, Gedächtnisstörungen; zugleich entwickelten sich 
auch Neuritiden m den unteren und oberen Extremitäten, Diplopie. 
Störung der Herzthätigkeifc und Urinverhaltung. 

Sehr interessant ist auch der Fall Whitfield'). Eine 40jährige 
Frau litt während der siebenten Schwangerschaft an starkem Erbrechen 
Am Ende der Gravidität entwickelten sich Neuritiden in den unteren 
Extremitäten, welche später auf die oberen sich verbreiteten, dieselben 
hielten auch einige Zeit nach der Geburt an. 

Zur Ergänzung der Litteratur führen wir noch zwei Fälle an, 
welche als Puerperalneuritis beschrieben wurden, wo aber das Wochenbett, 
meiner Meinung nach, durchaus nicht das Hauptmoment in der Aetiologie 
ausmachte. In einem Falle von Desnos, Joffroy und Pinard 3 ) ent¬ 
wickelte sich bei einer 30 jährigen Frau, die durch zwei frühere Geburten 
und durch eine hämorrhagische Metritis sehr geschwächt war, in der 
dritten Gravidität unaufhörliches Erbrechen. Im vierten Monat der 
Schwangerschaft entwickelte sich Muskelatrophie der unteren, später 
der oberen .Extremitäten ohne gleichzeitige Sonsibilitätsstörung und Eut- 
artungsreaction, es traten dann Schwäche des Gedächtnisses und der Auf¬ 
fassung ein. Nach künstlicher Geburt besserten sich allmählich alle 
Symptome. In diesem Falle spielt natürlich die Hauptrolle nicht die 
Gravidität, sondern die allgemeine Cachexie, ausserdem bleibt unaufgeklärt, 
welchen Charakter die erwähnten Atrophieen hatten. In einem anderen 
Falle von S. und J. Sottas 3 ) entwickelten sich bei einer 30jährigen Frau 
nach der Geburt Neuritiden der unteren und oberen Extremitäten, welche 
von Paralysen, Sensibilitätsstörungen, Urinbeschwerden und Atrophieen 
begleitet waren. Da aber in diesem Falle auch floride Phthisis vorhanden 
war, so können diese Nervenentzündungen nicht als unbedingt puerperale 
angenommen werden. 


Wenn wir diese letzten Fälle streichen, bleiben im ganzen nur 
17 Fälle, wo Polyneuritis kurz nach der Geburt eintrat und keine 
anderen ätiologischen Momente als Ursache der Krankheit, an¬ 
zuführen waren. Schon diese kleine Zahl an und für sich stellt 
an uns die Forderung, eine jede neue Beobachtung von Polyneuritis 
puerperalis zu veröffentlichen. Ausserdem bietet der von mir beob¬ 
achtete Fall manche besondere Eigenheiten dar, welche denselben 
vor den bis jetzt publicirten Fällen auszeichnen. Ich erlaube mir 
daher, denselben in Kürze mitzutheilen: 


Claudia Kontorskaja, 24 Jahre alt, stammt aus gesunder 
Familie, nicht neuropathisch belastet, kein abusus spirituosorum, nie an 
Lues gelitten; seit 1'/» Jahren verheirathet; am 5. November ein schwäch¬ 
liches Kind zur Welt gebracht, welches nach zwei Wochen am Soor starb. 
Geburt vollständig normal, das Wochenbett fieberfrei und ohne jegliches 
Unwohlsein. Am neunten Tage stand Patientin auf; 1 1 * / t Wochen nach der 
Geburt fühlte sie einigen Schmerz in den Genitalien und zog Dr. Solo- 
downikoff zu Rathe, der, wie er mir persönlich mittheilte, hei der Unter¬ 
suchung nichts besonderes vorfand, ausser einem kleinen Dammriss, welcher 
der Vernarbung entgegenging und dem er auch den Schmerz zusehrieb. 
Er verordnete desinficirende- Injectionen mit Acidum earbolieum, und nach 
3—4 Tagen fühlte sich Patientin wieder ganz wohl. Ende November 
zeigten sich ödematöse Anschwellungen im Gesicht und an den Ex¬ 
tremitäten, welche Dr. Solodo wnikoff als Folge der Anämie betrachtete 
und Eisen verordnete. 

Nach 1 Vs Wochen, Anfang Deceraber waren die Oedeme geschwunden. 
Zur selben Zeit ungefähr stellten sich Schluckbeschwerden ein, häufiges 
Verschlucken; gleich darauf Diplopie; oft Kopfschwindel. Nach zwei bis 
drei Tagen begann ein Taubwerden in der rechten Hand, von den Fingern 
an, später in der linken Hand und Arm, und nach einigen Tagen fingen 
auch die unteren Extremitäten an, taub zu werden. Das Schlucken wurde 
immer beschwerlicher, das Verschlucken häufiger, oft regurgitirte die 
Flüssigkeit durch die Nase. Patientin befand sich im December bei 
Br. Solodownikoffin Behandlung, später bei Dr. Strauch, dessen Freund¬ 
lichkeit ich diesen Fall verdanke. Am 28. December sah ich sie zum 
ersten male, und am 29. December trat sie in meine Abtheilung in’s erste 
Moskauer Krankenhaus. 

Status praesens: Puls normal, anämisches Aussehen; Pupillen normal, 
reagiren prompt; Sehkraft und Sehfeld normal; Augenhintergrund (unter¬ 
sucht von Dr. Prawossud) zeigt nichts abnormes. Patientin klagt über 
häufiges Doppelsehen; bei Untersuchung der Augenbewegungen fällt nichts 
besonderes auf, ausgenommen dass hier und da beim Rollen der Augen 


l ) Lancet 1. 13, 1889. 

*) Bull, de l'Acad. 37, XXI, 2, S. 44, 1889. 

3 ) Note sur un cas de paralysie puerperale generalisee (polyneurite 
puerperale Gaz. des Hfipit. 1892, 27 Octohre. 


nach links das linke Auge etwas zurückbleibt. Bei der Untersuchung der 
Augen mit farbigen Gläsern konnte oine Insutficicnz beider Nervi abdu- 
centes festgestellt werden. — Leichte Parese aller Zweig»« des linken 
Facialis, welche in den oberen Aesten mehr hervorsticht nls in den 
unteren, leichte Parese der unteren Zweige des einen Facialis dexter. 
Zunge weicht beim Herausstrecken nach links ab. Gaumensegel hän«-t 
etwas herab, hebt sich bei Phonation schwach; das Schlucken erschwert, 
selten kommt Regurgitiren der Flüssigkeit durch die Nase zustande, oft 
Verschlucken. Oborextrcmitäten stark paretisch; rechte Schulter kann 
nur etwas gehoben werden, linke noch weniger; Beugung uud Streckung 
der Unterarme erhalten; Finger flectirt, vollständige Extension derselben 
unmöglich, beim Versuche dieselbe auszuführen bildet die linke Hand 
die sogenannte „main en griffe“ (Klauenhand); Flexion der Finger wohl 
möglich, aber schwach, am Dynamometer kann der Zeiger von der 
Patientin nicht in Bewegung gebracht werden. Die unteren Extremitäten 
leicht paretisch; alle Bewegungen werden ausgeführt, aber ungenügend; 
stellt mühevoll, nur unterstützt; geht nur einige Schritte mit Unter¬ 
stützung und grosser Mühe. Druck auf die Nerven und Muskeln der 
oberen nnd unteren Extremitäten ist schmerzhaft, Ueber spontane 
Schmerzen wird nicht geklagt, nur über Gefühl von häufigem Kribbeln und 
faubweren, hauptsächlich in den Fingern und in den Zehen. Bei Unter¬ 
suchung der Sensibilität ist nur eine kleino Abschwächung aller Sinnes¬ 
arten : Taste, Schmerz- und Temperatursilm, wahrzunehmen. Dagegen ist 
der Muskelsinn in den Extremitäten dentlich^herabgesetzt; Patientin kann 
häufig von der passiven Lage ihrer Extremitäten keinen richtigen Begriff 
erlangen. Sehnenreflexe an den oberen Extremitäten erhalten, ausser den 
Tricepsreflexen, die geschwunden sind; an den Beugern und Streckern der 
Unterarme sind die Sehnenrellcxe sogar etwas gesteigert. Patellar- 
reflexe beiderseits vollständig aufgehoben. Elektrische Erregbarkeit, 
faradisclie und galvanische, nicht aufgehoben, aber stark herabgesetzt, was 
hauptsächlich in den unteren Extremitäten zu Tage tritt. Keine quali¬ 
tativen Veränderungen. Blasen- und Darmfunctionen normal, seitens 
der inneren Organe nichts abnormes. 

Der Verlauf war in Kürze folgender: Zwei Wochen (bis zum 13. 
bis 14. Januar) schritt die Krankheit allmählich fort, das Schlucken wurde 
immer beschwerlicher, so dass die Ernährung der Patientin per os, zwei, 
drei Tage vollständig unmöglich war. Zugleich traten Anfälle von Athera- 
beschwerden ein, welche übrigens keinen sehr hohen Grad erreichten. Die 
Exspiration war erschwert; Patientin konnte nicht genügend den Schieini 
herausbefördern, welcher sich reichlich in den Luftröhren anhäufte. Der 
Puls war beschleunigt, häufig arhythmisch. Die Lähmung der unteren 
Extremitäten verschlimmerte sich. Von Mitte Januar an blieb der Process 
einerseits stehen, und es trat Besserung ein: die Anfälle von Athem- 
beschwerden verschwanden, das Schlucken besserte sich allmählich, eben¬ 
falls die Diplopie; die Bewegung der oberen Extremitäten besserte sich 
auch allmählich: dagegen schreitet die Parese der unteren Extremitäten 
immer vorwärts, wobei zugleich auch die elektrische Erregbarkeit immer 
progressiv schwächer wird, so dass zum 28. Januar die Bewegung der 
unteren Extremitäten, ausgenommen eine unbedeutende Adduction, voll¬ 
ständig aufgehoben war. Bei der elektrischen Untersuchung können mit 
Hülfe der stärksten faradischen und galvanischen Ströme nur leichte 
Zuckungen hervorgerufen werden. Alteration der Zuckungsformel ist 
auch jetzt nicht zu constatiren. — Von dieser Zeit ab ist jedoch ein 
Rückgang des Processes auch iu den unteren Extremitäten eingetreten, 
und augenblicklich ist Patientin fast vollständig hergestellt. 

Die Behandlung bestand in einer allgemeinen Kräftigung, es wurde 
Ferrum, Arsenik verabreicht, später wurden Elektricität und Salzbäder 
angewandt. 

Die Diagnose bot in unserem Falle keine grossen Schwierig¬ 
keiten dar. Es konnte kaum an ein Cerebralleiden (Thrombosis oder 
Embolia pontis) gedacht werden, da schon der allmähliche Beginn 
und weitere Verlauf der Krankheit, das Freibleiben des Sensoriums, 
das Verhalten der Sehnenreflexe etc. dagegen sprach. Eher konnte 
es noch einigen Zweifel erregen, ob wir nicht eine subacute Polio¬ 
myelitis und Polioencephalitis vor uns hatten, aber auch bei der 
letzten Krankheit wäre der Beginn viel plötzlicher gewesen, die 
elektrische Erregbarkeit würde mehr darunter gelitten, die Muskel¬ 
atrophie würde sich schneller und intensiver entwickelt haben, 
ausserdem war die Affection der Muskeln gruppenweise aus¬ 
gedrückt, entsprechend der Vertheilung der peripherischen Nerven, 
was deutlich für eine Polyneuritis sprach. 

Viel interessanter und wichtiger ist hier die Frage, welcher 
Natur die Polyneuritis sei; ist hier das Puerperium das einzige 
ätiologische Moment der Polyneuritis, oder müssen wir nach einer 
anderen Ursache suchen, welche die Entzündung der Nerven hervor 
rufen konnte? In dieser Hinsicht kann das Krankheitsbild, die 
Reihenfolge, in welcher die Nerven affioirt werden, die Prädilee- 
tion einzelner Nerven zu diesem oder jenem Gifts maassgebend 
sein. In unserem Falle musste die auffallende Aehnlichkeit mit 
einer Diphtheritislähmung von vornherein in’s Auge fallen. Der 
Beginn des Leidens mit der Lähmung des Gaumens und der 
Augen und die darauf folgende progressive Lähmung der Ex¬ 
tremitäten sind, wie bekannt, die charakteristischen und häufig¬ 
sten Begleiter der Diphtheritis. In dieser Richtung wurden von 
uns genaue Untersuchungen und Nachforschungen unternommen. 
Bei genauestem Ausfragen der Patientin und ihrer nächsten Um¬ 
gebung wurde eine jede Affection des Rachens in der ganzen Zeit 
während, nach und vor der Geburt in Abrede gestellt. Die Herren 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


Collegen Dr. Solodownikoff und Dr. Strauch, welche die Pa¬ 
tientin in Beobachtung hatten, sprachen sich entschieden gegen 
jede Möglichkeit einer diphtheritischen Affection des Rachens 
oder der Genitalien aus. Andererseits müssen wir betonen, dass 
wenn auch in vieler Hinsicht die Lähmungen in unserem Falle 
einer diphtheritischen ähnlich waren, sie doch manche Merk¬ 
male darboten, die nach Diphtheritis höchst selten beobachtet 
werden; so z. B. ist eine Lähmung der Faciales nach Diphtheritis 
eine grosse Seltenheit. Noch seltener trifft man eine Lähmung 
der Hypoglossi; so erzählt z. B. Gowers nur von einem einzigen 
Falle, wo er eine Abweichung der Zunge nach einer Seite beob¬ 
achtete. Bei Lähmung der Extremitäten tritt meistens dieselbe 
zuerst in den unteren und erst später in den oberen Extremitäten 
auf. Aber gleichviel, in unserem Falle konnte, wie schon erwähnt, 
eine vorgegangene diphtheritische Affection nicht ausfindig ge¬ 
macht werden. Boissarie 1 ) berichtet zwar von diphtheritischen 
Lähmungen ohne Rachenaffection oder mit n a c h fo 1 g e n d e r Rachen - 
affection, aber dieselben wurden in einem bestimmten Districte von 
Paris beobachtet, wo eine heftige Diphtheritisepidemie herrschte, 
wo also Diphtheritiskeime sehr leicht in den Kreislauf gelangen 
konnten; in unserem Falle aber war von keinen Dipktheritisfällen in 
der Umgebung der Patientin die Rede. Wenn wir weiterhinzufügen, dass 
Alkoholismus, Lues, Arsenik-, Bleivergiftung und Infectionskrank- 
heiten in unserem Falle als ätiologische Momente vollständig ausge¬ 
schlossen werden können, so müssen wir das Puerperium hier als 
einziges ursächliches Moment ansehen. Nun fragt es sich: stimmt unser 
Krankheitsbild mit dem bis jetzt beschriebenen Typus der puer¬ 
peralen Polyneuritis? Diese Frage kann folgendormaassen beant¬ 
wortet werden: die Zahl der bis jetzt beschriebenen puerperalen 
Polyneuritiden ist noch zu gering, als dass von einem ausgesprochenen 
Typus die Rede sein könnte. Möbius wollte bei der Beschrei¬ 
bung seiner ersten sieben Fälle folgende Regeln aufstellon: zuerst 
werden die Endäste des Nervus ulnaris oder niedianus oder beide 
zugleich afficirt, zuweilen an beiden Händen, häufiger nur an der 
mehr gebrauchten rechten: aber in seinen weiteren Publicationen 
berichtet er selbst über Fälle, in welchen die neuritischen Sym¬ 
ptome von den unteren Extremitäten begannen. Tuillant stellt 
schon zwei Typen auf: Arm- und Beintypus. Bei Hader war 
hauptsächlich die Affection der Beine ausgedrückt. Bei Korsa- 
koff-) finden wir generalisirte Lähmungen der oberen und unteren 
Extremitäten, des Trigeminus, Diplopie und Schluckbeschwerden. Wir 
sehen also, dass der Typus der puerperalen Polyneuritis noch 
keineswegs festgestellt ist, und unzweifelhaft kommen dabei gene¬ 
ralisirte Lähmungen vor. Derselbe wird nur dann als endgiltig 
angesehen werden können, wenn das Material der veröffentlichten 
Fälle viel ergiebiger sein wird als augenblicklich. 

Wir gehen jetzt zu der interessanten Frage über: welches ist die 
Natur und Ursache der puerperalen Nervenlähmungen; gehören 
dieselben in das Bereich der infeetiösen Lähmungen oder nicht? 
mit anderen Worten: ist die Polyneuritis puerperalis die Folge eines 
pathologischen Puerperiums, oder kann sie auch nach physiologi¬ 
schen, normalen Geburten beobachtet werden? Allerdings kann von 
einer Beantwortung dieser Frage auf Grund der publicirten Fälle 
von Polyneuritis kaum die Rede sein; die Zahl ist, wie schon oben 
erwähnt, zu klein, um irgend welche Endschlüsse zu machen. Von 
den veröffentlichten Fällen sind einige, wo wir ein scheinbar normales, 
fieberfreies Wochenbett verzeichnet finden; zu diesen gehört auch 
unser Fall. 


Wir können einen Versuch zur Entscheidung dieser Frage nui 
machen, wenn wir zu einer Analogie mit anderen, das Wochenbetl 
complicirenden Affectionen des Nervensystems greifen und nachsehen 
wie jene Affectionen mit dem Puerperium in Verbindung stehen 
Zu allererst wollen wir der puerperalen Bradycardie gedenken 
Wie bekannt, ist von Blot und sehr vielen anderen Beobachten 
die Thatsache festgestellt worden, dass bei vollständig gesunder 
Wöchnerinnen mehr oder weniger bedeutende Pu 1 sverlangsamuns 
beobachtet wird, dieselbe beträgt 44—60 Schläge in der Mi 
nute. Die allgemeine Auffassung geht deshalb dahin, dass dieses 
rnanomen keineswegs ein pathologisches ist, sondern ausschliesslich 
dem günstigen Verlaufe des Wochenbettes entspricht. Diese Er¬ 
scheinung beruht jedenfalls auf einer Innervationsstörung des Her¬ 
zens, welche vom Vagus oder Sympathicus ausgeht. Die Ursache 
dieser Bradycardie ist von verschiedenen Autoren vielfältig erklärt 
worden: Vermehrung der arteriellen Spannung und des Blut¬ 
druckes (Blot, Hemey, Marey), Resorption des Fettes des dege- 
nenrten Uterus (Olshausen, Rassmann); Reizung der Nerven 
der Gebärmutter infolge des Rüekbildungsprocesses derselben, 
welche auf den Vagus mittelbar übergeht (Löhlein), nervöse Ein- 
llüsse, geistige und körperliche Ruhe u. s. w. Mit einem Worte 


*) Gaz. hebd. 1891. No. 20 und 9 1 
*) 1. c. 


wir sehen daraus, dass auch im normalen Wochenbett eine ganze 
Reihe wichtiger Einflüsse vorhanden sind, welche auf das Nerven¬ 
system unmittelbar oder refleetorisch wirken können. 

Mit einer anderen nervösen Affection, die nach dem Wochen¬ 
bette beobachtet wird, der Aphasie, welche von manchen Autoren 
beschrieben worden ist (Poupon, 1 ) Bateman 3 ) u. a.), werden 
wir uns nicht lange aufhalten, da dieselbe meistentheils von Em¬ 
bolie und Thrombose und Hämorrhagieen abhängt, die von früheren 
Erkrankungen des Gefässsystems herrühren, oder einer infeetiösen 
Geburt verdankt, keineswegs aber Complication einer normalen 
Geburt sein kann. 

Dagegen muss unsere Aufmerksamkeit sich auf eine häufig 
beobachtete und viel beschriebene Affection des Nervensystems 
richten, nämlich auf die puerperalen Psychosen. Die Ursachen 
dieser Geisteskrankheiten wurden früher in psychischen Affectionen ! 
gesucht, welche die Geburt mit den damit verbundenen Sorgen, 
Schmerz und Furcht mit sich bringt. Dabei wurden noch andere 
gleichzeitig vorhandene Momente berücksichtigt wie: Einfluss der 
hereditären und in dividuellen Disposition, Circulationsstörungen, 
Ernährungsstörungen und Erschöpfung, welche die Schwangerschaft, 
und Geburt häufig nach sich zieht. 

In den letzten Jahren werden von den meisten Autoren die 
Geisteskrankheiten bei Wöchnerinnen als Folgen der Wochenbett- 
erkrankung betrachtet. So z. B. fand Hansen 8 ) unter 49 Fällen 
bei 42 in den ersten Wochen (vier bis sechs) nach der Geburt 
somatische Symptome puerperaler Infection. In den übrigen 
sieben Fällen fand sich bei fünf eine acute Infectionskrankheit, 
fioride Phtliisis. Er behauptet, dass der Name puerperale Geistes¬ 
störung nur auf solche Psychosen beschränkt werden muss, die 
mit puerperaler Infection in Verbindung stehen. Wie bei anderen 
Frauen, so können ja auch bei Wöchnerinnen Geistesstörungen 
durch andere Ursachen: psychische Affecte, Epilepsie, Alko¬ 
holismus etc. entstehen, die nur eine zufällige Verbindung mit 
dem Puerperium aufweisen. Tritt in den ersten Wochen des 
Puerperiums eine Psychose in Form einer acuten hallucinato- 
rischen Verworrenheit auf, ohne dass sich eine andere, nicht 
puerperale, acute Infectionskrankheit findet und ohne dass Eclampsie 
vorausgegangen ist, so liegt eine puerperale Infection vor, selbst 
wenn Fieber und andere somatische Symptome nicht nachweisbar 
sind. Unter den zwölf Verstorbenen war die puerperale Infection 
bei sieben erst nach dem Tode c.onstatirt worden (Endometritis etc). 

In ähnlicher Weise spricht sich Cr am er 4 ) aus, gestützt auf neun 
Beobachtungen, wo immer Fieber und Symptome seitens der Ge¬ 
nitalien vorhanden waren. Olshausen 5 ) machte die Erfahrung, 
dass die acuten puerperalen Psychosen in erster Reihe der puerpe¬ 
ralen Pyämie und Endocarditis ulcerosa folgen, seltener der soge¬ 
nannten Septikämie (lymphatische Form der Peritonitis). Als ein¬ 
ziger Vertheidiger der früheren Meinung, welche dem erregenden 
Momente im Puerperium die Hauptrolle zuschreibt, ist in den letzten 
Jahren'Adam H. Wright fi ) aufgetreten, welcher auf Grund zehn¬ 
jähriger Erfahrung sich überzeugt hat, dass rein nervöse Ursachen 
im Puerperium recht erhebliche Störungen, sogar Temperatur- 
Steigerung, hervorrufen können. Er bestätigt diese Ansicht durch 
Anführung einer Reihe von Beobachtungen. 

Aus den in Kürze dargelegten Ansichten über die Ursache 
nervöser Störungen im Wochenbette nach der Geburt ersehen wir, 
dass die puerperale Infection hier jedenfalls die Haupt- und wesent- | 
lichste Rolle spielt. Trotzdem müssen wir gestehen, dass noch 
ausserdem eine ganze Reihe von Momenten vorhanden sind, welche 
das Nervensystem beeinträchtigen können, wie psychische Affecte, 
Aerger, Schreck, schmerzhafte Empfindungen, Trauma, Circulations¬ 
störungen, Resorption von Producten der regressiven Metamorphose, 
refiectorischer Reiz aus dem Uterus hervorgehend u. s. w. 

Wir glauben also das Richtigste zu treffen, wenn wir folgende 
Gruppen der Polyneuritis nach der Geburt annehmen. 

1. Der grösste Theil der Polyneuritis puerperalis hängt 

unmittelbar von örtlichen Infectionen ab und gehört folglich zu den 
pyämischen und septischen Polyncuritiden. . 

2. Die zweite Gruppe der Polyneuritiden, welche nach dei 
Geburt und während der Schwangerschaft beobachtet werden, 


*) Poupon, Dos aphasies puerpörales. L’enc^phale 1885. No. j- 

>J ) F. Bateman, On puerperal Aphasia. The Brit. med. Jom. i 
Feb. 4, S. 237 . „ 

®) Th. B. Hansen, Ueber das Verhültniss zwischen der puerpor^ 
Geisteskrankheit und der puerperalen Infection. Zeitschrift für tteo 1 5 
hülfe und Gynäkologie. 

4 ) Cramer, Prager med. Wochensehr. 1889, No. 45 und 4b. 

5 ) Olshausen, Beitrag zu den puerperalen Psychoson, s P e 4 J5,® ... 

nach Eclampsie anftretenden. Zeitschrift für Geburtshiilfe und uyui 
logie XXI. , 

G ) Adam H. Wright. The emotional element in the puerp * 
period. The journal of nerv, and ment, diseases 1891. May. 


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22. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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müssen als caehektische Polyneuritiden angesehen werdon, wie z. B. 
in derjenigen Fällen, wo die Schwangerschaft von bedeutenden Er¬ 
nährungsstörungen begleitet waren, infolge unaufhörlichen Er¬ 
brechens, vollständiger Appetitlosigkeit, wo nach der Geburt 
immense Blutungen vorhanden waren u. s. w. 

8. Wir glauben auch annehmen zu dürfen, dass nach der 
Geburt solche Polyneuritiden beobachtet werden, wo weder die 
örtliche Infection noch die Cachexie als ätiologische Momente auf¬ 
zuweisen sind. In diesen Fällen ist die Geburt als prädisponirendes 
Moment für das Eindringen der Erreger der Nervenentzündung von 
aussen anzusehen, Hier kommt in Betracht die allgemeine 
Anämie und psychische Affecte, die bei der Schwangerschaft und 
Geburt die Erschöpfung des Nervensystems hervorrufen; ausserdem 
vielleicht auch die Ueberladung des Blutes mit Toxinen infolge 
von Resorption von Producten der regressiven Metamorphose. 

Wir sehen also daraus, dass von einem einheitlichen Typus 
der im Puerperium vorkommenden Polyneuritiden kaum die Rede 
sein kann. Es werden vielleicht mit der Zeit bei Anhäufung des 
Materials sich besondere drei Typen, entsprechend den oben er¬ 
wähnten Gruppen, aufstellen lassen. Von den bis jetzt in der 
Litteratur veröffentlichten puerperalen Polyneuritiden lässt sich nur 
sagen, dass in sehr vielen in mancher Hinsicht die Aehnlichkeit mit 
diphtheritischen Lähmungen ins Auge fällt. Bei diesen wie bei 
jenen Affectionen ist die Lähmung keineswegs der Intensität 
der vorhergegangenen Krankheit proportional. Wie nach einer 
leichten, anscheinend harmlosen Rachendiphtheritis häufig ausge¬ 
dehnte lebensgefährliche Lähmungen eintreten, so kann auch 
eine unbedeutende Infection bei der Geburt, welche scheinbar 
normal verläuft, schwere Complicationen seitens der psychischen 
und nervösen Sphäre hervorrufen. Die puerperale Polyneuritis 
schreitet wie die diphtheritische von der Peripherie zum Centrum. 
Die Motilitätsstörungen sind bei diesen wie auch bei jenen viel 
bedeutender ausgeprägt als die der Sensibilität. Die Muskel¬ 
atrophie tritt bei beiden selten ein. In meinem Falle tritt die 
Aehnlichkeit mit diphtheritischen Lähmungen noch deutlicher hervor. 
Ich glaube, dass die Polyneuritis in der Puerperalperiode viel 
häufiger vorkommt, als es aus der Litteratur ersichtlich ist. Leichte 
Fälle von Nervenentzündung werden wahrscheinlich häufig über¬ 
sehen, hauptsächlich wenn sie von Psychosen begleitet sind. Durch 
Mitwirkung der Gynäkologen und Psychiater kann diese Frage bei 
weiterer Bearbeitung eine feste Basis gewinnen. 


IV. Aus Dr. Max Joseph s Poliklinik für Hautkrankheiten 
in Berlin. 

Ueber gummöse Lymphome. 

> Von Walter Guttmann. 

Es giebt wenige Erkrankungen, wo unsere Therapie von so 
eclatanten Erfolgen begleitet ist, wie bei den verschiedenen For¬ 
men der Syphilis. Das ist in so hohem Maasse der Fall, dass 
man bei zweifelhaften Fällen allein aus dem Erfolge der ange¬ 
wandten Specifica auf die Natur des Leidens Rückschlüsse zieht. 
Unter diesen Verhältnissen ist daher eine richtige Diagnose von 
der weittragendsten Bedeutung. Denn es giebt eine grosse Zahl 
syphilitischer Affectionen, die, rechtzeitig erkannt, leicht und ge¬ 
fahrlos geheilt werden, im anderen Falle aber zu grösseren Opera¬ 
tionen Veranlassung geben. 

Die Litteratur ist nicht arm an Beispielen hierfür. Schon 
Rieord berichtet von einem Falle, wo ein phagedaenisches Ulcus, 
das fälschlich für Krebs gehalten wurde, die Indicatiou zur Am¬ 
put at-io penis geben sollte. In neuerer Zeit haben besonders 
v. Langenbeck 1 ), Karewski 2 ) und v. Esmarch H ) die Aufmerk¬ 
samkeit auf diesen Punkt gelenkt und genügend Beispiele ^an¬ 
geführt, w r o auf Grund falscher Diagnosen schwere und verstüm¬ 
melnde Operationen gemacht wurden. Letzterer ist nicht nur da¬ 
von überzeugt, dass ein grosser Theil der Sarkome und Fibrome, 
sowie manche der malignen Lymphome zu den Syphilomen zu 
rechnen sind, sondern stellt sogar die Vermuthung auf, dass die 
Entstehung von Geschwülsten zusammenhängt mit einer von syphi¬ 
litischen Vorfahren ererbten Prädisposition. Ohne hier auf diese 
Hypothese einzugehen, ist es jedenfalls Thatsache, dass die Syphilis 
als ätiologisches Moment heutzutage eine ausserordentlich grosse 
Rolle spielt. . 

Natürlich handelt es sich hier immer um die Späterscheinun- 
geii dieser Krankheit, oder wie man früher nach einem unbegrün¬ 
deten Schematismus sagte, um die tertiären Symptome; denn die 
Früherscheinungen waren schon von den älteren Beobachtern ein¬ 


gehend studirt und beschrieben worden. Zwar waren auch die 
gummösen Processe in den frühesten Zeiten der Syphilidologie be¬ 
kannt, aber eine genaue Beschreibung und Erklärung fanden sie 
erst in diesem Jahrhundert, vor allem durch VirchoW 1 ). 

Zu den am w enigsten bekannten gummösen Processen gehören 
diejenigen, welche sich in den Lymphdrüsen abspielen. Sie gelten 
noch heute als ein so seltenes Ereigniss, dass es mir für weitere 
Kreise nicht werthlos erscheint, vier hierher gehörige Fälle zu 
veröffentlichen, die ich in Dr. Joseph’s Poliklinik für Hautkrank¬ 
heiten zu beobachten Gelegenheit hatte. 

Fall 1. Der erste Kranke war der 25 Jahre alte Schlosser Max Sch. 
Er giebt an, dass beide Eltern gesund sind und noch leben. Kinderkrank¬ 
heiten will er nicht durchgemacht haben. Vor drei Jahren' bekam er einen 
Schanker an der Vorhaut, der in 14 Tagen unter Jodoform verband und 
Pillen heilte. Dann bekam er Flecke im Gesicht und an der Hand, so¬ 
wie Schmerzen im Halse. Wegen letzterer wurde er geätzt und erhielt 
Pillen. Anfang Januar 1894 bemerkte er in der rechten Leistengegend 
eine Schwellung und trat vier Wochen später darauf in Behandlung des 
Herrn Dr. Joseph. 

Am 18. Februar 1894 konnten wir bei dem mittelgrossen, .kräftigen 
Manne in der Regio inguinalis dextra unterhalb des Ligamentum Poupartii 
eine ca. 12 cm lange, deutlich prominirende Hervorwölbung constatiren. 
Die Haut über derselben war stark geröthet und nicht verschieblich. 
Fluctuation war nicht nachweisbar, und die Consistenz der Geschwulst 
war ziemlich hart. Einzelne Drüsen waren nicht durchzufühlen. Schmer¬ 
zen waren nicht vorhanden. Der ganze Penis zeigte eine normale Be¬ 
deckung, ebenso wenig konnte an der unteren Extremität eine Ursache 
für die Lymphdrüsenschwellungen gefunden werden. Anderweitige Zeichen 
von Lues waren bei dem Patienten nicht nachzuwoisen. Wir stellten hier¬ 
nach die Diagnose auf ein gummöses Lymphom und leiteten eine ener¬ 
gische Quecksilberbehandlung ein. Der Patient machte Einreibungen, und 
zwar täglich mit 8,0 Unguentum Hydrargyri cinereum; daneben orhielt er 
eine vierprocentige Jodkaliumlösung, von der er dreimal täglich einen 
Esslöffel nehmen sollte. Lokal legten wir auf die Geschwulst Queck¬ 
silberpflastermull. Nach Gebrauch von 40,0 Jodkalium und 90,0 Un¬ 
guentum Hydrargyri cinereum bestand am,. 18. März nur noch eine wall¬ 
nussgrosse Erhabenheit, die sich bald vollständig zurückbildete, so dass 
die Drüsen nur noch Erbsengrösse hatten. 

Fall 2. Zu gleicher Zeit kam der 51jährige Handelsmann Isidor G. in 
unsere Beobachtung. Er giebt an, dass sein Vater an Altersschwäche, die 
Mutter an einem Herzleiden gestorben ist. Eine Schwester ist seit 20 Jahren 
blind, die übrigen Geschwister sind gesund. Anfang der 70 er Jahre zog 
er sich einen weichen Schanker zu, der ohne Bubo heilte. 1878 trat an 
der Wurzel des Penis ein Ulcus durum auf. Dasselbe wurde excidirt, 
und nachdem Flecke am Körper aufgetreten waren, 30 Einreibungen mit 
grauer Salbe gemacht. In den folgenden Jahren will Patient niemals 
specifiscbe Erscheinungen (Hautausschliige, Rach engeschwüre etc.) gehabt 
haben, bis er vor ca. einem Jahre auf der rechten Brusthälfte eine An¬ 
schwellung bemerkte. Dieselbe setzte sich nach dem Schlüsselbein zu 
fort imd ging dann auf die rechte Halsseite über. Auf der Brust ver¬ 
schwand sie nach einem halben Jahre ohne Behandlung, trat dann aber 


auch auf der linken Halsseite auf. 

Als wir am 19. Februar 1894 den mittelgrossen, kräftigen, leicht 
ergrauten Mann untersuchten, fanden wir an den inneren Organen nichts 
Abnormes. Auf der linken Brustseite zeigte sich eine kleinhaselnuss¬ 
grosse Geschwulst, die gegen die Unterlage und die Haut verschieblich 
war. Rechts und noch viel stärker links war eine Anschwellung der 
Portio clavicularis der Musculi steruocleidomastoidei zu fühlen. Hinter dem 
rechten Ohr am Processus mastoideus ossis temporis war eine apfelgrosse 
Schwellung von elastischer Consistenz. Die Haut war darüber verschieb¬ 
lich und normal. Ausserdem befand sich auf beiden Sternocleidomastoidei 
eine über pflaumengrosse, polyganglionäre Anschwellung, die gegen die 
Muskeln verschieblich war, sich mässig hart anfühlte und nicht Üuctuirto. 
Auch hier war die Haut über der Geschwulst unverändert. Alle diese 
Anschwellungen waren sowohl spontan wie auf Druck durchaus schmerz¬ 
los. Das Allgemeinbefinden war nicht beeinträchtigt. 

Auch hier wurde die Diagnose auf Gummata der beiderseitigen Ger- 
vicaldrüsen gestellt. Daneben bestanden in diesem Falle noch ein Gummi 
periostale des rechten Processus mastoideus, sowie Muskclgummata beider 
Kopfnicker. Es wurde dieselbe Therapie angewandt wie im ersten Falle, 
und bereits am 28. Februar hatte sich beiderseits das gummöse Lymphom 
so verkleinert, dass ein hiesiger Chirurg, den I)r. Joseph bat, zur mikro¬ 
skopischen Untersuchung den Drüsentumor der einen Seite zu exstirpiren, 
sich wegen der unbedeutenden Anschwellung nicht mehr zur Operation 
entschliessen konnte. Desgleichen hatte sowohl das periostale wie das 
musculäre Gummi erheblich an Umfang abgenommen. Unter fortgesetztem 
Jodkaligebrauch war am 28. Mai nur noch auf dom linken Stemocleido- 
mastoideus eino geringfügige, erbsengrosse Drüsenschwellung zu consta¬ 
tiren, die bald darauf auch verschwand. Am 6. Juni war an den be¬ 
treffenden Stellen eine lederartige Resistenz zu fühlen, der klinische 
Ausdruck für die bindegewebige Umwandlung des Drüsengewebes. 

Fall 8. Von diesen beiden Beobachtungen unterschied sich der dritte 
Fall insofern, als hier in der Anamnese eine syphilitische Infection verneint 
wurde. Trotzdem stellten wir die Diagnose auf ein gummöses Lymphom, 
und der Erfolg unserer Therapie gab uns Recht. „ , 

Der 25jährige Schuhmacher Franz W. litt mit sechs Jahren an Hals¬ 
bräune und mit 21 Jahren an einem Tripper, der nach Einspntzungeu 
KoU vArsnhwnnd. Wahrend seiner MilitÄrzeit hatte er vier Wochen lang 


*) Arch. f. klin. Chirurgie 1881. 
a ) Berl. Klinik 1889, Heft 18. 

*) Deutscher Chirurgencongress 1889. 


i) Constitutionelle Syphilis, Vircliow’s Arcli. Bd. XV; und Krank¬ 
hafte Geschwülste Bd. II. 


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I' 


890 


Magenkatarrh und Gelbsucht. Anfang März 1894 bemerkte er ome 
Schwellung der linken Leistengegend, die langsam zunalim, aber schmerz¬ 
los blieb. Er rieb von selbst Jodkaliumsalbe ein, doch ohne Erfolg. Am 
30. April d. J. kam er in unsere Behandlung. 

Wir constatirten bei dem kräftigen jungen Manne in der linken 
Leistengegend eine deutlich hervorragende, ungefähr 10 cm lange Ge¬ 
schwulst. Dieselbe ging offenbar von den Leistendrüsen aus, die aber so 
mit der Umgebung und untereinander verwachsen waren, dass es unmög¬ 
lich war sie einzeln abzutasten. Die Geschwulst war durchaus schmerz¬ 
los und auf der Unterlage nicht zu verschieben. Dagegen war die sie 
bedeckende Haut nicht mit ihr verwachsen und zeigte keine Röthung. 
Die Consistenz war hart; Fluctuation fehlte. Daneben bestanden I.ymph- 
adenitides totius corporis, insbesondere waren die rechten Glandulae in¬ 
guinales sowie die beiderseitigen Glandulae cubitales exquisit zu fühlen. 
Die inneren Organe zeigten nichts Abnormes. 

Der Erfolg unserer Therapie, welche dieselbe war wie die in den 
beiden ersten Fällen, befestigte unsere Ansicht, dass auch hier wieder 
ein Bubo gummosus vorlag. Am 29. Mai war die Geschwulst schon so 
weit zurtlckgegangen, dass die sie zusammensetzenden einzelnen Drüsen 
ganz deutlich gefühlt werden konnten, und am 6. Juni hatte der Tumor 
nur noch Wallnussgrösse. Da der Patient nach Amerika auswanderte, 
konnten wir leider die vollständige Heilung nicht beobachten. 

• Fall 4. Der letzte Fall war insofern von hohem Interesse, weil er 
die Eigenthümlichkeit der syphilitischen Eruptionen, den Locus minoris 
resistentiae zu bevorzugen, auf das schönste demonstrirte. 

Am 6. Juni 1894 kam nämlich der 25jährige Maler Otto Sch. zu 
uns und klagte über eine Geschwulst in der rechten Leistengegend, die 
er einen Tag, nachdem ihn ein schweres Brett an diese Stelle getroffen 
hatte, bemerkte und die nun seit 14 Tagen immer grösser geworden war. 
Die weitere Anamnese ergab, dass er ausser einem „Fieber“ im Alter 
von 12 Jahren keine anderen Krankheiten durchgemaclit hat. Die Eltern 
und fünf Geschwister leben und sind gesund. Vor sieben Jahren zog 
er sich einen harten Schanker zu, den er vier Wochen post coitum be¬ 
merkte. Unter lokaler Behandlung mit einer „gelben Salbe“ (Queck¬ 
silber?) heilte derselbe in vier Tagen. Damals und auch im weiteren 
Verlaufe will Patient nie eine Anschwellung der Leistendrüsen bemerkt 
haben. Vier Wochen nach Abheilung des Schankers bekam er Aus¬ 
schläge auf den Fusssohlen und Handtellern, die ohne Behandlung wieder 
verschwanden. Nach starkem Schwitzen sollen noch jetzt an diesen 
Stellen rothe Flecke sichtbar werden. Nach einem Jahre bemerkte er 
einen trockenen Ausschlag am Kinn und an den Lippen; ferner gingen 
ihm die Haare der Lider sowie ein Theil der Kopfhaare aus; auch bekam 
er Geschwüre im Munde. In derselben Zeit lag er vier Wochen wegen 
Lungenentzündung zu Bett. Nachdem letztere überstanden war, erhielt 
er innerlich Medicin (Jodkali?); schon nach Gebrauch von zwei Flaschen 
wuchsen die Haare wieder, und der Ausschlag verschwand. 1890 ver- 
heirathete er sich, nachdem er seine spätere Frau schon vorher inficirt 
hatte. Dieselbe bekam Eruptionen an den Schamlippen und im Munde 
und machte eine gründliche Allgemeiner durch. Bisher ist sie noch 
nicht schwanger gewesen. Nach der Heirath bekam Patient einen „Car- 
bunkel“, der incidirt wurde, und bald darauf ein „Rachengeschwür“, 
welches der Arzt mit dem Finger ausdrückte, wobei viel Eiter heraus¬ 
kam. Im allgemeinen fühlt er sich jetzt wohl; nur klagt er über heftige 
Kopfschmerzen im späteren Verlaufe des Nachmittags und schwitzt sehr 
stark. Zum Militär war er wegen Genu valgum nicht gekommen. 

Die Untersuchung ergab, dass der anämisch aussehende, sonst aber 
kräftig gebaute Mann in der rechten Leistengegend einen stark promi- 
nirenden Tumor von ca. 10 cm Länge aufwbcs. Die Haut über demselben 
war etwas geröthet, wahrscheinlich vom früheren Massiren, und nicht 
verschieblich. Einzelne Drüsen konnte man nicht durchfühlen. Die Con¬ 
sistenz der Gesehwmlst war derb elastisch; Fluctuation war nicht vor¬ 
handen. Schmerzen bestanden nur an einer umschriebenen Stelle in der 
Mitte (wahrscheinlich dort, wo der Balken angestossen hatte). Das Gehen 
machte keine Beschwerden. Am Dorsum penis w r ar ooch deutlich die 
Narbe des Ulcus zu sehen. Auf der linken Körperseite waren zwei 
haselnussgrosse Inguinaldrüsen und auch eine sehr deutliche Cubitaldrüse 
zu fühlen. Am Anus bemerkte man ein Condyloma latum. Ueber der 
rechten Lungenspitze hörte man verschärftes Exspirium; der zweite Pul¬ 
monalton war etwas klappend. Die anderen inneren Organe waren 
normal. 

Auch hier wurde die Diagnose auf einen Bubo gummosus gestellt 
und innerlich Jodkalium, lokal Quecksilberpflastermull verordnet. Schon 
am 10. Juni nach Gebrauch von 8,0 Jodkali war die Geschwulst merklich 
kleiner und fühlte sich weicher an. Die Schmerzen waren ganz ge¬ 
schwunden. 

Dass gummöse Lymphome bisher für ein sehr seltenes Er¬ 
eigniss galten — Gold 1 ) sah unter 583 Fällen von tertiärer Lues 
nur einen Bubo gummosus — muss überraßchen, w.enn man bedenkt, 
in welch’ innigem Zusammenhänge das Lymphgefässsystem mit 
den verschiedenen Phasen der Syphilis steht. Indess lässt sich 
die geringe Beachtung, die man den gummösen Affectionen der 
Lymphdrüsen schenkte, aus gewissen Umständen erklären, deren 
Kenntnis« deshalb wichtig ist, weil sie gegen die Existenz dieser 
Krankheit angeführt werden können. Zunächst ist es der lange 
Zeitraum, der manchmal zwischen diesen Erscheinungen und dem 
Primäraffecte liegt, ein Zeitraum, der sich biß zu 30 Jahren er¬ 
strecken kann und keine anderen speciflsehen Eruptionen aufzuw’eisen 
braucht. Von unseren Fällen bietet der zweite diese Eigenthüm- 

\l Wien. med. Presse 1893, No. 2. 


No. 4 7 | 

lichkeit dar. Ferner ist zu betonen, dass auf die Anamnese oft t 

allzugrosses Gewicht gelegt wird. Gewiss trifft der alte Satz ! 

„quivis syphiliticus est inendax“ sehr oft zu, daneben befinden sielt ,! 

aber in einer grossen Reihe von Fällen die Kranken in der That ! 

in Unwissenheit über die Natur ihres Primäraffectes. Die Angaben j 

solcher Leute, sie hätten einen w f eichen Schanker oder einen Tripper ' 

gehabt (wie in unserem dritten Falle), können nur den Werth be- | 

anspruchen, den Arzt auf die Möglichkeit einer syphilitischen In- 
fection aufmerksam zu machen. Drittens findet man zuweüen auch 
die Ansicht, die z. B. Thayssen 1 ) vertritt, dass die Lymphdrüsen 1 
durch die Mitleidenschaft im sogenannten secundären Stadium im- ' 
mun gegen neue Attacken des Virus werden. Demgegenüber lehrt 
aber die klinische Erfahrung, dass z. B. an der Haut Gummata j 
gerade an den Stellen mit Vorliebe auftreten, wo vorher eine syphi¬ 
litische Efflorescenz ihren Sitz hatte. Schliesslich muss noch als 
wesentliches Moment angeführt werden, dass, wie schon Virchow 2 ) 
bemerkte, die Vorgänge bei den indolenten Bubonen (also in der 
sogenannten zweiten Periode) die grösste Aehnliehkeit mit den 
Gummositäten anderer Theile darbieten. Somit könnte die besondere 
Aufstellung von Gummata der Lymphdrüsen überflüssig erscheinen. 

Hier ist aber zu betonen, dass bei der Diagnose der gummösen 
Lymphome die mikroskopische Untersuchung nur eine geringfügige 
Rolle spielt : kann sie ja nicht einmal genau zeigen, ob man syphi¬ 
litische, leukämische, typhöse oder andere Drüsenschwellungen vor 
sich habe, da eben alle diese auf Hyperplasie der Lymphzellen be¬ 
ruhen (Virchow r ). 

Wir sind daher auf die klinische Beobachtung angewiesen, 
und diese lehrt, dass gewisse syphilitische Bubonen durch die späte 
Zeit ihrer Entstehung und ihr charakteristisches Verhalten als be¬ 
sondere Erkrankung von den secundären Drüsenschw r ellungen ge¬ 
schieden werden können. 

Durch diese Ausführungen erklärt es sich w T ohl, w r arum Gum¬ 
mata der Lymphdrüsen so seiten beobachtet worden sind. Lust¬ 
garten 3 ) hat Recht, w r enn er sagt, dass wohl viel mehr Fälle 
diagnosticirt würden, wenn nur an die Möglichkeit ihres Vor¬ 
kommens gedacht würde. Für alle zweifelhaften Fälle gelte der 
alte Satz: In dubiis suppone luem. 

Die erste genauere und kritische Beschreibung der „subeu- 
tanen Drüsenerkrankungen im Spätstadium der Lues“ rührt von 
Lustgarten her. Schon vorher war allerdings, namentlich von 
französischer Seite, eine Anzahl hierher gehöriger Fälle richtig er¬ 
kannt und beschrieben w r orden, und Laneereaux 4 ) hatte die 
analogen Veränderungen der Drüsen im Körperinnem geschildert. 

Gummöse Lymphome erscheinen im Spätstadium der Syphilis, 
zuweilen erst lange Zeit nach dem Primäraffect, und sind manch¬ 
mal die einzigen Manifestationen der Krankheit, wie z. B. in dem 
zuerst beschriebenen Falle. Sie können alle Lymphdrüsen des 
menschlichen Körpers befallen, bevorzugen aber die Inguinaldrüsen 
und diejenigen der Halsgegend, besonders die Glandulae submaxillares. 
Interessant ist die Thatsache, dass sie öfters an dem Locus minoris 
resistentiae, also im Anschluss an Traumen oder andere Schäd¬ 
lichkeiten entstehen; der zuletzt von uns beobachtete Kranke ist 
ein schönes Paradigma hierzu. Gewöhnlich betrifft die Gunum- 
bildung ganze Drüsenpackete, im Unterschiede zum sogenannten 
Bubo rheumaticus, der gewöhnlich nur eine Drüse befällt. Die 
meist wallnussgrossen Tumoren haben eine derb elastische bis 
harte Consistenz, obw T ohl auch weiche mitunter Vorkommen, oie 
zeichnen sich aus durch sehr langsames Wachsthum und sind ge- i 
wöhnlich weder spontan noch auf Druck schmerzhaft. Die Haut 
über ihnen zeigt im Anfang meist keine Veränderungen und lässt 
sich von ihnen abheben; auch mit der Unterlage sind sie Eich 
verwachsen. Dieses Stadium, das mikroskopisch durch die Hyp er ' 
plasie der zelligen Elemente charakterisirt ist, kann monatelang 
ohne weitere Veränderungen bestehen. Alle drei von uns be¬ 
schriebenen Fälle sind über dasselbe nicht hinausgekommen, a 
auf Grund einer rechtzeitigen Diagnose die Therapie erfolgreich 
einschreiten konnte. 

Die Wirkung der letzteren besteht darin, dass die Gummata 
fettig atrophiren und dann zur Resorption kommen. Bleiben sie 
sich aber selbst überlassen, so bilden sie sich entweder in uen 
allerseltensten Fällen spontan zurück (bei unserem zw eiten Kranken 
geschah das anfangs theilweise), oder gewöhnlich verwachsen ^ 
Drüsen fest mit der Nachbarschaft, so dass eine Ausschälung a^ 
unmöglich wrird. Es kommt dann zu einer centralen Einschmelzunj?. 
so dass ein Gefühl der Fluctuation erzeugt wird. 
wird dann die Haut in Mitleidenschaft gezogen; sie verfärbt 


*) Inaug.-Dissert. Kiel 1872. 

2 ) Die krankhaften Geschwülste II, 20. Vorles. 
b Wien. mod. Presse 1890, No. 26—28. 

A ) Trnitä de la Syphilis, II. Aufl., S. 289 ff. Paris 18<3. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


891 


ty. bl ^ lmde ’ . w ^ d lmmer dünner, und schliesslich kommt 
faM Durchbruch, indem ein charakteristisches Geschwür ent- 
J!?® M m Slch . 1 eil !T gjynmiartige, mit Gewebsbruchsfcücken 
vermischte Masse entleert. Mikroskopisch erklärt sich das durch 

4sigen n DetrRus Kei1 Elemente Und Büdun «? «tructurlosen 

«vnHmLS® « te i r ^ ichti - keit , ist di ® Prompte Reaction auf anti- 
syphilitische Behandlung: auf wenige Flaschen Jodkaliuni oder 
nach einer combmirten Behandlung verkleinern sich die Tumoren 
überraschend schnell; „coinme par enchantement“, „zauberhaft“ 
nennt es em französischer Autor. Diese Diagnose ex juvantilms 
ist um so werthvoller, weil sonst die Differentialdiagnose auf grosse 
Schwierigkeiten stosst. Wie schon erwähnt , ist ja das mikrosko¬ 
pische Aussehen vieler Drüsentumoren das gleiche; selbst gewisse 
Sarkome haben ähnliche histologische Structur. Aber auch die 
klinische Beobachtung ist nicht immer über jeden Zweifel erhaben 
Im al gemeinen kann man sagen, dass Infectionskrankheiten, wie 
Scharlach, Typhus, Milzbrand durch die Anamnese auszuschliessen 
sind. Bei Verdacht auf Tuberkulose ist es nöthig, die Lungen 
genau zu untersuchen, das Alter zu berücksichtigen und nach 
anderen „scrophulösen“ Erscheinungen zu forschen. Maligne Neu¬ 
bildungen unterscheiden sich meist durch ihre Schmerzhaftigkeit 
Sarkome insbesondere durch ihr rasches Wachsthum Bei Carci- 
nomen die nur sehr selten primär in Lymphdrüsen entstehen, ist 
auf Metastasen zu fahnden. Die leukämischen Tumoren sind 
durch Blutuntersuchung nachzuweisen; die sogenannten pseudo¬ 
leukämischen Drüsenschwellungen oder maligne Lymphome haben 
geringere Neigung zum Zerfall und befallen gewöhnlich fast alle 
Lymphdrüsen des Körpers inclusive der Milz, während die gum¬ 
mösen Bubonen nur in einer oder wenigen Regionen lokalisirt 
sind. 


Die wachsartige Verfärbung der Haut, von der Lustgarten 
spricht, war nur in einem der oben angeführten Fälle vorhanden. 
Theoretisch hat schon Virchow die syphilitische Chloro-Anämio 
aus den Störungen in der Oekonomie der Lymphdrüsen abgeleitet: 
aber bei den Affectionen so vereinzelter Gruppen und in so frühen 
Stadien braucht sie wohl nicht nothwendig einzutreten. 

.. -p 1 ® einschlägige Literatur hat zuerst Lustgarten zusammengestellt. 

Als theilweise Ergänzung der dort angeführten Arbeiten sei zunächst die 
Inauguraldissertation vonThayssen angeführt, in der ein „ausserordent¬ 
lich seltener Fall von tertiärem Lymphom“ des Halses und der Brust be¬ 
schrieben wird. Auch Bier 1 ) erwähnt nebenbei einen solchen. Was 
Auspitz 3 ) unter „specifischen infectiösen Bubonen“ versteht, sind nichts 
anderes wie gummöse Lymphome. Interessant ist auch die Bemerkung 
Billroth’s, 3 ) dass 3 Fälle von Geschwülsten der Cervicaldrüsen, deren 
Natur unbekannt blieb, durch innerliche Gaben von Jodkalium geheilt 
resp. gebessert wurden. Wahrscheinlich handelte es sich auch hier um 
Gummata der Drüsen. Auch Büumler 4 ) giebt die Möglichkeit tertiärer 
Lymphdrüsenerkrankungen zu; ebenso beschreibt Lang*) dieselben kurz. 
Nach der Publication von Lustgarten erschienen bald weitere Arbeiten, 
dlG *R? ine Abführungen bestätigten. Busch, 6 ) Montgomery, 7 ) Ca- 
rusi 8 ), Gold 9 ), beschrieben hierher gehörige Fälle. Von Lehrbüchern 
sind die von Kaposi 10 ), Joseph“), Bireh-Hirschfeld 12 ), Ziegler 13 ), 
Mauriac“) zu erwähnen, während selbst grössere chirurgische Hand¬ 
bücher wie die von König und Bardeleben so gut wie nichts über 
diesen wichtigen Gegenstand enthalten. 

Wir hoffen durch diese kleine Mittheilung die Aufmerksamkeit 
weiterer ärztlicher Kreise wieder einmal auf dieses etwas vernach¬ 
lässigte Gebiet der Syphilidologie gelenkt zu haben. Man achte 
mehr als bisher auf das Vorhandensein gummöser Lymphome, 
und man wird hier durch eine spezifische Therapie oft glänzende 
Erfolge erzielen. 

Zum Schlüsse sage ich Herrn Dr. Joseph, der mich zu dieser 
Arbeit anregte und in liebenswürdigster Weise dabei unterstützte, 
meinen verbindlichsten Dank. 


') Inaug.-Dissert. Kiel 1888. 

*) Die 1 Bubonen d. Leistengegend. Arch. f. Dermatol, u. Svph. 1873. 
7 Arch. f. klin. Chirurg. Bd. X. 

4 ) Ziemssen, Handb. d. spec. Path. u. Therap. Bd. III. 

5 ) Pathol. u. Therap. d. Syphilis. Wiesbaden 1884—86. 

6 ) Wien. med. Pr. 1891. 

7 ) Paeif. medic. joum. Febr. 1891; refer. in Viertcljahrsschr. f. 
Dermatol, u. Syph. 1892. 

8 ) Ref. im Joum. des malad, cutan. et v6ner. 1892, Bd. IV, S. 33. 

*) Wien. med. Presse 1893. 

I0 ) Pathol. u. Therap. d. Syph.; deutsche Chirurg. Bd. XI. 
u ) Lehrb. d. Haut- u. Geschlechtskrankh. Bd. II. Leipzig 1894. 

13 ) Lehrb. d. pathol. Anat. Leipzig. 

,3 ) Lehrb. d. pathol. Anat. Jena. 

14 ) Syph. tertiaire et hereditaire. Paris 1893. 


V. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig. 

Ueber ein bacterienfeindliches Verhalten der 
Scheidensecrete Nichtschwangerer. 

Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik. 

(Fortsetzung aus No. 46.) 

Ich habe nun zunächst das Studium der gewöhnlichen Bao- 
terienflora der Scheide nichtgeschwängerter Frauen verlassen, um 
ausschliesslich durch die oben schon erwähnten Uebertragungsver- 
suchc von pyogenen Mikrococeen in das Scheidensecret eine Aus¬ 
kunft über die Selbstreinigungstendenz der Scheide gerade diesen 
Infectionserregern gegenüber zu bekommen. Zu diesen Uebertra- 
gungsversuchen wurden von den oben erwähnten 50 Laparotomirten 
85 Frauen zu im ganzen 80 einzelnen, durchgeführten Versuchen 
benutzt. Ich übertrug, um das Scheidensecret zunächst in seiner 
Coneentration und in seinen Reactionsverliältnissen möglicht wenig 
zu ändern, die Bacterien ohne Nährboden in die Scheide, indem ich 
dieselben mit einem sterilen Glasstabe von der Oberfläche einer 
Plattencultur abstreifte, sie in die Scheidenwäude einrieb und mit 
dem Glasstabe in der ganzen Scheide vertheilte. In der ersten 
Zeit übertrug ich eine Mikrobenart, welche facultativ aörob die¬ 
selben Wachsthumsbedlngungen ausserhalb des Körpers stellt wie 
der Staphylococcus pyognes aureus und der Streptococcus pyognes, 
für den Menschen jedoch nur in extrem seltenen Fällen sich als 
pathogen erwiesen hat, den Bacillus pyocyaneus, der deshalb ganz 
besonders bequem erschien, weil er durch die Production seines 
Farbstoffes auf der Platte sofort in die Augen fällt. Als ich sah, 
dass die grössten Massen eingetragener Pyoeyaneusbacillen in 
jedem Falle nach längerer oder kürzerer Zeit wieder aus der 
Scheide verschwanden, ging ich zu Versuchen mit dem Staphylo¬ 
coccus pyogenes aureus und mit dem Streptococcus pyogenes über. 
Im ganzen habe ich auf diese Weise 23 mal den Bacillus pyo¬ 
cyaneus, 30mal den Staphylococcus pyogenes aureus und 
27 mal den Streptococcus pyogenes in die Scheide eingetragen. 
Ein Versuch wurde auch noch mit den Sporen eines Kartoffel¬ 
bacillus ausgeführt, die alle Keime an Resistenz überboten, die uns 
sonst zu Gebote standen. Die Staphyloeoccen hatte ich frisch aus 
einer acut vereiterten Brustdrüse rein gewonnen, die Streptococcen 
stammten aus den Lochien von Wöchnerinnen mit Puerperalfieber 
und aus dem eitrigen Exsudat einer an acuter Peritonitis ver¬ 
storbenen Patientin, aus deren Bauchhökleninhalt ich unmittelbar 
post mortem Culturen anlegte. Der Virulenzgrad der verwendeten 
Bacterien und ihre Lebensfrische Hessen also kaum etwas zu 
wünschen übrig. Dasselbe kann ich von dem Bacillus pyocyaneus 
sagen, den ich aus grünem Eiter selbst frisch cultivirte. 

Die Uebertragung dieser Bacterien wurde nun selbstverständ¬ 
lich in alle Scheiden ohne Auswahl, ohne Rücksicht auf die Secrct- 
reaction vorgenommen, und das Resultat lautet, dass nicht ein 
Fall zu verzeichnen ist, in dem nicht die Scheide sich 
in kürzerer oder längerer Zeit von den eingetragenen 
Bacterienmassen wieder befreit hätte. Das ausgespro¬ 
chen alkalische Secret tödtete genau mit derselben 
Sicherheit die drei Mikrobenarten, wie das amphotere 
und wie das sauere. Die Zeit, welche für die Selbstreinigung 
des Scheidengrundes nothwendig war, schwankte zwischen 27-2 und 
70 Stunden, wenn ich von einem Falle absehe, bei dem in Folge 
einer kleinen Verletzung der Scheidenschleimhaut eine acute Va- 
ginitis im Anschluss an die Staphylococeenübertragung aufgetreten 
war, die noch nicht völlig abgeheilt war, als ich die Frau aus der 
Anstalt entlassen musste. 14 Tage nach ihrer Entlassung stellte 
sie sich mir mit staphylococcenfreier Scheide wieder vor. 

Am Introitus vaginae können sich nach meinen Beobachtungen 
die Bacterien viel länger halten als im Scheidengrund. Im all¬ 
gemeinen ist die Zeitdifferenz jedoch keine grosse. Dass Doeder¬ 
lein bei seinem Experimente noch einige Tage nach der Ueber¬ 
tragung aus der Scheide fortgesetzt vereinzelt Staphylocoecen- 
colonieen auf der Platte wachsen sah, möchte ich darauf zurück¬ 
führen, dass die Staphyloeoccen am Introitus noch nicht abgetödtet 
waren und dass sie bei der Entnahme mit dem Speculum erst 
vom Introitus in die Scheide mit hinaufgeschleppt wurden. 

Der Bacillus pyocyaneus wurde im Scheidengrund durchschnitt¬ 
lich in 21 Stunden, der Staphylococcus pyogenes aureus durchschnitt¬ 
lich in 26 Stunden, der Streptococcus pyogenes durchschnittlich 
in 22 Stunden abgetödtet. Ganz besonders hervorzuheben ist, dass 
die alkalischen Secrete zur Selbstreinigung von den drei Mikroben¬ 
arten im allgemeinen nicht längere Zeit gebrauchten, wie die 
sauren. In den von mir angestellten 27 Versuchen mit Strepto¬ 
coccenübertragung gelang es sogar den alkalisch reagirenden Se- 
cretcn, die Reinigung in durchschnittlich 18 Stunden durchzu¬ 
führen, während die Gesammtdurchsclinittsdauer für die Abtödtung 


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S!>2 

der Streptococcen im Scheidonsecret 22 Stunden d. h. 4 Stunden 
mehr betrug:. 

Aus diesen Versuchsergebnissen wird nun Jeder zunächst den 
Schluss ziehen, dass die Scheide der Nichtgeschwängerten ganz 
generell, auch wenn sie ein alkalisch reagirendes Secret birgt, eine 
beträchtliche antimykotische Wirkung gegen Bacterien entfaltet, 
welche aörob nur auf alkalischen Nährböden zu wachsen imstande 
sind. Ich komme hier zu demselben Schlüsse, den ich schon aus 
den Plattenbefunden vor den Uebertragungsversuchen gezogen hatte. 

Und doch musste mir der eine Fall, in welchem Streptococcen 
in dem Scheidengrunde als dauernde Bewohner gefunden wurden, 
sagen, dass unter bestimmten Bedingungen dennoch die Aufzucht 
von pyogenen Keimen in der Scheide der Nichtschwangeren mög¬ 
lich sei. Um diese Bedingungen kennen zu lernen, versuchte ich 
zunächst festzustellen, welche Factoren im Scheidensecret über¬ 
haupt die bacterienfeindliche Wirkung gegen die pyogenen Infec- 
tionserreger ausmachen. Hierzu war es nöthig, den Vorgang der 
Selbstreinigung in seinen einzelnen Phasen zu verfolgen. 

In jedem Falle wurden unmittelbar vor und nach der Ueber- 
tragung der Bacterien in die Scheide Secretmassen mit dem 
Scheidenlöflfel entnommen, mikroskopische Präparate angefertigt, 
mit einer sich annähernd gleichbleibenden Menge des Secretes 
Agarplatten beschickt und festgestellt, welche Art von Mikroben 
und in welcher Menge dieselben auskeimten. Während die vor 
der Uebertragung gegossenen Scheidengrundplatten meist steril 
blieben, wuchsen auf den sofort nach der Uebertragung angefer¬ 
tigten Grundplatten stets zahllose Colonieen der eingetragenen 
Bacterienspecies. In bestimmten Zeitabschnitten, die ich verschie¬ 
den lang gestaltete, wurden dann sowohl vom Scheideneingang als 
auch vom Scheidengrund Secretmassen entnommen, jedesmal je zwei 
Agarplatten mit einer gleichen Menge dieses Secretes beschickt, 
ausserdem Objectträgerpräparate angefertigt und in jedem Falle 
der Entnahme auch die Reaction der Seerete geprüft. 

Von den verschiedenen Platten konnte man nun ablesen, dass 
die Vernichtung der eingeführten Bacterien gewöhnlich sofort be¬ 
ginnt und gleichmässig fort schreitet, bis alle Aussenkeime zu¬ 
grunde gegangen sind und bis man schliesslich wieder sterile 
Scheidengrundplatten vor sich hat, während die Introitusplatten 
entweder noch längere Zeit einzelne Colonieen der eingeführten 
Bacterienspecies zwischen anderen vor der Uebertragung schon 
ausgekeimt gewesenen Colonieen oder auch nur die letzteren auf¬ 
weisen. 

Die Reaction der Secrete blieb im allgemeinen bei diesen Un¬ 
tersuchungen ziomlich constant. Nur in wenigen Fällen kam ein 
Wechsel der Secretreaetion vor, und zwar wurde aus einem 
schwach alkalischen Secret wohl einmal ein schwach saures und 
umgekehrt. 

In mehreren Fällen, besonders in solchen, welche schon vor 
der Uebertragung ein ziemlich leukocytenreiches Secret gezeigt 
hatten, schien nach der Baeterienübertragung die Secretmenge sich 
etwas zu vermehren. 

Die zu gleicher Zeit angefertigten mikroskopischen Präparate 
boten ein sehr abwechslungsreiches Bild dar. Entweder sah man 
nach der Uebertragung der Bacterien in das Secret die Aenderung 
des Bildes darauf beschränkt, dass die eingeführten Keime in mehr 
oder minder grosser Zahl sichtbar wurden und allmählich wieder 
verschwanden, oder es nahmen zugleich im Anfänge der Beobach¬ 
tung die ursprünglichen bacteriellen Scheidenbewohner an Zahl 
ab, um mit dem Verschwinden der eingetragenen Bacterienmassen 
wieder sich zu mehren. Oder es trat ausser dieser Veränderung der 
bacteriellen Verhältnisse im Bilde auch eine sehr augenfällige 
Aenderung in den zelligen Bestandteilen der Secrete auf. So 
sah ich in einer grösseren Anzahl von Fällen eine sehr beträcht¬ 
liche Vermehrung der Leukocyten auftreten. Auch Secrete, die 
vor der Uebertragung Leukocyten kaum gezeigt hatten, Hessen 
eine starke Leukocytoso einige Zeit nach der Uebertragung er¬ 
kennen. Mit dem Verschwinden der eingetragenen Keime aus den 
Präparaten machte auch die Leukocytose den ursprünglichen Se- 
cretverhältnissen wieder Platz. 

In der Zahl der Epithelien sah man dagegen nur kleine, un¬ 
regelmässige Schwankungen. 

Es liegt nahe, daran zu denken, dass man es hier mit einer 
chemotaktischen Wirkung der Bacterien zu thun habe, die nach 
Büchner so zu erklären sein würde, dass die eingeführten Bac- 
terien, in ihrer Vitalität durch irgend ein Agens geschädigt, be¬ 
ginnen Proteinsubstanzen auszuscheiden, welche die Leukocyten 
herbeilocken. Mit der Leukocytose ging häufiger Hand in Hand 
eme deutliche Phagocytose, die in einzelnen Fällen so verlief, dass 
man ausschliesslich die eingetragenen Bacterien in den Leib der 
Leukocyten aufgenommen sah, während in anderen Fällen ausser¬ 
dem oder auch ausschliesslich Bacterien in dem Leib der Zellen 
lagen, die schon vor der Uebertragung im Scheidensecrete extra- 


No. 47 


cellulär gefunden worden waren. Im ersteren Falle hat.man daran 
zu denken, dass ausschliesslich die eingeführten Bacterien, zur Aus¬ 
scheidung von Proteinen veranlasst, die Chemotaxis und die Pha¬ 
gocytose bewirkten, im zweiten Falle daran, dass die durch die 
eingeführten Bacterien und deren Stoffwechselproducte geschädigten 
ursprünglichen Scheidenbewohner denselben Vorgang veranlassen. 

Die ganze Frage der Phagocytose und ihre Bedeutung für die 
Immunitätslehre ist bekanntlich noch heiss umstritten, und es ist 
nicht meine Absicht, die Leukocyten als keimtödtenden Factor des 
Scheidensecretes in den Vordergrund zu stellen. 

Ich wollte nur die diesbezüglichen Beobachtungen, die sich mir 
im Scheidensecrete darboten, nicht ganz unerwähnt lassen, da sie 
zuweilen in sehr prägnanter Weise sich zeigten. Ob die Phagocv- 
tose üherhaupt eine active Rolle bei der bactericiden Thätigkcit 
des Scheidensecretes spielt, müssen ausgedehntere Gefrierversuche 
lehren, bei denen die Leukocyten gelähmt, die übrigen bacterien- 
feindlichen Factoren des Scheidensecretes aber nicht zerstört werden. 
Sicher können nicht in allen Fällen die Phagocyten als Hülfs- 
truppen in dem Kampf der Scheide gegen die pyogenen Mikro- 
coccen in Frage kommen, da viele Secrete während des ganzen 
Versuches Leukocyten überhaupt nicht enthielten und weil der¬ 
artige leukocytenfreie oder -arme Scheidensecrete auch ausserhalb 
des Körpers, unter Bedingungen, welche ein Eingreifen der Zellen 
ausschliessen, die Abtödtung der eingetragenen Bacterien iu der¬ 
selben Zeit bewirkten, wie in der Scheide selbst. 

Allen obligat aeroben Bacterien ist der ständige Aufenthalt 
im Scheidengrund nach Versuchen von Kroenig und X)oederlein 
unmöglich. Durch den Sauerstoffmangel in der Scheide ist dem¬ 
nach schon dafür gesorgt, dass nur obligat anaörobe und facultativ 
aörobe Mikroben in ihrem Secrete vegetiren können. Zu den letz¬ 
teren gehören fast alle pathogenen Bacterien, auch die von mir zu 
den Versuchen verwendeten. Es kann also nicht in dem Sauer¬ 
stoffmangel der Scheide die Selbstreinigung des Scheidensecretes 
direkt begründet sein. 

Es scheint jedoch das gleichmässige, allmähliche Verschwinden 
der eingetragenen Bacterien auf ein anderes, chemisch wirkendes 
Agens hinzudeuten, und da kommt zunächst in Frage die Säure 
des Secretes, der Docderlein allein die keimtödtende Kraft vindicirt. 

Es ist ein grosses Verdienst Doederlein’s, zuerst die Auf¬ 
merksamkeit auf die Bedeutung des Chemismus des Scfieiden- 
sceretes für das Freisein desselben von pyogenen Mikrococcen hin- 
gelenkt zu haben. Doch hat er, wie ich weiterhin zeigen werde, 
die Säurewirkung bedeutend überschätzt. Aus meinen mitgetheilten 
Versuchen, die zum Theil in Scheiden mit alkalischem Secrete an¬ 
gestellt sind, geht schon allein hervor, dass nicht die Säure aus¬ 
schliesslich die Selbstreinigung der Scheide besorgen kann. 

Docderlein hat festgestellt, dass in dem sogenannten nor¬ 
malen Scheidensecret der Schwangeren Milchsäure enthalten ist. 
die er als ausschliesslich durch die von ihm beschriebenen Scheiden¬ 
bacillen erzeugt ansieht. Obwohl nichts sicheres darüber bekannt 
ist, dass auch in dem sogenannten pathologischen, schwach sauren 
Scheidensecrete der Schwangeren und in dem sauer reagirendeii 
Scheidensecrete nicht geschwängerter Personen, in denen die 
Doederlein’schen Scheidenbacillen fehlen, gerade Milchsäure ver¬ 
kommt, habe ich doch vorläufig bei den folgenden Versuchen an 
dieser Säureart festgehalten. 

Desinfeetionsversuche mit Milchsäure, in destillirtem 
gelöst, ergaben, dass 2 %ige Lösungen in etwa 8 Stunden. 1 /o'r' 
Lösungen in etwa 6 Stunden Staphylococcen zu vernichten ver¬ 
mögen. Da bekanntlich destillirtes Wasser schon allein ung“ us l ' r 
auf Bacterien einwirkt und da im Scheidensecrete die Milchsäure 
nicht in Wasser allein, sondern in einer oiweiss- und salzhaltigen 
Flüssigkeit gelöst ist, änderte ich die Desinfeetionsversuche daiui. 
dass ich mir 1 °/oige und V2°/oig e Milchsäurelösungen herste • 
welche entweder Pepton und Kochsalz oder neutralisirte Ky s0 
flüssigkeit enthielten, so dass Verhältnisse geschaffen waren* < 
etwa denen in der Scheide der schwangeren und der liichtscliw’ 
geren Frau entsprachen. In solchen Lösungen war die keimt» 
Kraft der Milchsäure den Staphylococcen gegenüber beträc 
vermindert. In 1 /2°/oigcn Lösungen lebten die Staphyloco 
noch nach 24 Stunden. Schliesslich starben die Mikrobien au° j 
diesen Lösungen. Es scheint nach diesen Versuchen, die 1C . ' 

her in nur geringer Zahl ausgeführt habe und die noch zu wi <• 
holen sind, der Säuregrad des Scheidensecrets eine beachtend 
Rolle bei der Selbstreinigung der Scheide mit saurem kecre 
spielen. Doch beweist die prompte Selbstreinigung der alka * ■ ^ 
Scheidensecrete, dass andere mächtige Factoren in früheier 
zu nennen sind als die Säure. Maassanalytische Bestunm e 
über den Säuregehalt der Scheidensecrete nichtechwangerer 
habe ich bisher nicht angestellt. Allein der einfache > e ß ^ 
der Farben Veränderungen, die das blaue Lakmuspapier durc 
Aufträgen von Scheidensecret und von ! /i °/o4> 01 ’ Milchsänr« < * 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


893 


erfährt, demonstrirt mit Sicherheit den weitaus geringeren 
Säuregehalt des Seheidensecretes nichtschwangerer Personen. Be¬ 
sonders augenfällig wird dieser Unterschied, wenn man zunächst 
die Reaction des Secretes einer Scheide prüft, dann die letztere 
mit 1 / 4 %igei‘ Milchsäurelösung spült und nun wieder prüft. Da¬ 
bei zeigen sich durchschnittlich gehörige Reaetionsuuterschiede. 

Für die Entscheidung, welche Factoren im Scheidensecrete den 
Hauptantheil an der Selbstreinigungskraft beanspruchen dürfen, 
sind wohl folgende Versuche von besonderer Wichtigkeit gewesen. 

Entnimmt man der Scheide einer nichtschwangeren Frau mög¬ 
lichst viel saueres Secret und vertheilt dasselbe in zwei sterile 
Gläschen, bringt das eine der Gläschen 1 /-2 Stunde lang in strö¬ 
menden Dampf und verimpft dann in beide Secrethälften ungefähr 
gleiche Staphylococccnmengen, so sieht man, dass das Secret, 
welches nicht im Dampfe sterilisirt wurde, die Abtödtung der ein¬ 
getragenen Keime in derselben Zeit vollendet, in der die Mikrobien 
in der Scheide seihst vernichtet werden. Das sterilisirte Secret 
dagegen hat viel von seiner keimtödtenden Wirkung verloren, 
(1. h. die Staphylocoecen werden trotz fortbestehender saurer Re- 
action erst nach langer Zeit vernichtet; in einzelnen Fällen hatte 
sogar das Secret seine bactericide Eigenschaft völlig eingebüsst. 

Vertheilt man wiederum in zwei sterile Gläschen saures Secret 
aus derselben Scheide, alkalisirt dasselbe in dem einen Gläschen künst¬ 
lich durch Zusatz von steriler Sodalösung und setzt zu dem Secrete 
des anderen Behälters so viele Tropfen sterilisirten Wassers, wie 
von der Sodalösung nöthig waren, um das Secret in dem ersten 
Gläschen zu alkalisiren, so sieht man in der alkalisirteu Scbeiden- 
absonderung, wenn die nun erfolgende Staphylococcenaussaat nicht 
zu gross ist, dennoch den Tod der eingetragenen Bacterien aller¬ 
dings verzögert ein treten; in dem zweiten Gläschen ist dagegen 
die Vernichtung derselben in ungefähr der gleichen Zeit durch¬ 
geführt, wie in der Scheide selbst. Sterilisirt man das künstlich 
alkalisirte Secret noch obendrein, so wird dasselbe für eingetragene 
Staphylocoecen zum Nährboden. Von Hause aus alkalisches 
Seheidensecret wirkt ausserhalb des Körpers ebenso schnell deletär 
auf eingetragene Bacterien, wie in der Scheide selbst. Es unter¬ 
scheidet sich also wesentlich von dem künstlich alkalisirten, das 
ursprünglich sauer reagirte. Durch Sterilisation wird es dagegen 
gleichfalls zum Nährboden für eingetragene pyogene Coccen. Spü¬ 
lungen der Scheide mit Alkalien vor der Bacterientibertragung 
setzen ihre Selbstreinigungskraft herab. Spülungen mit antisep¬ 
tischen Lösungen und mit reinem Wasser thun dasselbe. Man 
kann diese Verminderung der Selbstreinigungskraft der Scheide 
sowohl bei sauerem als auch bei alkalischem Secrete beobachten. 
Während der Menstruation ist gleichfalls das Selbstreinigungsver¬ 
mögen der Scheide nach zwei angestellten Experimenten herab¬ 
gesetzt. 

Aus allen diesen Versuchen geht so viel hervor, dass die 
Säure einen wahrnehmbaren bacterienfeindlichen Einfluss hat, dass 
aber neben ihr Factoren wirken, v r elche durch eine Verdünnung 
des Seheidensecretes geschwächt und durch die Siedehitze zerstört 
werden. Wie mächtig diese Factoren sind, zeigt ein Versuch mit 
üusserst resistenten Sporen, denen die schwache Säure gewiss nichts 
auhaben kann, die aber dennoch im sauren Secrete in einer Zeit 
vertilgt werden, die ihnen nicht Gelegenheit gab, zu der weniger 
widerstandsfähigen, vegetativen Form auszukeimen. 

(Schluss folgt.) 

VI. Ueber den Werth der Urethroskopie fiir 
die Diagnose und Therapie der chronischen 
Gonorrhoe. 

Entgegnung auf den von Heim Dr. Wossidlo in No. 45 d©r 
Deutschen med. Wochenschrift veröffentlichten Aufsatz. 
Von Dr. Leopold Casper, 

Privatdocenten an der Universität Berlin. 

In seiner in der Ueberschrift genannten Arbeit versucht Herr 
Dr. Wossidlo die Einwände, die ich gegen das Oberländer sehe 
Urethroskop und dessen urethroskopische Lehre erhoben habe, zu wider¬ 
legen und hofft, durch seine „Erörterungen die Lösung der Frage um einen 
Schritt zu fördern“. Versuch und Hoffnung sind gescheitert, und so muss 
ich, so ungern ich es thue, zu dieser Frage nochmals das V ort nehmen, 
einmal um einige Unrichtigkeiten in den Ausführungen des Herrn 
Dr. Wossidlo zu rectificiren, sodann um mich gegen die Aussprache, 
„ich hätte Oberländer etwas untergeschoben“, ganz energisch zu 
verwahren. Ich kann die Aeusserung jemandes missverstehen, aber unter¬ 
schieben thue ich niemandem etwas, und ich setze die gleiche Denkweise 
bei Herrn Dr. Wossidlo voraus, sonst hätte ich mir eme Antwort er¬ 
spart. Und nun zur Sache! _ , 

1. Ich habe es für bedenklich erklärt, „aus dem Grade des Glanzes 
und der Farbennuancirung in der Harnröhre Schlüsse zu ziehen , weil 
Farbe und Glanz bei den einzelnen Individuen zu verschiedenen Zeiten 
verschieden sind, weil durch den bei Einführung des starren urethro- 


skopischen Tubus entstehenden Druck Farbe und Glanz der Schleimhaut 
so verändert werden, dass künstliche Hyperämieen, Anämieen entstehen, 
weil endlich reflectorischo, durch Einführung des Tubus hervorgerufene 
Spasmen die Gefässfüllung und damit auch Farbe und Glanz der Mucosa 
mannigfach altcriren. 

Herr Dr. Wossidlo sagt nun, dass Oberländer selbst die ersten 
beiden Momente in seinem Lehrbuch erwähnt. Meine Ausführungen 
klängen aber so, als ob Oberländer die genannten Veränderungen der 
Farbe und des Glanzes der Urethi almucosa nicht kenne oder einfach über¬ 
sehen habe. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Dass Oberländer 
die individuellen Verschiedenheiten kennt und dennoch aus dem tirado 
des Glanzes und der Farbennuancirung, wie ich mich absichtlich mit 
grosser Vorsicht ausgedrückt habe, bindende Schlüsse zieht, das ist es 
gerade, was ich bemängelt habe. 

Sodann soll man nach Oberländer die störende Druckwirkung des 
Tubus auf Farbe und Glanz vermeiden können, wenn man „den für die 
betreffende Harnröhre nicht zu starken Tubus nicht schräg und wand¬ 
ständig hält“. Das, Herr Dr. Wossi dl o, ist selbstverständlich und braucht 
nicht erst auscinaudergesetzt zu werden. Nein, auch wenn man den 
Tubus ganz gerade in der Längsaxe der Urethra hält, findet cino Coin- 
pression der Gefässe statt, die unberechenbare Artefacte schafft. 

Den dritten genannten Grund, den Einfluss der retlectorisehen Spasmen 
auf Farbe und Glanz, versucht Herr Dr. Wossidlo gar nicht zu wider- 


2. habe ich den urethroskopisch sichtbaren Falten, dem Vorändert- 
sein oder Fehlen derselben jene Bedeutung abgesprochen, die ihnen Ober¬ 
länder beilegt. Ich habe das in meiner Arbeit ausführlich begründet 
und ausgeführt, dass die Falten normaler Weise vorhanden sind, sobald 
man einen für die betreffende Urethra passenden Tubus gewählt hat. War 
derselbe proportioncll zu gross, so verstreicht er an und für sich durch 
die blosse Ausdehnung die Falten, ohno dass pathologische Veränderungen 
vorliegen. War er proportioneil zu klein, so sind noch Falten sichtbar, 
obwohl Infiltrate bestehen. Nun ist dio Weite der Harnröhre in ihren 
verschiedenen Theilen sehr verschieden. Ist das Oriticium cutaneum im 
Verhältniss zur übrigen Harnröhre sehr weit, so zeigt sich die erste 
Fehlerquelle, ist cs proportioncll sehr eng — der häufig vorkommende 
Fall—, so macht sich die zweite Fehlerquelle geltend. Auf diese wich¬ 
tigen anatomischen Verhältnisse geht Herr Dr. Wossidlo nicht ein, er 
macht mir aber zum Vorwurf, dass ich nachher selbst ans dem Ver¬ 
strichensein der Falten ein Infiltrat diaguosticire. Meine diesbezüglichen 
Worte 1 ) lauten aber: Eine beginnende Strictnrbildung ist bei einer ge¬ 
wissen Weite des Oriflciums urethroskopisch wahrzunehmen zum 
Theil durch das Verstrichensein der Falten und durch das 
Fehlen oder Vernichtetsein der Längsstreifen, zum Theil 
durch ein blosses sehnenartiges, gefässarmes Aussehen der 


Mucosa. 

Ich betone also ausdrücklich, „eine gewisse Weite des Orificiums 
vorausgesetzt“, und combinire alle Merkmale, um mit Vorsicht eine 
Diagnose stellen zu können. Es ist. sehr merkwürdig, dass Herr 
Dr. Wossidlo gerade diesen springenden Punkt von der Weite des Ori¬ 
ficiums und der verschiedenen Weite der übrigen Harnröhre in ihren 
einzelnen Theilen — Dinge, von denen ich zwei Seiten lang spreche, um 
meine Ansicht zu begründen — übersehen hat. 

fl. soll ich Oberländer falsch interpretirt haben — um das Wort 
„unterschieben“ auszumerzen — wenn ich sage: Oberländer geht von 
der Prämisse aus, dass Beschaffenheit der Harnröhre und Bau des Pems 
eine Congruunz zeigen, derart, dass z. B. ein grosser Penis eine grosse 
weite Harnröhre habe“. Nun sagt Oberländer wörtlich 3 ): „Jo grösser 
die natürliche Weite der Harnröhre und je umfangreicher das 
Glied, desto reichlicher ist natürliche Faltung der Schleimhaut, vorhanden.“ 
Er setzt doch also thatsächlich Weito der Harnröhre imd Umfang des 


Gliedes als etwas Gleichmäßiges, Proportionelles. 

4-, führt Herr Dr. Wossidlo als Beweis dafür, wie getreue Bilder 
das Oberländersehe Urethroskop liefere, dio von Kollmann gefertigten 
Photogramme au. Nun, Kollmann ist ein gewissenhafter und oxacter 
Arbeiter, seine Untersuchungen in Ehren! Aber diese Photogrammo 
würden für die vorliegende Frage doch nur etwas beweisen gegenüber zu 
vergleichenden mit rcflcctorisdiem Licht aufgenommenen. Dann würden 
die°Artefacte der Oberländorischen Bilder, wie sie die vergleichende 
urethroskopische Untersuchung lehrt, zu Tage treten. 

5 habe ich aüsgeführt, dass die Hitze, die der glühende Platindraht 
auf die beleuchtete Stelle hin ausstrahlt, Veränderungen in dem Füllungs¬ 
zustand der Gefässe und somit künstliche Hyperämieen, arteficielle Röthung 
und Erhöhung des natürlichen Glanzes der Urethralsclileimhaut verursache. 
Nun haben die Patienten des Herrn Dr. Wossidlo niemals über cm 
Wärm ege fühl bei der Untersuchung geklagt, folglich können solche'Ver¬ 
änderungen auch nicht durch die Wärme hervorgerufen werden. Soll man 
diesen Einwand ernst nehmen? Weiss Herr Dr. Wossidlo nicht, dass 
minimale Temperatursehwankungen, die dem Gefühl entgehen können, 
ausreichen, cino Aenderung in dem Tonus der Gefässe herbeizuführen. 
Und glaubt Herr Dr. Wossidlo wirklich, dass ein glühender Platindraht 
in der Entfernung von einigen Millimetern keine 1 omperatursteigci ungen 
mache! Die vorhandene Wasserspülung kann ja die Hitze nicht beseitigen, 
denn die dicht hinter dem glühenden Platindraht liegende bchleunhaut- 
partie ist doch nicht von Wasser uraspült, Also, Ihrem stolzen Worte, 
Herr Dr. Wossidlo, es sei bewiesen, dass das Licht bei dem Ober- 
länder’schen Instrument keine Wärme hervorrufe, entgegno ich: das 
Oberländer’sche Licht erhitzt die Urethra und schafft dadurch fehler¬ 


hafte Bilder. 


1) Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 38. 

2 ) Lehrbuch der Urethroskopie 1893, S. 26. 


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894 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


VII. Ueber den Werth der Urethroskopie für 
die Diagnose und Therapie der chronischen 
Gonorrhoe. 

Bemerkungen zu der Arbeit von Herrn Wossidlo. 

Von H. Lohn stein in Berlin. 

In dem in No. 45 dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsatze von 
Wossidlo, dessen Ausführungen sich zumeist mit der bekannten Arbeit 
des Herrn Casper beschäftigen, befinden sich zwei mich berührende 
Punkte, deren Berichtigung an dieser Stelle mir gestattet sei. 

Der erste Punkt betrifft die Diagnostik der Urethritis posterior, 
resp. die Häufigkeit dieser und die Beweiskraft der Jadassohn’schen 
Probe. Herr Wossidlo citirt hier die Auslassungen Werther’s über 
die Unzuverlässigkeit des Musculus compressor als Schliessmuskel und 
die sich hieraus ergebende Unbrauchbarkeit desselben bei Ausführung der 
Jadassohn’schen Probe. — Als Resultat seinor anschliessenden Be¬ 
trachtung folgt die Bemerkung, dass die Werther’schen Anschauungen 
noch nicht definitiv bewiesen sind. Mit dieser seiner Behauptung be¬ 
findet sich aber Herr Wossidlo im Irrthum; denn ich habe dadurch, dass 
ich die Jadassohn’sche Probe entsprechend modificirte, bereits vor den 
Ausführungen Werther’s —denen ich mich sachlich durchaus anschliesse 
— einwandsfrei nachgewiesen, dass schon bei Spülungen unter mässigem 
Druck (der behufs Erzielung gründlicher Säuberung der Urethra anterior 
unerlässlich ist) in etwa 30 % aller Fälle der Compressor nachgiebt. Dass 
Wörther diese meine Ausführungen in seinem Vortrage nicht erwähnt 
ist begreiflich, da sie erst wenige Wochen vor demselben publicirt waren, 
ihm also noch nicht bekannt waren. Für Herrn Wossidlo jedoch liegt 
wohl kein Grund vor, unter Ignorirung von bisher nicht widerlegten 
Untersuchungsresultaten, eine tliatsächlich richtige Ansicht als noch nicht 
bewiesen hinzustellen. 

Der zweite Punkt betrifft die Herabsetzung meiner „theoretischen 
Rai sonnemente“ gegenüber dem durch die Photographie erbrachten 
experimentellen Beweise, dass nämlich die Beleuchtung des Gesichtsfeldes 
nach Oberländer gleichmässiger sei und weniger störende Reflexe hervor- 
rufe, als wenn mit reflectirtem Lichte untersucht werde. — Die ab¬ 
weichenden Schlüsse, zu denen ich auf Grund umfangreicher Untersuchungen 
gelangte, ergaben sich, wie die Lectüre meiner Arbeit lehrt, keineswegs 
nur aus theoretischen Erwägungen, sondern diese letzteren suchten, zum 
Theil unter Zubülfenahme streng mathematischer Deductionen, die Resultate 
der objectiven Beobachtungen durch die Gesetze der Physik zu stützen. 
Demgegenüber ist auch der Ein wand Wossidlo’s bezüglich des Werthes 
des durch die Photographie erbrachten Beweises für die Richtigkeit 
seiner Anschauungen ziemlich belanglos. Denn was wird durch die 
wenigen photographischen Aufnahmen wirklich bewiesen? — Meines Er¬ 
achtens doch nur, dass es sich um trockene, diffus reflectirende Partieen 
der Urethralschleimhaut handelte, die auch bei direkter seitlicher Be¬ 
leuchtung wenig störende Reflexe ergeben. 


VIII. Oeffentliches Sanitätswesen. 


Wenn die Behandlung eine gute Wirkung haben soll, so 
muss sie so früh wie nur irgend möglich begonnen werden. 
Je früher der Arzt die Behandlung einleiten kaun, um so 
besser sind die Aussichten auf Erfolg. 

Wenn die Diphtherie an einem Orte herrscht, so muss jedes Kind 
von seinen Angehörigen Morgens und Abends untersucht werden. Man 
lässt das Kind den Mund öffnen und drückt mit einem Löffelstiel die 
Zunge herunter, bis man die Mandeln und den Rachen ganz übersieht. 
Zeigt sich Röthung und Schwellung irgend eines Theiles oder auch ein 
Belag auf einer Stelle, so behalte man das Kind im Hause zurück, lasse 
es, wenn-es schulpflichtig ist, nicht in die Schule gehen und schicke 
sofort zum Arzte, auch wenn das Kind über besondere 
Schmerzen nicht klagt und wenn es auch nicht fiebert. Es 
kann nicht genug betont werden, dass es die erste Pflicht 
der Eltern ist. während des Bestehens einer Diphtherieepidemie hei 
jeder auch noch so leichten Erkrankung des Halses ungesäumt 
einen Arzt herbeizurufen, damit dieser nötigenfalls rechtzeitig 
die erforderlichen Maassnahmen treffen kann. 

Häufig setzt die Krankheit plötzlich ein mit Schüttelfrost und Er¬ 
brechen. Man unterlasse, wenn derartige Erscheinungen sich ein¬ 
stellen, nie, den Rachen sofort zu untersuchen, auch wenn das 
Kind gar nicht über denselben klagt. 

Die Krankheit wird von dem Erkrankten weiter verbreitet auf Ge¬ 
sunde durch die Bacillen, welche in den Belägen sich massenhaft ent¬ 
wickeln. Alles, was aus dem Munde und der Nase des Kranken entleert 
wird, enthält den Krankheitserreger. Alles, was mit dem Munde oder der 
Nase des Kranken in Berührung gebracht wird, ist angesteckt — somit in 
erster Linie das Gesicht und die Hände des Kranken, seine Taschen¬ 
tücher, seine Bettkissen und Bettdecken, seine Hemden und seine Kleider, 
weiterhin der Fussboden sowie alles, was in der Umgebung des Kranken 
sich befindet. Der Kranke muss sofort isolirt werden. Am 
besten wird er sofort aus der Familie entfernt und in ein Krankenhaus 
gebracht. Verbleibt er in der Wohnung, so muss er in einem schleunigst 
leer gemachten Zimmer isolirt werden. Sind noch andere Kinder in der 
Familie vorhanden, so ist es am besten, diese aus der Wohnung zu 
entfernen. In dem Krankenzimmer soll ausser dem Bett mit dem Kranken 
nur ein Tisch und ein Stuhl für den Pfleger verbleiben. 

Im Krankenraum muss ein Gefäss — Eimer oder Steintopf — auf¬ 
gestellt ^werden, in welches alle von dem Kranken berührten Gegenstände 
hineingeworfen werden. Dieselben werden in diesem Gefässe mit 
kochendem Wasser übergossen, welches die Bacillen lüdtet. 

Ausserdem muss eine Waschschüssel mit Sublimatlösung aufgestellt 
werden, mit welcher der Pfleger öfter das Gesicht und die Hände des 
Kranken, sowie seine eigenen Hände abwäscht nach jedesmaliger Be¬ 
rührung des Kranken. 

Die Sublimatlösung stellt man dar, indem man eine Prof. Ange- 
rer’sche Pastille, wie solche in den Apotheken käuflich zu haben sind, 
in einem Liter Wasser auflöst. Das Sublimat tödtet die Bacillen schnell, 
ist aber sehr giftig, muss daher vorsichtig aufbewahrt werden. 

Alle von dem Kranken benutzten Ess- und Trinkgeräthe werden 
sofort nach dem Gebrauch in einen Topf mit kochendem Wasser ge¬ 
worfen. Spielsachen, welche das kranke Kind berührt hat, verbrenne 
man. Weitere Maassnahmen wird der Arzt anordnen. 


Populäre Belehrung über die Diphtherie durch die 
Sanitatscommission in Greifswald 

(s. S. 883 dieser Nummer). 

Die Diphtherie, auch Diphtheritis genannt, ist eine ansteckende 
Krankheit, welche vorzugsweise Kinder, nicht selten aber auch Erwachsene 
befällt. 

Sie wird erzeugt durch die Diphtheriebacillen — kleinste, mit blossem 
Auge nicht erkennbare Lebewesen —, welche sich auf Schleimhäuten 
und auch auf Wunden festsetzen und alsdann massenhaft vermehren. 

Meist werden zuerst die Mandeln und deren Umgebung befallen. 

Auf den Stellen, auf welchen sich die Bacillen festgesetzt haben, 
sieht man zunächst nur einen zarten, grauen, reifartigen Ueberzug. Wenn 
sich die Bacillen vermehren, so erzeugen sie ein Gift, welches von der 
Oberfläche aus m die Schleimhaut eindringt und das Gewebe derselben 
namentlich die Blutgefässe entzündlich verändert. Die befallenen Schleim- 
hautetellen schwellen an und röthen sich stark. Es tritt aus ihnen eine 
eiweissartige Flüssigkeit hervor, welche, sobald sie an die Oberfläche ge- 
iangt ist, gennnt. Diese geronnenen Massen bilden weissliche oder 
gelblichweisse Flecke, welche sich nicht leicht abwischen lassen, sondern 
fest an der Schleimhaut haften.- Je weiter die Bacillen sich ausbreiten, 
um so ausgedehnter werden die Beläge. Bisweilen geht die Ausbreitung 
so schnell von statten, dass in einer Nacht der ganze Rachen ergriffen 
sein und wie mit einer Haut austapezirt erscheinen kann. Die Beläge 
werden häufig faulig verändert und verbreiten dann einen durchdringender 

^n S iiÜH k Tr?u enn i dl L Kr f n , khei J t se ^ r bösart ig ist, werden die erkrankter 
Stellen, Theile der Mandeln, des Zäpfchens u. s. w., rasch brandig. Sie 
sehen dann bläulich-schwarz aus. Schon vor dem Auftreten der Beläge 

selmbeschleun^^ 611 meiSt ' ^ Körperwänne ist erhöht und der Puh 

dic ^rk™ n knng von dem Rachen auf die Nase fortkriecht, sc 
ahwnrt« ? ?“*$■ U , b * ,nc . ch ™ dcr Ausfluss aus der Nase. Geht sie nact 
ab\v.trts auf (len Kehlkopf, so entwickelt sich Heiserkeit und Athemnoth 
..,.k r v- von den Bacillen erzeugte Gift werden das Herz unc 
auch die Nieren schwer geschädigt. Infolge der Schädigungen dos 
Herzens, der Nieren und der Lungen kann der Tod eintreten. 

NachkrankheiA“ 8 ! 1 ^!? der Kr ' mkkelt ci “ günstiger, so kennen schwere 
und der a- L p“ ge “ der Augenmuskeln, der Arme 

und der Beine die Genesung wochenlang hinausschieben. 


IX. Krankenpflege. 

— Loeffler, Eine sterilisirbAre Injectionsspritze. Centralblatt 
für Bacteriologie und Parasitenkunde 1894, No. 18. Die Spritze von 
Loeffler ist eine Stempelspritze. Der Stempel besteht aus einer scliari- 
randigen Metallscheibe, über welche ein Stück Gummi herübergezogen 
wird. Dieses wird nach oben an der Stempelstange durch Zusammen¬ 
drehung von Eisendraht befestigt, sodass der Stempel von einer dünnen 
Gummihaut umhüllt ist. Die Metallscheibe besitzt einen Durchmesser, 
dass sie, ohne die Wände zu berühren, in dem Glasrohr hin- und nei- 
bewegt werden kann. Der Stempel wird in Wasser getaucht oder nu 
sterilisirter Vaseline bestrichen und gleitet dann leicht in der Röhre, ohne 
dass Flüssigkeit hinter den Stempel tritt. Die fertige Spritze wird dnre 
Dampf oder Aethcralkohol sterilisirt; die Gummihülle des Stempels i^ 
leicht zu ersetzen. Sie sowohl wie die Metallschere müssen r I c,lL1 » 
Dicke besitzen. Die Spritzen werden von Wittig, Greifswald, Lang - 
strasse 39 hergestellt. _ h , 

(Loeffler giebt mit vollkommenem Recht als treibende Kraft fl 
Stempel gegenüber der bei der Ivoch’schen und Stroschein’schenbpn t 
zur Verwendung gelangenden Luftsäule den Vorzug, da man diesciDe 
ihrer Wirkung auf die Flüssigkeit in der Spritze nicht controlliren k ■ 
Nicht richtig ist jedoch die Meinung, dass die „Asbestwatte“ nut 
einzuspritzenden Stoffen getränkt wird. Bei den seinerzeit vom • 
renten angegebenen Spritzen nach Hausmann’s System findet eine h0 
Durchtränkung nicht statt. Ferner sind die Asbestkolben jetzt so 
züglieh gearbeitet, dass selbst bei Spritzen von 100 g Inhalt, welch® ^ 
Kolben von grossem Durchmesser besitzen, ein Abfasern des Asü _ 
nicht vorkommt. Die jetzt zur Einspritzung des Diphtheneanu - 
hergestellten Spritzen mit Asbestkolben genügen allen an eine P 
zu stellenden Anforderungen, vorzüglich in Bezug auf leichte und si ■ 
Sterilisirharkeit und Handlichkeit. Des Weichgummis am Stempc. 
dings in ganz anderer Gestaltung, nämlich als eines durch bosonam«* ^ 
richtung zusammendrückbaren Ringes, bedient sich Farkas bei j n 
gleichfalls vortrefflich fimctionirenden Spritzen, welche jedoch n 
grösserer Gestalt hergestellt werden.) George Meyer (nei 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 




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stellt ein drei sei tige^ Primm m it ver- 

Fimdtjüdr . Kaufen und Boden dar: sit» besitzt zwei neb&Dcinajjder ah- 
gmrtlwlo Oefttumgo« von dmmr die grtKscn-* zur Aüf/mhiü-ff mm.v 
Guiiirttit(opiVo> hezw. de«. •'SAngrpfropfbns., die kiemere für enmu .-mit.'. 
Walk» ungMHiltoiv VeßtllpTropfen aus Oniumi bestimmt i.d. FHe. Sanre- 
ilhschea worden. mit »{er. Milrhmdmiiig gcdlHlt, mittels eines 1 fr«Mi»«n.die<‘ht.s 
ii\ einem Ko.cliiojStö gfekftelii, ttesspu Wim&ölf fluYojj GAhzsUb’af? ß«J einen- 
hOlmrcn SiHilöimukt gebracht wird. Der Eriimh’X hjili !'üt e-itie '^nsoiif- 
Jiehv A?«rtrt*s?i«ruiig;.;<i4s8' ^1«' Miti li uitMi tlcr Fl^bhe vt.Upo ;A-iV^i^trg0iKf -' 
Wir deu SKudireg rm*Uutt uiui durnh den VeiitvljMio^ten, Uinirti LuP aneü- 
triU - eiue Aiisrf'iunme. die. mit’ ialxdiv.u \Xu-n ijs.s* 4 iwwjy-r, bvrul.it.. Weüf 
vr der dfjf Möiäi, ifi. dpt- vÄrÜou^öu wjÜ, ^; 

H’oseldlieher. et ö^Jjf, wi.v er os dir^eibe Pt.»fkon zw .y«v 



u ose u; lieh er. dass et nid'f- wie er es find, dieselbe Portion ZÜ 
HchtHdeutm Mftliknifeu v'i-iwvnrvibMe. was tent? • der r-!iru«'i:«sUL'»tse 1 7.l»-v' Be- 
büU(ifcmig' d*'S Erftudors nicht' iiupvlnbridh Uv- l'lor VvmiilpfhMpt ist r.nl.i . 
nur uherjiüsvjjf. somlern veHiinderk »Vür-lt 4)*t? Ajnwkrt'JiHu'n dir i.ntt -sus 

der Elstfqh©: JCerhirj. gif .dileS ähr lete-hi fdatifeP; . 

tmm di» iGysche <*v?i mieji dem Knciu’-u st hhossmi. .Ap.- wfjre dj»/ 
von tbmi KrtinrlVv grlVirchiein r.,iU , Utdeotio'a nie hl 'uniiicilcn, 1 Me J«-:! »1 .'• r s - 
stiÄut ?iüd:iPid>räeJieitiUe]k tiiil -vfouiüütnf; ibfttfltftf tilfe diö 

1 et sehen l'oitjioi-ihischeu: so- sk-iU-r. ^^fjnUhyr drii JotakvRiV keinen 

PortäChnii dar und worüfn ihnen ho me fVmuniTeijÄ machen. 

‘ * ' ‘ ; ' i ';' •' ; ’ V'-V '>. H. .Nenmoun tl^rljn,),. 

X. Therapeutische Mittheiluugen. 

l»ic h>k:i(e Anüstlit-Hie mit Kftnig'xchcMi AHhec. 

Von Prof. TU. Küllikrr in lAMjtziu:. 

NitchdPrti ^dr ■ ihm»- TiolfheUpn; MhUt»-fd holbfT die lohuft AuH.M ht^m 
mit A'«t.hnr vnrhmsi-u bnthmi,. um au ihre Stpllr hei kur?, dauernden 
Ophßt-ti.eüen tlre hNrarknäv mit Urnrnjith^r »>der AeiUer zu Vc-Wt-n. balißü 

üpiioidings dia /Vet iUTafht-sthesie wieder aufFmKimrurnt. s^itdera 

wir öih Pitipavnl kefj.m*n ^»denil hnhen. dus all äh Ihilt^ofA iluhirdeMmgen 
•■lMäj ■■n'Jitu 

Die .NArhtUeile der iokolen AetluH’niiasüiHSie sind h-orünmlu-h »D dor 
hmccu 3 trumi- his /um Eintoit der UnotnpÜLidlii hhed.. die duh o tmrh rdulii 
rir>aoIlkMlfimnh hlöihf, -feiaxef iti doli lehhüft.f uj 8i'humioeui. : ttie liei AVjejäer- 
kelir das Qeftildep eöjtTPtun. Bei dhm lC tl iiig'sekOh AeHmr') uuu. dm 
sich it-rvl: seinen .»tisscf d niedricen Su-dnjmnki uimzeieinmJ., inH tUe Ao- 
■;-tA.e;io >00 seroudcn!ii: Ii rusch niui vollkoiunom ein. es iäk tu!«dgi*dssc'eiT 
AÄ .'der SclimW^h der durtdr die Külte htnwärget'mfec >virfh rotöim.ih 

\\ T as itm ^edinik iik^ ÄWahrmfö ^nlHdahirt-; öd lAm4ti^n ^vtf’ flnu 
Ki li anl x o o.^vjiw' ZwAtäHlw; wn.hl-iv- isd>, d»i< Uc»hr ?mr. bidodWek-u 
üujriSkÜe jhr>yLh-hst nahe m hringeu und -«Ds tO f>ki.?e n>it fAsulnm nioi 
hurva.m SOlsson 7.u 1 reihen 

Du: iMhiiin AuütlmätH mit KOhig'?cdmm A et her uiiMitM sich !;iv 
viülPrjäJ oi»inr«iir« Ivu'pT'dh', \or oUoin lur kleinere (»j>emtWri«n, wie in- 
cisionun von ohmiih hiiehen A!^< es>nn und P.'.narit.iem vmi PuniiikAtn und 
fuimikülüsmi Äii^Bäst^i; iui EvtiriinhÄmeß van Alternineii, DPtmtudc^mr 
uiiii audormr. V, i b ijii:! <.*v U• es;;it\viiisOm< ihr die djpurntion des oingewneüsfim'-H 
Nt.yols. .fiir snhemanp T- •iotunommeti u. ?.. f. 

A uch .grti*;si»rf; Emgritfb. l»ei wälchou mne Ü@gimauzmgo Hh -dto ulk 
.• gmeitiH :Ks^mp: wie dus ghtegentl«v.i> M Ijuparotumieou ithd 

;dhr‘ Kä-il i*l: '‘Udiui'eu* q-nfcor dor lokale« AniisUiaSie mit 
■ Kd Ria 5ch ; üpi AfHbpr. misgpifHirt. werdon. 


Praktische zur ArtwAiytltiug der StttitaiosW 

Von Die Eti. K<• i>* 1 i mn fyfJ in Elfv-»rlVUT 

P'nt.er d'Ou Nanw.i« b' 0 ivii'.n. u U*»l St;it oilhgef ’/^\\ .% Pr.SjütM in 
dcu ilamler gehfaehh, widr.hto Jkst -v.u^xuMiosslieJi aus den lejrii't jhUKdmn 
U)id leidtli ussimiih'herm.i Alb'iHlmsm» l'Asiflit, und weic.lmä als ejo v<i- 
äiigliuhe.s p-pnrhiitttd fftr gen mm ; ; Eie. vist liiun-simlt ».vmk 1 >io Smiu>.n.*si. 
ist «uü gPdhihihnji; etVr?^ Piiin'f.i Asih löst K 'jelr iViVlfi: in WKsttuv.." 

lies»mders imeld io v'flrm' , m und v«rh-iht. dwr wüssioagun Liisiuu.^ 

nmi’.Ti nicht, starken. dei‘ ntAVus/im Ee.*‘in mMirn.i^t 

Hloifwmdisf'lvrirsm'im init 7hun PriipoiMlie, v.-edr-i«o von ondto-ur S- i:> || 
äugest fdli V. Uhlen, hoben di*» BfUlVchWetfUnit des- Al * i t »•}:- zur (h 'hu- 
gT-i.li«ii- Amd? in der Pra.\is huf w»a ich heolumbl.^l iinh» nmi 

nur vou hiesigen l Ydkmm {u-sUdigt wuifie, die IhiiTmchung der .8Mm.Ji.om. 
als s'ort heil half, orwiosno. 

iej» lntiu* die^elhe last .umsehheSHlich -hoi ErMMtdiseuei« vm-w jj - t 
um! ?.v. ;».f h«d C'llthiSe, f’leudtis n.j>. h:u hgrn«ligor PrUkvoflU'uO •(•ul-o *!-.i . 
hei. d.y.'peptiM'biUf- BesrdiW'Aalün N *'tOf'.liie.dt'Tle i .A i'.l , fhmlvmpe H5 1 f- s'.if'lo'ui 
Klhrtu ]i.:»r eie. Al{p»vhn. j'HO: idnii tnUum.o <lpz AliUm . : »'hr g; vnc. 'I *»i 
hadnVtJit. Ui»iS5H* dßf Gtvsvh'mm-k flvuoh r uff3g*ifil{0p vrrdädkt w^rdru 
FaninäKnuis^te. ]rK mich von dt-.r W»*ilmv,n l>^ir*di)biiui? g/tiui Es 

•»etr::! '-.lloMir Pull >uimn Pli» hisikec mit •.!»«/,dyspüphsvlu- »i L'm 
KehlYshiro. der iavf idcld? )»>';'hl' OO A).eisCu U4li ; GoU'-ilikel» -tthite:. 

Bese'Uv,efden vorf iug nml *h'*' .Somat-nx« wadoc in M-Ueh: vzl&.iii- f-'uead:;. 
-wrjkT puhmun wolfie, J5fn, ^nderms' I^KumjßmbU'X ’W»däf}r*ir äoa^l Fttur^ 

.' :• tölfiiUeXct 'ÄUar'.'Äitt.'j'Aßfi.--'' 

wendet, werdbfi. 

Ipt: aHgofftmuti-ft' AViti^m dre EGofge jeftht 

AVur'le «gilt vevtrugej), wetlm* vmi Eeihen dqs Alagun? ng».i»k .di?d Diumeä 

traten ^f^thtvHkiöö aitK hm'li A v üi?le' flöliidikmP KudhHülidAt^ Av : »V sife 3jof 
der Dnrreiehyng' von iVploomi n.n.hl seiten So h. om^omdnMi phcgl. 
Mati.dumd wurde ivhlueml dus Ai«»mt<»>egedjranchos m. kmv.nr Zr-it merk- 
IKhe OowiehWAihslimt* wav mir niwleteii 'Odtfjogmi 

hestätSgfc wurdu.. 

So wurde mir unter anderen;' von einem :ieh( V.'Oehmi allen Kin<lc 
hen<ditot. woleltoä- hoi der üoiiiwtYidia' ^vj^^dünen. lütssilid^K , Xä'g>fhimng 
sich sehr suhJeoiii hcfiuwl (vm|. EtlvFmdmu in kesigu?»: Flor km»), roAtM^-dm 
he handelnde College rin.* Amme öringami emnlnht. Mit sotiiom ßiövfr- 
st.ä-minis.s wurde jedoch ziimteimi eine SohmtM.-inum«dte/mUe.h. id. i. eine 
solche, in wohdjer die von Picrh am An-mz emjd'.ditrom» picralhtiuiöspn 
darcii Kloiädhidhumpsoü,. die I5un'nter4m crseU-l sind! vei^neljk: A-iüeJbu-sieh 
: dü.e.u .ai.mh sjuhr gilt. Im wahrte. P«-j dm- Gehurt Ans Kind Atup), g, oi 
dar jüuff.on Woclu* H2(M? u ••vehma Gcwuht tds ziu ucnntm : \V<.. h.- 

itA'iiüh tHoi). JUjt imgünir/idm*. ^onhitr»ät#xii fc Ur un tdp dm uDtangä Artdivm 

si;.«iii)gaüg nonmvi; das Erl:rmdom iiooS na«\l» und vi-urdv, loh hesoudeis 
{cuueehen mdchp*. iWinUlovkigm;. Am ScMus:-*.«* der Soocaesu.j'jnvedooie 
ivar; >li^ ijowiuld *E ti. »Imc- Kiiwj. iisrto inuerlmlli zehn ’VVoct.'iSW: 

um i »\mt >M» g zugmmiiimom X*mh mun muiure Ikvdniclu.nu.g- rmt«d.u.e. mh 
•«Oifahivn Ume Herrn; Colicgnh • Dh. P ohle) wo - hei zohu\voehuj»flehem 
; tiolmtu »Wm)h“P hindurch tu Haforsnhjojitv 

stippe und anderen IVosunirsmii.4.«du. gnguhMi» ,-wurde. mul wo naeii- >Au-.»Ju 
.jte iVilifv’h (*., dm- Somni-iee mit zu verdowken war., dass die 

JAvfiom.n So .Kmu!rinMt.. : «h«“uVh'»n.'hm hat 

Was die iMoicuOe der Seoeilese liotridi. so :st tno.di- lu-iuo'igut! Er- 
.fhhr'uugm.i die nudoMordige Ai'W-'roltoiO tif.iner Pusto: um mouUvü e*nI 

pfühHm. d»? diupglhen vfdlkiu.iiuien iru^gt*»lUsü iiftdi §of»iH Ttir den 'sJt?ek- 

sl(j!|iM*Sid7 -vrwueHbm weidem Es gej.dU-t em nhgeAriHmHer 'Phr.eldftVd.':' 
»t*oirmdtend co ■> g 1 dr«*i- bis ve-rOuP täglich iH'ijOmu mdrnü der ^ 
ivdioPi'dicii K>>si vulikommen. 

[' . 'ÄWü-.;sol|ftil)?iifVl'ähftt v . jijfei?>häh: jl}gT^lTö)Ähnitg“ill Aiih 1 3'ü ^clUidmthppeh-. 

Cucao. Kaffee mit «»der Ahne .MUclh In Houilhw svurd«« der •Geschmack 
|; »ehr - .ynUr»niT din jnn.rp dfrsvlbo Aog/dehmu- \w 

weiiiOni wwdmr rliesi«.». ] .t'isunvsuuUid ..\ls fveit-oro-‘*Tew hiioc.-ai-t nu»ehi.c 
S ich -öhtb HötAj^W;: w»dcho. nrir vhp einem 'PhtMnteji nis ?/dm angA 1 - 
nehn; t'iit'cm- {»«.‘U wiirdi*. admiirh da* Auls*reuen »ui' mit i)yr.fer lm- 
'.tricliHinG P«'od 

,. tu dßö Tidlop timd ah svidobdir nmu -wngpn ninh> * vnr* 

iW'kton . GßgcnfuHckoä um'' Widerstund sroskt . wdrde .-.ich' ein« neur. 
rt;)iTfd''!' 0 >nmtovn> üi-gnmc namljnlv die -Mischung mit pi-euirs *<•!* s 
Cltceoledt». Itle firm:« Mnllomh bringt do-fe prap.tiTtuj mit .elueoi !•«•'- 
hrdto \ou/Kt < -G*S«.nruV , ‘^iX in dm; Handel «ml es i^-. wiVvhmich w»di>r. 
Indi' dhmzöugp ioiiie. von einem fiuschimck der SmnoJoso .mfzlnw V\Vi S r: 
g.-vr jfiv-l»f.s’" mehr m hnnterken.' '■ lidrrtd'o - .diese f-oraien OhriVn.) sieh in 
'unnuhon Fiillmi ul? tmi»r y.wviXuiiX^i^ erwei^iv fli»ö Bic«»uAs Konnten 
tdh ^e^ odor aiülmVdi: GetYinkcn gfeioliAmtig griminmcn werden r 
i Auf Gnüid" der von nur geöumlLtmj Bcohvchtmjgoo ( uud der m>i 

.tsfuTmt'Ose, orzieit-i-u gii'isligen Kösulr,'Oe jnhehte ich tiiordrtictj /Ue-wMWlim 
PrifjuMg des MiltoK Aungru'm-gchou. 

Aiucbtrne. Efhon guteii Erf’flg. an hon* dir SonmioAe >ii lim m.fdii 
Uühmhoiligi vot:'. orvoeUv ich kürzlich hei einem ,iu«g<m AH>ö!Om t _ mit. 
Phthisik ImdpiimB. Er Xvocdo zuerst von mir im. hiesiges imfhos!'hih..spiml-.' 
Wegen Pf» je Kt hct'figm'i flttniopi.oe t.pifaii'delt Nsich EiiÜßKsi.tyg im>- oem 
• vriispit.de • nühtö m" KürpmgmvicM in den eisten acht TageU um 1 kv 
•;»h, darauf, itnler .Kimm!osegrhrnmIi. st.i.-u dassi'ihe ifi den nm-hMm«. m.-ht 
Tagtm um 2 kg . in dm* iolgmdrn Woche um 1. leg und in dm dnm) 
wifhiAr lfm 1.5 kg. irn : gmmeu ;dy« imierhnil» dn*i V ovhon tim 

■ .4,5 ' ' ' : ’ -m ' 


S Zü hoziidif.« dpcrli die rliemisi lm Falirik von Dr. Heiuiiaii Könic A-. fv»s. • i, ^ilsehr t |dr/sird. -f Vniio XVXJJ. Beft 2 ;: DetiK mrd. W oelo io 
ivipzm, Dufemttraäso iö . ; ,,>,,.^1^4. A<>. 4i’ 


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896 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47 


XL Mitteilungen über die Heilserumtherapie 
der Diphtherie. 

Die Serumbehandlung der Diphtherie. Münchener med. 
Woehenschr. No. 45. 

I. Referat von Prof. H. Büchner. In dem kurzen Referat 
giebt Büchner zunächst eine Definition des Begriffes „Normal¬ 
serum“, er hebt weiterhin die Widerstandsfähigkeit der Antitoxine 
gegenüber Licht, Wärme etc. hervor, um am Schlüsse die Aerzte 
aufzufordern, vorsichtig an die Prüfung des Mittels heranzugehen. 
Büchner giebt zu, dass eine Schädlichkeit am Menschen bisher 
bei der Anwendung des Serums nicht zu Tage getreten ist. 

II. Referat von Prof. Dr. H. v. Ranke. In der Einleitung 
bespricht Ranke die Art der in der Münchener Kinderklinik zur 
Aufnahme kommenden Diphtheriefälle. Mit verschwindenden Aus¬ 
nahmen handelt es sich nur um schwere und schwerste Formen, 
da die Aerzte die Kinder erst dann dem Krankenhaus überweisen, 
wenn die häusliche Pflege nicht mehr ausreicht. So starben von 
1048 in den letzten sieben Jahren recipirten Kindern 49,2 %. — 
In 575 Fällen unter diesen 1048 musste ein operativer Eingriff, 
Tracheotomie oder Intubation, vorgenommen werden. Von den 
nicht Operirten starben 26%, von den Operirten 65,2%. 

Besonders in den letzten Monaten vor Beginn der Serum¬ 
behandlung waren die Resultate äusserst traurige. Von 64 Kindern 
waren im ganzen 43 gestorben, und von 32 Intubirten war bei 
30! der Exitus letalis eingetreten. — Im direkten Anschluss an 
diese ungünstige Periode wurden nun neun Kinder mit einem 
von der Schering’schen Fabrik gelieferten Antitoxin behandelt, 
dessen Stärke nicht näher angegeben ist. Von diesen neun Fällen, 
die insgesammt schwere Erkrankungen darboten, mussten sieben 
intubirt -werden. Gestorben sind im ganzen drei Kinder, davon 
ein an schwerster septischer Diphtherie erkranktes bereits zwölf 
Stunden nach der Aufnahme. Die Mortalität wurde also sehr be¬ 
deutend herabgemindert, trotzdem das zur Behandlung heran¬ 
gezogene Krankenmaterial die nach den bisherigen Erfahrungen 
ungünstigsten Chancen auf Erfolg bot. 

Noch deutlicher trat der Erfolg hervor bei zehn Kindern, die 
mit dem Höchster Präparat behandelt wurden. Von diesen starb 
nur eines, das an schwerster septischer Diphtherie erkrankt am 
vierten Tage in Behandlung kam. Drei Kinder mussten intubirt 
werden, sie sind alle geheilt, und zwar konnte die Tube sehr 
rasch wieder entfernt werden, in einem Falle schon nach 
387-2 Stunden. In mehreren Fällen wurde rascher Abfall der 
Temperatur bemerkt. 

Die zur Anwendung gekommenen Serummengen schwankten 
je nach der Schwere des Falles zwischen 600 und 2500 Immunitäts¬ 
einheiten. 

Ranke kommt zu dem von allen Autoren bis jetzt gemachten 
Schlüsse, dass bei der mit Sepsis eombinirten Diphtherie das Mittel 
keinen Einfluss zeigt, dass dagegen bei den übrigen Diphtherie¬ 
fällen sich seit der Anwendung des Behring’schen Mittels eine 
entschiedene Besserung der Resultate zeigte. 

III. Referat von Dr. C. Seitz. Verfasser bespricht zunächst 
die Frage der Schutzimpfung mittels des Serums. Im ganzen hat 
er bei acht Kindern im Alter von einem bis sieben Jahren, die von 
ihren erkrankten Geschwistern nicht isolirt werden konnten, je 
2 ccm von Höchster Serum No. 1, also 120 Immunitätseinheiten, 
mjicirt. Keines der Kinder erkrankte, ein schädlicher Einfluss 
zeigte sich nicht. 

Seitz wendet sich dann zu der Frage, wie soll man Vorgehen, 
um das Mittel zur Behandlung möglichst nutzbringend zu ver- 
werthen? Er giebt den sehr richtigen Rath, möglichst viel zu 
verwenden und in allen etwas schwerer erscheinenden Fällen sofort 
Fläschchen m des Höchster Präparates zu injiciren. Zeigt es 
sich, dass die Temperatur nicht bald abfällt, so soll zu Nach- 
mjectionen geschritten werden. 

Am Schlüsse des Vortrages berichtet der Verfasser über die 
Art und Weise der Gewinnung des Serums in den Höchster Farb¬ 
werken. 

R. Emmerich, Bemerkungen zur Heilserurabehandlung 
der Diphtherie in München. 

v glaubt, dass die Serumtherapie, die unzweifelhaft 

die Iherapie der Zukunft ist, erst dann ihre wirklichen Triumphe 
feiern wird, wenn es gelingt, die Antitoxine aus dem Serum in 
Substanz zu gewinnen. Was zunächst die in München mit der 
Serumtherapie zu erwartenden Resultate angeht, so hält Emme- 
tvu*u- ( ] ortigo Krankenmaterial für sehr ungeeignet. Fast alle 
Diphtheriefälle seien dort mit Streptococcen, also Sepsis, combinirt 
Lme etwaige Ursache dafür sieht Emmerieh in dem Umstande, 
uass nach den Un tersuchu ngen von Pasquay im. Münchener Canal¬ 


wasser fast stets pathogene Streptococcen nachweisbar seien, 
während diese Mikroorganismen nach den Experimenten von Mori 
in den Berliner Abwässern niemals gefunden wurden. 

Wassermahn (Berlin). 

Schippers, Een geval van croup (diphtheritis) behandeld 
met serum-injectie. Weekbl. van het Nederl. Tijdschr. voor Geneesk 
1894, II, No. 17. 

Bei einem fünfjährigen Knaben mit allen Zeichen von schwerem Croup, 
mit Pseudomembranen auf beiden Mandeln, Zäpfchen, hinterer Rachenwand,' 
vollkommener Stimmlosigkeit, Stridor führte Schippers eine Injection 
von Behring’schem Serum No. II aus. Die Erkrankung bestand seit 
einem Tage, Lungen gesund, Temperatur 37,8°, Puls voll, etwas beschleunigt. 
Innerlich wurde Chinin mit Liquor Ferri sesquichlorati gereicht, ferner 
Eiscompressen, Einathmungen von Wasserdampf. Am nächsten Tage Ver¬ 
ringerung aller Erscheinungen, das Kind sass im Bett und spielte. Nach 
weiteren zwei Tagen war das Kind vollkommen gesund. Bei einem anderen 
Kinde desselben Haushaltes, welches keine Einspritzungen erhalten konnte, 
nahm die diphtherische Erkrankung in der gleichen Zeit an Umfang zu. 

George Meyer (Berlin). 

— Dr. John T. Malcolm (Brit. med. Joum. No. 1765) berichtet 
über einen durch die Serumbehandlung günstig beeinflussten Fall von 
Diphtherie bei einem 13jährigen Knaben; der Fall, obwohl erst am fünften 
Tage mit Serum behandelt (er erhielt 2,4 g Schering’sches Antitoxin) und 
obwohl die lokale Behandlung und Ernährung durch die Unmöglichkeit, 
den Mund, zu öffnen, äusserst erschwert war, ging in Genesung über. 
Die Epidemie, aus der der Fall stammte, muss als eine schwere bezeichnet 
werden, da von vier anderen, nicht mit Serum behandelten Fällen in der 
nächsten Umgebung drei zugrunde gingen. 

— Mr. Frith (Brit. med. Journ. No. 1766) theilt folgenden Fall 
mit: Ein lljähriges, diphtheriekrankes Kind (Löffler’sche Bacillen nach¬ 
gewiesen) erhält am dritten Krankheitstage 19,5 ccm Antitoxin und ist 
am fünften Tage völlig geheilt. Das Serum stammte von Dr. Buffer und 
neutralisirte, auf Meerschweinchen geprüft, in einer Dosis von 0,001 
1 ccm von einem wirksamen Gifte. (Auf die Menge der injicirten Immu¬ 
nitätseinheiten lässt dies allerdings keinen Schluss zu, da nicht angegeben 
ist, wie stark das zur Prüfung verwandte Gift gewesen ist.) 

— Dr. Prevor Fowler berichtet ebenfalls Uber einen durch Serum¬ 
behandlung geheilten Fall von Diphtherie. Das Kind, ein 13jäkriges 
Mädchen, erhielt am dritten Krankheitstage 2 ccm Schering'sches Serum, 
wonach die Temperatur auf die Norm zurückging und die Membranen sich 
lösten. Nach zwölf Tagen .war völlige Heilung cingetreten. Bei einem 
anderen, ebenfalls geheilten Falle, hat Verfasser trotz Serumbehandlung 
nachträglich noch leichte Lähmungserscheinungen beobachtet, 

— Dr. T. G. Wakeling berichtet ebenda über einen Fall von 
schwerer, septischer Diphtherie. Das 672jährige Mädchen kam am sechston 
Krankheitstage mit den ausgesprochenen Erscheinungen der Sepsis 
(Schüttelfrost, Otitis media, Drösenschwellung, Enteritis, Albuminurie.) m 
die Behandlung und erhielt an diesem und dem darauffolgenden Tage 
5 resp. 3 ccm Schering’sches Antitoxin. Trotz eines unverkennbar 
günstigen Einflusses der Injectionen auf die lokalen Erscheinungen (Ver¬ 
schwinden der Membranen etc.) und das Allgemeinbefinden ging das Kind 
fünf Tage darauf unter den Erscheinungen der allgemeinen Sepsis zu¬ 
grunde. (Der Fall bestätigt nur die schon bekannte Thatsache, dass die 
Serumbchandlung auf das Fortschreiten einer schon bestehenden Sepsis 
keinen Einfluss haben kann.) 

— Dr. Macgregor (Lancet No. 3714) theilt einen Fall von schwerer 
Diphtherie bei einem zehnjährigen Knaben mit; am vierten oder fünften 
Krankheitstage waren die Tonsillen, der halbe Pharynx, der weiche träumen 
und die Uvula mit Membranen bedeckt; Larynxsvinptome fehlten, jedoei 
drohte der Collaps. Eine Injection von ca. 1 g Schoring’scheu Antitoxins 
führte zunächst einen erquickenden Schlaf herbei und nach einer weiteren 
Injection trat eine entschiedene Besserung ein, welche am zwölften läge 
in völlige Reconvalescenz überging. Der Verfasser will nach dieser Er¬ 
fahrung von jetzt an nicht mehr das Eintreten schwerer Symptome a>- 
warten, sondern frühzeitig mit der Injection beginnen. 

6 J Elsner (Berlin). 


XII. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Ein „Comite zur Beschaffung von Diplrt heiit 
Heilserum für Unbemittelte“, dem erstaunlicherweise auch zwei liie-si-, 
Aerzte angehören, versendet im Augenblick Circulare, die geeignet sin • 
das Befremden und den Unwillen der Aerzte in hohem Grade ^ci 
rufen. Wir werden in der nächsten Nummer auf die Sache austunr 1 
zurückkommen. 

— Der Ostercycius der Berliner Ferienkurse P r 
tische Aerzte wird am 4. März nächsten Jahres beginnen J nd . r 
30. März dauern. Ein genauer Lectionscatalog wird demnächst in 
Wochenschrift zur Veröffentlichung gelangen. 

— Das medicinische Waarenhaus hat mit dem Verkauf begonn ■ 

— In der am Freitag, den 23. November, Abends 8 Uhr sriit 
den Sitzung des „Centralvereins für Handelsgeographie etc. im 
deutschen Hof“. Mohrenstrasso 20, wird der kürzlich aus Mexico 55 
gekehrte Dr. med. Below die Gesichtspunkte darlegen, nach 
hygienische Beobachtungen in methodischer Weise zu erfolgen nn > * • 
Leben und Gesundheit der Europäer durch geeignete P ro P.£ | ‘ 
Maassregeln mehr Garantieen zu gewähren, als es bisher gesene 
— Gäste können eingeführt werden. i oa ictent 

— Universitäten. Bonn. Der Privatdocent Dr. Dresei, s - 
am pharmakologischen Institut, ist zum Professor ernannt. _ 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Donnerstag _ M 4S. 29. November 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent- 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Enlenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Llchtenstelnallee 3. Potsd&meratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31. 


I. Aus dem physiologischen Institut der Universität 
Tübingen. 

Zur Physiologie der Darmbewegung. 

Von P. Grützner. 

Da ich von verschiedenen Seiten, namentlich von Praktikern 
über die genaueren Ergebnisse meiner Versuche, betreffend eine 
eigene Art von physiologischer Antiperistaltik, befragt worden bin 
(über welche ich auf der Nürnberger und Wiener Naturforscher¬ 
versammlung kurz berichtet habe) und da ferner aus äusseren 
Gründen die Arbeit jetzt einen etwas langsamen Fortgang nehmen 
dürft«, so will ich die wesentlichsten Resultate dieser Untersuchung, 
die ich anfänglich in Gemeinschaft mit Herrn stud. K. Görtz ge¬ 
macht habe, an dieser Stelle mittheilen. 

Die Resorption von in den Mastdarm eingeführten Flüssigkeiten 
erfolgt, wie man gewöhnlich annimmt, lediglich in diesem Darm¬ 
stück, indem die Bauhin’sche Klappe wenigstens in der Regel das 
Hinaufgehen der Flüssigkeiten hemmt. Das mag gewiss häufig der 
Fall sein, aber doch keineswegs ausnahmslos gelten. Wenigstens 
konnten wir, wenn wir namentlich hungernden Thieren nicht zu 
grosse Mengen gefärbter Flüssigkeiten in den Mastdarm mit dem 
geringsten Druck einführten, dieselben nach einigen Stunden in 
anderen Theilen des Darmes, namentlich im Magen antreflen. Diese 
Thatsache, die man ja auch anders als einen unmittelbaren Transport 
der betreffenden Flüssigkeiten nach oben deuten konnte, — nämlich 
als eine Aufsaugung an Ort und Stelle und eine Ausscheidung 
in höheren Abschnitten des Darmes und im Magen — veranlasst« 
uns nun zu untersuchen, wie es mit dem Transport von kleinen 
Partikelclieu steht, und da zeigte sich denn bald das überraschende 
Ergebniss, dass diese kleinen Partikelchen vom Mastdarm aus bis 
in den Magen gefördert werden. 

Ehe ich auf einige Einzelheiten eingehe, möchte ich die Be¬ 
merkung vorausschicken, dass hiernach eine Ernährung durch 
Klysmen keineswegs notwendigerweise allein auf der Resorption 
der oingeführten Flüssigkeiten vom. Mastdarm aus beruht, sondern 
eine Resorption von der gesammten Oberfläche des Darmes, ja sogar 
vom Magen aus seiu kann. Da nun, wie wir sehen werden, gewisse 
Stoffe besser nach oben wandern als andere, so wird man die 
chemische Zusammensetzung der Klysmen hiernach einzurichten 
haben, um eine möglichst grosso Resorptionsfläche zu gewinnen. 

Folgender höchst einfache Versuch diene als Beispiel. Man 
stellt sich einen Brei von gepulverter animalischer Kohle mit 
Kochsalzlösung von 0,6 °/ 0 zu gleichen Gewichtstheilen her und 
spritzt eine geringe Menge dieser Mischung (1,5 — 5 ccm je 
nach der Grösse des Thieres) dem Versuchstbiere, welches zweck¬ 
mässig 24 Stunden gehungert hat, in den After. Tödtet man das 
Thier uach vier bis sechs Stunden, so wird man den Mastdarm 
leer von Kohle finden, wohl aber wird man da und dort über den 
ganzen Darm verbreitet kleine Anhäufungen von Kohle und viel¬ 
leicht die grösste Menge im Magen antreffen. Bei Katzen. Ratten 
und sogar bei Meerschweinchen und Kaninchen mit ihrem langen 
Darm ist mir der Versuch, soweit ich mich erinnere, regelmässig 
gelungen. So konnte ich die Erscheinung an einem Kaninchen mit 
Leichtigkeit auch auf der letzten Naturforscherversammlung in 
Wien demonstriren. Am meisten Erfahrungen habe ich an weissen 
Ratten gesammelt, die mir das bequemste Versuchsthier für diesen 
Zweck zu sein scheinen. Hat man die Thiere nicht hungern lassen. 


j oder haben sie, wie auch die Kaninchen und Meerschweinchen nach 
24 ständigem Hunger, noch viel Speiseüberreste in allen Theilen 
des Darmes, so ist es erstens sehr viel schwerer, die Kohlen¬ 
partikelchen in dem Darmbrei herauszufinden, zweitens aber pflegen 
sie bei Thieren, die nicht gehungert haben — soweit wenigstens 
bis jetzt meine Erfahrungen reichen — nicht so hoch hinaufzu¬ 
steigen. Es geht ihnen wohl so, wie einem Fussgänger, der gegen 
einen ihm entgegenkommenden Menschenschwarm auch nur langsam 
! vorwärts kommen kann. 

! Auch beim Menschen habe ich ähnliche Versuche angestellt. 
Die Versuchsperson genoss nach ihrem Mittagessen bis zum nächsten 
Morgen nichts ausser vielleicht etwas Flüssiges und injicirte sich 
dann eine Aufschwemmung von Stärke in physiologischer Koch¬ 
salzlösung ana (etwa 250 ccm) in den Anus. Gegen Mittag wurde 
ihr der Magen ausgepumpt, und in jedem Präparat konnte man 
Stärkekörnchen nachweisen. Es empfiehlt sich, hierzu eine be¬ 
sondere Stärkeart zu wählen, die man mikroskopisch leicht er- 
i kennen kann. 

Die Thatsache also, dass kleine Partikelchen vom Mastdarm 
aus hinauf unter günstigen Umständen bis in den Magen wandern, 
scheint mir über allen Zweifel erhaben zu sein. Ich habe sie 
ausserordentlich häufig beobachtet und bei bestimmter Versuchs¬ 
anordnung nie vermisst. Kohlenpulver, Starkekörnchen, Sägemehl, 

I kurz geschnittene, etwa 1—1,5 mm lange Pferdehaare, ja sogar 
j Molinkörner, alles wandert hinauf. Letztere werden übrigens hier- 
| bei vollkommen verdaut, so dass ich niemals ein ganzes Mohnkorn, 
i sondern immer nur mikroskopisch nachweisbare Trümmer der 
| Schalen auffinden konnte. 

Einem sehr naheliegenden Einwande möchte ich hier übrigens 
j noch begegnen, nämlich dem, dass sich die injicirteu Thiere ihren 
Körper putzen und ablecken, vielleicht auch die aus dem Mastdarm 
1 entleerten Massen auffressen. Nun, letzteres wurde dadurch ver- 
1 hindert, dass, weun ein Thier Kothmassen entleerte, es sofort in 
einen anderen Raum, gewöhnlich ein grosses Glasgefäss gesetzt 
wurde. Im übrigen wurdo ihnen der Anus ganz sauber abgewischt, 

I so dass sie bei ihren Putz- und Leckversuchen ausser wenigen Haaren 
i ihres eigenen Körpers, die sich häufig in ihrem Tractus intostinalis 
| vorfanden, keine fremden Körper hinabschlucken konnten. Auch ist 
i dieser Einwand für den Menschen hinfällig, der es wenigstens an 
! sich selbst zu dieser Fertigkeit noch nicht gebracht hat. 
j Die nächste Frage ist nun die. wandern auch unter normalen 
i Bedingungen kleine Nahrungsbestandt heile, die also schon durch 
i den Speichel, den Magensaft und vielleicht durch die Galle ver¬ 
ändert worden sind, anstatt darmabwärts darmaufwärts, oder kann 
in demselben Darrastück gar beides stattfinden? Das ist nun that- 
sächlich der Fall, wie folgender Versuch zeigt. Ich bringe bei¬ 
spielsweise einer Ratte, die 24 Stunden gehungert hat, von hinten 
kleine schwarze Härchen in den Mastdarm und von vorn ebensolche 
weisse. Nach fünf Stunden wird das Thier getödtet, und der 
Contretanz der schwarzen und weissen Haare ist in lebhaftem 
Gange: deun die schwarzen sind nach oben gewandert und finden 
sich in allen Theilen des Dünndarms, sogar einige wenige schon 
im Magen, die weissen aber, zum Theil mit den schwarzen unter¬ 
mischt, im Dünndarm, und zwar die am weitesten vorgeschrittenen 
schon in den unteren Theilen des Dünndarms. Warum gehen nun 
die einen Härchen aufwärts und die anderen abwärts? An der 
Art oder Farbe liegt es natürlich nicht, wie unmittelbare Versuche 
zeigen. Es muss also an der chemischen Beschaffenheit der Flüssig¬ 
keiten liegen, mit welchen sie in dem einen wie in dem anderen 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 







898 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Falle durehtränkt sind, oder vielleicht an der Beschaffenheit der 
Stoffe, mit denen sie überzogen sind. 

Wie verhalten sich hiernach Haare, die längere Zeit im Magen¬ 
saft oder in schwacher Salzsäure von 1 pro mille gelegen haben, 
wenn sie in den Mastdarm eingeführt werden? In der That bleiben 
sie zum bei weitem grössten Theil im Mastdarm liegen, nur einige 
wenige traf ich nach fünf Stunden in den unteren Theilen des 
Dünndarms, und zwar, was auch beachtenswerth, in grossen Mengen 
von schleimigen, galligen Massen. Der ganze grosse Klumpen der 
Haare aber lag im Mastdarm, der selbst durch Gase stark aufge¬ 
trieben war. Aehnlich den Säurehaaren verhalten sich solche, die 
längere Zeit in einer Chlorkaliumlösung von 0,6 % gelegen haben. 
Sie marschiron gar nicht in die Höhe. Häufig wurden sie mit 
dünnflüssigen Massen entleert oder lagen, so weit man dies beur- 
theilen konnte, noch in ihrer ganzen Masse auf dem alten Fleck im 
Mastdarm. 

Ich führte den Thieren weiter Haare ein, die, nachdem sie mit 
Wasser und dann mit Alkohol — wie ich das stets machte — 
sorgfältig gereinigt waren, lediglich in destillirtem Wasser, nicht 
in physiologischer Kochsalzlösung gelegen hatten, desgleichen feinen 
Sand, den ich erst mit Salzsäure behandelt und dann mit Wasser 
wiederholt ausgewaschen hatte. Weder die Wasserhaare noch der 
Sand wanderten aufwärts, sondern sie blieben im Mastdarm liegen 
oder wurden entleert. ” 

Jo nach ihrer chemischen Beschaffenheit werden also kleine 
ma Dann befindliche Körperchen fortbewegt. Sind sie mit schwacher 
Kochsalzlösung durchtränkt, so wandern sie aufwärts; ist das nicht 
der Fall oder sind sie mit anderen Substanzen durchtränkt, so 
bleiben si6 liegen oder gehen, wie wohl in den meisten Fällen, 
abwärts. Die harmlose physiologische Kochsalzlösung, in welcher 
ich eben, um die Dannschleimhaut nicht zu reizen, die in den 
Mastdarm einzuführenden Gegenstände anfangs regelmässig ein- 
legte, war also Schuld an dieser überraschenden antiperistaltischen 
Bewegung. Wenigstens weiss ich vor der Hand keine andere Er¬ 
klärung. 


Ich werde aber in dieser meiner Auffassung bestärkt durch dii 
interessanten Versuche von Nothnagel über die Wirkung voi 
Kali- und Natronsalzen auf die Muscularis des Darmes. Legt mai 
nämlich auf einen ruhenden (am besten) Kaninchendarm einei 
Ar> stall von Chlorkalium, so zieht sich der Darm an dieser Stelh 
ringförmig zusammen: legt man dagegen auf einen ebensolchei 
arm einen Kochsalzkrystall, so bleibt die Contraction nicht au 
die Beruhrungsstelle beschränkt, sondern sie breitet sich mehren 
Centnneter weit aus, und zwar ausnahmslos immer nacl 
open, d. h. nach dem Pylorus zu. 

M} gjaube daher, wir haben hier in meinen Versuchen cin< 
ganz ähnliche Erscheinung vor uns. Nur ist das Kochsalz nichl 
aussen auf die Muscularis aufgelegt und wirkt von aussen, sondern 
eine Losung trifft zunächst, die Schleimhaut und wirkt von innen 
ln beiden Pillen wird aber, und zwar wesentlich auf nervösem 
Wege, eine nach aufwärts gerichtete Bewegung ausgelöst: bei dem 
ihrer n' ^ ot *? n . 8 K e . 1 der gesammtcn Muscularis oder wenigstens 
ihiei Ringfasern bei mir vielleicht auch noch in ganz besonderem 

T . S ° lche , der Muscula ™ mucosae. jL von mir bT 
KörMrrdm i^ 11 !'^ 6 ^ 18 ^ 1 ^^ .? nde ^ Dämlicb nur statt bei sehr kleinen 
i d V" sc *'nellen und leichten Verkehr mit der Darin- 
, *; reten lmd auch leicht fortgeschafft werden können, 

de Jec m"’ da V St ja eben da * Merkwürdige, selbst gegen 
f Kethi^r igen : ler I ! a< ‘ l1 abwäirts Betriebenen Massen, z. B. 

wnrts wsoh b affl en ’i? neb fi n i < . e,,0 . n S1C Torbci gehen müssen, nach auf- 
arts geschafft. Es findet also sowohl ein abwärts gerichteter 

*• d urch die Mitte des Darmrohres verläuft und te 

f™?le?chlr S 7e n it abW beförd ® rt ' . di “ gewöhnliche Peristaltik, wie 
schwnehor wenn auch nicht an denselben Orten — ein 

uml m-e ’ich fW n rt l gerlch ‘ at f Randstrom, der kleine Partikelchen 
• ’ { , c ! fd ail He, auch bestimmte Flüssigkeiten mit hinauf 

d ™es Rand fro 6 1>artif,|le A ,?«Pe»-istaI«äk. Dass nun bei Entstehung 
ist mö^fethT/iT“ hC u h die Muscl| laris mucosae hetheiligt 
michsten Ikgf dCSl ' a ' b g,aubon ' " eil sie ebe " dem Reizorte am 

, P^ se merkwürdige Eigenschaft des Kochsalzes antineristal 

de^M^dLSeÄt 

äÄ:: bw i w Es geiangt 


No. 48 


Fragen wir uns schliesslich noch nach dem Sinn jener merk 
würdigen partiellen, nur auf die Randzone des Darralumens h ’ 
schränkten Antiperistaltik, so kann derselbe, wie ich glaube 
dann gelegen sein, dass die Nahrungsbestandtheile möglichst «« 
genutzt und ausgelaugt werden. Gelangen aus dem Magen xZ 
rungsbestandtheile in den Darm, die noch nicht genügend mit" den 
ersten Nahrungssäften durehtränkt sind, oder enthalten sie vielleicht 
noch zu reichlich Stoffe, wie z. B. das Kochsalz, und sind also noch 
nicht genügend durch die Verdauungssäfte ausgelaugt, so müssen sic 
noch einmal zurück, vielleicht noch einmal bis in den Magen Die 
Beobachtungen an Magenfisteln würden dieser Annahme nicht wider 
sprechen, sondern sie eher unterstützen. 


Indern ich hiermit die an mich gestellten Anfragen, betreffend 
jene eigenthiimliche Antiperistaltik so gut, wie ich es jetzt kann 
beantwortet zu haben glaube, bemerke ich nur noch, dass die aus¬ 
führliche Veröffentlichung der natürlich weiter fortgesetzten Arbeiten 
an anderer Stelle erfolgen wird. 


II. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin. 
Ueber die speciflsche Immunitätsreaction der 
TyphusbaciUen. 

Vorläufige Mittheilung von Prof. R. Pfeiffer. 

1. Das Gift der Typhusbacillen ist, wie ich cs bereits für die 
Clioleravibriouen nachgewiesen habe, hauptsächlich an die Bacterien- 
körpor gebunden und ist im Filtrat frischer Culturflüssigkeit nicht 
nachweisbar. Durch Behandlung mit Chloroformdämpfen oder durch 
einständiges Erwärmen auf 54° C vermag man die Typhusbaeillen 
abzutödten, ohne die in ihnen enthaltenen Giftsuhstanzmi zu schädi¬ 
gen. Die tödtlicho Dosis des so bereiteten Giftes beträgt 8—4 mg 
pro 100 g Meerschweinehenkörper. Die Giftstoffe sind sehr labiler 
Natur. 

J n ( J em Serum von Thieren, welche mit solchem Gift 
iinnmnisirt sind, treten Antikörper auf, welche in analoger Weise, 
wie ich es für die Choleravibrionen nachgewiesen habe, specifisch 
bactericide Wirkung gegen Typhusbacillen zeigen. Baetcrhinwoli- 
Arten und andere, den Typhusbacillen noch näher stehende Baclerien- 
arten werden dagegen, soweit ich sie bisher darauf untersuchen 
konnte, durch das Serum typhusimmuner Thiere nicht stärker be¬ 
einflusst als durch normales Serum. 

8. Mit Hülfe der specifischen Antikörper des Typhus ist es 
daher möglich, die echten Typlmserreger von allen anderen Bai- 
terienarten zu unterscheiden, auch von solchen, für welche die bis¬ 
herigen morphologischen und biologischen Methoden im Stich Hessen. 

4. Derartige Antikörper sind auch im Blut von Typhusreeon- 
valescenten nachweisbar. Es ist damit der ätiologischen Bedeutung 
des Typhusbacillus für den Typhusproccss eine weitere wichtige 
Stütze gegeben. 

5. Meine bisherigen Immunisirungsversuche mit Cholera- und 
Typhusbacterien beweisen mir, dass die specifischen baetenciden 
Stoffe bei richtig geleiteter Immunisirung sich in sehr starker 
Concentration im Blute anhäufen lassen. Versuche an Kranken 
müssen zeigen, ob es möglich sein wird, mit Hülfe derartigen Serums 
auch beim Menschen ähnliche bacterientödtende Effecte wie in Thier¬ 
versuchen zu erzielen und dadurch den Krankheitsverlauf zu beein¬ 
flussen. 

Die genaueren Belege für diese Angaben werden in der ..Zeit¬ 
schrift für Hygiene und Infectionskrankheiten“ durch mich und 
Dr. Kolle, der mich bei diesen Untersuchungen unterstützt bat. 
veröffentlicht, werden. 


III. Aus der mediciuischen Abheilung des Hospitals znm 
Heiligen Geist in Frankfurt a. M. 

Zwei Fälle von Erkrankung* nach. Anwendung 
des Diphtherieheilserums. 1 ) 

Von Dr. V. Cnyrira. 

Einer meiner beiden Assistenten, Herr Dr. Gallus, erkrankte am 

23. October Abends an einer Angina mit Belag, deren diphtheritiscnc 
Natur bacteriologisch festgestellt wurde. Er bekam am 24. October m nc 
Einspritzung von 10 ccra Bohring’schen Heilserums No. 2. am 25 . Octobei 
eine ebensolche von No. 3. Die Krankheit, die als eine leichte zu be¬ 
zeichnen war, lief rasch ab, so dass Patient, dessen Temperatur am 

24. October bis zu 39,6 0 C in recto gestiegen war, am 26. October keine 
lemperaturerhöhung mehr hatte und von der Halsaffection befreit war. 
Die Reconvalescenz schritt in den nächsten Tagen langsam vor. Om? 
Körpergewicht hatte um sieben Pfund abgenommen, und es war ein Geltin 
von grosser Schwäche zurückgeblieben. 

0 Das Manuskript zu nachstehender Mittheilung ging der Kedactiou 
am 15. November d. J. zu. 


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Original fro-m 

UMIVERSITY OF MICHIGAN 





29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


31. October: am IiDken Oberschenkel, dem Ort der vorgenommenen 
Einspritzungen, urticariaartiger Ausschlag, grosse flache, blasse, sehr 
ilüchtige und stark juckende Hauterhebungen. — 1. November: Abends 
Temperatur 38,2°. — 2. Noveniber: Morgens 36,8°, Abends 38,8°. Patient 
hat schlecht geschlafen. Hinter den Unterkiefcrwinkelu vergrösserte, 
etwas schmerzhafte Drüsen zu palpiren. Auch Inguinaldrüsen geschwollen. 
Zunge stark belegt; Nachmittags und Abends 'Kopfschmerzen und all¬ 
gemeines Krankheitsgefühl. — 3. November: Temperatur Morgens 38,0 °, 
Abends bis 39,5 °. Ausser der Urticaria kleine, rötbliche, nicht juckende 
Flecken an verschiedenen Stellen der Haut. Geschwollene Drüsen am 
Nacken, Unterkiefer, Ellbogen und in inguine. Schmerzon in Knie- und 
Ellbogengelenken bei Bewegung derselben, Muskelschmerzen, hiimmemde 
Kopfschmerzen, schweres Krankheitsgefühl. — 4. November: Temperatur 
Morgens 38,0°, Abends 38,4°. Ausschlag beginnt zu verblassen. Keine 
Gelenkschmerzen mehr, noch ziehende Schmerzen in den Extremitäten. — 

5. November: Temperatur 37,3° bis 37,0°. Der bisher sehr frequente 
Puls (bis zu 112) wird ruhiger (80—86). Ausschlag fast verschwunden. 
Zunge ziemlich rein. Heftige Muskelschmerzen im Oberarm bei Be¬ 
wegung, Schmerzen in den unteren Extremitäten, wenn dieselben ruhig 
aufgesetzt sind oder herabhängen. — 6. November: Temperatur 37,4° bis 
37,9 ü . Drüsenschwellungen haben bedeutend abgenommen. Appetit besser. 
Schmerzen im Arm nach dem Mittelfinger ausstrahlend. Noch grosses 
Schwächegefühl. — 7. November: Temperatur 37,0° bis 37,6°. — 8. No¬ 
vember: Temperatur 374° bis 37,4°. — 9. November: Temperatur 36.6° 
bis 36,8 °. Puls 68—78. Die Krankheitserscheimjngen sind langsam ge¬ 
schwunden bis auf geringe, vago Schmerzen in den Extremitäten, leicht 
erregbaren Puls, rasche Ermattung nach geringen Bewegungen. — 12. No¬ 
vember: Patient, voraussichtlich noch für längere Zeit arbeitsunfähig, reist 
zu seiner Erholung nach Hause. 

Als Herr Dr. Gallus, wie oben berichtet, an Diphtherie erkrankte, 
hatte sich hei dem anderen Assistenten der mcdicinischen Abtheilung, Herrn 
Dr. Körte, eine anscheinend nur katarrhalische Angina (ohne Belag) ein¬ 
gestellt. Da man an eine gemeinsame Jnfection denken musste, so machte 
sich der Letzgenannte am 25. October eine Einspritzung von 10 ccm 
Heilserum No. 1. 

26. October: die Injectionsstelle (am linken Oberschenkel) sehr 
schmerzhaft, das Gehen beträchtlich erschwert. — 27. und 28. October: 
Keine Störung des Befindens mehr. — Vom 29. bis 31. October: Ver¬ 
minderung des Appetits, gestörter Schlaf, ständiges Hitzegefühl, bei 
leichter Bewegung Schweiss, Mattigkeit und Ziehen in den Gliedern. — 
31. October: Morgens plötzlich heftige, reissende Schmerzen im Nacken, 
so dass der Kopf kaum bewegt werden konnte. Abends Temperatur 
in rccto 39,1 °. Schlaflose Nacht. — 1. November: Temperatur 
Morgens 38,9 °, Abends 39,6 °. Am Unterkieferwinkel eine ange¬ 
schwollene, druckempfindliche Drüse. Ein heftiger Juckreiz, der sich 
schon Tags zuvor an der Injectionsstelle eingestellt hatte, breitete 
sich weiter aus und befiel noch andere Körperstellen, indem sich mehr¬ 
fache, bald wieder erblassende Urticariaquaddeln ausbildeten. Schweres 
Krankheitsgefühl. — 2. November: Temperatur Nachts 39,2". Morgens 
38,3°; Abends 38,9°. Drüsenanschwellungen in der Supraclaviculargegend, 
in Achselhöhle und Leiste. Juckende Urticaria, über den ganzen Körper 
hier und da verbreitet, dazwischen auch hellrothes Erythem, das nur wenig 
juckt. Die sonstigen Störungen bestehen fort. — 3. November: Temperatur 
37,6—38,6 °. Urticaria verschwunden. Klopfende Schmerzen im Nacken, 
im Hinterkopf, sowie in den Augen. Abends plötzlich Parästhesicon in beiden 
Händen, danach ziehende Schmerzen im rechten, weniger im linken Arm; 
sie lassen den Patienten nicht schlafen. •— 4. November: Temperatur37,0 0 
bis 38,0° (Nb. bei Gebrauch von Phenacetin a 1,0; auch in den folgenden 
Tagen wurde dieses Medicament wiederholt gebraucht). Drüsenanschwel¬ 
lungen haben abgenommen, Allgemeinbefinden besser, aber die Schmerzen 
im Arm halten an. — 5. November: Temperatur 37,0° bis 37,5°. — 

6. November: Temperatur 36,7° bis 37,1°. — 7. November: Temperatur 
36,6° bis 36,9°. Während alle sonstigen Krankhoitserseheinungen zurück¬ 
gehen, sind heftige Schmerzen im rechten Arm noch geblieben; Druck¬ 
empfindlichkeit am Oberarm im Verlauf des Nervus medianus und am 
Ansatz des Deltoideus; Bewegung des Arms sehr gehindert. Zeitweise 
auch im linken Oberarm blitzartige Schmerzen. — 8. und 9. November: 
Arm nicht besser, Schlaf durch die Schmerzen sehr gestört. In den 
nächsten Tagen ist das sonstige Befinden gut, bis auf Mattigkeit* wegen 
gestörten Schlafes. Gewichtsverlust 5 Pfund. — Am 15. November reist 
Patient, dessen Assistentenzeit abgelaufen ist, nach seiner Heimat, noch 
mit Schmerzen im rechten Arm und stark behinderter Gebrauchsfähigkeit 
desselben. 

In beiden Krankheitsfällen war leider versäumt worden, die Milz¬ 
grenzen frühzeitig zu bestimmen, doch ist es nicht zweifelhaft, dass im 
einen, wie im anderen Fall eine mässige Vergrösserung der Milz einge¬ 
lrot en war, die wieder zurückgegangen ist. — Albumen im Urin wurde 
niemals gefunden. 

Die Gleichzeitigkeit und die grosse Aehnliehkeit der Erkran¬ 
kung beider Collegen lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass 
es sich um eine Wirkung des Heilserums gehandelt hat. Das 
Mittel war aus Höchst bezogen — indirekt, und zwar No. 2 und 3 
aus anderer Vermittlerstelle als No. 1. Dass die Einspritzung 
streng aseptisch ausgeführt worden, ist selbstverständlich. Es hat 
sich überdies getroffen, dass dem einen Patienten die Injection mit 
anderer Spritze und von anderer Hand gemacht worden ist, als 
dem zweiten. Die Möglichkeit einer zufälligen Verunreinigung 
des Serums beim Act der Einspritzung ist demnach als Krank¬ 
heitsursache ausgeschlossen, und es muss das Agens für die Er¬ 
krankung in dem Serum selbst gesucht werden. Sehr auffallend 


89g 

ist, dass bisher, ausser dem in No. 45 dieser Zeitschrift von 
Lublinski mitgetheilten Fall, keine ähnlichen Erkrankungen nach 
Anwendung des Heilserums veröffentlicht worden sind, wie hier 
zwei solche neben einander sich ereignet haben. Bezüglich ihrer 
Genese enthalte ich mich aller Betrachtungen oder Vermuthungen. 
Ich gebe ihre Geschichte als Beitrag zum Studium der Eigen¬ 
schaften des neuen Mittels. Wenu, wie ich hoffe und glaube, das¬ 
selbe sich im Kampfe gegen die Diphtherie bewähren wird, so ist 
es doch auch nöthig, zu wissen, dass es ausnahmsweise einmal 
unerwünschte Wirkungen nach sich ziehen kann. Die Erkrankung 
der beiden Aerzte war keine geringfügige und keine rasch vor¬ 
übergehende. Einer wie der andere erklärte wiederholt, dass er unter 
derselben mehr leide und dass er von ihr tiefer afficirt sei, als dies 
durch eine leichte Diphtherie geschehen könne. Ich verhehle mir 
nicht, dass die gleichen Krankheitserscheinuugen, wenn sie ein 
kleines oder ein schwächliches Kind befallen sollten, als eine Sache 
von ernster Art betrachtet werden müssten. Vielleicht, wenn ein¬ 
mal die Aufmerksamkeit auf solche Nebenwirkungen des Heilserums 
gelenkt worden ist, wird es gelingen, die Herstellung desselben 
so zu leiten, dass ihr Vorkommen für die Zukunft ausgeschlossen 
wird. 

IV. Aus dem hygienischen Institut der Universität 
Greifswald. 

Ueber die Schutzkraft des Blutserums von 
Diphtheriereconvalescenten und gesunden 
Individuen gegen tödtliche Dosen von 
Diphtheriebacülenculturen und Diphtherie- 
bacillengift bei Meerschweinchen. 

Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten. 

Für eine Anzahl von Infectionskrankheiten des Menschen, bei 
welchen wir uns das Zustandekommen der Heilung und der nach¬ 
folgenden Unempfänglichkeit für den specifischen Krankheitserreger 
in erster Linie durch die Production von Antikörpern hervorge¬ 
bracht denken müssen, ist der Beweis geliefert worden, dass das 
Blutserum der Reeonvaleseenten Versuehsthiere gegen dio Erreger 
der überstandenen Erkrankung zu immunisiren vermag. So für die 
Pneumonie von Klemperer, für die Cholera von Lazarus, 
Klern per er und besonders genau von R. Pfeiffer und Issaeff, 
für den Typhus von R. Stern und von E. Neisser. 

Hinsichtlich der Diphtherie, bei welcher die Verhältnisse 
ähnlich liegen, sind von Klemensiewicz und Escherich 1 ) Unter¬ 
suchungen in derselben Richtung angestellt worden, die sich aller¬ 
dings nur auf zwoi Fälle erstrecken. Die Resultate dieser Studien 
waren folgende: 

Fall 1. Einem neunjährigen Kinde, welches eine leichte Diphtherie 
durchgemacht hat, wird 23 Tage nach dem Schwinden der Rachenbeläge 
mittels Aderlasses Blut entzogon. Von dem defibrinirten Blute erhalten 
zwei Meerschweinchen intraperitoneal 5,5 bezw. 3,8 ccm. Am nächsten 
Tage werden dieselben mit Diphtheriebouilloncultur subcutan inficirt; sie 
überstehen diese Impfuug reactionslos, während zwei mit gleichen Cultur- 
mengen inficirte Controllmeerschweinchon nach 8 und 19 Tagen eingehen. 
Neun Tage später werden beide Serumthiere subcutan mit geringen 
Quantitäten Diphtheriebouilloncultur inficirt. Beide bleiben nach leichter 
Reaction am Leben, aber auch das Controllthier überstellt die Infection. 
Abermals neun Tage später erneute Infection beider Thicre mit grösseren 
Culturdosen. Serumthier 1 überlebt unter Reaction mit Infilfcratbildung an 
der Impfstelle, geht aber bei einer weiteren, 21 Tage darauf erfolgenden 
Infection mit einer hohen Dosis vollvirulenter Cultur in 30 Stunden ein. 
Serunithier 2 bekommt ein starkes Infiltrat, erhält darauf von dem 
Blutserum des unten beschriebenen Falles 2 2,8 ccm injicirt und bleibt 
am Leben. Ein Controllthier, welches verhältnissmässig viel geringere 
Culturmengen als die Serummeerschweinchen erhalten hatte, magert stark 
ab und stirbt nach 39 Tagen an Pneumonie. 

Fall 2. Einem fünfjährigen Kinde, welches eine schwere Diphtherie 
durchgemacht hat (Tracheotomie) wird mittels Aderlasses Blut entzogeu, 
und zwar neun Tage nach dem Schwinden der Beläge. Von dem Serum 
erhalten drei Meerschweinchen 1,2 und 3 ccm intraperitoneal. Die beiden 
ersten Thicre ertragen ganz reactionslos die am nächsten Tage erfolgende 
subcutane Infection mit Mengen von Diphtheriebouilloncultur, welcho 
gleich schwere Controllmeerschw'einchen in 131, bezw. 36 Stunden tödten. 
Eine 13 Tage darauf ausgeführte Impfung mit grossen Dosen Bouillon- 
cultur (etwa dem zwei- und fünffachen der für Controllthiere tödtliehen 
Dosis) führt ihren Tod in 24 und 32 Stunden herbei. Das dritte Meer¬ 
schweinchen, welches 3 ccm Serum erhalten hatte, erträgt reactionslos 
die zwei Tage darauf erfolgende Infection mit (mindestens) der zweifachen 
für Controllthiere tödtliehen Dosis Diphtheriebouilloncultur, geht aber 
schnell auf die einen Monat später erfolgende Impfung mit einer ver¬ 
hältnissmässig grossen Menge Diphtheriebouilloncultur zugrunde. 

l ) Klemensiewicz und Escherich, Ueber einen Schutzkörper im 
Blute der von Diphtherie geheilten Menschen. Centralblatt für Bacteriologie 
Bd 13. S. 153. 


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900 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Aus diesen Versuchen leiten die Verfasser die gewiss richtige 
Folgerung ab, dass das Serum der beiden Patienten die Fähigkeit 
besessen hat, Meerschweinchen gegen eine tödtliche Infection mit 
Diphtheriecultur zu schützen. Da sich bei Versuchen mit dem 
Blutserum von gesunden Menschen eine Schutzkraft desselben 
nicht zeigte, — nähere Angaben über derartige Versuche sind 
leider nicht gemacht worden — so schliessen sie weiter, dass 
schützende Wirkung gegen Diphtherieinfection „dem menschlichen 
Blute als solchem nicht zukommt, sondern erst durch das Ueber- 
stehen des diphtheritischen Infectionsprocesses erworben wird.“ 

Die Verfasser ziehen dann weiter aus dem Sterben der Meer¬ 
schweinchen in Versuch 2 auf eine 13 Tage nach der überstandenen 
ersten Impfung erfolgende zweite Infection den Schluss, dass die 
schützende Wirkung des Serums im Thierkörper bei den zur An¬ 
wendung gekommenen Dosen nach 14 Tagen verschwunden war. 
Dieser Folgerung ist nicht ohne weiteres zuzustimmen. Um ein 
sicheres Urtheil über die Dauer der durch das Serum hervorge¬ 
brachten Schutz Wirkung zu haben, hätte man eine Anzahl von 
Thieren ein, zwei, drei Wochen u. s. w. nach der Injection gleicher 
Serummengen zum ersten male mit Diphtherie infieiren müssen. 
Bekommen die Meerschweinchen aber am Tage nach der Serum- 
gabe eine Diphtheriedosis, wie in den Versuchen der Verfasser, so 
ist damit ihre Rolle ausgespielt, was die Beurtheilung der Serum¬ 
wirkung betrifft. Der tödtliche Effect einer 14 Tage später er¬ 
folgenden zweiten Infection kann sich dadurch erklären, dass schon 
bei der ersten Infection die ganze durch das Serum hervorgebrachte 
passive Immunität aufgebraucht worden ist. Ein etwaiges Ueber- 
stehen der zweiten Infection brauchte andererseits nicht auf Rech¬ 
nung der Serumwirkung allein geschoben zu werden, könnte viel¬ 
mehr auch so erklärt werden, dass eine active Production von Anti¬ 
körpern durch das Ueberstohen der ersten Infection veranlasst 
worden war, was bekanntlich nicht immer, aber doch bisweilen 
tatsächlich der Fall ist. Die Verfasser begehen mit ihrer Deutung 
einen Fehler, welcher sich aus der Nichtbeachtung des „ne bis in 
idem“ ergiebt, ähnlich wie Tizzoni und Centanni bei ihren Ver¬ 
suchen über die Vererbung der Rabiesimmunität.*) Es giebt nur 
eine Möglichkeit, um bei wiederholter Impfung einigermaassen 
sichere Urtheile über die Wirkungsdauer des injicirten Serums zu 
erhalten; man muss gleich schwere Thiere ganz in der gleichen 
vY eise mit Diphtherie behandeln und nur die Serumdosis variiren. 
An der Hand eines Versuches wird diese Möglichkeit weiter unten 
erläutert werden. 

Fassen wir die von Klemensiewicz und Escherieh er¬ 
arbeiteten Resultate zusammen, so zeigten dieselben, dass dem 
Serum von Diphtheriereconvalescenten 9, respeetive 23 Tage nadi 
Ablaut der Erkrankung eine bezüglich des Serums gesunder er¬ 
wachsener Personen nicht nachweisbare Schutzwirkung go^en den 
Effect künstlicher Diphtherieinfection beim Meerschweinchen zu¬ 
kam. Ueber die Höhe der Schutzwirkung und über die Dauer 
derselben vermögen uns die Versuche keine sicheren Aufschlüsse 
zu liefern. 

r , P}® besprochene Arbeit von KleinensieuTcz und Escherich 

^ ^ enthielt meines Wissens die_einzigen in der Litteratur vorhandenen 

Angaben über das Immunisirungsvermögen des Blutserums von 
Diphtheriereconvalescenten, als ich im Februar 1894 die Möglichkeit 
gewann, gelegentlich einer in Greifswald herrschenden Diphtherie- 
cpidemie Beobachtungen über denselben Gegenstand anzustellen, 
versuchen*- Untersucblln & en sollten folgende Fragen zu beantworten 

Besitzt, das Serum von Diphtheriereconvalescenten schützende 
ge £ e ? ^Pbfhenemfection, resp. Diphtheriegiftwirkung 
ei Meerschweinchen? Die zwei in der Arbeit von Escherich 

wh !cn e ^ SieW1 - C f b ®^ beiteten Fälle genügten für die Beurtei¬ 
lung dieser Frage jedenfalls noch nicht. 

wirkmJ V w^ laD?e i nach ^erstandener Krankheit tritt diese Schutz¬ 
wirkung auf, wie ange hält sie an und wie stark ist sie? 

sunder TnW VieUeicht , ei P e Schutzkraft auch dem Blutserum ge- 
der Fnll 1 i«f Zl i: Z me diphtheriekrank waren; wenn dies 

deLn ^l erSchc l det sich dio Höhe dieser natürlich vorhan- 

wenn" neu? T °" der durch Ueberstehen einer Diphtherie ge- 

übeiiebe b wert U lin Zt ’ 7<° i *' h J , - ncine Studieu der Oeffentliehkeit 
Stellte sieh n in nt i felnt ’ dlese Fra ß cn ffdöst zu haben. Es 

2 nl lÜ j k re?“ 8 ’ dass Untu^ucbungen in dem ge- 
F mfange durchzuführen unmöglich war. Da dem Institute 

Ssse MThe n DinhH 6r - niCht T « Ä 

waren S tl . le « eree °u v alesc,?nten zu finden, welche bereit 
? B ! t n * z,ehun S en machen zu lassen. Aus begreiflichen 
Gr ünden kon nten fast nur Erwachsene untersucht we^ Ade“ 

ImmiiniMt^eT^etnnu^'z^itsehr f H H^"ne r ’Bd Ue i8. r g die 5c Vererbun e der 


No^ 

lasse zu machen, wurde von denselben niemals gestattet um 
Sehrüpfköpfe zu setzen wurde erlaubt, so dass also nur «em», 
Quantitäten Blut zur Verfügung standen. Ferner war es° nicht 
möglich, die Patienten für eine beliebig bestimmte Zeit nach H- 
lauf der Erkrankung zur Blutentnahme zu bekommen oder dem¬ 
selben Individuum zu verschiedenen Zeiten Blut zu entnehmen 
Deshalb konnte nicht das Nacheinander des Immunisirungsverlaute- 
an einem Kranken studirt werden, sondern nur durch Beobachtung 
einer Reihe von Kranken zu verschiedenen Zeiten nach Ablauf der 
Krankheit ein Anhalt bezüglich desselben gewonnen werden wo¬ 
durch natürlich nicht so zuverlässige Resultate wie bei fortge¬ 
setzter Beobachtung desselben Kranken erzielt werden konnten. 
Ich blieb eben überall von dem guten Willen der Patienten ab¬ 
hängig, der selbst mit klingenden Ueberredungsmitteln nicht immer 
in die gewünschten Bahnen zu lenken war. 

Dass ich es wage, meine Untersuchungen trotz ihrer mir wohl 
bewussten UnVollständigkeit zu publiciren, hat zwei Gründe 
Erstens glaube ich, dass dieselben doch zur Beantwortung der 
aufgeworfenen Fragen einige nicht unerhebliche und nicht uninter¬ 
essante Beiträge zu liefern und damit anderen Untersuchern, welche, 
auf ein eigenes Krankenmaterial gestützt, den Fragen näher treten 
wollen, eine gewisse Grundlage zu bieten vermögen. Zweiten* 
aber werde ich, infolge des Zurückgehens der hiesigen Diphtherie¬ 
epidemie voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein, weitere 
Studien über den Gegenstand machen zu können. 

Das zu den Untersuchungen nöthige Blutserum wurde auf 
folgende Weise gewonnen: Der Rücken des Patienten wurde 
zwischen den Schulterblättern mit Wasser und Seife, daun mil 
Sublimatlösung, darauf mit Alkohol und endlich mit Aether ge¬ 
reinigt und desinficirt. Darauf wurden 1—3 Schröpfköpfe, welche 
nebst Wattebausch im Trockenschranke vorschriftsinässig sterilisirt 
worden waren, gesetzt: in denselben wurde der luftverdiumte Raum 
nicht, wie es vielfach in der Praxis geschieht, durch Eintauchen 
der Schröpfköpfe in kühles Wasser und durch Ausbrennen mit einem 
Tropfen Spiritus, sondern, um j'ede Spur fremder Flüssigkeit fern 
zu halten, nur durch Erwärmen über einer Flamme erzeugt. Zum 
Scarificiren diente ein durch Begiessen und Abbrennen mit Alkohol 
sterilisirter Schnepper, nach dessen Anwendung die schon vorher 
benutzten Schröpfköpfe wieder gesetzt wurden. Nach dem Auf- 
liören der Blutung wurden die Schröpfköpfe mit den inzwischen 
in einer sterilen Schale aufbewahrten Wattebäuschen wieder ge¬ 
schlossen und 24 Stunden lang im Keller bei circa 10° aufbewahrt. 
Dann hatte sieh ein meist völlig klares Serum abgeschieden. 

Bestimmte Mengen von dem Serum wurden darauf Meer¬ 
schweinchen intraperitoneal oder subcutan beigebracht. DieThierever- 
trugen selbst bet rächtliche Dosen, mehrere Cubikcentimeter, anstands¬ 
los; nur bei einem Thiere trat eine Infection an der Iryectionsstell*- 
auf. Bisweilen war es nötliig, wenn nur wenig Serum gewonnen 
war, eine blutig tingirte Flüssigkeit zu injiciren. 

Gleichzeitig mit der Serum injection oder 24 oder 48 (einmal 
auch 72) Stunden später wurde den Meerschweinchen die Di- 
phtherieinjection gemacht. Dieselbe wurde immer subcutan in der 
Bauchgegend vorgenommen, und zwar, wenn das Serum ebenfall* 
subcutan eingespritzt worden war, an der entgegengesetzten Körper* 
seite, um beurtheilen zu können, ob eine etwa eintretende Infiltra¬ 
tion dem Serum oder der Diphtherie zur Last zu legen wäre. AU 
Impfmaterial wurden entweder Diphtheriebouillonculturen oder ein 
aus denselben gewonnenes Gift benutzt. Die verwendeten I)i- 
phtherieculturen stammten alle von derselben Bacillenrace. E* 
wurden stets 48stündige Bouillonculturen gebraucht, deren Viru¬ 
lenz während der Dauer der Untersuchungen leichten Schwan¬ 
kungen unterlag, so dass die Dosis letalis minima zwischen 0.01 
und 0,02 ccm pro 500 g Meerschweinchen variirte. Es war darum 
nöthig, stets bei den Versuchen über die Wirksamkeit des Serunb 
Controllthiere zu verwenden und auch häufig die geringste tödt- 
liche Dosis zu bestimmen. Auf der Tabelle S. 901 sind dm 
Controllthiere nicht aufgeführt worden, um die Uebersicht ment 
unnöthig zu erschweren; bei jedem Versuchsthier ist aber an¬ 
gegeben, um wie viel mal die ihm gegebene Cuiturmenge die nn 
Thiere seiner Grösse sicher tödtliche Dosis übertrifft. Es wag 
noch besonders erwähnt spin, dass in der Tabelle die Versucht* 
mit mehreren Serumarte]] aus dem Grunde als nicht bewegen' 
fortgelassen worden sind, weil die Infection der Controllthiere nie i 

ein ganz unzweifelhaftes Resultat ergeben hatte. . 

Da das Diphtheriegift quoad infectionem viel eher eine Grn^t 
von constanter Wirksamkeit darstellt als die lebende Cultur, 
wurde solches für eine Anzahl von Versuchen herangezogen. * 1 
Absicht wurde es nicht ausschliesslich verwendet, da die Möglich 
keit vorlag, dass das Serum den lebenden Bacillen sich anders a & 
dem Gifte gegenüber verhalten könnte. Das Diphtheriegift bes an' 
aus zwei Wochen alter Bonilloncultur, welche nach Zusatz ui 
Fortsetzung des Textes s. 8. 902. 


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29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


901 


fabollo I. Ergebnisse der Untersuchung des Blutserums von Diphtheriorecouvaloscenten. 


I 


No. 


Bemerkungen übor 
den Patienten und 
die Krankheit 


Blut¬ 

entnahme 

am 

wievielten 
jTage nach 
der 
Krankheit 


Gewicht 
der Meer¬ 
schwein¬ 
chen 


Injicirte 

Serummenge, 

Injeetions- 

stelle 


Termin der 
Diphtherie- 
injection im, 
Verhältnis 
zur Serum-j 
ein¬ 
spritz ung 


Art 

des Infections- 
materials 


Dosis des 

Diphtheriematerials 
das wie¬ 
vielfache 
der 

tödtlichenj 
Dosis 


absolut 


Verlauf der 
Diphtherieinjection 


Bemerkungeu. 


19jähriger Mann. 
Schwerer Fall. 
Diphtheriebacillen 
gefunden. 

20jiihriges Mädchen. 
Leichter Fall. Di¬ 
phtheriebacillen 
gefunden. 
20jährigor Mann. 
Mittelschwerer 
Fall. Diphtherie- 
bacillen gefunden. 
22jähriger Mann. 
Leichter Fall. Di¬ 
phtheriebacillen 
gefunden. 


.iÖjähriges Mädchen. 
: Leichter Fall. Di- 
phtheriebacillen 
gefunden. 


zweiten 


.vierten 


fünften 


sechsten 


280 g 

735 g 

280 g 

540 g 
450 g 


achten | 210 g 

200 g 


0,7 ccm 
subcutan 


|0,8 ccm intra- 
poritoneal 


1,25 ccm 
subcutan 


0,8 ccm v 
subcutan | 
1,4 ccm ( 
subcutan ’ 


2,8 ccm 
subcutan 
0,2 ccm 
subcutan 


G ( 20jähriger Mann, i neunten 285 g 1,6 ccm intra- 


2 Tage 
später 


3 Tage 
später 


2 Tage 
später 


2 Tage 
später 


2 Tage 
später 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 

Bouilloncultur 


Diphtheriegift 


0,02 ccm 

0,02 ccm 

0,02 ccm 

0,015 ccm 
0,015 ccm 


0,05 ccm 



Leichter Fall. Di¬ 

! 

1 

peritoneal 

j später 


phtheriebacillen 


1 


1 


gefunden. 


1 



7 

18jähriger Mann. 

neunten 

250 g 

4,1 ccm 

' 


Leichter Fall. Di¬ 



subcutan 



phtheriebacillen 


250 g 

1.5 ccm intra- 

1 Tag 


gefunden. 



peritoneal 

später 




245 g 

0,55 ccm 






subcutan 


8 

20jähriger Manu. 

neunten 

200 g 

0,65 ccm v 



Mittelschwerer 



subcutan | 

1 Tag 


Fall. Diphtherie¬ 


210 g 

0,2 ccm \ 

später 


bacillen gefunden. 



subcutan ' 


9 

20jähriger Mann. 

zehnton 

285 g 

1,4 ccm 




Mittelschwerer Fall. 



subcutan 

\ 

1 1 Tag 


Diphtheriebacillen 


300 g 

0,7 ccm 

) 

später 


gefunden. 



subcutan 



10 

20jähriger Mann. 

elften 

360 g 

3,2 ccm , 




Leichter Fall. Di- 



subcutan 


1 Tag 


phtheriebacillen ge¬ 


290 g 

2,0 ccm 


später 


funden. 



subcutan ‘ 

/ 


11 

23jähriger Mann. 

ca. 17 * 

860 g 

1 ccm intra-. 



Sehr schwerer Fall. 

Monate 


peritoneal 1 

2 Tage 


Diph t h eri ebacill en 


430 g 

0,6 ccm | 

später 


gefunden. 



subcutan ' 


12 

35jähriger Mann. 

ca. 2 1 

320 g 

0,5 ccm 

2 Tage 


Schwerer Fall. Di¬ 

Monate 


subcutan 

später 


phtheriebacillen ge¬ 


380 g 

1,0 ccm 

2 Tage 


funden. 



subcutan 

später 




575 g 

l,5ccmintra- 

Gleich¬ 





peritoneel 

zeitig . 

13 

30jähriger Mann. 

ca. 2 Vs 

635 g 

1,6 ccm . 



Schwerer Fall. 

Monate 


subcutan | 

1 Tag 


Starke Lähmungen. 


628 g 

2,5 ccm j 

später 





subcutan ' 


14 

12jähriges Mädchen. 

ca. 5 

180 g 

1,0 ccm 




Schwerer Fall. 

Monate 


subcutan 






180 g 

1,0 ccm 







subcutan 


2 Tage 




340 g 

0,5 ccm 


später 


I 



subcutan 




j 


350 g 

1,0 ccm 




J 



subcutan 




1 Tag Diphtheriegift 0,06 ccm 


! Diphtheriegift 


Diphtheriegift 


; Diphtheriegift 


Diphtheriegift 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 


Bouilloncultur 


0,05 ccm 
0,05 ccm 
0,05 ccm 
0,05 ccm 
0,05 ccm 

0,06 ccm 
0,06 ccm 
0,07 ccm 
0,06 ccm 
0,02 ccm 
0,02 ccm 

0,05 ccm 
0,05 ccm 
0,05 ccm 
0,02 ccm 
0,02 ccm 

0,012 ccm 
0,03 ccm 
0,02 ccm 
0,02 ccm 


2,2 


1,5 

1,5 


1,5 


1,05 

1,2 

1,2 

1,2 

1,5 

1,4 


1,05 

1 

1 ) 
1,03 j 

1,5 

2 

4 

3,3 

2,2 

2 

2 


1,6 

1,6 


Tod nach 60 Stunden 


Tod nach 8 l /a Tagen 


Tod nach 57a Tagen 


Tod nach 5 Tagen 
(siehe Bemerkung) 
[Tod nach 40 Stunden 


Keine Reaction 


Keine Reaction 


Keine Reaction 


Keine Reaction 

[Starkes Infiltrat, nach 
14 Tagen abgestos- 
sen. Tod nach 33 
Tagen an Marasmus.) 
Gewicht 160 g. 

Tod nach 40 Stunden 

Tod nach 40 Stunden 


Keine Reaction 

Tod nach 4 Tagen 

2 - Markstückgrosses 
Infiltrat. Ueberlebt.] 
Tod nach 36 Stunden 

Tod nach 50 Stunden 

Tod nach 42 Stunden 

Tod nach 48 Stunden 

Starkes Infiltrat, nachl 
10 Tagen sich ab-| 
stossend. Ueberlebt. 


[Das Thier hat nach 
zwei Tagen ein sehr 
grosses Infiltrat und 
wird in besonderer 
Weise behandelt, so 
dass sein Tod da¬ 
durch hinaus ge¬ 
schoben wird. 

[Thier No. 1 bekommt 
eine Infection ander 
Injectionsstelle; ca. 
einen Monat später 
inficirt, überlebt es 
ebenso aber auch 
das mit derselben 
Dosis inficirte Con- 
t-rollthier. 


Keine Reaction 


Das denThierenNo.3 
und 4injicirte Serum 
hat 5 Tage kalt ge¬ 
standen. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48 


902 


i/ 2 0/0 Carbolsäure keimfrei filtrirt worden war. Von dem Filtrat 
war die minimale tödtliche Menge für 500 g Meerschweinchen 
0,0833 ccm. 

Die Tabelle No. I (S. 901) giebt die bei der Untersuchung des 
Serums von Diphtheriereconvalescenten erhaltenen Resultate wieder. 
Die studirten 14 Fälle sind gemäss der Zeitdauer geordnet worden, 
welche vom Ablauf der Erkrankung bis zum Tage der Blut¬ 
entziehung verstrichen war. Als Termin des Ablaufes der Er¬ 
krankung habe ich den Zeitpunkt gerechnet, an welchem die Be¬ 
läge völlig aus dem Rachen verschwunden waren. In Fall 1—12 
ist der Beweis für die echte diphtherische Natur der überstandenen 
Krankheit durch den Nachweis von Diphtheriebacillen mittels des 
Culturverfahrens erbracht worden. Fall 13 war durch schwere 
diphtherische Lähmungen charakterisirt, Fall 14 soll nach Angabe 
des behandelnden Arztes unzweifelhafte Diphtherie gewesen sein. 

Betrachtet man die Resultate, welche die Seruminjectionen 
gehabt haben, so fällt zunächst auf, dass in dem ersten bis vierten 
Falle, d. h. vom zweiten bis sechsten Tage nach Ablauf der Er¬ 
krankung eine schützende Wirkung sich nicht bemerkbar macht. 
Das zwischen dem achten und elften Tage nach Ablauf der Diphtherie 
gewonnene Serum (Fall 5—10) zeigt dagegen in fünf von sechs 
Fällen deutlich schützende Kraft. Im nächsten Fall (11) waren 
leider bereits IV 2 Monate nach vollkommener Heilung zur Zeit der 
Untersuchung verstrichen, wodurch eine Lücke im Beobachtungs¬ 
zeitraum entsteht. Dem Serum dieses Patienten wohnt vielleicht 
noch etwas Schutzvermögen inne, ebenso dem des Falles 13. Bei 
No. 12 ist keinerlei Schutzkraft zu erkennen, bei No. 14 ist die¬ 
selbe aber wieder in hohem Maasse vorhanden. 

Nach diesem Ueberblick über die Tabelle würde das Urtheil 
dahin abzugeben sein, dass das Blutserum von Diphtherierecon¬ 
valescenten bis zum sechsten Tage nach Ablauf der Infection keine 
Schutzwirkung äusserte; dass es vom achten bis elften Tage an 
in der Mehrzahl der Fälle eine solche erkennen liess, dass es nach 
Verlauf von Monaten dieselbe, aber nur noch in vermindertem 
Maasse oder gar nicht, nur vereinzelt noch vollkommen zu besitzen 
schien. (Schluss fc^lgti.) 

V j't 

V. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Greifswald. 

Die in der Greifswalder medicinischen Klinik 
erlangten Resultate mit Behring's Heilserum 
hei an Diphtherie erkrankten Personen. 1 ) 

Von Dr. Börger, Assistenten der Klinik. 

Meine Herren! Mir ist von meinem hochverehrten Chef, Herrn 
Geheimrath Mosler, der ehrenvolle Auftrag geworden, Ihnen heute 
über unsere bisherigen Erfahrungen mit der Heilserumtherapie bei 
Diphtherie zu berichten. Wie Ilmen bekannt, sind bereits einige 
derartige Publicationen — abgesehen von den Arbeiten Behring’s 
und seiner Schüler — gemacht worden: vor allem von Heubuer, 
der auch auf dem internationalen Congress in Rom darüber ge¬ 
sprochen hat; ausserdem aus einigen Berliner Krankenhäusern, 
die schon im Anfang dieses Jahres von Behring selbst das Mittel 
zum klinischen Versuche erhalten hatten. 

Da wir nicht zu diesen Auserlesenen gehörten, so mussten wir 
so lange warten, bis das Diphtherieantitoxin freigegeben und in den 
Handel gebracht war. Als die Höchster Farbwerke Anfang 
August d. J. den Verkauf ankündeten, setzten wir uns alsobald 
in den Besitz des Serums und konnten am 16. August an einem 
geeigneten Falle die erste Injection vornehmen. Die Zahl der 
seitdem auf diese Weise von uns behandelten Kranken hat 30 
schon überschritten; da aber noch mehrere davon zur Zeit im 
Krankenhause sich befinden, so gebe icli die nachfolgenden An¬ 
gaben auf Grund der ersten 30 von uns beobachteten und in 
ihrem Krankheitsverlauf vollkommen abgeschlossenen Fälle. 

Ueber die Fdrm, in der das Serum von den Höchster Farb¬ 
werken abgegeben wird, hat Herr Gemeimrath Mosler eben schon 
das Nöthigc mitgetheilt; übrigens verweise ich Sie auf den Pro- 
speet, in den ein jedes Fläschchen eingewickelt ist. Uns standen 
bisher No. 1 (600 Immunisirungseinheiten enthaltend) und No. II 
(mit ca. 1000 Immunisirungseinheiten) zur Verfügung. Es ist nach 
meiner Meinung selbstverständlich, dass der Besitz einer genügenden 
Anzahl von Fläschchen No. I in jedem Falle für den Arzt ausreichend 
ist. Denn ein simples Additionsexempel sagt uns, dass man bei 
einem Patienten mit schwererer Aflection, wo 600 Antitoxin¬ 
einheiten voraussichtlich nicht mehr den gewünschten Nutzen 
bringen werden, eben einfach 1200 Antitoxineinheiten injicirt, also 
den Inhalt zweier Fläschchen No. I. Namentlich in der aller- 


9 Nach einem am Sonnabend den 3. November 
im*dicinisckcn Verein gehaltenen Vortrag. 


1894 im Greifswalder 


ersten Zeit, wo wir nur die einfache Heildosis käuflich erhalten 
konnten, sind wir mehrere male so verfahren, ebenso wie ich z. B 
auch kein Bedenken trug, einmal die umgekehrte Manipulation 
vorzunehmen; als zwei leichter erkrankte Kinder zu gleicher Zeit 
eingeliefert wurden und ich im Augenblick nur über ein Fläschchen 
No. H verfügte, injicirte ich jedem Kinde die Hälfte des Serums, 
also ca. 500 Antitoxineinheiten. Es scheinen auch in der That 
bei leichteren Fällen, besonders bei Kindern, wenn sie über den 
dritten, resp. vierten Krankheitstag nicht hinaus sind, 500 bis 
600 Antitoxineinheiten meistens zu genügen. Natürlich kann 
eine stärkere Dosi& nie schaden, höchstens nützen; deshalb 
würde ich überall, wo ich mir im Moment über die Schwere des 
Falles nicht ganz klar bin, stets die stärkere Dosis injicireu. 

Handelt es sich um eine durchaus schwere Erkrankung, so 
muss natürlich nach den Angaben von Behring an dem nach¬ 
folgenden Tage die Injection von 600 Antitoxineinheiten wieder¬ 
holt resp. noch zum dritten male vorgenommen werden, ln 
jedem Falle würde ich aber rathen, sich genügend mit dem 
Heilserum No. I zu versehen, da nur von diesem durch die Fabrik 
eine dauernde Lieferungsmöglichkeit gewährleistet wird. 

Dass die Einspritzung selbst unter allen Cautelen der Anti¬ 
sepsis vorgenommen wird, ist in unserem Zeitalter eigentlich selbst¬ 
verständlich. Gestatten Sie mir, meine Herren, aber trotzdem den 
Modus zu skizziren, wonach bei uns die Injectioneu vorgenommen 
werden. Nachdem die Patienten ein warmes Reinigungsbad erhalten 
haben — w T obei gleich eine gründliche und peinliche Abseifung der 
Oberschenkel stattfindet — imd ins Bett gebracht worden sind, 
wird das Injectionsfeld an einem Oberschenkel mit Aether gehörig 
abgerieben. Unsere Ii\jectionsspritze, die Herr Geheimrath Mosler 
Ihnen eben gezeigt hat, ist durch Auskochen vollständig sterilisir- 
bar und durch diese Eigenschaft wohl allen anderen bisher ange¬ 
gebenen Modellen entschieden überlegen. Das Serum wird in 
ein steriles Schälchen gegossen und aus diesem in die Spritze ge¬ 
sogen. Die Hände des Arztes werden nach der Fürbringer- 
schen Methode desinficirt. 

Wenn nun die Einspritzung wirklich subcutau und nicht 
intermusculär ausgeführt wird, so wölbt sich einen Moment an der 
Injectionsstelle ein etwa wallnussgrosser Tumor hervor, über dem 
die Haut überaus prall gespannt ist. Der Schmerz ist gering und 
hauptsächlich wohl durch die starke Dehnung der Haut bedingt: 
indessen scheint er zu genügen, um namentlich bei kleinen 
Patienten die Ursache eines Höllenlärms abzugeben. Wir haben 
es daher probat gefunden, eine leichte und sanfte Massage der In¬ 
jectionsstelle vorzunehmen, weniger um die Resorption zu befördern, 
als um die Schmerzen zu beseitigen. Die Resorption des Serums 
geht, wie wir uns des öfteren überzeugt, überraschend schnell 
auch ohne Massiven vor sich; ich muss indessen behaupten, dass 
eine zarte Massage nach meiner Ansicht die Schmerzhaftigkeit 
entschieden verkürzt und den Kranken durchaus angenehm ist. 
Bei einigen sehr sensiblen Patienten bestehen noch 24 bis 
48 Stunden nachher in dem betreffenden Schenkel leichte Schmerzen, 
die besonders auf Druck sich geltend machen; im allgemeinen aber 
ist alsbald nach der Einspritzung jeder Schmerz vorbei. 

Eine kleine Belästigung allerdings erfährt ein Theil dei 
Kranken dadurch, dass nach einigen Tagen in der Umgebung der 
Einspritzimgsstelle ein urticariaähnlicher Ausschlag sich zeigt, der 
mit einem massigen Juckgefühl einhergeht. Auch eine^ geringe 
Schwellung ist von uns beobachtet worden. In einem halle s»l> 
ich sogar am 20. Tage nach der Injection über den ganzen Körper ein 
masernähnliches Exanthem ausbrechen, das nach etwa 24 Stunden 
wieder verschwunden war und wofür ich einen anderen brum 
absolut nicht ausfindig machen konnte. Beiläufig möchte ich ei* 
wähnen, dass sich neulich in der medicinischen Poliklinik em 
Student vorstellte, der sich selbst zu Immunisirungszwecken eim 
Seruminjection in den rechten Unterarm gemacht hatte. 1 11 
ganze Arm und die Hand waren ödematös geschwollen. 
meiner Ueberzeugung war dies lediglich der Effect einer im 
schmutziger, nicht aseptischer Spritze vorgenommenen Injec 1011 
Im übrigen wird das Heilserum ohne den geringsten Schadeu, 0 1 » 
die gelingste Reaction von dem Organismus ausgenommen. /• 
ist in der That nicht zu viel gesagt, „dass das Diphtherie iei 
serum für den Menschen eine ebenso unschädliche Flüssig' 1 
sei wie eine sterilisirte physiologische Kochsalzlösung . \ p 

ring.) Wir haben bisher von seiten keines einzigen Organs 
nur ein Symptom gesehen, das zu Ungunsten des Heilserum* r. 
deutet werden konnte. . ,■ 

Unter unseren 80 ersten Fällen befanden sieh auch zwei, « 
nur eine einfache Angina hatten und bei denen trotz wiederno 
bacteriologischer Untersuchungen (Dr. Frölich) Diphtherie iaci ^ 
nicht nachgewiesen werden konnten. An diesen konnten wn • 
an geeigneten Versuchsobjecten die völlige Unschädhchkei ■ • 

Serums consjatiren. Es zeigten sich bei den beideit »ucn 


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UNIVERSETY OF MICHEGAN 



29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


908 


die geringsten subjectiven Symptome dafür, dass dem Organismus 
ein heterogener, gewisse Heactionen ini Allgemeinbefinden hervor¬ 
rufender Stoff einverleibt worden wäre; ebenso konnte die objective 
Beobachtung nichts derartiges eruiren: Herz und Puls blieben 
stets gut, die Temperaturcurve bewegte sich immer auf dem 
Niveau des Normalen, Eiweiss im Harn trat nicht auf. 

Wenn wir nun unsere Erfahrungen über die Heilerfolge des 
Serums in den erwähnten SO Fällen zahlenmässig zusammenfassen, 
so ergiebt sich Folgendes: Von den 30 Kranken sind zwei ge¬ 
storben, genesen sind 28; tracheotomirt wurden fünf, wovon einer 
gestorben ist, während vier genesen sind. Das würde, in Procenten 
ausgedrückt, heissen: 93 °/ 0 Heilungen von Diphtherie ohne 
Tracheotomie, 80 °/o Heilungen von Diphtherie mit Tracheotomie. 

Sie sehen, meine Herren, das sind Zahlen, die uns in der That 
frappiren, die selbst das übersteigen, was Behring von der Heil¬ 
kraft seines Serums sagt und glaubt. 

Nun wird allerdings kein objectiver Kenner der Diphtherie 
diese Erfolge lediglich der Serumtherapie zuschreiben und dieselben 
künftighin als Norm und Regel hinstellen. Einmal ist unsere 
Beobachtungsreihe zu klein, um aus dieser definitive Schlüsse 
ziehen zu dürfen, andererseits fallen die Versuche in eine Zeit, 
die unstreitig dem tiefsten Punkte des Stadium decrementi ent¬ 
spräche, — falls wir die seit vielen Jahren hier bestehende 
Diphtherie nach der Zahl der schweren Fälle und der Grösse der 
Mortalität in einer Curve graphisch registriren würden. Herr 
Geheimrath Mosler und Herr Prof. Peiper haben mich darauf 
aufmerksam gemacht, dass die Acme der Greifswalder Diphtherie- . 
endemie in die Monate November bis einschliesslich Juni fällt, 
dass hingegen in den Monaten Juli bis einschliesslich Oetober 
ein durchaus eclatantes Sinken dieser Curve stattfindet. Ob die 
Schwere der Fälle und die dadurch bedingte Grösse der Mortalität 
abhängig ist von einer Zeit, wo eine allgemeine Disposition zu 
Halsentzündungen und Erkältungen unleugbar vorhanden ist, und 
ob zu gleicher Zeit eine gesteigerte Virulenz des Diphtheriebacillus 
besteht — das ist ein bisher ungelöstes Problem, welches ich bei¬ 
läufig erwähnen will. Ich will weiter nichts, als eben nur 
darauf aufmerksam machen, dass diese Verschiedenheit in dem 
Charakter der Diphtherieendemieen thatsächlich besteht und dass 
wir in den Monaten August, September und Oetober des Jahres 
1893 auch ohne Serum dieselben Resultate durch einen durchweg 
günstigen Verlauf der Diphtherie erzielt haben. Die Kranken- 

joumale aus den früheren Jahren konnte ich aus Mangel an Zeit 
leider nicht durchsehen, deshalb berufe ich mich nochmals aus¬ 
drücklich auf die raaassgebende Erfahrung des Herrn Geheimrath 
Mosler und Herrn Professor Peiper, die auch in den vorher¬ 
gehenden Jahren ähnliche Beobachtungen gemacht haben. 

Wir wollen keineswegs die thatsächliche Bedeutung und den 
wahren Werth der Serumtherapie dadurch abstreiten oder auch 
nur herabsetzen, dass wir unsere überaus günstigen Ergebnisse 
nicht allein der specifischen Wirkung des Behring’schen Heil¬ 
serums, sondern auch noch bestimmten anderen Umständen zu¬ 
schreiben. 

Abgesehen — wie ich eben erwähnt habe — von der bei uns 
in den Monaten Juli bis Oetober verringerten Disposition zur 
Diphtherie und der wahrscheinlich sehr verminderten Virulenz des 
Diphtheriebacillus wird Ihnen, meine Herren, vielleicht noch ein 
anderer Punkt aufgefallen sein. Herr Geheimrath Mosler hat 
vorher mitgetheilt, dass vom Oetober 1893 bis September 1894 
im ganzen 313 Diphtheriekranke klinisch behandelt wurden, wovon 
46 gestorben sind, was einer Mortalität von etwa 14,6% ent¬ 
sprechen würde. Sie werden zugeben müssen, dass dieser Pro¬ 
centsatz so günstig ist, wie man ihn sich in Zukunft andrerorts 
höchstens als mögliche Folge der Serumtherapie verspricht. 
Wenn ich nun hiervon die im August und September mit Heil¬ 
serum behandelten 20 Patienten in Abzug bringe und ausserdem 
noch etwa von 70 Kranken annehme, dass sie nur eine reine An¬ 
gina follicularis gehabt haben, da leider nicht bei allen eine bac- 
teriologische Untersuchung stattgefunden hat, — so bleiben noch 
223 Diphtheriekranke zurück, auf die nun auch die 46 Todes¬ 
fälle zu vertheilen sind, was dann erst einer Mortalität von ca. 
20% gleichkäme. 

Und selbst dieser Procentsatz ist keineswegs so übermässig 
schlecht und infaust, da er im Vergleich zu einer Anzahl Sta¬ 
tistiken anderer Krankenhäuser ein ungleich besseres Resultat liefert. 
Deshalb bin ich der entschiedenen Meinung, dass unsere leid¬ 
lichen Heilerfolge bei Diphtherie nicht nur in diesem Jahre, son¬ 
dern auch früher, der energischen und aufopfernden Fürsorge und 
Therapie zu verdanken sind, die seit jeher für die Diphtherie ver¬ 
wandt und in Anwendung gebracht worden ist. 

Obgleich im Krankenhause bis vor wenigen Monaten den Diph- 
theriekranken Räume, mit einem Bagno vergleichbar, angewiesen 
waren, so jst — dank dem fürsorglichen und maassgebenden Inter¬ 


esse des Herrn Geheimrath Mosler — die Diphtherie selbst trotz¬ 
dem, oder besser gesagt, vielleicht gerade deshalb stets das enfant 
gätö unseres therapeutischen Könnens gewesen. Ueber diese 
unsere specielle Therapie wird es mir vielleicht bei einer anderen 
Gelegenheit vergönnt sein genauere Details zu geben. 

Ich habe eine tabellarische Zusammenstellung (s. S. 904) 
der 30 Fälle gemacht, aus der Sie sich sowohl über die in jedem 
Falle injicirte Menge des Heilserums wie auch über die sonstigen 
Symptome und die klinischen Erscheinungen orientiren können. 

Besonderes Gewicht ist, wie eigentlich selbstverständlich, auf 
die folgenden Punkte gelegt worden, die auch von Heubner (in 
No. 36 der Deutsch, med. Wochenschr., Jahrg. 1894) als durchaus 
nothwendig bei der Verfolgung des klinischen Verlaufs hervorgehoben 
werden: 1) auf die diphtherische Lokalaffection, 2) auf die Körper¬ 
temperatur, 3) auf den Harn, 4) auf die Herzthätigkeit und den Puls. 

Wir können thatsächlich, natürlich einstweilen nur unter den 
vorher auseinandergesetzten Einschränkungen, wirklich Gutes und 
Lobenswerthes von dem Einfluss des Heilserums auf den diphthe¬ 
rischen Krankheitsprocess sagen. Oft fiel auch uns die geradezu 
belebende Wirkung des Mittels namentlich bei den schwerer Kranken 
auf, die somnolent und apathisch eingeliefert waren. Besonders in 
einigen Fällen, wö schon der Larynx mitafficirt schien, wo uns 
beginnende Athemnoth der kleinen Patienten schon die Vorberei¬ 
tungen zur Tracheotomie treffen liess, war der Effect ein evidenter. 
Stenosenerscheinungen, Athemnoth, Heiserkeit und Crouphusten 
verschwanden. 

Die diphtherische Lokalaffection nahm, mit Ausnahme eines 
Falles, stets ab, was namentlich am Tage nach der Injection be¬ 
sonders auffiel. In den späteren Kraükheitstagen bildete sich der 
Belag meist langsam zurück. Die Zeit, bis wann derselbe voll¬ 
ständig verschwand, war verschieden. 3—7 Tage dauerte es in 
der Regel, einmal sogar 13 Tage. 

Die Körpertemperatur fiel öfters ebenfalls schon am Tage nach 
der Injection zur Norm herab; allein vollständige Defervescenz trat 
durchschnittlich erst nach 2—4 Tagen ein. Allerdings sahen wir 
in einigen Fällen Temperaturen von 40° am nächsten Tage auf 
37° sinken. Am Tage der Injection selbst indessen war eine 
Steigerung der Körpertemperatur um einige Gradtheile — manch¬ 
mal sogar um ganze Grade — fast das Regelmässige zu nennen. 

Es klingt etwas paradox, wenn man einmal behauptet, dass das 
Serum vom Körper reactionslos aufgenommen wird, und an einer 
anderen Stelle sagt, dass die Körpertemperatur danach — öfters 
sogar ganz erheblich — steige. Der scheinbare Widerspruch erklärt 
sich aber einfach daraus, dass die Temperatursteigerung in der 
Regel am Abend beobachtet worden ist und sonach nichts anderes 
bedeutet als die typische abendliche Exacerbation. 

Das Auftreten einer Albuminurie konnte nicht verhindert 
werden; wir hatten eine ganze Reihe von Patienten, die bei der 
Aufnahme .ohne Eiweiss im Harn waren und erst im Laufe der 
Zeit, wenn sie schon vollständig genesen schienen, Albumen im 
Urin zeigten. Doch hatten wir auch hierbei öfters den Eindrück, 
dass die Form der Albuminurie leichter war, dass das Eiweiss aus 
dem Harn schneller verschwunden war als in einem entsprechen¬ 
den Fall, der nicht mit Serum behandelt worden wäre. 

Eine direkte Beeinflussung der Herzthätigkeit konnten wir in 
keinem Falle sicher constatiren. Zwar wurde der Puls langsamer 
und kräftiger nach Verschwinden des Fiebers; wenn ein Herz aber 
schon so alterirt war, dass es aussetzte oder arhythmisch arbeitete, 
so haben wir die Regulirung desselben zum grössten Theil ledig¬ 
lich durch unsere energische symptomatische Therapie — Cognac 
innerlich in colossalen Dosen, Digitalis, Campher — bewirkt, wenn¬ 
gleich eine Unterstützung durch das Serum dadurch nicht ganz 
von der Hand zu weisen ist, dass es einen Theil der Diphtherie¬ 
toxine paralysirte. - 

Ob nun aber diese Paralysirung der im Körper kreisenden 
Diphtherietoxine durch die mit dem Serum dem Organismus künst¬ 
lich eingebrachten Antitoxine wirklich in derselben Weise vor sich 
geht wie ausserhalb des Körpers im Reagensglase, das scheint mir 
denn doch noch nicht so ganz definitiv entschieden zu sein. Denn 
abgesehen davon, dass der verwickelte menschliche Organismus 
noch lange kein Reagensglas ist, so sprechen auch die manchmal 
sehr spät nach der abgelaufenen Diphtherie auftretonden postdiph¬ 
therischen Erscheinungen — wie Albuminurieen und Muskel¬ 
lähmungen — sicher dafür, dass an dieser Neutralisirungstheorie 
noch ein kleiner Haken ist. 

Wenn ich noch kurz von unseren beiden Todten sprechen soll, 
so kann ich Ihnen nur sagen, dass der eine moribund eingeliefert 
wurde, während der andere — ein Tracheotomirter und nebenbei 
ein überaus schwächlicher Junge, — zu seiner enorm schweren 
Diphtherie noch eine fibrinöse Pneumonie dazu bekam, die den un¬ 
vermeidlichen Exitus herbeiführte. 

Fortsetzung des Textes s. S. 907. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



904 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRtPf. 


in Jahren Aufnahme j2 


Lokaler Befund 


Temperatur und Puls 
bei der Aufnahme; 
sonstige Erscheinungen 
und Complieationen 


Injection 


Tracheo¬ 

tomie 



Weiterer Fieber- und 
Krankheitsverlauf etc. 


1 Richard Sehr. 16. August dritter Grauer Belag auf den Temperatur 39,5, Puls 16. August — Am Abend 40,5«, Puls 120. geheilt 

17 Jahre alt. 1894 gerötheten und ge- 108. Leichte Drusen- 1894 I Vermehrung des Belages am 

sch wollenen Tonsil- schwelllungenamHalse. nächsten Tage. Am selben 

len. Uvula und hin- Keine Albuminurie. Tage auch hohes Fieber. Am 

tere Rachenwand dritten Tage nach Injection 

entzündet. erst vollständige Defervescenz. 

Am fünften Tage kein Belag. 

17. August fünfter Im Rachen gelber, Temperatur 37,5, Puls 17. August 17. August Keine erheblichen Temperatur-! geh eilt 

■4 C)f\ 4 ! J* 1 TJ.1 T» • 4 AA All_* L. 4 OA A T 4 Ofl 4 _ Tf •. . 


dicker Belag. Bei ca. 100. Allgemeinbe- 
der Tracheotomie in finden sehr schlecht, 
der Trachea Croup- Höchste Athemnoth 
membranen. und schwere Stenosen¬ 

erscheinungen. Beider¬ 
seits Halsdrüsenschwel¬ 
lung. Keine Albumi¬ 
nurie. 


Meta B. 

3 Jahre alt. 


18. August'zweiter Beide Tonsillen 
1894 mässiggeschwc 


Beide Tonsillen Temperatur 36,3, Puls 18. August 
mässig geschwollen; 104. Keine Albumin- j 1894 I 
leichter grauer Be- urie. 


Emma N. 18. August! zweiter Grauer dicker Belag Temperatur 38,7, Puls 18. August 


26 Jahre alt. 


! auf beiden Tonsillen. 


108. Leichte Drüsen¬ 
schwellungen am Halse. 
Keine Albuminurie. 


FriedrichW. 23.August| erster [Starker, 


18 Jahre alt, 


Starker, weisslich- 39 o Temperatur, Puls 23.August 
grauer Belag auf 104. Leichte Hals- 1894 I 
beiden sehr ge- drüsenschwellung. i 

schwollenen Ton- Schluckbeschwerden, 
sillen, besonders Leichte Albuminurie. * 


Frieda R. 24. August. zweiter Schwacher, grau 


18 Jahre alt. 


Schwacher, grau- Temperatur 36,5, gleich 24. August 
weisser Belag auf nach der Injection ge- 1894 I 
den wenig entzün- messen. Puls 92. (re¬ 
deten Tonsillen. ringe Drüsenschwellun¬ 
gen, starke Halsschmer¬ 
zen. Keine Albumin- 


1894 Steigerungen. Vom zweiten' 

Tracheo- Tage nach der Injection nor- j 
tomie male Temperaturen. 24 Stun- i 

den nach der Injection leichte, 
mehrere Tage dauernde Albu¬ 
minurie. Am fünften Tage 
D^canulement. Am achten 
Tage Belag geschwunden. Am 
20. Tage masemähnliches Ex¬ 
anthem über den ganzen Kör¬ 
per. Leichte Gaumensegel- i 

lähmung. 

— Abends Temperatur 38,4, Puls geheilt; — 
120. Am zweiten Tage nach 
der Injection normale Tempe- j 
ratur, an demselben Tage 
Schwänden des Belages. Später I 

leichte Gaumensegellähmung. j 

— Am Abend nach der Injection geheilt 1 — 
39,4; Fieber bleibt am ersten | 
und zweiten Tage nach der 
Injection noch etwa auf der-; 
selben Höhe, erst am dritten 
Tage Temperatur normal. Am 
achten Tage Schwinden des 
Belages. 

Abends Temperatur 39,3, Puls geheilt — 
108. Am folgenden Tage 
Temperatur zwischen 38o und 
39o. Am zweiten Tage nor¬ 
male Temperatur. Am fünften 
Tage kein Albumen. Am 
sechsten Tago koin Belag. 

— Zwei Stunden nach dor Injection geheilt — 
Temperatur 38,1, Puls 112. 

Am zweiten Tage nach der 
Injection Defervescenz. Am j 
dritten Tage kein Belag. j 


7 Wd? F * 25. August zweiter Uvula und beide Ton- Temperatur 36,7. Sub- 25 J 

10 Jahre alt. 1894 sillen stark ge- maxillardrüsen ge- IS 

schwollen; hintere schwollen und schmerz- 
Rachenwand sehr haft; Schluckbeschwer¬ 
entzündet; überall den. Keine Albuminurie, 
grau-weisser Belag, 
namentlich sehr dick 
auf den Tonsillen. 

8 Pauline Schm. 25. August dritter Im Rachen geringer, [Temperatur 39,1, Puls 25 .1 


6 Jahre alt. 


weisslicher Belag. 104. Halsdrüsen linker- 
Starke Schwellung seits etwas geschwollen, 
der Tonsillen. Keine Albuminurie. 


1894 

Tracheo¬ 

tomie 


9 ! 25 ', A fi Q? USt fUnfter Im geringer, Temperatur 37,7, Puls 25. August 26. 

b Jahre alt., 1894 weisslicher Belag. 120. Sehr starke Ste- 1894 1 

Bei der Tracheoto- nosenerscheinungen. Tr 

( mie in der Trachea Frequente, schwache t 

| Croupmembranen. Herzthätigkeit, grosse 

| Athemnoth. Allgemein- 

! befinden schlecht. Keine 

I ; Albuminurie. 


10 Äre^tT^Äqf 31 aChfcer E “ ete Hg? ge- Temperatur 39,2; Puls 29. August! - 

Jahre alt.j 1894 schwollene Tonsil- 120. Patient ist eigent- 1884 


Sub- 25. August — Eine Stunde nach der Injection !geheilt 

1894 1 38,7, Puls 108. Abends Tem-1 , 

aerz- peratur 39,8. Am dritten Tage | [ 

iwer- Defervescenz. Am fünften 

inrie. Tage kein Belag. Am neunten 

Tage eine leichte, vier Tage 
währende Albuminurie. 

Puls 25. August — Eine Stunde nach der Injection geheilt 

iker- 1894 I 38,7, Puls 100. Abends Tem- 

»llen. peratur 39,4. Am dritten Tage 

b. Belag verschwunden; an dem¬ 

selben Tage Defervescenz. 

Puls 25. August 26. August Abends Temperatur 37,5. Am geheilt 


len und Uvula mit lieh schon moribund; zweimal I 
dickem, grau-grü- enorm viel Albumen 
nen stinkenden Be- im Urin. Submaxillar- 
la £* drüsen geschwollen. 


fünften Tage Defervescenz, 

Decanulement und Schwinden 
dos Belages. Am sechsten 
Tage etwas unregelmässige 
Herzaction; die Herzthätigkeit 
wird indessen in ca. zweimal 
24 Stunden durch Cognac, J 

Digitalis und Campher regulirt j 

und kräftig; später leichte , 

Gaumensegellähmung. 

Temperatur 39,9 eine Stunde g est 9^’ 
nach Injection; Puls 140 . ben29 ursachr 
Wegen der septischen Form August d P- 
wird der Rachen wiederholt 
mit Sublimatalkohol ausge¬ 
tupft; innerlich grosse Dosen 
Cognac. Einige Stunden nach 
der Aufnahme beginnt die 
Agone, Abends 7 Uhr Exitus.; 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 









29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


g g Temperatur und Puls 

Name; Alter i Tag der -a m bei der Aufnahme; , . . Trackeo- 

in Jahren ^Aufnahme g 2 -.okaler Befund sonstig6 Erscheinungen In J ectlon tomie 
1 ““ und Complicationen 


Weiterer Fieber- und 
Krankheitsverlauf etc. 


Sections- 

befund 


11 ' Hartha H ; 29.August zweiter Tonsillen gering ge- Temperatur 38,8; leichte 29.August 
J Jahre alt. 1894 | schwollen; geringer Halsschmerzen. Keine 1894 1 

1 grauer, punktförmi- Albuminurie, 

j ger Belag. j I 


12 Erich St. 1. Septem-dritter Auf den entzündeten Temperatur 371- Puls 

18 Jahre alt. ber 1894 , Tonsillen zarter 80. Linke Submaxil- 

grauer Belag. lardrüsen etwas ge¬ 

schwollen ; leichte 
Schluckbeschwerden. 
Diphtheriebacillen wie¬ 
derholt nicht nach¬ 
weisbar. 

13 Hermann St. 1. Septem-zweiter Starker grauer Be- Temperatur 37,8. Keine 

,17 Jahre alt. ber 1894 | lag auf beiden Ton- ! Albuminurie. 

1 sillen. 


14 | Wilhelm H. 3. Septem-dritter ;Starker graugrüner, Temperatur 37,6; Puls 
6 Jahre alt. ber 1894 | j stinkender Belag 140. Submaxillar- und 
auf Uvula, Ton- Halsdrüsen stark ge- 
sillen und weichem schwollen; heftigeKopf- 
■ . Gaumen; Ausfluss und Halsschmerzen. 

1 eines übelriechen- Schlechtes Allgemein¬ 

den grau-röthlichen befinden, schwerer sep- 
zähen Secretes aus tischer Fall. Viel Al- 
■ der Nase. bumen im Urin. Herz 

I regelmässig, aber 

schwach. Keine Bron¬ 
chitis; etwas heiserer 
Husten und heisere 
Sprache. 


1. Septem¬ 
ber 1894 
I 


2. Septem¬ 
ber 1894 
I 


3. Septem¬ 
ber 1894 
zweimal I, 

4. Septem¬ 
ber 1894 | 

I 


Ernst R. 6. Septem- zweiter Starker grau-weisser Geringe Drttsenschwel- 6. Septem-, 
8 Jahre alt. ber 1894 | Belag auf beiden lung, massige Schluck- ber 1894 j 

, I Tonsillen. beschwerden, keine Al- T j 

! I buminurie. J 


IG Wilhelm H. ,7. Septem-sechst. Massiger grauer Be- Keine Drüsenschwellun- 7. Septem-j 
8 Jahre alt.; ber 1894 I lag auf Tonsillen gen. Geringe Schluck- ber 1894 | 

! und Uvula. beschwerden. Tempe- 1 j 

I ‘ ratur 37,4. 


i I I i 

17 _Bertha H. 7. Septem- dritter Dicker, grau-grüner Submaxillardrüsen ge- 7. Septem-! 
7 Jahre alt. ber 1894 gangränöser Belag schwollen. Aus der ber 1894 1 

auf der geschwolle- Nase dicker, grau- I 

nen Uvula und den grüner, stinkender Aus- 

Tonsillen. fluss. Temperatur 38,5. 

Keine Albuminurie. 

Schlechtes Allgemein¬ 
befinden. 


Ernst H. 7. Septem- dritter Im Rachen 


3 Jahre alt. ber 1894 


iTemperatur 37,2; Puls 7. Septem- 7. Septem- 


: Röthung u. Schwel- 132. Höchste Athem- ber 1884 ber 1894 
lung; wenig Belag, noth; Stenosenerschei- zweimal I Tr ach eo- 
i In der Trachea nungen. Kein Albu- tomie 

Croupmembranen. men. Schlechtes All- I 

i gemeinbefinden. I 


19 I Bertha B. 12. zweiter Geringer Belag auf Temperatur 36,9; Puls 12. Sep-| 12. Sep- 
9 Jahre alt. September beiden Tonsillen. In 132. Schlechtes Allge- tember tember 

1894 j der Trachea bei der meinbefinden. Höchste 1894 1894 

! Operation Croup- Athemnoth; starkeSte- zweimal IT rache o- 

! l membranen. nosenerscheinungen. | tomie 

I i Herzpalpitationen. i 

! Keine Albuminurie. 


Abends Temperatm- 38,9; Puls geheilt 
140. Am folgenden Tage nor¬ 
male Temperatur. Am dritten I 

Tage kein Belag. Am vierten 
Tage eine mehrere Tage dau¬ 
ernde leichte Albuminurie. 

Zwei Stunden nach Injection geheilt 
Temperatur 37; Puls 80. Im¬ 
mer normale Temperaturen. 

Am dritten Tage Belag ge¬ 
schwunden. Keine Albumi¬ 
nurie. 


Eine Stunde vor der Injection \ 
37,3; eine Stunde nachher 
37,6; Puls 96. Am nächsten 
Tage vollständige Deferves- 
cenz. Am sechsten Tage ver¬ 
schwindet der Belag. 
Temperatur zwei Stunden nach j 
der ersten Injection 38,2; an 
den beiden folgenden Tagen 
Temperatur zwischen 37 und 
38; am dritten Tage Defer- 
vescenz. Reichliche Gaben 
von Cognac innerlich; Nasen- 
douchenm. Sublimat (1:10000). 
Austupfen des Halses mit 
Sublimatalkohol. Am sechsten 
| Tage der Ausfluss und üble 
Foetor verschwunden. Am 
siebenten Tage kein Belag. 
Patient bleibt noch mehrere 
Wochen in Behandlung wegen 
der langwierigen Albuminurie; 
inzwischen mehrmals Collaps- 
anfälle, unregelmässige ausset¬ 
zende Herzthätigkeit. Nach¬ 
dem das Herz wieder durch 
Cognac, Digitalis und Cam- 
pher regulirt worden ist, wird 
die Albuminurie durch eine 
Wildunger- und Milchcur be¬ 
seitigt. 

Temperatur gleich nach der;{ 
Injection 37,4; drei Stunden 
danach 37; Abends 38; Puls 
96. Am zweiten Tage Defer- 
vescenz. Am vierten Tage 
kein Belag. 

Abends nach der Injection 38,1; | 
Puls 116. Am folgenden Tage 
Defervescenz. An demselben 
Tage mässige Albuminurie, 
die zwölf Tage andauert. Am 
sechsten Tage Verschwinden 
des Belages. Später ganz 
leichte Gaumensegellähmung. 
Am nächsten Morgen 37,6; { 
Puls 116; von da ab Tempe¬ 
ratur normal. Am vierten 
Tage der stinkende Ausfluss 
durch Sublimatwasserdouchen 
verschwunden. Tupfen des 
Rachens mit Sublimatalkohol. 
Innerlich viel Cognac. Am 
13. Tage Belag verschwunden. 
Immer normale Temperaturen; { 
einige Tage hindurch leichte 
Albuminurie. Leichte Bron¬ 
chitis, wogegen Ipecacuanha- 
infus mit Campher. Am sechs¬ 
ten Tage Döcanulement. Be¬ 
lag im Halse geschwunden. 
Später leichte Gaumensegel- 
lähmung. 

Immer normale Temperaturen, g 
Am zweiten Tage Albumi¬ 
nurie, die zwölf Tage an¬ 
dauert. Geringe Bronchitis. 
Auf der Wunde diphtheri¬ 
scher Belag. Am fünften 
i Tage D6canulenient. Belag 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 













OiSOTSCHE IvfBDI0!MISCHE WOCHENSCHRIFT. 



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25 ,vTfth«j ültu Tm»- 120 Ibls.Hrti^n tffovuK • fcemUer 

: 1894 silUoj, l'vujfi fit'- U^Ki'liwniOtfj. ^ehltu;.k-:i 4^0-t ] 

^|pvV>0«)> f»wti fit». h^riOViUVifiii, lvwa.tr 
: -»Ummt ■ AUmmmarie. 

jpaony K. ;2.. <)ct&hftr : £$ApPr;Sri>'wd<i.'r ; .' go» «mr v .87.4; Pol» ! 2. Ocl.uhw 

9i .ThIVpo olt }H<)4 H,nuf Wie/. „100. -5. »ihn-klmx hwm- 1894 1 

' . Tmis'ilmn. .diM«;^oririiÄft»SdHv»\Uuj-.if ■ 

; ■’ .■ . der BijlJiinvsiJhfnlrnsmu; 

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, fy»ß4? B A: 0(itobi’^4 r it;f,^ !>\u; lÄH».TotpdO*m 
1A iTahre slli 1894 jMJ.uk itl;V*W‘r. 

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21 Jahre ä! 1 t$M - g?Utvr Bdag; nur 

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und IbitiA. 


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t A^. M.tol 1894 i 

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2;» Atari* K J2. Oeio-to'i'i^r Bölug ;irf Ttuiippfn.lß.r 27.2; £%& 
272 ,l.alir ali. .ber 1804 <if>ü r->Asi)b.a 128. Xitmilioli Marke 


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sp/iimu, lOtrloai Atholu-: 
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AlkoiuoinlMiind^i 
sniib'chi-, rYipl Alhumai- 
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: 1894. VL T r iw? h i* a* 
am 19. Iromif' 
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1. -Injim SIV- lief Mn4- ,-ojit wiwnmti't; 

| mUgstgi^ gruim ■ 

- ; APissm*• .T5i»ln»>;. 


iTernpomtU).: .89.1'- 'P.u.ls • IS. 

;Q 12k IfiMsÄmöjfööh fa) Oetohor 
U'diAiii Bi'ucUv; .krartkor 1894 I . 
■’.. Eimlrm-k. Gosrhwol- 
i^be Draseti. Hü?.-4jdjer 
.Fnfitftr ax <a;n Keine 
A Ihnminmiito ; 

Ä-empiarAtnK .. Fnls 20. 

, '1.2k . 0««?t hTvallmio Oetober 

; -Hals* «tud AublVia.'dllür-. 1894 J 

'Irü-Vfi. Hoi:-A.i*(;. 

■ iH.*y? iCf ürir- A 41>o ui«turio. - •: 
I.Ampvrätv? IT./ 1 '; Suii 28. 

• • maxilbü dil^nn etwa-. (»Hober 

göst.h.^»3t|nj>; . i.üiduW ’ 1894 I . 
AlirUir.imiTKk 


wcliou mich drei lOtgen ver« 
sejivmtKtefi.. BpiOw 
j . < ( 

'i’omperar.ur ain Abeml ßiißk 
:k« lujeetion 88,7. . Am 
Bflcfisten. Ta^h upnu/ilfe 
• pöi^-tur. Am fünften 
.Uelcr^ vor^hwtmdeii.. • 
Temperatnv .-an Almnd Aatit» igebviiK 
d^r JnjectidnM.Tikui nJehakm 
Tmöö liodi; ‘^ijßhßr;7. 

104. Am zweiten Tage l»e%- 
yossc Wz Am «Iritlmi Taaft 
; kdm’-.Bf.Mg. •; ■• ■ : . _ ■ V ■; . j 

^mulnd’beherlny. giÜmlU: 


Am .AVmiiü -jioeli der 
TeiHp^ue 4<14 k 1>v)m 120 k; . 

Am oitciisteü Mergel • , \ >' 

>ai sir 50.5: von dn i\h. stet- 

ifprämlö TediperaKura« Am 

tilnftiMi Tji^re- Bnlag akPClmun- 

Omp ’ 5, S e '~' 

Am iAbOnd fiuili ilÄr .. ••;•• 

WA : Puls Ul Aiu tiildtafeh 
Moi^fJi .Sfl.7. von da ah nur- 
:m«.lo TOnipmatui^fj. Am • 
sinhont^n Tua* Bulai- gh' 

4«liwpnrlot>.- t laomenAogel.. 
tfilarmpg. . j. 

l »auerminrtrmrtlo'fernpefatur-m. ! g«*.br-Üf 
.Htenosmff’r-Brheinuugen hes^ 
sf-n'ii sich yotu när.h.sl'.üJi Tage; 
gaiiz. uuühUpnd. Aö> yOehston ; 

: Tage Ore.iiphnst.nn umt BcIük : 

"u Bndioa verFchwimdoji. 

AJbuminmO 1 nueh ;lrei Tagen I 
atifgehvPt- Lorehtc Gannton* 

; W'gejhlAßtitftg. • • .,.■' '. r •' :: i-'j- ’ •.- -j.r.: 
litjiicuop. 38;8 *•■• Hiily 
1.28 Aiii RfehstGiy : 

die^ 15>mrmmi;ur ^ Am ; 
üfwüjUm -Tage T/efvA’v^i-»n^. i 
, Am Aöhoüton T>ige Bohig | 

| 'versoh^umieu. ' 

Tomporuttirfm reb»v-mken w\- 'ge?loh! Ink:- 
,sd»mi 87 und BRd. Kmfbdöm !brm iunj- 
durch, iik T^uhöefeitide. die -22. Oc*] Kiiau^" 
i Athonmoth gebuhe-n. heBndet' i.nlier: Pneum*“ 

• sieh Pfllieni p.iune^trHeh am : 1894 ! 

19. inxl 20. Odobi?r midi lei i 

wohl. Et.wfm Appetit, .'keine * 

Ajmthie, BroÄcbiä8- ''tHflui^- ,• ••' - *' 

in dos sny ?,u ; ölrrmso Alba min- i 

• unoi Ä'»^; dfmi iisriiftö; und, ' 

der'Traoboti Mbmhronöu. et??- - 

gehustet. Am 22. üiiii 24.. 

imregeltj»j^a|ge iJeräthiife j 
heit, .UfSsrdÄendör C'nisrsU'rlö' 

Breunhitift. Alremis A'oUap^' ’.' i . 
und Exitus 

Temperatur am Abend naob ‘ 7' - 

der liximtiuii 40.0; Pute 152. . 

.Am r.a.obj.|im Morgen Tompo- 
, ratur 57,2, boitdom courant 
fichftrior. iVw sielwpthi) ’f.ige • 
kb«jr JBeW- 

.Temporittur AbemU. <KM>; am igehmi» 

liitriistcp TfW'e •/.wibüheij 87^ 

ufid 98°. Am zwei Om Tage : 
dimernde Oolervoseen?.. Am 
$ioheuten Tage Kei^i Bdrtg:: 1 
Am näehbUu Mage Thmperotiu' ; gobmif 
zwjeehon S7 (t mrt 0v Pute ' 

84. Am pAvoiton Tuge 
vosrenzi Am dritiou Tage 
kein Allmüloa. Aui nmmom 
T»go kein Belag. 




29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


907 


Ueber die immunisirende Wirkung des Heilserums bin ich 
leider nicht in der Lage, Ihnen Genaueres sagen zu können, da 
wir in der Klinik Schutzimpfungen vorzunehmen bis jetzt noch 
nicht Gelegenheit gehabt haben. Die Versuche darüber scheinen 
keineswegs definitiv abgeschlossen zu sein, und ist die Erfahrung 
über den Schutzwerth des Serums beim Menschen zur Zeit gewiss 
bei weitem geringer als die über den Heilwerth. 

Sie sehen, m. H., dass unsere Resultate im Verein mit den 
anderenorts gemachten zu weiterem Thun und Handeln auffordern 
und der ganzen Aerztewelt nunmehr die Pflicht auferlegen, das 
Heilserum im Kampfe gegen die Diphtherie anzuwenden. Ich 
selbst möchte mit diesem kurzen tabellarischen Resumö nichts 
anderes geliefert haben, als einen bescheidenen Baustein zu dem 
durchaus nothwendigen, grossen statistischen Gebäude, das zu 
seiner Herstellung noch vieler Jahre bedarf, um dann definitiv über 
Sein oder Nichtsein der Heilserumtherapie zu entscheiden. 


VI. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig. 

Ueber ein bacterienfeindlicbes Verhalten der 
Scheidensecrete Nichtschwangerer. 

Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik. 

(Schluss aus No. 47.) 

Welcher Art sind nun diese Factoren, welche im sauren Seeret 
neben der Säure, im alkalischen Seeret allein die Selbstreinigung 
der Scheide durchführen? Es ist in erster Linie an den Antago¬ 
nismus der gewöhnlichen Scheidenbewohner, die auf neutralem und 
alkalischem Nährboden aerob nicht auszukeimen pflegen, und an 
deren Stoffweekselproducte zu denken. Deim beide, die Keime so¬ 
wohl wie ihre Producte, werden in ihrer Wirksamkeit geschwächt 
durch eine Verdünnung des Scheidenseeretes mittels einer keim¬ 
freien und stoffwechselfreien, flüssigen Substanz, beide werden zer¬ 
stört durch die Siedehitze. 

Der Unterschied, der sich in dem Verhalten des künstlich 
alkalisirten und des natürlich alkalischen Scheidenseeretes ausser¬ 
halb der Scheide den eingetragenen Baeterien gegenüber zeigte, 
lässt sich ganz ungezwungen gerade von dieser Anschauung aus 
erklären. Die Verminderung der Selbstreiniguugskraft des künst¬ 
lich alkalisirten Scheidenseeretes ist weniger in der plötzlichen 
Ausschaltung der Säure Wirkung, als vielmehr in der Verdünnung 
des Secretes durch das zugesetzte Alkali und besonders in der 
Schädigung der an den sauren Nährboden gewöhnten Baeterien 
begründet. Bei dem Scheidensecret, das unter natürlichen Ver¬ 
hältnissen alkalisch reagirt. fehlt diese Schädigung der eingesessenen 
Scheidenflora, und seine Wirkung ist deshalb eine ungeschwächte. 

Schützt nun, wie Doederlein annimmt, eine einzige be¬ 
stimmte Bacterienart, welche Milchsäure producirt, die Scheide vor 
den pyogenen Mikrococcen, und kann man jene deshalb als ein 
Kriterium für die normale Beschaffenheit des Secretes anseheu, 
oder sind ganz differente Mikrobenarten imstande, der Scheide 
diesen Schutz zu verleihen, ist überhaupt mit der Säure und mit 
den gewöhnlichen Scheideubacterien und deren Stoffwechselproduc- 
ten die Zahl aller zu nennenden Factoren erschöpft? 
r Dass die von Doederlein besehriebenen Scheidenbacillen 
nicht allein die Aufgabe haben, die Scheide von pyogenen Coccen 
zu befreien und rein zu halten, beweisen erstens die zahlreichen 
Secrete, welche die Selbstreinigung üben, obwohl diese Bacillen in 
ihnen fehlen; ich habe noch näher zu beschreibende, zierliche 
Bogenstäbchen viel häufiger in der Scheide der Nichtschwangeren 
gefunden als die Doederlein’schen Scheidenbacillen, welche in 
dem Secrete der Schwangeren relativ viel häufiger vorzukommen 
scheinen als bei Nichtschwangeren. Zweitens sprechen mit 
Sicherheit gegen Doederlein’s Anschauung die Versuche, welche 
ich in der Scheide von neugeborenen Mädchen unmittelbar post 
partum angestellt habe. Leider verfüge ich nur über drei derartige 
Versuche. Die Kinder wurden, ohne gebadet zu sein, sofort nach 
der Geburt in sterile Tücher gehüllt und im Laboratorium zu den 
Versuchen verwendet. Das Vaginalsecret zeigte unmittelbar post 
partum das Verhalten, welches Doederlein schon beschrieben 
hat, d. h. es enthielt in jedem Falle ausschliesslich Plattenepithelien. 
Leukocyten und Baeterien kamen nicht zu Gesicht. Agarguss¬ 
platten, welche mit dem Seeret der kindlichen Scheiden beschickt 
wurden, blieben steril. Sofort, wurden grosse Mengen Staphylo- 
coccen in die Scheide eingetragen und nun wieder Probeagarplatten 
mit dem Scheidensecrete beschickt. Am nächsten Tage Avaren die¬ 
selben von ausgekeimten Staphylococcencolonieen übersäet. In etwa 
zweistündigen Intervallen entnahm ich nach der Uebertragung den 
Scheiden der Kinder Seeret und verwendete dasselbe zur Anfertigung 
von Agarplatten und von Trockenpräparaten. Die erstereu de- 
monstriften deutlich die allmähliche Abtödtung der Staphylococcen im 


Secrete; in den letzteren konnte man wieder die schon oben erwähnten 
Besonderheiten beobachten; zunächst neben den Plattenepithelien aus¬ 
schliesslich die eingetragenen Coccen, dann das Einsetzen der Leu- 
kocytose und in einem Falle auch der Phagocytose: schliesslich 
allmählichen Schwund der Leukocyten und der Staphylococcen, da¬ 
für Auftreten einer Scheidenflora, die hauptsächlich durch Stäb¬ 
chen repräsentirt ist. Die Selbstreinigung der kindlichen Scheide 
dauerte bei meinen Versuchen ca. 50 Stunden, also doppelt so 
lange wie die der Scheide der Erwachsenen. 

Ich möchte an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Reaction 
des Scheidenseeretes der drei Neugeborenen unmittelbar post par¬ 
tum eiue deutlich saure war, dass die auf dem Reagenspapier 
durch das Seeret hervorgerufeno Röthung dauernd bestehen blieb 
und nicht, wie Doederlein es beobachtet hat, nach einiger Zeit 
verflog. Ich kann deshalb Doederlein’s Ansicht, es sei diese 
Röthung stets durch freie 00$ bedingt, nicht beipflichten. 

Wie kommt nun in der Scheide der Neugeborenen, welche 
keimfrei ist, keine bacteriellen Stoffwechselproducte enthält und 
nur über eine geringe Säuremenge verfügt, die Abtödtung 
der Baeterien zustande? Wahrscheinlich wirkt sofort ent¬ 
wickelungshemmend auf die eingetragenen pyogenen Mikrococcen 
die schwache Säure; unterstützt wird dieselbe in ihrem bacterien- 
feindlichen Verhalten möglicherweise durch die herbeieilenden Leu¬ 
kocyten; ganz allmählich dringen von aussen bestimmte Bacterien- 
arten in die Scheide vor, die im Gegensatz zu den Eitercoccen dort 
einen sauren, ihnen sehr zusagenden Nährboden finden und in dem 
günstigen Milieu schliesslich dio Eitercoccen, die bei meinen Ver¬ 
suchen zunächst in ungeheurer Ueberzahl vorhanden waren, aus 
dem Felde schlagen. Eins hat mich aber daran denken lassen, 
dass vielleicht doch noch ein Factor bei der Selbstreinigung der 
Scheide des Neugeborenen und w T ohl auch der Erwachsenen in 
Frage kommt, der bisher nicht genannt ist. Die Abtödtung der 
Staphylococcen im Scheidensecrete der neugeborenen Kinder begann 
sofort und schritt gleichmässig weiter. Sie war schon nachweis¬ 
bar, als im mikroskopischen Bilde noch nichts von anderen Bac- 
terien wahrgenommen werden konnte. 

Das keimfreie Seeret der Neugeborenen mit dem schwachen 
Säuregehalte und dem zeitweisen Fehlen der Phagocytose entfaltet 
vielleicht auch durch den Gewebssaft, der einen Theil des Scheidcn- 
secretes ausmacht , den eingetragenen Mikroorganismen gegenüber 
bactericide Eigenschaften. Sehl* auffallend ist es allerdings, dass 
die gewöhnlichen Scheidenbewohner unter diesen Eigenschaften 
scheinbar nicht zu leiden haben. Ob man jemals die bactericide 
Wirkung des im Scheidensecrete befindlichen Gewebssaftes durch 
den Versuch in exacter Weise isolirt nachweisen kann, erscheint 
mir zweifelhaft. Durch ein sterilisirtes Chamberlandfilter werden 
nur die Körperzellen und die Baeterien, nicht aber deren Stoff¬ 
wechselproducte zurückgehalten. Eine Beseitigung der letzteren 
ohne gleichzeitige Zerstörung der Serumwirkung ist vermuthlich 
sehr schwel*, wenn nicht unmöglich. Aus der Scheide der Neu¬ 
geborenen. in deren Seeret die Baeterien und ihre Stoffwechsel¬ 
producte fehlen, kann man zu einschlägigen Versuchen hinreichen¬ 
des Material nicht gewinnen. Vielleicht lässt sich die Serumwir¬ 
kung des durch ein Chamberlandfilter getriebenen Scheidenseeretes 
durch einen bestimmten Wärmegrad vernichten, der den bacteriellen 
Producten ihre Wirksamkeit noch nicht raubt. Dann liesse sich 
aus der Verminderung der bactericiden Kraft des keimfreien, 
zellenfreien, neutralisirten Secretes ohne Serumwirkung wenigstens 
eine approximative Schätzung der letzteren gewinnen. 

Ueberblicke ich jetzt noch einmal die ganzen angeführten Ver¬ 
suche und die sich au dieselben anschliessenden Erörterungen, so 
glaube ich aussagen zu dürfen, dass eine Reihe von Factoren, 
die zum Theil von einander abhängig sind, Zusammen¬ 
wirken müssen, wenn die Selbstreinigungskraft der 
Scheide den pyogenen Infectionserregern gegenüber ihre 
volle Macht entfalten soll. Wenn man diese Factoren zu¬ 
sammenstellt, so dürfte durch die Reihenfolge: Gewöhnliche Schci- 
denbacterien verschiedenster Art, deren Stoffwechselproducte, Säure¬ 
gehalt, Gewebssaft, Leukocyten, Sauerstoffmangel ungefähr die 
Wichtigkeit, die jedem einzelnen bei dem Selbstroinigungsprocess 
zukommt, zugleich angegeben sein. 

Den Sauerstoffmangel, der den Streptococcen und Staphylo¬ 
coccen direkt natürlich nur angenehm sein kann, nenne ich hier 
auch, weil durch ihn eine Scheidenflora begünstigt wird, welche 
den pyogenen Mikroorganismen gegenüber sich feindlich verhält, 
weil er also indirekt die Selbstreinigungskraft stärkt. 

Ferner können wir den Versuchen entnehmen, dass eine künst¬ 
liche Störung einzelner Factoren imstande ist, die Selbstreinigungs¬ 
kraft des Scheidenseeretes zu vermindern, dass eine künstliche 
Vernichtung aller oder mehrerer Factoren die Selbstreinigungskraft 
ganz auf hebt, sogar eine Aufzucht der pyogenen Mikrococcen im 
Scheidensecrete ermöglicht. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 








DEUTSCHE MEDICXWSCHE VVÖC'HENSCaRlET, 




1 


^g; DEUTSCHE MßMCINiSC: 

Srtumifcnsorr..*t. Aussorhnib dfiS. Kölners künstlich j' 
Maastfgaiunhii sMy#? StilhsWeiniguu^skratt horauboii j 
{■isst,- wir m durch.StoHHsafioö und Nenirirtisathms$g*V %MT0- Nä.hr* [ 
JAnhui .$r p£ügem? MjkrtHmhßtfn m'rtm kjWftu • so Werten wir das- 
VeiAikifcotesett tra .KArpcr fiel* h f.e h N 
-rhwuogorrh Irtuu dnFfd.i bestimm^* EiaH(W*n Tjii’iio seiner li&c,« 

'• hhibftf^nn, ja in *c)u>»eu Fallen dieselbe ganz- tw- 

Kurtuv ipul dann pyngphb 

ity&ir jwWr) teile® Verhältnisse. oVHAicht. .dadurch um 

&hfc&fen. ä«i‘^eCöt»I{in v te*AMU»- diejehigpb SM^D? r Hcvü(t. 'j$Mrs« ; - 
.!&$£&« diebÄ rußhöön .V^eraughöMi ojUm das 

fifiinteuiiw < •.-i4ferKC-).iraikim1t< Z«iUki\«nV zur. Srd.b.st;rHuigtmg/ beTiffa 
thigtetu 

Xn iVir^err Sd'aoUiiji gehören: Uh* Beirrt doriscemk der Arti- 
i**bortmcudas Schrtdenw., rot, jn'fn» lOensfruntiönmYt; das Sehrt dfcfcK;';, 
*Wei ho« starkm- Corpus- oder fVUcrtobspncIenuig: (bis &oh*ml<M*- 
Hirti’ct bpi vermehrter S.<;bctd* i bab^i)doj , uaj>- oh*K; Vorne iuuag dt* 
i UiarteÜ'it-ijßdtiHijö^:• da* Hrtmithumeerrt frei kJäibindw- Vulva und 
lau U^suonifs.- c(?*r Vxüjina; «ml endlich sr.h«>iVdmv .au# dasUB-hrt- 
«liUipHwut k!iiii:tkte('n-i«du>» Frauen. lieber db? Uesorhefi dor Vor- 
imhrirauiuv der Srtiirtmeigmiivsk?afk hu- isri • mir lad- da« het'düu 
M'txt^n KaVgori.er < vn Öecmfen ‘nrt ; b molih klar ghwbcdrtb 

VWw»’ nifi-ir .aber diu vier nisi-bf» BmrefaHeh i ui Umiander fort 
glrtrtiK.Bo htliFos sofort auf. . diesditrti sr>kcd '-g-mkinäffiatt- 

(idu*. MornufitU' daldjirtniu ohmu ^uriogun bt«db^i*e?efeÄtb« 

Sänregrmi t-md rtiim cbntimuriiciir YrnTdiHutmtg t!i\s SwrefrpÄ,.- durch" . 
welche piütv ndrtivo Verminderung ilgrt ltanteri«*itK&fii und dv<m 
ijiö&sfr gh lieferten To^ingodigu bodingt wml ; HdJ rjl<nö der 


diirdV die Hea«t*iönöäiKltn , iiAg' sdiuil vorher bellte'- • 

der baitoidtjen Kruft dos SdiddeuBecretes wird rrkßßi.. 
Mrnsr.nmlbiut, in grosser Mmiso aus^diiadeii, sthweimut üu*u- 
Tbuil des wirkyainnu Serdetes ans der Sf.lt eidu aus. vmitumt «{-n, 
"/nt’üökbHbotulön vurmimlitrt absolttt« uml; reiä%. die faiii 

Kühaidb«IUtel$Heu und die -Menge ihrer BtpSwedigelyrodUük; fauy 
•seUt «Jt.> Sd..iHtfoini^uua , skrftfl> der Scheide so. berat*, das* miaetiK 
a-etiaigenc.grössere Mengen pyogener Goaceu v«m der $r|i**?, 

rw«hf mehr htswhltigt werden, da die Keime dniS'- ihpöh'i 
Uene.tii/h im SiVTot^ ßuden, devduih'ten r«>it3<i!i**Jjois Mihrobwi -V 
hbei-gestelit worden, eiohn yw Stoffweeji^idpiwl^mxp?} fibke u-: 

siftättiu ; NMi»-h'üdeh''■;aü8n.iii»en 'kbuüen.. iah einOxa W».,ir Ophm- 

heit: hä b(<if». 4 -.-,otv?;u.4h>gT5p amt 'Boden -%n f»ss«n, und den ^iDWhjt 
Uoilfen halten ^ie- fest* mthk ■ weuin .dir’ M^fiMtrüÄouHfr 
n%b>, .hat;. Hie sind, damt m «luuernä^iL SetrefAnuviJhn^. 

dit* ?nni ; . -de?, rn/nd« •ä*> ver-fiii«Ut»D.un' Bae.t^Han . gia*«MiV.het- 
atiwehrefKie StMlnng- eiimehnien, -die di?\se vorher m ^.tt.a-.. 

iuutf haftet. -:. .. *. .: •- - . . . ■' '■;; -:' ; : ' 

PiHWOi' ertöteuadou Kämpt it»'i* .pyogeHiO». Coi%y\ ■ pp»?» *}ir 
ikiiwv.-fcMmii tefp gb«5tnifhwöfeheTidon facthfßii de^ 
knnti xlamnsdi nur dann vmv IkobHobtuna getauipMi, \Wa?i ,jt 
%m ^keixlfc‘0pgylrra11 clurth ^ Sutöh^ fo*f imru- 

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, leh Jiahö. vemielit, iii. d(5nLÄK^tii$#^th Öhev ^tiejhr}tüÖ% . 
die an f•rt-vicaigonorrtipe erkraojft wäiv jdrtö<;h uur 00k 'iT.ii*!*. 
Dehi’S uod wenig . (lüiiiiÖüssi^es t>rvu^is.enret:.liefert*, «bunte 
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\Yir tindrtx denumrt? bni : '-*iiöor Ak^ht-voo .SrtJiMton.ti.nt.rt* naUH’«* sofort n.aC-h iktadigung iter. Mon.otnmHöu wiadoi 1 vm dpn SaMt# 

Hohen Vi*rirtiti}is>en Hhdjüguiigen, 'Vvehdu*, -wenn wir hin kuortikh vevoehwandeii. Es fehlte in diesöiii Fnlio die Fortdatior M 

in» Solmidonseerctr aus-serhafb: »k*-< Körpers dmeh ASknli/.Usxt.z itm| Alkuloseei^.. dtf; Seeeotey. ns trat sofort nach der Menikusti«»:« 

(iuveh StAt’iiisatioi» in wktgohrtulrtPm ■ Mßus^e her&t,eitlen, dem j wieder emo durch 4an germgoo Silunigrud bhdijxgte Katwiekeiiuig«^ 
Sidieidens«>ct'»5iü iüvi -• Hahttce«,;•’! Alb' oben 7<u^ hömöiuog dfa'.Bktppt^coecvii auf T itml mit.'(fai* ^e|t g;öW8aneu witntoi: 

sammengePleJltei) Seerefarten tddbden, wie wie erwarten durtiett, «tldDre Keime die Oberhand. Ohe? die Strtptoeouooa. 

die dngekitgetien p.yogenoii Mikrofwh Iang.sjtmer als diejoBigOn, J.)i«mer i^ilj beweist, »fass stdfrst, das Euaunj'mäitrüfVen rmi-. 

deren baeferieide l'ftetfgen völlig iuinef varen. Abor nur in ei muri. gonorrhois* beo C«owbaiikat;uTlu‘K und einer TtihhtitrticQcu ßltitu«^ 

fdmgt^n Pulh*, der dtirch ein- stark 'vor-mrdvrti'b d , ervieal^m*.ret sieh nicht iimuor hatreieht die SeHirtrpinigmigskraft der Krteuk ganz 

uin-yeikdii?eti.',. w.r}e)u«:4 si{ h dank »rinor liunniUrtsigkcit leicht intiv m bvenhen.. Kur wonn bas C'nrpUs^. oder dftk : CrtYirtitsÄ'nd v> 

dem Seheidenseereto nrisehte und deslinlb •dne ^irtrtwrtssig HikaSirjebe roivhHid? und dfmyllfofe; gejirdert wini, ijlasn es öirti grtkhuertu 

Rivietioji ,h*s b*t7»*‘.v«ut b«Mühigen kenuito, War unter »mtibdichon ihlk -dom Sebuidbüs’ßi-ret ytt eiue?n neutral o«.ier'alkuli?vir . - 

YerhUlt.fusoon die Sidbsiffeiui.cfungjskraft, <ier SeiVddo So weit her*t^ Öioeii^eite vfoaitven kann., wird whe erbjJgrnirtic Auiztirhi: 

go-a tzt s ilahs ic Jt Strhptocö«rt? ?i in ib.■♦ueolrur in d«nn Seheideu- '<-*o<>e*wr zur Monstvtiatiohuznit zu erwarten- seih,- ’ 

.scrntte^fa.iid, \ IW Surret., in welchem ieh oteepioooreon lutehweiseii Jäwiutr, 

Wie kann jnau sieb ntni die MügUrJüiint dor AufssUnbt von war so rtüe.}iih;.l» und dünnflüssig, dh^s es fcbatsMei.üibh. ,MV mit 

pyogohen Coceert im Söheidensoerrte Mlper uiehtse.bwaugnTor« Scheide hurao'^tropfte 

Krau erklären v rttlymbfi.r inusjs die 8törmig der SeH'.srteiniguhg«- Eo ist. klar, dd.ss eijL zoKitchcb Zuseuoinentreflen roekreiw Ji«- 

faetui|<.\ri mtvr nulhrlbihfirf Yhrdädthi&sj^h üsitwdmj oimv rmch krntfj/ dur SiOlirddo auf ma Miuifftum mdüeiren^ 

grhssere sein konnem ab wir sie in d.nu nJym ange.führ!.eu Sceret- i Um^tOndn mit. -.lief Eiütaip^UK grosser«?- Mengen vA»^ r 


arten schon heobäehteir kouuD.Mi. Ich giautm «ln : r v^gezwimgone ] Coeeon an sinh schon ziemlich' stdinü vorVpr«iitit* und itadui r 'k 
Ei'kUirtiug Ihr diese ■ Möglichkeit; hisst sieb nügeführ tu folgotuirr j lie.^ondo.t'S ütnvubrSidioiidtid» gurnanht. wird^ dass die 1*^uim'.wüteu 
Wrdso geben. der Mmismmi-iön mögUeir.st jede Berührung ihrer 'Sclfaitb? ?a vi-r* 

Es int norbweudi?;, diiöÄ mehrere dip 1$eib«treinigufigskmft moidno suchen. •" ’ .... 

des • SuheidonsertOtrt shrt bwhehßmiv g nntürlirthr.* liudrnguügeu Ab?o dürrti dibyo KlHW \S r aUY^Aii^ifli*ihkvijiärott?iiinvg ist rtv 

gl 0 ich/.eitig mnwirkeii: wcuj.i ein gTüSoOi'er Thgil der otw-n gv- Seltenheit eines Ht.ii>ptüctvcetml>etut<dus in ih*r;.'SßU«dö dar- NKrt-* 
Jtamd.ru. huctencidcu hörtAre« purahyslrt tuel dnufH der Aüt^uchf m hwring*’mi ungezwungen etkhlrf. 

pyogener Coeceji Belegouhinh ghgotjgn worden '«oU. tim] cs kann Hfi-tKm ' fu*.m dtose gauynu Erücforungru auch *tau*l, - . 

iltu bw?.te?*o in der Beheixio der niehf.srhwangfMeti Frun; nur dämi joan si** auf dir Sohr.ule dev Schwangeren aurtlehnt i Irt? vh'-'ueu 

thatelU'.hür.b gWingmg wenn in dm:Sr!)um Zeit, in der die Selbst- dass .(üe4#bn dtu-ch alle Yorhaltuisso. die-.rtch ln dn' SBwuMur 

i'Cinigungskr&tt döh bcheldty dtist ganz gnbrniJum ist, oii»r TJabrt- • Achw.mg>.'n»a iiuden, sogar gosfiit.zl. uml gcknlfiigt xvrtu^M 1 - 
trögnug grösserer Mongon von p.yogonc-?» Mikroeocreü iii »las S t ., denk Sottig<tinw<nvrte \ fm Schwaftgoven finden wh- itart Krtrti:Rr . 
*.‘Hd statt hat. Versuchen tumfmls pyogene .VLtkrouoL’onn. . r 

Au rrncuyj Jhäspirte u.üeliu* ich dir 1 mplautathnusnidgiiehkrtt. '. Es nPr-seii sich tlemuartt bei ^hhwftügei'ea >3Spnde.fe- 

( iiinial Milaolorn hmtjen nat'hwnisen lasset), welche eine Vmnmderüng dor ' . 

■*v ä m ” , e °b vinrnn Se.-ndrt w tdrt tos ua eh weislich emo rrt- toiujgaitgskrnit dos Scheubrnsw-retes niemals ziVla^^n. DUs-r. rt«- 

UeLdiehc ortl^t-rcniigtuigrft.m»dofiz j.,cbji.-rt o.mi kriUMgo saure Honetioib ri* hfuegen • b-xistimi thatsm hlkh, und zwar hßßtel^ö «u- 
zeigt. I le ratdiuadtm dieses Socr»»tes wird goporiljoi-vli iidieirf: Ce?st>tio immrtniatiorus in dem Sistiren der Äb*ohdrtmig ( t** 

es entwickelt steh, wie hoi dem. von mir bwb»clHeten Fallt, ein Cotpu« Uten und in der Veränderung der ConsifetnM d«girtv^^ 

amwrt PJUiÜuÄsigeHs UrviealseOret, vveKhes sich so voMcomimm leb habe erst jniigst wieder Mogeiiheit gehabt (me»> 

nn, dv,n oche«Ueusrcv.etc ?ä vornmeheu vncmag T dass eine gleich- graviden, darth Totalos^frpstin,, gewemmnea Vim a,c ^j 
U Tr rf VM ä iky, *sdie ß^ööMöp tb-r verebRcji Srrtrt b ansscrgHWühnUchcm Zühigktdt -dos tVrviealsCeretes hm Adiwangr : 

tesu.Mrt Ou, Flora der Scheitln . JJraprf!« K lich bnwotinBm zu nber.cngcn * 

^;Scc ; rof, welcheNüiubod.m besser ibcscibo war so hoeligrödig. tes hin diekcr Fhii.iB*pat6b 

a ;!- hfkaliechcm^ !>»es-:- ward?* non.. aJlmiihlicii vor- wplcheüt ich W&s Her rot vcm der Unterlage abzuhoben vr?>u^'’ 
•UUngt dupc.j lilmtumtisehö Kmma; cwokhö-' gKKhhdls anapj’oh aui • si«h bei diesem Yorgöheti tun bog. Sollet bei gomwrtm^'dve < ■ 


.uangt durc.j nbjum*t*ise-Ue Krtmo, vv.debo- gKAhfuljK mmmh a ui' sU-h bei diesen. Vorgcheti tun bog Solist bei gomwrtH'^'de^ •■ 

finden, inwimhm vicaHnb‘cti(jh ? die zn' einer Vermehrang de*? 

Sl?" u- ] f: ^TtBeoecuu in dinso V a gi, ut eiugoimgcn, dasselbe bei Sohwanü*mi nur wmiig von dieser Znbigkvd. 4 h. ; 


Hibsidbcu kßm» ulkaliHrtior Ibuetion dasÄSe.M‘otes Wwix 

iwoHp: ia^Oiu. uh dio l.h?s fahende. Heheidenllora- ihm \ r r\PTrit> Jievi««»' 


w.w«ww um rjuuwangoguw nvu : wmug vwi »*.*«.-* • . ^ 

■vvokhoi ciao gleiclmikssigo Mischung des C»*rvicalsf>crrtf^ au ^ 
Srhe.idenahstmdenujg nud zugleich damit oifio gbiiehmäs.^u ' 
dftmuiui; und r.cutrate oder alkalische RoaetioD der b'tzort^ 1 _ 
gPBchloösco övsoheint. Daher die eiet? snurc Rrtvctidh dm • ^e»i 
*ecrhti^ Schwyytgoi'er. 




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UNIVERSfTY OF MICHIGAN," 



29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


909 


Diese Zähigkeit des Cervicalsecretes also, das Aufkören einer 
coutinuirlichen Corpussecretion und die Cessatio meustruationis 
vorhindern es, dass es je zu einer völligen Beseitigung der SeJbst- 
reinigung'skraft des Scheidensecretes Sehwaugeror komme, sie ver¬ 
hindern indirekt eine Ansiedelung der pyogenen Staphyloeooccn 
und Streptococcen im Scheidensecrete. Ferner ist die erfolgreiche 
Uebertragung von pyogenen Mikroeoccen in das Scheidensecret 
Schwangerer noch dadurch unwahrscheinlicher geworden, dass in 
der letzten Schwangerschaftszeit, in der zuweilen durch recidi- 
virende, von Placenta praevia lierrührende Blutungen oder durch 
Hydrorrhoea gravidarum eine gewisse Herabsetzung der Selbst¬ 
reinigungskraft des Scheidensecretes beobachtet werden kann, das 
Weib jede Berührung seiner inneren Genitalien iiistinetiv ver¬ 
bietet. 

Uebrigens ist die Verminderung der bacterienfeindlichen Kraft 
des Scheidensecretes in Fällen von Placenta praevia und von 
Hydrorrhoea gravidarum stets eine nur massige und nicht an¬ 
haltende, da die das Secret der Scheide beeinflussenden Serum¬ 
oder Blutmassen nicht continuirlich abzufliessen pflegen, sondern 
in Schüben abgehen. 

Man kann demnach die mit der zeitlichen Amenorrhoe und 
mit der Zähigkeit des Cervicalsecretes correspondirende saure Re- 
action des Scheidensecretes Schwangerer und sein gleichzeitiges 
Freisein von pyogenen Mikroeoccen als einen direkten Beweis für 
das Zutreffen meiner voraufgegangenen Ausführungen über das 
Scheidensecret Nichtschwangerer betrachten, man kann aus diesen, 
bei der Schwangeren anzutreffenden Verhältnissen erschlossen, 
dass nur unter den oben schon angegebenen oder ganz ähnlichen 
Bedingungen eine Ansiedelung von pyogenen Coccen im Scheiden¬ 
secrete nicht geschwängerter Personen möglich wird. 

Wenn in dem Secrete, in welchem ich Streptococcen gefunden 
hatte, thatsächlich nur die dünnflüssige Cervicalsecretion den 
dauernden Aufenthalt der Streptococcen im Scheidensecrete er¬ 
möglichte, wenn die letzteren nur als facultative Saprophyten im 
Scheidensecrete lebten und ihre Anwesenheit in demselben unab¬ 
hängig von jeglicher, durch sie selbst bedingten Scheidengewebs¬ 
erkrankung war, so musste eine Aenderung des Nährbodens in 
seiner Reaction durch Ausschaltung der Cerviealahsonderung allein 
zum Verschwinden der Streptococcen führen. 

Ich stellte nun zahlreiche Desinfectionsversuche in dieser 
Scheide an, um dem Einwande zu begegnen, durch das angewendete 
Desinfectionsmittel seien die Streptococcen in der Scheide direkt 
abgetödtet worden. Ich reinigte die Scheide mechanisch, spülte 
sie mit ungezählten Litern von Lysol-, Carbol- und Sublimat¬ 
lösungen von verschiedenen Concentrationen und in verschieden 
langen Zeit Zwischenräumen, ohne jemals mehr zu erreichen, als 
dass das Scheidensecret ganz vorübergehend nur vereinzelte Strepto¬ 
coccen enthielt. Gewöhnlich war die Scheide 3—6 Stunden nach 
derartigen Versuchen schon wieder von zahlreichen Streptococcen 
bevölkert. Die gleichen Erfahrungen machte ich mit einer län¬ 
geren Milchsäurebehandlung. 

Endlich, als lange fortgesetzte derartige Einwirkungen die 
Bacterienflora der Scheide auf die Dauer nicht im geringsten ver¬ 
änderten, ging ich dazu über, den Cervicalkatarrh zu behandeln. 
Eine zweimalige Aetzung des Cervicalcanales mit 50 procentiger 
Chlorzinklösung reichte hin, um folgende Aenderung herbeizu- 
1 uhren: 

Die Cervicalabsonderung wurde sofort ganz gering, es stellte 
sich spontan eine saure Reaction des Scheidensecretes ein, die 
Streptococcen verschwanden aus dem Secrete, in den aus der 
Scheidenabsonderung hergestellten mikroskopischen Präparaten sah 
man eine vorwiegend aus Kurzstäbchen bestehende Bacterienwelt, 
und mit Scheidengrundsecret beschickte Agarplatten, welche früher 
stets mit den feinen Streptococcencolonieen dicht besetzt erschienen, 
blieben jetzt steril. 

Es ist demnach durch diesen Fall der Beweis geliefert, dass 
die Streptococcen, ohne in die Gewebsunterlagc eingedrungen zu 
sein, ausschliesslich als facultative Saprophyten im Scheidensecrete 
so lange vegetiren können, als durch gewisse natürliche Bedin¬ 
gungen dieser Vegetation Vorschub geleistet wird, als die Selbst¬ 
reinigungskraft der Scheide zerstört ist. Es ist ferner der Beweis 
geliefert, dass durch die Beseitigung der die Selbstreinigung der 
Scheide vernichtenden Bedingungen das Scheidensecret seine alte 
Kraft wiedergewinnt. 

Bevor ich kurz auf das Selbstreinigungsbestreben des Cervical¬ 
secretes eingehe, möchte ich noch wenige Worte über die Reaction 
des Scheidensecretes im allgemeinen hinzufügen. Beim neu¬ 
geborenen Kinde reagirt das Scheidensecret, welches noch keine 
Bacterien enthält, unmittelbar nach der Geburt deutlich sauer. 
Diese Reaction ist nicht allein durch freie, flüchtige Kohlen¬ 
säure bedingt, und die durch das Secret hervorgerufene Röthung 
des Lakmuspapieres schwindet nicht nach einiger Zeit von 


selbst, sondern die ,dauernde Fnrbenveräuderung des Reagens- 
papieres zeigt, dass schon in der keimfreien Scheide des Kindes 
die Production einer freien, nicht flüchtigen Säure oder von sauren 
Salzen stattfindet. Welcher Art die producirte Säure ist und wo¬ 
her sie stammt, ist noch zu ermitteln. «Jedenfalls bestimmt ihre 
Anwesenheit und ihre Stärke in erster Linie die Bacterienarten, 
welche sich in dem Scheidensecrete des Kindes ansiedeln und in 
demselben vegetiren, bis späterhin, etwa in der Pubertätszeit, 
durch irgend welche Einflüsse die Bacterienflora Aenderungen er¬ 
leidet. Aber auch liir die Scheide der Erwachsenen gilt der Grund¬ 
satz, dass der Säuregrad des Seeretes nicht ausschliesslich das 
Product bestimmter Bacterienarten darstellt, sondern dass die Art 
der Bacterienflora zunächst immer vom Säuregrad abhängig ist. 

Dieser Säuregrad differirt. in der Hauptsache deshalb so stark, 
weil die dem Scheidensecret beigemischten Absonderungen aus dem 
Uterus in ihrer Menge und ihrer Consistenz mehr oder weniger 
schwanken; dass gerade die Uterusausscheidungen den Hauptein- 
tiuss auf die Reaction des Scheidensecretes ausüben, scheint mir 
durch die Beobachtung gestützt zu werden, dass bei sechs Frauen, 
welche den Uterus durch die Totalexstirpation verloren hatten und 
welche glatte Scheidennarben ohne Granulationen zeigten, die 
Scheidensecretreaction eine saure war. Schwangere, bei welchen 
die temporären (Menstruation) und auch die continuirlichen (Corpus- 
und Cervixsecretion) Beimischungen von alkalisch reagirenden Ab¬ 
scheidungen aus dem Uterus völlig sistiren, liefern deshalb immer 
ein saures Secret, häufig ein Secret von so hohem Säuregehalt, 
dass ganz bestimmte Bacterienspecies in demselben alle anderen 
Bacterien zu überwuchern beginnen, da sie allein noch imstande 
sind, bei dem hohen Säuregrade des Nährbodens zu vegetiren. Bei 
Virgines intactae, welche noch nicht menstruiren, ist aus demselben 
Grunde der Bacterienbefund ein ganz ähnlicher wie bei Schwangeren. 

Dass ausser den physiologischen und pathologischen Uterus¬ 
ausscheidungen auch noch andere Momente für die Scheidensecret¬ 
reaction von Bedeutung sind, steht ausser Frage. So hat man 
daran zu denken, dass eine lebhafte Ausscheidung von Gewebssaft 
aus der Scheidenwand selbst bei bestehender Schleimhautreizung 
die Reactionsverhältnisse erheblich zu beeinflussen vermag. Auch 
will ich nicht bestreiten, dass die Scheidenbacterien, wenn sie sieh 
in einem günstigen Nährmedium befinden, je nach ihrer Art im 
Scheidensecret Säure oder Alkali bilden und dadurch auch selbst 
einen gewissen Einfluss auf die Secretreaction ausüben können. 

Aber ich glaube dennoch daran festhalten zu müssen, dass 
nicht die Säuremenge von der im Secret vorwiegenden Bacterien- 
art abhängig ist, sondern dass umgekehrt die Stärke der Säure 
die Bacterienspecies in dem Scheidensecrete bestimmt und dass, 
da, wie wir gesehen haben, verschiedene Bacterienarten im Verein 
mit den übrigen antimyeotischen Faetoren imstande sind, die 
Scheide vor dem Eindringen von pyogenen Coccen zu bewahren, 
wir nicht das Recht haben, nur solche Scheidensecrete von 
Schwangeren und Nichtschwangeren normale zu nennen, welche 
eine ausgesprochene saure Reaction zeigen und die Doe der lein¬ 
sdien Scheidenbacillen in Reincultur enthalten. Wollten wir die 
saure Reaction und die gleichzeitige Anwesenheit der Doederlein- 
schon Scheidenbacillen als Kriterium für das normale Scheiden¬ 
secret gelten lassen, so bildeten unter den verheirateten, nicht 
schwangeren Frauen diejenigen mit normalem Scheidensecrete 
seltene Ausnahmen. Zur Kennzeichnung von Ausnahmen darf man 
aber den Ausdruck normal nicht anwenden. 

Ich habe zum Schluss noch wenige Worte über das Selbst¬ 
reinigungsvermögen des Cervicalsecretes hinzuzufügen. Bei sechs 
Frauen nahm ich Uebertragungen von Staphylococcen in das 
stark alkalische Secret des Cervicalcanales vor, weil für die 
Erklärung der Keimfreiheit der oberen, alkalisch reagierenden 
Zone des gesunden weiblichen Genitalapparates die Resultate der¬ 
artiger Versuche von hoher Bedeutung sind. Diese Experimente 
wurden in derselben Weise verfolgt, wie die mit dem Scheiden¬ 
secret vorgenommenen. 

Auch bei diesen Bacterienübertragungen in das Cervixsecret 
wurden alle Versuche durch das Mikroskop controJlirt. Die mikro¬ 
skopischen Bilder lehrten, dass nach der Uebertragung in dem 
Cervicalsecrete ähnliche Veränderungen auftraten, wie sie bei den 
Versuchen mit Scheidensecret sich dargeboten hatten: Leukocytosc 
und Phagocytose. 

Doch möchte ich auf diese Vorgänge hier vorläufig nicht näher 
eingehen, da ich über eine zu geringe Anzahl von Versuchen ver¬ 
füge. Ich will nur mittheilen, dass bei diesen sechs Versuchen 
das Cervicalsecret in durchschnittlich zwölf Stunden die massen¬ 
haft eingeführten Staphylococcen abgetödtet hat. Welche Faetoren 
bei dieser Abtödtung der Staphylococcen durch das Ceryiealsecret 
wirksam sind, vermag ich noch nicht anzugeben. Möglicherweise 
ist die stark alkalische Reaction, die weit die gewöhnliche Serum- 
reaotion zu übertreffen pflegt, einer dieser Faetoren. Es war mir 


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910 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48 


gerade mit Bezug auf diese Frage sehr interessant zu beobachten, 
dass Agar-Agar, welches stark alkalisch reagirte, bei der künst¬ 
lichen Züchtung von Gonococcen sehr gut zu verwenden war, 
während Streptococcen auf demselben nicht auszukeimen vermochten. 

Möglicherweise spielen die Leukocyten und der Gewebssaft 
bei der Selbstreinigung des Cervicalsecretes eine bedeutende Rolle. 
Bacterien uud ihre Stoffwechselproducte können im allgemeinen 
nicht in Betracht kommen, da der Cervicalcanal gewöhnlich keim¬ 
frei ist und nur bei gonorrhoischer Cervicalinfeetion Gonococcen 
beherbergt. 

Aus den mitgetheilten Resultaten, die durch die Uebertragungs- 
versuclie in das Scheiden- und Cervixsecret nichtschwangerer 
Frauen gewonnen sind, liessc sich eine ganze Reihe allgemeiner 
und specieller Schlüsse und Thesen ableiten. Da mir die Zahl der 
Untersuchungen, welche dieser vorläufigen Mittheilung zugrunde 
liegen, noch zu klein erscheint, verzichte ich zunächst auf alle 
Schlüsse und Thesen und beschränke mich darauf zu constatiren, 
dass die Ergebnisse der Untersuchungen mich in der von mir 
immer verfochtenen Ansicht bestärkt haben, dass eine echte 
Spontaninfection während der Geburt im Sinne Kalten- 
bach’s nicht existirt und dass, abgesehen vom Gono- 
coccus, Bacterien in der alkalischen Zone des weib¬ 
lichen Genitalcanales, besonders in dem Cervicalcanal 
nicht länger zu vegetiren pflegen. 

28 Myomectomieen, welche wir bis jetzt ohne jede Desinfection 
des Cervicalcanales nach der neu modificirten Zweifel’schen 
Methode ausgeführt haben, sind in ihrem glatten Verlaufe auch 
als Beweise dafür anzusehen, dass von der Cervicalhöhle aus 
niemals Gefahr durch pathogene Bacterien droht. 


VII. Feuilleton. 

Zum Andenken an Marcello Malpighi. 

(f 29. November 1694.) 

Von Dr. Pagel. 

Culturbewegungen schreiten nicht in Eilmärschen vorwärts. 
Nur langsam und etappenweise gewinnt der Fortschritt Boden gleich 
einem vorsichtigen und ängstlichen Wanderer, der zu straucheln 
fürchtet und darum recht sicher treten und festen Fuss fassen will. 
Sehr allmählich erst reifen die Früchte, deren Keime die genialen 
Heerführer der Menschen und Menschlichkeit streuen. Mancher 
1 m- und Irrweg führt scheinbar vom Ziele ab, mancher Seitenweg 
lenkt auf Nebenstrassen. Dem Siegeslauf der Wahrheit stellen sich 
viele Hindernisse entgegen, nicht zum wenigsten infolge der Be¬ 
harrlichkeit und Missgunst der grossen, denkfaulen und inehr für 
die Aufstachelung niederer Leidenschaften als für edle Affecte 
empfänglichen Masse. In grösserer Anzahl, als dem Freunde des 
stetigen Fortschritts lieb ist, wechseln in der Geschichte der Wissen¬ 
schaften Perioden der Versumpfung und des Stillstandes mit denen 
reger Arbeit und weiteren Schaffens. Ruhe bedeutet auch hier 
Stagnation und Rückgang; Mangel an frischem Erwerb — Verlust. 
Die Geschichte der Heilkunde zeigt auf jedem ihrer zahlreichen 
Blätter, der dunklen und der hellen, der frischen und vergilbten, 
wie kein Gut ohne Kampf erworben wird. 

Als William Harvey nach einer stillen und emsigen Arbeit 
von fast zwei Decennien seine grosse That der Entdeckung des 
Blutkreislaufes 1628 durch Publication der berühmten Schrift 
(Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus) 
' pUbracht hatte, da erhob sich zunächst das Geschrei der Gegner, 
die es Harvey nicht verzeihen konnten, dass er die medicinische 
Welt mit einem male um alle ihre schönen, tiefsinnig erdachten 
uud (scheinbar) unerschütterlich feststehenden Theorieen bringen, 
dass er Jahrhunderte, ja Jahrtausende lang verfochtene An¬ 
schauungen über den Haufen werfen wollte und dass er manches 
biedere, auf seinen Lorbeeren ruhende Gelehrtenhaupt aus süssem 
Schlummer emporscheuchte 1 ). Es kostete fast einen zehnjährigen 
Kampf, und mancher harte Strauss musste (besonders gegen den 
Ilauptgegner, den fehde- und federlustigen Riol an „den Jüngeren“) 
< uichgefochten werden, bis sich als einer der ersten kein geringerer 
denn hartesius auf die Seite des genialen Entdeckers stellte. 
A unmehr folgte Schlag auf Schlag die allgemeine Anerkennung der 
neuen Lehre. Aber nicht bloss die Zahl der Anhänger wuchs, 
sondern — Dank gründlicherer Benutzung des inzwischen erfundenen 
Mikroskops und Dank den vervollkomnmeteren anatomischen Unter¬ 
such ungs-, Maccrations- und Injectionsmethoden — es trat auch 
(■nie ganze Reihe von Forschem in die Fusstapfen Harvey’s 
und brachte die schönsten Ergänzungen zu seiner herrlichen Ent¬ 
deckung. 


b Vorgl. dazu die ausgezeichnete 
lv i n h n er. Berlin 1878. 


Doctordisscrtation von 


Martin 


| Es war eine jener in der Medicin Gott sei Dank nicht seltenen 
j Epochen, wo eine einzige Entdeckung (ähnlich wie in unserem 
Zeitalter der Lister’sche Gedanke) ihre fruchtbringende und an¬ 
regende Macht auf die von Wissenstrieb und Forschungsdrang ge¬ 
leiteten Männer übt, eine jener Erscheinungen, deren Zauber, deren 
erhebendem und begeisterndem Eindruck auch heutzutage noch 
niemand sich entziehen kann, der sich die Mühe giebt, dieses inter¬ 
essante Blatt in den Annalen der medicinischen Entwickelungs¬ 
geschichte aufzuschlagen. Prüft man die reiche und bunte Muster¬ 
karte der Arbeiter und Arbeiten jener postharveyanischen Periode, 
die Aselli, Pecquet, van Horne, Rudbeck, Bartholinus! 
Redi, Malpighi und verschiedene andere, so werden sie alle un¬ 
zweifelhaft sowohl hinsichtlich der Zahl wie hinsichtlich der Be¬ 
deutung der Leistungen von einem Manne um Haupteslänge über¬ 
ragt, von Marcello Malpighi. Auf ihn kann das unserem alten 
Rudolphi zur Charakterisirung der Bedeutung Halier’s in den 
Mund gelegte Bonmot Anwendung finden (mutatis mutandis): Wenn 
man alle unmittelbaren und mittelbaren Zeitgenossen interviewen 
und befragen könnte, wessen Arbeiten sie wohl für die wichtigsten 
und tüchtigsten hielten, so solle man sich nicht darüber wundern 
dürfen, dass jeder Forscher zunächst seine eigenen dafür aus¬ 
gäbe; in zweiter Linie würden aber wohl alle (wie Rudolphi für 
Haller behauptete) einstimmig dem Manne die Palme reichen 
müssen, seit dessen Tod am 29. November d. J. zwei Säcula ver¬ 
flossen sind. 

In Marcello Malpighi, der in demselben Jahre erst da? 
Licht der Welt erblickte, als Harvey seine unsterbliche Leistung 
bekannt machte, sollte diesem lange nach seinem Tode der be¬ 
deutendste Erweiterer der Lehre vom Kreislauf des Blutes erstehen: 
denn erst mit Malpighi’s Arbeiten wurde der wuchtigste Ausbau, 
der hervorragendste Beweis für die Richtigkeit der genannten 
Lehre geliefert, indem Malpighi es war, der 1661 zuerst an 
Lunge und Mesenterium des Frosches den Capillarkreislauf beob¬ 
achtete und dazu 1665 die Blutkörperchen entdeckte. 

Wenn mau sich Malpighi’s Werke (z. B. in der in meinem 
Besitz befindlichen Ausgabe, Leiden 1687) zur Hand nimmt und 
in dem massigen Quartbande von 550 Seiten nebst 50 Register¬ 
seiten (wovon noch die dort abgedruckte Correspondenz mit einer 
Reihe von anderen Forschern z. B. Bartholinus und Fracassati 
in Abrechnung zu bringen ist) auf jeder Seite die mitgetheilte, 
dicht gedrängte Fülle der Beobachtungen und Thatsacben wahr¬ 
nimmt, wenn man liest, wie sieh hier Entdeckung an Ent¬ 
deckung reiht, wenn man die reichen und herrlichem namentlich 
dem ersten Theil, der Anatome plantarum, beigegebenen, sich 
unseren modernen Illustrationen nähernden resp. ihnen stellenweise 
vollkommen gleichenden Abbildungen auf weit über hundert (118) 
Tafelu (mit etwa 700 Einzelfiguren) betrachtet, w r enn mau beherzigt, 
dass Malpighi bereits die Entdeckung der Pflanzenzellen streifte, 
so ist wohl nichts mehr als dies alles geeignet, die Verächter 
medicinisch-historiseher Studien aufs Haupt zu schlagen. Diejenigen, 
die da meinen — und es giebt deren leider sehr viele unter uns 
dass die Tradition nur eine Art von verwesendem Cadaver sei. 
der mit dem Leibe der modernen Wissenschaft gewissermaassen 
durch eine mortifieirende Nabelschnur Zusammenhänge, die man 
gut thue, recht kräftig zu durchhauen, um den gesunden unu 
lebendigen Organismus der neuzeitlichen Heilkunde vor L-ebei- 
tragung der Nekrose zu schützen, täuschen sich denn doch rec 
gründlich: unter Manchem kann gerade die Erinnerung an ne 
Malpighi’sehen Arbeiten auch das leisten, dass sie uns einen 
schlagenden Beweis dafür liefert, wie sehr wir mit dem von uns- 
Erstrebten und Erreichten noch auf den Schultern der Mannei 
jener 200 Jahre alten Periode ruhen, deren Erzeugnisse auch <e 
exactesten Forschem von heutzutage Ehre machen und ein wm * 
Feld zu Ruhmestiteln für mehr als einen modernen Arbeiter tue t 
würden. 

Macht doch Hyrtl (in der geschichtlichen Einleitung 211 
seinem Lehrbuch der Anatomie des Menschen) darauf aufmerksam 
dass es „sogar in unserer Zeit vorgekommen ist, dass ein 
Schreiber- des Malpighi einen academischen Preis davouung 
Nun, soweit, wie das von dem betreffenden Plagiator ff 6 !?*,, 
ist, wünschen wir allerdings die Liebe zu historischen‘ 
nicht ausgedehnt zu sehen; eine so eingehende vvürflig r 
früherer Leistungen muss sich denn doch jeder Freund dei 
schichte ernstlich verbitten. Gegen einen Standpunkt, von _ 
aus man Alles bei den Alten suchen will, sogar die vollen . 
Ausbildung und Verarbeitung bis zum modernen Stadium, na * 
gerade Malpighi selbst sehr energisch verwahrt. Wie 
klingt es und wie sehr erinnert es an ein ähnliches 8cüop 
hauer’sches Dictum, wenn er im Januar 1661 seinem u® 52 ,, 

älteren Lehrer und Freund Borelli, dem bekannten I ft “° . f 
matiker, der zuerst die Gesetze der Mechanik in der An 


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29. November. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


911 


der Muskeln und Gelenke zu verwerthen suchte, schreibt 1 ): „So 
gut wie als Städtegründer nicht diejenigen anzusprechen seien 
die zufällig einige armselige Einwohner zusammen gerafft und an 
einem Orte angesiedelt hätten, sondern diejenigen, die ihnen erst 
eine feste Constitution, die gesetzliche Ordnung ihrer Verhältnisse 
und ihres Anwesens verschafft hätten, mit ebendemselben Rechte 
dürfe man auch nur denjenigen als Entdecker einer Thatsache 
preisen, der ihr eine wissenschaftliche Form, eine naturwissen¬ 
schaftliche Begründung nach allen Gesetzen der Logik gegeben 
und ihre Kenntniss in weiteren Fachkreisen vermittelt hätte, nicht, 
denjenigen, der einmal zufällig denselben Gedanken geahnt oder 
ausgesprochen hätte.“ Und ein Mann wie Malpighi hatte ein 
volles Anrecht zu dieser Aeusserung, er, der Begründer der 
mikroskopischen Anatomie, der Vorläufer Bichat's auf dem Ge¬ 
biet der Gewebelehre, er, der fast keinen Specialzweig der mensch¬ 
lichen Anatomie unbereichert hinterlassen hat, der Entdecker der 
Limgenalveolen 2 ), der zuerst die Athmungals einen Austausch zwischen 
atmosphärischer Luft und dem in den Capillaren der Lungen 
kreisenden Blute erkannte, der zuerst die nach ihm benannten Glo- 
meruli und Pyramiden der Niere, das seinen Namen führende 
Schleimnetz in der Haut und Zunge gesehen, den eomplicirten 
Bau der Milz klar gelegt, zuerst die Entwickelung des Hühnchens 
mikroskopisch beobachtet, die erste vollständige Anatomie eines 
Arthropoden geliefert und vor allem die Architectur der Pflanze 
in ihren Grundzügen festgestellt hat. — Ich will und kann auf 
die Lebensgeschichte dieses Mannes an dieser Stelle nicht ein- 
gehen, ebensowenig auf seine Leistungen im Einzelnen: aber die 
erstaunliche Thatsache mag doch (ich glaube zum ersten male) 
constatirt sein, dass auch nicht eine einzige monographische 
Bearbeitung dieses glänzenden Beobachters des 17. Jahrhunderts 
und seiner kolossalen Verdienste um die biologischen Wissenschaften 
in der deutschen Litteratur existirt. Die einzige iu Deutsch¬ 
land erschienene Monographie über Malpighi ist vor 84 Jahren 
— lateinisch geschrieben, nämlieh die Berliner Doctor-Dissertation 
des hiesigen, am 18. Juni d. J. im 59. Lebensjahre verstorbenen 
Collegen Gustav Windmüller, die von Haeser im Canstatt- 
schen Jahresbericht von 1861 ohne ausführliches Referat nur 
kurz als „lobenswerth und erfreulich“ bezeichnet worden ist und 
in der That dieses Prädicat iu vollem Maasse verdient. Im 
übrigen ist die spärliche monographische Litteratur über Malpighi 
bald aufgezählt. Es sind: Festa, Malpighi sermone illustratus 
(Bologna 1810); Atti, Notizie edite ed inedite della vita e delle 
opere di Malpighi etc. (ib. 1847); F. Scalzi, Malpighi scopritore 
«lei globuli del sangue (Gaz. di Roma 1890. XVI) und derselbe. 
Altre notizie biografiehe etc. (ib. XV). — (Test tout. -- Wem es 
also Mühe macht, durch das in der That etwas schwierige Latein 
des Originals sich hindurchzuarbeiten, der thut gut. falls er ge¬ 
sonnen ist, Malpighi nähere Aufmerksamkeit zu widmen und 
italienisch versteht, noch aus Renzi’s grosser Geschichte der 
Medicin in Italien oder Puccinotti’s umfangreicher „Storia 
della Medicina“ IH, 129—146, wo Malpighi eingehender behan¬ 
delt ist als in den übrigen bekannten Lehrbüchern der medieinischen 
Geschichte, sich zu informiren, event. für die botanischen und 
zoologischen Leistungen Sprengel's oder Sachs’ Geschichte der 
Botanik und Carus’ Geschichte der Zoologie zu Rathe zu ziehen. 
Freilich können alle diese Werke das Studium des Originals nicht, 
im entferntesten ersetzen, in welchem die vorzüglichen Abbildungen 
das Verständnis« des Textes (namentlich im botanisch-mikroskopi¬ 
schen 1. Theile) wesentlich erleichtern und fördern. Es zeigt sieh 
dabei, wie Malpighi jedesmal auch auf die historische Seite seiner 
Materie eingeht, die Leistungen der Vorgänger einer gründlichen 
Kritik unterzieht und namentlich in einem ausgedehnten Brief- 

') „Saeeuli hujus ingenia in varia dislmhuntiii'. Plornqne pntefaeto 
naturae aut artis areano hilari fronte et sincero eorde occuirnut. Non- 
nulla vero hostili conatu in ipso exortu jugulare tentant; quoclsi irritus 
succedat labor operoso studio evohitis antiquormn inonuinentis excitataquc 
lucis scintilla ktronis not am innrere tentant in eum quem docentem et 
magistrum mox audivere. Rerum inventores urbium et reipublieae fun- 
datoribus assimilantur; hae namque suum venerantur auctorem. non qui 
sensim gentem propagavit loci opportunitate aut Sorte coactus; sed qui 
datis legibus distinctis ordinibus moeniis vel septo circumvallavit aut arce 
firmavit; ita in artibus et scientiis inventor is dicendus est, qui naturae 
arcanum per suas causas patefecit, rationum et expenmentonim cuinulatis 
argumentis firmavit et usum naturae congruum dilucide exposuit. Hinc 
Harvaeus sanguinis circulationis inventor asseritur et, Pecquetus thoracici 
ductus auctor vindicatur. aliaque cousimilia exempla copiosa occurrunt, 
licet nonnulli superiori saeculo his praelusisse videantur. Caeterum quod 
ad me etc.“ (Ich citire diesen Passus, da ich die „opera posthuma“ nicht 
selbst besitze, nach der kostbaren, durch die Fülle des Materials gerade 
im Artikel Malpighi ausgezeichneten, in meinem Besitz befindlichen 
grossen Mang et’sehen Bibliotheca. Bd. II. P. 1, p. 141). 

*) Hierbei hat er seine Priorität, mit vollem Erfolge gegen die An¬ 
sprüche des Bartholinus behauptet. 


Wechsel mit den gelehrtesten Zeitgenossen. Männern wie Lueas 
Schröck, Bartholinus, Borelli u. v. a. für die Resultate seiner 
Untersuchungen ohne Anmaassung, aber mit der Ueberzeugungs- 
treue und Sicherheit eines exacten Beobachters aufs lebhafteste 
eintritt und gegenüber Angriffen mannichfaeher Art tapfer ver¬ 
ficht. Auch davon entwerfen die Auszüge in den bekannten 
Haller’sehen Bibliotheken (der bibliotheca hotanica und anatomica), 
sowie in (len schönen Manget’schen Sammplwerkeu ein deutliches 
Bild. — Ein Lorbeer ist Malpighi versagt geblieben, nämlich 
der eines allgemein beliebten und erfolgreichen Heilkünstlers. 
Wenn er auch in seinen drei letzten Lebensjahren die Stellung 
eines Leibarztes beim Papste Innocenz XH. in Rom bekleidete, so 
! hat er doch weder liioj*. noch in seinen früheren Wirkungskreisen 
unter dem grossen Publicum den Ruf eines tüchtigen Praktikers 
: erlangen können, eher das Gegentheil. Woran das lag, soll hier 
j nicht weiter erörtert werden. Es ist heute schwer begreiflich, dass 
| ein sonst so klar und nüchtern beobachtender und denkender Kopf 
wie Ma 1 p ighi im Punkte der pathologisch-therapeutischen Theorieen 
I sich von den Schwachheiten seines Jahrhunderts befangen zeigt. 

I aber es ist erbt menschlich. Angesichts des Hypothesenkrams 
seiner Zeit mag ihm am Krankenbette seine experimentelle Ver¬ 
anlagung wenig genützt, ihn vielleicht oft in Widerspruch mit sich 
selbst und zu manchem Misserfolg geführt haben. Vielleicht hat 
| der emsige Forscher nicht seinen Beruf darin erblicken können, 

! die oftmals krummen Wege der Praxis mitzumachen. Diese That- 
saehe mag auch manchen, ehrlichen Berufsgenossen der Neuzeit 
trösten, dem es seihst nach jahrelanger Thätigkeit. nicht gelingen will, 
ein sogenannter „gesuchter“ Arzt zu werden. — Am 29. November 
1694 unterlag Malpighi. 68 Jahre alt. einem wiederholten apo- 
plektisehen Insult. Am 1. Deceinber machte kein geringerer als 
der grosse Baglivi die Section (wie auch Max Salomon in seiner 
schönen Monographie über Baglivi hervorhebt).*) Der Obducent 
berichtete die Historia morbi und den Sectionsbefund in einem be¬ 
sonderen Schreiben an Job. Jac, Manget, welches sich in dessen 
grossem, bereits oben erwähnten Sammelwerk (nebst einem Appen¬ 
dix: „De apoplexiis fere epidemieis proxime elapso biennio in Urbe 
et per Italiam observatis“) abgedruckt findet. Ein Theil der 
Krankengeschichte und des Obductionsergebnisses ist iu Wind¬ 
mülle r\s schöner Arbeit reproducirt. - - 

Hiermit schliesse für heute unser kleines Erinnerungsblatt au 
Mareello Malpighi. Eine ausführliche Studie über ihn mag 
einer späteren Zeit und einem anderen Orte Vorbehalten bleiben. 

VIII. Mitteilungen über die Heilserum¬ 
therapie der Diphtherie. 

In der Versammlung des ärztlicheu Bezirksvereins I Stuttgart 
am 21. October 1894 theilte Prof. Sigel die Erfahrungen mit, die 
bisher mit der Behring’schen Serumtherapie in der Olgaheilanstalt 
gemacht worden sind, wobei er sich im voraus dagegen verwahrt, 
jetzt schon ein Urtheil über Werth oder Unwerth derselben abgeben 
zu wollen. Die Diphtherieepidemie ist zur Zeit weder sehr intensiv, 
noch ist sie weit ausgebreitet; ein schwerer septischer Fall z. B. 
hat in letzter Zeit im Olgaspital nicht Vorgelegen. Es wurden im 
ganzen der Serumbehandlung unterworfen 12 Fälle bei Kindern 
von 1 V* 2 —15 Jahren, davon 7 schwere (3 in einem Zustand, dass 
man sie früher ohne weiteres für verloren gehalten hätte), 5 ohne 
Benommenheit des Sensoriums, leicht nur 1, der aber doch wegen 
Stenose tracheotomirt werden musste und am dritten Tage ein 
Recidiv des Mandelbelages erlitt. Die Injectionen werden seit 
17 Tagen gemacht. So viel kann man mindestens sagen, dass der 
Einfluss auf das Allgemeinbefinden ein wunderbarer ist und dass 
der Verlauf nach der Tracheotomie — von den 12 mussten 9 
tracheotomirt werden — ein viel leichterer ist, ohne dass später 
wieder eine Verschlimmerung eintritt. Ein gestern tracheotorairtes 
Kind z. B. sass heute früh spielend im Bett, Der direkte Einfluss 
auf die Membranen zeigt sich in zeitlich und örtlich schnellerer 
Abstossung, soweit sichtbar: dasselbe scheint mit den Membranen 
in der Trachea der Fall zu sein, die Patienten husten leichter, und 
die Membranen werden leichter herausbefördert. Das Dßcanulement 
ist viel früher möglich, bei einem Kinde schon am dritten Tage. Ein 
Einfluss auf das Fieber ist nicht bemerkt worden. Sämmtliche 
12 Kin der hatten Eiweiss im Urin, die Hälfte hatte es schon vor den 
Einspritzungen, die übrigen bekamen es erst nach diesen, einUmstand, 
auf den vielleicht noch besonders die Aufmerksamkeit zu richten ist. 

Prof. Länderer theilt mit, dass er his jetzt ein Kind (zwei¬ 
jährig) mit Serum behandelt hat; dasselbe starb aber trotz In- 
jectionen und Tracheotomie nach 48 Stunden. (Med. Corresp.-Bl. 
d. Württemb. ärztl. Landesver. 1894, No. 33.) 

*) Bei Salomon findet sich noch manche andere, nicht allgemein 
bekannte Mittheilung über Malpighi. 


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912 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48 


— In No. 1768 des British medical Journal berichtet C.W. H. New- 
ington über weitere von ihm im Sussex County Hospital zu Brighton 
mit Antitoxin behandelte Fälle von Diphtherie. In allen diesen 
Fällen war Schering’sches Serum in Höhe von Ü,5—1 g angewendet worden; 
drei müssen als leicht, einer als sohr schwer bezeichnet werden. In 
letzterem war am fünften Krankheitstage die Tracheotomie gemacht und 
erst nach der Operation 0,8 g Serum injicirt worden. Alle vier Fälle ge¬ 
langten prompt und ohne Zwischenfall zur Heilung. 

— Ueber einen mit Antitoxin behandelten Fall von Diphtherie be¬ 
richtet Arnold W. Catlin, Brooklyn (MedicalNews No. 19). Ein neun¬ 
jähriger Knabe kam, nachdem er sich bereits einen Tag unwohl gefühlt 
hatte, in seine Behandlung. Die Untersuchung (auch die bacteriologische) 
ergab echte Diphtherie. Er wurde zunächst mit Quecksilberchlorid und 
Eisenchloridtinetur behandelt und 24 Stunden später, also 48 Stunden 
nach der Erkrankung, wurden 5 g Schering’sches Antitoxin auf einmal 
zwischen die Schulterblätter injicirt. Zunächst zeigte sich keine Linderung 
im Zustande des Patienten. Erst 36 Stunden nach der Injection trat eine 
merkliche Besserung ein; die Temperatur fiel, der Puls hob sich, und die 
Membranen begannen sich zu lösen. Fünf Tage später war das Kind 
vollständig gesund; jedoch fanden sich bei der Untersuchung noch virulente 
Diphtheriebacillen in seinem Rachen. Erst am 29. Tage nach der Er¬ 
krankung waren sic verschwunden. Elsner (Berlin). 

— Hauthämorrhagieen nach Behring's Heilserum hat 
F. Mendel (Berl. klin. Wochenschr. No. 48) bei einem vierjährigen 
Knaben mit Diphtherie beobachtet. Der kleine Patient, der mit grau- 
gelben Belägen auf Tonsillen und Rachenschleimhaut und mit beginnendem 
Stridor in die Behandlung kam. erhielt am zweiten Krankheitstage 1000 
Antitoxineinheiten Behring’sehen Heilserums, und am dritten Tage, trotz¬ 
dem bereits eine erhebliche Besserung ina Lokal- und Gesammtbefinden 
oingetreten war, eine erneute Injection von 600 Antitoxineinheiten. Am 
vierten Krankhoitstage waren die Beläge fast verschwunden, Husten war 
nicht mehr bellend, Temperatur und Puls normal. Am siebenten Tage 
trat plötzlich ein hämorrhagisches Exanthem am ganzen Körper auf, 
gleichzeitig mit Schmerzen in den Beinen und mit Verschlechterung dos 
Allgemeinbefindens. Dieser Zustand besserte sich allmählich innerhalb 
der nächsten fünf Tage, so dass Patient nach acht, Tagen als geheilt be¬ 
trachtet- werden konnte. ' y. 


Aus Athen erhalten wir von Dr. Bernhard Om st ein folgende 
Zuschrift: * 

Der hiesige Gesundheitszustand Hesse bei dem andauernd pracht- 
\ ollen Herbstwetter nichts zu wünschen übrig, wenn die schon wiederholt 
dem Erlöschen nahe Diphtherieepidemie in unserer Nachbarstadt Piräus, 
welcher bis jetzt die beträchtliche Zahl von 180 Kindern zum Opfer gc- 
lallen sind, nicht zum zweiten male von neuem aufflackerte. So sind da¬ 
selbst letzten Mittwoch (16. November) wieder drei Fälle zur Anmeldung 
gekommen, deren einer alsbald einen tödtlichen Ausgang hatte. Auch in 
llieben und Korinth sind amtlichen Meldungen zufolge eiuige diphtherie- 
ähnliche Rachenerkrankungen beobachtet, und auch hier sollen in einem 
entlegenen Stadttheil verdächtige, mit Gonesung endende Fälle vorge¬ 
kommen sein. Die erhebliche Mortalität-sziffer unter den diphtheriekranken 
Kindern von Piräus, einer Stadt- von ca. 20 000 Einwohnern, scheint den 
Pmversitätsprofessor Zinnes jüngst zu einer Veröffentlichung in der 
„.Neuen Zeitung veranlasst zu haben, in der die günstigen Erfolge her¬ 
vorgehoben werden, welche er als Direktor des hiesigen Findelhauses 
diu ch die Lokalbehandlung der Rachendiphtherieepidemieen mittels des 
uquor lern scsquichlorati erzielt habe. Die Sterblichkeit- soll bei dieser 
Behandhingsweise auf 10,5 % gesunken sein. Ein so günstiges Resultat 
in der Behandlung dieser lebensgefährlichen Krankheit erklärt sich nicht 
anders als dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um leichte oder kaum 
mittelstarke Diphtherie- oder diphtherieähnliche Epidemieen und überdies 

j l 0 rP? han , delt hat ' wclche iu den crsten 24 oder höchstens 
48 bt-unden der Erkrankung zur ärztlichen Behandlung kamen. So etwas 
lasst sich jedoch nach meinen Erfahrungen voii den unteren Schichten der 
griechischen Bevölkerung nicht wohl annehnien. da es von Alters her 
noch immer ein ziemlich häufiger Gebrauch in derselben ist, bei Hals- 
leiden der Kinder eine Quacksalberin zu Rathe zu ziehen, deren Kunst 
dann besteht-, dass sie die Schlundpartieen der kleinen Patienten mit dem 
Zeigefinger der rechten Hand unbarmherzig frottirt. Dieses vulgäre, fast 
spi ich wörtlich gewordene, neugriechische Verfahren heisst: „tzuttw 
A m/w xon Tzaoaw, xdmu u , sprengen, zugänglich machen. 

• jy e i d ! e v ° n Vntesor Zinnes befolgte Methode ist 

J-.I.A ' 5 un p ? dl ° * r rion t8I dieser lokalen Behandhingsweise der Rachen- 
in g«l>fll>rtr Gegen die Wirk- 

I- 1 n,veml *22* V f a lr '"® . la «‘ meines Erachtens kein anderer 
lg.fr, als «t^ 8 , «Im SterMichkeitsziffcr bei der Anwendung der- 
ist^en’ 12 IsV'u” 1 - 6 stark «n ElMdemicon. wie immereine bedeutende 
"i j, lp- Fimnn lag zweifellos die wissenschaftliche Berechtigung, 

sieh und, «men. lie.lkriiftigereu Mittel umzusehen, als es sich in der Lokal- 
Söt "tfvm. S mit oder ohne weiteren Zusatz, 

scheinend eefüi* 5 : !l lc 1 ^ en m <,ieser Wichtung stattgehabten, an- 
PonT V ßemohungen der Herren Behring'), Ehrlich, 

i n Antilovin M ,lI.’f„!d' lSSer 'll\“ n <md ! . lnderer gelungen ist, dieses Mittel 
,(e„snS,f f Ä Z ? h ^, en - so lst do ? h das Wenn <"" 1 Aber über 
* eI *h 'Irr Blutserumtherapie noch keineswegs beseitigt. 

Bou^r^'f^r »"»1 in Laieuki-eisen nur von einen. Heilserum 
hun ha te „nd ofe f E - Bahr ‘"g mit dieser Sache gar nichts zu 
Antitoxins ukiime" nn * we,f, " h »" di(! WoriMt der Entdeckung des 


So lange es daher der bacteriologischen Untersuchung nicht gelingt, da* 
Problem der Scheidung zwischen echter und falscher Diphtherie zu lösen 
dürfte es sich empfehlen, das Behring’sche Verfahren mit dem Loeffler■ 
scheu in der Civilpraxis zu combiniren, während die klinische Beobachtung 
in Ansehung der Behring’schen Methode ungestört ihren Fortgang 
nehmen könnte. " b ' “ 

IX. Kleine Mittheilungen. 

j - - Berlin. Wie wir bereits in der vorigen Nummer unserer 
I Wochenschrift raitgetheilt haben, ist ein „Comit6 zur Beschaffuiu: 

| von Heilserum für Unbemittelte“ an die Aerzte Berlins mit einer 
! sehr befremdlichen Aufforderung herangetreten. Zum Zwecke einer 
wissenschaftlichen Statistik über die Wirksamkeit des Heilserums soll 
jeder Arzt, welcher für arme Patienten das neue Mittel aus den naher 
bozeichneten Depots des Comitcs empfangen will, auf einem Fragebogen (li 
Angaben über den bisherigen Verlauf der Krankheit seines Patienten 
nieclerlegen und sich ausdrücklich verpflichten, 14 Tage später einen 
zweiten Fragebogen (II) mit der weiteren Krankheitsgesehichto abzuliefern. 
„Ohne Vorzeigung des ausgefüllten und ärztlich unterschriebenen Frage¬ 
bogens I“ — heisst es in § 4 des Circulars — „erhält Niemand 
Behring’sehes Diphtherieheilserum aus unseren Depots.“ — Gegenüber 
diesem Verfahren ist es wohl erlaubt die Frage aufzuwerfen, mit welchem 
Rechte das genannte Coruitf* Gelder, die auf eine Anregung des „Berliner 
Lokalanzeigers“ von Arm und Reich lediglich zur Anschaffung und 
Vertheilung des Heilserums an Unbemittelte eingegangen sind, nun¬ 
mehr hauptsächlich für eine „wissenschaftliche Statistik“ verwenden zu 
dürfen glaubt. Wir unsererseits stehen nicht an, diese Absicht, Mittel, 
die einem x\ppoll an Humanität- und Nächstenliebe ihre Entstehung ver¬ 
danken, der eigentlichen Bestimmung zu entziehen und in völlig ein¬ 
seitiger und unbefugter Weise zu sogenannten wissenschaftlichen 
Zwecken zu verwort-heii, als Missbrauch zu bezeichnen, gegen den nicht 
laut genug protestirt werden kann. Es ist gamicht zu bezweifeln — wir 
stützen uns in dieser Ueborzeugung auf eine ganze Reihe überein¬ 
stimmender Meinungsäusserungen ärztlicher Kreise —, dass ein grosser 
Theil der Berliner Aerzte das Ansinnen, sich von einem fast nur aus 
Laieu bestehenden Cornite zur Anfertigung einer so wichtigen wissen¬ 
schaftlichen Statistik (die vermuthlich im Berliner Lokalanzeiger ihr 
PubHc-ationsorgan finden wird) ins Schlepptau nehmen zu lassen, mit Ent¬ 
rüstung abiehnen wird. Die meisten Collogen werden gewiss eher auf 
das angebotene Heilserum verzichten, als sieh dem Zwange unterwerfen, 
die übersandten Fragebogen auszufttllen, Und damit gehen natürlich den 
unbemittelten Pationten die ihnen zugedachten Wohlt-hateu verloren. 
Uuter diesen Umständen würden wir cs begreiflich und berechtigt finden, 
wenn die Spender des dem Co mite zur Verfügung stehenden Fonds darant 
dringen möchten, dass ihre Beiträge ohne jede Einschränkung der ur¬ 
sprünglichen Bestimmung gemäss für die unbemittelten Patienten ver¬ 
wandt werden. Das (,'omitd selbst aber kann die Sorge für eine Statistik 
über die Wirksamkeit des Diphtherieheilserums getrost der freien Initia¬ 
tive der medieinischen Wissenschaft überlassen. 

— Die Stadtverordnetenversammlung hat den vom Magistrat be¬ 
antragten Zuschuss von 50 000 Mark für das Kaiser und Kaiserin 
Friedrich-Kinderkrankenhaus für das nächste Etatsjahr bewilligt. 

— Generalarzt Dr. Schaper und Prof. Dr. Carl Fraenkel haben 
sich im Aufträge des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicmal- 
angelegenheiten nach Frankreich begeben, um die wichtigsten dortigen 
klinischen Anstalten zu besichtigen und namentlich auch in Paris einen 
Einblick in die staatlichen Einrichtungen zur Gewinnung und Bereitstellung 
des Diphtherieserums zu nehmen. 

— Die nächstjährige Hauptversammlung des Prcussischon Med i 
c-inalbe amten Vereins wird im April im Anschluss an den Chirurgen- 
congress in Berlin abgehalten werden. . , 

— Der nächste französische Congress für Chirurgie '* irrt 
1895, am dritten Montag des Monats October eröffnet werdep. Der Vor¬ 
stand, zu dessen Vorsitzenden Guyon erwählt worden ist, hat aut die 
Tagesordnung des Congresses die folgenden beiden Themata gesetzt: 
1) Die Chirurgie der Lunge (excl. Pleura). 2) Primärer oder secupdarei 
operativer Eingriff bei Coutinuitätstrennungen der Knochen (exclusm 
Schädel). 

— Dr. Badt, im Sommer dirigirender Arzt von Bad Assmaun? 
hausen, hat sich für den Winter in Wiesbaden niedergelassen. 

— Königsberg i. Pr. Dem Direkter der städtischen Kranken¬ 
anstalt und der psychiatrischen Universitätsklinik zu Königsberg, »^ 
fessor Dr. Meschede, ist das Diplom als Ehrenmitglied K 
Societe de Mddeciue mentale de Belgique verliehen worden. 

— Stettin. Privatdocent Dr. E. Neisser, bisher Assistent an <■ 
medieinischen Universitätsklinik in Königsberg, ist zum dmgiren 
Arzte der inneren Abtheilung des städtischen Krankenhauses erwa 
worden. ’ , 

--Zur medieinischen Publicistik. Vom 1. Januar uäc & 
Jahres an wird im Verlage von R. Schoetz in Berlin eine von io 
physikus Sanitätsrath Dr. Becker und Dr. Leppmanu redigirte „A 
liehe Sachverständigenzeitung“ erscheinen. , i j. 

y- Universitäten. Marburg. Prof. Ahlfeld ist der L 
Geheimer Medicinalrath verliehen. — Freiburg i. B. Dr. t, ‘jj 
Assistenzarzt an der medieinischen Poliklinik hat sich als 
für klinische Medicin habilitirt. —Wien. Zum Nachfolger Maut / 
ist der Professor der Augenheilkunde an der deutschen Unwersu; 
Prag, Dr. Isidor Schnabel, zum Ordinarius dieses Faches naca 
berufen. _ 


Gedruckt bei Juliu» 8ittenfeld in Berlin W. 


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Got gle 


Original fro-rri 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




Donnersta g— ...... .: - ; _ ^ 40. — _ _. * .6. December. 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Br. Paul Börner. 


Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichteusteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 



I. Aus der I. mediciniscben Universitätsklinik in Berlin. 

Ueber ulceröse Endoearditis und fibröse 
Myocarditis in Zusammenhang mit acutem 
Gelenkrheumatismus. 1 ) 

Von Prof. E. Leyden. 

Ls ist gerade ein Jalir her, dass ich die Ehre hatte, Ihnen 
Mittheilung zu machen von einer Untersuchung über ulceröse Endo¬ 
earditis bei einem jungen Manne, der längere Zeit an Gonorrhoe 
gelitten hatte. Es war mir damals unter Mitwirkung von Herrn 
Dr. Michaelis gelungen, in den fibrinösen Auflagerungen der 
uleerirten Klappen Gonococeen, und zwar dadurch nachzuweisen, 
dass sie in der charakteristischen Form innerhalb der Zellen ge¬ 
legen waren und dass sie eine gewisse Reaction gegen die Gram- 
sche Färbung ergaben. Diese Mittheilung, die im Verein mit 
Interesse aufgenommen wurde, ist nun freilich auch von einigen 
Seiten in Zweifel gezogen worden, es ist namentlich eingewandt, 
dass eine sogenannte Reincultur nicht gelungen sei. Ich habe 
darauf erwidert, dass die Reinculturen der Gonococeen überhaupt 
schwer gelingen, dass sie überdies zum Beweise garnicht nothwendig 
sind, da an und für sich die Reinculturen nichts charakteristisches 
darbieten. Ich möchte hierbei doch bemerken, dass man die 
Reincultur nicht gerade zu einem Dogma erheben darf, und nament¬ 
lich nicht bei den Untersuchungen über Endoearditis. Hier, wo 
man die Abstriche aus einem mit Blut bedeckten Material uimmt, 
kann gerade in der Cultur ein Irrthum leicht Vorkommen, es kommt 
deshalb viel mehr darauf an, die Bacterien innerhalb des Klappen¬ 
gerinnsels nachzuweisen, woraus hervorgeht, dass sie nicht 
postmortale Auflagerungen sind. Ich habe nun die Genugthuung, 
dass einige neuere Untersuchungen, wenn sie auch nicht gerade eine 
direkte Bestätigung der Endoearditis gonorrhoica geben, doch der¬ 
selben nahestehen, so dass sie als Bestätigung dieser Befunde gelten 
können. Ein amerikanischer Arzt Dr. Councilman hat Mit¬ 
theilungen über gonorrhoische Myocarditis gemacht, er beschreibt 
ausführlich einen Fall mit myocarditischen Heerden (Myocarditis 
✓ habe ich auch in meinem Falle beschrieben), und in diesen Heerden 
hat er Gonococeen nachweisen können. Ferner ist eine Mittheilung 
aus Turin von Bordoni-Uffreduzzi in der Deutschen medicini- 
schen Wochenschrift 1894, No. 21 abgedruckt über zwei Fälle von 
Pleuritis bei gonorrhoischer Infection; aus der Pleuritis sind Gono- 
eoccen durch Reincultur nachgewiesen. Die beiden letzteren Fälle, 
wenn sie auch nicht direkt zur Endoearditis in Beziehung stehen, 
geben doch neue Nachweise für die Thatsache, dass die Gonococeen 
in die Circulation übergehen können, so dass also das Verständniss 
der Thatsache, dass sie sich auch auf dem Endocard niederlassen, 
keinen Schwierigkeiten mehr begegnet. 

Im Anschluss an diese kurzen Bemerkungen zu meinen früheren i 
Untersuchungen wollte ich Ihnen einige Mittheilungen über fortge- 
setzte Untersuchungen vorlegen, die ich zum Theil selbst, zum Theil i 
mit mir die Herren Assistenten der Klinik und die Famuli i 
Dr. Michaelis, Pappenheim und Valentin mit mir gemacht | 
haben. Wir haben in letzter Zeit alle Fälle von ulcerativer Endo- j 
* earditis, die bei uns vorkamen, untersucht; c(ie Präparate sind | 

X. Mp ln liberalster Weise vom pathologischen Institut Überlassen j 

Börden. Ueber das Ergebniss dieser Untersuchungen, welche zum ! 


Theil die Ergebnisse früherer Arbeiten bestätigen, zum Theil auch 
neues bieten, will ich heute kurz berichten. 

Ehe ich hierauf eingehc, möchte ich mir gestatten, einige Be¬ 
merkungen über die klinische Geschichte der Endoearditis voraus- 
zuschicken. Denn wenn die Untersuchungen, über die ich liier 
berichte, auch wesentlich bacteriologischer Natur sind, so basiren 
dieselben doch auf klinischen Anschauungen und Fragen und sind 
von diesem Gesichtspunkte aus angestellt worden. Uebrigens stehen 
meine jetzigen Untersuchungen nicht isoHrt da, sondern sie hängen 
mit früheren Publicationen von mir eng zusammen. Ich habe mich 
seit Jahren mit denjenigen Affectionen des Herzens beschäftigt, 
die sich an acute Infectionskrankheiten anschliessen J ). Es ist int 
| Kreise von Aerzten kaum nöthig, hervorzuheben, dass diese 
i Gruppe von Herzaffectionen für die Klinik und den Arzt von 
ganz besonderem Interesse sind. Ich habe namentlich Fälle von 
Myocarditis nach Diphtherie untersucht, die nicht allein die be¬ 
kannte fettige Degeneration ergaben, sondern reichliche Zellwuche¬ 
rungen, die einen durchaus entzündlichen Charakter hatten. Ganz 
ähnliche Verhältnisse haben sich bei anderen infectiösen Krank¬ 
heiten herausgestellt. 

Das genauere Studium der Herzkrankheiten bei acuten fieber¬ 
haften Infectionskrankheiten hängt eng mit der Geschichte der 
Endoearditis zusammen. Die Geschichte der Endoearditis selbst ist 
eine Errungenschaft der neueren Zeit, und ihre klinische Kenntnis« 
datirt seit den Arbeiten ßouillaud’s. Bis dahin hatte man sich 
um die Aetiologie der Herzkrankheiten wenig gekümmert. B o u i 11 a u d ’s 
Arbeiten über die Endoearditis (1824 bis 1832) sind namentlich 
dadurch allgemein bekannt geworden, dass er den Zusammenhang 
der Herzkrankheiten mit Gelenkrheumatismus erkannt und diese 
Erkenntniss zu einem Gemeingut der Aerzte gemacht hat. ln 
seinem Werke über Endoearditis sind ausführliche Schilderungen 
auch der anatomischen Verhältnisse der Endoearditis gegeben, und 
diese sind mit einer Reihe von Krankengeschichten belegt. Wie 
vorbemerkt, ist hauptsächlich die Thatsache ins ärztliche Publicum 
eingedrungen, dass der Gelenkrheumatismus zu den häufigsten 
Ursachen für die Entstehung von Klappenfehlern gehört. Es 
muss aber hinzugefügt werden, dass Bouillaud’s Beobachtungen 
sich nicht auf den Gelenkrheumatismus beschränken, sondern dass 
auch andere Infectionskrankheiten hinzukomnien, und namentlich 
die Pneumonie. 

Es ist ferner hervorzuhebeu, dass Bouillaud zwei Formen der 
Endoearditis beschreibt und dazu angiebt, dass sich die acute 
Endoearditis öfters unter pyämischen Symptomen entwickelt. 

Unter den nachfolgenden Arbeiten über P^ndocarditis sind die 
berühmten klassischen Untersuchungen R. Virchow’s über Em¬ 
bolie zu nennen, welche den grössten Einfluss auf die klinischen 
Anschauungen gehabt haben. Unter diesen findet sich auch die 
in letzter Zeit mehrfach, citirte Beobachtung von Auflagerungen 
auf den Klappen des Endoeardium, welche eigenthümlich körnige 
Gebilde enthalten, die Virchow schon damals als mikroskopische 
Parasiten anzusprechen geneigt war. 

Etwas später im Jahre 1852 veröffentlichte der Engländer 
Kirkes eine Arbeit über Endoearditis, in welcher er sich zum Theil 
auf Virchow beruft und hervorhebt, dass die Endoearditis unter 


*) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am 
2. Juli 1894. 


l ) Zeitschr. f. klin. Med., IV 1882, Ueber iuterwittirendes Fieber und 
-Endoearditis. S. 321—333. und Feber die Herzaffectionen bei der IÜpb- 
■'therie, S. 334-353, 


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914 


DEUTSCHE MEDICINlSCHE WOCHENSCHRIFT. 


Symptomen des Typhus und der Phlebitis verlaufen kann, dass es 
dabei später zur Ablösung von fibrinösen Concretionen und Embo- 
lieen in die Gefässe kommen kann. Es schliessen sich nun eine 
grosse Reihe von Arbeiten an, von denen ich nur noch die von 
Lancereaux vom Jahre 1862 erwähne, welcher anführt, dass die 
ulceröse Endoc-arditis bei Schwangerschaft, acutem Gelenkrheumatis¬ 
mus u. s. w. vorkommt. Zu meiner Zeit, als ich Stabsarzt an der 
Charitö war und wir damals unter Traube und Virchow 
an der Entwickelung der Pathologie theilnahmen, war uns 
die ulceröse Endocarditis schon sehr bekannt, und es galt da¬ 
mals als ein Problem, dieselbe zu diagiiostieiren. Die Principien, 
die wir bei der Diagnose befolgten, waren, dass dieselbe 
am leichtesten mit Typhus und acuter Miliartuberkulose ver¬ 
wechselt werden könne: wir hatten wiederholt solche Fälle ge¬ 
sehen, wo die Diagnose in dieser Weise geschwankt hatte und bei 
der Autopsie ulceröse Endocarditis mit Embolieen zur Beob¬ 
achtung kam. Einige Jahre später, als sich die Bacteriologie ent¬ 
wickelte, wurden dann die Beziehungen der ulcerösen Endocarditis 
zu Mikroorganismen studirt und bekannt. Ich schicke voraus, 
dass anatomisch zwei Formen von Endocarditis unterschieden wur¬ 
den und auch heute noch unterschieden werden, das ist die ver- 
rucöse Form, die mit Auflagerungen von warzigen Vegetationen 
einhergeht, und die ulceröse Form, wo diese Auflagerungen nicht 
allein stärker sind, sondern gleichzeitig Ulcerationen der Klappen 
stattfinden, die zu Perforationen und erheblichen Zerstörungen der¬ 
selben führen. Zunächst wandte sich die Untersuchung der 
schweren Form der ulcerösen Endocarditis zu, die häufig zum letalen 
Ausgang und zu Autopsieen führte. In solchen Untersuchungen wurde 
das Vorhandensein von Mikroorganismen nachgewiesen. Der 
erste Fall war der von Heiberg 1872, der sich auf eine ältere 
Beobachtung von Winge bezieht, es folgt Beckmann über capil- 
läre Embolie: sodann kommen aus den siebziger Jahren die Beob¬ 
achtungen von Klebs. Unstreitig gehört E. Klebs zu den ersten, 
welche die Bedeutung der Bacterien für die Entstehung der Iu- 
fectionskrankheiten richtig erfasst und durchdacht hat. Er hat eine 
Reihe wichtiger Thatsachen entdeckt und für die Methode der 
Untersuchungen fundamentale Methoden angegeben (fester Nähr¬ 
boden, fractionirte Cultur). Allein es sind ihm Fehler der Be¬ 
obachtung .und der Methoden untergelaufen, welche längere Zeit 
auch seine richtigen Befunde in Zweifel zu stellen schienen. 


Bezüglich der Endocarditis stellte E. Klebs die Ansicht auf, 
dass sowohl die verrucöse wie die ulceröse Form bacteritischen 
Ursprungs seien. Er unterschied aber zwei Formen der bacteri¬ 
tischen Endocarditis: die monadistische und die septische. Wie 
fast allgemein angenommen, sind die Beobachtungen von Klebs 
über die parasitären Fermen der Monadinen nicht bestimmt genug 
und fanden keine genügende Bestätigung, daher ist die parasitäre 
Natur der von Klebs sogenannten monadistischen Form vielfach 
bezweifelt, jedenfalls bis auf die mit hineingezogene pneumonische 
Form nicht erwiesen worden. Gerade für die häufigste und wich¬ 
tigste Form, welche Klebs hierher rechnet, die Endocarditis des 
acuten Gelenkrheumatismus steht der Beweis noch aus. 


Zunächst wurde für die septische Form der Endocarditis (ul¬ 
ceröse Form) der Beweis der parasitären (bacteritischen) Natur 
geführt. Zahlreiche Forscher nahmen an dem Nachweis dieser 
wichtigen Thatsache Theil. Ausser den schon oben genannten 
erwähne ich die Arbeit von Köster, von Birch-Hirschfeld 
ferner die im Jahre 1881 in der Zeitschrift für klinische Me¬ 
li 10111 publicirte grössere Arbeit von Litten über septische Er¬ 
krankungen. Litten tritt in dieser Arbeit für die Ansicht von 
Klebs und Köster ein, dass jede Endocarditis mykotischen Ur¬ 
sprungs sei, es bestehe nur ein gradueller Unterschied. Litten 
nimmt zwei Formen an: die septische und die rheumatische Form • 
bei beiden fand er Kugelbacterien. 


Die genauere bacterioiogische Bestimmung der bei der ulce- 
losen Endocarditis vorkommenden Mikroorganismen wurde in der 
olge \on mehreren Autoren ziemlich gleichzeitig gegeben, und 
zwar, wenn ich von Klebs absehe, im Jahre 1885 von Phi- 
Uppeaux, Wyssokowitsch und Weichselbaum. Es gelang, von 
den Gerinnseln der Endocarditis Reinculturen pathogener Mikro¬ 
organismen zu züchten, und zwar wurde der Staphylococeus pyo¬ 
genes aureus und Streptococcus durch Reineultur nachgewiesen 
Hieran schloss sich im Jahre 1886 der interessante und wichtige 
Nachweis von Pneumoniediplococcen in den Gerinnseln der Endo¬ 
carditis ulcerosa nach Pneumonie durch Netter und Weich sei- 
o a u m. 


£ uoh f m V® re B“? te neiif°rmeii wurden boi uleeröser Endo 
.aiditis gefunden. Weichselbaum führt sechs Formen an, docl 
» * am beste “ eichergestellt. Im Jahre 1881 

■Hif den Fr,] ." ^’ der “ ter ^? an ‘ e Befund von Tuberkelbacülei 
auf dem Endocard gemacht. Die Bedeutung dieses Befunde wa: 


No. 49 

nicht ganz zweifellos. Die Möglichkeit, dass post mortem Tuber, 
kelbacillen auf das Endocard gelangt seien, war nicht völlig aus¬ 
geschlossen. Spätere Beobachtungen haben aber die Bedeutung 
des Heller’schen Befundes durch Weichselbaum, Cornil und 
Kund rat bestätigt; neuerdings sind analoge Beobachtungen vm, 
Tripier (1890), Hanot (1893) und Kotlar (1894) hinzugekommen 
Somit hatten die Untersuchungen über ulceröse Endocarditis 
gelehrt, dass es nicht etwa einen specifisch-pathogenen Erreger der 
Endocarditis giebt, sondern dass sich verschiedene Bacterien auf 
dem Endocard ansiedeln (ebenso wie auf serösen Häuten) und zu 
sehr mannichfaehen, aber doch ähnlichen Processen der Endocarditis 
führen können. Wir nähern uns daher mehr und mehr der schon 
von Klebs früher ausgesprochenen Ansicht, dass alle Infections- 
krankheiten auch zur Endocarditis führen und dass alle ent¬ 
sprechenden Bacterien sich auf dem Endocard ansiedeln und ent¬ 
wickeln können. Zu weiterer Ausführung dieser Uebersicht sei 
noch erwähnt, dass auch das Bacterium coli als Erreger der 
Endocarditis beschrieben ist. Endlich kann ich hier noch meinen 
Befund der Endocarditis gonorrhoica anschliessen. — 

Wenn ich nun zu den neueren Untersuchungen über Endocar- 
ditis, die auf meiner Klinik angestellt sind, komme, so möchte 
ich einige Fälle von Streptococcen- und Staphylococcenbefimdcn 
übergelien. Einen dieser Fälle habe ich in dem neuesten Heft der 
Charitöannalen mitgetheilt, ein Fall, der noch dadurch von Be¬ 
deutung ist, dass eine traumatische Veranlassung für die ulcerös» 
Endocarditis nicht unwahrscheinlich war. 


Kurz erwähnen will ich einen Fall von uleeröser Endocarditi> 
bei Pneumonie, eine Beobachtung, welche zwar nur eine Bestätigung 
der von Netter und Weichselbaum erhobenen Thatsache bringt, 
indessen doch erwähnenswerth ist, da die Zahl der analogen Fälle 
noch nicht gross ist. Der Fall betraf einen 27jährigen kräftigen 
Mann, welcher von einer schweren Pneumonie ergriffen wurde. 
Die Krankheit schien sich der Krise zu zu wenden, aber ehe eine 
Entscheidung stattgefunden hatte, traten neues Fieber und neue 
Beschwerden ein. Man constatirte zuerst ein systolisches, dann 
auch ein diastolisches Geräusch am Herzen, Dyspnoe, einige 
Schüttelfröste, weiterhin Verfall, Herzschwäche, Exitus letalis. 
Die Autopsie ergab exquisit ulceröse Endocarditis der Mitral¬ 
und Aortaklappen, mit zahlreichen Vegetationen (ich gebe die 
Zeichnung herum). Die bacterioiogische Untersuchung wurde von 
Herrn G. Klemperer ausgeführt. Die charakteristischen Diplo- 
coeccn wurden in den Gerinnseln gefunden, in Culturen gezüchtet 
und ihre Virulenz durch Kaninchenversuche nachgewiesen. 

Es bleibt nun noch eine wichtige Gruppe von Endocarditis- 
formen übrig, über welche die Acten noch nicht geschlossen 
sind, ich meine die rheumatische Endocarditis. Gerade 
über diese Form habe ich eine Anzahl von Untersuchungen 
gemacht, die ich Ihnen vorlegen möchte. Die rheumatische 
Endocarditis hat die grösste Bedeutung, weil sie die häufigste 
Form ist und weil ein grosser Theil aller Herzfehler auf 
den acuten Gelenkrheumatismus zurückzuführen ist. Den acuten 
Gelenkrheumatismus betrachten wir gegenwärtig als eine In- 
fectionskrankheit, wenn auch der Erreger derselben noch nicht 
sicher nachgewiesen ist. Sollen wir auch die Endocarditis 
von Mikroorganismen herleiten, und wird es gelingen, solche auf 
den Herzklappen aufzufinden? Die rheumatische Endocarditis führt 
im acuten Stadium nur selten znm Exitus letalis, meist in den 
späten Stadien, bei welchen an einen Nachweis von Mikroorga¬ 
nismen kaum mehr zu denken ist. Die schweren Fülle aber von 
rheumatischer Endocarditis sind nicht selten Complicationen (Misch- 
infectionen), bei welchen andere Parasiten nachweisbar sind als 
diejenigen, welche dem Gelenkrheumatismus eigen sind. In ? el 
That sind solche Fälle beobachtet, wo ein Gelenkrheumatismus sicn 
mit uleeröser Endocarditis eomplicirte und wo p. ®. ^ 
den Klappen und in den Gelenken Streptococcen nachgewiesen 
wurden. 

Wir müssen suchen unsere Beobachtungen an solchen Fällen 
von schwerem Gelenkrheumatismus zu machen, bei welche 1 ! 
der Exitus letalis eintrat, ohne dass eine Mischinfection statt¬ 
gefunden hatte. Dass solche Fälle Vorkommen, d. h. Fälle von 
schwerer und selbst uleeröser Endocarditis mit letalem Ausgange 
im Zusammenhänge mit einem reinen Gelenkrheumatismus, där e 
mit grosser Wahrscheinlichkeit schon aus den Mittheilungen frühere 
Autoren aus der vorbacterieilen Zeit entnommen werden. Hemi 
fast bei allen finden sich auch Fälle von schwerer Endocarditis 
nach Gelenkrheumatismus mit letalem Ausgange und Vegetation«? 11 
auf den Klappen angegeben; freilich sind derartige Fälle nicht 
grösserer Anzahl vorhanden. 

Die bisherigen bacteriologischen Untersuchungen über 
Gelenkrheumatismus sind nicht sehr zahlreich und haben zu su-her 
Resultaten noch nicht geführt. Auf moiner Klinik hat Harr u° 


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Gck igle 


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6. Deeember. 


scheider 1 ) über das Vorkommen ron Bacterien in serösen Pleura¬ 
exsudaten Untersuchungen gemacht und hierbei auch einige Fälle 
von Pleuritis mit Gelenkrheumatismus in den Bereich seines Themas 
hmemgezogen. Es gelang ihm, in diesen Exsudaten einzelne Coccen 
aufzufinden, er versuchte sie auf Nährböden zu züchten, es gingen 
Staphylococcen auf. Wir haben geglaubt, diese nicht, als die 
richtigen gesuchten Mikroorganismen ansehen zu sollen, da sie so 
wenig charakteristisch sind und sich trotz aller Vorsicht leicht 
einer Cultur beimischen können. 

Im Jahre 1892 hat Sahli (Bern) im Correspondenzblatt für 
Schweizer Aerzte bacteriologische Untersuchungen zur Aetiologie 
des Gelenkrheumatismus mitgetheilt. Er konnte einen letal ver¬ 
laufeneu Fall von Gelenkrheumatismus untersuchen: Pericarditis, 
beiderseitige Pleuritis mit serofibrinösen Exsudaten, frische Endo- 
carditis mitralis. Nirgends Eiterung. Bei der Section 14 St, p. m. 
wurden Culturen angelegt, welche wuchsen. Es entwickelte sich 
Staphylococcus citreus. Sahli meint, man könne nicht umhin, 
diesen Diplococcus in Beziehung zum Gelenkrheumatismus zu 
setzen; allerdings müsse es noch unentschieden bleiben, ob es sich 
in diesem Falle um eine Secundäraffeetion gehandelt habe oder nicht. 

Ganz befriedigend kann man das Resultat noch nicht nennen, da 
der Staphylococcus in den bisher bekannten Beziehungen ganz 
andere Processe erzeugt als Gelenkrheumatismus und die bisher 
beobachteten Fälle von Staphylococcenendocarditis durchaus nicht 
unter dem Bilde eines Gelenkrheumatismus verlaufen sind. — 

Die auf meiner Klinik angestellten Untersuchungen über die 
Endocarditis des Gelenkrheumatismus, über welche ich berich¬ 
ten will, haben zwar auch Diplococcen aufweisen lassen, aber 
solche, welche sich vom Staphylococcus unterscheiden, sowohl in 
der Form, welche fast ausschliesslich die Diplococcenform einhält 
und zarter ist als der Staphylococcus. wie auch namentlich darin, 
dass die Cultur auf gewöhnlichem Nährboden (im Gegensatz zum 
Staphylococcus) nicht gelang: erst als wir menschliches Serum 
zur Herstellung von Nährböden benutzten, gelang die Züchtung, 
und es ergab sich ein Diplococcus, welcher in seiner Entwicke¬ 
lung ganz bestimmt von dem Staphylococcus abweicht. Ich werde 
die von Herrn Privatdoeenten Dr. Günther gütigst für mich ge¬ 
fertigten Photographieen auslegen und bin berechtigt zu erklären, 
dass auch Herr Günther ihn für einen besonderen, bisher nicht 
bekannten Coccus hält. 

Ueber die einzelnen Fälle mit bacteriologischem Resultat will 
ich nun kurz berichten, indem ich mir die ausführliche Publication 
für später Vorbehalte. 

Fall 1. 20jähriger Arbeiter, 1886 fieberhafte Erkrankung ohne 

Gelenkaffection, schon damals Vitium cordis. Ausgang in Genesung. 
Gegenwärtig ist Patient drei Wochen vor der Aufnahme an Angina er¬ 
krankt. mit Schmerzen in Knie- und Fussgelenken. Besserung durch 
Salicyisäure. bald darauf Athemnoth und Fieber. Am Herzen diastolisches Ge¬ 
räusch (Insufficientia valvularum Aortae). Sch üt telfros t, der sich zweimal 
wiederholte. Allmähliche Verschlimmerung, Dy spnoö. Apathie. Zunehmende 
Schwäche. Exitus letalis. — Autopsie: Endocarditis ulcerosa. Insufficienz der 
Aortenklappen, keine Embolie. Die bacteriologische Untersuchung (Dr. 
Michaelis) ergab innerhalb der endocard irischen Vegetationen zahlreiche 
zarte runde Diplococcen. welche ebenso verschieden waren vom Diplococcus 
pneumoniae wie vom Streptococcus; auch vom Staphylococcus unter¬ 
schieden sie sich durch das Aussehen, wie namentlich dadurch, dass die 
kunstgerecht angelegte Cultur nicht anging. 

Fall 2. 18jähriges Dienstmädchen, wegen schwerer Chorea auf¬ 

genommen, gleichzeitig Schmerzen und Schwellungen in den Knöcheln 
und Knieen. Am Herzen konnten keine Geräusche constatirt werden, 
dagegen bemerkte man auf der Haut zahlreiche zerstreute, linsengrosse 
Erhabenheiten. Starkes Fieber bis zu 40° C. Exitus letalis. Die Autopsie 
ergab Endocarditis verrucosa. Pericarditis und Myocarditis, ferner fanden 
sich in der Markmasse des Gehirns zerstreut kleine Hiimorrhagieen. Die 
Untersuchung des Herzens, speciell auch die bacteriologische Untersuchung 
der Vegetationen konnte infolge eines ungünstigen Zufalls nicht gemacht 
werden. Dagegen hatte Herr Goldscheider Stücke des Gehirns mit den 
genannten kleinen llämorrhagieen in Chromsäure eingelegt und zur ge¬ 
naueren Untersuchung Schnitte angefertigt, ln zweien dieser Schnitte 
fand ich innerhalb der Gefässe zoogloeaaitige Massen, welche ans feinen 
Diplococcen zusammengesetzt waren, wie jene im ersten Fall beschriebenen 
Mikroorganismen. Da nirgends Fäulnisserreger vorhanden waren, überdies 
das ganze Präparat sehr glatt und frisch hergestellt war. so unterliegt es 
keinem Zweifel, dass die Zoogloeamasse eine Von der Herzklappe losge¬ 
löste Embolie war, dass also an den Klappen Diplococcen entwickelt 
waren, ganz analog denen, welche wir im ersten Fall bei acuter Gelenk- 
rheumatismus-Endocarditis constatirt haben. 

Fall 3. 20 jähriger Arbeiter, hatte früher angeblich Influenza gehabt, 
war 14 Tage mit Reissen an den Knieen erkrankt, seit drei Tagen 
Schmerzen in der Herzgegend, Schwindel, an der Herzspitze lautes 
(musikalisches) systolisches Geräusch, an den Aortenklappen diastolisches 
Geräusch, mässig starke Herzvergrösserung. Patient bekam einen Frost 
(nicht ausgeprägter Schüttelfrost), zunehmende Dyspnoö, Erbrechen, Collaps, 


*) Zur Bakteriologie der acuten Pleuritis. Zeitechr. f. klin. Med. 
1892, XXI, S. 363. 


915 

Die Autopsie ergab Endocarditis ulcerosa an den Mitral¬ 
und Aortenklappen. Infarct der Niere. Die bacteriologische Untersuchung 
ergab, entsprechend den beiden anderen Fällen, zarte Diplococcen in den 
Klappengerinnseln, die sich in gewöhnlicher Weise leicht färbten, übrigens 
nirgends innerhalb der Zellen lagen. Eine Reincultur gelang nicht durch 
Culturverfahren, was insofern von Bedeutung ist, als die Culturen von 
Staphylococcen und Streptococcen fast immer leicht angehen. Von einer 
Verwechselung mit Pneumococcen konnte gar keine Rede sein. 

Fall 4. 15jähriges Mädchen, welches in einem schwor kranken, 

sehr matten hinfälligen Zustande aufgenommen wurde. Sie hatte einen 
Gelenkrheumatismus Überstunden und einen Herzfehler davongetragen, 
aber nur massige Fieberbewegungen. Die Apathie und Schwäche war so 
gross, dass die Patientin nicht mehr ernährt werden konnte und nach 
wenigen Tagen einging. Die Autopsie ergab auch hier eine polypöse 
msche Endocarditis mit Gerinnseln auf den Aorten- und Mitralklappen. 
Es gelang nicht, in den Gerinnseln Bacterien durch Färbung nachzuweisen. 
Trotzdem führe ich den Fall hier auf. weil er sich in seiner ganzen Ent- 
wickeluug. Krankengeschichte und Autopsie den früheren Fällen anschlicsst 
und daher geeignet ist. mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erweisen, dass 
die rheumatischen Mikroorganismen verhältnissmässig leicht, absterben 
können, woraus sich die Verheilung vieler rheumatischer Eudocarditisfälle 
erklären lässt. 

Fall 5. R., 17jähriges Mädchen, welches vor kurzem Gelenk¬ 

rheumatismus tiberstanden hatte und mit Chorea eingeliefert wurde. Sie 
hat die Symptome einer Herzkrankheit, aber ohne Geräusche, mässige 
Herzvergrösserung. Dyspnoe, weiterhin Cyanose. beschränkte Harnsecretion, 
kleinen Puls, Hydrops, kein Fieber. Exitus. Man musste eine Affection 
des Myocardiums diagnosticiren. Die Autopsie ergab die Herzklappen 
ganz intact, dagegen ausgedehnte fibröse und zellreiche myocarditische 
Heerde. Ich schliesso diesen Fall hier an. um auf das Vorkommen inten¬ 
siver Myocarditis nach Gelenkrheumatismus hinzuweisen. Uebrigens füge 
ich hinzu, dass in allen Fällen von schwerer Endocarditis auch Myocarditis 
mit fibrösen, zellreichen, zerstreuten Heerden (ohne nachweisbare Embolie) 
gefunden wurde. Ich behalte mir genauere Angaben über diese infectiöse 
Form der Myocarditis vor, wovon ich Ihnen mehrere Zeichnungen herum¬ 
geben kann. Sie verhält sich ganz analog der Myocarditis bei Diphtherie, 
welche ich schon im Jahre 1881 beschrieben habe; die damals gegebenen 
Zeichnungen stimmen mit den gegenwärtigen Fällen völlig überein. 

Fall 6. 33jähriger Schlächter, wurde mit den Zeichen einer In¬ 
sufficienz der Aortenklappen und Endocarditis rheumatica aufgenommen, 
hatte Anschwellungen der Fussgelenke. hatte mehrere Schüttelfröste ge¬ 
habt, dazu trat blutiger Auswurf, blutig unterlaufene Stellen an den Beinen 
hinzu: systolisches und diastolisches Geräusch. Angstgefühl. Beklemmungen, 
Fieber. Exitus letalis. Die Autopsie ergab Endocarditis rheumatica verru¬ 
cosa et polyposa. Insufficienz der Aortenklappen, keine Embolie. — Herr 
Dr. G. Klemperer hatte die genaue bacteriologische Untersuchung über¬ 
nommen, und es gelang ihm. auf Nährböden, die von menschlicher Ascites¬ 
flüssigkeit hcrgestellt waren, Reinculturen zu erzeugen. Diese bestanden 
aus kleinen zarten Diplococcen, ganz analog denjenigen, welche in den 
früheren Fällen auf den Klappengerinnsein gefunden und gefärbt waren und 
welche ein speeifisches eigenthümliches Ansehen boten. Auch die Form der 
Cultur bot ein ganz eigenthümliches Aussehen dar, welches mit bekannten 
Coccenculturen nicht übereinstimmte. Herr Privatdocent Dr. G ü n th er hatte 
die Güte, zwei Photographieen anzufertigen, welche diese Culturen in ihrer 
eigentümlichen Art demonstriren. Es ist nicht zweifelhaft, dass dieselben 
weder mit Pneuino-. noch mit Staphylococcen etwas zu thun haben. Ich füge 
hinzu, dass wir vorsichtige subcutane Injectionsvcrsuche mit diesen Rein¬ 
culturen angestellt haben; sie riefen keine merklicho lokale Reaction. ziem¬ 
lich mässige Fiebererscheinungen, nie starkes Fieber, hervor, welche nach 
einigen Stunden wieder verschwanden. — Uebertragungen auf Kaninchen 
riefen vorübergehendes Fieber hervor; ein Kaninchen starb, ohne dass im 
Blute Diplococcen nachweisbar waren. 

Dies sind die Resultate der Untersuchungen über die Bacterio- 
logie des Gelenkrheumatismus resp. der rheumatischen Endocarditis. 
Ich habe mich in Ihrem Interesse möglichst kurz gefasst, ohne, 
wie ich glaube, wesentliches auszulassen. Eine ausführliche Mit¬ 
theilung behalte ich mir noch vor. 

Schlusswort zur Discussion (vergl. Vereinsbeilage zu No. 44. 
S. 123): Ich habe bei meinem Vortrage ausdrücklich bemerkt, dass ich 
wegen der Kürze der Zeit nicht auf die klinische Seite eingehen kann. 
Was Herr Fraenkel anführte, bezog sich vorzugsweise auf das Klini¬ 
sche. Ich gestatte mir nur eine kurze Bemerkung: Dass der Gelenk¬ 
rheumatismus eine Infectionskrankheit ist, ist heutzutage allgemein an¬ 
genommen. und es ist ein Desiderat, ihn auf irgend einen Mikroorganis¬ 
mus zurückzuführen. Ich habe berichtet, was die bisherigen Unter¬ 
suchungen in dieser Hinsicht ergeben haben. Ich selbst habe bei der 
rheumatischen Endocarditis eine Form zarter Diplococcen gefunden, die 
etwas besonderes darzustellen scheinen. Wie weit dieselben allgemein 
dem Gelenkrheumatismus angehören und für denselben charakteristisch 
sind, darüber habe ich mich vorsichtig ausgedrückt und nur von 
einer gewissen Wahrscheinlichkeit gesprochen. Wenn aber der Gelenk¬ 
rheumatismus eine Infectionskrankheit ist und wenn wir annehmen wollen 
und müssen, dass er mit einem Mikroorganismus zusammenhängt, so kann 
das nur ein einziger bestimmter sein. Der Gelenkrheumatismus ist eine 
wöhl charakterisirte Krankheit. Die Formen, die Herr Fraenkel nannte, 
gehen parallel mit dem Gelenkrheumatismus, und es ist allerdings richtig, 
dass fast alle Infectionskrankheiten ähnliche Nachkrankheiten aufweisen, 
die dem Rheumatismus ähnlich sind, aber doeh so verschieden, dass man 
sie als rheumatoide Erkrankungen bezeichnet hat. Der typisohe Gelenk- 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Go, gle 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


916 


rheumatismus ist eine Form für sich, und wir können die bacteriologjsche 
Frage erst dann als abgeschlossen ansehen, wenn wir eine bestimmte 
Form von Mikroorganismen als dieser Erkrankung eigenthiimlich nachge¬ 
wiesen haben. 


II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

IIL'Ueber die Therapie des äusseren Milzbrandes. 

Wenn ich auch glaube, in den früheren Artikeln (siehe diese 
Wochenschrift No. 24 ff. und 35 ff.) schon genügend die Methode 
der Behandlung des äusseren Milzbrandes in der hiesigen chirur¬ 
gischen Klinik wissenschaftlich begründet zu haben, so schien es 
mir doch nicht unwesentlich, einmal die Litteratur daraufhin, wie 
die Pustel von den einzelnen Autoren behandelt wurde, durchzu¬ 
sehen, wobei ich mich im wesentlichen auf die Zeit seit dem Be¬ 
richte Koch’s beschränkt habe. 

Wenn man die Litteratur über die gegen die Pustula maligna 
angewendeten Heilmethoden zu Ratlie zieht, so stösst man auf 
eine grosse Zahl casuistischer Mittheilungen und auf Anpreisungen 
des einen oder des anderen Mittels, welches geradezu ein Specifi- 
cum gegen die heimtückische Erkrankung sein soll. Ueberrascht 
aber ist man, dass von der grossen Mehrzahl der Autoren, trotz¬ 
dem, wie ich vorhin auseinandergesetzt habe, nicht nur theoretische 
Erwägungen, sondern auch Thierexperimente gegen eine energische 
chirurgische Therapie, welche in einer Excision des primären 
Krankheitsheerdes gipfelt, sprechen, der Vorzug vor jeder anderen 
Art der Therapie gegeben wird. 

Sobald man sich daran gewöhnt hatte, die Pustula maligna 
nicht als eine für die Therapie absolut aussichtslose Erkrankung 
anzusehen, fehlte es nie an solchen, welche in der Absicht., den 
lokalen Krankkeitsheerd und damit die ganze Gefahr zu beseitigen, 
eine energische chirurgische Therapie empfahlen. Eine Entfernung 
des Heerdes lässt sich am glänzendsten natürlich durch Excision, 
aber annähernd ebenso sicher durch Cauterisation erreichen. 

Schon Davaine schien unter Umständen die Cauterisation das 
rationellste, wenn nämlich die Bacterien sich noch im Schleimnetz der 
Haut finden und sich nicht weiter verbreitet haben. 1 ) 

Ihm schliesst sich Yerneuil und Gosselin an. Beide halten bei 
begrenzter Affection diese Hülfe für die beste. 

Yerneuil macht ausserordentlich detaillirto Angaben: Er will die 
centrale, gangränöse Zone der Pustel incidiren und durch nachfolgende 
Cauterisation beseitigen. Die zweite intermediäre, indurirte Zone, auf 
der sich verdächtige Phlyctänen zeigen, soll durch 1 bis 2 cm von ein¬ 
ander entfernte (’auterisationen behaudelt werden, und in der dritten, 
peripheren ödematösen Zone sind hypodermatische Injectionen. etwa je 
5 cm von einander entfernt, von je 10 Tropfen einer Lösung von Vao Jod- 
tinctur zu verwenden. 

Im ganzen jedoch verhält sich Davaine weniger energisch und 
ebenso Pr61as. welcher die hypodermatische Injection nntiseptischer 
Mittel im allgemeinen für ausreichend hält. Masing 2 ), Albrecht 3 ) und 
Massmann, 4 ) empfehlen gleichfalls das Glüheisen/trotzdem es an Todes¬ 
fällen bei dieser Therapie nicht fehlte. 

Reynier und Golle 5 ) heilten durch mehrfache Cauterisation und 
Injection von V* % Carbolsäure in die umgebende Haut eine Milzbrand- 
pustel. 

lieber zwei Todesfälle bei Pustula maligna, welche mit Einschnitten 
und Aotzimg des Affectes behandelt war, berichten Konecny und 
Walter. ) Ein Todesfall trotz Excision dos ganzen Krankheitsheerdes 
ist m der Lancet 1889 7 ) berichtet; ein anderer*), bei dem nur kreuzförmige 
Schnitte gemacht wurden, dagegen heilte. Von englischer Seite ist es 
dann empfohlen, die kreuzweise eröffnete Pustel mit Ammoniak zu be¬ 
decken 8 ) und gleichzeitig innerlich Ammoniumacetat und Aconitmixtur 
zu verabreichen. Es wurden so fünf Fälle von Milzbrandpustel zur Aus- 
heilung gebracht, während andere, die mit Salpetersäure, mit Antimon- 
ehlorid und V lener Paste behandelt waren, ungünstig verliefen. 


‘) Bulletin de l’academie de mddecine 1880. No. 30: 1881. No. 6 
) Masmg Einige Fälle von Anthrax intestinalis. St. Petersburger 
med. Wochenschrift 1877. No. 9. 

3 ) Albrecht, Fünf weitere Fälle von Pustula maligna. St. Peters¬ 
burger med. Wochenschrift 1879. Nr. 4. 

^ Mas s mann, Bericht über den allgemeinen Verein Petersburger 

1876 - st - Pe,CTsb "^ r 

,1p n,lÜ!“ V m ni r r et G ell6, Remarques k propos de deux observations 
JtiJninn dftn , s lesquelles la mort est survenue avec des accidents 

tetamques. Arch. g6ner. de M6dec. 1894, Mai. 

fFin C11 ,V n nfl • 1 ^ r ' A Wei tödtlich abgelaufene Milzbrandfälle 

S. B p 55, f So n 52 k derI “ n dnrCh a “ Gift >' Wi — 
2 Q^rr^f. at torsohair fnctories. Tho Lancet. März 1889, S. 440. 
S 52 b " effie d n ’ edlco - chiru rg 1 cal society. The Lancet.. Januar 4. 1890, 

Vol. li/s” 642 ° applicationR '""lipimt pustule. The Lancet 1886. 



Lertzer 1 ) ätzte* die. kreuzförmig incidirte Pustel mit rimcKender 
Salpetersäure und sah Genesung. 

Eine ungleich viel grössere Zahl von Autoren tritt für die Excision 
der Pustel ein. Dass Davuine und Gosselin einer solchen das Wort 
unter Umständen redeten, habe ich bereits erwähnt. Wie diese beiden 
Autoren halten es auch die anderen für angebracht, die Operationswunde 
mit Desinfections- oder Aetzmitteln der verschiedensten Art zu behandeln 
oder die Wundfläche energisch zu cauterisiren. in der Absicht, alles Kranke 
möglichst vollständig zu entfernen. 

Mauvezain 2 ) hat durch Cauterisation nach Excision der Pustel 
viele Erfolge gesehen, wenn die Erkrankungsheerde bis zum dritten Taee 
ihres Bestehens entfernt wurden; auch Masing 3 ) sah auf diese Welse 
Heilungen, trotzdem das bei der Excision der Pustel entströmende Blut 
zahlreiche Bacillen enthielt. Er verordnete innerlich gleichzeitig Natron 
salicylicum. Merkel 4 ) heilte eine Pustel am Halse durch Excision. 

Cornado 5 ) theilt mit, dass von acht Kranken mit Pusteln, welche 
excidirt wurden, sieben heilten und nur einer starb. Nach der Vorschrift 
von Bange füllte er die durch die Excision entstandene Höhle mit 
Sublimat und liess dieses intensiv einwirken. Ein ähnliches Verfahren 
brauchte Murray 6 ), der von vier Fällen von Pustula maligna drei dadurch 
heilte, dass er nach der Excision die Wunde cauterisirte und mit Sublimat¬ 
pulver bestreute. 

Von englischer Soite besonders ist vielfach die Excision der Pustel 
ausgeführt worden, ohne dass man jedoch anscheinend die Ansicht hatte, 
den Erkrankungsheerd ganz entfernt zu haben. Es wird vielmehr ein 
ausserordentlicher Nachdruck auf gleichzeitige locale und interne Nach¬ 
behandlung gelogt. Davies Colley 7 ) berichtet über sechs Fälle aus 
Guy’s Hospital, welche erfolgreich dadurch behandelt wurden, dass man 
nach der Excision der Pustel Ipecacuanha in einorForm, wie sie Musket th 
angegeben hat, sowohl local als innerlich verwendete. Während von sechs 
Kranken, welche hintereinander in dieser Weise behandelt wurden, keiner 
starb, fand er in den Spitalberichten unter acht Fällen, welche nach der 
Excision mit Zinkchlorid oder ähnlichen Aetzmitteln behandelt wurden, 
zwei Todesfälle. Er schliesst daraus auf eine ganz specifische Wirkung 
der Ipecacuanha gegen Anthrax, wie sie Muskett auch lehrt und wie 
sie weiter hinten besprochen werden soll. Trotzdem er aber an diese 
specifische Wirkung der Brechwurzel glaubt, meint er trotzdem die 
Excision der Pustel nicht unterlassen zu dürfen, wenn er auch zukünftig 
den Versuch machen will, conservativ vorzugehen. 

Besondere theoretische Erwägungen leiteten Pagan Lowe 2 ) dazu, 
die Excision der Pustel zu befürworten. Trotzdem er beobachtete, dass 
der Hautmilzbrand des Menschen sehr lange local bleibt und eine milde 
Affection im Vergleich zur intestinalen Form darstellt, und. wie er 
sich zu überzeugen glaubte, die Bacillen eine Vorliebe für die oberfläch¬ 
lichen Hautschichten zeigen und nur langsam in die tieferen Gewebe ein- 
dringen; trotzdem er in der Resistenz der Gewebe einen nicht unwesent¬ 
lichen Heilungsfactor sieht, glaubt er doch den localen Krankheitsheerd 
durch Excision entfernen zu sollen, um damit die Gefahr für den Orga¬ 
nismus mit einem Schlage zu beseitigen. Nicht nur in frühen, sondern 
auch in späten Stadien soll man die Pustel entfernen; er thut dies so 
ausgedehnt, dass er auch noch den Blasenkranz, der sich um die Pustel 
herum oft findet, mit entfernt. Er glaubt in der Pustel ein Reservoir 
(Manufactory) sehen zu sollen, in dem Bacillen in unbegrenzten Mengen 
vorhanden sind, welche ständig den Körper gefährden. Diese Gefahr glaubt 
er durch Entfernung der Depots beseitigen zu können; die wenigen Keime, 
welche bei der Excision in die Blutbahn gelangen, werden durch die 
„Mikrophagen“ vernichtet. Ich will mich hier nicht auf eine Kritik dieser 
Auffassung einlassen und verweise auf das Kapitel, in welchem ich die 
Immunitätbedingungen beim menschlichen Milzbrand geschildert habe. 

Jacobi, 10 ) welcher vier Fälle von Pustula maligna behandelt hat. 
von denen einer starb (bei der Section fanden sich Geschwüre im Dann- 
canal), empfiehlt breite Incision der Pustel. Den günstigen Ausgang der 
drei so behandelten Fälle führt er auf die Therapie zurück. Trotzdem 
es sich hier um Pusteln handelte, welche sehr frisch beobachtet, wurden, 
zeigten die aus ihnen gezüchteten Bacterien eine sehr bedeutende Ab¬ 
schwächung ihrer Virulenz. . _ ..... . 

Am fanatischsten hat zweifellos Kurloff 11 ) die Excision als Mute 
der Radicalentferuung des Erkrankten befürwortet. Da der Fall besondere- 


*) Lertzer. Fall von Pustula maligna. Pros. Dünab. Ob. 188-/1&- 

“Ö Davaine. Reclierches sur la nature et la Constitution anatomiq 1 
de la pustule maligne. Comptes rendus hebdamodaires des s6ances ' 
l’acaddmie des Sciences. 1865. S. 1296. 

3 ) cf. 1. c. Anm. 2. ol . 

4 ) G.. Merkel, Aerztlicher Localvereiu Nürnberg. Sitzung 24. .p 
1890. Münchener med. Wochenschrift 1890, No. 42. S. 729. 

5 ) Thomas Cornado, Pustula maligna. Confirmacion ut ' 
bacteridia patögena. Cronica medica-quirurgica de la Habana JL '« 

®) Murrav, Anthrax maligna. The New-York medic. Journal d 
1889. S. 145. 1 , .. 

9 Davies-Colley, Guy’s Hospital. A severe case of an ‘ 
successfully treated by excision and tho internal änd external u» 
Ipecacuanha. The Lancet, October 17. 1891. S. 872. 

®) Med. Chir. Soc. Trans. Vol. 65. S. 237. , bv 

^ Pagan Lowe. On two cases of anthrax successfully trea 
excising the pustule. The Lancet, Januar 23., 1892. , , . .. 

,0 ) E. Jacobi, Vier Fälle von Milzbrandinfection beim Men 
Habilitationsschrift mit 1 Tafel. Berlin 1890. . , vrui«*nd- 

.“) Kurloff, Ueber eine im Laboratorium^ acqumrte-Ag«” 
infeetion nebst Bemerkungen Über die Therapie des Milzbrandes. > 

Archiv für klinische Medicin 44. Heft 2 und 3. 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



6. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


917 


Interesse gerade deshalb bietet, weil er meiner Ansicht nach gerade das 
Gegentheil lehrt, als Kurloff meint, so sei es mir gestattet ihn genauer 
zu schildern, besonders da er dazu beitragen kann, das Todesurtheil über 
jede Art von Therapie zu sprechen, welche ihr Ziel in der absoluten Ent¬ 
fernung des primär Erkrankten sieht. 

Kurloff inficirte sich selbst im Laboratorium und konnte 22 Stunden 
nach der Impfung bereits ein kleines, mit hämorrhagischem Inhalt ge¬ 
fülltes Bläschen constatiren. Allmählich bildete sich das Bläschen zu 
einer wenig empfindlichen Infiltration mit scharf begrenzten Rändern von 
dunkelrother Farbe aus. Am dritten Tage änderte sich an dem Bilde zu¬ 
nächst wenig, bis am Nachmittag neben der Infiltration hämorrhagische 
Bläschen auftraten, welche zahlreiche Milzbrandbacillen enthielten. Nun 
wurde nach Feststellung der Diagnose sofort zur Therapie geschritten und 
das Knöthchen von Angerer excidirt, die Wunde mit 2 °/oo Sublimat 
gewaschen und die Nacht über Sublimatverbände gemacht. Kurloff 
fühlte sich die Nacht über subjectiv sehr schlecht. Am folgenden Morgen 
(vierter Tag) fanden sich zwei vergrösserte Lymphdrüsen in der Achsel¬ 
höhle. Die Temperatur stieg am Abend auf 40° und war den nächsten 
Tag noch 39,2°. Kurloff fühlte sich sehr matt und hatte Durchfall, mit 
anderen Worten schwer septische Erscheinungen. Da am Morgen des 
fünften Tages die Drüsen Hühnereigrösse erreicht hatten und die Haut 
der Brust und Achselhöhle ödematös geschwollen war, so entfernte jetzt 
Nussbaum auf Vorschlag von Ziemssen alle Drüsen in der Achsel¬ 
höhle. Die Wunde wurde mit fünfprocentiger Carbollösung ausgewaschen 
und mehrere Spritzen einprocentiger in die Umgebung injicirt; die In- 
jection wurde am folgenden Tage wiederholt und zur Erhöhung der 
Diurese Thee und Wein gegeben. 

In den Drüsen sowohl, als indem Blut, welches bei der Operation 
floss, fanden sich Milzbrandbacillen. Die Temperatur ging nach der Ope¬ 
ration auf 38° und allmählich zur Norm zurück; Heilung war nach drei 
Wochen erfolgt. 

Auch hierbei verweise ich auf das Kapitel über die Immunitäts¬ 
bedingung, nur will ich von vornherein betonen, dass in dem Blut, welches 
bei der Operation floss, Milzbrandbacillen vorhanden waren, dass also von 
einer Radicaloperation gar keine Rede sein kann. Uebrigens bemerkt 
Kurloff selbst in seiner Schrift, dass der einzige, aber auch unserer 
Ansicht nach wichtigste Grund, welchen man gegen die Excision 
der Infectionsheerde anführen kann, in der Eröffnung zahlreicher Lymph- 
und Blutgefässe gesucht werden muss, ein Ereigniss, welches natürlich 
das Zustandekommen der Infection nur begünstigen kann. 

Trotzdem glaubt Kurloff die Excision alles Kranken als die einzig 
rationelle Behandlungsmethode empfehlen zu müssen. Für die Beur¬ 
teilung einer derartigen Therapie scheint mir von einschneidender Wich¬ 
tigkeit das zu sein, dass sich in den exstirpirten Drüsen nur ausserordent¬ 
lich wenige Keime fanden, so wenige, dass in 65 Drüsenausstrichpräparaten 
sich Bacillen nicht finden Hessen. Es können also nur sehr wenige 
Keime durch die Drüsen entfeint sein. Viel wichtiger ist es aber, dass 
in ihnen ein Organ fortgenommen wird, welches durch die geringe Zahl 
von Bacterien, die in ihm enthalten sind, sich als kräftigstes Kampforgan 
des Körpers gegen die Bacterieninvasion legitimirt. 

Wohl auf Grund dieser Empfehlungen Kurloff’s behandelte 
A. Klein 1 ) einen Patienten mit einer Pustel der linken Nackengegend 
in ähnlicher Weise. Der Kranke machte bei seiner Aufnahme den Ein¬ 
druck eines Schwerkranken. Die afficirte Stelle wurde gründlieh exstirpirt, 
der Grund der Wunde mit dem Paquelin cauterisirt und die Lymph¬ 
drüsen, welche man in der linken Supraclaviculargrube vergrössort gefühlt 
hatte, exstirpirt. Der Kranke genas, und Klein glaubt deshalb für die 
Behandlung des malignen Carbunkels ein möglichst frühzeitiges chirur¬ 
gisches Einschreiten empfehlen zu müssen. 

In allerneuester Zeit ist endlich ein namhafter Bacteriologe, J u 1 1 u s 
Schnitzler*), für die Excision der Pustel eingetreten. Sein Vorschlag 
ist der folgende: Zunächst Excision der Pustel. Ist am folgenden läge 
das Fieber nicht abgefallen und besteht Schwellung der zugehörigen 
Lymphdrüsen, so folgt die Totalausräumung dieser Drüsen. Die prompte 
Entfieberung und der eclatante Erfolg sprechen trotz der beobachteten 
Spontanheilungen nach Ansicht des Verfassers für dieses \ orgclien. Iheo- 
retisch glaubt er dieses Verfahren dadurch gerechtfertigt zu sehen, dass 


') Wiener medicinische Presse 1893, S. 625. 

*) Julius Schnitzler, Chirurgisch-bacteriologische Mittheilungeu. 
V. Zur Therapie der Pustula maligna. Internationale klinische Rundschau 
1893, No. 16. 17, 20, 21. Schnitzler hat inzwischen in No. 39 dieser 
Wochenschrift in einem längeren Artikel gegen dio von uns vorge¬ 
schlagene conservative Therapie der Pustula maligna Einwände erhoben. 
Die Entgegnung auf dieselben ist mir leicht gemacht, da ich nur auf 
diesen, den dritten Theil meiner Arbeit zu verweisen brauche, in dem 
bereits vorher alle diese Einwände erwogen sind und ihre Berücksichti¬ 
gung gefunden haben. Ich wüsste auch nicht einen Punkt aus seinen 
Bemerkungen anzuführen, der hier nicht ausführlich besprochen wäre. 
Ich glaube deshalb einer weiteren Entgegnung nicht zu bedürfen und 
kann seine Bemerkungen als erledigt betrachten. Wenn Schnitzler 
sagt, dass er den Muth zu der von uns empfohlenen Therapie nicht 
habe, so muss ich aber doch dem Leser die Beurtheilung überlassen, ob 
der Muth Schnitzler’s oder der unselige der grössere ist. Wir halten 
es — ohne Berücksichtigung des operativen Eingriffs — im allgemeinen 
für unendlich viel gefährlicher, chirurgisch als exspectativ gegen den heim¬ 
tückischen Feind vorzugehen, wenn auch zugegeben werden muss, dass es 
Fälle giebt — und das werden meist wohl diejenigen sein, in denen die 
Keime die von mir beschriebenen Degenerationen zeigen —, wo man un¬ 
gestraft das Messer gebrauchen kann. Eine Gefahr und einen erneuten 
Kampf der Körperzellen gegen dio Angreifer und damit eine Erschwerung 
der Heilung bedeutet dieser Eingriff aber stets. P- Verf. 


die Milzbrandinfection auf dem Wege der Lymphbahnen vor sich geht 
und in den Lymphdrüsen längere Zeit eine Retention stattfindet. Da¬ 
nach erscheint ihm die Eliminirung des jeweiligen Depots der Infections- 
träger rationell. 

Nachdem ich so die Anschauungen und Grundsätze der Ver¬ 
treter einer möglichst energischen Therapie gegen die Pustula 
maligna und die Erfolge dieser Behandlung geschildert habe, will 
ich dazu übergehen, ein weniger eingreifendes, aber viel gelobtes 
Verfahren zu besprechen, die Injection antiseptischer Flüssig¬ 
keiten in die Pustel und ihre Umgebung. 

Schon Davaino 1 ) glaubte gegen die malignen Carbunkel in dem 
Jod ein specifisches Heilmittel sehen zu dürfen. Er Hess eine Jod- 
Jodkalilösung 

Jod 0,25—0,3 
Jodkali 0,5 

Aqua 1000,0 

theils trinken, theils empfahl er sie zu Injectionen in die die Pustel um¬ 
gebende Haut. Es soll soviel als möglich und so oft als möglich oinge- 
spritzt werden. Auch Jodpinselungen sind nach ihm empfehlenswerth; 
bei internem Milzbrand sind Jodklystiere anzuwenden. 

Er unterscheidet drei Stadien der Pustel, nach denen sich die Be¬ 
handlung genau zu richten hat. Im ersten, dem der Pustelbildung, wo 
sich die Bacillen nur im Schleimnetz der Haut befinden, genügt zur Hei¬ 
lung die Zerstörung der Pustel. Im zweiten Stadium bildet sich ein 
mehr oder weniger ausgebreitetes Oedera um die Pustel aus, in dem sich 
Bacillen finden, während das Blut noch frei ist. Hier ist die Jodbehand¬ 
lung am Platze, wie auch im dritten Stadium, dem der Generalisation, 
der Krankheit durch das Eindringen der Bacterien in’s Blut. 

Verneuil injicirt, wie schon früher angegeben, in einem gewissen 
Stadium ‘/so Jodtinctur. Trdlat 2 ) zieht die Injection antiseptischer 
Flüssigkeiten allen übrigen Maassnahmen vor. 

Anderer 3 ) wiederholte nach Davaine’s Angabe bei einer Frau, 
welche neun Anthraxpusteln auf dem Vorderarm hatte, der beträchtlich 
geröthet, geschwollen und schmerzhaft war, die Jod-Jodkalibehandlung, 
jedoch ohne jeden Erfolg. Da Patientin die Incision und Auslöffelung, 
welche Anderer ihr vorschlug, verweigerte, so verhielt er sich ganz con- 
servativ, indem er die pustulös-erysipelatösen Stellen des Armes mit einer 
50 procentigen Resorcinsalbc bedeckte. Schon am anderen Tage war be¬ 
deutende Besserung der Affection eingetreten, doch hatten sich neue 
Bläschen am Oberarm gebildet. Nun wurde sowohl der primäre, als der 
secundäre Infectionsheerd mit 70 u /o Resorcinsalbe eingerioben und da¬ 
durch in drei Tagen Heilung erzielt. Von subcutanen Resorcininjectionen, 
wie sie von einem Russen bei anderen Hautkrankheiten gemacht wurden, 
sah Anderer ab. 

Rieh et*) sah bei einer Pustel an der rechten Wange nach Behand¬ 
lung mit dem Glüheisen und Jodinjectionen in die Umgebung den Tod 
eintreten; bei einer anderen, gleichfalls an der Wange, welche er mit In¬ 
jectionen verdünnter Jodtinctur (1:2 Wasser) in die Umgebung behan¬ 
delte, sah er schon nach acht Injectionen Heilung. 

Demesse 5 ) stellt den Grundsatz auf, dass gegen die Pustula maligna 
sowohl in der ersten Periode, der der reinen Lokalinfection, als in der 
zweiten, der der Allgemeininfection. das Jod als einziges Heilmittel an¬ 
gesehen worden müsse. Ausser der innerlichen Anwendung soll das Jod 
im Kreise um die Pustel subcutan injicirt werden, am besten ist ver¬ 
dünnte Jodtinctur (1:2 Aqua). Die Einspritzungen müssen mehrero Tage 
fortgesetzt werden. . 

Ein anderes Heilmittel, dio Carbolsäure, wurde von russischer 
Seite für die Behandlung der Pustula maligna empfohlen. Scharno wski 6 ) 
empfahl die Injection zweiprocentiger gereinigter Carbolsäure in die Um¬ 
gebung der Wunde. Er behandelte bis 1885 so 107 Menschen, welche 
nach 0—8 Tagen geheilt wurden. Er injicirte in schweren Fällen 6—8 
Pravaz'sche Spritzen voll auf einmal und wiederholte die Injection schon 
nach 8—12 Stunden, falls Temperatur und Geschwulst nicht zurück- 
begangen waren. Am folgenden Tage macht er eine neue Injection und 
setzt dieses Verfahren in schwereren Fällen bis zum vierten Tage fort. 

Als Vorzüge seiner Therapie sieht er an 1) die Möglichkeit, grosse 
Districte der Geschwulst behandeln zu können, 2) die Heilung ohne 
Narben und 3) die Heilung auf andere Weise unheilbarer Fälle. 

Diese Therapie erwarb sich nach solcher Anpreisung rasch viele 
Freunde, und es wurde von verschiedenen Seiten bald Uber Erfolge be¬ 
richtet; so sahen solche Seheffcr 7 ) und Strisowor 3 ). Lonnnsky ) 
konnte zwei Personen, welcho in spätem Stadium ihm zugingen, auch 
durch diese Therapie nicht mehr retten. 

Perroncito‘°) empfiehlt zur Behandlung der Pustula maligna, nach¬ 
dem er alle möglichen Desinficicntien auf Tödtung der Bacillen und Sporen 


‘) Bulletin de l’Academie de Medecino 1880, No. 30; 1881, No. 6. 

3 j Anderer, Resorcin bei Anthrax. Aerztliches Intelligenzblatt 1883, 
o 1. Centralblatt für klinische Medicin 1883, No. 21. 

*) A. Ri che t, Sur Involution de la pustule maligne chez 1 hemme 
t son traitement par les injections joddos. Gazette des höpit. 1883, 
o 47. 

5) a. Demesse, Du traitement de la pustule maligne par les m- 

■ctions jodees. Thöse de Paris 1883, No. 338. .. 

6 ) Nochmals einige Worte über die Behandlung der Pustula maligna, 
Vratsch 1881, No. 41; 1884, No. 35 (russisch); 1885, No. 10, 

7 ) Wratsch 1885, No. 27. 

») Wratsch 1885, No. 3. 

*) Citirt von Kurl aff, cfr. Anm. No. 3. b. 1034, 

,0 ) Annali univ, di Med. Uiulio 1884. 


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918 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49 


untersucht hat, frisch bereitetes Chlorwasser, welches nach Vitali 
so hergestellt wird, dass zu einer wässrigen Lösung von Chlorkalk 
Schwefelsäure zugesetzt wird. Es fällt dann schwefelsaurer Kalk aus 
und Chlor bleibt gelöst. 

Cordua, 1 ) welcher über mehrere Todesfälle bei Pustula maligna nach 
Incision oder Excision berichtet, hält es für gerathen von Excision, In- 
cision oder Aetzungen abzusehen und sich, bei der „geringen Wider¬ 
standsfähigkeit der Milzbrandbacillen gegen schwache Carbolsäure und 
Sublimat“ und mit Rücksicht auf die in der Litteratur bekannt gegebenen 
zahlreichen Fälle, in denen Injectionen von diesen Lösungen in die Um¬ 
gebung stattfanden, auf die Injection zu beschränken. 

Indutnji*) macht gleichfalls Injectionen 2% Carbolsäure; täglich 
spritzt er 2—5 Pravaz’sche Spritzen dieser Lösung ein, giebt dabei in¬ 
nerlich Chinin und bedeckt die Wunde mit Compressen, die in 5°/o 
Carbolsäure getaucht sind. 

Absolute Carbolsäure als Aetzmittel empfehlen James und Fraser. 3 ) 
Von fünf Kranken heilten drei unter dieser Behandlung, während zwei, 
welche in den letzten Stadien gesehen und nicht behandelt wurden, 
starben. 


Raimbert 4 ) hat Heilungen von Pusteln gesehen nach subcutaner In¬ 
jection sowohl von 2% Carbolsäure (2 Fälle), als von 0,2% Jodlüsung. 
Carbolsäure spritzte er in einem Falle täglich zehn Pravaz’sche Spritzen, 
im zweiten nahezu vierzig in die entzündeten und geschwellten Par- 
tieen ein. Denselben eclatanten Heilungserfolg wie diesen habe die In¬ 
jection von 4 l /2 Spritzen 0,2% Jodlösung bei einer Pustel der Wange 
gehabt. Die damals schwangere Frau abortirte, heilte aber trotzdem. 

Uspenski 5 ) behandelte elf Fälle von Pustula maligna mit Carbol- 
säurelösungs-Injectionen und sah nur einen Todesfall. Er spritzte je nach 
der Höhe des Fiebers und der Schwere der Erkrankung nicht 2%, son¬ 
dern 4—5% Carbolsäure bis zu 1,0 pro dosi! ein und bedeckte dann die 
Pustel mit derselben Lösung. 

Woskressenski 6 ) injicirt in und um die Pustel 272 % Carbolsäure 
bis zur Totalsumme von 12 Gran täglich und giebt dabei dasselbe Mittel 
innerlich mit Aqua Menthae piporitae bis zu 8 Gran täglich! Er sah so in 
16 Fällen guten Erfolg und keinerlei Nebenwirkungen seitens der Car¬ 
bolsäure. Viele Milzbrandfallo sind seiner Meinung nach nur infolge der 
ungenügenden Dosirung nicht geheilt worden. Die Patienten kamen meist 
am fünften bis siebenten Krankheitstage in seine Behandlung. Meist, be¬ 
standen starke Oedeme und ausgesprochene Erscheinungen einer Allge- 
meininfection: Uebelkeit, Schwindel, Temperaturerhöhung, Kräfteverfall. 
Die Injectionen macht er nicht nur um den Eiterheerd herum, sondern 
auch in der ganzen infiltrirten Gegend und an der gesunden Haut. 
Während bei sechs Kranken eine Injection zur Heilung genügte, musste 
bei zehn die Injection nach 1 bis 2 Tagen wiederholt werden.' Nach der 
Injection massirte er die gebildeten Geschwülste mit einer Salbe, welche 
aus 100 Theilen Carbolöl und 35 Quecksilbersalbe besteht. Acht Kranke 
erhielten Phenol innerlich; 

Acid. carbol 0,25—50 

Aq. Menth, pip. 200,0—300,0 

MDS, 2—3 stündlich 1 Esslöffel z. n. 

Nach injieirten Phenoldosen von 0,50—0,75 auf einmal verschwanden 
die Erscheinungen der Allgemeininfection in 1—3 Tagen. Nie trat als 
Comphcation eine phlegmonöse Entzündung ein. 

Hornsey Casson 7 ) hat droi Fälle von Pustula maligna mit sub- 
cutanen Injectionen von Sublimat behandelt. Einer dieser Fälle war leicht, 
em zweiter schwer, und ein dritter gehörte zu den verzweifeltsten, die 
man überhaupt sieht. Eine Pustel sass auf der Unterlippe und bestand 
bereits neun Tage. Es wurden zunächst Sublimatumschläge 1,0:1000 0 
gemacht und gleichzeitig an vier verschiedenen Stellen 7,5 g derselben 
Eösung m das ödematös geschwollene Gewebe eingespritzt. Das Oedem 
reichte bis zur Clavicula vorn und bis zum Schulterblattwinkel hinten. 
Bereits am folgenden Tage war der Patient, der schon aufgegeben war, 
sichtlich besser; es wurden jetzt nochmals 3.75 g eingespritzt, mit dem 
Erfolge, dass Patient schon nach zwei Tagen den Arzt zu Fuss aufsuchen 
konnte. Eine letzte Einspritzung von 3,75 g um die jetzt auf etwa einen 
Zoll um die Pustel herum begrenzte Schwellung führte zur völligen Hei¬ 
lung, welche m zehn Tagen erfolgt war. 

Marchisio 8 ) macht gegen Milzbrandcarbunkel mit Erfolg häufige 
Injectionen von 1—5% Carboisäurelösung; er setzt diese Injectionen ge¬ 
legentlich bis zum Auftreten von Intoxicationserscheinungen fort und hat 
so die besten Erfolge gesehen. 

Lochner 9 ) heilte einen Fall von Milzbrand bei einem Fleischer mit 


IRflfi ^ n« r f dl l a ’ ^J^jcher Verein zu Hamburg. Sitzung vom 12. Janua 
Deutsche med. Wochenschr. 1886. S. 348. 

Medila'l886 d , U NÖ j k ZUr Behandlun S der Pu « Ulla R^sskaj 

infectedf ^ho Lance^ r i886* Vol!*II^S. °696 D ^ raX Catt ' e ^ me 

tische^Xnem’ The 1 "durch antisep 

No. 16 (russisch) 1 ”’ Z “ r Therapie ' des Milzbrandes. Med. Obos. 188. 

handlnn^doJ i !;t- S - eI !. Ski ü ü f be ^,? ie Grösse der Carbolsfiuredosen bei Be 
Handlung der sibirischen Pest. Wratsch 1890, No. 4 

by thV'hX?™^ ? < ! ss ° n ' Threecases ofantbrax treated successfull 
Jouraal July° 5 ^ 1890 . ectlon of “ercunc perchlorid. The Brit. med 

scient 189a“' ^ mddecine P rati 9 U0 189 °. Mai 29. Journal des Soc 

Intel4e^°biatt e i891 E No F 9 ril V ° D MUzbrand beim Machen. Aerztliche 


starkem Oedem der Arme und Drüsen in der linken Achselhöhle durch 
Aetzung der Pusteln mit concentrirter Carbolsäure und Injection von zehn 
Spritzen 2% Carbolsäure in die Umgebung und gleichzeitige innerliche 
Darreichung von Carbolsäure. 

Gleichfalls durch fortgesetzte Injection von Carbolsäure erzielte trotz 
eines gewaltigen, über Brust, Hals und Arm sich erstreckenden Oedems 
und starker Drüsenschwellungen in der Achselhöhle Kondorski 1 ) Hei¬ 
lung. _ (Fortsetzung folgt.) 

III. Aus dem Kreiskrankenhause in Oschersleben. 

Beitrag zur Behandlung der Diphtherie mit 
Heilserum. 

Von Dr. Kantzen, Marine-Oberstabsarzt I. CI. a. D. 

Wenn ich im folgenden über die Ergebnisse der Diphtherie¬ 
behandlung mit Behring’schem Diphtherieheilserum an 25 Fällen 
berichte, so Mn ich mir wohl bewusst, dass eine so geringe Anzahl 
von Fällen nicht ausreicht, um über den Werth einer neuen Be¬ 
handlungsmethode ein abschliessendes Urtheil zu gewinnen. Indess 
sind 25 in einem Krankenhause (dem Kreiskrankenhause in Oschers¬ 
leben) beobachtete Krankheitsfälle für eine grössere Zusammen¬ 
stellung immerhin ein Baustein. Ferner aber glaube ich, dass die 
meisten der bisher erfolgten Veröffentlichungen die Zahlen nicht in 
einer Weise zusammen gestellt haben, dass danach ein Urtheil über 
den Werth des Heilserums möglich ist. 

Fast in sämmtlichen Publicationen werden die Fälle eingetheilt 
in leichte, mittel schwere und schwere, und es werden dabei gewisse 
Anhaltspunkte gegeben, nacli denen die Einreihung des einzelnen 
Falles geschehen ist. Am einfachsten steht die Sache bei den 
„schweren“ Fällen. Dass solche mit stinkenden Belägen im Halse 
und grosser teigiger Anschwellung des Halses unter den Kiefern, 
ferner solche mit Ergriffensein des Kehlkopfes und der Luftröhre, 
oder mit Lungenentzündung, dass solche mit Lähmungen, oder 
endlich alle Fälle bei Kindern unter einem Jahre zu den schweren 
gerechnet werden müssen, darüber ist eine Einigung einfach. Aber 
was ist ein leichter Fall? Ist ein Fall mit geringen örtlichen Er¬ 
scheinungen und fast ungestörtem Allgemeinbefinden zur Heilung 
gelangt und sind Monate verstrichen, ohne dass nachträglich 
Lähmungen aufgetreten sind, so wird jedermann ihn als einen 
leichten einreihen, aber es ist doch allgemein bekannt, wie oft jede 
Vorhersage in wenigen Stunden über den Haufen geworfen wird. 
Ein munter spielendes Kind mit ganz kleinen Fleckchen auf den 
Mandeln wird plötzlich von schwerer Athemnoth ergriffen. Die 
Tracheotomie zeigt, dass nicht nur der Kehlkopf, sondern die Luft¬ 
röhre und ihre Verzweigungen bereits befallen sind, das Kind stirbt 
nach Stunden oder Tagen an Erstickung. Oder eine plötzlich, 
früher oder später einsetzende Lähmung ändert das Krankheitsbild, 
und wie lange muss man in der Furcht einer Lähmung, nament¬ 
lich der schlimmsten von allen, der Herzlähmung, leben? Ist in 
einem solchen Falle plötzlich aus einer leichten eine schwere Krank¬ 
heit geworden, oder haben wir uns nur in unserem Urtheil geirrt, 
indem wir für leicht ansahen, was in Wahrheit schwer, sehr 
schwer war? Ich glaube das letztere und bin der Ansicht, dass 
von „leichten“ Diphtheriefällen in der Prognose überhaupt nicht 
geredet werden sollte. Ein jeder Fall von Diphtherie ist eine sehr 
schwere, lebensgefährliche Erkrankung, und der Mangel an augen¬ 
blicklich bedrohlichen Erscheinungen sollte nie dazu führen, ihn 
prognostisch oder in der Behandlung leicht zu nehmen. 

Dazu kommt für die Frage der Serumbehandlung ein zweites: 
Behring und seine Mitarbeiter stellen die Behauptung auf, das." 
es mit Hülfe der Serumtherapie gelinge, fast alle frühzeitig mit ge¬ 
nügend grossen Mengen Serums behandelte Fälle zu heilen. 

Die von Ehrlich, Kossel und Wassermann (Ueber Ge¬ 
winnung und Verwendung des Diphtherieheilserums, Deutsche med. 
Wochenschrift 1894, No. 16) gebrachte Zusammenstellung von 
mit dem Heilserum behandelten Fällen zeigte, dass von den am 
ersten Krankheitstage der Behandlung unterworfenen Fällen die 
Sterblichkeit = 0, von den am zweiten Tage behandelten = 3 o 
gewesen war, dass sich aber von da an gesetzmässig von Tag zu 
Tag die Sterblichkeit auf 14, 23, 43,5 % u. s. w. gesteigert 
hatte. Es wäre nun meines Erachtens geboten gewesen, dass a e 
die Berichterstatter, welche eigene Statistik veröffentlichten, die 
Krankheitsfälle in derselben Weise gruppirt hätten, wie die oben 
erwähnten Autoren. Denn nur so lässt sich die Frage beantworten, 
ob es möglich ist, jeden oder fast jeden frühzeitig behände! e 
Diphtheriefall zu retten. Ein Beispiel möge das erläutern. , ie 
jeder mit Krankenhausverhältnissen einigermaassen Vertraute wei^. 
kommen in eine Anstalt verhältnissmässig wenige Fälle z ^ 
„Diphtheriebehandlung“. Fast stets sind, oder waren es wenigstens, 


') Kondorski, Fall von Milzbrandinfection durch die unverletzte 
Haut. Wratsch 1891, No. 31. 


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6. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


919 


Krankq, die zur Tracheotomie reif sind, oder solche, bei denen es 
so schief zu gehen droht, dass Eltern und behandelnde Aerzte das 
Krankenhaus als letzten Versuch der Rettung in Anspruch nehmen. 
Nach der Zusammenstellung von Ehrlich, Kos sei und Wasser¬ 
mann waren unter ihren 220 Fällen nur 72 an den ersten beiden 
Krankheitstagen in Behandlung gekommen, also nicht ganz ein 
Drittel der Gesammtzahl. Nehmen wir einmal an, 80 von 100 Fällen 
eines Krankenhauses wären so frische Fälle, bei ihnen wäre kein 
Todesfall zu verzeichnen, während bei den späteren Fällen ein Ein¬ 
fluss nicht vorhanden wäre, so würde ich dieses Resultat als einen 
ganz gewaltigen Erfolg der Behandlung ansprechen, während es in 
dem Procentsatz der Gesammtsterblichkeit nur in sehr bescheidener 
Weise zum Ausdruck käme. Nimmt man nämlich die Gesammt¬ 
sterblichkeit der früher „symptomatisch“ behandelten Krankenhaus¬ 
fälle auf 45°/o an (siehe Körte, Bericht über die Behandlung von 
121 Diphtheriekranken mit Behring’schem Heilserum im städtischen 
Krankenhause am Urban, Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 46), 
so würde sie unter den oben angenommenen Verhältnissen 31,5 °/o 
betragen, d. h. die Differenz w r äre so gering, dass sie ohne jedtf 
Mühe und scheinbar ohne jedes Unrecht mit Zufälligkeiten, dem 
milderen Charakter der Epidemie u. s. w. erklärt werden könnten. 
Ich glaube, es könnte der Sache, d. h. einer wirklich eingehenden 
Prüfung des Behandlungswerthes noch jetzt gedient werden, wenn 
sich alle Aerzte, welche bisher Statistiken veröffentlicht haben, ent¬ 
schlössen, ihre Krankenjournale noch einmal vorzunehmen und sie 
nicht nach der „Schwere“ der Fälle, sondern nach der Zeit zu 
ordnen, in der diese der Behandlung unterworfen wurden. Ich halte 
es nicht für unwahrscheinlich, dass dann Zahlen sich ergäben, die 
deutlicher und schlagender über Werth oder Nichtwerth der neuen 
Methode redeten, als die bisher veröffentlichten Uebersichteu. 

Und nun zu den Fällen. — Ich habe seit dem Juli dieses Jahres 
im hiesigen Kreiskrankenhause 29 Diphtheriefälle behandelt. Von 
diesen konnten 4 der Serumbehandlung nicht unterworfen werden, 
weil ich das Serum noch nicht oder nicht mehr besass. Sie 
kamen sämmtlich zur Tracheotomie, 1 genas, 3 starben. 

25 Fälle wurden mit Serum behandelt. Von diesen befanden 
sich bei der Aufnahme: 


Krank¬ 

heitstag 

Fälle 

Heilungen 

j Heilungen 
in % 


erster ! 

2 

3 

100 

1 

zweiter 1 

6 

6 

100 


dritter 

7 1 

6 

85.7 

1 gestorben 

vierter 

2 (2) Trachcotomicen i 

2 

100 


fünfter 1 

2 ! 

2 

100 


sechster j 

i (i) ! 

— 

— 

(1) gestorben 

siebenter i 

3 (1) 

2 

66.7 

(1) gestorben 

achter ! 

1 (1) 1 

1 

100 


zus. 

25 (5) ! 

22 

1 88 

3 gestorben 


Hierzu mögen einige Bemerkungen gemacht werden. Zunächst 
muss gesagt werden, dass die Diagnose der Diphtherie in allen 
Fällen nur eine klinische gewesen ist, dass die bacteriologische 
Bestätigung fehlt. Bis vor kurzem würde auch ich diesen Um¬ 
stand für erheblich genug gehalten haben, um daraus ernste 
Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose herzuleiten. Ich thue das 
jetzt nicht mehr, seit ich gesehen habe, dass man auf Grund des 
KrankheitsVerlaufs nach der Serumbehandlung sehr gut imstande 
ist, die Diagnose nachträglich ex juvantibus mit Sicherheit zu 
stellen. Wenn ein der Diphtherie verdächtiger Fall nach Injection 
der nach der Erkrankungsdauer erforderlichen Serummenge in 
vollkommen typischer Weise verläuft, wenn am zweiten Behandlungs¬ 
tage Temperatur und Puls zur Norm zurückkehren und das All¬ 
gemeinbefinden vortrefflich ist, während die Beläge im Rachen im 
alten Umfange bestehen, dick wie Speck oder Bisquitporcellan den 
befallenen Theilen aufliegend, wenn sich am dritten Behandlungs¬ 
tage der Rand des scharf abgesetzten Belages von der Unterlage 
abzuheben scheint und am vierten Behandlungstage der ganze er¬ 
krankte Bezirk gereinigt ist, dann ist die Annahme unabweisbar, 
dass es sich um echte wirkliche Diphtherie gehandelt hat. 

Demgemäss bin ich bei meinen 25 Fällen bei 24 von der 
Richtigkeit der gestellten Diagnose fest durchdrungen, während 
ich einen Fall nachträglich nicht für Diphtherie halte. 

Er ist unter den am zweiten Krankheitstago in Zugang gekommenen 
Fällen aufgeführt und betrifft ein dreijähriges kleines Mädchen, das mit 
einer Temperatur von 38,7, 140 Pulsschlägen, sehr aufgeregtem Wesen 
und stark gerötheten uud goschwollenen Mandeln mit einer Menge punkt¬ 
förmiger, in den Vertiefungen sitzender Exsudate in Zugang kam. Die 
Erkrankung machte von vornherein den Eindruck einer heftigen Angina 
lacunaris, da aber durch Nichtanwendung des Mittels unter Umständen 
viel zu verlieren, durch seinen Gebrauch nichts zu schaden war, erhielt 
das Kind 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt. Am nächsten Tage war 
das Kind unruhiger wie je, die Temperatur stieg auf 39,1 am Morgen, 


39,2 am Abend. Die Beläge hatten sich ausgebreitet, so dass beide 
Mandeln mit einer zusammenhängenden Membran überzogen waren. Das 
Kind erhielt noch 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt. Trotzdem war 
auch am dritten Behänd lungstage die Morgentemperatur noch 39,2, und 
erst am Abend trat unter Schweiss und grosser Beruhigung Temperatur¬ 
abfall ein, dem eine ungestörte Reconvalescenz folgte. Die Mandeln 
reinigten sich nicht in der Weise wie bei den anderen Fällen, die Ab- 
stossung der Beläge erfolgte nicht auf einmal (das von mir als typisch 
beobachtote ist, dass am vierten Behandlungstage auf einmal eine voll¬ 
ständige Reinigung erfolgt ist), sondern nahm mehrere Tago in Anspruch. 

Ich habe den Fall hier ausführlich erwähnt, weil er durch 
den Contrast mit den übrigen frühzeitig behandelten Fällen auf 
mich ausserordentlich wirkte. Beiläufig möchte ich noch erwähnen, 
dass während der verflossenen Zeit, vom Juli bis jetzt, noch fünf 
Fälle von Mandelentzündungen bei Erwachsenen behandelt wurden, 
die von vornherein nicht als diphtherisch angesehen wurden 
und die demgemäss kein Serum erhielten. In zwei dieser Fälle 
kam es zu einem Abscess in der Mandel, der eröffnet wurde. Alle 
fünf Fälle heilten. 

Unter den 25 in obiger Uebersicht geführten Fällen befanden 
sich zwei Erwachsene, ein Bergmann, in dessen Familie vor einiger 
Zeit Diphtherie geherrscht hatte, an der auch ein Kind gestorben 
war, und eines der Hausmädchen des Krankenhauses. Der Rest 
waren Kinder. 

Was bei den angeführten 25 Fällen auffällt, ist die verhält- 
nissmässig grosse Zahl frischer Erkrankungen. Ich habe dafür 
den hiesigen Aerzten aufrichtig zu danken. Denn nur dadurch, 
dass sie die Eltern energisch drängten, die Kinder möglichst 
schnell dem Krankenhause zuzuführen, ist das Verhältnis der 
frischen zu den länger bestehenden Erkrankungen ein so günstiges 
geworden. 

Leicht waren übrigens auch die frischen Fälle nicht immer. 
Bei zwei der am zweiten und vier der am dritten Krankheits tage 
eingelieferten Kinder ist der Vermerk gemacht, dass die Stimme 
klanglos und die Athmung pfeifend gewesen ist. Ich habe bei 
diesen Kindern einige Zeit in der Erwartung gelebt, dass es doch 
wohl zur Tracheotomie kommen würde, aber diese Gefahr ist bald 
vorüber gegangen, und ich habe die Vermuthung, möchte aller¬ 
dings sie auch nur als solche äussem, dass man bei der Serum¬ 
behandlung berechtigt ist, mit der Operation zurückhaltender zu 
sein als sonst. 

Im ganzen sind von den 25 Kranken fünf operirt, davon sind 
drei genesen, zwei gestorben. Das erste der gestorbenen Kinder, 
ein vierjähriges Mädchen am siebenten Krankheitstage, kam nach 
der Tracheotomie pulslos vom Operationstisch und starb nach 
16 Stunden. Bei dem zweiten Verstorbenen, einem 2 1 /2jährigen 
Knaben am sechsten Krankheitstage, trat nach der Operation keine 
völlig freie Athmung oin. Es betrug die Athemfrequenz 48 in 
der Minute, am nächsten Tage wurde die Athmung immer frequenter 
und oberflächlicher, das Kind wurde wieder cyanotisch und starb 
17-2 Tage nach der Aufnahme. Der dritte Todesfall endlich betraf 
einen 472jährigen Jungen am dritten Krankheitstage. Die Ath¬ 
mung war frei, aber es bestand entsetzlicher Gestank aus dem 
Halse, die Unterkiefergegend schwoll von Stunde zu Stunde mehr 
teigig an, der Tod erfolgte schon nach etwa 15 Stunden an Herz¬ 
lähmung. 

Ich habe ferner noch über die Dosirung der Einspritzungen 
zu berichten. Ich habe mich einfach genau an die Behring’schen 
Vorschriften gehalten, d. h. Kindern am ersten und zweiten Krank¬ 
heitstage 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt, allen später zur 
Behandlung gekommenen Kindern und den beiden Erwachsenen die 
doppelte Dosis gegeben. Nie sind kleinere Quantitäten zur Ver¬ 
wendung gekommen, nur einmal, in dem oben erwähnten Fall von 
Pseudodiphtherie ist die Injection wiederholt. 

Zum Schluss noch eine Bemerkung. Im allgemeinen ist das 
Misstrauen der Aerzte gegen neue Mittel, namentlich so lange sie 
nicht in den Kliniken und grossen Krankenhäusern geprüft und 
von den klinischen Lehrern warm empfohlen werden, sehr berech¬ 
tigt. Abgesehen davon, dass das Serum doch auch nicht unge¬ 
prüft dem Verkehr übergeben ist, liegt meines Dafürhaltens die 
Sache hier anders. Im allgemeinen beziehen die Krankenhäuser 
ihre Kranken erst in zweiter Instanz, der Process der Diphtherie 
aber soll in erster Instanz entschieden werden. Darum ist jede 
Maassnahme, die den praktischen Aerzten das Mittel in die Hand 
giebt und ihnen die Möglichkeit gewährt, ausgedehntesten Gebrauch 
davon in der Praxis zu machen, mit Freuden zu begrüssen. Der 
Arzt, der primo loco die Diphtherie behandelt, ist der berufenste 
Richter über den Werth der Serumbehandlung. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4» 


920 


IV. Zur Aetiologie der Diphtherie. 1 ) 

Von Dr. med. Fritz Schanz, Augenarzt in Dresden. 

Bei einem Fall von infantiler Xerosis mit Keratomalacie, 
welcher vor zwei Monaten in meiner Praxis vorkam, fiel bei der 
Untersuchung auf Xerosebacillen die grosse Aehnlichkeit derselben 
mit den Diphtheriebacillen auf. Nun gilt der Xerosebacillus jetzt 
nicht mehr als Erreger der Xerose, weil man gefunden hat, dass 
er sich sehr häufig im Conjunctivalsack des Menschen findet. Ein 
Bacillus aber, der so häufig im Conjunctivalsack des Menschen 
vorkommt, muss sich auch in den oberen Luftwegen finden lassen. 
Die Luft bringt ihn mit aller 'Wahrscheinlichkeit in den Conjunctival¬ 
sack, auf dieselbe Weise müsste er in die oberen Luftwege ge¬ 
langen, aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so müsste der 
Thränenstrom ihn aus dem Conjunctivalsack in die Luftwege be¬ 
fördern. Wie kommt es, dass dieser Bacillus dort noch nicht ge¬ 
funden ist? Müsste seine Aehnlichkeit nicht differentialdiagnostisch 
von Bedeutung sein? — Diese Erwägung veranlasst« mich, den 
Xerosebacillus mit dem Loeffler’schen Diphtheriebacillus zu ver¬ 
gleichen. Das Resultat war ein sehr auffälliges: der Xerosebacillus 
ist im Präparat und in der Cultur nicht von dem Loeffler’schen 
Bacillus zu unterscheiden, der einzige Unterschied besteht darin, 
dass eine Bouilloncultur der Loeffler’schen Bacillen auf das 
Kaninchen giftig wirkt, eine gleiche Cultur des Xerosebacillus 
nicht. Da aber die Giftigkeit der Loeffler’schen Bacillen sehr 
schwankt, so kann dies allein nicht ausreichen, um diese Bacillen 
für zwei verschiedene Mikroorganismen zu halten. Der Xerose¬ 
bacillus ist ein Loeffler’scher Diphtheriebacillus von ge¬ 
ringer Giftigkeit. 

Bei der Durchsicht der Litteratur fand sich, dass Prof. Carl 
Fränkel dies schon vermuthet hat. Er schreibt in seiner Arbeit: 
Ueber das Vorkommen der Loeffler’schen Diphtheriebacillen 2 ) da¬ 
rüber folgendes: „Ich kann mich der Vermuthung nicht erwehren, 
dass die von verschiedenen Forschern, wie Kuschbrot und 
Neisser, Fränkel und Franke, Schreiber, Fuchs u. s. w. 
als Xerosebacillen beschriebenen, übrigens von den genannten 
Untersuchern nicht oder nicht mehr als eigentliche Ursache der 
Xerose angesprochenen Bacterien auch eben die „Pseudodiphtherie¬ 
bacillen“ gewesen sind. Allerdings vermag ich meine Anschauung 
nur auf die Schilderungen und Abbildungen zu gründen, welche 
die eben erwähnten Arbeiten von Mikroorganismen geben, da ich 
über Culturen zum Vergleiche nicht verfüge.“ 

Seit meiner Untersuchung über die Xerose 3 ) habe ich jetzt 
den ersten Fall von infantiler Xerose mit Keratomalacie wieder zu 
sehen bekommen und hatte, ehe ich noch die Vermuthung Fränkel’s 
kannte, schon festgestellt, dass die beiden Mikroorganismen identisch 
sind. Wir hätten also am Auge zwei Krankheiten, bei welchen 
derselbe Mikroorganismus sich üppig entwickelt, die Xerose und 
die Conjunctivaldiphtherie, nur bei der letzteren Krankheit aber 
erlangt er die Fähigkeit, in dem Nährboden einen chemischen Gift¬ 
stoff zu erzeugen. Wenn es nicht noch gelingen sollte, diese beiden 
Mikroorganismen genauer zu trennen, wenn nicht noch andere 
Merkmale als die Giftigkeit sie unterscheiden, dann müssen wir 
sie als dieselben Mikroorganismen ansehen, und dann wird dieser 
Befund auf unsere Anschauungen über die Aetiologie der Diphtherie 
von grossem Einfluss sein. Die ausführlichere Mittheilung meiner 
Befunde soll bald erfolgen. 


V* Studien zur bacteriellen Diagnostik de 
Diphtherie und der Anginen. 4 ) 

Von Dr. phil. u. med. H. C. Flaut in Leipzig. 

•11 \* e ! deu zabln? i cben Untersuchungen von Rachen- und Toi 
sillenbelag welche ich in den letzten drei Jahren zur Entsche 
düng der Frage anstellte, ob der Loeffler’sche Diphtheriebacilh 
nachzuweiscn sei oder nicht, habe ich eine Reihe von Beobacl 
t ungen verzeichnen können, die nicht nur von bacteriologische 
Intel esse, sondern auch für den praktischen Arzt von Wichtigke 

8 ? (lass ich llicht lä »£er zögern will, sie de 
Oeflentlichkeit zu übergeben. ’ 

Mem Material, welches ich zu weitaus dem grössten The 

sich i!nF ü n lak TT SC l heU ,iA erzt(m ^geschickt erhielt, erstrecl 
.;, 0Fälle - Unter diesen fand sich der Loeffler’sche Dipl 
nU , r 22 , mal ’ ob £ leich die meisten mit der Diagnos 
” ac ^ °^ ei «höchst verdächtig auf Diphtherie“ mir zi 

und IbdTÄ fige n itt ¥ ilun? l tl 1 ber ei “f“ in der Gesellschaft für Natu 
1111(1 Vienne zu Dresden gehaltenen Vortrag 
) Berl. klin. Wochensehr. 1893, S. 254. 

S. UO AlChlV für Au g cn beilkunde von Knapp und Sehweigger XX^ 
4 ) Eingesandt am 15. August 1894. D Red 


gegangen waren. Von den echten Diphtheriefällen verliefen sieben 
letal (zwei tracheotomirt). Die Anginen (hierunter drei Scharlach¬ 
anginen), bei welchen sich die gewöhnlichen eitererregenden Mikro- 
coccen oder andere (s. u.) Mikroorganismen fanden, verliefen sammt 
und sonders günstig. Die Behandlungsweise war, der Herkunft 
des Materials entsprechend, ganz verschieden. Wo es nothwendig 
wird später bei Besprechung der einzelnen Fälle auf sie noch be¬ 
sonders hingewiesen werden. Zunächst scheint es geboten, einige 
Bemerkungen über die bei der Untersuchung zur Anwendung ge 
brachten Methoden vorauszuschicken. 


Färbung der Diphtheriebacillen. 

Man sollte meinen, dass bei den zahlreichen Arbeiten, die 
über Diphtherie veröffentlicht wurden, betreffs der Färbemethoden 
Differenzen unter den Autoren nicht mehr herrschen könnten. 
Dass dem nicht so ist. lehrt ein Blick auf beifolgende kleine Ueber- 
sicht, welche zeigt, dass betreffs der sogenannten Gram’schen Me¬ 
thode die Beobachtungen einzelner Forscher sich durchaus ent- 
bntgegenstehen: 

Die Diphtheriebacillen färben sich 


nicht nach Gram: 

Hueppe, III. Auflago, S. 121. 
Entfärbt werden bei der Gram’schen 
Methode u. a. . . . die Diphtherie¬ 
bacillen. 

Schenk, Grundriss derBacterio- 
logie S. 168: „Neben der L o e f f 1 e r - 
sehen Methode ist noch der nega¬ 
tive Erfolg der Gram’schen Me¬ 
thode als Kriterium für das Vor¬ 
handensein der Loeffler’schen 
Diphtheriebacillen anzusehen“. 

Heim, Lehrbuch der bacteriolog. 
Untersuchung und Diagnostik 1894, 
S. 50: „dagegen geben die Färbung 
ab: Der Diphtheriebacillus.“ 

Migula, Bact. Prakticum S. 187: 
Die Gram’sche Methode lässt sich 
bei dem Diphtheriebacillus nicht 
anwenden; die Bacillen entfärben 
sich danach vollkommen etc. 


nach Gram: 

Roux et Yersin, Annales de 
l’Institut Pasteur 1890, S. 387: 
Par la möthode de Gram se colore 
d’une raaniere intense la diphtdrie. 

Tangl, Budapest. Ref. im Jahrb. 
von Baumgarten über Untersuchun¬ 
gen von Middeldorpf u. Gold¬ 
manns 1891, S. 233: „weil die 
Loeffler’schen nach den Erfahrun¬ 
gen anderer Untersucher und auch 
des Referenten sowohl nach der 
Weigert 7 sehen, als auch nach der 
Gram’schen Methode färbbar sind.“ 

Abel, Taschenbuch etc. S. 35: 
Färbung der Diphtheriebacillen mit 
Loeffler’schem Methylenblau und 
nach Gram. 

Seiffert. Mikroskopische Dia¬ 
gnostik, S. 111 u. 112: Die Diph¬ 
theriebacillen sind nach demGram- 
schen Verfahren nicht so unzugäng¬ 
lich, wie zuweilen behauptet wird 


Auch wegen der Wahl des für den Diphtheriebacillus besten 
Farbstoffes sind die Ansichten verschieden, der eine empfiehlt 
Loefflerblau, der andere Dahliamethylgrtinlösung als den besten, 
wieder ein anderer die Ziehl’sche Lösung. Alle diese Differenzen 
sind dazu angethan, den Praktiker zu verwirren. Ich habe daher 
dem Studium dieser Verhältnisse besondere Aufmerksamkeit ge¬ 
widmet und bin zu folgendem Resultat gekommen. 

Die Diphtheriebacillen nehmen einfache wässrige Anilinfarb¬ 
stoffe nur schwer auf und färben sich in dem von Loeffler em¬ 
pfohlenen Farbstoff (30 ccm coneentrirter alkoholischer Methylenblau¬ 
lösung auf 100 ccm 0,01 °/oiger Kalilauge) so, dass einzelne Theile 
derselben, besonders die Enden, gefärbt werden, andere nicht. Dies 
ist charakteristisch für die Diphtheriebacillen, und von diesem 
Standpunkte aus kann man den Loeffler’schen Farbstoff als be* 
sonders geeignet empfehlen. Die Diphtheriebacillen färben sich 
aber mit Loefflerblau lange nicht so rasch, intensiv und vollständig, 
wie mit Anilinölwassergentianaviolett (Anilinölwasser 100, con- 
centrirte alkoholische Gentianaviolettlösung 5,0). Diese Farb¬ 
lösung ist frisch bereitet oder nicht älter als 3 mal 24 Stunden, 
das beste Färbemittel für die Diphtheriebacillen. Sie nehmen 
den Farbstoff in der Kälte sofort auf und viel intensiver als alle 
anderen Farbstoffe, das von Roux und Yersin empfohlene Dablia- 
methylgrün eingeschlossen. Wenn man nach der Färbung mi 
dieser Farblösung (drei Minuten in der Kälte) das Objectträgerau»- 
strichpräparat in bekannter Weise mit Jodjodkaliumlösung über 
giesst (Gram’sche Methode), dann mit Alkohol leicht abspült, 
aber, dass nicht völlige makroskopische Entfärbung der Schic 
eintritt, sondern noch ein leichter graublauer Schimmer verbleib, 
und dann untersucht, so bemerkt man, dass zwar einige Baci e 
blässer geworden sind als nach Abspülung mit Wasser, dass 
meisten aber den Farbstoff vortrefflich conservirt haben, bp 
man dann weiter, so wie es Gram vorschreibt, mit oft geweeüse 
tem absolutem Alkohol ab, bis die Schicht makroskopisch v 
weiss geworden ist, so kann man nach und nach alle Diphtber 
bacillen entfärben. Zunächst tritt nur theilweise Entfärbung - 
Inhalts ein, und einige Bacillen erscheinen graublau, da& n &J aU ’,, 
Stellen jedoch, wo die Schicht dichter aufgetragen ist und des! _ 
der Farbstoff besser haftet, finden sich noch eine Zeit lang .T, ^ 
intensiv tingirte Stäbchen, aber auch diese halten dem Alk 
auf die Dauer nicht Stand. Zuletzt sind alle Stäbchen ent > 


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6. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


921 


nur die Involutionsformen mit keulenförmigen Anschwellungen 
halten in einigen wenigen Exemplaren den Farbstoff auch noch 
nach intensiver Alkoholbehandlung fest. 

Bei Behandlung der Ausstrichpräparate mit Anilinöl wird der 
Farbstoff viel besser festgehalten als mit Alkohol. 

So ist das Verhalten der Diphtheriebacillen bei Ausstrich¬ 
präparaten von Membranen und frischen Reinculturen. Alto Rein- 
culturen entfärben sich bei der Alkoholbehandlung schneller. Bei 
Schnitten durch Membranen tritt nach langer Alkoholbehandlung 
eine nur theilweise Entfärbung der Diphtheriebacillen ein, so dass 
sie dann grob gekörnt erscheinen. Kurze Alkoholbehandlung bei 
dünnen Schnitten, besonders unter Ersatz des Alkohols durch 
Anilinöl, giebt prachtvolle Bilder. 

Man erkennt aus dem Gesagten leicht, woher der oben be¬ 
rührte Zwiespalt der Autoren betreffs der Färbung der Diphtherie¬ 
bacillen nach der Gram’schen Methode stammt und dass es sich 
nur um einen scheinbaren Widerspruch handelt. Je nachdem man 
mehr oder weniger Alkohol zum Entfärben benutzte, Schnitte oder 
Ausstrichpräparate, dicke oder dünnere Objecte, ältere oder jüngere 
Culturen, Alkohol oder Anilinöl an wandte, waren die gewonnenen 
Resultate verschiedene. 

Man kann das eigenthümliche Verhalten der Diphtheriebacillen 
bei Anwendung der Gram’schen Methode zu differentialdiagnosti¬ 
schen Zwecken wohl verwenden. Die hierauf basirenden Methoden 
(siehe unten) sind aber mehr von theoretischer Bedeutung. Denn 
wenn in einer Membran viel Bacillen vorhanden sind, so weiss der 
Kenner bei der Anfertigung eines einzigen Präparates nach der 
gleich zu besprechenden Methode sofort, um was es sich handelt, 
sind aber nur vereinzelte Bacillen vorhanden, so führt die mikro¬ 
skopische Untersuchung, und das kann nicht scharf genug betont 
werden, man mag anwenden, welche Methode man will, überhaupt 
zu keinem absolut sicheren Ergebniss, weil die Resultate zu sub- 
jectiv sind. 

Die beste Methode, Diphtheriebacillen in Ausstrichpräparaten 
zur Anschauung zu bringen, ist nach meinen Erfahrungen folgende: 

Das zu untersuchende Material wird zwischen zwei Objectträgem ge¬ 
quetscht und diese, nachdem ordentliche Vertheilung cingctreten ist. seit¬ 
lich auseinandergezogen. Nachdem die Schicht lufttrocken geworden ist, 
wird sie durch mehrmaliges Ziehen des Objectträgers durch die Bunsen- 
flammc, natürlich die Schichtseite nach oben, fixirt. Elfmaliges schnelles 
Ziehen genügt für nicht zu dicke Objectträger. Man legt, um nicht zu 
überhitzen, nach jedesmaligem Durchziehen den Finger auf die Unterseite 
des Objectträgers und hört mit dem Durchziehen auf, sobald das Gefühl 
der Wärme unangenehm empfunden wird. Nach dem Fixiren lässt man 
den Objectträger vollständig abkühlen und tropft, dann von dem Anilinöl- 
wassergentianaviolett (2 g concentrirte alkoholische Lösung von Gentiana- 
violett auf 40 g Anilinölwasser) so viel auf, dass die ganze Schicht 
schwappend voll bedeckt ist. Einwirkung drei Minuten. Dann lässt man 
den überflüssigen Farbstoff über einen Eimer ablaufen und giesst Jodjod¬ 
kalilösung (1 Jod, 3 Jodkali, 300 Aq.) auf die gefärbte Schicht, dass alles 
bedeckt ist, und lässt dann die Jodlösung ablaufen. Hierauf trocknet man 
den Objectträger in gutem schwedischem Fliesspapier durch Druck. Dann 
giesst man bis zur hellbläulichen oder auch gänzlichen Entfärbung Anilinöl 
auf, das in eine Schale ablaufen und mehrmals benutzt werden kann. 
Nun wird der Objectträger wieder in Fliesspapier abgetrocknet, ein Tropfen 
reines Anilinöl auf die Schicht gebracht, ein Deckgläschen darüber ge¬ 
breitet und mit Oelimmersion */ia Zeiss untersucht. 

Die in Betracht kommenden Mikroorganismen erscheinen nach 
dieser Methode prachtvoll intensiv blauschwarz gefärbt. Die Epi- 
thelien, viele Mundbacterien und sonstigen Elemente fast gänzlich 
entfärbt und die eventuell vorhandenen Diphtheriebacillen so scharf 
gekennzeichnet, dass sie bei nur einiger Uebung an ihren charak¬ 
teristischen Formen, ihren Involutionen und Anlagerungen leicht 
zu erkennen sind. Eine nur theilweise Färbung des Inhaltes findet 
nach dieser Methode nicht statt; wohl aber sieht man die Diph¬ 
theriebacillen nach einiger Zeit blasser werden und einige derselben 
den Farbstoff ganz abgeben. Nach 24 Stunden sind nur noch 
einige Bacillen schwach gefärbt, deutlich aber noch die Involutions¬ 
formen erkennbar. Wer noch nicht genügend Uebung hat, färbt 
nun noch ein anderes Präparat nach der Loeffler’schen Methode 
und bemerkt dann an den vorher total gefärbten Bacillen die 
charakteristische Körnungsfärbung. Zur Uebung empfiehlt es sich 
dann noch, ein Präparat stricte nach Gram zu färben, d. h. mit 
Alkohol intensiv zu entfärben, um die starke Entfärbung der Diph¬ 
theriebacillen zu studiren. In den meisten Fällen genügt aber, 
wie schon bemerkt, die eine Färbung, um eine Diagnose zu fällen. 
Auf die Ausnahmen wird weiter unten genauer eingegangen werden. 

Cultur. 

Steht eine Membran zur Verfügung, so benutze man für 
gewöhnlich die der Mundhöhle zugekehrte Seite. Viele empfehlen 
wohl, um gröbere Verunreinigungen zu vermeiden, die der 
Schleimhaut zugekehrte Seite der Membran zu benutzen. In der 
That nehmen alle Mikroorganismen an Zahl nach der Tiefe der 


Membran zu ab, natürlich aber auch die Diphtheriebacillen¬ 
nester, so dass es leicht geschehen kannn, dass man, bei ober¬ 
flächlicher Entnahme von der Kehrseite, überhaupt keine Bacillen- 
culturen erhält. Die gewöhnlichen Mikroorganismen der Mund¬ 
höhle stören aber das Wachsthum der Diphtheriebacillen auf Löffler- 
Blutserum gar nicht, so dass die Vorschrift, die Bacillen von der 
Schleimhautseite zu entnehmen, wohl nur für Glycerinagarculturen 
Beobachtung zu finden braucht. In diesem Falle empfiehlt es sich 
aber, mit dem Platinspatel nicht zu oberflächlich abzutragen, sondern 
tiefer in die Membran einzudringen. Sicherer geht man, wie schon 
gesagt, die der Mundhöhle zugekehrte Seite zu benutzen, ein Ver¬ 
fahren, das man überhaupt dann stets anzuwenden gezwungen ist, 
wenn man keine Membran aus dem kindlichen Mund entfernen 
kann, sondern sich damit begnügen muss, ein wenig Belag von 
den Tonsillen am Platinspatel herauszubringen. Dieser Fall tritt 
so häufig ein, dass er die Regel bildet. Denn einmal sitzen die 
Membranen bei echter Diphtherie oft so fest, dass man ohne blutige 
Verletzung nichts abreissen kann, ein Verfahren, das nach dem 
houtigen Stande der Diphtherietherapie doch kaum mehr zu ver- 
theidigen ist, andererseits sind die Kinder zu unbändig, um den 
Arzt mit einer Pincette in der Mundhöhle hantiren zu lassen. Man 
kann also meist damit zufrieden sein, wenn man soviel Material 
erhält, dass man zwei Ausstrichpräparate und eine Cultur machen 
kann. Das Material streicht man auf reine Objectträger, die man 
nach Beschickung aufeinanderquetscht und, um Verdunstung zu 
vermeiden, in Guttaperchapapier gut einwickelt. So habe ich mir 
mein Material theils selbst verschafft, theils schicken lassen und 
nie über einen Misserfolg zu klagen gehabt. Um eine Cultur an¬ 
zulegen, nimmt man ein ganz kleines Stückchen des Materials und 
verreibt es gut auf der Oberfläche des nach Loeffler’s Vorschrift 
bereiteten Blutserums. Man braucht, um eine sichere Diagnose 
zu erhalten, höchstens zwei Röhrchen zu verwenden, da, wie ge¬ 
sagt, die Diphtheriebacillen auf diesem Nährboden alle anderen 
Keime der Mundhöhle schnell überwuchern, so dass das Glycerin¬ 
agar auch nicht mit ihm im entferntesten zu concurriren vermag. 
Nach 24 Stunden zeigt ein Blick auf die Cultur, um was es sich 
handelt: entweder feine Tröpfchen, oder milchweisse Scheiben. Bei 
der mikroskopischen Exploration erweisen sich die letzteren als 
Diphtheriebacillen. 

Die Bereitung des Serums nach Loeffler ist nicht schwerer oder um¬ 
ständlicher als die gewöhnlichen Blutserums. Man fange das Blut nur 
selbst auf, lasse es so lange stehen, bis sich der Blutkuchen ordentlich 
abgesetzt hat und hebere dann das Serum direkt in die sterilisirten, schon 
mit sterilem Fleischwasserpepton im richtigen Verliältniss gefüllten Re¬ 
agensgläser ab. Gelangen ein paar rotho Blutkörperchen mit in das Re¬ 
agensglas, so schadet das gar nicht. Beim ruhigen Stehen setzen sie sich 
am Boden fest und bleiben da liegen, auch wenn man das Gläschen, um 
das in ihm befindliche Serum fest zu machen, schräg legt. Die Temperatur 
beim Erstarren kann auf 95° C allmählich erhöht werden, ohne dass die 
Durchsichtigkeit des Serums darunter leidet. Bei 78 u C, dem Erstarrungs¬ 
punkt des gewöhnlichen Serums, erstarrt das Loeffler’sche Blutserum¬ 
gemisch nie, beim allmählichen Erwärmen auf 95° C in droi Stunden. 
Die continuirliche Sterilisation dos Blutserums vor dem Erstarren ist 
selbstverständlich. Die sterilisirten Blutserumgläschen werden am besten 
erst kurz vor dem Gebrauch zum Erstarren gebracht. Die mit flüssigem 
Inhalt versehenen werden mit Gunimikappen aufbewahrt, die erstarrten bis 
zum Gebrauch mit eben solchen schräg liegend gehalten, damit das Condens- 
wasser die Oberfläche des Serums eine Zeit lang vor Verdunstung schützt. 
Nach der Impfung werden sie gestellt und bei 36° C 24 Stunden im Ofen 
gehalten. 

Thierversuch. 

Zur Thierimpfung eignen sich bekanntlich junge, etwa 300 g 
schwere Meerschweinchen am besten. Die Impfung führt man am 
zweckmässigsten so aus: Man hebt eine Hautfalte am Rücken, 
oder, wenn man Assistenz hat, am Bauche des Thieres hoch, 
schneidet sie mit einer scharfen Scheere durch und schiebt den 
Impfstoff mit einer starken Platinnadel weit unter die Haut. Dann 
drückt man die kleine Wunde zu. Injection des Impfstoffs mit der 
Pravazspritze kann ich bei Meerschweinchen, ihrer dicken Haut 
wegen, nicht empfehlen. . 

Die Thiere gehen an der Impfung mit voll-virulenten Kein- 
culturen gewöhnlich nach 36—48 Stunden zugrunde und sind 
schon nach 24 Stunden deutlich krank. Bei der Section finden 
sich an der Impfstelle im Unterhautzellgewebe ausgedehnte Ent¬ 
zündungen, starkes sulziges Oedem und gewöhnlich sehr zahlreiche 
Diphtheriebacillen. 

Das Resultat der Thierimpfung mit aus Membranen oder Be¬ 
lägen gezüchteten Bacillenreinculturen entscheidet natürlich in allen 
Fällen am sichersten, ob es sich um Diphtherie handelt oder nicht. 
Dieses sichere Verfahren wurde bisher überall da in Anwendung 
gebracht, wo das Ausstrichpräparat ein unsicheres Ergebniss lieferte, 
oder wo die geringe Anzahl der Bacillen den Verdacht nahe legte, 
dass es sich um den Pseudodiphtheriebacillus handeln könne. Dieser 
Weg zum Ziel zu kommen, erfordert aber nicht nur eine ziemliche 


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922 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49 


Vertrautheit mit der Bacteriologie und ihren Methoden, sondern 
mindestens auch zwei volle Tage und Nächte, ein Zeitraum, der 
bei der grossen Wichtigkeit einer möglichst schnellen Diagnose 
hei der Diphtherie viel zu lang genannt werden muss. 

Ich war deshalb bestrebt eine Methode zu finden, welche unter 
Vermeidung des Culturverfahrens in kürzerer Zeit eine sichere 
Diagnose ermöglicht, und glaube dieselbe in der Membranimpfung 
gefunden zu haben. 

Wenn man einem Thier nach oben mitgetheilter Methode statt 
Iteincultur von Diphtheriebacillen kleine Mengen von Diphtherie¬ 
membranen oder.Tonsillenbelag unter die Haut bringt, so erkrankt 
das Thier an den gleichen Erscheinungen, wie bei der Impfung mit 
Reincultur, aber in massigerem Grade, geht auch, wenn überhaupt, 
erst später zugrunde. Untersucht man nach 20 Stunden die 
Impfstelle am lebenden Thier, indem man den noch nicht ver¬ 
klebten Schnitt zum Klaffen bringt und mit einer Platinöse etwas 
von dem Gewebssaft entnimmt, auf einen Objectträger ausbreitet 
und nach obiger Methode färbt, so kann man, handelt es sich um 
Diphtherie, aus den zahlreichen charakteristischen Bacillen, die 
seltener frei, meist in Leukocyten liegend gefunden werden, in 
dieser kurzen Zeit schon eine absolut sichere Diagnose fällen. 
Von anderen Mikroorganismen bemerkt man merkwürdigerweise 
wenig, selbst dann, wenn das eingeimpfte Material Unmassen davon 
enthielt. Zu Verwechslungen können sie in keinem Falle Ver¬ 
anlassung geben. 

Ich habe nämlich die verschiedenartigsten Tonsillenbeläge, 
Sputa, faulenden Urin etc. jungen Meerschweinchen in der ange¬ 
gebenen Weise verimpft und niemals einen nur ähnlichen bacterio- 
logischen oder pathologischen Befund in so kurzer Zeit zu ver¬ 
zeichnen gehabt, wie dann, wenn das verimpfte Material virulente 
Diphtheriebacillen enthielt. Bei von Anginen stammenden Tonsillen¬ 
belägen zeigen Meerschweinchen meinen Erfahrungen nach über¬ 
haupt keine Krankheitserscheinungen. Der Meerschweinchenkörper 
hat eben eine ganz exquisite Gabe, sich den Diphtheriebacillus 
herauszuwählen und fortzuzüchten, so dass kaum ein Unterschied 
im mikroskopischen Präparat zu verzeichnen ist, einerlei, ob man 
Reincultur von Diphtheriebacillen oder Diphtheriemembran dem¬ 
selben einverleibt hat. Diese neue Methode, eine schnelle und 
sichere Diagnose auf Diphtherie zu fällen, hat nicht die geringste 
Schwierigkeit in der Ausführung, so dass sie jeder, der überhaupt 
mikroskopiren kann, fertig bringen muss. Der Hauptvortheil der¬ 
selben aber ist der, dass die Cultur, die immerhin nicht so leicht 
und einfach ist, als dass sie jeder ausführen könnte, vollständig in 
Wegfall kommt. Das von dem Oedem schon nach der 20. Stunde 
angefertigte Präparat ist so charakteristisch, wie ein Sputum- 
präparat, wenn es Tuberkelbacillen enthält. 

Die einzige Schwierigkeit, die sich dieser Methode entgegen¬ 
stellt, besteht in der Beschaffung der jungen Meerschweinchen, 
ein Punkt, auf den ich noch näher bei den Schlussfolgerungen ein- 
gehen werde. 

Diphtherie- und Anginafälle von besonderem Verlauf. 

Fall 1. Kräftiges Mädchen von 17 Jahren erkrankte am 3. August 
1892 unter den Erscheinungen einer mittelschweren Angina. Ihre kleinere 
Schwester, welche acht Tage vorher im hiesigen Krankenhaus an schwerer 
septischer Diphtherie gestorben war, war bis kurz vor dem Eintritt ins 
Spital von ihr gepflegt worden. 

Ausstrichpräparat ergiebt nur Coccen, die Cultur auf dem ersten 
Röhrchen drei Diphtheriebacillenculturen, Agarplatten nur Staphylo coccen. 
Ein 350 g schweres Meerschweinchen erkrankt bei der Impfung mit 1 ccm 
frischer Bouilloncultur nicht. Impfwunde ist schon nach 24 Stunden ver¬ 
klebt. Die Bacillen verhielten sich auch sonst wie Pseudodiphtheriebacillen. 

Der Fall verlief leicht, schon nach vier Tagen trat völlige Genesung 
ein, er ist aber bemerkenswert!], weil er die Roux-Yersin’sche Ansicht 
über den Pseudodiphtheriebacillus, dass dieser nur einen abgeschwächten 
Abkömmling des echten Loeffler’schen Bacillus darstelle, zu stützen 
scheint. Hier wurde der echte Diphtheriebacillus auf den vielleicht durch 
die Pflege immunisirten Körper der Schwester übertragen, der ja auch den 
Jahren nach nicht mehr hochgradig für Diphtherie disponirt war. 

Der Fall war vom behandelnden Arzte von vornherein als Diphtherie 
angesehen und trotz der bacteriologischen Diagnose auch an bezirksamt¬ 
licher Stelle als solcher gemeldet werden, ein Verfahren, dass nach dem 
heutigen Stande der Pseudodiphtheriebacillenfrage meiner Ansicht nach 
im Interesse der Prophylaxe nur zu billigen ist. 

Fall 2. Am 5. August untersuchte ich die Membran eines drei 
Jahr alten schwer erkrankten Kindes am dritten Tag der Erkrankung. 
Die mikroskopische Exploration ergab Coccen in grossen Mengen, wenig 
verdächtige Stäbchen. Die Cultur ergab echte Diphthoriehacillcn, das mit 
der Membran geimpfte Meerschweinchen starb nach 48 Stunden an 
Diphtheriesepsis in typischster Weise. Das Kind starb am Abend des 
vierten Tages. Aus dem Objecttrfigerprüparat konnte man in diesem Fall 
kaum^ auf die Diphtherie schliossen, ein Beweis, dass es Vorkommen kann, 
dass fselbst bei einem schweren Fall die Diphtheriebacillen so in der 
Minderzahl vorhanden sind, dass man sie auf dem Objectträgerpräparate leicht 
übersehen kann. Sehr eng an diesen schliessen Bich die folgenden Fälle an. 


Fall 3., 4., 5, 6., 7., 8. Am 13. Februar 1893 bekam ich eine 
Membran eines vierjährigen Knaben mit der Diagnose „Lacunäre Angina“ 
zugeschickt, in der ich bei der mikroskopischen Untersuchung keine 
Diphtheriebacillen nachweisen konnte. Auf den Blutserumröhrchen gingen 
fünf Culturen des Diphtheriebacillus auf. Cultur und Membranimpfling 
ergaben posititive Resultate, Das mit Cultur geimpfte Meerschweinchen 
starb am 15. Februar, das mit Membran geimpfte am 17. Februar an 
charakteristischer Meerschweinchendiphtherie. 

Der Fall nahm einen schweren Verlauf und bald auch das klinische 
Bild der Diphtherie an. Am 21. Tage erst war der Patient in der 
Reconvalescenz. 

Fünf in derselben Familie unter elenden Verhältnissen lebende Ge¬ 
schwister — nur eine Stube stand zur Verfügung — blieben von der 
Krankheit verschont, nur ein sieben Jahr altes Mädchen bekam eine leichte 
Coccenangina, die nur vier Tage bis zur Wiederherstellung brauchte. Die 
Behandlung des Diphtheriefalls bestand in Pinselung mit 10 % Pyoctanin- 
lösung. 

Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse in einer anderen Famüie, wo ein 
Knabe von 13 und einer von fünf Jahren gleichzeitig an echter Diph¬ 
therie erkrankt waren (18. October 1892) und ein zweijähriges Mädchen, 
welches nicht isolirt werden konnte, völlig gesund blieb. Da ich die 
Fälle schon in der MMöcine scientifique Januar 1893 beschrieben habe, 
will ich hier nicht noch einmal näher auf sie eingehen und nur bemerken, 
dass auch hier die Behandlung in Pinselung von Pyoctaninlösung 1:10 
bestand. Nun bin ich zwar weit entfernt, das Verschontbleiben der Kinder 
in diesen Fällen auf die Behandlung der anderen mit Pyoctanin zu schieben, 
— im zuerst beschriebenen Fall scheint vielmehr die geringe Anzahl der 
vorhandenen Diphtheriebacillen, im zweiten das nicht so zu Diphtherie 
disponirte Alter der Kinder verantwortlich gemacht werden zu müssen, - 
immerhin aber ist die Thatsache so auffallend, dass sie zum Versuch der 
Pyoctaninbehandlung in Fällen, wo Isoliren unmöglich ist, ermuntern kann. 

Ein vierter hierhergehöriger Fall weicht nur insofern von obigen ab, 
als die hier in Betracht kommenden sechs Kinder prophylaktisch mit 
Schering’s Diphtherieantitoxinlösung geimpft worden waren, als ihre Mutter 
an Diphtherie (bacteriologisch genau festgestellt und durch Thierexperiment 
bewiesen) erkrankte. Auch hier wurde Pyoctaninlösung mit Erfolg angewandt. 

In einem anderen hierhergehörigen Fall unterliess ich das Thier¬ 
experiment und die Cultur, da das Präparat, welches vom Belag gemacht 
worden war, absolut keine Stäbchen aufwies. Der Knabe bekam nach 
langer Krankheit (drei Wochen) eine Gaumenparese und nieste während 
der Krankheit Membranen aus. Seine zwölfjährige Schwester erkrankte 
nach 14 Tagen gleichfalls Das Thierexperiment und die Cultur ergaben 
diesmal, dass es sich um echte Diphtherie gehandelt habe, auch die aus¬ 
geniesten Membranen enthielten zahlreiche virulente Diphtheriebacillen. 

Aus diesen acht Fällen geht mit Gewissheit hervor, dass man anss 
dem negativen Befunde des Objectträgerausstrichpräparats keineswegs 
Diphtherie ausschliessen darf. 


Fall 9. Leichter Diphtheriefall. Wenig Bacillen auf dem Aus¬ 
strichpräparat und der Cultur nachweisbar. Thierexperiment positn, 
Die Geschwister des Knaben werden sofort entfernt und unglücklicher¬ 
weise, selbstverständlich ohne Wissen des behandelnden Arztes, m 
einer Familie in Plagwitz untergebracht, in der selbst zwei Kinder sini • 
Beide Kinder dieser Familie erkranken an Diphtherie. Die Gesehenste 
des oben erwähnten Knaben verlassen nochmals ihren V ohnsitz un 
werden nach Berlin zu Verwandten gebracht, die leider auch ein Am 
besitzen. Dieses Kind erkrankt gleichfalls an schwerer Diphtherie und stir - 
Dieser Fall zeigt recht deutlich, wie leicht das Contagium aer - 
phtherie gerade durch solche Individuen verschleppt werden kann, die 
gewisse Immunität gegen diese Krankheit besitzen, und wie vorsicn g 
bei dem Isoliren der Kinder zu Werke gehen muss. 


Fall 10 bis 14. Fünf nun sich anreihende Fälle von einfacher 
Angina verdienen die Erwähnung wegen der sie wohl zweifellos e » 
habenden Mikroorganismenart . j pr 

Der erste betraf ein Mädchen von vier Jahren, welches mir , 
Sprechstunde eines hiesigen Arztes mit der Diagnose «schwere sep 
Diphtherie“ am Nachmittage des 2. December 1892 zur Abi.mpnmg 
Laboratorium geschickt, wurde. In der That war der Geruch, - 

verbreitete, als das Kind in die Stube getragen wurde, * u.. 

ähnlich, der in der Umgehung septisch diphtheriekranker Kin ‘ 
zunehmen ist. Das Kind fieberte heftig und machte einen se , 
Eindruck. Bei der Inspection der mit vielen cariösen Zähnen v , r 
Mundhöhle, bemerkte man schmierige Beläge auf beiden Innei « 
stark geschwollenen Tonsillen und der linken Seite der Uvu . 
Entzündung des ganzen weichen Gaumens, aber nur massig 
Schwellung. Die mikroskopische Untersuchung des Belags e q 
derselbe bacteriologisch aus weiter nichts als aus Miller sehen p n 
und Mi Iler‘sehen Bacillen bestand. Bei der Färbung nahmen ( 
den Farbstoff intensiv auf, während die ersteren sieb J^en 

Hessen. Bei der Züchtung vom Belage auf Loeffler s Blu s pv 
nur einige wenige Colonieen von Streptococcen auf. die Bacu e . durch 
chaeten Hessen sich nicht züchten. Diphtheriebacillen waren , sf |j 0n 
Cultur noch durch das Thierexperiment nachweisbar. Das Jvro » ,. zunl 

am anderen Morgen kaum noch Beläge erkennen liess, ne t Völlig 
nächsten Abend. Am dritten Tage normale Temperatur, ,\in vierten 
verschwunden, nur noch leise Röthung des Halses vornan e,l \ , j on . 
Tage völlig normales Befinden. Die mikroskopische Explora. ^ jj, 
sillenschleims ergab schon am dritten Tage normale Ver ‘ _ er ^ r 
die Millcr’schen Spirochaeten und Bacillen waren in nie fc Mujidhöble 
zahl vorhanden als bei sonst gesunden Personen mit unr ®V_, t . n Kindes 
Der siebenjährige Sohn der Pflegeeltem des eben 
erkrankte sieben Wochen später ganz plötzlich an dergiei 


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6. Deeember. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


923 


Die Inspektion der gleichfalls schlecht gehaltenen Mundhöhle dieses 
Knaben hatte zur Zeit der Erkrankung des Pflegekindes stattgefunden. 
Damals hatten sich im Schleim, der von den Tonsillen stammte, mässige 
Mengen des erwähnten Mikroorganismus ergeben. Der Zahnbelag enthielt 
damals reichlicher diese Mikroorganismen. Am Tage der Erkrankung be¬ 
stand der schmutzige Belag der hinteren Tonsille wieder aus weiter nichts 
als aus den erwähnten Stäbchen und Spirochaeten mit wenig Eiterkörperchen 
und Epithelzellen untermischt, Foetor ex ore, Drüsenschwellun°- Fieber 
’ schwerer Krankheitseindruck, alles wie oben. Auf dem Löff'ler’schen 
Blutserum wuchs von den reichlich ausgestrichenen Belägen diesmal über- 
haupt nichts, auf den Agarplatten gingen die gewöhnlichen züchtbaren 
Mundbactenen auf. Der \ erlauf der Krankheit war wieder ein überaus 
günstiger und schneller. Am 17. Januar Beginn der Erkrankung, am 
21. Januar entliess ich den Knaben als völlig geheilt. 


Die drei anderen Fälle dieser Art verdanke ich der Freund¬ 
lichkeit zweier meiner Collegen. Die Krankengeschichten unter¬ 
scheiden sich in nichts von den obenerwähnten. 


Charakteristisch für das Krankheitsbild ist: Der plötzliche 
Beginn, der starke Fötor, das schwere Krankheitsbild mit hohem 
Fieber, der schmierige zähe Belag und das auffallend schnelle Ver¬ 
schwinden aller Symptome. 

Eine Verwechselung der Miller’schen Bacillen mit den echten 
Diphtheriebacillen auf Ausstrichpräparaten kommt, so unmöglich 
es scheinen sollte, dennoch unter bestimmten Umständen, mangeln¬ 
der Uebung etc., vor. Ein Präparat, das von einem der zuletzt 
erwähnten Fälle stammte, wurde mir von einem Collegen als „leicht 
verlaufene Diphtherie trotz massenhafter Bacillen“ demonstrirt, 
und ich selbst irrte mich in einem Falle in der Diagnose, als ich 
ein Präparat, das mir in später Nachmittagsstunde gebracht wurde, 
bei sehr schlechter Beleuchtung untersuchte. Am anderen Morgen 
erkannte ich sofort meinen Irrthum und auch die bald darauf vor¬ 
genommene Untersuchung der Cultur bestätigte, dass es sich nicht 
um Diphtherie handelte. Die Miller’schen Bacillen sind einmal 
viel grösser als die Diphtheriebacillen, sind im Gegensatz zu diesen 
an den Enden spitz und immer in Gesellschaft der Spirochäten, 
die wahrscheinlich im genetischen Zusammenhang mit ihnen stehen. 
Diese Vermuthung hat Miller schon im Jahre 1883 ausgesprochen, 
meinte aber später von dieser Annahme abgehen zu müssen, weil 
die Bacillen die Farbstoffe intensiver aufnahmen, als die Spi¬ 
rochäten. Da derartige Unterschiede aber auch bei anderen Mikro¬ 
organismen bei den verschiedenen Entwickelungszuständen der¬ 
selben beobachtet werden, so glaube ich nicht, dass man aus dem 
Farbstoflfverhalten allein diesen Schluss ziehen kann. 


Diese Miller’schen Mikroorganismen finden sich in geringer 
Zahl fast in jeder normalen Mundhöhle; sie sitzen aber meist nur 
unter dem Zahnfleischrand. Wenn dieser entzündet ist. findet man 
auch die Spirochäten und Bacillen vermehrt. Pathogene Eigen¬ 
schaften derselben wurden bisher meines Wissens nur von Ver- 
neuil und Clado (citirt nach Miller) an ihnen wahrgenommen. 
Sie fanden sie in einem Abscess der sublingualen Speicheldrüse, 
dann bei Adenitis submaxillaris und einmal in einem Abscess 
der Fingerspitze, verursacht durch die Verletzung mit einem alten 
künstlichen Gebiss. 

Dass diese Mikroorganismen in den fünf von mir beobachteten 
Fällen wirklich die Erzeuger der Anginen gewesen sind, glaube 
ich aus folgenden Punkten mit einiger Wahrscheinlichkeit sch Hessen 
zu dürfen: 

1. fanden sie sich einmal als Reincultur in den Belägen, und 
es gingen bei den Culturversuchen die gewöhnlichen, bei Anginen 
gefundenen Staphylo- und Streptococcen nicht auf; 

2. spricht die ungeheure Menge dieser Mikroorganismen auf 
der Höhe der Krankheit und das schnelle Verschwinden derselben 
beim Nachlassen derselben für eine pathogene Betheiligung; 

3. wurde diese Erkrankung in derselben Familie zweimal 
innerhalb sechs Wochen beobachtet. 

Die übrigen von mir bacteriologisch untersuchten Fälle boten 
nichts außergewöhnliches. 

Die Hauptergebnisse meiner Untersuchung noch einmal kurz 
zusammengefasst lauten: 

1. Die Roux-Yersiu’sche Methode (Färbung des Tonsillen¬ 
belags und mikroskopische Exploration) genügt zur Fällung einer 
exacten Diagnose auf Diphtherie nur dann, wenn man in dem ge¬ 
färbten Präparat viele Diphtheriebacillen oder Bacillennester findet. 
Finden sich keine Diphtheriebacillen, so darf man aus diesem 
negativen Befunde noch nicht schliessen, dass nur Angina vor¬ 
liege. 

2. Die Cultur mit nachfolgendem Thierexperiment ist die 
sicherste Methode der Diphtheriediagnostik. 

8. Eine schnelle und sichere Diagnose giebt auch die Mem¬ 
branimpfung mit mikroskopischer Exploration der Impfsecrete nach 
20 Stunden für alle, welche aus irgend einem Grunde Culturen 
nicht aufstellen können. 


Schlussfolgerungen. Da wir infolge der Entdeckung Loeff- 
ler’s in den Stand gesetzt sind, bei jeder Angina zu entscheiden, 
ob es sich um Diphtherie handelt oder nicht, so dürfen diejenigen, 
denen die Handhabung der praktischen Hygiene obliegt, nicht eher 
sich zufrieden geben, bis Mittel und Wege gefunden sind, dass 
auch jede Diphtherie rechtzeitig zur Kenntniss der Medicinal- 
behörden komme. Um dies zu ermöglichen, ist es nothwendig, dass 
jede, auch die unschuldigste Angina bacteriologisch geprüft werde. 1 ) 
Dass diese Forderung in den Grenzen der Möglichkeit liegt, kann 
kaum bezweifelt werden. Sehen wir doch, dass, um die ersten 
Fälle von Cholera rechtzeitig zu diagnosticiren, Maassregeln ge¬ 
troffen sind, die sich als leicht durchführbar und von enormer Be¬ 
deutung für die schnelle Unterdrückung dieser Krankheit gezeigt 
haben. Wenn von jedem Arzt verlangt werden kann, dass er bei 
jedem „verdächtigen“ Fall von Brechdurchfall die Excremente an 
bestimmte Institute schickt, wo sie untersucht werden, so können 
wir anch verlangen, dass dasselbe mit den Belägen und Membranen 
der Angina geschehe 1 ), wenn der behandelnde Arzt nicht in der 
Lage ist, die Untersuchung selbst auszuführen. Denn eine ein¬ 
fache Meldung, wie sie jetzt üblich ist, kann keine wirksamen pro- 
phylactischen Maassregeln zur Folge haben, weil sie nur auf Grund 
der klinischen Diagnose erfolgt, die, wie wir wissen, gerade bei 
Diphtherie im hohen Grade unsicher ist. Sollen die Erfolge der 
Maassregeln günstige sein, so müssen auch die Meldungen, auf die 
hin jene in Ausführung kommen, den Thatsachen entsprechen, und 
das ist nur dann möglich, wenn die Meldung auf Grund der bac- 
teriologischen Diagnose erfolgt. 

Die prophylactischen Maassregeln gegen die Diphtherie hätten 
also damit zu beginnen, dass man zunächst Gewissheit darüber 
erhält, wo der Feind steckt. Dorthin sende die Behörde ihre 
Beamten, die sich überzeugen müssen, dass eine zweckmässige Iso- 
lirung der Kranken statthabe, dass eine genügende Desinfection 
stattfinde, dass die gefährdeten, noch nicht erkrankten Kinder an 
Orte gebracht werden, wo man sicher ist, dass sie die Krankheit' 
nicht verschleppen. Die schnelle Erkenntniss der Krankheit würde 
ja auch die Erfolge der Serumtherapie verbessern, von der wir erst 
aus jüngster Zeit hören, dass sie zeitig angewandt, glänzende Re¬ 
sultate ergebe. Bei stricter Durchführung solcher Maassregeln 
lässt sich wirklich hoffen, dass es endlich gelingt, eine Krankheit 
einzudämmen, gegen welche sich bis jetzt alles als ohnmächtig er¬ 
wiesen hat. 

VI. Fund des BaciUus Finkler-Prior bei einer 
unter profusen Durchfällen gestorbenen Frau. 

Von Dr. med. Ad. Rnete und Dr. phil. Carl Enoch. 

Angeregt durch die Arbeit des Herrn Prof. Max Grub er: 
„Bacteriologische Diagnostik der Cholera und des Choleravibrio 41 
im Archiv für Hygiene 1894, Heft 2, veröffentlichen wir den nach¬ 
folgenden Fall. 

Am 19. September 1893 wurde eine 43jährige Bahnarbeitersfrau 
M. S. in’s Freimaurerkrankenhaus auf die Abtheilung des Herrn Dr. 
Garvens aufgenommen. Die Anamnese war sehr dürftig, jedoch liess 
sich folgendes eruiren: 

Patientin hatte 13 mal geboren; die letzten drei Entbindungen waren 
durch Verwachsungen der Placenta mit dem Uterus complicirt gewesen. 
Auch bei der letzten Entbindung am 11. September war die Placenta von 
einem am 12. September herbeigerufenen Arzt gelöst worden. Drei Tage 
p. p. hatten sich Schmerzen im Leibe und erhöhte Temperatur eingestellt. 
Am 19. September Aufnahme der Patientin in’s Krankenhaus unter der 
Diagnose: Febris puerperalis. 

Status praesens: Blasse, anämische Person; Brustorgane gesund, 
Leib nicht aufgetrieben, überall weich, nur in der Gegend des rechten 
Parametriums schmerzhaft. Häufige reiswasserähnliche Stuhlentleerungcn. 
Temperatur 40,8, Puls 136. 

20. September. Untersuchung des Uterus in Narkose ergiebt nor¬ 
male Verhältnisse desselben, einem zehntägigen Puerperium entsprechend; 
Cavum utori leer. Die Patientin entleert während der Untersuchung in 
dickem Strahle eine reichliche Menge reiswasserähnlichen Stuhles. 

21. September. Nach mehrfachen dünnen Entleerungen ohne sonstige 
Erscheinungen Exitus letalis, 7 Uhr Nachmittags, anscheinend au Er¬ 
schöpfung. 


*) Die einzige Schwierigkeit, die sich vielleicht der Durchführung 
massenhafter Anginenuntersuchungen in Instituten entgegenstellt, dürfte, 
wie schon oben angedeutet, die Beschaffung der nöthigen Versuchstiere 
sein. Es ist aber, wie ich seit Jahren aus eigener Erfahrung weiss, gar 
nicht so mühevoll und schwierig, Meerschweinchenzucht zu treiben, wenn 
man die Muttertiere bei der Impfung schont. Ein Meerschweinchen wirft 
jährlich dreimal zwei bis sechs Junge, die nach 3 U Jahren schon wieder 
fortpflanzungsfähig sind. Das ist eine Fruchtbarkeit, wie wir sie nur bei 
wenigen Thieren kennen. Die Institute müssten also die Meerschweinchen¬ 
zucht selbst in die Hand nehmen. Da von 100 Anginen höchstens 
20 Diphtherieen zu sein pflegen, so würde der Verbrauch an Thieren an 
und für sich kein allzu grosser sein. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49 


Die Section ergab keine Aufklärung in Betreff der Todesursache. 
Brustorgane, Leber, Milz, Nieren normal; am Uterus und seinen Anhängen 
keine entzündlichen Erscheinungen. 

Der Magen war leer, der Darm gasig aufgetrieben, die Serosa blass, 
die Mucosa massig geröthet und geschwollen; der Darm selbst mit hellem, 
reiswasserähnlichem Inhalte, der mit bräunlichen Flocken untermischt war, 
angefüllt. 

Da in der Stadt zu der Zeit einzelne Cholerafälle vorkamen, 
da man ferner die Diagnose schon intra vitam zweifelhaft lassen 
musste, so war man bei der Section darauf Bedacht gewesen, 
gleich ein Stück des Dünndarmes sorgfältig abzubinden und behufs 
bacteriologischer Untersuchung dem Institute des Dr. Enoch zu¬ 
zusenden. 


auch den Bacillus Finkler-Prior. In letztem Falle wurde, soweit 
wir wissen, die Identificirung im Hueppe’schen Laboratorium vor¬ 
genommen. Hueppe behauptet, dass es sich in diesem Falle wirk¬ 
lich um Bacillus Finkler-Prior und nicht um atypischen Bacillus 
Kochii gehandelt hat. 

Auch in unserem Falle glauben wir es mit dem Bacillus 
Finkler-Prior zu thun zu haben, denn weder Anamnese noch 
Krankengeschichte noch Sectionsbefund oder die baeteriologischen 
Untersuchungen sprechen für Cholera asiatica; auch haben noch 
weiter fortgesetzte Ueberimpfungen auf Thiere und Nährböden uns 
nicht zu der Ueberzeugung bringen können, dass es sich um 
eine atypische Form des Choleravibrio gehandelt hätte. 


Gleich nach Empfang des Darmstückes schnitten wir dasselbe 
auf und legten von dem hellen, reiswasserähnlichen, mit bräun¬ 
lichen Flocken untermischten Inhalt Culturen und Platten auf ver¬ 
schiedenen Nährböden an. Behufs Vergleich wurden auch Culturen 
von Cholera indica abgeimpft. Ausstrichpräparate aus dem Darm¬ 
inhalte zeigten grosse Meiigen von Kommabacillen, die sehr den 
Choleravibrionen glichen; jedoch konnte man bei Vergleich er¬ 
kennen, dass sie dicker waren als die der Cholera asiatica. Auch 
war die Anordnung derselben, aus einer Flocke herstammend, nicht 
einem Fischzuge (Koch) gleichend. Wir konnten deshalb schon 
bald die Wahrscheinlichkeit eines Falles von Cholera asiatica aus- 
schliessen, wie wir es auch gleich bei Besichtigung des Darm¬ 
stückes vermuthet hatten. 

Die charakteristische Cholerarothreaction trat in eintägiger 
Bouillon und Peptonlösung nicht ein, während dieselbe bei den¬ 
selben Lösungen durch Choleraculturen sehr schön hervorgerufen 
wurde. Jedoch erhielten wir auf Zusatz reiner Salzsäure eine ähn¬ 
liche, aber erst nach längerer Zeit eintretende, schwache, roth- 
bräunliche Färbung (Bujwid). 

Das Aussehen der Platten war anfänglich solchen der Cholera 
asiatica ähnlich, unterschied sich jedoch bald sehr typisch von 
denselben durch die intensive und rasche oberflächliche Ver¬ 
flüssigung der einzelnen Colonieen und durch das rasche Zu- 
sammenfliessen derselben. Daneben fanden sich Colonieen vom 
Bacterium coli commune; jedoch in der Minderzahl. 

Auf Kartoffel war das Wachsthum ebenfalls charakteristisch: 
es bildete sich nach einiger Zeit im Brutofen ein gelblich-brauner 
etwas schleimiger Belag, der sich auch in die Breite ausdehnte’ 
Die Stichculturen zeigten ein bedeutend schnelleres Wachsthum 
als die Controll-Cholerastichculturen, ausserdem breite Verflüssigung 
und nach zwei Tagen das charakteristische strumpfförmige Aus- 
sehen, während die Cholera den typischen spitzen Trichter ge¬ 
bildet hatte. Sämmtlicho Merkmale treffen also für den Bacillus 
Finkler-Prior zu. 


Der von Miller bei seinen Studien über die Mundbacteriei 
entdeckte Kommabacillus, der im Munde wiederholt beobachte 
worden ist, hat sich bei Vergleichen in den Laboratorien voi 
Koch, Hueppe und Baumgarten als identisch mit dem Finkler 
Prior’schen Vibrio ergeben. 

Bei dem Vorkommen an dieser Stalle spricht doch die grösst* 
Wahrscheinlichkeit dafür, dass derselbe bei günstiger Gelegenheit 
den ihm im gesunden Zustande durch seine Säure schädlicher 
Magen passire und m den Darm gelange. Dafür spricht der Be 
tund Kuisl s, der ihn m dem Darminhalt eines gesunden Selbst 
mörders gefunden hat. (Münchener ärztl. Intelligenzblatt 1885 

Bei dem anämischen, geschwächten und deshalb zur Infectioi 
besonders disponirten Zustande der Patientin und bei dem starker 
Zurücktreten des Bacillus coli communis, ist es in diesem Falb 
sehr wahrscheinlich, wohl eigentlich gewiss, dass der Bacillus 
t lnkler-Pnor der Erreger der Diarrhöen gewesen ist; denr 

ZlZ T are nU1 ^ anzu “ ehmen ’ dass die Diarrhöen durch uns nichl 
bekannt gewordene Ursachen bewirkt, der Finkler-Prior aus dem 
Munde des Patienten m den Verdauungstractus gelangt wäre und 

ordpntr r h VOr de w T £ de der Patientin in kurzer Zeit so ausser¬ 
ordentlich vermehrt hätte. 

t Z" n . Un - dur ^ zahlreiche Thierversuche in den verschie¬ 
denen Laboratorien wissen, dass der Finkler-Prior ähnliche Wir- 

ausz^scbMossen^ ?" ch ,’ Sche y ibrio llCT ™rrufcn kanD, so ist nicht 
’ • d ? r erstere " nter gütigen, ihm zusagenden 
Bedingungen wie sie in unserem Falle Vorgelegen haben werden 

Verein e JSt^em°R* n -|i :h0ler r n06tras - Er scheinungen, eventuell im 
v erein mit dem Bacillus coli communis hervorruft. 

S 127W»ml ( ln In p e ™n t ' Kongress, Wien 1887, Heft 18, 

„P ■ Dt L den ßac'llus Finkler-Prior einmal neben dem Bacillus 
leapob im Darannlialt eines an Cholera nostras Verstorbenen. 

a. Lustig (Bactenol. Studien über Cholera Centralblatt für 
die medicimschen Wissenschaften 1887, No. 16 und 17) in Triest 
fand in zwei Fällen von Cholera neben dem Ko oh'scheu v[brio 


VII. Fall von Extrauteringravidität mit 
Durchbruch in den Darm. Laparatomie. 1 ) 

Von Dr. Lorenz in Stendal. 

Die ectopische Schwangerschaft gehört zu den unheilvollsten 
Verirrungen der Natur. Ist es auch in den letzten 10—15 Jahren 
gelungen, infolge exacterer Diagnose und der Verbesserung der 
Technik eine weit grössere Zahl der Fälle (circa 76 °/o gegen 
25—30 %) zur Heilung zu bringen als vordem, so bleibt doch noch 
ein erheblicher Theil dem Tode verfallen. 

Glücklicherweise ist dieses Vorkommniss so selten, dass uns prak¬ 
tischen Aerzten innerhalb des Rahmens unserer eigenen Praxis nur 
ausnahmsweise ein Fall zur Behandlung kommt. 

Da ich nun Ende vorigen Jahres Gelegenheit fand, einen ein¬ 
schlägigen Fall, welcher einiges Interesse beanspruchen dürfte, zu 
operiren, so hat ich um die Ehre, Ihnen denselben heute vortragen 
zu dürfen. — Ich gehe über zur Krankengeschichte. 

Frau Bertram, Bahnarbeitorsfrau, 32 Jahre alt, war angeblich 
früher w r enn auch schwächlich, doch niemals erheblich krank. Sie men- 
struirte mit 14 Jahren in normaler Weise und dann regelmässig, bis sie 
im Jahre 1878 sehwanger wurde. Die Schwangerschaft verlief ohne Be¬ 
schwerden, ain Ende derselben wurde ein lebendes Mädchen ohne Kunst¬ 
hülfe geboren. Das Wochenbett verlief ohne Störung, namentlich ohne 
Schmerzen und ohne Fieber, und auch nachher w r ar sie stets gesund. 
1886 yerheirathete sie sich, und während der Ehe blieb zum ersten male, 

1890 im Mai, die Periode aus. Schon jetzt stellten sich andauernde 
Leibschmerzen ein, namentlich in der linken Seite. Von Anfang Juli will 
sie hier eine Anschwellung bemerkt haben, die allmählich grösser wurde. 
Ende October erfolgte nach Angabe ein Abgang von fleischfarbenen 
Stücken per vaginam ohne Schmerzen, und zwar drei Wochen lang. 
Hautartige Gebilde will sie nicht verloren haben. Anfang November 
spürte sie schwache Kindsbewegungen und trat damals in die Behandlung 
eines Collegen. 

Ungefähr vier Tage nach den ersten Kindsbewegungen stellten sich 
heftige Schmerzen im Leibe ein mit zeitweisem Frostgefühl, ohne dass 
jedoch ein plötzlicher Kräfteverfall und hochgradige Gesichtsblasse ein¬ 
getreten wäre. Kurz vordem wurde ich zur Patientin gerufen, um beim 
Widerstreit der Ansichten zu entscheiden, oh „Schwangerschaft“ vorläge 
oder nicht. Dieselbe wurde auf Grund vorhandener Herztöne constatirt. 
Als ich bei meinem zweiten Besuche einen Theil der Anamnese erfuhr 
und mich infolge dessen anschickte, mit dem betreffenden Collegea eine 
Untersuchung unter Narkose vorzunehmen, entzog sie sich der Behand¬ 
lung. Sie rief dann einen anderen Arzt, der sie dann längere Zeit be¬ 
handelt haben soll. Sie hat dann angeblich mehrere Monate das Bett 
gehütet unter wechselnden Schmerzen, ohne dass jedoch jemals Unn* 
Beschwerden vorhanden gewesen seien. (Ich erwähne dieses ausdrücklich 
w r egen der später zu erwähnenden Verlagerung der Blase.) Vom Januar 

1891 bis 28. August 1892 hat sie angeblich keinen Arzt gehabt. Ende 
Januar und die folgenden Wochen bemerkte sie wiederholt Kollern im 
Leibe und Abgang von Blut per anum, hatte dabei ziemlich regelmässige 0 
Stuhlgang. Im April 1892 will sie auch Eiterabgang durch den Mast- 
darm gehabt haben. Sie ist dann wochenlang aufgestanden und hat zeit¬ 
weise wieder gelegen, indem die Schmerzen bald heftiger, bald geringer 
waren. 

Im August 1892 waren die Schmerzen wieder heftiger, wie „Nadel¬ 
stiche“, am 28. August ging ein platter, scharfrandiger Knochen per anum 
ab. Am 29. August wurde ich gerufen und nahm die obige» Anamnese 
und folgenden Status auf: . , 

„Patientin ist aufs Russerste abgemagert und schwach, linke Baucn- 
Seite tritt hervor und ist bei der Berührung sehr schmerzhaft. Es tmae 
sich eine absolute Dämpfung in der ganzen linken Bauchhälfte, bis drei- 
fingerbreit über dem Nabel. Sie erstreckt sich nach rechts bis zur Linea 
alba. Auf der rechten Seite ist keine Schwellung und keine Dämpfung* 
mit Ausnahme dicht über dem horizontalen Ast des Schambeines. & 
dieser Stelle ist ein kleiner, fester Tumor gegen den linksseitigen gr° s . s ^| 
elastischen Tumor ahzugrenzen. Die Untersuchung per vaginam ergie& 
strangartige Verdickungen, welche von der Portio zur linken Beckenwan« 
gehen, sonst ist die linke kleine Beckenhöhle leer. Der Uterus ist ve 
grössert, anteflectirt, der Körper ein wenig nach rechts verdrängt, 
Portio nach links verzogen, der ganze Uterus unbeweglich, die fJteru 
höhle leer. Neben und hinter der Portio, linkerseits nach oben eine 
sistenz, die bei bimanueller Untersuchung nicht unmittelbar auf die nn 

*) Vortrag, gehalten in der Frülyahrsversammlung des Vereins der 
Aerzto im Regierungsbezirk Magdeburg. 


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6. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


925 


Uterus kante übergehend zu tasten ist und dom Gefühl den Eindruck der 
Knochencrepitation macht. Die Untersuchung per anum ergiebt keine 
Perforationsöffnung. 

Ich beantragte jetzt bei der Balmverwaltung die Ueberfükrung in 
meine Krankenanstalt, die am 21. September geschehen konnte. Inzwischen 
gingen noch in der Behausung per anum ein Röhrenknochen, eine Rippe 
und ein Beckenknochen (Darmbein) ab. ferner entleerten sich am 18. Sep¬ 
tember ziemlich grosse, cliocoladenfarbige, übelriechende Klumpen, welche 
mir leider nicht gezeigt sind. In der Anstalt versuchte ich nun zunächst 
durch forcirte Ernährung eine Aufbesserung der Kräfte. Nach acht Tagen 
wurde in tiefer Narkose noch einmal eine gründliche Untersuchung vor¬ 
genommen und nach Simon mit der Hand in das Rectum eingegangeu, 
ohne jedoch eine Perforationsöffnung nachweisen zu können. "Nachdem 
die Patientin sich etwas erholt hatte, wurde am 18. October nach den 
üblichen Vorbereitungen zur Laparatomie geschritten, und zwar mit 
Beckenhochlagerung, indem ich den Kopftheil meines Operationstisches 
als Fussende benutzte. — In Rücksicht auf die gegebenen Verhältnisse, 
welche ich in der Epikrise noch näher ausführen will, plante ich die An- 
näbung des Fruchtsackes. Der Schnitt wurde geführt in der Linea alba und 
nahm fast den ganzen Raum zwischen der Symphyse und dem Nabel ein. 
Nach der Oeffnung der Bauchhöhle sah man den blaurothen. prall ge¬ 
füllten Fruchtsack, der sich von unten rechts, im kleinen Becken be¬ 
ginnend. nach oben links weit in das grosse Becken hinein erstreckte. 
Er lag der linken Seite des Uterus nicht umfangreich an, war mit dom Netz 
und vorn und hinten mit den Darmschlingen in grosser Ausdehnung ver¬ 
wachsen. Ungefähr entsprechend der Mitte der linken Bauchseite bestand 
eine septumartige Verwachsung mit dem parietalen Bauchfellblatt, welche 
von Nabolhöhe beginnend, sich senkrecht bis zum Eingang in das kleine 
Becken erstreckte und die Höhle des grossen Beckens in eine kleinere 
linke und grössere rechte Hälfte theil te. Der Uterus lag mit seinem 
Körper etwas rechts von der Mittellinie, ein wenig über den horizontalen 
Schambeinast reichend. Rechtsseitige Tube und Ovarium ohne nachweis¬ 
bare Veränderungen, von den linksseitigen Anhängen konnte ich nichts 
finden. Die Blase war leer und lag mit ihrem Grunde quer nach rechts 
verwachsen mit dem Fruchtsack. Der Fruchtsack selbst prall gespannt, 
die Wandung so dünn. dass, als ich in schoueuder Weise eine Lösung 
von der Blase versuchte, sie einriss. Es entleerte sich dabei ein Tropfen 
dunkelgolber, nach Kotli riechender Flüssigkeit, welcher sofort abgewischt 
wurde; die kleine Rissöffnung schloss ich durch eine Catgutnaht. Die 
Serosa der vorliegenden Därme war injieirt. An eiuer Stelle der Ver¬ 
klebungen zwischen Fruchtsack und aufsteigendem Dickdarm fühlte ich 
einen circa 4 cm langen, dünnen, gebogenen Knochen (Rippe), welcher 
mit der einen Hälfte im Lumen des Darmes, mit der anderen im Frucht- 
saek steckte, also wahrscheinlich auf der Wanderung von letzterem in 
das erstere sich befand. 

Es sollte nun der vorliegende Theil des Fruchtsackes mit der Bauch¬ 
wunde vernäht werden, jedoch war dieses sehr schwierig, da nur die nach 
der linken Uteruskante gelegene Partio desselben der Wunde zu nähern 
war, während der luteralwürts liegende Theil nicht hervorgezogen werden 
konnte. Ich nähte deshalb den ersteren an die Bauchwunde fest an und 
näherte den entfernter liegenden Theil so weit wie möglich der Bauch¬ 
wunde, indem ich gleichzeitig die Bauchdecken möglichst weit nach hinten 
dem Fruchtsack entgegen brachte und so die beiden Theile locker ver¬ 
einigte. Nun tamponirte ich den noch freiliegenden Theil und die ganze 
Bauchwunde mit Jodoformgaze, nachdem ich das obere Drittheil der 
Wunde durch Seidennälite geschlossen. Darüber der gewöhnliche Verband. 
Nach der Operation trat, heftiges anhaltendes Erbrechen ein (24 Stunden 
lang), wogegen Eispillen. Champagner und Opium verabreicht wurden. 
Temperatur blieb normal bis zum 22. October, wo sie 38 0 erreichte, dann 
stieg sie am 29. October auf 39 °. Am 29. October Wechsel des Ver¬ 
bandes. welcher nach Koth riecht. Entfernung des Jodoformtampons; der 
Fruchtsack ringsherum mit der Bauch wunde verwachsen, eine Oeffnung 
in demselben nicht zu entdecken. Am 30. October früh sollte die Spaltung 
des Fruchtsackes stattfinden, doch fand sich bereits eine für zwei Finger 
breite Oeffnung, die stumpl erweitert wurde. Beim weiteren Eindringen 
mit der Hand fand sich eine Menge platter, scharfrandiger Knochen 
(Schädelknochen), au denen zum Theil noch Gehirnmasse anhaftete. Zwei 
von diesen Schädelknochen steckten so fest in der Fruchtsackwand, dass 
sie nur mit grösserer Anstrengung aus derselben entfernt werden konnten'). 
Ausserdem entleerte ich eine Menge Extremitätenknochen. Rippen und 
einzelne Beckenknochen, wie ich sie jetzt circuliren lassen werde. Da 
die Patientin sehr schwach war und ich deshalb eine Narkose nicht mehr 
wagte, so entfernte ich ohne diese an mehreren folgenden Tagen theils 
mit der Kornzange, theils mit dem Finger noch Knochen und Knochen- 
stücke und spülte nach jeder Sitzung mit ‘,2 % Lysollösung den Frucht¬ 
sack aus. Nachdem alle fühlbaren Knochen entfernt waren, hörten die 
stechenden Schmerzen, über welche die Patientin geklagt hatte, auf. 
Die Knochen waren zum Theil wie angenagt und sahen theils heller, theils 
dunkler braun aus — vielleicht eine Einwirkung des Darminhaltes auf 
dieselben. — Bei den Ausspülungen entleerte sich ein grosser Theil des 
Spülwassers mit dem Gefühl der Auftreibung seitens der Patientin per 
anum. Nach den Ausspülungen wurde der Fruchtsack regelmässig tam- 
ponirt. Der Patientin wurden nun drei Wochen lang täglich 30gradige 
prolongirte Wasserbäder verabreicht, welche auf ihr subjectives Wohl¬ 
befinden sehr günstig einwirkten. Der Koth entleerte sich zum Theil 
durch die Wunde, zum Theil auf natürlichem Wege.. In den letzten 
W r ochen des Aufenthaltes in meiner Anstalt wurde die Wunde durch | 
Krüllgaze, Watte und einen Ledergttrtel geschlossen, damit der Koth den 
natürlichen Weg passiren sollte. Der Anus prfttematuralis schloss sich [ 
immer mehr und entleerte tagelang keinen Koth, zuletzt nur noch Flatus, i 


*) Werth und Olshausen theilen ähnliche Beobachtungen mit. 


Auf 3. December wurde sie entlassen. Mitte December war die Fistel ge¬ 
schlossen, nach circa sieben Wochen, nachdem ein grober Diätfehler be¬ 
gangen war, öffnete sie sich wieder, und es traten wieder Flatus heraus. 
Zur Zeit sondert sich noch ab und zu etwas Flüssigkeit ab und etwas 
Knochendetritus. Im übrigen ist die Patientin subjectiv wohl, hat sich 
bedeutend erholt und fühlt selten noch Schmerzen in der linken Bauch¬ 
seite. Daselbst ist noch eine massige Dämpfung nachweisbar. Die Unter¬ 
suchung per vaginam ergiebt noch eine Vergrösserung des Uterus, eine 
Verlängerung der Portio. Der Uterus steht in der Mittellinie in Ante- 
version, das kleine Becken linkerseits ist beiderseits frei, Stränge sind 
nicht mehr nachweisbar, der Stuhlgang ist normal. Die erste Menstruation 
trat Mitte Januar ein, die anderen Mitte Februar, Mitte März, April und 
Mai. Zur Zeit ist zwar der widernatürliche After noch nicht geschlossen ')• 
verkleinert sich aber immer mehr. Kothund Gase entleeren sich fast 
nur auf natürlichem W r ege. Die Patientin ist zur Zeit subjectiv so wohl 
wie früher und besorgt ihre Geschäfte ohne Anstrengung und Ermüdung. 

Die Aetiologie unseres Falles ist dunkel, wie dieses bei den 
meisten Fällen der ectopischen Schwangerschaft der Fall ist 

Die Diagnose ergab sich mir, als die Frau in meine genaue 
Beobachtung trat, von selbst. Der Abgang der fötalen Knochen 
per anum liess die Diagnose „eetopische Schwangerschaft“ mit 
Durchbruch in den Darm zweifellos erscheinen. Wo die Perforation 
stattgefunden hatte, war weder damals, noch bei der Untersuchung 
nach Simon festzustellen, und ist dies aus dem Befund bei der 
Laparatomie sehr erklärlich. Es fragt sich nun, wo die Extra¬ 
uteringravidität ihren Sitz hatte. Hierbei leitet mich folgende Be¬ 
trachtung. Zunächst ist der allerhäufigste Sitz derselben nach 
Angabe sämmtlicher Fachärzte die Tube. Olshausen zählt über 
vier Fünftel der Fälle dazu. Die ovariellen Schwangerschaften 
bilden die Ausnahme, ln unserem Falle ist es wahrscheinlich 
zu einer Ruptur der Tube nicht gekommen, da sonst ohne Zweifel 
innere Blutung und Collaps eingetreten wäre. Jedoch sind auch 
einzelne Fälle bekannt (Martin), in denen auffallende Anämie 
trotz Ruptur nicht eingetreten ist. Gegen intraligamentäre 
Schwangerschaft spricht das Fehlen der Erscheinungen, welche 
als charakteristisch für dieselbe angegeben werden: Elevation und 
starke seitliche Verdrängung des Uterus, sowie sehr breite An¬ 
legung des Fruchtsackes an die Uteruskantc; während für secundäre 
abdominelle Schwangerschaft nicht nur die Häufigkeit des Vor¬ 
kommens spricht, sondern auch die verhältnissmässig umfangreiche 
Entwickelung in das grosse Becken hinein imd die Diinnwandigkeit 
des Fruchtsackes, welcher vermuthlich andere Bestandtheile ausser 
Amnion und Chorion nicht enthalten haben wird. Sicher lässt 
sich die Diagnose nur stellen, wenn der Fruchtsack exstirpirt und 
auf seine Zusammensetzung untersucht ist. 

Die Prognose war in unserem Falle nichts weniger als günstig. 
Die ungünstigen Momente waren hier: Die grosse Schwäche der 
Frau, die umfangreiche Verwachsung des Fruchtsackes mit den Där¬ 
men, dem Netz und der Blase, die Perforation in den Darm und infolge 
dessen die Fäulniss des Fruchtsackinhalts, und zum Ueberfluss 
noch eine so grosso Dünnwandigkeit desselben, dass bei dem vor¬ 
sichtigsten Versuch der Abtrennung eine Einreissung der Wand 
erfolgte. — Diesen ungünstigen Verhältnissen entsprechend musste 
meines Erachtens der Operationsplan aufgebaut, werden. Ich bin 
mir sehr wohl bewusst, dass auch hier noch von manchem Fach¬ 
mann die Exstirpation des Fruchtsackes versucht wäre, welche, da 
sie den künstlichen After und meist breite Bauchbrüche vermeidet 
und schnelle Reconvalescenz ermöglicht, die ideale Operations¬ 
methode darstellt. Es ist auch zuzugeben, dass ein günstiger 
Umstand besonders dafür vorhanden war, nämlich der, dass infolge 
des Abgestorbenseins der Frucht und der Aufhebung des Placeutar- 
kreislaufes die Gefahr der Blutung nicht zu befürchten »war. 

Dass ich trotzdem die ältere Methode der Sackannähung für 
indicirt hielt, dazu bestimmten mich folgende beiden Umstände. 

Erstens die enorme Schwäche der Frau im Vergleich zu 
der durch Ausführung der RadicalOperation bedingten Operations¬ 
dauer. Es ist ja klar, dass letztere weit längere Zeit beansprucht 
und viel mühsamer ist als die Annähung des Fruchtsackes auch 
unter gewöhnlichen Verhältnissen. — In unserem Falle, in dem, 
wie bereits angeführt ist, besonders schwierige Umstände Vorlagen, 
musste die Operationsdauer noch viel grösser werden, zumal die 
Darmnaht, eventuell sogar die Resection eines Stückes der Darm¬ 
wand, nothwendig gewesen wäre. Ob die Patientin bei ihrer 
Schwäche eine so lange Narkose und ein so langes Offenbleiben 
der Bauchhöhle überstanden hätte, scheint mir zweifelhaft. 

Die zweite und wichtigste Indication für Ausführung der 
von mir ausgeführten Operationsraethode war gegeben durch den 
Umstand, dass der Fruchtsack prall mit fauligem Inhalt gefüllt 
war. Selbst wenn dieser vor der Exstirpation zum grössten Theil 
durch Punction entleert worden wäre, was ja natürlich die Ab¬ 
lösung des Fruchtsackes erschwert haben würde, lag die Gefahr 

*) Anmorkung hei der Correofcur: September: Die Fistel ist ge¬ 
schlossen. Patientin vollkommen wohl. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No 


nahe, dass die so dünne Fruchtsackwand bei der Ablösung an den 
verschiedensten Stellen einriss und so in die Bauchhöhle Fäulniss- 
stoffe traten, welche eine septische Bauchfellentzündung erzeugt 
haben würden. — Selbstverständlich war nach Lage der Verhält¬ 
nisse nicht daran zu denken, sofort nach Annähung des Frucnt- 
sackes denselben zu eröffnen. Da, wie wir gesehen haben, der 
eine Theil des Fruchtsackes weit entfernt von den Bauchdecken 
lag und nur locker mit diesen vereinigt werden konnte, so musste 
die Eröffnung erst später gemacht werden, und zwar zu einer Zeit, 
in der man die feste Verklebung zwischen diesen Theilen voraus¬ 
setzen durfte, also nach sechs bis neun Tagen. Es musste also 
eine zweizeitige Operation vorgenommen werden. Nach der Pla- 
centa habe ich nicht gesucht, einestheils, um die Operationsdauer 
nicht zu verlängern, und stütze ich mich dabei gleichzeitig auf die 
Ansicht mehrerer Fachärzte, welche die Nachgeburt unangetastet 
liessen, anderntheüs durfte ich nach der Anamnese annehmen, dass 
ein grosser Theil der bereits macerirten Placenta abgegangen war 
(ckocoladenfarbige Stücke), und durfte schliesslich erwarten, dass 
der Rest, sich durch die Laparatomiewunde entleeren würde. Ols- 
hausen theilt einen Fall mit, in dem er von der Lösung der 
Nachgeburt wegen Blutung absehen musste, und in dem nach 
34 Tagen sich diese im Verbände vorfand. — Es wäre vielleicht 
hier noch die Colpotomie (Spaltung des Scheidendaches) anzuwenden 
gewesen, wie sie früher von Aerzten, und von Martin noch vor 
zwölf Jahren ausgeführt wurde, jedoch warnen andere Autoren 
davor, weil die Blase und Harnleiter dabei leicht gefährdet werden 
können. Wir sehen, wie leicht in unserem Falle dieses geschehen 
konnte, wo die Blase quer über dem Fornix vaginae lag. jedenfalls 
hätte hier zunächst die Laparatomie gemacht werden müssen, und 
dann erst konnte der Fruchtsack nach Lösung der Blase von der 
Fruchtsackwand von innen durch die Scheide drainirt werden. — 
Ich glaube kaum, dass diese Methode der angegebenen vorzuziehen 
gewesen wäre, zumal dadurch eine Darmscheidenfistel etablirt wäre. 

Wenn ich nach dem Gesagten nun auch nicht aussprechen 
will, dass die Ausführung der idealen Methode der Frau sicher das 
Leben gekostet hätte, so darf ich doch wohl behaupten, dass die 
Annähung des Fruchtsackes in der beschriebenen Weise hier in- 
dieirt war und für analoge Fälle anzuweuden sein wird. 

Benutzte Litteratur. 

Schn lila, Prognose und Therapie der Extrauterinschwangerschaft. 
1891. — A. Martin. Ueber ectopische Schwangerschaft. Vortrag, ge¬ 
halten in der gynäkologischen Gesellschaft in Brüssel. — Winckel. 
Durchbruch extrauteriner Frucht sinke in die Blase. Volkm. Samml. klin. 
Vorträge 1890. — Olshausen. Mittheilungen über Extrauterinschwanger¬ 
schaft. Deutsche ined. Wochensckr. 1890.' — Klein wacht er. Tubar- 
schwangerschaft. Eulenburg's Realencyklopädie. 

VIII. Feuilleton. 

Historischer Rückblick auf die Cholera in Berlin 
im Jahre 1831 1 ). 

Von Geh. San.-Rath Dr. Ohrtmann in Berlin. 

Aus dem Nachlass meines Vaters sind mir verschiedene 
Schriften aus dem Cholerajahre 1831 überkommen. Die Durchsicht 
derselben gab mir den Gedanken ein, einen historischen Rückblick 
auf jene Zeit zu werfen, in welcher zum ersten mal in Deutsch¬ 
land und Berlin die Cholera erschien. Diesen Gedanken theilte 
ich unserem geehrten Vorsitzenden. Herrn Leyden, mit. und 
ei ermuthigte mich, Ihnen einen solchen Rückblick im Verein vor¬ 
zutragen. 

Im Jahre 1815 erschien die Cholera zuerst in Calcutta. um 
sich dann mit langsamen Schritten nach Europa zu begeben. 1829 
Vqqa 8 !?- * n J^ uss ^ an ^ Süden auf, um nach einer kurzen Pause 
1 ™ °^ a n &ch Petersburg zu kommen, wo sie 1830 

und 1831 furchtbar wüthetc. Bald auch war sie im Königreich 
roien so dass die natürliche Sorge entstand, sie würde die preussi- 
sche Grenze bald überschreiten. Infolge dessen wurde im Mai 1831 
eine lmniediatcommission unter dem Vorsitz des Generals v. Thiele 
geschaffen, um Vorsichtsmaassregeln zu treffen, der Seuche den 
e ei tritt nach Preussen zu wehren. Bei der Neuheit und Unbe¬ 
kanntschaft mit der Krankheit konnte man nichts anderes an- 
neninen, als dass sie eine Aelmlichkeit mit der Pest oder dem 
schwarzen Tod habe, vielleicht auch dasselbe sei. Man hatte ia in 
den vergangenen Jahren auch epidemische Krankheiten gehabt, in 
den Kriegsjahren den Typhus, danach eine schwere Influenza¬ 
epidemie, aber dies wollte nicht mit dem stimmen, was man von 
der Cholera erfuhr. Daher nahm man seine Zuflucht zu den alten 
Absperrmngsmaassregeln gegen die Pest, obwohl behördlicherseits 

OctobVuST* gebftIt * n im Verein für stiere Mediän in Berlin am 15. 


zuerst die Meinung ausgesprochen wurde, dass die Krankheit nicht 
von Person zu Person anstecke. 

Am 11. Juni 1831 wurde eine Instruction erlassen: Ueber 
das bei Annäherung der Cholera, sowie beim Ausbruch 
derselben in den Königl. Preussischen Staaten zu beob¬ 
achtende Verfahren. In dieser Instruction nun werden die 
Maassregeln bis aufs kleinste angegeben. Die ganze Grenze gegen 
Russland wird durch einen doppelten Militärcordon abgesperrt, 
dessen etwaige Lücken durch Patrouillen ausgefüllt werden. Um 
den Grenzverkehr nicht ganz aufzuheben, waren 13 Orte genannt, 
durch die ein Eintritt gestattet war. In jedem dieser Orte bestand 
eine Contumazanstalt (Quarantäne). Da man damals überhaupt 
nicht ohne Pass mit Visum reisen konnte, so wurden sämmtliche 
Reisende auf das schärfste controllirt. Nur solche wurden frei ein¬ 
gelassen, die aus seuchefreier Gegend kamen, oder aus einer solchen, 
in welcher seit 40 Tagen kein Krankheitsfall vorgekommen war. 
Alle anderen mussten in der Contumazanstalt 20 Tage verbringen. 
Die Personen wie ihre Sachen wurden auf das sorgfältigste des- 
inficirt. Alle Städte an der Grenze, selbst die Dörfer wurden, 
wenn ein Cholerafall vorgekommen, durch Soldaten gesperrt, ja die 
einzelnen Häuser, in denen Kranke lagen, wurden durch Seile um¬ 
geben und von Soldaten bewacht. Da aber für die gesperrten Ort¬ 
schaften doch eine Zufuhr von Lebensmitteln vom Lande aus uoth- 
wendig war, so wurden sogenannte Rastellen eingerichtet. Es waren 
dies Holzschuppen, die in drei Abtheilungen zerfielen. Die erste 
Abtheilung lag nach dem gesunden Lande zu, die dritte nach der 
verseuchten Stadt hin. Die zweite, mittlere, war für die Contumaz- 
beamten bestimmt, welche den Verkehr vermittelten. Die Verkäufer 
kamen in die erste Abtheilung, übergaben ihre Waarcn der mittleren 
Abtheilung. Der dort weilende Contumazbeamto übermittelte dieselben 
den Käufern, nahm deren Geld, welches er schleunigst in heissen 
Essig legte, um es dann mit einem eisernen Löffel dem Verkäufer 
zu übergeben. Da nun die Häuser, in denen Kranke lagen, von 
jedem Verkehr abgeschnitten waren, so wurden besondere Gassen¬ 
diener angestellt, welche den gesperrten Insassen die Nahrungs¬ 
mittel verschafften. Arme wurden auf Kosten der Gemeinde ernährt. 

Auch in Berlin wurde diese Häusersperre verordnet, nur dass 
hier nicht Soldaten, sondern nichtuniformirte Leute die Obacht 
über das Haus hatten. Von einer Bezeichnung der Häuser durch 
eine Tafel, wie bei den Pocken, hatte man Abstand genommen. 
Von einer eigentlichen Sperre der Stadt, wurde dieselbe verschont, 
da die Grösse derselben eine solche doch unmöglich gemacht hätte. 

Aber eine Sperre gegen Fremde wurde ausgeübt. Berlin war 
ja damals noch mit einer Mauer umgeben, und so konnte der Ein¬ 
tritt eines jeden Fremden controllirt werden. Sie mussten alle 
durch das Frankfurter Thor. Vor demselben lag das sogenannte 
Schlösschen, welches zu einer Contumazanstalt eingerichtet war. 
und hier mussten die Fremden in erster Zeit 20. später 10 und 
zuletzt 5 Tage Contumaz halten. 

In dieser Instruction wurde zugleich der Rath gegeben, alle 
giftsaugende Gegenstände (Pelze, Tuche u. s. w.) in verschlossene 
Kasten zu thun. In der Anlage zu der Instruction finden sich 
diätetische Vorschriften, sowie der Rath, jeden Morgen einen 
Schnaps zu nehmen, bestehend aus Vermout, Pomeranzenschale. 
Angelikawurzel, Ingwer und Nelken. Es wurden besondere Kirch¬ 
höfe angelegt und die Leichen so bald als möglich begraben, s<> 
dass damals der Verdacht laut wurde, es wären oftmals Schein- 
todte begraben worden. Die Kranken wurden in einem mit schwarzem 
Wachstuch abgeschlagenen Korbe transportirt, voran ging ein 
Unterofficier mit zwei Mann, hinter dem Korbe auch zwei Soldaten. 
Die Träger hatten schwarze Wachslcimvandmäntel um und läuteten 
mit einer Glocke, damit die Entgegenkommenden zur Seite wichen 
Den Aerzten ward empfohlen, nur in Wachsleiuwandmänteln zu den 
Kranken zu gehen, dabei an Essig zu riechen und sich glm ( ' 
nachher zu desinficiren. Auf den Strassen wurde das Tabakrauenen 
erlaubt, da man es für ein Schutzmittel hielt. , 

Uebertretungen der Sperre, Vernachlässigungen derVorsicly- 
maassregeln waren mit den strengsten Strafen bedroht. Wer 
Sperre durchbrach oder sich heimlich aus einem Hause, in 
Kranke lagen, entfernte, konnte bis zehn Jahre Festung oder Zuc 
haus erwarten. War dadurch ein grösseres Unglück gesehenem 
so konnte selbst auf Todesstrafe erkannt werden. Die brtne 
musston innerhalb von drei Tagen abgefasst sein. Den Aerztem 
welche keine Anzeige machten, oder sich sonst versündigten, dio 
die Entziehung der Approbation. 

Ich kann nicht umhin, Ihnen aus der vorläufigen Bestimm - 
vom 28. Juni 1831 einige Paragraphen vorzulesen, die für nie 
malige Zeit charakteristisch sind: 

§ 2. Da im Beginn der Krankheit leicht ein Irrthnm . w °8 
ist, so ist der hiuzugerufeue Arzt verpflichtet, noch zwm » 
approbirte Aerzte hinzuzurufen, und erst durch ihr 
Urtheil wird die Diagnose fesfcgestöllt. 


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6. December. 


DEUTSCHE MEDiClNISCHB WOCHENSCHRIFT. 


927 


§ 3. Sobald die Cholera constafirt ist, hat der Arzt in Gemein¬ 
schaft mit dem Hauseigenthümer dafür zu sorgen, dass weder 
Menschen, noch Thiere, noch Effecten das Haus verlassen. Den 
Mietnern wird der Hausschlüssel abgenommen. 

§ 4. Der Polizei muss sogleich Anzeige gemacht werden, und 
bis sie erscheint, darf der Arzt das Haus nicht verlassen 

§5. Da es aber nachtheilig sein könnte, dass Jemand aus 
dem Hause die Anzeige macht oder zur Apotheke geht, so könnte 
vielleicht der Kutscher des Arztes, oder ein Vorübergehender, oder 
in der Nacht der Nachtwächter diese Besorgungen übernehmen 
u. s. w. 

Diese drakonischen Bestimmungen wurden aber sehr bald auf¬ 
gehoben. 

Auch der König, der in Charlottenburg residirte, war von den 
Vorsicktsmaassregeln nicht ausgenommen. Neben dom Schloss 
war in Libow’s Kaffeegarten ein grosser Tanzsaal. An seinem 
Eingang standen zwei grosse Becken, denen dauernd Chlordärapfe 
entströmten. Durch diese hindurch mussten die Personen, welche 
zu Hof wollten, find wurden sie sowohl, wie ihre Papiere mit Essig¬ 
dämpfen durchräuchert. Zurück ging es wieder durch die Chlor¬ 
becken und dann erst in’s Schloss. Der König selbst zeigte sich 
sehr unbefangen und ruhig. Er fuhr mit seinen Kindern täglich 
in und durch die Stadt und besuchte Abends das Theater, um 
durch seine Furchtlosigkeit dem Muth der Einwohner aufzuhelfen. 

Es dauerte aber nur wenige Wochen, und man überzeugte 
sich von der Nutzlosigkeit aller dieser sperrenden Maassregeln, 
und Mitte September wurde der Militäreordon, sowie die am meisten 
drückenden Sperren aufgehoben. Die Contumazanstalt am Frank¬ 
furter Thor blieb aber noch längere Zeit bestehen. 

Während in den Provinzen an mehreren Orten Unruhen aus¬ 
gebrochen waren, blieb Berlin ruhig. Ein Brief aus jener Zeit ist 
interessant. Er lautet im Auszuge: 

Die Stimmung war in der letzten Zeit der Erwartung sehr 
düster in Berlin, und man muss Gott danken, der unsere werthen 
Mitbürger unaufhörlich aufrichtete und ermuthigte, so dass sich 
nicht eine allgemeine Verzweiflung der Gemüther bemächtigte. 
Während in Erwartung der Dinge die Vorsichtigen sich verbarri- 
cardirten, machten die Apotheker Geschäfte ohne Beispiel, und alle 
Gewerbetreibenden, welche nur irgend etwas zur Abwehrung der 
Cholera produciren konnten, tliaten es unter namhafter Anpreisung 
ohne Bedenken. Alle Choleraapokryphen wurden in der Diät ver¬ 
bannt. die Obst- und Gemüsehändler standen sich sehr schlecht, 
nur Wagehälse tranken Weissbier und erfrechten sich, die Magen¬ 
pflaster nicht für cauonisch zu halten. Ein ruhiges Volk wich 
von den gemässigten Gewohnheiten nicht ab und liess sich be- 
dünken, die Seuche würde ja nicht so schlimm werden, wie manche 
andere Calamität, welche zwar schwer und ernst über sie ergangen, 
aber mit Ruhe im Gemüth zu grossem Nutzen für die Zukunft zu 
ertragen sei. 

So kam denn Eude August die langgefürchtete. Nachdem 
an einem am 29. August in Charlottenburg gestorbenen Schiffer 
die Cholera amtlich constatirt war, wurde Berlin für verseucht 
erklärt. Alle Maassregeln traten in Wirksamkeit zugleich mit 
dem für Berlin geschaffenen Gesundheitscomitö, welches aus dem 
Oberpräsidenten, Bürgermeister, Coramandeur, mehreren ange¬ 
sehenen Bürgern und den bekannten Aerzten DDr. Barez, 
Eck und Kluge bestand. Die Stadt wurde mit 61, den Armen¬ 
bezirken entsprechenden, Schutzcommissionen versehen, deren jede 
15-—80 Mitglieder und ein bis acht Aerzte zählte. Ihnen lag die 
Reinigung der Strassen ob, die Aufrechterhaltung der Häusersperre, 
die Sorge für die Kranken, die Desinfection. In den verschieden¬ 
sten Stadtgegenden wurden Filialen der Apotheken eingerichtet, 
sowie zwei Desinfectionsanstalten und fünf Lazarethe. Das grösste 
in der neuen Königstrasse hatte 22 Säle, 9 Kammern, Stallungen 
und einen sehr grossen Hof. Es stand unter Leitung des Dr. Rom¬ 
berg. Das zweite Lazareth war in der Luisenstrasse 32 unter 
Dr. Bo ehr. Das dritte in der Kirschallee unter Dr. Bahn, das 
vierte in der Kochstrasse 30 unter Dr. C ns per, das fünfte endlich 
in der Gartenstrasse unter Dr. Thaer. Die Anstalten waren mit 
allem möglichen, auch mit guten Badeeinrichtungen versehen und 
boten für viele Kranke Raum. Mit jedem Lazareth war eine Con¬ 
tumazanstalt mit besonderem Eingang verbunden, in weicher die 
Kranken noch fünf Tage nach ihrer Genesung verweilen mussten. 

Auf den am 29. August erfolgten Krankheitsfall erfolgte am 
30. August ein zweiter am Schiffbauerdamm. Vom 1. September 
an erschien die Cholera täglich an neuen Orten, besonders in 
Schiffen und am Ufer der Spree und ihren Armen: an der oberen 
Spree auf der Fischerbrücke, an der Schleuse und am. Schiff- 
bauerdamm. Die Witterung war damals, mit kurzen Unter¬ 
brechungen von Regengüssen, eine schwüle, sonnige Herbst¬ 
witterung. Es schien, als ob die Sennenseite besonders günstig 
wirke, denn an der Schattenseite kamen die Fälle erst später zum | 


.Vorschein. An. der Sonnenseite am Wasser erschien die Cholera 
auch in der Holzmarktstrasse am Wasser, der Friedrichsgracht 
und dem Arbeitshause. Bald kamen auch Fälle vor in Strassen, 
die von der Spree abgehen, Fischerstrasse, Alexanderstrasse, Wall¬ 
strasse. Bald hatten alle Theile der Stadt Cholerakranke, doch 
blieb das Voigtland noch verschont, und die Friedrichs- und Doro¬ 
theenstadt, besonders nach dem Halleschen, Potsdamer und Bran¬ 
denburger Thor, hatten sehr wenige Kranke, während sie nicht 
selten verkamen auf der Seite nordöstlich von der Spree bis zur 
Schönhauser- und Rosenthalerstrasse und westlich bis zur Linden-, 
Mauer- und Behrenstrasse. Erst nach zwei Wochen kam sie auch 
in’s Voigtland und wüthete dort arg in der Gartenstrasse, in den 
Wieseke’schen Familienhäusern, deren zahlreiche Bewohner in den 
verschiedensten Geschäften die Stadt durchwanderten. 

Iu der ersten Woche erkrankten 64, 

., zweiten „ .. 163, 

- .. dritten ,. „ 336, 

.. ,, vierten ,, 217, 

.. fünften ., 249, 

- „ sechsten . r 250, 

., siebenten’„ .. 271, 

„ „ achten „ „ 239 u. s. w. 

Dann nahm die Zahl ab. Der letzte Kranke wurde am 27. Januar 
1832 gemeldet, und am 13. Februar 1832 kounte ein Dankfest für 
die Befreiung von der Seuche gefeiert werden. 

Tn den Häusern, in welchen viele Menschen zusammen wohnten, 
erkrankten in den Wiesekeschen Häusern 173, im Arbeitshaus 
mit 700 bis 800 Insassen 70, in der Kottwitzscher Anstalt mit 150 
Insassen 52, im neuen Hospital an der Waisenbrücke mit 300 In¬ 
sassen 77. Anstalten wie das Wadzeckstift, das Friedrichsstift 
u. s. w. blieben verschont. Von dem Militär (circa 10 000 Mann) 
erkrankten mit den Angehörigen 31 Personen. Für die Kasernen 
waren besondere Militär-Sanitätscommissionen ernannt. Die Sol¬ 
daten erhielten eine Zulage zu ihrem Traktament. Die grösste 
Sterblichkeit lieferte das Kinder- und Greisenalter. Von den 
Ständen waren es wesentlich die Schiffer, von welchen 79 erkrankten 
und 75 starben. Von den Aerzten erkrankten 5, 3 starben. 
Berlin hatte rund 250 000 Einwohner, 282 Strassen, 7330 Häuser. 
In 201 Strassen und 890 Häusern erfolgten Erkrankungen. Die 
Zahl der Erkrankungen betrug 2274, davon starben 1423. Es er¬ 
krankten von den Einwohnern 0,9 %. Es starben von den Er¬ 
krankten 62,73 %. 

1837: Einwohner 290 000. Erkrankte 3580. Es starben von 
den Erkrankten’ 2356. Es erkrankten von den Einwohnern 0,81 %. 
Es starben von den Erkrankten 65,36 0 o- 

1848: Einwohner 400 000. Es erkrankten 2408. Es starben 
von den Erkrankten 1599. Es erkrankten von den Einwohnern 
0,39 °/ n . Es starben von den Erkrankten 66,38 u /o. 

1892: Hamburg. Einwohner 624 000. Es erkrankten 18 000. 
Es starben von den Erkrankten 8200, Es erkrankten von den 
Einwohnern 2,88%. Es starben von den Erkrankten 45,56%. 

Auf die Geburten scheint die Cholera auch einen Einfluss ge¬ 
habt zu haben. Während vom 1. April bis 1. Juli 1831 2415 
Geburten gemeldet waren, wurden vom 1. April bis 1. Juli 1832 
nur 2025 Geburten gemeldet. (Schluss folgt.) 

IX. Mitteilungen über die Heilserum- 
therapie der Diphtherie. 

Bemerkung zur Diphtherieheilserumfrage. 

Von Sanitätsrath Dr. Libbertz in Frankfurt a. M. 

In seinem Vortrage „Die Blutserumtherapie zur Diphtherie¬ 
behandlung des Menschen“ (vergl. das Referat in der Berliner klin. 
Wochenschr. No. 36) hat Professor Behring dazu aufgefordert, 
von etwaigem Auftreten lokaler oder allgemeiner Krankheits¬ 
symptome, die mit der Serumemspritzung in Zusammenhang ge¬ 
bracht werden, mir Mittheilung zu machen. 

Seit dem Erscheinen dieser Publication sind von den Höchster 
Farbwerken über 40 000 Heilportionen abgegeben, und es wurde 
mir im ganzen von 10 Fällen berichtet, bei welchen solche Neben¬ 
wirkungen des Heilserums zur Beobachtung kamen. Zumeist waren 
es Störungen leichter Natur, wie Urticaria Erytheme an der In- 
jectionssteile, neuralgische Schmerzen und Drüsenschweliungen. 
Sie verschwanden nach kurzer Zeit, und in keinem der mir mit- 
getkeilten Fälle handelte es sieb um eine Gesundheitsschädigung 
von längerer Dauer. Auch berichtete man mir nicht von Erschei¬ 
nungen, welche auf Nierenreizung hätten deuten können. 

Die Erlaubnis der Herren Collegen, ihre Beobachtungen zu 
publieiren, werde ich, wenn sich ein grösseres Material ansammeln 
sollte, nicht verfehlen zu benutzen. 

Für heute möchte ich mir eine Bitte erlauben. Jedes Heil- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


•No. 49 


928 


serumfiäschchen trägt eine Operationsnummer. Zu jeder Nummer 
werden Controlifläschchen von den Farbwerken aufbewahrt 

Wollten nun die Herren, welche die Freundlichkeit haben, mir 
ihre Beobachtungen mitzutheilen, die Operationsnummer ihrer 
Fläschchen beifügen, so würde eine vergleichende Nachprüfung 
möglich sein. 

Hager, Ueber Anwendung des Diphtherieheilserums. 
Centralbl. f. innere Medicin 1894, No. 48. 

Der Bericht umfasst die Erfahrungen, welche Hager m seiner 
Privatpraxis bei 26 Diphtheriekranken und bei 85 Kindern „diphtlie- 
rioinficiiter Familien“ mit dem Heilserum gewonnen hat. 

Von den 26 Fällen der ersten Kategorie ist einer auszu¬ 
scheiden, weil sich derselbe im weiteren Verlaufe als Scharlach¬ 
diphtherie erwiesen hat. Von den übrigbleibenden 25 Fällen — 
Kindern und jugendlichen Individuen im Alter von 8 Monaten bis 
16 Jahren — ist einer, das achtmonatliche Kind, welches moribund 
zur Behandlung kam, nach vorübergehender Besserung gestorben. 
Die übrigen 24 Fälle sind genesen. Der Verf. charakterisirt sie als 
8 leichte, 6 mittelschwere und 10 schwere, bezw. sehr schwere. 
Unter schw.eren Fällen versteht er solche mit ausgedehnten 
Membranen, Temperatursteigerung bis 41°, starken Drüsenschwel¬ 
lungen und Nasendiphtherie. Von den Fällen erforderte einer 2o0. 
drei 500, sechs 600, sieben 1000, drei 1200, zwei 1500 und zwei 
2500 und mehr Antitoxincinheiten. Die Genesung erfolgte, wie 
Verf. bemerkt, so typisch in derselben Weise, dass ihm ein 
Zweifel an der günstigen Einwirkung des Mittels nicht erlaubt 
schien. 24 Stunden nach der Anwendung traf er die Patienten 
meist mit subjeetivem Wohlbefinden, nach 2 mal 24 Stunden war 
das Fieber, nach weiteren 24 Stunden die Pulsfrequenz meist 
herabgegangen. In allen Fällen fanden sich 24 Stunden nach der 
Einspritzung die Membranen scharf vom Gesunden abgegrenzt, und 
nach weiteren 4 Tagen waren sie meist verschwunden. Von 
Nachkrankheiten wurde 2 mal Lähmung, 1 mal Dysenterie be¬ 
obachtet. Albuminurie wurde nur selten und vorübergehend, 
nur in einem an sich schweren Falle in höherem Grade constatirt. 
— Nachtheile der Serumbehandlung kamen nicht zur Erscheinung. 
Nur ein urticariaähnliches Erythem zeigte sich 5 mal an der Injec- 
tionsstelle, 1 mal auch an entfernteren Kürperstellen. 

Von den 85 prophylaktisch geimpften Kindern sind 8 
später an Diphtherie erkrankt: das eine heilte nach Injection von 
500 Antitoxineinheiten, die beiden anderen, leicht erkrankten, heilten 
ohne jede Behandlung. 

Auf Grund seiner Resultate möchte Hager noch kein zweifels¬ 
freier Lobredner des neuen Verfahrens werden; vielmehr möchte 
er nur den bescheidenen Schluss ziehen, dass die Anwendung der 
Heilserumtherapie dem praktischen Arzte in der Behandlung der 
Diphtherie gute Resultate bieten kann. 

Möller, Einige kurze Bemerkungen über die Erfolge 
mit Heilserum auf der Diphtheriestation des Kranken¬ 
hauses Magdeburg-Altstadt. Centralbl. f. innere Medicin 
1894, No. 48. 

Aus der ganz eursorischen Uebersicht ergiebt sich, dass im 
Krankenhause Magdeburg-Altstadt seit Mitte August dieses Jahres 
76 Kinder mit Heilserum behandelt worden sind. Zu bemerken 
ist dabei, dass Möller für die Heilserumbehandlung das Princip 
verfolgt hat, die ganz leicht erkrankten Kinder und die mori¬ 
bund eingelieferten aus Utilitätsgründen von der Serumtherapie 
auszuschliessen. Aus diesem Grunde und mit Rücksicht darauf, 
dass in den letzten beiden Jahren auch die leichtesten Erkran¬ 
kungen in grösserer Zahl als früher dem Krankenhause zugeführt 
worden sind, glaubt Verfasser einen Vergleich zwischen allen 
ohne Serum und mit Serum behandelten Kranken nicht ziehen zu 
dürfen, sondern sich auf Gegenüberstellung der Tr ach eotomirten 
beschränken zu müssen. Bei letzteren ergiebt sich nun, dass die 
mit Serum Behandelten eine Mortalitätsziffer von 39,6 % auf¬ 
weisen, 16% weniger als die vom April bis November dieses Jahres 
ohne Serum behandelten Tracheotomirten, 9% weniger als die ge¬ 
ringste bisher in dem genannten Krankenhause beobachtete Mor¬ 
talitätsziffer (im Jahre 1891/92). Einen sicheren Schluss will Ver¬ 
fasser trotzdem aus diesen Zahlen nicht ziehen, schon deshalb nicht, 
weil dieselben zu klein sind. — Albumen wurde bei 12°/o aller 
.,Gespritzten“ beobachtet, 6 mal ist Urticaria aufgetreten. 

— Im British med. Journal, 1. December veröffentlicht Rogers einen 
rler Heilserumbehandlung unterworfenen Diphthoriefall mit tüdtlichem 
Ausgang. Für eine Statistik ist die Beobachtung nicht zu verwerthen. 
.Abgesehen davon, dass das — fünfjährige — Kind erst circa sieben 
Tage nach Beginn der Erkrankung zur specifischen Behandlung gelangt 
ist. war die — einmalige — Antitoxindosis völlig unzureichend, nament¬ 
lich angesichts der Schwere des Falles. — Aus dem Sectiousbencht ver¬ 


dient der Befund eines..durch die starke Athembehinderung bedingten 
rechtsseitigen Pneumothorax besondere Erwähnung. 

____ Schwalbe (Berlini. 

X.. Kleine Mittheilungen. 

— Berlin. Wenn man die angekündigte Tagesordnung der Ber¬ 
liner medicinischen Gesellschaft vom 5. December überblickt, su 
findet man als viert' ii Verhandlungsgegenstand die Discussion über den 
in der vorigen Sitzung von Herrn Hansemann gehaltenen Vortrag „Mit¬ 
theilungen über Diphtherie und das Diphtherieheilseruin-. 
Zwei demonstrative Vorträge und eine verniuthlich weitschichtige Dis- 
cussion (über allgemeine Narkose) behaupten den Vorrang. Es ist wohl 
nicht übertrieben, wenn wir die Meinung aussprechen, dass selbst die 
ältesten Vorstandsmitglieder sich schwerlich erinnern werden, dass 
ein in der Tagesordnung so weit hinten stehender Gegenstand je zur 
Verhandlung gelangt sei; und bei der energischen Oppositionsstiinmung. 
die sich dieser Gesellschaft spätestens um 9 Uhr herum gegen jeden 
Versuch einer länger ausgedehnten Debatte zu bemächtigen pflegt, 
muss eine solche Möglichkeit fast als von vornherein undenkbar gelten. 
Wir meinen nun, nicht bloss die Bedeutung der Sache an sich, sondern 
ebenso sehr auch gewisse Rücksichten der Courtoisie hätten es wDnschens- 
werth gemacht, entweder in unmittelbarem Anschluss an die von Herrn 
Hansemann geübte abfällige Kritik auch die in so herber Weise Kriti- 
sirten zu Worte kommen zu lasson — oder wenigstens die nächstfolgende 
Sitzung gerade diesem Zweck in erster Reihe zu reserviren. Es war 
doch niemandem ein Geheimniss, wie aufregend und alarmiread der durch 
einen ganzen Reporterschwarm in alle Welt ausposaunte und zu 
einem sensationellen Eroigniss „nach bekannten Mustern“ aufgobausehtr 
Vortrag des Herrn Hansemann gewirkt hat — und wohl auch einiger- 
maassen zu wirken bestimmt war. Das Publicum so völlig unter dem, ge¬ 
linde gesagt, einseitigen Eindruck des Vernommenen zu lassen, war gerade 
hier um so weniger angebracht, als das in dem Vortrag verarbeitete posi¬ 
tive Material sich doch, hei Lichte betrachtet, weder durch besondere Reich¬ 
haltigkeit, noch durch eine über jede Anfechtung erhabene Boschafleuheit aus¬ 
zeichnet und eine ergänzende Mittheilung vou anderer Seite zum Tlioil drin¬ 
gend erfordert. Wirglauben beispielsweise in der Annahme nicht zu irren, du v- 
der als vermeintlicher Beweis für die Unwirksamkeit dorSerumlhcinpie, selbst 
am erston Krankheitstage, vorgetragene Fall eine ganz andere Auslegung 
(als „larvirte Diphtherie“) zulässt und von berufener klinischer Seite auch 
finden wird. Unter solchen Umständen muss es, wie gesagt, auffällig be¬ 
rühren, wenn die Erörterung dieser nun einmal für die ganze Welt in 
orster Reihe auf der Tagesordnung stehenden Frage in der Berliner 
medicinischen Gesellschaft eiue so ausgesucht „dilatorische“ Behandlung 
findet, und man würde es danach wohl begreiflich finden, wenn dem ver¬ 
nehmen nach in den „nächstbetheiligten“ Kreisen der Angegriffenen die 
Absicht bestehen soll, auf eine Discussion vor einem augenscheinhch w 
wenig geeigneten Forum nunmehr überhaupt zu verzichten. Das urtnei. 
über die Serumtherapie können sie ohnehin getrost der Erfahrung übei- 
lassen, die mit jedem Tage mehr zu ihren Gunsten entscheidet und u w 
die mühselig zusammengetragenen Bemängelungen bald genug zur „lag(>- 
Ordnung“ üborgegangen sein wird. . ,, 

— In der Sitzung des Vereins für innero Medicin am o. d.M- 
(Vorsitzender Gerhardt) demonstrirte Litten die anatomischen tra- 
parate des Patienten mit Mediastinaltumor, welchen er am <19. D clot) . ei 
(s. diese Wochenschr. No. 44) vorgestellt hatte. Die Section hat 
klinische Diagnose bestätigt; mikroskopisch stellt sich der Tumoi a? 
Rundzellensarkom dar. — Als erster Punkt der Tagesordnung "j 1 \ 
die Wahl eines neuen Mitgliedes für die Geschäftscommission eiie ig • 
nahezu einstimmig wurde Heubner gewählt. — Im übrigen wm ® . 1 
Sitzung mit der — am 19. November bereits begonnenen — Discu - _ 
zu dem Vortrage Rosenheim’s: „Ueber die chirurgische Beium =■ 
der Magenkrankheiten“ ausgefüllt. An der Debatte beteiligten sic 
Herren Ewald, Pariser, Boas, Miesnor und Rosenheini. 

— Ueber die Vorbereitungen zum Internationalen Oongress 
Hygiene wird uns aus Madrid berichtet, dass die am 16. Octobei 
Verfügung des Ministers des Innern, Herrn Aguilera, ernannte ^ om %• 
am 20. d. Mts. ihre erste Sitzung unter dem Vorsitz des nou 
nisters des Innern, Herrn Capdepon, gehalten hat. Das Haupterg - 
dieser Sitzung war die Ernennung eines Ausschusses von *J e 
gliedern, nämlich den Herren Gimeno, Calleja, Alonso, ta. ■ ; 

Pulido, Mellado, Martinez Pacheco und Alvarez yP, ’:.j ge 
Ausarbeitung eines Reglements für den Congress und die S lel ^ 
Ausstellung. Dieser Ausschuss wurde auch damit beauftragt, 
theilimg der Commissionsraitglieder in Sectioncn zu besorgen. • 

- Das Augustahospftal feierte am 29. d. M. das filnfantaan», 
jährige Jubiläum seines Bestehens. , .• -i,.,, 

— Der erste Band der Verhandlungen des XI. interna ■ 
medicinischen Congresses soll demnächst zur Ausgabe S® 1 «j ' p, 

— Halle a. S. Die Leopoldinisch-Carolinische 

der Naturforscher hat die goldene Cotheniusmedaiile 
siologen Fick in Würzburg verliehen. , ^ 

— Moskau. Die Ausgaben der Stadt Moskau für Rubel 

und medicinische Zwecke sind für das Jahr 1895 auf l 
veranschlagt. r . vf \fondel- 

— Universitäten. Berlin. Die DDr. E. ^ernicke, i • 1 ^ 

sohn und A. Loewy haben sich als Privatdocenten für üyj, 
innere Medicin und Physiologie habilitirt. — Leipzig. Dr. • ^ 

erster Assistent am Kinderkrankenhause, hat sich als Privataoc J, e „ 
— München. Dr. G. Sittmann, Assistent an der I. w 
Klinik, hat sich als Privatdocent für innere Medicin habilitirt^ 


Gedruckt bei Julias Sittenfeld fü Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN ^ 



D ° nnerafag 13. Pecember 1894. 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztüchen Standes . 0 

Begründet von Dr. Paul Börner, 

Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction 


: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtenstein&llee 8. Potedamerstr. U* Postadreae: Leipiig, Swburgstr. 8L 


I. Aus der Kinderklinik der Königlichen Charite. 

Heber larvirte Diphtherie. 

Von 0, Heubner. 

In der gegenwärtigen Zeit, Wo der Kliniker mit besonders ge¬ 
spannter Aufmerksamkeit den Ablauf der Erscheinungen in jedem 
Fall von Diphtherie verfolgt, dürfte es nicht werthlos sein, darauf 
aufmerksam zu machen, dass es Fälle von Diphtherie gieht, Welche 
auch dem aufmerksamen Beobachter während eines Theils ihres 
Verlaufes, ja selbst bis zum Tode verborgen bleiben. 

Dem Familienarzt werden solche Fälle selten in den Gesichts¬ 
kreis kommen. Ich selbst habe vor Jahren zwei Fälle beschrieben, 
die in dieses Gebiet gerechnet werden könnten 1 ). Dem Hospital¬ 
arzt kommen sie wohl häufiger vor. Schon im Leipziger Kinder- 
krankenkause machte ich hierher gehörige Beobachtungen. 
Aber erst das Nachdenken über einige hier vorgekommene Er¬ 
krankungen mit ungewöhnlichem Verlaufe verdichtete die bisherigen 
Vorstellungen zu einem etwas deutlicheren Bilde. 

Es handelt sich immer um secundäre Diphtherieen in dem 
Sinne, wie wir von secundären Masern, secundärem Scharlach und 
dergleichen sprechen. Die Infection befällt nicht gesunde, sondern 
bereits vorher kranke oder kränkliche Kinder, welche einen län¬ 
geren Aufenthalt im Krankenhause hinter sich haben. Dabei wird 
das Contagium durch Besucher oder auch auf irgend eine andere 
Weise eingeschleppt, die später gewöhnlich nicht mehr klarzu¬ 
stellen ist. Nun aber erkrankt das Kind nicht in der gewöhn¬ 
lichen Weise mit entzündlichen Ausschwitzungen in den Rachen- 
theilen, mit heftigem Fieber, Erbrechen, Drüsenschwellungen u. s. w., 
sondern mit zunächst wenig alarmirenden, katarrhalischen Erschei¬ 
nungen sei es der Athmungs-, sei es der Verdauungsorgane, wenig 
charakteristischem Fieber und nicht auffallend von dem früheren 
Zustande sich abhebender Verschlimmerung des Allgemeinbefindens. 
Man findet die Beeinträchtigung des Befindens genügend durch die 
nachweisbaren katarrhalischen Erscheinungen, z. B. auf der Lunge, 
erklärt, und ahnt nicht, dass eine tödtliche Erkrankung heim¬ 
tückisch zum letzten entscheidenden Angriff auf den Organismus 
sich vorbereitet — bis auf einmal, scheinbar ganz plötzlich, das 
Auftreten einer schweren Kehlkopfstenose auf die vorher latente 
Gefahr in erschreckender Weise aufmerksam macht. Ja, selbst an 
der Leiche kann es sich erst aufklären, dass die Todesursache, 
wenn nicht allein, so doch zum Theil durch eine diphtherische 
Infection mit bedingt gewesen war. 

Zur Erläuterung dieses larvirten oder latenten Verlaufes der 
Diphtherie seien folgende Beobachtungen angeführt. 

Fall 1. L., Hedwig, l l /a Jahre alt, w'ird am 27. April 1894 wegen 
schwerer Rachitis und eines noch nicht verheilten, seit 16 Tagen bestehen- j 
den Oberschenkelbruches aufgenommen. Weit offene Fontanelle, Kyphose 
der Lendenwirbel, Verdickung der Knorpelknochengrenze der Rippen, 
Verkrümmung der Beine. Sehr langsame Consolidirung des fracturirten 
Knochens. Grobe Bronchitis. Während des Mai ab und zu kleine Fieber¬ 
steigerungen, die auf die Bronchitis bezogen wurden. 

Am 23. Mai stieg die Temperatur auf 38,1, am 24. auf 39,1, und 
nun schloss sich bis zum 1. Juni ein geringes remittirendes Fieber an, 
mit höchster Erhebung auf 38,8. Dasselbe schien abhängig von einem 
ziemlich intensiven Schnupfen, zu dem sich stärkerer Husten und Zeichen 
einer mässig aasgebreiteten Katarrhalpneumonie im rechten Unterlappen ge¬ 
sellten. Die Rachenorgane zeigten durchaus keine Abweichungen von der 
Norm. Vom 3. bis 5. Juni war das Kind wieder fieberlos, hustete aber fort. 


') Jahrb. f. Kinderheilkunde VT, S. 105. 


Am 6. Juni hob sich aber das Fieber wieder auf 38,0 Abends. Das 
Kind war etwas heiser und hatte Nachts stark geschwitzt. 

Am 7. Juni nimmt bei gleichem geringem Fieber die Heiserkeit, 
aber auch der Schnupfen wieder zu, und am 8. Juni zeigt sich ein starker 
eitriger Ausfluss aus der Nase; der Husten bekommt einen heiseren 
Klang. Das Fieber erhebt sich weiter auf 39,3, Puls 168. 

Am 9. Juni Irtlh Rillt zum erstenmal ein ganz leichtes Stenosen- 
eräusch auf und eine vermehrte Athemfrequenz von 40 Respirationen, 
etzt kam mir die Erinnerung an einen ähnlichen in Leipzig beobachteten 
Fall, und obgleich im Rachen nichts Auffälliges zu sehen war, obwohl 
der Appetit leidlich und der Stuhl normal waren, ordnete ich sofort die 
Verlegung des Kindes nach der Beobachtungsstation an. 

Die Befürchtung war nur zu begründet, denn bereits Nachmittags 
4 Uhr sind, unter Steigerung der Temperatur auf 40,2, deutliche Zeichen 
der Larynxstenose vorhanden, welche die Intubirung nüthig machen. 
Gleichzeitig wird eine Dosis Heilserum (von dem Institut für Infections- 
krankheiten gütigst überlassen) injicirt. Zu spät. Die Athemnoth wird 
nicht geringer, der Puls immer kleiner; auch die Nachts 11 l /a Uhr noch 
vorgenommene Tracheotomie bessert die Lage nicht; die hohe Athemnoth 
und Pulsfrequenz dauern an, während die Temperatur auf 40,8 steigt, und 
am 10. Juni, Vormittags ll l /a Uhr, geht die Kleine in tiefem Collaps 
zugrunde. 

Die Autopsie (Dr. Hansemann 1 ) ergiebt folgendes: Ziemlich gut 
genährtes Kind weiblichen Geschlechts mit starker Rachitis am Thorax 
und den Extremitätenknorpeln. Der rechte Oberschenkel zeigt eine mit 
weichem Callus versehene Fractur. Tracheotomiewunde. 

Rachen-, Nasen- und Highmorshöhle zeigen leicht gerötheto, aber 
sonst unveränderte Schleimhaut. Tonsillen nicht geschwollen. — Vom 
unteren Rande der Epiglottis bis einige Millimeter unter den Stimm¬ 
bändern zeigt die Schleimhaut weisslich gelbe ziemlich trockene Ein¬ 
lagerungen, die sich nicht leicht abziehen lassen und zum Theil bis in die 
Submucosa reichen. Durch dieselbe ist der Eingang zum Kehlkopf fast 
vollständig verschlossen. Weitere geschwürige Defecte oder ältere Schorfe 
sind nicht vorhanden. Unterhalb dieser Partie ist die Schleimhaut der 
Trachea leicht geröthet und mit einer schmierig trüben Flüssigkeit be¬ 
deckt. Die Consistenz der Lungen ist etwas vermehrt, dieselben sind 
aber im allgemeinen lufthaltig. 

Herz ist blass, sonst ohne Besonderheiten. Milz etwas vergrössert. 
Follikel deutlich. Nieren blass, ohne Besonderheiten, ebenso Leber. 
Darmschlingen meteoristisch aufgetrieben. 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass hier die Diphtherie 
nicht etwa erst an dem Tage der ersten Stenosenerscheinungen 
eingesetzt hat. Die vom 6. Juni an sich steigernde Heiserkeit weist 
ebenso wie das begleitende Fieber deutlich genug darauf hin, dass 
die Infection des Larynx mindestens vier Tage vor den letalen 
Ausgang zurückzudatiren war. — Ja noch mehr, ich halte es 
für sehr wahrscheinlich, dass bereits die ganze, am 28. Mai be¬ 
gonnene Schnupfenkrankheit auf eine diphtherische Infection zurück¬ 
zubeziehen war. Allerdings fehlt hier der bacteriologische Beweis; 
man war eben bei der Geringfügigkeit der Erscheinungen, dem 
fortdauernd guten Appetit, dem wieder zurückgehenden Fieber 
nicht auf den Gedanken gekommen, dass eine Diphtherie vorliegen 
könne. 


*) Herr Dr. Hansemann hat in seinem Vortrag in der medicini- 
schen Gesellschaft zu Berlin über Diphtherie (Berliner klinische Wochen¬ 
schrift No. 50) eine Beobachtung aus meiner Klinik veröffentlicht, für 
deren Darstellung ich keine Verantwortung trage. Sie ist vielleicht iden¬ 
tisch mit der obigen. Genau kann ich es nicht sagen, da Herr Han s c - 
mann mir über seine Absicht, einen meiner Fälle zii benutzen, eine Mit¬ 
theilung nicht hat zukommen lassen. Ich bedauere die Unterlassung 
dieser sonst wohl allgemein üblichen Höflichkeit deshalb, weil ich viel¬ 
leicht in der Lage gewesen wäre, ihm zu einer etwas exacteren Kranken¬ 
geschichte zu verhelfen, als er seinen Zuhörern geboten hat. 


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930 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. '50 


Wohl möglich, dass der Verlauf auch in der folgenden Beob¬ 
achtung sich ähnlich gestaltet hätte, wenn wir nicht, gewitzigt durch 
die soeben mitgetheilte Erfahrung, da sofort eingegriffen hätten. 

Fall 2. M., Amelie, 13 Monate alt, eine Bettnachbarin des vorigen 
Kindes, war am 30. Mai wegen starker Anämie' und hochgradiger Ra¬ 
chitis in die Kinderabtheilung aufgenommen worden. Ein anfängliches 
durch Verdauungsstörung bedingtes Fieber hatto sich rasch gehoben, und 
es ging der Kleinen ganz leidlich, als sie plötzlich am 12. Juni bei fieber¬ 
losem Zustand (37.4) eine heftige Rhinitis bekam. 

Sofort wurde die Kleine auf die Beobachtungsstation verlegt und 
bekam am selben Abend, noch ehe die bacteriologischo Diagnose gestellt 
werden konnte, eine Dosis Heilserum injicirt. Denn auch die Rachen¬ 
organe zeigten sich etwas geröthet und geschwollen, an den Tonsillen eine 
ganz leichte graue Verfärbung. Submaxillardrüsen etwas geschwollen. 
Auf den Lungen einige katarrhalische Geräusche. 

Am 13. Juni steigt das Fieber auf 39,2, sinkt aber dann rasch auf 
37,7, um sich am 14. November auf 38,5 zu heben und dann definitiv in 
Fieberlosigkeit überzugehen. Schnupfen und Rachenaffection gehen rasch 
zurück. Am Körper erscheint ein Urticariaexanthem, welches am 15. Juni 
wieder zurückgeht. Die aus dem Nasenschleim angelegten Culturen er¬ 
weisen sich als charakteristische Diphtheriebacillen. 

Vom 27. Juni bis 1. Juli fiebert das Kind nochmals wegen einer Ver¬ 
dauungsstörung. Dann Besserung. Am 4. Juli wird das Kind in gutem 
Zustande entlassen. 

Die beschriebenen beiden Fälle wurden die Veranlassung, dass 
bei sämmtlichen kleinen Mitbewohnern der Abtheilung eine Immu- 
nisirungseinspritzung von Heilserum vorgenommen wurde. Es 
kam unter diesen kein weiterer Erkrankungsfall vor. 

Erst ganz neuerdings hatten wir wieder eine Infection zu be¬ 
klagen, welche aber klinisch vollständig latent verlief; 


Fall 3. Sch., Otto, 2 Jahre, wurde am 3. November d. J. aufgenommen. 
Er ist immer schwächlich und bleich gewesen. Der Grossvater starb an 
Lungenschwindsucht. Hat von jeher trocken gehustet und wurde 
leicht kurzathmig. Seit drei Wochen hat er dünne schleimige Stühle, 
seit 14 Tagen magert er ab; hat angeblich ab und zu Fieber. Am rechten 
Ohre hatte er öfters etwas Ausschlag, seit acht Tagen sind die rechts¬ 
seitigen Halsdrüsen geschwollen. 

Bei dor Aufnahme findet man ein dürftig entwickeltes, blasses, gra- 
ciles Kind, linksseitige Trübung der Hornhaut, beiderseits scrofulöse 
Drüsenpackete. An den inneren Organen nichts krankhaftes nachweisbar. 

Der Knabe wird mit Leberthran, guter Ernährung und vorsichtigen 
Tuberkulindosen behandelt, die von Reaction nicht gefolgt sind. Vom 
3. bis 19. November absolute Fieberlosigkeit und gutes Befinden. Am 
20. November erhebt sich das Fieber plötzlich auf 39,2, sinkt in der 
Nacht auf 36.9, um aber am 21. und 22. November auf 40 und 40,3 sich 
zu erheben, jeden Morgen geht die Temperatur auf 37 zurück; am 23. No¬ 
vember höchste Temperatur 38,3, am 24. November 39,0, am 25. November 
wieder Abfall auf 38.2, 

Die Erscheinungen, die der Knabe sonst darbot, bestanden in Appetit¬ 
verminderung und geringem feinem Rasseln über der dritten und vierten 
Rippe an der rechten Vorderwand des Thorax; am 23. November gesellte 
sich heftiges Erbrechen, das sich in den folgenden Tagen wiederholte. 
Verfall und Ktthlwerdcn hinzu. Am 24. November grosse Apathie, viel 
Schlaf, ab und zu trockner Husten, dünne schleimige Ausleerungen. Am 
25. November völlige Apathie, immer leichter Schlummer. Puls sehr 
klein, frequent, fadenförmig. Erbrechen nach jeder Nahrungsaufnahme, 
sehr zahlreiche, schleimige, stark stinkende Stühle. Vormittags 7*12 Uhr 
Tod in collabirtem Zustand. 

Sectionsprotokoll (Dr. Hansemann): Im Phaiynx, auf den 
lonsillen, auf der Epiglottis bis auf die Stimmbänder herab flache grau- 
weisse Auflagerungen, die sich nur unter Verlust der Schleimhaut ab- 
ziehen lassen, weitor in der Trachea zarte fibrinöse Auflagerungen auf der 
gerötheten Schleimhaut. DieLymphdrüsen am Halse markig geschwollen, 
ebenso diejenigen um die Bronchien herum. Eine grössere und eine 
kleinere von den letzteren sind verkäst, von gelber, ziemlich trockener 
Beschaffenheit. Tuberkel finden sich nirgends. Die Schleimhaut der 
Bronchien ist bis in die feinsten Verzweigungen hinein geröthet und mit 
feinen nbnnösen Auflagerungen bedeckt. 

Li der ganzen Lunge zahlreiche frische bronchopneumonische Heerde. 
Uie Pleuren beiderseits verwachsen durch zarte fibröse Stränge. Die 
Mesentenaldrflsen sind markig geschwollen, frei von jeder Verkäsung und 


ui ^ k Z \ st ^ ver S rö ssert. Nieren ohne Besonderheit, Die Magei 
Schleimhaut stark geröthet, ^ 

Gross war die Verwunderung angesichts dieses Leichenbefunde! 
Dass es sich um echte Diphtherie handelte, erwies die bacteriol« 
gische Untersuchung der dünnen Auflagerung in der Trachea, an 

welcher typische Diphtheriebacillenculturen aufgingen._Und doc 

war kein Zug in dem klinischen Krankheitsbilde, welcher auch nv 
entfernt an eine lokale Erkrankung der Rachen- oder Kehlkop 
Schleimhaut hätte denken lassen, kein Schmerz, keine Schlini 
und^rglekhen 61116 Andeutune Ton Kehlkopfstenose, Heiserke 

B ..w?i e T A f 11 f- em f! no r 8 J chei “ u “ge» deuteten freilich auf eüi 
ifi fl 10 ! hm, indessen wäre man nach den Erscheinunge 
?' ES Lebens viel eher auf eine schwere Magendarmstörin 
ei® Diphtherie. Der Magen war ja in der That star 
affiort, Ober den Dann findet sich kdne Angabe - Es kmin ^ 


wohl nicht bezweifelt werden, dass die diphtherische Infection hier 
dasjenige wesentliche Leiden war, welches dem gesammten schweren 
Symptomenbilde der letzten sechs Lebenstage zugrunde lag. 

Fragt man sich gegenüber solchen Fällen wie die be 
schriebenen, auf welche Weise so beträchtliche Abweichungen des 
klinischen Bildes einer sonst in ziemlich regulärem Typus ablaufcn- 
den Krankheit bedingt sein können, so scheinen mir hauptsächlich 
zwei Punkte in Betracht zu kommen. 

Vor allem der betroffene Organismus. Es sind schwächliche 
von constitutionellen Leiden (Rachitis, Scrofulose) heimgesuchte 
und sodann noch sehr junge Organismen, die befallen werden. Eh 
ist ja auch bei sonst gesunden sehr jungen Kindern nicht selten 
dass z. B. die Rachenerscheinungen bei der Diphtherie wenig ver¬ 
treten und deshalb die Krankheit oft gleich im Kehlkopf zu be¬ 
ginnen scheint, Und handelt es sich dann noch um kranke und 
sehr junge Organismen, so wird es begreiflich, dass die Gesammt- 
reaction gegen die Infection eine viel schwächere ist und da¬ 
durch ein so abgeblasstes oder selbst verändertes klinisches Bild 
entsteht. — Was namentlich die schweren Erscheinungen seitens 
des Digestionstractus im dritten Falle anlangt, so wissen wir ja 
aus den Versuchen von Roux und Yersin, dass bei Infectionen 
mit dem Teinen Diphtherietoxin häufig Diarrhöen hei Thieren auf- 
treten; — es drängte sich also eine sonst beim Menschen neben¬ 
sächliche oder fehlende Erscheinung bei unserem Falle in den Vor¬ 
dergrund, währen^ die klinischen Haupterscheinüngen der gewöhn¬ 
lichen Fälle hier vollständig latent blieben. 

Ein zweiter Umstand, welcher geeignet ist, die Diagnose in 
solchen Fällen zu erschweren, liegt darin, dass die an sich schon 
blassen und verschwommenen Züge des Krankheitsbildcs nicht 
einmal irgend einen besonderen Charakter tragen. Vielmehr sind 
sie ganz wohl mit dem Grundleiden, wogen dessen das Kind auf¬ 
genommen wurde, in Einklang zu bringen. So waren z. B. in 
Fall 1 ja schon während des ersten Monats des Krankenhaus¬ 
aufenthaltes mehrfach kleine Fiebersteigerungen mit Exacerbationen 
der rachitischen Bronchitis aufgetreten. Warum sollte man bei 
demi Auftreten des fieberhaften Schnupfens an Fernliegendes denken 
und nicht vielmehr an eine acute Verschlimmerung des chronischen 
Katarrhs der Respirationsorgane? — Ebenso hatte das Kind 3 
schon öfters an Verdauungsstörungen gelitten, warum sollte man 
sich nicht zunächst bemühen, dieser Verdauungsstörung wieder Herr 
zu werden, in der Hoffnung, damit auch den Fieberzustand wieder 
zu beseitigen? So trägt gleichsam die primäre chronische Krank¬ 
heit selbst dazu bei, den neuen, secundär hinzugetretenen Feind dem 
Auge des Arztes zu verhüllen. 

In der Litteratur ist dieser Kategorie von Erkrankungen noch 
nicht viel Beachtung geschenkt worden. Jacobi kennt sie offen¬ 
bar, wenn er die geringfügigen Erscheinungen, welche dem plötz¬ 
lichen Auftreten der Kehlkopfstenose bei seiner „primären Diph¬ 
therie der Trachea“ vorhergehen, schildert. 1 ) Er sagt aber nicht, 
dass es sich dabei meist um secundäre Diphtherieen (im obigen 
Sinne) handelt. 

Eine Lehre möchte man vielleicht aus den dargestellten Beob¬ 
achtungen ziehen: überall, wo plötzliche Veränderungen im Be¬ 
finden eines constitutionell kranken Kindes auftreten, die mit 
Fieber und mit katarrhalischen Erscheinungen verbunden sind, die 
bacteriologischo Diagnostik zu Hülfe zu nehmen. Dass man, wenn 
man früh genug zuf Diagnose gelangt, auch in solchen Fällen 
vielleicht zu helfen vermag, zu dieser Hoffnung scheint die zweite 
Beobachtung zu ermuthigen. 


IT. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin. 
Weitere Erfahrungen über die Wirksamkeit 
des Behring’schen Heilserums bei der Di¬ 
phtherie. 

Von Prof. Dr. Sonnenburg. 

Die nachstehenden Mittheilungen sind zum Theil nach einew 
für das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- 
angelegenheiten bestimmten Bericht zusammengestellt, zum W 
sind sie die weitere Fortsetzung der von meinem Assistenten, 
Herrn Dr. Canon, in dieser Wochenschrift (1894, No. 23) ver¬ 
öffentlichten Resultate. Der Bericht beschränkt sich auf die 
obachtungen bis zum 1. November. Trotz der Hochfluth von 
theilungen, der wir unzweifelhaft in dieser Frage entgegenge en. 
gehören regelmässig wiederkehrende, sich ergänzende Mittheilung 
aus Krankenhäusern, wo die unerlässlichen fortlaufenden bacteno °n 


*) Gerhardt’s Handbuch 2: Bd., S. 753. 


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13. December. 


DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT: 


931 


sehen Untersuchungen möglich sind, für die Klärung und Fn+ 
Scheidung der Frage Ober die Wirksamkeit des HeSms zu den 
am besten zu verwertenden, und ich werde yeranl" d a3S diese 

viX.Vht oi? Krankenhau se in bestimmten Zeiträumen 

vielleicht alle sechs Monate, erscheinen. ’ 

* ^verständlich handelt es sich in diesen Mitteilungen bei 
der kurzen Beobachtungszeit nicht um endgültige Urtheile son¬ 
dern um Eindrücke die sich dem unbefangenen Beobachter bei der 
vn^w dU d g des Mittels bisher ergaben. Die Beurtheilung des 
d»«I d- en n n Matenas J wird noch besonders dadurch erschwert 
dass die Umfn-enzung des Begriffes „Diphtherie“ anders wie früher 

se n U kann er Chai J ktw der E P idemie sehr verscWeden 

sein kann. Gerade was den ersten Punkt anbetrifft so unter- 

ÄVf 816 D ‘ pht i lerie . im Allfan e e makroskopisch’und anato- 
^ ‘ kaum von anderweitigen Erkrankungen der Rachenorgane. 
Das gilt z. B. besonders von bestimmten Formen der Angina 

P^fdnm 18 i UDd f ° ,Iicula T’ bei ihrem Entstehen mit ihren 
Pseudomembranen eine echte Diphtheritis Vortäuschen können und 
ihrem weiteren Verlaufe nach 24-36 Stunden als solche 
er ? n ? We I den \ Seit der Entdeckung des Diphtheriebacillus 
müssen wir aber den Anspruch machen, dass nur diejenigen Fälle 
zur Statistik herangezogen werden, bei denen der Nachweis des 

?n?c?K e f ri !i baC1 TT U ! ffe l un ? en ist - Ge ^ en di e früheren Statistiken 
entsteht der Unterschied, dass eine ganze Reihe von Krankheits- 
Sf Jen ausgeschieden werden, die als leichte und schneU heilende 
Erkrankungen die früheren Zahlenzusammenstellungen unter Um- 
ständen günstig beeinflussen mussten. Die Entscheidung, was als 
Diphtherie bezeichnet werden soll, steht heutzutage dem Kliniker 
zu die Beobachtung am Krankenbette und die bacteriologische 
Untersuchung müssen hier den Ausschlag geben. Demnach kann 
der behandelnde Arzt bereits am Lebenden stets mit Sicherheit 
die Diagnose stellen und bedarf nicht erst des pathologischen Ana¬ 
tomen, um festzustellen, ob Diphtherie Vorgelegen hat oder nicht 
Es ist daher eine schwere, aber wichtige Aufgabe der vergleichen¬ 
den Statistik, diese Fälle gesondert zu verzeichnen, um brauchbare 
Werthe zu gewinnen, und die gemeinsame Arbeit kann nur nützen 
wenn man nur alle diejenigen Fälle, in denen der Loeffler’sche 
Bacillus nachzuweisen ist, als Diphtheriefälle verwertet 


Es muss ferner gehofft werden, dass die Dosirung des Beh- 
ring sehen Heilserums für die Behandlung der Diphtherie mit der 
Zeit richtiger angegeben werden wird. Unzweifelhaft sind im An- 
mnge in vielen Fällen zu kleine Dosen gegeben worden, in anderen 
Fällen konnte wegen der Knappheit des Mittels die Fortsetzung 
der Behandlung nicht in gewünschter Weise erfolgen. Alle diese 
Fehler werden wohl in Zukunft wegbleiben und die Resultate dann 
noch gleichartiger werden. Immerhin glaube ich doch schon sagen 
zu können, dass der Verlauf der diphtheritischen Infection durch 
das Heilserum günstig beeinflusst wird. Freilich muss ich ge¬ 
stehen, dass wir in den letzten Jahren keine sehr schwere Epide- 
mieen im Krankenhause Moabit beobachtet haben. 

Ein grosser Vorzug des Mittels liegt in dem Umstande, dass 
es keine schädlichen Nebenwirkungen zu haben scheint und 
ohne Bedenken auch bei Schutzimpfungen in Frage kommen darf. 
Auf meiner Kinderabtheilung sind z. B. 20 Kranke ohne irgend 
welchen Nachteil, da ein Fall von Diphtherie vorkam, immunisirt 
worden. Freilich scheinen nicht alle von der Fabrik gelieferten 
Präparate ganz gleichmässig zu sein, nach einigen Sendungen sind 
Hautexantheme und Gelenkaffectionen, wenn auch sehr vorüber¬ 
gehend, beobachtet worden. Es handelt sich hier wohl um Bei¬ 
mengungen, die in Zukunft vermieden werden dürften. 


In der nun folgenden Statistik sind, wie erwähnt, nur echte 
Diphtheriefälle berücksichtigt werden, und zwar nur Kinder, da 
Erwachsene bisher nicht injicirt wurden. 


Statistik der Diphtheriefälle vom Juni 1893 bis October 
1894. 

In der Zeit vom Juni 1893 bis Ende October 1894 wurde mit 
zwei grösseren Pausen das Behring’sche Diphtherieheilserum au¬ 
gewendet. 

Die Pausen, während welcher uns kein Heilserum zur Ver¬ 
fügung stand, waren: 1) vom 1. Juli 1893 bis 1. December 1893 
und 2) vom 1. April 1894 bis 31. Juli 1894. Die Injectionen fanden 
sofort nach der Aufnahme statt; es wurden in den letzten Monaten 
600 bis 1800 Immunitätseinheiten ipjicirt, je nach der Schwere 
des Falles. 

Während der Periode der Serumbehandlung wurden nicht in¬ 
jicirt aus Sparsamkeitsrüoksichten 12 Kinder, sechs davon waren 
sehr leicht krank und genasen, sechs kamen hoffnungslos ins Kran¬ 
kenhaus und starben bald nach der Aufnahme. Diese 12 Kinder 
werden mitgerechnet zur Periode der Serumbehandlimg, da es sich 


um die Vergleichung der Resultate verschiedener Zeiten handelt 
und die ganz hoffnungslos eingelieferten Fälle auch auf der anderen 
Seite, der Zeit ohne Serum mitrechnen. 

Es gehören nun zur Periode der Serumbehandlung 107 Kin¬ 
der, davon wurden geheilt 85, d. i. 79,4 %, darunter waren tra- 
cheotomirte 34, davon wurden geheilt 26 = 78,5 %. Wirk¬ 
lich injicirt wurden nur 95 Kinder, von denen 79 = 83 % ge¬ 
nasen. 

In den beiden Pausen, in welchen kein Serum vorhanden 
war, wurden behandelt 116 Kinder, von denen 84 genasen, d. i. 
72 , 4 %, darunter wurden 47 tracheotomirt, davon wurden geheilt 
29 = 02 %. 

Von den mit Serum behandelten und gestorbenen Kindern 
war der grösste Theil erst am dritten Krankheitstage oder später 
injicirt worden. Eins dieser Kinder, ein vierjähriger Knabe, wel¬ 
cher am dritten Krankheitstage in Behandlung kam, wurde drei 
mal mit je 600 Immunitätseinheiten injicirt und starb, nachdem 
die Diphtherie im Rachen fast geheilt war, an Myocarditis paren- 
chymatosa und Nephritis. Nur drei der gestorbenen Kinder waren 
nach den Aussagen der Eltern am ersten oder zweiten Tage der 
Erkrankung, als sie injicirt wurden. Eins davon kam im Juni 
1893 zur Behandlung, es starb, trotzdem es ganz im Beginn der 
Erkrankung, am ersten Krankheitstage injicirt wurde, in drei 
Tagen an septischer Diphtherie. Das Mittel war damals jedoch 
noch sehr schwach; daher ist der Fall nicht beweisend. Diebeiden 
anderen Fälle betreffen zwei einjährige Kinder, welche am Tage 
der Aufnahme tracheotomirt werden mussten und 600 Immunitäts¬ 
einheiten injicirt erhielten; sie starben wenige Tage darauf unter 
Erscheinungen der Bronchopneumonie. In diesen Fällen dürften 
die Angaben der Eltern betreffs der Dauer der Erkrankung auf 
nicht genügender Beobachtung beruhen: die Kinder waren jeden¬ 
falls schon länger krank. Vier der injicirten Kinder starben, nach¬ 
dem sie die Diphtherie überwunden hatten, an Herzschwäche resp. 
parenchymatöser Entzündung des Herzens und der Nieren. 

Die Resultate während der Behandlung mit Heilserum sind 
nach diesen Zusammenstellungen also durchaus als günstige zu 
bezeichnen. Die Erfolge in den Pausen, in welchen nicht iiyicirt 
wurde, sind um 7% ungünstiger, jedoch auch noch so gute (12% 
Heilungen), dass daraus der Schluss zu ziehen ist, dass die Epidemie 
in der Zeit vom Juni 1893 bis Ende October 1894 in Moabit eine 
leichte gewesen ist. Es geht deshalb aus unseren Erfahrungen 
noch nicht hervor, ob das Mittel sich auch bei einer schweren 
septischen Epidemie bewährt. 

Besonders in der letzten Zeit der Behandlung mit Heilserum, 
seitdem grössere Dosen zur Anwendung kommen, wurde in vielen 
schweren Fällen beobachtet, dass das Allgemeinbefinden der Kinder 
nach der Injection sich besserte, die Erscheinungen der Intoxication 
geringer und die Kinder munterer und frischer wurden. Ferner 
wurde der Puls in vielen Fällen langsamer und besser, sank die 
hohe Temperatur schnell zur Norm, in anderen konnte ein schnelles 
Abstossen der Beläge im Rachen nach der Injection bemerkt 
werden. Wenn diese Erscheinungen auch bei anderen Kindern, die 
nicht mit Heilserum behandelt wurden, häufig zur Beobachtung 
kamen, so besteht doch der Eindruck, dass dieselben nach der In¬ 
jection in allgemeinerer und energischerer Weise auftraten. Von 
den Tracheotomirten wurden während der Behandlung mit Heil- ' 
serum geheilt 76,5%, ohne Heilserum nur 62%; es besteht also 
ein Unterschied von 14,5% zu Gunsten der Heilserumbehandlung; 
immerhin ist bei der geringen Zahl der Fälle (es sind im ganzen 
81) dieser Unterschied nicht allzuhoch anzuschlagen. 

Eine Schädigung konnte durch das Mittel nicht weiter beob¬ 
achtet werden, als dass zuweilen ein bald scharlachähnlicher, bald 
urticariaähnlicher Ausschlag auftrat, gewöhnlich an der Injections- 
stelle; in zwei Fällen wurden Gelenkschwellungen, welche mit 
Fieber verliefen und auf Natrium salicylicum zurückgingen, beob¬ 
achtet. Eiweiss im Urin wurde nicht häufiger gefunden, als sonst 
bei gewöhnlicher Behandlung der Diphtherie. 

Seit October 1894 werden die gesunden Geschwister der 
diphtheriekranken Kinder in der Poliklinik prophylaktisch in¬ 
jicirt; es wurden 60 Immunitätseinheiten jedem Kinde eingespritzt 
(jetzt 150). 

Von 16 im October prophylaktisch injicirten Kindern erkrankten 
zwei an Diphtherie. Das eine Kind wurde am Tage nach der In¬ 
jection mit einer Diphtherie eingeliefert, welche ganz im Beginn 
war; es erhielt sofort 600 Immunitätseinheiten injicirt, und das 
Kind war nach zwei Tagen völlig geheilt, der geringe Belag auf 
den Mandeln hatte sich sehr schnell abgestossen. Die Schwester, 
welche zuerst erkrankt war, machte dagegen eine sehr schwere 
Diphtherie durch. Dieser Fall spricht durchaus nicht gegen den 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50 


Werth der prophylaktischen Injection, da an dem Tage derselben 
der Keim der Krankheit wahrscheinlich in dem Kinde schon vor¬ 
handen war, dagegen ist der schnelle und leichte Verlauf der 
Diphtherie vielleicht auf die Frühinjectionen des Mittels zu schieben. 
Da‘s zweite Kind, ein sechsjähriger Knabe, wurde am 11. October 
prophylaktisch injicirt und am 17. November, also nach circa fünf 
Wochen mit Diphtherie ins Krankenhaus eingeliefert; er befand 
sich nach Aussage der Eltern am ersten Krankheitstage. Nach 
sofortiger Injection von 600 Immunitätseinheiten verlief die Krank¬ 
heit sehr leicht. 

In diesem Fall haben also 60 Immunitätseinheiten des Mittels 
nicht ausgereicht zur Immunisirung für einen Zeitraum von mehr 
als fünf Wochen. 

III. Aus dem Augusta-Hospital in Köln. 

TJeber Myxödem und über Entfettungs- 
euren mit ScMlddrüsenfütterung ')• 

Von Otto Leichtenstern. 

Die nachfolgenden Bemerkungen knüpfen an eine Beobachtung 
an, die eine 65jährige Dame betrifft, bei welcher sich seit mehreren 
Jahren alle Zeichen des Myxödems entwickelt hatten: Die Schwel¬ 
lung des Gesichts, die dicken Augenlider mit der engen Lidspalte, 
die wachsgelbe Farbe des Gesichtes, die dicke stahlblaue Zunge, 
die langsame Sprache mit der mühsamen Articulation (Bradylalie), 
die rauhe, tiefe, fast blökende Stimme, der langsame watschelnde 
Gang, die unförmlich dicken Hände mit der kleienartigen Ab¬ 
schilferung und den rissigen Nägeln, die geistige Trägheit und 
Apathie stellten das classische Bild der Krankheit dar. 

Patientin erhielt die „Thyroid gland Tabloids“ der Firma 
Burroughs-Wellcome (London), und zwar 1—2 Pastillen täglich. 
Der Erfolg war ein ausgezeichneter und trat überraschend schnell 
ein. Binnen •wenigen Wochen war Patientin von allen Symptomen 
des Myxödems befreit. Die Schwellungen sind geschwunden, die 
Physiognomie ist normal und Patientin kaum mehr wiederzuer¬ 
kennen. Die Hautfarbe ist gesund, die Sprache gewandt, die 
Stimme vollkommen rein und ihre Tonlage eine hohe, normale ge¬ 
worden; die Bewegungen sind lebhaft und schnell, die geistige 
Regsamkeit völlig wiedergekehrt. Von einer Schilddrüse am Halse 
ist nichts zu fühlen. Seit ihrer Wiederherstellung, und zwar seit 
Monaten, nimmt Patientin täglich eine Pastille, und diese genügt, 
um den Ausfall der Schilddrtisenfunetion zu ersetzen und das 
schöne Heilresultat zu erhalten. 

Die Gewichtscurve der Patientin zeigte folgenden Verlauf: 

Anfangsgewicht.76,3 kg, 

nach Ablauf der ersten Woche, täglich 1—2 Pastillen 73,8 „ 

„ „ „ zweiten „ keine Pastillen . . 73,2 „ 

„ „ „ dritten „ täglich zwei Pastillen 71,6 „ 

„ * „ vierten „ „ „ 70,7 „ 

„ „ „ 5. u. 6. „ „ „ „ 68,0 „ 

Von der sechsten Woche an erhielt sich das Körpergewicht 
constant auf 68 kg, trotz mehrmonatlichem Fortgebrauch von täg¬ 
lich einer Pastille. Der Gesammtgewichtsverlust betrug somit 
8,3 kg. Die stärkste Abnahme fand in der ersten Woche statt, 

nämlich 2,5 kg; als dann in der zweiten Woche das Mittel aus- 
gesestzt wurde, erfolgte nur noch ein Gewichtsverlust von 600 g. 
In der dritten bis sechsten Woche trat bei Wiederaufnahme der 
Schilddrüsenbehandlung eine weitere Gewichtsabnahme um 1,6, 
0,9 und 1,35 kg per Woche ein. 

Die Diurese war in der ersten Woche enorm gesteigert, 
durch die Polyurie häufig die Nachtruhe gestört. Nach Ablauf 
der ersten Woche sah man sich genöthigt, das Mittel eine Woche 
lang auszusetzen. Patientin klagte nämlich über Schlaflosig¬ 
keit, Kopfschmerzen, Herzklopfen, über schmerzhafte, ziehende Ge¬ 
fühle im Rücken, in den Beinen, besonders den Knieen, sowie in 
den Schultergelenken, über grosse Müdigkeit. Objective abnorme 
Zeichen seitens des Herzens fehlten. 

Die rapide Abnahme des Körpergewichtes, welche bei Myx¬ 
ödemkranken infolge der Fütterung mit Schilddrüse regelmässig 
eintritt und in einer schnellen Zehrung des ödematösen oder 
„mucinösen“ Fettgewebes und, wie die gesteigerte Diurese lehrt, 
in einem beträchtlichen Wasserverlust des Körpers begründet ist, 
warf rein empirisch die Frage auf, ob vielleicht auch das 
normale Fett der Fettleibigen in ähnlicher Weise wie 
das der Myxödematösen auf Schilddrüsenfütterung 
reagire. 

Die von uns seit mehr als Jahresfrist in dieser Richtung an- 
gestellten Versuche ergaben, ebenso wie die des Herrn Dr. AVen- 

... *') Vortrag, gehalten im allgemeinen Ärztlichen Verein in Köln am 

12. November 1894. 


del stadt, der hierüber ausführlicher berichten wird, in der Mehr¬ 
zahl der Fälle ein günstiges, häufig ein überraschend günstiges 
Resultat, so dass die „entfettende“ Wirkung der Schilddrüse als 
eine sichere Thatsache bezeichnet werden muss. Es geht dies aus 
den Gewichtsverhältnissen hervor, welche 27 auf diese Weise be¬ 
handelte Individuen darboten. Bei 24 derselben, also in 89 % der 
Fälle, war der Erfolg ein positiver. Die Grösse des erzielten 
Gewichtsverlustes schwankt natürlich in weiten Grenzen, zwischen 
1 und 5 kg (!) in der ersten Woche, zwischen 1,5—9,5 kg wäh¬ 
rend einer mehrwöchentlichen Cur. 

So wurden beispielsweise an Gewichtsabnahmen erzielt: in 
sechs AVochen 9,5, 8 , 6,5, 5 kg u. s. w., in 3—4 Wochen 4,5, 8 , 5 , 
3 kg u. s. w. 

Je grösser der Fettreichthum, um so schneller und grösser 
ist im allgemeinen die Abnahme. Die negativen Erfolge betrafen 
zumeist keine fettleibigen Individuen. Unter den Fettleibigen 
giebt es eine Kategorie, welche ganz besonders stark auf das 
Mittel reagirt; es sind das jene, meist ausgesprochen anämischen 
Fettleibigen mit schwammigem Fettpolster, gedunsenem, an Oedein 
erinnerndem Gesicht, Personen, die eine entfernte Aehnlichkeit mit 
Myxödem darbieten, zu dem sie von minder Erfahrenen wohl auch 
schon gerechnet wurden. 

Bei einer solchen 106,5 kg wiegenden Frau in den vierziger 
Jahren erfolgte in einer Woche, bei zwei Pastillen täglich, eine 
Gewichtsabnahme von 5 kg. Die Diurese stieg bis auf 5 und einmal 
6 1 in 24 Stunden. Sehr erfolgreich gestaltet sich auch die Cur 
bei der fettleibigen Form der Chlorose. 

Der Gewichtsverlust pflegt, wie dies auch bei diätetischen 
Entfettungscuren die Regel ist, in der ersten Woche am grössten 
zu sein, dann von Woche zu Woche allmählich, mitunter sehr 
rasch abzunehmen, und auch die Erhöhung der Dosis von einer 
oder zwei Pastillen auf drei und mehr im Tage ist dann oft, jedoch 
nicht immer erfolglos oder hat nur geringen Effect. Dieses Ver¬ 
halten ist von grossem Interesse, indem es zeigt, dass das Mittel 
imstande ist, eine gewisse Menge, wie wir es neimen, „disponiblen, 
resp. locker gebundenen AVassers und Fettes“ zu eliminiren, während 
darüber hinaus der Körper seinen Wasser- und Fettgehalt erfolg¬ 
reich gegen das Mittel vertheidigt. 

Während wir bei unseren Entfettungs- und Entwässerungs- 
curen Fettleibiger vor Jahresfrist noch manchmal rohe Schilddrüse 
fütterten, kamen in den letzten Monaten ausschliesslich die von 
der Eingangs erwähnten Firma hergestellten, ausserordentlich be¬ 
quem zu nehmenden . „Thyroid. gland Tabloids“ zur Anwendung, 
von deren vorzüglicher AAHrksamkeit bei Myxödem wir uns hin¬ 
reichend überzeugt hatten. Es bedarf w r ohl kaum des Hinweises, 
dass wir bei unseren Schilddrüsencuren den grössten AVerth darauf 
legten, die gewohnte Diät der Kranken in keiner Weise zu ver¬ 
ändern, und es ängstlich, vermieden, daneben auf diätetische Ent¬ 
fettung abzielende Verordnungen oder Rathschläge zu geben. 

Auch von anderer Seite sind in jüngster Zeit Beobachtungen 
über erhebliche Körpergewichtsabnahmen während einer Schild- 
drüsencur gemacht worden. 

P. Bruns (diese Wochenschrift 1894, No. 41) hebt in seiner 
interessanten Mittheilung über die Behandlung gewisser Struma¬ 
formen mittels Schilddrüsenfütterung — es wurde rohe Drüse ver¬ 
wandt — die Gewichtsabnahme hervor, welche mehrere seiner 
Patienten erfuhren. Bei einem 40jährigen Manne trat nac- 
14 tägiger Fütterung mit insgesammt 46 g Schilddrüse eine Abnabnie 
des Körpergewichtes um 10 kg! — so viel haben wir niemals in 
so kurzer Zeit zu erreichen vermocht — ein. Unserer längst 
schon vor Jahresfrist, beabsichtigten Mittheilung ist ondltennj 
jüngster Zeit auch ein Engländer, YorkeDavies in einem Art 
des British medical Journal (7. Juli 1894, No. 1749), betitelt „Tbyr 
Tabloids in obesity“ zuvorgekommen. Er stellte den Versu- 
anders, aber nicht minder beweiskräftig an wie wir, indem er 
Patienten zuerst einige Zeit (einen Monat z. B.) eine Entfettungs i 
gebrauchen liess, sodann derselben Diät die Schilddrüsen lau o 
(täglich drei Stück) hinzufügte. Es stellte sich heraus, das 
der zweiten Periode (Diät und Schilddrüse) die Gewichtsabnahm . 
deutend grösser war, das doppelte, ja selbst dreifache der Gewi 
abnahme der ersten Periode betrug. Die von Daviesmitget e 
Zahlen sind sehr bemerkenswerth und stimmen mit unseren guns p 
Erfahrungen vollkommen überein. * u 

Was nun die „üblen Nebenerscheinungen“ anlangt, . 
mehrfach bei Schilddrüsenfütterung beobachtet und dieser zur 
gelegt wurden, so lassen sich dieselben bei vorsichtiger^ * 
des Mittels und Beobachtung des Kranken, seines Allge 
firideiis, des Verhaltens des Herzens, des Harns etc. zun J e j® * ^ 
lieh vermeiden. Treten sie auf, so genügt das Ausse _ 
Mittels, um sie rasch zum Verschwinden - zu bringen, vv 
bei unseren Schilddrüsenentfettungscuren niemals auch nw jt 

beängstigende Zustände gesehen. Ueher Kopfweh, vJcniaii »*5 


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13. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


ziehende Schmerzen im Rücken und den Extremi- 
Appetitvcminderung, Uebelkeit, Herzklopfen und 
S1U<1 dle vou un ® beobachteten Nebenersckei- 
n 2“. hinausgegangen. Dass nichtsdestoweniger bei 

schwachem Herzen, bei schwerer Anämie und insbesondere beim 
Myxödem Vorsicht von nöthen ist, lehrten uns die Erfahrungen 
welche wir bei unserer im Jahre 1893 beobachteten Myxödem¬ 
kranken gemacht und in dieser Wochenschrift (1893 No 49—511 
eingehend beschrieben haben. Die dort beobachteten Erscheinungen 
ernstei Herzschwäche mit Anasarka etc., sodann das überaus hart¬ 
näckige heberlose Erythema migrans, das schliesslich in eine 
schwere Dermatitis exfoliativa ausartete, haben wir bei unseren 
Entfettungscuren und in zahlreichen anderen Fällen, wo wir die 
Schilddrüse anwandten, niemals gesehen. Abgesehen von einer 
harmlosen transitorischen Urticaria traten einmal, am vierten Tage 
uer Lur, sitccessive neun erbsen- bis bohnengrosse Furunkel auf 
dem beliaarten Theil des Kopfes auf bei einem Manne, der früher 
niemals an I< urunculose gelitten hatte. Auch thut man dem Mittel 
I nrecht, wenn man demselben als solchem, zumal bei Entfettungs¬ 
euren alle die kleinen Nebenwirkungen in die Schuhe schiebt die 
wir oben angeführt und die unter dem Namen „Thyreoidismus“ 
von den Engländern in dieser Weise gedeutet werden Diese 
„Nebenerscheinungen“ haben wohl zumeist ihren Grund in der 
raschen Entwässerung und Entfettung, also in der Wirkung des 
Mittels, nicht in diesem selbst, das man schon ..Toxin“ getauft 
hat; sehen wir ja doch ganz dieselben meist geringfügigen Er¬ 
scheinungen auch bei Personen auftreten, die in allzu brüsker 
Weise diätetischen Entfettungscuren unterworfen wurden. Mit 
ganz wenigen Ausnahmen traten bei unseren zahlreichen Ver¬ 
wendungen des Mittels überhaupt keinerlei „Nebenerscheinungen“ 
auf, die Patienten nahmen dje Tabloids ohne jedwede Gesundheits¬ 
störung. 

Die Frage anlangend, auf welche Weise die durch Schilddrüsen- 
fütterung erzielten Gewichtsverluste zustande kommen, so ist von 
vornherein klar, dass dies nicht etwa auf dem Wege einer 
Störung des Appetites und damit einer Verminderung der Nahrungs¬ 
aufnahme geschieht, ferner auch nicht durch eine Störung der Ver¬ 
dauung oder der Ausnützung der Nahrungsmittel ira Darmcanale. 
Appetit und Nahrungsaufnahme sowie die Verdauung verhalten 
sich vollkommen normal. Unzweifelhaft kommt der Gewichts¬ 
verlust zustande durch gesteigerten Verbrauch au Körperfett und 
durch vermehrte Wasserabgabe, und zwar ohne dass die gewohnte 
Eruährungs- und Lebensweise des Individuums im geringsten ge¬ 
ändert würde. Gerade dadurch unterscheiden sich die Schilddrüsen- 
entfettungscuren von den diätetischen. Bei letzteren findet stets 
Unterernährung statt. Nach welchem der berühmten Muster man 
auch verfahren mag, ob nach Harvey-Banting oder nach den 
Modificationen dieses Verfahrens durch Vogel, Ebstein, Gerte I, 
alle diese Diätzettel weisen, auf ihren Calorieen werth ausgerechnet, 
ein erhebliches, oft mehr als die Hälfte betragendes Miiius des calori- 
Bedärfes .auf, wodurch eben der Körper genöthigt wird, das 
Kohlehstoffdefidt in der Nahrung durch Zehrung des eigenen Fettes 
zu decken. 

Selbstverständlich kann ein Individuum während einer Scliild- 
drüseneur auch einmal au Gewicht zunehmen, wenn es die durch 
die Schilddrüse bedingten Verluste au Fett und Wasser durch ge¬ 
steigerte Nahrungszufuhr, durch Ueberernährung übercompensirt. 
So geschah es bei einem schlecht genährten Knaben, der wegen 
Ps.oriasis Schilddrüse, erhielt, daneben aber in seinem Ernährungs¬ 
zustände gehoben werden musste. 

Gleichwie ferner der Erfolg einer diätetischen Entfettungseur 
nur durch Fortgebrauch einer entsprechenden Diät erhalten weiden 
kann, ebenso erfordert der durch Schilddrüsenfüfcterung erzielte 
Gewichtsverlust zu seiner Fixirung nach Aussetzen des Mittels das 
Einhalten einer entsprechenden Diät. Findet nach dem Aussetzen 
des Mittels Ueberernährung mit einer den Fettansatz begünstigenden 
Diät statt, so wird ebenso wie so oft nach vorübergehenden 
Entfettungscuren, zumal in gewissen Badeorten, alsbald das frühere 
Gewicht wieder erreicht. 

Die Inangriffnahme und Durchführung der Aufgabe wird sich 
je nach der Lage des Falles verschieden gestalten, häufig so, dass 
von vornherein die Thyreoidbehandlung mit der diätetischen Ent¬ 
fettung gleichzeitig verbunden wird, oder dass letztere zur Er¬ 
haltung und wohl auch zur Steigerung des Resultates der Thyreoid¬ 
behandlung nachfolgt. 

Beide yerfahren sind bestimmt, sich gegenseitig zu unter- 
stützeh. Nichts wäre irriger, als etwa annehnlen zu wollen, dass 
die Schilddrüsenbehandlung der Fettleibigkeit die diätetischen Ent¬ 
fettungsmaassregeln entbehrlich mache. 

Die Frage, wie sich die Grösse des durch Schilddrüsenfütterung 
jeweilig erreichten Gewichtsverlustes auf die beiden Componenten 
Iett -f- Wasser vertheile, kann mir durch Stoffweehselunter- 


_93 3 

! Buchungen im Respirationsapparate entschieden werden; unzweifel- 
; haft finden hierbei grosse, durch die Individualität bedingte Diffe¬ 
renzen statt. 

Wenn wir daran erinnern, dass auch bei diätetischen Ent¬ 
fettungscuren, ohne jedwede Beschränkung der Flüssigkeits- i. e. 
Wasserzufuhr, der besonders in der ersten Woche stattfindende 
erhebliche Gewichtsverlust zum Theil auf gesteigerter Wasser¬ 
abgabe des Körpers beruht, wie Hirschfeld sehr richtig hervor¬ 
hebt (Zeitschrift für klinische Medicin, 22. Bd., S. 158), so wollten 
wir damit nur darthun, dass die Entwässerung als eine Theil- 
erscheinung der Entfettung als solcher und nicht als ein specifisches 
Attribut der Thyreoidentfettung aufzufassen ist; möglich aber, 
dass bei letzterer die entwässernde Wirkung gelegentlich stärker 
am Gewichtsverluste betheiligt ist als bei diätetischer Entfettung. 
Die oben erwähnten Harnmengon von 5—6 1 im Tage bei reiner 
. Schilddrtisencur lassen diesen Gedanken wohl aufkommen. 

Das Ideal aller Entfettungscuren ist, deii Körper zu entfetten, 
ohne den Ei weissbestand desselben lierabzudriicken. Aus den 
Stoffweehseluntersuchungen vou Hirschfeld, v. Noorden und 
Dapper wissen wir, wie schwierig es ist, bei diätetischen Ent- 
iettungscuren Eiweissverluste zu vermeiden. Dieselben mögen zu¬ 
weilen bei der plethorischen Form der Fettsucht gleichgültig 
sein, nicht belanglos sind sie dagegen bei der anämischen Form 
und bei schwachem oder bei degenerirtem Herzen. Die Entschei¬ 
dung darüber, wie sich der Eiweissstoffwechsel bei Entfettungs¬ 
curen mittels Schilddrüse verhält, muss exacten Untersuchungen 
Vorbehalten bleiben: Was bisher in dieser Hinsicht bekannt ist, 
beschränkt sich auch die Versuche von Vermehren, welcher 
zwar nicht das Stickstoffgleichgewicht herstellte, aber doch Ein¬ 
nahmen und Ausgaben genauer controllirte und zu dom Ergebniss 
gelangte, dass bei Myxödeinatösen infolge der Schilddrüsenbehand- 
lung ein vermehrter Umsatz der stickstoffhaltigen Bestandteile 
des Organismus statt hat. Es wäre aber möglich, dass dieser ge¬ 
steigerte Eiweisszerfall hauptsächlich jenes Eiweiss betrifft, das 
dem Parenehyimvasser augehört, welches beim Myxödem in der 
Haut angestaut ist und durch die Thyreoidbehandlung massenhaft 
in Circulation geräth. Die vermehrte Ei Weisszersetzung beim 
Myxödem infolge der Schilddrüsenfütterung würde sich dann ähn¬ 
lich verhalten wie die gesteigerte Eiweisszersetzung, welche wir 
bei einem Gesunden dann beobachten, wenn wir ihm plötzlich eine 
erheblich gesteigerte Eiweissmenge in der Nahrung zuführen. 

Die Frage endlich, auf welche Weise die Schilddrüsenfütte- 
1 -uug wirkt, ist noch ganz in Dunkel gehüllt. Vielleicht ist 
folgende Hypothese statthaft. Es unterliegt keinem Zweifel, dass 
die Thyreoidea einen Stoff bereitet, der für das Leben und die 
Gesundheit des Organismus von grosser Bedeutung ist. Dieser 
Stoff hat, wie die Beobachtungen beim Myxödem und bei Fett¬ 
leibigen, ferner auch die zuweilen bei Hautkrankheiten (Psoriasis) 
erzielten Erfolge lehren, einen Einfluss auf die Ernährung der Haut 
und einen regulirenden Einfluss auf den Fett- und Wassergehalt 
des Panniculus adiposus. Gesteigerte secretorische Thätigkeit der 
Schilddrüse bewirkt gesteigerte Verbrennung des Fettes, vermin¬ 
derte Drüsensecretion begünstigt den Fettansatz, dauernder gänz¬ 
licher Mangel des Secretes ruft den höchsten Grad von Wuche¬ 
rung des ödematösen Fettgewebes hervor, wie (lies beim Myxödem 
statt hat. Die Thatsache, dass manche Anämische sehr fettreich 
werden, hat vielleicht darin ihren Grund, dass die Schilddrüse 
unter dem Einfluss der anämischen Blutbeschaffenheit weniger se- 
cemirt; die normale Secrction soll nach neueren Versuchen von 
der Blutbeschaffenheit allein abhängen und von Nerven nicht be¬ 
einflusst werden. 

Wir haben die Schilddrüsen tabloids resp. rohe Drüse noch in 
zahlreichen anderen Fällen angewandt, so nach Byrom-Bram- 
well’s Mittheilung (Brit. med. Journ. 1893, Oct. 28) in vier Fällen 
von Psoriasis, in zweien derselben ohue jeden Erfolg; in einem 
dritten Falle trat nach achtwöchentlicher Behandlungsdauer eine 
entschiedene Besserung ein. Bemerkenswerth ist der vierte Fall, 
wo die Tabloids, im Anschluss an eine Chrysarobincur gereicht, 
bis zur Zeit, sieben Wochen lang, die Recidive hintangehalten 
haben, die früher stets kurze Zeit nach der Chrysarobinbehandlung 
einzutreten pflegten. Die Heilung ist eine so vollständige und lange 
dauernde, wie nie zuvor. 

In vier Fällen von schwerem Morbus Basedowii trat nicht 
die geringste Besserung, eher Verschlimmerung ein. 

Ein Fall von typischer Akromegalie nahm die Tabloids in 
steigender Dosis vom 9. Februar bis 5. Juni d. J., verlor in dieser 
Zeit 7 1 /-! kg an Gewicht. Auf die hypertrophischen resp. hyperosto- 
tischen Knochen hatte das Mittel nicht den geringsten Einfluss. 


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im 


DEUTSCHE MED1C1N1SC11E \YOt JlENSCUKiFT. 


No. hl) 


IV. Aus (lern Augusta-Hospital in Köln. 

Ueber Entfettungscuren mit Schilddrüsen- 
futterung. 

Von Dr. Wcndelstadt, Secundärarzt, 

Seit der Veröffentlichung des Herrn Professor L ei eil teil¬ 
st ern über seine Erfolge mit Schilddrüsenfütterung bei Mxyödem 1 ) 
wurden von ihm selbst seit Jahresfrist und auf seine Veranlassung 
von mir bei einer Reihe von Fettleibigen Versuche mit dem Mittel 
angestellt. 

Wir gaben anfangs rohe Schilddrüse vom Schate, in den 
letzten Monaten ausschliesslich die von Borroughs, Wellcome & Co. 
in London dargestellten „Tabloids of compressed dry Thyroid Gland 
powder“, die sehr leicht zu nehmen sind. Nach den bisherigen 
Veröffentlichungen scheint dieses Präparat allen Arten der Verab¬ 
reichung von Schilddrüse vorzuziehen zu sein 2 ). Eine Pastille ent¬ 
spricht ca. 0,8 g Schilddrüsensubstanz. Wir begannen die Cur mit 
der täglichen Darreichung von 1—2 Pastillen und stiegen allmäh¬ 
lich, meist wöchentlich um eine, bis zu vier Stück pro die, vor¬ 
ausgesetzt, dass keine der unangenehmen Nebenwirkungen, über 
welche oben bereits Herr Prof. Leiehtenstern berichtet hat, 
(‘ine Unterbrechung veranlassten. Es erscheint rathsam, nicht 
höher zu gehen, denn nach unseren bisherigen Erfahrungen wird 
die Wirkung durch grössere Dosen nicht nennenswerth gesteigert. 

Der Thyreoidismus scheint weniger leicht einzutreten, wenn 
die Pastillen nicht auf einmal genommen, sondern auf die Mahl¬ 
zeiten vertheilt werden. Die relative Unschädlichkeit des Mittels 
habe ich an mir selbst erprobt, indem ich ohne merklichen Schaden 
einmal 18 Pastillen und häufig bis zu 12 Stück an einem Tage 
genommen habe. 

Jedenfalls .sind die Wirkungen individuell sehr verschieden, 
und der Thyreoidismus darf nicht unterschätzt werden. Während 
wir keine so schweren Vergiftungserscheinungen sahen, dass die¬ 
selben als eine Contraindieation gegen den Versuch einer derartigen 
Entfettungscur gelten konnten, sind von anderer Seite warnende 
Stimmen gegen das Mittel laut geworden. So beobachtete Abra¬ 
ham 3 ) „bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Patienten sehr 
unangenehme Erscheinungen“. Die Symptome des Thyreoidismus 
verschwinden nach den bisherigen Erfahrungen bei Aussetzen der 
Schilddrüsenfütterung sofort. Bei einer genauen ärztlichen Beob¬ 
achtung kann man es sicher ruhig wagen, die Cur zu versuchen, 
namentlich wenn man mit kleinen Dosen anfängt. 

In den ersten Tagen pflegt eine bedeutende Vermehrung der 
Harnsecretiou aufzutreten. Eiweiss wurde niemals im Urin ge¬ 
funden. Mit der Wasserentziehuug hängt wohl auch die oben er¬ 
wähnte Obstipation zusammen. Stoffwecliseiversucho, welche über 
die Wirkungsweise des Mittels, wie wir hoffen, einige Aufklärung 
verschaffen sollen, sind zur Zeit im Gange und werden eventuell 
später veröffentlicht werden. 

Es ist selbstverständlich, dass wie bei allen Entfettungscuren 
zur Venneidung unliebsamer Ueberraschungen, eine genaue Unter¬ 
suchung des Patienten vorgenommen, insbesondere das Herz (die Puls¬ 
frequenz darf nicht über 100—120 steigen, s. Fortschritte der 
Medicin, 1. c.) und das Verhalten des Harnes unter Controlle ge¬ 
halten werden muss. Eine Aenderung der Diät ist nicht ange- 
rathen, im Gegentheil Werth darauf gelegt worden, dass die frühere 
Lebensweise genau weitergeführt -wurde. In der Mehrzahl der 
Fälle (88 °/ 0 ) ist ein Erfolg zu verzeichnen, indem eine mehr oder 
weniger grosse Gewichtsabnahme zu constatircn war. Die 25 Fälle, 
über welche wir jetzt, verfügen, lassen wohl keinen Zweifel an der 
Wirksamkeit des Mittels zu (vergl. Tabelle). Einige der über¬ 
zeugendsten Fälle will ich mit einer Tabelle hierunter folgen 
lassen. 

Herr R., der seinen Neigungen entsprechend weit davon entfernt ist, 
seine Diät in irgend welcher Weise oinzuschränken, zeigt die folgende 
(lewirbtsabnahme. Bemerkt sei. dass in diese Zeit ein dreiwöchentlicher 
Aufenthalt in einer anderen Stadt fällt, der sich durch viele Diners ote. 
ivnszeichnete. 

Datum ^ahl ^ er Pastillen 

pro die 

September. — 

. 2 

. 4 

. . . . , 8 
. keine 


21. September bis 1. October . 4 88,5 kg 

1.—10. October ...... 2—4 87,5 „ 

10.—14. „ . keine 87,75 „ 

14.-20. „ . 4 86,0 „ 

Also Abnahme vom 7. September bis zum 20. October 9,5 kg. Ich 
selbst nahm in derselben Zeit bei einer zwischen 2 -18 Pastillen schwan¬ 
kenden Dosis 8 kg ab. 

Der Gewichtsverlust pflegt in der ersten Woche am stärksten zu 
sein, dann allmählich bei gleicher Dosis oder geringer Steigerung der¬ 
selben abzunehmen. Oft tritt dann ein Stadium ein, von welchem an 
keine weitere Gewichtsabnahme erfolgt, und auch die Steigerung der 
Dosis pflegt daun keinen oder nur geringen Effect zu haben. Als Bei¬ 
spiel mögen folgende Beobachtungen dienen. 


1. Herr W. zeigt folgende Abnahme: 

„ .. Zahl der Pastillen 

Zelt pro die 

2 


Abnahme 


1. Woche. 2 2,0 kg 

2. Woche. 2 1,5 „ 

8. Woche. 2 1,0 „ 

4. Woche*. 8 1.0 * 

5. Woche. 3 - « 

6. und 7. Woche ... 8 — 

2. Frau II. zeigt folgende Abnahme: 

„ . 4 Zahl der Pastillen 

Ze,t pro die 

1. Woche. 2 

2. Woche. 2 

8. Woche. 2 

4. Woche. 3 0,5 „ 

5. Woche. 3 — » 

8. Herr M. E. nahm vom 14. November 1894 au täglich 3 Pastillen. 
Oe wicht am 14. November 100,5 kg Gewicht am 19. November 97,0 kü 

.. 15. „ 100 „ „ „ 20. . »7,0, 

| 16. „ 99,3 „ „ 22. „ 97.0, 

„ „ 17. „ 99,0 „ 

Die folgende Tabelle giebt eine Uebersicht Uber die bisher behau- 

I 1, ttv. n 1- J_1_ 1 _O .4 Di.oli’llm. ironnmman tmtlfW 


Abnahme 

1,75 kg 
1,25 , 


Name 1 Zeit 1 

Abnahme 

Bemerkungen. 

1. Herr R. 1 ) 6 Wochen 

2. * W. ! 6 „ 

8. Frau X. ! 6 

4. Herr L. 3 „ 

1 9,5 kg : 
8 .. 

6,5 ., 

8 ” , 

») Während der Cur 1 Furunkel. 

Herr L. litt an einer ausgedehnten 
Psoriasis. Dieselbe wurde mit Ch.rj- 


5. 

., Th. L. 

6 

.. t 

5 

- 1 

6. 

Frau X. 

1 7* 

1 

2 


7. 

Herr S. 

Vji 

i 

1,5 


8. 

Frau M. 


” i 

5 

,, 

9. 

Herr X. 

3 

„ 

3,5 

.. i 

10. 

* s. 

2 T 

»gen j 

1 

„ ! 

11. 

„ K. 

4 

i 

2 

., i 

12. 

A. F. 

5 

i 

3 

„ 

13. 

Herr J.W. 

TW 

’ocli eil 

5,5 


14. 

Frau H. 

5 

1 

3,5 


15. 

Herr S. 

2 

„ 

3,5 

„ 

16. 

„ G. 

8 

- 

4,5 

:■) 

17. 

B. 

4 


1,5 


18. 

S. A. P. 

8 


7,5 



i. 

7.-11. 

11.-18. 

19. 

20 . 


;J S. Behandlung mit Schilddriisensaft. Referat über eine Reihe 
Arbeiten englischer Autoren von Bettina». Fortschritte der Medicin 
1894. No. 19. 

P.S. Abraham (London*, Observation* on soiue cases of diseases 
"I tlu* skin treated with thyroid gland. Prov. nu*d. Journ. 1894. N<>. 147. 
IDT. (Vntralhlatl f. innere Med. 1894. No. 42. 


Gewicht 




95.5 kg 

93,0 „ 

90.5 „ 

90,5 

90,5 r 

19. F. 2 


1 


20. Frau K. 3 

r 

2,5 ,. 

50. 

21. Herr 11. 3 

,, 

1.5 ., 3 j 


N. 2 '/* 


0,5 


saroDin Deuaiiueu uuu 
1 Schwinden gebracht. Dann nahm 
Pat. Pastillen und blieb bis heute 
(7 Wochen) von jedem Recidiv frei, 
während er früher die Recidivc 
mit einer Ausnahme — sogleich be¬ 
merkte. 

Patientin, Reconvalescentiu nach 
Pneumonie, entwickelte in den letzten 
Wochen einen gewaltigen Appetit 
und hatte vor Beginn der Cur in kui- 
zer Zeit 2,5 kg zugenommen. 


Pat, leidet au chronischer Ne¬ 
phritis. Die Hammenge stieg nicb . 
und der Versuch wurde abgebrochen. 

>) fettreicher Diabetiker. Kein 
Einfluss auf die Zuckerausscheiduni.. 

8 ) litt an Psoriasis univer- 
salis. Nahm von Februar i Jj« 
fünf Wochon lang 5—K* g . 
Schilddrüse und im Aoächliiss hie 
drei Wochen lang Pasüllen. ^ 

magerung wurde so er ^* ,c J ’ 
die Cnr abgebrochen J'“ de “ T 
Die Psoriasis war bedeutend b 
bessert, 

S) Magerer Herr mit StJ““| a d - 
Struma nicht gebessert 
der Cur bekam Patient, der ^ 
niemals daran gelitten hat • 
kleine Furunkel. rlll - 

*) ln Verbindung ,,nl 
fettenden Diät, 


Digitized b 


Google 


Original frum 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 






















13. Itemnlier. 


deutsche medicinisciie Wochenschrift. 


Diesen 2*2 hüllen, in welchen eine Abnahme stattfand, stehen 
drei andere gegenüber, bei welchen das Körpergewicht nicht ge- 
ringer wurde. Die betreffenden Patienten hatten mir einen 
schwach entwickelten Panniculus adiposus. 


Name 


Zeit Abnahme, 


Bemerkungen. 


1. Herr S. 2 Woehen' ') i ') Nephritiker. Ohne jeden 

0 T ' Einfluss auf die Krankheit 

"• " '• ;> •» i 2 ) Schwerer Morbus Basedo- 

dowiL Ohne jeden Einfluss auf die 
, Krankheit. 

.1 A. St. <> * V ( 3 ) Ausgedehnte Psoriasis, die 

i ganz bedeutend gebessert wurde. 

Der 17 jährige Patient zeigt Gewichts- 
| Zunahme und ist erheblich gewachsen. 

Von den 25 behandelten Personen zeigen 22 = 88% Gewichts¬ 
abnahme, während 3 = 12% an Körpergewicht nicht verloren haben. 

Sollten weitere Versuche mit den bisherigen von uns ange- 
steilten übereinstimmen, so dürfte die Schilddrüsenfütterung als 
eine meist sehr gut ertragene Entfettungseur ohne Wechsel der 
gewohnten Lebensweise oder als Unterstützungsmittel bei diäteti¬ 
schen Entfettungen, wie Davies 1. c. sie anwandte, wohl einer 
Beachtung .werth sein. Die erzielten Gewichtsabnahmen sind sicher 
nicht durch eine Störung des Appetites und dadurch verminderte 
Nahrungsaufnahme erreicht worden, ebensowenig ausschliesslich 
durch Wasserverarmung des Körpers, wenn auch die Diurese ge¬ 
steigert zu sein pflegt. Der Gewichtsverlust beruht höchst wahr¬ 
scheinlich. nicht, ausschliesslich auf gesteigertem Eiweissverbrauch, 
da sich, die Patienten während der Cur meist sehr wohl befanden 
und keine Abnahme der Kräfte erfuhren. Es ist vielmehr wahr¬ 
scheinlich, dass die Abnahme, abgesehen von vermehrter Wasser¬ 
abgabe, in einer gesteigerten Fettverbrennung ihren Grund hat. 

M Doch, wie gesagt, hierüber, d. h. über die Wirkungsweise der 
Schilddrüsenfütterung, können nur Stoffwechselversuche endgültigen 
Aufschluss geben. 

Zum Schluss erlaube ich mir, Herrn Prof. Dr. Leichten- 
stern für die gütige Ueberlassung seiner Beobachtungen und für 
seine freundliche Anregung meinen Dank auszusprechen. 


V. lieber Neuritis puerperalis. 

Von Prof. Dr. M. Bernhardt. 

In seiner Arbeit „Ueber Polyneuritis puerperalis“ beklagt sich 
Lu dz 1 ) gewissermaassen darüber, dass er in der deutschen 
Litteratur ausser den ursprünglichen Möbius’schen Mittheilungen 
nur noch bei Mader und vielleicht bei Korsakoff hierhergehörige 
Veröffentlichungen gefunden habe. — Ohne auf das eigentliche 
Wesen dieser puerperalen Erkrankungen der peripherischen Nerven 
eingehen zu wollen, 2 ) möchte ich nebpn einer neuen, zum Schluss 
raitzutheilenden Beobachtung einige ältere Beschreibungen deutscher 
Autoren hier reproduciren. Sie haben alle das Gemeinsame, dass 
sie, weil unter anderen Mittheilungen versteckt., in der That nur 
schwer aufzufinden sind. Aus diesem Grunde dürfte es im Interesse 
künftiger Beschreiber der puerperalen Neuritis nicht unwichtig sein, 
diese älteren Mittheilungen ins Gedächtniss zurückzurufeil. 

So gehört zum Beispiel der Fall VIII der unter meiner Leitung 
angefertigten Schnitz er’schen 3 ) Dissertation hierher, ebenso die 
dritte Beobachtung von Käst. 4 ) 

Sie betrifft eine 23jfihrige Frau. Nach infectiöser Puerperalerkran- 
kung und septischer (?) Endocarditis trat atrophische Parese in einem 
iheil des Ulnar- und Medianusgebietes mit theils partieller, theils com- 
pleter Entartungsreaction ein. Es bestanden lebhafte Schmerzen in beiden 
Armen, Druckempfindlichkeit der Nervenstämme, Anästhesie der Hände, 
vorübergehende Pnrästhesiecn und Schwäche in den Beinen. Völlige 
Heilung. 6 

In einer Arbeit, betitelt: „Zur Frage von der Aetiologie der 
peripherischen Facialislähmung“, sprach ich 5 ) einmal von der Mög¬ 
lichkeit beziehungsweise Wahrscheinlichkeit, dass das Wochenbett 
die Ursache einer neuritischen Erkrankung des Facialis werden 
könne, und veröffentlichte dann im Anschluss speciell an die 


^ ^ A. Lunz, Ueber Polyneuritis puerperalis. Diese Wochenschr. 1894, 

*) In einem gewissen Sinne ist dies, wenn auch nur mit wenigen 
Worten, durch den Verfasser schon früher geschehen. Vergl. Ver- 
hanalnngen der Gesellsch. der Chariteärzte zu Berlin. Berl. klin. Wochen¬ 
schrift 1890, No. 28. 

^ Schnitzer, Ueber traumatische Lähmungen der Armnerven, 
speciell des Medianus. Berlin, 1876. 

x» .) A- Käst, Klinisches und Anatomisches über primäre degeuemtive 
Nenaijis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 40, 1886, S. 41. 

) Bernhardt, Berl. klin. Wochenschr. 1892, Xo. 10. 


Möbius'schon Beobachtungen eigene, freilich mir in einer Vn- 
nierkung unter dem Text. 

Bekanntlich, sagte ich dort, war es Möbius, welcher auf das Vor¬ 
kommen einer Neuritis puerperalis aufmerksam macht, welche die End- 
aste des Nervus medtaiius oder Nervus ulnaris oder beider, einseitig oder 
doppelseitig ergreift. Schon m seinerersten Mit theilung aber befinden sich zwei 
Beobachtungen, welche das Befallenwerden auch anderer Xervenbezirko 
(bchultermuskchi. plexus brachialis) dartkun, und in einer späteren Arbeit') 
wim auch die Betheiligung der Nerven der unteren Extremitäten zuge- 
gebeu. Beteiligung einer grösseren Anzahl von Extremitütennerven an 
der Neuritis während und nach der Schwangerschaft ist sowohl von en"- 
hschen wie französischen Schriftstellern hervorgehoben worden, wie man 
hei Möbius (zweite Mittheilung) uaehlcsen kann. Hierher gehört wohl 
auch dm Notiz HandfordV) über zwei Frauen, welche zwar Gewohn- 
tieitstnnkonnnen waren, aber erst im Anschluss an die Niederkunft an 
multipler Neuritis erkrankten und nach Jahresfrist (relativ) geheilt wurden. 

Diesen Bemerkungen schloss ich die Mittheilung über zwei 
eigene hierher gehörige Beobachtungen an, welche ich mir aus 
dem Eingangs hervorgehobenen Grunde hier noehmals abzudrueken 
erlaube. 


a) Neuritis (puerperalis) nervi mediani et ulnaris 
d ex tri. 

Die 29jährige Frau T. ist seit 6 Jahren verheiratet und hat drei 
Kinder geboren. Sie hatte angeblich bei jeder Entbindung Reissen in 
den Schultern. Seit der letzten Entbindung (12. December 1887) be- 
merkte Patientin nach voraufgegangenen Schmerzen in der rechten 
bchulter eine allmählich zunehmende Abmagerung der rechten Hand 
welche, wie die Untersuchung (27. .Juni 1888) ergab, die Zwiehenknochen- 
raume, speciell den ersten und den Daumenballon betraf; längs des ganzen 
Ulnarrandes des rechten Unterarms und am kleinen Finger bestand Taub- 
heitsgefülil; Spreizen und Annähern der Finger erheblich beeinträchtigt, 
ebenso die Daumenbewegungen; Mittelform der Entartungsreaction in 
neiden Nervengebieten. 


b) Neuritis (puerperalis) nervi peronei sinistri. 

Die etwa Mitte der zwanziger Jahre stehende Frau S. war am 18. 
beptember 1888 zum ersten male entbunden worden. Die Zange war bei 
hochstehendem Kopf (II. Schädellago) angelegt: es soll absolut. keine 
Quetschung der Beckentheile stattgefunden haben. Es stellten sich hef- 
tige Schmerzen im Verlauf des linken N. ischiadicus ein, welche sich 
nach vierzehn Tagen auf die Wade und die Knöchel gegen d beschränkten, 
übjectivo Sensibilitätsstörungen waren nicht zu constatiren; die Bewe¬ 
gungen in der Hüfte, im Knie waren frei; mässige Plantarflcxion des 
xusses ausführbar, die Kniephänomene (auch links) vorhanden. Dagegen 
bestand vollkommene Unmöglichkeit der Fuss- und Zehenstreckung (Dor¬ 
salflexion). Die elektrische Untersuchung ergab eine vollkommene Ent- 
artungsreaction im Gebiete des linken N. peroneus. Fieber war während 
des ganzen Verlaufs der Krankheit nie aufgetreten. 

Diesen älteren Beobachtungen reihe ich schliesslich noch eine 
aus dem Sommer 1894 au. 

Sie betrifft eine 31jährige Frau M„ welche angoblieh seit ihrem 
18. Jahre Schmerzen in der rechten Schulter gehabt haben will. Seit 
1888 ist sie verheiratet: das älteste Kind wurde im August 1889 geboren. 
Schon nach dieser Entbindung traten später wieder nachlassende Schmerzen 
im ganzen rechten Arm auf. welche dann 1892 während eines Influenza- 
anfalls wiederkehrten. Nach ihrer letzten, im September 1893 erfolgten 
Entbindung lag sie vier Monate krank darnieder; es soll blutiger Aus¬ 
fluss aus den Genitalien und Fieber bestanden haben. Von dieser letzten 
Entbindung datiren die noch jetzt (Juni 1894) bestehenden Beschwerden. Es 
waren Schmerzen vorhanden, welche sich vom unteren Winkel des rechten 
Schulterblattes und seinem medialen Rande ab längs der hinteren und 
inneren Seite des Oberarms bis zum Unterarm hinzogen und dort die 
Ulnarisgegend einnahmen. Druck auf die rechte Oberschlüsselbeingrube 
war nicht empfindlich. Es bestand eine (subjective) Gefühlsvertaubung 
an der Ulnarhälfte der Beugeseite des Unterarms und an den Fingern, 
mit Ausnahme des Daumenrückens. ' Der Umfang des rechten Vorderarms 
6 cm oberhalb des Erbsenbeins betrug rechts 14,75, links 15,5 cm. Der 
rechte Daumenballen war abgeflacht (speciell der M. abductor brevis) das 
I. Spatium interosseum, weniger die anderen, war eingesunken: Krallen¬ 
stellung des fünften Fingers. Andeutung derselben beim vierten Finger. 
Der fünfte Finger steht vom vierteil, dieser vom dritten ab, doch ist eine 
Annäherung, wenn auch etwas mühsam, möglich. Die Bewegungen der 
vom N. radialis innervirten Streckmuskeln der Hand und Finger, sowie 
sämmtliche Bewegungen im Ellenbogen- und Schultergelenk waren frei. 
Im rechten Medianus- und Ulnarisgebiet (der Fingermuskulatur) konnte 
deutlich das Bestehen der Mitteiform der Entartungsreaction nachgewieseu 
werden. (Neuritis puerperalis nervi mediani et ulnaris dextri.) 


') Möbius, Münch, med. Wochenschr. 1887, No. 9. — Ebenda 1890, 
No. 40. 

*) Handford, The puerperium as a factor in the etiology of multiple 
neuritis and degeneration of nerve tissue. Brit. med. Joum. 1891, 
28. November. 


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Go igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




936 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


VI. Aus dem hygienischen Institut der Universität 
Greifswald. 

Ueber die Schutzkraffc des Blutserums von 
Diphtheriereconvalescenten und gesunden 
Individuen gegen tödtliche Dosen von 
Diphtheriebacillenculturen und Dipbtberie- 
bacillengift bei Meerschweinchen. 

Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten. 

(Schluss aus No. 48.) 

Da sich bei näherer Durchsicht der Versuchsergebnisse einige 
Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Sätze einstellen könnten, so 
müssen bestimmte Punkte noch näher beleuchtet werden. 

Durch einen sonderbaren Zufall, welcher mir orst. beim Zu¬ 
sammenstellen der Tabelle aufflel, hat es sich gefügt,, dass bei der 
Untersuchung der Fälle zwischen dem achten und elften Recon- 
valescenztage, wo sich Schutz Wirkung des Serums zeigte, die Ver¬ 
suchstiere Inject,ionen von Diphtheriegift erhalten haben, während 
in den anderen Fällen überall Culturen verwendet worden sind. 
Man könnte danach zunächst versucht sein, anzunehmen, dass das 
Serum vielleicht eher gegen das Diphtheriegift als gegen Diphtherie- 
eulturen zu schützen vermag. Dem widerspricht aber das Er¬ 
gebnis vom Versuch 14, in welchem die Wirkung selbst der fünf¬ 
fachen tödtlichen Culturdosis durch 1,0 ccm Serum paralysirt 
worden ist- (siehe auch Tabelle II, S. 936). 

Vergleicht man ferner, das wie vielfache der tödtlichen Dosis 
die Meerschweinchen in den einzelnen Fällen erhalten haben, so 
nimmt man wahr, dass in den Fällen. w r o die Thiere überlebt haben, 
meistens ein etwas geringeres Vielfaches der Dosis letalis denselben 
applicirt worden ist, als in den Fällen, wo sie der Diphtherie er¬ 
legen sind. Dass dabei nun nicht grobe Versuchsfehler etwa in 
der Hinsicht vorgekommen sind, dass die Versuchsthiere überhaupt 
zu wenig ^Krift erhalten haben, als dass dessen Wirkung sie hätte 
tödten können, das wird durch verschiedene Umstände klargelegt. 
Zunächst sind die mit der einfachen tödtlichen Dosis inficirten 
Controllthiere stets prompt gestorben, die Versuchsthiere haben 
aber meist, ein wesentlich grösseres Giftquantum erhalten. Dann 
haben die Versuchsthiere in Fall 5, 6, 7 und 10 an der Injections- 
stelle keine Spur von Reaction gezeigt; diese wäre bei nicht, be¬ 
sonders geschützten Thieren sicher auch dann aufgetreten, wenn 
eine nicht tödtliche Dosis von Gift ihnen injicirt worden wäre; das 
vollkommene Fehlen der Reaction beweist, dass durch den Einfluss 
des Serums die Wirkung des Giftes absolut gleich Null geworden 
ist. Endlich aber macht es der durchaus negative Effect der Serum- 
injection bei Fall 9 unzweifelhaft, dass kein Fehler in der Versuchs¬ 
anordnung vorliegen kann. An denselben Tagen und mit An¬ 
wendung des gleichen Diphtheriegiftes wie dieser Fall sind die 
Fälle No. 6 und No. 10 bearbeitet worden, welche beide deutliche 
Schutzwirkung des Serums zeigen. — Es ist also thatsächlich in 
den Fällen 5—8 und 10 eine schützende Wirkung des Serums an¬ 
zuerkennen. 

Die Möglichkeit, dass man in Fall 1—4, 11, 12 und 13 viel¬ 
leicht bei Anwendung grösserer Serum- und kleinerer Culturmengen 
hätte schützende Wirkung bemerken können, ist nicht ganz von 
der Hand zu weisen. Bei der Beprechung von Tabelle II wird 
darauf zurückgekommen werden. Die gewählte Art der Dosirung 
war aber aus bestimmten Gründen nothwendig. In einigen Fällen 
nämlich, welche als nicht einwandsfrei auf der Tabelle fortgelassen 
worden sind, waren Culturmengen zur Injection verwendet worden, 
welche gerade der tödtlichen Dosis entsprachen oder ganz wenig 
darüber lagen. In solchen Versuchen zeigte sich, dass einmal die 
Virulenz der Culturen trotz Züchtung auf demselben Nfthrmaterial 
störenden Schwankungen unterliegt und dass andererseits die ver¬ 
schiedene individuelle Empfänglichkeit der Meerschweinchen sich 
viel mehr den Dipktherieculturen als dem Diphtheriegift gegenüber 
m&rkirt. Aus diesen Gründen wurden von Diphtherieculturen ver- 
r? uiu 6 ™* 8 ?!? höhere Dosen zu den Injectionen verwendet, als vom 
Diphtheriegift. Die Menge des ii\jicirten Serums liess sich aus 
dem einfachen Grunde nicht entsprechend der injieirten Cultur- 
standen StPlgern ’ ^ ^ nUF gerin "° Quantitäten zur Verfügung 

Dass die Menge des injieirten Serums einen wesentlichen Ein¬ 
fluss auf den Verlauf der Infection oder Intoxication hat, lässt 
sich aai zwei Stellen aus der Tabelle entnehmen. In Fall*8.wird 
ein Meerschweinchen durch 0,65 ccm vor der l»/,fachen tödt- 
hchen Dosis geschützt, während 0,2 ccm bei einem gleich schweren 
Thiere für eme etwas kleinere Dosis nicht vollkommen genügen; 
das zweite Thier geht nach Abstossung eines starken Infiltrates 
marantisch ein, das erste überlebt reactionslos. In Fall 13 besteht 


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Go ,gle 


_ _ .. _NoJiO 

ein Thier, welches 2,5 ccm Serum empfangen hat, die Infection nach 
starker Reaction, während ein anderes gleich schweres und mit 
gleicher Dosis inficirtes Thier prompt erliegt. 

Ob die Seruminjectioii subcutan oder intraperitoneal erfolgt, 
hat keinen Einfluss auf den Infectionsverlauf. Ebensowenig fällt 
es in’s Gewicht,, ob die Diphtherieinjection gleichzeitig mit der 
Serumeinspritzung oder einen oder zwei Tage später erfolgt. 

Betreffs des Verhältnisses der Schwere der Erkrankung zur 
Schutzkraft, des Serums vermögen die Versuche keinen sicheren 
Anhalt zu liefern. 

Nach alledem müssen wir die oben formuürten Sätze als zu 
Recht, bestehend anerkennen. Der Umstand, dass nicht sofort mit 
dem Ueberstehen der Erkrankung die Säfte des menschlichen 
Körpers immunisirende Eigenschaften erhalten, sondern dass eine 
Reihe von Tagen bis zum Auftreten der Schutzkraft verstreicht, 
hat, nichts verwunderliches an sich. Es wird nur dadurch der alte 
Satz bestätigt, dass Immunität Zeit zu ihrer Entwickelung bedarf, 
ein Satz, welcher sich von der ersten künstlich erzeugten Im¬ 
munität,, der von Loeffler studirten Immunität der Kaninchen 
gegen Mäusesepticämie an bis in die neueste Zeit beim Studium 
der Choleraimmunität vollauf bestätigt bat. Die gebildeten Schutz¬ 
stoffe werden in den ersten Tagen der Reconvalescenz jedenfalls 
noch zur Paralysirung des im Körper vorhandenen Diphtheriegiftes 
benöthigt und verbraucht werden. In Fall 2 und 3 sind die Ver¬ 
suchst,hierc erst nach längerem Kranksein eingegangen, während 
die mit der einfachen tödtlichen Dosis inficirten Controllthiere in 
36 bis 48 Stunden erlagen. Man könnte darin entweder eine ganz 
geringe Schlitzkraft des Serums erkennen wollen, oder den ver¬ 
zögerten Ablauf der tödtlichen Infection auf eine zufällige grössere 
individuelle Resistenz der Meerschweinchen, wie man sie nicht ganz 
selten beobachten kann, schieben. 

Es sei erwähnt, dass Es eher ich in einer neueren Arbeit 1 ) 
beiläufig angiebt, bei weiteren Untersuchungen wie bei den früheren 
gefunden zu haben, dass dem Blutserum von Diphtheriereconvales¬ 
centen immunisirende Eigenschaften zukämen. Dieselben sei6n 
aber so gering, dass die Versuchsthiere ausnahmslos, wenn auch 
sehr viel später als die Controllthiere erlägen. Der Nachweis 
dieser Schutzkraft gelang auch in einem Falle noch zwei Monate 
nach üherstandener Krankheit,. Doch ist nach Escherieh die 
nach üherstandener Diphtherie bleibende Immunität eine kurz 
dauernde, und sie vermag nicht, vor einer zweiten, allerdings dann 
meist leichter als die erste verlaufenden Infection zu sichern. — 
Meine Resultate sind insofern andere als die Escherich’s, als ich 
in mehreren Fällen die immunisirende Kraft als ausreichend befand, 
um die Meerschweinchen völlig vor der Wirkung der Infection zu 
schützen. 

Bei dem Studium der Diphtherioimmunität des Menschen ist 
nun aber noch ein weiterer Umstand in Betracht zu ziehen, welcher 
die Beurtheilung der in Rede stehenden Immunitätsverhältnisse 
eomplicirt. Es ist das die Thatsache, dass auch das Serum ge¬ 
sunder erwachsener Personen, welche niemals an Diphtherie ge¬ 
litten haben, die Fähigkeit besitzen kann, gegen die Wirkung der Di- 
phtheriebacillen und ihres Giftes zu schützen. Klemensiewicz 
und Eschcrich haben, wie bereits erwähnt, angegeben, dass 
sic immunisirende Eigenschaften im Blute gesunder Erwachsener 
nicht gefunden hätten. Meine Versuche hatten ein anderes Er¬ 
gebnis. Ich untersuchte das Blutserum von vier erwachsenen 
Frauen, welches aus Placentarblut keimfrei gewonnen war. Alle 
vier Serumproben besassen schützende Eigenschaften. Diese Ver¬ 
suche, welche im Juni und Juli dieses Jahres angestellt worden 
waren, beabsichtigte ich jetzt .nach mehrmonatlicher Abwesenheit 
von Greifswald wieder aufzunehmen und an grösserem Materiale 
fortzusetzen. Inzwischen jedoch ersah ich aus Berichten über den 
Naturforschereongress in Wien, dass dieselbe Frage von A. Was¬ 
sermann studirt worden ist. Infolge dessen habe ich mich 
darauf beschränkt, nur noch zwei gerade zur Verfügung stehende 
Serumproben zu untersuchen. Die Tabelle No. H giebt, die ge¬ 
wonnenen Resultate wieder. 1>; 

Es handelt sich um das Blutserum von Personen zwischen * 
und 34 Jahren, welche alle angeben, nie an Diphtherie oder einer 
Halsentzündung gelitten zu haben. In fünf Fällen lässt Bich eine 
deutliche schützende Wirkung, zum Theil von beträchtliche])) 
Wirkungswerthe (Fall 4, Meerschweinchen 3) erkennen; im sechsten 
fehlt dieselbe oder ist nur ganz leicht dadurch angedeutet, das. 
das erste Meerschweinchen nach auffallend langer Krankheitsdauei 
einging. 

Wenn man aus diesen wenigen Beobachtungen den Schluss 
ziehen darf, dass die Mehrzahl der Menschen im dritten und vl ® r ' * 
Jahrzehnt des Lebens gegen die Diphtheriebacillen schützende ow 

*) Escherich, Zur Pathogenese der Diphtherie. 'Wiener kün. Wochen 
Schrift 1894, No. 22. 


Original from 

university of michigan 




13. Deccinber. 


DEUTSCHE MEDICfNISCHE WOCHENSCHRIFT. 


937 


Tabelle II. 


Alter und 
Ge¬ 
schlecht 
des Blut¬ 
liefernden 


Ergebnisse der Untersuchung des Blutserums von gesunden 
Individuen. 


.S 2 

© «a 
£.2 


Injicirte -2 j 
Serum- 5 , 

; menge in iS | © 
ccm 2 $ tS 

■s 

N Q 


Dosi* dos 
Jnfections- 
materials 


Art des 
Tnfections- 
matcrials 


3 %. 


-h 


\ erlauf der 
Diphthe rie- 
injection 


1 34 jährige (260 g| 3.0 intra-11 Tag 0.05 
1 Frau peritoneal 

i 420 g 2,0 intra- 2 Tage 0.1 

peritoneal 


l.löl Diphtherie- Keine Re- 


I gift. 
1,43' Diphtherie¬ 
gift. 


2 25jährige 285 g 

Frau 

250 g 

3 22jährige 270 g 

Frau 

280 g 

4 30jährige 205 g 
Frau 

200 g 


1.2 


1,7 2 Tage 0,00 1.27( 

subcutan j 

0,35 |2 Tage 0.05 

subcutan j 

2,3 l2Tago 0.06 
subcutan ! 

2,3 2 Tage 0.005 1,09 

subcutan I I 

1,0 2 Tage 0.008 1,6 

subcutan j 

1,0 2 Tage 0.024 4.8 

subentan I 


Diphtherie- 
gift. 

Diphtherie¬ 
gift. 

1.33 Diphtherie¬ 
gift. 

Bouillon - 
cultur. | 
Bouillon- 
cultur. 
Bouillon- 
cultur. 


190 . 


1,0 i2 Tage 0.04 
subcutan 


8.0 


190 g 

30 jähriger335 
Mann , 

290 


2,2 2 
subcutan 
0,2 11 
subentan ' 


Tage 0.00S 1.6 
Tag 0.015 2,5 


280 


290 


6 25jähriger'370 
Mann 

515 


350 g 


0,5 

subcutan 

1.0 

subcutan 

1.0 1 

subentan 

1.0 

subcutan 1 


1 Tag 0.015 3.0 


1 Tag I 0.015 3.0 


1 Tag 0.05 10.0' 


1 Tag , 0.015 2.0 


1,0 intra- 2 Tage 0.05 5.0 
peritoneal 


Bouillon- 
! cultur. 

Bouillon- 

cultur. 

Bouillon- 

cultur. 

Bouillon- 
eultur. j 

Bouillon- ( 
cultur. 

Bouillon- [ 
cultur. 

Bouillon- 

cultur. 

Bouillon- 

cultur. 


action. 
Ziemlich 
starkes 
Infiltrat. 
Ueberlebt. 
Keine Be¬ 
ar tion. 
Keine Re- 
aclion. 
Keine Re- 
antion. 
Keine Re- 
action. 
Keine Re- 
action. 
Mftsssiges 
Infiltrat. 
Ueberlebt. 
Starkes In¬ 
filtrat. 
Ueberlebt. 
Keine Re- 
action. 
Starkes In¬ 
filtrat. 
Ueberlebt. 
Mässiges 
Infiltrat. 
Ueberlebt. 


1.0 

subcutan 


1 Tag 1 0.05 7,0 


Bouillon- 

cultur. 


Infiltrat 
Ueberlebt. 
Starkes In¬ 
filtrat. Tod 
nach 6 Tagen. 
Starkes In¬ 
filtrat. Tod 
nach 9 Tagen. 
Starkes In¬ 
filtrat. Tod 
nach 

36 Stunden. 
Starkes In¬ 
filtrat. Tod 
nach 

36 Stunden. 

in den Säften enthält, so deckt sich diese experimentell gefundene 
Thatsache vollkommen mit der Erfahrung, dass die Disposition von 
Erwachsenen für Diphtherieerkrankungen eine relativ geringe ist. 
Es ist allerdings nicht ohne weiteres sicher, dass die nachgewiesene 
immunisirende Kraft des Blutserums wirklich zuverlässigen Schutz 
gegen Diphtherieinfection gewährt. Dies wird wesentlich von ihrer 
Höhe abhängen, über welche Tabelle II einige Aufschlüsse giebt; 
so neutralisirte in Fall 4 1 ccm Serum die achtfache, in Fall 3 
1 ccm Serum nicht die zehnfache tödtliche Dosis. Leider fehlt 
uns nur jeder Maassstab dafür, einer wie hohen Schutzkraft seines 
Serums der Mensch zu sicherem Schutze gegen die Infeetion be¬ 
darf. So hat auch Behring die Menge des zur Immunisirung 
dienenden Heilserums nur nach theoretischen Erwägungen und den 
Ergebnissen von Thierversuchen festgesetzt. Es wäre demzufolge 
sowohl möglich, dass die Erkrankten auf Tabelle I überhaupt vor 
der Erkrankung schutzkräftiges Blutserum nicht besessen haben, 
als auch, dass eine vorhandene Immunität zum Schutze vor der 
Infeetion nicht ausgereicht hat. Die Untersuchungen von Wasser¬ 
mann haben, soviel aus dem bisher publicirten kurzen Referat 
zu ^entnehmen ist, 1 ) das Resultat ergehen, dass die Zahl der schutz¬ 
kräftiges Serum besitzenden Kinder wesentlich geringer ist, als die 
der Erwachsenen. Diese Beobachtung spricht bei der geringeren 
Erkrankungsziffer der Erwachsenen dafür, dass deren natürliche 
Immunität zum Schutze gegen die Infeetion ausreicht. 

*) Deutsche med. Wochenschrift, Vereinsbeilage zu No. 42, 1894, 
S. 120. 


Ein Analogon zu diesen Beobachtungen bilden die von Stern, 1 ) 
welcher fand, dass im Blutserum gesunder Personen Schutzstoffe gegen 
die Wirkung der Typhusbacillen bei Thieren enthalten sein können 

\\arum Klemensiewicz und Escherich in ihren Versuchen 
mit dem Serum gesunder erwachsener Menschen keinerlei Schutz- 
wirkung haben wahrnehmen können, lässt sich nicht ohne weiteres 
beurtheilen, da Angaben über ihre Versuchsanordnung nicht vor¬ 
liegen. 

Die Reconvalescenteii, über welche Tabelle 1 Aufschluss giebt 
stehen mit Ausnahme von Fall 14 alle in demselben Alter wie die 
untersuchten gesunden Personen, d. h. in der dritten und vierten 
Lebensdecade. Es lassen sich also die in Tabelle I und II ver- 
zeichneten Ergebnisse direkt mit einander vergleichen. Oben wurde 
die Möglichkeit zugegeben, dass vielleicht in den Fällen 1 bis 4 
der Tabelle J zu geringe Serummengen gegenüber den grossen 
Uilturmengen verwendet worden sind und dass infolge davon eine 
thatsächlich vorhandene Schutzwirkung des Serums nicht hat 
hervortreten können. Vergleicht man aber damit die Ergebnisse 
\on No. 4 und 5 auf Tabelle JT, so stellt sich heraus, dass von 
gesunden Menschen thatsächlich nicht grössere Serummongen nöthig 
sind, um eben so grosse Bouillouculturdosen, wie sie in den ersten 
| Fällon der Tabelle I angewendet worden sind, ganz oder nahezu 
j unschädlich für das inficirte Thier zu machen. Aus Tabelle JI 
gebt auch aufs neue hervor, dass die Schutz Wirkung des Serums 
I eben so wohl gegenüber der Diphtherieeultur als dem Diphfcherie- 
; gift in die Erscheinung tritt. 

Wie die Schwere der Infeetion beim Meerschweinchen ent¬ 
sprechend dem Verhältnis« von Serummenge zur Grösse der 
Diphtheriedosis wechselt, lässt sieh auch an Tabelle II wieder er¬ 
kennen, besonders gut an Fall 4 und 5. 

Eine Erklärung für das Auftreten schützender Stoffe im Blute 
älterer Individuen zu versuchen, scheint mir auf Grund des vor¬ 
liegenden Materials noch nicht angängig. Es sei nur auf eine 
Analogie hingewiesen: Bei der künstlichen Milzbrandinfection der 
Ratten und Hunde sehen wir die Zahl der unempfänglichen Indi- 
[ viduen ebenfalls mit dem Alter der Thiere zunehmen. 

Ueber die Zeitdauer, während welcher das Serum von Diph- 
theriereconvalescenten ein Meerschweinchen zu schützen vermag, 
habe ich aus Mangel an Serum keine eingehenden Versuche an¬ 
zustellen vermocht. Folgender Versuch kann einen Anhalt geben. 

I' ^ uni erh5l,t Meerschweinchen van 250 g 4,1 ccm Serum 
a L subcu .^ 0.05 ccm Diphtheriegift. Keine Re&ction. 

,-Ddi 0,0075 Diphtherieeultur subcutan. Ein erbsengrosser Knoten 
bildet sich; das Thier überlebt. 

2. 28. Juni erhält ein Meerschweinchen von 245 g 0,55 ccm Serum 
Fall / subcutan, 21K Juni 0.05 ccm Diphtheriegift. Keine Reaction. 

28. Juli 0.0075 Diphtherieeultur subcutan. Tod nach zehn Tasten 
(7. August) mit starkem Infiltrat. 

Beide Tliiere, gleich schwer, hatten von demselben Serum, aber 
verschiedene Mengen subcutan erhalten und waren im übrigen in 
ganz gleicher Weise mit Diphtherie behandelt worden. Bei dem 
Thiere, welches mehr Serum erhalten hatte, war nach einem Monat 
noch deutliche Schutz Wirkung desselben wahrnehmbar, bei dem 
anderen nicht. Wenn man, wie im vorliegenden Falle, zwei gleich 
grosse Thiere ganz gleich behandelt und nur die Menge des Schlitz¬ 
stoffes verändert, so vermeidet man, wie ich glaube, Fehlschlüsse, 
wie sie bei Besprechung der Arbeit von Klemensiewicz und 
Escherich dargelegt wurden. Es ist allerdings sicher zuver¬ 
lässiger, die Thiere nur einmal verschiedene Zeit nach der Serum¬ 
gabe mit Diphtherie zu inficiren, da vielleicht doch die mehrfachen 
Diphtheriedosen den Organismus der Thiere in individuell ver¬ 
schiedener Weise resistenter oder empfänglicher machen können. 

Wenn ich die Resultate meiner Untersuchungen zusammen¬ 
fasse, so glaube ich folgende Sätze aufstellen zu dürfen: 

1. Das Blutserum vieler gesunder Menschen zwischen dem 
20. und 40. Lebensjahre, welche nach ihren Angaben nie an 
Diphtherie gelitten haben, besitzt die Fälligkeit, Meerschweinchen 
gegen Diphtherieinfectionen zu schützen. 

2. Das Blutserum von Diphthoriereconvalescenten besitzt ein 
entsprechendes Schutzvermögen in den ersten Tagen nach Ablauf 
der Krankheit (Schwinden der Beläge) nicht. Vom achten bis 
elften Tage danach an ist Schutz Wirkung des Serums in der Mehr¬ 
zahl der Fälle nachzuweisen. Einige Monate nach dem Ueber- 
stehen der Erkrankung scheint die Wirkung wieder zu verschwinden, 
aber nicht bei allen Personen. Wodurch diese Verschiedenheit im 
Verhalten begründet ist, entzieht sich unserer Kenntniss. 

Umfangreiche Versuche an grossem Material können allein 
Licht in die verwickelten Verhältnisse der Diphtherieimmunität 
des Menschen bringen. 

*) R. Storn, Ueber die Wirksamkeit des menschlichen Blutserums 
auf die experimentelle Typhusinfection. Zeitschrift für Hygiene. ,Bd. 16, 

S. 467. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50 


VII. Arosa, sein Klima und seine Wintercur. 1 ) | 

Von Privatdocenten Dr. med. ü. Treupel, Freiburg i. D. 

M. H.! Auf Veranlassung des Herrn Geheimrath Bäumler 
ergreife ich mit Freuden die ehrenvolle Gelegenheit, Ihnen über 
den noch wenig bekannten, im Canton Graubünden gelegenen 
Wintercurort Arosa, in welchem ich den vorvergangenen Winter zu¬ 
gebracht habe, einiges zu berichten. Es kann hierbei nicht meine 
Aufgabe sein, Sie mit den landschaftlichen Schönheiten des an- 
inuthigen Hochthaies zu unterhalten — zur Illustration dieser erlaube 
ich mir, Ihnen einige Photographieen herumzugeben —, ich möchte 
vielmehr versuchen, Ihnen ein möglichst anschauliches Bild von 
den örtlichen und klimatischen Verhältnissen des Ortes zu ent¬ 
werfen und daran zu beweisen, dass Arosa mit Recht verdient, 
unter die vorzüglichsten Wintercurorte der Schweiz gezählt und 
„eine der bestgelegenen Hochgebirgsstationen 44 überhaupt genannt 
zu werden. 

Geographische Lage. Wenn Sie einen Blick auf die Karte 
von Graubünden werfen, so fallen Ihnen besonders drei von Nord¬ 
ost nach Südwest einander parallel verlaufende, durch hohe Ge¬ 
birgszüge von einander getrennte Hochthäler in die Augen. Es j 
sind dies, von Süden nach Norden gezählt, das Oberengadin, das 
Davoser Landwasser und das Aroser Hochthal. Das letztere ist 
das kürzeste und schmälste der drei genannten und bildet den 
obersten nach Südwesten abzweigenden Theil des Schanfigger- 
thales, das in seiner Hauptrichtung von Osten nach Westen zieht 
und bei Chur in das Hauptthal des Rheines ausmtindet. 

Zugang. Es giebt zwei Wege, die von Chur uach Arosa 
führen; der eine geht an dem Südabliange des Schanfiggerthales 
über Tschiertschen, dann entweder via Ochsenalp oder via Car- 
menna nach Arosa und ist der nähere, vorläufig aber nur für 
Fussgänger passirbar, den anderen Hauptzugang zu dem Hoch¬ 
thal bildet die 32 km lange, am Nordabhange des Schanfigger¬ 
thales hinziehende Poststrasse Chur—Langwies—Arosa. Auf dieser 
fast ununterbrochen steigenden Strasse erreicht man den Ort in 
sechsstündiger Postfahrt. 

Art der Ansiedlung, Hotels und Pensionen. Gegen 
Norden durch den Tschuggen, das Brüggerhorn und Weisshorn, 
gegen Westen durch die Plattenhörner und den Tschirpen, gegen 
Süden durch den Schafrücken und die Welschtobelberge, nach 
Osten durch Schiesshorn, Furkahorn, Tiejerfluh u. s. w. abge¬ 
schlossen, bildet Arosa einen gegen Nordwest und West mässig steil 
ansteigenden Thalkessel. Ein eigentliches Dorf suchen wir ver¬ 
gebens. Einzeln oder zu kleinen Gruppen vereint, liegen die 
Schweizerhäuschen am nördlichen Abhange des Thaies in einer 
Höhe von 1892 m ü. d. M., oberhalb der Waldgrenze regellos zer¬ 
streut und blicken mit ihrem weissen Kirchlein freundlich ins 
Thal hinab. An sie schliessen sich, der Poststrasse entlang, das 
Curhaus und die Pension Brunold, weiterhin thalwärts Bellevue, 
Pension Zürrer und andere Privathäuser an. Am südlichen Ab¬ 
hange des Tschuggen, der sich von Norden in das Thal vorschiebt 
und diese obere Region von der gleich zu beschreibenden unteren 
trennt, stehen das Sanatorium, und die Häuser der Herren 
Dr. Janssen, Dr. Herwig undPfarrer Vischer. Die untere Region, 
etwa 100 m tiefer gelegen, gehört bereits ganz dem Bereiche des 
Waldes an. Hier in der Nähe des einen Churer Alpsees, des so¬ 
genannten Untersees, befinden sich Hotels und Pensionen in 
grösserer Zahl. Ich nenne nur Rhaetia, Germania, Seehof, Victoria 
und Post. 

Geniessen die Bewohner der oberen Region im Winter die 
Sonne auf etwa eine halbe Stunde länger, so kommt dafür der 
unteren Region der durch den Wald bedingte Schutz vor dem 
Thalwinde zu gute, so dass wir die beiden Gruppen in ihrer Lage 
als gleichwertig betrachten können. Mit Ausnahme des Curhauses 
und der Pension Brunold sind die genannten Pensionen alle im 
Winter geöflhet; sie sind im ganzen einfach und solide und bieten 
eine recht gute Verpflegung. Nächst dem Sanatorium möchte ich 
aus der oberen Region Villa Herwig, aus der unteren Hotel und 
Pension Rhaetia als mit guten windgeschützten und sonnenreichen 
Liegehallen versehen besonders hervorheben. Aber auch die an¬ 
deren Häuser gewähren eine gute Unterkunft, und einige derselben 
ermöglichen sogar weniger bemittelten Kranken einen längeren 
Aufenthalt. Eine gemeinsame Quellwasserleitung mit sehr gutem 
Lei tun gs wasser, sowie eine vorzügliche Canalisationsanlage sind 
bereits im Sommer 1893 fertiggestellt und in Betrieb gesetzt worden. 

Klima. Während Arosa schon seit Ende der Siebenziger 
Jahre als Sommerfrische mit in jedem Jahr sich steigerndem Zu- I 
wachs besucht wurde, erschien erst im Jahre 1886 von dem seit- ; 
herigen Curarzte Dr. Egger eine Publication, welche die Vorzüge j 
Arosa’s als Wmterstation klarlcgte. Erst von da ab datirt Arosa 

') Nmh einem im Verein Freiburger Aerzte gehaltenen Vortrage. ! 


als Wintercurort, im Jahre 1889 wurde es daun schweizerische 
meteorologische Station, und seit, dieser Zeit liegen systematische 
meteorologische Beobachtungen von Herrn Dr. Janssen vor. 

Wenn wir von Hochgebirgsklima im allgemeinen sprechen, so 
betrachten wir als seine hauptsächlichsten Factoren den vermin¬ 
derten Luftdruck, die niedere Schattontemperatur, die geringere 
relative Feuchtigkeit, die hohe Sonnenwärme, das intensive Licht, 
den hohen Ozongehalt und vor allem die Reinheit der Luft. Sie 
sind es, deren Gesammtwirkung den schon von Alters her be¬ 
kannten, aber erst in neuerer Zeit recht geschätzten und in aus¬ 
gedehntem Maasse verwerteten Heileffect bei allen Leiden erzielt, 
bei denen die Aenderung der Constitution unsere erste und wich¬ 
tigste Aufgabe ist. 

Doch ehe wir uns über diese Gesammtwirkung des Aroser 
Klimas Rechenschaft geben, wollen wir uns erst über seine ein¬ 
zelnen Factoren etwas genauer unterrichten. 

Luftdruck. Die Verminderung des Luftdrucks ist ent¬ 
sprechend der beträchtlichen Höhe von 1800 m eine bedeutende; 
der mittlere Barometerstand beträgt etwa 610 mm. Da nun mit 
der Verminderung des Luftdruckes eine Abnahme der O-Spaimung 
Hand in Hand geht und, wie Egger 1 ) gezeigt hat, die O-Spannung 

— einen ungleichen Ventilationsgrad in den verschiedenen Theüen 
der Lunge vorausgesetzt — in den weniger gut ventilirten Alve¬ 
olen zu Werthen herabsinkt, bei denen die Sättigung der ge¬ 
summten Hämoglobinmenge mit O merklich nachlässt, so wird sich 
in unserer Höhe schon ein fühlbares O-Deficit im arteriellen Blute 
geltend machen. So gewinnt die Verminderung des Luftdruckes 
ein hohes Interesse für uns, und wir werden später sehen, auf 
welche Weise der Organismus einen genügenden Ausgleich gegen¬ 
über diesen Verhältnissen zu bewirken sucht. 

Temperatur. Das Aroser Klima im engeren Sinne ist hoch¬ 
alpin; wir werden also einen mässig warmen Sommer und einen 
kalten Winter zu erwarten haben. Die mittlere Temperatur der 
Wintermonate betrug im Winter 1892/93 für den November 
+ 1,9° C, December —5° C, Januar —8,5° C und Februar 

— 4,1° C. Die genaueren Temperaturverhältnisse dieser Monate 
bitte ich Sio aus Tafel I zu ersehen, wo ich die Morgens, Mittags 
und Abends beobachteten Temperaturen in Form von Curven ein¬ 
getragen habe. 

Der Lage am freien Abhang verdankt Arosa eine gleicb- 
mässigere und auch etwas höhere Temperatur als sie die¬ 
jenigen tiefer gelegenen Gegenden besitzen, nach denen die kalte 
Luft ungehindert abfliessen kann. So z. B. weist das benachbarte 
und um mehr als 200 m tiefer gelegene Davos für die entsprechen¬ 
den Monate niedrigere mittlere Temperaturen und erheblich niedri¬ 
gere Minima auf. Ich will Ihnen nur die Minima aus dieser kleinen 
Tabelle, wo die Maxirna, Mittel und Minima von Arosa und Davos 
vergleichend einander gegenübergestellt sind, kurz angeben: No¬ 
vember: Arosa —6,6° C, Davos —12,0° C; December: Arosa 

— 14,9° C, Davos —20,0« C; Januar: Arosa —20,5« C, Davos 

— 26,5° C; Februar: Arosa —14,5° C, Davos —23,0° C. Wir 

müssen eben auch dem Walde einen weiteren mässigenden Einfluss 
auf unser Klima zuschreiben; denn er verhindert einerseits die 
intensive Erwärmung des Bodens und wirkt andererseits einer zu 
raschen Abkühlung entgegen. Plötzliche Temperaturschwankungen 

kommen selten vor. 

Windschutz. Ein Factor von ausschlaggebender Bedeutung 
für einen Cu fort speciell für Lungenkranke ist der Windschutz. 
Sie wisssen bereits, dass Arosa fast ringsum von hohen;Bergen 
umgeben ist, und dürfen daher mit Recht annehmen, dass es von 
Winden der oberen Strömungen vollkommen verschont bleibt. Nur 
der Föhn, der ja in alle Thäler am Nordrande der Alpen seinen 
Einzug hält, macht eine Ausnahme. 

Lokal winde kommen nun freilich in Arosa vor: im Frühling, 
Sommer und Herbst sind es die östlichen, thalaufwärts wehenden 
Winde, im Winter, bei heiterem Himmel, ist es die thalabwar' 
streichende, westliche sogenannte Heiterluft, die einige Zeit nac 
Sonnenaufgang sich erhebt, gegen ein Uhr Mittags ihr Maximum 
erreicht, um gegen Abend sich zu legen. Nach Sonnenuntergang 
fliesst die am Bergabhang abgekühlte Luft gegen die Thalsohle nm 
ab. Diese lokalen Winde werden indessen niemals unangenenm 
stark und bewirken eine stetige Lufterneuerung. Wie schon ein¬ 
gangs kurz erwähnt, bietet überdies der Wald vor dem Tbalwin 
vollkommenen Schutz. 

Bewölkung. Ueber die Bewölkung und den Witterungs 
Charakter im allgemeinen geben Ihnen Tafel II und III Aufsemus. . 


*) F. Egger. Ueber Veränderungen des Blutes im ^ochge Fg • 
andlungen d. Congr. f. inn. Med. XII. Wiesbaden 1893. Vergl w 
Mi es eher, Ueber die Beziehungen zwischen Meereshöhe una^ 
fenheit des Blutes. OoiTespondcnzblatt f. Schweizer Aerzte. Jan -• * 
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ko. 50 


Tutel IV) zeigt die Witterung jedes einzelnen Tages vom 1. No¬ 
vember 1892 bis 15. Mai 1893 in genauer und übersichtlicher Dar¬ 
stellung an. Schon aus dieser und noch besser aus Tafel 111 er¬ 
sehen Sie die grosse Anzahl heiterer Tage im vergangenen Winter-)- 
Solcher Tage finden Sie im November 16, im Deeember 18, im 
Januar 13, im Februar 9, im März 20 und im April 18. Es 
dürfte nicht uninteressant sein, hiermit Davos zu vergleichen. Aus den 
vom dortigen Curverein herausgegebenen Witterungsberich teil ent¬ 
nehme ich für den November 14, Deeember 15, Januar 12, 
Februar 7, März und April je 21 gleichwertige Tage. Arosa hat 
demnach Davos gegenüber ein Plus, das Sie nun auch auf Tafel IV 
wiederkehren sehen, wo die tägliche sowie die Gesammtsonnen- 
scheindauer des Monats in Stunden und Minuten angegeben ist. 

Nebel. Nebel sind im Winter nicht häufig. Die auf Tafel 11 
eingezeichneten Nebel sind fast ausschliesslich solche, die, tlial- 
aufwärts streichend, an den Arosa gegenüberliegenden Bergen auf¬ 
steigen; sie lassen den Ort selbst zumeist ganz frei und halten 
nur selten mehrere Stunden bis einen Tag an. 

Relative Feuchtigkeit. Die relative Feuchtigkeit bewegte 
sich in den Monaten November bis April in Mitteln von etwa 50 
bis 60, ist also im ganzen gering. Mit Ausnahme derjenigen 
Tage, in denen continuirlicher Sehneefall von l /V 1 m und mehr 
notirt ist, sind die Niederschlagsmengen im Winter gering. Von 
November, bisweilen — wie im vorletzten Jahre — erst von Anfang 
Deeember, überzieht eine etwa 1—l' 1 ,-» m dicke Schneedecke den 
Boden. 

Intensität der Sonnenstrahlung. Die Intensität der 
Sonnenstrahlung, die ohnehin schon in dieser Höhe eine ungemein 
starke ist, 3 ) wird jetzt infolge der Rückstrahlung der allgemeinen 
Schneedecke noch grösser. So ist es möglich, bei einer Tempe¬ 
ratur von 0° C und weniger an windgeschützten Stellen stunden¬ 
lang im Freien zu sitzen oder zu liegen, und ein der Sonne aus- 
gesetztes und — um den kalten Luftzug auszuschalten — zwischen 
zwei Glasscheiben aufgehängtes Thermometer zeigt, leicht 30 bis 
400 C an. 

Schnee schmelze. Der Schnee, der am Ende des alten 
Jahres fiel und seither Berg und Thal bedeckte, beginnt in der 
Hegel im April des neuen Jahres langsam zu schmelzen, und damit 
ist für viele Patienten das Zeichen zur schleunigen Abreise ge¬ 
geben. Ich muss hier der, wie es scheint, auch in ärztlichen 
Kreisen vertretenen Ansicht, als dürfe der Kranke zur Zeit der 
Schneeschmelze nicht mehr im Hochgebirge sein, entschieden ent¬ 
gegentreten und kann aus eigener Erfahrung versichern, dass, falls 
der Patient sich richtig hält, ein irgendwie schädigender Eintluss 
während der Schneeschmelze in Arosa nicht zu beobachten ist. 
Im Gegcntheil halte ich es für viel besser, dass der Curgast ge¬ 
rade wälirend der kritischen Frühjahrszeit in den gewohnten Ver¬ 
hältnissen verbleibt und erst in das Unterland, speeiell nach 
Deutschland zurückkehrt, wenn wir wirklich constantes Frühlings¬ 
wetter haben, was ja zumeist nicht vor Mitte oder Ende Mai bei 
uns der Fall ist. 

Rasches Abtrocknen, l’ebrigons vollzieht sich in Arosa 
die Schneeschmelze verhältnissmässig rasch: der abschüssige Boden 
ermöglicht ein schnelles und vollständiges Abtliessen des Schnee¬ 
wassers, infolge des verminderten Luftdruckes können sich die ge¬ 
bildeten Wasserdämpfe rasch verbreiten, und die Trockenheit der 
Luft leistet der Verdunstung mächtigen Vorschub. 

Reinheit der Luft. Wir kommen nun zu dem letzten und 
sehr wichtigen Factor des Hochgebirgsklimas: ich meine die Rein¬ 
heit der Lutt. Mit der Erhebung vom Meeresspiegel vermindern 
sich die Mikroorganismen in der Luft, und wir dürfen somit darauf 
rechnen, dass die Aroser Luft entsprechend der Höhe rein ist. 
Dass sie aber auch rein bleiben wird, das heisst dass sie nicht 
durch den Kohlenrauch von Dampfkaminen und Strassenstaub ver¬ 
unreinigt werden wird, dafür bürgt der glückliche Umstand, dass 
Arosa vermöge seiner Bodengestaltuug sieh niemals zu einer 
wenn auch nur kleinen — Stadt mit allen ihren Nachtbeilen wird 
entwickeln können. 

Wirkungen des Klimas. So sehen wir denn, dass alle 
A erhältnisse, die wir bei der Beurtheilung uuil Werthschätzung 
eines Ortes als Hochgobirgswinterstation zu berücksichtigen haben: 
die Höhe, die Bodengestaltuug, die Bewaldung, das Wetter, der 

*> Diese Tafel, die die Witterung eines jeden Tages in farbig, ?r 
Darstellung enthält, kann hier nicht wiedergegeben werden. 

J » Als „heitere" Tage sind solche mit 100- 75% möglicher Soimen- 
sclicindauer gerechnet. 

) -le hoher wir steigen, desto geringer wird die /.wischen uns und 
der •'sonne befindliche Wasserdampfmeng«- der Atmosphäre. Da aber 
gerade der \\ asserdampf der Luft die Konncnw ärme in hohem Maa^r 
absorbirt . so .st es klar, dass in einer Hülm von 1800 m. wo wir fast die 
hathe \\ asserdaniplnienge unter uns haben, die Sonnenstrahlung noch ,-ine 
ausst*rordentlidi intensive sein muss. 


Windschutz, die Reinheit der Luft und die Intensität und Dauer 
der Besonnung hier in seltenem Maasse günstig vereint sind. 
„Wo wochenlang Sonnenschein und ruhige Luft herrschen,“ schreibt 
Egger, „da giebt man sich dem Genüsse der reinen Luft voll 
und ganz hin. Bei diesem Leben im Freien zwingt uns die Ge¬ 
staltung des Bodens, die gesammte Körpermuskulatur zu gebrauchen. 
Die Athmung wird tiefer, der Thorax erweitert sich, und jeder 
Athemzug füllt die Lungen bis in die feinsten Bronchiolen mit 
frischer reiner Luft. Das Herz arbeitet mit grösserer Kraft, und 
treibt das mit besserem Nährmaterial versehene Blut in alle Theilc 
des Körpers. Die kältere Temperatur verlangt, dass der Körper 
mehr Wärme erzeugt, und unter der intensiven Sonnenbestrahlung 
und Lichteinwirkung gellt der ganze Stoffwechselprocess lebhafter 
und vollkommener vor sich. Der Appetit wird reger, die Ver- 
dauungs- und Excretionsorgane leisten mehr, und das gesammü 
Nervensystem kommt in der erhabenen Stille der Hocligebirgs- 
natur zur Ruhe — kurz es vollzieht sich ohne Gewaltmittel 
eine vollkommene Umwälzung der Constitution: der vorher wider¬ 
standslose Organismus gewinnt im Laufe der Monate die Kraft, 
den Kampf mit den Krankheitsgiften wieder aufzunehiiien, und er 
geht siegreich aus diesem Kampfe hervor.“ 

Diese Heilkraft des Höhenklimas war bislang eine Tliat- 
saclio, die wir nicht leugnen, aber auch nicht in befriedigender 
Weise wissenschaftlich erklären konnten. Durch neuere Arbeiten 
ist nun der erste erfolgreiche Schritt in dieser Beziehung gethan. 
Die Untersuchungen des französischen Arztes Viault. der inner¬ 
halb eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes in einer 4892 m hoch 
gelegenen Minenortschaft der peruanischen Cordilleren eine Ver¬ 
mehrung seiner rothen Blutkörperchen von 5 auf 8 Millionen im 
Cubikmillimeter beobachtet hatte, aufnehmend und erweiternd, hat 
Egger 1 ) für Arosa eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen 
um etwa 1 Million im Cubikmillimeter nachgewiesen und gezeigt, 
dass diese Vermehrung, die sowohl beim Kranken wie beim Gesunden, 
beim Thier wie beim Menschen eintritt, eine Coiupeusations- 
erscheinung ist. hervorgerufeu durch das bereits oben erörterte 
< )-Defieit im arteriellen Blute. Diese Untersuchungen sind gleich¬ 
zeitig auch von Wolff 2 ) für das 700 m hoch gelegene Reiboldsgrtiu 
im wesentlichen bestätigt worden 8 ). Wir müssen also annehmeu, 
dass bei der infolge der Luftdruckverminderung abnehmenden 0- 
Spannung zunächst der hämatopoötische Apparat reagirt, und wir 
dürfen wohl, ohne uns in zu grosse Speculationen einzulassen, jetzt 
einerseits den als Bergkrankheit Avohl bekannten Symptoiuen- 
«omplex mit dem Fühlbarwerden des O-Mangels und den be¬ 
ginnenden Veränderungen des Blutes in Zusammenhang bringen 
und andererseits die sicli dann thatsächlich in den ersten Wochen 
abspielende Erneuerung und Verbesserung des Blutes als einen 
wichtigen therapeutischen Factor des Höhenklimas betrachten. 

1 n d i e a ti oneu: Die Krankheiten, die sich demnach in erster 
Linie für unseren Curort eignen, sind: 

Allgemeine Ernährungsstörungen, Sehw'ächezustände 
schweren Krankheiten, functionclle Erkrankungen des Nerven¬ 
systems, Asthma, und Tuberkulose. 

Gestatten Sie mir bezüglich dieses letzten Punktes zum 
Schluss noch einige Worte. Sie werden ja jetzt gerade im An¬ 
schluss an die Influenza vielleicht nicht so selten Gelegenheit 
halien, dem einen oder anderen Patienten Ihrer Praxis ein andere 
Klima anzurathen, und es dürften deshalb die folgenden Ihmiei* 
klingen, die auf meinen Erfahrungen vom vorvergangenen AVintei 
fussen, vielleicht von Interesse für Sie seiu. 

Wintercur: Der Winteraufenthalt im Hochgebirge ertorder 
noch etw r as widerstandsfähigere Personen, und es w r erden sieh dabei 
besonders die Fälle des allerersten Stadiums der beginnenden 
Luugenphthiso, sowie die Prophylaktiker dafür eignen: tcrnzuhalt^n 
sind Patienten mit vorgeschritteneren Lungen- und KchLkop 
processen. Auch Fälle des zweiten Stadiums, w r o schon deutln t 
aber noch nicht ausgedehnte Lungenveränderungen nachzuweKu 
sind, werden bedeutend gebessert und könneu sogar bei {rt 
cignetem Verhalten der Patienten in Heilung überge e 
Aber dieses richtige saehgeniässe Verhalten w’ird, wie ich relc 
zu beobachten Gelegenheit hatte, bei den meisten Patienten 
kommen vermisst. Der Curgast, der Abends nach langer und _ 
strengender Reise angekommen ist, eilt meist am nächsten * wo ¬ 
durch den Sonnenschein und das herrliche Wetter gelockt, n ^ 
und will gleich stundenlang spazieren gehen. Meine lieiieu,^ 
kann nicht genug betont werden — lind ist ja auch geiaae 

b Jahresversammlung d. Schweiz, naturforschend. Gesellschaft 
1N0‘2) und Verhandlungen d. XII. Congresses f. innere Mediuu 
luden 1SU3). 

') Münch, med. Wocheuschr. 1893. No. IL 41 u. 42. . ..ndeJ 

; l Vergl. auch die letzten von v. ,1 aruutowski und v t .| ir _ 
iGörhersdorfi vorgcjioiuiucncn Zähl unsren. Mün«h. med. " 

18114. No. 48. 


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13. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


was Y lr zuetzt erört6rt haben, wohl verständlich —, dass 
für die ersten Tage des Aufenthaltes absolute Ruhe geboten ist. 
Aber auch später sollte.der Kranke die Zeit im Freien meist sitzend 
oder noch besser liegend 1 ) zubringen und auf jeden Fall 
schon vom Hausarzte gewarnt sein, sich nicht zu Bergbesteigungen 
oder irgendwie anstrengendem Sport — vor allem habe ich hierbei 
das sogenannte „Schlitteln“ im Auge — verleiten zu lassen. Die 
Versuchung hierzu ist sehr gross. Sie können es im grossen 
Maassstabe m St. Moritz und Davos, in kleinen Anfängen leider 
auch schon in Arosa sehen, wie Herren und Damen, jedes einen 
etwa 1 m langen niederen Schlitten nach sich ziehend, die steileren 
Wege hinaufwandern oder eine Anhöhe erklimmen, um dann von 
dort auf dem Schlitten sitzend oder sogar bauchwärts liegend in 
rasender Geschwindigkeit herabzufahren. Ein Erhitzen ist, nament¬ 
lich wenn sich das Spiel mehrmals wiederholt, beim Erklimmen 
? e L Anhölle un7ermei( llich, und andererseits wird leicht bei dem 
heftig än drängenden Luftzug während der Fahrt unwillkürlich der 
Mund etwas geöffnet, so dass der durch den vorigen Anstieg noch 
erhitzte Schüttler jetzt die eiskalte Luft direkt durch den Mund 
emathmet. 

Ich glaube, m. H., das bedarf keines weiteren Commentars, 
und schon nach meiner unvollkommenen Beschreibung werden Sie 
sich sagen, dass ein solcher Sport unter keinen Umständen für 
einen Lungenkranken gut sein kann. Wenn ein Lungenkranker 
im Hochgebirge eine Lungenblutung bekommt, so ist dies viel 
eher auf solche Ueberanstrengungen zurückzuführen, als dass 
der Aufenthalt im Hochgebirge als solcher daran schuld wäre 
Hat doch erst unter anderen Egger 2 ) kürzlich gezeigt, dass das 
Hochgebirgsklima die Neigung zu Blutungen bei Phthisikern eher 
vermindert, sicher aber nicht, wie man vielfach angenommen hat 
erhöht. . * 

Wir verlangen also, dass der Kranke möglichst lange, auch 
wenn die Sonne nicht oder nur wenig scheint, im Freien liegen 
soll. Damit dies ohne Unbehagen geschehen kann, ist dem zur 
Reise sich anschickenden Kranken anzuempfehlen, dass er sich 
mit dicken Kleidern, Mänteln, Winterhandschuhen, warmen Schuhen 
und zwei wollenen Decken oder Reisedecken versehe. 

Der nicht fiebernde Kranke kann vielleicht ein bis zwei Stunden 
im Tage spazieren gehen oder auch — vorausgesetzt dass er darin 
nicht Anfänger ist — Schlittschuhe laufen. Immer ist. dem Kranken 
anzurathen, sich nach solchen Bewegungen, falls er dabei stärker 
transpirirt hat, zu Hause sofort umzukleiden. Dies muss stets 
geschehen, wenn er auf einer- seiner Excursionen tief in den Schnee, 
nicht selten bis ah die Hüften, eingesunken ist, was zur Zeit der 
Schneeschmelze, sobald der Schnee anfängt seine Bindekraft zu 
verlieren, leicht Vorkommen kann. Jeder Patient, der Temperaturen 
über 37,4 hat, sollte meiner Meinung nach zunächst das Bett hüten 
und erst mit ganz kurzen Spaziergängen beginnen, nachdem er 
10 bis 14 Tage ohne erhöhte Temperaturen geblieben ist. 

Nur so, bei fortgesetzter Controlle seiner Temperaturen und 
seines Körpergewichts, bei vollkommen geregelter gleichmässiger 
Lebensweise ohne Excesse irgend welcher Art darf der Lungen¬ 
kranke rasche Besserung seines Leidens im Hochgebirge erwarten. 
Ob er auch einer dauernden Genesung zugeführt wird, dafür ist 
demnächst die Dauer seines Aufenthaltes im Curorte maassgebend. 
Sie wird je nach der Schwere der Erkrankung eine verschiedene 
sein, soll aber mindestens, auch in den leichtesten Fällen, ein 
halbes Jahr betragen. Gerade dies möchte ich noch besonders 
hervorheben; denn es gehört keineswegs zu den Seltenheiten, dass 
man von dem neuangekommenen Kranken hört, er werde in acht bis 
zehn Wochen wiederhergestellt sein. Ein Tag nach dem andern 
vergeht, ohne dass die so sicher versprochene und rasch erwartete 
Besserung sich zeigen will; der Kranke wird ungeduldig und un¬ 
zufrieden, glaubt durch forcirtes Spazierengehen sich die Heilung 
erzwingen zu müssen, und indem er statt besser immer deutücher 
kränker wird, macht der anfängüchen Freudigkeit nur zu bald hoff¬ 
nungslose Verstimmung Platz. Solches lässt sich — und wir 
müssen stets darauf gefasst sein, dass im Anfang eine leichte Ver¬ 
schlimmerung des Zustandes eintreten kann — nur vermeiden, 
^enn wir unserem Patienten, schon ehe er die Reise antritt, die 
volle Wahrheit sagen, wenn wir ihn auf die Gefahren aufmerksam 
machen, denen er sich durch falsches Verhalten aussetzt, ihm 
aber auch andrerseits den Trost nicht vorenthalten, dass er bei 
gewissenhafter Befolgung aller Vorschriften des ihn 
dort überw achenden Arztes 3 ) und bei genügender Aus- 

-. ' ') Hierzu eignet sich am besten ein Liegestuhl nach Falkensteiner 
Modell oder in. Ermangelung eines solchen der „Triumphklappstuhl“. 

f) Ueber das Vorkommen von Lungenblutungen bei Phthisikern in 
Hochgebirgsstationen. Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte XXIII, 1898. 

J ) Man sollte es eigentlich für selbstverständlich halten, dass der 
neu angekommene Patient möglichst bald den Arzt aufsuche, um sich 
nach stattgehabter Untersuchung genaue Verhaltungsmaassregeln von 


« mM. T™ Genesun s entgegengehen kann. Dann wird 

I } ! elChma ? S '? Ton Ernst ünd Frohsinn mit ins 
Hmjhgebirge gingen und sich dort zu erhalten wissen, dessen er 
zur stetigen Besserung und dauernden Genesung so sehr bedarf. 

VIII. Feuilleton. 

Historischer Rückblick Huf die Cholera in Berlin 
im Jahre 1831. 

Von Geh. San.-Rath Dr. Ohrtmann in Berlin. 

(Schluss aus No. 49.) 

c , ^ as nun die Desinfection betrifft, so erschien darüber eine 
sehr genaue Instruction. Die Desinfection wurde bewirkt durch 
Waschungen, Räucherungen und durch Lüften. Zu den beiden 

r di6nte S P, hlor ? atron ’ Chlorkalk, Aetzlauge, Essig, 
veisse und schwarze Seife. Indem ich die genauere Verfügung 

Äff 6 ’ an ? ie n n ,T der Desinfecti ™ der Briefe, Zeitungenf de! 
gezählt e ^frn U l' ? eld wird er f t in Reifenwasser gelegt, nass nach¬ 
gezählt, getrocknet und mit schwacher Chlorkalksolution behandelt 

K a «ÄJ eit r ge !J’ W e r^PaP ier e werden in einen hölzernen 
länHpt ^ der dre! Abteilungen hat. Im oberen Drittheil 
befindet sich ein Rost von Eisendraht, auf welchen die Papiere gelegt 
werden, im mittleren Abtheil eine Pfanne mit Essig, im unteren 
Jgnaden Kohlen. Fünf Minute! werden die 
stochen durcduaucbert UQ d die Briefe noch mit einem Pfriem dureh- 

Natürlich- gab es schnell eine bedeutende Choleralitteratur. 
Berichte aus Russland, Oesterreich vereinigten sich mit den Be¬ 
richten aus den Provinzen und den einzelnen Städten Preussens. 
Diese Litteratur ist enorm, wie ich aus den mir zu Gebote stehenden 
bchriften ersehe, und ich werde Sie damit nicht ermüden In 
Eönigsberg war bei Beginn der Epidemie eine Cholerazeitung er¬ 
schienen, von der ich Ihnen 17 Nummern vorlege. In Berlin 
erschienen gleich im Anfang der Seuche zwei solcher Zeitungen- 
die .Cholerazeitung“ von Casper und das „Tagebuch der 
bösartigen Cholera“ von Albert Sachs redigirt Diese drei 
Zeitungen bringen Nachrichten aus aller Welt, die Todtenlisten 
gute und schlechte Rathschläge für das Publikum und Berichte 
von Aerzten, deren jeder seine eigentümliche Heilmethode für die 
allein segenbringende anpreist. Zugleich zeige ich Ihnen einige 
für das Volk bestimmte kleine Schriften, in denen VerhaltungB- 
maassregeln angegeben werden, bis ärztliche Hülfe zu erlangen 
ist. Das erste Erfordemiss für die Heilung ist unbedingt die 
Kranken in Schweiss zu bringen; hierzu werden warme Bäder zu 
. bl ® d . 10 R verordnet mit oder ohne Zusatz von Acidum sulphuricum 
mit Acidum nitricum, oder auch Liquor Kali caustici, dabei starke 
r nctionen. Ist kein Bad möglich, Einhüllen in wollene Decken mit 
warmem Essig, als Getränk Melissen-, Chamülen-, Pfeffermünzthee. 

Was nun die eigentliche medicinische Therapie betrifft, so ist 
sie, wie es jenem Zeitalter geziemt, vielfältig und vielthätig. Um 
es vorweg zu nehmen, habe ich gefunden, dass man auch schon 
damals Injectionen von Salzlösung in die Venen gemacht hat. 
Dieffenbach sagt von dieser Operation: Diese mit behutsamster 
Anwendung unternommenen Operationen haben, wenn auch die Er¬ 
folge nicht bis zur Berauschung befriedigende waren, doch keines 
kranken Menschen krankes Leben gekostet. Dieffenbach hat 
auch drei mal Transfusion gemacht, aber ohne Erfolg. Ausser den 
beiden war aber eines der bevorzugten Mittel im Anfang der 
Krankheit einer der Heroen der Medicin: das Vomitiv. Man gab 
dem Kranken halbstündlich einen Esslöffel von Solutio Tartari 
sübiati (ti ß) 3VI (0,6) 180) und unterstützte dieses Mittel sehr 
häufig durch eine Venaesection, vor allem, wenn das Erbrechen 
nicht ergiebig war, denn durch Aderlass wird das Erbrechen be¬ 
fördert. Danach gab man eine Mixtur: Tinct. Opii crocat., Tinct. 
Cantharid. ana 3 3 Aqua Asae foetidae comp. UI zweistündlich 
20 Tropfen in Melissenthee. Ausserdem Sinapismen auf Magen 
und Waden. Da aber diese Behandlung nicht immer zum Ziele 
führte, so versuchte man es noch mit vielen anderen Mitteln. 
Einen grossen Ruf hatte Calomel in grossen Dosen, mit und ohne 
Opium. Bei lokaler Hyperämie Blutegel. Kalte Uebergiess ungen, 
kalte Waschungen sollten auch ausgezeichnet sein. Opium allein 
in Substanz ward per os wenig gegeben, eher noch im Clysmen. 
Aber die Reihe der Mittel, welche von verschiedenen Aerzten in 
verschiedenen Stadien der Krankheit gegeben wurde, ist eine recht 
grosse. Gestatten Sie mir; Ihnen dieselben vorzuführen: Liquor 
Ammonii carbonici, Liquor Ammonii acetici, Acidum muriaticum, 
Camphora, Tinctura Veratri, Moschus, Valeriana, Oleum Cajeputi, 
Belladonna, Carbo animalis, Castoreum, Bismuthum, Chininum 

diesem geben zu lassen, allein es wird auch in diesem Punkte noch so 
vielfach gefehlt, dass ich es für nicht überflüssig hielt,, hier ausdrücklich 
darauf hinzuweisen. 


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DEUTSCHE MTOICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50 


942 

sulphuricum, Nicoüana u. s. w. Der Durst der Kranken wurde 
befriedigt durch schleimige Sachen, Theeaufguss, Champagner, blüh- 
wein. Also hat man es an Versuchen nach jeder Richtung hm 
nicht fehlen lassen. Die Homoeopathen, welche seit 20 Jahren 
existirten (das Organon Hahnemanni erschien 1810), behaupteten, 
durch ihre Behandlungsweise ausgezeichnete Resultate erzielt zu 
haben. Doch fehlte jede Controlle der Diagnose, denn die ihnen 
zu Gebote gestellten Zimmer für*Kranke wurden von ihnen nicht 
benutzt, und ihre Angaben über Heilungen — Todesfälle kamen 
nicht vor — hüllten sich in ein gewisses Dunkel. 

Während nun die Seuche wüthete, entstand natürlich m den 
Reihen der Aerzte und Laien die Frage, was ist ihr Wesen, was ihre 
Ursache? Ist es ein Contagium, ist es ein Miasma? Gegen das Con- 
tagium sprach das Auftreten an verschiedenen Orten, dagegen dass 
man eine direkte Ansteckung von Osten nach Westen nachweisen 
konnte, sprachen die Sectionen, denn die Aerzte wurden dabei 
nicht angesteckt, sprach, dass oft in einer Familie Krankheitsfälle 
vorkamen, ohne dass die übrigen Mitglieder erkrankten, sprach, 
dass, wenn in einer Familie eine Erkrankung erfolgte, auch andere 
Bewohner des Hauses, die mit den Kranken nicht in Berührung 
gekommen waren, erkrankten, genug, die Sache war nicht zu er¬ 
klären. Mit dem Contagium konnte man nicht viel ausrichten, 
also Miasma. Die Luft war verpestet und wirkto mit ihrem 
Krankheitserzeuger auf jeden, der eine Disposition hatte, denn das 
hatte man doch schon herausgefunden, dass eine bestimmte Dis¬ 
position zum Erkranken nothwendig wäre, hervorgerufen durch 
Diätfehler, Erkältung, vor allem durch Gemüthsaufregung. Aber 
dann hätten doch eigentlich noch viel mehr Menschen erkranken 
müssen, die dieselbe Luft einathmcten. Genug, man kam aus 
diesem Dilemma nicht heraus und entschied sich zuletzt dafür, 
dass Contagium und Miasma zusammen wirken müssten, vor¬ 
ausgesetzt, dass eine Disposition vorhanden sei. Es spricht Hufe¬ 
land: 

„1. Man kann die Cholera sowohl aus der Luft, als auch durch 
Ansteckung erhalten. 

2. Die erstere Mittheilung ist viel häufiger als die letztere. 

3. Zur Aufnahme beider Mittheilungen gehört eine eigentüm¬ 
liche Receptivität des Organismus. 

4. Diese Empfänglichkeit kann durch gewisse in unserer Ge¬ 
walt stehende Einwirkungen erregt und begünstigt werden, und 
diese sind: Ueberladung des Magens, Genuss saurer, blähender, 
kältender, unverdaulicher Speiseu und Getränke, das Uebermaass 
spirituöser Getränke, Erkältung, Durchnässung, Aufenthalt in 
feuchter Luft, niederschlagende Gemüthsaffecte. Die Erfahrung 
hat unzählige mal gelehrt, dass unmittelbar nach Einwirkung solcher 
Potenzen die Cholera ausgebrochen ist, dagegen kein Beispiel exi- 
stirt, wo dieselbe ohne solche Einwirkungen entstanden wäre. 

5. Die Verhütung der Cholera durch Abhalten des An¬ 
steckungsstoffes ist nur unvollkommen möglich, da die Mittheilung 
durch die Luft garnicht und die durch persönliches Contagium nur 
zum Theil möglich ist. 

6. Das sicherste Schutzmittel bleibt daher: Die Verhütung 
der Empfänglichkeit für die Krankheit, und diese besteht in der Ver¬ 
meidung der oben genannten Beförderungsmittel und in gutem Muth.“ 

Ihnen einen Begriff zu geben über die Art und Weise, wie 
man sich die Cholera erklärte, gestatten Sie mir noch drei Ber¬ 
liner Aerzte zu citiren. Professor Dr. Reich sagt: „Ursache 
der Cholera ist Abnormität des Verdauungs- und Emährungs- 
processes, die infolge dessen gebildeten Producte, jene rahm- 
artige flockige Masse, welche sich bei allen Ausleerungen ent¬ 
wickelt, liefert das Material zur Krankheit. Aus ihr entwickelt 
sich eine eigenthümliche Mephitis, die durch Absorption der Wärme 
und durch Resorption der Lympligefässe des Darmcanals dem Blute 
überliefert wird. Selbsterzeugung und verhindertes Entweichen 
der Mephitis ist das Wesen und diö nächste Ursache der Cholera. 
Bildung der Mephitis ist aber ein normalmässiges Erforderniss des 
Lebens, des Organismus überhaupt, denn die Ausdünstung der 
Lungen sowohl wie der Haut ist an sich nichts als Mephitis. Der 
Hauptheerd ist der Verdauungscanal, weil in ihm nicht eine dyna¬ 
mische, sondern eine chemische Verarbeitung des Genossenen vor 
sich geht. Hieraus wird der Speisebrei bereitet, aus welchem das 
Blut seinen Antheil erhält, um daraus den beiden Polen des Or¬ 
ganismus^ dem innem der Lunge, dem äussem der Oberhaut die 
Mephitis an die zum Lebensprocess unentbehrliche äussere Atmo¬ 
sphäre abzugeben. Angesteckt wird der Mensch, wenn er sich in 
der Umgebung des Kranken befindet, dessen Luftumgebung durch 
die von ihm ausgehauchte Mephitis so geschwängert ist, dass sie 
die aus jedem Gesunden entweichende Mephitis nicht mehr auf¬ 
zunehmen vermag.“ 

In seiner Schrift über die Cholera sagt v. Stosch: „Die asia¬ 
tische Cholera ist eine epidemische Krankheit. Sie hat höchst¬ 
wahrscheinlich ihren Ursprung in einem gestörten Verhältniss des 


die Gesundheit des Menschen bedingenden tellurischen und atmo¬ 
sphärischen Princips, weshalb sie auch miasmatisch zu nennen ist, 
weil dieser Ausdruck den Begriff eines positiven, materiellen 
Krankheitsstoffes in sich schliesst und das krankmachende Princip 
vielleicht in etwas Negativem besteht. Die genannte kosmische 
Bedingung für das Entstehen der Seuche entwickelt sich an jedem 
Orte freithätig; nicht plötzlich, sondern nur nach und nach, bald 
mehr bald weniger intensiv; daher die Vorboten, daher die Ueber- 
gangsformen, daher der Umstand, dass der Ausbruch nie durch 
einen Erkrankungsfall, sondern durch einen Todesfall bezeichnet 
wird. Todesfälle aber entstehen erst, wenn der epidemische Heerd 
einen gewissen Grad von Intensität erlangt hat. Die Cholera ge¬ 
hört in die Reihe der Nervenkrankheiten und hat die meiste 
Aehnlichkeit mit dem Wechselfieber.“ 

Professor Sundelin schreibt: „Es bedarf um die Cholera her¬ 
vorzubringen, einer totalen Hemmung und vollständigen Ueber- 
tragung der Hautsecrete und Hautausscheidung auf den Nahrungs¬ 
canal, so dass die Schleimhaut desselben in ihrer ganzen Aus¬ 
dehnung ein für die ganze Haut wirkendes Organ vorstellt. Es 
müsse also, wenn sich die Cholera in ihrer ausgedehnten Form 
zeigen solle, die Haut sich in einem Zustande befinden, der alle 
Ab- und Aussonderung ausschliesst und noch dazu plötzlich ein¬ 
getreten ist. Es müsse aber auch die Schleimhaut des Nahrungs¬ 
canals schon vorher in einen Zustand krankhaft erhöhter Reizbar¬ 
keit versetzt und mit einer Neigung zu Se- und Excretionen ver¬ 
sehen sein. Die Cholera, heisst es da weiter, gründet sich zunächst 
auf den, als ihre nächste Ursache zu betrachtenden Umstand, dass 
vermöge einer plötzlichen mehr oder weniger totalen Unterbrechung 
der eigentlichen Hautfunctionen, d. h. der Fortschaffung excrema- 
titieller Stoffe, dieser Reactionsprocess mit grossem NachtheU von 
der Schleimhautfläche des Nahrungscanals übernommen, der Nah¬ 
rungscanal in einen heftigen Reiz versetzt wird und daraus, näm¬ 
lich dem Zustand der heftigsten Erregung des gesammten Nah¬ 
rungscanals, jene schnellen stürmischen Ausleerungen und Bewe¬ 
gungen, jene qualvollen Symptome und Beschwerden hervorgehen, 
welche der Cholera angehören.“ Sundelin nimmt den miasmati¬ 
schen Standpunkt ein, meint aber, wenn die Seuche epidemisch 


wird, wird sie contagiös. 

Ich habe Ihnen diese Ansichten mitgetheilt, die.uns ja so fern 
liegen, dass sie beinahe ausserhalb unseres Verständnisses liegen, 
um Ihnen eben den Standpunkt der damaligen Medicin recht deut¬ 
lich vor Augen zu führen. 

Gestatten Sie mir nun noch, Ihnen einen Auszug aus einem 
Brief von Dr. Herr mann in Dresden mitzutheilen: 

„Die Keime des Cholerasamens erzeugten sich in den fauligen 
Ausdünstungen der Sümpfe Indiens. Sie traten in die Reihe der 
Wesen, die sich selbst fortpflanzen, unter günstigen Bedingungen 
leben, bei mangelnden dagegen absterben, in Wechselwirkung: mi 
dem menschlichen Organismus aber auf dessen Functionen hem¬ 
mend ein wirken. Sowie der Schöpfungsact einer solchen Substanz 
vorüber ist, so bedarf es der Intensität der Bedingungen zu seiner 
primitiven Erzeugung nicht mehr. Der Choleraansteckungss 
vegetirt nun, ohne der indischen Sümpfe und Sonnenhitze zu e^ 
dürfen, sein Same erzeugt sich jetzt während der Krankheitssym 
ptome der mit Cholera behafteten Individuen und wird von ne 
ausgehaucht und ausgedünstet. Jeder Cholerakranke ist d 0 ? 
mit einer Sphäre umgeben, die Cholerakeime enthält, und je . 
der in dieser Sphäre athmet, setzt sich der Ansteckung aus. 
bis jetzt unerforschten günstigen Bedingungen zum Ratten • 
Cholerasamens sind es nun, die man als Dispositionen ^ em ' 
Denn ebenso, wio das Samenkorn auf Fels nicht Wurzel sc »g 
wird, ebenso haftet der Cholerakeim nicht in Individuen, ai®. , 

zur Krankheit disponirt sind. Die Entwickelung ist m o. 08 
Grenzen eingeschlossen. Gegenden, die günstige Bedingung 
haben, können lange Träger des Keimes sein, aber die. 
liehen Quellen versiegen schnell. So begrenzt sich die 
wie andere epidemische Krankheiten.“ . . t er . 

Ich habe Ihnen diesen Brief mitgetheilt, weil ernur 
schien als eine Vorahnung dessen, was in neuester Zeit 
schaftlichen Thateaehe geworden. Wenn auch schon d ^ 
einzelnen Aerzten die Behauptung aufgestellt wurde, es g 
Etwas, was die Cholera veranlasste, so waren das doch 
Vermuthungen. Erst Koch’s Untersuchungen haben ck 

klärungen über das Wesen der Cholera gegeben. Wenn 
in der Therapie nicht so sehr viel glücklicher und g 680 rLjjd 
worden sind, so können wir uns doch heute rühmen, ^ 
der Cholera zu kennen, und wenn uns diese Kenntmss 
zum Herrn der Öeuche macht, so giebt sie uns doch , ser 

ihr vorzubeugen, sie einzudämmen, und das ist göwms m r : llIT1 ph 
Fortschritt für das Wohl der gesammten Menschheit, 
der Wissenschaft der inneren Medicin. 


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13. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


m 


IX. Standesangelegenheiten. 

4 der ******* Berlin - Brandenburg vom 

Äen ten fr ch /? n ^ ed Ädt ig eT„ ’Ä 

Z r i,Jn lter in lr ge 8< “oder, Ftage brtÄXlSSlw 

«Uta Te iCihm» lt 3 ^w d ' g6 n Kün "r m Berlln und Brandenburg end- 
qmu 8 j bgel i ehnt * Dar auf wurde nach einem Referat des 
Behörden der Antrag des Vorstandes angenomme^M den 

iiehoraen dahin unken zu wollen, dass denjenigen Aerzten welche we^en 
unheilbarer Geisteskrankheit entmündigt sind, sowie 

en, Hr t mit ” dauernder Unfähigkeit als Zeuge oder Sachver- 
e^tzogen w^rde Vemommen zu werden “ betraft sind, die Approbation 

Enf«php!I!»,nt n ^ rag p^ r k wes flalischen Kammer, im Aerzteausschuss die 
Vntwn^ g d ^ 01 J hs ^ encbt s zu behandeln, welches die Gebühren für 

seCr?n^Vwnl 1 SaChVe, ? tän A lg f aüf die Hä,fte berabsetzt, falls di? 
Stlo n Whn u g des Arztes stattfinden, schloss sich nach dem 
Bericht des Herrn Mendel auch die Kammer an. Herr Mendel er¬ 
de? V?«nrh ? me „ Rei ^ e ******* Vorgänge, in denen von den Gerichten 
der \eisuch der Herabsetzung von Gebühren gegenüber don Aerzten ffe- 

b p i 6r Abschäfczun g der Entfernungen im Berliner Vor- 
w^M? k ph!I^^5 andere Redner entwickelten diese Casuistik durch specielleFälle, 
7n «tlf- ? / a S b u L dieser Gelegenheit den Ausschuss beschäftigen sollen, 
hpl^ L^M 0 nach ,? 1D ^ U L sehr eingehenden Vortrage des Herrn Schöne¬ 
berg beschlossen, die Nothwendigkeit auszusprechen, dass die zwanss- 
^ Ahnungen, deren Insassen von ansteckeX 
ziiG^enhabe gewesen, stets auf öffentliche Kosten statt- 
____ A. G. 


X. Mittheilungen über die Heilserum- 
therapie der Diphtherie. 

• 4 . ® or * c j^ka, Beitrag zur Behandlung der Diphtheritis 
pi Uehring’schem Heilserum. Aus dem Marinespitale in 
Pola. Wiener klm. Wochenschrift 1894, No. 49. 

In dem ersten der drei beschriebenen, bacteriologisch sicher¬ 
gestellten Fälle von Diphtherie (oder, um mit Hansemann zu 
reden, von „Loeffler’scher Krankheit“, Ref.) handelte es sich um 
einen vierjährigen Knaben, der mit ausgedehntem Belag, sehr er¬ 
schwerter Respiration, Cyanose des Gesichts und 180 Pulsschlägen 
m die Behandlung kam. Nach Injection von 600 Antitoxineinheiten 
Höchster Serums wurde am folgenden Tage die Respiration be¬ 
deutend ruhiger, die Temperatur normal; nach zwei weiteren Tagen 
war das Kind als geheilt zu betrachten. — Der zweite Fall (fünf¬ 
jähriges Mädchen) verlief in ähnlicher Weise. Auch hier wurde 
namentlich die vor der Behandlung bestehende starke Athmungs- 
behmderung nach 600 Antitoxineinheiten am nächsten Tage er¬ 
heblich gebessert. Fünf Tage nach Beginn der Behandlung war 
das Kind genesen. — Bei dem dritten Kinde (einem vierjährigen 
Mädchen) nahm die bei der Aufnahme bestehende Dyspnoe an dem 
der Injection von 600 Antitoxineinheiten folgenden Tage zu, wurde 
aber nach Ipjection von 1000 Antitoxineinheiten am dritten Be- 
dlungstage völlig beseitigt. Am neunten Behandlungstage war 
die Patientin gesund. Verfasser ist der Meinung, dass in allen 
drei Fällen der eclatant gute Erfolg des Heilserums nicht in Ab¬ 
rede gestellt werden kann. Was die bei den beschriebenen 
Patienten nachgewiesene Albuminurie betrifft, so vermag der Ver¬ 
fasser nicht anzugeben, ob dieselbe nicht schon vor der Behandlung 
bestanden hat. In einem, von einem anderen Collegen beobachteten 
Falle, der auch mit schweren Erscheinungen in die Heilserum- 
Behandlung kam und mit Genesung endete, war niemals Albumen 
aufzufinden. Schwalbe (Berlin). 


G. Mya, La sierotefapia antidifterica nell ’lstituto 
pediatrico di Firenze. Lo Sperimentale 1894, No. 34, S. 667 
bis 681. 

Im Anschluss an die Darlegung der wissenschaftlichen Grund¬ 
lagen der Serumtherapie berichtet der Autor über die Erfahrungen, 
welche er bei der serumtherapeutischen Diphtheriebehandlung in 
dem Istituto pediatrico zu Florenz bisher gemacht hat. Zur 
Anwendung kam ausschliesslich das Serum von Meister Lucius & 
Brüning (Höchst a. M.) Es handelt sich um eine nur kleine Statistik 
von 17 Fällen, welche den Zeitraum von Anfang October bis Ende 
November dieses Jahres umfasst. Der Autor verfolgt das Princip, 
bei jedem diphtherieverdächtigen Fall sofort nach der Aufnahme 
das Serum zu injiciren; wiederholte Injectionen finden nur in 
solchen Fällen statt, in denen die jedesmal vorgenommene bacterio- 
logische Untersuchung den Verdacht auf Diphtherie bestätigt. Von 
den 17 (bacteriologisch diagnosticirten) Diphtheriefällen kamen zehn 
zur Tracheotomie; von den letzteren starben zwei, bei denen die 
Section eine Mischinfection von Diphtheriebacillen und Strepto¬ 
coccen ergab. Die übrigen 15 Fälle genasen. Unter den genesenen 
Fällen hebt der Autor zwei als besonders bemerkenswert!! hervor. 


In dem ersten, der einen achtjährigen, am dritten Krankheitstage 
m Behandlung gekommenen Knaben betrifft, erfolgte nach zwei 
Serumipjectionen Verschwinden der Beläge und Temperaturabfall 
zur Norm binnen zwei Tagen. Zugleich trat wählend der Defer- 
vescenz ein Herpes labialis et auricularis auf; der Autor sieht die 
letztere Erscheinung als ein manifestes Zeichen für die specifisehe 
Wirkung der Behandlung an. In dem anderen Falle handelte es 
sich um ein 29 Monate altes, seit drei Tagen erkranktes Kind, 
dessen drei Geschwister gleichfalls an Diphtherie erkrankt waren 
(zwei von ihnen wurden nicht ins Krankenhaus gebracht und 
starben) und welches schwere Symptome darbot (ausgedehnten 
Belag im Pharynx, beträchtliche submaxillare Drüsenschwellung, 
Nasenfluss, Larynxstenose, bellenden Husten, Aphonie, Kräfteverfall, 
Temperatur von 39° C). Nach der Seruminjection folgte binnen 
18 Stunden Temperaturabfall zur Norm; die Pharynx- und Larynx- 
symptorae besserten sich auflallend schnell, und das Kind war ge¬ 
heilt. — Ungünstige Nebenwirkungen von dem Heilserum hat der 
Autor nicht gesehen. Carl Günther (Berlin) 

— In No. 1769 des British med. Journal werden weitere elf 
Fälle von Diphtherie veröffentlicht, welche im Bartholomäushospital 
mit Schering’schem Antitoxin behandelt worden sind. Das Alter 
der Patienten schwankte von acht Monaten bis 16 Jahren; zwei 
davon starben; einer der Todesfälle betrifft ein Kind von 2*/2 Jahren, 
welches nach der Tracheotomie schon auf dem Wege der Besse¬ 
rung zu sein schien, als es einer hinzu tretenden Pneumonie erlag. 
Das andere Kind, welches starb, war acht Monate alt und starb 
am Tage nach der Aufnahme, 24 Stunden nach der Tracheotomie. 
Von den neun genesenen Kindern waren vier, im Alter zwischen 
elf Monaten und vier Jahren, vorher tracheotomirt worden. 

Elsner (Berlin). 

Welch, A clinical report of five cases of diphtheria 
treated with the antitoxin. Med. News 1894, 17. Nov. 

Fall 1. 2 l/ ajähriges Kind, vor48 Stunden erkrankt. Schwere Rachen- 
und Nasendiphtherie. Nach Injection von Aronson’schem und Behring- 
schem Antitoxin keine Wendung zum Bessern. Erscheinungen von Sepsis. 
Exitus. 

Fall 2. Kind von 2 Jahren 8 Monaten, vor 48 Stunden erkrankt. 
Nasen- und Rachendiphtherie. Behring’s Antitoxin ohne wesentlichen 
Einfluss. Nach vier Tagen Scharlacheruption. Genesung. 

Fall 3. 13jähriges Kind, leidet seit vier Tagen an Rachendiphtherie. 
Behring’s Antitoxin. An den folgenden Tagen Abnahme der Membranen. 
Heilung. 

Fall 4. öjähriges Kind, Nasen- und Rachendiphtherie. Injection 
zur Zeit der fortschreitenden Besserung. Heilung. 

Fall 5. 8jährigcs Kind mit Nasen-und Rachendiphtherie. Injection 
7 Tage nach Beginn. Wenig Veränderung des lokalen Befundes, aber 
Besserung des Allgemeinbefindens. Endresultat nicht angegeben. 

C. White. Antitoxin treatment of diphtheria. Ibidem. 

White berichtet über 20 besonders schwere Fälle von Diphtherie, 
die nach der neuen Methode behandelt sind. Das Durchschnittsalter der 
kleinen Patienten war 3Va Jahre, die Durchschnittsmenge des Antitoxins 
11,3 ccm; bei 14 war Kehlkopfdiphtherie vorhanden, und von ihnen 
mussten 4 intubirt, 1 tracheotomirt werden. Ein intubirtes Kind im 
Alter von 3 Jahren starb am 24. Tage an einer lobären Pneumonie, bei 
dem tracheotomirten Kinde entwickelte sich am 34. Tage in Folge einer 
Erkältung eine zum Tode führende Bronchopneumonie. Von den 6 Kin¬ 
dern ohne Kehlkopfdiphtherie starb eins während der Reconvalescenz an 
Scharlach. Es eigiebt sich also hier eine Mortalität von 16,6 °,o, bei 
der Kehlkopfdiphtherie eine solche von 28,5 % (früher 50 u /u). Irgend 
welche allgemeine oder lokale Erscheinungen wurden nach der Injection 
mit Ausnahme von einem geringfügigen Exanthem nicht beobachtet. Die 
Temperatur veränderte sich nicht auffallend, der Puls besserte sich aber 
wenige Stunden nach der Einspritzung; die Diphtheriebacillen und die 
Membranen schienen unter der Antitoxinbehandlung nicht besonders rasch 
zu verschwinden. Reunert (Hamburg). 


Wir erhalten nachfolgende Zuschriften von Seiten der Herren Pro¬ 
fessor Behring in Halle und Geh. Rath v. Bergmann in Berlin: 

XL Berichtigung 

von Prof. Dr. Itehring in Halle a. S. 

In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft vom 
5. December 1894 hat Herr Geheimrath v. Bergmann zufolge eines 
mir vorliegenden Berichtes der Magdeburger Zeitung gesagt: „Gegen die 
Blutserumtherapie habe er ursprünglich von vornherein ein Vorurtheil ge¬ 
habt. Er habe mit dem Tuberkulin üble Erfahrungen gemacht und konnte 
von einer verwandten Heilmethode nicht viel erwarten. Vor zwei Jahren 
habe sich Behring an ihn mit dem Gesuche gewandt, dass er das Di¬ 
phtherieserum in der chirurgischen Klinik prüfe. Er habe darauf zunächst 
die Vorzeigung der Thierversuche, auf die die Behring’sche Lehre sich 
stützt, verlangt. Diese Vorzeigung aber sei durchaus zu Ungunsten 
Behring’s ausgefallen. Die Thiere, die er als diphtheriefest bezeichnet«, 
seien eingegangen. Verstärkt wurde das Misstrauen gegen die Serumtherapie 
durch die Erinnerung an die Behring’schen Nachrichten über die Er¬ 
gebnisse der Sorumtherapie bei Wundstarrkrampf. Es stehe fest, dass 
weder beim Menschen noch beim Pferde jemals bei ausgesprochenem 
schweren Wundstarrkrampf Heilung erzielt worden sei. Bekannt sei aber 


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944 


DEUTSCHE MED1C1N1SGHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5(1 


auch, dass chronische Starrkrampferkrankungen ohne besondere Eingriffe 

heilen. Um solche handle es sich aber in den Fällen, die Behring mit der 
Serumtherapie geheilt haben will. Er habe damals abgelehnt, die Serum- 
therapie anzuwonden.“ 

Dazu habe ich berichtigend zu erklären: 

1 Nicht Hen* v. Bergmann hat die Vorzeigung der Uueiver- 
suche verlangt, sondern ich habe ihn gebeten, die Thierversuche aiizusohen. 

2 Die ungenügenden Arbeitsbedingungen in der chirurgischen Klinik 
haben bei der beabsichtigten Demonstration, welche vor fast genau drei 
Jahren (nicht vor zwei Jahren) dort von Wer nicke und mir yorge- 
nommen wurde, eine einwandsfreie Darlegung der Leistungsfähigkeit 
unseres von diphtherie-immun gemachten Thieren gewonnenen berums un¬ 
möglich gemacht. Aus diesem Grunde wurden sofort hinterher — 
gerade um einer etwaigen ungerechtfertigten Kritik zu begegnen — im 
Institut fürInfectionskrankheiten,imBeisein der Professoren 
Koch, Schütz und des im Aufträge des Geheimrath v. Berg¬ 
mann erschienenen Assistenten, Stabsarzt Goissler, die 
grossen Versuchsreihen von Wernicke und mir demonstnrt, 
welche im Frühjahr 1892 in der Zeitschrift für Hygieno in ex¬ 
tenso publicirt worden sind. Herr Geheimrath v. Bergmann 
war unter Hinweis auf die -unüberwindlichen Schwierigkeiten, die emer 
beweisenden Demonstration von subtilen Thierexperimenten in seiner 
Klinik damals entgegenstanden, gleichfalls von mir gebeten worden, den 
Demonstrationen im Institut für Infectionskrankheiten beizuwohnen. 

3. Es ist ein Irrthum, dass ich Herrn v. Bergmann Thiere als 
diphtheriefest bezeichnet habe, die später eingingen. 

4. Herr v. Bergmann hat während meiner Abwesenheit von 
Berlin durch Stabsarzt Wernicke Serum erhalten, mit welchem er im 
Beginn des Jahres 1892 mehrere diptheriekranke Kinder behandeln Hess. 
Der Erfolg konnte wegen der zu geringen Zahl von Fällen weder zu 
Gunsten noch zu Ungunsten des Serums entscheiden. Nicht Herr 
v. Bergmann hat die weitere Behandlung mit Serum in der chirur- 
oischen Klinik sistirt, sondern ich habe meinen Mitarbeiter Stabsarzt 
Wernicke verhindert, Serum zur Diphtheriebehandlung in die chirur¬ 
gische Klinik zu geben, nachdem mir die Ueberzeugung gekommen war, 
dass die von mir vertretene Sache durch weitere Versuche am Menschen 
damals nicht gefördert werden konnte. 

5. Was das von Herrn v. Bergmann angeblich von vornherein 

bei ihm vorhanden gewesene Vorurtheil und Misstrauen gegen die Serum¬ 
therapie betrifft, so habe ich nichts davon gemerkt! Im Gegentheil ich 
war überrascht von der schnellen Bereitwilligkeit, mit welcher er die 
Serumbehandlung auf seiner Diphtheriestation einführen liess. , 

XII. Erwiderung 

von Prof. Dr. E. t. Bergmann in Berlin. 

Gegenüber den vorstehenden Auslassungen des Herrn Behring, 
welche mir 'die Redaction der Deutschen medicmischen Wochenschrift mit- 
getheilt hat, halte ich meine in der Sitzung der Berliner medicinischen 
Gesellschaft behaupteten Aussprüche aufrecht. Die Versuche Behring’s 
an Kaninchen bei mir zeigten das Gegentheil von dem, was er mir be¬ 
weisen wollte, und waren von mir verlangt worden, ehe ich Herrn 
Behring in meiner Kinderstation die Behandlung von Kranken gestattete, 
und da diese Behandlung so ausfiel, wie ich angegeben, inhibirte ich die 
Fortsetzung derselben. Nicht damals, als Behring bei mir experimentirte 
und behandelte, sondern jetzt, nachdem ich bei mir seine Experimente 
und seine Behandlung kennen gelernt sowie seine unwissenschaftlichen 
\ Abhandlungen gelesen, habe ich Misstrauen gegen die Serumtherapie ge- 
I wonnen. Ich bedauere, dass Herr Behring als echter Mann der Zukunft 
Vund Agitator für das Heilserum im Halleschen Bürgerverein .nicht hat 
warten können, bis er in dieser Wochenschrift das authentische Referat 
über meine Worte in der Discussion der medicinischen Gesellschaft ge¬ 
lesen hatte. __ 

XIII. Kleine Mitteilungen. 

— Berlin. Die Berliner medicinische Gesellschaft ist in der 
Sitzung vom 5. December nun doch in verhältnissmässig später Abendstunde 
( 3 /<9Uhr) in die Discussion des Hans emann’schen Vortrages eingetreten — 
was freilich nur durch eine Umstossung der ursprünglichen, von uns monirten 
Tagesordnung zu erreichen war. Zu Worte gelangten in der Discussion 
die Herren v. Bergmann und Virchow, deren für Herrn Hansemann 
nichts weniger als zustimmende Aeusserungen inzwischen durch die Tages¬ 
presso bereits die w eiteste Verbreitung genmden haben. Wir werden den 
Schluss der Discussion, der vermutlich in der heutigen Sitzung statt¬ 
finden wird, abwarten, um die Verhandlungen dann in ihrer Gesammtheit 
unseren Lesern zu unterbreiten. 

— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 10. d. M. 
(Vorsitzender Ohrtmann) fanden vor der Tagesordnung einige Demon¬ 
strationen statt. Herr Freyhan zeigte die Präparate eines Falles von 
Urogenitaltuberkulose, welcher ausgezeichnet war einmal durch eine 
seltene Intensität und dann durch die streng halbseitige Beschränkung 
des Processes. Herr Lennhof demonstrirte einen Patienten mit Brust¬ 
tumor, der wahrscheinlich syphilitischer Natur ist. Der Rest der Sitzung 
Wurde ausgefüllt durch den angekündigten Vortrag des Herrn Litten: 
„Peliosis und Endocarditis gonorrhoica.“ 

— Der 16. Balneologencongress wird unter Vorsitz von Ge¬ 
heimrath Professor Dr. Liebreich vom 7.—11. März 1895 in Berlin im 
Hörsaale des Königlichen pharmakologischen Instituts stattfinden. Aus¬ 
kunft über alle diesen Congress betreffenden Angelegenheiten ertheilt 


Gedruckt bei Joliua Slttenfeld in Berlin W. 


der Generalsecretär Sanitütsrath Dr. Brock in Berlin SO, Melchior 

Strasse^ 18.^ ^ Schülerinnen, welche durch den hiesigen „Verein für 
jüdische Krankenpflegerinnen“ im jüdischen Krankenhause aas- 
gebildet werden — es sind deren bereits 14 — haben mehrere ihre 
vorschriftsmässige Lehrzeit von einem Jahre beendigt und können für 
die Privatpflege zur Verfügung gestellt werden. Auch sollen die¬ 
selben — soweit disponibel — der unentgeltlichen Armenkrankenpflege 
ohne Unterschied der Confession zu Dienste stehen. Schon in kurzer 
Zeit wird eine grössere Zahl ausgebildeter Schwestern den Herren Aerzten 
zur Verfügung gestellt werden können. Die Ausbildung ist eine durchaus 
gründliche, indem die Schülerinnen die Frauen- und Männerabtheihwg 
luf der inneren und chirurgischen Station und die Infectionsstaüonen 
durchgemacht, auch Extrawachen, Nachtwachen und selbständige Stations¬ 
pflege ausgeübt haben. Ein gründlicher theoretischer Unterncht ist 
ihnen durch die dirigirenden Aerzte, Professor Dr. Israel und S&mtlts- 
rath Dr. Lazarus ertheilt worden. Bis zu der im Sommer des nächsten 
Jahres in Aussicht genommenen Eröffnung des Schwesternhauses wolle 
man sich wegen der Schwestern an das Krankenhaus Auguststr. 14/lo 
(Telephonen 8033) wenden. n ^ ^ ^ Nov „ it di Uek , 

Production auf sämmtlfchen medicinischen Gebieten in Ameni» eine 
enorme; man zählt dort jetzt 200-300 medicm.sche Ze.tschnto m 
100 oder noch mehr „Colleges“. Dementsprechend ist die Zahl der Aerzt 
in den letzten Jahren progressiv gestiegen, so dass schon 1 Arzt aal 

600 !!Vei° h der r s“rwaltung von Philadelphia ist der Antrag auf 
Bewilligung von 100000 Dollars zum Bau eines Tuberkulosen- 

hospita^geste <j er j m Verlag von Georg Thiemc erscheinen¬ 

den Speciellen Diagnostik und Therapie der Magenkrank, 
heiten von Dr. I. Boas erscheint demnächst in zweiter Auflage. 

— Von Lehmann’s medicinischen Handatlanten ist neu er- 
schienen der Atlas und Grundriss der Ophthalmos kopie nnd 
nnhthalmoskopischen Diagnostik von Prof. Dr. 0. Haab mZüncn. 

Wir möchten bei dieser Gelegenheit auf die vortreffliche Ausstattung hin- 
weisen, welche die Verlagsbuchhandlung von J. S? 

diesen Atlanten, von welchen ausser dem genannten bisher seGhs Geburtb- 
hülfe I Theil; Goburtshülfe II. Theil; Krankheiten der Mundhöhle, de> 
Rachens und der Nase; Hautkrankheiten; Geschlechtskmkheiten; ^u- 
matische Fracturen und Luxationen) erschienen sind, vireuch' 

Der von der Verlagsbuchhandlung zum erstenmal un ^“ me Ä X; te n n 
auch dem minder Bemittelten mustergültig ausgeführte Athmteu n 
billigem Preise zur Verfügung zu stellen, erscheint mit dieser Sammlun e 

thatsAchlich.gelungen.^ F re iburg i PF- G - W''f £ 

als Privatdocent für innere Medicin hahilittrt. 7" n „ G n ^ildebratä 
Privatdocenten Dr. F. Droysen (Geburtshülfe) und Dr 0 Hüde^r.ea 
(Chirurgie) sind zu a. o. Professoren ernannt. — Innsbruck. An , 
Universität Innsbruck ist eine Lehrstelle für Psychiatneund 
künde neu geschaffen worden. Dieselbe ist dem Doc^a DrFaui 
Maver in Wien übertragen worden. — Gratz. Die DUr. iv. • 

Ä und Emil Ro^sa haben sich als Privatdocenten to GekrU- 
hülfe und Gynäkologie habilitirt. — Budapest. . D ' f ür Laivngo- 

J. Kossa und J. Prochnow haben sich als Privatdoceuten 
Rbinologie, bezw. fürToxologie und Chirurgie habilitirt. Ch' jgt 

Der Professor der speciellen Pathologie und Therapie Dr. g 
gestorben. — Kopenhagen. Der Titularprofessor der Medicin y r ö ‘j e ° r j s t 
Hannover ist gestorben. *— Upsala. Graf Karl vs i 0 l 0 gischen 

zum ausserodentlichen Professor der medicmischen P «ntliehw Pro- 
Chemie, der Docent Dr. Joh. Aug. Hammar zum ™ der medicini- 

fessor der Anatomie ernannt.— Bologna Der Professor a p ro fessorder 
sehenFacultät in Parma Dr. G.Calderim ist 
Gehurtshülfte und Gynäkologie in Bologna ernannt. - W eape 
cone hat sich als Privatdocent für Anatomie habüitirt ^ 

Dr. F. PenButi hat sich als Privatdocent für . s P ec lf^. s i c h ah 

bilitirt. - St. Petersburg. Dr. G. G. Skontschenko hat | 

Privatdocent für allgemeine und specieUe Pathoogi me dicinische 

medicinischen Akademie habilitirt. — Bordea- \ n ies, welcher 
Facultät in Bordeaux hat von dem Sohn eines Z? i?)0000 fres. i 

über 50 Jahre in dieser Stadt prakticirt hat, ein Kapital vo ^ Lillc 
zur Errichtung eines Lehrstuhls für Gynäkologie e • ^ Natur . 

An der medicinischen Facultät in Lille ist ein Lehrs . geur ^ 
geschieht« der Parasiten creirt, der dem bishengen 
Dr. Barrois übertragen ist. 


jJöii vio aw 

— Wir erhalten folgende Zuschrift: „Infolge der K°^j* r Berliner 
neue Plessimeter des Herrn Dr. Hughes V* \..jdämnff veranl» 55 ! 
klinischen Wochenschrift sehe ich mich zu Instrumente me® 

dass ich in dem von Herrn Dr. Hughes ^ 1893, No- -~ 

Ringplessimeter (vgl. Deutsche medicinische Wochenscimu Amber g ( 
S. 540) mit einer geringfügigen Modification ^keaj} • müsseI1 *ir die 
Arzt z. Z. Heidelberg. — Nach der imsvorgelegten^e f ^ 
wesentliche Uebereinstimmung der beiden Rmgplessim 
und Hughes anerkennen. D. Red. 

— In diesen Tagen gelangt Theil J? Verspätung seinem 
Reichsmedicinalkalenders zurAusgabe. Di , 0 ^ en bed^' 
Erscheinens ist auf technische JSchwierg der Aufl»r e 

durch die unerwartete beträchtliche Steigo 8 
zurückzuführen. . ^ - 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





Donnerstag _ Jff 51 ._ 20. December 1894; 

DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medieinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet von Dr. Pani Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 


Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichteusteiuallee 3. Potsdam erst r. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31. 


I. Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik 
in Breslau. 

Eine Jahresarbeit auf dem Gebiete der Extra¬ 
uterinschwangerschaft. 1 ) 

Von Otto Küstner. 

Einer kurzen Mittheilung über ein years-work auf dem Gebiete 
der operativen Behandlung der Extrauterinschwangerschaft wird 
Ihrerseits zweifellos die Frage begegnen, wo kommen jetzt die vielen 
Extrauterinschwangerschaften her, weshalb war das früher nicht. 
Der Grund ist nur in einem Punkte zu suchen: das Gros der Extra¬ 
uterinschwangerschaften wurde früher nicht erkannt, w r eil es nicht 
operativ in Angriff genommen wurde, es verlief latent unter dem 
Bilde einer Affection, von welcher man allerdings zugab, dass sie 
in einem seltenen Procentsatz ihre Ursache in Extrauteringravidität 
haben könne, welche aber sonst als Krankheit sui generis be¬ 
trachtet und behandelt wurde, ich meine, unter dem Bilde der 
Hämatocele meist retro-, sehr selten ante-uterina. Voisin w T ar der 
erste, welcher den sich abkapselnden Bluterguss im Becken als 
häufige Folge der Extrauterinschwangerschaft ansah; Zweifel hielt 
vor jetzt zwei Jahren 12,5 % aller Hämatocelen für Extrauterin¬ 
schwangerschaften, J. Veit 28%. Beide Zahlen sind nach meiner 
Erfahrung viel zu niedrig gegriffen. Die weitaus meisten, also 
weit über 50% aller retro- oder anteuterinen Hämatocelen sind 
auf extrauterine Eiimplantation zurückzuführen. Ja ich kann sagen, 
dass ich aus eigener Erfahrung nicht eine Hämatocele kenne, welche 
nicht erwiesener- oder wahrscheinliehermaassen auf Extrauterin¬ 
schwangerschaft zurückzubeziehen gewesen ist. Die Hämatocele 
ist es, welche das Bild, das klinische wie anatomische, der Extra¬ 
uterinschwangerschaft beherrscht; die Extrauterinschwangerschaften, 
welche nicht, und zwar nicht schon früh ihren Ausgang in Häma- 
tocelebildung nehmen, sind die ungleich selteneren. Erwarten Sie 
daher für die Extrauterinschwangerschaft als Tastbild neben dem 
sympathisch vergrösserten Uterus einen sich entwickelnden Eisack, 
in welchem Sie fötales Leben durch Gefühl oder Gehör von be¬ 
stimmter Zeit an wahrzunehmen imstande sind, ein Tastbild, wie 
es, wenn ich so sagen darf, im Buche steht, dann werden Sie selten, 
sehr selten eine Extrauteringravidität, finden. Fahnden Sie aber 
unter den unter dem classischen Bilde, welches Nßlaton für die 
Hämatocele entwarf, verlaufenden Fällen auf Anzeichen, welche auf 
eine kaum begonnene, eben unterbrochene Gravidität deuten, so 
werden Sie viele Extrauterinschwangerschaften antreffen. Das ist 
der Typus der Extrauterinschwangerschaften. So habe ich im 
Laufe des ersten Jahres meiner Breslauer Thätigkeit 23 Extra¬ 
uterinschwangerschaften operirt, 22 davon geheilt; 2 sind von 
meinen Assistenten operirt worden, 6 wurden nicht operirt. 

Die klinischen Bilder, in welchen diese Form der Extrauterin¬ 
schwangerschaft uns entgegentritt, bieten einige typische, sich 
häufig wiederholende Schattirungen. 

Eine Frau, welche eine Reihe von Jahren, ohne je concipirt 
zu haben, verheirathet ist, hofft sich Mutter fühlen zu können, die 
Regel ist ein-, vielleicht auch schon zweimal ausgeblieben, alle 
diese Hoffnung unterstützenden Erscheinungen stimmen, da fängt 
plötzlich die sogenannte Regel wieder an einzutreten, sie dauert 
ungewöhnlich lange, ist auch wohl recht stark, es gehen wohl auch 


') Nach einem auf der Versammlung ostdeutscher Aerzte zu Breslau 
am 11. November gehaltenen Vortrage. 


gelegentlich häutige Massen ab, dazu gesellen sich unangenehme 
Empfindungen im Becken, ausserdem Urinbeschwerden — es wird 
cousultirt und der charakteristische Befund erhoben. Oder eine 
Frau hat eine Anzahl Kinder geboren, bleibt dann eine ganze 
Reihe von Jahren steril, wird dann wieder gravid — aber 
extrauterin. Oder es ist nur ein Kind dagewesen. Das Wochen¬ 
bett war etwas gestört. Die Frau hat länger im Bett gelegen als 
sonst, glaubt auch wohl etwas Fieber gehabt zu haben; dann ist 
mehrere Jahre keine Conception aufgetreten, bis sie jetzt am un¬ 
richtigen Platze zu constatireu ist. Oder eine Frau , ist lange Zeit 
unterleibskrank und örtlich behandelt worden. Schliesslich kann 
die vorhandene pathologische Lageveränderung corrigirt werden. 
Danach wird die Patientin auffallend schnell gravid — extrauterin. 
Manchmal wird von Ohnmacht- und Schwächezufällen berichtet, 
welche etwa um die Zeit der beginnenden Blutungen aufgetreten 
seien, in anderen nicht. 

Das sind anamnestische Typen. Wie gestaltet sich der Befund: 
Die Frauen sind meist blass, haben gelegentlich auch ab und zuTempe- 
ratursteigerungen, das Abdomen in den tieferen Regionen etwas em¬ 
pfindlich; bimanuell folgender Befund: Portio der Symphyse genähert, 
hinter der Portio ein Körper, welcher das Becken fast ausznfüllen 
scheint und dessen eigentümliche Resistenz beiderseits bis hart an 
die Becken wandun gen herangeht. Nach oben zu setzt sich, wie durch 
die Bauchdecken zu fühlen, diese Resistenz mit nicht recht scharfer 
Grenze in der Höhe des Beckeneinganges oder etw’as darüber ab. 
Dieser bei oberflächlicher Betastung gewonnene Befund muss durch 
genaue, eventuell in Narkose, unter allen Umständen aber sehr zart 
vorgenommene Untersuchung vervollständigt werden. Es ist der 
Ausschluss zu erbringen, dass es sich nicht handelt um Retroflexio 
uteri gravidi, wo bereits, wie die Blutungen anzudeuteii scheinen, 
i der Abort begonnen hat, oder um uterinen Abort bei annähernd 
normal gelegenem, aber durch Bildung eines intraperitonealen 
Exsudates nach vorn gedrängtem Uterus, oder um Tumor der 
Adnexa mit ebenfalls stark anteponirtem Uterus. Schon die oben¬ 
hin vorgenommene Tastung lässt häufig den stark anteponirten, etwas 
vergrösserten, sich einigerraaassen weich anfühlenden Uterus vor 
dem die hinteren Beckenräumlichkeiten ausfüllenden Tumor wahr¬ 
nehmen, und so reicht recht häufig die Palpation zur Diagnose 
aus. Mitunter aber auch nicht. Weder Oberflächenbeschaffenheit, 
noch Consistenz des Tumors, noch Vergrösserung des Uterus, noeh 
Anamnese sind absolut charakteristisch, sie sind nicht so charak¬ 
teristisch, dass vermittelst ihrer unter allen Umständen, wenn schon 
die Retroflexio uteri gravidi, so doch nicht eine Pyosalpinx, ein 
eiteriges Exsudat hinter dem Uterus auszuschliessen wäre. Eine 
von den Kranken, an welche ich denke, Hess sogar Colostrum aus 
der Brust drücken; wir schnitten auf den Tumor ein und trafen 
auf Eiter. In einem anderen Falle war es ähnlich; in keinem dieser 
Fälle von Fehldiagnose verlief der operative Eingriff unglücklich. 

Wie Ihnen bekannt, machte Wyder den Vorschlag, in zweifel¬ 
haften Fällen den Uterus auszukratzen, die Geschabsel zu mikro- 
skopiren und durch die An- oder Abwesenheit decidualer Elemeute 
die ektopische Schwangerschaft bestätigt oder widerlegt zu sehen. 

Abgesehen davon, dass selbst der positive Befund trügerisch 
sein kann, der negative aber nichts beweist, möchte ich Sie vpr 
diesem Verfahren um seiner Gefährlichkeit willen Avarnen. Es sipd 
schon Frauen an diesem anscheinend unbedeutenden Eingriff ge¬ 
storben, weil durch das Curettement oder durch die damit ver¬ 
bundene Dislocation des Uterus Berstung des Fruchtsackes oder 
der Hämatocele erzeugt worden war. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



m 


DEUTSCHE ÄUfClHJSCR# WODBEKSCHBiFP 




In üu^gezwc-Jaj^ter Weise dagegen. .klart; m kni.iftMv-fi Fliihm 
cJif mir teiner Cmmie »septisch \ ou der Scheid* ;»us vprg«man§jpjä| 

Probmmmtiop 

Also *ias Gros d<^ nelwm r ni «(>•»■ n»-m DKru- tHim.dnnpn 
Tumors besteht am? 'Blut.. mm /wm treffe.» wir d^M’ib it^r 
der OpnrWwn meist iti geronnenem ZpfKamK an. Piuse Blut' 
»rango ist ubgevaekt, Lkw, d1 kW • Aog#% de» übrig«»- Fori* 

^neu-ii-itiun al.k‘i(;!ifi<\sgi. v '.sin'»i mit Amam.Kr' verkleide KmgcHviddtt, 
Damitiank'tm-,. '&M<: iVi£*m6»t»rn !;tutm v hmfm’e UiembWmul; je 
.jjtiüsi- der .'Ergb.sx* »m im ImACr wird ibih (Wjnha'i, um s<> deui- 
1 jeher derjenige Vorgarn»*. wedo]«»» man Drgämsatlmj des 
sei» .rnmwt. Dmcrn OrgmiDafm» , find»» wir »Pi d»».. jlUma.Uieolm. 
c»rw lebend f i.r : m» ’!Wi;d»wK\ .sie'' Hiür* minimer /,u einer ne- cum- 
p.u !«•» SA..d*\ »b-v- in.t.* mU mtd »r» .|'M«!t„i| i\ü>: gum'" (Wim*,*} 
UprftHfilnshfii* kann, V£br mirldkiliVh ImMihmbt 

Zweit*?!, Muruf u u. cbehiVUU heru»* gesehen ha»»»» Diese 
Schede !.!••*•• Ul.i. i» «lau vo;! jfiii* »ubo-sm luun . !>ü,u?raf.ou Vum ge- 
iuögPre« Theke »»« ATbcJn, -zinn grpskdfbm >ui t - Si?idi^3Vktm. U$» 
Aiis-boch tJrj* poüt.üt.ilan h ! e n_tKiij 

Die wichf% , *t' r PugiV. ,{sK wip - djV'DfUnatMeek jfav 

Tube »ml txm Se.lnvö^^^ihafisjir^dm’jr^ ib.tfwwt lum FsiFm niupde-t 
die Tkho df»d4H\ «ml yfrviMfeohtte h\~ dm* HäinafewalPtfsuvk Bin¬ 
om. ln a«deren • ist i>imr Gron^o Awmcbon Tobem And Hn»piK> 
eulmiwaud nicht »idkufffnlß» Din Ta he h4 üben falls sBU‘k mit 
BIntg,'t*tinns«-rrt nrijrelijltt. »• umii*e"it Pulle» m» b rdnliv tour. 

Vom. .Sehwoii^arsöhiVtsprodnc!: findet Vmh fne-Dl Am PHpho»; 

dAbAn.Ufc. ist stark »eil Bim *'«fid/i vom Aussehen cu-^ Abortiv- 

■pW. 

Seltmio ist. m» FmusM>n><o /» (tm.n.nv Beim !»■»• n dann 
.meist iu de** Tiefendes Dougkm. du- pim-epin ibmidbgh sogar mrK ' 
»ntev einiganpiuisse» »ilhlimci i-p.,di:n illnlaeiHiuiselii.. Der Mo#- 
Hcükniten, wjc sie.. «iaksii. ^kmnmrn sndl, sind drei: dun-A Ahnji. 
dureb UiJ.dut; oder sie hubeu jo-iosbr «jorr ^idejron. 

; Tfedt; tnniügu die CitdÖii Vart<|tBjre.Akdif 

Und Uujdnr einui irlel-{« Länli^; 

Hohr Hiteiessaut sind die Dü im, in denen kh de» Anvii-ii- hai, 
ä»> ei; die PiKtmalü im Den^liip'ü-etnni !ömm an ihrer ursfiHing- 
liehe» Siel]«* snae find dwü» in den Ei heute» oder jVei von den- 
wlbi}U im Blute lioi* DihrmtiM eje O. t- Fr.f i;:-.; Vierort jMv Eafh> ._«■♦!■,*» 
immer Wieder ZO dHikHF), nh sie ni«-hi ikiojimje von AhdumiunA 
^mviditJi!. seien, ich wiliiK'ir ;m den ii;ii-ressnuiSO» /, H'fifr! 
heyhöciitetrh DhU, wk,hei' «uift >u! der ander re .S-dfe. eine Muliuemr 
aei» k»D. eine D>min der Exlmitenu^raviditUk ^ekhr wie den 
'Vl 1 'ir,minul'Sf'h?T’4»L I e;'.(’!!n.U Überhuiipi ».«•» jiirUt i*nvi*-im ist, uni 
Dnmd evohhr und «ruvri mirk-iirr Smue iemdniek* hk •srdeh«- 
.sjireehen. Aber auch *o!elm FäHe s?iv:i .oieht «*elten. wo wir s iti*". 
M o»ior .i/iaweiileufci^r- Tlndie u'‘.-s.*}h«n mmi« out dm» W»a;n nu> 
der Tube in die. iJiTudiltuhir «»i.reJVhn, also entwedo» ou.-.n 
klammert vom Ftiritu-i.nn.rude der Tuln* ndnr h; eine RjKSSieÜe der' 
ieizitmeu ein^ekiemmt, 

Hu hünh> wir mm i%earD^p Jüdin»]» erheben, mul des Wie.deV- 
kekreode. i.vjtisrtie m va h»'nehmen, so. ..-/md sie doeh uru v/euirvste» 
in der Da^e, miktlit TVa^ womireh die ftxtnjntot'JKe FmmljeD mt«* 
zu.sfmide_ kommt, 7M be.mtworie» Die Zeiiriimmmn^r». de.- 
innere» Goiiltolien durrh -.die Jjlut.^e.vin.n.-.ei, üüd.J /;.?»«' nrnie-.n i. 
die; .wekdm imi GeJegeurmit .der -'Operation Toruennnunon wm-dn». 
stad mrriyt %t\ bedmitmuL rds' dass- 'ndn'f sFdt «nrdi gni\'ti\u4\ kthnd«»: 
Während deascHien odor nm : PfiijV:u’ate yji • rütMlheidVii, \\*k vm lier 
und wm »rieh Eiksteimh. d..t- ENtrrivjiK'irv-» jiw.iugeisi judi \v««r. 
pnimocdi kttUu h-ll nirtlt findeh düss W»r *ntt iüo-rr Fr-iw«' eiri! 
-Pag-os -noch ernsthaft v» Verlege»he?t mwmhnn kduTten 

NeirnUve BestsItafe i.nf Bestrrh\;»g< , n, auf llHiueJCperinintifrltotn 
Wege AuiH(ddüs-H m erlnngew. Imwris.m wenig .»der mehiw Kh 
lißtm mich Jahre Kim ongnl nge.nl lirlwi. hemnhl, an Kani?!«/!»-» 
oporativ die geeignet,»» Bediuguug.io ihr <iie Futstehung elitlijü- 
sciiei 1 h«Jiwajigrv;o-li : «*i tnmz»steKem ‘.ihimi)?h-s k>:■ I.'»ttutuj, eihsniHgr, 
doppelte, juit tfad ohne idps;nfjge (jväriajreset;i.ion — nie. Kam, oh- 
wmht ich die Thigcö viele Jalirn-ltnjg; Jilntb. eine hkldpisddtbdätdtWaogeD 
-f.!iat«. zustHiide. Auf diesem AVuge war aKo tj;n{»r. v.» wm‘s zu 
komme»,. Viel Weiter hat mm diu i;Uui> *’tw Furchung and dus 
uimtomjsehu Studium der .Adno^er.krauknngof, mKrarhio: 




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la’sjejjmliie Ki't-ro[!.«.■:».Kr J'iir rJIr dm Mo^lirhl-reinaj fia.K-ti v 
FaracU^mafa i» nxiewen IhKeii. 

Die Tlnn-apA Imufe rorwiegomi eliirurgiBoh! HnD.-niitu; n. 
ihiJtgmimwel, r.v^ntuoÜ des S«:ii\vuugm:o.haiVen> l !u- ; iw in-.ii' 
Tube, wuhbe Trägem des f§ms war, Damit -s.d] mdbt 
^oiu. dass dies di» einzig- fndgüHm Tliedapiß ist. Wir aam^n „ 
iVü.hoi- gawriien und sehen m nudi imutn, d,u8s. JUmntOrr»i?n 
ro«*hi- hntrUtJiDidiier Drhsse j$tAi zuiniukhildup. Wjv kimaßb i<uj, 
von fr. 1 her her'eindfi ftmlm-en Ausgang, deu hx VnvihM*^ m 
dazu »uthign» H]mltpUz4 stammten dam* «fop T,uhe irbr, m 
dm» 1 htrm Dfesr-r Delhhv forVdihhüged, ist dio liHuphniV^r »t 
nvnVon, i‘hin»rgj&i ho» TJiempi^, Es ist- aber awdi uo»J> rin 
.hvrm: Des»rMspmikt. welcdmr in diesem Hmim DiWia! ist. hh- 
Resorption Tumn^wot’thßr Rfuigeriunsi i ii» Heek*» 1 <ök*r im AS- 
douimi dauert Cellist hei auifissvA z-wnijiimissiger ’BeJ»aüd)ui»u *m 
Pflege do»<b recht lanun Die ccmBUeuimm pei , itoiH f ,ek»n» 
üKerdauer« Idi-ohg »m;h ihm JK'Snrptiimsprm rss Dagegen t<fhgv-n 
die Kranken »a^h der Autfräum»og dm iJamatocnh* shdi ßehr-äßlm»')} 
äu erhol**».- n»m£.t gaiiz pronipt tuu'-h der Upm-Miim» die .»riwWiJiilf 
Sehmerzun und die häufig trif.ht »ninde?. tiUJÜewkm .OhaKfepiair-. 
und UriubösfJtwm de» zu ■ vm-linrxMi., und sdivvo nach' Mnniiteu g 
Hng't ^ meist rdehl metir, u uoh mir- noch einw Spur vd« (ihr 
mali^n sAhwrie» Störung dui-eh Hmnuuelle, Tastung wahr?,»nehme,, 

Für das FinsrhöOV.lcn auf die Hamatdedle gieht ewmiwri W»^- 
von odbfeti 1 und vmi d<T Scheide aus. leb wrpgbj 
»iviit mohr für rielifig halten, den letztörmi zu wählen. Aga V; 
Sahridonsuhnitt bleibt . offen , mul dafHit oiwe Dinrtc Ute »Ji»-. w» Oii- 
diire lüieetioii. Zudem aber, und dds ist die Haupmariw hxm 
Binhliek in nie' «»linehm meikt- rm.JR ooniplieirtdn. tovisritpn Vg- 
JiilltoiH^u von dtu'-.. Selunffe erfiohwert, tmd m 

wir uns ihr Abiglfehkeif./ ■•■.uidlik* Jj-fi^keutihih-art ThÄ ’^i- 
.aiTnttitmi Aufgabe zu mlülh-n. das ist die Ainputalion «ir- *♦•• 
UVaiikfeu Tube. Atieh bleiben wir hei der Oimration vöii Hiit. 1 ' 
(birOJirr i»i Unkinrim, cd* wir alles Füllt entfernt- haben (»<Ej .Hi4r 
und sind iu Verlegenbeit, es sieh -imeh oVusdäUBuha 

der UlutgaiiuisoJ darum Handelt,. «duo noch nicht r&jjj W 
DliitUngs.jUidK pti wnimbiudeo. Drshuih »WhvhK ifli firi liltirr )dfv 
('msUiVion für d^s DurmwtiWe halte», vom AhdUMtm uus ■ U 
oi*!uü’rn: tim Hii'.HUitoeele atismudiu»»'». die kranke 'Puh«' in ■*'" 
h-nmn und das Ab.donie» äu ^•diliessmi Di" UmnKata rfiri-eh-«■ 
z-n Gim^tr» dirsjrs Vmfahrcus. 


U AtiS. iffüii Justjful für 3!ntectionskrartk1ieitefr;i1es !it<:: 1 
«SUteimiaÜi Prüf, ])r, Robert Koch in Berlin. 

Weitere Beobaehtimgen Aber die Wirksam¬ 
keit des BeJbriiig’sßlien Diphtberiebeüsemma- 

Von Dr. II, Ross©!* A^sjst^iiion am 

Seit «fern das B rJir i.jig'sebe 'CtfpbthcpielrdflhiltKJ ddKjb 
»Kissig" Uarete.il «mg wmtmv» KVms«*» zugangJieh gmumD 
ml boi-oiu oiru; Roüm von Publica im non »nsmiiruun, welcir* -«j 1 
nii 1 der Frage seKmr H»blw irkuug imseli/iftlgft». Ko weit eb 
, Ljttm>4.s-ur- hal>oa nli»> Bcohnohtet, wohdie hher 

dtJintura VArguiohc eurt'Ogml, mjutlefifons einen gfbwtiirra LubV*h - 
\AJ>kramkmt bekounnm» won» uiub tüh AfiuJyn^K^J 
«JuziMnon Punkten nocli nnsidnaDdor gehm«. EboAs«^ Kolm» o’-- 
ilif« jUMdsfo» (»istmrigen Ikob.odihm- von oidimr Lnsriiiullnbk*'-]« -Kj'-| 
/>ugt. Ki>*i. in neuerer Zeit -omi einige Stiimmm lauf 
w«di 1») imune», dass das Mittel doch uold nicht ganz -•'« lic.oo- 
—ei, als man Idsher angeumumoii hab»-; . ,. , 

.Df«, diese Frage der U «o »-h ä d «1 e h !< ei \ imt.u.i’gnMoDn or *• > t! ^ 
gi-wfid»* »hm 1 «iit Ich diusan rtn>kl iw& 11 

Spieehcii 

Zu .len,fmfigi>ig wch-he, auf vrlDium' 1 ,D^d'AeUtu 
stüizk best» mm i ihsgDmn oehihllioh«: Fol gen des ^btb'K 

uivJif b*'idmf-htet zu haben, geUbruft unter arultM’eu ! ^v'a: i/ 
Kor .tu-). K n. tz ;i ). Rou^-Marfi» und ( h ;1 i 11 o ti D, h 11 ' l ' 
AVa.sMprm »uu f j und *th ft ) 

Ar lbnitsuh» m»?d- VVoofioTi^ohi'ift ifs94, Ko. Jk>. 

a ) llciJiüi'r klin. 'Wpdlift^ebrift itiOJ. Mö- Rr 

h Ifivrliiue fr)»*. VVocJintisühriH i^:4 ^«>. Af 

l i Ammim-. de iJoHfitut Pasteur Tmtm ATIK :W- k . N r. :m 

A Ehrl ich . Kok sei und WossoffAauti, IKiiKcae jne«. 

-nhrill (MX, A-», m, ri ikälii 

"1 AUnne Jii.bondkmn <K v Di pl.it »»hin -tnit- Eo.irni*v * 

Berlin, kurgow 18Ho, ZeiWcbWif Kir HygDu»; up‘! • 

jtoit Btl.' ----.Dptgsöh^ -A:-. -. 


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20. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Urticariaahn liehe Ausschläge wurden entsprechend den ersten 
Angaben von Wernieke 1 ), Heubner und mir beobachtet, aber ohne 
Fieber W ° ° he unan £enehme Begleiterscheinungen, besonders ohne 

M * n . d ® n atzten Wochen sind nun von Lublinski 2 ), Scholz 3 ), 
‘ ^ vr?^ 111 ?!’) Fälle veröffentlicht worden, in welchen un- 

anfeOnehme Nebenwirkungen des Serums beobachtet wurden Die- 
se ben bestanden in Erythema multiforme bei hohem Fieber, ver- 
n^ d cLnT 1 GelenkschT ?' erze T 1 ?. ( Lll blinski), Erythema multiforme 
wLi elenl -f Cl p m f Z f ? hUG * ieber (Schoiz), hämorrhagischem Ex¬ 
anthem mit Gelenkschmerzen (Mendel), Urticaria mit Drüsen- 
^lenkschmerzen und Muskelschmerzen 
(Cnynm) Die Zahl dieser Fälle ist im Vergleich zu der ausge¬ 
breiteten Anwendung zwar sehr gering; sie erfordern aber doch 

üln eSpreC J Un f’ i-v 6 !? l ie y on gegnerischer Seite ausgebeutet 
werden, um das ärztliche Publikum vor der Anwendung des Mittels 
abzuschrocken. Vor allen Dingen muss hervorgehoben werden, 
dass bisher keiner der Patienten einen dauernden Nachtheil davon 
gehabt hat und dass in allen diesen Fällen das Mittel auf den 
diphtherischen Process in günstiger Weise eingewirkt hatte. 

Es fragt sich nun: ist diese Nebenerscheinung etwas, was dem 
antitoxischen Serum als solchem eigentümlich ist oder dem Serum 
der betreffenden Thiere überhaupt zukommt? Alle Anzeichen 
sprechen dafür, dass die Urticaria mit dem Antitoxin als solchem 
nichts zu thun hat, denn sie wurde bei uns beobachtet zu einer 
Zeit, als das Serum beträchtliche Mengen desselben überhaupt 
noch nicht enthielt. Der Gehalt an Carbolsäure kann auch nicht die 
Ursache der Symptome sein, denn wir haben früher von dem 
minderwertigen Serum viel mehr an Cubikeentimeterzahl und da¬ 
her auch absolut mehr Phenol als jetzt ohne Nachteil eingespritzt. 
Dagegen ist auffallend, dass die Beobachtungen über das Auftreten von 
Gelenkschmerzen, Fieber etc. alle ungefähr in die gleiche Zeit hin- 
emfallen und dass die einen bei einer grossen Zahl von behandelten 
Kindern so etwas nicht gesehen haben, die anderen bei mehreren 
1 atienten hinter einander von ihnen überrascht wurden. Dieser 
Umstand legt die Vermutung nahe, dass die verschiedenen Serum¬ 
sorten, welche von der Höchster Fabrik zu verschiedenen Zeiten 
ausgegeben sind, sich in dieser Beziehung nicht ganz gleichartig 
verhalten haben. 6 

Worauf dies beruht, lässt sich im Augenblick noch nicht 
sicher bestimmen. Es liegen mehrere Möglichkeiten vor. Einmal 
könnte das Blut verschiedener Thiere derselben Art verschieden 
sein; oder das Blut des einen Thieres könnte diese Eigentümlich¬ 
keit während des Immunisirungsprocesses erwerben, das des anderen 
dagegen nicht. Ich möchte an die früheren Versuche über Trans¬ 
fusion erinnern. Man hat damals beobachtet, dass z. B. defibrinirtes 
Blut von Fiebernden anderen Thieren transfundirt, Fieberbewegungen 
verursachte, während das Blut von normalen Thieren diese Er¬ 
scheinung nur hervorrief, w r enn grössere Mengen injicirt wurden. Es 
wäre daher denkbar, dass das Blut der zur Serumgewinnung immuni- 
sirten Thiere in bestimmten Stadien der Immunisirung in höherem 
Grade zu derartigen Nebenwirkungen Veranlassung giebt. Endlich 
wissen wir, dass z. B. Ipjection von Hammelserum häufiger Urti¬ 
caria hervorruft als Ziegen- und Kuhserum. Also auch die Thier¬ 
art könnte von Einfluss sein; diese Erklärung hat die meiste Wahr¬ 
scheinlichkeit für sich. 

Ein grosser Theil der von mir behandelten Kinder erhielt 
Kuhserum injicirt; es scheint mir, als ob das Serum dieser Thiere 
so heftige Nebenwirkungen, wie sie beschrieben sind, nicht besitzt. 
Ich habe die Erscheinungen, wie sie von den genannten Beob¬ 
achtern geschildert werden, erst in allerletzter Zeit einmal beob¬ 
achtet, bei einem Kinde, das 17 Tage nach Injection von Pferde- 
serura Fieber, ein masernähnliches Exanthem an den Unterschenkeln 
und Schmerzen in der Muskulatur des Oberschenkels bekam. Nach 
24 Stunden waren alle Symptome verschwunden und das Kind so 
munter, wie vorher. 

Wenn also zuzugeben ist, dass solche Nebenwirkungen ern¬ 
teten können, so braucht man deshalb die Beobachtungen derer 
nicht anzufechten, die gesagt haben, dass das Serum ausser harm¬ 
losen Hautausschlägen keine Nebenwirkungen habe. Im Gegen- 
theil, das Fehlen derselben bei der grössten Zahl der Fälle spricht 
dafür, dass diese Eigenthümlichkeit nicht allen Serumarten zu¬ 
kommt und dass es bei der Darstellung des Serums durch geeignete 
Maassnahmen^ verniuthlich vermieden werden kann. Aber selbst, 
wenn das wider Erwarten nicht der Fall sein sollte, könnten die 

*) Archiv für Hygine Bd. 18. 

) Lublinski, Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 45. 

?, ch< Y 7 V Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 4(1. 

.) Mendel, Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 48. 

°) Unyrim, Deutsche med. Wochenschrift 1894. No. 48. 


__JM7 

bisher beobachteten Erscheinungen nicht die Anwendung des Mittels 
verbieten, wenn sein Heilwerth feststeht. 

Ebenso wenig dürften die völlig aus der Luft gegriffenen Be¬ 
hauptungen, dass das Serum Nephritis und damit den Tod hervor- 
rufen könne, einen objectiven Beobachter einschüchtern. Ich komme 
noch unten auf die Frage der Albuminurie zurück. 

Seit der Veröffentlichung meiner letzten ausführlichen Statistik*) 
m der Zeitschrift für Hygiene, Bd. XVII, sind die Untersuchungen 
auf der Diphtherieabtheilung des Instituts für Infectionskrankheiten 
ununterbrochen fortgesetzt worden. 

Vom 15. März bis zum 1. December dieses Jahres sind 119 Fälle 
von Diphtherie bei Kindern aufgenommen worden. 117 davon 
wurden mit Serum behandelt, zwei wurden von der Behandlung aus¬ 
geschlossen, weil sie am achten Krankheitstage moribund ein¬ 
geliefert wurden; bei beiden handelte es sich um septische Diph¬ 
therie, mit Verlegung der Luftröhre durch Membranen. Sie 
starben innerhalb einiger Stunden nach der Aufnahmo. 

Von den 117 behandelten Kindern starben 13, d. i. eine Mor¬ 
talität von 11,1 0 / 0 . 

Es kamen zur Behandlung am: 

Zur Bestimmung der 
Krankheitstage richtete 
ich mich ausschliesslich 
nach dem Datum des 
von den Eltern angege¬ 
benen Tages; also ein 
Kind, das am 17. er¬ 
krankte und am 19. auf¬ 
genommen wurde, rechne 
ich als am 3. Krankheits¬ 
tage befindlich. 


Krankheitstag Gesammtzahl geheilt gestorben 

1. 

14 

14 

_ 

2. 

30 

29 

1 

3.* 

29 

29 

_ 

4. 

9 

8 

1 

5. 

11 

9 

2 

6. 

6 

3 

3 

7. 

5 

3 

9 ] 

8. 

6 

4 

2 I 

9. 

1 


1 i 

unbestimmbar 

6 

5 

1 1 


117 

104 

13 

. Die Mortalität der 

ersten drei 

Kränkln 

nur 1,4%. 

Von den behandelten Kindern standen ir 

Alter 

Gesammtzahl 

geheilt 

0—1 , 

fahren 

3 

2 

1—2 

fl 

4 

4 

2—3 


18 

16 

3-4 

ff 

14 

11 

4—5 


20 

17 

5-6 


10 

8 

6-7 


11 

11 

7—8 


10 

10 

8-9 


7 

6 

9—10 


7 

7 

10—11 


7 

7 

11-12 


5 

5 

12-13 


1 

— 



117 

104 


war demnach 


gestorben 

1 

2 

3 

3 


1 


13 

Es fällt, auch hier wieder die hohe Heilungsziffer der Kinder 
unter zwei Jahren auf, welche Koerte ebenfalls beobachten konnte. 

Bei sämmtlichen Kindern wurde durch die bacteriologische 
Untersuchung der Nachweis geführt, dass es sich um echte Di¬ 
phtherie handelte. I 11 zwei Fällen von schwerer verschleppter Di¬ 
phtherie des Hachens und Nasenrachenraums konnten in den 
Krankheitsproducten im Rachen immer nur Coccen, aber keine 
Diphtheriebacillen gefunden werden. Bei beiden Kindern kam es 
zu einer Otitis media, die spontan perforirte. Im 0breiter fan¬ 
den sich nun die vorher vergeblich gesuchten Diphtherie- 
bacillon neben Streptococcen. Im Rachen waren die Diphtherie¬ 
erreger wahrscheinlich schliesslich von anderen Bacterien über- 


l ) In der im Verlage von J. Springer erschienenen Broschüre von 
Schleich und Gottstein „Immunität, Infectionstheorie und Diphtherie¬ 
serum“ findet sich im dritten Abschnitt die Behauptung, dass in meiner 
statistischen Berechnung drei Todesfälle ohne Angabe des Grundes weg¬ 
gelassen seien. Verniuthlich hat Gottstein, der selbst zugesteht, 
dass die Differenz um 1 % zwischen seiner und meiner Berech¬ 
nung nicht von Belang ist, die Zahlen in den Veröffentlichungen 
von Canon, Schuberl, Voswinckel, Weibgen in der Deutschen 
niedicinischen Wochenschrift zusammengezählt und mit meiner Statistik 
in der Zeitschritt für Hygiene verglichen. Es ist ihm anschei¬ 
nend dabei entgangen, dass wir auch noch im Lazaruskrankenhause be¬ 
handelt haben; hätte er die dort behandelten Fälle hinzugenommen, so 
würde er gefunden haben, dass die Statistiken nicht um drei Todesfälle 
differiren, sondern um 24 Fälle mit 9 Todesfällen. Diesel* Umstand erklärt 
sich sehr einfach daraus, dass in den Krankenhäusern noch Kinder be¬ 
handelt wurden, nachdem die Berichte an mich abgegangen waren, die 
zur Grundlage meiner Statistik gedient haben. Ebenso sind die Fälle 
18—22, von denen ich genauere Krankengeschichten in der Zeitschrift 
für Hygiene mitgetheilt habe, erst nach Fertigstellung meiner statisti¬ 
schen Berechnung abgeschlossen und daher nicht mitgeroclinet. wne ich 
auf Seite 504 des 17. Bandes der Zeitschrift für Hygiene und Infeelions- 
krankheiten ausdrücklich bemerkt habe. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





JföfeSl 



htiuw mi\mv* \M Deeembm) n,I l> g, re^wüvtf mit fiimy(dm\lng j 

dübtdd&f n!Mit RhabOeffo»» Klwißr 12,6%, Imd jAvm bat nicht niRMt 


(Im* relative Zierhliehkcit. uhguimumeu. sondern »z.-rnd omd» ajjpffii 
■Wei»jger Kiddoe cyi>lwben \\ dhrevid m «int ^s't r mH* : 1 **-D Bericht **.’ eh» 
hui h r Kiud-r/,uL-i i\U\'h\ darchsrhrnmn b ; a h r h< b 73 Kimh»r ; 
;uj X>jpJit!i‘*J jf ! *firlM-U. bei füg <’Üc Zahl U^r IvhJm^U.. 40 HiphtiXM'ir 
In »h fü Z^itraum vniii 1 . April bis 15. Det.-rmb«/r 'ilirM-s •'Jahr*«* .mR 
der K i mir ran) hvd lung d»*r Mmrke und tlu.t der Kicndmnaldheilmig 
me-CHo .h^Mt-nfs jummn nomine« huck nur 27, um!, »Uruntcr sind j 

noch einige TodcsfiiUe-. bid I>}phtfn-i>iekn ; . die »in* voimKRdRtoi» 
l Snuitien iiiv'h: mit Sm-nm behnudell -.»iod.. Wann am It noch n'/’i 
• MowRo -ui d? m r ,*4b*n B< 1 icM-iulm lohten. -<« wird du* ob-olnir 
Slürbiidikfit tliH-.Ii sehr hen.Vhiluh . hinter der |cPinuvci .Zurück¬ 
bleiben, tiofyih.m in db-mio JubF mehr Kinder miürouomim u [ 
ijurdoiK _ 

Tmiiinl vvvr v mt der 


diesen am: 


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Kiankl^Hs- 

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UiihKkannt. 


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I)nj* grüs-ac TK o 4k-er l-v.il.- wurde von Aower» in die 

V‘hon!r »rv.«:hi*-hl, V.f-ii muh ihrer Ausiohe dir dl obemte Kr^i-hongi- 


.7.1. K Z. b'Z ialn'r. Zv. ".<<•!••»' 1%. BnüUuh aubccuRi! TrniHiib-, 1 , 7 ^,:,. 
h| iU'kor UphthrrisefniP Bcl^ Hutf-deRsen: üesc4>^**>Iloi> K*;in Albv^ymn 
Hl i'W.ioHat: h Uhr -39.5°; 3^tl> ibO S lbirh\Vc)i l }if 

von jiHHf ]oino>.HckicHng>v.i-üh'cAb7i; UIu ! ^H.6 ö . .. 

1 . KotH tJbf 8H.d '*. . -Jbiß 1^4. Mib 

ifiy■-. 37>j°. 4 Uhr .17.0 ,! > i 3,he Nai-hnnf4‘»g< ■0;i w 

FnU 112. 

2. KnvcmK*?:. 8 iUu Vonnili^i/s j'uU- J(Xi 

'2. G. 4h .*> .Ttilinc Uvsi>?r "!u«i. 'l'nn^ühni d'ark .>r 
dirkotn inonibiwiüycui djphlhcriHf.h^in; H-iuc !.;•• !<•.•!, 1 . i i r- Ixt: ,i~ 
7:liWu)lHi. Kein AihuiiWü. 

25. ! >.;iiib;*r Ai'-riai- H l.’iii • .heb " l’nia ib2, bi bMit' lii|t' t fi 7 

von Uh ni 1 «t ne« n w ty.nicx c in hm Itn» 12 1'hr: Ulb4 u\ in-ev 

•hi, Gebb-.T. 4 b in VonniitriiTS :-»M K C’iit Vormilbc:> ;n.n • 
! f nV 12b-, 10 (Jhr Vorcnif utg.' 47,9° Vi hMtr Mitbigü 3 H. 0 lt 4 Hit 
NhWuiU^u* 5, 47.4 Uhr knahnultaiCH K? .H >J ' UuU 112 i2 Uu 
Nn(Ms :U.2Z ' . ' • 

Z 27 Cret'dif’i*. :FihirlT?rni PtR* -AKKog*. nnrntid^ v 

O K. Sv lO.iohl-r. EiAll-i- 5’äir. 'iW-lMen. i;:»' •ciovn'lcji. Kitt iv.-’ii, 
24-liKviViiht4)i£ iieken .-.;1 o.<;hii*ti>>i«‘o« ..moui-hv.'i r^-.v, i >ie linke Icili; 

H>H»iv Kfrhgiiff .' ZUrnHfni ; }oil\R dfKj> rNditoij Kialhnvinkel ^rliwcllc*! 
K&i«. Alhninunt . ' . 7...;-. 

}i, (H„lo'V. ■\i..-:h(o.M;!v- 1 Uftr aK;7FuK tüd lnj.^Uon; Mi, 

400 t.irm>nin.--it’fioiiViMidiöiM». •;. b Uh»’ <4S2l u . 7 Klu Sni*>fi».»n y»*>* 

!U•■ Urtmnn ia\ r«»<i#mr»h«i im. Kai-los 42 Uhi H-UH» 

5 ■'C <)|4it]jpr. .UnrhiiMfU^n 4 UJu’ 97,K 
VorifiitUi&‘& H 40.M - VW)n1lK>iri* -iUtUhr 

Vi Hhi '.Ytß.v Nenimiiu»-:; I Titr 97 . 2 A KaGooiUa^ % füu UTAZ 
l'uSr, ihn 

Kou.x ■ lliir-1 nv-4 !hn i5 S o it gyfaeu fbontaUs ah,’ via*, sc- 
ii'ifjchpu ubbOmpIiciKtpu KiiUrn «r.rn sleiU'ti -.Al»lall 

ijn'rii dtvji ztvn 1 nii 11 .)(-■ rf,inm>n Ihm>}}H i'iitc.l liaWh- Ich n.nahl» iwGr|'7 ' 
merken, il.\>s natürlich die Bev-iidi 11*007 de; Toirpioainr •»»"■ • 
oft wlodcrhoitcii f 1'ciri}o>rat.Hr 1 h 0 -sm 1 ^c -1 s «leatHcn hcebio lt?G vvo*"dto; 
l$nfa7 . - - ' 

;li,o.ii<>r .die- tnmiirttfMmrH .HcemtloMOog des Alk''’«» v ’*■’ 

bbfindo-bs durch die Zcrmuiujoctiöncn :^:ht'inou sich •!»<: Hr' ,!l 
äclitcr mit wKa 1 i 4 *hO" Au*fwJitficJi citiifl zu reut. 

1 1 < 4 rr»m«rsvnr^tddödrnh»dlöit bo^r.ohfu ;diot ’»i<vi di« i‘0(7 
öl.» das AI Ute! einen Kndl nas 70 ? f die A Id öi'of- !M 1 

Alcmhruacn au.sdbt. ISTir scheint cs. als <>K ihes dep l'iitl *. 
uud i« ii hclindc mich in. dh*<Hn ' f-bioVU} wiedhruhi du 1 rluMMf» 
stinummo- ndf den fran^vsiveKen Fui^clrnrn. 

JÜie Absfossuuo tlcr Beider, wnr in den IdH ^ehfdlthP-t^jy 


^cftiUr »*iuo»« cphj-aii.vbn Fdu^riO' imlh’jVf^ gtijtäfcwn 21* 

rtlvö tu7l du- U4HYt‘; 0)1 H*- -4ur7 es km Trm hootJihiR'-Lum, \'f»n 
♦Ipli 23 fCimlor!i..'bhi dcium die- -Ten cKpuiotnic mehl n>hv y.ti tuu- 
ph’hob %fV. ^ona^ob 41. ^-0 47i8 , 7ö- - 

-CKcm' Zald e»du -!>cUyKh‘nd. wem» man bcdcrdvl. di>V' »nu‘ 
dm aljciliümKift'mij^-src >do?n^c die Ilulimtiou mi Üjicrntihit Kh^üh. 

IKboi*. \tiitsM IbRdow dt pf'KpÜtc'h F4dpti-i);niah‘a!i> ;fn£>u Ale/: ßih- , , ^ : - v * ,-. .. , .i, 

lictciuttio- in dfts K^tRv-nhavis fins^ctüjirl I und am■ niic.hKihn Ta*i 1 oil»*n(U*t na.c-h d«r JnjocGr.ji n r> awcUm» Tai* tH n»al. am n»Mr 

1- mal uni ywvdteii'la^' ducaul j )as \V;u Iim'u der AthcimioGi n,uh j Tüjf BO mal, dm vycrtf-!ii Tag; 24 mal. am fiintlcn Tag ‘ (l mhJ ‘Z“ 11 

tiiT Inject iou in ilfu Imidn* letzten Milieu kann x« aunl.o.- oei-aut ! seduslch Ta^ 9 nwiK am ach Um Tag 2 und 

.Zin-nckgOt'-rd.H ^uenbor H.aCv die K.^innoutU Membranlnsunu eine j - Tp cijroir» ;..dn? ersten .KrAükh.tHUKtHgys hli.ah .hiltirrr«' ^'t 

Zuiiahne* • dor Sttno^t (uobeiiiiln te ln den 2l dcddlHi, weh In» nicht 1 (dpe ni/ico-fttion fUo- cnicu Toitsillc licslchen, das Kind litt 
7MV Trachcuroniie kamen, b-sfmnl icu.mmii Heism-k.-it mul belhonho' . der i)>pm !»«rir an Ucrb.^iitiK des ! inferkietcrs. suppimdiver k-vj 1 ^' 
Husien, ucniial nnsoerihm, St-imi‘-»r, a.-htjmd ;».o b no- h inspicatoris.-he ; dnnftfs der rermcabUunen und Otitis loetilft. mit.- iiuhcru loeü*^ 
Kiuziehüinree des .Kpikfisuiuüi mul .JuguSuiu. Die; gCsfurbCMCti ; Vier lOuR r«n Lan uxdiphtitcnc hatten im Raelnm kninciv 

Kiiid»*»’ hatten s;inriuiibdt jp den f’isten 12 freunden hiU’li der Aiii- \vcH1h>«! Heia.e, (lei dc»i ü)jjdji'on seehh Fdllct! tchlcn tun 

n-dmic tmciu'oitunn-» werden U!ii>ro>n. rciciiend gemuH Kotizen tii»cr das Vc.r.seliW'itidcB -d^‘ 

Du* Kid icrniio^ th'f-Kaiiiii**. irci-iuu- in der ülnw wice-ujulcn Mtdic- Kestandhii nlho uucli hier nur wenige Tagte f>An&r.k ?öhiHn ^ 

j'.ahl Um lGilfe r>hot* Sed» w iuOgkfütM am tUiUuu bis um len Tage 
ve- fi dem Dweauiilviimm. •< roten Ktm’ungcu Iro J.I-mUuvgavei?!iMf|l nie.hf 
aul, Alit vereijUöltüi AimmtlUHeu wnrdo stutgi die Tt'nujmutumia 
in ferhu’- oüpgatüjir.f. Iiiu Ka eh hei i findJ nug hcrdUKtid in Itüi ttlöf intim» 
von Brdavjittser, \v*ui>i' dir BWüatfaiUifjt de* Scr-ms »v rufordefU: 

Oie IntuhatW wuf-dr in ketninn K'rRle rifn Koliikopriiipbthene 
vnrgehommHi. 


iCH’! ,4H'. 11 Hin, tl'H vv '. 1 . . t • 

doch die Ahiüsiing (Re Mcnibmnen jieseh3ci)Uli*t ZU WrifU.'ö.^ ^ 
lh*V' Ablösung der McTübfaie'i; «seM eine s*-harte AbjrnM'Ja^- 

d“rsvdbC!! iln« yns<,n(h‘ Oe-Athe voraus, dm »nemt % 

bis db U f i<iuferv dujtlii-h sicht,bur Rt. Ich ntdcUfd nnUah auo’k’ 
lieb 'udöueuj. daa* jede. ‘„IngaU: Ibibaddliuig uiid äUendüi) oß ^ 
VbrnniHh'U ivni‘dn)i »jiuss, • wdüxi man dhisco Ä,bIÖ^ rt1ü ^|d 
den TfonporainrabRil vtKch Scrmniinoctbui vertonen wdJ. ^ 

fu juno^Hd Zelt, Ut, wie oben' brwiihu.U bcl;aUjO»A Z, ; ' 


c bbi Be^ipu dct' Bh* ] Komubmjeuimteh wirkten m-hädlgaoil auf die Kvueea eig. . .% n 
eget) byrien. wurde i für diese Behauptnng sind zwor nicht- erhrari*», ^ (1i ,., 

I einem KKtde. weh*.he« OipKthcv})» ?Ab-bt. eine Nepliß a* Z- ' ^ 


IJhs Uehergeejfnn. diphtlfei hi»*hon «ut 

dun Reüllcöpi' tu soii\h'a}j -FjUlen, die* 
huodluojC Tveino Gar.v n^yudfbtMnuH^. 

nJohi-fl.R h k G Mm I)t M ,$, ■ ' . , ■ 1 iv»«wo. wr.icm.^ mi ", r • f *i„,n 

W»o> dm VfrSonf der Temperatnr und des Puisce tm-di ' ^uoi wohl oR crtmGmile Begründgeltet«, t 

doii IrucctioncQ arihei. ritlb, so rnos*. ich meine früher* Behauptung, ; )Vcoig wie. der; Versuch von Hi Mer nui KaT)in*Uen. .. ))n j.. ( , 
imi frischen UAlleii hiiuho .ein tust keitjsches Kinken der Tom- t.m- Ucgniithnil hübe i(de beobachtet * 4ld^hei der 

pepatar f-uii-.M lom.'.-cr.-co »hm ^••idtnrh.tuiH’fO) yvn Ko orte u. n.) ’ Mrbrsuth! der Fdtic. in »lauen zuf Zeit der (Tstrot !' ]{ f . r! :. 

• Albuminurie ■bestund, Mojehe auch spriier piclit »‘hin»! ' f 

t 6 ^ho ro uottjf uyiRvi, p Trarhiu3i.mniceu. i Wurdü t,»*} Nniniivtllldivp Ktuden» wühroflct der ü 1 


Go gle 




20. Docomber. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


949 


Krankonhausaufenthalts täglich untersucht. Nur bei sechs der 
kleinsten Kinder war kein Urin zur Untersuchung zu bekommen. 

Von den 104 geheilten Fällen verliefen 57, also über die Hälfte 
ohne jede Albuminurie. Von diesen 57 Kindern waren 13 am 
ersten, 22 am zweiten, 13 am dritten, die übrigen neun am vierten 
bis achten Tage der Krankheit eingeliefert. Das einzige Kind, 
welches schon am ersten Tage der Krankheit behandelt war und 
dennoch Nephritis bekam, war das obengenannte mit den zahl¬ 
reichen Complicationen und lange andauerndem Fieber. Die Albumin¬ 
urie dauerte bei ihm neun Tage. 

Von den 41 Kindern mit Albuminurie bestand bei neun die 
Albuminurie nur einen Tag (sechs am Tage der Aufnahme, drei am 
zweiten Tage darauf), bei elf dauerte dieselbe zwei bis drei Tage, 
meist an dem Aufnahmetag und den folgenden Tagen. Diese 20 
Albuminurieen sind wohl als „febrile“ aufzufassen: bei allen handelte 
es sich nur um Spuren von Eiweiss. Neunmal hielt die Albuminurie 
vier bis sieben Tage an; zwölfmal noch länger, bis zu 40 Tagen 
im Maximum. Fünf der letzteren Kinder litten an Kehlkopf¬ 
diphtherie (darunter vier Tracheotomirte). Acht von diesen zwölf 
Kindern bekamen in der Reconvalescenz Lähmungen: die Albuminurie 
bestand bei sieben von ihnen seit der Aufnahme; bei fünf seit dem 
zweiten bis dritten Tage nach der Aufnahme. In einzelnen Fällen 
habe ich das nachträgliche Auftreten von Eiweiss im Urin beob¬ 
achtet, wenn durch irgend eine Complication (meist Lymphadenitis 
am Halse oder Otitis media) während der Reconvalescenz Fieber 
auftrat. Von den 13 gestorbenen Kindern konnte der Urin noch 
vor dem Tode in zehn Fällen untersucht werden: sie hatten 
sämmtlieh schon am Aufnahmetag beträchtliche Eiweissausscheidung. 

Aus diesen Zahlen geht wohl zur Genüge hervor, dass das 
Auftreten von Albuminurie sich in den auch sonst bei Diphtherie 
beobachteten Grenzen hielt und dass von einem schädigenden Ein¬ 
fluss auf die Nieren, der die Anwendung des Serums contraindi- 
cirte, nicht wohl die Rede sein kann. Im Gegentheil fiel mir die 
kurze Dauer der Eiweissausscheidung bei der Hälfte der Fälle 
auf. Auch Roux-Martin-Chaillou konnten beobachten, dass 
Albuminurie bei der Serumtherapie seltener auftritt und weniger 
lange andauert. 

Endlich sind noch die Lähmungen zu erwähnen. Ich habe 
bereits in meiner Abhandlung in der Zeitschrift für Hygiene 
und auch später stets betont, dass man nicht erwarten darf, 
dass nach Serumbehandlung Lähmungen gar nicht mehr zur 
Beobachtung kämen. Ich hatte besonders auf die Untersuchungen 
von P. Meyer hingewiesen, der bei Kindern, die der Diphtherie 
in den allerersten Krankheitstagen erlagen, beginnende Degenera¬ 
tionen in den peripheren Nerven bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung derselben eonstatiren konnte. Ist die Degeneration schon 
in der Entstehung begriffen, wenn die Serumbehandlung einsotzt, 
so wird auch die unaufschiebliche Folge dieser Zerstörung, d. h. 
die Lähmung, nicht ausbleiben. Wann der erste Grund zur Dege¬ 
neration gelegt wird, das wird im allgemeinen wohl von der Schwere 
des Falles abhängen. In dem einen schwer toxischen Falle werden 
einige Stunden der Gifteinwirkung das bewirken, was bei einem 
leichteren Falle erst nach Tagen eint ritt. Es wird hier aber ebenso 
sein wie bei den übrigen Nachkrankheiten. Je früher die Behand¬ 
lung eingreift, desto sicherer werden sich derartige Folgen ver¬ 
meiden lassen. Ich glaube daher, dass bei frischen uncomplicirten 
Diphtherieen, wo die Erkrankung nur noch im Rachen lokalisirt 
ist, der Eintritt von Lähmungen gar nicht oder nur ausnahms¬ 
weise zu befürchten ist. Es ist aber unzweifelhaft, dass es Di¬ 
phtherieen giebt, bei denen in verhältnissmässig frühen Stadien die 
Serumbehandlung zu spät kommt, um Lähmungen zu verhüten. 

Unter meinen 104 geheilten Fällen habe ich Lähmungen 19 mal 
beobachtet. Wenige Tage anhaltende Schluckbeschwerden habe ich 
bei einem Kinde des zweiten Krankheitstages gesehen, bei dem 
schon Tonsillen, Gaumenbögen und Zäpfchen mit dicken diphthe¬ 
rischen Membranen bedeckt waren und bereits Foetor ex ore be¬ 
stand, als es aufgenommen wurde. Ein anderes, einjähriges. Kind 
des zweiten Krankheitstages mit schwerer Rachendiphtherie, die 
bereits die Gaumenbögen ergriffen hatte, und bellendem Husten 
litt einige Zeit nachher an Heiserkeit. An Iaryngoskopische 
Untersuchung war bei dem Kinde nicht zu denken: ob also that- 
sächlich Stimmbandlähmung Vorgelegen hat, kann ich nicht beur- 
theilen, da andere Anzeichen (Eintritt der Nahrung in die Trachea) 
fehlten. 

Bei den am dritten Krankheitstage eingelieferten Kindern war 
7 mal Lähmung zu verzeichnen. Bei fünf derselben war der Kehlkopf 
von der Erkrankung mitergriffen gewesen, die Lähmungserschei¬ 
nungen bestanden einmal in Gaumensegellähmung einmal in Gaumen¬ 
lähmung und Lähmung der unteren Extremitäten, lmal in Accommoda- 
tionsstörungen, 3mal andauernder Heiserkeit, einmal leichter Ataxie der 
unteren Extremitäten bei aufgehobenen Kniereflexen; 5 Kinder des fünf¬ 
ten Krankheitstages hatten einmal vorübergehende Schluckbeschwer¬ 


den, dreimal stärkere Gaumenlähmung, einmal Stimmbandlähmung (bei 
einem tracheotomirten Kinde). Ein Kind dos sechsten Tages litt 
nach der Tracheotomie eine Zeit lang an Schluckbesch werden, zwei 
des siebenten hatten Schlundlähmungen (das eine mit Accommoda- 
tionsstörungen, das andere mit Ataxie der unteren und oberen Ex¬ 
tremitäten verbunden). Ein ^jähriges Kind des achten Krankheits¬ 
tages litt ebenfalls an Schluckbeschwerden, ebenso eins, bei dem 
der Beginn der Krankheit nicht festgestellt werden konnte. 

Störungen der Herzthätigkeit habe ich fünfmal bei Di¬ 
phtherieen des fünften bis siebenten Krankheitstages gesehen, die 
sämmtlieh von Anfang an unter starker Albuminurie verliefen. 
Drei davon starben nach 14 Tagen bis 3 Wochen (s. u.), zwei ge¬ 
nasen unter entsprechender Therapie (Digitalis). Störungen der 
Herzthätigkeit im unmittelbaren Anschluss an die Serumiiyection 
habe ich nicht beobachtet. 

Rocidive während des Krankenhausaufenthaltes habe ich nicht 
erlebt. Eins der von mir am ersten Krankheitstage injicirten und 
als gesund entlassenen Kinder erkrankte vier Wochen nach der 
Entlassung an einer Halsentzündung und Heiserkeit, die nach 
einigen Tagen ohne weitere Behandlung verschwand. Nach An¬ 
sicht des behandelnden Arztes, des Herrn Dr. Vanselow (Rum¬ 
melsburg), dem ich die Mittheilnng verdanke, hatte die Erkrankung 
einen diphtherischen Charakter, wenn sie auch leicht verlief. Eine 
bacteriologische Untersuchung konnte ich leider nicht mehr vor¬ 
nehmen, da ich zu spät von der Erkrankung erfuhr. Dass nach 
Serumbehandlung Recidive auftreten können, ist leicht zu begreifen; 
man muss sich sogar wundern, dass sie bei früh behandelten Kin¬ 
dern nicht häufiger Vorkommen, da man durch die Seruminjection 
allerdings die Krankheit, aber damit auch den Selbstnnmunisirungs- 
process bei den Kranken künstlich abbricht. 

Von den gestorbenen Kindern verlor ich zwei innerhalb der 
ersten 24 Stunden, drei innerhalb 24—48 Stundeu, zwei am dritten 
Tage, je eins am 4. resp. 6., 11., 13., 16. und 21. Tage nach der 
ersten Injection. Die in den ersten vier Tagen gestorbenen Kinder 
waren sämmtlieh tracheotomirt, ohne dass die Operation den ge¬ 
wünschten Erfolg gehabt hätte. Ausgebrcitete Diphtherie der 
gröberen und feineren Luftwege war hier als Todesursache anzu¬ 
sehen. Alle hatten bereits bei der Aufnahme Albuminurie ge¬ 
habt, dementsprechend fand sich in allen obducirten Fällen Nephritis, 
die sich jedoch iu keiner Beziehung von der sonst bei Diphtherie 
gefundenen Nierenentzündung unterschied. Das am sechsten 
Tage nach der Behandlung gestorbene Kind war am vierten Krank¬ 
heitstage in einem schwerseptischen Zustande eingeliefert worden. 
Schmutzige membranöse Beläge erstreckten sich bei ihm über Ton¬ 
sillen, Pharynxwaud, weichen und harten Gaumen bis an die Zahn¬ 
reihe des Oberkiefers, aus der Nase floss jauchiger Eiter, die Hals- 
drüsengegend war diffus angeschwollen. Der Puls war klein, die 
Extremitäten kühl; dabei bestand hochgradige Albuminurie. Es 
gelang nicht, die gesunkene Herzkraft zu heben, zumal jede Nah¬ 
rungsaufnahme verweigert wurde, und am sechsten Tage erfolgte 
der Tod, trotzdem die Lokalaffection sich entschieden gebessert 
hatte. Drei Kinder starben nach 10—16 Tagen an Herzschwäche, 
bei allen hatte Albuminurie von Anfang an bis zum Tode in hohem 
Grade bestanden. Alle drei hatten sofort nach der Aufnahme 
tracheotomirt werden müssen, da sie in höchster Erstickungsgefahr 
eingeliefert wurden. 

Zwei von ihnen (Aufnahme am siebenten Tage der Krankheit) 
gehören zu der bereits früher von Ehrlich und mir geschilderten 
Kategorie von Fällen, in denen die lokale Affection wohl ausheilt, 
die Einwirkung des diphtherischen Giftes jedoch vor Eintritt der 
Serum Wirkung schon so schwerwiegende Veränderungen in ver¬ 
schiedenen Organen hervorgerufen hat, dass diese der fettigen De¬ 
generation anheimfallen. Das dritte Kind (Krankheitstag unbekannt) 
starb an einer Streptococcenpneumonie mit hämorrhagischer Pleu¬ 
ritis und septischer Arthritis des einen Fussgelenks, das letzte 
starb nach 21 Tagen an einer schweren Sepsis mit Blutungen aus 
den Schleimhäuten und unter der Haut. 

Es handelte sich um einen Knaben, der uns erst am sechsten Krank¬ 
heitstage mit einer jauchenden Diphtherie der Nase, des Rachens und 
des Kehlkopfs und starker Albuminurie zugeführt wurde und sofort 
tracheotomirt worden musste; im Verlaufe der Erkrankung trat Otitis 
media, Blutungen aus Schleimhäuten und Ilämorrhagieen unter der Haut 
auf, so dass der Knabe schliesslich der Anämie erlag, ein Verlauf, wie 
er bei schweren Fällen bekanntlich nicht- selten beobachtet wird. Die 
lokale Affection hatte auch hier einen günstigen Verlauf genommen, so 
dass die Canüle am achten Tage entfernt wurde. 

Was die Dosen des Mittels angeht, welche von mir ange¬ 
wendet sind, so liegen sie innerhalb der Grenzen, welche von Ehr¬ 
lich und mir 1 ) für die Serumbehandlung festgestellt sind. 

In ganz frischen Fällen bin ich mit 600 I.-E. (Höchst No. I) 
ausgekommen, bei zweifelhafterer Prognose wurden sofort 1000 I.-E. 

l ) Zeitschrift f. Hygiene u. Infectionskrankheiten Bd. XVII. 


Digitized by AjOusie 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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Imf, Im «fliirnndijm wird nmn aber mit. der gose hi liierten Oum- 
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WetHi ich nohb vHHmd auf’ GOmd mmnor obigeie HrMirnngen 
«in Unheil abgobon suU, KU läutet es, \Oe HU seimn \vi. M ij-*fh(.H 

UMSgTWlUoi Ui'U !}}»■};)*»', »hVSS fü iJ ii !ViO I* t «H'.W i) Vt.eb k ii O iJ , j f* ff T! 

Ba-il von J/iptith'o.riv Puf ; .Sr*i-njn a.u heilen. do-m «••-. u u.-t 

Imi frijifbjpi.1. aOi:o«ijfliufi(a)» h Y iU.)inv v *j n RiU-hofVdi pk.- 
liirrip gMhum'i. muss. <int*i’h .■inr)‘.'<*uh^:«-!iti-iia.s»“iiiiii- 
Stell “TU eit Ift-ijiü^: in „v/ ieh.n, Am r h i-.N <| ='< KeUüud- 
lmj£ der . spüreren S f nd fn/i der K r:\n-5; heit in. diePrw- 
0vu\ Ae de?; fi*irrt Ih»?kit als oh ue SrtriimU oha tu! Ju ng. 


III. Ueber plastische Abdrücke des oberen 
Kacbenrauma, insbesondere der Choanen'). 

Amt Ha iiiiHtsraHi I >r. RfljJiiwnu in Köln. 

Htdhfrm Si-halH- im Jabre 1*7" eint 1 NVr*^foitKt >11 *tImtt'c' i»H£iv- 
ovheU, ml; tJiMCMi KfUiö dir NasrnrhUidon; unter Srhuivimg: (je:; Hm 
-b-'a -u .. i 1 >■•'•■! < w rrdoij können sind OuluHir l< • ii»*.!• ...iHdouniir 

|üt' tHMU^U-uh.- \H‘! nMH.M'iifi'Jt-.i llti-v.-S (i. h|efes Hi> Klflil 

■<*.ordert. Ornmrnh sind Avir ■sur Zeit von einm ur^ulmplon.ii<m kHiHr- 

.-’d'.'-ltj .bilOi" :ii \;|.,’ UMll N.'^eoiaclH’iDViUpl VurJcultitO»'!Htt‘)i \ [XMUai iout> 

auf t iraiuj So,-! ioMshöhmden «n>f|| uvi* - «jiUVrnt. t»nl haltaii um h 
'*• hu \sH 4* hl in lfir»sii'til ilon j* H .dnr,*n soiiiidl 

/» IVfi-H-n, j*t s‘i iioii Ml) \ ( f*ih n it ‘/\li :.liur Sh-fite. 

Mtu.-iiic Oft jSf<'Hn|kt*u ^jnxiu X M U, vt || V, )Juh*I iln’y 

ACrmi nur Smfifmon; \h ’ tin&figrU' 

0“i wolclmn ihm Znsiainifi' »U-: d-a 

V«si 1 {iI<i’ih!f 1 n :• i11u;i' 111■ 11<I• m’<■' Itouhttftijj *r*»^ lienifl wird Aouh Ui 
zmau'u n \\u) tVu iaoii»‘ die Ser-tio'iiss-nh/ in.« • phydolo^isv.lK« nn» in> 
pnthf»lni»dsüt!f-. Anatomie.. "Krim der Idifoiduuio Voizei) l*nnp*o, um 


suhtMi ludiunm,!- ivnmdrn, und HHled üiO ididjnd 

Mlnve^rn «ich fthf‘1- ihm O^uoshmd jasi aiJu aas Wae \u 
jUthiOe- Innern Hd-nh. der in « IV. .Auflyn.. L,|,^ 

hwoiivH 1 ) mir mwümm frjffl&fä% m* rfhek it ^V\mm 

hei Km dorn um mWim*U‘ 1> Timimv» dfier fu ! 

Grün wuiii, dev hy dom jiüi^t. pi-st-innmihdi hiih^dt^u- AM.,s ‘r*- 

Mund-, Raohaji- mul Kns<u»kmikhinten; v .uonute H \L Jf[ ' 

und d.livoi ;k>ss driarM^a Boftjn.io hoi 'Enuu-h^n k^ n ’.„ 

wvy's soltou. wr-ioii ‘); Zuulvi*rkainM daiio\o,vu idiII auch Hm mH 
d.vrafi f‘^t, «fh’.s^ Asvrnmutnarn d.n* < Imani-u, v'vm, ühninnmf -v 
mvi-klan, unhrd.itJti nd -»„rf. tüv dir i'v ;m f , 

Herrn,;H1 Io'i.hikü“^ l:>. rnuri.du m(i denmavh daran-Hn*r;i mi, 

das dud-iu Id! die Vorkonirnun voll -s ( \;!)v>i'litKti*ii .m,i? , 5r 11 . 
[ lii 0 ^ v 0dn-f als nur •uii!..w immuIu [\ /„ in>\rHs.a». mH „"„„i -,„i 
ivii 7A\v rlm'>i.‘!l«u W - \..n AhdriHmu als »ir-n» uu)a-'d;!ivhs!* -t Hni-j* 
ntitfdj • , ., 

An ladbljc-ii 1 »M IjiCunid 'aurcM K-nciiHinn'V fViulrud ' 

des uiau’cn Riudnmir.Hm- u-.uio.mimMrH . Hrine Ah-u id mir, .!«■• vm- 
«i'Hindnnb des UudifJn^W«ihr.s klärxnHtt'jly/ mn! rt 

koiiHfe dinm nuuh an dun neioUidTu /\inlniokeii mjvk'.vdscü, 
das flowdlUiV imi.fi ounvnx,- >aid plan, bald rojum ,m-> uva \h hu 
m rsHiHdmeui \\ i?il;-l_ ijt dir hinu-ir u'om« NHu-Hid Ai».J>TnAv 
a‘> iadivhdrvn iuilie iri» lüfd'nos: WisSons /uu*:H ,i t! c L , n,; tP i, 
dH jdi/d walusdomdivh .t,. r HidxWf Vuhljdn-n. d'n im auOdiV 
Nirm*: Nt'sdid war.., .mm -schon desnuf _ -elM-ijw fi.-isnuh* -u, fSH« , 
und RMHmnM'vU das Vorkomumii ruAvv und uureyeUiiassH w'Sfaiu'b! 
Vhuöiivfi zu UmvidsH;; undiioh auch eijm sidnar rammln nr ,m 
hi-ndu \dir,irv;iÄijlu>u ßin^viildü hei rügen VImiäwh 
p dmmi. Hu» nouativun '\1 mIimi, k minrn mb ;auan^ •.»•rjiMttrki w 
; ' : ' -dn W asser «•'rweirdde.H- l]-avtg(iiinnid. spitirr vmaidtiolsf der .«m. 

VOM Sur h hui ah IriMmUtort Hirni - C'oinnjjsiijrtl Wvl.d.r di. /.du- 
dixfr xtiin Aljdl'uok tlrH Gbiiind!}« ^er\yfuniiW idui-eJi 
d } -r Ki^.iino nvU; hipbdif-i und \usm Inindzei’ alri Va^v »»Ihm”*»' 
!ril 7i l jv*si‘,iv(>u jd'iur-dm i ioiwm wt-h hn ade m iln.-.v ju kow*f»j:- 
drit V 1 *! hii]t HJsei' der Tuinju Utdl dry VlunmaUHmfw H' f|, '‘v vjmIm 
oajmik 4 W p; . . -. - s 

MfttJoiwXwtn idfi die Technik i\6* Vaffnhmds ,vtk : 

tenon. liiiss rs full* oluio soadurlicho HdiilNUgidia dr;r Krani.-a 


nur au ! ? . Zuvk vrko uiil yM männri »i. IkilAr din IdirjmfdiaiM^köil : u /*!' 'dum ilenimnsvrriünm Avkrits- und Zeitaufwand ^elintik H'k? 
?hs lu^hrri-r i, putlmluwiv-u«-UM ; |fomi.M^dum |Amdnm.nu j;d>- Kurdien- i WAill idästlsdi >:u uotdm:d 


g uS»Hv *0 m*( rNit^i*» Aad'dtt'.s uijr driH miflrä'.er ife^ioiMdi 
haaimij .auwlmltvii kmin. - 

iSWldm avir fdm.i» iiep p\ T H|muftaJt'd Zrd'^limhd’üij^en 

die. 'lag 10/ lag üihV 

deV NTgfUb lad |,rd)rndrH gegrUfdirra so ist es - kh>r, <hv.--s der Uhino- 
Hkopikei- eidtud« paeihuh, d. h. an dm» der lldmvmtmug ya'güng- 
}i<di"n HtHleii *rbid- vidi hftidlpT uln-' dv>t-AlOttwtu ‘Mmsirmr Ilejltmle 

7,\\ #tei) in (ie laiAin. Idvmnili dn^ adv dlsu nwr sOjiienv von T\ux 

j-’dg -H(d mlitviiflnn HfHlivimgHsvdndNo die INddude dv*i AiiZ 
IptrteH mmnrnKWefdh zu vmutag^ vuvau-sgr^xh'k, dass dH 

lluuijrmht.n^en kinriHVip' SiiyJ mul gfV«mnu;!k v.erd.u A Hjfg^ 
txOhtdudie ludnud« 4 aus diiwon - \ ludl m, ripn moufr im {nur dtmNUm R,w. 
rimu n drs Kmprrs vrhdlrTd.ij.-.hro, : .srhri,d. dn’v de.s.lml:j. Hartm 

gnravk- ProkUkilH 5uk «ih»,.- fm Km^lugab ’ aii'v t , r „ x . , v . , , . v 

i-rduuid. wHswmfi srimn vm Juhtvn uuf da> i,h ; hi ^d!eu«‘ AVk-ymumu- ! Aidangm rann irnquenimv fHbersKdU und a-HHiamligm 

guvvis^j., \..»fi'tiidrruugni des i] ( , U g. a uü--. und di r ('Jmanf-n ' bii- 1 ’H-ml ivmm als dui' f litrmskujriselKi Hpio|c.ol WwHr. .der pHlpi^io.** 

druei. If^ dnhm m d.v fa'Krvaim H*;dtr dH ßud.mvpr dir- j ^ tl5 - n ..•' -- H ' - ... •/ y ^ 


Wund wir rt m «n : Bitweldou den Kutetm der ftitfen. 

so kOlHnvd ieli mmvst. wirdor und' dnn anfangs srhoi? omibw'm ’k 
daidmn vju nrk. Mau kann mit Hülle der Abdrtmke inwL.vw 
• : Zeit gn einer Saminiuug von Aiiomalieuii (l<*s ohureti. ihe'lwH 
; idts.ejmities g^iatigetr, wri.'he OMuotioj.te.ti niemals mwliat-H 
; kunnrn, h us. dnu .'jjifHi ften Ornnde, weil ditn (»diOiImm, d ’i'i' 

| wni-umu-ritei» sind, not gan?.- au<nnhjti>vvad;-?ri-fdunial .-/»»jr H.rrtion c»* 

| hingen. Hie iWHtd^un also dhd' tdui) tldhei. I’iir. tlvn A«- 

Hdiiiouiigsiiiitovnrht weiH ikmdljuher nml hetpiemer ad THfiuMd 
W Pmi oh ou>di fd> d*dt 1'ott^rifUk mieh warfhvollef' ist-, die 
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20.December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE) WOCHENSCHRIFT. 


Biologische Mindestmaass bei Erwachsenen selbst noch niedriger 
ansetzen, auf etwa 20:10 bei Männern und 18:9 bei Frauen. 
Derartige Choanen bezeichnet man am zweckmässigsten als kleine 
und alle, welche das physiologische Minimum nicht erreichen, als 
subnormale. Je weiter sich nun die Maasse in einer oder beiden 
Richtungen vom Mindestmaass nach unten hin entfernen, um so 
mehr gewinnt die Choane den Charakter einer verengten Oefif- 
nung, einer Stenose. Aehnlich verhält es sich mit der Distanz 
der Tubenwülste. Je kleiner dieselbe ist, um so mehr tritt die 
seitliche Verengung des oberen Rachenraums hervor. 

Da ich seit vielen Jahren den Nasenrachenraum der Mehrzahl 
meiner Patienten nicht nur mit dem Spiegel, sondern auch mit 
dem Finger zu untersuchen pflege, so war mir die Abschätzung 
der Choanalweite geläufig und das Vorkommen kleiner und enger 
Choanen feststehende Thatsache. Doch erst die Abdrücke und 
ihre Ausmessungen lieferten auch mir den, ich möchte sagen, 
mathematischen Beweis derselben. Während nun erheblich ver¬ 
engte Choanen nicht sehr häufig sind, findet man subnormale Choanen 
schon durchaus nicht selten, kleine Choanen aber so häufig, dass 
gerade diese Wahrnehmung mich zu dem Vorschläge bestimmt hat, 
das physiologische Mindestmaass der Choanen Erwachsener, wie 
oben angegeben, festzusetzen. 

Mein Material betrifft vorzugsweise Personen mit Erkrankungen 
der Ohren oder der ersten Respirationswege. Hieraus den Schluss 
zu ziehen, dass enge und kleine Choanen oder Rachengewölbe 
ätiologische Beziehungen zu Erkrankungen der Nasenschleimhaut 
und der Tuben haben, wäre verfrüht, da wir nicht wissen, wie 
viele ganz gesunde Menschen Abnormitäten jener Art besitzen. Das 
aber kann man wenigstens um so sicherer sagen, dass Entzündungen, 
die aus irgend einem Grunde bei Leuten mit engen hinteren Nasen¬ 
öffnungen entstehen, schwerere Erscheinungen hervorrufen, als bei 
normalen Choanen. Verlegung der nasalen Inspiration, Circulations- 
störungen lokaler und allgemeiner Art (aus Gründen mangelhafter 
Respiration und consecutiver Ueberladung des Blutes mit Kohlen¬ 
säure), consecutive Hyperplasieen etc. müssen nothwendigerweise 
eher und leichter bei engen Choanen als bei normalen zustande 
kommen und hartnäckiger sich erweisen. Was die Tuben betrifft, 
so kann die mit verbildeten Choanen oft vergesellschaftete Ver¬ 
bildung der Ostien und Knorpel schon mechanisch ein Hinderniss 
setzen und das Gehör beeinträchtigen. Je enger aber der obere 
Rachenraura ist und je näher die Tubenmündungen aneinander 
liegen, um so leichter kann die Entzündung einer Seite auf die 
andere übergehen, um so eher können Eitercoecen in Tuben und 
Mittelohr einwandern oder (durch Schneuzen und dergl.) hinein¬ 
gepresst werden. Diese Verhältnisse werden durch Gegenüber¬ 
stellen eines normalen und eines stenosirten oberen Rachenraumes 
am besten beleuchtet. 

Sehen Sie sich diesen Abdruck des normalen Cavums eines 30jährigen 
Mannes an, der, abgesehen von der Nase, wo linkerseits eine Crista septi 
mit der Concha inferior verwachsen war, im Nasenrachenraum normale 
Verhältniss zeigte. Die Choanen sind 22 mm hoch und 11,5 breit; die 
Tuben Verhältnisse sind besonders links schön ausgeprägt: die bogenförmig 
geschwungene Rosenmiiller’sche Furche breit, glatt, frei von Schwellun¬ 
gen; der Wulst stark entwickelt, ohne in das Lumen der Choane vorzu- 
springen; das dreieckige Ostium weit; die beiden Falten (Plica salpingo- 
palatina und Plica salpingo-pharyngea) deutlich ausgebildet; man bekommt 
den Eindruck, dass die Function dieses für das Gehör so wichtigen Oanales 
in bester Ordnung ist. In der That hatte auch der Mann ein ganz gutes 
Gehör. Vergleichen Sie hiermit diesen Abdruck stenosirter und asym¬ 
metrischer Choanen eines 65jährigen Mannes, der an äusserster Taubheit 
litt. Die linke Choane ist nur 11 mm hoch und 9 mm breit; die rechte 
sogar nur 9 mm hoch und 6 mm breit; die Tuben Wülste stehen nur 9 mm 
auseinander; die Recessus sind flach und verstrichen, die Ostien auffällig 
klein; rechts verengt die vorspringende Tubarpartie die ohnehin schon 
enge Choane noch mehr. — Dieser Abdruck hier zeigt subnormale Choanen. 
Er ist einem 35jährigen, an Ozaena und Otitis media purulenta chronica 
leidenden Manne entnommen. Das Choanenmaass ist 16:10, die Tubar- 
wulstdistanz 15. Weiter kann ich Ihnen schlitzförmige und unregelmässig 
gestaltete Engen zeigen. Interessant ist auch dieser Abdruck der Choanen 
einer 22jährigen Ozaenakranken mit ungewöhnlich kurzem Septum und 
grosser Rachentiefe (60:40). Es zeigt sich hier, dass der freie Rand des 
Septums nicht in der Ebene des Choanalringes liegt, sondern etwa 20 mm 
weiter nach vorn, so dass die Muscheln frei in den Rachenraum hinein¬ 
ragen müssten, wenn sie nicht ganz und gar geschrumpft wären. Viel¬ 
leicht hat hier in frühester Jugend eine Randnekrose das Septum so er¬ 
heblich verkürzt, denn bei anderen Ozaenakranken, auch bei solchen, 
welche ein relativ kurzes Septum besitzen, wie das 17jährige Mädchen, 
dem dieser Abdruck hier entnommen ist, liegt der freie Vomerrand wie 
gewöhnlich in der Ebene beider Choanen. — Auch bei diesem Abdrucke, 
der von einem 16jährigen Mädchen herrührt, ist das Septum ganz unge¬ 
wöhnlich verkürzt und 16 mm von der Choanalebene entfeint. Da sie 
aber an einem der genuinen Ozaena diametral entgegengesetzten Process, 
an Hyperplasie der Muscheln nämlich, leidet, so ragen hier in der That 
die Enden der Muscheln, besonders die der unteren derart in den Nasen¬ 
rachenraum hinein und so nahe an die Plicae salpingo-palatinae hinan, 
dass sie Neubildungen Vortäuschen. Das sind nun nicht etwa polypoide 


951 


Hyperplasieen der Hinterenden der unteren Muscheln, sondern letztere 
selbst mit ihrem von diffus verdickter Schleimhaut überzogenen knöcher¬ 
nen Ende, wie der tastende Finger auf das bestimmteste nachweist. 

Doch darf ich hier nicht näher auf Einzelheiten eingehen, 
um die mir zubemessene Zeit innehalten zu können, und ich beeile 
mich zum Schluss Ihnen die Technik des Verfahrens zur Her¬ 
stellung von Abdrücken kurz auseinanderzusetzen. Man nimmt 
Stent’s Masse 1 ), etwa eine halbe Platte, und erwärmt sie über 
einer Lampe so lange, bis sie weich geworden und sich über das 
zuvor gewärmte Ende einer gebogenen Zange 2 ), oder besser noch 
eines ad hoc verfertigten Halters*) als länglicher Ballen formen 
lässt. Während nun dieser erkaltet und wieder hart wird, zieht 
man den zuvor cocalnisirten weichen Gaumen durch Gummischläuche 
nach vorn in der Weise, wie ich es wiederholt schon beschrieben 
habe (je rechts und links wird ein Drainrohr von vorn durch den 
unteren Nasengang nach hinten geschoben, das hinter dem Velum 
erscheinende Ende des Schlauches gefasst, zur Mundhöhle heraus¬ 
gezogen und mit dem anderen Ende, indem man beide stark an¬ 
spannt, über der Oberlippe verknüpft). Hat man auf diese Weise 
und durch Niederdrücken der Zunge mit dem Spatel einen be¬ 
quemen Zugang zum Nasenrachenraum gewonnen, so nimmt man 
den Halter mit dem geformten Ballen wieder auf, erweicht dessen 
vordere zwei Drittel durch Eintauchen in heisses Wasser oder 
über einer Lampe, drückt ihn gegen das Rachengewölbe und nach 
vorn hin gegen die Choanen an und hält ihn vier Minuten lang 
unverändert in dieser Lage fest. Nach dieser Zeit ist die Com- 
position wieder erstarrt und kann mittels des Halters leicht heraus¬ 
gezogen werden, ohne dabei nachträgliche Formveränderungen zu 
erleiden. Nach Abwaschen des etwa anhaftenden Schleimes oder 
Blutes legt man den Abdruck in ein Pappekästchen und umgiesst 
ihn mit einem dünnen Gipsbrei. Schon nach einer halben Stunde 
kann man die Form durch Einlegen in kochendes Wasser von dem 
erweichten Negativ befreien. Will man weite Choanen abdrücken, 
so muss man sie vorher durch Tampons von Verbandwatte so ver- 
schliessen, dass die Masse nur höchstens 10 nun in die Nasen¬ 
höhle eindringen kann. Nach Abziehen des Velums lassen sich 
die Ballen von Verbandwatte mit Hülfe einer Rachenzange bequem 
in die Choanen von hintenher einschieben und mit dem Zeigefinger 
so weit nach vorn drängen, dass die Watte nicht mehr in die 
Choanalebene hineinragt. Nach Vollendung des Abdruckes schiebt 
man die Tampons vermittels einer Knopfsonde oder eines Ohr¬ 
katheters wieder aus den Choanen in den Nasenrachenraum zurück. 
(Auch bei hartnäckigem Nasenbluten, aus den von vorn nicht er¬ 
reichbaren Theilen der Nase, ist diese Art der Tamponade der 
mittels des Belloque’schen Röhrchens üblichen weit überlegen.) 
Bei engen Choanen kann man die Tamponade ruhig unterlassen. 
Man muss sowohl der Grösse des an den Halter angeformten 
Ballens als auch dem Grade seiner Erweichung eine gewisse Auf¬ 
merksamkeit schenken. Ein zu grosser Ballen geht nicht in das 
Cavum hinein, ein zu kleiner füllt es nicht genügend aus. Was die 
Consistenz des Ballens betrifft, so bekommt man die besten Ab¬ 
drücke, wenn dieselbe ähnlich der eines gekneteten, weichen 
Modellirthons ist. Durch Uebung findet man bald die richtige 
Mitte heraus. 


IV. Aus der medicinischen Abtheilung des städtischen 
Krankenhauses in Frankfurt a. O. 

Ein Fall von acuter hämorrhagischer 
Nephritis nach Anwendung des Behring- 
schen Diphtherieheilserums. 

Von Dr. Otto Treymann, Assistenzarzt. 

Im Einverständniss mit dem dirigirenden Arzte der medicini¬ 
schen Abtheilung, Herrn Dr. Glaser, erlaube ich mir, unter 
20 Diphtlierieerkrankungen, die ich vom 7. September bis zum 
3. Deeember im hiesigen Krankenhause unter Anwendung des 
Diphtherieheilserums zu beobachten Gelegenheit hatte, einen Fall 
besonders hervorzuheben, da er gegenüber denjenigen, die bereits 


*) Am zweckmässigsten ist die „Perfected Modelling Composition. 
Extra Soft Quality“ von C. Ash & Sons. 

*) Von Zangen nehme man eine am oberen Ende rechtwinkelig ab¬ 
gebogene stumpfe oder Hakenzange; sehr gut eignet sich dazu die von 
mir seit zwölf Jahren benutzte bezw. abgeänderte Catti'sehe Zange, welche 
mir auch jetzt noch in den meisten Fällen von adenoiden Tumoren zu 
ihrer vollständigen Beseitigung in einer Sitzung nach vorgängiger Be¬ 
nutzung des Gottstein’schen Ringmessers unentbehrlich ist. 

3 ) Der aus Aluminium verfertigte leichte Halter besteht aus einem 
vom Griff stumpfwinkelig abgehenden festen Stabe, der in eine kleine 
Platte ausläuft und etwa 3 cm unterhalb derselben rechtwinkelig umge¬ 
bogen ist, und zwar in der dem stumpfen Winkel entgegengesetzten 
Richtung. Dieser Halter ist zweckdienlicher als die Zangen. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 









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nach s»*jjm’. EntUasaiif» .bereit« wtedbr «tistdÄeB isf iiu 
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20. Öcj&bmv llabiire tferflBssujrtk mtiig. Änf de.u L'or.mv-r-UtMi u.id 
stark gorütlioipn töüßühm,\Ih&nn umt eompuf tercr.. srimitmrr. 

IÄ$/ Dais«i» gerutgff. wamW* Aiijfv»i‘4uöißh4h0 in' 1 - J’ni- |«8. j 
f\<>ir< AÜnimuo. ’]>.u«[i ; 88, E' -2B.Ü.. ! 

29, OCbdir/'. mm m^Brivuüiü'n, Om.kw;. Aut J»*i- r /,u>;;.<< 

. Hibfiibs- v«>n-.'^fni:ü--dickCfi) Hrbm, iMh-l i2, Temi». 2Hf. - CO.2. 

20, Q/dolm?;.- AJIlm m< mimwimi ^i>i. Apprtit. iti i l'r ?>'• 

.' BruseV- 'IVipj/. V - 

Hl. 0-,t(.i-.r-r r», 1:, 2- Kovomlmh tm Halben nur tioolf imWtU' ibvki-o 
iA'iib^Hi-iibt'iJiirotj. Trin*))U>ft äHSithitodtf. Xdngo ruht, Khm 'AJhuwvn. 

■ Tühty. H7tl'-dö.0 r ' : ; : 

•1 y^vemhiü. ÄbimUtf grossn; Ü?i.mhf t wcüiofbih«* BÜMmung; Auf 
•dar trafen ••'EmbbÖn* .CUmäbo1m$i$b lind ‘.Wfd^h 

Ihd^ IbjtA/tieij: v(jn No. ! P/iN , Ö&hsr. lAlatifm. 

lump. 27,b 

4. MC -Hvlsiv. iiaErrMc 


alle jwu* 
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sohcLiumgeu tqd Seiten der o/rch in IfeoMMueg 

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SiXiiiitboiM üa (h*r i-Hj'«u-<:on^siölu 1 . Mit ih’r ßrn^l n:»«l auf 
b: t.i<Mi n. •OeUiech» i i% < AibUmen in» "ff am. • 


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V. Acute hämoirliagisclie Nephritis bei 
Diphtherie (ohne HeilserambeMncUttag). 

Von Juli««. 8cltw»]^ i« Ecrliiu 

Itie^alfe !ir?‘;iitn«uug:. 'U? in der Bliitlo'zeif dur Ibhirkulitin;»' 
vor vier ".Jahren ' BrebavIiMnig grla.ogfe Int vtjedprfiolt ,-i* h in 
unsA^iti hßi iirtr de« Tdphthctieiitulserujns; it» 

dein Iii.*st:r**ii>m, über df-n fb'-r.'V’C'.’t.irif lif.n- idfAt-.l dr* thmiwi Miud- 
i:m kierv IfjM.hnil m grwirmfü stfidni jimitahei* dtuv "V'-viuu! seif."’» 
Kr*uikij.-jr>;fäl»e mit ‘früs^ftrüf- Aoftneck.cia.mkeit afb «dvur u»nl ferßlfr.• 
Urüiitmtliid- lud «Hier Cnwisson FrüdisposiUna zn ttdiiApmjtisch 
itvef Kritik; in dun )A iduu-, ttn* üJJr >H«rthn* s H..d<m d»b w'"‘: 

Mittol vüroaf-wort]ich zn türichrin uiuf aus jader jm^Uu4i>'nfi. Ab. 
w-ifÜMinr tb$ KrhtikUait&verhuife von der Norm »Monn, (irüiid Cftrtlii 


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muht ^nrpp'j. bfdiüuMri > w^ht» man amtbnmV, llHs-lw JSjillt ^ 

Eiudroffk tk’cdiji-tiä^lir^U tTcr Allmihinu4d , WÄ t, Swlfeei) 
pafitiitt.rj;h flef:}r^). güyf}ig &>;- er früimf den IVfbi nur aüsnal«^; 
wt'isc nul C'-i>rü!! !mi, i{uu*mdho.ybef -dtHSr Eurcysuclnuir 

i'niV tfö mm einmal die AufiTiei'ksMutktdi gtdtmkt c.'nrdwi ist ny • 
; voftjHaiAt.,H Thöt?ifi>düi^h ist die rVlbudnuurits «Aöu .*y'; 
VrÜtvit aHuf Animmu, -dm.* rojuÜ^ hhuligo Ib^iednrsoltmtiUiyy 
Üipiüiitüdr. A:i. u firüot.h ist Br* Mwa tu der .OfijOr aller ry 
ynBmrMbn!. und db-sss THrrtinii ist ami» tmcb Htuirmi Kffahti^l 
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20. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


953 


sie ist doch andererseits nicht so selten, dass manche Autoren 
unter denen sich selbst pathologische Anatomen befinden, nunmehr 
sich den Ansehen, geben dürfen, als ob jeder Fall von Nephritis 
auf das Heilserum zurückgeführt werden müsste. 

Nur bei einer besonderen Form der acuten Nephritis könnte 
man leicht m Versuchung geführt werden - und damit komme 
ich zu meinem eigentlichen Thema —, einen ätiologischen Zusam¬ 
menhang zwischen Nierenaffection und Heilserum zu construiren 
nämlich bei der acuten hämorrhagischen Nephritis. Darin 
stimmen alle Autoren tiberein, dass im stricten Gegensatz zur 
Scarlatma bei der Diphtherie-Nephritis nur höchst selten Blut im 
Urinsediment gefunden werde und dass deshalb auch das übrige 
Bild der diphtherischen Nierenentzündung fast stets von demjenigen 
der scarlatinösen Nephritis in ganz wesentlichen Punkten (Oedem 
Urämie, Herzhypertrophie) sich unterscheide. Kommt also plötz¬ 
lich bei einem mit Heilserum behandelten Fall von Diphtherie 
eine so ungewöhnliche Erscheinung wie eine hämorrhagische Ne- 
phntis zur Beobachtung, so liegt allerdings die Versuchung nahe, 
die Ursache für dieselbe in dem neuen Medicament, dem ja ohnehin 
„blutlösende 44 Eigenschaften nachgesagt werden, zu suchen. Wie 
vorsichtig man trotzdem in dieser Deutung sein muss, lehrt ein 
Vergleich zwischen dem in dieser Nummer publicirten Fall von 
Trey mann (s. S. 952) und dem folgenden, den ich im Kranken¬ 
hause Friedrichshain beobachtet habe und mit gütiger Erlaubniss 
meines früheren Chefs, des Herrn Geheimrath Hahn, hier publicire. 

Hugo Schwarz. 10•/-> Jahre alt, wird am 8. April 1890 auf die Diph- 
thenestation des Krankenhauses Friedrichshaiu aufgenommen. Vor vier 
Tagen ist er angeblich mit Hals- und Brustschmerzen erkrankt. Heute 
ist starke Athemnoth aufgetreten. — Rachenschleimhaut und Tonsillen 
sind stark geröthet und geschwollen, letztere sind mit gelblichen Mem¬ 
branen bedeckt. Starke epigastrischo Einziehungen, Stridor, leichte 
Cyanose. Mit Rücksicht auf die hochgradige Larynxstenose nahm ich 
sofort die Tracheotomie vor. Nach derselben wird die Athmung frei, 
das Gesammtbefinden gebessert. — Temperatur (Rectum) 37,9. Urin ohno 
Albumen. Therapie : Inhalationen mit Wasserdampf. 

In den nächsten fünf Tagen nimmt die Krankheit einen regulären 
V erlauf. . Die Rachenbeläge stossen sich allmählich ab. Die Temperatur 
erreicht in maxuuo (am dritten Krankheitstage) eine abendliche Höhe von 
3J,/. Gesammtbefinden befriedigend. Urin zeigt nur am sechsten Tage 
eine leichte Eiweisstrübung, ist sonst albnmenfrei. Am siebenten Be¬ 
handlungstage wird die Canüle entfernt; die Athmung bleibt frei. Am 
16 April Temperatur normal, Urin ohne Eiweiss. Am 20. April beginnen 
leichte Temperatursteigerungen — in rnaximo einmal Abends bis 39,6 
(Rectum) —, die wir auf eine doppelseitige ausgedehnte Bronchitis zurück¬ 
führen müssen. (Die Tracheotomie wunde war inzwischen verheilt.) Der 
Urin war stets eiweissfrei und ohne Sediment. 

Am 27. April, d. h. am 20. Behandlungs- und am 25. Krankheitstage, 
tritt plötzlich unter Steigerung der Temperatur auf 40,5 Erbrechen ein, 
Patient ist leicht benommen, klagt über starke Kopfschmerzen, und es 
macht sich ein leichtes Oedem des Gesichtes bemerkbar. Der Urin war 
auch am Morgen dieses Tages noch eiweissfrei. Am nächsten Tage jedoch 
(28. April) zeigt der in seiner Menge stark verringerte, röthliche Urin 
einen stärkeren Eiweissgehalt ( l U der Harnsäule), und in dem reichlichen 
Sediment finden sich zahlreiche rotlie und weisse Blutkörperchen, Nieren- 
opithelien, Epithelial- und Blutcylinder. 

Bis zum 1. Mai bleibt die fieberhafte Temperaturerhöhung, das Oedem 
verbreitet sich in leichter Intensität über den ganzen Körper, der Eiweiss¬ 
gehalt hält sich in demselben Grade, das Sediment bewahrt den oben an¬ 
gegebenen Charakter, verringert sich aber allmählich in seiner Menge. — 
Therapie: Schwitzbäder. 

Vom 2. Mai ab wird die Temperatur dauernd normal. Der Eiweiss¬ 
gehalt verringert sich langsam, am 6. Mai (d. h. acht Tage nach Beginn 
der Nephritis) ist nur noch eine Spur desselben vorhanden. Am 7. Mai 
ist die Urinmenge 800, specifisches Gewicht 1017. Das geringe Sediment 
setzt sich noch aus den Bestandtheilen zusammen, wie sie unter dem 
28. April geschildert sind. Oedeme verschwunden. 

Spurenhafte Albuminurie wird noch bis zum 24. Mai nachgewiesen, 
von da ab ist der Urin eiweissfrei; das Sediment war am 17. Mai zum 
letzten male nachweisbar. 

Am 5. Juni wird Patient als geheilt entlassen. 

Stellt man diesen Krankheitsfall mit dem von Trey mann ge¬ 
schilderten zusammen, so wird man gewiss nicht abgeneigt sein, 
beide Beobachtungen als Parallelfälle zu bezeichnen. Alle Momente, 
die dort als abnorm hervorgehöben werden, finden sich bei unserem 
Patienten in gleichem Maasse wieder: die Nephritis ist acut hämor¬ 
rhagisch, sie setzt plötzlich, sogar erst in der Reconvalescenz am 
25. Krankheitstage ein, sie dauert in ihren markanten Symptomen 
nur sieben Tage (das Fieber verschwindet selbst schon nach fünf 
Tagen). Tn unserem Falle ist aber kein Heilserum angewandt 
worden. 

Freilich, wird man vielleicht ein werfen, war in dem Trey- 
mann’schen Falle das Albumen schon am fünften Krankheitstage 
völlig verschwunden, in unserem dagegen erst am 28. Tage. Ob 
aber — von der Bedeutungslosigkeit dieser Differenz abgesehen — 
in dem ersteren Falle auch das Sediment zugleich mit dem 
Albumen fortgeblieben ist, wird nicht angegeben; bekanntlich findet 
man bisweilen bei abklingendor Nephritis noch ein geringes, aus 


Nierenelementen bestehendes Sediment, wenn die Albumiiiurie schon 
aufgehört hat. 

Ein zweiter Einwand wäre der Hinweis auf das Einsetzen der 
Nephritis bei dem Treymann’schen Patienten zugleich mit einem 
masernähnlichen Ausschlag, wie er in einigen Fällen als Folge¬ 
erscheinung der Heilseruminjection geschildert worden ist. 

Es liegt indess kein zwingender Grund vor, die Möglichkeit 
eines zufälligen Zusammentreffens dieser beiden Complicationen 
auszuschliessen. ! ) 

Meiner Meinung nach soll man dieselbe Vorsicht, die man bei 
der Beurtheilung der anscheinend günstigen Wirkungen eines 
Mittels übt, auch bei der Abwägung der schädlichen Compli¬ 
cationen, die während eines neuen Heilverfahrens eintreten, walten 
lassen. 


VI. Ueber Diagnose und Theorie des Morbus 
Basedowii. 

Von Dr. F. Lemke in Hamburg. 

Wer sich eine Theorie über Morbus Basedowii bilden will und 
vor diesem Durcheinander der buntscheckigsten Symptome nicht 
aus noch ein weiss, muss unwillkürlich auf den Gedänken kommen, 
dass die meisten derselben nicht zu dem Krankheitsbilde gehören, 
sondern nur zufällig bei dem einzelnen kranken Individuum das 
Bild compliciren. 

Bisher ahnte man die Ursache ja nicht, und so suchte jeder 
Forscher nach einem neuen Symptom, hoffend, damit endlich den 
Ariadnefaden in der Hand zu haben. So kam es, dass alle oft gewiss 
nur zufälligen Symptome in ursächliche Beziehimg zur Erkrankung 
gebracht wurden und diese uns endlich bin Bild bietet, dessen 
Ungereimtheit und Monstrosität von vornherein einleuchten muss. 

Dass diese Symptome wesentlich nervöser Natur sein mussten, 
ergiebt sich schon daraus, dass nur sogenannte „nervöse Indivi¬ 
duen“ von dieser Krankheit befallen zu werden pflegen. Dazu 
kommt noch, dass ihre Entdecker die Neurologen waren, die in 
letzter Zeit das Gebiet der inneren Medicin zu einem grossen 
Theil als ihre Domäne betrachten. Vergessen wir ferner nicht, 
dass wir bei allen unklaren Vorgängen im animalen Leben nur zu 
leicht geneigt sind, alle Fragen und Bedenken mit dem Schlagwort 
„nervös“ abzuthun. Man hat sich daher gewöhnt, seit langer Zeit 
den Morbus Basedowii zu den Nervenkrankheiten zu rechnen, und 
da man sich auch damit noch nicht so recht zufrieden geben konnte, 
so verlegte man schliesslich die Ursache in den Nervus sympathi- 
cus, dieses dunkelste Gebiet der Nervenkunde. 

Da nun noch der Exophthalmus in das Gebiet, der Ophthal¬ 
mologen fällt, so streiten sich nunmehr vier Specialitäten um die 
Berechtigung, die Behandlung dieser Krankheit ausschliesslich für 
sich in Anspruch zu nehmen, die Internen, Ophthalmologen, Neu¬ 
rologen und seit jüngster Zeit die Chirurgen. 

Ueber den Wust der Symptome ist man im Begriff, das ur¬ 
sprüngliche Krankheitsbild zu vergessen, die nervösen Symptome 
haben dasselbe vollständig überwuchert. Reinigen wir es daher, und 
suchen wir die Symptome hervor, die allen Fällen gemeinsam 
sind, nur sie können für die Diagnose maassgebend sein. Die ein¬ 
fache Logik wild uns dann dahin führen, die übrigen Symptome 
für secundärer Natur oder gar nur zufällig mit unserm Krankheits¬ 
bilde vereinigt anzusehen. 

Wenn hierzu die Kenntnisse eines modernen Neurologen nöthig 
wären, so müssten auch alle bisherigen Beobachtungen vom Stand¬ 
punkte eines solchen aus durchaus werthlos sein, und unser For¬ 
schen w r ürde erst dann beginnen können, wenn diese Herren end¬ 
lich die Güte gehabt hätten, uns eine präcise Definition und Be¬ 
schreibung des Krankheitsbildes zu geben. Da dies aber zur Zeit 
noch aussteht, so kann sich auch ein Nichtneurologe daran machen, 
den Augiasstall zu reinigen. 

Die bei Sectionen gefundenen Veränderungen kann man bei 
der Beurtheilung getrost, bei Seite lassen, denn was ist nicht schon 
alles gefunden und als wichtig hingestelit worden! Ich wüsste 
kein Organ zu nennen, in dem nicht, der eine Autor die wichtigsten 
Veränderungen constatirt hätte, während in anderen Fällen andere 
garnichts krankhaftes gefunden haben. Das ganze Nervensystem 
ist durchforscht., ohne irgend welche constanten Befunde, ebenso 
das Circulat.ionssystem; die einen fanden Hypertrophie und Dilata¬ 
tion der Ventrikel, andere Mitralinsufflcienz, fettige Degeneration, 
Atheromatose, andere garnichts. Die Ovarien, Milz, Leber, Darm, 
Muskulatur und die Lymphdrüsen, ja sogar das Knochengerüst boten 
Befunde dar. Diese Fülle besagt weniger als etwas, sie besagt nichts. 

*) Wie eigenartig manchmal der Zufall spielt, dafür mag als Illustration 
die Thatsache gelten, dass von den 4 Fällen acuter hämorrhagischer Diph¬ 
therie-Nephritis, die im Zeitraum von 10 Jahren im Krankenhause Friedrichs¬ 
hain beobachtet wurden, 3 in dem Halbjahre, in Welchem ich die Diphtherie¬ 
station leitete, vorgekommen sind. ... 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




DEUTSCHE MEDlUmJSGHE WOCHENSCHRIFT. 


lieh in ftttdem 1 AH. als bid der Otdorose) diu UrsnchB ,seii> kojiRi-uV 
nicht dlJe von rj^ditameiitos ^eksllrc!! 

ESlIon dafür, dasn He te Grond istV Ahm; weje^ir ÄrtHH tlfo 
fohlorhHftc IksehüffHiheilA Hier ist do?: Punkt, wo tfj c 

Forschung; ciiizusctefii-}>ai. 

Tinten wir zu di>sim ftwerk« der Frage nilbev nnUidn. <m 
gäben, welche das Blot/ bilden und *Mfiö %imtnjinrunsotsunc f»;f. 
ÖusKim-. 'Neben Milz und Knoebemnark, den idtgomciti als’solche 
uiiorkaimtnn 0'rg>nmi 5 Uofniid« nun Hotdj die G&ßduHi tÖy rwiihä i« 
her', <nratender Weide in Bei.ra*dd, dio IhHtHiUing ihrer knnctiuTi 
ist durch die (Viebuxu* strumipfiva ulie« ad jkjüldf dinnon&tnfl. 
Ob itfiyx Tbdirgkeit mH de« murjdioiu^isobon Ik'stiimJthdhm d- 
Blutes <>dm mit smueu rheinischen Eieense.hailmt ?.}i tliun hat. jn 
nmdi meid ru tHiUiedeii. UdZtmvs igfc aber tltös Walb^höialliTtt 
Uw st l'iuun BofdiUiditiing von BredA der «ach MiliKXSlinwri'-.Tr 
einet» stark rcriu iiHljwte« Geh ui t des Blutes an rot-hoi nml wcis^i. 
Blutkörperchen feHHcdlb*, dm - Wieder verschwand um] dein »b>f}»mka 
V »wUajjiii.-?.*. Platz sinn Mo. mudulvni eine {dotzlinbe An^d.wcilnen 
der Schi hblrfUe Wffgkmff-eu war, ist meines Wassens nur nach in 
eraom Falle von UöhleGl pMWwhfe. Wo rmidi Milzexstirpidiou m 
zv.ujftü»t Tage ei m hülwermgruiwr Amwhvvellung der SolüW««ii.v 
rdnir/it. Wer ty»r tmu darum >ogar Wenn ein 4kwi 

*/n ; veTDljireüminm ?)/ihu Buckst IbasH Mode,. kn' musste mo^keliri- 


Wend^b wir ans von dm Bofuhdeii ite% ; S^h%oWj'sthek zu dtm 

#ü fm%n wir: 


Svmptmnco (}cy bdmndidi JbvtkmtWh . , , 

i Se|> wo re. '»St üning der Pgytlu; und des (mdtodmi ven.w dnm» • 
iAummhaitig-iieiU Zynksnebt, .jVdumm lh.uuvs.Gou, S( hl:it!o-izh«-il. 
srlvwHMlm Intelligenz ja gaifzlidm ix-moni-m. Ueriuamuitos KopB 
ntd», Schwindel, IJrfitfwlmu, Em p Ü n dl wh koli geure i\ GprKusohö, lim h- 
gradigen TrejrwV, SpfaeMt-Örungfw. Tahc« 

2, Stöiruige« im; Auge: f'A ophtha ln tus.U r & e i 1 eGe be s P hüit owe«, 
PiipillunstarrP. JnVlmrungmj HrzWher A «ge«invwkWn* EffUüiiiJU «gen 
dH • ; .C<^ , ft^x''^t H s i :Jirüul* t uh^ißn des öcrdrhWl'el{ic$ 

H, AnsehwrUun^ dm- (jüamlnia fhyrom'den. 

. ; i, IHliridiu rWriHa rslk 'dvss DffWos bW nieiH 

j*«rükti jjßr'zltiihöfi: ' : .. " 

n,/AsthWMU'clie WifiillC 

(T A^erdacnJue^H runnoii, Che»ihö»ui Ui-tnm h*u^ Abtnaaerunu. 
7;; TorTiborgohHide Befubdo Hm Xitiil Znekör. 

H:. -MnüSir.untirumsdftrutpJrrn. 

H liviu-i-hUtiOsis 

Schon bei. dieser sl.srfk sfnmijmvisi'lm»» AufziÜilPng s'dom \vir, 
Wie-.gut i'y hi. a dass iiiehf alle din?o Symptome für die biagno** 
nhfldo- simi, sihvderu die 'mW/doii liur duzli diHtru. die - Diagnose 
zu Hübmi. lA uare »n’d.-t-dzlioji sieh dax r-hwsisiiir Bild nnum or 
Krankhmt - an einem Individinni vorrttdlon zu uuiss.m. das. uibdi 
mp- ciisnu orhebli( 1)011 Tlnbi .dieser Bvoipimne dnOiote. 

XiffAiHdMr "Vv'otHu sind also dm. nnUtbn deiSsidlieh i.h krdno/h 
oder ‘ ndb C'O'nöei’ut.i.vrni ZuomnmvjihaD^n mit trlgedUWmii 
kr>iiikung zuC dmikrii ;.:SU(dieii wir a)K.;'i (Ufdbüigno .lijuniis; 8.1«* 
Flierl VVüJrn gemeinFiim Wutk ndr sie kdnmm uns mit do,u richtigen 
um h d(T ErkranKMfu^ürsüclie -Hihreri. 

Da giobt os nm'- eimuv absolut uozr) ti'oiüjiiidioii ; 8ym.i»ii>i*n-p- 
HJtn:ploxV tlas b&firfum rdi'dA und dtd» vibrirrüdon Xj^ninr des ganzen 
Körj>dra\ bnsomhns dn* Ir.h hnvorzugf* uhsirbtlirb 

den Ausdrutk FWifium fordiFr,' dvhn Tm% t rc^vdio fht ihr dirwn 

Ziictaud oio rml zu Zalumw WoO. ! >tr BuUfi’mjoOnz Br nur 

^r!uHZ)i>H;-.\v*'iso unzugobon. j*:do^ Zdhh-n. St nTimÖglich, dabri 
sind in fnsch'U FiUlmi dir llorzt/iiie min. *u>t nm-Ji U)'Tt«.oro|- 
Zeit* bddon sudi ftos 3)insr^ rbd]rij?Ui oordis ist so 

»horaktoristi>?ch, dass jod**r. der vs Hnmid hr-oba« blot hat, <S bio 
wtodor vm*gi&*rt und. H-lmn duraua all ehr mft Sicbeidudt die Di-aguose 
akiggprevlien kann. Für dbäi 'Promur. das Scliwi>itui «Ir^ grenziui 
fvdrpmv, liegt* ^ubäWiKk der (indahko onlm. . ibVss .os : der _4ns- 
druck ilnt: fortwo}){ia.hzivv, Vlüyzactimiujj s(4, doch wliWM -mir dar 
l Ufsbuid dngogon- v.w; &prreboi!, dass iuhji rs om- boobafd'i^ iui 
Stohen und lad Bewegung^»; un Siizru und Biogen ih^xn-n jbih.* 
buHcht, 

V'ou den. boidon deinnörbst liiifltlgston %»u)^iin>p.tL der Struma 
nbd .dom BKOj.iithaimus ist atigrman aberkAnut, Ua.yy ihiv Air 
wormthril; für dfr. rdagu^or nmhfc ndthwrivibg j-u s;>^ : ^rid bi 
vu'ir:! irischen bdllöH nicht Yoiimmlf-n, ukki kau>t'?fhrr mit Sixhor- 1 
iwb rnv .Uem. d<ms oins von bmih'm udm bobh* abdr in» VoriauM 
der l'd'kriujhung liinzugi'Coibu! vmaioti. hicsi. h'Wdou SvjnptcMno 
müssen hBö logirchrr \Voi; : o , iU r iür rmi:m» uti\ hü-j' werdtm, 
sie k.öimnn dao \\ eson der i\ rankheit. .nivhi. o.us.uiaclu'n somun-u 

• s Bitzen und viuviarhcu nur du- Iviobligktdt dm IGiaguosic 

V uu aiofb ger.iiprfroib % erthe And allo andaj-on Symptome, 
He Hml thnil$ vnnso(utB-or, tfrWls mH-w^sm^spher Nhj'ur und oulu- 
jbwum/ ( -;>t Öat .Bold bei wv-wAvd fwwr Bricranhuho. JGmson 
viii das ubon _Uosavtc kurz ziiaammmi 

Strumy »iiein tst kein .Morhup Basoilnwi», j ln r»so \\oulgj bx- 
up]iUuil.m;nR ajüAn.. AuWi- SfMnni umi Exopinh/jlmus kaun ^nii ht: 


<*oi ui - und-dch vibri re öden Tromnr der .MusIculaUir dir 
vanMi't. 

Auf hinb-rmi) Wege Kusnme uh 'also zu demse]l>rn ibHi. 
wie Bol<-hborg in seinem Wdiürmi VoUrage iii Wioo. A‘ii i 
ä-ussore rbi^ Kro|ify^ eh- 4et^eRte,.-gfess oti**!? 

hart oilej- welch ist. kunuhf m g:n mehr, iiti^ ich habe d)es*dl> 
s< h v.>r* H Fraviieiuuügen bmfbtoditet hm gi-ossoa und hm Ic^uiuaw 
AVjn«haren JvröplM, 

n.-vtür Kpreeheu doch r»U«*h die Db'ht melif* anzubm;Mf.aH : '‘:i 
folgn .de;- })}]H..ie!!m) itxstjrp.'hinnen, die von allen Sehen g«wa 
via-rdrn, Ek ,ist ilas SHiickknl jeder UpfM’atimi. die ein »eiirs Bi 
fhr di» Cliirui'gie ovi>buH. iB}gidV>jndet zu worden, allniaidirli U(! 
jndmdi die Tlmtsaebch mten und die B^'oer versUuuumn 
irum- mu h. Schon im Jnbvp 1890 umind erste BuhUeaneü 
Yj/ ( j-wtv Basj-dnw nbt d«h vVoi'feu gcKchlossei) zu haben ah-r M<; 
liitsedow gfliöfi ju- iü nnf die inneren, H‘hdem auf Ä ^l»1 
&elmD iStutiüneö'^ 

fv ouh 111hgtrt qt übdr#H i0 
mit er dmt AVu'veiikraökflWtöJi,- riuult -ziv'Wfbb 1 
I >iAgm»o. dj(wcv K i:b 
sprachen Vöji ; .^üvlu#wv Atrd biis Basedow 
,hilires.bmehtcm ■ aikv y<m 
IjczeAbiiiUigG A.~, . 

Kilt weder ist hg etd 

. m ■ Hi ._ 

Namen, die itPicg^iihibU. tiorOhmt .zu. iveiriuth he »cf ei» 

lieeti v itro. 

fei» i'erfipit nlir?* d'ir.-.e kurze' BbfraehUibg obd präijvM' 
flefnitiou. 

1. E in K r a o k e r in i d et 
J-j'ülj Vium edrdiif pfhut v-i Uri re 
sind. A i 1 ( a n il.eni s y m p t u m e s; 
eil«(ihrbi' Ai,f:. adA be: 

2. JU« Ursuiidie de 

WalVchiclHd iiliebkei i 

niggu ng d.»<A- Blu th-H v'p « 
h U e.lie u; . • 

d f»er Morbus l»asndovvii ist hU<> kriuA ^ 

And NhTV'^iitiytMntbis, man bedarf für die jUHgUHf^t* 

■spe e i •• B «« jäch neurologiM hen Iv i»I?i n i 

Tbdlpit.ht gelingt «g der physmlogisdboh ('lucmife, 

Oper.it ii.-ii h#r auch aus machen Leii heO gei*.ummiiro ... 0 
viwi Struju-.i h»d Älorbui». iWndmv einnti ’Hb>T zu nxtranii 
wo;entliehe chemisehfj Oifcr phynoiegisi Im Uiiinrrfkbieile um 
ExBiVeto iji-.r gesiuide.o EdhilddrÜse. bi)ie. . . 

Die üdAülltdbie ThutsaGlm, dass dh> hWdtai A 

iFüjikWWv :%OTtOim-V Äponioif iß den Ftmctjöii&fl 


den LdhrhüWiev« und Jaijve$h*ri'’iir 
' din Naar«ib^r.-jl 
ron oilidth anderuu Arzfc»c ' | 
_ ' FHpnil'H 1 f btcj) W W, 

. , v - ifi]v veröffentlichten Fälle nabu 0-s 

Aber die Wicsflnsehaft bedarf prih-iwr l o» y«'' 
Morbus Bascdowii. oder ns >d kOmv i ; S 

ditmr «ogyitminte« „falachori“ Formhh •ctveo. ti-‘c 


an Morbus B.o^ivdowti. 

mAom Tremor : * 

i j hd u <j« s gc nTiAll B ‘d H e- £*- 
tdOtiCi) m n r- die DlrtgiidaO 
; M <> r I.» u s B|s o d o w i i O t iw.it H 1 d' ' : ; j 
»h ni m r kohlerhattoiV }$Wf \?V 
Seitco der dd 

KrkrätiMd^ 


der Theorie zuv Praxis über mul- j'rugmt -Jir 
erste« AnzmOien und dem l.legihP -ih>r krank- 
fast allen hiUlmv das ller/hinphni ergiihiou, 
eher js!. als ja crbihruu^H enow Aforimc 
lilorniischcv Basis zu md[ui»;keTu ‘t.»liegt- 
hlorose ist nher das Herzkinjifmi, slunii lic.ei 
a Itaml; ji Ir <■ h Io ro j t^ch viüii «dort »? 

?s i si' im s t n n »1 r, o i nc n bo>.ch 1 o u n j gei» »|c u 
erzt bä. tigki.it a u u öboii. 4 ’ 
it'iiudu Bc.dou-.htm- mofhllPjc dos IJer.ztiöpfe.n 
»ou \ose Oninde zuiab Uzutubre«, sonder« jeder 
das- not die Oldeidod'te Vios(ImOVudioit des 

d; wird' dresc geV»eHhrt, bh fer^h w i n det uatdi 


v spll hiebt auch Jüdin 
’:dhWtmJu$ Blulies (imMir- 






20.December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


des Herzmuskels und der quergestreiften Muskulatur zum Aus- 
druck kommen, legt mir den Gedanken nahe, dass das krank- 
hafte Product der Schilddrüse ein specifisches Muskel¬ 
gift ist, welches den normalen, physiologischen Muskeltonus herab¬ 
setzt und den Act der Contraction in viele kleine, oberflächliche 
Zuckungen zerlegt. 

Beim Herzmuskel ist das Delirium cordis der Ausdruck dieses 
Zustandes und beim quergestreiften Muskel der Tremor. 

Ein längeres Bestehen dieses Zustandes muss nothwendio , er 
Weise beim Herzmuskel zu einer Erschlaffung und Dilatation führen 
und beim quergestreiften Muskel zur Erschlaffung und Verlängerung 
desselben. a 

Die ganze Muskulatur wird welk, besonders prägnant muss 
sich dieser Effect aber bei Muskeln zeigen, die nur einerseits an 
Knochen, andererseits aber an Kapseln und Sehnenhäuten inseriren. 
Das Prototyp einer solchen Insertion ist aber das Auge, seine 
sämmtlichen Muskeln inseriren so. Somit ergiebt sich von’ selbst 
die natürlichste Erklärung des Exophthalmus, eines Symptomes, 
das bisher allen Erklärungsversuchen getrotzt hat. 

Ja man musste sich geradezu wundern, dass es Fälle ohne 
Exophthalmus giebt, wenn wir nicht mit Recht aunehmen könnten, 
dass nicht die ganze Muskulatur gleichzeitig erkrankt. So erklärt 
sich ferner der starre, maskenartige Gesichtsausdruck, der Verlust 
der Mimik, das Graefe’sche Phänomen. 

Es liegt nun kein Grund vor, die platte Muskulatur von dieser 
Alteration ihrer Function auszusehliessen, der Verlust des Tonus 
bei der Gefässmuskulatur muss dann nothwendig das Heer der 
Symptome zur Folge haben, die wir bisher für speciell „nervös“ an¬ 
zusehen gewöhnt sind, die Launenhaftigkeit, Zanksucht, Jähzorn, 
Depression, Kopfweh, Schwindel etc. etc. 

Es erklärt sich die Pupillenstarre, asthmatische Anfälle, Ver¬ 
dauungsstörungen, Abmagerung, Polyurie und Hyperhidrosis. 

Wie in der Therapie oft ex juvantibus die ‘Diagnose gestellt 
wird, so schliesse ich aus der Natürlichkeit, mit der diese Theorie 
alle Erscheinungen erklärt, auf die Richtigkeit derselben und auf 
die Richtigkeit des vereinfachten Krankheitsbildes, das erst die 
Grundlage dieser Theorie gegeben hat. 

Um seine schädliche Wirkung auf die Muskulatur auszuüben, 
braucht das Blut nicht den Umweg über die Nerveneinflüsse zu 
nehmen, die Muskeln sind ja die blutreichsten Organe unseres 
Körpers. 

Die Illustration dieses Textes durch Krankengeschichten und 
Beobachtungen, die mir zur Verfügung stehen, werde ich in einer 
besonderen Publication demnächst liefern. Jetzt mögen die Herren 
Neurologen das Wort nehmen. 

VJT. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

(Fortsetzung aus No. 49.) 

Betrachten wir die angeführten casuistischen Mittheilungen, 
so sehen wir, dass es eine zum Theil recht schwer in den Orga¬ 
nismus eingreifende Therapie ist, welche zur Heilung geführt hat, 
und es muss dies um so mehr Wunder nehmen, da bereits seit 
langer Zeit eine ganze Anzahl Stimmen laut geworden sind, welche 
von einer energischen Therapie nichts wissen wollen und eine ab- ! 
solut. abwartende Haltung vorschlagen. 

Obgleich zwar schon Davaine in der Jodbehandlung der Pustula 
maligna eine specifische Therapie gefunden zu haben glaubte, so 
war er doch für gleichzeitige chirurgische Therapie. Alle die Fälle, 
wo eine absolut exspectative Behandlung allein eingeschlagen wurde, 
rühren somit sammt und sonders erst aus den letzten Jahren her. Man 
hatte aus den chirurgisch behandelten und unglücklich verlaufenden 
Fällen, welche ich naturgemäss hier nicht anführen konnte, deren 
sich aber zahlreiche in der Litteratur zerstreut finden, gelernt, dass 
unter Umständen das Heilmittel gefährlicher als die Krankheit sein 
kann, und vielleicht mit einer gewissen Fügung in das Unabwend¬ 
bare behandelte man ab und zu eine Pustel ganz conservativ. 
Mit welchem Erfolge, sollen die immerhin spärlichen Mitfcheilungen 
in der Litteratur erläutern. 

Leonidas Avendana 1 ) hält Ammonium bei der Pustula maligna 
für ein Specificum, spaltet aber, um der Lösung die Möglichkeit der Ein¬ 
wirkung zu geben, die Pustel. Er hofft einerseits durch die in England 
officinelle Lösung die Bacterien in der Pustel zu zerstören, andererseits 
meint er aber, dass das Ammonium eher als die Bacterien auf diesem 
W ege ins Blut gehen und es in eine solche Beschaffenheit versetzen 
wird, dass der Parasit sich nicht vermehren kann. Sobald ihm der leiseste 
Verdacht einer Allgemeininfection kommt, injicirt er die Lösung in einer 

*) Ammonia in anthrax and carbuncle. The Lancet 1886. Vol. I. 

S. 79. 


955 


Dosis von zehn Tropfen in ebensoviel Wasser intravenös. Innerlich giebt 
er irgend ein Ammoniumsalz, am liebsten das Acetat. Auf diese Weise 
will Avendana selbst bei moribunden Patienten noch Heilung erzielt 
haben. 

Steiger 1 ) glaubte in dem Liquor Ferri sesquichlorati, welches er 
auf die Pusteln aufpinselte, geradezu ein Specificum gefunden zu haben; 
denn alle sieben Fälle, welche er so behandelte, heilten ohne alle sonstigen 
Maassnahmen. 

Swjaginzew 2 ) heilte eine Pustel durch blosses Bestreuen mit Jodo¬ 
form und Anwendung einer Jodoformsalbo (Jodoform und Vaselin). Er 
scheint seine Therapie jedoch nicht für alle Fälle für ausreichend zu 
halten, wenn er sie besonders als „erste Hülfeleistung“ bei dieser Er¬ 
krankung empfiehlt. 

Haberkorn 3 ) glaubt in der Unterhaltung einer guten Blutcircula- 
tion einen bedeutenden Heilungsfactor beim Milzbrand sehen zu müssen. 
Er entspannt deshalb die Haut über dem Milzbrandödem dadurch, dass 
er die Epidermis auf lange Strecken in Abständen von 1 cm aufreisst'; 
diese Einschnitte erneut er fortwährend. Innerlich giebt er zur Erhal¬ 
tung einer guten Herzthätigkeit bei gleichzeitiger Bettruhe benzoösaures 
Natron in 10% Lösung. Wenn er gleichzeitig den ganzen so behan¬ 
delten Arm dreimal täglich auf eine Stunde in einer rosenrothen Lösung 
von hypermangansaurem Kali baden liess, so that er dies nicht, wie er 
selbst bemerkt, in der Absicht die Bacterien alle abzütödten, wenn er 
auch einen schädigenden Einfluss annehmen zu dürfen glaubt. Die Ver¬ 
besserung der hämostatischen Verhältnisse durch die Entspannung der 
Epidermis ist seiner Meinung nach der wesentlichste Heilungsfactor. 

Als Specificum geradezu meint Muskett 4 ) die Ipecacuanha em¬ 
pfehlen zu können, als ein Specificum wie Chinin gegen Malaria und 
Quecksilber gegen Syphilis. Sie soll äusserlich mit Wasser zur Con- 
sistenz eines Breies zubereitet und zugleich innerlich (0,4 vierstündlich 
mit Morphium) gereicht werden’. Nur selten wurde vor Anwendung der 
Ipecacuanha ein Zugpflaster aufgelegt. Auf diese Weise hat innerhalb 
von 15 Jahren Muskett bei 50 Fällen stets gute Erfolge erzielt. 

Denselben guten Erfolg durch Ipecacuanha-Anwendung berichtet 
Davies-Colley. 5 ) Er hat fünf Fälle unter dieser Therapie heilen sehen. 
Einer dieser Fälle war sehr schwer und wäre nach Ansicht von Colley 
sicher unter jeder anderen Therapie gestorben. Nach Evans 6 ) kommen 
der Brechwurzel in der That ganz specifische W T irkungen gegen die Milz¬ 
brandbacillen zu. Setzte er 0,12 Ipecacuanha zu 5 ccm einer 24 Stunden 
alten Reincultur sporenloser Bacillen, so wurden diese sicher abgetödtet. 
während Sporen ganz unbeeinflusst blieben. W r eitere Versuche zeigten, 
dass das Emetin, das wirksame Princip der Drogue, gegen Bacterien 
gänzlich unwirksam ist. 

Spohn 7 ) empfiehlt, um dielncision unnöthig zu machen, (Jompressen 
von hydrophiler "Watte, die mit folgender Lösung getränkt sind: Chloral- 
hydrat 20,0, Glycerin, Aqua destillata ana 90,0. 

Visalli 8 ) sah nach Cauterisation einer Pustel an der Unterlippe 
ein riesiges Oedem, über Gesicht, Kopf, Hals, Thorax und den oberen 
Theil des Abdomen sich verbreitend, bei gleichzeitiger hoher Temperatur, 
kleinem und schnellem Pulso und Delirien. Er verordnete jetzt innerlich 
Tinctura Jodi (einen Tropfen zweistündlich) und sah nun innerhalb von drei 
Tagen den Rückgang der Allgemeinerscheinungen und die Abschwellung 
der ödematösen Hautpartieen. In diesem Rückgang glaubt er eine ganz 
specifische Wirkung des Jod, wie sie auch Davaine lehrte, annehmen 
zu dürfen. 

Anderer 9 ) endlich hat neuerdings das Resorein zur Behandlung 
empfohlen. 50—70% Resorcinsalbe auf die Pusteln aufgestrichen, soll 
diese binnen kurzem zur Abheilung bringen. Innerlich ist dabei eine ro- 
borirende Diät anzuordnen. Das Resorein hat keinerlei unangenehme 
Nebenwirkungen, es wirkt dagegen sofort schmerzstillend und regt die 
Epidermis zur Regeneration an; es erfüllt also diese Bedingung besser 
als jedes andere Aetz- oder Desinfectionsmittel. 

Ausser diesen Fällen, bei denen eine verhältnissmässig recht 
wenig eingreifende Therapie eingeschlagen ist, finden sich einige 
beschrieben, welche ohne jede Hülfe von selbst ausheilten. 

Ueber einen solchen Fall berichtet z. B. die Lancet 10 ); eiu 
Schlächter, der nach dem Schlachten einer milzbrandigen Kuh zwei 
Pusteln auf dem Vorderarm bekam und sehr schwer erkrankte, 
heilte ohne alle weiteren Maassnahmen. 

Ausser diesen ganz zufälligen Beobachtungen finde ich in der 
Litteratur jedoch nur ein einziges mal die Idee ausgesprochen, 
die Pustel völlig in Ruhe und die Ausheilung dem Körper selbst 
zu überlassen. 


*) Fortschritte der Medicin. Therapeutische Notizen 1886, IV. Beilage, 
S. 155. 

*) Swjaginzew, Ueber die neuesten Behandlungsmethoden des Milz¬ 
brandes und den Verlauf dieser Krankheit beim Menschen. Zdrowie 1887, 
No. 32. 

3) Central blatt für Chirurgie 1888. 

4 ) Edwin B. Muskett, On the specific treatment of anthrax 
and anthracaemia and of carbuncle. The Lancet Febr. 1888. 

s ) A severe case of anthrax, successfully trealed by excision und 
the internal and external use of Ipecacuanha. The Lancet Oetober 17. 
1891. 

6 ) The Lancet 1891, S. 225. 

0 Semaine m6dicale 1891. 

®) Visalli, Riformamed. 1892. 

9 ) cf. loco cit. S. 1036. 

10 ) Northern eounties notes. Authrax and infection The Lancet 
30. März 1889, S. 656. 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Miroljubow l ), welcher zahlreiche Pusteln mit Ausbrennen, Aus¬ 
schneiden, mit Injectionen von Carbolsäure und anderen Mitteln behandelt 
hatte, gelangte allmählich zu der Ansicht, dass man es dem Organismus 
selbst überlassen müsse, den Kampf mit den Milzbrandbacillen aufzu¬ 
nehmen. Er empfiehlt deshalb, die Haut nur vor secunditrcr Infeetion zu 
schützen, die Pustel aber sich selbst zu überlassen. Nur bei hohen 
Temperaturen giebt er. wie bei anderen fieberhaften Krankheiten, Anti- 
febrilia. 

Dass durch energischere chirurgische Eingriffe, wie sie die 
Incision, die Excision und die Cauterisation der Pustel bedeuten, 
direkt die Allgemeininfection durch Metastasenbildung erzeugt 
werden kann, scheint mir nicht nur aus den theoretischen Er¬ 
wägungen, sondern sogar aus einer ganzen Anzahl in der Litteratur 
mitgetheilter Krankengeschichten hervorzugehen. Das ungemein 
ITebereinstimmende in diesen scheint sicher nichts Zufälliges zu 
sein. Einige der prägnantesten Beispiele will ich hier anführen. 

Masing 8 ) berichtet über vier tödtlich verlaufene Fälle von Milzbrand¬ 
pustel. Der zum Theil sehr unschuldig aussehende Primäraffect wurde 
cnutorisirt, und während die Kranken am Tage vor der Operation ver- 
hältmssmässig sich wohl befanden, erkrankten "sie. jetzt sehr schwer unter 
den Erscheinungen der Allgemeininfection, die rasch zum Tode führte. 
Bei allen diesen behandelten Pusteln fanden sich Metastasen in den tieferen 
Abschnitten des Darmes. Für eine wirkliche cmbolische Metastasenbildung 
spricht der plötzliche Beginn der schwereren Erkrankung nach dem Ein¬ 
griff, die von diesem Zeitpunkt an eintret endo Verschlechterung aller 
Symptome und das Hinzutreten der Erscheinungen des Intestinalanthrax: 
Leibschmerzen, Meteorismus, Ascites und Durch fülle, während Erbrechen 
fehlt, wie wir es haben würden, wenn eine Vergiftung des Blutes mit 
Stoflwechselproduoten stattgefunden hätte. Wir müssen uns diese Fällo 
so erklären, dass von dem Primärheerd durch den Eingriff losgelöste. 
Keime in die Circulation gelangt, an den verschiedensten Stellen ver¬ 
nichtet werden und nur in der Darmsehleimhaut. welche für die in Frage 
stehende Erkrankung den Locus minoris resistentiae darstellt, die Be¬ 
dingungen zur Weiterentwickelung finden. 

Bei einem Falle AlbrechtV) trat, nach Cauterisation eiuer Pustel 
am I ectoralis gleichfalls die Darmmetastase ein, in der LancetH ist ähnliches 
nach Behandlung einer Pustel an der Backe berichtet. 

Ein eigenthümlichcr Fall von Metastasenbild uug durch mechanischen 
I ransport, nicht, durch Infeetion auf cmbolischera Wege, ist der folgende 
• ^ * 33jähriger Schlächter 5 ) hatte dadurch, dass er das Schlachtmesser 

in den Mund nahm, eme Pustel an der linken Tonsille acquirirt: erst 
als unter Nekrosenbildung nach fünf Tagen die Affection des Mundes 
schon im V erhellen begriffen war, trat unter Frost-und Fiebererscheinungen 
ein Darmmilzbrand cm, welcher den Tod herbeiführte. 

Hier war auf mechanischem Wege einfach durch Verschlucken der 



* , Gelegenheit dieses Falles bin ich auf eine eigentümliche 

Art der Uebertragung des Milzbrandes in den Mund durch ein 
Schlachtmesser gekommen. Da es eine bekannte Thatsache ist 
dass Milzbranderkrankung stets nur auf direktem Wege erfolgt’ 
durch imlzbraudiges Material, so erkrankeu meist nur Leute die 
mit solchem zu thun hatten, oder solche, die mit diesen in’Be¬ 
rührung kamen, wie Abdecker, Schlächter, Gerber, Fellhändler 
Lumpensammler und mit ähnlichen Dingen Beschäftigte. Dies hat’ 
wie ich bemerkt, einige Autoren dazu geführt, die Behauptung 
aufzustellen, dass in zweifelhaften Fällen die Art der Beschäftigung 
die Diagnose sichern kann. Wie verschlungen aber die Pfade der 
Uebertragung sein können, sollen die folgenden Fälle zeigen 

Schon lange ist es bekannt, dass unter Umständen Fliegen«) 
d e Infechon übertragen können; aber stets wird wenigstens eine 
in !' 1 ' verfangt, und Falle, wie sie KondarskF) an- 
fuhrt Uebertragung von Milzbrand durch die unverletzte Haut wer¬ 
den als nicht einwandsfrei angesehen. 

.J" hab ? R au ‘ jl I Menschenleiber die Infeetion übertragen, 

Frin ° del , °Pe™ende eine Pustel “ejuirirte. Eine 

steckte H 1 >e ' m S< ‘ h a ‘, h ,‘ en emo1 ' milzbrandigoii Kuh geholfen, 
steckte als Hebamme eine Wöchnerin an. 

Pi., ^i ne . m ^ kwürdi ff abgeschlossene Erkrankung bildet die der 
I mselaLeiter zu Nürnberg!»). Bei dieser Epidemie ist das oine 

liussiijfMeÄ°r890 U t e . r 2t Beha " dl '">S™ a <t.o<le,. des Milzlmmdes. 

r An,,,rax in " ,stinnii8 - st - ****~n~ 

. J iiwÄcS mtT'l von P " stula st - 

51 tl? ° K ? st End - ,rhe Dancet 1890, II. 

York med. Joumdm No“ e 2 a m} ' C ° SiS intostinali8 or antl '™*- Kew- 

?! ^ az ®tte m 6d. 1847 Febr. The Lancet 1886. Vol. II, S 642 
die n^verietzÄl“''fewÄ Z Milz, ’™ d da "* 

l»neÄL" n N?rd. B med S A“ ^ t I bl ^ dons den forhold tili 


No. öl 

sehr bemerkenswerthe Thatsache, dass man schon vorher~m~L 
Borsten eine Stäbchenart ] ) gefunden hatte, welche mikroskoDisrh 
und culturell dem Milzbrandbacillus glich, aber nicht virulent 

Das Essen von Fleisch kann mitunter gleichfalls zur Er 
krankung führen, wenn es mUzbrandig ist; ich habe schon vorher 
einen Fall von Milzbrand der Tonsille angeführt, welcher ne™ 
die oft gemachte Einwendung spricht, dass die Milzbrandkeime 
vom Magensaft vernichtet werden. 

Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung ein von Tavel-i 
mitgetheilter Fall. Zwei Leute erkranken unter Vergiftun^- 
erseheinungen nach Genuss eine Schinkens. Ptomaine konnten 
durch Nencki in demselben nicht nachgewiesen werden; dagegen 
fand Tavel eine Stäbchenart, welche sich als Milzbrandbacillen 
entpuppten. Die Stäbchen zeigten sich abgeschwächt: Meerschwein¬ 
chen Hessen sich mit ihnen nicht mehr tödten, und Mäuse gingen 
nicht alle ein. Eine lebte 82 Tage. Die Fälle sind also deshalb 
besonders merkwürdig, als die Infeetion durch abgeschwachte 
Keime erfolgte. Wie diese Keime zur Abschwächung kamen, ist 
so schwer nicht zu erklären, wenn man bedenkt, dass Schwein-* 
gegen Milzbrand fast völlig unempfänglich sind. 

Dittrieh 3 ) sah einen Menschen an Milzbrand erkranken und 
sterben, der nach dem Schlachten milzbrandiger Thiere wiederholt 
mit ungewaschenen Händen gegessen hatte. Eine äussere Wunde 
fand sich nirgends, so dass es sich nur um einen primären Darm- 
milzbrand bandeln kann. 

Es ist vielleicht angebracht, daran zu erinnern, dass zur Be- 
urtkeilung der Frage der Infectionsmöglichkeit vom Munde aus stets 
die Qualität des Genossenen zu berücksichtigen ist. Während die 
weidenden Thiere sich deshalb so leicht mit Darmmilzbrand in- 
ficiren, weil sie sporenhaltiges Material, welches unbehelligt den 
Magen passirt und erst im Dann auskeimt, gemessen, haben wir 
es mit einfachem, nur bacillenhaltigem Material ohne Sporen dann 
zu thun, wenn es sich um Fleisch noch lebender milzbrandkranker 
Thiere handelt. Handelt es sich um längero Zeit aus dem Körper 
entferntes Fleisch, so kann allerdings, wie in jedem Nährboden, 
auch hier der Sporulationsvorgang eintreten. In jeder frischeren 
Leiche fehlt dieser aber vollständig. 

Andererseits fehlt es aber nicht an Beispielen, wo Leute, 
welche Fleisch assen, welches von milzbrandigen Thieren stammt, 
nicht erkrankten. Meist vennisst man, wie auch in einem amt¬ 
lichen Berichte des Thiersanitätswesens 4 ), die Angabe, ob das 
Fleisch gekocht oder ungekocht genossen wurde, ein für die Be- 
urtheilung doch immerhin recht wesentlicher Factor. 

Eine Uebertragung durch Milch berichtet Karlinski ;j ). Eine 
Typhuskranke genoss am 20. Tage ihrer Erkrankung Milch einer 
milzbrandigen Kuh und starb am 30. Tage infolge Milzbrandes. 
Die Milzbrandkeime wurden experimentell nachgewiesen. 

Hierbei wird der Uebergang der Keime in die Milch hoi einem 
milzbrandigen Thiere supponirt. Ueber einen Fall von Infeetion 
durch die Placenta berichtet Marehand 6 ). 

Ein Händedruck eines Menschen, der ein milzbrandiges Thier 
geschlachtet hat, kann, wie Kretschraar anftihrt, einen anderen 
inficiren. Derselbe Autor beobachtete einen Fall, wo ein Dienst¬ 
mädchen nach Putzen blutbefleckter Stiefel eine Pustel am rechten 
Vorderarm bekam. 

Jacobi 7 ) berichtet von Uebertragung des Milzbrandes durch 
eine Pravaz’sche Spritze. Vier poliklinische Patienten, welche 
Arsenlösungen in den Aj*m erhalten hatten, erkrankten an Milz¬ 
brand. Der erste dieser Patienten, von dem jedenfalls die Infeetion 
ausging, war ein Trödler und Kleiderreiniger. Er starb unter dem 
Bilde einer Vergiftung. In allen Pusteln Hessen sich Milzbrand¬ 
keime nachweisen, welche aber deutlich, wahrscheinlich erst untei 
dem Einflüsse des mensehHchen Körpers, abgeschwächt waren, ln 
der Arsenlösung fanden sich Milzbrandkeime nicht. 

Auf eine ganz eigentümliche Infectionsmöglichkeit nia> 1 

*) Gold Schmidt, Ein Fall von Anthrax intestinalis beim Menschen. 

Münchener med. Wochenschr. 1891. No. 6, S. 107. 


2 ) Tavel, Zwei Fällo von Gastroenteritis nach Genuss eines 


Sehim 


J 1.0,101, CJYVVl J. <UIU VUU VJUÖUUtJIUtJIll/lö U«W1 . . .. 

kens. Nachweis von Milzbrandbacillen in demselben. Corresponneuz 
für schweizer. Aerzte, Jahrgang XVII, 1887. i s 

^ P. Dittrich, Primäre Milzbrandinfection des Magen-Dannu 
Wiener klinische Wochenschrift 1891, No. 47. . 

4 ) Esser und Schütz, Zur Casuistik des Milzbrandes. JJtMw £ 
j aus dem königl. preuss. amtl. Veterinär-Sanitätsbericht 1882/83. -* 

; für wissenschaftl. und praktische Thierheilkunde 1888, XI. 

5 ) J. Karlinski, Eine seltene Darmtyphuscomplication. *> e 

klinische Wochenschrift 1888. No. 43. 

6 ) Marehand, Ueber einen merkwürdigen Fall von Milzbraj . 

einer Schwangeren mit tödtHcher Infeetion des Kindes. Virchowsü 
Bd. 104. 1887, S. 86-120. TT ..... 

*) E. Jacobi. Vier Fälle von Milzbrand beim Menschen. Hftbih 
schrift mit 1 Tafel. Berlin 1890. 


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20. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


957 


endlich Proust aufmerksam. In Pariser SchlachtliOfen kommen 
russische Hammel zur Verwendung, welche im Fell Spelze gewisser 
(jramineenarten tragen. In diesen stechen sich die Fleischer fort¬ 
gesetzt, und sie sind deshalb der Gefahr der Milzbranderkrankung 
ausgesetzt wenn sie kranke Thiere selbst bei anscheinend -ranz 
gesunden Händen schlachten. * 

Die Zahl dieser zum Theil seltsamen Infectionsmöglichkeiten 
macht es klar, dass es unter Umständen sehr schwer, ja unmöglich 
werden kann, über die Aetiologie der Erkrankung klar zu werden. 
Da sm, wie ich gleich in einigen kleinen Auszügen mittheilen 
will, selbst in unserem \ aterlande unter dem Heerdenvieh nicht 
so selten ist, so ist natürlich damit immerhin eine weite Möglich¬ 
keit zur Erkrankung von Menschen gegeben. So erkrankten in 
Bayern-) innerhalb von 7 Jahren 1509 Stück Vieh an Milzbrand 
und zwar Pferde und Schafe sehr selten. Durch diese Er¬ 
krankungen inficirten sich 37 Schlächter und Abdecker, von denen 
29 genasen und 8 starben. 

In Sachsen 3 ) erkrankten innerhalb 25 Jahren 1114 Rinder 
von denen 59,7 % starben, 32,2 % getödtet wurden und 8 % 
heilten. In demselben Zeitraum erkrankten dagegen nur 6 Pferde, 
32 Schweine, 3 Ziegen und 279 Schafe, durch Verzehren von Blut 
und Fleisch 8 Hunde, 3 Katzen und 6 Enten. Durch das Han- 
tiren mit diesen Thieren erkrankten 111 Menschen, von denen 15 
starben, an Pustula maligna. 

In Preussen 4 ) kamen 1885—1886 1043 Fälle von Milzbrand 
beim Rind, 40 bei Pferden, 718 bei Schafen, 23 bei Schweinen vor. 
53 Menschen erkrankten, von denen 10 starben. 

In Terka, Kreis Kosten, sollen 6 Menschen nach dem Genüsse 
von Fleisch einer nothgeschlaehteten milzbrandigen Kuh erkrankt 
sein, doch war die Sachlage nicht genügend sicher zu eruiren. 

Von 2184 Rindern in 145 Gehöften*) erkrankten 170. Davon 
starben 107, 60 wurden getödtet, 3 genasen. Ferner erkrankten 
1 Pferd und 1 Schwein, 4 Personen inficirten sich theils beim 
Schlachten, theils beim Verscharren: eine davon starb. In einem 
Fall, der erst zur Anzeige gelangte, nachdem ein Mann, der das 
Abhäuten der Kuh besorgt hatte, erkr ank t und gestorben war, 
hatte eine Anzahl Personen nachweislich das Fleisch gekocht 
ohne Nachtheil gegessen. 

Im Deutschen Reiche 6 ) erkrankten 1888 2437 Thiere an Milz¬ 
brand, und zwar 3,1 % weniger als 1887, 11,2 o/o weniger als 
1886. Die Rinder lieferten das grösste Contingent; dann kommen 
Schafe, Pferde, Schweine, am Schluss mit nur 3 Erkrankungen 
Ziegen. Menschen steckten sich 40 an. Seit 1886—1888 steckten 
sich meist nur Fleischer und Abdecker an, im ganzen 288 Per¬ 
sonen, von denen 132 obigen Berufsklassen angehörten. Vier Per¬ 
sonen starben. Ein Arbeiter erkrankte, der nur eine frisch abge¬ 
zogene Haut auf den Armen getragen hatte. (Schluss folgt.) 

VIII. Aus der Königlichen Universitätsfrauenklinik in 
Königsberg i. Pr. 

Einschränkung der inneren Untersuchung in 
der Geburtshülfe (Hebammenpraxis). 7 ) 

Von Dr. Max Sperling, Assistenten der Klinik. 


Die Idee der Einschräukung der inueren Untersuchung ist zuerst von 
ürede im Jahre 188G zielbewusst ins Auge gefasst worden. Man hat 
in den Lehrbüchern diesen Lehren zunächst sehr wenig Beachtung ge¬ 
schenkt lind im ganzen die Technik der äusseren Untersuchung etwas 
stiefmütterlich behandelt. Erst in der neuesten Zeit tritt man energischer 
für die genauoste äussere Untersuchung und die Einschränkung der vagi¬ 
nalen I ntersuchung^ ein. Als Vertreter dieser Richtung sind hier be¬ 
sonders folgende Namen zu nennen: Veit, Olshausen, Leopold. 
Hegar, Fraenkol, Ahlfold, Loehlein. 

In den letzten Monaten hat Veit in der Berliner medicinischen Ge¬ 
sellschaft einen Vort rag über „aseptische Grundsätze in der Geburtshülfe“ 
gehalten, der iu der „Berliner klinischen Wochenschrift“ veröffentlicht 
ist. — und in einem der letzten Hefte des „Archivs für Gynäkologie“ 
finden wir eine diesbezügliche Arbeit von Leopold und Spo erlin mit 
dem Titel: „Die Leitung der regelmässigen Geburten nur durch äussere 
Untersuchung“. 

Im Rückblick auf diese Arbeiten wollte ich mir erlauben, Ihnen 
einiges Uber die voraussichtliche Möglichkeit der praktischen Durchführung 
derartiger Grundsätze vorzutragen. 

Es scheint mir bei dieser Frage zunächst von grosser praktischer 
Wichtigkeit zu sein, streng zu unterscheiden zwischen der Ausbildung 
und Berufstätigkeit der Hebammen einerseits und des Arztes anderer¬ 
seits. Diese Trennung ist in den oben erwähnten Publicationen nicht so 
streng durchgeführt. 

Zunächst möchte ich mich auf die Ausbildung und Praxis der Hebamme 
beschränken. Während es die diagnostische Aufgabe des Arztes ist, Regel¬ 
widrigkeiten der Geburt zu differenziren und zu detailliren, ist es bezüglich 
der Diagnose die Aufgabe und Pflicht der Hebamme, das Vorhandensein einer 
Regelwidrigkeit in der Gehurt rechtzeitig zu erkennen und die patho¬ 
logische Geburt der Leitung des Arztes zu übergehen, nicht aber — 
wie es heute sehr oft geschieht — nach dem Erkennen einer Geburts- 
compiication einen nach ihrer Ansicht passenden Zeitpunkt im Geburts¬ 
verlauf abzuwarten, um dann erst den Arzt behufs dieser oder jener gc- 
burtshtilflichen Manipulation hinzuzuziehen. 

Es fragt sich also bezüglich der Hebammenpraxis, inwieweit Regel¬ 
widrigkeiten, die Muter und Kind verhänguissvoll werden könnten, bei 
Unterlassung der inneren Untersuchung mehr übersehen werden würden, 
als sie heute bei vollständiger Freistellung der inneren Untersuchung 
übersehen werden. — Und ferner: wie diesem a priori scheinbaren Nach¬ 
theil gegenüber der durch die innere Untersuchung erwachsende Schaden 
| sich stellt. 

Die modernen Bestrebungen, die innere Untersuchung möglichst aus¬ 
zuschalten. sind eben der Ueberzeugung entsprungen, dass der durch diese 
Untersuchung entstehende Schaden thatsächlich ein recht bedeutender ist. 

Durch die Desinfection die innere Untersuchung in der Hebammen- 
praxis unschädlich zu machen, diese Versuche sind wohl heute als nahezu 
gescheitert anzusehen. Seihst in Entbindungsanstalten weist schon die 
grosse Anzahl der bei der sogenannten präliminaren Desinfection der Vulva 
und Vagina verwendeten Chemikalien auf die nicht befriedigenden Erfolge 
dieser Methode hin. Auch Ahlfeld sagt in seiner jüngst erschienenen 
Arbeit nur soviel, dass zur Zeit der vaginalen Desinfection in seiner Klinik 
die Morbidität „etwas geringer“ war. als zur Zeit, da dieselbe nicht vor¬ 
genommen wurde. Wenn aber ein Erfolg in Anstalten so gering ist, so 
wird er in der Hebammenpraxis nicht allein ganz fortfallen, sondern ausser¬ 
dem noch die Gefahr der Infection durch das eingeführte Spülrohr invol- 
viren. Es scheint somit fast vollständig ausgeschlossen, auf diesem Wege 
in den 95% der Geburtsfälle, welche der Hebamme allein überlassen 
bleiben, auch uur einen Schritt vorwärts zu kommen. 

In der Vorschrift des proussisehen Hebammenlohrbuchs ist von einer 
Scheidenausspülung vor der inneren Untersuchung auch nicht die Rede, 
dagegen besteht die Vorschrift, die äusseren Genitalien mit durchgekochtem 
Wasser abzuwaschen. 


Die deprimirende Thatsache, dass die Antisepsis, welche in der 
Chirurgie die grössten Triumphe feiert, in der geburtshülfliehen Privat¬ 
praxis nicht einmal in so weit die gehegten Erwartungen befriedigt hat, 
dass die besseren Erfolge der Entbindungsanstalten die Gesammtmortalität 
der Wöchnerinnen wesentlich beeinflussen konnten, hat schon seit Längerem 
auf die Einschränkung der inneren Untersuchung als einzige Brustwehr 
gegen die enorme Infectionsgofahr hingewiesen. Heute steht die Auf¬ 
fassung über die innere Untersuchung ausser in Kliniken meistens noch 
so. dass man sich ein Gewissen daraus macht, wenn man eine Frau 
ohne innere Untersuchung hat niederkommen lassen. 

A ) A. Proust. Note sur une mode possible d’inoculation de la 
pustule maligne. Bull, de l’acad. de m6d. 2 Ser.. Tom. XIII, No. 50. 

2 ) Amtlicher Bericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrank¬ 
heiten in Bayern in den Jahren 1878—1884. Adams Wochenschrift f. 
Thierheilkunde und Viehzucht 1885, No. 45. 

3 ) Siedamgrotzky, lieber das Vorkommen des Milzbrandes unter 
«len Rindern im Königreich Sachsen in den letzten 25 Jahren (1859 bis 
1884). Bericht über das Veter.-Wesen im Königreich Sachsen 1884. j 

*) Milzbrandübertragungen auf Menschen. Aus dem 10. .Jahresbericht 
d. k. techn. Dep. f. d. Voteriu.-Wesen u. d. Verbreitung 1 ansteckender Thier- 
krankheiten in Preussen 1885/86, S. 20. 

f) Siedamgrotzky, Ueber das Auftreten des Milzbrandes im Kö- 
mgreich Sachsen. Bericht über das Veter.-Wesen im Königreich Sachsen. 
1886, S. 92. 

6 ) Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im Deutschen 
Reiche. Bearb. vom kais. Gesundheitsamt zu Berlin. III, 1888. Berlin. 
Springer, 1889. 

7 ) Vortrag, gehalten im Verein für wissenschaftliche Heilkunde zu 
Königsberg i. Pr., am 2. April 1894. 


Hier möchte ich vorausschicken, dass, nachdem das Bacterium coli 
commune als Erzeuger der Tympania uteri von Gebhardt erkannt wurde, 
auch eine chemische Desinfection des Dammes und der Vulva vor jeder 
auch noch so seltenen vaginalen Manipulation angezeigt erscheint 

Anders als mit der präliminaren Desinfection der Scheide, steht es ferner 
mit der Anwendung der chemischen und mechanischen Desinfection der 
Hände des Untersuchers. Mag die innere Untersuchung auf die seltensten 
Fälle eingeschränkt werden, so wird doch stets die gründlichste mecha¬ 
nische und chemische Desinfection der Hände unerlässlich bleiben. — Es 
ist erwiesen, dass die virulentesten Infectionskeiinc stets von aussen zu¬ 
getragen wurden, dass die Virulenz der in dem Genitalschlauch sich auf¬ 
haltenden pathogenen Organismen dagegen iu dor Regel so weit herab¬ 
gesetzt ist. dass die sogenannte Selbstinfoction nur ganz ausnahmsweise 
zu einer schweren Puerperalerkrankung führt. So führt auch Veit einen 
Ausspruch von Zweifel an, welcher sagt, dass, wenn der Begriff der 
Asepsis in der Unterlassung der chemischen Desinfection der Hände ge¬ 
sucht werden solle, in der Geburtshülfe kein Raum für dieselbe sei. Diese 
Form der geburtshülfliehen Asepsis würde uns auf die traurigsten Miss¬ 
erfolge hinführen und zu noch grösseren Enttäuschungen veranlassen, als 
es die jetzt übliche Handhabung der Antisepsis in der Privatpraxis that. 

Es ist eine bekannte Thatsache, dass noch heute jährlich in Deutschland 
allein Tausende von Frauen, die, in Geburtsnöthen sich der Hülfe einer 
Hebamme anvertrauen und bei denen die regelmässige Geburt ohne jede 
Störung verlief, doch den Folgen derselben unter den Erscheinungen des 
Puerperalfiebers erliegen. Es ist ebenso bekannt, dass in der weitaus 
grössten Zahl solcher Infectionsfalle die virulenten pathogenen Mikro¬ 
organismen von aussen zugetragen wurden. Von dieser ueberzeugung 
ausgehend, knüpft der Geburtshelfer jede andere vaginale und intrauterine 
geburtshülfliche Manipulation an bestimmte Indicationen. Ich verwaise 
hier auf die Einschränkung der inneren Wendung durch die äussere und 


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DEUTSCHE MEDICItflSCHE WOCHENSCHRIFT. 


die schonendere nach Braxton-Hioks, ferner darauf hin, dass man eine Un¬ 
zahl von manuellen Plaeentarlösungeu durch den äusseren Handgriff nach 
Crede zu vermeiden wusste. 

Bei der Feststellung derartiger Iudicationen zu inneren Eingriffen 
wird die durch den Eingriff erwachsende Infectionsgefahr also stets in 
Rechnung gezogen. Bei der Beurtheilung der inneren Untersuchung, bei 
welcher der Finger mehrfach gerade die günstigsten Eingangspforten der 
Infectionskeime an der durch die beginnende Geburt stark gedehnten, 
meist etwas erodirten Cervix resp. dem Muttermundssaum betastet, stellt 
man überhaupt keine Indicationen auf und stellt sie vielmehr jedem, auch 
der Hebamme in beliebiger Wiederholung frei. Mau muss staunen, dass, 
während man schon lange der inneren Wendung die äussere, der inneren 
Placentarlösung die äussere vorzog, erst in allerneuster Zeit die Be¬ 
strebungen wach werden, so weit als möglich auch die innere Unter¬ 
suchung durch die äussere zu verdrängen. 

Um in diesen Bestrebungen etwas zu erreichen, ist es naturgemäss 
zunächst die Aufgabe der Hebammenlehranstalten, die kommenden Gene¬ 
rationen von Schülerinnen so fertig in der äusseren Untersuchung aus¬ 
zubilden, dass sie zu ihrem äusseren Befunde auch wirklich Zutrauen 
haben, und es wäre dann wohl auch wünschenswerte, die äussere Unter 
suchung wenigstens Schwangerer, gelegentlich auch Kreissender als inte- 
grirenden Theil mit in die Schlussprüfung aufzunehmen, Avas heute nicht 
geschieht. 

Es ist für die Beurtheilung und Leitung der Geburt nicht allein 
nothwendig, die Lage der Frucht zu bestimmen, sondern auch die Form 
und Weite des Beckens und das Tiefertreten des vorliegenden Theils 
durch das kleine Beckon. 

Leopold sagt in seinem oben erwähnten Aufsatz, dass seine Schüle¬ 
rinnen in der Anstalt zu Dresden in der Technik der äusseren Unter¬ 
suchung so w r eit sind, dass sie nach der äusseren Untersuchung allein 
genau die Beckenebene bestimmen könnten, in der der vorrückende Kopf 
im Moment sich befände. Ich habe als Assistent der hiesigen Universitäts- 
trauenklmik Gelegenheit gehabt, bei der Ausbildung von gegen 50 Heb- 
ammenschülennnen mit thfitig zu sein, und es wurde in den beiden 
Uirsen auch bei uns ein besonderer Werth auf die Ausbildung in der 
nusseren Untersuchung gelegt. Auch unser Schulerinnenmaterial be- 
sass im Durchschnitt soviel Intelligenz, dass sie in fast sämmtlichen Fällen 
die Lage der Frucht auch bei Kreissenden aus der äusseren Untersuchung 
erkannten; ebenso lernten sie Hochstand, Abweichen resp. Tiefertreten 
des Kopfes durdi wiederholte äussere Untersuchung in der Wehenpause 
richtig beurtheiJen. Genau die Beckenebene zu bestimmen, war wohl 
in der Kegel mit Schwierigkeiten verbunden. Es kommt ja aber pro 
praxi hauptsächlich darauf an, zu erkennen, ob die grösste Circumferenz 
des bchadels den Beckeneingang überwunden hat oder nicht; und diese 
Di nerentialdiagnose durch die äussere Untersuchung zu stellen, ist auch 
den Schülerinnen m unserer Anstalt nicht gerade schwer gefallen. 

; ^eminun Gusserow und andere Gegner der Einschränkung der 
inneren Untersuchung das Bedenken haben, dass dann die Hebamme all- 
Sü™ a * . Ue l be 1 r J s . ehen , jeder Geburtscomplication damit vor sich und 
dem Arzt entschuldigen könnte, dass sie nicht innerlich untersuchen dürfe 
dte Snl 1Ch f a " f ch S w n J öfteps die Erfahrung gemacht zu haben, dass 

imme nl ^ rotz , m ^ rfacher euerer Untersuchung das Vorliegen der 
l “" r übersah, die rechte Zeit, in der der Kopf noch Neigung zum 
Ü h zei s te und durch Lagerung der Kreissenden nocli etwas zu er¬ 
reichen war. versäumte und den Arzt erst zuzog, als die Nabelschnur- 

in der g äii™rfn m TW tr0 ‘ t 1 S lag ’ . Ferne i darf bei gründlicher Ausbildung 
weichen 8 TfT V" tCrSI L C ? mn S T au ®*Uender Hochstaud und ein Ab- 
schuldiirt werden fe Vur t k Ub f rSC ' he -' l j' 1 "' 1 das Ueb »rsehen auch nicht ent- 
■mchun^zu «Ir’i F u ld l v a)er w,rd 8 eradc be “‘«. <ia die innere Unter- 
i . ■ den , Vorda rgrund gerückt ist, sehr oft nur ein durch 

sehen 1 * 6 Untersuchung iestzustellcnder Befund von der Hebamme über- 

gane del- Gehiirt^ 3 “ 6 A " ?r“i. ng der Hamblase ’ die <>« genug den Fort- 
| er Bevor^irnnM' • wesentb ? b verzögern kann; und es leidet unter 
achtim e g 0 der g fötal e n e Hcratöne. ^ ntersucbun £ aa eh ganz gewiss die Beoh- 

auch nn^vor e !iem 0 |f laSen g ' cbt es eigentlich nur zwei, die - meistens 
zu Dräcisiren B,as . ens P nm g ~ d «rch äussere Untersuchung oft schwer 
Mu ter uml V-inH T de . rCD Verkennung ohne Hülfc des Arztes für 
tonen dass ,^h V' o“"P 115 ?', 011 ''erden könnten. Ich möchte dabei be- 
innen" nicht auf Scb * ler igkeit der Diagnose für geübtere Beobachter- 
d^L sich a^Lin dify b ? nde ‘‘ , Re gel''-xirigkeitcn des Gel.urtsverlaufs, 
dio Diffpron*»* ein ? ie ^ uzie ^ lull g des Arztes indicireu, sondern nur auf 
• ü ng der anatomischen Verhältnisse bezieht, 
resn SÄ" 6 u 11 ; 10 ? Sch eitelbeineinstellung“ und .,die Gesichts- 
Lagen lind i min h ^l en ß^ichtetem Kinn resp. Oberkiefer“. Beide 

K- f J • äusserlich durchaus nicht unmöglich zu erkennen 

ä d d :r &s T uos ° n ?FP 

lirsd einen '^es ArztÄhf vlt f sM J l werden ' ia der Zeit bis zum 
Säumen kann b Lcbersohen der anatomischen Diagnose ver¬ 
handelt ersieh 11 ;™ dtr'Ä iu der der Frucht 

” ’ ,mtl bls zur Ankunft des Arztes verbietet sie das Mit- 


No.51 


pressen lagert die Kreissende auf die Seite (der Abweichung) und such, 
durch Anordnung absoluter Rühe den frühzeitigen Blasensprung zu „ r 
meiden Hätte sie zur Feststellung der Nothwendigkeit der Zum|Z 
d ? s , Arztes noch innerlich untersucht, so hätte sie bis zu dessen AnX 
nichts anderes unternehmen können. k 1 

Zur Anordnung obiger richtiger Therapie bedurfte es mir der hi* 
der Wehen abn0rra0n Hochstandes dps Kn P fes «nd der Unregelmässirteii 

Es kommt ferner bei Ausschaltung- der inneren Untersuehuug noch 
eme für das Kind oft gefahrbringende Verlagerung der Adnexe: nämlich 
.das Vorliegen resp. der Vorfall der Nabelschnur bei Schädellagen- in 
Betracht. Dieses Ereigniss ist an sich nicht gerade häufig Unter 
3o9 Geburten eines Jahres habe ich es bei Schädeliagen nur zweimal ge- 
funden. Bei dieser geringen Procentzahl erscheint es an sich nicht ge¬ 
rechtfertigt, die Möglichkeit dieses Ereignisses als Indication für die 
jedesmalige innere Untersuchung hinzustellen: ein Act, durch den 
180 h rauen einer meistens zu vermeidenden Gefahr ausgesetzt würden 
während dadurch vielleicht, doch nicht sicher ein Kindesleben gerettet 
werden könnte. ° 

Wenn im sächsischen Hebammenlehrbuch den Hebammen auch bei 
ganz normalen Geburten anbefohlen ist, innerlich zu untersuchen 
sobald die Blase springt: ausdrücklich zu dem Zweck, um nachzuforechen 
ob die Nabelschnur oder ein Arm neben dem Kopf herabgetreten ist, 
und Leopold mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten bei der Erlangung 
eines Arztes dieser Vorschrift seine Zustimmung nicht versagen kann, so 
kann ich erstens den Zweck dieser Untersuchung nicht recht einsehen. 
Boi einer ganz, normalen Geburt steht der Kopf beim Blasensprung 
fest im Beckeneingang resp. kleinen Becken; ist dann die Nabelschnur 
vorgefallen, so verräth sich dieses Ereigniss durch Störung der Herztöne, 
ist ein Arm vorgefallen, so treten Regelwidrigkeiten der Wehen auf. In 
beiden Fällen ist der vargefallene Theil nicht mehr möglich zu reponiren. 
In beiden Fällen aber haben wir es nicht mehr mit einer ganz nor¬ 
malen Geburt zu thun, bei der eben die Herztöne regelmässig bleiben 
und die Wehen genügende Wirkung haben, und die Zuziehung des Arzte.» 
ist daher indicirt. Bleibt aber die Geburt in diesen Punkten, die durch 
innere Untersuchung nicht aufgeklärt werden können, ganz normal, so 
lag kein Grund zur inneren Untersuchung vor. 

Im Sinne der Einschränkung der inneron Untersuchung, die ja auch 
in Leopold einon Fürsprecher findet, scheint in dieser Zustimmung doch 
insofern ein Widerspruch zu liegen, als bei Befolgung dieses Befehles die 
Einschränkung sich niemals auf die Zahl der Untersuchten, sondern 
höchstens auf die der Untersuchungen an jeder Einzelnen beziehen würden, 
was doch einen zu unwesentlichen Fortschritt bedeuten würde. 

Es ist aber auch nicht richtig, anzunehmen, dass im Falle des Yor- 
liegens resp. Vorfalles der Nabelschnur beim Fortfall der inneren Unter¬ 
suchung dem gefährdeten Kinde die ihm gebührende ärztliche und bis 
zur Ankunft des Arztes die genügende Hülfe von Seiten der Hebamme 
nicht zutheil werden könnte. Es handelt sich eben in diesen Fällen, wir 
schon kurz erwähnt, stets noch um weitere Geburtsconiplicationen. von 
denen die wichtigste das seitliche Abweichen des Kopfes bei plattem 
Becken ist. 

Steht nun der Kopf noch hoch, so lagert die Hebamme dio 
Kreissende auf die Seite der Abweichung, tritt der Kopf nun nicht schnell 
ins Becken, so benachrichtigt sie den Arzt. Ist der Kopf aber bei An¬ 
kunft der Hebamme bereits tiefer in das Becken eingetreten, so leiden 
nun die fötalen Herztöne. Hat die Hebamme, wozu sie nach der Diagnose 
des platten Beckens bereits verpflichtet war, den Arzt noch nicht benach¬ 
richtigt, so wird sie jetzt das Versäumte nachholen, und in der Zwischen¬ 
zeit fordert sie die Kreissende auf, die Bauchpresse kräftig wirken zu 
lassen, sowie es auch geschieht, wenn das ätiologische Moment der Com- 
pression der Nabelschnur nicht ein Vorfall, sondern, wie gewöhnlich, die 
Umschlingung derselben ist. Wir sehen also, dass bei genauer, aufmerk¬ 
samer äusserer Untersuchung der Stellung des vorliegenden Theiles und 
des Beckens die Hebamme in den meisten Fällen, ohne die bestimmte 
Diagnose zu stellen, den Arzt rechtzeitig benachrichtigen und in der 
Zwischenzeit unbewusst die richtige Therapie einschlagen würde. Es 
nur noch kurz zu erwähnen, dass nach Stellung der anatomischen Diagnose. 
„Schädellage mit Vorfall der Nabelschnur,“ auch heute es der Hebainm f 
durchaus nicht zusteht, die innere Wendung zu machen, selbst nicht m 
dem Falle, dass der Arzt überhaupt nicht zu haben wäre. 

Die Diagnose der Querlagen ist durch äussere Untersuchung nur m 
verschleppten Fällen nach dem Abfliessen des Fruchtwassers .schwierig- 
verräth sich dann aber stets durch abnorme Uteruscontractionen lin 
relativen Hochstand dos über dem Beckeneingang liegenden Kindstheile?. 
Ist der Uterus bei Ankunft der Hebamme bereits ermüdet und erschla • 
so ist die Querlage wiederum leichter zu constatiren. Solche Kdl e 
eben bei stehender Blase und Beweglichkeit der Frucht äusserlich len 
zu diagnosticiren, und die Hebamme kann dann rechtzeitig den Arzt z. 
ziehen oder nach Stellung der Diagnose im gegebenen Falle bei g 
nügendem Selbstvertrauen selbst die Wendung machen — oder aber * 
Fälle sind verschleppt, schwerer zu diagnosticiren, mit Complicationen _ 
Wehenthätigkeit verbunden. Hier ist eben durch den absoluten ktin* 
des Geburtsverlaufes die Zuziehung des Arztes indicirt. Würde die 
amme in der Zwischenzeit, vielleicht wegen der Unsicherheit der R ia ? D ' 
sich nicht selbst zur Wendung entschUessen, zu der sie sich viele 
nach Sicherung der Diagnose durch innere Untersuchung entsciuo» 
hätte, so wird in den meisten Fällen dieser gefährlichen Verschlepp e 
von Querlagen durch die Unterlassung der Wendung — ohne N a r 
— wohl mehr gewonnen als versäumt sein. , .- .:,i. 

Es bliebe nun noch die gelegentlich einmal schwierigere Diflei 
diagnose zwischen Schädel- und Beckenendlagen übrig, die msote 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



20. Dcceuibcr. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


959 


.solidere für die Hebammen von Wichtigkeit ist, als sie die eine Lage 
selbst leiten, die andere aber dom Arzt überlassen muss. 

Es ist in jedem Lehrbuche die oft grosse Schwierigkeit hervor- 
gehoben, eine Steisslage von einer Gesichtslage bei innerer Untersuchung 
zu unterscheiden. Dieselbe Schwierigkeit wird in jedem geburtshültlichen 
Operationscursus hervorgehoben, und jeder Geburtshelfer hat sie an sich 
in der Praxis erprobt. 

Aohnlieh ist diese Schwierigkeit bei Schädellagengeburten, die mit 
den Steisslagon das gemeinsam haben, dass sie sich sehr in die Länge 
ziehen. Die besonders bei alten Primiparen oder bei allgemein gleich- 
inässig verengtem Becken sich ausbildende Kopfgeschwulst ist oft genug 
so enorm, dass sie das Durchfühlen von Schädelknochen, Nähten und 
Fontanellen unmöglich macht, selbst aber für einen weniger Geübten allzu¬ 
leicht eine Hinterbacko Vortäuschen kann. 

Es kommt aber noch ein zweiter Punkt zur Berücksichtigung. Die 
Erfahrung lehrt, dass heute bei vollständig freigestellter innerer Untei- 
suchuug die Beckenendlagen nicht allein sehr häufig von der Hebamme 
übersehen, sondern auch nach gestellter Diagnose eigenmächtig goleitet 
werden. Die gelegentlich der Nachprüfungen diesbezüglich gestellten 
Fragen werden meistens damit beantwortet, dass es zu spät gewesen wäre, 
den Arzt zuzuziehen. — Dem ist abor durchaus nicht so. 


schiedener Art. die äussere Untersuchung durch die Bauchdocken durch 
andere Palpationsuntersuchungen zu unterstützen. 

So machte J. Veit den Vorschlag, das Vorrücken des Kopfes ver¬ 
mittelst Palpation durch die die Foramina ischiadica bedeckeuden Weich- 
theile hindurch zu verfolgen. Diesem an sich ganz ungefährlichen Ver¬ 
fahren scheint mir nur der Mangel anzuhaften, dass es nur in einer vor- 
hältnissmässig späten Periode der Geburt die Diagnose erleichtern kann, 
in der nämlich der Kopf bereits tief im kleinen Becken steht und von 
einem Geburtshinderniss meistens nicht mehr gut die Rede sein kann, 
während doch die Hauptsache die Passage des Kopfes durch den Beckon- 
eingang ist und bleibt. 

Es ist ferner in der Gesellschaft für Geburtshülfe in Leipzig im No¬ 
vember 1893 von Kroonig ein Vortrag gehalten worden: „Der Ersatz 
der inneren Untersuchung Kreissonder durch die Untersuchung per rec¬ 
tum“. Des Näheren kann ich auf diesen Vortrag hier nicht eingchen. 
Kroonig ist ein Anhänger der möglichst weit gehenden Einschränkung 
der inneren Untersuchung, denkt aber ziemlich pessimistisch über den Er¬ 
folg der äusseren Untersuchung und geht auf eine genauere Ausbildung 
derselben überhaupt nicht ein. Er erkennt bei seinem Vorschlag sehr 
j wohl die Gefahr der Infection durch Bacterium coli commune an, schätzt 
sie aber ziemlich gering und glaubt derselben durch die Vorsicht des 


Die Beckenendlagen verlaufen bekanntlich sehr langsam, und es ist 
oft noch genügend Zeit vorhanden, selbst wenn erst beim Sichtbarwerden 
des Steisses in dem Introitus die Diagnose gestellt würde. 

Ich habe selbst Gelegenheit gehabt, in Fällen, in denen ich wegen 
des durch Ziehen an den Füssen bewirkten Aufschlagens der Arme ge¬ 
rufen wurde, zu constatiren, dass die Diagnose: „Bockenendlage“ schon 
mehrere Stunden vor meiner Zuziehung von der Hebamme gestellt war. 

Diese Ueberschreitung der eigenen Befugnisse entspricht erstens der I 
Bequemlichkeit der Hebamme, zweitens dem Glauben, dass sie durch Zug 1 
an den unteren Extremitäten die Geburt schneller beendigen könne, als 
es erfahrungsgemäss der Geburtshelfer mit seiner conservativen Methode 
thut, und endlich dem bösen Gewissen, das auf Grund der entstandenen 
Geburtsstörungen erwachte, die ihre Entstehung dem unerlaubten Ziehen 
an einem etwa vorliegenden Fuss verdankten. 

Auf diese Weise geht heute eine grosso Anzahl von Kindern, die in 
Bcckenendlage zur Geburt kommen, zugrunde. 

Es handelt sich bei der Ausschaltung der inneren Untersuchung von 
Seiten der Hebamme also nicht allein um die Frage, ob die Beckon- 
eudlage durch äussere Untersuchung öftere verkannt werden würde als bei 
gleichzeitiger innerer Untersuchung, sondern auch darum, ob bei Unter¬ 
lassung der vaginalen und gründlichen Ausübung der äusseren Unter¬ 
suchung mehr Kinder geopfert würden, als sie heute erfahrungsgemäss 
geopfert werden. 

Bei den diesbezüglichen Hebungen in den Lehrcursen. die ich über¬ 
sehen kann, hat bei weitem die grösste Zahl der Schülerinnen auch int er 
partum die Beckenendlage durch äussere Palpation und Auscultation 
erkannt. 

Es ist dagegen eine alte Erfahrung, dass die Schülerinnen, wie über¬ 
haupt jeder Anfänger, bei innerer Untersuchung in schwierigen Fällen 
nicht zur richtigen Modification der inneren Untersuchung, die gerade in 
der zarteren vorsichtigeren Betastung des vorliegenden Theils besteht, 
schreiten, sondern vielmehr bohrend und ungestüm vergehen, um eine 
möglichst grosse Partie des vorliegenden Theils zu bestreichen. Dabei 
kommen sie oft genug zu keiner Diagnose, setzen aber die vielfältigsten 
Verletzungen an den mütterlichen Weicht heilen und verursachen so Ge¬ 
fahren für die Mutter durch Infection, Gefahren für das Kind durch Spren¬ 
gung der Blase. 

Wird aber eine Beckenendlage bei äusserer Untersuchung einmal 
nicht erkannt, so ist meistens damit nichts verloren. Selbst beim Sicht¬ 
barwerden des Steisses ist, wie gesagt, das rechtzeitige Erscheinen des 
Arztes oft noch möglich. Oft litten aber schon vorher die fötalen Herz¬ 
töne und indicirten so, unabhängig davon, ob die Aetiologie dieser Störung 
in der Umschlingung bei Schädellage oder in Compression der Nabelschnur 
bei Bcckenendlage besteht, die Benachrichtigung des Arztes. 

Ist aber das Kind spontan bis zu den Schultern geboren und der 
Arzt nicht zur Stolle, so steht es der Hebamme bekanntlich auch heute 
frei, die eventuell, bei spontanem Verlauf aber sehr selten aufgeschlagenen 
Arme, zu lösen und den Kopf zu extrahiren. Auch bei diesem Act ist 
die Hebamme bereits die Stellvertreterin des Arztes. 

Bei Ausschaltung der innereu Untersuchung ist aber die Gefahr der 
Ausübung des zu frühzeitigen Zuges an einem vorliegenden Fuss be¬ 
deutend herabgesetzt. Selbst wenn wir annehmen, dass die Sicherheit der 
besprochenen Diffentialdiaguose um weniges herabgemindert wird, so können 
wir im ganzen annehmen, dass durch Ausschaltung dor innneren Unter¬ 
suchung auch in diesen Fällen die Gefahr für Mutter und Kind auch ver¬ 
ringert werden würde. 

Ziehen wir endlich noch pathologische Veränderungen der mütter¬ 
lichen Weiehtheile in Betracht, die beim Fortfall der inneren Unter¬ 
suchung übersehen werden könnten. Es sind hier besonders: Carcinoma 
portionis, Conglutinatio orificii externi und Missbildungen der Scheide von 
Bedeutung. Dieselben kommen als Geburtshinderniss aber äusserst selten 
vor und machen sich durch Störungen des Geburtsverlaufs stets bemerk¬ 
bar. Tumoren, die ein absolutes Geburtshinderniss abgeben, lassen sich fast 
ausnahmslos von aussen diagnosticiren. Unter ca. 1000 Geburten, die ich 
in der hiesigen Universitätsfrauenklinik zu beobachten Gelegenheit hatte, 
ist nurjein einziger derartiger Fall vorgekommen, in welchem ein äusser- 
lich leicht palpabler Tumor zum absoluten Geburtshinderniss wurde. 

Das unbestimmt empfundene Gefühl der Unzulänglichkeit der äusseren 
Untersuchung führte nun aber auch von Seiten der Vertreter der weit¬ 
gehendsten Einschränkung der inneren Untersuchung zu Vorschlägen ver- 


Ueberziehens eines Condoms über den untersuchenden Finger Vorbeugen 
zu können. 

Bevor ich von obigem Vortrag durch das Centralblatt für Gynäkologie 
Kennt niss erhielt, habe ich selbst derartige Versuche mit der Untersuchung 
per rectum, allerdings ohne die Schülerinnen anzuweisen und in verhält- 
nissmässig geringer Anzahl von Fällen augostellt. Ich bin der Ueber- 
zeugung, dass sich manches Werthvolle bezüglich der Beekenverhältnisso 
und der Stellung des vorliegenden Theils zum kleinen Becken in dieser 
Weise diagnosticiren lässt, halte es aber mit Saenger für ausgeschlossen, 
dass die Hebamme beim Reinigen und Wiederaufziehen des Condoms im 
Sinne der Nichtinfection die nöthige Vorsicht üben würde und dass ausser- 
I dem noch dio Infectionsgefahr boi bestehender „Proctitis purulent»“, 

! „Fisteln“, „Carcinoma recti“ und ähnlichen Rectalerkrankungen, deren 
Diagnose der Hebamme wohl stets entgehen wird, enorm gesteigert 
werden würde. 

Aus diesen Gründen möchte ich auch die Untersuchung per rectum 
für die Hebamme wenigstens ausschliessen« 

Was nun die vaginale Untersuchung anbetrifft, so wird es zwar stets 
nothwendig bleiben, bei der Ausbildung der Schülerinnen zum genügenden 
Verständniss dos ganzen Geburtsvorganges auch die innere Untersuchung 
zu üben. Ich halte es aber für segensreich und durchführbar, dass die 
innere Untersuchung in der Hebammenpraxis allein auf die Fälle beschränkt 
bleibt, in denen die Hebamme im Begriffe steht, den Arzt zu vertreten, 
d. h. in denen sie bei Unerreichbarkeit des Arztes für die Kreissendo 
eine augenblicklich drohende Gefahr: starke Blutung, Gefahr der Uterus¬ 
ruptur und ähnliches erblickt, und ferner im Falle einer vorher nicht dia- 
gnostieirten Zwillingsgeburt, in welcher der zweite Zwilling nach äusserer 
Untersuchung sich nicht mit dem Kopf oder Steiss auf den Beckeneingang 
einstellt oder ohne Diagnose durch äussere Untersuchung die Ausstossung 
des zweiten Zwillings trotz kräftiger Wehen auf sich warten lässt. End¬ 
lich ist die innere Untersuchung unter Umständen in Verbindung mit der 
Tamponade unvermeidlich bei Fehlgeburten, bei denen der Arzt ja stets 
hinzugerufen werden muss, bei denen abor dio starke Blutung ein Ein¬ 
greifen der Hebamme (Tamponado) bereits vor der Ankunft des Arztes 
erfordern kann. 

In diesen wenigen Fällen, in denen die. innere Untersuchung mter 
partum in Anwendung kommen mag, möge man aber doch definitiv mit 
der Empfehlung des Gebrauchs der Vaseline resp. des Carbolöls brechen, 
der eine vorausgegangene gründliche Desinfectiou der Hände illusorisch 
machen oder sogar eine solche Vortäuschen kann. 

Für alle Fälle, in denen die Hebamme nach augenblicklichen Vor¬ 
schriften nicht die Stellvertreterin des Arztes zu werden im Begriffe steht, 
scheint mir aber bei gründlicher Ausbildung die gefahrlose äussere Unter¬ 
suchung zu genügen. Um hierin die Hebamme nach allen Richtungen zu 
| unterstützen, scheint es rathsam, sie mit allen technischen Hülfsmitteln, 
die der modernon Geburtshülfo heute zu Gebote stehen, auszurüston. 

Zunächst erscheint es wünschenswerth, das Instrumentarium der 
Hebamme durch einen Beckenzirkel, dessen Scalaeintheilung von 5 zu 
5 mm genügen würde, zu vervollständigen. Es kommt erfahrungsgemäss 
heute in der Praxis höchst selten vor. dass die Hebamme über Form und 
Weite des Beckens auch nur annähernd oriontirt ist. Die äussere Becken¬ 
messung würde sie in der Beurtheilung der Stellung des Kopfes zum 
Beckeneingang jedenfalls wesentlich unterstützen, und sie könnte dio jetzt 
in den Lehrbüchern angegebene sehr gefährliche innere Messung, die emo 
wissbegierige Hebamme auch ohne Zirkel heute leicht ausführen kann, in 
Wegfall bringen. . 

Einon weiteren Anhalt für die Beurtheilung einer Geburt bietet ferner 
die Messung des Leibesumfanges und der Entfernung vom Processus ensi- 
formis bis zum oberen Symphysenrand (nach Schroeder in der Norm 
100 bezw. 45 cm). 

Endlich wäre die Einführung des äusserst billigen Stethoskops wohl 
von Nutzen; denn es besteht oft ein nicht unbegründeter Widerwille gegen 
das Anlegen des Ohrs auf die nicht immer allen Anforderungen der Sauber¬ 
keit entsprechende Leibwäsche oder dio mit Transpirationsproducten be¬ 
deckten Bauchdecken. . . 

Die wohl nicht so wesentlichen Mehrkosten würden nach inmiste- 
riellem Erlass in den weitaus meisten Fällen, d. h. für die Bozirksheb- 
amme den Kreisen und Communen zur Last fallen. Eine Hebamme aber, 
die imstande ist, eine grössere Summe für ihre Ausbildung selbst zu zahlen, 
wird auch das Mehr von ca. 20 Mark für Vermehrung ihres Instrumen¬ 
tariums tragen können. 


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Original frorri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





MO 


■0tmGfl.ß,¥ßiaemiscHE Wochenschrift 


No. 51 


Als \Vi!iii“lii’itssv-rlli' <•> endlich jiiuHh d<M- jfchiUmim dp: 

JUtfoUk' mdViHyfl^ppT* bfci iftW'K Kvri§*rüü*>n imHdosHm**' io • Outurvalhm 'von 
drei Stunden die z.n iim-P-*'!* 

\\>iS mm <IAn prakl iscö't; \ urf leul du•■>e; ,*, ,-e (“Tfi'r Z*U» .nodbTmdi 
•:t*>j_-. .cjtmi Jhd’urniMs*ri»hstu.4«• 11 nnbetrdfi, so;nuiidVre ich glauben 0> ; sy 

lins dti sohbA Vt’i’hälhüss j'.ftmcbßn Ai’Vi <uiü- 41 » 4 »»iiin»u l».i-#*r<Tiir< U um- 
und twK‘r bin v Mt yMumi »mkomdniora Ma¬ 
th mb: ilm- Ondnnish/iOing von 'Sidk-o Am- OeMmioo Ap'eigmd Wiin . dem 
i'i'\v*:s(M! des PiusrlffTTlOmis Al>*-»ru**-!i zii thun; dennAliF Huscherln tinn'f- 
snobv diVHii;lk 5 > h-um* ‘Hiimrlicic mhl zwmvm dor rDfedsfvn \V$*{h. : 


die Diagnose und Therapie der chronischen 
Gonorrhoe. 

Antwöi'f. aö£ dio von den B 0 »eii JCn\ Gh s-pGr. und. Bf LtihnattHö 
in No. 47 liieeer Woofcexisefcrift vsi‘Menr.Iiöiite>s E&tgegfcungeu 
ineinen Aufsatz in N q 46; 

Von i)•,. H. Wo^itllo in 

A lerne. Hüthum^. ....‘inMi *>>•-;:•: 14 ■'•!■•■ nm^n (ijv der l'Yttgr 

»i.m • Auen •->.«• h( ili /», U.t'.J,.;* 1 .; 'ich •• ij*»«»*. .di*s -■•kmegon-.eMn Ans- 

S|-.i M‘-fms d» s Ri.ciYO Ot 0 .» « j> • ■ »•. k'AnstAVfvn-s ^C.s'Aeiferf. Zweck 

J1I« im J r- Arbeu w.an du-*. hi<jf n Hi .irr ! reüo-o- 

"1'»'. zu marhou. sondern Auch *\\ üoitf.mi., duss »ü>* in «*r 

>A ii püB«Oi.(h>iv A<»n Seiten fjov Unrrun Oc. i.'aspc 1 tun« pr. RolingOeAm 
V-''£M‘V>. Ai:; '*)!»«• rin v.u<! «• rVohr* Methode eyilbb.ejiet) Fiuwiiifile nicht stich- 
n .ii.y find WiWui die Vortlage der Ih-rrco Or I nse-o-r und Or. I.ulnu 
m;h»,snH vuu’tct i/iAdi Aimj, s tt liji 11 f len hi Act 4 fi. < •» v. ♦ •" k t y erd »ul 
kCmiiii), 4 -, -{..?> du \n»i »huon 'iln 1 n,. m> m. mh * mIi.« \f, 1K M i,» 
ÄtÄ^!l'm;-lr..-nnn Satze urlimsK! !‘>ss)h h. 3 »,is- «lern nicht -m» 

ist, 4 «-ors Aütm ?H‘ .jeder \ hiMjVwigm!».» Hhc;v-»e‘«‘ii. jji trlduhc auch 
henic mH'i» ihr^js cljt» (ff, < ohpriAi flilnV,« fit?ri'jf» fluru 

0>*. l iVApHr tCjijIi-L isl.' Ban: rnMsi'bi^hU^J. im - WjsWr »?xv 

WtlFinsf hali( ich nu;.},\ VDrauisütvüOfzi: 

h-h sein- mich h'id'T ;• migf Ihm kl». Un» Ivnfvtvjjninscri 

‘B'i 0 'UT‘Ti i»r i’.irj.jM nli',1 lic IjoiiuOMh imdimAl" "u l.n-.j.rcoh.-u 
'hl *‘A schniut,. U :; ich ;ti n!!ssvcr.-A.mir?‘ %\. ,r«K ;\\ 

/uniidisf -1 1 -’ 1 ' iilnisili'Ht k. Omt Scit'Vi-uimiiki »m.-mci» •ilionhrz-fluÜclnm 
14».hnupfvi»)£r lir-d, ni, ltr. >vü- IJcii T>r tiisfi.of üi mmni. 

il-uui nbnu (!:»: si.iin'ndc •Ornl-k-'ivirhunfjr. • itas 7 ohus -u i VhO»v uml 

O.lnr»;? vrn:i'‘.(k:(t kümu*. wenn nifm ..dd» «Vf <U>, hfdvJfVmd.- Mcrnrbhrc 
ui'AA /-1 sA’ii-kon ! !’»»1jn.- nicht mIühl: nud wmnIdJ.mhi;' hiiliA* 

Ü< Al Ri-iuiciir in den m incin»Mii Aufsatz»- nesnen-! u cjir i>. k» .*n 
Ybciip n Ohl) }u»‘!) An r's, <i.iss diese ..iniiml ln he Ik.OimiVcriimli rum: nhrli 
V"ii dem nuifAilht“!) Kii<lu^k»»|dk»'■»• sehr hehl uerdf und dass 

nnii „tliesee \ *.nkoivmlnv.>^. der PartTiui.«;uiih'i-nn;,v flu?r}i 'I’iih»*n«hmck 
heuil!nn!»*u h’fticn h.IOm hujvh llehinsUi'mOT. nim.-r mVbimü^Ä 
ti; inm Sle.Ue „ns: den v,_\\ mir ■Hirten Ohßrirt-ChiRrVljcu WoHeji hoi 
Ilcn hr t a.«pcr »h»‘fe«-r m»dn»>r IiciojMVtuhir hi»‘,c muh.n- IdCutimo nc^ihsut 
Oie OelumptiinA ih-< U»>m» \>r; r-,spei ()04 den Kinft-i-,. HO re»h-e- 
tunsrhen Spusmm) EMi; lAvOm u n d; O.hinz i.s> th»ch wohl tubjih:'ern^t. 
iuduneü; cmmu Vei-wh-ii ii _)!«•- in di: {V* nfih-Vu»t OtiecfOhnende-kMp.d 
.sj-lten J’ulnis lirit deni fCnifnuvr, durch dm» Um hekaniuV Ap.ismt.s de. 

■ ‘‘Mnpivssr.r purli.« uu tnhcnone»sie omAiöt \v>cd ist Hnkl.ri'. 

Was 01m iloh ..n«jf»f!in5W)ilr»n Puoirf* Oh 'Acinnr dh% 

tute, de* l>nfu*inm Oilnheum uuh.»:iuj»^, sn will.. c t Imhfttfpintf.. ’ 

ili- von decselhe.it die \\ nid des 'Unhuis rdd.uin^jj.' lij.u len eis,) Cej 

'fcilmo Oriliciuuj .ejnnt) iH»k -Ifwlten----ü^h-Ihlfntm ji-iut-HW Ykrtt 

Yerstrcielmnden Tubus ;miv*nnjc. ho OWdeiurh deeeem.. uimm Thums. 

(. * >r dfurfi muh -AÜ‘fcifmo* Fjillhar 5^1%- Usite Yfdr-k 

u.mden seien. W rnn lUmfyJOK. so>ne'8pr r ho 

Daun -ist. es* .kein Wuudcj-. »iu>r.. , -zu ruir^.yx Auwhu u >■> k»nu»n, t 4 », ' 
Um l heriae«.]»Msvdm ^ch«h, iehti -mair‘ 

h nlccFHehuog mji idpw Ylliiwüh- 

h"h zn den weifer -n iJher^rtmr) soll - drn-ii Uh iveitdm Oni'udmn I >;*- 
dticrh vernmuhA. nmu._eh.-n den Fehler, vorhandene FuHee zu w-cht.re,«:!'-,»• v- 
vV-un mon gewdhivl ist. iwich dieser \'ors<din'fl zu imO r rsjUdi»"*Uc wird’ 
man surli uustamie sein, aus der .Fallune der B»:li{oimh ? u)t ; die 1 H>i^ut>se 


*!4 Irtsf das Kauze 0».dh»4. fav Srkrtihknngeii-' döf Tl^f.Iiral^lili'i.nilnuik-HBt 
; fa-iStnö; >;olch 4 v-o» höpöwie4*bV^''-iü^Mi/;W UmifSl V*3ii 
[ Krrpteu. Wvübsj'sr Stnemr, iocpltlmneu. Eine d«v' Aufiud'juu.'ü hnt'i, « ;t )^ 
r: iid uiuer Blut uns >.oiii,^tduin)»-Mi, fmtzdmn *a\i mau ulouilieli nchw.n 4,. 
hl nie?» den Stelle das. i’apiUuui. Die h^hanptnnA... dass diene Auii.alitii«’-»; 

, stulr ..‘reeketee didu* fofieetircmlc f’artieen" ceiroperj liflhen dihTe ale.c 
küum rtülivehk ä»j ur]inlten Mu. './>■ AAVVi.Vv^ . ' >; A\\ 
Ade wird dorh »her fc'ormh: h» batiptt:).. dass durch die Ditze böi 4en; 

Uli^rhnouiier Viteu lustiiimen'fcr.» d.on- -Ofeib^jr, 1 ^ 

tjpisUMtfyflft. BöCrrthw hdrvpr^Rtmn werdt. Döt musste »inj!!« vfide 
r«»ud tebr- Aitin£tmnr «c/lulijt. Mb. AVin- r/titöf 4ioi» dio. 

mit dar Annahme, dass es sieh uns .druekemc diFus rellrehvciiilp it4e 
f.ieetr 1 vreliM-udeU habe? Alro »iimufil imstchi Seeretionumd erhtt‘i{,.r tii,;;;. 
und de eil heim Hnf»‘.iAruyhir»m> wobei ztir De!caehto f ;e dasseihe Insr«- 
ivmut. benutzt wird. ist. du* alles Ou^idiwmidcu' f n«! d.ajm seil mau ne hi 

vo.rt „theuretiM hrt, DaUormemrnts" reden! Was llh. ruusu /Ut*«:k lial-eir 

HU).Uu:mfctis(dic DednrtioinMu v,-d. es stell n|ir u?n obi Au^r «m 1 

Aull«.s-sii?iLrsvoi'fH«:»A»;n hundwlt ? 

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Ureihresl*;fi]i nYeUglen Dii./.e MV rofeh nun trmiÄ idcderscJimetlcn). «I.: 
fdh aut dm durch du^elhc ötif^fdiÄßAeÄ Vc^ifaifJWörg^.il im Fhllni$>- 
; ’/Uirlrtudt: tbu 1 VhifliiASt; Tcim* Jlüch'sdtdit Keuetmiien Habe.. — Dws* ich tn- 

- id:chrt die iT-je.upiung de* Ilerni Or (Vsjoe, dass imui weizen ün 

: »Rireh dir R^ixiOiyi <Ji« dJnttU’Auefautii^'ilpfhöbr^lKjn 

ja, »hiss man f»elbsh duvdr vorUerljre roe.ihtiwrtm^ • in mäht.'-- ^ebr.-s^p 
< .stu, .&{»& d«r Ivranke, tu inn^fC dm- AM^thosi« fm'Uniltc. DidU4 ificrkF. 

■\ dann almr d*.;’- .Schmerz mn! die cl att>.u»h1eiimr: t*ine {.di‘.-ri»e ••kü 
dei ! ),i . * sie !.u.üe eol.lOve.iviiir »mu he. Weh- lee'f ht».h.t\- Tbiriihcr jZ*d»l üi'iT 
■Or. Ca-s-j,er in -»euer Duieey-uuue sf»10.c}av;d>f:nd hinwcc. hl» rn.re.i 
.dan Uh dass ftr luOiHG: WidwlöutltfA r Älurird/h 

-AbeF^nlhsr, gCtMyJt j3t»u Dali, dnsä d»if RiAtirn.m'ah durch AV ? ij«»e4m 
AeUdeVk}]^ irn 'TruVUs- der Irftjar*'* h»uvt»r’’uhe ->>o \vjtrt, f * deck 
' Ihdiitim'Asatdiei. diese Vm-HUileneur Te^ ’TlmM heim .normalen uad prude - 
; TieiKefie-i ib:!n.eile kennen zu bTie. u »iml D* IhudtHmg• Z\ ziehe'; 

VVäinmi \s‘m\ Mhc-c im mm’ mir vmi der durch die Drhd?,m% Tr» 7m 

liUA (J'Xmjeteti 'IVnnu.VwiMmlcrumi üeT'>d'd- J Tr^t (i'mti »lur^h <14 
tulicntm eines k-ahtm 7ubn=.- (hvsc-ti 'remitemt-ur eh vv»dd nur ^»1 1:1 '•■* 
iA" C sicii leAauli. kt-u-.i: '. er-Midenrntf-rm GcCr-slmms »m- 
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; Hijder >.n» ht.. den A'V»»-v.ue eeu-i' md »s. n. 

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»i»-i|!ii«-h ee;j|„, [ ( i J.s, mul dass ehe \V erj hiOAehnU \ er--'»»-!,»--. " : 

i dursirHL liidiu.: ' ;r •: ; 4 . , - 4 •.... 

Nuri AronuLf! • hdi pkhim hfruiu. die . •' f 

v j> 4 j* nis Ve in öhVrzmhr*'h zu kd)iiu»n« buff»? uboik will hetmts n*DU'um> • 
>»uft. di- t 'idtfirt »i zu uitu-r unheiiui.^meu^' KnuiipOhihm iUigcrepr ?,» ■>* •’_ 
•Auf eiiir m»iiiimdiire KroftavrunK; der Fi-atie wurdu uh micii '»‘•n 
’ tdnl 1 n. ' 1 de- vVCll'U iVheHlitssm. 

X. Oeffentlich.es SanitatsweseQ. 

Bfand «lei* €Holeno 

iul Duulsi hcn firtrhe luit bO 0 Uu 3 »u:\ seit Mitie Ociok-r 0- 
. kronUituuT.il und Stcrheialh.v. bis in die Ic'vte ZciOnoch iinüKM; 1» ß‘, 
lieber Aiiznlll vnrHf'KychD .Wdlihm»! dei eUU/YArunn W u(hrn seil, lu- • 

. wurden dM ( 1 . 71 , ~A -Ht. -i t 04 : '4 <H>. 21 .ATu libdi.h •maas-auimV i »>4 •••* 
Frktankuu^-i! »Si. rli* > L'euu-hh.’i,, l'ävnn miOidlcii vml vD!]»n-it.v 

. 4 *» 02) l'iiile, voq ehdien <14 meisten di U«-c Uuimm.i von ^ V\ T *^'h* H 

sowie, in.duu RveiVeii LMbiau mul N.iöU.dntn^viivkämo 1 . J ‘ n ’wif -;\' r 
f .tjivkko wurden, 4;'0s?ten MV ” f 

Lumlk/Mdsn KjbiniZvun 4 ':zpt; in dmir.am,friHeben H# ; y 4 . 

ciumA'itrlkriri-id.. Or«)' .foölhsi) -UdAh in y d «4 -'.vom . ^ 4 ; , *^ | J' ( ^ V j(, 


Jibm stm-.il uustiimh» sein, aus der .Falt ung der 8»;li|*^mü;tnt .die-' DiMumw' ; vmnher IM4 «7n.)ur=dulb- < u.-do-end ein;! 'cb m>d 4 «>-t|'i-»-«^'-- . 
mu hestehvudu oder nicht Yurlmiuleiu- tjd1Hr.1t*, zu sl.ellcu. Hei juidt- - h’i./.i.en Frkraukuuouh in .-«er WadJ»»> Vom 12 . bis* TT. ^ n ’ 

^imiiKen iiilihnteu -cb sjirucho-nicht Von dej- < alhb-’u An-fclur • u'üsr-n brUten. ln Ohci^cbl 4 s>4.u b»>; diV ^»h» <!»-»• ’- ^i, 

uttcli tfer un^At*?.'.f'ub'u.s. kein^ nt)^OHSur<u.bencn fedtd« ^nbhr ._ i htütiHlniummi i»n Ivi’oi&fj; Katt nwihz kiülnüi 7 »TI «.0 < • •. , 


., - keine ßusiiesproi.biMU'n ITlr.i, ei'd*r. - ■ 

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bi »hmr Kfiurvc Rfog’jju Vom ; 

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Sc bl»' sjco yijpj DT T)bt über Ink AKT Abvv4mbtd\ v j 1 ^ 

a>iT 47 1 iHi. Im N cl.¥d* V\4»r iv*iRtt7t Vim-.fh döi A *‘ f ‘ 

bis An lang; Xovcntbdr'jtoidi 2042 } A'uoK-.aUiÜc ncobaUdcl- A ,>H 'V 
w *ii•-?•;*(» mehr. Vuw.r D.jt/-in v-d 1 Jv kicidAmUsbiU bri vim-tn . - 
Njenwic»! zu h»3r,»>lf.n-?j. . . i-n. 

!RtddoR» . vur j, 

Od ivr bat tni L e,ic »hve VloeaHi < b'J(;tic» aujg( 5 i>dO: üt» AuU’m ' ^ 
dovsidbe auch an den <»*( prmiHsisoIjcn Ä aSse)(iudeu. k’iwvu- U" 
o*'lAH »nnfensu'iit. , .., „„„.u j', 

.lu/Frnnk roOuh wdrdntt Enfln-^;Sbitl4mb»r^^ dem I' P Jt, { «j 

tiAV|4i^ y(*p^nfcp|R»- CljolfiratHllv iuignzuigd, 
dass m der Oi r'eed von SuiuOTugdu:d^^ (Oüpmdunuim. Morbfinud } * 

Bnbr (?) Ihuthi-Jhj. 

}\ Wir iiuul» itie-bi. \>. Tltul. 




20. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


961 


In Belgien ist nach wie vor die Provinz Lüttich fast ausschliess¬ 
lich betroffen. Bis Ende September wurden daselbst 1139 (586) Cholera¬ 
erkrankungon (Storbefälle) festgestellt. Seit Anfang October ist eine 
starke Abnahme der Seuche zu bemerken, es starben in den einzelnen 
Wochen bis zum 10. November 19, 10, 8, 8, 11, 4 Personen an Cholera. 
In den übrigen belgischen Provinzen kamen vereinzelte Cholerafülle vor. 

In den Niederlanden wurden bis in die letzte Zeit aus den ver¬ 
schiedensten Provinzen einzelne Cholerafülle gemeldet. In Amsterdam 
zählte man bis zum 8. October im ganzen 100 Erkrankungen, 35 Todesfälle. 

In Neapel kam am 6. November ein Choleratodesfall vor; zwei 
weitere verdächtige Todesfälle wurden angezeigt (Veröff. d. K. G.-A.). 

Jn Galizien herrscht die Cholera immer noch in beträchtlichem 
Grade. Ende October wiesen die Erkrankungs- und Sterbeziffern sogar 
eine nicht unerhebliche Zunahme auf. Fast ausschliesslich sind die öst¬ 
lichen Landestheile betroffen und am schwersten die in dem Winkel 
zwischen dem Dniester und seinem Nebenfluss Zbrucz. welcher die 
Grenze gegen das russische Podolien bildet, gelegenen Bezirke Bobrka, 
Buczacz,Kamionka strumilowa, Rohatyn, Zloczow, Czortkow, 
Husiatyn, Brody. Brzezani, Treinbowln, Zaleszczyki, Skalat. 
In den einzelnen Wochen vom 8. October bis 25. November betrug die 
Zahl der Erkrankungs- (Sterbe-) fälle in Galizien 546 (327), 587 (342), 
595 (325), 731 (385), 601 (322), 478 (254), 414 (249). Insgesammt seit 
Beginn der Epidemie zählte man bis zum 25. November im ganzen Laude 
14129 Erkrankungen, 7733 Todesfälle. Die Bezirke Bobrka, Brze¬ 
zani und Brody sind am 5. November als Choleraheerdo, dagegen die 
Stadt Krakau, die Bezirke Chrzanow und Wielicka als cholerafrei 
erklärt worden. 

In Mfthrisch-Ostrau wurden Ende October zwei Cholerafälle fest- 
gestellt, von denen der eine tödtlich verlief. 

Tn der Bukowina kamen in den letzten Wochen noch vereinzelte 
Choleraerkrankungen vor. Die Gesammtzahl der bis zum 18. November 
festgestellten Erkrankungen und Sterbefälle beträgt 863 bezw. 490. ln 
der Woche vom 19. bis 25. November wurden in der Bukowina Cholera¬ 
fälle nicht gemeldet. 

In Russland sind behördlicherseits folgende Verwaltungsbezirke als 
cholerafrei erklärt worden: Seit 4. September Plock, seit 11. September 
Grodno, Lomza, Mohilew, Estland, seit 18. September Radom, 
Siedlecz, Wjatka, seit 25. September Kostroma, Olonez. Pskow, 
Stadt Warschau, seit 1. October Kaluga. Nowgorod, Poltawa, 
Pensa, seit 9. October Nishni-Nowgorod, seit 12. October Stadt 
St. Petersburg, seit 21. October Warschau. Kasan, seit 24. October 
Rjaesan, Samara. Diese amtlichen Ankündigungen scheinen jedoch 
mit einiger Reserve aufgenommen werden zu müssen, bezw. sind sie von 
den Thatsachen überholt. So wurden zum Beispiel in der Stadt St. 
Petersburg vom 13. bis 27. October noch 10 (7) Cholerafälle gemeldet. 
In Russisch Polen wurden im October und bis in den November hinein 
noch Cholerafälle aus den Gubernien Lublin. Kalisch, Potrikau, 
Warschau gemeldet. Sonst sind noch folgende Gubernien hervorzuheben: 
Podolien 7. bis 20. October 676 (264). 21. October bis 3. November 804 
(379), 28. October bis 10. November 590 (243), Bessarabien 30. September 
bis 13. October 228 (86), 14. bis 27. October 141 (57), Wolhynien 
30. September bis 13. October 9 (4). 14. bis 27. October 24 (12), Perm 
30. September bis 13. October 255 (105), Wladimir 7. bis 20. October 
127 (74), Jaroslaw 7. bis 27. October 232 (79), Kowno 30. September 
bis 13. October 26 (7), 14. bis 27. October 32 (5), 28. October bis 3. No¬ 
vember 32 (5), 4, bis 10. November 21 (5). Witebsk 7. bis 27. October 
86 (35), Kurland 23. September bis 6. October 157 (76), 7. bis 27. October 
104 (52), Kiew 14. October bis 3. November 138 (66) Erkrankungen (Todes¬ 
fälle). Im October ist neuerdings im Gubemium Wilna die Seuche wieder 
ausgebrochen: im Kreise Dis na wurden vom 14. bis 27. October 17 (7), 
vom 28. October bis 3. November 55 (21). im Kreise Swenziany vom 
14. bis 27. October 1 Erkrankungen Todesfälle angezeigt. (Veröff. d. K. 
G.-A.) Nach der Lancet- ist die Cholera in Tiflis und Baku ira Octo¬ 
ber in stärkerem Grade aufgetreten. In Tiflis wurden diesem Blatte zu¬ 
folge vom 6. bis 12. October 6 (4), vom 13. bis 27. October 1241 (952) 
Erkrankungen (Storbefälle) gemeldet. 

In Constantinopel war im Laufe des October nur noch 1 verein¬ 
zelter Cholerafall vorgekommen. Ende des Monats wurde unter Rekruten, 
welche aus dem verseuchten Vilajet Ismid eingetroffen waren, eine Am¬ 
zahl Yon Erkrankungen beobachtet, vom 26. October bis 6. November im 
Ganzen 9 (4) Fälle. Im Vilajet Adrianopel wurden während des Oc¬ 
tober aus mehreren Ortschaften Cholerafälle in ziemlicher Anzahl ge¬ 
meldet. Ebenso herrscht die Seuche noch immer in verschiedenen Gegen¬ 
den Kleinasiens, besonders im Vilajet Hudavenkjar (Veröff. d. K. 
G.-A.). Sperling. 

XL Standesangelegenheiten. 

Ans dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen 
Standesvereine. 

In der Sitzung am 30. November verlas der \ orsitzen.de, Herr 
Becher, ein Schreiben des ärztlichen Vereins der Friedrich- 
Wilhelmstadt, worin eine gemeinsame Beratliung sänimtlicher ärzt¬ 
licher Vereinigungen Berlins über einige die Schule betreffende Fragon 
angeregt wird. Es soll ausgesprochen werden, dass entgegen der Ansicht 
der hiesigen städtischen Behörden, welche dieselben in einer Eingabe an 
das Ministerium niedergelegt haben, die Meinung der Aerzte dahin geht, 
dass die Zulassung der Realgymnasialabiturienten zum Studium 
der Medicin weder im Interesse der Allgemeinheit, noch in dem der 
Aerzte liegt. — Bezüglich der Schulhygiene sei es wünschenswert!!, 
dahin zu wirken, dass in allen Schulen zwei Nachmittage für körperliche 


Hebungen (im Sommer für Turnspiele, im Winter für Eisläufen etc.) be¬ 
stimmt werden, (lass die Schulhöfe in der schulfreien Zeit für Spiele der 
Jugend freigegeben werden, dass in keiner Schule mehr als sechs Stunden 
Unterricht an einem Tage ertheilt werden, dass die sogenannte Abschluss¬ 
prüfung (zur Erlangung der Berechtigung zum einjährigen Dienst) wieder 
abgeschafft oder geändert werde, da durch die Anforderungen derselben 
die körperliche und geistige Entwickelung der Schuljugend geschädigt 
werde. — In einer allgemeinen Besprechung fanden diese Sätze meist 
die Zustimmung der Versammlung, lind man beschloss, die Vereine auf- 
zufordern. Abgeordnete zu den bezüglichen Berathungen zu ernennen. Der 
betreffenden grossen Commission soll auch anheimgegeben worden, die 
Frage der Einrichtung hygienischer Unterrichtscurse und der Musterung 
der Schuljugend in Behandlung zu nehmen. Gegen letztere, für welche 
seit einiger Zeit von einem hiesigen Verein mit grosser Wärme Pro¬ 
paganda gemacht wird, erhob sich mannichfacher Widerspruch, weil man 
sie einerseits für schwer durchführbar hielt, andererseits sich keinen 
rechten Nutzen davon versprechen konnte und endlich auch die Conse- 
quenzen fürchtete, welche ein erster Schritt auf diesem Wege nach sich 
ziehen würde. 

ln Sachen der Umwandlung der Sanitätswachen und der 
Schaffung von Rettungsstationen hat eine Abordnung des Gesehäfts- 
atissehusses sich mit den Herren Oberbürgermeister Zelle und Bürger¬ 
meister Kirsebner direkt in Verbindung gesetzt und bei beiden 
Herren zwar freundliches Entgegenkommen aber keine Zusicherung der 
Erledigung im Sinne der Aerzte erhalten. Im Gegentheil schien der 
Herr Oberbürgermeister eher geneigt, auf die Absichten des Herrn 
Direktors Schlesinger, welcher das ganze Rettungswesen den Unfall¬ 
stationen zuweisen will, einzugohen. Da die Berliner Aerzte sich damit nur 
für den Fall einverstanden erklären könnten, dass Cautelen geschaffen wer¬ 
den, wodurch die Hintansetzung ihrer Interessen verhindert wird, soll in 
der allgemeinen Aerztevcrsammlung (siehe unten) oder in deren Com¬ 
mission vorgeschlagen werden, dass eine Eingabe an den Magistrat abge¬ 
fasst werde! in der zunächst das dringende Verlangen ausgesprochen wird, 
die ganze Angelegenheit von den städtischen Behörden in die Hand ge¬ 
nommen zu sehen. Die Stadt wird freilich weit mehr Mittel aufwenden 
müssen als die 63000 M., welche jetzt, für die Sanitätswachen jährlich 
hingegeben werden. Ferner wird für wünschenswertli erklärt, dass eine 
gemeinsame Beratliung aller derer statt,finde, welche die Sache nngoht, 
also von Mitgliedern des Magistrats, der Curatorien der Sanitätswachen 
und Unfallstationen, des Nationalvereins zur Hebung der Volksgesundheit 
und nicht zuletzt natürlich von Aerzten, um sich über die Grundsätze zu 
verständigen, durch welche am besten der Allgemeinheit und dem ärzt¬ 
lichen Stande gedient werde. Sollten die Unfallstationen wirklich dazu 
ausersehen sein, die Führung zu übernehmen, so könnten die Aerzte nur 
daun an den Rettungsarbeiten sich hetheiligeu. wenn sie die Garantie 
hätten, dass die Stationen nur die erste Hülfe gewährten, dass alle 
Aerzte. die sich zur Verfügung stellen, der Reihe nach und nicht etwa 
nur dann zugozogon würden, wenn ein fest angestellter Stationsarzt zu¬ 
fällig nicht bei der Hand wäre, dass ein Honorar für die einzelne Hiilfe- 
leistung festgesetzt, würde, dass man in der freien Wahl der Stätte, 
wohin die Kranken nach Leistung der ersten Hülfe zu bringen seien, 
nicht beschränkt würde, dass endlich ein aus allgemeinem Vertrauen ge¬ 
wühlter Arzt bezüglich aller Fragen des Rettungswesens im Curatorium 
der Unfallstationen Sitz und Stimme hätte. 

Die grösste Kasse Berlins, die sogenannte Meyer’schc, hat 
ihren Vertrag mit dem Verein der freigewählten Kassenärzte zum 
1. Januar n. J. gekündigt- und sucht circa 150 Aerzte anzustellen, denen 
sie die Behandlung ihrer Mitglieder übergeben will. Leider haben sich 
fünf hiesige Collcgen bereit erklärt, obwohl bekannt war, dass das Vor¬ 
gehen des Vorstandes der Kasse kein ehrliches war, und obwohl sie 
wussten, dass im Falle des Gelingens das Fortbestehen der freien Aerzte- 
walil gefährdet ist, dem Vorstande bei dem Engagement neuer Kassen¬ 
ärzte behülflich zu sein. Zwei von diesen fünf Collcgen, welche sogar 
dem Verein der freigewählten Kassenärzte angehörten, hat dieser Verein 
seinen Satzungen gemäss durch eine sehr prompte Justiz aus dem Verein 
ausgeschlossen. — Der Geschäftsausschuss, welcher sich stets sehr warm 
für”die Durchführung der freien Arztwahl ausgesprochen hat, machte 
folgenden Antrag des Vereins Königstadt zu dem scinigen: Da die ärzt¬ 
lichen Standesvereine gemäss ihrem Programm für vollkommen freie 
Arztwahl jederzeit cintreten, so erwartet der Gesehäftsausschuss von 
den Mitgliedern der Vereine, dass keines derselben sich der allgemeinen 
Ortskrankenkasse gewerblicher Arbeiter und Arbeiterinnen als Arzt 

anbktet. ^ ntrag der Königstadt, welcher die Entziehung der 

Approbation betrifft, gelangte ebenfalls zur Annahme. Nach den 
jetzigen gesetzlichen Bestimmungen kann denjenigen Aerzten, denen dio 
Ehrenrechte aberkannt sind, für die Dauer dieser Aberkennung die Appro¬ 
bation entzogen werden. Nach dem Anträge soll diese Entziehung em- 
treten bei entmündigten Aerzten während der Dauer der Entmündigung, 
und für immer lief solchen, denen ein für alle mal die Fähigkeit ab- 
i erkannt ist, vor Gericht als Zeuge aufzutreten. — Diese Frage steht auch 
auf der Tagesordnung der demnächst, stattfindenden Sitzung der bmndon- 
burgischen Aerztekammer. , 

1 ' Ueber ein eigenes Publicationsorgan der Standesvereine wuiüc 

I auch heute noch kein Beschluss gefasst, nachdem in allerletzter Zeit be¬ 
kannt geworden ist, dass sich auch für die Aerztekammer das Bedüi lins* 
i herausgestellt hat, ein Pressorgan zu haben, durch welches B.'kannt- 
! niachungcn allgemeiner Art, Mittheilungen der Behörden und de 1 gleichrn 
mehr allen Aerzten des Kammerbezirks zugänglich gemacht werden könnt n. 
I Es soll versucht werden, oh ein gemeinschaftliches Blatt für die Kammer 
und die Standesvereine Beifall findet und gegründet werden kann. H. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


962 


Ko. 51 


— Die in obigem Bericht Erwähnte allgemeine AerzteVersammlung 
war vom Verein zur Einführung freier Aerztewahl zum 3. December in 
GratweiPs Säle berufen worden. Dieselbe war von ungefähr 300 Aerzten 
besucht; auch der Vorsitzende des Nationalvereins zur Hebung der Volks¬ 
gesundheit, Herr Geheimrath Broich, der ebenfalls eine Einladung er¬ 
halten hatte, war derselben gefolgt und griff wiederholt in die Verhand¬ 
lungen ein. Nach dem recht geschickten einleitenden Bericht des Herrn 
Schaffer entstand eine zum Thcil sehr lebhafte Debatte, in welcher be¬ 
sonders das Curatorium der Unfallstationen einer ausserordentlich scharfen 
Kritik unterzogen wurde. Nach mehrstündigen Verhandlungen nahm die 
Versammlung zunächst eine Resolution an, wonach eine erspriessliche 
Organisation des Rettungswesens nur durch einmüthiges Vorgehen sämmt- 
licher Betheiligten möglich ist, und worin es ferner für eine Ehrenpflicht 
der Aerzte erklärt wurde, vor erzielter Einigung keine bindenden Ab¬ 
machungen mit den Unfallstationen zu treffen. Ausserdem entschied man 
sich für die drei ersten von einer grösseren Commission, welcher Aerzte 
aus allen Lagern angehörten, vorgeschlagenen Leitsätze. Dieselben lauten: 
1) Das Rettungswesen und die erste ärztliche Hülfeleistung in Berlin 
bedarf dringend einer Umgestaltung und Regelung. — 2) Diese Regelung 
kann nur unter Mitwirkung des gesammten ärztlichen Standes zweck¬ 
mässig in die Wege geleitet werden. — 3) Um das Rettungswesen nicht 
auf die unsichere Grundlage privater Wohlthütigkeit zu stellen, ist es er¬ 
forderlich, dass die Stadt Berlin die zur Organisation des Rettungs¬ 
wesens nothwendigen Mittel bereit stellt. Eine Beihülfe gemeinnütziger 
Gesellschaften ist willkommen. 

Wegen vorgerückter Zeit wurde die Verhandlung hier abgebrochen 
und eine Commission von neun Mitgliedern orwählt, welche das weitere 
vorbereiten und einer demnächst abzuhaltenden Aerzteversammlung Bericht 
erstatten soll. -H. 


XII. Krankenpflege. 

Aus der Diakonissen- und Krankenheilanstalt ..Betliesda” 
in Hamburg. 

Ein neues Urinal für Frauen. 

Von Carl Schütt, früherem Assistenzarzt der Anstalt. 

Zum Auffangen des Urins bei bettlägerigen Frauen ist eine Reihe 
von Gebissen im Gebrauch, welche jedoch den genannten Zweck in man¬ 
chen Fällen gar nicht oder nur unvollkommen erfüllen. Bei Benutzung 
des „Stechbeckens“ muss die Frau, um das Unterschieben desselben zu 
ermöglichen, gehoben werden. Dies Verfahren ist hei entzündlichen Er¬ 
krankungen der Bauch- und Unterleibsorgane mit sehr viel Schmerzen 
verbunden, ja oft nicht einmal ganz ungefährlich, bei acuter Cystitis mit 
ihren häufigen, zuweilen nur aus wenigen Tropfen bestehenden Ent¬ 
leerungen mühsam und zeitraubend für das Pflegepersonal. 1 ) Bei Con- 
tinuitätstrennungen am Stützapparat der unteren Extremitäten, die durch 
Schienen- oder nur durch Extensionsverband festgehalten werden, ist das 
Aufheben wegen der unvermeidlichen Bewegung an der verletzten Stelle 
schmerzhaft uud der Heilung hinderlich. Die zur Beseitigung dieser 
Mängel construirten Modificationen des Stcehbeckens, sowie die Urinale, 
welche als flaschenartige Gcfässe mittels eines besonderen Mundstückes 
das Auftangen des Urins bewirken sollen, sind in den genannten Fällen 
nur bedingungsweise oder gar nicht anwendbar, da sie eine ganz bestimmte 
Lago der Frau erfordern, wenn sie nicht drücken und den Urin reinlich 
auflangen sollon. Unzureichend sind dieselben ferner, wenn es darauf 
ankommt, Wunden des Gonitalapparates und dessen Umgebung, seien 
dieselben durch Operation, bei der Geburt oder aus anderen Ursachen 
entstanden, vor Benetzung zu schützen, Verbände der Beckengegend und 
der Extremitäten vor Durchtränkung zu wahren. Bei Incontinentia urinae 
und dem infolge der Nässe entstandenen und durch dieselbe unterhaltenen 
Decubitus sind dieselben unbrauchbar. 

In allen genannten Fällen 
lässt sich die Entleerung des 
Urins auf bequeme und rein¬ 
liche Weise mit Hülfe eines 
kleinen Instrumentes bewerk¬ 
stelligen, das in manchen 
Fällen auch den Katheter ent- 1 
behrlich machen kann, dessen 
Gebrauch, wenn nicht peinlichste Asepsis gewahrt wird, die Gefahr des 
Blasenkatarrhs mit sich bringt. 

Dasselbe besteht aus einem schiffchenartig geformten Trichterchen 
aus Glas, das unter Beachtung der nöthigen Reinlichkoitsmaassregeln in 
me \ ulva direkt vor die Harnröhrenmündung gelegt wird und mit Hülfe 
eines an dem Abflussrohre angebrachten Schlauches den aufgefangenen 
Urmi n.ein bereit gehaltenes Geföss abfliessen lässt. 

.. Boi Kranken mit Incontinentia urinae kann das Trichterchen dauernd 
liegen bleiben, wenn für die peinlichste Sauberkeit Sorge getragen und 
2" i W ü < -’ nicht etwa ein Decubitus in der Vulva entsteht. 

i bei Jn rl^i 1 Pcrs01ien von selbst oder kann durch eine pas- 
wÄn Bft w age -f' Binde . mit Schllt ? fflr das Abflussrohr) festgolialton 
^ ! T ? aim ? 01 ? ütwas mit vor S el egt wird, so gelingt 

., “l allen Uim aufzufangen und so ein Trockenliogen zu bewerk- 

wää Ä^ crhfltunsals zur Heiiung d ° s r,ecubit " s ™ 

Dos Instrument ist unter der Bezeichnung „Trichter-Urinal“ von 
Heim Leonhard Schmidt, Instrumentenmacher, Gr. Burstah IG. Ilam- 

stellig!*,!. n<1 h01 St hV S, h ' Vm ‘ n Krankcn nur äusserst schwer zu bewerk- 



burg, zu beziehen. Statt der jetzigen asymmetrischen Form des Instru¬ 
mentes, das einen längeren, beim Gebrauch vorliegenden Schnabel triM 
ist eine symmetrische Form in Aussicht genommen. 

XIII. Therapeutische Mitteilungen. 

Ueber den therapeutischen Werth des Leberthrans mit 
besonderer Berücksichtigung des „Br. Standke’scheirt 
wohlschmeckenden Präparates. 

Von Dr. Schmidt in Schönau bei Chemnitz. 

In den manniehfaltigsten Fällen, in denen durch constitutioneile Leiden 
die Ernährung des Körpers sehr heruntergekommen ist, wie bei Skro- 
phulose, Rachitis, Anämie, chronischen Eiterungen, Knochen- und Gelenk- 
erkrankungen, Lungen- und Rückenmarksleiden, ebenso auch in Fällen 
verzögerter Reconvalescenz nach überstandenen acuten Erkrankungen, die 
zur Depravation des Organismus führten, besitzen wir in dem Dorsch* 
leberthran ein vorzügliches, leider nicht genug gewürdigtes Mittel zur 
Hebung der Ernährung und Kräftigung der Constitution. 

Die vorzüglichen Erfolge, welche Verfasser bei consequeuter Durch¬ 
führung der Leberthrananwendung in allen dafür geeignet erscheinenden 
Fällen einer umfangreichen Praxis erzielte, veranlassen ihn, im Interesse 
der Patienten wie der Collegen letzteren die ausgedehnteste Anwendung 
des Leberthrans mit Berücksichtigung der folgenden Ausführungen drin¬ 
gend anzuempfehlen. 

Der Leberthran (nach Pharm. Germ.: Aus frischen Lebern des Gadus 
Morrhua bei gelinder Wärme im Dampfbade gewonnenes Oel) enthält be¬ 
kanntlich die Glyceride der Oel- und Palmitinsäure, freie Oelsäure, Gallcn- 
säuren, verschiedene harzige Stoffe und in verschwindender Menge .Jod 
und Brom. Letztere sind anerkannt für die physiologische Wirkung des 
Mittels ohne Belang; es besteht diese vielmehr in dem Werthe des Leber¬ 
thrans als leicht emulgirbares und resorbirbares Fett, als leicht verdau¬ 
liches concentrirtes Nährmittel, wie wir ein solches bei Schwächezuständen 
nmnnichfacher Art. bei skrophulösen und kachektischen Patienten zur 
Ueberwindung der Dyskrasie dringend benöthigen. 

Die allgemeinere Einführung und Verwendung des Leberthrans in 
diesem Sinne machten bisher zwei unangenehme Eigenschaften der im 
Handel befindlichen Präparate ganz unmöglich, einmal der änderst un¬ 
angenehme Geruch und Geschmack des klebrig fetten Oeles, sowie ferner 
der Umstand, dass, gegenüber der sonstigen Leichtverdaulichkeit, in der 
warmen Jahreszeit der Genuss desselben zumeist mit Verdauung«- 
beschwerden, Brechreiz und Diarrhoeen verbunden war. Eine Vermei¬ 
dung dieser Uebelstände durch Zuhülfenahme von Corrigentien bei der 
Verordnung hat sich als unzulänglich bewiesen, ganz abgesehen von der 
dadurch bedingten Vertheuerung des Mittels. 

Somit musste es freudig begriisst werden, dass unter der Bezeich¬ 
nung „Dr. Standke’s wohlschmeckender Leberthran“ von der Finna Karl 
Fr. Töllner in Bremen ein neues Präparat des Oleum Jecoris auf den 
Markt gebracht wurde, welches durch eine modificirte Darstellungsweis« 
und geringfügige Zusätze indifferenter Stoffe das vordem den Patienten 
so unangenehme Nährmittel durch nunmehr angenehmen Geschmack fast 
zu einem nährenden Genussmittel macht. Zum wenigsten ist der wider¬ 
liche Geschmack und der noch widerwärtigere Geruch des rohen Leber¬ 
thrans so verändert, dass es überall, selbst von Kindern gern genommen 
wird. Der zweite Vorzug des Präparates ist die Leichtverdaulichkeit und 
Bekömmlichkeit während der warmen Jahreszeit. So sind Verfassers 
sämmtliche Erfahrungen mit dem Mittel in den warmen Monaten dieses 
Jahres gewonnen, und in keinem Fall ist eine Indigestion durch den Ge¬ 
nuss desselben verursacht worden- t . 

Der Preis des Präparates ist ein mässiger; die ganze OriginaJflasctie 
zu etwa 500 g kostet 2 Mark, die halbe mit etwa 230 g 1,20 Mar*. 
Die gleiche Menge des gewöhnlichen Leberthrans kostet (230 g) im hc- 
eept verschrieben l Mark, also unwesentlich weniger als die „raten- 
arznei“. , 

Ich erwähne noch, dass ich bei meinen Versuchen nur das Oleum 
Jeöoris ohne Zusatz verwandte; dasselbe wird mit Zusatz von Jodeiyn- 
Eisen, Phosphor, Guajakol und Kreosot von derselben Firma m Urigm' 
flaschen abgegeben. , ,, 

In folgendem sei nur die kurze Anführung einer kleinen AuhWa 1 
von Fällen gestattet, in denen mir die durchgeführte Behandlung > 
„Oleum Jecoris Dr. Standke“ die vorzüglichsten Erfolge ergab, und z • • 
zwei Fälle von chronischen Eiterungen, die im erstoren Falle zur Ana < 
und Entkräftung führten, im letzteren die Folge (bedeutender) beste en^ 
Blutarmuth zu sein schienen, ferner je einen Fall von Lungen- 
Nierenleiden, die durch Darreichung des Leberthrans sehr Sonstig 
flusst wurden, ebenso je einen Fäl von Circulations- und verdauu ^ 
Störung, von bestehender allgemeiner Blutarmuth und Rachitis und 
phulose, in dem die Verwendung dos Oleum Jecoris zur Hebung 
deutlichen Besserung des Leidens führte. 

Fall 1. Der 60jährige Arbeiter U., mit Thoraxfistel nach voi « a * 
frist überstandenem Empyem, durch anhaltende Wundsocrctioni ~ f]) 
entkräftet, kommt wegen stärkerer Eiteransammlung mi ab£ c f. i(| 
Abscessraum und acuter Bronchitis in Behandlung. Da er sich ^IV ,, 
Eingriffen widersetzt, wird, nach Bekämpfung der acuten Lrse u ^ 
und Einrückung des Secretes durch eine forcirte Schwitzern*, die ^ 
lung auf Leberthrandarreichung beschränkt. Nach sechs Wochen • ^ 

Kräfte des Patienten sehr gehoben, sein Aussehen voller, ® 10 „Äiyicht 
rundet und die Wunde ohne Secretion im Verheilen. lauen * h 
sich der Weiterbehandlung, weil er die Kasse nicht weiter 1,1 .*!j ‘L 
nehmen will und durch Weiterführen des Leberthrantrinkens 
Rechnung zur völligen Genesung zu kommen hofft. 


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20. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


963 


. J.^ 1 1- Das J- mit. chronischem Ohrenleiden, durch- 

.löcherten 1 Tioramelfell und starkem Ausfluss aus dem Mittelohr, welches 
sich der. vorangegangeneu specialarzflicTien Behandlung aus Ungeduld ent¬ 
zog, stellt sich bei emtretender Verschlimmerung unserer Behandlung. 
Das im hohen Grade blutarme Mädchen wird unter entsprechender Lokal¬ 
behandlung durch Darreichung des Lebertlirans so gekräftigt, dass mit 
Hebung des allgemeinen Stoffwechsels auch der hartnäckige Ausfluss 
schwindet. 

Fall 3. Der 30jährige \Yeber E. mit pleuritischer Schwartenbildunir 
an der vorderen Bmstwand, dadurch bedingten Athmungsbeschwerden und 
Brustschmerzen, kommt hauptsächlich wegen gleichzeitigen Kräfteverfalls 
und Appetitmangels m Behandlung. Sein Aussehen ist das des Phthi¬ 
sikers. _ Der physikalische Befund bestätigt die Vermuthung bestehender 
bpitzeninfiltration. Die Behandlung bestand in Entbindung von jeder 
Berufsarbeit, verordnetem Aufenthalt im Freien, so weit angängig, An- 
PP e ^^ s durch Amara und Kreosot; danach wurde mehrere 
Wochen hindurch allein Leberthran gegeben mit dem Erfolge, dass Pa- 
tient unter steigender Gewichtszunahme sich mehr und mehr gekriiftigt 
fühlt und nach etwa sieben Wochen seine Arbeit wieder aufzunehmen 
vermag. Er fühlte in sich sogar den Muth zur Uebernahme der Ver¬ 
pflichtungen eines angehenden Ehemannes. 

Fall 4. Dem 30jährigen Kaufmann H. mit chronischem Nieren- 
schrumpfungsprocess wird während der langwierigen Behandlung des 
Grundleidens mit grossem Erfolge Oleum Jecoris gegeben. Es tritt eine 
Zunahme des Gewichts um zehn Pfund in 14 Tagen ein. K. ging später 
an complicatoriscker Lungenentzündung zugrunde. 

Fall 5. Der 60jährige Strumpfwirker Dr. leidet au allgemeiner 
Entkräftung und Blutarmuth, den Folgen jahrelanger schlechter Ernährung. 
Er kommt wegen aufgetretener Schwellung der Unterschenkel und quä¬ 
lenden Frostgefühls an den Füssen in Behandlung. Nieren imd Herz sind 
nicht. nachweisbar erkrankt. Unter alleiniger Darreichung des Oleum 
Jecoris hebt sich der Kräftezustand, die Schwellungen und das Frostgefühl 
schwinden, und Patient nimmt pro Woche um zwei Pfund zu. 

Fall 6. Der 50jährige Weber Kr. mit Obstipation und Hämorrhoidal- 
bildung kommt in Behandlung wegen intercurrenten Durchfalls und Leib¬ 
schneidens. Nach Beseitigung der acuten Symptome wird dem sehr ent¬ 
kräfteten Patienten neben entsprechender Diät und Regelung der Lebens¬ 
weise Leberthran verordnet. Unter zunehmender Kräftigung schwinden 
die Verdauungsstörungen, und mit dem Nachlass der Beschwerden tritt j 
zugleich Erholung von den hypochondrischen Befürchtungen ein, welche 
den Patienten bereits in starkem Maasse beherrschten. 

Fall 7. Die 17jährige Fabrikarbeiterin T. trinkt den ihr gegen ihre 
Blutarmuth mit dem ganzen Heer der entsprechenden Beschwerden (Men- 
struationsanomalieen, Kopfschmerz, Herzklopfen, Schwindelanfälle u. s. w.) 
verordneten Leberthran mit einer gewissen Begeisterung. 

Fall 8. Das 2jährige Kind B., ein rachitischer und skrophulöser i 
Knabe, bekommt nach überstandener katarrhalischer Pneumonie Leber¬ 
thran. Im vorigen, wie in diesem Falle wurde derselbe gut vertragen; beide 
Patienten erholten sich zusehends. 

Zum Schluss erwähne ich noch, dass in allen Fällen der Leberthran 
dreimal am Tage in der Zwischenzeit zwischen den Mahlzeiten, also auf ] 
leeren Magen gegeben wurde, und zwar bei Kindern je ein Kaffeelöffel, 
bei Erwachsenen ein Esslöffel voll zur Zeit. j 


XIV. Mittheilungen aus der Praxis über die 
Heilserumbehandlung der Diphtherie. 
Zwei Fälle von Erkrankung nach Anwendung des 
Diphtherieheilserums; postdiphtheritische Accominoda- 
tionslähmung trotz günstiger Beeinflussung 
der acuten Erkrankung. 

Von Dr. Robert Rembold, Saulgau. 

Obgleich ich erst sechs Fälle von Diphtherie mit Behring’schem 
Heilserum behandelt habe, habe ich bereits zweimal ähnliche Krankheits¬ 
erscheinungen erlebt, wie sie die Herren Lublinski und Cnyrim in 
dieser Wochenschrift beschrieben hatten; es sind folgende: 

Fall 1. Am 28. Oetober wurde ich nach dem l 1 /* Stunden ent¬ 
feinten L. zu der 7 Vs Jahre alten Anna R. gerufen. Sie war Tags zuvor 
erkrankt mit Uebelkeit, Kopf- und Halsweh. Ich constatirte eine Tem¬ 
peratur von 39,4, starken weissen Bela<* und Schwellung beider Mandeln, 
serösen Ausfluss aus der Nase, geringe Schwellung der Halsdrüsen. Meine 
vorläufige Verordnung war Kalkwasser zum Gurgeln und wurde, so lange 
als eine Entzündung im Halse zu bemerken war, auch fortgebraucht. 

Am 29. Oetober, Morgens, war die Temperatur 38,3 in axilla, der 
Puls 120, in der Nacht hatte Patientin geschlafen und war nur einmal im 
Traume aufgefahren. Die Schwellung der Mandeln und Halsdrüsen hatte 
zugenommen, der Belag war grau-schwarz geworden, und es machte sich 
ein abscheulicher Fötor geltend. 

Nun hatte ich. noch ein Serumfläschchen No. I von den Höchster 
Farbwerken vorräthig und vertheilte es unter den vier Geschwistern der 
Familie derart, dass von den gesunden Kindern jedes ’/u», das kranke das 
davon bekam (von ersteren also jedes 60 Einheiten, das letztere 
420 Einheiten). 

Am 30. Oetober, Morgens, war die Temperatur 37,5, der Puls 120, 
die Nacht war durch Delirien unruhig, das Kopfweh war weg. Die 
Mandeln aber und die Halsdrüsen waren noch mehr geschwollen wie Tags 
zuvor. 

Nachmittags 3 Uhr: Seit Vonnittags war Heiserkeit der Stimme und 
bellender Husten aufgetreten. Temperatur 87,6, Puls 120. Ich injicirte 


noch- einmal ein. Flaschen- No. 1 (600 Einheiten) -des- inzwischen nach 
telegraphischer Bestellung nngekommenen Serums. - . 

Am 31. Oetober, Morgens, war die Temperatur 37.8. Die Mandeln 
und Halsdrüsen waren ganz bedeutend abgeschwollen. Das Allgemein¬ 
befinden war gut. die Stimme noch heiser. In der Nacht hatte Patientin 
geschlafen. 

Am 1. November waren der Puls 100, die Temperatur 37,5, die 
Mandeln noch mehr abgeschwollen; es zeigte sich eiteriger, mit Membranen 
untermischter Auswurf. Schlaf und Allgemeinbefinden waren gut. 

Am 1. November waren der Belag völlig gelöst, die Mandeln und 
Halsdrüsen zur Norm zurückgekehrt und erstere kaum noch etwas cro- 
röthet. B 

Am 4. November war alles gut. 

, Am 9. November wurde mir berichtet, dass das Kind seit vorgestern 
wieder über Unwohlsein und Schmerzen in den Beinen klage, es habe 
auch seitdem einen rothen Ausschlag an den Beinen. Das Kind sei heute 
wieder munterer und habe auch schon gestern weniger über Schmerzen 
geklagt Vorgestern und gestern habe es sich heiss angefühlt. Ich con¬ 
statirte Puls 120, Temperatur 37,6 und ein masernartiges Exanthem, besonders 
stark an den Beinen, etwas weniger ausgeprägt am Rumpf und den Armen. 
Es waren keine Gelenkschwellungen vorhanden, Druck auf die Kniegelenks- 
hrne war noch etwas schmerzhaft. Auf Befragen giebt das Kind an, dass 
die Schmerzen in den Fuss- und Kniegelenken gewesen seien. 

Am 11. November traf ich das Kind wohl und munter ausser Bett, 
Seitdem hat es sich gut erholt, hat runde rothe Wangen und ist munter. 

Am 28. November wurde es mir zugeschickt, weil in der Schule be¬ 
merkt wurde, dass es nicht gut sehe. 

Aus der Untersuchung der Augen ergiebt sich, dass Accommodations- 
lähmung beiderseits vorhanden ist: In der Entfernung von 6 m wird 
Sn M 6 erkannt, in der Nähe wird durch Gläser von + 6 D normale Seh¬ 
schärfe erreicht. Die Augenmedien und der Augenhinteigrund Hessen 
nichts pathologisches erkennen. Sonstige Lähmungserscheinungen sind 
bis jetzt nicht aufgetreten. 

Fall 2. Maria K., 11 Jahre alt, von hier, war Tags zuvor erkrankt 
mit Frieren, Müdigkeit und Halsschmerzen. 

Ich fand am 17. November, Morgens 9 Uhr, eine Temperatur von 
39,4, einen Puls von 136, beide Mandeln stark geschwollen, dick weiss 
belegt. Es machte sich starker Fötor geltend. Das Sensorium war etwas 
benommen. Sofort machte ich eine Injection von 600 Normaleinheiten. 
(Antitoxin No. I von den Höchster Farbwerken.) 

Abends 10 Uhr war die Temperatur 38,7, der Puls 128. Den Tag 
über soll das Kind fast immer delirirt haben. Die Injectionsstelle war 
auf Druck leicht schmerzhaft. 

Am 18. Morgens war die Temperatur 39,5, der Puls 110, das All¬ 
gemeinbefinden gut. Die Membranen schienen sich schon etwas zu lösen. 

Nachdem ich zwei Tage verreist war, traf ich das Kind am 21. bei 
vortrefflichem Allgemeinbefinden. Die von früher her geschwollenen 
Mandeln waren nicht einmal mehr geröthet. Auch in den folgenden Tagen 
blieb der Zustand gut. 

Als ich nach einiger Zeit wieder in die Familie kam, wurde mir er- 
j zählt, das Kind wäre am 25. November aufgestanden und hätte sich ganz 
wohl befunden, am 26. habe es einen scharlachähnlichen Ausschlag an 
den Beinen und Armen bekommen. Am 28. habe es ein paar Stunden 
lang über Schmerzen im Kreuz und in den Beinen geklagt. Fünf Tage 
lang habe es nicht stehen können, im Bett habe es keine Schmerzen ge¬ 
habt. Der Ausschlag sei allmählich in 4—5 Tagen wieder verschwunden. 
Die sonst ängstlichen Eltern hielten dieses Unwohlsein nicht für be¬ 
deutend genug, um mich rufen zu lassen. Jetzt ist das Kind wieder ganz 
munter und wohl auf. 

Die Fälle haben demnach mit denen der Herren Lublinski und 
Cnyrim das gemeinsam, dass an dem zehnten Tage nach der ersten 
Einspritzung Gliederschmerzen und ein masernartiges Exanthem auftraten, 
und es scheint kein Zweifel darüber obzuwalten, dass diese Erkrankungen 
Folgen der Einspritzungen sind. 

Vorläufig mag es noch sein Bewenden haben bei der einfachen Re- 
gistrirung der Fälle, die einerseits wichtig ist, andererseits aber zu 
Schlüssen noch nicht berechtigt. 

Bei meinem ersten Fall ist besonders noch zu bemerken, dass eine 
günstige Beeinflussung des acuten Krankheitsverlaufes durch das Anti¬ 
toxin das Ausbleiben einer postdiphtheritischen Lähmung nicht garantirt. 

Die geschilderten ungünstigen Erfahrungen können mir die Hoffnung 
nicht nehmen, dass das Mittel sich bewähren wird, weil doch diese Fälle 
wie die anderen, welche ich mit Antitoxin in Behandlung genommen habe, 
in ganz eclatanter Weise durch das Mittel beeinflusst wurden. 


Zwei Fälle von Heilserumbehandlung der Diphtherie. 
Von Dr. Bachmann in Salzhemmendorf. 

Ich habe bisher fünf Fälle von Diphtherie mit Behring’s Heil¬ 
serum behandelt, von denen ich die ersten beiden als abgeschlossen hier 
mittheile: 

1. Martha C. zu Salzhemmendorf, blühend aussehendes Kind von 
sechs Jahren, leidet seit fünf bis sechs Wochen an Keuchhusten und soll 
durch das häufige Erbrechen einige Pfund abgenommen haben. Am 
19. November Morgens ruft man mich zu dem Kinde, welches über Kopf-, 
Ohr- und Halsschmerzen klagt. Massiges Fieber. An der geschwollenen 
rechten Mandel diphtherischer Belag. Injection von 4 /n> des Inhalts einer 
Flasche Behring III, in beide Oberschenkel je die Hälfte. Kurz an¬ 
dauernder Schmerz; keine lokale und sonstige Reaction. 

Lokale Behandlung der Beläge mit Loeffler’s Mischung, vermittelst 
Wattebäuschen und Klemmpincette. (Es empflelt sich, bei Diphtherie- 


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u-a-gou, zusanuivoia Mit ,Ä.Vi Walte i»{« 1 mmir KtetiiGipiöoette gdor iwii- 
/.ange..). Durgkungcü iu>f. Ku.iKv/te'tmv Oie mikiO>kupic'(?hi.' T/jitereucluUw 
rit^ ifebvg&s Um E«»c lii-.*! <v I'*iH>l«i^niui zwo-i ttei i-mc l’^iut'iiltür von 
i >*_!») * th vriv bttt^i 

Der Yerkujf des Kmtes wm ein sehr güim't igpr,. indem fsopiseUmerZ 
«od ilati- ’oiul Ohrsehitmrzeu vom Tuge «Heb um Ejji*].iritez»uig AU Mich- 

gelfetfeti buben. Kein Eicher !??« hi\ fEtermdoi KehlnE Die Uurgeluugau 
reut KMEwnuBm: uoob fitetetekfteE Dm Belüge erwlii3inup uoeb 

Vfelfocii an beiden Mündeln und deren Umgebung wieder. bi*' zum 
4. Oecomhite doch 'werden De jedesmal durch e.iu- bis dreimalige. 
Lei fOurDohe Tom liiruüg kdehr zcrsUVrt, Am weichen Gaumen ze-igmi- 
sich zwemmi -idft dOmm.. leicht cuDembivrc l'urlinuttcrhiim.cbmj. 

Der ltdz zutii Koudihuston verliert sich im YDrlauiV- dm* heil enden 
DiishUierie ebenfalls bist ganz, ßelindon und Kmöhrnng sehr gut.. Au. 
ihm InJeet.imiSstdlim kehic fieuetmu. 

Als grfctep Kr 9 .njilf‘vjf.B.t>ig kaan num wohl rteu 2h. 
da die Elteni den Halb des Kindes stets sehr vorsichtig hritemteliten: 
Hi« wf& Hb Dncenibur v*jUstfttulige?. Wohlbfetinden. * *„ 

2. KrTcdrich K. y.u•Ummm-mcIorK drei Jahre all., }nb|i«tfi:s% ziem Imh 
.scbwH'Jdicbus Rind. Vof 1A Tamm behandelte ich öle scc&sTMuijjn H&lfn 
schwcslor au Itaelieudiphihen«' mit Erfolg durch LoetflerK TouehinTug 

und KidkwHSSio-gnigfdnugt’.n. 

Ain 2. Jnmvnibm* Mo Leere- will die Muiler zuerst woisse Eteeke 
nt llai'bntL' WnmU haben;. Km Murgeic des \ iteeembor jedoch bestimmt 


i-t-rtiu. Onr GeinM inrath- Drotessot Dr. Virgil o h j nt 
dcni uns vor hegenden Stenogramm in der Sitzung der ÜeriiniT 'tut 
tW'lten i teseüm'hnte m ' 02 . Herunter iSlG folgende tHü-sürdlfho Br; 
hurtgö« genfÄtibi., die Wir- als iinffehntuomi auf 4m <,Deutsche ntedfüni 
’\Vncfwmsehrifl , ‘ ImzüglteH. nicht, ganz unerwidert te*> m fcü&lpi 
möthr«!- mich noch zu eiucr p'erteintkhon Kwuiu-kiiiig da* Wort nein 
Söitdkn fUese l>n»hthe.neuögelfeg.enbeit hei. uns aut die Tw^ordiiiuli 
hemmen ist. bin ich ziemlich anhaltend jede Woche emw! iteKfm 
von sehr nuliuhmumm IMtm-ii teogen rD.uoi im-.sigmj modicunVu.uiär'k 
Kh > vri 'dc dieser Zeitung sjV'eiei! mehl imtworten, und sollte ki-u^t .e 
meine 1Iy si&Hf tsi’ilhruug hier in ihn: (rfisefisntmft ütwaa euhteWÄhtU & 
;sn hitiiT; iidv dih» bei Gel«gwilioii — wir Dud ja immer zii>dJoipeh’.. 
mioAHch y.n machen. Vurliiuiie .ihm' ghuibc ich in der TDi, i JlW 
zu Udnmm. dass Kh monui.nd zu Duusum. niemand :m iK‘ß«iW.:n 
Tngcsordtinug hurg.^foUt huho. iLubhafter IküMl.i MDr/p Herum, 
mochte St»k;ibp ;binwtfit?(m. <l>m> ich hiobt .tiW üjr tjj 

ordbitiis ga/i/ uuti er lind ei somiurn .fc; udi sie tm. vo.-e.ndi'«' 

mdtc'no tmch den Meidimgeu. o utchw eK%obi;it, aml d;iss ich 
hhirgig bin.;. ää^uin- 

uDse«;- Kocht /.imuciKönnen. Also ich yrmsb m mDrepf Geiste sh « 
vollKomuien und höchst uru-oHctriuIiKefo- Hnlamlhutg duve \ r i, A r 1 

-uissino Vlirth Kwum-m DDiteUi ^ic wcislot;: ja Uimicn Jauyer ZKl ' 
h uenhcit buhen, v.n arth.-lten, wie Bm meine Ck^tjsixitshilmm i tur.ars 
bii« ihibin. kann teil, hur nvkliinm. diteK.icb. hoten ‘Acndcrunctn derhj 
»tehmeii wefded ~ Es ist uns gänzlich uitcrhiTdUch, -worauf die IKc 
Kling dD> Demi \ in how nhzioft. m*,.sru .,zi.cthjh:h imhidtendjKic \\\ 
ein (Uni Gogciislum! von. sehe uiil.i«*bsa-mcir- JteJTai.bl.m’»gHU ■ mtir iteei 
mcdichuschrn Zcituii;*’— voi’nusgosid/l. ilues uiih dn-'cr Zedjmc 
imscrigo gemeint, sein soll Wir Indem uu- r , \\ teo-u*. in du-.-er _cni 
DjpbtbhincangrdceHuhtei t |.ü \-immj t J u> Umn Ki^hev. 

.liartfil und iiUi-ii gaY keine \'-orunht.s.smu-- thpi ccbuht. \VrJin.-w 
Ao._ 40 die Aufstellung der Tugev-ordrium: f«r die Sikmot der .Gerl* 
iDt:dfi;inist (\er> Um?yUst'UÜFt YUttV A. Ikutebdter. ttmnirt uudK wie 
Vbrlknf zeigtK mit ftecht nmniri. - hnbou, w tag- «ns dod '0a\ 


XV. Bemerkungen au der Erwiderung des 
Herrn v. Bergmann in No. 50 dieser 
Wochenschrift, 

Vi.u Prol l*r. Hebring in ItiHe a. S. 

Aut «he «ui liv’lzt nocii‘cm Heren v Berg m ?»« u- Auiivchf. crtialtoncri 
.•vusspidicb.* libor mich iutd mete Mojiporiüi)- gedonkn ich öftljm'■.emzu&e.hdA 
gcletroiU licK c\ not- ^ätcrete livst-misc]ii-n 'i'inrsteil'ung tb.«j 3or>iu(i1ien»}nö; wo 
e t Ue.ite'ui ii-b itHch snmu uritnoiivir!e Ivrit.ik. «teiltet TfUmimbidlvcrsticho, 
Jiahmi werdn. 

du du se" Bt.'jle v, ili n ji um ilioi 1 huge bf-HOuotl' 

. -K vi u.- ulmi.- gomn. Huri v. ilcroniuiDv sieii meiner Vbirsuch,. 1s 
'rtuucroKltüik vYtiu«\ji t etdimsf iiuteu'di^Afrs^rgfn Moh‘ mm dora GmsKyrdc 
liHvorsugahmc das« kl Von KatHnchidfvm'SiiclteH ifadidü; Irh buhe l o i u 
<’ I U V. i iCC B lll :'! ihm :• t InMl K IVU 11) «' f! ,:U V e rs n di v e ? y [ j! j) ;•,! ; 

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Donnerstag 


M 52 


27. December 1894. 


DEUTSCHE 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes. 

Begründet ron Dr. Paul Börner. 

Zwanzigster Jahrgang. 

Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin. 

Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31. 


I. Die Rolle des Alkohols bei sexuellen Per¬ 
versionen, Epilepsie und anderen psychischen 
Abnormitäten. l ) 

Von Professor Dr. Aug. Forel in Zürich. 

Es ist bekannt, dass der Alkoholgenuss nicht nur bei nor¬ 
malen Menschen durch Uebermaass zu den gewöhnlichen alkoholi¬ 
schen Psychosen, speciell zum Delirium tremens zu führen pflegt, 
sondern dass er bei der Psychopathologie noch in zweifacher Weise 
besondere Beachtung verdient: 

Erstens dadurch, dass bestimmte pathologische hereditäre An¬ 
lagen gewisser Menschen dieselben zur Trunkenheit, zur Alkohol¬ 
sucht prädisponiren, so dass solche Menschen unter Umständen 
absolut unfähig sind, mässig Alkohol zu geniessen, dass sie somit 
bei unseren gegebenen Trinksitten unfehlbar zu Gewohnheitstrin¬ 
kern oder periodischen Dipsomanen -werden, wenn sie sich nicht 
ein für allemal und für das ganze Leben aller alkoholischen Ge¬ 
tränke enthalten. Die Kranken dieser Kategorie sind allzu oft 
das Product des durch die Gelegenheitstrinkerei vergifteten Keim¬ 
plasmas ihrer Vorfahren. Sie sollen uns heute nicht beschäftigen. 

Zweitens dadurch, dass die Alkoholintoxication vorhandene 
psycho-pathologische Anlagen entweder verstärkt, wenn sie bereits 
zum Ausdruck gekommen sind, oder ganz erzeugt bezw. zum Aus¬ 
druck bringt, wenn sie vorher nur schlummernd im Centralnerven¬ 
system lagen. Man kann noch zu dieser zweiten Kategorie die 
Fälle rechnen, wo der Alkoholgenuss einfach complieirend wirkt 
oder überhaupt Symptome, die an sich harmlos gewesen wären, 
zu gefährlichen und oft zu criminellen Handlungen umgestaltet. 
Indem ich diese Fragen hier in einigen Punkten illustriren möchte, 
bringe ich nichts Neues vor, sondern möchte nur eine psychiatrisch 
hochwichtige Erscheinung besser zum Bewusstsein meiner Collegen 
bringen. Zugleich illustrirt diese Erscheinung in sehr interessanter 
Weise die ganze Frage der schlummernden hereditären Anlagen. 
Von allen Thiergehirnen zeichnet sich das menschliche Gehirn 
durch eine ausserordentliche Plasticität aus. Diese besteht haupt¬ 
sächlich darin, dass die Mannichfaltigkeit und die Complication 
seiner Leistungen viel weniger durch hereditär ganz fertige, com- 
plicirte Automatismen sich auszeichnet, die so und nicht anders, 
zu bestimmten Lebenszeiten zum vollständigen Ausdruck gelangen 
müssen und stets gelangen (Instinct), als vielmehr durch unfertige, 
bei einzelnen Individuen sehr verschieden entwickelte potentielle 
Anlagen zur raschen und complicirten Bildung von secundären 
Automatismen (Gewohnheiten), von Gehimthätigkeiten überhaupt. 
Diese plastischen Anlagen, mögen sie auch noch so hoch entwickelt 
sein, müssen sich nicht nothwendig beim betreffenden Individuum 
verwirklichen. Zu ihrer Entwickelung gehört eine Gelegenheit 
und eine Uebung, welch’ letztere um so kürzer und geringer zu 
sein braucht, als die Anlage stärker ist. Gewisse Sinnesreize resp. 
Reizmittel können aber auch aus einer einfachen Anlage eine ver¬ 
wirklichte Thätigkeit entwickeln, und so sehen wir das Hereditäts¬ 
gesetz auch für die Pathologie ihre Eigentümlichkeiten bezüglich 
der Plasticität des menschlichen Gehirnes kundgeben. 

I. Sexuelle Perversionen. 

In der bedeutenden, in zahlreichen Abhandlungen dargestellten 
Casuistik der neueren Zeit über .sexuelle Perversionen sehen wir 

*) Vortrag, gehalten in der Section für Neurologie und Psychiatrie 
der 66.. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien. 


hauptsächlich angeborene und hereditäre Anlagen, erworbene ner¬ 
vöse oder geistige Störungen und in manchen Fällen auch schlechte 
Gewohnheiten als Hauptfactoren oder Ursachen jener Störungen 
angegeben. Es sind auch Fälle beschrieben, wo solche Perversionen 
temporär bei Nervosität, Hysterie etc. auftraten, was eigentlich 
ihrem episodischen Vorkommen bei Geistesstörungen gleichkommt. 
Dem Alkohol wird als Ursache kein Gewicht beigelegt. 

Wenn auch meine Erfahrung in diesem Gebiet keine besonders 
grosse ist, so muss ich doch in diesem Punkt eine Lücke finden. 
Es sind mir Fälle vorgekommen, bei welchen der Alkoholgenuss 
oder Missbrauch eine ganz wesentliche Rolle spielte, und bei einer 
I grossen, wenn nicht der grössten Zahl der Fälle spielte der Al¬ 
kohol eine verschlimmernde Rolle. 

Fall 1. Herr H., 36 Jahre alt, Kaufmann, wurde in unsere Anstalt 
gebracht wegen Trunksucht mit päderastischen Neigungen. Ein Halb¬ 
bruder des Vaters war liederlich und starb geisteskrank, die übrige As- 
cendenz war gesund. Patient selbst war von jeher gutmüthig, aber sehr 
liederlich, charakterschwach und Onanist. Daneben nicht ohne Begabung, 
etwas reizbar. Schon jung fing er an, sich mit liederlichen Dirnen stark 
abzugeben und daneben zu onaniren und viel zu trinken. Bald trat bei 
ihm ein vollständiger geschlechtlicher Ekel vor Frauen ein, so dass er 
denselben gegenüber ganz impotent wurde. Dagegen wurde er Männern 
gegenüber sexuell immer reizbarer, bekam eine vollständig conträre Sexual¬ 
empfindung und verkehrte sexuell nur noch mit Männern. Die Trunk¬ 
sucht steigerte sich immer mehr. Er machte Schulden, und in seinen 
Aufenthalten in Frankreich und in der Schweiz fixirte sich die Männer¬ 
liebe immer mehr, so dass er, bei seiner Ankunft, seit 8 Jahren kein 
Frauenzimmer mehr berührt hatte. AuffäUig war es, dass seine Excesse 
mit Männern fast immer nur in betrunkenem Zustande vorkamen. 

Der Kranke verbheb sechs Monate in unserer Anstalt und wurde 
vom ersten Tage au durch vollständige Enthaltsamkeit von aUen geistigen 
Getränken behandelt. Anfänglich war sein sexuelles Empfinden immer 
noch verkehrt, was sich in den Träumen kundgab. AllmähUch aber ver¬ 
schwand, unter der einfachen Einwirkung der Alkoholabstinenz, die con¬ 
träre Sexualempfindung vollständig. Träume weiblichen Inhaltes traten 
wieder ein, und der Kranke verliess die Anstalt in allen Beziehungen 
vollständig geheilt. Er trat in einen Enthaltsamkeitsverein ein und ist 
seit zwei Jahren vollständig geheilt und Abstinent geblieben. Er ist 
fleissig, und soweit meine Erkundigungen über ihn reichen, hat sich seine 
conträre Sexualempfindung nicht wieder gezeigt. 

Fall 2. Herr Y., 42 Jahre alt, verheirathet, Ingenieur, Seit vielen 
Jahren nicht gerade Trunkenbold, aber gern und viel Wein trinkend, 
dabei sehr tüchtig in seinem Fach; im übrigen charakterlos. Schon vor 
mehreren Jahren wurde er ertappt, als er iu betrunkenem Zustande in 
Gegenwart von vorübergehenden Kindern auf der Strasse seine Hosen 
aufmachte und seine Geschlechtstheile vorzeigte. Diese exhibitionistischen 
Vorkommnisse wiederholten sich nun mehrere male im Lauf der letzten 
Jahre, jedesmal jedoch nur im betrunkenen Zustande. Der Mann, der 
im übrigen normalen geschlechtlichen Umgang mit seiner Frau hatte und 
Kinder besitzt, kam deshalb wiederholt mit dem Strafgesetz in Conflict. 
Er ist darüber wie über die ganze Sache ganz unglücklich, er erinnert 
sich kaum oder gar nicht an seine Exhibitionen, ist aber zu schwach, um 
dem Alkoholgenuss zu entsagen, so dass ich die Prognose für sehr du¬ 
biös halte. 

Fall 3. Z., ein Mann aus dem Arbeiterstand. 37 Jahre alt, Kessel¬ 
schmied, geschieden. Sein Vater war unehelich geboren, etwas geistes¬ 
krank. Er selbst führte ein ziemlich unstfites Leben, verheirathete sich 
jedoch und pflegte normalen geschlechtlichen Umgang mit seiner Frau, 
ergab sich aber dem Trünke. Schon vor 14 Jahren, also in seinem 
23. Lebensjahre, fing er an, in betrunkenem Zustande auf offener Strasse, 
in Gegenwart von Frauen oder Kindern seine Hosen zu öffnen, seine Ge¬ 
schlechtstheile zu entblössen und ostentativ mit seinem erigirten Penis 
zu manipuliren. Er wurde auf diese Weise im Lauf der letzten 14 Jahre 
neunmal wegen Exhibitionen gerichtlich bestraft. . Dieselben fanden, con- 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52 


stant immer nur in betrunkenem Zustande, gewöhnlich nach mehrtägigen 
Trinkexcessen statt. Seine Frau liess sich schliesslich aus diesem Grunde 
von ihm scheiden. 

Wir haben es in diesem Fall mit einem typischen Exhibitionisten 
zu thun, der jedoch stets nur durch Alkoholintoxication zum Exhibitio¬ 
nisten wurde und im übrigen ein normales Geschlechtsleben führte. 

Fall 4. Herr V., Student. Sexuell sonst normal. Veranstaltet eine 
sexuelle Exhibition in betrunkenem Zustande Frauen gegenüber und wird 
deshalb gerichtlich bestraft. 

Fall 5. U., Soldat, 20 Jahre alt. Vater verrückt. U. selbst war 
immer ein mehr oder weniger liederlicher, geistig etwas schwacher Bursche. 
In betrunkenem Zustand und als Soldat erwischt er ein kleines Kind 
(Mädchen) und befriedigt seinen Geschlechtstrieb durch Reiben seines Penis 
an den kindlichen Geschlechtstheilen. ln nüchternem Zustande geschlecht¬ 
lich normal. 


Fall 6. Herr T., technischer Student, ca. 23 Jahre alt, aus psycho¬ 
pathischer Familie. Schwester starke Psychopathin. Er ergiebt sich 
immer mehr den Trinkgewohnheiten, ist Onanist. Von Hause aus mit 
nicht sehr markirten sexuellen Neigungen behaftet, nimmt er eine inten¬ 
sive Neigung zu den Männern in Verbindung mit Trinkgewohnheiten an. 
T. wird vollständiger Urning und feiert seine sexuellen Orgien unter 
starken Alkohollibationen mit männlichen Gleichgesinnten. Die Sache 
wird so schlimm, dass er in eine Trinkerheilanstalt verbracht werden 
muss. Durch Alkoholabstinenz während mehrerer Monate und durch 
Zuhülfenahmo einiger hypnotischer Suggestionen bekommt er allmählich 
normale Weiberträume und normale Sexualneigung. Er bleibt vollständig 
Abstinent aller geistigen Getränke und geheilt von seinem perversen 
Sexualtrieb während mehr als drei Jahren, führt sich vorzüglich auf, ist 
sehr fleissig und nett, bekommt dann eine tüchtige Anstellung in Süd¬ 
amerika, stirbt jedoch dort plötzlich an einem schlagartigen Zufall (Hitz- 
schlag? Apoplexie). Die Section wurde nicht vorgenommen. 

Fall 7. Herr S., 20 Jahre alt. Hereditär belastet, ethisch dofect, leidet 
an grosser Hysterie. Von Jugend auf Urning und leichtsinniger verfehlter 
Jüngling. Nicht eigentlicher Trinker, jedoch verschlimmern sich seine 
Urningsneigungen durch Trinkexcesse. Er erträgt den Alkohol absolut 
nicht und wird durch Kneipereien mit Freunden zu urningischen Um¬ 
armungen, Liebeserklärungen etc. verführt, die zu seiner Entdeckung und 
Gefährdung führen. Durch eine consequento hypnotische Behandlung bei 
totaler Alkoholabstinenz gelang es bei ihm. die erotischen Träume mit 
männlichem Inhalt und die mit denselben verbundene Onanie zu beseitigen 
und durch Träume mit weiblichem Inhalt zu ersetzen, wobei die excessive 
Onanie aufhört und durch seltenere, mit Frauenträumen verbundene Pollu¬ 
tionen ersetzt wurde. In diesem Falle spielt allerdings der Alkohol eine 
untergeordnete Rolle und hat hauptsächlich die Suggestion in der tiefen 
Hypnose des sehr suggestiven Kranken gewirkt. Der Kranke ist vor 
kurzem entlassen, und über die Dauer des Resultates lässt sich überhaupt 

f ar nichts sagen. Die hysteroepileptischen Anfälle waren schon früher 
urch einen Aufenthalt in der hiesigen Anstalt beseitigt werden. 

Ich könnte noch eine ganze Reihe von Fällen anführen, sowohl 
von conträrer Sexualempfindung als vou Exhibition, Unzucht mit 
Kindern etc., auch exquisite weibliche Urninge, bei welchen der 
Alkohol eine perniciöse Rolle spielte. Nüchtern konnten diese 
Leute ihren perversen Trieb entweder ganz im Zaume halten, oder 
wussten wenigstens denselben in besonnenerWeise nur mit Gleich¬ 
gesinnten in stiller Zurückgezogenheit zu bethätigen, so dass weder 
sie selbst, noch andere Leute viel darunter zu leiden hatten. 
Trinkexcesse hatten stets die Folge, den pathologischen Trieb zu 
steigern, ihn rücksichtslos, roh und unvorsichtig zu gestalten, die 
Kranken selbst körperlich und social zugrunde zu richten, so dass 
schliesslich die alkoholische Zuthat oft zum noch grösseren Uebel 
wurde, als der perverse Sexualtrieb selbst. 


Ich will nicht verhohlen, dass die unglückselige Gewisshei 
eines Urnings, ein verfehltes Geschöpf zu sein, dem das Familien 
glück für s Leben abgeschnitten ist, ihn leicht zur Verzweiflung un 
zur rohen Liederlichkeit führt, dass ferner die meisten Urning 
gründliche Psychopathen und verfehlte, meist cynische Mensche 
sind. Doch ist das letztere durchaus nicht immer der Fall E 
giebt darunter auch vortreffliche und tüchtige Menschen, die ma 
wemger als Urninge kennt, weil sie ihr Urningthum verbergen. I 
allen hallen muss man jedoch sagen: „Warum soll ein Urning, de 
verfehlten und verbotenen Geschlechtstriebes wegen, am Lebe 
mohr verzweifeln als ein katholischer Priester oder eine alte Jung 
au? Wissenschaft, Philanthropie, Kunst etc., geistige und soi 
stige Arbeit mit einem Wort können ihm noch ein schönes ideale 
Leben verschaffen. Der Alkohol bildet aber stets für ihn eine gross 
helfen Meldet er ltm ganz ’ 80 kann er sicher am leichteste 


Es ist bekannt, dass mehr als die Hälfte der Verbrechen goire 
die Person dem Alkohol zu verdanken sind (siehe: Die Trunksucl 

eh.e e l ^Lt R re i? r) ’v D T“^ er s P ielen ^ Sittlichkeitsverbreche 
rifri ! 5°! le \ Vergleichen wir diese Thatsachen mit den obe 

angeführten Beispielen, so scheint es mir Grund genug dafür z 

des Alkohols h»- , I enärZte n ne T* 8 “" Aufmerksamkeit der Roll 
des Alkohols bei don sexuellen Abnormitäten zuwenden. 


Epilepsie. 

Man weiss schon lange, dass die Epileptiker den Alkohol sehr 
schlecht vertragen und im Rausch besonders gefährlich werden 
Man weiss ebenso, dass es eine Alkoholepilepsie giebt d h eine 
Form von epileptischen Anfällen, die einzig und allein ’die FoDen 
der Trunksucht sind und die bei den betreffenden Individuen nie 
Vorkommen, wenn sie nüchtern sind. Man kennt endlich den be¬ 
rüchtigten „pathologischen Rausch“ (als ob nicht jeder Rausch 
pathologisch wäre!) mit Berserkerwuth und nachfolgender totaler 
Amnesie. Man weiss auch, dass manche Betrunkene, die nicht 
einmal schwanken, nachher über ihre begangenen Gewaltthaten 
ganz oder theilweise amnestisch sind. Herr College Kräpelin 
neigt dazu, diese letzteren Fälle überhaupt zur Epilepsie zu 
rechnen. Ich kann nicht ganz so weit gehen, räume aber ein 
dass mau im allgemeinen bei solchen Fällen von einer schlummern¬ 
den epileptischen oder epileptoiden Anlage im oben erwähnten 
Sinne sprechen kann. Der Alkohol wirkt dann als weckendes, die 
Anlage mehr oder weniger betätigendes Agens. Doch darf man 
auch da nicht zu weit gehen, denn fast jede Psychopathie ver¬ 
stärkt die schlimmen Wirkungen des Alkohols. 

Ich möchte nur hier betonen, wie thöricht es ist, den Epi¬ 
leptikern den Alkoholgenuss überhaupt zu gestatten. Ich betrachte 
dieses geradezu als einen Frevel, wenn man bedenkt, was die 
Epilepsie an und für sich und erst recht in Verbindung mit Alkohol¬ 
intoxication ist. Man bedenke ausserdem, wie viel Epileptiker 
überhaupt ■ unfähig sind, beim Alkoholgenuss mässig zu bleiben. 
Man bedenke vor allem, wie wenig Alkohol genügt, um der schon 
so schwachen Besonnenheit und Erinnerungsfähigkeit des Epi¬ 
leptikers den Garaus zu machen. Ich will nur kurz einige Bei¬ 
spiele anführen. 

Fall 1. A., Maurer, fleissiger Arbeiter. Reizbarer Mensch. Bier¬ 
trinker. Nüchtern ist er sehr fleissig und hat niemals epileptische An¬ 
fälle. Ein oder zwei Glas Bier genügen jedoch, um bei ihm solche An¬ 
fälle hervorzurufen und ihn zu einem rasenden Wütherich umzuwandeln, 
der für seine Umgebung höchst gefährlich wird. 

Fall 2. Herr B., Südamerikaner, seit Jahren epileptisch. Ver¬ 
schiedene Epileptiker in seiner Familie. Eine längere Aura (Rädchen- 
drehen eine Viertelstunde lang) vor jedem Anfall. Hat früher mfissig ge¬ 
trunken. jetzt in Zürich durch seine Landsleute oft in die Kneipe geführt. 
Er erträgt den Alkohol nicht, wird nach wenigen Gläsern aufgeregt, 
streitsüchtig, schwatzt dummes Zeug und weiss am anderen Tage nichts 
mehr davon. An einem Abend geräth er ganz sinnlos und ohne Grund 
mit jemandem, nachdem er einige Gläser getrunken hat, in Wortwechsel. 
Der Wirth will ihn beschwichtigen. Er aber zieht seinen Revolver und 
schiesst auf den Wirth los. Zum Glück hatte der Wirth den Revolver 
rechtzeitig abgelenkt, so dass der Schuss niemanden traf. Am anderen 
Tag erinnert sich der Kranke nicht mehr an den Vorfall. Er weiss nur 
noch, dass er in die Kneipe gekommen war, dort viel getrunken hatte, 
dass politisirt wurde und dass Jemand etwas gesagt hatte, das ihn stark 
ärgerte. 

Der Kranke wurde von uns begutachtet. Er war epileptisch reizbar 
und empfindlich, aber sonst sehr gutmüthig, in nüchternem Zustande über¬ 
haupt unfähig, irgend Jemandem etwas zu Leide zu thun. Ueber seine 
That war er untröstlich. Er war sehr gut zu hypnotisiren. Es gelang 
mir in der Hypnose, die Aura eines epileptischen Anfalles zu coupiren 
und so den Eintritt des Anfalles zu verhindern, so dass die epileptischen 
Anfälle allmählich ganz aufhörten. Der Kranke wurde auf unseren Rath 
hin enthaltsam von allen alkoholischen Getränken und soll seit 1891. 
nach seinen eigenen Angaben, infolge der Suggestion, verbunden mit der 
Abstinenz von seinen epileptischen Anfällen geheilt geblieben sein, kr 
und seine Frau versicherten mich dessen bei einem Besuche, vor circa 
einem Jahr. Freilich bleibt er trotzdem sehr nervös und von etwas 
schwacher Constitution. 

Fall 3. C., geboren 1853, verheirathet, Maurer. Selbstmord einer 
Schwester. Zwei Kinder. Dieser Mann hat eine sehr tüchtige 
ist selbst zwar ein guter Arbeiter, aber etwas stumpfsinnig, seit sie e 
Jahren trunksüchtig und seit fünf Jahren epileptisch. Die epileptiscne 
Anfälle kamen nicht oft. Wenn aber der Mann getrunken hatte, 
er, trotzdem er dabei gerade ging und auf andere Menschen nicht 
Eindruck eines Betrunkenen machte, am anderen Tage nichts 
von dem, was er gethan hatte. Im nüchternen Zustande hatte ® r se 
Frau sehr lieb. Beide kamen gut miteinander aus. Eines Tages triir • 
wie gewohnt, fängt dann allein und im Beisein einer Frau im Hau ^ 
schimpfen an. schimpft sinnlos auf seine Frau, die garnicht da is 
seiner Wuth zündet er die Wohnung und das Bett an und geh 
fort. Es gab nur einen Zimmerbrand, der bald gelöscht werden * • 

Alle Zeugen sagten vor Gericht, er habe zwar etwas getrunken, sei 
nicht eigentlich betrunken gewesen. Er selbst wusste jedoch 'o - 
ganzen Vorfall absolut nichts mehr, und seine Frau bestätigte das 

Vorkommen solcher Amnesieen. Er musste schliesslich freigesp 
werden. Es gelang nicht auf die Dauer, diesen stumpfsinnig® 11 J» 
vom Alkohol abstinent zu erhalten. . T .., 

Fall 4. Zester, ein Böhme, geboren 1859, ledig, Spengler* 
selten an Sonntagen und Montagen betrunken. Hatte schon iru ^ 
Trunkenheit gefährliche Drohungen ausgestossen. An einem AD ® /^lich 
er mit einigen Kneipkameraden in einer Wirtschaft. Alles wa 
und lustig. Es kommt ein Herr und zahlt noch zwei Flasch 


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27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Z. trinkt mit und schläft schliesslich ein. Die Anderen kneipen weiter 
und scherzen. Einer derselben zupft mehrmals Z. an der Nase, um ihn 
zu wecken, aus purem Spass, und sagt: „Nicht schlafen, Russe, lustig 
sein“. Z. wacht auf und. ohne ein Wort zu sagen, zieht er sein Messer 
aus der Hosentasche und stösst es dem Neckenden in die Brust. Letzterer 
sagt: „So. meinst Du’s so“, bricht zusammen und ist todt. Z. ging fort, 
wurde aber gleich zurückgebracht und, vor die Leiche geführt, sagte er: 
„Hab’ ich das gethan, ja dann!“ Man konnte nichts weiter aus ihm 
herausbringen. Der herbeigerufene Arzt constatirte den Tod des anderen, 
und Z. wurde in das Gefängniss gebracht. Am anderen Tage wusste er 
von dem Vorgefallenen nichts mehr und seither auch nie. Z. wurde uns 
zur Begutachtung übergeben. Sorgfältige Erhebungen konnten feststellen, 
dass er früher epileptisch war und ab und zu Anfälle, vor allem einen 
zweifellos epileptischen Anfall hatte, der von zuverlässiger Seite con- 
statirt wurde. Er war leichtsinnig, reizbar und oft betrunken. Trotz 
unseres, auf epileptische, verbunden mit alkoholischer Unzurechnungs¬ 
fähigkeit lautenden Gutachtens wurde Z. verurtheilt, weil der Bezirks¬ 
arzt, der den Tod des Erstochenen constatirt hatte, und den Z. kaum an¬ 
gesehen. geschweige untersucht hatte, die Richtigkeit unseres Gutachtens, 
resp. die Unzurechnungsfähigkeit bei der Verübung der That anzweifelte. 

Ich habe diese Fälle nur als Beispiele angeführt; Sie könnten 
alle, verehrte Herren Collegen, wie auch ich, eine ganze Reihe ana¬ 
loger Fälle anführen. Gemeinsam ist bei diesen Fällen die That- 
sache der rasch eintretenden Amnesie nach relativ nicht bedeu¬ 
tendem Alkoholgenuss und obwohl die Kranken auf das zuschauende 
Laienpublikum nicht oder kaum den Eindruck von Betrunkenen 
machten. Es sind da eine Reihe von Factoren, die, offenbar sich 
summirend, Zusammentreffen, um die Unglücksfälle hervorzurufen. 
Der Epileptiker neigt bekanntlich schon an und für sich sehr zur 
Amnesie und ist schon durch seine Krankheit reizbar und zu Ge¬ 
walt thätigkeiten geneigt. Aber auch schon der Alkoholrausch, 
bereits in geringem Grade, greift bekanntlich die Erinnerungs¬ 
fähigkeit an, steigert die Gemüthsreizbarkeit und den unbesonnenen 
Thatendrang. Es ist also ganz klar, dass sich hier eine unglück¬ 
liche Summirung von epileptischen und alkoholischen Factoren er¬ 
eignet, welche die verbrecherische That in einem Zustand der Un¬ 
besinnlichkeit, verbunden mit impulsiver Reizbarkeit zustande 
bringt, und es ist auch ganz klar, warum der Thäter am anderen 
Tage nichts mehr davon weiss, da sich zwei Factoren als Erzeuger 
der Amnesie ebenfalls addiren. 

Fall 5. Noch den Fall eines jungen Mannes möchte ich erwähnen, 
der an traumatischer Epilepsie litt. Nennen wir ihn R. Er ist 1859 ge¬ 
boren. Sein Vater w ar trunksüchtig. Sonst keine Heredität. In seinem 
sechsten Lebensjahr fiel er zum Fenster hinaus und bekam einen Schädel¬ 
bruch am Hinterkopf, wobei Gehirnsubstanz heraustrat. Seither hat er 
circa alle Vierteljahre einen epileptischen Anfall. Er bekommt Kopfweh, 
während zwei bis drei Stunden, wird dann bleich, dann cyanotisc-h, be¬ 
wusstlos und steif, beisst sich in die Zunge, schlägt um sich. Der Anfall 
dauert einige Stunden. Nachher Schlaf. Nach einem Tage wieder arbeits¬ 
fähig. Seit sieben Jahren Wirth. Die Anfälle nehmen immer mehr zu. 
Er verheirathete sich, trank dann zu viel, stritt mit seiner Frau und 
wurde infolge dessen von ihr geschieden. Seither noch grössere Zunahme 
der Trinkgewohnheiten. Er wurde ganz trunksüchtig, trank vier bis fünf 
Flaschen Wein pro Tag oder auch 20 Glas Bier. Steigerung der epi¬ 
leptischen Anfälle. Am 27. August 1893 drei Anfälle an einem Morgen; 
nachher ganz verwirrt, wollte seine Angehörigen todtschlagen, bekam 
Hallucinutionen und wollte seine Schwester würgen. Am 30. August 
wurde er in die Irrenanstalt gebracht. Kräftiger, wohlgebauter Mann. 
Leichte Ablenkung der Zunge nach links. Tiefe Knochendepression 
über dem rechten Parietalbein. Sensibilität der rechten Hand herab¬ 
gesetzt, Taubheitsgefühl im rechten Arme. Sonst w-eder Sensi- 
bilitäts- noch Motilitätsstörungen. Etwas Zittern. Nach Ablauf des 
Rausches sind die deliriösen Erscheinungen des Rausches vorboi. 
Sofort werden ihm alle alkoholischen Getränke entzogen. Vom ersten 
Tage an Wohlbefinden und kein epileptischer Anfall mehr. Der Kranke 
wird nach der Trinkerheilanstalt Ellikon verbracht, bleibt dort einige 
Monate, wird dann geheilt entlassen, tritt in den abstinenten Guttemplor- 
orden ein und ist bis heute vollständig geheilt geblieben, ohne einen 
einzigen epileptischen Anfall mehr zu haben. Seit über einem Jahr, seit 
dem ersten Tage der Alkoholabstinenz hat also dieser langjährige Fall 
von traumatischer Epilepsie keinen einzigen epileptischen Anfall mehr 
gehabt. Eine weitere Therapie w r urde nicht angewendet, und ich bitte recht 
zu bemerken, dass es sich nicht um einen primären Fall von Alkohol¬ 
epilepsie bandelt, da er von seinem sechsten Lebensjahre an traumatisch 
epileptisch war. Der gewöhnliche Alkoholgenuss hatte geuügt, um den 
Reiz der traumatischen Epilepsie zu unterhalten; Alkoholexcesse steiger¬ 
ten ihn. Die Abstinenz genügte, um ihn zu beseitigen. Jeder Com- 
mentar ist überflüssig. 

Andere Fälle. 

Die Zahl der psycho-pathologischen Symptome, die durch den 
Alkoholgenuss oder -Missbrauch erzeugt oder unterhalten werden 
können, ist nach meinem Dafürhalten fast unbegrenzt. Wir sehen 
Alkoholmanieen, Alkoholmelancholieen, alkoholische Pseudopara¬ 
lysen, eine secundäre unheilbare alkoholische Dementia, einen acuten 
hallucinatorischen alkoholischen Wahnsinn, eine chronische unheil¬ 
bare alkoholische Verrücktheit, alle möglichen durch Alkoholismus 
erzeugten oder gesteigerten hypochondrischen und neurasthenischen 


Erscheinungen, von den, von den Specialisten viel mehr beachteten 
alkoholischen Lähmungen, Retinitiden etc. gar nicht zu sprechen. 
Sie werden mir eine Detaillirung dieser Zustände schenken. Ich 
räume Ihnen ja ein, dass in den meisten Fällen eine Prädisposition 
da ist. Sie müssen mir aber Ihrerseits einräumen, dass der Al- 
holiol schliesslich den Prädisponirten zugrunde richtet. 

Zwischen Alkoholgenuss und Psychopathie besteht ein Schnee- 
ballverhältniss. Diese beiden Zustände steigern sich gegenseitig. 
Die Psychopathie steigert die Alkoholsucht, und der Alkoholgenuss 
steigert die Psychopathie. Jlan komme mir hier nicht mit dem 
difteligen Unterschied zwischen Gebrauch und Missbrauch. Er ist 
schon bei normalen Menschen oft schwer genug zu machen. Bei 
Psychopathen verwischt er sich meistens ganz und gar. Bei ihnen 
vor allem ist jeder Gebrauch ein Missbrauch. Denn erstens 
werden oft psychopathologische Erscheinungen schon durch ganz 
minime Gaben erzeugt, und zweitens kann sich der Psychopath 
meistens nicht massigen. 

Man hat die Wichtigkeit dieser Frage in der Psychiatrie und 
in der Neuropathologie bisher schwer unterschätzt. Ich pflege den 
trinkenden Neuropathen oder Psychopathen, der mir sagt: „Ich 
bin doch ein verlorener Mensch, lassen Sie mich mein Unglück 
mit Alkohol oder mit Morphium betäuben“, etw r a folgendes zu ant¬ 
worten: „Sie betäuben Ihr Unglück nicht, Sic vergrössern es, und 
Ihr Zustand verschlimmert sich nur deshalb, weil Sie ihn mit Al¬ 
kohol oder mit Narcotica verschlimmern. Werden Sie Abstinent, 
dann wird Ihr Zustand um ein gutes Stück besser und dann sta¬ 
tionär. Ja, es kann sich derselbe vielleicht stetig nicht unbedeu¬ 
tend bessern.“ Die gegenseitige Steigerung der beiden Factoren 
hört auf, wenn man den einen beseitigen kann. Die erbliche 
Psychopathie können wir nicht beseitigen, wohl aber den Alkohol¬ 
genuss. Warum thun wir’s nicht? Nur aus altem eingewurzeltem 
Vorurtheil. Ich habe schon viele Fälle, welche von Collegen als 
vollständig unheilbar erklärt worden waren, wieder zu brauchbaren 
Menschen durch Abstinenz gemacht. Unter anderen gewisse Col¬ 
legen, welche schon seit Jahren als Alkoholisten oder Morphinisten 
in Irrenanstalten siechten. Einer derselben w r ar sogar als unheil¬ 
bar schwachsinnig erklärt worden und prakticirt. nun seit bald 
sieben Jahren wieder, wenn auch nur in bescheidenem Maasse. 

Der Alkoholgenuss ist eines der grössten Hindernisse zur de¬ 
finitiven Heilung der Morphinisten etc. Man muss diese Menschen 
zu vollständigen Abstinenten des Alkohols und aller Narcotica 
machen, wenn man hoffen will, sie vollständig und definitiv zu 
curiren. Ich verweise auf die Dissertation von F. Dizard: Etüde 
sur le Morphinisme et son Traitement. Gen&ve, Georg & Cie. 1893. 

Ich erwähne noch einen Fall von beständig recidivirender 
Manie, bei welchem wir die Trinkexcesse stets für Folgen der 
Manie gehalten hatten. Der Kranke hatte schon viele Anfälle im 
Burghölzli durchgemacht und war immer exquisit maniakalisch ge¬ 
wesen. Seit Jahren ist nun derselbe vollständig geheilt, nämlich 
seit er sich entschlossen hat, vollständig enthaltsam von allen al¬ 
koholischen Getränken zu bleiben. 

Die Steigerung der Aufregung der Geisteskranken zeigt sich 
bei allen Festen der Irrenanstalten, bei welchen den Kranken 
Wein oder Bier verabreicht wdrd. Ich hatte als Assistent in 
München und am Anfang meiner Thätigkeit als Direktor in Zürich 
so viel Beobachtungen in dieser Hinsicht gesammelt, dass ich un¬ 
ausgesetzt daran gearbeitet habe, die Verabreichung des Alkohols 
an die Geisteskranken zu verringern. Dadurch habe ich trotz der 
steigenden Ueberfüllung der Anstalt mit aufgeregten Elementen 
eine wachsende Ruhe erzielt, wenigstens bei allen festlichen An¬ 
gelegenheiten, Ausgängen und dergleichen mehr. Vor einem halben 
Jahr gab mir die Anschaffung einer billigen, sinnreichen Maschine 
zur Selbstbereitung der Limonade (von Dr. Sieben in Zürich con- 
struirt) die Möglichkeit, Wein, Bier und Obstw T ein bei sämmtlichen 
Patienten der Anstalt Burghölzli vollständig abzuschaffen und 
durch Milch oder Limonade zu ersetzen. Seither können wir mit 
fast 200 Patienten bei festlichen Anlässen bis Nachts 11 Uhr ge- 
müthlich am Tisch im Festsaal singend und uns unterhaltend 
sitzen bleiben, ohne dass sich je die geringste Aufregung ereignet. 
Der gefährliche künstliche Aufreger des Gehirns ist eben zum 
Glück nicht mehr da. Dem Wartepersonal steht für sich der 
mässige Alkoholgenuss frei, doch nicht bei den gemeinsamen fest¬ 
lichen Gelegenheiten mit den Kranken. Aber sehr viele Wärter 
und Wärterinnen ziehen es vor, die Vergütung in Geld zu be¬ 
ziehen, um so mehr, als sie die Vortheile der Abstinenz de potu 
kennen lernen. Und so kann ich sägen, dass die früheren wüsten 
Saufscenen und Aufregungen, die trotz aller Vorsicht und trotz 
aller Strafen immer wieder ab und zu vorkamen, aus der Anstalt 
verschwunden sind. 

Selbstverständlich fällt es mir nicht ein, den Alkohol als Ur¬ 
sache der meisten Geistesstörungen hinzustellen, obwohl er durch 
Verderben des Keimplasmas indirekt noch viel mehr solche erzeugt, 


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i>Ei7TSCHE ymmmscm Wochenschrift. 


als direkt, durch Vergiftung des Gehirns. Aber ich will fnstnagefo, 
dass or nicht mir -viele iAyrF'mro und N-mroD'm twmgr-, 
eine gm hmimitend* Ä# anderer und untwMfo, 

äo do*s seine ehiiVmhh tmaloAhuÄgmm oft Oimfrn.-mh ernte Heil- 

rrsulUtr. zeitigt. an vHcbr mumi gA' nmhJ iD'hoda _h;Hi.*. Ich 

KebliMsn darmm. d?>s^ es böfdiSto Z»it ^k<\ dem ßtdspiel der 
Irmuinstalten der .Stadt Lamild» und dm* Klinik MChsetT* verehrt ca 
dottegeü KrSfielin in Hoidelborg zu h%mi me».Min iimms. Mler 
geisiHHA GeDAnkc in dm. .immaind-itUvu Und . NennenheiiMnetülten 

guu/Jiel, KU fSA toichtoi heutzutage, ^ die- 

seihen durch Syrupo; JD-uiAl-uAa Limonaden, Theo und de'rgdekdimL 
vor ulltuu über duKd. gutes WushHr zu eRmtK<m Freilich^« ird die 
■rtsid.ui-M Ufiim 4 «.- mmabor [h.tiimleu ln folg*- daw« die Finkflnife 
layiirhc»- An.-tnH.en H w.-m -«Jtitijlitan. Doch wi»d *tm> jeder ehr- 
iir.hr Arzt darüber nur freuen.- 

IL Ans dem; Lg?:aniski*ankerih&ri&e in “Berlin. 
tTeber zwei totale Mägenrosectiönen beim 
Menschen 1 ). 

Von I'cof. iktigimbOfÄ in JLWIin. 

Tra Mai dieses . Jahres gfdungta dA 58jhhi%e Fron Lohmuua 
zur • Aufnahme' ja <jae Loziruokrenkt-nh;tun: An soi.ke au rinot- 
Wamkmniere leiden uml vfwiriolrl» operirt. zu Ford cd. 

]»!•• Pnlieaiin war-mm^er«! eeacc Kvigto>i'ti»\ Verdi*öh t»£'kwfmkD' jHü? 
Hßutkubn ijnd w;vi ro xdiWfLtiU« fe? tse in .den UdActi Wimbcn luU-le dos 
Beu hüten Tnitswiu. : - ... 

Hirn liaupt.klagrc dreh re Ach um den : vor »m; »o Talmi ui wo 

Sui y-le von /.< 1 .’ ’.v10i)v’ 1 • i * • !•, In f dfnn W'iidun. wub-n stell !>{<■*(♦ »iU‘*ls 

ein AusiiAA^a von heiler Flbssigkait. ous döH! .Munde zeist«-. 
Uolmlkeif. litws üuHi r-tnigou WucheR noch. degegi-n AAUe sich ten 
sebnu'i'/JiultiA HfueVgi'füld »W völ. wArtaA auch judpi Mahlzeit 

WJmdtua um) jFOfa? allmtiirÜob iFriifi. dass diu Ihdienliti hat nicht# nfföfiT 
gr.nu.^SKU kduidu. tU(U (ins wgitjge Jj.himit*:V£eschItir'Mr A'A 5u> ' s AA mdor 

xroti Sirli ihdlnA rfiUst^fh. ).rd‘Oj^ .dessen iidtfA sk ; im lulKieu Jah-rt .sMUihv 
inutii’ als 40 Phinrt \<>\h Khrp^ghwlrjjt Tiu*loroh unh musste, Wie. suhoo 
LhAigt, iluer LT-'rsen Sujnv.,;’})>.* wert-.ji da- Hett hhiun, 

"8fd d«-.r (I n f-lSU' l; un*: hmd sudi im iiiduui Hypo.-lnusHpfmi sdler- 
diiirJß rmo itujreßfm'üiigi* OtApUwnlst. droshlh*^ \Wjr 4ötb IbtdUrb tnn\ og' 


nl^ äfnl hoköeafd^tttkteit Oi'gifltu , , 

Ai] iimskio diu i)iagtioso auf- A]o-t'iU.n>?rrinru’V^u 4 ien mul h».^eMn«s, 
deo i .t‘\b xn Uffiniu, um wo mhgj.ie-h. «f.i'o IWeu ri nnt du.r (’iesuhwidst ilnnm 
cmsehiiessoiw.ii UdumA. _ . - 

Hins -würfle j)M t Jüliri& rorgtutuiiUrmn; nöd hostijtigfu 

■meiiiu -Idr.^üose. Lü»r Mögen sölbsu ani'ihi] lu.Hr] kluln and jueammmw 
^ ■'..1,(11. w;-u‘ der ii.ker ihr C/»,• liWuUt. wu-leht: ini Wernhilu-.Ueu du\ 
Hniiuiüv ne i‘i)»n;h!tn :\r< der- grossem Cumijur -/..Affden .sirh "b\w ideun- 
t-i»AühvvUlfc 1 ,l»ihichiru, • dlb; auf .da?, rimardvim, nie.jus iiheruf^rijtnn iinU-Mii. 
Ifie Je’hnr erwies sjeti nis iiiuw frei mu Mef:i.s)!usuü. ehimso die beiiacij- 
iHti’lun Lyrnpluh-Usori 

Cs wv/e ivkii-, dass, wuot) itiu Operation .UhurlUrupt Sinn i.udten 
sollte, so ?.iüm]je!i der ivo.n/.e Hngex» füllen muss tm, und dies könnt»; 
Cudenken errfgea, wenn w>r dov-.Ma^euriirrl^d.uiig joudt die altlief- 
gebenchk» grosse Bedeutuiig für die' Emiihru-ng hAlugt;i>..■ müssto.ir,' 
Dom ist Hher tutuh AArsinAiU; von Ogata, v. Nuordou und 
de Filigpi 1 ) imdit so. Rrst^m- erniUirte Ö\nule durch#>e lAhoruA . 
iick-l, ohne ikisÄ vqo der Nahrung etwas in den Magen, kommen 
konnte;, utul de 'Filippi exstirpu’te eniotn Bundaden gtrnzon 
fdam davs dessen Ernährung darunter iiitr auch hatten r. Hneker 
und Billruth wegen f^yinpho^arkmi, schon recht grosse Magen- 
povtiouöh nät Vorthtdl uuttVrntv An^Achts dioKW' Tlmtfüiehen/ 
und d«m traurigen 2u$tanik' der Kranken Adiiun also ü&i dpoftdifve 
Eingriff! gHrechtt-ortigt,. 

(.ipeThUon, verlkd' iolgetidormaasrinn; ZunUrhßt worden dir boidnn 
Not/.«: 1 , yon ,den Cürssif.imH) nhgntreniii,. und vom giogserun Netzf noch • ».‘in 
Richelihrniv^uii, die Ktiniuhm trügende? Stiick iortgytuottiiton. Ilicnuu-li 
wurde der Magen aus der linueinnmdH so weii alv ud'gliQh himvOlVOüuub/i 
and dmm th» BHutkwuiide Avibdev rhu?chhNiih^* gnsnhios-x^u Dpi dio Bßd$a 



_>im£ 

Uf ^iXrijctpU 


^Ia'^u'V' • Dv¥! ic 

Ar,-, -fi' 

V ‘ ^ - ''i' 1 . n*vö; _ '-'■ 

. • Wtf#;. .Cjf’ A 


. || p .• -. - 

thnfango eines gewöhnUchon nicht ansged&batep DüumlamiA, whiii;4u 
die des CöJ'düdliieilerj noeb etwas .t-ricb.tm-thrmtg orwodeu war. es 
also ein kleiner Thtdl d^rsnlhtm um dumh aine naeh vtrü ^ 

Ihgcnc kurze Zwiekcinubl geirWesßeü wer'de.ß. Dev neue Mtigcu haUu 
wohl 4öäR4nmiöhftl|';€iiiö5 HfÜifiöreles, - Sdttut-Wiir dih^keoBh^^i ^fd ^ 
tmd es liamlßUe Ach nur noch um dnn Brhlufik dös 
De sei könnte durch, dis fhmti'ovrhnidne oder GüSltocnieinsi-omAu WwirK! 
wordim. Ich entschied mich aus später'.6tm‘hf%h rwordfeiiilftii Ornoden 
j'itr das erst wre Verfahren. 

Eh kam- mir mich der 'Vereiaignog vor aliero. d&t«uf m, %»AA 
Nlthtö Ttii-gunds mit dem Lhuichüiucro tu duokio BerUtamg thUtMi, ik y\ 
da? Aufgeheu von oiüct Nabt, was sich hekimntlich gern im-Z>A'kD"'U)D-!' 
cnUgüeth t-rhon die thdthehc Poritoniti^ lioihidztilUhren niV^gi. -'J'd.i wj 
dfishulb die “PylÄiWpftftie/ifeö; wnit; Ms möglich aus der ;{kiu?dWftmh Wa 
vor «ml bcfestigte Dt» immrhalb. dnAhiPmit dergesi^lt mit >hthF r u;4ys }f^ 
grnsscrpi vordere, F lh>"he g«vnv. nach an&bon lag^ wsbiund $i Mcim-r»’ 
hintere mi(. .fodofortnga/e hin länglich, untm-packt • wurde. tu„ gc- v„n ,o- 
BauchhOhlo gwrt /.« -isoliron. Dergleichen' wurde öueh tli»j fjn^.-ik.üu» .•?«•: 
kurzen ZwkAmn;üA welche für diesen Fall nach vom verbot WRi.hmh 
eijatiti Nniitkranx dergeBiält. in Restihfeimg der BswbWHi*hiknt 
iöfesung der. Haut, eingetiithi; dass auch m nicht v«-.vsHtikt wtirdg, 
StiHdnrn «ähh au»söu sehend von der BnucMiöliie >*i*ii-wi>d^UäsA-u 

war, ne — »KU*.r vigUwehr dt‘-.r Magenyl.mdFß. der ;i'H* Zirictvi-irald- tni'^ hi 
diesem Nahthntfi/e blieb natürlich ciju; kleine Lücke ÄhSgd^rk .Le 
d'us Endo dey (hizrsI.nVih'.nS hervormgro, 

Ek wiLj-.iiVin dom-erfahrenen Lesar hewuskt sein, tlü^.dffAVi* 
weiidüug^torru (im ratnpowimuhm .Tftdtilormgföp keine jsiuiz- 
gmtigo Bache .ist. idclduht mar z. 11 einen gLtt 
U-gteji der Moteria umer deo gcwühlüm . < h^ntlici!; 

kann er ln einigen Tagen so fest otnheBe», döss-.DUjtf ßidh»rk^ 
oicht geringe Achwiorig-knitcti bereitet «nd die noch friw‘hi‘.e A.lli.a 
MOheh von wicht, versehkihu Goweidetbdlch, wirdor ^rntg-u V^k. ] 
jrh rat.be daher diese Guzentreihm .vermittelst, .o-mer K< rnyor.*.--- 
'immer derart, nuter den vorliegmidcn Magen' oder .DarBdheil o> 
f;i:iü'd,t‘i), d;isK er Arb forflaufc.Mii und rerhlwiukHg zur 
.tirteh Art cdüev HalkkrutiBO faitMo ifefSh «uv fö ^sst<: <>• • _ 

Ach zu jeder Zeit, oueh \\onn ^dum eine A nitiD.h/ig um..«»ni or-.c 
uuIbDotieu omgetreUm kt, uhöb selhldltche 
limcnAirfbiderü. 

. ; .Dlese van einer Versenkung dtr genahten Thede iflegun.-, 
ahfegdmmle VerKorg'tvng, weiche von C f i erny und mir hrÄ^"- 
zutm für m ideale Choiec-ystototaiö «nerst mitgfohhui wifrtlu, l»l 
eueb hier sehr gute Dieustc geleistet,, nur hedartssp, 

spS.LT schein wer daß, noch einor wcitcrcxi m ethöshkbKMio«’ 
wetJit kid IhrCffl immpr gtrnW '.vu!tewm€R.';ar^^öj#;:s# 

Pie P&lieittifl halte mir. Wenige < ja dm Ä« 

Äflm ! Tföiifen. Watuiktk > exhgs^&^L- 'öiß hatte; Äto.L.tiigmD pj ö y.;/ 
aber nqr als TastWirkuhg empioDömi und- war infolge 4 ^*-^ A 
öhrratioTi, welche Uh Stutidrti datierte. nicht allwisMb’■. ' v 

8dmn gegen Ahvwl t ,rrdA{ Du etwas Milch und ^pktörhin w&m* 
EigDh im« Zihilätf, m* üwbm twM helftaniptb. ihr fiinife M ^ 
Hon Ttiges wurde winiieph*fli : ähssigö Nährüiig gcivichti dorn. ehv }*. 
’Dmiportilhr bosD'mdig und orrhichto- gefCh Vöb« .w’^ 

ItlQ PuisschhluC gezahlt .wciAen konnten. Die I ahcmi« 
loi'on. obgleich eich weder (.iuo Spur von Petflmutis, »tioh ^ l, ?{Jf 
ui dc Entzitudnchkrif au tbir Winnie nacb^msen Uess. aoin v 


sich uugimniin stdmeih uml auch die Wotidc m% 
s.uvuif !i, dass uswli wetiiovn Tagen nur noch ein pchiiD.d' um i >«>■ 
Arciton sichtbnr unr., ... , . , , v ,, IIt0 

'-> Vom.dDtti^Q Tag^ hu iiähm dio bBreitg FleWtliirttuW^ - , 

mul alr* sro. nach oioigem liVoehcß dks Hftue veriio^r ^ r 
mr ziigfmommeti:. trmzdam sie , u ...' 

^pit^itpneuKifdito «dl StutojjQg; dos -Bewtisskuuns l « ' 

Auch Ä>r Fall fordert, in ÖMifta« w} -TwL 
w Hocker ihm» TUHroth dazu mt Kc^cbmm« 
vo-f Her aiisg'edabntesica Re^octiou dos von .TdmoDbl nstmg^ » 
Magrno zu ßcimucn. 

ich w üidc iudessen in eol c]* cu Fällen He« 

Biomais vor sei» kr it, sondern durch Nähte mögne t» 
P«rUom*a) erhsiUon. _! . .ä£*J$ k 

\ . Es KUtt^, fitf‘ dfe^ß Oporatiun mich dxr; 
li'ngA huimncn kOunou, doch ncshiieiut Ac mir AenigM- ^ t 
Totairosoctioumi dcsAtagorie dicht angrzcigt. lAFahzum ^ . fri1l!r) 

iihoii oApfok wte' hach : hHmufgoxogtm mh^»te 



öph? PoiTpIrhrio^üHde dem FaioUaLtumplA’ ^ )n !^ Ä ' V ?> Crmvaw^ 
di« a.'uztdmrhn.dn ^kunosu, üud Av somit ,. ;il ^|. 

ZVk-kHä^t 'afeo wi^jMw» ’HvJ*«. 

wmidr auf >fßn Ztm'? cJc^üldiebctibn BcgiOüthod \ nfisrfÄilä^ 
wiesen, nrul di»Amr kAnotc wieder iii Uloiu |bth. i Ugjjptr 

hoch der Wifnilritig diA Tyhrt»Kt-bed.« gcB^Htio^oeti fernem - 
viel den Nahfmsl Anderorseit« ist di« Vcrndlnihg ..^ • 

ge-ih£coni‘h PyloniB- und Curdiiilmm^ohcJ l+m, Hto * ' vnr Ä«f 
&amrho«zubrjiigfeu And. mhe loichDA heido Imme - nattß 
\VirlvmHh«lo,. der lotztorc HÄ? liöhflr Als der Fyloruf. 








27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


969 


mit entfernt werden müssen, dann freilich wäre die Gastroentero- 
stomose sicher das zunächstliegende Verfahren. 

Immerhin ist diese Frage der Methodenwahl nur eine secun- 
däre, der gegenüber die Versorgung dos genähten Organes, wie ich 
sie soeben schilderte, von weit grösserem, ja ausschlaggebendem 
Gewichte zu sein scheint. 

Der zweite Fall, den man ebenfalls als eine Totalresection des 
Magens bezeichnen kann, betraf eine 56jährige Frau, die sehr 
elend, cachectisch und mit einem gut fühlbaren faustgrossen Tu¬ 
mor in der Magengegend in unsere Behandlung kam. Die Dia¬ 
gnose: Magencarciuom war hier auf den ersten Blick zu stellen. 

Der soeben demonstrirte Erfolg veranlasste uns auch hier 
einen operativen Versuch zu machen. 

Der Leib ward unter minimalster Narkose geöffnet, und nachdem das 
Fehlen aller fühlbaren Metastasen constatirt war, der Magen, nach Trennung 
einer thalergrossen Adhäsion mit der Bauchdecke, aus der Bauchwunde 
hervorgezogen. Obgleich das Organ mit der grössten Schonung angefasst 
wurde, nss die Magenwand am cardialen Ende auf mehrere Centimeter 
ein, und es erwies sich, dass das Gewebe so atrophisch verdünnt und 
morsch war, als handele es sich um eine echte Gastromalacie in vivo, 
welche ja früher als vorkommend angenommen wurde. Das Loch wurde 
mit Nähten geschlossen, die bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit keinen 
sehr vertrauenswürdigen Eindruck hinterliessen, welche aber im Verein 
mit den übrigen Suturen, die nach der Austrennung des Magens angelegt 
waren, ebenso wie im vorigen Falle, durch Einnähen in die Bauchwunde 
extraperitoneal versorgt wurden. 

Meine Befürchtungen erwiesen sich als gerechtfertigt, denn als am 
dritten Tage der Verband gewechselt wurde, floss uns der Mageninhalt 
aus der theilweise aufgegangenen Zwickelnaht entgegen. Bald zeigte es 
sich, dass ungenügende Nahrung in den Darm gelangte und die bereits 
sehr weit inanirte Kranke trotz der ernährenden Klystiere schwächer 
wurde. Wir suchten deshalb durch die Magenfistol ” ein Rohr in das 
Duodenum einzuführen, hatten aber hierbei infolge des pyiorischen Wider¬ 
standes das Unglück den Bauchdeckenverschluss am unteren Rande zu 
lockern, so dass sich eine lokale Peritonitis an dieser Stelle ausbildete. 
Am Ende des sechsten Tages starb die Patientin. Bei der Section 
wurde nur diese lokale, aber keine diffuse Peritonitis, ge¬ 
funden. 

Die Operation war also als Laparotomie, bei der doch immer 
die Peritonitis zuerst zu fürchten ist, geglückt, und sie wäre viel¬ 
leicht ganz geglückt, wenn wir hierbei noch einen kleinen Kunst¬ 
griff angewandt hätten, um die Schwierigkeit der Ernährung aus- 
zuschliessen. 

Dieser wird in zukünftigen Fällen darin bestehen, dass ich den 
in die Bauchwunde eingenähten, die Nähte tragenden Magentkeil 
sogleich plastisch mit einem verschobenen Hauptlappen bedecke. 
Dann wird sich das viscerale Peritoneum schnell mit der wunden 
Fläche des Lappens verkleben, und wir werden somit vom Halten 
der Nähte mit jedem Tage unabhängiger werden. 

Unsere beiden Magenresectionen waren natürlich nicht absolut 
totale, diese dürften auch nach der c«ardialen Richtung hin ziem¬ 
lich unausführbar sein. Auch der Cardialtheil hat wie das Caput 
humeri seinen anatomischen und seinen chirurgischen Hals. Unter 
dieser Betrachtung aber können unsere beiden Operationen wohl 
als Totalresectionen des Magens bezeichnet werden, denn es war 
in beiden so viel fortgenommen, als technisch irgend möglich scheint. 

Die genesene Patientin wurde am 10. December, also 193 
Tage nach der Operation, in vollster Gesundheit und Ernährung 
der freien Vereinigung der Chirurgen vorgeführt. 

Zum Schlüsse möchte ich noch einmal die Hauptpunkte auf¬ 
zählen, welche zum Gelingen auch der ausgedehntesten Magen- 
resection beitragen dürften. 

Diese Hauptpunkte sind: Die minimale Narcotisirung, das 
Fernhalten aller Antiseptica von der Bauchhöhle, die extraperi¬ 
toneale Vornahme der Exeision, wie der Naht, die Umpackung der 
hinteren Hälfte des Nahtringes mit Gaze, die dauernde extraperi¬ 
toneale Vorlagerung aller übrigen Nähte, besonders auch der Zwickel¬ 
naht durch Einnähen des umliegenden Magengewebes in die Bauch¬ 
öffnung, die plastische Bedeckung der vorliegenden Magenpartie 
mit einem verschobenen Hautlappen und schliesslich die früher 
schon von Hahn dringend empfohlene frühzeitige Ernährung des Pa¬ 
tienten per os, welche allerdings in manchen Fällen auch die Halt¬ 
barkeit der Nähte gefährden mag, und — gerade um deswillen — 
halte ich die extraperitoneale Einnähung des die Nähte tragenden 
Magentheiles in Verbindung mit dessen plastischer Hautüberdeckung 
für nützlich und nöthig. 

Bei dem heutigen Stande der Krebstherapie erscheint die Be¬ 
seitigung eines Magencarcinomes nur auf chirurgischem Wege er¬ 
reichbar; unsere Mittheilung wünscht darzuthun, dass in dieser 
Beziehung an die Leistungsfähigkeit der Chirurgie recht weit¬ 
gehende Ansprüche gestellt werden können. 


III. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Geheimen 
Obermcdicinalraths Prof. Dr. v. Bardeleben in Berlin. 
Die Naht hei Luxation im Akromioclavi- 
culargelenk. 1 ) 

Von Stabsarzt Dr. Albers, Assistenten der Klinik. 

Die Luxationen im Akromioclaviculargelenk werden ge¬ 
wöhnlich nach der Stellung des hierbei am auffallendsten dis- 
locirten lateralen Schlüsselbeinendes bezeiclmet und demgemäss als 
supra- und infraakromiale Verrenkungen dor Clavicula unter¬ 
schieden; nach der sonst üblichen Terminologie müssten diese Luxa¬ 
tionen eigentlich als solche des Schulterblattes bezeichnet werden. 
Die supraakromiale Luxation ist die häufigere, sie ist auch häufiger 
als die Luxationen des sternalen Eudes der Clavicula und nimmt 
deshalb ein allgemeineres chirurgisches Interesse in Anspruch. 

Nach den statistischen Ermittelungen von Gurlt und Krön¬ 
lein beträgt die Frequenz dieser Verrenkung 2,4—2,7% aller 
Verrenkungen, Defraneesclii fand unter einem kleineren Boob- 
achtungsmaterial der Wölfler’schen Klinik in Graz eine Frequenz 
von 6%, während sich die Häufigkeit ihres Zugangs auf der 
chirurgischen Klinik des Herrn Geheimraths v. Bardeleben in 
der Königlichen Charite, wenigstens in früheren Jahren, mit den 
von Gurlt und Krönlein gefundenen Zahlen deckt. Hier sind 
nämlich in der Zeit vom 1. Januar 1880 bis 31. März 1892 unter 
einer Gesammtzahl von 191 Luxationen 6 Fälle von supraakro- 
mialer Verrenkung des Schlüsselbeins zugegangen, d. h. annähernd 
3°/ 0 . In den letzten beiden bei dieser Statistik noch nicht berück¬ 
sichtigten Jahren kamen vier Fälle der Luxation vor. 

Nach Malgaigne ist je nach der Ausdehnung der Zerreissung 
des von Akromion und Rabenschnabelfortsatz zum Schlüsselbein 
ziehenden Bandapparates eine unvollständige und eine vollständige 
Luxation zu unterscheiden, was für die Wahl der einzuschlagenden 
Therapie voll gewürdigt werden muss. Für die Behandlung sind 
nämlich eine grosse Anzahl von Verbänden und mehr oder weniger 
kunstvollen Bandagen empfohlen, auf deren Beschreibung ich hier 
nicht näher eingehen will, zumal alle Lehrbücher darüber einig 
sind, dass durch diese Vorrichtungen die Reposition allerdings zu¬ 
nächst leicht gelingt, dass aber die Erhaltung der richtigen Lage 
auf die Dauer schwierig sei und deshalb meistens Heilung mit 
Deformität erfolge (Tillmanns, König, Hüter, Bardeleben). 
Hinsichtlich der Bedeutung dieser Deformität, oder besser gesagt 
der Diastase zwischen den Gelenkenden finden sich in der Litte- 
ratur einige Widersprüche, die möglicherweise aus den graduellen 
Unterschieden der Luxationen zu erklären sind; so sagt Hoffa, 
dass die Heilung meist ohne bedeutende Functionsstörung, aber 
mit mehr oder weniger erheblicher Dislocation erfolge, während 
Fischer angiebt, dass die Deformität den Gebrauch des Armes 
bei schwerer Arbeit störe; äuch die neueren Lehrbücher von König 
und Tillmanns theilen diese letztere Ansicht. Zur Lösung dieser 
Frage, welche bei der Bourtheilung der Dienst- bezw. Erwerbs¬ 
fähigkeit von Bedeutung ist, können die vier Fälle einen Beitrag 
liefern, die ich als Assistent der Klinik des Herrn Geheimrath 
v. Bardeleben zu beobachten Gelegenheit hatte. 

Zwei der von mir beobachteten Fälle waren unvollständige 
Luxationen, die eine derselben heilte unter Velpeau’schem Verbände 
in einigen Wochen mit geringer, etwa % cm betragender Diastase 
und hinterliess keinerlei Functionsstörungen; die andere zu dieser 
Kategorie gehörende Verrenkung war eine offene, dieselbe war 
durch einen Messerstich entstanden, welcher das Kapselband des 
Akromioclaviculargelenks in einer Ausdehnung von circa 3 cm glatt 
durchtrennt hatte. Die Dislocation betrug in diesem Falle etwa 
1 %—2 cm, das Kapselband wurde durch fortlaufende Catgutnaht 
wieder vereinigt, dann wurden die übrigen Weiohtheile schicht¬ 
weise durch fortlaufende Catgutnaht geschlossen. Die Heilung er¬ 
folgte ohne Deformität und ohne Functionsstörung, nachdem nur 
für einige Tage ein „Velpeau“ angelegt war. Von den beiden voll¬ 
ständigen Luxationen wurde die eine ausschliesslich mit fixirenden 
Verbänden behandelt, worunter trotz mehrwöchentlicher Behandlung 
nur eine Heilung mit Deformität erzielt wurde; die Diastase be¬ 
trug schliesslich 2—3 cm und störte die Function nicht unerheb¬ 
lich, namentlich war das Erheben des Armes über die Horizontale 
wesentlich erschwert. 

Nachdem also dieser Fall die Erfahrungen anderer' hinsicht¬ 
lich der Functionsstörung bestätigt hatte, lag es nahe, bei 
einem neuerdings mit der gleichen Verletzung zugegangenen 
Patienten eine bisher noch wenig zur Ausführung gelangte Be¬ 
handlungsmethode zu versuchen, welche eine sichere Vereinigung 
der dislocirten Gelenkenden durch die Naht erstrebt. Für die 


! ) Vortrag, gehalten in der Sitzung der Berliner militärarztlichen 
Gesellschaft am 21. Juli 1894. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



970 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ausführung der Naht concurriren zwei Methoden, die subcutane 
und die Naht nach Freilegung der zu vereinigenden Knochen. Die 
subcutane Naht ist zuerst von W. Baum empfohlen und später 
auch von Helferich angewandt. Dabei werden durch die Stümpfe 
der zerrissenen Bänder Seidenfäden gelegt, welche nach Reposition 
der Gelenkenden über Heftpflasterrollen geknüpft werden. Die 
offene-Naht ist schon im Jahre 1861 von Cooper bei drei Kranken 
mit Erfolg ausgeführt, er vereinigte die freigelegten Gelenkenden 
durch Drahtnähte, fand indessen trotz seiner guten Resultate keine 
Nachfolge, wohl wegen der in vorantiseptischer Zeit schwierigen 
Beherrschung der durch die Operation gesetzten Wund Verhältnisse. 
Erst im Jahre 1889 benntzte Agostino Paci zum erstenmale 
wieder die Knochennaht, die im folgenden Jahre von Poirier und 
Rieffel und neuerdings auch von Jul. Wolff und Le Bec 
empfohlen wurde. 

Mit Genehmigung meines Herrn Chefs habe ich nun bei dem 
zuletzt in Zugang gekommenen Fall einer vollständigen supra- 
akromialen Luxation des Schlüsselbeins die Knochennaht ausge- 
führt, und ich gestatte mir, Ihnen, diesen Patienten hier vorzustellen. 

Der 28jährige Patient erhielt am 14. März d. J. beim Ueberschreiten 
des Fahrdammes von einer Droschkendeiehsel einen Stoss gegen den 
Rücken, er fiel nach vom, wurde von den Pferden und den Rädern der 
Droschke nicht weiter berührt und hatte nach dem Aufstehen heftige 
Schmerzen in der rechten Schulter, die ihn veranlassten, sofort die Charitd 
aufzusuchen. Ich sah den Patienten unmittelbar nach der Aufnahme und 
fand eine subcutane Zerreissung des zwischen Schulterblatt und Schlüssel¬ 
bein vorhandenen Bandapparates. Das akromialo Ende der Clavicula war 
weit nach hinten und oben, das Akromion nach vorn und unten dislocirt, 
die Diastase der Gelenkflächen betrug über 6 cm. Patient wurde für die 
ersten sechs Tage mit Velpeau’schem Verbände behandelt, der schlecht 
ertragen wurde, weil sich unter demselben ein Schweissekzem bildete. 
Dann wurde am siebenten Krankheitstage die Knochennaht in Narkose 
(Bromäthyl-Aether) vorgenommen. Dabei wurde das Gelenk nach Re¬ 
position der dislocirten Knochen durch einen 5 cm langen, vom Schlüssel¬ 
bein zum Akromion verlaufenden Schnitt freigelegt, darauf Akromion und 
Clavicula schräg durchbohrt und dann mit einem dicken Silberdraht ver¬ 
einigt, dessen zusammengedrehte Enden in den Knochen hineingedrückt 
wurden, um eine spätere Reizung der Weichtheile durch die Drahtenden 
zu verhüten. Eine schichtweise Vereinigung der Weichtheile durch fort¬ 
laufende Catgutnaht beschloss die Operation, nach welcher ein aseptischer 
Verband bei Velpeau’schcr Armhaltung angelegt wurde. Die Heilung 
erfolgte glatt, per primam intentionem. Schon vom vierten Tage an truo- 
ratient nur eine Mitelle, die nach weiteren vier Tagen fortfiel. Von nun 
an wurden Bewegungen im Schultergelenk ausgeführt und nach Ablauf 
der vierten Krankheitswoche konnte der Patient geheilt entlassen werden • 
eine buncüonsstörung oder irgend welche Deformität war nicht zurück¬ 
geblieben. 

Ich habe den Patienten vor einigen Tagen zum ersten male 
wieder gesehen, er hat seinen Beruf als Friseur austiben können 
wozu doch gerade eine recht freie Beweglichkeit des Schulter¬ 
gelenkes erforderlich ist. Eine Störung der Function, eine Diastase 
der Gelenkenden, irgend welche Deformität besteht auch jetzt nicht 
der Silberdraht ist ganz reizlos eingeheilt, nur eine röthlielie Narbe 
bezeichnet noch die Stelle der Operation. 

Dieser ideale Erfolg spricht für die frühzeitige Naht bei voll¬ 
ständiger subcutaner supraakromialer Luxation der Clavicula. und 

dl ? S( L desbalb da > wo man aseptische Wund¬ 
verhältnisse schaffen kann, empfehlen zu dürfen, zumal durch ihre 
Anwendung das Heilverfahren erheblich abgekürzt wird, den Arm 

f^-fi en i? e -f Verbä 5 d ?c b ? k ! überdüssi & werden und deshalb Gelenk- 
steingkeiten und Muskelatrophieen ausbleiben 

. Bei unvollständiger Luxation scheint die Naht überflüssig zu 
sein, wenn es sich um subcutane Fälle handelt, weil so wie so 

ä'«^i 1 n I1 ^ törUngell .i a ^ Sb i® lben; dagegen dttrfte bei complicirten 
Formen dieser unvollständigen Luxation die Bändernaht genügen. 

Litteratur. 

^ 0 „? ehrb ü he L de ^ ir , ur ^ e von Bardeleben, Hueter, König Till- 
— H n Fi R r?° ff q dor Fracturen und Luxationen, 2.Aufl.’, 1891. 

H. Fischer, Specielle Chirurgie 1892. — Defranceschi Ueber die 

1892' a No m 24 0 L Te R n J er s-il arl 7V a i ? er i iner fische Wochenschrift 
j iNo. - Le Bec, Silberdrahtnaht bei traumatischer VerrAntmto- 

?“cSXÄ ffoäSgiäii /•;'£• "Sä 1 ? 

Ms'-» “i - 


IV. Die Ausreissung des Nervus trigemim 
zur Beseitigung schwerer Neuralgieen. 1 ) 

Von Dr. Knrewski in Berlin. 

,, J? le “l'weren Gesundheitsstörungen, welche die Neuralgie 
des Nervus trigeminus im Gefolge haben, und die Unsichere f d 
therapeutischen Resultate der so überaus verschiedenaSen ,5 

lj Zum Theil im Verein für innere Mediein vorgetragen. 


NoJ)2 

zahlreichen Methoden zu ihrer Bekämpfung haben abgesehen von 
den Bemühungen der inneren Mediein im Kampfe gegen diese Uebel 
eine ganze Reihe von Vorschlägen zu seiner operativen Beseitigung 
hervorgebracht. Der Scharfsinn und die Kunstfertigkeit der her¬ 
vorragendsten Chirurgen wetteifern darin, durch immer kühnere 
die subtilste Kenntniss und Beherrschung anatomischen wie chirur¬ 
gischen Wissens voraussetzende Eingriffe immer mehr die Krank¬ 
heit am Centralpunkt ihrer Entstehung anzugreifen. Von der ur¬ 
sprünglichen Dehnung der peripheren Endigungen ist man über 
den Weg der Durchschneidung und Ausschneidung der Stämme in 
ihrem Verlauf odei bei ihrem Austritt an der Schädelbasis all¬ 
mählich dahin gelangt, innerhalb der Kopfhöhle selbst den Trige¬ 
minusstamm und den gemeinsamen Ausgangspunkt seiner Aeste, 
das Ganglion Gasseri anzugreifen. Man ist auf diese Weise mit 
der Zeit dahin gekommen, zur Beseitigung der an sich nicht 
lebensgefährlichen Krankheit Operationen auszuführen, die theils 
entstellender Natur sind, theils functionelle Störungen (Kiefer¬ 
klemme), theils sogar schwere körperliche Defecte (Panophthalmitis) 
herbeiführen, oder endlich das Leben direkt gefährden (Shok, Blu¬ 
tung). Aus dieser Thatsache der allmählichen Steigerung der Ge¬ 
fährlichkeit in der Auswahl der Mittel und aus der anderen, dass 
selbst bei der Gleichartigkeit der in Frage kommenden Operation 
die für ihre Vollendung gewählte Methode ausserordentlich oft 
variirt ist, geht zweierlei hervor: 1) dass die Krankheit die davon 
Befallenen so sehr in ihrem Lebensgenuss beeinträchtigt, dass sie 
zu jedem Eingriff, sich von ihr befreien zu lassen, ihre Einwilli¬ 
gung geben, und 2) dass der Erfolg der verschiedenen Operationen 
ein sehr unsicherer ist. 

Die Gründe für die Misserfolge und die Rückfälle nach guten 
Resultaten liegen aber gewiss nur zum Theil in der Unzuläng¬ 
lichkeit der angewandten Mittel. Die Trigeminusneuralgie, welche 
nach consequenter Anwendung von Abführmitteln aufhört, Ist sicher¬ 
lich ätiologisch ganz anderer Natur wie diejenige, welche nach 
Extraction aller Zähne weicht, oder wie diejenige, bei welcher 
Patient und Arzt schliesslich nicht davor zurückschrecken, die 
Schädelhöhle zu eröffnen, um unter schweren Gefahren das Gang¬ 
lion Gasseri zu reseeiren. Nichtsdestoweniger scheint fest zu 
stehen, dass eine überwiegend grosse Zahl von Neuralgieen der 
einzelnen Stämme oder des ganzen Trigeminus ihren Anfang neh¬ 
men in den peripheren Endigungen und dass die Zahncaries die 
allergewöhnlichste Ursache der primären Affection dieser Endäste 
ist. In den zunächst ergriffenen Dentalnerven entsteht eine Neu¬ 
ritis, die centralwärts ascendirend schliesslich den Stamm ergreift 
und von ihm auf das Ganglion übergeht. Die Anastomosen zwi¬ 
schen den drei Stämmen ermöglichen eine Uebertragung des Pro- 
cesses von einem auf den anderen, und so kann, wohl noch bevor 
die centrale gemeinsame Ausgangsstelle von der Affection erreicht 
ist, die Neuralgie vom dritten auf den zweiten Ast — oder um¬ 
gekehrt — und auf den ersten Ast überspringen. Oft genug ge- 
liugt es durch Fortschaffung der peripheren Ursache der Krankheit 
Herr zu werden und dadurch den Beweis zu erbringen, dass die 
Endäste des Trigeminus Träger der Neuralgie sind. Nur so lassen 
sich die Erfolge von Extraction anscheinend oder wirklich gesunder 
Zähne und der Resection der Processus alveolares erklären. Häufiger 
hat der entzündliche Process bereits grosse Strecken des Nerven 
erfasst, und dann ist es erforderlich, diese gänzlich auszuschalten, 
um eine dauernde Heilung zu erzielen. Die Misserfolge der Re¬ 
section des Nerven dürfte in einer grossen Zahl von Fällen darauf 
zu beziehen sein, dass die Ausschneidung des Nerven nicht central¬ 
wärts genug stattgefunden hat, oder nicht in genügender Länge 
erfolgt ist. 

Daraus würde sich ergeben, dass man nach vergeblichem 
Gebrauch der gebräuchlichen Mittel gegen die Trige¬ 
minusneuralgie nicht allzu lange mit operativen Ein¬ 
griffen warten darf und dass diese selbst von vornherein 
möglichst central angreifend vom Stamm des oder dei 
jeweiligen Aeste ein möglichst grosses Stück fort - 
nehmen sollen. 

Je frühzeitiger zur Operation geschritten wird, um so sicherer 
wird man sein, dass die Neuritis noch nicht bis zum Ganglion 
Gasseri fortgeschritten ist, um so vorteilhaftere Chancen ^ ir ‘ 
man für die Radicalheilung haben, und um so ungefährlicher wer¬ 
den die erforderlichen Eingriffe sein. Wird die intracranielle Lw 
Störung des Nervus trigeminus schon für die äussersten Grenzen 
des Leidens reservirt bleiben, so haben wir auch für die extia- 
cranielle Aufhebung der Nervenleitung durchaus nicht immer n 
eingreifenden, entstellenden und functionsstörenden Resectionen «im 
Foramen rotundum und ovale nöthig. Die von Tliiersch golelu < 
Ausreissung der Aeste des Nervus trigeminus lässt sic 
in ausgezeichneter Weise dazu verwerthen, den ge $ am in¬ 
ten extracraniellen Theil derselben zu zerstören. *• 
im Jahre 1889 beschriebene Verfahren besteht bekanntlich an t 


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Gck igle 


Original frörn 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



27: Bacenter. 


DEUTSCHE MEDieiNISCHE WOCHENSCHRIFT 


971 







SVS^'; Y&&uP : bk' * ? 

1»B 




der tu ävinöTi iptfplft&'cui. Afo&b'rei fcungsst eilen böftgeiegte 3Sterr 
VifthiftfATs njftmf; £\( dh^nm ihm>rt/>ders rmnstruirten r /e 
iHM'ansgecUrht wir»!. Indem der eb-ev sich um Oie ihr nuer ba>- 
srftdou IJrnnehmi Miitw ickrit, ftdgt der periphere Tkcil seiner Auss 
brmUmg hin ijj die feinsiuu XArzwmgUiigen, ahm- es Aviril uneb r»in 
Siii. K »TrifniloiL Cfnhss miRodtVml Tui-sisUi m H-A iintf.*'*- 

das XArfftbren iu eim>r gnfr&w ZattUTPö FHUm wpfnhb und w?tr 

a« dem iSolilufts ^•li , .)niuit‘u : .. dms'i il>r, g«*rign»d *oi. dü\ Opeia.- 
nitiftimilj vVelgbe 'die NbrYWJ ;IU Üor X’ühüdejbäs is ili rii:- 

setzen, Nichts. iTi^tft* ' w*tr ar mab der Gronzon, die (k?r 
Nßrvenüxtj'a'jtioiv tfftrfejaR .stwh vföhk bewußt, AYährmni ok io. olhm 
Fällen gelingt/ dk pt'fijlktkji hpfaiiszhdkdmiv wh> 

de» die .der Zange gftftjgmum Norm» nur grili'Jbftt, 

köftftHn ‘iihjir tlicUV,'äj|j|öiFi3^>b..WjHhljj. Nur 5CF f i%tt« 

vrvklK> von der Zange seitab $efus&t tveYdufi, wnrdon her&ft&gm 
•zogen. olm'- und oütorhiUk drr Ri^toUp ahgabitypie tammien iijeht 
mit lieraii*; So hot dm.n noch Tu ieL-*-.* ft darauf hiftgcwiriftdi, 
(Ihbs mr-ft Jen mKie» Ast dos Tö^onmu^ GA in der Ol - 

bitü fropegnii anuss, tiiu alle *e.inb mnzldiu-ii AowFtttgUTV^bn auf- 
ftmhm imd ontfym-m ?n können, döss mnts muh bAtrtnXimj d«*s in- 
traoibitalim KhdeH te iJWftitfth Auto* die ybiA-vreu und .läittloi'on 
v 0 n 0 .it tufs, io £üWtdfl}« ihtHni'Jftfckla 

tii brtim H JUtohtin# nodi be- 
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diiste tlpr Ramus. aitrb-nlö* 

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KcdVi tiük > tßlrbRoti. 

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das Tri^dfiiiius ab, «lor ohne 
wöitorcs d’u.ccä '.tidtW 'Ewf&mv- 
iu flie OrbiialUüUlo ‘uird a<a^ 
tüRiifOfc.-. Aiitkibdiiwi ^attteT iii 
lllrßtn \ r t>ilüilf ptFd» uu- 
Ätvkb efolS g'3rk- 
liiili an^orbiku. kauf»,. 

pö hat saljan Wi * zo) iluNih 
1 kktoiyarÄUtlia Joid|feftöÜf, 

. tüksy ^ wfii dtu{ 

kaairn Nnv itu JrfariKixil- 
dark .bfe xmn Eäramaii roiuu* 

Atfiii Rbi. ini 1 4Ruu/ a%tvu • 

Zf* it»<ui dui'bb ,,ddi tnihi- 
lubkahAhdi ; ikl^u^ozi r 'hPH' 

■1 uid/ d. teö iu 2 d%ifv i n . jlU 1 r 
Berliner medkiüi^katd5#üH- 
rihaft lRHU ein [b’Jipafttt, bei 
dem ya ihm geiim^ru ivai', 
nach Aufmefefc'duu;^ 4h% Oa- 
naiia ini'mnuixiilark andi »len 
^uh ringen. 

V oft <4 i m Cft Eidaiir a n gen 



uns eines Schnittes, der iu der Mitte st#M ^^ischcti 4#/nijeiligen. 
woictuftiSo ft ftßn bur «r *tir^ü\irel^omie 4 es N uif whi ft-ualvcoiark aftd 
Jmirualis ydgegeben hat. und doiujcmgeu Sc.huift v/M.-hen Miku'lirx 
zur HefeT.ctlöJi um Foramen ..ovale nach tFopftniifbiiui^iw Üufeh 
• dft^tiftlerkicfer? gbhfavJelit. Der HautaclmiU beginnt vor dem lA-o- 
{ressusjtiitLdoidtms und wird feiebt bogcjifdrmig nach unten und vorn- 
bk Jan den Kuder« iskei Uerumgoführi. ITftt.er vor.-it-hiiger Schon u qk 
undLoslOsung der untere tun h'a eih! tseiid igu nxon wird dieParotia frei* 
•g.-degf, sio»u}-C Uiusguldst mul saivunt der sie ‘öfter- umi tlurch- 
ziehenden Fmlali^asiu und mit d*un ())*i inypciien rmt'h oben und 
vorn »Mupoi'^czogeu. Nmdidt'tn .so die von der Spftifheidrhse hintei'- 
duru ■Ei^fikv.gelegene Niseftc lc>:r gftimfttbk ist, wird iiuinfodu* bei 
hevabbüögT.udmn Kopf der Muse. pUi.r.Vfe* fV i«l. bitermis vou der Tmion- 
{larhe de» - Unterkiefers abgmöaf uud- von »Jor .mit dem Fingov >m. 
füliicmdnft Ibftgula aus der NVmte iniVuidvmdari^ uöigssutvöt. Mau 
zieht ihn* m*f cioem .Nefytmbiikcheii et wa? Ift-r'uns und bisst ihn 
Vntr einem Assistenten fest halfen, 'vdhrcuö man fttdbsi dom Nervuc 
lingualis nacbgelit. Man iiudet do.n-sctften dicht oiitor der Muud- 
sclileimbaut an den ihtekzUhmm, Ais Wogweban; kann die isuft. 
inäXillais}udeljfddruÄC dienen. Iu den? lo< korbn Biiideg».öv»*be obm**' 
halb derselben liegt mit seinen) Uungiioo .dm; Nerv., der dömici' uD 
der N»tvuk iiifnudc.iMdaris ist. und vor ihm -vcrluoft.. Ayichdmft mun 

nft rVn)ftüt »iie bftiden fblupÜlste- 

df'55 ^bryua 

nuigcfntid«?!! Uni verfolgfuiftii 
von Ui non • mm den Nervus 
eebtmlvvärt.s, hftletu nuiii 
stuirtpf h ft ibfteft bfttliUlg Al 
AvTirt.«, voriti'Ui^t ftrifcor \^er- 
des MiisyaJus ptery- 
e^imfJöK dftfti wm n.dttbl?? 1 
Cüios aiiituifsJi ktigith AViiikiÖ.- 
Ifttk^PS. ftbs' dfcti 
.ziöbmi IUäi?t , lidbgi kaßtt hum 
gUeiebtcitlgihfe-Arft'ria maxil- 
laiis iutßt’ftö Vor Hbbftäbmrb- 
Ugfor Vmlfitliing sebtuzmi 
Ihssh«,. falls- mftß flicht, vor- 
zichb sie döpptdt m Atftter* 
Idbdbti. IftU ftübb m/ dchir 
öngbft. ilunkdifti. itäum 
’imascr .or»mUj ruft zu t bom*ü T 
imhc hVh .dib.-Avktrjsnim Stirn- 
inin'pft bbmitzt v \ vonftiftnls. 
döfo« ftifiu Liiellt: tii dic Wundf-; 

. höhle Fbrfcr! k*rt?b r ich käUUi 
iipvftji .Auweiulung warm' 
mupfrhiLrp-; rhv wöiür 
nbift vordriflgR Unc **>: vhA b 
: M'htör Wjrd: pat’öiiudr dar 1^' 

• infg sein. Man kami iftgt bib. 
ftb das Friiwinim obfUft go- 
bmgen, jediftmill?. ^idiögb uöv 
dun gmnmitsH'n'soii Stanon düb 
beiden Nerven ubruu^zühorcft, 
wehö iflftrUbv b&iiibft mhf oirtftji 
d Nnrvfthlnifccn uufgffd «denen 
'Aeste t)>ögbch«t hoch Obau 


mm 


Nnvurs u-nfalis MM.erioi mit heeaiiH- mit Um Xam»«-. fasst und nun, mit Minnbclfster Wsft fti ftnausfireht 

Alit ElRvatfmbuv iHid sfiyf.iydc^ Uukeh mUsynUiulc AVtmdttlmur^zuriiek- 
UUsgehend, habe ich selbst .in ftm.f getml uw Fm- Inn, ubunlt die Zunge eicht ATusbcftv oder Fascicntheilc 
Fällen mich erfolgreich l)emüftt, dundi moglir hsf weit < mitruly..Ut> HnPhugeud uml dn-e bf'r.mA.etftrdmid thiuhmömn»-• tdr .me Nerven- 
»ns^ct’üh-rf-c Frcilneuu-' «des Nervös in trau rbitulm den ganzen zweiten • ex H’su’tjon tifölrt, . D 

A*C~ M lAnmnm für die N-mralgieon in Tbbrm 1.1 , Unter V- cftaHui^ü |l»m ^ 

kommt zu estraiiireft E.v • ist rebitiv ciftfueft. und olinc jode 
Göfahr für den Patienten möglich, nnch Aufsuobung de» -Nrnwcii 
am Fomjfneu irrfraorbHalc £nit einem fyiueii Meibc-’lcjion di,ft ubet'r? 

Waud d^£ Üan^fis inlraorbitalis soweit, rortzmndimon, du^ rm'm lu-, 
aii; die Pissftra infmorbitali$ gAangb Hebt man dcn Nmn* vor- 
mrliilg ou* /kr Kuoehmunul# lü^Rm iftn. njöglb:hst weit ccm 

MAlwhrt^, Uöd -hebt, ibo cnitm möglichstem ScbutÄ d< v s < mbitab 

fettes und des Mülbiis (dift in einem löfbdiöitiiiccu SpmmUun muft . r .... - - . 

■ •t.-u cli.'l.i-n \,I ,.1i.fli K.< ä£d»t.!rt >* a.m Stamm uMit mir mit tlcjii und '‘i"-'»” '-t mmnKlif «oit Munafwl »'«• 

ÄWU, «lvaolsi* bVriötC wmfern. snpjv ji ii^rils si'irn'T Vcrtdii- f !f»n*l.«;li bolrmt gcijlmbwi. . . , Jh . \ 

d'itig' mit ä,.„, ffanulinn nasuC /.«> n.ifcnwi. WV.m w mudi »iMt V.» ««' <>'g; -•'«•» ,, ^aagt u ,■ uml, mMM, - *■ V 

Wm«-,,odw war nur .io!mu im^iirlr s< in wird, dir. VwaWnjgBujra« /.««fiv.ufjen .)<•* ftvWffR miiwi. kclr, .m,ur m 1 - ( - 

Kultet ,,,, ,101« ivmnmnHi Prä|.a«»t .«*«*•., so *Si«bt -lonl. , ...a^-nd ! Wi fo«. umt vm*m» ‘ " fe Sti 

;»s'S“' -sr?:,"-. ■*” '“*• :s r. r^Ji'Ärwsts 

! Schi vii.U l sei}uftnygm ist es;,ft.c St.,wib de dritten Aste, um : fön! nml »uumni, zwei mal 
mim- pcrjphoivn Ao^bhoU.ngftMellr her zu trcfteö, fmtftsseö ist ; gemeinsam ml dem < nUcft, m\ iuM m v ( o >- - • , , .. 

uns mich (Hesics vicmal gobmgen. Zur Vmtegung iHniUmtah wir tn kou»em dieser FiUle fcoii^ea ■$.** 


; - i’' i?. u r o •, »•, 

Unter ; (b?h. iipvjfftpou. <v! 

i-i, mau nun imr.taodp. ft- ,1er AliiU den gau’/tc-n TVigoiiiinu*. 
iuiöfft^ nlloii s.aincu VceZweigungcu iuifcd'-e»em ongofnin 1 - 
Ijcheu und a-r.ijU öiftgroifon den Xe Huhn:-ft heranaz.»- 
zi » 1 ii e-u ; . üliniisMWftfe -r-h»'dftgriiimn stimmt von einer sch> de- 
(‘Cpid-'M b7 Jahre ulten Dnmo, die s«> JodUge. Neurulgift Uftt-i-ft ihm 
sic fi-vh vo'gcbiicliem Gebrauch alle! möglichen MHfct^xo jcdeni, 

:uji ft ciftcn» JcSumsg-'täln'ludjm», Fingrib deft bmrit crkla-t in-Rr 

f?» zWn GitzuuuFft entiemte teb ihr «iio drei Aesre rlftü Trigemitm-.,- 

-* * ^ '•■- rn 1 ■ jft Ü r i * ‘' * c -^n|j|i| •«*— 


Voilefttlet SühöüO^ 


Co gk 










V. Hydriatiselie Behandlung derNeuralgieeo. i 

Ih-, IS. Buxliiiiiw, Axsi^^tScu wnl?r.,f Wintwmt* ftWiA 
Elfe ÜPr hm fetiT m der fe^lseharijoHi 
mul Mm, l'rol. v mÄi‘W„ 

/vuHsprudu „..Ntete t dio Hte! mUteR. 

Ail? Byu Inte Rhoden we*-.»fr«ü die Titer apir skr fr,mV- 

Dow Zmtpmikt, m dem die phy^kriiixniH^:'m;:' 
methodmi hi tew TljmiUfo jmien fteng mmjebinen. de« *j,. 

Mi.w.-'Wirksam Reit'...mmtemoü sollten, Ist-, > /tW 1IOi:h imaKV 
onigmteetem alter wir geteon .drnimeUmu mit großen Srj.riti.m ,, u 
A'.‘fou iMlJSS' Ais;!t liooh der Gedanke tedm blühen <te, 

•■tef <W Betonte:' ehtsteJiett<jimL-/nAwm,• kwa^'^ 
losiKuk*!} ok<öuV;bmt fteijMittel: :,?, Wirk^mltisit weit anrihmsi^ir. *, 
g^rtf&bor fVu, ÄriT^(ltX#liol}i‘n Gr«oT|i%zwti -amte 

PhykfoW&fe fusseircfni. ite»lm«Hhödon; müsset] doch snÄ m< 
HeiJ«U‘Mipd.'m v v,m <i*r*n Briblgfin m n n , W)> , 

wicHiii: libfteZteifor. kann. Afoitammiw und Wth tewmn> jitctei 
Mit wenigen der bAjcaunteu Heilmittel teilte wir in^Unid«, « { 
(Mhor m YdrbiimiT) bnstinimb^ro.n Weteo ihm 
dieiif.iotiiiii; zu orfottcfi. und khstimmte -SÖrAftgoA 
Udt den {teRsihuUntefo fteihimlKtemi.. unter-Huudi inti^onii^r fl ,ji 
ilru. thmteifödien und median intern Eingriffen 4& Hjdmtkakpiv 
-Öie^• to ; »tH< Rßiwig $u| A^f? llät’yiuis^stem siteon.«?# • 

tejffnni: :bak<in&i; : % 1.» i 1 $-u i.og& tteg» - Win t *r $ 45 .'. - 


Mgjfi$ unter dm rersSjAödtemfXigsHm Rötemdhitej; iiumv au »Infam 
Ex?/’;•«i-tjou sfimuitiimior EH*tUw »md -Iteteiteieimiiftet ddte)etetetentete 
Heitel uimter rtfo vnttehorgeite/tet ^;#4-anö’nTtv hatten iß ijgtetefeMAii 
w mteeit stellte t/|tm<«it. : U- vi'rtevbt, dum- IVtfdÖltet« jede luur tute 
Hpretetekwegung .vermied, ntem auoh hmu ^xUUhkm iUU*i$yv 
Nnlinin^mittei unter dn»: Anbüioti ;J|Hv, f.-diby db« »tw 

hüU i'ioji hior .nuf diis Knniitertiro^ iiif-iiti- ».<nt.zugpb.ou, hrbon. mr uür 
hwwv, duhN (lurAnfoUo.jui^oiüst wmdcti koiuitmi Aini « r» H.>rtthfnn< 
ih.^ Gfrüindtfg,. "dos Ji.tetf.u^teti EtKlos dv.6 

und tiuteh J.irüdk && »tetu•%,1^-tte.-. N»joU : ffet C^mu.rJou Wfus .i 
!,ir -b»'. nur all».: liiosu xiiuiln völlig nu^Üuwjrt' im Uoifi Aniuli me.lir 
:<r.t?'•-*i rw,<u.:. «ondiM ii (ilii/li ilif, jnte6slVKten l(» >-/,uoj«ui jtoim f b*fidi- 
p»tj;kro vörinOirmi-noch ilAufu Hmoft £.mhs Monntem keinerlei Ss hmoiW 
llmr mo^tun uVlgo ^uwuhl der lernte jmlfitiims. wie 
«lin SupraaiYumarof.. wte mich uor .Aorjtufnttnuunruliw YeWfiui 

wotth-n mo. 

in oinmu amliü-fm Eufte, td{?i«;}ijalB niim ulte 1 moo !o)lrnHuuV|. 
wstrru «lif* Xmirui^ipun mir di» -wnze ünkn K«»j>ii»;tiftvcHuriteC 
iHWiuteh' »Itor hdufUmtn-lslich dte te !.l;it''rm'W‘'n i s von dur nux m,. in 
diu linke ui,».i Ta' Witiipmwc^nd nml dus Ait^nliu mmHtrahlin». 
ViWi Bjrfi-^.i.iojv. Siijira- und InfruwrnjiMte rwXjHvm ?röj?h 
Ss iiMM-rzmi ini -Nervus Iteyüuiiy. vn .Jtu- Wnuwo und im Imtei'öh 
.\ Upmlül. \a dm- Orruln tlh A tteuunn wnlvhr 

die Kronkü mimmoi) ju^intK waiwü ui/i wmifeten heelite 

thjsm. wurd»tk .mmh Min vm’&chwduid.'U lumb' Xnr-Mt.dnusir d<m ariUm. 

% W¥ Bmdnnddiiuw btor öm Unm«:, äh ihre Anidlkt" Ü 

Aniibnwveouß.m Imite. mmh mehr ahm , wm, n dteSpid^n mtf dsw/teiv.^ 

am teamuon mithin^ ^nfuo^ Witedvn. drde■ Linr^m»* *lv»‘ 

l'jHuiumiljj.iirr, ,u>< r d(U’ biiitiU’öu .teaftitsmi. UMv- vineu 

Wohdl :nm Aar). Erd fei''Miiujr d;-s ^w,dteu und »Ttiifctem Awfci 
mmsfrten dH 1 AHjujiku). vnlim 

ßw Fcbtniir »ins ^mhi dm- dd- 

^mittel -uiwdöhite Extettctiun id&sr-N-orv'iw teimmdiiuss 
mti d (aruus inisturi^hilvi^res VmXa ite r SfehltijSvfAvürcr 
^onr;,i^i«*o.i du-mi.-: S«-.tVf>ö Ido Ihut.m- der v.on .uns mteicdrm] 
Hmnio-nn }<t iimdi kuiny ^-hr )an<ru — nhi-r umn durl wold an- 
indiinn.n -<{:&$ y mu *ut.üi/U uaoh En|teröjmir ßU Mwv.un- 

ststekedm llmiuu^ nrziolf. m urdm da keine <h-*Wm 

iUVhi «nnT/tftimi- wird, anuh knin Kocidiv y ,li hri-ttevlithii iist-,a 
smij dmiosrnii ein creivte<u; F dann Unnmu: wir rnil. sieheHmit 

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Prueeduren. die hei diesen rltnuiuatischcm Neuchigierm 
wsu-defi. ttewlikcn feine vermehrte Rliitzutehr zu äm oriinoikna-- 
Or^ahtn^ «'Hnp vemnuhrt o Bin tn hfnhr vt *ö Aim^dVe«, 
hdilrnfteten Strom v/oelrsel. .‘Djp'so lebhaftere Rh.d hmvegniug nait 
imftei'o..WcehsrlWirkung zivteehon Blut. nml tiowefieh- ^* r r...;V" 
ungeteilte Wirkt!dg btilmti. die EivtzüuAinignprodoci»? 
l biRTüri'gspindrmt u ife' §töiweo&^-,o.4«i’ der-Eimidma foTUUiölk^, 

! e.jifdtiteoJi tn vVptiitiddrn. OAwr m nedteahsiren;;'- -Bet. ilefi- 
: von Iu id’r.T i oo aaftroteudmi NeuraigiiM'n lumitelr -.<k sieh 
1 Beh um V^randonmeen,. dm dm-**}! ( li,' AnWosonhe^ v '-r 
/»rganisnuMiv oder deiw •*i3crö.etÄiJiig^j t ir(>d!inte' anpdpgt Ofed 
! uit fön wonter*; h io i- wenten die srU-Wß te» i>ri-»igWdt'Gn Iteu.iocdui 15 » 

: . - wi« $ihi t y iiachgttevteHeri, eine. 'Anrvo:mur der UAvda.ute*- 

Torgan^e dm (irganisattes tHvwji<k6n , »vtmtewitedpt. teke indg 
AkteOxy(iatloiijS‘Vm , #Hdk^ 

IteiteiiA iRhVweondcro auf frische, ani Info hoa herubmnic NriuäBJ*^ 
ited auch niü solche als Km hkrmddwumi Vite 

Jl goio.dlen m ;tei -OM. Vors*Hindun# Nai , >riw*' , - , * , .- : 

wi A^te o. Wim,. 


Original from 

UNIVERS 1 TY ÖF MIGHfi 



27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


973 


Schweisserregende Proceduren erwirken eine Erhöhung der Blut¬ 
temperatur, wie dies erst wieder in jüngster Zeit von Bälf 
Topp u. a nachgewiesen wurde; dass die erhöhte Bluttemperatur 
eine ganz besondere bacillenzerstörende Kraft entfaltet, hat Prof 
Fodor experimentell erwiesen. 

Andere Neuralgieen beruhen auf Intoxication mit Queck¬ 
silber, Blei etc., hier handelt es sich bei der Therapie um Aus¬ 
scheidung des Giftes aus dem Organismus und Behebung der Ver¬ 
änderungen, die das Gift auf die Nerven und Nervenscheiden aus- 
geübt, hat. Ist es mcht rationeller, durch thermische und mecha¬ 
nische Eingriffe eine Besserung der Circulation, eine Anregung des 
Stoffwechsels hervorzurufen und mit Hülfe dieser erhöhten physio¬ 
logischen Vorgänge eine Eliminirung der toxischen Substanzen 
durch die verschiedensten Colatorien zu bewirken, als mit chemi¬ 
schen Mitteln den Veränderungen beizukommen zu versuchen? 

Jedoch nicht nur theoretische Erwägungen, was werthvoller und 
wichtiger ist, die Statistik und Erfahrung am Krankenbette 
sprechen für die Vorzüglichkeit der hydriatischen Proceduren. bei 
den verschiedensten Neuralgieen. Von 83 typischen Neuralgieen, 
die wir seit Eröffnung des hydriatischen Pavillons des Herrn Prof! 
Winternitz an der allgemeinen Poliklinik der hydriatischen Be¬ 
handlung unterzogen, wurden im ganzen 4, das ist kaum 5% 
ungeteilt, alle anderen und zwar 60% vollkommen geheilt, der 
Rest in wesentlich gebessertem Zustande entlassen; ein Resultat, 
das um so beachtenswerther ist, als unsere Kranken, ehe sie zu uns 
kamen, ja zum Theile schon jahrelang in ärztlicher Behandlung 
waren. 

Was nun die Proceduren anlangt, so können wir nach unserer 
Erfahrung alternirende thermische Reize, wechselwarme Proceduren 
als die erfolgreichsten empfehlen. Der Patient wird vorerst hohen 
Temperaturen ausgesetzt und erhält dann eine kalte Application. 
Die höheren Temperaturen machen die Nerven für die folgende 
Einwirkung der Kälte erregbarer, wie dies die Physiologen schon 
längst nachgewiesen haben. Wechsel warme Proceduren wurden 
übrigens schon von Priessnitz mit Vorliebe an gewendet; er liess 
den meisten abkühlenden Proceduren eine Erwärmung des Körpers 
vorangehen. Meist wurden die Kranken zu diesem Behufe vor dem 
Gebrauch der Bäder bis zur vollständigen Erwärmung oder selbst 
bis zur Sdiweissbildung feucht eingepackt. Fleury ist für die 
gleichzeitige Anwendung der schweisserregenden Proceduren und 
der kalten Douchen; schon lange vor ihm hat Rapon Dampfbäder 
für Heilung von Neuralgieen verwendet. Dampfbäder von milderer 
Temperatur erschienen ihm am "wirksamsten, namentlich gegen 
Brachial-Trigeminusneuralgie und Ischias, während er 
gegen Intercostalneuralgieen Dampfkastenbäder mit Douchen 
anwandte. Lambert wandte russische Bäder an und machte auf 
Grund seiner grossen Erfahrung die Bemerkung, dass ein neu ent¬ 
standener Nervenschmerz bei Behandlung mit einem russischen 
Bade oft wie durch Zauber verschwindet. 

Die derzeit übliche Behandlung basirt auf demselben Principe, 
das von den meisten der genannten Autoren beobachtet wurde, 
und unterscheidet sich nur in der Ausführung einigermaassen von 
den genannten Anwendungsformen des Wassers. Als ganz be¬ 
sonders wirksam bewähren sich die wechselwarmen oder 
schottischen Douchen, und diese sind es, worauf ich haupt¬ 
sächlich Ihr Augenmerk lenken will. Nach den Erfahrungen, die 
wir mit dieser Procedur gemacht haben, können wir sie als das 
beste Antineuralgicum bezeichnen. 

Frisch entstandene Neuralgieen ist man mit dieser Procedur zu 
coupiron imstande. Oft genug ereignet es sich, dass Patienten, die 
mit einer frisch entstandenen Ischias behaftet sich nur mühsam 
unter die Douche schleppen, schon nach der erston Procedur sich 
allein abtrocknen und ankleiden, den Weg in ihre Wohnung ohne 
wesentliche Beschwerden zu Fuss zurücklegen können. Bei einer 
grösseren Reihe von Patienten waren wir in der Lage, mit "wenigen 
Applicationen schottischer Douchen Heilung hervorzurufen, und ich 
will hier nur kurz eines Falles von Ischias scoliotica gedenken, 
die acht Monate, trotz ununterbrochener Behandlung mit Chloro¬ 
form, Oleum terebinthinae, Salicyl, Salipyrin, Antipyrin, subcutanen 
Injectionen von Morphium und Atropin, mit Nervendehnung, Massage, 
Elektricität etc. bestand. Schon nach zehntäger Behandlung mit 
schottischer Douche wurde der Patient von uns geheilt entlassen. 
Viele Monate sind seit der Entlassung des Patienten vergangen, 
ohne dass nur die geringsten Schmerzen im Bereiche des früher 
erkrankt gewesenen Nerven aufgetreten wären. 

Freilich haben wir auch mit den schottischen Douchen Miss¬ 
erfolge. Wenn wir die Aetiologie der Neuralgieen betrachten, so 
ergiebt sich der Grund dieser Misserfolge von selbst. Es ist selbst¬ 
verständlich, dass wir z. B. eine Ischias, die die Folge eines 
Carcinoms am Becken oder einer schweren Periostitis des Wirbel¬ 
körpers ist, nicht zu heilen imstande sind, und in allen Fällen, in 
denen wir keinen Erfolg erzielten, hat sich gezeigt, dass die ge¬ 


nannten oder ähnliche schwere Erkrankungen die Heilung hintan¬ 
hielten. In der Regel ist man nach der ersten oder nach wenigen 
Proceduren in der Lage, bezüglich der Heilbarkeit die Prognose zu 
stellen, und hier ist es gerade die schottische Douche, die man in 
diagnostisch und prognostisch zweifelhaften Fällen als vortreffliches 
Auskunftsmittel bezeichnen kann. In allen Fällen, in denen un¬ 
mittelbar nach der hydriatischen Procedur keine Remission oder Ver¬ 
schlimmerung der Neuralgie eintritt, kann man als gewiss annehmen, 
dass man es mit einer Neuralgie infolge einer unheilbaren oder in 
seltenen Fällen operativen Eingriffen zugänglichen Erkrankungs¬ 
form zu thun hat. Ein Nachlass der Schmerzen nach der ersten 
Procedur ist ein sicherer Beweis für die Heilbarkeit der Neuralgie. 
Diese Beobachtung ist so zutreffend, dass man die hydriatische 
Procedur in zweifelhaften Fällen als differential-diagnostisches Mittel 
benutzen kann. 

In Ermangelung von schottischen Douchen, die ja nicht überall 
zu haben sind, wird man mit anderen wechselwarmen Proceduren, 
wärmezuführenden oder wärmestauenden Proceduren und darauf 
folgenden kalten Applicationen gute Dienste leisten. Dampfkasten 
oder Einpackung mit kühlem Halbbad oder kalter Waschung bis 
zur Entziehung der an der Körperoberfläche angehäuften Wärme 
sind Proceduren, die in der Privatpraxis einen Ersatz für die nur 
in Wasserheilanstalten ausführbaren Proceduren bieten können. 
Nicht die Procedur allein ist es ja, die den Erfolg sichert; die 
richtige Combination von Wärme und Kälte ist es, worauf es 
hauptsächlich ankommt, und ich erwähne deshalb eines Patienten, 
bei dem ich mit Umschlägen und Waschungen allein zum Ziele ge¬ 
langte. Bei einem sehr herabgekommenen, absolut immobilen 
Patienten traten während der Behandlung eines schweren 
Emphysems sehr starke Schmerzen im Bereiche des rechten Iscliia- 
dicus auf. Nach erfolgloser Behandlung mit allen möglichen 
inneren und äusseren Heilmitteln, versuchte ich die Anwendung 
von Dampfcompressen mit darauf folgender kalter Waschung. Diese 
weniger bekannten Dampfcompressen bestehen darin, dass ein in 
heisses Wasser getauchter Umschlag auf die mit Flanell um¬ 
wickelte Extremität gelegt und mit Flanell bedeckt wird. Direkte 
Wärmezufuhr ist mit Wärmestauung in vortheilhafter Weise com- 
binirt. Nachdem durch zwei Stunden diese Compressen angewendet 
wurden, liess ich eine kalte Waschung der Extremität vornehmen. 
Nach 12 Tagen, an welchen diese Procedur je zweimal wiederholt 
wurde, war die Ischias geschwunden. 

Eine grosse Zahl von Trigeminus-, Brachial- und Inter¬ 
costalneuralgieen behandelte ich mit sehr gutem Erfolge mit 
Packungen bis zur Schweisserregung mit darauffolgendem 14° kaltem, 
flüchtigem Halbbad; insbesondere eine Reihe solcher Neuralgieen, 
die als Nachkrankheiten von Influenza aufgetreten sind. 

Selbstverständlich rechne ich hierher nicht jene passageren 
Neuralgieen, die in Begleitung einer Influenzaattaque auftreten und 
als deren Symptom aufzufassen sind; hierher gehören jene Fälle 
von hartnäckigen Neuralgieen, die einige Tage, selbst Wochen nach 
dem Ablaufe der Influenzaerscheinungen auftreten und für die sich 
kein anderes ätiologisches Moment auffinden lässt, als die über¬ 
standene Influenza. 

Mit einigen Worten möchte ich mir erlauben, noch speciell der 
Trigeminusneuralgieen zu gedenken. Hier sind es weniger die 
lokalen, als die die gesammte Körperoberfläche treffenden Proceduren, 
die eine günstige Wirkung erzielen lassen. Es ist selbstverständ¬ 
lich, dass bei der Wahl der Procedur das ätiologische Moment be¬ 
rücksichtigt werden muss. Bei einem jungen Mädchen gelang es 
mir, eine heftige, nur auf Anämie zurückzuführende Trigeminus¬ 
neuralgie im Verlaufe von wenigen Tagen durch wechselwarme, 
kurze Regenbäder zu heilen. Es ist ganz bestimmt nicht möglich, 
mit einigen wenigen Proceduren eine Aenderung in der Blut¬ 
beschaffenheit zu erzielen, ganz bestimmt aber kann man schon 
mit einer einzigen Procedur eine Besserung der Circulation, eino 
Aenderung in der Blutvertheilung, eine Anregung des Stoffwechsels, 
wie dies experimentell von den verschiedensten Autoren nach¬ 
gewiesen wurde, hervorrufen. Auf diese Weise lässt sich auch die 
rasche Heilung der auf anämischer, constitutioneller, reflectorischer 
Basis beruhenden Trigeminusneuralgieen mit hydriatischen Proce¬ 
duren erklären. 

Auf Erkältungen beruhende Prosopalgieen weichen am raschesten 
den schweisserregenden Proceduren, ebenso wie die auf Infection 
zurückzuführenden, hier wieder namentlich die nach Influenza be¬ 
obachteten, oft sehr hartnäckigen Neuralgieen. 

Malarianeuralgieen werden am besten nach dem für die Malaria 
im allgemeinen angegebenen Princip handelt. Unmittelbar vor dem 
Anfalle kurze, die ganze Körperoberfläche treffende kalte Appli¬ 
cation. 

Endlich erwähne ich noch eine auf Bleiintoxication beruhende 
Trigeminusneuralgie, die einen 85jährigen Arbeiter betraf, der seit 
mehreren Wochen, namentlich während des Kauens von den heftig- 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



>174 


DEUTSCHE MEDICOMBO® 


No ; .V2; 


stM( nmirftigischem Anfällen im Bereiche -los Weiten und dritten 
TrigemiiiusJtsU's bmi/I)m3 wurde/ Patient zeigte die Äü^esproehensit?« 
Symplond: einer nUrumVihmi BUHmloxica'tkm. Xm.di '-i 4 -tAgigw Dm 
Imudlnug mit Dajopfkaatm und dm^miVg.-rniVn} kalten liegen 
winde der Pat-koit geheilt enUassmt. Er 'j0it nun seit mehr als 
scclift VVoehiMr seiner Arimjt tuu v h. oirtie die ./?*ri.ii£sUui ■ BA*-h werden 

ZU lird'HV.. 

VI. Beitrag zur primareu Genitaltuberkulose 
deß Weibes nebst Bemerkungen zur 
Bauchfelltuberkulose, 

Yw ®r, iliwrt Sipitti jji Pi-Hiikt'itn ;i M. 

kii! Fr/uiIAn fü'iBültij!!' mich' am 14. Mat' l&Ti wegen 

l-iiiM-iiifl^ubsidibvrdeii. Ah- Kind w?vr du Pwüenli?i gesund. Später 
wu.Ho vj« Offür nn DIHchstirid Muiodnlt. Erste Abom»* mit 17 d.iUrnn, 
unrvgetmüvbiu'. züwh’rn Juilr auMh-Urmi. zur,ä#mf ulmr „ln> B-> 
-•L-Kwt-r«hm. Dliuavh^au- müssig. Sek einem Jahre- Innen Bcbmerzfii 
im Lahe. Vvit.hi-end der Mmm»»: auf. Seil ‘:/a Jrdn- WnuUgei- Sebmorz in 
»kr rfvi hlrn Sehr des UjUerbiibe* Kein ApyeUt. Stuhl lAUgsfvnr Emu 

onth^ü'i!;;;; ..bm im-.f'inYOr.ltMi f >iö Film- sind ÜU TuhorkrjMc i-u.-tmiu-jj. 
Uhr rv\fa$hatä&D 'Goiwliwtb'ier rinri gesund 1 )u »Ijij uUm'uuJ Bfft? 

ptiijdUrtdw'ai ,-mu- gofi'&iln UntmMic.lmi.t; mehr ?a.ilicj-.-. wurde in WikwM- 
fcljggdki lUdunl -niEcurmniM-b m »’ t j « i» C‘ t u» hi-mi, 

tuniiud lirgftndj hdsmgjieh. Alw- dom Ürdumti^ entleerl skli t j m>} 

Abuicr gimdgen Schleimes. Sriiiniolmtk der Purl-i« ^esOlid- R^x !u •<- 
ovaniim uIayak urnih hinten unlen kc&unkeJi.höckerig.mWdg vnrmmrt-t-i. 
IjfmN» Tu Im v;»>fdickt niieiiHor'O.nrki. mit »hnzehum hm ‘du 
V*intern» Knoten. Di« Eenlirkuiju der Tute arsfmcki hi«di vmu (Minim 
idej’iiium hi/zum altdominüle» Emk. 11 in Ahtn&tya# .diewr voFbidöttj^a 
TlK'ilr vmiunöCht auch iu nahezu vi'dlignr Nml;-.-•-..> mn t» Sd>.mtvr»dW‘ . 

wtdwwd ein noch Aarkm-CM ÜMiek aut Je tuuu.udrn _A.fi- 
h'i’)'. I dm audurf.D Sril» olim» j«*d*« Rr?\ntuul ‘,m finge» .wird . 1 ’mmu; i-rk» 
nm \;.<)j di«.«et» Deluud nuitbU'- diu Puirm.sf* jo t,c» . - M; u--!.m f . 
ru.hw :ui: ■rh.icdiÄuiljger Ei'hiilijlauitr dm recht»’» Ovm'jnm'’ g-»-d»-!(r. -vr-fnExu- 

f.hu • .Ai:»!i.*Ivfxi»,-'-war ' völlig dunkel iiim dm i^-v »hniu hr« mtue - - . 

\W ritdiet anszarsrldm^efi. An Ttlhcfkulnsb WÜlAn ohdtl 
'"ktJd . JMu ni.rt«;u Körper der. Ihdinntiii wat jfrsund - * he.-M h« «t s un 

1 " . * A J ‘ •niu.h »*.•« h*. f.. hu Hriaitu*. I't-Ii /'lnd-u»! 

■’twtdd fm CMÜ» n. !■.'•; lrju.«ri.*?*- Zeit <>)mn ’pnh'» K«1 iSl' i)i IhduvTid* 
lurijr pv^f tnd.«j\ liattu. war ihudi hei dvi üüklurJnd* dca Aw'UiAiriu-ti 
Iaxtduiss ZiiUikdlsl. versudioü, <>{> tiiüfit dnruli dte urA.sprnVdVotjdun 
iwhmmi- oinrn epumtrvru Eingriff Heitnng \ m- mvaVifdi wiirü., Bis warn 
iS, Jul», adfie arhl \\ r oolum äindurfh- wurde nut.er Leitmnv- Aus H’a.ds*- 
nkiiös mit gmi&w r üfinseqwmi-- vemmht, durah 'Bädhr. dfa-imKm ae ; j * an «E 

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DmSMdhyn» iVBicher rtie- mchie Tu ho m\ ' dc-r Ulut»skanU' nl^n».;nn!rr 
wir-T hui keinerld Rdzuwcin-iuimg^ri p.lcr Vi-rdEfeujip'u. Lj—m - 

Wiu v emgükupse.li, um! d»- St.-Ile *>ut eine- glnm-emh- 

tm Uwigon T J urilQTißuiii VQÜstslEdig. geeiun^ 

/ Bid dem. AUns^cn der linken Mn? und A* znghiihrip.-ji Overiiim 
Ihüd sich, döss <ii&. Snhnüfstjvek cor du- Ligafiu- clwnj* i*»' kurz unsuPJ.--- 
wOrdc. D.io Aibik'-hr eine sv/;>itf tiefer« lagufnt »irnd^m. u a j | 
hald svjcdcV auf. Die Tube wurde vollständig •entfernt, «iagegen An And. 
: des Ovarium 7,11 r Vcratürkun^ äzi ScUöürstüc.ke« zrtrUcRgA-tgs*»;!. ij,- 
Idgntm' wurde bm geknüpft:, des&weiu Stückchen Öv&t'iuigöwebö hniUu ik 
liegen blieb. Der Ued«mk», welrdujr mich hierbei lei tote, wm der; ißr 
;j.a. .i.i 


n u- - w • ' r r ' - . 7WWt . „c V upui.„ . 

Jagtiernung dur : wfesQitfgfth Anlni%r- idclvt mehr yai um- 

mdion. 

Aih lu f Juli uurtc die mehlt' fuh*» uyd »{»ip zrigislidi'iga». Oviirium 
• hurti Laparoioiiiu- cnflVntf. Soioi't ke.m au.di Klurbcil. iii xhui Zttst-uuV. 

» iiho und O'viirium waren nui ihr.r Of>M?DruA»^ mii afdrt znhly^^ 
ähvr riiurüktcfiptrarjicu miliaren 'fnhu-kclkiVAfhui i.c-iii. Dm; Tuhcn 
sHtJuuih.uil. «vor in iLt 't gair/ut Aiisdcliuun-x UdarkuhU whrat.kl dr 
■ ■ ua! dadntjd. z«cud.it U ijlc.ir.hianv.kjg vmirtiükt nnd fhis Lumen mit mit - 

Dcimtu auLWdiuit .(U»PT put hülfe, dir Citlt», die 

khnUM-h, f.Pu- n}0r() durch »Ds zu iavtui^iui D. t - 

utliiudi c<tig'r Hhtrkrl’ XP’tiUiin l-'oliilvcK d.i;«« IhM'knlibaowhh’lf War- i|j der 

Minuuiamg iltk, A’obniJlMDUm lief* ivehju; Seite nnl ':hii^lltuv ’lftiUäbOtt 
Ktioh-Jicb heue»-Uj, in» uhrigeif. nauVe'iiflieh nuch links hin. war daw Iv-.ri- 
fmimu» »/«srinl .»hemm dm « 1 m>; Ang.* bkdiUDr getbmhH» 1 )hU>uH-»ui 
mmgt*, OEvuItl um mir «nun-., audb dkse Af CcfAtu'^onMe ijp 

Lmde du- Zoii zu ct kirmkui fl» i!; tdr Lun «L*.r Diiig«. dp' ftthrrkuhM» 
luir( , "’ ri ' vo1 - 11 von der ElentssoiilaitHhaul auf di. »u ht«- Taho hut-f- 
A llh ' T "'; 'p*t icmmf«' ich mi'.ii doch niehf «mtSclilierisen, dkm dem <Jfv 

1 ’ 1 '‘' liitl UosK-hi Ydllig »»»-map ci-sWu»iiic‘mioi) Timifr - mit wugznm-him.n 
und totientin ?.u ÄÄJfeirhn. Ascites woV Aicfik v/iidiamiv.u: . 


zu erhalten» als -diß.snlbfV uiuem durch- <>dratiö«'atrupliidr?»A,:» 
Ucwcbe oignu l’r* - 

Auch die zweite Opcratioti butte den gleichen lAimliipyj Effv.K v„. 
die er»tu. Die Schmc-rzeit »u'ud Ami ernd heAciligt Pafefentm hl 
«ml ohjehtiv ges.uud.. Si» hetlmüigt, sich ohue Bfjsehv;»«’d«.ii aa nlk-äivb- 
fmAevungeiu .wdfebu das Lchmi m nermule Mewschmi ilrrov Ai im -t>4!r . 

DAy f.’Ähl wui*de Utagew 2Jhit mit ttt^ptioneb jrincr »(adc&wr 

.tltvmlsiu« he!t».ml<:!t- Klinisch isi »an paHioiouibcher ZnuMml .ua 1!».r, 
soilici rnc-l.i üoehzuwoi.-ei-, Die Mum*- smd «ßclt aßfiiughch )'«:m 
tAum- «n ia-<h«wochcnthohen ZvvistAearagmnrt adi; gemgeu' 
und in normylor Stücke v.'iederg»;kehrt ; siiul -jetzt st.ii der hEu 
OjmraXit»n 2 KU J»bfe verdosseu, nlino dafes Itgßinl welche svciteit ,u; 
TtduukulöfbV hfudeutende Lfpelmmartgeft bei dm P^humti» ■uifgflb 11 ' 1 ' 
sparen.. ' ' \ - 

Beit :fl - im Jahre 18SR i« suiuw ALmograpluc thrr die 
{irnijultaiiscu'kuiose dee Weibes .da*? bta dahin biurtilver Bekuim?» 
znsiijüir.i>ogciAsf<t und duivb. sccb^ nigem* BcaljacUiiugen vrrv.n 
MUmdigt hnL sind nur su.hr wenige MlUhoilnimen »Uwe umm: io 
’krxuihuug von klinischer Seite erfofgh. Diry allem diirih 1 ybwi 
rfjfr A%;rhfferitHclHiög' obigen Ealks "rechtfertigen. Euj hesoiuicivc 
Jnter-Rsu urfmAert jrntoeh. die vorlicgcmie Beobacht.-itiig-, nr»! a« » 
'Selten klarer Weise die primäre firkraulciinu' der 1 uh» 

migiiWL die Art und Weite .de«- Eortsehreiteus <h-?. TubcrkohiliM 
dnrlcgt. ■ 

Ein juiigntj iUiberiHictns Mfichdieti, bei dem \Ulnv.»j cI-h-i r- 
m-bf .il» dinj.i.hrigt n D-ubmlit n»jo nirgemls .-«.r^t o»< h 
Weihen KlSot» war- auf Tuherkn!'»^ hindeut n « «D 

nHüshimp), ot krankt an Tulmrkulhne der reAiten tuhw b'» r,; 
direkie iofeetim» nm dm» ofibrnn l'ulmnlummi m-kunH »nn F»‘ 
tunomn der nlieUhteir Dmgebuhg' der übflfmiiAalnn 
kranken Tube. —; fuVierkul(i«o - Tube- wird mAWah -- ; v » i: - 

einem halbes Jahre «ÄrauJcfc ih glAeh-Mr Webe uin Tube di“ W 
dornp Seihe. Die EHcrnnkmig Jiat ebenfalb eim v Xnfcction^W b 1 
der rieten Oporatiou gesund gewusener! IWikmcuhks in 4w' E"' 

ipehuug .dos »iffpij« tt 'hnbunu-tiuiiio zut cAjlpv - \\ rilu'c.iu W > ■ 

Irranktuig. ni beiden Taben w zi.xitilk-h /erl^e^rbnit-eiie ist.Ä. 
das Pu-ifojM um Aue ovücn sonsfigß Tuhcrkuioseaorki'niiUj.c « 

-i‘b«.s '.nit.hii -I.OMUI. ~’l. gos-iugtiigigi' Veründif]Hilft 1 
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gegeir dim TiiberMbmulJiW v alfi dm Tubnnschleiinhaut. _ 

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li.ervory WAKdie Aoliuljehkoit iV»f> dem Lupim hulmn, wunn _ ^ 
Jeh T-uhon mehr destimdrv wirkt, Autfallhml X* *y öi ., 

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27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


975 


nimmt sich die Zeit und muss Zeit haben, wenn er sich entwickeln 
soll. Diese Zeit hat er aber in den engen Schleimhautfalten der 
Tube in hohem Maasse, während er im Uterus viel schwieriger 
haften bleibt, da dessen Oberfläche glatter ist. Dazu kommt noch, 
dass der Secretionsstrom im Uterus stärker ist und vor allem, 
dass während der Menstruation nicht blos ein continuirlicher 
Flüssigkeitsstrom nach aussen erfolgt, welcher die Bacillen mit 
fortschwemmt, sondern dass auch mit der jedesmaligen Elimination 
eines Theils der Epithelschicht die etwa schon mit Bacillen durch¬ 
setzten Zellen abgestossen werden. Zugleich tritt eine erheblich 
gesteigerte Energie des Uterusgewebes in Thätigkeit, welcho dem 
Tuberkelgift den Sieg im Kampfe von Zelle gegen Zelle erschwert. 
Dass in der That die Menstruation mit ihren Begleiterscheinungen 
von einem hemmenden Einfluss auf die Ausbreitung der Tuber¬ 
kulose im Uterus ist, scheint mir daraus hervorzugehen, dass in 
den Fällen, wo von einer weitgehenden Zerstörung des Uterus be¬ 
richtet wird, es sich entweder um postklimakterische Frauen han¬ 
delt, oder um solche, wo sich im übrigen Körper so fortgeschrittene 
Tuberkulose fand, dass man mit Sicherheit eine schon längere Zeit 
bestehende Amennorrhoe annehmen kann. Da die Fälle, welche ich 
im Auge habe 1 ), nur vom pathologisch-anatomischen Standpunkte 
mitgetheilt sind r fehlen Angaben darüber, ob überhaupt Amen¬ 
norrhoe bestand, wenn die Patientinnen sich noch im vorklimakte¬ 
rischen Alter befanden. Jedenfalls würde es von Interesse sein, in 
Zukunft auf diesen Umstand zu achten. 

Nach alledem halte ich den Uterus trotz der geringen Aus¬ 
dehnung seiner Erkrankung für das primär ergriffene Organ, und 
die Tuben- und Peritonealtuberkulose sind in aufsteigender Form 
entstanden. — Bestärkt werde ich in dieser Ansicht noch durch 
folgende Erwägungen: Es ist völlig ausgeschlossen, dass das Peri¬ 
toneum zuerst erkrankt war. Bei einer Infection der Bauchhöhle, 
der Einbruch des Tuberkelgiftes mag erfolgen wo er will, ist stets 
der ganze Beckenabschnitt des Bauchfelles am stärksten erkrankt. 
Das Tuberkelgift begiebt sich der Schwere folgend nach den tiefsten 
Abschnitten der Bauchhöhle, welche zugleich diejenigen sind, in 
denen die platz verschiebende Wirkung der Darmperistaltik am 
wenigsten zur Wirkung kommt. Deshalb findet hier die unge¬ 
störteste Entwickelung der Tuberkelknötchen statt. Es entwickelt 
sich aber die Tuberkulose dann nicht einseitig, sondern gleichmässig 
auf beiden Seiten des Beckens. Es ist dies ein Verhalten, welches 
ich bei im ganzen 12 Fällen von Baufelltuberkulose, die ich mit 
Laparotomie behandelte, gleichmässig constatiren konnte. Aus¬ 
nahmen gaben nur abgesackte Erkrankungen. Es müsste also im 
vorliegenden Falle, wollte man die Bauchfellerkrankung als das 
Primäre annehmen, die Erkrankung gleichmässig auf das Becken¬ 
peritoneum vertheilt und nicht nur auf die Umgebung des Ostium 
der zuerst erkrankten Tube beschränkt gewesen sein. Des weiteren 
entspricht eine so geringe Tuberkeleruption im Bauchfell nach 
meinen Erfahrungen durchaus nicht den fortgeschrittenen Ver¬ 
änderungen der Tube. 

Es bliebe also nur noch der Entstehungsmodus der Tuberkulose 
der zuerst erkrankten Tube auf dem Wege der Blutbahn in Be¬ 
rücksichtigung zu ziehen. Dagegen spricht vor allem das Fehlen 
jeder sonstigen Localisation der Tuberkulose, von der aus als 
primärem Heerd ein Eindringen des Giftes in den Kreislauf möglich 
gewesen wäre. Auch nach Verlauf von drei Jahren ist eine solche 
Localisation nicht hervorgetreten. Ferner spricht dagegen, dass 
nur die rechte Tube erkrankt war, dass also — eine unbemerkt 
gebliebene, mittlerweile verheilte primäre Localisation voraus¬ 
gesetzt — das in den Kreislauf eingedrungene Tuberkelgift gerade 
nur in die rechte Tube verschleppt worden sein sollte, während 
man doch bei der diffusen Oberflächenerkrankung der Tube nicht 
an die Einschleppung in embolischer Form, sondern nur an ein 
Eindringen in feinst vertheilter Form zu denken hätte. Es schliesst 
dies jedoch eine Heerderkrankung aus und müsste auch zur In¬ 
fection anderer Körpertheile geführt haben. 

Nach diesen Erwägungen bleibt also nur die Annahme, dass 
in der That die Uterushöhle zuerst erkrankt war, dass von da die 
rechte Tube und später die linke Tube inficirt wurde und zuletzt 
von diesen aus das Bauchfell. Wenn man die verschiedenen, theil- 
weise sich diametral gegenüberstehenden Ansichten der patho¬ 
logischen Anatomen sowohl als Kliniker diesem Vorgang gegenüber 
kennt, so muss man die aufblärende Bedeutung vorliegenden Falles, 
der fast wie ein Experiment in viva verlief, jedenfalls anerkennen. 

Wie nun das Tuberkelgift in den Uterus gelangte, darüber 
bedarf es keines Kopfzerbrechens. In die Vagina kann es durch 
gar mancherlei Manipulationen auch bei einer Virgo gelangen, und 
von da aus steht ihm der Weg in den Uterus ebenso offen, wie 
dem Gonococcus. Dass die Vagina selbst mit ihrem Plattenepithel 


*) v. Krzywicki, Beitrage von Ziegler und Nauwerck Bd. 3. S. 329. 
— Heiberg (Christiania). Virchow’s Festschrift 1891. Bd. II. 


dabei gesund bleibt, ist ebenso wenig wunderbar, als die gesunde 
Trachea bei Phthise — ganz abgesehen von den anatomischen 
Unterschieden beider. Ueberhaupt besteht eine gewisse Aehnlieli- 
keit zwischen dem primären Auftreten der Tuberkulose an den 
Lungen und dem vorliegenden Erkrankungsfalle der weiblichen 
Genitalien. In beiden findet die Entwickelung am stärksten da statt, 
wo am wenigsten Veränderungen in den Oberflächenverhältnissen 
der Organe normaliter eintreten und wo dem eingedrungenen Gift 
Ruhe und Zeit zur Entwickelung gelassen wird. Schliesslich würde 
ich es für gar nicht unmöglich halten, dass das Tuberkelgift auch 
einmal aufsteigend bis in die Tuben gelangt, ohne dass es ver¬ 
mocht hätte, im Uterus selbst sich einzunisten, eine Möglichkeit, 
auf die ein Theil der von Heiberg mitgetheilten Fälle von primärer 
Genitaltuberkulose hinweist. 

Wie bezüglich der Entstehung, so lassen sich auch bezüglich 
der Diagnose einige Erörterungen an die mitgetheilte Beobachtung 
knüpfen. He gar hat bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei 
der Tuberkulose der Tuben in der Regel um eine unmittelbar am 
Uterus beginnende und sich bis an das Ostium abdominale ziem¬ 
lich gleichmässig erstreckende Anschwellung des Organes mit 
einzelnen rosenkranzähnlichen Auftreibungen handele. Dieser Be¬ 
fund trifft im vorliegenden Falle für beide Tuben zu, indessen 
möchte ich den Beginn der Erkrankung am uterinen Ende der 
Tube gerade nur für die aufsteigende Form der Tuberkulose als 
charakteristisch ansehen — ohne eine gleiche Art des Fortsehreitens 
für andere Infectionen als unmöglich hinstellen zu wollen —, 
während bei absteigender Infection vom Peritoneum aus durch das 
abdominale Tubenostium dieser Befund sicher nicht zutrifft. Es 
erkrankt zuerst die Ampulle und erst wesentlich später der uterine 
Abschnitt der Tube. Ich konnte dies Verhalten mit Bestimmtheit 
nachweisen bei einer Frau, welche ich wegen Bauchfelltuberkulose 
laparotomiren wollte. Dieselbe starb vor der Operation in Chloro¬ 
formsynkope. Das Bauchfell war ausgedehnt erkrankt, am 
stärksten im Becken. Ausgangspunkt der Infection war eine kleine 
retroperitoneale Drüse. Die Tuben waren nur im ampullären Ab¬ 
schnitt erkrankt; der uterine Abschnitt war gesund, ebenso der 
Uterus. 

Es wird ja aber bei der Diagnose im wesentlichen gerade bei 
den Formen Schwierigkeiten geben, welche in aufsteigender Form 
verlaufen. Findet man eine Tubenschwellung, bei der doch ziem¬ 
lich charakteristisch verlaufenden tuberkulösen Peritonitis, sei sie 
exsudativ oder trocken, so wird man dieselbe wohl fast immer als 
tuberkulös annehmen dürfen. Anders aber, wenn man eine Tuben¬ 
schwellung hat, wie im vorliegenden Falle. Es ist klar, dass 
gerade hier eine möglichst frühe Diagnose von Werth ist. Der 
Uterus selbst zeigt in seinem Verhalten und seinen Functionen 
durchaus normalen Befund. Die von Hegar angegebene Beschaffen¬ 
heit der Tubenschwellung mag ja den Verdacht auf Tuberkulose 
erwecken, ob sie aber die Diagnose sichern kann, ist mir äusserst 
zweifelhaft. Dagegen scheint mir die mikroskopische Untersuchung 
der ausgekratzten, wenn auch scheinbar normalen Uterusschleimhaut 
imstande zu sein, die Diagnose zu stützen. Obwohl in unserem 
Falle nichts auf eine Erkrankung des Uterus hinwies, konnte Herr 
Prof. Weigert doch mit Sicherheit tuberkulöse Beschaffenheit der 
Mucosa feststellen. Kann man diesen Befund in analogen Fällen 
in Zukunft erheben, so halte ich dies neben dem gleichzeitig vor¬ 
handenen palpabelen Befund an den Tuben für ausreichend, um die 
Diagnose: „Tubentuberkulose“ zu stellen. — Sollte eine tuberkulöse 
Erkrankung der Uterusschleimhaut nicht nachzuweisen sein, so würde 
die bei offenem Ostium abdominale stets sich anschliessende tuber¬ 
kulöse Peritonitis im weiteren Verlauf die Diagnose klären. Hervor¬ 
heben möchte ich die in unserem Falle vorhandene excessive 
Schmerzhaftigkeit der erkrankten Tuben, die ich sonst nirgends 
erwähnt finde. Ob diese für einen besonders acuten Verlauf und 
dadurch verurschte rasche Dehnung der engen Eileiter spricht? 

Es mögen mir noch einige Worte bezüglich der Therapie ge¬ 
stattet sein. Man wird wohl nicht darüber im Zweifel sein können, 
dass eine möglichst frühzeitige Entfernung der tuberkulösen Tuben 
bis unmittelbar an den Uterus indicirt ist. Eine andere Frage ist 
die, ob auch die Entfernung des gleichzeitig erkrankten Uterus an¬ 
gezeigt ist, oder ob das von mir eingeschlagene Verfahren im All¬ 
gemeinen zu billigen ist. Trotz meines sehr guten Dauerresultates 
wage ich die Frage nicht mit Bestimmtheit zu beantworten. Für 
meine Person würde ich im gleichen Falle wieder in gleicher 
Weise Vorgehen. Bedingung wäre dabei: geringfügige Erkrankung 
des Uterus, vorhandene Menstruation und Möglichkeit, durch 
Zurücklassen eines Ovariums oder eines Theiles desselben die 
Menstruation zu erhalten. Trotz aller neuen Versuche, dio Tuber¬ 
kulose zu heilen, stehen wir auch heute noch auf dem Standpunkt, 
dass das beste Mittel gegen diese Erkrankung eine möglichste 
Kräftigung des Körpergewebes ist. Je stärker die Zelle des Ge¬ 
webes, um so leichter ist ihr Sieg über den Tuberkelbacillus, je 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


schwächer, um so sicherer ist ihr Untergang. Es muss deshalb 
das Erhalten der Menstruation, das Verhüten der klimakterischen 
Atrophie des Uterus günstig auf die Erkrankung der Mucosa uteri 
einwirken, während das Gegentheil einem Fortschreiten der Er¬ 
krankung Vorschub leisten muss. 

Deshalb hebe ich die Erhaltung der Menses — welche 
im vorliegenden Falle auch von hohem psychischen Effect war — 
als besonders wichtig hervor, indem ich zugleich auf meine 
obigen hierauf bezüglichen Bemerkungen verweise. Wenn man be¬ 
rücksichtigt, dass man das Cavum des erhaltenen Uterus der direkten 
äusseren Behandlung zugängig behält, dass das Jodoform analog 
den günstigen Erfolgen in der Chirurgie durch Dauerwirkung eine 
vorzügliche lokale Heilwirkung ausübt, wird man sich um so eher 
zu dem von mir eingeschlagenen Verfahren entschliessen, als bei 
der Exstirpation des Uterus unmöglich eine Einimpfung des Tuberkel¬ 
giftes in das lockere periuterine Bindegewebe zu vermeiden ist. 
Anders liegen die Verhältnisse bei tieferer Erkrankung des Uterus 
oder bei Amennorhoe oder unvermeidbarer Amennorrhoe. Hier 
würde, sich an die Entfernung der Tuben die Exstirpatio uteri an- 
zuschliessen haben, weil eine Ausheilung desselben wohl kaum zu 
erwarten wäre. Jodofonngazetamponade des offen gelassenen 
Scheidengewölbes und der Wundflächen wäre vielleicht imstande, 
eine Infection derselben zu verhüten. Die Aussicht auf Radical- 
hcilung wäre aber weit geringer. 

Fassen wir zum Schlüsse noch einmal das Resultat unserer 
nn den mitgetheilten Fall angeschlossenen Betrachtungen zusammen 
so ergiebt sich Folgendes: 

1. Es giebt eine primäre Genitaltuberkulose des Weibes, welche 
durch Eindringen des Tuberkelgiftes auf den natürlichen Wegen 
von aussen her erfolgt. Die Tuben erkranken, so lange die Men¬ 
struation vorhanden ist, stärker als der Uterus. 

tt ^ u ^ er ^ ll ^ 0Se der Tuben ist zu diagnosticiren aus den 
palpablen Veränderungen derselben und dem Tuberkelnachweis in der 
ausgekratzten Mucosa uteri, eventuell durch eine sich anschliessende 
tuberkulöse Peritonitis. 

8. Es ist wesentlich, die Menses zu erhalten, um die atrophi- 
sirende Wirkung der Castration zu verhüten. Bei Exstirpation der 
luben ist daher auf Erhaltung der Ovarien oder eines Theiles der¬ 
selben Rücksicht zu nehmen. 

Y on „ deu tu berkulösen Tuben aus kann eine direkte In- 
iection des Pentoneum durch Aussaat aus dem Ostium abdominale 
erfolgen. 

Dieser letztere Punkt veranlasst mich, noch einige Bemerkungen 
vLu 10 - tub ^ rl ^ ulö se Peritonitis anzuschliessen. Ueber das 
v erhältmss zwischen Tuberkulose der Tuben und des Peritoneums 
nnden sich folgende Ansichten: 

䙫 B '- rCl r.P i fr S i C,lfel ? saf ’ t "* soin,!m Lehrbuche der pathologischen 
TWhf’if Dlc , T <iben erkrankeu secundär durch absteigende Infection vom 
® durch das offene Ostium abdominale, üls Umgekehrte, e"n 

sehen! 8 Fo, ' tschrclt<m ™" der Tube auf das Peritoneum, ist Jhr 

Lancereaux (Traite d’Anatomie pathol. Paris 1879—81 S 3061 

aasrttÄ» -* *• *—«•»—.tss 

• ? euts S° medicinische Wochenscln-ift 1883, No. 32) sriebt 

rzsr*- - *• ^ 

legen und mmiut den aufsteigenden Modus als den gewötaUchen an. ° 
Heiberg (Virchow’s Festschrift 1891, Bd. II) beschreibt 13 primäre 
und 2 _, secundüre Urogemtaltuberkulosen des Weibes. Auch ei^nimmt 
mit L U St K C, T den v fe , ctlonsInoclu s als den häufigeren an und erklärt da- 
Da« l S r yprr 1 er B*«<*fcHtuberia,lose beim Weibe 
BaucMe tmtmrvToi C n e Geschl f ht häufiger als das männliche von 
Erfahruioen ^ f h eungesucht wird, scheint mir nach meinen 
^Wahrungen als sicher anzunehmen zu sein. Der Versuch dies 

Di^nose Z öfter k z ä ur I ()De a ra S t- die W f iblichen Patienten infolge falscher 
und dis desham °£! gekommen seien, als die männlichen, 

sein W.,, 1 “ waren ’ bäufi S a ^ch an der Leiche unmöglich 

S Ärit 

BauchhöhlJgeLh e ^ TuberkelÄ rU? !.i“ ^ DaS “ die freie 1 

“r ÄrSÄtta a 

in a d k r U ^u(JhOhle U erfo?gte.^' nbrUa * ,Z ^*^^ U ^* r ' fe *^* esS *^^^ eo ^ e " i 


Fragen ivir uns nun, wie sich der durch wiederholte T ™ 
forme eonstatirfo Heilungs- und Erkrankungsverlauf der Bauchfell 
tuberkulöse unseres Falles mit den darüber bestehenden Ur 
muthungen deckt? Ul ‘ 


Die älteste Anschauung, dass die bei der Laparotomie in die Bauch 
höhle gelangten Desmficientien das heilende Agens seien, ist länt-taf 
gegeben. Es wird wohl auch den heilenden Einfluss des bei der La« ' 
tomie in die Bauchhöhle gelangenden Sonnenlichtos Niemand mehr u 
haupten, wenn man sieht, wie gut der Lupus der Haut im Snnnpnii .i t 
gedeiht. In Betracht kommt die meines Wissens von Fritsch ?uer[ 
geäusserto Ansicht, dass nach Ablassen des Ascites eine HvperimM« 
Pentoneum durch Druekentlastung bessere CirculationsverhältaissH • 
selben und dadurch Heilung herbeigeführt werde. Ferner kommt “die 
Meinung in Betracht, dass der Reiz der Laparotomie allein, eventuell mit 
dem Reiz der emdnngenden Luft genüge, um eine hinreichend starke- 
Reaction des Bauchfells hervorzurufen, um die Tubcrkelbacillen zu ver¬ 
nichten. Diese Ansicht wurde hervorgerufeu durch die Heileffecte, welche 
man auch bei Peritonitis i tuberculosa sicca mitlncision erzielte. Es fehlte 
ja hier die Wirkung einer Entfernung des Ascites. — Als weitere An 
sicht ist zu erwähnen, dass der Heilung eine Verwachsung des erkrankten 
Peritoneum mit dem gegenüberliegenden Peritonealblatt vorhersreh* 
Dieseibe werde durch Ablassen des Ascites ermöglicht oder durch Incbion 
bei Peritonitis sicca angeregt, und es erfolge so Heilung auf dem \Xm 
der Abkapselung, Verkäsung etc. wie bei tuberkulöser Pleuritis ii 
neuesten Theorien sind die von W. Nolen (Berl. kl. Wochenschrift 189:), 
No. 24) und von Bumm (Verhandlungen des deutschen Gynäkologen- 
congresses m Breslau). Nolen sagt: Das heilende Agens ist die ein- 
dringende Luft, und zwar die von allen Beimengungen freie sterile Luft. 

W1 p r i 6S dam ^ beweisen, dass er zwei Patienten, welche wiederholt 
ohne Erfolg punctirt waren, dadurch heilte, dass er nach erneuter Punr.tion 
stenlisirte Luft in . die Bauchhöhle einbliess. Der Ascites kehrte nicht 
wieder, und die Patienten sind als genesen anzusehen. Bumm nimmt an. 
dass die Heilung durch eine reactive Entzündung der Umgebung de? 
Tuberkolknötchens erfolge, Einwandem von Rundzellen in dasselbe und 
Zerstörung der Tuberkelbacillen auf dem Wege der Phngocytose. DL 
Reaction wird durch die chemische Einwirkung des Ascites gehindert. 
Daher die günstige Wirkung der Entfernung des Ascites. Man siebt, 
wie widersprechend die verschiedenen Anschauungen sind. 

Für unseren Fall würde die Annahme der Heilung nach vor- 
gängiger Verwachsung und Abkapselung ebenso wenig passen, als 
die auf Besserung der CirculationsVerhältnisse nach Entfernung 
des Ascites beruhende. — Erscheinungen von Verklebungen waren 
bei der zweiten Laparotomie auf der seit der ersten Operation ver¬ 
heilten rechten Seite des Beckenbauchfells durchaus nicht vor¬ 
handen, obwohl erst V 2 Jahr verstrichen war. Ausserdem wird 
bei keiner Laparotomie der Ascites so völlig entleert, dass überall 
sich Peritonealflächen anlegen und verwachsen könnten. Es kann 
also diese Theorie in ihrer Allgemeinheit nicht aufrecht erhalten 
werden. Ascites war überhaupt nicht vorhanden, also konnte auch 
dessen Entfernung nicht bessernd auf die Lebensbedingungen des 
Bauchfells und heilend auf die Tuberkulose wirken. — Es könnte 
dagegen unser Fall ebensowuhl verwerthet werden für die Annahme 
der Heilwirkung des Reizes der Laparotomie an sich, eventuell 
plus Lufteintritt, als auch der Luft allein (Nolen). Die B mimi¬ 
sche Erklärung passt für vorliegenden Fall nicht. Es war auch 
nicht eine Spur von Ascites vorhanden. 

Wenn man berücksichtigt, dass in unserem Falle nach Ent¬ 
fernung’ der rechten Tube die in der Umgebung ihres Ostium 
abdominale befindliche Tuberkulose zurückgeht, heilt, während 
zugleich in der Umgebung des Ostium abdominale der frisch er¬ 
krankten linken Tube eine neue Tuberkeleruption sich entwickelt, 
so kann man sich des Gedankens nicht t * erwehren, dass das Bauch¬ 
fell von Haus aus eine grosse Widerstaudskraft gegen das Tuber¬ 
kelgift hat. Es gewinnt die Vermuthung an Wahrscheinlichkeit, 
dass das Bauchfell durch gewisse chemisch wirkende Stoffe, die 
sich aus dem Lumen der kranken Tube auf dasselbe ergiessen (Stoff- 
wechselproducte des Tuberkelbacillus?), erst vorbereitet oder so" eit 
lädirt wird, dass die Tuberkelbacillen sich auf ihm einnUten 
können. Analoges ist ja für andere Gewebe und andere Infectiom- 
stoße constatirt. Nur so dürfte es zu erklären sein, dass rech ? 
die Tuberkulose heilt, während sie zugleich links sich frisch en 
wickelt. Insofern würde auch hier eine Fernwirkung chemische! 
Stoffe anzunehmen sein, aber nicht, wie bei Bumm, die Hen un r 
hindernd, sondern die Erkrankung ermöglichend. — Nimmt nwn 
also eine derartige Widerstandskraft des Bauchfells gegen a - 
Tuberkelgift normaliter an, so begreift es sich, wie der ß eiz e 
Laparotomie, eventuell der eindringenden Luft, oder der dun 
Ablassen des Ascites gebesserte Circulat-ionszustand genügt, 1 ^ 
die normale Energie des Peritoneums soweit zu steigern, ua> ' 
dem Tuberkelbacillus überlegen wird. Will man diesen duicn ei 
fachen Reiz gesteigerten Zustand der vitalen Energie des l . el1 
neums nicht als genügend gelten lassen, um das luberkelgi 
vernichten — man könnte ja die Einwirkung des R ßiz ^ s 
Ineision oder der eingeblasenen sterilen Luft in der Baue 
in Abrede stellen — so bliebe wohl nur noch daran zu den 


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27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


m 


dass die athmosphärische keimfreie Luft imstande wäre, das 
Peritoneum zur Absonderung eines Serums, eines Stoffes anzu¬ 
regen, welcher sich dem Tuberkelbacillus gegenüber bactericid 
verhielte. 

Es sind ja dies alles nur Reflexionen, aber sie ermöglichen es 
doch, die gleichmässig heilende Wirkung der verschiedensten Ein¬ 
griffe auf die verschiedensten Formen von Bauchfelltuberkulose 
von gemeinschaftlichen Gesichtspunkten aus erklärlich zu finden. 

Nachtrag: Während obiger im Mai d. J. eingesandte Aufsatz 
auf den Druck wartet, veröffentlicht H. Büchner in der Münchener 
medicinischen Wochenschrift einen Vortrag über „die natürlichen 
Schutzmittel des Organismus gegenüber den Krankheits¬ 
erregern“. Durch Versuche bringt er den Nachweis, dass die 
Alexine des Serums, die bacterienfeindlichen Stoffe desselben, um 
so reichlicher vorhanden sind, je leukocytenreicher das Serum ist. 
Die Heilwirkung der Laparotomie bei Bauchfelltuberkulose will 
Büchner damit erklären, dass dadurch ein reiches Auswandern 
von Leukocyten in die Bauchhöhle hervorgerufen wird. Diese be¬ 
dingen eine starke Zunahme der Alexine des Serums in der Peri¬ 
tonealhöhle und dadurch eine Vernichtung der Tuberkelbacillen. 
Büchner kommt also auf Grund seiner bacteriologischen 
Forschungen zu einem gleichen Resultat, wie die oben am Kranken¬ 
bette angestellten Reflexionen, nämlich zu der Annahme: dass durch 
die Laparotomie die Absonderung eines Serums angeregt wird, 
welche sich dem Tuberkelbacillus gegenüber bactericid verhält. 


VII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S. 

Der äussere Milzbrand des Menschen. 

Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik. 

(Schluss aus No. 51.) 

Diese zum Theil über eine grosse Reihe von Jahren sich er¬ 
streckenden Berichte mögen ausreichen, um ein Bild von der Ver¬ 
breitung des Milzbrands überhaupt in unserem Vaterlande zu 
geben. Sie genügen, um zu zeigen, dass es immerhin nöthig ist, 
sich einmal klar über die bei dem äusseren Milzbrand einzu¬ 
schlagende Therapie zu einigen. 

Wie different bis auf unsere Tage die Ansichten der Autoren 
über diesen Punkt waren, zeigen die zahllosen Arten von Medi- 
eation gegen das Leiden. Stets ist es im allgemeinen Grundsatz 
der Therapie, durch möglichst wenig eingreifende Mittel 
eine radicale Heilung herbeizuführen. Deshalb mache ich 
an dieser Stelle vor allen Dingen auf die Erfolge aufmerksam, 
welche auch andere Autoren durch ein absolut conservatives 
Verfahren bei der Milzbrandpustel erzielt haben. Sie sind ange- 
than, zur Nachahmung aufzufordern. Wenn Miroljubow 1 ) auf 
Grund ungünstiger Erfahrungen, welche er mit energischer chirur¬ 
gischer Therapie gemacht hat, behauptet, dass man den Kampf 
mit den Milzbrandkeimen dem Körper selbst überlassen 
soll, so hat er damit vollständig das Richtige getroffen. Der 
menschliche Organismus, darüber herrscht gar kein Zweifel, gehört 
zu den gegen Milzbrand refractären; alle refractären Organismen 
verfügen aber, das ist durch die bacteriologische Forschung abso¬ 
lut sichergestellt, über Schutzapparate gegen, die Bacterieninvasion. 

Diese zu stärken und anzuregen, ihnen die Arbeit mög¬ 
lichst zu erleichtern und den Gesammtorganismus nicht 
zu schädigen, das sind die Grundsätze, welche Herrn Professor 
v. Bram an n zu seiner mit bestem Erfolge geübten Therapie 
führten: 

1. Bettruhe, 

2. Ruhigstellung und eventuell Suspension, 

3. Bedeckung des Affectes unter aseptischen Cautelen mit 
grauer Salbe, 

4. innerlich: kräftige Diät und Alkohol in concentrirter Form. 

Nach diesem Princip sind seit dem Jahre 1890 13 Fälle von 

äusserem Milzbrand behandelt worden, deren Geschichte ich in 
kurzen Worten zum Schluss noch anführen will. 

Ueber einen dieser Fälle, welcher 1890 poliklinisch mit einem guten 
Resultate an einem malignen Carbunkel der Oberlippe behandelt 
wurde, bin ich nicht in der Lage, nähere Mittheilungen zu machen, als 
die, dass das Verfahren, das in allen übrigen angewendete, absolut con- 
servative war. 

Fall 2. W. K., Schäfer aus B., 25 Jahr alt, vom 26. August bis 
1. September 1890 in klinischer Behandlung. Er wurde beim Abziehen 
einer milzbrandigen Kuh angeblich von einer Fliege in den Vorderam ge¬ 
stochen. Nach drei Tagen fand sich eine wohlentwickelte Milzbrandpustel 
am Vorderarm, welche in der genannten Zeit unter conservativer Behand¬ 
lung sich so weit zurückbildete, dass Patient zur Ambulanz entlassen 
werden konnte. Hohe Temperatur bestand niemals; er hatte ein von 
der Pustel ausgehendes Oedem über den ganzen Vorderarm, Schwellung 
der Achseldrüsen und ausgesprochene psychische Symptome, wie sie sich 

l ) Siehe S. 956. 


in Todesangst, unruhigem Schlaf und Somnolenz meist bei klarem Sen- 
sorium bei jedem einzelnen der hier behandelten Fälle beabchten liessen. 

Fall 3. Es handelt sich um einen Schäfer, G. P., etwa 50 Jahr alt, 
aus P., der vom 1. September 1890 bis 25. October 1890 hier in Be¬ 
handlung war. Gleichfalls nach dem Stich einer Fliege in die rechte 
Wange bekam er eine Milzbrandpustel über dem rechten Jochbein. Aus 
seiner Heerde waren an dem Tage mehrere milzbrandkranke Schafe ge¬ 
schlachtet worden. Die Pustel war innerhalb 3 Tagen seit dem Fliegen¬ 
stich zu etwa Zehnpfennigstückgrösse entwickelt und sass über dem 
rechten Jochbein. Ein sehr starkes Oedem erstreckte sich über das 
Gesicht, so dass beide Augenlider unmässig angeschwollen waren. Die 
Temperatur, bei der Aufnahme über 39°, ging mit der Abnahme des 
Oedems in 2 Tagen zur Norm herab. Nach hinten ging das Oedem bis 
hinter das Ohr. Infolge dieser schweren Affection bildete sich eine am 
Jochbein beginnende Nekrose aus, der das obere und untere Augenlid 
bereits 7 Tage nach der Aufnahme zum Opfer gefallen waren. Nach 
14 Tagen war die nekrotische Zone gereinigt und sprossten an ihrem Be¬ 
zirk kräftige Granulationen. Nur die nothwendige Plastik, welche, wie ich 
1893 controlliren konnte, ein vorzügliches Resultat ergeben hat, machte 
so lange Anstaltsbehandlung nöthig. Die Infection hatte klinisch einen 
ganz ausserordentlich schweren Verlauf, Delirien, Todesangst und psychi¬ 
sche Depression auf der einen Seite, Milztumor und schwere Durchfälle 
auf der anderen. 

Fall 4. 0. G., lOjähriger Drescherssohn aus K., vom 13. bis 24. 
August 1891 in klinischer Behandlung. Er wurde 5 Tage vor der Auf¬ 
nahme von einer Fliege in die linke Wange gestochen; die Anamnese er- 
giebt, dass in der Gegend Milzbrandfälle in dieser Zeit nicht vorge¬ 
kommen waren. Er kam hierher mit einer etwa erbsengrossen Milzbrand¬ 
pustel an der linken Wange und einem colossalen Oedem, welches bis 
über die Augenlider nach oben, bis über das Schlüsselbein und das 
Schulterblatt nach unten reichte. Die Temperatur war 39,2, der Puls 
kräftig und beschleunigt. Die Drüsen in der rechten Oberschlüsselbein¬ 
grube sind stark geschwollen. Es bestehen Durchfälle, Milzschwellung 
und schwere cerebrale Symptome. Das hohe Fieber ist in diesem Falle 
einerseits wohl auf das grosse Oedem, andererseits aber gewiss auf die 
Anwesenheit von Staphylococcen zu beziehen, welche sich neben reich¬ 
lichen Milzbrandbacillen in dem trüben Pustelinhalt vorfanden. Der Urin 
ist eiweissfrei. Mehrfache Blutuntersuchungen fallen bacteriologisch nega¬ 
tiv aus. Schon am sechsten Tage nach der Aufnahme ist das Oedem zurttck- 
gegangen und bildet sich die Nekrose aus; sie bleibt an die Stelle der 
Pustel beschränkt etwa zehnpfennigstückgross. Am zwölften Tage wird 
Patient zur Ambulanz entlassen. 

Fall 5 betrifft einen Fleischergesellen J. S., der an einer Pustel am 
linken Vorderarm vom 29. September bis 1. October 1891 behandelt 
wurde. Vier Tage vorher hatte er eine milzbrandige Kuh geschlachtet. 
Bei der Aufnahme hatte der gesund aussehende Patient eine etwa pfennig¬ 
stückgrosse Pustel auf der Mitte des linken Vorderarms. Die Lymph- 
drüsen in der Achselhöhle sind nicht geschwollen; lymphangitische Zeich¬ 
nung besteht ebensowenig als Milzschwellung. Trotz der Geringfügigkeit 
der Localaffection hatte er aber Durchfälle und schwere cerebrale Sym¬ 
ptome, welche aber nach zwei Tagen verschwunden waren. Schon am 
dritten Tage wird Patient zur Ambulanz entlassen. 

Fall 6. M. E., 10 Jahre alt, Tochter eines Abdeckereibesitzers aus 
H., hatte sich ohne ihr bekannte Ursache eine Pustel an der Streckseite des 
linken Vorderarms zugezogen. Nach einigen Tagen hatte sich bereits ein 
colossales, über den ganzen Arm und die linke Thoraxhälfte reichendes 
Oedem entwickelt, welches erst am Rippenbogen endete. Achseldrüsen 
fühlte man stark geschwollen. Dabei bestand nur geringes Fieber (38,1°), 
welches schon am Tage nach der Aufnahme auf die Norm sank. Patientin 
hatte Durchfall und schwere cerebrale Symptome. Schon nach wenigen 
Tagen war das Oedem zurückgegangen und hatten sich die schweren 
Symptome verloren, so dass die Patientin auf den Wunsch der Eltern 
zur Ambulanz entlassen werden konnte. 

Fall 7. Ein 40jähriger Weissgerber H. S., vom 30. October bis 
18. November 1892 in Behandlung, hatte sich ohne ihm bekannte Ur¬ 
sache eine Anthraxpustel in der rechten Unterkiefergegend zugezogen, 
welche bei der Aufnahme folgendes Bild bot. Die ganze Regio sub- 
maxillaris ist von einer Schwellung ausgefüllt, in deren Centrum ein dunkel¬ 
brauner, gegen die Grenzen hin hellrother, von wallartigen erhabenen 
Rändern umgebener markstackgrosser Hautdefect liegt. Die Geschwulst 
fühlt sich hart an und ist wenig schmerzhaft; es bestehen geringe Schluck- 
und etwas stärkere Athembeschwerden. Die Temperatur bleibt zwei 
Tage hoch, um am dritten zur Norm zurückzugehen. Das Sensorium ist 
frei, der Puls beschleunigt, aber kräftig. Die Schwellung ging am 
folgenden Tage bis zum Manubrium stemi und die Infraclaviculargrube 
weiter. Am folgenden Tage ist das Sensorium des Patienten stark be¬ 
nommen; ab und zu delirirt er; die Schwellung geht bis zu den Bnist- 
warzen, um am nächsten Tage diese noch handbreit zu überschreiten. 
Athembeschwerden bestehen neben Schluckbeschwerden noch fortgesetzt. 
Die cerebralen Symptome, denen sich Durchfall zugesellt, werden am 
vierten Tage ausserordentlich heftig; Somnolenz wechselt mit heftigsten 
Delirien; es besteht Milztumor; doch am fünften Tage klärt sich sein 
Sensorium völlig, und da die Temperatur bereits abgefallen ist, so kann 
man annehmen, dass Patient in die Reconvalescenz eintritt. Er wird am 
zwanzigsten Behandlungstage, trotz der ausserordentlichen Schwere der 
überstandenen Erkrankung geheilt entlassen. 

Fall 8. Der 67jährige Schäfer A. M. aus B., vom 7. Januar 1893 
bis 26. Januar 1893 in Behandlung, hatte eine Milzbrandpustel an der 
rechten Halsseite, welche ohne schwere Complicationen zur Heilung kam. 
Es bestand niemals Fieber, dagegen Duchfölle und schwerere cerebrale 
Symptome für längere Zeit. 


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27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


nur provisorisch verfügt. Nach einem in der Regel nicht über 
die Dauer von sechs Wochen zu bemessenden Aufenthalt des 
Kranken in der Staatsirrenaustalt ist ein Gutachten der 
Direction der letzteren über den Kranken einzuziehen, worauf 
sodann die endgültige Entscheidung ergeht. Die Entscheidungen 
der Kreisregierung smd mit eingehender Begründung zu versehen und den 
widersprechenden Angehörigen, sowie dem Gemeinderath in beglaubigter 
Abschrift zuzustellen. Tritt während des Aufenthaltes des Kranken in 
der Staatsirrenanstalt, eine solche Aenderung in dessen Zustand ein, dass 
seine Entlassung oder Beurlaubung zulässig erscheint, so hat die Direction 
der Anstalt der Kreisregierung alsbald Mittheilung zu machen. Un¬ 
abhängig hiervon hat die Kreisregierung inZwischenräumen von 
je einem Jahr ein Gutachten der Direction der Anstalt über 
die r ortdauer der Gefährlichkeit oder Pflegebedürftigkeit 
des eingewiesenen Kranken einzuziehen. Gelangt die Kreis¬ 
regierung auf Grund der Gutachten der Direction der Anstalt 
oder sonstiger Erhebungen zu der Ansicht, dass eine fernere 
Verwahrung des Kranken in der Irrenanstalt nicht geboten 
ist, so hat sie dessen Entlassung oder Beurlaubung zu ver¬ 
fügen. ~ n 

Diese einen wesentlichen Fortschritt gegen die bisherige Praxis be¬ 
kundenden Verbesserungen, die nach den Fällen Hegelmaier. Kuhnle 
und anderen in Württemberg allerdings unvermeidlich geworden zu sein 
scheinen, können auch in ärztlichen Kreisen nur willkommen ge¬ 
heissen werden. Es ist aus den Angaben nicht ersichtlich, ob und wie 
weit sie auch auf die Privatirrenanstalten Anwendung finden, gegen 
die ja das Misstrauen des Laienpublicums im allgemeinen stets in weit 
höherem Grade (und, wie vereinzelte Fälle leider dargethan haben, nicht 
immer ohne Berechtigung) gerichtet zu sein pflegt. Wie sehr auf diesem 
Gebiete in manchen Einzelstaaten eine einheitliche und gesetzliche Rege¬ 
lung erforderlich ist. geht unter anderen aus der sehr beachtenswerthon 
Schrift des Amtsrichters Engelmann in München („Zur Reform des 
Irrenrechts. Ein Vortrag, gehalten in der juristischen Gesellschaft 
München, am 16. März 1894) hervor, wonach in Bayern den Bestim¬ 
mungen über die Kreisirrenanstalten analoge Vorschriften 
bezüglich der Ueberwachung der Privatirrenanstalten über¬ 
haupt nicht bestehen. Die Aufsicht über diese Anstalten gehört 
zum Wirkungskreise der Districtsvenvaltungsbehörde und der Bezirks¬ 
ärzte; von letzteren und den Medicinalreferenten der Kreisregierung 
werden „bisweilen“ Visitationen vorgenommen! — Dass auch in 
Preussen auf diesem Gebiete noch manches zu wünschen bleibt, ist durch 
einzelne bedauerliche Vorkommnisse der letzten Zeit, wie durch den in 
jeder Hinsicht beklagenswerthen Prozess Feldmann und durch die 
bisher unwiderlegt gebliebene Darstellung der Erlebnisse des katho¬ 
lischen Geistlichen Forbes im Alexianerkloster Mariaberg 
in Aachen in Erinnerung gebracht worden. Unter diesen Umständen 
kann man sich kaum wundern, wenn der Ruf nach einer gesetzlichen, 
wo möglich reichsgesetzlichen Festlegung dergesammten schwierigen 
Materie des Irrenrechts immer lauter und eindringlicher von den ver¬ 
schiedensten Seiten ertönt. Sehr beachtenswerth erscheinen u. a. die 
von einer juristischen Autorität, von Prof. Me dem in Greifswald, vor 
einiger Zeit der Oeffentlichkeit unterbreiteten Vorschläge. Sie laufen 
auf die Bildung besonderer „Fürsorgeämter“ hinaus, die aus höheren 
Justiz-, Verwaltung- und Medicinalbeamten zusammengesetzt sein sollen 
und die über jede Unterbringung in Anstalten, sowie über Fortdauer und 
Aufhebung der Unterbringung sowohl auf Antrag Betheiligter wie von 
Amts wegen zu entscheiden hätten. In ähnlicher Richtung bewegen sich 
zum Theil auch die von einer Laienversammlung in Göttingen (unter 
Zuziehung einzelner hervorragender Rechtslehrer) kürzlich gefassten Be¬ 
schlösse. Es würde den Aerzten schlecht anstehn, sich diesem Zuge, 
soweit er sachlich berechtigt ist, zu widersetzen; sie sollten vielmehr 
aus eigenem Antriebe die Führung dabei übernehmen im wahren Interesse 
des ärztlichen Standes selbst, dem nichts ferner liegen kann, als einer 
kleinen Anzahl theilweise nicht-ärztlicher Irrenanstaltbesitzer Vorspann¬ 
dienste zu leisten und sein eigenes Ansehen zu deren Gunsten in den 
Augen des Publikums nutzlos zu compromittiren. 

IX. Therapeutische Mittheilungen. 

Beobachtungen über die Behandlung der Tuberkulose 
* mit Kreosotcarbonat. 

Von Dr. med. Georg Greif in Serkowitz. 

Ueber den Nutzen der Kreosottherapie stehen sich die Meinungen 
zwar immer noch schroff gegenüber, insofern die einen von der Heilkraft 
und der Unschädlichkeit des Kreosots vollständig überzeugt sind, wäh¬ 
rend die anderen das Kreosot als gefährlich und giftig vollständig ver¬ 
werfen; aber soweit sind jetzt fast alle Kliniker einig, dass in dem Kreosot 
ein Mittel von unschätzbarer Bedeutung gegen die Lungentuberkulose ge¬ 
funden ist. Die Misserfolge bei Kreosotgebrauch sind veranlasst: 

1. durch die starke Aetzkraft des Kreosots; 

2. durch den durchdringenden rauchähnlichen Geruch und den bren¬ 
nenden Geschmack, beides Momente, die nur zu bald den Widerwillen der 
Patienten vor dem Mittel erwecken; 

3. durch Schwindel. Schweisse, Dunkelfärbung des Urins, eine Er¬ 
scheinung, deren Eintritt die Kranken vor allem dem Kreosot gegenüber 
misstrauisch macht, (eine Erfahrung, die ich gar nicht zu selten machen 
konnte); 

4. durch mannichfache Temperaturschwankungen, die sich nach 
Burlureaux kennzeichnen in dem Auftreten gesteigerter und sub- 
normaler Temperaturen und eines in seiner Intensität verschiedenen Kälte¬ 
gefühls. 


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Dieser Wechsel zwischen Hypo- und Hyperthermie bedeutet bereits 
die Kreosotintoxicafcion. 

Andererseits kann die Heilwirkung des Kreosots wohl kaum mehr in 
Frage gestellt werden, nachdem sie durch ganz unanfechtbare Fälle er¬ 
wiesen ist. In vielen Kreisen hat sich bereits die Ansicht S ommer- 
brodt’s Bahn gebrochen, dass die Patienten um so grössere Vortheile von 
dem Medicament zu erwarten haben, welche die möglichst grösste Menge 
ohne Nachtheil vertragen können. Leider können aber nur diejenigen 
wenigen Kranken wirklichen Nufj»n vom Kreosotgebrauch ziehen, deren 
Verdauungsorgane eine solche Toleranz dem Kreosot gegenüber aufzu¬ 
weisen haben, dass sie die Aetzwirkung desselben selbst auf die Dauer 
ohne Schaden aushalten können. Bei allen anderen Kranken dagegen wird 
die Heilwirkung des Kreosots durch die angeführten Nebenwirkungen stark 
beeinträchtigt, oft sogar noch bedeutend übertroffen. 

Dieses Dilemma, in welches uns die der Heilwirkung des Kreosots 
entgegenstehende Giftwirkung versetzt, und alle berechtigten Bedenken 
gegen die Kreosottherapie würden mit einem Schlage beseitigt sein, wenn 
man das Kreosot von seinen ätzenden Eigenschaften befreien könnte, so 
dass die lästigen Nebenwirkungen fortfallen und nur die reine Heilwirkung 
zur Geltung kommt. 

Im Ersatzmittel des Kreosots, dem Kreosotcarbonat oder Krcosotal, 
ist diese Aufgabe gelöst. 

Kreosotcarbonat oder Kreosotal ist trotz seines Gehaltes von über 
90% Kreosot frei von Aetzwirkung (schon durch eine einfache Geschmack - 
probe lässt sich dies controliren; ein Tropfen Kreosotcarbonat auf die 
Zunge gebracht und verschluckt, schmeckt ölig, aber duraus nicht bren¬ 
nend wie ein Tropfen Kreosot), und wenn auch nicht absolut geschmack¬ 
los, so entbehrt es doch jenen intensiven Geruch und Geschmack des 
Kreosots. Verstimmungen des Verdauungsapparates producirt es ebenso 
wenig, wie ich bei den von mir mit Kreosotcarbonat behandelten Fällen 
bemerken konnte, es ist eher ein Digestioum. insofern es appetitanregend 
wirkt. 

Temperaturschwaukungen, die durch hohe Dosen Kreosot bedingt 
werden, konnte ich bei Tagesgaben von 30—40 g Kreosotcarbonat nicht 
beobachten. 

Das Kreosotcarbonat, somit frei von den unangenehmen Nebenwir¬ 
kungen des Kreosots, ermöglicht die Einführung grosser Dosen in den 
kranken Organismus und kann die Patienten in den bei der früheren 
Therapie vergeblich angestrebten Vollgenuss des Mittels setzen. 

Das Kreosot befindet sich im Kreosotcarbonat in neutralisirtem Zu¬ 
stande. Wio die ätzende und deswegen giftige Schwefelsäure durch Ver¬ 
bindung mit Natronlauge das neutrale, nicht ätzende, ungiftige schwefel¬ 
saure Natrium liefert, so giebt das ätzende und deswegen giftige Kreosot 
durch Verbindung mit Kohlensäure das nicht ätzende, ungiftige Kreosot¬ 
carbonat. In beiden Fällen tritt eine Neutralisirung ein, d. h. eine Be¬ 
seitigung derjenigen Wasserstoffatome, mit denen die sauren ätzenden 
Eigenschaften verknüpft sind. 

Infolge seiner Ungiftigkeit kann das Kreosotcarbonat in wirklich 
enormen Dosen gegeben werden. Ich selbst habe es ohne Schaden für 
die Patienten und ohne Eintritt irgendwelcher störender Erscheinung in 
der ambulanten Praxis Erwachsenen in Dosen bis zu 30 g und in statio¬ 
närer Behandlung bis zu 40 g pro die verabreicht. Das sind Dosen, 
die auf Kreosot übertragen, Intoxicationscrscheinungen hervorrufen würden. 
Das Kreosotcarbonat ist deshalb besonders geeignet, zur intensiven Be¬ 
handlung mittels hoher Dosen gemäss dem Sommerbrodt’schen Satze, 
dass eine um so bessere Wirkung mit Kreosot erzielt würde, je mehr 
davon vertragen wird. 

Das Präparat bewirkte niemals Uebelkeit oder Erbrechen. Die vor¬ 
her herabgeminderte Esslust steigerte sich in allen Fällen; es wirkte so¬ 
mit appetit steigernd. Nie beobachtet« ich kolikartige Leibschraerzen, nie 
traten andere Störungen vom Magendarmtractus ein, die zum Aussetzen 
des Mittels gezwungen hätten. Es wird von den empfindlichsten Patienten, 
bei denen Kreosot sofort bedenkliche Erscheinungen hervorruft, gut ver¬ 
tragen und ohne Widerwillen genommen. 

Solche Patienten, die Kreosot überhaupt nicht vertragen infolge In¬ 
toleranz von Seiten des Digestionstractus, beginnen am besten mit ge¬ 
ringen Dosen Kreosotcarbonat: täglich dreimal 5 Tropfen Kreosotcarbonat 
mit Eigelb als Emulsion, oder 5 Tropfen in einem Portweinglas puren 
oder gewässerten Rothwein dreimal täglich, oder 5 Tropfen in einem Port¬ 
weinglas Tokayer. Gerade die letzte Verordnung wird von allen Patienten 
als am angenehmsten zu nehmen hervorgehoben. 

Patienten, die Kreosot überhaupt noch nicht genommen haben, können 
sicher mit zweimal 1 Theelöffel oiner Mischung von 20 Kreosotal zu 200 
Vinum Tokayense beginnen. 

Für die erste Art Patienten ist eine Steigerung um 5 Tropfen alle 
zwei Tage zu empfehlen, für die zweite Kategorie eine solche um 1 Thee¬ 
löffel jeden vierten bis fünften Tag. Die Höhe der Tagesgabe kann dann 
je nach dem Ermessen des Arztes bis 30 g gesteigert werden. 

Kranke, die schon an Kreosot gewöhnt sind, nehmen am besten das 
reine Kreosotcarbonat, täglich mit 73 oder 1 Theelöffel beginnend. Für 
kürzere Zeit kann die Tagesdosis bis auf die angegebene erhöht werden. 

In Leberthran gelöst, enthält bei der folgenden Verordnung jeder 
Esslöffel 1 g Kreosotcarbonat: 

15.0 Kreosotcarbonat, 

160,0 Leberthran. 

Für die Schüttelmixtur mit Milch: 1 Theelöffel Kreosotcarbonät mit 
einem Weinglas Milch, das einige Minuten stark geschüttelt werden muss, 
empfiehlt sich, obwohl sie sich ‘/a bis 2 Tage halten kann, jedesmalige 
frische Zubereitung einer solchen Dosis wie aufgebraucht werden soll. Ich 
erachte es für besser, an Stelle der Schüttelmixtur das Kreosotcarbonat 
pur nehmen und hinterher eine Tasse Milch trinken zu lassen, die gleich¬ 
zeitig den öligen Geschmack ebenso bestimmt, wie sie ihn in der Mixtur 


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vt>i'(K;.<-kl. Als G'fth'6 per rectum habe üth vi^rrdD^t, Voü 1 bis 8 Thee- 
iötföi IvivM^oiiatboiiat mit einem Ei uiuj 300 g MileK gequirlt, das. aber 
Kail» Xms^t- tr.it»- der Spritze verabreicht wird. 

- Tvotv cor UnglftigkeH dos K miicn rbona t* s st es au uh hei diesem 
ßftiHwbnifig; <kss Ä B^&tiiuisömg; der Dosk und dev Anmel¬ 
dern? jKtm.ig irdhcdaacHirc -und besondere Sorgte Ir der rationellen Bbit ge- 
#hln«7 .--wird, Die von IV. Cb »um ier imge tyundnte» hohen Posen vv :rd hü 
- b Zukdtjft Vielleicht- Jtir die giinw* O-mor der '.Krtmkboii -äugewendet 
tröfdeii, jedenfalls lfai»n ihteCrähe alleOiiJmsttodeä viel Hinget 

»bitgraetki werden, als ewtsjire/diomlc Gaben von Kreoiud-. 

WiG micit vorandie»«? Zollen nu vorOibmfliehen, wer nicht de? 
Utühröku, dass Kreosotuäjdta/iat. üütt alle and jode Tiifcerküjqee basaltigen, 
würde, muß. es war. nur das Besteelvs, Au&tül hitrajiwaiMb, d*t^ "dir 
Wirkung mit lumosotearbonät deswegen mim günstigere *etä wird, ah 
mit Kreosot, wm) Kj'Mo.sotVarboüat- Hinge re Zeit und in bedeutenden Düsoo 
ohne Base)?werden gencnnrndii wtavjop h?mn. 

'Von drei FlÜkn., die icb 'nur eine Woche ;iu Behandlung hatte, knim 
ich höiduhtetr. dass h«ti Ilcnsjftlhej) schon nachitiigv^hßhp^ 2£$Ldnv mi$&jr£e 
Husten naehzuPs.ten begann m?d sie Geh wogrn diesertosiiteng der 
-Weitef-en Behandlung m: trogen. 

Sechs i uliü kamen in "sehr fOitge»d;naenetn Stadium in dm Bobmui 
jung: alle (*nd«t,en Ic>tnf- mit rcicbliclimi Bacillen iui'Sputum wfvhfemi der 
ganzen Den er dm’ Krankheit. 

Bä war mir bol diesen Patmrd.-n eine gjrmsc OomrghHinng. 
stan/vsi. oje eie eigen!lirjs l>F cum EsitJi.a rieh .«i.iek mcM Icidln-hM» 

Appetits und damit Asr Immerhin rnichtUheu. NntangMtfnahnie. «rfwumn 
komrteu. 

o Ein '^’flh 'acbw.eife Bhtfem, reichlich .ßömfimt, beihrdnt .-«ich .«Mi 
tvroo^otcorbonat-Vcü’abj'eielusng immtem gebessert,, ab, nach etw a iu- Tauen-, 
bei tJHjlicher Aufrmhm* rctiAi hi u 3 g dm pröfa^ir Bjarrihen wlüksüm?. 

Eia -Fall; beide. Spitzen und rechter mitriernr Uppen »fötort nahm in 
in der Zeit vom 1893 bis Marc WM Ü’A Humi au Gewicht *n, 

Zwhi Fnljn. Spit,«oi)k»t.Hrrlm mit Eui^ngitN; K»chlaseea dev NachG 
:scMvuiöHe. EoEmkeU, cmmliois hcapitjgr,' Gcwnehtazimahme;bei dem einen 
tu einem Halbjahre b Pfund, bei dom imderbn in einem Vinrteljuimv 
0 Pfund. ' 

Sieben Fiiite: traten en, c md unter günstigen Verludtuiysmf 

rntfas$en worden .■ 

f ßm Boil, |2jübriger Ahorn: Bef sfationitror Behandlung i4 Phimi Gc- 
Vmbtscuhüjuae in 6 Wnciien, bei gleichzeitiger Oystitis. 

Ein Fall,- Wjtömgo.t Kann, eircnamcnnlor Vahetkuiaset Herd links, 
Bacillen nn ?,Uhon genngim Sputum, tuigb sorhewOchotaiidjer Behandlung 
v orsthwinden der M»$iwnfon BruKbscbmerzeir; Verricgei'üutr des. HOstens 

und Aumvnrts, 3 Pfund GowicblMunubme. " 

Ein FndpdiOjbdmgö $m\. lhik«ipKige Splil^enHM’Vtioti. verbünden mit 
iiasHlib^roni Erbre^n& y günstige BeeinÜii^iujö dev töberkulbsön Eriran- 
kiim 'hiceh hohe Eingüsse, wn Kreosotourbanut, gelüst in Gnem Ei und- 
oOH g Kik-h. 

Vier FiUlm Vemogecung der BeHninvmden und imehwoishares Stilb 
stehRii des rnice^ea, » : 

• jJojhhrign Fe;ui Gewichte Hin tO. September ito Ffhml <\ 

m VXml 21, Januar -180*-tai Pitind, ö; Juli 

I8ihk 1S& Plnnd. 

tiojhbnges AiiUcbHK Gewicht am 27 Augusi, iBHM 106 Plimd 300 g 
kjopbimbnr \0 ( Vfundv 27, September im 108 Ptmid dOO g, l Nc- 
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viü wrcnoötmUnn m ^ g meidet 1 herechnot miKV Mk ■ l M Ff<, ejj würdcft 
t» 100 g ^eosot 32 ¥k 5Q Pf. kofitcor l^ilkh werden jj" & lÄfcfcS' , 
ÄejtntUrnop grötsöro Monge» Kreo^otmn'bonnt »hfgebmuehf werden köönon, 
am «a tmt rmuem Kreosot .aagtoi% .GL dafür wird «her durtii die AuE ! 
nähme höherer Doenn Kreosotcfirhouat die Hmlmiy in gavignr.fon- Ffilhm ! 
m kürzerer Zeit zu ermöglichen sein. • • 

. Da im :Kt ensotcurhüüai Uber 90 ! ^ Kreosot nhündIon sind, so tM^iubi. 
sich aus dieeor Pt-oishtdracbtung, dass auch die^e w Gtmatan. tätmsfö 
carbonats amsliUU. . • 


Zar Stmtaio^. 

Von m Htifimanui io Klbujlob.l 

^' r y örWraTi ;; n " Von Barhenfnbrikau.. vornmfs Krivdnm, 
uiAirnrntp y 5‘ N A, ^‘' h aus /Vlbumosön hnstelbmdem $mm 

K -w—* SuioutiBi? liÄbe. jeh «ehrd-ü itth, %fnB<l,V»ntSii Sesiktick''^ Wafett 
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gwllger KaehiiG mH chronischem Dwtnkuf.mi‘]i Jcideydim, Qfäßfä# 
KmU geben. Pm Ikuruersd.em.mgtm verseil [immunen sic); in dcn-'em,i« 
Tagen, so dass schon die Eltern die Verahroubung der 8oa,iU-:iw 
auÄSiMKeu wallt Oil. Ich bewog sic aber z.u Unserem Vmuche u TU [ C,I 
nach.arid.' bis zehn Togen die Gewöhnung im dim Pnlpm-ai gnsielt. \\'7j, 
da4 Kind Im* gfarzei)-. fttnftun Munüte. nicht Hyliwercr gewmürai wy#. 
es infolge, .dev InUiliruog mit SomatosßmHch* wie kb mich duiek *j«te* 


Vor cttfCfly JKire ging iu (lci.«oU*en F.amilm ein Klbd von foi 
±Ur,r »ir.d fast gleicher <Vn’ tM;iir.r fiel / :dio .3 > l v* 

/omui.de. 

Ferner verordnete kb S.mJölosn maem ,ii gawiiHdmm Kj-S.-i ,-f 
krHtiktoir aebtjohrigen, scb\vti«.d}lich.ei;r PKkuitm - Ikrselbe w.w ;n;vh skr 
tägigem 'JCranki'mlagvr ins »Stadium derTRocnondesccaz oingeir^bn;. 7i( 
siel) aber eiiies Tuge*- :Msthes Bchw-ß-rzliföd. zu vorfcejiaftim ,n,s 

dia bbdge dos vcrhotöneit Gemmses vvar ein heftige Heoidiv. J&miw 4a- 
hiU;kstr,irTagRu nrbmeh der Patient fönt alles trotz der angf^iuu». (, 
Arifiömotiea und bei ntvmsgsler tb»U. Her Knahe Wurde sehr '».itTnl -tM 
wollte ' schleimige Kost überhaupt, nidtt mehr MiohnmB, Da »mdi- -m 
Versuch mit SAjmiUiswujlch gemacht 8b> wiudc gern gcnotzmiKß,'(ki 

ICle.luo fo-i.ruch nicht mebr und genas iu kurzer Zeit.. 

Ich.gebe zu...dass es Geh bei tkmi (ilöpaiöhnr?. Si^tiren »ins EhjwGe- 
-.um einen Zufall hundKn kennte. Pah Erhrcclmn Inttto- viejlciHn 
uhnü .GamiKk der SomntnÄemilch •nnfgebürt. Daun nuisstr w. fivf 
nh«r ha Hierhin mrftKiömJ blcfbcn, wie schnell und volbtihu-% M» b ki 
Paiicnt bei andauernder Eoiithrmig mit Soamiorciuild; erhobt 

Zum Bdltlü^e beoiyrke ich uoph. dass ich iumh sdrr «t 

AVüfibneriutäCii ^mxiütnsmndch vermdoutu Dicfsn Versuche kam» »ri» Ar. 
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xlmikp un AIHfih ekc-ierrcgrhd ist. Ucherdles habe kb mich Gtv^. 

hber^ougt. düsHJlftmen. die behauptetem Bomatose nicht mehr irohi«^: *<r 
können — Bl«' hatten eben votF«r Ikugäro Zeit Somatoscmüch gtköksdn 
das hcitnüeb ih den Kaiföc gebfac.jut.e Präparat ku steh jiabiuck auw atnn 
jiit genngstec BcHcb'wordc-o *u bekomioeu. Kd. kiiidobchf. snN*.r kV;- 
Niihrwertb der S*mi«).Pi«b halte ich es für geboten., dernrtigt*?» i ;.rn-nr.-:- 



zhugung wird -sich darni in deq ipoGtini Fiijjßü h^raüSRtnllmr. tEs* #vd);- 
gebildcte Idjesvnkmsic, auf Grund derer Smnuio*». nicht gonosseh 
kann, thatuttoliiiclr airhi buK^üt 

Ib'brigßns wcrdoD auch von den läcbl. Stellwerk in Pb ln S»)Ki»t‘o- 
cjtkes und diriu gut scbmcckenflo BoiäatwstHdiukolftdx« sulwreitot 


X. Mittbeilungen au 8 der Praxis über die 
Heilserumbehandlang- der Diphtherie. 
Tj^ber einari Fall von IKphtlterionwddiv nach Seruur 
ÖftbantUuug* 

Von |K. TI AVolff-Lewin in IVrlm. 

Vor einigen 'WorHor) (aiiviic No. 48 dieser.\Vuubt»i!*chrp! i- 1 ' 
Herr Dr. LulHinski, »»bh« .verehrtei* Lvfu-dr, Golrgmikfh -ä^ 
:u.?,j.mcih über gft : wi.?ßö Wal>ri>< j > 1 ? 1«11 ne. 0 ?» zu benebten. die r>> •' 
fdlio Eb? dahlt) .trboU hndjl- 

InEaudhing 7.ü bcobnoblf-n G«d'«ü:eu)icit h-dteJh K-, 


im Vkidaiifc oinmr üMlniit/scu Komo)v»ii< snm-z dk »0 < i‘; iu ' 
Artlkd (»»^‘dii icbonon dioftig«;!« CjclcnkihiiibscrzeH eiiigcvb.-d» ^ 
Hfuite Bio idi tcan, ln d^r Gage, gewi^efmadssen als 
ZH diesem,- Tön öinem zvcKt.cn Falle m hcik’lkon, <^ >r 
c:i4«ör ji.'nlöro)t .Seiko Mn -din guwisüc? Inter/'Rp.) 5 iu’dn^prücG^u 

Cö. Handelt sielt hierbei um da* '•Ii-Ot» I ‘/j .jaltK- üIum-b tr.Tv» 

J. h,, unseres ersten Piilihutun. , 

Ich batte bei GeU-gonhuit der ersten Vijilimpfung 
ua«:-h Vorschrift; der) zcbtiteii Thor! 160 Binbpite.nj «km ..-scrufoll^ ^ 
No. i (Behring) nntuomomn und diünit die khänc 
imijft und. du dmm EuÜWntmg au b dem elteTikbcu liausc^aii? <• 1 w 
Grihidea nkbi. anglingig war, diosdbc in det gr.r»smucy« . V'fl tkj« 
UidSen,.- £)io ictzfcrB b;u cum deronig»« E:«gc. ^G;.jmi ’';^.. M| 

Ri^titeJiziiümoii in .gcmU^nde«’ Enütijmmig bVg^aueU r ln H tU ’ 

Klo«l. mi erbringen und ihk-H hoosl, sowait. es möglich; war. stm, J 
lassen konnte, Hikö gesehah am 8. Öntob«r, 0 . h. '»w 
Kronkheitstngr dokFanes 1 nu«i am ersten nach un 1 
einoi* z woif b 1 j osea 1).iugtiosc. 



27. December. 


reichends^eioendeBesserang^def^aUes'l^'almiehmen^önnten 6 
z« einer zweiten Vol.hnpfanf schriUen, \“uT nuch^le^ebfntl 
Ueberlegung zu einer zweiten prophylaktischen Impfung (mit ^ Einheiten) 
der kleinen J. veranlassen. Wir sind somit damals bereits der neue? 

Beh . rin .« verlangten höchsten prophylaktischen Dosfs von 
150 Einheiten um ein bedeutendes nahe gekommen. 

Bas Befinden des Kindes war nun in der Folgezeit ain dnr^ono 
normales, auch die schon nach prophylaktischen Impfungen sich ein 
stellenden Nachwirkungen, von denen Herr Stabsarzt & r~ 

No. 46 dieser Wochenschrift) berichtet, wafen ausgtblX wi^wLten 
uns alle in Sicherheit, ja ich bewog die Angehörigen zur B^chTeuÄS 
der Desmfection, die auch gründlich ausgeführt wurde (das Krankenzimmer 
selbst wurde für die Folgezeit ganz und gar gemieden), als am 11 No- 
vember, also genau fünf Wochen nach derlrsten Immunteirunn* 
die kleine J. mitten im besten Wohlbefinden über Mattigkeit und Hitze 
zu klagen hatte. Ich sah das Kind in den Nachmittagsstunden und konnte 

ZIZuZr* m p SS ! gen Fipber - \ on 38 ’ 5 nur eine diffuse Röthung u^d 
Schwellung der Rachenorgane, jedoch keinen Belag constatiren Abends 

p n rhfn^pn hl h te H ^ nun berichtet, dass d g as Kind mehrere male 

erbrochen hatte und dass ausserdem das Fieber gestiegen wäre Obwohl 

rp U r D htln X* t ® n ? uchu . n f> beginnende folliculäre Entzündung der 

i echten Mandel ergiebt, stelle ich bereits jetzt angesichts der vorhandenen 
Symptome und vorzüghch dessen, was in jüngster Vergangenheit vorauf 
gegangen war die Diagnose auf Diphtherie und bringe den Angehörigen 
«P?tj 5 ° f rf rt,ge i mP p ng m . Vorschla ^ Nach eifriger Befürwortung meiner- 
seits, denn die Besorgmss erregenden Nachwirkungen bei ihrem zuerst 
Tm r erk ™ nktei1 Nmde hafteten den Eltern noch allzu frisch 

im Gedachtmss, willigten sie am nächstfolgenden Tage, dem 12. November 
ein. wahrscheinlich nun am meisten durch das unverändert schlechte Be¬ 
fanden ihres Kindes dazu veranlasst (das Fieber war inzwischen auf 39 8 
U1 i? T b dl f ] . ink ® T °nsiUe hatte folliculftren Belag). Ich nahm 
” N °'f qöq A bend ein promptes Herabsinken der 
1 emperatur auf 38,2, trotzdem jetzt am oberen Pol der rechten Tonsille 
eine circa Imsengrosse echt diphtherische Membran sichtbar war; am 
nächsten Morgen, also 24 Stunden nach der Impfung 37,3. Mit Aus¬ 
nahme eines leichten Kopfschmerzes hat das Kind Uber nichts zu klagen 
und zeigt regeren Appetit. Hiermit war offenbar die ganze Erkrankung 
uberstanden, denn Hand in Hand mit dem Verschwinden der örtlichen 
Erscheinungen schritt auch das Wohlbefinden der Patientin vorwärts. 

Zwei Tage später, den 15. November, am vierten Tage nach der 
Impfung, tritt unter massigem Fieber, 37,8, ganz wie in Fall 1, zuerst au 
(len ötreckseiten der unteren Extremitäten, dann in rascher Folge an denen 
der oberen, am ganzen Rumpf und schliesslich im Gesicht das mit diffuser 
und ziemlich beträchtlicher Schwellung und Röthung und Temperatur¬ 
steigerung bis 39.5 cmhergehende Erythem auf, welches auch dieses mal 
die heftigen Gelenkschmerzen nicht vermissen liess. Albumen war 
während der ganzen Zeit nicht nachweisbar. Am 19.. also acht 
Jage nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen, schien alles 
uberstanden, Appetit, Schlaf und gute Laune waren wieder vorhanden, und 
(las Kind konnte anstandslos am 21. das Bett verlassen. Das Aussehen 
der 1 onsillen war normal. 

Nach zwei Tagen, am 25., wird mir berichtet, das Kind wäre wieder 
unpässlich und hätte vor allem Fieber. Bei der Inspection der Rachen¬ 
organe finde ich einen ca. erbsengrossen diphtherischen Belag 
aut der linken Tonsille, die rechte ist frei, jedoch etwas geröthet. 
die bubmaxülardrüsen links etwas geschwollen und druckempfindlich. 

1 emperatur in den Nachmittagsstunden 38,4, Abends 39.3. Es besteht 
vollständige Anorexie und stark ausgesprochenes Krankheitsgefühl. Von 
einer erneuerten Impfung sehe ich unter diesen Umständen ab. sie wird 
«lusserdem von den Angehörigen direkt verweigert. Obwohl nun klinisch 
kein Zweifel an dem wirklichen Vorhandensein eines Diphtherierecidives 
bestehen konnte, war doch die Notwendigkeit eines bactcriologischen 
.Nachweises gegeben, der nun auch in dankenswerter Weise auf Veran- 
assung des Herrn Prof. 0. Israel von Herrn Collegen Caro im patho¬ 
logischen Institut unternommen und positiv erbracht worden ist. An 
einem der nächstfolgenden Tage teilte mir Prof. Israel mit. dass aus 
rv r ai ?£. ^fen btrichcultur Loeffler’sche Bacillen nachzuweisen waren, 
l 16 k io m o p,at ’ eDt * 11 nun auffallend schnell dieses Recidiv überstanden, 
denn 48 Stunden nach dem ersten Auftreten des Belages war er wieder 
verschwunden. Dafür hatte sich nun merkwürdigerweise wieder ein 
leichtes Erythema exsudativum eingestellt, welches dieses mal. 
und zwar ohne Fieber, einen umgekehrten Weg beschrieb, nämlich mit 
üdematöser Schwellung des Gesichtes begann und mit vereinzelten, gross- 
lleckigen Exsudaten an den unteren Extremitäten nach zwei Tagen 
endigte. Gelenkschmerzen waren ausgeblieben. Am 29. November ver- 
uess das Kind das Bett und hat sich bis heute einer tadellosen Gesund¬ 
heit zu erfreuen 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


981 


Es verdient nun zunächst hervorgehoben zu werden, dass dieser 
rall vor allem zur Frage der Schutzimpfung einen nicht unwich¬ 
tigen Beitrag liefert. In letzter Zeit erst ist diese Frage in ein 
neues Stadium getreten durch die Forderung Behring’s nach Er¬ 
höhung der Impfungsdosis. Wie bereits eingangs erwähnt, sah 
ich mich. durch rein äussere Umstände schon lange vordem ver¬ 
anlasst, die Immunisirungsdosis um das Doppelte dessen zu erhöhen, 
was bis dahin als ausreichend betrachtet worden war, und es mag 
für einen leichter zu befriedigenden Beobachter vorläufig genug 
damit geschehen sein, dass er durch eine erhöhte Schutzdosis eine 
längere Immunitätsdauer, wenn auch keine absolute Immunität 
herbeizuführen vermag. Hat es doch nach den neuesten Erfahrungen 


° hem ’ t S . 0b die Erfülluü g dieser Forderung, so begehrens¬ 
wert sie auch immer sei, wahrscheinlich noch recht lange ein 
SIT de f slden . u ^ für uns bleiben wird. Objectiv, und objectiv zu 
beobachten wird stets nur die einzig mögliche Aufgabe des Prak- 
tikers sein, bleibt in diesem einen Falle wenigstens die Thatsache 
einer fünfwöchigen Immunitätsdauer bestehen ^ 

Setzen wir diesen Erfolg auf Rechnung einer grösseren Schutz- 
^’f 80 smd , w ;[ g^iss berechtigt, die naturgemässe Frage auf- 

Sonim 3 a 71 a nu l mit der eigentlichen Präventivimpfung das 
Serum den an dasselbe geknüpften Hoffnungen hier nicht ent- 

kK ?lf S 6Ci f: e der Di Pbtherie dürften im allgemeinen 
keine seltenen Erscheinungen sein, sie sind es, welche bei dem 

W* B n< r H a * °i T Ve . rlängert0 Krankheitsdauer (Üiphthdrie pro- 
longfie Cadet de Gassicourt’s) und selbstverständlich auch eine 
erneuerte Gefahr für das Leben des Erkrankten herbeiführen 
Henoch erwähnt Fälle, wo noch 25 und 30 Tage nach Ablauf 
sämmtlicher Erscheinungen sich wieder frische Beläge der Ton¬ 
sillen zeigten, und dies bei den nicht gerade am schwersten Affi- 
cirten Um so erwähnenswerther erscheint mir der vorliegende 
hall, der ja sonst nichts aussergewöhnliches an sich hätte wenn 
er nicht teotz typischer Einwirkung des Antitoxins ein ziemlich 
frühes und diagnostisch sicheres Recidiv aufweisen würde. Ich habe 
es daher der Mühe für werth gehalten, ihn der Oeffentlichkeit zu 
übergeben da es nach meiner Meinung nur auf diese Weise mög¬ 
lich sein durfte, an die Lösung einer uns alle aufs tiefste be¬ 
wegenden Frage sine ira et studio heranzugehen. 

Beitrag zur Behandlung der Diphtherie mit Heilserum. 

Von Dr. Max Kann, praktischem Arzt in Trebsen i. S. 

Als praktischer Arzt auf dem Lande will ich mir gestatten, über zwei 
von mir mit Diphtherieantitoxin behandelte Kinder zu berichten. — Am 
16. November a. c. gegen Abend wurde ich in den Nachbarort Nerchau 

sichTeh“hd" S Ä ’ C 6S S6,t ZWCi Taßen S6hr uaruhi e sei “»* 

D,- Tnn B 1 ;iiA P ‘’ V a J v a . hl ; alt ’ kräfti ^ lautes, gut genährtes Kind. 
Die Tonsillen und hintere Rachenwand zeigen diphtherischen Belag 
Temperatur 39 . Puls 145. Die ältere Schwester Cacilia P., 3'A Jahr 
ebenfalls gut genährt und kräftig gebaut, wurde zunächst abgesondert,’ 
erkrankte jedoch am zweiten Tage unter sehr schweren Erscheinungen. 
Fieber 40°. Pids klein und jagend, nicht zählbar. Belagfrei. 

Beide Kinder wurden nun in ein nach Umständen grosses ge¬ 
räumiges Zimmer unter ständigen Dampfspray, später Kalkwasser- und 
Urbolspray gelegt. Nach ausdrücklichem Wunsche der Eltern sollte das 
Befaring sehe Diphtheneheilmittel erst im äussersten Notlifalle in An¬ 
wendung kommen. Die sofortige Anwendung war auch durch den Mangel 
desselben nicht möglich Die Krankheit zeigte jedoch unter Anwendung der 
verschiedensten Mittel (Argent. nitr., Kalkwasser, Aquachlori, Chinin, Carbol 
Alcohol. absol. etc. etc.) keine Besserung; im Gegentheil: die Neigung 
zum Schlechteren wog vor. Während die Kinder in den ersten Tagen 
noch immer gut Nahrung zu sich nahmen, verweigerte namentlich das 
ältere Kind vom dritten Tage ab die Nahrung vollständig. Das jüngere 
Kind konnte immer noch mit in Eis gekühlter Milch ernährt werden 
während dem älteren Kinde nur mit Mühe Cognac eingeflösst wurde’ 
im übrigen die Ernährung per anum erfolgen musste. Das Fieber 
sank nicht, sondern war bei beiden Kindern stete über 39°, während 
der Puls zwischen 130—165 Schlägen wechselte. Der Urin zeigt bei 
beiden Kindern Albumen, in grösseren Mengen bei dem älteren Kinde. 
Ara vierten Tage trat bei beiden Kindern starke Athemnoth ein; der 
Husten war bellend, vollständige Aphonie. Starke Cyanose. Temperatur 
und Puls gleichbleibend. Kalte Bäder. Die Tracheotomie, deren Indi- 
cationen unbedingt gegeben waren, musste wegen der nicht zu bewerk¬ 
stelligenden Nachbehandlung ausgeschlosssen werden. Krankenhausbe¬ 
handlung (das nächste ist 1‘s Stunde entfernt) wurde von den Eltern 
nicht zugegeben. Am fünften und sechsten Tage traten bei dem jüngeren 
Kinde keinerlei Veränderungen auf. Die schweren Symptome blieben die¬ 
selben. Bei dem älteren Kinde brachte der fünfte und sechste Tag 
schwere Complicationen. Ausgesprochene Nasendiphtherie mit Nasen^ 
blutungen, Conjunctivitis diphtherica. Ein häufiges, kurzes Kopfschütteln 
und Greifen nach dem rechten Ohre Hessen mich Infection der Tuba 
Eustachii vom Rachen aus vermuthen. Noch am gleichen Abend trat 
Perforation des Trommelfells und eitriger, stinkender Ausfluss ein. 

Endlich am siebenten Tag gelangte ich nach vielen vergeblichen Be¬ 
mühungen des Morgens um 6 Uhr in den Besitz von 1 Dosis No. I des 
Diphtherieheilmittels, während mir im Laufe des Tages noch acht Dosen 
No. I und eine Dosis No. II zur Verfügung gestellt wurden. Da ich das 
ältere Kind wegen der so sehr schweren Complicationen an und für sich 
für verloren hielt, so entschloss ich mich, zunächst die Flüssigkeit No. 1 
dem jüngeren Kinde in den rechten Oberschenkel zu injiciren. Die 
Injection wurde mit der Koch’schen Ballonspritze gemacht. Die 
Flüssigkeit wurde ohne Massage innerhalb 3 /* Stunden vollständig resorbirt 
Und war an der Injectionsstelle ausser einer geringen Röthung nichts 
wahrzunehmen. Um 10 Uhr bereits, also drei Stunden nach der 
Einspritzung war das Kind fieberlos, der Puls langsamer und 
kräftiger. Die Membranen im Rachen und an den Tonsillen hatten 
ihre Farbe in eine dunkelgrau-grünliche verwandelt, waren gelockert, 
und einzelne konnten bereits mit der Pincette vorsichtig entfernt 
werden, ohne dass Blutung eintrat. Von 10 Uhr Morgens bis 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52 


982 


5 Uhr Abends war das Kind erleichtert; auch wurde etwas Nahrung an¬ 
genommen. Um 5 Uhr Abends traten plötzlich wieder die schweren 
Symptome auf. Cyanose, Athemnoth, Unruhe. Temperatur 39°, kleiner, 
frequenter Puls. Eiweiss im Urin verschwunden. Ich injicirte noch zwei 
Spritzen No. I in den anderen Oberschenkel; auch hier war die Resorp¬ 
tion eine schnelle. Allein eine schnelle Aenderung zum Besseren konnte 
nicht beobachtet werden. Um 8 Uhr Abends flösste ich mit vieler Mühe 
ein Brechmittel ein, weil das Kind röchelte, als ob lockere Membranen 
in der Luftröhre wären, worauf nach einer halben Stunde unter starkem 
Erbrechen Aushusten nekrotischer Membranen erfolgte. Die Athmung war 
sofort eine freiere, und das Fieber war bis zur Norm herabgesunken. Am 
achten Tage wesentliche Besserung. Das Kind sprach mit deutlicher, wenn 
auch noch heiserer Stimme. Rachen und Tonsillen ohne jeglichen Belag. 
Nach Verlauf von weiteren acht Tagen jedes Symptom verschwunden, die 
Heilung eine vollständige. . , , _ r •. T1 , 

Dem älteren Kinde injicirto ich am siebenten Tage Morgens 11 Uhr 
den Inhalt eines Fläschchens No. II. Bis Abends 5 Uhr trat keinerlei 
Besserung ein, worauf ich noch eine Injection von No. 1 folgen liess. 
Temperatur sinkt nach zwei Stunden auf 37,9°. Der Puls bleibt klein 
und frequent. Das Röcheln klingt etwas leichter. Um 8 Uln; Abends 
Collaps. Lauwarmes Bad mit kalten Uebergiessungen; Kampherinjectionen. 
Nur mit grosser Mühe wird das Kind die ganze Nacht hindurch munter 
orhalten. Folgenden Tag scheinbare Besserung. Der Athem geht leicht. 
Erstickungserscheinungen sind geschwunden. Kein Fieber. Der Belag 
scheint sich zu heben. Der stinkende Athem lässt nicht nach. Ausfluss 
aus Ohr und Nase dauert fort. Nahrungsaufnahme wird noch immer ver¬ 
weigert. Nährklystiere werden nicht mehr behalten. Die beiden folgenden 
Tage verlaufen ohne besondere Ereignissse, Der Status bleibt derselbe. 
Am zehnten Tage, Morgens 9 Uhr Exitus durch Herzlähmung. 

Ich habe deshalb die beiden Krankengeschichten ausführlicher, als es 
Sitte ist, gegeben, um den Zeitpunkt resp. die Höhe der Krankheit genau 
zu charakterisiren, in welcher die Injection des Heilserums erfolgte. 
Wenn ich nun wage, aus diesen beiden Fällen, die gewiss zu den schwer¬ 
sten zu rechnen sind, über die Behandlung der Diphtherie mit Heilserum 
einen Schluss zu ziehen, so geschieht dies unter der Beeinflussung der 
Schwierigkeiten, die sich dem Landärzte bei jeder Behandlung, nament¬ 
lich aber bei der der Infectionskrankheiten in den Weg stellen. Wie 
schon oben bemerkt, musste die Tracheotomie in Rücksicht der Verhält¬ 
nisse ausgeschlossen werden, wie dies wohl bei mangelnder Krankenhaus¬ 
verpflegung in den meisten Fällen auf dem Lande geschehen muss. 

Wenn auch in den beiden von mir besprochenen Fällen der letztere 
tüdtlich ausging, so ist doch eine günstige Einwirkung des Antitoxins auch 
anf diesen Fall nicht abzuleugnen. Ich bin fest überzeugt, dass das Re¬ 
sultat ein erfreuliches gewesen wäre, wenn die Injection zu einer Zeit 
hätte vorgenommen werden können, in welcher eine Mischinfection noch 
nicht bestanden hat. Bei dem jüngeren Kinde war der Erfolg der Heil¬ 
serumtherapie ein so evidenter, dass ich nur anf die Krankengeschichte 
zu verweisen nöthig habe. 

Zum Schluss möchte ich noch insofern eine Lanze für das Heilserum 
brechen, als es für den praktischen Arzt namentlich auf dem Lande ein 
werthvolleres Mittel, welches allerdings frühzeitig angewendet werden soll, 
zur Zeit nicht giebt. 


Der Unterschied im Verlaufe der Krankheit und in der Krankheits- 
dauer bei injicirten und nicht injicii ten Fällen war ein sehr augenfälliger. 

Während die ohne Serum behandelten Fälle in der bekannten Weise 
nur mit grösster Sorgfalt und Mühe unter vielfachen Nöthen der Ge¬ 
nesung entgegengeftthrt wurden und fast alle nach ein- bis dreiwöchiger 
Dauer eine langsame Reeonvalescenz zeigten, gestaltete sich in allen °in- 
jicirten Fällen der Verlauf gleichmässig günstiger. 

In fast allen Fällen traten zunächst nach der Injection in den ersten 
zwölf Stunden Steigerung der Temperatur und Pulszahl (bis auf 41,5° 
beziehungsweise 160 in zwei Fällen), Vermehrung der Unruhe und der 
allgemeinen Verstimmung ein, danach in den nächsten zwölf Stunden Ab¬ 
fall der Temperatur und Pulsfrequenz um ein bedeutendes, zuweilen bis 
zur Norm, sehr verbesserter Allgemeineindruck, Appetitregung und zu¬ 
friedene Stimmung. Der Lokalbefund war um diese Zeit gewöhnlich: inten¬ 
sive Röthung in der Umgebung der anscheinend verdickten, gelblich er¬ 
scheinenden Auflagerungen, Abstossung derselben im Laufe der folgenden 
3—5 Tage, theilweise mit schaumiger Sehleimabsonderung, und fieberfreie, 
glatte Reeonvalescenz, im ganzen Verlauf selten Zeichen von Herzschwäche. 
Nachkrankheiten wrnrden nicht beobachtet. 

Die zwölf zur Vorbeugung injicirten Kinder blieben bisher ver¬ 
schont, obwohl in vier Fällen die Infectionsgefahr bedeutend war. 

Betreffs der Technik der Injection erwähne ich noch, dass ich in 
einigen Fällen die vergrösserte Koch’sche Ballonspritze — sogenannte 
Antitoxinspritze — verwandte, wie dieselbe zu dem Zwecke empfohlen 
ist, im allgemeinen aber und weit lieber die kleine Pravazspritze benutzte 
und die Quantität Serum nach einander injicirte, indem ich die Canöle 
während der Neufüllungen der Spritze in der Haut stecken liess. Pie 
kleine Operation geht viel bequemer, leichter und sicherer von statten, 
als mit der umständlicheren grossen Spritze, deren Aeusseres und Grösse 
schon Eltern und Kind ängstlich macht. 

Zusammengefasst sind demnach meine bisherigen Erfahrungen mit 
dem Serum, welche sowohl auf den eigenen Beobachtungen beruhen, wie 
auch zum Theil auf denen meines verohrten älteren Freundes, des Herrn 
Medicinalraths Fickert (Frankenberg), und ergänzt wurden durch die 
Angaben einer zur Pflege und Ueberwachung der Patienten angestellten 
Albertinerin, in kurzem folgende: 

1. In vorgeschrittenen Fällen wurde trotz wiederholter Injectionen 
im besten Falle eine Verzögerung des tödtlichen Verlaufes, keine Heilung 
erzielt, 

2. Alle Fälle, welche noch ziemlich im Anfang zur Behandlung 
kamen, selbst bei ausgesprochen schwerem Charakter, wurden zu 

| prompter, sicherer und andauernder Heilung ohne Nachkrankheiten geführt 
1 3. Gegen die prophylaktische Wirkung des Serum ist bisher ein Ein¬ 
wand nicht zu erheben. . 

Aus diesen Erfahrungen darf ich den Schluss ziehen, dass der Besitz 
des neuen Mittels zur Heilung der Diphtherie keine Sorglosigkeit im 
Vertrauen auf die Heilkraft desselben gestatten wird, die in vorgeschrit¬ 
tenen Fällen meist, wo nicht stets versagen dürfte, sondern umsomehr 
die Ueberwachung der Kleinen zur Pflicht macht, damit ihnen die im be¬ 
ginn der Erkrankung sichere Hülfe wird. Inwieweit sich die an die im- 
munisirende Kraft des Serums bei prophylaktischer Anwendung geknüpften 
Hoffnungen verwirklichen dürften, darüber steht mir nach den bisherigen 
Erfahrungen kein abgeschlossenes Urtheil zu. 


Ein Beitrag zur Beurtlieilung des therapeutischen und 
prophylaktischen Werthes des Behring’schen Antitoxins. 
Von Dr. Schmidt in Erdmannsdorf i. Sachsen. 

In der hierorts herrschenden Diphtherieepidemie kamen bislang j 
41 Fälle innerhalb acht Wochen in meine Behandlung, von denen ich nur 
vier verlor. Dieses, bei dem nicht leichten Charakter der Epidemie aus¬ 
gezeichnete Resultat verdanke ich zum grossen Theil der weiten Anwen¬ 
dung des Behring’schen Antitoxins. In 14 Fällen injicirte ich im 
ganzen 17 Fläschchen des Serums zu Heilzwecken, und zwar jo nach der 
Indication Marke I, II oder III, jedesmal eine volle Flasche, ausserdem 
in 12 Fällen je 2,5 ccm Marke I zur Prophylaxe. Da ich zwar im all¬ 
gemeinen für die Serumbehandlung die schwereren Fälle auswählte, immer¬ 
hin aber möglichst darauf sah, neben injicirten Fällen gleichzeitig ähn¬ 
liche nicht injicirte zum Vergleich parallel laufend zu haben, so glaube 
ich, dürften die an diesem Material gewonnenen Erfahrungen für die Be¬ 
urteilung des therapeutischen Werthes des Serum einigen Werth, wo- 
nicht Beweiskraft gewinnen. ! 

Ich bemerke noch, dass ich in allen nicht injicirten Fällen neben 
Regelung der Diät und des Stuhles, abundanter Wein- (Tokayer) Dar¬ 
reichung und Priessnitz’scher Umschläge, abwechselnd mit Vollbädern 
und nachfolgender Schwitzcur als Antifebrile, energische Lokalbehandlung 
bei gleichzeitiger ständiger Desinfection der Mund- und Rachenhöhle an¬ 
wandte, dagogen in den injicirten Fällen neben gleicher Allgemeinbehand- ! 
lung die lokale Behandlung auf Gurgelnlassen beziehungsweise Ausspritzen J 
mit Kalkwasser beschränkte. 

Das Ergebniss war: Von den 27 nicht injicirten Fällen starb einer, | 
der von Anfang an mit schweren Larvnxsymptomen und schlechtester | 
1 rognose in Behandlung kam, 26 genasen. Von den 14 injicirten Fällen 
starben drei, elf genasen. j 

Es waren diese drei verlorenen Fälle sämmtlich nachweisbar 8 bis 
14 Tage verschloppt, und kamen dieselben mit durchaus schlechter Pro- 

f aose mit stark stenotischen Erscheinungen in Behandlung. In zwei 
ällen erfolgte der Exitus eine beziehungsweise neun Stunden nach der 
Injection unter den gewöhnlichen Erscheinungen der Asphyxie, der dritte 
bau wurde durch dreimalige Injectionen von je einer Flasche Marke I, 
U. 111 mnausgozogen, ging aber am dritten Behandlungstaffe zehn Stunden 
narb der letzten Injection ein. ' j 


Ein Erkrankungsfall nach Anwendung des Diphtherie- 
heilserums. 

Von Dr. Klipstein in Mainz. 

Am 19. November stellte ich bei dem dreijährigen Söhnchen einer 
hiesigen Bürgerfamilie Diphtherie fest. Der Krankheitsprocess war ^ 
soweit gediehen, dass alsbald im hiesigen Rochushospital die lp clie0 Tjai. 
gemacht werden musste, der eine Einspritzung mit Behring senen j 
serum unmittelbar folgte. Da über die Art der Erkrankung kein 
waltete, beschloss ich das 20 Monate alte Schwesterchen des 
Patienten, das — von einem leichten Bronchialkatarrh ab S es ® 1 , 
keinerlei krankhafte Erscheinungen aufwies, überhaupt einen sen 
ren, gesunden Eindruck machte, zu immunisireu. Ich sah mien zi - 
Schritt umsomehr genüthigt, als die Kleine das Bett ihres krai l,r. UD; , 
ders benutzen musste und eine 1 solirung in der sehr kleinen - 
nicht möglich war. Nachdem ich mir von den Eltern ment onn ^ 
spruch die Erlaubniss zur Immunisirung erwirkt hatte, traf ic,. 
bereitungen zur Injection. Eine völlig neue Koch sehe ß v j, 

wurde eine halbe Stunde lang in 5 u /oige Carbollösung J el eg tere 

steriler Gaze getrocknet. Hierauf wurde die linke vordere j., e . 
Rippengegond mit Wasser und Seife gereinigt, mit warmem -- ^ 

spült, mit sterilisirter Gaze getrocknet und die Haut nochmals * 
Wattebäuschen gereinigt und vorläufig mit Verbandwatte De • ^ 
Nachdem ich die Spritze noch mit 96%igem Alkohol g "linken 
inficirt, spritzte ich 3 1 s ccm Behring’schen Heilserums wo. ^ 

unteren Rippenbogen etwa in der vorderen Axillarlmie lang®■ 

Haut und bedeckte die EinstichsteUe mit einem Stück He p ^ 
Die durch die Injection bedingte Aufregung des Kid 
bald. Eine halbe Stunde später, um 9 Uhr Abends. 8ch M iu j t den 
11 Uhr wurde das Kind unruhig, schrie „weh, weh , ' 

Händen, wollte nicht bedeckt bleiben und verlangte nach * eFJi tur 

So fand ich das Kind auch um 12 Uhr Nachts. wphleunig 1 - 
war dem Gefühl nach wesentlich erhöht, der Puls mass» Umgebung 
An der Injectionsstelle war die Beule geschwunden, in 
des Heftpflasters schien die Haut etwas geröthet zu se _ *ar 

war keine krankhafte Veränderung erkennbar. Ueber 
der frühere Befund. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




27. December. 


DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


983 


20. November: Schlaf in der Nacht fast gar nicht vorhanden. Tem¬ 
peratur Morgens 38,4° (in Achselhöhle), Abends 38,9°; Puls kräftig, be- 
schleumgt. Kind verweigert die Nahrungsaufnahme, will nur Wasser, 
tische Geräusche RaChen normaI - Ueber den Lungen spärliche bronchi- 

07 *o 2 L N Ä be t- dcs , Xacllts sehl ' “»ruhig. Tagestemperatur 

3 W 3 ?- 2 ' . K ; n . d . Zltt *r t »ft“ 1 - mit den Händchen, klagt viel Ober 
„Weh und zeigt dabei nach den Handgelenken, auch nach den Füssen. 
Keine Gelenkschwellungen. Stuhl verhalten; daher am Abend Ein- 
giessung und otwas Calomel. Milch wird in geringer Menge genommen. 
Objectiver Befund unverändert. Urin frei von Eiweiss. 
oooo 22 'a?^ emb f- J Schla l etwas ruhiger. Tagestemperatnr: 36,9° bis 
3 °* 8 /. Stu l l1 vorhanden. Patientin fühlt sich am Morgen wohler be¬ 
schäftigt sich mit Spielzeug, nimmt etwas Milch und ein Ei. Gegen 
Abend tritt wieder Unruhe ein und mit dem Fieber ein urticariaähnlicher 
Ausschlag m der Umgebung der Einspritzungsstelle. Keine Drüsen¬ 
schwei ungen. Die Athmung ist merklich beschleunigt. Klagon über 
Knebeln m den hingem, über Weh in der linken Seite. Durst. Husten 
hat etwas zugenommen. Bronchitisehe Geräusche zahlreicher. Patientin 
erhält ein Althaea-Decoct. 

\ var in der Nacht äusserst unruhig. Temperatur 
37 4 bis 39 2. Am Morgen Athmung ruhig. Ausschlag nicht mehr zu sehen. 
Relatives VV ohlbennden. Am Abend wieder starke Unruhe, beschleunigte 
Athmung, urticariaähnlicher Ausschlag am linken unteren Rippenbogen. 

24 November Schlaf vielfach gestört. Kind macht einen stark 
krankhaften Eindruck. Husten mässig. Am Morgen kein Ausschlag. 
Temperatur 38,4 bis 40*. Am Abend über die ganze linke Rumpfhälfte 
verbreiteter urticariaähnlicher Ausschlag. Zwischen den Quaddeln inten¬ 
sive Röthe. Beschleunigte Athmung. Keine Veränderungen im Halse 
Ueber den Lungen nur bronchitische Geräusche. Geringe Nahrungsauf¬ 
nahme. Sensorium frei. 

■ n N £Y embor -. Patientin ist am Morgen munter. Temperatur 37,4 
bis 37,8. Fieber wird nicht mehr beobachtet. Urin frei von Eiweiss. 

In den nächsten Tagen nimmt der Appetit zu. Am 27. December 
tritt noch einmal ein urticariaartiger Ausschlag auf. Als ich hinzukam, 
war er schon im V erblassen und Temperatursteigerung nicht vorhanden. 
Die katarrhalischen Erscheinungen nach wenigen Tagen fast verschwunden. 

Ich glaube diese Erscheinungen auf das Heilserum zurückführen zu 
müssen. Die Bronchitis war so leicht, die Geräusche so vereinzelt, der 
Husten so spärlich, dass ich mir die Symptome hieraus allein nicht er¬ 
klären kann. Auch für die Annahme einer Pneumonie oder Pleuritis 
ergab die objective Untersuchung nichts. Aber selbst wenn nicht 
physikalisch nachweisbare pneumonische Heerde vorhanden gewesen wären, 
würde dies noch nicht das Krankheitsbild ausschliesslich erklären. Die 
intensive Röthe in der Umgebung der Quaddeln liess mich einmal an 
Scharlach denken, aber das stete Schwinden und Wiederauftreten des 
Exanthems, der Mangel jeglicher Rachenaffection, das Ausbleiben einer 
Abschuppung und die Thatsache. dass der Bruder, von dem doch mit 
aller Wahrscheinlichkeit die Infcction ausgegangen wäre, typische 
Diphtherie mit dem für die Serumbehaudlung typischen Heilverlauf über¬ 
stand, machte jede derartige Vermuthung hinfällig. Auch herrschte zur 
Zeit hier keine Scharlachepidemie, wohl aber Diphtherie. 

Wenn ich bedenke, dass das Kind vor der Immunisirung sich des 
besten Wohlseins erfreute, abgesehen von dem leichten Katarrh, der auch 
später sich nicht wesentlich änderte, dass aber unmittelbar nach der Ein¬ 
spritzung das Kind in schwere Krankheit verfiel, kann ich nicht umhin, 
m der Serumbehandlung die Erkrankungsursacho zu erblicken. Ich werde 
in der Annahme, durch die beiden im Hospital zum heiligen Geist zu 
Frankfurt a. M. beobachteten und von Dr. Cuyrim in No. 48 der 
Deutschen medic. Wochenschr. veröffentlichten Erkrankuugsfälle, bestärkt. 
Wenn man beide Fälle, in denen es sich zweifellos um die Wirkung des 
Heilserums handelte, mit dem hier beschriebenen vergleicht, kann ma 
aus der auffallenden Uebereinstimmung vieler Erscheinungen nur di 
gleiche Ursache annehmen. 


Van Iterson, Bijdrage tot de serum-therapie. Weekbl. van 
het Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. 1894, II. Nr. 21. 

Verfasser berichtet über sieben mit Serum behandelte diphthterie- 
kranke Kinder. Ein 14monatliches Kind war bei der Aufnahme tracheo- 
tomirt worden; zwei Tage später wegen Vermehrung der Athemnoth Ent¬ 
fernung der Canüle. wobei auch einige Membranen entleert wurden und 
sich die Athmung besserte. Am nächsten Tage Einspritzung von 1 ccm 
Serum No. I. Besserung. Nach 4 Tagen Entfernung der Canüle. ln den 
grossen Luftwegen nichts abnormes, jedoch zeigte sich Erkrankung der 
Lungen immer deutlicher, zwei Tage später Tod. Section: Mandeln ge¬ 
schwollen, Larynx gering geröthet; in den grossen Bronchien eitriger Inhalt, 
auch aus den Lungen, besonders dem linken Unterlappen, lässt sich viel¬ 
fach Eiter ausdrücken. Die Einspritzung geschah hier spät, nur einmal, 
mit dem schwächsten Serum. Ein zweites dreijähriges Kind, das 4 bis 
5 Tage krank war, wurde bei der Aufnahme gleichfalls traeheotomirt und 
sofort mit Serum No. II eingespritzt. Der Zustand war befriedigend, die 
Canüle wurde nach 5 Tagen entfernt. Das Kind genas, nachdem es noch 
2 Tage später an Masern erkrankt war. Zwei andere Kinder, bei welchen 
der Kehlkopfschnitt ohne Einspritzung ausgeftihrt wurde, erkrankten an 
Bronchopneumonie; eins derselben starb, das andere wurde gesund. Besser 
waren die Ergebnisse bei drei anderen Kindern von 4, 1 */< und 2 Jahren, 
hei denen die Einspritzungen kurze Zeit nach Beginn der Erkrankung ge¬ 
macht werden konnten. In einem Falle genügte einmalige Injection von 
Serum No. II. bei den beiden anderen Kindern wurde zweimal No. leingespritzt; 
die drei Kinder genasen. Besonders zu betonen ist, dass die pfeifende 
Athmung und die Stenoseerscheinungen sich schnell nach den Einspritzungen 
besserten. __ George Meyer. 


Einer Privatmittheilung von Dr. Schuckelt in Schmiedeberg ent¬ 
nehmen wir über seine Erfahrungen bei der Heilserumbehandlung folgen¬ 
des: „Von vier Kindern derselben Familie war eins leicht, eins schwer 
erkrankt (beginnende croupöse Symptome, hohes Fieber). Ich injicirte 
den Inhalt einens Fläschchens zunächst den beiden nicht erkrankten 
Kindern, ein zweites dem schwor kranken, während ich (als Probe aufs 
Exempel) das leicht erkrankte in der gewöhnlichen Weise behandelte 
(Kalium jodatum, resp. Pilocarpin). Die beiden erstgenannten Kinder sind 
gesund geblieben trotzdem sie dasselbe Zimmer mit den kranken theilten; 
das schwer erkrankte war bereits nach 24 Stunden ausser Gefahr und 
nach weiteren 24 Stunden geheilt, während das leicht erkrankte zur 
völligen Heilung noch volle acht Tage gebraucht hat.“ 

Im städtischen Spital in Triest haben die Versuche mit 
Behring’s Heilserum (nach Privatmittheilungen) sehr befriedigende Re¬ 
sultate ergeben: Von 236 mit Heilserum behandelten Diphtheritiskranken 
starben 52 oder 22%. Nachdem das Heilserum ausgegaugen war, so dass 
es in 57 Diphtheriefällen, die sich in der letzten Woche ereigneten, nicht 
zur Anwendung gelangen konnte, sind 28, rund 50%, gestorben. Ohne 
Heilserum hat sich also die Sterblichkeit, wenn man die Verhältnisszahlen 
einander gegenttberstellt, mehr als verdoppelt. 


XI. Ueber „larvirte“ Diphtherie. 

Von Dr. David Hansemann, Privatdocenten in Berlin. 

Herr Heubner hat in No. 50 der Deutschen med. Wochenschrift 
d. J. drei Fälle unter dem Namen „larvirte Diphtherie“ beschrieben und 
sich dabei zum Theil besondere gegen mich gerichtet. Muss es schon 
cigenthiimlich berühren, dass Herr Heubner in einer Zeit, wo das Thema 
der Diphtherie auf der Tagesordnung der Berliner medicinischen Gesell¬ 
schaft steht, sich nicht in der Discussion gegen meine in dem Vortrag 
vorgebrachten Behauptungen wendet, sondern in dieser Zeitschrift, so 
setzen einen die vorgebrachten Fälle noch mehr in Erstaunen. 

Der erste Fall, Hedwig L., betrifft das in meinem Vortrage er¬ 
wähnte Kind und Herr Heubner deutet den Fall zu Gunsten der Serum¬ 
therapie so, dass das Kind vier Tage mindestens vor der Injection mit 
Serum schon an Diphtherie erkrankt sein müsse. Meine Angaben ent¬ 
stammten den Aussagen der Aerzte (ich weiss nicht mehr, ob Herr 
Heubner selbst dabei war, oder seine Assistenten) und wurden sofort 
zu Protokoll gegeben und dann noch einmal zur Richtigstellung voi gelesen. 
Weitere klinische Angaben als den Tag der Erkrankung, den Tag der 
Injection und den des Todes, sowie den Befund von Loefflerischen Ba¬ 
cillen habe ich nicht gemacht. Es kann also nicht die Rede davon sein, 
dass ich gegen Herrn Heubner die Höflichkeit verletzt habe, indem ich 
ihm von meiner beabsichtigten Publication keine Mittheilung machte. 
Ausserdem habe ich nur aus dem Protokoll des pathologischen Institutes 
publicirt. Herr Heubner hat dagegen die ausführlichen Protokolle des 
pathologischen Institutes publicirt, ohne dass dem Institut irgend etwas 
davon vorher mitgetheilt wurde. In dem Falle 3 (Otto Sch.) bestand 
noch eine schwere fibrinöse Gastritis, was Herr Heubner nicht erwähnt. 

Was nun den ersten Fall betrifft, so ist es ja möglich, wenn auch 
nicht erwiesen, dass die Diphtherie einige Tage länger bestanden hat, 
nach der Krankengeschichte kann das bis zum sechsten Juni gewesen 
sein. Ich gebe zu, dass dann der Fall nicht das zeigen würde, was ich 
an ihm demonstriren wollte. Es liegen aber genug andere Fälle vor, so 
der von Kossel, die von Körte und anderen, die zeigen, dass das Serum 
nicht mit Sicherheit eine Heilung herboiführt, wenn es vom ersten oder 
zweiten Tage an angewendet wird. Ich bedarf also des Falles zu meiner 
Beweisführung nicht. Ich gebe auch zu, dass es sich hier um einen Fall 
von „larvirter“ Diphtherie handeln kann, d. h. einen Fall, der dem Arzt 
selbst bei grösster Aufmerksamkeit entgehen konnte. 

Anders steht es aber mit den beiden anderen Fällen. Der zweite 
(Amalie M.) erkrankte in der Charite an heftigem Schnupfen, Schwel¬ 
lung und Röthung des Rachens. Die Tonsillen zeigten eine ganz leichte 
graue Verfärbung, die Submaxillardrüsen sind etwas geschwollen, auf den 
Lungen einige katarrhalische Geräusche. Daraus vermag man noch nicht 
die Diagnose Diphtherie zu stellen. Die Temperatur war am 12. Juni 
37,4. am 13. Juni 39.2 und 37,7, am 14. Juni 38,5 und wurde dann 
wieder normal. Es giebt Kinder, die bei jedem Schnupfen leichte Drü¬ 
senschwellungen bekommen, besonders, wenn die Drüsen schon so wie so 
etwas vergrössert sind. Eine graue Färbung der Tonsillen ist ebenfalls 
nicht charakteristisch und fibrinöse Auflagerungen fehlten. Das einzige, 
was Herrn Heubner zur Annahme einer Diphtherie bewegen konnte, war. 
dass das Kind L ö f fl o rische Bacillen im Nasenschleim hatte. Damit kann er 
sich wohl die Zustimmung der Baeteriologen sichern. Nach meinen Aus¬ 
einandersetzungen in dem am 5. December gehaltenen Vortrag aber muss 
ich es für zweifelhaft erklären, ob es sich überhaupt um Diphtherie han¬ 
delte oder nicht. Und ich würde jedenfalls entschieden opponiren müssen, 
wenn ein solcher Fall als durch das Serum geheilt in die Statistiken 
aufgenommen würde. 

Der dritte Fall war nun zweifellos eine Diphtherie, die sich auf die 
Tonsillen, den Pharynx, die Epiglottis und den Laiynx erstreckte und alle 
diese Theile mit diphtherischen Massen bedeckte. Ausserdem bestanden 
fibrinöse Auflagerungen in der Trachea. Es war also ein Fall, der sich 
ohne weiteres diaguosticiren liess, wenn man dem Kinde nur in den Mund 
sah. Es scheint mir aber doch zu weit gegangen zu sein, wenn man 
einen solchen Fall als larvirte Diphtherie betrachtet. Mit demselben Recht 
könnte man einen Herzfehler larvirt nennen, wenn man das Herz nicht 
untersucht, weil keine Oedeme oder Cyanose vorhanden sind, oder von 
einer larvirten Phthise reden, wenn man nicht percutirt und auscultirt 
hat, weil der Patient nicht hustete. Dass Kinder und besonders kleine 


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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 


Kinder selbst bei schweren Diphtherieen häufig nicht über den Hals 
klagen, ja, dass sie fast jedes Unbehagen falsch lokalisiren, ist doch eine 
alte Erfahrung. Mein früherer Lehrer, Prof. Wagner in Leipzig, gab 
uns die Regel mit auf den Weg, jedem Kinde, das gleichgültig unter 
welchen Symptomen erkranke, in den Hals zu sehen, sonst würde es uns 
oft genug passiren, dass wir ausgedehnte Diphtherieen nicht diagnosti- 
cirten. 

Wenn man also von larvirter Diphtherie sprechen will, so kann man 
den Namen doch nur für die Fälle reserviren, in denen wirklich bei ge¬ 
nauester Inspection nichts charakteristisches zu sehen ist, aber nicht auf 
diejenigen anwenden, bei denen man die Rachentheile gar nicht unter¬ 
sucht hat. __ 

Entgegnung. 

Von 0. Heufoner. 

Ob es Kenn Hansemann eigenthümlich berührt, dass ich mich an 
der Discussion über seinen Vortrag nicht betheilige, ist mir gleichgültig. 
Ich halte mich trotz desselben nicht für verpflichtet, ihn um seine Meinung 
zu befragen, wann ich zu der Heilserumsfrage reden oder schweigen soll. 
Dies zu bestimmen behalte ich mir selbst vor. 

Sein Vortrag ist gedruckt, und gegen die gedruckte Veröffentlichung 
habe ich mich gewendet. 

Ich constatire, dass Herr Hansemann jetzt selbst zugiebt, dass 
gerade der Fall, den er unter ganz besonderer Hervorhebung meines 
Namens als einen recht eclatant gegen die Wirksamkeit des Heilserums 
sprechenden angeführt hat, nicht (las beweist, was er beweisen sollte, und 
dass Herr Hansemann dieses Missgeschick hätte vermeiden können, 
wenn er mit Sorgfalt zu Werke gegangen wäre. 

Auf die übrigen Belehrungen meines früheren Schülers Herrn Hanse¬ 
mann einzugehen, darf ich mir wohl versagen. 

XII. Zur Priorität der Diphtherieimmuni- 
sirung bei Thieren. 

i. 

Von Herrn Prof. J. Ferr&n in Barcelona ist uns ein längeres 
Schreiben zugegangen, worin er auf Grund eines beigefügten (spanischen) 
Separatabdruckes eines Aufsatzes vom April 1890 geltend macht, dass er 
schon zu dieser Zeit, also acht Monate früher als Herr Prof. Karl Fraenkel, 
eine sichere und praktische Methode der Immunisirung von Thieren gegen 
tödtliche Mengen des Diphtheriegiftes beschrieben und angewandt habe. 
Auf Wunsch des Herrn Ferr&n brachten wir sein Schreiben sowie den 
erwähnten Separatabdruck zur Kenntniss des Herrn Karl Fraenkel in 
Marburg, von dem wir unter Beziehung darauf folgende Zuschrift erhalten: 

„Herr College Fe min in Barcelona hat die Liebenswürdigkeit gehabt, 
mir einen Sonderabdruck seiner Originalarbeit: „Nota sobre la vaccinaciön 
contra el envenenamiento diftdrico agudo exporimendal“ zuzusenden. Ich 
habe mich davon überzeugen können, dass Herr Ferrän in der That schon 
im April 1890 über gelungene Immunisirungsversuche gegen die Infection 
mit Diphtheriebacillen bei Meerschweinchen berichtet hat, und es kann 
danach keinem Zweifel unterliegen, dass ihm in dieser Frage die ent¬ 
schiedene Priorität gebührt. Im übrigen bedarf es aber wohl kaum einer 
besonderen Versicherung, dass mir die Ferrän’sche Veröffentlichung 
bisher völlig fremd geblieben war und dass ich die Ansprüche des Herrn 
Ferrän sonst gewiss schon früher anerkannt hätte.“ Karl Fraenkel. 

II. 

Von Herrn Prof. V. Babes in Bukarest erhalten wir ebenfalls eine 
längere Zuschrift, die wir bedauern gleich der Ferrän’schen wegen Raum¬ 
mangels nicht vollständig wiedergeben zu können. Herr Babes hebt 
hervor, dass, während die ersten Mittheilungen von Behring und Kita- 
sato über immunisirende Wirkung des Blutserums von künstlich immuni- 
sirten Thieren bei Tetanus erst vom Jahre 1890 datiren (Deutsche medi- 
cmische Wochenschrift 1890, No. 49), er im Verein mit Herrn Lepp 
schon im Jahre 1889 (Annales de l’Institut Pasteur, Juli) dasselbe 
Prinzip „für eine nicht minder wichtige Infectionskrankheit“ (die Lyssa) 
festgestellt und die betreffenden Daten auch in dieser Wochenschrift (i.892) 
wiedergegeben habe. Als ihm gebührende Entdeckung beansprucht Herr 
Babes folgendes: 

„ Mittels des Blutes von gegen eine Infectionskrankheit 
(rtundswuth) hochgradig immunisirten Thieren gelingt es, die 
Immunität gegen diese Krankheit auf andere, für dieselbe 
Krankheit empfängliche Thiere zu übertragen (1889); 

2. Dieses Verfahren verhindert den Ausbruch der Krank- 
leit selbst bei solchen Thieren, in deren Organismus das 
Virus schon in wirksamer Weise eingedrungen ist (1889).“ 
r e daun Babes die Festigung der Immunität gegen hochgradige 

infection bei Hunden und Menschen (Vergiftung mit Wolfsbissen) durch Be- 
?Ä Ung i S £ lns P nt , zun g höchst virulenten Materials vorgenommen 
( 8J0), nachdem Roux durch seine Versuche nachgewiesen hatte, dass man 
Hunde auch mit ausschliesslich höchst virulenter Substanz gegen Hundswuth 
zu immums.ren vermöge. - Bei Mittheilung dieser für die specielle 
rage dei Diphtherie immunisirung allerdings belanglosen Aus¬ 
führungen wollen wir nicht zu erwähnen vergessen, dass Babes un- 
netangen genug ist, die „epochale Bedeutung“ der neueren Arbeiten über 
Blutserumtherapie vollauf zu würdigen und nur „einen bescheidenen An- 
3i®* 1 Vf 8 ?“? des Grundsteines jenes mächtigen und soliden Gebäudes, 
reclamire B e h r 1 ng und seme Mitarbeiter errichtet haben“, für sich zu 
eTL - A. E. 


XIII. Kleine Mitteilungen. 

— Berlin. Prof. Dr. Kohlrausch in Strassburg hat einem Ruf 
als Nachfolger v. Helm hol tz’ in der Leitung der physikalisch-technischen 
Reichsanstalt angenommen. 

— Unter dem Namen „psychologischer Verein zu Berlin¬ 
wurde am 14. Juni 1892 an hiesiger Universität ein Verein als Mittelpunkt 
für alle diejenigen, die selbstständig in der Psychologie arbeiten oder 
auch nur sich mit den Fortschritten dieses Wissenszweiges bekannt 
machen w'ollen, begründet. Der Verein, dem als Vorstandsmitglieder di«* 
Herren Dr. Wreschner. Dessoir, W. Stern, Th. Flatau uud Kemsies 
angehören, versendet soeben seinen ersten Jahresbericht (1893/94). der von 
einer sehr erfreulichen und reichhaltigen Thätigkeit Zeugniss ablegt. Von 
Universitätslehrern haben sich danach u. a. die Herren Bastian, Ebbing¬ 
haus, Lazarus, H. Munk, Runze u. s. w. durch Vorträge und Be¬ 
theiligung an den Sitzungen den Vereinsbestrebungen förderlich erwiesen. 
Wir finden unter den ärztlichen Vortragenden die Namen H.Munk. Mendel. 
Moll, Placzek. Schon dieser Umstand spricht dafür, dass die Ziele dis 
Vereins auch in weiteren ärztlichen Kreisen Anerkennung und Förderung' 
verdienen, und ich möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern, wie vor 
kurzem erst einor unserer hervorragendsten medicinischen Kliniker, 
v. Strümpell, die dringende Nothwondigkeit einer besseren psycho¬ 
logischen Vorbildung der Aerzte betonte — eine Nothwondigkeit, 
die durch die immer zunehmende Wichtigkeit der Psychotherapie heut¬ 
zutage auch dem blödesten Auge mehr und mehr begreiflich gemacht 
wird. A. E. 

— Der Evangelische Diakonieverein in Herborn stellt sich die 
Aufgabe, gebildeten Damen in der Krankenpflege einen für das Ganze 
werthvollen, sie persönlich befriedigenden und ihren Unterhalt sichernden 
Beruf zu gewähren. Dieses Programm des „Evangelischen Diakonieverein.'” 
hat die lebhafteste Sympathie der gebildeten Frauenwelt sowie grösserer 
Krankenanstalten gefunden. Nach halbjährigem Bestehen hat der Verein 
bereits mehr als 30 Damen zur Ausbildung in der Krankenpflege in seinen) 
„Diakonieseminar“, einem Organismus von gegenwärtig fünf, in vier nord¬ 
deutschen Städten bestehenden Anstalten, die theils in der allgemeinen 
Krankenpflege unterrichten, theils eine Specialausbildung (Kranken-. 
Wochenpflege) gewähren. Die Curse sind grösstentheils unentgeltlich : 
die durch dieselben gebotene Ausbildung schliosst keinerlei Verpflich¬ 
tung in sich, während denjenigen vom Verein ausgcbildeten Pflegerinnen, 
die die Krankenpflege zum Beruf machen, aber nicht in eines der be¬ 
stehenden Mutterhäuser eintreten wollen, ein genossenschaftlicher, ihre 
materielle Sicherstellung gewährleistender Verband geboten wird. 

— Thierexperimente in England (The Lancet 1893, No. 3700. 
S. 209). Die gesetzliche Erlaubniss, Experimente an lebenden Thieren 
vorzunehmen, wurde in England und Schottland 1893 in 184 Fällen ertheilt. 
wurde aber nur in 135 benutzt. In zwei Fällen wurde die Erlaubnis' 
neu ausgestellt, während sie in sieben erlosch. Die Erlaubniss wurde nur 
auf Empfehlung von wissenschaftlich hochstehenden Männern an Personen 
ertheilt, die durch ihre Ausbildung zur Vornahme von Experimenten be¬ 
fähigt und imstande sind, Nutzen aus denselben zu ziehen, im Ganzen 
wurden 1893 4046 Experimente ausgeführt. In 1001 wurde volle Anästbc.'ie 
vor Beginn der Operation eingeleitet und bis zum Tode durebgefilhrt. ln 
2183 Fällen bestand der operative Eingriff in nichts mehr als einem 
Nadelstich. 591 Thiere sollten nach der Operation am Leben bleiben, bei 
diesen wurde die Operation mit gleicher Sorgfalt und gleich strengei 
Antiseptik vorgenommen wie in analogen Fällen beim Meuschen. 
war der Heilungsverlauf ein glatter. 885 Experimente wurden zu philo¬ 
logischen, 2065 zu pathologischen und 1096 zu therapeutischen oe 
pharmakologischen Zwecken angestellt. Die gesetzlich bestimmte Inspection 
übt eine gewissenhafte Aufsicht. Für Irland war die Erlaubuiss vierm 
ertheilt, wurde aber nur zweimal benutzt. Es wurden zwölf Experimen t 
alle ohne Schmerzen, zwei physiologische, neun pathologische um e 
therapeutisches ausgeführt. 

— Universitäten. Jena. Dr. Gumprecht hat sich als Inwt 
docent für innere Medicin habilitirt. — Freiburg i. B. Pnvat u 
Dr. Ströhe, bisher Assistent am pathologisch - anatomischen 1Db 
hat die Stelle als Prosector am Krankenhause in Hannover angeno ■ 
— Lemberg. Der Privatdocent Dr. J. Nussbaum ist , or . )rns 
liehen Professor der descriptiven Anatomie und Histologie, Dr- • 
zum Professor der pathologischen Anatomie und allgemeinen exp> . 

teilen Pathologie ernannt. — Bern. Der Professor der Pharm_ o \ 
Dr. Flückiger ist gestorben. — Charkow. Prof. J. A. An” ^ 
Tomsk ist zum Professor der Psychiatrie und NervenkranKn 
Charkow ernannt. 


Berichtigung. 

Durch ein bedauerliches Versehen der Druckerei ist in 
beilage zu No. 51 der Wochenschrift, S. 154 und 155, mne> ■ ^ 

vorgekommen. Der Passus S. 155, 1. Spalte, von Zeile 5, be» ^ 

„Was nun den dritten Punkt anbetrifft.“• ^ 1S Z® lle 

mit: „ . . . . Diphtheriegift zu schützen vermögen", gehört na ^ 
2. Spalt«, vor den Absatz beginnend mit: „Hierzu kommt 
zweite . . . 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


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Donnerstag 


5. April 1894, 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für Innere Kedicin, Sitzung am 12. März 1894: Rosenberg, 
Demonstration eines Gallensteins und zweier Speichelsteine. Discussion: 
Jacques Meyer. — Discussion über den Vortrag von Fürbringer, 
Die Gewebssafttherapie in ihrer modernen Ausbildung: Goldscheider, 
Posner, Senator, M. Rothmann, Fttrbringer. — Discussion über 
den Vortrag von Aronson, Ueber die antiseptischen Eigenschaften des 
polymerisirten Formaldehyds und die innerliche Anwendung desselben: 
A. Fraenkel, Aronson. 

II. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 11. Decem- 
ber 1893: v. Bardeleben, Krankenvorstellung: a) OsteoYdsarkom der 
Fibula; b) Gallensteine. — Albers, Krankenvorstellung: a) Canüle für 
Oesophagusfistel; b) Complicirter Bruch des Seitenwandbeines mit 
Krämpfen auf der entgegengesetzten Körperseite; c) Ausgedehnte Ab¬ 
lösung der Haut durch Ueberfahren. — Köhler. Krankenvorstellung: 
Zwei Fälle von widernatürlichem After. Discussion: v. Bardeleben. 
— Albers, a) Ueber Anwendung elastischer Gurte; b) Krankenvor¬ 


stellung: Splitterbruch der Patella; c) Gipsspreizlade; d) Gipsleim ver¬ 
band. — Gluck, Demonstration eines Präparates: Fistulöse Gonitis 
fungosa. Discussion: v. Bergmann. — Herhold, a) Fall von Nekrose 
des knöchernen Labyrinths; b) Ein Fall von Aethertod. Discussion. 

— A. Koehler, Zur Bromäthylnarkose. 

III. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur, medlclnlschc 
Section, Sitzung am 8. December 1893: Käst, a) Fall von chronischer 
ankylosirender Spondylitis; b) Fall von Poliomyelitis anterior chronica. 

— Stolper, a) Carcinoma cardiae; b) Uterusmissbildung; c) Syphili¬ 
tische Magengeschwüre. — Tietze, Anlegung einor Blasenfistel nach 
der Methode von Witzei. — Janicke, a) Verkürzung des linken Beines 
durch Verbiegung des Schenkelhalses; b) Leontiasis ossea. — Ludwig 
Mann, Zwei Fälle von Erkrankung des Halsmarkes. — Mikulicz, 
a) Tuberkulose des Kniegelenks; b) Transplantation von Hautlappen bei 
Unterschenkelgeschwüren. 


Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 12. März 1894. 

Vorsitzender: Herr A. Fraenkel; Schriftführer: Herr Litten. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Paul Rosenberg (vor der Tagesordnung): Demon¬ 
stration eines Gallensteines und zweier Speiehelsteine. Ich 
gestatte mir. Ihnen zwei Steinpräparate zu zeigen, von denen das 
eine ein Gallenstein ist, der in Form und Grösse den Ausguss der 
Gallenblase darstelit. 

Es stammt von einer 65jährigen Patientin. Dieselbe hatte nie 
Gallensteinkolik, nie Icterus gehabt. Sie giebt an, seit einer Reihe von 
Jahren einen unbestimmten dumpfen Schmerz in der rechten Bauchgegend 
gehabt zu haben, der nach Abführmitteln und feuchtwannen Umschlägen 
jedesmal nach wenigen Tagen schwand. Als ich zu ihr gerufen wurde, 
hatte sie wieder diese Schmerzen. Ich konnte bei der Untersuchung nichts 
finden und gab ihr, da sie seit zwei Tagen ohne Stuhl war, ebenfalls 
Ricinusöl und Umschläge. Am dritten Tag! wurde ich wieder zu ihr 
gerufen, da die Schmerzen sich verstärkt hatten. Sie wand sich vor 
Schmerzen, und ich konnte jetzt bei der Untersuchung, die dadurch er¬ 
leichtert war, dass die Patientin bei tiefem Eindrücken keine Schmerz¬ 
steigerung, sondern eher eine angenehme Empfindung hatte, einen be¬ 
weglichen harten Tumor am unteren Rippenrande fühlen, der sich noch 
während der Untersuchung verschob und nach unten glitt. Ich gab wieder 
Ricinusöl, und nach einer halben Stunde wurde der Stein per rectum ent¬ 
leert. 

Ich habe ihn in der Mitte durchsägt und unten ein Stück ab¬ 
gebrochen. Man sieht an dem grossen Stück in der Mitte den 
Kern mit seiner strahlenförmigen Structur, dann die Schale und 
die Rinde und dann deutlich die Cholestearinkrystalle an den 
Bruchstellen des Steines selbst, wie auch der Theilstücke. 

Das zweite Präparat sind Speichelsteine von der Submaxillaris 
oines Patienten, eines Tabikers, der anfangs gar keine Beschwerden 
von Seiten der Steine hatte. Der eine grössere glatte Stein wurde 
spontan entleert, nachdem der Patient einige Tage vorher nur eine 
leichte Verhärtung unter der Zunge gespürt hatte. Der andere 
rauhe Stein machte Beschwerden; ich konnte ihn fühlen und ent¬ 
fernte ihn leicht. 

Den Vorgang mit dem Gallenstein habe ich mir so zurecht 
gelegt, dass die Gallenblase mit dem Darm verwachsen und an 
der Verwachsungsstelle der Gallenstein perforirt ist. Ich glaube 
zu dieser Annahme berechtigt zu sein, weil die Patientin nie Icterus 
gehabt hat. Würde der Gallenstein durch einen so kolossal er¬ 
weiterten Ductus herausgetreten sein, so müsste, wenn es über¬ 
haupt möglich ist, doch vorübergehend wenigstens eine Stauung 
und damit Icterus eingetreten sein. Es wäre mir angenehm, wenn 
einige Herren, die Erfahrung darüber haben, klarlegten, ob meine 
Annahme richtig ist. 

Herr Jacques Mayer: Die Annahme, dass der Gallenstein durch 
den Ductus choledochus durchgegangen sein könnte, ist in der That aus- 
zuschliessen. Wie könnte auch ein so mächtiges Concrement das Lumen 
des Ductus choledochus, geschweige denn die Papille passiren? Die ein¬ 
zige Möglichkeit des Durchtrittes desselben in den Darm, "wie der Herr 
Vortragende meines Erachtens zutreffend bemerkt, kann auf dem Wege 
einer Fistel nach vorhergegangenen Adhäsionen zwischen Gallenblase und 
Darm stattgefunden haben. Dagegen muss es unentschieden bleiben, 
ob in diesem Falle der Durchbruch von der Gallenblase aus durch das 
Duodenum oder aber durch das Colon erfolgt ist. 


2. Discussion über den Vortrag des Herrn Fürbringer: 

Ueber die Gewebssafttherapie in ihrer modernen Ausbil¬ 
dung. 

Herr Goldscheider. (Die Mittheilung wird in extenso in dieser 
Wochenschrift erscheinen.) 

Herr Posner: Die wenigen Erfahrungen, die ich aufzuweisen habe 
und die Herr F Urb ring er auch kurz erwähnt hat, beziehen sich auf das 
Spermin. Ich habe es nach den Poehl’schen Arbeiten verwandt, da ich 
durch Poehl eine ausreichende Menge von Material bekommen hatte. Es 
lag immerhin die Möglichkeit vor, dass man es wirklich mit einem reinen 
Stoff zu thun hat, der das wirksame Princip in etwas besserer Form 
mindestens darstellt. Meine Versuche erstrecken sich auf Neurastheniker, 
und zwar solche, die ihro Neurasthenie Genitalleiden verdankten. Ich 
hatte dabei weniger im Auge, die Indication zu erfüllen, von der Brown- 
Sdquard ausging, nämlich die gesunkene Potenz zu heben, als dass ich 
fragte, ob überhaupt auf die Neurasthenie nach einer Richtung ein aus¬ 
reichender Einfluss sich zeigen würde. Ich muss bedauern, dass ich mich 
den mitgetheilten schlechten Urtheilen anschliessen muss, ich habe auch 
nicht den geringsten Einfluss nach den Injectionen wahrnehmen können. 
Auch hier fehlt cs natürlich nicht an Suggestionserscheinungen von sub- 
jectiver Besserung, aber vergebens habe ich mich bemüht, eine materielle 
Grundlage zu finden. Ich habe es auch auf dom Wege der Blutunter¬ 
suchung versucht, aber niemals ist auch nur die geringste Abweichung 
vom Krankheitsverlauf vorgekommen, und nach einiger Zeit habe ich auch 
die Versuche enttäuscht wieder aufgegeben, und auch in dieser Beziehung 
muss ich also das unterschreiben, was die anderen Herren gesagt haben. 

Herr Senator: Ich habe ebenfalls Versuche mit Drüsenextracten 
und mit dem Poehl’schen Spermin angestellt, insbesondere mit Pankreas¬ 
drüsen Einspritzungen bei Diabetikern gemacht, mit dem Hodenextract und 
mit Spermin bei Tabikern und Neurasthenikern. Die Ergebnisse bei 
Diabetes waren absolut negativ, insofern als irgend eine Beeinflussung der 
Zuckerausscheidung dadurch nicht nachweisbar ist. Boi Tabikern und 
Neurasthenikern habe ich nach Einspritzung von Hodenextract und nament¬ 
lich von Spermin, wolches mir Herr Po ehl in liebenswürdigster Weise zur 
Verfügung gestellt hatte, subjective Besserung gesehen. Zwei Tabiker 
gaben entschieden an. sich leichter zu fühlen und besser gehen zu können. 
Eine andere Patientin mit vorgeschrittener Tabes und eigentümlichen, 
Krisen ähnlichen Anfällen von Zuckungen in den Beinen und Er¬ 
schütterungen des ganzen Körpers bettelte förmlich um die Spermin- 
einspritzungen, die sie sehr beruhigten. Allein wir haben bei ihr später 
mit Einspritzungen von physiologischer Kochsalzlösung die gleiche Be¬ 
ruhigung erzielt. Da nun die subjectiyen Angaben, wie ich nicht noch 
besonders hervorzuheben brauche, keinen sicheren Maassstab für die 
Wirkung bilden, habe ich, um einen objectiven Anhaltspunkt zu gewinnen, 
versucht, das Verhalten der sogenannten „Ptomaine“ im Urin daraufhin 
zu prüfen, weil nach manchen Angaben darin sich eine Veränderung kund¬ 
geben soll. Allein das von Po ehl angegebene ziemlich einfache Verfahren 
ist in dieser Beziehung nicht zuverlässig, da dadurch nicht bloss die 
Ptomaine, sondern überhaupt fast aller Stickstoff, ausser dem Harnstoff, 
insbesondere der sogenannte „Extractivstoff“ ausgefällt wird. Die allein 
verlässlichen Methoden von Baumann, Brieger und anderen sind aber 
äusserst umständlich, und wie noch kürzlich Herr Ewald gezeigt hat, 
ist die Ausbeute so überaus geringfügig, dass sie vorläufig für grössere 
Untersuchungsreihen schwer zu benutzen ist. So muss ich also schliess¬ 
lich sagen, dass, wenn auch das Verhalten der subjectiven Symptome rar 
diese irt von Therapie zu sprechen schoint, doch die eigentlich be¬ 
weisenden objectiven Veränderungen bis jetzt noch vermisst werden. 

Herr Max Rothmann: Ich möchte nur eimge Worte zur frage 

der Schilddrüsenbehandlung der Base dow’schen Krankheit bemerken. üs 
haben sich ja in der That in der letzten Zeit die Stimmen gemehrt, die 
die Schilddrüsenerkrankung als den Ausgangspunkt der Basedowschen 
Krankheit betrachten. Man hat die Symptome derselben denen des Myx¬ 
ödems gegenübergestellt, die Pulsbeschleunigung der \ erlangsamung, die 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 











VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Temperaturerhöhung der Herabsetzung, die Feuchtigkeit der Haut der 
Trockenheit u. s. f. Bestände nun dieser Antagonismus zwischen Base¬ 
dowscher Krankheit und Myxödem thatsächlich, so müsste man allerdings 
annehmen, dass reichliche Dosen des Schilddrüsensaftes die Symptome der 
Basedow’schen Krankheit horvorrufen oder verstärken könnten. Es liegt 
in der That eine Publication von Murray im Lancet vom 11. November 
1893 vor, in der berichtet wird, dass bei Myxödem nach übergrossen 
Dosen von Schilddrüsenextract Symptome der Basedow’schen Krankheit 
eingetreten sind: Pulsbeschleunigung, Temperaturerhöhung, Tremor der 
Hände und Schweiss. Ich möchte den Herrn Vortragenden fragen, ob 
in dieser Richtung noch andere Beobachtungen m der Litteratur vor- 

hegen^err Fürbr i n g er (Schlusswort): Ich könnte mit gutem Gewissen 
auf ein Schlusswort verzichten, wenn mich nicht eine innere Empfindung 
veranlasste, meinem dankbaren Verständniss für die werthvollen Ergänzungen 
des Themas durch die Herren Sprecher in der Discussion Ausdruck zu 
geben. Diese Beiträge sind für mich zum grössten Theil lehrreich ge¬ 
wesen durchaus neu die Versuche mit dem Milz- und Knochenmarkextract. 
Besonders befriedigt hat mich, dass Herr Goldscheider den wissen¬ 
schaftlichen Kern gewisser Momente der Behandlungsmethoden, über die 
sich mein Vortrag verbreitet hat, anerkannt hat. Er glaubt, man könne 
nicht ohne weiteres an diesen Dingen vorübergehen. Das entspricht auch 
meinem Gefühl und meinem Urtheil. Ich meine, die Namen Horsley, 
Kocher, Schiff, Mendel, Leichtenstern und andere sind solche von 
bestem Klang, die Achtung gebieten, und ich möchte das ganz besonders 
mit Beziehung auf absprbchende Urtheile betonen, die mir in der letzten 
Zeit auch in Bezug auf die Myxödemtherapie seitens notabler Vertreter 
der inneren Medicin entgegengetreten sind. Was den klinischen Werth 
der Spermintherapie anlangt, so freut es mich, dass Herr Posner nun 
aus seiner Reserve herausgetreten ist, und ich darf nun auch verrathen, 
dass das Ergebniss der Versuche, die ich mit Herrn Dr. Freyhan ange¬ 
stellt, bislang zum mindesten weit hinter der Erwartung Poehl’s zurück¬ 
geblieben ist. Wir haben sie noch nicht beendet, und darum möchte ich 
noch koin abschliessendes Urtheil aussprechen. Die mitunter gute sub- 
jective Wirkung, von der Herr Senator berichtete, können wir be¬ 
stätigen. und es ist wunderbar, dass selbst bei einer so organischen, mit 
Gewebsverödung einhergehenden Krankheit, wie die Tabes es ist, eine 
ausgesprochene suggestive Wirkung möglich ist. — Was die Frage des 
Herrn Rothmann anlangt, so gehe ich aus meinem Vortrag den Passus 
wieder: „Vollends scheint das Zügeln überschwänglicher Hoffnungen 
dringend geboten gegenüber den Berichten von einer günstigen Beein¬ 
flussung von Krankheiten durch Schilddrüsenextract, welche mit dem 
Myxödem in mehr oder weniger lockerem Zusammenhang stehen. Wir 
meinen die Erfolge, welche Putnam und Dill bei Akromegalie, Morbus 
ßasedowii, Adipositas dolorosa und Psoriasis erzielt haben wollen. Man 
denke, wie schnell man auch hier bei den heterogensten Krankheiten an¬ 
gelangt ist!“ Nach diesem Urtheil also wird die Basedow’sche Krank¬ 
heit durch den Schilddrüsensaft gebessert, nach dem gehörten geradezu 
erzeugt. Wieder ein wichtiger Beitrag zur Beurtheilung der Werthigkeit 
solcher therapeutischer Versuche und der Schwierigkeit der Erkenntniss 
der wahren Wirkung. 

3. Herr Aronson: Ueber die antiseptisclien Eigenschaften 
des polymerisirten Formaldehyds und die innerliche An¬ 
wendung desselben. (Der Vortrag wird in extenso veröffent¬ 
licht werden.) 

Discussion: Herr A. Fraenkel: Ich möchte den Herrn Vortragen¬ 
den fragen, ob dies polymere Product im Körper Formaldehyd abspaltet, 
resp. in welcher Form dasselbe ausgeschieden wird, und zweitens ob er 
diese Substanz bei infectiöseu Wunden angewandt hat. Es wäre sehr 
naheliegend, wenn die Substanz nicht ätzende Eigenschaften hat, sie an 
Stelle des Jodoforms oder Dermatols in der Chirurgie anzuwonden. 

Herr Aronson: Was den ersten Punkt betrifft, so erwähnte ich, 
dass die Wirkung des Paraforms auf einer Abspaltung von Formaldehyd¬ 
dämpfen beruht. Nun habe ich zwar früher nachgewiesen, dass bei sub- 
cutaner Injection das Formaldehyd in den Urin übergeht, obgleich es zu 
den am leichtesten oxydirbaren Körpern gehört. Es haben aber Versuche 
von Blum und von mir ergeben, dass bei innerlicher Anwendung der 
Aldehyd nicht als solcher im Urin ausgeschieden wird. Nachdem ich die 
hervorragenden antiseptischen Eigenschaften des Paraforms gefunden, war 
es — wie eben Herr rrof. Fraenkel bemerkte — sehr naheliegend, das¬ 
selbe als pulverförmiges Wundantisepticum zu verworthen. Ich habe Ver¬ 
suche an chirurgischen Fällen schon vor mehreren Jahren auf der chirur¬ 
gischen Abtheilung des Kaiser Friedrich-Kinderkrankenhauses angestellt. 
Damals hat sichergeben, dass wunderbarer Weise dieser Körper, der vom 
Darmcanal so gut, selbst in grossen Mengen, vertragen wird, auf Wund¬ 
flächen ausserordentlich reizend wirkt, so dass die Anwendung als Wund¬ 
antisepticum in reiner Form nicht zu empfehlen ist. Ich sagte schon in 
meiner ersten Arbeit, dass Verdünnungen mit indifferenten Pulvern zu 
weiteren Versuchen angewandt werden müssten. In meinem Vortrage 
habe ich darauf hingewiesen, dass der Formaldehyd bei Hautkrankheiten 
eine eingehende Prüfung verdient, und zwar entweder in Form von Um¬ 
schlägen mit verdünnten Lösungen, oder als Salben mit Lanolinura anhy- 
dricum. — Mit dem Paraform hat Herr Dr. Blasehko auf meine Ver¬ 
anlassung Versuche angestellt. — Es zeigte sich, dass das Paraform mit 
Fetten vermischt absolut nicht wirkt, was wohl darauf zurückzuführen 
ist, dass die nur allmählich aus dem fosten Körper entstehenden Dämpfe 
das zur Salbengrundlage dienendo Fett nicht durchdringen konnten. Falls 
man also das Paraform bei Hautkrankheiten anwenden will, wird man es 
auch hier als Pulver und am besten wohl verdünnt mit indifferenten Sub¬ 
stanzen (Talcum etc.) gebrauchen müssen. 


Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 11. December 1893. 

Vorsitzender: Herr v. Bardeleben; Schriftführer Herr Israel. 

1 . Herr v. Bardeleben: Krankenvorstellung, a) Osteoldsarkom 
der Fibula. Es handelt sich um ein Kind, bei welchem eine sehr grosse 
Geschwulst exstirpirt worden ist. die ich lieber durch Amputation entfernt 
hätte. Es ist ein kleines Mädchen, Lina Tück, 10 Jahre alt, welches vor 
drei Jahren einmal auf einer Treppe gefallen war. Infolge dos Falles 
soll dann eine Anschwellung entstanden sein, welche langsam aber stetig 
wuchs. Dass sie damals eine Fractur am Unterschenkel gehabt hat, ist 
nicht erwiesen. Sie kam am 9. October 1893 hierher mit einer sehr be¬ 
deutenden Schwellung des Unterschenkels. (Demonstration.) Die Geschwulst 
war etwas über 15 cm lang, spindelförmig, mit der Fibula in fester Ver¬ 
bindung. Die Umfangsvermehrung des Unterschenkels betrug nahezu 
11 cm, wovon das meiste auf die Geschwulst kam, denn die übrigen 
Weichtheile waren sehr atrophisch. Am 12. October wurde nach dem 
ausdrücklichen Willen der Eltern, die auswärts leben, nicht die Amputa¬ 
tion, die mir viel angemessener erschienen wäre, sondern die Exstirpation 
gemacht. Das Capitulum fibulae wurde exarticulirt, im unteren Viertel 
die Fibula abgesägt. Die ausgeschälte Geschwulst wog 235 g. Die Haut 
war an vielen Stellen sehr verdünnt; es war recht wenig Aussicht zur 
Heilung per primam, die, wie Sie sehen, auch nicht überall eiugetreten 
ist. Ich machte den Versuch, die grosse Höhle durch einige eingelegte 
Steppnähte (Dieffenbach), oder, wie sie jetzt heissen, „Matratzennähte" 
zu verkleinern, jedoch ohne besonderen Erfolg. Ein erhebliches Stück 
Haut wurde nekrotisch. Das Kind bekam ausserdem, da Jodoform ange¬ 
wandt war, ein Jodoformekzera, hat daran ein paar Tage zu leiden ge¬ 
habt, ist dann aber geheilt worden bis auf den Bestand des Granulation.-;- 
Streifens, den Sie hier noch sehen. Oberhalb des durchsfigten Stücks der 
Fibula fühlt man in der Tiefe eine kleine, flache Anschwellung. Ich bin 
in Sorge wegen eines Recidivs. 

Der Tumor, den Sie in diesem Glase sehen, hat sich bei genauer 
Untersuchung, die vom pathologischen Institut bestätigt ist, als ein Osieo- 
Gysto-Sarcoma giganto-cellulare erwiesen. Dercelbe war lest 
mit der Fibula verwachsen. Es liess sich nicht entscheiden, ob die Fibula 
in ihrem Mark oder an ihrer Aussenfläche der Ausgang des Tumors ge¬ 
wesen war. Der Knochen war in der Ausdehnung der Geschwulst zer¬ 
stört. Es liess sich auch bei der Operation nicht bestimmt entscheiden, 
ob die Arteria tibialis antica mit herausgenommen sei; wahrscheinlich ^&r 
sie fest an den Tumor angelöthet. Dagegen liess sich ganz bestimmt 
sagen, dass schon vorher der Nervus peroneus der Zerstörung verfallen 
war. Das Kind hatte Anästhesieen im Bereich des Nervus peroneus pro- 
fundus und superficialis; Störungen in der Nutrition des Füsschens suu 
nicht eingetreten. 

b) Gallensteine. Es sind uns drei Kranke zugegangen, die an 
Gallensteinen leiden sollten und von denen zwei wirklich Gallensteine 

Die erste Patientin, l^rau Kenck, 48 Jahre alt (Demonstration), litt 
seit dem Jahre 1889 an Schmerzen in der rechten Seite. Diese na>e 
sich seit dem September 1893 so sehr gesteigert, dass sie durchaus * ■ 
hülfe verlangte. Icterus hat sie niemals gehabt; ein Gallenstein is^ • 
so viel sie weiss, niemals abgegangen. Sie wurde am 1. ®. * 

zugewiesen. An demselben Tage wurde der erste Act der Gail 
Öffnung ausgeffthrt. d. h. es wurde der Bauchschnitt gemacht u 
Gallenblase blossgolegt. Dieselbe war aber ganz von der Le ^ 
deckt, überdies mit dem Netz und mit einem Stück Dünndarm j e .: 
Diese wurden abgetrennt und die Gallenblase mit ihrem bcliei e , * 
sie sich hervorziehen liess, in die Bauchwunde eingenäht. -J ed0 . • 
durch die Wand der Gallenblase selbst keine Nähte gelegt- - 

uns gar zu bedenklich strotzend voll zu sein. Die Gallenblas» _ 

geheilt. Es wurde 13 Tage nach der ersten Operation mit ein 
Pravaz’sche Spritze angesetzten Hohlnadel die Punction dcrselb _ £ ‘ jw 
Diese lieferte 3 ccm Galle. Darauf wurde die Gallenblase gesp ’ ^ 
Steine wurden herausgeholt, dann ein Drain eingelegt. # Zenn b. ' 

als wir den Verband wechselten, fand sich ein Stein m dem , j t .|, 

sitzend; heute früh haben wir noch vier im Verbände ge ^ 

habe heute die Tiefe der Wunde (oder „Fistel“) genau son ^nm 

Steine mehr gefunden; auch ist keine Galle mehr aus g® ‘, L j c ], 
Auseinanderhalten der Wundränder und zum Sondiren se , 
mit Vortheil das Instrument benutzt, welches Luör für a - gc j , eI1 

der Luftröhrenwunde bei der Tracheotomie an Stelle der X 
Zange empfohlen hat. mntrD 

Die Steine, welche Sie in diesen beiden Gläsern se , , en ersten 
116, sind als glänzende, schön facettirte Cholesterinsteine . e ent- 
Blick zu erkennen. Die Patientin hat, nachdem ihr die ^ se ] ir 

fernt waren, keine Beschwerden mehr gehabt. Dm W im .. Argen- 

grosse Neigung, sich zu schliessen, Sie wird durch Betup icÄ tioii 

tum nitricum noch offen gehalten. Ich glaube, dass eine samme n- 

mit dem Ductus choledoehus nicht mehr besteht und die wer den. 

schrumpfen wird, so dass wir voraussichtlich nicht . . ®Schwierigkeit ^ 3 
ihre Exstirpation vorzunehmen, die von Anfang an einig ^ 

dargeboten hätte und auch jetzt wohl noch darbieten würa b 
fachen Verwachsungen. _ , onfrfl hlich 

Die zweite Patientin, Frau Geffert, 51 Jahre al - . J^Lbten Obtf - 
immer gesund, klagte seit 1885 über Schmerzen m . , r j. an]e n nn<! 
hauchgegend, welche anfallsweise alle 8—12 g j e Erbrechen 

dann bis zu 5 Tagen andauerten. Bei diesen Anfällen ■ 1393 j ia tt, 

litt an Verstopfung und an grosser Appetitlosigkeit. gepten^' r 

sie bei einem solchen Anfalle zum ersten male icte • Oberbau^' 
1893 in die Charite aufgenommen, wurde sie, -wei wurde, AnffflS 
gegend deutlich eine empfindliche Geschwulst geiuni 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN - 




f^ACrE AffiDiOnsTl^CHlCiv WOOH^KSCICHtFi 1 


AWmbrr auf die ghirurgtsehe Abthriiuue verlegt. ich murbt« mich Ihm' 
ihr Zunächst die, ßiossbmunir der- GalkoMase. fand hierbei »imr ür4i«*l»Ü<-b«* 

Dio 'Gullöüblnso w^f mlndich röti, elfter ;^.ussa1i uiirBjgT*ij 
•$<«. ««#*?' AH. vou G&$cltfvui&t darskiHttt, iumviseb?jt r n, u»ui tost; iivit 

ubf vvrwat’iiso.i'r, -Iah bin dostmll». iu Ahnlrrjuo* Weise verfahren. 4$£ es 
Rind«; I ntupü«hti. Ich habt- versucht,. du* - Pentouüimt puriHtnlp >w die» 
y hdleßbrnse hii\ät)?,U'/it?hM! and rui/.m):<!;<*(: Du* war ahm* man» »glich ;• man 
«webte d?»fiPfeMtmmmu nock'-m mdt atdüsen und uöch g« sehr her««- i 
ÄM?Üie»A. .w.ed diese sr.hsrioiigi:« Massen dir gr«ts*ig«iuIo A aafiborunix. Mudä.rv 
t^u. idt musst-O mich *1*0 *chiiH*£Udi iKigatiiTfii. .tu:- Pmt.om.‘inn parm- 
tdlfc fi-ii die .sehvvm%eu Maxell selbst lesf/mulbort. .Auch das gelang in 
dum ohumu,. iimereji \Vinkcl der Wunde «Kht: dorr kno»u> . «mr»- da* 
Pftttioaeitm nicht, in goiiiigmidur Aimdekiiung IVArboJ^dlnfe, {& 1 

.-daher ou jener Blu.Hu eiu Jo.jofomilnrn|VAHi en'moj,<gt 

Obgleich. wi't \wdei du- radier, dm kivin «.«süfth. d. U. hobt j 
wenig Uervonagio. noch diu- (r-dlcübhu-e ii-gfemHvhß iwrithr}. hst-ioo hmd ! 
ich. nun bw gumnmr (Jnl;4r^dftrog. da,. wo dto? 

aü der Leber' fa&tMSti,: «inet schart' vofspriugomtcHivn«, «ml ggs&& d«. der I 
Htoll«. wo die««» harte. .schar to Kante m filhlon --uw. trat. and. w»mi< mau ; 
die Partie* bin* und hurbew egt.n. wobei man ijnwdllkubrljeh ein wenig nur’ J 
diu Güllyubbise drückte, «in kleides Trbpt'then' Cklk an*, hh fcmmtr j 
in ich auch Sogleich Ub.um-ug.en . dix<rs der hmü- K“ürp«w ein fDVJmkno«» 
war. Wir nühs«»:-n auf diese IVitfurutjou der • Gulhuddav»,» durch »4 mm I 
Steift .besondere.* Gewichf. legen, am v:u orkGreu. wie n* gokoiumt-a M , 
da*'* diese amglanblicU dii kc-u, fast knorpelhat imi Masse« von nun üMm! 
dnteni Biu<U»g*nv«W- di»> OnJhujbUme und die unter»* Flache »Jo«: Lehm 
uautaben. ich ghnibo rs so d-siiien miVsan. dass bi»*r «me ga.«*. klVm*-- 
Perforation der fjaUeubt^o.' durrh die v.barie Kante des ^t»nn».;r> *<-Ik»u 
cor kügnr Zeit staügofu-ndctiund da»* ?Uv< Ac^fKUan vou (»a»]«*.. und 
xwiir von =eht wenig Gut Je, tum diov» AVolnidimgcm |m Eh-is* 

toiiouiu vcra'nkitsfc mol tliuiurujfi «liasnjt gim^o.o Tl.udi vöuv \)l»rigon C.avum 
prntotmi öbg»:g):c«At bot. bei gSoi«‘.b>-r.itig«j Ad.rsvaeir-uug mit (huu Motz 
und mit dem Lftun- und Dic-bfjaan, die -die . mit den K-d'honumüsea zu-' • 
•stinuueftbingon; Di«? iGtioütin imt die erst«.? Operation^ olmo Fiebtu- er* 
trage«. Sie bid «t\Yös LtbivOifm gehabt, wöj; wohl -auf die Ajiv\ otcHmg 
de* ChJoroforms zu sciuidunj wtvr At’bt Tnigti ’ gpitier wurde. >lio OeUnuug 
deit ßf^Ueablö*« - vorgeuöaiiiieci, An< diftjj'dr kuäibn daun snghiob zwei 
von dioHun Bteiuou ber>iiif iDeiüf/imt^Aton). der kJmimro suks • nljenau. der 
IXfOgftUre tiefer. Pei joib-m VoD-amiv^mdi^c) Omi su h wieder ein »St' inclnm, 
im .ganzon JO. E& smd reine Kgmeuiwäniu !••;? boyrimt jetzt, gar keine 
Gniie m»?br rmi' ttgm A’cu^iand w ochüO bcU'u.us, ^olnfpro : immer mir. owi wenig 
blutig 'getsifhter SrMmm. Die LhJ.Gouen, tvlebc rund um dj»i Ooffouug. 
cutstmidm. habtn sieb nm *rh»mUbtnn.riureh UostrmjKf» mit. AVii-mutb- 
iHiivrr brcmitmcn Gfcseb. Cu iiib*cr Bt^iobmm wirkt d‘,m ü.rue VV r i*mutb- 
priijiiowt daa; ibfnuatöl, ueüB starker .and. sgtellVL i&i- Aber ku^pidTtgor 

:dfc Htcijinfbiitu .solmini/'U»!,. 

Ib-i .»feer'PiftKmÜu, '.glaube icb. wm'äcö »vir ivoeji cwöiv Sud« bor- 
nuszubefdrdorü ludmm Wd b« wird .sieb dumt,. 6rif outsrur'.idgn la^-eu, ob 
in dyr Thal. «Uo OMiloMtiuu d«> Duc tu* eysfcmus funm-Uctnrn ist. mim* 
ob fim* OallmibO**')disio! Zurückbleiben ^u-d. Imoierbi« Gn.d Aue 
dichten auf Taibciibi Dftilimg wdil auch olmt; Kx*t.irpati<.ur iU:.t VbtUonbb«>o 
/iemi'n i» gro-s, wvil dir G iil'-nidn^^ q«nj:«i s»i fihrrmis vonngr. s«. ulr»r- 
HU'a -blew istk .^na ua .ri%eusm% ajü 'der Onjlrtiblasb dor 
der ich *»iferst sprAob,' die. eutft'pVtrobemi dea ilt- Stfeiricii, mich ' tue sehr 
gr«»sne A usdubüHnc ■Ims.ms. 

Van der «InHou •PhüenGn- wollte. i/-ft- Ihuou du%' Content um dbi 
<hUenUus« 'zeigen, wehdwe. »ob Imnie früh feßtlrcrt. bube; äbrr das ft]>vs. 
in »lern $»* ' «aorgfhlGg uufb«. : v-ahri werden sollte.; Dl zerbrochen worden. 
Es •ereignefe Mich in: der ('hariife nicht seifen. dass Dinge* dm sorgOHig 
nnflit-wahrt jwefdrni s»dlen, zugrunde geilen, da wir absolut keniv, i’miuu 
bnbcn. jri tJeueD wir sie sieber sttllca l><nmica. 

Ibew. dfiktih Piitiwitjb v Fraii BiohtoO isb >mi 82 Jahre «L- Si/f : hai 
df^.tuftl geborea*. den Tjphus t, dh Jk 71 nud, wie sia nngieht. zum zweiten 
male i. r). 18t»t ilurcbgunfeifebi. Ai»v iit.; aü lu timun -Sohmer/cii jt* der . 

MfUifeügügend. die vom Jabiu lös:! :l v. ?mM}s»v>-Vu aulVfefrcfou smd imii 
.ids Mag4*uki‘;Vmpic irrdotilct. -wurden. Bis zubi Jahre D^’di bat .*»c md-W' 
Jahr 2—M AjifalJc gobald. Seit dein Fclifmit tSlH str«iiltfe»i die SOmne - 
zen auch der jrofebten S.cimlu-r hin uttfV, Im Job !89t batt»* sic; com 
Maynn&iUtuug, amrtddjidi mH kifebüuti lulmaisi' srnVu imf. sh* is?.oni.;BS 
Ldhrus golw,bt* Guilhusteine smd ui« abgugamfem Seit «hon lb tJotohor 
iSWj ist si«- bfiDjngofitf WMßv sehr b'-fDge» Vtduuerzmi )a de*? Leber* 
gfegemi Angiust 5H9Ö \siD -m »mm Gusrhwuisi. bemerke haben, dh* 

in dieser. Bogicm (pofuoiistruMont sich immer n»ohr jmrvofewdlbto. Dm 
Gesfe.UW'ulbt. war, ab sic «ns von dar nrndu iiiiscbea AbUfcitußg am 21. 
MovPtnbar 18'd8 hbörviusen wurde« «o staoKV dass Niemand »Isran zwOlhln 
kountii.. «s ratißao etwas »lafiiutcrsforkon KlnctjiaGoo War yhd<i scuc 
deuüidh. «her »iucii. in der Alittu «ior Gusdiwulst wohl so. dass mair üiebt 
dai'st« zwi?If»du kimtiU*. g*i müsse eipn Flü^igknit mcii tlahintcr Imhhdum 
Mao Dto.fl dacißls bei der Aiitnahme zwei QucrUngor kttC <i?«i }'oju*u’ 
lang ein» 1 stkrkfej e .HcSn’t i-pz * di»? «mf Druck sehr scJoi»er?.batt ware Del’ 
untm-e Lebmund stand Äwisciloö Al««»miliar.- und ib^a^foroaUinm. Kacb- 
dCuii sie noch Brbicdmn und ein. nunr AiitüHe; von ^‘Hnitwü. gehabt 
hatte {^oör.> MHguokrA«ipfer> njarUte ich . ?uu 2f>. Huvetivbur dfc <Bp»Att.»iig 
»ler ßaut'i.ilecktm Ubio dm (K’srhwuM Dar 1‘eribonetiöv zoigte ke'ltfö 
bhsi^adereu A'riajidniouge.«. f)ie Gall&nbinse. durch, öh.tns.tuxig als niuc 
rekiilhji glia^»mgt»»:«se pralle G.«wc-hwulst zu. urlcmmmi, war mir unter«« 
Hände. 4. b. hIso nut ihrem Fiuulus. sehr fest mit- dune Netz vrrwnrnsm!, 
stmst kuino Adk!&tonv»n. Das Nutz witpfju abgelüstgdie ttollfsöbla^y »wiobt^ 
Ich ln dop'iKiPoaü dm'-it^ntöhrtl wmmlk «u Wihihtu umn *te dft m 

machte J^ber «ebi .grosso ßnbw'inrigjthithn , demb kut ßä»s :i«f lihrigtlü. 
:ui der Lnbcr irnnd hroim s«lu lost, und war- trotz ihrer lwdo»Ueiu]<m 
Grd.vfre und Ausdelmimg nicht so vvclt m »H<ö- Hübu zu bringen. vvlc. nuui 


wünschnn rnnsstu. Jph Imbo mir so geholien, dasfi ich oiuen Ntthtfödun 
durch »hm linken Wiimlnmd der B:ui<: bib>< kmi hindurchzng. biui »>v dar 
•Oallwijdaw.* um diese iicu'umlübrt»'. w.e, glcicbsrnn dar«uh An?hoi lb>s,. in- 
d»wn ich iif*,« Faden in die Hübe. bnF> ifeü- Fivdfih flaü« (mit dur Htydwl-i 
dhreb den recht«« 'Wößdrsuid der thmcbdeckmi von mm*n nach Hassen 
liiiiduvcbfdbrte (D»3moiistmli<*«f und min di». Kabt schios*«, auf diusu VAos».* 
als»» mit einet nicht ganz voHsCUdigou ICiiiklömnümg di« Gnfhmhbmö Ui 
flie Hauch wunde fcstnuhtg Fiad JV rfowlsi/ü «Vi m der f^|U\utdas> ^iiehr 
;eingvtreten. Der Faden muss aber gut geballcn haben: dem« als. wir »uh 
2. Decvmber den \ ermuid abuahimm »«.ul die Wunde wieder <i{hi<-t»fir, l'aml 
sich dm fjällnnTdiisn* sehr hdclit ZUgbUrdh-b für moe tbAiYA/.Viäj^ >prkz»*. 
Alan musst»' «tu* dh» Bpoiw 'ganze ivufwiirts. i« iler iimbtnuG flcr 

v»dk vdnf fefsbbtL OpgraÖnü -hp lv böt&BJfköifr Lsgfe -4dr; utitbre« Elä.«;lte der* 
Lehde idtiStdE^oü. 1 Bh .eijw nlwus -grcriHntv «de 

uiflor st^rkwti Ltühbiadnl. um| ns wui-Jeo '85 f eiiW idhfef «ßisi vvuSSrH'mljruh 
*»’iit<4mige« Flüssi^kmi. »»bne eiii" %««• v-m Beimisehunp von Gallu' brr-, 
mis»gr->;u»g»m. .Die Flmisigkeii ejil.biftlt. Kiwn'iss. euthkdt .aber w«?der GalHövc 
iar-)>Vt-*>öfv i.oeb ‘Vdleuciiure. Fnsure ebutnisebc Duterstudiimg • ist _»l«ir»d: 
Herin Prof, -äulioi* w sltj hrst.Htgt Woideu. VVdt’. halt«a Am Püur.tic»n, hbütd 
wlcdm'-bolt. umi ieji wollte Ihnen bunte «in solebm iHibs Voll von dimfi»- 
imli»3ii ^'vurzed^a v aber, wie gosagth ei?' isV zcrbroölmn jvordmu 

In dies<.-m Falle Un unhnh.u die C.m»jr<unbfttioii ;/.wr-e.h»-n der HnUonhUsu 
und »Fm Dm ins e.|**.i]»»<io»diUS. ttnf.f.i-hi'fu'-JibU. t>ei- Ductus evfitimiS wird 
vv».),»• vollsiMäig' •vferseid»»s'smr sein. Wmm muu mit der iBpitzo derrhj;.' 
^febihrttWi hin-- und b»Yfführt v fühlt mun keitmu-Stein. Br ist 

also uiiwiliive.beiTiiifh, du-'* die Xv rspniTUKg• ?1 «rcli nimm Stein sbiUlindori- 
fu.'llte. iv.n ln ,di h;»oc min, nacbdiiiö wir ganz sicher -sind. Hn^ »Im 
Vorweweiisung zwtfrhßn-^ljrrflletihfaai« and Blvu^doukcn pingrta'Mfoo rvg,..^|j- k 
GnlivübUme wuitrr zw Offnen : so' ilass fmVn mit dein Fiüger e.i'imVrlfeui uo-i 
sich übi ; rz'*ULmn kiinü. ob etwa »'in- (bliuluK rorban'lmi in solltf. 

Ü. Herr AlVr rsr KiiuikvnvdrstoUang. rr|. fddütklilc JfUr 

.OsteK ln der letzte« Silz.uug der freien AVmoinigong der 
wunli.* von Ücnrn Dr. Xe Der dem Krankrnha.usfe. Mnubil -niy' 

Pari .31 vorgeDcllt, hei w«*b boU? niVO Zwecke d ( '»“ Enktbrimg jüi der 
Ihikm- Beite des fi>dsi*s «iieht »dmrhfdb Je? S.-idiVSeihmTU- eine 
SpeiserührditfisteJ iiiigeißgi wordeü musste* wuil fein fdmrbalb Dt/eiidi-s 
C'Hröiiwrtx den Oesophagus Ußehgmdig^ vhdHjiigt- ihitte uu«J oporuliv^^ niolit 
eutfmilt weiden konnte.' . D«? Dntfent ImtAe im KrHnkm»luume emo Alu* 
minuuucftühlv uriiaiißu, die" Aiib »öofeni kdeiujin Sehiid uwd BärtJera Ver¬ 
sehen nach Art d«*r DmitUun. wie sie mmh Tracheotomie m*ibr»)orlieh. 
wurdßB, ul lhr»^r Lago- erbalton wurde». Sellto- Nabfung auigenommun 
Avcrthou sfi veviumd lbdient die Citmilc ßftt emem kouFtfroo Ansatzstück, 
•web h»w dure.ii mu-n Giii>ii;iiÄ<‘b].im 1» mil emem Vu/iwei zubiuitniunliing. 
Dieser Krmikc äiug kür/dreli der cliirargiveinyi Klinik- dor Cbarite zu, 
’-St Mtto Sp^blmh m+M Togo vor der Aufmijijns dio Canüld 2ur Bömigtmg. 
önHoriit, jedoch' üidit Avlmkr in diu M«»ibbriugm? 1 mm®: 

find -jAcli d& 5 b«dli uu «i»uu Arzt gcwlindL denr 4«w Eirthm^ftu dt^k)£Lrss 
jibenfalD nicht grhuig, uml der statt ein Gimiairfthr y.j« Oaa«*Ht-- 

jifekir.buihigfu; DtjAh Jkses. Röhr geUft^ iinlesDärr die.: EDtähririig nvilii. 
w^il c* ?)<5 Äftibte; 4ßr KTüukr kam tlrthur ia- .$t^rk «rst-hOpf/ord 
Vjmutio A»t«' kihijk. Limr wurde iiaeh Bn'U'ernütig' des JluoiAöU'ftltfs Vcdkrt 
tdno Dihiimiou der Fisl-frl .durch ßuagies 'vni-gcmotomoh,. sob*n n-mb 
• io Mimifoh rvlnng die WiederdnfÜhfung '»irr Ai»uuuiiumcmniik:, dui*cb 
weiche dann gbncb Nahrung riiigcJiO*stwvf-idon konnte* 


Ou?öp]mgusiis.tolu ia •äiiülichm“ Wohn« wm «uv« us m 
gubiUMm» LJ(trühr.eiriist«i^ öiehL 
ougoft köiumu und doshalb- hnsondm'b V-giwlthsj«.«^ 
GantÖfv buhalA Humigrtug 

Ls ist muj ik'in Datienimi eine zWüito GnnOle. t 
veob'lm :«it^ suivdr wanle. wojl diesus Mrpdi 

:.Ä »las JöirJJl.iHi!:HF?V Almmaiaef,die, AJuimnrumc» 
»m Ru»t|d iirüuiftdvijfiTf, Di4«j «ilbhme CanAle besteht 
hiüi.igufig am }mt S.rbiid yurselmübn Hühtr, d 

blöiH und guvvühüheb durch, muen KorUshlyhrn. vorsc 
A^hry^g^tltÄhnl^ wird nach Tfihtferuting des rfropiui 
Hug aidtfgömios und bis an dessün ußtoros Ende v 
Kohr eeumiübrt, w.Jrb^ mit •Sehbumh mul Trichter v* 
»«ßitfj Rohr h4h «ioeh: r , cü’aiiix^ös4«»t itol, wolGlmr f 

der lAmitio legt und hier durch einen drehbaren V »w 
wird. ...Auf itiöft« WVise hat :lmid«v iliiudo Jm 





VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN W0GHENSCHR1FT. 


No. 1 


des Trichters. Durch die neue Canüle wird die Berührung ihrer Innen¬ 
fläche mit den eingeflössten Nahrungsmitteln, und das sonst leicht ein¬ 
tretende Verschleimen derselben sicher vermieden. Der Kranke hat die 
Bedienung dieser Canüle schnell erlernt und führt, wenn sie zu Remigungs- 
zwecken herausgenommen werden muss, die Aluminiumcanüle vorüber¬ 
gehend ein, um so einer Verengerung der Fistel vorzubeugen. 

b) Coinplicirter Brach des Seitenwandbeines mit Krämpfen auf 
der entgegengesetzten Körperseite. Die achtjährige Patientin sollte 
bereits gelegentlich der im Vorjahre in der Charitö stattfindenden Sitzung 
vorgestellt werden, leider war dies damals nicht möglich, weil sie an einer 
heftigen Angina tonsillaris erkrankt war: ich gestatte mir deshalb, die 
Vorstellung nachzuholen. Die kleine Patientin war am 26. Juni vorigen 
Jahres beim Spielen auf der Luisenstrasse von einem Radfahrer überfahren 
worden, konnte unmittelbar nach dem Unfall die vier Treppen hoch ge¬ 
legene Wohnung der Eltern aufsuchen, verlor hier aber sehr bald nach 
voraufgegangenem Erbrechen das Bewusstsein und bekam dann Krämpfe, 
die zuerst nur am rechten Mundwinkel, später auch im rechten Arm und 
rechten Bein auftraten. Dieser Zustand veranlasste die sofortige Ueber- 
führung zur chirurgischen Klinik der CharitA Ich sah das Kind etwa 
1 * 2 Stunden nach dem Unfall, es war völlig bewusstlos, bot ausser den 
bereits geschilderten clonischen Krämpfen, stertoröse Athmung, sehr 
frequenten kleinen Puls, weite starre Pupillen und über dem linken Seiten¬ 
wandbein etwa 5—6 cm nach hinten und oben vom Ohransatz eine wenig 
blutende kleine Quetschwunde, unter welcher man eine etwa markstück¬ 
grosse Depression des Schädeldaches deutlich fühlte. (Da Herr Geheim¬ 
rath v. Bardeleben abwesend war, und der Fall keinen Aufschub ge¬ 
stattete, so operirte ich selbst sofort.) Nach Reinigung und Desinfection 
des Operationsfeldes wurde die Stelle der Depression durch einen Poriost- 
weichtheillappen mit unterer Basis freigelegt. Sodann verschaffte ich mir 
durch Freilegung des hinteren Randes der Bruchstelle Zugang zu den 
Knochenfragmenten und entfernte dieselben mit dem Elevatorium, da der 
Versuch, sie in das normale Niveau zu heben, nicht gelang. Ausser drei 
etwa bohnengrossen Fragmenten, die ich Ihnen, m. H., hier vorzeigen 
kann, wurde noch ein kleiner Splitter der Vitrea entfernt, welcher sich 
in die Dura eingebohrt hatte. Die Dura selbst zeigte hier, der tiefsten 
Stelle der Depressionsfractur entsprechend, kleine Sugillationen in Aus¬ 
dehnung eines Fünfpfennigstückes, sonst fand sich keine sichtbare Blutung. 
Nach Glättung des Knochenrandes mit der Hohlmeisseizange wurde der 
Hautperiostlappen wieder in die Höhe geschlagen und durch fortlaufende 
Catgutnaht befestigt, nur am hinteren Mundwinkel wurde ein kleiner 
Jodoformmullstreifen eingelegt. Dann wurde die Wunde mit einem Jodo¬ 
formmullverband bedeckt. Nach der Operation blieb zunächst das Coma 
bestehen, die Krämpfe Hessen jedoch an Intensität nach und gingen eine 
Viertelstunde später in Tremor über, welcher nach einer Stunde gänzlich 
schwand. Gleichzeitig sank die Pulsfrequenz von 160 auf 96 Schläge, 
ebenso wurde die anfangs noch stertoröse Athmung ruhiger, während die 
zunächst verengerten Pupillen eine mittlere Weite annäbmen. Mit Ab¬ 
nahme der stürmischen Erscheinungen fiel das Kind in ruhigen Schlaf, 
aus dem es am nächsten Tage frisch und munter erwachte; ausser einer 
erst nach mehreren Tagen allmählich schwindenden unbedeutenden Muskel¬ 
schwäche im rechten Arm, waren keinerlei Lähmungs- oder Heizungs- 
erscheinungen vorhanden. Der Wundverlauf war ein völlig fieberfreier, 
die Heilung erfolgte glatt unter einem Verband in 14 Tagen. 

Auch später haben sich Störungen von seiten des Gehirns, speciell 
Krämpfe oder dergleichen nicht eingestellt. Es sind jetzt l l /a Jahr seit 
dem Unfall verstrichen; in dieser 
Zeit hat sich der Knochendefect all¬ 
mählich verkleinert, und zwar durch 
Knochenneubildung vom Rande des De- 
fectes her; während ich früher an der 
Trepanationsstelle noch deutlich die Ge¬ 
hirnpulsationen fühlen konnte, war mir 
dies bei den im letzten Vierteljahr un¬ 
gestillten Untersuchungen nicht mehr 
mögUch. Die einzigen Residuen der 
schweren Verletzung sind Klagen über 
ab und zu auftretende Kopfschmerzen, 
welche jedoch nicht auf bestimmte Theile 
des Schädels localisirt werden; die Hand¬ 
schrift der kleinen Patientin zeigt hin 
und wieder einige zitterige Striche, was 
möglicherweise auf eine mangelhafte 
Muskelthätigkeit zurückzuführen ist. Bei 
Bestimmung mit dem Köhler’schen 
Craniometer entspricht der Ort der Ver¬ 
letzung dem unteren Abschnitt der linken Centralfurche. 

Herr v. Bardeleben: Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass 
wir damals, als die Kranke bald nach der Operation vorgestellt werden 
sollte und nicht vorgestellt wurde, weil sie gerade an diesem Abend zu 
fiebern anfing, fürchteten, es würden noch übele Zufälle folgen. Das Fieber 
rührte aber nicht von Meningitis her, sondern von einer Angina, die be¬ 
kanntlich in der Charite nicht ganz selten auftritt. 

c) Ausgedehnte Ablösung der Haut durch Ueberfahren. Der 
kleine 11jährige Patient ist ein Beispiel dafür, dass sich die in grosser 
Ausdehnung von der Fnscie eines Gliedes abgerissene Haut wieder an- 
legen kann und dass deshalb namentlich bei Kindern abwartend verfahren 
werden muss. Der Patient war am 26. Juni d. J. von einem Pferdebahn- 
wajgen überfahren und wurde unmittelbar danach auf die chirurgische 
Künde der Charite gebracht. Ausser einer unbedeutenden Weichtheil- 
wunde an der Stirn fand sich am linken Arm eine enorme Hautablösung. 
Die Haut war hier in Gestalt eines zungenförmigen Lappens von der 
bascie getrennt, so dass mehr als die untere Hälfte des Oberarms und 



die oberen zwei Drittel des Vorderarms bis auf einen 2—3 cm breiten, 
an der Beugeseite stehen gebHebenen Streifen von Haut entblösst waren! 
Der Lappen selbst war an seiner Basis dicht, oberhalb des Handgelenks 
zusammengefaltet. Nach Entfaltung wurde dieser Lappen wiederum in 
seine richtige Lage gebracht und durch Nähte fixirt. Die Spitze des 
Lappens musste in einer Breite von circa 2 cm abgetragen werden, dafür 
wurde die Haut des Oberarms durch seitfiche Schnitte mobü gemacht, 
nach unten verzogen und mit dem Lappen vernäht. Der grösste Theil 
des Lappens heilte an, nur an der Streckseite des Ellbogengelenkes musste 
am 17. October d. J. durch Transplantationen nach Thierseh ein etwa 
8 cm langer, 2—3 cm breiter, hufeisenförmiger, nekrotisch gewordener 
Theil gedeckt worden. Leider ist hier ein transplantirtes Hautstückchen 
nicht angewachsen und besteht hier daher noch ein zehnpfennigstück- 
grosser Defect. Eine abermalige Transplantation ist von Seiten der Eltern 
abgelehnt, wahrscheinlich deshalb, weil der Knabe eine zweite Narkose 
fürchtet; die für die erste Transplantation gewählte Aethernarkose hat 
nämHch bei dem kleinen Patienten sehr unangenehme Eindrücke hinter- 
lassen, besonders unangenehm war ihm der Beginn der Narkose, welche 
nach der asphyktischen Methode eingeleitet und durch geführt wurde; noch 
heute ist Patient sehr empfindlich gegen den Geruch des Aethers, wenn 
derselbe bei ihm zur Wundreinigung benutzt wird. 

Die Bewegungen des Armes sind nicht beeinträchtigt, es gelingt so¬ 
wohl die völlige Streckung wie Beugung, ebenso sind Pro- und Supination 
nicht beschränk Durch narbige Retractionen haben sich die ursprüng¬ 
lichen Grenzen des Lappens sehr erheblich verschoben, namentlich hat 
die Haut des Oberarmes eine starke Verschiebung nach unten erfahren. 
Die gut markirte Hautbrücke, welche bei der V erletzung in der Ellbogen¬ 
beuge stehen gebUeben war, liegt jetzt an der Grenze des oberen und 
mittleren Drittels des Vorderarms. 


3. Herr A. Köhler: Kranken Vorstellung. Zwei Fülle von wider¬ 
natürlichem After, bei denen die radicale Methode (Ablösen, Anfrischen, 
Vernähen und Versenken der Darmschlingen) aussichtslos sein würde. 

Fall 1. 19 Jahre altes Mädchen, im Februar 1892 aufgenommen, und 
zwar wegen diagnostischer Schwierigkeiten erst zwei Tage nach der Einliefe- 
rung in’s Krankenhaus der chirurgischen Klinik überwiesen. Hier sofort 
Laparatomie (Geh. Rath v. Bardeleben): Diffuse, jauchige Perito¬ 
nitis, Gangrän einer 25 cm langen Dünndarmschlinge, welche durch einen 
federkieldicken Strang abgeschnürt war. Der Strang wurde durchschnitten, 
die Darmschlinge durch untergelegte Jodoformmullbäusche aussen fixirt 
— Die Kranke war Monate lang in Lebensgefahr, erholte sich dann und 
befindet sich jetzt in sehr gutem Kräfte zustande. — Die brandige Durm- 
schlinge stiess sich ab; das zuführende Stück ragte aus dem oberen Theil 
der grossen Wunde (Nabel-Symphyse) hervor, das abführende fetück war 
nicht zu entdecken und bUeb verschwunden, während sich die übnge 
Wunde mit Granulationen bedeckte. Erst nach 3 A Jahren fand sich im 
unteren Wundwinkel eine haarfeine Oeffhung, welche, allmählich erweitert, 
jetzt fingerstark und dem oberen zuführenden Stück ganz nahe gerückt 

ist. Früher alle fünf, sechs Wochen, jetzt schon alle fünf, sechs läge 

einmal Stuhlgang per anum. — In diesem Falle ist die radicale Upero* 
tionsmethode der voraufgegangenen Peritonitis wegen nicht möglich, 
ausserdem, haben wir allerdings die gegründete Hoffnung, dass es gelingt, 
durch allmähliche Beseitigung des Sporns mit kleinen Klammern neu g 


herbeizuführen. . . , A 

Fall 2. 23 Jahre altes Mädchen, vor 2 1 /« Jahren eingehefert, nacMem 
wegen eines grossen Beckenabscesses (Parametritis) verschiedene n 
sionen gemacht waren, von denen sich eine allmählich in einen yoüs 
digen Anus praeternaturalis verwandelte. Bei dem Aussehen der Kranx 
und der Beschaffenheit der Wunden, sowie des Inhaltes der im wei 
Verlaufe noch geöffneten Schwellungen wurde eine Zeit lang angenomm» 
es handle sich um ein zerfallenes Sarkom. — Nach 1 ,* Jahren P* 
sich keine neuen Heerde mehr, die Wunden vernarbten bis auf ü 
praeternaturalis in der linken Leiste und eine über der Symphyse 
liehe, nachweisHch mit Darm und Uterus in Verbindung stehen * 
Der Anus praetematuraHs steht nun mit vier Canälen m '®. r . jg’ 

zwei gehören zu einer an der Oeflhung zusammenliegenden bcnnng . 
dritte entspricht dem zuführenden, der vierte dem abführenden • 

Im letzteren befanden sich zwei starke Verengerungen, deren B ug 
erst seit einem viertel Jahr gelungen ist. Auch hier wurae _ . 

Dupuytren’sche Klammer nicht vertragen. Die Kranke ra# J 
daumendicke, lange Gummiröhren im zu- und abführenden 0 » 

diese künstlichen Darmrohre erfolgt regelmässig Stuhlgang per * 
dem Anus praeternaturalis entleert sich nur wenig. . hnffimMS- 

Auch bei dieser Kranken, welche, wie die erste, m fas ^ 

losem Zustande eingeliefert, Monate lang sich vor Schwäch 
wegen konnte, ist eine solche Besserung erreicht, dass sie J 
und blühend aussieht. Wer die Schwierigkeiten kennt, welc . zu 

Kranke der Art bei Kräften zu erhalten und Bie z. B. y°r F . ffen der 
bewahren, der wird an den beiden Mädchen die schreckliche 5 eu tlich 
— CharitdVerpflegung und der Nachlässigkeit des Wftrterperso 
erkennen. , . hin* 0 * 

Herr v. Bardeleben: Ich erlaube mir noch ein ha j. e Sie 

zufügen, da ich die letzterwähnte Patientin damals openr ^ n fang 
wurde nach Schluss der klinischen Stunde gebracht, gera ge¬ 
meiner Vorlesung über Chirurgie. Ich habe damals meinen tagelang 

tulirt, dass sie den Fall zu sehen bekamen, und hierweise noch, 
immer wieder berichten müssen: die Kranke lebt merkwür g i e ben 
Es hat niemand daran gedacht, dass sie den anderen g niaQ fn r 
könnte. — Der Fall wäre einer der günstigsten gewesen, wärc; 

Operation eines Ileus haben kann, wenn er etwas früher g ^ jjies 
denn sowie der Strang durchschnitten war, der ganz vorn , nie j Bein 
gehoben, war keine Spur von Einklemmung da. len ^ j] e ns zll 
ganzen Leben nur ein einziges mal einen so günstigen r 


Digitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 




i). April. 


vnwHiNs ui:u A(,r kj: HrurscfiKK- ummsmcmx wocmmmm; 


<‘|;i<uif'ri ge)mh } ‘ m.h .'khi ■ I , .t. 4 | # | Wrtmiö 

«!• I J.1U,,U!glf5 ^ t!iMi«! . s.. Ml .,..| t }..n n , 

r ? y ^ '»tttk^hds vnr du; aal?« 4, bi , 

T h -;‘ L : ' as -‘ i! “ h «■ •: ...- .: lih : 

:’:T. r 01 mL “ ;uvi n,!, ‘ <ij * -^te ‘•mwn. .h, n JU irm 

und dm Km,ftj,«-mittev.,., \ H hbi 

)l /' /..»■■ f >Ttuphv^ ofl^li gelnssHi.- <S>o K.l •.mlM.jfodig m‘iun»tHiiwf,..;!i 

ff \Vd nu„ Ui' 1 r n.‘ J >t« Vi.Vc jl > i^. >o te-te 

Y'' ; V't: t*l das <KI um- .wdi <-ij, iviii[]>;«--!. ...tbr-cb iids,-} 

;‘ ü r- ,? I !,i, ' stn,, ; m f u :' nv^»*».*. Hm .iKou.r 

xvurvu dmlh voy., ; fi)h rj . w .-i! -,fo ,u itete I^ 

u f f *~ } ; A 1 ’ 1 ] 1 ’ »jteft AVkfd# SK- .tüfordin£s • inidi-i: U<fnnrr«• ab**, «m-. 

H»4|>tgrmui m der. dass s»t» mi> *«» sehr uv.heu*,. Si». isr 
; lr \ U ’ rvl), ‘ r Ji,ls ’^'roni -f.fu'u m; d Pi hr Jum i*i..»n und ,* t A 

Ud, ‘ Vv ™ mlcir- dr»te« nn lUv Bnü kommt. i, f h,,,. 

lÖß ü { ß KWai a&r uikbnr I 

uaiO:. Ua^ r-y UH- Awi.butJUH'Uiu^ ron.-ut'!luu[ j unt. ul.nv 4m.u wnifh. '' 

W'} f.'’ 1 ' er die \-vrbimU< "l.i, • 

vS mt? 6 'Iu.Jj >:u du.bU cjii,' Ji« s.. Mi" '.cj- >n •. Jjj' t • , n 

4er um «, -grösst VorjvFrri und diu m.a v.ild^d,. . 

iim-n .ns^n Iiiusslv Im der vn ;nütisop*ixobun ...b-r 1: . f i^, Ue : 

wbmipfm au AfltaogHftuiw diu Bufiu pvüü kmjJH« dd u, ibu Rmf-blüddr 
Juuclm Avur * *o gut zuiu-ilru if-iunk*. iu-.r YVr^tdvsx 

j«tat. l»b aui .d.^ iinidvi; < kdtiimigun !.»onus, voilskimim-, U , 

uünf. ksi Vf.i'unn.l " ‘ 

. J'ß*™ AUviri-iU Ui IJ«b«p AnweHdöu& «*Ijs»tiHRlior «wH»v \:m ' 

uiusi.^eiic äuj/ jsf. •gt-wtKv -öltej* vür Re^eiui'iin- vnn Oc!ui,k^.v*Huk.-'*i 4 n 
tmd * .mi.rar-kireu- ^hnnim Fcdmui über d««-h iüv mkh- VhW "nd, 1 
y.^umemur w M !uv5,ndt,. Xu *Hn. Mit fkk«üsieiit dn»*..«?f, llmv (>* 

K‘ftut!Q m emöf der testen Nummüfii dus »tniÄU^ ftk CUii'url* i 
t.Nu, dki d ? e ^um u ,rksamkL«ir. der Awv uaf omeu ifeu^;. • 

verbau bei bumn.vuen^duiürefmtrfidurm, lenkt, n.öehk leb eihwu ulusü- I 
scto& der tkU b(d Btdtigkwkjit iw ! 

vnr mau sie ;u«di ntn-und^n Vorbuiuien Iüm f fbmrrbvuk.dtVrn^iik-u Knb** ! 
fiaheib»nhrödifai r bf« mnukir libü. wir.dmhölt i 

tewiUul- Lat, xiud nnn«».-uMudi (Iuau Brncbtimr verdüuji, w.uw; fn-cijir- •)],»-' I 
wi^imguu m Kurkofin nicht wüüf^ig oder "nicht aui-fühiW ^lud, nur 1 
Amwal h«‘Skh( »vü.v einem liußdüliraitigun. Ihm. wvfeltv; mir ,.invr [ 
AcwLitiu i,{ nf't über du SuhnlT» r <hv u-rnmm 

W!|,f V ÜUS f ,^ K ' tv.i‘iuUK> di die d??;- iSvnehntKtr/uiis r;ias>-ilh/b, ,j^ r 

krnnh'»m ocitfi XU tiojren kommt D»m:.fe Sciuisik wir«r di& eine 

«t-ftA i. m Uogcb. o>‘#>-n r-iu- iienkmi Ö^tisißbeij Oums b Ä . 
Migk pss% üROCit^ Eüde. aß üimi?qV brwijea uuf Begedturb Keetridüiißmi 
tixif} venrdo, vwüdivs mitar- -die Fn.^soliJn -idr-ut n.i.i l.i-r 


der Kirfätmg trsg'eti, 

.... . ßra’rtdorr» bbcrrvohejid war der Erlolq dm Zng^r:^ hm biuom 
1 fttieoten, d^i* niue SrifetitHnr .QunrCrMur drn* PaudJu erliktnn Imdie Die 
J-rcctur vhf geh eilt, n-kwüÄm tig war aber auch das Krtic^drnk 
wmdeö und. könnte- mhzi. i?v Nurknsr nicht, m Bzugmiß.. wur-ka 

- ulleVtliQgs amd in Nr.rko^t die B»ni^VöiSm:bo imr erhonend Vuiffbabm- 
luuu worden;- uni die Viereöä^Uöjr dur K'iirtcb«nfrngwi«^ote' niv-bfc zu 8]n : i?i5iron. 
AiyrUdöm dieser PatluDt einige Mkedron den Guft getwen Imue. Icundk* 
er ; 4»| Bein im Knie h» zn «iumn WinkeJ vor OO 5 beugen. 

. mijfaptäfripfcf$ß:. |ÄÄ : U» einiw 'KTHnke«:' feäßriirer 

N-dilUrbtor, weidivr am 2 V 2. Ortobrr kS^.1 düreli ’- 
Mnskekitg infolge Falle? auf imIUTp '1‘Piippt- einen 
PübeütAtirn C|ifofkiri,«?|r d«r liuk-en Kninseliefoe 
erlitten batk-.j zituftühst nadU Pundipu 

dunkulrotber Fidssigkwit) atti der 

Nt atuüft'Kehe.u Bcbicae mit Heftijilasteri^^tiidC!', 

vom I. NdTefobiar äti mit Gbbv^fbFnd^is (ge~ 
iewskrter Gypsvei’biuid» $pÄter übnebm^jj’cr g^;- 
fenstbrtep G^bleimvrfhmd nud I{fe^fla?Ur- 
to>it|idöl und erit dema De-, 

ernster den elastist)i$ii Giirt trögt %nier ddsspu 
Gebraut das anfangs stedfo Knie .itn;-/.! srlibn 
ptaeb 7 Tognii) eine Bewegricbtedi ' pm cn. iO 
b.te I5 tf bekoMimen hat. 

Vorstellung idnea Hiitleben KranktSi), der 
oteniaHs iiiit dem eLvstibahon Zug kobandolf 
jßiirigrr Koch nrlifi aiö •*$>, September 
d. J. einen Q.iierbrneb dee reebku 
kels diebt oberhalb -der Mitten dfc Factor 
teilte ohne YVsrkürzung .nntbr -■" %&.*{} Geb- 
'/vr!>:m«lijd in 5 Woelien, die mbrnkbivibendo 
.kniegefoitkgstetbgkeit. ist unter Gebfaneh dm 
olahtus^ren Zuges 3öwiiib geboben, das« dm- 
bJUngolcmk .jeut fo*i Ms zum vv^hk.D Win kfd 
gebeugt werden kann. 

rr.^ ^vigöpiwrat kann- von .Uv DdHort, 
üoflieteraJit, Berlin . Franicftsissrivä prasse r>;i - 
bezogen werden,) w _ -r- : 

bi rsrnionsfriitioii eines Kmriken. hol welntete Uit- rw«’iä‘A ; ii&htf&tiii 

l*«tdllii: i sntesitanrr B}»1!tUdbruebf naeli Brfrtfdirng, dos Cidt 



j. te»te dureb Lüitgsmcifuoö durch zwm.Bilbunatik wieder -vereinigt wurde 
; Der 5Sjühn.gi Scbujunaeber böt -d^i: tesStdelnMte Briitdi dunb FMr 
j da* Kmü mo-28. Uri-ober IBfllV cDÜinu »nd tdjuwl. h»t um u ]<omu^v 
I 5 «Fdkirmgist-l,,.« Mmik der Glmrite Dorr Gblmimraüi von liKrd, mM 
l -telmtf. Nähr ni« bd«:..mi t . fl iY.ge -.bts Kbiegvli-nk durch Lin^.foMii. 

• fliO iiikim !:d in. .Seidig, g ihmrw Bffb'bu xeihtwiheu: Ausriiimiunu'nikrf 
f-M • ? m . .Kiiui;h«difragR»!i«l. liegt;. JinlfofmÄ 

Klemem', jmf* 3nsf*>mik den Weichtbp.ib-rt 75WM«muielduingetvdm BnGtiföF- \~üi - 

! «im.U'h; «bl Fieun-.M' dui. h yauu mlhMdidu« V..!,: d< i / M i.„ 

; teipMo vuil IvAigut. Vo/uinigtmg der Hm.'Avnf.cbi durrh furidmiciide K,u 
^utn.iht (Gitfomahhi dodotfinqbiuü, Mwits|iamu :< W-ans-oit.’Ddib! B&'ue; 

, 'ii.-tMr Hill'i'jü, !)(•. Ult |«UM- I'I t 1 d,o (du t !■ Ij.l.i M \YuH<i 

a Dcrembei rbdient mit *et9M Qn^wwthud 
i ’öripfi). ilee nis Mmuimdinre Kabsv! tfo^r ft-u web mm :t Schutz 
y-rff-md gelegt v>u.]; ündi-bo Magsnge der AiiiMi.tn navl» F.idfr.rmtn^ dm 

; Be m ?* rk t. u u. Di»:s*T K »v.nkv Di »nn 23. Dt.rr.inhm; miteiner DvMgiuigs, 

iftllfgkuil ik-ri Kubrs v**n xmidu^hu; -dir Kapsel hrabrhfr m dm 
j AgtUä vor der Fid.hii!».y.uT)jt tubhf. .-ttfobi’••&'i»in.*ie.gt zu werden, 

llptr ton Bard«iPlktt, ich !«Mk & für meine Püirht, dtegewöbn- 
Imbmi Mi der Klinik Mm- Nul.i Kdumdgfo zu ^ weil 

Hd nur -B»gt vh;s>- um .\ni it| dm gmvohnlicJum Ib-uziK. >whw r -rlidi dir 
e.mratmr. itr -rin»: .* kow, -u-~ n Stet? imr gulnn fChfolg«- - hoi elfter 
Frac.iftr d&sGeiuöli ouDniTm-idm), nuswit^dicse fotSQitetSi heil. 
tiu->|ii}b^t .ni;4 4Hilft ftiikoh wird- Warm i-.- keine gute unri 

Kuhm ^vmuhumi »n dt»J? Hamliudmug iDr asf[U.is T -!ian Alrtbndc 

lud. kann ihm ihm. soki seUF < tekomurcu. 

-) Dine Glpssprvi/Jtuliu \ni dm KindersUtion des Herrn- 'G<:be,ix,e- 

suib Bardeivb'*n hatio ic)*, luitdre zu Wliundejii, bei dunen ns ausger- 
ordftUtteh gekwDHg- war, ?ib: D'einKeb zu orbaltmi. ln dem mm -ifnli« 
hmnlelh- es ginli um nn 7,ftcij/ibriges Mädebeü. wejollus an bidiitueUeu; 
i^ppacluLi.cjiei" Omudluge: tn-mbumlrn KuoebenbrOelle« beidor Fenint 
und Hmnmmsi-S.idtr litt., m dem- anderbu um oiimn viorjähriireft Kimhüm 
der mumi mmr Sjxmdvliiis d.o Brugtwirbelsiiulo ein*- Coxitis' tu bereu lo*a 
batDft Beide Kimimr Itedwsn ürin ond Btubl unter uud meldeten 
: da jede Be.rfUj.mng ihres K*irii*T» mii>^* r ord» mi t.1 it• h •sMiino/zhaft 

Wiir. bür beide Kinder kalie iglv seiner ZfdU GhiS»p.ä^lntbm lUlgAfi-rfigt 
welche ßftMir. Ib-ekcu. Kampi ftiid Kopf «mßutblu/n. IbcAftfofitguW ^e- 
srdiAjj Und) der von .Loi-unz für Gi.i»gb»,*fieft ' migviruhrupir .iVlethodö. 
'Lugrciuig-.dr-s Kindes mii' UiitvrgoM-hobom* Kisron mir dun Uijr-k<-M mudi 
obvft. Fixtmng in db\Srr Kftge dtyxdj zwei ;UsiÄUij)t,»;ß, von dmfen (iur 
eipo Uuu Kopf de« Kbtdt% der andere die- Fösse -bei gt^prerzter 
der Ib*m<- fostbidt. Fhimi (-.img dt'»* kl mit; d.rö Köpfjuwin? wordc«.-durch 'eiao 
MifrR gtechUtÄte Abftdkifijg xnü • Gt}ifiltiiute.ii.;'.'V’^ivt-i^Ü'Üiixnsr pf?det.einzglBftö- 
nb dor trn Damk damit -üb dir Gipsbinde d.m Crft- 

fnureA' gumu nntttgt, Vc^ikskuug' »irr 
«ditfaclnm Gipsbindenlagv- d’ircb Olpsbru'.. 

‘ dor bfeSundHi’s in ter 
Gltr’ /link fUilgetrngrn vG-rdoti muss, A'ig 
uabtou narb Krsf-an’ung, Ouschurufon der - 
liruufer.) l T m der D : >*k- mc-ht Hidtiyu-* 
kFif. Zu geWut, wurdui dieb Baadiy’aßi* kuf . 
ihrer IfiVk'rimjc (nftg.^npgi. <h& dmr der 
LcUlUf; lotuh Amt ö/’ Kopf akd Rumpf bis suru 
Iiorktm,- diu btddr.ft nndmA;« .Uift.ur dir 
Belüft; yttdlkdi Wurde dr.r Rinui niit, lütrtif 
Gipsbmdo ejjigdtisst und .die lufte-i- 
fl flöhe mit lUtanrfti Gipsten) auggrsinrhun 
(kölirtk Bei ik-r Ainmteuug - wird-.-dio 
mteö lüif- ditrmür Watl^bilcid, hu- 
drrktfl 1 .adu> set .auf "JösaoM enköb k yi* . 
lagmde dftss d/dtuftibir gOlli# frei 
bleibt i,. in diosru fi.'.tdrtuuu wird r.m 

Kitr-rb.uckea gcsiuzt, whbdSjk FjU/te «jsd 
Fhu rtofnrmmt. Dir Km der haben mcfi 
io d/fseb Gado» tibhi' wiibl bte'itndou. 
das rinn hat Ober y.ict, das .airutem jjM 
f/Vjdig Mönötö unnoterbrocte'i lif t*riimr 
Lude gMogriL olmu Deoubil«? zu }n i - 
kömruuu. .Z\v»d Modell». 1 kmm ich Ihnen, 
m*. 11,, kirr voi-sfölluu, eine ofrvl) uicbk 
ValiöDrletti l.j.do, mi wekter vür Be* 
foRtigoftg“ ifrr Baudoisen zu ?ohou ist. 
und- tdm» .frnigö Wde. Wfdöhe zura (te- 
hvatich in »lUm'rn Brtir nnfgrstrllt warte- 
Mit gufefti- Krfolgr sind iu Ivimlichrr» 
fe-preiÄbtdoo noch iviiufrr l.rhaudnlf, h.r.i 
widchoß dte IltUtgelrinksresoctirn zur 
Ao-sfohrimg kam. SöMie Lmfon Imtfroi 
eine Vurtiid'ijilg zur .Aufu.-ikmo de*- \ eib...iu«;,.de 

il) Der Glfmlclmyer tmud, Erkiäroüg 4 »*t Vm-stollung 


Ikigr riiii. 



■ ■ 



n uer inunnor Kniusf;ft«m vv ffcftooscftiuii. wn. jsd. »*. i?r*je.m»U)«iii. 

B. [Jerr GJimk faiiäsui/iulh der 'FagrsordomiK-j. M. fi. DW Geb»3im* 
tftth von B o fernen fr hist tüir giitiggt eiu Pr.flpftiAk >vtehes am 

vorgöiigöftoi}' Fi^Uag in du ••hirurgisrb.on Üiiivi-rsiUll-sklimk geWoimon 
wurdo, in dieser Gestdlschaff zu demonstrinm Fter dOjiliirigr Scimoidcr 


Google 




V BJ3W&5)ER DEÜTSCHEN MEmCTKISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


der IVeerss hmfi in vielen 'FnlWi- mW Ih.'Hoijd.mi.« gaiüisdit: mw)^- $ 
s*eiitw mnstoü Focnv M er jethx-h von &äiif 

zu und hMm-j i-i'ti mia-ssai (-■!--• fbn-hdogw i u .i ÄXV ,ir '-„tu.,,. 

Suh^i It ut jon oim-s rodten Erwehtjs rtm-i« wa» jeherLe (L 

webe/ Ein EoMihilum^prneeKS üudet i-luit : wm\u mau mich 

MftOiO'On dieTiihHiiis;:aW dar Nncvön aiiKftilxri, wobei ni«^ ullftiidij! 
SubsljHiiion Knoihoaruhros zur Nevthdrhidion 

ftihn. An): du-e \\ Mm- v. ii:t ju r i erneuCello- der r.E(mslrm?ie Kun«h-1 

wieder 

Fnhy Win ifl» $r<&f& vnghur. betreue, bin Wh von moWrii Brwnrtsiiiegji 

betreff dry KlWoheHnhipUnj tVtr(*n imm-iidte-boU .nb*\y der ArtlimjiJjWjn h-n 
TiUiamilOtmri vollkommen mirnekmEommee. j\»>r Eh glaub,:. ,) a 

1 Vmtar ddd Kremt jäh* JCrn^ciipfyvj** 
Fernem Skuiinu abgevirÄl mnefc 

ange zeigt n^ndut. 

Ick hdbdUe. deswegen djut Wort tnrfuuto. 

*m dem jfhll und in Jyiidiftm§ $>* 

* ' ' ‘ ’ .. i 'er FmEm UM. V'■ 

nicht Wegen %ö»s (h-r TÄÄi-t 

H _ wnm mf& m ini - 

W ' lo-v; war r:«, wrUbn dir Eil« rung Ii { .. J <m L <u . 

So Yinm^^xui gh BOtn nenn dfi** i/ür.^i ^W>-, 

ln^*» Iw fcwmhw Ümju.u Moilmu kann, so muss idnMi 

p|.jj ■ * | fUf 

Aivto ohne 

P kBf% .cWrTfütfC, 

dttdjt snnr und eofn Bein Hörten kWü 
UM und sinti ifear^K 


K\(tvinni Wifef &5ili s^uhm« .«Clinton '• LdJöjÄiUm b»' Wricr llatiuoseii ; 
Enitt* "fawgosii sluietr». !<» J^iv. «SS »AU me trM^ 

aimwomlVibm frwris khhMte *okhb m Mvhs .Wm-hmr ^dien .1 Mru. >uM. 

Jiu AtWÄ JPSK9 wurAn #w f^VhAW A^-iir*.« 4*x ünum hm- 

iälÄ' «m »T.ui v.M^iK.io .,0 3.: O.ni ,.».» s .n*i t^rj v.£.‘*- o-nnltreudom 
fninoi« ui.it .un-.i"e«WhnU»r Fi>ivihijun».*g »n, ü.iuJo H^vvimn üo-ö Imken hmn- 
Jjoloühvf n«ii Ex;dirjmiioii. d-r uot) der Fntollu-. >,?ich «Irr '.iprrMnni 

sviifdo »du ElWnbwn.''<dr'a , iiioCJs|>}:umit.. c»J)g05.ot/t. Hi«sei* - Apparat,- »M 

IM W ocfum softer wunier «ntfortit .-wortlnft Ws auf ejiimi Th'm] äm m u ik<r 
" r ' • ‘ ■ T j5ti„EiMihi*m^vIünW r ^, w+Aehef .so Sfäk jwöü 
Cnnklo* vvn ur tun düf Muvklirthlo iionvuyi'v^to, 
und dm iij^uginirU'» THWi ^nrUrkhllrb. Es sW 
ujioi d,<r «.nd.iou Lunge. döW or _<W 

fiiuho-t V^ruhmdhunm und hnnhl u-^cl if.t^uii sieb nnr-jtvfnisiuj ' 

Im \Y5jdWP 1S0CVO] wuffle o)n* CuV Wü Tujn’rkuHninjj;otifuimi. om- 
wulchr- zwW WtiUttU» hvttg Wrf^^uk wmde. pa.hu wer das 

AUgrAnAhbiiHdjWi; Sts^k ulimn. der t^Lrhi Wagte nfesr hoftige. SWmwJ'zon 
H> dm> Ot^rrrj-rnfh und in dir Brust. «öVfift i)hur Krhrlktit iiltd 
If.-uL^dt Er- h 'iuurigrn; -.vkidio im Wiir d i Ih hui..l‘u,.i.> m n rjvrilvW 
hddri.n. Nut dm ‘ rW-uki ubevKultiM* halle di» PthH'diubMi ,i.i.üu*.v 

. Lirdtl.'S, •l" , 'h WAI von dcu- S{WWviWe uaH. NWoü' der }• 

i (1 ,.ii,, M r ish.hJ nf i>: in« liZtiv/ro'en l'u ;v:xi imi.nn 'h-von 

hWgitehn iir.LftniniioihUt >>ihWerjiitjnl W.trd.'üi »Uid kOuüM' Culiont ■ rn vor- 
jivdiirhe!;! 'Nik'f'iK'-diviWiande mU mm-r EnWutn^hirm pmlosson wn'deif«-- 
}>-}i liubo ihn "uh and zi» wiVdrigOMdkm« n:ui mich. aherzHigf.. ur. 

K,-l;i-f.}l fUld utit ginu, -tvif ml? der i'Cr'ii'bfUiU dm' Führt 

„ .; t:,d. oiüh hj.ii t*;/. 4-.iot FrndWuu;.-; ku mnptwden, Tojyfiöigoi:. 
Zeit ^ui’jbie uüffh der Fatleot unf, 'wnA »du PWLdirnrjg .-tark ä'^uivirfv mdl 
0 r /(l'nvr?Mi 1»** *t»n»L*r- ne-di Inihm i mu dem \ m--. 

Sidiliigi:, sivli in .mfiuv ‘*i p dl-»u.d auim ht..r» ; /n hmi. s« hi*«n rr nm 
■.•i-rstonden. Dur IMWM hat» ;}')dnrjj sm:o*u Enü-rhluy^ -,geiiü<lei*t und sirh 
in die k/mWlkho Klinik ulifnohmon lu.ssen, wosoikst dW holte AiuiniWldtti 
Wikon Tnmrsiihciikolfc mit Fiuwillitjnh.g de*. lha-Wniiui whgun *uf(- 
i;t lif^tcmdof FiL-rung iuibgo führt, wurdn. -JBh& gMvnnju'ni» I J röi»md- 
rfenh, Orr. r'deLUoh Eiter Hnimnlo Vi«.tWigm.ig' in dW n^hurn 
Golunkhidjh tuhri.e. und h-sonder^ der witm Ab^dmitt Ü&Mjnwn 
unf der lii.nji mit Jitngdio« ffrtmnlutiüünii nrihilt w.m Oer lWmvir- 

.-olmtk soMtuS ;r .enge^^t vmr, zeigte etnv i HdifmWmu der Milvk* 

hdlde di-rrr.li sk3oi#h^d1j" Kttorhen onlspiToluind der < jogend d.fl- im t 
Jahre -1ÖS^ erlittenen ?u]inu , oirIvljn>:u Kruelur des OVnii*se.tu'JiKeUvnocb*'uS. ! 
her untere Absrlmit.ihtku- umputitlun rfmuU'di^physp ist. von verliisHmss- | 
mn-vtd^ wedulu n. weifesdiohfu, KnrbeumAsso.n drliruk Im IlereidjiL*. dieses 
AirWitiiSl hftmd mrh diW bei Enllernhjicr A»s ElhrMihnnrurtiti^ äMrftßte* 


Keinut'UütrkhoWc sic eitern 
orwltien-. diVss. er ru dem 
iibfO'g'iigt' wmAen iHUsstk; 
hier.noch, h^hüiht, dass 
SpiW-i 


MKiufdn der Prmodk^rpCiVib^rhpj 
tutm gewW^u 

fdiu mn deiiuirivicv UfthWl 
Herr v, HcfWrto >*aiv 
.weil }k>eh d^. wat» ich .gh'Vhv , 

Unudit zu hüben. Ah i‘fwu^ ;Utdef(m Siddlhsrn fdhri 
gtv--.1t 'fn "Vi.it! mir nmphlhl. WiHlhSlt', 

— mit ddÄuf 'Wiir niidik ..üingut.nilnH *. t-tüifhnji wegen d( 

.epLttWt-i» im Kmrhh'» 
mduriikdu E. W 
Elj^iWfh^ilibk __I 

-chwtS LifiJon Wb OV h^sö-it-hm-en v u3dm oben 

tibi? gfdlhber hdi: Iiruit l’ulbgr ?HnWk dW Th^< 

Einbimeumg. s»>tn'»>k EHmd-niimppKtrsiMS änegWübit, ;40 

w;U(i’Ht iu lniu n mh AnW-ijsr gE 
jer hiU.tu auf die plm.ula>'tis;:.lie SobsnUttioil Vel7ie 
lAltttge kuhdmrm: Attkyldso btEoirumm En hu dhst^ 'sthh bo V 
dh im Ivnodien stdien, gewirkt wir- nin nekroUrebt^ khiüuwid. h U 
uussc-rdnin immer .auf diu Tibia unken gedrückt, uml grvtt'V'U JW Jr-- 
wegen md' dtm vbrmnltgefj Lageiliicbo der Tihh ein erosrpr Eerh mwl 
»me tiefe nicht tunhi.rh (‘aniw Iit. dinrai! bd-zteto mii , mrut wktn 
Füll, den ich auf iVnh*n Aoigtc. Wo - wegen Wne.c Fmchir rifm« tegu-iih 
knm-bHm Hht Olnok arndj ome rfdclir Einfüguag Wnu*' cn'n^t-ti £lkur 
bftnwp»« M" gf-iiun-ht bnile. Ein kl« mm- Elfer.bt-in/.aphm wni-e timvhs,n«?;-h- 
w;u n«.-.ui »ntf ibeitsi-’ h ullmiihlirh »dimiuirt. oder, wmin nnn wiü. hi.vli 
KtiM-hotij.tmbJdhig «mMmiirt wdnlnn. oder änuoind hu KimeWn Leg;* 


{Vh: ; :i, Wie im Fieber gestrlifvn Evper./mml HrJt Bidder A>& hof* 
hW lu st.rlvhn'i Fullen hldW sich, wie If oWftltin« zwi»<F nqjrt' 
Jen Ffomdhinnir 'IVhi »mmpnriH,. so dass man da rühre stieiirn kftnk. 
diu Tobt »trUit»h*dn oder <l(jf Elfenbuinsfcilt AW Kjiw)jau ziiijr,ij)hu}f4 

E ? fasere ^Hirke Imu.iuznbringon, buhe Ich über deswegen ft tf :g<»fiikd 
\VAÜ sh Itiebf MV UfOknpSelt Wri'dMc jd h*»i d<*n f.HuckEchrn Apjwn 
Aire-kl arth WbuhthrdWn ruhen jjdpf in ynirlgn ^»gckuii. I>.» möthii 
Ht-u.-k und Fri<utafmit, u«fl dir Wirkung hmhr F-t » l iu Eetmhvfirpmc^ 
tk'Irl.-trrc zriMdreiohr. der nicht ebi-r ruW, W> *us dir Elkiibwiitw» 

r.nihnd Mnik O'djPf 4 ^- Bciu mll ihnen, fbw und lüchh* aftflo»* ll 

das Prsijwr.d leb biüe nun e-s sirn Luaihmkeit, es 
T> >Im-r Hefhöld’, »J Ein Full Von 

tÄAiriVHiJs« 

P......, 

ktiAbtidrdhkEnii^idüih 

ausorsiorsen vkyt'A^/ Xu Agn ,kv 
kttn«nimg- tloF'.gaikiou krdh!iorm»u ; i 

iidi Hmüjv. hier vorlugKn mdchte. 

*■ •• • .'itt-vtiiV-'.^ r.vq.p*' •« ;u>A.h'j*' 


Dfw itnA:itiÄ ... ..... 
jpHcbk .tiieli tdö»? -7t»h : -' 

, _ _ ___^ ^ __ . 

r , v :J:ki. S. II.' Scho» viclhck Find Fn-Ue von .’iniu»r ^rg»:-r * 
irunir.rO C).l>t ; voWlifetv!liebt WordftVVR 'denen liicii? einzelne nicjb J*> 
ihoilr. ktidcheroe.Labyrinth üls boßue?W 

dllyocvbu l^rUhii votf Neero»e uu« M** 
l.abj T nidhs gehbrt nuu diis PrufiiiruhW' 


cswäk 

\jtoc thiJtA*» 1 - 




VijpjFb’ho V^rgi'ibsfrftFrtng Aw» Fj^jiariM-s. ^ 

iührimm m iCnotlmuini.evkulo.se b-idembm Pntieutih «nlebe *¥^1^ 

1WÜ W diu dinnÄc-lm KÄr^mthn -der Gburde von der a wn 
A wurde, tu. Juni iSiH bildete sieh imi ihr em Ah< ^ lHU 
WM kdir. dieser wurde geolfimt und auHsrWmü wurden ‘ ‘‘ ' ■ ;iU . 

SjAjlntf den Warzeubdiiacteue mü dom MiNissd] oßt%?>K • ü . n jt« 

ei otUeuin wurde nit-ju mmtinei,. Im Oktober 1892 \vurdo 
.links ein llinil. Am-3iW*rKai;^^öf^^d d«{ip^itr’. ande 
In der ZwiHidi/tdizeit waren Oporatiönmt we^»o Knoubop*ab^i« 

Ihvternmi vuimenomojcit. Im April 1HPJ f uti. eim a 

ein und im November 189!i.togte ich. wegen limhmermlen jvu u -‘j ,'^j,, (|1 ,;- 

aus dam littkaü Oiir .dA*l .dw hiarar O]« 1 gjdegeixep & 

Uivds die int Warzen turtsaiz vorhartdene Hhltto bred ii«^ 1 vaf'di 
ihr ohne grösst- Mutte das m ert-tErbe bibnlaane iad'.yriutt nr » j ^ 
Eherung im ünK-ivn Ohr hidte orn ili» tgjiiWdriinr. VWW 




5. A pril. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


7 


gewiesen. Gehirnerscheinungen oder Gleichgewichtsstörungen waren hei 
3er während ihrer gmzen ftrankheit im Saale wSSStoKWmS 
niemals bemerkt worden. Die Ohreitenma- y „a * JVieiI l ei1 
Sequesters drei Jahre lanf al ?tr ^Ete^LoblehTet-'“^ 
schemheh ist jedoch, dass sie schon länger bestand. Eine acute Infections 
krankheit wurde nicht beobachtet, es muss daher zweifelhaft ble ben oh 
St S ° 1C S he M° dCr , 61D q Knochentub erkulose die Ursache der Krankheit 
^nin,i S t A em n der S . e ? l J ester aus dera Ohr entfernt ist, wird von übel- 
ad ^m -Aüsfluss mchts mehi- bemerkt, die hinter dem Ohr befindliche 
Sd W 1 w h - 6 deS W^enfortsatzes ist mit guten Granulationen gefüllt 
und hat Neigung, sich zu verkleinern. - Der Sequester, der durch die 

besfeht^aus 61 den^^knl ^ er ff rö s seruil & darstellende Skizze erklärt wird! 
»in?p«f«nc u \ S kaö <i h ernen Bogengängen, dem Vestibulum und der 
untersten Schneckenwindung. Zu sehen ist das Foramen ovale und das 

feT^e m nmde ÄS letz . tere , hat du £ h eine kleine Knochensplitterung 
wandt^ P 1 B t*? Dl ° der Schneckenwindung zuge- 

faformL Ä Flfich e d es Vestibulums, welche dem Meatus auditonus 

KhW dAÄ g ^ en ? be f’ he ^ n würde sein blindsackartiges Ende 
bildet, sieht man durch emo Knochenleiste in normaler Weise b in zwei 

ln d ®j 5 ber £ n ist ** nacI> Torn gelegene Oeffnung für 
! J a ° pia t und Zygeng zur Macula cribrosa superior, in der 
ündnferim T? *1 ^»rmigen.Locher für die Macula cribrosa media 

Windhund der"ÄoÄ SÄ* 6 " nd dri “ e SchnCtk ™‘ 

sehri^v E J;Ä"wÄr* (DCT " drd " die8OT W0Chen ' 

Sonnenburg berichtet über einen Todesfall durch Aether. 
(Veröffentlicht in dieser Wochenschrift 1894, No. 4.) Der Patient war 
hIi E Ä Ung gestorben: der Leichenbefund der Lungen entsprach den 
bei Erstickung auch sonst beobachteten Erscheinungen. Es war wohl 
Lähm . un g des Athmungscentrums durch Aether eingetreten, 
d J Ä“ n0Ch - ®rbrochene Massen aspirirt wurden, ändert deswegen 
nic ^i s, 1 da die Section erwies, dass nur sehr winzige 
rartikelchen m den mittelgrossen Bronchien sich befanden. Eigentümlich 
J ar J? nd er ^. är \ lcb aas de {? Zustande der Lungen die Starrwandigkeit 
des Thorax, die keine künstliche Respiration zuliess. 

, 8 - S? f rr s . A -. K v öhl | x r / . Zor Bromäthylnarkose. In derselben unheim¬ 
lichen, blitzähnlichen Weise, wie bei den gefürchteten Chloroformtodes- 
fällen ganz un Beginn der Betäubung trat in dem vorliegenden Falle bei 
einer 21 Jahre alten Frau der Tod in der Bromäthylnarkose ein in weniger 
als einer Minute nach Einleitung derselben. Es war bei uns die 150. Be- 
täubung nut Bromäthyl allein; sie wurde in derselben vorsichtigen Weise 
mit Vorbereitung der Kranken. Vorhalten der mit wenigen Tropfen ange¬ 
feuchteten Maske l / 9 Minute lang, dann erst Aufgiessen des Restes der 
mi ganzen 15 ccm haltenden Flasche eingeleitet. Nach '/ 3 Minute trat 
Erschlaffung em; zu gleicher Zeit hörte das Herz auf zu schlagen, wäh¬ 
rend die Athmung noch längere Zeit, zuerst regelmässig, dann langsamer, 
zuletzt schnappend, weiterging. Kehlkopf und Luftröhre waren vollkommen 
freu. Die Phrenici reagirten durch deutliche Zwerchfellbewegungen noch 
ca. vier Minuten, dann nicht mehr. So lange die Wiederbelebungsver- 
suche — Aetherinjection, Infusion von 1500 ccm Kochsalzlösung in die 
rechte Vena med. basil., daneben andauernd die sogenannte Herzmassage 
— gemacht wurden, blieben die Pupillen eng. Als nach einer Stunde 
damit aufgehört wurde, waren die Pupillen sofort weit, und ebenso schnell 
trat deutliche Cyanose ein. Nach dieser Erfahrung und nach der Zu¬ 
sammenstellung von Reich istj das Bromäthyl ebenso gefährlich, wie an¬ 
dere Anästhetica, was umsomehr in’s Gewicht fällt, als es ja nur bei ganz 
kurz dauernden kleineren Eingriffen Verwendung finden kann. (S. Cen¬ 
tralblatt f. Chir. 1894, No. 2.) 

Schlesische Gesellschaft für Vaterländische 
Cultur in Breslau. 


Medicintache Section. 

Sitzung am 8. December 1898. 

1. Herr Käst demonstrirt a) einen Fall von chronischer 
ankylosirender Spondylitis, der noch besonders dadurch be¬ 
merkenswerte ist, dass er ein jugendliches, 27 Jahre altes Indi¬ 
viduum betrifft. Es besteht eine totale Ankylose in sämmtlichen 
Gelenken der ganzen Wirbelsäule mit Ausnahme der Gelenke 
zwischen Atlas und Occiput und Atlas und Epistropheus, in denen, 
doch ebenfalls in sehr beschränktem Maasse, noch Beweglichkeit 
vorhanden ist. An den übrigen Organen, besonders Gelenken, 
finden sich keine Veränderungen, auch nicht am Nervensystem. 
Aetiologisch wird in diesem Falle, ähnlich wie in analogen, eine 
intensive Erkältung angeschuldigt. Der Patient wurde vor zwei 
Jahren von einem Gewitterregen durchnässt, bekam gleich am 
folgenden Tage heftige Schmerzen im Rücken, die lange bestehen 
blieben, und im Laufe weniger Monate entwickelte sich dann all¬ 
mählich der jetzige Zustand. Der Fall schliesst sich an ähnliche, 
meist bei älteren Individuen als Spondylitis deformans beschriebene 
Affectionen an. 

b ) Einen Fall von Poliomyelitis anterior chronica. Die jetzt 
35 Jahre alte Frau bemerkte zuerst im Alter von 13 Jahren, dass 
sie „lahm ging“. Diese Lähmung, nahm mit der Zeit zu, ohne 
dass Schmerzen dabei auftraten. Vor ungefähr zehn bis zwölf 
Jahren stellte sich dann auch an Armen und Händen eine ganz 
langsam fortschreitende Schwäche und schliesslich Lähmung ein. 


Seit mehreren Jahren ist der Zustand dieser Lähmungen an den 
oberen und unteren Extremitäten stationär geblieben. Es handelt 
sich jetzt um eine typische spinale atrophische Lähmung an beiden 
Beinen und Armen. Die Muskulatur an den Füssen und Unter¬ 
schenkeln ist, besonders links, hochgradig atrophisch, active Be¬ 
wegungen im Fussgelenk und den Zehen sind völlig unmöglich 
Die Patientin kann gehen, doch nicht den Fuss vom Boden ab¬ 
wickeln, sie gebraucht Fuss und Unterschenkel nur als Stütze. An 
den oberen Extremitäten besteht ebenfalls ausgesprochene Atrophie 
im Bereich der Muskulatur an den Vorderarmen — hier besonders 
die Extensoren betreffend — und an den Händen, deren Finger in 
Krallen Stellung stehen, mit entsprechender Lähmung. Elektrisch 
findet sich an den unteren Extremitäten complete, an den oberen 
Mittelform der Entartungsreaction. Im übrigen finden sich normale 
Verhältnisse. Blase und Mastdarm sind intact. Sensibilitäts¬ 
störungen fehlen. 

2. Herr P. Stolper demonstrirt a) einen Magen mit steno- 
sirendem Carcinoma oardiae, an welchem auf der Abtheilung des 
Sanitätsrath Riegner mit sehr gutem Erfolge vor 4*/2 Monaten 
die Gastrostomie nach. Witzei gemacht worden ist. 

b) Eine Uterusmissbildung infolge mangelhafter Verschmelzung 
der zusammengewachsenen Müller’schen Gänge, einen Uterus 
subseptus von einer 80jährigen Frau, die mehrmals geboren hat. 
Das Septum, welches am inneren Muttermunde beginnt, wird gegen 
den Fundus hin breiter und theilt den Körper in zwei räumlich 
ziemlich gleiche Höhlen, von denen nur die eine, die rechte, eine 
leichte hämorrhagische Endometritis zeigt. Die Passage von dieser 
zur Cervixhöhle war enger, als die linkerseits. 

c) Syphilitische Magengeschwüre und eine äusserst hoch¬ 
gradige narbige Stenose der Trachea, beides von einem 48jährigen 
Kürschnergesellen, bei dem sich an der Nase, in den Hoden, sowie 
in der Leber ebenfalls der Spätsyphilis eigene charakteristische 
Veränderungen fanden. Wirkliche gummöse Magengeschwüre sind 
nur in ganz geringer Zahl beschrieben (Klebs, Cornil, Chiari). 
In diesem Falle sitzen sie, fünf an der Zahl, in der Nähe der Cardia, 
an der grossen Curvatur, zeigen verhärtete wallartige Ränder und 
speckigen Grund. (Eingehendere Beschreibung an anderer Stelle.) 
Die narbige Verengerung der Trachea sitzt etwa fingerbreit über 
der Mitte derselben; dieselbe lässt knapp eine Sonde vom Durch¬ 
messer von 1/4 cm durch. Patient hatte infolgedessen seit langer 
Zeit hochgradige Dyspnoe, doch war bei dem tiefen Sitz der Stenose 
dieselbe auch von Laryngologen nicht gesehen worden. Der Mann 
starb an chronischer Pneumonie und eiteriger Bronchitis. 

3. Herr Tietze: Vorstellung eines Patienten mit nach der 
Methode von Witzei angelegter Blasenflstel. 

Patient, ein 60jähriger Mann, leidet seit Jahren an einer hoch¬ 
gradigen Prostatahypertrophie; vor fünf Jahren wurde ihm von Herrn Ge¬ 
heimrath Fischer ein Blasenstein durch Sectio alta entfernt. Es blieb 
eine Fistel zurück, welche sich in der Folgezeit für den Patienten als 
äusserst nützlich erwies, da nach und nach mit zunehmender Vergrösserung 
der Prostata die Urinentleerung per vias naturales vollständig aufhörte 
und Patient allein auf das Functioniren der Fistel angewiesen war. Die¬ 
selbe hat sich in letzter Zeit stark verengert, so dass Patient jetzt wieder 
an starken Urinbeschwerden leidet. Operation durch den Vortragenden 
Ende August (also vor den Publicationen von Zweifel und Martin im 
Centralblatt für Chirurgie und unabhängig von diesen), da aus gewissen 
Symptomen auf ein Steinrecidiv geschlossen wurde, obgleich ein Calculus 
nicht zu fühlen war, Spaltung der Fistel und Eröffnung der Blase extra¬ 
peritoneal; kein Stein. Das obere Ende des Schnittes wird in zweifacher 
Nahtreihe bis auf eine Oeffnung für ein mittelstarkes Drain vernäht, über 
letzterem Vernähung der zu zwei Falten erhobenen Blasen wand — zwei¬ 
reihig — analog der Methode von Witzei zur Anlegung einer Magen¬ 
fistel. Die übrig gelassene Oeffnung in der Blase liegt etwa in der Mitte 
der Vorderwand, der durch die Nath geschaffene Canal steigt ca. 4 cm in 
die Höhe. Der schiefe Verlauf des letzteren wird jetzt nach erfolgter 
Heilung durch Sondirung constatirt; ein flacher Ringwulst deutet den 
Uebergang in das Blasenlumen an. Vollständige Continenz ist auch bei 
liegengelassenem Drain bezw. elastischem Katheter nicht erreicht, vielmehr 
sickert der Urin schon bei massigem Füllungszustand der Blase ab; der 
vollkommene Verschluss wird jedoch garantirt durch einen von Herrn 
Geheimrath Mikulicz besonders für den Fall angegebenen Apparat. 

Der Vortragende hält trotz des günstigen Resultates von 
Martin die intraperitoneale Methode von Zweifel functionell für 
sicherer, bezw. räth er, in geeigneten Fällen das Peritoneum zu¬ 
nächst zu eröffnen, dasselbe sehr weit zurückzunähen und nun die 
Fistel in dem vorgelagerten mit Peritoneum überzogenen Theil der 
Blase mit schrägem Verlauf von oben nach unten anzulegen. 

In der Discussion äussert Herr Mikulicz gewisse Bedenken gegen 
die Anwendbarkeit der Methode auf die Blase, welche wegen der ganz 
verschiedenen mechanischen Bedingungen, unter denen das Organ stände, 
nicht die günstigen Erfolge, verspräche wie die gleiche Operation am 
Magen. 

4. Herr Jan icke stellt a) einen blühenden, kräftigen, aus ge¬ 
sunder Familie stammenden, bisher von nonnenswerthen Krank¬ 
heiten verschonten 17jährigen Patienten vor, bei welchem^sich im 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



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r\uw irn f'Mki'h UmArkinin»; zur FiRwiclMiinmmdmmymmum Fnndi* 
Imgmijnen. zimnd (bm U'wtbilob-tev. 4ünn «hm Olmrkief«M\:4_a>s f^birn- 
'.. . 1 * luri ?ü\mz\ H.I.- hmir.bon. rur »p« n*m ( '<• it-' wft* 41.*», Ktsi; : 

f ) 1 h.j* * zu V’nr4i ’ *n v » »» ruch «<u «i< t jioMn " I n nb<M0'n.»i»t<‘ 
H^6n&4r$ ■ftbark- IHM 4in ftApVJi^Jnsn f^n Ötetöfon humcUu 4a 
Uf-i-VMlbf- nb-bv: (ivir narb »l-i Mun't- nr*u N' r^;»bn.hb^ «uvbun au^h 
i.;i. \x 'h-v OrbiUt . V>>]■<+•?*,rb'hi:u mvji.Vum Ans »inir ^a- 

düii'-b auruimirrnn Bt^uiu'ankun^» 4^-’i^0*iis b t 4a> [:b»pj)(4yoimp, 
iibor ^bäms rati.:iu kii»*rr. s zu ^rkläAn, I»b- Sr-nkruit »nt. Hm 
mVvcjbiHiiulnvt Au Ruin^--it(aopznu ici4ci «irr Vrr^t.4ita mir 
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Aiiji4nniü^ (kn* !.{e\voü i !"U«pvl‘iÜ>tgfcoit ufeshJ;-tltm Aj^jb- 
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S,Vtnpirnam)•• -'omj-4 \'X As- r r,v : b n ? iutbriuv 4ur llalstuark- 

rr.kf'unknug, wub-brr imub nrurrrn 1 buor>;u» huu^H (b^ondrrs von 
h h»m ['.kr Ajr l( i K rn U - A :»tjf -in.» t ,:Wum .ihb- ^trinmirn uiul nrhtvn 
t V'.rykab ujul .3r*tt'U i'nu'-»U'Zr| «ubo 4«»!' »uU.-tju«vJii^Mirh Rtiuku'l!- 
Irra.rbjsrgn'nVit»^ w /u brzii’ho« Kt. 

i. Der i^t'unb cif* öd^iW^ßi* Wfcffcftlkiw, orkrunKle vor 
iRtu' Ab.U\ü! uniut- Jn4>4?c*U btnri4^k*'|£c^Äi.bi)»l««*^n t \vrb4u? zuerst 
li» iJ'jj.r j^rbinv» Js?u4vv«i' Uu4,Adiu]U)rir«:^tosd oHras btAUt sieb mit-'; 

i|k’ '’Unn-ftsHiö «Rs ru rhl«*t AvubA b^S'UbivrH »lb> bO.-Uiri» Fvu^oi ,ym.- 
brntiiteif Ufoir-bzrbiü trat nin»- tPm^hjb'U iV?ibbUioö4>> 
i'ßclilmi UhtuI ai«i. f\< ui>i n:»rb .fri>i- ‘ti^ou ^kvümsrir Wia-U. - kr. nr- 

»n<ht )atiil »ikm «iVOpU'iKdlo: LäWüiin g tftAu6bUu^>vri>Ri T •UoL-ht > niUiy! / Knvr:*' 
ijox IbHunünUftilmH und »t^r intr'Vnvsm. »brnur »icr Jitugöt Fiiigrrbon^cr 
ui ui d'.'T Pilmnvi!* »i. **' ruiutriMi» Ate*e - auch 4-i f-'if-üur' 

-U'i! (n sh'u^»-n .Musi-u-lii h^imu Umlls «-..»Tin»k.b.. Dmibi 

Alir ümlurMi’ Ainsk<^a IbiiyfurimU i*i>- 
jj»volifi«i »•- u-url* ii!*- Aji|>Jniil siJVit, anwi«,- ;li.' g*- > suji».mle AlurkuRtitr. bVA 
i)brrm , rnu>, atj)4 »1er- SdmUvr ?,'nin -vdiiip; bnr.«-f.. 

Dir Sfth’!b)iihn «nist, Väm för SolulUiif-rwj-pftmUm*::' ».-?i;v 

IlerÄbsiitÄ-aug in 'Oöbmk ’Wckibi.** ibm llinurbeziikjlmbi, -sbwjn; 

i.te». L , -!'f/ t «?{' intimu’r.'ttd dy$ Cninr- uwi- MluiraincbH J.nubv^jif.. sü b 4.nm >mi' 
rtn*‘ : A«ii8«*lit0hlf» birOfiUl. nuui auf fic-i > iiUc-k'«n-Üäf;bC 4e.s -TWr&v 4u-‘ Am- 
»khmmg »Jus «'V:4et> und /wrji.cu Inlt'vcasiAlmtn.Tiöy l»nlu«Ki Auf 4ov 
\'ord«.;r}JiU4m iles ’Xlim’HX ‘uiub-t siiiiii Ic.ejtio Hv«”Vivnyr der SonzilnfitÜb . 
Ouaiiyjtp.^iti^ri?f.hAv;nll>atdiiH^yVftt'tivit*t- v xielr.tijpAjaüat Z;lu3b'biBibkv«ffit?XA*iiUi 
inirnor 7 gvfibrrn, nind in urtseront Falk* mchb Vurbaudru;. un übi JßL*n fif, 
•tci^fpli^. if.mr in Bezug a-uf iliv AttslireiiaiTlg■:4 «t •jnntujriSiihoö; 'ujuuL ef»m. 
sibkä S^mplrniin so « : lifti;>4vteristiÄvh. dass \uuT£ Kr.b6p lViiifisibs 
auf Rfkr«bkuu£ der ubteWteti f jervjoät-' iinil! nborrn Abirsiiiv^iirf-cJ- strvtfßiv 


__ r .__ _JSo:\ 

und -Strecker Ss*wie die Damlgntimkssrna ktm (ruri; Absiulime Musoulii.s 

rndiulb •r:.xt.m , üus .lougusj ku .«in(sr at;r/i}»his«-hi*n Lühmuüg- Amd 

'j■ *u Enmnuh^tesKtim». Pm hupmaiorcv mv-o- l.c OtiHi-ur.» jU 
sr'fn.iuu'Pi.isU. i r < in--! vr.liij *>>•» \n irnummnd» *i. - -Oivr t»tui but-» 
armes der Ilion] m.u slicsur vUr*- 4 >b -DIöurg«d)iet;iüriiik^; 

grtMlcmD iindei nirb üme* mi4hk?t«rH», j fynui 

Somit mu.;nprit'.bf- n> ; r Pall, sumal er früher vüHibe^itea»] ; 
aueH VorAngruMiüg uiev rtTebUm Popkte zeigte nbeflMlß v?uij^ t % 
Tvpim intbrior. Rt -»eigff ahür aimrfvrdom uoeb oiaeu ye.bi 
tleUiiieu »SympUmm-rtcotiii»!ex, PftinürU dem . einer; Hrlbü*-iu;ni^):ir 
Äi> .bAbilioi)-' bfetiA»i<4 .Äivh. im ^uütaade 

?>iuer ^»TtpiiHi lnnr LiDouofjg um *km lypirtAmn, uUnmievhrüüfbny; 
dm* PyvmnidHitmhh m tmAefHuuiou C)HirakrH{ : . RiAuben V,<nnck. 
^mnv^t IVir die tiettibffde libmi{»kgiii h.d and »iisi«Kcr 

üuroh <ka fim^rwii?gotidos Hef^Ucös^ts iloj* ksu^ &k 

Untorwrlmukei 4 » und 4er porfc&ljiB r tnpeü «f«S Fu^aesi ktdnizoitkuifi; 

Aut der linkem K.unmrsüim dngegmv. bwiiöbfc von nntfu! ;m Ro 
zur t?bhe dt*v dnUon Rippe emporreieUeutl eine vidb^r Auiti^cRe 
um! 'nimmmualöogie imi «mbnkdm-.r R«vÜ}u*ünpftmpthiduwg. (IR 
A t«o-i!.mzaug «ui iiei- dfUtoiv Rippe »idm am zweR<m hitw^esta!run^ 
v. »4« lt<* <!»u Vott mgrm.de bei melwemi mmio^en RiUjee buüh^&ieu 
huntdA 43.4 öfeU ^uebainiH, 4as^ dae dirrüherUe^Ätit* Oehkt 

»0,1 ,)?!: itu;- dom vierten und fiUiftmi WurfiJpmu'i- ot?ir«ßö£^^ 
un. sapriiulrtk’tötHAres vRv^örgt wird ) Ferjiw* findet sich tfn» tnryir 
ramle des linken Anne? eine der' -rctdkssmtigcn ••svüimwrjsnbfi aoak-; 
Ibdtimbe Zone AinHu>e aueb Rivr ilieweUmu inntoiriytiU.en Sbu'uruRni. 
Aut 4«m re«4'it***i Kftrjx'J’So-Ho- bezieht eme - aosjr^prwlivb»* 4»i^‘ 
MdlidÄ iUid niii In: bafbgüirtrdf&'migeü, ; m dar dritkk 

Rippu iib züia iSiipcnbogen teio.liendeu .fcoft» eine Hetub^vruo^ fki 
Heimibi !i iI. stoeuiugen «irr ka^ec-injilimitiug waren trülirr vöv- 
ütieiuviiend un den rea-lii^settigeii Zeimü fiudi\ve«sb»r. 

Al» iÄtßJoTgsäicutftS Syiiiptorp ist noch, zu eim ühuyu, ilayr «•iu»» 
1/dhm.inm' 4e-r DitHreosfubv^ be^telü, und die Aikmubg &w nlw- 

! \viopend dmeb dus Z-w»mdibdl gvmdiiolit 
i . l)ie Symptome der Brown-Senn ; ud’Hohen liHimpnm 
; | ^|n -diesen'» Falle- ikirfiut“ bin. dnss. nituv halbse»hgv uRtl)ijg>e • 
. iinknlu’echmi^ im litt»*kenmafk vnrlu'pr. Di«,«* har»»“!^ /u 
| «tfVPüiift--iltis Marke» in der Itdim d«? Jntzkm Fervimb- uua ;^£u 
I TbmmümmcnLm hat an der oirnnm I-Mmniliit 
I .■iiiumMjfi'st vpuf. bnrvm^obi'aolK wie in dem Mosten Fuk«? au* 

: d« s- «liefen Seemeni>« entspnudmnden Worzelm 

<i. Herr MiUnU» ? «tn'uf u) «in IBRihrig^ Mädclmu vor, 
i wnu'en einer Tuberkulose des Kiaegeieukes ^eitr,kvst zmyuw 
. in ]Rd»;m*Uuim osriif, Mn et) dem Jddofo.rmgly<-rnmv. imr-miwm 
i IviMtzunpen rio. ohne Erbdg mnmarbb worein wmale mt 
j T:pt.e4.'br»v'bungen wRiunivi »treiör Moipit.o 'be tflasösem 1 inbdo n«. 
RiH*V XAtrsoblHpo jng.lfgt DR vorlmr m-Iu hi'U'vm !'|*|' ,r ^ 
limsbo iiberraßc-hönd mdimdi -öar-h, und «m ist Mzr .'R! "»]»• • - u 
Maimlon timhts von Tuberkulose uk% naolUu^eisMi. dM-ioUHr 
s<bmrd damit geheilt. Boi amb-roii tu. «U-»- Kümk ua-A '™ H ' 
tbiMte beimndelten Fallen waren dk Bmddtäiv sehr ierar ' J»_■ " 
(Uuw sowohl Bewu-uugnn wib audi VferscUlimmeyfl^« jgj, 
Rb iisumdr diilmr in cj uz einen Füllen Um ikdmud|unv 

difrt'b tmdw MöfRoden uaiöP6Cätfet*«Rgg6*^ JepowaUp. v v 
yAidok.rofi- aM ‘rtlU A\4i'htigpB im Faiöjd’ ! !< 

kakte«* der Gelenke ;\HAU.-rbou. 

b) T)on?vllm dernoo?trh t ?iWoi Fakienteir nuf 0ßteweiiwi « 

getiohttffrea > bei 4onen uaoh. Kra.ase , s ITörg^S R f . ^ . (< j r ^ l ' 


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VEREINS-BEILAGE 


19. April 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Elfter Internationaler medicinisclier Congress, Section für Hygiene. 

II. Verein für innere Medicbi in Berlin, Sitzung am 19. März 1894: 
Lilien, Demonstration eines Präparates von Eustrongylus gigas. Dis- 
cussion: Litten. — Senator, Ein Fall von sogonannter amyotro- 

liischer Lateralsklerose. Discussion: Oppenheim. Leyden. Remak. 
enator. 

III. Berliner medicinische Gesellschaft, Sitzung am 11. April 1894: 
Lazarus, Demonstration eines Präparates (Nebennierensarkom bei einem 


3 Vajährigen Kinde). — Grimm, Beobachtungen Uber Syphilis und Tabes. 
— P. Strassmaun, Zur Lehre vom Blutkreisläufe beim Neugeborenen. 
Discussion: Senator, P. Strassmann, v. Bergmann. 

IV. Natnrwissenschaftlich-raedicinischer Verein in Strassbnrg i. E., 
Sitzungen am 12. Januar und 2. Februar 1894: Ewald, Postmortale 
Trübung der Augenlinse. Wirkung des galvanischeu Stromes auf Wirbel- 
thiere. Ceutrale Entstehung von Schwebungen zweier monotisch ge- 
| hörter Töne. — Stilling, Hirnpräparate. Fall von Blau-Gelbblindheit. 


XI. Internationaler medicinisclier Congress. 

Section für Hygiene. 

Die Verhandlungen der hygienischen Section begannen 
am 29. März nach einer Begrüssungsrede Pagliani’s (Direktors 
des italienischen Reichsgesundheitsamts, ehemaligen Professors der 
Hygiene zu Turin), in welcher derselbe auf die grossen sanitären 
Fortschritte des jungen Italiens hin wies, und nach Constituirung 
des Bureaus (— als Ehrenpräsidenten für Deutschland wurden 
Günther-Dresden, Finkelnburg-Bonn und Petri-Berlin ge¬ 
wählt —) unter starker Betheiligung seitens Italiens, Deutschlands, 
Oesterreich-Ungarns und der Donauländer, während England und 
diesmal auch Frankreich eine verhältnissmässig geringere Mit¬ 
gliederzahl stellten. 

Schon der erste Gegenstand der Tagesordnung, ein Antrag 
des ungarischen Delegirten Csatäry de Csatär, dass der Con¬ 
gress die Beschlüsse der Dresdener Sanitätsconferenz, betreffend 
die Aufhebung aller Landquarantänen durch eine motivirte Resolu¬ 
tion gutheissen möge, rief eine lebhafte Controverse hervor. Unter 
den weit überwiegenden Aeusserungen in zustimmendem Sinne, er¬ 
regten namentlich die Mittheilungen des bekannten französischen 
Tropen - Pathologen Treille allgemeines Interesse, welcher das 
Scheitern aller in Algerien unternommenen Versuche schilderte, 
den Fortschritt der Cholera durch Verkehrssperrungen an den in’s 
Innere führenden Karawanenstrassen aufzuhalten. Dagegen beharrte 
der bulgarische Delegirte Dolotowitz auf der Unentbehrlichkeit 
der Grenzsperren für die bezüglich ihrer inneren sanitären Zu¬ 
stände noch zuriickstehenden Donauländer und erklärte die Be¬ 
hütung Bulgariens während der letzten vier Jahre vor den wieder¬ 
holt drohenden Einbrüchen der Seuche für einen nachweislichen 
Erfolg der sowohl an der Donau wie an der türkischen Grenze ge¬ 
übten strengen Quarantänemaassregeln. 

Mit einer an Einhelligkeit grenzenden Mehrheit beschloss die 
Section die nachfolgende Erklärung, welche demnächst in der all¬ 
gemeinen Congresssitzung gleichfalls fast einstimmige Annahme fand: 

„Der in Rom tagende internationale Congress der medicini- 
schen Wissenschaften erklärt: dass die Beschlüsse der internatio¬ 
nalen Sanitätsconferenz zu Dresden den Grundsätzen der medicini- 
schen und hygienischen Wissenschaften entsprechen, demgemäss 
die Quarantäne zu Lande und die Behinderung der freien Bewe¬ 
gung der Eisenbahnztige unnütz und schädlich sind. 

„Der Congress hält es für nothwendig, dass im Interesse der 
gesammten Menschheit sämmtliehe Regierungen die Beschlüsse der 
sanitären Conferenz zu Dresden annehmen sollen.“ 

Eine Reihe zum Theil recht interessevoller Mittheilungen über 
die jüngsten Choleraerfahrungen wurde am 30. März einge¬ 
leitet durch einen Bericht Pagliani’s über die Epidemie in Italien 
während des Jahres 1893. an welchen sich weitere Berichte von Merlo 
(Sassari), Terni (Pisa), Seghilleri (Rom), Bordoni-Uffreduzzi 
(Turin), Dekterew (Petersburg) und Treille (Algier) anschlossen. 
Die in Italien 1893 gemachten Erfahrungen sind sowohl hinsicht¬ 
lich der Aetiologie wie der Prophylaxe der Cholera sehr bemerkens- 
werth. Der im Anfänge des Jahres erkannten Gefahr einer Ein¬ 
schleppung der Seuche durch die in jedem Frühjahre massenweise 
aus Frankreich und auch aus Oesterreich zu rückkehren den nord- 
italienischen Arbeiter wurde durch einen dem englischen Inspee- 
tionssystem nachgebildeten, aber mit 4—5 tägiger Beobachtung der 
mittellosen und durch schmutziges Aussehen verdächtigen Vaga¬ 
bunden verbundenen Grenzdienst an allen die Alpen herabsteigen¬ 
den Strassen entgegen getreten. Jeder Fall verdächtiger Krank¬ 
heitserscheinungen wurde — ohne das Ergebniss bacteriologischer 
Untersuchungen abzuwarten — streng isolirt und energische Des- 
infection sämmtlicher Habseligkeiten vorgenommen. Es gelang auf 
diese Weise, ungeachtet häufiger Einschleppungsfälle, den Ausbruch 


einer Epidemie in Norditalien zu verhüten. Die Geschichte der 
etwa 30 Einschleppungsfälle liess durchweg die Uebertragung von 
Person zu Person, sei es durch gemeinschaftlichen Gebrauch von 
Wäsche, Geschirr, sei es durch unmittelbaren Berührungsverkehr 
als unzweifelhaft erkennen. In einem Fall waren es alte Kleider, 
die ein italienischer Arbeiter vor seiner Rückkehr in einem cholera- 
inficirten Orte Südfrankreichs billig gekauft und nach Hause mit¬ 
gebracht hatte, nach deren Ingebrauchnahme in Italien er und 
seine Angehörigen schwer erkrankten. 

Der einzige Ort in Oberitalien, welcher eine kleine Epidemie 
erfuhr, Pallare bei Genua, verdankt dieselbe der Unterlassung 
rechtzeitiger Anzeige der ersten Erkrankungsfälle; — die energische 
Anordnung umfassender Desinfection sämmtlicher inficirten und der 
verdächtigen Wohnungen sistirte dann sofort die Weiterverbreitung. 

Der in Livorno zu Anfang September begonnene und bis 
Ende October 173 Todesfälle veranlassende Choleraausbruch wurde 
von Pagliani auf die Benutzung schmutziger öffentlicher 
Waschbassins zurückgeführt, deren Wasser nur zweimal wöchent¬ 
lich erneuert wurde. Die Reinigung der Wäsche eines von Marseille 
zugereisten Cholerakranken in diesem Wasser veranlasste die Er¬ 
krankung mehrerer an den darauffolgenden Tagen das gleiche 
Waschbassin benutzenden Personen. Die Desinfection derWasch- 
anstalt (mittels 2 %o Sublimatlösung mit 5 %o Salzsäure) hatte 
einen momentanen Stillstand der Seuche zur Wirkung, welcher 
aber bald von erneuter stärkerer Verbreitung gefolgt war. Erst 
die strenge Verhinderung des Gebrauches von Hahn- und Canal¬ 
wasser zum Waschen und dergleichen brachte eine Wiederabnahme 
der Erkrankungen nach sich. Als endlich zu Ende October plötzlich 
ein erneuter Ausbruch stattfand, entdeckte man als Ursache 
desselben den Zusammenhang einer Abortsgrube mit einem 
gebrochenen Thonrohre der städtischen Wasserleitung (!). 
Die Erkrankungen fanden innerhalb des von diesem Rohre ver¬ 
sorgten Consumentenbezirks statt, und nach Beseitigung des 
Schadens nahm die Seuche rasch ab, um dann definitiv zu erlöschen. 

Von Interesse waren auch die Mittheilungen über den Cliolera- 
ausbruch in Neapel am 16. Juli, welcher nunmehr von amtlicher 
Seite als die Folge einer unberücksichtigt gebliebenen 
monatelangen Infection des Panzerschiffes „Umberto I“ 
anerkannt wird. Im Herbste 1892 hatten sich an Bord desselben 
mehrere Cholerafälle ereignet, und seitdem bestanden ununterbrochen 
leichte diarrhoische Erkrankungen unter der Mannschaft, welche 
erst bei eintretender Sommerhitze einen schwereren Charakter 
annahmen, so dass der Schiffsarzt im Juli mehrere Kranke dem 
Marinehospital in Neapel überwies, wie es scheint, ohne Sorge für 
nöthige Isolirung. Von diesen ersten Fällen ging, wie nachträglich 
ermittelt wurde, die ganze sich übrigens in vergleichsweise milder 
Intensität erhaltende Epidemie in Neapel aus, welche ihren Höhe¬ 
punkt am 1. August mit 26 Todesfällen erreichte. Die im Ver¬ 
gleiche zu früheren Epidemieen so geringe Ausdehnung wird von 
den Berichterstattern wesentlich als Wirkung der vorzüglichen 
neuen Wasserversorgung Neapels (vom Serino) anerkannt. 

Ueber eine auf vier italienischen Auswandererschiflen im Sommor 
1893 stattgefundene, mit sehr tragischen Umständen verknüpfte 
Choleraepidemie berichtete Merlo, Gesundheitsbeamter zu Sassari, 
welchem die Quarantäneanstalt auf Asinaria untersteht. Auf der 
Fahrt nach Brasilien starben an Cholera auf den Dampfern: 

1. „Carlo Reggio“ von 1271 Personen an Bord 201, 

2. „Remo“ von 1542 Personen 93, 

3. „Vincenzo Florio“ von 1292 Personen 20, 

4. „Andrea Doria“ von 1200 Personen 159. 

Von den brasilianischen Behörden zurückgewiesen. mussten 
die Schiffe nach Italien zurückkehren und wurden zu Asinaria, unter 
Ausschiffung und isolirter Unterbringung sämmtlicher — über 
5000 — Personen, einer energischen Desinfection unterworfen, 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 









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tfgSj fc& frr- sinh kdiu weilerm- lAdnumlimynkdl und ;mdi um’hEüi- 
hiXsimg Mim mild lu*r ITrsomm it> 11 wo. fimimd ^(»luiMsio- 
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Drtfesfmvkuntft it'tnytvlvvo äMu däffto; 

Von- dm vnrzüidiehmi A itisami-eii miergisuUnr U»oin[V«dion 
besonders dor Wnlimm^rdnme beb/uls Bc'kianptno^ Ans Hmu-hen- 
f'ocr«r}ifiMs wonlou opob loKbroro stdir bezmldimdr«!» Bcispielr- hiit-' 
irMlool! im iii;i*iovu e.ruub sieh'• um den iHD*ifa<dvgeyamudm \Vr- 
-itM'i, dass tik rimlooa tuKnlifm wio in Krnnkro!. h und in 
-rlion -.‘if :iM.‘iiroror» Jobn/ohnton nim* .V!>mihmu m do»; 
IfcAAMi’ Uii‘r> \oi‘iioidM mul runuvot}udi in Hur iutnr^itiU ibrur 
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TJoboi (]:<• Vnf«"c|! n H»niLliuit i{br ns AUm mI'H b< o)wi<;h- 
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H>Urrv BkdRif Jil siiiLU li tau «Irr Wi' bU^koii tioo ikü'OimcHiUo^: rhu'i 
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üiTuVAiusi- •ICnifuU.k ioidKimhdt, haln* 

Att> diA)f .iilubdinn Urtmtlrv -- nmii^nludnr \ r v*r 2 eig:unk 

von full ifrjii-ribcu - wardn n'nu' TU i 11 h« i!miü,' vmi 1 kor »1 0 n i - X.T t Tr v- 
d u v.vi «Turin» üb»>i' boidnu tifo.rf m orV*ii«»f»>ii*i 05 nhe und bio'lu- 
n \Ari o,uIon sln^ l Tfrtl.on«.pik us mu- |{u-vrvu atil'g'imninimm. 
Di..- tjooiiui-liirl'i-n PrSijnavOo- Djc.ilit'ri vom Hwas kürzm-m 

und di< ; iU'V.oO' T\)t‘in ak d» ; jjmiiji’fm dur Lvoub Vnlnm, duhn von riii/lii 
Mnotv-r ^wkriiiumi.i-i;. .somiw-n u{{- o-any. ir«*sfr«*i ktni Dolalt. lotztoii- 
ani ifsii-p- Ndlu bdU'-n -o-a. ob- H'X«d. Das WnnjmUium in Gbiit- 
AUdb.dr» nK'im' 1 .ti!iii du- Infkilrruc-lim» k>hj«i -u*nz Di-zii-AHt t ImDc 
tioi-ii o t> t <Tn".rn von dun j’fii ,.-'ii.dct mou'- r-r.imlmuori Mil;rolioii, 
Vijn' --yi Viniek* niHu ai^irr iu.MsOiu'inhniio 

\ s'i'.siu'k » 1 ,-m M;';-[>;-!i ui'tin b.'i) ümt Tuidndi Um. rin.-vzouiDon, zu- 
juk dm*» tmrmiiuiait dem HJu!•« und -A r Milz idner aus 
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ob»*ti «iiiZiila>von. lim riehturvr SiHturimo uiui Spauiiag • 
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dass ÄTtrifdu*. iCk$i^6 in .w/övf trn»ddmMn Z«t- 

S'kaiidr zuiaVokj^^td^ti^-würdün, \V»u d-it4- % Jl dim h din ^kumHel- 
st di 011 \j)i>ara1o in yoUkoinnu-nur \Y--is*- ^osofudio, Dt-r‘Vni'na^A 
fmdoiio nach »l*'r iroimuditj'ii Erfät.ruu^oi! ukr-r mmmclnd'r taistmYy' 
labi^koit mmiohor Apburaio. dass \r.r d«y In^rduiim lumki^jiclfe 
ApijartO jbua b ,—* nqsVa 

ibmdi #n m-stam tmstyn Rautierudo^em- - w^hlc 'AuhIj S. 

ji-daui \jiparaf (dttb irfuiaun liistru-Uiuii lu*‘ di<- nid Mini-; H.uA 
imlninji 2-u- di«t t i*n-umulou ß«n*sibi»fr'-THs|s^rtirpyi . , 

K*H*m.in» tmspracl» «tio JUdJin d«r nfimrdiop.- r^pJtjtjk'UCt! 
iui- ob .1 dI i.-U 0 m *• u<«n> 1 srhr« i »osini 0 . «dan >ni-Di *-l. ' Avul-di-- 
alli- i-;: -V'i-.rtricirh |»ii: Stdio i)HU HubJUmU UnzOViuda^D'. iiriniats-!.! 
UVbuaikTKi-An^h »mityAntidjpjdfed* .‘*J- 
^;»t, (ii-sc>?'u jränzHohf*- WerlbJnsiirkoik 

lAMmr öm tjnr Ji^Ttb^i’kö-ii ^Ldd-mAduuer 

) frfiMUinnsstoDo liOiaoiiloio Jiü*ir»r (ÖtnMipidl atd Du.öi] 
bvrUcm. iui Danuyontazarnif) zn IStntt|?^rv.>>fa>mnbu;n tiot;>ivikj»ioi!?«-ii 
fdiiTadbuii orgab.a'i im rtt fi «hoo. A nna ti me- dm Viralt 1 «' 

untor dur Cinyii'knmr vmJmfk und Lioht und/Ttunpwratnj '■**•■■ ^i.w j 
a h i-ioioii luijiTmi^fOi mi* (i AVfu bon bwig ooirüt-kuHoHi aj^-- 

M-hlnim »onus :-*n Moniiigit A bt rf-tin>-spi*mlis ErkiamkUin hi d iaiiAi- 
and mit etjeiiän larmr g , ot.fnok'n**f*'m. J-bpltUrnrioaitsvisirl iu 'i'D->.;n 
nool» Jnti'oditn^nrsi hoinmignn borvnr .Stnyit<Ms)i:*’i!s Nm»h ;< i'- 
Diplufocous intmoi-üiilaiifc. l.t ud«*;-».m am-u ak grjü'ut kradQ vii!*u;o: 

nitm fn«*lir\vit(;Jioi;(.Ur.Uc Huitl/urkoit: . Dör. YonfyivwmMlr iianAtr. ob’ 
dir p 1 tiiiirlir.hr Ibdjn »mimniksam, utdoho Iu- tieul* 1 du- l.^'Da 1 - 
t ii < h or als Bon*.ib;iür Inlo-dioussUmo SpirDn, .uml hranmivo 
dcrnn yOiHji'u A Oieölmfluh^ . in K-uö'föjkm uht.dr kStaa^ jhlC^' 
kluirm. imds jodosninji^iun (Ahmm-ti ziniesDi mriuiu A luv kok 
wiv- so lohn von liiruir ,si ml ii'aidei- Kivnia l’ur dun fVia^ ,W§ ! , *■ 

das Ai.tji-k >i*dirtVrf mnnlon. Ausm-ntmu. ImtonK (, r n>ud'- Ar. i- - 
uuto-hfni Erhihrniigm» dir Viiih*.\**mli^krit. *n jsalor De.iir.-d-i'löil'aa; 
eine Kiioho und r-im »• kb imm .1 mnudstn-ib-mm du- driiv.aiiu.. 
u. dyl. aJizukrifj^im. ' .Die 1 lospiksiidu;h»-.ü d.den !a-yw< 
mi;ydnuirsorru zv.lochen nlnresiirrrinn und ^«d»n-hiuunn b : ddl‘e |!l ‘ 
-iimf dieideu vermöt.eis' der Ess^o-oliiia-fmvakrsstieddhdi id’-iiaidty': >; ,r 

aiihvk^ur : olAjT-’Vy*oi>iW»TiiTctAytt^^ 

IDiwpi i.vAtdmi'i uadörzoe die honi.lyon !tifTiluu»-u* d«¥l ! ' 
pbvlaxe 1;U n^eli f>h f t* i'i in j n>ui-tdd:Us4 »uerDi^ 

>( hrni Buspreobiu*«; U^ß.T' tndarmtu auf Gdu-öd der idHu ti.t^E 
Högemhm t.lmtsi&Mhdjtm Ih^ulau'hi.um^tm 4U dum j>^bu«f5r,> ‘k*- 
elif Vdnlfaoj» yYludnmmi lAirÜ^On^Ul zW;>Öpsweis-u l»v/-mto'du»U 
s«a:u» lj?dUVpfIe^e der iTiUnsiki-r, wie soj-dm S-Wisr Tb« 

Sveslmu AAr^tPh^iOiubj'- \Tuf»ton soh^r. ninon'hjib'ek 

fdru:«dla-”V nnihetiidn Hetutir in früheren jahibumlfdUv»! ^ 

die i’lii itkikoi- wie potd-kiamll'- ZU isvdilVU ' ö'SiK'lit. *.dme 1''^^'^' 

Drbdy Wie mm»' lad ihm Ad»! ^n juiUkhmas-dii-l«. .1 
Tutierkohiser in .Dehtsa hiainl davon et-\va 'd Zelud.» I - 0*1 u* uo 

du -adeiie Maa.ssveii'iu. nuob douken könnt), sei ni!eriui*liii'k ’• 
dem von i'iitliiAlvfi-ü sDirlv femjueutirbm-Sodän se» n« 1 »d*n ,« 
wubnm n {g«»»on\\ ärtig 1A70) kvdm- /miiilinm d.d Iddlu-a- ' 
mu|‘kfd'^ Und in Atfrv (dt^n klidiiph. Atisi-aH au,, .fießö^ni^ij m • _ Y ; 
in wuj e hoii (flau i sTiöiifn i ifldi*vfeet j(rn ail**r Spura , eitm W r J, * ^ .* 
in der gTu^sem Aliifudwm.-r- RkraiimsUlk, sei knue Alma mn ^ 

1 1 IVMi*?r:irkran 1-»»«»von- (>i?mefn>feu Der V 01 I rairmnm uw* ^ 
Sohv.erjMinkt <;.. SehuamDut'bi.s}>rojd»yfHX*- vmi dm i'd- ; A' ... 
Holmndrm limdli-'o« *u-■ü.de-n.u*-. itliif das Gohi«n dm H- , ' , ! , idjd. n»v . ^ 
imHvblmdinii, tl»^heif6'B^Eüi4uno!iv--SnhjV.Mtb- hndiji^ioft- 


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19. A pril. _VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 11 


schiedener in neuerer Zeit empfohlener Gase zur Desinfection 
der Wohnluft. Eine Prüfung der nach Versuchen im Poster 
hygienischen Institut empfohlenen Ammoniak dämpfe ergab, dass 
dieselben zwar Diphtherie- und Milzbrandbacillen an den Wand¬ 
flächen etc. binnen 4 Stunden zerstören, dass aber Milzbrandsporen 
noch nach 15 ständiger Einwirkung entwickelungsfähig waren. 

Günstiger fiel die Prüfung der Dämpfe von Formalina- 
lösung aus (COH 2 ), welche in öprocentiger Lösung binnen 10 
Stunden, in 10 procentiger Lösung binnen.5 Stunden alle Sporen 
tödte. Doch gehörte zur Erzielung dieser Wirkung eine so reichliche 
Entwickelung der Dämpfe, dass die Anwendung des Mittels zu kost¬ 
spielig sei und sich nur zur Sterilisirung kleiner Gegenstände eigne. 

Sclavo (Rom) theilte Versuche mit, welche eine Steigerung 
der Virulenz der Rotzbacillen durch Zusammenzüchtung 
derselben mit Streptococcen ergaben, und knüpfte daran Be¬ 
trachtungen über die hohe Beeinflussbarkeit der Virulenz pathogener 
Bacterien überhaupt durch die sie umgebenden Einflüsse. 

Hein (Würzburg) machte Mittheiluugen über den für niedere 
Säugethiere pathogenen, im menschlichen Eiter vorkommenden 
Streptococcus longus, welcher den Pneumoniecoccen ähnlich 
sehe, sich aber durch gewundene Form der Ketten von dem in 
starren Ketten wachsenden Streptococcus lanceolatus mikroskopisch 
unterscheiden lasse. Derselbe dringt bei weissen Mäusen in Drüsen, 
Milz, Leber und Muskelgewebe ein und bringt die Gewebe zur Ver¬ 
ödung. Auf seiner und nicht der Staphylocoeccn Wirkung beruht 
nach dem Vortragenden die pathogene Bedeutung des menschlichen 
Eiters für niedere Säugethiere. 

Grosses Interesse erregte ein mit Demonstration von Mikro¬ 
photogrammen verbundener Vortrag von Hesse (Dresden) über 
das Verhalten des Cholerabacillus in roher und ge¬ 
kochter Milch. Bekanntlich waren über die Fage, ob Milch ein 
ergiebiges Nährmedium für Cholerakeime sei, zwischen Koch und 
Hesse sehr abweichende Versuchsergebnisse schon vor 2 Jahren 
veröffentlicht worden. Aus den von letzterem jetzt vorgelegten 
weiteren, sehr genauen Untersuchungen geht hervor, dass die Ver¬ 
schiedenheit jener ersten Ergebnisse auf der grossen Verschieden¬ 
heit der Zeitdauer beruhte, welche zur Sterilisirung verschiedener 
Milchsorten sich erforderlich zeigte. Nach den Mittheilungen 
Hesse’s kann die frappirende Thatsache nicht länger angezweifelt 
werden, dass rohe Milch den Cholerapilz nach kurzer, höchstens 
zehnstündiger Dauer zugrunde gehen lässt, während sterilisirte 
Milch ein höchst geeignetes Medium zu reichlicher Vermehrung 
der Keime während mehrerer Tage bildet. 

Aus einigen über parasitäre Krankheiten vorgetragenen 
Mittheilungen sei nur erwähnt, dass nach Sonsino's Beobachtungen 
Ancliy lostoma duodenale in allen Zonen der afrikanischen 
Küste vorkommt, also ein durchaus kosmopolitischer Wurm zu sein 
scheint, da er andererseits bis zu den russischen Ostseeprovinzen 
nordwärts in der Ziegelerde vorkommt. Ferner constatirt Terri 
(Pisa) das Vorkommen des Actinomyces bovis auch in Hunden 
und Katzen. 

Blasius (Braunschweig) berichtete eingehend über die bei 
Verbesserung der Braunschweiger Trinkwasserversorgung gemachten 
Erfahrungen. Das Wasser des Okerflusses, welchem das mittels 
Sand- und Kiesfilterschichten gereinigte Wasser entnommen wird, 
unterlag seitens der oberhalb gelegenen Zuckerfabriken einer stetig 
zunehmenden Verunreinigung, welche sich bis auf Zuführung von 
57 000 Centnem organischer Substanz während der dreimonatlichen 
„Zuckercampagne“ steigerte. Dip Selbstreinigung im Flusse bracht« 
innerhalb der Strecke von 10 km im Sommer eine Verringerung 
des Keimgehalts von 130 000 auf 180 Keime zuwege; im Winter 
war dieselbe aber geringer und bei Eisdecke sehr gering. Die 
Filter füllten sich rasch mit Verunreinigungen und das filtrirte 
Wasser wurde unbrauchbar. Durch Auferlegung methodischer 
Berieselung behufs Wegführung der Fabrikabwässer gelang es, 
mittels neuangelegter Filter das Okerwasser wieder verwendbar zu 
machen; — der mittlere Gehalt desselben an organischen Theilen 
sank von 30 auf 7:100 000, der mittlere Keimgehalt im Sommer 
von 160 000 auf 1500. 

Gegenüber dem von Babös (Bukarest) geäusserten Bedenken 
dagegen, dass man heutzutage noch offenes Flusswasser und Kios- 
fi 11er zur städtischen Wasserversorgung wähle, erklärte Blasius, 
dass bei bestehender Wahl auch er dem Quellwasser oder tiefem 
Grundwasser den Vorzug geben werde, dass aber für Braunschweig 
eine solche Bezugsquelle nicht zu Gebote stehe. 

Blasius berichtete ferner über die in Braunschweig ein ge¬ 
führte Massen verso rgung der unteren Volksclassen mit 
sterilisirter Milch, welche mittels des Flak’schen Verfahrens 
(Centrifuge und nachherige fünfstündige Erwärmung) hergestollt 
und durch bacteriologische Sachverständige controllirt wird. 

In der Schlusssitzung am 5. April besprach Finkelnburg 
(Godesberg) die socialhygienischen Nachtheile des in den meisten 


anderen Culturstaaten sich vollziehenden raschen Anwachsens 
grosser Bevölkerungs- und Industriecentren auf Kosten 
der ländlichen Bezirke. Infolge der durch die neuere Hygiene 
gegenüber den acuten Infectionskrankheiten erzielten grossen Erfolge, 
welche zumeist in den grösseren Städten zur Geltung gekommen, 
sei vielfach die Auffassung entstanden, dass die ehemals gegen 
das grossstädtische Leben gehegten sanitären Bedenken hinfällig 
geworden oder doch auf den Aussterbeetat gesetzt seien. Eine 
solche Auffassung, welche für die Beantwortung mancher volks- 
wirthschaftlichen Fragen in die Waagschale fallen würde, konnte 
nach dem Vortragenden nur durch die gegenwärtig herrschende aus¬ 
schliessliche Beachtung der Infectionskrankheiten und durch ober¬ 
flächliche Deutung der veröffentlichten Sterblichkeitsziffern ent¬ 
stehen. Beim Vergleiche der letzteren werde namentlich die in 
grösseren Städten stets verhältnissmässig günstigere Zusammen¬ 
setzung der Bevölkerung nach Altersklassen, d. h. das erhebliche 
Vorwiegen der lebenskräftigsten Altersklasse vermöge beständiger 
Zuwanderung derselben vom Lande übersehen. Die regelmässig 
veröffentlichte Sterblichkeitsziffer Berlins zum Beispiel müsse man 
um etwa vier (pro millo der Lebenden) erhöhen, um dieselbe als 
sanitären Indicator vergleichbar zu machen mit einer Bevölkerung 
von normaler Alterszusammensetzung, und um fünf bis sechs 
behufs Vergleichung mit rein ländlichen Bezirken, in welchen 
letzteren die Altersklassen nach entgegengesetzter Richtung ver¬ 
schoben zu sein pflegen. Abgenommen hat in unseren Städten die 
Sterblichkeit an acuten Infectionskrankheiten, stellenweise ist die¬ 
selbe jetzt geringer in den städtischen Bevölkerungen als auf dem 
Lande. Aber geblieben ist auch in den sanitär besteingerichteten 
Städten unter der ärmeren und industriellen Bevölkerungsmasse 
eine übergrosse Kindersterblichkeit, und dieselben socialen 
Ursachen, welche durch Mangel an Pflege zu viele Kinder hin¬ 
sterben lassen, wirken auch mehr oder weniger schwächend auf die 
Entwickelung der überlebenden. Die Folge davon ist — wie die 
Rekrutirungsstatistik Deutschlands und Frankreichs beweist — in 
allen Städten mit hoher Kindersterblichkeit eine verminderte 
Kräftigkeit, Dienst- und Arbeitsfähigkeit der heran¬ 
wach senden Generation. Ausserdem aber nimmt, wie die vom 
Vortragenden dem Congress vorgelegten statistischen Unter¬ 
suchungen ergeben, in den Städton die Häufigkeit der Gehirn-, 
Herz- und Nierenerkrankungen in annähernd gleichem 
Verhältnis mit der Grösse der Bevölkerung zu, und das 
gleiche gilt in sehr erhöhtem Maasse von den Geistesstörungen. 
Letztere treten zum Beispiel in Berlin fünfmal so häufig, in den 
Städten über 100 000 Einwohner drei- bis viermal so häufig auf 
wie in der Landgemeinde der bezüglichen Provinz. Die Ursachen 
dieser wichtigen Erscheinung sind wesentlich socialer Natur. Sie 
beruhen in dem Zusammenwirken überreizender und erschöpfender 
Einflüsse auf die Nerveneentren, welche von dem geschäftlichen, 
gesellschaftlichen und sittlichen Treiben grosser Städte untrennbar 
sind. Die beständigen Anreize zur Begehrlichkeit und Genuss¬ 
sucht, zu Leidenschaften der edelsten w r ie der gemeinsten Art, das 
fieberhafte Arbeiten im convulsivischen Wettbewerb, dazu noch die 
verhängnisvollen Wirkungen des Alkoholmissbrauchs, dessen Ver¬ 
breitungsgrad mit der Grösse der Städte zu wachsen pflegt, — 
alle diese und damit verwandte städtische Lebensfactoren erklären 
die vorstehenden Thatsachen zur Genüge. 

Auf Grund dieser durch statistische Tafeln veranschaulichten 
Untersuchungen erklärte der Vortragende, dass es im Interesse der 
Volksgesundheit geboten erschiene, der fortschreitenden Centra- 
lisirung unseres öffentlichen und gewerblichen Lebens 
in anwachsenden Grossstädten nach Kräften entgegen- 
zuw'irken. und dass dieses Gebot der Hygiene namentlich für 
junge, in raschem Aufschwung ihrer Metropolen begriffene Reiche 
wie Deutschland und Italien doppelt beherzigensw'erth sei. 

Tison (Paris) brachte in einem unter dem Titel „Troglodytismus 
und Alkoholismus in der Aetiologie der Lungenschwindsucht“ an- 
j gekündigten Vortrage manche empirische Beiträge zur Beurtheilung 
j der Folgen luft- und lichtarmer Behausung sowie des Alkohol- 
! missbrauches für die allgemeine Gesundheit, insbesondere hinsicht- 
| lieh der Verbreitung der Lungenphthise. Obgleich der Vortragende 
I keine statistischen Belege beifügte, wurde aus seinen Mittheiluugen 
j wahrscheinlich, dass die in Frankreich, besonders in der städtischen 
Bevölkerung beobachtete Zunahme der Lungenschwindsucht bei der 
männlichen Bevölkerung über 40 Jahre grossentheils dem zu¬ 
nehmenden Alkoholmissbrauch zuzuschreiben sei. Tison resumirte 
die allgemeinen Ergebnisse der in Frankreich gemachten ätiologischen 
Forschungen über Phthise dahin, dass letztere überall in gleichem 
Maasse mit dem Vorherrschen allgemein schwächender Einflüsse 
auf die Volksconstitution sich verbreite, und zu diesen schwächenden 
Einflüssen gehörten vor allem der „Troglodytisrnus“ und der Alko- 

holismus. . , 

Einen inhaltreichen, von vergleichenden statistischen Daten oe- 


Digitized by UjOusie 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



VEBgI>3;vDEÜTSC5TEN MEJDf C1RJSCHEK WQCHOTSCHIUFT. 


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ii)ds^U:’< r n (li’Mizi n, ' und <m irloHt ROH Bemeimhwr in wvh’ium die j 

Bevolk« riiiio; mnWHsMW IHnkr. Diemm miriHemm /moAmieu im , 

Sihlen «MüHf hhesslkdi Siriiimj* gogibilibt 1 :»- sHdÜ, umr mr li In ;!>■>■ ! 
Sunirlik dev femkenliänsor und. #n. Todt^nr^«n-fion imm« Auv | 
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in PifHieht*/ den Marke« nttu TerBTilili^ Vtm771 .uo SiUHßrvyaldw ! 
Ami lAjhyuien jBilß^liügüti der DrcHrnvHAüiu- WA.lehe nnm-am RI 1)0- j 
< <-.oh,w Jn‘,11 /filiJte eiitfirlel) mit 0 -m»? (Abbrirn. 8 auf Sir-ilien. j 
l\^\p: Sardiiifejw R ntu di* Ahnten« tk^orrnn ff# ^uf die Lombardei, 
tio mH dir Kmitia. Hi» nur U/uricn uii»! b’d - = nt Vein-iirn uh-- - 
alle ich die- l' iM t aM !.: •> ■• in*. \ er^lui'-ii Uri t dmi mtrdbmojKibvlmn | 
Sünden n->r!i r £r«ii=M& mv.t-iwüim'n, - m. Orrriuni nmn dneij. -i. I* j 
iiitVt dje ^'uetUifMP rl*> ( e|rnt> KU hn.mnmfiii-mt». njlti F;ia t(f | 

ilai'nuf iii’n, dum man dun h U»*. imkrikidi^ der h)»p findig w;vlimmdfu« ; 

-M'Otjii; v'un S<düi(ik^t;Viieu smrr diuid) Idurumiinu^Of | 

J&gmi dfiVfi? livlir 'iViaik'odi'df d.-r drohenden in um i oh •!mrdvt)n>j*jii- ! 
-e.eiier MH : jj.du rmd ihrer sn ni{hve-iL l/id^tu' vmVadmu^eUü itlltoi f 
. Vjl'iitrH höfiu. - ; 

.Oiu H'k/.mreu der hv^ieidceiietj Secriou, dereU Verhajid- | 

iun^iiu wir «hiv wrseidJhim >h^'Odieaui \v tn.fi otvo'jrrhdtir Wulh/n adne' ; 
ueür 'vi{jk«miLnmn (*>>»,inzuuii in ui* {»vt-rnt» unt*.r Bit uf 1 i y m‘i‘k nmi ; 
IHdliV Fiiiieling iinUo’mHurtimmri jtii-medu-u. d»**- .se.tir v.idikomiaen 

Hti^estalBdon hyH’ieiUHeiieu fnrb.«rntm ! huud im Ministrrhntt .des 
Inuor'n. i-h\4 <>nir;iiimr»fiur'.t'iMjT.v, der neuen SeJilaoiitfiHiiees der 
Mieiik 'neu dügeir^tdH, \ «-rhes^.t i e.n >’Mu)Hsr)t<‘n BfJMialiUiBmif'r 

dioriehkiin^et.i mul dri atdiliibulieti Wa^erwerke. Alle Tlieiinehnier 
Hd'fnuom. sieh tJaled an datu BhtdrtH ke, des opterbereiteti Kitorfi und | 
der Har!iVeTst.;lnd.!i;VU Letfuoir, fruit \v*>{*:]ier der jUdtm SBn.it. iiud tiie ! 
’asej ( fuiiyoei.Hdu.nde ^dotropfde neiam alten smutiiifen seduvm-rn ln* ! 
tUi^]'rve’ tnmhritnu auidi.den Anioi*deriiTu:»n dm- mmjernon «»OenMh'-iU'ü ! 
('i T esundhüitsitlli‘ire g«:mehl. vu werden sieh he-inOhen 

Kjukei n h n rg. (Gotk^dtei^'T». 

Verein für innere Medicin in Berlin. 

ddiizufin: am 10. Mürz 1804 
Vdtrsitzoiidea : 1 ftu'r Bnv den; Vlmhiiihu-.r. lim laiffai 
l) ; ns XRmtoludl dm rorj^eu wird vorlcsen' Jiml 

UOM1W11: 

1. lfm* Lilien {aluBuU: uhumowl ratton ver d<*v Tagosnrtlnun»» 4 }:* j 
Mainellomm! Im Atdlruee de> Herrn Udwimr *i h l «u d.-u e.rhuude j* d 
mir Ihnen das {‘djuirnf eines Buru^tt.s! Mir/.nOm^u nva. {»,•••* «O’.vnlii 
iriit RüeksieJlf. uiti die rWHen.he.it. dn.v \ urkutjiuiens- tdv,.a.ntdi v.eynn 
riiLi^er Besm-iderheiiei] ihre A Uitrmrk^jnkrii ve-nlJaru. Ls'iii die- 
der sogmmnmo I r aiJdfoleuwui m, BustKongyltta gig.ä^ s der. iih vor • 
inehrerfvn TAgom in «Ut 1 XhUo etm^ Humlvs als ^HUd*»o>( OhdUtUidUtK- ■ 
diduiid t»ai. IheKKf grösste aller hek.simleti S]Hflv> Uj UH »' .besii.-zt- 
t’/iiuii *;sd<r f.y-Wrocktuu jj.eih, <h;i beim Mäumduo» 411 om. bmiu 
W'jMbnhm, 1 ui limji wird, {iji von, Hum mnu Uwliiuie-h uuoud.om ‘ 
Lmheshohtr mi'Muil!. die iHidtliiuuUoai und velihtVH die Vnedauooue 
uiitj B e!»ein »ad itifbV^run i' tdn- 1 Uuipsdyssn iin«l 1 ie.syiui t jon’sfW'W'tnn. 1 
leiden, dair'm'eii i>\ > ein }tr,iitiiljv { ^ Nerwmsysimit voHmmk-n Die 
•M>t tvn k^lur'^nsf:.l*i;:htH ist, mir wmo.o imkniuiT.: Sehne id tu Ldoht 
rtsr-he als. /.vr-wi,. i! \vietlw an Fdr aus i;-d dieses 'j'hiee vm< ; 
Inlmw-c, iviiij. pm irehwentlieli .muh im menU-hjudiei/ luVree benie 
• e hui worden. e-t ; Die Air/ald dee mit. Sisheiheir i'e.sV^e.st*-IUrn | 
d'idjp Ht-jnlueli eine, wdti ;rvVi;i;r<e sie holäuit suh n*ieh Ait^aln ! 
d-o imms^^ehint,3f }| Autm-.m ;uii ünwemhr zÜhm t \ 

lvr s,! - ■'' , dmiarot7.end« : n Thier,-s ist das Nmretümekeh, m 

unhdoe nv üuhts< iiCtlilo ii itn KjuU i 1 • !v j I i t i f«t a d i u 111 ijUrnh djn iduA : 

udiü o.rht,U.gi- tMitch s.idn AVuehstlmm s-nitv.u Id- der Varesd Kr* ‘ 
v.edrtmn'c des - Nmytmlrnet^HK in v/rite^w- Kol^e Ss hwnml dnr , 
.UplIOov: <w iß sdtet. vUlUiudisT« HwhWlMihlW ■■ 

I II, äiwfi; liii-Ut'H« WliTU .U;r u „ SnUlnlplif h„- 

*f unebene. Kall. Wn bei ‘simmi \\ oh dir ••;:>• v,-vr .f^duir < ! «riss.« • j, r - j 
' / ' ■ ’ ■' ; •* ; o tu der l.-edtes- ; 


IlTe ei,kp>iliojie Länge des Wurm«* roueM m fii8gü»ilb. dass m\f. 

sivUse utiHtuu 1 !'.. Niere«itßtikojv. dun limter nis in dB - 

j lunfida^n v O! i‘ wd 

Die. S;vmipti»me, wvdtdie der Parasit bervuiTiut, m \‘hü 
<Ku sieb T - $io bpöt^ti in 5f»3it>v(iirf 
hhttigbn Sehsrtei’xen Ui der Niaren^e^eed. v,o-uluThvhemlet Iflintatm.>i 
Oie nia>/no<e hess.diriiuM sielt 'auf (t<u VörhmJen der Kki 
Ti,üT'v m* Ham. 

{der nti '-htrlieoendou Kulht iffdo.odeiu. Wunu, reu den; h-■> 
II»mm hier da> Roi>b'mle jadisetft.iru,- war HO < m luiur. k: nn; i v-ü. 

. Die. amt fombejibb Vintinileniiigeri, welche HiBser ‘8i/iWse{ß>^ 

köiinei», Irfisbdie-U m hoeiigrdjliovv BrweileruoK des Niemid.v ; . 
die Pupillen und dis* Murk.-sulmtan?. >iud yeyu.hv. uiuirui, die hieA r- 
Mibstlmz imgafähv a mpi bt'oiL dir- Kopssd fast adliäftad IV 
HllkTt^kttpüidn 1 BnUd’AHrd'Hmg dor NjuirfutataMäg? jrc itrt 
Wdedterumr des mWrstdbdh'ti 'ijiijd-e^Aohes hei - ^rtuüte.HRir- 
Pwrwdi.ym. Die andern Niero ;wär bedehW-nd vid^roswnd. uwi.kw 
die bfNjSM- sdtmr ijis l H*>eliiirhrti Nnwe. Das Tbief' /eikrt*' au j.nnf,- 
iler eeohs AV«*.-)»uu, wo wb ' «k -tjemss, keinerlei .kuinUnMs ■!>.■ 
s, he>!ijiMg»-u- Von Belten die« ’tIrog^hitnia|»pa»;&i>.s. Hat Tod wökk 
. infoljgH dnor iiiftM*d.nTv6t>t.cm.' Itraitkheit.. . ■ 

lh*fi* (t H tefnpoi-ör: Wir hsiheu slm rhMia*nsiriu/t'i/» flbostk* N.dr.V 
■spulwürow vcraienolfet.. meiuü Dorcor». weil- er pul*, ä, r lum**.* 

’\ orkoiumuisM in di, f r H'iedHidiifelbdi Pal iiolfK.de '.DVf öWV'’ ' 

<b a näni^ph Iw ho. JVli*t(UdiOn* Dtlif: bosiDi m ^eivDo 

: jciu'- Itit'U ?• vo. , dos u.-n oi (io oekI \* ••.•niltr,,,. , 

AVork srlp' svhfm •Ai,o|srsyiwm4v khr'fidm^v'in« td?£W hat tina Mt ifw.-s* r 
os’dout.iudio L’b»ms x Au**, re IrUher ‘lut S«:«hl;m*/en ue-dur 

v.*mde uad Tlnsri dmv, nibenuerdehr yiuboloa'ihebo \"nmtrtitnu*ü) .m iti; so 
kiiujdtru w vsuvfh ,r Ihr-, dir Ko«-i.>hu?je dev v 

,os( wm | lu»| : oy Kewidm nsWeidh isi »■•] « l inedj '5.,*- 

- Wuchi vaii'h uj skr Bv^tdßhiw der Hvdsuu mm; Km!*« 

— iV*. frnbyn wir hysbu^ho Weiher -ros-sv \v'iuj»!irfb;o,mtiiy r«V-y 
im^ dri]* IbtujfnHim heuöJjtpjifH-iipirt, <tiu vnU eifilgeif A&Zwn 
tirtsel’e» uX«\-*(>iisii'uhvnrrOj3-.gtiiid»oh WOhIMv: Iji? sie. >-ehhe>$h,de. sD dhuT:/- 
v,,i. bfdind in?! • pK-mmo wurden, ln ’ttrWso’il) Ibdlr i»! «I : > K{>oWv>-.e 
MyWejt tliih’bHMfalIr PUftorukBr hl>D K-r uiJeidtib'- dn- r- 

' ordeirHisdie' 8eln;«di<d l . dio-?3v l’unedten beim itsDre wie 
hui , v-!U’l!oh > So wil d Ihnen imvvbu «t.i** I nu'umwt.ratifoi sht^vr f%v-' 0 t'y"* ! - 
i'U'ht n.!y-rrvmr*>dit •• ' y, ' 

Herr LittVir. loh Imbo Kmou ;$%*& »wh icreKwdirW 

hei rb’tüiii Vdlj^u* 1t nn &h\vT Tlßndin -gid’lmTwn Wi thit* ick «ii*^ t rin di/ek* 
.mlhmueo nn.ss.st« mul injiif-a. ('•■•msh n in die Pr w-i *r. V 0 J! ,!| ' DW i',- 
eiaflHwo fiter Dl -es mir imf. dw-s ieJt De der difkseM,fr«n » iw-nnoi! , 
du t:nudle njthr uo. wmb Idun«•'bmi koniU*n .ds u h u* atif th*r »i4w.,. 
Hmtn -JChön grtlwti Iwfb* pAduMulolje sjfiK um IjtbSre lAmilldn? ’l ,f ‘ 
ine JN'ierC'öberketi vorwsSehuben wdiimn und bei denen inuu uj« t»’ 
aiidaron KiidO drOj Üm Troplou. für Työ^f^ti horau^iifeileo sißin up»1 W- 
Du/'-n 1, um Bs fbd mit- *<;h;m -tut thb's, vuHnwfid ,uft d< 1 rioat- 1 ’* * s 
dib - WyiSe WW : -; 

n.ul- der iotkoe d,■([.,: hf-m Sm.,; r-hih’-s «md di d, i -r--Wir. 1‘Vy""* 
denn :.«t',r.h. dnsu es d*.h nju 0 |nv ByijeynOpll i’prM iinruDlM'-. Ü|. '«W 

«hwrfi Um ii Ku'dv.umyiua Cij. u>. der ilif-,;!, efn-• mih nnti 1 

v, iv ■ >i ii,.- iVH -i - h-ue ,;no de? nlw d»* 1 \y- 

iwndh, lialie o»e{ yoeh in den viheiwtuT! Tlndl. fies tboUurs iernWn'We:- '°' 
.-I der ' 0 \?ier l ,.|l d di «eh l e>< lim lieh". h«V*. M'MU-* L '• *' 

Warm utttöfiais* soihsl «rid'uiiileu, ahoi« u'esohesi otn :etin:o> iTftpued, > w 
IS'I* »Ihr; (,r»d>d'ligk(dt des UeiTU l'-dh-uotn di,eh:- -.ms .Beim wnLükt" 

Lt Herr . .8et,st tor; Em Ftii vor. amy^o* 

ptiiscböi* DateralskleroBe. (Der w*.r»l »s ' 

>k'hri;D vej'oiSdniid-hl werden.) ' ^ _ 

D iseiiWsiou: Herr Oppenheims loh bVhweKs 4u.*»-- ,u « t*' 
hipsmo-swi dü^-\ t{erni Soiia tc> r in etwsis oppsuHldn .mnre. Jo« !•>* y 
der dhdjtuu-. ;hwr, der Pull LwOyuet; Isi, ui yuTre s|r!w.fNK ; 
eie-*-!' jhdeuiuii^ eisn Bnl-.vhj uium: I*» * l«**izo f *«i*. * * ’» b* i*' 
litonidrh. ’[(•-•> weder das Gellllil ijneh d,W viU-i;iU;:t-?a-, tlait. U‘ ■' 

,‘hk'h die iftdilsol</djshli-anmdmDnhyii K'mtsjidrVUh^f'U hid debwumyf i| .^ 

wHud» Dal.ev§i^kb}fw^ *** ÄCufwi . W 

könnt.'. -Wir' hüben Oim; vdolirtisj: edlen w\vHd'o!)t:dieii Km-könnwtV^'•■ y 
tdiitr. ;\ fWsjddft aloi-. Abial&jfiötrujn:, -ilsn.i - wm Ütirr 8.<m d nu- - 9*'’h« 

»mdlt bUrfk tms-£ruj,ri{gt n-Qt\: ibjr in' Dnv'elurn i.if«vj*ilioo<f ,l l>K:' l A | T 

b'ch yoHiäftcimt Ädiö^Kirt/dD- kdirm d*who d H’ophW-;. v ‘ J| ; 

i0t iFotHu; BlntimgfjTid bidouDJl? Ihr i\i^ thmmji’s dnf MjWj/ ’ 4 
' -?‘dcltD vmi Ihdang. Dud.. Herr ;v" ; Onfor h-tl kru '' r 

tuvdt. d:W- die vurdei',- 0 . W’ijesOn uield dtropldfl odri itiu 'W/'j/i.l, 

/deh-n Bitd üi*^ d*if PtkrMdmi!^ der v *' ,, 

■ Alre im )>a t Je dnix-i:*,:ii ^oooonihehe-n Sinne k?>nnoe wir -von au»V-"-;’»' ^ 

!otm : uUkittl'o?e. W/ts «las lRH’Tmifiinrk sh-tior ntoihl j)(k . 

ahov d»'<! IdmirriuuLBei'Hbd nehmcTb so loMUerfco mll. ! y • 

hild i.U t.yiHsdnui olrwcinhb 

sirti f;le KmthoiduuUey .io IV.vu ni.m>r Üoluiyures-« . nlwiOw ■. .. 
iy dr.ss .*j»*]hs*t- m Worr N< eriUiituk die Ibaef.e^t'IbidlipaVj''^ ; t ., 
-dhy l’iuvdy^io' ,u*iluivs gV^kdli wirrdo. wett l.yr^o*' D ^j/ 

:rni'y>>{yrlR}riVehü> X$1 ufß^kTorif^s ',^C^«hi*h bat, der _dbl^ ‘fj ( {' * ..tua 
d.i'tiu nitssyo-cebeii, <bw*-' vim/ VevweehklöYi# noch ui'^-'r ;//'/*./.•„., 1,0 
•h 'O-c. rrslrn Hivuluni- Vwmu Hdh^i'dt ist. Ihmn yhudte ti |r f 1 ‘‘ , 

daliitt- n*ßhl -voistAiuir-.n im Lalwao ihr- l Kn» 

rpkmtitatvvte H.erahäf;tzuht< Ü&. Kr.r;»g.!nii'kfH't ““ : ^„ t?pi- 

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19. April. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


13 


sehen Fällen Entartungsreaction; ich habe sie in meinen Fällen, die ich 
ja auch zum Theil veröffentlicht habe, immer gefunden, sicher an den 
Extremitätenmuskeln, weniger ausgesprochen an den Muskeln, die von 
der Medulla oblongata aus innervirt werden. Wir haben also ein Krank- 
heitsbild, das dem der amyotrophischen Lateralsklerose nicht in allen 
Zügen entspricht, auf der anderen Seite einen anatomischen Befund, der 
den bekannten Veränderungen erst rocht nicht entspricht. So interessant 
der hall auch ist, so muss ich doch sagen, dass er zur Entscheidung der 
von Herrn Senator angeführten Frage, wie ich meine, kaum verwerthet 
werden kann. Was nun die amyotrophische Lateralsklerose überhaupt 
anlangt, so <pebt es doch entschieden eine sehr grosse Zahl von Fällen 
die der von Charcot entworfenen Zeichnung bis in die kleinsten Details 
entsprechen, und ich möchte sagen, es giebt wenige Krankheitszustände, 
bei denen sich eine so scharfe Congruenz zwischen klinischen Erschei- 
nungen und^ dem pathologisch-anatomischen Befunde ergiebt. Es <nebt 
allerdings Krankheitsfälle, die das Bild der amyotrophischen Lateral¬ 
sklerose . Vortäuschen und bei denen man überrascht Avird durch einen 
anderweitigen pathologisch-anatomischen Befund; aber daraus darf man 
diesem Krankheitsbild, sit venia verbo, keinen Vorwurf machen, das sehen 
wir ja bei vielen Erkrankungen des Nervensystems, dass es ihnen sehr 
verwandte Symptombilder giebt, die durch einen anderweitigen anato¬ 
mischen Krankheitsprocess bedingt werden, ich erinnere nur an die ver¬ 
schiedenen Formen der Pseudotabes u. s. w. Es gelingt ja da freilich 
meistens Anhaltspunkte zu finden, die die Differentialdiagnose ermöglichen. 
Das ist auch der Fall bei der amyotrophischen Lateralsklerose, und es 
bleiben nur wenige Fälle, bei denen erst die Autopsie Klarheit bringt. 
Ich wage nun keineswegs, den besprochenen Fall zu deuten und zu ana- 
lysiren, möchte aber auf einen Umstand hinweisen mit der Bitte, daraus 
keine Schlussfolgerung für den vorliegenden Fall zu ziehen. Bei Per¬ 
sonen. die an Arteriosklerose leiden, können bekanntlich die Erscheinungen 
der Bulbärparalyse mit spastischen Erscheinungen durch zahlreiche apo- 
plektische Heerde hervorgerufen werden. Meist entwickeln sich da die 
Erscheinungen in apoplektiformer Weise, und das ist schon ein wichtiges 
Unterscheidungsmerkmal. In einzelnen Fällen aber giebt die Anamnese 
keine klare Auskunft, die Lähmungserscheinungen entwickeln sich zum 
grossen Theil schleichend, und da kann die Ähnlichkeit mit der amyo¬ 
trophischen Lateralsklerose eine recht täuschende sein. Ich habe einen 
solchen Fall gesehen, in welchem auch leichte Atrophie bestand, mit 
quantitativer Herabsetzung der Erregbarkeit, Lähraungserscheinungen in 
allen vier Extremitäten, mit spastischen und Bulbärsymptomen. Nur durch 
eine ausgespochene Demenz und durch das Fehlen der Entartungsreaction 
unterschied sich das Krankheitsbild von dem der amyotrophischen Lateral¬ 
sklerose. Ich meine also, wenn man das Gehirn nicht einmal makro¬ 
skopisch untersucht hat und nicht nach dieser Richtung eine Information 
ertheilt werden kann, so dürfte es kaum berechtigt sein, diesen Fall zur 
Entscheidung einer so Avichtigen Frage zu verwerthen. 

Herr Leyden: Ich brauche Avohl nicht erst hervorzuheben, dass ich 
Herrn Senator für die Mittheilung dieses Falles in unserem Verein sehr 
dankbar bin und ebenso für die anerkennenden Worte, die er seinem Vortrag 
über meine früheren Arbeiten auf diesem Gebiete eingeflochten hat. Indessen 
glaube ich andererseits auch objectiv genug urtheilen zu können, um von 
meinen persönlichen Beziehungen abzusehen. Wenn ich nun alles ge¬ 
nau prüfe, so bin ich der Meinung, dass die mitgetheilte Beobachtung 
für die von Herrn Senator scharf hervorgehobene Frage und Arielleicht 
noch in weiterem Sinne von grosser Bedeutung ist und dass die Haupt¬ 
sache dessen, was er mit dem Fall beAveisen Avollte, nach meiner Ansicht 
ganz unbestreitbar ist. Donn die ganz einfache Thatsache, die er vor¬ 
getragen hat, besteht darin, dass er einen Fall beobachtet hat, welcher 
dem Krankeitsbilde der amyotrophischen Lateralsklerose entsprach. Das 
Krankheitsbild ist nicht so eomplieirt, dass man genöthigt ist, eine grosse 
Kntik an der Diagnose zu üben, abgesehen davon, dass Herr Senator 
in dieser Frage ganz auf der Höbe steht. Aber selbst wenn man kritisiren 
wollte, so ist das Krankheitsbild nicht so eomplieirt: es besteht einfach 
darin, dass Muskelatrophieen und spastische Lähmungen gleichzeitig vor¬ 
handen waren. Also nach der Meinung von Heran Senator, die nicht 
mit Grund angefochten werden kann, hat das Krankheitsbild der amy¬ 
otrophischen Lateralsklerose bestanden. Die Autopsie ist gemacht, die 
Präparate sind vorgelegt. Es findet sich in der grauen Substanz Atrophie 
der motorischen Ganglienzellen, während die weisse Substanz bis auf 
kleine zerstreute Veränderungen ganz intact ist, es liegt keine Spur 
von Atrophie der Seitenstränge vor. Dieser Zusammenhang der 
Thatsachen kann nicht angefochten Averden. Es könnte vielleicht bestritten 
werden, in Avie weit dies auf alle Fälle der Krankheit Bezug hat; aber die 
Thatsache selbst steht durch diesen Fall unbedingt fest, dass atroph isch- 
spastische Lähmungen bestanden haben in der Form der soge¬ 
nannten amyotrophischen Lateralsklerose, ohne dass eine Er¬ 
krankung der Seitenstränge nachw'eisbar ist. Die Präparate sind 
so vollkommen, dass auch hier meines Erachtens kein Zweifel ausgesprochen 
werden kann. Ich habe sie mit grösserer Müsse durchgesehen (Herr Rosin, 
der eine grosse Technik hat, hat sie angefertigt), und ich kann erklären, dass 
die Atrophie der Ganglienzellen eine sehr ausgeprägte ist. Ich bin vielleicht 
nicht imstande, nach der früheren Durchsicht heute j'ede einzelne Gruppe 
zu bezeichnen, aber dass cs eine sehr ausgeprägte Atrophie der Ganglien¬ 
zellen gewesen ist, bestätige ich durchaus. Ich habe mich auch über¬ 
zeugt, dass nach dem Lendentheil zu die Läsion abnimmt und der Lenden- 
theil selbst so gut Avie frei geblieben ist. Ich meine, dass die EinAvendungen 
von Herrn 0 ppenh ei m gegen diese Thatsache nicht ins Gewicht fallen. Er 
bemängelt, dass die Untersuchung des Gehirns und jener Faserzüge noch 
nicht stattgefunden hat, A r on denen wir wissen, dass sie sich an die Rücken¬ 
marksdegeneration anschliessen. Indessen in den Jahren 1868/70 wusste man 
von diesen Fortsetzungen und Beziehungen zum Gehirn noch gar nichts, 
es ist sowohl das Krankheitsbild wie die ganze Theorie in einer Ariel 


früheren Zeit aufgestellt worden, und ich kann auch nicht einsehen, dass 
die Untersuchung des Gehirns auf die hier beregten Verhältnisse von Be¬ 
deutung sein kann. Mag diese ausfallen Avie sie will, so bleibt doch die 
Thatsache bestehen, dass die weissen Seitenstränge nicht von einer De¬ 
generation ergriffen sind, trotzdem eine spastische'Lähmung bestand. Die 
Frage, ob ein solcher Fall von Atrophie der Ganglienzellen vollkommen 
mit dem zusammenfällt, was jetzt als amyotrophische Lateralsklerose be¬ 
zeichnet Avird, Avill ich im Augenblick nicht vollständig entscheiden. Ich 
stehe auf dem Standpunkt, dass ich meine, es ist mehr berechtigt, bei den 
Untersuchungen über Krankheitsformon mehr vom symptomatischen Krank¬ 
heitsbilde, als von der Form der anatomischen Läsion auszugeben. Ich selbst 
bin in meinen Untersuchungen über diesen Gegenstand von dem Krankheits¬ 
bilde der progressiven Muskelatrophie der Bulbärparalyse ausgegangen, 
während die französische Schule von der anatomischen Erkrankungsform 
ausging. Diese Verschiedenheit des Allgangspunktes der Untersuchungen 
erklärt zum grossen Theil die Differenz in den Ansichten. Meine Unter¬ 
suchungen, die ich seiner Zeit in Königsberg unabhängig von denen von 
Charcot angestellt habe, schlossen sich an die Arbeit des mir persönlich 
bekannten Prof. Wachsmut.h in Dorpat an, der damals, 1865, eine Arbeit, 
die jetzt Avenig genannt wird, die aber sehr schön war, über die Bulbär¬ 
paralyse. ein Ausdruck, der damals noch in Deutschland wenig bekannt 
war. veröffentlichte. Wachsmuth hatte als progressive Bulbärparalyse ein 
Krankheitsbild verstanden, welches auch schon von Duchenne beschrieben 
war. Wachsmut h schloss, dass die anatomische Läsion sich in der 
Medulla oblongata befinde und eine ähnliche sein müsse wie bei der Tabes. 
Meine Untersuchungen gingen von diesem Krankheitsbilde aus. das 
sich an die progressive Muskelatrophie und atrophische Lähmungen des 
Gaumens, der Zunge und des Gaumensegels, Avie sie Duchenne be¬ 
schrieben batte, anschloss: ich habe nun nach meinen Untersuchungen die 
anatomischen Veränderungen verzeichnet. Um diese Zeit waren die be¬ 
kannten Arbeiten A'on Charcot erschienen, welche ein entscheidendes 
GeAvicht auf die Atrophie der Ganglienzellen legten, cs schloss sich 
seine ganze Theorie über die Lateralsklerose an. Meine Untersuchungen 
gingen also vom Krankheitsbilde aus, indem ich die anatomischen Ver¬ 
änderungen für diejenigen Formen der progressiven Muskelatrophie suchte, 
die sich auf den Bulbus erstrecken und dadurch, dass sie diese gefährliche 
Gegend einnehmen, öfter zur Autopsie führen. Ich Avar zunächst zufrieden, 
dass ich gewisse Veränderungen in der Medulla oblongata finden konnte, die 
Aufschluss gaben über diese bulbürcn Symptome, übrigens stimmten die Be¬ 
funde nach meiner damaligen Auseinandersetzung nicht ganz mit der Tabes 
überein. Die Atrophie der grossen Ganglienzellen, die ich auch schon in den 
ersten Untersuchungen constatirte, habe ich in den später (nach Charcot) 
beobachteten Fällen genauer und in Uebereinstimmung mit der französischen 
Schule entwickelt. Die Differenz der Ansichten betraf 1) das Verhalten 
der Latcralsklerose zur Atrophie der Ganglienzellen: ich konnte nicht an¬ 
erkennen, dass die Processe zuerst die Seitenstränge ergreifen und dann 
auf die graue Substanz übergehen und zu Schwund der Ganglienzellen 
führen, ich hielt die Zellatrophie und die von ihr abhängige Muskel- 
atrophie für das Princip und eigentlich bestimmende Symptom der 
Krankheit, und 2) konnte ich die Muskelspasmen nicht für 'constant und 
erheblich bei dieser Krankheit anerkennen, noch mich der Ansicht au- 
schliessen. dass die spastischen Erscheinungen auf die gleichzeitige Sklerose 
der Pyramidenseitenstrlinge zu beziehen seien. Wenn ich nun auf den 
Fall des Herrn Senator zurückkomme, so schliesst derselbe sich unstreitig 
an die grosse Gruppe der progressi\ T en Muskelatrophieen an. Da ich das 
Spastische immer für secundär gehalten habe, so würde er nach meiner 
Auffassung in die Gruppe der spinalen oder bulbären Form der Muskol- 
atrophie fallen. Sie wissen, dass die Charcot’sche Auffassung sehr viel 
Beifall gefunden hat, auch hoi den deutschen Neurologen. Das Ver¬ 
lockende derselben bestand darin, dass die Sache ganz fertig und einfach 
hingestellt wurde, so dass eine Uebereinstimmung zwischen dem Krankheits¬ 
bilde und seiner anatomischen Läsion ohne weiteres geAvonnen schien. Das 
Bedürfniss, welches der Arzt am Krankenbett hat. aus dem Krankheitsbilde 
gleich eine anatomische Diagnose zu stellen, wurde durch diese geistreiche, 
aber etwas schematische Darstellung anscheinend gelöst, und Avenn Avir früher 
sagten: hier haben wir eine progressive Muskclatrophie. wissen aber nicht 
recht, ob sie im Hirn oder Rückenmark zu suchen ist, so konnte man nun so¬ 
gleich eine Degeneration der Seitenstränge diagnosticiren. Das hat in vielen 
Fällen seine Bestätigung gefunden, aber doch durchaus nicht vollständig. 
Meine Beobachtungen führten mich dahin, dass ich dies als charakteristisch 
aufgestellte Symptom der spastischen Contracturen, der spastischen 
Lähmungen durchaus nicht constant vorfand, sondern erst bei länger 
dauernden Fällen, die im Anfang nach meinen Informationen nicht diesen 
Spasmus dargeboten hatten, so dass ich die Spasmen nicht als das 
Charakteristische bei der Krankheit ansehen konnte. Ich will die Dis- 
cussion nicht zu weit führen und nur sagen, dass ich niemals anerkannt 
habe, dass das symptomatische Bild der spastischen Lähmung mit Sicher¬ 
heit auf eine systematische Erkrankung der Pyramidenseitenstrangbahnen 
zu beziehen sei. ich habe diese Opposition von vornherein ins Werk 
gesetzt gegen die als bestimmte Krankheitsform aufgestellte primäre 
symmetrische Sklerose der Seitenstränge. Meine Auffassung hat sich in¬ 
sofern bestätigt, als primäre Sklerosen der Seitenstränge anatomisch über¬ 
haupt bisher nicht mit Sicherheit festgestellt sind. Ich habe die Meinung 
vertreten, dass die spastischen Symptome nicht von der Erkrankung 
bestimmter Faserzüge abhängen, sondern dass sie unter Verhältnissen 
eintreten, avo die Leitung vom Willensorgan dos Gehirns nach den Muskeln 
unterbrochen oder gehemmt ist, jedoch ohne dass eine wesentliche Atrophie 
stattgefunden haben muss. Eine eigentliche Theorie über diese spastischen 
Phänomene habe ich nicht aufgestellt und will diese auch heute nicht auf¬ 
stellen; aber ich habe doch an einigen Stellen hervorgehoben, dass ich 
dies Symptom mit dem Tonus der Muskeln in Zusammenhang bringe. 

In meiner ersten Arbeit über Tabes habe ich den Verlust desMuskel- 


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Mari/i. iu idird: Snt ht •'• \f\- 

y.-Iüv-isc hihi' 0 % nwyHtrr^ß^^no. Tikw lieht di*r Anb-r h ^v.av dn^^feh- 

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M-n.«iiiki>n, .spfirifM-n iic Gnn!«^ .;u.vT }?af -m üd-iVHh dor. 

Ein ^l^iu-hcsV liuhc wdi in iiKnitt'ki jVrhdinh •■Jrk»iv 
Ö&süit GpÄ^uaööllJ It^ttiuü'hai! »Jiul rlurn 'lil - «fr ipfeu . 

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wde <ipo H’wjiitaiu. ik^ Vh4% iidi halt.«, dit» an^nt^phistJiL* {h>i^?akni;v^«y 
,l, d u*ft h*u^ olrnpiuscint. vin^A^li^Kf'Äulcipit^u 

^• K}ilr r*, E$t ater nii^l&ttyiieiii'ü.KluvtJs- d^^k^Hfiiadfr- 

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v'Sieliiv ruH^fxrhinj._ Auch Pälk ^ftf^Ax»mrfn>ß .dtjil. V 

Wi- ;<mn Biftkunn-u un i*nO'Oülic 131!r iffintotnkofinr m.itj! 

»Huihrnv viiu-nuii Uftuni.*.. Ich vitinruM-ir tliiran. d;, ^ j,.’.-. ■ ;,.. 

«.vplH'ir.n*; ^rinj.luin.Uieuuiph-x der AkPrus.. Inh,G„l- - 

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| Interesse Ihr die Koi-RidziW'/ jyewisstii- nuito»|vei«i*r Ldlmi Es ja «’c 

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f Wiire j d.iMiii - die, ;sirid röift. -AViw'-'iß.v.*A K .• 

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ildr. ktrui^lun^ejicn- dps Prmi\iv [$l . ur.d jpJi iAyuw kehl*' • . 

IBÜ,. saelie. die KUv Ännftbmo in-nedilRrm '.d.-ss*; durrh niih* ■•;:'■ 

•il;fi|. er deh Sidiunst.rdnyww a«? eine -erheUkda' • Al.Tf»rdii«' UM’ fkUi.yiwyV'i«^ 
i uichf. wirkt weifism kam;. Etwas .uTideres ijti -es inil clor -ey R'-'-" 

ür den .lü.i-j'tlskii.TOsu; der (iissianinnieii Sklerose, die 'kmm mi( div .^r-y 
k|eh;se : räihh?. ükergtvdten; div sehen.- wir aber einen sklrrniyei.ee 

o .fi.eiiu.if I . ßißd«§.«'»*iÄbe;'• • si^h.-' wrbeBätftii.- Hier uh^r h«n.dfdt" fi* :# h k- 
k h hdihv Aitffpitii’ 4«f (lHhg r lieh2$Heii i pine ffßjir/, ftintipdiir ( r 

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19. April. 


15 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


vielmehr hervorgehoben worden, dass die Erregbarkeit in den atrophischen 
Muskeln in dieser Krankheit sehr lange anhält, im Gegensatz zu Kinder¬ 
lähmungen und peripheren Lähmungen, dass erst im späteren Stadium 
Entartungsreaction cintritt. Ich habe Muskeln sehr viel untersucht; man 
findet sie atrophisch, aber es bleibt doch immer noch Muskelsubstanz 
darin enthalten. 

Herr Oppenheim: Um Missverständnissen vorzubeugen, bemerke 
ich, dass sich meine Kritik nicht auf die vorgelegtcn Präparate bezieht, 
sondern nur auf den von Herrn Senator selbst geschilderten pathologisch¬ 
anatomischen Befund. Kann man auch zugeben, dass eine mikroskopische 
Untersuchung des Grosshirns für die Beurtheilung nicht gerade notli- 
wendig ist, so ist es doch gewiss ein Erforderniss, dass in derartigen 
Fällen die Brücke und das verlängerte Mark genau untersucht und 
wenigstens eine grobe Section des Gehirns vorgenommen wird. 

Herr Senator: Ein Theil der Einwttrfo ist schon von Herrn Leyden 
widerlegt worden, ich komme aber nochmals auf einige Einwände der 
Herren Rernak und Oppenheim zurück. Was das klinische Bild 
betrifft, so habe ich gesagt, dass Entartungsreaction in einigen wonigen 
Muskeln angedeutet, war, so z. B. im linken Del toi den s; aber ich schliesso 
mich ganz Herrn Leyden darin an, dass für die Diagnose der amy- 
otrophisehen Lateralsklerose das Vorhandensein der Entartungsreaction 
gleichgültig ist. Charcot. kannte diese noch nicht, als er das Bild auf¬ 
stellte, und man legt nur der Theorie zu Liebe Werth darauf; wir wissen 
aber, dass in vielen Fällen von Atrophie, wo man Entartungsreaction er¬ 
warten sollte, sie doch nicht vorhanden ist, weil es von der Monge der zu¬ 
grunde gegangenen nervösen Elemente und Muskelfasern abhängt, ob Ent- 
artungsreaction ist oder nicht. Wir sehen sehr viele atrophische Muskeln, 
die keine Entartungsreaction haben und die doch von Atrophie der Vorder- 
hornganglienzellen der vorderen Muskeln oder atrophischen Fasern ab- 
hängen. Also auch wonn Entartungsreaction nicht vorhanden wäre, 
würde die klinische Diagnose bestehen bleiben. Dann bemängelte Herr 
Remak die lange Dauer des Falles. Er meint, dass Fälle von amy- 
otrophischer Lateralsklerose in vier bis fünf Jahren zum Tode führen. 
Mein Fall hat in fünf bis höchstens sieben Jahren zuin Tode geführt. Herr 
Oppenheim bezweifelte, dass das Krankheitsbild der amyotrophischen 
Lateralsklerose entspricht. Ich kann nur sagen, dass zur Zeit, als die 
Patientin auf meine Abtheilung kam und sie nicht nur von mir, sondorn 
auch von anderen renommirten Neurologen gesehen wurde, das vollständige 
Bild der amyotrophischen Lateralsklerose vorhanden war und von niemand 
bezweifelt wurde. Herr Oppenheim wandte noch ein, dass zuorst eine 
Hemiparese vorhanden war und ferner dass Zittern beobachtet wurde. Ich 
sehe nicht ein, Avieso dadurch die klinische Diagnose erschüttert Avird. 
Es ist Avohl klar, dass Paralysis agitans. an Avelohe im Anfang gedacht 
av erden konnte, nicht vorlag, und ich kann mich gerade auf das von Herrn 
Oppenheim angezogene Beispiel von Tabes berufen. Wenn die classiclien 
objectiven Zeichen derselben vorhanden sind. Avird niemand die Diagnose 
anzweifeln, auch wenn in der Anamnese die bekannten lanciniroudon 
Schmerzen fehlen. Was den anatomischen Befund betrifft, so ist es ja ein 
Mangel, dass Medulla oblongata, Pons und Grossliim nicht untersucht 
sind; aber für die Frage, um die es sich hier handelt, hat das keine Be¬ 
deutung. Herr Oppenheim meint Avohl, es könnte irgendAvo ein Ileerd 
im Gehirn vorhanden geAvesen sein, aber Herr Remak Avies schon darauf 
hin. dass in sieben Fällen, avo Jahre lang andauernde Steifigkeit und er¬ 
höhte Sehnenreflexe bestehen, absteigende Pyramiden-Seitenstrangdegene- 
ration sieh findet. Also entweder war im Gehirn eine ^ eränderung, und 
zwar musste sie doppelseitig gewesen sein, dann ist das Fehlen der Seiten¬ 
strangdegeneration höchst auffällig, oder es war keine Veränderung iin Ge¬ 
hirn. dann ist es ebenso auffallend. Ich frage die Herren, womit sie denn 
die Steifigkeit, die erhöhten Sehnenreflexe und Contracturcn erklären? 
Darauf kommt es doch an. dass Avir lange Zeit die Erscheinungen der 
amyotrophischen Lateralsklerose haf ten und doch nicht dasjenige Substrat 
fanden, das man sonst dabei beobachtet. Nennen Sie es also einen Fall 
von pseudo-amyotrophischer Lateralsklerose; ich habe ihn als „sogenannte 
amyotrophische Lateralskleroso“ bezeichnet. Ich bin ganz der Meinung 
des Herrn Remak, dass er bis jetzt ein Unicum bildet. Eben deshalb 
habe ich ihn eben hier vorgetragen. Der Fall beAveist, dass es Erschei¬ 
nungen von Contracturen und erhöhten Sehnenreflexen giebt ohne Seiten¬ 
strangsklerose. 

Herr Remak: Herr Senator hat mich Avohl missverstanden; ich 
habe nicht gesagt, dass ich Fälle von amyotrophischer Lateralsklerose, im 
Leben diagnosticirt habe, die durch die Obduction nicht bestätigt sind, 
sondern vielmehr dass in zAvei Fällen meiner Beobachtung der anatomische 
Befund der amyotrophischen Lateralsklerose erhoben Avurde. Die Frage 
des Herrn Senator, wie ich seinen Fall erkläre, habe ich schon antecipirt; 
ich habe gesagt, dass ein non liquot vorliegt, und auf die Analogie verwiesen, 
dass eine Reihe von Fällen mit anscheinend wohl eharakterisirten Symptomen 
von organischen Erkrankungen des Centralnervensystems nach dem Tode 
einen relativ negativen Befund darbot. Ich halte es für möglich, dass 
diesen Fällen der Fall von Herrn Senat or anzureihen ist, möchte aber 
Schlüsse über funetionelle Störungen bestimmter Bahnon um so Aveniger 
aus ihm ziehen, als das Gehirn u. s. w. nicht untersucht wurde. 

Herr Oppenheim: Man wird Herrn Senator goAviss ohne Avciteres 
zugeben. dass trotz der im Lehen vorhandenen Coutractur eine Affection 
der Seitenstränge gefehlt habe, das ist ja auch nicht beanstandet Avorden, 
und die Thatsacho ist an sich interessant. Im übrigen halte ich aber 
meinen Einspruch, dass der Fall nicht geeignet ist, die Charcot’sehe 
Lehre von der amyotrophischen Lateralsklerose zu erschüttern, aufrecht. 
Bezüglich des Zitterns sei noch bemerkt, dass bei der amyotrophischen 
Lateralsklerose ein fibrillärer Tremor vorkommt, der aber nie so beschaffen 
ist, dass er mit dem der Paralysis agitans verwechselt Averden könnte. 

Herr Senator: Die Diagnose war wohl berechtigt, es war eine 
klinische Diagnose, gerade so, wie wenn man Bulbärparalyse diagnosticirt, 


d. h. Lähmung der Bulbämerven. Anatomisch kann sich dabei Verschie¬ 
denes oder auch gar nichts finden. Mein Fall beweist, dass die klini¬ 
schen Erscheinungen der sogenannten amyotrophischen Lateralskeroso 
vorhanden sein können ohne das anatomische Substrat, und deshalb ist 
er von principieller Wichtigkeit. 


Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 11. April 1894. 

Vorsitzender: Herr v. Bergmann. 

1. Herr Lazarus (vor der Tagesordnung): Das vorgelegte 
Präparat entstammt einem vor wenigen Tagen gestorbenen Kinde 
von 3 l /2 Jahren. Das Kind ist vor vier Monaten an einer sehr 
schnell sich vollziehenden Anschwellung des Leibes erkrankt. 
Bei der Aufnahme in das Krankenhaus im Februar glaubte man 
zuerst an Lebergeschwulst; später konnte man feststellen, dass es 
sich um eine Nierengeschwulst handelte. Fieber war während der 
Krankheit nie beobachtet, ebensowenig Albuminurie. Der Hae- 
moglobingehalt des Blutes sank von 50 °/o bei der Aufnahme auf 
30 °/o kurz vor dem Tode, der schliesslich durch Entkräftung 
erfolgte. Die Gewichtszunahme des Patienten rührt nur von der 
Yergrösserung der Geschwulst her. Das Gewicht des Patienten 
betrug 39 Pfund, der Tumor allein wiegt 12V*2 Pfund. Bei 
der Section fand sich vollständige Muskelatrophie und absoluter 
Fettschwund. Die Thoraxorgane normal. Das prallgespannte Ab¬ 
domen ist total ausgefüllt von einer Geschwulst, welche die Form 
und Grösso eines grossen Kürbis hat. Die Därme liegen zusammen- 
godrückt links hinten oben. Der auffallend kleine Magen liegt 
hinter der Geschwulst, hinter derselben an normaler Stelle die 
normale .linke Niere. Die Leber liegt als ein breiter, ganz flacher 
Körper dachziegelartig über der Geschwulst, dieselbe bis zu ihrer 
Hälfte bedeckend und in einen langgezogenen papierdünnen Rand 
endend. Die Geschwulst selbst ist mit Aielen grösseren und 
kleineren Geschwulstmassen bedeckt, hat eine unebene Oberfläche, 
eine bald harte, bald teigige, bald ganz fluctuirende Consistenz. 
Auf dem Durchschnitt giebt sie eine ganz buntscheckige, dunkel¬ 
gelb, gelb, bis rotli sich ändernde Oberfläche. Sie zeigt sich aus 
\ r erschiedeilen Geschwulstknoten zusammengesetzt, die durch ihr 
eigenes Wachsthum sich begegnend, schliesslich zusammengeAvaehsen 
sind. Die rechte Nebenniere ist als der Ausgangspunkt der Go- 

j schwulst anzusehen, welche die Niere bis auf einen sehr geringen Rest 
noch zu eonstat,irenden normalen Gewebes mit in sich aufgenommen 
hat. Die verschiedene Consistenz der Geschwulst rührt von dem 
verschiedenen Alter der einzelnen Theile derselben her. Es handelt 
sich dem makroskopischen Bilde nach um ein Nobennieren- 
sarkom. 

2. Herr Grimm: Beobachtungen über Syphilis und Tabes. 
Die Autoren, welche einen Zusammenhang zwischen Syphilis und 
Tabes annehmen, seien fast durchweg so zu ihrer Ansicht gelangt, 
dass sie bei einem grossen Procentsatze ihrer Tabeskranken Syphilis 
nachweisen konnten; allerdings vielfach nur in der Anamnese/. 
Weiter sei auch die häufige Besserung der Symptome der Tabes 
durch Quecksilbercuren als Stütze der Theorie verwerthet worden. 
Aus anderen Gründen sei der Vortragende gezwungen gewesen, 
während einer fünfjährigen Thätigkeit auf der Insel Yego die 
Tabes besonders im Auge zu behalten, habe aber bei einem Krankon- 
materiale von fast 60000 Personen, welche in seinem Krankenhause 
verkehrten, und bei Gelegenheit seiner Consultationsreisen nur fünf 
Tabeskranke gesehen. Obwohl Syphilis dort eine grosse Rolle spiele, 
habe nur in einem einzigen Falle untor diesen fiinfen ein Verdacht auf 
frühere syphilitische Ansteckung Berechtigung gehabt. Nach circa 
9800 eigenen Aufzeichnungen über Patienten ohne Auswahl seien 
bei 1015 Symptome von Syphilis vorhanden gewesen. In 248 Fällen 
sei recente Lucs, in 565 tardive und in 202 Fällen congenitale oder 
frühzeitig erworbene angeführt. Bei der tardiven Form seien 
126mal Gummigeschwülste an Knochen und Gelenken beobachtet 
worden, 76mal die Haut, 44mal das Nervensystem, 51 mal Gaumen, 
Rachen, Zunge, 9mal Penis, Vulva, Rectum, jo 5mal Hoden und 
Leber befallen gewesen, 30 mal die Nase. Von 1271 Augenkrank¬ 
heiten dieser Notizen seien 180 als interstitielle Keratitiden, bei 
deren Trägern Syphilis — meist congenitale — vorhanden ge¬ 
wesen sei, angeführt, und 26 mal Iritis auf luetischer Basis. Der 
Mangel an Behandlung odor unzweckmässige Behandlung hätten 
häufig ausgedehnte Zerstörungen entstehen lassen. 

Der Vortragende folgert aus seinen Beobachtungen: 1) dass 
die Bevölkerung, unter der er seine Beobachtungen machte, der Er¬ 
krankung an Tabes wohl zugänglich war: 2) dass für eine unge¬ 
störte Entwickelung der Folgen syphilitischer Ansteckung bei 
seiner Clientei sehr günstige Bedingungen vorhanden waren; 
3) dass das Nervensystem oft an Syphilis erkrankte, bei ander- 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 








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VßKBLVS-BEILAOE DER PEilTSCHikN MEDJCINISCHEM W<XlfEXSCHRiFT. 


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Din Bnaw^noßvn prlß'nif&ri OiWivhbür.nis und rin»- >&m\- 

»itirou Wo »imrrdtlr.HK werden kur?. i>*v.hrm ton und Cur die »Mm 
iiru|!p(! ii, <t iif diu WaimiobeiuHrbkeii mmr iT&uföcicnz «Ic, 

Dwttuhvi'ivt'blo-ms, v\iu Abniirües beim Ftipunwi ovale Imk.afiuf 
in*., auiüfüi'i^um ^nimn'hi. 

■ Audit mit dun hmbefimvn klimsuhon Bnubtudtümgon !ä^i d»i 
dm* nnvahnlv. uou.nunm' in- Vurr^hluss (ins Durtnr. wollt in l-fiuvi'.in 
UH «£**•• VW mdmrt bysoadrry du». Hmund mws WVW* i»w*!.. 
ug JsiU'tifm in* sp&termn DeUmmfUfen- nimu 

aifsrldtdtmrisDlmi l^steitfenc um Bers«> lErAtA' • 

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duiAdk die Art dnr KbV'6ütdlHtV|y, drs DuA-tm in- din d>kf:ü l 

Tntn fünften M/rt»kK> >n> ja.n-i SJnji ajr. M/'ks^f-rnfötu«s afny rmi- \ 

Advrrdk'üdr ijdrtwirkoiitnk tVr^i*! imWwcdmi. rfUKf. der dlttw *n?dn | 
und Wf*hr >pilz< iu AAinlH'i in <]«* Aurta suHird” Ajunümbuuiu fdui'idib | 
h'pme yordk* w s ibjf der- d vbid Dü^d ^.1 nr blhDudoAV'ajrd. ’-• 

klftpponavT im v^rbtobi, dm diu Mümiuuu ttn ddfdr | 

StHlr d,ep D'dto)*uwuii> Um» AjTü- v aortno in d»X Aorta deW'HudrH^ | 
ülUa-dfVdit' ?Vdluüirbr AArhiiltrukM? Wbtubün Uri dru' jkdiui ffpa \ 


Naturwissenschaftlich-medicimscher Verein 

in Strassburg. 

ModtdiviM-K* Kotfinn* 

S i Ik.u ug a'-m iX *J.u n u »r BW. 

( ■ •' - - WoiWt-zömiGr:. Hon- 1 .i»drt.»*rhi>r«': hu-hriiMiit*H'''-. Jb‘ v ^J l 
' Hat Fv.-ai.i sprivbi, a) üb»*t »dm* poavwortale 
Aug«niirin«3; *> 1 (Hmr ."im WirVn.o.u dm gaivaTiiri^bun --• ‘ ? _ 
auf'ganze WLrbeMiter«. *M ü!a:r J>» c-auAj^Bnt«teÄW% * v 
v B.ötiwe)>imK^n weior ^Od-otiBeJi geliörtor Töns. 

SitATmfp^-Ani 2 . Eutu’UHr JÖit 4 , ^ 

dtlufürstnri 0 ) ftUiv Aa/Äbl ä-irnpräv^ 14 -’ 


' ’dl doftöii ys .Wuibtz ./aiitrst. UdfehüiJftvn .wsir; 'WnyiW bt*i 
tldiivu t|es H]andus »md dm Kafzo v , ./■ 

Diesv tuVfi afhuäUlün vorbortdiüridb »fei. I 

Und Aorter>is.yMLMug ritfoÜt ünyatdbwi Vontrano d^r, \ylk dit‘ Bntr 
. witdudouji dßf yogptom-nfott ValVida tofnmin^ Qudi^ • 

1’ o '^‘> 11 : 1 !! nUldt dir.-.U t.itdund duJ.ll ir?o\A i.on»Ml Ällll 11 OJrUftr I fyi^sa^^maa'-x^vr^'^ ~ T ~~~<*n'i"' | ; 

l'ö!.m der t hi^ wSaM'U Ar»d>it! hSfhi!i iudnos [Sdiklinik. (jaroh tio- .WiiJudt »irr E;»i'!:mei üuyM»*oUmdr dUifbiorMgt -ms!, 

-im oivfou -uu.Umisoh'Hi ln.&til.u.tel umd dmltich tiniid» [ X^fou-runo ,|oi^n «owrit. .mfy»Äii.M„ idimcb^rrf*- ^ r J‘: 

iojt .o-mnHverSoi hr mit er«!iOi***ndun FJtmUü'kt'-ir.rn 1 iin uai.mr;U.'»r'nmi ' mjkrmimjsmdi hoi doi» Müi krH ii Vr.rgrossunin^r ,,uU>rp, “L 1 i -v rv , 0 - 
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Donnerstag 


3. Mai 1894. 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Dreiundzwaiizigster Congress der Deutschen Gesellschaft fUr Chirur¬ 
gie, Nachmittagssitzung am 18. April 1894: Habs. Kniegelenksexarti- 
eulationen. - Küster, Rhinoplastik. — Schede, Nicht-operative Be¬ 
handlung der angeborenen Hüftgeleuksverrenkung.— Hoffa, Pathologisch 
anatomische Demonstrationen zur Operation der angeborenen Hüft¬ 
gelenksverrenkung. — Iloidenhain. Fussresectionen. — Peterson, 
Typischer Radiusbruch. — Leser, Behandlung des Genu valgum. — 
Lauenstein: Behandlung der Innonrotation bei Pes equino-varus con- 
genitus. — Hoffa, Zur pathologischen Anatomie der Skoliosen. 

II. Verein für innere Medidn in Berlin, Genoralversammlung am 9. April 
1894: Neuwahl des Vorstandes. — Oestreich, Bronchialstenose. 
Discussion: Goldscheider, Leyden. Lazarus, Gerhardt, Man- 
kiewicz, Oestreich. — Lohnstein, Instrument zur Befestigung von 
Endoskopen, Cystoskopen und ähnlichen Apparaten. 

III. Berliner niedicinische Gesellschaft, Sitzung am 25. April 1894: 
Blaschko, Xanthoma tuberosum multiplex. — Th. Weyl, Ein neues 
Feuercloset. -- Loxor. Experimentelle Erzeugung osteomyelitischer 
Heerde. Discussion: M. Wolff, Litthauer. 

IV. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau, 
Klinischer Abend am 19. Januar 1894: Honle, a) Arthritis deformans 
der Wirbelsäule; b) Mammatumor. — Kader, Pylorusresection infolge 


Dreiundzwanzigster Congress der Deutschen 
Gesellschaft für Chirurgie in Berlin, 
18.-21. April 1894. 

Ref. Herrn. Frank (Berlin). 

Mittwoch den 18. April 1894, Nachmittagssitzung. 

1. Herr Habs (Magdeburg): Ueber 18 im Magdeburger Stadt- 
krankenhause ausgeführte Kniegelenksexarticiilationen (mit 
Krankenvorstellung). Bei der Hagedorn’schen Methode wird ein 
grosser vorderer Lappen gebildet, die Narbe sitzt an der Rücken- 
schloife des Gliedes. Die Tragfähigkeit des Stumpfes ist tadellos, 
es tritt keine Atrophie ein. 

Herr Bier (Kiel) erörtert die Frage: was macht den Stumpf trag¬ 
fähig? Nach seinen Versuchen ist es der Verschluss der unteren Mark¬ 
höhle am Knochenstumpfende mit natürlichem Knochen, nicht die grössere 
Stützfläche. 

2. Herr Küst er (Marburg): Bhinoplastik aus dem Arm (mit 
Krankendemonstration). Die italienische Methode eignet sich nur 
für partielle Nasenbildung, besonders der Spitze, hat aber den 
grossen Vortheil, dass sie, wenn sie nicht gelingt, jedenfalls nichts 
verdirbt, verdient also in humanitärer Beziehung den Vorzug, da 
sie das Gesicht sonst intact lässt. Gelingt das Verfahren nicht 
kosmetisch, so giebt es doch Material zu einer Unterfütterung des 
Lappens bei einer etwa nöthig werdenden zweiten Operation. 

An der Discussion betheiligen sich die Herren Schmid (Stettin), 
welcher über einen ähnlich operirten Fall berichtet, Herr v. Bardeleben 
(Berlin), welcher von der Plastik in einzelnen Fällen nicht sehr befriedigt 
ist, und Herr Krause (Altona), welcher auch bei der Nasenplastik seine 
vor einem Jahr beschriebene Methode mit gutem Erfolge verwendet hat. 

3. Herr Schede (Hamburg): Ueber die nicht-operative 
Behandlung der angeborenen Hüftgelenksverrenkung (mit 
Krankenvorstellung). Bei nicht stark ausgeprägter Deformität 
genügt zum Redressement Abduction, manuell Extension, Druck 
von aussen: sind die Weichtheile stärker verkürzt, so muss vor¬ 
bereitende Extension vorangehen. Das wesentliche der Behandlung 
liegt aber darin, dass die Kinder durch herumgehen gewissermaassen 
eine Pfanne am Becken sich selbst herausreiben. Zu diesem Zwecke 
benutzt Schede eine Schiene nach Art der Taylor’schen, bei 
welcher aber die durch Schraube abducirbare Hülse nicht am 
Beckengurt selbst angebracht ist, sondern an einer vom Becken- 
gurt erst nach abwärts gehenden kurzen Schienenstange. Hier¬ 
durch wird das Drehungscentrum des Beins im Hüftgelenk etwas 
nach abwärts vom ursprünglichen Centrum verlegt, das Bein also 
nur nach unten gedrückt. 29 so behandelte Patienten im Alter 
von fünf Monaten bis 17 Jahren sind zum Theil so ausgezeichnet 
ausgeführt, dass, wie die Demonstration von drei Personen lehrt, 
man das Vorhandengewesensein einer Luxation kaum glauben 
möchte. In 14 Fällen fehlt ein gutes Resultat, theils weil die 
Unterstützung der Eltern bei der Behandlung fehlt (dreimal), drei¬ 
mal weil eine Fixation nicht erzielt werden konnte; in den übrigen 
acht Fällen ist das Resultat unbekannt. Natürlich ist das Ver¬ 
fahren nur für einseitige Fälle zu gebrauchen. 


| Carcinoms. — E. Fraenkel, Dauererfolge der gegen die Retrodevia- 

! tionen des Uterus gerichteten Operationen. — Küstner, Dauererfolge 

j der Prolapsoperationen. — Callowon, Malaria. — Wiener, Folliculäro 
I Hypertrophie. — Neisser, a) Mikropapulöses Syphilid; b) Psoriasis. — 
Stolper, a) Missbildung des Urogenitalsystems; b) Spontanruptur des 
I Herzens. — Schiller, Hydrocephalus congenitus. 

V. Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn, 
Sitzung am 22. Januar 1894: Hillemauns, Vaccineophthalmie. — 
Becker, Gefahren der Narkose für den Diabetiker. — Krukenberg, 

i Aetiologie dos Caput obstipum. — E. Schultze, Hämatoporphyrin im 
Urin nach Trional. 

VI. Aerztlicher Verein in Hamburg, Sitzung am 23. Januar 1894: 
Kümmel 1, Frische Fracturen des Unterschenkels. — Discussion über 
den Vortrag von Schütz, Behandlung des Empyems bei Kindern: 
Simmonds, Kümmell, Schütz, Schede, Michael. — Oberg, 
Rachitis. — Simmonds, Wachsartige Degeneration. — Sudeck, 
Exstirpation des carcinomatüseu Uterus. — Grabow, Gystischo Ge¬ 
schwülste der weiblichen Genitalien. 

VII. Naturwlssenschaftlich-inedlcinischer Verein in Strassburg, Sitzung 
am 16. Februar 1894: M. B. Schmidt, Bedeutung der Schilddrüse für 
den Organismus. 


Heir v. Bergmann (Berlin) hat von der orthopaedischenBehandlung 
(namentlich von Hessing- Göggingen) die besten Resultate gesehen, 
während die schlecht ausgefallenen operativen Resultate sich wohl 
versteckeu. 

Herr Tillmans (Leipzig) sieht in der Stellung des Femurkopfes 
zum Schaft die Entscheidung für den guten oder schlechten Ausgang der 
Operation. Je stumpfer der Winkel, desto weniger ist zu erwarten. 

4. Herr Hoffa (Würzburg): Pathologisch anatomische 
Demonstrationen zur Operation der angeborenen Hüftgelenks- 
verrenkung. Bezüglich der Frage, w r as geschieht anatomisch an 
der künstlich gebildeten Pfanne, giebt ein von einem einjährigen 
Kinde, welches sechs Monate nach der Operation starb, gewonnenes 
Präparat Auskunft. Hier zeigt sich die Neuauflagerung von 
hyalinem Knorpel auf die Bindegewebsunterlage, welche in den 
spongiösen Knochen übergeht. Bemerkensw r erth ist die Dicke des 
Knochens an der inneren Pfannengegend. Beachtenswerth ist 
zweitens die Gestaltung des oberen Femurendes bei congenitaler 
Hüftluxation. Vom 3. bis 6. Lebensjahr stellt sich das Bein stark 
einwärts durch eine eigenthümliche Verbiegung des Halses. Macht 
man später die Operation, wenn diese Innenrotation eingetreten 
ist, so muss man der Nothwendigkeit einer dieselbe ausgleichen¬ 
den Osteotomie gewärtig sein. Kann die Eiterung nicht ver¬ 
hütet werden, so ist freilich Ankylose unausbleiblich, aber dieser 
Fehler trifft nicht die Operationsmethode. Bei älteren Kindern ist 
die Kopfform so verändert, dass man eine andere Methode wählen 
muss, da der Kopf so nicht reponirt werden kann. Das Hinderniss 
für die Feststellung des Kopfes liegt hier in der dicken, faltigen 
Kapsel und dem — wenn er vorhanden ist — sehr starken Ligamentum 
teres, welche sich zwischen dem Kopf und der gegenüberliegenden 
Beckenfläche schieben und einklemmen. Um hier eine Synostose 
zu gewinnen, muss man, wie bei einer Pseudarthrosenoperation, die 
hemmenden interponirten Weiehtheile ausschalten, sei es durch 
Zurückklappung oder durch Resection, um dann den angefrischten 
Kopf an das angefrischte Darmbein anheilen zu lassen. — Bezüg¬ 
lich des Vorhandenseins des Ligamentum teres ist zu bemerken, dass 
dasselbe bei doppelseitiger Luxation fast ausnahmslos (viermal 
von 44) fehlt, bei einseitigen dagegen vorhanden ist. Das Fehlen 
desselben lässt sich durch ein augenscheinlich knackendes Ge¬ 
räusch bei passiver Bewegung constatiren, und in diesem Falle 
kommt man vielleicht auch mit einem unblutigen Verfahren aus, 
wenn es gelingt, den Kopf am Becken zu fixiren, da damit die 
Interposition verfällt. 

Herr Schede (Hamburg): Die Kopfform ist. ausserordentlich ver¬ 
schieden, und zwar nicht nur vom Alter abhängig. Dio Verschiebung 
nach vorn ist zuweüon auch in früherem Alter zu sehen, dann muss das 
Bein eben stark nach innen rotirt werden. Indess ist für den Vortragenden 
eine Osteotomie nie nöthig geworden. Sollten ältere Personen openrt 
werden? Die Verhältnisse liegen hier sein’ ungünstig. Der Kopf steht 
hoch, ist sehr schwer herunterzuziehen, indess gelingt es doch zuweilen 
nach langwieriger Vorbereitung durch forcirte Extension, so bei einer 
20jährigen Dame, einem 13jährigen Knaben mit 7—8 cm V erkürzimg, 
und auch in einem Falle von 28 Jahre bestehender traumatischer Luxation. 

Herr Mikulicz (Breslau) muss den operativen Eingriffen, deren gute 
Resultate er auch nicht verkennt, das Verdienst zugestenen, dass sie einen 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







VBHEINS-BEIBÄGS DER ÖBUTJ 5 ®BN .ISCHEN WOGIiENSCHBIPT. 


18 - 

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ah.T dicsia jutuiituDs heraus orgkbl sich, dass all» BedhigrtiigjUi für nn- 
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Ural Ai.titchh-m nv-J hf worden. Dar .11 dkm Du Apparat in *r!eben Jl‘i> 
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j.u-u'djihM, i» t ulf.m uüt \ MiiP'-üUD.M, 1r»-i Day» catchen 

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Krfjge 7,wr 1 fd;! D r;»*», sind my-un- der Tnbcp‘Ui>lii“c criciren. 

Hör» f>vdytfi.*r *Kj-*ik.**i> äh.isi bxixivh i*rihi*u>i. Win V äUu^hrd . 
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KufibdüpcD V» 1 iflcii fv \D ( C(}H-prnira )IV di\> dabcckiuu Tmdh r .-0 

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Miiiific/rlji'iv.e-i. vur-| dü-u ibdiaitibiiun ciju-r raIbdudlen 1 ir-m-hhiDliiup* 
Hechdtarr; yvi iMa'-i, Dtc fiarpj v.-jr.-f in dir utpur-volnn- Stellung 
p'-nir-bte! u nJ kehrt flicht - wieder in . «bp fcbirrhäOt‘ Imgr zutdimr: 
die fbv-b-iii!: liiei bcip A\ipc Di zur iDitoilr *’!»• Dir i|ie 
vvvm u ; .|i p.ith"* n»](ijv lim Muskuhitui; die einirctemte 

Dtauun- tlitrllf «Dr r,^,- he. ee < '.«UM.ipldiion J'rirdcrli».h -ein; die 
J leijiweu L«iU,t iDscjiHr VO] Ach. VfihiHi \) bu h da- idnfacbe . 

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K.Ü»j(^kchHUNfA»>£ biniii-bcfnm'k^^^jLu 1 b mt vrne ftalm'HDmr 

bJtmige und a».fidt ehntpAbtn AnbigeTJiir-r tnn KnoulHUdnnSÄe rui die 
eaucave Seite .dev Iu-bmmuijr;, ah?u auf der Srdte des-DfUdKe* 
webltr. JtFt'h {Inr Atdktusimj^'dps VoriH^öde» du^ii bnstfirhnt Dt nb* 
Hr*mpiiui£f tnr d.» jd^bnDmdep f belr-aMbn jeu d„i im«„ ,. , Vi . 
zu ^ Wirken. Die ÄivlbieUur dm ekoii<dmrbme W irbvDdüIe ree* 
Wil '. ‘Bbu tmden'n Kimbhcu -ijÄji?k-ÖM 
Verh^iiiüssfii, dfe Tdr§j»m kommt dhbei nicht t^vbl 

■am h «'ui. -m. iM mehr grdtmji'öat umrfi.m kann. u«m.’ ^VT’iv,^ 
t\ ’ r :e-‘>i;\bmjH' der; Hog-onwurzei und (bddnkwSÄS 

Vereint für inaere Medicin in Serüa, 

, .fJffio»n.|Vfl-s»nimlun Ä ., m !). April ! 

Vorsii/endci - We r iin.ri.maui... -JilUhrHnrr Lnydene S-dnäb- ; 
Gib rer: Herr -d ;uM m wi» z - * ' i 

I N«n?:thl <U,a Vocslanfles ftud öewhtarwattwiK. ffn.s i 

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Das vmliremid- ibvinmid fjuD»irir«<*a‘ und imapw flti h* 

i-ammmihünn: di»> Knebm, . haben dmvb die J.C'i.httd.vifung iW Alkoam 
bin •veme- gaiirtms. Die Trachea Dl in UorTidgWid. der Bilm^nA 
m»»j r die Vva^d »''Mhui! ni-’ eine \veipse, iinrte. fibnw ji,,n. 
W Aiube. sieb in Uhu Äh (angst bm"i beider BrnneMeu fdrfeabzt-, Tkr 

linke .Denurijnu war m «eiijei Abgao^^B?Ue so . »rng, dDr 

fnit Mühe Hilf eine Meine Sehn-n* ; (?rd>i-;U’ii(i» dureh^elbcbeit Diüu-c 
rfhiter dm Sitninro, lmuabulh. der iutkmf, .L'u^a, lm><aiLd Mhc-viT * 
btbDmltüiclim lbe.il- ari; bmrdii^n. M»et). . *. nj»dMa»Ja bne-re ., 
dm ruit .-< < lih.bma*‘uDjee/u Hi'|it!i!»v !< ■.m.-lii»'». \»:-.-ji-n•- 

zeigt»’ die l in L * ) nr-m Zabii* ii »m kbin-ti mr miu m-.D, J>.. 
und Irische FlnunUs it.yilroäbeimusa. Dar rrrh'^ fenifcofok w f 
viel gerifigernm Oiadn aD »ler -tirdic. wrnugL jedoch Wf 

hier die immHiaih der {mnm* aeiermuD ibriit-ldeü •aaDdl.rrt- I, 
der Fingrbuug dm Bitdivaiitm evgni.- sieb Dine iTi'undiAanü »; 
Hi om IiimI. tr.'i^n, »bu ^aehtiar-clt^.d w.utj» idem ami '/i-d, m 
tiiwiiastdnab» iB*v.»dn\ Vurta .und, . Oi^ephitgiis ttitmn «*tm» F - 
dnd*U'tuig. Die-ar VefuigiTimg clurdi mm Höfe. Dbi>.%A Xk’i- 
fiiit ims-.-m-■ordV/iillb/h *a,nte? fb-rr-ut'mn .'-ntvpn,!.f p.maDdt- ■ u . 

IViiliefen ersehWürden (Vmrsrv und ich habe Dir 7.r- 
sebtdnli.- U % d-mr. ca sb.h tue otbo -ynbdiii~.>Tr Sh >;c-c lawubdr ifr 
übrigen -den Kbr|ief\ babefi ko?ruv der Syplula a 

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ADhDIutiy {der T. med, Klimk) höolüii-bDl -w^rdmn ist. uffi pme. 
zccrsl ha Yb i , d,»-ht der Plhidfc. riand; wir brnden aber nie 1 »ibi-rf• bt.ebi-. 


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Di e.!,, h,i ji-fA; jr«kv'«i iaic Ihn Ad 1 Hrehmuu’o von (hmn ■■■ 

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di’cib m w.-nvir, hm ilmt edutmordn Vßm'wdiufok ti«i dar uWcmbumr»p 

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3. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


19 


Diese Verlangsammung der Athmung wurde seiner Zeit von Rosenthal 
als Hemmung bezeichnet; in seinem Buche über die Athmung, das da¬ 
mals Aufsehen erregte, hat er dem Nervus recurrens die Fähigkeit zu¬ 
geschrieben, die Athmung zu hemmen, so dass also eine Lähmung des 
Recurrens die Athmung verlangsamen müsse. Traube hat diese An¬ 
schauung nicht anerkannt und hat die Verlangsamung auf die Verengerung 
der Stimmritze zurückgeführt. Er beruft sich hier auf verschiedene eigene 
Beobachtungen, sowie auf die Beobachtung eines englischen Arztes 
Worthington. Dieser berichtet von einem Kranken, bei dem 
infolge von syphilitischen Geschwüren mit folgender Vernarbung eine 
Verengerung der Luftröhre eintrat, und dass hierbei trotz Athemnoth die 
Zahl der Athemzüge in der Minute nicht mehr als (5 betrug. So weit 
ist sie in unserem Falle nicht gesunken, hier ist nur eine mässige Ver¬ 
langsamung beobachtet (12—14 Respirationen), aber doch ausgesprochen 
genug. Ich selbst habe das Phänomen seit 25 Jahren gekannt und ver¬ 
schiedentlich darauf geachtet. Vor Jahren ist mir ein solcher Fall hier 
in Berlin zur Beobachtung gekommen, den ich mit dem verstorbenen 
Collegen Klatsch in der Privatpraxis beobachtete: ein Patient, der tuber¬ 
kulös war und starke Drüsenanschwellungen hatte, zeigte eine verlang¬ 
samte Respiration, welche bis auf 5 in der Minute sank; die Erscheinungen 
einer Compression der Luftröhre oder eines Luftröhrenastes bestanden 
gleichzeitig. Bei dem Patienten trat Perforation eines Drüsenabscesses 
in die Lunge ein; er entleerte Eiter und ist wieder so weit gesund ge¬ 
worden. dass er von dieser Affection hergestellt wurde. Das ist der ex¬ 
quisiteste Fall der Art, den ich selbst gesehen habe: ich möchte aber noch 
an die relativen Verlangsamungen der Athmung erinnern, welche bei Ver¬ 
engerung des Larynx durch Croup Vorkommen: solche Kinder haben trotz 
der hochgradigsten Dyspnoo und Cyanose häufig nicht mehr als 20 bis 
24 Respirationen, von lautem Stridor begleitet. Ebenso beobachtet man 
beim Bronchialasthma eine im Verhältniss zur Athemnoth langsame 
Respiration, worauf, wie Sie sehen, auch Traube schon die Aufmerk¬ 
samkeit gelenkt hat. Hier besteht eine Verengerung der kleinen Bronchien, 
worin die Ursache der verlangsamten Athmung zu suchen ist. Die Deutung 
des Phänomens gelingt am vollständigsten und leichtesten nach der seiner 
Zeit von Breuer in Wien aufgestellten Theorie der Athmung, abhängig 
von der verschiedenen Spannung des Lungenparenchyms. 

Herr Lazarus: Ich möchte Herrn Leyden fragen, warum er diese 
Anfälle asthmatische nennt und wie er sich ihre Entstehung denkt. In 
einem ähnlichen Falle, den ich diese Woche zu beobachten Gelegenheit 
hatte, in welchem es sich um Bronchostenose durch Aneurysma handelt, 
und in einem andern Fall, den ich vor einem Jahre hier demonstrirt habe, 
in welchem es sich um Trachealstenose infolge von indurirten Bronchial¬ 
drüsen handelte, habe ich ebenfalls solche scheinbar asthmatische Anfälle 
beobachtet. Namentlich in erstcrem Falle, in welchem die Athemfrequenz 
sehr erheblich herabgesetzt war, schien es mir, dass die venöse Stauung 
auf der Bronchialschleimhaut und die dadurch bedingte Kohlensäure- 
anhäufung im Blut — wie Traube uns dies gelehrt hat — die Ursache der 
Erstickungsanfälle war. Die letzteren waren übrigens derartig heftig, dass 
man sich trotz der Aussichtslosigkeit der Operation, aber dem Erstickungs¬ 
tode gegenüber, zur Tracheotomie entschloss. Der Patient wurde dadurch 
noch circa vier Tage am Leben erhalten. Ich komme auf diesen Fall in 
der nächsten Sitzung zurück. 

Herr Gerhardt: Mit dieser relativen Verlangsamung der Athmung 
habe ich mich früher auch beschäftigt, 1861 in meiner Arbeit über den 
Kehlkopfcroup. Es ist namentlich später sehr gut unter Leitung von 
Biermann gezeigt worden, dass man bei Kaninchen durch Zuschnürung 
der Trachea mit einem Faden die Athmung verlangsamen kann. Daher 
meine ich, dass die Enge des Rohrs die Ursache abgiebt. W as übrigens 
die Erkennung dieser Tracheastenose betrifft, so kann man nach Vorschlag 
von Demme Sonden einführen in die Trachea, was eine leichte, aber unan¬ 
genehme Procedur ist. Man kann dann larvngoskopiren; da ergiebt sich 
der Schluss, es ist eine Form von Athemnoth mit complementären Ein¬ 
ziehungen der Brust, tönendem Geräusch, die auf Verengerung der oberen 
Luftwege hinweist, aber der Larynx steht wagenweit offen, so dass man 
schliessen kann, das Hinderniss sitzt unten in der Trachea. Dann kann 
man noch zwei Kennzeichen benutzen, nämlich erstens: bei Laryngo- 
stenose wird der Kopf rückwärts gebeugt, bei Croup und dergleichen, 
es ist das ein mechanisches Bestreben, den Kehlkopf dadurch zu erweitern, 
dass man ihn an die Halswirbelsäule andrückt, dagegen bei Tracheostenose 
wird durch Spannung der Trachea die Athemnoth gesteigert, und darum 
haben diese Kranken meist eine Haltung, bei der das Kinn dem Brust¬ 
bein genähert ist, und daraus kann man manchmal einen Schluss ziehen. 
Endlich giebt der fühlbare Stridor einen sehr guten Anhaltspunkt, Wer 
ein wenig fein fühlen kann und einem solchen Kranken den Finger in die 
Grube am Einschnitt des Brustbeins legt, der fühlt bei einer Laryngo- 
stenose entweder doppelten oder doch wenigstens inspiratorisch allein 
oder stärker vorhandenen Stridor, dagegen bei Tracheostenose, namentlich 
tiefsitzender, fühlt man ein Schwirren, das nur bei der Exspiration wahr¬ 
nehmbar ist, und dadurch kann man oft Tracheastenose von Laryngo- 
stenose unterscheiden. 

Herr Mankiewicz: Der Herr Vortragende hat besonders hervor¬ 
gehoben, dass sich bei der Section kein anderes Zeichen von Lues ge¬ 
funden hat, als die demonstrirte Bronchusstenose. Die pathologischen 
Anatomen pflegen nun aus einem Heerde keine Diagnose auf Syphilis 
zu stellen, fordern im Gegentheil eine Multiplicität der Erkrankung, um 
sicher Lues diagnosticiren zu können. Ich frage nun Herrn Oestreich, 
findet sich an der Narbe oder in deren Umgebung irgend etwas so 
charakteristisches und specifisches, um die Stenose für sicher auf luischer 
Basis beruhend anzusprechen? 

Herr Oestreich: Ich habe gesagt, die Veränderung lasse mit grosser 
Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, dass es sich um Syphilis handele: 
wegen der ausserordentlich tiefen strahligen Narben mit starker Retraction 


und wegen des Sitzes. Eine absolute Sicherheit kann ich natürlich nicht 
geben, würde aber nicht bei Processen, die der Syphilis bekanntermaassen 
sehr stark verdächtig sind, schwanken. Syphilis anzunehmen, auch wenn 
an keiner anderen Stelle der Leiche ein syphilitischer Process gefunden 
worden ist. 

Herr Leyden: Ich füge noch zwei Symptome hinzu. Erstens, dass 
die Stimme volltändig klar war, und zweitens, dass bei der Inspiration 
die linke Seite zurückblieb, während die rechte sich gut zeigte. Die 
Frage von Herrn Lazarus kann ich allerdings nicht beantworten, nämlich 
die Frage, warum ein dauerndes Athmungshinderniss zu zeitweisen An¬ 
fällen von Dyspnoe führt. Es würde das ein sehr interessanter Gegen¬ 
stand der Discussion sein. Ich meinerseits will nur so viel sagen, dass 
sich dies Verhältniss an andere Beobachtungen anschliesst. Bei dauernden 
Hindernissen, zum Beispiel Respirationshindornissen, beobachten wir nicht 
eine dauernde gleichmässige Dyspnoe, sondern Anfälle derselben. Bei 
Herzkrankheiten ist cs ebenso bekannt, man sieht nicht ein, warum Herz¬ 
kranke mit Dilatation des linken Ventrikels plötzlich astkmatischo Anfälle 
bekommen und sich zu anderer Zeit sehr gut befinden. Ich kann darüber 
keine befriedigende Erklärung geben. Ich erinnere nur daran, dass 
asthmatische Anfüllo öfters zur Nachtzeit eintroten, was dadurch zu er¬ 
klären ist, dass im Schlaf die Respiration langsamer wird und weniger 
ergiebig ist. Eine Frage, die mir noch sehr interessant erscheint, ist die, 
warum diese Patientin eigentlich gestorben ist. Wir wisson doch, dass 
ein Mensch mit einer iutacten Lunge ganz gut athmen kann. Warum 
also ein Patient, der wie hier eine starke Verengerung eines Bronchus 
besitzt, in einem dyspnoeischen Anfall stirbt, das ist eine Frage, die ich 
im Augenblick nicht in der Lage bin, zu beantworten. Wenn wir ein 
grosses pleuritisches Exsudat haben, so lebt ein Patient unter Umständen 
ganz gut. Hier war nicht nur die rechte Lunge ganz intacl. sondern die 
linke Lunge hat doch noch zum Theil mitgeathmet, trotzdem trat der 
Tod im Anfalle ein. Ich würde nicht in der Lage sein, hierfür eine be¬ 
stimmte Erklärung geben zu können. Zum Schlüsse will ich noch be¬ 
tonen, dass ich, der ich doch im allgemeinen nicht zu den Syphilis¬ 
fanatikern gehöre, dennoch liier den syphilitischen Ursprung der Broncho¬ 
stenose für unzweifelhaft erklären würde, denn es liegen bereits in der 
Litteratur mehrere analoge Beobachtungen von syphilitischer Broncho¬ 
stenose vor. 

3. Herr Lohnstein: Demonstration eines Instruments zur 
Befestigung von Endoskopen, Cystoskopen und ähnlichen 
Apparaten. (Die Mittheilung wird in dieser Wochenschrift er¬ 
folgen.) _ 


Berliner medicinisclie Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 25. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

1. Herr Blaschko (vor der Tagesordnung) stellt einen Fall 
von Xanthoma tuberosum multiplex bei einem fünfjährigen 
Knaben vor. Die Erkrankung begann im August vorigen Jahres 
mit dem Auftreten einer Geschwulst am rechten Gehörgang, der 
im September-October 1893 symmetrisch an beiden Achselfalten, 
Inguinalfalten und auf beiden Seiten des Halses gelegene folgten. 
Trotz lokaler (Sublimatcollodium) und allgemeiner (Arsen, Jodkali) 
Therapie vermehrten sich die Tumoren derart, dass jetzt der ganze 
Körper des Patienten mit tausenden dieser kleinen Geschwülste 
iibersät ist; auch in der Zunge, auf dem weichen Gaumen und in 
der hinteren Rachenwand finden sich dieselben. Mit den herrschen¬ 
den Lehren von der Entwickelung der Geschwülste lässt sich dieser 
Fall schwer vereinigen: ein Hervorgehen aus versprengten embryo¬ 
nalen Keimen ist bei der acuten Entwickelung und dem symme¬ 
trischen Auftreten der Geschwülste nicht anzunehmen, ebenso wenig 
lässt sich diese Symmetrie bei embolischer Uebertragung infectiöser 
Keime verstehen/ Wenn für solche symmetrische Geschwülste ein 
Zusammenhang mit dem Nervensystem statuirt wird, so ist damit 
für die Entstehung derselben noch keinerlei Erklärung gegeben. — 
Der Vortragende hat in diesen Tagen einen zweiten Fall von Xan- 
thom bei einem zweiten Knaben von l'/> Jahren beobachtet, der 
bis jetzt ebenso acut verlaufen ist und ähnliche Lokalisation auf¬ 
weist wie der vorgestellte Fall; nur sind die Tumoren noch nicht 
so zahlreich. 

2. Herr Th. Weyl (vor der Tagesordnung): Ein neues Feuer¬ 
closet. Im Anschluss an seine Studien über die Müllverbrennung 
nach englischem Muster, welche die Einführung der Müllverbren¬ 
nung in Berlin zur Folge haben dürften, versuchte Woyl einen 
Apparat zu construiren, der, in jedem Hause aufstellbar, die Ver¬ 
brennung aller Abfälle des menschlichen Haushaltes, namentlich 
der Fäcalien und des Harns gestattet. Dies ist demselben unter 
Beihülfe des Ingenieurs Max Seipp in Berlin gelungen. Das neue 
Feuercloset wird unter dem Closet, verbunden mit demselben durch 
ein Fallrohr, aufgestellt. Die Fäcalien fallen auf zwei Walzen, 
welche durch Oeffnung der Closetthür sich um ihre Achse drehen, 
hierbei gleichzeitig ein wenig auseinander weichen und in ihre 
Ausgangsstellung zurückpendeln. Durch diese Bewegung werden 
die Fäcalien auf der Oberfläche der Walze in dünner Schicht aus¬ 
gebreitet, durch die Flamme eines Kohlenfeuers, welche die Walzen 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 





VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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No. 3 


bestreicht, vorgetrocknet und sehr schnell verbrannt. Der in einem 
unterhalb der Walzen angeordneten Gefässe gesammelte Harn ver¬ 
dampft und verbrennt überraschend schnell. Das Feuercloset lässt 
sich an jeden Küchenschornstein anschliessen und arbeitet voll¬ 
kommen geruchlos. Für Villen wird es ein-, beziehentlich zwei¬ 
sitzig hergestellt. Für Schulen, Kasernen, Krankenhäuser, Gerichts¬ 
gebäude und Bahnhöfe mit zehn und mehr Sitzen. Ein achtsitziges 
Feuercloset functionirt seit mehr als vier Monaten in der bekannten 
Geldschrankfabrik von Arnheim, Berlin N., Badstrasse 40 (Gesund¬ 
brunnen) und kann dort von 9 bis 4 wochentäglich ohne 
vorhergehende Anmeldung besichtigt werden. Die bei der 
Verbrennung entstandene Asche fällt in ein Sammelgefäss und 
liefert vorzüglichen Dünger. Der Verbrauch an Steinkohlen be¬ 
trägt pro Tag bei hundertmaliger Benutzung nur 20 Pfennige. Die 
Einrichtungen sind derart getroffen, dass bei jedem gut ausge¬ 
bildeten Tonnensystem die Tonnen durch den Ofen des Feuerclosets 
ersetzt werden können. Namentlich für nicht canalisirte Städte 
dürfte sich der neue Apparat bewähren. 

3. Herr Lex er: Experimentelle Erzeugung osteomye¬ 
litischer Heerde. Der Vortragende weist einleitend auf die 
Verschiedenheit der Versuchsergebnisse der Autoren hin. Während 
eine Anzahl der letzteren eine Knochenmarkeiterung nach Injection 
von Staphylococcenreinculturen in die Blutbahn nur erzielen 
konnten, nachdem ein Knochen durch schweres Trauma (meist 
wurde eine subcutane Fractur angelegt) dazu vorbereitet war, hat 
eine Reihe anderer Forscher nach dem Vorgänge von Rodet (1889) 
eine der Osteomyelitis des Menschen ganz analoge Knochen¬ 
erkrankung an jungen Thieren, lediglich nach intravenöser In¬ 
jection von Reinculturen ein treten sehen, ein Resultat, das jedoch 
von Ullmann (1891), soweit demselben die betreffenden Arbeiten 
damals bekannt waren, nicht bestätigt werden konnte. Auch dieser 
Autor musste, selbst bei jungen Thieren, eine gleichzeitige grobe 
Verletzung eines Knochen setzen, ohne welche eine Knochenmark¬ 
eiterung nicht erhalten wurde. Vortragender benutzte bei seinen 
Thierversuchen frische, eben getrübte Bouillonculturen des Sta- 
phylococcus pyogenes aureus zu intravenösen Injectionen. Zur 
Erlangung von Localisationen am Knochen spielt das Alter der 
Thiere und die Dosirung des Injectionsstoffes die grösste Rolle. 
Am geeignetsten erwiesen sich sieben- bis zehnwöchentliche kräftige 
Thiere (Kaninchen). Sie gingen nach intravenöser Injection von 
0,1—0,2 innerhalb von zwei Wochen zugrunde und zeigten ausser 
geringgradiger Betheiligung der Nieren nur Localisationen am 
Knochensystem, ohne dass also an dem letzteren durch irgend 
ein Trauma eine Prädisposition geschaffen worden war. Die patho¬ 
logischen Veränderungen am Knochen erschienen (nach einer Be¬ 
obachtung von 22 Kaninchen) als subperiostale Eiterheerde mit 
Ostitis und oberflächlicher Sequesterbildung, tlieilweise Lösung oder 
Lockerung der Epiphyse durch Eiterung am Diaphysenende, Zer¬ 
störung und Perforation der Epiphysenknorpeltheile, Eiterheerde 
im Knochenmark, ferner einigemale als Epiphysenheerde. Die Ge¬ 
lenke erkrankten im Anschluss an Knochenheerde, die im Bereiche 
der Gelenkkapseln lagen. In allen Fällen waren gleichzeitig 
mehrere Knochen Sitz der Erkrankung. Da diese pathologischen 
Veränderungen mit besonderer Vorliebe nur in der Nähe deijenigen 
Epiphysen auftraten, an denen das stärkste Wachsthum statt¬ 


findet (oberes Ende von Humerus und Tibia, unteres Ende vom 
Femur), so kommt die experimentelle Erkrankung, der nur die 
rasche Verbreitung und Ausdehnung der subperiostalen und 
Knochenmarkeiterung fehlt, der Osteomyelitis des Menschen ziemlich 
nahe und entspricht einer schweren, multipel auftretenden Osteo¬ 
myelitis. An alten Thieren, bei denen die Epiphysenverschmelzung 
schon eingetreten war, wurden ähnliche Localisationen am Knochen 
nicht erhalten; die Thiere boten mit multiplen Heerden in den 
inneren Organen und Gelenkeiterungen, wie dies bekannt ist, den 
Befund der Pyämie. In dem verschiedenen Verhalten junger und 
alter Thiere vermuthet Vortragender eine experimentelle Bestätigung 
der neuerdings verschiedentlich ausgesprochenen Ansicht, dass die 
acute Osteomyelitis als eine pyämische Localisation der Wachsthums¬ 
periode zu betrachten sei. (Die Arbeit wird im Archiv für 
klinische Chirurgie demnächst veröffentlicht werden.) 

Herr Max Wolff: Der Werth der eben mitgetheilten Versuche 
des Herrn Lexer ist als ein sehr erheblicher anzusehen für die Erzeu¬ 
gung der Infektionskrankheit, die wir als acute, infcctiöse Osteomyelitis 
bezeichnen, wie Sie gehört haben, in. H., ist es bereits früher verschie¬ 
denen Experimentatoren gelungen, auf künstlichem Wege durch Injection 
von aufgeschwemmten Reinculturen des Staphylococeus aureus in die 
Blutbahn bei Thieren schwere, der acuten Osteomyelitis dos Menschen 
ahnlicho Knochenmarkaffectionen zu erzeugen. Diese Versuche waren 
jedoch nur dann von Erfolg, wenn vor der intravenösen Injection des 
otaphylococcus aureus Schädigungen am Knochen vorgenommen waren, 
die entweder m subcutanen Knochenquetschungen oder Fracturen be¬ 
standen; erst dann fanden sich also wiederholt bei diesen Experimenten 
an der Fracturstelle oder an der Stelle der Quetschung Abscesse mit sehr 


zahlreichen Staphylococcen darin, die Knochen von Periost entblösst und 
im Anschluss an die Fracturstelle oder auch in weiterer Entfernung von 
derselben im Knochenmark Eiterheerde, aus denen wiederum Staphylo¬ 
coceus aureus gezüchtet werden konnte. — Nun unterliegt es aber 
nach der klinischen Erfahrung gar keinem Zweifel, dass ein Trauma 
wie es in den angegebenen Versuchen ausgeführt worden ist, zur Ent¬ 
stehung der infectiüsen Osteomyelitis beim Menschen keineswegs noth- 
wendig ist, wenn solches auch wiederholt in derartigen Fällen als voran¬ 
gegangen beobachtet wurde. Auf Grund dieser klinischen Erfahrumr konnte 
man also auch Bedenken tragen, diese experimentell erzeugten Knociien- 
eiterungen ohne weiteres der spontanen acuten Osteomyelitis beim 
Menschen als gleichwertig hinzustellen. Es war daher ein erheblicher 
Fortschritt, als Rodet nachwies, dass es gelingt, auch ohne vorher¬ 
gehende Knochenverletzung durch Injection von Staphylococeus aureus in 
die Blutbahn typische Osteomyelitis zu erzeugen. Diese Versuche haben 
nun durch Herrn Lexer’s beweisende Versuche eine sehr ausgezeichnet! 
Bestätigung erfahren. Dass junge Thiere vorwiegend geeignet sind, posi¬ 
tive Resultate zu geben, wird auch von anderer Seite behauptet. — Di* 
vorwiegende Localisation der Osteomyelitis in den Versuchen des Herrn 
Lexer an den Epiphysen der Röhrenknochen ist wohl auf anatomisch!' 
Gründe zurückzuführen, auf die Gefässverhältnisse an diesen Stellen uinl 
das leichtere Steckenbleiben der Organismen daselbst, — Die mitgetheilten 
Versuche haben aber auch ein grosses theoretisches Interesse, insofern 
sich an die früheren Versuche die Vorstellung anschloss, dass die eiter- 
erregenden Coccen nur in zuvor geschwächten und in ihrer Constitution 
geänderten Geweben sich entwickeln und Schaden bringen können. 
Die Versuche von Herrn Lexer wie die von Rodet beweisen 
aufs neue, dass die in Rede stehenden Organismen potent 

genug sind, um auch ohne solche vorausgehende Gewebsschädi¬ 

gungen, wie Facturen und Quetschungen der Knochen, ihre delctän 
Wirksamkeit auszuüben. — Es hat sich hier derselbe Vorgang wiederholt 
wie bei der künstlichen Erzeugung der Endocarditis ulcerosa, die ja eben¬ 
falls durch den in Rede stehenden Staphylococeus aureus erzeugt werden 
kann. Anfänglich konnte dieselbe nur nacli einer vorausgehenden Läsion 
der Herzklappen erreicht werden, bis es Ribbert gelang, dasselbe Er¬ 
gebnis auch ohne traumatische Vorbereitung der Klappen zu erreichen, 
wenn er den Impfstoff auf besser haftendem Material, von Kartoffel 
culturen des Staphylococeus aureus in die Bluthahn brachte. Auch hier 
waren also alsdann traumatische Eingriffe an den Klappen eben so wenic 
mehl* nothwendig zur Erzeugung der Krankheit wie bei der Osteomyelitis 
Ein zweiter Punkt, den ich im Anschluss an die Versuche von Hem 
Lexer erwähnen möchte, betrifft die Frage, ob der Slaphylococcu- 
pyogenes aureus als die alleinige Ursache für die acute infeetfe 
Osteomyelitis anzusprechen ist. Bekanntlich finden sieh ja auch Angaben 
dahin gehend, dass als Ursache der Osteomyelitis mehrere verschiedene 
Organismen anzusehen sind. Hierhin gehören ausser dem Aureus der 
Staphylococeus albus, der Stieptococcus pyogenes, ferner auch Bacillen 
formen; diese anderen Organismen sind entweder allein oder mit dem 
Staphylococeus aureus zusammen bei der Osteomyelitis gefunden worden 
Dem gegenüber muss man aber hervorhehen, dass sowohl midi 
dem, was ich selbst gesehen habe, als auch nach den Litteratur- 
angaben in der so überwiegenden Zahl von sicheren Osteomyelitisßllcn 
der Staphylococeus aureus allein aus den Erkrankungsheerden gezüchtet 
worden ist, dass in diesem Organismus die alleinige, zum mindesten aber 
die wesentlichste Ursache der Osteomyelitis zu suchen ist. Höchsten' 
kommt bei der Osteomyelitis noch sein nächster Verwandter, der Stapbd°- 
coccus albus, in Betracht, während es sich hei dem Befund andern 
Organismenformen wohl zweifellos entweder um Mischinfectionen handelt, 
oder man sich die Frage vorlegen muss, ob es sich nicht um Knochen- 
eiterungen anderer Art handelte, die man irrthümlich zur Osteomjeii i* 
acuta infeetiosa gezählt hat. Ich möchte mir hier nun aber g 

kurz noch eine dritte Bemerkung erlauben, die zwar nicht dire 
mit den Versuchen des Herrn Lexer in Verbindung steht, aber siu 
doch auf die wichtige Frage der Entstehung der Osteomyelitis ><■ 
haupt bezieht. Es giebt hier noch manche dunkle Punkte autzuie -- 
zu denen namentlich der gehört, woher denn nun eigentlich die t 
myelitiscoccen ins Blut und von hieraus ins Knochenmark gelangen • . 

Veranlassung für die Entstehung einer Osteomyelitis ist ja nicht sc * 
einem Eiterheerd an einer beliebigen Stelle des Körpers zu suchen, 
dem aus die Staphylococcen alsdann in den Blutstrom hineingolangen ’o 
in einen Knochen deponirt werden und hier die Erkrankuug niac ^ 

Hier hat die Osteomyelitis eine bekannte Eingangspforte und as - 
nicht die dunklen Fälle-, sondern die, in denen die Krankhei e 
spontan auftritt, ohne dass derartige Infectionsquellen im> hoip>* . 

liegen; die ersten Heerde der Infection finden sich im Ano _ 
einfach oder multipel, die Eingangspforte aber für den btaphj loc 1 ^ 

unbekannt. Es war mir nun immer sehr auffallend gewesen. , „ j n ji- 
acute infectiöse Osteomyelitis am häufigsten gerade jugendlic , 
viduen befällt, und die Frage, ob nicht eine fötale Infection k 

dieser dunklen Fälle herangezogen werden muss, verdient tue 
sichtigung. Wenn ich das so sage, meine Herren, so geschieh he n, 
ohne weiteres, sondern auf Grund einer ganzen Anzahl von . .• Tenl 

die ich früher angestellt und in der Festschrift zu \ irchow J \, n 

Geburtstag veröffentlicht habe und in denen der Nachweis ge m ^ 
ist, dass gerade der Staphylococeus aureus aus dem mütterii , jt 

auf den Fötus, und zwar sowohl beim Menschen als beim i * 
und dass dieser Uebergang den Versuchen zufolge sogar verm^ / . j fD 
häufig zu Stande kommt. Ich habe dort auch hervorgeho * 0D]ve liti- ; 
Staphylococcen im Organismus hei der acuten infectiösiirischen öfu f 
eine sehr lange Lebensfähigkeit zugesprochen wird. lJie me , ffß trennten 

durch viele Jahre, bis zu 20 und 30 Jahren, von , ®j_ e . n eiK 

Osteomyelitisanfälle bei demselben Individuum werden nicht w« 


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UNIVERSITY OF MICHIG/ 




3. Mai. _ VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Infection von aussen zurückgeführt, sondern viel wahrscheinlicher auf 
lebensfähige Keime, die an den ausgeheilten zuerst entstandenen osteo¬ 
myelitischen Heerden zurückgeblieben sind und die unter uns unbekannten 
Bedingungen nach langer Zeit plötzlich wieder ihre Thätigkeit entfalten. 
Wenn Sie das bedenken, dann wird vielleicht diese dunkle Form von 
Osteomyelitis ohne bekannte Eingangspforte in manchen Fällen durch die 
fötale Infection unserer Erkenntniss näher gerückt. Auch die nachweisliche 
Lebenszähigkeit der künstlich gezüchteten Staphylococcen ausserhalb 
des Körpers gegen Einwirkungen der verschiedensten Art könnte für 
diese Annahme verwerthet werden. 

Herr Litthauer: Der Herr Vortragende hat durch seine For¬ 
schungen den experimentellen Nachweis geführt, dass die physiologischen 
Functionen und die Beschaffenheit der Gewebe an den Cebergangsstellen der 
Epi- und Diaphysen an den Extremitäten junger Thiere in gleicherweise 
einen Locus minoris resistentiae, einen Angriffspunkt schafft für die durch 
die intravenöse Injection in den Blutstrom eingeführten Staphylococcen- 
aufschwemmung, wie eine Gewalteinwirkung, welche keine Continuitäts- 
trennung der Haut, also nur eine subcutane Verletzung veranlasst und 
daher auch nicht das Eindringen der Infectionserreger verschuldet, die 
Ansiedelung der in dem Saftstrom kreisenden oder irgendwo deponirten 
Infectionserreger bedingt und zur Entwickelung eines osteomyelitischen 
Prozesses \ eranlassung giebt. Wie bei grösseren Thieren die intravenöse 
Infection einer Staphylococcenaufschmemmung wirkungslos verläuft, so 
können häufig pathogene Mikroorganismen von Menschen lange Zeit 
schadlos getragen werden. Wenn diese Individuen aber eine Contusion 
erfahren, dann wird die contundirte Stelle durch die Krankheitserreger 
zum Ausgangspunkte häufig deletärer Vorgänge. Vor einer Reihe von 
Jahren hat ein Gastwirth einen Kellner mit einem Stocke in die Becken¬ 
gegend geschlagen. Obwohl eine Wunde nicht erzeugt wurde, stellten 
sich Schmerzen in der Hüfte ein. der Kranke fing an zu fiebern, es ent¬ 
wickelte sich eine Lungenentzündung, welcher der Kranke erlag. Es 
wurden bei der gerichtlichen Section osteomyelitische Heerde und eine 
Infiltration der Lungen festgestellt. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab, dass die Lungenentzündung und osteomyelitischen Veränderungen 
durch gleiche Krankheitserreger veranlasst wurden. Prof. B i r c h - Hi r s c h - 
feld in Leipzig konnte sich nicht entschlossen, anzunehmen, dass durch 
die Stockschläge die Ansiedelung der Streptococcen im Becken veranlasst 
wurde und dass die durch die Streptococceneinwanderung in die Lungen 
bedingte tödtliche Lungenentzündung die secundiiro Folge der Stock¬ 
schläge gewesen ist. Ich erlaube mir die Frage aufzuwerfen, wie der 
Arzt urtheilen müsste, wenn ein Arbeiter bei der Arbeit z. B. von einem 
Treibriemen gefasst eine Oontusion ohne Continuitätstrennung der Haut 
erlitten und eine Osteomyelitis davon getragen hätte. Ich bin der An¬ 
sicht, dass ein grosser Theil der Aerzte sagen würde, dass der Unfall 
ein bedeutsames occasionelles Moment für die Entwickelung der Osteo¬ 
myelitis gewesen ist. Noch grössere Schwierigkeiten als bei der Osteo¬ 
myelitis treten dein Sachverständigen entgegen, wenn er über die Ein¬ 
wirkung traumatischer Einflüsse — ohne Continuitätstrennung der Haut 
auf die Entstehung anderer, durch specifische Krankheitserreger be¬ 
dingter Krankheiten (Tubereulose, Pneumonie etc., Carcinom) ein Gut¬ 
achten abgeben soll. Ich wollte mir erlauben im Anschluss an den eben 
gehörten Vortrag die Aufmerksamkeit der Herren Collegen auf den be¬ 
rührten Gegenstand zu lenken. 

4. Herr L. Landau: Zur Behandlung von complicirten 
Beckenabscessen. (Der Vortrag wurde der vorgerückten Zeit 
wegen abgebrochen und wird im Zusammenhang veröffentlicht 
werden.) Max Salomon. 


Schlesische Gesellschaft für Vaterländische 
Cultur in Breslau. 

Klinischer Abend am 19. Januar 1894. 

1. Herr Henle stellt einen Fall von Arthritis deformans 
der Wirbelsäule vor. Derselbe ist dem in einer der letzten 
Sitzungen hier gezeigten so ähnlich, dass ein weiteres Ein¬ 
gehen nicht nöthig ist. An eine Erkrankung einzelner Wirbel 
durch Tuberkulose ist auch hier nicht zu denken, ebensowenig 
an eine Alterskyphose bei der 35 Jahre alten Patientin. Als 
Unterschiede von dem früher gesehenen Falle sind nur hervorzu¬ 
heben einmal das Freibleiben der Halswirbelsäule, welche fast voll¬ 
kommen beweglich ist, dann die Aetiologie, welche hier auf 2 vor 
18 Jahren erlittene Traumen zurückführt, der Anfangs Schmerzen, 
dann seit 8 Jahren die jetzt bestehende Form Veränderung folgte. 
Ein Gypscorsett mit besonderen Achselstützen leistet der Patientin 
gute Dienste. 

b) Derselbe stellt eine Frau mit einem Mammatnmor vor, 
von dem sich infolge eines Erysipels grosse Theile abgestossen 
haben. Das letztere war bei Aufnahme der Patientin, die zum 
Zweck der Operation die Königl. Chirurg. Klinik aufgesucht hatte, 
bereits ausgebrochen. Fieber und Röthung der Haut hielten 
11 Tage an, und während dieser Zeit Hessen sich von dem schon 
vorher ulcerirten Tumor losgebröckelte Partieen, im ganzen zwei 
gute Esslöffel voll, ohne Blutung entfernen. Es entstand dadurch 
eine bis auf den Pectoralis reichende Wundhöhle. Erysipel und 
Abstossung der Gesehwuslt haben dann aufgehört, den Haupt- 
antheil des Tumors zurücklassend und von neuem beweisend, dass 


die Hoffnung auf Ausheilung von bösartigen Geschwülsten durch 
Erysipelcoccen eine sehr unsichere ist. 

Die bacteriologische Untersuchung der abgestossenen Tumor- 
theile ergab massenhafte Strepto-, weniger reichliche gelbe Staphylo¬ 
coccen. Es ist die Annahme wohl gerechtfertigt, dass die vor¬ 
herige Ulceration der Geschwulst durch die Staphylococcen be¬ 
wirkt wurde, während das Erysipel auf die Streptococcen zurück¬ 
geführt werden muss. 

Die gewonnenen mikroskopischen Präparate sind unter mehreren 
Mikroskopen aufgestellt. Es ergiebt sich, dass der Tumor ein 
Myxosarcom ist, dessen eigentliche Structur nur an wenigen 
Stellen noch zu erkennen ist. Die Coccen sind in solchen Mengen 
den Lymphbahnen folgend in das Gewebe eingedrungen, dass sie 
schon bei schwacher Vergrösserung zu sehen sind; wo unter den 
dichten Haufen bei starker Vergrösserung Anordnung zu erkennen 
ist, findet sich typische Kettenform. 

Die Wirkung die Mikroorganismen lässt sich an zweierlei 
Dingen erkennen. Coagulationsnekrose mit nicht zu färbenden 
Kernen und Fibrinnetzen und massenhafte Invasion von Eiter¬ 
körperchen, die, wo sie spärlich liegen, ebenfalls dem Lymphgefäss- 
netz folgen, vielfach aber so dicht gelagert sind, dass unter ihnen 
die Tumorzellen vollkommen verschwinden. 

2. Herr Kader stellt eine Patientin vor, an der Geheimrath 
Mikulicz infolge von Carcinom den Pylorus reseoirt hat. De¬ 
monstration des Präparates. 

P. W., 44 Jahre alte Wittwe. In der Jugend Magenbeschwerden, 
sonst bis Juli 1893 gesund. Seit Juli 1893 leichte dyspeptische Er¬ 
scheinungen — aber nie Erbrechen. Erst Mitte November 1893 zufällige 
Entdeckung eines Tumors in der Nabelgegend. An Kräften und Körper 
in den letzten 5—6 Wochen viel verloren. 

Am 11. December 1893 Aufnahme in die Klinik. Klinische Diagnose: 
Carcinoma ventriculi und zwar wahrscheinlich des dem Pylorus selber an¬ 
liegenden Theiles des Magens. 

Am 16. December 1893 typische Resection des Pylorus im allge¬ 
meinen nach Billroth-Wölfler. Aethernarkose. Aseptisches Ver¬ 
fahren. Befund nach Eröffnung der Bauchhöhle bestätigt die klinische 
Diagnose. Trotz zahlreicher, harter, retroperitonealer Drüsen zu beiden 
Seiten der Wirbelsäule Exstirpation des Tumors. Infolge der geringen 
Verschiebbarkeit des Tumors sowie des ganzen Magens und Duodenums 
musste man sehr tief im Grunde der Bauchhöhlenöflhung arbeiten. 
Schrumpfung der umgebenden Ligamenta erschwerten ausserdem stark die 
Isolirung des Tumors. Bei der Naht musste man viel mit der starken 
Spannung und Brüchigkeit der Magen- und Duodenumwändo kämpfen. 
Naht der Bauchdecken bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche Drainage 
nach Mikulicz. Es war eine der schwierigsten, wenn nicht die schwierigste 
Pylorusresection, welche Geheimrath Mjikulicz gemacht hat. Die Ge¬ 
nesung complicirt durch fast viertägige Nausea. Die letztere scheint auf 
Narkose mit Aether zurückzuführen zu sein. Gegenwärtig, einen Monat 
nach der Operation subjectives Befinden der Patientin wesentlich besser als 
vor der Operation. 

Interessant an dem Fall ist der exstirpirte Theil selbst. In 
acht verschiedenen Stellen des Tumors entnommenen und genau 
mikroskopisch untersuchten Stückchen fanden sich keine Zeichen 
der Carcinose. Ueberall bei garnicht oder nur theilweise erhal¬ 
tener Structur des Magens theils zellenreiches, theils sehr zellen¬ 
armes narbiges Gewebe. Man begann an der Diagnose Carcinom 
zu zweifeln. Leider fanden sich in zwei dem Ligamentum gastro- 
colicum entnommenen Drüsen typische Nester von Rundzellencarcinom. 
Prognose des FaUes ist infaust; aber auch hier ist der augenblick¬ 
liche Erfolg durchaus zufriedenstellend und durch anderweitiges 
Verfahren in diesem Maasse kaum erreichbar (conf. Referat vom 
25. November 1893). 

3. Herr E. Fraenkel: Ueber die Dauererfolge der gegen 
die Retrodeviationen des Uterus gerichteten Operationen 
(mit Demonstration von vier Fällen). (Der Vortrag wird in dieser 
Wochenschrift veröffentlicht werden.) 

4. Herr Küstner spricht über die Dauererfolge der Prolaps¬ 
operationen. (Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift ver¬ 
öffentlicht werden.) 

5. Herr Callomon stellt ein achtjähriges Mädchen vor, welches 
eine schwere (vier Monate dauernde) Malaria mit hochgradigem 
hämatogenen Icterus durchgemacht hat. Der Fall bot insofern 
kHnisches Interesse, als derartig schwere Fälle in unserer Gegend 
selten zur Beobachtung kommen und er infolge der stark ausge¬ 
sprochenen Lebersymptome den erst behandelnden Collegen eine 
primäre Lebererkrankuug vortäuschten. Später angefertigte Fieber- 
curven sowie der Verlauf und die Wirkung des Chinin (sofortige 
Einwirkung auf den Quotidiantypus des Fiebers und prompter 
Nachlass der icterischen Erscheinungen) stellten die Diagnose 
ausser Zweifel. Blutuntersuchungen konnten leider infolge der 
AengstHchkeit und des Sträubens des sehr sensiblen und herunter¬ 
gekommenen Kindes nur einmal gemacht werden. Praktisch thera¬ 
peutisch ist der Fall insofern von Interesse, als das Kind relativ 
grosse Dosen Chinin (2 g) gut vertrug; im ganzen hat es in circa 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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ii'U»ii Wociif-Ji SyJ * Chinlr. oh/u dis 3 - gwliimste Stnrunp per os zu 
sich genommen. 

ü Hrrr Wil'Tjf'f zeigt nim- hinUde MuRe; uiondMIppr. di» die 
Vm'ilmbu der foUiculliren Sypertroplti^ ih 

Ii<i}ft'.>n UUtv.eiR. I>ns I‘i:UMr;U .’iiKT .VAjAruM. 

1 ’TrM.K dm swrt kiutren-t Zt'U ;m rfnrktni FcnMoMkiitürrU gMiRvo 
h;iUry, Ido Mii(du vul«.ftd»lipjMi Jou \V.i{* ui » 5 tW»er kiudsiftu *r.fi’l'njsSH*. 

i>ufui-nU.er Pilz, vor dm V ulva ; ;<u ikmr (kireilaeiw 
MHipinn mUm‘t'i durah .SponlMaiHphit Mmr WftUil eWvRmdo 

bis ruHmis-e. rosse (■ysieuruuum Und au eil. in der Junta den '< ü.vcbes 
hf.gvü einigw g'ff i' ii grosM- f\vden. wodurch du. Lippe ui*,-, <_uni/ 
Aim-ebmi erhielt Die < YslHihiblung etslroek fi‘ 
siv.il, wi" bei u»*r Abt;-,‘igm<v «jru Mul fi nnuiub-lippe swh . z-hufm 
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<*rd)iuHv ; \U'inm dir- rni .*p • »»..via« u Sti ip , : üu , u ,.t. 

Pnrhlmii mm lAjlurr-.'vrmvh »dno sicitnre Pina/nosr ans ,i.?m KxanMun.n 
^•Jhsi g'mdativH KrJumhinri ahn< v\ir.t :-.jv- •i|uH'!i ,da.> iil»di.'lixt*.d,iux< 
iy{tis‘ lif ! 1 l.ä.'snrolcr Pa|>i hi ad (tonii.iiia lind von S»;h]i*ira- 
imnhii'!)H*)t am uvivbni] i’mujTmn. I na- \ ma ra-i-itifo hnsjti ivhj. kürz 
(ili* giÖM'nrdl.ddu’.gmis* /!!JU iadiMi ndau |d;Miii - und diu Skmt- 
Xügu, ul» dar "-ra-ln )mi (firsmt 'vOlnvum mmm; f y pu-x-ijc. PnAJÜtj von 
Kii^nyuljnn nin’u, </*jdus> auf nin. 'if^.Hdnd-. i-<n ;i!M 'hihnkulosic 

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id tu-f! K'iU.- von pBOiiams ! Um ur in das a I iurvi s v n 

l’j r tl p 1 . i o U n s I a d j ii |ii in (ifsstail rudir zulilivinlnu.' iihuv darf »»•:■»uzuu 
Pnn,])f zursTumiivr uuum. nur .«f« ukuad-t|;<,;dV! usstm lOi'lloi^wizuR. 
J‘n! gWoitn Ki-dli. H« (i.v,i'iih'(k, zum vurhurgajjrmimi in lAtrm .nimm 
iz*t, uuiv nrvKÜn.. i-eoriasis dnu |H»licpui*kt .hm Kiitarivkohiii^ ! 
dar. j.)m dfiM.u Fall, dor > ndHilirlj mit FliM s;tT*ohin -i! 

luuul'dl. v,üt’dn. ?.{*iod, in ynkr m!nmer WnjsO diu duf‘ ii «Jip i'hnsa- 1 
rdunh.duMnlluim iiurvorgunnan,, Fmäu.inrnng; dev F-.rlm, dass 
nie ui? v-t hüu.l.n luu» P:,-uNhsk>.>‘ t:lhut ;ij* ü.dssn H-nvdr aus drr taor- 
hrriimruili voiPtfldo*» gv-iim!un jlr.uf i»mT<u immith <\ 

, H - ^ l ' tv ^ ur«!»•».'*!, tjK.tr n ! i; ,r Finnu F;uj von MiösbadutjÄ 

tU(?üro%emaläy»Ujmß mnus v;Hhl«k h-rNnu^.i,,,'.,»^! nut rr.i i^u* : 
Umunvralum du.r Shv^i J Jii* Kind ml 1 ? Sluudf.u mmh d«r I 
dntulKUM- üniumum ... (ivlniH nnim- d.*lt Xr-irhnij d.d rvaao-n *>>•- ; 
•.‘-.uj ninv. i ins l ud'*, a*> duin nuin . inn^■ Mir?shildi.inir v/munuMu*!- kahl n 
m-\v:os j;.ni> dun ! W m üDimnl Von dm- mnhrnn Xmiu mj } ,n mm-. 
m? kv >Udlu ak-hts v\) linthm: vdr- Ut?m (mtrrstnn Loudunwirhui- i 

HWi. Uiynljkf.rn^M .Onhild,.; dat M'r:k Zümwnt . 

Brhisnnei^Brm -2Ut;a/j)nien^d z\ liit um* 1 

vuir AAurmi^rurttir z\fi>ck»ni sink luvmn Fdn ' 
Vm V V n u t m \ M, *‘- ntH - ,K, ’ n & F»cki- vorluunFiu ki.dn«* 

Mwu «irtMVö.n. < 1 % Ififur.nat ioii üw AdrU lii^Fiuv Diu Uftku 1 

\nu'"*&'*«* W.duliu uhofUaHc unfhudm 
n } / rnif naohui-hudniu Inhalt zoigi, h-divt z\v<d v<VlIm vnn uin-- • 

ander guf?ulijndrne N^fenbeckUTt irtit jr friimm k'-Lfrtkiuto | 

kieuzei, >ick u\ \vu m *l«w Mitte und münden bmde ; n]t um und : 
ar^Hmn 'Ji'Mü um Sude, diekl >K U|U I üharainni.dm [»er zu ; 
11J Hst I.egMtidr l.retmr zeigt..* rin der Kteuzungsstrlh* .um- -m, i 

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f r h ' ra ^ 7)UJ,,t Mtie Onfkdä OXt^mr flL diö: ; 


. gmjiligsia stueui.g ji»*r .»s zu HuspitaibahaiuUMtgt teuUmh geiiesssn-t. heum ÜM am Mmgen <F- 
| in ' ruuh' item 

ure MntttmmormFdipp.a. die die j M(HMMit todk um. . fomid vhw ‘kt&itmgung uia* nhht 

lÜQUliireo Hyrnttvophte id- vurmmgugaiiguu: Rai der Fat-tinT» ünd Muh der KerJhnntri 

l stammt- von -einer nAjMitimui : gvhilh mit Bind-m R{uUv'*r>}iUse-l d ^. Muh- wir , J, 

•kam t e]’\ k alk.ila?» h tu iiti. r« uü» du ll.r. ui-, dtek.M.*/, 0 rn di^Ra.-i- dus-m ‘d,*i. !a j umle-t»- \ 1( 

iu ein uiur kindsJdusrarn.m:»..-. der liiuterttüuhe, an da»* das JinktmuVdutrikrk. 

* Vulva; au ihrer Ohrella* im dm Fimilie. fiimS'dvlle - h.r.ij s,. ]. eine mudamlmasMed aa?irkta- 

'nitpiur ili»,M- Wnud erdUmd,. . . i • uau «(-. |.**a Md /m.Mi diu sdir. V .;*m* \' *t r ,|’ v _ 

auc-i) iu li.e* l iefe daa <ddiüdMm | w/ijVdMp WaHummgrdsde i/Urid amuh iumk\ promdiieja UUj } m-W-d 
Avu.imej, die Ujijir uin ! düiu. mar rdumme: eine dureh Rkhiruse dar KranzmMlaM* C. 

Dia FyslHiliihhiMa .nrsl wnkft* ditfgin I irrz;tjl}Kkoh*rwnii hiiug. ^ 

luih Muuiideiippe . z. ie|*e ; Ü ilrjM- SeJulluf damoUsi'Jet ein divjHdirhmiUiuhr, Kia.: 

. hi. v.udef. Vluilennumla- Hyd.rQo e pha)üH eongmiim, wMeUad von ihm mit dm- Zm.-. :, 

*■ hukuent, hrljrllVfi sd hurl-f- ! der Khuik extvrdttH wurde, Mgmm der nildai.it in yhUh»,.,rfcw 
e M-i immer m,f .‘in.- Mij. irr- d' JMMipo hi.»dm duvo], die \\ r t ;.id»j.L* zu mtwu.ke.jn in ih-ra: 
•rvmwurd ih r- vordav.m JM.pa , w:u* die VFruMtuir i»h*lir mr.hr immltul./-du <w met nir M* ■ 

Jgg ,lir 'du rium \n/ahl j l-parn immhdir. bei der vor sielwi, Simuhm l'Vuhn naes.aviJiflg&J 
•d.F \iudriigfudlu vo*wt 'd^jddvi .j M-m-iibijindd., vorifuf \'Xä45uin? 

Miln u) irr 11 t }.mU*..fdua ,»nt »im r hnt nicht stuttgefutidm] l.f{is«al!m Km.l naiv* ;i n Vi.-a 

I h fi*'an ,vsp iy d -'Ur Unken Rand rin w.ilkf.Utmeme Fehl, „ da 0 MiUM{imu*rs und m-' 

Wlilmhma leid IUH dnVeu die ^W.|* Tl b h» .ü* ,,-f hede 1 hm .»nt d.C IhmdWiHVuitVaH.-a V iH r- 

U' iniLh u ha I iltv. M keJunp dm .-ruu id däl.aj- dla .Rumorküija-. .läse sieh diasoi Veriiwd hmfimw- 

ahe ;V< Ml h, U!aa ■ Fülle.;» :>!*e ‘v dl.aV, .Oivlvul um! ’l .'Ifitr: dMsv« Kindos Ünd“t 

Ihmi Uad ev v-d seiuin ' - . . . 

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™ .i« s fvrvixyi-ivddVaeaÄ. und Heilkunde in 33onn.:: 

inwenwuehi'euim und < Fit/uny am 22 ,1a inim- ]HfU 

zu einen: nWi'VhuriHi' -tri-hlldf. , \'otv;t.-/u.rudor.; thur Rlirz: SehHl'Üuhree * J !e, I h aa 

•ruoi-h.e ‘•-teile oitm guhirlAvv i l lltrr I{üJ.enVan V«h«r Vaccmoophthalmie. hü 

Vgtiug dar A.Luttt*f)diWd^üj\|o if | <Vut^[g|i.XMuxiftsr Cdltjfbr <fe.s. :Hert# f|iihFIiörrt(li.? Knsjitisith, iiunski* 

. u h R'ueu. »\!if thailimg vo:d einem aul iU^orrr VKiiuik henhdi ld.l«*n 

cdiicti rail \»*rt uiiiki'O-papii- t salto/.Hjj I*,dla. drr hrwuutlork d/ditAj praJcl’isariuui Pedruiuiig' 
luv Im»! --a pinb.a-iw Fkjs |l (eli da . hd-urmao d< *. Xi<drt-o]-»hkhaItrü'du.vdui hr«us}uuehrn e 

‘.u und (tat ihnhiM h f uw. w lmn , jm lud ujiiöM: Jobres wurde eine .Fruu in du* Mmu; ntik 

di ? h Mw! d\p KuoF h*m ] g..oomn»an T wc-lulu» on .*ijuj- l&üümhnjg dhv Cmm*a und 

,<1 ' ,1 ; < * xniivenhe-mdar An ins m-h.-duhf Sie gah tu:, M. h ;eu dem. Imnivum ihm; 

u S.rjh’n UU* I) mmiuveUh.ae ; kuuk-v. udi'li l Sn Ua'tau i .id.-Zivrewl ha'Ue am Fithugnuaalnik mul 

* Aiemä.esr aus dani Fxanilteu! I hhder den Uhren niM-cnd« M Auxsehhm io waj»h,. m ajnv- 

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*] f "■i» , !;i!m und vo.li Sehh’inv- ilieaer i'uslotu uf ihr u'dm TjHiruu d»v j\judrs davns i*t-.4 ruukU 
" errmrei-uid bosiuieht. kür/ Mtige gakmunuur Ftwr. !4 Tage lid.eh der Imntmig d-s Kinne. 
eJ;eV p};?u u - Und diu Streit- i »'Jlhi lud iluilh dm lirvnvi» h,^)!,!.».! , , }l (v-,- h ’Aiu !w ill-ir* 
•S-ai ; vme UfMaetje Refmul VOU Und -die. IV. hie ( ..-Swl, * -.Sl.JÜR- ».»tludmi Mt F UOil .s*-i)«olt.-M m»h'» 

fsehuUeri un» 5 UM d'uherkühw» tt.-nug.n. l'i.N un.l dUii' 1 , 5 : Ur, \ Umwa*i:)huied*m : lern: ca all. 

dass der litdduuieiuda Ar/J udkmue l : dvs.|'.d dingtnwUiUfu. Ihilil- 
r etytagmgr »las aiiorvmr ubtw iulginu dwn msM-n i’teur ua-h nmlurva andere, die Unr»vS/r.v. 
/nilijr u h.-i über »lau guiizm» an dm»'.■Ln|i*/imim , n luitti-u Naeh kur/w /fit. k.*?>arte Mal» «ja» 
iulk<ijiigrufestir lVllJditastmilÄUQl, | Dir*' uiiter flhAwaä&fi'r4ir^ld$^U - 

ui'lmraMjenda.i in l'on». .ainm . ulum folgen zu Tag.- drrwwh WmovkU' ur 

tiiiicpuokt dar hntvziekehiiig ! ahm* Al.uahma Au Sdiu-HümMu \ mi { ■ WicdrcsdirUrn voir 
neldia!) mit < hrs sarutdu he- Arduum-zeiii Was sie vpraitlHustu dm KÜluk iufzusgrhru. v,e ku'.- 
' ’ ,!,M; ’ I lL ‘ düf'S «lief hr* sa- ; *>ij und jmst!', 1 i„m ihu rnd h.-i rueu Sali*. ijuVv- * <»l> . 

ideiune ikw h **.rhe, so dass -?/200 Re^unilü?s di.* iieieran SehimitajL du* Rurirn. warm 4uik 
um.-a ll'.wde au- der tim- umMmn, und 'zwar hc-.mili..^ dj» der icnnahü Farfu* 

HM-V .; 1 U ui tu» li Uhmdhieiilf! 1» laHvl-ü MCii h.d.tm <iii?i'->-e JnülfRiüim mehrere luu»“' 

' FiiU'ii üUi von. Missbildung , F]urhe]uhhHtungen und hagitiiiHuIe VaseujarlsMjon rim li.awdr hei 
nXrhguhormieii nutr.vsdiKeher | Au Mun Lidrnt war iwü Fatieixiia iilehls- luanklKiHrs uehr 

-• If Fiuijutui uaei) der ’ /u r'tustatirru, drm'Fu. iuuie.it sn kurz rorlutr IhdogriduMt.. hnl- 
MiSZ.delnm det Fvumosv re- | s< hivMimig und F.duo'dgm»d,wün- in <],/, JÄMiklhuk hei ein*«., m-’ 
Mmsf.ildüng Arnnnuthet lull!* ilnpltmr Kiljib* ZU t«udwuhtojr 

r n-ehrau Niere isl tue wor- 1 Wir f£gii aln. mt y\v.-i jmie.i* seitmui FMh; vnn 

uo (HitCK-taii tjeunjoiivvirhuis { .(Ul|i«c der Adiu-n uaeli Xnt'-i'ti.»n dtirel» Vnennevil'us >7»r miS ihn 
•y«<*bih.l»v, das sirb .zo'iuöiM,' 1 tl‘hixt dresoj’ AlrkriUiifinig; deh NMniÄn Wkwnn'* 
J'tmßMsidzF. dir nur gering* ophii-eleda g^Uim, 

svisdieH sieh lassen. Fif. : Fe iiirm-.er .kielt die .AitK-l um - -fftr jaä N r»*>,-an» geling, 'F'- 

' 1 ' v orliHudeii. eine khdne dhu mi'tf druu ()prirha|mvdm.miieodwrrsr in Hai'h:!h*d'g I hl F v«»t 

,\.u1a him Urr. ,j.)jc Unke i zu.1i :i^*ti. vs.*il sie iu t'ipiithaitßu)usnjkrclsr-r. Iiishcnur 'V‘-mg ® tw 

wulehe Mumkdis urUa*;!n: ; mkruun; ymuinbui. habe, und tloah ,.j U grosses prMdiselur lutei^ 
b'fMtzt. zss.d völlig vun ''de- ' iu'aurpniehe. V.m V .leeluola d.w J..i.!r:<.udi*s sind bisher*»: 

'F /‘ n "‘ m Füdcr Reizt.- in} 2 o Faih* Imkannt. aarehm, worden. Alfa, tioium dm- CornV« 'dF 
münden haide aui mu Omi : irr; Mud vif! seiteuer öfd-harhtrt wordnu, So Seliwerr ' r n- » • 
wnu, üharaiiumdm I ü-r zu ; unserem Falle erst uu>unfd I hm Figmdidimb. im dn i.idiifi<Fif<»u 

iU-etlzung'sbtt'lta «.un»- «h-ot.. : Irwieh.« ein»»nil iu der e»ysii;;d:r iten S? bwelUew. vmhuinh-pmiM 1 

l;. duplex KnparaTi^ un* w. humt/ou uril nuS’sig.’r’J - fup. re**'* rr*u^^t tum - n e »uuy Oi«tlli*‘bT 
.(mt axiarim tu die S- heute, Kuiiwi Uuiig kann sieh |»is zum NaHcrn und Raise atisiieluum, 


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3. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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laufen. Die Uleera sind ohne Narben zu hinterlassen ausgeheilt, 
die Cilien wachsen wieder, kurz es erfolgt völlige restitutio ad 
integrum, wenn sich nicht wie in unserem Falle eine Complication 
hinzugesellt. Die Aetiologie war in den bisher mitgetheilten Fällen 
fast immer klar durch die genauen Angaben der Befallenen, meist 
Mütter oder Ammen. So z. B. finde ich in der Litteratur die 
Angabe, dass eine Amme das Leiden acquirirte, nachdem sie mit 
derselben Compresse Aufschläge auf ihre Augen gemacht hatte, 
welche sie zu Aufschlägen auf den Arm ihres geimpften Pfleglings 
benutzt hatte. Das Ulcus hat anfangs manche Aehnlichkeiten mit 
einem luetischen, aber ausser der Anamnese verschaffen die Multi- 
plicität der Uleera und der rasche Verlauf bald Gewissheit. 

Für die Keratitis ist charakteristisch, dass die tiefen Schichten 
des Centrums der Cornea am stärksten infiltrirt erscheinen. Während 
aber der Verlauf der LidaffBction ein gutartiger ist, ist die Pro¬ 
gnose bei Affection der Cornea und Iris eine recht schlechte. 

Unsere Patientin wurde nach vierwöchentlicher Behandlung, 
die in 4er Anwendung von Atropin, feucht warmen Aufschlägen,’ 
Einreiben grauer Salbe und Blutentziehung (Heurteloup) bestand’ 
mit einer Sehschärfe von 20/50 entlassen. Indessen schon nach 
drei Monaten wurde sie mit S. = 6/200 wieder aufgenommen. Zu 
optischen wie auch zu antiphlogistischen Zwecken wurde eine Iri- 
dectomie gemacht, infolge deren das Sehvermögen sich wieder auf 
20/50 hob. Allein noch vor wenigen Tagen gab sie mir brieflich 
Nachiicht, dass das Auge sich wiederum verschlimmert habe. Auch 
Schirmer konnte über keinen geheilten Fall berichten. In nur 
losem Zusammenhang mit diesen Beobachtungen steht ein Fall aus 
der Litteratur, bei dem es zufällig durch Stich mit einer Impf¬ 
nadel zu einer [schweren Keratitis kam, die ein grosses Leukom 
hinterliess. In den anderen Fällen von Vaccinekeratitis ist die 
Eingangspforte des Virus nicht so klar, während die Vaccinola 
des Lidrandes zwanglos erklärt werden kann durch erstmaliges 
Einreiben des Impfstoffes etwa am äusseren Lidwinkel, imd dann 
Propagation desselben auf der durch die gesteigerte Seeretion ma- 
cerirten Epidermis des Intermarginalrandes. Schirmer hält die 
Haarbälge für die Eingangspforten. Eigenthümlich ist das zeit¬ 
weilige häufigere Auftreten der Affection, wie es z. B. in Königs¬ 
berg beobachtet wurde. Vielleicht beruht dies auf zeitweiser 
grösserer Virulenz der Impflymphe. In der Tliat fand, wie Schir¬ 
mer angiebt-, Professor Fraenkel in zwei Fällen im Pockensecret 
einen bisher unbekannten Streptococcus. 

Sie sehen, meine Herren, dio Vaccineophthalmie ist wichtig 
genug, um der Prophylaxe eingehende Berücksichtigung zu schen¬ 
ken, zumal sicli durch Aufmerksamkeit und Sauberkeit diese ge¬ 
wiss nicht unbedenkliche Affection sicher wird vermeiden lassen. 

Die Vaccineophthalmie ist Gegenstand einer demnächst erschei¬ 
nenden Dissertation von Herrn Dr. Schmitz aus unserer Klinik, 
in welcher unsere Beobachtung als besonders die Litteratur ein¬ 
gehendere Besprechung finden werden. 

Nachtrag bei der Discussion. Die Erkrankung ist sicher 
schon häufiger vorgekommen, aber vielleicht nicht immer erkannt 
worden, was daran liegen mag, dass die Beobachter die Uleera 
nicht zu deuten wussten, wenn die Anamnese keine bestimmte 
Auskunft gab. Das Bläschenstadium ist nämlich so kurz, dass es 
nur sehr selten zur Beobachtung gekommen ist. Durch die Lid¬ 
bewegung und die macerirende Eimvirkung der Thränenfliissigkeit. 
platzt die Decke schon sehr bald. Die Behandlung der Lidaffectiou 
kann indifferent sein. Bleiwasseraufschläge, Jodoform, Occlusiv- 
verband sind mit Vortheil verwandt worden. Die Behandlung der 
Keratitis und Iritis muss sich auf Anwendung des antiphlogisti¬ 
schen Apparates beschränken. Ueber die Wirkung der galvano¬ 
kaustischen Behandlung beim Uebersckreiteu des Processes auf die 
Cornea ist mir nichts bekannt. In unserem Falle konnte von einem 
solchen Versuche keine Rede sein, da die Patientin mit Keratitis 
profunda zu uns kam. 

2. Herr Becker: Ueber die Gefahren der Narkose für 
den Diabetiker. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift No. 16 
bis 18 veröffentlicht.) 

Discussion: Leo, Becker, Peters, Trendelenburg. 

3. Herr Krukenberg: Zur Aetiologie des Caput obstipum. 
Krukenberg bespricht die verschiedenen Ansichten über die Aetio¬ 
logie des caput obstipum und geht dann näher auf die Frage ein, 
ob die GeburtsVorgänge — von Zerreissung und Hämatombildung 
abgesehen — zum Schiefhals führen können. 

Er beobachtete folgenden Fall: Bei einer sehr kräftigen Erst¬ 
gebärenden stellte sich das Kind in erster Vorderscheitelbeinein¬ 
stellung zur Geburt. Nach der Geburt zeigte das 5100 g schwere 
Kind genau der Schädeleinstellung entsprechend einen ausgeprägten 
linksseitigen Schiefhals, welcher erst nach acht Tagen geschwunden 
war. Obgleich die Zange angelegt war, liess sich aus der Falten¬ 
bildung der Halshaut bei Fehlen jeder Zerreissung und Hämatom¬ 
bildung schliessen, dass diese Kopfstellung durch den Uterusdruck 


entstanden war. Krukenberg stellte den Fall in Parallele mit 
der Rückwärtsbeugung des Kopfes, welche gelegentlich nach Ge¬ 
sichtslagen noch Tage lang anhält. Ob auf diese Weise einmal 
ein dauernder Schiefhals entstehen kann, ist allerdings zweifel¬ 
haft. (Der Vortrag erscheint ausführlich im Archiv für Gynäkologie.) 

Discussion: Trendelenburg, Krukenberg, Ungar. 

4. Herr E. Schultze: Ueber Hämatoporphyrin im Urin 
nach Trional. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift No. 7, 
p. 152, veröffentlicht.) 

Discussion: Firle, Binz, Weber, Schultze. 


Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 23. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Rumpf; Schriftführer: Herr Möller. 

1. HerrKümmell stellt zwei Patienten mit frischen 3fracturen 
des Unterschenkels vor, einer Malleolenfractur und einer solchen 
in der Mitte des Unterschenkels, welche er mit dem ambulanten 
Gyps verband nach Doll in ge r behandelt hat. Die Patienten wurden 
sofort nach der Aufnahme in das Krankenhaus eingegypst und 
konnten schmerzlos mit Hülfe von Krücken sofort den Operations¬ 
tisch verlassen. Tritt Schwellung ein, wird der Verband seitlich 
aufgeschnitten und mit Riemen oder Binde wieder fixirt. Kümmell 
hat den Verband siebenmal bis jetzt zur Anwendung gebracht, nur 
in einem Falle musste der Verband aufgeschnitten werden. 
Kümmell schildert eingehender die Technik des Verbandes und die 
zu beobachtenden Vorsichtsmaassregeln. Den Vorzug dieser Art 
des Gypsverbandes vor den bekannten anderen sieht Kümmell in 
dem Freilassen des Kniegelenks und in der sofortigen Bewegungs¬ 
fähigkeit der Patienten. Die Resultate sind gut, die Dauer der 
Consolidation anscheinend eine kürzere. 

2. Discussion über den Vortrag des Herrn Schütz: Zur Be¬ 
handlung des Empyems bei Kindern. 

Herr Simmonds erinnert daran, dass er vor zehn Jahren bei einem 
Vortrag über dasselbe Thema auf Grund eigener Beobachtungen und bei 
Vergleichung seiner Resultate mit denen anderer Operateure die Bülau- 
sche Aspirationsdraiuage für die Behandlung des Empyems im Kindes¬ 
alter aufs wärmste empfohlen habe. Er habe seitdem noch zwei Fälle 
operirt und könne nunmehr über 13 Empyeme bei Kindern berichten, die 
er nach der B ülau'scken Mothodo behandelt habe. Von diesen seien 
vier gestorben — an Tuberkulose, au intercurrenter Scarlatina, an Pneu¬ 
monie, an Paedatrophie und Krämpfen wenige Tage nach dem Eingriff — 
kurzum alle unabhängig von dem gewählten Operationsvorfahren. Bei 
den geheilten neun habe dio Heilungsdauer im Durchschnitt 4'/a Wochen 
betragen, also kürzere Zeit als die von Herrn Schütz an seinen Fällen 
beobachtete. Ein weiterer Vorth eil der Methode sei, dass sie rasch, ohne 
Assistenz und Narkose auszuführen sei. Die Einführung des Troikarts 
biete selbst bei den kleinsten Kindern keine Schwierigkeit — er hat 
Kinder im Alter von 14, von 6 Monaten, ja sogar von 5 Wochen operirt. 
Ein Herausreissen des Schlauches durch die Kinder habe er nie erlebt, 
und er glaubt, dass man dem durch Anlegen eines zweckmässigen Ver¬ 
bandes verbeugen könne. Simmonds giobt zu, dass Ausnahmefälle Vor¬ 
kommen, wo man nicht mit der Aspirationsdrainage zum Ziel kommt, er 
rätli dann, nicht gar zu lange sich bei der erst gewählten Methode auf¬ 
zuhalten, sondern die Resection dann änzuschliessen. Er hat selbst einmal 
bei einem Knaben mit putridem Empyem, bei welchem die Bülau’scho 
Drainage nicht prompt zum Zielo führen wollte, die Rippenresection 
hinterher ausgeführt und dann prompte Heilung gesehen. Darin stimme 
jeder mit Herrn Schütz überein, dass man das Empyem möglichst früh¬ 
zeitig operiren soll. Nur in einem Falle räth Simmonds, erst abzu¬ 
warten, nämlich bei Perforation des Exsudats in die Lunge. Er hat in 
zwei derartigen Fällen prompt Spontanheilung erfolgen sehen, und räth 
daher, wenn nach der Perforation das Exsudat allmählich schwindet und 
die Kinder sich erholen, von einem operativen Eingriff abzusehen. 

Herr Kümmell: Bei Behandlung der Empyeme, wohl der dankbarston 
aller Operationen, steht Kümmell auf dem von allen Chirurgen als richtig 
anerkannten Standpunkt der breiten Eröffnung der Brusthöhle durch 
Rippenresection. Kümmell resecirt nicht an der tieften Stelle, sondern 
in der Scapularliniengegend der fünften oder sechsten Rippe. Dio Ooffhung 
wird so gross gemacht, dass der Finger eindringen kann, um etwaige ab- 
gekapselto Abscesse eröffnen zu können; bei starken Auflagerungen werden 
mit Hülfe eines Stielschwammes die Massen entfernt. Kümmell hat bei 
ca. 20 Kindern dio Operation ausgeführt ohne einen Todesfall, darunter 
befand sich ein Kind von a /* Jahren, mehrere von ein und zwei Jahren. In 
vier Fällen musste wegen Jauchung oder ungenügender Function der 
Heberdrainage nachträglich noch resecirt werden. Dass durch die Heber¬ 
drainage eine ganze Anzahl Fälle geheilt sind, ist bekannt. Jedenfalls 
reicht das Verfahren nicht für alle Fälle aus und erscheint wegen der 
Infectionsgefahr nicht ohne Gefahr. Pie Technik der Rippenresection ist. 
von jedem Arzt leicht zu erlernen und in wenigen Minuten auch mit 
lokaler Anästhesie auszuftihren. Wir müssen Herrn Schütz dankbar sein, 
dass er als Vertreter der inneren Medicin den W r eg der Rippenresection 
eingeschlagen und mit derselben, wde wir aus seinem interessanten Vor¬ 
trag ersehen haben, so schöne Erfolge erzielt hat. 

Herr Schütz giebt zunächst betreffs des letzten Punktes Herrn 
Simmonds zu, dass man nach Durchbruch des Empyems in einen Bron¬ 
chus bei günstigem Temperaturverlaufe u. s. w. sich ausnahmsweise ab¬ 
wartend verhalten könne; solche Fälle sind aber äusserst selten und wer¬ 
den dem Arzte im Krankenhause kaum Vorkommen. Nur ein gewöhn- 


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blotet., ist rWh .wohl n\u* 'hp'.-trtw.*h a iii^»'«heij' 

den bewogikheu Tlipjicü auch kiciaeu Kituleb eb mn f>mm dehcr 

Troi.kar.ti'durrU^cii^aeiJ werden kann, Ihm rnii a)l»n .schi:iv«y.Uo.Hen Hin- 
giriftbu veihundenn- .Schreie« und ^ddej^tycdani dur Kinder Jfts&F ea zweck' 
dfenh-hher, humaner und ADgeOshtir cn’ZehoiotiO,. die ge|abrln?h .Wh 

zuwendem Wenn Herr St nr monds in' -'siöitffla -F.ö5!'i*&--kuiiu}. .‘Wtwdihf^ifinii \ b 
•gölmbi hat/ ?i> Ist te &lflck ;; beim nh>chliöf*wnd(‘u \br>uinde abb' iikfd/ : 
der Besecüoü kamt m&u. fy.tk dm Ih^haifruLeit «Ir* i.-xsudfU-s - du? /ist 
tn 4ö? Bogel hiebt 4?r Fall -*•; bebt hinü ’rhorKqilibgtn'b^, bdb/^iykijttd 
herruft, den Unikojttmehch Wl * ’"**’ 

ihn melit dom gKkdHmMo Zufall 
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-mit-. d ns*, dio Bftla u/rlH ; }>Wu»i%'e hM-Chirurg»«» .«mtf .MiHt&iwvtön tarfngnr 

Aukitio^ liftbe. Diese Wende« die Upstrctfofr,; oiler m bmAohöfi 

FklkuOtm ei»fikhe kwutirra an. I/Iztove oüt. nbihJ» viel RhUmhteJvni Ev* 
lolg«. J'Jeit Scheele gfaUhL. :K*'» V »g infolge WWfor Autorität Mut 
••m&nr 'Efejithtäüti.ili nicht, #1 ßzv Mußten. .Stelle dns Empyotnt- .koiiderb die 
ü ' h?t; 7; der AxiRÄHbiie; ku- mi^irn^-kdlttftkgvitim.iSinfl«*? auu- 

•^ehbi Hnhe>.* <k viele dir A^m/utfinuns^ro^td K ÖUIgV, den imröfMb 
der Bn^efdinuswündk at^iib^den Eiter dh/tb Othsltlrxeit des äu 

tmllnöran , nnbi'nebM. gelmiKöjß Uiihbi- Ihb: .K«*.kul.fcaf^' ii'chöbeb 

AShb<*4e Aiftihbgun Arrkie hrkbir zw'hhbwu 4b die Ing. üö. -iiv 

der Surijiulmdi.mt} rc^fAinhk _aWv «n ibf de«, dlHurMr J^csa* 

Alfttlmdr «ntwiet ituiä) Seintde btt ‘ r. d n n^$*;hi ferner tkr?«A r 
iiRu-kfitru, duti*> m snlchru ‘Frdbn/< m dß^v.« hoi tolyt<’ r gnm^inu 
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»rti'^er l)ej?ener;itiün. anzivoohmun äu, m m dnciVindtdluH, 
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ZUtr jl.ÜdnijU von TihUiüDniieii Vri unjasMimr ghlir 4 Hri.d M .H${:$*$'•?.' 
Arkhtig; ?.n wissen, Mi® ttartäj^i Auth bei miueDn 
k^iülinitun u k. $h>t) hmw 

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caEWOtöat.ösöTi tTtehö^ " : l«\t-M ! 4W bei der Srotiui» 

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niäß >u .Hie t/UM<djo'M»nÖhn’iig- da .f^änniU'riakf.lU k obiidift. lv : b Jwiße dies 
in f uteuv Fid!c :i in -welchem leb mit der PuucLioti iti«dd. '/.firn ZUdo 
war, ^eth»u und konnte tijmh wenigen »Stünden ••hin •'äbUe#.- l'irw« •^•'. 
blivnn l»ir Fwll beirvt ein /weijlihnge^ -Rtbl. du?...ausser hu Kiopyoiu 
uiAh . &i vnrs/htmhmni» .t,nberkidhs*m .geilen, haue. 

IhO Hednng rmlioi iüug.-n- :Z>ui- in Aibspnidl, Av'fti’ fudorli eine. VOllStiitw 
dige. nhnltocü ,)i «ich wnln>elu*iniii‘l» um <*iii Luhorkul'Vscs Fm|»vom j>'- 
liötidolT hat! >.'. Kinn enden Met h(.Kl«.\ di ft den Eiter rulkvet. öM$ di- 
Ptdioubn dou tudhhren dm <; (lldtzUduMi l)rtitkeȆasttui./ uud der Nuthusn 
ajis?.öset«Pö, mfteWji ith Ihnen uu der Hand des Tulltb, in dmu ich die,* 
shlb e 'nnwandti/ •^hiUlorti:': Jw sepjt^iblikigtt^ Kind UtU sbi : uidetn kf-ftiu 
krO-ek. aj^ us in n*omo LhhundiuiJ.* knm. Pufbut' -war bis >:.um iWdeil. n-b- 
g<imagort. und imi.te hohes Fieber und sultr. irejjuvmltm klmumi 1‘nh luit.v 
Dkmidund . erstteCittr sich flhw üeb m4i*en JhüräÜ md Äuxnn-ljm»> db 
rwhtmi 'Eu«gini'Bf>ttke.. ; Das -Heese, stand in der vAchtön, Auöbii’höb. Öu 

Lteher auf der Dru-mhc.inseUatihl- Am IVdgemlen hüüh FuneVion nod Fntr 
berdnü vcm l i Eiter. Fs -folgte oiu .starker t'-diues. du* Leher trat 
wieder an ihre ^ttillev dus Ftohcr Miub. EnHt'cvt.u irli doi* Etnjtcetu, sö 
buit(? fc;lV. zu crwAftcfl, (laps <lnö Khul An t/nflap»* y.uotunde giit£F fujCiebW 
idr ha iurhFy»o drohi« dev Tod un Bitervoi'üiftuhg. j «%h veHhhf dvKhuHi i' S»; 
m folgender Weise.. Ith machte, eine l*u»t'tnnv iunt-vm in der. Höhe* 'dm- ! fuix^: 

4. Ripnr, eine zweite vom in der Bötm um 7 Rijtpe A»i Uh' iuntcir' ’ 

nincticnshüiiunc aetztu ich «inen Irnguiwr mH timx- mu AH’ 1 •ero'aricH:-« 

Fw^vgkhit.. bßSiHihbüd ;»us W«ssor und uuCamiJ 't'njpfoh uodtmetur, uk 
vmcHt e.>& Q.un ^ip.lüufcü. wkhiond sieh vom d«u Erl m lieiiriiü Allt/ijihlihlv 
^vuide. nun ibuiürUaHuvhlnYs?t*\tt mit EHüf* nitfc 4ar .lodU^ung ptftiii -' {»los-c 
<;>öcnduf wurde noch in de»t-tiä4tuberi.‘-T<*i*on -di-Hiiniitil ^ibdej^iplt.- Khdh • 
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Origiral.frcn • 

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Donnerstag 


17. Mai 1894, 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Mediein zu Berlin, Sitzung am 16. April 1894: J 
G. Klemperer, Zur Kenntniss der natürlichen Immunität gegen 
asiatische Cholera. Discussion: Leyden, Klemperer. — Lazarus, 
Aneurysma der Aorta descendens. Discussion: G. Lewin, Lazarus. — 

Lohustein, Die neueren Methoden der Urethroskopie. 

II. Berliner medicinischo Gesellschaft, Sitzung am 2. Mai 1894: Max 
Edel, Darmdivertikel. - Richtor, Herpes zoster. — Dührssen, 
Demonstration eines wegen gefahrdrohender Erscheinungen infolge von 
Gangränescenz eines Myoms exstirpirten Uterus. — L. Landau, Zur 
Behandlung von complieirten Beckenabsccssen. 

III. Physiologische Gesellschaft in Berlin, Sitzung am 13. April 1894. 

— Krüger und Jacob, lieber die stickstoffreichen Basen des Harns. 

— L. Lilienfeld, Ueber proteYnähnliche Substanzen. 

IV. Aerztlicher Verein in Hamburg, Sitzung am 6. Februar 1894. — 
Rieder, Ein Fall von Morvan’scher Krankheit. — Sick, Demonstration 
oiner mit einer Gypsplombe ausgefüllten Knochenhöhle am Unter¬ 
schenkel. — Krause (Altona), Knochenbrüche und Osteotomieen der 
unteren Extremität im Gehverbando. — Manchot, Ein Fall von 
hämorrhagischer Diatbese bei einem Morphinisten. — Arning, a) Lues 


maligna, b) Dermatitis herpetiformis D(Ihring. — Deutschmann, Ein 
Fall von hochgradigem Ciliarstaphylom der Sklera. — Oberg, Ein Fall 
von chronischem Rückfallfieber. 

V. Dreiiiiidzwnnzigster Congress der Deutschen Gesellschaft für 
Chirurgie in Berlin, Vormittagssitzung am Donnerstag den 19. April 
1894. Küster, Ueber Frühoperationen bei Osteomyelitis. — Karewski, 
Operative Abortivbehandlung der Osteomyelitis. — Discussion: Nolden, 
Schuxhardt, Körte, Schede, Lindner, Nasse, Sonnenburg, 
Heidenhain, Gussonbauer, Messner, Küster. — v. Bergmann 
(Riga), Zur Resection des Darmbeines wegen acuter Osteomyelitis. — 
Gramer, Zwei Resectionen am Bockenringe. — Bardenheuer, Totale 
Hüftgelenksresection. — Nachmittagssitzung: Helferich, Erfolg¬ 
reiche Operation einseitiger Kioferankylose. — Schimmelbusch, 
Experimentelle Untersuchungen über Wundinfection. — Heusner, 
Demonstration orthopädischer Apparate (mit Krankenvorstellung). — 
Hofmeister, Ueber die Schenkelhalsverbiegung. — Discussion: 
v. Bardolebon, Schede. —- Leser, Zur Frage der Trockennekrose 
des Knochens. — Messner, Experimentelle Studien über die Wund¬ 
behandlung bei inficirten Wunden. 


Verein für innere Mediein in Berlin. 

Sitzung am 16. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

Das Protokoll der letzten Sitzung wird verlesen und angenommen. 
1. Herr G. Klemperer im Verein mit Herrn Leon Lilien¬ 
feld (Demonstration vor der Tagesordnung): Zur Kenntniss der 
natürlichen Immunität gegen asiatische Cholera. (S. diese 
Nummer der Wochenschrift pag. 435.) 

Discussion. Herr Leyden: Was das Vorhandensein der Nuclein- 
säure im Epithel anbetrifft, so meine ich, dass dies allgemein der Fall ist, 
jeder Kern hat doch die saure Substanz. Ich habe also nicht recht auf¬ 
gefasst. warum das Vorkommen der sauren Substanz in deu Darmepithelien 
etwas besonderes darstellt und inwiefern hieraus ein Schutz gerade gegen 
die Cholera hervorgebt. Ich möchte glauben, dass* hierin eine allge¬ 
meine Schutzeinrichtung gelegen ist, indem die Epithelien, welche den 
Darm auskleiden, die chemische Vorrichtung besitzen, um entweder Bac- 
terien oder sonstige Gifte, die in den Körper eindringen könnten, abzu- 
schwüchen. Soll ich mir nun vorstellen, dass die Kommabacillen im Darm 
durch diese saure Substanz abgeschwächt resp. getödtet werden, oder soll 
ich mir vorstellen, dass sie erst dann abgeschwächt resp. getödtet werden, 
wenn sie mit dem Inhalt der Zelle in Berührung kommen, d. h. den Ver¬ 
such machen, in das Blut hincinzudringcn? Ich bitte den Herrn Vor¬ 
tragenden, sich über diese Fragen zu äussern. 

Herr G. Klemperer: Darüber ist vor der Hand wohl keine sichere 
Auskunft zu geben, ob diese Schutzvorrichtung sich auch anderen In- 
fectionen gegenüber wirksam erweisen wird, das wird für jedes einzelne 
Baeterium zu untersuchen sein. Vorläufig ist durch Farbrcaction und 
chemische Analyse festgestellt, dass im Darmcpithelkern ein saurer Inhalt 
ist, welcher auf Kommabacillen einwirkt, und darum machte ich auch vor 
einiger Zeit in dieser Gesellschaft gegen Herrn Kossel den Einwand, 
dass die Nucleinsäure mit der Phagocytose nicht untrennbar verbunden 
sei, denn ich wusste damals bereits, dass das Darmepithel ähnliche Be¬ 
standteile besitzt. Ich halte es für höchst wahrscheinlich, dass auch in 
anderen Ortranen bezw. Geweben analoge Stoffe enthalten sind; die syste¬ 
matische Anwendung der Electivfärbungen wird hierüber noch manchen 
werthvollen Aufschluss bringen. Nachgewiesen ist bisher, dass im Darm- 
gewebe eine Substanz, das Darmnuclein, enthalten ist, das die Eigenschaft 
hat, die Gifte der Bacillen zu modificiren; die Gifte müssen bei der Re¬ 
sorption durch das Epithel hindurch und werden dadurch zu immumsiren- 
den Substanzen verwandelt. In den vorgelegten Präparaten sieht man den 
grössten Theil der Epithelzellen von diesem Köm eingenommen, so dass 
fast die ganze Zelle aus dieser Substanz besteht; man sieht bei schwacher 
Vergrösserung fast nur die grüne Farbe; bei stärkerer Vergrösserung sieht 
man einen rothen Saum um den grünen Kern. 

Vielleicht darf ich noch besonders darauf hinweisen, dass das von uns 
dargestellte Nuclein nicht der einzige Körper zu sein braucht, der an der 
Schutzwirkung des Darmepithels betheiligt ist. Es spricht mauches da¬ 
für, dass noch andere Substanzen in gleicher Weise wirken. Jedenfalls 
ist es charakteristisch für diese Substanzen, das ihre Wirkung in alkali¬ 
scher Lösung verloren geht, und dadurch glaube ich auch, das schliess- 
liche Zustandekommen der Infection erklären zu können. Es ist eben 
eine besondere Eigenschaft der lebenden Zelle, dass eine saure Substanz 
enthalten sein kann in einem alkalischen Medium. Sobald aber der Zell¬ 
tod eingetreten ist, vermischt sich Säure und Alkali, aus Darm und Blut 
tritt neues Alkali hinzu, dann kann das Nuclein. nicht mehr schützen. 
Damit stimmt überein, dass alle schädigenden Einwirkungen, die den Zell¬ 
tod der Darmepithelien verursachen, bei gleichzeitiger Anwesenheit der 
specifischen Erreger Cholera hervorbringen können. 


2. Herr Lazarus (Vor der Tagesordnung.): Demonstration 
des Präparates eines Falles von Aneurysma der Aorta descen¬ 
dens. Ich erlaube mir, ein Präparat vorzulegen von einem Patienten, 
der vor einigen Tagen im jüdischen Krankenhause gestorben ist, 
nachdem er zu drei verschiedenen Zeiten dort Aufnahme gefunden 
hat. Zuerst wurde er vor zwei Jahren aufgenommen mit Er¬ 
scheinungen eines gewöhnlichen asthmatischen Zustandes. Er war 
damals 5) Jahre alt, ein kräftiger, robuster Mann, ein Schau¬ 
spieler, der seine Respirationsorgane kräftig gebraucht hatte und 
dessen Anamnese nur ergab, dass er 20 Jahre vorher an Syphilis 
gelitten hatte. Es fanden sich zahlreiche Polypen in der Nase, 
nach deren Entfernung die asthmatischen Erscheinungen ver¬ 
schwanden, so dass er von Asthma befreit das Krankonhaus ver¬ 
lassen konnte. Anfang dieses Jahres suchte er wieder Aufnahme 
im Krankenhause, wegen andauernder Athemnoth, die seit circa 
14 Tagen sich allmählich entwickelt habe. Vor dieser Zeit war 
es ihm noch möglich gewesen, das Wildenbruch’sche Drama: 
„Die Quitzows“ an einem Abende zu recitiren, während jetzt beim 
langsamen Gehen und Sprechen schon Athemnoth eintrat. Neben 
diesen subjectiven Beschwerden ergab die physikalische Unter¬ 
suchung: geringes Volumen auctum der unteren Lungenpartieen, 
links vorne oben von der Clavicula bis zur Herzdämpfung, drei 
Finger breit neben dem linken Sternalrande einen Bezirk relativer 
Dämpfung. Hier war leises Athmen ohne Nebengeräusche zu 
hören, während man an anderen Stellen des Thorax vereinzelte 
Rhonchi constatiren konnte. Die Herztöne waren rein, accentuirt, 
im Bereich der geschilderten Dämpfung ganz besonders laut. Da 
man bei Fingerpercussion das Gefühl hatte, als wäre lufthaltiges 
Gewebe direkt unter dem Finger, die Dämpfung aber durch 
dahinterliegendes luftleeres Gewebe bedingt, so konnte man an¬ 
nehmen, dass gerade durch das letztere die Herztöne so laut fort¬ 
geleitet seien. Hinten am Thorax ergab die Percussion nichts 
Abnormes. Der Kehlkopf zeigte normale Verhältnisse bezüglich 
der Schleimhautbeschaffenheit; dahingegen stand das linke Stimm¬ 
band in Adductionsstellung fixirt, ohne Bewegung beim Athmen 
oder Phoniren. Da Patient sich eines starken Unterhautfett¬ 
gewebes erfreute, war es schwer, eventuelle Drüsenanschwellungen 
am Halse zu constatiren; wir fanden weder hier noch in der In¬ 
guinalgegend solche. Nach Analogie eines Falles, den ich vor 
einem Jahre mit gleichem objectiven Befund zu beobachten Ge¬ 
legenheit hatte und dessen Präparate ich auch hier demonstrirt 
habe, glaubte ich, dass es sich auch bei diesem Patienten um 
syphilitische geschwollene Bronchialdrüsen handeln könne, die auf 
den Recurrens drückten und so die Ursache der beschriebenen 
Dämpfung und des Larynxbefundes seien. Neben einer energischen 
Schmiercur bekam Patient auch Jodkali in steigender Dosis. Aber 
sowohl diese Behandlung, wie eine darauffolgende mit Arsen hatte 
keinen objectiven Erfolg. 

Immerhin hatte Patient durch das lange Liegen weniger 
Athemnoth, liess sich im Krankenhause nicht mehr halten und 
nahm seine Thätigkeit als Schauspieler wieder auf. Nach knapp 
acht Tagen fand er sich zum dritten male iu der Anstalt ein. 
Patient war in dieser Zeit sehr abgemagert und konnte sich wegen 
Athemnoth kaum bewegen. Es traten jetzt namentlich des Morgens 


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bitil e Mttallpte'ifeu, sh" hatten iiielT <h\s urwiVin.ile !».?• ImlltJitn* 

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bf-sTuuik im Bott, fl«*Ti Kopf Weit f<:t<‘h vorn jr'dtr-mT. *n dass men 

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Irbrti', :.I*I I.1(I|> Tt , t , ItCr»I -Um.nv -«Uiiii Dm>ltO 

3u-r rui(»|ifu{iusU(.-zirIv am ThnraA baDt iU; In ^ugimnutimbi, 
abm- Ta lDt?mw' hm Mliiik.h nlnr-nMJ/m t wu> w«ln*n jetzt ,&e~ : 

m h\* «eiime Dervimiidvüsmi ?.\\ t'«Wi-laiMvo Dm-Gmund im uh uur 
iiiivfiatsiO'/ff gvldj.« Tun t di»Ku.lbhs h*udm\-.m?.- ghm humsT;;gespannt.. 
Dm- jj%h»ü v <m r i;:nrio Amnmm: fKi)?)W.mUn numnm^ ü-- verimTH. 

Eines in tWi M«rgeniKtiittflmi v5'«c |% 

wlijittnd nim>5 Anfalls von AtlK-umofii &o &re*x 'dnk« kielt tief 
jSj^vnryb (jm ,Vli**iiiifiti‘. Herr Jh. lii-oi k u veviudnäsl StiJi, 
<!im Th'mimär-'jn'b* *hlip\m /u rpa* !|« 11 V«r luv hm zwar bei vm-j|Br~ 
vo-an ferner U'iüi' ^i’O'^n Envummüfü au? diese 

t JpmuDoii gesn/d, da ihm \ti.ni,um ; -lmMlcr!,i;-r in Uhr Höhe- mX, 

h -g' tjvlojiü'; ’&fyte UüDT ftm'ou 
hurte« Kat heftig di*r dn-thT dra TD*climvlt aiiühMiit’ himmu- 
greUtabon \Mtrdr,; flio niuvubückBüh r< ‘Krmh kdn^vkb? zu in * 
ki-iUkmi. Vmstopfte sieh die ranftiM dv« h tfejrTdi'n, äi< trat yufurr 
Uj*« Vier Tjyj« narb Uw Dpdnrtoji sUrli <1<>r 

Un v‘u]]a{V in rijmiu 5‘il*wi l l-»n inkuimsan.ail. .'»ItU;- — 

In n iH-rniia 'Ui dam kUnnaln u Dijti.« m«i*li hiiiKHlilg'uTi, (iastl }'.if i. ni 
nit/ u**F<r (rimm Nd’iftra/z k('m) s im tiftij s|i «iui; AV lidmtstluln 
kdn^t- iiat> daris- an dksöji l^fUVu 44.1k uk ca,iTfj.s lUitiioio^ifeuiics 
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\\'i; li! ikm-jMva.s \nnmjiiuilf-uns fHjizuuriiimni. Ain udi da> : l‘rap;U‘ai... 
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TiHÄVhil'mir,, ;}nr i ivirin« *mi tr'in ui-mi tr,Ui*% Omt \\ U tm, .d»«tniaum 
den Tkoii dt s, A-m {«‘id^juf ».-• »Uno rn. JatmlmvMSM' («U^. h^rtp/|« Uio 
nmli kjnt.-ii ti) die Wiflselkörpt«)* uiü^t’drdnft’l. war iI«i«v:|}m'm' ti«»»’. 
imui’irt h;aMo. ho UayA in iimisoÜMOi «do Lm.lo sn gvtiaü \vili eiro; 
W:«.ti.iiupsp «‘tdvMninlciv y/ar. [>imm Gesellwnki .wonie t»m emon 
Avpld Ol^ftiairten Uhi-molms io der Amin• gontldm. dor Ui» .Iob 
dum-liKlrdmemif 1 HltU inrnb »*Uj daomomliidam Gummi eeh-m^mj' bai.u*, 
a!mv iiUl den .Unken lUonohub ho «IrünMo, dtiw* dmsm nur nmli ein 
^Imtetdimikm>r11 ka? laumm ßtr dir iUdilisföülfötidt' Ath* 
iHUngHlufr iUn-ig linrs Der Va^im D» in .-oinm« Vrrinui. dm- uoh-n 
im Tumor vm'HtlivvLüdt'?,, tn-i piojnt.-ifD \ U u idor vjh n-!:.-ii;i d,., : 
IkmijTojm nllrvii! y«j denn die Ultra riiam «otmiarirn« Kii ümp/ 
der linken StimmbnridoH tkl wohl als dm ooum'diogs onev.-mduioH.tü 1 
,-O' Umütro' (imirnirUoo i!. v Verondm i ' i art/usfTruj, 

^Avei Tunkte WürMf Irji jjyy nur efimbmi imsondlfe .xd Al v | 
wuhmm: 1} Die lviit--i«.'liunir der aufallswm-'o aultnomolen DvapUoe. | 
DT ^lluJie, dtD 1 ' dh« iiojkujbe «kh Va^cus, wir sin him von dotn i 
Aneurysma •atwßv-lie.iid gedaoht weitUm kann, '/eil wVi.se, mi7mmiU--ii ; 

imi. liuvoit >ra«kr- lUsion -.oimo ^»«roiztor llronviualseiiloimllaudA 
TUM- !jOjitrttvAwn jlpi» Droiu'UiHtftin^feojkr ViesyifkDi knuig «iio zü 4it v ! 
^lirkniift^HuloHi'ii iülH-t, wm mf» iilö? ox|mrin)ent».*ll töt- .irmkrerBi• 1 
Jahj'Ou naehgow i'vu'j» 4m.d Ui muern hier pohoHeiion Vortr»^ iiii 
«Ik AsGiuwikD-tf'lu»n^' verr »olhd Im Im. .2) Die - antiallige i 
KrioMUoMo. »Dcrks oi:■ Aueurysma r.m s.. üynssnr Anstleiiiuin^ da« l 
H*'li>yA die \V »rhr.ikiU'])»’! if'd‘ im'urirl.». so soll!’ wenige klinische ! 
S} mjn («uji- !/<>i ha wvird deTHimeh nn» l tu ryr»sIu>i-untk, wie tler w.*- 

>“fiJliiei*l.'. sehen !ür -0 h nHcUt ak ein » umga.'.ehe, Hinw eir- aal U ; 

Doii;*nfise \ rmuta mim zu iunveiifm ^ein. 

Herr D Le\\ io; Ith nüiiMc miv dt,* f>«^e r*rkubo)i, oh umht j 
XahUnnit-. b 1 j üui tknmI -dl Idich, wie YortHUd. lum 'wrtUSmit. cps^hfero Tdi ! 
htvhrv *£}ivtI JriUmr daVaU.1 unff«iwk»Wir »1^11%'$, nWosnUlti'boki * 

Am urynma m,.io imrUm; iiiUk'U. wo em im-er .mhuUnhdm- mid '«dj'ntidjtkh 1 
s»-.!iw«>It---nder 1,'V.ue.k mit dmj lUmmTens ein tri 11. w/dirmul fifeä h.d 1 

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iierr L-f\?. tivus. Je!*' rrwolDN. «hönuf. du>r <hx>ä iStlr<i*<d>atilj m<i 

ivc.noleri nicht. vfosf liuDDvl; War utut di,, f.orli.Mdl.m:url Wv: *W.h?di<.oimil 

f V^ Honmdei,. vStijnmlMM.il-.-. ktm. Aus llfi'dK^tnWhiik-rkcUc- wnthi ■ 
md.Tietj. ihr>s ,U<* Adert.,.,! d.^ K«in),a).mwi,>* W, dm- ieV/Isn'Aiit ! 
I .mihk cewveoOJV m! dm>e wm y.wov d’dm'm ie«!.eu!;»iD k ;do I’aumd ,-!.on 

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woivUe ik% Interesse uussm^nkutlidiHu: BiiltmhfmU Für ImMo- 

sjtnodieo \\a Jumdcll sit;h um zwei KlUe von DArmdi^ordikeh; 
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Hel' ihm, er M <1 sind un iejittMOii .) 1 »*>,u IIlo . t.,jj Ihhlhm». 

ies KlemeeieDfuHte .ilu \le-ml -'D.d-m v m / g.'tmjdeii \\x> : -.x : n\:.v,, 

'hfdmulei? Meli im f.'mzefi V.erDdt»' de?;.Di. kdiums. ÄjMreieJn': klein; r-. 1*- 

vcrl.iUT WCldie ckrui-dlH zidn t!rf.Sst : en Th'dl m,n Alem}i(-!-rDi,:nH;t >. s, 
und ni üit AopemKce^ »mplohme Injieiu^eh'g'.Ti T>D «ÄSk 

eiA-m,. Uht.m*sMr:]»,.4f)k er^de 'kiSS wii- e» mit kDeiii./jThv'WrUkeljt zy ik.#'* 
hohem dem. «In* Mueeodul i> hm’'' uUi, joeJ.deu! D? >e.j, ; :!|tü-ih.^s :. 

w ut nni .«mgestidlit hm. Kn dm A n«*hm »»hmi.v?» -k". Dkh.Kr... .1 - 
:-de sii-.ii shnr m t>fiCo i -uj--, e.-eu Aivnug d'ori : w.-k iu«* »U. 
piveriUod. tjlmitso wie die \k-. ul,um ?mtw.»s.>. nie! s,ihom. I-TmI ‘ 

(U wrnDu i'Hi Stück ans dom s. rmnanmu .j‘ mmi Imv 
iikeln, Und 7.UV! :‘u hm des Jejunum «kmmrni ru;t, __ An ilü- 

sejhon sind dir D‘ 1 ;*.->*• pr;i jern-sw ATu; «!( I>« an der Sn jk*. iU «■ 
selben ein GeliisMdUidd au «kn Dann tndeu, von nu-hdsem mrlmtv 
iiii die ilnlie dt,*sd;nistjfuüudiit«*fjm Suku> T zk-lmn.'. 

Der -iwdttDikll kvtriflt "vk > inztdnes r>irvrt/Uel dt*« Pj^itsött» 
yonuikt niD. ayukftes Tm kei« n TUbTe ikr^hmi t*-( 

Daiier tlk'X'uDi^ tbessolbeu Tdt]k>u H.ki$Püll}ick.lk!i koke An^ahiS' 
g»,ni;)e!it wrdAeii. uh. ■ i-s de? DtldousMhUkn \vrgtui imveis-iirr :■-* 
itmsea kl ; dm DntersneJkiria' «üd um ke;« : .?id!f imd uäheH-, , 

\ irCliuw 's Ar-Im mitunt.hviit. worden ' 

2. Herr Hii hier (vor der Tvi^es.ov.dfiinvgj stellt kine- IT 
jJilitfge DaDonj T, - v.n-, die vor neht Tugku an einem anv zwei Dp 
idhrmtUrtMÜze «oater efJäknkte, ünr 

bald in migewhhnks imr A nsdeiUiUJid: .über du' lochte Malsseik. t ;|f». 
.ob.’ie«i Tht-d der lUnlsl. über u«*ti Dib.Tmj Ui« zur Mitte des S« hulter* 
bk D t v mk -bis zur' AltMk Dinu.ma?iH.v \A-pl»imikk Eine k T f- 
-smdu' iur dteve«! ikerfi'’.-. aostei' o-ayico-bMicliiulis- komik itkld nrn- 
getumkii' xV-nlm.. wouti miin nkUt uD sei; b, das Auftr-Men Tr 
i'ened.v t>dbnmllt«H1 tVill 

d iku IbUu'&M'ü »vor Tei riujeM.rdimiu;) Uysl nrirn uvi 
kofU' dD jühDilÄii rd&iilii) d.ureli die GapyW)t.omie ^egeit gefahD 
drob öd «Tor Blrsckemimgeii infolgu von ÖAjagräneBOöüä ame«* 
exütjrpirteiT .Uteraö vor Kd int dieser }'«]) nu» Ikv.nd 
•Mtinv. -kss mit dem Ei nt rin »kr Mmmpnime die vum. AG »D* d,-«die:.'- 
d*m DtdulirUu k»dmv/w f ,uv be-.mt ju{ -im», wie vieiKting ‘T 
»u«mim*n worden ist . Boi «km indem AUee ildr JAitieuhm jAn 
k.{ei«ien, raDvljoti ibdsr nabtn Herr Duhrssen die Ni'Hu^r u»DtH- 
AoUtm' uiv. Ziistami der TuUmdin gum 

T Herr L. LatnTaw;' vplur Bebupdlung von oompimu'tcij 
BöcfceiiabacoBSfen V.VdT 'jVtlSt'uTibcbes :!* ! - ; 

dem nHohsfet) VerotnsbidiiVge.) A|.ax A niiTi;ii!!l 

PhysiolögiscUe Gesellseliatt in Betlin. 

dii/iiüi' ik- DT April !kD. 
i Dm* Here* 1 »! Dr Krümel und i>'. «Jncob InTiehDmn :D ,n 
die fttiekstoiR’eioheä Birnen d^f» HöJ’üs» .'.kv qmmtdaiivr b-- 
st.immvinn mul »luv A 1 iss«*.l k* i.<I• 1 uuevmliKI*td»m. .uornml' , u l1i nDit 
ienkdleiselnUi ilarm. 3d«W liillsil.l ilb'-See beiden VoyUa^ ‘vir'.l <»* 1*4- 
rbu hsi: in einem bnsomkreu Artikel der Dmjlsümn irmdieitm ;" 
WuejuMisebKr» Ausfüürlirbi'r mitgothtdl; u «wjei«. 

g Herr Looii Ti]i 0 ?i i'el,1; üsber pt.oteVüäbxiUüheSidJSt^^,. 

Dar V oiTfftt?on?le t A r #ai‘ 

vrm (.ni i/r rus t'o.td 0 nabeIV aus' Tcbziorei: GbD. Aö*» * D - 

w iu-serlmllo Mdi.b», TcWt^lie-b. 8 ■ KllissiAkciD y.*^l dt'; '' 

vMirdigo Tinepv tut ^ieb alkin sudioiv.umussrm. m er ni - 1 



ätikv..- {.'ki': YmAr udreji d »* - fprioiti die wollt bdgriln dhtT-Vt' fie j ». 
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17. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


27 


Zwei Moleküle dieser intermediären Producte spalten Dimethylamin 
ab, und es bildet sich 


ntt ^COCH 2 NH2 

JNn< 'COCH 2 NH 2 

ein basischer Körper (Diglykokollimid), welcher starke Biuret- 
reaction giebt. Daneben entsteht Glyeinanhydrid. 

Diese Base giebt nun in Berührung mit heissem Wasser eine 
gallertigo Substanz, welche eine leimartige Consist.enz 
hat und auch dem Leim ähnliche elementaranalytische 
Zahlen giebt. 


Es wird sich wohl hierbei um eine Polymerisation handeln. 
Der Vortragende hat ferner das Diglykokollimid mit Amido- 


säuren condensirt und gelangte so zu Substanzen, welche im hohen 
Maasso den Eiweisskörpern (Peptonen) ähnlich sind. Sie geben 
Biuretreaction, Millon’s Reaction, Xanthoprotelnreaction; sind 
Rillbar durch Alkohol, Phosphorwolfram- und Molybdänsäure, 
Tannin u. s. w. 


Von Pepsinsalzsäure werden sie leicht poptonisirt. 

Die Untersuchung ist in der chemischen Abtheilung des phy¬ 
siologischen Instituts ausgeführt worden. 


Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 6. Februar 1894. 


Vorsitzender: Herr Schede: Schriftführer: Herr Möller. 

1. Herr Rieder stellt einen Fall von Morvan’scher Krank¬ 
heit vor. 

Ein Öljährigcr Arbeiter wurde Deecmber 1893 auf der chirurgischen 
Abtheilung des Eppendorfer Krankenhauses aufgenommen. Er gab an, 
seit etwa eil Jahren bisweilen Schmerzen und Bewegungshinderungen im 
linken Schultergelenk zu haben. Seit 14 Togen habe er durchschiessende 
Schmerzen im linken Arm sowie Kribbeln und Stechen in den drei ersten 
Fingern, während der vierte und fünfte freigeblieben sei. Der Arzt habe 
Carbolumschlüge verordnet, und durch dieso soll ihm die ganze Hand 
verbrannt worden sein. Danach soll der Arzt incidirt haben, doch habe 
sich nur wässerige Flüssigkeit, kein Eiter entleert. 

Der Status praesens ergab: Mangelhafter Ernährungszustand. Ekzem 
der Lider, Nasenlöcher und Oberlippe. Keinerlei Abnormitäten der Sinnes¬ 
organe. Pupillen reagiren direkt und indirekt prompt. Herz ohne Be¬ 
sonderheiten. Diffuse Bronchitis mit 38°. Kein Eiweiss im Urin. 

Das linke Schultergelenk steht in Subluxation. Fasst man 
unter das Acromion, so ist die Pfannengegend leer. Der Kopf springt 
dagegen schon für die Inspektion in der Fossa subcoracoidea stark hervor. 
Es ist verbreitert und verdickt. Es gelingt aber trotzdem leicht, ihn voll¬ 
ständig zu reponiren, und es bleibt dann an seiner Stelle eine deutlich 
fühlbare Verdickung der vorderen Kapselpartie zurück. Bei reponirtem 
Kopf sind activ und passiv alle Bewegungen im Scliultergelenk möglich, 
wenn auch unter vielen knirschenden und knackenden Geräuschen, und 
der Arm kann mühelos bis zur Senkrechten erhoben werden. Bei nicht 
reponirtem Kopf wird er nur mit Mühe bis zur Horizontalen erhoben. 
(Der Mechanismus der Luxation wird vom Vortragenden der Versammlung 
demonstrirt.) Es besteht ferner beträchtliche Atrophie des M. supra- und 
infraspinatus sin., geringere des Dcltoides. Eine hochgradige Atrophie der 
Interossei des Thenar und Hypothenar sind wahrscheinlich auf eine difform 

f eheilte alte Fractur oder Luxation des Handgelenkes zu beziehen. 

ligentliche Paresen bestehen nirgends, dagegen ausgesprochene Herab¬ 
setzung der Schmerzempfindung im Bereich der linken Fossa supra- 
und infraspinata, der hinteren Oberarmgegend in den oberen zwei Dritteln, 
in einem kleinen Bezirk der Bicepsgegend und im mittleren Drittel der 
Streckseite des Vorderarms. Man kann hier eine Stecknadel tief in die 
Cutis oder durch die Haut durchstechen, ohne dass Patient Schmerz em¬ 
pfindet. Dabei ist die tactilo Empfindung in den genannten 
Bezirken völlig normal. Desgleichen ist an allen Fingern der linken 
Hand ausgesprochene Analgesie vorhanden bei erhaltenor tactilcr Empfin¬ 
dungsqualität. Die Finger selbst sind kolbig, in den Gelenken difform 
und tragen an verschiedenen Stellen noch die Residuen der Incisionen 
des Arztes. Ausserdem besteht noch am zweiten und dritten Finger ein 
Panaritium in Form einer Paronychie. Die Panaritien sind nahe an der 
Perforation und werden eröffnet. Man kann selbst diese Stellen fest 
drücken, ohne Schmerzensäusserungen hervorzurufen. Der Temperatur¬ 
sinn sowohl für Wärme wie für Kälte ist an den oben erwähnten Punkten 


| Form zukommen soll. Dementsprechend lautete auch die Diaguose. 
Bei der Entlassung des Kranken am 30. Januar 1894 waren die 
Panaritien geheilt, die verdickten Hornschichtmassen der Finger 
waren entfernt, und diese zeigten jetzt exquisit eine dünne, 
glänzende, ohne Falten ausgespannte Haut, die im Verein mit den 
besonders in den Gelenken kolbig verdickten Phalangen sehr an 
die Glossy fingers erinnerte. Die übrigen Symptome waren dieselben 
geblieben. Es wird von dem Vortragenden noch auf die grosse 
Uebereinstimmmung dieses Falles mit einem im December 1893 in 
Berlin von Sonnen bürg veröffentlichten und vorgestellten Falle 
hingewiesen, bei dem sich vor allen Dingen auch die Art der Ge¬ 
lenkerkrankung mit dem liier vorgestellten deckte. 

2. Herr Sick demonstrirt einen Patienten, dem eine Knoohen- 
höhle am Unterschenkel mit einer Gipsplombe ausgefüllt ist. 
Es handelt sich um einen kräftigen Mann, der einen osteomyelitischen 
Knochenabscess des rechten Unterschenkels hatte; nach Aus- 
meisselung der kranken Partieen war eine Höhle im Knochen 
zurückgeblieben, welche etwa 60 ccm fasste: Ende November wurde 
die gut granulirende Höhle ausgeschabt, tamponirt, die Hautränder 
losgelöst, und am folgenden Tage die gut ausgetrocknete Höhle 
mit Gypsbrei gefüllt, dem Jodoformpulver zugesetzt war. Die Haut 
wurde darüber vernäht. Heilung*. Patient ist seit einiger Zeit 
aus dem Krankenhause geheilt entlassen. Es wurden schon früher 
vom Vortragenden Versuche gemacht (nach Angabe der Bonner 
Klinik), solche ziemlich grosse Knochenhöhlen mit Gyps respective 
Paraffin, das einen hohen Schmelzpunkt hat, auszufüllen ohne den 
gewünschten Erfolg. 

3. Herr Krause (Altona): Vorstellung von Kranken mit 
Knochenbrüchen und Osteotomieen der unteren Extremität 
im Gehverbande. M. H.! In voriger Sitzung hat Herr Kümmell 
Ihnen zwei Kranke mit Knöchelbrüchen vorgestellt, bei denen der 
vonDollinger neuerdings angegebene Gipsverband in Anwendung 
gezogen worden war. Da die Frage vom sogenannten „Gehverband" 
bei Brüchen der unteren Extremität von grosser praktischer Wich¬ 
tigkeit ist, so erlaube ich mir, Ihnen mit einigen Worten meino 
Erfahrungen mitzutheilen, indem ich gleichzeitig als Beispiel für 
jede Art der in Betracht kommenden Fracturen einen Kranken im 
Verbände demonstrire. Meine Erfahrungen in diesem Gebiete sind 
in der Tliat sehr gross, da ich einer der ersten gewosen bin, der 
das Verfahren, Leute mit gebrochener unterer Extremität im festen 
Verbände möglichst früh umhergehen zu lassen, geübt habe. Aller¬ 
dings hat schon vor etwa einem halben Jahrhundert Soutin seine 
Verletzten im Kleistorverbande aufstehen lassen, aber sie durften 
nicht auf das verletzte Glied auftreton, sondern mussten an Krücken 
umhergehen, während jenes schwebend gehalten wurde. Verbreitung 
hat. dies Verfahren nicht gefunden, es fiel bald, sowie der Kleistcr- 
verbaml durch den Gipsverband verdrängt wurde, der Vergessenheit 
anheim. Der Techniker Hessing hat das grosse Verdienst, zuerst 
gezeigt zu haben, dass man durch einen geeigneten Schienenverband 
Leute mit frischen Oberschenkelfraeturen zum Umhergehen bringen 
könne, indem sie sich unmittelbar auf das verletzte Glied stützen. 
Sein Verfahren ist umständlich und kostspielig, keinesfalls für den 
Betrieb eines grossen Krankenhauses geeignet. Erst aus dem Ende 
der achtziger Jahre stammen dann mehrere Arbeiten verschiedener 
Chirurgen, mit deren Aufzählung ich Sie nicht behelligen will. 

Ich selbt habe seit April 1887, wo ich erster Assistent auf 
der Volkmann’schen Klinik wurde und damit die Behandlung* 
aller klinischen Kranken in die Hand bekam, das Verfahren an- 
gew r endet, welches ich Ihnen heute demonstriren möchte. Es hat 
sich in dem Zeitraum von sieben Jahren ausserordentlich gut be- 
w'ährt, und ich habe keinen Grund gehabt, in wesentlichen Punkten 
davon abzuv r eiehen. Im vergangenen Jahre allein sind im Altonaer 
Krankenhause in dieser Weise 42 Unterschenkel- und Knöchel¬ 
brüche lind ferner 6 Osteotomieen des Femur und der Tibia be¬ 
handelt worden, zusammen 48 Fälle. Im ganzen kann ich auf w eit, 
über 200 in dieser Weise behandelte Kranke zurückblicken, also 
eine ausreichende Erfahrung für mich in Anspruch nehmen. Das 


und der Hand auf das hochgradigste herabgesetzt. Erst ein Reagens¬ 
glas mit kochendem Wasser fühlt Patient, aber auch erst nach einigen 
Secunden, als Wärme, trotzdem die Wirkung so intensiv ist, dass eine 
Verbrennung ersten Grades zurückbleibt. Ein Stück Eis schmilzt voll¬ 
ständig in der Hand, ohne dass Patient das Gefühl von Kälte hat. 

Die Patellarreflexe sind erhalten, die Hautreflexe hochgradig herab¬ 
gesetzt. Die elektrische Untersuchung der atrophirten Muskeln ergiebt 
normale Verhältnisse. 

Es handelte sich somit um einen Kranken, der neben schmerz¬ 
losen Panaritien und trophoneurotischen Störungen der 
Finger, Muskelatrophieen, hochgradige Herabsetzung 
der Schmerzempfindung bei Erhaltung der tactilen Em¬ 
pfindung, hochgradige Störungen des Temperatursinns 
und eine tabiforme Erkrankung des linken Schulter¬ 
gelenks zeigt, kurzum einen Symptomencomplex, der eben der | 
Syringomyelie, und da wieder der gerade von Morvan beschriebenen 


Verfahren ist sehr einfach, und ich habe die Befriedigung gehabt, 
dass Paul Bruns in Tübingen in seiner im letzten Jahre er¬ 
schienenen Mittheilung über den vorliegenden Gegenstand diese 
Einfachheit besonders betont. 

Sie werden mir ohne weiteres zugeben, dass gerade in der 
Einfachheit einer solchen Methode ihr Hauptwerth liegt, um so 
leichter wird sie erlernt werden können, und um so leichter werden 
sich Fehler vermeiden lassen. Ich habe auch die Freude, dass eine 
Reihe meiner Altonaer Collegen das Verfahren, nachdem sie es bei 
mir im Krankenhause gesehen, in ihrer Praxis mit bestem Erfolge 
anwenden. 

Soll nun der Verletzte — sei es dass es sich um einen 
Knöchel-, Unterschenkel- oder tiefsitzenden Oberschenkelbruch, 
oomplieirter oder nicht complicirter Art oder um eine Osteotomie 
an diesen Stellen handelt — schon wenige Tage nach erlittenem 


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28 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 4 


Unfall oder nach dem chirurgischen Eingriff in den Stand gesetzt 
werden, umherzugehen und sich dabei auch wirklich auf das 
gebrochene oder durchmeisselte Glied stützen, so muss 
sich der Gipsverband so genau allen Umrissen der Glieder an¬ 
schmiegen, dass er dessen Form wie ein Modell wiedergiebt; 
andererseits darf er unter keinen Umständen den allergeringsten 
Druck auch nur an einer kleinen Stelle ausüben, er würde dann 
nicht ertragen werden. Im grossen und ganzen wird der Gips¬ 
verband wie ein Sayre’sches Gipscorsett angefertigt, nur ziehe ich 
vor, statt des Tricotschlauches hier eine feine Mullbinde zu ver¬ 
wenden, die in doppelter Lage überall unmittelbar auf die Haut, 
also ohne jede Wattepolsterung, gelegt wird. Die Art und Weise, 
wie die Kranken vor Anlegung des Gipsvorbandes behandelt werden, 
um jede Dislocation auszugleichen, ist bei den einzelnen Fällen 
sehr verschieden, darüber werde ich das nöthige nachher bei De¬ 
monstration der Kranken sagen. 

Durch starkon Zug an Hacke und Fuss und entsprechenden 
Gegenzug am Oberschenkel wird das gebrochene Glied in richtiger 
Stellung gehalten und über die doppelte Bindenschicht unmittelbar 
der Gipsverband gelegt. Ich verwende wie beim Corsett nur Mull¬ 
binden, die mit bestem Modellirgips eingerieben sind, niemals Gips¬ 
brei. Der Verband erhält durch diese gleichmässige Verbindung 
von festen und weichen Stoffen einen gewissen Grad von Elasti- 
cität und damit grössere Haltbarkeit. Während des Abwickelns 
der feuchten Gipsbinden muss natürlicher Weise jedes Zerren ver¬ 
mieden werden, auch thut man gut, mit den ersten Gipsbinden 
Umschläge nicht zu machen, dafür lieber die Binden durchschneiden 
zu lassen. Durch sorgsames Streichen werden während des Um¬ 
legens der Binden die einzelnen Schichten in innige Berührung 
gebracht und genau der Form der Glieder angoschiniegt. Der 
Sohlentheil wird durch Longuetten verstärkt. Bei Knöchelbrüchen 
reicht der Verband von den Köpfchen der Mittelfussknochen bis 
zum obersten Ende des Unterschenkels, nur bei ganz schweren 
derartigen Fracturen fixirt er auch das Kniegelenk; bei Unter¬ 
schenkelbrüchen erstreckt sich der Verband bis über die Mitte des 
Oberschenkels hinauf, bei tief, d. h. im breiten unteren Abschnitte 
des Femur sitzenden Fracturen oder Osteotomieen reicht er von 
den Malleolen bis hoch hinauf zum Oberschenkel. Bei sehr tief- 
sitzenden Unterscbenkelfracturen kann das Kniegelenk durch ein 
Charnirgelenk beweglich gestellt werden. 

Ein solcher Verband soll die Körperlast tragen, er muss daher 
genügend stark gemacht werden. Aber trotzdem giebt er gonau 
die Conturen des Beines wieder, wenn man nur überall ungefähr 
gleich viele Bindenschichten übereinander legt. Man kann daher 
auch im Verbände sehr gut die Stellung der Bruchenden be- 
urtheilen. Das Kniegelenk wird in ganz leichte Beugung gebracht. 
Der Fuss muss vollkommen rechtwinklig zum Unterschenkel, eher 
noch in leichter Dorsalflexion, ferner in mittlerer Lage zwischen 
Supination und Pronation, eher etwas mehr in Supination stehen. 

Der Verletzte oder Operirte bleibt nach Anlegung des Gips¬ 
verbandes noch ein- bis zweimal 24 Stunden im Bett, damit dieser 
vollständig trocken und haltbar werde und damit man sich ferner 
überzeuge, dass er nicht zu fest sei. Wird nach dieser Zeit alles 
in Ordnung befunden, so soll der Kranke unter Benutzung der 
verletzten Glieder umhergehen. Hierbei ist man etwas von 
der Willenskraft der betreffenden Leute abhängig. Manche gehen 
sofort an zwei Stöcken oder am Volkmann’schen Bänkchen, andere 
müssen zunächst gestützt werden, bis sie das ängstliche Gefühl, 
sie könnten sich Schaden thun, überwunden haben. Mit Geduld 
bringt man aber auch schüchterne Gemüther dazu, fest auf das 
gebrochene oder osteotomirte Glied aufzutreten, und so befindet 
sich beispielsweise in meinem Krankenhause ein altes Mütterchen 
von 80 Jahren mit schwerer Fractur im oberen Drittel des Unter¬ 
schenkels, welche im Gipsverbande ganz munter am Volkmann’schen 
Bänkchen umhergeht. Aus naheliegenden Gründen habe ich diese 
würdige Matrone heute so spät abends nicht herbringen wollen. 

Empfinden die Kranken an der Bruchstelle überhaupt Schmerzen, 
so sind sie gewöhnlich nicht erheblich und pflegen bei fortgesetztem 
Gebrauch abzunehmen. Die Zehen schwellen beim Umhergehen 
zuweilen an, was ja auch schon beim Hängenlassen des verletzten 
Bemes so gewöhnlich eintritt, das Oedem verschwindet aber in der 
Rückenlage. Daher wird der Kranke angewiesen, auch jedesmal 
er _ das verletzte Glied hoch zu legen. Man kann 

uio Kranken mit einem passenden Schuh sehr gut auch auf der 
Strasse umhergehen lassen. 

Möglichkeit, so kurze Zeit nach der Verletzung auf das 
betreffende Glied aufzutreten, findet ihre Erklärung darin, dass der 
genau allen Knochenvorsprüngen anliegende Gipsverband die 
Körperlast trägt, auch ohne einen Stützpunkt am Becken zu haben 
, Enterschenkelbrüchen, und zwar auch solchen, die sehr schräg 
veiiauten und daher ausgesprochene Neigung zur Verschiebung in 
- Längsrichtung besitzen, kann man mit dem beschriebenen Gips¬ 


verbande erfahrungsgemäss verhüten, dass die einmal beseitigte 
Verschiebung wieder eintritt, weil dem Verbände in der That eine 
distrahirende Wirkung zukommt. Oberhalb der Bruchstelle haben 
wir eine unverschiebliche Angriffsfläche an den breit wie das 
Capitäl einer korinthischen Säule aus dem schmaleren Schacht sieh 
hervorwölbenden Condylen des Schienbeines; unten leisten Knöchel, 
Hacke und Fussrücken den nämlichen Dienst, und da der Druck 
sich gleichmässig auf grosse Flächen vertheilt — es kommen auch 
noch die vordere breite Seite des Schienbeins und die Condylen 
des Oberschenkels in Betracht — so wird er, wie die Erfahrung 
lehrt, auch ohne Beschwerden ertragen. 

Hat man die Fractur sicher ohne jede Dislocation eingegipst 
und erweist sich der Gipsverband als dauernd haltbar, so kann er 
bis zu vollendeter Consolidation liegen bleiben. Die breiten 
Knochenflächen, an denen er seine Stütze findet, sind bei nicht zu 
fetten Leuten nur von dünner fettarmer Haut, Fascien und Sehnen 
bedeckt, eine Abmagerung von wesentlicher Bedeutung ist hier 
ausgeschlossen; die distrahirende Wirkung des Verbandes bleibt 
also erhalten. 

Mit dem beschriebenen Verfahren werden von mir alle Knochen¬ 
brüche und Osteotomieen in der Gegend der Knöchel, des ganzen 
Unterschenkels und des untersten Femurabschnittes behandelt. So¬ 
gleich nach erlittener Fractur kann im allgemeinen der feste Ver¬ 
band nur in ganz leichten Fällen angelegt werden, in denen keim’ 
wesentliche Verschiebung besteht und sich keine erhebliche Brucli- 
geschwulst bildet. Hierher gehören aber gerade die wegen Genu 
valgum am unteren Femurende vorgenommenen Keilosteotomieen. 
Da kann man entweder sogleich oder nach einem bis zwei Tagen 
den Gipsverband anlegen; um die Wunde ganz trocken zu halten, 
ist es gut, an dieser Stelle ein kleines Fenster in den Verband zu 
schneiden. Bei allen Fracturen schwererer Art warte ich einige 
Tage, bis sich die Bruchgeschwulst zu ihrer Höhe ausgobildet hat 
und damit die reparativen Vorgänge, welche zur schliesslichen 
knöchernen Heilung führen sollen, eingeleitet und gesichert sind; 
andererseits ist dann die traumatische Entzündung mit ihren 
Schwellungen, Oedemen u. s. w. zum Stillstand gekommen und 
daher eine weitere Zunahme im Umfange der Glieder nicht zu be¬ 
fürchten. Diese wenigen Tage werden zugleich benutzt, um bei 
Schräg- und Spiralbrüchen des Schienbeines mit Verschiebung diese 
durch starke Belastung mittels Heftpflasterextension zu beseitigen. 
Bei schweren Knöchelbrüchen bildet während der ersten Tage die 
Beseitigung des ins Sprunggelenk und unter die Haut ergossenen 
Blutes unsere Hauptaufgabe. Dauernde Compression mittels einer 
Martin’schen Gummibinde, die jeden Morgen neu angelegt wird, 
und Massage vom zweiten oder dritten Tage an pflegen auch bei 
den schwersten Fracturen in wenigen Tagen das gewünschte Er¬ 
gebnis herbeizuführen, die Knochenumrisse fangen wieder an deut¬ 
lich hervorzutreten. Auch in solchen Fällen kann daher der un- 
gepolsterte Gipsverband im allgemeinen vier bis fünf Tage nach 
der Verletzung angelegt werden. 

Ebenso wie die Osteotomieen werden auch die compheirten 
Fracturen nach dem beschriebenen Verfahren möglichst bald ein¬ 
gegipst, und zwar so schnell als die Wundverhältnisse nur irgend 
die Anlegung des festen Verbandes gestatten. Immer wieder kann 
man beobachten, dass das Umhergehen keinen naehtheiligen Einfluw 
auf die Wundheilung ausübt. Selbst in den allerschwersten Fallen 
habe ich das Verfahren mit Nutzen in Anwendung gezogen, w^ 
folgende Beobachtung lehrt. Ein 45jähriger Arbeiter hatte ac) 
Jahre zuvor den linken Oberschenkel durch Amputation ver1 ^^ 
ihm wurde der rechte Unterschenkel etwas unterhalb der Mi 0 
zwischen zwei Puffern zerquetscht, derart, dass die Knochen in eint r 
Ausdehnung von mehr als 6 cm vollständig zertrümmert, 
Muskeln zerquetscht, die Haut vielfach zerfetzt und nur bew^ 
und Nerven unversehrt waren. Es gelang das Glied zu orha cn. 
Als die grosse Wunde einigermaassen durch Granulationen au> 
gefüllt war, wurde ein Gipsverband bis hoch oben zum i > 
schenke!, aber ohne Sitzring, angelegt. Der Kranke ging ta " 1 • 
da sein Stelzfuss ihm unbequem war, an Krücken fast den p n ^ 
Tag umher, indem er sich ausschliesslich auf das eine * 
schwer verletzte Bein stützte. Eine kurze Strecke konn t 
unter denselben Verhältnissen sich am Gehbänkchon fort ‘ 
Die Consolidation vollzog sich ohne Störung; um die ^orku ^ 
des rechten Unterschenkels um etwa 6 cm auszugleichen, e 
es nur der Säge eines Tischlers, welcher vom linken ^ e ' 
ebenso viel abschnitt. . , T . i.-« 

Der Werth des Verfahrens liegt darin, dass beim Umne g 
die Ernährung des ganzen Beines eine bessere ist, dass in r 
dessen die Callusbildung rascher von statten geht und die 1 o 
dauer sich verkürzt. Ferner bieten nach Abnahme des ei < ^ 
die Gelenke nur einen geringen und in kurzer Frist 
eignete Maassnahmen (Massage, Douehe, Bewegungen) zu * s , p j or 
den Grad von Steifigkeit und Schmerzhaftigkeit dar. 


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17. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


20 


Erschlaffung der Bandapparate und namentlich der Seitenbänder, 
wie sie am Kniegelenk nach langdauernder Feststellung nicht selten 
zur Erscheinung kommt, beugt der frühzeitige Gebrauch des Beines 
um so sicherer vor, als die das Knie bewegenden Muskeln nicht 
erheblich atrophiren und daher genügende Kraft besitzen, beim 
Auftreten ohne Verband das Gelenk in richtiger Stellung zu er¬ 
halten. Aus alledem ist ersichtlich, dass auch die Dauer der 
Reconvalescenz erheblich abgekürzt wird. Schliesslich ist es ein 
nicht hoch genug zu schätzender Vorth eil, wenn so schwer Ver¬ 
letzte und Operirte nur wenige Tage an das Bett gefesselt siud. 

4. Herr Manchot demonstrirt einen Fall von hämorrha¬ 
gischer Diathese, die bei einem Morphinisten während der 
Entziehungscur entstanden ist. Die Hautblutungen beschränken 
sich auf die Beine und die Unterarme. Der Kopf und der Rumpf, 
die Schleimhaut von Mund und Nase, der Augenhintergrund sind 
nicht befallen. Der Kranke ist abgesehen von seinem Morphinis¬ 
mus gesund. Auch besteht bei ihm keineswegs eine Cachexie, 
welche als Ursache der hämorrhagischen Diathese angesprochen 
werden könnte. Er hat seit Entziehung des Morphiums erheblich 
an Gewicht zugenommen und ist zur Zeit von vortrefflichem Er¬ 
nährungszustände. Die hämorrhagische Diathese hat in diesem 
Falle insofern etwas besonderes, als man die Blutungen willkür¬ 
lich hervorrufen und ihnen eine beliebige Form der Ausdehnung 
geben kann. Streicht man dem Patienten mit einem stumpfen In¬ 
strument ziemlich fest über die Haut, so ontsteht zunächst eine 
lokale Hyperämie, ein rother Streifen in der Ausdehnung des 
Striches. Nach ca. 2 Stunden findet sich an Stelle des rothen 
Streifens eine quadratförmige Erhebung, welche nach 4—6 Stunden 
ahgeschwollen und durch frische dichtstehende Hämorrhagieen er¬ 
setzt ist. Man kann auf diese Weise dem Patienten Zeichnungen, 
Buchstaben etc. auf die Haut malen (Demonstration). Bemerkens¬ 
werth ist noch, dass die Blutungen nur dann auftreten, wenn der 
Kranke aufsteht. Nach Strichen, die bei völliger Bettruhe ge¬ 
zogen werden, kommt es nur zur Quaddelbildung. Die hämorr¬ 
hagische Diathese scheint bei Morphinisten bisher nicht beobachtat 
zu sein. Wenigstens geben Levinstein und Erlenmeyer in 
ihren Monographieen über die Morphiumsucht nichts darüber an. 

5. Herr Fürst stellt einen 45jährigen Mann mit multiplen 
Fibromen vor, der von Dr. Ros am zur Ansicht in das alte all¬ 
gemeine Krankenhaus geschickt worden ist. Der Patient hat diese 
Tumoren schon seit längeren Jahren, ohne dass sie ihm unbequem 
geworden wären. Nur einen grösseren Tumor hat er sich, da er 
auf dem Rücken sass und von der Kleidung entzündlich gereizt 
wurde, exstirpiren lassen. Die weichen, erbsen- bis wallnussgrossen 
Geschwülste sitzen über den ganzen Körper verbreitet unter der 
Haut, welch letztere leicht abhebbar ist. Die Geschwülste fühlen 
sich weich, fast wie Cysten an. Auf der Kuppe vieler dieser Tu¬ 
moren sitzt eine typische Comedo. Fürst erinnert an den Vir- 
chow’schen Fall, der in dem Titelkupfer seines AVerkes über die 
Geschwülste abgebildet ist, ferner an den sog. Tilesius’schen 
Warzenschuster aus dem vorigen Jahrhundert, der von Virchow 
im Gegensatz zu anderen ebenfalls als ein Fall von Fibroma mol- 
luscum multiplex gedeutet wird. Dem vorgestellten Mann ist ein 
Tumor exstirpirt worden, den Herr Dr. Simmonds so freundlich 
war, zu untersuchen, und der sich als typische Bindegewebsge- 
schwulst erweist. Ein Schnitt des Tumors wird mikroskopisch 
demonstrirt-. 

6. Herr Ed. Arning stellt a) einen 24jährigen Kaufmann 
.mit einer Lues maligna, der glücklicher Weise seltenen Form der 
Syphilis, vor, wo unmittelbar nach der Infection und den Früh¬ 
formen, der sogenannten secundären Periode, sich Erscheinungen 
einstellen, die man sonst nur als Spätformen zu sehen gewohnt 
ist. Mitunter deutet schon der Charakter des ersten Exanthems 
auf einen derartigen irregulären, galoppirenden \ erlauf der Sy¬ 
philis hin. Das war auch hier der Fall. Mitte December stellte 
sich Patient mit einem sehr grossen, Anfang November acqui- 
rirten Primärafifect und einem sehr ausgebreiteten papulo-pustu- 
lösen Syphilid vor. Ausserordentlich starke multiple Drüsenan¬ 
schwellungen und eine schwere Anämie des sonst nicht kachek- 
tischen jungen Mannes Hessen auch eine schwere Intoxication er¬ 
kennen. — Unter einer energischen Sobmiercur gingen alle Er¬ 
scheinungen gut zurück. Dieselbe war aber noch nicht beendet, 
als auf dem linken Oberarm unmittelbar oberhalb des linken Ell¬ 
bogengelenks eine schnell nach der Tiefe und Fläche sich ver- 
grössernde Hautgangrän eintrat, das sogenannte Ekthyma pro- 
futidum der älteren Syphilidologen. — Gleichzeitig zerfielen die 
enorm hypertrophischen Tonsillen in tiefer Ulceration. Das sich 
jetzt unter Fortsetzung der Allgemeincur, Jodkali und Jodoform, 
local sich zur Reinigung anschickende Ulcus am Arm ist gut 
thalergross, hat tief unterminirte, wie mit einem Locheisen aus¬ 
geschnittene Ränder, und sitzt auf einer derben, nach jeder Rich¬ 
tung sich noch 2 cm hin erstreckenden, infiltrirten Basis. 


Ueber den Grund des schweren Auftretens der Syphilis in 
diesem Falle ist nichts zu sagen. Patient ist durchaus nicht ka- 
chektisch. Eigentümlich ist, dass derselbe typische Hutchinson- 
sche Schneidezähne besitzt. Von einer Lues der Eltern ist aber 
nichts zu eruiren, auch Avürde man von einer solchen ja eher eine 
abschwächende als verstärkende Wirkung des syphilitischen Giftes 
erwarten. 

b) Einen sehr ausgeprägten Fall der Dermatitis herpeti- 
formis Dühring bei einem 49jährigen Bauer aus Mecklenburg. — 
Die Krankheit, welche zu den erythematös-pemphigoiden Dermato- 
nosen zu zählen ist, hat sich seit 8 Jahren bei dem Patienten 
entwickelt, von der Genitocruralgegend ausgehend. Alle Merkmale, 
die Dühring für das von ihm aufgestellte Krankheitsbild verlangt, 
sind vorhanden: 

Es handelt sich um ein männliches Individuum, um eine chronische 
Krankheit, die trotz ihrer Ausdehnung das Allgemeinbefinden verhältniss- 
mässig wenig beeinträchtigt hat, um eine exquisit symmetrische Anord¬ 
nung sehr polymorpher Effloresccnzen, Erytheme, Papeln. Vcsikeln und 
kleine Blasen, meistens in gyrirtcr herpetischer Anordnung. — Juck- 
anfälle leiten das Aufschiessen der Vesikeln ein, die in unregelmässigster 
Weise, bei Tage und bei Nacht plötzlich aufsehiessen. Ergriffen sind bei 
dem Patienten der ganze Rumpf bis zu einer Linio, die sich von den 
Achseln bogenförmig unter den Brustwarzen hinzieht und hinten mit den 
Spinae der Scapulae abschliesst-, daran unmittelbar anschliessend die 
Oberschenkel mit Ausnahme einer Partio auf der Streckseite oberhalb des 
Kniegelenks. Unterschenkel und Fussrücken zeigen einzelne, an Zoster 
erinnernde Heerde, ausserdem ist der Hals bis zur Haar- und Bartgrenze 
ergriffen und fast die ganzen Anne. Hier geht die Affection, immer ganz 
symmetrisch, von der Bcugeflächo der Gelenke aus. Im Gesicht finden 
sich einzelne Efflorescenzen. Hand- und Fussteller sind frei. — Ueber 
die Aetiologie der Krankheit wissen wir nichts anzugeben. Der Vor¬ 
tragende behandelt seinen Patienten mit salicylsaurom Natron intern und 
Theerbädem. 

7. Herr Deutschmann demonstrirt einen Fall von hoch¬ 
gradigem Ciüarstaphylom der Sklera des rechten Auges mit 
beginnender Erkrankung der gleichen Art auf dem anderen Auge. 

8. Herr Oberg hält seinen angekündigten Vortrag: Ein Fall 
von chronischem Rückfallfleber. 

Der Patient, ein lOjäkrigor Knabe, stammt von gesunden Eltern und 
hat gesunde Geschwister. In seinem siebenten Jahre machte er eine 
Diphtheritis und später essentiello Kinderlähmung durch, die ohno Folgen 
heilten. 1891 hatte er einige Wochen an Halsdrüsenschwellung zu leiden, 
war dann aber ein Jahr lang gesund, bis er im October 1892 an der ge¬ 
nannten Affection erkrankte. Es trat damals unter starker Fieber¬ 
bewegung mit Allgemeinsymptomen eine Schwellung der Halsdrüsen auf, 
die einigo Tage anhielt, zur Norm zurückkehrte und einem vollkommenen 
Wohlbefinden wich. Nach 3 Wochen und von da ah bis kurz vor seinem 
Tode alle3—4 Wochen traten unter bedeutenden, etwa fünftägigen Fieber¬ 
erscheinungen wieder Halsdrüsenschwellungen auf, die in der Folge je¬ 
doch nio wieder ganz zur Norm zurückkehrten. Die übrigen Drüsen waren 
nur mässig betheiligt, einmal waren die linken Inguinaldrüsen stärker be¬ 
theiligt. Er wurde mit Eisen, Chinin und Arsen erfolglos behandelt. Im 
Mai wurde Patient in das Kinderhospital aufgenommen. Vor seiner Auf¬ 
nahme hatte er 2 Tage gefiebert und fieberte jetzt 38,2--39,0, Puls 120, 
Sensorium frei, leichte gastrische Erscheinungen. Milz nicht yergrössyrt, 
Leber fingerbreit über den Rippenbogen hinausragend. Auf beiden Seiten 
die Halsdrüsen unförmlich geschwollen, teigig anzufühlen, nur bei starkem 
Druck empfindlich. Achsel- und Leistendrüsen bis bohnengross. In der 
linken Leistengegend eine wallmissgrossc Drüsengeschwulst. Herz und 
Lunge gesund, Urin ohne Abnormität. Im Blut mikroskopisch keine Ver¬ 
änderung. Nach 3 Tagen nahm das Fieber ab, die Drüsen schwollen 
wesentlich ab, sodass der Halsumfang von 44 cm auf 30 cm sank, immer¬ 
hin waren noch derbe Drüsentumoren nachzuweisen. Nun trat objeetiv 
und subjectiv vollkommen Wohlbefinden ein, das durch eine exsudative 
Pleuritis vorübergehend gestört wurde. Nach seiner Entlassung dauerte 
der regelmässige Wechsel zwischen Fieber und Drüsenschwellung und 
Wohlbefinden bis zum October fort. Allmählich wurde die Schwäche 
grösser, es trat eine Continua ein, die den Patienten bettlägerig machte 
und denselben unter immer stärker werdender Schwäche im November zu 
Tode brachte. Section wurde nicht gestattet. Einige am dritten Tage 
p. m. excidirte Drüsen zeigten Hyperplasie des Drüsengewebes, zahlreiche 
ausgedehnte nekrotische Heerde mit alten Blutungen. An einzelnen 
Stellen am Rande dieser Heerde Anhäufungen von plumpen Bacillen. 
Milz und Leber waren nicht vergrössert, 

Vortragender geht dann auf die Litteratur dieses Falles ein. 


Dreiundzwanzigster Congress der Deutschen 
GeseUschaft für Chirurgie in Berlin, 
18.—21. April 1894. 

Ref. Herrn. Frank (Berlin). 


Zweiter Sitzungstag am Donnerstag den 19. April 1894_ 
10 Uhr Morgens. 

1. Herr E. Küster (Marburg): Ueber Frühoperationen bei 
Osteomyelitis (Autorreferat). In einigen einleitenden Bemerkungen 
ordert Küstor die einheitliche Benennung als Osteomyelitis aller 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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rcy^ntjc \likroKen vopuiia^et werdon, wemtgLLh in vielem F’Viiinn 
dfrKj'mtkbcif. r>i*hf vorn Mark. Sftndevti vmt defc S|HH>£i/)SL der 
(Vivti«;i;ii.> pVle.r vom I Veiost iiuxgeh^. imd : w^iu nnoii smhjr verv.eMu- 
dnnr ■ AFikvolmju ah K^MkbciH^i r n\i>vr maLveten. U (Infinit Nh t Kirn. svin 
Fm-m.-titis ,ii!) 5 (min. r ts;i rte rino L.lier ditrrü FF drrwn yfditL filhömi... 
föf. rt\ i-rs>-i*im iW (lom.-rKi tun*. <n ib L’efi >1. i *\»hn 

•''•..tm. ‘i:»^4 »!i*> Ki: t nf*iinic' , ivr,.w’r zwar <U*t*'I« <Uf- unverletzte. Häuf 

rimi ringen und tfid '(CriUikhtfH iHwunnsiiFu kdüimu, nUem wio oh 
■ t ‘idn4jii; »rjyüjcr rr.st durch vim Kiitiinkaln < ;u'- 

btuUKJUi al> 5Svv^(4)tfrw<i^tiiiti föüfm dm-tb KMfc&nHnet'f*, 

'vw- Hi.- b«>r jiic-kfiwJfn 1 lwu<kt'uribii*ii»*!* um! HiHif.jUii'a^ili-n nti- 

ni'-d'W;, dh -.Krankheit tiir^kt mit dm» Nngpjir ciwgdmpii'weriLn. ; 
-■* * } i> »w^w ifwln Kfwnli diM tf j uv »liu M77.(rt!*?!in/f (L«w (Ltemiive* 
Hfis 'Vuhr^rhojulff-h um* grossei-oe JhuleuLung feL ülo nmn bkhor 
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AilsTüjfiuig VLr Kufu hemmt bin solo Lngsmn vm r c,Vii. ] v . p-J.'. 
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uabtiinh.il V t« h'xii vor N F.ilun LI dii \ La^un > d, > ( , N 
ruL: i.rfi.nii.f!'« b. ' • 

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Ik'i inÖHkiun^ ibw* KLnriVbeit, durch FHtbojH»rafci<iu Wie die 
Di r; gnbabF Lt aber voiv dmiRdhe:; durri) Sp-Hmr. FrLtumbweit 
jpmiekgpkuiMmen. 1h Schworen Fülkw Lt dTl* Ohii arg mnfaFh öuciiLUv 
her Ivediun- b.orji iitoi Ub«*): iöw Falb* j4l? i>mnr t M Tibia. i\\ Hawv^j- 
3 Vfirdtwin, VI BMikoo, TI Ukiorkhfiir». T)]u K&hltifgfi! f,m^x -«ü 
<)dp|H;lUa itild,. %nf irrt <dnm;d- mm A.ligianoin«rkrankuhü’ üx^ Ureni^aitit' 
unibn-iwsd^.-'/iuo lwk.de Fhfy.amHnsg;.. tb-i ßcv orshrrbi An iV. dir Thrrni 
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KiM^idim H3 Frt»^.>; wb-Hli bfea 1 h n.bkF:-jei> id'iiHi r-bitr'dio [toepi-fM hun:i: 'Tf-haibr. Tm irnnzen sind 20% zmMmn. Am pilb-hrüniikbin rdivua -F 
der ‘ba .n.f'wn.-i! no oiMro A<adFim\ fonme wul‘ di- OpcwnUomm an O.shmnye.idws vioe Fnowkiemrs im v.whudbn. Mußt? im Anmhhw v, 
f.HifV.;n ' }.‘obT' i n! v n:n-?HW{, dy • h4 dir-bmv dio ; Fnhf Ijojd!ue t |j.. ! /»ibnovtrnuüonoh/voii ll Pnuonion sind 4: ;,mst4rböR.. bin Ö.stonüiTnniii? T 

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Mritt-n dpi( ^vaitou Wwhlo» iipoiii’f 14, riobniF ri>tn-l i). mH i . «im ImkaiatkHdikuti^ hl oben ton* njnn TJivi^rsiiimuim^ im Rtni'l 

Fhbo] ‘wwb^.o -0 .■>, L'-w.-d-wrlmn koiiwr, in d«r »Intim Wo- b<> ' lh r allgtwoouten .tjopsiiS. Abo.r mdi d.i.o Ak-kronr werden «l»i* FrUlmiie.-Mtiev.: 

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.-‘o Mieaiii'ii.vioa,^ 1. Smw'b mau anv so {JcAnoO ^«.lilbo Si-hlibssn radtt;nivr.m IbArawIlutiK m% gwxvUrt idas Mater in! der ’ iximik ist. -.iü • 

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idiibto.f lotiilranoii {les }\ noidiiwiv oder eihoT) v.-ht- t ? bdfo>n Ivitorhoorti, ; 'wnlfwdo tWi'*!* 1 t"t>r--'.il i«M, >unl hiev 'tiubna 4 P«ü* »lyti. Fewult «1»^ ei 
tKmii ifaf-pii Ank^. imbfin^ Hm? /VuwnoMsv.U'niü: (iio Wumh in ?'7lr/p- ' mtften nelxt Ta^cu itftttxtiiu IV Mb ^tj%ßh jiumndor* >r)b'<,ab 
••'•O’i- /.nt ’/air Jloi'uity- üotuii-o!.' .je aoxircibdüiOW die , d!, ei.-o SV)- 1 ’^'xkny. ob oh' Wed W [uis^rrim* wm>-n; ist die Kränkle d ühn den 
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mmv, wis die Veemoiduti"- d,-r \,V aoiua ,-iiTf a rili ‘ A -%', dn- ,\«itVioi>>-*3u.ns; bei den ^»nVnd.nr TdivzutuHendml rAteemv-mi.^ I.to 

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*te'i|jI r i»b - i-' , <’ 1 ’ '' .'} M "* J V a uf! ~ na, i) i.r j f: : üheihbemiini Jaulen wnnte •vnmmd emo tN.’kroM* 

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•j. **’ ! . r.)'“ww\ eilUs- i'HiL-'ni' tb'miv.tikimoiwvii;. krinerirj Bt.dVwibri^-- e eof eebw.nH. tbviueiken^W'eriti dsind die Altemersilubdetflirdoti.. I do 

«.'-ii tft.r, Jen. Fan weite!' gehenden lehltrat iwrieu fimeht' Küster : ?v iinbü-/. - itiiler 5 dabvv.n :si;nd -o aent. py»mjsch.gosterlieu, vn» 2i daanm* 

>11l vO f * dn Oti.na.elte AnUm'i.smd.tmti, <oiwlci t\ iHe nstcophistisebe Aut- i ddn*v A AuUrhii -sind mir 2 ^est.örbem 

ne is-f.iunm tjy.rli jai'-ke . (jä.^ l’uier'lnssr.rt der frühen Auf ! iteiT Sdonewljurg t.Ibjrlku) ?chliesst sieb wimi .*\ius»ßj*r.int'iF'H - 

mntSMlung ?t,e|]f, K.dst-ür bwt ginkiln Linie mit cIuqv UntertiiSSeii • ^okrdv und Kürte mi. l'io VtsteriiujeHü's ist eiuo «eivt'-rvlir Alkbantni“ 
eiö'.rrTf^nrtjTf'tjjuiv [o’i'hjr Traftiftfijtpmiö * I tdltjwkuÄg mir JohitliBiHcu yioderscijtJäjy'Au dm* . *nf liftfunw**j 

Ü. Herr Karr wski ('RerIInF On^fftHv#, AitnrtVhäh^^iov • ÄLmidbtH,. (il'nid^b.eocews wurtns, keKeLadinig,, ' Strr||iofinrr,ai uu*i 
der OsteomTOÜtifl «hlV \ ^ t Kmr V-Lm.L Kew; i bb.w dm U« m-d -b" )r! ^ M 

hfWIn'inrn t ‘ .' ‘ 1 11 " M ‘ ! Iw n *< Iw H f j..t!, * ln , c | >-fb erb» d:u*rw*fu ,n{.'f -{*.* l.e.’..*»b i e Vl‘» '!■ * '' 


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' V‘. ."'.Au>nn).^luoL - --amni nael.) p.e- -; .} r , .- j^ ;0 . ehuiondnu Jduien wnntn viermal oino Ne-krnHt verinie‘)n?!, "na,. - 
V me ne. <ief, mOFfrn nml u den seluv-e-nm- ‘ ..dnaniieh -dsn ve/ hnlet, itumlnbm Wni^ uueii eiaer waiten-u Vnbw; i-Viis 


der Ojiteoöiyßlitis. (Lur Vortrag wird in dieser’ \Vm-j»en.-elinft 

rieehninen | 

! • i * < Herr V-dij e it I IKweiii} in^i v.a'w.divmor nhv ov*‘'m'»r 

l'"' w'e.|, j,e JF-rr Küsten Fnztlelieb dn.s' Zi.ninmiin 

Uenens i'v"simi,,v ( ?-d»■* hot der joung-I.elen }fa,ilrljege n\ -Aim«,. 

aH-riando L^e^a 4nd.. oe Wükrn aui' gäitir 

‘ ,IU ' 1 ‘’. V«’rl.ud.tn)Sss( < * Ln. s.e li-Kven. das* den Auftivmn der OVli-nm»-.- Id ir 

"Z TvT ,ll | ^ 0 . »S7s iHWii 1(1 'b J K diie» OK In 

11 A o,aaoiei.,, rtlwi; •.i.'i.H* 1 vaove JKwvr. j>L t.usv,ro Haut- 

{.•'Iren lud ,1 k sieberin b binni bnK^, J„ Lvouee-wi rtm In 

, Uoiizit oxUn anfc \ orkduüitMi Fitrrmü.dhr iw fe Utngbhurig, -Lvie. uni 
mru .»^*i emea I id.inuliwir .. Heb.,.; »Iw ]th, misV' dianmeim. drr ‘Sinnin in- 
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Tim- J leide niiaiii iCndfywahii und Herr T>*-V m i m: (Kn|:»-ab.-v^ ! 
g'de h aLiridUrlir.hn .SnuLiiken ibtt*s'.&itH»ri«l*r, .der lükK'k w?nr j. ms* • 
V-erseihndetijt'Ml- -dm- Frefjaciiv: m den r.ip-znüinn .Fiiiree tdjV* 'OwrriF • 
Äeludftt.'siüil» c]le IhHutUi'/.n büjudn.sibgend tü'ngiKv3rkLV5t liM'tiib ' 

: ■ ;:|ibdT (V Ki.Lylrftit n r AR*TkJF »h ’ jA' \ 

aif4#id4n,-ift- iIüdv U»n^ T/ha’-Fti. 

dünn da» Kt kröne nm KtmuMmmbUif m den ra-styn drei TA^’ , tK ^ 
krnnkdnw. Leber das Wesen der Knoikhok Inu (!»•>• wkHlner L 

'.seti.Miimgh'm -wie sin nnuto -hcaTih'rC W»m{s'n.',-. &b- -«Kji-tiSCdiC wk'-ra- 1 - 

k»trm flf nur füu Ffillu paphmu. «u wkkfit'äiJ’bidu^Jpii {* a ^l UJ , A 

Immdte'eiu A'iwgayy, M<dwf>jrigf wird- .Honft' tarruhl die , U r »n:kU> J 

iHfcotüdt wk nhm Ljrhgiwmrff- nn^jhldrfsivA'i^ vr‘ tne’jr JL 1 \ F 


-Herr Vlmdui'Ul iSb-üni, hat ^et- n.l, ej ,bn \i,*-e. j, d,..,. i '"inj, - luft - Lmn m, . me nfitogmom »H» 1 >■• * V' 1 " ^SSöfefc 

m L'HOüütm neu „ ... ,, „pd T ,i 1 d-d-n nie N'ekrus. i 'mfi K * 3 -»tu d:, ihr ViwOm „ t -io.ii Filtivlni miUi J-'e. ' u,*r«*»MrW 1 

1 K n seiM'M’ BuiriinÜtinr e..ds f rf r ,. n <;.j,,.rj j-v lf . Tu j> vi , ; boStebF mrdit in der snhnrdinirtrn MetigtaVrinL des idnr> vne 


; tj AW ^ Diu KütJ.ornum 

i! :: ZT’T !tir * nn vn \ u ' hl< v - Krf ^ ^ ihfomdiutm, da dl, 


akFdKd'hi uv uKId inunbV’ 'glo*e 
t?!¥Ulu a'uf\tg -; V 


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Tf-ii-n K> >'''t't'- '- i' ‘-’ , r: "*" '"' '»•'s.'-'iMtiK KU <U>» ,\i-.lHi!ri'.iu'‘U Yle« 

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Viarhes. Vom 21» UjH,n n< .i k <j, u j 

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jidÄitn Kööpif’ fttis. . In: • i*rit,fw?^en»>tl«4wr* 
i iscüi^m Iie2toUuj}g'«?t» Aejmrrit^'r-^vntTb^ .Wa.g. du? Ihvydtot r düF ‘A 
brtrdft so .tVdilea ihm die ErLbnirtgiui über (jjn H|,er-'tt.inm:n /d- ^ 

Stadium. Oedem ,Iö.s )hn-iostefc öle. Seltroae bat shli ub- vnncenieu 

IWr M os* s»-h tu* a’Mündißöl .dio • ArtstüjiriW^l _ - V-W... 

Liudner Ober dm lukahm und cridemui Lu; Vetvchie-Mnbi n.-e < e, - 
rutiLkeit. Iij Ai'imdinn jLt dm Tu'lft’Mjk'hug relativ wt . 1 ■ 

‘U'tlif. ■ -■- ' . ■ -■ ■ • '. , . A < -. ; . 

Herr KtUfet (Afaii,w;v.t hed.ruert-, dass tu der Ibses^r.J*»!; .eft 
' (IrfjrjkjK'lie R»\Kohritt»kui!t r ani’ die Jirhartdlmm d,a Kok^auaie-if! ^ 
Ktumbens vei w! r-rni wbnlw*« Li, Hm A*HVneie<*>jimg ab“* Ku-eari'’ ••• 
ibdl diu- btd dun §rhwqitt0i- FälKm Auvrondnü^ Ündeit. • 


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17. Mai. 


VEREINS-BEI LAG E DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


3. Herr v. Bergmann (Riga): Zur Resection des Darm¬ 
beines wegen aeuter Osteomyelitis. Die Prognose der osteo¬ 
myelitischen Erkrankung des Beckens hängt von der radicalon 
Operation ab. Der Redner berichtet über zwei eigene Beobach¬ 
tungen, wo die Totalresection des Darmbeines mit Heilung aus¬ 
ging. 

4. Herr Gramer (Köln): Zwei Resectionen am Becken¬ 
ringe, in einem Falle wegen Osteomyelitis, im anderen wegen 
Tuberkulose der S. sacroiliaca, haben ebenfalls zur Heilung ge¬ 
führt, sogar ohne die zu befürchtenden Neuralgieen, trotz der Mani¬ 
pulationen am Plexus sacralis. 

5. Herr Bar den heu er (Köln) stellt vier Patienten mit totaler 
Hüftgelenksresection — Oberschenkelkopf und Pfanne — 
vor, zur Demonstration des vorzüglichen functionellen Resultates 
ohne Fistel bildung. Im ganzen hatte Herr Barden heuer so ausge¬ 
dehnte Resectionen fünfmal, theils wegen Osteomyelitis, theils wegen 
Tuberkulose; vier Fälle sind in Ankylosis, ein Fall ist gelenkig 
ausgeheilt. Um ein vollkommenes Resultat zu erzielen, ist voll¬ 
ständige Freilegung der erkrankten Partieen, Excision der extra- 
peloären Abscesso und ausgedehnte Resectionen des meist mit¬ 
erkrankten Os ilei zur Freilegung der intrapeloären Abscesse noth- 
wendig. Dadurch sind jetzt mehrfach Leben gerettet worden und 
ohne erhebliche Verstümmelung, welche ehedem und sonst einfach 
verloren waren. Dabei ist die Heilungsdauer verkürzt, nament¬ 
lich wenn secundäre Naht angelegt werden kann. Während der 
Behandlung wird der Oberschenkel in 3 A R.-Abductionsstellung 
gleichsam als. Tampon gegen den oberen Defectrand des Beckens 
gegengestützt. Die starke Abductionsstellung wird bei Ankylose 
durch Beckenneigung nach der gesunden Seite zum grössten Tlieil 
ausgeglichen, die Stellung ist besonders vorteilhaft, weil, wenn 
das Schenkelende den freien Wundraum ausfüllt, os zu keiner 
Secretstauung, zur Fistelbildung, zum Recidiv kommt und beim 
späteren Gebrauch des Beins die Reizung eine geringere ist. 
Eventuell müssen später Adductionsbewegungen ausgeführt werden. 
In der Regel kommt es zu Ankylose, aber in guter Stellung, welche 
einer gelenkigen Verbindung mit der Möglichkeit und Gefahr 
späterer Verschlechterung der Stellung vorzuziehon ist. 

Herr v. Bergmann (Berlin): Die Ankylose im Hüftgelenk hat auch 
ihre gute Seite. Man muss sie bei der HUftresection sogar wünschen, 
uni die Gewähr für die Dauerhaftigkeit einer guten Stellung zu erhalten. 
Leider hält die anfangs gute Stellung nur nicht Stand. 

Nachmittagssitzung 2 Uhr. 

6. Herr Helferich (Greifswald) stellt ein 7jähriges Kind vor 
mit erfolgreicher Operation einseitiger Eieferankylose. Um 
nach Resection einer l l /4 ein hohen Knochenschicht die Wiederver¬ 
wachsung zu verhüten,ist in diesem Falle ein 3 cm breiter Muskel¬ 
lappen vom M. temporalis heraus präparirt, umgeschlagen und zwischen 
Schädel und Proc. condyloideus interponirt worden. Die Verhinde¬ 
rung einer Verwachsung durch Interposition von Weichtheilen, bei 
Knochenbrüchen gefürchtet, wirkt hier zum Nutzen des Patienten. 
Nebenbei ist vielleicht auch die Ausschaltung eines Theiles des 
Schläfenmuskels förderlich, um die Kraft, mit welcher der Kiefer 
heraufgezogen w'ird, zu verringern. Die Verkümmerung der Kiefer¬ 
hälfte ist freilich nicht zu verhüten gewesen. 

7. Herr Schimmelbusch (Berlin): Experimentelle Unter¬ 
suchungen über Wundinfection. Zur Prüfung der Wirkung der 
Infectionserreger bei Thieren kann man sich zweier Wege bedienen; 
entweder steigert man die Giftigkeit durch successive Impfung, 
oder man hält sich an die bei Thieren vorkommenden Krankheiten. 
Allerdings kommen hier grösstentheils ganz andere Infectionserreger 
in Frage. Es giebt spontane Abscesse bei Hausthieren, bei Mäusen 
finden sich Phlegmonen, Abscesse, pyämische Processe mit äusserst 
virulenten Bacillen, durch die mittels einer Stichimpfung der Tod 
berbeigeführt werden kann. Das Gift dringt hier in unglaublich 
kurzer Zeit bereits in die grossen Drüsen. Schon nach einer halben 
Stunde finden sich die Keime von Milzbrand bereits in der Lunge, 
Milz etc. Ist das aber auch bei den weniger virulenten Stoffen 
der Fall? Bei Kaninchen wird Eiterung durch specifische Bacterien 
hervorgerufen, und hier zeigt sich, dass dasselbe Verhältniss zu¬ 
trifft. Von 103 Experimenten sind 67 positiv ausgefallen. Schon 
5—10 Minuten nach der Impfung finden sich in der Leber Bacterien, 
Verhältnisse wie bei Fettembolie und Einspritzung corpusculärer 
Elemente. Allerdings sind diese Keime nicht mikroskopisch, sondern 
nur durch Verimpfung nachzuweisen. Diese Schnelligkeit der Auf¬ 
saugung findet aber nur bei Anlegung einer frischen, blutenden 
Wunde statt, nicht bei Application auf Brandwunden, bei Vor¬ 
handensein eines trockenen Schorfes. Damit die Keime haften, 
muss die Wunde auch uneben, buchtig sein, eine gerade Schnitt¬ 
fläche nimmt sie nicht auf, und je mehr sie in’s Granuliren kommt, 
desto weniger leicht gelingt das Experiment. Der Grund liegt in der 
Nothwendigkeit des Offenbleibens der Lymphwege, durch welche die 


31 

Keime in das Innere des Körpers hineinpassiren. Hat sich zwischen 
der bacterienhaltigcn Oberfläche und den tieferen Schichten eine 
Gerinnungsschicht bereits entwickelt, ist der Weg für die Ueber- 
wandorung versperrt. Die Wichtigkeit der Circulation in den Lymph¬ 
spalten erhellt auch aus folgendem Versuch. Impft man eine Horn¬ 
haut, so entwickelt sich die Pilzcultur in Sternform, entsprechend der 
Anlage der Lymphspalten; nimmt man das Auge heraus und lässt 
die Weiterentwickelung der Cultur im Brütschrank vor sich gehen, 
breitet sie sich diffus durch das ganze Gewebe hin aus. 

8. Herr Heusner (Barmen): Demonstration orthopädischer 

Apparate (mit Krankenvorstollung). Den demonstrirten Apparaten 
liegt das Princip der gespannten Drahtspirale zugrunde. Beim Zu¬ 
sammendrücken einer solchen hat sie die Neigung zurückzuschnellen, 
und diese aufgespeicherte Kraft wird dazu verwendet, uni nach 
bestimmten Richtungen hin einen permanenten Druck auszuüben. 
In manchen Fällen eignet sich besser statt der vollen spiraligen 
Umdrehung eine Aufspannung des Drahtes in Serpentinenform. 
Die Federn finden Verwendung zur Streckung contracturirter Ge¬ 
lenke, zur Beugung, in einem vorgestellten Falle mit dauernder 
Einwärtsstellung des Vorderarmes infolge einer Abreissung der 
oberen Epiphyse des Oberarmes bei der Geburt zur Unterhaltung 
einer dauernden Supinationsstellung der Hand. Die Spirale um" 
greift hier in 20—30 Windungen den Oberarm, sie wirkt auf die 
Hand mittels eines Halbhandschuhes, das obere Ende steckt auf¬ 
gespannt an dem hinteren Ende einer in das Corsett eingefügten 
eisernen Achselstütze. — Vorgestellt wird ferner ein Kind & mit 
angeborener spastischer Gliederstarre, bei welchem die Combination 
mehrerer derartiger Apparate wenigstens die Fortbewegung ermög¬ 
licht. ° ° 

9. Herr Hofmeister (Tübingen): Ueber die Sohenkelhals- 
verbiegung. Seit der ersten Veröffentlichung aus der Tübinger 
Klinik ist das Krankheitsbild der Schenkelhalsverbiegung an 33 neuen 
Fällen studirt und klarer gestellt worden. Die Kranken sondern 
sich in zwei Gruppen je nach dem Beginn in frühester Jugend oder 
in späterem Alter. Die Krankheit setzt ein mit mehr oder weniger 
grossen nach dem Knie zu ausstrahlenden Schmerzen, anfangs nur 
bei grösseren Anstrengungen im Gehen, oder auch nur in Form 
besonders leicht eintretender Ermüdbarkeit sich äussernd, dazu 
treten bald Hinken und charakteristische Bewegungsstörungen. Das 
Hinken ist bedingt 1) durch reelle Verkürzung des Beins — die 
Trochanterspitze kann D/a—7 cm oberhalb der R.-Nel.-Linie stehen, 
2) durch Beschränkung der Abduction, während die Adduction frei ist 
(Behinderung der Innenrotation; das Bein steht in Aussenrotation). 
Die Flexion ist meist frei oder geschieht mit Vermehrung der 
Aussenrotation. Bei Doppelseitigkeit der Affection machen sich 
manche Störungen in der Gebrauchsfähigkeit sehr bemerkiicli: die 
Kranken können mit geschlossenen Beinen zum Beispiel nicht auf 
einem Stuhl sitzen. Daneben besteht beträchtliche Atrophie der 
Beine (Unterschied bis 7 cm). Rachitis ist nur ausnahmsweise als 
Erklärung anzunehmen, ätiologisch kommt mehr der Einfluss der 
Belastung zur Geltung. Einigemal war das Leiden vergesell¬ 
schaftet mit Pes und Genu valgum. Die anatomische Erklärung 
ist die Abbiegung des Schenkelhalses „Coxa vara“. Verwechselt 
kann das Leiden werden mit Coxitis, indess schützt davor die 
Thatsache, dass dabei Aussenrotation niemals mit Abduction ver¬ 
knüpft ist, sowie dass der Hemmung in der Beweglichkeit nach 
der einen Seite (Innenrotation) Ueberbewegliclikeit nach der andern 
(Aussenrotation) gegenübersteht. 

Discussion: Herr v. Bardeleben (Berlin) ist überzeugt, dass wenn 
man bei Sectionen, in Operationscursen mehr auf diese Deformität achten 
würde, man viel häufiger auf derartige Fälle stossen würde. 

Herr Schede (Hamburg) ist auch häufiger bereits dem Leiden be¬ 
gegnet, in einem Falle stellte es sich nicht als Belastungsdeformität dar, 
sondern musste auf die Wirkung von Muskelcontractur bezogen werden; 
es handelte sich um einen bettlägerigen Osteomyolitiskranken. 

10. Herr Leser (Halle): Zur Frage der Trockennekrose des 
Knochens. (Autorreferat). Trockennekrose des Knochens kommt 
viel häufiger vor, als a priori angenommen. Die Thatsache selbst 
ist schon seit lange bekannt, doch wohl nicht genügend beachtet. 
Namentlich bei offenen Knoehenbrüchen mit selbst reactionslosem 
Verlauf kommen hie und ua insofern ganz abnorme Verhältnisse 
zur Beobachtung, als sich die ihrer periostalen Bekleidung entblöss- 
ten Bruchenden wochen- und monatelang nicht mit Granulationen 
und Callus bedecken, sondern reaetionslos, weiss, unverändert, wie 
todt in der Wunde liegen bleiben. König beschreibt solche Ver¬ 
hältnisse in seiner allgemeinen Chirurgie und betont, dass man 
schliesslich nach monatelangem Warten in diesen Fällen gezwungen 
sei, die Bruchenden weithin abzutragen; und dass auch auf dem 
Längsschnitt des entfernten Knochens keinerlei Andeutung des 
Uebergangs vom Normalen zum Anormalen zu erkennen sei. — 
Ein besonders schwerer Fall von solcher Nekrose bei einer direkten 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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fern-«!, jM>si.ijV‘m Tfestdtni. gfefVhrf■; es ?fe fe-i aseptischem V«rfe.jf 
iihfejfeh; dürfe» feUfefemrXTbciaic*» ASjliHldon «1 io HmW iferifesife enj * 
idr^>'t(Mi,Brnnhr-oMi /.urAekrfew. -zu ißiiKm ,to\£e i prudnfert der 
V<*.r?,;>!uv f >jiuijv sfefefe a|dF.Hebdf i X{‘!:r«s-vi.i; v«n lfeuehomfejl 

Kr^w!' v*\ü iountöfi dä&itk ^ dfe 

Trmkcnnfe-;»‘OSC'U yfd ■grfesejt; I hn*fe> fefemy numthmmt ünnhfei, als 
iiUiü bhfliife» Lifeufe-: dna-feben *L\r FvfeiJen jodet! de- 

f*» ;I •■)•: F*'M«d<Mi K.Uf ZliudUng, der Monged \ o ii f Nfe 1 ü fefe 1 d U feg 
•fegfeUhümtieh ist Sfe ,lfe unter nlfed- LmfeHmloH ünctdt.- sorg* 
tjUfegot? Vfebindfef, Foyohflmltfei der feithlhssten Khfe&tmflfiilih, 
Hfeihug ’üit !'t‘ deir; t'eufeilmi KjoUeimri aw vi»j mfedhrv •'N'fe 48- fewi- 
|PP||> Ff-fe-iupfe er: .;•— m Fxf^niiUFddavo«'hHh von ui dm« 

IfeZ-Mt ’/)<■'■•■ .feliPc-». fefe U} ,{ek W.dfbc ohne \A krn>-'HduidUVi }Il- 
li‘ ili -ii>tl — \Ui t, I!!f di" Brurthfeiutm und IfehmntiUinj 

von «hdchfei Fäitidc fe>.f fefetm in BHmfellnaJs. kann ne uitfV %p\ 
dfemi». tfian die m& toßt, rfe&BdrfekH frfehegRjtdmi lütOferonfehfen 

'-Md-, ife dfe TTabmfeife ifeA*- *■>-■• s h h Hin TrHckfeii»feum>AU hüiidfef, 


fnmdfeL vVtQWüid'-g~ i&h j-Wdifen hfe, dfe pmMMV 

B n. Pfeife-de k d ifeife-o tisch sfedc-, i.»i.- :\f kru^" iundvdBdiv d’kcjnir 
Snksi^u? W$ djn*'IUüti>. jlild Alnitnlssidn th 7 r ohm - 

Sf-dildd-en id&ksiy, im le^tnlc »inü caliit^pmludreudo 
.'Bnwrlw- U*ri zn Ir**rf*o.' Man. darf sjBt« ni<• 1* t, \viv Uios noch 
vid1fio.li A'^ehpt- vcffxi, {ii. ttKWuj HbVvark^. o!r <fte 

-pc. nt-an Kolon. «1. V. .ui.ddf Vi.o h>i : 

ba 1*1 - ii v Ü o vorgolfon um) «iio jkzt Tm»Ji obr** flfklMidif u S* kr 
filnjnassnhi, "will man rdDf Heiiuri^. obuv \ f'kur'/.tui^ er- 

^iolon ilml di.* nn.ii,r»idk Iimv, ri-e ) V-tidavrkri^v 

\i-njinitlry 

1F FU*>'r Al i !• oi iMunf ht-n)' ExpeeiOisiifeUe Stadien iibor 
die WdödbeliäncQriiig bei rnficirte^ W%mden« fAat^föik^U. 
^rtfk^iyVr kit durdi Exporime/itr an Knnifn'bön fört»usttüfen 

"(rbrHudilndfnn. . 


;^ps+ufiit r 4 ) * 5 ^imit Hülfe utifc>rrf'E _ 

Inainrntlü Ü des h\ i?oI und «Irr dj'*oj|H’or.Hat%mi Car?HVkv 4 ^rnj ^vlhiiCi 
mit &üunV<-«-n ioßoü-to Winulci., die, wemi kio iH->kt aatisi^Usi. 


inümmjidt M^rUcn, Kei^un-g holuiu, in progifeliw»;»: Phiey.ii*mn*rr nlivi 4 - 
^u^’lico und den Tod des \ m'suölibth'm'rs lierbaixtiführen« dnrk 
ussyltluugen imt diwpoacHntiymj L-fsuF urui iktunlsitnfr}dsu<)nvu 
s .o ;Hi ! w('piiS! Ii<- Naidibeiuiudlung zu dosiuöi'ii^u.... .rosptative den 
prdgVfdiimU'O r-liHrkkfef-. tiut iiliroilmg zu vei-bimku-n. . .M«*?nor 

M MÜ Hb 

er imkfeJr 
fi rdäHO s Ü öo 

eiiiigon Stunden bri beideti Tbüwnn dir iuij^irten Wunden so 
faltig ansüusHi und z*var bef dein «inr.n Tb irr mH • ; / 3 prnmii;»ger: 

st-rrUisirtrr Iviirh^aiK'iörtiino. Vn Üem" underrn mit divijrnKfmt H f >r- 

aut fu*\\;inrit»‘r und (’.u buUliun-l^uüg. in*i d«*m IcUtriva 

'Ibii’r wurst* die Wumfe nakt •Im- J >rKii,fe imi» mit nasser Orlmt- 
bskor i»u^a»-stnurt, r,ml .danlbr-i- rii» nn-s^r Carbnlnu^rbiag. 
^rümrlM, ^ftln-rtid bet dein cr*rgo, mrm.tr n. usufitrsci« b(*fen»iteib.Ms 
1 hier tlfe W fikprihdiv tr^rbifeclnn wnrdg. t)et‘Xnfeefiidis- 

muiln« v,or du-,. <hm> bei den Thiert-n lafi \ ovdorbrui eine eirrn 
r. ,:m . ^ngr WrioliHridlwuinio uiigHf'gf vtfrdr,; dit d»ir<-b di«' Haut, 
j- asrir mul Mnsiuilytur «j-ing. btirrb rMu^rbvtt mit ds-i l ing-rktsj-nr 
h' man sich i'incv iasrbr,, ju vad'dio der 'Ifif^ctiou^st.'oü’-ir-niivödor 
ins-Si c.ntlrerti r nirn*, UiLvher virnUmTrr Kitrr udor zwei Jag.* yifr 
iiijirrbmü!j-onrultur, welch?.» bei H7° im tlniinbru aufböwahrt wurtlc-n 
vvar.) in der Vunotit'al' Vftjj 2 c»;iV» ^ebruebl wurde JWiiber wurde 
em troc-koner .•asf'ptii.ebev V erbjifut ungelegt«, der .V.i je zwei TL»i* r«*ü 
immer gleich lange, (bis m 18 Biumbrni iie-im blieb. Aistfenn 
wnrd<*n muh. Abnahme de* Verbandes di?» MAind un u« «fee oben 
uijg.^ofe.mm Wufee aüs^wn SJ e.b^ J . watmi die VvAmkumlor mit 


j- : iflj(e TEtlmAi <?m r tilg aber stets (feit lokalen beWiifejv 

Nur feil Thier «IJeser Kai.egnru« ging au progrfuü^tA- Tj.le^ijf 
ÄUgvuilde. 'WiUu-'end <fei> Fiter der a^(«ptfeei, heWidfebfe fh^pC 
MkU?1 vinifeut war, so «bms alle thim.fe efeiiiptlru kumfelUmi, 

in *Vm US 'zwei Tagen zugiMimfe gti!gmg War fe-r *£ji-fe- fey lt(nv . 

sjrptisr.Ii boiiHildeiJen Thiciyg die am i,• t.»-n bfe-fey, 4 ,’ r 
virulent, o,ml sdnvintliciu mit dlrsem Fire? geimpHei» (kfefrölil 
biioimu vollkointru'ii evsund 

Es.geht aus diesen Experimenten zur Fyidenz h-r 
vor, drtÄ< es beim Ku'Hueii, . r »,.|ii u -i. Uitij trt» W uriint. 
die bei H-sept.Ls?-h«T \\ un.>! IrAi :■ o d Ju o c Neigu ng ha!•,,.•». H 

pro^redje-utie- Kihi j rumg dbrrzugehjön und dem Tmi üha Vrr- 
SO" hsV bir i'.w. lj fvrhi'ijflllÜbVMll, dur.il A ünfipüliug -m! 
dreiprot.'Mr.f iger Hysofe-.ünd <'iirb«1 söur•*Iosung- und 

bh.t t%rptiscbe Vf u itdliuhnmll un g zuweilen n o •. h u a t b 
' 18- .Stunden tiarii. Hrginu dor InfeeUn« rvi dosin.fi cicry 
reifeiccti v'o ouio pimgrudioute Phlegmone und iieu T«fe 
dos Tlii er cs zu v j» rh i n dorn 

Tu zwetrri' Linie nt cd 1fr M es sie er Versio-he iiurüfe-r m, «I. 
die ilj'f.dp! «ict’ib tgc f.'äi'bobfeure. wie *üo m<»vleMuui vadie.afea-.A»?**ptik«»r 
Ifeluaipfenv das tbierfefeve (jeA’obe in seiner ritaToh Kenfer '&«u; 
die ’MilcrfferHü»ismun m sehibljgtm Tnid da» Hfevehe zur fHibfriiVig 
kü ]ü;ällii?jppa\pou vormtige. Kmifidifet macht!» sucr «iu>-; 
HenttÄhiiTchc Experiimnu. m fl er Weise moäificirt na«h m?.# 
Statt X ccm Vtm difeprocmiTiger CaHmlsIlute 1 rem. A^pro-cieg' 
stbrilisirfe iv.udisafelOönug einem Kafeimheti unter die Itü^keyii.uu 
feiiltztp uoit mich feuer Stunde an dieselbe Stelle. OJ timr 
ö\v?d Tagt» oben Eiturboui 11 nnmiltcir n.i« Bxaph.iJm-oi-iur stiiu& -.»a 
wfer.bef uueh lloribaouT Angabe mindostfeiH 1 feai dazu geli^u 
üiü bfii Vüiniti öttitifdiBn; upfer die Haut gnspritzL 
ottougoh. Wenn Hormaäö aber 1 Stunde vorher 1 vm drfb 
pitmentlger Caibolsiiiiio. an dieselbe Stelle irntfcv dh» Hyfif 
jmtit;. Fü trat. $r.kob bk m 6t » L?jSfe von Ü,t com 
rfewcultur. Eifernny bei dom Thfer feu, wdhrfeul bfe fern Coferoii- 
tliife di»Ao kbihic Xlosiö keine Eiterung zu erzeugen venimolde u»<i 
aubii dir.CaidvolhdiiUm jyTiHn kin'ncn Abscessloochtc Ifei HÄer- 
Extierime'ib n st.»-11t.o sieli nun fewüfalls* Kiteniinr -an J.iw' ’m 
ThieroM, denen er zuorsf . 1 iimy"% m’femntige sferdiKirfe Ko«-lu 
>;ibdt>-'i; u liiid wooft fe.uer Siumh; 0,1 com Stt»phvloeoc».t-nifeinuliüi • 
■m .d.ieFfebo Stcüc un Im dfe Haut cecpiTfei Uattr. und rs uSt 
•liruj.- hm vor, das* on gar oi« ht die t .‘arbofefenu* an so i« i.n, \v«.')S> 
:ia- tn-nfeiv zur Kiirning pi’fidispomd't, wi/nfem nVlmcin da» v-i« 
phyfekaifec-jfo Almnouf »fev r>urchfi'nuku>ig dt* (jeuebus irtit »Ihm 
hfe os ijucb ganz iudiÜVnutton FUi^s>ghm'f t wAhfee dfe ! bW 
nannten Eifert herroriu-mgi. eine Tluifemehc, die doreb Kvjierm*cy" 
von Gäl fcnep {Heidelberg) Ifesintfef wird. AI esmner iiat u 



ba ncl: u nnrunei Itede n w»i vieA.',. allA 'aHCptiKeb J»o 

.unndolteti Thicir izebn Stück.} mit Ausuä&äf 


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\V»]v 4 ib; n>jf dndprm'eittfger ( ‘jirbulfeiur«' um] febpite fee «bday? 
ua.^os* t-arbofefize feah aus mfe fegte uiumj nn-sJen tai’bjuintmf'kukr 
darüber NäcIi 1H Stunden wurde der Verband eutbiiwS fe' ’»w-e.« 
EarbrdgttZe aus der Wurulo- beransgunummfei. und u?m wurde m - 
Wunde in dV oben, gesellildertvu; Wufee iiitirnrt tuni ein tro*A»u.i" 
.r-cptfeelier Verba ml nugefogt Nofei Fochr. St.umfeu.- wuiih- ■><•' 
Vßi’baixlnbgononimen, die Wunde tüfeHtg Ööt ilvfepR )f m/ith|er 1 
A;i.\uA 'au-sgf'vvam ft« ?« nn*l. daraüf teockün us-eptfefei vtcHinmlen. !'•' 
C’OBtffeUthicr wurde in deixelinm Wkse inflferlj ohncSd$sfe^|§ 
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(.Ofitrojlthier: UWH j uisuttiiiic «vj>. .tv* *v».eMv? ;*•' * • .±,u • 

ffii :i /i precentigcr störilifefei'r 'K bebsnl»lö.sting "(W 0 ) itmfeeryy ia« 
um! dann trocken vorbaydoo Das CmitrölHhier- sferb uya 
Tugen an prog'rcdientef Pbfegnmms wübrctid da^- ndf tyrbiu>«^ 
vorbfemmiaHo Tiilur am Lcbcu {.»lieb und .snin^ OpfeMt-fnuSg^ 
kaum fetcH.e feanz dfU'fedbe Eilbig war fefe fernen zwfemc - ••; 
JKarnnfemn zu Arm^mHpu, weiohos aut diesfebe WrSe hclM^-’ 
worften m nr. Nach diepfen» Es p erd in entölt > pr,, W 
A d er titfeTpi'cHtewttjSfctf tVr-bo feöu rf ; !‘b 

BäffehHiiÄ daB Gewebe in Seiner TititUn ' 

dCsffupgen die MikrpnrgAtnisfeen Wßuer zd 8 

noch das (Lywcbe zur Eitonrug z-u pMidfeponH'-'f 1 
.ko heint vielmehr eher (las fecgenthCi! dnr i < !l )i zu fe-. 


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Donnerstag 


31. Mai 1894. 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Yerein für innere Medicin zu Berlin, Sitzung am 30. April 1894: 
Discussion zu Lohnstein, Neuere Methoden der Urethroskopie: Man- 
kiewicz, L. Casper, Lohnstein. — Leyden, Complicirtes Conamen 
suicidii. Discussion: G. Lewin. — Eulenburg, Sklerodermie. 
Discusion: Lassar. 

II. Berliner niedicinisclie Gesellschaft, Sitzung am 23. Mai 1894: Pick, 
Geplatzte Tubenschwangerschaft. — Langerhans, Fall von Rotz. Dis¬ 
cussion: G. Klemperer, M. Wolff. — Scheinmann, Geschwulst im 
Nasenrachenraum. — Holz, Lähmungserscheinungen der linken Gesichts¬ 
hälfte. Discussion: A.Fraonkcl. — Krönig. Geheilte Lungentuberkulose. 
— v. Noorden, Stoffwechsel der Fettleibigen bei Entfettungscuren. 
Discussion: Ewald. — Nachtrag aus den Sitzungen vom 25. April und 
2. Mai: Landau, Behandlung der Beckenabscosse. 

III. Nntnrwissensclinftlich-niedicinischer Yerein in Strassbnrg i. E., 
Sitzung am 2. März 1894: Jacoby. Sphacelotoxin. — Hoppe-Seyler, 
a) Demonstration eines Respirationsapparats; b) Wirkungen des Sauer¬ 
stoffmangels. 

IV. Dreiuiidzwaiizigsler Congress der Deutschen Gesellschaft für 


Chirnrgie In Berlin, Dritter und vierter Sitzungstag: v. Bardeleben, 
Korsch, Albers, Liermann, Ambulante Behandlung von Brüchen der 
unteren Gliedmaassen. Discussion: Krause, Lauenstein. — Cred6, 
Technik der Amputation grosser Gliedmaassen. Discussion: Gussenbauer. 

— Bier, Behandlung chirurgischer Tuberkulose mit Stauungshyperämie. 
Discussion: Mikulicz, Zeller, Bier, Petersen. —Rincheval, Be¬ 
handlung angeborener Knochendefecte am Vorderarm beziehungsweise 
Unterschenkel. — Barth, Osteoplastik in histologischer Beziehung. Dis¬ 
cussion: v.Bramann. — Hclferich, Zur Biologie wachsender Knochen. 
Discussion: Bidder, v. Bramann. — Rottor, Pustelbildung mit Haut¬ 
gangrän. — Henle, lieber Desinfection von Wunden. Discussion: v. Berg¬ 
mann. — Reger, Dio Fortpflanzung der Eiterkrankheiten. — Eigen- 
brodt, a) BlutigeNaht der Patella; b) Carcinomexstirpation. — J. Wolff, 
Operation der angeborenen Gaumenspalte. — Gurlt, Berichterstattung 
über die Sammelforschung zur Narkotisirungsstatistik. — Lassar, Das 
Ekzem der Chirurgen. — Schleich, Verwendung des Blutserums in der 
Chirurgie. — Nasse, Experimente an der Leber und den Gallenwegen. 

— Helfe rieh. Natürliche und künstliche Ausgüsse von Hohlorganen. 


Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 30. April 1894. 

Vorsitzender: Herr A. Fraenkel; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Discussion über den Vortrag des Herrn Lohnstein: Ueber 
die neueren Methoden der Urethroskopie. 

Herr Mankiewicz: Der Herr Vortragende hat in sehr schöner und 
concinner Weise und recht objectiv die neueren Methoden der Unter¬ 
suchung durch das Urethroskop vorgeführt. Er hat sich ganz getreu 
seinem Thema nur an die Methoden gehalten und hat nur nach genauer 
Erklärung durch mathematische und physikalische Sätze gezeigt, warum 
der Untersuchung mit rellcctirtcm Licht der Vorzug zu geben ist. Er 
hat sich nicht darauf eingelassen, auf die Sache weiter einzugehen und 
über die Anwendungsweiso als solche bei den verschiedenen Krankheiten 
zu sprechen, auch nicht darüber, welche Handgriffe man erlernen muss, 
und besonders wie schwierig es ist, dasjenige, was man sieht, zu deuten. 
Vorerst ist zu bemerken, dass, wie unser Altmeister Virchow immer 
sagt, man erst sehen lernen muss. Das trifft hier zu wie nirgendwo sonst. 
Ich hebe hier nur einen Punkt hervor, nämlich die Beschränkung, die 
man sich in der Anwendung der Urethroskopie auferlegen muss. Ich 
glaube, ich bin darin mit dem grössten Theil meiner Fachgenossen und 
speciell der Berliner Fachgenossen in Uebereinstimmung, wenn ich sage, 
dass mau nicht leichtsinnig die Urethroskopie zur Anwendung bringen 
soll. Wir fachen bei Kranken, die durch die Erkrankung ihres Genital¬ 
systems so wie so eine gewisse Erregung und nervöse Reizbarkeit haben, 
mit dem urethroskopischen Eingriff häufig eine Steigerung dieser Ner¬ 
vosität an und verursachen oder befördern eine Neurasthenie, die oft viel 
schlimmer und schwerer zu beseitigen ist als das erste Leiden. Nicht 
nur die Fachgenossen, sondern auch manche Neuropathologen werden da¬ 
von erzählen können, dass eine ganze Anzahl dieser Patienten durch die 
urethroskopische Behandlung neurasthenisch geworden sind. Es ist um 
so wichtiger und liegt eine um so grössere Verpflichtung vor, diese 
urethroskopische Untersuchung und Behandlung nur demjenigen, der sich 
eingehend damit beschäftigt hat, zu überlassen und sie nur der fach¬ 
kundigen Hand zur Ausführung zu geben, als wir gorade bei diesem 
therapeutischen Eingriff viel weniger dem Patienten eine Heilung garan- 
tiren können wie bei anderen therapeutischen Proceduren. Es ist be¬ 
kannt, dass der Erfolg der urethroskopischen Behandlungsweise, wie sie 
speciell von Dresden aus gelehrt wird, noch einem heftigen Streit unter¬ 
liegt, und wir dürfen Urethroskopie und urethroskopische Behandlungs- 
weiso nur dann zur Anwendung bringen, wenn alle anderen Methoden 
und Behandlungsarten nichts gefruchtet haben. 

Herr L. Casper: Wenn der Herr Vorredner sich mehr mit der 
klinischen Seite der Frage beschäftigt hat, so ist Herr Lohnstein mehr 
auf die technische Seite eingegangen. Er gab der Verwunderung darüber 
Ausdruck, dass eine Untersuchungsmethode wie die Urethroskopie bisher 
so wenig Eingang gefunden hat. Das ist gewiss zum Theil richtig, aber 
nur zum Theil, insofern die Dermatologen, die oft Veranlassung hätten, 
die Methode anzuwenden, sie häufig nicht gebrauchen. Andererseits 
meine ich aber, dass der Urethroskopie auch zu viel Beachtung ge¬ 
schenkt worden ist, dass man aus ihr hat Dinge herausholen wollen, die 

g arnicht aus ihr herauszuholen sind, dass man versucht hat, durch sie 
inge zu ergründen, die unmöglich zu ergründen sind. Ich weise zum 
Beispiel hin auf den Vortrag von Herrn Bröse, der in Bezug auf die 
Frage der Ansteckung der Frau durch Gonorrhoe des Mannes sich auf 
urethroskopische Untersuchungen berufen hat, als ob damit immer zu ent¬ 
scheiden wäre, ob Gonococcen da sind oder nicht. Noch viel mehr trifft 
das die Veröffentlichungen der Oberländer’schen Schule, wenn ich so 
sagen darf. Seit einer Reihe von Jahren, besonders zuletzt, sind wir von 


Oberländer und seinen Mitarbeitern mit einer grossen Reihe von Bildern 
beschenkt worden, die man vielleicht vergleichen darf mit den Bildern der 
modernsten Schule, sie sind nämlich nicht zu verstehen ohne einen 
Commentar, und diesen hat in dankenswertester Weise Herr Lohnstein 
gegeben, indem er gezeigt hat, welche grossen Mängel der von Ober¬ 
länder geübten Methode anhaften, wie ungünstig die Lichtverhältnisse 
sind, wie ungleichmässig das Licht ist, wie es in verschiedenen Winkeln 
auffällt, wie gewisse Dinge grösser erscheinen als andere u. s. w. Das 
erklärt zum Theil die merkwürdigen Bilder, die wir bekommen haben, und 
in dieser Beziehung bin ich einverstanden mit den Ausführungen des 
Herrn Vortragenden. Nur vermisse ich dabei einen wichtigen Punkt, 
nämlich die Einwirkung der Wärme. Bei dem Oberländer’schen 
Urethroskop wird das Licht, wie bekannt, ganz nahe an die zu be¬ 
leuchtende Stelle geführt. Nun dehnt Wärme aber die Körper aus, also 
auch die Blutgefässe der urethralen Schleimhaut, durch die stärkere Blut- 
füllo entsteht Röthung, erhöhter Glanz und anderes mehr. Man kann 
direkt mit dem Auge unter dem Urethroskop beobachten, wie Verände¬ 
rungen durch das nahe Licht eintreten. Ich erwähne endlich noch das 
Urethroskop von Görl, dessen Mängel Herr Lohnstein nach meiner 
Ansicht nicht genügend hervorgehobon hat. Es ist zeitlich nach den zum 
Beispiel von mir und anderen angegebenen Urethroskopen beschrieben 
worden; man sollte also erwarten, dass es Vorzüge vor den früheren hat. 
Diese hat es aber nicht, sondern sogar Nachtheile, wovon ich folgende 
erwähne: Die Lichtintensität ist geringer als zum Beispiel bei meinem 
Urethroskop, weil die Edisonlampc erstens kleiner ist, zweitens weiter 
entfernt von der zu beleuchtenden Stelle sich befindet. Ferner ist Görl zu 
dem ungünstigen Princip zurückgekehrt, das Licht durch einen Spiegel zu 
reflectiren, worauf es zerstreut wird, während ich es mit einem Prisma 
direkt auf die zu beleuchtende Fläche breche. Das beweist, dass dies 
Urethroskop mehr Nachtheile als Vortheile gegenüber den früheren hat. 
Wenn Herr Lohnstein gestattet, dass ich diese Bemerkungen als 
ergänzende zu seinen Ausführungen hinzufüge, kann ich meine völlige 
Uebereinstimmung mit ihm erklären. 

Herr Lohnstein (Schlusswort): Ich spreche meinen Dank aus für 
die Anerkennung, die Sie meinem Vortrage haben zu Theil werden lassen. 
Was aber die letzte Ausführung von Herrn Casper betrifft, so muss ich 
ihn gegen sich selbst in Schutz nehmen. Die Mängel des Görl’schen 
Urethroskops bestehen nicht in der zu geringen Intensität des Lichtes. 
Dieses ist hinreichend stark. Sie sind anderer und erheblicherer Art; sie 
bestehen nämlich darin, dass nicht diffuses Licht auf die zu beleuchtende 
Partie geworfen wird, sondern ein Bild des Glühfadens der Edisonlampe. 
Dadurch nämlich, dass das Licht derselben durch eiu Linsensystem 
parallel gemacht und dann in einem Hohlspiegel wieder gesammelt wird, 
entsteht nicht ein diffus beleuchtetes Bild, sondern der Glühladen selbst, 
umgeben von dunklen Stellen und dunkle Stellen einschliessend, erscheint 
auf der Schleimhaut. Das ist der Mangel des Görl’schen Urethroskops; 
dasselbe ist übrigens construirt von einem Mechaniker der Firma Reiniger, 
Gebbert und Schall. Görl hat dasselbe auf der Naturforscherver¬ 
sammlung in Nürnberg 1893 zuerst deraonstrirt. 

2. Herr Leyden: Demonstration einer Patientin nach compli- 
cirtem Conamen suicidii (Schuss in die Schläfe; Phosphorvergiftung; 
Schuss in die Herzgegend; Heilung). (S. diese Nummer p. 475.) 

Herr G. Lewin: Nachdem ich schon im Jahre 1861 den experimen¬ 
tellen Nachweis geliefert habe, dass Phosphor Verfettung der Leber 
bewirkt 1 ), hat E. Wagner behauptet, dass die Fälle von acuter Leber¬ 
atrophie höchst wahrscheinlich Phosphorvergiftungen seien. Seit dieser 
Zeit hat man nach Kriterien zur Unterscheidung beider Processe gesucht 
und ganz übersehen, dass ich schon das allein sichere differential- 
diagnostische Kriterium angegeben, nämlich den Nachweis 
des Phosphors im Blute und in der Leber. Ich destillirte die 


*) Studien Über Phosphorvergiftung. Virchow’s Archiv 1861, Bd. 21. 


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vjh) im ly.TigJsftn .firheiKMj tutwste. Er kam in ßahnmliU8|pj. VdnVrmpdA'^nn 

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.uiui EihrfdUninr, mit ,t;üiiVTitr .ByliptUkHifu. •iei.zt.ere vm ilem 6e>'»i-h»s- 
• •jiunivt:- iiiH. ti.ics ö’he m e»»!-zi»ndr»ag>-ivi<l»*ig*u* W.'inc zur AiUMiugujjo* <vt;- 
bunft-H bnjHiV hizwisduoi i»n dtftidi die .Ihihttriitioi» vn.t; fhei' Hö iVr ^t. * 
hnlutol^. gc^ar»f*nn, jIohs (bl 3 , aui diese Weji>e ineorperifte .EjUicvl hüf 
f!i‘’Um»vf}iä ; bi‘n ßrseli werden üh En ft w'u-dnr < »>'••• hriiu. i")»e EkU-ritdtiklyhfi 

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»assnu .luiseldlu^l,-der ohne h^.(-r,<i? vo ahgömebc UrHudu: rnirt lokal uV 
m.'Scy pnignissu* J»i!rnit:i*pn}i \V»ns.' wniur^irki. 

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f'Ulhu-ymdijhe.ut. Zur Impfunj« wurde am Tage nach »Irr S««tiw 
ein M>. dä-hih uueh nicht erAtFiieter ti*vf«•,i* Hq.t|tk5ioton beunbd »V 
hiiuurtUielUdi Khhivheu. weif hc mit dem Mafmui atP >!!»•;•*«». »;i , 

VmuMhuroi.u lirgvillKiifm Knuten (»esehirkt wunlen. wamn 
! eujtiiicA.vwri Rot?.. Die »1amit unter <!b- Haut geimphe« Vertiu-uv 
thiere (Awri Kar.tm heu und ZW(i KleevwUwmD'dH'h} - ; ü» 

l.\:pi>«'heu. Rotz zügidHrde. Au »dt dir mikruskoi»i^h<* t'idid^tiraühi 1 , 

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31. Mai. 


TOREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


35 


sich 1) ein zarter Diplococcus, ähnlich dem Pneumococcus; derselbe er¬ 
weist sich im Thierexperiment entzllndungs- und eitererregend; 2) ein 
kurzes Stäbchen mit hellen medianen Lücken. Culturen auf Agar, dicker 
weissgelblicher Rasen (Rotzbacillus?). (Demonstration.) Von Agarauf¬ 
schwemmung 0,05 ccm der weisse^Maus intraperitoneal beigebracht, tödtet. 
dieselbe mit absoluter Sicherheit in 24 Stunden. 0,3 der Agarcultur- 
aufschwemmung intraperitoneal injicirt tödtet das Meerschweinchen in 
24 Stunden. Aus dem Ascites der getüdteten Thiere der Bacillus jedes 
mal in Reinculturen wiodergowonnen. 0,01 ccm der weissen Maus sub- 
cutan beigebracht, bleibt ohne Wirkung. 0,1 ccm männlichen Meer¬ 
schweinchen intraperitoneal beigebracht, macht sie nach zwei Tagen sehr 
krank. Dabei röthen sich die Hoden und schwellen in sehr 
starker Weise an. Am fünften Tage Exitus. (Photographie solcher 
Meerschweinchen demonstrirt.) Obduetion zeigt die Hoden im Beginn eitriger 
Schmelzung. Im Eiter Bacillus in Reineultur. Bei weiblichen Meer¬ 
schweinchen tritt der Tod am achten bis zwölften Tage nach der Impfung 
mit den Bacillen ein. Milz und Leber von punktförmigen grauweissen 
Heerden durchsetzt (Demonstration). Auf Kartoffeln charakteristisches 
Wachsthum, bernsteinfarbener Belag (Demonstration). Nachdem die bac- 
teriologische Untersuchung in Verbindung mit dem Thierexperiment die 
absolute Sicherheit ergeben hat, dass es sich um Rotz handelte, wurde 
von der Klinik aus die vorgeschriebene Meldung erstattet und die nun an- 
gestellten Nachforschungen ergaben, dass es sich um Infcetion durch kranke 
Pferde handele. Ich möchte noch am Schluss besonders betonen, dass 
die Diagnose auf Rotz aus den klinischen Symptomen sich niemals über 
eine hohe Wahrscheinlichkeit erheben kann und dass auch die bacterio- 
logischo Untersuchung erst durch die Verbindung mit dem längere Zeit 
beanspruchenden Thierexperiment zur absoluten Sicherheit führt. In 
unserem Falle musste noch besonders die Feststellung der bisher nicht 
constatirten toxischen Wirkung der Rotzbacillen auf wcisse Mäuse in 
den ersten Tagen die Diagnose unsicher erscheinen lassen. 

Herr Max Wolff hat ebenfalls Untersuchungen mit dem Eiter an¬ 
gestellt und kann die Ausführungen der Vorredner im allgemeinen nur 
bestätigen. Wenn Herr Klomperer mit den Culturen auch die gegen 
Rotz refractäron weissen Mäuse inficirt habe, so möchte er doch eine 
Mischinfection annehmen, indem die Culturen des Herrn Klemperer 
wohl nicht Reinculturen, sondern noch mit Diplococccn untermengt ge¬ 
wesen seien. Er habe bei seinen Untersuchungen sein Augenmerk be¬ 
sonders auf einen Punkt gerichtet, der zur Zoit viel umstritten sei, näm¬ 
lich die Sporenbildung in den Rotzbacillen. Bei letzteren finde sich näm¬ 
lich oft in der Mitte eine kleine kreisförmige oder ovale Stelle, die bei den 
ewöhnlichen Ffirbungsmethoden den Farbstoff nicht aufnehme und als 
pore gedeutet werde. Er habe nun versucht, eine Färbung dieser Stelle 
dadurch herboizuftlhren, dass er die Bacillen mehrere Stunden lang 100° C im 
Dampfsterilisirungsapparat aussetzto, wodurch stets die Sporen zur Auf¬ 
nahme des Farbstoffes gebracht würden. Aus dem Misslingen dieser Ver¬ 
suche glaubt Herr Wolff den sicheren Schluss ziehen zu können, dass 
die hellen Stellen in den Rotzbacillen nicht als Sporen aufzufassen sind. 

3. Herr Scheinmann (vor der Tagesordnung) [Eigenbericht]: 
Das vorliegende Präparat stammt von einem vier Jahre alten 
Mädchen und ist ein bei der Section gewonnener Sagittaldurch- 
schnitt durch die Schädelbasis und eine den Nasenrachen¬ 
raum ausfüllende, über apfelgrosse Geschwulst. Seit Anfang 
Februar dieses Jahres befand sich das Kind unter meiner Beob¬ 
achtung. Gesund bis Ende vorigen Jahres wurde es am 2. Februar 
mir überwiesen mit Symptomen, wie sie charakteristisch für die 
Hyperplasie der Luschka’schen Tonsille sind. Der klinische Be¬ 
fund sowie die an herausoperirten Stücken vorgenommene histo¬ 
logische Untersuchung sicherten die Diagnose auf Sarkom, so 
dass der Fall in der Februarsitzung der laryngologischen Gesell¬ 
schaft als solcher vorgestellt werden konnte. Nach Verlauf von 
drei Monaten, seit Beginn der Erkrankung nach V 2 Jahren, erlag 
die kleine Kranke. Die Section, am 12. Mai durch Herrn Professor 
Israel vom pathologischen Institut in dankenswerthester Bereit¬ 
willigkeit im Hause der Eltern ausgeführt, verschaffte uns die 
Möglichkeit, das vorliegende Präparat zu gewinnen. Die Haupt¬ 
ansatzstelle des Tumors in der Gegend der Nasenrachenmandel, 
das Freibleiben der Seitenwände des Nasenrachenraums und der 
hinteren Nasenabschnitte, das geringe Befallensein der Knochen- 
substanz des Keilbeins, sowie der histologische Charakter des 
Tumors sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, dass die 
Tonsilla Luschkae als Ausgangspunkt dieses Nasen¬ 
rachensarkoms angesehen werden müsse. Bezüglich der ge¬ 
naueren Angaben über den seltenen Fall verweise ich — bei der 
vorgerückten Zeit — auf die demnächst erfolgende Publication. 

4. Herr Holz (vor der Tagesordnung) stellt einen Patienten 
vor, bei dem sich im Laufe des letzten Jahres allmählich moto¬ 
rische und sensible Lähmungserscheinungen der vom Oculo- 
motorius, Trigeminus, Facialis versorgten Muskeln der linken 
Gesichtshälfte und Taubheit auf dem linken Ohre eingestellt 
hatten. Er nimmt einen Tumor an der Schädelbasis als Ursache 
an, und zwar einen sarkomatösen oder earcinomatösen, indem er 
ein syphilitisches Gummi wegen Erfolglosigkeit der antisyphili¬ 
tischen Behandlung glaubt ausschliessen zu müssen. 

Herr A. Fraenkel stimmt der Diagnose eines Tumors an der Basis 
cranii bei, glaubt jedoch nicht, dass aus dem negativen Erfolge der anti- 
syphilitischen Cur die specielle Diagnose auf syphilitisches Gummi zu ver¬ 


worfen sei. Er habe vor kurzem einen ähnlichen Fall beobachtet, bei dem 
zuerst die Schmierern* wesentliche Besserung erzielt habe, während sie 
später bei Wiederz’unabme der Krankheitserschcinungen versagte und der 
Patient unter den Erscheinungen der Jackson’schen Epilepsie zugrunde 
ging. Die Section ergab ein syphilitisches Gummi im Gehirn. 

5. Herr Krönig (vor der Tagesordnung) berichtet über einen 
Patienten, der wegen Lungentuberkulose (zahlreiche Tuberkel¬ 
bacillen) nach Davos geschickt und nach zehnwöchentlichem Auf¬ 
enthalte daselbst subjectiv und objectiv bedeutend gebessert zu¬ 
rückgekehrt war. Bei Untersuchung der spärlichen Sputa wurden nur 
ganz vereinzelte Bacillen gefunden; eine Sputumlinse enthält nur 
elastische Fasern in alveolarer Anordnung, ohne Bacillen. Der 
Vortragende glaubt nach diesen Befunden auf eine Ausheilung der 
Tuberkulose schliessen zu können. 

6. Herr v. Noorden: Ueber den Stoffwechsel der Fett¬ 
leibigen bei Bntfettungscuren (nach gemeinsam mit Dr. Dapper 
(Kissingen) ausgeführten Untersuchungen). Eine wichtige Frage bei 
allen Entfettungscuren ist die, wie weit es gelingt, im wesent¬ 
lichen nur das Fett zu reduciren, den Eiweissbestand des Orga¬ 
nismus dagegen zu sichern. Alle derartigen Curen beruhen im 
wesentlichen auf der Herabsetzung der Nahrungszufuhr, während 
erhöhte Muskelarbeit, Beschränkung des Trinkens, Schwitzen u. s. w. 
nur als Hülfsmittel anzusehen sind. Setzt man gesunde Menschen 
einem Deficit in der gewohnten Ernährung aus, so tritt ein starker 
Fettverlust ein; jedoch ist mitunter auch ein Verlust von Eiweiss zu 
constatiren. Ueber das Verhalten der Fettleibigen beim Nahrungs¬ 
deficit war man bis vor kurzem noch nicht genau orientirt; alle 
Methoden, die Banting-Harvey’sche, die Oertel’sche u. s. w., 
sollten die Muskeln schonen, nur das Fett entfernen, wenn auch 
freilich der Erfolg nicht selten dieser Voraussetzung nicht ent¬ 
sprach. Zur Entscheidung der Frage waren Versuche an fett¬ 
leibigen Menschen anzustellen unter genauer Feststellung der 
Zusammensetzung und Menge der Nahrung und Stickstoffunter¬ 
suchungen der Ausscheidungen. Solcho Untersuchungen haben nun 
kürzlich Hirschfeld und der Vortragende mit Dapper (Kissingen) 
angestellt, sind aber zu verschiedenen Resultaten gelangt. Während 
Hirschfeld zu dem Schlüsse kommt, dass bei einem Nahrungs¬ 
deficit ein Verlust von Eiweiss nie zu vermeiden sei, erreichte der 
Vortragende eine völlige Schonung des Eiweisses bei starkem Fett¬ 
verluste, und zwar durch sorgfältiges Laviren mit der Quantität 
und Qualität der Nahrung. So w r urde z. B. bei vier Fettleibigen 
s / 4 —1 Monat lang die Kost so geregelt, dass nur 3 /s und später 
noch weniger des Nahrungsbedürfnisses gedeckt w r urden. Es traten 
Gewichtsverluste bis zu 185 g pro Tag ein bei voller Integrität 
des Eiweissbestandes. In einem Falle erreichte der Gewichtsver¬ 
lust täglich die enorme Höhe von 310 g, der auch hier fast ganz, 
zu 87%, auf Kosten des Fettes stattfand. Es gilt allerdings, bei 
den Entziehungscuren wie in der Medicin überhaupt zu individuali- 
siren; nicht für alle Fettleibige eignen sich die gleichen Ent¬ 
ziehungsmethoden. So muss man bei Personen, die an reiche 
animale Nahrung gewöhnt sind, diese hauptsächlich vermindern, 
bei Vegetariern dagegen die Kohlehydrate. Auch empfiehlt es sich, 
sobald man durch die Untersuchungen, die täglich anzustellen sind, 
einen Eiweissverlust constatirt, die Mischungsverhältnisse der 
Nahrung ein wenig zu ändern, wodurch man sofort einen Muskel¬ 
schwund verhindert. Auch der Frage der Einwirkung der Trink- 
curen bei Fettleibigen ist der Vortragende nähergetreten und hat 
einen durchaus günstigen Einfluss der Kissinger Brunnen nacli- 
weisen können. 

Herr Ewald (Eigenbericht): Die Ansichten und Vorschriften, zu 
denen Herr v. Noorden auf Grund seiner interessanten Versuche ge¬ 
kommen ist, sind in der Praxis der Entfettungscuren längst bekannt 
und befolgt. Schon wiederholt ist davor gewarnt worden, bei der¬ 
artigen Curen eine schablonenhafte, einsoitig gewählte und durch¬ 
geführte Diät, möge sic nach den Vorschriften von Banting, Oertel, 
Ebstein, Daniel oder anderen aufgestellt sein, zu verabfolgen. Viel¬ 
mehr muss man nach dem jeweiligen Befinden der Individuen eine Va¬ 
riation in der Nahrung eintreten lassen, so dass mit steigender Ent¬ 
fettung der Eiweissgehalt der Nahrung vennehrt wird. Hierauf hat 
besonders I. Munk schon vor mehreren Jahren in einer kritischen 
Besprechung der gebräuchlichen Entfettungscuren aufmerksam gemacht. 
Dies ergiebt sich mit Nothwendigkeit schon aus unseren bisherigen 
Kenntnissen vom Stoffwechsel. Denn da das Fett die Eiweisszersetzung 
herabdrückt, so muss dieselbe in dem Maasse zunehmen, als das Fett 
am Körper im Verlauf der Cur schwindet, d. h. die Eiweissmenge der 
Nahrung, die anfänglich ausreichto, den Eiweissbedarf des Organis¬ 
mus zu decken, ist später ungenügend und muss gesteigert werden. 
Für den Praktiker, der nicht in der Lage ist, den Stoffwechsel seiner 
Kranken chemisch zu prüfen, giebt das subjective Befinden der Patienten 
die Indication zur Aenderung der Diät ab. Eintretendo leichte Ermüdung, 
Unbehaglichkeit, Schlaflosigkeit, Herzklopfen, nervöse Erregbarkeit weisen 
darauf hin, dass eine Abgabe vom Eiweissbestand des Körpers emgetreten 
ist, welche entweder durch Steigerung der Eiweisskost oder durch gleich¬ 
zeitige Steigerung von Eiweiss und Fett wieder ausgeglichen werden muss. 

_ Max SalonLon. 


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mmm . bto im mu mvttcmu mje-üictnisgeen Wochenschrift 


-Staeittr^Ä aus dju« Sjjbsttp/yett vom ‘2A. Aund 2. Mal; 

Herr L. Lun da« (Ei^enberhddL J5ur Behandlung tlerBecken- 
abBeessUi Mit derW>ry ui3l{t;mmi)»uifc TfcpHnik- 

iFt die ^liaktTit^iHrive X>ir«ipiosfjk und fiyÄt4hf> ImH^ntjon.^b 
;Hf di.« ei \w:- ?nmt• < >pm-aüotis verb»\\reo weht in ^bur-lmm MumSÄO vor- • 
gU&ditUlbd Denn Wb hat emouR mA K< «flkln‘iten für gegebene . 
%mt 4 m«T'nrTttUfC.ii üWR# f •und man Hat zweitem: Wi diesen Krank» 
beiten wiedernm eine £ros?m • Leihe puiboUnitM-h-anatomisch und 
iitj niseir VI »il^^ämmelÄHnKm. ^rttjndrt und 

sie Mulig kritiklos einer»'} oinzt^eü t)jev;t}ieuti.*jnbe 4 Vt»el#>lirön linier^ 
worfon •'iWoftd«*'# kdvlrilftdtd man dipsoh’ Srtf^siand 

auf dein Gebiete <W iWfrwndtunOfUtm, wo dfö dtdiefrwi 
Benfcftüak&Snsis* Sd)ipiiraU<b3 WYjepzüy AdnexitltLjlWdfb knifeb ent¬ 
zündlichen. nieü t Vnypiwn am Deeken an biituMürkcb, 

am Eocituijouin, wie ftr mulliple extra- und mh-ti-m itoncuib Amboss* 
bi! düngen nntf?rsfiUfi?d§b.*K- hiv .^bbrttiwh- sfenl* Ä-üh dingen • ; .f»li*>. 
Mtnmimi d.iak.noSti>k ; .h(m Öe^Miüuii^u Xo%ffce «bihri leidet* mir «tltou- 
ot'l eine gleit huWW ayl dm hMer«>gv.m:M.on Krki an U unsren über¬ 
tragene operative Sclniblonn- .Darum hat Lundan liier tur allem 
rWnebL ein«: ß-xßs&n. fdK^idc»}ffir;Ofi-aHnt#dfe«dM>:Urufflrt&gjk und eine 
rmioneiht Etniboifimg' der Lhmk'meb, nin^en mt sehaifok Landau 
ttiif^rsmeidei in drn (fw* t#W uM mfraperi- 

tonwiietP'Abseö^ä ■ bof ; ärMeymi W-AiWÄ in brlifoi inhlen R.ä;ü/«^i 
(Pynpnxtra. Py«?kait>Hix) und in riieht; prüfenm«neii,Luim!<m * AhsAes.sc 
im [);u-äv;i{i.innleti VuM parnmeirab'u Go-Ardim ,im ei]V>|mr>Dine;iluH 
Eoekimbind('ge-webo und im miltprviteiveRlmL \]kiuebdiMW/ibih.dc~ 
j^<Mvbbb} 1 ' bm- btibrmpdmte^ &t.<Uoiig daR ,ÜVA.i < MÄbsims^es,- Dt® 
Alw' 1 -sr kuDtivU« oivi^ölh oder iiiUltipnl nibm in den Vm^eMm letzten 
CWWdiooeii Vorkommen-. Die AMkd?‘£i«’ Di- Mete in omot m 
fpmbm. W^W 0 - fjL^eWbWd 4$^gätoä hW gH& goud WmMW die: j 

puerperale lt)l*mtj(-iiv und, Sa;-r mit \m?i, <1 i» libiVkiOt» 1 m;i brÄtlbd’mr j 
KunMbblfc: i SomHrn«. Au^kr^tiHja, iafi auirrin** XfrjentUmvn, a\kt74mg, | 
tX’Mnm-' uüd J5ßjifeld^iig^^4%dr!td It.br; Ai-#r llc'.ckcn- •] 
r-brey^e \<\ Mr; vm^ehieUmmr. }•>. k.'UHi fÜinii« ku«:^, Rfmnrpiimi, j 
Sehwroirndditlm)^ oder PoHbiätiun l.rnn^ i-.lmiUm- Or^tM und su i 
tSpuni-iinbfdhiii^ eiutw-r-m ndor Durehbrnuh linrvh ‘\h- Peritoneum j 
mit tdeeuurrttriptci otirat'--al' 1 
Ijiitev iims-yinibyn erfolgt der T<u) bei eüfoivmejnU* lb'<-k«ü»‘uD?r!U'i*»; I 
duteb AmyloidHrkritnkuiig^ ' j 

Diuse üjofieiukMj Ankdaimo . liegHintleu v-<, atmh hmr an ] 
dem aiietupntbolo'^ebüiudtond^üliei! (jnindynU: ui.j pur-: il>i : | 

fi*§tzn|mhnn i$t, w oiud L au^thui am. Atnn{ t t|»‘b, ; .d'üi't'b mne Unibp arm- j 
‘yvzuiehuet.er Kiioiyp jrnstjitsttrs Priimip ftiüstnhf, strb v ?o in $0 es ! 

wit tuniavJatitn ^uboiuuubui und (hir<dHUi> /mnsm'vnitiTen 
N'ei tVdu’on zu impiugeu. Su komme in prM<<r Linie m Ee-tvaebt die 
llU'iftio.m Sie -i«t vor allem imUcirt le-i uteetjmpliiditrH .-mlitüri-u 
BReritölitrp, ob der Abst'^.s ieirm- oner extnipmünneal 

geUm-eu iHtr wobei je tkch dem raambmmo P.iHi» von der Scboifle 
\ulcv' doh' Baue.lidoekmi. mis ^e^ejniittefi wird, nidit aber vom Maet- 
«hum, _\<e«*y>n. der vom VortragemhaL ofi )HTÜ;m:hloten mdrwirrigen 
Amslmilirivg. Dnre.ü • «nn limauU bttstebnndeg wb.:y. \sieh BinTitlie|j vor- 
bcrmiGridus JCmjoamm nntihdivfi Aei- urumtA proea- 

'dendi vör^ozeiehuft.. 

Die Incisitm von der DauMHlenkm) ntis [ünrt, \Vtnvtretulor- 
obArlhtJh Oifer uiHbrb.alb -iuF Vnt>]iuvt’sVuven' linndtfe uuh!. und /war 
niuzeltig' hui absoful- niafi«r ItiimpftiAn’ ? xw^oiG^, wenn- anm-bei- 
mm«i noelj Darm.VoDingti urist SeUruU wie vmv DnLubindm!^ u«*r 
Arterm üii.nm, Hinan Le iurdaai de« poHLniehms; AuhStriplcui ipit 
. Jmioft>i:numi]! ete. 

Ein Ihr die RrUenntnLs dm aU RidtwAric; SoHwinifi» Kiiooid*» 
imponirenden AiisensHo- in mm ixmm\ Zaid von jniibm mmuibebi- 
Ik bes HiilfNtniJtef ist «lln \mn Landau vor vielen Jahren *dmti. in 
seinen r.ubensHr.b.m ampiolilem» i'robe.piiiietion. Von rlrn SeheiUe aus 

pulpatormclm rime-titm ^iibt, Zupmk abnf hibifd m dop 
eümn wiehti^uu \ or%u:t tnr du 1 limision, dit* Landau von dor 
.Smirdde aus seit j*fy jaimm mit oinm^ xrlmribn, von bianmu 
Assistenten iJr Vb<voi nuin^irüij'tan Sprr.izxaiiiio.■ gdoji'-hfalh- polpfi“ 

turiM Anmimmt. (DMaouströtroii de» Jb^rom^ipe?.),' Von d*r«Ahmdn 

tP- 'k** ! ^ tt WÄ! V Ab? 3ms 

-bif* % bM.LLn --- ; -Mb^ btti 


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31. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Definition solche, wo ausser doppelseitiger Pyosalpinx respective 
Ovarialabscessen noch ausserdem perisalpingi tische oder perioopho- 
ritische oder überhaupt multiple von einander gesonderte intra- und 
extraperitoneale Abscesse vorhanden sind, also Perisalpingitis 
purulenta, Perimetritis purulenta, Pyocele retrouterina, retroperi- 
toneale Eiterungen u. s. w. Das sind technisch gesprochen die¬ 
jenigen Fälle, denen man weder durch blosse Incision von der 
Scheide oder den Bauchdecken aus noch durch Laparatomie bei¬ 
kommen kann, bei denen diese entweder überhaupt nicht angängig 
oder aber zu gefährlich sein würde. Landau hat 26 (jetzt 32) 
derartige Fälle von „complicirtem Beckenabscess“ dieser seiner 
vaginalen Radiealope-ration unterworfen. 

Bei allen diesen Operationen handelte es sich um multiple 
Ansammlungen von dickem, gelbem oder grünem, stinkendem, 
jauchigem, rahmigem etc. Eiter, bei einigen bestanden fistulöse 
Communicationen mit Blase oder Darm, die meisten waren bei 
bereits seit Jahren bestehender Erkrankung arbeitsunfähig und siech 
und wiederholt in anderer Behandlung im Krankenhause gelegen. 
Bei einer grossen Zahl waren bereits vielfache, jedoch nur von 
temporärem Erfolg begleitete Operationen ausgeführt worden: 
Punction, Incision, Resection, Laparatomie. In einigen dieser Fälle 
bestanden so innige Verwachsungen mit dem Dickdarm, speciell 
der Flexura sigmoidea und der Blase, oder es hatten sich 
Abscedirungen auf die Wandungen dieser Organe so weit fort¬ 
gesetzt, dass bei strenger Durchführung des Princips der Ent¬ 
fernung alles Krankhaften die Auslösung nur mit Continuitäts- 
trennung der Wand dieser Organe möglich wurde. Hier hat Landau 
die zweimal entstandenen Blasenfisteln sofort, einmal per vaginam, 
einmal per laparatomiam geschlossen, die zweimal entstandenen 
Verletzungen der Flexura sigmoidea durch ausgiebige circuläre 
Resection zur Heilung gebracht. 

Vortragender legt die behandelten Fälle in tabellarischer Ueber- 
sicht vor, wobei gleichzeitig über sieben weitere Fälle berichtet 
wird, die bei schwerer entzündlicher doppelseitiger, nicht 
eitriger Adnexaffection und (zweimal) bei Tubengravidität mit 
palpabler doppelseitiger, venöser entzündlicher Erkran¬ 
kung der Uterusanhänge mit vaginaler Radicaloperation behandelt 
wurden. Diese sowie die aufgeführten 26 (jetzt 32) Fälle von eompli- 
cirtem Beckenabscess sind sämmtlich durch die Operation geheilt. 


Naturwissenschaftlich-medicinischer Verein 
in Strassburg. 

Medicinische Section. 

Sitzung am 2. März 1894. 

1. Herr Carl Jacobj: Ueber das Sphacelotoxin. Aus dem 
Secale cornutum stellte Kobert 1884 zwei in verschiedenem Sinne 
wirksame Präparate dar. In dem einen, das er als Cornutin be- 
zeichnete, war ein Alkaloid enthalten, welches sich in seiner Wir¬ 
kung als ein Krampfgift erwies; das andere Präparat dagegen war 
N-frei, stellte eine dunkle harzartige Masse dar und erzeugte einen 
Gefässkrampf der kleinen Arterien, welcher zu hyaliner Thrombose 
und Gangrän der von den betroffenen Gefässen versorgten Gewebe 
führte, ausserdem aber auch auf den Uterus im Sinne des Secale 
einwirkte. Dieses letztgenannte Präparat bezeichnete Kobert als 
Sphacelinsäure. Diese Sphacelinsäure ist indessen keineswegs etwa 
eine chemisch reine, einheitliche Substanz, vielmehr ein Gemenge, 
welches neben einer in obigem Sinne wirksamen Verbindung deren 
Zersotzungsproducte und wohl noch verschiedene andere Körper 
enthält, welche aber von einander zu trennen nicht gelang. 

Kobert vermuthete nun, dass der wirksame Bestandtheil seines 
Präparates eine Säure sein werde, und gab deshalb dem gewonnenen 
Gemenge kurzweg den Namen Sphacelinsäure. Prof. Schmiede¬ 
berg erkannte indessen schon damals, dass die betreffende, Gangrän 
und Uteruscontraction bedingende Substanz aller Wahrscheinlichkeit 
nach keine wirkliche Säure sei, und er bezeichnete deshalb diesen 
Bestandtheil des Mutterkornes als Sphacelotoxin. Thatsächlich 
dargestellt worden ist aber bisher dieses Sphacelotoxin noch nicht. 

Es ist mir nun gelungen, eine bisher völlig unbekannte, gut 
charakterisirte, chemisch reine, einheitliche Verbindung aus dem 
Mutterkorn, und zwar auf einem durchaus anderen Wege als dem 
von Kobert zur Herstellung seiner sogenannten Sphacelinsäure 
eingeschlagenen, zu gewinnen. Da diese Substanz jenem von 
Professor Schmiedeberg angenommenen Sphacelotoxin in ihrem 
ganzen Verhalten durchaus entspricht, so glaube ich, ihr ohne Be¬ 
denken auch diesen Namen beilegen zu dürfen. 

Die Isolirung des Sphacelotoxins gelang mir auf folgende Weise. 
Das mit Petroläther entfettete Mutterkornpulver wurde mit Aether 
extrahirt, und der Rückstand nach Verdunsten des Aethers im Va- 
cuum mit Petroläther versetzt, wobei ein gelbbrauner flockiger 
Niederschlag entstand. 


37 


Durch fractionirtes Lösen dieses Niederschlages in Aether, 
Chloroform oder Benzol und fractionirtes Ausfällen mit Petroläther 
wurde aus ihm das Sphacelotoxin als hellgelber, ebenfalls flockiger 
Niederschlag, der nach dem Trocknen im Vacuum ein feines hell¬ 
gelbes Pulver darstellt, gewonnen. Durch Verdunsten der. Benzol¬ 
lösung im Vacuum konnte das Sphacelotoxin m Sphärokrystallen 
leicht gewonnen werden; in kleinen Mengen liess es sich auch iu 
mikroskopischen Nadeln krystallisirt aus Eisessig erhalten. 

Es ist in gleichen Theilen Aether löslich, löst sich mit hell¬ 
gelber Farbe in Chloroform, Alkohol, Essigäther, Benzol, Tetra¬ 
chlorkohlenstoff und Eisessig; ist unlöslich in Wasser, Petroläther 
und verdünnten Säuren. In concentrirter Schwefelsäure löst es 
sich mit gelber Farbe, welche nach Zusatz von Kalium nitrieum 
lachsfarben, nach Zusatz von Kalium bichromicum vorübergehend 
violett, dann schmutzig braun, endlich grün wird. In caustischen 
Alkalien löst es sich sehr leicht und mit intensiv gelber Farbe unter 
Bildung der betreffenden Alkali verbin düng. In Ammoniak und 
kohlensauren Alkalien ist es schwerer löslich. Aus allen alkalischen 
Lösungen wird es durch Säuren, sogar schon durch Kohlensäure 
in Form hellgelblicher Flocken ausgefällt. Dementsprechend kann 
es mit alkalischem Wasser der Aetherlösung entzogon werden, geht 
aber nach Ansäuern der Lösung in den Aether wieder zurück. 

Die reine Alkaliverbindung wurde erhalten durch Zusatz von 
alkoholischer Alkalilösung zur ätherischen Lösung des Sphacelo- 
toxins, sie fällt als intensiv gelber Niederschlag aus, da sie in 
Aether völlig unlöslich ist. 

Nach den bisher vorliegenden Analysen des amorphen, aus 
Aether durch Fällen mit Petroläther und aus der Lösung der Alkali¬ 
verbindung in Wasser durch Fällen mit Salzsäure, sowie des 
krystallinischen aus Benzol gewonnenen Sphacelotoxins scheinen 
alle diese Präparate dieselbe Zusammensetzung zu haben. Es 
wurde gefunden im Mittel 59,8 C, 5,43 % H. Es scheint demnach 
der Verbindung die Formel G 21 II 22 0 9 zuzukommen, wofür auch das 
gefundene, sich an 418 annähernde Moleculargewicht von 427 sprechen 
würde. In alkalischer Lösung, besonders beim Erwärmen, nimmt das 
Sphacelotoxin bald eine rothbraune Farbe an und verliert seine 
physiologischen Wirkungen. Das reine Sphacelotoxin dagegen be¬ 
hält seine chemischen wie physiologischen Eigenschaften bei zweck¬ 
entsprechender Aufbewahrung ein Jahr, vermutlilich aber auch noch 
länger unverändert. 

Die an Thieren beobachteten pharmakologischen Wirkungen 
des Sphacelotoxins sind im wesentlichen die gleichen wie die der 
Sphacelinsäure (Gangrän, Blutdruckerhöhung, Uteruscontraction, 
Durchfälle etc.), nur ist es als chemisch reine Substanz entsprechend 
wirksamer. Die Natronverbindung eignet sich ebenso wie die 
alkoholische Glycerinlösung der freien Substanz, da sie keinerlei 
locale Erscheinungen bedingen, auch zur subcutanen Application 
und ermöglichen so eine genaue Dosirung und Beherrschung der 
Wirkungen bei ihrer therapeutischen Anwendung. Die bisher in 
der geburtshülflichen Klinik auf gütige Veranlassung des Herrn 
Prof. Freund angestellten Versuche an Kranken haben ergeben, 
dass mit dem Sphacelotoxin dieselben Wirkungen wie mit dem 
Secale cornutum selbst erzielt werden können. Da dasselbe nach 
kurzer Zeit, wie es scheint durch den Darm ausgeschieden wird, 
so können Gaben bis 0,1 g ohne Bedenken gegeben werden. Die 
Wirkung beginnt nach wenigen Minuten und hat nach etwa einer 
halben Stunde ihren Höhepunkt erreicht, Die bisher in der Regel 
angewandten Dosen betrugen 0,04—0,08 g. (Die ausführliche Mit¬ 
theilung der Untersuchung erfolgt demnächst im Archiv für experi¬ 
mentelle Pathologie und Pharmakologie. Das Sphacelotoxin sowie 
seine Natronverbindung wird von der Firma C. F. Böhringer in 
Waldhof bei Mannheim unter der Bezeichnung Spasmotin in den 
Handel gebracht werden.) 

2. Herr Hoppe-Seyler demonstrirt a) den grossen Respi¬ 
rationsapparat und theilt b) weitere Untersuchungen mit über 
die Wirkungen des Sauerstofifrnangels, Bei der schon vor¬ 
geschrittenen Zeit musste auf die beabsichtigte eingehendere 
Schilderung verzichtet werden und für die gegebene Demonstration 
nur einige kurze Erläuterungen genügen. U.eber beide Themata 
w r erden Arbeiten in der Zeitschrift für physiologische Chemie noch 
in diesem Jahre veröffentlicht werden. 


Dreiundzwanzigster Congress der Deutschen 
Gesellschaft für Chirurgie in Berlin, 
18.—21. April 1894. 

Ref. Herrn. Frank (Berlin). 

Dritter Sitzungstag, Freitag den 20. April 1894, 10 Uhr 
Vormittags. 

1. Herr v. Bardeleben (Berlin): Ueber frühzeitige Bewe¬ 
gung gebrochener Glieder, mit besonderer Rücksicht .auf die 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



VEREINS- BEILAGE DER BEOTSCHEN MEBICINI SCHEN WO aHENSCHRlFX : 


^ P| 

,inf«,rm» LMrmiutiiteii. (Der Vortrag' i*t. ti' dieser WecliensehrR't i 

\t. 17. |> 3.7 erselumiun.) 

% Hefr ICorsVh UteidiuU DemomdjrätfOi» von F&Ltßh,’ dift 

wegen Ob??- und Ünt ers chenkeibr iieben und compiicirtan 
Brüchen seiner Seit mit atabnis-torisebeö iBp^vurbaaden be- j 
handelt worden Mini. 

3. iT*=rr AD»ers (Berlin):- XJeber bei .Brüehet» ! 

der unterst- Gdrediwiasseo. '(Din wfeife in extenso 1 

• in d»t>e*r VuebmiM-hnlt eiMheitimü 

4. ftovr Li er maul» iFnuikfuti a M). (JomoHtd rat vm Gitter 

E^ten^idttsseliuetie zur . -B.oh;«ip.dliißg der Coxjti^; 

Yen ÄtiDdbenbrüohie», ecbweren Erlsraükuiigeii dm* unteren 
Jßxtrevzütiit 

IJivCh^Uuc lim* Kiausc* U Iroutfj ist- »jnpitrifiusrli 
*bö $LsgßJlhUre dei M'itöWbn mwa aL sein Knut I&3öi$itH' up(| 

, e 1i mAber -r fm- >. i/J «w; b'Mle J>tdi .i«*b*U bah». jicnorxiih.-beu. D.l 
ii •<•• UiVf.i'i! eüm/e Laim vo»t s.-i.r •, i-r^.nl. n«i* Omc-nlMMion <<ompl»ajm 
rarinr. (>1»uiii«lldtttU’ü' 7Hju?lt i.it).' ItOfeu* Hi'iluÄg 2414 Ü,&s$rt».-.43t$fejakGer 


lüh 

Fhic'hir; \liO HVigni. Bty "A\w®äfc$U-flAian sieh <iie R.rhauii 
luuusduüor btn' •!{“•!. GeitviwbmM.-n nielu. vovsi-hiuhüi voii »dm* ; 

bcj :;]to»l Mmijo.t» rrc.rv,.;, Dir »L.ilum>m'.m v !,t>i FrflOfci:* Wte* -j 

VI dlrolm c\m i t;m he» • chm-r 1,, . -1 <-I k ?>t|f ii!! 1 '; Ta^. nach dar kr - 
-.oben D.*l ..»i iiiuu tuv.K*» -i. U ’L.g* Du BriK-lmh in ‘»'»m-h t.v< *«» m * *, 

■ 'II,. i! d«- I iif'P' li'-ikt«.'. [r* i.is-ji f- ii? ft .V*. J . • i -ifjiik ill l'.iüf liir Aiu’ 

thriimiiu hu \ ts u •- ■■ I, iaiUi'T nur J-2 WrJ'.us I <*■« ‘ Hem » Ja-nm ■ibuieJh n 

•/-.• hl .'.!■ K Iirüt-txi-iiv»! Jini :a)iJlu*»p Mic hdi «l'W B V UnAvlmn .Nrim-,00 

'■ui- H;i(iu-nil < V fi.)i dU g , e j <e a o c' -Uwe >vhu*hr licit) üi hH'tile M^^ohOH 
}Uit Dia \ pdrl/ioi HUl (L i t'ühioil Um ba-a'-t» 1 m ■ }> .-.> D * l >. • j t UM»! 

UOmjh'h ii.nm ink <iri ki:>ripny lUnMi Ri'diirht^ .'iMuhaut 

» 4 h Jii uriul elmc 410^1 Acbdvrafu^if am Vvi4i>m»is w.-rtm Mmmthlt 
\'crd"u. _ 

DOJT La oa ii r i-cl U ! <. iü' '! gl i li!fi’-ri IjH'ii 

'!< L' liildi . 'V. 1« lif-’ dl“ lw:lh>nii Df »'•! tK •1HU du i»- •;ins, : , f ,.ij 

liHihoi: mul ,'Li»- . vs'Ivdu K ■ /»io hu'ht‘i*ig.<n,t- 

i«. n.irji-t'dVi! tt,(f! r.’M. (MM.»•■{■»» ^ 1>1 »l'i Lhaim Ji ft'i Iisai.ntiMr-iiiulh-l, 

i-rnni triVrtnl. wi-tpi Stink dia Yuik*t?4uti. ^irl» 

ti*vtvjii-i mlS k.d mim \ (,'i»’. jx; in Ih-mtain itun vui:. * i'r- 
t iUilUnV . Tiagb Yjnl kä? i-iagDtuvltd kantig kf.i’ße'R.nlit- 

-iMii. und mm}; <1h f in cl-1 i.U: 'k.nsjir n» l<i liiuu'T M' gilHstig r-si-!- 

'-!• ui. tia ar l ifH.lh^i HJitlnuitwIntjfntt^Vu.lft'Otmi iiil* h\ Ijl> 
snt7 y;W ilm-rji Knuisi' ütuIv? (-v die L"i*>rni :ui rrs# &ttr :b'/- 

iAv*m(li»>U‘. . . V i :: . ‘ * • ' ■ i , ; 

Herr Krauet' i k’gt \ i j sv aiu ül.ii ürgUi} i hm IV] idsdcUtUua' 

-ine: > . »Et ll#Ill \ .*f Mn-1 ..‘jit'U'n I >f (0»>!| V.111.1 (■ >1i '.'«U'l «'Ul; Kß iSL 1»*IH 

iiifl;!; tiü.'irri'aüi'ii, r-Umn ..Vurtr»«* zu liftirew 

n. IIum- ('rnU': (IbT^dmD: Zur Technik der Aruputatiön • 

. grossen ÖRedroftässeij. Seit der feinjuhrbtig. Adv j 

WiimUmi:;inilhmg Igtl *u \\ ;in ilcr T»u-hnik <inr AimuitaManuu sinatt i 
viel iu:-‘hi- geÜütlavK es soiuiiht, alf. ub ttnk löleri'sst» hü dun -lUterrn i 
<Ilte-ratimtn.» gnux go^uhwuidun ^ui Lüiu mm Verfallre.n iVfutit ein«:, i 
ivit.'-i hUn-Ih' Vi-»i'infruLnng -nn(ar' Aüa\ n*nflUg£ dur bew^hrthh- (dtf-ibm ; 
Li'iiSi-ijvinit »ipf. Auf dir Lnrni des- Lappeos; svwf, iljn FVa^u der ; 
\i& hVh rbfi’^Ihm BlujtJrj»rn knnuüt .üh’er ‘ L 


- . ... . __ N«t5 

jßffo0i niv wenn irgwndwn bsli^lg* 93 □ Drain c4imesokob^ß 
HttUrri ’xkih Bubmörzerb Fiubor eJit so. braucht nur an m* r-i- 
• iHUiiitigeu Stal Inn dar V yrbaad auffftsü-Imitt-nn. m w&rd.t«u, <b v 
$ücrnt lliofekt ob; tm iU*ngim aimr jirn primiu-e VewinojftsiV-^ff 

^’O.stul t. 

Disru^MOEV' Heu- Gus-souImttrr (Prnt;} tmd Hm* v Esubrtfi 
flvieli «bvir 0»'umi|JicH bin ('wnptussim) müglkhsf; so atr«, tiü& uü bü-.i», 
MVqmrl ivyj'ilen kumu d* f r otwifidte bunili iartrokmits^ö 

üutnpi, flcr ii-UUuu .«.Iftrclj : M»u»sViSSi?u. allovtlmgs. wini 1 ;km* uin' firaun !'•»; 
24 .Stun.lon (■dür.’t.Hh. w> iiiju- uni *'r d«*»u Vorin.;i.| nm hi-rruis--' 

cy;.4iy»m Wird. 

V. ilüT BiAguKkli; Wr-Rrru MittJuHturigrii iihor (Hg- Behonm 
lang cbirurgisobei' ‘Vaberkulose mit. St&uungshyperkmie. T)jt 
Wi'Hurmi Drrabtniügon des Rmlobru mit ib»v Atiüvominng ssimd'Mu 
thmlft bei 85 FiUlen haben stsne Zutersieltt in di 9 WirksHiftW 
crhdbt und vnv nUah LiOgHU- «ich (7m\'tr äLL- 

ij.-trn MisMTb’fu»' nicht i»*‘irr*^ hir-.sfh. Durch Oun^ t <{i‘tnu la^i 
sich monuUü OpOfnUfiii vermj&idi?u, irtr wddul^r irmmshij 4uMh dar/’ii 
IrgfiUit biiib Loinpliy.n ribth. sebdriingt •• I'OhR, Das hestn .SuhBnit ?].<f 



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Doavonjinr snivou in einigen ’ in gen auganuvilig^ dir Poutebin^ 
und SkhiPbTÄfan vej'S4‘bw ; ititt9r», -di» 'Funuti'b'n wird fidiei' ’KhH^ 
AbSrl^sbildoüg — zUwoUrn rrntordzie/nbeh. IkDi^im. Ehtzönfl'iiiit- 
M'&rlu'iimuirfii nuRrtdioul —- wird Ri oh »011 r Driütd d&r FüU& ,mt4t 
;vtt!ntub(knu'buck RtOmifi|fv\gus/ ; liwüm und; Lraüukiionswiithbrtiiigt'ii,. 
huU'ss habms diese kein“ v<» ^‘liliuimo HoiimitEuig, njn dtt 
h.mg u-bzubrpr-beii. Elftem brL-bvji auf mlar wurdan lagfothmi: 
Mb-ir aifjy Besser allrrdings l;i£st man öbdd 
kapuuem iiulom mau sin uu(säugt (avmjtueU mit J7nhjfoi'üiT^w) 
tmv nntfiß mnn sb ha? Zetten erkrumhi üinl nrÜsprn^diHfid t-diKUfW’’. 
;dtf> selbst umtangTfidrerr* Citörtm^n» swbun rächt voreiUg u 
fyrösscn’n übcrllMssigcu Eiicrrilbf» vcfanlasSHii. Vorzüglich id H*»: 

< ’nt 1 ilMii;'tH)ii der .biiJnibnnbidnmdlnr.g mit Rhatiutig'tbypMr.bni“. Wä*^ 
mich die der dirckUm ibcinllu.-.-nrie «Imrii «fudutbrni »inIniri»feu 
rnrricHft ,-j*i und b<nvn Wifkimg' sti h \w-u ic -ilmi.?’ 

«Abst< j Sr^b Dir IbbiiUiftlwHg rr(nrd«M f t ferner Ruhtg’sbniiuic: 
LJbbbv*. ihr Dmiptvorzu« ist itlff siuifcrc \Y H'dorgmvhimmg »kr fit* 
woglithkcit rk»v Diduöku, Iksxtndms guh: KrLdgr sirht wm D; 
Huden- und RtdiircüDr.hKid< 3 n{uiM*i-!ailoun. dugcuun .mgnri.' 

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gort unter drr Bolmmllmig Mud b.r.^s«> Abszesse, Ob!m»kvrrmk^^ 
Eri Hpnbt 4 \U*t glich wij ! kji»dfu direkt« Hmcrfidgo bloihoi» ntcht 4Ä. . 

efii.hinihat sic h in vier bchandcl! nn R}>h:i?u ein inm+V BiiVD.inUShccrd csf 
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4$* DpctätRirt lunk.. : -,-v^ -. - P, .v, 

Cimtraindic^ticn Mctrn grosse •..Abs».oss?. i schuiv hü . Brtmm Ü ‘-Ly 
.handbing rmmci' ist n-gedmüssige. tlchorwiiohimg der lid«nf?«U ! n?>: 
erste Bvd.mgüUir Dir einen gUiun Erfolg, 

[;s-w^;c»n Herr Mikulic? (BrosUai wcniN «Uv, ^ 

^,'1 y^iorr« fm urnl sjH>t dmw iOtu.tr 1 4fü^*ntlb'btf Kotöitho^T»? -* 1 ? ^ 

'rtuMupir Diu Mi'Üi'ub’ hat sicil hei jofaiehcp. sciist jede* JanuCMgu 

t'rotznndcM Fiibun bewahrt; und hn{, iusüalkmd mäv W-igW f-yf 

r«7.bdt. Ui» Nie LDalg UhDc» wird, iassfc sich in. dui» U.DuUW-U'U-^ 

• sibli THD^ 4iesv Wirkung pichi baltf; «» Wirt “* 

(Mmn-Jlmis 1,c..s>cr auf, Wird die Gu>»br aber,vmrapw. 

(?uii»bimdbm d*:t- RbiumighinvjH-wuaj»- vnif. dtt'JtM.ioiomhcduuat'J)BU *<'*• ;- 

r,ne:rrv;,<!v{- RciumdUmg. r , ,. ... e r .- 

Ihn Zejlor tKerlin» hm bm xwm Autgebrurbnüc;j hiM-kmosvi».. 
schlimm crime: unter der l’ab-r .vcn uy ;‘; 

gehrHch.nnm Tubnrktihisvm i^w-inml hiienhugon- zwennm *»-«>.--"i' c, t 
geLn knt üb'ji'kulose!: j' wye die 4iciJn»»L allein nur cuima: _ *****y f -u _ 

HfUldgD 1 ’rtkrtüImrki 1 1 ose ci!o!giCiidc y.\tctinnl trat, m-cu- *»rr,v 1 « 

Y»=!-ich!in;.inc?n«ur ciu ? wo <;äc? dw llrsrctmn ludlrwiMidig.. wn- ‘• - -, 

vrcigUn sich die GfanidMhuen auluiilcmi fedchi, iü Hi ‘‘ ; 1 

OiiiobiTitdlnn nub dodoforüi fursscrth gd4Ht»|r. iiVL bt 

In der KachmiU^m^nnü bemerkt Herr Bier m.<u, ; u ;^ ' ( , . ;1 . 

fahren mmh bei fchrouwoU^m ®ojafeÄroiunfttuimüf» SflsWuca wv ■,. , , 

jh9miiati?tq.us, ArtUntSÄtefowJA&fc uöd'givöoi^bb^ l ^^ ir - „„«ni* bi/ 

bosonderft snh]fc.etav, ^eäusseil. hrtt (DuißenHr^tion einer .t • ,. e -^ K 
Sehidtür- imd EitKrtbrtgtmiftdimkjb Ilcvr Petwhseti, dass * g 1 ^ 
hiiigcrmvg lies Verfahrene bei den luntObDun bersten \ - . ,. ( . f 

Hei Ambulanz, das Hldejikmatcrii.il in ulh c Klmikcn sich 
mindert luvhc, 

.Nnnlitnittagssitzung 2 Diu. weMÖr 

7 Herr Ri liebe vat (Kbin).: Behandlung ßinos angobo 11 •; 

Knoohendefevaes am Vordenirm rosp- ünterso w j? 4, 
ilHrilnsnbüiie.rVehe V*?rbdireii zür Lr«tdz\uig l^- 7 «- 

feliicudeü Umiins oder der Fibula bosL;ht darwi, 1 4^ 7* jp^:. 

b*gimg dm ülnü tmzw. dbr Tii'ia der KftUülum üi wi ~ 
gespalten mul diu Hau»!- bozw. Fusswurzed in tbH» * * ,u f 


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31. Mai. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


39 


eingeklemmt wird. Durch die verlagerte Knochenspange wird der 
Verbiegung der Klumphand vorgebeugt; das Gelenk bleibt beweglich, 
die Heilung tritt in zehn Tagen per primam ein. Bardenheuer 
hat mit dieser Methode drei Kinder mit gutem Erfolg operirt; das 
Verfahren eignet sich besonders im frühesten Lebensalter, aber 
auch für Knochendefect nach Caries etc. Anatomische Unter¬ 
suchungen bei Thieren ergaben die Ausfüllung des Spaltes mit 
Knochenmasse und Ausgleich des Längenwachsthums, was durch 
die Erfahrung bei den Lebenden bestätigt wird. 

8. Herr Barth (Marburg): Ueber Osteoplastik in histo¬ 
logischer Beziehung (mit Demonstration von Präparaten). Der 
Redner hat die Frage der Osteoplastik histologisch an 65 Thieren 
studirt. Nach Ollier’s grundlegenden Untersuchungen ist die 
Möglichkeit der Knochenpfropfung fraglos, die Endausgänge dabei 
sind aber verschieden. Uebergepflanzter Knochen hält sich und ver¬ 
wächst nur bei demselben Thier oder Thieren derselben Species, bei 
Thieren fremder Art degenerirt er und wird ersetzt durch vom 
neuen Boden aus wachsenden Knochen. Der Grund liegt in den 
der Eigenart des Knochens nicht entsprechenden Ernährungs¬ 
bedingungen. Die histologischen Untersuchungen des Vortragenden 
bestätigen diese Verschiedenheit im Anwachsen implantirter Knochen¬ 
stücke nicht. Ein Einheilen losgetrennten Knochens findet überhaupt 
nicht statt. Derselbe stirbt in jedem Fall erst ab und w r ird durch 
neu anwachsenden Knochen ersetzt. Autoplastik, Heteroplastik etc. 
sind klinische Begriffe, sind anatomisch aber nicht differenzirt. 
Im Vordergrund des anatomischen Bildes steht das Verschwinden 
der Knochenzellen, das Kennzeichen für das Absterben des Knochens. 
An der Wundfläche der lebenden Knochenunterlage erhebt sich 
Granulationsgewebe, welches schon nach acht Tagen Knochen¬ 
substanz anlagert. Durch Rarefication und Resorption verschwindet 
das Knochenstück, an seine Stelle tritt — in der Form nicht 
immer congruent — das neue Gewebe. An der Oberfläche gehen 
diese Processe natürlich weniger energisch vor sich als in der 
Tiefe. An der Schädeltrepanationsstelle wächst der neue Knochen 
vom Mark aus. Das Periost spielt, wenn es sonst vollkommen 
vom Mutterboden abgotrennt ist, dabei keine Rolle, behält es aber 
seine Ernährung, wie bei der osteoplastischen Resection nach 
Wagner, so findet von ihm aus auch die Ernährung des Knochens 
statt, und nur die Randzone stirbt ab. Todte Knochenstücke er¬ 
halten sich ebenso, wenn sie macerirt sind, wie von lebender 
Substanz abgetrennte; sie geben eben nur eine Stütze ab, am 
wenigsten eignet sich dazu resorbirbarer Knochen. Das Stütz¬ 
material muss einen gewissen Widerstand bieten, dabei aber doch 
porös sein, um die Granulationen Vordringen zu lassen. Es muss 
auch den Defect gut ausfüllen, um sich nicht einkapseln zu lassen. 
Am besten scheint für die anatomischen Beziehungen eine Schwamm¬ 
implantation zu sein. 

Discussion: Herr v. Bram an n (Halle) führt zwei klinische Be¬ 
obachtungen zur Frage der Osteoplastik an. Bei einem Kinde mit 
traumatischer Epilepsie war ein drei Quadratcontimeter grosses Stück 
des Schädels mit adhärenter Narbe temporär resecirt worden mit anfangs 
gutem Erfolge; dann steigerte sich die Zahl der Anfälle auf 30 bis 40, 
das Kind starb. Die Autopsie ergab volle Einhcilung des eingesetzten 
Knochenstückes. Für das klinischo Resultat macht es einen grossen 
Unterschied, ob man einen totalen Continuitätsdefect oder nur einen 
Oberflächendefect vor sich hat. Im ersteren Fall wird man kein gutes 
Resultat erwarten können. Einen vollen Erfolg erzielte der V ortragende 
bei einem Eisenbahnarbeiter, welcher einen 6—7 cm langen Knochendefect 
infolge einer complicirtcn Fractur davongetragen hatte. Trotz der ausser¬ 
ordentlichen Schwere der Verletzung glückte es, den Arm zu erhalten, 
aber es blieb eine Pseudarthrose, welche nicht zu beseitigen schien, da 
am oberen Stück, wo das Periost fehlte, die Atrophie immer weiterschritt. 
November 1891 lagerto der Vortragende ein aus der Tibia heraus- 
gemeisseltes Knochenstück von 6 cm Länge, 37a cm Breite seitlich als 
Verbindungsstück an und dies heilte vollkommen solide ein. Nach fünf 
Monaten wurde ein kleiner Sequester extrahirt, und da zeigte sich feste 
Consolidation am unteren Ende, nach sieben Monaten auch am oberen 
Ende. Der Arm (Demonstration des Patienten) hat eine ganz erstaun¬ 
liche Functionsfähigkeit wiedererlangt, das angepflanzte Knochenstück hat 
sich vollkommen erhalten. 

9. Herr Helferich (Greifswald): Zur Biologie wachsender 
Knochen. Der Vortragende hat an 131 Kaninchen die Frage 
nach dem weiteren Verhalten eines entfernten und wieder an Ort 
und Stelle replantiTten Intermediärknorpels studirt. Nach diesen 
am Handende der Ulna ausgeführten Versuchen ist gar kein 
Zweifel möglich, dass der replantirte, vorher vollkommen heraus¬ 
getrennte Intermediärknorpel nicht dem Untergang verfällt, sondern 
weiterlebt und weiter arbeitet. Das zeigt sich sowohl an den 
Veränderungen des Knochenstückes selbst, welches sich gleich in 
den ersten Tagen deutlich auftreibt, als auch an den Veränderungen, 
welche das Wachsthum des ganzen Knochens erleidet. Durch das 
eigenthümliche, in verschiedenen Ebenen angeordnete Lageverhältniss 
der Epiphysenlinien am Radius und an der Ulna, wobei ein Stück 
der Diaphyse des Radius noch der Epiphyse der Ulna benachbart ist, 


kommt es bei den mitsammt dem Periost herausgeschnittenen 
Knorpeln infolge der Läsion zn Verkrümmungen des Gliedes zum 
Theil schwerster Art. Das Zwischenstück zwischen Radius und 
Ulna wird gereizt, ossificirt, und durch Apposition wird neuer 
Knochen aufgelagert, während der Intermediärknorpol wie einge¬ 
mauert liegen bleibt, wodurch eine seitliche Abdrängung be¬ 
ziehungsweise Verkrümmung der Hand, sowie Verwachsungen 
zwischen Radius und Ulna zustande kommen. Subperiostale 
Herauslösungen führen zu ganz anderen Resultaten. Aus diesen 
Versuchen, welche durch eine grosse Anzahl von Präparaten und 
Zeichnungen illustrirt werden, ergiebt sich mit Sicherheit, dass 
der replantirte Knorpel makroskopisch und mikroskopisch die Los¬ 
lösung aus dem Lebenden in Bezug auf seine Functionsfähigkeit, 
beziehungsweise seine Lebensfähigkeit vollkommen überdauert. 
Ausserdem zeigt sich dabei der compensatorischo Waclisthums- 
ausgleich, durch welchen die Extremität auf Kosten des epiphysären 
Theils sich verlängern kann. 

Discussion. Herr Bidder (Berlin): Nur in der vorantiseptischeu 
Zeit konnte man fragen, ob Einheilung überhaupt möglich sei; jetzt kann 
kein Zw r eifel mehr bestehen. Bleiben aber so eingehoilte Knochenstücke 
leben? Im anatomischen Sinne haben wir keinen Beweis dafür, denn 
auch todter Knochen giebt histologisch dieselben Resultate. Doch ist 
die Einfügung von solchen Knochen nützlich, wenn sie auch resorbirt 
werden, da neuer Knochen an ihnen angebildet wird. 

Herr v. Bram an u (Halle) will die Art des anatomischen Einheilungs- 
processes dahingestollt sein lassen. Bemerkenswerth ist die Atrophie des 
oberen Stückes in seinem Fall, wo das Periost fehlte, die plastische 
Kraft also sehr verringert war; jedenfalls ist das Knochenstück er¬ 
halten. 

10. Herr Rotter (Berlin): Ueber eine eigenartige Form 
von Pustelbildung mit Hautgangrän (mit Vorstellung des Pa¬ 
tienten). 

11. Herr Henle (Breslau): Ueber Desinfection von Wunden. 
In den Schimmelbusch’schen Versuchen und Schlussfolgerungen 
bleiben doch noch manche Lücken. Seinen Infectionen liegen stets 
Coceen mit hoher Virulenz oder grosser Menge zu Grunde. In 
der Praxis handelt es sich aber gewöhnlich um Infectionen mit 
schwächerer Virulenz. Für diese muss ein Locus minoris resistentiae 
vorhanden sein, um ihre Wirkung zu entfalten, und einen solchen 
bietet ja eine Wunde allerdings. Aber bei minder virulenter In- 
fection sind die Resultate doch andere. Der Vortragende hat die 
Bacterienverhältnisse (Streptococcen) einer inficirten Wunde am 
Kaninchenohre geprüft und 6—8 Stunden nach der Infection die¬ 
selben noch gefunden. Desinficirt man 2—3 Stunden nach der 
Infection die Wunde nach allen Regeln, so zeigt die Desinfection 
sich noch voll w irksam, 6 Stunden nach der Infection ist ihre Wirkung 
wohl noch deutlich, aber nicht sicher, 8 Stunden nachher ist eine 
deutliche Wirkung nicht mehr zu spüren. Dass es sich in der That 
um eine Desinfection der Wunde handelt, ergiebt sich daraus, dass 
die Anwendung aseptischen Wassers statt des Desiuficiens wir¬ 
kungslos bleibt. Als Locus minoris resistentiae wählte der Vor¬ 
tragende in einem Fall statt einer Wunde die Stelle eines sub- 
cutanen Traumas, um eine Infection zustande zu bringen, mit 
gleichem Erfolge, wie bei einer Wunde. 

Discussion: Herr v. Bergmann (Berlin) berichtet, dass Herr 
Pfuhl vom Institut für Infcctionskrankheiten die Ergebnisse des Herrn 
Schimmmelbusch vollinhaltlich durch Nachuntersuchungen bestä¬ 
tigt hat. 

12. Herr Reger (Hannover): Die Fortpflanzung der Eiter¬ 
krankheiten (mit Demonstration graphischer Darstellungen aus ge¬ 
schlossenen Anstalten). Der Vortragende hat durch genaue Nach¬ 
forschungen in den Krankheitsberichten, zuerst von Kadetten¬ 
häusern, dann von Garnisonorten, die Thatsache herausgefunden, 
dass ebenso wie bei den früher geprüften Masern-, Scharlach- etc. 
Endemieen auch bei den Eiterkrankheiten der Iufectionsstoff immer 
nur an den Menschen, nicht an den Räumen haften könne und 
durch sie verbreitet werde und dass solche Endemieen immer in 
ganz bestimmten Zwischenräumen ausbrechen, während die Zwischen¬ 
zeit durch die Vorbereitung zum neuen Ausbruch (Incubations- 
periode) ausgefüllt werde. 

Vierter Sitzungstag, Sonnabend den 21. April 1894, 

10 Uhr Morgens. 

1. Herr Eigenbro<it (Bonn) stellt a) einen Patienlon mit 
blutiger Naht der Patella nach Fractur und mit vorzüglicher 
Funotion nach vollkommen knöcherner Vereinigung vor. Die 
blutige Naht der Patella wird in Bonn principiell (ca. 30 bis 
40 Fälle) vorgenommen, das Resultat der mit Heilgymnastik com- 
binirten Behandlung ist stets ein ausgezeichnetes, b) Demonstra¬ 
tion eines Patienten, bei welchem ein branchiogenes Carcinom von 
Kleinorangengrösse, welches fünf Monate vorher bemerkt war, 
unter Resection der Carotis, Jugularis, des Nervus vagus exstirpirt 
wmrden ist. Linkseitig Stimrabandlähmung und Hypersensibilität an 
einer bestimmten Stelle mit Hustenreflex bei Druck. 


Digitized by AjOuSie 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







40 DM DEin SCHEN^p^CmISCHEN WOCIIE^SGÜIllfT. • _ . __ _ __ . . m . 5 

9 Herr Julia- Wulff (Berlin): Weitere Mittheüungau Wnifi' «teilt außerdem miou »vwmhmmi Patienten vor, hoj 

QvevAmtx. der apgeboieüet; Gaumensp&lte. Am er* vor * Jnbm» Oie Gaumeusmvlt* <n»>*1rt: Im: 

»••v^,.“ht iU-Yi -Mm- du veWiiimmm Wintersemester von Wulff roijideal em, oime Haohouprothcs? fimmbtem, teiitmmühmih-äüte 

5 wi. ak, v . . *•-.• ftudt 3 ‘Mo/mte pM. BpmdiunteiTiciU boi UgtomgiUk TOtf, 

fcpKi*die" ts t tft t'ht tti'c gövingfcte Spur dar Yt.iHuimhii f'ßW'wnm 
Mtebiklusg ajMtmorkÄn uud sin Unterschiskibt sieb äus&rte* 

.dnroh gan7' betend Kr uh Wohlkteng vortdtyiliu&t von ilw* 
jamgon dev in fdiburtm datemi hier Y.orgwä teilten. Patienten, 
E»(Ub’h stellt W.otff ojtjen, jetzt f» J&hte ulten, ms Ater -yy 
: J Monuteb voo ihm opurij tuo ünobsn vor. Di* 1 » «KSmgfe juelvr- ü#j 
U embtetdldnuft des Kiubon zeigt — als .bin Bm^id teteJ *a&; 
vielen däsi? "H\h dtn Khr ni-jut ft'snlüm MiHkwÜMngro ftMir ;■>& 
veroiöjbtJ ieit.e fumigeJJtmt! ef /Kibfernflt'flrkkölbtJg meh; 

' ÖpV?4tW tqibnr Ttoirveii X^n^ndeit ein GrMd . gpgejt die - 

Operation limgeloitct wuidon. kann 

$. KetÄ G.uvlt (Berlin): BedoUtorstafctiirLg^über die Sazitaie] 
forsch trug zur N ftrfcö tis if ti pgßs fcÄtistik. 
ganzen 07 ßmtefte 58 aus Doutsohland, 4 ans fr ‘l 

aus Uussland u ud der SttewhiZ, i ftus Holland. Au*'ta Zhzmmu* 
ssl&Hinigen ergibt melk der Gebraute des Aethers ggß*& 

Poj-teterjfcto gemalt hui-. . «lass h«i 20KOK Aethwt 
virr Jahren erg« da TodeJai! aul' den Amjmr gm’hobeu \vmW 
kann, während bet iW iYirtPU. Orinroformüarki^e ein TüdeSbiF v.ir 
MikSO Navli.a^ib bei der gemirtteu DM^fo^mSfehptuRrt^ aof 
r.irrfL BiUJÖ kommen, BetndlV dor ?em?bWerHm Werten duF ChM- 
ibru^ iPt v.u bemerken, dass iit Bezug auf die Oeiidiriiehkiäi 
keines dur vei’^bitHltefu es löl? rninns fiiiKv« 

frinn bst, den Vorzug verdient. Atudi.da« Pictet’seb* 1 rillorr*. 
tben* bat zweimal unter 8J82 Narkosen zum Tnde gcflHlrt 
macht den Eiodi-uri, .'afs-'..ob' 'dlb:.Cbb^f<«f'ttttbdt5Sßlil« ; -.sieb, in (kt 
jtmgstefi Zeit gem«bTt hätten. Auf Antrag des Herrn w liarde* 
ieben tB^rtm) wb’!!. dio -St^tMtik fortgesetzt w*dejr 

4. Herr Dasein:. (JBeviüO: Das Ekaem der CliirurgeU. 

5. Herr SeliTeith' (BmrUu)- Ueber die Verwendung defi 
Biutöftruxus in der Chir.argie i]nit.I)mußnstmtinni. Vörtr^ml« 
‘UUpJbdiJl da^ PieHUstivto* jOufoßfüm als röiztesüstes Vehikel üb, 
SalbPit ete. zur Buderkung you Wunden, ihr die flftiit üfe ;te> 
wirkt austroeJtnnml erhm : ff(Vrmtg Alit. Hg verreibt w rn^li 
auf du*. Haut, Wo es fu*t büftte, da« Hg Wird ro^<»Hart, 
und ri'blu;h>rle Äppjjc^fckn zu Sdunrert umn 

6 Herr Ka^se (Ik-rlibO Uober Blxperimoivte ah der Leber 
hnd deh OidtehwegBii. Gallt 1 uidaste6xsfitp»>timi 

tim eiiizelnuö Thtetenoies v.erseltleih'he Folgen hubßß, lau 3uiua%fc> 
und Mofu*3ohwriudum koiner-lei bifee» bei Him*te« ilagegpireajj wy 
Oiltfi Ifrussbutiger, guiHgu iJinrrbueaü, Abmagerung fuil'trrteti. für« 
einen» Monat üq){ sich oh>e ErW-eftowag dfu Uallrnw^a 
wetoho niKh zwiu bis dt\d Mounten m\m Ev-sAty. d^r bw^ 

bkiso dureli iHvnipHnsatnrißMhr Kr weiter nug di+s 
herbeifülire. Der Vortragende kann dio Resultate bei GnlFnuiiwe" 
oxstirpatiou cn mh cfrst^nanntwj ThR'feu bt<stAtite n ? hber iwet 
Hunden hafe.nr .ite dieteon Öddi ^/jüptoiangef«^ 


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■ usHefnbrbt- trüh^ei t.ige.a Dbu?n.nii\:f &ratit»«eii;.Uät derselbe jeder- ■ ; 
Ö.aV tilgl it jie \v ligtifigM! des irhrs dev lvbnU"t» 1’afir-id.on j 



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Ki vb^oreiAr VA^Jii ui‘ ; -voitkommenor IHdolg nad; bimröHvem, 

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Kind,. r j ot’üc bil.it tu ab*, vdonnco- und [.ippmu-j. ib» Die Umm- 
war in* L.'br ite.ti.r ■ipeeirt lbliebt iuunitielbu!’ 

Vor . der tlptM-at m 85S(> -»10 spiltoi: ' v'ulJ k o m uro n h ßf- 

j-on U^iii ! bei .•ini-nt Üf-tt i- fd- von *070 !'i•*herh-ei * :, i’ V er * 

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KjvaJU*, mi hurtte und wedeten Ciamnvn, itevu-lct umuRf/dbAr vor 
i\yt' thä-rat«an. 7900 g >\if !f C i*ireior Ynrlauf. Am. ?sviilf{<ui 

'i',i -r. \ [;]! i.urj!m .*nui* Ki folg ''vijsiauVf bn* einem. HeWieht 
\m 7050 g. {Tiiif Vvofheii später 8700 g, (Das Kind, wird vur- 
tft*Mr*U # ) 

4: o WnMll-U a.itH-5, P'rtTid**P gei-isCIihun aussi hentlr^ 

Kind. Sjmifr im Um'Uu. «ml vopduni. Duumeo: Düs Koni wird 
•ZHhMdm.t zur BeuliahMong ni die Klinijr gemutmmii, (inWiehf 
tefii Id 3%tex nnmiueibar vor der Opcjtehul, 3^80 g 
jS ’JMg-r später t oUkomtuen n r Kr 1 oIg an Velüm, t'vul»i 
und di*m bei weitem grössten Tb«H dof. harten iD.umun« 

<■..t!st.(DO bei einem’ O*• wie.bt von .0770 g (tust 41)0 g Zu 
nähme)'. Am vordersten .Tludf d« * BpaUo bluild Mne biebmXob 
opma-tien otfotdii^bh (•» »rt *»& A uhsoI n .n • Aqs Ein 

rduHgos mal, aut zwetton Almud mt* h dm Vemähujig Temperatur 
Ü8 4 ,l . son>t nnmer f i ol..M*l os 

fm gäMim hat W-olff sett fäs& Jubro ,JH12 bis jetzt in 
je.o 1';;1 )m: von aw.k’ohovmmu 0 m \mtmKpaiKm. dii> Guamemiaht inrg*-' 
gofdltvt; Mtmvntm* Vnbl 80 trülrzcdtigit d. i. Ihm Kindern bis zu 
(l Oäuveti uahvlirts vorgemuutueno Djm)tttmiieri Unter 90 bei; 
Kindpni unter VJ$ Jabrrni Vm-geuomnioneti Operationmi ta’ut 7 mal 
Kxit-iv bdail» O«, .SämmtlH Ile 13 Operationen bei Kindern 
von \ l h bis Z't-i. .InbriMi. fuhrtoü ä u-, ei ü em voHkomtnonen. 
IM i'ulgo. Hier Also kbiii Todesfall, k e* in.:« uv oll» t li.n d 1 
Erfolg, kein Mi^vtriulg. Die übrigen 108 Fälle boi Uhitienten 
im Alter von 3 bis 52 .füheen wiünen 2 : TüdekfKHß ätiU und ?;wnr 
bei einem d und einem- f> Jahre allen Kinde, Todonlalb*, die in 
koinbr direkteu IKziobaug m dDr Alters vor hä batisisou dnrbou-eönu« 
den ]bi!ie.nteu ^'.{duu»; 

Kofi dm äiiigtmtelile Tabelle der Ergebni$s^ der 100. Operm 
tionpii -\i<v die EvoH^Dö^ir-.tlor At^oudmeo Qebibrmt dm* frdiA.diUgen 
Dpertulon immu'/.t '.Ver-Km. so wird zuuUetist difi Urag^Jtdbmg 
gegen die frü 1‘ n'rmi-Dm»Mi«eiiiueb mgoferu abzuhinlern sein. Ä hin“ 
.s-ielitlid» der hesoiiflereii Geftthrou nur imdl die A It.nrSototen 
Unter D/a Jahren in Hetmclit kmmmm. tihdil- aber,, wie bisher, 
n;< AJtrrsstuteu bis zu di oder 7 Jahren. 

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wir es aus der Dittim*atur dheyhuHRim 
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Kfifend' Almr aimb abgesehen daiou gewährt die nnvktf» Zahl der 
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elhZH3iiVü ijuppeb fährbh.). l!uH*rblndungon 
wdrdhji nur kurze Zeit von ilcti Thienui über.stamien /m** - *^ M ^ 
die scjioTi imeh KeteKßfßp _ bö ^ 

lUiterujigen auf, Kleine Wuelmtunge-n der ^ *a •> m 

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Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


14. Juni 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin, Sitzung am 7. Mai 1894: Elsner, 
Choleraculturen. — G. Meyer, Elephantiasisartige Anschwellung beider 
Unterschenkel. — Karewski, Ausreissung aller drei Aeste des rechten 
Trigeminus wegen Neuralgie. Discussion: Jastrowitz, Karewski. 
— Krönig, Nachweis von Tuberkelbacillen im Blute, — Lassar, Fall 
von Sklerodaktylie. — Discussion Eulenburg, Ueber Sklerodermie: 
Eulenburg. — Ew T ald, Ueber Ronccgno, Lcysin, und Levico. 

II. Berliner medtclnisclie Gesellschaft, Sitzung am 30. Mai 1894: Dis¬ 
cussion Landau, Zur Behandlung von complicirten Beckenabscessen: 
Veit, Körte, Mackenrodt, Dtlhrssen, Bröse, Gottschalk, 
Landau. — Sitzung am 6. Juni 1894: Dtlhrssen, Ueber eine neue 
Methode der Laparotomie. Discussion: Gottschalk, Dtlhrssen. — 
Blachstein, Ueber die specifische Virulenz des Kommabacillus. Dis¬ 
cussion: Ewald, Hirschberg, Kuttner, A. Baginsky, Blachstein. 

III. Berliner physiologische Gesellschaft, Sitzung am 27. April 1894. 
A. Loewy, Einfluss dor verdünnten und verdunsteten Luft auf die 
Circulationsgeschwindigkeit. — A. Kossel, Ueber die chemischen Con¬ 
stitutionen der Nucleünsaure. 

IV. Dreiundzwanzigster Congress der Deutschen Gesellschaft für Chi¬ 
rurgie in Berlin, Vierter Sitzungstag (Schluss): Kohr, Entfernung des 


eingeklemmten Gallensteins aus dem Ductus cysticus durch Ineision. — 
Grimm, Leberabscess und Lungenabscess mit Protozoen. — Wagner, 
a) Exstirpation der sarkomatös entarteten Milz; b) Ueber verkalkte 
retrosternale Strumen. — Körte, Beitrag zur Chirurgie des Pankreas. 
Discussion: Hahn. — Küster, Zur operativen Behandlung des Magen¬ 
geschwürs. Discussion: Schuchardt. — Körte, Ausgedehnte Darrn- 
resection wegen Darmtuberkulose. Discussion: v. Eiseisberg. — 
Lauen stein. Eine seltene Art von Darmoinklemmung im Leisten¬ 
bruch. — Schuchardt, Hysterectomia perineo-vaginalis. — Bog- 
danik, Mastdarmrescction wegen Vorfall. — v. Eiseisborg, Phy¬ 
siologische Function einer im Sternum zur Entwicklung gekommenen 
krebsigen Schilddrüscmnctastase. — Middeldorpf, Zur Kenntniss der 
Knochenmetastasen bei Schilddrüsenmetastase. — Sonnenburg, Acutes 
Myxödem. — Ledderhose, Zerreissungen der Plantarfaseie. —• 
Senger, a) Angeborene Geschwulst des Fusses; b) Heilbarkeit des 
Krebses. — Hackel, Cyste des Ductus thyreoglossus. — Staffel, 
Osteochondritis dissecans. — Tillmanns, Craniotomie bei Mikro- 
cephalie. — Wohlgemuth, Trachealcanüle. — Grimm, Osteomyelitis 
non purulonta. 


Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 7. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Jastrowitz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Elsner (Demonstration vor der Tagesordnung): Für 
die beim Auftreten eines Falles von Cholera asiatioa zu treffenden 
hygienischen Maassregeln wie auch im Interesse des Kranken selbst 
ist es naturgemäss sehr wichtig, dass die Diagnose möglichst 
schnell gestellt wird, und jede Stunde, die dabei gewonnen wird, 
ist von ausserordentlichem Vortheil. Diese Thatsache rechtfertigt 
es wohl, wenn ich mir erlaube, Ihnen einige Photogramme zu 
demonstriren, die geeignet sein dürften, Ihnen einen weiteren 
Fortschritt auf diesem Gebiete vor Augen zu führen. Herr 
Dr. Günther, Assistent am hygienischen Institut, war so liebens¬ 
würdig, dieselben nach von mir angelegten Platteneulturen anzu¬ 
fertigen. Gestatten Sie mir einige Worte zur Erläuterung. Für 
die bacteriologische Diagnose der Cholera asiatica ist bekanntlich 
die Gelatine-Plattencu ltur von der grössten Bedeutung. Nur hat 
man dabei mit dem Uebelstand zu kämpfen, dass man erst in 
längerer Zeit, l 1 /»—2 Tagen, unter allen Umständen eine sichere 
Diagnose darauf gründen kann. Das liegt, wie Sie wissen, daran, 
dass die übliche 10%ige Nährgelatine nicht mehr als etwas über 
Zimmertemperatur aushält ohne zu zerfliessen und die Cholera¬ 
vibrionen eine so lange Zeit brauchen, um sich in dieser Temperatur 
so weit zu entwickeln, dass ihre Colonieen diagnostisch verwerth- 
bar sind. Im Laufe von Untersuchungen nun, die ich im hygieni¬ 
schen Institut über das Wachsthum verschiedenartiger Vibrionen 
bei höheren Temperaturen angestellt habe, ist es mir gelungen, 
eine Nährgelatine herzustellen, die bis zu 30 0 C gehalten 
werden kann, ohne zu zerfliessen. Sie unterscheidet sich von der 
üblichen nur durch eine höhere Concentrirung, statt 10°/o ist sie 
25 o/o. Die Herstellungsweise ist genau so, w r ie bei der 10 %igen. 
Einige Vorsichtsmaassregeln, die man anwenden muss, habe ich 
bereits in einer vorläufigen Mittheilung in der Hygienischen Rund¬ 
schau vom 1. April veröffentlicht, ich will Sie daher heute nicht 
weiter damit behelligen. Auf dieser Gelatine nun habe ich Ver¬ 
suche mit Cholera asiatica angestellt, und es hat sich herausge¬ 
stellt, dass die Vibrionen der Cholera asiatica nicht nur vortreff¬ 
lich auf ihr gedeihen und von anderen Fäcesbacterien, namentlich 
dem Bacterium coli, deutlich zu unterscheiden sind, sondern dass 
die Culturen bereits nach neun bis zehn Stunden bei einer Tem¬ 
peratur von 27—28° eine Grösse erreichen, wie sie sonst nur 
dreitägige Culturen zeigen, nach 24 Stunden sind sie dreimal so 
gross als die auf 10% Gelatine. Man ist nun auch keineswegs 
auf die Zeit von 10 Stunden behufs der Diagnosenstellung ange¬ 
wiesen, sondern ist dazu auch noch nach 24 Stunden und. natür¬ 
licherweise auch in der ganzen dazwischen liegenden Zeit ganz 
ebenso gut dazu imstande. Auf Tafel I. der Photogramme ist die 
Hamburger Cholera auf gewöhnlicher 10%iger Gelatine nach drei 
Tagen, auf Tafel H. dieselbe Hamburger Cholera nach zehn und 
24 Stunden auf 25°/oiger Gelatine dargestellt, und die Colonieen sind 


auf Tafel n. gleich gross, resp. dreimal so gross als auf Tafel I. Auf 
Tafel in. sehen Sie das Bacterium coli in Reincultur, ebenfalls 
nach zehn und nach 24 Stunden, und man sieht deutlich das von 
Cholera ganz verschiedene Wachsthum: während nämlich das 
Bacterium coli in seinen oberflächlichen Colonieen ein scheiben¬ 
förmiges, in den tiefer liegenden ein lappig scholliges, aber immer 
feinkörniges Gefüge zeigt, zeigen die Colonieen der Hamburger 
Cholera immer das bekannte grobkörnige Gefüge mit dem unregel¬ 
mässigen Rand. Ich habe dann noch einige Gemische hergestellt, 
erstens ein Gemisch von Hamburger Cholera und Bacterium coli, 
ferner eine gewöhnliche Fäcesplatte, auf der Sie nur das Bacterium 
coli sehen, und ein Fäcesgemisch mit Cholera. Auf allen diesen 
werden Sie die Colonieen der Cholera leicht von denen des Bac¬ 
terium coli unterscheiden können. Auch zu Stichculturen der 
Cholera asiatica eignet sich diese Nährgelatine vortreff lieh. Schon 
nach 24 Stunden hat man eine erbsengrosse Luftblase, wie inan 
sie sonst nicht vor vier bis fünf Tagen erhält. Gestatten Sie mir, 
zum Schluss noch hinzuzufügen, dass nach einigen orientirenden 
Versuchen, die ich angestellt habe, zu hoffen ist, dass auch andere 
besonders pathogene Organismen, die bis jetzt vermöge ihres hohen 
Temperaturbedürfnisses auf dor Gelatine garnicht oder nur sehr 
schwer zu züchten und darum aus bacteriollen Gemischen, in denen 
sie eventuell Vorkommen, nur sehr schwer zu isoliren waren, 
infolge dessen ihr Vorhandensein äusserst schwierig zu eon- 
statiren war, auf meiner Nährgelatine zu einer schnellen und typi¬ 


schen Entwickelung gelangen. 

2. Herr G. Meyer: Vorstellung einer Kranken mit ele¬ 
phantiasisartiger Anschwellung beider Unterschenkel nebst 
sigenartigen vasomotorischen Störungen an den Händen 
and Füssen. (S. diese Nummer S. 519.) 

3. Herr Karewski: Ausreissung aller drei Aeste des 
rechten Trigeminus wegen Neuralgie. (Mit Krankenvorstellung.) 
;Dio Mittheilung wird in dieser Wochenschrift erfolgen.) 

Discussion: Herr Jastrowitz: Herr Karewski hat erwähnt, 
lass or nach Extraction des Nervus supra- und infraorbitalis wegen der 
fortbestehenden Kopfschmerzen noch zur Extraction des dritton Trigo- 
minusastes schroiton musste. Wo sasson diese? 

Herr Karewski: Sio sasson besonders im Gebiete des Auriculo- 
tcmporalis. 

Herr Jastrowitz: Oft strahlen die Schmorzen vom dritten Trige¬ 
minusast auf den Hinterkopf, also auf Occipitalnerven aus, umgekehrt bei 
Occipitalneuralgieen nach Wange und Unterkiefer; man beobachtet hier 
alsdann auch trophischo Erscheinungen. Es wäre darum interessant, zu 
erfahren, wie es hier in dieser Beziehung lag. 

Herr Karewski: Der Occipitalis war nicht betheiligfc. Die Facialis- 
Ifihmung, die Sie hier sehen, ist schon vorhanden gewesen, bevor ich die 
Operation machte, also nicht durch die Operation verursacht. Der Ver¬ 
lauf war so, dass wir, nachdem der Supra- und Infraorbitalis onttemt 
waren, eine Zeit lang glaubten, dass w ir doch einen Echec erlitten hatten. 
Die Patientin klagte nach wie vor über Schmerzen, die am Auge annngen 
und sich dann zum Munde erstreckten und nach hinten weiter gingen. 
Bald stellte sich aber heraus, dass'die Schmerzen vom dntten Ast aus- 
ringen. Dies ganze Gebiet ist, wie Sie sich in Merkel s Anatomie über¬ 
zeugen können, mit sensiblen Fasern vom dritten Ast versehen, nament- 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 








I 


42 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


lieh der Aurieulo-temporalis versorgt das Gesicht damit, und ohno seine 
Ileraiisholung, d. h. des ganzen dritten Astes, würden die Schmerzen nicht 
beseitigt worden sein. Die Sensibilität ist natürlich ganz aufgehoben. 

4. Herr Krönig (vor der Tagesordnung}: M. H.! Der Nach¬ 
weis von Tuberkelbacillen im Blute ist wegen ihres ausser¬ 
ordentlich spärlichen Vorkommens in demselben bisher mit so 
grossen Opfern an Zeit und Arbeit verbunden gewesen, dass dies¬ 
bezügliche Untersuchungen keinerlei praktisches Interesse gewinnen 
konnten und man sich bei der Diagnostik der Miliartuberkulose 
einzig und allein auf möglichst exacte Fixirung und Analyse der 
klinischen Erscheinungen angewiesen sah. Gegenüber ähnlichen 
Missständen beim Sputum hatte nun im Jahre 1886 Biedert 1 ) ein 
sehr ingeniöses Verfahren anempfohlen: statt kleinster Sputum- 
Partikelchen verwendete Biedert grössere Mengen, die er mit dünner 
Natronlauge kochte und alsdann das innerhalb 2 —3 Tagon gebildete 
Sediment auf Tuberkelbacillen untersuchte. Bei diesem Verfahren 
konnte Biedert vielfach da, wo die gewöhnliche Methode der 
Tuberkelbacillen-Untersuchung im Stich liess, positive Resultate 
erzielen. Den einzigen Fehler, der dieser sonst so zuverlässigen 
Methode anhaftete und der ihrer Verbreitung in der Praxis im 
Wege stand, bildete die zwei- bis dreitägige Sedimentirungszeit, 
ein zweifellos grosser Uebelstand, dessen vollständige Beseitigung 
mir 2 ) einige Jahre später nach Einführung der Stenbeck’schen 
Centrifuge in sehr einfacher Weise gelungen ist. Ich verfuhr 
folgendermaassen: 1 — 2 ccm Sputum wurden mit etwa der seclis- 
bis siebenfachen Menge 0,2 °/o Natronlauge gekocht, noch warm 
centrifugirt, und das entstandene Sediment sofort in bekannter 
Weise untersucht. Der ganze Vorgang nahm anstatt 2 — 3 Tage 
8—10 Minuten in Anspruch, die Sedimentirung als solche etwa 
2—3 Minuten. Mein Verfahren fand Nachahmung und hat sich 
nicht bloss in der Litteratur, sondern auch in den Lehrbüchern 
einen Platz erobert. Schon damals tauchte in mir der Gedanke 
auf, in ähnlicher Weise auch im Blute den Nachweis von 
Tuborkelbacillen zu führen, ein Gedanke, dem ich vorgestern 
praktischen Ausdruck verlieh. In einem Falle von akuter Miliar¬ 
tuberkulose, der intra vitam leider als Typhus abdominalis von 
mir angesehen worden war, habe ich auf folgende Weise im Herz¬ 
blute Tuberkelbacillen nachgewiesen: Nachdem die durch den 
Hautschnitt sichtbar gewordene Oberfläche der vergrösserten Leber 
eine Anzahl kleiner und kleinster tuberkulöser Heerde dargeboten, 
wurde unter vorsichtiger Umgehung etwaiger anstossender tuber¬ 
kulöser Theile das Herz eröffnet und einige Tropfen des ent¬ 
nommenen Blutes mit etwa 10 ccm angesäuerten destillirten 
Wassers verdünnt und mehrere male umgeschüttelt, bis die Flüssig¬ 
keit braunroth und durchsichtig geworden. Dann wurde zwei 
Minuten lang centrifugirt und das Sediment in gewöhnlicher Weise 
auf Tuberkelbacillen untersucht. Das Resultat war folgendes: 
In jedem der bisher zur Untersuchung gelangten vier Präparate 
von denen Sie eins dort aufgestellt sehen, fanden sich Tuberkel¬ 
bacillen theils in vereinzelten Exemplaren, theils zu kleineren 
Häufchen angeordnet. Natürlich kann es keinem Zweifel unter¬ 
liegen, dass in dem vorliegenden Falle bei gleicher Methodik auch 
mtra vitam gleiche Resultate erzielt worden wären. Ob sie in allen 
derartigen Fällen sich so günstig gestalten werdon, muss ich einst¬ 
weilen dahingestellt sein lassen; jedenfalls ist die hier vorge¬ 
schlagene Methode die einzige, von der Erfolg erwartet werden 
Kann und ich möchte sie Ihnen deshalb eindringlich empfehlen. 
xt i' j 1 * 1 * ^ ass « i r stellt im Anschluss an die Discussion zum 
Vortrage des Herrn Eulenburg über Sklerodermie einen Fall von 
Sklerodaktylie vor, der durch eine Erfrierung gelegentlich der 
strengen Kälte im Januar 1893 entstanden und seither durch 
Massage und elektrische Behandlung erheblich gebessert ist. Ebenso 
werden zwei Patienten mit Sklerodermie der unteren Extremitäten 
gezeigt, die vordem durch Contractur gelähmt, jetzt infolge von 
habend 6 ” 1 ^ Sallcylsalben ihre Arbeitsfähigkeit wieder erlangt 

Ueber 8Merodi^ie 0ber < ' en deS Hwrn Eulenbur S : 

AusfOW™f chluss "? rt ); D» üblich sehr interessanten 
erlanbon • La D Sa , r . ln vorigen Sitzung mochte ich mir 

Wenn ich TWm T n Gier £ ewisso Bedenken entgegenzustellen, 

p ®” n , , . i™ 1 Lassar recht verstanden habe, so will er den lokalen 
• Sklerodermie als einen wesentlich entzündlichen aufrefasst 

ssen. Ls ist mir nun nicht recht ersichtlich, worauf sit^ 

5 Bori-, kUn Wochenschrift 1886, No. 42 u. 43. 

«srhnn v f 1 önig ’ ^ mo ^® ro i®fochung und Abkürzung des Biedert 


No. 6 


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Gck igle 


cxcidirter Haut keinerlei Anhaltpunkte für dio Annahme entzüiidli.li 
Gefässalterationen und ihrer Folgezustände — auch nicht hei frj s ,u! 
und beginnenden Skleremfällen — geliefert. Vielmehr scheint sich # 
wesentlicher und specifischer Befund doch immer nur die eigenthünili,£ 
Verdichtung des cutanen und subcutanen Bindegewebes jJ. 
auszustellen, wie sie von Chiari und anderen uachgewiesen wurde K 
mag ja dahingestellt bleiben, ob diese Verdichtung auf einem einfvh 
hypertrophischen oder hyporplastischcn Vorgauge beruht 
oder ob sie als Ausgang einer durch Stauung bedingen 
rranssudation anzusehon ist, wonach der ganze ’ Proress * den 
Charakter der „Stauungsdermatose“ an sich tragen würde «V 
das bekanntlich die Hebra-Auspitz’sche Schule gelehrt hat und 
zum Theil wohl auch noch lehrt; mit „entzündlichen“ Vorgang 
würden wir es jedenfalls auch bei dieser letzteren Annahme nWt 
zu thun haben. — Der zweite Punkt, den ich betonen möchte und 
auf den ich auch schon in meinem Vortrage aufmerksam gemacht habt- 
ist die wenigstens vom klinischen Standpunkte aus gebotene ^hJirfero 
Differenzirung zwischen den partiellen (circumscripten) und den r 
ditfusen (universellen) Skieremen, der eigentlichen „Skiern- ' 
dcrmie“. Diese Vorkommnisse sind doch klinisch betrachtet'«ranz und 
gar verschieden. Gerade die flächenhafte diffuse Verbreitung, die öfters 
überraschend schnell zustande kommt, macht den Proccss zu einer in 
Verlauf und Prognose durchaus eigenartig gestalteten klinischen Erkran¬ 
kung, die mit den vereinzelt bleibenden, oft von gar keinen eigentlichen 
Krankheitssymptomen begleiteten circumscripten Sklercmflecken kaum 
etwas zu thun hat. Man kann, wio ich glaube, auch vom klinischen Ge¬ 
sichtspunkte nicht unbedingt anerkennen, dass die öfters beobachteten 
schweren kachektischen Allgemeinerscheinungen, die Verdaiiungstöruirrn 
die rapide Abmagerung, dio Herzschwäche, die psychische Depression u. i v.’ 
unbedingt und ausschliesslich von dem verbreiteten Lokalprocess auf der 
Haut abhängig zu machen seien. Es muss hierbei vielmehr noch ein 
anderes, bisher allerdings nicht näher bestimmbares pathogenetisches Mn- 
ment. Platz greifon, wobei es sehr nahe liegt, analoge Vorkommnisse, z. H. 
bei dem sogenannten Myxödem, der „Cachexie pachydcrniiquo“ zur Ver¬ 
gleichung heranzuziehen. Auch gerade von diesem Gesichtspunkte ans 
möchte ich oben die Frage nach einem trophoneurotischen Ursprung (irr 
Sklerodermie noch als offen betrachten. 

6. Herr Ewald: Ueber Levico, Roncegno und LeyBin. 

M. H.! Ich möchte Ihnen eine kurze Mittheilung über einige 
Curorte, die ich im letzten Jahre besucht habe, machen. Es ist 
zweifelsohne von Wichtigkeit, dass der Arzt, der häufig in die Lage 
kommt, Curorte zu empfehlen, möglichst viele von diesen durch 
persönliche Anschauung kennt, denn abgesehen davon, dass sich die 
Dinge häufig von Nahem ganz anders ausnehinen als auf Pro¬ 
spekten und in Badeschriften, wird man auch viel besser den in¬ 
dividuellen Bedürfnissen der Patienten Rechnung tragen können. 
Deshalb habe ich seit Jahren meine Ferien dazu benutzt, den einen 
oder anderen Curort selbst aufzusuchen und mich über manche 
Verhältnisse zu orientiren, die man eben nur durch eigene An¬ 
schauung beurtheilen kann. So, glaube ich, wird es Ihnen, meine 
Herren, von Interesse sein, einige Notizen über die Orte Levico 
und Roncegno zu hören. 

Sie erinnern sich vielleicht, dass ich vor einiger Zeit im Verein 
mit Dr. Dronke die Einwirkung des arsen-eisenhaltigen Wasser? 
von Levico auf den Stoffwechsel untersucht habe und dass wir 
damals einen entschiedenen und sehr günstigen Einfluss dieses 
Wassers bei einer jungen anämisch - nervösen Person constatiren 
konnten. 

Der N-Stoffwechsel stieg innerhalb weniger Wochen unter dem 
Gobrauch des Levicowassers von einem Minus von 3,05 g auf ein 
Plus von 20,8 g, das Körpergewicht von 50,5 auf 59,5 kg, und die Zahl 
der rothen Blutkörperchen erreichte sogar 8 400 000, während sie 
bei Beginn des Versuches 5120 000 gewesen war. Der Fall war, 
wie ausdrücklich hervorgehoben wurde, derart, dass dieser Erfolg 
nicht etwa auf die guten Hospitalverhältnisse zu beziehen, son¬ 
dern lediglich dem Einflüsse des Brunnens zuzumessen war. 

Es war mir deshalb von besonderem Interesse, als mich mein 
Weg letzten Herbst nach Südtirol führte, den Curorten von Levico 
und Roncegno einen Besuch abzustatten, um mir ein Bild der Laj, r e 
und Einrichtung derselben zu verschaffen. 

Beide Orte liegen nur wenige Kilometer von einander entfernt 
in dem schönen Suganathal, welches den Weg aus den südlichen 
Dolomiten nach Trient und die alte Heerstrasse von den südlichen 
Abhängen des Brenners nach Venedig bildet. Levico ist em 
kleines Städtchen etwas oberhalb eines Bergsees, dos Sees *on 
Caldonazzo, gelegen, an dessen Uferhöhe sich die Strasse entlang 
zieht, während auf der anderen Seite der Mont Fronte äufsteig 
Die Badeetablissements und Hötels liegen vor dom I i lec’t , i 
an der Landstrasse und haben vor sich einen grösseren Ziergarten, 
der sich gegen den See ausbreitet. Das Curhaus, 520 m über dem 
Meere, ist ein stattlicher Bau mit schattiger Terrasse, iu (el 
ca. 82 gut ausgestattete Badezellen verscliiedener Classon, eine 
den neuesten technischen Apparaten ausgerüstete Abtheuung 
Hydrotherapie, Elektrizität etc. und zusammen mit der Dopen 
236 Fremdenzimmer sich, finden. Die Hötels machten, s< V ve1 ',, 
flüchtiger Umschau erkennbar, einen sauberen und comfora 


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university of michigan 




14. Juni. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Eindruck. Letztere und das Curhaus sind im wesentlichen gegen 
Sttdwesten gelegen und im Norden und Westen durch die Abhänge 
des Gebirges geschützt. 

Roncegno ist ein Dörfchen am Abhange des Monte Tesobo, 
535 m über dem Meere, etwa 130 m, d. h. eine kleine Stunde ober¬ 
halb der Landstrasse und des Fleckens Borgo, durch den eben ge¬ 
nannten Berg gegen Norden und Westen geschützt, nach Osten 
über die Val Sugana sehend, dessen Abschluss die Spitzen der 
Dolomiten bilden. Das Curhaus, die Bagni di Roncegno, liegt vor 
dem Dorf mit prächtigem, parkartigem Garten, der die ganze 
Pracht der üppigen, fast italienischen Vegetation und überall herr¬ 
liche Ausblicke besitzt. Das Etablissement ist ein zweistöckiges 
Haus nach italienischer Art mit breiten Corridoren, Loggien u. s. f. 
gebaut, in dessen Parterregeschoss sich die höchst sauberen und 
vornehm ausgestatteten Badezellen, Räume für Kaltwassercur, 
Dampfbäder, elektrische und pneumatische Therapie befinden. In 
den oberen Stockwerken sind die Fremdenzimmer, 120 an Zahl, 
das Ganze in der Art eines Schweizer Hötels ersten Ranges ge¬ 
halten und von peinlicher Reinlichkeit, mit musterhaften Closet- 
anlageri, hohen luftigen Zimmern, elektrischem Licht etc. So ist 
z. B. für alle Hautkranke eigene, besonders gezeichnete Bade¬ 
wäsche in Gebrauch. Neben diesem „Stabilimento dei Bagni di Ron¬ 
cegno“ sind im Orte noch mehrere kleinere, aber wie mir schien auch 
für unsere Begriffe ganz leidliche Hötels vorhanden. Die Quelle 
liegt etwa 45 Minuten höher am Berge und wurde erst vor 16 
Jahren entdeckt und gefasst. Eine Leitung bringt das Wasser 
nach Roncegno herunter, wo es in grossen Reservoirs aus Granit 
aufgesammelt wird. In diesen setzt sich bei längerem Stehen eine 
schlammartige, ockorhaltige Masse ab, die zu Bädern verwendet 
wird. Erst das geklärte Wasser wird dann in die bekannten 
Flaschen gefüllt uud in loco getrunken resp. versandt. 

M. H.! Es liegt nicht in meiner Absicht, mich über die 
Indicationen für den Gebrauch der Wässer von Levico und Ron¬ 
cegno auszulassen, noch die jeseitigen Unterschiede beider Quellen, 
die sich bekanntlich eine ziemlich scharfe Concurrenz machen, 
gegen einander abzuwägen. Das finden Sie in den betreffenden 
Badeschriften. 

An meiner persönlichen Erfahrung, die mich seit langem die 
betreffenden Quellen überall da anwenden lässt, wo es sich darum 
handelt, neben der reinen Eisenwirkung auch die anregende Wir¬ 
kung kleiner Arsenmengen auf den Stoffwechsel in Gebrauch zu 
ziehen und ein leicht verdauliches Wasser zu verordnen, ist durch 
den flüchtigen Besuch natürlich nichts geändert. 

* Worauf ich hier nur hinweisen möchte, weil ich mich persön¬ 
lich davon überzeugt habe, das ist die liier gebotene Möglichkeit, 
mehr wie dies bisher geschehen ist, zarte, anämische Personen das 
Trinken der Quellen mit dem gleichzeitigen Aufenthalt in dem 
herrlichen Klima verbinden zu lassen. Besonders scheint mir Ron¬ 
cegno, weil es fernab von dem Strassenstaub, in mittlerer Höhe — 
535 m — liegt und eine höchst gleiehniässige, trockene Temperatur 
hat, windstill und mässig warm, hierzu geeignet. Die grösste 
Tagesschwankung beträgt 7° C, die höchste Temperatur übersteigt 
selten das Maximum von 26° C im Schatten. Am 12. September 
1893, abends 10 Uhr, waren die Bänke und Tische im Garten voll¬ 
kommen trocken und die Luft äusserst milde und weich, ohne uns, 
obwohl wir aus den Borgen kamen, erschlaffend zu erscheinen. 

Merkwürdiger Weise werden diese guten klimatischen Ver¬ 
hältnisse, wie ich schon sagte, verhältnissmässig wenig ausgenutzt. 
Roncegno wird besonders von Südländern, Italienern, von Cairo 
und Alexandrien aus, auch von Süd-Oesterreichern in den Monaten 
Juni, Juli, August besucht, während Mai und September verhält¬ 
nissmässig still sind. Gerade diese Zeit würde sich aber für unser 
deutsches und speciell norddeutsches Publicum besonders eignen. 
Die Fahrt dauert kaum länger als nach Meran. Von Trient ist 
man in fünfstündiger interessanter Wagenfahrt dort. Im nächsten 
Jahre soll mit dem Bau einer Eisenbahn durch das Thal begonnen 
werden, womit dann freilich der Verkehr erleichtert, der Reiz der 
Gegend aber nicht gerade erhöht werden wird. 

Ich habe, m. H., wesentlich von Roncegno gesprochen, weil 
ich dort etwas länger verweilt habe, der Ort meines Bedünkens 
auch den Vorzug der Lage vor Levico voraus hat. 

Auch auf einen andern wenig bekannten Ort, den ich eben 
besucht habe, möchte ich hinweisen, einen Höhencurort in der Nähe 
des Genfer Sees, Leysin sur Aigle im Rhonethal. Das Dörfchen 
Leysin liegt in nächster Nähe der Strasse, die vom Rhonethal hach 
dem Canton Bern hinüberführt, in 1264 Meter Höhe und ist schon 
seit Jahren wegen seiner prächtigen klimatischen Verhältnisse von 
einzelnen Schweizer Aerzten benutzt worden. Vor kurzem hat man 
nun auf einem circa 200 Meter oberhalb des Dorfes gelegenen 
Plateau, also in 1450 Meter Höhe ein hötelartiges Gebäude, das 
Sanatorium Leysin aufgeführt und zu einer Winterstation be¬ 
nutzt. Es ist gegen Norden und Nordwesten dureh die bewaldeten 


43 


Abhänge der Tours d’At und de Mayen (2200 Meter) geschützt, die 
unmittelbar hinter dem Sanatorium in die Höhe steigen, und liegt 
mit seiner Front gegen Südosten respective Süden. Der Platz 
liegt oberhalb der Thalnebel. Während die Nebel im Winter unten 
im Thal liegen, gehen sie nie auf diese Höhe hinauf, sondern nicht 
höher wie etwa 1200 Meter, das heisst, sie machen im Dorf Halt, 
während oben eine vollständig klare Atmosphäre ist. Dann sollen 
die Spitzen der Berge in voller Klarheit wie aus einem Nebelmeer 
hervorragen. Ich erlebte, als ich am 24. April 1894 nach Leysin 
hinaufstieg, etwas ähnliches. Unten im Thal Regen und schwere 
Wolken, oben blauer Himmel und Sonnenschein und einzelne Wolken¬ 
züge noch zu meinen Füssen dahinziehend. Was mir aber besonders 
gefallen hat, ist der Umstand, dass das Sanatorium nicht ein 
zur Krankenstation benutztes Hötel ist, sondern dass es ad hoc 
gebaut und ihm der Charakter einer auf den Aufenthalt von Kranken 
berechneten Anstalt gewahrt ist. Die sämmtlichen Zimmer etc. 
des Etablissements sind nach hygienischen Grundsätzen eingerichtet: 
Sie sind zu desinficiren, haben nicht die üblichen Teppiche und 
wollenen Gardinen, sondern sind zum Theil, wie unsere Kranken¬ 
stuben, mit Oelanstrich versehen, zum Theil sind die Tapeten 
derart, dass sie mit Sublimat mittels eines Sprayapparates des- 
inficirt werden können, und jedesmal wenn ein Zimmer belegt 
gewesen ist, wird es, gleichgültig ob ein Kranker oder ein Ge¬ 
sunder darin gelegen hat, mit Hülfe eines Pulverisateurs mit 
Sublimat desinficirt. Alle Zimmer haben direkte Zufuhr von 
frischer Luft, die durch eine Calorifere im Zimmer erwärmt 
wird, und es gehen von den einzelnen Zimmern aus Schlote, 
die oben auf das Dach münden, so dass eine ausgiebige Ventilation 
für alle Zimmer hergestellt ist. Endlich gehen Schachte aus den 
einzelnen Stockwerken ins Souterrain, durch die die schmutzige 
Wäsche direkt nach unten in einen Desinfectionsapparat geführt 
wird. Besondere Anschläge in den Zimmern, Corridoren etc. 
betreffen den Auswurf der Kranken, die gehalten sind, sich eines 
Dettweiler’sehen Speiglases zu bedienen. Alle Spucknäpfe etc. 
werden täglich durch eine speciell damit beauftragte Person ge¬ 
reinigt etc, etc. Es herrschte überhaupt im ganzen Hause die 
peinlichste Sauberkeit, und ich hatte den Eindruck, dass ich gut 
daran thäte, auf diese Anstalt, die bei uns noch wenig bekannt 
ist, aufmerksam zu machen. Sie ist übrigens erst seit drei Jahren 
eröffnet, war aber den ganzen letzten Winter voll bosetzt. Die 
klimatischen Verhältnisse entsprechen denen der Orte in so grosser 
Höhe. Natürlich hat man einen Vergleich mit Davos gezogen, 
und es sind gewisse Differenzen gegenüber den anderen Höhen- 
curorten, auf die ich hier nicht eingehen will, vorhanden. Mir 
kam es darauf an, Ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Von 
der Beschaffenheit der klimatischen Verhältnisse respective der 
Anpassung der Kranken an dieselben giebt vielleicht folgende 
Thatsache die beste Vorstellung. Es sind in Leysin auch 
gedeckte Galerieen und Sunboxes, worin die Kranken, wie in 
Falkenstein, in der frischen Luft liegen, und der dortige Arzt, 
Dr. Lauth, Interne des höpitaux de Paris, sagte mir, dass die 
Kranken mitten im Winter bis spät in den Abend ohne zu frieren 
dort gelegen haben. Vor zehn Tagon, als ich dort war, hatten 
wir eine Temperatur in der Sonne von 10° C, ohne dass wir im 
mindesten froren, und die sogenannten Insolationsthermometer mit 
berusster Quocksilberkugel zeigten auf 30° C. Ich will nichts 
von der prachtvollen Scenerie sagen, obgleich sicherlich für eine 
Cur im Hochgebirge auch der herrliche, das Gemüth erhebende 
Ausblick in die grossartige Gebirgsnatur nicht zu unterschätzen ist. 
Man sieht auf einen der schönsten Cirkel von Schnee- und Eis¬ 
bergen, der gegen Süden durch den Dent du Midi abgeschlossen 
wird. Ich habe Sie m. H., wie gesagt, zum Nutzen Ihrer Kranken 
auf Leysin und Roncegno bezw. Levico aufmerksam machen wollen, 
weil ich es für angemessen halte, auf solche Orte hinzuweisen, 
die nicht so bekannt sind und die gewiss verdienen, dass sie auch 
von uns aus besucht werden. 


Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 30. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

Discussion über den Vortrag des Herrn L. Landau: Zur 
lehandlung von complicirten Beokenabsoessen. 

Herr J. Veit (Eigenbericht) orkonnt die guten Resultat© des Herrn 
iandau an, kann aber die Vorwürfe des Vortragenden gegen die Laparotomie 
icht als ganz berechtigt ansehen; nicht dass eine gewisse Zahl von b allen 
ire Beschwerden weiterträgt, sondern dass die überwiegende Mehrzahl von 
‘ällen auf die Dauer durch die Laparotomie geheilt wird ist das üe- 
chtenswerthe. Es ist mit Sicherheit zu hoffen, dass es gelingen wird, 
ie Zahl der dauernd Geheilten wesentlich zu erhöhen. — Das Ziel der 
eutigon Gynäkologie bei der Tubenbehandlung besteht darin, dass man 
ersucht «Uoi arholtan man nnerirt deswegen u 


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möglichst viel zu erhalten, man operirt deswegen ungern die 


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14, Juni. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


nach Exstirpation der Adnexe als Fruchthalter nicht mehr dienen kann, 
dass andererseits nach Exstirpation durch den Uterus die Scheide für die 
Cohabitation erhalten bleibt, so lassen diese Erwägungen die vaginale 
Exstirpation des Uterus und der Adnexe, wie sie in den letzten Jahren 
von den Franzosen und Belgiern mit Vorliebe geübt wird, durchaus 
rationell erscheinen, zumal da bei dieser Operationsmethode die Bauch¬ 
narbe und damit die Möglichkeit eines Bauchbruches gänzlich fortfällt. 
Dührssen ist in drei Fällen, wo die Patienten die Laparotomie per- 
horrescirten, so vorgegangen, einer der Fällo steht noch in Behandlung, 
die beiden anderen sind durch die Operation sofort geheilt, obgleich in 
einem dieser Fälle nur der erkrankte Uterus (Castration uterine Pean’s) 
exstipirirt werden konnte, und sind sehr froh, dass sie ohno Laparotomie 
davon gekommen sind, dass sie keine Bandage zn tragen brauchen. Be¬ 
züglich der Behandlung der complicirten Beckenabscesse ist Dührssen 
der Ansicht, dass das vaginale Verfahren Landau’s an sich das idealere 
ist, dass es aber Fälle giebt, wo man an die vaginale Operation sofort die 
Laparotomie anschliessen, bozw. von vornherein die Exstirpation des 
Uterus und der Adnexe per laparotamiam vornehmon muss. Zum Beweis 
führt Dührssen zwei Fällo an, die beide von ihm bereits zwei Laparo- 
tomieen unterzogen worden waren. Die Klommenmethode gestattet zweifels¬ 
ohne schneller und tlicilweise auch sicherer zu operiren, als die Ligatur. 
Als Uebelstand hat Dührssen nur den Umstand empfunden, dass ge¬ 
legentlich nach Abtragung der abgeklemmten Partie Blutungen auftreten 
oder dass die abgeklemmte Partie sich aus der Klemme herauszieht, weil 
die Spitze der Klemme die Gewebe weniger stark comprimirt. Einmal 
sah Dührssen elf Tage nach der Operation eine Blasenscheidenfistel 
entstehen. Die vaginale Operation schliesst durchaus nicht, wie Herr 
Veit meint, die Nothwendigkeit der Exstirpation auch relativ gesunder 
Adnexe in sich, wenigstens nicht, w T enn man die Operation als vaginale 
Coeliotomie nach Dührssen’s Methode beginnt. Dann kann man sich 
durch Inspection direkt vou dem Zustand der Adnexe üborzeugen und 
nur die schwor erkrankten Adnexe, und zwar eventuell vaginal, exstirpiren, 
die normalon Adnexe der vorderen Seite und den Uterus dagegen zurück- 
lassen. 

Herr Bröse (Eigenbericht) stimmt Herrn Dührssen darin bei, dass 
man nach Exstirpation der Pyosalpinx dio Endometritis ausheilen muss. 
In einzolnon Fällen gelingt es weder durch die Exstirpation der Anhänge 
noch durch die Entfernung des Uterus sammt den Anhängen, die Kranken 
von ihren Beschwerden zu befreien, weil man die chronische Peritonitis, 
an der die Kranken leiden, nicht beseitigen kann. Die Exstirpation des 
Uterus mag in einzelnen Fällen nützlich sein, als Methode für alle Fällo, 
in denen man jetzt die Anhänge exstirpirt, sie einzuführon, dazu liegt 
. keine Veranlassung vor. 

Herr Gottschalk (Eigenbericht) weist darauf hin, dass zwischen 
dem Verfahren, welches Herr Landau als vaginale Radikaloperation be¬ 
zeichnet, und dem, welches soit mehreren Jahren in Frankreich und 
Belgien bei Beckeneiterungen in hunderten von Fällen geübt wird, ein 
Unterschied nicht bestehe. Nur Pean und seine Schüler haben sich bei 
Beckeneiterungen auf die Castratio uterina beschränkt und die kranken 
Theile im Organismus gelassen. Dagegen ist eine Reihe von französischen 
und belgischen Operateuren, Doyen, lleclus, Jacobs u. a., von vorn¬ 
hereinschon so weit gegangen, prinzipiell die Exstirpation des Uterus mit 
Adnexen bezw. mit den die Eitorhoerde einschliessenden Wandungen an¬ 
zustreben. Die „Castration totale“ dieser französischen Operateure deckt 
sich vollständig mit der vaginalen Radikaloperation, die jetzt Herr Landau 
empfiehlt. Gottschalk erkennt mit Befriedigung an, dass der Herr Vor¬ 
tragende die Indicationen für diese „Castration totale“ den Franzosen gegen¬ 
über insofern eingeschränkt hat, als er bei einfacher Pyosalpinx die Laparo¬ 
tomie als das conservativere Verfahren vorzieht. Gottschalk hält es für 
dringend nothwendig, die Grenzen für dieso verstümmelnde Operation 
der Franzosen so eng als möglich zu ziehen; er ist bis jetzt noch immer 
ohno dioselbe ausgekommen. Bei Abscessen im Beckenbindegewebe übt 
Gottschalk principiell die conservative Incision und Entleerung der 
Eiterheerde von der Scheido aus. Jedoch wird dio Incisionswundo in der 
Scheide stets unmittelbar dicht an der Uteruskante, diese 
umkreisend, wie zur Unterbindung der Vasa uterina angelegt. 
Gottschalk geht also genau so vor wie bei der vaginalen Totalexstirpation, 
d. h. er umschneidet seitlich circulär den Cervix, unterbindet die Vasa 
uterina doppelt, trennt zwischen beiden Ligaturen die Basis des Liga¬ 
mentum latum vom Uterus ab und hat damit einen bequemen Eingang 
in das Parametrium gewonnen. Mit Leichtigkeit dringt jetzt der Zeigo- 
finger bis in die Abscesshöhle vor, sind mehrere selbstständige Eiter¬ 
heerde da, so durchbricht der Finger deren Scheidewände; es wird so 
eine einheitliche Abscesshöhle hergestellt, die mit Jodoformgazo ausge¬ 
stopft und nach aussen drainirt wird. Durch den Sitz der Incision wurde 
dicht an der Uteruskante, durch die Abtrennung der Basis des 
breiten Mutterbandes von der Gebärmutterkante eine be¬ 
queme, weit klaffende Abflussöffnung für den Eiter geschaffen, deren vor¬ 
zeitiger Schluss nicht zu befürchten ist. Gottschalk weicht von dieser 
Schnittführung nicht ab, mag dor Abscess noch so weit seitlich vom 
Uterus entfernt sitzen. 

Herr L. Landau (Eigenbericht) will auf dio Details der Einwendungen, 
die gegen die radikale Operation per vaginam von den einzelnen Vorrednern 
vorgebracht worden, nicht eingehen, weil diese säminttich bereits in seinem 
Vortrage widerlegt sind. Wenn Herr Veit es bemängelt, dass bei 
Pyosalpingitis operirt worden ist, so übersieht er, dass diese neben 
multiplen Abscessen ein beiläufiger Befund war. Im übrigen sollte ihm 
doch bekannt sein, dass gerade die Pyosalpingitis zumeist mit Verschluss 
der Tuben einhergeho. Dio von Herrn Veit gegen die palpatorische 
Incision vorgebrachten Gründe seien vollends hinfällig, denn bei dem von 
ihm empfohlenen Verfahren der Incision mittels Speculum sehe man 
nicht nur nichts, sondern könne auch gar nicht tastend Vorgehen. 


45 


Sollte er sich nicht gerade bei seinem Verfahren an sehr unangenehme 
Blutungen erinnern? Sein Rath, conservativ vorzugehen, sei von Landau 
stets nicht blos mit Worten als das erste Prinzip in der Gynäko¬ 
logie hochgehalten worden; er könne nur rathen, dieses Prinzip auch auf 
vermeintlich kleinere Eingriffe, wie Auskratzungen, mit consecutiven in¬ 
trauterinen Einspritzungen auszudohnen. Es würden dann weniger 
Abscesse und weniger Todesfälle Vorkommen. Bezüglich der Abscesso 
habe gerade Landau’s Vortrag den Zweck verfolgt, hier ein indi- 
vidualisirendes Vorgehen zu empfehlen; niemals solle der blosse patho¬ 
logische Befund ein operatives radikales Vorgehen dictiren, sondern die 
genaueste Untersuchung und Würdigung der klinischen Erscheinungen. 
Von Füllen von Indicatio vitalis abgesehen, dürfte daher die radikale 
Vaginaloperation in der Regel nur dann ausgeführt werden, wonn andere 
Verfahren bereits im Stich gelassen haben oder (und dies gilt besonders 
für dio abdominalen Operationen) zu gefährlich erscheinen. In der 
That lehrt ein Blick auf die von Herrn Landau operirten Fülle, 
dass fast in sämmtlichen Fällen alle Hülfsmittcl meist in mehrjähriger 
Behandlung erschöpft waren. Sich hinstellen und sagen der Fall 1 
(Pyäinia puerperalis mit doppelseitigem Ovarialabscess) würde wie auch 
sonst die Pyaemia puerperalis spontan geheilt sein, das könne jeder. 
Um solchen haltlosen Einwänden von Haus aus zu begegnen, habo 
Landau durch Wiedergabe ausführlicher Krankengeschichten, durch 
Untersuchung der radikal operirten Kranken durch competentc kritische 
Collegen vor und nach der Operation Sorge getragen. Er habe sich be¬ 
müht, so objectiv, wie os nur irgend möglich war, das Material der 
Oeflfentlichkeit zu unterbreiten. So wichtige Fragen können natürlich 
nicht in juristischer Weise durch Rede und Gegenrede entschieden 
werden, sondern durch Erfahrung. Darauf, dass sämmtliche von 
Landau operirto Kranke (bis jetzt 35) gesund geworden sind, will 
sich der Vortragende allerdings nicht allein berufen. Mögen die, 
welche an dem Werthe der Operation zweifeln, die Frage empirisch, 
wenn sie wollen durch eine Commission zu lösen versuchen. Herr 
Veit hat dann den freundlichen Rath ertheilt, die Klemmen zu ver¬ 
lassen und sich nach einiger Uebung der Naht und dor Laparotomie zuzu¬ 
wenden. Herr Landau hat zwar allein bei Pyosalpinx und entzündlichen 
Adnexcrkrankungen 139 mal Laparotomirte mit dem Resultat von nur vier 
Todesfällen (also" 2,8 u /'u); or will aber der freundlichen Anregung des Herrn 
Veit folgen und verspricht, sich in geeigneten Fällen noch weiter in der 
Technik der Laparotomie zu vervollkommnen. Herr Landau spricht 
seine Genugtuung darüber aus, dass auch Herr Körte nur gute Erfolge 
von der von ihm empfohlenen palpatorischen Incision bei solitären 
Beckenabscessen gesehen hat. Die Mängel, welche Herr Dührssen 
•an den Klommen beobachtet hat, hat er nie wahrgenommen. Gegen 
diejenigen, welche gerade die Entfernung des Uterus bei complicirten 
Beckenabscessen für einen Eingriff ansehen, der die Frauen besonders 
schädigt, bemerkt Herr Landau, dass die radikale Vaginal Operation doch 
nur da in Betracht kommt, wo der Krankhcitsprocess selbst dio Genital¬ 
organe geschädigt bezw. deren Function vernichtet hat. Gewiss sei die 
Entfernung der inneren Genitalien ein harter und immer bedauernswerther 
Eingriff, aber er würde sich als ein Pharisäer verkommen, wenn er nur die¬ 
jenigen Frauen für verstümmelt hielte, denen er den Uterus entfernt, und 
nicht auch diejenigen, bei denen er bloss die Adnexe, Tuben und Ovarien 
durch Laparotomie ontfemen müsse. 

Sitzung am 6. Juni 1894. 

Vorsit zender: Herr V ir ch o w. 

1. Herr Dührssen (Eigenbericht): Ueber ©in© neue Methode 
der Laparotomie. Der Vortragende hebt zunächst die Nachtheile 
der ventralen Laparotomie hervor (lauge Dauer der Reconvalescenz, die 
Möglichkeit eines Bauchbruches, von Netz- und Darmverwachsungen, 
von Ileus, die Nothwendigkeit einer besonderen Bandage). Alle 
diese Nachtheile vermeidet eine von dem Vortragenden in 24 Fällen 
ausgeführte Operation, welche er als „vaginale Coeliotomie“ be¬ 
zeichnet und welche in der Eröffnung der Bauchhöhle vom vorderen 
Scheidengewölbe aus besteht. Mit Hülfe dieser Operation, deren 
Technik der Vortragende näher beschreibt, lassen sich bis faust- 
grosse Myome des Uteruskörpers, und zwar interstitielle und sub- 
mueüse, nach Spaltung der Uterus wand mit Erhaltung der Adnexe 
und des Uterus enuclelren, da sich der ganze Uteruskörper aus 
der Oeffnung im vorderen Scheidengewölbe bis vor die Vulva 
ziehen lässt, wie der Vortragende es an Momentphotogrammen 
demonstrirt. Fenier lässt sich mit Hülfe dieser Operation sowohl 
die mobile als auch die fixirte oder mit Prolaps verbundene Re- 
troflexio heilen, indem man den Fundus uteri durch zwei Nähte mit 
dem Scheidenwundrand verknüpft (intraperitoneale Vaginofixation). 
Die Operation ist viel ungefährlicher als die ventrale Laparotomie, 
da sie sich vollständig extraperitoneal abspielt. Der Vortragende 
sah seine 24 Fälle sämmtlich glatt genesen. Er hofft, dass die be¬ 
schriebene vaginale Myomenucleation die Zukunftsoperation der 
Myome werden wird. Selbstverständlich lässt sich diese Hoffnung 
nur verwirklichen, wenn die Myome frühzeitig genug dem Specialisten 
überwiesen werden. Ferner sieht der Vortragende die beschriebene 
intraperitoneale Vaginofixation als die sicherste Modification der 
von ihm angegebenen Methode der Vaginofixation überhaupt an, 
welche imstande ist, die Ventrofixation und auch die vaginale 
Exstirpation des prolabirten Uterus im allgemeinen entbehrlich 
zu machen. Als Vorläufer seiner Operationsmethode bezeichnet 


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VEREINS - BEILAGE DER 0EDT3CHEN MEPIOPf lSCHEN WOOTOSfmiFT.. ’ ______ So. C 

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l'f?kr.ninsiHd •.m^efri.hrlt« hei; kKilhnr; Ä-. ’• mehtipdiintirmou Md-.imorcnnisme.m u(i ( ,:dfev Hrvid^na diurh 
r •i)n«ei;}fni«tUue wnedcü km>nt»v, t-a auseo- eiriuÜ hei.... - 

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UM VERSiTY OF MtCHIftafca 



VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


47 


14. Juni. 


auf die Athmung ein. Dio Grenze, bei der dies eintrat, lag bei 
drei Fünftel bis zur halben Athmosphäre. Es lag nahe, das Cir- 
eulationsSystem zu untersuchen, ob etwa hier Veränderungen 
durch die Luftverdünnung hervorgerufen würden, die der mit der 
Luftverdünnung verbundenen mangelhaften Sauerstoffzufuhr ent¬ 
gegenzuwirken geeignet wären, d. h. die Grenzen des eintretenden 
Sauerstoffmangels der Gewebe hinauszurücken vermöchten. — In 
diesem Sinne kann nur eine Circulationsbeschleunigung wirken. 
Der Vortragende stellte nun zum Theil nach der ajfen Hering’schen 
Methode, in der Modification von Hermann, hauptsächlich aber 
nach der neuen Zuntz’schen Methode an Hunden eine Anzahl 
diesbezüglicher Versuche an, die jedoch ergaben, dass eine Be¬ 
schleunigung der Blutstromgeschwindigkeit nicht zu constatiren 
ist. Bis zu circa einhalb Atmosphärendruck herab leben wir also, 
ohne dass von Seiten der die Sauerstoffzufuhr zum Organismus 
besorgenden Systeme irgend welche Mechanismen in Thätigkeit 
treten, um denselben gegenüber der sich bis auf die Hälfte ver¬ 
mindernden Sauerstoffmenge der Inspirationsluft zu schützen. Dass 
unser Stoffwechsel soweit normal von statten gehen kann, ver¬ 
danken wir dem Umstande, dass das Hämoglobin nicht die hohe 
alveolare Sauerstoffspannung zu seiner Sättigung braucht, die beim 
Athmen unter vollem Atmosphärendruck besteht, sondern eine 
wesentlich niedrigere, wie sie eben beim Aufenthalt unter circa 
cinhalb Atmosphärendruck gegeben ist. Auch die verdichtete Luft 
vermochte an der Circulationsgescliwindigkeit nichts zu ändern. 

2. Herr A. Kossel berichtet über die chemische Consti¬ 
tution der Kuclemsäure. Während die Zersetzungsproducte der 
Ei weisskörper ziemlich gut bekannt sind und bei allen Erörterungen 
über die Stoffwechselvorgänge im thierischen Organismus in Be¬ 
tracht gezogen werden, ist dies bei den mindestens ebenso wich¬ 
tigen Kernstoffen, den Nuclelnsäuren, nicht der Fall. Man weiss 
nur durch die Untersuchungen von A. Kossel, dass aus den 
NucleYnsäuren die Basen der Harnsäuregruppo hervorgehen. Neuer¬ 
dings hat nun Herr A. Kossel diese Untersuchungen in Gemein¬ 
schaft. mit Herrn Albert Neumann fortgesetzt. Hiorbei ergab 
sich, dass aus der Nuclelnsäure der Thymusdrüse eine bisher 
unbekannte, gut erystallisirendo Substanz, das Thymin entsteht. 
Dieser Stoff ist ein Spaltungsproduct aller Nuclelnsäuren, denn er 
bildet sich, wie die erneuten Versuche der genannten Forscher er¬ 
gaben, auch aus denjenigen Nuclelnsäuren, welche aus der Milz und 
aus Hefezellen dargestellt werden. Wir haben hier somit einen Atom- 
complex, der bei den fundamentalen chemischen Vorgängen in der Zelle 
in Betracht kommt. Weiterhin ergaben diese Untersuchungen, dass 
unter den Spaltungsproducten der Nuclelnsäure auch Lävulinsäure 
auftritt. Dieser Befund beweist, dass in dem Molekül der Nucleltn- 
säure eine Kohlehydratgruppe vorhanden sein muss, denn dio 
Lävulinsäure ist bisher als Spaltungsproduct nur aus Kohlehydraten 
gewonnen worden. Diese Thatsache ist nicht allein deshalb wichtig, 
weil sie uns in der Erkenntniss der chemischen Constitution der 
NucleYnsäure einen Schritt weiter bringt, sondern auch deshalb, weil 
sie uns eine neue Quelle für die Bildung des Zuckers im Thier¬ 
körper offenbart. AVenn man ein Thier frei von Glykogen und 
Zucker gemacht hat, so ist es noch lange nicht kohlehydratfrei, 
sondern es enthält die Zuckergruppe noch eingefügt in grössere 
organische Atomcomplexe, und zu diesen gehört auch die in allen 
Organen verbreitete Nuclelnsäure. 


Dreiundzwanzigster Congress der Deutschen 
GeseUschaft für Chirurgie in Berlin, 
18.-21. April 1894. 

Ref. Herrn. Frank (Berlin). 

Vierter Sitzungstag, Sonnabend den 21. April 1894, 

10 Uhr Morgens. 

(Schluss aus No. 5.) 

8. Herr Kehr (Halberstadt): Ueber.die Entfernung des 
eingeklemmten Gallensteins aus dem Ductus cysticus durch 
Incision dieses Ganges. (Eigenbericht). Vortragender traf bei 
Ausführung von 77 Laparatomieen wegen Gallensteins auf 26 
Oysticussteine. Ihre Entfernung gelang 19 mal durch die be¬ 
kannten Mittel (sofortige Entfernung bei der Operation durch 
Druck von der Bauchhöhle aus oder später von der äusseren Fistel 
aus durch passende Instrumente, Kornzangen, Riedel’s Gallen¬ 
steinfänger, Tait’s Zange etc.). Zweimal war eine nochmalige Er¬ 
öffnung der Bauchhöhle nöthig, die festeingeklemmten Cysticus- 
steino wurden durch direkte Incision des Ganges entfernt. 
Naht der Oeffnung. In der letzten Zeit ist Kehr immer so 
vorgegangen, dass er bei grossem, unverschieblichem Cysticusstein 
gleich bei der ersten Operation die Cysticotomie vornahm. Er ver¬ 
fügt über fünf Fälle, die sämmtlich glatt verliefen. So wurden 
Schleimfisteln beseitigt, sicher zu erwartende vermieden, die 


äusseren Gallenfisteln schlossen sich stets. Die Ectoinie, die be¬ 
sonders von französischen Chirurgen beim Cysticusstein geübt 
wird, lässt sich so umgehen. Der Vorwurf, dass nach der Cysto- 
stomie resp. Cysticotomie Fisteln Zurückbleiben, ist bei richtiger 
Operationstechnik nicht zu erheben. Vortragender hat 49 Cysto- 
stomieen gemacht, von solchen Fällen, die frei von Complicationen, 
wie eitrige Cholangitis, Carcinom waren — und ihre Zahl be¬ 
trägt 45 —, ist nioht nur kein einziger gestorben, 
sondern sie sind sämmtlich ohne Fisteln. Die frühzeitige 
Operation wird empfohlen, weit diese ganz ungefährlich ist. 

9. Herr Grimm (Berlin): Ueber einen Leberabscess und 
einen Lungenabsces mit Protozoen. 

Demonstration von Amoeben durch Herrn Nasse (Berlin). 

10. Herr Wagner (Königshütte): Exstirpation der sarko- 
matös entarteten Milg (bei einer 27 jährigen Frau sieben Wochen 
nach der Entbindung). Heilung. 

11. Herr Wagner (Königshütte): Ueber verkalkte retro¬ 
sternale Strumen. 

12. Herr Körte (Berlin): Beitrag zur Chirurgie des Pan- 
oreas. Die Pancreasentzündungen, welche chirurgisch in Betracht 
kommen, sind traumatischer Art; Eiterungen und Nekrosen, Blu¬ 
tungen veranlassen erst secundär durch Sequestrirungen chirur¬ 
gisches Eingreifen. Die Erfahrungen des Vortragenden basiren auf 
vier operativ behandelten Fällen von Eiterung und Nekrose und einem 
Fall von Nichtvereiterung. Zwei sind geheilt, zwei gestorben, bei 
den drei letzten wurde vorher die Diagnose gestellt. Aetiologie: 
Ueberwandern von Entzündungserregern aus dem Duodenum in die 
Drüse. Die Fälle betrafen drei Frauen, zwei Männer von 22—48 
Jahren. Einmal bestand Nekrose des grössten Theiles des Pan- 
creas, zweimal Eiterung mit partieller Nekrose, einmal nur Eite¬ 
rung. Symptome: Meist aus völliger Gesundheit, seltener nach 
vorangegangenen Störungen des Magendarmcanals oder Gallen¬ 
systems, sofort das Bild schweren Leidens, Erbrechen, Leibschmerz 
vom Epigastrium aus, grosse Hinfälligkeit, meist Stuhl angehalten. 
Leib aufgetrieben, druckempfindlich. Im acuten Stadium Ver¬ 
wechselung mit Vergiftungen, Gastroenteritis, Peritonitis, Steinkolik, 
Darmverschluss (wegen Pseudoileus 6 Laparotomieen ohne Erfolg). 
Zuweilen Nachlass nach einigen Tagen mit Recidiv nach 1—3 Wochen. 
Im acuten Stadium kann Collaps, Tod erfolgen (meist hämorrha¬ 
gische Form), oder es kommt zu mehr oder weniger verschlepptem 
Verlauf. Unter Magenstörungen, Durchfällen, Eiterentleerungen 
per anum oder Eiterfieber, zuweilen Icterus, gehen die Kranken 
pyämisch oder septisch zugrunde, nur zwei Fälle heilten spontan 
durch Ausstossung des nekrotischen Pancreas per anum (Chiari). 
Im subacuten Stadium tritt ein charakteristischer Tumor im Epi¬ 
gastrium auf, zwischen Magen und Colon, nach links sich hin¬ 
ziehend, zuweilen in der linken Lumbalgegend besonders deutlich. 

_ Der peripancreatische Eiter bricht entweder in die Bursa omen- 

talis zu einem sich absackenden Abscess durch, oder er senkt sich 
retroperitoneal auf bestimmten Wegen. 1) Vorwölbung des Peri¬ 
toneums ev. Einbruch in die Bursa oinentalis, 2) entlang und hinter 
dem Colon descendens links vor der Wirbelsäule, Senkung an der 
linken Lende, 3) (seltener) Senkung nach rechts, 4) vor der Wirbel¬ 
säule nach abwärts zwischen die Platten des Mesocolon transversum 
oder Mesenterium. Die Diagnose gründet sich auf das charakte- 
ristischeEinsetzen desKranheitsbildes, gefolgt von der Entstehung des 
epigastrisehon Tumors (Lokalisation durch Magendarmaufblähung!) 
und der Senkung nach der linken Lumbalgegond. Verwechselungen 
sind mit anderweitigen Durchbrüchen in die Bursa omentalis mög¬ 
lich (Ulcus ventriculi, Carcinom). Im zweiten Stadium muss perinephri- 
tische Eiterung ausgeschlossen werden. Probepunction, im ersten 
Stadium bedenklich, bei der retroperitonealen Senkung ohne Ge¬ 
fahr, liefert sehr fetthaltiges, dünnbreiiges, talgartige Fettklümp¬ 
chen und abgestorbene Fetzen haltiges Secret mit wenig Eiter¬ 
körperchen, von Bacterien Darmbacterien, einmal Streptococcen. 
Behandlung: Bei Abscess in der Bursa omentalis Laparotomie und 
ev. Drainage. Bei der retroperitonitischen Eiterung Flanken schnitt 
und Abdrängung des Peritoneums. Bei zwei Patienten wurden 
Pancreasfetzen ausgestossen und Pancreassecret entleert. Zwei 
Patienten geheilt, zwei gestorben, einer, zu spät operirt, an Milz- 
abscess und Blutungen in die Milz, der andere an den Senkungen. 
Ausser den vom Vortragenden beschriebenen Operationen ist eine 
nach vorher gestellter Diagnose nicht bekannt. Eine Operation von 
Caspersohn blieb unvollendet, eine von P. Gould war erfolg¬ 
reich. Die Diagnose der Pancreaseiterung ist möglich, 
bei weiterer Aufmerksamkeit auf diese Form der retro- 
peritonealen oder abgekapselten intraperitonealen Ei¬ 
terung wird auch chirurgische Behandlung erfolgreich 

sein können. ^ • .... 

Discussion: Herr Hahn (Berlin) hat bei Gelegenheit einer Magen- 
resection ein Stück Pancreas reseciren müssen und danach Diabetes ent¬ 
stehen sehen. Herr Körte hat Melliturie nicht beobachtet. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




VEHBJKR-BBILAGE TVßli GETTOCilEN -.MBDlOöltSCUBN WOCHEH6CH1UFT 


1B, Hcit Kü*iu*r iMarlntrg): Zur ojpera'tiyeti'-'Behftiiöiiaö# 
de» TWsgengeachwurs. /E^onl^HeHtj Äyoti^c}t\v{lr<v haben 
Msdmr aas <fr«iVtTmichon Anlass zu gegÄrt: 

bei l'f'rtörJttiünHfM'rjhnriüe, Ihm Sttuio««’» de# Fyiom«, vveluho durch 
Ajv* :iwnö?4i*m<h? Gosrhwiir erzeugt.. würfe, endlich bei heftigen 
und vmucrtudfun Blutungen, Die Rt : zt,o Indiiution bat nur rim 
mul Vorgelegen, der von Mikulicz öperifte Fall emDie indessen. 
tingUiekihh Küster Mmili daher einen beüo«iJe«s lelureirhen 
geheilten Fidl mit Die jetzt äljUhftge Fationtm orkmühtw De- 
uoo|I»hi ? ; 1£8Ö nach <Rm Heben einer rnFweren Huf! mit Lvü- 
Bibinuu’zon «ml ßrhreehetu wobei Am, bald erheblich abtimgertr. 
Honmer 189h wurde eine wrdangvfü be. Aiagermrvvommvujg und 
itige Wamlerniere fmUgesNO- »iio im dugvmt: 1891 Tni'- 

genmimmne Anis oft um/ (Irr Miere brachte jiKfosspn übt V'öWijier- 

ghhetxlo Besserung. Detobor 1892 Ir.lU’h heftige uu*1 immer wieder- 

kein- edn AlawfHibiülungnit ein, wen Im «de Kmtiko auf’s iimWmrHte 
e{B! Uejeti-n. K:-: wurde daher im August 1898 operativ mugogHtf'cu- 
Nm;h Vmdjmung floß Kehr örweitwtbm AlygunH fntid bu h in dar 
k) bbuavegmKL der Hinterwuiid Aui/iDemi und mit dem p;nic»'u:m 
DD verwmd-^i.m, ein «ehr' tiebv DfPemDu- mit hber- 

IWiiuenmm IRuuiftni, hu Grund« dew-mlbr-n ein Kbdrhkeru, ‘K'dal e r 
ver«ehorfte da« Gimehwiir mit dem Thmmmmuler und st ei itu, du 
dm ICirjgüMjg *i< s Dm-douum Triebt s,u MmAn war, vir< ; n § um 
breite Verbindung mit dem Jrjirmmrhm Itm Hulimrg wurde durch 
feinen ) hin.ohwun riubHCfe^ ghHtÖrtl dittsh ä PhUeöjfiv und ist 
jetzt imstande, jntlw AD mit ;zji biistuii und je.« Je- Nehrung -zu sudi zu 
jmhrurfi Diu Blutung isi seit dar Operation xdenm-W iHedefegekehri, 
Aus dfteuw Beobachtung entnimmt K fl oft./- hdgr-iidn Lehren; 
t) das« die Blutung am Magi*ü£ß&*ftwürfen durch nt m «‘immdlge 
fefiörgiwhe OuUmlsatjui) geotHft Worden kann; 21 bei 0«- 

mbvüren. welche dum bylurus nabu.dt7.em. die < in~ truenPumsHun le 
dm- \’\InWiülaziik vurzu^ieiiüü- sein Jli'bttw weil b-tzteru nmlst \mr 
iOatiitriiglirtmn Verziehungen und YVrnygmmßyn stduitzt; v}) •di»;-s 
Ai'öL* s«>l?< btnite Vurbindung zwimdmu Mag.m und Dacm nirjii nur 
keinen Kfwbtbei! bringt, sondern - bei dm* unleblb;«/ «dntrütouduu 
eitvabirört \ArOngunmg tirr Nahtlinle giniiddalls nur vojdbuühati 
?(i(! Xaen. 

fbiWeiiBSbiur. Herr -Sri» urbar dt (8kdtim nuu-.ht vud das liinitliztTu 
Vb'u’liuiiduDemn inuhi-DrlHe: OVgf'ljwUro (in Abt gen mdmrrkmn: er «uibst 
liat einen openi’leti lAtmiiten um /.weitne G'-KehwiR • verloren.. 

14. Herr Kürt* (Heidin)/ Vursioltmiw"dnues Rrnnkeiv nur 
aufigedöhdter DanurosfictJon wegen Bat^m t r«berkuloet?, H?d l ang 
durch FntejuHnasHmiosa. {IdgenberiidK,) 

. 95j:Uu'igm Miüim/am 1A Movuntb/r tDH vugun nmder cituri-wr !Vi> 
tuntfis «jjenrt lb M'irz. 18H2: F*?rirjm{.i»n» rbg Pr«<*e>süs \änWiuftmW 
Aul'iuU 1892. Tuomr um (AnMiiin oud' Go hui 7wee,ndeirs- 27. August 1-892: 
kxs:iir{i‘-Wiun des (V>«%iun mul Cnkm bis nAfii- ku dir- Kfexifi.ni iifyidirai. 
<bu-umh»s Ue.wnlin Im Darm ?mb)i nicht (nruicht. Anus pv;mtVrmn urrdk 
DiHefstuinUj:; de? lbdp.ü'fdus ergiehl TnVmrktiluse. Vovjrchli-.hv, Au 
icgüiig dr> [Aderett.!?:>'. !!/. Amvrmlu-r (Mdg: Nurh 2; Um Odem «•e-ei-.in'. 

d>iWiiflipiRn(g e1dg 1,: D-öitk Bürmtlktof snitUDi lutgknliftj" FVüm ktatbF’ 
bildung, d'uwinf bis 1 ebf imr 1899: Veruf-hiieiie. Enieronnrhn«•- 27 t 1; - 
i.mui; 189;tv AHrg<AdFhe HasbW um'h DrufA'nljav},. iv } , Mai tK‘ 19 ; 
flnntD-mu MB.m]»{mndan?>Kehlij}ge In die Klexurn t'oii >lkui. VmWngnnnig 
des «Ahm. 14 Tag>; Aii-Ulmum pur umun, daun w.it*«h.r Kr4)i;m;dhm.+ d an-h 
dm Kwrel. & .Tnni iW)!. rftUtdiirrnmrtig dvg (A»h(ü über chm liupUa« 
iolion. \ t-rsehjuss iuiii'lisr 1 bteioöiffiUiigKn dund.i luvygnuiioM. Ibtgr-bn'ihnigu 
letvm.aiMnfU'mig per Hiium. Llfe>ig«> BanüsuuubdMmnbnMüe uus duft. iim 

g.:-( bältUuit BUrnL tb'slvulij: 2 « Jllli H<.U.n-jn;l HHt 'dlW "i-iMW.en ' Uil.-sUe- 

d^wlusHb mb Dt4un. IVuurUbUdhc N'nfAbAbakdbnig/ 

•ml diub.DniiuazutAmpmi.idn. Ku(f, -U.« der FwfD Am- m m dnmUÜWU-. 
T^lf tV / Bowle U‘ (brnj dus km'>fP FtfVuD tldni ntm 

•!;>* lieeUnn abiriTTg. . 

H ajil u k asdj? i IRf Dar 
imptt. und dib i ilUHWeBüljuMAi 
l>TS«'UW^IVfirr fe- «•: j 
ohiruti Kall«; von ADiWefel .re 
a^ibbt' up* HJtaötmjliuart Am „ 

.eWDdct« uiue \>r-imeui)g. ib...... 

^iiwifvD (liimai: BAmidHrntluHbuis 


Heilung. Eino sukdm Art der Fiukinummng muss in den •ffia 
m) fuun bei Daiisrrait vier Lmnimt ftüdeK angenujuinmi werden 
Di H«rr Sc ii u o h a r d t (Bt nUin): Die HyaterectoBoia perineo- 
taginalig (mit Deinoustrationun), 

17. Herr Bogd an ik (Hiala); ÜeborMu«rdarmreseotion wesron 
Vorteil. , u 

Nachinittajg>'f?jf7iUng 2 Uhr. 

1.8. Herr v. Fiselsberg (J.Hi'oMi;-.; Beb er phyeiolögisDiic 
Function einer im Sternum-'.Rur TSntwidkoRuig geknmmeaes 
kuebaigäii Scbilddrusenmetaetap.u. 

19, [hn M i *1 •! t* 1 d orpf (Ifanuu); Zur Keüntnisß düt JCttochet. 
tncftaMasen bei Schilddrüsentniöwen. 

20. Herr Sonnunburg (Bnrlbi): Kuli von acutem AÄysödam 

tuiit K ra n km ivo rate U an gt Rn. Fa Ke i wo .librig«»? >>d 

kieinrc Kukt dm : S(d>iidd»‘jD.r. zimmkgabliHmu) imiHtaidim Etü»|g t Ü 

S, fiiin-b H/enintfurung. Auub An.vo-1 zu» detseSbui winder Vn> 

«• blimnmru'ug des Zuslnndus. 

2i Bvbr Keddt?clioso (.SrrHBsiuugi:. Heber ZerreisBuagen 
der Bkntarfaaöie. . Del Vartfügöddif' biftdlj auf die. bU 
bnjifiengnissnn viusf*hidldi<du‘ii lumtga uüfmtwkbaou wuWi« ® a -'l 


22. Herr ßft.n gar (fVulvid); I)e;.uonfilratioD eiuer gröas&i 
angeboren en öeecliwuist des Fassos. 

28 Hu.i -Sn.ugur (Cn-fidd): Sur Frage der äporitsüeö Sefl- 
barkoit des Krebses beim Moneohen (mR I)mnnn>trntioiii 
2F: H»tn- Hiickut )Jt?ua): Eine Cyste dos Ductus thyr^- 

inmm Wixnlf 


glössufi., (.t J kgbBbw.f(;<bL;k Hbi hmum 
eim? w'ulinussgi-oKsu Cyste uxstirpii'R unhlm m durAledianltiiic •>> 
Halmu; ?uss,' nüt ijnui JAnost- tirK SiUtgeuhpins innig zus:mt«ü t- 
hing' und mit wk olmii zwDAan diu 

/7.ung»mmu- ku)utnr ruiubiu. Irdtuh der (war khuer;, gted 
Arhb-iMt. Dm- HaltlrauUi war 'üusgüklculAt wem holten) Kliiati-u- 
‘jdthrd, da^ idiud undigund** A!i?biL< )ihvi-geu in die ziemlich 'HAc 
AV-iud d»*r- «nRudilw JPHe Waud selbst hrstiiml aus iKpM* 

gudDingtcn SuhilddrOpf'nloüikbh). Dm C,v«tö ist «ulzuD-fn D 
uiitslhijdun Si.nv uiiwm «t«d«ei'ig<J.d.h.d.;oiiei». Jlmii. des Dm'ttis iliyrcu- 
• g!»s«u-s tili>> d. }v, jtmvw » ; piDmlbvieji OnngHK, wululmr '.»tu Ponüiot 
hoprn-Ot der MiOige Aus der vorderei) Kübheuivaml aaeli unten 
und diu Whuiian«? trD:hiDiiirH hömA» i'uideb J.»m-kc.v Gang suhwiiHd 
•u ib ! r 7A.T.m vmihdsimbg, nur sein Andan.u Idudd als DtraiiiOn 
novridfh urludimj. /Vbafuimieweisr dp Tlmilu kotmeis Au- 

Ütsk zu t'y^teubibiungua gaben: in dur Zunge -eino Kumr &*■ 
HaiuütV (N.«!u mann), Fllmmuri/vsteti' in dar Suhstynz des /uni 1 ' 1 
<)(«o;-'(8ti ur.ko i»e u), (an der Spitze de^TroctssuK j«yfami»h»i! 
der 8.d)jlili{rüse. Ein. nm}«w. Dliud i\\ iUnser Redl«' ist !l ' 

V-« h.j'iufl'-rm Desdtwnisst, nuk-lui als Kystninn (Hierum th|!‘7 !!> 
g! n k si brnehyoidoiTK! zu b«)>.niuliuei\ wann 

Jä5. Hnrr .S'feiiffcd . {0|r??iuiN)j zur ^eimtiüBS d»t •Otrteo/ 
oboudritas dissecans. (AHt Dduionstraiion des j’rUpHfdt^.) 

20, Herr 'l'i II m auni; Usber Crsiuolömie 

Mikrooepbalse. Bei Miknn‘oj»Raiie hat Lauivelougue in 2-i DF- 
;Hvgeijj|u4f mit gutohi Erfolg tu Jiexufö fttif d-F IntDligcuz 
ekuoiT. Mm KnimkoTtiiVjfteh ausgefiRreK -HjLfslöy »i- huhD« diu 
:' tR^urtjjarg tihfclb -der Ojmbftlnn gesdktUi A pl’idri wild -p; 

Wo' dt* !A-.oj»,hu der AUkronuphn.Iio in ‘einer Ai.iHsbihb.iHg >" 

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Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


28. Juni 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin, Sitzung am 2t. Mai 1894: 
Krön, Narkosenlähmung. — A. Fraenkcl, Mitthoilung über Influenza. 
Discussion: Thorner, Leyden, A. Fraenkel. — Goldscheider 
Ueber Chirurgie der Rückenmarkskrankheiten. 

II. Berliner medicintsclie Gesellschaft, Sitzung am 13. Juni 1894: 
R. Kutner, a) Behandlungsmethode der chronischen Gonorrhoe, b) De¬ 
monstration sterilisirterFottkörper. Discussion:Guoterbock,Kutner. 

— G. Gutmann, Durch Operation gebesserte traumatische Ophthal¬ 
moplegie. — Karewski, Tumor der Scheidenhaut des Hodens und 
des Samenstranges. —- Adler, a) Scheidenhautsarkome des Hodens; 
b) Cystadenom des Hodens. — Gas per. Ueber die Grenzen und den 
Werth der Urethroskopie. — Sitzung am 20. Juni 1894: Virchow, 
Carcinoma laryngis. Discussion: J. Wolff. — Golebiewski, Aus¬ 
dehnungsfähigkeit des menschlichen Fusses. 

III. Physiologische Gesellschaft in Berlin, Sitzung am 11. Mai 1894: 
Verworu, Die polare Erregung der Zelle durch den galvanischen Strom. 

— Lilienfeld, Ueber die Blutgerinnung. 

IV. Verein für wissenschaftliche Heilknnde in Königsberg i. Pr., 
Sitzung am 5., 19. Februar und 5. März: Seydel, Schädelverletzung. 

— Braun, Aneurysma der Arteria subclavia. — NVith, Bekämpfung 
der asiatischen Cholera. — Jerosch, Caries dos Mittelohres. — 
Sarater, Alopecia areata. — Podack, Maserndiphtherie. — Kuhnt, 


Zusammenhang zwischen den Erkrankungon der Nase und des Auges. 

— Sitzung am 2. April 1894: Braatz, Behandlung der Knochenbrüche. 

— Hallcrvordon, Heilungsvorgängo boi Melancholie. — Sperling, 
Einschränkung der inneren Untersuchung in der Geburtshülfe. 

V. Niederrheinische Gesellschaft für Natnr- und Heilknnde in Bonn, 
Sitzung am 19. Februar 1894: Vollmer, Zur Topographie des elasti¬ 
schen Gewebes. — Dreser, Beeinflussung des Lichtsinnes durch 
Stiychnin. — Schmidt, Zur Kenntniss des Magen- und Darmschleimes. 

— Leo, Typhusondemie. — Schultze, Muskelwogen (Myokymic). 

VI. Medicinische Gesellschaft in Giessen, Sitzung am 14. November 1893: 
Bonnet, Morphologische Bedeutung d»*r Milchorgane in normaler und 
anormaler Zahl. — Steinbrügge, Ueber 3000 auf der Giessenor Ohren¬ 
klinik bohandelto Ohren- und Nasenkranke. — Sitzung am 5. Docem- 
ber 1893: Kutscher. Olioleravibrionon ähnliche Wasserbacterien. — 

— Vossius, a) Ophthalmoplegie totalis; b) Vom rechten Siebbein in 
die Orbita wucherndes Sarkom; c) Sarkom des Limbus. — Sitzung am 
30. Januar 1894: Nieser, Apparat zur photographischen Darstellung 
grosser mikroskopischer Präparate in Lupenvergrüsserung. — Otto, 
Apparat, zur Skiaskopie. — Löh lein, Schwangerschaft im ventrifixirten 
Uterus. — Sitzung am 20. Februar 1894: Strauss, Magenvergiftung 
durch Blei. — Osswald, Cyklisehe Albuminurie und Nephritis. — 
Bostroem, Präparat von einem Meck ersehen Divertikel. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 21. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Gerhardt; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Krön (vor der Tagesordnung): M. H.! Gestatten Sio 
mir, dass ich Ihre Aufmerksamkeit für einige Augenblicke auf 
einen Fall von Lähmung lenke, der, an sich nicht ohne Interesse, 
auch durch seine Aetiologie und die Prophylaxe, die man daran 
knüpfen kann, von einiger Bedeutung ist: Sio sehen bei dieser 
36jährigen Frau eine Atrophie des rechten Oberarmes und des 
rechten Deltoideus, eine geringere der Regio supra- und infraspinata 
dextra, sowie der Musculi pectorales dextri. Der Oberarai kann 
nicht kräftig nach aussen gerollt werden. Die Elevation gelingt, 
kann aber durch leichten Gegendruck verhindert werden. 
Active Beugung im Ellbogengelenk, ebenso Supination ist ganz 
unmöglich. Der Supinator longus functionirt auch nur schwach. 
Die vom Nervus medianus und ulnaris versorgten Muskoln sind 
intact. Es besteht also völlige Lähmung des Musculus biceps, 
coracobraehialis, brachialis internus und supinator brevis, ferner 
Parese der Musculi supra- und infraspinati, pectorales, doltoideus 
und supinator longus. Die hier in Betracht kommenden Nerven 
sind demgemäss der Suprascapularis, die Thoracici anteriores, der 
Axillaris, Musculocutaneus und einige Zweige des Radialis. — Die 
Sensibilität ist bis auf Druckempfindlichkeit des Biceps und Par- 
ästhesie im zweiten und dritten Finger ungestört, es ist aber nicht 
ausgeschlossen, dass im Anfänge — der Fall befindet sich schon 
in der Besserung — Sensibilitätsstörungen vorhanden gewesen 
sind. Die elektrische Erregbarkeit entspricht dem oben geschilder¬ 
ten Verhalten der Muskeln. Biceps und Brachialis internus zeigen 
complete Entartungsreaetion, die übrigen Muskeln herabgesetzte 
Erregbarkeit. — Es handelt sich hier, wie wir sehen, um eine 
Erb’sche (Plexus-) Lähmung. Die Schädlichkeit, die hier einge¬ 
wirkt hat, muss den Plexus brachialis, und zwar den fünften und 
sechsten Halsnerven betroffen haben. An der Patientin ist nun am 
9. April d. J. wegen doppelseitiger Pyosalpinx die Laparatomie 
ausgeführt worden. Die Operation hatte mehrere Stunden gedauert. 
Als die Patientin erwachte, war der rechte Arm unbrauchbar. Wir 
haben es also mit einer sogenannten „Narkosenlähmung“ zu 
thun. 

Es scheint, dass diese Lähmungen häufiger Vorkommen, als 
die spärlichen Litteraturangaben vermuthen lassen. 1 ) Ihre Ent¬ 
stehung ist folgendermaassen zu denken. Bei der Laparatomie 

*) Anmerkung bei der Correotur: Ich finde nachträglich im 
Bd. 47, H. 1, 1894 des Archivs für klin. Chirurgie eine Arbeit von 
Büdinger und ersehe daraus, dass der Autor zu den gleichen Resultaten 
gelangt ist. wie ich, wenigstens, was den Plexus betrifft. Es erübrigt 
mir also, auf diese erschöpfende Abhandlung zu verweisen. Sonst hat 
noch Bernhardt im Neurolog. Ctrlbl. 1892 und Braun iu Nr. 3 der 
Deutschen med. Wochenschr. schätzbares Material geliefert. 


wird, um dom Operateur Raum zu schaffen und zugleich zu ver¬ 
hüten, dass die Operirte in die Wunde greift, der Arm oft nach 
hinten und oben gezogen. Präparirt man sich nun an der Leiche 
den Plexus brachialis frei und führt diese Bewegung mit der 
oberen Extremität aus, so sieht man, dass die Clavicula sich über 
den Scalenus anterior und medius und den dazwischen heraus- 
tretendon Plexus legt. Zieht man den Arm weiter hinter den 
Kopf, so quetscht die Clavicula den Scalenus medius und mit ihm 
den fünften und sechsten Halsnerven, namentlich den fünften fest 
gegen die erste Rippe, während der Scalenus anticus und der 
siebente Halsnerv bequem in die Nische zwischon Schlüsselbein 
und Wirbelsäule aus weichen kann. Der Druck ist ein so mächtiger, 
dass eine zwischon Scalenus medius und Clavicula gebrachte 
Wachstafel glatt durchtrennt wird. Es ist auch nicht rathsam, 
den Finger dazwischen zu bringen. Auch gewisse andere Lagen 
des Armes sind augenscheinlich nicht ohne Gefahr. Streckt man 
ihn nach hinten und aussen, indem man ihn gleichzeitig stark 
nach aussen rotirt, so spannt sich der Nervus medianus wie eine 
Saite über den Humeruskopf in der Achselhöhle, dasselbe geschieht 
mit dem Nervus ulnaris, wenn man den Arm im Ellbogengelenk 
beugt und kräftig supinirt. Der Radialis wird durch diese letzteren 
Manipulationen nicht betroffen. Es ist nicht unwahrscheinlich, 
dass auch hiorbei ein länger wirkender Druck Lähmungen zur 
Folge haben kann. Man entgeht wohl allen diesen Gefahren, 
wenn man die Hände der zu Operironden auf dem Vorderkopf 
fixirt. Keinesfalls dürfen die Arme je hinter den Kopf gezogen 
werden. 

2. Herr A. Fraenkel (vor der Tagesordnung): Mittheilung 
über Influenza. Der Gegenstand, für den ich Ihre Aufmerksam¬ 
keit kurz in Anspruch nehmen wollte, betrifft die gegenwärtig 
in Berlin vorkommenden Influenzafälle. Ich würde auf 
die Sache nicht eingegangen sein, wenn ich nicht wüsste, dass 
das Vorkommen von Influenza, noch im Augenblick hierselbst, 
manchen der Herren Collegen auffallend ist. Die letzte Influenza¬ 
epidemie begann, wie Sie wissen, ungefähr im October v. J. Die 
Hauptfrequenz der Fälle fiel auf die Monate November bis inclusive 
Februar. Wenn ich das Beobachtungsmaterial, das mir das 
Krankenhaus am Urban lieferte, zugrunde lege, so stellte sich hier 
die Frequenz folgendermassen: Bis Ende März wurden auf meiner 
Abtheilung 130 Influenzafälle beobachtet, und zwar im November 40, 
December 50, Januar 34; schon im Februar fiel die Zahl der 
Fälle auf 4. Im März haben wir nur noch zwei Fälle beobachtet, 
davon den einen Mitte März, während der andere eigentlich zu der 
Reihe von Fällen gehört, über die ich jetzt berichten möchte, or 
wurde nämlich aufgenommen am 31. März. Ich war von Anfang 
bis Mitte April von hier abwesend, und als ich zurückkehrte, wurde 
mir zu meiner Ueberraschung von meinen Herren Assistenten mit- 
getheilt, dass wieder Influenzafälle vorhanden seien. Mir wurden 
die betreffenden Sputumpräparate und Culturen vorgelegt; es be- 
stand danach in der That kein Zweifel, dass dem so sei. Ich habe 
durch meinen Assistenten Herrn Dr. Borohardt bereits im Anfang 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 








50 


rBrtfmS^BEJXiAOE! xm DEUTSCHEN MSOICINISOHEN WOCHENSCHRIFT. 


(t. J. mwu klt^iriöu ArillaH uü 6 *fuv Beobacht« «ga« InxfrFffs te 

Vonkimimetts der jiHKmö^Hibehoh in ^o, 2 der BöHmnc klfoihtdmn 
WoclHuHvbtltt vcv^tfnn'tUiibeu lass''«, AiUBUHgcv weise hüben sieh 
die meisten KKnÜfou und KnmkmHböHot' über .Uhu Pioilirr iehen 
Betund bisher in ■•SchwoUroii treiniiit, nud nur eine ytu/hfijtmss- 
niHssux kleine Anzahl von VerOfFt'-öilinbin^uß; iit^rn vor; von denen 
111 <* uns dg».! y,u neu *i!>l,rn goiibH.. • Ab? Pt’ei Her im Frithj-ahv 1 B »?2 
PO !|10 Befunde vorödentliobfce f üff&ddto ns yfofr itm diu A n?ljHifor 
der ilaioali^on lnüiieii«a(*-|»)doi.oio, und vvir kmmPm du; mut den 
f nflugftfcMt »• Hl..' : » *m;]hdlMi Tilnt <u lum indit wiitej 
wartet«*« ajkw begierig ;ui£ ein « 1 hälfe drh bietende l * (»legen beit, 
mn flft* Verhalten der IfjÖuöMW^inlvim zd stiUüuh» würfle 

>u.s *i< un muh iv, ThmL >\U Eo*i« v, w infor Hur hpulemle auf 
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die Hoi-hrv brniekrirek-n bin, h.h nbor schon bm den or-mpii 

2 \i UihWnv Beobachtung gHuimfon' Füllen diu Pfeifl p r Vohtm Tie« 
iTmtle mich jmfov iifobteng v.\\ bcHfitigeo vermochte. Darf Vru‘- 

ko Hl 111 (Ml der rOfjMWiMn I Ml! j U H ll«* UZllS l'd irr be ft im AiIHVUTC 

I ii f1u Mf^a. krank er gehört zu «lu.i» reusim niesten Befuii clk Jt, 
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D jiÄghhfte $mi ^iefidkiK , IHhi T)r. Xidrehujrdt Vfttnüentr 

Br bum Z u.snm m urnd vlfribg hnii jt d on ateli 50 F&lh\ unter »fonnii m 
Ah> rlfe bniluenzadidwlihi: »mcbgosvfosro Worden* waren; von dem 
Itei&te dev FtUfoiitrm JUM/m -viele phm- tm • au Tuge geturdMI, 
tmzw Puten nudrro Evs»di ein fingen der jüii'üeii^ÖL als \sohjhV., Xvolrho 

i‘i) rhu* OkldH der AffoidKmen (h® 1 h repdafiuBsupj*nrute-? ^dj^ee 
Im- ApHi tted llaf d .1 wni hninm wir nuumehr ui-der nadc 
kidir di 1 ?; f>>ÜnhaH«. 'H.iU^e.H'ojmfferb-•' Wt* UU »und oVriii.vodb' hjoiforn 
Projaf^uiiou dur KVankheit von Inkn'eyro ooio uueOk Pie Zahl 

•der Ohobaeld iiT\eris Lin ^anx.oi! 14, und ejHtälkm ;oif 

doh Ajifil unur li.lüo. im(' deVt. Mai bist joteb riNM nueaeihb U.i llal.m 
»eh nt -dH* Lbdratfoavis vciHehiedeno Fälle von in’HuemUi|3nf»umume 
- Mir Fälle irmnVlen nk-lil zu den leichten•. U nrt pnru- 
moU%cb6h Jvv^öboinuxigen a-inhrrgfdhmdo sind tdt))&i5 v.urhiüteii. •; 
»«an» r haben wir r-innod den Aus^finir in Huntrongmßfj'iin b<-‘. f »!.- 
ficlitet nmj 5<wojnm I den Ausbruch der Inllncn/.a im Ivi'.iidvcühnnhe, 
d'H riiit* mal bei einer idb»;» rin, das andere mal liej einem Krnükeu, 
der. An inuMifder XtoiHM« hmhd Au* !i diu l'homr dt-r Kranklndt 
ts!. inii - t s^.iit; wir haben linier unseren 1-1 Füllen .-nf« !-r. bei 
denen diosolho eine aiiKtso.r^e wb.hniieh Vnn^c iss. Srlinn 
Pfeif Irr lut Uni »ui uuMnei l\s»m ernten in ftos- » > ein«; eV-ra! d^r 
Xnflueu^ö : ^iebk die er als *diron)sebe iiiHueiizn btye.iebmd, 
Wo das Bput.uru bniev Zeit, MimatC UßjC; InduenziXHpdmben euUHlk 
und die Ibvticrdnri uOeb (tauerud beonebitisebn prsebiumm^en dar- 
®m, imd sn h in ^es«kwaebtem 'Zimte uiU- beHndoji-. 'fi>U*reHsiy»e 
ist mm. dni-s eine l’iui»mlin unU-r dop 3i;*.yüj?fui Käliwl yj !i be- 
bfnlek die u>t Nov-etuber v..- J. an lull um»«;», erkrankt War, daun ln 
eo-r {vc*»mvak*>.ru!ituobv.j»uH;•»t,te-• ireNehk-kl- war und naoh Pint 

Aiofoiloo von muuun mir S'nnfbomm» von Hron<.(iyko‘arrh zuruc-k- 
kan.; wii heben noeb jetzt, in jhrim Aühwurf SUibotu-n in -tos.mm* 
.M«uie-r. •^idtiiidon, ' pdi. iiezwtddh. rd) es sieb hier um ein eioSbebes 
itecodlv itam'bd!.. i'nsetv LHlb- Wrii-fUi keiue.-.weu« -olrbe, Wo die- 
immnovo bk-bi war. komleHi in einer onn.zeu A>iZ:*djJ haben wir 
^ ^ durch BjuiruimiiiUwsiir-lMui&en die ] mt-nnsc PH Ist»-H du. kOtmou'. 
Ni • wih-iiA Hör Id 'Pi'ü-'Ui ein PatNu. iedweiiomiiieu mit bol.cn; 
FeubiTV. »>5 >mhi(C tcskkP ffikii über dwm IbtteHwppen der 
ff'', men Inso^tw sehr i]v<jin>uftd.» i'nls. ‘ Wir . waren • 'zwodiV.Üudt, 
Was vorbte. 1/fj ki-.inke starb, naüb vi»*»* Taireo, 'und uh iniütrat. 
«Pr Limsv»- wurden j-Miehlie!. lnt1m:nza.«5k : )bcbon eed.nd.m,. die Mu-b 
aus dcmsHbcn ^{-z(UÜUkavurdon. Ii, nimm auilern Pal] bestand 
*•*•; cuuu* Üt.jahri'jit'n Krankem Hu sehr wonk> ii-mitUceiides. dnb»d 
:d,rr notier «:mit in uirin \u-h "Piebcr,. dtn 17 Tu uv danoHe n.,u t.»n^ 
oeio shi.lb-'Hrnuk. a-dice su .dass »n.'o b»*i >‘ , ' 0 i-i 1 iiclsii< bei i 
•hueliurjo en, ibkdVpli.U>. untte »le/rken. kd^id«;ui rtr») Piu-JOiddu ist 

*V* V ,u ' Ui ' AiH-kilt., .bat noeii bjnm{iiüs*du S\ m[.te»rio e hcmc. 
oPH.i-b*;; ?.,i A.ftswuHe. Pdi V*fti.uoi’kc bock, dnse seit toTanmnr 
Zeit hilf mciiM-r iVIdhidJm^ j^der Fall von Prkrankui}^ der 

ixtuts i& zu oiu^Siir^r 



vnrfulpn, wie lange* die Aus.Utu.for einer ipfeotioatonk&d« 
sieb bin*/ie h«n, und sie werden viel leicht »an Veis?an«fo.h;f. vk 
^pütcr«r Wiedcmiifteuehen <J«r Jjtiiuoiua in epideuiischor Ausl-Hi 
W'hnn. Ich «eigo Omen hier eine .ßeiueuitur und vHs dazu ^hr^rl 
/ölnnh Falles, fo 4m man hidit$ WP 

BneteriHL als zahllose foiöstc Stdbeiieu sieht. Dieselbe;. t -V- 

slnmmcn «dnor hi-nijciizöbruntdiitu? bei einer iHtPatin, tüc 
noch Jini der Alitbcdon^ bofimkt. Ibes»? OrpimdeuHor , 1 ,'.- 

-%üf.nms zonH: ausser einer k!« inen im.ohlrri*rii,.»h in : dießeli hirnu- 
^kbmtnbnnoA'nnmreiuig^ ajö dfoginsMf^Pnikkii^c 

dVi* Iidluetizastilbchcrn umj xvvar iu solnbor Zahl,- dass nm •&»,* 
kann, das Sputum stnlli kfor gomdozu «ine Rmücnltur' ,\uV t 
Mikroorganismen dar; sie ist vor 14 Tagen gewoncnii u\4 Um 
Fii.ivvTrPbng von Fmduuliudiimpfon imnh elndaj Aforlalire») 

iti Briangnti nansorvirt worden.. , v s■ - 

OistruHÄiou; iforr Tborttnr; loh möchte fragen,,m ro-ieji^ W (t . 
da- 'Präparat«» ge.fifoiit gnid. Sind Aia nrwJirj«» J 

iWr A. Franok«'!: Knie, sär sind mich der Ffoirfer'schun \|. 
Ihoib' uni verrlUnntenr «^arbulfordirin goTfirbt. - 

Hei r TIioHhm;; Jen iujbe.gefoüdeu. da«fj lüdiU‘U5fthaeillf*a Qurschw;.'. 
d»*u FftrbsUdf rinnetminn; vverdon &ie env.^nnt. so dimUcj' «H 

snid für ibvfi Ungoöbteß. lnielifoa* .in ihwn aiiwi- v^ohl. nur,.-*» P 

zwei Minuf.cn nah (‘ärhaUhchsin ja Berührung gekommenV 

Ihn- 4 Fr;>• • !ikoi; Wir liahrn die Präparat.«' <i*-r.foiü-ü. 

strapon ffonh Einwiifemg; dico: -Farhst(»lffe««jg y. 

viel ich avriss«,. IÖ iiü Mimd-e» ta»g : 

H«*ri Iioy.dnb;'. Hen Fra« ukcl ii.u^stn'ln sich du-hia-. es .wrKulljiUn*. 
dass aus «i<*ü IvHadcnt nötd! keine «\cdsscnnige.fi ut»»«- die: billuesj/silwoik-: 
erseliioüou sind, leb .brnn hrriclitten, daaa . .W-il* aut,der I. medipni^Ai» 
Ifiüiill ,ziemlif;h viöfo .Ithtörsitchhiigf'n:' juiidi die^nr BieMim? bili äoflvsidtt 
haben: vielleicht' niclll ;ia viel und i.-onscmient wie lim Ft >»e.uk* i • r v 
ich kann aber nicht nudiiu 7-u saßen, dass ungern Brgchniss«? mit - 
«xmstent'v imd hc.nl ihii»ib j Ur.*:tHi«ic rrg«'h<\n ImHcuv,. wie ns Herr Ffiiasp'i 
für sieb vortJUg. .Dito Ftirtivi». wekh« {iB hdluetixahacillen {tog&täe-. 
''""Hi mussten., seidenen, aus imHndmv und. selwönküMfi. 
.AtHopsiory huf in • ich sHhH cinnud" rin«> dbrlnösu f’neumoai«' gecH’!- 
wHchc mohi die PruenkolVcböt, Uipjucmcnn {urtbitüt Ich mö«^- 
Hern» I 1 ' ro i'u k r-1 bitb-n. «-in Pi'tiparat vdu Hneia iiftijtHrt.cn Lui^pwci'tii'-' 
vor/i;ir.ocn« vb-.lieidtl kann man siel« d{«mr bt-Ksoi*HVlaa^ongou; dwu« 
iru N-idi iiu der Biomldcn sitzt, ist 'im Und HÜt sich aneh nicht «ite- 
d Ulm»* \f'bi definitiv**s PtthUl «t»gcbon /u wollen, kann i4 

nicht, jiöild'u, /u das. whH wir iföffugpcht hahau, ahld v/ 

b'kilihiOjte dijid zu Tage gjjsfordnrt hat, wir ÜMf 

Frurnkcl so mu-h s«-incn Tjntnrsu«l.hurig*»'5ft''aßgats. 

: per; A Fr.ncii.knl;- Ic)i werde nur crieuhäfu dan fixeren i'A-rs 

i dnmtiAebh't' ailiob »hnurtigon SchuBt -vorsufogem ich rnöchfo nur Wftf»JfM‘«- 
i W*X\ dijff »di ftU 4**1 Frage über die Bedcuteßg der Vuvmxitaww'u 
! m-wissomiococa ciu- fiin*kt*:s Afiicicusc hübe, 'dem- -'Yuthummen di«fseib?- 
| «u ficü 'inihmn/iduagtäD stets eiyo !»(>f»n.udßrü •A.ti.ftbe.rkftamlcit 
1 ■ H».»-b»u Wir haben aber ein«.;- ganae Poibc id«i ; hcrgf*hbri,ue»‘ Paug«;'* «nilor 
•e««» b», in. »»eneo nii'Ufo von ihnen zu sehen war. 

‘1 Htur tlojdM'hiMflftr; '0eb©r QHLnürgio 4ot Mm*- 
moFkskninkneitoii, (Der 'Vortrag wird ftusfUlirltoh M di'^r 
\VuHtM»scbi ; iit cjsehHnen), 

II. Berliner saediciniselie Gesellseliaft. 

‘ * (OngmulbenchP) 

Silzinig am 13. J uoi 1694. 

VuintztmTlcr: Beer Houuclj;, . 

I. Heer Pobcri Kütnev tEigcnbcrichb) «Jemoe^lvirt _™ r ';*[[ 
Tagc^oritnuno- n> seine Behiiadirtngemethodlo der etomachefiwov 
itorrliöe «mi d;H: i.ia«i! gehörige «bniMrhc lu^nMfnirütanaä'.- 
Uctlncr Imi. beroite vor xwei-Jahren in. der Dcutecheii me4JCHu*»i 
\\ oi‘hoAscJrri(tr> darau-1 tttn^cwioyeii, Um wie viel <v erth v,, u»!l 
J Äflninei»' Instiliutei-i^ üeu» k uühoi‘ dun «fohl«. grmiüirfoji•• B 1 .^ 
i.nrbftm-T* scit.u. Er baslvfe dm» auf zwei Beobatthidiig^ • .y-.,^• 

{ '41^ orfcStocA- stete in heBtimint ■ 

i . Hchrdon nui’tiiü, 2) «Inga «ilcBc Heerde hoi EUit'üUfhug rbur 
j Solidi; viel cfU]>ömiiicUoi’ (meisten.*, direkt sehmerzhftdl 
die Tbellc- tlor lldrnröiutn Hjornufe ctgiold was 4& 

1 müd ffthrr; oiito gräd u%t© (mit^ahlch 

Uougiü- A 1 e ein und: liest »tb, wie woit dh* Krtu*kf»» rJ ’^ _ 
i'öiii Ovifi: ÜM;j : <*xtermuu urebhm» oöt-foiTil gind . tüBP -* 1 * h ^ '. 

I (a(i H rmK:lmi) m, sind fo. B. 5 . 7 --«‘fr 17 -iS «m»), Mun « 

j dfo S.Wld • $n~ . Ihr uijomii3 > tuift ajle Ti*m 8 v n' ^ 

| gradibirfcen, mit doraniben Za»»lofleifiihef}u«g; Vl 




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KrHifklfoitehücrtfon -- t« ü d 2 wAi* ln T.rö|tHiuforin, J® f: 
jVflb Stoifo jo einen Tropfen. Die Guyon^che WiU«d- - 

i f ) Hrhhitlicli hiu tia^wi. Beiliu. thirothodiwiw^^ ^2, f .--. 

*) tm, Hü,, ii: • Einige mstriiö'o»>itell6-. w nj ' . 

hi C.Lb dür 



28. Juni. 


VEREINS - BEILAGE) DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


51 


spritze ist ungeeignet, a) weil beide Hände zum Act des Ein- 
spritzens selbst gebraucht werden und keine Hand mehr frei 
ist, um den Tropfkatheter zu fixiren, b) weil sich mit derselben 
einfache Tropfen gar nicht oder wenigstens nur mit grosser 
Mühe hervorbringen lassen. Redner hat deshalb eine automa¬ 
tische Tropfspritze 1 ) construirt, bei der sich die Tropfenmenge 
von selbst regulirt und die man mühelos mit einer Hand 
dirigiren kann; ausserdem lässt sie sich wesentlich leichter reinigen 
bezw. aseptisch halten. Redner fasst die Vortheile seiner Methode 
in folgenden Punkten zusammen: 1) überaus exacte Locali- 
sation; 2) infolge genauer Localisation und der Einwirkung des 
Medicamentes in wirklicher Tropfenform die Möglichkeit, 
energischer vorzugehen; demgemäss schnellere Fortschritte 
der Behandlung; 8) die minimale Reaction nach der Betropfung; 

4) die Zeitersparniss, da man die betreffenden Stellen notirt 
und. dieselben nicht immer aufs Neue aufzusuchen braucht; 

5) die Einfachheit der Methode, die die Ausübung der¬ 
selben jedem praktischen Arzte ohne irgendweiche 
specialistische Vorübuug gestattet. 

b) Im Anschluss an seinen Vortrag im Juli vorigen Jahres 
„Ueber die Handhabung der Asepsis und Antisepsis bei Harn¬ 
leiden“ demonstrirt Redner ausserdem sterilisirte Fettkörper 
(Oel und Borsäureglycerin) in aseptischer Ausgussflasche 2 ), 
erwähnend, dass er auf Anregung von Herrn Dr. Leopold 
Landau besonders kleine Flaschen, deren Inhalt für je eine 
Geburt ausreiche, habe an fertigen lassen. 

Herr Gueterbock macht darauf aufmerksam, dass nicht von allen 
Instrumentenmachern gleichwertige Guyon’sche Spritzen geliefert, werden. 
Die in seinem Besitze befindliche functionire vortrefflich, er müsse sie 
dem Kutner’schen Instrumente vorziehen, weil sie sich so leicht sterili- 
siren lasse. 

Herr Kutner hat aus verschiedenen Fabriken u. a. auch aus der¬ 
selben wie Herr Gueterbock die Guyon’sche Spritze bezogen, ohne 
von ihren Leistungen befriedigt zu sein. Er zeigt an seinem Instrumente, 
wie leicht dasselbe zu sterilisiren sei. 

2. Herr G. Gutmann (vor der Tagesordnung): Vorstellung 
eines Falles von durch Operation gebesserter traumatischer 
Ophthalmoplegie. (Eigenbericht.) 

Der 36jährige Drechsler A. kam am 25. August 1891 mit com- 
pleter linksseitiger Oculomotoriusparalyse und 'Schädelbasisfractur infolge 
eines vor sieben Wochen erlittenen Sturzes von der Treppe auf den Kopf 
in meine Poliklinik. Es bestand complete Ptosis des linken Oberlides, 
der Bulbus stand in Abductionsstellung, mit dem temporalen Cornealrand 
den Angulus externus berührend. Nach oben konnte gar keine Bewegung, 
nach unten nur eine ganz geringe im Sinne des Trochlearis geleistet 
werden. Nasalwärts konnte bei energischem Willensimpuls das Auge noch 
soweit gerollt werden, dass der nasale Cornealrand die Mittellinie der 
Lidspalte erreichte. Die Pupüle war erweitert, die Accommodation gelähmt. 

DieS war = mit + 3,0 D. wurde feine Schrift (Sn Vf 9 ) gelesen. 

Ophthalmoskopisch bestanden keine Anomalieen. Das rechte Auge war 
normal und sehkräftig. Da noch eine geringe Beweglichkeit des Rectus 
internus vorhanden war, so entschloss ich mich zu dem Versuche, das 
gelähmte Auge wieder für den binocularen Sehact brauchbar zu machen. 

Zunächst machte ich am 27. August 1891 die Ptosisoperation nach 
Panas, indem ich in der Mitte des Oberlides einen rechteckigen Lappen 
bildete, dann nach Lockerung der Haut oberhalb der obem Grenze des 
Lappens zwischen diesem und einer in der Augenbrauengegend der Stirn 
angelegten Wunde, den Lidlappen mit seinem oberen freien Rande unter¬ 
halb der Hautbrücke nach oben führte und den oberen Rand des Lappens 
mit der Stirnwunde vernähte. Die Operation hatte einen guten Effect, 
das Lid konnte gehoben werden. Bis zum 10. September 1891 wartete ich 
ab, ob die Beweglichkeit des M. rectus internus noch zunebraen würde. 
Da dies nicht der Fall war und Patient durch die gekreuzten Doppel¬ 
bilder sehr gestört wurde, machte ich die Vomähung 3 ) des Internus nach 
vorangegangener Tenotomie des M. rectus externus mit dem Resultate, 
dass Patient am 25. September mit normal stehenden Augen und Einfach¬ 
sehen in der Primärstellung entlassen werden konnte. Bei der Arbeit 
wurde das Einfachsehen hergestellt durch Brille rechts -+- 1,0 D., links 
-+-3,0 D. 

Am 20. Februar 1892 kam Patient wieder mit secundärem Strabismus 
convergens = 40° am Perimeter und gleichmässigen Doppelbildern von 
30° Abstand am Hirschberg’schen Gradnetzschema. Ich war also ge¬ 
nötigt, die Uebercorrection abzuschwächen durch Tenotomie des vorge¬ 
lagerten Muskels, dessen Beweglichkeit in den seit der Vomähung ver¬ 
flossenen sechs Monaten unerwartet zugenommen hatte. Die am 
23. Februar ausgeführte Internotomie verringerte die Diplopie um 17°. 
Allmählich ist auch diese Diplopie wieder geringer geworden, so dass 
Patient nunmehr seit Anfang dieses Jahres bei der Blickrichtung gerade 
aus einfach sieht; erst bei längerem Fixiren tritt gleichmässige Diplopie 

*) S. d. Anmerkung 1, vor. Spalte. 

®) Löwenapotheke, Berlin Jerusalemerstrasse 30. 

* Auch hier machte ich, wie in allen anderen Fällen der letzten 
Jahre die Vomähung nach dem von Schweigger geübten Verfahren, 
welches ich unter allen anderen Methoden als dasjenige erprobt habe, das 
die leichteste und sicherste Orientirung auf dem Operationsfelde und die 
genaueste Dosirung des Effectes ermöglicht. 


von 2° bis 5° auf, welche durch Brille prismatisch 5° Basis temporal aus¬ 
geglichen wird. Die Adduction und Abduction des Auges gelingt voll¬ 
kommen, dagegen ist der Rectus superior und Obliquus inferior sowie der 
Rectus inferior, der Sphincter pupillae und der Accommodationsmuskel vor 
wie nach gelähmt. Die Doppelbilder beim Bück nach oben gleicht Patient 
durch entsprechende Kopfhaltung, die beim Blick nach unten auftretenden 
dadurch aus, dass er z. B. beim Hinuntergehen der Treppe diese nicht 
fixirt. Das Oberlid ist, wie Sie sehen, m. H.. gut beweglich, nur eine 
Spur hängt es über den oberen Cornealrand weiter herunter als das 
rechte; auch können die Lider bequem geschlossen werden. 

Ich darf also diesen Fall wohl nicht nur als kosmetisch recht 
befriedigend bezeichnen und damit dem gegen die Panas’sche 
Operation bezüglich entstellender Narben geltend gemachten Be¬ 
denken entgegentreten. Im Vergleich zu den anderen, auch in jüngster 
Zeit, z. B. von Birnbacher, publicirten Verfahren, welche ich auch 
probirt habe, ist sie die sicherste Methode, und eine Entstellung durch 
Narben kommt nur für die ersten Monate nach der Operation in 
Betracht. Vor allen Dingen ist es aber durch diese combinirten 
Operationen gelungen, das Auge, das für gewöhnlich nach trauma¬ 
tischer Lähmung aller Zweige des Oculomotorius nach Sc.hädel- 
basisfractur wohl für den binocularen Sehact als verloren gilt, — 
ich habe in der Litteratur der letzten zehn Jahre keinen Fall ge¬ 
funden, in welchem eine derartige Heilung auf operativem Wege 
angestrebt worden wäre, — für das Zusammensehen mit beiden 
Augen wieder brauchbar zu machen. 

3. Herr Karewski (vor der Tagesordnung): Tumor der Sohei- 
denhaut des Hodens und des Samenstranges. (Eigenbericht). 

Bei dem 57jährigen Patienten eonstatirte Karewski eine Geschwulst, 
die den ganzen Hodensack ausfüllte. Im obersten rechten Winkel fand 
sich der rechte Hoden, der linke sollte nach Angabo des Kranken vorn 
mitten im Tumor liegen. Der linke Samenstrang war wohl auf das drei¬ 
fache seines normalen Volumens verdickt. Die Neubildung hatte die im 
ganzen regelmässige Form einer Birne und war offenbar aus harten und 
weichen Bestandtlieilen zusammengesetzt. Das Scrotum war über ihr 
verschieblich. Der Patient zeigte kein Zeichen eines malignen Leidens. 
Die Operation wurde so vorgenommen, dass nach Unterbindung der 
gewaltigen Samenstranggefasse der Tumor meist stumpf ausgelöst wurde, 
indem alle Gebisse vor ihrer Durchschneidung ligirt wurden. So konnte 
die colossale Geschwulst ohne nennenswerte Blutung entfernt werden. 
Ein Tbeil des Scrotums wurde als überschüssig weggeschnitten, der 
andere retrahirte sich schnell, so dass ein guter Hodensack gebildet 
werden konnte. — Reactionsloser Verlauf. Vorstellung des ge¬ 
heilten Kranken. Das bei der Operation gewonnene Präparat hatte ein 
Gewicht von 8950 g und erwies sich als eine Mischgeschwulst, die Lipom, 
Fibrom, Sarkom, Myxom und Cysten enthielt. Dieselbe hatte sich 
in der Scheidenhaut des Hodens und* Samenstranges so entwickelt, dass 
sie beide Organe fest umschloss. Der Samenstrang konnte sowohl von 
der Epididymis wie vom oberen Pol der Geschwulst her eine Strecke weit 
in den Tumor verfolgt werden. Die innere seröse Schicht der Tuuica 
vaginalis testis war ebenso wie der Hoden selbst unverändert. (Ausführ¬ 
liche Publication erfolgt in Langenbeck’s Archiv.) 

4. Herr Adl er (Eigenbericht) demonstrirt vor der Tagesordnung: 

a) im Anschluss an den von Herrn Kare wski vorgestellten Fall 
einen Tumor, welcher gleichfalls in die seltene Gruppe der Sohelden- 
hautsarkome des Hodens gehört. 

Derselbe stammt von einem 19jährigen jungen Mann, welchen Adler 
in Vertretung von Israel auf der chirurgischen Abtheüung des jüdischen 
Krankenhauses im Januar 1893 operirt hat. Bei der Aufnahme war der 
Tumor über mannsfaustgross. Die rasche Entstehung, die glatte Ober¬ 
fläche, deutliches Fluctuationsgefiihl und Transparenz Hessen zunächst an 
einen Erguss denken. Erst der negative Ausfall der Probepunction führte 
zur Annahme eines Tumors. Bei der Operation fand Adler zu seiner 
Ueberraschung oberhalb des Tumors gegen den äusseren Leistencanal hin 
verdrängt den bei der U ntersuchung nicht fühlbaren, vülligintactenHoden 
und Nebenhoden unddaneben noch zwei isolirte wallnussgrosseGeschwulst¬ 
knoten in der Scheidenhaut. Hoden und Nebenhoden wurden mit entfernt 
und der Samenstrang möglichst hoch oben unterbunden. Mikroskopisch er¬ 
wiesen sich die Tumoren als Spindelzellensarkome. Patient ist schon 
acht Wochen nach der Operation an rapide sich entwickelnden Metastasen 
in den retroperitonealen Drüsen zugrunde gegangen (Demonstration). 

b) Ein Cystadenom des Hodens, welches dadurch besonders 
bemerkenswerth ist, dass der Patient an cystischen Lungen¬ 
metastasen zugrunde gegangen ist. Der Fall beweist wiederum, 
dass bei Hodentumoren selbst die exacteste histologische Unter¬ 
suchung nur mit grösster Reserve für die Prognose quoad recid. 
verwerthet werden darf. Da bei der mikroskopischen Untersuchung 
keine sarkom- oder carcinomverdächtige Stellen nachzuweisen waren, 
so lag kein Grund vor, an der gutartigen Natur der Neubildung 
zu zweifeln: allein der klinische Verlauf entsprach dieser Annahme 
nicht. Patient wurde fünf Vierteljahre später wieder aufgenommen 
mit einem Pleuraexsudat. Das Exsudat war nur das erste Symptom 
eines sich entwickelnden Lungentumors, welchem auch der Patient 
erlegen ist. Die Autopsie ergab einen grossen Tumor im vorderen 
Mediastinalraum, welcher die Bronchien und die grossen Gefasse 
umwachsen hatte und welcher direkt in die rechte Lunge überging. 
Auch in diesem metastatiSehen Tumor liess sich nichts von Sarkom 
oder Carcinom nach weisen; wohl aber fanden sich die am Pnmär- 


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Mitrale, fühle man besser. ata man sin sehe, dooli sei nie M- f 
tbode für «0« beginnende hhneturintdung von WM!»; Herr i^sjun * 
v^unnit :.Hk-h fefthttetötiek;lj ih^ krhixip ite* ilussereir LlHic | 
»Xnniin SM- dern IdOHkörpot «rj <jin ftärorßta-» .tfnnh j 

inhivn, b«i w«itnm ilbnOt^nn; (Un 'lTret.hroskp.pie hat tlir vi,.; ( , 

piViin pirk; ■aüSSo.w*ipnl : ji« , -br, durch keine Mvtere- T.1ntp.ru\iQ.iiu^N. 
'nuiÖWdn z<> dftigöikfcistiE« und 

>lb dttrO» ‘die ph.ysloj^^lbn un«l'.iUjH tiiösap' 1 

sieh nennbemictj nmciuilHSi h^i Voribiituissn wodou Hör O'i-i-thr-; 



am 20 .fu-ni 1.804.- 

Vorsimüder: Hon* V irei»«^. . 

!. Her r ’ci : eho vv . ; Bomotistratiou der Präparate da* vor 
P rof, Weift' gekeütea und «pater geatorheue» PftUe« m 
darcinomai iary sijg*8\ b>u? Hr%a ni t« n«tMinrinum ßzr 

vmv IJOTtj Wi>U3 : mOn'hK-h der Ofc^nllrdmtt vori'tastOO ww»a'>. 




•. 


iinsOUtrbüc ‘sei; H) die Hililer durch die Aela^ni'uni?: der tdciOeiUciln 
aic nbiA AViöVd nfi vcrjffiijduint, rhauuke HMnn • ti-o ; 

d irr«'ii]niu:btct 'Worden, 4) der Ä#^J# laisrspinii^^ in feinem, ik^ 

!>r.imdir rninpUrirt uiid oit rnjmrntuchciliiraio: H«xi, 5)' dir lvdOu|>- 

{i»h<i- Oher fü hiinv s, in.vn könne fnü (hm amjrcsaifi^cu lusirn^ 
m‘aih‘n nie-10 miÄipiiKmd ^heu, Orh uicUt aube.'bt. halten hisse, j ,.; UH i ainTliadibtkm 
fKc durch inixbu'c gn-wmmftntiH Bihie.r seien vielmehr so Ihdstsbu'k. fahrende, ^ 


?!>i^rsliJd^ fahrend dif?. äffieirtpjf 

Vbilig- kkib^U' Avaren. jrc.r VoHi'a^b^ kjjfi- hh r'räparalcö Ter: 

i) diir SiXladd^e^e^rj mit druv ühnf-ert O'hOle- ibir Trachea. H»w 
ut 'kKinn -einer n^ucu Kruptic» wahrtörndinwu, ** iipsH'J . 

VoÜslhadiefO iie.lbuur. I v li in lind WiMCh<U 4 (Oiimrü sind t-rlirhci 



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dass iiuii.f die IrduHieh 'J>ct>iiirs sVnlit. Ahvii ddrSc nllerdui^ die 
yjnle dö? Ktk'iu11 n DßO'iUikkmt niehj/ zu weit stecken, wk JfwVf 
Ohe.f Mi n d n.' er: liftt'Whi/Ohitl'l thuo, hier ü'chc C« düreb di-> me- 
«ii;ni:st4>nn V..>v!iMtiii.v-.e ürnuxen, die jeduin VorseUcr ein 

thiii Piirhc und (ilniiz der LiretiirulsehliditihaiO; sind 

keine l'e>1 stehenden Orössnu. -andern hei voTSvbiedKiien VuiliVidOklir 
und bei tifiirOlmn Inditidmiü an O.nxejuWji Stcibm'.vcrs«:j'ue(ien iijrid 
be-ejniUtSKt durch d.cji ■ inM'duiuis.ebeu J’diVi t der .Eiufiihriifl^ - einrr 
stiuTeiv HrdifC. J‘^ werden sind» dnirii die IdusWc. Berühvung der 
IdarnpdbrpvrsOikiitibmtt nn entfcrtOcn Sb dien rcikOojtsa.-b.c 'Sliasineii ? 


111 / imuu * l%in 

von ßintifilüiiön TrO-ktu %alf u?id rlh? dikdi 
i vcrhpiHc (KdTimng, darauf in 

Trmdica. X*i.e "fem..rMsuicu Bym]dnlrasen uind gaict intnoi . 2H& 
dem öhcfbppen dur i’tmhb'ri but<e sobeu u-<dmm -rro-^CM Oc- 
cinninknotcn »nii fsnHüibrudcß (kn tieen. der mit dem'roi htrii Ihoii* 

< { 1 (j> in naher Ihr/.i'dunii: st?dil 5 in den kJftiUiß,• •'•i»öl,Ypß)UU , ti^ V" 
in -Mfc6:"• Im üii-ri^vii dki .Liiugpu |^U|t4;..' 


3) Am rechten tötr-rscbeiikel; dr«Ut tfutorhdlb fh-s Troehanrer fn»ü*;r 
eine bVti* hu- und um dieseHm eine grosse. fiiCilwrisr ^eriaOeiu 
K rcbsuinUhfc dnrrdi die Frn r.hvr erdriickf und zermalmk IX« M*- 
‘Mshtdcu- zeigen die din^(dr?ciHTjftcfitbv: alVe-ukiiT' krrl'sMijti 

....__ *. . . .- •• .Mt •• l^st '''4sri3aohI)ki<5u- Xindod'-- - *da^f.V;-ii* , otw»wo*^i l 1k J h-*' •_ 

mit. (huiundv bedid^tO’ Äikratinti der Oefä^sffiUUhi?j- *yio ’ bnf 'ÄiifnkOVM.. 'Kin 4«r UiigH 

dem Urmie des Glanzes und der 10uhoiivmdndcnui^ in det ihum- ! ,j f ., r :}U einer KlcHc mii d«ifi Hhmeiins iw,nUdiii:|i'f, bmrruao'veM 

nk «bk iundn.rOatinn Vun oben her tmiTasm-n; völleielit lud er h-m 
anOj, kmhprf dein Imdcutumlcr timfabg soldlossm 
äckifb rm xekttvi» Änföqgi v .o iur ^ftit jTiT 

sfdtn.hm; ; ,rj., • 


rbhvc Schlüsse /ioben, nie Herr tfberlftndrf thuk ist ddlmr 

!e dr-n!v!i: !i. Shsrkere LHsnuu-n wie bei dm- iVdeiuKis imicosac 
iindbrae sind bei jeder gutem BoleuehUmc <mi er km men und zi» 
bei ' /•nkwOlnw 13 t dHr?t‘ie:eb 

Kaum zu biiliuen, ihur Oberländer, jeyi amdv ein svwMOhchuK 
Gewicht aut das j»>k«wtio« der rfidihrcu hdiien. in <he ijiwy nur zu 
oft die nonnnl hesfidiejida-n Uin/rsfaiieu dun h einen nloht passeinicn 
r fnhHg umg*ewandelt svbrdmi. dvji a’ubuM vvfi wähibi> bd 



rhut, ist. vollends phantAPtisch. TidlV VeHiJUf'-ru 
bei normaler «berfldcbMchefi Sehi.ebtwi sinä Wdhs 


h'Cicey.e 


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runden der t'i'eüiru 
lhst?i f är-*Uindl ich d re- 

thresIcopOch meid, erkonnbar b'e.ruev sind dir. u.retiiroskupiiOdton 
UntnrHHMiujifidB Ith' die P-urs mriiild-afiatu-a uiid 
Nutzen bWuhond. weil bim die- Harnröhre st» te&t in ibidelUfh 
U’dfujub eiiiii'eb»‘tjjd. ind Bxlö ist, öuh** <ier cin^ctirürHe fuhus 
u»-^»-n diu weiii^ui- resi^unie VVünu stark, auvffdrüekf wird und 
Kyjierämir nnd KinsHilpuire, «jor SehlcurdtaUj in diu Tnljüxoffijmrg 
b*;\vifkh lleri Onsper swHI- |Viit> diesen I.hH-h^itnp-n aber die 

riiulit. pdi^n 
m sl.^ekcii. 


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ef. sind apeb ThOhi der iihn^'js & - 
l'c'i'pt 5 Vöf(ii<it, .aiidpl'ö. TUrik* d»*rdi• 


; köpfiifapö 

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bhiHdUrtiiiaifisü W Wfddd'llnXbb', 

'iX’MddFh^ v m.it" r efiHdPeA ..v.^^«r-v .-v\ st^» 1 . 

sind abefV wie-dus IbdpMräf.'zei'^.; rrbaiten ür?diuh»'ii, ln 1 
Falle war die . Kpt^Md iis' 
kalb deröelbd« 
frei. Hs 
di n V o r na 

. He.fr <(11 b .VVflllt; KFC HJttjiS, wmw 
ansidicdiiot'id ««nii qmm: %ti$iwä\ M0),c* -Mü n hu dtd-r ^vCi'i-i^Sxv^ft • 

m <l«r reviiten ObVnsic}i»iniebliH.t»bys»;, -Ävtgon Vx-ikr ; 

ivü; zur Zeit ; v«rrifpti'’ ins' •ICraukenhHHS; »uVm 



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28. Juni. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


53 


2. Herr Golebiewski: Ueber die Ausdehnungsfähigkeit 
des menschlichen Fusses (mit Demonstrationen). Der Herr 
Vortragende unterscheidet eine active und eine passive Ausdehnungs¬ 
fähigkeit; erstere entsteht durch Anspannung der Muskeln, letztere 
durch den Einfluss der Schwere. Ueber die letztere hat er Ver¬ 
suche angestellt, die sich auf die Veränderungen des Fusses bei 
frei hängender Stellung, beim Stehen und beim Schritt beziehen. 
Bei frei herabhängenden Beinen ist die Haltung des Fusses plantar- 
wärts nach vom gesenkt und Tiefstand des äusseren Fussrandes. 
Beim Aufsetzen des Fusses machen der Talus, das Os naviculare 
und die anderen Fussknochen eine Aussenrotation, wodurch eine 
Senkung des äusseren Fussrandes zustande kommt. Beim Schritt 
tritt Dorsalstellung mit Innenrotation des Fussrandes ein; zugleich 
wird der Fuss beim Stehen und Gehen etwas breiter und länger. 
Bei Belastung des Körpers bis zu 40 kg wird die Breite und 
Länge des Fusses nicht vergrössort, sondern sogar um ein kleines 
verkürzt, wohl eine Wirkung der angespannten Muskeln. Dass bei 
plötzlicher starker Dehnung des Fusses ein Riss des äusseren 
Randes eintreten kann, hat Herr Golebiewski in einem Falle ge¬ 
sehen. _ Max Salomon. 

III. Physiologische Gesellschaft in Berlin. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 11. Mai 1894. 

1. Herr Max Verworn berichtet über die polare Erregung 
der ZeUe durch den galvanischen Strom. Der Vortragende 
demonstrirt Versuche, aus welchen hervorgeht, dass einzellige 
Organismen durch den eonstanten Strom zu Bewegungen in ge¬ 
wissen Richtungen veranlasst werden. Diese Erscheinung ist von 
Verworn entdeckt und als „Galvanotropismus“ bezeichnet 
worden. Sie ist analog dem Heliotropismus und dem Chemotro¬ 
pismus. Die Paramaecien, an denen der Vortragende diese Er¬ 
scheinung vorführte, bewegen sich nach der Kathode zu („katho- 
discher Galvanotropismus“), andere (Opalina) gehen nach der Anode 
und endlich andere (Spirostomum) stellen sich transversal zur 
Stromesrichtung. Der kathodische Galvanotropismus beruht nach 
Ansicht des Vortragenden auf einer anodischen Schliessungs¬ 
zuckung und umgekehrt. Man bemerkt bei den Paramaecien eine 
Zusammenziehung des Protoplasmas an dem der Anode zugekehrten 
Körperende, bei übermaximaler Reizung durch den elektrischen 
Strom tritt eine Zerstörung des liier befindlichen Theils des Proto¬ 
plasmas ein. Ein analoges Verhalten ist bei anodisch oder 
transversal galvanotropischen Organismen bemerkbar. Herr 
Verworn erklärt die Erscheinung des Galvanotropismus bei Para- 
maecium durch eine einseitige Erregung des Wimperschlages. 

2. Herr Leon Lilienfeld: Ueber die Blutgerinnung. Die 
bisherigen Theorieen über die Blutgerinnung, nach welchen die 
Fibrinbildung durch Zusanimenwirkuug von Fibrinogen und Fibrin- 
ferment, mit oder ohne das Paraglobulin, vor sich gehen soll, sind 
nicht imstande, alle Erscheinungen zu erklären, welche bei der 
Blutgerinnung beobachtet werden. Besonders sind sie unzureichend 
bezüglich deijenigen Thatsachen, welche den Einfluss des Kalks 
auf das Zustandekommen des Fibrins erweisen. Der Vortragende 
leitet nun aus den bekannten Thatsachen und aus den von ihm 
in der chemischen Abtheilung des Physiologischen Instituts ange- 
stellten Untersuchungen eine neue Theorie der Blutgerinnung her, 
welche die heute bekannten Erscheinungen in ausreichender Weise 
erklärt. Nach den Versuchen des Vortragenden, welche seit ihrer 
vorläufigen Mittheilung in dieser Gesellschaft schon von Frederikse 
bestätigt worden sind, spaltet sich unter dem Einfluss von Säuren 
aus dem Fibrinogen eine neue Eiweisssubstanz, das „Thrombosin“ 
ab, welches die bemerkenswerte Eigenschaft besitzt, auf Zusatz 
von Clilorcalcium zu gerinnen. Das Gerinnsel verhält sich gerade 
wie Fibrin. Das Thrombosin kann aus dem Fibrinogen auch 
durch Nuclelnsäure gebildet werden (neben dem Thrombosin ent¬ 
steht aus Fibrinogen ein Körper von den Eigenschaften einer 
Alburaose). Im Aderlassblut tritt bekanntlich ein ausgedehnter 
Zerfall der Leukocyten und Blutplättchen ein, und unter den Zerfalls- 
producten beider befinden sich NucleYne und NueleYnsäuren. . Diese 
zerlegen das Fibrinogen unter Bildung von Thrombosin, und 
letzteres vereinigt sich mit den im Blut stets vorhandenen Kalk¬ 
salzen zu Fibrin. 

IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde 
in Königsberg i. Pr. 

Sitzung am 5., 19. Februar und 5. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Dohm; Schriftführer: Herr Nauwerck. 

1. Herr Seydel legt eine mehrfach zertrümmerte Hirnschale 
Vor, die auf ihrer Aussenfläche die ganz unverletzte Kopfhaut und 
Sehnenhaube, an ihrer Innenfläche die an einzelnen Stellen losge¬ 


rissene und hier auch wohl in Fetzen getrennte, aber doch ziemlich 
vollständige harte Hirnhaut erkennen lässt. Die Trennungsgrenze 
der die Hirnschale bedeckenden Stirnhaut zeigt einen vollständig 
glatten, wenig blutunterlaufenen, einer Schnittwunde ähnlichen 
Rand, die seitlichen und hinteren Ränder sind etwas unregelmässiger, 
zum Theil fetzig und mehr gequetscht. Interessant ist das Fehlen 
des oberen Theiles der linken Ohrmuschel, deren Rest dem mit der 
Schädelbasis verbundenen Gesichtstheile des Kopfes ansass. Die 
Schädelbasis war mehrfach zertrümmert, in derselben steckte ein 
4 cm langer Holzspahn. Vom Gehirn war weder an der Hirnschale 
noch an der Schädelbasis eine Spur zu finden; die Dura der letzteren 
fehlte grösstentheils. 

Derartige Trennungen des oberen Schädeltheils in seiner Con- 
tinuität mit den eigenthümlich scharfen Trennungsrändern der Haut 
werden gewöhnlich durch stumpfkantig wirkende, sehr bedeutende 
Gewalt, z. B. durch Ueberfahren mit Eisenbahnwagen, verursacht. 

Im vorliegenden Falle hat eine in dem Palmnicker Bernstein- 
Bergwerk eintretende Gasexplosion den Körper des Getödteten 
mit einer colossalen Gewalt von hinten nach vorn geschleudert; 
hierbei ist der Kopf mit der Stirn gegen die Kante eines oisernen 
Querträgers geworfen und der Schädeltheil abgeschlagen worden. 
Die Hirnmasse fand sich zum grössten Theil an der Decko des 
Schachtes. Ausserdem bestanden zweifellos intravital entstandene 
Rupturen des Herzens, der Leber, Nieren u. s. w., sowie compli- 
cirte Fracturen an Arm und Beinen. Diese sind nach Gasexplo¬ 
sionen mehrfach beobachtet worden und theils auf direkten Gas¬ 
druck, theils auf sonstige mechanische Insulte zurückzuführen. 
Interessant ist besonders die eigenthümliche Kopfverletzung. 

2. Herr Braun stellt zunächst einen Kranken mit einem spontan 
entstandenen, sodann einen zweiten mit einem traumatischen 
Aneurysma der Arteria subclavia (nach Stichverletzung) vor. 

8. Herr Nath: Ueber die in Ostpreussen zur Bekämpfung 
der asiatischen Cholera ergriffenen Maassregeln. (Ausführliche 
Veröffentlichung Vorbehalten.) 

4. Herr Jerosch stellt mehrere Kranke mit Caries des 
Mittelohres vor, die nach der Stacke’schen Methode operirt 
wurden. 

5. Herr Paul Samter: Ueber Alopecia areata. In der 
Poliklinik für Hautkrankheiten kamen im ersten Jahr 17 Fälle zur 
Beobachtung. In allen war das typische Bild vorhanden: isolirte, 
kahle Flecke mit nach aussen convexer Umgebung, normale Haut¬ 
beschaffenheit. Was die Ursache der Krankheit anlangt, so wurde 
dieselbe in einem Falle mit vorangegangener Gehirnentzündung, in 
einem anderen mit langdauernden Kopfschmerzen in Verbindung 
gebracht. In keinem Falle war in der Anamnese ein Anhalts¬ 
punkt zu finden, der auf eine Contagion hiugedeutet hätte. Somit 
sind alle beobachteten Fälle als rein neurotische aufzufasseu. 

Von französischen und deutschen Dermatologen werden in der 
Litteratur Fälle beschrieben, die eine Contagion mit Sicherheit be¬ 
weisen. Wir müssen daher eine Alopecia areata neurotic-a von 
einer Alopecia areata parasitaria unterscheiden. Klinische und 
anatomische Unterscheidungsmerkmale besitzen wir nicht. Prak¬ 
tisch wichtig erscheint es mithin, in jedem Falle an eine Contagion 
zu denken. 

Die Behandlung mit dem faradischen Strom, die in der Poli¬ 
klinik viele Wochen lang in Anwendung kam, hatte negative Re¬ 
sultate. Dagegen trat nach Anwendung einer 10°/oigen Chrysaro- 
binsalbe oft eine schnellere Regeneration der Haare ein. Von 
Wichtigkeit ist die Prophylaxe. Mehr als bisher müsste besonders 
auf die Hygiene der Friseur- und Barbierstuben Werth gelegt 
werden. 

6. Herr Podack berichtet (unter Vorweisung von mikro¬ 
skopischen Präparaten, Culturen und bei Kaninchen experimentell 
erzeugten Pseudomembranen) über zwei Fälle von Masem- 
diphtherie, die im letzten Winter in der Klinik des Herrn Prof. 
Lichtheim zur Beobachtung kamen. 

Im ersten Falle wurden in einem Strichpräparate von der 
Pseudomembran aus dem Kehlkopfe neben Streptococcen Bacillen 
gefunden, die vollkommen den Klebs-Löffler’schen Diphtherie¬ 
bacillen glichen. 

Im zweiten Falle wurden ebenfalls in der Pseudomembran aus 
dem Kehlkopfe neben Streptococcen Bacillen gefunden, die morpho¬ 
logisch, culturell und biologisch vollkommen mit den Klebs- 
Löffler’sohen Diphtheriebacillen übereinstimmten. Dieselben Ba¬ 
cillen konnten neben Streptococcen auch im Eiter einer gleich¬ 
zeitig bestehenden Mittelohrentzündung sowohl mikroskopisch, als 
auch durch Cultur und Thierversuch nachgewiesen werden. 

An der Discussion betheiligen sich die Herren Berthold, 
Czaplewski und der Vortragende. 

7. Herr Kuhnt: Ueber den Zusammenhang zwischen 
den igHrranlciiTig en der Nase und des Auges. (Der Vortrag 
ist an anderem Orte veröffentlicht.) 


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Original fro-m 

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ÄSSÄ'NS - BELLA GTS DER OTDICrmSCrtEW WOGICENSCHRTTT. 


SUzuaw am ■%■: A i»ri! 1H|)4. 

YuiWd’mior Um* Wallenburg; - BidmftftibrfeF: ifecr JS r a«' j. 
wo r«*k. I 

L Herr Hnvnt^ lieber - die' Behandlung der K.npöh$!p* j 
bruch& j-niit Kra^itv<3nv«vr kU'!JU« i. iWr Q*p*~. ! 

v«*rtuij»it hxirL imheer als nlkv früheren Vhrbilüikt «Rai g( , bru*:'ii<HiPP j 
Kuoeheit aber er fisirt ehe»*»» >m«rh>»< U die mmle-hm f ««mi \ 

;Uij? •£ < r#i>&yr ’Fodiler,’-ihnm . wuiib der Tvfr(iu!n i .»iRrütR Holm» 

l.mge g«:b.*»it bk kaüii «ior Kruuke da*’ iiöift nioiJt'^toui'he«.. weil' 
die Ih^wStüuRin Saknon und. Gelenk«-' von der Uuigen Rub,<* 
geworden.jHiiil. Wenn man von fjw« a&f tlmuvrcn FLmßi.rtg Wufo 
uh>l (Unü IhnViProii ilud uiübt «Hbwflivdslrcip.n Li e r irinftü 
Vei-lmiul*’ :»b v »HiL m» w<;r«icti auch bei a-iInn-den jetzt «af de); 
Tn^rhOi tlTtpjij^ k Lobenden Heb v erb;tnd»u« djeHelnohe uobe- 
woe-lieh IVs) oe-toill y r-hul I nt: der Krank« macht sich Bo- 
VfiMiu.ü, jU:r dir* HeJehke werden trotzdem sielt, Wohn man »iclit : 
inijm.w -hm Ver Hund Uhi»ohmü?i und einen neuen' machen will. 
Andon- hnorziiwon hingegen die ; . Mmüsago derart, sie den 

Kr-Mikms drei Würben im .ücm bewra lasswb* mir; Un? ihm räglh h 
d;»?■•• uv.i,n>oi«i:i!«* Uuiu. ;hik: Verbände Zu heben und za ; 

mujadidn und di«? Holvhke hpwgen zu könne« Las bt aber für 
•loi! Ki'HUkfii 1 * 1111 « Lbnihoei. und ihr den irehi'ocheneij Kmichn» eine 
h-ielil «(«dilhrliche • BP»niViiiiig-ur»g.- Viel w i«• L»iuer als die 
M a> b üfci 1 ist • W Ihr dir. 'VV'idHüjleniiiji der «pHfureir üblen 
Fojge?u tl-tss nom dir M%lu;bkmi. bat. dje'Oo|f'hh v e von Zeit an 
Zeit /.!i können,' ohne »lass mftu de« Verbund 

a Lu i !vtin t. Diese Md'jjieiikeit hiotot dm- vom BrayDz demonslriide 
A'-.rbaud. Dntersidhmkel- rijul pdUtritirkUtirpLitr, siml 

oi.uz.iiln aUgi'h/gL und'doMi hup'.tr.Vh'kLi'-odof angiüeiude. Üandoisen- 
streifen lekt, <wh IvMif hdubiif verlnunlU«. Ihn Einlaß des 

am die Fu.ss*oh> g»'h«mb:.n SLdgbügßL 1.>h'k«?;- aus mit di r ilaml 
Arm !-ic*({Ui «u Idegbaroiii üandebn« liegen mit den Ewllüi der beiden 
^oRKrhun •' .iVntiavxdrf^ik^dito^ -in cunem idutaejmu !.8ö^|(dji*n 

Riinr, in Webdonn .sie ben b zwei S*dirajibei! bist. em.Kfuler 

iredrii‘.ikf erlndn«« v/onjen;. Man lirauebt nur die. H« : htudb.en zu 
h^stt uml *ie<« Ivhig zu yerottbiebeii, um den FubS im .Uidohk i>e- 

hol.ig' buwoweu ■.'•«« konViej}. Lbouso kiom man oipe Kniogidenk- 

veUhind'jnu' lt«‘Vs(tdl'U:. brtuibz bjmVlU sieh i-n f s e h ie ü on 
duifir U (I s., dass «na u einstweilen, die Stütze zum (roken. 
'•<ni dem eigentliehpr» V*Vid.:u»d,' tjnnnea s«» ii, um nicht nn 
sc. unvidlkorjönone und getÜbidhdU/:-81 ütxvorMndm wie es der ein- 
Liehe Gypsverband ist, uu^obhhr'iclj Isohe AnfortlerUngun stniien zu 
tru'iiS. ii. Reium im .Sunimm- hat Hraaiz nu« h diesem in der 

r!esclii«;iite der G«diverb'iude ät.tumi 1‘rineij) bebamlc-lt. lue «^vstert 
liiid bis sieben Tue«*, liegt der Kranke mit uiner kAjrsbinde im 
Hrtt, duni) sieht et auf. .ZlMiV •ller.ujiigielien bekommt or vor 
Atiei, Iltngon K riieken, unter ITnsiänd'uj di«; Tb.om a-x.Vjrhe 
Srhiem-, zuutfil »it der von Braut/, schon früher vorblTemih hier, 
Muditlcathm attb Ti>1 »^grajihi' 11 divibtim null Wassevgfh^d'indnf), Man 
kann luituds einer Spjinriinanbohotto mit dem .B raa t / 'scheu. Ver¬ 
bände umh s<d»r gute LxtunsLon ausiiben, ganz itt llck^ing“scher 
Manier, «Smvtdd zur 11erstellung der eifonJumi (1 yu^kapsei . Wfl zu 
dm tjvpsscliimieM brUmt.zt. Brautz oin <iev;ehe, »)a,^ die Tuptodim- 
bmm T(ilsif.-rn dar ‘Mobei als Zwis«'henfut.tfij’ fa:mut,/en, FurtuhÜDfU, 
IfmiHiun ei... genannt. Es ist dies«: beRtimmiu Arr. Zeug viel 
-WHte«- «l* IRW frtrhw von Br.aa.tz efuMruhhum Trittot mid köfiTat 
2b l'Üumig }«hv Meb;r, Braatz demonstkiH eine ganze ‘Sammlung 
' r, ü Sutdomm Und Hiilben, uni zu zeigen, ein wie vorzüdlb hns «. ä ,,i 
vielseilio bniiuddatres Materbd ijjewo;- .y.i-ug für db> Fiiieturbe- 
ltamliung dar>teilt., ijepn wie die G,y pSs-uh i »’ne für die unt’en? 
Fx I reniilfH der beste provisori«rbr Verha'inl ist;, bü hie 
i iir Armb.rrlehe dop beste den d it.jvo VerbaYid; die Gvj».s- 
sehiene. diu «ich mit Furndeiinui iifigunimn JoiVht und iiiflig her- . 
sUdkm lltssti, si«>b der eebrmdnmun Es r rem i Bit in w Fi uh cm Ziutande 
atjsnlut individuell Hnsejueicgl und. bie naeli «bmi ErbaruMi i?» ie«1er 
beliebigtüt BtnjhiUg sh-.bur Hxirt, j^fc sümmfcliclimi. toi%M 
tiauhen B^dihmen iiw :Golz, Blech. e|.t\, bei \vr I cheu - sich ti nütokubvt 
d^ Glied der Schiene ai oominudiren muss, weitaus übeiiegeir Be- 
solid et* s trikt dienen lud der Behandlung dev EfUichentVactnr hervor, 
liier fiat Brnntz üUtÄpveeheud der UVborlegnpheit rier (i^psznHg- 
.-'•bien«; übel die t» f vjisbazifstdiieuß am b eine rnt,sj>rüi.be.nd einfacher^ 
L-embiimthm v«m volarer und dnrsiUev Sidiiene* 5 benutzt Znm 
brhiusv wmf. Br;» atz «In rauf hin, wie wich big dys von ihm vor- 
gef .1 hlngeue V »u , )m.n«jsidn?trnt) aijuh für die Kriugschiriirgi^ sei*. 

■ ■ : r b in« heehrüche grosse 

1 ‘ : . ohiuugen von Lnrcov, 


für ein XhHiidnrnt in dcu P^yeiiuf>ätholfigi<i. Die Littwatiu iflmv 
dihshn f b‘i>'enstund ist, nicht nur theoretisch nrm, ‘sondern gewahrt 
Utudi «n- der ziem lieh reichen GaAUist ik mir ulwrfUiclilieTu» An.e 
khirmig. lüfteh Ilenapitulatio.n der über die, änsserrm Hcthmg^ 
fnnnen bekannten Thalaaehen (krif.i«ehu mlor JDhkiliu lleiiuüL* ]»• 
om-f; der Zeitdauer, Heilung durch sogenannte Henetion, ITcüüug 
»nittois Bemissioiien, Heilung vor öder nafch'«otnatiseher HtstiuiUuu 
e^iürttieli püuh sthnali^Ghor Hrsididpfüngsporiodm vmr5üchV:. 
trugehdej zur Idideitung iu eine Sofie von ihm ImobüdiMcr fi«'i- 
lun^Vtirg4qg« Vinn ge^visse- Ößsetzinässigkcit irn xmfMgn Ahfftuf 

wobei «r hoac^erW ojd dH 
vbh K rüdvFiTtü i«itgethrülten Krfahnmgnn 

11 Zurrst' schwindet, wenn sie vorhanden war, dm Yerwirrm 
l»eU • iuiUA oder ziemJieb woitgeltemb so das? dem IGtSeider« fjt}.. 
g«'\vissc ode? mieh voHstftndige Örientiruug über die UnigrleHer 
. mugfich wird. Er nimmt mm wahr, wa« um ihn voreeti, enlirT 
diemi W-thrmdiniungon und yerarheltot also schoiv ciiugc iTDg: 
Elemonb« mit. «lern Material meiner Haibnnmjtinnen, ?vnjud,!«;i:M ucJ 
seiner Aufregung. Darauf fangen 2} tiie bisiier «ohr : gelHetprL:4in 
und reichlichen Ha-'ij.n ei Nationen an, zunuchst von diverinat'r.i 
. tivhii ripwait und «Tun ihrer MasHenimftiglctdt eiöziibtikttmi. \V>«v- 
der Kranke nun nicht mehr gJänlu'g auf s»>me Biunt^f4usclvang>u 
achtot,. sü k:um er, während sie verblasst «och tm'Uluuefty dm-« 
trot z aller Aufregung' 0} ^dron vifd unffiwtÖfter' tUMR' 

. EinIIus« auf scim* Erfahr»iugme einriim«eu ; seine AValinidenn m 
bczweifelii und zu cmmgyrcU nufungoii ; 4) htsst die iiodehleil»<mik 
(h'iiifit hson «'i> u tig imd. Agit'djon idlmüldi« li jmeh. uiub t»nilli«Ji 
folgen, wenn di«? 'KriinkhoitBO»nsicht, nicht, schon ?ub 3 die 'Stoib’ 
der Wahnideen oingunommou hat, 5) Kmnkliedi,sbe\vusstseü» find 
SiJiwuml der Labilität d«*a gotnütkjich>n tHe'ihhgewi«d»G 
J ihiFrn Gang der Epeaghiasu kiwih tRÄh juaküSik fik 

’ ul-lti -lAsvc-lmsdu. aumduftpu, wudehe. mit einer Gmnn<hs»h.e» , mion ein* 
setzen »also »nr Melaucholio, Manie,. «Jeprö.ä'slVoft' "Waiintitml «ü«4 
mit . »hu. Verwirrtbrdi- &nwisscrni«ias.$cu, iHü Akhm- errt'ivlu>n. Ehr 
•sie rmsjirivhf, fu »imgekehrtcr Folge der Fu , «obo’jm}ngc*ii t -Er KnT- 
lub!ufigsj«ro«:öst? dein !L'kraüküugs[ir»M *>.ss, J»Hloch wird das Sclirnu v . 
noch •Ergüriznn^n. zu erfahren imbeu. \\h schon fölgemUr fjälb' 
fibrigeim rmc icariuib von HoUmtgsvorgaug, b'lifoil kann. 

Eine bT jfi.li rigo, erhibh ülcht'hfd)^ mich sohsf iiicM. ffrSili^nidc 
sehr, krrdljge ockynbetf i«f«*kf_ 

Todivi iics Wug«-har , em-.u ;:>yc\x .drei Wt*ch«;u post jinrUmi ßelerk't an 
AlobuudU»}]«' mü WahnidaCU der' Selhstlu'ücliuldigun??.- Nacli ciu.u de 
m>>»od!ir!>nr Ei'HUkhcitÄo>U-. wovon düvloizteii vier Monate in der-An$t»H 
veviii-Mchf sin»), ohuö dass <l>r Ztisbmd ein«) Xhiwcvung•'erfuhr, wirnk l':i 
ti.aum. naohdom sic noch am- Togo «morn vhüig umhundnilisdien 
| sf bHchi'ui. fätÄ; : wäiüKgid d«?n darant folgenden iNk$d. bluie jed*« ctkeiiabart 
L vs .rhu AU)lig. ges»!j)d t Sic fühlte Vom AhemL ur» die ganze Nackt hin- 
«hirch ihr«; sidiwerou Gedimkcn ahrollnU wm von einem KnainL -M 
ci.. Uorperlioiies Gr fühl 1 ', auch wich »Irr Ihmuk von itirmn .Herzen* 
tim»in halte am M«»rgen rjarauf vOlHir»- Kr:»iik1ü?itsei»ismht ninl (nd.il'. 
und Lt Ui siefmo Jalrrou nir.ld recidivtrt. 

M r "Bebrkg’ung «jur ihtolltgubtuu Pathmtin uud. H’k »«- 
I; Anal ( vse db's L» 1 cs ergieht sich rmben der Kiohfä^teit doü v/fran* 
gos«?bi«?kfoh Scltema^ lur die Zßitfolgc der äusseren E'Mieinttö^cn 
tmnüoch- «{•»»> T hatsmebe, »las«, ein NacliJfe^. 4er G«anüthsh»'iimmyiü? 

(4. lTui.se) iu lat.ontim Ä\>iuo 5 <*lwtL während «ler b. mal d 
«i at thulHui '.niubö, indem die.Dchundbukoib« in welcher dk LeA- 
«(ihür»v Von der FiHilspbüm auf- der .Höhe dor MoUnt’Rolfe 
| wird-; uiplV luckurf : > Der HSdcaTalfvo Zwang Hört. 

He»iAnketr rulleüf atj- wie vun Rluem Knftnel und SC'-. 

: hdlVme)y detii idß^iS&i^sea, zur Auflidumg - ’T 'N^h- 

idecu. Her N;uhlA^s div>;<T Gobumkmlmit wäre ms«; cum 
»li’K Nuchitmmw der GomiUhsotrogmig. . 

•*. H.'- tttyx-' 55|>bY|i»^. ]Bixtsci!2 : iiiilr.uiig dflt* müüreu - 
öuohuri^ ln döi Gnbarbs&iUfe <S^bjamtaetipr^rifi)' ' 

1 wm««cht die inoorc Uütweüdmug bis md die F«t^ iSt f 
| des Arzte* a\> hesi ftrünken und setzt du Bfcull»'.-derselbe» d»«- 
i UbllkidU.miituiE der üu^oron UntiirsueliduX. 


. : \yt^ */& imfjWf 


viöcxv Üv*V. k\- 4Ieilu&g»vorg(ing© 

hm, dji^s <> an oioev. 

Aftd. VedbuHivunA- -L)üU.fiug^turgäugfi 


' Hückl.jbliiijgapporijKÄ^' 


obÜ Hsilkunde in Bonn. 

ftUsEitng lUh Td. Februar l^H., 

Au»rsitziuider: Herr Binzd LThrillHbhrer: Hm*» T rj{ „. 

t. Herr VrrjDifdr. ^ur Topogniphie dfiH eUsWuca . 
WPÖ68 

2,' f.T 'j-r Drospr: ööberdto Beeinflussung deeLieli'»'^ 

durch Sks^ßhnin. Diit^r Diuhk-;ion vergTehuti 5yu' hii ■ * ^ 

«ilp; Fühiglvmt,. Jit«;litfiTf{\iitit,ä tuu' uder fhtußditäU 4 , *. 
iutder zu «miersehmdö/i. .l»»Tsei h'Af Versumm 

gcmischttüM wvisuom Lmhi, sundon« uni spectrur , m(1 {,: 

und zwar mit Ludrt nu* der f log-öftd der Lauen U • 








28. Juni. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MED1CINISCHFN WOCHENSCHRIFT. 


55 


mittels des Hüfner’schen Spectrophotometers ausgeführt, wobei 
polarisirtes Licht auf die Netzhaut einwirkt. Bezüglich der Be¬ 
rechnung der Lichtstärken und der Versuchsanordnung verweist 
Dreser auf seinen inzwischen im Archiv f. exp. Pathol. und 
Pharmakologie, 33. Bd., Heft 2 u. 3, erschienenen Aufsatz mit gleich¬ 
lautendem Titel, wo sich auch die tabellarische Zusammenstellung 
der im normalen Zustand und im strychninisirten Zustand für die 
Unterschiedsempfindlichkeit ermittelten Werthe findet. Das Strycli- 
ninnitrat, in die Schläfegegend subcutan zu 2,5—4,0 mg iojicirt, 
verschärfte die Unterschiedsempfindlichkeit besonders für die 
schwachen Lichtreize, und zwar am stärksten bei der Untersuchung 
im blauen Licht; diese günstige Wirkung des Strychnins hielt 
noch über 24 Stunden an. 

Aus seinen zahlreichen Vorversuchen im physiologischen Zu¬ 
stand hebt Dreser noch hervor, dass die Gültigkeit des Weber- 
schen Gesetzes, wonach das Verhältniss von Reizzuwachs zur Reiz- 
stärke constanfc sein soll, nur innerhalb relativ enger Grenzen gilt, 
da sowohl für schwache Lichtreize wie für starke Lichtreizo die 
zum Zustandekommen eines Empfindungsunterschiedes nöthigen 
Reizzuwachsverhältnisse wieder erheblicher werden, als sie bei 
mittleren Lichtstärken gefunden waren. 

Dreser erwähnt noch, dass er bei seinen zahlreichen messen¬ 
den Versuchen bei der am Spectrophotometer allein möglichen 
Reizung der Netzhaut mit monochromatischem Licht zu der Ueber- 
zeugung gelangt sei, dass die Intensitäts- oder Helligkeitsunter¬ 
schiede gewissermaassen unabhängig von der jeweiligen Farben¬ 
empfindung wahrgenommen werden, ein Verhältniss, das besonders 
die von W. Wundt aufgestellte „Stufentheorie“ der Lichtempfin¬ 
dungen betont, wonach mit jeder chromatischen zugleich eine 
achromatische Reizung verbunden ist; die chromatische ist von der 
Wellenlänge, die achromatische von der Amplitude der Schwin¬ 
gungen abhängig. 

Discussion: Ungar, Samelson, Peters, Binz, Droser. 

3. Herr Schmidt: Zur Kenntniss des Magen- und Darm¬ 
schleimes. Bei der Erforschung der Magenkrankheiten hat man 
in den letzten Jahren fast ausschliesslich die chemischen Functionen 
berücksichtigt. Dem gegenüber sind die mikroskopischen Unter¬ 
suchungen sehr vernachlässigt worden. Die Arbeiten von Ja- 
worski, des einzigen, der sich mit der mikroskopischen Unter¬ 
suchung des Magenschleimes befasst hat, liegen weit zurück. Eben¬ 
sowenig hat man bisher der chemischen Untersuchung des Magen- 
und Darmschleimes Beachtung geschenkt. 

Die Schwierigkeiten der chemischen Untersuchung liegen 
hauptsächlich an dem Mangel an geeignetem Material; sie be¬ 
schränkten sich deshalb auf die Enteritis membranacea. Der Vor¬ 
tragende hat ausser bei dieser Krankheit auch bei einigen anderen 
Krankheiten den Schleim des Darmes und des Magens chemisch 
untersuchen können, und zwar nach dem von Salkowski vor¬ 
geschriebenen Verfahren. Er konnte in mehreren Fällen den 
schleimbildenden Körper rein darstellen und nachweisen, dass der¬ 
selbe beim Kochen mit verdünnten Säuren ein Glykosid abspaltet. 
Ueber den Phosphorgehalt Hess sich nichts eruiren, wegen der zu 
geringen Menge des Materials. 

Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser schleimbildende Körper zu 
den echten Mucinen gehört, wurde noch durch die Farbenreactionen 
vergrössert. Nach den Untersuchungen des Vortragenden und 
Lilienfeld’s kann man Eiweissstoffe, Nu deine und Mucine an der 
Färbung, welche sie in einem neutralen Farbstoffgemisch (Ehrlich- 
sche Triacidlösung, Benda’sches Safranin-Lichtgrüngemisch) an¬ 
nehmen, erkennen. Der Magen- und Darmschleim gab nun stets 
die für das Mucin charakteristischen Färbungen (grün im Ehrlich¬ 
sehen, grün im Benda’schen Gemisch). 

Vortragender geht weiter auf die Gewinnung des Magen¬ 
schleimes bei den Magenausspülungen ein. Man muss hierbei sehr 
vorsichtig verfahren, um die fremden Schleimbestandtheile (Mund-, 
Rachen-, Larynxschleim) zu entfernen. 

Die Menge des Schleimes ist im gesunden Magen sohr gering, 
bei den Krankheitszuständen sehr verschieden gross, am grössten 
bei der acuten Gastritis und beim Carcinom. Es hängt das ausser 
von der Natur des Processes von dem HCl-Gehalt des Magensaftes 
ab. Denn der Schleim wird im Magensaft gelöst und verdaut, und 
zwar, wie eine Anzahl Versuche zeigen, um so schneller, je grösser 
— innerhalb gewisser Grenzen — der HCl-Gehalt ist. 

Die Menge des Magenschleims lässt unter Umständen schon 
einen gewissen Rückschluss auf die Natur des pathologischen Pro¬ 
cesses zu. Mehr noch gilt das für die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Magenschleimes. Dieselbe lässt zunächst erkennen, 
ob das Magensecret verdauungstüchtig ist oder nicht. Im letzteren 
Falle sind die Leukocyten und die Elemente der Magenwand gut 
erhalten, ihr Protoplasma nicht verdaut; im ersteren Falle erkennt 
man nur Kerne. Aus der Anordnung der letzteren kann man einen 
Rückschluss auf die Herkunft der zugehörigen Zellen machen. 


Ganz besonders gilt das für die Leukocyten, da deren Kerne im 
Magenschleim ganz charakteristische Formen zeigen. 

Die Menge dieser Kerne ist unter Umständen von Bedeutung 
Finden sich z. B. in verschiedenen Präparaten des Magenschleimes 
grosse. Massen dieser Korne, so kann man auf eine organische 
Affection sehUesson, da im gesunden Magen stets nur wenige 
Leukocytenkerne gefunden werden. Dies wird auch bestätigt 
durch die mikroskopische Untersuchung normaler und patho¬ 
logischer Magenschleimhäute. 

4. Herr Loo berichtet über eine Typhusendemie, welche 
sich im Laufe der letzten 8—14 Tage in einem hiesigen Hause 
gezeigt hat. Bisher sind daselbst acht sichere Fälle von Ileo- 
typhus constatirt worden, die zum Theil einen schweren Verlauf 
genommen haben. Als Infectionsträger ist auch hier wieder das 
Trinkwasser zu beschuldigen. Dafür spricht vor aUem der Um¬ 
stand, dass das betreffende Haus, im Gegensatz zu den Nachbar¬ 
häusern, keinen Anschluss an die städtische Wasserleitung hat. 
Der Bedarf an Wasser wird gedeckt durch eine im Hofe befindliche 
Pumpe, in deren Nähe sich eino Senkgrube befindet. Der Kirch¬ 
hof, dem das Haus unmittelbar anliegt, kommt schon aus dem 
Grunde zweifellos nicht in Betracht, weil er nur noch selten zur 
Beerdigung benutzt wird. 

Die von Leo sofort vorgenommene bacteriologische Unter¬ 
suchung des Wassers ist negativ ausgefallen, insofern als es nicht 
gelungen ist, Typhusbacillen nachzuweisen. Dieses Ergebniss ist 
nicht auffallend und spricht keineswegs gegen die Annahme, dass 
das Wasser der Infectionsträger sei, da es bekanntlich erst in 
wenigen Fällen überhaupt gelungen ist, don Typhusbacillus im 
Wasser nachzuweisen. Dass das Wasser den an ein gutes Trink¬ 
wasser zu stellenden Anforderungen nicht genügt, geht übrigens 
schon aus dem Umstand hervor, dass die Zahl der in einem Cubik- 
centimeter enthaltenen Keime (240) die normale Grenze über¬ 
schreitet. 

Auffallend ist, dass die Erkrankten fast sämmtlich Kinder im 
Alter von 4—15 Jahren sind, während von den 17 erwachsenen 
Bewohnern des Hauses, denen auch kein anderes Trinkwasser zur 
Verfügung stand, nur ein Mädchen im Alter von 17 Jahren von 
der Krankheit betroffen wurde. 

Wenn auch die früher allgemeine Annahme, wonach Kinder 
nur ausnahmsweise an Ileotyphus erkranken sollten, gegenwärtig 
sicher keine Anhänger mehr hat, sondern vielmehr feststeht, dass 
Kinder obenso häufig erkranken wie Erwachsene, so kann doch 
von einer besonderen Disposition ersterer nicht die Rede sein. 
Höchstens könnte man etwa in dieser Beziehung an die mangel¬ 
haftere Salzsäureproduction und deshalb geringere Schutzwehr 
des kindlichen Magens gegenüber der Invasion von Typhusbacillen 
denken. Aber diese besteht vorwiegend bei Säuglingen, die sicher¬ 
lich nur selten an Typhus erkranken, während der Säuregehalt 
bei älteren Kindern sich kaum von dem bei Erwachsenen unter¬ 
scheidet. 

Im vorliegenden Falle scheint der Grund, weshalb die Er¬ 
wachsenen von der Krankheit fast ganz verschont blieben, einfach 
in dem Umstand zu liegen, dass sie, wie Leo übereinstimmend 
berichtet wurde, im Gegensatz zu den Kindern so gut wie kein 
unverarbeitetes Wasser, sondern nur Bier und Kaffee getrunken 
haben. 

SchliessHch sei noch besonders hervorgehoben, dass nach ein- 
gezogonen Erkundigungen zur Zeit in Bonn kein weiterer Fall von 
Ileotyphus besteht. 

Discussion: Ungar, Schultzc, Köstor, Oobocko, Schmitz, Leo. 

5. Herr Schultze: Ein Fall von ausgebreitetem Muskel¬ 
wogen (Myokymie). Im Herbst 1893 wurde ein 21 jähriger junger 
Mann aus der Nähe von Bonn in die medicinische KUnik auf¬ 
genommen, welcher angab, dass er, nachdem er längere Zeit 
Lasten getragen habe, Müdigkeit, Zittern und schmerzhafte Waden¬ 
krämpfe bekommen habe. Dieser Zustand zwang ihn zur Bettruhe, 
welche er auch in der Klinik noch wochenlang innehielt. 

Es zeigte sich, dass zeitweilig starke Spasmen in den Waden, 
gelegentlich auch fibrilläre Zuckungen, dann aber continuirliches, 
tagelang dauerndes Wogen der Muskulatur auftrat, und zwar 
in beiden Gastrocnemii, in den beiden Adductoren der Oberschenkel, 
weniger stark in den Quadricipites. Auch in der Schulter- und 
Oberarmmuskulatur bestanden zeitweise fibrilläre Zuckungen. Will 
man diese eigentümliche, wochenlang andauernde Veränderung 
nach dem hervorstechendsten Symptom benennen, so muss man von 
Myokymie (xvfia, die Welle) sprechen. Dieses Wogen bestand 
wochenlang. 

An das Bestehen einer amyotrophischen Lateralsklerose war 
nicht zu denken; die Muskeln waren sehr gut entwickelt und 
nirgends atrophisch; auch verhielten sich die Patellarreflexe und 
die sonstigen Sehnenreflexe ganz normal; die ersteren waren höchstens 
schwächer. 


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56 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Ko. 7 


Eine Neuritis und besonders eine Alkoholneuritis, bei welcher 
ja gelegentlich eine solche Muskelunruhe Vorkommen kann, lag 
ebenfalls nicht vor; es fehlte jeder Nervendruckschmerz, jede Herab¬ 
setzung der elektrischen Erregbarkeit: ausserdem hatte der Kranke 
keinen Tremor oder Yomitus matutinus. Er leugnete auch, grössere 
Mengen von Alkohol gewohnheitsmässig genossen zu haben. 
Weiterhin konnte man an Tetanie denken; indessen kommt diese 
Erkrankung hier fast gar nicht vor, tritt ausserdem gewöhnlich 
zuerst in den Armen auf und geht mit dem Trousseau’schen 
Symptom und mit gesteigerter mechanischer Erregbarkeit einher, 
welche Erscheinungen bei unserem Kranken fehlten. Es ergab sich 
allerdings bei der elektrischen Untersuchung, dass bei Reizung der 
Wadenmuskeln mit dom faradischen Strome, nicht aber mit dem 
galvanischen eine lange Zeit nachdauerndo tonische Contraction er¬ 
zeugt werden konnte, so dass man auch an die Thomsen’sche 
Krankheit denken konnte. 

Indessen fehlten für diese wieder sonstige Erscheinungen, be¬ 
sonders das eigenthümliche Verhalten der Muskeln bei galvanischer 
Reizung, das Vorhandensein der Dellenbildung, das Gefühl von 
Steifigkeit beim Beginn von Bewegungen u. s. w. Immerhin ist 
eine gewisse Annäherung an das Symptomenbild vorhanden. Schliess¬ 
lich kommt ein solches Wogen vorübergehend vor bei Neurasthenie, 
besonders nach Traumen und wenn die Kranken längere Zeit der 
Kälto ausgesetzt sind, aber dann doch niemals so stark und so an¬ 
haltend wie in unserem Falle; überdies hatte ein Trauma im eigent¬ 
lichen Sinne nicht eingewirkt, so dass mithin ein eigenthümliches 
und, wie es scheint, seltenes Krankheitsbild vorlag, welches dadurch 
noch complicirter wurde, dass sich an den unteren Extremitäten 
dauernd eine starke Schweissbildung einstelltc, selbst bei einer 
mittleren Zimmertemperatur von 15 0 C, auch wenn der Kranke 
längere Zeit entblösst dalag. 

Ausser der angegebenen Gelegenheitsursache, nämlich der 
körperlichen Ueberanstrengung, konnte eine Ursache im eigentlichen 
Sinne nicht vorgefunden werden. Auffallend war allerdings das 
Bestehen von starken Venenektasieen an der inneren Seite der 
Unter- und Oberschenkel, welche durch Circulationsstörungen viel¬ 
leicht zu solchen „Krämpfen“ führen könnten. Indessen habe ich 
bisher vergebens in der Litteratur nach dem Zustandekommen 
solcher „Motilitätsstörungen durch Krampfadern“ gefahndet, und 
auch Herr College Trendelenburg hat mir auf Befragen mit- 
getheilt, dass er derartige Erscheinungen bei Varicen der Schenkel¬ 
venen bisher nicht wahrgenommen habe. 

Ueber den Verlauf der Erkrankung ist zu bemerken, dass die¬ 
selbe im Verlaufe mehrerer Monate allmählich abklang, dass aber 
der Patient bei seiner Entlassung doch nicht als geheilt zu be¬ 
trachten war. 

Die Therapie bestand darin, dass wir dom Kranken lange Zeit 
hindurch Bettruhe verordneten und ihm warme Bäder gaben; er 
behauptete aber, dass nach solcher Wärmeanwendung noch oft 
eigenthümliche Parästhesieen in den Unterschenkeln hinzukämen 
und er sich nach ihnen nicht besser fühle. 

Nachtrag: Der Zustand des Kranken hat sich im Monat 
März, trotzdem wieder körperliche Arbeit verrichtet wird, allmäh¬ 
lich so weit gebessert, dass nur noch fibrilläre Zuckungen in den 
genannten, auch jetzt sehr gut entwickelten Muskeln zu bemerken 
sind. Spasmen fehlen jetzt völlig. 


VI. Medicinisclie Gesellschaft in Giessen. 

Sitzung am 14. November 1893. 

Vorsitzender: Herr Löhlein; Schriftführer: Herr Poppert. 

1. Herr Bon net spricht über die morphologische Bedeu¬ 
tung der Milchorgane in normaler und anormaler Zahl. (Der 
Vortrag ist anderweitig veröffentlicht.) 

Discussion: Gaffky, Bonnet und Löhloin. 

2. Herr Steinbrügge berichtet über 3000 auf der Giessener 
Ohrenklinik behandelte Ohren- und Nasenkranke. Die Zahl 
der Ohrenkranken männlichen Geschlechtes verhielt sich zu der¬ 
jenigen weiblichen Geschlechtes wie 13:7. Die Mehrzahl der Er¬ 
krankungen fiel in dio Periode vom 1. bis zum 20. Lebensjahre. 
Vortragender giebt eine Uebersicht über die nach den anatomischen 
Abschnitten des Gehörorgans geordneten Erkrankungen. Bei Auf¬ 
zählung der Mittelohrentzündungen hatte sich ein auffallendes 
Missverhältnis zwischen den auf die Klinik gelangten acuten und 
den meist arg vernachlässigten chronischen Affectionen heraus¬ 
gestellt. Letztere überwogen die ersteren um das siebenfache 
Vortragender folgert daraus, dass die Behandlung der acuten 
Mittelohrerkrankungen zumeist in das Gebiet der praktischen 
Aerztc, viel seltener in dasjenige der otiatrischen Specialisten 
lall e. Da nun ei ne sorgfältige und zweckmässige Be¬ 


handlung gerade der acuten Mittelohrerkrankungen für 
die ganze Zukunft der Betroffenen von grösster Wichtig. 

keit, für das Lebensglück derselben und vielleicht auch 
ihrer Nachkommen geradezu entscheidend sei, so muss 
immer wieder auf die dringende NothWendigkeit einer 
genügenden otiatrischen Schulung sämmtlicherMedicin- 
Studirenden hingewiesen werden. 

Auch bei Gelegenheit der Besprechung von Unfallverletzungen, 
welche letztere nicht selten Affectionen des Gehörlabyrinthes im 
Gefolge haben, weist Vortragender auf die schweren Nachtheile 
hin, welche den Verletzten durch Gutachten von Aerzten, denen 
die Ohrenheilkunde fremd ist, zugefügt werden können. (Die 
Einzelheiten des Berichtes eigenen sich nicht zu einem Referate 
für diese Wochenschrift.) 


Sitzung am 5. December 1893. 

Vorsitzender: Herr Löhlein; Schriftführer: Herr Poppert 

1. Herr Kutscher: Ein Beitrag zur Kenntnis der den 
Choleravibrionen ähnlichen Wasserbacterien. (Der Vortrag 
ist in No. 49 des vor. Jahrganges dieser Wochenschrift abgedruckt.) 

2. Herr Vossius demonstrirt a) einen 17jährigen Barbier- 
gehülfen, bei welchem sich im Anschluss an einen Stoss gegen 
die Regio infraorbitalis eine vollständige Ophthalmoplegia totalis 
entwickelte, die sich im weiteren Verlauf der klinischen Beob¬ 
achtung beinahe ganz zurückbildete. 

b) Einen 58 jährigen Lohmüller, dem wegen eines vom rechten 
Siebbein in die Orbita wuchernden Sarkoms die Exenteratio 
orbitae gemacht und die ganze mediale und der grösste Theil der 
unteren knöchernen Wand der Orbita entfernt war. Bei dem Pa¬ 
tienten Hessen sich die Bewegungen des weichen Gaumens und des 
Pharynx sehr deutlich übersehen. 

c) Einen 60jährigen Bauer mit einem über die Cornea vom 
Limbus aus gewucherten Sarkom. (Eine ausführliche Beschreibung 
der drei Fälle wird an anderem Orte erfolgen.) 


Sitzung am 30. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr Löh lein; Schriftführer: Herr Poppert, 

1. Herr Nieser zeigt einen Apparat zur photographischen 
Darstellung grosser mikroskopischer Präparate in Lupen- 
vergrösserungen, welchen er sich Juni letzten Jahres mit Be¬ 
nutzung des E ding er’sehen Zeichen apparates in Marburg zu- 
sammengestellt hat und mit dem es ihm gelungen ist, grössere 
mikroskopische Präparate in bis jetzt nicht erreichten Vergrösse¬ 
rungen — von 2—40 fach — photographisch darzustellen. Als 
Beleg für seine Ausführungen legt er eine Anzahl Photogramme 
vor, die von ihm mit dem Apparat gemacht sind. 

2. Herr Otto demonstrirt den von Hess angegebenen Ap¬ 

parat zur Skiaskopie, erläutert diese Methode der Refractions- 
bestimmung und berichtet über die damit seit einigen Monaten in 
der Augenklinik gemachten Erfahrungen. Er fasst dieselben m 
folgendem zusammen: Die Skiaskopie giebt bei geringeren Graden 
von Refractionsanomalieen Resultate, die ebenso genau sind wie 
die bei der Untersuchung im aufrechten Bilde. Für Fälle von 
Astigmatismus und für höhere Grade von Hyperopie, sowie für 
mittlere und höhere Grade von Myopie giebt sie exactere Resultate 
als jene Methode. Eine künstliche Mydriasis und Accomniodations- 
lähmung ist bei beiden Methoden in gleicherweise für viele nie 
sehr wünschenswert!!, für manche sogar unerlässlich. Trow* 
obengenannten Vorzuges der Skiaskopie vor der anderen Methode, 
wird die letztere durch dieselbe doch nur ergänzt und nicht erse * 
werden können, denn zu einer genauen Augenuntersuchung gv 
doch immer ausser der Refractionsbestimmung eine ophthaimi 
skopische Untersuchung der Einzelheiten des Hintergrundes, 
zwar specioll auch eine solche im aufrechten Bilde, weil diese 
Vortheil sehr starker Vergrösserung bietet. . 

3. Herr Löhlein: Ueber Schwangerschaft im ve 
flxirten Uterus. (Der Vortrag ist in No. 11 dieser '* oc 
schrift veröffentlicht.) 


Sitzung am 20. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Löh lein; Schriftführer: Herr F°P^ 

1. Herr Strauss berichtet über eine Magenvergift 1111 ® 

Blei. . «a. 

2. Herr Osswald: Ueber cyclische Albuminurie xma " 

phritis. (Die Mittheilung ist in der Zeitschrift für klini 
dicin erschienen.) ^ ., T «hlein. 

Discussion: Frees, Baiser, Markwald, Osswald, . j. 

3. Herr Bostroem zeigt ein Präparat von einem 
sehen Divertikel. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


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Donnerstag 


12. Juli 1894. 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 

INHALT. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin, Sitzung am 4. Juni 1894: 
Jl o s e n h e i m, Zur Diagnose der Pyloriistumoren.—Treitel, Sigmatismus 
nasalis. Discussion: Scliwabach, Goldscheidor, Treitel. — Katz, 
Präparate dos Gehörorgans. — Discussion Goldscheider, Chirurgie 
der Rückenraarkskrankheiten: Leyden, Eulenburg, Goldscheider. 

II. Berliner medicinische Gesellschaft, Sitzung am 27. Juni 1894 : 
Virchow, Myositis ossificans universalis. Discussion: Ger’ 
hardt, v. Noorden, Senator, Th. Weyl, Virchow. — Katz, 
Antitoxinbehandlung der Diphtherie. 

III. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 8. Januar 1894: 
J. Wolff, a) Pseudarthrose des Unterschenkels; b) Habituelle Subluxatio 
praesteraalis der Clavicula. 

IV. Verein fllr wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr., 

Sitzung am 16. April 1894: Laser, Einfluss der Citronensäure auf den 
Diphtheriebaeillug. — Magnus, Fall von Wurmabscess. 

V. Internationaler medicinischer Congress in Rom. Chirurgische 
Section: Championni^re, Klinische Studien über 64 Fälle von 
Schädeltrepanation. — Mac Ewon, Aetiologie der Gehirnabscesse. — 


L Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 4. Juni 1894. 

Vorsitzender: Herr A. Fraenkel; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird vorgelesen und an¬ 
genommen. 

1. Herr Th. Rosenheim (vor der Tagesordnung): Zur Dia¬ 
gnose der Pylorustumoren. (Die Mittheilung wird in dieser 
Wochenschrift erfolgen.) 

2. Herr Treitel (vor der Tagesordnung): Ein Pall von 
Sigmatismus nasalis. M. H.! Ich erlaube mir Ihnen diese Dame 
von 28 Jahren wegen ihrer eigenthümlichen Sprache vorzustellen. 
Wie Sie hören, ist nur die Aussprache des S und Sch gestört, 
indem diese Laute durch einen Nasenhauch ersetzt werden, während 
alle anderen Laute rein sind. Einerseits ist es zu verwundern, 
dass die Untersuchung keine Abnormität der Nase und des Halses 
ergiebt, welche die nasale Aussprache des S und Sch erklärt. 
Andererseits konnte man auch eine solche kaum erwarten, da andere 
Laute, bei welchen der Abschluss des Rachens von der Nase ein 
festerer sein muss als beim S, vollkommen rein sind, da ferner 
Flüssigkeit beim Schlucken nicht durch die Nase kommt. Diese 
eigenthümliche Sprachstörung (Sigmatismus oder Parasigmatismus 
nasalis) besteht nach Angabe der ganz intelligenten Mutter seit 
frühester Jugend in dieser isolirten Störung des S und Sch. In 
der Verwandtschaft sind keine psychischen oder sprachlichen 
Störungen vorhanden. Die Geburt war normal, das Kind begann 
ziemlich rechtzeitig zu laufen und zu sprechen, höchstens drei 
Monate später als normal. Von Kinderkrankheiten machte es nur 
die Masern durch, die ohne Folgen verliefen. Wie ist dieser 
Sprachfehler zu erklären? Nach meiner Ansicht nur psychisch. 
Die Patientin hat, wie die Mutter angiebt, sich in der Schule nicht , 
auf der Höhe der Intelligenz befunden, sie war besonders im 
Kopfrechnen schwach, und auch später sei sie in ihrer geistigen 
Entwickelung langsam vorgeschritten. Bei mir verräth sich die 
Imbecillität der Dame besonders durch ihr unmotivirtes Lachen. 
Nun sind Sprachstörungen bei geistig Minderwertigen häufiger als 
bei normalen Menschen. Ausserdem besitzt das S eine acustische 
Verwandtschaft mit den Hauchlauten, wie z. B. manche Kinder 
hek statt kex sagen, selbst dem Spracharzte ist es oft schwer, den 
Nasenhauch eines Menschen mit Wohlsprachen von einem wirklichen 
S zu unterscheiden. Dazu kommt noch, dass Patientin in ihrer 
Jugend mit einer Dame im Hause wohnte, welche nach Angabe der 
Mutter nasal sprach. Fasst man alle diese Momente zusammen, so 
dürfte man diesen Sprachfehler durch Nachahmung entstanden 
denken, und sein Fortbestehen wurde durch Gewohnheit und geistige 
Imbecillität verursacht. 

Discussion. Herr Schwabäch: Die Patientin zeigt die Symptome 
des Sigmatismus resp. Parasigmatismus, einer Sprachstörung, wie sie gar 
nicht selten bei Leuten vorkommt, die an Zahndefecten leiden, und auch 
bei Kindern, die mit Affectionen des Nasenrachenraumes behaftet sind. 
Schon Kuss maul hat diesen Sprachfehler genau beschrieben. Ich selbst 
habe verschiedene solche Fälle gesehen, habe aber niemals constatiren 
können, dass derartige Kinder geistig weniger entwickelt waren als andere 


Masse, Chirurgische Bedeutung der Localisation in der Gehirnrinde, 
— Lavista, Gehirngeschwülste und ihre Behandlung. — Postempsky. 
Ueber Gehirnchirurgie. — Caselli, Temporäre Resection der Wirbel¬ 
bogen. — König, Pathologische Geschichte der Gelenktuborkulose. — 
Rosenberger, Prophylaktische Entfernung des Wurmfortsatzes. — 
Sonnenburg, Pathologie und Therapie der Perityphlitis. — Robson, 
Chirurgie der Gallenblase und der Gallengänge. — Kümmell, Die 
radicale Heilung der Porityphlitis. — Murphy, Enteroanastomose. — 
P6an, Transversale Nephrectomie. — Berruco, Echinoeoccencysten. — 
May dl, Blasenectopie. — Fabricius, Radicaloperation von Crural- 
hernien. — Harrison, Perineale Lithotripsie. — Schjerning, Kriegs¬ 
chirurgische Bedeutung der neuen Handfeuerwaffen. — Noble-Smith, 
Chirurgische Behandlung der Torticollis spastica. — Herczel. Rhino¬ 
plastik. — Rossi, Chondrome der Knochen. — Pawlowsky, a) Milz¬ 
brandbehandlung; b) Einfluss ausgebreiteter Verbrennungen auf den 
Organismus; c) Behandlung der Peritonealtuberkulose. — Bloch, Extra¬ 
abdominale Cholecystotomie. — Hoffa, Operative Behandlung der an¬ 
geborenen Hüftgelenksverronkungen. — Kirmisson, Operation der 
angeborenen Hüftluxationen. 


ihres Alters. Die Sprachstörung lässt sich leicht heben, wenn zunächst 
die Fehler an den Zähnen beseitigt werden, eventuell die hypertrophische 
Rachenmandel exstirpirt wird, alsdann Sprachübungen von sachkundiger 
Seite angestellt wenden. Ich habe in letzter Zeit Herrn Gutzmann 
mehrere Fälle zugewiesen, und diese sind in vier bis fünf Wochen so ge¬ 
bessert worden, dass man absolut nichts mehr von der früheren Sprach¬ 
störung hören kann. 

Herr Gold sch ei der: Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, 
dass das stumme S und die anderen Reibungslaute ohne Stimme und mit 
geöffneter Stimmritze gesprochen werden. Hierbei ist der Hauch stärker 
als bei den Lauten, die mit geschlossener Stimmritze gesprochen werden. 
Es wäre vielleicht möglich, dass dadurch der Helleicht nicht ganz suffi- 
ciente Gaumenverschluss gesprengt würde. Man müsste deshalb fest¬ 
stellen, ob das S nur bei der stimmlosen Aussprache nasal gesprochen wird 
oder auch hei der tönenden Aussprache, denn das macht einen erheblichen 
Unterschied. Man sieht bei Curven von Nasallauten, dass die Laute, die 
mit geöffneter Stimmritze gesprochen werden, einen grösseren Hauch zeigen. 
Ich werde auf die Vermuthung, dass es sich so verhält, gebracht, weil 
nach meinem Ohr die Patientin auch hei „Asche 4 * deutlich nasal sprach, 
also einem ohne Stimme gesprochenen Zischlaut. Ich würde Herrn Collegen 
Treitel anheimstellen, bei dem interessanten Fall einmal nachzusehen, oh 
sich nicht schliesslich, wenn er Nasencurven aufnimmt, Manometerröhren 
in die Nase einführt, bei allen ohne Stimme gesprochenen Lauten 
ein Ausschlag ergiebt. 

Herr Treitel: Ich habe vorhin zu erwähnen vergessen, wie ich 
Herrn Goldscheider gegenüber bemerke, dass bei dem tönenden S der 
Nasallaut geringer, beim Ch garnicht vorhanden ist. Herr Schwabach 
ist eigentlich garnicht auf meine Ausführungen eingegangen. Einen Fa\l 
von gewöhnlichem Sigmatismus hätte ich mir nicht dieser Gesellschaft 
vorzustellen erlaubt, dazu ist derselbe viel zu häufig, als dass ihn nicht 
jeder kennte. Hier aber liegt ein Fall von Sigmatismus nasalis vor, und 
dieser ist sehr selten. 

Herr Schwabach: Auf den Ersatz des S und Sch durch einen 
Nasallaut hat Kussmaul ebenfalls schon aufmerksam gemacht. Als Bei¬ 
spiel führt er die Worte „Gnöne Gnwester“ — Schöne fechwester an. 

3. Herr L. Katz: Ueber transparente makroskopisch© 
Präparate des ganzen Gehörorgans (mit Demonstration). Die 
Methode, nach welcher die vorgelegten Präparate hergestellt sind, 
habe ich bereits im 84. Band des Archivs für Ohrenheilkunde be¬ 
schrieben. Da ich aber bis jetzt keine Gelegenheit hatte, die dies¬ 
bezüglichen Objecte einem grösseren Kreise von Collegen zu zeigen 
und ich ausserdem in der letzten Zeit eine Reihe von Verbesserungen 
gefunden habe, so nehme ich Veranlassung, an dieser Stelle den 
Gegenstand noch einmal zu erörtern und Ihnen die entsprechenden 
Demonstrationen zu machen. Sie alle wissen, dass es von jeher 
das Bestreben der Anatomen, Physiologen und Ohrenärzte gewesen 
ist, das Studium des sehr verwickelten Baues des Gehörorgans 
durch Abbildungen, Modelle, Macerationspräparate, Cor rosionsprä¬ 
parate, Durchschnitte u. s. w. zu erleichtern, und es lässt sich 
nicht leugnen, dass tvir im Laufe der Jahre eine Reihe sehr m- 
structiver, wenn auch nicht immer sehr leicht fasslicher Hülfs- 
mittel für Lehrzwecke gewonnen haben. Wer auf dem 
internationalen medicinischen Congress die grossartige, dahin¬ 
gehende Ausstellung von Politzer gesehen hat, wird erstaunt ge¬ 
wesen sein über den Fleiss und Eifer, mit dem an der Herstellung 
derartiger Objecte von wissenschaftlicher Seite gearbeitet wird. 
Nicht allein der complicirto Bau des Organes, nicht die wunderbare 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDlClNlSCBEN “WOCHENSCHRIFT, 


: No: 8 


physikalische Einrichtung desselben rechtfertigen diesen Eifer, son¬ 
dern derartige Objecte haben auch einen grossen praktischen Werth 
in einer Zeit, wo die Otochirurgie einen früher nie geahnten Auf¬ 
schwung genommen hat. Der Arzt, der eine Paracentese des 
Trommelfells oder die Aufmeisselung des Warzenfortsatzes oder die 
Herausnahme der Gehörknöchelchen u. s. w. vornimmt, muss auf 
das genaueste informirt sein über die feineren topographisch- 
anatomischen Verhältnisse des Schläfenbeins. Er muss z. B. ganz 
genau topographisch den Verlauf des Nervus facialis innerhalb des 
Schläfenbeins keimen, die Lage der halbzirkelförmigen Canäle, des 
Sinus transversus der mittleren Schädelgrube u. s. w.; denn bei 
Operationen auf diesem engen und duuklen Gebiet kommt es nicht 
selten auf Entfernungen von 1—2 mm sehr an, und der Arzt kann 
bei mangelhafter Vorsicht oder mangelhafter Kenntniss in der 
Sache den betreffenden Patienten durch einen einzigen Meissei¬ 
schlag nicht allein dauernd in seiner Hörfähigkeit oder im Ge¬ 
brauch der vom Nervus facialis versorgten Muskeln schädigen, 
sondern er kann ihn durch Verletzung des Sinus transversus oder 
der Dura mater in Lebensgefahr bringen. Es so*.te überhaupt nie¬ 
mals Vorkommen, dass ein Chirurg ohne ganz genaue Kenntniss 
der topographisch-anatomischen Verhältnisse des Schläfenbeins, 
nur im Vertrauen auf die Antiseptik oder Tamponade sich an 
jede Ohrenoperation heran wagt. Es kommen gewiss nicht selten 
Fälle vor, wo durch unvorsichtiges Operiren bei der Aufmeisselung 
der Sinus transversus verletzt wird; der letztere hat übrigens oft 
einen abnormen Verlauf, und dadurch ist es ja erklärlich, dass man ihn 
leichtverletzt. Mir antwortete vor mehreren Jahren ein Chirurg, als 
ich ihm rieth, die Eröffnungspforte des Warzenfortsatzes wegen 
etwaiger Läsion des Sinus transversus nicht zu weit von der 
hinteren Wand des äusseren Gehörganges anzulegen: „Wenn ich 
ihn verletze, so tamponire ich ihn mit Jodoformgaze, und dann 
heilt er wieder zu.“ Das kommt ja glücklicherweise oft vor; aber 
es können auch bekanntlich Phlebitis oder Lufteintritt in die Vene 
oder andere bedenkliche Erscheinungen dadurch eintreten. — 

Man kann das Schläfenbein studiren sowohl am macerirten durch¬ 
sägten, wie am nicht durchsägten Knochen. Sie alle wissen, dass 
man dadurch trotz Zuhülfenahme von anatomischen Lehrbüchern 
keine klaren und in unserem Gedächtniss haftenden Vorstellungen 
von den feineren anatomischen Verhältnissen bekommt. Man kann 
sich ferner Informationen holen durch Präparation des nicht ma¬ 
cerirten feuchten Schläfenbeins. Derartige Operationen werden aber 
auf den anatomischen Sälen verhältnissmässig selten geübt, wegen 
der Schwierigkeit der Technik. Sehr instructiv sind Ausgüsse 
mit Celloidin oder Wood’schem Metall, ferner die Präparate, die 
man gewinnt, wenn man das knöcherne Labyrinth aus der 
Felsenbeinpyramide herausmeisselt. Besonders hat Politzer 
mit grosser Geschicklichkeit viele derartige Präparate hergestellt 
und sie auf dem hiesigen internationalen Congress ausgestellt. Bei 
Neugeborenen ist es ziemlich leicht möglich, das knöcherne Laby¬ 
rinth aus der Felsenbeinpyramide herauszumeisseln, weil da die 
Felsenbeinpyramide noch spongiöser Natur ist. Auch entwickelungs¬ 
geschichtlich besitzt das knöcherne Labyrinth eine gewisse Selbst¬ 
ständigkeit. Ich muss bei dieser Gelegenheit kurz und ganz ober¬ 
flächlich auf das Verhältniss des knöchernen Labyrinths zum 
membrauösen Labyrinth eingehen, weil meine hier ausgestellten 
Präparate gerade das membranöse Labyrinth, in dem ja die 
Verzweigungen des Nervus acusticus und der Endapparat des 
Acusticus sich finden, im Gegensatz zu den früheren Methoden in 
überraschend klarer Weise zur Anschauung bringen. Das knöcherne 
Labyrinth verhält sich zum häutigen Labyrinth ungefähr wie ein 
Futteral zu seinem Inhalt, d. h. w r enn es ziemlich genau nach 
diesem gearbeitet ist, und wenn der Inhalt an einzelnen Stellen 
mit dem Futteral in Verbindung ist. Das häutige Labyrinth ist 
mit Endolymphe gefüllt und flottirt theilweise in den Räumen des 
knöchernen Labyrinths, welche die Perilymphe enthalten. Das 
häutige Labyrinth hat also drei Umhüllungen: erstens eine flüssige 
Kapsel, die Perilymphe, dann eine knöcherne Kapsel, die äusserst 
hart ist, und die Hyrtl Lamina vitrea nennt, und drittens das 
Knochengewebe der Felsenbeinpyramide. Die Natur hat diese 
dreifache Einhüllung wohlweislich hergestellt; denn hätten wir 
nicht diese ausserordentlich vorsichtige Einpackung des membra- 
nösen Labyrinths, dieses äusserst zarten und das Endorgan des 
Aeustious tragenden Gebildes, so würden wir durch die Geräusche 
detr ganz benachbarten mächtigen Carotis interna in unerträglicher 
Weise belästigt werden, und es w'ürde früher oder später durch 
Uefoerreizung zu einer Lähmung des Acusticus kommen müssen. 
Also in acusti8ch-physiologisch er Hinsicht ist diese dreifache Ver¬ 
packung ausserordentlich wichtig, aber auch in pathologisch-ana¬ 
tomischer Hinsicht ist sie es. Die ganz naheliegende Paukenhöhle 
erkrankt bekanntlich sehr häufig, besonders im Kindesalter, wie 
iei<eht könnten-entzündliche Processe auf das so zart gebildete Cor- 
taacbe örga» übergehen? Hätten wir diese; Einhüllung des mem¬ 


branösen Labyrinths nicht, so würden wahrscheinlich % der 
Menschen schon in der Jugend vollständig taub werden. 

Ich selbst habe nun vor mehreren Jahren eine Methode ange* 
w )ben, wie man das häutige Labyrinth auch ganz isolirt darstellen 
kann, und zwar gelingt das verhältnismässig leicht bei. älteren 
Spirituspräparaten, w t o durch den Alkohol die Bindegewebssubstanz 
des häutigen Labyrinths sehr gut fixirt werden kann. Wenn man 
solche Präparate nachher in Salzsäure von 15% Lösung entkalkt 
und nach etwa zwei bis drei Tagen, zu dieser Salzsäurelösung noch 
eine Quantität Salpetersäure (ca. 15 ccm uuf. 100 ccm) hmzusetzt, 
so wird der umgebende Knochen - so macerirt, dass es dann , in 
Wasser gut gelingt, das häutige Labyrinth mit der Nadel heraus- 
zupräpariren. So giebt es noch eine Reihe von Mitteln und Wegen, 
die dazu dienen sollen, dem Studirenden das Studium des sehr 
verwickelten Baues des Gehörganges zu erleichtern. 

Ich gehe nun über zu der Methode, die ich hier angewandt habe. 
Es liegt auf der Hand, dass es das zweckmässigste wäre und 
dass wir die besten Anschauungen von allen Partieen des Gehör¬ 
organs bekommen würden, wenn es gelänge, das Schläfenbein in 
toto oder wenigstens in wesentlichen Stücken durchsichtig zu 
machen. Wir brauchten dann nicht erst, wie etwa durch mikro¬ 
skopische Serien schnitte oder durch Ausgusspräparate oder durch 
allerhand Durchschnitte, uns das anatomische Bild im Geiste zu 
construiren, sondern wir hätten dann in einem Stück jedes Gebilde, 
wie es unter natürlichen Verhältnissen im Schläfenbein liegt, so¬ 
fort vor Augen. Diese Ueberlegung hat mich zu diesen Versuchen 
geführt. Sie werden bei der Betrachtung dieser Präparate sehen, 
dass es uns nicht allein möglich ist, die Paukenhöhle mit ihrem 
gesammten Inhalt, sondern auch das so tief liegende und so schwer 
darstellbare membranöse Labyrinth zu klarer Anschauung zu 
bringen. Ich benutzte zu diesen Versuchen Schläfenbeine, welche 
ich circa vier bis sechs Wochen in Chromessigsäure und in Osmium¬ 
säure brachte (0,25 Acid. chromic.; 0,5 Eisessig; 0,25 Osmium¬ 
säure auf 100,0 Aqua). Dadurch werden die Nerven nach einiger 
Zeit ziemlich intensiv und markant blaugrün gefärbt, und das hat 
einen grossen Vortheil, weil man sich dadurch viel besser orientiren 
kann. Wenn man dann die gehärteten Präparate auswäscht und 
in circa 20procentige Salpetersäure bringt, so sind sie nach circa 
14 Tagen entkalkt. Ich habe früher Salzsäure mit Chlorpalladium 
genommen, habe mich aber überzeugt, dass diese Entkalkungs¬ 
flüssigkeit die markante grüne Färbung der Nerven etwas ab¬ 
schwächt, ich verwende daher jetzt nur Salpetersäure. Sind 
die Präparate entkalkt, so wasche ich sie wieder aus und bringe 
sie für einige Zeit in 90proeentigen Spiritus und nachher in ab¬ 
soluten Alkohol, d. h. vorher schneide ich die wesentlichen 
Stücke heraus, die ein acustisches Interesse bieten, also Trommel¬ 
fell mit Gehörknöcheln, Hammer, Ambos und Kuppelraum u. s. w., 
in der zweiten Hälfte liegt das ganze Labyrinth mit den hal- 
zirkelförmigen Canälen, dem Vorhof, der Schnecke und dem iseivus 
acusticus etc. Zu bemerken ist, dass alles Unnöthige, besonders 
der Duraüberzug vom Knochen entfernt werden muss, weil 
die Transparenz schädigt. Die Methode ist also sehr einfach, un 
jeder Studirende, der einen histologischen Cursus gehabt na 
dem bekannt ist, wie man erhärtet und entkalkt, kann sie e 
ausführen. Wenn die Präparate drei bis vier Tage m * bs0 Y u ,, 
Alkohol gelegen haben, bringe ich sie für 24 Stunden in y » 
und dies hat die ausgezeichnete Eigenschaft, dass es den nn 
vollständig durchsichtig macht. Wenn es also nun 
membranöse Labyrinth erst in vorzüglicher Weise zu cons » 
nachher den Knochen gut zu entkalken und dann m gr u ® . 
Weise das Präparat mit Xylol zu durchtränken, so bekommi 
es vollständig durchsichtig. Die Objecte dürfen wegen P 
Lupenbetrachtung zweckmässiger Weise nicht dicker a > 
aber beliebig lang resp. breit sein. Ich habe nun uj ® , 

Zeit diese Labyrinthpräparate in der Weise modi , 
ich eine ganz distincte Osmiumsäurefärbung der Nerven _ . . 

des membranösen Labyrinths erreicht habe. Wenn ic . 

den Steigbügel herausnehme und eine solche fr^he ... j urc h 
Pyramide in Osmiumsäure bringe, so dringt die Flüssig^ 
das ovale Fenster mit Leichtigkeit in den Vorhol _ a |j e 
Schneckenwindungen hinein und färbt in distincter 
nervösen Elemente. . Steig* 

Handelt es sich um einen pathologischen hall, halbzirkel- 
bügel zu erhalten ist, so kann man durch den 
förmigen Canal die Osmiumsäure inpciren. Es is . 
man die Osmiumsäure primär auf die frischen . . ^yuct, 
Schnecken bringt. Diese Osmiumsäurefärbung ist -®Lw e -fast 
dass ein derartiges Präparat besonders für. Stu 
idealen Ansprüchen entspricht. ^ ~ , • der -flr e fch- 

. College Benda hat vorgoschlagen, W r ^ x V\ npn Das ka» 11 
gebilde durch lOprocentige Salpetersäure voraune L** gefunden 

man auch: nachdem die primäre Osnuumfäifr!»& & 


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12. Juli. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


59 


hat, kann man die Felsenbeinpyramide in lOprocentige Salpeter¬ 
säure und nachher in doppeltchromsaures Kali bringen, und man 
erreicht dasselbe in Bezug auf diese makroskopische Betrachtung. 

Um nun diese Präparate einer möglichst günstigen Unter¬ 
suchung zu unterwerfen, ist es nothwendig, dass man 6ie in der¬ 
artige Behälter (Glaszellen) bringt, wie sie hier von Warmbrunn, 
Quilite & Co. angefertigt sind; dazu eignen sich flache Glaskästchen 
mit plan-parallelen Wänden. Die Zelle besteht aus einer kreis¬ 
förmig ausgebohrten, 8—15 mm dicken quadratischen Spiegelglas¬ 
plätte von 40—55 mm Seitenrand, die auf eine dflnne Spiegelglas- 
piatte aufgeklebt ist. Als Deckplatte dient ein nicht zu schwaches 
Deckglas. Die Zellen Werden nun in hinreichender Weise mit 
Canadabalsam gefüllt, die Präparate hineingelegt und mit dem 
Deckglas bei Vermeidung von Luftblasen verschlossen. Nach ein 
bis zwei Tagen ist das Deckglas durch den Balsam an die Zelle 
festgeklebt und bleibt fest, wenn es nicht der Wärme ausgesetzt 
ist: Ueberraschend übersichtliche Bilder erhält man, wenn man 
die so verschlossenen Präparate unter eine geeignete Lupenver- 
grösserung (4—5malig) bringt. 

Ich schliesse mit den Worten vonHyrtl, die er vor 30 Jahren 
gesprochen und die noch heute ihre Berechtigung haben: w Vergeb¬ 
liche Mühe ist es, sich über den Bau des Labyrinths sowie seiner 
einzelnen Abtheilungen durch Lectüre anatomischer Schriften, und 
seien es auch die umständlichsten und genauesten, einen Begriff 
zu machen. Um diesen zu erhalten, muss man selbst Hand an- 
legen und sich in der technischen Bearbeitung dieses so über¬ 
raschend schönen Baues versuchen.“ 

4. Discussion über den Vortrag des Herrn Goldscheider: 
Chirurgie der Bückenmarkskrankheiten. 

Herr Leyden: Das Referat des Herrn Goldscheider war so voll¬ 
ständig und übersichtlich, dass noch kaum etwas besonderes hinzugefügt 
werden kann. Ich gestatte mir nur einige wenige Worte: Erstens möchte 
ich bemerken, dass die Fälle von Rückenmarksoperationen inzwischen 
wieder um einen vermehrt werden sind. In der letzten Nummer der 
Münchener medicinischen Wochenschrift finde ich einen Fall von operativ 
behandelter Rückenmarksgeschwulst, Krankengeschichte von Sänger, 
Operation von Prof. F. Krause, vorgetragen im ärztlichen Verein in 
Hamburg. Es ist ein Fall von Tumor, die Diagnose war auf Rttckenmarks- 
tumor gestellt und hat sich bei der Operation bestätigt, der Tumor wurde 
entfernt. Die Chancen der Operation werden durch diesen Fall nicht ver¬ 
bessert.. denn Patientin ist am vierten Tage nach der Operation gestorben. 
Die Rückenmarkstumoren würden den Glanzpunkt der Rückenmarkschirurgie 
bilden, wenn die Diagnostik sicherer wäre, als sie in der That ist. Der Herr 
Vortragende hat sehr richtig hervorgehoben, dass die Operation gerade der 
Rückenmarkstumoren eine verhältnissmässig günstige Aussicht geben würde. 
Aehnliche Betrachtungen habe ich auch schon angestellt, als ich die Rücken- 
markstumoren in meiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten abhandelte. *) 
Dort ist ein (letal verlaufenener) Fall von Rückenmarkstumor abgebildet (ich 
reiche die Abbildung desselben herum), welchen ich in der Klinik vorgestellt 
und diagnosticirt hatte. Ich konnte einigermaassen stolz darauf sein. 
Aber — wenige Monate später kam ein zweiter Fall zur Autopsie, bei 
dem ich — durch den ersten Erfolg kühn gemacht — die gleiche Diagnose 
gestellt hatte. Diesmal aber traf sie nicht zu, es handelte sich um eine 
Sklerose der Rückenmarks. Diese Erzählung aus meiner Erfahrung soll ver¬ 
anschaulichen, wie schwierig und unsicher die Diagnose der spinalen 
Tumoren ist. Daher können die Herren Chirurgen mit Recht stolz sein, 
wenn sie einen Rückenmarkstumor mit solcher Sicherheit diagnosticirt 
haben, dass er operirt werden konnte. 

Herr Eulenburg: Bei dem von Herrn Leyden erwähnten Falle 
Von Saenger und Krause floss während der Operation eine ungow r öhnlich 
grosse Menge von Cerebrospinalflüssigkeit aus. Der Operirte starb am 
vierten Tage darauf unter fortschreitendem Collaps und Erscheinungen 
von Lungenödem, und es fanden sich bei der Section sehr umfangreiche 
Arische Blutergüsse über den Gehirnconvexitäten und in den Rückenmarks¬ 
sack hineinreichend, deren Entstehung wahrscheinlich zurückzuführen war 
auf die Entleerung der grossen Mengen von Cerebrospinalflüssigkeit und 
die dadurch bewirkte plötzliche Druckveränderung. Es ist aus der mit- 
getheilten Krankengeschichte, soviel ich mich erinnere, nicht zu ersehen, 
ob eine von Chipault in seinem Aufsatze (Chirurgie de la moölle et des 
racines mödullaires) empfohlene Vorsichtsmaassregel zur Anwendung kam, 
nämlich bei der Operation den Kopf tief zu legen, um das Abfliessen der 
Cerebrospinalflüssigkeit zu beschränken. Immerhin spricht auch dieser 
Fall für die mit der Operation verbundenen Gefahren. Was die Schwierig¬ 
keit der Diagnose bei Rückenmarksgeschwülsten betrifft, so möchte 
ich nur einen Fall erwähnen, einen der ersten, der nach dem 
Horsley-Gowers’schen bekannt geworden ist, von Lloyd undDeavor 
Hier wurde ein Tumor in der Gegend des dritten und vierten 
Halswirbels angenommen, es fand sich bei der Eröffnung des Duralsackes 
das Rückenmark äusserlich ganz unverändert, der Operirte starb am 
dritten Tage, und bpi der Section fand, man ausgedehnte hämorrhagische 
Erweiterung, des Halsmarks. — Ich , war in den letzten Jahren zwei¬ 
mal in der Lage, einen Rückenmarkstumor zu diagnosticiren, die Diagnose 
wurde in dem einen Falle auch' durch die Section bestätigt. Die Kranke, 
um die'' es sich handelte, wär aber in diesem Falle : schon in zu 
marastischem Zustande, als dass an eine Operation zu denken gewesen 
wäre. v In dem 1 anderen Falle wurde die vorgeschlagene'Operation von den 


" , ) \r cJ J; S. *477. 


Angehörigen abgelehnt. Gegen die von Herrn Goldscheider in dor 
vorigen Sitzung aufgefübrte verhältnissmässig nicht ungünstige Statistik 
der bisher veröffentlichten Operationsfälle wegen Rückenmarkstumoren 
lassen sich vielleicht einzelne Bedenken erheben: zunächst die Er¬ 
fahrung, dass die ungünstigen Fälle weniger constant veröffentlicht zu 
werden pflegen, was gewiss auch von den unrichtig diagnostidirten 
gelten wird. Ferner der Umstand, dass die Geschwülste der Oauda 
equina (wie z. B. in dem Falle von Rehn) mitgerechnet sind, die ja eine 
gewisse Sonderstellung einnehmen, insofern die diagnostische und wohl 
auch die operative Zugänglichkeit bei ihnen im allgemeinen grösser sein 
dürfte als bei den eigentlichen Rückenmarkstumoren. Gewiss wird es ja 
einzelne Fälle geben, wo es indicirt und sogar Pflicht ist, zur Operation 
zu schreiten; aber ich glaube, nur ganz ausnahmsweise werden so günstige 
Resultate zu erreichen sein, wie zufällig gleich bei dem ersten Opcrations- 
fallc von Gowers und Horslov. Dagegen glaube ich, dass auf einem 
anderen Gebiete, bei den von Spondylitis (Malum Pottii) her- 
rührenden Lähmungen nämlich, vielleicht von den operativen Ein¬ 
griffen, falls sie früh genug vorgenommen werden, etwas mehr zu erwarten 
ist, als Herr Goldscheider anscheinend zuzugestehen geneigt war. 
Immerhin sind wir hier, zumal bei den im. kindlichen Alter so häufigen 
cariöseu Wirbelerkrankungen, viel eher in der Lage, auf Grund genauer 
Untersuchung häufig eine Frühdiagnose zu stellen. Auch hat die bisherige 
Erfahrung in mehr als der Hälfte der operativ behandelten Fälle eine 
günstige Einwirkung auf die Lähmungen gezeigt, was ja auch bei dem 
offenbar grossentheils mechanischen Ursprung dieser Lähmungen leicht 
zu verstehen ist. Wenn der Erfolg anscheinend in vielen Fällen nur vor¬ 
übergehend gewesen ist, so mag das vielleicht zum Theil auch davon 
herrühren, dass die allerdings absolut nothwendige Nachbehandlung mit 
Elektricität, Gymnastik u. s. w. nicht immer mit der nöthigen Energie 
und Ausdauer ins Werk gesetzt wurde. Jedenfalls, glaube ich. stehen 
wir hier im Anfänge eines neuen Gebietes, dessen weiterer Ausbau noch 
zu manchen therapeutischen Hoffnungen für die Zukunft berechtigt. 

Herr Goldseheider (Schlusswort): Ich habe eigentlich nichts hinzu¬ 
zufügen und gestatte mir nur einige Worte zu den Bemerkungen von 
Herrn Eulenburg. Was die Verhältnisse bei den Rückenmarkstumoren 
betrifft, so sind, wenn man die manifesten Tumoren abrechnet und nur 
die occulten rechnet, von acht Fällen drei gehoilt (unter Hinzuzählung 
der neuesten Fälle von Bruns und von Sänger von zehn drei geheilt). 
Ob man das günstig nennen will oder nur massig günstig, viel oder wenig 
versprechend, das ist ja schliesslich sehr subjectiv. Ich muss sagen, dass 
wenn man an die Schwierigkeit der Diagnose denkt, die tiefe Lage des 
Organä, die leichte Verletzlichkeit des Rückenmarks, so ist es doch gewiss 
ein recht befriedigendes Resultat, wenn von acht bezw. zehn Geschwülsten 
drei durch Operation dauernd gehoben sind. Die Ansicht über die verhält¬ 
nissmässig schlechten Erfolge bei der Lähmung ist schliesslich ebenso 
subjectiv. Ich habe aus dor Casuistik gerade das Gegentheil heraus¬ 
gelesen, nämlich dass die Operateure im allgemeinen bestrebt gewesen 
sind, das Operationsresultat nicht etwa durch eine nachlässige Nachbehand¬ 
lung zu verdorben, sondern im Gegentheil durch eine sehr sorgfältige 
Nachbehandlung möglichst günstig hinzustellen. Trotzdem ist es nicht 
möglich, günstigere Resultate herauszubekommen, als ich sie zahlenmässig 
dargestellt habe, weil es bis jetzt eben nicht möglich ist, den Heerd selbst 
mit Erfolg anzugreifen. 


1L Berliner medicinisclie Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 27. Juni 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Virchow demonstrirt einen, sohweren Fall von 
Myositis ossifioans universalis. Diese Bezeichnung gebe aller¬ 
dings, so führte Herr Virchow aus, keinen Begriff von dem 
Wesen der Krankheit, sondern rubricire nur die Krankheit in eine 
bestimmte Gruppe. Und damit müssten wir uns zur Zeit auch 
noch begnügen, denn die Pathogenese des Leidens, das übrigens 
schon den Aerzten des vorigen Jahrhunderts bekannt war, sei uns 
noch gänzlich dunkel. Eine Aufklärung hierüber zu geben, fühle 
auch Herr Virchow sich ausser stände, er könne nur in dem zu 
demonstrirenden Falle ein mustergültiges Beispiel jener seltenen 
Krankheit vorführen. 

Der Patient Albert Schwarz aus Galacz in Rumänien, 
29 Jahre alt, erkrankte an dem jetzigen Leiden zuei^t im Alter 
von 19 Jahren, nachdem er bis dahin mit Ausnahme einer im 
13. Lebensjahre überstandenen Intermittens völlig gesund gewesen 
war. Familienmitglieder haben an keiner, ähnlichen Krankheit ge¬ 
litten, die Eltern sind todt, noch lebende Geschwister gesund. In 
seinem 19. Lebensjahre also, im Frühjahr, trat die Affection - an 
der rechten Seite zuerst auf als schmerzhafte Anschwellung des 
Kiefergelenkes und des Schultergelenkes. Die Anschwellung- und 
Schmerzhaftigkeit steigerten sich, und später traten Ossificationen 
in den befallenen Stellen auf, so dass die Beweglichkeit er¬ 
schwert wurde und schliesslich im Kiefergelenke ganz auf¬ 
hörte. Der Process schritt dann allmählich weiter fort, und 
zwar in jährlichen Anfällen, die im- Frühjahr einsetzten und 
Sich bis znm Juli erstreckten. Nachdem die Affection - sich drei 
Jahre lang auf die rechte Seite beschränkt hatte, griff ' sie • dann 
auch auf die linke Seite über, in welcher der Prozess zur Zeit siob 
in gleicher Stärke manifestirt und fast den ganzen Körper einnimmt. 


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VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


60 


No. 8 


Was die durch das Leiden gesetzten örtlichen Veränderungen be¬ 
trifft, so sieht man am Körper streifenartige knollige Auftreibungen, 
zum Theil an den Gelenken, aber auch weit ausserhalb derselben. 
Die Affection wird als eine Myositis bezeichnet, weil, besonders im 
späteren Verlaufe, die Muskeln schwer ergriffen sind, allein primär 
sind wohl die Muskeln nicht leidend, sondern der Ausgangspunkt 
sind die Knochen, von denen aus die Affection in die Muskeln 
übergeht. Sie gehört also, nach Ansicht des Vortragenden, ins 
Gebiet der luxurirenden Exostosen. Das Skelett giebt den Grund 
für die Entwickelung des Leidens, das dann gleichsam contagiös auf 
die benachbarten Gewebe, besonders die Muskeln einwirkt. Es entstehen 
dadurch die eigenthümlichsten Manifestationen der Krankheit, so in 
diesem Falle, was Herrn V i r cli o w besonders auffallend erscheint, an der 
rechten grossen Zehe eine so starke Exostose, dass man beim 
ersten Anblicke an eine doppelte Zehe denken könnte. Status 
praesens: Rechts Verwachsung des Kiefers, so dass die Zahnreihen 
fest auf einander gepresst sind. Um Nahrung zu sich nehmen zu 
können, hat Patient sich seitlich einige Zähne ausgebrochen und 
führt durch die entstandene Lücke Flüssigkeiten und aufgeweichte 
feste Speisen ein. Am Oberarm eine Knochenspange quer über die 
Schulter und ein grosses Knochengestänge vom Abromion bis zum 
Olekranon; unterer Theil des Vorderarmes und der Hand frei. Links 
symmetrische Situation wie rechts. Auf dem Rücken beiderseits 
seitlich vom Akromion bis zum Becken und der Lendengegend, 
links bis zur Mitte des Oberschenkels grosse Knochenwülste mit 
zur Mitte gehenden Ausläufern. An den beiden Knieen bis zur 
Mitte der Wade herabgehend ähnliche Massen mit Erhaltung einer 
massigen Beweglichkeit im Kniegelenk, rechts die Exostose an 
der grossen Zehe. Frei geblieben sind Kopf und Gesicht (mit Aus¬ 
nahme der Kiefergelenke) und die Vorderseite des Körpers, während 
die ganze Rückseite erkrankt ist. Das Allgemeinbefinden ist bei 
den Anfällen im Frühjahre gestört, es treten dann Fiebererscheinungen 
auf; sonst aber ist es erträglich, die Verdauung gut. 

Herr Gerhardt hat drei solcher Fälle beobachtet, zwei wurden ihm 
von früheren Schülern zugesandt, der dritte stammt aus der eigenen 
Consultationspraxis. Er hat sie in einer Arbeit eines seiner Schüler ver¬ 
öffentlichen lassen. Angeregt durch diese Fälle, hat er sich in der Litte- 
ratur umgesehen und bis 1880 22 derartige Fällo gesammelt. Die Affection 
beginnt stets im jugendlichen Alter, so dass der heute vorgestellte Patient 
verhältuissmässig erst spät erkrankt ist. Was das Geschlecht betrifft, so 
ist das Verhältniss der männlichen Erkrankten zu den weiblichen wie 
2 , ,9:1, Die grosse Mehrzahl der Befallenen gehört der ärmeren Classe 
an. In zwei Dritteln der Fällo besteht Mikrodaktylie einzelner Zehen, 
so auch hier, wo eine Verkürzung der grossen Zehen zu constatiren ist. 
Der Beginn und das Fortschreiten des Leidens gestalteten sich in allen 
Fällen wie in dem vorliegenden. Ungewöhnlich ist hier die verhältniss- 
mässig gute Beweglichkeit in den Kniegelenken, die sonst fast stets völlig 
aufgehoben ist. Stets ist der Verlauf ein progressiver, bis auf einen Fall 
in einer besser situirten Famile, der Jahre lang (Herr Gerhardt hat ihn 
in letzter Zeit aus den Augen verloren) stationär geblieben ist. Wenn 
man den Verlauf der Krankhoit beobachtet, so drängt sich einem unwill¬ 
kürlich die Ansicht einer primären Erkrankung der Muskeln auf, jedenfalls 
geht die Affection nicht immer von den Gelenken aus. 

Herr v. Noorden: Es seien früher Stoffwechseluntersuchungen bei 
diesem Leiden ausgeführt worden, besonders von Pinther in Würzburg, 
aus denen sich ergeben habe, dass die Kalkausscheidung durch den Urin 
eine sehr geringfügige war, offenbar weil viel Kalk im Körper zur Bildung 
der pathologischen Verknöcherungen zurückgehalten wird. Es sei aller¬ 
dings nicht zu übersehen, dass die Hauptausscheidung des Kalkes durch 
die Fäces erfolge. Solche Untersuchungen könnten je nach dem Er- 
gebniss Auskunft darüber ertheilen, ob der Krankheitsproccss noch im 
r ortschreiten begriffen oder zum Stillstand gekommen wäre, erhielten also 
dadurch ein prognostisches, vielleicht auch ein therapeutisches Interesse. 

Herr Senator macht auf zwei auffallende Erscheinungen an dem 
vorgeftlhrten Patienten aufmerksam: 1) Bestehe eine erhöhte mecha¬ 
nische Erregbarkeit der Muskulatur. Klopft man z. B. mässig stark die 
Brustmuskeln an eitler Stelle, so treten lebhafte Contractionen ganzer 
Muskelgruppen auf. Zuni Theil lasse sich diese Erscheinung allerdings 
wohl auf die Atrophie der Muskeln infolge mangelhafter Körperernährung 
zurückfuhren. 2) Bestehe eine gewisse Dyspnoe, als deren Ursache eine 
mechanische Behinderung der Respirationsmuskeln des Thorax durch die 
Ossificirung anzusehen sei. 

Herr Th. Weyl schlägt im Anschluss an die Bemerkung des Herrn 
v. Noorden vor, an geeigneten Fällen ossificirender Myositis Unter¬ 
suchungen darüber anzusteilen, ob sich etwa nach Eingabe von Säuren 
eine vermehrte Kalkausscheidung und damit eine Besserung des Krank- 
heitsprocesses erzielen lasse. Als Säuren müssten Mineralsäuren, nicht 
Pflanzensäuren gewählt werden, weil letztere im Körper zum grössten 
Ihed in Kohlensäure übergingen. 

Herr Virchow meint, solche Stoffwechseluntersuchungen müssten, 
um brauchbare Resultate zu ergoben, während eines längeren Zeitraumes 
planmässig angcstellt werden. 


2- Herr Katz: Zur Antitoxinbehandlung der Diphtherie 
(Eigenbericht). Der Vortragende giebt zunächst zum Vergleich di 
lortalitätsziffer der Diphtherie aus den vergangenen Jahren d( 
io i nn er t_l lnd T , K ? iBe / in Friedrich Kinderkrankenhauses. Von Augu* 
' bis Ende 1893 wurden 1081 diphtheriekranko Kinder au 


genommen, von denen 421 starben, gleich 38,9 % Mortalität. 181X1 
waren es 50,4 % Mortalität, 1891 waren es 32,5 % Mortalität 
1892 waren es 35,4 % Mortalität, 1893 waren es 41,7 % M or ’ 
taliät. Vom 14. März dieses Jahres ab wurde das Antitoxin des 
Dr. Aronson bei allen Kindern — soweit dies möglich war -1 
angewandt. 23 Fälle konnten nicht damit behandelt werden, von 
denen 8 starben. Sie wurden zum Theil wegen Mangels an Anti¬ 
toxin, zum Theil auch deshalb nicht gespritzt, weil sie in einem 
solchen Zustande in das Krankenhaus gebracht wurden, dass die 
Behandlung nutzlos erschien. — Das Antitoxin wurde in den 
Rücken unterhalb des Schulterblattes injicirt. Im Anfang wurden 
kleinere Dosen, 3—5 ccm, später immer grössere genommen. Meist 
bekamen die ganz schweren Fälle gleich nach der Aufnahme 20 ccm 
auf einmal und eventuell am folgenden Tage, wenn keine Besserung 
zu constatiren war, eine gleiche oder etwas kleinere Dosis noch 
einmal — die leichteren Fälle bekamen 5—7 V -2 ccm — wohl auch 
10 ccm. In der sonstigen Behandlungsweise der Diphtherie, wie sie 
im Hause Brauch war, trat keine Aenderung ein. 

Es wurden vom 14. März bis 20. Juni 128 Kinder mit Anti¬ 
toxin behandelt. Von ihnen starben 17, gleich 13,2%. In der 
vergleichenden Statistik selber zählt der Vortragende die 28 nicht 
gespritzten mit hinzu, so dass es 151 Fälle sind mit 16,5% 
Mortalität gegen 37,0% derselben Monate des vergangenen Jahres. 
Die Patienten werden in vier Gruppen eingetheilt. 

1) Leichte Fälle, 2) mittelschwere, 3) ganz schwere, 4) sep¬ 
tische. Bei allen ist die Diagnose durch den Nachweis der 
Löf fler’schen Bacillen gesichert. — Es sind nun 47 leichte Fälle, 
die sämmtlich genasen, 35 mittelschwere mit 1 Todesfall, 42 ganz 
schwere, von denen 11 starben, 4 septische, die alle starben. 

Ein schädlicher Einfluss des Mittels wurde niemals bemerkt, 
weder an den Nieren, noch am Herzen, noch an irgend einem 
anderen Organ. — Neunmal wurden Exantheme beobachtet, von 
denen einige mehr scharlachähnlich aussahen, andere an Masern 
erinnerten. Am häufigsten waren sie in der Gegend der Kniee oder 
an der Injectionssteile zuerst zu sehen. Sie waren nicht mit 
Jucken oder Schmerzen verbunden, verursachten auch kein Fieber. 
Schuppung trat nicht auf. Viermal wurden Bacterien unabhängig 
von der Injectionsstelle beobachtet. 

Die Beläge im Rachen wurden nicht in besonderer Weise be¬ 
einflusst, manchmal hielten sie 6ehr lange an. Was die Temperatur 
anbetrifft, so fiel in einer grossen Anzahl von Fällen der plötzliche 
Abfall nach derlnjection auf. Bei zwei Fällen stieg die Temperatur 
nach der Injection schnell an und sank gerade so schnell wieder 
zur Norm. — Bei einigen Fällen liess sich kein Einfluss auf die 
Temperatur erkennen. Eine besondere belebende oder excitireude 
Wirkung des Mittels wurde nicht beobachtet. Einige Patienten 
mit sehr schlechtem Allgemeinbefinden bei der Aufnahme sahen 
allerdings am Tage nach der Injection erheblich frischer aus, War 
das Herz schon in schwerer Weise mitbetheiligt, Galopprhythmus, 
schwere Arhythmie etc. vorhanden, dann wurde unter dem Einfluss 
des Mittels keine Besserung gesehen. 

An Folgeerscheinungen wurden viermal Gaumensegellähmung, 
viermal Fehlen der Patellarreflexe, einmal Accomraodationslähmung, 
einmal Lähmung des Musculus abducens und einmal Schwäche der 
Respirationsmuskeln beobachtet. — Diese Erscheinungen schwanden 


langsam wieder. 

In der Art des Todes wurde kein Unterschied gegen früher 
bemerkt. Die Patienten starben — gerade wie früher — an 
descendirendem Croup, Herzcollaps und Pneumonieen. 

In einer grossen Anzahl von Fällen nun hat der 
unter dem Eindrücke gestanden, dass der Verlauf der Erankne] 
trotz sehr schwerer Rachenerscheinungen ein aussergewöhnlic 
günstiger war. Die Epidemie des Frühjahrs hält er im allgemeinen 
für leicht. Trotzdem kamen aber 47 sehr schwere und 4 septise e 
Fälle zur Aufnahme, von denen 31 genasen, eine recht betrat i 
liehe Zahl. . , 

17 mal wurde die Tracheotomie gemacht und 5 mal die * 
tubation. Von den Tracheotomirten starben 12, die 5 Intu 
kamen durch. Es waren also 22, die wegen ^aryngos • 
operirt werden mussten und von diesen wurden 10 geheilt, g 
45,4 %. — 7 Tracheotomieen waren unter den 23 nicht gespn _ 

Fällen, die alle starben. — Alles zusammen also 34, o H® 
bei den Tracheotomirten und Intubirten gegen 23,4 °/o des . “ 

1892 und 21,8% des Jahres 1893. Bei allen 1 allen, d*® 
Tracheotomie oder Intubation kamen, wurde der Eingriff se 
nach der Aufnahme vorgenommen. — Ein Weitersehreiten ® 
sprünglich bei der Aufnahme auf den Rachen beschränk 
zesses auf den Kehlkopf wurde während döf Igjectionszei 

beobachtet. t , i-rankttn 

Eine Anzahl der Geschwister der an Diphtherie . . ,j t 
Kinder wurden mit einer Aronson’schen Immunisations •_ ^ 
«geimpft“. Es waren 72. Von ihnen erkrankten zwar ö, 


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12. Juli. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT; 


61’ 


machten ihre Diphtherie ohne nachtheilige Folgen durch. — Mit 
den Dosen der Immunisationsflüssigkeit wurde auch im Laufe der Zeit 
gestiegen. Ausserdem kam noch eine grössere Anzahl von Ge¬ 
schwistern, die nicht „immunisirt“ waren, gleich mit Beginn der 
Krankheit zur Aufnahme — sie wurden täglich poliklinisch unter¬ 
sucht. — Auch von diesen starb keins. 

Die Zahl der Fälle — das ist der Schluss des Vortragenden_ 

ist noch viel zu gering, als dass man über den Werth des Mittels 
ein definitives Urtheil abgeben kann. Aber man darf doch 
auch nicht allzu skeptisch sein. Eine so günstige Diphtherie¬ 
statistik wie jetzt während der Injectionszeit ist im Kaiser und 
Kaiserin Friedrich Kinderkrankenhause noch nicht vorhanden ge¬ 
wesen. Da der Vortragende niemals einen Schaden durch das Mittel 
hat entstehen und viele schwere Fälle einen ungewöhnlich günstigen 
Verlauf hat nehmen sehen, so hält er die Aufforderung für be¬ 
rechtigt, das Mittel weiter anzuwenden. Max Salomon. 

Berichtigung. In dem vorigen Berichte ist fälschlich als 
das Jahr, in welchem die Exstirpation des Kehlkopfes durch Herrn 
Prof. J. Wolff ausgeführt worden ist, 1892 angegeben worden; es 
muss, wie auch schon aus dem Zusammenhänge ersichtlich, 1891 
heissen. ^ g 


HL Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 8. Januar 1894. 

Vorsitzender: Herr J. Wolff; Schriftführer: Herr Sonnen¬ 
burg. 

1. Herr J. Wolff: Krankenvorstellungen. 

a) Ein Fall von Fsendarthrose des Unterschenkels. Der 
Vortr. stellt zunächst einen 69jährigen Patienten vor, bei welchem 
er im Juni 1892 eine Pseudarthrose der linksseitigen Unterschenkel¬ 
knochen durch sein Verfahren der „Verschiebung von Knochen¬ 
stücken“ zur knöchernen Vereinigung gebracht hat. 1 ) Es war ein 
an den Weichtheilen adhärent gebliebenes, der medialen Partie des 
oberen Fragments der Tibia entnommenes, grosses Knochenstück über 
die Bruchstelle zum unteren Fragment herabgeschoben, und ein in 
gleicher Weise der lateralen Partie des unteren Fragments ent¬ 
nommenes Knochenstück über die Bruchstelle zum oberen Fragment 
hinaufgeschoben worden. Die Knochenstücke waren an ihrer neuen 
Stelle mittels Elfenbeinstiften befestigt worden. 

Patient geht, ohne einen Stock oder eine Stütze zu gebrauchen, 
frei von Schmerz und Ermüdung umher. Er vermag in gleicher 
Weise weite Wegestrecken zurückzu legen. Die Fragmente sind 
durch feste Knochenmassen derart mit einander vereinigt, dass 
die kraftvollsten Versuche, sie gegen einander zu verschieben, er¬ 
folglos bleiben. Patient konnte demgemäss unter anderem auch 
zeigen, dass er mit seinem operirten Bein mit äusserster Kraft auf 
den Fussboden aufzustampfen vermag. 

Der Vortragende erörterte die Vortheile, die das in diesem 
Falle von ihm eingeschlagene Operationsverfahren vor den beiden 
früher von ihm empfohlenen Verfahren, einmal der Einknickung und 
Umklappung eines nur am Periost und Knochen adhärent bleibenden 
Knochenstücks, und zweitens der Transplantation eines Koenig’sehen 
Hautknochenlappens auf die Bruchstelle, darbietet. 

b) Ein Fall von habitueUer Subluxatio praestemalis der 
Clavicula. Es wird hierauf ein 18jähriger Patient vorgestellt, bei 
welchem eine habituelle Subluxation im Sterno-Claviculargelenk 
nach vorn durch Verschiebung eines der Clavicula entnommenen 
Knochenstückes über das genannte Gelenk nach innen und eines 
dem Sternum entnommenen kleineren Knochenstücks über dasselbe 
Gelenk nach aussen im Januar 1898 zur Heilung gebracht 
worden war. 

Patient ist bereits im April 1893 (dem Chirurgencongress) vor¬ 
gestellt worden. Die nochmalige Vorstellung geschieht, um darzu- 
thun, dass das durch die Einheilung der verschobenen Knochen¬ 
stücke in Form von Brücken zwischen Clavicula und Sternum 
erzielte Resultat dauernd ein ideales geblieben ist. Selbst bei den 
gewaltsamsten Bewegungen, die activ und passiv mit der Extremität 
vorgenommen werden, bleibt das operirte Sterno-Claviculargelenk 
vollkommen fest und unbeweglich. Patient ist damit zugleich von 
den Schmerzen, die sich jedesmal mit Eintritt der Luxation ein¬ 
gestellt hatten, befreit worden, und er hat seine verloren gewesene 
Arbeitsfähigkeit im vollen Umfange wiedergewonnen. 1 ) 

(Fortsetzung folgt.) 

*) Vergl. Berl. klin. Wochenschrift 1894, No. 9. 


IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde 
in Königsberg i. Pr, 

Sitzung am 16. April 189A . 

Vorsitzender: Herr Wpl 1 enb e rg; Schrfftfühterr/Herf. Näu■>' 
werck. ’ V" ' .7 7 ; 

1. Herr Laser: Uejbei; dejr Einfluss fljpr Cifcoic^ip&aip 
den Diphtheriebacülu8. Nachdem verschiedene Forscher die An*’ 
Wendung der Citronensäure. bei Diphtherie empfohlen hatten, wurde 1 
in einer grösseren Reihe'von Versuchen die entwickelungshemmende 
und abtödtende Wirkung'derselben gegenüber den Diphtheriebacillen 
erprobt. Es zeigte sich, dass sie in 5 <>/,, Lösung schon in vier bis' 
fünf Minuten die Bacillen vernichtet. Nach einigen Thierversuchen 
und nachdem noch der Beweis erbracht war, dass die Citrpfien-J 
säure auch in diphtheritische Membranen eindringt pjid hiep, die, 
Bacillen vernichtet, wurde dieselbe bei 15 Fällen von Diphtherie! 
angewandt, bei welchen die bacteriologische Untersuchung die. 
klinische Diagnose bestätigt hatte; 14 heilten in durchschnittlich 
drei Tagen; ein septiseh inficirtes Kind, dessen Membranen mehr' 
Streptococcen als Diphtheriebäcillen enthielten, starb. Mail kamt 
wohl in der Citronensäure, die allerdings sicher kein Specificpm 
ist, ein Mittel sehen, welches verdient, öfter angewendet zu werden.' 

' An der Discussion betheiligen sich die Herren Seydel,' Magnus,’ 
Nauwerck und Jester;. letzterer berichtet, dass in der Poliklinik des 
Herrn Falkenheim 30 Fälle von Diphtherie nach den Vorschlägen des 
Herrn Laser behandelt worden sind, ohne dass qm günstiger Einfluss der* 
Citronensäure zu Tage trat • 

2. Herr R. Magnus: Ueber einen. Fall von Wurmabscess. 

Eine vorher ganz gesunde Frau, welche acht Entbindungen. glücklich 

Uberstanden, wird am 3. October 1893 ohne ärztliche Hülfe entbunden- 
Mehrwöchentliches Wochenbett. Bald nach der Entbindung .aufgetrptuna 
Schmerzen localisiren sich in der finken Inguinalgegend. Am 4- Januar 
Aufnahme ins Krankenhaus der Barmherzigkeit; Leistendrüsen beiderseits 
strangförmig geschwollen; per reetjun, per vaginam keine Dmckpmpfipd-» 
lichkeit. Linkes Hüftgelenk bei activen und passiven Bewegungen: schm,anji 
haft, die Bewegungsfähigkeit.desRemeg.sch windet* dauernde rechte. Seiten¬ 
lage* Allmählich tritt eine entzündliche Infiltration >d©r^LeisUmgagflu$ 
ein; am 27. Januar zeigt sich ein Senkungsabscess am Öberschankp^ 
bis handbreit unterhalb des Trochanter major. Incipion:.mit dem Eiter 
entleert sich ein 20 cm langer macerirter Spulwurm; von da, an stinkender, 
Eiterausfluss, Verjauchung der. ganzen Infiltration. Eine • grosse, Incision 
oberhalb des Ligamentum Poupartii ergiebt, dass der bis tief in das kleine 
Becken herabreichende Abscess mit der Bauchhöhle nicht comnmnicirf. 
Regelmässiger Stuhlgang, mehrfacher-Abgang von Spulwürmern. Todam 
2. März. Die S e c ti o n, unter freundlicher Beifiülfe des Privatdocenteu Herrn 
Dr. Askanazv, ergiebt: Bauchhöhle normal, ohne Narben,. ohpe yew 
wachsungen. Darin völlig intact. Als Ursache des Abscesses wird-eine 
ausgedehnte Caries des Hüftgelenkes mit markstückgrosser Perforation 
des Pfannengrundes nach dem Becken gefunden. 

Zur Erklärung des Falles stellt Herr Magnus die Möglichkeit 
auf, dass die Askaris während des Wochenbettes in die Scheidej 
überwanderte, welche in gelockertem Zustande einen Durchtritt in 
das Perinealgewebe gestattete; von da aus könne der Würm lähgd 
der Muskelscheiden auf die Aüssenseite dös Hüftgelenks bis zur Kapsel 
gelangt und hier stecken geblieben sein, die 1 Caries bereit^ yor- 
gefunden oder verursacht haben. Mit der, RückbÜdupg ; der Ößr 
schlechtsorgane und späteren Abscedirung sei * die, Spur seinem 
Weges bis auf eine undeutliche Narbe in der Nähe der Cervix yer* 
wischt worden. .. ;r , t 

An der Discussion betheiligen sich die Herren LüheNauwortek 
und Freymuth (Danzig), welcher, über einen Fall aus seiner forensischen 
Praxis berichtet, in welchem, ein Spulwurm bei einem zehn Monate filtert 
Kinde, welches die Gewohnheit hatte, auf dem Bauche liegend ,zu schlafen; 
durch Uebertritt in den Kehlkopf die erst durch-die Section aufgeklärte 
Ursache des plötzlichen Todes geworden war. 

V. Elfter Internationaler mediciuisCher 
Congress in Rom. 

ChiiMjf g.iseJ),e l ‘Sektion. 

Ref. Dr. A. Hoffa (Würzburg). 

Der erste Sectionsteg ist der Chirurgie des Gehirns und des Rücken* 
rnarkes gewidmet 

L. Championniäre (Paris): Klinische Stadien Ober 61 JF&1I6 
von Schädeltrepanation. Von den 64 Trepanationen, die sich über einen 
Zeitraum von 20 Jahren erstrecken, wurden 10 wegen Traumen aus* 
geführt; drei von diesen 10 Fällen endeten letal; sie kamen in schon 
trostlosem Zustande zur Operation. Die übrigen 7, zum Theil auch recht 
schwere Fälle, wurden gehealt. Die übrigen 54 Fälle betrafen Erkrankungen 
des Gehirns. In diese Rubrik fallen 7 Todesfälle, alle bei auch sonst 
sicher. verlorenen Patienten; 14 Fälle wurden wegen echter Epilepsie; 
12 Fälle wegen partieller Jackson’scher Epilepsie, 6 Fälle wegen 
traumatischer Epilepsie und 22 Fälle wegen verschiedener ; cerebraler 
Störungen, wie Schwindel, .Kopfschmerzen^ intracronielle Geräusche und 
wegen verschiedener Lähmungen fcrepanirt. Bei' den .14 Fällen aohtaf 
Epilepsie hat Championniöre im ganzen bessere-.Resultate g»habt, als 
von anderen Chirurgen berichtet werden.: *In einigen Fällen wurden bis 


Digitized b" 


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Original frem 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




VBBEiifS -SBIMÖJ* DER DECfTSCHEN MED! CIN ISCHEN WdGHESSGSRrE'r. 


.S5.it zwei- .JflbTötv ftDflftttenjäc, ‘wMtttora- SteiläDfpeB. eraieli . Nur io zwei 
Füllon war der Erfolg rein negativ. Bei u«-n 12 KMDn Jaeks<>ojeher 
Epilepsie war^q *li«» Rl'biiiiat** im ganzen schlecht, Ri mehreren füllen 
fanden *iob äiliwere und »usgrdehtite, von den f Untren fcntfernfce. Eftsitinoii« 


umfasst S'i \hx\bi mif ciuen» Exitofc Zunächst koimuoa gewisse Falle -von 
itöpfeäinef^ m Betracht; einige von diesen KüHen sind gebellt wonöen, 

■Bet ÄwwkdHmaiku haben Ausgedehnte oder wiederholte Trepr.»«tsöne« - 
.vomiglif-he Resultate ergotam« Houoplogi.een wurden gebessert resp po- 
heilt.*- Bohr gute Resultate ergal.efi ein - fall von fireurnsn-ipter^Giihir«- 
blutnng und »nn FMlVoji tiscJuiC iCepfgost'iiwtilsLt,. Besondere ;Be> 

wbtnRg veedi^pen die Fiilu! von dtftoser I-Yrieflccpbalitis traumatischen 
Ursp/’iVügiis. Dies.« letzt erou.FMK sind deshalb von besonderen» Interesse, 
weil sie sowohl anatomisch xd6 auch sp.wptbnmiisd« • die .griissto. Aehnhoh- 
keil mit. der progressiven IMmivge halnpi und fast immer t-ödtiieb vor- 
tiuit’pu. Din Opendior. vermag bei ihnen die Entwickelung der Krankheit, 
natziitadttm, japeßhZeitig nusgptöbrl-i augitr mm* deSnitive Heilbhg- KörWu* ( 
zuföhren ; Der Scjutjss, dim t.-bampidßhieTO;. iüj& hu «um Erfahrungen: 
dher die .Trojutfurfiou zieht, ist «{er. «1-tas die üc.hirur.hsmrgia sich nicht 
auf die Bios!n gm«g. g<«w»s*er loeuliairfec Fmcö&m tasehröuken dark sondern 
dass jmv.h ditbmc Erkrankungen durch fei&f» WiüiuderUng des 

(hthimib’uukes iftfölgii der .Erötfuuun der Dum gUastig heemhussi worden 
körnmi» • Als Tndirfttiou zur Trepiniatioft buben auch die orbta Epitap.s'M* 
und iiisbesoruior«; die Forumt--pAMitE zu cohen. 

Marr FBv «■« (DlfwgeW)r Ruber diß ÄotSoiogfo der €kriii:ctt&bM«$$6. 
A Jta 'riMiIrnäbscesse enfstehcß' Im Ä’üsrdilu&s an einßii irgendwo im Körper 
gelegenen Eitcrbecnl Die bauptaaclita’-hstn Quelle der Gebirnaba« csxo 
sind eiterige Pnu'.tvs«- dov Mittnlohi^S, und es ötfdit.' in solch cm Fülle 
der Gobithid>?ee?s in «1er Kegel im Contaet mit. der primäre.» Aftar- 
ticm Mau gelangt m dies«- Ab.sce*so am besten das Animm 

mtmUvirltayu x und tftajiUy! 1 .. •.eöMtfhk .IMO • am fekht estcii vom sopra* 

muüüt&W Drßteek um», VKn, dem aus jotau dos ganze Tugmeö an tri imd 
Tugqieti tvmpnni kutsy. Man iuu&k Hüte dafr ganze affieirte 

Gebint das MHkfilotefc taittamen. Nncbdcm -dies geliehen ist. trnfmmit 
man dann den Brkk'h'l über dem’ To»»p;oK»B|.diunr.idaiJ.Hpp»ut dta Gtdiirwta.- 
Heiutugomehfn AMublmuren illusfrfipn -diu 0|»w4i»>uaomtbt'do.. 

Af ass« (RordiäattRB lieber <He rhirorglsr.be Be«irmtnng der Ln* 
catlRation In dgr G«Mrhritidu. i)or Vorirnge?ülQ bat A 7 e?sijfi.he 'dber dir 
Projectian der ( {ahirnrioVlp. auf diu hus-wfo »SchHdoiil.ikbe gemacht. Er 
vernnig den .Buiüus RoUmtli mul die Eossa %lvii genau m 'bestimmen und 
erstreb! f.Htt« > ,mat.hbt,ua(Xsi;h gmum.u Eumlisation dor TvcpanaBon. 

EnVistu üNfeioo,}': öle 0«Mnign»chwillst« nr.d ihre üchunditiug. 
Vertragender siebt ab von d«m syphilitischen tjuscliwülsUm »mi -den 
T«berke!n des Gehirn», bespricht dagegen die Gliome, die rinfbehmi 
Cystnü rmd den EcJiiru*fMfans des Geliirns. G; 0 eu-storen fand er mir 
als MehiciHH» pfui-h Bxstii'tmtiou von BiudcgowebsgegchwtUgton nüdorei 
KhepeHb«,ü?.c. Th«; .eigtäiif-lichcir Oehinigesnlrwniste entwickeln sich iu der 
Neutaaglifl; Tunioreti, die sieh jä der Xlui i\ und iiu Knouhun 

«entwickelt«, vembomm in der Regel das Nervengewebe, selbst wenn sie 
auf die UnhrmsubKtan? ülmegivilea. Die Cysten koimueu zunJi>dmi byj 
K/waoten«^« vor und ergreifen mn die Fiu und die Araehhoidea; z'uweÜnu 
hrmtnr» sie smli.atudj zwisedum dou Gohirowiudtthgcn nus, zwische.« welchen 
slb Art Briteko bilden. OjA ih eiuem Falin duj*eh E ch : ino«;o nt ui? 
beding! c DoohjotoutogHiJfi könnt« erst. A&nh der Trhparmfjfaö entdeekk 
‘Werden. In den FKHch haben. • sec-nndftm Varfiü<ioruugeu die 

Opnrafton complieirf,. Jn vielen Füller« wurde eine, Raderung in den» 
Huino beilieigeführt, dass tÜc e-p.Ucptiformou AnbilSe ningesehHinkt v/uvdea. 
Ein.ö v.drUt» tu! II»diang «nnes Gehirntumors; kmsite V(jrirügender durch 
die ‘ idtEt. crziclon. I >i{v Cysten Ije.ilton jrar danü, wen» noch 

kn ne seeiindffebit Vruimijernngr« liest an<kn oder werm keimt Conrplicntioö 
nach der. Upmailvm emtrui. Was die Opemtiopstectinik anbntriftt, so er- 
«Hing« xiox \ m’trugende den Bchivdcl wrht ausgiebig.; die Dura wird stets 
üicbijfiv die Blutung «furch JcdoSonugA^ctuinjtuuiule ,Ans. semen 

El^ohrnögeo^feßt Vwfa'ageitder fedjgeüdo »^dtlUsse: i) Ööi G^ietmeuplasoipu 
ist. ein opa-alnmr KingrAi' ungozeig!, so lang«- noch kein«' rccundUiku X’er- 
ümb'i'nitgep bnst.ehe.ir, %} In vwciiclfjsviteii. EAlb» soll lunn zur explorativeu' 
greifen. 3) Die Opcrutiöu ist reobUettig vofzurmhusen, und 
.thefßpontraclm medüuvihetfiöäe Veröifcbg sind imt- m gtöß 'gvti&ii AräghoslB 
einen Füllen nageznigi ' ' - 

% . D' Anton ö (N*:ay»id) beprbrnibt ein«; nvne McUmde der Rcsce.tiöii deb 
Irigeoimns r»ji di<r BnhhdethusrH und lin^prudit .«Re :'b.ckäßnt«?n Fofg«- 
efsGifu««mgCig;des: TrigB!iiiLeisa«!Kb.dn'rG, 

Föstcmpsky (Tbmi)! Veite? Kchitmcblrorsrie. X)w Vortragcmdt'. bn. 
rn.’hli’l ülit-r ^t.» l^iln von • hödcIt*K*jamnti; von einer genuuen LucaliihJÜoo 
r.-rg. Top«»gmphtc des Genirmg; hlüt er' nicht vkd: er Brih, nur die IhepU' 
noUnr^Rlfamig 'v'rr-m^ G.gud gto.Vi. /«» .ffm IG dt.»«mphalf« uud 




. ifunittz« 

««Hbe^vr IVkllb«üntüg d«t8 


cdönr Exostose uml die Bogen des dritten, 'i’m& 

fünften Dorsalwirbcls mmcirl. «ml du; Esostowr ahgeröds^eH. Der ßrbii.' 
war ein voiikonitDcr.er. - 

Am Kweitmi spricht «aitachfit König 

fiher dm patUologfeeU»* (Irnvlikfet« der Gelenktttbertalowr Briaöi«t 
u.n Fi‘i}j;m-cxf.cit). Aus Del'miden. mi einet- Sammlung von etwa 31)0, tfoilV 
durch -Resectioij, timW thtrei' Ampult*tlofi ge»voTmerwa K>ttegei«i»keu 4 
chlruriBsoüuu KRtiik w« Ghttiogim,. von welche» hihe ganze Arir.nJil v«» 
tvpisnhen Füllen wir‘|hlcgt wurde; zieht Köö ig hdgeüdo Schtüssp; ffir üb 

P»itho!ogi«cbe Gtscldchic der Geio«k‘,t*b»wk-ui«’»ftv; h Jc.ie 0«dertkliihrfv 
kuio^sV ivbgesoheö von Aen«ßv wolrdte 1 als Tlmilettsriiemubg ailgeÄ^y 
Tuberkulös auftnken, beginnt mit einem- s-eriVB-fihripösen E.rg-uc 
ia Am Götonk Aus diesem .berthf-fjtsorstofffgeu- Erguss (Hjdmjjg 
bbnnosiis ti*bereuU»sus) bjutcXi sieb (ust s-inimtilcbc .Eclvcc^cltoimvi^ 
der Gelgukt-nhöxkttld^ ml Eiße Milche Erkrankung kafm s^U Crfth wik~ 
blldcrf:. \n der- Rvgr-i. Vvemi nichi immer, cittwickebä- sich .irdecs 
s-at€*ris«jh<? Pr«)oescc in dem FascrStoUF 2t Dies« 1 Orgo.uE?ifiou 
vcö den Oetuss«!» der Syn.ovinUs hui?, imb u, tb-D, »• i:> in-s-, Fi.vr: «f- 
sebiebtoo Innoiu.woFhsen.- Mit düe%oti (ioeheirom Zellen. Rnnösnlkk'- 

nnhaulnugon. Zcbcn in Kugel form und RigHUjizcUeti nnt Baci’Uen. bn 
öder SpÄchkeit der lluburköi und die 
VnrkäHung hektimtnen <]i«j ver<<eliivdOneü Foranja (firngös, ftu^iskÄsii 
Mterig. grwrul« r end, fibroitl} der •TüberkulöaeF während mu! die ücr 
Neutuldm»^ ne Rcv.-gung cu-, Goj*utrf von grö-SsK'«« Eirfies.- er .1 
kbrpnr, pölypdse z«3t.tenTörmige Gusebwltlstöj. Die Taberkniiwt -Ätpsslh 
sicJj also zttutie-hst iü dena Fuse/stoff und aie'ht in $>fu- 
vifiHs, 8) Von dem ursprfmgijcb oulgclngor!«» FusarsioH gEu soiM,ni 
üii- Zerstörung als die ÄOrheÜUBg aus. Der FüäarMofi; widcbrr zieh. a»ti 
den Knorpel auflngcit und sich orgamsiri, <rU«t dcnselhc-n slc ?.erfr>-s* 
tim; greift den K.ooGieo. an und zerstört, ihn. Der Ko»»»pel wird auf 
Weise - 'von der Obertläob« nach der'Tiefe .zerstört Die- »mtiurisebe ö?ig; - 
smlört ihn dagegon vou der Tiefe nach der Oberfläche, Diöä Oshl»? 

. hat- in «Irr Regel keinen tub»;rku!ö?on Clmrakler. 

Nach dem Vortuage K ör.1 g's wendet sieh dfc Sectihn-zur Di^iöswJi 
der Cliirurgio des Bauches. Es^ spricht aua&dtst 

B-onunbü-rger (Wivrghqrjg); Ueher }irhphylakllacbe Thiferna»? 
d*^ AVörmtorfsätzcs. Die EnUilndtuigsvmeimg«/ ans BlimGam xn&r-t» 
in weitaus den tneislcü Fallen y*>m Wurinfortsuts - au?. Dcßrihc titMf 
Ablauf «ntier oder mehrerer .Entzi'uuim»geq stets mit dar Dragehjur r->-t 
oder-- weniger fest vci-wndisisq, nlieüsn ist seine-Lago vsrsebbripG, lA*-; 
nibii durch die ßnöch^kck^ft hindaröh oiife kleine hartnG^sehwöat BÜntttK 
s«> deutet dies »iuf «noy 'höbe .Lage drss« , jb«tn und auf vim verBütaA'- 
müs-sig leichte Opera tum. Verwuehsu-ngen iiü • kleine« Bprleö dagi-goc. t-v 
ynuueri' ?nit Dünndarmschlingcn. können den operativen Eincrili t*hr <*«. 
f.ehweren. Die '\>:rü.nderungen am 'WurntfeilHatz, vor»!n>"rs«dxl, <E t; f 
keine ObHterafciofi eingeti-otea ist, bustehen in loiobte’ •dc.au:. .»iß««. 
Ixiiectioa. besonders der Schleimhaut, gleichviel, uh oh« KtiinOect vw- 
liandcxi ist- oder TiiehU Das'' einzige Mi Me!, den Recidiveu der PcrityphläC» 
vorÄiibeugöu, iat die Euüörrmug des \Vun»foitsatze&. la rfutseni 
Ü&£ Rosen-bergot\ uRftbiiüngig von Treves und.Sunn,Isebpü iaii$ßp- 
lH^3- uperitv. DU« Operation muss in ge&uuden Tagen vergcQ« 1 ^ 1 ^ 
Werden, flicht wübrand einer Attarpn«, OpnmHve Eingrlöc wälfffiß«Dsa^ 
Anhüiea dürfen sreh nur- anf die Entleerung üm EvCov erd. üer-Jandc-; 
bfr-schninknu. ln gosumle-n Tagen, d. h. nach <\ bt-mf uin«'r Ea^iui { *aplf : -1«* 
tÜA Opwrotlr/n iihgöfäbrfiebfioseitb e rger lüsst slor OpöHtwu 
bis scohHügigc FibssigkciMirft.vor«m*guhc?n und giebt während ixnm 
pöilgoöialc TflcinüsüF Der Wunnfortsatz soll so nabe als raSpcA * fl 
öaebütm ahgeri'ügiöb üiul die öüiftnmg ao yemilht werdfeo, 

• Snrosn.kommt. Die Wmiete- :u der Bau.ctuvr«u-] , ! ■ f * u \ s ^?‘ 

gü?t;hlo>isoit. mit Au «nah ms • der Stelle, wo eni Drais f.nir eißgeDgt. »s^ 
Das Drainpohr empfiehlt, »ich besonders: in denjenigen FMlcn. in weudv-j« n 
'wursqCortsate und dessen Dmgnbnßg starke löiection mm 
ßliratitm zeigt. Nach zwei mscls. ftuftnufiudcrfulgunden Entenwuiv 
t:ii»pbohlt Rof«c.ol.H«fgnx ; die EallVmuug des WinwmfBvtlzes. , 
Sannen bürg (Berlin): Ueher d5o PAihalo^lö na« 

; Rorityphlttl» (Äppoudicftie Siiöpiex et purforatiVAj: Iho 
simplß.t -et porforativo kaim in Ihren AnfSngun am Imlab iUÜ 
bin Opentttonou crkamit werden- An d«rr Hatid von §0 optr^yv t • 
d^fen Fällen glntibt Span e n ln» rg den Bewöm erbringen za ijwg* . ^ 
die A ppegdieitig perforgikn. laigentbche Eöritypbliti5<) kümsch so prty • ^ 
vSymptnmc niMeht, dass die Diugnose derselben -immer' m ä *§ !lC j J 
di-tn AnAretcn der ÄppeudiciDs perfomtivu riud über euch um l!«d F l 
üsiir C)peryt.i«»u gegnbvüi' da sofort euch ein _ oitöriges-Kjaödat ;'V 
ist. Von B? M( diesb imlic-Ätionn»! hüi, milEin seEr frU<b?mt^ ... ? 
eilten Tagen nach dem Anfall «»perirtefi EBüou ist boraer £ f? ^' 
Kmukv» piml.rfaD göhnilt und frei von Kecidiven d 1 

Dperirt wird, ma so zahlreicher Mud die Catcjdiöatiimon«f ■ vie ,-ptp^ 
Dnjcbbrücbe etu. Dann vermag di«v Operation aiobj ® e k r 
dio bereits bestAboTidc »Sepsis zu beaimoö. Gans^ sigbefe Spont f,.. 


Hv V^f Fl»»i,fik gdi.r Sri» »dnldpcbe, 
«.EXidi MrKnorpel * 


'• ■•••'•• ; Uri-« j; - -. !, r, Knorpel- 

■ •' • , .- t - :. 

■J. V' Sch^dek- .- 

tff'itvtu ' \iftx »«);>. xvAfA. i«f»> :Wr4fdlV Ulfe* igfcyw*i:.-.-■J^fflH.'■ 

•;>f »rgn«.*;•• « Acc.^.v»-jpK.«»? •.»«:./<■. dii» Arte.ria 

'M&'W .1*..-■ • KviMtntov■ WtrM- 

11 • r .■c T, - Rücken- 

:• ■ 

: • . infolge 


ihren -gembracßeö. GhwrÄkter, 

Aüsgong der ErkraaVung ZUftxiL. Die Bshitudhdig der 
gehört daher io das .Gebiet der Chirurgie. fl*iiü«hlÄ>iA 

4n'f 6aU«nt#ii9«». Der A r ortragemlo feesebrünkt sich ia aie öwi* 
WGsentUch auf die bM'uhi'iingon, die er ttbnr die bymptoa«^ , 

cHtlonon und die Bohaadiöng.'der. Ghölellthj&öis W^,hlH«ri8, 4*- 1 ' 
rmrvorrHgonden SymiAüme und .GompHcptiooca «er 
Mixjo Robsoa ö& Uber löö Fidlen böobftcbtot EhL Zinr lH'ügK* 1 

-t) Koliken ohne Gdimneiit, die ,f)äx m P" 

Zwisrhrnrliui)ieq wicflcrholns, dic^obne deutliche F-rfe•*• 


k 




12. Juli. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


63 


wöhnlich im Epigoatrium oder unter den rechten Rippen beginnen und 
nach der rechten Schulterblattgegend oder der rechten Schulter ausstrahlen 
und die ferner oft mit einem Brechanfall endigen, worauf dann in der 
Regel eine Erleichterung eintritt. 2) Collapse, veranlasst durch extreme 
Schmerzen, die den Tod herbeifuhren können, ohne jede weitere Compli- 
cation. 3) Krämpfe, gefolgt von vorübergehendem Icterus. 4) Schmerzen, 
gefolgt von persistirendem Icterus und Lebervergrösserung, die gelegent¬ 
lich den Verdacht einer malignen Erkrankung hervorrufen kann. Die 
Differentialdiagnose, dass es sich nicht um ein Lebercarcinom handelt, 
kann jedoch gestellt werden durch das Vorhandensein von 5) Schmerz¬ 
anfällen, die begleitet sind von Schüttelfrösten und die gefolgt sind von 
Temperatursteigerungen und profusem Schweissausbruch, so dass das 
ganze Bild einem Malariaanfall gleicht. 6) Hydrops der Gallenblase ohne 
Icterus, gewöhnlich infolge der Einkeilung von Gallensteinen in den 
Ductus cysticus, 7) Ausdehnungen der Gallenblase, begleitet von per- 
sistirendem Icterus, lassen den Verdacht auf eine maligne Erkrankung der 
Leber, der Gallengänge oder des Pankreaskopfes gerechtfertigt erscheinen. 
8) Ileus infolge von Dormatonie, welche selbst wieder reflectorisCh als 
Folge der Schmerzen auftritt. Infolge der Darmatonie kommt es zu einer 
gewaltigen Ausdehnung des Abdomen uud zu den Erscheinungen eines 
acuten Darmverschlusses. 9) Acuter Darmverschluss, abhängig von 
a) Darmparalyse als Folge der lokalen Peritonitis in der Nachbarschaft 
der Gallenblase, b) Volvulus der Dünndärme, c) Einkeilung eines grossen 
Gallensteines im Dann nach geschwüriger Perforation des Gallenganges 
in den Darm. 10) Allgemeine Blutungen, die Folge von lang bestehendem 
Icterus, der entweder auf Gallensteine allein oder auf Cholelithiasis com- 
plicirt mit maligner Erkrankung zurückzufllhren ist. 11) Continuirliches 
Erbrechen mit so schweren Digestionsstörungen, dass der Tod durch 
Erschöpfung drohen kann. 12) Lokale Peritonitis mit Bildung von 
Adhäsionen, welche selbst wieder die Quelle von Beschwerden werden 
können, wenn man die Gallensteine glücklich entfernt hat. Majo Robson 
glaubt, dass nahezu jede Gallensteinkolik von einer adhäsiven Peritonitis 
begleitet ist; denn nach seiner Erfahrung wurden stets Adhäsionen ge¬ 
funden, wenn wirklich charakteristische Anfälle vorhanden gewesen waren. 

13) Magendilatationen als Folge der Adhäsionen rings um den Pylorus. 

14) Ulcerationen an den Gallengängen, die zu Gallengangdarmfisteln führen. 

15) Leberabscesse. 16) Circumscripte peritoneale Abscesse. 17) Abscesse 
in der Bauchwand. 18) Fisteln in der Gegend des Nabels oder an andoren 
Stellen der Bauchwand. 19) Empyem der Gallenblase. 20) Suppurative 
Choleangitis. 21) Septicämie oder Pyämie. 22) Gangrän der Gallenblase. 
23) Perforativperitonitis infolge von Ulceration oder Ruptur der Gallen¬ 
blase oder der Gallengänge. 24) Austritt von Galle in den allgemeinen 
Bauchraum. 25) Pyelitis der rechten Seite. 26) Krebs der Gallenblase oder 
der Gallengänge. 27) Subphrenische Abscesse. 28) Empyem der rechten 
Seite. 29) Pneumonie im rechten Unterlappen. 30) Chronische Kachexie 
und Arbeitsunfähigkeit. Die Fälle, die Mayo Robson beobachtet hat, 
sind in einer Tafel zusammengefasst, welche den Mitgliedern der Section 
herumgereicht wird. Aus dieser Tafel ist zu ersehon, dass nach dem Fehl¬ 
schlagen der internen Medication die Chirurgie trotz fast aller der ge¬ 
nannten Complicationen der Cholelithiasis dann sichere Hülfe zu bringen 
vermag, wenn der Patient nicht so heruntergekommen ist, dass er eine 
grössere Operation überhaupt nicht mehr verträgt. 

Schlechte Prognose geben die mit maligner Erkrankung complicirten 
Fälle, weil bei vorhandenem Carcinom die Patienten meist kachektisch 
sind und weil diese Patienten sehr zu Blutungen, während und nach der 
Operation, geneigt sind. Namentlich wenn bei vorhandenem Carcinom des 
Pankreaskopfes, der Gallengänge oder der Leber starker Icterus besteht, 
ist die Gefahr der Operation eine grosse, und eß steht alsdann der Ge¬ 
winn der Operation — Anlegung einer Gallenfistel — nicht im Verhältnis 
zur Gefahr derselben. Bei Patienten mit starkem Icterus giebt Mayo 
Robson, um die Gefahr der Blutung herabzusetzen, einige Tage vor der 
Operation Chlorcalcium innerlich, um dadurch das Blut plastischer zu 
machen. Er thut dies auf Gruud der Versuche von A. E. Wright über 
die Coagulirbarkeit des Blutes (British med. Journal 19. Dec. 1891). Nach 
der Operation wird das Medikament mit Vortheil noch eine Zeit lang per 
os oder per clysma gegeben. Bei bestehendem Icterus unterbindet Mayo 
Robson alle blutenden Gefässe und vertraut nicht auf die Compression. 
Bei allen malignen, mit Icterus einhergehenden Fällen, welche Mayo 
Robson operirthat, bildete die Gallenblase einen fühlbaren Tumor, während 
bei dem einfachen, nur auf dem Vorhandensein von Gallensteinen be¬ 
ruhenden Icterus, ein Tumor nicht markirt war. Von diagnostischem 
Interesse ist ferner, dass bei Cholelithiasis gewöhnlich eine Empfindlich¬ 
keit auf Druck an gewissen Punkten zwischen dem achten und neunten 
Rippenknorpel und dem Nabel besteht. In drei Fällen, die Mayo Robson 
beobachtete, wurde der Kolikschmerz auf der linken Seite lokalisirt und 
strahlte von hier in das linke Schulterblatt aus. Mayo Robson fand in 
diesen Fällen eine Verwachsung des Pylorus mit der Gallenblase und dem 
Ductus cysticus. Probepunctionen widerräth Mayo Robson; ist die 
Diagnose schwankend« so empfiehlt er lieber eine Probeincision, an die an¬ 
schliessend man dann gleich die indicirte grössere Operation ausführt. 
Was die Behandlung betrifft, so ist nach fehlgeschlagener interner 
Medication die Cholecystotomie die Hauptoperation; vor der jEröffnung des 
Abdomen kann man jedoch nicht entscheiden, welche der verschiedenen 
Operationen zu vollziehen ist. 

Lndicatipnen zur Operation sind nach Mayo Robson folgende: 
1) Oft sich wiederholende Koliken ohne Icterus, mit oder ohne -Ver- 
grösserung der Gallenblase, 2) Vergrösserung der Gallenblase ohne Icterus, 
selbst ohne Bestehen stärkerer Schmerzen. 3). Persistirender Icterus im 
Gefolge von Schmerzen, und wenn recidivirende Schmerzanfälle, mit odep 
ohne Malariacharaktor, os wahrscheinlich machen, dass die Ursache Gatiea- 
steine Jm Ductus cpmmunis sind. 4) Empyem der Gallenblase. 5) Peri¬ 
tonitis,. dip vom rechten Hypochöndrium , ausgeht. 6) Abscesse , um ,die 


Gallenblase oder die Gallengänge, innerhalb oder über oder unter der 
Leber. 7) Adhäsionen, welche seihst nach Abgang der Gallensteine eine 
Quelle der Schmerzen und des Krankseins sind. 8) Schleim- oder Gallen¬ 
fisteln. 9) Gewisse Fälle von Icterus mit ausgedehnter Gallenblase, ab¬ 
hängig von einer Obstruction des Ductus communis; in diesen Fällen ist 
aber ein grösseres Risico vorhanden, da die Ursache der Obstruction 
häufig ein maligner Tumor ist. 

Im Falle, dass er nach geschehener Cholecystotomie die Gallenblase 
und die Gallengänge gut und ohne Schwierigkeit ausräumen kann, näht 
Mayo Robson die Oeffnung in der Gallenblase an die Aponeurose an 
und drainirt dann; er hält dies für besser als die Annähung der Gallen¬ 
blase an die Haut und den Verschluss der Oeffnung. Wenn aber die 
Gallengänge nicht gut entleert werden können, wie soll man sich dann 
verhalten? Es kommt dann in Frage: 1) Die Cholelithotripsie, d. h. die 
Zermalmung der Gallensteine in situ zwischen Finger und Daumen oder 
mit Hülfe einer gepolsterten Zauge, eine Operation, die Mayo Robson 
in zahlreichen Fällen ausgeführt hat und die er der Incision der Gallen¬ 
gänge oder der Cholecystenterostomie vorzieht. 2) Die Choledocho- 
tomie, die Incision des Choledochus. In diesem Falle soll immer eine 
Drainage statthaben. 3) Die Cholecystenterostomie, die Mayo 
Robson mit Hülfe seiner decalcinirten Knochenspulen ausführt; er hat die 
Operation dreimal gemacht und dabei einmal Besserung, zweimal völlige 
Heilung erzielt. 4) Die tägliche Injection von Flüssigkeiten in die Gallen¬ 
blase, welche die Concremente zu erweichen oder zu lösen vermögen. So 
hat Mayo Robson heisses Wasser, eine Lösung von Natron tauro- 
chloratum, Aether und Terpentin mit mehr oder weniger Erfolg versucht; 
jetzt nimmt er an, dass nach der Empfehlung von Brockbank die In¬ 
jection von Olivenöl oder einer 5%igen Lösung von Sapo animalis oder 
Oelsäure geeigneter sein dürfte. 5) Die Cholecystectomie soll vorgenommen 
werden als Seeundäroperation in Fällen von Strictur des Cysticus, wenn 
der Ductus communis frei ist. In den drei Fällen, in denen Mayo Robson 
die Gallenblase exstirpirt hat, geschah es wegen einer Schleimfistel in¬ 
folge einer Strictur des Cysticus, die nach Gallensteinen entstanden war. 
Alle drei Fälle wurden geheilt. Als primäre Operation kommt die Excision 
der Gallenblase bei Gallensteinen nur selten in Frage; sie ist sehr selten 
möglich bei maligner Erkrankung. Wenn man bei der Cholecystotomie die 
Gallenblase nicht mit der Bauch wand vernähen kann, hat Mayo Robson 
eine Röhre aus dem Netz gebildet; man soll in solchen Fällen aber ein¬ 
fach ein Drairohr einlegen, da sich um dasselbe alsbald Verklebungen des 
Bauchfelles bilden. Mit wenig Ausnahmen ist Mayo Robson mit einer verti¬ 
kalen Incision entlang dem oberen Theil der rechten Linea semilunaris ausge¬ 
kommen; im Bedarfsfälle fügt er aber noch eine transversale Incision hinzu. 

Die Mortalität der Gallenblasenoperationen wird unter den Händen 
geschickter Operateure 5% nicht übersteigen. Unerfahrene Operateure 
sollen an schwierige Operationen nicht herangehen. 

Kümmell (Hamburg): Die radikale Heilung der Perityphlitis. 
(Der Vortrag wird ausführlich in dieser Wochenschrift veröffentlicht.) 

Murphy (Chicago) spricht über die Enteroanastomose und demonstrirt 
seine bekannten Knöpfe „the Murphy button“, deren Technik er erläutert. 
Schönborn hat diese Knöpfe experimentell verwendet und mehrfach er¬ 
lebt, dass sie nicht wieder abgingen. 

P 4 an (Paris): Ueber die transversale Nepbrectomio. P 4 an empfiehlt 
sehr die transversale Nephrectomie, bei welcher der Schnitt parallel mit 
der Faserrichtung der grossen Bauchmuskeln verläuft. Seine Schluss¬ 
sätze sind folgende: 1) Mittels des transversalen Schnittes kann man 
sich die Niere leichter zugänglich machen als mittels eines vertikalen 
Schnittes. 2) Der transversale Schnitt gestattet den Schnitt in der Haut 
und im subcutanen Zellgewebe beliebig lang zu machen. 3) Er durch¬ 
schneidet den Musculus obliquus und den Transversus in der Richtung 
ihrer Fasern, Gefässe und Nerven. 4) Man kann ihn beliebig retro- oder 
transperitoneal gestalten. 5) Er gestattet leicht das Colon zu vermeiden, 
selbst wenn man das Peritoneum eröffnet. 6) Er giebt einen schönen 
Raum, um selbst grosse Geschwülste hervorzuholen. 7) Er erleichtert die 
Trennung von Verwachsungen, die Eröffnung und Drainage von Abscessen, 
die Unterbindung des Hilus, die Zerstückelung des Tumors und. die Aus¬ 
schälung aller Fortsätze, selbst wenn dieselben in die.Fossa iliaca oder 
in den Thoraxraum hineinreichen. 8) Er gestattet endlich, eine sofortige 
Vereinigung und dauernde Heilungen zu erzielen. 

Berruco (Madrid) empfiehlt nach ausgedehnten Erfahrungen bei 
Echinococcnscysten die Injection von 5% Höllensteinlösungen. 

May dl (Prag) berichtet über zwei Fälle, in denen er die von einer 
ßlasenectople herrührenden Beschwerden dadurch beseitigte, dass er die 
Ureteren sammt einer dieselben umgebenden Partie der Blasenwand in 
das heruntergezogene S. romanum verpflanzte. 

Fabricius (Wien) beschreibt eine neue Methode der Radlcaloperatlon 
von Cruralliernien. Die Methode besteht darin, dass Fabricius das 
Ligamentum Poupartii möglichst hoch oben am Ramus honzontalis ossis 
pubis annäht. Falls dies wegen straffer Spannung des Bandes nicht geht, 
löst er das Band an seiner fnsertionsstelle am Tuber ossis pubis so weit 
ab, bis es sich leicht zurückdrängen lässt, und näht es dann, von den 
Gefässen an angefangen, bis zum Tuber ossis pubis wieder an. 

R. Harrison .(London): Ueber dio Behandlung einiger Formen 
von Stein in der Blase durch perineale Lithotrlpsle mit einer Be¬ 
schreibung der dabei anzewendeten Instrnuiente. Harrison bespricht 
zunächst den grossen Fortschritt, den die Blasenchirurgie in den letzten 
Jahren gemacht hat. Von seinen letzten 100 operirten Blasensteinen sind 
nicht mehr als 5°o gestorben. Zur Oporation hat er die verschiedensten 
Methoden, die Lithotripsie, den lateralen, medianen und hohen Steinschmtt, 
vorwiegend, aber die. erstgenannte Methode verwerthet. In seinem Vor¬ 
trage .behandelt er nun die perineale Lithotripsie. Er macht zunächst den 
Dammschnitt, eröffnet dann die Pars membranacea urethrae so weit, dass 
durch die Oeffnung erst ein Wheelhouse’sches Gorgeret und hierauf 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




m 


VERßfNSrßElLAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 8 


,4er Zeigefinger durch geführt; werden kann, - Er' 'geht also schonender vor 

Do 1 bqanwelcher die Dehnung; in der, .Harnröhre gewaltsam er- 
yred^ejfite^i Ec fuhrt-nun einen. .stärl^ren Eithotriptor in die Blase, der 
-jaittels einer bewegbaren Schraube .imstande ist, jeden ergreifbaren Stein 
m zerm&leiu Die Bruchstücke, des Steines, werden mittels eines Aspirators 
jujs .dm- Blasp ^entfernt.': Als Vortheile der, beschriebenen Methode führt 
Harrison folgende an: 1) Die Methode gestattet dem Operateur, grosse 
Steine; in kurzer Zeit-zu zermalmen und zu entfernen. 2) Sie ist mit 
sehr geringer. Gefahr für das Loben verbunden im Vergleich mit anderen 
(Operationen< und ist leicht anwendbar bei alt-qn. und geschwächten Per- 
jjmhsn. 3). Sie ermöglicht dem Operateur, die Blase und deren Aus¬ 
buchtungen wirksamer auszu waschen als durch die Urethra, da die Strecke 
kürzer ist und die Aspirationskatheter von grösserem Umfange genommen 
•werden können, 4) Der Chirurg kann durch dio Untersuchung mit dem 
Finger feststellen, ob sämmtliche Stointrümmor aus der Blase entfernt 
$indi 5) Sie befähigt den Chirurgen, gewisse Formen von Atonie der 
Blase infolge, von Prostatahyportrophie derart zu beeinflussen, dass auch 
die Wiederherstellung der Function der Harnentleerung bewirkt wird. 
6) Dqrch die, nach Entfernung des Steines ermöglichte Drainage der Blase 
.kann map die begleitende Cystitis oft dauernd heilen oder doch wenigstens 
bessern.- Den Schluss des Vortrages bildet die Beschreibung mehrerer 
opeyirter PäUo * 

Von don weiteren an den nächsten Sitzungstagen in wirklicher Un¬ 
zahl gehaltenen resp. mit kolossaler Geschwindigkeit abgelesenen Vor¬ 
trägen heben wir noch folgende hervori 

Glänzend stach gegen die Vortragsweise der meisten fremdländischen 
.Cellegen der Vortrag ab, den im Aufträge des Preussischen Kriegs- 
ministeriums Stabsazt Dr. Schjerning hielt: Ueber die Wirkung und 
die krlegscliinirglsclie Bedeutung der neuen Handfeuerwaffen. (Das 
Referat ist in dieser Wochenschrift No. 24, S. 521, erschienen.) 

/Demösth^ne (Bukarest) berichtet über Schiessversuche, die in 
Bukarest, mit dqm Mailicher-Gewehr und kleinem Kaliber auf 
Pistanzeri voli 5—14Ö0 m gemacht wurden. Dieselben bestätigen die vom 
preussischen Kriegsministerium gemachten Erfahrungen. 

No’ble-Smith: Ueber die chirurgische Behandlung der Torticolüs 
^pnstlca. Noble-Smith hat bekanntlich die Besection eines Stückes aus 
dom ..Nervus acce^sorius zur Behandlung der Torticolüs spastica mehrfach 
mit und. ohne ‘Erfolg ausgeführt. Er theilt nun seine persönlichen Er¬ 
fahrungen Über'die Resultate- der Operation, mit. . Das Ergebniss derselben 
ist folgendes: Wenn ■ der Spasmus allein auf don Sternocleidomastoideus 
beschränkt ist, so erzielt man Heilung, wenn man ein Stück des Acces- 
§oriüs vor , seinem Eintritt in den Muskel resecirt. Besteht ausserdem 
noch ein Spasmus im Splenius oder in anderen Muskeln, so muss sich die 
Operation auch auf die diese versorgenden Nerven erstrecken. Irgend- 
w^flhe. ernsteren.functionellen Störungen,hat die Operation nicht zur Folge; 
die. Schwäche der Haismuskulatur, die nach Durchschneidung mehrerer 
Nerven auftritt, wii;d von den‘Patienten den heftigen Schmerzen vorgezogen. 
J ' .Herczel (ßudäpestV: Üeber eine verbesserte Methode der totalen 
ftliiiiqplnstt.k. AUc bisher im Gebrauche stehenden Methoden, welche 
die Hochhaltung der Nasenspitze und die. Erhaltung des Nasonprofiles 
bei totaler Rhinoplastik bezwecken,/ vermögen, nicht dem Einsinkens 
des Nasenrückens, der Schrumpfung der Nase vorzubeugen. Um die 
Form, der .neugebildeten Nase möglichst dauernd zu erhalten, verfährt 
Herc 25 ßl in denjenigen Fällen v wo die knöcherne Nase noch vorhanden 
ist, ‘ wie folgt': Es wird aus der Nasenwurzel ein länglich dreieckiger 
Lappen . mit unterer Basis umschrieben, derart, dass an der Wurzol des 
Lappens nni oberen Rande der Apertura pyriformis 3 U cm breite Er- 
nfüärungsbrücke'n Zurückbleiben. Im Zusammenhang mit Haut und Periost 
wird ein trapezförmiger Antheil dos 'knöchernen Nasendeckels abgemeisselt 
upd nach sorgsamer Ablösung von der Nasenschleimbaut der ganze 
Lappen von 160 —170« umgebogen, so dass nun das Epithel nach innen, 
die Knochcnlamellen nach oben zu liegen kommen. Der Lappen federt 
nach oben und besitzt namentlich dadurch, dass der nach vorn umge- 
bogeno. Nasendeckel sich an den festen Rand, der Apertura pyriformis 
stützt, die Fähigkeit, die. Nasenspitze nach, oben zu heben und so das 
Profil der aus dem Stirnlappen gebildeten Nase zu sichern. Die Form der 
Nase wird gefälliger, wenn an Stelle der Eruähriingsbrttcken des umge¬ 
bogenen Hautperiostknochenlappens dieselben nicht mit dem Stirnlappen 
vernäht werden.. Der Stirnlappen schrumpft nämlich an diesen Stellen, 
und die, Nasenflügel Wülsten sich in'naturähulicher Weise. Der umgebogene 
Lappen wird an dem Stirnlappen, mit einigen Catgutnähten befestigt. 
Der Stirnlappen wird mit Seide genäht. Das in einem Falle auf diese 
Weise erzielte Resultat war dauernd ein ausgezeichnetes. 

Rossi (Rom): Ueber-Chondrome der Knochen. Der Verfasser hat 
klinische und pathologisch-anatomische Beobachtungen über drei Fälle 
v ’? n .jf eil) i sc hten Knorpelgeschwülsten gemacht. In dem einen Falle fehlt 
. ie . Krankengeschichte, in den anderen nahm das Wachsthum der Tumoren 
emen rapiden Verlauf; sie waren bei rachitischen Individuen entstanden. 
In allen drei Fällen konnte man die Abstammung von den Epiphysen¬ 
knorpeln nachweisen, da die .Formation der Knöchenbälkchen völlig der- 
glich, welche man bei der endochondralen Ossification rachitischer 
Knochen, beobachtet. Myxomatöse Degeneration konnte man an Knorpel- 
elemeuten nachweisen, sarkomatöse Degeneratioii an endothelialen Ele- 
roenteh der Go^fässschlingon der Mark räume. Klinisch zeigte sich wiederum 
die Bösartigkeit dieser Tumoren. 

Pawlo wski(Kiew): a) Behandlung des Milzbrandes durch künstlich 
erzeugte Loukorytose. Man kann mit Hülfe gewisser Substanzen künst¬ 
liche. Leukocylose in der Umgebung der Impfstellen eines mit Milz- 
brand sübcutan mfldrten Kaninchens hervorrufen, und man ist imstande, 
f l( L^ a • chcn zwölf Stunden nach der subcutanen Impfung mit 


Milzbrand zu heilen, indem man ihnen gewisse, positiv chemotaktisch^ 
Wirkung besitzende Substanzen einspritzt. Die Heilung geht auf dem 
Wege der Phagocytose vor sich. Die geheilten Thiere werden immun 
gegen die Einspritzung grosser Dosen von Milzbrandculturen. 

b) Ueber den Einflu>s ansgebreiteter Verbrennungen aiif den Orea- 
«Ismus. Es giebt keine Gifto in dem Blute, den Geweben und inneren Organen 
verbrannter Thiere. Die einfache Hauptursache der ganzen Reihe von Folge¬ 
erscheinungen bei Verbrennungen ist in den tiefgreifenden Veränderungen 
des Blutes, insbesondere der rothen Blutkörperchen zu suchen. 

c) Ueber dio Behandlung der lokalen Tuberkulose des Perito¬ 
neum, der Gelenke und der subcutanen Gewebe durch künstliche 
Lenkocytose. Mit den bestimmten Substanzen, welche die positive 
Chemotaxis besitzen, ist es möglich, die in Entwickelung begriffene 
Peritonitis tubereulosa bei Meerschweinchen in einzelnen Fällen 
ganz aufzuhalten. Die experimentelle Gelenktuberkulose und Unter¬ 
hauttuberkulose der Meerschweinchen, welche mit solchen Substanzen 
behandelt wurden, ist nicht aufhaltbar, aber es lässt sich durch die An¬ 
wendung solcher Substanzen der Procoss ausschliesslich in den Lymph- 
drüsen und iu der Milz localisiren. Die Unterhauttuberkulose der Ka¬ 
ninchen kann man mittels der betreffenden Substanzen völlig lokalisirt 
halten. Die Verzögerung und Heilung der Tuberkulose geschieht durch 
Phagocytose und endigt mit Bindegewebsbildung. 

Bloch (Kopenhagen): Ueber die extraabdominale Cholecystotomliv 
Bei der idealen Cholecystotomie droht die Gefahr, dass die Nähte der in 
die Bauchhöhle zurückgebrachten Gallenblase platzen. Die Cholecystotomie 
in zwei Zeiten bringt natürlich Verwachsungen zwischen Gallenblase 
und Parietalperitoneum mit sich. Man vormeidet sicher die Gefahr, 
dass die Nähte der Blase in der Peritonealhöhle platzen, und man 
vermeidet mit ziemlicher Sicherheit die Verwachsungen durch Anwendung 
der extraabdominalen (extracutanen) Cholecystotomie. Die 
Technik derselben ist folgende: Laparatomie; die Blase wird über die 
Haut vorgezogen und in dieser Stellung mit Nähten fixirt. Wenn die 
Verwachsungen zwischen der Blase und dem Parietalperitoneum zustande 
gekommen sind (drei Tage), macht man die Incision in die Gallenblase, 
zieht die Steine heraus und näht die Incision, alles in derselben Sitzung. 
Wenn die Gallenblasenincision sicher geheilt ist (neun Tage) desinficirt 
man, bringt die Blase in die Peritonealhöhle zurück und vernäht die 
Bauchwunde. Der Vortragende berichtet zuletzt über einen geheilten Fall. 

Feretti (Rom) beschreibt genau die histologischen Details eines 
kleinzelligen Nierensarkomes, das durch Exstirpation von Durante ge¬ 
wonnen war. 

Berruco (Madrid) empfiehlt der Amputation des Penis immer gleich 
die Castration anzuschliessen, weil dann der Patient sich leichter in sein 
Schicksal ergiebt und nicht so leicht hypochondrisch wird oder auf Selbst¬ 
mordgedanken kommt. 

Ceci (Genua) demonstrirt die Abbildungen verschiedener Patienten, 
bei denen er Contracturen der Finger und der Hand durch Ueberpflanzung 
grosser Lappen gebessert hat. 

Biondi (Ajaccio) bringt einen Beitrag zur Chirurgie des Pankreas. 

Hoffa (Würzburg) bespricht seine Methode der operativen Be¬ 
handlung der angeborenen HUftgelenksverrenkniigen und theilt eine 
neue Operationsmethode mit, die sich für die Operation «älterer Patienten 
mit doppelseitiger Verrenkung empfiehlt (siehe Verhandlungen des letzten 
Chirurgencongresses). Es erstrebt diese Methode eine festere Verbindung 
des oberen Femurendes mit dem Darmbein unmittelbar über der allen 
Pfanne. Es handelt sich also nicht um eine blutige Reposition des verrenkten 
Schenkelkopfes in die vertiefte alte Pfanne, sondern um eine Art künstlicher 
Pseudarthrosenbildung. Die functionellen Resultate worden sehr gute- 

Kirmisson (Paris): Ueber die Operation der angeborenen Hiirt- 
lnxationen. Kirmisson hat die Hoffa’sche Operation siebenmal aus¬ 
geführt. Er legt das Gelenk durch einen von vorn nach hinten zie¬ 
henden Bogenschnitt blos und perforirt grundsätzlich den Pfannenboden, 
um eine recht tiefe Pfanne zu erzielen. Dabei hat er allerdings zwei 
Todesfälle erlebt infolge starker Blutung und Sepsis; in zwei anderen 
Fällen war der Erfolg nur ein massiger; bei drei weiteren Füllen waren 
dagegen die Resultate ausgezeichnete. Dieselben wurden 2 Jahre. Io 
nate und 15 Monate nach der Operation wieder untersucht, und da > 
zeigte sich, dass die Reposition eine dauernde und die Verkürzung 
Beines nahezu völlig ( l h —1 cm) ausgeglichen war. Die Gelenke wa 
dabei beweglich. Als bestes Alter für die Operation hält er nut dem 
ferenten das vierte bis.siebente Lebensjahr. 

Paci (Pisa) demonstrirt ein schönes Präparat, das die Mögjic 
beweist, nach seiner bekannten Repositionsmethode *mch auf unblU j *L 
Wege gelegentlich Heilung der angeborenen Hüftluxation zu erz • 
In dem Präparat fehlte das Ligamentum teres und hatte sich demgt .r 
eine Ncarthrose entwickeln können. Es bestätigt dieses Frapar . 
Ansicht des Referenten über die Möglichkeit der unblutigen Kep s 
bei Kindern (siehe Verhandlungen des letzten Chirurgencongresses)- 

Mikulicz (Breslau) weist darauf hin, dass die Operation i 
sie Roforent und Lorenz ausgeführt haben, erst wieder die , es 

gezeigt haben, die bis dahin als fast unmöglich gchalteno R°P^I n f |„ 
Gelenkkopfes bei Kindern zu bewirken. Mikulicz hat nun , ' ^ 
bei ganz jungen Kindern — in den ersten Lebensjahren — ve . zu 
Reposition auf unblutigem Wege nicht auf einmal, sondern al 
erreichen. Er hat zu denn Zwecke einen besonderen Lager g PJ 
construirt, in dem er die Kinder zunächst für wenige Stunde , 
längere Zeh. in starker Abductions- und Aussenrotationsste g j ueW 
Bei längerem Gebrauch dieser Lagerungsvorrichtung— etwa 

Jahre — hat er dann sehr gute Resultate gehabt Beding » 
dings, dass die Behandlung recht frühzeitig begonnen wird. 


Oed rockt bol Julius Sittcnfold ln Berlin W. 


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Original from 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


26. Juli 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin, Sitzung am 11. Juni 1894: 
Klemperer, Pulsionsdivertikel des Oesophagus. Discussion: Land¬ 
graf, G. Lewin, Klemperer. — Discussion G. Lewin, Todesfälle 
nach Quecksilberbehandlung: Blaschko, Leyden. 

II. Berliner medicinische Gesellschaft, Sitzung am 11. Juli 1894: 
Leyden, Durch Trepanation geheilter Fall von Epilepsie mit Hemi¬ 
plegie. — Gluck, a) Operativ behandelte Empyemfälle; b) Kleinzelliges 
Rundzellensarkom; c) Apparat für experimentell-chirurgische Zwecke. — 
Placzok, Neue Elektrode. — Rosenheim, Gastritis gravis. Discussion: 
Ewald. — Rosenberg, Neue Chloroformmaske. — Nasse, Multiple 
cartilaginöse Exostosen und multiple Enchondrome. — Sitzung am 


18. Juli 1894: Ewald: Ueber Myxödem und die Schilddrüsentherapie. 
Discussion: Mendel, Eulenburg. 

III. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 8. Januar 1894 
(Fortsetzung): Jul. Wolff, c) Fall von Klumpfuss; d) Fall von Genu 
valgum. Discussion: v. Bardeleben, Hahn, Wolff. — Jul. Wolff, 
Operation der angeborenen Gaumenspalte. 

IV. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau, 

Klinischer Abend am 2. Februar 1894: Pfannenstiel, Glycerin- 
intoxication. Discussion: Mikulicz, Silbermann, Pfannenstiel.— 
Scheunemann: Tubengravidität. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 11. Juni 1894. 

Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Jastrowitz. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und genehmigt. 

1. Herr G. Klemperer (vor der Tagesordnung): Ein Fall von 
Plüsionsdivertikel des Oesophagus. Im letzten Winter haben 
wir hier eine Reihe bemerkenswerther Anomalieen des Oesophagus 
gesehen. Vor einiger Zeit hat Herr A. Fraenkel einige Präpa¬ 
rate von Tractionsdivertikeln gezeigt, welche bekanntlich im 
unteren Theil des Oesophagus durch submueöse Narben verursacht 
werden, nur millimetergross sind und kaum jemals zur ärztlichen 
Kenntniss gelangen, wenn nicht der seltene Fall eintritt, den Herr 
Fraenkel demonstiren konnte, dass durch solche Tractionsdivertikel 
eine Perforation in die Lungen mit nachfolgender tödtlicher Gangrän 
eintritt. Vor einigen Wochen hatte ich selbst Gelegenheit, einen 
Fall von tiefstehendem Divertikel zu demonstriren, welcher ober¬ 
halb einer Narbenstenose entstanden war. 

Heute kann ich einen Patienten mit solchem Pulsionsdiver¬ 
tikel des Oesophagus zeigen, den ich zur Zeit auf der ersten medi- 
cinischen Klinik behandle und den Herr Geh. Rath Leyden hier 
vorzustellen mich beauftragt hat. Diese Divertikel sitzen immer 
im oberen Theil der Speiseröhre an dem Uebergang des Pharynx 
in den eigentlichen Oesophagus; dies ist die Stelle der embryonalen 
Kiemenspalten, welche auch nach dem Verschluss eine gewisse 
geringe Widerständigkeit gegen Druck von innen darbieten. Hier 
ist gleichzeitig die Speiseröhre von besonderer Enge, weil der im 
Alter verknöchernde Kehlkopf ihr vorgelagert ist. Hier kann leicht 
einmal ein zu grosser Bissen, ein verschluckter Fremdkörper, z. B. 
eine Gräte, stecken bleiben und eine Ausbuchtung der Schleim¬ 
haut durch die Muskulatur hierdurch nach aussen verursachen. 
Die kleinste Ausstülpung kann die Ursache eines grossen Diver¬ 
tikels werden, da nun mit Leichtigkeit neue Bissen etc. in die 
Ausbuchtung hineingelangen und dieselbe weiter dehnen, so dass 
es zu sackartigen Taschen von der Länge von 12 und der Breite 
von 5 cm gekommen ist. Die ältere Medicin sprach in sehr bezeich¬ 
nender Weise von Hernien der Speiseröhre oder Oesopbagocele. 
Es ist klar, dass ein so grosses Divertikel das Lehen aufs ernsteste 
gefährden kann, indem dasselbe den Eingang in die Speiseröhre 
unter Umständen gänzlich verschliesst und also die Ernährung 
unmöglich macht. In der That sind eine Reihe von Trägern echter 
Pulsionsdivertikel durch Inanition zum Tode gelangt. 

Das grösste ärztliche Interesse solcher Fälle liegt denn auch 
in der Thatsache, dass dies traurige Ende durch chirurgische 
Hülfe verhütet werden kann. Vor vier Jahren hat v. Bergmann 
in der medicinischen Gesellschaft glücklich operirte und geheilte 
Fälle von Pulsionsdivertikel gezeigt. 

Es ist nieht schwer, ein Pulsionsdivertikel zu diagnosticiren. 
Jede Behinderung des Schluckens im Halstheil des Oesophagus 
erweckt den Verdacht eines solchen, wenn man von den durch 
Aetznarben bedingten Stenosen absieht. 

Beachtet man nun die höchst charakteristische Art des 
Schluckens besonders von Flüssigkeit, wie Sie sie gleich bei 
meinem Patienten sehen werden, so ist die Diagnose von selbst 
gemacht. Patient ist ein 45 jähriger Agent N., welcher seit zwei 
Jahren an folgenden, allmählich von kleinen Anfängen zu der 
jetzigen Intensität sich steigernden Beschwerden leidet. Wenn er 
isst, gehen die ersten Bissen oft gut hindurch; dann bleibt ein 
Bissen im Hälse stecken und verursacht ihm heftigen Hustenreiz; 
oft gelingt es, den Bissen herauszuhusten; oft auch bleibt er 
stecken, und die übrige Nahrung geht an ihm vorüber in den 


Magen; öfters aber sind die Beschwerden der eingekeilten Bissen 
so grosse, dass das Weiteressen erst nach mühsamer Herausbeförde¬ 
rung des Bissens möglich wird. 

Oft sind des Abends verschluckte Bissen erst am anderen 
Morgen zurückgekommen. Wenn flüssige oder feste Nahrung im 
Halse stecken bleibt, so geräth der Patient in eine höchst lästige, 
fast unleidliche Situation; das Husten und Würgen, namentlich 
aber ein damit verbundenes, laut hörbares Geräusch, sind auch für 
seine Umgebung peinlich und haben ihn verhindert in Gegenwart 
Fremder zu essen oder zu trinken. 

Bei der objectiven Betrachtung ist an dem etwas abgemager¬ 
ten, sonst gesunden Patienten nichts zu bemerken; am Hals keine 
Hervorwölbung. 

Eino eingeführte Magensonde dünnen Calibers bleibt bei 12 cm 
stecken, verursacht heftigen Hustenreiz und lässt sich noch 2 cm 
vorschieben; dann entstehen sehr heftige Würgbewegungen, und die 
Sonde muss entfernt werden. 

Oefter ist es gelungen, mit derselben Sonde das Hinderniss zu 
vermeiden und glatt in den Magen zu gelangen. Leichter und 
regelmässiger gelang dies mit Sonden gewöhnlichen Kalibers. 

Schon hieraus geht hervor, dass eine Ausbuchtung mit ver- 
hältnissmässig kleiner Oeffnung bestehen muss, in welche dünne 
Sonden leicht eindringen, während stärkere Sonden vorbeipassiren. 
Wenn man nun den Patienten Wasser trinken lässt (Demonstra¬ 
tion), so schluckt er gut: in demselben Moment tritt an der rechten 
Halsseite dicht oberhalb des Schlüsselbeines eine kleinapfelgrosse 
Hervorwölbung auf, dieselbe bleibt 2—8 Secunden sichtbar, um 
unter lautem Geräusch alsbald wieder zu verschwinden; das Wasser 
wird in den Mund zurückgeschleudert, wieder verschluckt, und 
wieder tritt der Tumor am Hals auf, der unter Geräusch sich 
wiederum verkleinert. Dies lärmende Spiel wiederholt sieh 4—5 
mal, bis der Schluck endlich den richtigen Weg nimmt und in den 
Magen gelangt. 

Nach dem charakteristischen Anblick dieses merkwürdigen 
Schluckvorganges werden Sie keine Zweifel haben, dass hier ein 
echtes Pulsionsdivertikel des Oesophagus vorliegt. Theoretisch er- 
wähnenswerth wäre noch, dass die eigentlichen Schluekgerftusche 
an der Cardia erst auftreten, wenn die Hinderung im oberen Oeso¬ 
phagus überwunden ist, eine Thatsache, die für die Richtigkeit der 
Ewald’schen Deutung der Schluckgeräusche spricht. Herr Ge¬ 
heimrath Leyden nahm in der klinischen Vorstellung besonders 
Veranlassung darauf hinzuweisen, dass die Hustenanfälle, die unser 
Patient oft darbietet, vom Oesophagus ausgelöst sind; eine That¬ 
sache, die für die Entstehung des Hustenreflexes von Interesse 
und auch experimentell an Thieren bewiesen ist. 

Praktisch wichtig ist der Fall, weil diese Affection von pro¬ 
gressivem Charakter ist. Heute handelt es sich noch um eine 
massige Belästigung. Aber das Divertikel wird sicherlich wachsen, 
und der Patient wird, je grösser es wird, desto mehr in Gefahr 
der Inanition kommen. Wir haben ihm deswegen dringend zu 
dem ungefährlichen operativen Eingriff gerathen, und er ist 
ziemlich entschlossen, sich demselben zu unterziehen. 

Discussion: Herr Landgraf hält auf Grund zweier beobachteter 
Fälle (Mutter und Sohn) die Prognose nicht für absolut ungünstig; es 
bedarf allerdings besonderer Sorgfalt der Ernälirung. 

Herr G. Lewin: Ein Husten auslöseudes reflcetorisches Centrum liegt 
in dem an den vorderen Ansatz der Stimmbänder angrenzenden Petiolus 
Epiglottidis. Schon bei leichter Reizung dieser Stelle entsteht ein heller 
Hustenstoss. Bei an hysterischer Aphonie leidenden Kranken berühre ich mit 
einer Sonde diese Stelle, bringe dadureh die Kranken zum lauten Husten, 
worauf alsbald unter gleichzeitiger suggestiver Einwirkung die Aphonie 
schwindet und die Kranke — meist sind es Frauen — laut sprechen. In 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


jedem Semester kommen auf meiner Frauenabtheilung eine Anzahl solcher 
Fälle vor, die ich auch meinen Zuhörern demonstrire. -- Auch zur Ent¬ 
fernung von Schleim an den Stimmbändern und auf der hintern Laryxwand 
lässt sich eine ähnliche Manipulation benutzen. Man muss bei gleich¬ 
zeitigem Herausstrecken der Zunge einen möglichst hohen Ton anschlagen, 
am besten ä. Hierbei hebt sich der Kehldeckel derartig hoch, dass eine 
Art Zerrung und Reizung der beschriebenen Stelle eintritt und auch 
Hustenstösse einsetzen, ■welche den Schleim herausbefördern. Ich selbst 
leide namentlich des Morgens meist an Heiserkeit, bedingt durch eine 
Anschwellung auf der Plica interaiytaenoidea, an welcher sich der Schleim 
festsetzt. Durch die erwähnte Manipulation und durch den darauf sich ein¬ 
stellenden Husten expectorire ich den Schleim,worauf die Heiserkoit schwindet. 

Herr G. Klemperer (Schlusswort): Ich will nur auf die Bemerkungen 
des Herrn Landgraf erwidern, dass immerhin intelligente Personen die 
Beschwerden eines solchen Divertikels selbst mit Erfolg behandeln und 
sich vor dem schlimmen Ausgang schützen mögen; trotzdem bleibt es ein 
belästigendes Uebel. das zum mindesten den Patienten von jeder Gesellig¬ 
keit ausschliesst. Wenn in der Tliat viele Patienten mit ihrem Divertikel 
ein hohes Alter erreichen, so ist zu berücksichtigen, dass die Affection 
meist erst in höheren Jahren sich entwickelt. Im grossen und ganzen 
möchte ich die Prognose doch als ziemlich ernst hinstellen; in 27 Fällen, 
welche Zenker und Ziemssen (Oesophaguskrankheiten S. 65) als durch 
die Section bestätigt zusammenstellen, starben die Kranken in 13 Fällen 
an den Folgen des Divertikels, in acht an anderen Krankheiten; in sechs 
Fällen fehlte die Angabe der Todesart. Vor vier Jahren zeigte bei Ge¬ 
legenheit eines Vortrages von Prof. v. Bergmann Herr Geh. Rath 
Virchow ein Präparat eines enormen Pulsionsdivertikels, von dessen 
einstigem Besitzer nur berichtet werden konnte, dass er an dem Divertikel 
verhungert war. Und in der Litteratur findet sich eine Krankengeschichte 
eines andern Divertikelträgers, welcher sein Divertikel mechanisch ent¬ 
leeren konnte, aber schliesslich den Hungertod dieser ekeln Procedur vor¬ 
zog. Ich möchte also dabei bleiben, dass es wohl am besten ist, Leute mit 
echtem Pulsionsdivertikel möglichst frühzeitig chirurgischer Hülfe zuzuführen. 

2. Herr G. Lewin: Ueber Todesfälle nach Quecksilber¬ 
behandlung. (Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift ver¬ 
öffentlicht werden.) 

Discussion: Herr Blaschko: Um zunächst auf die letzte persön¬ 
liche Aeusserung des Herrn Lewin einzugehen, so bin ich überrascht, 
wie es möglich war, dem betreffenden Passus die Deutung unterzuschiebon. 
welche Herr Lewin ihm gegeben hat. In der von Herrn Lewin citirten 
Schrift „Die Verbreitung der .Syphilis in Berlin“ suchte ich bekanntlich 
den Nachweis, zu führen, dass in den letzten drei Decennien die venerischen 
Krankheiten in Berlin beträchtlich abgenommen hätten. Eine Hauptstütze 
dieser Ansicht war der colossale Abfall der Erkrankungszitier bei den 
Prostituirten. Um alle Fehlerquellen auszuscliliessen, erörterte ich alle 
Momente, die einen solchen Abfall Vortäuschen konnten und kam auch auf 
die Recidivo zu sprechen, deren Verminderung ja auch ein Absinken der 
Krankenziffer zur Folge haben müsste. Aber dieser Factor könne aus¬ 
geschlossen werden, da „namentlich seit Einführung der Sublimat- 
injectionen“ — die ich ja selbst hier einmal als einen grossen Fort¬ 
schritt bezeichnet habe -- gerade in der Charitü die Behandlungsweise im 
grossen und ganzen dieselbe geblieben sei. Ich glaube, es gehört in der 
That eine grosse Kunst im Missverstehen dazu, um aus diesen Worten 
einen Vorwurf herauszulesen. 

Auf den - Vortra £ selbst will ich nur ganz kurz eingehen. Was mich 
betrifft, so bin ich vielleicht in oiner etwas angenehmeren Lage als Herr 
Lewin, insofern ich den verschiedenen Behandlungsmethoden gegenüber 
absolut nicht Partei bin, auch selbst nie eine neue Behandlungsweise 
angegeben habe. Was die Anwendung der unlöslichen Hg-Präparate be- 
tritlt, so habe ja gerade ich an dieser Stelle auf gewisse mit derselben 
verbundene Gefahren aufmerksam gemacht. Das Schreckensgemälde aber 
wetches Herr Lewin hier von den verschiedenen Hg-Curen - - soweit nicht 
seine faublimatinjectionen in Betracht kommen — entworfen hat, ist doch 
wohl etwas zu sehr schwarz in schwarz gemalt; ich meine, dass die Nach- 
thoile, welche derselbe hier aufgezählt hat, mehr oder minder allen 
Applicationsweisen des Hg gemeinsam sind. Es kommt eben weniger 
darauf an, welches Präparat und welche Applicationsform als vielmehr 
welche Dosis man wählt. Auch der Unterschied zwischen löslichen und 
unlöslichen Präparaten ist nicht so gross, wie es scheint; denn im Grunde 
genommen wirken auch die löslichen Salze als unlösliche, und 
zwar dadurch, dass dieselben bei der Injection in das Subcutan- oder 
Aluskelgewebe mit diesem eine unlösliche Verbindung eingeben. Es wird 
dir 0 ri° rt W tv . , 1 llir . eia kleiner Theil des Präparates resorbirt, während 
ffolanM F r uJ' hC1 nT Dcp0t . blldct ' das erst allmählich zur Resorption 
brhüHv y twai J e Differenzen m der Wirkung sind denn auch im wesent- 
’tj’ “ a ? f dlu ycrjchiedcn hohen Dosen znrückzuführen. Nun wissen 
SäXvi* d T S m '. 1 den differenten Modicnmenten eine gewisse 

SS, InS“ 1- und ,- 10 K " natdes Arztcs bestellt eben darin" durch 
of^inI! r , r'T g , dl,,S0 9>' fahr "'»glichst hernbzumindern. Beim 
Patienten iinfnfr/ 10 Sache S °- : Lm J° ^ rin £ eres Quantum Hg man dem 
auch dnr FffßPi ’ ., ur ^ 80 geringer ist die Gefahr, aber um so geringer 
ch dei Effect ; mit je grösseren Dosen man operirt. desto grösser wird 

ugenb ; ick die p*“» ä" 

lT Menschen schon minimalen Dosen Hg gegenüber eine aus- 

lÄTt nÄ nkra f ie i fi,Kle r, n ‘ U i nd darau? dio Therapie 

dirtin Vo • nohl I len - Insbesondere bei den unlöslichen Salzen, von 
denen ja immor ein grösserer Vorrath auf einmal eimmführt wird ist im 

T S p Ste Voreicht geboten - Ich verfahre, ekentlieh meto durch 
anlas™ S ietzt El ^ g Um“ , alsdurcU . ir | end welche böse Erfahrungen ver- 
gegen Hg hat fnw iJL 8 ^ en l- ^ er Patient nicht eine Idiosynkrasie 
gegen Lg hat, führe ich anfänglich nur ganz minimale Mengen ein, und 


a No. S 

erst wenn diese gut vertragen werden, gehe ich allmählich zu grösseren 
Dosen über. Wenn man so die Reactionsweise des Kranken auf das M 
dicament berücksichtigt, wird man so leicht nicht schlechte Erfahrung 
machen; ich wenigstens habe nie böse Zufälle, neuerdings auch nicht 
mal mehr Paraffinembolieen beobachtet. ^ 

Zusammenstellungen wie die des Herrn Lewin sind ja schon früher 
gemacht worden, meist aber von nicht wissenschaftlich gebildeten Leuten 
oder von Antimercurialisten, welche überhaupt mit der ganzen Qucck 
Silberbehandlung aufräumen wollten. Hier ist zum ersten mal ein grösserem 
Arsenal von Dingen zusammengetragen, und zwar von einem Manne der 
über eine grosse Erfahrung verfügt, und das ist immerhin von einem Ge¬ 
wissen Werth. Um aber den Werth der verschiedenen Behandlung 
methoden gegeneinander abzuschützen, genügt es doch wohl nicht wie 
dies hier geschehen, dass man nur fragt, welchen Schaden kann eventuell 
ein Verfahren nach sich führen, sondern man muss auch die Frage in 
Betracht ziehen, welchen Nutzen ist dasselbe zu stiften im stände. 5 Ich 
glaube, trotz der Fülle des Materials, welches Herr Lewin zusammen¬ 
getragen hat, darf man damit die Frage nicht als erschöpfend behandelt 
betrachten. 

Herr Leyden: Ich kann dem Herrn Vorredner darin nur beistimmen 
dass der Vortrag von Herrn Lewin ein sehr lehrreicher und verdienst¬ 
licher gewesen ist. Es ist sehr dankenswerte dass Herr Lewin aus 
seiner reichen langjährigen Erfahrung uns auf einige schädliche Wirkunzen 
bei der therapeutischen Anwendung des Quecksilbers aufmerksam macht 
und uns eine gewisse Vorsicht, empfiehlt bei der Anwendung eines so 
hochwichtigen Medicainentes, welchem der Vortragende selbst so viele 
Erfolge verdankt. Meine- eigenen Erfahrungen über die Quecksilbercuren 
nach dieser Richtung hin sind verhältnissmfissig zu beschränkt, um dem 
Vorgetragenen Wesentliches hinzufügen zu können. Ich möchte aber 
einige Bemerkungen vom allgemeinen therapeutischen Standpunkte an- 
schliessen. Nicht nur für das Quecksilber, sondern für den grössten Theil 
gerade der wirksamsten Medicamente lehrt die Erfahrung, dass sie neben 
der erwünschten Heilwirkung auch andere, unerwünschte, unan¬ 
genehme oder schädliche Wirkungen haben. Diese Thatsacke ist bekannt 
und oft genug besprochen, — ich erinnere an das vor wenigen Jahren 
erschienene verdienstvolle Buch von Horrn Prof. L. Lewin über die 
Nebenwirkungen der Arzneimittel. In der ärztlichen Praxis ist man sich 
aber nicht immer in genügender Weise dieser Thatsache bewusst. Die 
günstigen und die schädlichen Wirkungen der Arzneimittel stehen keines¬ 
wegs immer im bestimmten geraden Verhältnisse zu einander, und es kann 
nicht als allgemein richtig anerkannt werden, wenn Herr Blaschko 
sagte: „Wenn man die Dosis kleiner nehme, so ist die Schädlichkeit 
kleiner, aber auch der Effect kleiner.“ Das gilt keineswegs allgemein. 
Es kann sein, dass bei dem einen Medicament mit steigender Dosis der 
nützliche Effect wenig, der schädliche aber sehr erheblich zunimmt. Dk* 
Gründe dafür sind mannichfaltig und nicht bloss auf die individuelle 
Empfänglichkeit zurückzuführen. Jedenfalls handelt es sich nicht uni 
seltene Ausnahmen, sondern um ein sehr häufiges Ereigniss. Hiermit muss 
der Arzt durchaus rechnen und sich daran erinnern, dass seine erste 
therapeutische Aufgabe ist, nicht zu schaden, d. h. die schädlichen Arznei¬ 
wirkungen möglichst zu vermeiden. Diese Rücksicht führt dahin, dass 
wir in der Anwendung grösserer Dosen gerade der stärkeren wirksameren 
Medicamente, vorsichtig sein und zu kleineren Dosen zurückgreifen müssen, 
als sie namentlich vor einigen Jahren, und wohl auch noch heute hier 
und da üblich sind. Ich betrachte es als einen wichtigen Fortschritt der 
internen Therapie, dass die deutschen Aerzte in den letzten Jahren sich 
im allgemeinen kleinerer Dosen befleissigen und dass die Anwen¬ 
dung stärkererDosen vonMedicamenten mit viel grösserer Vorsicht geschieht. 
Wenn ich auf meine academische Thätigkeit zurückgehe, so erinnere ich 
mich, dass man vor ca. 25 Jahren, der Zeit da ich in Königsberg lehrte, 
auf grosse Dosen zugeschnitten war. Man wünschte schnelle und starke 
Wirkungen. Als die Salicylsäure bekannt wurde, wandten wir zweistündlich 
1—2 g dieses Mittels an, das Chinin gegen Typhus wurde in Dosen von 
2 g und mein* gegeben, das Chloralhydrat in Dosen bis zu 5 g bei Dehnen 
angewendet. Allein die Erfahrung, dass so grosse Dosen häufig nicht nur 
für den Patienten lästig, sondern nicht selten auch schädlich waren, hat 
zu grösserer Vorsicht, zur Anwendung kleinerer Dosen geführt. Je ältd 
und erfahrener ein Arzt ist, desto vorsichtiger ist er in der Dosining 
stärkerer Arzneimittel, jedenfalls fängt er mit kleinen Dosen an, hi? 
weiss, wie der Patient und die Krankheit darauf reagiren. Ich w> 
mich hiermit auch noch auf eine Gruppe neuerer Medicamente beziehen, 
nämlich Antipyrin, Salicylsäure, Phenacetin etc. Das Antipyrin hat nanien ■ 
lieh bei der Influenza eine sehr ausgedehnte Anwendung gefunden. <■ 
Laien verordneten es sich selbst und bekamen es auch während der ers e 
Epidemie im Handverkauf. Auf diesem Wege wurden zuerst Pulver y™ 

1 g verabreicht, aber nach kurzer Zeit wurde die Dosis auf 0,5 g reduu • 
Ich selbst verschreibe einem Patienten, den ich noch nicht näher kenn'.. 
kaum mehr als 0.5 pro dosi. Für dieses Princip haho ich erne "i 
kommene Bestätigung gefunden in den Ergebnissen einer Sammelforscnu -• 
welche vor einigen Monaten in England angestellt worden ist (vergl. bn * 
Med. Journal, 1894). Die Aufgabe wurde dahin gestellt, die guten 
schädlichen Wirkungen dieser Arzneimittel (Antipyrin, Antifobrm, 
nacetin) und die Dosis anzugeben, bei welcher keine schädlichen y_ ir . ’ 
mehr beobachtet worden. Es ergab sich als solche Grenze die UOb s 
0.5 g. — Auch für andere Medicamente, z. B. Digitalis, Morphium u - • 
gilt Aehnliches. Sie haben neben der erwünschten Heilwirkung 
häufig auch schädliche Effecte, welche uns nöthigeu. mit kleinen i ^ 
anzufangen, und uns überhaupt mit kleineren Dosen zu bepugen,, - , . ( 
es noch vor nicht langer Zeit gewohnt waren. Eine solche v 0 * « 

für die Praxis, gerade der besten Gesellschaftsklassen von geo & 
deutung. — Was specicll die schädlichen Wirkungen des Q ■ . ^ 

betrifft, so sind meine Erfahrungen darübe nur beschrank , 


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26. Juli. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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nieht viele solcher Fälle gesehen, die ich auf schädliche Wirkungen der 
Quecksilbercuren zurückführen könnte. Von intensiver Niernaffection habe 
ich nichts gesehen, nur öfters vorübergehende Albuminurie; dagegen habe 
ich ein paar Fälle von Herzaffection nach intensiven Quecksilbercuren 
beobachtet. Die Symptome bestanden in Herzklopfen, Beklemmungen. 
JNamentnch entsinne ich mich eines jungen Herrn, der verschiedene Queck- 
silbercuren durchgemacht hatte und an Herzschwäche mit Herzpalpitationen 
und unregelmässigem Pulse litt; im Verlaufe von zwei Jahren trat Heilung 
ein. Eine andere Affection, die ich beobachtet, hat Herr Lewin nicht 
erwähnt, nämlich diejenige, welche ich hier vorgetragen habe, das Auftreten 
von Lähmungen nach Quecksilber in der Form der multiplen mer- 
curiellen Neuritis. Ich habe mich damals ausser meiner Beobachtung 
auf die Arbeiten von Letulle über die Quecksilberwirkung und Queck¬ 
silberlähmung, und auf die Beobachtung von Forestier berufen. Sodann 
habe ich einen Fall von aufsteigender Paralyse nach Quecksilberwirkung 
angeführt, den Prof. Kelti in Pest beobachtet und mitgetheilt hat, also 
einen tödtlichen Fall. Ich selbst habe seither keine ähnliche Beobachtung 
gemacht, aber von Herrn Engel in Brünn ist eine bestätigende Beob¬ 
achtung über Polyrieuritis mercurialis publicirt worden: dieser Autor erklärt, 
dass er seinen Fall schon vor dem Lesen meiner Mittheilung beobachtet 
hatte, aber durch mich in seiner Ansicht bestärkt worden ist, dass es sich 
um Quecksilberwirkung handelte. Freilich giebt es eine Reihe von 
Neurologen, die alles, namentlich alle Erkrankungen des Nervensystems, 
auf Syphilis zurückzuführen geneigt sind, sobald es sich uni einen 
Menschen handelt, der einmal syphilitisch gewesen ist oder gewesen 
sein könnte; diese haben es denn auch ungern gesehen, dass ich die 
neuri tische Affection auf Quecksilberwirkung zurückführte. 

II. Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 11. Juli 1894. 

Vorsitzender; Herr Virchow. 

1. Herr Leyden (vor der Tagesordnung) stellt einen Patienten 
vor, dessen Krankengeschichte von grossem klinischem Interesse ist. 
Es handelt sich um einen Fall von Epilepsie mit Hemiplegie} 
der durch Trepanation geheilt worden ist. 

Der 30jährige Postschaffner Lange wurde am 5. März d. J. in die 
Charite in schwer krankem Zustande gebracht. Er war schwer besinnlich 
und linksseitig gelähmt. Er gab an, vor einigen Wochen unter heftigen 
rechtsseitigen Kopfschmerzen erkrankt zu sein, worauf sich allmählich eine 
Lähmung der linken Seite entwickelt habe. Fieber war nicht vorhanden, 
keine Lähmung der Augenmuskeln, keine Verschiedenheit der Pupillen, 
dagegen Steifigkeit des Kopfes. Es wurde zuerst eine schwere Himerkran- 
kung, wahrscheinlich ein Tumor, angenommen. Allein die nächsten Tage er¬ 
schütterten die Diagnose. Der Kranke wurde nämlich etwas freier im 
Sensorium und theilto nun mit, er habe vor zwei Jahren bei vollkommener 
Gesundheit, indem er sich bückte, Zuckungen in der linken Gesichts¬ 
und linken Körperhälfte bekommen ohne Verlust des Bewusstseins. Der 
Anfall habe sich in den nächsten Tagen wiederholt und sei dann noch 
einige .male im Jahre aufgetreten. Er habe einen Arzt consultirt, der 
Epilepsie angenommen und ihm Bromkalium verordnet habe. 14 Tage vor 
seiner Aufnahme in die Charite hätten sich heftige reissende Schmerzen 
in der rechten Seite des Kopfes eingestellt, worauf Schwäche in der linken 
oberen und dann in der unteren Extremität eingetreten seien. Somnolenz, 
kein Brechreiz. Nach weiteren acht Tagen wurde er unter Zunahme der 
Lähmungserscheinungen bettlägerig. Er gab ferner an, dass er im Alter 
von vier Jahren auf eine steinerne Treppe gefallen sei und sich dadurch 
einen Bruch des Schädels zugezogen habe, der aber ohne weitere üblen 
Folgen geheilt sei. Die Untersuchung des Schädels ergab an der rechten 
Seite des Kopfes, dicht neben der Mittellinie, auf dem Scheitel eine leichte 
etwa Markstück grosso Depression. 

Herr Leyden hielt es für wahrscheinlich, dass die Epilepsie 
und Hemiplegie mit dieser, allerdings 24 Jahre vor dem ersten 
Auftreten der Epilepsie, erlittenen Verletzung des Schädels in Zu¬ 
sammenhang stehen könnten, weil die Erkrankung evident die 
Form der Jackson’schen Rindenepilepsie zeigte. Bekanntlich finden 
sich im Gehirn neben der Gentralwindung ein vorderer und ein 
hinterer Gyrus mit motorischen Centren, durch dfcren Reizung epi¬ 
leptische Zuckungen ausgelöst werden. Jackson fand, dass 
diese Zuckungen mit auffallender Regelmässigkeit in der Weise 
auftreten, dass die Muskelgruppen nicht auf einmal, sondern nach 
einander befallen werden, und zwar in der Weise, dass wenn der 
Reiz das obere motorische Centrum trifft, zuerst die untere, dann 
die obere Extremität, dann das Gesicht ergriffen werden, während 
bei Reizung des unteren Centrums das umgekehrte Verhalten statt¬ 
findet. Bei dem Patienten fand sich die Depression des Schädels 
an der höchsten, der Mittellinie zunächst gelegenen Stelle der 
Central Windung, so dass hier wohl die epileptogene Zone 
anzunehmen war. Allerdings hätten nach dem hohen Sitze der 
Depression die epileptischen Krämpfe in umgekehrter Reihen¬ 
folge stattfinden müssen, als der Patient angab, allein vielleicht 
war ein durch Splitterung der Tabula vitrea gesetzter Reiz der 
Oberfläche des Gehirns tiefer fortgeleitet worden, oder es konnte 
zur Bildung einer narbigen Kyste gekommen sein. Jedenfalls schien 
bei dem trostlosen Zustande des Patienten ein operativer Eingriff 
angezeigt, die Trepanation wurde vorgeschlagen, bewilligt und von 
Herrn v. Bardeleben am 12. März in Grösse eines Markstückes 


ausgeführt. Es fand sich bei der Operation nichts weiter als eine 
leichte Verdickung zwischen Knochen und Dura mater, im Gehirn 
nichts Krankhaftes, Probepimction ergebnisslos. Herr Leyden war 
durch diesen negativen Befund sehr enttäuscht, allein schon nach 
vier Wochen zeigte sich die Berechtigung der Operation und die 
Richtigkeit der Combination: das Sensorium wurde frei, die He¬ 
miplegie begann abzunehmen, epileptische Krämpfe traten nicht 
mehr auf, und nach drei Monaten konnte Patient mit nur leichtem 
Nachschleppen des linken Fusses gesund umhergehen. Es muss 
also durch die Trepanation doch ein Reiz aufgehoben sein, der die 
früheren schweren Symptome veranlasst hatte. 

2. Herr Gluck (vor der Tagesordnung) stellt a) aus der 
grossen Reihe von ihm mit Erfolg operativ behandelter Empyeme 
folgende Fälle vor: 

1. Einen neunjährigen Knaben, bei dem nach Quetschung der linken 
Lumbalgegend eine ausgedehnte peri- und paranephritische Jauchung ein- 
getreten war. Zur radikalen Tamponade der Wundhöhle war die Resection 
der zwölften Rippe nothwendig. Die Temperatur fiel nicht, ab, und eine 
genaue Untersuchung ergab secundäre Pleuritis diaphragmatica purulenta; 
Resection der neunten und zehnten Rippe, Genesung. Solche socundären 
Empyeme kommen nicht nur bei retro-, sondern auch bei pro- und prä¬ 
peritonealen Eiterungen vor. Vortragender erwähnt bei der Gelegenheit 
auch einen nach Rippenresection geheilten Fall von jauchiger Pleuritis 
diaphragmatica dextra nach Cholelithiasis. 

2. Ein 13jähriges Mädchen mit rechtsseitigem, in die Lunge per- 
forirtem jauchigem Empyem, bei dem sechs Rippen, und zwar bis zur 
Länge von 12—15 cm rcsecirt werden mussten. Die Lunge war auf etwa 
Faustgrösse comprimirt. Mit dem Reflector war die Perforationsstelle 
deutlich zu sehen, sie wurde dilatirt und cauterisirt. Völlige Heilung, die 
Lunge hat sich wieder entfaltet. 

3. 26jähriger Mann, im Januar 1887 wegen rechtsseitigen Empyems 
mit Punction und Drainage behandelt. Im Februar glitt das Drainrohr in 
die Pleurahöhlo, weshalb Rippenresection, aber ohne Auffinden des Rohres. 
Im Juli 1893 kam Patient in Herrn Glucks Behandlung mit einer Pleura¬ 
fistel, die Jauche entleerte; auch jauchige Sputa. Er litt an starken 
Hustenanfällen, hohem Fieber, nächtlichen Sehweissen; Körpergewicht 
62,5 kg. Nach der Operation nur vorübergehende Besserung, deshalb 
October 1893 Resection von vier Rippen, Auffinden und Extraction des 
Drainrohres, das in einem Hohlraume der Lunge lag. Völlige Heilung, 
jetziges Körpergewicht 86 kg. 

b) Derselbe stellt einen 14jährigen Knaben vor, bei dem 1893 
nach einem Fall auf den rechten Arm eine Parese im 
Radialgebiete eingetreten war und der jetzt an einer Geschwulst¬ 
bildung am rechten Humerus und Protrusion des rechten 
Bulbus durch Geschwulstmassen litt; dabei Fieber, Anämie, 
Mattigkeit und Appetitlosigkeit. Die mikroskopische Untersuchung 
von Tumortheilchen nach probatorischer Incision ergab kleinzellige 
Rundzellensarkome mit sehr spärlicher Bindegewebeentwickelung. 
Ord.: Sol. arsenical. Fowl. dreimal täglich steigend bis zu 10 Tropfen. 
Rasches Wachsen der Tumoren, neue Tumoren am rechten Unterkiefer 
und rechten Trochanter; Voij auchung des Tumors am Oberarm, septische 
Phlegmone. Spaltung und Ausräumung des Tumors und der Mark¬ 
höhle des Humerus, worauf allmähliche Rückbildung und Vernarbung, 
so dass jetzt nur eine grosse Operationswunde zu sehen ist. Zu¬ 
gleich völlige Rückbildung der Tumoren am Kiefer und Trochanter, 
während das orbitale Sarkom gewachsen ist und den Bulbus völlig 
zerstört hat; guter Ernährungszustand. Der Harnstoffgehalt, der 
zu Begiim der Behandlung in der 24stündigen Harnmenge nur 
4—6 betrug, ist jetzt auf 15 g und darüber gestiegen. Der Zer¬ 
fall und die Rückbildung der Sarkome ist wohl als eine Folge der 
Phlegmone anzusehen, wie wir ähnliche Einflüsse ja von Erysipelen 
und vom Puerperium kennen. Gleiches sollen auch Pyoktanin- 
injectionen leisten. 

c) Derselbe zeigt einen Apparat für experimentell-ohirur- 
gische Zwecke; er stellt eine doppelwandige Glasvorrichtung dar 
für feuchte aseptische Räume von constanter Temperatur mit 
occlusivem Abschluss. Der Apparat ist sehr geeignet zu physio¬ 
logischen Beobachtungen über peristaltische Darmbewegungen und 
zum Zwecke der Nachbehandlung experimentell erzeugter Peritonitis. 
Manche Thiere wurden sechs bis zehn Stunden beobachtet, hierauf 
die Bauchhöhle geschlossen, und die Heilung erfolgte anstandslos. 

3. Herr Placzek (vor der Tagesordnung) (Eigenbericht) demon- 
strirt eine nette Elektrode, welche eine Lücke der neurologischen 
Untersuchungstechnik ausfüllen und ganz besonders bei der Simula¬ 
tion verdächtigen Nervenleidenden sich nutzbringend erweisen 
soll. Um alle das objective Resultat trübenden Fehlerquellen nach Mög¬ 
lichkeit auszuschalten, war Vortragender bestrebt, 1) dem Patienten 
die Möglichkeit zu rauben, [die Untersuchungsvarianten zu con- 
trolliren, 2) nach Belieben den Strom bald nach der empfindenden, 
bald nach der angeblich analgetischen Zone zu lenken, ohne dass 
eine Lageveränderung der Bürste nöthig wird, 3) Strom¬ 
stärke und Stromdichte, soweit möglich, unverändert zu lassen. 
Diesen Zweck soll der „Doppelpinsel“ erfüllen, welchen nach des 
Vortr. Angabe Herr Hirschmann (Berlin, Johannisstrasse 14/15) 


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KmiiklMl Ad'4u»\r zugrunde. nie Biaum 

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»ler SH>*K ufoftis UTclirkl , die FYhbiiftl 
UdtorsVi/diang emt* Q ay tri t in irr» vw 
Dicuer lieht«*! erklärt die im LebmhbbL 
Aijjlr den -Tod- ausc*j«;hvu»l. Bi'/' fite« 
itDftUmlni-c drangen hK <hV;nntm 
PtoM Wgimmn ;sj>tnv^v Bi*oHMiswigeu 
}ß . disimm Fülle :fe?htmi: dio 
ifftcfit:", in«! - tijK «r^fen 


nalen Anlage der Knnchen ein. (Per Vortrag wird an au.im-, 
Stelle iiüaführlicK verdifctttlicht wordon.) 

- i t z i; n g a m 18 , f u l * 1884. 

'Vorsitzender * Ibur Vir»d.!0 w. 

1 Htrr E vv «1 d: tf^bor Myxödetö nnd die SoKüddiüsgß. 

tberäpie (.mit 1 bo«fUi#i%Uon;. Na-dv einem kurzen t,y.hevl»H>j: 
Über diu Crust hü-Ke des M^ndeniK. bemerkt' der V*.rira^eruin ^ 
ins vor vier Jalüen das wieseaaciiiiftljebe Iui-ere5!?c hn-üWuiti.iH*r» 
nur der Aeliologmx und dem kliniuehen VnrlHütc ;i rn Krank hei« zu- 
gewandt war, w;lhr^jd die Therapie wegen tlirer ?dui;hiiositd**ii 
dmn eigontbümliclmn Leiden gegenUbor,- obwohl fast, ihr p^ XK 
Tmib'-u. ßjseripriif>:irftte, Arsenik, ElcktüziLILifawa^Mr 
in Aw^lung gozögmv wurde, erst in jtweitßr- Linie ^m}., f% 
hat MtvU muH geunnutec Z&H vollständig unigMWandeli, ina« wö-ti 
jetzt kittuu rna en^Kechug oder ainenkäniaclios medicitiiseh^ Jöurtwr 
in die Hand nehmen, ohne dünn einen Fall rou g&Ueilte?n Mn- 
«idem zw ilitdeu. Diene- er/olgm(*he Tbi v njpna hestebt hekamitiit 
t« der von ^uhllddr^Äf übMnnz «der -PAtmt-in Forff. 

vojv Lnpliuitnt-ion, sülicntannv oder vmtiiker lojeetiou ndci' inn<>e 
lg. An dev Kinfulü'UT?g rmp, Auebiltjüuz ife; 

esU«wlmURtelk*n PnUung au Tliiwrft 
IHrrbör-. 


Aul tkt K.ikksöitö [ 
dum iiut'ru h eil den 
den einen,; bald, nuT 
Wm ;itk% '‘Mty t r 

tiim \deü mit. BJektiCi. mnrkirteo Onnitß 
aupiihdeodev uail - .uiigeiijieh analgetischer Zone anfgu- 
mittfdst.'U'knn tTirajfkeheii Strom hin- 
k tb*s l’iu«witen tu nf eo. das« ot» auf 
f Siterbri- !«1 mau nun plötzlich dit 1 
8e U« iiss did: IhitUeV ^uh>A BeUmeTX- 
fttllB er tlie; \Vahejiett Migt. Ei - muss diese 
hl . das .nuujoiuuiv Si.hfnirrcu des 
and nun ct. und die Pfnsn] in ihtev 
w ifrdcn, ’Nnjrirlk'h kann mittels das 
LrhtnrsuübitAgsk^ft--'jadlievii geändert 

' Usinvariuiiton; gi«jai& luftf 

.. n«piojne«v. K T eiiro?en 

'i^b gefuodeues uhj ex’L vee Sympinn« ven 


| liidior Darj-eiehuui. 

4det vor dev Tage#. ]. Behaudlungsw^e und ihm* 

»SjlibUgrm trau mit waren u. a. woßonUich betheiligt .Sehitf, Kan* her. 

er Ul. medir-inisclu-n Hursley, ifroruo Alurray, Horwlfz. Die Drüse wunk m 

rohem oder geliiickc-noTo ZustendE als lAtmrt und geirrte 
-Ifanirs Marz US83 mit jo Tablettonfom _ gegeben. Diese TabLtfan wrrdr-r«: 'tiftM 

i'ii. D«ese besah werde«! ihrer bfuiucrmm ] }a mjiriinugkvvei?.e- Uh4 ihrer Wenigst «ms iiniiüh«M;«u’ 

wurde endlich in ednv*:f m b^timtnefldeii Dosiruiig tu neuerer Z<yjfe mit -VorlwheT^SlS 

Mfic ri i^b.rikrtU.im wird wimhmli# in Fngiaiul hetriHiß«. fe 

im j VefW&blkh.'--'" Die Fw.i-1 d geht daOfv zur Mittbeilnug der Krauken^cstdiiellK jts Um 

;( >r;siauf] Fehlen Ulm' geheilt«m Falles tiber, «lie Wegen mme-hef LigeiittiüiulFhkö!^ 

auf Milchzanrc fiel »Sn boAon«1ercs Ihtej-usiao beanapnidlt 

iejunentther Bcimiadhiog Dia FatFnrfm, «lihe* 53jS)irige 1 »mue aus den besten Stünden, kauft' 

eh wir viftr monatlicher Xjfti 1H83 itS AuguataTfosnit-iv}. Aftmtm cs tisch gab sie an. in frtüu'slw 
: -Ca r «in öhrX: yykj rt; •••K.indhdt--'ntt jjbsrü.hvwtrhb. *’ jpfty tA J4nn an -Tjjilius' geditt^ü zn 

-mrittuw im Mitten, uh Iahen ?m .fahre 18hl holle) hie. diu Scimuplhntielwr. Vier Wodien spltpr 

tgön war etwa-* er tr?it A bsch.il tfiriing der H«\ut Cm wio mwh S'diarhaljüübo-, darauf zeig!«» 

artige Hypertrophie sjx;h SdnVölhingen der Hmit ;m vorftöhiednhbn Korpertheilen. Mattiülo'it. 

hoi der mUm^kupt^ßifeu. Sehwwhcfiinnlichk^iL Kttehtg Sli^gharkeib imdtö Stimme. Auitfaileu i«r 

* Atrophio tciHlirtu. tbuuy, wiihrctM Appetit und Verdamiug normal blieben. All.e «lies«*. Kt- 

inpomic *md « -Idicssü* h sci'»mnmgca st‘;»gßrt.*m sich im ].*.a«ie «h;s -.fabres 1H82, befiondera inneJu« 

'rcicssc heftfeheti ohne eich Sejiwoliiing ilov Oo^ichtshaut hemerkhär, die llaüre waren («>t ollür 

ihn «Itis Mugo.ns erlahmt. 'uus^dhlk-.n. Iflinde mid tjatersdienkol untilnrilieb hltniatiis. llavitus wM 

ceerfr.Ii sn h geltend zu FunmkuloSc h« -hui G«‘Mitnlien; die infoositsii. der Seiwe-Dimgen war «ine 

•ye; i gewiss: schtm lang«* wen!«schule. Anfang 1881 traten - Dickt/i DidiHea nab die NnHite w.’«*- 

zus;,ini«(«ii mit. der h<v unru'bfg Pftticntin klagte üb*r ein eigenihtSmlitjlms Gnfflhi von. oehwee 

'V. in den -AngchJulcrn-, die Bewvgth-hkHj; des Koqiers wir eine nulhysn-* 

tid cum Atrophhi vor -’di«i Joudligcnz. bctriJchtUch- rormiaderf, IM der Aufhnlimö lot Pitii«^.«» 
■c-, ferner «furch die I dag fypigrhc Bild des Myiftdcms,. wie »ine. zu der 25»df-. ^feei»y«n»r«t'rA 

Hi } { Krebs “”cstcMt, i-hoio^iiphic ««streitig erweist, Kvepergi’wtoht 81 kk; fcbÜJ 
(fhic..ik i Tiiynonilng war nicht voriiumhm,'Mn Halse ein' fhsins ÜHbrni, 

1 » ,. *.’■' ,-,-fr ! yei’std»womim>m plumpe, unfftmdiehe Hlinde, die -Augen 

.■ *f : 'J4t v t*h l.mgi in Sjjrnehc mutt, da» G»>«fÜrhiin,ss Uvl Kehr gelitten, dileb \yrrm Piibi'n»^ 

.,'wai* .mit luiek- ; auf Fragen zhunUch hustininii m antworlc». Meisten» Murrt sie irmnur 
di dm 1 {cihnitlol, tibor risch vor sich hin, rerguss uue.h Speisen -zu Geh *« nthmm- ^ 3f: 
Idyt, gntm^ort ^'nrd?, sie ihr nicht vorgelcgt und gtisehnitten wnHleöp Früritu^ vidva^- y 1 '’ 
Äugen Mclit nrjniJdfit-. des kfcmchU-jcbl «iurdi «he rier:ibu'sn^' J U ! tc. 
ufmnrksam, te% Herr Obeffiilfir fiaeh «Inäft p^pss be^h^itnkt. CleFphmwik nod 

Otgcliohoil hat, nämlich vcrandoH, mok*ri»che KriK um den Ober- und iJWciyxircnidM*'». j'; ’' 

iv mukeu. Diw ■ spricht- gesetzt/. eh»y,iA*i die dör Kunmnskcio, >.» .du,»? l’aüönfin heiu» 

Mnng «lo«-#lbmi für die | KM«t ErmUdMögägotnhi in d^n Kir-Mn ’ vovsTiM. DK Scmibilita! ^ 

* b4jiü ! schvA«felir lUin- -fes.- Adf Üfo?* h»iU*?|ge-. '0ypc#sth«»«?t m- -ibiry 

ff Hpiiul Aiinh ' ^b-l^^errevhn’kmt normal. T*u«)rfier4tuf d^“^VA^4i^ BU |?i 
täS&T ■ Im•■ ÄaM- - • 

liyylcV., ‘-,r.' < n ?A -TlfeiFAk Xii-*&rx&Ar '5hi« : ■*nWrMurV g-■ ^«>'1 c*. 'ifäin' ^ 


.Ä-‘{' cm Fk.ih Fl **>:(.' 'Ahr Äiduyv Ay ..- 

oMu$<S«^ 

(Utf/oi.: 

, "jF 

i^Wwi •' -rhuslel -, ; S 

^•ori fine nyAjcd»- 

(pü)lKi)iGlVj»F lU’si&txrtii!. 

-^inte^y 'üaHih 

llifrhihivcyh - Amu F.bi^yrepit/i'^-. ?$&*} jp\x 

'AiÄ'Wh fehh ; : 'i¥v dfT 

Y^jfäßpi «jbhjv tyt0£f. 

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!hneiHFhÄ «y.o>hon;,mio’ Ä.waF’A ,, 

)u;d£>».. , ^ 3ES 

F.p'O-btfhc Üml.Vf£».h >«4t 

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Tp&vpifi# irirtyM vfe •' 

F^b’bsctaiaA« vvv£-vISläB/i 






{'$%*?)} - 


sfvflUHgin.&8öe 


föjM:itEi>.f<£Möri tihrf. m'QlLfAr v r Citc-l 

yMgl i{^i|je vruV l^ailvn h.< 

lifefrjL i'jv^i $$ (<*f.utijÄi 

djsfiHiiljleik 

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y kjtyiigM - li fc*v ÜPjgt ’: Vwfci 

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T^Ä>yu jfityd 


uf^tSib . ytm 


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•1^1^ C-tk - t 

dK/ \*J& '>$$,<&)*$■& "diextvny^MF'i 

mV $&&•; ii 


- . ■ / jvV " ' f'w Avr .PVVve'svV*^ 

■; iwafv ; 




YBKTOHS * BEILAGE DERDEPTSCHEN 


MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


gükalte in j.imsftlm Zusamrueidnmire st&mku, fünf 
worauf der BämtöuekW auf 2,8% diel; Jetzt abei 
nähme Ateß so tes die PasttÖfen aufe 

Weist; wurden, wofctfif nach sechs Tagen- i 

•*'% INr PmünB, die Pmrinruloce Uattuu 

«HgtvHWlt. -sttc-ii tollIf/nVändrnf. • diabetische AlkNnri 
das Auftv'mxdeu de*. Zuck»«^ wohl mein ab Mriili 
fiHjötnr* NtzuNiserj hRbön. Es wurden jnfkt v4« 
gestt.jst; und ruu-.h- oll' Td^, am 2*4 Mü. 1 % -w;nr der 
..•ilkeu Aö^hwiifnleu« Alst vier Wotdi«!» sipktif»i% 
des Myxödem*, diu TebHtan w<ü(ter gtwek-hi. w«; 

j.% Znekriv Die Rustiücn wurden xnu» u 
imd lioi die*«r Mftbödö wurde der Ailg«‘iiudozim( 
InJiei; wdhivjid ..Rtenlusg* ein 'eoostäiitor Zink» 
mjR'Awe^en^feH; Uk' jef^E-rind 34JJ T 4 $k*& 4 i Vst 
Me.nr N, iVc-n. rödic hesritigL wie rnv to«e Vi 
Pöotogrupliio ];ewrüj?i; wir sehen da -. uRtdbg^He 
kW-- Aiisdiweiiimgöü iw Gesicht und rdn Habe, 


besnnder« henory \) Di« Unwirksamkeit aller Mittel bk auf die 
Tntdofctm E^uotlnl/ulkii ist <ksn tlhv AtÜ»vuin«»>n Tiijertifdum 
des Extraut ns von so geringem Erfolge waren-; vNJeiehi Lr Nzt«»<v. 
doch: j&icbi ganz saehu-eWt.-y berge stellt. 2j Die riioifwwhy.nl, .oif*r- 
smdiuMgi'.ü. wmiobo ViesoDdov« von Engländern; und Dänen NI 
'M.ytfööew ungosMR worden situ), ergab«/» im Hkiövum fe lieberuug 
eine geßtHgarN FJanistoflauns«? Nidung, was wniil aUtRNhnu/jg der 
Abnabme des ~Kdrperge'WieJjts. zu Knbreibnn i$|C tu Failo , 

nrgtfbcn die Untfm«u?>l]ungtui> die wäilTejid- «kr Periode des .StÜt- 
standec der KranI;heit: nusgoiuhrt• wurde-ii, keine VArhudopuiig-irri.. . 
Hai nstobgcimUri des Harm*. Ai Wirft sieb die [''rage niuk der ; 
Herkunft des- starken Zu« kergcfmlrä dos fbnms auf Wir haben 
hier - entweder nüt einer zu&lligen Ctfimdiratioji zg thuav oder 
die Zu<kemus*dumlu«g ist' djuv-h diu ..Pfitr.ctung hervorgerufeu. 
Vielleicht ist in den. TobhHten am sehmiHrher Stofl enihniien. Es 
sind bis fetzt in der ljtteratnr vier Todesfalin nach. INlicrimg 
mit s^ehilddtliHO bekannt, af>«r das t^yir fmATkgthne dieser fteib 
Inetbmk und hei mhr i'rwsm t>o?eu Eine vorsichtige Thora nie t 
ist «»adt allen Ecfahvungwi mehl richädlkN wenn fmiHeh Auch,-|; 
nv.i: *-:-;uefr, |)osirung nii hf möglich ist,, du Air den: wirken men 
Körper aüfi dor 'Sehibhirti^e* bis jetzt noch riisrUt- hahen ber^PilkTi ! 
h nun »Mi, obwohl ^bou vtelfa«'hr Vursuehr geu.acM v orden xind. ; 
Eigenthrtmlicl» ißt, dass die Wnfcäambeifc weder durch den siünm ! 
Magmtsufl noch duvoh Hitze gestört, wird, öü dusö also kein ! 
Ferment ?obliegen •kab.ib ViuHoidit gelingt die RcmclarstujHing | 
durrb limhvKiruog nach Velvh-Hamg der Sidiilddribsöiisuhstiulz mH [ 
Auffallend Jßt die A(dmi?chk«H d*w dunp die anfitngUebwn | 
hdnlfgea Einsiidtzunguü inrr. dem &r.traete -harrorge.rufourm• S.y m pfc*mc | 
mit denen des Morbus Omvosii. Hot Ewald »d;d)i **it»e dueihtig»' ■ 
Fr;iTi cur, b<‘i. der wegen au>eesp?m:d*.UM'? CthMieiMingi'n de-J Motfms j 
(H j( vesü vor i Jdhmi don-h K iis I er die ?%:i'die.aei».ig-t‘ r l hvi-codeefoü.Ve j 
mit (Nu Erfolge v«/d.-.tä ; mUgeo Aur ifofros, aller %mpt.ome genmebt. 
wtttvrttn. jetzt sind seit-id>* 14 die KvanVhejts(‘t«e,heiiUi»AfeH *. 

1120 Pulse, Pmjdfatiuueu, TtTiddr marromu. Mdlnu^ ec.he.s Srmptom.. 
3chw’;k)iu, An^hweliung der finken, HehHddrNe) zaeiiukgnkekl 
Aeimiieh«'ErtuhrutgeiA sind von Wolff uod israe-1 gefoauht-'würden,." 

Aueji Ni .anderen Eraiikheiteri ist dk; SoliUddiimc tiU Heil- 
mittel aiigewandt worden, so bei Kretinismus (desseu Ailgmei^ 
fü'seliuhmng» 4 «» ja. vielfach- au die des Alyxedcms orhmenr) mit 
Bessenju- «ml Itviliiögv bei Psoriasis.(wegen dm- Haiüiibßchubhuug) 
mH .Bessunuig,. eheimo hei Lupus, ja ßugar hui Akromegalie und 
Obcsküß. Eo viel steht aber mmh den bisherigen ErtHbrungmi der 
Klinik iest, das^ die ErfoJgb äet ^ehiiddfjmrnth(^)ik'gegcn Myy-* 

ddom-.-aN völlig gesicherte auznsehoti sind. 

Dißeusjrioi!.; Herr M .-n «l>*l'hai:bis jetzt.i«'.ßei'ru-r lüveJvdr^iHriluumm 
des durch m;rumüi)0 ThÄrafdo .«u- venNchnhfb Auch;er hui, h’fihrr 

InjNtioöeB Mihmtüri ruu dt-m E\tnute u« fliuidti. ubsr stets mit. n^'uur^m 
Erfolge, m£mW trat Pidegmonu und ^üfiundjiru Herz schwache auf. Erst 
dundr .die. PimLlkn wiu-dh prmipto .Besst-rung jirzmlt,- die rieb scNsvnadli 
ß«d?t 'Tagen mich ‘Beginn der FnOcrmg zeigt«. Ilnrnsb.dftinPM'suvhuAge.n 
hat o.r her*‘its seil, zwei Jabrun iiUgpstejll.; «laimeb betrug h ß ) emer 
Patientin die in 24 Stunde« pu-g».-. hNbr,« Mca«.«* *hm Ibuu^tolN^ ,uir 
der Höhe drr Kränklich nur 1-4-—20 g mul riieg »autr -fbulnng- auf 25 hK 
40 4 Dm goviug« Mrngc wbUrchd dvf? peldcnß isfc wx^Ll 

anfNimi allgt-mumo ifrröbsoizimjr doa StAffwmbUsidä sta womtf 

diu niedrige ivöt'|>err«m!{«er:ilm- idoA'd mul der seitene thj.« («d--N Äcliiä^e 
in der Miuulephuwieseii. 2imket' lint DimtA’I ende'S hei der-Thoritpiu ni<;4tiL j 


iNUgthn. äijiJ^hoMnnnv VürttS;. beubsUdt- ürudu^. v Dig AlT»H.t»‘*n wuv 
bis zu in vergangen«*«! ^Qiiffdbi'. tdVN iicbandlnng geMiuhen; 
war in der Kindheit nicht einmal uino ‘Demtomk gotuftcbt wotdvji. 
weU Uh« Eltern gesagt worden war, der» keine Dn.ha.mlj.iHfg ttgünd 
weh •her Art gigep die 1 hdormitiU ihcev Kindes riexn*- nuLum khm»« 
Gvusybguus und IlmHigrrtjdim, dm juld Vot‘%‘öb Jä.Urns ungcfcriig} 
iVHrgh F%r.lh zeigen Ihnen, dass ms sich ui« ciiieh Grad der 
iWorfmtbt liftikleHd, ivin er undt ^dvwrror nlGii ‘ A'di^dlhnu’k k'ö-nM. 
Nftn'umüich -werdm» auch bei PdAadHnnjg d^ GAh^Nuuscs 

nicht tiüzweifelrt,, dass, dio Wido» iftNdd, die-sich in diirnom ‘Fall« 
der Hfirstnllkug idiipr riphtigdb AätAtisckea .ihÄfdjfHjdiüaltft'ic d^r 
cmzeUieh TUrilo. her. Äsae hhtget^mUUltöö, <UV dtMtkbar »rlNr^ 
schwersten gcwes«*«; Hin«], 

Falient bekam im Juni 1892 Etappenvmkamle für dm FCmt, 
mit Widckam ev in der fiuifffcn VAndi« iiucit Hcginn der ndmjridltiTig 

i ri ydn« Ih- fiiiiu.il uhrcirde- um dascPN xHurt wi»*»N‘ seinem 

Jjnrnfo ah: Gcrinh^aeridiH ln üngesldrivv Wd«e nm Nngyheii. 
Vor kurzem, im i»e«rmbrr vorigen dakxsr, also «ad» Ablaut 
nineß halben Jaiirns, habe ich dhy Fj»p|j«&v'vrbänd», j ettitjuF and da¬ 
bei vuxdi k(ej)wi TvLwigd des ersten INtnwfe.«im«Ht$ KUßgngiidttnn Die 
F«M‘ttgstellung’ der neuen VerKtod« gegdtah ohne Narjsfns© und 
uh«« 1H tMicnswertJieii Schmerz für d«*n Patienten. 

Sic Ad.cu . iimv PeHcnUdi hier mit diesou neuen Verbänden 
hvcFgh Fig. 2) und 4m : Ob«« denselben gefertigten emf«eheir.Bcluifir- 
iUefnlü nfiihcrgclmrK Die Stellung der Ftlssd ?\i)n V ni ersehen kel, 




70 


A^p.ms-BEILAOE DER DEUTSCHEN ME D IÖtNIS CHEN WOCü^NSOTOFT. 


Nö. 9. 


bildungo«. • analoger Folk• (vergT taiäptelsttwse Gesetz der Trans¬ 
formation der Knochen Tafel XII, Fig. 92--9d) tmsst'T Zweifel ge- 
stdi!. hunierljitj w t -njo uh natürlich MögimliölV nekineiF_ ihüßü 
auch tu; vn Die «runden Falle das EndVesuliai der Behandjv.ng später 

7M demonsi.iiren. 

• •/- •■.Dom Posfuluie dos rincrn Collegeu Srip-de, dass die De- ! 
IvAmlluiigsmet hodo. wenn ihr die vorhin m ujibuh, piineipielk* De- 
drdtUtne; '/tiktniiiHcn solle, sieh in jedem Kiuingfijesjailc besviihreo 
lniis.-.r. dürfte de;- voigosFlRo Kmiikbed-d.dl sfimti in seiner») 
.jetzig- u /usUndo gvu.i'x^ö» .it.-im •—•h»*i» ?ml Deo mlder Verhältnisse- 


ohne. tl'if» I'li r J jr:• jt.-; •} |;m-.? r i h n . bin?.« nnt.tohv des Etappen- 
s ei■!i,■ i!jtivimii; /nhsiD: n.d’.M:' c-nh-nj uut TiiuHmnleen, zur hvdlm: 
HFdttjm bt-Jiigtttf ‘13«'^?.- 

leh nbe lifi mij’ !)0> *;< iegeu»n-it der Vovstellmig dieses RfHUik- 

j>< ii - ä'iile- iiii-li otdud't'Ji, ejjn-e imiiiimij.'lien Auflassung nmmJll FD- 
hundlniig-art des IviumphmseA dionh meliriHch in der Idttemjnjr vor¬ 
hin!*'. ■«r.tdgegönv.iifroteii, Id- wird von vielen Adidurit angenommen, 
djiss die Haujdsanbe bni meiner Kii'niprusshehainllinie in der gro s*en 
KrafTn «fw e \\ d Ü n g- best ehe, -n u kW e lulj * : r jr)t irr int Red Hisse ment vom I 
diiiPe. Nun hr.it*' j?dj aber im. <■degeutbeil wiodorhoieni loh, tun]' ins- i 
besondere ndsDHirlndy in dm Sd/arm dieser iumai'ör Vereinigimg j 
vom. I Deeml.mv 1*92 daF ei imn, die Idee meines Einppc.n\>rb;jiuh* 
bomliö vielmehr dmauf, drt^-i nicht bi d-sk ?-• fj ewaU iHitj deren 
di Vf k t e. Eiu \s i rhu n u: auf. ihv dcko rme UosfaJk dev Ivanr Uro, 
sondern IndigliFi d<« F n n<-fjo a rrri t«.-.r wieder bergest? II- j 
te r rieht ige» nd* r mii gl i iTis t rirh tiger sl irfieebof Inao- 
spru i’lma lime des i>'us>es das jFivssWlot. Mn.*üsformircn 
solle'. • (f.-iV'ih 1 n *'>] Vidi-- ge," *. und Xbrbrcvh'Ott vermieden 
werden soll, lind imGegoo.sabzv zu dem auch neuerdings wieder 
vrni Tndjtrrrnu SFjtoii amp£>bl»^im und seht' tiubdhswerlium „brüsken 
ID-drc»sehre nF' .erstrebe idh:d?e IlorgtnVldiig der‘ richtigen Mali* 
•sidnta Verhältnis^' Fiillen gnltdit. iriit niunni jUblfs 

sondern jn meiirmeii tiürd« jn y-wei bis vier Tiignii u\ii'aii)ander- 
b)Ij»ej)drd) Etappen. \ 

Wenn ieJi (hai,s : i<hij't.'h in n>hJom seligeren Fiilicit ilrid. vier 
ndgr Sfdb-i iiiiif Assj^feiitdn gi ; ielueitig tlditig seit; bissig d(*rrn ! 
■jeder einen vurhr r getrü» bestimmten Dns.tr n ;i i.gewidsen i 
erhalt, so kommt es 'dabei, km in e.- weg s ?. n er? j .t.*>r Reihe auf' I 
d i<t K i a£t a n. v lfm tRe Assistenten eiiij^ij haben, sondern 

auf die wahrend iler Anlegiing und ded Frbiirbd.t^ des Vimbnüdns 
gi-piMizoi tig n*>MVwendi*re. iiea. hfiing d.m jmfgrinal cMTehdibaren , 
I de des der liivhti/steiinnü so wohl dos- Dns^e^. '/um übrigen j 
KTirppr, -Ds auch alter, ein/.fiünu Thrile des Fusses- zu j 
f^iUÄfj darf Ali.o diese, I*üfiugij' jdjMi’ in- srd*woran 

Falten u na* dg lieh in r-b-.em -oei d*i)us<dbon Mmnenl von eimnu. • | 
;•»*?>*!••»! •bew'*i.’ksii.dtiVf gm-der*. un:| <].'*him Ud die v er-ein t o i 
dTiliiigkrii mehrerer .\-.<!>i.entr-n UedrefoaineTit er- 1 

• ord.er I i »• h I hmdi ii:i-■rd?«i'.p‘'nm. : »:-sia_. Vorgidmo wir»! v>v zugUdob ! 
erio.e/indii, da-s d;e lb.dmt>iii.»!tg- mit' verhkltnisshn'issig geiliigia* . 
bwiimerzmt liij- dm Kmiiken v->rhnÜj)U ist. -feaid, dass kieii die i 
oit,>.vhn*«) Ktapp.m, wie ieh Ihere dies ' vertut aiieh In-/**-!*. ii dm ' 
itd zteii de«; bei tinsomn T'a^erd en jmReleghaö Verbii&fiA? • 

'•' A '“o-o hr* n' h-tt.ie. Jilidjig ohne Xathüse .tustmln'.-» 3uss-m 

d) Em Fnt! vot» Gcölu valgütu. Ii IR .|b,i bdoemie«. 

1 Ftttontit», de bfi die Fh.io hat»e. Ihnen rör/umolierm' fiantleif eß 


einer Patientin zu demongtriren. die, ebenst/ wia der vorliia 
Yorgertollte Flompfusskninhe, weit Über das Alter de§ \YacfoR*i m >! 
hinaus ist, bei ei ner 40jäh eigen Dntientio. 

Die Patient ui hatte mi: i Irren dugeoiijahre« eie sehwerm Üng- 
seitiges Ueiiu valgum, mit dein m U cts unimholfmi unfiFinFF 
umlmroegimgon ist. In den letzten Jahren hatteu sieh „ka *|R 
Deformität und diu durch dit&eJb« ..Imdingtett libßciiwcrdrn, uag»*«,h 
lieh der Schmerz beim Auitrefea und TUnlmrgelVen derart 
dass die Patientin vollkommen eiAverbsuntdhig wamlo Oie'i’imu,-' 
graphin (vorgl Fig. R> ‘ricld- Mmnn ein Bild von ilmu XusUudu ;k 
ExtremiUit, wie derselbe bF zum vcrgnagemm Smhmbr hesbüiFii 
hat, Zugleich er&chen .Bin ätie. der ihnen hier ..varlr«vgmid»fK At- 
Fis. t». bitijyr.fr (vorgl die punetivi« | 

Fig : 5), v,o.i<;]*e die direkte'Afek 
»ungr . der CorifomVu /1er- uohhif. 

dur PatihütiÄ beiniluV^ 
Rückenlage mit etwas ai»d)»r)rt'-j 
FusssteUiing auf einar mdfigrkütHi 
Papptafel in- verklelnexlar Futdi »V 
dergiabt, den Grad der ’Pefomi::;:', 
um dcii uä ßinh hier gnluimhit. kt. 
DefJCnieausswtwiiiknl betrug ciriiOV: 
dig ; war Ton der Ihi^Üon/;- 

lirihF^byf 'EVt-Trehikät «•irri» 1.9;em tiy )v 
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Patientin übnrAcü^fthVnRiö<--’ älHddihgn mit gig^h^und gfönklißliw- 
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Rosulfat des Falles hOfdiiiratkGgondc ^ ??citUdin HeweglioUkuir na 
Gfdonk imtstauddo Tht* d.ürRo dai'a.iil zürüelfäuffdirsn sein, 
geRciiiibß!' den enormen AÜ'idertvfündnn, Alk- «kr Fall darbet, iimu 
wöbt -ühkainl -om (Rttofö zu Rtt(b'b®MSik6nt yor^M®* 15 

WoDbo! ^••ui omg. 

Vorrtftstikidlieh wird sich spater das U-Fmk wieder <i,w * 
-eduHro/!, .ohne dass öüjfs neue eine V»1gusst,«;!biug ojjiwiti.^ !•-“ 
indirm» dje^ übt Orüjul nioiiter Bwbflchfnng’ Oiu«^ anderru cou^ 
■m. in weJ-dmm .cs •sich um Hj-dart-hvo« ge na mit-, starker tklenKv 
disumtion aijU fmohgTa'ligmn Gmm vateüm gohandhlt hat. in d:*---'" 
•.Falle ist nnch ^ dCä H^davthros durch ChrhdlFufepUlnir 

e:ea und dos Gönn valgum durch den Tkicimnvertumd 
iMirnliOfo'in starb, wackelig gewrsoim Gedenk allmälilich 
voll kommen fest geworden , 

Ich unterlasse -.os, nr. H. r heute die. ponsmiuenzeu ; ‘ u * 
Ihnen vorgcstBlltnü IvFankhbitÄlIß »«sWriU>lkr ; 21t ..M'hftjn».- f 
i>emerke uur, dasV diese Canseduefizen muRiU? moknidA _j" 
der üblichen oponitivmi EingnÜb zur iWoitigimg des 
-M-fu i 11« Wesen. 1 liehen diosojlufn sind, wie diujcfügmt woleU*- »'U ••.-* 
kluiupfiirislh'hftudluüg aus iler Vorstcii»mg ...tActe- 
bur/uiejfmj waren. t ; 

viel!. IJ-OV '. B;-J I’deiaiieu : NAe.hgflwm upF> dr-rh 

wikha dk Kmodr-n od^r rfje Ihlyder^ und wenn lühfi im Ait ,;T du? 

<t*-he.t, v v Oi(h-ii d*!fdr \voli! kh'iue. •K.ciToisüungf'li ; 

ieh heeoue: go#)öia ' 

oäfPdAJüFhhrC ich ,solche Fidle ünier do>r Hlhulem w : I'*; V F Ötn«. 

IfüTi ErRuhn: Wenn nnir die DatoÜn niu.'h 
Fi’eckf, dawv Dt *io«h n<mh oiiuv ziemlich erhcWithc 
hmß 'voFvindha: und wie Mich Herr WoTff Ueivo/gchuhi’»*- fi 
.'sehndtarguhmk •. . .t ,. v . S^K 

Den- ‘WüUf: IeJi bitte Herrn UaIiü zu honclüo«. u*u :> ... 

ftV-Jnnfcnd •onofa^.fi .Grad der Befdriuitöt. e» ;Nch in uofli mo»•,* ct| V. 


Go gle 






26. Juli. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


71 


eine überdies bereits 40 jährige Patientin betreffenden Falle gehandelt 
hat. Ausser den beiden Ihnen vorliegenden Photographieen zeigt Ihnen die 
bei Rückenlage der Patientin, also bei gänzlich ungezwungener Haltung 
der Extremität abgenommene Contöurenzeichnung die mächtige Wirkung 
der hier oingeschlagenen Behandlung. 

Herr Hahn: Es ist ja offenbar, wenn man die Patientin gehen sieht, 
ein ganz günstiges Resultat, aber ich bin der Ueberzeugung, dass man 
durch eine lineäre Osteotomie doch noch vollkommenere Verhältnisse in 
Bezug auf die Stellung und Function dos Beines erreichen kann. Nach 
den Erfahrungen, die ich gemacht-, glaube ich, dass die Osteotomie diesem 
gewaltsamen Redressement vorzuziehen ist. Hätte ich gewusst, dass ein 
solcher Fall heute zur Demonstration kommen würde, dann hätte ich einen 
Patienten mitgebracht, den ich vor mehreren Wochen an beiden Beinen 
osteotomirt habe und bei dem das Resultat ein geradezu vorzügliches ge¬ 
worden ist. — Die Beine stehen beide vollkommen gerade, ein Schlotter- 
gelenk ist nicht zurückgeblieben, und Patient konnte schon nach sechs 
Wochen umkergehen, so dass nach ca. acht Wochen die Cur als beendet 
anzusehen war — wie fast immer nach der Osteotomie. 

Herr Wolff: Es ist in unserem Falle möglich gewesen, die schwere 
Deformität durch das unblutige Verfahren so weit zu beseitigen, wie es 
durch den gegenwärtigen Zustand der Extremität dargethan wird. Hier¬ 
nach begreift es sich ohne weiteres, dass es jetzt ausserordentlich leicht 
sein würde, durch einen nochmaligen Verband den Knieaussenwinkel von 
175° auf 180° zu vergrössem, ja sogar aus dem Genu valgum ein Genu 
varum zu machen. Nur liegt, in Anbetracht des schon jetzt durchaus 
befriedigenden functionellen und anatomischen Resultats, gar kein Anlass 
zu einem weiteren Redressement vor. Wenn wir nun aber, wie es der Fall 
beweist, durch eine unblutige Behandlungsmethode zu demselben Resultat 
gelangen können, wie durch eine blutige, dann werden wir un¬ 
zweifelhaft der unblutigen Behandlungsmethode den Vorzug 
geben müssen. In den Händen guter Chirurgen führt die Macewen- 
sche Osteotomie in der Regel ebenfalls zu guten Resultaten. Aber es 
giebt doch auch nicht wenige Fälle — wenn sie auch nicht alle publicirt 
worden sind — in denen es nach der genannten Operation zu sehr lang¬ 
wierigen Eiterungen gekommen ist. 

Wie der vorgestellte Klumpfussfall, so lehrt auch der vorgestellte 
Genuvalgumfall aufs neue, dass wir bei sehr hochgradigen Deformitäten 
das Skelett in hohem Grade auf Kosten der Weiehtheile zu 
schonen vermögen. Wenn wir durch blosse Einwirkung auf die Weich- 
theile die Herstellung einer richtigen statischen Inanspruclmalime aller 
Theile des deformen Gliedes erzielen, so wird dadurch allein die Trans¬ 
formation des Skeletts bewirkt. Das Skelett begiebt sich also, wie 
die beiden Fälle zeigen, bei richtiger functioneller Inan¬ 
spruchnahme des Gliedes ganz von selbst in die richtige Bahn. 

e) Zwei Fälle von Operation der angeborenen Gaumen¬ 
spalte. M. H.! Bei dem Kinde, das ich nunmehr die Ehre habe, Ihnen 
vorzustellen, habe ich, als dasselbe sechs Monate alt war, 
kürzlich, Ende November vorigen Jahres, die Urano - Staphylo- 
plastik ausgeführt. Es handelte sich um eine Spalte durch Velum, 
Partes horizontales ossis palatini und Processus palatini maxillae 
superioris bis nahe an den Alveolarrand. Die Länge der Spalte be¬ 
trug bis zur Wurzel der Uvula 3V -2 cm, ihre Breite 1 cm. Die 
Breite der vorhandenen Gaumenhälften in der Mitte der^Spalte be¬ 
trug je 1 1 Ia cm. Das mir von Herrn Prof. Krause zur Operation 
überwiesene Kind war sehr blass und schwächlich. Es war zwar 
niemals krank gewesen, hatte aber, obwohl es von der sehr sorgsamen 
Mutter bestens gepflegt worden war, in seinen Ernährungsverhält- 
nissen nur sehr mangelhafte Fortschritte gemacht. Das Körper¬ 
gewicht, das bei der Goburt 3500 g betragen hatte, betrug jetzt 
4780 g, hatte also in den sechs Monaten bis zur Aufnahme in die 
Klinik nur um 1280 g zugenommen. Am 29. November 1893 nahm 
ich die Ablösung der Lappen des Involucrum palati duri vom 
Knochen vor, am 5. December die Anfrischung und Naht. Am 
16. December wurde das Kind aus der Klinik entlassen. Die Ver¬ 
einigung der Spalte war bis auf eine stecknadelkopfgrosse Fistel 
in der Gegend der Mitte der Processus palatini gelungen. Von den 
Seitenincisionen war nichts mehr zu sehen. Auch die Uvula¬ 
hälften waren gut vereinigt geblieben. Die Uvula versteckt sich 
bisweilen, indem sie sich nach hinten in den Nasenrachenraum um¬ 
schlägt; in der Regel aber sieht man sie sehr deutlich. Die kleine 
Fistel wurde sechs Wochen nach der Entlassung des Kindes aus 
der Klinik durch eine kleine Nachoperation zum Verschluss ge¬ 
bracht. 

Ich lege Ihnen hier das Verzeichniss der täglichen Temperatur¬ 
messungen und Körperwägungen vor: 



Temperatur 
morgens abends 

Körpergewicht 

am 28. November 

36,8 

36,3 

4780 

* 29. 

37,5 

— 

4780 

Nach Ablösung 
der Lappen: 
am 29. November 


37,2 


„ 30. 

36,5 

37,0 

4650 

„ 1. December 

37,5 

37,6 

4500 

n 2. ' „ 

37,1 

36,2 

4700 

„ 3. 

37,4 

36,9 

4760 

„ 4. 

36,3 

37,0 

4850 

n 5. „ 

37,6 

— 

5100 


Nach der Vernähung: 


am 

5. 

December 

'_ 

37,0 

_ 


6. 


36,5 

37,4 

4980 


7. 

n 

36,6 

36,7 

5100 


8. 

n 

36,5 

36,9 

5150 


9. 

n 

36,3 

37,6 

5150 


10. 

n 

38,2 

37,4 

5160 


11. 


37,6 

37,1 

5180 


12. 

n 

36,8 

37,2 

5330 


13. 

14. 

» 

36,9 

36,6 

37,1 

37,1 

5350 

5380 


15. 


37,3 

37,2 

5420 

„ 

16. 


37,1 

— 

5420 


Es war also nur ein einziges mal, am fünften Tage nach der 
Vernähung, morgens eine geringe Fiebertemperatur vorhanden. 
Das Körpergewicht erfuhr in den ersten beiden Tagen nach der 
Lappen ablösung eine Abnahme um 280 g, die vom dritten bis 
sechsten Tage sofort wieder eingeholt und sogar erheblich überholt 
wurde. Am Tage nach der Vernähung hatte das Gewicht um 120 g 
abgenommen, um dann sofort wieder regelmässig, und zwar in den 
zehn Tagen bis zur Entlassung des Kindes um 440 g zuzunehmen. 

Das Kind also, das in den sechs Monaten vor der 
Operation 1280 g zugenommen hatte, nahm in den neun¬ 
zehn Kliniktagen, während welcher es die Operation 
überstanden, gerade die Hälfte davon, um 640 g zu. 
Auch in der Woche nach der Entlassung aus der Klinik 
konnte, wie ich hinzufüge, die befriedigende weitere 
Gewichtszunahme von 270g constatirt werden. So mächtig 
erwies sich bei glattem Operationsverlaufe die Wir¬ 
kung des Gaumenschlusses auf die Athmungs- und Er¬ 
nährungsverhältnisse, und damit auf den Gesammt- 
zustand des Kindes. 

M. H.! Die frühzeitige Gaumennaht, das Ideal Gustav 
Simon’s. Billrotli’s, Otto Weber's und vieler anderer, hat bis¬ 
her jederzeit viele Gegner gefunden, weil die Operation zu unsicher 
und zu gefahrvoll erschien. Hatte doch selbst v. Langenbeck 
die Schwierigkeiten der frühzeitigen Gaumenoperation für „unbe¬ 
schreiblich gross“ und zum Theil für „unüberwindlich“ erklärt! 

Seit dem Jahre 1887 habe ich mich bemüht zu zeigen, dass 
sich mit Hülfe der methodischen Compression, des zweizeitigen 
Operirens, der invertirten Kopflagerung und der sauberen Vernähung 
die Schwierigkeiten überwinden lassen, und dass die Operation bei 
gehöriger Ausführung nicht nur nicht gefährlich, sondern 
im Gegentheil — entsprechend dem, was Simon, Billroth 
und Weber von ihr erwarteten —, insofern sie die Ath¬ 
mungs- und Ernährungsverhältnisse der Kinder zur 
Norm zurückführt, als eine lehenserhaltende und oft 
direct lebensrettende zu betrachten ist. 

Der vorliegende Fall beweist durch die Ihnen mitgetheilten 
Körpergewichts- und Temperaturzahlen in der That in ganz her¬ 
vorragender Weise die Gefahrlosigkeit und die lebensrettende 
Bedeutung der frühzeitigen Operation. Der Fall ist, wie Sie wissen, 
keineswegs der einzige meiner Fälle, welchem eine solche Bedeutung 
zukommt. Ich verfüge über Fälle noch frühzeitiger vorgenommener 
Operation, die ebenfalls zur sofortigen Verbesserung des Gesammt- 
zustandes der operirten Kinder geführt haben, und in denen nicht 
einmal, wie hier, zunächst ein kleines Fistelchen zurückgeblieben 
ist. Andererseits habe ich freilich, wie Sie binnen kurzem genauer 
erfahren werden, auch einzelne frühzeitige Operationen gemacht, 
nach welchen der Exitus letalis eingetreten ist, und in welchen 
ich demnach schweres Lehrgeld habe zahlen müssen. Aber nach¬ 
dem sich einmal die Ursachen der besonderen Gefahren und die 
Möglichkeit ihrer Beseitigung herausgestellt hatten, hat sich die 
Operation zu der Sicherheit bringen lassen, von der der vorgestellte 
Fall ein Zeugniss giebt. 

Der folgende Fall betrifft einen jetzt fünfjährigen Knaben, bei 
welchem ich, als er drei Monate alt war, im Jahre 1888, bei 
Anwesenheit der Herren Helfe rieh und Madelung die Urano- 
Staphvloplastik ausgeführt habe. Die Spalte war ziemlich genau 
von derselben Beschaffenheit und Länge, wie in dem so eben vor¬ 
gestellten Falle. Der Fall ist im Jahre 1890 in der Berliner klini¬ 
schen Wochenschrift von mir besonders publicirt worden. Der 
Knabe hat sich inzwischen, obwohl er mehrmals krank gewesen 
ist, vortrefflich entwickelt. Auch ist seine Sprache schon jetzt, 
also zu einer Zeit, in der er dem Unterricht noch nicht zugänglich ist, 
besser als diejenige gleichalteriger Kinder mit noch offener Spalte. 

Viel melir als auf alles dies, kommt es mir heute darauf an, 
Ihnen das Verhältnis des Oberkiefers zum Unterkiefer bezw. der 
Zähne der beiden Knochen zu einander bei diesem Kinde zu de- 
monstriren. Sie sehen, dass die Schneidezähne des Oberkiefers 
nicht, wie im normalen Zustande, über die des Unterkiefers hin¬ 
weggreifen, dass vielmehr beim Kieferschluss die Bisskanten der 
oberen und unteren Schneidezähne direkt auf einander stossen. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






72 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 9 


Ehrmann in Mühlhausen glaubt beobachtet zu haben, dass 
infolge frühzeitiger Urano-Staphyloplastik der Oberkiefer in seiner 
Breitenentwickelung zurückbleibt. Er führt dafür die Zahlen mehrerer 
Messungen bei durchgehender ein- und doppelseitiger Gaumenspalte 
an. Die Zahlen sind aber keineswegs streng beweisend, weil die¬ 
selben wohl mit denen normaler Individuen, aber nicht mit denen 
von nicht operirten erwachsenen Gaumenspaltkranken verglichen 
sind, bei denen an sich, d. i., ohne dass die Operation ausgeführt 
ist, die Entwickelung der Oberkieferhälften eine mangelhafte sein 
kann. Bei nicht durchgehenden Spalten giebt Ehr mann auf 
Grund einiger mitgetheilter Beobachtungen zu, dass die mangelhafte 
Entwickelung des Oberkiefers nach der Operation zu den Aus¬ 
nahmen gehört, dass er in einem Falle sogar eine mehr als nor¬ 
male Verbreiterung des Oberkiefers nach der Operation beobachtet 
hat. Im übrigen beziehen sich nach Ehrmann’s Aeusserungen 
seine Beobachtungen im wesentlichen nur auf solche Fälle, in 
welchen die Gaumennaht zu langwieriger Eiterung und ausgiebiger 
Vernarbung geführt hat. 

Wenn also in unserem Falle die Oberkieferzähne ein klein wenig 
mehr als normal zurücktreten, so liegt gar kein Grund vor, dies 
auf die frühzeitige Operation zu beziehen. Viel näher liegt die 
Annahme, dass der mit der Spalte behaftet gewesene Oberkiefer 
von Natur etwas weniger stark als im Normalzustände entwickelt 
war. Ich habe dasselbe Verhalten bei Patienten beobachtet, die 
nur eine Hasenscharte ohne Gaumenspalte haben, und bekanntlich 
findet man ein gleiches Verhalten gar nicht selten auch bei sonst 
vollkommen normalen Individuen. 

Aber selbst wenn man zugeben wollte, dass die frühzeitige 
Operation zu dem vorliegenden Verhalten der Zähne beigetragen 
oder gar sie allein veranlasst habe, so genügt ein Blick auf die 
normale Gesichtsbildung des Knaben und eine Erwägung des Um¬ 
standes, dass es ganz gleichgültig, sogar in cosmetischer Beziehung 
ganz gleichgültig ist. ob die Oberkieferzähne ein wenig mehr nach 
vorn oder hinten stehen, um zu zeigen, dass ein Grund gegen die 
frühzeitige Ausführung der Gaumennaht in den in Rede stehenden 
Verhältnissen unmöglich gefunden werden kann. (Forts, folgt.) 


IV. Schlesische Gesellschaft fiirV aterländische 
Cultur in Breslau. 

Klinischer Abend am 2. Februar 1894. 

1. Herr Pfannenstiel spricht über Glyoerinintoxication, 
hervorgerufen durch intrauterine Injection des Glycerins 
behufs Einleitung der künstlichen Frühgeburt nach Pelzer. 

Pfannenstiel hat zweimal die Pelzer’sche Methode angewendet. 
Einmal wegen schwerster Nephritis, um den bevorstehenden Tod 
durch rasche Geburtseinleitung abzuwenden. Doch war der Ein¬ 
griff zu spät. Der Leichenurin war blutig, während es der stark 
eiweiss- und sedimenthaltige Urin der letzten Lebenstage nicht 
gewesen war. Leider ist der blutige Urin nicht auf Hämoglobin 
untersucht worden. Obwohl die Beobachtung danach eine unge¬ 
nügende ist, glaubt Pfannenstiel doch, dass das Glycerin durch 
erneuten Reiz auf die schwer erkrankte Niere das bevorstehende 
Ende beschleunigt hat. Ein zweites mal wurde bei einer gesunden 
Frau wegen Becken Verengerung die Frühgeburt eingeleitet, anfangs 
mittels Bougirung, doch ohne rechten Erfolg, deshalb nach sieben 
Tagen Glycerininjection zwischen Eihäute und Uterus. 

Es treten sofort heftige, äusserst schmerzhafte Wehen auf. Dieselben 
lassen indess bald wieder nach, nur die heftigen Schmerzen bleiben zu¬ 
rück. Eine Stunde nach der Injection wird Patientin leicht benommen 
]jnd cyanotiseh, die bisher stets normal gewesene Temperatur steigt auf 
39,0 , der Puls wird dabei etwas langsamer als er bisher gewesen. In 
den voraufgegangenen Tagen hatte der Puls zwischen 84 und 92 ge¬ 
schwankt, jetzt^ beträgt er 68. Dieser Zustand hält drei Stunden an. 
Dann sinkt die Temperatur zur Norm (37,4°), der Puls wird wieder etwas 
frequenter (80). Seitdem ist Puls und Temperatur normal geblieben. Der 
Unn, eine Stunde nach der Glycerincinspritzung mittels Katheters ent- 
nommen, ist intensiv blutig gefärbt (2 Esslöffel). Alle zwei Stunden wird 
kathetensirt: zunächst immer derselbe Harn. Zehn Stunden nach der 
liyection hellt sich die Farbe des Harns auf, 24 Stunden nachher ist sie 
^, e . r ,, norma es seitdem geblieben. Der blutige Harn enthält 

viel Albumen. Der Eiweissgehalt bleibt noch 24 Stunden länger nach¬ 
weisbar als die blutige Färbung. Dann verschwindet er dauernd. Die 
nutooskopische Untersuchung des blutig gefärbten Urins ergiebt: morpho- 
logische Bestandtheile fast gar nicht, nur spärliche Bruchstücke von hya- 
irnen Lvhndern, mit emigen Körnchen von Blutfarbstoff besetzt, keine 
rothen Blutkörperchen. Die Spectralanalyse weist in dem Ham Met- 
hämoglobin neben Hämoglobin nach. Das Allgemeinbefinden der Patientin 
n^h U dau e e md gut^' döP Appetit isfc drei Ta S e 1&n S herabgesetzt, dar- 

Geburtshülfiich wird der Pall erledigt durch Colpeuryse des 
Lemx, worauf nach i'h Stunde die spontane Geburt erfolgt. _ 


Eine ähnliche Beobachtung wurde an der Münchener Frauenklinik 
gemacht und zur gleichen Zeit beschrieben 1 ). 

Pfannenstiel stellt danach als Symptombild der Glycerin¬ 
in toxication auf: Cyanose, Benommenheit, Temperatursteigerun» 
Pulsverlangsamung, Hämoglobinurie, Nephritis. Dieses Bild stimmt 
mit den Erscheinungen überein, welche bei Thieren durch sub 
cutane Glycerininjectionen hervorgerufen werden. Wenn auch die 
Intoxication in dem zweiten Falle von Pfannenstiel, sowie in 
dem Münchener Falle nicht tödtlich verlief, so war sie doch be¬ 
drohlich genug. Pfannenstiel warnt daher ausdrücklich vor der 
Anwendung des Mittels, zumal Schwangere an und für sich schon 
zur Nephritis disponirt sind. Auch hatte die Injection in den Fallen 
von Pfannen stiel nicht den gewünschten Erfolg einer schnellen 
Einleitung der Geburt. Pfannen stiel fragt die Herren Chirurgen 
und Internen nach ihren mit Glycerin gemachten Erfahrungen. 

Ü Discussion: Herr Mikulicz kann sich auf Grund seiner Erfahrungen 
mit Jodoformglyeerin nur der Warnung von Pfannenstiel anschliessen, 
So harmlos die Injection von selbst grösseren Mengen Jodoformglyeerin 
in solche Höhlen ist, die von derben Granulationsschichten ausgekleidet 
sind, so gefährlich kann das Verfahren bei frischen Wundflächen wer¬ 
den, zumal wenn dieselben mit lockeren Zellgewebsräumen in Verbin¬ 
dung stehen. Mikulicz hat nach der bekannten Mittheilung von Bill- 
rot h über die Behandlung kalter Abscesse mit Jodoformemulsion mehr¬ 
fach frische Wundhöhlen, besonders nach Operationen solcher tuberculöser 
Processe, mit Jodoformglycerin gefüllt und die Wunde darübervollständig 
geschlossen. Er beobachtete in mehreren Fällen Hämoglobinurie, die 
nach 12—24 Stunden auftrat und nach weiteren 24—48 Stunden schwand 
ohne weitere Störungen zu hinterlassen. Einmal jedoch trat unter den 
Erscheinungen der schwersten Hämoglobinurie nach 4 '/* Tagen der Tod 
ein. Es handelte sich um die Auskratzung zweier periarticulärer Hüft- 
abscesse bei einem Kinde von 4 Jahren. Injicirt wurden 60—65 g Jodoform- 
glycerin. Die Obduction ergab acute parenchymatöse Nephritis, Methämo- 
globininfarct derselben, Lungenödem, Fettleber. Seit dieser schlimmen 
Erfahrung injicirt Mikulicz in grössere frische Wundhöhlen (mit Ausnahme 
von Knochenhöhlen) niemals mehr Jodoformglycerin. Auch nach parenchy¬ 
matösen Jodoformglycerininjectionen beobachtet man mitunter ganz gering¬ 
fügige Albuminurie, doch nimmt diese nie einen bedrohlichen Charakter an 

Herr Silbermann bemerkt, dass nach seinen experimentellen Beob¬ 
achtungen das Glycerin ein starkwirkendes Blutgift sei, welches, sub- 
cutan dem Kreisläufe einverleibt, die rothen Blutscheiben theils zur Aus¬ 
laugung und theils zur Schrumpfung bringt. Durch diese Blutschädigung 
kommt es, wie bei vorsecirten Thieren unzweifelhaft zu constatiren ist. 
zu schweren Cireulationsstörungen, bestehend in Stasen, Thrombosen und 
Embolieen, und zwar vor allem im Gebiete des Lungenkreislaufes (ferner 
auch in Leber, Niere und Darm). Hieraus resultirt aber einerseits eine 
sehr starke venöse Hyperämie, andererseits eine bedeutende arterielle 
Anämie aller lebenswichtigen Organe, und damit sind auch die weiteren 
Bedingungen für die parenchymatösen Veränderungen desselben gegeben. 
So tritt denn sehr bald in dem gegen alle Blutdrucksschwankungen so 
empfindlichen Nierengewebe Epithelnekrose und unmittelbar darauf Al¬ 
buminurie resp. Hämoglobinurie auf. In den sehr schweren Yerguiungs- 
fällen entwickeln sich Anurie, Cyanose, Dyspnoe, Krämpfe, und unter 
diesen Symptomen gehen die Thiere schliesslich zugrunde. Ihe u;n 
dem Herrn Vortragenden erwähnten Vergiftungen, bei denen die 
zwischen Uterus und Eihäute erfolgten Glycerininjectionen oßeinar 
ebenso wirksam waren wie sonst beim Thiere die subcutanen, zeigten mit <? • 
schwere Störungen analog denen, welche am Thierexperiment nach m •y 1 - 
intensiven Intoxicationen sich cinstellcn. Bei der Gefahr, die mit diy StU> 
zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt benutzten Glyconmnjectiom 
verbunden ist, dürften dieselben wohl bald wieder aufgegeben ■ 
und zwar umsomehr, als durch ganz unschädliche Kochsalz- resp. " uc 
lösungen derselbe Effect erzielt werden kann. . , 

Herr Pfannenstiel freut sich der Uebereinstimmung m a ■ 
Behauungen und Erfahrungen der Chirurgen und Internen md den sei u 
und hebt hervor, dass in den Lehrbüchern der Toxicologie die du . ‘ 
Thierexperiment erwiesene Giftigkeit des Glycerins als für den Mi .. 
bedeutungslos hingestollt wird und dass dieses die Veranlassung z > 
heutigen Mittheilung gewesen sei. . r .., ln vnn 

2. Herr Scheunemann berichtet kurz über sieben lalle' 
Tubengravidität aus den ersten fünf Monaten der Schwangen» * ■ 
die von Professor Küstner in der Zeit von Anfang v,° n : rt 
1893 bis Mitte Jauuar 1894 in der Breslauer Frauenklinik op er 
wurden, und demonstrirt die durch die Operation p' y cr . 

Präparate. Es handelte sich dreimal um tubaren Abort o ^ 
letzung der Tube und viermal um tubaren Abort mit Fup r .. 0 ^ f 
Eileiterwand. Allen Fällen war eine mehr oder min e t 
Hämatocelenbildung gemeinsam, die fünfmal retroutenn, 
über und vor dem Uterus und einmal links seitlie ^ 
retrovertirt-flectirten Organ zur Entwicklung gekommen ■ 
Kranke, bei der es sich um eine sehr bedeutende, bis J or 

breit über den Nabel reichende Hämatocele mit lc - ^ 

aus dem fünften Monat stammender Frucht han 0 ^ 

17 Stunden post operationem infolge der vorhandeneni * 11 
übrigen sechs wurden nach ca. drei Wochen ^ e ^ el ^g cll j liss folgt.) 

! ) Müller, Münchener medicin. Wochenschr. 1894, No. 4 


Gedruckt hei Julius Sittenfeld ln Berlin W. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag VEREINS-BEILAGE 9. August 1894. 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 

INHALT. 


I. Verein für innere Medicln in Berlin, Sitzung am 18. Juni 1894: 
Scheinmann: Klonischer Rachen- und Kehlkopfkrampf. Discussion: 
Eulenburg, Gerhardt. — Discussion G. Lewin, Ueber Todesfälle 
nach Quecksilborbehandlung: Fürbringer, G. Meyer, A. Fraenkel, 
Mankiewicz, Litten, Blaschko, A. Baginsky, G. Lewin. 

II. Berliner medicinische Gesellschaft, Sitzung am 25. Juli 1894: 
Lassar, Melanome. Discussion: Virchow, Lassar. — Virchow, 
Melanome. — Nasse, Multiple cartilaginöse Exostosen. — Ewald, 
Aneurysma dissecans des absteigenden Astes der Aorta. Endarteritis 
calculosa. — Gluck, Sarkom des Unterkiefers. — Discussion Katz, | 


I. Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 18. Juni 1894. 

Vorsitzender: HerrGerhardt; Schriftführer: Herr Jastrowitz* 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und an¬ 
genommen, 

1. Herr Sch ein mann (Demonstration vor der Tagesordnung): 
Ein Fall von einseitigem klonischem Rachen- und Kehlkopf- 
krampf. Der Fall, den ich mir heute mitzubringen gestattet 
habe, zeigt oin so ausserordentlich seltenes Phänomen, dass ich 
geglaubt habe, es auch einem weiteren Kreise von Aerzten zeigen | 
zu sollen und nicht bloss in der Gesellschaft meiner Specialdisciplin. | 
Der Patient hat sich im Mai 1892 an Lues inficirt, zeigte am Ende 
des Monats die Primäraffection, ist dann später einer Inunctions- 
cur unterworfen worden, der sich eine Injectionscur anschloss. 
Letztere bestand nur in vier Einspritzungen, da der Kranke sie, 
wie er angiebt, aus Schmerzhaftigkeit abbrach; auch bei der 
Inunctionscur haben nur acht Einreibungen stattgefunden. Im 
September desselben Jahres orlitt er einen apoplektischen Insult, 
der eine linksseitige Hemiplegie hinterliess. Im Januar zeigte er 
eine seltenere Augenaffect-ion, wegen welcher er in der Medicinischen 
Gesellschaft von Dr. Silex vorgestellt wurde: es war ein Gummi 
der Conjunctiva. Im Februar dieses Jahres sah ich ihn zum 
ersten mal. Er wurde mit Schluckbeschwerden zu mir geschickt. 
Diese hingen ab von zerfallenen Gummata an der hinteren Pharynx¬ 
wand; dieselben heilten sehr schnell unter energischer Jodkalium¬ 
behandlung ab. Das Phänomen, das heute noch besteht und das 
das höchste Interesse klinisch wie physiologisch für den Fall ein- 
zuüössen geeignet ist, besteht in folgendem: Untersucht man den 
Kranken pharyngoskopisch, so sieht man neben einer Parese des 
Velum palatinum rechts an der linken Seite sowohl des Velum 
palatinum wie am hinteren Gaumenbogen und der hinteren Rachen¬ 
wand zuckende Bewegungen, die 160 mal in der Minute er¬ 
folgen. Diese stellen sich derartig dar, dass das Velum palatinum 
gehoben, der hintere Gaumenbogen bei jeder Zuckung nach der 
Medianlinie bewegt und die Schleimhaut der hinteren Pharynx¬ 
wand etwas nach links und oben gehoben wird. Diese Bewegungen 
entsprechen den physiologischen Bewegungen, welche die Muskeln 
im Moment des Schluckens auszuführen haben, wo der Bissen aus 
der Mundhöhle in den Rachen Übertritt und reflectorisch weiter¬ 
befördert wird. Ist schon dies Phänomen im Pharynx von hohem 
Interesse, besonders auch deshalb, weil es einseitig auftritt, so 
wird der Fall noch interessanter dadurch, dass man dieselben 
Zuckungen auch an der linken Larynxhälfte sieht. Unter¬ 
sucht man den Kehlkopf während der Respiration, so sieht 
man, während das rechte Stimmband sich normal verhält, das linke 
Stimmband zuckende adductorische Bewegungen, nach der 
Medianlinie zu machen, und zwar in derselben Zahl wie die Be¬ 
wegungen im Pharynx, ungefähr 160 mal in der Minute. . Die 
Breite des Weges beträgt etwa 1 f 3 der Breite, welche das Stimm¬ 
band bei der normalen Phonationsbewegung zurücklegt. Diese 
Krämpfe haben in derselben Weise seit dem Beginn der Beobach¬ 
tung, im Februar dieses Jahres, bis heute angehalten. Der Kranke 
ist inzwischen von seinen Beschwerden vollständig geheilt; seine 
von den Gummata abhängigen Schluckbeschwerden sind seit 
Monaten verschwunden, Beschwerden von den geschilderten Zu¬ 
ständen hat er nicht. 

Der Fall ist besonders darum interessant, weil bisher alle 
Fälle von Krämpfen der Schluckmuskulatur, die wir kannten, doppel¬ 
seitig gewesen sind. Das gilt sowohl für diejenigen Krämpfe, die 
von peripheren Reizpunkten ausgingen, als auch dort wo man eine 
centrale Ursache annehmen musste. Dies ist, soviel mir bekannt, 


Zur Antitoxinbehandlung der Diphtherie: A. Baginsky, Aronson, 
v. Nencki, Ritter. 

III. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 8. Januar 1894 
(Schluss): Koch, Amniotische Einschnürung des Unterschenkels mit 
Klumpfuss. — Joachimsthal, Angeborener totaler Defect der Tibia. 
— Knecht, Durch Mastdarmresectiön geheilter Fall von stricturirender 
Mastdarmverschwärung. Discussion: Lindner, Hahn, J. Israel, 
W. Körte, Thiem, J. Wolff. 

IV. Aus dem allgemeinen ärztlichen Verein in Köln: Bardenheuer, 
Luxatio coxae congenita. 


der einzige beobachtete Fall, dass sich auf einer Seite im 
Schlunde und Larynx Krämpfe dieser Art finden. Herr Prof. 
Eulenburg hat den Fall mit untersucht und wird die Freund¬ 
lichkeit haben, hier auch seine Ansicht zu äussern. Für mich 
war die nächste Frage, ob die Krämpfe in diesem Falle peri¬ 
pheren Ursprungs seien? Die Frage hätte bejaht werden können, 
solange noch Gummata vorhanden waren, sie war aber zu ver¬ 
neinen von dem Augenblick an, wo die Gummata, der mögliche 
Ausgangspunkt, verschwunden waren, wie es seit Monaten der 
Fall ist. Andere Reizpunkte sind im Pharynx nirgends nachweisbar. 
Bei der Untersuchung auf eine centrale Ursache bleibt nur übrig, 
entweder auf den apoplektischen Insult zurückzugehen oder eine 
weitere Läsion anzunehmen. Da von Bulbärparalyse weiter keine 
Zeichen vorhanden sind, insbesondere da auch der Hypoglossus 
vollkommen intact ist, so kann man wohl eine Läsion in der 
Medulla oblongata ausschliessen und wird nach der Anamnese 
sowohl wie nach anderen, zum Theil auf neueren experimentellen 
Erfahrungen basirenden Gründen, diese Krämpfe in einen ursäch¬ 
lichen Zusammenhang mit dem in der Grosshirnhemisphäre er¬ 
folgten apoplektischen Insult bringen müssen. 

Discussion: Herr Eulenburg: Ich glaube Herrn Scheinmann 
darin beistimmen zu können, dass der Fall, soweit es sich um den ein¬ 
seitigen klonischen Krampf der Pharynx- und Larynxmuskulatur handelt, 
als ein Unicum anzusohen ist; ich habo ähnliches nicht beobachtet und 
auch in der Litteratur keinen parallelen Fall ausfindig machen können. 
Bei dem Bilde, das diese Zuckungen gewähren, könnte man fast versucht 
sein, von einer Homiathetose des Pharynx und Larynx zu sprechen. 
An Athetose erinnert die Unabliissigkeit der Bewegungen, ihre monotone 
Gleichmässigkeit, ihre Unabhängigkeit von Willküreinflüssen, die verhält- 
nissmässig geringe Frequenz, die (bei der Athetose wenigstens die Regel 
bildende) Einseitigkeit, sowie auch der offenbar centrale Ursprung. — 
Wenn man jedoch auf die übrigen Erscheinungen des Falles näher ein- 
geht, den ich auf Veranlassung des Herrn Scheinmann genauer unter¬ 
sucht habe, so fallt zunächst auf, dass auch spastische Erscheinungen 
verschiedener Art, namentlich auch tremorartige Oscillationen in 
einem Theile der äusseren Muskulatur nicht fehlen. Besonders 
sind es schwache tremorartige Bewegungen des Kopfes, denen bei senilem 
Zittern und bei Paralysis agitans vergleichbar, die ganz spontan auf- 
treten. Ueberdies lassen sich ähnliche Erscheinungen in der vom linken 
Accessorius versorgten Halsmuskulatur künstlich provociren. 
Wenn man mit einem mässig starken faradischen Strom (ungefähr 11 cm 
Rollenabstand) den Kopfnicker an der Eintrittsstelle des äusseren Acces- 
soriusastes faradisek reizt, so treten hier statt des Tetanus schwache 
tremorartige Vibrationen auf, die in ihrer Frequenz so ziemlich mit denen 
des linken Stimmbandes übereinstimmon, 140—150 in der Minute, und 
das nämliche Bild lässt sich auch bei vorsichtiger indirekter Reizung in 
den oberen Cucullarisbiindeln hervorrufen. Dazu kommt, dass die Ein¬ 
trittsstelle des Accessorius auf Druck entschieden eine abnorme Empfind¬ 
lichkeit darbietet. Schon diese Thatsachen weisen auf cino hervorragende 
Betheiligung des Accessorius bei den Krampforscheinungen hin, und un¬ 
zweifelhaft müssen wir ja auch den Accessorius als den wuchtigsten, wenn 
nicht alleinigen motorischen Nerv für Pharynx und Larynx betrachten, 
da die im Vagus verlaufenden Bewegungsfasern dieser Organe dem Plexus 
gangliiformis bekanntlich mit dem inneren Accessoriusaste zugeführt wer¬ 
den. Auf die Frage, wie weit noch eine Botheiligung des Trigeminus, 
Facialis und Glosso-Pharyngeus bei der motorischen Innervation der Pha¬ 
rynx- und Gaumenmuskulatur in Betracht zu ziehen ist, will ich hier 
nicht weiter eingehen. Wenn nun also zu berücksichtigen ist, dass der 
Krampf sich wesentlich oder ausschliesslich im Gebieto des linken Ac¬ 
cessorius abspielt, so knüpft sich hieran die weitere Frage des peri¬ 
pherischen oder centralen Ursprungs, und ich kann Herrn Schein¬ 
mann nur entschieden darin beistimmen, dass wir einen centralen Aus¬ 
gangspunkt annehmen müssen. Neben dom Krampf der linken lharynx- 
und Larynxmuskulatur haben wir noch eine Lähmung der rechten 
Gaumensegelhälfte. Diese Lähmung steht nicht in Widersprach mit 
der Annahme eines einseitigen Heerdes in der rechten Grosshirnhälfte, 
am Fusse der vorderen Centralwindung, wo. sich ja bekanntlich das doppel- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 








74 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


seitig wirkende Innervationscentrum für Pharynx und Larynx befindet. 
Man könnte sich, da dieses „Centrum“ ja räumlich ziemlich ausgebreitet 
ist, wohl vorstellen, dass der örtliche Krankheitsheerd erst zu einer Läh¬ 
mung der rechten Velumhälfte und durch Reizwirkung auf benachbarte 
Stellen zu dem klonischen Krampfe der linken Seite geführt habe. Die 
Beschaffenheit der Lähmung selbst widerspricht, meinen Untersuchungen 
zufolge, keineswegs der Annahme eines centralen Ursprungs. Es besteht 
keine Atrophie, die Reflexe sind erhalten, es ist nichts von Entartungs- 
reaction nachweisbar; die faradische direkte Reizbarkeit ist allerdings 
etwas herabgesetzt, was aber auch bei Lähmungen infolge von Grosshirn- 
heerden mehrfach beobachtet wurde. Trotzdem glaube ich, dass in dia¬ 
gnostischer Hinsicht noch gewisse Zweifel auftauchen können. Wir 
haben es mit dem proteusartigen Bilde der Hirnlues zu thun, die erst 
apoplektisch auftretend die linksseitige Hemiplegie, dann die Velum- 
lähmung und den Krampf in der linken Pharynx- und Larynxmuskulatur 
erzeugte. Die Existenz multipler Erweichungsheerde auf Grund 
syphilitischer Hirnarterienerkrankung, das Vorhandensein bul- 
biirer Heerde ausser dem Rindenheerde lässt sich nicht sicher aus- 
schliessen. Ich mache noch darauf aufmerksam, dass auch eine Parese 
der linken Mundwinkelmuskulatur vorhanden war, die ebenfalls den 
Charakter einer centralen Lähmung darzubieten schien. Ich glaube, dass 
der Fall sich diagnostisch im Augenblick noch nicht mit aller Sicherheit 
abschliessen lässt; auch möchte ich noch den auffälligen Umstand hervor¬ 
heben, dass die Jodkaliumtherapie sich auf die geschilderten Symptome 
völlig einflusslos zeigt. 

Herr Gerhardt: Ich habe allerdings nicht einen solchen Fall, aber 
das Gegenbild dazu vor kurzer Zeit beschrieben, einen Fall von rechts¬ 
seitigem Accessoriuskrampf, bei dem Zuckungen der rechten Hälfte des 
Velum palatinum regelmässig erfolgten und das Stimmband der gleichen 
Seite ruckweise krampfhafte Abductionsbewegungen machte. VonF. Semon 
und Horsley ist gezeigt worden, dass die Stimmbandinnervation für die 
Adductoren und Spanner der Stimmbänder sich bis in ein Rindenceutrum 
verfolgen lässt, wenigstens bei mehreren Thierspecies, dass dagegen die 
Innervation der Abductoren in der Medulla oblongata selbst und nicht in 
der Hirnrinde bis jetzt durch ein Centrum repräsentirt erscheint. Wenn 
man das als die gegenwärtige Basis der Frago betrachtet, so ist es ge¬ 
wiss interessant, dass Stimmbandabductions- und Stimmbandadductions- 
krämpfe in diesen beiden Fällen gegeben sind, und w r enn man fragt, für 
welchen der als möglich erwähnten Sitze, diese Theorie als Basis be¬ 
trachtet, man sich aussprechen müsse, so wird man sich zweifellos für 
einen Sitz in der Hirnrinde in dem heutigen Falle aussprechen müssen, 
während im anderen Falle der Sitz mehr in der Medulla oblongata zu 
suchen wäre. 

2. Discussion über den Vortrag des Herrn G. Lewin: Ueber 
Todesfälle nach Qnecksilberbehandlung. 

Herr Fürbringer: Es ist mir leider nicht vergönnt gewesen, den 
Vortrag von Herrn Lewin selbst zu hören, so dass ich auf einige münd¬ 
liche Mittheilungen recurriren muss. Herr Lewin hat u. a. die Frage 
der albuminurogenen Wirkung des Quecksilbers behandelt, und diese 
steht für mich im Vordergrund des Interesses, weil ich selbst früher 
einen Beitrag zu derselben geliefert habe. Schon vor einem Jahre hat 
Herr Lewin bei Gelegenheit der Vorstellung einer Nephritica infolge von 
Quecksilbervergiftung bemerkt, dass er nicht recht bestätigen könne, dass 
sich bei Quecksilberwirkung öfters Eiweiss im Ham zeige. Dann hat er 
mir selbst mündlich mitgetheilt, dass er Eiweiss weit seltener gefunden 
habe als ich, und endlich höre ich eben von Herrn Dr. Heller, dass er bei 
Untersuchung von 80 Fällen nicht einmal Eiweiss im Ham infolge von 
Einspritzung von Quecksilber gefunden habe. Das giebt mir Anlass, das 
Resultat meiner Untersuchungen hier kurz zu präcisiren und einer wesent¬ 
lichen Bestätigung aus der letzten Zeit zu gedenken. Der Frage der 
mehr experimentellen Erzeugung von Quecksilbemephritis trete ich nicht 
näher. Ein grosser Theil von Ihnen wird die belangvollen einschlägigen 
Untersuchungen kennen, die wir Cornil, Prdvost, Virchow, Dahl, 
Litten, Salkowski, Eisenberg, Kaufmann u. a. verdanken; dann 
hat Senger bemerkenswerthe Mittheilungen gemacht Uber die nephri- 
togeno Wirkung der chirurgischen Sublimatbehandlung. Durch alle diese 
Untersuchungen ist bewiesen, dass durch Quecksilbervergiftung eine Ne¬ 
phritis diffusa entstehen kann mit Zerstörung der Epitholien und einer 
unter Umständen kolossalen acuten Infarcirung des Organs mit Kalk¬ 
massen. Meine eigenen Untersuchungen liegen ungefähr zehn Jahre zu¬ 
rück. Ich hatte sie schon 1883 abgeschlossen und habe sie 1885 auf 
dem vierten Congress für innere Medicin vorgetragen. Es sind das die 
ersten methodischen Untersuchungen, die überhaupt existiren. Ich habe 
ihnen 100 Fälle frischer Syphilis zugrunde gelegt, die theils aus Heidel¬ 
berg, theils aus Jena stammen. Dass ich mich eines sicheren Eiweiss- 
nachweisos bedient habe, werden Sie mir glauben. Die Schwierigkeit der 
Deutung aus Anlass der gleichzeitigen Beobachtung, dass auch die re- 
cente Syphilis imstande ist, leichte Nephritis resp. Albuminurie zu er- 
zeugen, habe ich dadurch umgangen, dass ich nur solche Fälle benutzte, 
wo der Harn vor der Mercunalisation sich ganz normal zeigte. Ich habe 
“ 1( £v * äl *® n achtmal Albuminurie, allerdings leichten Grades, con- 

Jr“™- Was die Application des Quecksilbers anlangt, so waren alle 
Methoden vertreten, die innere, die subcutane, diejenige per rectum und 
die Schmiercur. Eme gewisse Abhängigkeit von der Grösse der Dosis 
zeigte sich; aber diese war viel geringer als die individuelle Disposition, 
mid auf eine solche habe ich denn auch rni wesentlichen recurriren müssen. 
Mikioskopisch fanden sich nur hyaline Cylinder und einige Rundzellen. 

T m . an ’ dass dies ° n *onnen eine Glomerulitis zugrunde liegen müsse 

d ® n . An ^ ben von Langhaus; das ist natürlich nur eine Hypothese, 
h^Ln ™ r L-l er Pa j entCn 18 ‘ «Sterben. So viel aber glaube ich be- 
dnüf das f “ um lel0ht reparable Erkrankungen han¬ 

delte, »o die Tendenz der Heilung eine sehr grosse war, mit Ausnahme 


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Gck gle 


No. IQ 

eines Falles. Dieser betraf den jungen Direktor einer chemischen Fabrik 
der zwei Jahre lang einen unsinnigen mercuriellen Missbrauch getrieben 
hatte; hier trat bei reichlichem Eiweiss die Heilung erst nach drei Mo¬ 
naten ein. In der Discussion theilte Schuster eigene bestätigende Er¬ 
fahrungen mit. Dann hat der Vortragende im Mai v. J. den bereits er¬ 
wähnten interessanten Fall von Nephritis infolge subcutaner Injection 
unlöslichen Quecksilbers vorgestellt und bereits bei der Drucklegung zwei 
weitere einschlägige Fälle aus der Charite erwähnt Zum Schluss gedenke 
ich noch der sehr hemerkenswerthen Beobachtungen von Wehn der 
publicirt im Nord. med. Arch., 23. Band, 1891 und im Archiv für Dermato¬ 
logie und Syphilis, 26. Band. Ich habe den Inhalt nicht ganz im Ge¬ 
dächtnis, vielleicht kann Herr George Meyer, der einen Auszug im 
Centralblatt veröffentlichte, uns ausführlicheres mittheilen. Jedenfalls 
kommt We(ander zu dem Schluss, dass bei energischer Mercurialisation 
bisweilen leichte, bisweilen stärkere Albuminurie l ) und häufiger, „sehr oft: 
Cylindrurie eintritt. Auch er beobachtete eine ausgesprochene Tendenz zur 
Heilung, jedenfalls entstand keine chronische Nephritis. Also eine weit¬ 
gehende Bestätigung meiner Beobachtungen. Ich meine, nach Lage der 
Sache beanspruchen positive Beobachtungen immer noch einen etwas 
höheren Werth als negative, die ich selbstredend respectire. Wenn irh 
allerdings gesagt habe, jeder Zwölfte hat Aussicht, durch Quecksilber 
albuminurisch zu werden, so bin ich darin zu weit gegangen; dazu war 
mein Beobachtungsmaterial zu klein. Die individuelle Disposition treibt 
ihr eigenes Wesen; das Richtige liegt wohl in der Mitte. So viel aber 
steht fest, dass in einem gewissen Procentsatz der Fälle durch Mercu¬ 
rialisation Albuminurie erzeugt wird. 

Herr George Meyer: Ich möchte zwei Formen der Schmiercur 

erwähnen, von denen besonders die eine ein sehr grosses praktisches 

Interesse hat. Herr Lewin hat gesagt, dass er alle Methoden ange¬ 

wandt hat; er wird daher auch wohl diese in den Bereich seiner Unter¬ 
suchungen gezogen haben, obgleich beide erst aus dem letzten Jahr 
stammen. Die eine ist von Welander im Archiv für Dermatologie und 
Syphilidologie 1893 Ergbd. 1 angegeben und besteht darin, dass das 

Quecksilber nicht, wie bisher gelehrt wurde, etwa eine Viertelstunde lang 
eingerieben, sondern nur aufgestrichen wird. Welander fand, (kv 
besonders in schweren Fällen diese Cur viel bessere Ergebnisse habe, wie 
die Einreibung des Quecksilbers, dass sie sich besonders besser in den 
Formen bewähre, wo man, wie bisher, die lnunctionscur nicht, anwenden 
konnte, wegen zu reizbarer Haut, wegen pustulöser Form der Syphilis 
und andere äussere Abnormitäten der Haut. In allen diesen Fallen soll 
auch bei der Aufstreichung die Absorption des Quecksilbers eine viel 
grössere gewesen sein als bei der gewöhnlichen lnunctionscur. Ich möchte 
Herrn Lewin fragen, welches seine Erfahrungen nach dieser Richtung 
hin sind, da es doch von grösstom praktischem Interesse ist. hei der 
lnunctionscur, die nun einmal von praktischen Aerzten ebenso häufig oder 
noch häufiger wie die Einspritzungscur angewendet wird, genau zu wissen, 
ob unser früheres Verfahren oder dieses neuere bessere Ergebnisse liefert 
Ich selbst kann nach meinen Erfahrungen noch nichts darüber sagen: ich 
habe die Aufstreichungen einige male angewendet, und die Erscheinungen 
gingen schnell zurück. Aber ich kann nicht feststellen, ob sie nicht unter 
Anwendung des bisherigen Verfahrens ebenso schnell geschwunden wären. 
Es liegen ja meistens den Deutungen über die Zweckmässigkeit und 
Wirkungsweise unserer Curen, besonders bei der Syphilis, individuell»* 
Ursachen zu Grunde, die theils durch die Individualität des Kranken, theiN 
aber auch des Beobachters bedingt sind. 

Dann wollte ich noch eine zweite Abänderung der Schmiercur erwähnen, 
welche von Stern im Augustheft der Therapeutischen Monatshefte 1893 em¬ 
pfohlen wurde, dass statt der täglich auszuführenden Inunction nur ein» 
Inunction alle acht Tage geschieht, und dabei 10 g auf einmal auf die sont 
gebräuchlichen Körperstellen verrieben worden. Herr Le wi n hat, wenn m > 
ihn recht verstanden habe, die Methode verworfen, weil danach sehr schien 
Erscheinungen auftreten sollen. Es würde mir interessant ^ sein, imnere? 
darüber zu hören, weil gerade diese Methode etwas sehr Verftthrensi io» 
an sich hat und auch für die Praxis viel einfacher erscheint, indem '» 
Kranke nur einmal alle acht Tage eingerieben wird, statt acht läge nm 
einander. Aus theoretischen Gründen erscheint es jedoch zweckma&v • 
täglich eine kleine Gabe einzureiben als auf einmal eine so gr° sse 1 l - 
läge von Quecksilber in den Körper zu bringen. Die Salbe cn a . 
meistens 33 '/ 3 0 /o Hg, und das ist im Vergleich zu den kleinen Mengt' _ 
Herr Lewin einspritzt, eine viel zu grosse Dosis. Stern mein, 
er bei seiner Cur Speichelfluss und Stomatitis auch nicht in »nt 
Weise gesehen hat als bei allen anderen Quecksilbercuren, uud ‘ N ," ' 
hauptsächlich liegt der Grund für das Entstehen dieser in gro» ^ 
reinlichkeit, schlechten Zähnen und mangelnder Mundpflege. ^ 

merkenswerth, dass Herr Lewin auseinandersetzte, dass er e,n0 . 
pflege bei seiner Cur überhaupt nicht kenne. Allerdings 
schwer fallen, gegen die ungeheuer grossen Erfahrungen des Herr . 4 

aufzukommen, aber ich muss doch sagen, dass ich keinen Mensc i ^^ 
einer Quecksilbercur unterwerfen würde, ohne die sorgfältigste i J * 
anzurathen. Betreffs meines von Herrn Fürbringer erwähnten 
der Arbeit von Welander über Albuminurie und Cyhndrune .yi c j, 
silbercuren im Centralblatt für innere Medicin könnte icli au g _ , e j| )5l 
aus dem Gedächtniss nur dasselbe sagen, was Herr hurbri g 
bereits erwähnt hat. 

*) Anmerkung während der Correctur. Wie 
der Abhandlung entnehme, hat Welander unter ’ verlir sAiht 

achtet, in denen „die Albuminurie durch die ®p e t e rgen- 

worden war.“ Aus der von Herrn Blaschko angeführten i e ^ 
sehen Mittheilung lässt sich leider der Procentsatz Men . ^ tie . 

der Autor die Zahl der Injectionen zugrunde legt und m 
handelten Fälle. 


Original fforn 

UNIVERSITY OF MICHIGA1 



9. August. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


75 


Herr A. Fraenkel: Die geltend gemachten Beziehungen des Queck¬ 
silbers zur Niere haben noch nach anderer Richtung ein praktisches Inter¬ 
esse, nämlich in Bezug auf die Frage: dürfen wir bei Kranken, die an 
einer Nierenaffection, beispielsweise einer chronischen Nephritis leiden, 
das Calomel als Diureticum anwenden? Ich gehöre nicht zu den unbe¬ 
dingten Anhängern der Calomelthernpie bei den compensatorischen Stö¬ 
rungen der Herzkranken, weil das Mittel unangenehme Nebenwirkungen 
erzeugt. Nichtsdestoweniger ist man oft in der Lage, es einmal an¬ 
wenden zu müssen, weil es auf keine andere Weise gelingt, die Diurese 
in Gang zu bringen. Derselbe Fall tritt oft auch bei chronischer Ne¬ 
phritis ein. Ich habe mich, als ich das Mittel bei Nephritikem anwandte, 
auch gefragt, ob es im Stande sei, eine verstärkte Schädigung des Nieren¬ 
parenchyms zu bewirken und ob darum seine Wirkung contraindicirt sei. 
Ich habe nach der Richtung Versuche angestellt und kann feststellen, 
dass es in der That Fälle giebt, wo bei chronischen Nierenkranken das 
Calomel exquisite Steigerungen der Diurese hervorbringt. Vor etwa zwei 
Jahren ist eine Arbeit aus der Erb’schen Klinik erschienen, die das be¬ 
stätigt. Ich habe auch auf die Eiweissausscheidungen in diesen Fällen 
geachtet, mich aber nicht überzeugen können, dass eine direkt schädigende 
Wirkung stattfand. Allerdings ist ja in Rücksicht zu ziohen, dass das 
Calomel in der Form wie hier angewandt, d. h. in grosson Dosen, die 
gleichzeitig abführend wirken, doch nicht entfernt eine so intensive Queck- 
silberwirkmig ausübt, wie bei der Anwendung unlöslicher Quecksilber- 
prüparate zur Behandlung der Syphilis. 

Herr Mankiewicz: * Die sich gegentiberstehenden Untersuchungen 
über die Erzeugung der Nephritis durch die Wirkung des Quecksilbers lassen 
sich vielleicht vereinigen. Ich habe zwar den Vortrag von Herrn Lewin 
nicht gehört, aber aus der Discussion vernommen, dass in der Charitd die 
Kranken, die mit subcutanen Injectionon behandelt werden, gewöhnlich 
keine weitere Mundpflege haben. Es ist mir nun sehr auffällig gewesen, 
dass ich gerade in denjenigen Fällen, die einen Missbrauch dos Chlorkali 
aufwiesen, das ja besonders zur Mundpflege bei Lues benutzt wird, häufiger 
Albuminurie gesehen habe. Speciell entsinne ich mich einer Patientin, 
die wegen eines gleichgültigen Leidens, das schon geheilt war, in einem 
Krankenhause lag und entlassen werden sollte, wegen einer ganz gering¬ 
fügigen Angina, einer einfachen Röthung der Gaumenbogen, eine Chlor¬ 
kalispülung bekam und. obwohl sie jedenfalls nicht sehr viel genommen 
hatte ( 3 /< der Flasche fanden sich noch vor), innerhalb drei Tagen an 
einer hämorrhagischen Nephritis zugrunde gegangen ist. Ich habe auch 
in zwei Fällen meiner Praxis bei Herren, die mit Chorkali wogen Ulcera 
den Rachen gurgelten und es zu oft gebrauchten, vielleicht auch viel von 
dem Medicament verschluckt haben, Albuminurie constatiren können. 1 ) Es 
wäre eine Vereinbarung der beiden Untersuchungsreihen zustande zu 
bringen, wenn Herr Professor Fürbringer angeben könnte, ob die Pa¬ 
tienten chlorsaures Kali zum Gurgeln gebraucht haben, und Herr Lew in, 
ob sie keins gebraucht haben. Dann lässt sich der Fehler vielleicht 
künftig bei neueren Untersuchungen ausscheiden, und wir werden zur 
Klärung der Frage kommen. 

Herr F Urb ringer: Chlorsaures Kali wird ja in unseren Fällen auch 
angewandt sein; aber ich erinnere mich genau, dass ich nie Blutkörperchen 
im Harn gesehen habe. Es ist also nicht recht wahrscheinlich, dass eine 
Intoxication durch Chlorsäure die Ursache gewesen ist. Uebrigens ist es 
möglich, dass das Medicament gelegentlich einmal fördernd gewirkt hat. 

Herr Litten: Ich möchte mir eine Bemerkung bezüglich der von 
Herrn Fraenkel angeregten Frage gestatten. Boi der Anwendung von 
Calomel bei Nierenkranken wird es ganz davon abhängen. wieviel secretions- 
fähiges Parenchym in der Niere noch vorhanden ist. Wenn es sich um 
solche chronische Formen von Nephritis handelt, w T o sehr grosse Parti een, 
vielleicht der grösste Theil des secretoriscben Parenchyms der Niere 
zugrunde gegangen ist, so werden das diejenigen Fälle sem, wo Calomel 
immer schlecht vertragen und eine sehr wesentliche Steigerung der 
Secretion auch nicht erzielt wird. Ganz anders verhält sich die flache 
bei derjenigen Nierenerkrankung, die zwar nicht eine primäre, sondern 
eine secundäre Erkrankung darstellt und die man bei Herzkranken findet, 
das bekannte Bild der Stauungsniere, wobei, wenn die Nieren auch cyanotisch 
indurirt sind, doch noch der grösste Theil des Gewebes secretionsfähig 
ist. Das sind diejenigen Formen der Nierenerkrankungen, wo das Calomel 
die grössten Triumphe feiert und man die mächtigen Harnfluthen hervor¬ 
kommen sieht, die vorübergehend dem Kranken Linderung verschaffen und 
die Oedeme fortbringen. 

Herr B lasch ko: Ueber die Albuminurie nach Quecksilber existirt 
ausser der schönen Welander’schen Arbeit auch eine von Petersen in 
Petersburg, die derselbe auf dem X. internationalen Congress 1890 vorge¬ 
tragen hat. Er hat seiner Zeit die Albuminurie bei einer grossen Anzahl 
von Syphilitikern genauer untersucht, hat geschieden Albuminuria spuria 
und vera, vorübergehende und dauernde, und hat gefunden, dass bei 10% 
aller Syphilisfälle auch Albuminurie besteht, dass aber vorübergehende 
Albuminurie sogar in 27,5 °,o zu finden ist. Was die Albuminurie nach 
Quecksilber betrifft, so hat er namentlich das Hydrargyrum salicylicum 
daraufhin untersucht, was von besonderem Interesse deswegen ist, w T eil 
gerade dieses Präparat in dem Lewin’schen Falle der Attentäter ge¬ 
wesen ist. Er hat unter 634 Injectionen nur fünfmal, also in 0,8 %, leichte 
Spuren Albuinen gefunden, und auch dies in keinem Fall andauernd, 
sondern nur am Tage nach der Injection. 

Ich möchte dann anknüpfend an die principiell wichtigen Erörterungen 
des Herrn Vorsitzenden einige ergänzende Bemerkungen zu meinen 
Aeusserungen in der vorigen Sitzung machen. Herr Leyden hat mit 
Recht den Ausdruck bemängelt, dass, je kleiner die Dosis eines Medica- 


1 ) Es wird mir noch berichtet, dass vor wenigen J Wochen ein junger 
College nach Ghlorkaligebrauch bei Angina an acuter Nephritis ge¬ 
storben ist. 


mentes, desto kleiner der Effect sei; aber er hat auch richtig vermuthet, 
dass ich das in dieser Allgemeinheit auch nicht verstanden wissen wollte. 
Gerade bei der Syphilis müssen wir ja sehr häufig mit sehr kleinen Dosen 
operiren; ich erinnere nur an die äusserste Vorsicht, die wir bei Phthisikern 
mit Quecksilberpräparaten üben und bei denen wir gerade mit diesen 
kleinen Dosen gute Effecte erzielen. Im allgemeinen aber wird bei der 
Syphilistherapie viel mehr nach der entgegengesetzten Rich¬ 
tung gesündigt, d. h. es werden zu geringe Quecksilberdosen ange¬ 
wandt. Sehen wir doch oft kurze Zeit nach der Schmierern- so schwere 
Recidive, dass man kaum glauben sollte, dass eine Behandlung vorange¬ 
gangen ist. Fragt man dann genauer nach, so erfährt man, dass nur 
zwei bis drei Gramm pro die geschmiert sind, acht Tage hindurch und 
auch nur jedesmal vier bis fünf Minuten lang. Besonders grosser Dosen 
bedarf es bekanntlich in Fällen von visceraler Syphilis, besonders bei 
Syphilis des Gehirns und des Nervensystems. So sind bei Hirntumoren, 
bei schweren Augenerkrankungen die gewöhnlichen Quecksilberdosen oft 
gamicht.von Effect. Es kommen z. B. Fälle mit Gummigeschwülsten zur 
Section, die mit Injectionen oder Sehmiercuren behandelt sind und wo 
ganz grosse Quecksilberdosen vielleicht einen ungünstigen Ausgang ver¬ 
hindert hätten. Geht man bei diesen hohen Dosen unvorsichtig vor, so 
kommt es natürlich zu allerhand Zwischenfällen. Doch muss ich hervor- 
heben, dass von den Zufällen, die Heu* Lew in hier erwähnt hat, nicht 
alle schlechthin als schädlich oder gefährlich aufzufassen sind. So wirkt 
z. B. das Fieber, das häufig nach der Injection unlöslicher Präparate auf- 
tritt, keineswegs immer schädlich. Die Injection der unlöslichen Salze 
wirkt ja ähnlich wie das Tuberkulin; meist tritt das Fieber nur nach der 
ersten oder den ersten Injectionen auf, später aber tritt eine Gewöhnung 
ein, und das Fieber bleibt aus. Es ist ja nun eine heute ziemlich allge¬ 
mein angenommene Lehre, dass das Fieber bei Infectionskrankheiten als 
eine heilsame Reaction seitens des Organismus aufzufassen sei. Wir 
wissen ferner, dass bei der Syphilis der Reiz, den der Krankheitserreger 
ausübt, in der Regel nicht stark genug ist, eine fieberhafte Reaction zu 
erzeugen, dass aber eine intercurrente fieberhafte Krankheit oft ausser¬ 
ordentlich gut auf den Gang der Syphilis einwirkt oder einzelne Krank- 
heitsproducte derselben zur Resorption bringt. Einen ähnlichen Eindruck 
habe ich oft auch von den Wirkungen gehabt, die das Fieber nach den 
Injectionen ausübt. Anders steht es z. B. mit den Darmerkrankungen: 
die profusen und plötzlich auftretenden Durchfalle bei einer Quecksilber- 
cur sind stets ein Zeichen, dass relativ für dieses Individuum zu hohe 
Dosen angewendet worden sind, dass eine Idiosynkrasie, speciell eine 
Darmidiosynkrasie gegen das Hg vorliegt. Wenn solche zweifellosen 
Intoxicationserscheinungen auftreten, muss man natürlich sofort zu kleinen 
Dosen greifen, und das kann man bei unlöslichen Präparaten 
eben so gut wie bei löslichen, indem man die Suspension schwächer 
wählt und weniger iujicirt. Mit ein wenig Vorsicht lassen sich wohl 
stets böse Zufälle vermeiden. 

Das gerade erscheint mir als eine wesentliche Lücke m den 
Ausführungen des Herrn Lew in, dass er es im Unklaren ge¬ 
lassen hat, ob er alle die Zwischenfälle, die er aufgezählt hat, 
als unvermeidliche, naturnothwendige Folgen der üblichen 
Applieationsweisen auffasst oder nur als cino Folge von Fehlern bei der 
Anwendung. In letzterem Falle würden wir ihm ja alle beipflichten 
können, und es würde aus seinen Mittheilungen nur die alte und doch stets 
von neuem zu predigende Lehre für die Praktiker hervorgehen: „seid vor¬ 
sichtig“. Will Herr Lewin aber alle die Gefahren als unvermeidliche 
Beigaben der bei uns gebräuchlichsten Behandlungsmethoden aufgefasst 
wissen, so würden seine Ausführungen unberechenbares Unheil an¬ 
stiften. Sie wären nur Wasser auf die Mühle der Antimercu- 
rialisten und Naturheilkünstler, die da immer schreien: Die 
Quecksilbercur i31 ein Verbrechon an der gesammten Mensch¬ 
heit! „Seht,“ würden sie sagen, „ein Mann von so grosser 
Erfahrung giebt selber zu, wie schädlich das Quecksilber ist; 
denn 9 /io der deutschen Aerzte wenden ja diese verpönten 
Methoden an.“ Aber hoffentlich ist das nicht die wirkliche Ueber- 
zeugung des Herrn Lewin. . 

Herr A. Baginsky: In Bezug auf die Dosirung möchte ich nur eme 
Frage anregen, nämlich die Behandlung der congenitalen Syphilis. Ich 
muss betonen, dass ich zu meinem Erstaunen mitunter von minimalen 
Gaben von Quecksilber Wirkungen gesehen habe, die man kaum erklären 
kann. Wenn man bei einem Kinde mit congenitaler Syphilis Sublimat¬ 
bäder anwendet, so kann man mit l Jt g in einem Bad, von dem ja viel¬ 
leicht gar nichts oder nur sehr wenig resorbirt wird, doch in kurzer Zeit 
sehr schwere Erscheinungen der Syphilis zurückgehen sehen. Es ist 
noch gar nicht aufgeklärt, wie diese Sublimatbäder wirken; aber dass die 
Erscheinungen der Syphilis zurttckgehen, ist ganz sicher, und auch dass 
sie für lange Zeit zurückgehen. Unter Umständen können also schon 
ganz kleine Dosen von bedeutender Wirkung sein. In einer Reihe von 
Fällen habe ich auch auf den Harn geachtet; aber es ist mir nicht auf¬ 
gefallen, dass bei der Anwendung der Sublimatbäder häufig Albuminurie 
erfolgt ist. Dann noch ein anderes: Wenn man bei den tardiven oder 
langsam verlaufenden Formen von congenitaler Syphilis, bei welchen Er¬ 
krankungen der Niere vorhanden sind, Sehmiercuren amvendet, so sieht 
man die pathologischen Nierenerscheinungen ganz entschieden zuriick ‘ 
gehen, wenn auch nicht vollständig ausheilen, so dass man eine schädliche 
Einwirkung des Quecksilbers hier nicht behaupten kann. 

Herr Gerhardt: Ich möchte wieder einmal eine alte Ansicht ver¬ 
treten, nämlich dass die Schmierern* kleinstentheils durch Resorption, 
grösstentheils durch Einathmung des Quecksilbers wirkt, und von dem 
Gesichtspunkte aus erkläre ich mir, dass es ziemlich gleich ist, ob 
es aufstreicht oder eine Viertelstunde einreibt. Eine Menge von That- 
sachen haben mich zu dieser Ueberzeugung gebracht, wovon ich nur zwei 
anftthre. Ich habe in einem engen Zimmer im Winter einen Kranken 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



76 


VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


mit secundärer Syphilis liegen lassen und nebenbei ein Tuch von 1 qm Grösse 
aufhängen lassen, das jeden Tag mit grauer Salbe eingerieben wurde. 
Seine Syphilis ist geheilt, und in seinem Harn wurde Quecksilber nacli- 
gowiesen, sogar sein Koth färbte sich vom ftlniten Tage an intensiv 
schwarz. Dann eine andere Thatsache: ich kenne einen Specialisten, der 
fast stets die Kranken mit 9 g grauer Salbe täglich einreiben lässt; vorher 
lässt er sie baden und den Tag über spazieren gehen. Das ist also das 
Gegenstück dazu; da verdunstet das Quecksilber in der freien Luft, und 
er athmot wenig ein. So glaube ich, dass bei der Dosirung der grauen 
Salbe die Nebenumstände, ob es ein bettlägeriger Kranker ist oder ein 
herumgehender Kranker, von wesentlichem Einfluss sind auf den Erfolg 
und auf die Dosis, die man wählen kann und wählen muss. 

Herr G. Lewin (Schlusswort): Die hier erörterten Punkte habe ich 
eigentlich alle direkt oder indirekt schon in meinem Vortrage berührt. 
Ich gehe aber sehr gern noch auf einzelne Fragen ein. Die Differenz 
zwischen mir und Herrn Fürbringer löst sich dadurch, dass ich den 
Urin untersuchte von Kranken, die kleine Gaben von Sublimat injicirt er¬ 
halten, und Herr Fürbringer Kranke untersucht hat, die andere Präparate 
benutzt haben. Ich halte seine Untersuchungen gewiss für exact, die 
ineinigen wurden aber bestätigt durch wiederholte Analysen, die ich zu 
verschiedenen Zeiten angestellt, und durch die des Herrn Heller, der 
80 Fälle in der jüngsten Zeit genau auf Albumen untersucht hat. Herr 
Dr. Virchow jun. hat auf meine Veranlassung ca. 100 Analysen an¬ 
gestellt und in einigen Fällen Spuren von Eiweiss gefunden, doch diese 
sind auf Kranke zu beziehen, die an Gonorrhoe litten und deren Secret 
den Urin verunreinigte. Uebrigens stelle ich mein grosses Krankenmaterial 
in der Charite den Collegen zur Disposition, um weitere Untersuchungen 
zu machen. Was die Frage von Herrn Meyer betrifft, ob ich die An¬ 
sicht von Welander nicht allein kenne, sondern die Methode auch unter¬ 
sucht habe, so verweise ich auf meinen Vortrag. Ich habe die Welander- 
schen Versuche erwähnt, um zu zeigen, dass bei der Schmiercur, wie 
auch Herr Gerhardt hervorhob, das Quecksilber grösstentheils durch 
Inhalation wirkt. Ich habe das sehr genau nachgewiesen, dass die 
Inunctionscur aus zwei Curen besteht, aus einer Inhalations- und einer 
endermatischen Cur, und letztere gleich einer Injectionscur mit unlös¬ 
lichen Hg-Salzen wirkt und mit diesen die gleichen Nachtheile theilt. 
Ich habe auch das interessante Experiment des Herrn Gerhardt an¬ 
geführt mit dem Aufhängen eines mit Quecksilber bestrichenen Tuches und 
dabei erwähnt, dass sogar eine Kranke ein mercurielles Geschwür an der 
Zunge bekam. Was die Frage betrifft, ob die von mir geschilderten 
Complicalionen von Stomatitis, Nephritis, Embolieen der Lungen und des 
Gehirnes, Enteritis etc. bei der Cur mit unlöslichen Quecksilber¬ 
salzen durch Vorsicht verhütet werden können, so antworte 
ich, dass dies nicht der Fall ist. Spritzt man eine zehnfach 
grössere Dosis von Quecksilber ein als die normale, so kann 
eine Resorption on masse erfolgen, und keine Vorsicht von seiten 
des Arztes oder des Patienten kann diese ominöse Resorption verhindern. 
Aehnlich ist es bei der Schmiercur. Hier wird, wenn z. B. nur 3 g grauer 
Salbe emgerieben werden, welche ca. 1 g Quecksilber enthalten, ebenfalls 
mehr oder weniger die ganze Dosis zur Resorption gelangen und die 
traurigsten Folgen veranlassen, die ich in meinem Vortrage beschrieben habe. 
Dies wird um so mehr der Fall sein, wenn, wie dies auch geschieht, 4,5 ja 
selbst 12 Unguentum cinereum eingerieben wird. Sehr lehrreich ist in 
dieser Beziehung ein Ueberblick Uber die Geschichte der Lues. Diese zeigt, 
dass man immer nach einem Zeiträume von 10—20 Jahren von der Schmier¬ 
cur abstand, weil die nachtheiligen Folgen manifest hervortraten. Der 
bei weitem grösste Theil der Syphilidologen, welche ihre Praxis mit dieser 
'-' u ? begannen, wandten sich nach längerer Erfahrung von ihr ab, und zwar 
weil die Anzahl der Recidive und die maligne Form derselben erschreckend 
auftraten Ich verweise auf meinen Vorgänger, Prof. v. Baerensprung. 
Dieser gebrauchte die Inunction gegen sieben Jahre, wurde dann ein aus¬ 
gesprochener Antmiercurialist. Alle Antiniercurialisten waren früher Mer- 
cunahsten und Anhänger der Schmiercur. Ja selbst Sigmund, der Vater 
der jetzt modificirten Schmiercur, gebrauchte in der letzten Zeit seiner 
Praxis meist die Sassapanllencur. Solche Beispiele der Umkehr finden 

£ ir V ? I ?^iox J S rhundert bis heute - Ich nenne nur Schollig (1497), 
Brant (1498), Montesauros (1499), Torella Fallopra (1564), Musi- 
tanus (1700) Broussais (1829), Desruelles (1829), Fricke etc, etc. 
Was nun die Erfolge meiner subcutanen Cur betrifft, so habe ich diese 
beinahe 30 Jahre consequent durchgeführt und stehe noch auf 
demselben Standpukte. Trotzdem viele Tausende von Puellae pu- 
5.i^v be i han 1ü fc wu 1 rden ’ welche bei Wiedererkrankung nach der Charite 
SÄT ht WCr f en V befin d®n sich augenblicklich nur zwei Kranke mit 
tefcF^ men d f aselbst Von den Männern, welche mit sogenannten 
d ÄlfplT auf meiner Abtheilung sich jetzt befinden, haben die meisten 
die Schmier cur gebraucht und nur em einziger meine Cur. Dass nach der- 
wlnndrM^ e , ReCldlV \ v °rif om nien, ist wohl zu natürlich. Metee 
w? ltthei l f ngen - ? be £ dle Schmiercur und die unlöslichen Hg- 
hüten Unhoi/^rmH a S ° mCb< i ? cb 4 d , n oder UnIieil erzeugen, sondern ver- 
halte ilh S f,? d 7 eim ? olcb " ? elohr ungen in weite Kreise dringen, so 
Fraae Strif» ftj r äusserst wichtig und wohlthätig. Was die angeregte 
dürfe weil Ho- teSlf’Tik ^ ^Philitischer Nephritis angewondet werden 
Fälle; vo Shl Albuminurie erzeugen soll, so habe ich in allen 
Uen von Nephntis, die jedoch nicht zahlreich sind, von meiner Cur 

storberf der ,™ ist kein einziger -einer Kranken ge- 

durch die Nier™ fü i h J U )! g i deS . kohl ^ sauren Kalkes und dessen Ausführung 
Was dte MuSp^ W M SI emer 1 Cur keinem nachtheiligen Erfolge 8 
Kalium rhWinfn be * ,n ® ; ’ ®° J? ss . e lcb nur ^ öc bst ausnahmsweise mit 
STStonÄ Hfr ZÄ , D ‘„° Renten die ich behandelte, bekamen 
über dasselbe' ZU schwellen so streiche ich leicht 
paar S «. oÄS ?‘ tncum ~ auch bisweüen die Cur ein 
paar rage aus. Oft genug kommen aber Patienten zu mir, die wegen 


Stomatitis Kalium chloricum lange und häufig ohne Erfolg gebraucht 
haben. Aber auch in diesen Fällen habe ich die von Herrn Mankiewiez 
erwähnten Nachtheile nie gesehen. Dass Sublimat in kleinen Dosen in 
Bädern gegen hereditäre Lues wirksam ist, muss ich Herrn Baginskv 
bestätigen. In Bezug auf die congenitale -Syphilis kann ich bestätigen 
dass das Sublimat glänzend wirkt und ich nie Nachtheile gesehen habe. 

n. Berliner medicinisclie Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 25. Juli 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Lassar (vor der Tagesordnung). (Eigenbericht.) Die 
grosse Malignität der Melanome, die Leichtigkeit, mit welcher 
dieselben auch nach anscheinend radicaler Operation zu Recidiven 
neigen, die Schnelligkeit einer überwältigenden Generalisation nach 
stattgehabten Encheiresen — sind von jeher allgemein gefürchtet. 
Und doch ist in der gesammten Litteratur über keinen einzigen Fall 
berichtet worden, der ohne Operation zurückgegangen wäre. Vielmehr 
sind alle Tumoren dieser Art, mögen sie noch so lange stabil geblieben 
' sein, schliesslich weitergewachsen. Dies sehien auch bei der hier 
vorgestellten Frau in Aussicht zu stehen. Auf der Basis eines 
Pigmentmals hatte sich ein Knötchen unterhalb der Mammilla 
gebildet; wahrscheinlich durch Druck der Corsettstange auf die 
gewebsschwache Partie nach Beispiel traumatischer Aetiologie, die 
gerade für die melanotischen Tumoren so häufig angeführt wird. 
Die kleine Neubildung wurde von einem Arzt angeblich geätzt oder 
gebrannt, wahrscheinlich galvanocauterisirt. Der Erfolg war rasches 
Wachsthum und nach wenigen Wochen Ausbildung bis zu etwa 
Kirschengrösse, nämlich 0,9 cm Dicken-, 1,8 cm Querdurchmesser. 
Eine neue Operation wurde so energisch perhorrescirt, dass es nicht 
einmal möglich war, zur histologischen Diagnose ein Partikelchen 
zu exstirpiren. Nun wurde innerlich Arsenik gegeben; Solutio 
Fowleri mit Aqua Menthae, zu gleichen Theilen, dreimal täglich 
fünf Tropfen, und von der ersten Woche an trat Schrumpfung ein. 
Die Patientin, durch eine Krankheit ihrer Mutter mehrmals von 
hier fort gerufen, machte dann mehrere male eine längere Pause, 
und alsbald trat Stillstand in der Rückbildung und Beginn der 
Wiedervergrösserung ein, bis die Cur in diesem Frühjahr energisch 
zu Ende geführt, den vollständigen Schwund des Tumors zuwege 
gebracht hat. Dieser Befund hat seit zwei Monaten Constanz und 
giebt jedenfalls einen weiteren Belag dafür, dass es möglich ist, auf 
heteroplastische Neubildungen von exquisit malignem 
Charakter durch frühzeitige Darreichung von Arsen einen 
günstigen Einfluss auszuübeu. 

Herr Virchow macht darauf aufmerksam, dass der Nävus noch vor¬ 
handen sei. 

Herr Lassar giebt dies zu, dagegen sei der Tumor völlig ver¬ 
schwunden, und, wie der Augenschein lehre, auch nicht die geringste 
Härte in der Haut mehr vorhanden. 

2. Herr Virchow (vor der Tagesordnung) legt einige bei 

einer Section gewonnene Präparate vor, hei denen es sich ebenfalls 
um Melanome handelt. , 

Es hatte sich bei dem Patienten früher eine Geschwulst an der Hand 
gebildet, über deren Natur wir nicht weiter unterrichtet sind und du* 
exstirpirt wurde. Dann bildete sich eine rasch wachsende Geschwulst m 
den Axillardrüsen, und darauf traten über die Brust verbreitet eine An¬ 
zahl kleiner Tumoren wie Pigmentnävi auf, die eine grosse AehnlicbKei 
mit der Brustwarze hatten. Jedes dieser Gebilde hat in der Mitte chk 
A rt warziger Tuberanz von blaugrauer Farbe. Beim Durchschnitt z^e 
sich jede derselben als eine cutanc Geschwulst von papillärem Bau, in de 
tieferer Schicht das Pigment eingelagcrt ist und deren Basis em kpm ^ 
zellensarkom bildet, in dem die gestreckten schmalen Spindelzellen zu a * 
cikeln vereinigt sind. Auch auf der Oberfläche der Lunge und der Le v 
finden sich eine Reihe kleiner gleicher Efflorescenzen. Die Axillartumoreu en 
sprechen der Form, die von den Engländern Frischmilchdrüsen genannt • 

3. Herr Nasse (vor der Tagesordnung) (Eigenbericht) _ 

monstrirt einen 48jährigen Patienten, der multiple cartilagin 
Exostosen mit typischen Wachsthumsstörungen der Knochen 
ausserdem ein grosses Enchondrom des linken Metacarpus • 
sitzt. Die Exostosen sind in der frühesten Jugend des , g J 
das Enchondrom erst vor mehreren Jahren aufgetreten. 
weist auf die Seltenheit dieser Combination und die grosse 
tische Bedeutung derselben hin. . . 

4. Herr Ewald (vor der Tagesordnung) demonstri ^ 
Aneurysma dissecans des absteigenden Astes der 

Der 44jährige Patient kam urämisch in’s Krankenhaus, 
nächsten Morgen war eine leichte Besserung eingetreten, 
starb Patient nlfitzlich. Die Section ergab ein Aneurysin * 


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starb Patient plötzlich. Die Section ergab ein Aneury . * 
cans des absteigenden Astes der Aorta, letztere war star 
matös; es hatte aus dem circa 8 cm langen ane . ur ?f 1 ^ 
Sacke ein Durchbruch in das Mediastinum und in die r 
stattgefunden. Das Herz war stark hypertrophirt. 

Ausserdem demonstrirt Herr Ewald eine durch JB 
oaloulosa vollständig zu einem starren Rohre verkalkte a 


Original fro-m 

UNIVERSITT OF MICHIGj 4 




9. August. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


77 


_ 5- Herr Gluck (vor der Tagesordnung) berichtet über einen 
Patienten, dem er wegen Sarkoms des Unterkiefers fast den 
ganzen horizontalen Theil der Mandibula resecirt hat, so dass nur 
ein kleiner Theil mit dem letzten Molarzahn erhalten blieb. Es 
war vorher ein Gypsabdruck der Mandibula genommen und danach 
eine goldene Prothese angefertigt worden, die nun nach der Re- 
section mit goldenen Schrauben und Klemmen an Stelle des rese- 
cirten Knochens befestigt wurde; der Mundboden und die seitliche 
Schleimhaut wurden darübergezogen und vernäht. Schon am 
nächsten Tage konnte Patient schlucken, und in kurzer Zeit war 
völlige Heilung eingetreten. Es ist durch dies Verfahren die lang¬ 
wierige, störende und dem Patienten so widerliche Eiterung ver¬ 
mieden worden, ein grosser Vortheil, selbst wenn später die Pro¬ 
these nicht dauernd einheilen sollte. 

6. Discussion über den Vortrag des Herrn Katz: Zur 
Antitoxinbehandlung der Diphtherie. 

Herr A. Baginsky: Die Entscheidung über den Werth einer Be¬ 
handlungsmethode der Diphtherie sei eine sehr schwierige, da ja die ein¬ 
zelnen Epidemieen, ja die einzelnen Fälle oft ganz eigenthümlich ver¬ 
liefen, so dass häufig eine sichere Prognose kaum zu stellen sei. So 
habe er 1868 in zwei ganz nahe beieinander liegenden Dörfern gleich¬ 
zeitige Epidemieen von Diphtherie zu beobachten Gelegenheit gehabt, bei 
denen in dem einen Dorfe zahlreiche Todesfälle vorkamen, in dem anderen 
kein einziger, und zwar bei der gleichen Therapie. Daher habe bisher 
auch noch kein einziges der vielen empfohlenen therapeutischen Ver¬ 
fahren gegen Diphtherie sich bewährt. Dieselbe Kritik müsse natürlich 
auch dem neuen Mittel des Herrn Aronson gegenüber beobachtet werden, 
das nach ausgiebigen Thierversuchen in den letzten Monaten im Kaiser 
und Kaiserin Friedrich-Krankenhauso eiprobt worden sei. Historisch 
wolle er noch bemerken, dass bereits im Jahre 1868 Masotto Impfungen 
mit diphtherischem Material an Kindern vorgenommen und von 15 derart 
behandelten diphtherischen Kind ein nur ein Kind verloren habe; ähnlich 
auch Bubota in Siena. Zu den von Herrn Aronson aufgeführten 128 
Fällen seien noch bis zum heutigen Tage 35 Fälle hinzugekommen, und 
von diesen 163 Kindern seien 21 gestorben, darunter noch 4 von den 
letzten 35, und zwar 3 an Sepsis (2 davon 24 resp. 48 Stunden nach 
der Aufnahme), 1 an Scharlach mit Diphtherie. Auch von den früher 
noch in Behandlung gebliebenen Kindern seien noch 1 an septischem 
Scharlach, 1 an tuberkulöser Meningitis zugrunde gegangen. Dies 
Resultat sei im Verhältniss zu dem der früheren Jahre ein sehr gün¬ 
stiges zu nennen, doch seien zu einem abschliessenden Urtheile natürlich 
noch weitere und ausgedehntere Erfahrungen erforderlich. Man dürfe 
aber von dem Mittel auch nicht zu viel verlangen; bei bereite be¬ 
stehender hochgradiger Sepsis, die schon innerhalb weniger Tage nach 
der Aufnahme zum Tode geführt habe, sei keine Heilung zu erwarten 
gewesen. Hervorheben müsse er aber, dass von denjenigen Kindern, 
die ganz frühzeitig in Behandlung gekommen seien, keins gestorben 
und keins laryngostenotisch geworden sei; auch habe das Mittel keine 
direkten Nachtheile zur Folge gehabt. Allerdings seien einige Fälle 
an Sepsis zugrunde gegangen, die nicht gerade zu spät in Behandlung 
kamen, und sodann seien schwere Herzlähmungen eingetreten trotz früh¬ 
zeitiger und lange fortgesetzter Therapie. Vielleicht kämen diese Herz¬ 
symptome sogar häufiger bei der Mothode zur Beobachtung, wenigstens 
müsse er das von sjstolischen Geräuschen behaupten. Also ein ab¬ 
schliessendes Urtheil könne noch nicht abgegeben werden, doch müsse er 
die starke Hoffnung auf erfolgreiche Wirkung aussprechen. 

Herr Hans Aronson (Eigenbericht): Aronson ist von der früher 
versuchten Darstellung des Diphtherieantitoxins in fester Form aus prakti¬ 
schen Gründen (weniger gute Resultate, zu hohe Kosten des festen Anti¬ 
toxins) zu dem Gebrauch des Blutserums zurückgekehrt. Dies konnte 
Aronson umsomehr thun, als es ihm gelungen war, durch Verbesserung 
der Immunisirungstechnik das Blutserum zu einer Höhe der Wirksamkeit 
zu bringen, wie man es vor einem Jahre noch gar nicht ahnen konnte. 
Diese Fortschritte beruhen 1) auf einer Erhöhung der Virulenz der 
Diphtheriebacillen — durch mehrjährige Ilmzüchtung besonders unter Be¬ 
nutzung der gleich zu erwähnenden Oberflächenbouillonculturen gelang es 
Aronson, Culturen zu erhalten, welche ca. 50mal wirksamer waren als 
diejenigen, welche man aus frischen Membranen oder Rachenbelägen züchten 
kann; 2) auf einer neuen Methode, um die Giftbildung in Bouillonculturen 
zu erhöhen. Wie Aronson gefunden, genügen frische, virulente Culturen 
nicht, um die höchsten Grade der Serum Wirksamkeit zu erzielen. Hierzu 
sind alte gifthaltige Culturen nothwendig, deren Bereitung früher grosso 
Schwierigkeit machte. Diese gelingt aufs beste dadurch, dass man die 
Diphtheriebacillen auf der Oberfläche der Bouillon zur Aussaat bringt, wo 
sie sich in Form von grau-weissen, zusammenhängenden Häuten in der 
reichlichsten Weise vermehren. Man erreicht nach mehreren Monaten so 
einen Giftgehalt der Bouillon, wie er auf keine andere Art zu erzielen 
ist. — Als dritten wesentlichen Punkt bezeichnet Aronson die Wahl 
der geeigneten Thiergattung. Das zu den therapeutischen Versuchen be¬ 
nutzte Antitoxin stammte ausschliesslich aus dem Blut von Pferden. Durch 
Benutzung jener ausserordentlich giftigen Culturen wurde der Antitoxin- 

f ehalt des Serums so gesteigert, wie es bisher selbst bei kleineren 
hieren niemand gelungen ist. — Zur Werthbestimmung der Diphtherie- 
antitoxinlösung benutzt Aronson eine Giftdosis, an der Meerschweinchen 
im Gewicht von 300—400 g in 38—46 Stunden und selbst, die grössten 
Thiere im Laufe des| dritten Tages starben. Zu den meisten therapeutischen 
Versuchen diente eine Lösung, von der schon 0,00025 ccm ausreichte, um 
diese grosse Diphtheriegiftdosis zu paralysiren. — Aronson geht dann 
auf die bei der Immunisirung von Kin dern gewonnenen Erfahrungen ein. 
Früher nahm er auf Grund zahlreicher, bei F amili en, in denen Kin der an 


Diphtherie erkrankt waren, gemachter Versuche an, dass zur Schutz¬ 
impfung 1 ccm einer Lösung ausreichte, von der 0,005 jene oben charak- 
terisirte Diphtheriegiftmenge vernichtete. Neuere im Kaiser Friedrich- 
Kinderkrankenhause ausgeführte Schutzimpfungen haben gezeigt, dass bei 
grossen, über zehn Jahre alten Kindern unter Umständen erst das’Zwanzig¬ 
fache jener Menge, d. h. 1 ccm der Heillösung zur Immunisirung aus¬ 
reicht. Es entspricht dies ungefähr 3 ccm der jetzt im Handel erhält¬ 
lichen Lösung. Was die Heilerfolge anbelangt, so macht Aronson 
darauf aufmerksam, dass man — wie er schon vor einem Jahre betont — 
nicht daran denken könne, alle ins Krankenhaus aufgenommenen Patienten 
zu heilen. Ein Theil befinde sich schon in einem zu weit fortgeschrittenen 
Stadium der Erkrankung, bei einem anderen Theil handele’ es sich um 
secundäre Mischinfection. Man müsse sich damit begnügen, den Procent¬ 
satz der Todesfälle in einer lange genug fortgesetzten Beobachtungsreihe 
weit unter den günstigsten herabzudrücken, der bisher an dem betreffenden 
Krankenhaus beobachtet. Dies sei über alle Erwartungen im Kaiser 
Friedrich-Kinderkrankenhause gelungen. Ferner werde die specifische Heil¬ 
wirkung des Antitoxins unzweifelhaft dadurch bewiesen, dass alle ge¬ 
storbenen Patienten mit Ausnahme eines eben erwähnten Falles, der am 
dritten Tage zur Aufnahme kam, länger als drei Tage krank waren, bevor 
die Behandlung begann. Frühere an demselben Krankenhause gemachte 
Erfahrungen haben ergeben, dass selbst wenn man die Diphtherie sofort 
nach dem Beginn in der bisher üblichen Weise behandelt, die Mortalität 
nicht unter 25 % herabgemindert werden kann. Endlich sei bemerkens- 
werth, dass im Laufe von vier Monaten kein Patient zur Tracheotomie 
oder Intubation kam, der nicht schon mit den Erscheinungen ausge¬ 
sprochener Larynxstenose aufgenommen wurde. Zum Schluss bemerkt 
Aronson, dass ähnliche Heilerfolge auch im Kaiser Franz-Joseph-Kinder¬ 
spital in Prag von Herrn Prof. Ganghofner und in der Grazer Uni¬ 
versitäts-Kinderklinik von Herrn Prof. Es che rieh, erzielt worden sind. — 
Es sei jetzt noch nicht möglich, das Antitoxin zu Heilzwecken den 
Aerzten zugänglich zu machen, da die Behandlung der Thiere ca. 15 Monate 
dauert, bis das Serum den nöthigen Wirkungsgrad erreicht. — Die Mög¬ 
lichkeit, das Antitoxin direkt aus Diphtlierieculturen zu gewinnen, welche 
früher besonders Büchner in’s Auge gefasst hat, ist nach Aronson nicht 
vorhanden. Von dieser Ansicht ist er auch durch die neueste im Labo¬ 
ratorium von Prof. v. Nencki durch Smirnow ausgeführte Arbeit nicht 
zurückgekommen. Es fehlt hier völlig der Beweis, dass dio Flüssigkeiten, 
mit denen Smirnow Heilerfolge bei diphtherieinficirten Kaninchen erzielte, 
überhaupt antitoxisch wirken. Die echten Antitoxine bewirken keine 
Reaction, keine Temperatursteigerung, während jene Substanzen nur dann 
wirkten, wenn sie Fieber erzeugen. 

Herr v. Nencki (Petersburg a. G.): Den an anderer Stelle veröffent¬ 
lichten Resultaten seiner Untersuchungen wolle er nur einige historische 
Bemerkungen hinzufügen. Er sei über 20 Jahre Docent der physiologischen 
Chemie in Bern und zugleich Forscher gewesen, und da habe ihn die 
Bacteriologie mit ihren geheimnissvollen Stoffen, die kein Physiologe oder 
Chemiker zu fassen vermöge, wie das Tuberkulin Koch’s, stets in eine 
ungemütkliche Stimmung versetzt, es wäre ihm etwas unheimlich ge¬ 
worden. Auch über die hergestellten Antitoxine schwebe man chemisch 
vollkommen im Unklaren, wenigstens seien sie aber doch in Wasser löslich. 
Er habe nun versucht, auf chemischem Wege der Sache näher zu treten. 
Er habe stark giftige Bacillenculturen der Elektrolyso von 100—120 M.-A. 
unterworfen, wodurch nach 18 Stunden 100 ccm so verändert worden 
seien, dass durch deren Injection Kaninchen nicht mehr vergiftet, sondern 
vergiftete Kaninchen nach 18—24 Stunden geheilt worden seien. Diese 
Versuche seien aber noch nicht über das Stadium des Thierexperimentes 
hinaus und böten noch nichts für den praktischen Arzt. Allein vielleicht 
sei es doch als ein Fortschritt zu betrachten, die antitoxische Flüssigkeit 
nicht innerhalb des Thierkörpers, sondern ausserhalb desselben auf chemi¬ 
schem Wege darzustellen; vielleicht gelange man so dazu, einen fassbaren, 
isolirbaren antitoxischen Stoff zu gewinnen. Die Methode lasse sich auch 
für andere Infectionskrankheiten verwenden. 

Herr Ritter spricht sich gegen die Beweiskraft des bisher über die 
Antitoxinwirkung beigebrachten statistischen Materials aus. In diesem 
Jahre sei die Diphtheritis an sich sehr milde verlaufen; der niedere 
Procentsatz der Todesfälle sei daher auch ohne Antitoxinbehandlung 
erreicht worden. Für die Beurtheilung des Intensitätsgrades der diph¬ 
therischen Affection seien nur die durch das Mikroskop controllirbaren Be¬ 
ziehungen zwischen Diphtheriebacillus und dem von ihm gereizten Gewebe 
maassgebend. Hierüber wäre aber in dem Katz’schen Vortrag nichts 
gesagt worden. _ Max Salomon. 


III. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 8. Januar 1894. 

(Schluss aus No. 9 der Vereinsbeilage.) 

2. Herr Koch; Ueber einen Pall von amniotisoher Ein¬ 
schnürung des Unterschenkels mit Elnmpfass. (Der Vortrag 
wird in extenso in dieser Wochenschrift erscheinen.) 

8. Herr Joachimsthal: Ueber den angeborenen totalen 
Defect der Tibia. (Die Veröffentlichung wird demnächst in der 
Zeitschrift für orthopädische Chirurgie erfolgen.) 

4. Herr Knecht: Vorstellung eines durch Mastdarm- 
resection geheilten Palles von striotnrirender Mastdarmver-. 
sohwärung. M. H.! Wenn ich mir erlaube, Ihnen hier — aus der 
Privatklinik des Herrn Prof. Wolff — einen Fall von Heilung der 
stricturirenden Mastdarmverschwärung durch Mastdarmresection 
vorzustellen, so geschieht dies, weil, wie aus meiner später mitzu- 
theilenden statistischen Uebersicht sich, ergeben wird, die Zahl der 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



78 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


bisher in der Litteratur vorliegenden Fälle einer auf gleichem Wege 
erreichten Heilung des genannten Leidens eine sehr geringe ist 
und weil namentlich genauer beschriebene Fälle, in welchen die 
dauernde Heilung so lange Zeit nach der Operation wie hier, 
nämlich nach zwei Jahren, constatirt werden konnte, überhaupt sonst 
nicht existiren. Der einzige sonst noch vorliegende, aber nicht genauer 
beschriebene Fall einer ebenfalls nach zwei Jahren festgestellten 
Heilung ist derjenige, über welchen Herr Israel 1 ) im Jahre 1888 
auf dem Chirurgeneongress kurz berichtet hat. 

Die hier anwesende Patientin, 88 Jahre alt, litt seit ihrer ersten Ent¬ 
bindung 1882 an Obstipation, sowie an Blut- und Eiterabgang aus dem After. 
Ende 1887 hat sie eine antisyphilitische Cur durchgemacht. 1889 beobachtete 
sie den Abgang von Flatus durch die Scheide. Es wurde damals in der 
Charite — laut gütigst überlassener Krankengeschichte — „ausser einer 
Mastdarmstrictur das Vorhandensein einer Rectovaginalfistel festgestellt 
und letztere mit gutem Erfolge operirt“. 

Seit Januar 1890 wurde Patientin von Herrn Professor Wolff an der 
fortschreitenden stricturirenden Verschwärung behandelt, und zwar zunächst 
mittels Bougies und dann mittels Sphincterotomia posterior nebst Freilegung 
und Auslöffelung der ulccrirten Stellen. Ende 1890 hatten sich indess die 
Beschwerden der Patientin derart gesteigert und war Patientin so herunter¬ 
gekommen und abgemagert, dass Herr Professor Wolff sich zur Resection 
des erkrankten Mastdarmstückes entschloss. 

Ich bemerke, dass die Aetiologie des Leidens in unserem Falle ebeuso, 
wie bekanntlich in den meisten anderen bisher beobachteten Fällen der 
gleichen Affection, nicht ganz sicher festzustellen gewesen ist. Die über¬ 
standene Lues war zwar ausser Zweifel gestellt; allein das Leiden konnte 
auch ohne Zusammenhang mit der Lues entstanden sein. Es konnte ebenso 
gut die Rectovaginalfistel, oder eine vielleicht überstandene gonorrhoische 
Infection, oder die Obstipation mit Decubitalgeschwüren durch Kothballen 
die Veranlassung zu den Ulcerationen gegeben haben. 

Am 11. December 1891 wurde die Resection des Steissbeins und der 
unteren linksseitigen Partie des Kreuzbeins ausgeführt und das Mastdann- 
ende in seiner ganzen Länge bis über die Strictur hinaus aufgeschnitten, 
um zu übersehen, wie weit die Ulcerationen nach oben und unten reichten. 
Vom Anus bis 8 cm darüber war das Rectum frei; dann folgte die sehr 
enge und starre Strictur, 1 cm hoch, mit federkieldünnem Lumen, und 
darüber die Ulcerationen; 4 cm oberhalb der Strictur war wieder gesunde 
Schleimhaut vorhanden. Es wurde die Resection eines 7 cm langen Mast¬ 
darmstückes ausgeführt. Alsdann wurde das centrale Ende von seinen 
Anhängen befreit, nach Hochenegg durch das anale Ende nach unten 
hindurchgezogen und ringsum mit der Haut im Umfange der Analöffnung 
vernäht. 

Die bei diesem Höchenegg’schen Verfahren, bei dem Herr Professor 
Wolff auf der Albert’schen Klinik in Wien sehr gute Erfolge gesehen 
hatte, erwartete prima intentio blieb indess aus, und die Heilung ging nur 
langsam von statten, so dass Patientin erst Mitte Februar 1892 mit geheilter 
Wunde aus der Klinik entlassen worden konnte. 

Es ist, wie Sie sehen, eine sehr weite Analöffnung zurückgeblieben, 
in der die Schleimhaut mässig prolabirt erscheint. Die Schleimhaut aber 
ist, so weit man sie sehen und über die sichtbare Stelle hinaus palpiren 
kann,, von durchaus normaler Beschaffenheit, frei von Ulcerationen und 
Narben. Patientin hat Continenz für harten Stuhl. Nur dünnen Stuhl 
vermag sie nicht zu halten. Sie führt — wenn nöthig mit Hülfe von 
stopfenden Mitteln — unter solchen Umständen ein sehr zufrieden¬ 
stellendes Dasein und vermag ihrem Beruf als Leiterin einer 
Plättanstalt nachzugehen. Ihr Kräftezustand hat sich in er- 
freulichsterWeise gehoben; ihr Allgemeinzustand lässt nichts 
zu wünschen übrig. 

M. H. I Bei Gelegenheit der Beschreibung unseres Falles in der 
voijährigen Inauguraldissertation des Herrn Collegen Arthur 
Schulz-) hat derselbe eine statistische Tabelle der bis jetzt vor¬ 
liegenden Fälle von Resectio recti bei stricturirenden Mastdarm¬ 
verschwärungen entworfen. Er fand 20 Fälle, darunter 15 voll¬ 
kommene Heilungen, 4 unvollkommene Heilungen und 1 Todesfall 
durch Blutverlust. Von den 15 vollkommen geheilten Fällen waren 
nur 6 dauernd geheilt, während bei den übrigen eine genügend 
länge Beobachtungszeit fehlte. Die dauernde Heilung war zweimal 
iM C \jr aC k^ ^ ona ^® n i einmal nach einem Jahr, einmal nach 
14 Monaten und zweimal, in dem erwähnten Falle des Herrn 
Israel und in dem unserigen, nach zwei Jahren constatirt worden. 
Im ganzen 80% dauernde Heilungen. 8 ) 

_ Es * ehlte bisher eine ähnliche statistische Tabelle über die 
Erfolge der wegen des gleichen Leidens ausgeführten Colotomieen, 
und ich habe deshalb eine solche zusammengestellt. Es schien mir 
p S not 'hwendig, wenn man sich über die noch immer streitige 
Frage, ob bei den stricturirenden Mastdarmverschwärungen die 
Resection oder die Colotomie vorzuziehen sei, ein Urtheil Bilden 
wollte. Bis zum Jahre 1876 hatte van Erckelens 4 ) bereits 48 Fälle 


3 Deutsche Gesellschaft für Chirurgie 1883. 

Mnct2uMnv£cr\ U *» Z ' Pathogenese und Behandlung der stricturirend* 
Mastdai m\ erschwfirung. Inaug.-Diss., Leipzig 1893 

««.«WhI 0 " S ? mr Besaminelt™ Fällen ist noch als 21. der neue 
S.f’l"' H -? - (W r e , r Wochcnschr. 1892, No. 27) mitgetheil 

dw Kraske* sch h .° chs ‘‘z■;«'l-r. luctischcn Mastdannstrictur mitte 

aei Ki aske sehen sacmlen Exstirpation hinzuzufügen 
) Archiv für klinische Chirurgie Bd. XXIII, S. 41. 


von Colotomie wegen stricturirender Ulcerationen zusammengestellt 
Darunter waren nicht weniger als 30 Todesfälle in den ersten 
Tagen oder Wochen nach der Operation, ferner 13 Fälle unvoll¬ 
kommener Heilungen und nur 5 Fälle vollkommener Heilung bei 
einer Beobachtungsdauer von einem Jahr und länger. Hierzu 
kommen neun Fälle von Allin gham 1 ) in London mit achtHeüun^en 
ohne genaueren Bericht und einem Todesfall durch Peritonitis. 
Ausserdem fand ich noch 12 Fälle, und zwar 2 von White 2 ) 
1 von Lediard 3 ), 1 von Mc. Lane Teffani 4 ), 1 von Reeves 5 ). 
1 von Silver und Barwell 6 ), 1 von Alfr. C. Post 7 ) in New- 
York, 1 von Kappel er in Münsterlingen, 2 von E. Hahn 8 ) 
und 1 von Thiem 9 ) in Cottbus. Der letztere ist zugleich der 
einzige, in dem berichtet ist, dass der Anus praeternaturalis 
nach Ausheilung der Ulcerationen nachträglich geschlossen wer¬ 
den konnte. Unter den letzten 12 Fällen waren 2 dauernd 
(über ein Jahr) beobachtete Heilungen, 4 ohne genügend lange 
Beobachtungsdauer geheilt entlassene Fälle und 6 Todesfälle bis 
spätestens zwei Monate nach der Operation. Insgesammt also in 
69 Fällen 7 dauernd beobachtete Heilungen von einem Jahr und 
länger, 25 geheilt entlassen mit fehlendem weiteren Bericht. 
37 Todesfälle kurz nach der Operation oder etwas später. Im 
ganzen etwa 10% dauernde Heilungen. Die statistischen Zahlen 
ergeben also für Resectio recti mit 30% gegenüber der 
Colotomie mit 10% die bedeutende Praevalenz von 20%. 

Immerhin bleibt es selbstverständlich, dass die Statistik allein 
keine ganz entscheidende Bedeutung haben kann, da einmal viele 
Fälle ohne Veröffentlichung geblieben sein mögen und da zweitens, 
was noch viel wichtiger ist, es darauf ankommt, jeden einzelnen 
Fall für sich genauer zu betrachten.' Ohne Zweifel wird man, 
wie auch Hahn schon mit Recht betont hat, individualisiren 
müssen. Wenn ein Verdacht besteht, dass zugleich Ulcerationen 
im Dünndarm vorhanden sind, wie in dem Falle, den Hahn 11 ) 
1892 dieser Vereinigung mitgetheilt hat, so wird man natürlich auf 
jeden operativen Eingriff verzichten. Bei zu weit, ausgedehnten, 
zu hochsitzenden und direkt das Leben gefährdenden Ulcerationen 
und Stricturen wird man die Colotomie nie entbehren können, sei 
es als vorläufiges palliatives Mittel bis zu einer Zeit, in der die 
Resection möglich wird, sei es als ein- für allemal übrig gebliebene? 
ultimum refugium. 

Aber für alle übrigen Fälle muss nach den bisherigen 
Erfahrungen die Resectio recti als das vorzuziehende 
Verfahren erscheinen. Sie aUein entfernt die Noxe dauernd 
aus dem Organismus, sie allein kann, mit eveutueller Hinzu¬ 
fügung eines späteren gegen die Incontinenz gerichteten operativen 
Verfahrens, eine wirkliche Heilung herbeiführen und den 
Kranken, wie wir dies bei unserer Patientin sehen, seiner 
Berufstätigkeit zurückgeben. Und selbst dann, wenn nach 
der Resection Incontinenz zurückbleibt, wird der Patient durch 
diese Incontinenz psychisch viel weniger deprimirt werden, 
als w r enn er den Koth durch die Colotomiewunde entleeren muss. 
Ueberdies dürfen wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass es in Zu¬ 
kunft gelingen werde, nicht bloss bei Resectio, sondern auch bei 
Amputatio recti die Incontinenz zu verhüten bezw. nachträglich zu 
beseitigen. 

In dieser Beziehung verdienen jedenfalls die jüngst von Willem* 
und von Gersuny gemachten Vorschläge Beachtung. Willems ) 
räth, überall da, wo Amputatio recti ausgeführt ist, den Rand de? 
Glutaeus maximus zur Bildung eines neuen Schliessmuskels i zu 
benutzen, und zwar so, dass nach stumpfer Trennung der Müsse* 
bündel und Durchschneidung des Ligamentum tuberoso-sacrum un 
spinoso-sacrum, das Darmende nach der äusseren Haut durchgezogen 
und mit dieser vernäht wird. Gersuny 12 ) räth, das Darmende h 
herunterzuziehen, dass es um seine Längsaxe gedreht und bis z 
einem Winkel von ca. 170 o torquirt werden kann, um es ui dm?* 
Lage mit der Haut zu vereinigen und so einen Verschlug 
gewinnen, wie ihn die übereinanderliegenden Falten eines ia> 
beutels repräsentiren. „ . 

Ob diese Vorschläge sich bewähren werden, das mus * ~ .i p 
dings erst noch die weitere Erfahrung lehren. In unserem 


*) All in gham, Brit. med. Journal 1893, I, S. 1013. 

3 ) White’, Guy’s Hosp. Rep. 1888, Vol. 45. 

*) Lediard, Oentralblatt für Chirurgie 1878, S. 16<- 

4 ) Teffani, Med. Times 1878, May 4, S. 476. 

5 ) Reeves, Medical Times and Gazette 1878, März . 

6 ) Silver und Barwell, Med. Times and Gazette 187 , 

*) Post, New-York med. Rec. 1879, S. 560. ,, 

8 ) Hahn, Deutsche Gesellschaft, für Chirurgie 1883, i, - 
S. 104, und Deutsche med. Wochenschr. 1892, S. 70. , §. 4!'- 

®) Thiem. Verh. der Deutschen Gesellsch. für thir. 

10 ) E. Hahn, Deutsche med. Wochcnschr. L c. 
n ) Willems, Centralblatt für Chirurgie 1893, b. * ■ 
ia ) Gersuny, Centralblatt für Chirurgie 1893, S. 5 o • 


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9. Au gust. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


79 


in welchem der Sphincter erhalten geblieben ist, würde wahr¬ 
scheinlich zur Besserung der Continenz ein einfacheres Verfahren 
genügen. Die längliche und weite Analöffnung wird sich voraus¬ 
sichtlich durch eine blosse plastische Hauteperation zur Vereinigung 
bringen lassen. Die Operation wäre so auszuführen, dass die 
Seitenränder des in unserem Falle vollkommen vorhandenen und 
nur in der hinteren Medianlinie durchschnittenen Sphincters wieder 
aneinander gebracht werden und letzterer auf solche Weise wieder 
zur Function gelangt. Dass sich durch eine solche einfache plas¬ 
tische Operation ein guter Erfolg erzielen lässt, das ist durch den 
kürzlich von Bircher 1 ) mitgetheilten Fall erwiesen. Es gelang 
in diesem Falle, das nach der Mastdarmresection wegen Carcinoms 
in der Länge von 12 cm fehlende Dannstück aus der Haut zu 
ersetzen und damit die Incontinenz zu beseitigen. Die Patientin 
hat sich aber, weil sie nach ihren viele Jahre hindurch er¬ 
tragenen schweren Leiden mit ihrem gegenwärtigen Zustande 
gänzlich zufrieden ist, noch nicht dazu zu entschliessen vermocht, 
die ihr von Hemi Prof. Wolff vorgeschlagene plastische Operation 
vornehmen zu lassen. 

Herr Lindnor: Ich glaube, dass wir auch bei sonst geeigneten 
Fällen nur sehr selten in der Lago sein werden, überhaupt die Operation, 
die wir machen wollen, zu wählen, denn die meisten Fälle kommen zum 
Chirurgen erst in einem Zustand, bei welchem eine eingreifende Operation 
kaum mehr zu machen ist. Wenn ich wenigstens die elenden Personen, 
die ich an dieser Sache behandelt habe, ansehe, würde ich eine Resectio 
recti jedenfalls nicht riskirt haben, während die Colotomie ja doch ein 
verhältnissmfissig geringer Eingriff ist und, soweit ich gesehen habe, auch 
bei Carcinomen gut überstanden wird. Ich kann der Tabelle des Herrn 
Vortragenden noch zwei Fälle hinzufügen, von denen ich zufällig ge¬ 
rade heute in der Sprechstunde einen wiedergesehen habe, nach einem 
Jahr und in gutem Zustande. Es handelte sich um eine sehr elende 
Patientin, die damals beinahe in extremis zu uns kam. Es wurde die 
Colotomie gemacht in der Maydl’schen Form, also mit. Heranlagerung 
einer Colonschlinge, die dann nach 8 Tagen vollständig abgetragen wird, 
so dass zwei Oeffnungen entstehen, und ich halte es bei dieser Patientin 
nicht für ausgeschlossen, dass noch einmal eino Heilung eintreten und 
der künstliche After wieder beseitigt werden kann. Also auch das hat 
man dann immer noch in petto. Dann habe ich zugleich aber auch 
Kenntniss von einem anderen innerhalb der letzten 3 Jahre operirten Fall 
einer Patientin in mittleren Jahren, die IV 2 Jahre lang beobachtet, ist, 
auch in ganz ausserordentlich elendem Zustande zu uns kam und jetzt 
blühend und gesund ist. Beide gehen ihrem Berufe vollständig nach und 
sind mit ihrem Zustande sehr zufrieden. Ich glaube, in letzterem Falle 
wird eine Beseitigung des künstlichen Afters nicht möglich sein, aber in 
dem Falle, den ich heute gesehen habe, habe ich die Hoffnung, wie gesagt, 
noch nicht aufgegeben, und das würde ja immer ein Grund mehr sein, 
die Colotomie zu bevorzugen, da doch die Beseitigung eines künstlichen 
Afters nach Ausheilung der Ulcerationen, die nach Jahr und Tag wohl zu 
en-eichen ist. durch Ausspülungen, antisyphilitische Curen und Beseitigung 
des Reizes durch den Koth. doch immer ein angenehmerer und besserer, 
erfolgverheissenderer Eingriff ist. als eine Resectio recti. 

Herr Hahn: M. H.! Darüber sind wir wohl alle einig, dass bei 
dieser Proctitis ulcerosa, wenn sie hochgradig, der Zustand ein schreck¬ 
licher und schwor operativ zu beseitigender ist. Die Operationsmethoden, 
die ich aiisgoführt oder von anderen habe machen sehen, haben mich alle 
nicht befriedigt, weder die Sphincterotomie, noch die Rescction, noch die 
Amputation, noch die Colotomie. Der Zustand ist nach allen Operationen 
ein qualvoller. Jedenfalls wäre die idealste Methode die Resection. Das 
scheint mir unzweifelhaft! Aber ich glaube, die Resection wird ausser¬ 
ordentlich selten auszuführen sein. Ich habe bis jetzt, wenigstens unter 
einer grossen Anzahl von Fällen, noch keinen einzigen Fall gesehen, in 
dem ich die Resection hätte ausführen können. Bei der vorzunehmenden 
Resection ist doch die erste Bedingung, dass das untere Ende gesund ist, 
und solche Fälle, glaube ich, kommen sehr selten vor. Die .Parti een 
müssen mindestens 1 bis 2 cm über dem Sphincter gesund sein, sonst 
kann man nicht, die Resection ausführen. Hat man das Glück, einen 
solchen zur Resection günstigen Fall, wie er hier bei dieser Patientin 
vorzuliegen scheint, zu operiren, dann wird natürlich das Resultat immer 
ein gutes sein. Was die Amputation anlangt, so haben mich die Re¬ 
sultate derselben am allerwenigsten befriedigt. Die Kranken sind in 
einem viel schrecklicheren Zustande, als nach der Colotomie. V enn der 
Sphincter vollkommen fehlt, dann haben die Kranken durch die Incon¬ 
tinenz, die entsteht, viel mehr zu leiden, als durch den Zustand nach der 
Colotomie. und ich glaube daher, wenn man nun noch erwägt, dass man 
in vielen Fällen gar nicht feststellen kann, wie weit die Erkrankung 
hinaufgeht -- ich habe an einer ganzen Anzahl von Präparaten, die ich 
auch seinerzeit dem Chirurgencongress vorgelegt habe, die Erkrankung 
bis weit hinauf in das S. romanum. ja bis ins Colon transversum beob¬ 
achtet —, dass doch immer die Colotomie für diese Fälle von hoch¬ 
gradiger Proctitis ulcerosa syphilitica die beste Methode sein wird. Aller¬ 
dings muss ich sagen: die vollkommenen Heilungen danach gehören auch 
zu den selteneren Fällen. Ich habe vor einigen Wochen eino Patientin 
gesehen, die ich, wenn ich nicht irre, vor 9 oder 10 Jahren operirt habe, 
bei der der Zustand ein ausserordentlich befriedigender war. Die Kranke 
war sehr gut genährt und konnte vollständig ihre Arbeiten ausführen, 
während sie zur Zeit der Operation zum Skelett abgemagert war und 
ohne die Colotomie sicher in kürzester Zeit zugrunde gegangen wäre. 


! ) Bircher, Mastdarmplastik. Centralbl. f. Chir. 1893, S. 530. 


Herr Israel: Herr Hahn hat eigentlich die allgemeinen Bemer¬ 
kungen, die ich machen wollte, vorweggenommen. Trotzdem ich selbst 
die Resection für dieses Leiden seinerzeit als Erster empfohlen habe, 
stehe ich nicht an, zu sagen, dass thatsächlich die Zahl der Fälle, in 
denen diese Operation indicirt ist, eino sehr geringe sein wird. Ich selbst 
habe unter den Fällen stenosirender Mastdamiulcerationen, die ich gesehen 
und operirt habe, nur einmal die Resection machen können, diese aber 
mit einem so idealen Resultat, dass es immerhin der Müho verlohnt, auf 
das Operationsvorfahren in geeigneten Fällen zurückzukommen. Ich habe 
erst gelegentlich dieses Neujahrstages aus einem von der Patientin an 
mich gerichteten Glückwunsch ersehen, dass es ihr sehr vortrefflich 
geht. Sie ist verheirathet — es ist wohl gegen 10 Jahre her, dass ich 
sie operirt, habe — und sie unterscheidet sich absolut in nichts von einer 
normalen Person. Ich habe sie vor ein paar Jahren untersucht; es war 
ein Narbenring überhaupt kaum mehr zu fühlen. Ich wollte aber hier 
noch über einen Fall kurz referiren, der mir ein unerwartet günstiges 
Resultat ergeben hat durch eine Operation, die ich weniger zum Zwecke 
der Heilung, als zum Zwecke der Inspectiou des Rectums vorgenommen 
hatte. Es "handelte sich um eine jener sehr hoch hinaufgehenden Ulce¬ 
rationen, deren Endo überhaupt nicht festzustellon ist, die höchstwahr¬ 
scheinlich noch hoch oben im Dickdarm sitzen, bei einer Person, die 
ausserordentlich herabgekommen war. Hier exstirpirte ich das Steissbein 
und schlitzte das Rectum bis zu der Steissbein-Kreuzbeinverbindung auf, 


eigentlich wesentlich zu dem Zwecke, um mich überzeugen zu können, 
wie weit die Ulcerationen gingen. Ich fand bei der Untersuchung, dass 
das Ende überhaupt nicht abzusehen war, und wollte die Oeffnung nur 
benutzen, um oino lokale Therapie bei ihr ins Leben zu rufen. Diese 
kleine Operation hat einen ganz glänzenden Einfluss auf die Person ans¬ 
geübt. Ich habe sie jahrelang in Beobachtung gehabt ; sie ist zwar nicht 
geheilt, soweit die Ulcerationen hoch oben sitzen, d. h. soweit sie dem 
Gesiebt und dem Gefühl nicht mehr zugänglich sind; soweit sie aber der¬ 
zeit gesehen und gefühlt werden konnten, sind sie ohne andere Therapie 
als regelmässige Ausspülungen zur Heilung gekommen. Das Merkwür¬ 
digste dabei ist, dass die Person trotz dieser Spaltung des Rectums voll¬ 
kommene Continenz hat. Es legen sich die beiden Sphincteronden voll¬ 
kommen gut neben einander, sie hält vollständig zurück, mit alloiniger Aus¬ 
nahme diarrhöischer Zufälle. Der Vortheil des Verfahrens ist der, dass das 
Secrct ungehindert, abfliessen kann, während der Stuhl willkürlich ent¬ 
leert wird. Die Person fühlt sich ausserordentlich wohl und hat auch 
die quälenden Leibschmerzen verloren, an denen sie vor der Operation 
litt. Als ein Zeichen des Erfolges darf ich vielleicht anführen, dass sie 
sich wohl genug gefühlt hat, um zu heirathen. Wenn man, was bei 
dieser Spaltung des Rectums ja ausserordentlich bequem ist, das Speculum 
einführt, so sieht man durchweg vemarbto Partieen. Dagegen hat sie 
noch ab und zu Diarrhöen — fast gar keine Secrotion mehr. Diese 
restirende Reizbarkeit des Darms stammt offenbar von den oberen Par¬ 
tieen, die unserer Therapie nicht unterthan sind, unter Umständen auch 
der Colotomie nicht, wenn die Ulcerationen höher hinaufreichen, als 
die angelegte Fistel. Ich wollte diese Fälle zur Kenntniss bringen, weil 
nach dieser Erfahrung das Verfahren den Versuch lohnt. Ich sollte 
meinen, dass es ein erheblicher Unterschied ist, ob ich den Sphincter 
allein spalte bei erhaltenem Steissbein, oder aber mitsammt der Rectal¬ 
wand spalte bei extrahirtem Steissbein, eventuell noch höher hinauf nach 
Durchschneidung der Ligamonta spinoso- und tuberoso-sacra. 

HeiT Körte: Die Exstirpation des Mastdarmes wegen syphilitischer 
Ulcerationen hat mir in einem Falle ein ausserordentlich günstiges Re¬ 
sultat ergeben. Es handelt sich um eine 4 cm oberhalb des Anus be¬ 
ginnende. lange sehr enge Strictur. die heftige Beschwerden jahrelang 
gemacht hatte". Ich habe erst die Colotomio gemacht ; die Patientin war 
danach einen Theil ihrer Beschwerden los, erklärte aber nach 14 Tagen, 
als ich sie fragte, wie sie sich fühle; ja, wenn die Fistel bestehen bleiben 
sollte, würde sie ins Wasser gehen, denn sie wäre überhaupt nicht ins 
Krankenhaus gekommen, um sich vorn den Koth herauskorumen zu lassen, 
sondern sie wolle ihn wieder hinten herauslassen. Darauf habe ich das 
Rectum nach der Kraske'schon Methode exstirpirt, indem ich den analen 
Theil ca. 4 cm lang stehen licss. Das Steissbein und ein Stück von der 
linken Seite des Kreuzbeines wurden weggenommen, das Rectum aps den 
derben, blutreichen Schwielen frei präpnrirt, dann die Peritonealhöhle er¬ 
öffnet, der Darm so weit frei gemacht, dass der erkrankte Theil im Ge¬ 
sunden entfernt werden konnte. Das Peritoneum wurde hierauf um den 
Darm wieder angenäht, und die untere Schnittfläche des Darmes mit dem 
stehen gebliebenen Analtheil vernäht. Das hielt, bis auf eine Fistel, die 
ich später plastisch geschlossen habe. Einige Zeit nachher habe ich den 
Anus praeternaturalis geschlossen. Es ist ungefähr 3 Jahre her, und vor 
einigen Tagen stellte sich die Frau wieder vor. Das Resultat, ist sehr 
gut- sie hat vollkommene Continenz und entleert den Stuhlgang in völlig 
normaler Weise. An der Stelle, wo die Narbe am Kreuzbein adbärent, 
ist besteht noch eine kleine Fistel, durch dio gelegentlich einmal etwas 
Winde durchgehen, wie sio sagt. Ich untersuchte per rectum: der untere 
Mastdarm war gesund. Da, wo die Nahtlinie gesessen hatte, war emo 
leichte Strictur, dio meinen Finger durchliess und die mit gestielten 
Bougies weiter bohandelt wird. Die darüberliegende Darmschleimhaut 
war" normal. Immerhin möchte ich bemerken, dass die Resection des 
Mastdarms wegen syphilitischer Destruction ganz ausserordentlich ein¬ 
greifend und auch technisch sehr viel schwieriger, als die gleiche Operation 
bei Carcinom ist. Das den Mastdarm umgebende Gewebe ist narbig ver¬ 
dickt, oft von kleinen Abscessen durchsetzt und sehr blutreich. Die 
Auslösung muss scharf mit Scheere und Messer gemacht werden; dabei 
spritzt es von allen Ecken und Enden. Gefässo sind schwer zu hissen, 
man muss eine solche Masse von Klammern anlegen, dass das Weiter- 
operiren gehindert wird. Kurzum, die Operation ist eine recht ein ^etfende 
und schwierige. Das Resultat in dem angeführten Falle war allerdings 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






80 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Nö.10 


ein sehr erfreuliches. Die vorher elende Frau hat sich sehr erholt. 
Mehrere Male habe ich das Rectum exstirpirt, wo auch die Sphincteren- 
gegend erkrankt war, und habe da weniger erfreuliche Resultate, wie 
auch Herr Hahn anftthrte, erzielt. Wenn auch die Rectal Schleimhaut 
noch so schön heruntergesäumt worden war, bildeten sich doch wieder 
Narbenringe. In einem Falle habe ich diese zum zweiten male entfernt; 
es trat wieder Besserung ein, doch habe ich die Patientin dann aus dem 
Gesicht verloren. Die Operation, die Herr Israel erwähnt, habe ich 
mehrfach gemacht. Durch die grossen Schwierigkeiten der Rectum- 
exstirpation bin ich dazu gekommen, die Rectotomia linearis posterior 
auszuführen, d. h. ich habe einen Schnitt von der hinteren Raphe vom 
Anus über das Steissbein nach aufwärts gemacht, eventuell, wenn die 
Stricturen weiter hin aufgingen, so weit, dass ich nach Kraske die seit¬ 
lichen Kreuzbeinbänder trennte oder auch den Kreuzbeinrand abmeisselte, 
so dass ich nun bequem bis über die Strictur gelangte. Dann habe ich 
die ganze verengte Partie bis ins Gesunde gespalten. Das kann man nur 
bei derartigen Freilegungen thiin, weil es tüchtig blutet; es spritzen zu¬ 
weilen sehr erhebliche Gefösse. Wenn ich oberhalb der Strictur an 
normale Schleimhaut kam. habe ich die Schnittränder des Darmes an die 
Ränder der Hautwunde mit einigen Nähten angesäumt. Die Ulcerationen 
werden frei gelegt, abgekratzt und cauterisirt. Dieselben hoilen dann, 
weil eine Verhaltung nicht mehr stattfindet. Ich war mit den Resultaten 
zufrieden, d. h. die Leute erholen sich sehr, können leidlich halten, nur 
diarrhöische Stühle nicht, und die Schmerzen hören auf. In einem der¬ 
artigen Falle, wo mir das Ergebniss der Operation recht gut erschien 
und die Patientin in vortrefflichem Ernährungszustände entlassen worden 
war, erfuhr ich später zu meinem Leidwesen, dass die Patientin nicht 
.dauernd zufrieden damit war; denn ich bekam einen Brief von Herrn 
Hahn: es sei eine Frau bei ihm, die von ihm verlange, einen neuen Mast¬ 
darm gebaut zu haben; was ich da für eine Operation eigentlich gemacht 
hätte ? Sie war also doch nicht zufrieden, und zwar gründete sich die 
Unzufriedenheit darauf, dass immer noch etwas Damischleim abfloss. Die 
. Mastdarm Schleimhaut heilt nach der Rectotomia linearis aus, es bilden 
sich keine neuen Geschwüre, und die Leute bekommen keine neue Fisteln 
und Reizungen; aber sie müssen etwas Watte tragen, und wenn sie nicht 
sehr bemittelt sind oder nicht sehr sauber, so ist das eine Schattenseite, 
sie halten sich zuweilen, wie im angegebenen Falle nicht für ganz geheilt. 
(Herr Israel: Das Secret nimmt aber sehr ab!) 

Herr Thiem (Köttbus): M. H.! Wenn syphilitische Dann Ver¬ 
schwärungen so weit vorgeschritten sind, wie Herr Geheimrath Hahn hier 
an einem Präparat gezeigt hat, werden uns natürlich alle Operations¬ 
methoden im Stiche lassen. Wenn aber für die übrigen Fälle die Resection 
als das Idealste bezeichnet wird, so möchte ich doch sagen, dass ich, ohne 
unbescheiden sein zu wollen, die Operation für die idealste halte, die mir 
in einem Falle geglückt ist: nämlich die Anlegung des künstlichen Afters 
durch die Colostomie. — Ich würde doch vorschlagen, dass dieser Name 
für die Anlegung des künstlichen Afters beibehalten wird, von xoXov und 
ffTOfiay der Mund, die Oeffnung; gerade so gut, wie wir Gastrotomie und 
Gastrostomie unterscheiden, und die Gastrotomie doch nur für die Magen- 
eröffhung passt, die gemacht wird, um Fremdkörper aus dem Magen zu 
entfernen, wonach die Wunde wieder geschlossen wird. — Die Hauptsache 
ist nur, dass man sich nach der Colostomie um den Mastdarm ordentlich 
bekümmert. Schon der Umstand, dass die Kothmassen nicht mehr die 
Passage durch den unteren Theil des Darms zu machen brauchen, genügt 
eigentlich, um die Heilungstendenz zu zeitigen. Wenn man dann sorg¬ 
fältig bougiert, durch desinficirende Lösungen ausspült und antisyphilitische 
Curen macht, glaube ich, wird es doch in manchen Fällen noch gelingen, 
den unteren Theil des Darms zur Heilung zu bringen und durchgängig zu 
machen, dann wird man die künstliche Afteröffnung wieder schliessen 
können und so eine vollständige Restitutio ad integrum haben. Die Frau, 
die ich operirt habe, befindet sich seit 3*/* Jahren vollständig wohl. Sie 
ist jetzt nach Amerika ausgowandert, hat aber vor der Abreise mir noch 
einen Besuch gemacht und mir ihre Freude über die gute Heilung aus¬ 
gesprochen. Wenn hier als Zeichen des Wohlbefindens angeführt worden 
ist, dass die betreffende Patientin sich verheirathet hat, so kann ich sagen, 
meine Patientin hat sogar ein gesundes Kind hinterher geboren. Also] 
ich möchte doch bitten, diese Methode zu versuchen, da die Colostomie 
ja unter keinen Umständen schadet und uns die Möglichkeit giebt, eine 
vollständig ideale Heilung zu erzielen. 

wono? err ) Volf £ Zu dei ? schönen Erfolg, von dem Herr Thiem im Jahre 
1892 in seinem Falle berichtet und über den er uns heute Genaueres mit- 
getheut hat, kann man ihn nur beglückwünschen. Indess muss man doch 
wohl beachten, dass Herrn Thiem’s Fall bis jetzt der enizige von allen 
ist, m welchen nach der Colostomie der künstliche After nachträglich hat 
geschlossen werden können und in welchem alsdann die Mastdarmulce- 
rationen nicht recidivirt sind. In Herrn Lindner’s Falle mag ein ähnlicher 
Erfolg in Aussicht stehen; aber er ist doch bis jetzt nicht erreicht. Herr 
riaün hat, wie bie wissen, dem Chirurgencongröss sehr interessante 
Mastdarmpraparate vorgezeigt von solchen Patienten, bei denen die 
Ulcerationen nach der Colostomie geheilt waren. An diesen Präparaten 
landen sich enorm weit ausgedehnte Vernarbungen und ein überaus starres, 
lür die Aussicht auf eine spätere Function ein für allemal ganz unbrauch- 
pr-nh i e , be ‘ . Beh ? lten wir das, was wir aus den Hahn'sehen Präparaten 
ersehen haben, im Auge, so müssen wir fürchten, dass, wenn wir einmal 
den Versuch machen, die Colostomicwunde nachträglich zu schliessen, es 
keineswegs nachher immer so gut gehen wird, wie in dem Falle des Herrn 
7, d,e Ulcerationen vielmehr, wenn der Koth durch ein so 
aÜ dl« ^ arb ? n geweb® hmdurchgchcn soll, einfach recidiviron werden. 

heu ^ cn Mittheilungen der Herren Hahn und Körte ergiebt 
■rwrtrt,, 21 l l c ( r . a " cl i ms . der Litteratur fostzustcllende überaus bösartige 
Charaktei der stnetunrenden Mastdarmverschwärungen. Um so erfreu¬ 


licher ist es, dass sich trotzdem durch die Resectio recti unter Umständen 
ein Erfolg erzielen lässt, wie derjenige, welchen ich in dem heute hier 
vorgestellten Krankheitsfalle erreicht habe, und derjenige, über den Herr 
Israel berichtet hat. In meinem Falle ist nach Ablauf von zwei Jahren 
nach der Operation die Schleimhaut, die Sie wegen des weiten Afters in 
grossem Umfange übersehen können, durchaus normal geblieben, und es 
ist dem entsprechend das Allgemeinbefinden der Patientin wiedef ein 
ganz vortreffliches geworden. Fälle, wie der hier vorgestellte, zeigen 
demnach, dass es doch glücklicherweise nicht nöthig ist, in jedem Falle 
von schwerer, Jahre lang vorhanden gewesener stricturirender Mastdann- 
Verschwärung den Muth ganz sinken zu lassen. 


IV. Aus dem allgemeinen ärztlichen Verein 
in Köln. 

Herr Bardenheuer stellt einen Fall vor von operirter 
Luxatio coxae congenita. Er bespricht zuerst das Leiden seiner 
Ursache, Diagnose, seinen Symptomen nach, giebt einen patho¬ 
logischen Befund desselben und geht alsdann zur Beschreibung 
der Operation über. 

Die Operation wurde nach Hoffa ausgeführt; indess legte 
Bardenheuer das Gelenk von seinem stets in Anwendung ge¬ 
zogenen vorderen Längsschnitte aus, wie er ihn auch bei der Re¬ 
section der Hüfte gebraucht, frei. Derselbe hat bei jeder Operation 
(in sieben Fällen) stets eine Andeutung der Gelenkgrube vor¬ 
gefunden, ferner muss er auch die von Hoffa angeführte Beob¬ 
achtung bestätigen, dass an der betreffenden Stelle der Knochen 
eine hinlängliche Dicke hatte, um mit Hülfe eines grossen Hohl- 
meisseis eine ordentliche Vertiefung zur Aufnahme des Kopfes zu 
bilden. 

Die Kapsel ward soweit excidirt, als eben nöthig war, um den 
Kopf in die neu gebildete Pfanne zurückzuführen. Das obere Ende 
des Femur ward gleichfalls so weit subperiostal von den sich da¬ 
selbst ansetzenden Muskeln gelöst, bis der Kopf sich bequem in 
die Pfanne hineintreiben liess. Die subcutane Durchtrennung der 
Sehnen der Musculi semitendinosis, semimembranaceus und biccps 
wurde in der Kniekehle ausgeführt, während die Adductoren in der 
Nähe der Symphysis pubis durchtrennt wurden. Die Wundhöhle 
ward nach der ausgeführten Reposition vor dem Trochanter aus¬ 
gestopft, und über das Ganze ward ein abducirender Gypsverbaod 
angelegt. 

Bardenheuer hat die Operation mit Glück ausgeführt in den 
Fällen, wo er ausstopfte; das functioneile Resultat war stets e 
gutes, die Verkürzung war in fünf Fällen behoben, einmal ward 
diese von 7 cm auf 2 cm vermindert. Der Kopf stand stets m 
normaler Stelle, indess bestand stets wegen zu laug fortgesetzter 
Abductionsstellung im Gypsverband eine leichte Ankylosis. in 
Zukunft wird der abducirende Verband schon nach 14 Tagen dure 
einen leicht adducirenden ersetzt und wird frühzeitig die gymnas i- 
sche Behandlung aufgenommen werden, um die Entwickelung der 
Ankylosis zu hindern. Bardenheuer glaubt sich in Anbetrac 
der Behebung der starken kosmetischen Entstellung, der e * 
deutenden Functionsbesserung bei bestehender Luxation zur or 
nähme der Operation berechtigt. Allerdings ist es nicht zu leugne ., 
dass bei einer jeden grossen Operation ein Fehler gegen die Aseps^ 

unterlaufen kann, dass somit auch das Leben eines Patienten ? 
fährdet werden kann, wie es ihm leider in einem sieben n 
passirt ist, wo er allerdings nicht, also entgegengesetzt dem ' 
Hoffa’s, ausgestopft, sondern zugenäht hatte. Auf je e ® 
hält er es für geboten, die Ausstopfung der wundhoble 
Dauer von vier bis acht Tagen auszuführen um erst dann se 
zu vernähen. , p a ji 

Bardenheuer glaubt daher, den einen unglückhc 
mehr auf die mangelnde Ausstopfung schieben zu musse ■ j n 
auf die fehlerhafte Wundbehandlung, auf einen Fehler, we 
Zukunft vermieden werden könnte, und glaubt daher auc*^ 

des schönen kosmetischen und functioneilen Resultates die I. ^ 

empfehlen zu müssen, zumal wenn man in Betracht zie , ^ 

die Mädchen, welche siebenmal häufiger als die Knaben v ^ 

Bildungsfehler befallen sind, nach der eingetretenen m a 

unter der Entstellung leiden, auf Bälle, Concerto e ^ 

einen grossen Theil der Vergnügungen des weiblichen J». ^ 

verzichten müssen und sich gewissermaassen aus dem 
übrigen Gesellschaft ausgestossen fühlen. . Retraction 

Die Operation soll einstweilen wegen der starke #nhrt 
der Muskeln nur bis zum zwölften Jahre inclusi 
werden. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld lu Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHKW 



Donnerstag 


23. August 1894, 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Medicln in Berlin, Sitzung am 2. Juli 1894: 
Scheinmann, Rhinitis fibrinosa. — Placzek, Diplegia facialis. — 
Gebert, Sklerodermie. — Treitel, Sigmatismus nasalis. — P. Hey- 
mann, Gallensteine. — Leyden, Ulceröse Endoearditis und fibröse 
Myocarditis in Zusammenhang mit acutem Gelenkrheumatismus. 

II. Berliner physiologische Gesellschaft, Sitzung am 8. Juni 1894: 
König, Ueber die lichtempfindliche Schicht in der Netzhaut des mensch¬ 
lichen Auges. — Sitzung am 22. Juni 1894: W. Marcuse. Die Be¬ 
deutung der Leber für das Zustandekommen des Pankreasdiabetes. — 
Zuntz, Bedoutung der verschiedenen Nährstoffe als Erzeuger der 
Muskelkraft. 

III. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultor in Breslan, 

Sitzung am 2. Februar 1894 (Schluss): Pfannenstiel, Tubengravidität 
und deren Behandlung. — Loewenhardt, Endoskop für die Urethra 
posterior. — Neisser, a) Tertiäro Syphilis (Perforation des harten 
Gaumens): b) Schwellung des linken Hand- und linken Sternoclavicular- 
gelenkes; c) Multiples idiopathisches Pigmentsarkom. — May, Seltene 
Missbildung. — Kümmell, Missbildung. — H. Leyden, Gonorrhoische 
Affection der Mundschleimhaut bei einem Säugling. — Mikulicz, 
Makrocheilie. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 2. Juli 1894. 

Vorsitzender: Herr A. Fraenkel; Schriftführer: Herr Jastro- 
witz. 

1. Herr Scheinmann (Demonstration vor der Tagesordnung): 
Ich habe hier vor zwei Jahren Mittheilung gemacht über einen 
Fall von Rhinitis fibrinosa, der die Besonderheit hatte, dass er 
während einer Diphtherieopidemie entstanden war. Ich 
hatte damals dazu bemerkt, dass diese Erkrankung eine günstige 
Prognose habe. Es fragte sich, ob jener Fall von Rhinitis fibrinosa 
in einem Zusammenhang mit der herrschenden Diphtherieepidemie 
stand oder nicht. Herr Henoch bemerkte, dass es sich um eine 
Diphtherie prolong6e handeln könne. Heute möchte ich einen 
Fall mittheilen, der nach der angegebenen Richtung von Bedeutung 
ist. Ende Mai kam ein dreijähriges Kind in mein Ambulatorium 
und zeigte den nasalen Befund, wie er für Rhinitis fibrinosa 
charakteristisch ist, also Membranbildung. Diese bestand nach der 
Angabe der Mutter und nach den Symptomen seit ungefähr drei 
Wochen und war noch in voller Blüthe, als ich das Kind sah; man 
konnte leicht ein Stück der Membran entfernen. In neuerer Zeit 
sind hei Fällen von Rhinitis fibrinosa verschiedentlich Diphtherie¬ 
bacillen nachgewiesen, die virulent waren. Ich selbst habe mehr¬ 
fach solche Untersuchungen mit positivem Erfolge ge¬ 
macht; da es mir darauf ankam, von einwandsfreier Seite eine Be¬ 
stätigung der Virulenz zu haben, so habe ich ein Stück der Mem¬ 
bran in die Charit6abtheilung für Infectionskrankheiten gesandt 
mit der Bitte um diesbezügliche Untersuchung. Der Bescheid 
lautet: Das Präparat enthält Diphtheriebacillen, Streptococcen und 
Staphylococcus albus, überwiegend Diphtheriebacillen, die, in Rein- 
c-ulturen gezüchtet und nach 48 Stunden Meerschweinchen von 
ca. 200 g in Dosen von 0,1, 0,2, 0,3 injicirt, diese unter den 
typischen Erscheinungen der Diphtherie in 24 Stunden tödteten. 
Dieser Befund steht im Einklang mit dem Befund von anderer 
Seite. Es fragt sich nun, ob solche Fälle von Rhinitis 
fibrinosa zur Diphtherie zählen und dementsprechend für die 
Prophylaxe bedeutungsvoll werden. Diese wichtige Frage 
möchte ich zur Discussion stellen. Alle Fälle von Rhinitis 
fibrinosa, die ich aus der Litteratur und durch die eigene Beob¬ 
achtung kenne, sind derart, dass sie von vornherein eine Prognosis 
bona rechtfertigen; dies gilt auch für die Fälle, in denen virulente 
Diphtheriebacillen uaehgewiesen worden sind. Der lokale Befund 
keine Geschwüre, keine intensive Weiterverbreitung, besonders nach 
dem Kehlkopf, der lokale Verlauf, besonders die Heilung ohne 
Narben, ohne Verwachsungen mit voller Integrität der Schleimhaut, 
der Mangel an bedrohlichen Allgemeinerscheinungen, also keine 
Symptome von Seiten des Herzens, der Niere u. s. w., das Fehlen 
der Nachkrankheiten, insbesondere der Lähmungen, alles das spricht 
klinisch gegen die schweren Formen der Diphtherie. Für Diph¬ 
therie spricht nur der Bacillenbefund, den ich eben angegeben 
habe, da die Membranbildung auch durch andere Ursachen ent¬ 
stehen kann, z. B. Glühhitze, chemische Substanzen etc. Es ist 


IV. Hamburger ärztlicher Verein, Sitzung am 20. Februar 1894: 
Raether, Tubencysten. — Fürst, Leukoderma syphiliticum. — Schütz, 
Angeborene Pulmonalstenose. — Schede, a) Diffuse Lipomatose; 

b) Freier Körper der Bauchhöhle. — Harke, Erkrankungen der oberen 
Luftwege. — Sitzung am 6. März 1894: Kaiser, Schräge Bauchblasen¬ 
fistel. — Ratjcn, Elektrische Durchleuchtung des Magens. — Fränkel, 
Juvenile Muskelatrophie. — Müller, Lingua accessoria. — Kümmell, 
Ueber ambulante orthopädische Behandlung von Gelenkaffeetionen. 

V. Medicinische Gesellschaft in Giessen, Sitzung am 13. März 1894: 
Löhlein, a) Dermoidkysten des linken Ovariums; b) Fibroma ovarii; 

c) Vierfache Stieltorsion. — Riegel, Gastromegalie und Gastrectasie. 

VI. Unterelsüssischer Aerzteverein, Sitzung am 28. April 1894: 
Naunyn, Akromegalie. — Wolff, Syphilis hereditaria tarda. — Der¬ 
selbe, Uebor ein neues Jodpräparat, das Jodrubidium. — Laqueur, 
Ueber die operative Behandlung der höchstgradigen Myopie. 

VII. Naturwissenschaftlich - medicinischer Verein ln Strassbnrg i. E., 
Sitzung am 25. Mai 1894: Laqueur, Embolie der Centralarterio der 
Netzhaut. — Fiirstner, Epikritische Bemerkungen zu den Processen 
Jost und Hegelmaier. — Sitzung am 8. Juni 1894: Schwalbe, 
Anthropologie Aegyptens. — Sitzung am 22. Juni 1894: Freund, Ueber 
eine Verlegenheitsoperation. 


nun doch sehr wichtig die Frage der Contagiosität; denn die 
Fälle der Rhinitis fibrinosa verlaufen alle derartig, dass sie eine 
woehenlange Erkrankung bilden, die Membranbildung in der 
Nase findet wochenlang statt. Wenn die Contagiosität derart 
erwiesen wäre, dass von einem Falle von Rhinitis fibrinosa aus 
typische Rachendiphtherie durch Ansteckung übertragen wäre, dann 
hätten wir alle Ursache, solche Fälle mit ihrer wochen¬ 
langen Gefahr für die Umgebung durch strenge Isolirung 
unschädlich zu machen. Bisher ist noch kein Fall angegeben, 
wo mit Sicherheit eine Ansteckung von Rhinitis fibrinosa her fest¬ 
gestellt wäre. Dennoch weist sowohl jener von mir mitgetheilte 
Fall, welcher während der herrschenden Diphtherie¬ 
epidemie entstand, als auch der Befund an virulenten 
Diphtheriebacillen bei typischer gutartiger Rhinitis fibrinosa 
darauf hin, dass Fälle dieser Erkrankung zur Weiterver¬ 
breitung von Diphtherie führen könnten. In der Praxis 
werden wir demnach gut thun, jeden Fall dieser Erkrankung zu 
isoliren. 

2. Herr Placzek (vor der Tagesordnung): Ich möchte einen 
Fall von Diplegia faeialis vorstellen, der wegen der Seltenheit 
und wegen des charakteristischen Symptomencomplexes Interesse 
verdienen dürfte. Die Aeusserungen unserer gangbaren Lehrbücher 
verhalten sich einer rein rheumatischen Ursache dieser Erkrankung 
gegenüber sehr skeptisch, und selbst im neuesten Lehrbuch von 
Professor Oppenheim wird die rheumatische Ursache zu den 
seltenst in Frage kommenden Anlässen dieses Leidens gerechnet. 

Der 17 l /*»jährtge Patient erkrankte vor acht Tagen zunächst mit 
einer typischen, rechtsseitigen Facialislähmung: es fehlte das Stirnrunzeln 
auf der"rechten Stirnhälfte, es bestand Lagophthalmus rechts, der linke Mund¬ 
winkel war nach der linken, noch gesunden Seite herübergezogen. Wenige 
Tage später stellte sich die Lähmung des linken Facialis ein, und diese 
erweckte bei dem behandelnden Arzt, Collegcn Friedmann, der mir den 
Fall zur Behandlung überwies, zuerst den Verdacht, dass die Facialis¬ 
lähmung plötzlich zurückgegangen wäre, weil der Mund nunmehr gerade 
stand; erst bei genauerem Zuschauen wurde or auf den starren, masken¬ 
artigen Gesichtsausdruck des Patienten aufmerksam, welchen eine nun¬ 
mehr doppelseitige Facialislähmung hervorbrachte. Patient vermag die 
Stirn beiderseits nicht zu runzeln, es besteht Lagophthalmus auf beiden 
Augen, auf der rechten, früher erkrankten Seite schon etwas weniger aus¬ 
gesprochen als links. Die Folge dos mangelhaften Lidschlusses ist eine 
geringfügige Conjunctivitis catarrhalis. . Die Nasolabialfalten beiderseits 
sind 'verstrichen, die Mundmuskulatur ist nach keiner Richtung zu be¬ 
wegen. Rechts besteht partielle EaR, links normalo elektrische Erreg¬ 
barkeit. Die Zunge kommt gerado heraus, Uvula und Gaumensegel be- 
we^en sich normal. Auf den vorderen Zweidritteln beider Zungenhälften 
ist eine Geschmacksstörung vorhanden. Der Geruchssinn ist beeinträchtigt, 
wohl durch die mangelhafte Erweiterungsfähigkeit der Nasenlöcher bedingt. 
Ergänzend füge ich einige Worte zur Rechtfertigung meiner Annahme der 
rheumatischen Aetiologie hinzu: Für Lues spricht nichts, weder beim 
Patienten, noch in der Ascendenz; es bleiben somit die Möglichkeiten, 
dass meningitische Schwarten, Gumma, Exostosen etc. die raciales ge¬ 
troffen hätten, ausser Betracht. Auch für eine andere Gehirnerkrankung, 
Sei es Tumor oder Aneurysma, lässt sich keine Erscheinung constatiren. 
Augenhintergrimd ist normal. Keinerlei Allgemein- oder locale Symptome. 
Das Gehör ist intact, Patient hat weder früher noch jetzt an einer Ohren- 


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82 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


erkrankung gelitten, klagt weder über subjective Geräusche noch andere 
Beschwerden. Auch eine medulläre Erkrankung kann nicht in Frage 
kommen, da einerseits keine irgendwie typischen Allgemeinsymptome be¬ 
stehen, andererseits bei der Lage der Ürsprungskerne der Gehirnnerven 
eine Erkrankung der Faciales auch andere Hirnnerven in Mitleidenschaft 
gezogen hätte. Es bleibt daher nur der rheumatische Einfluss übrig, 
und der ist erklärlich, da Patient eifrig dem Radfahrersport huldigt und 
dabei Erkältungseinflüssen vielfach ausgesetzt ist. 

Merkwürdig ist nur, dass nicht beide Seiten gleichmässig be¬ 
fallen wurden, sondern erst die rechte und dann die linke. Wahr¬ 
scheinlich gesellt sich zu der „refrigeratorischen“ Schädlichkeit 
noch ein psychisches Moment: Patient ist in letzter Zeit sehr 
intensiven seelischen Erschütterungen unterworfen gewesen, und 
Charcot hält auch das seelische Moment für wichtig bei der Ent¬ 
wickelung der Facialislähmung. Auch die Heredität käme viel¬ 
leicht in Frage, da der Vater des Patienten an Gicht leidet 
und schon zwei apopleetische Anfälle erlitten hat. Ob rheumatische 
Einflüsse allein geltend gewesen sind oder die letzteren Factoren 
erst den Boden bereiteten, auf welchem die rheumatische Schädlich¬ 
keit so erfolgreich angriff, vermag ich nicht zu entscheiden. 

8. Herr Gebert (vor der Tagesordnung): M. H. Ich habe 
um die Erlaubniss gebeten, Ihnen einen Fall vorstellen zu dürfen, 
der sich an die neuliche Debatte über Sklerodermie anschliesst und 
dadurch vielleicht noch ein besonderes Interesse beanspruchen 
dürfte, (lass es sich um einen Fall von Sklerodermie handelt, bei 
dem die Krankheit sich noch im ersten Anfangsstadium befindet. 

Patient ist ein 25jähriger Schlosser, der, abgesehen von in der Kind¬ 
heit überstandenen Masern und Diphtherie, bis Anfang vorigen Jahres 
ganz gesund war. Im Februar 1893 erkrankte er an Scarlatina, die ohne 
weitere Complicationen verlief. Einige Wochen nachher bemerkte er am 
Körper das Auftreten von quaddelartigen, rothen Flecken, die verschieden 
lange bestanden, doch, ohne weitore Residuen zu hinterlassen, wieder ver¬ 
schwanden und ihm nur geringes Brennen, kein Jucken verursachten. 
Die Erscheinungen, wegen deren er vor etwa drei Wochen die Poliklinik 
meines Chefs, des Herrn Dr. A. Blaschko, aufsuchte, begannen Ende 
vorigen Jahres sich einzustellen. Er merkte nämlich, dass er seinen Kopf 
schwerer bewegen konnte, dass sein Hals stärker wurde — die Kragen, 
die ihm bisher gepasst hatten, wurden ihm zu eng — namentlich aber 
machte ihn der Barbier auf sein Leiden aufmerksam, indem er ihm sagte, 
dass die Wangenhaut sich straffer anfühle. Weitere subjective Be¬ 
schwerden habon sich im Laufe des letzten Jahres nicht eingestellt. Die 
Kraft in den Armen ist dieselbe wie früher. Frost im Gesicht oder 
an den Händen hat der Kranke nie gehabt, auch nie bei kalter Witte¬ 
rung im Freien gearbeitet. 

Wenn man den Kranken betrachtet, so fällt zuerst schon der etwas 
starre Gesichtsausdruck auf; die Haut des Gesichts ist mattglänzend, 
leicht geröthet, trägt einige Comedonen und Acnepusteln. Die Augen¬ 
lider sind leicht geschwollen. Beim Betasten des Gesichts fühlt man, 
besonders an den Wangen, der Schläfengegend und Stirn die Haut 
prall, starr, sie lässt sich nicht in Falten aufheben, nicht verschieben; 
Patient kann die Stirn nicht ordentlich runzeln, auch den Mund 
nicht weit öffnen. Am Rumpf und an den Armen sieht man zahl- 
reiche verschieden grosse, zum Theil Kreise, zum Theil Bogenlinien 
bildende Erythemflecke, die zeitweise verschwinden, im allgemeinen aber 
doch stationärer sind als gewöhnliche Ürticariaquaddeln; zum Theil sind 
siei auch ödematös geschwollen; die einzelnen Flecke halten sich gewöhn- 
h .ch zwei drei Tage und länger, ganz verschwinden sie nie. Besonders 
sind sie localisirt an den Stellen, welche die verhärtete Haut begrenzen. 
Subjective Erscheinungen machen diese Eiythemflecke bis auf ein geringes 
Brennen überhaupt nicht. Wenn man den Thorax anfühlt, so findet man 
an den unteren Partieen, besonders an dem rechten unteren Rippenrand, 
die Haut steif, schwer verschieblich und nicht leich't abzuheben. Die¬ 
selben Erscheinungen sind an der Schulter, den Oberarmen und vornehm- 
hch auf der Aussonseite der Oberschenkel unterhalb der Trochanteren zu 
finden. Die Oberarme bieten noch ein besonderes Phänomen dar: man 
hat beun HmübcTfuhien die Empfindung, als ob man nicht nur eine ver¬ 
härtete Haut anfühlte, sondern als ob die Muskeln oder mindestens die 
r ascien mit ergriffen wären, es fühlt sich so an, als ob die Muskeln zu 
harten Stranden durch straffe Bänder zusammengepresst wären. Noch 
eine weitere Erscheinung ist bei dem Patienten vorhanden, über deren 
Zusammenhang mit der Sklerodermie ich vorläufig noch nichts genaueres 
a *P b , en die ich ? uch in der Literatur bisher nicht erwähnt 

ctonrU K fui ^ e ? n , den Unterarm besonders im gestreckten Zu¬ 
stande betrachtet und befühlt, so findet man, dass die Venen nicht, wie 
ofo ‘ SCm als , löi cbt hervorragende Stränge, sondern 

Emnfindnn J h l gende ^ U ^ G 1 Y erlaufen ; man hat beim Hintibertasten die 
fS • g ' • \ mai ? in kIeinc ’ seichte Rinnen hineinkommt. Dieselbe 

vZt' m ^ D r Ch r km T J h sse findet sich “ beiden Venae tem- 
halie W,J V pLf r ^‘ L * ta b llsc: ben Leitung?widerstand der Haut betrifft, so 
KMk^ feQ^’f^lenb^r&.dio Liebenswürdigkeit, denselben bei dem 

Ää s ^X“ÄeS i0 “ 6beL 

Pali es würde Ton Interesse für Sie sein, einen solchen 

" SMerodemue ganz im Anfangsstadium zu sehen, der da- 

rodoLLmn beS 0 “ der ? m i e T sant ist > dass er fast 4116 b «i den Skle- 
WtZf k emzeln beobachteten Symptome in sich vereinigt: 
Auftreten nach einer Infectionskrankheit, Vorhandensein von u Hi- 


cariaähnlichen Erythemflecken, Uebergang des Processes von tW 
Haut und dem Unterhautzellgewebe auf die Fascien und die Muskii 
latur etc., und ich habe mir deshalb erlaubt, den Kranken hier 
vorzustellen. u "' ; ‘ 

4. Herr Treitel (vor der Tagesordnung): Ich hatte vor drei 
Wochen diese Dame mit dem Sigmatismus nasalis vorgestellt 
und erklärte damals, dass es sich wohl um eine psychische Grund 
läge handeln würde. Am 13. Juni habe ich Curven der Druck- 
Schwankungen der Nasenluft bei der Patientin aufgenommen und 
sie hörte aus einer dabei geführten Unterhaltung heraus, dass der 
Fehler nur darauf beruhe, dass der Mundstrom anstatt durch den 
Mund, durch die Nase gehe. Sie merkte hierauf und hat nun von 
selbst, ohne jede Cur, den Fehler, der von Jugend auf vorhanden 
gewesen ist — sie ist 28 Jahre alt — fortgebracht. Man hört 
nur hin und wieder einen leichten nasalen Beiklang, aber im ganzen 
ist der Sigmatismus nasalis als geheilt zu betrachten. 

5. Herr P. Hey mann (vor der Tagesordnung): Ich zeige 
Ihnen hier ein Präparat, das von einer Dame meiner Familie niit 
dem Stuhl entleert worden ist. Es handelt sich um einen unge¬ 
wöhnlich grossen Gallenstein, im wesentlichen aus Cholestearin- 
mit etwas Beimengung von Bilirubinkalk bestehend. Sie sehen 
hier das geschichtete Gefüge mit dem schaumigen Kern besonders 
deutlich. Den Durchschnitt verdanke ich der Güte des Herrn 
Posner. Der Stein wog im trockenen Zustande circa 16 g, hat 
im grössten Durchmesser eine Länge von 85 mm, die beiden anderen 
Durchmesser waren 28 und 25 mm, oben zeigt er eine grosse, 
deutlich ausgebildete Facette. 

Die Trägerin dieses Steines, eine im übrigen gesunde Frau im 
Anfänge der sechziger Jahre, hatte im letzten Jahre zu zwei ver¬ 
schiedenen malen einen Ileus von mehrtägiger Dauer zu bestehen, 
der sich jedes mal unter Ruhelage und Diät von selbst besserte. 
Vor einigen Wochen erkrankte sie von neuem an Heus, der dies¬ 
mal von längerer Dauer war und von besonders heftigen Erschei¬ 
nungen, namentlich mehrtägigem, sehr reichlichem Kothbrechen be¬ 
gleitet war. Am neunten Tage, unter einer starken Opiumgabe, 
zeigten sich die ersten Scybala, endlich, am zwölften Tage, ging 
nach reichlichen Oeleingiessungen mit einer Entleerung dieser 
Stein ab. 

Bemerkenswerth ist, dass die Dame vorher nie Erscheinungen 
gezeigt hatte, die auf Cholelithiasis deuteten. Ein zweiter Stein, 
dessen Vorhandensein durch die Facettirung bewiesen wird, ist 
bisher nicht gefunden worden. 

6. Herr Leyden: Ueber ulcerose Endocarditis und fibröse 
Myocarditis in Zusammenhang mit aentem Gelenkrheuma¬ 
tismus. (Die Veröffentlichung wird in dieser Wochenschrift er¬ 
folgen.) 

n. Physiologische Gesellschaft in Berlin. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 8. Juni 1894. 

1. Herr I. Munk hielt den angekündigten Vortrag Beiträge tut 
Lehre yoüi Stoffwechsel. Der Bericht wird im Zusammenhang mit dem 
am 6. Juli über das gleiche Thema gehaltenen Vortrag erstattet werden. 

2. Herr König: Ueber die lichtempfindliche Schicht in der Netz* 
haut des menschlichen Anges (auf Grund von gemeinsam niit Hemi 
J. Zumft angestellten Versuchen): Wenn man gegen eine helle rIäcfie 
blickt und dabei ein Kartenblatt mit einer feinen Oeffnung vor dem Auge 
hin und her bewegt, so projiciren sich die Adern der Netzhaut als Schatten¬ 
bilder auf der weiter nach aussen liegenden empfindlichen Schicht, t ' 
ist dies ein zuerst von Purkinje angegebener und von H. MtH er 
richtig gedeuteter Versuch.) Enthält das Kartonblatt zwei Oeffnungon, ^ 
entstehen zwei derartige Schattenbilder, die um ein geriuges | e » en . p jJ’ 
ander verschoben sind. Prof. König zeigt nun, dass man aus dersene 
baren Grösse dieser Verschiebung, der Entfernung des KartenblaUc* 
dem Scheitel der Hornhaut und dem Abstande der beiden feinen OejmimP 1 
berechnen kann, wie weit die schattenwerfende Ader vor der den ^clia *^ 
auffangenden lichtempfindlichen Fläche liegt. Um nun die Untersuc 
für verschiedene Spectralfarben ausführen zu können, wurde die 
holtz-Maxwell’sche Methode zur Erzeugung eines rnonoehrom - 
leuchtenden Feldes benutzt. Das Ocular eines gewöhnlichen * P ^ 
apparates wurde entfernt und in die Brennpunktsebene, m der ^ ‘ ' 
Spectrum entsteht, ein Diaphragma mit den beiden oben erwähnten 
Löchern angebracht. Blickt man durch dieses Diaphragma na 
Prisma hin, so sieht man die Objectivlinse des Ocularrohres m ihre s J D 
Ausdehnung in einer, von der Stellung des Collimatorrohres c r> 
Spectralfarbe leuchten; wird nun dieses Diaphragma bin- und 

so erscheint auf dem leuchtenden Feldo die verdoppelte Adelc n hicht 
ergab sich, dass bei derselben Ader der Abstand der empfindlie i j- ^ 
im allgemeinen mit der Wellenlänge wuchs, und zwar war 
Roth (670 pp) = 0,4402 mm 
Gelb (570 pp) = °’ 4429 " 

Grün (535 pp) = 0,4141 „ 

Blaugrün (486 pp) = 0,3796 „ 

Blauviolett (434 pp) — 0,3643 „ 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





2 3. August. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Der Vortragende führte dann noch weiter aus, dass diese Ergebnisse allen 
bisher aufgestellten Farbentheorieen mit Ausnahme der Young-Helm- 
holtz’schen nach seiner Ansicht widersprechen und dass sie demnach 
eine werthvolle Stütze der letzteren bilden. 

Sitzung am 22. Juni 1894. 

1. Herr W. Marcuse: Ueber die Bedeutung der Leber für dus 
Zustandekommen des Pankreasdiabetes. Die Versuche des Vortragenden 
ergaben, dass man bei Fröschen durch Exstirpation des Pankreas in 

f leicher Weise Diabetes hervorrufen kann, wie dies bei Säugethieren der 
all ist. Jedoch tritt diese Glykosurio nicht in allen Fällen ein. Sie 
beginnt ein bis zwei Tage nach der Operation, ein Umstand, der es er¬ 
möglicht, den Einfluss der gleichzeitig ausgeführten Loberexstirpation zu 
beurtheilen. In 21 Fällen führte Marcuse beide Operationen gleichzeitig 
an Fröschen aus, und niemals stellte sich der Diabetes ein. Die Gegenwart 
der Leber ist also für das Zustandekommen des Pankreasdiabetes nothwendig. 

2. Herr N. Zuntz: Ueber die Bedeutung der verschiedenen Nähr¬ 
stoffe als Erzeuger der Muskelkraft. Bekanntlich ist man imstande, 
aus dem Verhältnis der ausgeschiedenen Kohlensäure zu dem aufgenom¬ 
menen Sauerstoff einen Schluss auf die Natur der im Organismus zer¬ 
setzten Substanz zu ziehen. Mit Hülfe dieses „respiratorischen Quotienten“ 
wies Herr Zuntz nach, dass die Muskelthätigkeit auch durch die Zer¬ 
setzung von Fett unterhalten werden kann. Herr Zuntz versuchte ferner 
auf demselben Wege zu entscheiden, welche Nährstoffe zur Erzeugung der 
Muskelkraft am besten geeignet sind oder — mit anderen Worten — in 
welchen Nährstoffen die geringste Kraft (ausgedrückt in Calorien) zu¬ 
geführt zu werden braucht, um eine bestimmte Muskelarbeit zu ermög¬ 
lichen. Hierbei ergaben sich zwischen den verschiedenen Nährstoffen so 
geringe Differenzen, dass man vorläufig zu dem Schluss berechtigt ist: 
sämmtliche Nährstoffe leisten in dieser Hinsicht das Gleiche. 


III. Schlesische Gesellschaft für V aterländische 
Cultur in Breslau. 

Klinischer Abend am 2. Februar 1894. 

(Schluss aus No. 9 der Vereinsbeilage.) 

2. HerrPfannenstiel bespricht unter Demonstration zahlreicher 
Präparate die verschiedenen Schicksale der Tubargravi di taten 
und deren Behandlung. Obwohl der Verlauf einer Eileiter¬ 
schwangerschaft sich sehr mannigfaltig gestalten kann, so lassen 
sich doch gewisse Typen aufstellen: 

Selten ist es, dass die Tubenwandung in gleichem Schritt 
mit dem Wachsthum des Eies hypertrophirt. Dann ist 1) die 
Austragung der Schwangerschaft bei intactem Frucht¬ 
sacke möglich. Es kann aber auch 2) während der Schwanger¬ 
schaft die Tubenwand zu irgend einerZeit auseinanderweichen, 
so dass das Ei in die Bauchhöhle (secundäre Bauchhöhlen¬ 
schwangerschaft) oder zwischen die Blätter des Ligamentum latum 
(intraligamentäre Schwangerschaft) vorwächst, wobei die 
Stärke der Blutung ganz davon abhängig ist, ob die Placentar- 
stelle eingerissen ist oder nicht. Auch kann das Ei zum Ostium 
abdominale tubae herauswachsen: tuboabdominale Schwanger¬ 
schaft. 

Alle diese Vorgänge sind als verhältnissmässig 
selten zu bezeichnen. Viel häufiger ist es, dass die Hyper¬ 
trophie der Sackwandung nicht gleichen Schritt hält mit dem 
Wachsthum des Eies. Dann ist die erste Folge nicht die Berstung 
des Fruchtsackes, sondern die Ablösung des Eies von der Innen¬ 
fläche und eine intratubare Blutung. Dies erfolgt in der Regel 
schon in den ersten Monaten der Gravidität, mit Vorliebe im 
zweiten Monate. Dabei geht das Ei zu gründe, und die weiteren 
Schicksale der Schwangerschaft sind abhängig von der Stärke der 
Blutung und der Widerstandsfähigkeit der Sackwandung. 

Ist die Blutung gering, so steht sie infolge der Compression 
durch die Tubenwandung, und es bildet sich die Blutmole aus, 
ohne dass es zu einer Bauchblutung kommt. Die Blutmole 
schrumpft später und wandelt sich in eine Fleischmole um. Der 
geschilderte Vorgang wird oft nicht diagnosticirt oder erst später 
bei der Entfernung der erkrankten Adnexa bemerkt. Wie oft es 
zu einer spontanen „Heilung“ durch Schrumpfung der intratubaren 
Fleischmole kommt, lässt sich nicht feststellen. 

Ist die Blutung bei Ablösung des Eies stärker und anhaltender, 
so fliesst 4) das Blut in der Regel durch das abdominale Ende der 
Tube in die Bauchhöhle („tubarer Abort“). Die Tubenwandung 
ist widerstandsfähig genug, um den durch die intratubare Blutung 
bedingten rasch erhöhten Innendruck zu überwinden. Mehr durch 
den Tonus der geblähten Wandung, als durch eigene Contraction 
wird das Blut unter meist beträchtlicher Erweiterung des abdomi¬ 
nalen Tubenendes in den Bauch getrieben. Dabei kann das ge- 
sammte Ei mitgeführt werden (perfecter tubarer Abort) oder 
als Blutmole stecken bleiben (imperfecter tubarer Abort). In 
beiden Fällen erfolgt die Blutung verhältnissmässig langsam und 
in Schüben, so dass es zur Gerinnung kommt, zur Hämatocele 
peritubaria. Bei diesem Vorgang ist der Verblutungstod ebenso 
selten wie beim uterinen Abort. 


83 


Die Hämatocele umhüllt sich mit einer Fibrinschicht, aus 
welcher bei genügender Zeitdauer die Hämatocelenkapsel (Blut- 
product) sich bildet. In solchen Fällen findet man dann einen 
ausschälbaren Tumor, welcher einer Tuboovarialcyste ähnlich 
sieht. Die Diagnose manches Falles von sogenannter 
„Tuboovarialschwangerschaft“ mag auf einer irrtüm¬ 
lichen Deutung der Hämatocelenkapsel als Ovarien¬ 
cyste beruhen! Der tubare Abort ist der bei weitem 
häufigste Ausgang der Tubargravidität. Ist nach Ab¬ 
lösung des Eies in der Tube die Blutung bedeutend, der Weg 
durch das abdominale Ende dagegen verengt oder die Frucht¬ 
sackwandung wenig widerstandsfähig, dann kommt es 5) zur 
Berstung der Tube nicht durch die allmähliche Grössenzunahme 
des Eies, sondern durch die rasche Vermehrung des Tuben¬ 
inhaltes infolge der Blutung. Dieser Vorgang ist viel 
seltener als der tubare Abortus. 

Der Riss ist oft enorm klein, in einem von Pfannenstiel 
mit Glück operirten Falle kaum stecknadelkopfgross, die Blutung 
dagegen beträchtlich und lebensgefährlich, da es in der 
Regel nicht zur Bildung einer Hämatocele kommt. Günstiger ist 
die intraligamentäre Berstung mit dem Ausgang in Hämatom¬ 
bildung. 

Bezüglich der Diagnose bemerkt Pfannen stiel, dass die¬ 
selbe sich in der Regel mit aller Sicherheit stellen lässt. Doch 
lassen einzelne Symptome oft im Stich. So erscheint der Uterus 
durchaus nicht immer länglich hypertrophirt, zumal er bei extra¬ 
uteriner Gravidität oft retroflectirt gefunden wird. Colostrum in 
den Brüsten kommt zuweilen auch bei kleineren Ovariengeschwülsten 
und bei Adnextumoren vor. 

Therapeutisch ist Pfannenstiel, wenn er auch eine Spontan¬ 
heilung der Tubenschwangerschaft anerkennt, ein Anhänger der 
principiellen und frühzeitigen Radicaloperation durch 
die Laparatomie, da auch bei der „Spontanheilung“ Beschwerden 
fast immer Zurückbleiben und sogar weitere Gefahren (secundäre 
Blutergüsse, Verjauchung) vorhanden sind und da vor allen Dingen 
die Laparatomie in der Hand fast aller Operateure ausserordentlich 
günstige Resultate aufzuweisen hat. Auch Pfannenstiel hat 
unter 14 eigenen Fällen keinen Todesfall. 

8. Herr Loewenhardt demonstrirt ein von ihm erfundenes, 
speciell für die Urethra posterior geeignetes Endoskop, dessen 
genauere Beschreibung er an anderem Orte geben wird. 

4. Herr Neisser stellt vor: a) eine tertiäre Syphilis (Per¬ 
foration des harten Gaumens) mit einer sehr hochgradigen 
Jodakne. Dieselbe entstand schon in den allerersten Tagen bei 
reichlichem Jodkaliumgebrauch. Jetzt erhält der Kranke ein neuer¬ 
dings von Dr. Erdmann hergestelltes Präparat, das Jodrubidium. 
Der Vortragende macht auf die Vorzüge des Jodrubidiums (trotz 
des allerdings noch sehr hohen Preises) vor den bisher bekannten 
Jodsalzen aufmerksam. Es scheint, dass seitens des Magens und 
bei älteren Personen seitens des Herzens sehr viel seltenere und 
geringere Beschwerden, selbst bei reichlichem Jodrubidiumgebrauch 
auftreten als bei Jodkalium. Auch -der Geschmack ist ein sehr viel 
milderer und angenehmerer, so dass die Patienten es lieber einnehmen. 

[Inzwischen ist von Dr. Hugo Erdmann eine ausführliche 
Mittheilung über „Die Salze des Rubidiums und ihre Bedeutung 
für die Pharmacie“ (Archiv d. Pharmacie 232. Bd., I. Heft, 1894) 
erschienen. Der Verfasser sucht darin den Nachweis zu führen, 
dass, wie die Rubidiumsalze im allgemeinen, selbst in grossen 
Gaben auf den Organismus weit weniger schädlich einwirken als 
die gleichen Dosen der entsprechenden Kaliumsalze, speciell auch 
an Stelle des Jodkaliums das Jodrubidium 1 ) eine reichliche Ver¬ 
wendung verdiene: 

„Denn, da man mit Jodnatrium (um von Jodlithium und Jod¬ 
ammonium ganz zu schweigen) auch nicht entfernt die Heil¬ 
wirkungen hat erzielen können, welche dem Jodkalium unbestritten 
zukommen, müsste gerade die Vereinigung des Jods mit dem relativ 
schweren Kaliumatom wesentlich für die therapeutische Wirkung 
sein.“ 

„Will man aber die Ueberlegenheit des Jodkaliums gegenüber 
dem Jodnatrium wesentlich dem höheren Molekulargewicht zu- 
schreiben, so muss man ebenfalls zugeben, dass das Jodrubidium 
vorzuziehen ist. Das Molekulargewicht ist bei 
Jodnatrium . . . 150 
Jodkalium . . . 166 
Jodrubidium . . 212.“ 

Der Verfasser theilt mit, dass die von mir in Breslau er¬ 
zielten und ihm vorläufig mitgetheilten Resultate durchaus über¬ 
einstimmen mit denjenigen von Schöler in Berlin, Braunschweig, 
Bunge und v. Mering in Halle; Unna in Hamburg, Wolff in 
Strassburg.] 


') Vergl. auch S. 88 dieser Nummer. 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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Vereins - Beilage .der, DW?smm mmcmmnw Wochenschrift. 


b) fiqrr Xi&is'^nr zeigt, fatuer eine Patientin mit einer stafk 
::;<:lunerz.t}uffei Schwellung' des linken. Hand- und linkes-Sheruo- 
elatrieulaigeienkes, weicht GeK Kalb Mikulicz zur probe woDen • 
ahlilimtmubeti IhdmniHung der demmtdogiLdien Klinik über- 

WieSC'l liiit 

Die lAd.miUhv, T Juhrn alt, ist vor .nclil- Werben mihim Tag wir 
.»hier U&gtwi £nt,hin»l*mgf• an mm\ ts*hr ' scimverzDiftfm 
GehLn der Fiuifcr-. Ikuiti--. Kim/ und Fu-»erb nl;c ■. fl muki Ihr (udeuk«-. 
svui'dA« Äkw^hs»oln4Wutlm; uv hcftttufon dir/wh-elmu auch staefor Mnikaf- 
lic^bwcrdüit <>.. B. C-ffuii ub-iipmm. m-Mimsslic.i« s.lmr lokiibsirtn Geh nach 
cUcrt /mhiifagigenj Ifesiftlien dieser mütihdeu AlfccliUMt» lifc Erkrankung 
in rieh 'K^jiüDntcn. tu.»» h .jetzt erkivrukb'n Gelenkem 

EE wt&rt? fttotf' yrrnualti dm Atfhetifm «tik salicylsatu^jn Namen zu 
h.-Lueiein, u'-Un-h mrnm jcde-i fht»L - Mich ebm in den U-uteü acht 
Tagrffi »ii -m/r cJßjtyftj'-jbt tytn Klinik ^ff^u’uvVpijiß^fi ImkrubGuvmlbirg fall 
^S/j ; un‘f- Tmmmdr I'if-.t k.-iiu- H'v*ni i mbc ih:sn'H!HL' hm v«»r. 

iV* Tr Autind.»«. t -i»h »n'ihui <n*nlÜt 1« r uni\m>mLr f»jihmn- 
srljvdhiüg. chm starke EJnVeljhmg und Fnlouef/.hftfi.igkt’ü ihn* genannten 
Malon&p; ktwvi.n!] fhtndgcLnk /»ngL» Gim aH^vkprochcnk ffyhwjtiit'orpb 
würl.m. vnm unitu-i-n hmh> tim, Vftrdüf-atw- hepmund., nber di’ih Hnml- 


gww*t«m BturvghUgo«- .1% *fnd ftßj, 

Der ganze yNudauf deutete in ursfaf Reihe auf eins go&q'r'r-H&i? 
sehe AUfu-tiou. du »w j?r jih.'his sGfrmG i.-.r, dirns derartige 
LoofdimaGoimu in iujv/>c.ljn*n (hL-oken cm-li erst inolUpImi und 
Kpiijaciidnii: G» lenk- und MmdmhiHm i immo zncuckhlcBuin In 
d•<'tciii Falle mn&Hto man troU. «ins suDo-umm Vorkommen:, 
gurtuttkDiwidmr A r ilfrit i d o (p bei fiVaiJvfl. kl* IVni Maftimrij iiitv so 
mtdtr däran tlcniicn, als mirid blosnniimnestiscti JoGgcctid!?. wurde, 
d:Ms das. Vor 8 Wochen gobumm Klrifl un ciinu; Biet «niut’han lud der 
Augen ti Ta^n na«')t der FntlimduHU' tTkrankt. gev»^u, w»dtd>n 
ciiiu vinr^'dfdutuflndjn ßpJuuuUaii^. hi.4e»; -vAd^nklindk v i>nfh wnndtg- 
unudttc. ^nrtd».*rß wnd iitt dfer dd hhr.t^e^ 

dur; ]jnn.< nnrmkeinend»'n — Pro ih ra 
HMdU’lnsVopisoli durch SAi {‘friwirtdrsn-ntuiu^ GenunonroTi 
fob'tzu^i.nlteo.. ; . - • - .' ' , ä * 

'Vinlrtn.rsoiT-f ibtgt’ü Anjnih^nhkdt vur, tur f.ung 

-l'M t l»*«n Id -f Mnmj d.T r.iinuitui i:U *iiii üitsHvr Klinik im 
,] f dm> IHdli im irischer Lucs hclutndoli: .WwUm. [LitiefiTii! hat 
dann im Jahre 189.0 «iiu^ou M.uni aichuiruthe!», de» dann nnrb Vor 
<>m»uii Juhiu au sytdviliticcJior Au^cmudNkriLhisdn^ erkrünkt« ist.' 

Von leies <*»*!• l’a ti r n tj u .strlhat i a t. ip d {J ] & h nichts yvr 
uruireu, weder aminmcstisri» ru*» h »inj-h din u'OirriBVi.uiist' .vor- • 
iC»in/nipnun‘ fintM\-ij.-hnnfr ’ ’ 

Mio Fpindoltunn dos (hdruks liuss M-.!dir-snli»-Jj nuejj an Tjüih- 
kuloH denken 

Dü* vom Lhh .Iwnoar "<T zum iuUtliirnu Tage. Cmupsrh turi- 
gcsnt-it«; Jndkn \ Iuwtnditin.«!I un& 4-- i-> ^ pro du hat nun uv kurzer 



stcHf. Hhrtr wk-der »du, dm Ltnrit')rut\dctdar^»dm»h; ist lud. Priwu;. 
sinn gny nicht fHnhr ^rhmerzhnii: nud- ins! mm ua' Kutm zaHclc- 
goknlnt f ) 

Dir Diur;m*.'••«• scheint dcnmrtiid-s, wunu .»«an. den zu- 

l:UM * f}l, 7 H V rt,ni, * u - Di*ilwirk:»rio . 1 , 11 .>h .h.dkaüum nur h»l hsrü- 
c<dmn .AthmlLVöcn vofkum»*iH-. stdir »Irr Diagnose; „imd |u> tmlu(»k- 
aiirMi.m 1 - zuz»uud ^n. Aufialhmd ist ja in duri TuaL d^ nut.- 

dein iu^mn d»u Jodiniiamliut^ das \T dni.in ohne j*Vm Ileihen 
d< v u7 1 tu laiitfUidc Lcj dr.n »uhjrt siidLzü hnust.rn iirc;unTi. 

- • Trotzdem wml nian, lilii vuuiit ..dl.tm 

Schluss ziehen (UirtVii. loh werii^iens würde mudi dum u.-mzun 
V arlauf iiiifl nach der <i f - 


Nu,Ü 


Ea hamhdl »ich um omro jum»en Manu von 2äi4mi. h'r * 

Ar. '«'iah A»Lv,tt’lvrt^A*vs : LJ.r.M J ,* l. i, '-iT',::/kAiiw.' * . L v . . fc ' “ 


. s)D l»LurOUilir,ho. wank Uber öio unnuak iUat, sk-fc orkcbrjidi» 

ILnntuu ^ejti dem htmuuheH^er »'bif-H lia. spmn ’«.n ry f .-j. 

oder irntchdicr Form. Aur.b fmtd er rlanudä kkns^'Knnirbra’.y.-'.!,, 

DeraaUKLeht* dar feohten - Hjuid, die inzw^%n -wk4iw xrtiti«? Bfiniältür 

vrrsrhwundmi Lnd. 

Bis vami .Scuti'-uabuf idda h\fob d'iösfcT Zustand am gahZf»n unvcicUnicia 
Da finden die auf den Fußsohle äitzemhm fuioten an sinh zu ? 

und in ar)L bis Ein»LDp}»cu m znrijimlrm Am-ji rftt^svi- 
nrno JOflorrsocnzc-h.- znfrLt .mitnr .dem Niiunj dar gro*seu 2«D 
dazu rrcjJfdUcU smb Dr»kui»n b oi.de. •' Borne. .g''R';V.O SrhüH'i^hftiUutd!. =.• 
dn*s eben TkalicnL dev ülmgmia ?chon tluie Äerzie und IvMiijk^a ;m:- 
gef»liebt hatte,' noch winti^o fhUk i>? AaspracF nubrn Der Kwünu ui 
ein iiiltt-ei^r<rseer, kt^Itig ontwicknlier Mann nbu? AWwnifettn 

in sriJtrn inorrrn Orgnt»rn, Aff bekkr« H»dnnö hnuerkt Mfiif 

■dcm.»tt;f‘' Scbv. <d!»»i^ b:? /.MM <d;.'rf’?, 1 " ilf • 1 i"j »Li» l'uff» h «u. ■ 

biHnii sof<?i*f-disst.«minjrt.f i hlfiu-rcbwtU'Zlitdm, s?.rcDiadLkv)i>f- bis 
Fiorko auf, dir :rnV.b imf Jhm,ck nicht vcrschwdaicn. Am UKtrkwii>*i:^:•-»>-. =.• 
Lud die .auf der Plantar- wir DcifialJlar.h»- ell-Hrmlon »It-i-A v j:. • 

Urh iruu Uber »las Niveau htu-vurraguml, MimJs ganz kiejn, LL 

/u h um. langen, und H cm , brritoii Jlrcrfku vunnnigt, Kkim fehM 
«ft'/en, bmH'UukhJkh. zwisobnii- .den .Zehen und unter den Nvb'di» Fs 
Farbe ist nc al(gv<nuu.»an hnua bis graurdtU(h'!u die UberiliMK •» - 

rissig*: DüfdumbDtvuv uioi^c'zeigen cion ganz ylniin t*>iet;»-!nd.r fli^iisur*: 

gihd iritmLiv srliwarzrnibUrb, lüiciit öUid!'tickl»iU* r vm aa-wuiöbL 

DL Diaignosc ist. für deu, der solche IAfik immiL cvst.Li; 
•o.m ?uhr mnfmdic. Ks Irunhdt si< h, wie vlson »'inr.msa's »ny^| 
um .oiu«; im Jahre 1870 von Kaposi ' uiUnt aloiu 

JiLmfUilliisrhes, inüHiples-■ Hautsarkom.^ heschHehoöe Aik» tiisn t l.L 
v»)u Kijpo^l und «eith'or vnn Anzahl gpMwte 

g*:^d tl >nu, auch von mir seihst in andmm h;dj»u) 
Luhihicnin^ rntspvi»iht vollkomumu dum vudkccndf'ft kaUL; Hvgi»«- 
;U» hLdru FhiSHon und lliimlert, Pkuui und Vuhr, ILüd .uüd.'-ptv 
rucken; iitimahLcIms Furtsohiadton 'über »lin Lfdci'- emj Ubsr-- 
srlmnbuF und Annm Es Mitstrlmi, urhruL, erhsem bis 

riithbrrmsu .spater blaurot,h wmaieudtr, nnuilichn, mä,ssig*!»»ri;r Knri:-c 
aheils isfjürt ?t.cbcn(l, fimiL’ zu Oruppcu und lihTü^u Itdiiitü" 
vnvciijg't AöLctü -Kjmlwh rsinkeb fiaidi nndirnunul Hohem Lf-sbL« 1 
hin, wie das auch in diesem FalL un zwei Stfdkn.D/nü'ft'bar »af ■ 
•andere werde« ptdstcrartig fUifgutriolmo u. h. w. 

Fünf. HUv iiusor Kill /wrikllos unfo.r dies»- vwi 
.fhdirmbi'im AlLmiciu su tritgt. -ns sich m>r, mir widebca» In*»' ■'•■ 
srlVm kl« ^infUtii>k^idiopntbkrdm«Pigrn»Tntsftf'kbfrL hozLcbhöi ^'link; 

Neunen, wir ;Lark<mr' jede bösartige BbhLge^wszwf'.^: 
Wiictierhn^j' -m f.iiflft fillardiitgs der Name zu. Pnher dr.m ifWUF' 
rLJiU'n Mikrcskf.j» ti»».]f n Bio ein Präjiarfti, wcLbyd witrai* n‘-;w ■-■ 
v».*n nur kcdaiehlctm} Falle miLLtmmT.; in dm Thal ; 'r f m>mt ; r 
eine IUtidonfnvebszeUouwueJfnrhn *;' 4 dm man mit Fug •'•ttulRtfbT ^ 
v sarkfui>Btüs“ ln;v!oirLhmi kau«.' An dum nuJigflen CUarilt.b'y iMnc 

JLoklmiw ist leider noch aflcn vorliegendon Lbadtu» Mtiui’vn »«J«’ 
«w«ifniu: •• freilich können Juhro mit. ^tdieiobar giiusngmh D»v».im 



inuniiiuim, Drüscnsch'wedhing, .Diarrlibfub. Blntuugnn, 
id s^hiWUoli der Tod. Bel dm Lcnünu .Bndon sich ita&m 


liehe Tumoren in iuujgoJ-Lfehör, Milz, Herz, iLrmwwi ! r ^ *- 
Einspruch nmchfö ich also nur erheben gegen du*- 
„TLgmcn t rarkom". Th;.f«n«dJtcli ist die dur.kle Vm'iorh'.uiL. 
vir hier schont total different yom den rnelanotkclicn T'i^n^^ • 
lagr:.ruhgoü der ecbfün Figmeutsarkome »h» «MjgeiUbota^ 

WöW/vs w-ln .soTuTjo »uf dttiko« if;tt>Tfi®Z<*igtßn) IäIw 1 


* i. ; , . \ ^ •' ■ * t-w vujru csoicufju 

aber suhmnt nur uuhah. tn! ,hc mp.hk* Lm wi.-■kt-iviug. ferner dm 
am g (tclonke hjiJi hmuBLrmk Erkrankung, ndhrtmu vorher \u 
acutem Whu.f «r viiffo Gelenke JmfaHen warm», die o T0 ^, 
ncliTnorzliatugkȟt, ganz ebgtsrdmh v-m Mangel der amuimestikhbm 
umi ubjectiven l.ntorsmbtrugsmf>ßmi» n- 

, g.' IHün...- film uatiUlMi ...-st r;,lit fort, «n- 

ut :‘\ r ”‘' ! i'i" rU.ilum.i, . ri,.j..,<i „j (! ,i ( , iirtiivfo. « 1 . AUsfomUn- 

Wirkung vuniefme 

\t'b',i lkn v K, ' if ”' ( : 1 t»>-;«otih»iirf. ... sein««, m.ij ftehfcimrrttii- 

' g - v Z g!”" n wnct > , ' l| !l v nu rnuitipleu idio- 

pethiacheii Pigfu^iHga^ItOTri (Kaijffsrj. 

!• ,.r.-!lLh? 1 A.-fl.f-jt.;- milor .Gkilium so wffaUönÄS: 

„.„Cg, Ä'-T-'-,T ■**■».«. mm «.ingrfejte»: 

■ g;?/:;.,E W08,,ehw ’ rÄ “;; 


»un i? ..Kaposis »ogctU’fn ÄUSÄpi.’Uw.u. vup<<w.:•«***■-;■• r.- iTKotv« 

dir sivbwartfibiauc Pigmenttnuig der aubrngs mehr Iftnwmm 1 
(ilkliirRbh maehoiG • , . n ,m|| 

ALMnlogiseii Ist gar uiciitH bökauct und thevap _ 
Ao'tdj. :yU }\• 'vimiger; dom> uueh dk bei govksmi Sarkomwi ui ■ 
•Arsenlmhäiidlung Hufe in ahm meisten Fällen vnr^agt. 
i Erfahrungen darübur, ob m. violjt'idit vumu., 

!. Cinrurgieeb»* fftitfdFöUng sehoa d«r Mleroratoü kkin»? on ^ 

; HoUtmg S5w fccbHffeö. liegen nicM» Vtn ’- tn-wGhnJieu e 

Patimifeüü in ifeeu orkton 8tajkn mi die Rh8rud*i«ke]t' 1 - ^ 

Hieltlv glaubfMt und efttzibWn sieh, wie o.e mir z. D- - n . m-li^ Wh 
vonge« Jahr erging, der .BehamD.ttög. Derartige t j u ' rd . I, ?*! i ' Ljj ,.|v; 
kiiühh whfo« um so AwimjsehmiswerthbL hk fio t?muc»e 
d% Ä.H|ob>gio 1 sjpfloifdl Über die vbb «iaueben veröMnA^ 

'0Oiibo»r diw»jr Nnutdldungmi »)im?n AufL’hlu^ gowttm»! 






VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT; 


23. A ugust. 


Herr Mikulicz bemerkt, dass ihm die Bezeichnung Sarkom für 
diese eigentümliche Erkrankung nicht zu passen scheine, wenigstens 
weiche dieselbe in ihrem klinischen Verlauf wesentlich von dem ab, 
was die Chirurgen unter Sarkom verstehen. Der äusserst langsame Ver¬ 
lauf, das multiple, zumal symmetrische Auftreten der Knoten an den Ex¬ 
tremitätenenden, die teilweise eintretende Rückbildung der Infiltrate, die 
bedeutende Schmerzhaftigkeit einzelner Knoten, die anfängliche Verbreitung 
derselben ohne nachweisbaren Zusammenhang mit dem Verlauf der 
grösseren Lymphbahnen und Venen — das alles sind Momente, die mit 
dem klinischen Begriff Sarkom nicht in Einklang zu bringen sind. Mi¬ 
kulicz kann sich nicht des Eindruckes erwehren, dass es sich hier um 
einen chronischen Infectionsprocess handelt. Was die Therapie betrifft, 
so beabsichtigt Mikulicz diejenigen Knoten, die besonders schmerzhaft 
sind und den Patienten am Gehen hindern, zu excidiren und die Defecte 
mit angestielten Hautlappen (nach Krause) zu decken. 1 ) 

5. Herr May stellt ein eintägiges Kind mit einer seltenen 
Missbildung vor. Das Kind hat Klumpfüsse, ausserdem besteht 
eine circa handtellergrosse Bauchspalte, in welcher sich zunächst 
zwei seitlich von der Medianlinie gelegene, durch ein bindegewebiges 
Septum getrennte wallnussgrosse Wülste befinden, die mit Schleim¬ 
haut bedeckt sind und an ihrem unteren Ende je einen knopfartigen 
Vorsprung zeigen. Diese grösseren Wülste sind die Blasen wand, 
während die knopfartigen \orsprünge den Ureterenmündungen 
entsprechen. Durch das Septum tritt das Rectum in Gestalt eines 
circa 3 cm langen, mit Schleimhaut bedeckten Rohres, umgestiilpt 
hervor. In dem oberen Theil der Bauchspalte befindet sich noch 
ein Nabelschnurbruch, am unteren Rande eine circa V 2 cm lange 
Rinne mit zwei kleinen seitlichen Höckern, die wohl dem fehlenden 
Penis entspricht. Scrotum mit Testikeln ist vorhanden, dagegen 
fehlt die Afteröffnung an normaler Stelle, 

6. Herr Kümmell stellt einen zehn Wochen alten Knaben 
vor, aus einer Familie, in der sonst Missbildungon nicht bekannt 
sind. Schwangerschaft und Geburt ohne Störungen verlaufen. An 
der linken Hand nur drei Finger: ein zweigliedriger, normal oppo- 
nirter Daumen und zwei annähernd gleich lange dreigliedrige Finger, 
welche durch eine bis zur Spitze reichende Hautbrücke vollständig 
mit einander verwachsen sind; die Nägel sind getrennt. — Das 
linke Bein ist nur halb so lang als das rechte; an Stelle des Ober¬ 
schenkels nur kräftig entwickelte, etwas contracturirte Muskeln zu 
fühlen, keine Spur des Femur tastbar. Der Condylus tibiae steht 
dort, wo am gesunden Bein der Trochanter maior zu fühlen ist, ist 
etwas rundlich gestaltet. An seiner vorderen Seite, nahe dem 
oberen Rande, zwei rundliche, eingezogene congenitale Narben. Die 
Knochen des Unterschenkels und des Fusses im übrigen wohl ent¬ 
wickelt; auch Oberarm und Vorderarm sind normal gebildet. Das 
Kind ist gross und kräftig gebaut. 

7. Herr H. Leyden demonstirt einen Säugling, der am siebenten 
Lebenstage eine gonorrhoische AfFection der Mundschleimhaut 
der Oberlippe bekam, welche Erkrankung unter Anwendung von 
Abtupfungen mit schwachen Sublimatlösungen innerhalb von neun 
Tagen zur Heilung kam. Die näheren Daten dieses Falles werden 
demnächst im Centralblatt für Gynäkologie mitgetheilt werden. 

Herr Hermann Cohn bemerkt, dass dieser Fall wohl den Beweis 
liefere, dass Sublimatlösung 1:7000 den Ausbruch der Gonorrhoe am Auge 
nicht verhindere. Er wünscht, dass die Geburtshelfer die Angst, einen 
Tropfen Höllensteinlösung nach Cred^’s Vorschrift ins Auge des Neu¬ 
geborenen einzugiessen, endlich aufgeben möchten. Dieses Mittel sei 
absolut sicher zu Verhütung der Blennorrhoe. Es sei noch kein Fall be¬ 
kannt geworden, wo trotz des Argentum eine Blennorrhoe aufgetreten 
sei. Die leichte Injection, die dem Tropfen folge, habe noch niemals 
zu Schädigungen des Auges geführt. Den besten Beweis, dass die Ein- 
tropfung von 2% Höllenstein dem Auge nicht schade, habe Fränkel in 
Chemnitz geliefert, der sechs Wochen lang täglich in das andere Auge 
von Neugeborenen, deren eines Auge Blennorrhoe hatte, Höllenstein ein¬ 
goss und es auf diese Weise ohne Verband vor der gefahrvollen Krank¬ 
heit schützte. Höchst beklagenswerth sei die Bestimmung der wissen¬ 
schaftlichen Deputation für das Medicinalwesen, welche den Hebammen 
die Crede’sehe Prophylaxe nicht gestattet. Die Krankheit könne nur 
dadurch aus der Welt geschafft werden, dass jeder Neugeborene den 
Tropfen Silberlösung ins Auge erhält. 

Herr Küstner erwidert, dass nach seinen in Dorpat gemachten Er¬ 
fahrungen unter den daselbst angewandten Cautelen eine Sublimatlösung 
der gonorrhoischen Infection der Conjunctiva gegenüber dasselbe leiste, 
wie Cred6’s Verfahren. 

8. Herr Mikulicz demonstrirt einen Fall von Makrocheilie 
im Zustande acut entzündlicher Schwellung. Es handelt sich um 
ein diffuses Lymphangiom, das an der ovalen Seite ausserdem 
mehrere warzenförmige Excrescenzen trägt. Wie es bei der durch 
diffuses Lymphangiom hervorgerufenen Makroglossie nicht selten 
zu acuter Glossitis kommt, so sind offenbar auch hier durch 
Vermittelung geringfügiger Läsionen die maschenförmigen Lymph- 
räume des Tumors von der Mundhöhle aus inficirt worden. In der 
Regel tritt in acht bis zehn Tagen spontane Abschwellung ein. 

*) Ist inzwischen mit dem gewünschten Erfolg ausgeführt worden. 


85 


IV. Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 20. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Schede; Schriftführer: Herr Manchot. 

1. Herr Raether (Altona): Gewissermaassen als Analogon 
zu den letzthin von den Herren Lauenstein und Grapow de- 
monstrirten Fällen von Tubencysten, habe ich Ihnen eine Pa¬ 
tientin vorzustellen, welche im Mai d. J. ihre Entbindung zu er¬ 
warten hat und welche ich am 29. December 1893 laparotomirt habe. 

Patientin, 26 Jahre alt, hat vor 3 l /a Jahren normal geboren. Mitte 
December 1893 kam sie zu mir, gab an, dass sie wahrscheinlich seit An¬ 
fang August gravide sei, doch hätte sie unregelmässige Blutungen im 
September, October und December gehabt. Schmerzen links im Untor- 
leibe und seit einigen Tagen ganz unerträgliche Schmerzen im Leibe, be¬ 
sonders links. Ich constatirte eine intrauterine Gravidität vom August 
her und links oben und besonders hinter dem Uterus einen etwa faust- 
grossen Tumor. Da anzunehmen war, dass der Abort möglicherweise 
eintreten werde und Frauen erfahrungsgemäss so kurz vor Weihnachten 
nur höchst selten sich zu einer Operation entschliessen, verordnete ich 
Bettruhe und Opium, wonach die Schmerzen sich etwas gaben und die 
Blutung aufhörte. Am 27. December bekam ich Patientin der unerträg¬ 
lich gewordenen Schmerzen wegen weder zu sehen. Befund etwa der¬ 
selbe wie Mitte December. Der Tumor ging mit seinem dünneren Fort¬ 
satz vom Uterus links aus, verbreiterte sich keulenförmig, zeigte eine 
Einschnürung und war vom Douglas und Mastdarm aus sehr gut zu pal- 
piren. Es handelte sich bei der Differcnzialdiagnose hauptsächlich um 
Ovarialcyste und Tubencyste. Da Patientin damals angab, dass sie (in¬ 
folge Aborts im dritten Monat) vor circa zwei Jahren von einem Arzte 
ausgeschabt sei und erst seitdem die Schmerzen links gehabt hätte, der 
Arzt ihr damals auch gesagt hätte, es wäre links eine kleine Entzündung 
eingetreten, weshalb sie circa vier Wochen nach dem Abort gelegen, auch 
die Befragung des Ehemanns Gonnorrhoe ziemlich sicher ausschliesst, so 
musste bei der iTifferenzialdiagnose gegenüber der Ovarialcyste, wegen 
der eigenthümlichen Form des Tumors die Diagnose Pyosalpinx (und zwar 
echter gegenüber dem „gonorrhoischen falschen Pyosalpinx“, der Stapliylo- 
coccen und Streptococcen beinahe nie enthält) mehr zur Geltung kommen. 
Eine Untersuchung in Narkose habe ich, um der Patientin Qual zu er¬ 
sparen, unterlassen, da die Therapie doch nur in Laparotomie bestehen 
konnte und die Untersuchung wahrscheinlich auch nichts Genaueres er¬ 
geben hätte. Eine genauere Vervollständigung der Anamnese konnte nicht 
stattfinden, da der damalige Arzt der Patientin verstorben ist, doch will 
ich nicht versäumen hinzuzufügen, dass Patientin vor kurzem, ihre da¬ 
maligen Angaben widerrufend, angegeben, dass sie sich erinnerte, Schmer¬ 
zen in der linken Seite schon mehrere Jahre früher (anscheinend infolge 
eines Falles) gehabt zu haben. 

Die Laparotomie in Beckenhochlagerung am 29. December 1893 bot 
einige Schwierigkeiten, da der Bauchschnitt (wie gewöhnlich bei Gravidität) 
stärker blutete. Um den Tumor aus seiner lncarccration zu befreien, 
musste der Schnitt bis zur Mitte zwischen Nabel und Processus ensiformis 
verlängert werden, doch gelang das Hervorwälzen des Tumprs erst, nach¬ 
dem der zweifaustgrosse gravide Uterus ad maximum nach rechts ver¬ 
drängt war, die Dünndärme eventrirt waren und der Tumor aus seinen 
Verwachsungen befreit war. Er präsentirt sich als reine Ovarialcyste von 
der eigenthümlichen „keulenartigen“ Form der Tubencysten. Der Verlauf 
war günstig, die 24 Stunden post operationem auftretenden Wehen konnten 
durch Morphiuminjectionen unterdrückt werden. Kindsbewegungen wurden 
im Januar gefühlt, 23 Tage post operationem konnte Patientin, nachdem der 
Appetit zuerst sehr mangelhaft gewesen, aus meiner Klinik entlassen 
werden. 

Ich habe Ihnen die Patientin mitgebracht, weil dieselbe noch ein 
anderes Phänomen bietet, dessen Demonstration hoffentlich gelingt. 
Vor Beginn der Laparotomie gab Patientin an, dass ihr bei der 
Ausschabungsnarkose damals das „rechte Auge zum ersten male 
herausgeschossen sei“. Bei der Narkose stellte sich heraus, dass 
der rechte Bulbus um gut 1,5 cm heraustrat, so dass er von den 
Augenlidern nur zum Theil bedeckt wurde (Luxatio bulbi). Durch 
leichten Druck nach der Operation gelang es innerhalb 24 Stunden 
zu bewirken, dass der Bulbus an seiner normalen Stelle blieb. 
(Diese Demonstration gelingt nur zur Hälfte, auch weil das Drängen 
und Husten nicht forcirt werden kann.) Eine weitere ophthalmo¬ 
skopische Veranstaltung habe ich nicht unternommen, da Patientin 
angab, dass sie in den letzten Jahren von zwei Ophthalmologen 
mehrfach untersucht und mit dem amblyopischen Zustand ihres 
rechten Auges zufrieden sei, da sie auf dem linken Auge sehr gut 
sehen könne. 

2. Herr Fürst demonstrirt einen Fall von exquisitem, abnorm 
ausgebreitetem Leukoderma syphiliticum. Patientin ist früh¬ 
syphilitisch und zeigt auch die gewöhnlichen anderen Symptome 
der secundären Lues, wie Schleimpapeln, Drüsenschwellungen, Alo- 
pecie etc. Das Leukoderma ist — abgesehen von den typischen 
Lokalisationen am Hals und Nacken — über Brust und Bauch bis 
zum Nabel abwärts und über den ganzen Rücken verbreitet und 
tritt an allen diesen Partieen ausserordentlich deutlich hervor. 
Die ganze Haut sieht hier wie ein Netzwerk aus. Die einzelnen 
Leukodermastellen sind in allen Grössen vorhanden. Man sieht, 
wie die kleineren Stellen sich theilweise zu grösseren weissen 
Flecken vereinen. Fürst weist noch auf den praktischen Werth 
des Leukoderma für die Diagnose Lues hin, da von diesem Stigma 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



VEREINS - BEILAGE RER BERTSGHEN ^TOIOINISO^- WOOHEN SCHBIFT^ 


86 

hat; itirmQt' -Mt fmisster Si&rtieit noDdnfr- ^pbiliRsaho ln Ration 
^.Müssen werden könne. Rn? ReukDloma komme bekacmrheb 
uH-iete.m he-! svfddiKEWwm Ppu<m vor, wm ütioh \m äol-Jum 
Viannm-n d-* "in' »rrn U-?|i /.mv. !|.ui{.Jwl>.o».c^-"u 1 o-\ Uivko- 
i'jnntnt. s.tDie steil als An wa Kosm.bi svnni!ii,ir:> nmi jutpu- 

ItMiUovsCCnZee dar • Mai) kreme «Ine i-mtAvh-jWiHig dus Deuh.Ov 

ih-Vmy aua <&hv mm IjgK&wsfcft«* 

Nfolr 'NeR*<'r mrDRöb das Imukodomm dnveji j Ag rannt- 
Verarmung dm IndrciRnd/m .IfmiipaHjeen. im <M%m*m m den 
DiupmiRrhuu DonkopaUnmi (Vitiligo, Alibiusnnnd, wo -von 

\liloi pKupnu V« r,>c u tri) Uli«r angernmimen werde. 

A fj-r, Schütz don.uns! riet ein Herz «it aogebocsnot 
Tnimöoalstencse und o ühvew Septum vnntriouloruiu Dir« 

• WÄrid^n#-# Äiftii iß* $>Wg9>afoar 

H.v-u.s dev i’nluiotiali?' ist in einer Ausbidmmm"nm 6 dm |g||gg 
&Mäi& vmmi«1, *o Üas* sieh nur ein iUmsüH von mtiRuer Sturze 
i hi reit führe n li'mst. Id je- Po.|io»tndia hat Obi- -zwei K kippen, due gteiely 
„ n ,<- vind mu! kD.miW Spuri n Dien intrauterin \Vvmob--mm Hucke 
Das lA ilimf.it «tWnwt kan einem tdjnhibgeü 
»■ li* 5 *;V 'd;».ssr!ly- vvm tos; drw 4;imp Ha K ruidmtikm;^-, erk<-iinkte an 
TulcmkabkT, einer i»td angeborener IkilmonälHtCuusc inntflgeu Gone 



lirnwn £uil akf gChier Abthidhmg krokaeiltet und nattn .^ieh ibo** 


(\ ranke .iVnlver m der gkmmlAiüHDeUuu OebidlRhrdt fä* 

kimmiiie Dmgne-n Wink durch dm. m<n> m« vnUkommrm; hcMatiik 
*, Ihf'i'Hv .!i Ad * • deiimnD-HR. h) FettgeacRwutste. welche -.er. 
• mnem an ditCteser 14p 


dppmatösa iei{teiidi?d Mkunk ex^tirpirt tmE 
pr v itdtiifge v $ t fam «lt-WS sMräc EiAtWftRbr hinter den 



mächtigen T'V-Uj.üistoni umktHiv nV'J inAeu dedumh •*« d«m jreigoUlieh«pen 5 
srheHife- vtuilmmt.nn . rmteninn-un und DoUa^tunniinle in Anon »MVdHigeft 
(hwn&tz, fite LmhV'u^^n' zum Eingreifen wurde* a%Q^(dinn 

-ton (inr Enl.A« ihiiia. durch -lic dyepfmiHelxu; AtUijocn jgegrh,m. vnhdm 
Utllnhur ani‘ die laj* a»n>iw om m kruii'h"« u warm«., ■ 

Es wurden v:ünf.d.,st die Liponm hinter- den DTimi- ; dünn iiimuuigoi) 
:un HtIbu nutfern«. Rio Operation ^nd-udttde is/cb reelit ^ni,wiert<r. Mm; 
itatie tiiii .stark»ui Riutungü« m;s grossen Vunen ?,u kmuphm Razu kaun 
<t«bs du* Gti^hwiiioN, m Gi^ensid-y. jn den gemmmni Lijmmw. keurn 
^e)wrik öveuan gug.t r P $M Htngebnudn Cdt'Wnbe MuUör. Am JFfajsm ont>m]iUm 
di.’ Aidoidermiget; m diu rJururgOf.iie Tee.’uUik tjit’ivttigon i»td ‘hu Ex- 
si.irpn.ifon •rnggebreiteter .rmdignar Oesel.wahiA*- Raea hier lirnugim die 
KeMUtns:-./!! unter dem fmdvsnm kmgs der Vmm jugulnrin hia tm{in die 
'MurkntintmtRieü imO luntei ihm 'Stermim mid musste» mühsaiii ; huvstiä* 
jwupmdt’t werden. 

jJioses Kehlen so harter Omr/.en gegeh; die DnigpliunL' uiitt*r- 
schiddni' die düiMse R-ipomatos**. wn^-niiieh von den gmmd.nim 
fd’euinvn Vuler »teil iiliologisehüH Mmrieilten wird vnu Modelung 
(irr AikoliuiisTiitia augnguimrt. Ainlnre Deimmn ^ egon der gfyinntei.rl- 
sOom VerUioilnng ilnv rni tgeseh wOOk. t rojthofmm'oiiBobp I l rod‘.ss.o an. 

tj) Hiimu flrsiöTi Körper der Sarielsixöljl^ der nach $$imr 
Kiitstidimig einer Hligoeitmiirieii A-ppeudik epiploiea anek als. 
•drin Kn tt.gn.se i» wuiat; 55tt Imtmohte-ii ist 

Das Prliparat sbimmt von einem Ahwuio, der mit: iMnsercukm«äuge» • 
mi ivrjjukmihäiise aufgeinüimion e nvdn. Bei der UntcrsuOnlög urNnrknso 

wurdn ein harter, iddnmrongrooser Tmnor un klninen Iic‘-Ä«u) dient iml.or. 
dmn Promontorium gtdnudnu, dtu m Itunnils nuv^erhnlji des R^tdunm' Uigi 
Zimrtinrigkcit mr tuneuidrguo. lie^v sich niolii riaeinvnismu ■Eine ‘Sie- 
st i rinn tu Idegnosnwnk mcht mUglieh. Man dnehro an Cimdremi mitn 
(;ii»on pos:{oni‘‘.uM. Sl.edu Unilhmsh-m. hoilmU-m}. 

Rri der Lap.irolotnm hmd «aoh der vurHegoiidn d'uumjf, der mit. rW 
msljugrndei: .Rhnmiumssehliuget! rum durch eine mjirkHtürkeT'Vao. Platte 
i pedhouitiKelie Adhb^ioueu \ vrnnv null:*uß Oiid fiürt War, Ror iiUiiiiereigTo^si•. 
"Tumor ward« berausgoAldsH. Rr bV-ssii-ÄJ/ ni»e derbe,Ovum T)mH vm-kutktn 
AVlwiie. Weiche öih« v ü krfimeSigeu, .»?isi iudnemt i-dfuu.turlosea tüliidt uiu- 
si/hlie^st. 

Vi echow hui. in seiner Phihüiogie die Tileser eigeü- 

artigmi dreien KPiyer ihn Uum lihohU- kn*rgesieUi jA Urnndult sich 

äw» .»'.k.hn/rlirtKnl.-. A . . 1 \i . , >1 i ... 


fRuadeüüo BtidpjrödyßtV 
ö Hon- Harke MH, seinenOingekuiidigten '•urirag über die 
Evki-auku ugeti der oberen Luthwege. {»io kj-ankkaitoy Ver- 
änu* «’wagMi der ubmai Aihrtfiiwcgc ^ijid hishoi' tust au^ehiiesslieh 
rm« h I-luterhnr.limigHfi (ui ;Udmutin.n dargestoHt, Die ITaaptdiOlilen 
komien e-ur dWe W**Ut‘ «neu jT'-niigPiol boiidHiot und untersuebh 
w.nnjf ; .i], «Ue Nphnabdbt^n jöilapb -liieM ciudetiBg' dir* Erkrnnicung:cn 
dioAOiV' mnd ahbf ün iiud, ltij ! Äk-.lx nökE wiclitig, aiidej'et*- 


Ko. 11 

sidtg imlum soUdie lüfktiitdomg-eti »duon iiüi'yi.migeüden RinOusv 
auf diE Gi^tait;U% Uteß Tkihlöiiiihaytübni^ugßS der Haupthfdiieii 

Za eteer kau dl bat die normale und pätknlogisiclm AnsViomk 
d es NusenektdettB und der chfonis«d!-piasti»eiie'ü AbsrkndermigO'i <ib. 
SidilbimUndt ht-hebnnbon. Es fehlen: 

1} tbifhotügi^b-auufuOit^dbe tltfR^aPhnafOi a» kimltiiAw 
I.edelnoi. 

21 iSjsteiUiiUst'hfj EnstsHdlimg der krankhaften VormuknuiLm, 
dev Gv.-:immimi hem\v<>u(. obere und ünPum — dureji patlutlugimli. 
lumtoniimdm ÜnterAUchum-en imhltüe.ksi&bi auf den küiiisdmuVtrEut 

LP Ammei.‘bende Erkldnrngseof^ucjm ihr eiiruijisch-piaslpvluv, 

krank hohen VeHVn.dorungon der HAdomdmut dei olten-n Athemw«^-. 

Mil ÜüHo «einen Krefionsvivrfahreuy hat der Vurita«>•*,.! 
vm>!ieht. dos Pobbmdo /u orgfur/.en und AufiihUutigeu vir/.vdrdinm 
Die. Hinudtage hilden 50Ü---600 Seeuomm Deudirü judcu Ai; ^ 
oh.» Cu mdihudd^ in dm, Jiim-dgui Adlgenu iv>; n Kra«k«n)uiUH*rn. 
[d.> aud-kaiiirrftahsridieii krankhaften Vevtuujr.nnigeu der \UtnA 
iduun Huiti ;4*-t.s mit verfolgt, 

Es folirrr« nähere" Angaben der TWunde hei Kindern uinl 11.D- 
.•rwa.'lmenmj, bei Pnedohnfphia, Cntarrinis intestinalis, Prcuip^Mf'fhül;.. 
Snu-UHnu. Dipbttionti«, TussG. cnjixut$ivf S ■Tuberkiilosu; AAuv 
Gangr&Pii.’w Sodutm folgen iinUere Anganuu der Befunde hui Kn 
wOidiseonn bei InÖUi'b^a, Typhus abdominal^,, Kuonuioiija fikrineb*.. 
iGyfrifmhis, Dliioganone der Jjjnftu’ou Rauheuwomk Tuhtokukr-' 
E.vpiiili?, Dnpra, MeihngiiD oertdu'ospinalib, Dholera,'Ozaeun, : r 
rir-vHoiiSbidnmarvi. 

Danach werden uh* • 'i-^.-ihei.ten der OberhieferlUihlHi, 8tk- 

hdhlen, Ernkbeinhöhlrrn SinWeiuzelten bei Rftenkmjgen üe^hui 

Hifulmd- lind die SidtoiihA\f ; dar von Parivs ftfafay 

Gehirne.ji-J- vcfit.i; du e-aiM-sido-.inlirbfU KeDezuH.iv.i 1 h-r P- 
krnnkirhgen der 'NammnebßurÄume kur? br'*Hpri1et»c.n üfidbiit Ad- 
mrSt nu^goftbi-oehen. dass die iwufcten Nehenniummkniiikiiiigei) ^ 
ar?Hiebe ’ tW ^huuorider und diätetischer Bohftmlkiug aue 

biitrn (Die Materialien dtw VoH.fagms werden amlerweitic- w, 
ijÖliritJißbt.) 

. Sitzung am. R Mflrx ; ’i89k' 

VorsitzetHler: Fleir .SeUe«je, Schelf Hi uu'eid Herr Miinv-Du. 

1. Herl- Kndsor dmnonKtHVt rdmu> Mann, dent 

Retcnt :}0 orimio einn sükr&gß Bäüotiblaaorrßsted amrehijf wimio 

2. Herr Kation bmm.r.AnH an dm Kranken- die Tc V l»oik»:«“ 
die cHagUtföÖHeht» l>e-deuHuig iJw ttLötoTsöRfiU' p»röh\ßunhtö^ 
d«^$ Hagons. .BrkaiinUwdi Iml.r-u wir &uv iDoHimiumg rior 'hn.o: 
de^f Magen? tnehrpre «Mrilioden EfdJteu« dm noch von l»rfi t* 
heordbumde AtifhUUmmr dos Magens durch- Eui-wicknbmLr V'W H 
nach fuubiinuuo von Natv.m.i bo-arbomeiini und AenlüH' bubirici-» 
Zw-iteas die He-timono*:: d-r unterer, Grenze dvs M^cm dur:* 
den f.ympatuUsuhnri Sulmt 1 tmoh- o ? o)lsHindigi'r A usltohferunii w* t* 
iuMjfcfcä'dtnl dnE-ÄHJuFMgömic?» K^ohwHi§'d/‘EÄ|l*b)pft.ei\ fHrru.'^o 
m hallen nach AufMune von Wässer, Diese beiden Mn.lKnlrH^b ' 

dann, wenn srn irr nub^cidor Korpcrhattung mm»'-' . ' 
Werden, nie bl das D Dinge Dikl d«^ Macpos" m geiiiliteni /J^vm 
das tiild d.s Icfztom, i„ voll j r Hciunf ang ist d.i^enurj’; "T'"*' 
wie za scheu wöitsebcn, um uos einen Uwgr'H von den ruieoMv 
alonrngcn zu »narben . Rvi mit. Wasser gcmliK: Magen f .l' ,u 
urndji moinvu v^rgluirjmudrui Wi^neted» hei der Dm'eltHt i * 
AoWuiiUjch itöfei herab «Jb der durOi Duft ausg<>dehm M 
Aufldftbuug und ate der leer gepumpD, wtmn man ^ n . f u ‘f‘V 
T ; hui! .eil Wbssur füllt, Eiiuß dritte^nHiod^ wbibe dar*»» 

‘lass mau d.is untere Ende der Magrasomte so HH jl ^ : 1 u :;"'-‘: 
mog}i« h >.«ld min durDv die liaiitätHebfeen den Knopf g ,^ 
um uu-.hl Hrioie)' auweudbar, %. R bei krtiftigon i:ti«;i< iH"" k* - s 

MÜE*Äht öäU z uiigeföhrlieh, huch kein rieMigen pm j. ’* 
Atälb-u üi : dem Thoil ,\vo ihn die Suade fliTmkte, ; . 

],<:UUn Hclbst zugDfd. E^ i.k-ibf also als vlortu AIGuhi* 
Ibrnddenotdimg libVig. und «xynr I»«i sUivk ^ i efit ,’."’/ v,.pp. 
wund man cia voUstündig«^ Bild "erhalten- wm- . . a« ^ . ; . • 

Älolif die Diagnose '&MM mul sioher. ;anth «n .^vT-.r Ih 
denen sonst noch bm-Vorrägbnde SYmptoino hdden, 
gröSsc-vung des Mugv.us vermag die Rmvu *-m t-rma ^ 
wachsuug«'!! dos Organes;, A'erhigenrng, . vrUemo k . _ 

die samtuhriormige Einsctmürmsg, U schwül sie,, tvem» ^ 
vui-äcroo Wand sitzen, zu zeigen, Emma Kann u- * ,■ ^ ^ 
Arb nicht, vorskdlen, .ich habe drm J Tftn * ,,,. - 


kimh den ßuidruck omrs imbAVtir Umienucn, ' 

fcÄWUohe Ra der" tonkd. dru ■ 

, hUiinv^ji prx’huhl h.Tf, IbbO. IHKli. IHM: ^ kVi ’ld J»n - ■• , 4ri . i :n '• • 

•i iinUkoit ein irüh.-vcs \jhw, eine VöbJi>gt:ning «*‘^11 - >(( ... ; 

{ rtarhuug nnzaüÄmUvi RaifQät diäUe dreÖifft Apru^f^\ 

! Erbrctdmii vor srinör Autiiöiim» \h, dummr -1W4)» ^^-.A >D.D. p&f&wi*“ 

! Uteft» VMlWUIV wl-l, luOf ito« w<*C 


■ 





23. August. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


87 


ausgepumpt wird, hat er aber 147a Pfund zugenommen und ist schmerzlos, 
verträgt eine kräftige und vorzüglich trockene Kost. Der ausgehobene, 
nicht fortgeschaffte Inhalt des Magens, welcher des Abends entfernt wird, 
enthält noch Sarcino und ist noch ziemlich reichlich. Ein mal nur, nach 
einem weiteren Wege, ist noch wieder etwas Schmerz aufgetreten, also 
wahrscheinlich durch das Zerren des schweren Magens an seinen Be¬ 
festigungen, während vorher die Schmerzen und Leiden des Kranken sehr 
arg gewesen sein müssen, da er sich mit den Gedanken an eine Operation 
in das Hospital aufnehmen liess. Die Grenzen dieser Ectasie sind, wie ich 
mit Vergnügen sehe, seit der letzten Untersuchung sehr zurückgegangen. 

Der ZAveite Fall von Erweiterung, welchen ich nun zeigen will, auf¬ 
genommen am 27. December 1893, bot so wenige Symptome dieser Krank¬ 
heit, dass dieselbe anfangs nicht als solche erkannt wurde, er litt an Ver¬ 
stopfung, Blähungen, Druck, zeigte kein Plätschern, kein Erbrechen; bei 
ihm hat gerade die Durchleuchtung die Diagnose festgestellt, und seit er 
mit täglichen Ausheberungen behandelt wird, sind seine Beschwerden ge¬ 
schwunden, hat er 5 Pfund an Gewicht zugenommen. Dennoch ist die 
Ectasie sehr bedeutend, der Fundus steht fünf Finger breit unter dem 
Nabel. Sie haben, ineine Herrn, gesehen, dass der Magen mit ‘ J /3 seines 
Inhaltes in der linken Körperhälfte liegt und dass die grosse Curvatur in 
aufrechter Körperhaltung und gefülltem Zustande eine ganz andere Stellung 
einnimmt, als wir uns nach den Befunden an der Leiche und den meisten 
Zeichnungen vorstellen. Dass man nicht den ganzen Durchschnitt des 
durchleuchteten Magens zu sehen bekommt, sondern nur das der Bauch- 
wand anliegende Stück, haben Sie gleichfalls gesehen, die umgebenden ge¬ 
füllten Därme hindern die weitere Durchsicht. 

Der Mechanismus der Durchleuchtung ist ein sehr einfacher. 
Das von Heryng in Warschau augegebene Instrument enhält an 
dem unteren Ende des Schlauches das elektrische Licht und auch 
eine Oeffnung zur Zuführung von Wasser in den Magen; am oberen 
Ende befindet sich eine Oeffnung, an welche der Schlauch eines 
mit Wasser gefüllten Irrigators angesetzt wird. Nachdem der 
Magen gründlich ausgewaschen ist (sonst giebt er kein helles Bild), 
bekommt der zu Durchleuchtende zwei Gläser Wasser zu trinken, 
nicht mehr, damit Würgebewegungen vermieden werden, alsdann 
wird der Sehlauch eingeführt, am besten von dem Patienten selbst, 
das obere Ende mit dem Irrigator verbunden und, nachdem ge¬ 
nügend Wasser eingelassen, die Lichtleitung verbunden. Nach der 
Untersuchung wird der Magen durch den Heber von dem Gewicht 
des Wassers wieder befreit. Das elektrische Licht kann ferner benutzt 
werden zur Durchleuchtung der Kieferhöhlen und Stirnhöhlen, von deren 
Bedeutung Herr Harke in der letzten Sitzung gesprochen hat. Die 
Kieferhöhlen durchleuchtet man vom Munde aus, die Stirnhöhlen, 
indem man das Licht an die untere Fläche des oberen Orbitalrandes 
andrückt. Ein rasches Erkennen von Empyemen der Kiefer- und 
Stirnhöhlen ist auf diese Weise allein möglich. Schliesslich erlaube 
ich mir, Ihnen das von Trautmann angegebene Instrument für 
Beleuchtung des Nasenrachenraums zu zeigen: dasselbe giebt einen 
vollkommenen Ueberblick über den Nasenrachenraum, besonders nach 
Cocainisirung desselben und Anlegung des Gaumenhakens. Alle 
Instrumente, welche ich gezeigt, sind von der Firma Hirschmann 
in Berlin, welche in Hamburg durch Herrn H. Remmers ver¬ 
treten ist. 

8. Herr Fränkel demonstrirt einen Fall juveniler Muskel¬ 
atrophie. Die Krankheit ist progredient und besteht seit früher 
Jugend. Die Mutter und der Grossvater mütterlicherseits leiden 
an derselben Affection. Hauptsächlich sind die Oberarme und die 
Muskulatur des Schultergürtels betroffen. Am linken Arm besteht 
exquisite Serratuslähmungsstellung. Im Gesicht ist die rechte 
Hälfte des Musculus orbicularis oris mitergriffen; die Sensibilität 
ist intact. Die elektrische Untersuchung ergiebt nur eine quanti¬ 
tative Herabsetzung, keine qualitative Aenderung der Reaction. 
In supinirter Stellung ist Flexion des Armes durch Contraction 
des Brachialis internus noch möglich. Der pronirte Arm kann durch 
den völlig atrophischen Musculus biceps nicht mehr gebeugt werden. 

4. Herr Müller demonstrirt an einer Frau eine Lingua 
acce8soria. Dieselbe stellt einen pilzförmigen Tumor auf dem 
Zungenrücken dar, der dicht vor den Papillae circumvallatae ge¬ 
legen ist. Auf der Oberfläche des Tumors besteht normale Ge¬ 
schmacksempfindung, und durch den faradisehen Strom können 
Contractionen des Tumors ausgelöst werden. Das beweist, dass 
es sich um einen homologen hyperplastischen Tumor handelt. In 
der Litteratur sind nur zwei Fälle dieser Art bekannt. Der eine 
ist von Hayem, der andere von Herzfeld beschrieben. 

5. Herr Kümmell hält seinen angekündigten Vortrag über 
ambulante orthopädische Behandlung von Gelenkafifectionen. 
Er demonstrirt eine Anzahl Hessing’scher Apparate zur Behand¬ 
lung der Spondylitis, Coxitis und der übrigen Gelenkerkrankungen. 
Kümmell ist ein grosser Anhänger der ambulanten Behandlung 
mit geeigneten, gut sitzenden Apparaten. Ferner werden einfachere, 
nach Heusner’s, Hoffa’s und KümmelFs eigenen Angaben ver¬ 
fertigte Apparate und eine grössere Anzahl Patienten vorgestellt. 
Kümmell ist mit den erzielten Resultaten sehr zufrieden. Nach 
2 l /2jähriger Beschäftigung hat Kümmell seinen Bandagisten soweit 


gebracht, dass er gutsitzende Apparate herstellt. Einfachere, 
billigere Apparate werden im Marienkrankenhause selbst hergestellt. 
(Der Vortrag wird anderweitig veröffentlicht.) 


V. Medicinische Gesellschaft in Giessen. 

Sitzung am 13. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Löhlein; Schriftführer: Herr Poppert. 

1. Herr Löhlein: Interessantere Ovarialtumoren, a) Der- 
moidkystom des linken Ovariums, bei einem 24jährigen Mäd¬ 
chen (Luise Z.) entfernt, bei welchem vor nicht ganz sechs 
Jahren (9. Mai 1888) M. Hofmeier „ein über mannskopf¬ 
grosses, multiloculäres, rechtsseitiges Kystom mit Der¬ 
moid“ abgetragen hatte. Schon damals war bei der Operation 
eine mässige Vergrösserung des linken Eierstockes aufgefallen, im 
Hinblick auf das jugendliche Alter der Patientin indessen auf die 
Exstirpation auch des zweiten Ovariums verzichtet worden. Es 
bestanden seitdem bis vor wenig Wochen so gut wie gar keine 
Beschwerden. Erst 14 Tage vor der zweiten Operation Schmerzen 
in der linken Unterbauchgegend. Auch diesmal mannskopf¬ 
grosser Tumor, aus dessen grösstem Lobulus, der sich nach der 
Incision präsentirt, ein Liter heller, dünnschleimiger Flüssigkeit 
von 1,012 specifischem Gewicht entleert wird. An der Basis aus¬ 
gesprochene Dermoidbildungen. Es war eine mässige Narbenhernie 
und ausgedehnte Netzadhäsionen an der Bauchwand von dem ersten 
Eingriff zurückgeblieben. 

b) Rechtsseitiges Fibroma ovarii von einem 40jährigen Fräu¬ 
lein (H.) stammend, erweicht durch venöse Stase infolge der be¬ 
trächtlichen Ausziehung und zweimaligen Torsion des Stiels. — 
Die bräunlich-gelbe Verfärbung der Oberfläche, die Form und die 
entfernte Lage des Tumors vom Beckeneingang Hessen selbst 
während der Operation längere Zeit Zweifel an seinem ovariellen 
Ursprung hegen, zumal der Stiel erst nach Trennung sehr zahl¬ 
reicher Adhäsionen bis zur Kante des Uterus verfolgt werden 
konnte. Löhlein hat unter 172 Ovarialgeschwülsten, die zur 
Operation kamen, siebenmal Fibroide beobachtet, darunter zwei¬ 
mal doppelseitige, einmal gleichzeitig mitFibroid des Corpus uteri, 
einmal bei einer 70jährigon Patientin (mannskopfgross). 

c) Vierfache Stieltorsion und ihre Folgezustände. — Frau H., 
44 Jahre alt, acht Geburten, trug schon seit 14 Jahren eine 
„Blasengeschwulst“ des linken Eierstockes. Der Arzt, der damals 
schon die Diagnose gestellt hatte, veranlasste sie, nachdem er in 
der letzten Zeit deutliches Wachsthum der Kyste bemerkt und 
eine Reihe von Symptomen, namentlich Diarrhöen und zeitweise 
Schmerzanfälle, hierauf zurückgeführt hatte, sich zur Operation 
aufnehmen zu lassen. Nachdem schon bei der Exploration der ge¬ 
wundene und stark ausgezogene Stiel und die Verwachsung mit 
Darm schlingen aufgefallen war, zeigten sich bei der Operation die 
Folgezustände der vierfachen Stieldrehung sehr ausgesprochen: 
Verwachsungen mit dem Colon descendens und mehreren grösseren 
Dünndarmpartieen, zum Theil nur schwer trennbar; die Parietal- 
serosa blauroth injicirt, nicht spiegelnd, schwartig verdickt; die 
Kystenwand zum Theil brüchig, an ihrer Innenfläche grobkörnige 
Concretionen, der Inhalt chokoladenartig. Die Stieldrehung war 
am festesten an der Geschwulstbasis und verlief (bei linksseitigem 
Ursprung!) von rechts nach links. 

2. Herr Riegel: Ueber GastromegaHe und Gastrectasie. 
(Der Vortrag ist in No. 15 dieser Wochenschrift erschienen.) 

VI. Unterelsässischer Aerzteverein in 
Strassburg. 

Sitzung am 28. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Laqueur. 

1. Herr Naunyn stellt einen Fall von Akromegalie bei einer 
45jährigen Bäuerin aus derUmgegend von Strassburg vor. Die Krank¬ 
heit hat sich im 33. Lebensjahre entwickelt. Vorher hat sie jedoch 
schon seit mehreren Jahren an Kopfschmerzen gelitten: auch war schon 
seit ebenso langer Zeit, und zwar seit der Geburt ihres dritten 
Kindes, ungefähr im 30. Lebensjahre, die Menstruation ausgeblieben. 

Ein Jahr nach einem heftigen Schreck (Brand auf dem Gehöft), 
vor jetzt zwölf Jahren, bemerkte sio das Dickerwerden ihrer 
Fingerspitzen daran, dass der Fingerhut nicht mehr passte, bald 
ging es ebenso mit den Schuhen, und sie hat seitdem mehrmals 
ein grösseres Maass für diese letzteren nehmen müssen. Seit 
diesen zwölf Jahren hat sich denn auch die Missstaltung („Ver¬ 
längerung“) des — wie eine Photographie aus ihrer Jugend zeigt 
— ursprünglich sehr wohlgestalteten Gesichtes entwickelt; in den 
letzten Jahren soll die Entwickelung geringere Fortschritte gemacht 
haben, und auch die Kopfschmerzen sollen geringer gewesen sein. 

Ausgesprochenes Bild der Akromegalie Marie’s; die Hände, 
Füsse, Nase, Unterkiefer zeigen die bekannte gewaltige Entwicke¬ 
lung, während schon die Unterschenkel und Vorderarme kaum 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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VEREINS-BEIL AGE DER DEÜTSOHEK MEDICmiSGHEN WOCHENSCHRIFT, 


Abme. nullit. xoigQn,. Processus Amfeiinml* oml Mimubmvm sehr 
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RmntM'kVjrtswertit ist die sehr starke VerdiekiiAe' der Wangonr 
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r« 4»t-ern HOU««-' und' B^jiA«dur(dnuf^eei’ .nur wenig vm*gr«4;*-;ert. • 
LmAUmr Anderseits i^'as NYnrgrtöfcMjrf, Farbe der HehJoimhauf 
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Da* f-orewf*. «ly^s lAdles lmrulVf. aui %ti VAruund^osoin 

«drmf linYmrhritmvn tvju|««*r*th‘u Ummunup.üi'. »*• ut kaum mehr 
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«Mdeln» ikI-, mMon uv Irühenm Fülle«. m* in dem von Ru1 Xz »Dmus-dm 
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.-pi n h t »J;jriiI, ci:cv-,. wie io V»oM.i FilMn vofi Atr.;viH»>^di«V M» ilftell 
hkir ejlie Grs« i W nM< de/ H^jtMptfvsi* hesj&htd die lkmM«apNir' (fofl ", 
niii ein« Folge det (\xuf*f^4dn dn? Tructus uptiüif# durch diese 
be/.vge« werden, Htanift»,us|HVpiIfe mMr AU?#Mb 4«? AM/nr? «pftw 
ist nicht vorhanden, 

Si)xiu$)\ dchifuistrii’f Abbildungen eitles fiifher von ihm in 
KönigMiei-g beMmvhiobm Falles• Von. Ak’.omogäüb, dev sebtiif Mdf 
Ais der rrm.e Fall von Akromt^alle in IhMs^-liiapd ven Aliti ko wskv 
veridknUkhi. Mi,. Die», r M »ukoW.-k iVho Feil war übevlmujtf.' ■ 
der erste mich Mn eie buhlhdrt«.. ‘ 

2. Herr Wollt sMH ü] rineu Fall von Syphilis ’heredHanä' 
tarda vor. 4M handelt*, Pich um eine Ft d u Von 4Ü dädern. die- 
iVnif tfräfunde Rinder von !t» bis ?.\\ i d.ihr bat Hb’ leidet iu< 
ein ein iJinmna dm Na m wdidu-s durtdv /Arb;!! .diue. Zersldrun^ -der. 
Na^udH'ioft bemoftrnnim iud. N.unVn sied am Wluin in der 
EUmvbd^mi- und Kr.tny.envnd, >m$ tUmt-. tvvAilien tadumsjhiire. 

AGiiomemJ, VoGuumru, Wulff xtiUvd. dn^ Dm-uvss ,nii du* Fol.V- 
vumtaiifiit. der G.-s(d»wu7lvr ; sv^dv; üni dx- Umho v-ou vrs« heiummeh, 
nolebe die J‘atientui selbst seit, t/irvr DtdViiH duiv iigernaetit hat 
ujid deren S|M»re.u j.:i,b/.i noch navhvvfi^bHe sind Ihr Mulle, bat 
drrirnn] aimrDid und limul ^ebomi .AUe .Kinder sind tos uu» ; die 
fbitdellt*in,’ : \VdR;ho das Vürlefz.fe ik|. avsiorbviv 

b) Rinv'n- Faf) fixinamösom SyjiIuRd.: v) biilicji _.F^‘‘ivtHi 
liUpns hypertvophiciie. d! Kt ne« Ruil von Lichen ruber pianwe 
der Hände und Arme 

& Herr, WoHi'; ..üober ein neö'os- 3rodp:riipftra.f. i ‘ '-.a»»:.iTdd- 
vnbidinxn. Gntnv den bis jeut 2111 Vor ««»ndiinf; kt) mnuvrolen 
Alkntijiwiiden nuinn dus Jodkrilinm den ersten fbvm ei», wedr. des 
dmiiithimu. fuu i'i <Ju?. JodamitiöntuiH «der »ins.dadiiiitwuia vern?u< bv-u 
dio^clbnif Wi/hun^e« bCeVo*' 2 iü’ulun A v 'ir idtnts. 

So rn kbiWe Sr Inn »VMj e.tMvrn OSRo). .lass da< ^lodkaüum Situ- 
Aebtlirb filier VVirk?Hmkeif, weder dnrdi ein uiubmes Jodid, »meb 
fUnvh ein ändern* Kalisalz in rniM-eimirmter \W;su cr^tzt vnrdmi 
könne, l inl dofdi di*» Kuliunmnl^iv; *umm«vmdaue und 

Abi*!,! Mirvunt ImRua; sie reizen die ivr»^^« von. 

J>unn «.< hJeebt imueri., wirken rtbiiihrrud. vAkeu l^bm*:...! ..»u 
du* Muskeln «m und sind jmsi'nude, dir Tbu. ?r k_<dt. d.'r irmforisubuii 
Noeven sUiVk ÄU 

* "Ä ' 


•luluv |HHb das ivubidium. weielios uiebli »•_?: ist, als F/sat?. d«; 
Kaliums Vutmvebjäu'un. 

Hubnlinm war aber bm ?m den l'dcim Zeiten nur zu einem 
1-AifGA d<w die modHnlmho Anw<*mlmi«.- deUs*dbon aüs'sebios«., o*r- 
winftMi'r und jfrid Seat efibgcn labhcu kan« diesem Prnj.aral a« 
muem äu^uue-v-em.m Pr. ise jrv»< b,.rt'r wonbm fR7 Mark das KI)cm 
griimm), Ki-bui! Tom IbronUisi lam Sf :nnbuvik1.e aus besitzt »las dwlru- 
bi»liiim Civer.se]i;ifWn, vveidie es hPs iS ' av* d * i 5 Jndkaliums empfehlen. 

Die gimnOtb* \Virbunm der Jod|u;5|*ar:ite srhrjni, vo« ter- 
s-bieibmen l-Vdonm aMiiingig t\\ kein; znvv^i von dem Molo-' 
k ul arge wie iiP in «lin^r IPnsaeM m ,u Judruiddium den 
amliTOo Alkalijodnbm tudt {Umriße«, da dasjmdg^ des l*»ditakdum^ 
aiif- 150, des .Jodkalbt«\K IdU und des dydruburms 212 betrügt, 
in zweiter Li»t*o komm! die m^vwumte tt S?Uzwirk«ng*' in Bm 
M-fu lit, iks flu? t>y«drsco ‘dojtjihltb Vftitoto umi .Rünknnmatz 
tmt übm Chbur.ulrimu des Dlnfes und der. Gedebe 
' JK: d- Na11 4- K;i..f .f K('i ■ 
p0 4 , bn ^ .f jc -f Nadd 

* M '’ 1 * •' bv:!,*»\ ! ■ * u'ii * 1 • b-.; ju-linn (vumdiuiivn 


UPP - _ ß 

vor sich gehen, hängt vom der dekfroij’fisdien L*issoe.iation ,!•* 
Salze ab und wird dardi <lie elektrische Cmitfaiiigkc-a 
g-eßicmseu. Auch Mor «idit das JmtiubbLium über der» -mü'l 
dWäparatvn, da diese LeiD'abigkeit. vom Erdmauu und Osivv.i 
gemessen, sieb !'ol^en<ien*iifassen verhitP: Jmlliüdmn 107 4 i l4 v 
hfttrium U.9,.1, Jorlkalium 140, Jmlrubidlutu 1444. Wifi! „m 
hinzugosotat, tbssJifts Jmlniiddi.uu milder sthn.eeki und vom Mt^r 
Imssev vertragen.'wird, so schien nngoseigG Versuche- n»|i 
iVp'dk’amvnt auZUhl.elbm. 

Seit Mit tu des vorigen Jalircg Im be ieh im\ m^l in w : 
Rifidk ul? idtoeincr PGvatVrasIe V^TRij^c ditPirutAhg^silk 
nur Günstiges darüber berichten, Andere Autoren; UMm.Uv 
v, Ale King ünd andere, Hähßn dieselben Krlabcu..*«.-?} m-utwefib Id- 
kann sägen, dass diu Wirkung dortanlgon d- s Jmikalimn; ^v» : ;i 
steht, sugai hberR'/en itt, ikv-a abyt de- buh ubidimn \ 
cUzt T »vd.hu dmn .lodknliuin abgehc«, Fs un.i i.b-bte, u*v ill i,, 1( 
und stört die Verdauung hidtl Leist ikow lut cs bet omoo* Svp*, 
Htfechmi, der an omem iCUvpmtinhlnr litt, verabreicht, oIukv hru^e* 
ringsf.Oh eipo Sfünirjg dm- i ba^tbütigkdt ?.\\ bcobaebton. Inner .iwi:^ 
Patient ob, de/ amb Judicibum iommr »bmvt. buftmen Ausbruch v.m 
Akrii» rinh-Hun sah, bliid. u;i> .lodr.iltidium von dmmdbrq vms.I m«» 
VmalH'dchang und Dosis sind diu gbd»:Uvu v t w diu tlv< d';-ik r iÜ c*» 
jsicr üsPoü. ib*r: H a :i tiy 1 » »voist «IhfRiif ihrf, »inMi Ha luPil*'* 
'du** udiug- \ v iri..<bi> ibu-Ä m« jiihminmmm nu' !v ul.. , .;i 
odkr Änwendttng. ohtfalum, widircßb sh v'«riv3pj»4ivP*. 

düs Hera «»giftig sind. . Vx’tirigsteils kommt hei Vi/ybfolgj(«fe' V»dr 
arvv fttwaigc giftige Wirkung der KaUfcitee erst bei kok»sf??iF:a j*>mu »0 
iPtrad.L wie sic mfibiminonios uiontaD nugewenduf wurdw;. liii c 
ma-gniss vor der jlcTzWirkung: der JvwiisoDn, v?j«u w - von-.Mv VnP !l 
ufiurs goänsfjcK wiiii,'ist, also für d.u Praxis grmidu.« 

d. XjäiiViOur: trefce? die operative Bebitüdiun^ d«if 
h öeRetgraciigen Myopie. TfäsRsil em er sieh Ih'grlit- dw 
mjur ihhnüwi Mvoi;io f die mm de». nieduveu mid mii;ha>»> UcPic 
hidhf; KUV g/üducfJ. ^oade/n e.ssnnticll verschieden i>p [orpu-GiH 
mürttVH <UW Vo/tragciuhc eüo bisher gcuiachten Ver^tiujbk ilkvte- 
üiehDgkuit ^uiiual m hellen,' und bespricht eingehend »li» v vv, 
l*' n 1t.h 1 iv äHß'i^fRütvo Alcthodo, die LfetÄi 
der DAkartud. Kr -hät die letztere jü vier FülleH HUsgihührf; in P, 
drei, erste« •'Rntulio er die von Fnikala uad anderen heohKn/b-’ 
pünsGceu Re?itHare bestMtigeu; im vierten Falle vm<b- dci u'k 
dn/ölt eiuu ÄclilriclKmdo Iritis veipitolt, die 4eh ricbeMii 'ltniha':. 
erkläre, dägs bei. dum jijgundliebeji PaUenicu eine : ;l)is|Wsinoa f 
Jrjfcih' lirKtaml, wir aus der M-hliuJilcui Refntiou de* Fu|jillfr4Ölft 
Auogin gFfolgerf weniou 'mussto Eg ist darum hei »Ef, ÜnwM 
der Falb/ grosse. Vomcht geboten. . 

VTL Naturwissenschaftiica - raedicinischer 
Verein in Strassburg. 

Mtidiciiiischo Sektion* 

SifziiTig um 25. Mat 1H94. . 

Vkvridi.'zemler: Herr Le»iderbose: Schriitt’ühree fRrr K*iD 
V. Hcit Laq u cur beriohtCt über eincff Kall v*»« EmbpRa m- 
Cozitrhla/terie der .NTetzliant mit vi/Higei; TtdggnPi r <kr 
lu.tea : Die 20jährige, an Fnsuber Eud/pyiriiit»« DMemh 
ImLc dl-fti 'Fagu vor ibinr i rsiui» Vorstellung in der Kb»»k pp'’)' ■' 
»ins Hel»vorn»dgeVi ihres büken Auges verloren bis auf 
um de« Fixirptinkf gvhignnc-u quur«WiIt*n Bezirk: 
mnskojibsel»? Bfduud euk^ftrh» h gHi\z dem t.V{asrAmi BütJ*' 
THsühen Kndioiio; ;nur 'war «er ttmniomic Tbud .h v . ■ • 

•Von der Papille bis zur nufyev>tuf< Ptwi|dicrb* : 1D 

der in »wivuet i;vwu»^i^ .Ä»v»!n*. J« ‘ , wh(«.«^c , “ , '*s'- | ifViib 

bezüglich der Hin » r enfasitunüMir4tung 'tu der .Netzhaut ti»h L ?' 

Pupilkm/oifitractiou vcrnbDjdmleti Sehnerv»a»i‘«spri» /.)<*.«*« ' ,lJ U, 'N 
2, HtUT >tin.t«*vr; Bpikritische Bemerk ango« z° “ „ 
IHdöessop Jöst. ufid .H«%^lmaier- /Der \ urtfug fi< 
W'.mboime.hnr’t No. RI. H. «2t veröflentliehb) 

SitÄUTig fxw B. Juni tW*. . V-tu 
Yormtzemler; Hoir Le:4derhübe: HcUnlttührni • ' y)i 

Dorr gvh walke p»nohf dbor die AMbropoIogu? 
nmi »kumfistnrf otno crusscro '\jizrdd . tücrauf bezha »'.■■.■-'< * .,■.. 

die «r (Irei voj-Hohiodenmi GpäbeD’Mder» cittnommF 5 •* _ 
vuruehiedemm Zoifopooben artgehüCmi. 

PPfvtnig am 22 . JsnD tHüj . •*. ul(); 

\'<irsitzeu«kr: Herr Lou «)urhose: Sohrd!tuu:-v» • ^ . 

Herr Fr«> und" spricht über eine 
'. --94^' » buriPhteta \ : 

Falt von Xer.^ünmg der ljc.-i'hrc tliid dM ^ ijlasüiibft 
der Ideciis /.u« Dcdkung liefe linfnclcs vmäyendcl 



Oetirucfct »vi Julius Smaufom h. fe»vrU& VY 





Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


6. September 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Budapester königlicher ärztlicher Terein: Sitzung am 17. März 
1894: Karman, Beiderseitiger Kryptophthalmus. — Dollin'ger, Am¬ 
bulatorisch behandelte Oberschenkelbruche.— Dirner, Sarcoma ovarii, 

— Dollinger, Exstirpation der tuberkulösen Hals- und Submaxillar- 
drüsen ohno Hinterlassung einer sichtbaren Narbe. 

Sitzung am 14. April 1894: K6tli, Darmsarkom. — Derselbe, 
Gallensteine im Ductus choledochus. — Ostermayer, Arthrodesis am 
linken Kniegolenk. 

Sitzung am 21. April 1894: Haläsz, Molarzahn mit seltener 
Entwickelungsanomalie. — Felcki, Endoskop. 

II. Dritte Versammlung der Deutschen Otologischen Gesellschaft: 
1. Sitzung: Siebenmann, Erstes Auftreten der Gehörknöchelchen 
beim Menschen. — Barth, Bemerkungen zum Ligamentum annulare 
stapedis. — Bezold, Doppelseitige Steigbugelankyloso. — Denker, 
Primäres Epithelcarcinom des knorpeligen und häutigen Gehörganges 
und der Ohrmuschel. — Reinhard, Behandlung des Cholesteatoms 
des Felsenbeins. — 2. Sitzung: Hansberg, Gypsabgüssc von auf- 
gcmeisselten Oberkieferhöhlen. — Bürkner, Behandlung der Tuben¬ 
krankheiten. — Lemcke, Acute Caries und Nekrose des Felsenbeins 
nach Influenza. — Koerner, Gohörgangsplastik. — 3. Sitzung: 
Walb, Conservativ oder radical? — Kuhn, Atresia auris acquisita.— 
Hartmann, Mittelohrentzündungen bei Säuglingen. — Kessel, Vordere 
Tenotomie, Mobilisirung und Extraction des Steigbügels. — Stein- 
brUggo, Missbildung des Gehörorganes. — Koerner, Behandlung 
otitischer Hirnkrankheiten. — Guye, Pachymeningitis externa ex otitide. 

— Joel, Beiträge zur Hirn Chirurgie. — Hansberg, Operation des 


I. Budapester königlicher ärztlicher Verein. 

Sitzung am 17. März 1894. 

1. Herr S. Kärmän zeigt einen sechswöchentlichen Säugling 
mit beiderseitigem Kryptophthalmus vor, bei welchem beide 
Orbitalhöhlen mit normaler Haut überdeckt waren, ohne jede 
Spur einer Lidspalte. Unter der Haut springt beiderseits je ein 
kugeliger, haselnussgrosser Körper, der Bulbus, hervor, der sowohl 
activ als passiv beweglich ist. Es ist das zweitgeborene Kind der 
Mutter, deren erstes bald nach der Geburt verstorbenes Kind an 
einem Auge Lagophthalmus, am anderen Blepharophimosis hatte. 
Kärmän fand bisher bloss zwei solche Fälle wie der seinige in 
der Litteratur verzeichnet. 

2. Herr J. Dollinger stellt zwei Fälle von mittels seiner 
Gypsverbandmethode ambulatorisch behandelten und geheilten 
Oberschenkelbrüchen vor. Dollinger erwähnt, dass erbis jetzt 
sechs Oberschenkel- und elf Unterschenkelbrüche mittels dieser 
Methode behandelt habe. 

8. Herr Dirner zeigt ein an demselben Tage oporirtes, in ver- 
hältnissmässig kurzer Zeit sehr rasch bis zur Grösse eines 
Mannskopfes gewachsenes Sarcoma ovarii von einer 83jährigen 
Frau vor. 

4. Auf der Tagesordnung steht der Vortrag des Prof. Dol¬ 
linger: Ueber die Exstirpation der tuberkulösen Hals- und 
Subm axillar drüsen ohne Hinterlassung einer sichtbaren 
Narbe. Die Methode besteht darin, dass ein Hautschnitt gemacht 
wird, der hinter und oberhalb des Ohres etwa 1 cm unterhalb des 
Haarrandes beginnt und parallel mit letzterem 5—6 cm weit nach 
unten und hinten geht. Der vordere untere Schnittrand wird bis 
zu den Drüsen mittels Scalpells lospräparirt, dann werden diese 
der Reihe nach mittels mehrspitzigor Zange in die Wunde hervor¬ 
gezogen und vom anhängenden Bindegewebe losgetrennt. Auf diese 
Weise zieht er Drüsen hervor, die einerseits bis zum Schlüsselbein, 
andererseits bis zur Kinnspitze reichen. Von sieben Fällen heilten 
vier p. primam intentionem, in einem Falle trat Eiterung ein, weil 
zufällig Haare in die Wunde gekommen waren, , in einem Falle, 
weil der Narcotisirkorb zufällig an die Wunde ankam, und in einem 
Fall wurde die Wunde tuberkulös. 

Sitzung am 14. April 1894. 

1. Herr Kßtli stellte eine 27 jährige Frau vor, bei der er eine 
in der Mittellinie der Bauchhöhle seit drei Jahren wachsende 
spindelförmige Geschwulst als Darmsarkom diagnosticirte, die sich 
auch nach der von Prof. Dollinger ausgeführten Exstirpation als 
ein von der Schleimhaut des Jejunum ausgehendes Sarkom er¬ 
wies. Ausser dieser fand sich noch eine zweite 6 cm lange und 
5 cm im Querdurchmesser messende, ebenfalls vom Darme aus¬ 


otitischen KIcinhirnabscesses. — Reinhard, Sinusphlebitis ex otitide. 

— Jansen, Sinusthrombose. — Derselbe, Cerebrale Complicationen 
bei Mittelohreiterungen. — Hartmann, Entfernen von Tumoren des 
Nasenrachenraums. — Siebenmann, Atlas der Labyrintligefässe. 

III. Vierter Congress der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft: 

Kaposi, Moderne Systematisirungsversuche in der Dermatologie. — 
Liebreich, Biologische Bedeutung der Vernix caseosa. — Caspary, 
Erythema multiforme. — Pick, Gegenwärtiger Stand der Lehre von 
den Dermatomykosen. Gonorrhoedebatte.— Grünfeld, Endoskopio. 

— Casper, Urethroskopie. — van Hoorn, Thioxinamin. — Petrini, 
Confluironde Syphilis framboesiformis vegetans. — Ehlers, Statistik 
über 1501 Fälle von tertiärer Syphilis.— Petersen, Spermatocystitis. 

— Hochsinger, Congenitale ‘Syphilis und' Tuberkulose. — Riehl, 
Beiträge zur Kenntniss der Hauttuberkulose. — Ehrmann, Blutgefässe 
am männlichen Genitale.— Fabry-Jadassohn, Urticaria pigmentosa. 

— Jadassohn, Pityriasis alba atrophicans. — Neisser, Keratosis 
rubra pilaris. — Chotzen, Lichen ruber planus mit atypischem Ver¬ 
laufe. — Schäffer, Sklerodermie. — Arning, Leprapräparate. — 
Petrini, Leprabacillus. — Mikulicz, Ulcus cruris; flächenhafte An- 
giome im Gesicht. — Saalfeld, Glasdruck und phaneroskopische Be¬ 
leuchtung. — Neisser, Eczema folliculare. — Rosenthal, Blasen¬ 
bildende Affectionen der Mundschleimhaut. 

IV. Belgische Gesellschaft für Chirurgie, Sitzung am 12. Mai 1894: 
Generalisationen des tuberkulösen Giftes im Gefolge von chirurgischen 
Eingriffen an tuberkulösen Heerden. 


gehende Sarkomgeschwulst, die mit der orsteren sowie mitsammt 
zahlreichen sarkomatös entarteten Mesenterialdrüsen zu gleicher 
Zeit exstirpirt wurde. Die Kranke, die ausser Obstipation und 
kachektischem Aussehen keine anderen Symptome darbot, wurde 
geheilt entlassen. 

2. Herr Kätli stellte dann eine 52 jährige Frau, die wegen 
Gallensteinen im Ductus choledochus ebenfalls von Prof. Dol¬ 
linger mit glücklichem Erfolge operirt wurde, vor. Der Ductus 
war fingergross ausgedehnt, und darin ein haselnussgrosser faeet- 
tirter Stein gefunden. Der Ductus wurde mit feiner Seide mittels 
Kürschnernath geschlossen. 

3. Herr Nik. Ostermayer zeigte einen geheilten Fall von 
Arthrodesis am linken Kniegelenk vor. Er betraf einen Mann 
mit beiderseitigem hochgradigem Genu valgum, bei dem trotz beider¬ 
seitig ausgeführter linearer subcondylärer und keilförmiger Oste¬ 
otomie (erstere nach Mac Ew T en, letztere nach Meyer-Schede), 
sowie subcutaner Durchschneidung der contracturirten Biceps- 
sehnen linkerseits die Gelenkskapsel schlotterig blieb. Die Arthro¬ 
desis führte Ostermayer theils nach Volkmann, theils nach 
Helferich aus; es kam zur vollständigen Heilung des anchylotisch 
gewordenen Gelenks. 

In der Discussion führte Dollinger aus, dass er in diesem 
Falle lieber die Resection gemacht hätte, weil dann die Extremität 
kürzer geworden wäre, was bei einem in gerader Linie anchy¬ 
lotisch gewordenen Knie beim Gehen von Vortheil ist, indem so 
der Kranke nicht bemüssigt ist, mit der Extremität bei jedem 
Schritte einen Kreisbogen zu beschreiben, wie in diesem Falle. 
Die Richtigkeit dieser Kritik erkannte auch Ostermayer an. 

Sitzung am 21. April 1894. 

1. Herr H. Hai äs z zeigt einen oberen Molarzahn mit 
seltener Entwickelungsanomalie vor. Nachdem er diesen nebst 
drei anderen Zähnen wegen Caries gezogen und genauer untersucht 
hatte, fand er, dass dessen beide labiale Wurzeln normale Verhält¬ 
nisse darboten, während die linguale Wurzel w ? eder an der Spitze 
noch an den Seitenflächen irgend eine Oeffnung als Ausmündung des 
Wurzelcanales für den Eintritt von Gefässen und Nerven zur Pulpa 
zeigte. Bei Sondirung der Alveolarhöhle dieser Wurzel kam er ohne 
Hinderniss in den Sinus maxillaris hinein. Diese Wurzel mündete 
demnach offenbar mit ihrer Spitze frei in den Sinus hinein. Die 
Anomalie, bei der die Ausmündung des Wurzelcanales an der Spitze 
fehlte und dieser 3—4 mm entfernt von der Spitze unter einem 
Winkel abbiegend an der Seitenfläche mündete, fand er wohl bei 
seinen Leichenuntersuchungen in zwei Fällen vor, dass aber auch 
keine seitliche Mündung des Wurzelcanales existierte, hat er noch 
nicht gesehen und konnte auch in der Litteratur einen solchen 
Fall nirgends vorfinden. Bei der Sondirung von der Kronenpulpa- 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 12 


höhle aus konnte er die Sonde nicht weiter als bis 4 mm von der 
Spitze entfernt vorstossen, wo der Wurzelcanal blind endigte. Es 
bleibt also nichts anderes übrig, als anzunehmen, dass in diesem 
Falle die Kronenpulpa selbst einen Fortsatz in den Canal dieser 
Wurzel absendete, der die Gefässe und Nerven in deren Canal 
bis 4 mm weit von der Spitze entfernt einführte und so die Wurzel 
bildete und ernährte. 

2. Herr H. Feleki demonstrirt ein von ihm erfundenes Endo¬ 
skop, welches er Megaloskop nennt und die Bestimmung hat, das 
endoskopische Bild der Urethra oder Blase 8—4 fach vergrössert 
und genähert zu zeigen. Der an einem gewöhnlichen Endoskop 
angebrachte Vergrösserungsapparat ist 5 cm lang und dem Ge¬ 
wichte nach so unbedeutend, dass er bei der Untersuchung gar 
keine Ungelegenheiten macht und an jedes Endoskop angebracht 
werden kann. Der Apparat ist beim Wiener Instrumentenmacher 
Ebeling zu bekommen. Sch. 


II. Dritte Versammlung der Deutschen 
Otologischen Gesellschaft Bonn, 12. und 
13. Mai 1894. 

Erste Sitzung: Sonnabend, 12. Mai, Vormittags. 

Vorsitzender: Prof. Kessel (Jena). 

1. Herr Siebenmann (Basel): Ueber das erste Auftreten der 
Gehörknöchelchen und des tubo-tympanaleii Raumes beim Menschen. 

Untersuchungen an menschlichen Einbiyonen aus der dritten bis sechsten 
Schwangerschaftswoche ergeben, dass das Blastem der verknorpelten 
Labyrinthkapsel sich schon in der vierten Woche findet, die Bildung des 
Annulus stapedialis in die fünfte, diejenige des Hammers und Ambosses 
in die sechste Woche fällt. Schon in den jüngsten Stadien berührt das 
Blastem des Annulus stapedialis locker sowohl die Labyrinthkapsel als 
das dorsale Ende des Vorknorpels des zweiten Kiemenbogens. Der Stapes 
ist nicht doppelten Ursprungs. Der der medialen Paukenhöhlenflfiche ent¬ 
sprechende Raum ist schon im ersten Monat, der tubo-tympanale Raum 
in der ersten Hälfte des zweiten Monats abgegrenzt. Das Vorgetragene 
wird durch Tafeln und Präparate erläutert. 

2. Herr Barth (Marburg): Einige Bemerkungen zum Ligamentnm 
annulnre stapedis und Vorlegung eines Präparates, an welchem jenes 
durch ein echtes Gelenk ersetzt ist. Die Fasern des Ligamentum 
annulare setzen sich noch eine ganze Strecke weit im Knochen sowohl 
der Fensterumrahmung als der Steigbügelfussplatte fort, annähernd senk¬ 
recht zur Knochonoberfläche verlaufend. Es wird durch diese Anordnung 
eine sehr starke Befestigung des Steigbügels erreicht. An dem, einem 
Meerschweinchen entnommenen Präparate demonstrirte der Vortragende, 
wie sich Steigbügel und Fensterwand beinahe in Form eines kugeligen, 
an don Berührungsflächen abgeplatteten Gelenkkopfes gegenüberstehen. 
Der Gelenkspalt \vurde durch ein Kapselband abgeschlossen, die Gelenk¬ 
flächen besassen einen Ueberzug von platten Endothelzellen. 

8. Herr Bezold (München): Eilt weiterer, im Leben dlagnosti- 
clrter Fall von doppelseitiger SteigbUgelankylose init Sectionsbefund, 
manometrischer und histologischer Untersuchung. Der Fall bot ana¬ 
loge functionelle Erscheinungen wie die früher vom Vortragenden be¬ 
schriebenen Fälle von Stapesankylose. Die durch die Section bestätigte 
Fixation des Steigbügels war bedingt durch einen hyperplastischen 
Knochenprocess, welcher sich ausschliesslich auf Steigbügel und Fenster¬ 
nische beschränkte. Weitere Veränderungen fanden sich nicht. (De¬ 
monstration von Schnitten.) 

4. Herr Bezold (München): Hörvermögen bei doppelseitiger an¬ 
geborener Atrcsie des Gehörganges mit rudimentärer Ohrmuschel. 

Bei einem 12jährigen Patienten betrug die Hörfähigkeit für Conversations- 
spracho 12 cm, die untere Tongrenzo lag bei d l , die obere im Galton- 
pfeifchen rechts 4,0, links 4,1, die Perccptionsdauor für Stimmgabeln c4 
und fis4 betrug 0,4 derjenigen des Vortragenden; A wurde vom Scheitel 
4- 8 und. a 1 + 6 Secunden gehört, Rinne’scher Versuch mit a 1 rechts 
— 15", links — 20". — 'Bei einem mit derselben Anomalie behafteten 
7jährigen Mädchen wurde Conversationssprache rechts 30 cm, links 18 cm 
gehört; die untere Tongrenze lag zwischen f 3 und a 1 , die obere im Galton- 
pfeifchcn bei 4,5. 

5. Herr Denker (Hagen i. W.): Vorstellung eines Falles von pri¬ 
märem Epithelinlcnrcinom des knorpeligen und häutigen Gehörganges 
und der Ohrmuschel. Der 71 Jahre alte Patient, welchen der Vor¬ 
tragende vorstellt, war trotz wiederholter Auskratzungen einer ulcerirten 
Stelle im Gehörgang mehrmals von Recidiven befallen worden. Später 
entwickelte sich an der Anthelix ein Knötchen, dessen carcinomatöse Be- 
schaflenheit mikroskopisch festgestellt wurde. Der Vortragende amputirte 
die Ohrmuschel nebst knorpelig-häutigem Gehörgange und kratzte den 
knöchernen Gehörgang bis an das intacte Trommelfell aus. Um die Wund- 
flächon zu verkleinern, wurde aus der Pariotalgegend ein grosser Lappen 
heruntorgezogen, auch wurden Läppchen aus dem Oberarm in den Gehör¬ 
gang transplantirt. Heilung ohne Stenose des Gehörganges. 

Discussion: Bockemöhlo (Münster i. W.) erwähnt einen vor drei 
i ik e oi/° P ? r i rten Yon Gancroid der Ohrmuschel, bei welchem inner- 
halb 2/j Jahren kein Recidiv eingetreten ist; auch Lomcke (Rostock) 
, Auskratzung eines orbsengrossen Carcinoms kein Recidiv nach 
fünf Jahren. 

Barth (Marburg) erinnert sich eines Falles von bilateralen Ver- 
ilnuerungen an der Ohrmuschel, welche wie Carcinom aussahen, aber auf 
.lodoformsalbenbehandlung zurückgingen. Jansen (Berlin) sah in einom 
raiic zwei Jahre nach der Carcinomoporation kein Recidiv. 


6. Herr Reinhard (Duisburg): Die Behandlung des Cholesteatoms 
des Felsenbeins mit persistenter retroaurlcnlärer Oeffbnng. Der Vor¬ 
tragende giebt zu, dass es zwar bei kleinen uncomplicirten Cholesteatomen 
im Kuppelraume oder im Antrum genügen mag, die Pars ossea und die 
laterale Antrumwand fortzunehmen und durch Ueberhäuten der so ge¬ 
schaffenen Lücke eine bleibende Oeffnung in der hinteren Gehörgangswand 
herzustellen, ist aber der Ansicht, dass bei den grossen, mit Caries und 
Nekrose complicirten Cholesteatomen am besten eine persistente Oeffnung 
sowohl nach dem Gehörgange als nach der latoralen Wand angestrebt 
werden muss. In den so operirten Fällen hat er niemals ein Recidiv, 
d. i. Wiederauftreten der Eiterung, gesehen,. Das Offenbleiben der retro- 
auriculären Fistel sucht der Vortragende zu erreichen entweder durch 
Hineinlegen von Lappen aus der Kopfhaut nach Schwärtze oder durch 
Thiersch’sche Transplantation oder durch Hautlappen aus der Hinter¬ 
fläche der Auricula. Die Behandlungsdauer der vom Redner operirten 
Fälle, von denen 18 dauernd geheilt wurden, betrug zwei bis nenn 
Monate. 

Discussion: Hartmann (Berlin) hält bei ausgedehnten, an die 
äussere Oberfläche gerückten Cholesteatomen die Herstellung einer per¬ 
manenten Oeffnung für absolut erforderlich, für kleine Cholesteatome des 
Antrums genüge es, die vordere Wand des Antrums abzutragen und den 
Kuppelraum freizulegen. 

Jansen (Berlin) berichtet, dass in der Berliner Klinik in weit über 
100 Fällen Heilung mit persistenter Oeffnung eingetreten ist, fast stets 
ohne Schwartze’sche Lappenbildung, in vielen Fällen ohne jede Plastik, 
oftmals bei Combination von Stacke’s Plastik mit Lappenbildung aus der 
hinteren Muschelfläche. Die persistente Oeffnung schütze aber weder vor 
Recidiv der Membranbildung, noch der Eiterung. Die Behandlung von 
der Wundhöhle ans ist mit wenigen Ausnahmen vorzuziehen. Das Cho¬ 
lesteatom komme vorwiegend bei tuberkulösen Individuen vor und sei 
jedesfalls häufig tuberkulöser Natur. Kretschmann (Magdeburg) 
hebt die Thatsache hervor, dass Cholesteatome fast ausnahmslos recidiviren. 
Die Frage, ob eine persistente retroauriculäre Oeffnung anzulegen sei, sei 
noch nicht spruchreif. Wolle man eine solche erreichen, so sei die Haupt¬ 
sache, die Oeffnung schnell mit Haut zu -bekleiden, was am besten mit 
der von ihm angegebenen Lappenplastik, aber nur auf wundgemachtem 
Knochen, geschehe. Siebenmann (Basel) bemerkt, dass die Thiersch- 
sche Transplantation die Behandlung abkürze und auch bei kleinen räum¬ 
lichen Verhältnissen anwendbar sei. 

Barth (Marburg) wendet sich gegen die mehrfach in unrichtigem 
Sinne gebrauchte Bezeichnung „Recidiv“. 

Hansberg (Dortmund) ist der Meinung, dass sich die Anlegung 
einer persistenten Oeffnung in den meisten Fällen vermeiden lässt. Das 
Haupterfordemiss sei eine gründliche Freilegung der Mittelohrräume. Die 
Wunde am Warzenfortsatze lässt Hansberg sich schon nach fünf bis 
sechs Wochen schliesson. Noltenius (Bremen) fasst jede Absonderung 
der Höhle als Recidiv auf; in diesem Sinne gebe es wohl kein Choleste¬ 
atom ohne Recidiv. In seinem Schlussworte betont Reinhard, dass es 
bei den Recidiven wesentlich auf die Wiederkehr der Eiterung ankomme, 
welche am besten durch die Oeffnung im Gehörgange und in der lateralen 
Mastoidwand vermieden werde. Den Optimismus des Herrn Hansberg 
könne er nicht thoilen. 


Zweite Sitzung: Sonnabend, 12. Mai, Nachmittags. 

Vorsitzender: Herr Kuhn (Strassburg). 

7. Herr Hansberg (Dortmund): Demonstration von Gipsabgüssen 
und Obturatoren nach anfgemeisselter Oberkieferhöhle. Die zum v er* 

schluss der aufgemeisselten Oberkieferhöhle vom Zahnarzt Witzei in 
Dortmund aus Hartkautschuk angefertigten Obturatoren sind an einer 
Gaumenplatte mittels eines beweglichen Gelenkes aus Gummi betesu^ 
so dass kein Druck auf den Alveolarfortsatz ausgeübt wird. Der App 
wird so lange getragen, als Eiterung in der Kieferhöhle besteht. 

8. Herr Bürkner (Göttingen): Referat über die Behandlung 

Tubenkrankheiten. Der Vortragende betont die Wichtigkeit des & ' 

terismus bei Verschwellung und Verschleimung der Tuben und hebt. - _ 

Vorzüge gegenüber dem Politzer’schon Verfahren hervor, 
letztere gleichwohl in vielen Fällen mit Vortheil angewendet werden ■ 
Die Furcht vor einer Infection des Mittelohres bei acuten Nasen , 
und Tubenaffectionen sei eine übertriebene, und die Unterlassung 
douche schade bisweilen mehr als das Eindringen von Mikroorg • 
das ohnehin bei jedem Schneuzen ein treten könne. Der \ ortrag ®, , Lj 
spricht sodann die verschiedenen Methoden des Katheterismus, w ^ 
Verengerung des Operationsgebietes angewendet werden, nw M ; 
meisten besonderen Instrumente für entbehrlich, y on WHm g _ 
das Gurgeln bei allen einfachen Tubenaffectionen, auch Emspritz & . h 
Flüssigkeiten und Dämpfen durch den Katheter, wofern sie Die 
reizen, werden empfohlen. Die Bougirung der Ohrtrompete ^ 
übertrieben werden und ist nur anzuwenden, wenn der E» 
Besserung schafft. Die Combination der Bougirung mit der fthrt s j c h 
tösen Therapie liefert selten befriedigende Resultate,^nngegen ^ 


zuweilen die von Urbantschitsch angegobeuo v lorauuuaw«»-^ £ 
Hülfe der Sonde, in einfachen Fällen auch Politzer b äussere 
werden sodann die Behandlungsmethoden bei Atresic (Elektro} » , jj e 

fellexcision) und bei abnormem Offenstehen der Tube rftC p ien raum 

sehr wichtigen Eingriffe gegen anormale Zustände im rj v« ffe tationen- 
und in der Nase (ulcerative Processe, Syncchieen, adenoid Anwendung 
Hypertrophie der Nasonmuscheln) aufgezählt. Bezüglich ■* roboten 
des Galvanokauters betont der Vortragende, dass ^ rosse ,. ompT1 ^ S o AeU- 
sei; wolle man nur oberflächlich wirken, so seien medi * 
mittel, besonders Trichloressigsäure, vorzuziehen. p fl r«rftntcn 

Discussion: Herr Bezold (München) stimmt de' . d Qr f e und 

dass man bei acuten Tubenaffectionen die Luftdouoh© an 


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6. September. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


dass der Katheter auch bei Kindern nicht selten unentbehrlich sei: die 
Bougirung sei emzuschränken. Bresgen (Frankfurt a. M.) empfiehlt, bei 
schwer .ausführbaren! Katheterismus die Hindernisse in der Nase operativ 
zu beseitigen und giebt der Chromsäure vor der Trichloressigsäure den 
Vorzug. Siebenmann (Basel) betont, dass bei Verschluss der Choanen 
normales Gehör und normaler Trommelfellbefund vorkomme; die Obstruction 
der Nasenhöhlen an und für sich also nicht immer in ätiologischen Zu¬ 
sammenhang mit Tubenkatarrhen zu bringen sei. Barth (Marburg) wendet 
die Luftdouche therapeutisch nur selten an, seit er den Nasenaffectionen 
sorgfältigste Beachtung schenkt. Fischenich (Wiesbaden) hat ähnliche 
±*eoPachtungen gemacht und stimmt bezüglich der günstigen Wirkung 
der Trichloressigsäure dem Relerenten bei. Hartmann (Berlin) wendet 
die Luftdouche an, so lange sie noch Nutzen schafft, die operative Be¬ 
seitigung von Hindernissen der Nase sei meist unnöthig, wenn man sich 
dünner, kurzschnabeliger Katheter bediene. 

9. Herr Lemcke (Rostock): Ueher acute Caries und Nekrose des 
Felsenbeines nach Influenza. Redner hat vier Fälle von acuter Caries 
und Nekrose des Warzenfortsatzes nach Influenza beobachtet. In zwei 
von diesen Fällen, die sämmtlich operirt wurden, wurde die Dura bloss¬ 
gelegt. Der Vortragende vergleicht diese Erkrankungen mit den Knochen¬ 
processen bei der acuten Osteomyelitis. Er betrachtet seine Beobach¬ 
tungen als eine Stütze der Ansicht, dass es eine Influenzaform der Otitis 
giebt und dass diese nicht so ganz selten primär den Knochen befällt. 
Gegen den Knochenprocess treten die Mittelohrerscheinungen in den 
Hintergrund. 

Discussion: Barth (Marburg) macht auf die Verschiedenartigkeit 
der Influenzaepidemieen in Bezug auf Ohrcomplicationen aufmerksam. Er 
hat bei einer Epidemie ungewöhnlich zähe Secretmassen im Mittelohre, 
bei einer anderen sehr stürmisch verlaufende Mittelohrentzündungen be¬ 
obachtet, welche in verhältnissmässig kurzer Zeit ohne Durchbruch heil,ten. 
Jansen (Berlin) hebt die ungewöhnlich grosse Zahl von Mastoid- 
operationen hervor, welche er während des Auftretens der Influenza aus- 
zu(Uhren Gelegenheit hatte. Ein an Osteomyelitis erinnerndes Bild hat 
er nie gefunden, Eulen stein (Frankfurt a. M.) sah in der letzten In- 
fluenzaepidemio öfters dicht unter der Corticalis sitzende, sehr ausgedehnte 
Krankheitsheerde, die sich in sehr kurzer Zeit entwickelt hatten und ohne 
erhebliche Mittelohrerscheinungen bestanden. Es müsse sich in diesen 
Fällen oft um primäre Ostitis handeln. Die Diagnose dieser meist fast 
symptomlos verlaufenden Mastoiderkrankungen wurde durch die Percussion 
erleichtert. Hartmann (Berlin) berichtet, dass im Institut für Infections- 
krankheiten in Berlin bei Säuglingen in etwa 90 % Influenzabacillen, meist 
m Verbindung mit anderen Bacterien, gefunden worden seien. Fischenich 
(Wiesbaden) bestätigt, dass die Influenzaepidemieen das Ohr in sehr ver¬ 
schiedener Häufigkeit und Form in Mitleidenschaft ziehen. Während er 
früher häufig hochgradige Schmerzhaftigkeit am Warzenfortsatze ohne 
Caries sah, beobachtete er bei der letzten Epidemie viel bösartiger ver¬ 
laufende Fälle, darunter einige den von Lemcke beschriebenen ähnliche. 
Koerner (Frankfurt a. M.) schliesst sich der Auffassung Eulenstein’s 
vollkommen an, dass manche der bei Influenza auftretenden Warzenfort¬ 
satzkrankheiten sich primär im Knochen entwickeln, die Paukenhöhle 
erst secundär befallen. Die Affection ist dann hauptsächlich an den 
diploetischen Stellen lokalisirt, erst später werden die pneumatischen 
Räume und die Paukenhöhle ergriffen. Für die Entstehung der acuten 
Mastoiderkrankungen seien die pneumatischenHohlräume bisher überschätzt, 
die Diploe nicht genügend gewürdigt worden. Lemcke betont in seinem 
Schlusswort, dass er die stürmisch verlaufende Caries des Warzenfort¬ 
satzes nur in klinischer Beziehung mit der Osteomyelitis verglichen habe 
und dass seiner Meinung nach verschiedene als Otitis und Myringitis 
haemorrhagica, bullosa etc. beschriebene Befunde für Influenzaotitis cha¬ 
rakteristisch seien. Die Discussion habe ergeben, dass Caries und Nekrose 
im Gefolge der Influenza nicht selten sei. 

10. Herr Koerner (Frankfurt a. M.): Ueber Gehörgangsplastik. Der 
Vortragende hat versucht, die Heilung der zur Vorldappung der Ohr¬ 
muschel und Auslösung des Gehörganges bei Mastoidoperationen gesetzten 
Hautwunde unter dem ersten und einzigen Verbände, die Herstellung eines 
permanent erweiterten und gerade. gerichteten Gehörganges und die Be¬ 
schleunigung der Ueberhäutung zu erzielen. Zu diesem Zwecke bildet er 
einen Hautlappen, dessen Basis an der Ohrmuschel sitzt und der aus 
einem Theile der Cymba conchae und aus dem ganzen hinteren Theil des 
knorpelig-häutigen Gehörganges geschnitten wird. Die Heilung war in 
drei so behandelten Fällen in durchschnittlich 72 Tagen beendet. 

Discussion: Kretschmann (Magdeburg) bedauert, dass der Vor¬ 
tragende keinen nach seiner Methode operirten Kranken vorstellen könne. 
Nach seiner Meinung müssen die tiefen Incisionen in der Ohrmuschel ent¬ 
stellend wirken. Mit einem kürzeren Lappen würde sich dasselbe er¬ 
reichen lassen. 

Dritte Sitzung: Sonntag, 13. Mai, Vormittags. 

Herr Kuhn eröffnet die Sitzung mit der Verlesung eines Begrüssungs- 
telegramms von Prof. Politzer (Wien). 

Vor Eintritt in die Tagesordnung demonstrirt Herr Walb (Bonn) an 
zwei von Prof. Witzel operirten Kranken diejenigen Methoden, welche 
er im Verein mit diesem Herrn bei der operativen Behandlung der acuten 
Mastoidabscesse und den chronischen Warzenfortsatzerkrankungen ausge¬ 
bildet hat. Bei den acuten Abscessen wird prima intentio oder doch 
kurze Heilungsdauer durch vollständige Freilegung und von der Spitze 
nach oben erfolgende Elimination des Warzenfortsatzes mit der Meissei¬ 
zange erreicht; bei chronischen Fällen wird von hinten her operirt und 
die frische Wunde nach Thiersch transplantirt. 

11. Herr Walb (Bonn); Conserrativ oder radlcaH Verfasser betont, 
dass es trotz den Fortschritten der Ohrchirurgie nicht angebracht sei, in 
jedem Falle von chronischer Mittelohreiterung zu operiren, zumal wenn 


bereits em Ohr erheblich schwerhörig sei und durch die Operation die 
r unction des besseren Ohres gefährdet werde. In derartigen Fällen müsse 
msm smh an die Indicatio vitalis halten. Dass die conservative Methode 
Erfolg haben könne, zeige doch die grosse Zahl der früher auf nicht 
operativem v\ ege geheilten Fälle. Recidive kommen auch nach der 
chirurgischen Behandlung vor. Die relativ conservative Schwartze’scho 
Mastoidoperation, welche die Function möglichst schont, sei auch jetzt 
noch für manche Fälle empfehlenswerth. 

12. Herr Kuhn (Strassburg) bespricht einen Fall von Atresia auris 
acquisita, entstanden bei einem 15jährigen Mädchen durch ein Jahre lang 
unterhaltenes Blasenpflaster. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift 
No. 27 S. 560 erschienen.) 

__ I“ 1 Anschluss an diese Mittheilung demonstrirt Jansen (Berlin) mit 

Hülfe eines Modells ein plastisches Verfahren zur Operation des 
stenosirten Gehörganges mittels Transplantation gestielter Hautlappen 
aus der Gegend des Warzenfortsatzes auf die hintere Gehörgangswand 
und aus der hinteren Fläche der Ohrmuschel auf die vordere Gehörgangs¬ 
wand nach Excision des narbigen Gewebes. Das Verfahren wurde 1891 
m zwei Fällen mit dauerndem Erfolg ausgeführt. 

. (Strassburg) berichtet ferner über einen bei einem 

einjährigen Knaben beobachteten Fall von Myxosarkom der Paukenhöhle. 
Trotz wiederholter Exstirpation der Neubildung ging der Patient nach 
mehreren Monaten an Marasmus zugrunde. 

14. Herr Hartmann (Berlin): Die Mittelohrentzündung bei Säug¬ 
lingen nach Beobachtungen am Institut für Iiifeelionskraiikliciten in 
Berlin. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift No. 26 S. 544 er¬ 
schienen.) 

Discussion. Wehm er (Coblenz) hebt die Nothwendigkeit hervor, 
dass an grossen Krankenhäusern Specialisten angestellt und dass die 
Hebammen beim Unterricht mit den Erscheinungen der Mittelohrentzün¬ 
dung vertraut gemacht werden. Siebenmann (Basel) findet in den 
Beobachtungen Hartmann’s eine Stütze für die Ansicht, dass wenigstens 
ein Theil der bei Infectionskrankheiten auftretenden Mittelohrentzün¬ 
dungen nicht vom Rachen aus einwandert, sondern als primäre, im Ohr 
localisirte Theilerscheinung der zu Grunde liegenden Infection aufzu¬ 
fassen ist. 

15. Herr Kessel (Jena): Referat Aber die vordere Tenotoinie, 
Mobilisirung und Extraction des Steigbügels. Der Vortragende legt 
dar, dass gute Erfolge mit der functionellen Behandlung nur erzielt werden 
können, wenn das acustische Nervensystem erhalten ist. Die Erhaltung 
der Nerven sei deshalb Aufgabe und Ziel der Functionsbehandlung. Durch 
die vordere Tenotomie werde bei erhaltenen Nerven und' beweglichem 
Stapes eine Hörschärfe von 25 m Flüstersprache erhalten, durch Aus¬ 
schneiden des Trommelfelles nebst Hammer und Amboss eine solche von 
zehn Metern, durch Extraction des Steigbügels unter günstigen Verhältnissen 
eine Hörweite von acht Metern; allein der Labyrinthdruck müsse durch 
Corfectionsapparate, welche zugleich den Mittelohrapparat zu ersetzen 
haben, regulirt werden. 

Discussion: Herr Bezoid (München) findet die bei Extraction des 
Stapes vom Vortragenden erreichte Hörschärfe unerwartet günstig und 
fragt an, ob Kessel keine Schwindelerscheinungen beobachtet habe? 

16. Herr einbrügge (Giessen): Demonstration eines Präparates 
ans einer Missbildung des Gehörorganes. Es fehlten in dem einem 
54jährigen Manne entstammenden Präparate der äussere Gehörgang, das 
Trommelfell, die Paukenhöhle und das Antrum; die Ohrmuschel war ver¬ 
krüppelt. Die häutigen Labyrinthgebilde und Nerven, letztere mit Aus¬ 
nahme eines kleinen Theiles im inneren. Gehörgange und Modiolus, wiesen 
keine Veränderungen auf. Die Labyrinthkapsel war sklerotisch, die 
Schneckenachse verkürzt. 

17. Herr Koerner (Frankfurt a. M.): Die neuesten Fortschritte 
in der Behandlung otitischer Hlrnkrankheiten. Von den ohne Unter¬ 
bindung der Jugularis operirten Fällen sind nur 43%, von den mit Unter¬ 
bindung der Jugularis nach Ausräumung des Sinus operirten Fällen 50%, 
von den vor Ausräumung des Sinus mit Unterbindung der Jugularis be¬ 
handelten Fällen 69% geheilt worden. 

18. Herr Guye (Amsterdam): Ein Fall von Paclijnieningltis ex¬ 
terna ex oütide durch Trepanation gehellt. Es handelte sich um 
Influenza-Otitis bei einem 16 jährigen Jüngling, welcher vier Wochen nach 
der in Heilung ausgegangenen Mastoidoperation von Hirnerscheinungen 
befallen und durch Trepanation geheilt wurde. Eiterige Meningitis bestand 
nicht, der Vortragende vergleicht die Wirkung der Operation mit der¬ 
jenigen der Neuralgia mastoidea oder „Mastoiditis sicca“. 

19. Herr Jo61 (Gotha): Beitrüge zur Hlrnchlrurgie. (Der Vor¬ 
trag wird in dieser Wochenschrift erscheinen.) 

20. Herr Hansberg (Dortmund): Beitrag zur Operation des otl« 
tlschen Kleinhirnabscesses. Knabe von 14 Jahren mit Ohrenfluss be¬ 
haftet. Anschwellung des Warzenfortsatzes, Schüttelfröste. 15. April 
1894 Aufmeisselung des ganz mit putridem Eiter gefüllten Warzenfort¬ 
satzes. Defect im Sulcus sigmoideus, breite Eröffnung des letzteren, des 
ganzen hinteren Theiles des Processus mastoideus nach innen bis zum 
äusseren Bogengang, Entfernung eines Theiles der Schädeldecke oberhalb 
des Sinus transversus. Taubeneigrosse Höhle mit Fistel bis unterhalb des 
Antrums. Beim Verbandwechsel am vierten Tage findet sich ein zweiter 
Abscess oberhalb des ersten, der gleichfalls eröffnet wird. Tod am 24. 
April. Bei der Section wird in der hinteren Schädelgrube ein Abscess 
gefunden, der nicht dom Kleinhirn, sondern dem Schläfenlappen ange¬ 
hörte. Der Vortragende bespricht die Schwierigkeit der Diagnose der 
Kleinhirnabscesse und empfiehlt zu ihrer Heilung die breite Aufmeisse¬ 
lung des Warzenfortsatzes. 

21. Herr Reinhard (Duisburg) stellt einen durch Aufmeisselung des 
Warzenfortsatzes und Eröffnung des Sinusabscesses geheilten Fall von 
Sinusplilebilis ex otitide vor. 


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VTOE INS - B£TI>A 0 & DER DEUTSCHEN ME DI C f NI SCHEN W 0 CHEN SCHRfFT 



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■;\v>drh»m Jeu gewöhnlichen Feiten hfd'gunmngt ist,; bei «Er ihi}.To4:opi.;.E.v 

ftvMiStfSt .Et d4rsrf KinV tWtl vtttt hfiSOfid« , )W lirdeujbDg. ifta* k^iy 
i ‘iisijviv knino TJiitf‘rri>Ufe«nv «Er ftfMrtion 'Ä kamt Urc K 

. f ^ , . . .... v ,. .,... _ „ , w . tot-ftfii* dasg dt&s ■ EaÄvftih; Wfustv Vor, 

«Tie Bit düng ^ ZferfeR j&ihos j gVhbbefr $£* Dwcdj dttj’^t^eefetfpö d>iss> di»« FfeDEyHlkaKil &.■ 

dcu. Ckol^t^nnätö^tti -das CbdTcsM'jfo und dm HaKjtfWt 


ig Hl tfrn* perndiihose AbScrssi; bArf-eh >tdlh*.mt.{ge, ntt. 
aU-T »Vlif öoEWiVriliv Dhm'.toSm d.-mb-rn. {jr^iai^ hr- Bednnt-Ung hat, 

■ I.’ .t. ....._ -I- lVt,=Uv„.a ,,i_ . 1 ^.. 


Thrcmbut? vVrbdfet uml iu AmU’rvti l allen die tE»’^.yumiöiuk* 

vtfrtaufeiidrü M'iTiötrik'Iii wird, Ru 4 ?u;i U\ <ü?r Meimm*:. dass- 

dm auf 4 "TJ Sitnts 3 *ln; 0 !i''kU 8 « hup atn Sinus up«nrt wanfn« 

Solle 

■&k Herr .1 ay 8 n\t rBeEinr^iKivlg^, Über cerpknile 

l'oiNfMlritiUMiPit bei MiHi 4 uhrHt(‘«anjt«ur. nt (Inrnm^mju« Hinitol- r- 

UütEäLv diTu^e f«1*■(Ev-ljisv' _Mt5rhuli is ii4> Anrt-liüiK 15 «ni lSu.lv- 

men(H#slUK J«>t ('ludn^Al^m; £'üR vntj eireut'jM-nfUt 4 rrtinri^er 

t i. L . lajtlMnfUiiiAlH an di-v wuU-V'-.n EJärli. des i»r.k<-n' iii?t 1 .uin j./m 

V oriil<'>>a iu-r.ila Ojui.selo Aplmssio' mvT, der E{m 1 tmii>; dof iiireiEuln/ 

;lr HerrllaH.iusnvn (Rnlüu fleimuEl-Hrt.nks HUtfsuJuiltel fiirfUe/.cr- 
slOruMK ir>id Kiilfenumtf voji iumoreu im Nusc.nrirdieuriUiiii n, tJ ; v.-i- 
vanoknt'Sfisrite E»l)Vn:i;r uni «ein nuLfn f)nnd.irriÖ>n uml •:iiicii aui iE 

tmötttH fixfrlfö’^A. Haliniillukeii J»ml eiüjrliebH ■zöT;.' Ji»V‘£&*•' 
seetlon E r kuEn u AEircI»» 1 ! Si:*iUui'n ,)eu( li* •hn.r j« h ■>!.!*: i ,*. j- h i se ti o 
WaniHal'eln, V^^^^Mu-Phofu^phiern nnrh Hüi|>un»tnu seiner Saviim- 
iuni! eor. 

2ä. Het;S \ e !»«>.«jajv • tB$*H)'• de.mowEfut efuen ADuü Ukrr UE 
Ijibyrinthg’BJiisse nml cUie Tro^tencorrosiuii FcisnfilK'ifirs. 

Bttlküv« rGdlüülria.i/, 

III. Vierter Oongress der Deutschen 
Dermatologischen Gesellschaft, Breslau, 
14. Ms 16. Mai 1894. 

Eyriyht. vöii Dr. EdmtHil) SivftHuhlBerlin, 

1 . lliüT K ai><i - j (Wo.ai;. l/f*b«»r .diu medonier. SysiefiuiHsiiiitt^s- 
v«.r>uclie in dut ..D«r«mitt*!■*»«?Je. Vorlr,' foiiftu- aus*, dass das Ifeitra- 
Sysie*« i?-d/ reiner Mane.-S uoeh imninr dnv .»str unbiUen tu "k«v»rl v 
•/lieT-n-ie A-\: tkuIj knnseiier Hetr»«idt(uno der verüs-liiedfiu'ii usuit-n Evrls-rne. 
)•*■»!•• fbutep nur <!»:* J *.’kr.n <*r'Srd»n. daH rieh entf tt)i dus Vnit Hi‘brü AB*- 
Im§ - ebys e !;•'], von Heien Details - a<repijdde AüectüMimiyen VM’- 
If* fs S Icau; K apos! /ii demjv-hui^. du-> <>. j-ietM MauhieiiMsu'ijniic^pfhu'ip 
e;rht. das iio^.rSyrlM h iU\f (»enunmiMudi (ji !' HiOli knuikheileli in idoirh- 
üibsjuci^ adfi cieiel-. iuvEfdu f iseiet hiit-mnir dnirlifhliHiar w>He," Der 
Uruud liiuHYir ib <Im - 3 ' 1 m!~:;. }.,■ d;C-s dje Erkr.aHkiiit4.uMi th-r Haut 

cheiiso wie die der and» ren < )l%*m keine Imlividltc-Ti im Sinne mitar- 
e« • (Im. i[t!icher (Utj. eif- und JwdnHvesnn tlarytfdUm. sondern nur V.-vjjt.d.:- 
ruity.ön Ed* . Erurthrun^, fSKüdKm mul At\t>Hiiuug' (Fprinntionj,, 2 t Dev 
KlmiStdüS Hbijy!ß’: *tE . -|\^E.^UHK sds vijjuu* Snmmij vAru /irgößise.h in- 
s;t‘Mneuiiiii)' 4 ' !ul' )t »ind iueilweis.; Erfi jOy T».-‘(‘|fi^ bedingenden h'ae.timm 
H rsH-U, , LK-'.ve|,s*..iMnderni, V ' t VerlauY. Foitjeo» invelviu di« Sotliwendiu- 
k'**'•»,. die eOizeluiMe Krii.nKbeit-:|u r o*‘e^s». durels die Sttiinue. rfieu dieser ihr 


üu rhiiraktefiHreji, rL in aueK v.01/ ein- 


V\’%% »H't£fU»aeüemh'<e Ej»dihr 

ander pj fmirrs. In njen. -/,n eläsHHeirejU., ,.U Für die ülierv,ie^nl) 
Voll,Kvawtfbi iryjtiW(:f->-t*n DtratikhnitsfomonD }u«gt‘ *Ti ihrei 
p | f h 0 H> o» 1 h-ai:eiömUehen Eiie n i b UorUeKke 11. der nmrTotnHsH. 
Au-^imk jener Snmnv* v»-wi.'efm*:»!;terisimniM» ErseiEiium^m. d h. .der 
L«e-sehie)iir. d*^ fHocrs -eir and iat daher au.eh die pal hoki^isi-hrünatofuiseiie 

und gegirttsdäi^j irökrs(d,itMduöiy; 

d. »• •L'-ki^UirirniH' in. lüTvoiThS-endster, wenn an<*h .niviil hmmi n;;v 
sei.ie-sdeher \V>*De vmwvundbör. 4 ) Ibi aber in «i«ei Hoin.. vtm Haut- 


nLrdfrtd:»; 


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_ _ _ _I_ -äSfc jfe. 

Er buhe b^somdprs dio Unliaitbafkeit eise.s drrmatbl0f»nii?bon w 

.ßtiolf>gii?rJier Basi& davtbun’ whüuiK ; 

2.. Tk-n- DHvlrveiKli (Dnriiu): Uebvr tUe binlogHche Redenttnr 
<l«r Vernix cnfe<H>*iU Vuriv. k»ricb.ii>t über dagi, 1 WtiI&t' 
llnivrsudmngtm, vudeho tuvh gewisser Richtung Hin zum \b -.y>u- 
jrtdfominvrt Hind t und Undlt kurz s$\m. frnhm'kn teatemtchiingcn hid 
di« ergeben Itain n, dass in dm kmitiuiisen ShdiHanz der , 

tmd des Mynseheu jene,- vSutisUUzen die ChoiV-ot..fini>ther. Ed» v«r 
linden., die man bis dahin »k «dne. Eigenthhmtieblieit der WniHive* 
des Behates y.u betraebteti geWojint war Der NaehtvEs •iii-A 
Aethe;'; sv-Bhi als .VVrbiwltntgeri von teUen Sfliiren mit CJivl-d-', r 
•/)> heiraebfen siml, beruhle auf dar -rtHgemmßltai ClmlcHeir* .eo..:. 
web Le dar in den CboifSteidTnUhmm enthaliem- t.'luilestevur $ei;i. ,,^i 
«evdem Auf diu* Eig.-.n^v'tmtV ih>r CbnHste.rinilt.ber, in ludiem 'M,.., N . 
Wa.'.-er HnlV.inndiitiefi. imd so suv .Haunliubildimg m i'üIuvk, m«, 
Nutbwcis. keumte i nun et nee(» enfgegengchnhen. werden, dass Eh .Wh. h, 
der Clndosttdrejirno« aueb bedingt wrn’dcn kotmte durch lhr.U .., (1 


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I’ioduel h Welche ihrer |>b,V.silaiirsehen E'H‘‘nsi fir-.j ^,., ni „i- 
Wachs be/.e.jciüie!. Ve/rden ftJÜhSetn ?.UrO< kidsst, v. tird». es' rue.-iinf,, - u > • 

der Vernix caseosa gvAssvtv tjuEiuMSfeu innolinwai tH -rluyaisteE-! . 
Aindh blbn dds A r nvki)Tittu<dj «15?^ batnd^ibs 1 lii'mfAftionrben in pesitive'ni Sssjtfi 
eiiiseliiedi iv werde iniissie, - Eine /weite Frage ist die, \vehei Spmryo 
die flinlustnrniStther l»efnj;M«\nÄt‘bv-nV Ibd Tbieren wurde von LiD-nnA 
sudiei- luirhgow b-SK.», d.WS- m 'iumtiuWi Grbildeu, beich«! mit Drin i 
fomiem ^d/wt'ia,ßltmhni»g nhybmn das jCb.aie'stnniifell. erithabeu ist. syk aJ.-:»-. 

in'di*U '(•|liHbrraödKiIbB Zblldm soll»ei r bildfe Bribi Mhn?eh.en kennte ifo 
■Em\vj)hd, dass dir Cbtdusforioiikhft ilnreh die Talgllrthsen en(b*vrt 
geiMiudit werden; Du«. Behweissde?ism kfumio muri u;uh ein^r f, t ■ 1 
•Ttieorie K'n n uH als Hd.i; bildende Organ»' b»i 8uito lassen. S*4ai FuEc 
imtfo Ein drei eil iu .2(MHKn.t».wiv < ‘bli:jhvr-: -N .igeln, wnlehc von dtEAnutm 
Iwo'slAimnteH. durch eiiib andmu Trenburidaniidirndo dir direkte }IU >»n 
der Clioi.-screiniilher 'in. dm »ipider-nmidrtlbn Mellon uiuheiwies n t: 
gUu klbdrcr ZuiHI! koinite die-sr .Aiisthammg .dm*. i«tinepidermoidiilnn' 1N 
j(un^ dcif ßhvdft«H*rihfßjtes iunitKiigdb. AHm Beviit SmiithtHndF Heyn 
in Cbju wurde Homi \TaJdeyer sbftn mbrkwbi^igo Umb'rhis\)'f»G f1 
übri'i-ch* o. namlirh sehr saulmr üebuUmu*. ‘Kbpd.ihsriinitU'. die yia H'o 
v'hti iRi. ^Ö-Ä'slb)« hindurch grsauinihD^ iiöDe. Dies PrApiUat kam dum. 
Verir.it leimig des H»*mi WHde.ver in Liobreicii^ iiäisik vi-d yd u 
es hier von in-mon dnreh die PrupykuknhoKAb'fbode das \\ mhy »rrjye..-;-. 
dat 'zust eilen. '.Somit,'. Kchloss Dir heu i diist ftltm nicht; nllr'm dcbV-'H 
kmitiiicn des L;ino%y beim Monsebtm bioviesan. soadenv auch da Hiidurji: 
in der EiiidertniH solbeF ümdjghwiWi.. 

Caöyjel- mdebte, im die tbeoretHrheu Ffagidi unkmlpteh;!. ku 
t,ragend, f; interpeiiirm;, Avubcc ilie schlccbtcu Erbdhmigen Um»'«. *'#■ 
•vou ihm und nirbr.'Ti mit dem A<lcpn Tunau ueluaclit ivurdeu w.iox 
Gcyviisnfz zum LiUioUb. 

Liebreich, erwidert dmmf xunüchaK dass der Ndtrta Adeys l^ 
e.i.mt subv seblecbte Tiexr-jchniing wäre, du nian schuh iuv Älthftbin;! 
GlyeeiihicUir von dem WoMlVU mitv.i-scLiedm! hübe; or sei wnljl L'y :i: 
um andhrsavtigts Fröjbtnifev dtm Arztu aufzutdvöngßn, über f ^b'brÄl ^ 
der Name ju gleichgültig. Das Bcji.ljuune daö in dein Dir ja» . l “'y 
elilinliHitign \'mdicmnigimgen ontbuDcu seiua» wutro«» nb^uico uw ‘-W. 
Geruch, zu eiuor Tbiimhrttheiiiguug des Urthrils ®#i«f .jCti lbckapWi' 5 ' 1,1 
WerTb d«?-Lbu^Rü!? ucid tles tAmobuüni a nhy dHcum Tüiir iß• ‘ 

Lussiir wünscht zu. wissen, ob man dm WuGis zu Mouli^v*-j • • 

kbufludi ^fhblten kduiio. Avomui LifebTcGhU erwidert, clo*a m wj'“' 

. tntm: so thenro wäre. dus$ man vorbiubg daVOH Akstiuid nwi|tiOii.n\u*" 
ifS • praktisch vsu vorwcrtbeit. 

y, Hw Caswirj ?Knnist S l«.r K ): Unher Erjlliimia, mnltlf«™.- 

Vortr. fiihrH: uns. ciase das Erythema multifoHnc Hehr;, eine b'E" ■: 
feru/ikludr siii gafimis »,<t und von »liun. .tonisch pilpr retb> o-ru^ 1 - 
simidimwn« JÜtfcu&lj. unssdirndim TJccchiatosen /Ucuutci^rheldÄn. ^j- 1 

A»:y Bitz auf Bund- und Entrücken, «e hitniig er uneb bei 'Km hJA 1 '' ; 
multifofmi' IJ n b»’t\ vockommr, nueb die Form ÄK-Hi ErytKiinn. J, ‘ ( | ( 
Herpes Iris) sind phthopnostiseh. ln iborapenüseber Hiiise kt "üt •« ^ 
iidcctiu«(m Erythomu muultiformo tbis Nati on sabcylicui« 1 naüeza d" 4 ' ' n ' 

:ln dta- Disciiäsiüii erwfibiit K, il«3 rxiieibkor einer bm H J 1 ‘ 
dcsgulbon TKigimeHtoe beobachteten Eiudcmib yoia Erythema » ü « ‘ j»'. : 
•hui. der der Infertiomsmodus tiieht lumbgewimum werden «dwo ' 
NatronoHdieyliaim knnn ef ebenso wenig Cviü yau llooro ö»- 

%uschrjjibeftt den ßh rrö a wdi bbi Äe«' rheunndm’ ^ 
cGbXKälÄib'wnihjingen vferbiüjdeumi FäUeu .eoirsI^k^^^h 1 ^; ,-AH«,. r . 

Form tfuydrkebbhict EhrmaTin noch nirie durch.-Att^intowraji* “ w *. 
nt, oHfwmlcr vom Ibu-m oder in seltonbfeB FÄIImr v« n , ß . fl ;’j, > 
andprm- Koi-perorgane ausgolrt. :\ UKseeHnni envaimt E r.rmnmj- ., , 
Ftülvs: voa Utytbciiin multifonne bei ^üua!^ 

•Kit* liMim AEh'^citern der Strictur tüÄroted oliv jedos iuoi P« 
d«t- AjfrHliÄQiiflg wieder fluTs&utorofou. H u , 

Fingei mifembmdot, von dem nis Inie/Unnski'nnkn..*- _i , ,, 

Gli spury’lj mrO.üüissyudori, . i d iopn tlti s-cii ei) En'i.hewn m F ^«r- 
m?i s.ynjpathisches-.. das mvtwüdcr die l*'olt;6 voll ioxjs ■■* ^‘, ,, 

kungeii. abnormen. Ynrgfihiroh im Darm ist - hier ?.v\ü r m* f , • , 

\s o ksaijj - , nder es ist septischer N'ttor, durch _dmbt« o»u* ■*> * ‘ , : 

m di*- Hunt biHÜngt Von Beb len bat ton, der uuundtfti. 
d»H ll’htliyoh» bföm Erytiieiua multitorm»? Nutinh gesehen. 


im r 



6. September. _VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT, 


4. Herr Pick (Prag): Ucber den gegenwärtigen Stand der Lehre 
von den Dermatomycosen* Pick übte eine ausführliche Kritik an den 
einzelnen in Betracht kommenden neueren Arbeiten, ging dann nach 
Beleuchtung der von den verschiedenen Experimentatoren erhaltenen Re¬ 
sultate des Näheren auf seine in Gemeinschaft mit Kr41 ausgeführten 
Untersuchungen ein und kam zu dem Schluss, dass es nur einen Favus- 
pilz giebt und dass alle bisher gefundenen Varietäten als verschiedene 
Species ein- und desselben Pilzes anzusehen seien und einer genauen, 
nach allen Regeln moderner Bakteriologie vorgenommenen Prüfung nicht 
standhalten. Nicht so sicher wie über die Unität des Achorion will sich 
der Vortragende über die Einheit des Trichophyton aussprochen. Hier 
lägen verschiedene Momente vor, die einer Vermuthung — keineswegs 
einer sicheren Annahme — Raum gäben, dass es sich bei den verschiedenen 
durch das Trichophyton bedingten Affectionen, dem Horpes tonsurans, der 
Sycosis parasitaria, dem Eczema marginatum, dem Herpes tonsurans 
maculosus vielleicht doch um Varietäten des Pilzes handeln könne. Die 
Pityriasis rosea könne er im Gegensatz zu französischen Autoren nicht 
für identisch mit dem Herpes tonsurans maculosus halten; bei lot-zterem 
habe er stets, bei ersterem nie Pilze gefunden. Ebensowenig kann er der 
von französischer Seite hervorgehobenen Contagiosität der Alopecia areata 
zustimmen, da er nie derartige Fälle gesehen habe. Dagegen sind ihm 
Fälle von Herpes tonsurans capitis, bei denen die entzündlichen Erschei¬ 
nungen geschwunden, zur Beobachtung gekommen, und diese Fälle boten 
eine solche Aehnlichkeit mit der Alopecia areata dar, dass man sie, wenn 
man sie nicht im Anfang gesehen, wohl leicht mit der ersteren hätte ver¬ 
wechseln können. Pick lässt es dahingestellt, ob nicht otwa derartige 
Verwechselungen Vorgelegen haben. 

In der sich hieran anschliessenden lebhaften Discussion demonstrirte 
Winternitz Trichophyton-Culturen, die sich von den bisherigen durch 
ihr geringes Luftwachsthum, ihr rasches und energisches Tiefenwachsthum, 
sowie ihre Fähigkeit auf gewissen Nährböden Farbstoff von blassrosa bis 
dunkelviolett zu bilden, auszeichneten. Krösing bemerkt zur Frage der 
Pluralität bezw. Unität des Trichophytonpilzes, dass nach dem zur 
Verfügung stehendon Material eine Trennung des Pilzes in verschiedene 
Arten nach der Form und dem morphologischen Verhalten der Generations¬ 
und Fructificationsorgane deshalb nicht möglich sei, weil letztere ver¬ 
schiedener Art bei ein- und demselben Pilz sind, je nach dem augen¬ 
blicklichen Stande seines Wachsthums. Kaposi hält im Gegensatz zu 
Pick an der ätiologischen Identität des Herpes tonsurans und der Sycosis 
parasitaria als einer durch dasselbe Trichophyton bedingten Affection fest. 
In Bezug auf das Eczema marginatum bestehen gegenüber dem Herpes 
tonsurans gewisse Unterschiede, der Ort und der tiefe Sitz der Erkran-i 
kung, sowie das langsame Wachsthum. Der Herpes tonsurans maculosus 
tritt zu bestimmten Jahreszeiten auf und zeigt sich besonders nach dem 
Gebrauch feuchter Wäsche und der Application feuchter Umschläge. Beim 
Herpes tonsurans maculosus, der durch schwache Mittel schwindet, bleiben 
oft noch für Wochen und Monate einzelne Herpes tonsurans circinatus- 
Kreiso bestehen. Die Schwierigkeit des Pilzbefundes bei Herpes tonsurans 
maculosus ist dadurch bedingt, dass die Pilze nicht lange auf derselben 
Stelle bleiben und nicht weit auswachsen. In Bezug auf die besonders 
von den Franzosen behauptete Contagiosität der Alopecia areata stehe er 
vor einem Räthsel, da ihm niemals derartige Fälle vorgekommen seien. 
Behrend tritt für die von ihm weiteren Kreisen bekannt gegebene 
Chloroformprobe ein und sucht ihr Wesen durch anatomische Momente 
zu erklären. Von Sehlen will die Möglichkeit der Contagiosität der 
Alopecia areata nicht von der Hand weisen. Jadassohn betont, dass er 
bei seiner Methode, die für die Praxis völlig ausreiche, auch nur stets 
einen Pilz rein gezüchtet habe. Jadassohn berichtet dann über Präparate 
eines Körpör-Favus, bei dem sich ganz ausser Zusammenhang mit den 
Scutulis und Lanugohaaren Favuspilze tief im Bindegewebe der Cutis vor¬ 
fanden. Im Gegensatz zu Kaposi hat er in dem rasch sich ausbreitenden 
Herpes tonsurans maculosus leicht Pilze nachweisen können. Lesser 
sprioht sich für die Entwicklung der Sycosis parasitaria aus dem einfachen 
Herpes tonsurans circinatus aus. Die erwähnte grössere Intensität der 
Erkrankung bei Uebertragung des Herpes tonsurans von Thieren auf 
Menschen konnte Lessor in Bern vielfach bestätigen, da dort sehr viele 
Uebertragungen vom Rindvieh auf Menschen Vorkommen. Mehrfach kamen 
dabei auch die von Lang und Behrend beschriebenen bullösen Formen 
vor. Neisser stimmt mit Pick darin tiberein, dass bei der Trichophytie 
gewisse Unterschiede existiren. Man sieht sehr selten neben der einfachen 
Trichophytie des behaarten Kopfes eine parasitäre Sycosis desselben. 
Pityriasis rosea ist nach seiner Meinung völlig vom Herpes tonsurans zu 
trennen. Im Anschluss an die Chloroformpröbe schlägt Neisser für Favus 
vor, den Kopf mit Alkohol zu waschen, wobei alsdann die noch favösen 
Stellen deutlich hervortreten. Im Gegensatz zu Neisser identificirt Riehl 
die Pityriasis rosea mit Herpes tonsurans maculosus, wiewohl er niemals 
Pilze gefunden hat. Gegenüber Pick hält Neebe die strengen Forde¬ 
rungen Koch’s für die Isolirung des Favuspilzes aus demScutulum nicht 
für nothwendig. Er selbst könne ebensowenig wie Unna sich dazu ent¬ 
schlossen, diese Pilze für absolut identisch zu erklären, da die einzelnen 
von ihnen gefundenen Favuspilze nach l'^jähriger sorgfältiger Beobach¬ 
tung immer noch die von ihnen angegebenen Differenzen dargeboten. In 
der weiteren Discussion, an der sich Blaschko, Ehlers, Ehrmann, 
Arning, Staub, Lassar, Lippmann und Pick betheiligten, wurde 
theils für, theils gegen die Contagiosität der Alopecia areata, ebenso für 
und gegen die Identität der Pityriasis rosea gesprochen, ohne dass eine 
Einigung der dissentireuden Anschauungen erzielt werden konte. 

5. In der eine ganze Sitzung ausfüllenden Gonorrhoedebatte 
sprachen unter Demonstration mikroskopischer Präparate zuerst Herr 
Finger (Wien) und Herr Jadassohn (Breslau) zur pathologischen 
Anatomie des gonorrhoischen Processes* Finger resumirte sich in 


folgenden Sätzen: Der Gonococcus durchdringt das Cylinderepithel der 
Urethra sehr rasch und findot sich schon drei Tage nach der In- 
fectiou reichlich im Bindegewebe. Das Plattenepithel der Fossa navi- 
cularis hingegen setzt dem Einwandorn des Gonococcus grössere Hin¬ 
dernisse entgegen, und vermehrt er sich hier nur auf der Oberfläche. 
Ebenso rasch wie in das Bindegewebe dringt der Gonococcus in die 
Tiefe Morgagni’scher Taschen und in das Lumen selbst tief gelegener 
Littre’scher Drüsen. Wo der Gonococcus in das Gewebe (Epithel. 
Bindegewebe') eindringt, findet eine Vereinigung von Gonococcen und 
Leukocyten schon im Gewebe statt. Nur wo der Gonococcus wegen Bau 
des Epithels (Plattenopithels) oberflächlich bleibt, findet auch die Ver¬ 
einigung von Gonococcen und Leukocyten naturgemäss nur an der Ober¬ 
fläche statt. Durch Eindringen in die Blutbahn und mit dieser verschleppt, 
vermag der Gonococcus eine Reiho metastatischer Entzündungsheerde im 
Gelenk, periartieulörem Gewebe, Perichondrium zu erzeugen. Auch in 
diesen Krankheitsheerden findet sich die Hauptmasse der Gonococcen in 
Eiterzellen eingeschlossen, wie Finger an einem letal verlaufenen Falle 
von Blennorrhoca neonatorum mit Arthritis gonorrhoica nachweisen 
konnte. Dieser Fall erinnert an eine ähnliche aus der Lang’schon Klinik 
veröffentlichte Beobachtung und spricht für die Auffassung, dass der 
Tripperrheumatismus und wahrscheinlich auch andere Complicationen (Endo- 
carditis u. s. w.) nicht als Mischinfection, sondern als reine Gonococcen- 
metastase aufzufassen sind. Sodann spricht Finger kurz über den Ein¬ 
fluss höherer Temperaturen auf die Gonococcen und meint das Verschwindon 
einer Gonorrhoe bei Eintritt fieberhafter Erkrankungen durch die Terapc- 
ratursteigerungen erklären zu können. Diese hohe Temperatur sei wohl 
auch der Grund, wesshalb es bisher niemals gelungen sei, Gonococcen auf 
niedere Säugethiero, die eine höhere Eigentemperatur als der Mensch 
hätten, zu übertragen. Jadassohn kam bei seinen Ausführungen zur 
pathologischen Anatomie des gonorrhoischen Processcs zu folgenden 
Schlussfolgerungen. Die Gonorrhoe ist auch nach den neueren Unter¬ 
suchungen in allererster Linie eine Oberflächenerkrankung. Ein Theil der 
als gonorrhoische Abscesse beschriebenen Gebilde beruht auf Misch- resp. 
Secundiiriufectioiu ein anderer Theil kommt durch Eiteransammlung in 
ursprünglich mit Epithel ausgekleideten Gebilden zustande (Pseudoäbscesse). 
Jedoch giebt es zweifellos auch eine wirkliche Vereiterung von Binde¬ 
gewebe infolge von reiner Gonococceninvasion. Die Gonococcen ver¬ 
mögen auch in das subcutane resp. periurethrale Gewebe einzudringen. 
Wo immer Gonococcen und Eiterkörperchen Zusammenkommen, zeigen sie 
grosse Neigung sich zu-vereinigen; liegen die Gonococcen nur in den 
obersten Lagen des Epithels, so kann diese Vereinigung nur dort statt¬ 
finden, liegen sie im Bindegewebe, so geschieht sie auch innerhalb des¬ 
selben. Die histologischen Veränderungen bei reiner Epithelinfection unter¬ 
scheiden sich von denen bei Bindegewebsinfection. Die im eigentlichen 
Sinne als solche anzusprechenden gonorrhoischen Metastasen, speciell die 
Arthritiden beruhen auf reiner Gonococceninvasion; die Gonococcen können 
auch im ganz frischen, wie im älteren Exsudat fehlen; je reichlicher die 
Eiterbildung, um so leichter scheint der Nachweis der Gonococcen im 
Abscessinhalt zu sein. Zur Entstehung des Exsudats genügte das Vor¬ 
handensein der Gonococcen in der Synovialraembran. Bei der Gonorrhoe 
der Bartholin’schen Drüse scheint sich die gonorrhoische Erkrankung 
immer auf den Ausführungsgang zu beschränken; das seeerairende Drüsen¬ 
epithel scheint gegen die Invasion der Gonococcen immun zu sein, trotz¬ 
dem es cylindrisch ist. Das Cylinderepithel der Ausführungsgänge dagegen 
kann von den Gonococcen invadirt werden. Bei der Gonorrhoe der 
Bartholin’schen Drüse kommt die Bildung von Pseudoabscessen beson¬ 
ders häufig vor. 

Jacobi sprach darauf Uber metastatische Complicationen der 
Gonorrhoe, von denen er selbst zwei Fälle — und zwar handelte es sich 
beide male um die Albert’sche „Achillodynie“ — beobachtet hat Nach 
Jacobi entspricht diese letztere dem Pied blennorrhagique Fournier’s und 
ist als eine Metastase der Gonorrhoe aufzufassen. Des Weiteren führte 
der Vortragende aus, dass bei der gonorrhoischen Allgemeininfection, der 
„Gonohemie“,gelegentlich eine specitisch gonorrhoische Kachexie beobachtet 
wird und dass, ähnlich wie die Arthritis gonorrhoica, auch die Tendo- 
vaginitis gonorrhoica eine echte Metastase der Gonorrhoe darstellt, die 
lediglich durch Gonococceninvasion hervorgerufen wird. 

In der sich an diese Vorträge anschliessenden Discussion demon¬ 
strirte Touton zwei verschiedene Präparate. In dem einen aus frischem 
Trippereiter hergostellten, nach Gram-Roux gefärbten Präparate fanden 
sich in den Eiterzellen den Gonococcen völlig gleiche, aber verschieden 
gefärbte Mikroorganismen, deren gleichzeitiges Vorhandensein in einer 
Zelle daran denken lässt, dass es sich um eine Symbiose handelt. In dem 
zweiten Präparat, das von einem Herpes gestationis stammt, sah man 
ebenfalls den Gonococcen völlig gleiche Gebilde, so dass der Gedanke an 
eine Metastase der Gonococcen nahe liegt. Darauf berichtete Wert he im 
über die Resultate seiner hochinteressanten Versuche, die er über den 
Wechsel der Virulenz des Trippersecretes angestellt hat. Auf einen 
Patienten mit einer alten chronischen Gonorrhoe wurde eine Gonococcen- 
reincultur, die von ihm selbst genommen war, übergeimpft. Das Resultat 
war hier negativ. Wurde von derselben Cultur eine Impfung auf einen 
Gesunden vorgenommen, so konnte ein typischer, acuter Tripper erzeugt 
werden. Die mit einer Reincultur, welche von dem letzteren gewonnen 
war, ausgeführte Impfung auf den ersten Patienten rief bei diesem einen 
frischen, acuten Tripper hervor. Hieraus ergiebt sich, dass die iu ihrer 
Virulenz abgeschwächten Gonococcen, wenn sie auf einen natürlichen, bis 
dahin noch nicht inficirt gewesenen Nährboden übertragen werden, ihre 
ursprüngliche Virulenz wieder erlangen. Daraus resultiren für die Praxis 
äusserst wichtige Consequenzen. So kann es Vorkommen, dass ein mit 
chronischer Gonorrhoe behafteter Mann, der die Ehe eingeht, seine bis 
dahin gesunde Frau inficirt und selbst durch diese, sobald sich bei 
ihr ein acuter Tripper ausgebildet hat, von neuem an einem frischon 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Tripper erkrankt. Dieser Auseinandersetzung fügt Wertheim mehrere 
der Praxis entnommene erläuternde Beispiele bei. — Wie Finger und 
Jadassohn spricht sich sodann auch Wertheim für die Fähigkeit der 
Gönococcen, in das Bindegewebe einzudringen und daselbst eine Eiterung 
hervorzurufen, aus. — Bezüglich des Verhaltens der Gonococcen gegen¬ 
über höheren Temperaturen weicht Wertheim’s Anschauung von der 
Finger’s ab. Er glaubt, dass nicht die erhöhte Temperatur allein von 
Einfluss auf das Absterben der Gonococcen sei. sondern dass vielmehr bei 
Fiebernden sich bildende Toxine ihre deletäre Wirkung auf die Mikroorga¬ 
nismen entfalten könnten. — Neisser ist ebenfalls der Anschauung des 
Vortragenden, dass Eiterungen an Stellen, die vom ursprünglichen Heerd 
entfernt sind, ausschliesslich durch Gonococcen hervorgerufen werden 
können; hierfür sprächen die zahlreich beobachteten Fälle von Metastasen, 
die eine andere Deutung nicht zuliessen. Bezüglich des Einflusses einer 
höheren Temperatur sei es ein wesentlicher Unterschied, ob man die Auf¬ 
schwemmung einer Gonococcencultur für ein bis zwei Stunden bei 41—45° 
belässt, oder ob die Gonococcen während längerer Zeit beim fiebernden 
Menschen vorhanden sind. Schaffer bestätigt, dass Gonococcen durch 
Temperaturgrade von 40—41 nicht sehr schnell abgetödtet werden, da¬ 
gegen ihre Entwickelung hierbei völlig gehemmt w r ird. Neuberger 
meint, dass nach Wertheim’s Darlegungen ein jeder an chronischer. 
Gonorrhoe leidende Ehemann seine Frau und später sich dann selbst infi- 
ciren müsse. Hiergegen sprächen die Erfahrungen von Bröse und 
Borchardt, die ein derartiges Vorkommen zu den seltenen Ausnahmen 
rechneten; in seiner eigenen Praxis seien ihm bisher niemals solche Fälle 
zur Beobachtung gekommen. Gegen diese Ausführungen Neuberger’s 
wenden sich Wertheim, Petersen und Casper, die aus ihrer Praxis 
entsprechende Fälle anführen, ebenso Neisser, der auf die bekannte 
Thatsache hinweist, dass alte Gonorrhöen durch äussere Momente wieder 
aufflackern können. Lang kommt mit wenigen Worten auf den bereits 
publicirten, mehrfach citirten Fall von metastatischem Gonococcenabscess 
des Handrückens zurück. 

6 . Zur Endoskopie und mechanischen Behandlung der chronischen 
Gonorrhoe nahm zuerst der Altmeister dor Endoskopie, Grünfeld, zu 
einleitenden Bemerkungen das Wort und hob auch hier wiederum hervor, 
dass die endoskopischo Untersuchung der Harnröhre am zweckmässigsten 
mittels dor einfachsten, jedem Arzte zugänglichen Methode erfolgt. Die 
reflectorische Beleuchtung, wie sie bei der Laryngoskopie etc. gehandhabt 
wird, sei der direkten, nur mittels complicirter Vorrichtungen zu erlan¬ 
genden Beleuchtung der Harnröhre vorzuziehen: Bei der ocularen In- 
spection der Harnröhre erlangt man die verlässlichsten Anhaltspunkte bei 
möglicht geringer Veränderung des natürlichen Zustandes derselben. 
Daher ist die maximale Ausdehnung des Canals zu vermeiden. Die Ab¬ 
bildung endoskopischer Sehfolder soll wie die Demonstration vornehmlich 
die Einzelbilder möglichst naturgetreu in’s Auge fassen. Combinations- 
bilder erheischen die vorhergehende Feststellung von solchen Einzelbildern. 
Sowie der vorbulböse Theil der Harnröhre muss auch die Pars posterior 
behufs genauer Diagnose der endoskopischen Untersuchung zugeführt 
werden. Einfache grade Instrumente reichen da vollkommen aus. Der 
endoskopischen Diagnose hat die chemisch-mikroskopische Analyse der 
Secretc und des Harns voranzugehen. Diffuse Urethritisformen sind nur 
ausnahmsweise Gegenstand der endoskopischen Behandlung. Eine Abortiv¬ 
heilung ist mittels derselben nicht zu erzielen. Circumscripte Urethritis¬ 
formen sind den Medicamenten in solider oder flüssiger, wohl auch in 
Pulverform zugänglich, welche nach strengen Indicationen gehandhabt 
werden. Ebenso können auf endoskopischem Wege instrumentale Vor¬ 
richtungen verschiedener Art, Galvanokaustik, Elektrolyse etc. zu local¬ 
therapeutischen Zwecken verwendet werden. Zur Unterstützung der endo¬ 
skopischen Behandlung dienen die diversen Methoden mechanischer Be- i 
handlung: Irrigationen der vorderen und tiefen Harnröhre, die Sondenkur, 
Kühlsonde etc. mit Instrumenten, die der natürlichen Weite der Ham- 1 
röhre entsprechen. Die Einführung von Medicamenten intensiverer Wirkung 
mit Hülfe von Sonden, glatt oder gefurcht, von löslichen Stäbchen oder 
medicamentösen Bougies, von Porteremedes etc. kann nur dann empfohlen 
werden, wenn vorher auf endoskopischem Wege der Sitz der Krankheit 
festgestellt wurde. Anatomische Vergleiche und endoskopisch durch¬ 
geführte Experimente lehren, dass der Sitz von Krankheiten in der Harn¬ 
röhre mit dem Tastsinn allein nur ungenau zu bestimmen ist. Ebenso 
wird nur der endoskopische Befund der Mucosa urethrae den Ausschluss 
gewisser Heilmittel oder Methoden erforderlich machen, 
r xt 7 ' i 1 ?? 4 l nsc , hluss hiera ? sprach Casper Uber Urethroskopie und hob 
die hl achtheile der durch einen gewöhnlichen Reflector erzielten Beleuch¬ 
tung gegenüber den Vorzügen der Elektrourethroskopie hervor; dagegen 
halte er die Anwendung des Oberländer’schen Endoskopes, das keine 
Beleuchtung, sondern eine Durchleuchtung ergebe, für unzweckmässig; es 
resultirten hieraus vielfach falsche Bilder; er kann daher viele der von 
UberUnder beschriebenen pathologischen Zustände der Hamröhren- 
schleimhaut nicht anerkennen. Aus der Höhe der Streifungen der Ham- 
TlI 0 ^.^«seHt^chen von der Blutfülle der Schleimhaut abhängen, 
mnicf Schlüsse zu ziehen. Die Urethra posterior zu untersuchen, ist 
DZ t ff pn W 1^°H S :L ff P atho ‘°fc rischfl Veränderungen derselben selten sind, 
nif?T v , Untersuchung wegen der anatomischen Lage derselben 
dann d of, 1 % an ^ ea P einli ch. Der Vortragende demonstrirte als- 

a T u Abb ‘ lduI >geii endoskopischer Bilder, welche die Einzel- 

sehr .Wliüh der , Harnröbl : e verkommenden pathologischen Veränderungen 
erkennen Hessen. Lflwenhardt wies darauf hin. fass 
hto^ an Jenen, #hre thatsächlich sehr viel seltener sind, als gemein- 

sihcn Bclen,d,tnn . rd ‘M Lan | demonstrirt « <i™" kurz einen endoskopi- 
v;Ü« n - tJele ^ U( ;^ tun o« t U chter .’ der we gen seiner Leichtigkeit mit zwei 
ge ^ alte * v leich J. dirigirt werden kann und infolge dessen feinste 
gestattet. K oll mann demonstrirte darauf einen neuen auf- 
schraubbaren Hornröhrendilatalor mit vier Branchen, durT den der auf 


_No. 12 

dio. Harnröhren wandung ausgeubte Druck gleichmässigor als danT,*,; 
anmge verthedt wird. V.erarmige Dilatatoren gleiclen darin wÄ 
gewöhnlichen cylmdnschen Metallsonde. Die Branchen des n e Z v ; 
armigen Dilatators Offnen sich im Gegensatz zu anderen, schon bekann cc 
vierarangen Dilatatoren einander parallel, ohne dass sie durch die SoTI 
der Harnröhre zusammengedrückt werden können. Lohnstein sriT- 
sich den Ausführungen Kollmann’s bezüglich des Werthes der ma 
massigen Dehnung an, betonte jedoch, dass ausser der Dehnung SdüL* I 
vielfach mcht zu umgehen seien. Im Anschluss daran demonstrirte Lohn 
stein die von ihm angegebenen Spüldilatatorcn und erläuterte deren Indi’ 
cationen und Contraindicationen. Kulisch, Schar ff und Wn ec ;,n-, 
treten für die Oberländqr’sche Endoskopie ein und suchen die die>r 
gemachten Vorwürfe — Durchleuchtung statt Beleuchtung, störende 
flexe — zu entkräften. 

8 . Herr van Hoorn theilte darauf seine kliuiselien, bei Ibd» 
vulgaris erlangten, und bneteriologische Untersuchungen über Thiosiu- 
amin mit, die sehr wenig aufmunternd klangen. 

9. Herr Petrini sprach unter Vorlegung von Photographien und 
Zeichnungen über einen bei einer jungen Frau beobachteten Fall von 
confluiremler Syphilis framboesiforuiis vegetans, ferner unter Demon¬ 
stration mikroskopischer Präparate über den Bacillus Dncrer und schlie߬ 
lich über oinen Fall von Polynenritis syphilitica, der zuerst unter dem 
Bilde einer Tabes dorsalis verlaufen war. 

10. Der nächste Vortrag von Ehlers brachte eine neue Statistik Aber 
loOl Fftlle von tertiärer Syphilis; der Vortrag wurde durch mehrere 
Curven erläutert. Die Auseinandersetzungen Ehlers waren folgende 
Die tertiäre Syphilis wurde in den Jahren 1864—81 bei 12,4-22 °/ 0 aller 
im Communehospital zu Kopenhagen behandelten Syphilitiker beobachtet. 
Tertiäre wie secundäre Syphilis war bei Männern um 10% häufiger ab 
bei Weibern — die letzteren sind also nicht, wie man behauptet hat. für 
tertiäre Symptome prädisponirt. Am häufigsten werden tertiäre Erkran¬ 
kungen an der Haut constatirt (385 rein cutane und 139 gemischte Haut- 
und Knochenerkrankungen); in zweiter Reihe folgen die ulcerativen und 
destruetiven Processe der Zunge, des harten und weichen Gaumens, der 
Nase, des Larynx und Pharynx und der Trachea (390), in dritter die Er- 
k anklingen des Nervensystems (261). Thatsäehlieh sind die letzteren die 
weitaus häufigsten, entgehen aber zum grossen Theil der Beobachtung der 
Syphilidologen (bei Zurechnung der Tabes dorsalis, Paralysis generali? 
und Eneephalopathia syphilitica steigt die Zahl der luetischen Nerven¬ 
erkrankungen auf 463). In vierter Reihe kommen die Affectionen des 
Bindegewebes (180); die Häufigkeit der Syphilis der inneren Organe ist 
nicht zu eruiren. Die häufigste Ursache des Tertiärwerdens der Syphilis 
ist die ausbleibende oder mangelhafte Quecksilberbehandlung. Ehlers’ 
Statistik weist in dieser Beziehung folgendes auf: In 107 Fällen (7,12 0 ^>1 
konnte die frühere Behandlung nicht eruirt werden. In 655 Fällen (43,64 °,o) 
waren die Patienten früher mit Quecksilber behandelt worden. In 
606 Fällen (40,38 %) war nur der erste Ausbruch mit Quecksilber be¬ 
handelt worden. In 133 Fällen (8,86 %) waren zwei oder mehrere Aus¬ 
brüche mit Quecksilber behandelt. Die tertiäre Syphilis hat ihre grösst* 
Häufigkeit in den ersten vier Jahren nach der Infection. In Ehlers 
Statistik erreicht sie das Maximum schon im zweiten Jahre nach der In¬ 
fection. Jenseits des zwanzigsten Jahres nach der Infection wird sie eine 
grosse Seltenheit; in Ehlers’ Statistik sind aber einige Fälle vorhanden, 
in denen sie mehr als 40 Jahre nach der Infection aufgetreten ist. 

In der Discussion erfuhren Ehlers’ Auseinandersetzungen von 
Seiten Petersen’s, Caspary’s und Lang’s manchen Widersprach, vor 
allem wurde die Häufigkeit tertiärer Symptome so kurze Zeit nach der 
Infection mit Zweifel aufgenommen. 

11. Darauf sprach Petersen: Ueber Spermatocystitis als Conipli- 
catlon der Urethritis. Vortragender bemerkt, dass die meisten anatomischen 
Werke falsche Angaben über <Be Lage der Samenbläschen enthielten. Die 
Untersuchung per rectum würde bei der chronischen Urethritis viel zu 
selten ausgeübt, wiewohl ihr eine grosse praktische Bedeutung zukäijie. 
Petersen hat zurZeit, als er Prosector war, einen tödtlich verlaufenden 
Fall von Peritonitis beobachtet, die von einer Spermatocystitis ausging 
Auf die Erkrankung der Samenbläschen sei bisher trotz ihrer Wichtigkeit 
zu wenig geachtet worden. Bei 200 Fällen von chronischer Gonorrhoe 
habe er acht mal eine Spermatocystitis beobachten können. Lang kenn 
Erkrankung der Samenbläschen im Verlaufe von Urethritis schon laflge 
und kann hinzufügen, dass sie gar nicht so selten ist und sich besonders 
gern an Epididymitis der gleichen Seite — wie selbstverständlich ~ 
schliesst; seltener ist das Zusammentreffen mit Prostataaffectionen. -Absct^ 
bildung bei Spermatocystitis hat Lang nur ein mal. beobachtet; derji»| 
zog sich nach einigen Tagen gegen die Prostata hin. Von Sehlen^ 
der gleichen Anschauung wie Petersen, .dass die Expression derrm- • 
häufiger gemacht werden sollte; in dem Prostatasecret finde nian n ? 
Gonococcen. Neisser theilt mit, dass er bei jeder Urethritis pos 
die Prostata palpire und bestätigt die Angabe von Seh . en r 0 u. 
züglich des Vorhandenseins von Gonococcen im Prostatasecret. 
mann macht auf einen bereits 1890 von ihm demonstrirten histoi logs 
Befund aufmerksam, der selbst bei Abwesenheit von Spermatozoen _ *' 
dass es sich in dem Secretpräparat um Inhalt der Samenblasen * 
Es ist dies ein sonderbares, polymorphes Substrat, das sich bald ^ 
grossmaschigen, aus zarten Fasern bestehenden Netzwerk anonr ’ -m 
sich schlängelt und windet, bald zu Kugeln, Keulen und KluniP®** 

12. Der nächste Vortrag war der von Hochsinger: Uebe * . 
lole Syphilis und Tuberkulose« Der Vortragende resunnrte 
maassen: Misch infection zwischen vererbter Syphilis 1111(1 «. Misch- 
kommt schon im frühesten Kindesalter zur Beobachtung, jr 1 Yün 
infection kann — infolge gleichzeitiger hereditärer Ueoertrag^« . 
Syphilis und Tuberkulose auf ein und dieselbe Frucht 7 -aug,. ^ 
Käsige Knoten in inneren Organen congenital-syphilitischer Am 


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6. September. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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erst dann als Gummata syphilitica anzusprechen, wenn sie sich bei der 
mikroskopischen Untersuchung als nicht tuberkelbacillenhaltig erweisen. 
Als hereditär-syphilitische Pneumonieen sind lediglich die interstitiellen, 
wirklich granulomatösen und durch Vasculitis ausgezeichneten Entzün¬ 
dungen des Lungengerüstes neugeborener und ganz junger Kinder an¬ 
zuerkennen. Die Pneumonia alba hat mit Verkäsung nichts gemein. 
Käsige Lungeninfiltrate hereditär-syphilitischer Säuglinge beruhen auf 
Mischinfection zwischen Syphilis und Tuberkulose. 

13. Herr Riehl theilte sodann klinische und histologische Beitrüge 
zor Kenntniss der Hanttnberkulose mit. Mit den bisher als Hauttuber¬ 
kulosen anerkannten Formen sind die klinischen Bilder, unter welchen die 
Tuberkulose an der Haut auftreten kann, keineswegs erschöpft. Riehl selbst 
berichtet über drei bisher noch nicht beschriebene Typen. In dem einen 
handelt es sich um eine Art Impftuberkulose — in continuo vorschreitende 
tuberkulöse Knoten, ohne Erkrankung der eigentlichen Impfstelle und ent¬ 
fernt von ihr. Ferner beschreibt Riehl einen Fall, bei welchem nach 
Oberschenkelamputation wegen Fungus des Kniegelenkes eine tuberkulöse 
Erkrankung der Haut des Stumpfes aufgetreten war, die eine Aehnlich- 
keit mit den Wucherungen, wie sie über tuberkulösen Knochenprocessen 
Vorkommen, hat, und die Riehl beide mit dem Namen Fungus cutis 
(Tuberculosis fungosa) zu belegen vorschlägt. Drittens berichtet Riehl 
über einen faustgrossen, lappig-knolligen Tumor der Aftergegend, der bei 
Druck aus mehreren Fistelgängen Eiter entleerte; es handelte sich hier 
um ein Fibrom, das secundär (etwa von einer Periproctitis aus) tuber¬ 
kulös inficirt wurde. Touton bemerkt hierzu, dass er ein im hinteren 
Theil der Nase sitzendes Fibrom beobachtet habe, das später tuberkulös 
entartete, wie die mikroskopische Untersuchung ergab. 

14. Herr Ehrmann hat durch Injectionen festgestellt, dass die Blut¬ 
gefässe am männlichen Genitale von Lymphgefäßen umsponnen sind, 
eine Thatsache, die beim Schanker die mikroskopische Untersuchung er- 
giebt. Auspitz glaubte aus den letzteren feststellen zu können, dass 
das Syphilisvirus durch die Blutgefässe weitergetragen werde, hat aber 
offenbar fälschlicherweise die Lymphgefässe für die letzteren gehalten. 
Ehrmann’s Untersuchungen erklären die in der überwiegenden Mehrzahl 
der Fälle schlechten Resultate bei der Excision der Primäraffecte. 

15. Herr Fabry sprach sodann über Urticaria pigmentosa unter Zu¬ 
grundelegung eines sehr interessanten Falles, bei dem die persistirenden 
Urticariaflecke zum grossen Theil hervorgerufen waren durch Hämorrhagieen 
im subcutanen Bindegewebe. Die Annahme, es handle sich bei diesen 
Hämorrhagieen etwa um Artefacte, die bei der Excision zustande ge¬ 
kommen sind, ist mit Sicherheit auszuschliessen. Der bisher nur von 
Pick bei Urticaria pigmentosa gemachte pathologisch-anatomische Befund 
von Hämorrhagieen findet durch Fabry’s Beobachtung die erste Bestäti¬ 
gung; neben den Hämorrhagieen fanden sich in Fabry’s Präparaten zahl¬ 
reiche Mastzellen. Aus diesen Gründen in gleichzeitiger Verwerthung 
der klinischen Erhebungen liegt ein Fall von Urticaria xanthelasmoides 
vor mit einem von der grössten Mehrzahl der in der Litteratur sich vor¬ 
findenden diesbezüglichen Publikationen abweichenden pathologisch-ana- 
tomischon Befunde; auch mit dem Pick’schen Fall deckt sich Fabry’s 
Fall keineswegs in jeder Beziehung. 

16. Im Anschluss hieran demonstrirte Jadassohn einen 17jährigen 
Patienten mit Urticaria pigmentosa, der in den ersten drei Lebensjahren 
eine typisch verlaufende Urticaria in sehr heftigen Schüben gehabt, jetzt 
von der Krankheit frei ist, jedoch deren objective Symptome (braune, 
meist ganz flache Flecke mit sehr deutlicher localisirter Urticaria factitia) 
aufweist. Ausser der letzteren besteht jetzt — 14 Jahre nach Ablauf 
der Krankheit — noch das zweite Hauptsymptom, ausserordentlich reich¬ 
liche Ansammlung von Mastzellen an den ergriffenen Partieen, noch un¬ 
vermindert fort. Joseph behandelt gegenwärtig einen 19jährigen Bäcker 
mit Urticaria pigmentosa, deren erste Anfänge in die früheste Kindheit 
zurückreichen; bei Reizung der braunen Flecke entstehen auf ihnen 
Quaddeln. Touton berichtet über einen Patienten, der früher Syphilis 
gehabt und jetzt an Urticaria leidet; diese tritt besonders an den Stellen 
auf, wo früher syphilitische Veränderungen gesessen haben; an diesen 
zeigt sich gerade auch die Urticaria factitia sehr deutlich. 

Dor dritte Sitzungstag brachte neben einigen Vorträgen eine ausser¬ 
ordentlich grosse Anzahl von Demonstrationen von Präparaten und zum 
Theil diagnostisch zweifelhaften Fällen. Bei der grossen Menge der Vor¬ 
stellungen ist ein ausführlicheres Referat leider nicht möglich, zumal die 
Fälle meist nur in Kürze besprochen und dann mehrere zu gleicher Zeit 
von den einzelnen Gruppen der Congresstheilnehmer besichtigt wurden. 

17. Zuerst stellte Jadassohn einen 30jährigen, sehr heruntergekom¬ 
menen Patienten vor, bei dem er eine bestimmte Diagnose nicht hat stellen 
können, bei dem er rein symptomatisch eine Pityriasis alba atrophicans 
angenommen hat. In der Discussion sprachen sich Kaposi und Behrend 
für eine atypische Ichthyosis aus, ohne dass Jadassohn sich dieser An¬ 
nahme anschliessen kann. Im Anschluss hieran spricht Joseph kurz 
über einen eigenthümlich verlaufenden Fall von Ichthyosis bei einer 19jäh- 
rigen Frau, der ihn auf Grund der klinischen und anatomischen Befunde 
annehmen lässt, dass die in den letzten Jahren unter dem Namen der 
Acanthosis nigricans, oder Acrokeratoma hereditarium, oder Dystrophie 
papillaire et pigmentaire beschriebenen Fälle weiter nichts als ungewöhn¬ 
liche, atypische Ichthyosisformen darstellen. Auch die als Darier’sche 
Krankheit bezeichnet« Dermatose zeigt klinisch eine grosse Aehnlichkeit 
mit diesen ungewöhnlichen Ichthyosisformen; anatomisch bestehen aber 
einige Unterschiede. Gegen diese nahen Beziehungen von Ichthyosis und 
Darier’scher Krankheit sprechen sich K. Herxheimer und Janovsky aus. 

18. Von den übrigen Demonstrationen seien noch erwähnt ein Fall 
Darier’scher Psorospermose von Neisser, ein Fall von Erythromelalgie 
von Staub, ein Fall von Pityriasis rubra pilaris und ein Fall von leproider 
Trophoneurose von Gal e w sky. Des weiteren stellte Neisser zwei Fälle von 


Keratosis rubra pilaris vor und sprach die Meinung aus, dass eine 
strenge Trennung zwischen dieser Affection und der Pityriasis rubra pi¬ 
laris nicht durchzuführen sei. Dieser Anschauung schliesst sich auch 
B lasch ko an. Er habe auf die Beziehung beider Affectionen bereits auf 
dem vorigen Congress hingewiesen; er verfügt jetzt über zwei Fälle, von 
denen der eine eine ausgesprochene Pityriasis rubra pilaris ist, während 
der andere, dem einen der vorgestellten Fälle N e i s s e r ’ s gleichend, ein deut¬ 
liches Uebergangsbild zwischen den beiden genannten Affectionen darstellt. 

19. Den nächsten Patienten, einen Fall von Lichen ruber planus mit 
atypischem Verlaufe stellte Chotzen vor, die Erkrankung besteht seit 
vier Jahren; die frischen Eruptionen machen entschieden den Eindruck 
von Lichenknötchen, während man die Narben als von einer Acne necro- 
tica herrührend ansehon kann. 

20. Schäffer demonstrirte darauf eine Patientin mit circumscripter 
Sklerodermie der rechten unteren Extremität, und Kays er ein 13 V 2 jäh¬ 
riges, aus tuberkulöser Familie stammendes Mädchen mit Lupus hyper- 
trophicus am linken Ohrläppchen und am linken Arm, in unmittelbarer Be¬ 
rührung mit einer Impfnarbe; das Mädchen zeigt einen übernarbten 
Trommelfelldefect links, der höchstwahrscheinlich von oiner Otorrkoo her¬ 
stammt; die beiden lupösen Stellen liegen so, dass sie bei Seitwärts- 
biegung des Kopfes leicht zur Berührung gebracht werden können. Eine 
direkte Inoculation des Lupus etwa in Zusammenhang mit der Vaccination ist 
nicht nachweisbar, vielleicht aber oine Autoinoculation nicht ausgeschlossen. 

21. Ferner demonstrirte Arning eine Reihe interessanter Leprapräpa- 
rate die ihn zu der Annahme führten, dass es neben den bekannten Formen 
der Eingeweidelepra noch eine Leprosis viscerum zu geben scheint, welche 
nur schwer von Tuberkulose zu unterscheiden ist und welche besonders 
die serösen Häute der Brust- und Bauchhöhle, den Dickdarm, Milz und 
Leber, sowie die Lunge befällt, hingegen die serösen Häute des Central¬ 
nervensystems und die Gelenke freilässt. Schäffer hat von Arning’s 
Präparaten mikroskopische Untersuchungen angestellt und meint, dass 
ebenso wie auf Grund der makroskopischen Befunde so auch mikroskopisch 
die Differentialdiagnose zwischen Lepra und Tuberkulose sehr schwer zu 
stellen sei; er selbst ist zu einer bestimmten Anschauung noch nicht ge¬ 
kommen. Hochsinger meint, dass die grosse histologische Aehnlichkeit 
der visceralen Lepraknoten mit Tuberkulose die makroskopischen Unter¬ 
schiede zwischen Lepra und Tuberkulose, insbesondere die grosse Härte 
und das Fehlen eines breiig-käsigen Zerfalles bei den visceralen Lepromen, 
nicht erschüttern kann. Da man die Diagnose doch schliesslich aus den 
makroskopischen Qualitäten macht und die mikroskopische Untersuchung 
erst zur Unterstützung oder Aufklärung anwendet, so ist donnoch Lepra 
und Tuberculosis viscerum von einander zu unterscheiden. 

22. Herr Petrini (Galatz) spricht darauf unter Demonstration von 
Präparaten über den Leprabacillns bei nervösen Formen der Lepra; er 
hat gefunden, dass man bei der Nervenlepra mit Syringomyelietypus die 
pathogenen Krankheitserreger nicht nur, wie man bisher angenommen, in den 
Nerven, sondern auch in der ganzen Ausdehnung der anästhetischen Haut¬ 
stellen findet, ein Factum, das für eine schnelle und sichere Differential¬ 
diagnose von grossem Werth ist. 

23. Herr Mikulicz stellte einige FälleVon Ulcus cruris vor, die man 
sonst als Ainputationsfälle bezeichnet hätte und bei denen durch Transplan¬ 
tation Heilung angestrebt wird. Vorbedingung für das Gelingen der Operation 
ist vollkommen durchgeführte Aseptik. Zunächst wird das Geschwür 
durch geeignete Verbände zur reinen Granulation gobracht. Sodann wird 
nach der Methode von Krause ein länglicher, an beiden Seiten zu¬ 
gespitzter Rhombus aus dem Oberschenkel geschnitten und, nachdem er 
möglichst passend zugeschnitten ist, auf das Geschwür iraplantirt. In der 
überwiegenden Mehrzahl der Fälle erfolgt die Anheilung ohno Zwischen¬ 
fall, auch dann noch, wenn in den ersten Tagen die obersten Epidermis- 
lagen sich blasenförmig abheben. Die von Mikulicz vorgestellten Pa¬ 
tienten zeigen die Anheilung der Lappen in den verschiedensten Stadien. 

In einer weiteren Demonstration empfiehlt Mikulicz eine neue Me¬ 
thode zur Besserung fläehenhafter Angiome im Gesicht. Mit einem 
Mikrotommesser werden in grossen Zügen Epidermis und die obersten 
Papillenspitzen entfernt. Die sehr mässige Blutung steht schnell unter 
Compression. Der Effect ist der, dass durch Narbonbildung eine der nor¬ 
malen Hautfarbe sich nähernde hello Nüance zustande kommt, während 
allerdings die sammetartige Beschaffenheit der Haut verloren geht. 
Immerhin sieht man den Patienten die Entstellung nicht schon von der 
Ferne an. Mikulicz glaubt, dass man mit der Zeit durch grössere 
Uebung in der Methodik noch bessere Resultate erzielen wird. 

24. Saalfeld demonstrirt die von ihm in seiner Praxis in Anwendung 
gezogenen optischen Apparate, welche von Prof. Liebreich als Glas« 
druck und phaneroskopische Beleuchtung in die Dermatologie eingeführt 
worden sind. Unter dom Glasdruck zeigen sich die anämisch gemachten 
Stellen für eine eingehendere Beurtheilung dor pathologischen Verände¬ 
rungen der Cutis und der Epidermis in einer Reihe von Hautkrankheiten, 
besonders beim Lupus vulgaris von Bedeutung. Er wies darauf hin, dass 
Lupusknoten, welche dem blossen Auge nicht zugängig sind, auf diese 
Weise sichtbar gemacht werden können. Auch die phaneroskopische Be¬ 
leuchtung trage zur Verschärfung der Diagnose und der therapeutischen 
Einwirkung bei. Es lasse sich nicht verkennen, dass diese Methode einer 
gewissen Uebung bedürfe, welche durch reichliches und mühevolles Beob¬ 
achten erst erlernt worden müsse. Bei einiger Sicherheit in der Hand¬ 
habung der Instrumente zeigo es sich besonders, dass die phaneroskopische 
Beleuchtung auch bei Lupus ausserordentlich zweckdienlich sei. Als 
deutlichen Beweis für die Brauchbarkeit der Methodo führt Saalfeld 
Erysipelfallo an, bei denen die Ausdehnung durch die Beleuchtung als 
bedeutend weitergehend erkannt werden konnte, als es mit dem blossen 
Auge möglich ist (ähnlich wie beim Lupus) und weist auf die Wichtigkeit 
hin, welche die Beleuchtung für die Prognose und etwaige therapeutische Ein¬ 
griffe hierbei (Scarificationen, Carbolinjectionen, Compression) haben kann. 


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96 


VEREINS-BEILAGE 1>DR tüSHTSOÖEN fflPlCmiSCHKN IWOCHENSCHEIFT. 


. So, Jn der letzten Sitzung; sieilfe Neisser einer Kalt-ton sogeiia-natura 
Eezowfi A>IÜ€itliirc (Ahdeolm Morris) vor. Er will dasselbe nicht m den 
Eczwüeik sVftdeni ZU »1*1« EbHiciditidefj rMme«, weil walürndder Dmier 
4**c- Krnükludt di« UmhiiffaBg' iter ücstj/uatos'*• t'rti 

er.«»« i‘r Elt. Tool-cm hat einen rtfüdogen Fall m Btibuudlutijg», der sich 
auf ciunui rhm, Piuvriatd* ölmliehe Sudle am Kinn öuey.öirhm.4. Jaffas- 
- sfijiR weist darauf hin, riass der Psoriasis vrilgnm sehr etdfcn eiu m 
gczm<u hdlieuhtro oriimernd*-* VorA.ndium vernnsocht 

N v-fakor g tollt ferner eißen IfiUl von llariEr’hfhtgr Kra/chhuiE vor, 

' • Neu borget* spn» ht hm-,; .{ntn 1 Demo«***« Gm. von fVo^graimricrt 
über drei Fülle von TLu-he« r u be v. 

•K'ft'cÄSör ffgwohiffEff ^vc* Fälle vo« SJ&lpF&darguq? a vor denen 

U**r J-iifi* besonder eine ?tnf. JEfflmiliguiig .las (..swloas zeigt, Th»m- 
«veh .net V,_.;c s ,. r Macs,eie. SaUry} umcfiiih ußd' aUkserlti h, t«rmT 
Tiyasmemm «üd Ußd -extröct qlinfi nlje« 

Nutz«« angewandt.. Audi d.»r. Sdo), fite D Vhitippgcm in der ]>isrussion 
ciügt&Jii EU iCiüs-^ef keinen Urhilg ei^vbcm. 

i.bin'mf skr Ule N'.-i =?$•*»• dm? v«r. die an einer durch BiR 

duug dunketnU !«-r Kh,U<n e'mrukt« nci?-km Altedioti der Baut leidet: nach 
Vuragc^*$n»r Ihe^eVang t sils(i imuiig fkaiffm idrigolreteu. Bei Külte- 
eirwrrkiijig und -Imcreiclitmg von Jod tritt ym'MdbnjuiWUHg '.du, Kino 
>mkt-;a Diagnose kupnio midi durch . dp* ipjkrodmpddfe fJuU*n$ticJnuiß 
locht. gesimlt WmMmi, In ?lar Idsea^sioH k;nn die Adudidikoff der Atledlon 
mit harren., My Gdik fiutguhjur; und'' Er.v fimmu perdfms /.tu* Sjmirhü. 

ilDrstif dt-mo «dritte T-oeiiMi ■.öinjge Mu? insinudivo 1 Y/iparafe mr 
lAmrdsppripidtfrngo. 

; - H*v (>, ü nseut höi fNdUa dan:; dnem IleUrng ~si den Idasen- 
bi äffenden AWegUone« der BnnffseMeimimiit anh' (DorVartrng dt ia 
extenso in- dieser • Wodmupdirift' N«. 20. S. «40. grsvjidpru.) 

Beiiir (HmifStr&tßfU^ mikroskopisch»*; RrapoDito von der glnlf eu- 
Atronhve d».*s ZungengrmKlte; G. Io*,via und derpV.jnrügem}?} fcijul j im-rrn- 
«rfu’% mU der einer -auKfüitrliehen Arbeit, iiher <3io Bexielumir 

der .Atrophie, dt.-p ^»i ng.m tirHindrs ;cur HA^hilis besi’hilfijgK 

Bstranf ^eiitle Balle \\Aejismcid<die Vtirsehkchniei' Hü ul-kBH]khi’Mue;. 
i de l Antnufen von keni^seiindieii waren in eini*r h*.»:f.jn;ndn.u '\ % v?<&&$>&' • 
ruuL v auf V/aehü pn?]reift utni ent^pr»H'iumd äim^ns<dmiltnt! wurden, thmdt 
ZuHuiufnenaetzunp-dieser einzelnen, mich in ihrer iiicke enl^irediend ^ 
wddfen ^Vadisdufohi nfixalum sieh AusKerordnurUeh inshHdiyo rdäslk«.he 
Ihri^trdlrm'ec» der Ejudmlnifr- !n:-l>.^.lüdee,- irateii die. Kfie^npij f dpr 
apftnahu iiud •pathologisf-.h.rii Ua.ui.. die Verdickung-d«> Btrahmi eori.oiuii 
hei der Vemten lilnf 'M T?vCe, 

ijn AnvchlusH un den EongmaS- w-U’ eine'kleine derinaloletrisehn Atiy 
Sivllime eenm-hdtet, dii in vier grossen Räumen Tieholi dein SRzujie^md 
mii<irgel..raoht' w. Zur Aussf.ellurm; gel.muil«*« seiums mehrerer Kirifie« 
diirurgisdie oml andere in der Benhafolopm und Urologia gebiAudikctjp 
instru.menie. \Vir* ?-rvv;ihimij hier kur/ die Forte.ienie Fh-mefr 

Harirl, König, Srhmidf m Brodau . von denen di.j erslt-rv »miur ruvhn'eftt 
da« Lfiw oniinrdtVebo .Emieskop für die hin je re Hurnröbm; d-t- 
{Criueh’.odin lfamrü)»f'öodilatiddnum, sn\vk eiuo Bupindkloiiemn zur I’hi- 
iP'.iHiiiuTMjwfnm mul* f hot/.r.ii ain-nosudit ludfe: lern er waten vefii’o^Ot 
Ildfienumn iLdpaml inii. ihm. Nif.'/.o-OIjurEiiiderAdmn sowie K<tl(- 
liHvTi h’Hcbn« InVimmcntmi, Uh>adrmami (!h>rli«) ioit 'Oi*Äi> o f's nuti Edh«'. 
a tre Er U dVppjimfen, dfirautji' nnrh des f«*i ?d nröu neues SHiffiv ssujt Br^ 
(eslmuue von MmU.skojH'U. {h*S wiMli-iCli Wurei; uiüo «rtBauri- IhM'he. v«m 
I..uiet Me-huties. und Op!>f-ütl..ri^iühlrfi m*d -Ti'Sehon oingosrelü, von J*-nnn 
lu^iuim-s die lu Aer Bresiauor Hautklinik im GohrnneU Krirndtieheu. 
K, ' Vi!; die von lErÜiiiiitm (nuspesteHt Wi; 'riml!ujmifj m BripKij») und 
von \\ heltln.n 5H;*.Hjgi.be?ioa .hi*rvorg'eli(*heti werden ooii.-r». Ferne»- haften 
eine Anzahl ehemisejior kahriken ihre Fruduefe. deüon 

Wir die Lnuolinhdirik in jVEv;fi:iik<':jB4(3» bei BeWn,/ die Fariun- 

tiiHtäkcm. vertnaE Ffiodr; fkiyer if'Cih, EUmrAhf, nmj. du* Aftieil^Hellh-l.alr 
für Auili nfaHrikn.fi np. Berlin, ».'rjiylmoft BosoudereÄ Invur» H «so ef- 

n f6*ii die Moulagen von Erkrankungen aus dom Gebiete der imrm.v- 

fohigiH und SvphiUd. l>icsClh»\n Waren in ?>»n>f Ih'leidHltiglveit AU.^eSfitUt:,. 

vvie wohl bisher noch uut komm« CAn^osigr und illustiirtcfu ihm Wbjrth 
«{«•nirfj^er, thviparate für deit • »temousi-rülivtvn EntoifKiit in der Klinik in 
hdho*n Mauss». So s«h»m wir eine .Aiiz.nh.i Gr*■■ herühmt-an Barefln'^hutt 
•Muulugun von? IJ.opHn.l St. lonii- (j’arise {>f, B ohiviiu; (AVteni hatte 
< tP" ^j'nsa.e ( ollcction Vollende.I Ansrei'ührfer VVachsnAehhildiiueeu •n.Th.i- 
logisiiiHjr .Zustäydfi. dpr Bhüi.- 'iHifgosfeHf. Bfof. 1L nssirt' tifbdinj zur 


V*> 1 1« gnW ^cic"Vött. 1>p:. U i i&£ fa .t j)H \vweUv yor- 

!F ,|,m ?* sei ec, i, A‘i-yt. iii,ne von !>r.‘ BerÜnor •Bei üui 

’w tihrtübjLr gethun.. Äef -ftfo' A>;i,‘rioih1ftp» T , (h*-v zNvnifhn GoreK$lng,c,^ mdbun 


Kj 


- , --.w- —. t , ,JÜ IU-. « - r-WßßS 

OM^FriiiKtni^ clois wm 

KachhJhjtiagon woleim vrm ihm im 

iW:tht^»g^‘hi»ii. hiStitutu dm*- Könighuhtm ChnntE in Berlin nn^fertkr.. 
wmve. •h-.uumf.t.firto. SaaliVld »B? tlin. 

IV. Belgische Gesellschaft für Chirurgie, 

ln der ?uu?sc*r.ml«-nUich«n ■Si'tzmig th>r h'kisciion Gosotise-hufi: 
Jur [ Inr.iriiic am 12. Mai IS!>4 vm Ani werpoiMAirnalnB de In soejffe 
bolTO de elurursnm II. imitk. Bnixtdlvs IM* lt. I*m fc Htiu stond eins 
Ibeiua »vuf dHjr TA^rrdnmi?’. lieber Bvtni‘mlil»ÄtUrti düs tuherkulbecu 
;I * r * im Befoico von chirnrgSsrhpTr ElmrrUTart tuh.s kulü««»» 

lnnr)Uf^u.i!er >aivii dir. Üer:? :i I»« pap,;> nnd G.aHrt 
' ‘ E *'i*’kl" , da. v .. w »sst’OM ti.iftlu’ho M:Ur(‘i itl ' fler IvratFC UTjt.or- 

<S ! R -" 1 ':— A ' J • >:U ' : ' r ‘ J ‘ Gh,irit^cMu.««o l4 . 3 > jssü wur-lo tiäs Ver- 


hllitnisS pOBtojiBrnüver Aügomeinerki'aokutig des Organismus zu 
2°;ff bosiiiöM, aber keine der bisher zur fjelkun.g' gökximmerWa T)h* ' 
rieon über die Natur des tuberkulöse« Agens lr«t zu «ViW w 
modvf, warum gerade im •Einzolfall nin soielmr ASkeaiei?iak>hna-i; 
Tuborkuloro xusOmdo kommen muss. iSbuKsowenig- a k 
m der be«tm»mteii.. perlljchkeit. in der fIpef-otionsificihoil^ 
oder wruigbr mdicnlt-n B.ehuödluög oder', der GrAssu doft- E ( i-<*:V 
m der hcrodiUimi Belüstung, iß lief- UnJeebinsg. »Kt Ojitirifi’";' • : . 
UUfchalt im Krajikonhausi; mlur in bjWnBt h ' iiavnrzu-m.r.r; ■ : 
in der Sol’gfb-lt, Wekdm da> IwliViduiHU vor und t»aGi ihvUjsri.^ 
erfahrt, ^mnal' -ül : d«' innerb» und iiussoren Anwcnduiig Vmi 
{WrneuU) irgeu»! «tu hestimmtw Aahult, sus dem weh mit. 

Wahrscheinlicbkoih dlo Geföiif der AlIgqTößitäufwlifutr und diji 
«ach iliesor Huihrung hm bbrcehntm Hokse, 

1 n der Biscusskn verwies Di* ivhh m pa tLüMÄ aut dk 
sicht auf die vorliegende Frage ri griostigero Pr«*gnasi;. tkr 
Tuberkulose im KinckfccJtor'und .giobt uiim Statistik au; )( . ; : 
oporiitioneu, wehdu? knmn f<°;,t etigüiki.ig'u Ausgang ***vieE-, lisi *hr... 
KibdeSöltör busc<!ub;i'a hiiulicrOü GoeaUAi o;ig d?;s■ Kraiikhiiitsgift-v.? tr. v.n- 
isjcdirtbn Hoerd,Ist* das am meisten er/olg\ ! erspt<?cl»ihide Vbkfe ?i: 
gründliche AH«rol.tiyjg de^ Krnnkheitsbumlr«, also .die I- 

wrh'hv't der Regel nach et»gar pnnju iufefitio mudt wird »md -.wi.'P 
Gonpröli^irung des; Giflws vnrhütöf. Von Bl OpBratiuwü, d.oob 
ftiictkmfe« und Am putnlimum, huhoiVimr zVe-i z.imi Todc geClIlirt. 

G all cd. (BrUsiMoi) iiud»-l m der Eih nbom-o/« mH,.-.» 4 1 »h u |5i 
■ stk» .'Boden für die OperiAltm. h kr Eoiicrwäbuun*.' -i»? m, 

nismns durch das t.ubr.rknUvso Gift uchoiid »hm daa {jmsnubtlivf 1 \ud ,.•...• 
liiAtke- 'Vefhnlioo der «eiksen Blvjtkonicrchei? wm besuiulcin■ li^r-uhrN;. 
ln einem Fnü rpn /üäv/o.r Kniegcdonkstuberkulose konnte_.anui 
wo rin chirurgischer Emonfr » Au d.'iatzuuu \r>hi a ektoi}m. IbSö^Ä[i a: 
Erfolg hcgiuitnt vvar, auä einer vorlikr bestohnüdon und dazvrisihfn ?>k 
wieder LcmimbUdmideu T^vpokmkoejtoso eine H,vperle*ikoevto••-• 
Wkkulft f chcJn. In der Zkt der Besserung erscbeiHon die Zelle» aut vo)k 
Kc.-rii und auch -vbdkwiiire Zellen. Jedenfalls spielen die w^n ‘k 
kOrtmnhou ib d-r Vovihe.idij^mg dos OrguuiBrons eine hen-orcaa-ondv EA; 

Buy nt (Brüssel): Boi dor Ihd.iHcbtnDg der Pathogene, dv 4 ; M»»-. 
nisnms , deÄ^ Allgommaftmsbinicte der Tufeivekulose nach Üperalioniiu cwK 
Ulan zwoi (irupimp. von Fälle« urRorfche.hbm. Df «ler aug**rritf»w : hD'- 
kuthae Ih'cnl, von dom die. l«f<>ci.i{?n sjutUiüdct, der einzige, mim .>!•.* 
noch rm'tbint Berede Vorhände «'i ,1m m-stmon Fall, wo die IitFcboj- ö« 
woider.:tu einer Miliartuberkulose' -oder zur Bildung' neuer lokrurr.Üe^' 
fühmi lotTiii, ist die T'munio einer Antointoxication durch AiilVuhio'. i 
.Keime .mul fiD'die Aui-siüit völlig äimroicbend. (in 'zweiten Fall ?h ‘ 
da,*:.*, die Nebctilokrdo, welche vordem vielleicht 'sich gan?. inÄ 1 
liirlMn, .im'*. Ui ich mit. aber auch ohne noüe Auslaut V"« Toberkdn iiav ( '> 
♦Ebfftjg' oHabi^hit^a, uin «Itcr Hifnfuberkel % B. wapdelt vacli in eHjf ' N* 
Moniniiilm oiij eie. Bim* nrU3s mm 'für die Belebung- der .™f§$p| 
'cdiofi "4ix rinn Ört Ein griffe s ganz- Gütfcrniou BtplR ^ ttRd ' v 

iUlbhetm DR* eiüziii?'Ei'kiiirurva Air dike Falls wfin m y 
Hqsä tv^ y-icb mchk iHn m&o bucillfire A utoiftfreR^ 1 uh Biö»*' v«rtjr»*J 
hiind! it. i.tunliTii mn Hne Automioxicatiori mit insheheii br-Unvc^. 
jirAijiiütütf-dbii Bat*iTlus r . wükbC durch die Gpeialiim trei v*-:M 1 ‘ 
in <ier 'An - te - Tuberkulin? Wirkern d. U. an alb*u t*ijv..rKi:.- * ■ 
dtmwdea rem.live Eni^nndmu: nneucn; Kdmn Emm lud 
du Sh durch »Mubilihirime VonihuiJü:« eine» lupüsurii Heerdes /bnvhAU'.^o 
n?ü?h A.ft$kr#5ain£t auch io; atdlerutv.lupükoo li&urdnn des Ji'ärpm* P *|^ 
nt uv> K^gcGötien «nitscht werden, Jellerdalls ojuos' hioö fltr ntc 
jHMi TAfrexi .det •GüiverajisiBiiij^ auidr versnliiodone Meehantsninn * 

A 1 bi ii p&PiUvt.VQ (Anfw.-rpeu) kommt, auf Grund '"in R» ••' i ;' ! ’*V. 
md pa 11 o{■:•< 1 isirijne rj«r Taborknbise, welche er in Vii Jahren rr ‘J* ,l ' J ’ Z 
lIoSpiRvbate von Aiitwerpnij sammeln konnte, zu folaemDo ' T '. ^' l ' w ; ..; 
frische .miliuro TulierkHlmissimt.. sowohl die. spo.nt:uie wie-mn j?.rcj r <FJA 
ist. bßufigüiv als ThAfi i^M aligeilmincTi anniüiink . A' 

KOTideni :SdilM‘rst sich stoD seetjiidhr no lokfile ._£«]-ortu»o«i-- / 

hhuhgej- hoi Kranke« mit wenig aosgehiedcRirlDordrm ?»>■ A., , 

öift AvoJtgpJjAudeh toimrkiilfisf^» V^or'vVüstuuge« *T c Jo.w 

füc öuad.mJiischo fiüslon des Heerdes dir Tuberkciaussaat. ^ '■ ‘■ ‘ ' 
w»ve{.Formen zustamle kommt Entweder wird der. Knnvr A., 
Tagen nach der OperaB.f»« von den Bnüllcu Ubcr^chwetnro.- r : . 

mllbn giolit <leu Aul>v<s. %u emor cbmnDiitüh 1 Ver^ti^bß»| . 

scbüpBjUÄ, Sic' tfiit aber nur hoi uiivollsf;in?iige«) ( ijwratmmuu • j . ; . 
kulüsfi AI jus’*'*' n nj». Körjior zuröckgaBijDbe« sind» ^u«> ^ ■ x-.g, 

IMüigung alle«; Oporniieuou inü^bdist jadiwiE 
THbulirlust lo‘ rin.^e AÜs^biUidJimg der Ocwoho (febU.tr bc,nu m-,. •*> • 

ktatzuug elc.J, . a,.,. va 

lJm b ai'siAitx fLüwwi) oiAi:htar uicht VorgOBSf.» lassen,- . ./ 



nifison go^ohon und ixr/uuei:' suf üb OporfiUonöm: 
divun. lä Taiicsfltlljpiv % dor leiziortni in <tiu»?r* Riumk'» . ■ * ( - n , yr ^i«ss 

Äiapf 'S^Si unter ÜöO 
Du' luagmi Tridmcfneu drciiwol AllgonmiulhfadmU ; ö Aw ^ ^ 
•loch auch,- dubs man die pöstopmutiveo GouipUc»twnv« 

und in ieibun Fall an f Rechnung der Onora 11 ? ■ ^ , 

Sobjjn Zwist brüffille kamen eben auch oIhiO Opy r? U« * . '• ,, rT; .• 
PiJieint Jas KinibDaltor wonigor disponirt* .^'p'°?® , i " dun'Ör'^' 1 ' 
JudfeiffMD darf aber die Ftorgo tor diesem ftWe«. ' .o'r#?: 

nicht, aldu.tlt.on, o»ififvvcfidife'e Eingriffe mi i«herkukc.c (I^rljn- 





Donnerstag VEREINS-BEILAGE 2<X S< T tember,894 ' 

; DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Freie Vereinigung der Chirnrgen Berlins, Sitzung am 12.Februar 
1894: 1. v. Bergmann, Nachruf auf Theodor Billroth. — 2. v. Berg¬ 
mann, Tubulöses Adenom der Leber. — 3. Rochs, a) Speichel- 
- steine in der Glandula submaxillaris; b) Zur Casuistik der Becken- 
. fracturep; Discussion: Sonnenburg. — 4. Lesser, Torsion des Hodens 
mit Missbildung des Nebenhodens. — 5. Schimmelbusch, Aufnahme 
bacterieller Keime von frischen, blutenden Wunden; Discussion: Pfuhl. 
— 6 . Schimmelbusch, Desinfection von Catgut. — 7. Nasse, 
Gallensteinileus. 

TI. Niederrhelnische Gesellschaft für Natnr- und Heilkunde, Sitzung 
am 12. März 1894: 1 . Schultze, Ueber Krampferscheinungen bei 
Tabes dorsalis; Discussion: Binz, Leo, Trendelenburg, Ungar.— 
2. Wolters, Mycosis fungoides. — 3. Samelson, Griffel Verletzung 
der Orbita mit nachfolgendem Abscess des Stirnhirns; Discussion: 
Hertz, Schultze. — 4. Thomson, Verschiedenheiten in Verlauf 
und Dauer der progressiven Paralyse; Discussion: Schultze, Oebeke. — 
5. Hillemanns, Augenentzündung durch Eindringen von Rauponhaaren. 

III. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau, 
Sitzung am 16. Februar 1894: 1. Schwarzschulz, a) Paralysis 


agitans; b) Poliomyelitis acuta. — 2. Riegner, Exstirpation eines 
Nasenrachentumors. — 3. Heintze, a) Sequestrotomie; b) Gastro¬ 
enterostomie; c) Multiple Neurofibrome der Haut; d) Maschinen¬ 
verletzung. — 4. Honigmann, Pes valgus staticus contractus. — 
5. 0. Brieger, Fremdkörper der Paukenhöhle. — 6. Jadassohn, 
a) Spontanes multiples Keloid; b) Bubonulus syphiliticus. — 7. Koch, 
Complicationen einer Gonorrhoe und Chininidiosynkrasie. — 8 , Adler, 
Gleichgewichtsstörungen. — 9. S tolper. a) Persistirender Ductus vitello- 
intestinalis; b) Bauchblasenspalte; c) Seltene Localisation gummöser 
Osteomyelitis. 

IV. Achter internationaler opkthalmologischer Congress in Edin¬ 
burgh. 

V. Achter internationaler Congress für Hygiene und Demographie 
in Budapest. Section für Bacteriologie, Sitzung am 3. Sep¬ 
tember 1894: 1. Büchner, Immunität und Immunisation. — 2. Roux, 
Principes de la s 6 rumth 6 rapie. — 3. v. Udranszky, Poisons bacte- 
riques. — 4. de Bäcker, Maladies infectieuses et ferments therapeu- 
tiques. — 5. Denys, De ffmmunitA — 6 . v. Fodor, De l’alcalicit^ 
du s 6 rum du sang apr^s une infection. 


L Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 12. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr v. Bergmann; Schriftführer: Herr Sonnen- 
burg. 

1. Herr y. Bergmann widmet Theodor Billroth Worte der 
Erinnerung. 

2. Herr v. Bergmann: Der Patient, den ich mir erlaube 
Ihnen vorzustellen, ist derselbe, den ich im vorigen Jahre auf dem 
Chirurgencongress demonstrirt habe. Es handelte sich bei ihm um 
eine Geschwulst, die ganz gewiss dem Carcinora der Leber nahe- 
.steht, histologisch, vielleicht auch klinisch, klinisch aber doch sich 
von dem Krebs, wie es scheint, in ihrem Verlaufe unterscheidet. 
Ich meine das tubulöse Adenom der Leber, das bekanntlich 
leicht mit den primären, solitären Carcinomen dieses Organs ver¬ 
wechselt werden könnte. Ich glaube nur, dass die primären, soli¬ 
tären Carcinome der Leber jedenfalls zu den allergrössten Rari¬ 
täten gehören. Die grossen knolligen Formen des Leberkrebses, 
wie wir sie gewöhnlich sehen, sind meist metastatischen Ursprungs, 
und so mag es kommen, dass, wenn wir Carcinome der Leber sehen, 
diese immer multipel und nicht solitär sind. Von den diffusen 
Foi^nen des Leberkrebses können wir in der Klinik schweigen, 
denn dieselben sind gewiss nicht operabel. Aber dieses tubulöse 
Adenom, das sich wie ein grosser Knoten präsentirt, ist operabel. 
Ich habe es damals mit einem grossen Stücke der Leber heraus- 
genomraen, und am 1. März wird ein Jahr nach dieser Operation 
verstrichen sein. Ich hatte den Patienten gebeten, zum Jahrestag 
etwa hierherzukommen. Er ist jetzt gekommen, am Jahrestag 
seiner Aufnahme hierselbst, und stellte sich nun mit geheilter 
Wunde vor. Wir haben ihn untersucht; der Leib ist weich, ich 
kann denselben eindrücken und kann den Leberrand nicht mehr 
fühlen. Er hat sich also wohl von der Narbe zurückgezogen. Bis 
jetzt wenigstens ist der Patient recidivfrei; ich bitte ihn zu unter¬ 
suchen. Er war vor einem Jahre anämisch und sah krank und 

.leidend aus. Er ist jetzt kräftig, von gesunder Farbe und hat be¬ 
deutend an Körperumfang zugenommen. Es ist das um so wich¬ 
tiger, als auch noch ein anderer Fall von Lücke mehrere Jahre 
als recidivfrei beobachtet worden ist. Bei diesem handelte es sich 
nach Lücke’s Angaben um ein solitäres Carcinom der Leber. Die 
Fälle des solitären Carcinoms und tubulösen Adenoms sind selbst 
.mikroskopisch nicht immer leicht ausoinanderzuhalten. 

3. Herr Rochs: a) Vorstellung eines Patienten (Posaunen¬ 
bläsers) mit einem Speichelsteine in der Glandula submaxillaris, 
dessen Kern ein Schrotkorn bildete. (Der Vortrag ist in der Deut¬ 
schen Militärärztlichen Zeitschrift 1894 veröffentlicht.) 

b) Zur Casuistik der Beckenfraoturen. (Der Vortrag ißt 
in der Berliner klinischen Wochenschrift 1894 veröffentlicht.) 

Herr Sonnenburg: M. H.l Ich bin gleichfalls in der Lage, Ihnen 
einen typischen Malgaigne’sehen Bruch des Beckens zu demonstriren, und 
zwar einen doppelten verticalen Bruch. Der Fall hat grosse Aehnlichkeit 
mit demjenigen, den Herr Stabsarzt Rochs Ihnen vorgetragen hat. Auch 
hier hat es sich um eine Beckenfractur gehandelt, die dadurch entstanden 
•ist, dass der sagittale Durchmesser des Beckens verkürzt wurde, und 
zwar dadurch, dass der Patient zwischen einen Thorweg und einen mit 
Dung beladenen Wagen zusammengedrückt wurde. Genau so, wie in dem 


Ihnen eben vorgetragenen Fall, hat es sich hier auch um eine Zerreissung 
der Harnröhre gehandelt. Es war auch mir nicht möglich, das Ende der 
Harnröhre zu finden. Ich habe den retrograden Kathe.terismus gleichfalls 
ausgeführt, und zwar mit Erfolg. Der Patient ist dann von den multiplen, 
später auftretenden Urininfiltrationen zunächst sehr geschwächt worden 
und auch an den Folgen der oft wiederholten Aethernarkosen zu Grunde 
gegangen. Sehr interessant ist bei diesem Becken, dass die Fractur 
sowohl das Os pubis als das Os ischii betrifft; und zwar ganz in der¬ 
selben Weise, wie bei dem Becken, welches dort gezeigt wird. Was aber 
bei diesem Becken besonders interessant scheint, ist der Bruch des Darm¬ 
beins. Wie Malgaigne angiebt, finden Sie auch hier einen Bruch des 
Darmbeins, und zwar der Darmbeinschaufel dicht am Os sacrum, während 
das Os sacrum selber vollständig frei von Fractur ist und keine Ver¬ 
letzung zeigt. Eigentümlich ist nur, dass der Bruch dos Darmbeins 
sich an der linken Hälfte befindet, während das Os pubis und das Os 
ischii auf der rechten Seite die Verletzungen zeigen. Es dürfte also 
dieses Präparat in der That ein typischer Fall des sogenannten Bruches 
von Malgaigne sein, und ich erlaube mir, anknüpfend an die De¬ 
monstration des Herrn Rochs, auch dieses Präparat den Herren zu 
zeigen. 

4. Herr Lex er: Ein Fall von Torsion des Hodens mit 
Missbildung des Nebenhodens. (Der Vortrag ist in Heft IX 
der Arbeiten aus der chirurgischen Klinik der Königl. Universität 
zu Berlin veröffentlicht.) 

5. Herr Schimmelbusch: Die Aufnahme bacterieller Heime 
von frischen, blutenden Wunden aus. (Der Vortrag ist in 
dieser Wochenschrift No. 28 veröffentlicht.) 

Herr Pfuhl: M. H.! Ich habe das Vergnügen gehabt, bei einer ge¬ 
legentlichen Nachprüfung der Resultate, die Herr Schimmelbusch auf 
dem letzten Chirurgencongress vortrug, diese Resultate bestätigen zu 
können. Die Untersuchungen wurden mit sehr virulenten Streptococcen 
bei Kaninchen gemacht. Ich habe die stärksten Antiseptica angewandt, 
oft mehrere mit einander combinirt, indem ich z. B. zunächst die Wunden 
mit Alkohol behandelte und dann Sublimat hinaufbrachte, damit nur ja 
das Antisepticum wirklich in innige Berührung mit der Wunde käme. 
Es ist mir aber nie gelungen, ein Kaninchen zu retten. Herr Schimmel- 
husch hat nun heute extra hervorgehoben, dass er nur von der Resorption 
frischer Wunden spreche. Sind die Wunden älter geworden, so liegen 
nach meinen Erfahrungen nicht mehr dieselben Resorptionsverhältnisse 
vor. Ich weiss nicht genau, woher das kommt. Ob dabei der Verschluss 
der Lymphgefösse oder sonst etwas eine Rolle spielt? Aber wenn ich die 
Keime auf W^unden brachte, nachdem diese 24 bis 48 Stünden, alt ge¬ 
worden waren, so wurde das Thier in vielen Fällen überhaupt nicht in- 
ficirt. Es war dabei jeder Irrthum ausgeschlossen, denn ich hatte immer 
Controlthiere da, bei denen frische Wunden angelegt waren, wo die 
Streptococcen ohne weiteres eindrangen und das Thier tüdteten. Aber 
die Infection von Wunden, die schon 24 bis 48 Stunden bestanden, gelang 
nicht mehr. Ich glaube, dass diese Sache wohl der Beachtung verth ist, 
und vielleicht manches erklärt, was den Herren Chirurgen in der Praxis 
begegnet ist. 

6. Herr Schimmelbuscl^: Desinfeotion von Catgut. In der 
Klinik des Geheimraths v. Bergmann wird seit Jahren das Cat¬ 
gut in der Weise bereitet, dass man es nach gehöriger Entfettung 

.in l°/o Sublimatalkohol (80 Alcohol und 20 Theile Wasser) ein- 
legt und erst nach mehrmaligem Umlegen in dieser Lösung und 
nach Ablaut einiger Tage in Gebrauch zieht Es sind häufiger 
Untersuchungen über die Keimfreiheit dieses Catgut in der JiliniK 
angestellt worden, immer mit zufriedenstellendem Resultat, und 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


nach mehrfachen Versuchen mit zahlreichen anderen vorgeschlagenen 
Methoden ist man immer wieder auf diese Sublimatbehandlung 
zurückgekommen. Eine erneute Prüfung der Desinfections-Methode 
des Catgut vorzunehmen, wurde uns durch 'eine Behauptung von 
Braatz nahe gelegt, der in seinen 1893 erschienenen Grundlagen 
der Aseptik die v. Bergmann’sehe Methode lebhaft angreift und 
u. a. behauptet, die 1 °/o alkoholische . Sublimatlösung sei nicht 
imstande innerhalb von vier Tagen mit Milzbrand inficirte Catgut¬ 
fäden zu desinficiren. Herr Saul hat sich unter meiner Leitung 
der Mühe unterzogen, verschiedene Desinfectionsverfahren für Cat¬ 
gut vergleichend in der Güte gegeneinander abzuwägen. Die Ver¬ 
suche sind so gemacht, dass mit sehr widerstandsfähigen Milz¬ 
brandsporen infirirte Fäden mit l°/oo wässeriger Sublimatlösung, 
mit 1% wässeriger Sublimatlösung, mit 1 °/ 0 verdünnter (80%) 
alkoholischer Sublimatlösung, (v. Bergmann), mit 1% absolut 
alkoholischer Sublimatlösung, mit Juniperusöl, mit Anilinöl (100° 
heiss), mit Xylol (100 o heiss) und mit heisser Luft (140°) des- 
inficirt wurden. Die desinficirten Fäden wurden in Bouillon und 
auf Mäuse verimpft und so das Desinfectionsresultat festgestellt. 
Es hat sich dabei ergeben, dass die Behandlung mit 1% wässe¬ 
riger Sublimatlösung und mit der Bergmann’sehen Lösung die 
besten Resultate gaben, weit besser, als die von Braatz 
empfohlene, aber weit complicirtere Heissluftdesinfection des Cat¬ 
gut. Man kann nur annehmen, dass bei den Braatz ’ sehen Unter¬ 
suchungen ein Irrthum vorgekommen ist, denn die Thatsache, dass 
Milzbrandsporen in 1% wässerigem Sublimatalkohol 4 Tage am 
Leben blieben, widerspricht allem, was bisher bekannt ist, und con- 
tfastirt lebhaft mit unseren Resultaten, bei welchen dieselbe Lösung 
sehr renitente Sporen in fünf Minuten tödtete. 

7. Herr Nasse demonstrirt ein Präparat von Gallensteinileus. 

Patient, ein 69jähriger Mann, der seit Jahron an Magenbeschwerdon 
gelitten haben soll, erkrankte vor beinahe drei Wochen unter Ileus-ühn- 
lichen Symptomen. Diese verschwanden bald wieder. Patient fühlto sich 
ganz wohl Dann erkrankte er sechs Tage vor der Aufnahme in die 
königliche Klinik abermals unter heftigen Ileuserscheinungen, die wiederum 
bald sich besserten, um in den nächsten Tagen noch mehrmals anfalls- 
weise wiederzukehren. Nach einem solchen Anfalle kam Patient so colla- 
bn-t m die Klinik, dass eine Laparotomie nicht mehr möglich war Es 
wurde die Colotomie auf der rechten Seite gemacht. Obgleich sich nur 
Lase und Koth entleerten, erholte sich Patient. Nach 30 Stunden trat 
aber wioder^Kothbreehon auf und zugleich schneller Collaps. 

P i( L Diagnose auf Gallensteinileus war nicht gestellt worden 
da die Untersuchung des Bauches bei dem corpulenten Patienten 
kein Resultat lieferte und da die Anamnese keine Anhaltspunkte 
für Cholelithiasis ergab. Erst später brachte man in Erfahrung dass 
die Magenbeschwerden des Patienten sich oft anfallsweise ver¬ 
schlimmert hatten (Gallenstein-Koliken?). 

Die Obductkm ergab, dass ein über wallnussgrosser Gallenstein 
l,dü cm unterhalb des Duodenums im Darm eingekeilt war. Die 
Schleimhaut war durch ihn nicht verschoben und nicht ulcerirt. 
An Stelle der Gallenblase lag ein jauchiger Abscess, der dicht 
unter dem Pylorus durch eine frische breite Communication mit 
dem Duodenum communicirte. Im Ductus cysticus lag noch ein 
grosser Stein. ö 

An dem Falle ist von Interesse, dass man den Tag der Per¬ 
foration des Steines in den Darm bestimmen kann, drei Wochen 
vor dem Tode, ferner dass der Gallenstein keinen dauernden Ver¬ 
schluss des Darms hervorgerufen hat, sondern sich mehrmals ein¬ 
gekeilt und wieder gelockert hat. Es ergiebt sich dies aus dem 
anfallsweisen Auftreten der Ileussymptome mit verhältnissmässig 

lon n l v , eLterhin daraus > dass Patient in diesen Inter¬ 

vallen vielfach Stuhlgang hatte und aus der Darmfistel Koth ent- 

unTerhoih e H? e Qf W - arC11 ^ er 0 £ duction einige Darm schlingen 
galUgen b Inhalt S ieS C ° 1Iablrt - Der übrige Dariu enthiolt reichlich 

IL Niederrheinische GßseUsch.aft für Natur- 
und Heilkunde in Bonn. 

Sitzung am 12. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Binz; Schriftführer: Herr Leo. 

? h . 11 1 1 z e: ?® ber Krampfereoheinungen bei Tabes 
b t ka ” nt ’ dass bei der Tabes dorsalis auf 
m G , b ?, te u dl? Ataxie e^e grosse Rolle spielt, ebenso 
tt^.n A ?h enmUS w llä ^ mungen bei ihr vör kommeo. Man war des- 
, als ™. an erfubr . dftss auch an anderen moto- 
roneus Lähmungen erstellen können, wie am Pe- 

ständ« der u^ d L- a | 1S ‘ ■ F v rn ,® r lst bekannt > dass atrophische Zu- 
Dwe d nerftL M rt« k , el11 a** hmzugese,len . für w «l<=he man zunächst 
SS rhi ° rd r . grauen Substanz angenommen hatte, 
f}rnla» d r h Ä ch auch , reine peripherische Degenerationen zu 
Grunde liegen können. Noch Döjörine sollen sich sog^r be“ 


■ No, 13 

20% der Tabeskranken überhaupt Atrophieen einstellen- ob dem 
wirklich so ist, muss noch näher untersucht werden, ’ dem. Vor 
tragenden scheint diese Zahl etwas zu hoch zu sein Weiter 
kommen aber bei der Tabes noch eigentümliche Kraropfeustände 
vor, welche verhältnissmässig am wenigsten berücksichtigt worden 
sind. So beobachteten wir kürzlich einen Fall, in welchem ein 
Schütteltremor bei der Intention, der doch auch als Krampfer¬ 
scheinung zu betrachten ist, neben ausgeprägten tabischea Er¬ 
scheinungen sich vorfand, und nahmen deswegen eine Complication 
mit multipler Sclerose an: ob mit Recht, kann sicher erst die Au¬ 
topsie entscheiden. 

Schon früher sah ich einmal bei einer älteren tabischen Frau 
unregelmässige, zuckende Bewegungen in der Ruhe an den Zehen- 
und Unterschenkelbeugem; ebenso Kopfzittern beim Fiiiren der 
Augen. Bei der Autopsie zeigte sich nur eine Degeneration der 
grauen Hinters trän ge ohne weitere sclerotische Heerde. Strümpell 
giebt noch an, dass beim Ruhighalten der Hand Bewegungen ein- 
treten können, die als Zittern zu bezeichnen sind, ebenso sahen 
gelegentlich Oppenheim und Siemerling Zuckungen an der 
ausgestreckten Hand, wie ich dasselbe in einem auf der Klinik 
noch jetzt befindlichen Falle ebenfalls vorfand. 

Bei dem vorgestellten Kranken, einem 59jährigen Tabiker, 
finden sich nun noch auffallendere Krampfzustände als die eben 
geschilderten. An den Zehen des linken Fusses zeigt sich näm¬ 
lich schon seit vielen Monaten sehr häufig eine stundenlang an¬ 
dauernde tonische Contraction des Extensor digitorum com- 
m unis, während die grosse Zehe umgekehrt krampfhaft plantar flectirt 
wird. Es entsteht dadurch ein Büd, wie es D6j&rine in seiner 
Arbeit über die Muskelatrophie der Atactischen schon geschildert 
und figürlich dargestellt hat. Er glaubt aber für seine Fälle, dass 
diese Krämpfe ähnlich entstehen, wie die Krallenhand bei Ulnaris¬ 
lähmung. Unser Kranke kann aber zwischendurch willkürliche 
Bewegungen mit den im Krampfzustand befindlichen Muskeln 
machen, wenn auch zugleich eine gewisse Muskelatrophie vorhan¬ 
den ist. Es besteht also hier ein tonischer Krampfzustand in be¬ 
stimmten Muskeln. Dann aber zeigt der Patient noch ein anderes 
Phänomen. Trotzdem er an den Händen keine Ataxie hat, stellen 
sich beim Heben der Arme bis zur Horizontalen gewaltige Schüttel¬ 
bewegungen derselben ein, ein Zustand, der nicht als gewöhnliche 
Ataxie bezeichnet werden kann; ebenso tritt Schütteln ein beim 
Heben der unteren Extremität. Belastet man den Arm, so tritt 
das Schütteln noch stärker hervor. Von Fiction kann nicht die 
Rede sein. Vor einigen Jahren hat er nach seiner Angabe eine 
Fractur des Malleolus ext. erlitten, weil er diesen Tremor plötz¬ 
lich beim Gehen erhielt und in Folge dessen hinfiel. Solche 
motorische Reiz- und Krampfzustände führen dazu, die Ataxie 
näher mit Krämpfen in Berührung zu bringen, als das bisher ge¬ 
schehen ist. 

Man hat' bekanntlich hauptsächlich zwei Theorieen für die 
Ataxie aufgestellt. Die eine stammt von Friedreich, nach 
welchem eigene coordinatorische Bahnen angenommen werden 
müssen, welche bei der Tabes erkrankt sind. Solche Bahnen lassen 
sich sehr schwer innerhalb der Medulla spinalis vorstellen. Die 
zweite Theorie ist diejenige von Leyden, nach welcher durch 
die pathologischen Veränderungen der sensiblen Innervation bei 
Tabes die Ataxie herbeigeführt wird. Diese Annahme stösst 
wieder auf die Schwierigkeit, dass sowohl gelegentlich hei der 
Ataxie die Sensibilität erhalten sein als umgekehrt die Sensibiuta 
erheblich gestört sein kann, ohne dass Ataxie besteht. Man könn 
nun die atactischen Störungen bei Tabes als Intentionskrämp e 
auffassen, welche in Analogie zu setzen sind mit dem Intenuons* 
zittern selbst und mit den choreatischen Bewegungen, die 
seits vielfach, wenn wohl auch mit Unrecht, auch als Cortina- 
tionsstörungen aufgefasst werden und in der That grosse Aeanli 
keit mit der Ataxie haben können, wenigstens das erster 0 ,, 
welchem aber niemand eine Läsion coordinatorischer oder sensl _ 
Bahnen annimmt, da bei der multiplen Sklerose Sensibilitätsstörung 0 
fehlen oder gering sind. , ., m 

Allerdings unterscheiden sich sowohl die schüttelnden 
wegungen bei Sklerose, als besonders die choreatischen 
von denjenigen der Ataxie. Tritt doch die des c h° rea ., 
Zuckens gerade in der Ruhe auf, und zeigt doch das 
Intentionszittern regelmässigere Intervalle zwischen den « 
Muskelzuckungen und regelmässigere Zielbewegiingen. ® .. 

sind die Grenzen zwischen der nur bei Intention aurtr 
Ataxie und dem Intentionstremor fliessende, so dass aucD EL *is 
Beobachter in der Benennung eines motorischen Reizzustanu_ 
Ataxie oder ausgiebigen intentionsschüttelns ad libitum ▼©. 
können. , Tnteil* 

Von welchen Läsionen bei der Tabes allerdings .® • . - e j D . 
tionskrampf, der nur zu einem Plus von Innervation 
zelnen Muskeln, nicht zu einem Minus führen würa , 


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20. September. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDJCINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


99 


muss vorläufig unentschieden bleiben. Ausführlicheres Eingehen 
auf den Gegenstand bleibt genauerer Veröffentlichung Vorbehalten. 

2. Herr Wolters: Ueber Mycosis fungoides. Im Aufträge 
des Herrn Geheimrath Doutrelepont stelle ich Ihnen eine Patientin 
vor, die sich seit einiger Zeit auf der Station der Hautklinik in 
Behandlung befindet. Es handelt sich um eine Erkrankung an 
Mycosis fungoides, einer Hautaffection, die nicht allzu häufig vor¬ 
kommt und aus diesem Grunde schon ein gewisses Interesse be¬ 
ansprucht. 

Die ersten Mittheilungen über die Affection stammen von 
Alibert, der sie als zur Syphilis gehörig betrachtete, eine An¬ 
sicht, der später Bazin und Hebra entschieden entgegentraten, 
indem sie die Meinung verfochten, es handele sich um selbstständige 
nicht zur Lues gehörige Processe. Deutlicher und klarer wurde 
die Stellung der Krankheit durch Köbner, Virchow, Geber 
gefasst, die sie den Granulationsgeschwülsten zuzählen; ihnen 
folgte später Auspitz und Neisser, die auf den noch unbekannten 
Infectionsträger hinwiesen und die Mycosis fungoides in eine Linie 
stellten mit der Tuberkulose und der Lepra. Dem entgegen haben 
Dühring, Port und besonders Kaposi die Zugehörigkeit zu den 
Sarkomen hervorgehoben; neuerdings ist dies auch noch wieder 
von Rosin und Funk geschehen. Französische und italienische 
Forscher, unter denen Ranvier, Vidal, Besnier, de Amicis 
zu nennen sind, fassen die Affection auf als „Lympahad^nie cutane“, 
und rechnen sie zu den leukämischen Processen der Haut. Ich 
werde auf die Auffassung des Processes und seine Stellung im 
System an anderer Stelle genauer eingehen und bitte Sie jetzt 
sich die Patientin anzusehen, bei der Sie das klinische Bild der 
Affection voll ausgeprägt finden. Die Kranke stammt aus einer 
hereditär nicht belasteten Familie und will früher immer gesund 
gewesen sein. Vor zwei Jahren litt sie angeblich an Ascites und 
Anasarka. Vor dieser Erkrankung hat sie Erysipel gehabt. In 
dieser Zeit bemerkte sie zuerst das Auftreten von juckenden und 
schuppenden Stellen an der Stirne, denen dann *am rechten Unter¬ 
arm und an' der Glutaealgegend gleiche folgten, ebenso an den 
Ober- und Unterschenkeln; durch das Jucken wurde starkes 
Kratzen veranlasst, in Folge dessen verschiedene Stellen ulcerirten, 
so an der Stirne, dem Arm und am linken Oberschenkel. Hier 
kam es zu einem Geschwür von über Handtellergrösse. Alle diese 
Ülcera sollen unter Oel zurückgegangen sein resp. sich gebessert 
haben. Vor einem Jahre traten neue stark juckende, schuppende 
Stellen auf Rücken, Brust und dem Bauche auf, die aber alle flach 
waren. Durch das Kratzen wurden wieder zahlreiche grössere 
und kleinere Geschwüre hervorgerufen, das grösste auf dem linken 
Oberschenkel nahm in kürzerer Zeit die Grösse von einer Hand 
an. Die locale Behandlung durch Salben und Jodoform wirkte 
nicht. Patientin bemerkte aber vor acht Wochen circa, dass an 
vielen Stellen die gerötheten, schuppenden Flecken derb und fest 
geworden waren; vor sechs Wochen traten neue Flecken an Hals 
und Gesicht auf, die rasch fester wurden und an denen dann in 
kurzer Zeit sich die Tumoren entwickelten, die Sie jetzt am Halse 
sehen. Wenn Sie die Patientin genauer betrachten, so können Sie 
schon auf den Partieen von Brust, Hals und Kopf alle Stadien der 
Erkrankung unschwer auffinden. Erythematöse Flecken, runde 
annuläre Plaques, die hier und da stärkere oder geringere Grade 
von Schuppung aufweisen und die, Monate und Jahre bestehend, 
das Stadium eczematosun (Kaposi) darstellen. Weiterhin 
finden Sie dazwischen knötchenartige, geröthete, flache Infiltrate 
und papulöse Efflorescenzen. Diese rosa bis braunroth gefärbten 
Bildungen liegen oft central in einem Erythemfleck, oft schiessen 
sie aus der normalen Haut direkt hervor. Hier und da confluirend, 
bilden sie die merkwürdigsten Bilder, zumal durch Kommen und 
Schwinden der Infiltrate, durch centrale Resorption ebenso wie 
durch Confluenz guirlandenförmige Anordnungen hervorgerufen 
werden. Alle Bildungen dieser Art gehören zu dem zweiten Sta¬ 
dium der Erkrankung, dem lichenoiden (Bazin) oder dem der flachen 
Infiltrate (Köbner). 

Das dritte Stadium, das der Fungi oder der Tumoren, sehen 
Sie deutlich und schön ausgeprägt an der rechten Halsseite der 
Patientin, wo sie neben discreten Tumoren, neben flacheren Fungis 
auch noch an einigen Stellen die infiltrirte schuppende Partie in 
der Umgebung gewahren. Die Tumoren entwickeln sich meist 
aus den Infiltraten, können aber auch auf gesunder Haut auftreten. 
Sie theilen mit den flachen Infiltrationen die Fähigkeit zu schwin¬ 
den und nur einen Pigmentfleck zu hinterlassen; freilich schiessen 
dann an gleicher Stelle oder in direkter Umgebung neue Tumoren 
auf. Vielfach wird durch das Kratzen die Oberfläche der Tumoren 
arrodirt, es entstehen schwerheilende Geschwüre, die bis auf das 
Periost dringen können. Dadurch wird dies Stadium der Ulcera 
meist letal, die Patienten helfen dem durch die Affection bewirkten 
Marasmus nach und meist gehen sie an Pyämie] oder Septicämie 
zu Grunde. 


Es bietet somit die Kranke alle Stadien der Erkrankung dar 
und macht es so möglich, aus diesem Symptomencomplex mit 
Sicherheit die Diagnose Mycosis fungoides zu stellen. 

Wie in den früher in der Klinik beobachteten und von Dou¬ 
trelepont veröffentlichten Fällen soll auch hier ein Tumor exci- 
dirt werden, um zu mikroskopischen Zwecken und zu Züchtungs¬ 
versuchen Verwendung zu finden. Vor Rindfleisch, Hammer, 
Schiff und Hochsinger sind nämlich Coccen gefunden worden, 
welche für die Affection charakteristisch sein sollen. Es sind der¬ 
artige Untersuchungen in ausgedehntester Weise in unserer Klinik 
angestellt worden, aber immer ohne Erfolg. Was man findet, ist 
ein meist intactes Epithel, unter Umständen etwas verschmälert; 
bei nässenden Partieen fehlt es selbstredend mehr oder weniger 
völlig. Die Papillen sind meist vorhanden und nicht verlängert. 
Die ganze Geschwulstmasse besteht aus einem dichten Rundzellen¬ 
infiltrate, das in ein feines Maschenwerk eingebettet ist, doch wird 
dies von den Rundzellen fast völlig überdeckt und tritt nur an 
den Randpartieen noch hervor. Die Gefässe sind dilatirt. Die 
Adventitia durch Granulationsgewebe ersetzt, hie und da auch die 
Media. Besonders stark sind die Venen ergriffen, während die 
Arterien länger widerstehen. Unter Umständen sieht man nur 
noch einen mit Endothel ausgekleideten Hohlraum als Rest eines 
Gefässes. Mastzellen finden sich in geringer Anzahl vor. Präpa¬ 
rate von den Anfangsstadien der Tumoren und von den Infiltraten 
zeigen meist ein Freibleiben der Subcutis und einen Beginn der 
Neubildung an den Gefässen, Drüsen und Haarbälgen. Mikroorga¬ 
nismen irgend welcher Art konnten von uns nicht aufgefunden 
werden. In einem Falle, wo im Johannes-Hospital der grösste 
ulcerirte Tumor (von der Grösse einer Faust) exstirpirt und uns 
zur Untersuchung überlassen wurde, fanden sich in den tiefsten 
Theilen zahlreiche Riesenzellen eingestreut, ein Befund, der an einen 
ähnlichen Ledermann’s erinnert. Nach diesen Befunden, klini¬ 
schen wie mikroskopischen, können wir weder die Affection zu den 
Sarkomen rechnen, noch auch sie zu der Leukämie zählen, sondern 
müssen sie als zu den Granulomen gehörig betrachten. Ich be¬ 
halte mir vor, noch genauer auf diese Verhältnisse einzugehen bei 
Gelegenheit der Veröffentlichung unserer in den letzten Jahren 
beobachteten Fälle. 

Was die Behandlung anlangt, so haben wir wie andere 
Forscher den grössten Vortheil von der Verabreichung des Arsen 
gesehen, und zwar war die subcutane Application die wirksamste. 

Wir verwendeten Natrium arsenicosum, das weniger schmerzhaft 
wirkt, und zwar in Dosen von 1 mg beginnend. Unter dieser 
Therapie sieht man die Tumoren und Infiltrate schwinden, und 
vor allem keine neuen mehr auftreten. Wenn auch spontan eine 
Resorption der Infiltrate, ja selbst der Tumoren eintreten kann, 
so bleiben dieselben nicht fort, sondern treten immer wieder von 
neuem auf. Unter Arsenbehandlung hört dies auf. In der Litte* 
ratur sind zwei Fälle, von Köbner und Geber als völlig geheilt 
mitgetheilt. Unsere Resultate der Arsenbehandlung sind wie ge¬ 
sagt durchaus ermunternde gewesen. Lokal wurden Salben, Puder, 
Umschläge, event. auch 10° o Pyrogallussalbe angewendet, je nach¬ 
dem die Umstände es erforderten. 

Discussion: Herren Binz, Leo, Trendelenburg, Ungar. 

3. Herr Samelson (Köln) demonstrirt einige Präparate eines 
Falles von Griffelverletzung der Orbita mit nachfolgendem 
Abscesse des Stirnhirnes. Ein Mädchen von sieben Jahren fällt 
auf dem Schulhofe in einen Griffel, welcher so fest in die Augen¬ 
höhle eindringt, dass die verschiedensten Versuche, ihn herauszu¬ 
ziehen, misslingen. Selbst nach Freilegung der Eintrittsstelle in 
den Knochen folgt der Fremdkörper nicht dem stärksten Zuge. 
Da die Richtung des Fremdkörpers nicht himwärts, sondern nach 
dem Keilbeinkörper zu verlaufen scheint, so wird zunächst abge¬ 
wartet, um dem Fremdkörper Zeit zur Lockerung zu lassen. Nach 
einem völlig reactionslosen Verlaufe von zwei Monaten traten 
plötzlich halbseitige epileptiforme Anfälle auf, denen nnter menin- 
gitischen Erscheinungen nach , elf Tagen der Exitus folgt. Bei einer 
nochmaligen Freilegung der getroffenen Knochenstelle ist der noch 
kurz zuvor unbeweglich gefühlte Fremdkörper völlig verschwunden. 
Die Section ergiebt Abscess des Stimlappens, durchgebrochen so¬ 
wohl nach dem Seitenventrikel wie nach der Basis; ausgedehnte 
eitrige Meningitis. In dem Orbitaldache, das enorm verdickt er¬ 
scheint, verläuft in schräger Richtung ein scharf geschnittener 
Wundkanal, an welchen sich ein frei im Hirnabscesse flottirender 
Sack von jungem Bindegewebe heftet. In diesem Sacke liegt das 
42 mm lange, 5 mm dicke, vorn spitze Griffelende. Der Knochen¬ 
canal ist so enge, dass es nur mit grosser Kraftanstrengung ge¬ 
lingt, das Griffelstück in der Richtung von der Orbitalfläche nach 
der Hirnfläche durchzupressen. Eine ausführliche Beschreibung 
des bemerkenswerthen Falles folgt an anderer Stelle. 

Discussion: Herr Hertz ist der Meinung, dass durch einen dem 
Griffel angepassten röhrenartigen Meissei resp. dadurch bewirkte Durch- 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 13 


bolirung des Knochens der Griffel hätte gelockert und so entfernt werden 
können. 

Herr Schultze: Wenn bei der Section der linke Ventrikel nicht 
nach den anderen Ventrikeln zu abgeschlossen war, so glaube ich nicht, 
dass schon vor so langer Zeit als aer angegebenen eine Perforation des 
Eiters in den Ventrikel stattgefunden hat, so dass die geschilderten 
epileptischen Anfälle darauf zu beziehen waren; gewöhnlich tritt ja auch 
bei einer solchen Perforation rehr rasch der Tod ein. Der Fall erinnert 
mich an einen anderen, in welchem ein spitzer Holzstock einem Kinde in 
die Orbitalhöhle gerieth. Derselbe wurde entfernt, und erst im Verlaufe 
eines Jahres stellte sich Meningitis und Kleinhimschenkelabscess ein. 
Ein Fremdkörper war aber bei der Section nicht zu finden und das Auge 
war auch normal. So kann also auch, ohne dass der Fremdkörper stecken 
bleibt und ohne dass die Eintrittsstrasse der Entzündungserreger markirt 
bleibt, Meningitis ointreten. 

4. Herr Thomson berichtet im Anschluss an Bemerkungen 
über die Verschiedenheiten im Verlauf und in der Dauer 
der progressiven Paralyse, welche er auf die Verschiedenheit 
in dem Ablauf des anatomischen Processes bezieht, über Fälle, in 
denen die nervösen resp. cerebralen Begleitsymptome (Sprachstörung, 
paralytische Anfälle, Augenmuskellähmung und Pupillenstarre) 
viele Jahre lang dem manifesten Ausbruch der Paralyse voran¬ 
gingen, und hebt ganz besonders zwei Beobachtungen hervor, in 
denen neun resp. zehn Jahre vor dem Ausbruch der manifesten 
Paralyse von competentester augenärztlicher Seite einseitige reflec- 
torische Pupillenstarre mit Mydriasis als einziges Sympton consta- 
tirt worden war. Er hebt hervor, welche klinische Bedeutung 
immer wieder das Symptom der reflectorischen Pupillenstarre be¬ 
sitzt als Frühsymptom, das der eigentlichen Paralyse um fünf bis 
zehn Jahre vorangehen kann, und glaubt, dasselbe trotz der Länge 
der Zeit bereits als den ersten Ausdruck des beginnenden anatomi¬ 
schen Processes ansehen zu müssen. 

Discussion: Herr Schultze: Trotzdem dem alleinigen Vorhanden¬ 
sein von reflectorischer Pupillenstarre so oft Tabes und progressive Pa¬ 
ralyse folgt, weiss man doch im einzelnen Falle keineswegs mit Bestimmt¬ 
heit, ob auch besonders bei einseitiger reflectorischer Pupillenstarre 
ohne nachweisbare Augen- und Nervenerkrankung später eine der ge¬ 
nannten Krankheiten nachfolgen wird oder nicht. Wir beobachteten in 
der medicinischen Klinik in der letzten Zeit zwei solche Fälle mit ein¬ 
seitiger Pupilionstarre, das eine mal bei einem jungen Mädchen ohne 
Lues, mit einfacher Angina, und das andere mal bei einem Manne mit 
Tuberkulose besonders des Kehlkopfs. Syphilis war auch bei ihm nicht 
vorhanden gewesen. Ich möchte in beiden Fällen den Eintritt von Tabes 
oder Paralyse nicht weissagen; es bekommen eben die Psychiater gerade 
diejenigen Fälle, in welchen später die progressive Paralyse folgte. 
Ob bei vielen Personen mit reflectorischer Pupillenstarre aber ohne Lues 
und ohne zur Zeit nachweisbare Nervenerkrankung oder Augenaffection 
die Starre dauernd allein bestehen bleibt, kann man noch gar nicht be¬ 
stimmen. 

Herr Oebeke: Die doppelseitige refleetorisehe Pupillenstarre ist 
bei der allgemeinen Paralyse nicht so häufig, wie bei der Tabes. Bei der 
Paralyse überwiegt das Vorkommen verschieden grosser Pupillen mit 
Störung in der Beweglichkeit einer Iris, sei es, dass es sich hierbei um 
eine einseitige Starre handelt, sei es um eine dauernde Einschränkung 
der Beweglichkeit in Folge von Störung der Innervation von Seiten 
eines der motorischen Nerven der betroffenen Iris. Die diagnostische 
Wichtigkeit dieser Erscheinung erhellt schon daraus, dass ich unter 200 
von mir darauf untersuchten nichtparalytischen Geisteskranken keinen 
dauernd mit verschieden weiten Pupillen fand, während vier von ihnen 
hin und wieder vorübergehend eine Ungleichheit der Pupillen zeigten 
Jono ausgiebiger Reaction beiderseits, (cf. Zeitschr. f. Psychiatrie’, 
1893, Bd. 50, p. 169.) Wichtig ist diese Erscheinung für die Entschei¬ 
dung der Frage, ob wir in einem Falle ein Frühstadium der Paralyse 
oder eine Neurasthenie vor uns haben. 

5. Herr Hillemanns: E in . Pall von Augenontsündung 
durch Eindringen von Raupenhaaren (Ophthalmia nodosa). 

(Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift No. 24, p. 517 veröffent¬ 
licht.) 


m. Schlesische GeseUschaft fürVaterlfindisch 
Cultur in Breslau. 

Klinischer Abend am 16. Februar 1894. 

\\r }' '^. e 1 rr Schwarzschulz stellt a) nach einigen einleitende 
\\ orten über den heutigen Stand der Lehre der Paralysis agitan 
einen solchen Fall mit einzelnen interessanten Besonderheiten vo 
der inneren Abtheilung des Allerheiligenhospitals vor: Eine 76jährig 
h rau, bei der das Leiden nachweislich vor 8 Jahren in der rechte 
Hand und Unterann begonnen und sich von hier über den linke 
huss, die rechte Hand und schliesslich Zunge und Unterkinn 
!" u , s ^. ua t ui ^ ver breitet hat. Muskelcontracturen sind Vorhände 
^ nd EJknbogongelenken, das Metacarpophalangeal 
gelenk ist besonders links rechtwinklig flectirt, die Finger sin 
abd T rt ’ wie bei Arthriti s deformans. Die ^Muskel 

kranlnimr 1011 Smd “ £ er bnken Hand , dem Anfangssitz der Er 
rankung, ausser un Schlafe stets vorhanden; die Schüttellähmunj 


in den anderen vorher erwähnten Muskelpartieen zeigt sich nur 
bei Erregungszuständen. Während des Schlafes herrscht voll 
kommene Ruhe. Beim Beginn der Erkrankung bestand grosses 

Wärmegefühl, welches jetzt andauerndem Kältegefühl gewichen ist 

b) Fettter einen 46jährigen Patienten mit einer schlaffen Läh¬ 
mung des paralytischen rechten Armes nach Poliomyelitis. Patient 
sagt aus, dass er in seinem 8 . Lebenjahr plötzlich nachts mit 
Fieber erkrankt sein soll, am nächsten Morgen hätte sich eine 
Lähmung des rechten Armes gezeigt. Ob zuerst noch andere 
Extremitäten von der Lähmung mitbetroffen gewesen waren 
konnte Patient nicht mehr angeben. Jetzt ist der Arm vollkommen 
atrophisch, die Unterarmmuskeln sind elektrisch nicht mehr nach¬ 
zuweisen, die Hand ist activ unbeweglich. Vom Oberarm sind der 
Musculus biceps und Musculus brachialis internus nicht mehr vor¬ 
handen, vom Musculus deltoides besteht noch der vordere Theil 
während der Musculus triceps prompt reagirt und functiönirt. Auch 
das Knochenwachsthum des Armes ist zurückgeblieben, so dass 
der rechte Arm 6 V 2 cm kürzer ist als der linke. 

c) Schliesslich einen frischen Fall von Poliomyelitis aonta 
eines 172 jährigen Knaben. Derselbe befindet sich seit 3 Wochen 
auf der Station. Er erkrankte nachts plötzlich mit hohem Fieber 
und Delirien, und am nächsten Tage zeigte sich der rechte Arm 
vollkommen gelähmt. Trauma oder Drucklähmung konnten aus¬ 
geschlossen werden. Die elektrische Untersuchung bei der Auf¬ 
nahme ergab Entartungsreaction der rechten Fingerextensoren, 
mässige Reaction der Musculi silpinator loUgus, brachialis internus, 
biceps und deltoides, während der triceps normal reagirte. Nach 
dreiwöchentlicher Behandlung zeigte sich eine deutliche Besserung, 
der Arm wurde wieder gehoben und bewegt, nur das Strecken der 
Finger gelang nicht. Die elektrische Untersuchung ergab jetzt 
eine normale Reaction aller Armmuskeln mit Ausnahme der Musculi 
extensores digitorum. Bei diesen Muskeln besteht unverändert 
Entartungsreaction weiter. 

2. Herr Riegner stellt einen Fall von Exstirpation eines 
grossen Nasenrachentumors mittels der Gussenbauer’schen 
Hilfsoperation vor (Resectioü des harten Gaumens und sofort 
angeschlossener Gaumennaht). (Der Vortrag ist in dieser Wochen¬ 
schrift No. 33 ausführlich veröffentlicht.) 

3. Herr Heintze stellt vor: a) einen Fall von Heüung einer 
grossen nach Sequestrotomie zurückgebliebenen Knochenhöble in 
der Tibia durch Plombirung mit Kupferamalgam. Die ausführ¬ 
liche Krankengeschichte wird an einer anderen Stelle dieser Wochen¬ 
schrift veröffentlicht. 

b) Einen 29jährigen Patienten, bei dem wegen Pylorusstenose 
eine Gastroenterostomie ausgeführt worden war. Die Pylorus¬ 
stenose war durch ulceröse Processe wahrscheinlich tuberkulöser 
Natur verursacht und hatte zu einer hochgradigen Magendilatation 
geführt, so dass der Magen ohne Mühe 5 Liter Wasser aofbehmen 
konnte. Die Durchgängigkeit des Pylorus war minimal, und der 
Patient musste sich in der letzten Zeit täglich den Mageninhalt 
mit der Schlundsonde wieder entleeren. Patient magerte daher 
sehr beträchtlich ab. Die Operation wurde am 4. Januar er. nach 
der Hacker’sehen Methode ausgeführt und hat den Patienten von 
seinen Magenbeschwerden vollständig befreit. Sein Körpergewicht 
hat in den letzten 14 Tagen um 7 Pfund zugenommen. 

c) Einen Patienten mit multiplen Neurofibromen der Haut- 
Dieselben waren über den ganzen Körper verbreitet, .am zahlreichsten 
am Rücken, von Erbsen-bis Wallnussgrösse und bildeten zum Thei 
derbe, in der Cutis sitzende Knötchen, zum Theil sackähnliche, lapPJS® 
Hautfalten, in deren Inneren man durch die Palpation deutlic 
einzelne härtere, runde Stränge oder kolbige Anschwellungen nach- 
weisen konnte (Rankenneurome). Die Haut des gesammten Körper, 
zeigte eine gleichmässige stärkere Pigmentirung und ausserflcffl 
vielfache, unregelmässig geformte linsen- bis zehnpfennigstuc * 
grosse, schwarzbraune Pigmentflecke. Die Tumoren stamm« 
aus der frühesten Kindheit, eine Heredität war nicht nachzuweis 

d) Einen 18jährigen Arbeiter, welcher durch eine ,^ a8C ~“ 

Verletzung -vor 8 Wochen eine Durchtrennung sämmtlicher 
sehnen der rechten Hand mit Eröffnung des Handgelenkes er 1 
hatte. Die Gelenkwunde wurde durch Kapselnaht gesch 0 « 

die einzelnen Sehnen durch Seidennähte vereinigt, und Bauen 
jetzt wieder eine vollkommene Gebrauchsfähigkeit der Han 
langt. Die Hautnarbe auf der Dorsalseite des Hnndgelen .‘ n 
mit den Sehnen zum Theil verwachsen, ohne jedoch ihre 


zu stören. 

4. Herr Honigmann stellt einen Fall von Pesyalgusstetioo 

contraetus geheilt durch die Ogston’sche Resection un 
viculargelenk vor: , ,. Pjat tfusi 

Der 19 jährige Patient leidet seit drei Jahren an /®r; t Massage, 
und wurde wegen heftiger Beschwerden schon mehrfacn m . , 
Elektricität etc. ohne dauernden Erfolg behandolt. Bei ®® ia star ke 
ins Hospital war der rechte Fuss stark pronirt, etwas öaen 


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20. September. VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICI NISCHEN WOCHENSCHRIFT. tÖtf 


Spannung' der Seimen des abgeflachten Fussrückens. Fusssohle ohne eine 
Spur von Wölbung; starke Schmerzhaftigkeit bei allon Bewegungen des 
Fussös, besonders dem Lig. calcaneonavicul. entsprechend. Supination 
und Pronation activ unmöglich. Zuerst wurde Redressement in Narkose 
mit nachheriger Anlegung eines fixirenden Gypsverbandes versucht. Wegen 
des geringfügigen Erfolges dieses Verfahrens entschloss sich bei der fort¬ 
dauernden Hochgradigkoit der Beschwerden Herr Sanitiltsratk Dr. Rieg- 
ner zu einem blutigen Eingriff, und zwar wurde die Ogstonische Ope¬ 
rationsmethode gewählt, mit der auf unserer Hospitalabtheilung schon 
mehrfach gute Resultate erzielt wurden: Ein circa 6 cm langer Schnitt 
Würde an der Innenseite des Fusses bis auf das Talonaviculargelenk ge¬ 
führt und von beiden Gelenkenden soviel resecirt, als zuin ausgiebigen 
Redressement erforderlich schien. Von einer Nagelung mit Elfenbein¬ 
stiften, die Ogston vorschreibt, konnte abgesehen werden, da dio an¬ 
gefrischten Knochenflächen sich auch so gut aneinanderlegten. Der Fuss 
Wurde durch einen Gypsverbond in Supinationsstellung fixirt. Bei Ent¬ 
fernung des Verbandes nach vier Wochen zeigte sich eine ausgebildeto 
Wölbung auf der Innenseite der Fusssohle. Nach weitereu 14 Tagen 
könnte Patient mit Hülfe einer Gypshttlse bereits ohne die geringsten 
Beschwerden laufen, stehen und Treppen steigen. Der Erfolg der Opera¬ 
tion muss daher, in kosmetischer und functioneller Hinsicht, als äusserst 
günstiger bezeichnet werden. 

5. Herr 0. Brieger demonstrirt einen Fremdkörper der 
Paukenhöhle, welcher nach Vorklappung der Ohrmuschel mit 
dem Gehörgang Und Wegmeisselung der hinteren Gehörgangs wand 
entfernt worden ist. Die Operation war dadurch indieirt, dass eine 
profuse Mittelohreiterung bestand und Fieber und Kopfschmerzen 
aufgetreten waren. Patient befindet sich am zwölten Tage nach 
der Operation. Die Wunde hinter dem Ohre ist geheilt, die Eite¬ 
rung seit zwei Tagen versiegt und der Gehörgang, der vorher 
hochgradig stenosirt war, von fast normaler Weite. Der Vortra¬ 
gende bespricht die Indicationen für die Entfernung von Fremd¬ 
körpern aus Gehörgang öder Paukenhöhle mittels der geschilderten 
Methode und betont den zweifelhaften Werth des Augenhintergrund- ] 
befundes für die Indicationsstellung. Die Veränderungen am Augen- 
hintergrund in solchen Fällen sind, wie Vortragender auch an 
der Hand zweier, ebenfalls demonstrirter, in der Heilung be¬ 
griffener Fälle von subduralem Abscess nachweist, so ausser¬ 
ordentlich variabel, dass sie für die Diagnose endocranieller Com- 
plicationen von Mittelohreiterungen kaum zu verwerthen Sind. 

Vortragender stellt einen Kranken vor, bei welchem ein vom 
Sinus pyriformis ausgehender, über die ary-epiglottische Falte und 
den fechten Aryknorpel in den Larynx hineinragender, hühnerei- 
grosser Tumor besteht. Es handelt sich wahrscheinlich um ein 
Lipom des Sinus pyriformis. 1 ) 

6 . Herr Jadassohn stellt vor: a) Einen Fall von sogenanntem 
spontanem multiplem Keloid auf der Haut der Brust und des 
Rückens bei einem 22jährigen Arbeiter, welcher schon seit seiner 
Schulzeit die ganz typischen Tumoren an sich trägt, deren Zahl 
sich bis in die letzten Jahre vermehrt hat. Auch jetzt ist eine 
Anzahl Knoten vorhanden, welche deutlich noch in der Ausbildung 
begriffen sind. Daneben fällt am Bücken und auf der Brust, aber 
nur in dem Gebiete, auf welchem die Keloide vorhanden sind, und in 
den angrenzenden Bezirken eine sehr grosse Anzahl weisser, kleiner, 
bald mehr runder, bald mehr länglicher (in der Spaltenrichtung 
der Haut liegender) Flecke auf, die sich an die Follikel anzu- 
schliessen scheinen und ohne histologische Untersuchung nicht 
sicher zu diagnosticiren sind. Sie sehen ganz oberflächlichen 
„narbigen Atrophieen“ nicht unähnlich: aber auch eine Art Milien 
könnte vorliegen. An den Rändern einiger der Keloide sind solche 
Gebilde noch zu constatiren, auf ihrer Höhe sind sie augen¬ 
scheinlich zugrunde gegangen. Der Fall erinnert speciell auf 
Grund des Vorkommens dieser weissen Stellen sehr an einen von 
Schwimmer publicirten (Vierteljahrsschrift für Dermatologie und 
Syphilis 1880, p. 235) — die weitere Untersuchuug wird wohl 
lehren, ob ein Zusammenhang dieser Stellen mit der Keloidbildung 
zu construiren ist. (Der Fall soll später ausführlich publicirt werden.) 

b) Herr Jadassohn demonstiirt dann einen Patienten mit einer 
sehr eigenartigen Affection, die er als „Bubonulus syphiliticus“ 
bezeichnen möchte. Der Kranke, dessen syphilitische Infection 
etwa ein viertel Jahr zurückliegt, bemerkt seit längerer Zeit die 
Allgemeinerscheinungen der Lues. Bei der Aufnahme ^ war ein 
Sehr ausgebreitetes maculo-papulöSes Syphilid zu constatiren. Am 
Frenulum fand sich der indurirte Rest eines Primäraffeetes, und von 
ihm aus verlief einige Centimeter weit an der Unterseite des 
Penis unter der unveränderten Haut ein derber, weder spontan 
noch auf Druck empfindlicher Strang, ein Gebilde, wie es die 
Syphilidologen als „luetischen Lymphstrang“ zu bezeichnen pflegen. 
Acute entzündete Veränderungen waren nirgends vorhanden. Nach¬ 
dem der Patient schon drei Wochen lang antiluetisch behandelt 
worden war, schwoll der erwähnte Lymphstrang an einer Stelle 
stärker an, und bald liess sich, ohne dass die Haut zunächst irgend- 

’) Der Fall wird ausführlich publicirt werden. 


welche Farben Veränderung aufwies, ein unter der Haut gelef 
gener, sich wie eine ziemlich prall gespannte Cyste an fühlend et* 
Tumor nachweisen, der gar nicht druckempfindlich war. In kürzer 
Zeit trat dann eine lividrothe Verfärbung der Haut ein. ZugleiClf 
waren die beiderseitigen Inguinaldrüsen stärker angeschwollen; 
aber ebenfalls ohne alle acuten Entzündungserscheinungen. — Der 
Vortragende hat im Laufe dieses Jahres noch einen solchen Fäll 
beobachten können, in welchem sich ebenfalls im Anschluss an ! 
einen syphilitischen Lymphstrang zwei solche fluctuirende Stelltor 
entwickelt haben; bei diesem sind dann auch noch Drüsenanschwel^ 
lungen in der Fossa aufgetreten, die ebenfalls ohne acute entzünd^ 
liehe Erscheinungen zu einer Erweichung geführt haben: Dbr 
Inhalt der Abcesse und eines der Heerde am Penis erwies sich Rld 
vollkommen steril. Der letztere ist excidirt worden, und dio histö J 
logische Untersuchung hat ergeben, dass der „Lymphstrang“ sich 
direct in die Höhle öffnete, dass diese nur eine Erweiterung de4 
ersteren war und dass die histologischen Zeichen einer eigentlichen 
Abscessbildung fehlten. *— Auch der vorgestellte Fall wird histo¬ 
logisch und bacteriologisch untersucht werden. Von den gewöhn¬ 
lich als solche beschriebenen Bubonulis, welche sich an Ülcers 
mollia anschliessen, unterscheiden sich die erwähnten Fälle durch! 
die schleichende Entwickelung, durch den Mangel jeder EinpfiüÖ J 
lichkeit und aller acut entzündlichen Erscheinungen, durch düfi 
Auftreten im Verlaufe eines derben syphilitischen „Lyniphstrange«* 1 , 5 
durch die spät und scheinbar nur durch den Druck dei 4 Flüssigkeits¬ 
ansammlung eintretende Betheiligung der Haut, endlich durch die 
cystenähnliche Abgrenzung dieser „kalten Abcesse.“ In der 
Litteratur hat der Vortragende solche Befunde nicht geschildert 
gefunden. Ihre Pathogenese ist naturgemäss noch nicht sichernd 
charakterisiren. Es könnte sich um eine „Mischinfeetion“ mit 
pyogenen Microorganismen handeln — doch spricht dagegen d<et 
Mängel jeder entzündlichen Reaction. Man könnte auch an eittfe 
der gummösen analoge Erweichung denken, für die wir freilich sohst 
im Frühstadium der Lues kein Analogon haben. * Endlich köhAtb 
man auch annehmen, dass durch die Sklerose des Lymphstranfesj 
eine Verlegung der Ly mph- oder Blutgefässe oder beider Und da-» 
durch eine Ansammlung des chronisch entzündlichen Exsudates hi 
dem vor der Verlegung gelegenen Theile des Gefässbahn zustande 
käme. ! ) • ; ; 

7. Herr Koch demonstrirt aus der dermatologischen Abtei¬ 
lung des Allerheiligen-Hospitals einen Patienten mit bemerken^ 
werthen Complicationen einer Gonorrhoe und Chininidiosyii- 
krasie. Etwa sechs Wochen nach der im Juni 1893 erfolgfei) 
gonorrhoischen Infection bemerkte Patient ein Gefühl von. Spannung 
in der linken Hüfte, das nach einiger Zeit wieder verschwand, 
um einer erheblichen Anschwellung des linken Kniegelenks Platz 
zu machen, Diese bestand etwa eine Woche hindurch und ging 
fast völlig zurück; dafür trat eine ebenso beträchtliche Anschwellung 
des rechten Kniegelenks auf. Auch diese verschwand wieder nach 
etwa achttägigem Bestehen, um durch eine Anschwellung des 
linken Kniegelenks ersetzt zu werden. Beide Kniegelenke schwolleh 
von dieser Zeit ab abwechselnd an und wieder ab. Im Herbst 
vorigen Jahres bemerkte Patient, dass er den linken Arm nicht 
mehr strecken konnte; es war zu einem Erguss in das linko 
Ellenbogengelenk gekommen. Auch dieser verschwand nach einigen 
Tagen, um von da an mit den übrigen Erscheinungen abwechselnd 
wieder zu erscheinen und zurückzugehen. Schmerzen hat deV 1 
Kranke in den befallenen Gelenken nie gehabt, doch Waj 
die Bewegungsfreiheit durch die prallen Ergüsse zeitweise selR 
beeinträchtigt. Die klinische Beobachtung, die vom November 
ab datirt, hat die Angaben des Patienten bestätigt. Beide .Knie*- 
gelenke und das linke Ellenbogen gelenk wurden abwechselnd in lifir 
regelmässigen Zwischenräumen befallen. Die stets sehr pralleii 
Ergüsse bildeten sich in 1—2 Tagen aus, bestanden ebenso lange 
und gingen dann allmählich fast völlig zurück, um nach etwa 

10_14 Tagen wieder aufzutreten. Einmal wurde eine mehrere 

Tage dauernde Schwellung beider Fussgelenke beobachtet: die Ijfäü't 
über denselben zeigte dabei kleine Petechien. Die Goiiococceti in 
dem Urethralsecret schwanden unter Behandlung mit Argentumnitri- 
cum nach vier, der Ausfluss selbst nach etwa zehn Wochen... Mit 
dieser Besserung resp. Heilung hat die Gelenkerkrankung fa^t 
gleichen Schritt gehalten; die Ergüsse sind in den letzten Woefiep 
seltener aufgetreten und geringer geworden, die Anschwellungen, 
die an beiden Kniegelenken, besonders am rechten noch vorhanden 

i) Spätere Anmerkung: Auch in dem vorgesf eilten Falle ist rl# 
Tumor excidirt worden; es handelte sich um eine abgekapselte cystenartigö 
Bildung, deren Wandung an einzelnen Stellen so dünn war. dass ;«i6 
bei der Exstirpation einriss. Der eitrige Inhalt war, wie in dem obeu- 
erwähnten Fall, steril. Die genaue Beschreibung beider Beobachtungen 
und des histologischen Befunds wird Herr Dr. Koch im Archu für 
Dermatologie und Syphilis veröffentlichen. 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


sind, beruhen zum Theii wenigstens wohl auf einer Schwellung 
der Gelenkkapseln, die sich allmählich unter dem Einfluss der fort¬ 
gesetzten acuten Attaquen ausgebildet hat. Eine zu Beginn der 
Behandlung vorgenommene Probepunction ergab eine seröse gelbliche 
Flüssigkeit, die mikroskopisch durch ihren ziemlich hohen Gehalt 
an Eiterkörperchen ausgezeichnet war; auf Serumagar wuchsen 
weder Gonocoocen noch andere Bacterien. Was die Deutung des 
Falles angeht, so konnte man zunächst an den bekanntlich sehr 
seltenen und ätiologisch unklaren Symptomencomplex eines inter- 
mittirenden Hydrops denken. Doch sprach dagegen der relativ 
reichliche Gehalt des Exsudats an Eiterkörperchen, das Fehlen 
aller neuropathischen Erscheinungen bei dem Patienten (Seelig- 
müller hat 1880 für den intermittirenden Hydrops eine Gefäss- 
neurose als Ursache supponirt, später hat er ihn mit dem Morbus 
Basedowii in Zusammenhang gebracht), endlich das Zurückgehen der 
Erscheinungen in Uebereinstimmung mit der fortschreitenden 
Heilung der Gonorrhoe. Der letzterwähnte Punkt ebensowie das 
acute Auftreten der Gelenkerkrankung einige Wochen nach der 
gonorrhoischen Jnfection legen den Gedanken sehr nahe, dass es 
sich in diesem Falle um eine gonorrhoische Arthritis gehandelt 
habe. Auch Hautblutungen, wie sie der Kranke einmal gezeigt 
hat, kommen bekanntlich bei Tripper vor. Dass weder mikros¬ 
kopisch noch baeteriologiseh in dem Gelenkinhalt Gonococcen nach¬ 
gewiesen waren, das beweist nichts gegen diese Annahme; denn 
auch in sicher gonorrhoisch erkrankten Fällen ist der bacterio- 
logische Befund oft ein sicher negativer gewesen, wie in einzelnen 
solchen Fällen selbst das Impfexperiment (Stanziale, Jadas- 
sohn) erwiesen hat; die Gonococcen können sehr wohl in der 
Synovialis sitzen und brauchen nicht in das Exsudat mit aus¬ 
gewandert zu sein (Jadassohn). Hoeck selbst, dem der Nach¬ 
weis der Gonococcen in Gelenken dreimal geglückt ist, meint, 
dass der Befund bei längere Zeit bestehenden Arthritiden negativ 
werden könne. — Das Auffallende und, wie der Vortragende aus 
der Litteratur entnehmen zu können glaubt, Singuläre dieses Falles 
ist das häufige An- und Abschwellen der Gelenke ohne 
besondere Schmerzen und Entzündungserscheinungen, 
für das eine Erklärung allerdings kaum zu geben ist. 

Interessant ist, dass der Kranke an einer Chininidiosyn¬ 
krasie leidet, die sich in sehr auffallender Weise documentirt hat. 
Nachdem er Salicylsäure, Sandelöl und Jodkali, alles ohne Erfolg, 
bekommen hatte, wurden 1,2 g Chinin pro die verabreicht. Zehn 
Tage lang hatte er es gut vertrugen, als er plötzlich unter hohem 
Fieber, (— 39,5) Kopfschmerz und Ohrensausen erkrankte; auf der 
Haut des ganzen Körpers zeigten sich pfennig- bis fünfmarkstück¬ 
grosse Efflorescenzen, die am nächsten Tage zu grossen diffusen, 
erythematösen Plaques conflurirten. Letztere verblassten bald und 
verschwanden ohne Schuppung nach 3—4 Tagen zusammen mit 
den Allgemeinerscheinungen. Dass es sich um ein Chininexanthem 
handelt«, zeigte eine acht Tage später vorgenommene intramuskuläre 
Chinininjection (0,2), auf die der Kranke am selben Abend mit 
leichtem diffusem Erythem und leichter Temperatursteigeruner 
reagirte. & & 

Die Chininerytheme sind seit der Publication Koebnor’s oft 
genug beobachtet worden. Doch ist es interessant, dass der Kranke 
erst zehn Tage nach der regelmässig erfolgten Chininmedieation 
plötzlich und in sehr energischer Weise auf das Chinin reagirt 
hat. während sich im allgemeinen derartige Idiosynkrasieen sofort 
nach der ersten Verabreichung geltend machen. Eine ähnliche 
Beobachtung hat vor Kurzem Landgraf im Verein für innere 
Medicin mitgetheilt. Ob für das späte Einsetzen der Intoxications- 
erseheinungen eine Art Cumulation verantwortlich zu machen ist, 
ob die Disposition für diese abnormen Arzneiwirkungen durch 
im Organismus liegende, uns nicht bekannte Bedingungen sich 
ändern kann, ist am einzelnen Falle natürlich nicht zu ent¬ 
scheiden. Die schnelle Wirkung der experimenti causa gemachten 
Chinininjection könnte durch die Annahme erklärt werden, dass zur 
Zeit der Injeetion noch von dem vorher verabreichten Chinin etwas 
im Körper vorhanden war. 


8. Herr Adler demonstrirt Gleichgewichtsstörungen a 
einem auf der Abtheilung des Herrn Sanitätsrath Riegner ii 
Allerheiligen Hospital beobachteten Kranken, welcher Anfang Nc 
vember vorigen Jahres einen rechtsseitigen Felsenbeinbruc 
erlitten hatte. Das Eigenartige derselben besteht darin, dass si 
bei Drehung, Neigung und Beugung des Kopfes nach der Seit 
. r Verletzung, ßowie bei Wendlingen des gesammten Körper 
m gleicher Richtung ausserordentlich stark, bei den ent 
gegengesetzten Kopf- und Körperbewegungen nur sehr gering 
füg lg sind. (Der Vortrag wird in extenso veröffentlicht werden 

9 Herr P. Stolper demonstrirt: a) Mikroskopische Präparat 
eines als kirschgrosse Nabelcyste persistirenden Ductus vitellc 
intestinalis von einem sieben monatlichen Kinde mit allen Meri 


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malen der Dünndarmschleimhaut; die Zotten tragen ein sehr hnh 
Cylinderepithel mit Cuticularsaum. ‘ 

b) Eine Bauchblasenspalte von dem von Herrn Dr Mav 
vor acht Tagen vorgestellten Kinde. Dasselbe ist am achten 
Lebenstage an Peritonitis zugrunde gegangen. Es handelt sich 
um einen sehr hohen Grad von Spaltbildung. In den Defect der 
Bauchwand hat sich die Harnblase eingeschaltet, auch diese ist 
gespalten, aber nicht nur in ihrer vorderen Wand, sondern auch 
in ihrer hinteren. Zwischen .beiden Hälften ragt der Mastdarm 
als rüsselförmiges Gebilde hervor, indem derselbe durch die im 
Niveau der hinteren Blasen wand liegende Analöffnung prolabirt 
und ectovertirt ist. Die Symphyse ist ebenfalls gespalten, der 
Penis zeigt totale Epispadie. Die Analöffhung fehlt an normaler 
Stelle; Hoden sind beiderseis fühlbar. Bemerkenswerth ist noch 
eine Dystopie der linken Niere, die im kleinen Becken liegt und 
von der Arteria iliaca sin. überspannt wird. 

c) Ein Schädeldach mit seltener Localisation gummöser Osteo¬ 
myelitis, nämlich zwei ganz symmetrischen Heerden von Thaler- 
grösse an beiden Schläfenbeinen und einem dritten auf der Höhe 
der Pfeilnaht. 


IV. Achter internationaler 
ophthalmologischer Congress, Edinburgh 
7.—11. August 1894. 

Von Sanitätsrath Dr. Nie den (Bochum). 

In stattlicher Zahl hatten sich 167 Mitglieder zum VIII. inter¬ 
nationalen ophthalmologischen Congress im schönen Edinburgh versammelt 
und begannen am 7. August unter dem umsichtigen und schneidig gelahrten 
Präsidium von Prof. Argyll Robertson ihre Verhandlungen. 

1. Snellen (Utrecht) sprach über die subconjanctivale Behudliq 
der operativen und traumatischen Wanden der Cornea nnd Sklenu in¬ 
dem er auch bei strenger Durchführung der Antisepsis noch grossen Werth 
darauf legt, dass die Wunde sofort die natürliche Deckung durch einen 
Bindehautlappen erhalte, wie es sowohl für die Staroperation durch Lappen¬ 
bildung als auch für die Glaukomiridektoraie durch subconjunctivales Vor¬ 
schieben des Lanzenmessers, sowie für die Sklerotomie möglich ist Inch 
für Skleralwunden ist Conj'unctivaldeckung zu erstreben, um damit den 
Infectionsträgern den Eingang in die Wunde zu verlogen. 


2. Knapp (New York) behandelte auf Grund seiner Beobachtung 
von 600 Cataractoperationen die Frage des Vorzuges der Operation alt 
oder ohne Iridektomle und trat emphatisch für letztere als die nicht nur 
physiologisch allein richtige, sondern auch sicherste und die grössten Heil¬ 
erfolge bietende Methode ein, bei der wohl 10° 0 Irisvorfall sich ihm ein¬ 
gestellt hatten, indess nur 2,5o/o operativ hatten abgetragen werden 
müssen. In zwei Drittel aller Fälle machte er die Nachstaroperation. 

Die sich anschUessende lebhafte Discussion zeigte, dass über die 
Frage die Acten noch nicht abgeschlossen sind und ebenso gewichtige 
Gründe für als gegen die Beibehaltung der Iridektomie ins Feld1 zn 
bringen sind; jedenfalls ist der Satz aufrecht zu erhalten, dass jeder Fall 
individuoll behandelt werden muss, und es ist deshalb misslich, allgemein 
gültig sein sollende Regeln aufzustellen. . 

Discussion: Little, Panas, Swanzy, Noyes, Cntcnett, 
Teale. 

3. Priestley-Smith (Birmingham) empfiehlt bei schwierigen HHen 

der Glankonioperation, sehr enger vorderer Kammer und naher An¬ 
legung der Iris an die hintere Coröealfläche eine hintere Skleralpupct 
auszuführen, circa 5 mm vom Comealrand entfernt, wodurch der nur*- 
oculare Druck herabgesetzt und die spätere Ausführung der IndeKtomi« 
sehr erleichtert wird. . D 

Discussion: Abadie, Parent, Pflüger, McHardy, ' 
Menacho. 

4. Leber (Heidelberg) beobachtete, dass die Mehrzahl der JT 

letznngen durch Kupfer- nnd Mesxlngstflckchen aseptisch sind n 
durch sie im Auge eingeleiteten Entzündungen durch die cne 
Veränderungen bedingt werden, zu denen sie Veranlassung geben. 
finden sich nur Mikroorganismen mit in den Bulbus hinoingensse , 
ist darum auch die Gefahr einer nachfolgenden sympathischen hn • 

des zweiten Auges nicht eine so grosse, wie sie bis jetzt noc ^ 

mein angenommen wurde. Jedenfalls ist conservativ zu yerian • 
lange noch keine wesentliche Retinalaffection nachzuweisen ist. * . 

operative Vorfahren verspricht gute Resultate, da von 38 z P 

f elangten derartig verletzten Augen 20 mal ein mehr oder min 
Irfolff erzielt wurde. .. 

Discussion: Knapp, Roosa, Noyes, Kipp, hley • . 

5. Panas (Paris) behandelt das Thema der Anjps»® 8 ^ 
dnreh seitliche Compression des Schädels, wobei er jJPj . 
das sechste Hirnnervenpaar sich als das am meisten gefah 

Discussion: Chibret. « fj r 

6 . Mules (Browdon) empfiehlt eine neue Art 
Ptosis, bei der ein kleines elliptisches Stück aus dem pioiTpe j: 

wird, und dann der Lidrand mit dem Stirnmuskel in bekan 
Verbindung gesetzt wird. miteins 

7. Ferner behandelt er die septischen Homhentgesch ** ^ 
antiseptischen Gelatinebedeckung und nachfolgendem Druc 


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20. September. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


103 


8 . Pflüger (Bern) demonstrirt eine Drainage der vorderen Kammer 
mittels eines in dieselbe eingeschobenen, kreuzförmig geschnittenen 
Stückchens von Guttaperchapapier und hält dieselbe bei schwerer In- 
fection, Keratoconus, Solutio retinae und Glaucom für angebracht. Statt 
dessen räth 

9. Walter (Liverpool) zur Anlegung einer dauernden Fistel durch 
Einheilen eines Bindehautlappens in die Comeoskleralwunde. 

10. Dimmer (Wien) demonstrirte Präparate von Retinitis albumin¬ 
urica« 

11. Jul er (London) zeigte mikroskopische Schnitte, die das Vor¬ 
handensein des Dilatator pupillae an der hinteren Seite der Iris gelegen 
beweisen. 

12. Franke (Hamburg) spricht über' die histologischen Vorgänge 
bei der Heilung perforirender Skleralwunden. 

13. de Lapp er sonne (Lille) legte einen Fall von Orbitalcyste mit 
mikroophtlialmischem Bulbus dar, dessen Wandung aus der vollkommen 
ausgebildeten, aber ganz degenerirten Retina bestand. 

14. Mann (Edinburgh) demonstrirt mittels Projectionscamera die Vor¬ 
gänge in der Veränderung der Kerne und Zellen des optischen Central¬ 
apparates, wie sie durch die Einwirkung des Lichtes vor sich gehen und 
in Kern- und Zellvergrösserung nach kurzer Exposition bestehen, während 
bei längerer Einwirkung Schrumpfung eintritt. 

15. Abadie (Paris) spricht über Chorioretinitis, indem er glaubt, 
sowohl die Prognose als auch die Therapie ganz abhängig machen zu 
müssen von der Complication, die die Entzündung mit Affection des 
Opticus eingegangen ist oder nicht. Hereditäre Syphilis ist hauptsächlich 
ein Begünstigungsmoment für das Entstehen des Leidens. Jodkalium 
wird als direkt die Heilung schädigendes Mittel hingestellt und das ein¬ 
zige Heil in der Anwendung des Hydrargyrum, am besten durch sub¬ 
cutane Injectionen, gefunden, denen in besonders hartnäckigen Fällen sub- 
conjunctivale Einspritzungen zugefügt werden. 

Deutschmann weist in der Discussion auf die einseitige Auf¬ 
fassung sowohl des Leidens als auch der Behandlung durch Abadie 
hin; wenn auch er guten Erfolg von der subconjunctivalen Injection ge¬ 
sehen hat, so ist doch ebenso gut auch die Jodkaliumtherapie am Platze. 

16. Gunn (London) redet über die MaculaTeränderungen in Ver¬ 
bindung mit Entzündung und Ordern der Retina. 

17. Benson (Dublin) berichtet über einen Fall von recidivtrender 
temporaler Erblindung, die in oft theilweiser, oft gänzlicher Verdun¬ 
kelung der äusseren Gesichtsfeldhälften bestand und sich durch die 
ophthalmoskopische Untersuchung während eines Anfalles als durch gänz¬ 
liche Blutleere der betreffenden Retinalpartie infolge spastischen Zusammen¬ 
gehens des betreffenden blutzuführenden Gefässes bedingt ergab. 

Discussion: Noyes, Thompson, Nieden. 

18. Dufour (Lausanne) weist auf die Gefahr der profusen Blutung 
aus dem Auge nach Operationen hin, die meist zu totaler Ausstossung 
des Glaskörpers und der Contenta des Auges führen. In einigen Fällen 
hat ihm die sofortige subcutane Injection einer Nausea erregenden Mor¬ 
phiumlösung gute Dienste geleistet, und empfiehlt er stets, da man nie 
weiss, ob und wann dieser Zwischenfall eintrifft, die betreffende Lösung 
vorräthig zu halten. 

Discussion: Ayres, Grüning, Power, Darier. 

19. Tscherning (Paris) spricht über den Mechanismus der Accom- 
modatiou. 

20. Vian (Toulon) sah guten Erfolg in einigen Fällen in der An¬ 
wendung des rohen Petroleums bei Diphtherie der Conjunctiva. 

21. Bull (Paris) fand, dass die Wirkung des Liddrucks auf die 
Cornea imstande ist, asthenopische Beschwerden herbeizuführen, die er als 
die tarsale Asthenopie bezeichnet und die sich besonders bei ungewöhn¬ 
licher Lage der Augäpfel beim Lesen, z. B. solchem in Bettlage, geltend 
macht. 

Discussion: Savage, Swan Burnett, Power, Roosa. 

22. Menacho (Barcelona) sah Neuritis optica nach einer Amygda- 
litis catarrbalis entstehen, die nach der Excision der Mandeln langsam 
wieder zurückging und zu vollständiger Heilung führte. 

23. Leber (Heidelberg) empfiehlt als neues Härtungsmittel das Formol 
in 10%iger Lösung, welches besonders für Augenpräparate vorzüglich 
geeignet erscheint, da es in allerkürzester Frist die Härtung bewirkt und 
dabei keine Schrumpfung, keine Farbenveränderung und keine Verschiebung 
der Organtheile bedingt. 

24. Bach (Würzburg) beobachtete nach subconjunctiTalen Sublimat- 
injectionen bei künstlich erzeugtem Hornliautgeschwttr nie auch nur 
die geringste günstige Einwirkung auf die Reinigung Und Heilung des 
ulcerösen Processes, wie auch nie eine Spur von Quecksilber innerhalb 
des Auges danach sich erweisen liess. Die Galvanokaustik erscheint des¬ 
halb als die einzig rationelle Behandlungsmethode. 

25. Derselbe machte weitere Mittheilungen über die feinere Strnctur 
der Ganglienzellen der Netzhaut, die nicht faseriger, sondern körniger 
Natur sind. 

26. Gutmann (Berlin) konnte die Schwalbo’sche Ansicht über die 
Natur des Schlemm’schen Canals imd seiner Verbindung mit der vor¬ 
deren Kammer auf Grund seiner experimentellen Untersuchungen bestätigen. 

27. Clark (Ohio) demonstrirte zwei seröse Iriscysten. 

28. Landolt (Paris) behandelt das Thema der Schieloperatlon und 
legt des Einzelnen die Vorzüge der Vorlagerung der Muskeln vor der 
Tenotomie dar, indem entweder nur ein Muskel oder beide homonyme 
Muskeln vorgelagert werden und nur bei höherem Grade die Vorlagerung 
des einen mit der Rücklagerung des anderen Muskels desselben Auges 
verbunden wird. Sowohl betreffend späterer Functionirung als auch aus 
kosmetischen Gründe muss der Vorlagerung der Vorzug eingeräumt 
werden. 


Auch über dieses Thema bewegt sich eine lebhafte Discussion für 
und gegen, an der sich Swanzy, Grüning. Panas, Roosa, Stevens, 
Noyes betheiligen. 

29. Chibret (Clermont Ferrand) spricht über den relativen Werth 
des Hydrargyrum und Jodkalium bei uer Behandlung der Syphilis 

des Auges und spricht jenem Mittel ebenso glänzende und sichere Er¬ 
folge für Diagnose und Therapie zu, wie er diesem jeden Heilwerth ab- 
'spricht und es nur da gelten lassen will, wo Hydrargyrum entweder nicht 
mehr vertragen wird oder bedenkliche allgemeine Folgezustände gesetzt 
hat. Die Art der Anwendung ist am besten durch subcutane Injection 
einer Hydrargyrumcyanürlösung von 0,5 °/ 0 , wovon täglich 0,01 einge¬ 
spritzt wird, um nach 4-^-9 Tagen zu dreimal wöchentlicher Anwendung 
überzugehen. 

30. Darier (Paris) tritt auch mit grosser Entschiedenheit für den Vor¬ 
zug der subcutanen Injectionen der Hydrargyrumcyanürlösung täglich oder 
zweitäglich ein. Intraoculare Injectionen sind indicirt bei schwerer Er¬ 
krankung des Glaskörpers, tiefer traumatischer Infection, vorgeschrittener 
sympathischer Entzündung etc. Für die subcoiijunctlvalen Injectionen 
sind am geeignetsten 1 ) Fälle, wo kräftigstes und rasch wirkendes Anti- 
septicum bei traumatischer und operativer Infection und Hypopyonkeratitis 
nothwendig erscheint; 2 ) bei torpider parenchymatöser Keratitis, Chorioideal- 
erkrankungen, Iritis plastica; 3) als Antisyphiliticum. Contraindication 
ist nur Vorhandensein starker Stauung in den pericomealen Venen. 

Discussion: Deutschmann, Hess, Dufour, Gutmann, Bach. 

31. Thier (Aachen) theilt seine Beobachtungen Ober operative Cor- 
rection der hochgradigen Myopie auf Grund von 38 Fällen mit, bei 
denen 11 mal doppelseitig und 16 mal einseitig operirt wurde, stets gute 
Resultate betreffend Zunahme der Sehschärfe für die Ferne erzielt wurden 
und wesentliche Besserung der Leistungsfähigkeit der Augen für die 
Nähe statthatte. Bei jugendlichen Individuen und guten inneren Ver¬ 
hältnissen wird doppelseitig, bei älteren einseitig operirt. Verschlimme¬ 
rung der Folgezustände für das Auge wurde nicht beobachtet. Es wird 
durch totale Durchschneidung der Linso durch die hintere Kapsel rasche 
Quellung bewirkt, und werden dann durch Paracentese die Linsentrümmer 
entfernt. 

32. Fukala (Karlsbad) spricht weiter über die speclellen Indica- 
tionen zu dieser Operation, wonach er die Discission für die beste Ope¬ 
rationsmethode hält, bis zum Alter von 40 Jahren die Operation aus¬ 
führt, hochgradige Degeneration des Augenhintergrundes als Contraindi¬ 
cation erklärt, Steigerung des intraoeulären Drucks für unwesentlich er¬ 
achtet, den Grad von 20,0 D. für die äusserste unterste Grenze aufstellt. 

Discussion: Sehmidt-Rimpler, Pflüger, Fergus. 

33. Noyes (New-York) giebt eine Operationsmethode zur Erlangung 
einer centralen Pupille bei heftiger abgelaufener Iridocyclitis an. 

34. Michel (Würzburg) behandelt die feinere Anatomie des Gan¬ 
glion ciliare unter Vorlage vorzüglicher mikroskopischer Präparate. 

35. Swan Burnett (Washington) empfiehlt ein neues metrisches 
oder dioptrisches System zum Messen und Bestimmen der Prismen, 
wie es in Amerika schon allgemein Eingang gefunden hat. 

36. Valude (Paris) räth bei gewissen Formen von Atrophla optica als 
Folge descendirender Neuritis zur Anwendung von subcutanen Antipyrin- 
injectionen. 

37. Börthen (Drontheim) demonstrirte eine Sammlung vorzüglich 
gelungener Photographieen und Aquarelle aller Formen und Stadien der 

Lepraerkrankung am Auge. 

38. Desgleichen Risley (Pennsylvanien) einen Apparat zur Skia- 
skopie. 

39. Ebenso Ayres (Ohio) eine Pincette zur Entfernung von Gra¬ 
nulationen und Chalaoeen. 

40. Mc. Hardy (London) theilt seine Beobachtungen über die erfolg¬ 
reiche und sichere Methode der Reifung seniler Cataracte durch Iri- 
dektnmie und Massage auf Grund von 174 Beobachtungen mit, nach denen 
das Resultat ein durchaus befriedigendes war. 

Discussion: Noyes, Hill Griffith. 

41. Bronner (Bradford) berichtet über einen Fall von Lymphom 
aller vier Augenlider, der durch innerliche Gabe von Arsenik geheilt 
wurde. 

42. Nieden (Bochum) schildert eine Beobachtung von sympathischer 
Entzündung nach Sarkom der Chorioidea bei einem 21jährigen Mäd¬ 
chen, welches nach l 1 /» jährigem Bestehen der durch den Tumor verur¬ 
sachten Netzhautablösung an Iridocyclitis dieses Auges erkrankte, ohne 
dass eine weitere Ursache für das Entstehen derselben eruirbar war. 
Nach dem zweiten Recidiv dieser Entzündung auf dem erstafficirten Auge 
trat Iritis serösa plastica auf dem anderen Auge ein, die nach ihren 
Symptomen nur als sympathisch verursachte angesehen werden konnte. 
Die Section ergab das Vorliegen eines nicht pigmentirten Sarkoms der 
Chorioidea und deutlich charakterisirbare Mikrococcen sowohl in der Ge¬ 
schwulst als im sonst noch nicht erkrankten Sehnervengewebe. Deutsch- 
mann glaubt auf Grund der von ihm angefertigten mikroskopischen Prä¬ 
parate die Diagnose sympathischer Entzündung als unzweifelhaft hin- 
steilen zu können. 

43. Theobald (Baltimore) spricht über die radicaie Behandlung 
der Stricturen des Thrftnensackcanals mittels so dicker Sonden, wie 
sie schon vor vielen Jahren Coöper empfohlen hat, die indess all¬ 
emein wegen der den physiologischen Verhältnissen direkt widersprochen¬ 
en Art der Behandlung aufgegeben ist. 

Discussion: Grüning, Roosa, Swanzy, Thompson, Ris¬ 
ley, Chihret, Priestley-Smith, Lee, Argyll Robertson. 


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VEREINS-BEILAGE DER' DEUTSCHEN^ MEDIGINISCHEN .WOCHENSCHRIFT 7 . 


m _ 


, 44 . Stölting (Hannover) legt eine Statistik der Behandlung des 
kongenitalen Hydroplithalinüs in fünf Fällen (acht Augen) mittels wieder¬ 
holter Sklerotomieen vor, bei denen besonders Gewicht auf die geeignete 
Nachbehandlung gelegt wird. Die Resultate -waren sehr günstig. 

! .j 'Discussion: Gutraann, Pflüger, Thier, Dufour. 

r 45. Malget (Nice) empfiehlt die Elektrolyse zur Behandlung des 

Trachoms. 

, 46. Risley (Chicago) spricht über Beobachtung von Gleiehgewichts- 

storungcn der Augäpfel; 

„ 47. Stevens (New-York) über das gegenseitige Verhältnis» von 

Accommodation and Convergenz. 

( 48. S a u v i n e a u (Paris) beschreibt Fälle von Paralyse beim Blick nach 

olien und nuten nnd bei der Convergenz, während die Seitenbewe- 
gungen der Augen vollkommen intact geschehen, auf Nuclearaffection der 
Coordinationsccntren (Corpora quadrigemina etc.) beruhend. 

49. Chevallerau (Paris) durchsclmitt in zwei Fällen von Ophthal¬ 
moplegie nach Tabes den Extenius und erzielte damit wieder ein ge¬ 
brauchsfähiges Auge. 

•. . In der daranschliessenden Geschäftssitzung wurde einstimmig U trecht 
als Ort der nächsten Versammlung im Jahre 1900 und die Herren Prof. 
Snellen (Utrecht) und Dojer (Leyden) als Vorstandsmitglieder gewählt 
.und darnach der Congress am 11. August geschlossen. 


V. Achter internationaler Congress für 
Hygiene und Demographie, Budapest, 2. bis 
9. September 1894. 

Section für Bacteriologie. 

Sitzung am 3. September 1894. 

Vorsitzender: Portik (Budapest). 

1. Hon' Büchner (München): Immnnität nnd Immnnis&tlon. Die 
.natürliche Resistenzfähigkeit gegen Infectionen (sogenannte natürliche 
Immunität) beruht auf wesentlich anderen Bedingungen und Ursachen als 
die künstliche oder erworbene Immunität. Beides sind daher principiell 
verschiedenartige Zustände, die wissenschaftlich getrennt betrachtet und 
untersucht werden müssen, obwohl sie praktisch im nämlichen Individuum 
gleichzeitig Vorkommen können. Die natürliche Resistenzfähigkeit beruht 
einerseits auf der bactericiden Wirksamkeit gewisser gelöster Bestand- 
thoilc des Organismus, der sogenannten Alexine, andererseits auf ange¬ 
borener Unempfindlichkeit der Gewebe und Zellen des Körpers gegen | 
einzelne bacterielle Gifte. Die natürliche Resistenzfähigkeit kann in der 
Regel nicht durch das Blut auf andere Organismen übertragen werden. , 
Die Leukocyten besitzen eine wichtige Function bei den natürlichen Ab- 

. Wßbrvorkehrungen des Organismus, aber nicht als Phagocyten, sondern 
durch gelöste Stoffe, welche von ihnen secernirt werden. Die Phagocytose 
ist nur eine secundäre Erscheinung. Die künstlich erzeugte oder er¬ 
worbene Immunität beruht auf der Anwesenheit modificirter, entgifteter, 
specifischer baeterieller Pröducte. der sogenannten Antitoxine, entweder 
im Blute oder in den Geweben des Organismus oder in beiden. Durch 
'das Blut und die Milch können die Antitoxine auf andere Organismen 
übertragen werden. Die Wirkung der Antitoxine beruht nicht auf direkter 
Zerstörung der specifischen Bacteriengifto beim Contact mit denselben, 
SQhdern sie kommt nur innerhalb des Organismus und nur durch Ver¬ 
mittelung desselben zustande, indem eine Herabminderung der specifischen 
< liftempfindlichkcit lebender Theile des Organismus erzeugt wird, wodurch 
„diese gegen das betreffende Gift unempfänglich und widerstandsfähig 
werden. 

2. Herr Roux (Paris): Principe» de ia sdrnmthdrapie. Roux 
leugnet die Specifität der Antitoxine. Sie gehen nicht aus den Toxinen 
hervor, sondern sind Pröducte der lebenden Zellen. Es ist ihm gelungen, 
das Schlangengift nicht nur im Reagensglase, sondern auch im Thier 
‘körper. durch Wuthgift sowohl wie durch Tetanusgift zu paralysiren. 
Allerdings gelingt das nicht mit Tetanus und Diphtherie unter einander,! 
weil diese Gifte in ihrer chemischen Zusammensetzung einander anscheinend 
sehr ähnlich sind. Das Princip der Specificität der Bacterienproducte ist 
als durchbrochen zu betrachten. Vielleicht gelingt es noch, ein Diphtherie¬ 
toxin zu finden, das nicht von Diphtherie herrührt und doch dagegen 
immunisirt. 

3. Herr v.Udranszky (Klausenburg): Poisons bactdrlqnes. Bisher 
kennt man zwei Gruppen von Bacteriengiften, die chemisch charakterisirbar 
sind: 1 ) alkaloidartige Verbindungen, kurzweg Toxine genannt, 2 ) eiweiss- 
artigo Kürpbr: Toxalbumine. Neben diesen beiden Gruppen giebt es aber 
auch noch Bacterientoxine, dio zu keiner von beiden gerechnet werden 
können. Ueber die chemische Natur dieser Körper kann man gegen¬ 
wärtig auch noch nicht einmal Vermuthungen aufstellen. Hoffentlich ge¬ 
lingt es, ihre Constitution zu erforschen. Die Ansicht von Duclaux, 1 ) 
d&ss die Toxalbumine nichts anderes sind als mit unbekannten giftigen 
Substanzen mehr oder weniger verunreinigte sehr verschiedenartige Eiweiss- 
körper, kann nicht als allgemein gültig betrachtet werden. Wenn sie 
richtig wäre, so würden wir die eiweissartigen Bacteriengifte wie die 
ungeformten Fermente betrachten müssen, deren eigentliche Natur uns 
auch unklar ist. Die Untersuchung dieser Körper hat ja nicht nur 

■ theoretischen, sondern auch praktischen Werth. Die Beziehungen der 

j) hat auch für die alkaloidartigen Toxine diese Abstammung 
von den Ei weisskörpern bereits früher hervorgehoben (Berliner klinische 
Wochenschr. 1894, No. 1 ). 


chemischen Eigenschaften der Baeteriengifte za der chemischen Zrisainm«, 
Setzung des Nährsubstrates und zu dem chemischen Aufbau der Baeterie 
zelle sind noch nicht sö weit erforscht, dass hieraus der Mechanisma- 
der Entstehung dieser Gifte erklärt werden könnte. Ebenso bedürft 
auch die Beziehungen des Bacterienplasmas zu der Giftbildung noch eines 
eingehenderen Studiums als es bisher geschehen. Dio Thatsache dass « 
in mehreren. Fällen einwandsfrei gelungen ist, mit Hülfe von Bacterien- 
giften Intoxicationserscheinungen hervorzurufen, welche dem klinischen 
Bilde der betreffenden Infectionskrankheit vollständig entsprechen, ist der 
.beste Beweis für die Bedeutung der Bacteriengifte in der Pathologie 

4. Herr, de Bäcker (Paris): Mnladies infectieuses et fermeW 
thdrapentiques. Vortragender hat nachgewiesen, dass Mikroben, die man 
mit Mycodermazellen und Pilzsporen ziisaramenbringt, durch die Diast&c 
der letzteren derart verändert werden, dass sie ihre Virulenz verlieren 
Diese - Thatsache hat de Bäcker den verschiedensten pathogenen Bacillen 
und Coeccn gegenüber bestätigt gefunden. Er empfiehlt deshalb die An¬ 
wendung reiner, geformter Fermente in Form einer InjectionsflOssigkeit 
als Heilmittel bei Infectionskrankheiten, Er nennt diese gährimgshhw 
Flüssigkeit „Bactdrine“ oder „Backdrine“, die im Körper Alkohol, Kohlen¬ 
säure, Bernsteinsäure, Glycerin u. s. w. in statu nascendi von der Hanl 
aus verbreitet. Aseptisch angewendet ist die Injection lebender, reiner 
Fermente stets unschädlich, de Bäcker hat bei 10000 Einspritzungen 
niemals eine schädliche Nebenwirkung gesehen. Die eingetretene Wir¬ 
kung macht sich wie beim Tuberkulin durch eine Reaction kenntlich: 
Auftreten von Schüttelfrost und leichtem Fieber. Zahlreiche günstige 
Erfahrungen hat de Bäcker mit den* „Bactdrine“ bereits bei der Tuber¬ 
kulose erzielt, es übertrifl't alle anderen Heilmittel der Tuberkulose durch 
die schnelle Hebung des Ernährungszustandes und die Vernarbung der 
ulcerösen Processo in den Lungen. Nach den mit Dr. Konthak au« 
London gemeinsam angestellten Versuchen besitzt diese Flüssigkeit auch 
immunisirende Wirkung gegen einige Krankheiten, z. B. Anthrax, viel¬ 
leicht auch Cholera asiatica. 

5. Herr Denys (Louvain): De l’immaniid. Ponys hat Hunden 
Streptococcen in die Brusthöhle injicirt und danach das Auftreten eine? 
Exsudates beobachtet, das anfangs wässrig war, später trübe und schliess¬ 
lich eitrig wurde. Das Serum dieser Exsudate (nach der Centrifugirungi 
erwies sich weit ärmer an Antitoxinen als das Blutserum derselben Thicro; 
a.ber der Gehalt an Antitoxinen wuchs mit dein Alter des Exsudates. 
Der Toxingehalt erwies sich in hohem Grade abhängig von den Leuko¬ 
cyten, mit deren Zahl im Exsudat auch die Toxicität wuchs. Im übrigen 
sprach sich Denys auch gegen die Annahme specifischer Bacterienpro- 
ducto bei einzelnen Krankheiten aus. 

6 . Herr v. Fodor (Budapest): De Palcallcitö da sdrom du sang 
apres nne infection. Schon früher hat v. Fodor gezeigt, dass nach 
der Injection eines Alkali das Blut von Kaninchen mehr bactericid wird 
als vor der Injection und die Thiere gegen das Anthraxgift viel wider¬ 
standsfähiger werden. Fodor hat deshalb das Blut nach Injection der 
verschiedensten pathogenen Bactericn auf seine Alkalescenz geprüft und 
ist zu folgenden Resultaten gelangt: Die Alkalescenz des durch Centn- 
fugirung gewonnenen Blutserums ycm gesunden Kaninchen betrügt, als > 
Normalweinsäure als Titre benutz^‘3,23° o. Sie wächst mit dem Gewicht des 
Thieres, schwankt aber individuell und ist bei den Männchen grösser als 
bei den Weibchen. Nach einer Infection mit Milzbrand hebt sie sich in 
fünf Stunden auf 11,3%, in zehn Stunden auf 21,5%, sinkt dann aber 
nach 24 Stunden wieder um 16,0° o- Von 39 Kaninchen zeigten 34 diese 
rapide und jähe Verminderung i der ßlutalkalescenz. Die Thiere uut ge- 
ringerer Alkalescenz zeigten sich weniger widerstandsfähig, sie starben 
früher. Im Mittel betrug die Alkalescenz 3,i27 als Maximum, 2.8W ai> 
Minimum. Kaninehen, welche gegen Milzbrand immunisirt worden waren, 
zeigten nur eine sehr unbedeutende Verminderung der Blutalk! wesce • 
(0,84%), selbst 48 Stunden nach einer schweren Infection, während 
zur selben Zeit mit dem gleichen Gift geimpften Thiere eine 

rung von 12% schon nach 24 Stunden hatten. Die Infection mit U°e 
bacülen verlief folgendermaassen: Nach sieben Stunden 12,7 /o V er us. 
nach 24 Stunden 18,4%, dann nach 48 Stunden erneutes Aufsteiger 
Alkalescenz um 7,4%, nach 72 Stunden 9,4% und nach zwölf | 
13,9%. Infection mit Typhusbacillen (subcutan oder .J 

mehrere Tage lang nur eine geringe Verminderung der BlutaiKa 
zur Folge. Drei Kaninchen, welche der Infection erlagen, erläten _ 
- dings einen Verlust von 24,2 %. Nach Impfung mit Tuberkel Ibac • 

im Laufe von 7—50 Tagen nur eine langsam zunehmende v erm | 
der Alkalescenz ein. Nach 120 Tagen waren alle Thiere w^der g « 
Auch der Schweinerothlauf führte nur zu einer geringen Herayu = 
der Alkalescenz. Fodor kömmt auf Grund dieser Ergebnisse 
versuche zu folgenden Schlussfolgerungen: Der Organismus 
gewisse pathogene Infectionen mit einer rapiden Vermehrung ^ 
alkalescenz, welcher eine mehr oder weniger starke v enmu t i g ^ 

selben folgt. Wenn die Infection tödtlich ist, ist diese Herab f 

Alkalescenz beträchtlich und progressiv. Wenn sie nicht total ,^ cr 
Verlust weniger stark, die Alkalescenz hebt sich von ueuem nnf 
den ursprünglichen Grad überschreiten. Es besteht also ei^ 
zwischen der Wirkung gowisser pathogener Bactehen im uig ^ ^ 
der Blutalkalesccnz. Wächst die Alkalescenz nach der ln«> ■ U 
im allgemeinen das Thier widerstandsfähiger gegen die bet ^ 

terien.- Der'Grad der ßlutalkalescenz sowie die Kraft, geg re& cjireB. 

tion mit einer energischen Erhöhung dieser Alkalescenz | j# 

scheinen einen bemerkenswerthen Einfluss auf die Inim _ 
Empfänglichkeit der Thiere gegen gewisse Infectionen al ^ 


Oedruckt bei Julias Sittenfeld in Berlin W. 


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Donnerstag VEREINS-BEILAGE 4 ' ° ctober 1894 - 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


I. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 12. März 
1894: Gurlt, Zura Andenken an Albert Lücke. — Zeller, Myxödem* 
Discussion: Sonnenburg. — Körte, Geheilter Fall von Ileus; Dis¬ 
cussion: Sonnenburg, Körte. — Albers, Stelzfüsse für einen beider- 
seitig Amputirten mit fehlendem linken Oberarm. — Schuchardt, 
Zur Pathologie der Mastdannulcerationen. 

II. Aerztlicher Verein in Hamburg, Sitzung am 20. März 1894: 

Benjamin, Ulcorirter und perforirter Processus vermiformis. _ 

Raether, Primäres Carcinom der Clitoris. — Wiesinger, Apparat 
zur Chloroformnarkose. — Krause, Uteruscarcinom. — Discussion' 
Harke, Ueber die Erkrankungen der oberen Luftwege: Harke, Zar- 
nikow, Fränkel. — Discussion Klimm eil, Ambulante Behandlung 
von Gelonkaffectionen: Lauenstein, Krause. 

III. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur in Breslau, 
Sitzung am 20. April 1894: Herz, a) Neuritis multiplex bei Lungen¬ 
phthise; b) Alkoholneurose. — Schürhoff, Rechtsseitige totale Parese 
und geringfügige motorische Sprachstörung. — Stolper, a) Schuss¬ 
verletztes Herz; b) Angeborene Verkrümmung dos Radius und Klump¬ 


INHALT. 


hand; c) Radiusdefect infolge Nekrose des Knochens; d) Periosteales 
Osteom. 4. Jadassohn, a) Seltenes Syphilid der Haut; b) Multiple 
Mollusca contagiosa; c) Primäraffect in der Unterbauchgegend. — 
5. Punitzer, Lebercirrhose. — 6. Buchwald, a) Japanische Wärm¬ 
flaschen; b) Malariaplasmodien. 

IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr., 

Sitzung am 30. April 1894: 1. Seelig, Malariaplasmodien. — 

2 . Rosinski, Fournier’sche Lehre von der Vererbung der Syphilis.— 

3. Podack, Bronchomycosis aspergillina. — 4. Nauwerck, Erstickung 
durch Spulwürmer. 

V. Neunzehnte Versammlung des Dentschen Vereins für Öffentliche 
Gesundheitspflege, Magdeburg, 19.—21. September 1894: Be¬ 
seitigung des Kehrichts und anderer städtischer Abfälle, besonders 
durch Verbrennung. — Technische Einrichtungen für Wasserversorgung 
und Canalisation in Wohnhäusern. — Die Nothwendigkeit weiträumiger 
Bebauung bei Stadterweiterungen und die rechtlichen und technischen 
Mittel zu ihrer Ausführung. — Die Maassregeln zur Bekämpfung der 
Cholera. 


I. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung am 12. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Gurlt; Schriftführer: Herr Langenbuch. 

1. Herr Gurlt: Zum Andenken an Albert Lücke. (Vergl. 
diese Wochenschrift 1894, No. 9.) 

2. Herr Zeller stellt eine Patientin vor, welche nach wegen 
Erstickuugsgefahr vorgenommener Kropfexstirpation an acutem 
Myxödem erkrankte, obwohl ein Kropfrest zurückgelassen war. 
Fütterung mit Schaf- und Kalbsschilddrüse hat sie über die ge¬ 
fährliche Kachexie hinweggebracht und die Erscheinungen ge¬ 
bessert. Auffallend war namentlich das schnelle Aufhören einer 
sehr reichlichen Secretion weissen, rahmigen, fettfreien Eiters, die 
trotz des Fehlens entzündlicher Erscheinungen sich eingestellt 
hatte. (Ausführliche Mittheilungen über den Fall hat Herr Sonnen- 
burg auf dem diesjährigen Chirurgencongress gemacht.) 

Herr Sonnenburg: Ich wollte nur zur Ergänzung noch mittheilen, 
dass nach der Kropfexstirpation wegen der säbelscheidenartigen Verände¬ 
rung der Trachea die Extension am Kopfe deswegen gemacht wurde, um 
die Trachea, die ganz zusammongefallen war, zu entfalten und die Respi¬ 
ration damit zu erleichtern resp. sie überhaupt- möglich zu machen. Sehr 
bald nach der Operation glaubte ich die Vermuthung, dass hier ein acutes 
operatives Myxödem sich entwickle, aussprechen zu müssen. Sehr auf¬ 
fallend war — das muss ich hervorhehen — die uugemein schnelle Besse¬ 
rung, sobald die Ernährung mit der Schilddrüse stattfand, und besonders 
auffallend das plötzliche Sistiren der übermässig starken Secretion aus 
der Wunde. So viel ich nachträglich auch, z. B. auch durch Professor 
Kocher erfahren habe, scheint ein derartiges, offenbar mit der Cachexia 
strumipriva in Zusammenhang stehendes Symptom bisher überhaupt noch 
nicht beobachtet worden zu sein. 

3. Herr Körte: Vorstellung eines geheilten Falles von 
Heus. M. H.! Die Patientin, die ich Ihnen hier vorstelle, habe 
ich mitgebracht im Anschluss an die Demonstration von einigen 
Ileuspräparaten, welche später stattfinden soll. Ich stelle Ihnen 
die geheilte Kranke ausserhalb der Reihe vor und will nur kurz 
erwähnen, was an dem Fall heinerkenswerth ist. 

Sie ist am 15. August 1891 erkrankt mit Stuhlverstopfung, Er¬ 
brechen und lebhaften Leibschmerzen, kam am 19. August in’s Kranken¬ 
haus, woselbst ein stark aufgetriebener Leib, Stuhlverhaltung und kothiges 
Erbrechen constatirt wurde. Nach Magenausspülung und Darreichung von 
Opium besserte sich die Sache erheblich, so dass ich zunächst abwartete. 
Am 22. August, also sieben Tage nach Beginn der Erkrankung, trat eine 
rapide Verschlimmerung ein, weshalb ich mich doch zur Operation veranlasst 
sah. Die Untersuchung des Bauches ergab nichts bestimmtes; eine 
undeutliche Resistenz war in der rechten Seite des Leibes fühlbar, aber 
nicht, worauf man eine sichere Diagnose über den Sitz und die Art des 
Darmverschlusses hätte gründen können. Von der Bauchwunde in der 
Mittellinie aus fand ich die Dünndärme gebläht, die Serosa stark ge- 
röthet, etwas Flüssigkeit in der Bauchhöhle und die Serosä ausserdem 
mit kleinen Knötchen besetzt. Ein Hindemiss konnte ich von hier aus 
nicht finden, w r ohl aber konnten die Finger rechts, oberhalb der Cöcal¬ 
gegend, Verklebungen eonstatiren. Da ich bei dem elenden Zustand der 
Patientin eine sehr lange Operation gern vermeiden wollte, so machte ich 
einen Schnitt hier über der Cöcalgegend, um, falls ich dort ein Hinderniss 
nicht gleich fände, das Cöcum einzunähen und einen künstlichen After zu 
etabliren. Oberhalb der Cöcalgegend stiess ich auf ein Hindemiss. Es 
war ein Convolut Darmschlingen verklebt, und als ich dasselbe löste, floss 
jauchiger Eiter aus, und ich fand einen Darmanhang von der Grösse einer 


kleinen Birne, welcher mit einem etwa 1 cm breiten Stiel am Darm au- 
sass. Dieser Stiel war unter einen Strang gerathon, welcher von der 
Cöcalgegend nach der Leber hinzog, und war nekrotisch geworden, so 
dass sich, zum Glück von Verklebungen abgekapselt, ein Eiterheerd ge¬ 
bildet hatte. Ich klemmte nach Durchtrennung des Stranges den Darm 
ober- und unterhalb zu, schnitt das Divertikel ab und nähte die Oeffnung 
im Darm provisorisch zu, lagerte denselben aber so in der Bauchwunde, 
dass er zugängig blieb. Da am Abend keine Abgänge eingetreten waren, 
der Leib noch sehr gespannt war, schien es mir zweckmässig zu sein, 
wenn ich den Leib entlastete. Ich entfernte daher die Darmnähte; es 
trat sehr reichlicher Kothausfluss ein und die Erscheinungen des Darm¬ 
verschlusses verschwanden alsbald. Durch den künstlichen After in der 
rechten Seite wurde nun lango Zeit der ganze Darminhalt entleert. Ich ver¬ 
suchte nachher mit der Darmseheere die Darmpassage wieder herzustellen, 
weil ich einen deutlichen Sporn fühlen konnte und weil ich bei der Pa¬ 
tientin, welche an einer eitrigen Bronchitis litt und auf Lungentuberkulose 
sehr verdächtig war, eine ausgedehnte Operation wenn möglich vermeiden 
wollte. Es zeigte sich. dass das Anlegen der Darmseheere sehr bald 
kolikartige Schmerzen hervorrief, so wie ich eine ordentliche Partie des 
Sporas fasste. Nachdem ich sie zweimal angelegt hatte, konnte ich mich 
überzeugen, dass die Wirkung, die ich erzielte, nur eine minimale war, 
und ging daher zur Darmresection über. Dabei fand ich, dass eine 
ziemlich scharf geknickte Schlinge an ihrem Zipfel von mir eingenäht 
worden war. Die Darmschlinge war mit anderen Därmen sehr eng ver¬ 
wachsen — Kus diesem Grunde hatte wohl auch die Darmseheere stets so 
heftige Koliken erregt. Ich habe den Darm dann aus den Adhäsionen 
sehr mühsam herausarbeiten müssen, habe im ganzen circa 11 cm abge¬ 
tragen und alsdann die Darmenden vernäht. Ich glaube, dass dieses 
Lösen der zahlreichen Adhäsionen es verschuldete, dass die Darmwand 
nicht sehr gut ernährt war. Es stiess sich ein schmaler Streifen Darm¬ 
wand aus, und nach einigen Wochen kam doch wieder der grösste Theil 
des Kothes zur Fistel heraus. Ich habe dann die Fistel erweitert und 
fand, dass das zufuhrende Darmstück sehr erweitert war und dass die in 
das abführende Darmende führende, sehr enge Oeffnung hinter einer 
Klappe oder spornartigen Falte lag. Der Koth kam gegen diesen Spora 
und ging daun grüsstentlieils durch die Fistel heraus, nur wenig gelangte 
in den abführenden Darmschenkel. Die Darmenden lagen ziemlich parallel 
und eng aneinander. Diese Verhältnisse waren für eine neue Darm- 
resection wenig günstig, w r eil wieder sehr ausgedehnte Darmvorwachsungen 
entstanden waren. Dagegen liess sich der Sporn sehr gut mit dem En- 
terotom fassen. Schon nach einmaliger Anlegung war die Passage so 
weit frei geworden, dass ich ein dickes Gummirohr in die beiden Darm¬ 
enden von der Fistel aus einschob und nun der Darminhalt grösstentheils 
per an um abging. 

Am 13. Februar 1892 legte ich die Oeffnung im Darm noch einma 
frei, frischte sie an und vernähte in querer Richtung. Eine dabei ent¬ 
standene Oeffnung in einem benachbarten Darm wurde auch vernäht. 
Die Muskeln der Bauchwand vereinigte ich durch versenkte Silberdrähte, 
die Haut nach Anlegung von Entspannungsschnitten durch Seidennfihte. 
Es trat nun völlige Heilung ein. Allerdings hat sich im Laufe der Zeit 
an der Stelle der seitlichen Narbe ein Bauchbruch entwickelt. Die Darm- 
th&tigkeit der Patientin ist vollkommen hergestellt, und sie erfreut sich 
sonst eines leidlichen Wohlseins. 

Von den Knötchen, die auf dem Peritoneum sassen, habe ich 
einige bei der letzten Operation abgenommen. Deselben ergaben 
bei der mikroskopischen Untersuchung epitlielioide Zellen und Ver¬ 
käsung, aber keine Riesenzellen und ebenso wenig Tuberkelbacillen, 
so viel Präparate wir davon auch anlegten. Impfungen sind leider 
nicht vorgenommen. Es muss daher dahingestellt bleiben, ob die 
Knötchen, welche einen tuberkuloseähnlichen Eindruck machten, 
wirkliche spezifische Tuberkel waren oder nicht. 


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Go«. gle 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 







VEREINS,BEILAGE DER DEUTSCHE# MEDICIHISUHEN WOCHENSCHRIFT. 


Discu-ü'iinu: ßUtfr 3A&t*chKdn»m Glaubt Herr Kurie vjcGIeicbi 
,»i.-hL sich hier um ihn Hit/.ttmU-tu» und hrmidig gewr.Memm Fm- 

-es j’otTii’.S' tfclmmMt b:n V 

H.vr:- Körte. Das- «H an-ehil MunOglirb. i«h bubt, den Protu^m* 
wiMuP'rni;- h,niß‘^ tu der Bien blmn'.- :.u»t>^uchi; ib- 1 » 1 u*h habe dm n\e 

biur .-siM-ii s«* weil vtuu Vüeiun get'imden. .'Vossm-deni ln!hr Ich den College«; 

iflfiSH er. f$uih d«M FKfpftmf euch tunmul uiisibhB Ich hafto 
ihü i *:• m,; i vöj« wflcbt’iii d«- ihvortÜvid nbgiug, t«»r d'ov npnafimi vnr- 
<!o zogen- .cc.iuti uut'.'j -iiHit und k;tui,i nur• KJigoiw 'lab? es ein* |iilnn<kn-»n- 
war. 

4. Herr Alkers: HbeWasse für eiuexi beiderseitig Am- 
putirten-mit fehlendem linken Oberarm. 

Der UbjiUtrijce Pavumt.. ein oHeuiultg'ßr&AtionsUilis:wl:fvü>f;i’, w’üi4k 
uiii 27. -.füll*. tSSk von «mm« fvAn^irzuc' UhorJalirun. Dabei wurde die. 
(irtiv* nlnirn und untere ExtremiKit zermalmt. de-' rcch-l-tV I'nürsclienkef 
Hnihxiaxh gidiWtfiwa. Der linke Oberarm wimli? ulmrh&lb Um- Mitte, der 
• Hut'«'; Oh«*ira?dihnkH ;m 4nr Hrrinsc Uns mutliH’cn uiuf tdjyrp«.DHyels iai&s 
(UVtüi: Obwohl die, irtfeh» de» rftuHfr«, Untv^rtvhGiiik^lM' «Mit'yttlläf,• 
■ •t:i,--iiUu‘t' r *n. ho war Fa tun«. dm« ?uua;\M um-limb-, -mit mnüi’ kjinsK 
h< in r. uni. "<>:i D\t r»-im i iil iud<d KuhislB n <!mu et!i«e: „h< Mi Je»K »> 

im Noveuitar tsfbi niHstupU >m« l hfeär# henkol «jus Phtagiiiums; 

dir* zur -Amputation dicht pnkr 4cm ICiiiogelrnk iHhrtv. ini/:h 

dirw. Aui)tu<ati.-.i;<v\u'i(l.‘ geh*, dt war. wurde PtUkmi Kt Janu.u <f. 4. 
«lei ebu n.'^ivf Im Knjtilc h - H-mm (it lu un< :ti b y. Barth K Ten *Ui> Affe 
]ujJ anuar. küUctHdmf Glieder Ihr du; v'wrUfj'iittßh u n £ of*& 13>. traniitk* or« Ubor- 
3*Sjjg9L Auf dm- Klinik Tnd nue -.cm nr.r ihr diesen, iCK-m-m Stdzfu^«. 
angotoHigj.,''.iijUfmi lunnuKs!. tun? u».- srndi« Biiufü-ulagon. !.ms(.?ju:ud(VG^pgK 
jv^i’rrl iittü^kilt. wm-Utv, (H*' Sf.ai-o! uint? .Urc-iinciV V-f^tJirkung pjn zu- 

iBüßtnu Il^bt ]K{>abö und Pt .uAiHnriilun uwl Uanur uiji ein cm Brunliut* 

irU«- verhununn K (»u- mit ^cht tlru-itdnnVs inrum nnii nuuseti i)bt*r 

töh'-höu ^eKvrni-i« [Ah in '(UV Gö^mjU <!o;i vurUurw». oliniun 
Daröüj^nrihftV.dst uird ^inU >tUr- Dalum tiure.l. um baudbftdUtrs 
fe:df-v nbieummicf vcDmiuh-'n. Duich eine S'-Jl-Iirhr Solwntllc. ist .jt-tli j- 
tKrix-hC^K TSaj . biim-i .«.ru' hoiKgu/j. hidr.^tirrten hcUnrrbhlfiüufc vc-ilmürlnn ( 
onsKcrdom haf ^-der ’fVirtbBm mne vnr<lorn fjjiU pinn, liinB-ri- Kudniulio zur 
Vurhin/lm^, mit “irucn ijnvr du* Srhuller’ dKf*gfu««tzSnijtf»- 
v (-rlauiVfult u hrn Glitt I>fK M-r-t-.-re-.ri EnUefK der S<..rtzl'lhäc lialxtir 

, „Uuiümik&i^c-n cfludtcn. vom iMudxgistbn zu üsforfuh 

Brotln n-n mr u iin-fi» l’r-'-rijv* -J Bt --md .. bei. -o«i fern Tngau 'mit 

di'^mi -e.-y/iV-i'u < !• h'it>’itu;f n v.iniidini-m kbitHtm und geht. jpf.zf 

mit iftJibn »inio? ’SK'icTct-.« dkftn w*',s^fjttK'bx 1 KiB^-sintznug',Km Utiä& m* vor-. 
fiUs^Jchtüch in kurzer Zßit vdUin’n Unna. Gcftou if t d«r Ehpnn 

cJTnirjioif \urd D.i Pnfjnut it) Utdi nhvJi^tcn Tugen- dfnGKiüük. zn 

eerlokfon lin 1 UM n ]^{, >.*. e Hitu irh um tl*u> Unui >;?hon jdvi i. un n.~ 
-bclbnt. K it Um’h ’if. ,n-f b bem< ik-ui. thsw« lKst.tr: -U mii v>,mrtn Ur-«V hm heu 
itrtdigun^ijHüut/i w-ax he«ondtuvh V/mflteü an-'t^p- ijihh die die 

Boim'i;?; jrcxoc'ungtm iiü Hüligelonlc iiiung duivb l.mlm- 

arhiimi'rt;■.■'ghuibri- mrut'bi?; ,/.ii Auvu-u;, Jhi- äivi tijftxK-.- Jvcrfe' div^. nichimi- 

SKU.ipbrs L*r p.n i*p..'iv aussiTorih-mitih ^Irij.iindtii }| tun. -u v.milfe U^- 

KtiJj5s> vt;? 4:n- Oyn&hMjjHci itdi murni WnttonoKtm' tmvg-fdi.ttr,. 

:nnj' f't.i .) nlfiULSf tb-C j"|.Miiai irMffUf.n v/wif.fi 

'o iH--. i»ii*» Gfv.-ii'ht hitiUur Binivinvy.. mit. der '^osamitBim Mituimmg- bb- 
triiut ti ky. 

jVaxl-i.ru » i>ov Paünjii irLi/i: mit tU>-.v,j \a n tuir oime »lnf!V, &j§ 
Bo-iutaa-ietT-.n una^ioiiigV-H tHtU' vom f^n.infAsbUlor ttech niönnui Gngabmi 

rmiutiriuit Btdz8h,s t m yg^ U\$l i,\\m ZHlnUTniobim te S<arhw*T inrd 
von öÜK;ni .Htlub-ityr b.-inld, uni-nrkMt^t, aoyar Trojunm attt- 
!p fUrvjtHjo-iaon-;' or. 70 p, am wi>a<u» ihres !mr|it«»n UeWirhtn». 

■bot ihlst v,t;i;‘rr ><:m »r|*sü-iH-i-«.;«.- g'/t;* K Vf« : ju". iDiu&DUdmn. Yluwrn vor. Zur 

t Krs-Kiliifig brübur .SlviKt’ii^c» n unten ^braucht; 7 (iy]»s!nm)uii ä 0 m 
Song. IK eut bn i! , ß KtmmnKeöäeu y G ro Mn^.. Ihunr bVn:>; 14.. Fianött-. 

himjati ,v fi m l-uv a "t,i iu-rii ; ! im*!.*.. : ■ Dn(. rj.j 2H m lnflu, 

') m bnü . i L-j *i K.miortüim: 2 Bambus^KUvo von \e 80 -r.ni länJe. 

4 cm Vü:lw. 

0 . )liu>* S‘KiiiJ-h;irdf (Su.t.hih- JSür Falbologie tjpr Mast- 
rinrrnviIcörnhjöaen, OMcU4' iedt hahß, rl<ö öjphitihir' 

-tvium Mn'^hiannsiriulwroii nr^'t kurxlidl’Mör Gc^iixtaüd uVt Vur- 
Imiullüo;/ würon, troi{. ?rij .bo j: it.mh;: wioipu mit diuftom TliernA . 
fiüi jnijt'HT e n Boo-irniöliUtiO tvotiigur. Uio DicKijmiKiHchb als Utg 
jü;t noio^i.-ja-o- MnL« Ui.-vr Rrnnktini *u ho-pir*i b t m IM.* Pathi*- 
■G£if- ; Um- Buh.innVi i‘%oui}uhnlit lu-n y »oii-t in 1 r Strj* turlMldmii* 

. emüer^bejulruf ^THotHar^'p^elhvucrttt^tffi ist nocli iinnifjr jijnmUriir 
Umikoi WiUmnui^ *lit< mpidntt Hmmuidnm, hjUK v. ß-;i ronsprong. ' 
autmlunwi, Ub«v s)i> ijnrtd, Kvphitjg t.rrimhiü-t m'nd, ist rlom s iüft- 
imsundf-rM v<n, pnl boSo^tM b-aimimmistdioi- Sdb* idUmft. wlUorkprot-hcti 
worden, weil die Gcsci^vi’m-- in duni Stn.Uium. in ih-m -io gowöbo- 
ito,h auf ■-drill Soot.ionH.hvh . für Syphilis tGuu’ak- 

iiU’teti.-K)u*K haprii uhü du Ku>h: häufig- weti. Wiiie BnfÜVuji »k‘c'b&V 
nmigun von SyidUlis an dfui ho1frf|hmlp.rr Lidchrtr \ oriiuHhui. t o-gon 
00 Anu.himo ot‘-> bVifhjiifis< lton !jtv.pi-nu'-cu,- der iKmvcUw iin* Uat 
mu B»-uot dio LKiwirksamkeil dar Kpomh-mjom IKhandiunii ins 
leid gcMDp'i^ sowto dn* Tiutv.iM-iH?. dasa bei einer ujrhy gönnten 
A,‘|sa.«I.-. v (iu. r äJIpu die- Atio.'mne.->r t'dmr i-iitc v ta*;?.ufVeficaijjß-cno rVirhK 
ititm-lm inididion kruinm Aufeeidusb yub. 

UiigUdt-li nun diese Orfiwloy wie wir s.dnm w ?:räm , (lnrahano 
M». n t-’i’t"!! Uo -ndiiiitispho N«tnv --h r tV r irii .4 c.j^ Mtist 11 ni'nnvvn*-* 

f ' ' • Antnre.u t maugfUs 


positiver Beweise, daraufhin Ihren Zusammenhang mit der SvrilfiLV 
gänzUch goleug'TiH tn\d .allerlei Jtndut’e Timndech 3«r Brlrfir^ 
Uerniige'/ogett:-- Ponfluk meint, dass die Ge^chwürv tiMuiü.-r,’ •,. 
tü‘?.prungft Hoit-n und dem Coitus pnnd/-vmtiuJHii-, ifior C-:- 
verdankfön. -Es iuiissie dann aber die Gegend cks $phl«n^ n v 
tkv griissfe Widerstand rot* allem ijdirhfcti'.A^jn, 

Falt a« sein pftegh. Ausserdem m^stiiö die Gt^riwörii wfah, 
Miiniieru vurkonimerj, was zu den grumte» Soireulmiti,. , ■ 

Po öl cli eu fOhrf eitiou Theil der .MastjlHrmgesiJiwtun auf AiKuiK 
imd Penadeiuüs der Bartho lin Kcheu Drusnd zurück umi iy G 
Ajriobb. das-j die hiordurHi ouKKaulmmn Rwüipaghkffuifhi K.- 
Ursavbf der Maid.iinnn^eräöhw8nnig seieu und meisi mit SyphiH 5 
ttißhts. m ihm' haben.; Nickel endlich siehf-dh?.HiuiphirsHriir'ii.: 
hilgeinei.ii der Syphilis z,ugrxoinieimrion Mlvstdarmgf^cfiwiitv in V... 
klungen und Dmudntm Die Verlöt2n&gi*u- ?Mhx\ hiftföf dand 
Kj.?s;maia Imiiingt «ein, die Decdhitalg^säiwhre b0 

fdngödk-kt.M Kothhaliott r di«y die HeAlnhxdiaut zur VAtohg ’orhi^f. 
nifd (bojurrh EnUiiud u ngserrogern dar« ßindrjjtgeo; in «tfe Miiui- 
ix»sn. erniogiichen, Jr?> der KoprosfASe sieht er das. IDaDm^?> f r. 
bür (IkKEptsUdiutig der Mftsfd&tnivefjWfliwhrüdgcu, 

Nnmer.tlieh diosmr letzku'un Arlmil gegöiMihcr sGumit »<*.• st«- 
am Platze, mit Biftsehiedonheit liafAtif: hmf.uweisen.Ghujs u. 
wmsfttfinuig. eine nur - atu grünen Tis*'fi entshumem- !|i vm :-K 
den kilQisolieü Thafeaehou nie.kt üimrtdnshmmik 

AVas das Are:ument. hotridi*.: »ha 

. Beitfiddjuiug der. Ci Asch wiira'wirkungslos ist, so tMlen din V.kd 
dannvm'Ächwdi-nngeu .fiescv Kigotmvhafi nrit imdmcu ^.üoo-rMi i > 
tiUren ss phditD-iicu Erkrank.!ngmi. Die -ipocili^jM* livhomU.p:• 

(Quecksilben,: vfod) ist eben nur gegen die. sjmoifDDi'y Ki-üliimw • 
wirksam. Ji>; den syüterm»; Städici] »lj»r Syphilm, x.ojtit dri ffuin 
müseii Wvmimvnng Verkäsung nnrl Zer fall hinzugelreDu i3h : % ! ‘ 
oum niedirdineöKDt' üur nur zur UntorKlfKziOtg der vK* 
n;umu:ii r.hii-urgiselion IJebvindlirng dicncß. Es. >ind im vot-o-- 
übhen liftliche "Widerstände, GohwhdenbiIdmig. m-kvotisDiK' Bo 
webe, wrs in dieseju Btadium. der Heilung Widerstand 
4otzt. Eta einiiiniigo rmergiseho Auskraiznng.-macs 
Hautgivsohwfrms' fördert die Heilung mehr als w.oehHnh^ l .^di?ir'- 
euren 

. .Dass hieb off weiter keine, sy.philitis.idicu • .ZeiHion im Kg vk 
M a-'tuarjntm^ehwdrung^i behafteten. K? anken voriiibkü. d»nd<' 

_ oben falls; nieftb gv;go?». die syp'Mliti.sehö Mutu? dos Leukie 
nmmv Erföhr-ung. .an patbol ugis^h -u njitomiHchcm Maier Dl sml yk«' 
in der Eliilffo mv Mio itatderwoRige sichere -Zßicboü voy Uig 
(Z uiigmii-Mt ktm. Tibia. 1 fautmn*nen. Fjchercnimnata) hei V^bJiine 
verstdryvö'miigen niioinsvishar, . 

Wao die AmiiinoGe uofrifiB, do| die j-’nelchen m>ssen WP"- 

legi, so halte mb sm hm den AVoilmm niedmvr Em>.-xn r «w 't' 1 ”' 
«it‘4i hier vorwdogöml' handeit. ihr gämdich Wci’Udos . • ^ 

lydi koirsmo iiidn sir'dou pusHivuü •ivritnrum. dm hu 
Mju-Kchpii Boi «len Gev«;hwdroi. älB-n-m DaGum', wie >i* c : ’ li!, , ,! ' ‘ 

vom i^;(dioiisUsc]jr. lim* mftistöHmR hc-sebriehen !mK G 1 - 

oU. np-.lif^ nicb» veo tditem .-pe* ;»\m ;wp i harnkler zu <dinl ,1,<iii:!l ; 
°ind eben Dupide, von, Schwicbm iuii/Bm:' oi. Fi-,» Jim. ..w 

Sineiur neigende VcrsehwknUtge» dm AlitsidonnKIdf-mdtmt, - 

hei der »nikküHkopKelimt Uofnrouekmig mir d«s eiT.Himrii l.v-n 
-.dass o? -tdöh wedm 'um Krebs irnuh um T'ui'mrlftilt*^ b.in:Ai • - 

• : And‘W verhält es -ilojb: äb&r, wcaii uumm'Uö «AiHAn^'^bK; 

BoidThN zu selo’ii bekömmt, was fröMlrh. niohf • 

FaD i,st. da die Knutkhoif off ganz srhhdehoud und ufi f‘ r !f , ' ,Kl 4 ‘‘V 
giunt und ihren THig-er nicht ludii^figf, arüjorc male tm.e--- m 

rcbou It» Begiim hoßigö Be^chwdon _ ^rui’sa'.'ht, : : ';r 
gu*ssöD, Zahl vo» 'K>Kg«scWti»möu ^ 

ich dreimal Gelogen ho« i gcl'mld . dir ii*iilmci SKuhor. um C-j 
' .Wickelung, dos*. Leidens zu hiobmlit'-n und wd) Ihnvn 
treltcudon Boo.hanhtu-ngpu hier koi-2 mit-fiudhub 

Fall K Antonie W.. S4.fahis= *h duii K, 2i- k.omm- ' • 

!vom mU idum-y.iö^uhch frisehnn I,y^ m Ai»J\i*uHkt , /!U»«j*' ^ 
UftKruseikveljntiix. VmwvaschibcÄ,. mcn;uim<es. ..Lviiiiüröi ^ 

K/kvor- Bus linke, JTsIuüö tö^jnn Dt '-oinpluntia^jsPh' v C f «a ’K 
im. _ Auf derB«»lml 4&r Lubiou und an d«r.tomv*K i - 
finden üiek Ziddridcho kUmm., wnicho GescluvUre, mit 
In der UmgohHjig ihs Aftm-? itud der Dabiiui hrykJ OoWj «- 
auf der ljukH. diold ubcrjudii ilff SD' \ ?! . 

klmnns Geschwür. "Dicker.Eder in der Sr.hcide. iuD m amm ^ 
emtalo. - Ausmhnug de« Scheide mit Subtim-O■ u«” .* 

der Gof-r.lnvdre mit Köllmtstcii«. S.e| t miwx*'ur- bin* A ,H ! *‘ 1 ' i 

nr$feien 'iRe^diwüco hoiloh, Attölt der Aiuüluss Uisxf W J b Kvb 

• cdephaoiinttstDohfl 'V'ordifkung- dos linken Labium iuai u - A * K .;■• 

Kruft treten najuilomartige Witdionuigxi .‘‘V’ 
diiiTlreil uieei'itcn; Sehruerzliafto Sfniilrnl.ieeniii^ee. 1 _ ■ , ;Vv 

des Mnstchirmft erwirbt. 4;\ft« der gi^Hiwnridfe fb-orefts j" . ‘ _ 
sokfifto gemacht hak näd es- wird dashalh. v ^' f f t ^üiVüsK«» '^' 

Bohamlikpi»:. zur OpcTötioa goschMtiGn. A.»gftid_ E. , 

mnltipbf.; PnpiijtiUje am Anus nobft? Thedo.n tler lUigreo?. ’ 






4. October. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Schleimhaut, die bereits mehrfache Geschwürsbildungen eigenthömlicher 
Art zeigen. Die grösste dieser Ulcerationen, fast markstückgross, findet 
sich unks vorn; es muss hier ein beträchtliches Stück Schleimhaut, jedoch 
nnt. Schonung des Sphincters entfernt werden. Die Ulcerationen 
durchsetzen die Schleimhaut in ihrer ganzen Dicke und zeigen 
rosettenförmige, gezackte, ziemlich scharf geschnittene Ränder. Die Sub- 
mucosa ist ganz frei. Fisteln bestehen nicht. Die den Geschwüren be¬ 
nachbarte Schleimhaut ist vielfach etwas wulstig und hier und da von 
eigenthümhchem, dimkelblaurothem, körnigem Aussehen. Die ganze 
Schleimhaut des unteren Mastdarmendes ist ungemein blutreich. Etwa zu 
U des Umfanges wird überall ein ca. 1 cm breiter aus Haut und Schleim¬ 
haut bestehender Streifen excidirt und mit feinen Nähten vereinigt, nur 
der rechte vordere Quadrant des Afters bleibt frei. Hier finden sich nur 
emige kleine furunkelähnliche Hautgeschwüre, die mit dem scharfen Löffel 
ausgekratzt werden. 

Entlassen am 24. November 1893. Papillome gänzlich beseitigt. 
Der Mastdarm von guter Schlussfälligkeit. Schleimhaut normal bis auf 
eine kleine Granulationswucherung links, fingergliedhoch über dem Anus. 

. u F ,oon^ ^ inna K1-. 28 Jahre alt, (4. December 1888 bis 23. Oc’ 
tober 1889.) Wurde vor drei Jahren von einem syphilitischen Manne ge’ 
schwängert. Seit zwei Jahren haben sich in der Umgebung des Afters 
und im Scheideneingange elephantiastische Wucherungen gebildet. Ausser¬ 
dem bestand eine Corona veneris und allgemeine Drüsenschwellung. 
Neuerdings hat sich Blutung und Jauchung aus dem Mastdami einge¬ 
stellt- Der Fall ist bereits in dieser Wochenschrift 1889 genau be¬ 
schrieben. Ich bemerke deshalb hier nur kurz, dass es sich um ein Mast¬ 
darmgeschwür dicht oberhalb des Sphincters handelte, das durch beeren- 
artige weiche Wucherungen ausgezeichnet war, und dass ich im 
Laufe der Beobachtung ein deutliches Fortschreiten des geschwü- 
rigen Processes nach oben verfolgen konnte. Ich nahm deshalb 
die Exstirpatio recti am 20. Juli 1889 vor, und die Kranke konnte am 
23. October gesund mit leidlicher Continenz entlassen werden. Von dem 
exstirpirten Präparate demonstrire ich Ihnen eine Zeichnung, aus der 
hervor^eht, dass das Geschwür noch nicht ganz ringförmig war und dass 
sein Lebergang in die gesunde Mastdarmschleimhaut durch eine fast 
continuirliche, rosenkranzähnliche Kette von Knoten gekenn¬ 
zeichnet war, von wechselnder Grösse, die kleinsten sichtbaren etwa 
stecknadelkopfgross, von dunkelblaurother oder fast schwärzlicher 
Farbe, nur wenig über die Schleimhautfläche emporragend, dio grösseren 
bis über erbsengross, halbkugelig oder selbst polypös in die Höhle des 
Mastdanns ragend, dunkelroth oder blassroth. Ihre Consistenz ist durch¬ 
schnittlich etwas derber als die gesunde Schleimhaut, ja zum Theil selbst 
knotig oder höckerig, ihre Oberfläche sammetartig. 

Ich halte diese eigenthümlichen schwarzrothen, sammetartigen 
Knoten für pathognomonisch für das Frühstadium der gum¬ 
mösen Mastdarmsyphilis, da ich sie in jedem zur Operation ge¬ 
langten Falle, wenn auch nicht immer so schön wie in diesem 
Falle, wiedergesehen habe. 

Fall 3. Frau Z., 34 Jahre alt, war nach ihren Angaben früher stets 
gesund, ist seit 1886 verheirathet und hat zweimal abortirt. Ihr Mann 
starb vor einem Jahre an Schwindsucht. Ueber ihr Mastdarmleiden weiss 
sie nicht viel, angeblich hat sie erst seit kurzer Zeit Schmerzen bei der 
Stuhlentleerung. — Dio Vulva ist mit papillomatösen Wucherungen be¬ 
setzt. die etwa fingergliedweit in die Scheide hineinreichen. Die Labien 
elephantiastisch vergrössert. Auch der After ist mit solchen Wuche¬ 
rungen besetzt. Beim Eingehen mit dem Finger fühlt man die Mastdarm¬ 
schleimhaut 5 cm hoch in charakteristischer Weise verändert, theils 
narbig, theils papillomatös und lappig; darüber findet sich eine membran¬ 
artige, für eine Fingerkuppe bequem durchgängige Strictur. Die Schleim¬ 
haut oberhalb der Strictur ist ziemlich normal bis auf eine kleine Ulce- 
ration links. Die gegen den Mastdarm gelegenen Theile der Scheide sind 
stark ulcerirt, zum Theil unterminirt. Eine Fistel besteht aber noch nicht. 
Operation 18. November 1893. Der After wird ausserhalb der Papillome 
Umschnitten, darauf hinterer Längsschnitt bis zur Spitze des Steissbeines. 
Die Herauslösung des Mastdarmes geschieht ohne Schwierigkeiten, fast 
unblutig, jedoch zeigt sich wider Erwarten, dass die Schleimhaut noch 
oberhalb der membranartigen Strictur erkrankt ist und zwar in der Form 
einer ganz flachen Ulceration, innerhalb deren die für den Beginn der 
gummösen Mastdarmerkrankung charakteristischen kleinen 
blauschwarzen, sammetartigen Knötchen sichtbar sind. Im ganzen 
wird ein etwa fingerlanges Darmstück entfernt, und zwar so, dass der 
Darm nach dem Auslösen zunächst in der vorderen Medianlinie gespalten 
und das Ende des Schnittes an den vorderen Hautwundwinkel genäht 
wird. Dann wird der Darm schrittweise rings Umschnitten und nach 
Stillung der Blutung an die Haut genäht. Das Bauchfell wird nicht er¬ 
öffnet. Schliesslich werden auch die Ulcerationen der hinteren Scheiden¬ 
wand mittels Wasser und Scheere gereinigt und die dadurch entstehenden 
Defecte mittels Naht verkleinert. Die Heilung geht glatt vor sich, doch 
bleibt eine Incontinentia alvi zurück, so dass Patientin eine Pelotte 
tragen muss. 

Die mikroskopische Untersuchung der gewonnenen Präparate 
ergab nun in allen drei Fällen übereinstimmend, dass es sich ohne 
Zweifel um einen der Syphilis zugehörigen Krankheitsprocess han¬ 
delte. Beweisend hierfür ist der Befund von miliaren Gummi- 
gesehwülsten, die sich in sämmtlichen Präparaten, am schönsten 
und reichlichsten aber in dem letzten der drei Fälle vorfanden. 
Ich lege Ihnen hiervon Schnitte vor, die mit Hämatoxylin gefärbt 
sind. Sie sehen in ihnen schon mit blossem Auge eine grosse 
Anzahl kleinerer und grösserer, meist sehr dunkel gefärbter 
Knötchen, die in allen Schichten der Darmwand, Mucosa, Sub- I 


107 


mucosa und Muscularis unregelmässig zerstreut sind. Bei stär¬ 
kerer Vergrösserung lösen sie sich in scharf umschriebene Anhäu¬ 
fungen kleiner, gleichmässiger Rundzellen auf. Selten sind ihnen 
grössere, epithelioide Zellen beigemischt. Riesenzellen fehlen. Von 
Verkäsungen ist noch nichts deutliches zu sehen. Die blau¬ 
schwarzen, sammetartigen, von mir als pathognomonisch ange¬ 
sprochenen Schleimhautknoten stellen sich im mikroskopischen Bilde 
als beetartige Prominenzen der Schleimhaut mit sehr starken, aus¬ 
gedehnten Gefässen, zahlreichen Blutaustritten und massenhafter 
kleinzelliger Infiltration dar. 

Die elephantiastischen Wucherungen am Anus und der Vulva 
bieten mikroskopisch meist nichts Charakteristisches dar, sondern 
zeigen einen einfach fibromatösen Bau. Doch sieht man in ihnen 
auch gelegentlich einmal eine zellige Anhäufung, die als miliares 
Gummi anzusprechen ist. (Schluss folgt.) 


n. Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 20. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Rumpf; Schriftführer: Herr Manchot. 

1. Herr Benjamin demonstrirt einen ulcerirten und per- 
forirten Processus vermiformis, der durch Laparotomie entfernt, 
wurde. Das Interesse des Falles liegt in dem schwierigen, durch 
unangenehme Complicationen erschwerten Verlauf der Heilung. 

Die 18jährige Patientin konnte erst operirt werden, als schon Er¬ 
scheinungen einer Perforativperitonitis mit Collaps eingetreten waren. 
Man fand bei der Eröffnung des Abdomens an üblicher Stelle, eine grosse, 
5 cm im Durchmesser haltende Jauchehöhle und im Grunde derselben den 
perforirten Processus vermiformis. Nach Amputation desselben wurde die 
Wundhöhle tamponirt. Zehn Tage nach der Operation trat bei dem Ver¬ 
such, durch einen Wassoreinlauf den bisher fehlenden Stuhl zu erzwingen, 
mit der Defäcation eine Ruptur des Coecum ein. Dennoch verlief der 
Fall schliesslich günstig. Nach sieben Wochen bestand nur noch eine 
enge Fistel, welche sich dann zuletzt spontan schloss. 

2. Herr Raether demonstrirt ein primäres Carcinom der 
Clitoris, welches er einer 54jährigen Frau exstirpirte. Heilung 
per primam. Differentialdiagnostisch kam bei der Beurtheilung des 
kleinwallnussgrossen, röthlichen Tumors, der nur wenig auf die 
Labien Übergriff, nur noch die Elephantiasis clitoridis in Betracht. 
Primäre Carcinome der Clitoris sind selten. In den Virchow- 
Hirsch’schen Jahresberichten finden sich nur drei Fälle, ein vierter 

| Fall in Frommel’s Jahresberichten. 

3. Herr Wiesinger demonstrirt den von Krohne und Sese- 
mann in London construirten Apparat zur Chloroformnarkose. 
Derselbe ist im Alten allgemeinen Krankenhause in Gebrauch und 
vermeidet nach den dort gesammelten Erfahrungen die Gefahren 
der Chloroformnarko.se besser wie die anderen bisher üblichen 
Methoden, speciell aucli die Tröpfelmethode. Zunächst ist die 
Menge des zur Narkose nöthigen Chloroforms bei Anwendung dieses 
Apparates sehr gering. Für kleine Operationen wurden 5—10 g 
gebraucht, für Operationen von 30 Minuten Dauer 20—30 g, für 
solche von 1 Stunde Dauer 30—40 g, für eine Narkose von 
272 Stunden 60 g. Das Toleranzstadium tritt ebenso schnell ein, 
wie bei der Tröpfelmethode. Dagegen fehlte das Erbrechen während 
der Narkose gänzlich. Nach derselben traten auch nie Collaps- 
zustände ein, wie sie früher mehrfach nach schweren Narkosen 
gesehen wurden. Nur gelegentlich wurde Erbrechen beobachtet. 
Der Apparat besteht aus einem Gebläse, welches das mit Luft innig 
gemischte Chloroform der Maske zuführt. 

4. Herr Krause (Altona) demonstrirt einen carcinomatösen 
Uterus, welcher nach der von Schuchardt neuerdings angegebenen 
Methode (Centralblatt für Chirurgie 1893, No. 51) exstirpirt worden 
ist. Da beide Seitenbänder krebsig infiltrirt waren, das rechte in 
unmittelbarer Nähe des Uterus, das linke in weiter Ausdehnung 
bis nahe an die Beckenwand, so war die vaginale Exstirpation un¬ 
möglich. In solchen Fällen hatte bisher dio sacrale Methode in 
der von Höchen egg angegebenen Weise die Entfernung aller 
kranken Gewebe ermöglicht. An sich hat Krause mit dieser Me¬ 
thode befriedigende Erfolge erzielt; bei sieben derartigen Operationen 
war eine Kranke nach 20 Stunden im Collaps gestorben, eine zweite 
sieben Wochen nach der Operation bei fast vernarbter Wunde an 
intercurrenter Pneumonie zugrunde gegangen, die übrigen fünf ge¬ 
heilt aus dem Krankenhause entlassen worden. Die sacrale Uterus¬ 
exstirpation ist indessen eine ausserordentlich eingreifende Operation, 
und daher verwendete Krause im obigen Falle die Schuchardt’sche 
Methode, welche in der That, wie die Ausführung zeigte, das 
Operationsfeld genau so übersichtlich frei legt, wie das sacrale 
Verfahren und dabei doch jede Knochenverletzung, die Durch¬ 
trennung der Kreuzbeinligament« und des Levator ani, sowie das 
Blosslegen und Verziehen des Rectums vermeidet. Nachdem in 
üblicher Weise einige Tage zuvor die ulcerirten und erweichten Ge¬ 
schwulstmassen ausgekratzt und durch Jodoformgaze die Scheide 
möglichst aseptisch gemacht war, wurde zunächst in gehöriger 


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108 


VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Entfernung vom Carcinom die Vagina eirculär durchtrennt und an 
der linken Seite der Scheide entlang der Schnitt bis an die Grenze 
des mittleren und hintereD Drittels der Vulva herabgeführt, hierauf 
an dieser Stelle die grosse Schamlippe gespalten und nunmehr der 
Schnitt in leicht nach aussen convexem Bogen, zwei Finger breit 
von der Afteröffnung entfernt bleibend, bis zum Ende des Kreuz¬ 
beines verlängert. In der Richtung des Schnittes wurde das Cavum 
recto-ischiadicum bis zum Levator ani hin gespalten, und nun 
konnte man in der sehr grossen Wundhöhle bequem mit beiden 
Händen manipuliren und alle Gewebe deutlich übersehen. In dem 
operirten Falle war es erforderlich, beide Ureteren freizulogen, und 
da der linke fest in Carcinommassen eingebettet war, mussten etwa 
8 cm aus seiner Continuität resecirt werden. Die Einpflanzung 
des centralen Endes in die Blase erwies sich als unmöglich, es 
wurden die beiden Ureterenden exact durch vier Nähte vereinigt. 
Die carcinomatösen Seitenligamente liessen sich nun in Zusammen¬ 
hang mit dem Uterus herauspräpariren; beide Tuben und Ovarien 
wurden mit entfernt. Der exstirpirte Uters sammt den benach¬ 
barten Carcinomknoten war über männerfaustgross. Zum Schluss 
Naht der Vaginalwand oben querverlaufend und seitlich in der 
Längsrichtung entsprechend der Schnittführung. Die übrig bleibende 
Wundhöhle wird lose mit Jodoformgaze ausgestopft. Vollkommen 
fieberfreier Verlauf, obgleich es sich nach einigen Tagen heraus¬ 
stellte, dass die Ureternaht nicht gehalten. Die entstehende Ureter¬ 
fistel wurde auf die hier am geeignetsten erscheinende Weise, näm¬ 
lich durch Exstirpation der betreffenden Niere beseitigt. Beide 
Wunden sind glatt geheilt, die Patientin befindet sich in der Recon- 
valeseenz. Krause empfiehlt die Schuchardt’sche Methode als 
einen entschiedenen Fortschritt gegenüber der sacralen. 

5. Discussion über den Vortrag des Herrn Harke: Ueber 
di© Erkrankungen der oberen Luftwege. 

Herr Harke: Ueber die Caries bei Nasenleiden stehen sich die An¬ 
sichten noch unvermittelt gegenüber. Während Grünwald lehrt, dass 
cariüse Processe der Nase häufiger seien, als man gewöhnlich annohme, 
tritt Zuckerkandl dafür ein, dass dieselben nur auf luetischer oder 
tuberkulöser Grundlage Vorkommen. Redner scbliesst sich auf Grund 
seiner pathologisch-anatomischen Befunde der Ansicht Zuckerkand^ an. 

Herr Zarnikow glaubt, dass Caries der Nasenknochen auch aus 
anderer Ursache, ohne Lues und Tuberkulose vorkomme. Er habe eino 
nicht tuberkulöse Frau mit Siebbeincaries behandelt, bei der er auf Grund 
der Erfolglosigkeit einer antiluetischen Cur auch Syphilis ausschliessen zu 
können glaubt. Es handelt sich wohl um analoge cariöse Processe wie 
sie anerkanntermassen am Mittelohr ohne Lues und Tuberkulose Vor¬ 
kommen. 


Herr Fränkel hält diesen Analogieschluss für aprioristisch. Maass¬ 
gebend seien die pathologisch-anatomischen Befunde, viel mehr wie die 
bisweilen unsicheren klinischen Spiegel- und Sondenbefunde. Rednei 
schliesst sich der Ansicht Harke’s an, zu dessen Gunsten die patholofrisch- 
anatomischen Thatsachen sprächen. 

6. Discussion über den Vortrag des Herrn Kümmell: Ueber 
die ambulante Behandlung von Gelenkaffectionen. 

Herr Carl Lauenstein stimmt mit Kümmell darin überein, 
dass, je genauer die Apparate den Körperformen angepasst sind und ie 
bequemer sie sitzen, desto eher und besser sich die Behandlung chronischer 
Gelenkerkrankungen der unteren Extremitäten ermöglichen lässt. Uebrigens 
hängt die Frage der „ambulanten Behandlung“ tuberkulöser Gelenk¬ 
erkrankungen der unteren Gliedmaassen, wie sie namentlich von Albert 
später auch von König und Volk mann betont worden sind, prinzipiell 

Z. Ohpr en Fn!i° T z T u f mn J en . der neuerdings empfohlenen Behandlung 
der Ober- und Unterschenkelfracturen im „Gehverbande“. Lauenstein 
hält dies Thema noch keineswegs für abgeschlossen und glaubt nicht, dass 
Ü hn6 weitere . s . sänimtlicho Unter- und Oberschenkelfracturen, com- 
plicirt oder uncomphcirt, für dies Verfahren der Behandlung eignen Die 
Sr 1111 ^ em . zell ! en Chirurgen, die diese Behandlungsart empfehlen, 
rT"; n n blOS V\ d0 ^ e P hnik ’ noch erhcbHch von einander ab. So 
H . aus Schmid eine wesentlich reservirtere Haltung ein, als 
Ä a f nder J n Autoren. Die Fälle, wo alte Frauen sechs Tage nach 
erlittener Unterschenkelfractur im Gehverbande die Führung ihres Haus- 

S«r W ^ t :,^w hmea Pati ™ ten mit f)bcrschenkel- 

vom n„Zti ^ ? re ?- °, b . eren Drlttel nach Anlegung des Verbandos 
vier Minuten ätr'qJ? den ,, Krankc ," s “ al gingen und bereits nach drei bis 
auch in zlZnft „u A tZ ° ^ Stocke i ent, >ehrcn konnten, werden wohl 
chta ln w! i;! Ausnahmen zu betrachten sein; desgleichen Beob- 

KJÄäStfÄÄVfi JSfsy; 

dso nur Nerven und Gofiisse intact geblieben wäreiS Lauen steTn 

weit übeT^OO fX vonT E t igenar f dos Materiales liegen könne, wenn 
• äUe j Jfhctui-cn der grossen Röhrenknochen der unteren 

uncompHcirt 11 oTne derlei ob compHcirt oSer 

nS Sl Qt« h Auswahl mit dem Gehverbande behandelt, ausnahmslos 

ans 4 soXen Khenn n ^ e,1U " g seien ' Trotz »Hedem dürfe man 

zieher Trotzdem durahP^ ‘a • k °!? c . gnneralisirendon Consequenzen 


Zuzugeben ist, dass, wenn das verletzte Glied fest, in den GvdsvM^ 
eingeschlossen ist, das andere Bein und die Arme ungehindert w? 
werden können und dass aus dieser Gymnastik des übrigen Uml- 
lmmerhm ein Nutzen füi- das Allgemeinbefinden, sowie indirekt für d 
verletzte Glied erwachsen kann. Ob aber das verletzte Bein dessen f7 
lenk fixirt und dessen Muskeln unthätig sind, durch die herabhWed 
Haltung und das Gehen in seiner Ernährung gekräftigt wird soll er 
noch bewiesen werden. Demgegenüber meinen andere, es käme in der 
verletzten Gliede zu einer Stauung, ähnlich wie bei dem Helferich'sche' 
Verfahren, wo durch Gummiconstriction und dadurch bedingte Blutüber 
füllung der Venen die Fracturconsolidation befördert werde. Unseren bis¬ 
herigen physiologischen Anschauungen entspricht die Annahme, da^ * 
in solchen unbewegt herabhängenden Gliedern zur Verlangsamung V 
Circnlation kommt. So sehen wir denn in der That auch an solch 
Gliedern Oedeme, ja selbst Blutunterlaufungen der Haut infolge des Umher- 
gehens eintreten. Ob die Fracturen bei dieser „Gehbehandlung" rascher 
fest werden, ob Heüungsdauer und Reconvalescenz abgekürzt werden, 
harrt ebenfalls noch der definitiven Entscheidung. Die Resultate der 
Fracturbehandlung aus den letzten l‘/a Deccnnien, wo mehr und mehr*. 
Narkose, bessere Technik der Gypsverbände, Extension, Massage und 
Gymnastik zur Geltung gekommen sind, können nicht gerade schlecht 
genannt werden. Jedenfalls sind die Pseudarthrosen sehr viel seltener 
geworden gegenüber der früheren Zeit. Lauenstein selbst sah unter 
333 im Seemannskrankenhause behandelten Fracturen der grösseren 
Röhrenknochen keine Pseudarthrose eintreten. In den klinischen Jahrbüchern 
von 1889/90, in denen das Material der preussischen Universitäten liir 
1887/88 und 1888/89 statistisch dargelegt wird, kommen in der Hallenser 
Klinik auf 130 geheilt entlassene Fracturen der unteren Extremitäten 
58 „gebesserte“. Demgegenüber hat Lauenstein aus einer Anzahl vor. 
189 ohne Gehverband behandelten Ober- und Unterschenkelbriichen de 5 
Seemannskrankenhauses nur 30 „nicht ganz geheilte, aber consolidirt*)’ 
Fälle zu verzeichnen (Verhältniss also 189: 30). Lauenstein hat freilich 
auch hier und da einzelne Fälle im Laufe der letzten 1 '/s Jahre aufstehen 
lassen, so z. B. einen Patienten mit Oberschenkelfractur in der Mitte mit 
Hülfe der Liermann’schen Schiene am zwölften Tage; aber solche 
Patienten bedürfen, zunächst wenigstens, mehr der Wärterhülfe als die im 
Bett liegenden Verletzten. Unter allen complicirten Ober- und Unter¬ 
schenkelfracturen des Seemannskrankenhauses im letzten Jahre fand 
Lauen stein seiner Ueberzeugung nach keinen für das Verfahren ge¬ 
eigneten Fall. Allerdings wird bei ausgedehnten Knochensplitterungen 
und Verschieblichkeit der Fragmente viel die Hansmann’sclie Ver¬ 
schraubung angewandt, die wohl ohne weiteres den Gehverband ansscliliesst 
Lau enstein räth dazu, den Gehverband nicht schablonenhaft, sondern 


mit Auswahl anzuwenden und sieht das Ergebniss der Bestrebungen dieser 
„ambulanten Behandlung“ darin, dass wir in Zukunft versuchen werden, 
geeignete derartige Verletzte früher aufstehen zu lassen als bisher. 

Herr Krause: Herr Lauenstein hat das Wort genommen, um 
einige Bemerkungen zu dem Vortrage des Herrn Kümmell zu machen, 
thatsächlich hat er sich in seinen Ausführungen nur gegen mich gewandt 
und auf meine Demonstrationen vom 6. Februar d. J. zurttckgegritkn. 
Nun muss ich zuvörderst betonen, dass eine Demonstration kein Vortnu: 
ist. Ich habe mich entsprechend der Geschäftsordnung darauf beschränkt, 
alles das auszuführen, was zur Beurtheilung der vorgestellten Krankes 
und der bei ihnen angewandten Methode nothwendig ist, weiter habe ich 
ganz kurz meine Erfahrungen auf dem Gebiete der ambulanten Behandlung 
der Knochenbrüche und Osteotomieen der unteren Extremitäten hinzu- 
gefügt, konnte aber natürlich auf Einzelheiten nicht eingehen. Dazu wird 
sich Gelegenheit auf dem nächsten Chirnrgencongress finden, auf dem p 
das Thema zur Discussion gestellt ist. Dort werden wir uns wieder 
sprechen. Herr Lauenstein hat in seinen Ausführungen nur eine einzig 
Thatsache gegen die Bedeutung jener Behandlungsmethode ins Feld ge¬ 
führt-, das ist ein Vergleich der aus der chirurgischen Klinik zu Hai' 
stammenden Zahlen mit den seinen aus dem Seemannskrankenhause. Mm. 
meino Herren, diese Zahlen beweisen nicht das, was Herr Lauenstein 
mit ihnen beweisen will. Er führt aus dem Jahresbericht an, dass ein** 
ganz erhebliche Zahl von Unterschenkelfracturen zu der Zeit, als ich ers er 
Assistent war und für die Behandlung die Verantwortung trug, ment a> 
geheilt, sondern als gebessert aus der Haifischen Klinik entlassen wom 
ist. Das ist zwar sehr richtig, beweist aber rein gar nichts, wwkr • 
noch gegen die Zweckmässigkeit der Methode. Wir haben mimlicn. we 
die Verhältnisse eine angemessene häusliche Pflege gestatteten. ne _ 
treffenden Verletzten im allgemeinen entlassen, sobald sie gelernt a < ■ 
im Gehverbande umhorzugehen. Nun verlangt das Ministerium 1 
Statistik bei jedem Kranken, der aus der klinischen Behandlung en ^ 
wird, eine Angabe, ob er am Tago der Entlassung geheilt, £°' b ® Ss V u. 
ungeheilt ist. Eine Unterschenkelfractur, die ein bis zwei \> ec » 
steht, kann ich weder als geheilt noch als ungeheilt bezeichnen, sie 
folgerichtig unter die Rubrik „gebessert“. Daraus aber den öcniuss ^ 
zu wollen, dass diese Fracturen nicht rechtzeitig consolidirt w» * - 
völlig ungerechtfertigt, ja geradezu falsch. Dies ist die einzige * 
die Herr Lauenstein vorgebracht hat; ich wäre somit eigenti „ 
Der Herr College hat indessen eine Reihe von Behauptungen ai » ^ 

die ich durchaus berichtigen muss. Erstens hat er bemängelt. ^ 
nicht die genaue Krankengeschichte von dem Manne gegeben i 
nachdem er mehrere Jahro zuvor einen Oberschenkel duren * Lijebene 
verloren, das weitere Unglück hatte, dass ihm der emzl *LJ, jj eS er 
Unterschenkel zwischen zwei Puffern zerquetscht . erhalten, 

schweren Verletzung ist es mir gelungen, nicht bloss das Bem ‘ 
sondern auch, bevor Consolidation eingetreten war, den Man ^ (f 
verband am Volkmann’schen Bänkchen umhergehen J®-» ’ p er 

sich ausschliesslich auf das eine so schwer verlötete iw® * ' 

Kranke ist von mir ausser mehrfach in der Klinik auch * 


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Original fro-m 

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4. Oetober 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


109 


praktische Aerzte zu Halle vorgestellt worden. Im übrigen steht die 
Krankengeschichte mit Angabe des Namens, Alters und Wohnortes der 
Kranken in meiner ersten Veröffentlichung über den hier vorliegenden 
Gegenstand (Deutsche medicinische Wochenschrift 1891, No. 13), und ich 
muss mein lebhaftestes Bedauern aussprecheu, dass ein Chirurg von Fach 
das Wort gegen mich ergreift, ohne auch nur jene Arbeit zu kennen. Ist 
ja doch darin zum ersten male für die in Rede stehende Behandlungs¬ 
methode der Gypsverband als das einfachste Verfahren empfohlen worden. 
Ferner hat Herr Lauenstein mit ausserordentlichem Geschick, wie ich 
anerkenne, es verstanden, die leicht ins lächerliche zu ziehenden Punkte 
aus verschiedenen Mittheilungen herauszugreifen, um damit gegen die 
Methode selbst vorzugehen. Wenn z. B. Dollinger in Budapest (Ceutral- 
blatt für Chirurgie 1894, No. 1) sagt, dass er bei Oberschenkelfracturen 
einen Gypsverband anlegt, der von den Zehen beginnend das ganze Bein 
umfasst, das Becken umhüllt und je nach dom Sitz der Fractur bis zum 
Nabel oder gar bis zur Brustwarze reicht, so habe ich ein solches Ver¬ 
fahren nie eingeschlagen und werde es auch in Zukunft niemals thun. 
Habe ich ja doch auch bei meiner Demonstration an dem Kranken Ihnen 
dargelegt, dass ich mit dem Gypsverbande nur Continuitätstrennungen der 
Knochen bis einschliesslich zum breiten unteren Abschnitt des Femur be¬ 
handle. Liegen die Fracturen oder die Durchmeisselungen hühor oben, 
so verwende ich eben nicht mehr den Gypsverband, sondern irgend eine 
Schiene, sei es dio Volkmann’sche oder die Br uns'sehe oder die Lier- 
mann’sche. Mit solchen Einwendungen wird Herr Lauonstein die That- 
sache nicht umstossen, dass es in der That, gelingt, die meisten Conti- 
nuitätstrennungen der Knochen der unteren Gliedmaassen, seien sie durch 
Fractur oder Operation veranlasst, ambulant zu behandeln, indem die Ver¬ 
letzten wirklich das betreffende Glied zum Auftreten benutzen. Auf die 
wichtigen Veröffentlichungen aus der Barde leb en’scheu und Bruns’schen 
Klinik, welche sich in allen wesentlichen Punkten meinen in der oben 
citirten Abhandlung gegebenen Ausführungen anschliessen, ist Hon* Lauen¬ 
stein nicht eingegangen. 


III. Schlesische Gesellschaft fürVaterländische 
Cultur in Breslau. 

Sitzung am 20. April 1894. 

1. Herr H. Herz demonstrirt a) einen Fall von Neuritis mul¬ 
tiplex bei Lungenpbthise. Es scheint, dass ein bei Phthisikern er¬ 
zeugtes Gift, analog so vielen anderen Giften, in doppelter Weise 
die Motilität und Sensibilität der Extremitäten beeinflussen kann. 
In leichteren Fällen entstehen sogenannte Reizerscheinungen: er¬ 
höhter Tonus der Muskulatur, Krämpfe, verstärkte Sehnenreflexe, 
Hyperästhesie; in schwereren, die nach diesem ersten Stadium, 
öfter aber noch ohne ein solches, eintreten können, beobachtet man 
Lähmungen, Fehlen der Sehnenreflexe, Ausfallserscheinungen 
seitens der Sensibilität. Während die ersteren Symptome, beson¬ 
ders an den Beinen, bei Phthisikern häufig zur Beobachtung 
kommen, sind die schweren Ausfallserscheinungen sehr selten. 

Patient, ein Phthisiker mit ausgedehnten Zerfallsprocessen in 
beiden Lungen, hatte bei seiner Aufnahme ins Allerheiligenhospital 
ein derartiges Spannungsgefühl und derartige Schmerzen in den 
Beinen, dass er nur sehr mühsam wenige Schritte in ganz spasti¬ 
scher Weise gehen konnte; die Patellarreflexe waren stark erhöht. 
Einige Wochen vor der Demonstration entstand ein ganz kurzes 
Stadium scheinbarer Besserung, dann kam es in auffällig rapider 
Weise zu dem schweren Zustande, in dem sich Patient jetzt be¬ 
findet, während der Lungenprocess nur langsame, gleichmässige 
Fortschritte machte. Zur Zeit ist die vom rechten Nervus pero¬ 
neus versorgte Muskulatur total functionsunfähig, der Nerv ist für 
elektrische Reize unzugänglich, die betroffenen Muskeln reagiren 
auf galvanische Reizung mit träger Zuckung, der Patellarreflex 
ist aufgehoben. Die Sensibilität (bei dem etwas benommenen Zu¬ 
stande des Patienten schwer prüfbar) ist in dem vom Nervus 
peroneus versorgten Hautgebiete nicht erloschen, doch ist besonders 
die Schmerzempfindung sehr herabgesetzt. Auf dem linken Beine 
spielt sich derselbe Process im Peronealgebiete ab, nur ist der¬ 
selbe hier nicht ganz so weit vorgeschritten. Ferner kann die 
rechte Hand nur bis wenig über die Horizontale dorsalflectirt 
werden, die vom Nervus radialis versorgte Unterarmmuskulatur 
ist paretisch, die elektrische Erregbarkeit von Nerv und Muskeln 
ist sehr herabgesetzt. Auch hier ist links dieselbe Störung, nur 
weniger ausgeprägt, vorhanden. 

In Fällen von dieser Schwere dürfen wir erwarten, bei der 
anatomischen Untersuchung die betreffenden Nerven und Muskeln 
degenerirt zu finden. Man darf aber nicht glauben, dass derartige 
Befunde die intra vitain beobachteten Symptome zur Genüge er¬ 
klären, da Nervendegeneration sich auch ohne darauf hinweisende 
Symptome bei Phthisikern finden kann. 1 ) Andererseits verlaufen 
die oben skizzirten Reizerscheinungen bei Phthisikern ohne ana¬ 
tomisches Substrat im Muskel und Nerven, wie der Vortragende 
sich erst kürzlich an einem eclatanten Falle dieser Art überzeugen 
konnte. 

l ) S. Vaillnrd, Des n4vrites p4riph4riques chez les tuberculeux* 
Revue d. M6d. 1887. 


b) Einen Fall von Alkoholneurose. Der Kranke, ein 65 jäh¬ 
riger Maurer, sonst noch in leidlichem Ernährungszustände, hat 
seit seinem zwanzigsten Lebensjahre ziemlich stark getrunken. 
Er wurde aus der Arbeit entlassen, weil er nach der Behauptung 
seiner Vorgesetzten immer betrunken war. Der Patient versicherte, 
dass dem nicht so war, dass er nur immer seine schon längst ge¬ 
wohnte, allerdings ziemlich ansehnliche Portion Schnaps zu sich 
genommen hätte; er klagt, dass sein eigenthümlicher Gang ihn in 
diesen schlechten Ruf gebracht hätte. 

Der Kranke geht, besonders im Laufschritt, sehr schwankend, 
stampfend und mit sichtlicher Anstrengung; er tritt erst mit der 
Ferse auf; doch ist sein Gang nicht ganz so schleudernd, wie beim 
Tabiker. Bei geschlossenen Augen leichtes Romberg’sches Phä¬ 
nomen. Die Sensibilität ist wesentlich intact, nur die Empfindung 
allerfeinster Berührungen am Fuss ist etwas gestört. Zuweilen 
Wadenkrämpfe. Dem Gange nach könnte man den Kranken zu 
den Fällen von Pseudotabes alcoholica rechnen; doch fehlen zu 
diesem Bilde die Schmerzen, ferner das Erlöschen der (hier mässig 
starken) Patellarreflexe. Es zeigt sich auch hier, dass die Symp¬ 
tome der Alkoholneurosen keinem bestimmten Schema folgen, son¬ 
dern sich ganz verschieden durchflechten. (Vgl. meine Arbeit über 
Alkoholneurosen, die demnächst im Deutschen Archiv für klinische 
Medicin erscheint.) 

Der vorgestellte Kranke ist arbeitsunfähig 1) wegen seines 
ataktischen Ganges; 2) wegen der leichten Ermüdbarkeit der 
Muskulatur; 8) wegen der mangelnden Herrschaft über die Mus¬ 
keln: sobald der Kranke etwas halten oder in einer Stellung ver¬ 
harren soll (ebenso bei Beklopfen des Nervus medianus), beginnen 
die betheiligten Muskeln in eine cigenthiimliehe Unruhe zu ge¬ 
ratheu , in eine Art klonischer Krämpfe (die von dem feinschlägigen 
Tremor alcohölicus wohl zu unterscheiden ist). 

Nur ein genaues Studium der bezüglichen Krankheitsbilder 
kann die Möglichkeit an die Hand geben, die begründeten Klagen 
der Alkoholiker von den simulirten Leiden Arbeitsscheuer zu 
unterscheiden. Nichts ist aber falscher, als alle diese Leute von 
vornherein für Simulanten zu halten. 

2. Herr Schürhoff stellt a) einen Mann von 87 Jahren vor, 
welcher an einer rechtsseitigen totalen Parese und einer 
geringfügigen motorischen Sprachstörung leidet. Die Parese 
ist am stärksten im Arm — in den distalen Theilen besteht voll¬ 
kommene Lähmung —, weniger im Bein und Gesicht ausgesprochen. 
Im Arm bestehen starke Contracturen. Sensibilität ohne Besonder- 

I lieiten, Muskelreaction nur in geringem Grade herabgesetzt. Das 
Auffallende an dem Kranken ist eine totale Atrophie der rechten 
Seite sowohl in der Dicken- als in der Längenausdehnung, die in 
geringem Grade das Gesicht und den Rumpf, in stärkerem das 
Bein (3 cm Verkürzung), am meisten den rechten Arm betrifft (über 
5 cm Verkürzung). Die Lähmung besteht seit dem 20. Lebens¬ 
jahre des Patienten, und es muss bei der mangelhaften Anamnese 
unentschieden bleiben, ob es sich um eine Embolie oder Encephalitis 
gehandelt hat; Lues und jede andere Erkrankung werden negirt. 
Patient, der nicht angeben kann, ob schon vor der Erkrankung der 
rechte Arm kürzer war als der linke, will seit jener Zeit nur wenig 
gewachsen sein, und, selbst bei starkem Wachsthum vom 20. Lebens¬ 
jahre ab, würde eine Verkürzung des Armes um 5 cm durch ein¬ 
faches Zurückbleiben im Längenwachsthum nicht zu erklären sein. 

b) Derselbe demonstrirt ferner Malariaplasmodien. 

3. Herr P. Stolper demonstrirt: a) ein sohussverletztes Hera 
von einem Selbstmörder. Der Fall ist deshalb von Bedeutung, weil 
der wohl beobachtete Patient noch zwei Stunden nach der Ver¬ 
letzung durchaus normalen Puls und keinerlei Symptome einer 
schweren Verletzung gezeigt hat, obwohl die Kugel, welche durch 
die fünfte linke Rippe und die Lingula des linken oberen Lungen¬ 
lappens gedrungen war, die Wand des linken Ventrikels, freilich 
ohne diesen selbst zu eröffnen, auf eine Entfernung von 7 cm durch¬ 
setzt hat. Der Tod trat ganz unerwartet und plötzlich ein, als 
der Patient sich einmal im Bett aufrichtete, und zwar infolge von 
Blutung aus dem Schusscanal in den Herzbeutel sowie aus dem 
weiterhin durchsetzten linken unteren Lungenlappen in die linke 
Pleurahöhle. Das Geschoss, eine 6 mm-Revolverkugel, sass dicht 
unter der Pleura der hinteren Partieen des linken Unterlappens. 

b) Einen rechten Unterarm mit angeborener Verkümmerung 
des Radius und Klumphand. Der Inhaber war ein 26jähriger 
Schreiber, der an chronischer Lungentuberkulose litt und ziemlich 
plötzlich an tuberkulöser Meningitis zugrunde ging. Die ganze 
rechte Körperhälfte zeigte eine sehr ins Auge fallende Aplasie und 
Missbildung, weniger im Gesicht als am Thorax, der stark 
asymmetrisch war, und in der rechten unteren Extremität, die ver¬ 
kürzt und schwächer war und ausgesprochene Klumpfussstellung 
zeigte. Eine Schwester des Mannes soll ähnliche Missbildungen zeigen. 

Von dem sehr interessanten Präparat, das anderweitig aus¬ 
führlicher beschrieben wird, sei nur folgendes erwähnt. Es gehört 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


llo.il 


zu der Zahl der ungleich selteneren unvollkommenen Radiusdefecte, 
von denen nur vier Fälle bekannt sind, während ich vollständige 
:*8 an Zahl in der Litteratur finden konnte. Der Radius ist als 
eine fadendicke zarte Spange mit der durchaus geraden Ulna ver¬ 
wachsen. Eine flache Furche, an zwei Stellen ein messerrücken¬ 
dicker Spalt deutet die Grenze an. An den Epiphysen verbreitert 
sich der verkümmerte Knochen. Der Ulna wie dem Radius fehlt 
der Processus styloideus; beide enden rund. Am meisten missge¬ 
bildet ist das Handskelet: die Carpalknochen sind — das Os pisi- 
forme, scaphoideum und inultanguluin majus ausgenommen — 
miteinander sowie mit den Metacarpis H. bis IV. fest verwachsen. 
Os scaphoideum und multangulum majus hinwiederum sind mit 
dem Metacarpus I verwachsen, der zusammen mit diesen an dem 
Complex von Carpalknochen, sowie an dem Radius articulirt. Nur 
der Metacarpus I. und der ebenfalls am Handwurzelcomplex arti- 
culirende Metacarpus V. zeigen eine ungegliederte kurze Phalange. 
Da die Hand in starker Beugestellung gestanden hat, so erscheint 
die Knorpelfläche der Articulatio braekio-carpea volarwärts ver¬ 
schoben. Das Ellenbogengelenk zeigte keine wesentlichen Anomalieen. 
Die Extensoren und die Handmuskeln sind am kümmerlichsten, 
sehr wenig auch die Pronatoreu entwickelt, während die Flexoren 
fast normale Verhältnisse zeigen. An den Gefässen ist kaum eine 
Anomalie wahrzunehmen; dagegen fehlt bemerkenswerther Weise 
der Nervus radialis ganz. Patient gebrauchte die Hand weniger als 
die Ellenbeuge, indem er hier Gegenstände einklemmte und mit dem 
Oberarm sehr geschickt zu dirigiren wusste. 

c) Einen Radiusdefect infolge Nekrose des Knochens im 
Kindesalter mit secundärer Verkrümmung der Ulna. 

d) Ein gänseeigrosses periosteales Osteom vom linken Radius 
eines 60jährigen, an Gallertkrebs des Magens verstorbenen Mannes, 
das ohne Beschwerden getragen wurde. 

4. Herr Jadassohn demonstrirt a) einen Fall von seltenem 
Syphilid der Haut, welcher nach verschiedenen Richtungen hin 
von Interesse ist. Einmal wegen der Form und Ausbreitung der 
syphilitischen Producte. Es handelt sich um acht bis zehn Zwei¬ 
markstück- bis handtellergrosse Gruppen von Efflorescenzen, die 
am Rücken, an den Schultern, in der Glutaealgegend localisirt 
sind. Die einzelnen Efflorescenzen sind sehr matt gefärbt und in 
der bei weitem überwiegenden Anzahl so flach, so weich, dass sie 
kaum zu fühlen sind. Eine Anzahl von ihnen, besonders die im 
Centrum der Gruppen gelegenen, sind schon involvirt und haben 
eine kaum merkliche Atrophie und eine meist sehr unbedeutende 
Pigmentirung zurückgelassen. Von Wichtigkeit ist auch die An¬ 
ordnung der Einzel efflorescenzen innerhalb der Gruppen: dieselben 
stehen im allgemeinen in der eigenthümlich unregelmässigen, dolden¬ 
förmigen Anordnung, welche für die tuberösen Efflorescenzen 
charakteristisch ist; an anderen Stellen zeigen sie eine Neigung 
zu circinärer und kokardenähnlicher Gruppirung, so zwar, dass der 
Rand nie so scharf wie mit dem Zirkel gezogen erscheint, wie es 
beim eigentlichen circinären Syphilid der Fall ist. An der linken 
grossen Labie findet sich ein zehnpfennigstückgrosses, ziemlich tief 
zerfallenes und sehr derb infiltrirtes Ulcus, von welchem es zu¬ 
nächst dahingestellt bleiben muss, ob es sich um ein Ulcus molle 
mit starker entzündlicher Verdickung der Ränder oder um jenes 
Spätproduct der Lues, das man nach Fournier als „Pseudo- 
ehancre indurö“ bezeichnet, handelt. Da eine Autoinoculation nicht 
anzunehmen ist, ist wohl das letztere der Fall. 1 ) 

Während an der Diagnose Syphilis ein Zweifel vor allem 
wegen der ganz charakteristischen Anordnung der Hautefflorescenzen 
nicht obwalten kann, ist es schwierig, wenn nicht unmöglich, den 
Fall in eine der Kategorieen unterzubringen, in welche die Haut- 
syphüide eingezwängt sind. Wenn irgendwo, so ist man hier be¬ 
rechtigt, von einer Uebergangsform zwischen secundärer und 
tertiärer Periode zu sprechen. Die typische gruppirte Anordnung, 
das Vorkommen in einer immerhin beschränkten Zahl von Gruppen, 
das Abheilen einzelner Efflorescenzen mit einer, wenn auch unbe¬ 
deutenden Atrophie weisen den Fall der tertiären Lues zu, dagegen 
spricht die ausserordentlich oberflächliche Lage der Efflorescenzen, 
der Mangel der Infiltration, die Neigung zu circinärer Anordnung 
an einzelnen Heerden und die für eine tertiäre Lues immerhin sehr 
reichliche Zahl der Heerde für eine secundäre Manifestation. Unter 
solchen Umständen ist die Anamnese der Patientin doppelt wichtig 
bie war vor vier Jahren zum ersten Male im Hospital und ist 
damals wegen eines Primäraffectes lokal behandelt worden; als aber 
die Roseola ausgebrochen war, entzog sie sich der Therapie und 
ist seitdem, wie sie angiebt, regelmässig zur Controlle gegangen, 
ohne bis heute je genital erkrankt gefunden zu werden; sie ist 
bis jetzt nie mit Hg behandelt worden. 

v 2ur Entscheidung der Frage, ob secundär oder tertiär, eine 
Entscheidung , die zwar meist nicht gefällt werden kann, immer aber 

l ) Dafür spricht auch die schnelle Heilung unter Jodkalium. 


vom allgemein - pathologischen Standpunkt aus interessant in 
kommen neben deu oft mit Recht ausschlaggebenden morphologischei 
Charakteren zwei Momente in Betracht: die Infectiosität i^j 
die Reaction auf Jod. Von der ersteren wissen wir im einzelnem 
Falle natürlich nichts; aber man wird nicht fehlgehen, wenn man ein. 
im vierten Jahre der Lues stehende, nicht mit Hg behandelt. 
Prostituirte trotz aller Erfahrungen und Experimente über die Nkht- 
infectiosität tertiärer Producte für gefährlich hält; die Reaction am 
Jod soll in diesem Falle noch erprobt werden — schnell. 
Heilung auf Jodkalium spricht zweifellos für den tertitären Charakter 
eines Hautsyphilids. 1 ) 

Endlich hebt der Vortragende hervor, dass auch in diesem 
Falle, wie bei den meisten Fällen tertiärer Lues speciell bei den 
Prostituirten, die Frühlues gar nicht (oder nur sehr unzureichend! 
mercuriell behandelt worden ist. Bei den Statistiken über tertiär. 
Lues, die bisher publicirt worden sind und aus denen hervorgeht, 
dass die überwiegende Mehrzahl tertiär erkrankter zu den schlecht 
oder nicht mit Hg behandelten gehört, vermisst man natürlich zum 
Vergleich eine Statistik darüber, wie viele aller luetisch Inficirten 
überhaupt ausreichend behandelt worden sind. Unter den Prosti¬ 
tuirten Breslaus, wo seit zehn Jahren durch Neisser’s Initiative 
chroniseh-intermittirend behandelt wird, finden sich sehr viele rci. h- 
lich mercuriell Behandelte und sehr wenig tertiär Erkrankte - die 
letzteren weisen aber fast ausnahmslos eine Anamnese wie der vor¬ 
gestellte Fall auf, oder die Frühlues ist ganz übersehen („unver¬ 
mittelt“) oder nur sehr wenig behandelt worden. 

b) Einen Fall von multiplen kleinsten und grösseren 
Mollusoa contagiosa von typischem Aussehen an den Vorder arm. r. 
eines Fleischers, der die Erkrankung zweifellos durch Kratzen selbst 
„disseminirt“ hat. 

c) Einen sehr grossen Primäraffeot in der Unterbauchgegend 
bei einem Manne, dessen Genitalien ganz normal sind; die Inguinal¬ 
drüsen nicht geschwollen, sonst nirgends eine Sklerose zu finden: 
dabei typische Roseola. 

5. Herr Punitzer stellt einen Fall von Leberdirhose vor, 
der ein nicht gerade häufiges Vorkommniss darbietet. Der Patient 
ist seit Anfang 1892 an diesem Leiden erkrankt, das bereits acht¬ 
mal die Punction nothwendig machte. Im Frühjahr 1893 wurde 
plötzlich unmittelbar nach der vierten Punction über der ganzen 
vergrösserten Leber deutliches peritonitisches Reiben beobachtet, 
das seitdem nicht verschwand. An anderen Stellen des Abdomen' 
war nichts besonderes zu finden. Die Intensität des Reibens war 
nicht constant, mit der Anschwellung des Abdomens nahm sie zu. 
während sie nach den Punctionen stets abnahm. 

6 . Herr Buchwald zeigt a) die Japanischen Wärmflaschen 
vor und empfiehlt deren Anwendung. 

Derselbe demonstrirt b) Malariaplasmodien im eben ent¬ 
nommenen Blute eines an Intermittens tertiana leidenden Manne>. 
Er knüpft daran kurze Bemerkungen über das Vorkommen uei 
Malaria in Breslau. Während Wechselfieber früher recht näu g 

war, ist es jetzt, Dank den besseren sanitären Verhältnissen, se en 

geworden. In die Hospitäler werden nur äusserst selten not i 
Malariakranke aufgenommen, und auch diese haben oft genug 
Malaria nicht in Breslau selbst acquirirt. Buchwald macht uarau 
aufmerksam, dass häufig an intermittirenden Fiebern leidende * 
sonen als Maiariakranke angesehen werden. Die vortreffliche - 
Mannaberg’s macht es heute jedem Collegen möglich, die wff 1 
durch Untersuchung des Blutes zu sichern. 


IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde 
in Königsberg i. Pr. 

Sitzung am 80. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Dohrn; Schriftführer: Herr ^ au J\^[ en 

1. Herr Seelig demonstrirt Präparate von Malanapla* 

aus dem Blute eines neun Monate alten, in Königsberg he n 
Kindes. ... Ver* 

2. Herr Rosinski: Die Fournier’BChe Lehre von 

erbung der Syphilis. Vortragender knüpft an die 
Jahren zwischen Herrn Dohrn und Herrn Caspary s * ^ tr j tI 
Discussion (Sitzung am 21. März und 4. April 1892) an un . ? 

auch heute die von Herrn Dohrn vertheidigte; has»o ^ 

Auffassung, dass die Placenta für das syphilitische V iru» ^ 

gängig ist, d. h. dass inter graviditatem weder eine er ' , jj,. 
Conception acquirirte Lues auf den Fötus noch unig j on 
paternale Infection der Frucht auf die von der eure* ^ 

verschont gebliebene Mutter übergehe. Vor allem 

- 

__ .. T ( ,J. 

») Bei der Patientin haben sich nach achttägiger Behandlung 
kalium alle Hauterscheinungen vollständig involvirt. 


Vortragender gegen die 
Fournier’s und versucht zu zeigen, 


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UNIVERSETY OF MICHEC 




4. October. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


die der französische Autor vorführt, eine Stütze für die Lehre von 
der conceptionellen Syphilis nicht gefunden werden könne Vor- 
läufig haben wir uns mit der klinischen Thatsache abzufinden, dass 
von Müttern, die erst nach erfolgter Conception luetisch inficirt 
wurden, gesunde Kinder geboren werden, wie die einen behaupten 
in allen, oder wie andere meinen in vielen derartigen Fällen vor¬ 
ausgesetzt, dass auch der Vater zur Zeit der Conception gesund 
war. Diese Fälle sprechen für die Impermeabilität der Placenta 
gegenübei dem luetischen Contagiumj von ihnen worden wir auch 
eine endgültige Entscheidung in dieser Frage am ehesten zu er¬ 
warten haben. Leider ist diesbezügliches ein wandsfreies Material 
m der Litteratur in genügender Menge noch nicht vorhanden, und 
bittet V ortragender um Publication aller dieser immerhin recht 
selten vorkommenden Fälle. Beiläufig theilt Vortragender noch die 
Beobachtung einer Zwillingsgeburt mit, bei der die eine Frucht 
mit manifester Lues geboren wurde, während bei dem Zwillings¬ 
bruder die Eruptionen erst nach Ablauf der sechsten Woche er¬ 
schienen. 

3. Herr Podack berichtet Uber einen Fall yon Bronoho- 
mycosis aapergillina, der im August 1893 in der inedicinischen 
Klinik des Herrn Professor Lichtheim zur Beobachtung kam. Es 
handelte sich um eine 38jährige Frau, die unter den Erscheinungen 
der Bronchiektasie und des Emphysems allmählich zu Grunde ging. 
Bei der Section wurden in einer stellenweise exulcerirten bronchi- 
ektatischen Höhle eigenthümliehe Massen gefunden, die im wesent¬ 
lichen aus mächtigen Vegetationen von Aspergillus fumigatus 
Fresen. bestanden. Auf der Basis der bisherigen Erfahrungen 
stellt Vortragender zwei pathologisch - anatomische Bilder von 
Aspergillusmykose der menschlichen Lunge auf, die in allen wesent¬ 
lichen Punkten derartig differiren, dass man sie als primäre und 
secundäre Aspergillusmykose einander gegenüber stellen könnte. 
Ausserdem giebt es aber auch Aspergillusmykosen, die sich in 
ihrer Ausbreitung auf die grossen Luftwege beschränken; zu diesen 
gehört der vorstehende Fall. 

4. Herr Nauwerck legt die Halsorgane eines elfjährigen 
Mädchens vor, welches an Spulwürmern erstickt ist. 

Am 27. April war bei dem Kinde wegen eines linksseitigen Sarkoms 
die Resection des Unterkiefers bis zum rechten Eckzahn, unter Wegfall 
der Insertion beider Genioglossi, vorgenommon worden. Nach den von 
dem Secundärarzt der chirurgischen Klinik, Herrn Dr. Borchard, freund- 
lichst zur V erfügung gestellten Notizen, erfolgte Nachmittags reichliches 
Erbrechen, ebenso am nächsten Tage; ob Spulwürmer dabei abgingen, 
ist nicht zu ermitteln. Am 28., Abends gegen 8 Uhr, leichter, rasch 
vorübergehender dyspnoischer Anfall, Patientin zeigt aber keine 
Cyanose. Zunge nicht zurückgesunken; Nachts 3 Uhr wird Patientin auf 
einmal ängstlich, bekommt wieder einen Anfall, will sich aufrichten und 
das Wasserglas ergreifen, fällt um und ist nach vier Minuten todt. Kein 
Puls fühlbar. Nur ganz geringe Cyanose. Eine Stunde hindurch künst¬ 
liche Athmung, Percussion des Herzens — ohne Erfolg. 

Bei der von Herrn Geheimrath Neumann vorgenommenen 
Section fanden sich im oberen Dünndarm, im Magen, besonders 
aber im Oesophagus, eine grössere Anzahl von Spulwürmern; 
eine 18 cm lange Ascaris liegt zu einem Drittel in der Speiseröhre, 
zu zwei Dritteln so abgebogen in Kehlkopf und Luftröhre, dass 
das Ende wieder den Aditus laryngis verlegen hilft; ein zweiter, 
15 cm langer Spulwurm erstreckt sich aus dem Anfangstheil des 
Oesophagus bis in den rechten Bronchus hinein. Eine dritte Ascaris 
beginnt in der Mitte der Trachea, legt, sich abgebogen in den 
linken und dann weit in den rechten Bronchus hinein. Leichtes 
Oedem der aryepiglottischen Falten, erhebliche Schwellung der 
Tonsillen. Da sämmtliche Ascariden sich im Zustande der Ma- 
ceration befanden, ist eine selbstständige Wanderung ausge¬ 
schlossen, und müssen sie während eines (wiederholten?) Brechactes 
in die Luftwege aspirirt worden sein. 


V. Neunzehnte Versammlung des Deutschen 
Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, 
Magdeburg, 19.—21. September 1894. 

Die Magdeburger Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche 
Gesundheitspflege hat sich trotz der unmittelbar vorausgehenden inter¬ 
nationalen Veranstaltung in Budapest einer immerhin recht zahlreichen 
Beteiligung zu erfreuen gehabt. Vor allen Dingen hat sie aber unseres 
Erachtens von neuem den Beweis erbracht, dass es für die Verhandlungen 
unserer Fachcongresse weit fruchtbringender ist, wenn einzelne, gerade 
actuolle Fragen herausgegriffen, durch Referate vorbereitet und gründlich 
discutirt werden, als wenn sich die Arbeit in Dutzenden von Sectionen 
imd Hunderten von Vorträgen zerplittert. Der Deutsche Verein für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege ist fast die einzige Fachvereinigung, welche diesem 
System seit, ihrer Gründung treu geblieben ist. Wir glauben aus diesem 
Umstande einen grossen Theil seiner Erfolge und des Ansehens herleiten 
zu sollen, welches die Vota des Vereins unbezweifelt in der öffentlichen 
Meinung sowohl, wie bei Behörden und Volksvertretungen gemessen. 


111 


Von den vier Verhandlungsgegenstfinden, welche auf der diesjährigen 
\ ersammlung in Frage standen, waren zwei — die der Mullverbrennung 
und der technischen Einrichtungen für Wasserversorgung und Canalisation 
— wesentlich gesundheitstechnischer Natur. Das dritte Thema, welches 
verhandelt wurde — die oft auch in diesem Verein bereits vontilirte Frage 
der weiträumigen Bebauung bei Stadterweiterungen — bewegte sich zum 
grossen Theil auf socialem Boden. Alle drei Gegenstände haben für 
unseren ärztlichen Leserkreis nur ein indirektes Interesse, weshalb wir 
es für angemessen erachten, über dieselben nur in aller Kürze zu be¬ 
richten. Ein Thema von speciell medieinischem Interesse gelangte am 
letzten Tage des Congresses zur Verhandlung: Maassregeln zur Be¬ 
kämpfung der Cholera. Die Discussion über dasselbe gewann noch da¬ 
durch an Bedeutung, dass Robert Koch selbst in dieselbe eingriff und 
mit der ihm eigenen Klarheit seinen Standpunkt zu den in den letzten 
Jahren getroffenen localen und internationalen Maassnahmen gegen dio 
Verbreitung der Seuche präcisirte. Der letzte in Aussicht genommene 
Verhandlungsgegenstand: Hygienische Beurtheilung von Trink- und Nutz¬ 
wasser über welchen Flügge das Referat übernommen hatte, Hel wegen 
Behinderung des Referenten aus. 

1. Beseitigung des Kehrichts nnd Anderer städtischer Abfälle, 
besonders durch Verbrennung. Referenten: Medicinalrath Dr. J. J. 
Reineke und Oberingenieur F. Andreas Meyer (Hamburg). Es han¬ 
delt sich um ein in den letzten Jahren vielfach'behandeltes Thema, wel¬ 
ches den Lesern dieser Wochenschrift u. a. bereits in den Verhandlungen 
der Berliner medicinischen Gesellschaft (diese Wochenschrift 1891, No. 49, 

S. 1337) entgegengetreten ist. Der medicinischo Referent schilderte die 
gegenwärtig bei der Müllabfuhr fast überall bestehenden Verhältnisse, die 
nicht, nur alle möglichen, hygienisch sehr bedenklichen Dingo in die 
Kehrichtansammlungen der Städte hineingelangen lassen, sondern auch — 
infolge der Wirkung von Wind und Regenwassor, sowie der Thätigkeit 
der Lumpensammler, der Hunde u. s. w. — eine gelegentliche Zurück¬ 
führung dieser Gegenstände in die Stadt begünstigen. Gegen die land- 
wirthschaftliche Verwerthung des Kehrichts bestehen keine hygienischen 
Bedenken, wenn derselbe gleich untergepflügt oder bei seiner einst¬ 
weiligen Lagerung so verarbeitet, bezw. mit Erde bedeckt wird, dass ein 
Verwehen und Verstäuben seiner Bestandtheilo ausgeschlossen ist. Eine 
längere Lagerung ohne landwirtschaftliche Verwendung und insbesondere 
auf Plätzen, die früher oder später zur städtischen Bebauung herangezogen 
werden könnten, ist dagegen unstatthaft. Es kommt hinzu, "dass es immer 
schwerer wird, Plätze ausserhalb der Städte zum Ablagem des Mülls auf¬ 
zufinden, weil auch die Landgemeinden sich gegen die Anlage solcher 
Plätze auf ihren Gebieten wehren. Es empfiehlt sich daher, die Verbren¬ 
nung nach englichem Muster überall da, wo die genannten Bedingungen 
nicht erfüllt werden können. 

Herr Oberingenieur Andreas Meyer (Hamburg) besprach die tech¬ 
nischen Einrichtungen der in England von Jahr zu Jahr mehr Verbreitung 
gewinnenden Müllverbrennungsapparate und stellte eine Vergleichung der 
Kosten der beiden Verfahren — Abfuhr und Verbrennung — an, die 
nicht zu Ungunsten des letzteren ausfiel. Namentlich trat er der neuer¬ 
dings in der Discussion über die Frage hervorgotretenen Meinung ent¬ 
gegen, als sei in England um deswillen der Hauskehricht geeigneter zur 
Verbrennung als bei uns, weil er viel halb- und unverbrannte Kokks ent¬ 
halte, die in den offenen Kaminen der Wohnungen Zurückbleiben; auch 
im Sommer, wo diese Kamine nicht benutzt werden, arbeitet die Keh- 
richtverbrennung vortrefflich. Vortragender berichtete sodann über die 
jetzt in Hamburg in der Ausführung begriffene Verbrennungsanlage, sowie 
über die von Berlin in Angriff genommenen Versuche. Beide Städte 
haben sich dahin verständigt, die Versuche nach gemeinsamem Plane vor¬ 
zunehmen.— Nach einer ziemlich lebhaften Discussion werden die fol¬ 
genden Leitsätze angenommen und beschlossen, den Stadtgemeinden die 
dringende Bitte zu unterbreiten, der Angelegenheit ihre Aufmerksamkeit 
zuzuwenden. Leitsätze: 1) Gegen die landwirtschaftliche Verwerthung 
des Kehrichts bestehen keine hygienischen Bedenken, wenn er gleich 
untergepflügt oder bei seiner provisorischen Lagerung so verarbeitet oder 
mit Erde bedeckt w'ird, dass ein Verwehen und Verstäuben seiner Be¬ 
standteile ausgeschlossen ist. Eine längere Lagerung des Kehrichts ohne 
landwirtschaftliche Verwendung und insbesondere eine Anhäufung desselben 
auf Plätzen, welche früher oder später zur städtischen Bebauung heran- 
gezogen werden könnten, ist unstatthaft. Auch muss sicher verhindert 
werden, dass Lumpensammler Theile desselben in dio Stadt und in 
den Verkehr zurückbringen. 2) Wo diese Bedingungen nicht erfüllt 
werden können, wo die Landwirtschaft nicht imstande ist, die Mengen 
des städtischen Kehrichts zu bewältigen, wo die landwirtschaftliche Ver¬ 
werthung für die Stadt zu kostspielig wird oder wo Gefahr besteht, dass 
zu Epidemiezeiten die Abnahme des Kehrichts auf Schwierigkeiten stösst, 
da empfiehlt sich die Verbrennung desselben nach englischem Muster. 

2. Technische Einrichtungen für Wasserversorgung und Canali- 
sation in Wohnhäusern. Referent: Ingenieur H. A. Roechling (Lei- 
cester). Der Vortrag, über welchen die Discussion bis in die zweite 
Sitzung fortgesetzt wurde, wurde durch die Demonstration von zahlreichen 
Modellen, Probestücken und Zeichnungen erläutert. Ein Eingehen auf 
Details ist hier ausgeschlossen, es sei nur erwähnt, dass der Vortragende 
eine behördliche Ueberwachung der Privatleitungen in den Häusern und 
Wohnungen anstrebt, die er in die Hand von aus Aerzten und Hygie¬ 
nikern gebildeten Commissionen gelegt wissen will. Dieser letztere Vor¬ 
schlag blieb nicht unwidersprochen. Von verschiedenen Seiten (Baurath 
Herzberg - Berlin, Prof. Wolffhügel - Güttingen) wurde betont, dass 
der Bedeutung der Oanalgaso für die Verbreitung ansteckender Krank¬ 
heiten, die rein theoretischen Erwägungen entstammen, wohl allzu viel 
Gewicht beigelegt werde; nach den bisher gemachten Erfahrungen und Ver¬ 
suchen habe man keinen Anlass, eine solche Uebertragung ernstlich zu 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





112 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


befürchten. Praktisch verspreche die vorgeschlagene amtliche Ueber- 
wachung derartiger Anlagen wenig Erfolg; vielmehr komme es dabei auf 
die Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit der Installateure an, die sich 
amtlichen Einflüssen entziehe. (Wir haben vor kurzem auch auf dem 
Budapest er Congress durch einen vou Prof. Corfield in der X. Seetion 
gehaltenen Vortrag den Eindruck gewonnen, dass man namentlich in Eng¬ 
land augenblicklich in der Frage der Abortentltlftung zu etwas gekünstel¬ 
ten Auffassungen und zu technischen Ausführungen gelangt ist, deren 
Complicirtheit und Kostspieligkeit kaum mehr der Bedeutung entspricht, 
welche die Abortgase für die Krankheitsentstehung zu haben scheinen. 
Referent.) 

3. Die Nothwendigkeit weiträumiger Bebauung bei Stadt- 
erwelterungen und die rechtlichen und technischen Mittel zu ihrer 
Ausführung, Referenten: Oberbürgermeister Adickes (Frankfurt a. M.), 
Geh. Baurath Hinckeldey (Berlin), Baupolizeiinspector Classen (Ham¬ 
burg). Die „Wohnungsfrage“ ist, sowohl von hygienischen wie von 
socialen Gesichtspunkten aus, wiederholt Gegenstand der Borathung in 
den Versammlungen des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege ge¬ 
wesen. Das diesmalige Referat des auf diesem Gebiete hochverdienten 
frankfurter Oberbürgermeisters bildete eine Ergänzung und Erweiterung 
seiner Ausführungen auf der vorjährigen Versammlung. Die beidon anderen 
Referenten erürten die technische Seite der Frage. Bei der Ausführlich¬ 
keit der von den drei Referenten vereinbarten Leitsätze können wir uns 
auf die Wiedergabe dieser beschränken; sie lauten unter Berücksichtigung 
einiger bei der Discussion gemachter Abänderungen: 1. Die in vielen 
Grossstädton Deutschlands im Gegensätze zu anderen Ländern, namentlich 
zu England, übliche dichte Zusammendrängung der Bovölkeiung in Mieths- 
kasernen gefährdet die Gesundheit, schädigt das Familienleben und macht 
den Erwerb von Grundeigenthum für den grössten Theil der Einwohner 
unmöglich. 

2. Diese mit Steigerung der Wohnungsmiethen verbundene Zusammen¬ 
drängung ist vorzugsweise die Folge der überhandnehmenden Boden- und 
muspeculation, welche die Errichtung von Einzelhäusern und die weit¬ 
räumige Bebauung erschwert und vielfach unmöglich macht. 

. Einschränkung dieser Speculation und die Herbeiführung einer 

weiträumigeren Bebauung, sowie die Beseitigung der diesen Zielen ont- 
gegenstehenden Hindernisse ist daher als ein dringendes Bedürfnis an¬ 
zuerkennen. 

i Hindernisse liegen tlieils auf legislatorischem, tlieils auf 

baulichem Gebiete. Letztere sind neben den Fragen des Verkehrs vor¬ 
zugsweise: a) Die durch die Bebauungspläne festgelegte Eintheilung des 
Baulandes in zu tiefe, die Anlage von Hof- und Hintorwohnungen herbei- 
tührende Baublöcke, b) Die Annahme zu grosser Breiten für die lediglich 
zur inneren Auftheilung des Baulandes bestimmten Strassen und die 
daraus erwachsende Belastung der anliegenden Grundstücke, c) Die un- 
verhaltmssmässig hohen, vielfach ohne Rücksicht auf dio Anzahl der Ge- 
scRosse und Wohnungen nur nach der Strassenfrontlänge berechneten 
Kosten für Strassen- und Entwässerungsanlagen, d) Die Uebertragung 
der für grosse, vielgeschossigo Gebäude nothwendigen und zweckmässigen 
baupolizeilichen Anforderungen auf Häuser von geringem Umfang mit 
wKf! J cschü8S . ea - e ^ I)e ^ durck die baupolizeilichen Bestimmungen, 
r'! « a - ng P ieisteus fur das m neu entstehenden Stadttheilen belegene 
ln™i C ° m l e , bonso s . tarke Gliche Ausnutzung wie für die innere Stadt 
? ha ^ 6n ; übermässig gesteigerte Bodenpreis in den Stadt- 
Mangel “ baupolizeilichen Bestimmungen 
dni^li^Ft^rli^w k eiI l^ r ,^^ 0 buhHuser und Gärten gegen die Benachteiligung 
durch Eirichtung hoher und tiefer Naehbarbauten. 5 

cini,f i rMp,,'‘' ,?nl t T ng - il ,' lieSe '' Hindernisse werden folgende Maassregeln 
S „ *L U i n f dor fj-mnssigon Ausnutzung der Grundstücke durch 
nicht HnpM 1 ^ - und Hintergebäuden entgegenzuwirken, ist — soweit 
rill darck beschrankende baupolizeiliche Bestimmungen (vergl. 4 e) hin- 
F,lrsor | e gngnn eine derartige Ausnutzung gotroffeif ist — das 
zur Anlage von Wohnhäusern bestimmte Bauland in Blöcke von solcher 
"enüeendo Ansnot d “ SS ° hne unTe, : h!llt nis»niiissige Opfer an Bauflilche eine 
mödfch lsl A hl nt #t VOrZ " gS ' Ve , , l e du ": h . den Bttu von Vorderhäusern 
des Bn,,lnnö.s b !i I) ^ns Strassen, welche lediglich zur inneren Auftheilung 
in tlmnhlw d, ™ cn -„ ohno 01nen grösseren Verkehr aufzunehmen, sind 
werth die Rn?,S't r K r f 0 “ lz “ le e Bn - Vielfach ist cs hierbei wünschens- 
sWI,™ ™7v h . ““G dlu Strassonflucht zurückzulegen, um die Her¬ 
liehen g ci Bei R ?* e f ,,äc . h f“ und Baumpflanzungeu zu ermög- 
ÄÄJ“. die Pnasterun g g 


X D en m mö’l di h WC“ 8 EntwäSrm.g'" 

d - VerÄ 


der Kosten n“ T UU “S “™isrejien. rsei der Vertheilung 

Kosten für den Grunderwerb zu Strassenanlagcn sowie für di! 

soweit?ÜJSTüK. “ “ f . d ‘n anliegenden Grund- 


Pflasterung_ 

ÄLäAr t r u D n,ic, i' 

TT g ? d U Die baupolizeilichen Anforderungen an Gebäude von 
g vS”mn ra Äe mltW T i f n ?n ch0SSen Sind ! ” Be g g a^f GonstmoJo" 

B™höhenT, g t a rel^d AU ?^ tZ,mg r. d , C ^ BRuMch0n ™d in“ bETSt Z 

in ihrem befördert wird und diese 

diescltn ÄÄ' VUt \ d0, -, Autl ' a « migmiomunm. 

zu bringen .,7rk< „vl^‘Pflogenen Brauch - zur Abstimmung 
mnjladm ch den jimga^endenFaetonm gegenüber ein! 


_ Jo J 

nachdrückliche Stellungnahme des Vereins für dieselben besonder^ 7 „ i 
tonen. Das Resultat der Abstimmung war Einstimmigkeit für f 
vorgeschlagenen Thesen. — Ob daraufhin die Leitartikler des r 
unserer Tagespresse, welche einseitig die Interessen der Gruudlmfl 
vertritt, noch weiterhin behaupten werden, die in den Thesen au.**« 
chenen Grundsätze seien lediglich Hiragcspinnste einiger fihpr»l' 
1 bantasten, Männer von wissenschaftlicher Bedeutung haben sich „J 
niemals zu denselben ernstlich bekannt? 

4. Die Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera. Referent«- 

Geheimrath Dr. v. Kerschensteiner (München) und Prof. Dr. (imn, 
(Giessen). Die Referenten hatten folgende gemeinsamen Schlusssätze &J 
gestellt: 1) Die Erfahrmigsthatsachen über zeitliche, örtliche und per^- 
liehe Disposition, sowie über die Immunitäten, zeitliche, örtliche ui 
persönliche, verdienen unbeschadet der Bedeutung des Clioleravibrio l 
unmittelbaren Krankheitserregers auch heute noch volle Beachtung, $’lv 
sichersten Schutz gegen Choleraepidemicen gewährt die schon in cholera- 
freien Zeiten auszuführende Assanirung der Städte und Ortschaft--j 
insbesondere deren reichliche Versorgung mit reinem Wasser, sowie ..„ij 
sprechende Beseitigung der Abfallstoffe. 3) Bei drohender Invasion d r 
Cholera ist Vorsorge zu treffen für frühzeitige Erkenntnis* der ( tinkrj- 


_ -; Bereitung von Räumlichkeiten iu 

Transportmitteln für Kranke und Verstorbene. 4) Beim Auftreten d<-r 
Cholera: Isolirnug der Kranken oder Verdächtigen, soweit wie möglich 
ohne Anwendung von Krankenhauszwang; DesinfVction der Ausscheid« 
und der mit letzteren verunreinigten Gegenstände; Evacuatiou vou inticirteii 
schlechten Wohnungen und Flussfuhrzeugen; Schliessung von narhuwslidj 
inficirten oder infectionsvcrdächtigen Wasserentnahmestellen; Heranzichim. 
eines erfahrenen Sachverständigen bei weiterer Verbreitung der Chol»r< 
5) Verkehrsbeschränkungen hinsichtlich der Ein- und Durchfuhr sind «m 
das Mindestmaass zurück zu füll reu; der Waareuverkehr bleibe unbehelligt, 
beim Personenverkehr beschränke man sich auf eine einfache ärztlich» 
Controller Nahrungs- und Genussmittel sind hinsichtlieh ihrer Proveno;' 
wie andere Waaren zu behandeln, hinsichtlich ihrer Qualität aber eimr 
strengen gesundlieitspolizeilichen Beaufsichtigung zu unterstellen. Quaran¬ 
tänen sind durch vernünftig eingerichtete Revisionen zu ersetzen. ff Du 
Ausdruck „Stromverseuchung“ bedarf hoi seiner enormen veikehrswirth- 
schaftliehen Bedeutung einer Einschränkung dahin, dass vereinzelte Vor¬ 
kommnisse ferner nicht mehr als Gründe zur Anwendung dieses Wort¬ 
angesehen werden. 7) Behufs Ennöglichung menschenwürdiger und 
menschenfreundlicher Pflege der Kranken innerhalb wie ausserhalb du 
Krankenhäuser und der Fürsorge für Arme uud Hülflose in geordnäu 
Nothstandspflege ist auszusprechen, dass bei sachgemässem. reinlichem 
Verhalten der Verkehr mit cholerakrankeu Personen ungefährlich 
8) Die iutomationaleu Bestrebungen, die Cholera auf ihre Heimath ze 
beschränken und ihre Verschleppung zu verhüten, wie sie in den Pärnu 
und Dresdener Beschlüssen Ausdruck finden, • sind dankbar nnziicrknmen 
und ihr wirksamer Vollzug kräftigst zu fördern. 

Geheimratli v. Kerschensteiner besprach eingehend die von 
kaiserlichen Gesundheitsamt in den verschiedensten Stromgebieten mit 
einem seiner Ansicht nach weit über den Zweck hinausgehenden Appawi 
gemachten Versuche. Von einer Stromverseuchung könne nach einen 
einzelnen Cholerafalle nicht dio Rede sein. Von grosser Wichtigkeit 
die Frage, ob die Cholera sich von Menschen zu Menschen iibertmgt 
Nach Ansicht des Redners findet eine solche Uebertragung nicht 
Die Cholera sei eben keine ansteckende. Krankheit wie Scharlach um 
Pocken, die Liebesthätigkeit könne deshalb ruhig ihres Amtes bei uimP- 
kranken walten. Natürlich gehöre dazu ein peinlich geregeltes Gluti 
Von der Internationalen Convention zu Dresden zur Unterdrückung u 1 
Cholera dürfe man vieles erwarten. Wenn die vereinbarten international 
Grundsätze mit ganzer Energie durchgeführt würden, so müsste man •_> 
hin kommen, dass man in Europa sagen könne, die Cholera sei ei > 
Krankheit des 19. Jahrhunderts gewesen. . • , 

Prof. Gaffky hält im Gegensatz zu dem Vorredner die 
getroffenen staatlichen Maassregeln für wirkungsvoll und bevec i ig • 
Der hauptsächlichste Verbreiter der Seuche ist das Wasser. _ 
besondere die offenen Wasserläufe, in welche Schmutzwasser aus Woi ^ 
gen und Strassen einmünden, in denen Waschstellen bestehen 11 V, 
Natürlich ist der Begriff der Verseuchung von Flüssen uud Strömen 
so aufzufassen, als ob die ganze Wassermasse von Choleravibrionen 
wuchert wäre. Vielmehr liegt die Sache so, dass unterhalb ge'— 
nachweislich oder möglicherweise einer Verunreinigung mlt ^ 
Vibrionen ausgesetzter Stellen einzelne Theile der Wassernde * ^ 
Vibrionen enthalten und dass durch Schöpfen an solchen ote - 
steckungsstoffe in das Gobrauchsw'asser gelangen können. — L e ** 
besprach daun kurz die Bestimmungen der Dresdener Convention, 
auch England beigetreten sei. In Erkrankungsföllen sei jetzt D 1 .i 
der vorhandenen Mittel die Cholera schnell festzustellen; das sei ^ 
da man den Kranken sofort isoliren könne. Es sei u i a 1 mon , K ir i^ 0 ] eri 
Schifffahrt treibenden Bevölkerung die schnello Feststellung «j " .j pl 
durchaus not-hwendig, da die Cholera hauptsächlich den Huss _ ^ 
Die Krankenentleerungen würden bei Schiffern stet^ deu f ^ t . 
wiesen, und so würde die Krankheit Allen, die mit dem r ,,hi UA' Zeiter 
thun haben, zugeführt. Bei der Invasion der Cholera mussten . UD j 
Räume zur Lsolirung der Kranken, transportable Dcsinfectionsapp ‘ , e ; a 
vor allem eine gesicherte und rationelle Krankenpflege '«> j Untc-r- 
oder beschafft werden. Die Maassregeln zur Bekämpfung 
drückimg der Seuche würden allerdings stets verbesserungsiiu^ ^ , 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


18. October 1894. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, Sitzung am 12. März 
1894: Schuchardt, Zur Pathologie der Mastdarmoperationen (Schluss). 
— Sonnenburg, Gehirntumor. — P. Wolff, Ascaris lumbricoides 
im Wurmfortsatz. — Körte, a) Darmverschluss; b) Choledochusstein. 

II. Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr., 
Sitzung am 21. Mai 1894: Gerber, a) Nasenrachenpolyp; b) Sarkom 
der hinteren Rachenwand; c) Doppelte Verwachsung der hinteren Rachen¬ 
wand mit dem Velum und mit der Zungenwurzel; d) Infantilismus; 
e) Rhinitis fibrinosa; f) Nasenpolypen; g) Aprosexia nasalis.— Haller- 
vorden, Ueber Heilungsvorgänge bei Melancholie. 

III. Unterelsässischer Aerzteverein, Sitzung am 26. Mai 1894: 
Fischer, a) Thiersch’sche Transplantation; b) Teratom der Blase; 
c) Fettheniie. — Fürstner, Tremor im Anschluss an Traumen. — ! 
Wolff, Syphilis hereditaria tarda. — Kuhn, Atresia auris. * 

IV. Achter internationaler Congress für Hygiene und Demographie 1 
in Budapest: Vereinigte Sitzung der Sectionen für Aetiologie 


der Infectionskrankheiten, Prophylaxe der Epidemieen und 
Hygiene der Kinder: Diphtheriediscussion. — Roux, Sur la diph- 
thdrie et son traitement. — Heubner, Praktische Winke zur Behand¬ 
lung der Diphtherie mit Heilserum. — Löffler, Die lokale Behandlung 
der Rachendiphtherie. — Gr über, Bacteriologie der Cholera. — Pertik, 
Beobachtungen über den Choleravibrio. — Metschnikoff, Sur l’im- 
rounitö et la rdceptivitd vis-a-vis du chol^ra. 

V. Neunzehnte Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche 
Gesundheitspflege, Magdeburg, 19.—21. September 1894: Die 
Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera (Schluss). 

VI. 66. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Aerzte in Wien: Vereinigte Sitzung der Sectionen für Hygiene, 
Medicinalpolizei und Kinderheilkunde: Behring, Ueber Blut¬ 
serumtherapie. — Ehrlich, Ueber die Behandlung der Diphtherie mit 
Heilserum. — Wassermann, Die Immunität Gesunder gegenüber 
Diphtherie. 


L Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 

Sitzung- am 12. März 1894. 

5. Herr Schuchardt (Stettin): Zur Pathologie der Mast¬ 
darmoperationen. (Schluss aus No. 14. der Vereinsbeilage.) 

Angesichts dieser übereinstimmenden Befunde bei den noch 
jugendlichen Mastdarmverschwärungen muss wohl jeder Zweifel 
verstummon, dass es sich hierbei in der That um echte syphilitische 
Gewebsveränderungen handelt. Dass es bei den älteren Geschwüren, 
bei denen es infolge der vielfachen mechanischen Reizungen zum 
völligen Verluste der specifischen Gewebsneubildung gekommen ist, 
schwer hält, den Nachweis des syphilitischen Ursprunges zu liefern, 
wird uns nicht Wunder nehmen. Doch hat Heller in Kiel auch 
in einem älteren Falle den Nachweis der miliaren Gummibildung 
in der erkrankten Schleimhaut erbracht. (S. Esmarch, Krankheiten 
des Mastdarmes. Deutsche Chirurgie.) 

Durch unsere Fälle werden auch die übrigen, oben ange¬ 
führten Theorieen widerlegt, indem klar bewiesen ist, dass die 
Mastdarmgeschwüre, unabhängig von periproctitischen Verände¬ 
rungen und von Rectovaginalfisteln, in der Schleimhaut ihren Ur¬ 
sprung nehmen und von unten nach oben allmählich an Ausdeh¬ 
nung gewinnen. Auch die Coprostase spielt für ihre Entstehung 
absolut keine maassgebende Rolle, indem im Beginn der Erkran¬ 
kung keine Strictur vorhanden und weil die Schleimhaut unter¬ 
halb der Strictur meist am schwersten erkrankt ist. Die Beseiti¬ 
gung einer etwa vorhandenen Coprostase hat auf den Gang der 
Krankheit auch durchaus keinen Einfluss. Sie nimmt ihren höchst 
malignen Gang weiter, ob Abführmittel gegeben werden oder nicht. 

Damit komme ich noch zu einigen Bemerkungen über die 
Prognose und die Behandlung. Ich halte das Leiden nach meinen 
Erfahrungen in allen den Fällen für ein absolut trostloses, in denen 
es nicht mehr möglich ist, die radicale Entfernung des erkrankten 
Darmstückes zu machen. Wo die Erkrankung noch nicht so weit 
vorgeschritten ist, dass man das Ende der Ulceration mit Sicher¬ 
heit mit dem Finger abtasten kann, soll man unter allen Um¬ 
ständen die Exstirpatio recti vornehmen. Ist dies nicht mehr 
möglich, so ist alle Mühe umsonst. Bei gewaltsamer Dehnung der 
Stricturen habe ich mehrmals den Tod an Peritonitis eintreten 
sehen. Ich verzichte deshalb jetzt darauf und mache in inoperablen 
Fällen stets gleich die Colotomie, um so wenigstens das Leben 
eine Zeit lang zu fristen und dem Ileus und sonstigen üblen Zu¬ 
fällen vorzubeugen. Von der örtlichen Behandlung der Geschwüre 
durch Auskratzen, Brennen etc. habe ich nicht den geringsten 
Nutzen gesehen. 

Discussion: Herr Hahn: M. H.! Ich kann Herrn Schuchardt 
doch nicht ganz in allen Punkten zustimmen. Es spricht doch sehr 
vieles dafür, dass bei diesen Mastdarmulcerationen verschiedenartige 
Infectionen Vorkommen. Ich habe eine grosse Anzahl von derartigen 
Erkiankungen gesehen, bei einzelnen glaube ich auch, dass es sich um 
die Folgen secundärer Syphilis gehandelt haben wird, bei anderen wieder 
musste man entschieden andere Infectionen annehmen, entweder eine 
gonorrhoische oder durch das Secret von Ulcus molle hervorgebrachte. Das 
ausserordentlich häufige, fast ausschliessliche Vorkommen bei Frauen und 
die vollkommene Wirkungslosigkeit antisyphilitischer Curon sprechen gegen 
eine syphilitische Infection. Ich habe, wie auch Herr Schuchardt, bei 
Männöm derartige Affectionen gesehen, aber doch ausserordentlich viel 
seltener, vielleicht auf hundert Frauen einen Mann. Das scheint mir doch 


dafür zu sprechen, dass eine Infection von nicht secund&r syphilitischer Natur 
vorliegt.. Von grosser Wichtigkeit würde es sein, wenn man das Secret 
der Ulcerationen auf Gonococcen untersuchen würde. Bis jetzt ist dieses 
noch nicht gemacht. Man würde durch solche Untersuchungen einen 
Schritt weiter in der noch dunkeln Aetiologie dieser Mastdarmerkran- 
kungen kommen, wenn es gelänge, in dem Secret Gonococcen nachzu- 
weisen. 

Herr Körte: Ich glaube auch, dass die Gonorrhoe bei diesen Formen, 
die wir im städtischen Krankenhauso ziemlich häufig zu sehen bekommen, 
betheiligt ist. Dann möchte ich Herrn Schuchardt fragen, ob er die 
Leute, bei denen er das untere Mastdarmende exstirpirt hat, weiter be¬ 
obachtet hat und sich hat überzeugen können, dass die Heilung anlnllt? 
Ich habe in einem Falle ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht. Es 
heüte sehr schön, ich hatte vielleicht 3 —4 cm hoch exstirpirt, gegenwärtig 
hat die Frau wieder eine Strictur bekommen. Dann möchte ich noch ein 
Wort über die Dilatation sprechen. Ich habe früher die gewöhnlichen 
elastischen Mastdarmbougies angewandt. Jetzt habe ich Bougies gebraucht, 
die von Credd angegeben sind und von mir ähnlich construirt waren. 
Sie bestehen aus einem glatten Hartgummibolzen, ähnlich den Hegar’schen 
Dilatatorien für den Uterus, welche ich anfänglich verwendete. Für die 
Anwendung im Rectum ist der glatte Hartgummibolzen, welcher eine 
leichte dem Kreuzbein entsprechende Krümmung hat, an einem festen 
Draht mit einem Ring als Griff befestigt. Der grosse Vortheil dieser 
Dilatatorien liegt darin, dass die Erweiterung sehr allmählich vor sich geht 
und dass, wenn der Bolzen in der Strictur liegt, der Sphincter ani nicht 
mitgedehnt wird, sondern sich um den dünnen Drahtstiel zusammenziehen 
kann. Daher kann man das Dilatatorium viel länger liegen lassen, ohne 
dass der Sphincter gereizt wird, als die dicken elastischen Bougies. 
Ich glaube nach wiederholten Erfahrungen, dass das Lob, welches Crcde 
diesen Mastdarmdilatatorien gespendet hat, nicht unverdient ist, und ich 
möchte sie zur Anwendung empfehlen. 

Herr Lindner: Ich möchte Herrn Collegen Körte beistimmen, dass 
wir die Dilatation doch nicht entbehren können. Wir werden kaum jede 
Patientin, die mit Strictur des Rectums wegen Lues zu uns kommt, dazu 
bewegen können, sich eine Colostomie machen zu lassen. Ich habo bei 
der Dilatation hauptsächlich die Küster’sehe Methode angewandt, d. h. 
die Strictur eingekerbt, dann mit dem bekannten Metallspeculum von 
Küster gesprengt und nachher mit dem Stift die wunden Stellen geätzt. 
Meine Resultate sind nicht schlecht gewesen, aber ich habe allerdings 
in der letzten Zeit einen Fall erlebt, in dem ich durch meine Manipulation 
am unteren Theil des Rectums hoch oben Ulcerationen zur Perforation 
gebracht hatte und die Patientin an Peritonitis verlor. Immerhin habe 
ich doch eine viel bessere Wirkung dieser Methode von Küster be¬ 
obachtet, die ich als Assistent bei ihm schon häufig habe mit Erfolg 
anwenden sehen, als gerade von den Mastdarmbougies. Allerdings habe 
ich die Form, welche Herr College Körte oben geschildert hat, bisher 
noeb nicht angewendet. 

Herr Schuchardt: Ueber die definitiven Resultate kann ich aller¬ 
dings noch keine endgültige Auskunft geben. Was die Einwendungen des 
Herrn Hahn anbetrifft, so glaube ich auch, dass die Aetiologie damit 
nicht erschöpft ist, dass man sagt, es sind das alles syphilitische Ge¬ 
schwüre, sondern es können gewiss auch einmal anderweitige Ulce¬ 
rationen im Rectum Vorkommen, auch auf dem Boden von Gonorrhoe 
u. s. w. Es ist eben nöthig, in jedem einzelnen Falle das genau 
mikroskopisch zu eonstatiren. Ich glaube, dass dadurch allein die Frage 
der Aetiologie geklärt -werden kann. Ich möchte Sie nochmals ganz 
besonders 1) auf diese eigenthümlicben schwarzrothen Knoten aufmerksam 
machen, die man auf der Schleimhaut, und zwar an der Grenze der 
gesunden und der ulcerirten Schleimhaut bei Operationen vornndet, die, 
wie gesagt, bei keiner anderen Darmaffection vorhanden sind und die, wie 
ich noch hervorheben will, mikroskopisch aus kleinzelhger Infiltration, 
dilatirten Blutgefässen und Blutextravasaten bestehen, 2) auf diegura- 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


114 


raösen Wucherungen in der Submucosa, in der Muscularis und der 
Mucosa, -wie Sie sie nachher am exstirpirten Präparat in den frischeren 
Fällen constatiren können. 

Herr Rose: Die hartnäckigsten Fälle von diesen Stricturen im 
Mastdarm sind nach dem, was ich gesehen, diejenigen, bei denen auf 
infiltrirtem Boden ringförmige Stricturen mit halbhaselnussgrossen harten 
Buckeln in der Länge des Mastdarms wechseln. Es hat das eine Analogie 
mit der Elephantiasis spuria tuberosa, wie wir sie auf der «äusseren Haut 
kennen. Ich nenne sie deshalb immer schlechtweg Elephantiasis recti. 
Hervorgebracht ist das alles durch den lokalen Reiz der Secrete und 
nicht mehr durch die Lues. So kann ich eben constatiren, dass ganz die¬ 
selbe Elephantiasis recti, wie sie sich nach Gonorrhoe und Lues entwickelt, 
auch vorkommt durch tropische Dvsenterieen. So habe ich vor etwa 
25 Jahren eine Haushälterin behandelt, die mir aus Calcutta zugekommen 
ist, welche nach tropischer Dysenterie die Elephantiasis recti bekommen 
hatte. Von Lues und Gonorrhoe war bei ihr nicht die Rede. Sie ist durch 
eine geduldige und sanfte Bougiecur bei peinlicher Sauberkeit vollständig ge¬ 
heilt worden. Definitiv, kann ich sagen, ist sie geheilt; denn ungefähr zehn 
Jahre später ist sie auf der inneren Klinik in Zürich an acuter Pneumonie 
gestorben. Das Präparat des Mastdarms wurde mir übergeben, und ich 
habe mich überzeugt, dass von allen harten Buckeln, die den ganzen Mast¬ 
darm bis zum Sphincter tertius besetzt hatten, nicht die Spur mehr übrig 
war, noch sich etwa neue gebildet hatten. Im Gegentheil machte die 
Schleimhaut, die sich an Stelle derselben wohl ausgedehnt hatte, mehr 
den Eindruck einer gewissen Atrophie, einer netzförmigen, wohl an Stelle 
der ehemaligen intertuberosen Rhagaden. Es entsprach das ganz meinen 
übrigen Erfahrungen bei dieser sonst angeblich syphilitischen Elephantiasis 
recti, einer höchstens quaternären Form, wenn man so sagen will. Wenn 
ich auch selbst seit meinem Vortrag in der cfintonalen Versammlung 
Zürcher Aerzte im Jahre 1868‘) oft Propag«anda für die Colotomie gemacht 
habe, so habe ich sie doch bei diesen gutartigen Fällen nie für nöthig 
gefunden, ebensowenig wie Excisionon, höchstens habe ich einmal zur 
Erleichterung der lokalen Behandlung bei weiterem Hinaufgehen die Rec- 
totomie längs dem Kreuzbein hinauf gemacht 3 ), allenfalls in Verbindung 
mit meiner Amputation des Wirbelcanals. 

Herr Schlange: Bezüglich der Recidive nach Operation wegen 
syphilitischer Mastdarmstricturen möchte ich bemerken, dass ich früher 
bei einer Frau 25 cm oines so erkrankten Darms resecirt hatte. Bei der 
Darmnaht, die ca. 5 cm oberhalb der Anus erfolgte, hatte ich den Ein¬ 
druck, dass alles Kranke entfernt sei. Als ich aber die Frau zwei Jahre 
später wieder untersuchte, fand ich in dem oberhalb der Nahtstelle ge¬ 
legenen Darmabschnitt genau dieselbe Verengerung mit Schleimhaut¬ 
geschwüren. wie vor der Operation. Es handelt sich hier überhaupt wohl 
meist um ein diffuses Leiden, und ich fürchte, wir w T erden nicht viel mit 
diesen Exstirpationen erreichen. Trotzdem wird man bei sehr engen 
Stricturen, so lange sie auf einen kleinen Bezirk beschränkt sind, doch 
einmal die Operation wieder versuchen müssen. Wie viel das nützen 
wird, wissen wir zur Zeit aber wohl noch nicht. 

Herr J. Wolff: Was Herr Schlange gesagt hat, ist gewiss für die 
Fälle schlimmster Art, für Fälle, in welchen, wie in dem von ihm mit- 
getheilten, die Ulcerationen so woit ausgedehnt sind, dass ein Darmstück 
von 25 cm Länge entfernt werden muss, ganz richtig. Dass indess seine 
Bemerkungen keineswegs für alle Fälle zutreffend sind, das ist kürzlich 
in unserer Januarsitzung durch den damals vorgestellten von mir operirten 
Fall, in welchem zwei Jahre nach der Operation eine vollkommene Heilung 
constatirt werden konnte, bewiesen worden. In diesem Falle waren aller¬ 
dings nur 7 cm vom Darm entfernt worden. 

Herr Langen buch: M. H.! Da von der Prognose dieser traurigen 
Krankheit die Rede ist. möchte ich doch auch einen Beitrag zur Discussion 
liefern. Ich entsinne mich, vor etwa zehn Jahren eine Frau vom Lande 
operirt zu haben; dieselbe hatte auch ausgedehnte Ulcerationen im Mast¬ 
darm, hoch hinaufgehend, und es konnte von einer Operation in loco gar- 
nicht die Rede sein. Ich machte ihr nach längerem nutzlosem Bougiren 
die Colotomie und entliess sie wieder. Ich habe sie im vorigen Jahre 
auf dem Lande wiedergesehen: der Anus praeternaturalis ist zu einer 
ganz kleinen feinen Fistel geschrumpft, und sie löst den Stuhl, wenn auch 
mit etwas Mühe, auf dem natürlichen Wege und ist. ausserordentlich ge¬ 
sund und wohl und frisch. Eine Untersuchung des Anus wollte sie nicht 
gestatten. Jedenfalls liegt aber hier ein Fall vor, wo die Colotomie der 
Kranken für eine Reihe von Jahren die Gesundheit wiedergegeben hat 
und vielleicht auch die Ausheilung des Processes. 


6. Herr Sonnenburg: M. H.! Ich möchte Ihnen ganz in Kürze 
einen Gehirntumor demonstriren, der günstig für die Exstirpation 
war, bei dem aber die Operation selber aus Gründen, die ich gleich 
erwähnen werde, hat unterbrochen werden müssen. Der Tumor, 
fast von der Grösse einer Faust, lag in der linken Hemisphäre und 
hatte beim Wachsen die Gehirnsubstanz nach allen Seiten verdrängt 
und dort eine mächtige Delle verursacht. 

Der Patient ist seit 1889 krank; da kamen die ersten Schwindel- 
Unfälle vor. Dazu gesellten sich im Laufe der nächsten Jahre Kopf- 
Hchmerzen, Zucken m der oberen und unteren Extremität, Allmählich 
entwickelten sich die typischen Symptome eines langsam wachsenden Tu- 
rv. er ganz b ? tin,m J lokalisirt werden konnte. & traten Contracturen 
und Lähmungen der rechten oberen Extremität, ebenso später der rechten 
unteren Extremität auf, ferner noch Paresen im Gebiet des Facialis, des 
Hypoglossus sowie eine Atrophie des Sehnerven auf der rechten Seite. 
Alle diese Erscheinungen liessen also klinisch den Sitz des Tumors be¬ 
stimmt zu beiden Seiten der Roland’schen Furche annehmen, mit Aus- 


») Vgl. Berl. klin. Wochenschrift 1869, No. 13. 

) Vgl. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. 32. S. 221. 


No. 15 

dehnung wahrscheinlich nach den Stirnwindungen sowie in das Facials 
und Hypoglossusgebiet. Es war dies ein typischer Fall, bei dem £> 
Diagnose absolut sicher gestellt werden konnte. Infolgedessen war auch 
eine operative Entfernung des Tumors berechtigt. Der Patient wünscht* 
selber, dass irgend etwas gemacht werden sollte, weil die Kopfschmerz« 
besonders in der letzten Zeit unerträglich geworden waren, Kopfschmerze 
die sich auf beiden Seiten des Kopfes zeigten, besonders aber beim Be¬ 
klopfen der linken Kopfseite sich noch steigerten. Da er auch im Jahr, 
1879 einen Schanker acquirirt hatte, lag die Möglichkeit nahe, dass 
sich hier um eine Gummigeschwulst handeln könnte, doch hatte eine 
Schmiercur sowie Jodkalium auf die Kopfschmerzen und die übrigen Symp¬ 
tome keinen Einfluss gehabt. Ich entschloss mich daher zur temporär« 
Resection des Schädels, die ich mit der von mir angegebenen elektrisch«, 
Säge gut und bequem ausführte, nachdem vorher nach der ausgezeichnet« 
Methode von Köhler die Lage der Roland’schen Furche bestimmt 
worden war. Ich resecirte einen grossen Knochenlappen, der, wie Sie« 
dem Präparate sehen können, absolut genau der Lage und Grösse de> 
Tumors entsprach, so dass die Entfernung der Geschwulst durch d« 
Knochendefect leicht hätte erfolgen können. Aber es sollte nicht dan 
kommen, weil bedenkliche Erscheinungen gleich zu Beginn der Chloroform 
narkose auftraten, indem der Puls nach wenigen Athemzügen kaum noch 
fühlbar blieb. Ich muss vorausschicken, dass Hirndruckerschemunzec 
eigentlich vor der Operation nicht ausgesprochen waren. Der Puls var 
72, Temperaturerhöhung war nicht vorhanden, es waren auch kein Schwindel, 
kein Erbrechen da, also jedenfalls keine acuten Hirndruckerschemunc« 
vorhanden. Also bei Beginn der Narkose war der Puls langsamer ge¬ 
worden, er war klein und schlecht zu fühlen, so dass schon Kamph«- 
injectionen gemacht wurden. Ich wartete einige Zeit, es wurden <k: 
Patienten nur 20 g Chloroform verabreicht, ein ganz kleines Quantum.« 
war auch ziemlich schnell betäubt, ich cröffnete den Schädel mit (k 
elektromotorischen Säge. Der Puls wurde jetzt wieder etwas besser, ge- 
wissermaassen als wäre nach Abhebung der Knochenplatte der Hirndnul 
geringer. Die nicht pulsirende, verfärbte Dura wurde gespalten, und nur. 
lag der Tumor vor uns. Bei dem Versuche aber ihn auszuschälen, collabirt^ 
der Patient, und ich musste nach Entfernung eines Stückes des verhältnis¬ 
mässig harten Tumors von einer weiteren Operation abstehen, da der Pul, 
nicht mehl* zu fühlen war und die Respiration «auch sistirte. Der Patieni 
wurde in’s Bett gebracht, erholte sich etwas, starb aber am Nachmittag. 
Der Tumor erwies sich als ein Fibrosarkom von mächtiger Ausdehnung 
aber gut circumscript und leicht ausschälbar. 

Dass der Patient plötzlich, bevor die Operation überhaupt ihren 
Anfang genommen hatte, unter den Erscheinungen zunehmenden 
Hirndrucks zugrunde gegangen ist, ist ein Ereigniss, das gerade 
bei Hirntumoren nicht selten ist: ein unbedeutendes Accidens kann 
plötzlich den Tod herbeiführen. Wir wissen, dass unter den An¬ 
zeichen einer Apoplexie, ohne dass Blutungen eingetreten wären, 
die Patienten mit Gehirntumoren plötzlich zugrunde gehen, besonder* 
bei Fällen, wo Gehirntumoren latent gewesen sind. Eine geringe 
Zunahme der Stauungs- und Hirndruekerscheinungen, wie dieselbe 
durch die Vorbereitungen zur Operation und Einleitung der Narkose 
möglicherweise hervorgerufen worden ist, hat genügt, die Läh¬ 
mungen herbeizuführen. (Der Fall wird in extenso publicirt werden.! 

Discussion: Herr Gueterbock: Sind Metastasen vorhanden.' 

Herr Sonnenburg: Nein. . , 

Herr Israel: Ich möchte bloss noch fragen, war denn die UencMi 
gross genug, um den Tumor mit dem Finger umgehen zu können, m« 
hätte, wenn man die Exstirpation hätte fortsetzen wollen, die Oefrnnns. 
erweitert werden müssen? _ . . . • 

Herr Sonnenburg: Der Tumor konnte, wie wir das bei der Au p 
haben constatiren können, durch die Oeflhung bequem herausgenom 
werden. 


7. HerrPaulWolff:AscarislumbriooidesimWuimfört* 
Vor vier Wochen wurde in das Lazaruskrankenhaus ein Knabe 
geliefert, der an schwerer Diphtherie erkrankt war. Wir mussten *o 
die Tracheotomie vornehmen. Im Laufe der Behandlung stell en 
im rechten Kniegelenk und an anderen Stellen eitrige Entzun 8 
ein. Danach bekam er Lungenentzündung und starb scnie* 

In den letzten Wochen merkten wir bei der Untersuchung, 
in der Heocöcalgegend auf Druck deutliche Schmerzemp 
bestand. Wir hatten den Eindruck, dass in der Gegend { * 
cessus vermiformis ein vielleicht bleistiftstarker, kalb J e 
Strang an der Darmbeinschaufel fortlief.. Wir sagten uns, d tjön 
der abgeschnürte Processus vermiformis sein. Bei der in 

zeigte sich, wie wir den Wurmfortsatz sahen, dass de n 

Wirklichkeit in der Gegend gelegen hatte, in der wir iIu L 
glaubten und dass in demselben ein ziemlich langer ^ 
Wir haben den Wurm darin gelassen. Es ist em A*<- 
bricoides. .. ^ iJ 

Herr Israel: Ich möchte im Anschluss daran 
vor einigen Tagen einer Wärterin im Krankenhaus eii - ^ p er j. 
vermiformis exstirpirte, welche an einem zweiten - K€C1 , ,,. nen jv 
typhlitis litt. Es fanden sich in diesem erheblich anges 
cessus vermiformis zwei lebendige Tänienglieder. 

8. Herr Körte: a) Demonstration von Präparaten V p - arat , 
Verschluss. M. H.l Ich habe Ihnen hier eine Anau»^ 

von Ileus mitgebracht, die sich im Laufe der Jahre D 
reichlichen Material des Krankenhauses ergeben habe . 


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18. October. _VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


115 


Fälle sind solche, wo das Diverticulum Meckelii schuld ist an der 
Einklemmung. 

Fall 1. An dem ersten Präparat ßehen Sie ein Convolut dünner 
Darmschlingen durch ein Darmdivertikel, welches mit der Spitze am 
Mesenterium eines benachbarten Darmes adhärent geworden war, einge¬ 
schnürt. Die Einklemmung hat ihren Sitz dicht oberhalb des Coecums, 
welches mitsammt dem Processus vermiformis am Präparat zu sehen ist! 

Fall 2. Dieses zweite Präparat ist seltenerer Art. Ich fand bei der 
Operation eines kräftigen Mannes, der ganz acut an Darmverschluss er¬ 
krankt war, in der Tiefe des kleinen Beckens ein Convolut zusammen¬ 
geklebter Darmschlingen. Ich war sehr froh, das Hinderniss so schnell 
gefunden zu haben, zog eine grössere Menge Darm heraus und entdeckte 
nun Folgendes. Es findet sich hier am Dann eine Membran,1 welche im 
entfalteten Zustande von gut handgrosser Ausdehnung ist. Diese Membran 
entspringt Yon der dem Mesenterium entgegengesetzten Seite einer Dünn¬ 
darmschlinge. An dieser Dünndarmschlinge sehen Sie hier wieder das 
Diverticulum, an welchem sich die Membran fast nach der Art eines 
Mesenteriolum fortsetzt. Diese Membran war wie eine Tasche, wie eine 
Mütze über ein grosses Convolut von Darmschlingen herübergestülpt und 
sass hier mit dem freien Rande am Mesenterium fest. In der so ent¬ 
standenen Tasche war der Darm eingeklemmt. Durch Einkerbung der 
Membran und Ablösung der Verbindung des freien Randes mit dem Me¬ 
senterium wurde die Einschnürung gehoben. (Demonstration.) Das 
Diverticulum selbst war nach hinten adhärent gewesen und liess sich 
ziemlich leicht lösen. Ich habe in dem Werke von Treves, wo sich die 
grösste Casuistik über Darmobstructionen findet, einen ähnlichen Fall nicht 
finden können. 

Fall 3. In dem nächsten Falle handelte es sich ebenfalls um eine 
Darmeinklemmung durch ein Diverticulum, welches in der Nabelgegend 
adhärent und zu einem Strange ausgezogen war. Der Darm war an der 
Schnürfurche gangränös geworden. Nachdem ich den Strang getrennt und 
dabei erkannt hatte, dass es ein Diverticulum war, stülpte ich es in den 
Darm ein und verschloss die nach dem Darm führende Mündung durch 
Nähte. Die nekrotische Schnürfurche an der Einklemmungsstelle übernähte 
ich mit benachbartem Peritoneum. Wie Sie am Präparat sehen, ist etwa 
zwei Drittel der Gircumferenz des Darmes übernäht. Die Patientin, von 
der das Präparat stammt, starb am dritten Tage nach der Operation im 
Collaps. Bei der Section zeigte sich, dass an der Stelle der Schnürfurche 
die Continuität des Darmes nicht unterbrochen war, im Innern des Darmes 
bemerkt man eine vorspringende Falte. Das Lumen des Darmes ist durch¬ 
gängig. Diese Uebemähung nekrotischer oder brandverdächtiger Schnür- 
furchen hat mir auch in entsprechenden Fällen von Brucheinklemmung 
verschiedentlich gute Dienste gethan. Ich habe das Präparat mitgebracht, 
um die Wirkungsweise der FaJtenübernähung am Darme zu zeigen. 

Fall 4. Den vierten Fall von Divertikeleinklemmung hatte ich schon 
die Ehre Ihnen zu zeigen. 

Fall 5 stammt von einem Knaben, welcher die Gewohnheit hatte, 
Kirschen mit ihren Kernen zu verzehren. Er hatte das an einem schönen 
Sommertag in sehr grossen Massen gethan und kam ins Krankenhaus unter 
den Erscheinungen heftigster Peritonitis. Ob daneben Darm Verschluss vor¬ 
lag, war vor der Operation nicht ganz sicher. Es wurde der Bauchschnitt ge¬ 
macht und dabei eitrige Peritonitis gefunden. Der äusserst collabirte 
Kranke starb bald nach dem Eingriff, der nur in der Eröffnung des Bauches 
und Ablassung des Eiters bestand. Bei der Section fand sich dieses 
Divertikel, welches mit Kirschkernen gefüllt war. Von da aus war die 
jauchige Peritonitis eingetreten. 

Fall 6, ein Fall von einer intrauterin entstandener Strang- 
abklemmung des Dünndarmes, betraf ein neugeborenes Kind, welches 
in der Beobachtung des Collegen Rothmann stand 1 )« Derselbe war 
am Tage nach der Entbindung zugezogen, weil sich kein Meconium 
entleert hatte. Am siebenten Tage wurde das Kind in sehr elendem 
Zustande in’s Krankenhaus gebracht, mit allen Erscheinungen des Darm¬ 
verschlusses. Der After war nicht verschlossen, der kleine Finger 
konnte in ihn eindringen. Um dem Darminhalt Ausgang zu verschaffen, 
legte ich in der linken Regio iliaca einen Anus praeternaturalis an. Da¬ 
bei fiel mir auf, dass ich bei dem typischen Schnitt nicht, wie sonst stets, 
gleich an die Flexur kam und überhaupt keinen Darm vorziehen konnte, 
den ich als Colon recognosciren konnte. Ich musste deshalb eine der ge¬ 
bläkten Dünndarmschlingen annähen. Das Kind bekam Stuhlgang aus der 
künstlichen Oeffhung, nahm auch Nahrung, starb aber fünf Tage später 
an Erschöpfung. Bei der Section fand ich nun Folgendes: Das Rectum, 
Colon, Coecum und die unterste Partie des Dünndarmes war völlig 
zusammengefallen, strangartig, doch liess sich die untere Darmpartie 
durch Luft aufblasen. Eine sehr stark geblähte Schlinge dicht am 
Leberrande ist um die Axe gedreht und in dieser Stellung adhärent 
geworden durch einen Strang, der zur Leber zieht, und einen zweiten, 
der zu einer oberen Dünndarmschlinge geht. — Unter diesen Adhäsionen 
ist der Darm derartig abgeknickt, dass sich aus dem erweiterten Darm¬ 
stück kein Inhalt in den unteren Darmtheil herüberpressen lässt. — 
Die central von der Einklemmung gelegene Dünndarmpartie ist stark 
ausgedehnt. Eine dicht oberhalb des Hindernisses gelegene Darmpartie 
war eingenäht worden. Es muss also intrauterin eine Verdrehung 
des Darms und dann eine Peritonitis, die zu diesen scharfen Verw r achsungen 
geführt hat, eingetreten sein. 

Fall 7. Eine zweite Darmeinklemmung bei einem ganz kleinen 
Kinde hat dadurch ein gewisses Interesse, dass es sich ganz entschieden 
in diesem Falle um eine Darmwandabklemmung gehandelt hat. Das sieben¬ 
monatliche Kind kam mit schweren Ileuserscheinungen auf meine Ab¬ 
theilung, und ich machte auf den Wunsch der behandelnden Collegen den 

*) cf. diese Wochenschr, 1894, No, 2, S. 37, 


Versuch, die Einklemmung zu heben. Ich habe den Schnitt hoch angelegt, 
weil verschiedene Gründe auf ein Hinderniss im oberen Theil der Bauch¬ 
höhle hinwiesen — wir dachten an einen angeborenen Zwerchfellbruch. 
Ich fand oben kein Hinderniss; als ich aber mit der Hand nach der 
Tiefe des kleinen Beckens, nach der Coecalgegend kam, hatte ich das Gefühl, 
als ob ich unter einem Strang eine Darmschlinge mit dem Finger hervor¬ 
holte, und es füllten sich gleichzeitig Darmabschnitte, die bis dahin zu¬ 
sammengefallen gewesen waren. In diesem Moment collabirte jedoch das 
Kind, so dass ich auf Besichtigung der gelösten Darmschlinge, die nur 
durch ausgedehnte Spaltung möglich gewesen wäre, verzichtete und die 
Bauchwunde schloss. Das Kind ging leider zugrunde, und ich fand bei 
der Section diesen Befund. Hier ist eine Vorbuckclung der Darmwand, 
welche nicht ganz um die Circumferenz des Darmes herumgoht, sondern 
nur etwa zwei Drittel oder drei Viertel des Darmumfanges betrifft. Die 
Serosa ist an diesen Stellen mit entzündlichen Auflagerungen bedeckt. 
Als Ort der Abklemmung fand ich bei der Section eine tiefe Tasche 
zwischen Adhäsionssträngen, welche von der Radix mesenterii der Flexura 
coli iliaca nach der Coecalgegend hinzogen. In der dadurch gebildeten 
hernienartigen Tasche hatte sich die Darmwand eingeklemmt. 

Dann habe ich zwei Fälle von Invagination. 

Fall 8. Eine Invagination des unteren Ileum mitsammt dem 
Coecum und Processus vermiformis in das Colon. Die Invagination wurde 
intra vitam nicht gehoben. Das Präparat wurde bei dor Section gefunden. 
An einer Stelle guckt aus einer Oeffnung des Intussusceptum mit 
nekrotischen Rändern der Processus vermiformis heraus. Es hat sich hier 
eine Perforation gebildet. Das invaginirte Darmstück ist stark geschwollen 
und sah bei der Section blauroth aus. Das Intussuscipiens habe ich ge¬ 
spalten, so dass man die inneren Theile übersehen kann. 

Fall 9 stellt ein Präparat dar, welches den Zustand des Darmes 
nach einer zwar gelungenen, aber nicht von Erfolg gekrönten Des- 
invagination veranschaulicht. Es handelt sich um ein vieljähriges Kind, 
welches ziemlich bald nach der Invagmation in meine Behandlung 
kam und bei dem ich, da ich in der Tiefe der rechten Darmbeingrubo 
eine wurstförmige Geschwulst fühlen konnte und die übrigen typischen 
Symptome vorhanden waren, zur Operation schritt. Ich konnte "die In¬ 
vagination, welche im rechten Becken lag, leicht zu Tage fördern und 
sie auch leicht reponiren durch Zug am oberen Ende, unterstützt 
durch Druck von aussen auf den invaginirten Darmtheil. Der Darm sah 
nicht nekrotisch aus. Das Kind ist im Collaps einige Stunden später zu¬ 
grunde gegangen. Die Invagination begann 34 cm oberhalb der Ileocöcal- 
klappe, in diesem Bereiche ist die Darm Schleimhaut stark geschwollen, 
blauroth, mit Hämorrhagieen durchsetzt, die Consistenz der Darmwand 
jedoch war eine leidlich gute. An mehreren Stellen befinden sich Ge¬ 
schwüre in der Schleimhaut, die Peyer’schen Plaques sind stark ge¬ 
schwollen, an der Valvula Bauhini schneidet die Entzündung ab. 

Fall 10. Das letzte Präparat ist auch ein Leichenbefund. Es handelt 
sich um ein l'/sjähriges Kind, welches mit siebentägiger Stuhlverstopfung 
auf die Abtheilung kam, aber durch hohe Eingiessungen und bei der 
digitalen Rectaluntersuchung recht reichlich Koth entleerto. Dabei hatte 
ich ein kleines Knötchen vom Rectum aus gefühlt, welches ich für ein 
Netzklümpchen oder geschwollene Mesenterialdrüsen ansah. Obwohl das 
Kind reichlich Stuhlgang hatte, starb es. Bei der Section fand ich das 
untere Ende des Ileum colossal aufgebläht. An dieser Stelle sass das 
gefühlte Knötchen, welches eine Infiltration der Darmwand darstellte, und 
da ist, wenn Sie von oben hineinsehen, der Darm fast verschlossen durch 
eine ringförmige Verengerung, die nur eine feine Sonde durchlässt. Von 
unten her können Sie sehen, wie die Schleimhaut an der Verengerungs¬ 
stelle noch ein Stück tiefer in den abführenden Darm eingestülpt ist. 

b) Demonstration eines Präparates von Choledochusstein. 

Die Patientin, der das Präparat entstammt, hat im Jahre 1891 eine 
schwere Gallenblaseneiterung durchgemacht, verbunden mit starken Ad¬ 
häsionsbildungen. Sie wurde operirt, und zwar wurde zweimal die Gallen¬ 
blase aufgeschnitten und Eiter und Steine entleert. Der bei der zweiten 
Operation entfernte Stein lag in einer Aussenkung der Gallenblase. Ich 
entnehme diese Krankengeschichte der Veröffentlichung des Herrn Lindner 
(cf. Berl. klin. Wochenschrift 1892, No. 11). Die Patientin ist dann mit 
einer Fistel geheilt entlassen worden und hat nach ihrer Aussage, die sie 
bei uns im Krankenhause machte, eine Weile mit der Fistel gelebt. Dann 
hat sich die Fistel geschlossen. Sie kam in das Krankenhaus am Urban 
am 11. Februar 1894 in einem äusserst collabirten Zustande, so dass von 
einer chirurgischen Behandlung nicht die Rede war, und starb auf der 
inneren Abtheilung am 20. Februar 1894. Bei der Section fand sich nun 
zunächst eine colossale Verwachsungsmasse in der Gegend der Gallenblase 
sowohl auf der Oberseite der Leber, wie auf der unteren Seite derselben. 
Die Gallenblase war klein, geschrumpft, aber mit guter Schleimhaut aus- 

S ekleidet, ohne Steine, ohne Eiter, am Fundus findet sich eine strahlige 
’arbe, die von der früheren Operation (Cholecystostomie) herrührt. Von, 
der Gallenblase aus geht nun zunächst dor Cysticus ganz in normaler 
Weise in den Choledochus über. In dem Choledochus sieht man, wenn 
man denselben aufklappt, einen grossen Stein, welcher gerade da 
liegt, wo der Choledochus sich vom Cysticus abzweigt. Warum hatte die 
Patientin keine Gallenstauung? Dafür findet sich die Erklärung in 
einem Fistelgang, welcher von der Gallenblase nach dem Duodenum geht. 
Es hat also die Galle hier durchlaufon können, so dass keine Gallenstauung 
bestand. Der Choledochus mündet in normaler Weise in das Duodenum, 
der Anfangstheil des Choledochus, in welchem der mehr eckige, ca. hasel¬ 
nussgrosse Stein liegt, ist von dicken Schwarten derart umgeben, dass 
man von aussen her schwer oder gamicht an den Stein gelangen konnte, 
zumal in der früheren Krankengeschichte bereits erwähnt ist, dass auch 
die Gallenblase derart von Verwachsungen umgeben war, dass eine Orien- 
tirung nur sehr schwierig war. 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


116 


Ko. .15 


Ich meine, dieser Fall lehrt folgendes. Erstens, dass ein Stein 
im Choledochus auch dann ein durchaus folgenschweres und un¬ 
angenehmes Accidens ist, wenn die Galle nebenbei abfliessen kann. 
Wir sollen also nicht glauben, dass, wenn wir bei Choledochus- 
verschluss durch Steine die Gallenblase mit dem Darm vernäht 
und so der Galle den Abfluss in den Darm gesichert haben, w r ir 
dann die Kranken geheilt haben. Diese Fistelbildung hat hier die 
Natur selbst ausgeführt, Gallenstauung bestand also nicht. — Der 
Stein hat aber offenbar weiter die Schleimhaut des Gallenganges 
gereizt, so dass von da aus eine eitrige Cholangitis entstanden ist. 
Im linken Leberlappen sehen Sie zahlreiche Abseesse, die dem Ver¬ 
laufe der Gallengänge folgen. Diese Lebereiterung hat den Tod 
der Kranken herbeigeführt. Wenn irgend möglich, soll man also 
danach streben, einen Choledochusstein durch Incision des Gallen¬ 
ganges zu entfernen. Das vorliegende Präparat lehrt aber zweitens, 
dass es bei Vorhandensein so schwartiger, starrer Adhäsionsmassen 
ausserordentlich schwer oder unmöglich sein kann, an den Stein 
heranzukommen und den Choledochus so freizulegen, wie es für 
eine Choledochotomie erforderlich ist. Oft werden es die dichten 
Verwachsungen sogar verhindern, dass man nach Eröffnung der 
Bauchhöhle den Stein fühlt. 

In solchen Fällen ist die Umgehung des Hindernisses durch 
Gallenblasendarmfistelbildung ein Palliativmittel, welches den 
Kranken aber nicht vor allen Gefahren schützt, nämlich nicht vor 
der durch den Stein erregten Cholangitis. Wie lange der Stein 
dagelegen hat, ist schwer zu sagen. Ob er schon vor der ersten 
Operation da gelegen hat oder sich später neu gebildet hat, ent¬ 
zieht sich unserer Kenntniss, weil wir nicht wissen, wie schnell 
sich Concremente in den Gallenwegen bilden können. 


II. Verein für wissenscliaftliclie Heilkunde 
in Königsberg i. Pr. 


Sitzung am 21. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Dohrn; Schriftführer: Herr Nauwerck. 

Vor der Tagesordnung zeigt 1. Herr Dohrn mehrere durch 
Laparotomie entfernte Geschwülste des Ovariums und des 
Uterus vor. 2. Herr Nauwerck demonstrirt ein ungewöhn¬ 
lich grosses, 14 cm langes (Umfang an der Basis 13 cm), 
widderhornartig gebildetes Hauthorn, welches sich bei einem 
46 Jahre alten Manne nach einem Sturz auf den Rücken im Ver¬ 
lauf von drei Jahren entwickelt hatte; das von Herrn Geh. San.- 
Rath Dr. Hufschraid in Räuden operirte Hauthorn sass 
rechts auf der Höhe des sechsten Brustwirbels zwischen Wirbel¬ 
säule und Scapula. 

1. Herr Gerber berichtet: a) Ueber einen Nasenrach en.- 
polypen, als Parallelfall zu einem in einer früheren Sitzung dieses 
Jahres vorgestellten Fall. Diesmal handelte es sich um einen 
echten Basispolypen bei einem 15jährigen Fleischerburschen. Die 
Abbildung wird vorgelegt. Die Therapie bestand in Elektrolyse, 
deren Schmerzhaftigkeit den Patienten veranlasste, aus der Be¬ 
handlung fortzubleiben. 

b) Vorstellung einer 42jährigen Frau, die — früher gesund ge¬ 
wesen, ohne Anzeichen von Lues oder Tuberkulose — seit Weih¬ 
nachten vorigen Jahres an Schluckbeschwerden, Schmerzen im 
Nacken, Absterben des linken Armes und Anästhesie des linken 
Mittelfingers leidet. Die Inspection des Rachens zeigte die linke 
Hälfte der hinteren Rachenwand gleichmässig von oben nach unten 
in Cylinderform vorgewölbt, die Vorwölbung oben hinter dem 
Gaumeubogen, unten hinter dem Zungenrücken verschwindend 
und — wie aus vorliegender Abbildung erhellt — sich bis zum 
Aditus laryngis erstreckend. Schleimhaut über dem Tumor"normal, 
dieser selbst nicht hart, nicht verschieblich, nicht schmerzhaft. — 
Ausserdem: linke Pupille enger als die rechte. Die durch mikro¬ 
skopische Untersuchung bestätigte Diagnose: Sarkom. Elektro¬ 
lytische Behandlung mit gutem Erfolg. 


c) Junger Mensch von 17 Jahren mit einer doppelten Ve 
wachsung der hinteren Rachenwand einmal mit dem Velu: 
und weiter imten mit der Zungenwurzel. Die erstere, fa 
otal, hat nur einen dünnen Canal hinter der mächtig hypertrophirtc 
Uvula offen gelassen, die letztere eine ringförmige Strictur bewirk 
soda^snur eine etwa 7 mm grosse runde Oeffnung den Eingang zu 
Kehlkopf repräsentirt. Patient selbst, der seiner Rachenverstopfur 
und Luftbeschwerden wegen in Behandlung getreten, führt sein Leid< 
mit Bestimmtheit auf Diphtherie zurück; für die näher liegent 
Annahme einer luetischen Entstehung lassen sich keine sichere 
Anhaltspunkte finden. Die Behandlung war galvanokaustisch ur 
erreichte bisher eine Loslösung des Segels in der Breite von etv 
U ?i 'kj7* 1 1 terun £ der unteren Strictur um mehrere Mill 
metcr. Der Erfolg wird aus dem Vergleich, der vorliegenden Al 


bildungen mit dem jetzigen laryngoskopisehen Bilde demonstrirt 
(Näheres über den Fall wird anderen Ortes mitgetheilt werden) 

d) Zwei Parallelfälle, die in ihrem allgemeinen Status 
wohl wie in den Residuen der jetzt grösstentheils abgelaufenen 
localen Veränderungen sehr viel gemeinsam haben und doch durchaus 
verschiedener Natur sind. Die beiden vorgestellten jungen Leub 
werden für Knaben von 12 und 14 Jahren gehalten, sind aber in 
der That 18 und 16 Jahre alt und bieten demnach jenes auf einer 
Entwicklungshemmung („arröt du däveloppement“) beruhende Svinp. 
tom des „infantilisme“ dar, das Four nier als typisch für hereditäre 
Lues beschrieben hat. Diese Aetiologie liegt aber nur bei dem 
einen Fall vor, indess der andere viel interessantere 18jährige, dem 
man nicht mehr wie 12 Jahre giebt, tuberkulös ist, wie Heredität 
der Erfolg einer früher durchgemachten Tuberkulincur und der 
jetzt angewandten Therapie (Bacillen konnten nicht nachgewiesen 
werden) beweist. Besonders bemerkenswert!! an dem Fall ist auch 
die — wenn man so sagen darf—pseudoluetischcErscheinungs¬ 
weise der lokalen Veränderungen in Nase, Rachen und Kehlkopf. Der 
grosse Defeet des Septum narium, des Velum und der Epiglottis lassen 
durchaus zuerst an Lues denken. — Zur Zeit ist unter einer anti¬ 
tuberkulösen Therapie ein völliger Stillstand der Processe ein¬ 
getreten. Patient ist bereits seit etwa einem halben Jahr ausser 
Behandlung, und wenn man nicht sagen will: er ist geheilt, so ist 
doch die Dyskrasie völlig latent geworden. (Der Patient wird 
demonstrirt.) 

e) Vorstellung eines Falles von Rhinitis fibrinosa der rechten 
Nasenhälfte, in deren Membranen Herr Dr. Podack von der König¬ 
lichen medicinischen Klinik Löffler’sehe Bacillen nachgewiesen 
hat: mit Bouillonculturen geimpfte Meerschweinchen starben 
Section: Diphtherie. (Abimpfungen werden herumgereicht.) 

f) Vorstellung einer Frau mit starker — durch massenhafte 
Polypen bewirkter — Auftreibung des Nasengerüstes. 

g) Bild eines an hochgradiger „Aprosexia nasalis“ leidenden 
16jährigen Patienten. 


2. Herr Hallervorden: Ueber Heilungsvorgänge bei Me¬ 
lancholie. Das Schema des Heilungsverlaufes, wie es m der 
Sitzung am 2. April aufgestellt wurde, lässt noch verschiedene 
Modificationen und Spielarten zu. Vorerst kann eine oder die 
andere Phase des Prozesses einfach fehlen, ohne dass im 
übrigen eine Aenderung eintritt. Nicht jede Melancholie schreitet 
bis zur Verwirrtheit, ja nicht einmal bis zu Sinnestäuschungen 
vor; andererseits ist manche Melancholie, ohne deutliche Sinnes¬ 
täuschungen aufzuweisen, mit Verwirrtheit verbunden: in diesen 
Fällen fehlt natürlich dem Decrementum dasselbe Element, das 
schon dem Incrementum resp. der Acme fehlte. 

Eine besondere Modification entsteht während der dritten Heil- 
ungsphase mancher Melancholieen dadurch, dass beim Schwinden 
der Wahnideen der Eintritt der Krankheitseinsicht zunächst aus¬ 
bleibt und dafür eine äusserst heftige Nostalgie Platz greift. Du- 
therapeutische Indieation ist Entlassung aus der Anstalt, wie schon 
Schüle dargethan hat. An einer klinischen Beschreibung jedoch 
fehlt es in der Litteratur. Vortragender berichtet daher eingehem 
über den Verlauf von drei Fällen, wobei er Gelegenheit nun®, 
diese Genesungsnostalgieen von den zahlreichen Hinausdrängern 
gewöhnlichen Schlages zu differenziren, besonders durch Dean - 
wortung folgender Fragen: ob das Hinausdrängen zielbewu« e> 
Heimweh oder zielloser locomotorischer Trieb — ob es Selbstzwec 
oder Mittel zum Zweck — ob es der hauptsächlichste und u jer 
wiegende Gemüthsinhalt, oder ob es nur ein Symptom zwei ^ 
Ranges hinter anderen Hauptsymptomen sei —■ ob ein £ eWI ** 
Umschwung in der Krankheit vorangegangen sei, welcher we <- 
stens die Möglichkeit der eingetretenen Reconvalescenz zu ,, 
Die Analyse der vorgetragenen Fälle ergab übereinstunmen 


1) Das Hinausdrängen datirt bei ihnen vom Tage er 

nähme in die Anstalt. . , t i tr 

2) Nach mehrwöchentlichem bis mehrmonatlichem * 

aufenthalt Nachlass der Melancholie entsprechend dem . ‘ 
innerhalb der dritten Phase verschwinden die Verschuldung* ^ 
es persistiren, mit Heimweh verbunden, die Ideen von 
Unglück. Tj inallr 

3) Keine Spur von Krankheitseinsicht; das heftige 
drängen verdeckt die Reconvalescenz. 

4) Heilung durch Entlassung. , 

Vortragender erinnert zum Schluss daran, das»! ’ * 

nur für solche Manieen und Melancholieen Geltung e *■ ^ 

könne, welche nach dem Sprachgebrauch als functionene 
werden, 


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18. Octobcr. 


VEREINS-BEILAG E DER DEUT SCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


117 


III. Unterelsässisclier Aerzteverein in 
Strassburg. 

Sitzung am 26. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Laqueur. 

1. Herr F. Fischer: Krankenvorstellung, a) Eines durch 
Thiersoh’sche Transplantationen geheilten Hautdefectes an 
der äusseren Seite des linken Unterschenkels; der Defect hatte eine 
Länge von 17 cm, eine Breite von 7 cm. Die Transplantationen 
waren vor fünf Wochen, streng nach der Tliiersch’schen Vor¬ 
schrift, ausgeführt worden. 

b) Exstirpation eines Teratoms der Blase. Hoher Blasen¬ 
schnitt. (Der Fall wird später ausführlich beschrieben werden.) 

c) Exstirpation einer Fetthernie in der Linea alba, die sehr 
heftige Gastralgieen machte. Vortragender empfiehlt die leicht 
ausführbare Operation. 

2. Herr Fürstner stellt zwei Fälle von Tremor vor, die 
neben anderen Erscheinungen im Anschluss an Traumen aufge¬ 
treten waren. 

Beide male handelte es sieh um ältere Männer (65. 72 Jahre), die aber 
körperlich und geistig noch völlig rüstig waren. Mit dem Trauma war eine 
hochgradige Gemüthsbewegung verbunden gewesen, ln dem ersten Falle 
folgte der Tremor der verbal tnissniässig leichten Verletzung (Abtrennung 
der Haut vom Thenar und der Volarfläche des Daumens) sofort, im zweiten, 
einer gleichfalls leichten Contusion der Finger der rechten Hand, stellte 
sich der Tremor zunächst nur anfallsweise ein, wurde aber bald dauernd. 

.Der Tremor stellt sich als Schütteltremor mit glcichmässigen, regel¬ 
mässigen, ziemlich ausgiebigen Oscillationen dar, welche sich auf die 
gesammtc Muskulatur der rechten Hand erstrecken; beide male war 
die Stärke des Tremors sofort beträchtlich, neben Flexions- und Exten¬ 
sionsbewegungen wurden abwechselnd auch Pro- und Supinations-, häufig 
auch Sägebewegungen ausgelöst. 

Kein Zittern in einzelnen Fingern oder sonstigen isolirten Muskeln. 
Leichte Beugestellung der Finger, aber keine Adduction des Daumens 
und der Zeigefinger. 

Der durch den Willen nicht zu unterdrückende Tremor ist auch wäh¬ 
rend der Ruhe vorhanden, bei willkürlichen Bewegungen steigert er sich 
nicht sonderlich, wohl aber bei Gemüthsbewegungen, vor allem bei Gewiss¬ 
heit der Kranken, beobachtet zu sein. Gelegentlich gelingt es, den Tremor 
in der Hand durch Fixiren der letzteren zum Stillstand zu bringen, dann 
greift er auf den Vorderarm, endlich auch auf den Oberarm über. Beugt 
man den Arm im Ellbogengelenk und macht schnell hintereinander Beuge¬ 
nd Streckbewegungen, so gelingt es in allen derartigen Fällen, das 
Zittern aufhören zu lassen. 

Lässt man die passiven Bewegungen dann aufhören, so ist oft zu¬ 
nächst eine ganz kurze Pause bemerkbar und zu fühlen; es wird offenbar 
unbewusst ein Willensimpuls ausgelöst, an den der Tremor in der früheren 
W eise wieder anknüpft — im Gegensatz zu anderen Tremorformen. 

In der ganzen oberen Extremität — die rechte scheint besonders 
disponirt zu sein — leichte Parese, die einzelnen Fingerbewegungen 
werden langsamer ausgeführt, aber keine eigentliche Spannung, weder in 
den Fingern noch in der Armmuskulatur. 

Ausserdem können in den betheiligten Extremitäten Parästhesieen 
und leichtere Herabsetzungen der Tactilität vorhanden sein bei unregel¬ 
mässiger Ausbreitung. Die Kranken halten den Arm gern im Ellbogen 
floctirt. Nicht selten sind Tremorpausen zu beobachten, wenn die Kranken 
sich nicht beobachtet glauben oder irgend einer Thätigkeit nachgehen. 
Die Unterextremitäten sind in den vorgestellten Fällen vollkommen frei. 
Zunächst keine Stimmungsanomalieen,Schlaflosigkeit, gastrische Störungen; 
in einem Falle traten diese Symptome secundär auf. Fürstner macht 
darauf aufmerkam, dass bei derartigen Patienten, wenn sie in höherem 
Alter stehen, gelegentlich auch steife Haltung des Rumpfes beobachtet wird. 

Fürstner nimmt Bezug auf früher von ihm publicirte, hier¬ 
her gehörige Fälle, wo gleichfalls bei betagten Individuen acuter 
Tremor in der oberen Extremität, combinirt mit Parese, beobachtet 
wurde. Die Prognose dieser Tremorart ist keineswegs besonders 
günstig, Remissionen, ja volles Schwinden wird gewiss beobachtet, 
aber andererseits häufig Recidive und im ganzen sehr protrahirter 
Verlauf. 

Fürstner hebt zunächst hervor, dass Verwechslungen mit 
Paralysis agitans Vorkommen können und vielleicht häufig statt¬ 
gefunden haben (Auftreten der Paralysis agitans nach Trauma). 
Verschieden ist die Art des Tremors: bei Paralysis agitans lang¬ 
sam anwachsende Intensität, Beschränkung auf einzelne Muskel¬ 
gruppen und Muskeln, vor allem der Finger, charakteristische Stel¬ 
lung der letzteren, Behinderung der Bewegungen. 

Bei der . genannten Form hat dagegen der Tremor sofort 
beträchtliche Intensität, erstreckt sich auf grosse Muskelgebiete, 
vor allem auf die ganze Hand, nur beiFixirung der letzteren Ueber¬ 
greifen auf. Vorder- und Oberarm, Möglichkeit durch passive 
Beugebewegungen im Ellbogengelenk Cessiren des Tremors zu er¬ 
reichen, der bei Paralysis agitans bei gleicher Procedur wenn auch 
im verminderten Maasse fortbesteht, ausser leichter Beugestellung der 
Finger keine Stellungsanomalieen, keine Spannung. Bei der trauma¬ 
tischen Form im Gegensatz zur Paralysis agitans Parästhesieen und 
leichtere Sensibilitätsstörung. Bei Paralysis agitans öfter untere 


Extremität mitbetheiligt; ausserdem Propulsion, Retropulsion, die 
bei den Fällen Fürstner’s nicht vorhanden ist. 

Fürstner nimmt an, dass der corticale Ursprung dieses 
Tremors mit Parese complicirt zweifellos ist. Er bespricht so¬ 
dann die Merkmale der anderen Tremorarten; die etwaige Zu¬ 
gehörigkeit des traumatischen Tremors zur Hysterie, die von 
Oppenheim früher beschriebenen und Pseudoparalysis agitans be¬ 
nannten Fälle. 

Sodann stellt Fürstner einen Fall von typischer Paralysis 
agitans vor, der dadurch bemerkenswerth ist, dass es dem Kranken 
möglich ist, den Tremor im rechten Arm willkürlich zu unter¬ 
drücken, der dann aber in der rechten Unterextremität auftritt. Der 
Kranke vollzieht sofort auch mit der grossen und zweiten Zehe 
die bekannten Pillendrehbewegungen. In der rechten Hand Be¬ 
wegungen der Finger (Adduction, Abduetion, Opposition) fast un¬ 
möglich. (Die Fälle werden in extenso publicirt werden.) 

3. Herr Wolff stellt die in der letzten Sitzung demonstrirto 
Patientin geheilt vor, und im Anschluss daran zwei weitere Fälle 
von Syphilis hereditaria tarda. 

Die erste Patientin ist 20 Jahre alt, zeigt ausgesprochenen hereditär 
syphilitischen Habitus (Sattelnase), charakteristische Schädeldeformation, 
Missbildung der Zähne, Ueberreste von Keratitis parenchymatosa, Ostitis 
und serpiginöse Syphilide verschiedener Körperstellen. Die Mutter der 
Patientin hat zwölfmal geboren; zwei Kinder leben noch, die übrigen 
sind in den ersten Lebenswochen gestorben, ausserdem hat sie zweimal 
abortirt. 

Die zweite Patientin ist 23 Jahre alt, zeigt H'utchinson’sche Zähne 
und eine Zerstörung der Nasenflügel und .der Nasenscheidewand. Inter¬ 
essant ist diese Patientin besonders dadurch, dass sich ein Inoculations- 
lupus bei ihr auf der einen Seite der Nasalulceration typisch nach- 
weisen lässt. Auch hier ist Polymortalität der Geschwister nach¬ 
weisbar. 

4. Herr Kuhn berichtet über einen Fall von Atresia auris 
acquisita bei einem 15jährigen Mädchen. (Der Vortrag ist in 
dieser Wochenschrift No. 27, S. 560, veröffentlicht.) 


IV. Achter internationaler Congress für 
Hygiene und Demographie, Budapest, 2. bis 
9. September 1894. 

Vereinigte Sitzung der Sectionen für Aetiologie der In- 
fectionskrankheiten, Prophylaxe der Epidemieen und Hygiene 
der Kinder am 3. September 1894. 

Es war ein verdienstvolles Unternehmen der Congressleitung, eine 
Anzahl wichtiger wissenschaftlicher Zeit- und Streitfragen hier zur all¬ 
gemeinen Discussion zu stellen. Mit besonderer Sorgfalt war die Er¬ 
örterung der Diphtheriefrage vorbereitet, zu deren Erledigung sich die 
Section für Bacteriologie mit denen für „Prophylaxe der Epidemieen“ 
und „Hygiene des Kindesalters“ vereinigt hatte. Den Vorsitz der 
Sitzung führte Ministerialrath Dr. Kornel Chyzer (Budapest), der 
indess das Ehrehpräsdium an den Minister des Innern Hieronymi 
abtrat, welcher die Verhandlungen mit lebhaftem Interesse leitete. Man 
darf sagen, dass diese Diphtheriedebatte ein wissenschaftliches Ereigniss 
war, auf diesem Congresse jedenfalls das bedeutendste. Chyzer leitete 
die Debatte (in französischer Sprache) mit einigen Worten über die wahr¬ 
haft entsetzliche Verbreitung der Diphtherie in Ungarn ein und schloss 
mit dem Wunsche, dass es diesem Congresse gelingen möge, das Problem 
der Verhütung und Heilung der Diphtherie zu lösen. Nach einander er¬ 
statteten nunmehr die Nationalcomitds ihre Referate: für Deutschland 
sprach Löffler (Greifswald), für die Vereinigten Staaten Surgeon General 
Billings, für England Seaton, für Oesterreich Widerhofer, für 
Bayern Büchner an Stelle des abwesenden Prof. v. Ranke, für Dänemark 
Lorensen. Wegen Mangel an Zeit wurden die übrigen gedruckt vor¬ 
liegenden Berichte der französischen, schweizerischen, schwedischen und 
ungarischen Commissionen zu Protokoll genommen. Es wurde danach 
eine Commission gewählt, welche auf Grund aller dieser Referate eine 
Resolution ausarbeiten soll, die dem Plenum des Congresses zu unter¬ 
breiten ist. In diese Commission wurden ausser den schon Genannten 
noch Roux für Frankreich, Denys für Belgien, Filatow für Russland, 
Almquist für Schweden u. a. m. gewählt. 

Von den Referaten der nationalen Comitös sei das deutsche als das 
erschöpfendste hier in extenso wiedergegeben: 

1. Der Erreger der Diphtherie ist der Diphtheriebacillus. Zweifel 
über die ätiologische Bedeuding dieses Bacillus bestehen nicht mehr. Es 
dürfen daher fernerhin nur solche Erkrankungen als Diphtherie bezeichnet 
werden, welche durch den Bacillus bedingt sind. 

2. Es kommen nicht selten Erkrankungen der ersten Wege vor, 
welche klinisch als echte Diphtherie imponiren, welche aber durch andere 
Organismen — Streptococcen, Staphylococcen, Pneuniococcen — hervor¬ 
gerufen sind, welche leicht und schwer verlaufen können, wie die echto 
Diphtherie. Die Differentialdiagnose kann nur durch die bacteriologische 
Untersuchung gestellt werden. Statistischen Erhebungen über die epi¬ 
demische Verbreitung der Diphtherie sowie über den Charakter der 
Diphtherieepidemieen kann eine entscheidende Bedeutung nicht beigemessen 
werden, so lange nicht die bacteriologische Untersuchung der diphtherie¬ 
verdächtigen Erkrankungen eine Scheidung zwischen echten baeillären 
Diphtherieen iind Diphtherie ähnlichen Erkrankungen ermöglicht. 

3. Die Diphtherieepidemieen zeigen ein wechselndes Verhalten, .wie 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


118 _ 

die Epidemieen vieler anderer Infectionskrankheiten. Der Verlauf der 
Epidemieen ist vielfach ein leichter, häufig aber auch ein sehr schwerer, 
gekennzeichnet durch die hohe Zahl der Todesfälle, die häufige Mit¬ 
betheiligung des Kehlkopfes und der Nase, durch schwere Herz- und 
Nierenerkrankungen und consecutive Lähmungen. Aber auch innerhalb 
derselben Epidemie wechseln häufig schwere und leichte Erkrankungen 
regellos. 

4. Die Verschiedenheit des Verlaufes wird bedingt durch mehrere 
Factoren: a) Durch Verschiedenheiten in der Menge und in der Virulenz 
der Diphtheriebacillen. Die Ursachen der letzteren sind noch nicht ge¬ 
nügend gekannt, b) Durch concomitirende Bacterien, und zwar sowohl 
durch pathogene, als durch saprophvtische. Die Fäulnissprocesse auf den 
erkrankten Schleimhäuten im Rachen und in der Nase scheinen den Ver¬ 
lauf ungünstig zu beeinflussen, theils durch Erhöhung der Virulenz der 
Bacillen, theils durch Schwächung des Körpers infolge der Resorption von 
Fäulnissproducten. c) Durch individuelle, noch nicht näher erkannte Dis¬ 
positionen. 

5. Der Diphtheriebacillus kann im Rachen bezw. in der Nase gesunder 
Individuen Vorkommen, ohne Krankheitserscheinungen zu machen; er 
macht solche erst, wenn er sich an irgend einer Stelle angesiedelt hat. 
Läsionen der Schleimhäute — kleine Verletzungen, katarrhalische Ver¬ 
änderungen — begünstigen die Ansiedelung. Bestimmte, zu Katarrhen 
der ersten Wege Anlass gebende Witterungsverhältnisse, besonders nass¬ 
kalte Witterung, scheinen die Erkrankung aus diesem Grunde zu be¬ 
günstigen. Dieser Einfluss ist aber noch näher zu erweisen. 

6. Die Diphthorio wird am häufigsten durch direkten Contact 
von den Kranken auf Gesunde übertragen durch Anspeien, Anhusten, An- 
niesen, durch Küssen und Hantirungen, bei welchen die Hände, mit 
frischem Secret in Berührung gekommen, häufig aber auch durch Gegen¬ 
stände, welche der Kranke während seines Krankseins mit seinen Excreten 
beschmutzt hat — Getränke, Nahrungsmittel, Ess- und Trinkgeschirre, 
Wäsche, namentlich Taschentücher, Spielsachen — auch längere Zeit nach 
der stattgehabten Infection derselben. 

7. Der Kranke ist infectiös, so lange er noch Bacillen auf den 
Schleimhäuten hat. Die Bacillen verschwinden gewöhnlich mit oder kurz 
nach dem Verschwinden der lokalen Erscheinungen, sie könuen aber bis¬ 
weilen Wochen, ja sogar Monate noch lebensfähig und virulent in Rachen 
oder Nase nachgewiesen werden. 

8. In organisches Material eingehüllt und vor Licht geschützt können 
sich die Bacillen eine Reihe von Monaten ausserhalb des Körpers lebens¬ 
fähig erhalten. Anhäufungen von Schmutz, dunkle und feuchte Wohnungen 
begünstigen daher die Conservirung der Bacillen und die Verbreitung der 
Krankheit. 

9. Als besonders wichtiges Moment für die Ausbreitung der Krank¬ 
heit ist hervorzuheben die Zusammenhäufung von empfänglichen Individuen, 
in erster Linie Kinderreichthum der Familien. Aber auch andere Ver¬ 
einigungen von Menschen, im besonderen von Kindern, bei welchen die 
einzelnen Personen nicht in so nahe Berührung kommen, wie die Mit¬ 
glieder einer Familie, können zur Verbreitung der Seuche Anlass geben 
— Schulen, Krippen, Kasernirungen u. s. w. 

10. Der Diphtheriebacillus ist bisher als Erreger oder Begleiter einer 
der Diphtherie ähnlichen odor irgend einer anderen spontanen thierischen 
Krankheit mit Sicherheit nicht nachgewiesen worden. Die Möglichkeit 
einer Uebertragung der echten Diphtherie von kranken Thieren auf den 
Menschen ist daher nach den bisherigen Kenntnissen ausgeschlossen. Es 
ist wünscheuswerth, dass die Reichsregierungen Sachverständige mit der 
Untersuchung der zu ihrer Cognition kommenden Diphtherie ähnlichen 
Krankheiton der Thiere, sowie auch der von Thieren auf Menschen über¬ 
tragenen Diphtherie ähnlichen Erkrankungen betrauen. 

11. Als prophylactische Maassnahmen sind zu empfehlen: a) Sorge 
für Reinhaltung, Trockenhaltung, ausgiebige Lüftung und Belichtung der 
Wohnung, b) Sorgfältigste Reinhaltung des Mundes und der Nase, 
Gurgelungen mit schwachen Lösungen von Kochsalz und Natriumcarbonat, 
häufiges Putzen der Zähne, Beseitigung tiefer Krypten in den Tonsillen 
bezw. Entfernung hypertrophischer Tonsillen, c) Kalte Abreibungen des 
Halses in diphteriefreien Zeiten. 

12. Jeder Diphtherie verdächtige Fall ist, wenn möglich, sofort 
bacteriologisch zu untersuchen. Den Aerzten müssen die für die An¬ 
legung der Culturen notwendigen Materialien leicht zugänglich sein, zum 
Beispiel in Apotheken. Die Untersuchung hat wie bei Cholera verdäch¬ 
tigen Fällen durch Sachverständige zu geschehen. 

13. Alle bacteriologisch als echte Diphtherieen constatirten Fälle, 
ebenso aber auch alle Diphtherie verdächtigen Fälle, welche bacterio¬ 
logisch nicht untersucht sind, müssen polizeilich gemeldet werden. 

14. Jeder Diphtheriefall ist zu isoliren, entweder in einem besonderen 
Zimmer der Wohnung oder in einem Isolirkrankenhause. Um die Aus¬ 
streuung der Bacillen durch das kranke Individuum möglichst einzu¬ 
schränken, ist auch vom Standpunkte der Prophylaxe der im Beginn lokale 
Process lokal antibacillär zu behandeln, falls der Sitz der Erkrankung eine 
derartige Behandlung gestattet. 

Als eines der wirksamsten Mittel gegen die Verbreitung der 
Diphtherie ist eine zuverlässige Schutzimpfung der in der Umgebung des 
orkrankten Individuums befindlichen Personen, namentlich der Kinder an¬ 
zusehen. Nachdem die Unschädlichkeit des Behring’schen Heilserums 
durch zahlreiche Injectionen zu Heil- und Immunisirungszwecken fest¬ 
gestellt ist, erscheint es wünschenswerth, die Schutzkraft desselben durch 
möglichst ausgedehnte Anwendung in Familien event. auch in Schulclassen, 
in welchen Diphtheriefälle vorgekommen sind, weiter zu erforschen. 

, , 16 - ® ei jedem Falle von Diphtherie ist die Desinfection obligatorisch 

durchzuführen. Dieselbe hat sich auf alle von dem Kranken benutzten 
Gegenstände, sowie auch auf den Kranken und das Krankenzimmer zu 
erstrecken. 


No. 15 


17. Reconvalescenten von Diphtherie sind nicht eher zum freien Ver¬ 

kehr (Kinder zum Schulbesuch) zuzulassen, als bis durch die bact«i<v 
logische Untersuchung das Verschwinden der Bacillen constatirt ist und 
der Genesene sich in einem warmen Bade mit Seife gründlich gereinigt 
reine Wäsche und Kleidung angelegt hat. " ’ r 

18. Bei dem Ausbruch von Diphtherieepidemieen sind in öffentliche!; 
Blättern Belehrungen über die Krankheit bekannt zu geben. 

Von den Beschlüssen der übrigen Nationalcomit4s seien nur diejenigen 
des französischen Comitds als die bedeutsamsten derselben hier wie- 
dergegeben: 

1. Die Diphtherie ist eine ansteckende Krankheit; ihre Anzeige mnss 
obligatorisch sein. 2. Diphtheriekranke müssen isolirt werden. 3. Die Sani- 
tätsverwaltung muss die Wohnung, die Wäsche, Kleider, Bettzeug, Spiel¬ 
sachen und alle Geräthschaften, welche von den Kranken benutzt worden 
sind, desinficiren lassen. 4. Ebenso sind die Wagen nach jedem Trans¬ 
port zu desinficiren. 5. Kinder, welche Diphtherie gehabt haben, sind 
nach ihrer Genesung noch so lange von der Schule femzuhalten, bis der Ant 
ihren Wiedereintritt gestattet. 6. Wenn ein Diphtheriefall in einer Schuh 
vorkommt, müssen die Kinder, welche sie besuchen, eine Zeit lang ärzt¬ 
lich überwacht werden. Alle Blinder, welche eine Halsentzündung haben, 
sind aus der Schule zu schicken. Die Beobachtung soll besonders streng 
den Geschwistern kranker Kinder gegenüber sein. 

Ausser diesen Verwaltungsmaassregeln empfehlen sich noch folgende 
Rathschläge: 1. Damit die Diphtherie mit Erfolg behandelt werden kann, 
muss sie zeitig erkannt werden. Gerade der Beginn dor Erkrankung ist 
aber oft ein einschleichender; er würde nicht so häufig übersehen werden, 
wenn der Hals der Kinder regelmässig untersucht würde. Es ist rathsam, 
dass die Mütter täglich diese Untersuchung vornehmen und die Kinder 
schon vom frühesten Alter an daran gewöhnen. Die Presse und die 
Lehrer sollen die Aufmerksamkeit der Eltern darauf lenken. 2. Die früh¬ 
zeitige und sichere Diagnose der Diphtherie kann nur durch die bac¬ 
teriologisch e Untersuchung gestellt werden. Man muss deshalb darauf 
bestehen, dass die Aerzte sie in allen Fällen ausführen. Die Wirkungen 
des Antidiphtherieserums sind genügend sichergestellt; es ist deshalb 
die Einspritzung dieses Serums als ein Prophylacticum bei den Kindern 
einer Familie zu empfohlen, in dor sich ein Diphtheriefall ereignet hat. 

Die von der Section niedergesetzte Diphtheriecommission hat später 
diese Beschlüsse des französischen Comitds dem Plenum des Congresses 
zur Annahme empfohlen, welche sie denn auch erlangt haben. 

Aus den weiteren Vorträgen über Diphtherie heben wir noch die 
folgenden hervor: 

Herr Roux (Paris): Sur In diphthdrte et son traitemeat. Der 

Vortragende, ein glänzender Redner, bestätigt zunächst die Untersuchungen 
Behring’s, dessen Abwesenheit er lebhaft bedauert. Er schildert in ein¬ 
gehender Weise die von ihm geübte Methode der Immunisirung der 
Thiere, die dadurch bemerkenswerth ist, dass Roux die Thiere nicht 
durch Diphtheriebacillen, sondern durch Diphtheriegift krank macht t on 
seinem Toxin tödtet 0,1 ccm ein Meerschweinchen von mittlerem Kör¬ 
pergewicht in 48 bis 60 Stunden. Zur Gewinnung des Heilserums eipen 
sich am meisten Pferde, welche zwar relativ weniger Antitoxin beim 
als andere Thiere, weil sie weniger empfänglich für Diphtherie suod, n j 
durch ihre Grösse sehr viel Serum liefern und wiederholte hu 
Ziehungen schadlos ertragen. Roux erzielt die Immunität der ie ' 

durch allmähliche Steigerung der Toxinmengen (bis zu 30 ccm), aie « 
mehrmals wöchentlich einspritzt. Die Heilwirkung des Serums ha „ . 
Meerschweinchen, deren Vulva diphtherisch inficirt war, und an 
chen mit Diphtherie der Trachea studirt. Wenn innerhalb d 
Tages nach Ausbruch der Krankheitserscheinungen die Serum e j 
beginnt, so ist die Heilung eine vollkommene. Heilversuche an 
hat Roux vom Februar bis Juli dieses Jahres an 300 Pa i ■ 
Höpital des enfants malades gemacht. Davon starben 78,, d • •■ . 

cent, während die Mortalität in früheren Jahren 50 Procent d 
lieh betragen hatte und auch in anderen Hospitälern, in eenen . 
behandlung nicht geübt wurde, zur gleichen Zeit betrug. P , 
war keine leichte. Der ersten Injection von 20 ccm Serum a • 

24 Stunden dieselbe Menge folgen, lässt aber eme dritte injeeuou 
10 bis 20 ccm nur dann folgen, wenn die Temperatur no 
Norm abgesunken ist. Oefters tritt nach den Injectionen ^ fon . 
ähnlicher Ausschlag auf, der schnell verschwindet. Lähm or ^er 
stige Nachkrankheiten kommen auch nach der Serurabehan e ’ ^ 
weit seltener. Am zweiten oder dritten Tage nach der P .^.ß 
ginnen die nekrotischen Beläge sich abzustossen, sehr j^e 

auch die Diphtheriebacillen. Die mit Staphyloccocen mhc* • en piph- 
unter der Serumtherapie ebenso sicher und schnell wie Mortalität 
theriefäUe. Die Mischinfection mit Streptococcen ergiebt em« ^ 
von 32 gegen 87 Procent bisher- Diese Fälle erfordern ^ fff ji 

ihre Heilung zieht sich mehr in die Länge. Die Trach 
seltener nothwendig als bisher. ndluMC der 

Herr Heubner (Berlin): Praktische Winke *5? ® Wochenschrift 

Diphtherie mit Heilserum. (Die Mitteilung ist in dieser W 

No. 36, S. 701 erfolgt.) o-ii.-iii« der BaeD 1 ' 

Herr Löffler (Greifswald): Die locale Beiandlmg ( , 
diphtherie. (Vgl. diese Nummer der Wochenschrift • ben^’ - 

Herr Cohn (Breslau) hat bei Conjunctivitis ^diphthenca^ ^ p 
saures Natron in öprocentiger wässeriger Lösung 1 
Tropfen ins Auge geträufelt) mit gutem Erfolg _ cvfuatum (iV 
Herr Reger (Hannover) empfiehlt Hydrargynm 1 J 


gegen Diphtherie. . , „ 

Herr Roux (Paris) warnt vor der Anwendung 


starker Aet*»^ 


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UNIVERSETY OF MICHIGAI 



18. October. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


119 


Sitzung am 4. September 1894. 

Herr Grub er (Wien): Baeteriologie der Cholera. Das Vorkommen 
der Kommabacillen in den Fällen echter Cholera ist nicht zu bezweifeln, 
aber es bleibt fraglich, ob sie die Ursache der Erkrankung sind. Sio 
finden sich auch in Fällen, wo die klinischen Erscheinungen der asiatischen 
Cholera fehlen. Andererseits sind öfters in Fällen, welche den Eindruck 
echter Cholera machten, keine Bacillen gefunden worden, auch bei Sectionen 
nicht. Die bacteriologische Diagnose der Cholera gewährt keine absolute 
Sicherheit. Es giebt. eine grosse Reihe von Vibrionen, die den Komma¬ 
bacillen sehr ähnlich sind und ähnliche Krankheitserscheinungen hervor- 
rufen. Auch die Gesammtheit der von Koch angegebenen diagnostischen 
Merkmale einschliesslich des Thierversuches gestattet keinen sicheren 
Schluss. Es giebt kein specifisches Choleragift. Auch die in neuester 
Zeit als Beweis herangezogenen Immunisirungen mit dem Serum cholera¬ 
immuner Thiere sind deshalb nicht einwandsfrei. 

Herr Pertik (Budapest): Beobachtungen über den Choleravlbrio. 
Vortragender verbreitet sich zunächst über die bei der letztjährigen 
Choleraepidemie in Budapest gemachten Erfahrungen, als deren Ursache 
er das Trinkwasser anschuldigt. In der Mehrzahl der Fälle hat er den 
Kommabacillus gefunden, aber auch bei anscheinend ganz gesunden Personen, 
z. B. Soldaten in Dienst. Die Form der Vibrionen ist keine constante, 
neben den gekrümmten kommen auch zahlreiche gerade vor. Pertik hat 
weiterhin die Beobachtung gemacht, dass die Kommabacillen in einer 
Lösung von Zwiebelsaft (1:1000) schnell abgetötet werden. 

Herr Metschnikoff (Paris): Sur l’immunitd et 1a röeeptlvitä 
▼Is-Ä-Tis du choldra. Es muss Wunder nehmen, dass im Gegensatz zu 
unseren Kenntnissen über viele andere Infectiouskrankheiten die ätiolo¬ 
gischen Verhältnisse der Cholera noch immer nicht völlig aufgeklärt sind. 
Die Ursache ist darin zu suchen, dass es bisher nicht gelungen ist, die 
Krankheit auf Thiere zu übertragen. Metschnikoff bespricht die be¬ 
kannten Selbstinfectionsversuche von Pettenkofer u. a., für deren Miss¬ 
lingen er die Concurrenz der Magenbacterien anschuldigt. Metschnikoff 
hat auf diese sein Augenmerk gerichtet und macht von ihnen die Wirk¬ 
samkeit der per os irgendwo aufgenommenen Cholerabacillen abhängig. 
Zwischen Magenbacterien und Cholerabacillen scheinen sein* nahe wechsel¬ 
seitige Beziehungen vorhanden zu sein. Es giebt Magenbacterien, welche 
die Entwickelung der Cholerabacillen begünstigen, andere, welche sie 
hemmen. Unter den verschiedenen von Metschnikoff daraufhin ge¬ 
prüften Magenbacterien hat er drei Arten gefunden, welche das Wachs¬ 
thum der Cholerabacillen fördern: derrothe Hefebacillus, ein dem Bacterium 
coli ähnlicher Mikrobe und die Sarcina ventriculi. Metschnikoff hat 
dies durch folgende Versuchsanordnung ermittelt: Wenn er eine aus 
schlechter, alter Gelatine hergestellte Platte mit frischen Choleraculturen 
oder eine Platte von guter Gelatine mit alten Culturen impfte, 
so war am nächsten Tage nichts gewachsen. Wurden nun auf 
diese Platten Magenbacterien in Strichform verimpft, so zeigten sich 
nach 24 Stunden frische Choleracolonieen längs des Striches, und zwar 
in unmittelbarer Nähe desselben am dichtesten. Andere Bacterien frei¬ 
lich, in derselben Weise geimpft, beeinflussten das Wachsthum der Cho¬ 
lerabacillen gar nicht. Metschnikoff ist es nun gelungen, bei ganz 
jungen Kaninchen durch Verftitterung von Kommabacillen einen typischen 
Choleraanfall, freilich ohne Erbrechen, zu erzeugen, offenbar dadurch, dass 
diese jungen Thiere, die noch mit Muttermilch ernährt werden, noch re¬ 
lativ wenig Bacterien in ihrem Magen haben. Metschnikoff hofft, dass 
durch experimentelle Erzeugung der Cholera die ätiologische Erforschung 
derselben bald Fortschritte machen werde. 

Discussion: Herrn Elsner (Berlin) ist es gelungen, eine Nähr- 
gelatme herzustellen, die bei Temperaturen bis zu 30° C fest bleibt. 
(Nähere Anweisung zur Herstellung der Gelatine ist im Archiv für 
Hygiene, Bd. XXI, nachzulesen. Vgl. auch diese Wochensckr. 1894 
Vereinsbeil. No. 6, S. 41.) 

Fernerhin betheiligten sich noch Hueppe (Prag), Alt schul (Prag), 
Chantemesse (Paris), de Silva (Lissabon) u. a.. an der Discussion, die 
indess nichts wesentliches mehr zutage förderte. Albu (Berlin). 


'V. Neunzehnte ‘Versammlung: des Deutschen 
Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, 
Magdeburg, 19.—31. September 1894. 

4. Die Maassregeln gor Bekämpfung der Cholera. (Schluss aus 
No. 14 der Vereinsbeilage.) 

Den Kernpunkt der Discussion, an der sich ausserdem die Herren 
Fränkel (Marburg), Wolffhügel (Göttingen), Wernich (Berlin) bethei¬ 
ligten, bildeten die Ausführungen Robert Koch’s, die wir hier an der 
Hand eines Stenogramms der Magdeburger Zeitung ausführlich wiedergeben. 
Der Redner meinte, wenn der Vorstand des Vereins vor einigen Jahren 
Referenten aus Norddeutschland und Süddeutschland berufen hätte, um 
Vorschläge zur Bekämpfung der Cholera zu machen, dann wären die 
Meinungen so auseinandergegangen, dass man wohl schwerlich zu irgend 
einem Ergebniss gekommen wäre. Heute seien die Referenten, sowohl 
die aus Suddeutschland wie die aus Norddeutschland, über den wesent¬ 
lichsten Punkt eines Sinnes, und er begrüsse diese Thatsache mit Freuden, 
namentlich auch, nachdem v. Pettenkofer vor einiger Zeit selbst 
sich dahin ausgesprochen habe, dass er nunmehr den Cholerabacillus als 
das x in seiner Auffassung von der Aetiologie der Cholera ansehe. Der 
zehnjährige Streit über das Wesen der Cholera habe damit sein Ende ge¬ 
funden. Alle sind darin einig, dass ein ganz bestimmt charak- 
terisirter Parasit die Ursache der Cholera ist. Damit sei durch¬ 
aus noch nicht gesagt, dass, wenn Jemand diesen Parasiten in seinen 


Mund oder in seinen Magen oder selbst in seinen Darm bringe, er dann 
unter allen Umständen sofort einen ganz gleichmässig beschaffenen, 
schweren Choleraanfall bekommen müsse. Koch habe das niemals be¬ 
hauptet, er habe von Anfang an immer die Anschauung vertreten, dass 
wir, wenn wir auch diese eigentliche Ursache kennen, noch eine ganze 
Anzahl von Hülfsursachen berücksichtigen müssen, die ja immer in 
der bekannten Weise gekennzeichnet werden, dass örtliche, zeitliche 
und persönliche Bedingungen einem solchen Parasiten zu Hülfo 
kommen müssen, um eine Erkrankung entstehen zu lassen. Die Mei¬ 
nungen gehen jetzt nur noch darüber auseinander, "wie wir uns diese 
Hülfsursachen vorzußtellen haben, und darüber wissen wir noch verhält- 
nissmässig wenig. Wir wissen z. B., dass eins dieser Hülfsmomente die 
Beziehungen des Menschen zum Wasser sind, dass die Jahreszeiten 
wahrscheinlich eine ganz bedeutende Rolle spielen, dass die Verkehrs¬ 
verhältnisse, Immunitätsverhältnisse, die Beschaffenheit der Verdauungs¬ 
organe u. s. w. dabei in Frage kommen. Aber alles das genügt eigent¬ 
lich noch nicht. Redner habe immer noch das Gefühl, dass wir vor 
mancher dunklen, ungelösten Frage stehen, allein er hoffe doch, dass, 
nachdem nun der Streit über die eigentliche Cardinalfrage beendet sei. 
jetzt alle gemeinschaftlich daran gehen werden, auch diese dunklen Fragen 
zu lösen, und dass vielleicht in nicht zu langer Zeit diese Aufgabe gelöst 
werde. 

Wenn man sich nun aber auch die Choleraätiologie so einfach oder 
so verwickelt vorstelle wie man wolle, so werde doch jeder, der für Logik 
zugänglich sei, zugeben, dass es sich immer um eine Kette von Be¬ 
dingungen handele, eine Kette, die das eine mal sehr kurz, das andere 
mal sehr lang sein könne, dass man aber, wenn man aus dieser Kette ein 
einziges Glied löse, sie damit zerreisse — ob sie lang oder kurz sei —, 
und das können wir jetzt. Das Glied, welches wir kennen und gegen 
welches wir auch erfolgreich Vorgehen können, sei eben der Cholerabacillus. 
Von dieser Ueberzeugung ausgehend habe man während der jetzigen 
Choleraepidemie, die sich ja schon in der dritten Campagne bewege, be¬ 
stimmte Maassregeln construirt. Diese Maassregeln seien sicher ver¬ 
besserungsfähig, sie seien auch schon mit dem Fortschritt unserer Er¬ 
fahrungen in dem einen oder anderen Punkte geändert worden. Aber wir 
müssen immer nur wieder erst festen Boden unter den Füssen haben, um 
weitere Aenderungan eintreten lassen zu können. Wir dürfen nicht 
Maassregeln, die uns wirksam zu sein scheinen oder die wir als wirksam 
erkannt haben, auf Grund von ganz unsicheren Annahmen umwandeln. 

Dass die ergriffenen Maassregeln erfolgreich in der Bekämpfung einer 
Choleraepidemie seien, könne man entschieden behaupten. Es sei während 
der diesjährigen Campagne bis jetzt noch jedes mal gelungen, die Cholera, 
wenn wir sie nur frühzeitig fassen konnten, zum Erlöschen zu bringen. 
In einzelnen Fällen sei es ja zu einem richtigen Choleraausbruch ge¬ 
kommen. Da war aber in der Regel etwas zu spät eingegriffen, die 
Choleraepidemie hatte schon Fuss gefasst, und die ersten Fälle konnten 
nicht mehr unschädlich gemacht werden. So lange w T ir es aber mit ersten 
Fällen oder selbst noch mit der zweiten oder dritten Generation der 
Cholerainfection zu thun haben, so lange sind unsere Maassnahmen voll¬ 
kommen sicher. Das stützt sich nicht auf eine oder auf ein paar, sondern 
auf hundertfältige Beobachtungen. Namentlich in diesem Jahre hat es 
sich wieder bewährt. Deutschland war im vorigen Jahre vollständig frei 
von Cholera, wir gingen noch in den Sommer ganz ohne einheimische 
Cholera hinein, dann Hess sich Schritt für Schritt verfolgen, wie die 
Krankheit von Russland her auf den Wasserwegen zu uns gekommen ist. 
Auf dem Wasserwege ist die Cholera von der Weichsel ins Odergebiet 
gekommen, von da hat sie sich schon in einzelnen Fällen wieder weiter 
bewegt: das sind aber ausnahmslos Fälle, die vom Auslande eingesehleppt 
sind, und in allen diesen Fällen ist es gelungen, die Krankheit auszu¬ 
rotten. . 

Die Behauptung, dass auch ohne solche Maassregeln die Cholera 
ganz ebenso harmlos verlaufen sein würde wie jetzt, hätte im ersten und 
auch noch im zweiten Cholerajahre eine gewisse Berechtigung gehabt; 
wer sie aber jetzt noch aufstelle, habe Unrecht. Für ein oder selbst ein 
zweites Jahr konnte man behaupten, die Bedingungen für das Zustande¬ 
kommen einer Choleraepidemie seien ungünstige gewesen. Unsere Nach¬ 
barländer aber, die mehr oder weniger dieselben klimatischen und sonstigen 
Bedingungen haben wie wir, leiden trotzdem unter der Cholera, während 
wir verhältnissmässig frei ansgehen. Jene Erklärung könne also wohl 
nicht mehr zutreffen, ebensowenig die andere Erklärung, dass die Cholera 
überhaupt an Stärke verloren habe, dass es gar nicht mehr die eigentliche 
echte, so furchtbar auftretende asiatische Cholera sei. Wer das behaupte, 
der hätte einmal in das ostpreussische Dorf Nie dz wedzen an der 
russischen Grenze hingehen sollen. Da habe es sich gezeigt, dass es noch 
die alte, echte asiatische Cholera sei. Wenn man der Cholera nur einmal 
freien Lauf lasse — in diesem Falle ja unbewusst und unabsichtlich —, 
habe sie noch ganz die alten Gewohnheiten. Auch aus den russischen Grenz¬ 
städten und Grenzdörfem liegen Nachrichten genug vor, dass dort die Cholera 
genau in derselben Weise hauste wie früher. Wir können also kaum 
mehr anders, als die ergriffenen Maassregeln denn doch wohl für 
wirksam zu halten, und es sei um so mehr auf diese Ueberzeugung hin¬ 
zuweisen, als wir doch sicher noch auf einige Cholerajahre zu rechnen 
haben. Nach früheren Erfahrungen habe es immer bis zu zehn Jahren ge¬ 
dauert, ehe die Cholera aus Europa verschwunden sei. 

Wenn wir nun imstande sind, uns im Inlande ausreichend gegen die 
Cholera zu schützen, dann kann es uns, wenigstens vom rein inländischen 
Standpunkte aus, wirklich gleichgiltig sein, wie man sich im Auslande 
gegenüber derselben verhält, ob man sie von der Grenze abhält oder 
internationale Maassregeln zur Zurückhaltung verabredet. Früher, wo man 
es nicht verstand, sich im Inlande gegen die Cholera zu schützen, musste 
man den Hauptwerth darauf legen, dass sie uns überhaupt gar nichVzu- 
geführt werde. Heute wissen wir, dass wir uns nicht gegeu die hm- 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 






VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


120 


No.. 15 


schleppung der Cholera schützen können, wir müssen also das ganze 
Schwergewicht darauf legen, sie, wenn sie zu uns kommt, sofort unschäd¬ 
lich zu machen. Auf die internationalen Bestrebungen sei also 
kein so grosser Werth zu legen. Die Dresdener Convention habe 
sich ja auch mit der Choleraverhütung gamieht beschäftigt; sie habe es 
nur mit der Beseitigung der unnöthigen Verkehrsbesehränkuugen zu tliun 
gehabt. In dieser Beziehung habe sie ihre Aufgabe vollständig erfüllt und 
wirklich etwas Segensreiches zu Tage gefördert. Allein in Betreff der Vor¬ 
beugung nütze uns die Dresdener Convention garnielits, ebenso wenig wie 
die Pariser Convention. Die Pariser Conferenz ging ja darauf hinaus, ge¬ 
wisse Einfallsthore der Cholera zu schliessen. Man sagte, das hauptsäch¬ 
lichste Einfallsthor sei das Rothe Meer, ebenso gefährlich sei der Persische 
Meerbusen; beide sollten durch Ueberwachungsmaassregeln für die Cholera 
gesperrt werden. Diese Beschlüsse dürften uns nicht davor schützen, dass 
wir in späteren Jahren die Cholera doch bekommen, denn Jeder, der sich 
mit der Geschichte der Cholera befasst hat. weiss, dass die allermeisten 
Choleraepidemieen bis jetzt eigentlich, nur mit Ausnahme einer einzigen, 
weder durch den Persischen Meerbusen noch durch das Rothe Meer, sondern 
durch Mittelasien gekommen sind. Auch die Seuche, mit der wir es jetzt 
zu thun haben, ist durch die mittelasiatischen Steppen gegangen, nach Süd¬ 
russland eingebrochen und hat von da ihren Weg weiter gefunden. Also 
wenn man das Rothe Meer und den Persischen Meerbusen schliesst, haben 
wir gar keinen Nutzen davon. Der beste internationale Schutz würde es 
daher sein, wenn jeder Staat es so machen wollte wie wir. dass er sich 
die Cholera im Inlande vom Halse hält und lernt, sie bei sich auszurotten. 
Koch will also die letzte These der Referenten nicht etwa in dem 
Sinne aufgefasst wissen, dass uns mit solchen internationalen Bestrebungen 
allzu viel genützt w r ürde. 

Der Vorstand des Vereins besteht für das nächste Jahr aus den Herren 
Oberbürgermeister Adiek es (Frankfurt a. M.), Oberbürgermeister Böt¬ 
ticher (Magdeburg), Oberbaurath Baumeister (Karlsruhe), Baupolizei¬ 
inspektor Classen (Hamburg). GeheimerMedicinalrath Dr. Pistor (Berlin), 
Prof. Dr. Gaffky (Giessen). A. 


YI. 66. Versammlung der Gesellschaft 
deutscher Naturforscher und Aerzte, Wien, 
24. bis 28. September 1894. 

Vereinigte Sitzung der Sectionen für Hygiene, Medicinalpolizei 
und Kinderheilkunde am 25. September 1894. 

1. Herr Behring (Halle): Ueber Blutserumtherapie. Vortr. schildert 
zunächst die geschichtliche Entwickelung der Blutserumtherapie und um¬ 
schreibt deren experimentelle Grundlagen. Diese Thatsachen sind aus 
früheren Publieationen des Verfassers hinreichend bekannt. Auch für 
den Tetanus, die Pneumonie, Typhus, Cholera und Tuberkulose stellt 
Behring eine Blutserumtherapio in Aussicht. Nachdem die Steigerungs- 
fähigkeit der antitoxischen Eigenschaften des Blutes diphtherieimmuner 
Thiere nachgewiesen, war der Uebergang von den kleinen Laboratoriums- 
thieren zu den grossen Hausthieren ein nothwendiger Schritt, der die 
Mengen von Serum geliefert hat, welche für die Behandlung der Diphtherie 
beim Menschen erforderlich sind. Die Schutz- und Heilkörper des Blutes 
sind bei den verschiedenen Thieren qualitativ die gleichen. Die quanti¬ 
tative Ausbeute ist von der Grösse der Thiere abhängig. Pferde liefern 
die wirksame Substanz in solcher Concentration, dass sie in Mengen ge¬ 
wonnen werden kann, die zur Behandlung diphtheriekranker Kinder aus¬ 
reichen. Nach den bisher erzielten Resultaten ist man zu der Behauptung 
berechtigt, dass die Diphtherie in wenigen Jahren eine ebenso ungefähr¬ 
liche Krankheit werden wird wie die Pocken gegenwärtig in den Ländern 
sind, in denen die Schutzimpfung eingeführt ist. In Deutschland und 
Oesterreich, einem Staatengebiete von 100 Millionen Einwohnern, fallen nach 
der bisherigen Statistik in zehn Jahren ca. 2 Millionen der Diphtherie zum 
Opfer (nämlich 6°/ 0 der Gesammtsterblichkeit). Die Erkrankungsziffer beläuft 
sich sogar auf 3—4 Millionen. Unter der Blutserumtherapie wird, wenn 
das Serum bis zum dritten Tage der Erkrankung und in genügender 
Dosirung zur Anwendung kommt, die Sterbeziffer bis auf höchstens 10 °/o 
der bisherigen Statistik herabsinken, bei Anwendung innerhalb der ersten 
48 Stunden sogar auf 5 %• Danach haben wir es in der Hand, in zehn Jahren 
mehr als l l /a Millionen Menschen dem Tode zu entreissen. Ob das in 
praxi durchzuführen ist, hängt davon ab, ob die Kosten von den Familien 
getragen werden und das Mittel in ausreichender Menge hergestellt werden 
kann. Letzteres ist nicht zu bezweifeln; um ersteres zu ermöglichen, 
muss der Staat helfend eingreifen. Das Serum ist aber nicht nur ein 
Heil-, sondern auch ein Schutzmittel. Die zum Schutze diphtheriebedrohter 
Kinder nothwendige Dose stellt sich dem Preise nach gegenwärtig auf 
eine halbe Mark. Gelangt das Serum als Prophylacticum zur Anwendung, 
so wird die Erkrankungsziffer der Diphtherie in den nächsten zehn Jahren 
unter eine Million sinken. 

2. Herr Ehrlich (Berlin): Ueber die Behandlung der Diphtherie 
mit Heilserum. In der Geschichte der Medicin ist ein therapeutischer 
Erfolg, wie ihn die Blutserumtherapie darstellt, noch nicht dagewesen; 
er ist um so grösser, als er nicht auf empirischem Wege, sondern durch 
bewusste, experimentelle Forschung gefunden ist, freilich nach vielen und 
?caa SCI 1 Miihsalcn. Das neuerdings gewonnene stärkste Serum* mit 
1600 Immunitätseinheiten in 16 ccm ist im Institut für Infectionskrank- 
heiten und im Elisabethkrankenhause zur Anwendung gekommen. Die 
Gesammtstatistik aus beiden Anstalten ergiebt 12 Todesfälle unter 89 Er¬ 
krankungen, d. h. eine Mortalität von 13,5 %. Nach Ausscheidung der 
sterbend eingolieferten Fälle und der von vornherein aussichtslosen (Sepsis, 


secundäre Organerkrankungen, wie Pneumonie u. s. w.) bleiben 3 Todes¬ 
fälle unter 79 übrig = 4 %. Jede Complication vermindert die Heil¬ 
chancen des Serums. Frische Fälle des ersten oder zweiten Tages werden 
mit Sicherheit geheilt. Das Serum entkleidet die Diphtherie ihres malignen 
Charakters. Die Erscheinungen von Seiten des Larynx gehen oft spontan 
zurück, die Tracheotomie wird seltener nothwendig! Die Heilung erfolg 
oft unter kritischem Abfall der Temperatur, in frischen Fällen schon nach 
der orsten Injection. Je eher die Behandlung begonnen wird, desto 
seltener treten Nachkrankheiten auf. Das Antitoxin ist auch imstande, 
das in den Organen deponirte Gift allmählich wieder heranszuziehen. Man 
darf deshalb hoffen, dass es auch noch gelingen wird, durch Anwendung 
grosser Dosen eines stark concentrirten Serums auch jene furchtbaren Zu¬ 
fälle zu vermeiden, die oftmals nach Ablauf der Diphtherie plötzlich ein- 
treten. Zum Schluss verbreitet sich Ehrlich über die Preise der jetzt 
in den Handel gekommenen drei verschiedenen Concentrationen des Heil¬ 
serums, denen gegenüber das Präparat der Schering’schen Fabrik minder- 
werthig sei. Es stellt sich viermal theuerer. 


3. Herr Wassermann (Berlin): Die Immunität Gesunder gegen¬ 
über Diphtherie. Wassermann hat das Blutserum gesunder Persona 
das durch Blutentziehung mittels Schröpfköpfen gewonnen war, auf sein*- 
giftzerstörende Wirkung gegenüber dem Diphtherietoxin geprüft. Als 
Maassstab wurde ein Serum genommen, von dem 1 ccm genügt, um da* 
zehnfache der tödtlichen Dosis, an der Meerschweinchen in 40 bis 50 Stundet! 
zugrunde gehen, zu paralysiren. Unter 8 Leuten über 40 Jahren zeigten 
7 ein derartiges Serum, unter 14 Personen zwischen 20 und 40 Jahrvn ln 
und unter zehn Kindern zwischen 4 und 5 Jahren die Hälfte. Diese Ver¬ 
hältnisse erklären die mit dem Alter steigende natürliche Immunität 
gegen Diphtherie, für die bisher eine Erklärung fehlte. Diese Immunität 
scheint keine angeborene, sondern eine erworbene zu sein. Dafür spricht 
wenigstens die Thatsache, dass das Blut weisser Ratten, welche eine an¬ 
geborene Immunität gegen Diphtherie besitzen, keinerlei Schutzwirknn^ 
zeigt. Die angeborene Immunität beruht wahrscheinlich nicht auf den 
antitoxischen Eigenschaften des Blutes. Aeltere Personen haben aber wahr¬ 
scheinlich sehr häufig unter dem Einflüsse der Diphtheriebacillen (Nase. 
Rachen, Mund) gestanden. Wassermann hat in zwei Fällen echte viru¬ 
lente Diphtheriebacillen bei ganz gesunden Personen gefunden, häufiger 
diphtherieähnliche Stäbchen, mit denen es aber niemals gelang, gegen 
Diphtherie zu immunisiren. Die von Wassermann gefundenen That¬ 
sachen ermöglichen es, durch eine leicht auszuführendo Blut-imtersuchung 
festzustellen, ob jemand für schwere Diphtherie empfänglich ist oder nicht. 
Für Aerzte, Wartepersonal und dergleichen ist dies zu wissen von grosser 
Wichtigkeit. 

Discussion. Herr Boer (Berlin): Bisher war es nur möglich, solche 
Thiere, die mit Diphtherieculturen inficirt worden waren, durch da.* 
Behring’sehe Serum zu heilen. Bo er hat damit durch neuere Versuche 
auch solche Thiere noch von schwerer Erkrankung retten können, die mit 
Diphtheriegift krank gemacht worden waren. 0,18 ccm des Normal- 
seruras III (nach Behring) waren nothwendig, um ein Gift zu paralysircc- 
an dem Meerschweinchen von mittlerem Körpergewicht in drei bu> mm 
Tagen an echter Diphtherie zugrunde gehen. Wurde die Behanaluni 
spätestens 36 Stunden nach der Vergiftung begonnen, s0 wu ™ en „T 
Thiere ohne Ausnahme gerettet. Noch glänzender waren die Kmu jJ' 
bei Anwendung eines 200 fachen Normalserums, das aber von den nw s 
Farbwerken gegenwärtig noch nicht abgegeben wird. Das Schering^" 
Fabrikat erwies sich als nicht ausreichend. _ 

Herr Arons on (Berlin) giebt zunächst einen kurzen TJeberhlick über i 
von ihm angewendeten Methoden zur Darstellung seines Diputnen • ■ 
serums. Dieselben sind aus den früheren Publieationen Aronson s De . ■ 
Von dem Versuche, das Antitoxin in concentrirter Form aDZUW ^ en ‘: nP 
er wieder zurückgekommen und verwendet gegenwärtig mir 
Serum. Die bisher mit seinem Serum im Kaiser Friedrich Kran - 
im Krankenhaus Friedrichshain, in der Grazer Kinderklmik u. . 
stellten Versuche haben insgesammt eine Mortalität von 141 /° - . A 
fälle unter 255) ergeben. Das ist eine erhebliche \ erbessenmg 
herigen Statistik. Im Gegensatz zu Ehrlich rechnet Aronso f 
Statistik auch noch diejenigen Fälle mit ein, die während ae ^ 
Zeit in Behandlung waren, aber nicht mit Serum gespritzt vr • 
durch wird seine Statistik etw-as ungünstiger. Aronson zur 

die Nothwendigkeit der Verwendung einer grösseren Aa 
Gewinnung des Serums, weil infolge häufig wiederholter Bhi p. 

bei einem Thiere die antitoxischen Wirkungen des ^erums 
Immunisirungsversuehe, die mit Aronson’s Serum im Kai* ^ 

Kinderkrankenhause bei Geschwistern diphtheriekranker Ki fc 
worden sind, haben ergeben, dass das Doppelte der von ginfoih- 

gobenen Dosis nothwendig zur Verhütung der Infection ist- v er la«* 
Dosis schützt aber wenigstens mit Sicherheit vor einem ma t, 
der Erkrankung. • AVU -r 

Herr Escherich (Prag) hat bei Untersuchungen mit K; 
im Blute von diphtheriegeheilten Kindern einen Schutz ^ 

Durch Injection des Serums solcher Kinder konnten wer d« 

gegen die Infection mit virulenten Diphtheriebacillen 2 ' us . l»i. 

Controllversuche mit dem Blute anderer Kinder fi v en , g vorffC trag^ ei; 
Ursache der Differenz, welche diese Versuche m . M aer Vor¬ 
untersuchungen von Wassermann zeigen, ist vieue (Berlin 1 
schiedenheit der angewendeten Methode zu suchen. 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld iu Berlin W. 


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Original fro-m 

UMIVERSITY OF MICHK 



Donnerstag 


VEREINS-BEILAGE 


1. November 1894, 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für Innere Medicin in Berlin, Sitzung am 9. Juli 1894: 
Mondei, Fall von geheiltem Myxödem; Discussion: Gericke, Körte 
sen., Gottstoin, Lazarus. — Lennhoff, Gallenstein; Discussion: 
Litten, Becher, Benda. — Mendelsohn. Ueber Inula graveolens. 

— Discussion Leyden, Ueber ulceröse Endocarditis: A. Fraonkel, 
Klemperer, M. Wolff, Leyden. 

II. Berliner nicdicinisclie Gesellschaft, Sitzung am 17. October 1894: 
Mackenrodt, Uretergebärmutterfistel. — Rotter, Totalexstirpation 
des Kehlkopfes. — A. Blaschko, Strophulus infantum; Discussion: 
H. Neumann, Rosenthal. — Sitzung am 24. October 1894: 
Rosenheim, Ueber das Verhalten der Magenfunction nach Gastro¬ 
enterostomie, — Maass, Ueber Oesophaguscarcinom. — E. Meyer, ; 
Aneurysma der Arteria subclavia und Carotis dextra; Discussion: ! 
G. Lewin. — G. Behrend, Zur Pathologie und Therapie der Pity- i 
riasis versicolor; Discussion: G. Lewin, Lassar, Behrend. 

III. Freie Vereinigniur der Chirurgen Berlins, Sitzung am 21. Mai 
1894: Hahn, a) Ueber Nierenaneuiysma; b) Ueber chirurgische Ein- ! 


griffe bei Magenerkrankungen; c) Ueber Jejunostomie. — Wolff, Zur 
Technik der Gaumenspaltenoperation. — Neu mann, Zur operativen 
Behandlung der Zwerchfellshernien. — Weibgen, Körte, Canon, 
Rinne, Zur Diphtheriebehandlung; Discussion: Langenbuch, Ehr¬ 
lich. — Balster, Bluterguss innerhalb der Wand des Duodenums. — 
Wedekind, Aneurysma arterio-venosum traumaticum der linksseitigen 
Sclilüsselbeingefässe. 

IV. 66 . Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Aerzte in Wien: Abtheilung für innere Medicin, Sitzung am 
24. September: Moritz, Ueber das Verhalten von flüssigen und brei¬ 
artigen Substanzen im menschlichen Magen. — Hamm erschlag. Ueber 
die quantitative Bestimmung des Pepsins im Magensaft. — Sitzung 
am 25. September: Scheyer, Das Verhalten der Verdauungsleuko- 
cytose bei Carcinoma ventriculi und Ulcus rotundum. — Boas, Ueber 
öastritis acida. — Martius. Ueber Grösse, Lage und Beweglichkeit 
des gesunden und kranken Magens des Menschen. 


I. Verein fiir innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 9. Juli 1894. 

Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Für- 
bringer. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Mendel: Demonstration eines Falles von geheiltem 
Myxödem. (Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift veröffent¬ 
licht werden.) 

Discussion: Herr Gericke: Mit dem Auftreten der Krankheit 
stellte sich bei meiner Patientin ein auffallender Wechsel in ihren geistigen 
Fähigkeiten ein, der für die Umgebung um so auffallender war, da sie 
zur guten Gesellschaft gehört. Die von dem Herrn Vorredner geschil¬ 
derte Therapie hatte sichtlichen Erfolg nicht nur auf das geistige Leben, 
sondern auch auf das körperliche Befinden. — Patientin war 1 '/^ Jahr 
ununterbrochen in der Behandlung, sobald die Therapie ausgesetzt wurde, 
fingen z. B. nicht nur die Haaro auf dem Kopf, sondern auch die des 
Handrückens wieder an auszufallen. 

Herr Körte (senior): Ich habe auch zwei Fälle von Myxödem ge¬ 
sehen, einen spontanen und einen nach Operation der Struma. Lotztere 
Erkrankung trat erst etwa 2 ',2 Jahre nach der Operation auf und äusserte 
sich darin, dass allmählich die geistigen Functionen erlahmten und träger 
wurden, Hände, Arme und Gesicht anschwollen, die Körperfülle über¬ 
haupt zunahm. Die Kranke klagte besonders über Schwindel und Schwäche. 
Bei roborirender Behandlung minderten sich die Symptome, um nach 
einiger Zeit wiederzukommen und abermals sich zu bessern. Jetzt sind 
ihre alten Beschwerden in hohem Grade wiedergekehrt. Der zweite Fall 
betrifft ein junges Mädchen, die im 14. Jahre eine acute Tuberkulose er¬ 
litt und lange Zeit schwer krank war. Zwei Jahre danach fingen die 
ersten Zeichen, die ich aber erst später deuten konnte, an. Zuerst 
Schwellen der Hände, dann auch des Gesichts; die Hände um das Dop¬ 
pelte vergrössert, so kamen allmählich alle Symptomo des Myxödems 
hervor, etwa vor vier bis acht Jahren. Ich gestehe, dass ich die Be¬ 
handlung mit der Thyreoideasaftinjection für wenig vertrauenerweckend 
hielt, und ich habe die Kranke durch Eisen, Arsenik, Luftwechsel, kräf¬ 
tige Ernährung. Bäder u. s. w. zu kräftigen versucht. Zeitweise ist da¬ 
bei eine sehr erhebliche Besserung eiugetreten, die Körperfülle schwand, 
zeitweise manchmal um 11—15 Pfund und mehr, und nahm dann wieder 
zu bis zum jetzigen Gewicht von 132 Pfund. Auch die geistigen Fähig¬ 
keiten kamen wieder, aber nach '/. 1 , */a Jahr traten die alten Symptome 
immer wieder auf, und gerade jetzt, nachdem sie durch oine schwere 
Blutung erschöpft war, ist sie sehr elend. Die Mittheilungen von Herrn 
Mendel ermuthigen mich jetzt zu einem Versuch, Schilddrüsensaft inner¬ 
lich zu geben. Ich werde sofort damit beginnen und den Erfolg auch 
mittheilen. Ich mache aber doch darauf aufmerksam, dass alle drei von 
Herrn Mendel mitgetheilten Fälle noch zu frischen Datums sind, um 
die Annahme einer völligen Heilung sicher zu begründen. Einige Zeit 
werden wir vergehen lassen müssen, ehe wir mit der Zuversicht, die 
Herr Mendel äusserte, darüber urtheilen können, so erfreulich auch seine 
Resultate zur Zeit sind. 

Herr G. Gottstein: Im Anschluss an die Demonstration des Herrn 
Vortragenden möchte ich eines Falles Erwähnung thun, den ich in der 
Klinik des Herrn Geheimrath Mikulicz in Breslau zu beobachten Gelegenheit 
hatte. Es handelt sich nicht um einen Fall von Myxödem, sondern imi 
Tetanie. Beide Erkrankungen haben eine gewisse Aebnlichkeit mitein¬ 
ander, insofern sie beide als Folgeerscheinungen nach totaler Schilddrüsen- 
exstirpation beobachtet worden sind. Die jetzt 34jährige Patientin er¬ 
krankte im 12. Lebensjahre und hatte in den ersten Jahren nur leichte 
Sensationen, die aber später zu typischen Tetanieanfällen führten. Die An¬ 
fälle verstärkten sich mit den Jahren, und im 28. Lebensjahre traten auch 


Anfälle mit Bewusstseiusverlust auf. 32 Jahre alt, kam Patientin in Be¬ 
handlung des Herrn Geheimrath Mikulicz, der mit Herrn Medicinalrath 
Wernicke aus dem Bestehen des typischen Tetanieanfalles, dem Vor¬ 
handensein des Trousseau’schen, Chvostek’schen und Erb-Hoff- 
mann’schen Phänomens die Diagnose auf Tetanie stellte. Bei Palpation 
fehlte die Schilddrüse. Aus diesem Grundo wurde, zusammen mit der 
Anamnese, die Diagnose auf „Tetanie infolge Fehlens der Schild¬ 
drüse“ gestellt. Am 1. März 1892 machte Herr Mikulicz im Anschluss 
an die Ei sei sberg’schen Untersuchungen eine Implantation einer Struma 
in die Bauchhöhle zwecks Einheilung und Vasculnrisirung derselben. Die 
Zahl der Anfälle, die über 20 betragen hatte, stieg bald nach der Opera¬ 
tion bedeutend an Zahl, um nach zwei Tagen tief zu sinken, und ca. 70 
Stunden fehlte jeder Anfall. Die Anfälle fanden sich dann wieder und 
nach circa einen Monat hatten dieselben die alte Höhe erreicht. Da die 
Leiden der Patientin sehr gross waren, ging Herr Mikulicz nochmals 
an eine Implantation, die denselben Erfolg wie das erste mal hatte, wohl 
so lange wie die rosorptive Wirkung des Schilddrüsensaftes dauerte. Im 
März dieses Jahres wurde die Behandlung mit Schilddrttsensendrops per os 
eingeleitet. Die Zahl der Anfälle ist nach wenigen Wochen langsam auf 
drei bis vier in 24 Stunden gesunken und bisher auf dieser Zahl stehen ge¬ 
blieben. Patientin fühlt sich viel wohler als früher und ist sehr glück¬ 
lich über den Erfolg. (Ausführliche Publication erfolgt demnächst.) 

Herr J. Lazarus: Ich kenne den von Herrn Mendel vorgestellten 
Fall seit 1884. er ist von Dr. Manasse, der damals Assistent an meiner 
Poliklinik am jüdischen Krankenhaüse war, in der Berliner klinischen 
Wochenschrift veröffentlicht worden, und da finden Sie zwei Bilder der 
Patientin, eins aus ihrer Jugendzeit, das andere von 1885. Ich kann nur 
sagen, dass die Patientin von 1884 bis zum vorigen Jahre in beständig 
zunehmendem Verfall ihrer geistigen und körperlichen Functionen war. 
Ich habe in der ganzen Zeit auch nicht vorübergehend die geringste 
Besserling bei ihr constatiren können, und jetzt, wo ich sie wiedergesehen 
habe, ist ihr Gesicht und ihr Wesen so verändert, dass ich sie auf den 
ersten Blick kaum erkannt habe. Ich glaube, dass wir doch dieser Art 
der Therapie eine grosse Bedeutung beilegen müssen und nicht bloss 
von einem vorübergehenden Erfolg sprechen können. Man kann aus diesem 
Fall auch den Schluss ziehen, dass die Dauer der Krankheit gar keine 
Rolle spielt, dass diese Therapie selbst in den eingewurzeltsten Fallen 
wie dieser, wo os sich um eine Krankheit von mindestens zehn Jahren 
handelt, immer noch zur Geltung kommt. 

2. Herr Lennhoff (Demonstration vor der Tagesordnung): Am 
12. März dieses Jahres zeigten hier Herr Rosenberg und voriges 
mal Herr Hey mann je einen Gallenstein, von solcher Grösse, dass 
es ausgeschlossen schien, dass dieselben auf gewöhnlichem Wege 
in den Darm gelangt sein konnten, sie mussten sich vielmehr ge¬ 
waltsam einen Weg dorthin gebahnt haben. Ich zeige liier einen 
Stein, der diese Eigenschaft theilt, aber sowohl durch seine eigen¬ 
tümliche Form sich wesentlich von den beiden unterscheidet, als 
auch besonders dadurch, dass er kaum nennenswert,he Beschwerden 
gemacht hat, während jene anderen ganz erhebliche Erscheinungen 
hervorgerufen haben. Der Stein stammt von einem 50jährigen 
Mann, der sich nie wesentlich krank gefühlt hat und nur seit 
vorigem Herbst häufig an Indigestionsstörungen litt. Im November 
1893 erkrankte er an heftiger Diarrhöe, die drei Wochen dauerte, und 
verspürte zugleich massigen Druck in der Lebergegend, der ab¬ 
wechselnd etwas stärker oder schwächer war und zur Zeit noch 
besteht. Vor einigen Wochen brachte der Herr diesen Stein und 
erzählte, dass er beim Kothentleeren einen eigentümlichen Druck 
am After verspürt, infolge dessen den Stuhlgang untersucht und 
diesen Stein gefunden habe. Derselbe macht äusserlich den Ein¬ 
druck eines Kothsteines. Er hat die Form eines in der Längs- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 








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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


achse gebogenen Cylinders; der Mantel ist rauh, borkig, von 
schmutzig grauer Farbe; man sieht ihn jedoch bei aufmerksamerem 
Betrachten mit kleinen Krystallen bedeckt. Die beiden Kopfenden 
sind glänzend polirt, von gelber Farbe auf der einen, leicht convexen, 
Aon gelber und grün-braun schillernder Färbung auf der anderen, 
sattelartig eingedrückten Fläche. Seine Länge beträgt an der 
convexen Seite 84 mm, an der concaven 19 mm, der Durchmesser 
des Querschnitts misst 27 mm. Auffallend ist im Verhältniss zu 
seiner erheblichen Grösse das geringe Gewicht von nur 14 g. Auf 
dem Querschnitt sieht er fast aus wie eine Rhabarber Wurzel, von 
ziemlich hellgelber Farbe. Man erkennt deutlich eine concentrische 
Schichtung, und zwar annähernd kugelförmig. An der Stelle seines 
kleinsten Durchmessers berührt diese Kugel ungefähr den äusseren 
Rand, während die übrigen Partieen unregelmässig aufeinander¬ 
geschichtet sind. Der äusseren Form nach, die den Eindruck eines 
Darmausgusses macht, sollte man annehmen, dass es sich um einen 
Kothstein handele, indessen lässt die chemische Untersuchung 
keinen Zweifel, dass wir es mit einem wirklichen Gallenstein zu 
thun haben. Nach einer quantitativen Analyse, die ich der Güte 
des Herrn Apotheker Wentzel von Hobe’s Apotheke verdanke, 
besteht er zu 99,1949 % aus Cholestearin, 0,6776 % Gallenfarb¬ 
stoffen und 0,1275 % anorganischen Bestandteilen, Calcium, Phos¬ 
phorsäure, Magnesium. Es ist schwer zu erklären, wo der Stein, der 
nur so geringe Beschwerden verursachte, gelegen haben mag, bezw. 
an welcher Stelle er entstanden ist. Seiner Zusammensetzung 
nach muss er natürlich in der Gallenblase oder irgendwo in der 
Leber entstanden sein, doch ist zu bezweifeln, dass er seine eigen¬ 
tümliche Form bereits dort erhalten hat; vielleicht war er so 
weich, dass er erst im Darm diese Gestalt bekommen hat. Dann 
ist es aber besonders merkwürdig, dass gar keine Darmerscheinungen 
durch ihn hervorgerufen sind, auch ist dort das Zustandekommen 
der polirten Endflächen schwer zu erklären. Möglicherweise lag 
er nicht in der Längsrichtung, sondern quer im Darm, so dass die 
Kopfenden dem Darm fest anlagen und der Koth an den Seiten 
vorbeifliessen konnte. Lange Zeit scheint er jedoch nicht mit 
Kothmassen in Berührung gewesen zu sein, denn ein intensiver 
Kothgeruch, den er in den ersten Tagen aufwies, verschwand 
sehr bald. 

Discussion. Herr Litten: Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass 
wir in der letzten Zeit drei Fälle von gallenhaltigen Cholestearinsteinen, 
die in den Darm durchgebrochen waren, gesehen haben. In der Litteratur 
sind diese Fälle verhältnissmässig selten, trotzdem sie die sehr schweren 
Erscheinungen des Ileus heiworrufen können. Sind die Steine so gross, 
dass sie nicht durch die Gallenwege hiudurchgelangen können, so tritt 
gewöhnlich eine Verwachsung der Gallenblase resp. des Ductus chole- 
dochus mit dem Duodenum oder einem anderen Darmabsclmitt ein, und 
der Stein tritt durch die Perforationsöffnung hindurch in den Darm ein, 
häufig unter deutlichen ileusaitigen Erscheinungen, wobei die Kranken zu¬ 
grunde gehen. In einem interessanten Fall, der von Dr. v. Dessauer in 
Chile beschrieben ist, gingen bei einer Frau, bei welcher man zwei wall¬ 
nussgrosse Cholestearinsteine in der Gegend der Valvula Bauhini fühlte, 
dieselben unter schwerstem Kotherbrechen noch glücklich durch den Mast¬ 
darm ab, wodurch sie gerettet wurde. In einem anderen Falle aber, den 
Cohn heim beschrieben hat, blieb der Stein im Dünndarm stecken, und 
die Patientin starb unter den schwersten Erscheinungen des Ileus. 
Ludwig Gueterbock hat einen Fall beschrieben, in welchem ein Stein, 
der auch zu einigen 90 % aus Cholestearin bestand, sich in der Harnblase 
befand und dort durch die Lithothripsie zertrümmert w r urde. Es geht 
daraus hervor, dass auch pigmenthaltige Cholestearinsteine in der Harn¬ 
blase Vorkommen können. Da dieselben aber in der letzteren nicht ent¬ 
stehen können, sondern aus der Gallenblase daselbst hineingelangt sein 
müssen, so fragt.es sich, auf welchem Wege dies geschieht. In der 
Litteratur liegen noch zwei analoge derartige Beobachtungen vor, bei 
welchen abwechselnd flüssige Galle und Gallensteine durch die Harnblase 
entleert wurden. Da nun bei der Grösse der Steine ausgeschlossen 
werden kann, dass dieselben von aussen in die Harnblase eingeführt 
worden sind, eine Entstehung von Cholestearinsteinen in der Harnblase 
aber nicht vorkommt, so muss durchaus eine Communication zwischen 
Gallen- und Harnblase angenommen werden, ln dem einen dieser Fälle, 
welcher von Fab er stammt, konnte die Autopsie gemacht werden. Bei 
dieser Autopsie konnte man eine Communication zwischen der lang aus¬ 
gezogenen Gallenblase und der Harnblase nachweisen, und zwar durch 
mnen weit offenen, persistirenden Urachus, der die Verbindung zwischen 
Gallen- und Harnblase herstellte. In anderen Fällen wäre auch möglich, 
dass zunächst die Gallenblase mit einem anderen Organ (z. B. irgend 
einem Darmabschnitt durch Perforation) in Communication getreten wäre 
und dass dann dieses mit der Harnblase in Verbindung getreten wäre. 
So viel steht jedenfalls fest und ist durch einwandsfroie Autopsieen er¬ 
härtet, dass in Fällen von Gallensteinen, die so gross waren, dass eine 
Entleerung auf normalem Wege nicht möglich war, sich eine Communi- 
cataon mit verschiedenen Abschnitten des Verdauungstractus gebildet hat, 
durch welche der Stein in den Magen oder Darm übertrat und aus diesem 
in ungefährlicher Weise entleert wurde, falls der Stein nicht so gross 
war, dass er den Darm verschloss und einen tödtlichen Ileus zur 
Folge hatte. 

.Herr Becher: Ich kann auch von einem Fall berichten aus der 
nmo* des Herrn Dr. Köhler in Charlottenburg, einem Fall, der eine mir 


No. 16 

verwandte Dame im Alter von 52 Jahren betraf. Dieselbe hatte viel an 
Gallensteinen gelitten und glaubte nach einer Cur in Karlsbad sie l os 
zu sein. Da bekam sie plötzlich im Sommer eine Diarrhoe, die sie auf 
Obstgenuss bezog. Kurz nachher trat intensive Verstopfung ein, und es 
zeigten sich die Symptome des Ileus. Trotz Kothbrechens blieb der Leit 
anfangs weich, ja es zeigte sich sogar noch ein bräunlicher Stuhl, so dass 
man mit der Operation wartete. Nach acht Tagen wurde dann die Operation 

g emacht; ich konnte dem Operateur genau die Stelle angeben, wo die 
'ämpfung gewesen war. Nach Spaltung des Peritoneums hob der Ope¬ 
rateur den Dünndarm heraus und hatte beim ersten Griff die Verschluss¬ 
stelle. Beim Oeffnen des Darmes kam ein grosser, runder Gallenstein zu 
Tage, der das Lumen versperrt hatte. Die Dame starb leider am nächsten 
Tage an Collaps. Die Section ergab, dass die Operationsstelle im Darm 
im Heilen war. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Durchbrüche des 
Steins in den Darm häufig unter so geringen Beschwerden erfolgen, dai$ 
die Kranken nur Diarrhoe zu haben glauben, indessen können auch Zer- 
reissungen des Ductus choledochus Vorkommen. Dann erfolgen allerdingi 
heftige, allgemein peritonitische Erscheinungen. Ich erinnere daran, d£« 
College Geh. Sanitätsrath Ravoth einen solchen qualvollen Tod hatte. 

Herr Ben da macht darauf aufmerksam, dass die polirten Flächet 
eines Steines nicht der Schleimhautoberfläche entsprechen, sondern durch 
die Reibung von Nachbarsteinen entstehen. Der vorliegende Stein mos 
seiner Form nach wenigstens zwischen zweien gelegen haben. 

3. Herr Mendelsohn; Ueber Inula graveolens. (DerVor¬ 
trag ist in dieser Wochenschrift No. 30, S. 610 veröffentlicht.) 

4. Discussion über den Vortrag des Herrn Leyden; Ueber 
ulceröse Endocarditis und fibröse Myocarditis im Zusammen¬ 
hang mit acutem Gelenkrheumatismus. 

Herr A. Fraenkel: Herr Leyden hat das Vorkommen von Tuberkei- 
bacillen in den Vegetationen bei Endocarditis angeführt, das, soviel mir 
bekannt, von Heller zuerst nachgewiesen worden ist, und hat auch 
erwähnt das Vorkommen von Tuberkelbacillen bei acuter Miliartuberkuio« 
in den Gerinnseln, die im Vorhof gefunden sind. Ich habe gerade in den 
letzten Tagen einen diesem letzteren analogen Befund an einem Fall von 
acuter Miliartuberkulose bestätigt gesehen. Bei einem jungen Menschen, <3?: 
auf meiner Abtheilung an Miliartuberkulose zugrunde ging, fand sich post 
mortem in der Aorta ein ziemlich frisches atheromatöses Geschwür, di : 
einen so frischen Eindruck machte, dass man sich wohl versucht fühlen 
konnte, von einer acuten Endoaortitis zu sprechen. Wir haben das Präparat 
sofort conservirt und, bevor wir os einfegten, Abstrichpräparate von der 
Oberfläche des Geschwürs gemacht und auf Tuberkelbacillen untersucht: 
dieselben fanden sich in aussergewöhnlicher Zahl, jedenfalls so 
dass man daraus auf eine besonders reichliche Ansiedelung der Bacillen 
in den fibrinösen Belägen des Geschwürs schliessen durfte. Das Präparat 
unterliegt noch weiteren Untersuchungen, und es soll festgestellt werden, 
ob Tuberkel darin sind. Tuberkel im Herzfleisch sind ja nicht Win 
selten; seltener aber sind sie auf dem Endocard der Klappen. Ich n* 
in letzter Zeit in einem Falle auch Miliartuberkeln auf dem Endocard f. 
Aortenklappen beobachtet und deren Vorhandensein in dem betreuen e 
Falle durch dio mikroskopische Untersuchung sicher gestellt. 

Gestatten Sie mir nunmehr noch einige Bemerkungen zur Aetwi o£ 
und Symptomatologie der acuten Endocarditis. Herr Leyden mac - ' 
interessante Mittheüungen darüber, dass es ihm in seinen ^ 
sei, einen bestimmten Coecus, der sich durch besonders zartes Wae 
auszeichnete, aus den Vegetationen zu isoliren. Der heutige otan p 
über die ätiologischen Verhältnisse bei der acuten Endocarditis is j 
falls der, dass diese Affection in ätiologischer Beziehung 
einheitliche ist. Man hat die verschiedensten Mikroorgam 
funden, Streptococcen, Staphylococcen und Pneumococcen. ic 
sagen, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass das, was von a 
Endocarditis mit Sicherheit nachgowiesen ist, auch vom acu 
rhoumatismus gilt. Wir haben bisher noch keinen absol > 
Anhaltspunkt dafür, dass diese Affection einem emheitb c -* eD j ÖTn aentcu 
Entstehung verdankt. Die Möglichkeit, dass es sich Mt 
Gelenkrheumatismus sehr ähnlich verhält wie mit der acuten ... 
liegt, glaube ich, nahe. Wir sehen, dass die verschiedensten inij 
krankheiten in ihrem Verlauf zu multiplen serösen Gelenk 
zu führen imstande sind, wofür der Tripper, Typhus, Scar a _ ^ 

u. s. w. den Beweis liefern. Vor einigen Wochen ist eine a 
K linik von Quincke über die Invasionsstätte £ es , r n r .Rooj 
Gelenkrheumatismus erschienen, in welcher der betreffende A ^ 
darauf aufmerksam macht, dass in manchen Fällen von a ^ 

rheumatismus die Infection durch die Mandeln stattnnaet. ^ pP ;. 
reits seit Jahren meine besondere Aufmerksamkeit dem o t «weiten z» 
mären Eingangspforten bei den verschiedensten Infection . u? de® 
und kann bestätigen, dass bei vielen Fällen von Gelenkrh 
so ist, wie oben angeführt wurde. Noch mehr wie von B ^ 
Form der acuten Endocarditis, die man als gutartige bez Endofir- 
vielleicht vom Gelenkrheumatismus, gilt es von der u 
ditis, dass diese weder symptomatologisch noch ätiologi m&cMt 

wohl abgegrenzte Erkrankung aufzufassen ist. fieser j Je im L Jtl 
ich speciell ein paar klinische Beobachtungen mittheue , 
des letzten Jahres gemacht habe. Es kommen r all : mg tandc »»• 
Endocarditis, die wir schlechthin nicht zu diagnostic' t fln juug. & 

und andererseits Fälle von nicht ulceröser Herzk!lapp mac hen, <^ E ' 

klinisch ganz den Eindruck einer ulcerösen Endocarm ^ologi*^ 
dass eine solche vorliegt. Berücksichtigen wir, wa ® , - ^ er 0 icö^ 5 
über diese Dinge wissen, so ist es folgendes: Man n ^ ^che’ 
Endocarditis dieselben Mikroorganismen gefunden vne v - ru j enl gr»dc d* 
verrucösen Form, so dass es sich nur um besonae 
betreffenden Mikroorganismen handeln kann, die aas 


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UNIVERS1TY OF Mit 



1. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


123 


mische Verhalten bedingen. Unter meinen Beobachtungen befinden sich 
Fälle, die sich an acuten Gelenkrheumatismus angeschlossen haben und 
wo wenig Symptome vorhanden gewesen waren, die man sonst bei dor 
ulcerösen Endocarditis zu beobachten gewohnt ist; es fehlten Fröste, es 
bestand nur hohes Fieber, und an denjenigen Stellen des Körpers, an 
denen man gewöhnlich Embolieen anzutreffen pflegt, wurden sie unter 
Umständen völlig vermisst. Selbst die Netzhautblutungen, deren Vor¬ 
handensein ich eine ungemeine Bedeutung beilege und auf deren grosse 
Häufigkeit Herr Litten in früheren Arbeiten hingewiesen hat, können 
bei ausgesprochenen Fällen von ulceröser Endocarditis fehlen. Anderer¬ 
seits habe ich im letzten Jahre einen Fall dieser Affection mit nahezu 
fieberlosem Verlauf beobachtet bei einer 27jährigen Patientin, die ur¬ 
sprünglich mit Gelenkrheumatismus und einem Klappenfehler behaltet in 
der Anstalt gewesen war, kurz darauf aber von neuem und zwar mit den 
Erscheinungen ulceröser Endocarditis, verbunden mit geradozu massen¬ 
haften Embolieen erkrankte; es bestand eine Hemiplegia dextra mit rechts¬ 
seitiger Hemianopsie; ausserdem entwickelten sich die Erscheinungen 
einer Embolie der rechten Cubital- und beider Femoralarterien. Bei der 
Section fanden sich ferner noch Milz- und Niereninfarcte. Die post mortem 
ausgeführte bacteriologische Untersuchung ergab in sämmtlichen, in puri¬ 
former Erweichung begriffenen Thromben der Extremitäten Streptococcen. 
Der Klappenbefund entsprach dem einer ulcerösen Endocarditis. Dieser Fall 
war nun, wio gesagt, während seiner ganzen dreimonatlichen Dauer durch 
einen fast fieberlosen Verlauf ausgezeichnet; nur an wenigen Tagen bestanden 
Temperatursteigerungen über 38,5, während sonst wochenlang die Tempe¬ 
ratur ganz normal blieb. Als Gogonstück lege ich Ihnen hier die Curve 
eines tödtlich verlaufenen Falles von Endocarditis verrucosa vor, wo Sie 
die typischen irregulären Schüttelfröste sehen, die wir sonst nur bei 
ulcerösen Formen beobachten; die Endocarditis schloss sich auch in diesem 
Falle an einen Rheumatismus an. Wir können also, wie dies auch von 
Rosenbach neuerdings in seinem Lehrbuch der Herzkrankheiten betont 
worden ist, bei der acuten Form der Endocarditis weder die klinischen 
Verhältnisse noch das Verhalten an den Klappen zum Ausgang für die 
.Hinstellung eines abgegrenzton Krankheitsbildes machen; vielmehr dürfen 
wir nur von mehr oder weniger gutartigen und bösartigen Formen der 
Endocarditis reden, und Sie alle haben sicher schon Fälle beobachtet, 
wo ein Patient die klinischen Erscheinungen einer einfachen acuten Endo¬ 
carditis darbot und es sich schliesslich doch nach Ausweis des Sections- 
befundes um dio ulceröso Form handelte, oder umgekehrt Fälle, die an¬ 
fänglich einen sehr schlimmen Verlauf zu nehmen drohten, bei denen 
schliesslich aber doch noch Wendung zum Besseren eintrat.—Weiter gestatte 
ich mir noch eine Bemerkung Uber die Dauer der ulcerösen Endo¬ 
carditis. Als ich noch unter meinem verehrten früheren Chef Leyden 
als Assistent in der Charite thätig war, beobachtete ich einen Fall von 
ulceröser Endocarditis, die drei Monate dauerte. Das hielt ich damals 
für eine relativ lange Dauer; im vorigen Jahre aber beobachtete ich einen 
Patienten, der nicht weniger als sieben Monate hindurch ununterbrochen 
ein hohos, zum Theil nur remittirendes, zum Theil intermittirendes Fieber 
darbot und an ulceröser Endocarditis zugrunde ging; während der ganzen 
Zeit traten keine Embolieen auf, es kamen nur ganz vereinzelte Fröste 
vor, und das Fieber persistirte bis zum Tode. Wir waren uns über die 
Diagnose des Krankheitsfalles nicht ganz klar. Es bestand zwar ein 
systolisches Geräusch an der Herzspitze, das Patient aber schon seit 
Jahren darbot, und die Pulsfolgo war eine absolut regelmässige; daneben 
lagen jedoch Erscheinungen vor, dio das Bestehen einer Eiterung in der 
linken Bauchhälfte nicht unwahrscheinlich machten. Letztere fand sich 
post mortem in Form eines grossen, in eitriger Schmelzung befindlichen 
Milzinfarctes, daneben ein ausgebreiteter Zerstörungsprocess der Mitral¬ 
klappe und der an sie angrenzenden Partieen des Ventrikelendocards und 
Herzfleisches. — Ich komme endlich zur Frage der Myocarditis. Ich habe 
allerdings selbst bisher nicht genaue mikroskopische Untersuchung des 
Herzens bei Endocarditis angestellt,'aber im Anschluss an die Arbeit von 
Romberg über infectiöse Myocarditis habe ich Fälle von Ileotyphus 
untersuchen lassen, in dessen Verlauf bekanntlich ebenfalls schwere Herz¬ 
störungen auftreten. In drei derartigen Fällen liess ich nach Krehl’s 
Methode die Herzen in kleine Würfel zerlegen, von denen jeder 
einzelne zur Entnahme einiger mikroskopischer Schnitte benutzt wurde. 
Bezüglich des Vorhandenseins interstitieller myocarditischer Veränderungen 
war das Untersuchungsergebniss ein völlig negatives. Die zum Theil 
vorhandenen, jedoch in ihrer Intensität und Ausdehnung im grossen und 
ganzen auch nur massigen parenchymatösen Veränderungen könnten 
eventuell auf alleinige Einwirkung des Fiebers bezogen werden. Zu ähn¬ 
lichen Ergebnissen ist Herr College Heubner bei aer Untersuchung der 
Herzen an Diphtherie verstorbener Kinder gelangt, so dass er schliesst, 
die schweren Störungen der Herzthätigkeit seien hier wesentlich auf 
toxische Einwirkungen zu beziehen und nicht durch materielle Läsion 
des Herzmuskels veranlasst. Ich möchte mich für eine Anzahl von 
Fällen dieser Anschauung anscbliessen. 

Herr G. Klemperer: Zu den Ausführungen des Herrn A.Fraenkel, 
dass der Gelenkrheumatismus keine ätiologische Einheit darstello, möchte 
ich mir die Bemerkung gestatten, dass es sich hierbei wohl ebenso ver¬ 
hält, wie bei der Pneumonie. Wir kennen sehr verschiedene Erreger 
verschiedener Formen von Lungenentzündung, aber wir haben doch eine* 
klinisch wohl charakterisirte genuine Pneumonie mit durchaus einheitlicher 
Aetiologie, und so glaube ich, dass es neben vielen secundären Poly¬ 
arthritiden eine genuine Form des Gelenkrheumatismus giebt, die klinisch 
sehr scharf wie andere Formen abzugrenzen ist und die auch wahrschein¬ 
lich durch einen einzigen Erreger verursacht wird. Ein solcher Fall 
typischer Polyarthritis rheumatica war es, an den sich die acute Endocarditis 
anschloss, von welcher ich im Auftrag des Herrn Geheimrath Leyden die 
beschriebenen zarten Diplococcen züchtete. Ueber die Eigenschaften der¬ 
selben will ich noch einiges Thatsächliche berichten. Unmittelbar nach 


der Obduction wurden mit geglühten Messern frische Schnitte durch die 
Klappenvegetationen angelegt und mit der Platinöse von den Schnitt¬ 
flächen kleinste Partikelchen auf Agarnährboden verstrichen, der zu Vs aus 
menschlicher Ascitesflüssigkeit, zu a /s aus gewönlichem Fleischpeptonagar 
bestand. Nach zwei Tagen waren auf sämmtlichen Röhrchen kleinste thau- 
tropfenartigo Colonieen aufgegangen, dio einerseits mit Pneumococcen, 
andererseits mit Streptococcen die grösste Aehnlichkeit hatten. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung entschied gegen Streptococcen; weder in den 
Agarcolonieen noch in der Bouilloncultur Hessen sich längere Ketten¬ 
bildungen constatiren. Es handelte sich immer um Doppelglieder, die 
von Pneumococcen im mikroskopischen Bild nicht zu scheiden waren. 
Auch das mangelnde Wachsthum in Gelatine, die Coagulation der Milch liess 
sie den Pneumococcen vergleichen. Der Thierversuch unterschied sie mit 
vollkommener Sicherheit. Bei intravenöser Injection von 2 ccm der 
Bouillonaufschwemmung der Agarculturen starben Kaninchen nach hohem 
Fieber; die subcutane Injection derselben Culturmenge führte nicht zum 
Tod. Dies Verhalten ist von dem der Pneumococcen so wesentlich ver¬ 
schieden, dass es allein zur Scheidung ausreicht. Volle Sicherheit für 
diese Verschiedenheit ergab das Immunisirungsexperiment: Kaninchen, 
welche mit den Diplococcen unserer Endocarditis längere Zeit vorbehan¬ 
delt waren, starben nach subcutaner Pneumococceninjection an typischer 
Septicämie. — Danach stehe ich nicht an, den von uns aus den Vege¬ 
tationen rheumatischer Endocarditis gezüchteten Diplococcus tenuis als 
etwas Besonderes, bisher nicht Bekanntes zu bezeichnen. Ob dieser 
Diplococcus eine ätiologische Bedeutung hat, ist natürlich vor der Hand 
nicht zu beurtheilen. Herr Geheimrath Leyden hat die hier in Be¬ 
tracht kommenden Gesichtspunkte ausführlich erörtert. Jedenfalls dürfte 
in diesem Befunde eine Anregung für weitere Arbeit gegeben sein. 

Herr Max Wolff: ln Bezug auf die wichtige hier angeregte Frage 
der Infectionspforten bei Endocarditis und acutem Gelenkrheumatismus 
erinnere ich an die von verschiedenen Seiten mitgetheilten höchst auf¬ 
fallenden Beobachtungen von Vererbung des acuten Gelenkrheumatismus 
von der Mutter auf das Kind und an die gar nicht seltenen Fälle von 
angeborener Endocarditis. In Bezug auf den Gelenkrheumatismus theilt 
Cohnheim die Obduction von einem wenige Tage alten Kinde mit, bei 
dem sich in zahlreichen Gelenken eine exquisite Synovitis und eine trübe 
an Eiterkörperchen sehr reiche Flüssigkeit fand; ausserdem gab es nir- 

f ends einen Abscess oder eine Verletzung im Körper, dagegen lag die 
lütter seit mehreren Wochen an einem schweren acuten Ge¬ 
lenkrheumatismus darnieder. Cohnheim legte sich damals bereits 
die Frage vor, ob hier nicht eine intrauterine Infection mit dem Virus 
der Gelenkentzündung vorliege. Auch zwei andere klinisch beobachtete 
zweifellose Fälle dieser merkwürdigen Vererbung des acuten Gelenk¬ 
rheumatismus von der Mutter auf das Kind von Schäfer und von 
Pocock sind mir augenblicklich gegenwärtig, von denen der eine Fall 
nach wiederholtem Gebrauch von Salicylsäuro geheilt wurde. Anderer¬ 
seits sind die Fälle von fötaler Endocarditis gar nicht selten und 
Ihnen allen solche Fälle gewiss schon vorgekommen. Es ist mir nun 
gelungen, meine Herren, in einer ganzen Anzahl von Versuchen, die ich 
früher angestellt und in der Festschrift zu Virchow’s 70jährigem Ge¬ 
burtstage veröffentlicht habe, den Nachweis zu liefern, dass der Staphylo- 
coccus aureus — der ja zu den gesicherten häufigen Erregern der Endo¬ 
carditis gehört und der nach der Mittheilung unseres verstorbenen Freun¬ 
des P. Guttmann in eben dieser Gesellschaft auch bei schwerem acutem 
Gelenkrheumatismus im Gelenkinhalt und den sonstigen metastatischen 
Localisationen nachgewiesen wurde — aus dem mütterlichen Körper auf 
den Fötus übergeht und dass, den Versuchen zufolge, dieser Uebergang 
sogar verhältnissmässig häufig zustande kommt. Unter 15 Fötus sind 
damals neunmal positive und nur sechsmal negative Ergebnisse in Bezug 
auf den fötalen Uebergang des Staphylococcus aureus bei denVersuchsthieren 
zu verzeichnen gewesen. Durch den hier gelieferten Nachweis dürfte der 
Schleier von manchen in ihrer Aetiologie bisher unbekannten Fällen von 
angeborenem Herzfehler und von angeborenem acuten Gelenkrheumatismus 
gehoben werden. Auch eine andere sehr auffallende Thatsache, nämlich 
dio, dass die Endocarditis während des Fötallebens vorzugsweise das 
rechte Herz beiällt, würde die auf placentarem Wege erfolgende In¬ 
fection des Fötus mit Staphylococcus aureus zu erklären imstande sein. 
Es ergab sich nämHeh in den Versuchen, dass gerade die fötale Leber 
wiederholt in sehr erheblicher Weise von der Infection mit Staphylococcus 
aureus betroffen wurde. Bei der* weiteren Invasion von der Leber aus 
in den fötalen Kreislauf würden die Staphylococcen alsdann zunächst das 
rechte Herz treffen, hier ihre Ansiedelungsstätte finden können und so 
die rechtsseitige fötale Endocarditis erzeugen. Hinweisen möchte ich 
hier noch schliesslich darauf, dass den Staphylococcen im Organismus 
z. B. bei der Entstehung der acuten infectiösen Osteomyelitis von manchen 
Chirurgen eine sehr lange Lebensfähigkeit zugesprochen wird, so dass die 
mehrfachen, öfter durch viele Jahre, bis zu 20 und 30 Jahren, von ein¬ 
ander getrennten Anfälle von acuter OsteomyeUtis bei demselben Indi¬ 
viduum auf zurückgebliebene lebensfähige und plötzlich unter uns unbe¬ 
kannten Bedingungen zu neuer Lebensaction erweckte Keime zurück¬ 
geführt werden. Wie weit solche fötal übergegangenen Keime von 
Staphylococcus aureus auch für spätere Endocarditis etwa verantwortlich 
zu machen sind, muss vorläufig dahingestellt bleiben. 

Herr Leyden (Schlusswort). (Wird im Zusammenhang mit dem 
Vortrage demnächst veröffentlicht werden.) 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




124 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 


n. Berliner medicinisclie Gesellschaft. 

(Originalberi cht.) 

Sitzung am 17. October 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1 Herr Mackenrodt (vor der Tagesordnung): Demonstration 
eines Falles operativ geheilter Uretergebärmutterüstel. (Eigen¬ 
bericht.) Bei einer 41jährigen X.-para wurde wegen Stillstandes 
der Geburt von einem Arzt auf dem Lande die ^ange angelegt, 
dabei entstand ein hoher Cervico laquearriss 
verlief im übrigen normal, aber es entwickelte sich Unnträufeln, 
welches später Herr Hofrath Schramm in Dresden auf eine 
rechtsseitige Uretergebärmutterfistel zurückführen konnte Er ver¬ 
suchte zunächst durch Pressschwamm, dann durch Hysterokleisis 
nach voraufgegangener Anlegung einer Blasencervixfistel den Unn 
wieder der Blase zuzuführen. Als diese Mittel fehlschlugen uber¬ 
gab er mir die Kranke zur Ausführung der Operation welche ich 
für Ureterfistel im 30. Bande der Zeitschrift für Gynäkologie und 
Geburtshülfe angegeben habe. Zur Verwandlung der Ureter¬ 
gebärmutterfistel in eine Ureterscheidenfistel musste in diesem 
Falle wegen hochgradiger Narbenbildung mit dem Scheidengewolbe 
der Uterus entfernt werden, wobei der verletzte Ureter isolirt und 
in die Scheidenwunde eingenäht wurde. Diese Ureterscheidenfistel 
habe ich dann nach dem angegebenen Verfahren geheilt. 


2. Herr J. Rotter: Zur Totalexstirpation des KehUsopfes. 
(Eigenbericht.) Rotter sieht die Hauptursache, warum die Total¬ 
exstirpation des Kehlkopfes sich noch so wenig in die Praxis ein¬ 
geführt hat, in der grossen Lebensgefährlichkeit der Operation 
und in den Schmerzen und Beschwerden der Nachbehandlungs¬ 
periode. Diese Uebelstände rühren von der bisherigen Methode der 
Wundversorgung her, weil der bei der Entfernung des Kehlkopfes 
entstehende Defect in der Rachenschleimhaut — zwischen Speise¬ 
röhre und Zungenbein — nicht geschlossen wird. Infolge dieses Um¬ 
standes fliessen Schleim und Speisen aus der Rachenhöhle in die 
Wundhöhle, infieiren diese und erzeugen durch Eindringen in die 
Trachea die bekannten Lungenaffectionen. Diese Factoren sind 
Schuld an der hohen Mortalität der Operation. Der offengelassene 
Defect macht es ferner nothwendig, dass die Ernährung des Pa¬ 
tienten mit der Schlundsonde besorgt und ein sehr häufiger Ver¬ 
bandwechsel vorgenommen werden muss, wodurch dem Patienten 
viele Schmerzen und Belästigung bereitet werden. Diese fatalen 
Schattenseiten sind zu einem Th eil bereits beseitigt durch die von 
Barden heu er zuerst principiell angewandte neue Art der Wund¬ 
versorgung, welcher den Defect in der Rachenschleimhaut nicht 
offen liess, sondern durch eine einfache Schleimhautnaht schloss 
und so eine Scheidewand zwischen Wund- und Rachenhöhle her¬ 
stellte und darüber die Wundhöhle tamponirte. Er erreichte da¬ 
mit, dass die Patienten in den ersten Tagen nach der Operation 
selbstständig schlucken konnten, der Schleim in die Wunde nicht 
hinabfloss und dieselbe vor der Infection bewahrt wurde. Aber 
die einfache Schleimhautnaht gab nach einigen Tagen meist nach, 
der Defect öffnete sich wieder, und der Rachenschleim floss wieder 
herab. Derselbe schadete zwar der Wundhöhle nicht mehr, welche 
bereits mit Granulationen ausgekleidet war, aber bedrohte die 
Lungen. Deshalb lagerte Bardenheuer den Patienten mit her¬ 
abhängendem Kopfe. So brachte er vier Patienten hinter einander 
durch. Aber von dem Zeitpunkt des Platzens der Schleimhautnaht 
musste der Patient wieder mit Schlundsonde gefüttert, der Ver¬ 
band häufig gewechselt werden. — Diese Uebelstände lassen sich 
vollends so gut wie ganz beseitigen, wenn die Scheidewand 
zwischen Wund- und Rachenhöhle - so fest hergestellt wird, dass 
sie während des ganzen Wundverlaufes Stand hält. 

Poppert legte zu diesem Zwecke eine zweireihige Schleim¬ 
hautnaht an. Rotter ging in seinem Fall noch weiter und ver¬ 
einigte über der Schleimhaut auch noch die Muskelstümpfe der 
* Constrictores pharyngis und die Mm. sterno- und hyothyreoidei, 
welche bei der Operation vom Kehlkopf abgelöst wurden, schloss 
damit die Wundhöhle und nähte die Haut darüber bis auf die 
Wundwinkel zu. Diese feste, aus einer dicken Weichtheilschicht 
-bestehende Scheidewand zwischen Rachen- und Wundhöhle hielt 
während des Heil Verlaufes Stand; der letztere gestaltete sich so günstig, 
dass der 72 Jahre alte Patient kaum mehr auszustehen hatte als 
bei einer einfachen Tracheotomie. Er vermochte unmittelbar nach 
der Operation selbstständig zu schlucken, die Schlundsonden¬ 
behandlung wurde daher überflüssig, die Verbandwechsel'unter¬ 
schieden sich nicht von denjenigen bei einer Tracheotomie; das Wund- 
secret war so gering, dass ein Hinablaufen in die Trachea gar 
nicht zu befürchten war und eine besondere Lagerung des Pa¬ 
tienten unnöthig wurde. Am siebenten Tage verliess der Patient 
das Bett und ging im Zimmer umher. Am neunten Tage bildete 
sich unter dem Os hyoideum eine kleine Fistel, welche sich aber 


bereits nach wenigen Tagen wieder schloss. Am Ende der dritten 
Woche hatte der Patient bereits sechs Pfund zugenommen. 

Rotter hofft, dass durch diese Art der Wund Versorgung die 
Totalexstirpation des Kehlkopfes den Ruf einer gefährlichen und 
schmerzreichen Operation verlieren werde, dass sich dann Am 
und Patient in einem früheren Stadium der Krankheit als bisher 
dazu entschlossen werden. Dann werden sich auch die Dauer¬ 
resultate bessern. 

Hierauf zeigt Rotter den künstlichen Kehlkopf seines Pa¬ 
tienten, welcher sich im wesentlichen von dem Gussenbauer- 
sehen unterscheidet, da er von aussen in der Haut liegt und mit 
dem oberen Ende durch eine unterhalb des Zungenbeins befindliche 
Fistel in die Rachenhöhle reicht. Der Patient trägt ein Gedicht- 
chen so vor, dass es vom ganzen Auditorium verstanden werden 
kann. Zum Schluss demonstrirt Rotter den exstirpirten Kehl¬ 
kopf, an welchem sich zufällig eine sehr seltene Missbildung, eine 
doppelseitige Laryngocele ventricularis (Virchow) findet, 

3. Herr A. Blasehko: Heber Strophulus infantum. (Eigen¬ 
bericht.) Der Strophulus infantum ist, obwohl eine der häufigsten 
Hautkrankheiten des frühen Kindesalters, auffallenderweise wenig 
bekannt. Die Erkrankung, welche meist im ersten, seltener im 
zweiten Lebensjahre beginnt, besteht in dem Auftreten stark 
juckender urticariaähnlicher Papeln während der Abend- und Nacht¬ 
stunden. Doch handelt es sich nicht um echte Urticaria, da die 
Strophuluspapeln nicht so passagere Gebilde sind wie Urticaria¬ 
quaddeln, sondern tagelang anhalten und ein juckendes Knötchen 
zurücklassen, herrührend von einem in der Mitte der Strophulus- 
papel sitzenden Bläschen. Secundär treten oft Kratzekzeme hinzu; 
auch finden sich häufig, namentlich an den Handtellern und Fuss- 
sohlen, pemphigusähnliche Blasen. Die Erkrankung tritt, wie schon 
Hutchinson beobachtet hat, im Anschluss an Varicellen, Mobi¬ 
len und die Vaccination auf (Hutchinson’s Varicella-Prurigo, 
Morbilli-Prurigo, Vaccine-Prurigo), ferner im Anschluss an die 
Dentition („Zahnpocken“, „feu de dents“, „red gum“), sowie nach 
Insectenstichen. Nach Comby ist sie die Folge von Verdauungs¬ 
störungen bei gleichzeitiger Magenerweiterung; Punk und 

Grundzach wollen stets Rachitis und Magenerweiterung 
gefunden haben. Das ist nun nicht zutreffend, Rachitis ist nicht 
häufiger als sonst bei dem poliklinischen Krankenmaterial, Magen- 
erweiterung sicher überhaupt nicht zu constatiren gewesen, m 
gegen sind Verdauungsstörungen häufig, namentlich chronische 
Dyspepsieen. Ein selten fehlendes Symptom ist Anämie, die ü 
recht hochgradig ist. Blascbko hält denn auch den Strophub 
für eine Erkrankung der Blutgefässe und nimmt an, dass dieser 
schiedensten inneren und äusseren Reize bei ^esen hindern 
empfindlichen Hautgefässen Strophulus hervorrufen ebenso 
Erwachsenen in solchen Fällen Urticaria auftntt. ^ 

ist schwierig, da viele Indicationen zu erfüllen sind. «8, 
Ekzeme empfiehlt Blaschko Schwefel in Ferm von abendM« 
Schwefelbädern und Theerseifewaschungen Rachitis « & 

dauungsbesehwerden sind thunlicht zu berticksieh g . 

Anämie giebt er Liquor Ferri albuminati und Syrupu Fcm jo ati 

gleichzeitiger heredi tärer Lues Jodkali. Ausserordenthchgunshgmn 

Landluft und Seeaufenthalt, das Verbot warmer Bader und 

Schlafen, sowie leichte Kleidung am Tage. Unter diesem K g 
werden heutzutage nur noch selten Fälle beobachtet, ta « 
sich aus dem Strophulus die echte Hehra sche Pru o« mit a K 
Herr H. Neuraann (Eigenbericht) stimmt m - . Q wen jg in- 
Ausführungen des Vortragenden überein, doch h Qfrorrhulus geseheE 
Rachitis Anämie besonders häufig bei Kindern mt ^ Strc- 

Bei den gut genährten Kindern der besser situir , d cr Unbemittelt^ 
phuius mindestens ebenso häufig wie bei den Ki prwe i tenl ne ni# 

— Obgleich Ncumann einen Zusammenhang mit ,^ e ,.j fbl as UD g nach- 
annimmt, welche letztere übrigens meist kaum °. , - ti „ e Bestehen vo: 
weisen wäre, ist ihm allerdings das b» ufi £ g’J n Entstand derSia 


^ _ naungo - 

Verdauungsstörungen aufgefallen; in einzelnen Fällen ents g t[ jdiväf- 
phnlus mit ihnen und. schwand mit ihnen, um. bei “ j(f . 
wieder oinzustelicn. Die Verdauungsstörungen - e]l 

mit vermehrten, in Consistenz und Farbe veränderten^Entleer ^ 
in starker Verstopfung mit vermindertem Appet Kinder bevc: 

Zuweilen schienen die Kinder verfüttert zu sein, T y . erniaass . - Tbers 
zugten sehr-Fleischspeisen und erhielten sie^ Verabreichung voD; ' 
peutisch sah Neu mann gute Resultate von Lösung von küns- 

kalien; er giebt Karlsbader Mühlbrunnen, 1 2 i Io g ^ osirt cr so, ** 
lichem Karlsbader Salz, Magnesia usta etc» un be j Verstopft¬ 

er bei häufigeren Stühlen durch i kleine Dose P_: - nt jifp er cnterfr 
durch vorsichtige Steigerung die Entleerung ^ « Regeln®? 

terner Behandlung (mit Puder) tritt — bei g un d sc hliesslich IL 
Diät — hierbei-oft in ungefähr 14 Tagen Besser■& eIup fohleiien B 

hing ein. Die guten Resultate der vom ^ ort , ^ umann an. 
handlung mit Theor und Schwefel erkennt auc , Strophen 5 

Herr 0. Rosenthal (Eigenbericht):^ Das , unverständlich. u ; 

heutzutage der medicinischen Welt absolut fre _ früher kw“ ^ 
es stehe auch andererseits fest, dass t n( i urillan untc'- 

schlossenes Krankheitsbild bezajehnete. So vo 


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UNIVERSETY OF MICHIG. 




1. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


125 


phulus albidus oder candidus das Milium und stellte auch sonst ver¬ 
schiedene Unterarten auf: den Strophulus intertinctus, confertus, volatilis. 
Ray er und Bieth betrachteten die betreffende Affection als eine Abart 
des Lichen und benannten sie Lichen strophulus, während Hardy das 
Beiwort pruriginosus hinzufügte. So ist es hauptsächlich als ein Ver¬ 
dienst englischer Autoren anzusehen, dass sie darauf hinwiesen, dass es 
sich bei der in Frage stehenden Affection um die Urticaria infantum seu 
infantilis handelt. Die reine Urticaria kommt in dem ersten Kindesalter 
nicht vor. sondern man trifft stets neben vereinzelten Quaddeln eine länger 
bestehende Papelbildung als hauptsächlich horvortretende erste Erscheinung. 
Es beruht diese Thatsache auf dem Umstande, dass boi dem reizbaren, 
kindlichen vasomotorischen Gefässnervensystem nicht nur eine seröse 
Transsudation. sondern ein entzündlicher Erguss in die Papillen statthat, 
welcher in dor Mitte der Quaddel vor sich geht und als Papel zurück¬ 
bleibt. Dieselbe durchläuft dann verschiedene Phasen und giebt so zur 
Bildung von Bläschen und Pusteln Veranlassung. Kratzt nun das be¬ 
treffende Kind infolgo des mit diesen Efflorescenzen einhergeheuden Juck¬ 
reizes. so treten impetiginöse Formen zu Tage: Dermatitiden, Ekzeme, 
durch Cocceninvasion Furunkel mit den im Gefolge auftretenden Drüsen- 
schwellungen etc., und das vielgestaltige Bild der in Frage stehenden 
Affection ist fertig. Aber auch ätiologisch tragen die von Herrn Blasch ko 
srhon hervorgehobenen verschiedensten Ursachen zur Entstehung des 
Leidens bei. — Kurzum alle Momente sprechen dafür, dass es sich bei der 
als „Strophulus infantum“ bezeichneten Affection um die Urticaria des 
ersten Kindesalters handelt, welche nur durch das diesem Alter eigen- 
thümliche Gefässnervensystem die eben erwähnten Modificationen dar- 
bietet. Und deshalb halte ich os allein für richtig, die Affection als Ur¬ 
ticaria infantilis zu benennen, besonders da dieser Name sofort die richtige 
Classificirung des Leidens ermöglicht. 

Sitzung am 24. October 1894. 

Vorsitzender: Herr Siegmund. 

Der Vorsitzende verliest ein Schreiben des am Erscheinen ver¬ 
hinderten Herrn Virchow, welches folgenden Wortlaut hat: 

„Herr Dr. Behring hat am Schlüsse eines langen, mit den schwersten 
Anklagen gegen mich erfüllten Artikels in No. 3 der „Zukunft“ vom 
20. d. M. folgenden Satz veröffentlicht : 

Der staunenden Welt hat durch einen Zeitungsreporter Virchow 
verkünden lassen, dass das Heilserum unter seiner Leitung von Herrn 
Aronson zuerst näher studirt worden sei. 

Daran werden weitgehende Vermuthungen über die Gründe geknüpft, 
welche mich bestimmt haben möchten, ein Herrn Dr. Behring zukom¬ 
mendes Verdienst für mich in Anspruch zu nehmen. 

Ich glaube es der Medicinischen Gesellschaft schuldig zu sein, das 
Sachverhältniss in Kürze klar zu legen, um von Ihrem Vorsitzenden eine 
so schmähliche Anschuldigung abzuweisen. Mit weiteren Erörterungen 
über diesen, für einen collegialen Kreis imerhörten Vorgang gedenke ich 
die Gesellschaft nicht zu behelligen. 

Der betreffende Reporter liess sich eines Tages im Pathologischen 
Institut bei mir melden und ersuchte mich, im Aufträge der „Berliner 
Zeitung“, ihm meine Meinung über das Behring’sche Diphtherieserum 
mitzutheilen. Ich sagte ihm, dass ich mitten in einer Arbeit begriffen 
sei und mich daher sehr kurz fassen müsse. Auch besässe ich zu meinem 
Bedauern eigene Erfahrungen über das Behring’sche Mittel nicht. Mein 
Wissen über das neue Verfahren basire wesentlich auf Erfahrungen, die 
im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankonkausc gemacht seien, und 
bezöge sich nicht auf das Behring’sche Mittel, sondern auf das 
Aronson’sche (Schering'scho). 

Dieses sei von einem früheren Assistenten des Krankenhauses, 
Dr. Aronson, der zuerst in dem dortigen Laboratorium mit Thierver¬ 
suchen über das Diphtheriegift beschäftigt wurde, nach seinem Austritte 
aus dem Kraukenhause auf ganz unabhängige Weise hergestellt, und 
nachdem er die weitere Anfertigung an Schering übertragen hatte, in 
ausgiebigen Mengen uud höchst uneigennützig dom Krankenhause unent¬ 
geltlich geliefert worden. Mit diesem Mittel seien sowohl den diph¬ 
therischen Kindern im Krankenhause, als auch ihren noch gesunden 
Geschwistern Einspritzungen gemacht und dadurch nicht bloss Immuni- 
sirung der Gesunden, sondern auch eine Senkung der Todesfälle erzielt 
worden. # ... 

Ich machte zugleich aufmerksam auf die Discussionen, die in den 
letzten Sommermonaten in der Medicinischen Gesellschaft stattgefunden 
haben und wobei die Aerzte des Kinderkrankenhauses die genauen Re¬ 
sultate zahlenmässig dargethan haben. Die Gegner hoben damals hervor, 
dass die diesjährige Epidemie an sich keine schwere sei, der gute Verlauf 
auch ohne das Heilserum eingetreten sein könne. Ich vermöchte das 
Gewicht dieser Einwendungen nicht zu verkennen. Immerhin war die 
Zahl der Diphtherietodesfällo im Krankenhause in der letzten Juliwoche 
fast auf Null heruntergegangen. Ich reiste am 1. \ugust von Berlin ab. 
Als ich Ende September zurückkehrte und die Wochenrapporte, welche 
sich in meiner Wohnung aufgehäuft hatten, musterte, sah ich zu meinem 
Schrecken, dass in der dritten Augustwoche plötzlich neun, in der vierten 
acht Todesfälle vorgekommen waren und dass die Mortalität sich seitdem 
in einer vorher ungeahnten Höhe erhalten hatte. Der Direktor des 
Krankenhauses, den ich sofort befragte, theilte mir mit, dass durch ver¬ 
schiedene UnglUcksfälle die Herstellung des Heilserums bei - Schering 
unterbrochen sei und dass von diesem Zeitpunkte an die Zunahme dor 
Todesfälle datire. Wegen des hohen Preises des Be hring’schen Mittels 
ühd in Anbetracht der schwindenden Mittel dos Krankenhauses war kein 
Ersatz beschafft worden. 

Wenn Herr Behring seine Ueberraschung ausspricht, dass ich mich 
au die Spitze eines Aufrufs zur Beschaffung seines Heilmittels gestellt 


habe, und wenn er nach tiefliegenden Gründen für diese „Bekehrung“ 
sucht, so wird die vorstehende Auseinandersetzung wohl für jeden ver¬ 
ständig und wohlwollend urtheilenden Menschen genügen, um es erklärlich 
zu machen, dass ich sofort Auftrag ertheilte, dass das Behring’sche 
Mittel trotz seines hohen Preises und unserer schwachen Mittel angekauft 
und angewandt wurde, ln dem alsbald erlassenen Aufruf an das Publikum 
ist nicht gesagt, dass es sich um den Ankauf des Beliring’schen 
(Meister-Lucius’schen) Mittels handle, es ist darin nur von Diphtherie- 
sorum die Rede. Die Aerzte des Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kranken¬ 
hauses liielten das Aronson’sche Mittel für stärker, aber beide waren 
nicht zu haben. Da jedoch die Scbering’sche Fabrik die Erklärung abge¬ 
geben hat, dass sie bald würde liefern können, so wird ja auch Gelegen¬ 
heit geboten sein, weitere vergleichende Beobachtungen zu machen. Ich 
meinerseits werde ganz unparteiisch das Schlussergebniss feststellen. 
Irgend ein persönliches Verdienst in dieser Angelegenheit habe ich für 
mich nicht, in Anspruch genommen und werde es auch nicht in Anspruch 
nehmen.“ Rudolf Virchow. 


1. Herr Rosenheim (vor der Tagesordnung): Ueber das 
Verhalten der Magenfunction nach Gastroenterostomie. (Eigen¬ 
bericht.) Eine theoretisch und praktisch ausserordentlich wich¬ 
tige Frage ist die: wie verhält sich die Function des Magens 
nach Ausführung grösserer Operationen an demselben? 
Was die Resection des Pylorus betrifft, so habe ich schon vor 
zwei Jahren mitgetheilt, dass, auch, wenn vorher hochgradigste 
Ectasie bestand, nach Entfernung des Pförtners die motorische 
Function sich völlig zur Norm zurückbilden kann. Ueber das 
Verhalten des Magens nach geschehener Gastroenterostomie liegen 
vereinzelte Angaben vor, sie stimmen darin überein, dass gleich¬ 
gültig, oh ein gutartiger oder bösartiger Process den Eingriff 
indicirt hatte, der Ausgleich der motorischen Function nie völlig 
gelingt: es tritt im Verhältnis zu früher eine ausserordentliche 
Besserung ein, speciell die Flüssigkeitsstagnation verschwindet ganz, 
die Kranken erholen sich ausserordentlich und heilen, wo dies nach 
Lage der Dinge überhaupt noch möglich ist; aber es vollzieht sich 
allemal die Entleerung des Magens langsamer als in der Norm. 
Ich kann diese Ergebnisse nach eigenen zahlreichen Erfahrungen 
nur bestätigen, und diese Verhältnisse illustrirt der Fall, den ich 
Ihnen hier vorstelle, sehr scharf: Die 53 jährige Frau ist wegen 
Pyloruscarcinom im Juni 1894 operirt worden, es wurde die Gastro¬ 
enterostomie gemacht. Die secretorische Function hat sich fort¬ 
dauernd verschlechtert-, der Mageninhalt, der früher noch kleine 
Quantitäten freie HCl aufwies, ist jetzt stets neutral und enthält 
auch keine Milchsäure. Die motorische Function hat sich von 
Woche zu Woche gebessert, sie ist jetzt fast normal, die Verlang¬ 
samung für feste Speisen im Verhältniss zur Norm ist gering. 
Im übrigen hat die Kranke etwa 15 Pfund zugenommen, ist arbeits¬ 
fähig, hat guten Appetit und isst alles. Eine völlige Resti¬ 
tutio ad integrum aber wurde in einem zweiten Falle, den ich 
Ihnen hier vorstelle, erzielt. Hier wurde bei dem 39jährigen 
Manne die Gastroenterostomie wegen narbiger Pylorusverengerung 
zur selben Zeit wie bei der ersten Patientin gemacht. Der 
Mageninhalt gälirte sehr stark, zeigte die bekannte Dreischichtung, 
enthielt viel freie HCl; da s bemerkenswerteste war der enorme 
Magensaftfluss, der hier bestand. Nach abendlicher Ausspülung 
enthielt der Magen Morgens nüchtern 600 ccm reinen Magensaftes. 
Nach der Operation ist die motorische Function zur Norm 
zurückgekehrt; drei Stunden nach einem Frühstück, sieben Stunden 
nach einem grossen Mittagmahl — und der Patient bewältigt jetzt 
die voluminösesten, schwerverdaulichsten Mahlzeiten — ist der 
Magen leer und der Magonsaftfluss ist völlig verschwun¬ 
den. Letzteres ist besonders beachtenswerth und .geeignet, die 
Theorie, dass die secretorische Anomalie , die Folge von Atonie sei, 
wenigstens für gewisse Fälle zu stützen. Der Kranke hat. bis jetzt 
50 Pfund zugenoramen und jst völlig arbeitsfähig,. 

2. Herr Maass (vor der Tagesordnung): Ueber Oesophagus- 
carcinom. (Eigenbericht.) Ich möchte mir erlauben, Ihnen ganz 
kurz ein interessantes Präparat von Oesophaguscarcinom zu de- 
monstriren. Dasselbe stammt von einem 42 Jahre alten Arbeiter, 
welcher am vergangenen Donnerstag auf der Abtheilung des Herrn 
Prof. Israel im jüdischen Krankenhause gestorben ist. 

Wir hatten den Patienten nur ca. drei Wochen zu beobachten Ge¬ 
legenheit; ein Vierteljahr vor seiner Aufnahme soll das Leiden begonnen 
haben, und zwar mit ausserordentlich heftigem Blutbrechen, das sich in 
der Folgezeit öfter wiederholte. Stenosenerscheinungen seitens der Speise¬ 
röhre stellten sich erst sechs Wochen später ein; bei der Aufnahme am 
25. September war für Flüssigkeiten und kleinere Bissen gute Durch¬ 
gängigkeit vorhanden. Von einor Sondirung nahmen wir Abstand, weil 
nach 'anderweitig vorgenommenen Sondirungen unmittelbar sehr starke 
Blutung erfolgt sein soll. Der Allgemeinzustand des Patienten war, von 
geringer Anämie abgesehen, ein recht guter und blieb so, bis sich acht 
Tage vor dem Exitus ganz Acut rechtsseitige Lungenerscheinungen em¬ 
steilten. ^ Tagen vorher hatte ausser mässigem Hustenreiz nichts auf 
eine Betheiligung der Lungen hingewiesen. Vom 11. October ab fieberte 
Patient mit Frösteln und Remissionen, war sehr dyspnoisch und entleerte 


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126 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


enorme Quantitäten eines dreifach geschichteten Sputums, in dessen 
unterster Schicht Nahrungsbestandtheile (Milch und Rothwein) schon 
makroskopisch kenntlich waren. Ueber der rechten unteren Thoraxpartie 
liess sich ein ausgedehntes Exsudat constatiren; die Leber war stark nach 
abwärts dislocirt. In den folgenden Tagen verfiel Patient sehr schnell, 
wurde stark icterisch und starb am 18. October im Collaps. 

An dem Präparat sehen Sie einen gürtelförmigen ulcerirten 
Tumor des Oesophagus, 2 cm unterhalb der Bifurcation beginnend 
und etwa 4 cm nach abwärts reichend. Nach innen prominirt der 
Tumor nur wenig, nach aussen greift er rechts direkt auf das 
Lungengewebe des rechten Mittellappens über; hier findet sich nun 
eine etwa federkielgrosse Communication zwischen Speiseröhre und 
Lunge. Die rechte Lunge sehen Sie fast in ganzer Ausdehnung 
brandig; im Mittellappen und Unterlappen findet sich eine kolossale 
Zerfallshöhle, welche mit Massen geronnener Milch, die durch Roth¬ 
wein etwas gefärbt erscheinen, ausgefüllt ist. Nach abwärts reicht 
diese Höhle bis dicht an die Pleura; von hier dürfte das Empyem 
seinen Ausgang genommen haben. 

Die übrigen Nachbarorgane des Oesophagus sind von der Neu¬ 
bildung verschont geblieben. Interessant ist noch der Befund eines 
metastatischen, etwa haselnussgrossen Krebsknotens im Herzen, in 
der Muskulatur des Septum ventriculorum. Weitere Metastasen 
sind nicht vorhanden. 

Besonders bemerkenswerth ist an dem Fall der latente Ver¬ 
lauf der Lungencomplication; erst die Betheiligung der Pleura 
brachte alarmirende Symptome; die Lungengangrän, welche offenbar 
schon viel länger bestand, hat sich fast unmerkbar über die ganze 
rechte Seite ausgebreitet. Weit häufiger pflegt in dem Krankheits¬ 
bild des in die Lunge perforirten Oesophaguscarcinoms gerade die 
Lungengangrän im Vordergründe der Erscheinungen zu stehen. 

Ein Symptom konnte in dem vorliegenden Falle allerdings 
schon frühzeitig die Betheiligung der Lunge verrathen; das waren 
die für einen reinen Oesophagustumor ungewöhnlich profusen Blu¬ 
tungen, welche wohl sicher einem arrodirten Lungengefäss ent¬ 
stammten. Desgleichen dürften die den Sondirungsversuchen ge¬ 
folgten Blutungen durch die in das Lungengewebe verirrte Sonde 
veranlasst sein. 


3, Herr Edmund Meyer (vor der Tagesordnung): Aneu¬ 
rysma der Arteria subclavia und Carotis dextra. (Eigenbericht.) 

Patient, ein 38jähriger Fleischer, der vor 15 Jahren Lues acquirirte. 
klagt seit sechs Wochen über Heiserkeit und seit acht Monaten über 
Schmerzen in der Schulter, die nach dem Rücken ausstrahlen. Die ganze 
rechte Pharynxhälftc, besonders die rechte Tonsille, machen lebhafte pulsa- 
tonsche Bewegungen. Der Larynx pulsirt gleichfalls, er wird nach links 
herüber verschoben. Das rechte Stimmband steht mit leicht concavem 
Rand in Cadaverstellung fixirt, Die ganze rechte Halsseite und die rechte 
hossa supraclavicularis zeigen deutliche Pulsation. Hinter der Clavicula 
fühlt man einen kinderfaustgrossen, pulsirenden Tumor. Der Percussions¬ 
schall in der rechten Fossa supraclavicularis und im ersten Intercostal- 
raum rechts gedämpft, im Gebiete der Dämpfung blasende Geräusche, über 
der erweiterten Carotis lautes Sausen. Puls an der rechten Radialis 
starker als links, nicht synchron. Rechte Arteria frontalis geschlängelt 
und stärker pulsirend als die linke. S 


Es handelt sich also um ein Aneurysma der Arteria subclavia 
und Carotis dextra mit Paralyse des rechten Nervus recurrens 
Meyer hebt hervor, dass die Pulsation ihrer Breite und Stärke 
wegen nicht auf die Arteria pharyngea ascendens oder die abnorm 
verlaufende Carotis bezogen werden könne, sondern sofort den Ver¬ 
dacht auf ein Aneurysma erregte und dass eine rechtsseitige 
Kecurrenslähmung infolge von Aneurysma der Subclavia ausser¬ 
ordentlich selten sein müsse, da in der ihm zugänglichen Litteratur 
im ganzen zwei Fälle publicirt seien. 

Pnlikmfiv ™ ‘ beme r kt ’ dass er vor zehn Jahren in der 

Li-Ta l , Prof \ J - Me y 0r einen völlig gleichartigen Fall beobachtet 
lähmung^nach welsbar. ™ la ™ ko P isch rechtsseitige Stimmband¬ 
sei Ich ^ Öcl i te Si * a “ f die Pulsation der rechten 

machen 7,,^ a S i ^ Uincum besonders aufmerksam 

Theüt <7“"- erlaube lcb mir folgendes zu bemerken: 

hTdi« ScU / imhaut hinteren Rachenwand in drei Abschnitte, 

Innln U ! eren seitliche, so liegen die letzteren in der Breite 

t> • um einem Finger hinter dem beiderseitigen Arcus palato-pharyngeus 

toTh den T^L^y b( ;“ ch durcb die Action des letzter^und 
Nm enhöMe^verhinrWf der Rückt * fct des Bissens in die Mund- und 

~ verhindert. Nun war es mir immer unerklärlich, dass die 

den t Rn 8 sfe n hfir» d n 0 Hrfin rtth ^ ng n- 0 cmpfindl j cho hinte re Rachenwand gegen 
des ^infnnd^ d p ? den P lsse “ so T , lndoleut ist ’ dass sie kein Zoiehen 
empfundenen Reizes, wie z. B. Hüsteln von sich triebt A nriori 
sagte ich mir, dass hier noch irgend eine die hintere Rachenwind schützende 

Pharynzwand abhslt. Dieser physiologische Vorgang ist, soweit ichwris“ 


noch nicht bekannt. Dass die Schleimhaut an der aneeffebaiiAn qmi» 
locker angeheftet ist, wird nun auch dadurch bewiesen, dass sie beiriil! 
Kranken mit der Tonsüle und dem rechten GaumeabZo ' 
hoben wird. 1 


4. Herr G. Behrend: Zur Pathologie und Therapie der 
Pityriasis versioolor. (Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift 
in extenso veröffentlicht werden.) 


Herr G. L e w i n: Ich kann den therapeutischen Werth der ChrnonW 
säui-e nur bestätigen. Die Pityriasis versicolor hat ja eigentlich 
hygienisches, sondern mehr ein ästhetisches Interesse. Dennoch können 
uns der Cur nicht entziehen. Richtig ist es. dass der Pilz sich ,iaf 
die epidermidalen Tlieile der oberen Abschnitte der Haarfollikel fort- 
setzt, — was von vielen Dermatologen nicht beobachtet Worten m 
E s giebt zwei Varietäten des Mikrosporon, einen mehr bräunlichen v- 
Cafe du lait ausgehenden, und einen blassröthlichen. Letzteren habe 'i 
auch in Ringform auftreton sehen. Von dem Trichophyton ist eräusser?: 
leicht zu unterscheiden; Aehnlichkeit bietet diese Ringform mit der Svphiii- 
annulata. — Ich möchte auf die merkwürdige Auffassung der französisch?: 
Kliniker aufmerksam machen, welche eine ähnliche Relation der Pitpiiv 
versicolor zu Erkrankungen innerer Organe behaupten, wie dies in der letzt?: 
Sitzung Herr Blaschko bei seinem Vorträge über Strophulus infantur 
erwähnt hat. Früher nahmen französische Autoren, vorzüglich seit Bazis, 
an, dass die Hautkrankheiten durch Herpetisme und Arthritis erzeugt 
würden. In der letzten Zeit wird dom Verdauungscanal die Schuld nur 
imputirt, so von bedeutenden Klinikern wie z. B. Bouchard, Berj. 
Choniel, Barthelemy, Des letzteren Ausspruch, „Qui dit pityriati- 
versicolor dit l’estomac“, ist charakteristisch. Molenes und Costilhe- 
haben in den Archives gönöralos eine Arbeit namentlich über die Rebtiri 
zwischen unserem Pilz und den Magennffectionen publicirt. Von s«L- 
solchen Patienten, die sie anführen, sollen vier an Magenerweiterung ge¬ 
litten haben! Die Kranken wurden durch interne Behandlung sowohl von 
ihrem Magenleiden als von dem Pilze befreit. Doch wenn man genauer 
nachliest, so erführt man, dass auch äussere Mittel gegen das Haatleidei 
gebraucht wurden. Unter diesen wird vorzüglich Oleate de cuivre. wohl 
eine Lösung des Kupferoxyd in Oelsäure, erwähnt. Ich habe bei de: 
zahlreichen Kranken meiner Klinik, von denen oft selbst 2—5 0 o aller 
Kranken die Pityriasis hatten, genau auf die behaupteten Magenaffeetion-': 
geachtet — constatiren konnte ich sie nicht. 

Herr Lassar sehliesst sich der Ansicht des Vorredners über das 
Vorkommen einer rothen Varietät der Pityriasis versicolor an, hält die 
selbe aber, namentlich wegen ihres stärkeren Juckreizes und weil siet 
Uebergänge zur gewöhnlichen Form nicht finden, für eine besonder? 
Abart des Leidens. Als bequemes und wirksames Mittel empfiehlt Lassai 
verdünnten Terpentinspiritus. Schliesslich erklärt sich derselbe gcg? r - 
die ihm willkürlich erscheinende Auffassung vom Verhältnis der Pitrmii? 
zu anderen Leiden, vielmehr sei dieselbe meist auf Wollregimen zurück 
zuftthren. . 

Herr Bohrend leugnet eino radicale Heüwirkunv des Terpentin 
spii’itus, der nicht mehr leiste, als die grüne Seife. Max Salomon 


III. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlin« 

Sitzung am 21. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Hahn; Schriftführer: Herr Langenbueh 

1. Herr Sonnenburg (vor der Tagesordnung): Bericht¬ 
erstattung über den internationalen medicinischen Congress 
in Bom. 

2. Herr Hahn: a) Ueber Nierenaneurysma. (Der Vortrag i*t 
in dieser Wochenschrift No. 32 veröffentlicht.) 

b) Ueber chirurgische Eingriffe bei Magenerkranknug^ ■ 
(Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift veröffentlicht * er , 

c) Ueber Jejunostomie. (Der Vortrag ist in dieser «oc 
schrift No. 27 veröffentlicht.) 

3. Herr J. Wolf f: Zur Technik der GaumenspaltenoperatioD. 

(Der Inhalt des Vortrages ist in der Arbeit des Vortragen ■ 
„Weitere Mittheilungen über die Operation der angeborenen uau 
spalten“ im 48. Band des Archivs für klinische Chirurgie 
öffentlicht.) 

4. Herr A. Neu mann: Zur operativen Behandlung^ ® 

Zwerchfellshernien. (Der Vortrag ist in dieser Woche 
No. 33 veröffentlicht.) ~ 

5. Herr Weibgen: Zur Diphtheriebehandlung. ( Rer 
trag ist in dieser Wochenschrift No. 29 veröffentlicht.) 

6. Herr Körte: Zur Diphtheriebehandlung 
theilungen sind in der Arbeit von Dr. E. Voswincxe 
Wochenschrift No. 22, S. 479, veröffentlicht.) 

7. Herr Canon; Zur Diphtheriebehandlung. ( Rer or h 
ist in dieser Wochenschrift No. 23, S. 500, veröffentlich •) 

8. Herr Rinne: Zur Diphtheriebehandlung. flHeM«\ ig^ft 
sind in der Arbeit von Dr. E. Schubert in dieser W 

No. 23, S. 476, veröffentlicht.) - t 

Herr Langenbuch: Ich habe auch Gelegenheit ge v er flucbsre^ 
Diphtherieheilserum im Lazarurskrankenhause eine grossere 


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1. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


127 


anzustellen und kann mich im ganzen, was die Procenfcziffer der Heilungen 
anbetrifft. den Resultaten des Herrn Weib gen und denen aus Moabit 
anschliessen. Eine genaue Berechnung hat uns allerdings das Resultat er¬ 
geben, dass wir numerisch nicht mehr in dieser Epoche geheilt haben als 
vorher. Wir hatten aber eine recht auffallend hohe Ziffer auch in dem 
gleichen Zeitraum vorher, also 71°/n Heilungen. Ich glaube, dass 
die Discussion über das Mittel an dieser Stelle noch etwas verfrüht 
ist. Ich habe die Ueberzeugung, dass, wenn wir noch ein paar hundert 
Fälle mehr in Behandlung hätten, wir ganz gewiss zu numerisch günstige¬ 
ren Resultaten kommen würden. Andererseits will ich auch hervorheben, 
dass das Mittel, wo es angewandt worden ist und wo Genesung eintrat, sich 
ausserordentlich von allen unseren früheren Medicamenten unterschied, 
nämlich durch seine wirklich prompte und schnell bessernde Wirkung. 
Es ist unverkennbar, dass das Mittel ausserordentlich günstig auf den 
Allgemeinzustand und auf den guten und schnellen Verlauf wirkt. Das 
Mittel ist auch uns zur Zeit nicht erhältlich, und ich kann nur sagen: 
wir sehnen uns danach, es wieder zu bekommen. 

Herr P. Ehrlich: Bei der vorgeschrittenen Zeit will ich nur be¬ 
merken, dass sich die verschiedenartigen Resultate, die in den einzelnen 
Krankenhäusern erhalten wurden, in einfachster Weise erklären lassen. 
Als wir, College Kossel und ich, die therapeutischen Versuche begannen, 
mussten wir zunächst die Dosen bestimmen, welche für eine günstige 
Beeinflussung der Diphtherie ausreichend wären. Wir behandelten in den 
drei Krankenhäusern, die keine sehr eclatanten Resultate aufzuweisen 
haben, mit 10—12 ccm eines zehnfachen Serums (Kuh) entsprechend 
100 bis 120 Immunitätseinheiten unserer Scala. In den anderen Kranken¬ 
häusern, in denen schwerere Epidemieen vorwalteten, sahen wir uns bald 
gezwungen, mit den Dosen beträchtlich zu steigen und ein vielfaches 
(4—16 faches) der Ausgangsdosis anzuwenden. Der Erfolg wurde nun ein 
durchaus befriedigender, wie aus den Mittheilungen der Herren Körte 
und Rinne hervorgeht. In strenger Weise dmchgeffihrt wurde die ver¬ 
stärkte Behandlung im Elisabethhospital und auf der Krankenabtheilung 
des Instituts. Es gelangten hier von 80 Fällen, von denen 16 tracheotomirt 
wurden, nur 4 zum Exitus, und zwar innerhalb der ersten 24 — 86 Stunden 
nach der Aufnahme. Drei dieser Fälle wiesdn bei der Obduction ausgedehnte 
Verstopfungen der feinen Bronchien mit diphtherischen Membranen auf, 
in dem vierten handelte es sich um multiple Streptococcenheerde in der 
Lunge. Es gelangten mithin nur solche Fälle zum Exitus, die entweder 
schon agonal in die Anstalt kamen oder solche Erscheinungen boten, bei 
denen die Möglichkeit einer Heilung unter allen Umständen ausgeschlossen 
war. Dagegen verliefen die übrigen 26 Fälle ausserordentlich günstig, 
umsomehr als sich mehrere mit sehr ungünstiger Prognose unter ihnen 
befanden. Wir haben also schon in den Monaten Februar und März 
therapeutische Resultate erzielt, wie sie bis dahin von keiner Seite er¬ 
reicht worden sind. Die Mittheilung des Herrn Weib gen lehrt nur, 
dass die ihm zur Verfügung gestellten 100 Einheiten nicht aus¬ 
reichend waren, um eine erhebliche Aufbesserung der Statistik zu bewirken. 
Für uns war auch dieses Ergebniss von Werth, indem es uns zur Fest¬ 
stellung der endgültig wirksamen Dosiruug verhalf. Nachdem wir aber 
zu derselben gelangt sind, verlieren die Versuche, die der Periode der 
Vorversuche angehören, sehr an Bedeutimg, und unterlasse ich es deshalb, 
näher auf die statistischen Ausführungen der Herren Weib gen und 
Canon einzugehen. 

: 9. Herr Balster: Demonstration eines Präparates von 
Duodenalblutung. Das Präparat, welches ich Ihnen vorzulegen die 
Ehre habe, entstammt einem 36jährigen Gastwirth, der bis auf ge¬ 
ringe Verdauungsstörungen im vergangenen Jahre stets gesund war. 

Etwa 14 Tage vor seiner Einlieferung in das Krankenhaus Friedrichs¬ 
hain erkrankte er ohne nachweisbare Ursache acut mit heftigen Leib¬ 
schmerzen unbestimmter Lokalisation. Acht Tage später trat völlige 
vStuhlverhaltung ein; bald darauf erfolgte häufiges Erbrechen nicht kothig 
riechender, schwärzlicher Massen. Patient wurde täglich elender, blieb 
jedoch während der ganzen Zeit auf den Beinen und kam auch zu Fuss 
in unsere Anstalt. 

Der ausserordentlich kräftig gebaute Mann bot bei seiner Einlieferung 
das Bild hochgradigen Verfalls mit blassem, schlaffem Gesichtsausdruck, 
trockener, welker Haut, kleinem, sehr frequentem Pulse (120) bei normaler 
Körperwärme. Der Leib war eher eingesunken, nur in der Gegend des 
Epigastrium wenig vorgewölbt und gespannt. Die Palpation ergab daselbst 
etwas nach rechts von der Mittellinie einen fau st grossen, wenig verschieb¬ 
lichen, ziemlich derben Tumor, dessen Berührung sehr schmerzhaft war. 
Eine genaue Abgrenzung, beziehungsweise Lokalisation war nicht möglich. 
Der Magen war stark ausgedehnt und hatte das Herz etwas nach aufwärts 
verdrängt. Die übrigen Organe boten keinerlei Veränderungen. 

Es bestand fast fortwährendes Aufstossen und Erbrechen kaffeesatz- 
ähnlicher, nicht fäculent riechender Massen, in denen mikroskopisch kein 
Blut, wohl aber durch die Teichmann’sche Probe Häminkrystalle nach¬ 
weisbar waren. Aus dem Rectum entleerten sich auf Eingiessungen einige 
Kothbröckel. 

Die Diagnose wurde gestellt auf Verschluss des Darmes im obersten 
Theile des Jejunums respective Duodenums infolge eines Tumors oder 
infolge von Adhäsionen, verursacht durch entzündliche Veränderungen in 
der Umgebung der Gallenblase. 

Da der Zustand sich stündlich bedrohlicher gestaltete und der tödtliche 
Ausgang ohne Eingriff als nahe bevorstehend galt, so wurde gegen Abend 
von Herrn Gehoimrath Hahn die Laparotomie in Aethernarkose vorge- 
nommen. Nach Eröffnung der Bauchdecken fand man den Dick- und 
Dünndarm stark collabirt, den Magen und mehr noch das Duodenum 
stark ausgedehnt. Letzteres repräsentirte einen beinahe faustgrossen 
harten Tumor von dunkelblaurother Farbe. Auffallend war auch die reich¬ 
liche Fettanhäufung, namentlich im Mesenterium, welches bei den stark 


collabirten Darmschlingen sehr deutlich hervortrat imd besonders.nach der 
Radix zu ein pralles Aussehen gewährte. Bei der Palpation hatte man. 
daselbst deutliches Fluctuationsgefühl. Es wurde zunächst eine lVs cm 
lange Probeincision in das Mesenterium gemacht. Aus der Oeffhung ent¬ 
leerten sich eine geringe Menge dunklen, bräunlich verfärbten Blutes und 
einzelne Gerinnsel. Da man als Quelle der Blutung Veränderungen im 
Pankreas vermuthete und auch durch die Palpation das Vorhandensein 
von Steinen im Pankreaskopfe wahrscheinlich war, so wurde an der Radix 
mesenterii von vorn her stumpf mit dem Finger eingegangen und versucht 
auf den Pankreaskopf zu gelangen. Hierbei quoll eine ziemliche Menge 
theils veränderten Blutes, das sich zwischen den Blättern des Mesenteriums 
befand, theils frischen, aus angerissenen Venen stammendes, hervor. Die 
Blutung wurde mühelos gestillt, doch musste wegen bedrohlicher Collaps- 
erscheinungen von einer Fortsetzung der Operation Abstand genommen 
werden. Trotz ausgiebiger Excitation und subcutaner Kochsalzinfusioneu 
erfolgte jedoch etwa */« Stunde später der Exitus letalis. 

Die Section lieferte einen überraschenden Befund, der zwar die 
anatomischen Verhältnisse in diesem merkwürdigen Krankheitsfalle 
klarstellte, in Bezug auf die Aetiologie jedoch ein neues, undurch¬ 
dringliches Dunkel schuf. Es handelte sich nämlich um einen 
grossen Bluterguss innerhalb der Wand des Duodenums, 
hauptsächlich im absteigenden Theile. Derselbe hat an einzelnen 
Stellen die Schleimhaut nebst Submucosa von der Muscularis mit 
Serosa bis auf 2 f% der Circumferenz auseinander gesprengt und 
dadurch eine mannsfaustgrosse Höhle gebildet. An der Durch¬ 
trittsstelle durch die Radix mesenterii hat eine Zerreissung der 
stark verdünnten Wandung und ein Durchbruch zwischen die 
Blätter des Mesenteriums stattgefunden. Das Lumen des Duodenums 
ist durch den vorgestülpten Tumor fast vollkommen verlegt. Ein 
Defect in der Schleimhaut ist makroskopisch nicht nachweisbar. 
Die Untersuchung der grösseren und mittleren Gefässe ergiebt. 
nirgendwo eine krankhafte Veränderung in der Wandung. Das 
Pankreas ist intact; die bei der Operation gefühlten Steine sind 
durch den derben Pankreaskopf und das dazwischen liegende Blut¬ 
extravasat vorgefcäuscht worden. Es handelt sich demnach in 
diesem Falle mit grösster Wahrscheinlichkeit um eine primäre 
Blutung aus den Gefilssen, die in der Submucosa des Duodenums 
verlaufen. Durch den Anprall des austretenden Blutes und die 
dadurch bedingten Ernährungsstörungen sind allmählich zahlreichere 
Gefässe lädirt. worden und haben zu der Vergrösserung des Blutl¬ 
austritts beigetragen. Schliesslich hat auf dem oben beschriebenen 
Wege ein Durchbruch ins Mesenterium stattgefunden. Die Heus¬ 
erscheinungen finden in der Verlegung des Duodenums durch den ; 
Bluterguss genügende Erklärung. Für die Ursache der Blutung 
fehlt vorläufig jede Erklärung. Am wahrscheinlichsten handelt es 
sich um ein Trauma durch stumpfe Gewalt bei stark gefülltem 
Duodenum, obgleich in der Amamnese nichts diesbezügliches er¬ 
mittelt worden ist. 

10. Herr Wedekind: Ein Fall von Aneurysma arterio- 
venoBum traumatioum der linksseitigen Schlüsselbeingefässe. 

(Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.) 


• IV. 66. Versammlung der Gesellschaft 
deutscher Naturforscher und Aerzte, Wien, 
24. bis 28. September 1894. 


Abtheilung für innere Medioin. 

Sitzung am 24. September. 

1. Herr Moritz (München): Ueber das Verhalten von flüssigen 

nnd breiartigen Substanzen lm menschlichen Magen. Vortragender 
hat die Geschwindigkeit der Entleerung von Flüssigkeiten aus dem Magen 
durch Ausheberung desselben nach bestimmten Zeiträumen geprüft. Am 
schnellsten wird Wasser herausbefördert. Von einem halben Liter sind 
nach einer halben Stunde kaum noch 50 ccm nachzuweisen, nach 10 bis 
15 Minuten ist schon die Hälfte verschwunden. Dabei kommen freilich indi¬ 
viduelle Schwankungen vor. Körperstellung, .Bewegung u. a. haben keinen 
Einfluss, dagegen beschleunigt die Wärme der Flüssigkeit die Entleerung 
des Magens. Kohlensäure-, Salzsäure-, sodahaltiges Wasser, Bier, Milch, 
Bouillon, Oel werden langsamer als Wasser entleert, physiologische Koch¬ 
salzlösung ebenso schnell als dies. Die Geschwindigkeit der Entleerung 
steht im Verhältniss zu der reizenden Wirkung der eingeführten Flüssig¬ 
keit auf die Magensaftsecretion. Wasser verhält sich in dieser Beziehung 
fast vollständig indifferent. Es wird auch bei fehlender Salzsäure schnell 
aus dem Magen entleert, und so erklärt sich leicht die Schnelligkeit der 
bacteriellen lnfoction mittels Trinkwasser. Dicke Suppen, Griesbrei und 
dergleichen, die übrigens im Magen schnell verändert, namentlich erheb¬ 
lich verdünnt werden, werden noch langsamer als jene Flüssigkeiten ent¬ 
leert, weil sie die Magenschleimhaut noch stärker reizen. Werden feste 
Speisen gleichzeitig mit Wasser aufgenommen. so wird durch die ersteren 
die Entleerung des Magens sehr verzögert. Damit findet sich die alte 
Regel bestätigt, dass schwache Magen beim Essen nicht tnnken sollen. 
So erklärt sich auch die Thatsache, dass alkoholische Getränke rascher 
berauschen, wenn sie nüchtern genossen werden. _ 

2. Herr HammerscHlag (Wien): Ueber die quantitative Bestim¬ 
mung des Pepsins im Magensaft. Zur Ergänzung der quantitativen 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN ME DICJN1SCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Salzs&urebestimmungen hat Vortragender eine Methode zur Messung der 
Peptonisationskraft des Magensaftes gesucht. Das Verfahren besteht 
darin, dass zu einer Eiweisslösung von bestimmtem Gehalte eine abgemes¬ 
sene Menge Magensaft, zu einer zweiten Probe derselben Eiweisslösung die 
entsprechende Menge destillirten Wassers zugesetzt wird und, nachdem 
beide Proben eine Stunde im Brutofen gestanden haben, in beiden der 
Eiweissgehalt mit dem Esbach’schen Albuminimeter quantitiv bestimmt 
wird. Die Differenz im Eiweissgohalte zwischen beiden Proben giebt die 
Menge des verdauten Eiweisses an und ist ein Maass für dio Peptoni¬ 
sationskraft des Magensaftes. Ergiebt sich z. B., dass dio mit Wasser 
versetzte Controllprobe 6%o Eiweiss, die mit Magensaft versetzto Probe 3%o 
Ei woiss enthält, so sind 50% Eiweiss verdaut. Weitere Versuche ergaben, 
dass die Eiweissverdauung vom Salzsäuregehalt dos Magensaftes abhängig 
ist, und zwar in der Art, dass mit steigendem Gehalte an freier Salzsäure 
auch mehr Eiweiss verdaut wird. Die Differenzen werden um so ge¬ 
ringer, je mehr freie Salzsäure da ist, und verschwinden schliesslich 
ganz innerhalb der Grenzen von 2 bis 4 pro Mille Eiweiss. Bei nie- 
dngem Salzsäuregehalt üben dagegen schon Differenzen von einigen 
Zehnteln pro Mille einen merkbaren quantitativen Einfluss auf die Eiweiss¬ 
verdauung. Mit der Verdünnung des Magensaftes nimmt auch die pep- 
tonisirende Kraft desselben gradatim ab. Bei Beobachtungen an Kranken 
zeigte sich überraschenderweise, dass zwischen Salzsäure- und Pepsin- 
secretion kein regelmässiger Parallelismus besteht: es fand sich öfters bei 
Salzsäuremangel normale Eiweissverdauung und andererseits bei reich¬ 
lichem Salzsäuregehalt Verminderung des Peptonisationsvermügens. Bei 
den einzelnen Magenkrankheiten wurden nun folgende Befunde erhoben. 
Bei Magenkätarrhen war das Pepsin stets vermindert, um so mehr, je 
älter der Katarrh war. Die Eiweissverdauung schwankte in einzelnen 
■du i 6 ' 11 - zwiscben . L>°/o- Bei den secundären Dyspepsieen der 

Phthisiker war sie zuweilen normal, in anderen Fällen vermindert. Ebenso 
fand sich die eiweissverdauende Kraft des Magensaftes bei den nervösen 
Dyspepsieen herabgesetzt, und Hammerschiag vermuthet deshalb, dass 
bei diesen Neurosen anatomische Veränderungen der Magenschleimhaut 
vorhimden sind: ein secundärer Katarrh infolge des längeren Verweilens 
?? d . < !? r , Zer ®? tzun £ der Speisen im Magen. Bei Hypersecretionen (cou- 
tinuirhchem Magensaftfluss) ist die peptonisirende Wirkung normal, häufiger 
indess gesteigert: nach kurzer Zeit war oft alles Eiweiss verdaut. Bei 
Carcmomen fehlte die Eiweissverdauung vollkommen. Neben dem Fehlen 
der freien Salzsäure und dem Nachweis der Milchsäure betrachtet Ham¬ 
merschlag die mangelnde Eiweissverdauung als drittes diagnostisches 
Moment zur Frühdiagnose des Carcinoms. In drei Fällen ist die Diagnose 
auf Magencarcmom durch das Ergebniss der chemischen Untersuchung, 
rotzdem kein Tumor nachweisbar war, gestellt worden; die Operation 
bestätigte die Diagnose, in zwei Fällen war der Tumor noch so klein 
dass er m toto exstirpirt werden konnte. Die neue Methode des Milch- 
säqrenachweises nach Boas bestätigt Hammerschlag und macht noch 
auf die lange Retention von Speisebestandtheilon im Magen als Verdachts¬ 
moment auf Carcmom aufmerksam. Bei gutartigen Pylorusstenosen war 
die Liweissverdauung normal oder gesteigert, bei Ektasieen durch maligne 
Tumoren herabgesetzt oder fehlend. Daraus ergeben sich diagnostische 
Anhaltspunkte hm Beurteilung zweifelhafter Magendilatationen. Unter 
dem Einfluss therapeutischer Maassnahmen hat Hammerschlag wieder- 
Eiweissverdauung steigen sehen. Eine Verminderung derselben 

° der 

im Boas ® erlln ) betont, dass man beim Nachweis von Milchsäure 

im Magen zwischen importirtei- und im Magen gebildeter Milchsäure un- 
terschmden müsse Erstere muss man durch die Versuchsanordnüng bei 
pathogSoS ^ B " sschliesse “- Nur die letztere ist für Carcinom 

Sitzung am 25. September. 

Scheyer (Wien): Das Verhalten der Verdannneslenko- 
cytose bei Carcinoma Tentriculi und Ulcus rotundum. Bei der Unter- 
suchung des Verhaltens der Verdauungsleukocytose an 18 Fällen von 
rotundum 0 3 benignen Pylorusstenosen und 8 Fällen von Ulcus 

bei allen Uqfrinnm^ em con stantcs Fehlen der Verdauungsleukocytose 
FtovonTS W * hrend b01 den gutartigen Stenosen und bei 
Nur bef einem U Ffdl ° tUQ em P ro “ptes Auftreten derselben erfolgte. 
wiVd Avtiai ^ Falle von Uicus rotundum fehlte sie. Diese Erscheinung 
wird ei klärt durch das Ergriffensein der Motilität, der resorptiven Kraft 
tePcytomgaü 0 ;! des Eiweisses und des lymphkischefKaratos des 
^«nh« ei f C i^“i 0ma y. ser Erkrankua ^ desselben. Aus dtr gefundenen 

Erfahrungen°das Auftreten^? 1 y he , Schlus ®- dass nach den gewonnenen 

gegen die Diagnose 

stürun!° n< B o^s^SYTu^ nerröse Functimis^ 

Zeichen, die hierfür snrerhpn^ c GS nU , cbt 'jP 1 gewonnenen Magenschleims 

liehen Schleims^Dic mikroskcrnfschp rn^«° SäC i Men ? en , im Ma S e “ befin(J - 

SÄ 


-- No. li i 

Anhaltspunkte für'die Diagnose Gastritis acida. Für die The^r~ 
Zustände ergeben s.ch folgende Grundsätze: Regelung der D . 'f' 
meidung scharfer Gewürze und Säuren. Verbot von Alkohol 1Ä- 
Abführmitteln. Neben der Pflege der Zähne bTbSSdrt, & Vf 
aetiologisch eine Rolle spielende Phaiyngitis zu berücksichtWn n- hhg 
dicamentöse Behandlung ist einzuschränken; Alkalien sind t 
nachfolgenden Secretionssteigerung nur mit grosser Vorsich« ? 
Am besten passen noch die alkäischen Säuerlbge da i ^ 
lösen und den Magen schnell verlassen. Sehrgfeignet Z t e 
matische, unter stetiger Controlle des Mageninhaltes geübte Wni™ 
mtncum-Behandlung in nicht zu kleinen Dosen (0,2—04-120 mSf 
täglich 1 Esslöffel). Magenausspülungen erscheinen dem VortracS- 
nur bei jenen Formen der Gastritis indicirt. wo die SchlLniÄf 
die oben genannte Behandlung nicht zum Schwinden zu bringt] 
Ob die. Gastritis acida em erstes Stadium der Gastritis überhaupt X 
eine besondere Form darstellt, lässt Redner dahingestellt P 

Herr Leyden (Berlin) missbilligt das zu häufige Magenausspfllen & 
™ rda ; nd | cirt **’ ftagnirende Massen im Magen vorhanden sind. Er 

dAr t K«n da #f die ^ lka u en nacl J Abstam P. fun ^ der Säure eine Steigerant’ 
der Magensaftseerotion hervorrufen. Zweifellos giebt es Fälle von IW 
acidität ohne anatomische Veränderungen. 

5. Herr Martius (Rostock): Feber Grösse, Lage and Beweglich, 
keit des gesunden und kranken Magens des Menschen. Vortr theii- 
dio Resultate der Untersuchungen mit, welche er mit Herrn Meitzin- 
m Rostock angestellt hat. Die Methode, deren sich Verfasser bediente 
die Durchleuchtung des Magens mit Hülfe einer kleinen eingeführten EdS 
lampe. Die Geschichte dieser Methode ist noch neu. Sie wurde t 
Menschen zuerst im Jahre 1889 durch Einhorn in Anwendung gebrach: 
Heryng und Reich mann demonstrirten sie auf dem Congress“für innert 
Medicm in Leipzig 1892. Weitere Veröffentlichungen über dieselbe Me¬ 
thode und die mit ihrer Hülfe gewonnenen Resultate verdanken wir Ren 
vers, Pariser, Kuttner und Jacobson. Das Ziel, welches Marti«, 
bei semen Versuchen vorschwebte, war, in mehr systematischer Weise a!- 
es bisher geschah die Diaphanoskopie zur Feststellung von Grösse. hz* 
un d Beweglichkeit des menschlichen Magens zu benutzen. Um eine 
physiologische Basis zur Beurtheilung der Frage zu gewinnen, bei welchen 
Grenzen das Pathologische anfangt, wurden in möglichst grosser Zahl 
absolut gesunde oder wenigstens sicher magengesundo Individuen unter- 
sucht. Um ferner eine Vorstellung über die wahren Grössen Verhältnisse 
des Magens und deren Veränderlichkeit zu erhalten, wurde grundsätz¬ 
lich, wenn nicht im Ejnzelfalle besondere Gründe dagegen sprachen, jedes¬ 
mal der leere Magen im Liegen und im Stehen durchleuchtet. Ausserdem 
liess Martius, zum Unterschiede von anderen Autoren, die Lampe nicht 
unverrückt stehen, sondern „wandern“. Wenn man nach maximaler Ein¬ 
führung des Schlauches denselben, während die Lampe brennt, langsam 
zurückzieht, so schleicht die letztere an der grossen Curvatur entlang, 
so dass die so gewonnene Lichtspur die Lage derselben genau bezeichnet 
Um die so gewonnenen Bilder objectiv festzulegen, wurden die durch¬ 
leuchteten Stellen direkt mit farbiger Tusche auf die Bauehwand auf¬ 
gemalt. Die so im Dunkeln gewonnenen Conturen wurden dann photo- 
graphirt. Vorher war in jedem einzelnen Falle durch Percussion die 
Lungen-Lebergrenze und die untere Grenze der absoluten Leberdämpfung 
bestimmt und angezeichnet, sowie endlich eine Orientirungslinie. die von 
einer Spitze der zehnten Rippe zur anderen gezogen wurde. Schliesslich 
ist noch zu bemerken, dass die Schärfe der gewonnenen Resultate wesent¬ 
lich dadurch erreicht wurde, dass Lampen von einer grösseren Lichtstärke 
als bisher zur Anwendung kamen. Die wesentlichen Resultate dieser Ver¬ 
suche sind folgende: 

1) Die untere Grenze des gesunden Magens liegt wesentlich tiefer, 
als namentlich auf Grund der Leichenbefunde (Luschka) angenommen 
wurde. Der leere Magen erreicht fast ausnahmslos den Nabel, 
der mit Wasser gefüllte steht noch wesentlich tiefer. Sein 
tiefster Punkt erreicht eine Linie, die die höchsten Punkte der Crista 
ilei mit einander verbindet. Dieser Satz ist das Resultat der Unter¬ 
suchung von vier absolut gesunden Soldaten, zwei gesunden Studirenden 
und 22 poliklinischen Patienten, die entweder überhaupt keinerlei Magw- 
beschwerden hatten oder bei denen die sonstige Untersuchung keine Ab¬ 
weichung der Magenfunctionen von der Norm erkennen liess. 

2) Die untere Grenze des mit Wasser belasteten Magens verschie l 

sich beim Aufstehen des zuvor liegenden Untersuchten zugleich nnt der 
unteren Lebergrenze um 4 bis 11 cm nach abwärts. . 

3) Die respiratorische Verschiebbarkeit des Lichtbildes ist gross oei 

liegenden, sehr gering beim stehenden Individuum. Dieser Unterscmea i- 
bedeutender und klinisch wichtiger als der von Kuttner hervorgehooe >• 
zwischen dem ektatischen und gastroptotischen Magen. 

4) Die Vergrösserung des Lichtbildes beim wassergefüllten g« 
über dem leeren Magen erfolgt wesentlich nach rechts hin. 

5) Es giebt, wenn man danach sucht, offenbar gar ment s 
Magen von enormem Umfang, die objectiv völlig normal functioniren 
keinerlei Beschwerden machen (Megalogastrie von Ewald und n, 1 » 

Die Diagnose Gastrektasie als eines pathologischen Zustandes a« 
des Befundes eines Tiefstandes der grossen Curvatur ist unstattbait- 
logisch ist lediglich die durch Functionsprüfung festgestellte 
lnsufficienz (Rosenbach), gleichgültig ob der Magen gross oder .. 

6) Carcinome mit Hülfe der Gastrodiaphanoskopie früher tes z- 

als es auf anderen Wegen (Milchsäurenachweis etc.) möglich ls * * , ‘ 
nicht gelungen. Dagegen kann bei fühlbarem Tumor die Bure , • 
ein wesentliches Hülfsmittel zur Feststellung des Sitzes dessdbmi 


Gedrückt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 


Donnerstag VEREINS-BEILAGE 15 ‘ NoTe “ ber 1894 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 

INHALT. 


I. Verein für innere Medicin in Berlin, Sitzung am 15. October 
1894: A. Fraenkel, Gedenkrede auf 0. Fraentzel. — Ohrtmann, 
Historischer Rückblick auf die Cholera im Jahre 1831; Discussion: 
Hildebrandt, G. Meyer. — Sitzung am 24. October 1894: 
Litten, Mediastinaltumor; Discussion: A. Fraenkel, Fürbringer, 
Litten. — Gerhardt, Ueber Lysidin. — Rosenheim, Ueber die 
chirurgische Behandlung der Magenkrankheiten. 

II. Berliner medicinisclie Gesellschaft, Sitzung am 31. October 1894: 
E. Frank, Fremdkörper in der Blase. — Demme, Svndaktylie und 
Polydaktylie. — Schönheimer, Durch Laparotomie entferntes Ovarial- 
fibrom. — Olshausen, Ueber intrauterine Behandlungsweiso. — 
Sitzung am 7. November 1894: Rosenthal, Wärmeapparate. — 
Nasse, Angeborene Bildungshemmungen. — Gottschalk, Ueber die 
spontan durch Geschwülste bedingte Gebännutterumstül^ung. — Dis¬ 
cussion zu Olshausen, Ueber intrauterine Behandlungsweisen: Martin, 
Falk, L. Landau. 

III. Greifswalder medicinisclie Gesellschaft, Sitzung am 3. Februar 
1894: Schirmer, Zur Behandlung des Narbenpterygiums. — Loeffler, 
Ueber Torfmull. — Ackermann, Pharyngomycosis leptothricica. 

IV. 66. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Aerzte in Wien: Abtheilung für innere Medicin, Sitzung am 
25. September 1894: Jacob, Acute und chronische Herzdilatation. 
— Glax, Diätetische Behandlung chronischer Herzkrankheiten. — 


I. Verein für innere Medicin in Berlin. 1 

Sitzung am 15. October 1894. 

Vorsitzender: Herr Ohrtmann, später Herr A. Fraenkel; | 
Schriftführer: Herr Jastrowitz. 

1. Herr A. Fraenkel: Gedenkrede auf O. Fräntzel. (Die 
Mittheilung ist in dieser Wochenschrift No. 43, S. 830, erfolgt.) 

2. Herr Ohrt mann: Historischer Rückblick auf die Cholera 
im Jahre 1831. (Der Vortrag wird in dieser Wochenschrift ver¬ 
öffentlicht werden.) 

Discussion. Herr Hildebrandt senior: Nach diesem Vortrage 
aus der Cholerazeit von 1831 möchte ich einige Mitteilungen aus der 
Cholerazeit von 1837 machen. Ich bin in der zweiten Choleraepidemio, 
welche Berlin erlitt, im Jahre 1837 Assistenzarzt in einem Cholcrahospital 
am Hamburger Thor gewesen, das nachher nach der Neuen Königstrasse 
verlegt wurde. Ich war damals Assistenzarzt für die Frauenabtheilung, 
der nachherige Geheimrath Nagel für die Männerabtheilung. 1837, als 
wir unsere Thätigkeit begannen, war die Cholera noch auf der Höhe, so 
dass, wenn am Morgen 30 Kranke ankamen, am Abend schon 10 bis 15 
gestorben waren. Später liess die Epidemie nach. Die Behandlung war 
damals doch nicht so corrupt, wie es hier vom Jahre 1831 vorgetragen 
worden ist; sie war eine ziemlich einfache, nur nach den Symptomen 
bemessene. Waren bedeutende gastrische Erscheinungen vorhanden, so 
wurde ein Eiueticum gegeben; hier und da wurde, aber nur im Anfänge 
der Epidemie, auch der Aderlass gemacht, doch nur selten, und dann 
musste ich ihn machen, weil weder Nagel, noch der andere Arzt ihn 
ausiüliren konnten. Mit der Desinfection war es nicht so schlimm; es war 
ein Becken mit Chlorkalium aufgestellt, auf w elches Salzsäure gegossen wurde, 
jeder Ankommende oder Weggehendo musste sich darüber stellen, und 
wenn man oino Weile gestanden hatte, konnte man ruhig weitergehen. 
Aber ich muss sagen, dass in dom Lazareth selbst hauptsächlich auf Rein¬ 
lichkeit Werth gelegt wurde. Es war dies ja nicht immer möglich; wenn 
30 mit einem mal kamen, konnten die Auswurfstoffe nicht so schnell fort¬ 
geschafft werden; aber im allgemeinen wurde alles so schnell wie möglich 
beseitigt, und von den Wärtern ist nur einer krank geworden. Die Be¬ 
handlung wurde damals von der Annahme geleitet, dass hauptsächlich 
eine Verstimmung des ganzen Nervensystems im Darmcanal vorhanden 
sei; darum wurde durchgängig ein Infusum Ipecacuanhae mit Liquor 
Ainmonii caustici gegeben. Die Wirkung war im allgemeinen eine gute. 
Es starben anfangs ungefähr die Hälfte bis drei Fünftel, dann ein Drittel. 
Die Hauptsache waren die Erregungsmittel, neben dem Infusum Ipeca¬ 
cuanhae mit Liquor Ammonii caustici. Kampher, Champagner, Portwein. 
Das waren eigentlich alle Medicamente. Auf Theorieen Uber die Ent¬ 
stehung der Cholera Hessen wir uns gar nicht ein, wir sahen bei der Be¬ 
handlung lediglich nach den Symptomen. 

Herr George Meyer: Unter den Schriften, die Herr Ohrtmann 
hcrumgegeben hat, sind besonders zwei von grossem Interesse, nämlich die¬ 
jenigen, welche Rathschläge für das Publikum, was mit dem Kranken bis 
zur Ankunft des Arztes vorzunehmen sei, enthalten, welche also von der 
ersten Hülfeleistung handeln. Es sind damals, wie Pistor 1 ) in seiner 
Arbeit über Beschaffung ärztlicher Hülfe zur Nachtzeit und bei Unglücks¬ 
fällen erwähnt, dann nach den Choleraepidemieen von 1836 bezw. 1849 die 
ersten Einrichtungen zur Erlangung ärztlicher Hülfe zur Nachtzeit ent¬ 
standen, d. h. die ersten schüchternen Anfänge oder Vorläufer für die viel 
später eingerichteten Sanitätswachen in Berlin. 

0 Deutsche Vierteljahrsschr. f. Öff. Gesundheitspfl. 1887. Bd. XIX. 


Posner, Kryptogenetische Oystitis und PyeUtis. — v. Ziemssen, 
Methode und Werth klinischer Blutdruckmessungen.— Mathes, Ein¬ 
wirkung von Verdauungsalbumosen auf den thierischen Organismus. — 
Vehsemeyer, Ueber Leukämie. — Gumprecht, a) Ueber Lipfimie; 
b) Ueber Mitosen in leukämischen Organen. — Engel, Genese und 
Regeneration des Blutes. — Stern, Ueber eine neue Art nervöser 
Functionsstörungen. — Rosenbach, Inwieweit ist die Diagnostik 
innerer Krankheiten durch die Bacteriologie gefördert worden? — 
Dolega, Mechanotherapie. — E. Pfeiffer, Harasftureausscheidung 
beim acuten Gichtanfall. — Berdach, Zur Pathologie der Nebennieren. 

Abtheilung für Physiologie, Sitzung am 25. September 
1894: Gad, Nervenzellenfunetionen. — Beer, Accommodation dos 
Fiscbauges. — Scheib er, Zur Lehre von den Herzbewegungen. — 
v. Frey, Ueber Druck- und Schmorzsinn. — Wlassak, Die Herkimft 
des Myelins. — Kyri, Bedeutung der Metamerie. — Grosamaun, 
Herzhemmungsfasorn. — Grützner, a) Neue Resonatoren; b) Physio¬ 
logische Antiperistaltik. — Latschenberger, Ueber einen Bestand- 
theil des Hämoglobinblutes. — Hürthle, Mechanische Registrirung der 
Herztöne. — Cremer, Ueber Zucker und Zelle. — Cowl, a) Nerven¬ 
erregung durch Schliessungsinductionsschlag; b) Ein verbessertes Hülfs- 
mittel zur Hämatokritmethode. — Lode, Physiologie der Samenbläs¬ 
chen. — Boruttau, Zurückführung des galvanischen Erregungs¬ 
phänomens der Nerven auf innere Polarisation. 


Sitzung vom 29. October 1894. 

Vorsitzender: Herr Gerhardt; Schriftführer: Herr Für¬ 
bringer. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Litten (vor der Tagesordnung): Ich hatte vor einiger 
Zeit Gelegenheit, Ihnen einen Fall von Tumorbildung im Media¬ 
stinum mit Druck auf die Veua subclavia hier vorzustellen. Heute 
kann ich Ihnen einen anderen Fall von Mediastinaltumor vor¬ 
stellen, der mit Bezug auf die Druckerscheinungen grosso diagno¬ 
stische Schwierigkeiten macht, aus welchem Grunde ich Ihnen den¬ 
selben demonstrire. Der Kranke ist bis vor acht Tagen seinem 
schweren Gewerbe als Dachdecker nachgegangen, wobei er das 
Rohmaterial auf die Neubauten zu tragen, also eine sehr schwere, 
anstrengende Arbeit zu verrichten hatte. Das ging sehr gut, 
bis ihm etwa vor acht oder neun Tagen auffiel, dass das Jugulum 
ausgefüllt wurde, und als er seine Frau fragte, ob sie das auch 
bemerkte, meinte sie, nicht nur der Hals, sondern auch das Gesicht 
wäre dicker geworden. Am Tage darauf kam er zu mir, 'wobei er 
schon dieselbe Schwellung .des Gesichts darbot w f ie heute und die¬ 
selbe ausserordentlich starke Cyanose, wodurch die Ohren pflaumen¬ 
blau erschienen. Die vorhandene hochgradige Dyspnoe und Cya¬ 
nose nehmen enorm zu, wenn Patient liegt. Die Augen waren 
weit aus ihren Höhlen herausgetreten. Bei der Untersuchung des 
Halses fiel mir zuerst eine merkbare Schwellung auf, die seitdem noch 
bedeutend zugenommen hat, von gestern bis heute um 4 cm. Früher 
trug er Hemdenkragen von 37 cm, jetzt ist der Hals um 9—10 cm 
dicker geworden. Aus dieser Photographie (Demonstration) sehen 
Sie, wie der Kranke in gesunden Tagen ausgosehen hat. Die Zu¬ 
nahme des Halses beruht weder auf einem Oedem, noch auf einer 
prallen Infiltration, noch endlich auf einem Emphysem, sondern 
wenn Sie den Hals untersuchen, finden Sie, dass cs sich um eine 
gleichmässige Dickenzunahme aller Weichtheilo handelt, die hier 
in Frage kommen. In den letzten Tagen sind die Drüsen, Occi- 
pital- und Nuehaldrüsen, bedeutend aDgeschwmllen, bis zur Grösse 
von Haselnüssen. Die Untersuchung mit dem Kehlkopfspiegel hat 
nichts pathologisches ergeben. Ich untersuchte ihn hauptsächlich 
deshalb laryngoskopisch, woil die Athemnoth, namentlich beim Gehen 
und Sprechen, so enorm hochgradig ist und der Kranke mit so eigen¬ 
tümlich croupalem Ton hustete, dass ich erwartete, eine Stenose, 
resp. ein Oedem im Kehlkopf zu finden. Davon war aber keine Rede; 
die Stimmbänder und das Kehlkopfinnere waren völlig normal. 
Als ich den Kranken zum ersten Mal sah, war von den blauen 
Gefässfiguren, die Sie am Thorax vorn und hinten sehen, keine Rede, 
sondern es waren ein paar erweiterte Venenstämmchen vorhanden, 
wie man sie häufig in dieser Gegend, namentlich am Rippenbogen, 
zu sehen Gelegenheit hat; aber von dieser enorm starken Venen¬ 
ausdehnung, welche in ganz diffuser Verbreitung über der ganzen 
vorderen Fläche des Thorax sichtbar ist, war keine Rede. Diese 
bildete sich etwa in 24 Stunden aus und hat seitdem nicht *wesent- 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 











130 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


lieh an Umfang zugenommen. Bei der weiteren Untersuchung des 
Kranken ergab sich nun zunächst eine sehr intensive Dämpfung, 
die hier angezeichnet ist und welche den oberen Bezirk des Ster¬ 
nums umfasst. Dieselbe ist nicht nur ziemlich ausgedehnt, sondern 
auch sehr intensiv. Der Thorax ist emphysematös, die Lungen 
mässig ausgedehnt; das Zwerchfellphänomen ist auf der rechten 
Seite garaicht, auf der linken in sehr beschränktem Umfang zu 
sehen. Seit zwei Tagen ist noch ein pleuritisclies Exsudat auf 
der rechten Seite dazugekommen, das ich heute punctirt und centri- 
fugirt habe. Das rechtsseitige Pleuraexsudat war von gelber Farbe, 
klebrig, aber für das blosse Auge durchaus klar und durchsichtig. 
Beim Centrifugiren bildete sich zunächst der bekannte siegellack¬ 
artige Fleck am Boden des Centrifugalröhrchens, der sich, wie ich 
bereits in meiner ersten Mittheilung über die Centrifugen und 
deren Verwendung für klinische Zwecke gezeigt habe, bei jedem 
noch so klaren und hellen Pleuraexsudat immer bildet, und im Centrum 
dieses Blutflecks fand sich eine bräunliche Masse, die sich bei der 
mikroskopischen Untersuchung als aus Blutkörperchen, Leukocyten 
und solchen Zellen bestehend erwies, wie sie Herr College A. Fra enkel 
bei seinem Vortrage über die Tumoren des Pleuraraumes erwähnt 
hat, ungeheuer grosse, gequollene, ganz runde Zellen mit riesig 
grossen bläschenförmigen Kernen und einem so eigenthümlich matten 
Glanz. Die Auscultation ergiebt nichts wesentlich auffallendes, 
wenn wir von den Erscheinungen des Pleuraexsudats absehen: nur 
ist unzweifelhaft auf der linken Seite vorn am Thorax das Athmungs- 
geräusch wesentlich abgeschwächt gegenüber rechts. Eigentlich hört 
man nur das Einströmen der Luft in die grossen Bronchialröhren 
bei der Inspiration. 

Wenn wir alle diese Erscheinungen zusammenfassen, so kann 
es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass es sich hier um eine 
Neubildung handelt, die im Mediastinum anticum ihren Sitz hat 
Welcher Art der Tumor ist, das lässt sich auch mit Zuhülfenahme 
des mikroskopischen Bildes der Zellen nicht mit Sicherheit erkennen. 
Von wo der Tumor ausgeht, kann man ebenfalls nur vermuthen, ent¬ 
weder von den Drüsen oder von der Thyreoidea oder vielleicht von 
Resten der Thymusdrüse. Das Interessante aber scheint mir die Frage 
zu sein, wie sich die Druckverhältnisse auf die Venen gestalten Im 
grossen und ganzen wird man doch nicht anders können, als einen 
Druck auf die Vena cava superior anzunehmon; denn dass eine Vena 
anonyma durch den Druck coraprimirt sein könnte, ist auszusehliessen 
weil kein besonderer Unterschied zwischen den beiden Seiten zu sehen 
ist: beide Seiten verhalten sich ganz gleich, und auch in Bezug auf 
den Puls kann ich einen Unterschied nicht- constatiren. Ich glaube 
also, dass es sich um den Druck einer weichen Geschwulst auf die 
Cava handelt, wobei die Schwellung des Halses und des Kopfes, der 
Exophthalmus, die Stauung der Venen im Gebiet der oberen Körper- 
hälfte und die Cyanose bedingt sind durch den verhinderten Venen¬ 
abfluss. Nun würde natürlich ein Druck, der die Vena cava so voll¬ 
ständig comprimirt, dass kein Blut in den rechten Vorhof abfliessen 
konnte, ganz andere Erscheinungen machen. Denn, wenn Sie sich 
erinnern, wie bei dem Kranken, den ich früher vorstellte bei 
welchem die \ena subclavia comprimirt war, die Venenstauungen 
hervortraten so werden Sie zugeben, dass die Erscheinungen im 
vorliegenden Fall viel geringere sind. Ich nehme deshalb an, dass 
es eine weiche Geschwulst ist, die die Cava nicht vollständig com- 
primirt, aber jedenfalls beengt, und dass sich sehr günstige Col- 
lateralbahnen gebildet haben, indem das Blut aus der obern Körper¬ 
hafte mit Umgehung der oberen Hohlvene durch die Azvgos und 
Hemiazygos accessoria und auf der rechten Seite noch durch die 
Intercostahs suprema in die Vena cava inferior abfliesst. Das wäre 

Ä'!fl £• . 6 di * ich mir von dem Vorgang mache. Der 

Augenhintergrund ist auch nicht so stark mit Venenblut überfüllt 

Swlnjgesehl hl™' geriDgeren ö " d “ ™ ^ 

von^hfömlWde. B V fh#hlen S escl 'V Dlst e hielt, das Präparat eines Falles 
\on Ihiombose der \ ena cava superior vorgelegt. Ursache derselben war 

d * ro ? Geneso sclbst Herrn Geheimrath 
Srv'! nicht recht klar war; wir dachten an 

Thi i n handelte sich um eine zum Theil aus Bindegewebe zum 

cUrum“ Stehende Tnmormasse, die durch Äh 

die Vene%ribs| T wär" h0SC d - er V T “ va su P eri °r hervorgebracht hatte; 
Ms r ,r Gaboh n,'ÄL,r n ei ^ m v erbel1 ' rothb ™‘ 1 ' gefärbten Thrombus 
fJLib • , J m dl ° Venae anonvmae uus°-ofiillt Der Colla- 

sehr JSÄ »Ä £v~ 


0 ,.T r T \ , 1 IlUh 1 umorzeiien bestehen, sondern PG 

stÄrke^^Quell'un^h'cdimrt l |,f^Äreh*\r " s * n d\ deren 

äääSäHISI 


JjUJ 

gebissen der Pleura bezw. den mit ihnen zusammenhängeXTlX 

ÄÄÄJffi Verlw des 

HeiT Fürbringer: Ich muss dem Vorredner bAntitimm a » 
hydropisch geblähten Zellen, auch wenn sie sehr zahlreich erecki, 4 ' 
meist als Pleuraendothelien zu deuten sind, aber ich muss rieÄ 1 
fügen, dass in bestimmten Fällen der Schluss durchaus Irl M iui 
sogar geboten erscheint, dass diese ZeUen neoplasmatischen Urspim 
smd Vor drei Jahren erwähnte ich in der Medicinischea GesXlnf 
im Anschluss an den Vortrag von Herrn Fraenkol über Briuthflh ! 
geschwülsto eines eigenthümlichen, einer Griessuppe ähnelnden Ex J’, 
dadurch ausgezeichnet, dass im gelben Serum tausende und abertau^" 
von kleinen Körnern und Flittcm schwammen. Dieselben bestanden durch 
weg aus solchen jacuolisirten, zum Theü gigantischen, in Mosaiken ver’ 
einigten, hydropisch geblähten Zellen. Als wir den Fall seeirten fand 
sich an der Pleura ein schaligor Belag von Krebsmasse, der beim & 
schaben genau dieselben Gebilde abgab. Es konnte sich also intra m 
nur um eine massenhafte Loslösung dieser Conglomerate gehandelt hab^n 
Ein zweiter und dritter Fall desselben Grundcharakters folgten = D ^r. 
Allerdings muss ich gestehen, dass diesen Fällen die weitaus überÄb 
Mehrheit jener gegenübersteht, wo entweder kein Tumor gefunden wu.4- 
oder die Section ergeben hatte, dass die bei Lebzeiten gefundenen Ma 
nichts anderes waren als in der Nachbarschaft des Tumors desqnamir- 
Pleuraendothelien. Die Schwierigkeit ihrer Unterscheidung von Vi-«- 
bildungselementen ist nicht selten eine unüberwindliche. 1 ) 

Herr Litton: Als wir vor wenigen Jahren bei Gelegenheit <L 
h raenkel sehen Vortrages die Discussion über denselben “Gcgoustand 
hatten, war ich es, der diese heute von Herrn Fraenkcl vertrete 
Ansicht hervorhob, dass ich dieso Zellen bei fehlenden Tumoren in 
Pleuraexsudaten oft gefunden und als gequollene Endothclien gedeut-i 
hätte, und ich machte damals auf meine experimentellen Untersuchung 
über die Unterbindung des Ureters aufmerksam, wobei ich einige Zeit 
nach Ausführung dor Operation bei Kaninchen auch diese Zellen v»n 
riesiger Grösse in den Nieren und dem angestauten Nicrensccret H? 
funden hätte. Ich habe aber auch seitdem, gerade wie Herr Für- 
bringer, Fälle von Neoplasma der Pleurahöhle gesehen, bei denen die¬ 
selben Zellen im Pleuraexsudat vorhanden waren, und ich muss sagen, ich 
bin nicht in der Lage, die einen von den anderen - unterscheiden zu können, 
d. h. die Zellen, welche ich in uncomplieirten Pleuraexsudaten gefund n 
habe von denjenigen, welche sich in Pleuraexsudaten, die mit malignen 
Tumoren complicirt waren, fanden. In manchen Fällen der letzteren 
Art mögen sich gelegentlich auch mehr charakteristische Zellformen vor- 
finden, auch können gelegentlich die zu grosson Mosaiken vereinigten Zell¬ 
anhäufungen für die Provenienz von Neoplasmen verdächtig erscheinen. Ith 
meine aber, dass, wenn sonst alles für einen Tumor spricht und ein 
pleuritisclies Exsudat so schnell entsteht wie im vorliegenden Fall, man 
Grund hat, anzunehmen, dass es sich um eine durch Tumor bedingt' 
Zellbildung handelt. Als damals in der Medicinischen Gesellschaft fo 
Discussion stattfand, hat auch Virchow zugegeben, dass die betreffend? 
Zellbildung häufig bei Neubildungen der Pleura beobachtet würde. — 
Dann erwähne ich in Bezug auf den Fall noch, dass mich der Herr \ er¬ 
sitzende darauf aufmerksam macht, dass der Kranke auf der rechten Seite 
mehr schwitzt als auf der Unken, was ich gern zugebe, und zweitens, dass 
die sehr erweiterten Pupillen diese Veränderung einer spontanen Erweiterung 
verdanken und nicht einer Instillation mit mydriatischcn Medicamenkn. 

2. Herr Gerhardt (vor der Tagesordnung): Ich erlaube mir. 
Ihnen ein Mittel vorzulegen, das in einer der letzten Nummern 
der Deutschen medicinischen Wochenschrift 2 ) als ein Mittel gegen 
die Gicht von Herrn Grawitz empfohlen worden ist, das von 
Herrn Geheimrath Ladenburg hergestellte Lysidin. Da die Gicht 
Interesse im ärztlichen Stande beanspruchen darf, so erlaube i f li 
mir, Ihnen das Mittel zu zeigen. Es sind zwei Lösungen, die eim- 
mit kohlensaurem Wasser, die andere mit Weinsteinsäure bereitet. 
Man braucht 5 g den Tag. 

3. Herr Rosenheim: Ueber die chirurgische Behandlung 
der Magenkrankheiten. (Der Vortrag wird in dieser Wochen¬ 
schrift veröffentlicht werden.) 


II, Berliner medicinisclie Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 31. October 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

Zum Protokoll nimmt Herr R. Rüge das Wort, ui» “ 
lautem Beifall der ganzen Versammlung im Namen der 
Gesellschaft die von Herrn Behring gegen den Ehrenpra*^ 1 . 
des Vereins, Herrn Virchow, erhobenen Angriffe nachm uc 
zurückzuweisen. 


*) Anmerkung während der Correctur. ^ an ' eI $L e irn ko!- 
Erörterungen Virchow's und Litten’s in der Discussion net 4 ^ 
sehen Vortrages, sowie die einschlägigen Ausführungen bcn« ... ■ l3 

Verein für innere Medicin (diese Wochenschr. 1891, ho. 4o) mi u t 
(No. 41). Schon früher sind die Zellen von Quincke, Bizzo 
eingehend beschrieben worden, — *) No. 41, S. 786. 


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15. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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1. Herr Ernst Frank (Eigenbericht) demonstrirt vor der 
Tagesordnung einen Fremdkörper aus der Blase eines Mannes, 
der wegen eingeklemmter Harnröhrensteine die Poliklinik des Herrn 
Prof. Posner aufsuchte. 

Seit zwei Jahren bestand schwere eitrige Cystitis. Ab und zu waren 
Steinstückchen abgegangen. Der letzten Entleeruug einer grösseren An¬ 
zahl solcher Steinstückchen war eine schwere, plötzlich in der Nacht auf- 
treteudo Blutung unmittelbar vorhergegangen. Nach Entfernung der 
Urethralsteine mittels der externen Urethrotomie wurde die Sectio alta 
gemacht, deren Ergebniss der Fremdkörper war. 

Es handelt sich um ein grosses 2—4 cm dickes Phosphatconcrement, 
das sich um einen 6 cm langen und 1 cm dicken Gunimischlauch gebildet 
hat. Ein Theil des Concrementes war der Spontanzertrümmerung in der 
Blase anheimgefallen, was aus dem charakteristischen Aussehen der Stein¬ 
stückchen und der dem Abgehen der Fragmente unmittelbar vorher¬ 
gehenden Blutung zu schliessen war. Der Schlauch ist weder das Bruch¬ 
stück eines Katheters, noch auch ein Drainrohr, vielmehr entspricht ar 
dem im Haushalt zur Verwendung kommenden Gasschlauch. 

Masturbatorische Manipulationen sind bei dem Patienten, der 
verheirathet und Vater von fünf Kindern ist, sehr unwahrscheinlich. 
Als einziges ursächliches Moment war ein Ereigniss zu ermitteln, 
das mit dem Beginn des Leidens zusammenfällt. Der Patient, ein 
Leierkastenmann, hatte damals in einer Kneipe einer Bande 
polnischer Arbeiter aufgespielt, und am Morgen darauf fand er sich 
betrunken auf dem Hausflur liegend. Sein stark geschwollener 
und gerötheter Penis war mit einem Bindfaden abgebunden, wie 
er zum Verschluss von Weissbierkruken dient. Seit dieser Zeit 
besteht seine Krankheit. Es ist möglich, den Schlauch in das 
ziemlich weite Orificium externum des Patienten einzuführen. Von 
dem Versuch ihn tiefer einzubringen wurde Abstand genommen, 
weil das ohne Anwendung hoher Gewalt nicht möglich schien. 

2. Herr Demine (Eigenbericht) stellt vor der Tagesordnung 
einen Fall von mehrfacher Syndaktylie und Polydaktylie bei 
Geschwistern vor. Zwei Mädchen von gesunden Eltern, in deren 
Familie niemals Deformitäten vorkamen und deren andere Kinder 
gesund und wohlgebildet sind, zeigen symmetrische Syndaktylieen 
des dritten und vierten Fingers jeder Hand und Schwimmhaut¬ 
bildung zwischen Zeigefinger und Daumen. Die ältere zeigt an 
beiden Füssen eine Syndaktylie der zweiten und dritten Zehe und 
eine wohlausgebildete zweite grosse Zehe, und zwar rechts mit 
einem seitlich angefügten Metatarsalknochen, über welchen Beuge- 
und Strecksehnen zur unwillkürlich beweglichen Zehe gehen, links mit 
einem kleinen Knochenstückchen ohne Beweglichkeit und Selinen- 
ansatz. Die jüngere der Geschwister hat eine Syndaktylie der 
ersten drei Zehen beiderseits. 

8. Herr Schönheimer (Eigenbericht) demonstrirt vor der 
Tagesordnung ein durch Laparotomie entferntes Fibrom des rechten 
Ovariums. Die Frau consultirte ihn wegen Sterilität. Der Uterus 
war ganz nach hinten gedrängt durch einen mannskopfgrossen 
Tumor, welcher mit der rechten Uterusecke in Stielverbindung 
stand und beweglich war. Bei Exstirpation der Geschwulst ergab 
sich, dass ein direkter Zusammenhang der Geschwulstmasse mit 
der Uterussubstanz nicht bestand. Der Stiel wurde gebildet durch 
eine Duplicatur des Peritoneum, in welches die Tube mit freiem, 
dem Tumor anliegenden Fimbrienende auslief. Im Stiel selbst be¬ 
fand sich ein frisches Hämatom. Der Uterus war frei, nicht ver- 
grössert. Ein rechtes Ovarium war nicht vorhanden, so dass es 
sicher ist, dass die Geschwulst dem Eierstock angehört, eine Ver¬ 
wechselung mit einem gestielten, subserösen Uterusfibroid ist so¬ 
mit ausgeschlossen, obwohl in der Geschwulst spärliche Züge von 
glatten Muskelfasern gefunden wurden, wie solche schon vor län¬ 
gerer Zeit von Herrn Virchow nachgewiesen worden sind. In 
der Geschwulst befinden sich Hohlräume, die nicht mit Epithel¬ 
besatz ausgekleidet sind, also als Erweichungscysten aufgefasst 
werden müssen, deren Entstehung durch die mangelhafte Ernährung 
des Tumors durch den Stiel leicht erklärlich ist. Meist besteht bei 
diesen Tumoren Ascites, was bei dieser Patientin nicht der Fall war. 

4. Herr Olshausen: Ueber intrauterine Behandlungs¬ 
weisen. (Eigenbericht.) Olshausen hebt zunächst hervor, dass 
die Hauptgefahr aller intrauterinen Behandlungsweisen, die sep¬ 
tische Infection, zwar durch die Antisepsis wesentlich vermindert, 
aber nicht beseitigt sei. Man darf bei den Operationen der Scheide 
etc. nicht mit vollkommener Asepsis rechnen, da dieselbe in der 
Vagina kaum zu erreichen ist. Olshausen erörtert sodann die 
Gefahren der Sondirung, sowie die intrauteriner Ausspülungen und 
Injectionen medicamentöser Flüssigkeiten; sodann die arteficielle 
Dilatation des Uterus. Zwecks der letzteren ist der Gebrauch 
sogenannter Dilatationen nur selten empfehlenswerth; ebenso die 
Ineision des Muttermundes und Cervix Uteri. Praktisch ist für 
die Mehrzahl der Fälle nur die Erweiterung durch Laminaria oder 
durch Jodoformgaze. Doch selbst die letztere Methode ist nicht 
ganz ohne Gefahr der septischen Infection, obgleich dies wohl 
meistens angenommen wird. Redner erlebte einen oder zwei letale 


Fälle und ganz kürzlich zwei weitere Fälle, von denen der eine 
ohne Eingriff glücklich verlief, der zweite wohl nur durch die 
26 Stunden nach Beginn des Fiebers ausgeführte Exstirpatio uteri 
gerettet wurde. 

Die wichtigste und segensreichste intrauterine Behandlung 
ist das Curettement der Höhle. Aber es wird viel zu häufig an¬ 
gewandt. Es giebt, von dem Curettement nach Aborten abgesehen, 
nur zwei Indicationen für dasselbe: das diagnostische Curettement, 
wo man gutartige oder bösartige Wucherungen in der Corpushöhle 
vermuthet, und das curative, um gutartige Wucherungen zu ent¬ 
fernen. Dieselben können aus bestimmten, nicht immer genügend 
gewürdigten Symptomen oft mit Sicherheit vorher diagnosticirt 
werden. Das Curettement birgt in geringem Grade die Gefahr der 
Perforation der Uteruswand. Diese wird verhängnissvoll, wenn sie 
nicht erkannt und nun weiter operirt wird. Puerperale Uteri aus 
der zweiten Hälfte der Schwangerschaft soll man nicht mit der 
Curette behandeln. Das angewandte Instrument darf kein stähler¬ 
nes sein; es muss biegsam sein, um für jeden Fall anders gebogen 
werden zu können. Vor allem aber muss man mit weicher Hand 
operiren, immer zugleich mit dem Instrument tasten. Dies lernt 
sich nur durch Uebung. Darum soll das Curettement nicht von 
jedem geübt werden; bei mangelnder Uebung wird die Gefahr er¬ 
heblich. Der Erfolg eines Curettement bei fungöser Endometritis 
wird nur durch eine geeignete Nachbehandlung einigermaassen ge¬ 
sichert. 

Sitzung am 7. November 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Rosenthal demonstrirt vor der Tagesordnung eine 
Anzahl in hiesigen Krankenhäusern bereits erprobter Wärm¬ 
apparate, wie Taschenwärmer, Leibwärmer, Sandalen, Fusswärmer, 
Kataplasmen, Hodenwärmer. 

2. Herr Nasse demonstrirt vor der Tagesordnung einige 
Patienten mit angeborenen Bildungshemmungen. 1) Missbildung 
der Nase. Die Gegend der Nasenwurzel ist verbreitert, so dass 
die Augen weiter als normal auseinanderstehen. Eine Furche er¬ 
streckt sich von der Glabella bis zum Septum, in deren Mitte ein 
schmaler Hautwulst, den Nasenrücken andeutend, verläuft; die 
Nasenlöcher stehen etwas nach oben und weiter auseinander. Das 
Septum ist erhalten, niedrig, vorn auseinander gehend. Die Gla¬ 
bella flach, in derselben kein Knochendefect. Die beiden Eckzähne 
stehen höher als die anderen Zähne. Die Ursache dieser Miss¬ 
bildung ist in einer Bildungshemmung während einer früheren Ent- 
wickelungsperiode zu suchen. 2) Zwei Kinder mit Missbildungen an 
den Extremitäten durch amniotische Verwachsungen und Ab¬ 
schnürungen. Bei dem einen Kinde finden sich die Missbildungen 
am rechten Unterarm und der Hand, bei dem anderen sieht man 
an allen vier Extremitäten Defecte an den Fingern resp. Zehen, 
Syndaktylie und Schnürfurchen. Die beiden Füsse stehen in Varus- 
resp. Valgusstellung, wie sie wohl zusanimengelegt sich im Uterus 
befunden haben. 

Herr Olshausen macht darauf aufmerksam, wie mannichfaltig splche 
Missbildungen durch amniotische Verwachsungen infolge Mangels des 
Fruchtwassers und durch abschnürende Stränge zustande kommen, deren 
Ursaohe oft darin zu suchen sei, dass das Amnion als ganze Membran 
fehle und sich nur in einzelnen Strängen vorfinde. 

Herr J. Wolff erinnert an einen Fall, den er vor einigen Jahren 
vorgestellt hat, in dem die Nase durch eine Abschnürung in zwei Hälften 
getheilt. war. 

Herr Virchow hält solche Missbildungen für kein seltenes Vor- 
kommniss. 

8. Herr Gottschalk: Ueber die spontan durch. Ge¬ 
schwülste bedingte Gebärmutterumstülpung. (Eigenbericht.) 
Mit einer einzigen Ausnahme (Schauta) nehmen alle Autoren an, 
dass in der Mechanik der durch Geschwülste spontan bedingten 
Gebärmutterumstülpung im Gegensatz zu der puerperalen Inversio 
die Uteruscontractionen eine wesentliche active Rolle spielen. 

Durch die Beobachtung eines Falles von Inversio uteri infolge 
von Myomen, der eine 63jährige Virgo betraf und von Gott- 
schalk durch supracervicale Amputation geheilt wurde, angeregt, 
hat Gottschalk die Mechanik genauer studirt. Zunächst war in 
dem erwähnten Falle die ganze Uterusmuskulatur in fortschreitend- 
der Nekrobiose begriffen, also einer Contractionsthätigkeit gar nicht 
mehr fähig. Circa 28% der in der Litteratur niedergelegten Be¬ 
obachtungen betreffen Frauen in hohem Alter, deren Uterusmusku¬ 
latur längst der senilen Involution anheimgefallen war, als die In¬ 
versio vor sich ging. Da die Myome, welche die Inversio bedingten, 
sicherlich aber schon zu einer Zeit vorhanden waren, wo der 
Uterus noch wohl contractionsfähig war, so war für diese Fälle 
gerade die in der senilen Involution begründete Erschlaffung dor 
Uterusmuskulatur eine nothwendige Vorbedingung, und es können 
Uteruscontractionen hier an der Umstülpung nicht ursächlich be¬ 
theiligt, gewesen sein. 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 1? 


Andererseits giebt es eine Reihe von Fällen, die jugendliche 
Individuen betreffen und bei denen der Vorgang von Uteruscon- 
tractionen begleitet war. Für dieso Kategorie von Fällen weist 
Gottschalk mit Zugrundelegung der physikalischen Bedingungen 
— unter genauer physikalischer Analyse der einzelnen Hülfs- und 
Gegenkräfte der Mechanik — sicher nach, dass Uteruscontraetionen 
den Vorgang der Inversio nicht nur nicht fördern, sondern geradezu 
hemmen. Hier komme die Iuversio trotz der Uteruscontraetionen, 
nicht aber mit deren Hülfe zustande. Bei jeder Contraction werde 
die Geschwulst in den Einstülpungstrichter — den Ort des ge¬ 
ringsten Widerstandes — zurückgetrieben, der Trichter somit 
abgeflacht. Der Hauptfactor, welcher die Inversio nach erfolgter 
Dellenbildung trotz des entgegenstehenden Contracturdruckes för¬ 
dere, sei in Steigerungen des intraabdominalen Druckes 
zu suchen. Daneben spielen in der Geschwulst selbst gelegene 
Factoren, nämlich das Geschwulstgewicht und die inneren Molecu- 
larkräfte, eine im Verhältniss mehr untergeordnete active Rolle. 
Die erste Phase der Inversio, die sogenannte Dellenbildung, könne 
nur infolge von bedeutender Erschlaffung der Geschwulsthaftstelle 
und deren Umgebung erfolgen, niemals aber Folge von Uterus- 
contractionen sein; dafür führt Gottschalk den mathematischen 
Beweis. 

Dio Uteruscontraetionen, welche die Inversio begleiten, seien 
nichts anderes als der Ausdruck des gesteigerten Widerstan¬ 
des, mit welchem die Körperwandung, die ihre normale Haltung 
und Gestalt zu bewahren strebe, gegen die deformirende Einwir¬ 
kung der abwärts gleitenden Geschwulst ankämpfe. Dass dies 
recht, oft mit Erfolg geschehe, dafür spreche die relative Seltenheit 
der Inversio im Verhältniss zur Häufigkeit geeigneter Geschwulst¬ 
bildungen im Uterus. 

In der Behandlung unterscheidet Vortragender, je nachdem 
die Uteruswand tiefgreifende Veränderungen erfahren hat oder 
nicht. Im letzteren Falle ist die einfachste Therapie, die Ge¬ 
schwulst ahzutragen und den Uterus zu reinvertiren. Die Re- 
inversio kann erfolgen: spontan, unter maximaler Gazetamponade, 
durch Einlegen und Liegenlassen eines mit Wasser gefüllten Col- 
pourynters; wo der Wasserdruck nicht ausreiche, könne man ver¬ 
suchen, den Colpeurynter mit flüssigem Quecksilber zu füllen. In 
denjenigen Fällen, wo die erhaltene Cervix mittels des inneren Mutter¬ 
mundes den invertirten Körperabschnitt unnachgiebig einklemme 
und die Reinversio verhindere, kommen die auf dem gleichen Princip 
beruhenden blutig-conservativen Verfahren von Polk und Küstner 
in Frage, nämlich mediane Spaltung der vorderen beziehungsweise 
hinteren Cervicalwand. 

Wo aber die Uterusmuskulatur total degenerirt sei, müsse 
unter Blutleere die supracervicale Amputation des Uteruskörpers 
gemacht werden, die vor der vaginalen Totalexstirpation grosse 
Vorzüge habe. Vor der Amputation seien die Gefässe zu um¬ 
stechen und die Eileiter, welche man durchfühlen könne, durch 
subcutanc Durchstechung im Trichter zu sichern. Nur müsse man 
die vordere und hintere Wand schräg amputiren, wie dies Gott¬ 
schalk in seinem Falle gethan hat, so dass vorn und hinten ein 
breiter peritonealer Wundrand verbleibt, der für sich nach An¬ 
legung der durchgreifenden Nähte, nach Art der Lembert’schen 
Darmnaht, exact sero-serös zu vereinigen sei. Auf diese Weise 
könne man bestimmt einen, wenn auch eventuell nur peritonealen 
Abschluss der Cervicalhöhle gegen die Bauchhöhle hin erzielen. 


4. Discussion über den Vortrag des Herrn Olshausen: Ueber 
intrauterine Behandlungsweisen. 

Herr Martin: Herr Olshausen hat die Roux’sche Curette ver¬ 
worfen, Martin hat sie aber seit dem Jahre 1878, wo er sie hier 
eingoführt, bis zum heutigen Tage mit gutem Erfolge angewandt. Er 
hält, entgegen Olshausen, das Curettement nur ftlr sich ausführbar bei 
tixirtem Uterus: eine Dilatation sei durch Anwendung der Roux’schen 
Curette ganz zu umgehen. Die Kornzange sei zwar vorsichtig zu hand¬ 
haben, jedoch für schwierige Fälle ein sehr brauchbares Instrument. 

Herr Falk warnt in Uebereinstimniung mit Herrn Olshausen vor 
jeder Polypragmasie bei der intrauterinen Behandlung und besonders vor 
den gefährlichen medicamentösen Injectionen. Die Application von Medi¬ 
kamenten an die Innenwand dos Uterus mittels der Playfair’schen oder 
der elastischen Sänger’schen Sonde biete allerdings keine Gefahren, er¬ 
reiche aber aus dem Grunde ihren Zweck nicht, weil sofort bei der Ein- 
ftthrung das Orificium intemum so fest sich contrahire, dass aus dem 
Wattebausch jedes Tröpfchen Flüssigkeit ausgepresst werde, dieselbe also 
garmcht in das Cavum utcri gelange. Herr Falk empfiehlt an Stelle 
dieser Sonden die von ihm vor fünf Jahren auf der L andau’schen Klinik 
angewandten Antrophore, d. h. Spiralen, welche mit dem anzuwendenden 
Medicament und einer leichtlöslichen, keimfrei gemachten Gelatineschicht 
überzogen sind. ~ 

Herr L. Landau kennt kein Instrument, das gefährlicher wäre, als 
die Roux sehe Curette. Die grösste Gefahr nach Einbringung irgend 
welcher Medicamente in flüssiger oder fester Form in den Uterus be¬ 
stehe aber in der Anregung antiperistaltischer Bewegungen, wodurch es 
4UIU ‘biicmleiten etwa vorhandener virulenter Stoffe in die Tuben resp. 


auf das Peritoneum komme mit den verschiedenartigsten entzündlichen 
Processen und selbst tödtlicher Peritonitis. Und noch ein zAveiter We* 
wie injicirte Flüssigkeiten, besonders der überaus gefährliche Liquor Feh 
sesquichlorati, Schaden anrichten können, bestehe, nämlich der per conti 
nuitatem durch Venen, so dass es in einem Falle zur Thrombose der 
Vena cava mit tödtlichem Ausgange kam. Er mache daher seit Jahren 
keine intrauterine Injection mehr, wenn er nicht mit dem Finger in den 
Uterus hineinkommen könne, also sicher sei, dass die gesammte Flüssig¬ 
keit leicht wieder abfliessen könne, und wenn er nicht überzeugt sei. d ;J L 
in den Tuben sich kein perverser Inhalt befinde. Das beste Erweiterung 
verfahren sei das von Olshausen angegebene, nämlich die Tamponai' 
mit Jodoformmull. Er freue sich, dass diese von ihm vor zehn Jahren 
empfohlene Methode allgemein Eingang gefunden habe. Absolut unge¬ 
fährlich sei sie allerdings, darin müsse er Herrn Olshausen beistimmen, 
nicht, allein die von letzterem angeführten vier Fälle mit septischer In- 
fection Hessen sich wohl kaum auf die Jodoformgazetamponade zurück- 
führen, denn es handelte sich um verjauchte Myome, bei denen allge¬ 
meine Sepsis und Exitus letalis nicht selten seien. Er resumire sich 
dahin, dass jede intrauterine Medication möglichst zu vermeiden sei. 

Max Salomon. 


III. Greifswalder mediciniseher Verein. 

Sitzung am 3. Februar 1894. 

Vorsitzender: Herr Mosler; Schriftführer: Herr E. Hoff¬ 
man n. 

1. Herr Otto Schirmer: Zur Behandlung des Narben- 
pterygiums. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift Xo. 39. 
S. 753 erschienen.) 

2. Herr Loefflor berichtet über Versuche, welche er p>- 
meinschaftlicli mit Dr. Abel über Torfmull angestellt hatte. 
Die Deutsche Landwirthschaftsgesellschaft wünschte die Beant¬ 
wortung folgender Fragen: 

1) Ist die Zwischenstreu von Torfmull imstande, die Ab- 
tödtung der in Fäcalien enthaltenen Keime ansteckender Krank¬ 
heiten, speciell der Cholera und des Typhus, sicher zu bewirken: 
unterscheidet sich der Torfmull diesbezüglich je nach seiner Her¬ 
kunft und Beschaffenheit? 

2) Wird die Sicherheit der Abtödtung dieser Krankhcitskeimr 
vermehrt oder wird die Abtödtung beschleunigt durch einen Zu¬ 
satz von Stoffen zum Torfmull, welche dem Waehstlunn der 
Culturpflanzen mindestens nicht schädlich, wenn möglich #ö|ä 
nützlich sind? 

Um diese Fragen zu beantworten, wurden eine Reihe von 
Versuchen angestellt mit zwei Sorten von Torfmull mit und ohne 
Zusatz von Kainit und Superphosphatgips betreffs der Feststellung 
ihres Einflusses zunächst auf Cholerabacterien. Die Versuche wann 
so angeordnet, dass Cholerahouillonculturen in bestimmter Menge m 
Wasser- oder Präparatengläser gegossen und mit einem abge¬ 
wogenen Quantum von Torf, ev. mit Zusatz der genannten Salze, 
beschüttet wurden. Ein Durchmischen von Torf und Cultur wurde, 
wie auch in allen späteren Versuchen, unterlassen, da unter natür¬ 
lichen Verhältnissen ein Verrühren der inficirten Fäcalien mit dom 
Torf ebenfalls nicht durchgeführt werden kann. In bestimmten 
Zeitintervallen wurden Proben aus der Culturflüssigkeit odei uom 
damit befeuchteten Torf entnommen und in Gelatineplatten au?- 
gesät. Es ergab sich, dass der schädigende Einfluss, welchen n' 
Torfmullproben allein auf die Cholerabacillen ausübten, ein 
geringer war, dass derselbe aber wesentlich erhöht werden konn •- 
wenn dem Torf gleiche Gewichtsmengen Superphosphatgip* 
Kainit und Superphosphatgips zugesetzt wurden. Da es nac ‘ 
Versuchen wahrscheinlich wurde, dass die saure Reaction «e> i 
mulls, resp. der Salze, es war, was dio Cholerabacillen ungun^- 
beeinflusste, so wurden weitere Experimente mit einem <3 /o 1 

haltenden Torfmull angestellt. Bei Versuchen mit Bömllommitm, 
zeigte sich, dass ein Zusatz von 50 Gewichtsprocenten hesej 
in zwei Stunden, von 10 Gewichtsprocenten Torf in fun 
alle Cholerakeime abtüdtete. Wurden Fäces mit Cholera 
vermischt und mit Torf überschüttet, so waren in *4 btun 
Cholorakeime vernichtet, vorausgesetzt, dass die Menge es 
gefügten Torfes mindestens dem Volumen der Fäcalien g ■, 
Wird diese letztgenannte Bedingung erfüllt, so kann dein . (! 
2% H 2 S0 4 enthaltende Torfmull wohl als ein Closctetroumat, ^, 
bezeichnet werden, welches geeignet ist, Cholerafkces - 

zu machen. 0 « iioSOj ent- 

Weitere Versuche sollten den Einfluss des 2 /o 
haltenden Torfmulls auf Typhusbacillen in Culturen . ni , 
kennen lehren. Es fand sich, dass die Schnelligkeit der * ^ 

der Typhusbacillen im direkten Verhältniss stand zu * 
hinzugefügten Torfmulls, zur Grösse der Berührung* i^tztercu- 
Torf und bacillenhaltiger Masse und zum Säuregehal ^ g 

Im günstigsten Falle hatte bei Versuchen mit tu tf(yf f tlI „]<n 
Stunden vollkommene Abtödtung der Typhusbacillen n 


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15. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


133 


In Fäcalien dagegen waren die Typhusbacillen erst nach vier Tagen, 
gelegentlich sogar erst nach zwölf Tagen zugrunde gegangen. 
Demnach eignet sieh der verwendete Torfmull nur als Zwischen¬ 
streu lur Gruben, in welchen die Fäcalien wochenlang lagern, nicht 
aber für häufiger gewechselte Tonnen oder Kübel, wenn man auf 
eine sichere Abtödtung der etwa darin enthaltenen Typhusbacillen 
will rechnen können. (Die ausführliche Mittheilung ist in den 
„Arbeiten der Deutschen Landwirthscliafts-Gesellseliaft“ Heft 1 er¬ 
schienen.) 

3. Herr Ackermann: Ueber Pharyngomycosisleptothricica. 
Bekanntlich ist die Mund- und Rachenhöhle der Aufenthaltsort 
zahlreichster niederer Organismen, unter denen sich auch selbst 
verschiedene Arten von pathogenen Bacterien befinden. Im ge¬ 
wöhnlichen pflegen dieselben keinerlei pathologische Erscheinungen 
und Veränderungen durch ihre Anwesenheit hervorzurufen, nur 
unter gewissen, noch nicht näher bekannten Bedingungen vermögen 
dieselben erst ihre deletäre Wirkung zu entfalten. Zu der Gruppe 
der harmlosen dieser Parasiten der Mundhöhle gehört die Lepto- 
tlirix buccalis, die sich fast regelmässig in dem Belag an dem 
Zahnfleische und zwischen den Zähnen findet. Hier gehört, ihr Vor¬ 
kommen zu einer normalen Erscheinung und hat vom klinischen 
Standpunkte aus kein Interesse. Indess ist die Ansiedelung der 
Leptothrix nicht allein auf die Mundhöhle beschränkt, dieselbe 
kann sich auch auf die Rachenorgane weiter erstrecken, woselbst 
sie zur Bildung charakteristischer Colonieen Veranlassung giebt, 
wir haben dann eine Affeetion, die zuerst von B. Fränkel im 
Jahre 1873 auf der 56. Versammlung deutscher Naturforscher und 
Aerzte in Freiburg als Pharyngomycosis leptothricica bezeichnet 
worden ist. Seit dieser Zeit hat sich die Litteratur mit diesem 
Gegenstände etwas mehr befasst. Jacobson veränderte in seinem 
Vor trage, der in der Volkmann’schen Sammlung klinischer Vor¬ 
träge 1H87 erschienen ist, die bisherige Bezeichnung Mycosis in 
Algosis faueium leptothrica, da die Leptothrix zu den Algen ge¬ 
rechnet worden müsse. Indess hat diese neuere Bezeichnung 
scheinbar keinen Anklang gefunden, und wir finden die Affeetion 
auch in den weiteren Arbeiten unter der Abtheilung Mycosis 
erwähnt. 

Doch gehen wir nun zu dem Krankheitsbilde selbst über. 
Man versteht heutzutage unter Pharyngomycosis leptothricica eine 
Erkrankung des Rachens, des Zungengrundes, seltener des Larynx 
und des oberen Theiles des Oesophagus und, wie S trüb in g beob¬ 
achtet hat, des Nasenrachenraumes, welche sich durch das Auf¬ 
treten weisslicher oder gelblichweisser, weicher, manchmal horn¬ 
artiger, öfters gestielter Knötchen oder stachelartiger Excrescenzen 
kundthut. Sie haben ihren Sitz auf der Schleimhaut der Gaumen¬ 
bögen, der hinteren Rachen wand und den Mandeln selbst, woselbst 
sie häufiger in den Buchten und Vertiefungen Vorkommen. Nach 
Heryng giebt es zwei Arten der Verbreitung auf den Tonsillen, 
einmal bilden sie oberflächliche, auf der Schleimhaut aufsitzende 
Excrescenzen, die eine napfartige, halbkugelige Gestalt haben und 
die mit der Schleimhaut fest verwachsen sind, im anderen Falle 
bilden sie keilartige, dreieckige Zapfen, die die Epithellage durch¬ 
brechen und bis ziemlich tief in das Parenchym der Mandeln ein- 
dringen. Die anatomischen Veränderungen in der Schleimhaut der 
Mandeln selbst sind nur gering, sie bestehen in einer Verdickung 
der epithelialen Schleimhautschiclit und einer Vergrösserung der 
Follikel. Heryng hat in mehreren der von ihm beobachteten 
Fälle die Tonsillen exstirpirt und an diesen die Verhältnisse ge¬ 
nauer studiren können. In der Regel sind beide Mandeln von der 
Erkrankung befallen. Auf dem Zungengrund geht sie aus von 
den Papillae circumvallatae und den Balgdrüsen. 

Mit den geringen lokalen Veränderungen, die durch das Ein¬ 
dringen der Leptothrix in die Rachenschleimhaut bedingt sind, 
stehen in gleichem Verhältniss die subjectiven Beschwerden, über 
die die mit der Mycosis behafteten Patienten klagen. Zumeist 
haben dieselben überhaupt keine Beschwerden, und die Erkrankung 
wird als ein ganz zufälliger Nebenbefund wegen anderweitiger 
Leiden, die den Patienten zum Arzt führen, entdeckt. Bestehen 
irgend w r elche Erscheinungen, so äussern sich dieselben nach 
Heryng in leichtem Kitzel, Gefühl der Trockenheit, Dysphagie, 
Brennen, geringem Schluckweh, oder in dem Gefühl der Anwesen 
heit eines Fremdkörpers, der zum Räuspern und Husten \ eranlassung 
giebt. Einzelne Fälle sollen auch von Allgemeinerscheinungen, 
wie Unbehagen, Fieber und Appetitlosigkeit begleitet gewesen sein, 
indess hält Jacobson diese Fälle wohl mit Recht für Compli- 
cationen mit Angina oder sonstigen katarrhalischen Reizzuständen, 
indem er gerade die Abwesenheit der lokalen Reizung und Reaction 
für etwas Charakteristisches für die Algosis faueium bezeichnet. 
Häufig werden die Patienten auch durch eine Selbstinspection ihres 
Rachens auf die Affeetion aufmerksam gemacht und gerathen dann 
in nicht geringen Schrecken, indem sie glauben, von schwererer 
Erkrankung, wie Diphtherie, befallen zu sein. Bei dem hart¬ 


näckigen Bestehen des Leidens können sich bei solchen Personen 
dann schwerere Allgemeinerscheinungen anschliessen, wie starke 
Depression der Gemüthsstimmung und Neigung zur Hypochondrie, 
die durch die gleichzeitig vorhandene Appetitlosigkeit zu schwereren 
Ernährungsstörungen Veranlassung geben können. Als Paradigma 
hierfür gilt der bekannte Fall, den Heryng ausführlich erzählt, 
von Dr. Dembicki, der durch die Rachenaffection soweit herunter¬ 
gekommen war, dass dieselbe für eine Rachentuberkulose vou den 
ihn behandelnden Collegen angesehen wurde. Auch Baier er¬ 
wähnt einen Fall, in dem das Leiden des Patienten für ein 
schwereres, constitutionelles angesehen wurde. 

Ueber die Aetiologie des Leidens ist nur wenig bekannt. Man 
hat früher an einen Zusammenhang der Affeetion mit cariösen 
Zähnen gedacht, deren Ursache man der Einwanderung der Lepto¬ 
thrix buccalis zugeschrieben hat, von welcher Ansicht man indess 
jetzt immer mehr und mehr abgekommen ist; so schreibt Miller 
den Zerfall und die Fäulniss der Zähne anderen Parasiten zu und 
hält das Eindringen der Leptothrix erst für eine secundäre Er¬ 
scheinung. Erwachsene erkranken vielleicht etwas häufiger; auch 
die hygienischen Verhältnisse scheinen keine hervorragende Rolle 
zu spielen. 

Was die Stellung der Diagnose anbetrifft, so wird dieselbe lür 
denjenigen, der die Pharyngomycosis leptothricica einmal gesehen 
hat, nicht schwer sein, es wird dieselbe auch ohne Zuhülfenahme 
des Mikroskopes möglich sein. Zur Verwechselung könnte dieselbe 
am meisten Veranlassung geben mit der Angina lacunaris, ferner 
mit Diphtherie und der Conerementbildung in den Tonsillen. — 
Vor einer Verwechselung mit Angina lacunaris schützt der acute, 
fieberhafte Beginn mit Allgemeinerscheinungen, die starke Schwel¬ 
lung und Röthung im Halse, das Verhalten der Flecken selbst, die 
sich leicht von der Schleimhaut abwischen lassen, während die 
mykotischen Heerde infolge ihres Eindringens in die Lacunen und 
Ausführungsgängc der traubenförmigen Drüsen ausserordentlich 
festsitzen, eine enorme Hartnäckigkeit im Bestehen zeigen und 
durch ein rasches Sich wiederbilden, wenn sie auf künstlichem Wege 
entfernt sind, sich auszeichnen. — Bei der Diphtherie haben wir 
zunächst wieder Allgemeinerscheinungen, die Beläge selbst sind 
von anderer Farbe, meist mehr in’s gelbliche spielend, sie lassen 
sich relativ leicht als Membranen von der Schleimhaut abheben, 
die dann exulcerirt ist und leicht blutet; ganz anders verhält es 
sich wieder bei der Pharyngomycosis, bei der die Flecken nur 
confluiren, keinen Demarcationsprocess zeigen. War wirklich die 
Pharyngomycosis leptothricica mit Allgemeinerscheinungen com- 
plicirt, so schützt immer das Ausbleiben der Reinigung der Flecken 
im Halse nach Aufhören der lokalen entzündlichen Erscheinungen 
vor Verwechselung mit Diphtherie. — Concrementbildüngen zeigen 
ebenfalls kein so festes Anhaften an ihrem Ansiedelungsort wie die 
mykotischen Heerde, erstere lassen sich leicht entfernen, werden 
häufig spontan ausgehustet und recidiviren nach ihrer Entfernung 
nicht. — Verwechselung mit syphilitischen Plaques, Tuberkulose 
und allenfalls Soor, lassen sich wohl ohne weiteres ausschliessen. 
Obwohl von einzelnen Autoren diese Erkrankung als eine immer¬ 
hin seltene beschrieben wird, kommt sie doch in der That wohl 
häufiger vor; da dieselbe zumeist für den Patienten latent verläuft; 
so wird sie wohl in vielen Fällen unentdeckt bleiben. Wenigstens 
S trüb in g hat ein häufigeres Vorkommen der Affeetion in seiner 
Poliklinik beobachten können. 

Der Verlauf der Erkrankung ist im allgemeinen ein sehr hart¬ 
näckiger, indem selbst die auf künstlichem Wege entfernten Heerde 
häufig recidiviren. In einigen Fällen ist auch Spontanheilung be¬ 
obachtet worden. In der Therapie sind alle Beobachter darin einig, 
dass man mit adstringirenden, ätzenden und autibacteriellen 
Lösungen von selbst stärkerer Concentration keine Erfolge erzielt. 
Will man eine Behandlung einschlagen, so empfiehlt sich die Ab¬ 
tragung der Heerde mit der Pincette und nachherige galvano- 
kaustische Behandlung. Indess muss die Behandlung eine mög¬ 
lichst schonende sein, da das Leiden an und für sich dem Patienten 
nur geringe Beschwerden macht. 

Der mikroskopische Nachweis der Leptothrixfäden ist leicht 
zu erbringen, mit gewöhnlicher Vergrösserung (Ocul. I, Obj. 7). 
Leyden und Jaffö, die sie in den Sputis bei Lungengangrän ge¬ 
funden haben, sind die Entdecker der Jodreaction gewesen; setzt 
man nämlich zu einem frischen Präparate Lugo Esche Lösung, so 
färben sich die Fäden tiefblau und zeigen ein gegliedertes Aus¬ 
sehen, welches dadurch entstehen soll, dass sich die Fäden nicht 
selbst färben, sondern nur die in ihnen enthaltenen körnigen Massen, 
die man früher irrthümlich für Sporen hielt, aber später als Stärke¬ 
körner erkannte. Sie lassen sich auch mit den gewöhnlichen 
Anilinfarben färben. Die Leptothrix bildet verschieden lange, gerade 
oder leicht gebogene Stäbchen, die bald unregelmässig auf oder 
zwischen den Plattenepithelien lagern, bald in Garben- oder Büschel¬ 
form angeordnet sind. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



134 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Schon Hcryng. bemühte sich den den heutigen bacteriologi- 
sehen Anforderungen entsprechenden- Beweis zu erbringen, dass die 
Krankheit thatsächlich durch die Leptothrix bedingt sei. Eigent¬ 
lich war derselbe schon durch seine pathologisch-anatomischen 
Untersuchungen, die er an den exstirpirten Mandeln anstellte, er¬ 
bracht. Die Impfversuche, welche er bei Thieren mit Leptothrix- 
material anstellte, hatten einen negativen Erfolg. Jacobson stellte 
Culturversuche an, die nach seiner Mittheilung von günstigen Er¬ 
folgen begleitet waren. Es gelang ihm, auf sterilisirten Kartoffel¬ 
scheiben Reinculturen zu erzielen. Weiterhin haben sich Deckert 
und Seifert mit diesen Versuchen beschäftigt. Diesen gelang es, 
durch Ueberimpfung von Leptothrixmaterial eine kranke und eine 
gesunde Tonsillenschleimhaut zu inficiren, allerdings trat nach Ver¬ 
lauf von 2—3 Wochen schon wieder Abheilung ein. Dagegen ver¬ 
mochten sie nicht, Reinculturen von Leptothrix herzustellen. — 
Auch ich habe mich im hygienischen Institute des Herrn Professor 
Dr. Löffler, dem ich an dieser Stelle noch meinen Dank für seine 
gütige Unterstützung ausspreche, mit Versuchen letzterer Art be¬ 
schäftigt, bin aber bisher ebenfalls zu negativen Resultaten gelangt; 
auf sterilisirten Kartoffelscheiben gelang es mir nicht, wie Jacobson 
dies angiebt, Reinculturen zu gewinnen. Ich hoffe mich indess 
mit diesen Versuchen noch weiter beschäftigen zu können. 

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Pro¬ 
fessor Dr. Strübing, der mir die Anregung zu dieser kleinen 
Skizze gab und in dessen Poliklinik ich mehrere Fälle von Pha- 
ryngomyoosis leptothricica zu beobachten Gelegenheit fand, meinen 
ergebensten Dank auszusprechen. 


IV. 66. Versammlung der Gesellschaft 
deutscher Naturforscher und Aerzte, Wien, 
24. bis 28. September 1894. 

Abtheilung für innere Medicin. 

Sitzung am 25. September. 

(Schluss aus No. 15 der Vereinsbeilage.) 

6. Herr Jacob (Cudowa): Acute und chronische Herzdilatatiou 
auf nervöser Basis. Vortragender schildert ein neues von ihm beobach¬ 
tetes Krankheitsbild. Nach einem Frostanfall treten Schmerzen in den 
Gliedern oder dem Abdomen. Angst, Herzschmerz, Athemnoth, zuweilen 
Schwindel, Nebelschen, tiefe Bewusstlosigkeit, das Gefühl, dass das Herz 
still steht oder häufiger und stärker schlägt, auf. Objectiv ist die Haut kühl, 
beim Schwindel die Pupille stark dilatirt. der Puls klein und hart, ent¬ 
weder verlangsamt oder stark beschleunigt, der Athem frequent. Das 
Herz erweitert sich, und zuweilen treten die Zeichen des Lungenödems 
auf. So dauert der Anfall Stunden und Tage, bis unter Rückkehr der 
Hautwärme und Scbweiss die Krankheitserscheinungen schwinden, der 
Puls wieder weich und grösser, die Frequenz normal wird. Im Laufe 
einiger Tage kehrt auch das Herz zum früheren Umfange zurück. Auch 
das Oedem und die etwaige Albuminurie verschwinden in einigen Tagen. 
Die Krankheit besteht in einem Gefässkrampf des Aortengebiets, welcher 
alle anderen krankhaften Erscheinungen, so auch die Herzerweiterung 
hervornift und mit dem Namen acute angiospastische Herzerweiterung zu 
belegen ist. 

7. Herr Glax (Abbazia): Zur diätetische] Behandlung chro¬ 
nischer Herzkrankheiten. (Siehe das Referat in der Litteraturbeilage 
No. 11, Seito 79.) 

Discussion: Herr v. Basch (Wien) hebt hervor, dass er an der 
alten Anschauung festhalte, dass man zwischen Flüssigkeit-Entwöhnung 
und -Entziehung wohl unterscheiden müsse. Erstere kann wohl stets aufs 
Herz wirken, nur lässt sich das Wesen ihrer Wirkung nicht klar for- 
uiuliren. Letztere kann möglicherweise günstig, aber auch ungünstig 
wirken. 

8.. Herr Posner (Berlin): Ueber kryptogenetische Cystitis nnd 
Pyelitis. Vortragender berichtet über seine Versuche von Unterbindung 
dos Darmes und der Urethra hei Kaninchen, aus denen hervorgeht, dass bei 
völligem Darmverschluss Bacterien — speciell Bacterium coli—don Darm 
verlassen, möglicherweise durch das Peritoneum hindurch in den Kreis¬ 
lauf aufgenommen werden und von da aus in don Urogenitalapparat ge¬ 
langen. Posner hält es für möglich, dass auf diese Weise eine Zahl 
der als kryptogenetisch zu bezeichnenden Entzündungen -der Harnwoge, 
lyehtis calculosa u. s. w., entstehen, ohne dass Infection von aussen statt— 
lind et. 


Sitzung am 27. September. 

9. Herr S c h 1 e s i n g e r (Wien) berichtet im Aufträge v. S c h r ö tt e r’ 
über die geplante Errichtung eines Tuberkuloscnspitnls im Wiener Wale 
Ls sind bisher durch Privatwohltliätigkeit 400000 Gulden aufgebrach 
worden. Das Spital wird 300 Betten für unbemittelte Kranke fassen. 

10. Herr v. Ziemssen (München): Methode nnd Werth klinische 
Blutdruckmessungen. Vortragender hat in den letzten Jahren a 
mehreren hundert Personen, Gesunden wie Kranken, Blutdruckmessunge: 
mit dem Basch sehen Sphygmomanometer vorgenommen. Der Appara 
liefert zwar keine absoluten Wert he, aber doch annähernd richtige Maassc 
die durch den Vergleich unter einander zu Sehlussfolgerumren beroch 


J017 

tigen. Als der geeignetste Ort für die Messung hat sich diTLT 
temporahs bewährt. Der normale Druck an derselben betragt 90h 
100 mm Hg. Der Apparat lässt sich als diagnostisches Hülfsmittel ^ 
Vortheil bei einer grossen Reihe von Affectionen verwenden- allen n 
culationsstürungen, Erkrankungen der Arterien, Klappenfehlern" und derü’ 
Der Beginn der Arteriosklerose ist bei dauernder Mossung frühzeitig 
diagnostiziren, wenn noch keine klinischen Erscheinungen vorhanden <if 
Durch Anordnung diätetischer Lebensweise kann man dann noch versuche 
der Krankheit vorzubeugen. Es empfiehlt sich auch die Ausführung m 
Blutdruckmessungen in der Privatpraxis. Wenn dieselben an eiS J 
demselben Patienten regelmässig durchgeführt werden, kann man dadurc» 
wichtige Anhaltspunkte für die Prognose und event. Prophylaxe gewinner" 
Vortragender giebt einige Beispiele dafür. Bei der Urämie kündigt 
ein drohender Anfall (Uebelkeit) durch Schwankungen des Druckes unmv 
10 mm an, beim Eintritt des Erbrechens sinkt er um 40—50 mm Ir 
Anfall selbst sinkt or um die Hälfte des im betreffenden Falle normal- 
Druckes. Beim Cheyne - Stokes’scheu Athmungsphiinomen nj 
v. Ziemssen in der Apnoe 130 mm, in der Dyspnoe 150 mm. «pät- 
kurz vor dem Tode, 90—110. Das Eintreten von Fieber und 'andere 
acuten Affectionen macht sich durch Sinken des Druckes bemerkbar. U 
einem anscheinend gesunden Manne fand v. Ziemssen permanent einer 
Druck von 160—165 mm. Es waren keine Erscheinungen am Herzu 
vorhanden. Bei Einhaltung eines diätetischen Regimes ist der Kranke 
bisher gesund geblieben. 

Discussion: Herr v. Basch (Wien): Der Einführung des Sphygmo¬ 
manometers in die Praxis stand bisher der Umstand hindernd im \Ve:r. 
dass unter den Aerzten allgemein die Ansschauung verbreitet ist, <U- 
man die Spannung des Pulses als Ausdruck des Blutdrucks mit dem 
Finger messen könne. Das sei aus physikalischen Gründen unmöglich 
Es sei bedauerlich, dass die Praktiker eine Scheu vor experimentellen 
Hülfsmitteln der Diagnose hätten. 

Herr Rosenbach (Breslau) hält den Finger zur Messung der Pulv 
Spannung für unentbehrlich, da nur durch ihn die Spannung der Artork- 
wand zu bestimmen ist, während das Sphygmomanometer die Stärke fe 
Gefälles in der Arterie misst. 

Herr Przibram (Prag) hält das Instrument für die Zwecke k- 
klinischen Unterrichts für sehr brauchbar. Es besitze auch den prak¬ 
tischen Vortheil, dass es zuweilen früher als der Finger die Diagno«- 
eines Leidens ermögliche, z. B. der beginnenden Degeneration des Herz¬ 
muskels. Bei langjähriger regelmässiger Benutzung hat sich ihm <k 
Sphygmomanometer als ein correct arbeitendes Instrument bewährt. 

Herr Federn (Wien) macht einige Bemerkungen zur Technik di-r 
Blutdruckmessung mittels des Sphygmomanometers. 

Herr v. Ziemssen betont, dass man Gefässspannung und Blutdruck 
wohl unterscheiden müsse. Die erstere gebe immer nur einen approxi¬ 
mativen. Werth. 

Herr Gruss (Wien): Das ärztliche Instrumentarium ist jetzt k- 
bereits so angewachsen, dass man vom Praktiker nicht verlangen kann, 
dass er auch noch einen Sphygmomanometer bei sich in der Tascb-- 
führe. . 

Herr v. Basch erachtet dies für jeden wissenschaftlich gebildeter. 
Arzt als nothwendig. 

11. Herr Matthes (Jena): Heber die Einwirkung von Yerdauinp- 

nlbumoscn auf den tliierlschen, insbesondere den tuberkulös, infleirun 
Organismus. Bei der Analyse des Tuberkulins sind von Kühne wj- 
schiedene Albumosen, namentlich Deuteroalbumose und Pepton als Bcstan • 
theile desselben gefunden'worden. Dieselben Körper hat Matthes m- 
tuberkulösen Lymphdrüson isoliren können. Nach Kühne haben w* 
Albumosen eine tuberkulinartige Wirkung. Um nun zu entscheiden. ^ 
diese* Producte etwa specifische des Tuberkelbacillus wären, hat Mat ><• 
die Wirkungen von Albumosen, welche ohne mikroorganische 1 batig ■ 
entstehen, studirt. Es wurdon zu diesem Zweck aus Verdouungsgemm^ 
Hetero- und Deuteroalbumose sowie Pepton (Kühne) lsolin. 1 - -- 
aus Fibrin durch gespannten Dampf Athmidalbumose dargestei 
mit diesen Körpern an Meerschweinchen und Menschen expenmentir. 
Resultate waren folgende: * . ... 5min |. 

1. Man kann durch subcutane Einverleibung derartiger Korp * 

liehe Reactionen des Tuberkulins, sowohl lokale wie allgemeine, ' 
und Thier erzeugen (Demonstration von Sectionsbefunden an tu 
Meerschweinchen). . • _ 

2. Die Hydrationsproducte des Eiweiss wirken intensiver, j 

die Hydration vorschreitet,- je näher man dem echten y c P n 
Tuberkulin hält in seiner Wirkung etwa die Mitte zwmc ■ ^ 

albumosen und Pepton. Auch Büchners Befunde, mso ^ _ 

stärkere Wirkung der BacterienproteTne nach Behandlung nn t 
Dämpfen sind durch Fortschreiten der Hydration zu ii.-dratio^ 

3. Man kann durch grössere Dosen der vorgeschrittener^ j oB 

stufen beim gesunden Menschen die Symptome einer acute 
Fieber und acuten Milztumor erzeugen. . .mftmwcn 

4. Es tritt eine rasche Gewöhnung an derartige ' t ‘ I p )05CI1 r verw¬ 

und es schützen vorhergehende Injectionen von Meinen j' | )fr jj n |,v 
schrittener oder von grösseren Dosen primärer Albunio. p cu ii r 
Thiere vor dem tödtlichen Collaps nach grösseren Gabe 
albumosen und Pepton. , n . ip Vortrag 1 ’ 1 ^ 

12. Herr Vehsemeyer (Berlin): Ueber Leukämie. Twhsidii v ‘ : 
.nicht die Aetiologie der Leukämie. Auf Grund eui . . j cs n! :uzi 

600 gut beobachteten Fällen stellt er fest, dass dio,. H weiblichen 
liehen Geschlechts nicht sehr erheblich grösser als <h° Geschieh 1 ' 
Unter don 600 Fällen waren 217 weiblichen, 383 mann ^ j jj*- 
also ein Verhältnis von 1:1,7, während bisher nieis • 
nommen wurde. Auch hinsichtlich der von der Kran linr ichtig’- 
befallenen Altersstufen sind die bisherigen Angab 


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UNIVERSETY OF MO 




15. November. VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN 

grösste Häufigkeit der Erkrankungen zeigt sich bei Männern nicht im 
vierten Decenmum, sondern im dritten, bei Weibern nicht im fünften 
sondern im vierten. Die als Ursachen betrachteten Zustände sind nur als 
die Entwickelung der Krankheit begünstigende Einflüsse aufzufassen. 
Besonderes Gewicht ist in Zukunft bei der Anamnese auf die Feststellung 
eines Trauma zu legen, die vollste Beachtung aber der Erkrankung des 
Verdauungstractus zuzuwenden. Vehsemeyer setzt au die Stelle der 
von ihm früher (Münchener medicinische Wochenschrift 1893, No. 30) ab¬ 
gewiesenen Infectionstkeorie die der Autointoxication durch giftige Eiweisse 
und stützt dieselbe durch die für sie sprechenden klinischen Beobach¬ 
tungen und pathologischen Befunde (Unfähigkeit der Eiweissassimilation 
des leukämischen Organismus, Albumosepeptonbefunde im Blut und 
Organen Leukämischer, Erscheinungen von Seiten des Blutes bei Ein¬ 
führung von Albumosepepton in die Blutbahn). Ferner berichtet Vor¬ 
tragender über seine ira pathologischen Institut in Freiburg angestellte 
Versuche an Hunden, durch welche os ihm gelungen ist, eine dauernde 
progressive Leukoqytose zu erzeugen. 

Herr Engel (Berlin) vermisst in den Mittheilungen des Vortragenden 
eine Angabe über das vermehrte oder verminderte Vorhandensein von 
Blutplättchen; er berichtet auch über einen Fall, in dem ein bisher ge¬ 
sundes Kind nach Ueberstehen eines Erysipels an einer gemischten 
Leukämie zugrunde ging. 

13. Herr Gumprecht (Jena): a) Ueber Lipämic. (Der Vortrag ist 
in No. 39 dieser Wochenschrift veröffentlicht,) 

b) Ueber Mitosen in leukämischen Organen. In vier Fällen fand 
v ortragender Mitosen in den lymphatischen Organen, aber nicht im Blut. 
Danach ist die Leukämie als eine Organkrankheit zu betrachten. Die 
Zellen, welche sich in Mitose befinden, entsprechen den im Blut vor¬ 
handenen; alle lymphatischen Organe können jede dieser Leukocytenarten 
hervorbringen. Uebertragungsversuche auf Affen und Hunde, sowie Cultur- 
versuche mit dem Blute fielen negativ aus. 

Discussion: Herr Pick (Prag) hat in einem Falle myelogener 
Leukämie sehr zahlreiche Mitosen im Blute in den Erythrocyten gefunden. 

Herr His (Leipzig) empfiehlt zur Blutentnahme das von Schaffner 
angegebene spindelförmige, in eine gebogene feine Spitze auslaufende 
Glasröhrchen, das sich bequem in die Armvenen einführen lässt, 

14. Herr C. S. Engel (Berlin): Zur Genese und Regeneration des 
Blutes (mit Demonstrationen von Mikrophotogrammen). (Eigenbericht.) 
Dass die Blutbildungsorgane nicht ausschliesslich die Bildungsstätten der 
Blutkörperchen sein können, geht schon daraus hervor, dass Blutkörperchon 
zu einer Zeit in den Blutinseln zu finden sind, wo von Blutbildungs¬ 
organen noch keine Rede ist. Systematisch angestellte Blutuntersuchungen 
zu verschiedenen Zeiten des intra- und extra-uterinen Lebens der Maus 
und des Menschen lassen erkennen, dass die Blutkörperchen selbst inner¬ 
halb der Blutbahn Umwandlungen erleiden, die von der Thätigkeit der 
Blutbildungsorgano unabhängig sind. 

Die Blutuntersuchungen der jüngsten Embryonen ergeben, dass noch 
keine der Zellformen, welche während des extra-uterinen Lebens gefunden 
werden, vorhanden sind. Statt dessen besteht das Blut aus grossen, kern¬ 
haltigen, kugelförmigen Zellen, welche reichlich hämoglobinhaltig sind. 
Von weissen Blutkörperchen ist zu dieser Zeit des embryonalen Lebens 
nichts zu bemerken. Die Zellen sind vielfach in Theilung begriffen. Die 
Kerne zeigen mannichfaltige Kerntheilungsfiguren. In einem späteren 
Stadium der Entwickelung ist die Zahl der ersten kugelförmigen Zellen 
mit grossem Kern, für die der Name „Metrocyten“, Mutterzellen, vor¬ 
geschlagen wird, äusserst gering geworden, die jetzt zu beobachtenden 
Metrocyten haben einen kleinen Kern, sind sonst den ersteren sehr ähn¬ 
lich und werden Metrocytentochterzcllen genannt. Diese Metrocyten- 
tochterzellen theilen sich nicht mehr durch Segmentirung in zwei voll¬ 
ständige Zellen, sondern sie gehen eine Trennung in zwei ungleiche 
Hälften ein. Die eine Hälfte besitzt den Kern und den diesen umgeben¬ 
den Protoplasmasaum und imponirt als ein kernhaltiges rothes Blutkörper¬ 
chen, die andere Hälfte besteht nur aus hämoglobinhaltigem Protoplasma 
ohne Kern und entspricht, nachdem die Unebenheiten, Zacken und Risse 
an ihrer Oberfläche sich ausgeglichen haben, dem kernlosen rothen Blut¬ 
körperchen. Die kernlosen rothen Blutkörperchen bleiben als normales 
Blut der Säugethiere bestehen, während die kernhaltigen rothen Blut¬ 
körperchen bis zum Augenblick der Geburt fast vollständig verschwunden 
sind. Das weitere Schicksal der kernhaltigen rothen Blutkörperchen ge¬ 
staltet sich beim Säugethier folgendermassen. Der Kern trennt sich vom 
hämoglobinhaltigen Protoplasma, behält aber einen hämoglobinfroien Proto¬ 
plasmarest und ist von einem Lymphocyten nicht zu unterscheiden. Das 
hämoglobinhaltige Protoplasma bleibt entweder als rothes Blutkörperchen 
eine Zeit lang bestehen oder wird schon zur Zeit, als es noch mit dem 
Kern in Zusammenhang stand, durch das Blutplasma aufgelöst. Die 
Trennung des Kerns vom Protoplasma muss als normaler Vorgang an¬ 
gesehen werden. Vor der Trennung kann sich der Kern durch Theilung 
vermehren. Tritt die Trennung nicht ein, so wächst das kernhaltige rothe 
Blutkörperchen weiter und wird zum kernhaltigen Riesenblutkörperchen, 
dem Gigantoblasten. Diese Zellenform, die im allgemeinen als charakte¬ 
ristisches Merkmal für pernieiöse Anämie angesehen wird, ist nichts als 
ein pathologisch gewachsenes kernhaltiges rothes Blutkörperchen und hat 
weder mit den embryonalen Metrocyten. noch mit den Blutkörperchen der 
Amphibien etwas zu thun. 

Der Kern des kernhaltigen rothen Blutkörperchens trennt sich jedoch 
noch auf eine andere Weise vom Protoplasma. An einem bisher nicht 
ermittelten Ort« wendet sich das kernhaltige rothe Blutkörperchen, wel¬ 
ches als flächenhaftes Gebilde erscheint, in eine Blutkugel in der Weise 
um. dass der Kern den Inhalt, das Protoplasma den Kugelmantel bildet. 
Diese Blutkugel kann durch ungleichmässiges Wachsen des Kerns und 
des hämoglobinhaltigen Mantels platzen, und der Kern tritt dann entweder 
als weisses Blutkörperchen oder als Degenerationsproduct desselben, als 


MEDICINISCH EN WOCHENSCHRIFT. 135 

Blutplättchenhaufen oder endlich als Mittelding zwischen beiden in die 
Erscheinung. Dieser letztere Vorgang findet sich theils im normalen 
Blute, theils in pathologischen Zuständeu. Daraus folgt, dass dem Blut¬ 
plättchenhaufen im normalen und pathologischen Blute eine grosse Be¬ 
deutung beizumessen ist und dass bei Leukämie die Vermehrung der 
Blutplättchen eine Verminderung der Leukocyten im Gefolge hat. Durch 
den Vorgang des Herausplatzens dos Blutkugelinhalts orklärt sich ohne 
Zwang die Dellenform des nach Entfernung seines Inhalts durch den 
Blutdruck zusammengepressten rothen Blutkörperchens. 

Die Blutentwickelung des Hühnchens ist der des Säugethiers sehr 
ähnlich. Auch hier ist das erste Blutkörperchen der Metrocyt, auch dieser 
thcilt sich in einen kernhaltigen und einen kernlosen Theil, doch tritt 
jetzt eine Verschiedenheit in der Entwickelung ein. Es bleibt das kem- 
haltigo rothe Blutkörperchen bestehen, während das kernlose Blutkörper¬ 
chen untergeht. Obwohl während des ganzen embryonalen Lebens des 
Hühnchens kernlose rothe Blutkörperchen gefunden werden, sind diese 
beim Auskriechen des Hühnchens verschwunden. Die Verminderung der 
Metrocyten und die Vermehrung der kernhaltigen rothen Blutkörperchen 
ist so regelmässig, dass man aus dem Blutpräparate auf das Alter des 
Embryonen Schlüsse ziehen kann. Während am fünften Bebrütungstage 
das Verhältniss der Metrocyten zu den kernhaltigen rothon Blutkörper¬ 
chen sich auf circa 50:1 stellt, ist das Verhältniss am achten Tage etwa 
1:1 und am 16. Tage 1: ca, 100. 

Ueber die Blutbildungsorgano ist endlich noch auzugeben, dass heim 
Hühnchen zur Zeit, wo im Bluto etwa 1 Metrocyt auf circa 50 kernhaltige 
rothe Blutkörperchen kommt (etwa 14 Tage) die Milz eine grosse Menge 
Metrocyten mit Kerntheilungsfiguren zeigt, also Blut, wie es etwa dem 
dritten his vierten Tage entspricht. Aus dieser Thatsache ist, zusammen 
mit der Beobachtung, dass auch dio kernhaltigen rothen Blutkörperchen 
in den Blutbildungsorganen der erwachsenen Säugethiere Entwickelungs¬ 
stadien bilden, die den Blutkörperchenformen des strömenden Blutes vor- 
augehen, mit einiger Wahrscheinlichkeit zu schliesseu, dass die Blut¬ 
bildungsorgane bestimmte Zellformen produciren, welche sich im Blut¬ 
strome weiter entwickeln. 

15. Herr Stern (Breslau): Ueber eine neue Art nervöser Functions¬ 
störungen. Vortragender beobachtete in zwei Fällen nach Kopfverletzungen 
eine periodisch auftrotende Herabsetzung der Functionen der Hirnrinde 
in Zwischenräumen von einigen Secunden, und für ungefähr dio gleiche 
oder etwas kürzere Zeit tritt gleichzeitig eine Herabsetzung der Sensi¬ 
bilität auf allen Sinnesgebieten, eine intermittirendc Parese mit Ataxie 
der willkürlichen Muskulatur, endlich eine Abnahme der intellectuellen 
Leistungsfähigkeit auf. Der Vortragende demonstrirt an graphischen Auf¬ 
zeichnungen die Perioden herabgesetzter Function, die er als „Schwankun¬ 
gen“ bezeichnet. Der Sitz der Functionsstörungen ist wegen der Be¬ 
theiligung der Intelligenz in der Grosshirnrinde zu suchen. 

Sitzung am 28. September. 

16. Auf Antrag von Körösi, Direktor des statistischen Amtes in 
Budapest, hatte die Section in ihrer ersten Sitzung beschlossen, eine 
Commission niederzusetzon, welche dio Pocke ns tatistik dos Dr. Keller, 
des verstorbenen Chefarztes der österreichischen Staatsbahnen, prüfen 
sollte. Die Statistik, aus dem Material der Baknärzte aufgebaut, wird in 
Oesterreich von den Impfgegnern für ihre Agitation verwerthot. Im Auf¬ 
träge der Commission, die aus den Herren Körösi (Budapest), v. Ziemssen 
(München), Przibram (Prag), Posncr (Berlin), Loriuser und Gruss 
(Wien) u. a. bestand, erstattete heute v. Ziemssen (München) Bericht. 
Der Kern desselben lautet dahin, dass die Keil ersehe Statistik von den 
ihr zugrunde liegenden amtlichen Originalberichten in wesentlichen Punkten 
abweickt. 

Discussion: Herr Körösi (Budapest) bemerkt dazu, dass Keller 
bei seiner Statistik nicht nur Irrthüiner, sondern auch tendenziöse Ent¬ 
stellungen an den ihm zugegangenen Berichten begangen habe. Di** 
nachträgliche Prüfung dieses Materiales habe eine glänzende Bestätigung 
des Impfschutzes ergeben. 

Herr Posner (Berlin) beantragt, die Acten der Commission zur 
eventuellen weiteren Bearbeitung an die Gesellschaft der Aerzte in Wien 
zu übergeben. 

17. Herr Rosenhach (Breslau): In wie weit ist die Diagnostik 
innerer Krankheiten durch die Bacteriologie gefördert worden? Dio 
Baeteriologio begeht den Fehler, dass sie Krankheiten erkennen zu können 
glaubt, während "sie in Wirklichkeit nur den Krankheitsreiz ermittelt. 
Sie verwechselt Ursache und Wirkung. Der Nachweis eines Mikroben 
beweist noch nicht das Vorhandensein einer durch ihn erzeugten Krank¬ 
heit, sie entsteht erst auf den von ihm gesetzten Reiz hin durch die 
Reaction des Organismus. Nur bei Milzbrand, Malaria und Recurrens be¬ 
sitze die Auffindung ihres Erregers diagnostischen Werth, in allen anderen 
Fällen sei sie nur Zeichen eines in seiner Widerstandskraft geschwächten 
Organismus, welcher der Ansiedelung von Bacterien günstig geworden 
sei oder gar nur ein zufälliger, gleichgültiger Befund. 

18. Herr Dolega(Leipzig): Ueber Meclianotherapie und ihre Be¬ 
rücksichtigung im klinischen Unterricht. (Der Vortrag ist in No. 43 
dieser Wochenschrift veröffentlicht.) 

19. HerrE. Pfeiffer (Wiesbaden): Die Harnsäureausscheidung beim 
acuten Gichtanfalle, Vortragender legt eine Tabelle vor, aus welcher 
hervorgeht, dass die Hamsäureausschoidung im acuten Gichtanfalle nicht 
nur nicht vermindert, sondern in den meisten Fällen beträchtlich ver¬ 
mehrt sei. 

20. HerrBcrdach (Wien): Zur Pathologie der Nebennieren. Schon 
1889 hat Vortragender einen Fall von Nebennierensarkom mit abnorm 
niedrigen Temperaturen verlaufen sehen: neuerdings ist es im Wiener 


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136 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICJNISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Allgemeinen Krankenliause gelungen, auf Grund dieses diagnostischen 
Momentes bei einem Phthisiker, obwohl sonstige Erscheinungen fehlten, das 
gleichzeitige Bestehen einer Nebennierenerkrankung festzustellen, welche 
die Section bestätigte. Gemeinsam mit Pal hat Berdach bei zwölf 
Hunden die Exstirpation der Nebennieren vorgenommen und danach stets 
ein erhebliches Sinken der Körpertemperatur bis zu 26,2 o C beobachtet. 
Die Thiere haben den Eingriff ohne jede Schädigung Überstunden, danach 
kann Berdach den Nebennieren nicht die Bedeutung lebenswichtiger 
Organe zuschreiben, welche ihnen andere Autoren beigelegt haben. Ins¬ 
besondere haben sie keinen Einfluss auf die Darmperistaltik feststellen 
können. Albu (Berlin). 


Abtheilung für Physiologie. 

Sitzung am 25. September Vormittags. 

1. Herr Gad hält einen Vortrag über Nervenzcllenfanctioneii. 
Mit Bezugnahme auf das Buch von Exner: „Versuch einer physiologi¬ 
schen Erklärung psychischer Erscheinungen“ will Prof. Gad einige Diffe¬ 
renzpunkte zur Sprache bringen, die zwischen der Berliner und Wiener 
Schulo in Betreff der Lehre von der Nervenleitung vorhanden sind. Die 
Richtung der Erregungsleitung wäro nach Gad in den Achsencylindern 
cellulaefugal und in den Protoplasmafortsätzen nur cellulaepetal, während 
nach Exner und Grossmann zwischen den motorischen Ganglienzellen 
noch Verbindungen existiren sollten, mittels deren eine Leitung nach 
beiden Richtungen möglich sei, und der Coordination dienen sollen; so 
z. B. zwischen den bilateralen Vaguskernen, um eine einheitliche Function 
der Athemmuskeln zu ermöglichen. Ebenso soll nach Grossmann 
zwischen den Keimen des Facialis, Vagus und Phrenicus vermöge ge¬ 
wisser vice versa leitender Verbindungon die Athmungscoordination unter¬ 
halten werden. In Betreff des ersteren Phönomens sagt Gad, dass die 
Vaguscentren deshalb gleichzeitig functioniren, weil sie immer dasselbe 
Schicksal gehabt haben, und verweist zugleich auf klinische Fälle von 
rein cerebraler Hemiplegie mit asymmetrischem Athmen; in Betreff der 
Erklärung der Athmungscoordination von Grossmann nimmt Gad ein 
jenen motorischen Centren präordinirtes Coordinationscentrum an. 

Discussion: Herr Exner freut sich, dass ein so wichtiges Thema 
wieder auf die Tagesordnung golangt ist, und nachdem er über einzelne 
von Gad berührte Punkte seine Anschauung darlegte, meinte er, dass die 
Pifferenzpunkte zwischen den beiden Schulen nicht gar so weit ausein¬ 
andergehen, da man hier überhaupt nur von Wahrscheinlichkeiten sprechen 
kann. 

2. Herr Th. Beer (Wien): Ueber die Accoinmodation des Fisch- 
auges. Die Augen vieler Knochenfische sind im Ruhestand für die Nähe 
eingestellt; viele besitzen indessen auch eine Accommodation für die 
Ferne, was nicht durch Abplattung, sondern durch Retraction der Linse, 
und zw T ar mittels der Campanula Hallerii, oder besser Muse, retractor 
lentis geschieht. Bei den darauf untersuchten Knorpelfischen konnte 
keine Linsenretraction nachgewiesen werden. 

3. Herr S. H. Scheiber (Budapest): Zur Lehre you den Herz- 
bewegungen mit besonderer Rücksicht auf die Lndwig’sche Herz- 
stossthooric. In der Physiologie werden von joher in Betreff der Be¬ 
wegungsvorgänge innerhalb einer Herzrevolution zwei Hauptphasen unter¬ 
schieden, nämlich die Systole und Diastole. Als dritte Phase wird noch 
die sogenannte Herzpause bezeichnet. Scheiber findet indess diese 
Eintheilung, namentlich was die Diastole und Herzpause betrifft, für 
ungenau und unrichtig, und formulirt seine Auseinandersetzungen in fol¬ 
gende zwei Schlusssätze: 

A. Die Bewegungsvorgänge innerhalb einer sogenannten Herzrevolu¬ 
tion bestehen beim circulirenden Herzen aus drei Phasen: a) Systole, 
b) Relaxation und c) Dilatation, Blutanfüllung, eigentliche Diastole. Bei 
dom aus dem Körper ausgeschnittenen, aber sich noch rhythmisch con- 
trahirenden Herzen giebt es blos zwei Phasen, nämlich Systole und Re¬ 
laxation. Das todtenstarre Herz endlich entspricht zumeist dem Zustande 
der Relaxation, der Blutleere des Herzens. Die Annahme einer sogenann¬ 
ten Herzpause ist überflüssig. 

B. Eine Formveränderung des Ventrikelkörpers in dem Sinne von 
Kiwisch und Ludwig tritt nicht erst in der Systole ein, sondern schon 
in der von Scheiber bezeichneten dritten Phase, der eigentlichen Diastole, 
mul beweist damit die Unhaltbarkeit der Kiwisch’schen und Ludwig- 
schen Herzstosstheorio. 

Sitzung am 25. September Nachmittags. 

4. Die physiologische Abtheilung hält die Sitzung gemeinschaftlich 
r» !; ier laryngologischen im physiologischen Institute ab, wo Docent 

1 i - trei Experimente ausführt. Im ersten Experimente exstirpirt 
er beiderseits dio bekannten Rindencentren, im zweiten durcktrennt er 
das (iebiet der Regio thalami von dem Corpus quadrigenuinum, im dritten 
endlich durchtrennt er in querer Ebene die Medulla oblongata oberhalb der 
\ aguskerne. Rach diesen und nach den Untersuchungen des Kehlkopfes 
wurden die Obductionsbofunde demonstrirt. 

Sitzung am 26. September Nachmittags. 

5. Herr Ono di (Budapest) führt noch ein Experiment an einem Hundo 

aus, w o er weder die Regio thalamiea vom Corpus quadrigenuinum abtrennte, 
l™™}! das » oc h schrie, hohe Töne gab und die Phonation un¬ 

gestört war. Das Resultat war also dasselbe wie bei den früheren Experi- 
nicht tC störte° ^ Exstlrpation der Rindencentren die Phonation ebenfalls 


= _—_ 

6. Herr M. v. Frey (Leipzig): Ueber Druck- und Schiuerrel.,» 
v. Frey beweist durch ein eigenes Verfahren, welches erlaubt für d' 
verschiedenen Empfindungen der Haut die Reizschwellen zu bestimmt 
dass die Schmerzempfindung nicht etwa aus der stärkeren Reizuu^ f 
Tastnerven, sondern aus der Erregung specifischer Endorgane uiidXmJ 
der eigenen Organe des Schmerzsinnos hervorgehe. 

7. Herr R. Wlassak: Die Herkunft des Myelins. HerrWla^i- 
hat durch Untersuchung an embiyonalem Materiale von Amphibien* nid 
Selachiem gefunden, dass das Myelin nicht das Product der Nenenfa.«- 
ist, das sich erst in dieser bilde, sondern von aussen in dieselbe hinrin* 
geräth, und zwar wird es ihr zunächst durch die Neuroglia zugefüL^ 
Die Quelle des 'Myelins ist zunächst im Bindegewebe und in letzter K 
stanz im Blute zu suchen. 

8. Herr Kyri spricht über die Bedeutung der Metamcrie. 

9. Herr Gross mann über Versuche, die den Beweis erbrinv 
sollen, dass die Herzliemmungsfuscrn nicht vom Accessorius, sondern v£ 
Vagus entspringen. Gad freut sich über die übereinstimmenden Resul¬ 
tate von Grossmann und Grabower bezüglich der motorischen Inno¬ 
vation des Kehlkopfes, und theilt mit, dass cs Grabower gelangen a 
durch lückenlose Serienschnitte des verlängerten Markes zu consW-L 
dass ein Zwischenraum zwischen unterem Ende des Vaguskernes ml 
dem oberen Ende des Glossopharyngeuskernes bestehe, dass also die un¬ 
tersten Wurzelfasern des Nervus vagus in der That vom Vaguskert ■ 
entspringen. 

10. Herr Grützner (Tübingen) demonstrirt erstens eine new Ar: 
von runden Resonatoren, die denen von Helmholtz gleichwertig, 
aber viel billiger sind: zweitens eine eigentümliche Art von physiolo¬ 
gischer Antipcristnltik an einem Kaninchen, welches einen Tag Lire 
gehungert hatte, und welchem dann ein Brei von pulverisirtcr ThiorknbL 
und physiologischer Kochsalzlösung in den Mund oingcffihrt wurde. 

Sitzung am 27. September Vormittags. 

11. Herr Rollett (Graz) demonstrirt Curvenschrifteu. die Autkii- 
rung geben sollten über die Zuekungstreppe, die Ermüdung und Erholung 
des Muskels, sowie über die Abhängigkeit der tetanischen Verkörmc 
desselben von der Frequenz und Dauer der Kürzung. 

12. Herr Latschenberger (Wien): Ueber eiuen Bestandtheil 
des Hämoglobinblutes. Im Blute befinden sich kleine Pigmentkörncka. 
deren ein Theil die Eisenreaction, ein anderer Theil die Omelind 
Gallenfarbstoffprobe geben. Sie sind in jedem Hämoglobinblu? 
vorhanden, sind demnach ein physiologischer Bestandthd 
desselben und stehen in engster Verbindung mit den physiologisch 
Veränderungen der rothen Blutkörperchen. 

13. Herr Hürthle (Breslau) demonstrirt eine verbesserte Method* 
zur mechanischen Registriruug der Herztöne mittels eines neuen Mikr 
phons und mittels Ersatzes des registrirenden Froschmuskels durch ein :: 
Elektromagneten. 

Sitzung am 27. September Nachmittags. 

14. Herr Crem er (München): Ueber Zucker und Zelle. Itas phy¬ 
siologische Verhalten der einfachen Zuckerarten ist theils ein allg* 

so z. B. schmecken alle Zuckerarten süss, theils verschiedenartig, 
Structur und Configuration der Zellen und der jßiwoissstofte in den h M-- 
In letzterer Beziehung kommen in Betracht die Gährfahigkeit. die ggj- 
glyeogenbildung, die alimentäre Glyoosurie. die Stärkebilduug und n..iu^ 
lieh die Hefeglycogonbildung; ausserdem die chemotaetischeii 1-4'^ 
schäften und die Fälligkeit zur synthetischen Fettbildung verwcii" 
werden. 

15. Herr W.Cowl (New York): a) Ueber die Nervenerregung dnrrj 

den Scliliessungsinductionssclilag und Uber IutensitÄtsuiessun^“ 
letzteren. Sodann demonstrirt . t,t # 

b) Ein verbessertes Hiilfsmittel zur Hflmatokritmethodc, 
besteht: 1) aus einer für das Blut indifferenten Flüssigkeit, 4 «“ ♦ ;*j 
geschlossener Centrifugirröhrchen mit einer lOOprocentigcn 'ir - 
3) aus einer anderwiirts zu beschreibenden gemeinsamen oca a. ^ 

16. Horr Lode (Wien): Ueber die Physiologie der 

Lode will den seit Vesalius bestehenden Streit, ob die k an .. 
bloss Aufbewahrungsorgane für den Samen, oder selbstständig iuja c; ,,_ 
Drüsen seien, durch an Meerschweinchen ausgeftlhrte i : 

tels doppelseitiger und einseitiger Castrirung der Thiere damn - 
haben, dass diese Organe — wenigstens beim Meerschweine i 
hauptsächlich secretorische Function besitzen. 

17. Herr Boruttau (Göttingen): Ueber die 
galvanischen Erregnngspliänoinens der Nerven auf Innere 

An abgestorbenen Nennen ausgeführte Experimente haben »j j lt ” 
die galvanischen Erregungsphänomene bei elektrischer un 
scher Reizung des Nerven noch lango nach Auf hören dt* - , _ y in0 :; 

keit fortdauern, und zwar so lange, als die normale ötruc 
fasern erhalten ist. Einen Anhaltspunkt für das wesen 
Structur bietet die Reproduction der elektrotonischen *- 
nannten Kernleitern. , ... , -.i. ( i; t . 

An der Debatte über diesen Vortrag betheiligton r a tgcht-n- 

Cremer (München), S. Fuchs (Wien), Rollett (u 
berger (Wien) und der Vortragende. 


Gedruckt bei Julius Bittenfeld ln Berlin W. 


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UNIVERSETY OF MICHEGAN 



Donnerstag VEREINS-BEILAGE "• Norember 1894 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Berliner fiiedielnische Gesellschaft, Sitzung am 14. November 
1894: Virchow, Missbildungen. — 0. Israel, Carcinom der Harn¬ 
blase. — Discussion zu Olshausen, Ueber intrauterine Behandlung: 
Dührssen, Bröse, Czeiupin, Veit, Olshausen. 

II. Dnterelsüssischer Aerzteverein In Strassbnrg 1. E., Sitzung am 
27. October 1894: W. A. Freund, Defect der vorderen Vaginal- und 
liintoren Blasenurethralwand. — Klemperer, Doppelseitige Posticus- 
lahmung. — Naunyn, Moderne Methoden der Blutuntersuchung. — 
E. Levy, Grundzüge der Blutserumtherapie bei Diphtherie; Discussion: 
Kröll, Wiek, Fürstner, Kohts, Flocken, v. Recklinghausen, 
Naunyn. 

III. Greifswaldcr medlcinisehe Gesellschaft, Sitzung am 8. Novem¬ 
ber 1894: Mo sie r, Musterbaracke des Universitätskrankenhauses zur 
Aufnahme von ansteckenden Kranken. — Börger, Die in der Greifs- 
walder medicinischen Klinik erlangten Resultate mit Behring’s Heil¬ 
serum bei an Diphtherie erkrankten Personen.— Loeffler, Ueber die 
lokale Behandlung der Rachendiphtherie; Discussion: Strübing, Fen- 
derich, Beumer, Heidenhain, Loeffler, Peiper, Helferich. 
Abel. 


IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr., 

Sitzung am 12. November 1894: Dohrn, Hemicephalie. — Herr¬ 
lich, Erworbene Lungenhernie; Discussion: Cynthius. — Hilbert. 
Schutz- und Heilimpfungen bei Diphtherie; Discussion: Hagelweide. 
Hilbert, Sembritzki, Theodor, Bobrik, Falken heim, Schreiber, 
Czaplewski, Nauwerck, Lichtheim. 

V. Medicinische Gesellschaft in Giessen, Sitzung am 8. Mai 1894: 
Löh lein, Zur Erinnerung an F. Birnbaum. — Poppert, Plastischer 
Verschluss von Schädeldefocten. — Sitzung am 5. Juni 1894: 
Steinbrügge, Otitischer Kleinhimabscess. — Poppert, Aethertod 
infolge von Lungenödem. — Sitzung am 19. Juni 1894: Kallius, 
Ueber den Bau der Netzhaut. — Kutscher, Der Nachweis von Di¬ 
phtheriebacillen in den Lungen. — Markwald, a) Fall von Kali 
chloricum-Vergiftung; b) Ueber Scarlatina typhosa. 

VI. Aerztlicher Verein in Hamborg, Sitzung am 3. April 1894: 
Hahn, Luetischer Primäraffeet an der Stirn. — Schütz, Troicart ü 
demeure zur Punction des Ascites. — Nonne, Submucöses Leiomyom 
des Jejunums. 


L Berliner medicinische Gesellschaft 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 14. November 1894. ! 

Vorsitzender: Herr Vircliow. 

1. Herr Virchow demonstrirt vor der Tagesordnung: zwei 
Futeu mit ausgeprägten Missbildungen in der Nasengegend 
infolge Adhäsion zwischen Eihaut und Kopf des Fötus. 

2. Herr 0. Israel (Eigenbericht) demonstrirt vor der Tages¬ 
ordnung das Präparat eines Carcinoma der Harnblase, welches 
oine ganz ungewöhnliche Ausdehnung gewonnen hatte. Bei einem 
35 jährigen Manne bestanden schon seit 17 Jahren Blasenbildungen, 
die vor vier Jahren heftiger wurden. Im Frühjahr dieses Jahres 
t raten Kreuzsclimerzen hinzu, und nachdem der Patient Ende Sep¬ 
tember auf die chirurgische Klinik der Königlichen Charite auf- 
genommen war, wurden Steine in der Blase neben einer mächtigen 
Geschwulstentwickelung nachgewiesen. Das kleine Becken war fast 
vollständig durch Krebsmassen ausgefüllt, die Blase selbst in einen 
dickwandigen, starren Körper mit kleiner Höhle verwandelt, deren 
Oberfläche ulcerirt war. In der Blase fand sich kein Stein, da¬ 
gegen war ein Concrement, das überwiegend aus phosphorsaurem 
Kalk bestand, in der Pars membranacea der Prostata eingeklemmt. 

Der Tod erfolgte, nachdem schliesslich im Anschluss an die 
Gesellwulstbildung in der Blase Pyelonephritis an der rechten, 
bis dahin gut erhaltenen Niere eingetreten war. Die linke Niere 
war durch Hydronephrose bis auf geringe Reste secretiousfähigen 
Gewebes zerstört. Mikroskopisch zeigten die Krebszellen vom 
Charakter des Pflaster- bezw. Uebergangsepithels mit vielfachen 
sogenannten „Einschlüssen“ nur Fettmetamorphose; das Gerüst 
war an den überwiegenden Partieen von geringer Entwickelung, 
was auf ein verhältnismässig schnelles Wachst hum hinweist. 
v 3. Schluss der Discussion über den Vortrag des Herrn Ols¬ 
hausen: Ueber intrauterine Behandlung. 

Herr Dührssen (Eigenbericht) hält das Curettement auch bei 
Endometritis catarrhalis für wirksam, falls mau hinterher noch einige 
Aotzuugen mach? Bei dieser Behandlungsmethode heilt die Endometritis 
catarrhalis viel sicherer, als wenn man nur ätzt oder nur curettirt. In 
einzelnen mit dieser combinirten Methode behandelten Fällen bleibt nach 
Ausheilung des Corpuskatarrhs noch Cervixkatarrh bestehen. Diesen be¬ 
seitigt man rasch durch ein Curettement des Cervix mit einigen nach¬ 
folgenden Aetzungen. Dies Curettement des Cervix wirkt dadurch günstig, 
dass es eine Anzahl von Gelassen und Ovula Nabothi eröffnet, welch 
letztere bis zum inneren Muttermund hinauf reichen können. Das sofort 
nach dem Curettement applicirte Aetzmittel bringt dann die Gefässe und 
die eröffneten Drüsenrecessus zur Verödung. Zur Vermeidung von Uterus¬ 
koliken braucht Dührssen seit einigen Jahren zur intrauterinen Aetzung 
nur die Playfair’sche watteumwickelte Sonde und behauptet, dass er 
mittels derselben das Aetzmittel, nämlich die 50°/oige, von Rheinstädter 
und Bröse eingeführte Chlorzinklösung sicher in die Corpushöhle hinein¬ 
bringt. Freilich spült Dührssen vorher den Uterus aus und erzielt 
hierdurch eine gewisse Dilatation des Cervix, worauf die Sonde ohne 
Widerstand den inneren Muttermund passirt. Uebrigens kann man ja 
leicht oine noch bedeutendere Dilatation des Cervix erzielen, wenn man 
24 Stunden vor der Aetzung den Uterus mit Jodoformgaze austamponirt. 
Diese Vuillet’sche Methode ist zu diagnostischen und therapeutischen 
Zwecken sehr werthvoll. Bei intrauterinen Polypen oder grösseren 


Placentarresten erweitert sie binnen 24 Stunden den Cervix so, dass man 
die Corpushöhle bequem austasten kann. Bloibt diese Erweiterung aus. 
so kann man sicher sein, dass keine grösseren Gebilde im Uteruseavum 
vorhandon sind. Die feste Tamponade der ganzen Uterushöhle übt durcli 
die Erzeugung von Uteruscontractionen einen heilenden Einfluss auf die 
chronische Motritis und bewirkt vom Ende des dritten Schwangerschafts¬ 
monats an binnen 24 Stunden eine sichere Austastung des ganzen Uterus¬ 
inhalts. Sie ist daher als ein sehr wenig eingreifendes Verfahren für 
Fehlgeburten zu empfehlen, wo Zersetzung des im Uterus retinirten Eies 
oder von Eitheilen bei engem Cervix vorhanden ist. Allerdings muss 
die Jodoformgaze keimfrei sein. Verfasser hat zu dem Zweck die käuf¬ 
lichen Büchsen angegeben, in welchen die zur Tamponade vorbereitete 
Jodoformgaze und Salicylwatte verpackt und dann in strömendem Wasser¬ 
dampf sterilisirt wird, worauf die Büchsen sofort verlöthet. werden. Zu 
den beschriebenen Arten der Tamponade dient die Büchse No. 2. Aller¬ 
dings ist das Curettement oft nutzlos oder sogar schädlich. Diese That- 
sache beruht auf dem unvollständigen Curettement Ungeübter, auf un¬ 
genügender Desinfection und auf dem Vorhandensein von Adnexerkrankimgen. 
Um letztere zn erkennen, ist, für Ungeübte mindestens, die Narkose beim 
Curettement zwecks nochmaliger genauer bimanueller Untersuchung nöthig. 
Das Curettement erfordert dieselbe Asepsis wie eine Laparotomie, ist 
somit keine Sprechstundenoperation. Bei Adnexerkrankungen curottirt 
Dührssen nur unmittelbar vor der Laparotomie. Ebenso verwirft er 
von der Mitte des dritten Monats ab das Curettement zur Entfernung der 
Placenta. Die Perforation ist kein Kunstfehler. Man n\uss sie nur or- 
kennen. Bei aseptischer Operation schadet die Perforation, ausgeführt 
selbst mit einem dicken Instrument, nichts. Bei seiner alten Methode 
der Vaginofixation hat der Assistent mehrfach mit einer 7 mm dicken 
Sonde den Uterus ohne Schaden perforirt. Gegenüber der blutigen 
Dilatation des Cervix hobt Dührssen die Vortheile seiner in der Gesell¬ 
schaft schon demonstrirten Coeliomyomektomie hervor.') Die hierbei er¬ 
folgende Eröffnung des Peritoneums gestattet auch die Entfernung etwa 
vorhandener interstitieller und subseröser Myome. Handelt es sich mit 
Sicherheit nur um ein submucöses Myom, so kann man die vordere Corpus- 
wand auch spalten, ohne das Peritoneum zu eröffnen. Zu dem Zweck 
wird, nach Eröffnung des vorderen Scheidengewölbes und Ablösung der 
Blase vom Cervix, das Peritoneum der Plica vesicouterina stumpf von der 
vorderen Uteruswand abgeschoben, was beinahe bis zum Fundus liiuauf 
gelingt. 

Herr Bröse (Eigenbericht) ist ebenfalls der Ansicht, dass mau die 
intrauterinen Injectionen mit der Braun’schen Spritze verwerfen müsse. 
Zu intensiven Aetzungen der Uterusschleimhaut nach der Auskratzung 
bei Endometritis fungosa benutzt er die Elektrolyse. Die Application von 
Aetzmitteln, besonders starker Chlorzinklösungen, auf die Uterusschleim¬ 
haut mittels der Playfair’schen Sonde ist eine sehr zweckmässige Methode, 
und der Einwand des Herrn Falk, dass die Aetzflüssigkeit gar nicht in 
die Uterushöhle, sondern nur in den Cervix gelange, ist nicht richtig, da 
bei blosser Aetzung des Cervix die Frauen ohne Schmerzen bleiben, bei 
! Aetzungen der ganzen Uterushöhle unter Umständen aber heftige Uterus¬ 
koliken bekommen. Bei der Behandlung des Fluor albus, der Endometritis 
catarrhalis, ist zu berücksichtigen, dass man nicht ebne weiteres er- 
, kennen kann, ob der Fluor nur aus dem Cervix stammt oder auch die Uterus- 
| höhle an der Secretion betheiligt ist. In der Regel geht der Katarrh, 
besonders auch der chronisch-gonorrhoische gar nicht über den innereu 
Muttermund hinaus; der innere Muttermund bildet einen Wall gegen die 
Bacterieninvasion. Es genügt deshalb in der Regel vollkommen, nur den 
Cervix zu behandeln, und es kann bei intrauteriner Behandlung sehr leicht 
die Infection erst in die Uterushöhle hineingeschleppt werden. Kommt 

l ) Siehe diese Wochenschrift 1892, No. 11 und 12. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 











VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


138 


man nach längerer Behandlung des Cervix nicht zum Ziel, dann erst soll 
man die Uterushöhle in Angriff nehmen. Die Auskratzung des Uterus 
und des Cervix wegen Fluor ist zu verwerfen. Man erreicht damit nicht 
viel und kommt durch Application von Aetzmitteln vollkommen zum Ziel. 
Als Indicationen für die Uterusauskratzung, welche mit der von Herrn 
Olshausen empfohlenen Curette am ungefährlichsten ist, sind nur zu be¬ 
trachten die Retentio von Abortresten und hochgradige Endometritis fun- 
gosa, welche durch medicamentöse Therapie nicht zu beseitigen ist. 
Ausserdem die Endometritis exfoliativa. Sind grössere Abortreste zu¬ 
rückgeblieben, so dilatirt man besser vor der Operation mit Laininaria 
oder Jodoformgaze. 

Herr Czempin (Eigenbericht): In der Anerkennung, dass die in¬ 
trauterine Therapie von Gefahren begleitet sein kann, sind alle Redner 
einig gewesen, und dem Herrn Vortragenden gebührt der Dank, vor diesen 
Gefahren eindringlich gewarnt zu haben. Indessen sind die Ausführungen 
des Herrn Vortragenden vielfach dahin missverstanden worden, als ob die 
intrauterine Therapie völlig zu verwerfen sei, während doch thatsächlich 
dieselbe recht günstige Erfolge aufzuweisen hat. So habe ich niemals 
Gelegenheit genommen, die chronische Endometritis corporis blennorrhoica 
durch Curettement zu behandeln, sondern habe zahlreiche Fälle mit lokaler 
Aetzbehandlung geheilt. Die Fälle, welche mit Aetzmitteln zu behandeln 
sind, müssen aber recht vorsichtig ausgewählt werden. Während der 
Herr Vortragende als Hauptgefahren die Vernachlässigung der Antisepsis 
imd die mechanischen Vorletzungen der Uteruswand nennt, Gefahren, 
welche erst eintreten, wenn man mit der Behandlung nach gestellter 
Diagnose beginnt, möchte ich hier auf eine Gefahr hinweisen, welche in 
der falsch oder mangelhaft gestellten Diagnose Hegt. Zunächst sind nicht 
alle Secretionsanomalieen des Uterus als Erkrankungen des Endometrium 
corporis anzusehen, im Gegentheil rühren dieselben oft von einer isolirten 
Erkrankung der Cervixschleimhaut her, einer Endometritis cervicis. Das 
lässt sich bei einiger Erfahrung schon aus dem Secret allein eruiren, da 
letzteres bei Erkrankungen des Cervix stets die zäh-schleimige Beschaffen¬ 
heit bewahrt, während das Secret der Körperhöhle des Uterus dünneiterig 
ist. Man muss sich also hüten, wie dies auch HerrBröse hervorgehoben 
hat, in Füllen von Endometritis cervicis das Endometrium corporis zu be¬ 
handeln. Ferner ist bei der Untersuchung ganz ausserordentliche Sorg¬ 
falt auf die Diagnose der Adnexa des Uterus zu verwenden. Zwar wird 
selten jemand grosse Tubensäcke, bedeutende Exsudatreste übersehen, aber 
gerade die noch geringen Erkrankungen der Tuben, Verdickungen der 
Douglas’schen Falten, alte parametrische Narben zu beiden Seiten des 
Uterus werden von weniger geübten Untersuchern leicht übersehen. Be¬ 
handelt man einen chronischen Uteruskatarrh bei gleichzeitigem Vor¬ 
handensein solcher Adnexerkrankungen, so wird man leicht als Folge der 
Behandlung Verschlimmerungen der Tubenerkrankungen, acute Exsudate 
im Beckenbindogewebe etc. erleben. Eine dritte Contraindication gegen 
die lokale Behandlung sind Blutungen, starke Menorrhagieen oder Auftreten 
von Blutungen im Anschluss an die Behandlung. In solchen Fällen wird 
man leicht Misserfolge in der Aetzbehandlung haben und mit besserem 
Erfolg die Ausschabung der hyperplastischen Schleimhaut vornehmen. 
Hat man sich in der Auswahl der zu behandelnden Fällo alle diese Ein¬ 
schränkungen auferlegt, so wird man mit der Aetzbehandlung Erfolg 
haben.. Ich ziehe trotz der Empfehlung des Herrn Vortragenden die 
Playfair’scho Sonde der von Sänger neu empfohlenen amerikanischen 
Silbersonde vor und wähle abgerundete, ganz dünne Aluminium sonden, 
welche ich mit Leichtigkeit ohne Fixation des Utenis im röhrenförmigen 
Speculum anzuwenden pflege. Allerdings bin ich in der Auswahl des 
Aetzmittels sehr vorsichtig und ätze niemals intrauterin, bevor ich nicht 
durch mehrfaches Einführen einer Uterussonde und versuchsweises An¬ 
wenden milder Aetzmittel in den ersten Sitzungen mich über die Empfind¬ 
lichkeit des Uterus vergewissert habe. Treten starke Uteruskoliken auf, 
so ist die lokale Behandlung so lange auszusetzen, bis durch eine medi¬ 
camentöse Behandlung die EmpfindHchkeit des Organs sich vermindert hat. 

Herr J. Veit (Eigenbericht) bemerkt, dass die grosse Zahl und Ver¬ 
schiedenheit der vorgeschlagenen Methoden am besten zeigt, dass viele 
Wege zum Ziele führen und dass wahrscheinlich wenige Herren alle 
Methoden der Behandlung haben prüfen können; Misserfolge, die durch 
bestehende Salpingitis oder mangelnde Antisepsis bedingt sind, werden 
Eingriffen zugeschoben, die von anderer Seite empfohlen waren. Schroedcr 
hat seiner Zeit die von Olshausen empfohlene biegsame Curette wieder 
bei Seite gelegt, hat zur Auskratzung stets den Uterus fixirt und später 
reichlich Jodinjectionen gemacht. Chlorzinkpaste auf P1 ay f a i r 'scher Sonde 
ist sicher nicht unwirksam. Irgend eine Methode der Nachbehandlung 
nach Auskratzung ist nothwendig, weil sonst sich nur dieselbe Schleimhaut 
wieder bildet , die vorher bestand. Zur Vermeidung der Perforation des 
Uterus mit dem scharfen Löffel rüthVeit, stets von oben nach unten zu 
kratzen und dann sondirend das Instrument zum Fundus zu führen; er 
will natürlich das andauernde Kratzen einer und derselben Stelle ver¬ 
mieden wissen. 


Herr Olshausen (Schlusswort) bleibt bei seiner Ansicht, dass d 
Roux sehe Curette ein ungeeignetes Instrument sei. Den Liquor Fei 
sesquichlorati hat er als Injectionsflüssigkeit eigentheh für abgethan g 
halten. Die Injeetionen sind nicht ganz zu verwerfen, die darauf folgend» 
Koliken sind zwar unangenehm, aber nicht gefährlich; die Methode h 
den Vortlieil, dass das Mittel dadurch sicherer auf die Schleimhaut gelang; 
besonders bei engem Orificium intemum. Mit Herrn Bröse stimme 
dann überein, dass die meisten Katarrhe Cervixkatarrhe seien, bei den» 
ein Curettement nicht angebracht sei. Das Curettement wegen abgestorben 
r nicht ist nach dem zweiten Monate wegen der grossen Gefahren nie 
anzuwenden. Herr Olshausen holt noch eine Indication für die Operati. 
nacn, nämlich bei der Dysmenorrhöen membranacea (Endometritis exfoliativi 
wo das Cu rot lernen I. der anderen Behandlung vm-nusgehen muss. 

Max Salnmon. 


No. 18 


n. Unterelsässischer Aerzteverein m 
Strassburg. 1 ) 

Sitzung am 27. October 1894. 

Vorsitzender: Herr W. A. Freund. 

1. Herr W. A. Freund: Im Anschluss an die Demonstration 
in der letzten Sitzung wird der damals noch nicht operirt« Fall 
heute als durch die Operation (Einnähung des im Fundus Stoma- 
flirten Uterus auf den Defect der Blase und Scheide) geheilt vor¬ 
gestellt. 

2. Herr Klemperer stellt einen Fall von doppelseitiger 
PoBticuslähmung vor. Der Patient ist 53 Jahre alt, ohne here¬ 
ditäre Belastung, luetisch nicht infleirt, überhaupt bisher stets 
gesund gewesen. Er war früher acht Jahre Soldat, ist jetzt in 
leichtem Bureaudienste thätig. Seine Krankheit begann plötzlich 
in der Nacht zum 9. September dieses Jahres mit einem etwa zwei 
Stunden dauernden Erstickungsanfalle. Derselbe ging spontan vor¬ 
über; die nächsten Tage fühlte sich Patient wieder völlig wohl. 
Der Anfall wiederholte sich in der Nacht zum 18. September: 
diesmal hielt er an. Patient kämpfte den ganzen 13. September 
mit der grössten Athemnoth. Nach der bestimmten Angabe seiner 
Umgebung minderte dieselbe sich auch in der Nacht zum 14. nicht 
einen Augenblick, trotzdem Patient vorübergehend schlief. Vor¬ 
tragender sah den Patienten zuerst am 14. September Nachmittage 
Der Patient war stark cyanotisch und verfallen, in hochgradigster 
Dyspnoe. Dieselbe war rein inspiratorisch, das sehr lange Inspi- 
rium von einem lauten, krähenden Stridor begleitet, das Exspiriuni 
kurz, leicht und lautlos. Die laryngoskopische Untersuchung er¬ 
gab: Die Stimmbänder etwas trübe, graugelb, leicht gequollen, 
sonst beim Phoniren keinerlei Veränderung sichtbar. Beim Athnim 
jedoch bildet die Glottis einen höchstens 2 mm breiten Spalt, der 
bei dein angestrengten Inspirium wie bei dem leichteren Exspirium 
gleich weit und unbewegt bleibt. 

Es bestand also eine Glottisstenose durch Fixation der Stimm¬ 
bänder nahe der Mittellinie. Als Ursache derselben war ein» 1 
mechanische Behinderung der Auswärtsbewegung (Ankylose oder 
Pseudoankylose im Crico-arytaenoidgelenk) auszuschliessen, da 
weder anamnestisch eine frühere Larynxerkrankung noch auch 
objeetiv eine Veränderung am Gelenk vorhanden war. Auch ein 
reiner Krampf der Adductoren (Glottisspasmus) war nicht anzu- 
nehmen, da die Dyspnoe zu lange bereits in gleicher Intensität 
bestand und auch im Schlafe nicht nachgelassen hatte. Es durfte 
danach eine doppelseitige Abductorenlähmung diagnosticin 
werden. Dem entsprach die geschilderte Störung der Athmung 
und auch die Stimme. Die Sprache des Patienten hatte durch die 
langen inspiratorischen Unterbrechungen eine eigenartige Färbung: 
die Worte kamen stossweise, wie zerhackt; die Stimme selbst aber 
war fast intact, ein wenig rauh und .monoton, doch laut und 
kräftig. Eine inspiratorische Verstärkung der Glottisenge bestand 
nicht, jedoch deutete das Auftreten des erstmaligen kurzen Anfalls, 
sowie die zur Zeit bestehende, ungemein starke Dyspnoe auf da> 
Mitspielen eines Adductorenkrampfes hin. Es wurde deshalb der 
Kehlkopf intensiv cocainisirt (20 %); die Dyspnoe verringerte sic > 
jedoch nicht ; auch Bromkali innerlich und in Inhalation fuhrt' 1 
keine Erleichterung herbei. Die Dyspnoe nahm gegen Abend noe i 
zu, so dass der Patient Abends in das Spital gebracht wer eii 
musste, wo er sofort von Dr. Weil tracheotomirt wurde. _>'■ 
Athmung war momentan frei, Patient erholte sich ^hnell- f 
Wundverlauf war ein ungestörter; Patient konnte nach 
bereits mit einer Ventilcanüle entlassen werden. Diese tragt 
noch heute; er athmet, spricht und schluckt' ohne Beschwer <| 

Bald nach der Tracheotomie erlangte das rechte btiumi 
eine ganz geringe Bewegungsfähigkeit wieder. I*ß u \ e * ?.,, 
linke Stimmband absolut unbeweglich in der Mittellinie,_n 
noch ein klein wenig über dieselbe nach links gerückt. Da* s _ ^ 
Stimmband macht geringe Excursionen beim Inspirium. 
reicht es noch nicht Cadaverstellung. Dasselbe ist öfters 
gehend am Rande ausgebuchtet, doch ist diese oenwjtf ■ f 
Musculus thyreo-arytaenoideus internus nicht constant. ■_ \^ (1 
demnach linksseitige Posticusparalyse und rechtsseitige ros i »p 

Bezüglich der Ursache der Lähmung im vorhegen 
liegen Anhaltspunkte für periphere Recurrensei ' * 

nicht vor. An Brust, Herz und Aorta, am Oesophagu» ^ 
äusseren Halse sind Veränderungen nicht nachweis »a • ^ 

können trotzdem bestehen, allein es ist unwahrschein i,. ^ (i 

dem Nachweis gerade in diesem Falle entgingen, wen < n cClirr env 
ausgedehnt oder multipel sein müssten. Denn beide . j. 8 , in 
nerven müssten erkrankt sein. Einseitige ^igus \ , ]t ,| :l 
beide Postici lähmen, einseitige Recurrenslftsio 

•) Wegen der Actualität des Gegenstandes sind die drei f P 
PpOtokolle ausserhalb der Reihe publicirt. D. Ren. 


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29. Novemb er. VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 130 


dieser Nerv nach den Angaben der meisten Autoren eentripetale 
Leitung nicht besitzt. 

Ist die ursächliche Erkrankung im Vagusstamm oder Vago- 
Accessoriuskern gelegen, so bestehen gewöhnlich neben der 
Posticuslähmung noch andere Symptome aus dem Gebiete des 
Vago-Accessorius. Von allen hier in Frage kommenden Symptomen 
ist bei dem Patienten nur die Tachycardie nachweisbar: Patient hat 
194—*29 Pulse, gegenwärtig 116. Dieses Symptom kann für die 
Diagnose des centralen Sitzes der Lähmungsursache nicht aus¬ 
schlaggebend sein, doch fällt es bei der Unwahrscheinlichkeit 
peripherer Erkrankung wohl ins Gewicht. 

Eine allgemeinere Hirn- oder Rückenmarkserkrankung ist bei 
dem Patienten zur Zeit nicht zu diagnosticiren. Besonders häufig 
ist Posticuslähmung bei Tabes (Burger stellt 48 Fälle zusammen: 
35 mal ist die Lähmung doppelseitig); in dem vergangenen Jahre 
sind mehrfach Fälle von Syringomyelie mit Posticuslähmung mit- 
getheilt; sehr vereinzelt scheint dieselbe auch bei multipler Sklerose 
vorzukommen. Patient hat deutlich gesteigerte Sehnenreflexe, sein 
Gang hat etwas Spastisches; sonst aber ist ausser der Posticus¬ 
lähmung bisher nichts nachzuweisen. Es ist jedoch daran zu denken, 
dass die Posticuslähmung mehrfach das erste Symptom der Rücken¬ 
markserkrankung war. 

Die Prognose der Kehlkopflähmung ist bei der Unklarheit, 
die im vorliegenden Falle über das Grundleiden besteht, unsicher. 

Für die Therapie liegen Indicationen zur Zeit nicht vor. 
Die Canüle muss weiter getragen werden, bis Heilung eintritt oder, 
was wahrscheinlicher ist, die Posticuslähmung auf der einen oder 
anderen Seite in Recurrenslähmung übergeht, das Stimmband 
also aus der Medianstellung in CadaVerstellung rückt. 
(Demonstration des laryngoskopischen Bildes.) 

3. Herr Naunyn berichtet über die modernen Methoden 
der Blutuntersnchong an gefärbten Präparaten und demonstrirt 
mitotische Kemtheilungen weisser Blutkörperchen am Blute von 
Leukämie und von pernieiöser Anämie; letzterer Fall betrifft ein 
zweijähriges Kind, bei dem ein grosser Leber- und Milztumor ohne 
Icterus besteht. Syphilis sonst nicht nachweisbar und antisyphi¬ 
litisches Verfahren ohne Erfolg. Das Blut zeichnet sich durch 
einen ganz ungewöhnlichen Reichthum kernhaltiger rother Blut¬ 
körperchen mit Kernzerfall aus; oft im Gesichtsfeld (Zeiss l /i 2 , 
Compensationsocular 6) 6—10 solcher. 

4. Herr E. Levy spricht über die Grundzüge der Blut- 
serumtherapie bei Diphtherie und Tetanus. (Der Vortrag wird 
ausführlich im Arch. f. öffentliche Gesundheitspflege in Eisass- 
Lothringen zum Abdruck gelangen.) 

Discussion. Herr Kröll: Ich möchte einen in den letzten Tagen 
mit Diphtherieheilserum behandelten Fall um so eher anführen, als bis 
jetzt das Mittel in hiesiger Stadt noch wenig angewandt worden ist. Es 
handelte sich um einen sechsjährigen Knaben. Am 14. October Abends 
hatte die Mutter die Membranen im Halse des sich unwohl fühlenden 
Kindes entdeckt. Am 15. Morgens fand ich die Mandeln und die hintere 
Rachenwand mit Membranen ausgekleidet, welche durch vorausgegangene 
Eisenchloridgurgelungen schmutzig gelb gefärbt waren. Die Nase war 
geschwollen, verstopft, und es floss in reichlicher Menge gelbe seröse 
Flüssigkeit aus deren vorderen Oeflnungen. Die Submaxillardrüsen waren 
stark geschwollen, Gesichtsfarbe blass, Puls klein und beschleunigt. 
Temperatur 38,5; schnarchendes Athmen und nasales Sprechen. Uvula 
und Larvnx frei. Kein Eiweiss im Urin. Die klinischen Erscheinungen 
entsprechen somit einem schwereren Fall von Diphtherie. Um die letzten 
Zweifel in Betreff der Diagnose zu beseitigen, hätte die bacteriologische 
Untersuchung ausgeführt werden müssen, konnte aber wegen der Unge- 
berdigkeit des Kindes nicht ausgeführt werden. Das Kind erhielt vorerst 
Einathmungen von Kali chloricum und bekam Abends, also etwa 36 Stunden 
nach Ausbruch der Krankheit, eine Injection von 10 g Behring’schen 
Serums No. 1 (grünes Etikett) unter die Bauchhaut. Am 16. Morgens 
Temperatur 38,8. Membran filzig. Kräftezustand etwas besser. Wein, 
kräftige Brühe. Abends Temperatur 39,0, reichlicher Ausfluss aus der 
Nase; Athmen sehr erschwert. Zur Auflösung der massenhaften Membranen 
Einathmung von 5 % Papayotinlösung und Eingiessen derselben in die 
Nase. Aus äusseren Gründen wurde an diesem Abend eine weitere 
Seruminjection nicht gemacht. Am 17. Temperatur 37,8; rechts noch 
dicker Belag, links und im Pharynx geringer; aus der Nase fliesst eitriger 
Schleim. Zweite Injection von 9 g Serum No. 1 in den Oberschenkel. 
Mit dem restirenden 1 g wird der kleinere Bruder prophylaktisch geimpft, 
da er immer wieder das Zimmer betritt. Am 18. Temperatur 37,7; noch 
eine pfenniggrosse Membran auf der rechten Mandel; eitriger Schleim aus 
der rechten Nasenöflnung. Einathmungen von Glycerin und Eingiessen von 
Borsäurelösung in die Nase. Am 19. Membranen verschwunden. Allge¬ 
meinbefinden gut. Der auffallend günstige Verlauf dieses ziemlich schweren 
Falles mit Heilung innerhalb vier Tagen scheint mir für die Nützlichkeit 
der Seramtherapie zu sprechen. Das jüngere mit 1 g Serum geimpfte 
Kind ist gesund geblieben. 

Herr Wiek: Ich habe von 14 Kindern, die an Diphtherie erkrankt 
waren, zehn mit Heilserum behandelt. Bei diesen zehn Kindern war der 
weitere Verlauf bei weitem nicht so schwer wie bei den nicht mit Serum 
behandelten Patienten, von denen einer starb. An weiteren zehn Kindern 
habe ich Präventivinjectionen mit Heilserum gemacht, und zwar in Familien. 


wo bereits Kinder an Diphtherie erkrankt waren. Bei Kindern über sechs 
Jahren spritzte ich 2 ccm, bei jüngeren 1 ccm ein. Von diesen präventiv 
Geimpften erkrankten zwei am fünften, eines am sechsten Tage nach der 
Einspritzung an äusserst leicht verlaufender Diphtherie. Sie wurden nicht 
weiter behandelt; nach drei bis vier Tagen war der Krankheitsprocess 
abgelaul'on. Die durch Herrn E. Lew in diesen drei Fällen ausgeführte 
bacteriologische Untersuchung ergab Diphtheriebacillen. 

Herr Fürstner weist auf die Schwierigkeiten hin, die sich der Ver- 
werthung der Statistik entgegenstellen; in den Spitälern, namentlich in 
denen grosser Städte, würden viele und überwiegend schwere Fälle auf¬ 
genommen, in der Praxis würde es sich um oft leichte Fälle von Diphtherie 
handeln, es würde auch mancher mit Unrecht der Diphtherie zugerechnet 
werden. Nicht minder sei der jedesmalige Charakter der Epidemie, ob 
mild oder schwer, zu berücksichtigen. 

Herr Kohts: Hinsichtlich der durch das Heilserum bisher erzielten 
günstigen Erfolge möchte ich hervorheben, dass im Verlauf der letzten 
Jahre die Schwere der Diphtherieepidemieen entschieden nachgelassen 
hat und dass die Mortalitätsziffer sowohl in Deutschland wie in England 
ganz erheblich vermindert wurde. Dieselbe sank auf 30 bis 18 °/o. 
In der hiesigen Kinderklinik wurden vom Jahre 1889—1893 wegen Di¬ 
phtherie der unteren Luftwege 399 oporirt, von denen 222, also 55,64 %. 
geheilt entlassen wurden. Ausserdem kamen wegen Diphtherie der Rachen¬ 
gebilde sowie des Larvnx und der Trachea 283 Patienten zur Behand¬ 
lung, von denen 228 (80,56 %) geheilt entlassen wurden. Im ganzen 
genasen also von 682 Diphtheriepatienten 450 (66 %). Vom 1. Januar 
bis 1. November 1894 wurden tracheotomirt 75, geheilt 37, also 49,33 %, 
ausserdem behandelt 71. davon geheilt 52 (73,24 %). im ganzen also in 
diesem Jahre 01 %. Das sind gewiss recht günstige Resultate, und wenn 
man dabei berücksichtigt, dass einfache Mandeldiphtherieen nur ganz aus¬ 
nahmsweise in die Klinik zur Behandlung kommen, dass ferner die Patienten 
durchschnittlich erst einige Tage mich der Erkrankung, die meisten sogar 
erst mit ausgesprochenen Erscheinuugeu der Larynxstenose in die Klinik 
gebracht werden, so können sich die Resultate unserer Behandlungsmethode 
mit den durch das Heilserum gewonnenen wohl messen. Ich habe mit 
dem Moment, wo das Heilserum für uns erhältlich war, dasselbe ange¬ 
wandt, vermag aber aus dem mir bisher zu Gebote stehenden Material 
noch keine positiven Scliltisse zu ziehen. Von neun Tracheotomirten, die 
sich ungefähr unter denselben Bedingungen befanden, sind fünf mit Heil¬ 
serum, vier ohne dasselbe behandelt. Von diesen starb ein Patient, dem 
Heilserum injicirt war, einer der keine Injection erhalten hatte, und dieser 
letztere ging nicht sowohl an der Diphtherio zugrunde, sondern infolge 
einer Geschwulst der Thymusdrüse, die unterhalb der Canüle die Trachea 
eomprimirte und so den Tod herbeiftthrte. Durch möglichst frühzeitige 
Behandlung mit Heilserum sichert man sich von vornherein die leichteren 
Fälle zu Gunsten des Heilserumstatistik. Erst dann wird man von einer 
specifischen Heilwirkung des Heilserums sprechen können, wenn dasselbe 
in der Privatpraxis und in Spitälern längere Zeit angewandt wird und 
sich dabei herausstellt, dass die Mortalitätsziffer bei der Diphtherie er¬ 
heblich herabgesetzt wird. 

Herr Flocken: Ich erlaube mir die Anfrage, wie soll sich der 
praktische x\r/t, insbesondere der Landarzt, der neuen Heilmethode gegen¬ 
über verhalten? Die traurigen Ergebnisse des Tuberkulins stimmen die 
Bevölkerung misstrauisch, andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass bei 
einem durch Diphtheritis erzeugten Todesfälle dem Arzte der Vorwurf 
gemacht wird, das neue Verfahren nicht angewandt zu haben. Die bis 
jetzt erzielten Resultate (26% Todesfälle nach Roux) sind meines Er¬ 
achtens noch keineswegs hinreichend, um das bis jetzt noch so hoch im 
Preise stehende Antitoxin anzuwenden. Bei einer schweren Diphtherie¬ 
epidemie, welche anfangs der 80 er Jahre in meinem früheren Wirkungs¬ 
kreise (Quatzenheim und Umgegend) herrschte, erzielte ich mindestens 
eben so gute Erfolge. Die Behandlung bestand zu Anfang in Verabreichung 
von Calomel (Einzeldosis 0,20—0.50 g je nach Alter der Patienten), sodann 
in hydropathischen Umschlägen; wenn die Temperatur über 39° stieg, in 
Einpackungen des ganzen Körpers in nasse Tücher, gefolgt von Bädern 
ä 30° Celsius. Oertlich 3 % Kali chloricum-Lösung mittels Zerstäubungs¬ 
apparates zweistündlich angewandt. Die grosse Mortalität, welche bis in 
neuere Zeit verzeichnet wurde, ist dem Umstande zuzuschreiben, dass die 
meisten Aerzte Cauterisation oder Bepinselungen mit Lösungen von 
Argentum nitricum oder Ferrum chloratum anwandten. Dio Wärterinnen 
benutzten oft denselben Pinsel für mehrere Kranke, wenn dies aber auch 
nicht der Fall war, wurde doch durch diese mechanischen Eingriffe der 
epitheliale Ueberzug der Schleimhaut verletzt und dadurch der diphtheritische 
Process gefördert. Es ist als ein grosser Fortschritt zu betrachten, dass 
man mehr und mehr von diesem Verfahren abkommt; dies erklärt auch 
die günstigeren Resultate. Wir Landärzte können unmöglich jeden Fall 
von Diphtheritis auf Bacillen untersuchen. und angeblich kann nur bei 
bacillärer Form auf Erfolg gerechnet werden. Einstweilen verhalte ich 
mich der Serumtherapie gegenüber negativ oder besser gesagt exspectativ. 

Herr v. Recklinghausen möchte darauf aufmerksam machen, dass 
der Nachweis der Diphtheriebacillen nicht in allen Fällen richtiger 
Diphtherie gelingt, keineswegs nur wegen ungünstiger Neben umstände. 
Denn auch die von den besonderen amerikanischen Comitös in New-York, 
Boston und Baltimore zu tausenden vorgenommenen culturellen Unter¬ 
suchungen haben in 14—20% den Löffler’schen Bacillus nicht nach- 
weisen lassen. Es dürfte kaum angehen, diese Fälle unter dem Namen 
Pseudodiphtherie abzusondem. nur zu dem Zweck, um eine einheitliche 
Krankheit auf Grund des Nachweises des wahren Bacillus statuiren zu 
können. In diesem Sinne die Diphtheriediagnose jedesmal erst von dem 
Bacillennachweis abhängig zu machen, dieser Anspruch müsste unsere 
Definitionen verkehren und würde wohl auch für die Beobachtung des 
Herrn Collegen Wiek nicht unbedingt zu erheben sein. 

HorrNaunyn hebt gegenüber den wenig erniuthigenden Aeuss.-rmigen 


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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


des Herrn Flocken hervor, dass die therapeutische Leistungsfähigkeit 
des Diphtherieheilserums jedenfalls so solid feststände, als sie durch Thier¬ 
versuche festgestellt werden könne; hierüber bestände unter allen Autoren 
Einigkeit. Man solle nicht auf die traurigen Erfahrungen mit dem Tuberkulin 
Hinweisen, für dieses hätte eine derartige zuverlässige experimentelle Grund¬ 
lage leider gefehlt. Natürlich müsse man auch für das Heilserum noch 
durch Versuche am Menschen die Brauchbarkeit des Mittels für die 
menschliche Diphtherie nachweisen; solche solle man mit Vertrauen auf¬ 
nehmen. Die Bemerkungen von v. Recklinghausen sind nicht geeignet, 
die Nothwendigkeit, die Wick’schen Fälle genau zu constatiren, zu ent¬ 
kräften. Denn wenn es auch schon diphtherieähnliche Erkrankungen auf 
der Schleimhaut des Pharynx durch andere Mikroorganismen hervorgerufen 
giebt, wenn also auch in diesem Sinne, wie v. Recklinghausen betont, die 
Diphtherie keine einige specifische Krankheit ist, so kann doch natürlich 
von einer Wirksamkeit des mittels Loeffler’scher Diphtheriebacillen ge¬ 
wonnenen Heilserums nur gegen Loeffler’sche Diphtherie die Rede sein. 


III. Greifswalder medicinisclier Verein. 

Sitzung am 8. November 1894. 

Vorsitzender: Herr Mo sl er; Schriftführer Herr E. Hoff mann. 
J. Herr Mosler: Ueber die neuerbaute Musterbaraoke 
des Universitatskrankeiili&uses zur Aufnahme von anstecken¬ 
den Kranken. 

2. Herr Börger: Die in der Greifbwalder medicinischen 
Klinik erlangten Resultate mit Behring’s Heilserum bei an 
Diphtherie erkrankten Personen. (S. diese Nummer, S. 902.) 

3. Herr Loeffler: Ueber die lokale Behandlung der 
Rachendiphtherie. (Vergl. diese 'Wochenschrift No. 42, S. 801.) 

Discussion. Herr Ströbing: Etwa der vierte Theil der von Prof. 
Loeffler bacteriologisch untersuchten Fälle war keine echte Diphtherie, 
d. h. es handelte sich nicht um eine durch den Loeffler’schen Bacillus, 
sondern durch andere Mikroorganismen, namentlich durch Streptococcen 
bedingte Erkrankung. Diese von Loeffler gefundenen Zahlen stimmen mit 
«lenen anderer Beobachter überein. So konnte Ronx unter 448 Fällen 
von klinischer Diphtherie in 128 den Loeffler’schen Bacillus nicht finden. 
Es ist eine ganz eigentümliche und wissenschaftlich interessante Er¬ 
scheinung, dass unter Verhältnissen, unter welchen die Erkrankungen an 
echter Diphtherie sich häufen, in denen also der Loeffler'sche Bacillus 
aiisgestreut ist. auch gleichzeitig diphtheroide Erkrankungen, durch andere 
Mikroorganismen bedingt, in aussergewöhnlicher Menge zur Beobachtung 
gelangen. Denn wenn ich auf meine Praxis zurückblicke, so habe ich in 
keinem Jahre so viele derartige Erkrankungen zu behandeln gehabt wie 
jetzt zur Zeit der letzten Epidemie echter Diphtherie in Greifswald. 

Was die klinische Dignität dieser diphtheroiden Erkrankungen anbe- 
1 rillt, so zeichnen sie sich im allgemeinen ja gegenüber der echten 
Diphtherie durch eine gewisse Harmlosigkeit in ihrem Verlaufe aus. Es 
ist sicher, dass sie bisweilen bei ziemlich indifferenter Therapie heilen. 
Die gleichen Erkrankungen sind es auch hauptsächlich gewesen, welche 
so vielen Mitteln unverdienten Ruhm verschafft haben — Mitteln, welche 
der echten Diphtherie gegenüber schliesslich so schmählich versagten. 
Meist gehen diese diphtheroiden Erkrankungen von den Krypten der 
Tonsillen aus, auf welchen ja auch gewöhnlich die echte Diphtherie be¬ 
ginnt, und bleiben auch auf die Tonsillen beschränkt. Der Process kann 
jedoch, und gelegentlich relativ schnell, von den Tonsillen auf die Gaumen- 
bügen und die hintere Rachenwand übergreifen und weiter ebenso wie die 
echte Diphtherie beim Int actbleiben der Tonsillen von der Schleimhaut 
selbst seinen Ausgangspunkt nehmen. Namentlich die hypertrophi¬ 
schen in die Schleimhaut eingebetteten Balgdrüsen (Pharyngitis granulosa) 
bildeten in mehreren Fällen den Ausgangspunkt der Erkrankung. Ist 
die Streptococcendiplithcrie gegenüber der echten Diphtherie ein im 
ganzen dankbares Object der Therapie, so schafft sie docli auch nicht 
so selten ein schwereres klinisches Bild, zu dessen Beseitigung eine 
längere Behandlungsdauer nöthig sein kann. Gelänge es, alle relativ spät 
in die Krankenhäuser eingolieferten Kranken bacteriologisch zu untersuchen, 
so würde unsere Kenntniss von der klinischen Bedeutung dieser Er¬ 
krankungen, wie ich glaube, nach verschiedenen Seiten hin eine Erweiterung 
erfahren. Greifen die diphtheroiden Processe auf die Schleimhaut über 
so setzen sic ebenso wie die echte Diphtherie eine Nekrose des Epithels. 
Ist die Schleimhaut ihrer schützenden Decke beraubt, treten die Mikro- 
organismeu ins Gewebe und in die Blutbahn, so kann es unter diesen 
Verhältnissen gelegentlich bei ungenügender Behandlung zu einer über¬ 
reichen Entwickelung von Streptococcen im Blute kommen, d. h. die 
Kranken können dann an Streptococcenseptikämie zugrunde gehen. 
.Nach einer Seite hm haben sich mir bei der letzten Epidemie diese 
Erkrankungen als unter Lmstfuideu verhängnissvoll erwiesen. Sie können 
\vie die echte Diphtherie mit Fäuluissvorgängen sich paaren, und es 
können damit gangränescirende Processe zur Ausbildung gelangen. So 

' '"l i ,'Ü" S ' U m 11 . 1 <ler , Theo ‘°« ie D - m *« hohen Temperaturen 
/ Diphtherie. Mit starkem Foetor ex ore bildeten sich Mem- 

Nekro on a J«r k T m m ZU ß i atuu S e nGewebe und zu nicht unbedeutenden 

fS? T ri eü - ^. emaI ? faüden sidi im Verlauf der Erkrankung 
chte Diphtheiiebacülen. Die lokale Behandlung war zuerst mit Sublimat 
begonnen, doch griff der Process rapide um sich, bis er bei enenrischer 
Ä"°n d r Loeffie rächen Lösung zum StiUsts^d gelang Ich 

-»reitet °w--Lrt Cr ^i'^ 0 Ci? hne . Anwen <! u "g Loeffler’Bchen Lösung 
il vlJi D i ktreptococcendiphtherie kann endlich weiter 
dazu A oranlassung geben, dass die Submucosa inficirt wird und dass 
lf zur Ausbildung einer Hnlsphlegmone kommt. Die Gefahren, 


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welche die letztere lokal setzt, wenn sie tiefer kinabsteigt und bi s 
Kehlkopfeingang gelangt, und welche sie weiter für den Organismus dual 
das Hervorrufen einer Sepsis bedingen kann, brauche ich hier nicht 
erörtern. Bei dieser Streptococcendiphtherie ist die Serumbehandhm, 
ohne Einfluss; hier bleibt vorläufig tliatsitchlich für die Therapie U 
anderer Weg, als den Process lokal zu behandeln. 1 1 

Wenn man das klinische Bild der echten Diphtherie mit dem bacterio- 
logischen Befund zu vereinigen sucht, bekommt man oft den Eindruck da- 
die Mischinfectionen, d. h. die gleichzeitige Infection mit Diphtheriebacillen 
und anderen Mikroorganismen, besonders mit Streptococcen, ein schwerere- 
Krankheitsbild liefern als die Diphtherieinfection allein. Die Streptococcen 
haben aber wieder die gute Eigenschaft, dass sie der Loeffler’scki 
Mischung gegenüber weniger widerstandsfähig sind, d. b. sie lassen sich Ln 
loco schneller abtödten, so dass die Misehinfection in eine einfache Diphtk 
rieinfection verwandelt werden kann. Kommen die Fälle also nicht zu spü: 
in Behandlung, ist es noch nicht zu einer zu bedeutenden Anhäufung v.;! 
Streptococcen im Blut gekommen, so kann der Ausgang noch immer ein 
günstiger sein. Braucht man für die beginnenden, ein bis zwei Tag» 
alten Fälle von Diphtherie kaum je das Heilserum, da es wohl meist >#. 
lingt, durch die Loeffler’schen Mischungen den Funken zu löschen,\ 
h. die Krankheit im Keime zu ersticken, so wird heute natürlich die Serum- 
behandlung bei ausgedehnterem Process in Anwendung gezogen werden 
müssen, um die Wirkung des bereits in den Körper getretenen Giftes m 
paralysiren und die Einwirkung desselben auf das Herz, auf die Nieren 
und das Nervensystem aufzuheben. Doch auch dieser Behandlung ist in 
ihrem Erfolg eine Grenze gezogen, auch sie kann infolge der Misch- 
infectionen ohnmächtig sein. Die letzteren kommen nach dem dritten und 
vierten Krankheitstage der echten Diphtherie nicht so ganz selten zur 
Entwickelung. Immer bleibt also die Nothwendigkeit, die Eingangspforten 
für die Mikroorganismen zu verschliessen. d. h. den Process gleichzeitig 
lokal zu behandeln. 

Bei der lokalen Behandlung der echten Diphtherie und der diphthi- 
roiden Erkrankungen leisten die Loeffler’schen Lösungen nngleirh 
mehr als die anderen sonst gebräuchlichen Mittel. Wie Herr Pmf. 
Loeffler erwähnte, ist die Application seiner Mischung schmerzhaft. 
Wo ich es für nothwendig erachtete, habe ich den anfänglichen Wider¬ 
stand der Patienten und auch der kleinsten Kinder immer tlherwindri, 
können. Mit Rücksicht auf die Schmerzhaftigkeit richtete ich aber mein 
Verhalten derartig ein, dass, wenn der Process zum Stillstand gekommen 
und die Patienten entfiebert waren, ich die weitere Behandlung mit andern, 
Mitteln vornahm. Ist die Bildung der Psoudomembranen nach vollzogener 
Entfieberung zum Stillstand gekommen, so ist eine energische BehandlunL' 
nicht immer weiter nöthig. Die Beläge sind dann nur zu beaufsichtigen 
und von Zeit zu Zeit, besonders wenn sie grössere Mächtigkeit erlangt, 
unter Einwirkung eines guten Desinficiens zu setzen. Ich brauche Merzt» 
meist zwei bis drei mal am Tage das Sublimat. Das definitive Schwind- n 
der Beläge ist ja an die Regeneration der Blutgefässe, deren Wandungen 
durch das Diphtheriegift eine Ernährungsstörung erfahren, sowie an 
die Regeneration des Epithels geknüpft; auch nach Abtödtuug der Bacilleii 
bleiben mithin die Membranen eine gewisse Zeit hindurch bestehen resp- 
bilden sich nach künstlicher Entfernung von neuem. 

Was die Application der Loeffler’schen Flüssigkeit betrifft, somu«nt* 
ich vor der Auffassung warnen, dass die Behandlung mit derselben ein- 
so ganz einfache sei. In überaus penibler Weise muss jede kranke 
mit dem Medicament in Berührung gebracht werden. Ich habe #ri 
mehr als 10 Jahren die lokale Behandlung der Diphtherie mujii’i n- 
der Weise vorgenommen, dass ich an geeigneten Trägern GIolz> a >. 
Komzange, namentlich gekrümmter Pincettc) befestigte \\ attebaunij 
mit den bei der Diphtheriebehandlung in Frage kommenden rlussigfri'; 
tränkte und dieselbe mit nicht zu starkem und nicht zu schwachen]. > 
einiger Aufmerksamkeit bald jedoch zu erlernendem Druck auf ® l( L T A * 
Stelle presste. Jede stärkere, eine Läsion der Schleimhaut setzenaf iten - 
muss vermieden werden. Wie ich an anderer Stelle ausführte tuen m 
med. Wochenschr. 1891, No. 48), lässt sich eine allgemein gultnre, 
matische Angabe für die Wiederholung und für die Intensität n«-i l *‘ ■ 
Behandlung bei der Diphtherie schwer geben. Es ist hier der u * 

der Krankheit und die Dauer ihres Bestehens massgebend, mn - 

einsetzender oder räumlich ausgedehnter Process bedingt eine > . 

Handlung, während dieselbe bei von Hause aus geringerer ot 
geschwächter Tendenz zur Ausbreitung seltener erfolgen kann. • , 
gedehnterem Process erweist sich oft genug der^ Verbrauch 'on 
noch mehr Wattebäuschen in der jedesmaligen Sitzung als in ^ ■ 

wemi diese Sitzungen 3- bis 4 stündlich wiederholt werden nun* - ^ 

stens bis zum Abfall des Fiebers, so lässt sich hieraus er ® e j ! ^p t ; enl , 
Anforderungen die Behandlung in der Praxis an den Arzt und e ^ 
stellt. Der localen Behandlung ist eine weitere Grenze gostoc * n i 11( 
Process räumlich bereits eine zu grosse Ausdehnung angem -^, 1; 
Sind neben dem Rachen auch der Nasenrachenraum und die: as ^ 
so können die in allen Winkeln und in den I alten der g«s . ^ 
Schleimhaut sitzenden Bacillen der Einwirkung des Me« ic * ., n ( jj, 

mehr in genügender "Weise unterworfen werden, t ntl e . !» Zur 
Verhältnisse, wenn der Process auf die Luftwege ”kc r gegn _ (1 | Kr 

Application auf die Larynxschleimhaut ist die Toluol-Alkoi j ^nasmu- 
haupt nicht geeignet. Die Application würde hier mit ne P _j a?ilin , 
glottidis beantwortet werden, dem das zur Tracheotomie 
gebende Larynxüdem vielleicht folgen würde. i H lferiJ 

Herr Fenderich: Auf Wunsch des Herrn Geheimrat' 1 
habe ich die Diphtheriefälle, welche an der chirurgischen . ‘ nHÄn unen- 

vom 1. April 1887 bis 1. April 1894 behandelt wurden, stati eur thellnng 
gestellt, um hierdurch eine Grundlage zu geben Jur aie 
Wirkung des Behring’schen Heilserums, das 1 0l 5 t iS^ 11 | 1 j der 
Anwendung kam. um weiterhin aber auch durah Zuiug s 


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2fl . November. _ VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MED1CIN18CHEN WOCHENSCHRIFT. 


Q? r *- S iM Wers ^ ?1 V eine Ergänzung zu anderen gegebenen 

btatistiken zu bringen, da nur auf diese Weise ein Bild von der Gefähr- 
hchkeit der frühereu Epidemieen gegeben werden kann. Es waren die 
behandelten Fälle die schwersten in ihrer Art. Die einen waren solche 
welche wir von der medicinischen Klinik hei Indiention zur Operation 
also wenn sie am Ersticken waren, bekamen. Die zweite Art waren 
solche, die uns die Herren Collegen von auswärts zuschickten und die 
tast stets so weit vorgeschritten waren, dass man fast stündlich den 
Erstickungstod befürchten musste. Die dritte Art bestand aus schweren 
septischen Fällen, die wir bekamen, um sie, so zu sagen, zu Tode zu 
pflogen. Einen Theil dieser Fälle operirteu wir, um ihnen die furchtbaren 
Schmerzen der Erstickung zu nehmen. Es ist stets die Tracheotomia 
supenor gemacht worden. Die Nachbehandlung war eine sehr einfache. 
\\ir haben die Kinder feuchter warmer Luft ausgesetzt, damit die 
Membranen leichter ausgehustet wurden. Wir haben sie äusserst kräftig 
ernährt, ihre Mundhöhle gründlich gereinigt, und heim Collaps haben wir 
ihnen Stimulantien wie Wein, Kampher u. s. w. verabreicht. Wir haben 
iiuch die verschiedensten angerathenen Mittel versucht, wie Sublimat, 
ferrum sesquichlöratum, Kalkwasser, Hydrargyrum eyaiiatum und der¬ 
gleichen mehr; wir haben aber von allen diesen Mitteln gar keinen wesent¬ 
lichen Erfolg gesehen. Nun möchte ich Ihnen die behandelten Fälle kurz 
zusammenstellend verlesen. Vom 1. April 1887 bis 1. April 1894 haben 
"ir "wegen Diphtheritis behandelt 199 Fälle. Hiervon sind gestorben 114 
am Leben geblieben 85. Operirt. wurden 153, von welchen 53 am Leben 
blieben, während 100 starben, ln Procenten ausgedrückt, ergiebt sich 
folgendes Resultat. Von sämmtlichen Patienten sind 57% gestorben. 
43‘Vo am Leben geblieben, 77% der Fälle wurden operirt,' Von diesen 
Operirten sind gestorben 65%. am Leben geblieben 35%. Von 1887 bis 
1894 hat die Diphtherie stets zugenommen. Ich will die einzelnen Zahlen 
nicht vorleseu. um Sie nicht zu langweilen. Ich habe die Zahl der Fälle 
m den einzelnen Jahren in einer monatlichen Curve graphisch dargestellt, 
und diese Curve will ich Ihnen herumreichen. Relativ günstig sind die 
Jahre 1890 und 1891. Die schwerste Epidemie ist die letzte. Im ver¬ 
gangenen Jahre wurden nämlich behandelt 96 Fälle, von welchen 75 
tracheotomirt wurden. Von allen diesen Fällen sind 51 gestorben und 25 
geheilt. Auf Schlussfolgerungen möchte ich mich wegen der geringen 
Anzahl der Fälle nicht einlassen, 

Herr Be um er: Es giebt Fälle von Diphtherie, wo alle unsere Hülfe 
zu spät kommen wird. Auf der Höhe der Epidemie giebt es Fälle, wo 
in wenigen Stunden der ganze Hals austapezirt ist. Hier wird sowohl die 
lokale als auch die Serumtherapie vergeblich sein. Ich kann Uber Beh- 
ring’s Heilmittel und seine Erfolge nur wenig aus eigener Erfahrung 
sagen. Ich habe zwei mittelschwere Fälle dämit behandelt, welche aul¬ 
lallend gut verliefen. Für eine andere Seite, die immunisirende Wirkung 
des Mittels, habe ich ein Beispiel. Vor einigen Wochen wurde ich nach 
Nounkirchen gerufen. In einem Kathenhause lagen fünf Kinder an Diphthe- 
ntis krank, von denen zwei noch an demselben Tage starben, drei über¬ 
gab ich der Fürsorge des Herrn Collegen Mosler in der Klinik. Das 

jüngste sechste Kind impfte ich mit dem Behring’schen Heilserum, imd 
dasselbe blieb gesund. Dies will nicht viel beweisen, da die lokale Quelle 
der Krankheit fortgeschafft war. Wenige Tage darauf waren in einem 
gegenüberliegenden Kathen von 17 Kindern drei erkrankt. Auch da kam 
ich zu den Kranken zu spät, da die Halsorgane schon stark ergriffen 

waren. Ich erbat mir von dem Pächter des betreffenden Gutes die Er¬ 

laubnis, die noch gesunden Kinder zu impfen, und ich impfte darauf die 
14 gesunden Kinder. Wer die Verhältnisse in solchen Kathen kennt, wo 
die Kinder durch einander laufen und mit einander spielen und zum Theil 
mit den Erkrankten zusammen schlafen, der wird sich sagen, ebenso wie 
ich es that, dass diese 14 Kinder fast sämmtlich erkranken würden. Von 
allen diesen Kindern erkrankte jedoch kein einziges. Als nach sechs Tagen 
der Landrath anfragte, ob die Schule in Neunkirchen geschlossen werden 
sollte, war ich bereits so kühn zu sagen, die Seuche sei unterdrückt, und 
es hat sich dies auch bestätigt. Es sind keine neuen Erkrankungen vor¬ 
gekommen, und die gesunden Kinder sind gesund geblieben. Ein solches 
Beispiel muss frappiren. Bekannt ist schon länger, dass es bei Infections- 
krankheiten viel leichter ist, zu immunisiren als zu heilen. Der Tetanus 
hat gezeigt, dass es leicht ist, ein Thier davor zu schützen, aber schwer, 
ein Thier zu heilen, sobald es auch nur an den ersten Symptomen des Te¬ 
tanus erkrankt ist. 

Es ist bereits an eine Sitzung erinnert worden, die wir im Jahre 
1891 anlässlich des Tuberkulins hatten. Wir können dankbar sein 
für diese Erinnerung. Wir sollen uns hüten vor übertriebenen Hoff¬ 
nungen. Es giebt Fälle, wo auch das Serum nicht mehr helfen kann. Es 
sind Fälle, die auf der Höhe der Epidemie überall Vorkommen. So habe 
ich Fülle von Diphtherie gesehen, wo der Betreffende Abends noch 
gesund unter uns sass und am nächsten Morgen den ganzen Hals grau¬ 
schwarz austapezirt hatte. Ich glaube, bei solchen Fällen wird es schwer 
sein, wirksame Hülfe zu leisten. Ich persönlich bin ja durch meine Privat¬ 
arbeiten sehr eingenommen für die Behring’sche Therapie, und ich glaube, 
dass wir auf diesem Wege weiter kommen. Vielleicht erinnern sich die 
älteren Herren Collegen eines Abends vor acht Jahren, wo ich etwas ge¬ 
zeigt habe, was hieran anklingt. Ich hatte gemeinschaftlich mit meinem 
hreunde Peiper Mäuse gegen Typhus immunisirt. Ich zeigte damals der 
Cunosität wegen 12 Mäuse, auf welche die stärksten Dosen des Typhus¬ 
giftes infolge von Verimpfungen wirkungslos waren. Ich glaube, es ist 
auch ein grosser Gegensatz zwischen der heutigen Sitzung und jener 
I uberkulmdemonstration. Jene Demonstration hat uns nur durch zwei 
Momente weggerissen. Einmal war es der Geist des Mannes, von dem die 
Saehe ausging, und zweitens das Gefühl, wir sind mit diesem Mittel auf 
dem besten Woge, der leidenden Menschheit zu helfen. Das waren die 
Gesichtspunkte, die uns alle mehr oder minder in den Rausch hinein- 
gi*nssen haben. Hier liegt die Sache ganz anders. Es sind jetzt 10 oder 


12 Jahre, dass Loeffler seinen Fund der Diphtheriebacilleu machte. Diese 
Arbeit Loeffler’s hat in den ersten Jahren keinen Anklang gefunden. Es 
lag das keineswegs an der Arbeit selbst, denn die war damals so be¬ 
stimmt, dass der Bacillus der Erreger war, mit allen Cnutelen gearbeitet, 
die Koch forderte. Es lag vielmehr an dem Bacillus selbst. Dieser Ba¬ 
cillus ist in seinem morphologischen und biologischen Verhalten so 
wenig charakteristisch, wenigstens für die minder Geübten, dass man dem 
Drnge nicht ohne weiteres Glauben schenken kann. Das Einzige, was für 
seine Specifität sprach, war das Experiment am Thier. Es lag wesentlich 
an der mangelhaften Charakteristik, dass diese Arbeit sich erst nach und 
nach Bahn gebrochen hat. Ich erinnere mich englischer Arbeiten gegen 
Loeffler. Aber ich kann sagen, dass in den letzten zwei, drei Jahren 
kerne zweifelnde Stimme mehr gegen die Bedeutung des Loeffler’schen 
Bacillus gesprochen hat. Ich erinnere weiter an die Arbeiten von Ehrlich, 
Kitasato, Wassermann, Wernicke, Brieger und vielen anderen, be¬ 
sonders aber anBehring’s unendlich mühevolle und doch stets lohnende 
Schritt für Schritt vordringende Arbeiten. Wenn man alle diese Dinge 
so verfolgt., so muss man sagen, man bekommt Vertrauen zu solchen 
theoretischen Perspectiven, dass man sagen kann, der bedeutendste medi¬ 
zinische Fund seit Jahrhunderten ist das Behring’sche Heilmittel, und 
ich will hoffen, dass es die Erwartungen erfüllt, welche die leidende Mensch¬ 
heit daran knüpft. 

Herr Heidenhain: Ich möchte eine Anfrage an Herrn Professor 
Loeffler richten. Mir ist aus den Mittheilungen des Berliner Kranken¬ 
hauses und aus denen des Herrn Dr. Börger aufgefallen, dass bei mittel- 
schweren Fällen auch nach Einverleibung des Behring’schen Mittels 
Albuminurie aufgetretr i ist. Ich habe mir gesagt, dass die Albuminurie 
das Zeichen des Kreisens der Bacillen und ihrer Gifte im Körper ist. 
Obwohl ich glaube, dass wir mit der neuen Behandlungsweise uns auf 
dem richtigen Wege befinden, so hat mir doch das nachträgliche Auf¬ 
treten der Albuminurie die Sache noch zweifelhaft gemacht. 

Herr Loeffler: Da bei Anwendung des Behring’scheu Mittels bereits 
eine bestimmte Menge Gift in den Organismus eingedrungen ist, so wird 
dasselbe eine bestimmte Wirkung entfalten, es wird eine Schädigung der 
Gewebe hervorrufon, die nicht augenblicklich beseitigt werden kann. Das 
Gift wird zwar paralysirt, aber nicht die bereits eingetretenen Schädigun¬ 
gen des Gewebes. Wenn diese Schädigungen etwas erheblicher gewesen 
sind, so werden sie, in der Niere z. B., sich durch Albuminurie documen- 
tiren. Weshalb sie nicht gleich zu Tage treten, diese Frage lässt sich 
nicht so ohne weiteres beantworten. Es ist möglich, dass immer erst ein 
gewisser Zeitraum verstreichen muss, ehe die Giftwirkung manifest wird. 

Herr Heidenhain: Für die Lähmungen will ich das zugeben, aber 
nicht für die Nieren, die doch so fein auf jede Schädlichkeit reagiren. 

Herr Loeffler: Es wird sofort nach Beginn derlnfection eine Aus¬ 
scheidung des Giftes durch die Nieren vor sich gehen, also auch sofort 
eine Schädigung derselben eintreten. Wenn nim Serum eingespritzt wird, 
so wird die Schädigung des Gewebes nicht beseitigt, sie muss also mani¬ 
fest werden. 

Herr Heidenhain: Ich meine das nachträgliche Auftreten der 
Albuminurie. W T äre die Läsion des Nierengewebes schon vor Einverleibung 
des Serums vorhanden, so müsste sich auch schon vorher Eiweissharnen 
nachweisen lassen. 

Herr Loeffler: Ich nehme an, es hat schon eine Läsion stattgefunden v 
welche erst später manifest wird. Es müsste eigentlich sofort in jedem 
Falle gleich nach Beginn der Erkrankung Eiweisshamen auftreten. Das 
ist aber nicht der Fall. Ein gewisses Quantum Gift können eben die 
Nieren vertragen, und es dauert eine gewisse Zeit, bis die gesetzten 
Schädigungen durch das Erscheinen des Eiweisses im Urin manifest werden. 

Herr Peiper: Im Anschluss an diese letzten Erörterungen möchte 
ich bemerken, dass ich in meiner Privatpraxis erst drei Fälle m\t dem 
Heilserum behandelt habe. In einem vierten Falle handelte es sich um 
eine Streptococceninfection. In dem ersten Falle ist mir eine Beobachtung 
aufgefallen, die mir das, was Herr Prof. Loeffler erwähnte, bestätigte. 
Es handelte sich um ein Kind, welches Abends gesund zu Bett gegangen 
und Morgens um fünf aufgewacht war. Um sieben Uhr wurde Diphtheritis 
festgestellt. Um 9 Uhr injicirte ich Behring’s Heilserum; die bacterio- 
logische Untersuchung bestätigte die Diagnose. Trotzdem stellte sich 
nach 14 Tagen eine ziemlich starke Albuminurie ein, die nach vier bis 
fünf Tagen wieder verschwand. Cylinder waren im Harn nicht vorhanden. 
Dasselbe Kind bekam drei Wochen nach der Injection eine Augenmuskel- 
lfihmung. Also auch hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass jede Stunde 
ungemein kostbar, dass man so früh wie möglich dielnjection vornehmen muss. 

Herr Loeffler: Ich wollte nur noch eine factische Berichtigung der 
Ansicht des Herrn Prof. Beumer Vorbringen. Er meinte, dass es das 
morphologische Verhalten des Diphtheriebacillus gewesen wäre, welches 
die Anerkennung desselben beeinflusst hätte. Das war es meiner Ansicht 
nach nicht. Gerade bei den Diphtheriebacillen ist das morphologische 
Verhalten ein so überaus charakteristisches, dass dieses einen Grund für 
das Nichterkennen als ätiologisches Moment nicht abgehen konnte. Es 
war vielmehr das ganze Verhalten des Bacillus hieran Schuld. Wir haben 
einen Process, der im Rachen vor sich geht, wo eine kolossale Menge 
verschiedener Bacillen vorhanden sind. Von diesen den richtigen heraus¬ 
zufinden, darauf kam es an. Ferner noch ein anderes Moment. Es war 
bei sehr vielen Aerzten die Ansicht vorhanden, dass der lokale Process 
der Ausdruck einer Allgemeinerkrankung sei. Dies hat es hauptsächlich 
verhindert, dass der Bacillus als Erreger der Diphtherie anerkannt wurde. 
Gleich in meiner ersten Arbeit hatte ich mitgetheilt, dass ich in dem 
Munde eines gesunden Kindes Diphtheriebacillen gefunden hatte. Dieses 
Moment hat mit am meisten dazu beigetragen, Misstrauen gegen den Ba¬ 
cillus zu erwecken. Jetzt ist es eine allgemein anerkannte Thatsache, 
dass im Munde auch Gesunder solche Bacillen Vorkommen. Im vorigen 
Jahre wurden bei der Diphtherieepidemie, die hierseihst herrschte, die 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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VEREINS-BEILAGE DER’DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 18 


Schulen untersucht. Von 60 Kindern wurden bei 4, die bei der lokalen 
Untersuchung als gesund befunden waren, nach der bacfceriologischen 
Untersuchung Diphtheriebacillen gefunden. Von den vier Knaben war am 
nächsten Tage einer nicht in der Schule; er war in der Nacht an Diph¬ 
therie erkrankt. Der zweite, ein etwas stupider Junge, hatte eine floride 
Diphtherie, ohne etwas davon zu verspüren; er sass mitten unter 
seinen Mitschülern. Der dritte hatte eine leichte Rachenentzündung. 
Der vierte war ganz gesund. Die beiden letzten sind auch später nicht 
erkrankt. Solche Fälle giebt es auch bei anderen Infectionskrankheiten. 
Wir wissen z. B. von den Cholerauntersuchungen her, dass auch bei Ge¬ 
sunden Cholerabacillen gefunden worden sind, aber nur bei solehen, die 
sich im Bereiche der Infect ionsquellen befanden. Die Aufnahme des In- 
fectionserregers genügt allein nicht, damit sogleich das typische Bild der 
Krankheit entsteht. Bei der Diphtherie müssen sich erst die Bacillen an- 
gosiedelt haben. So lange sie nur auf der Oberfläche sich befinden, haben 
sie nichts zu sagen. Sobald aber ihr Gift lokal aufgesaugt wird, tritt ihre 
eigenthümliche Wirkung ein. 

Herr Beumer: Hon- Prof. Loeffler hat Cholera und Diph- 
theritis zusammengezogen. Der Vergleich ist nicht ganz passend, weil 
der Cholerabacillus ein Ausländer ist. Er kommt bei uns ständig nicht 
vor. Der Diphtheriebacillus dagegen ist ein Inländer. Ich möchte nach 
den einzelnen Thatsachen annehmen, dass das Ding ubiquitär ist. Ich 
möchte nun an Herrn Prof. Loeffler die Frage richten, ob er den Diph- 
theriebaeillen im Munde Gesunder überhaupt eine Bedeutung beimisst. 
Bei den Pflegekindern in Eldena kamen im vorigen Sommer einige leichte 
Halserkrankungen vor. Herr Geheimrath Mosler schickte einen jüngeren 
Collegen hinaus. Es wurde auch die bacteriologische Untersuchung ge¬ 
macht, und dabei ergab sich denn die gefährliche Thatsache, dass bei drei 
Kindern Diphtheriebacillen gefunden wurden. Mein junger College 
Froehlich war um so ängstlicher, als bei allen Kindern mehr oder minder, 
jedenfalls von der ungewohnten Seeluft herrührend, leichte Anginen be¬ 
standen. Diese drei Kinder sind nun völlig gesund geblieben, es sind 
auch keine anderen Diphtherierkrankungen gefolgt. Wir können also 
sagen, dass Diphtheriebacillen im Munde noch lange nicht gleichbedeutend 
sind mit Diphtheritis. Aber ich frage nun, ob diese Diphtheriebacillen 
noch eine Bedeutung haben, wenn gar keine weiteren Schädlichkeiten in 
der Rachenhöhle, wie Katarrhe. Entzündungen der dort gelegenen Organe 
hinzutreten. 

Herr Loeffler: Jawohl, sie haben eine Bedeutung; selbstverständ¬ 
lich. Es kommt nur darauf an, ob es sich um virulente Bacillen handelt 
oder nicht. Bei den erwähnten drei Kindern sind den Diphtheriebacillen 
ähnliche Bacillen gefunden worden, allein ohne Virulenz. Es sind dies 
ganz gemeino Saprophyten. Im Munde von Gesunden und auch von 
Kranken giebt es Bacillen ähnlich den echten Diphtheriebacillen, Pseudo- 
diphtheriebacillen. Sie haben ebenso wenig Bedeutung wie die avirulent 
gewordenen Diphtheriebacillen. Es ist noch nicht gelungen, nachzuweisen, 
dass die avirulenten Bacillen wieder virulent geworden sind. Es haben 
sich aber auch in dem Munde von Gesunden virulente Bacillen gefunden. 
Diese können natürlich die Krankheit weiter verbreiten. Alle diese In¬ 
dividuen, welche virulente Bacillen mit sich hemm tragen, sind natürlich 
gefährlich. 

Herr Helferich: Wie lange sind die Bacillen virulent nach Ab¬ 
lauf der Krankheiten im Munde? 

Herr Loeffler: Sehr lange. So hat Herr College Abel einen 
Fall beschrieben, wo noch nach 8 Wochen virulente Bacillen im Munde 
gefunden Avurden. Also gross ist die Gefahr von Seiten der Reconvales- 
centen. Da helfen alle Desinfectionsmaassregeln nichts, wenn das Kind 
nicht die virulenten Bacillen verliert. Bei meiner Kleinen habe ich noch 
drei Wochen nach dem Verschwinden der Beläge virulente Bacillen gefun¬ 
den. Bei der Diphtherieversammlimg zu Budapest, wo ich die Ehre hatte, 
zu referiren, hat das deutsche Diphtheriecomitcc die Forderung aufgestellt, 
die Kinder nicht eher wieder zur Schule zu lassen, als bis mit Bestimmt¬ 
heit naehgowiosen sei, dass sie nicht mehr die Träger von virulenten 
Diphtheriebacillen wären. Es ist dies ein sehr schwer zu erfüllendes De¬ 
siderat, das wissen wir. Und schon damals machte sich bei Erwähnung 
dieses Punktes unter den versammelten Aerzten eine grosse Bewegung 
bemerkbar. Es ist diese Maassregel der bacteriologischen Untersuchung 
der diphtherieverdächtigen Erkrankten und der Diphtherierecouvalescenten 
aber bereits praktisch durchgeführt. So liegen Berichte darüber vor, dass 
in New York über 6000 Fälle bacteriologisch untersucht worden sind. 
Allerdings ist dort diese Sache von dem Sanitätsdepartement genau ge¬ 
regelt und überwacht und geht mit einer Ordnung vor sich, die wir uns 
zum Muster nehmen sollten. 

Herr Abel macht Mittheilungen über die Resultate einer Reihe von 
Versuchen, welche er über die Schutzkraft des Blutserums diphtherie- 
reconvalcscenter und gesunder Individuen gegen tödtliche Dosen von 
Diphtheriebacillenculturen und Diphtheriegift angestellt hat, (Siehe diese 
Nummer, S. 899.) 


IV. Verein für wissenschaftliche Heilkunde 
in Königsberg i. Pr. 

Sitzung am 12. November 1894. 

Vorsitzender: Herr Dohrn; Schriftführer: Herr Nauwerck. 

1. Herr Dohrn spricht — unter Vorlegung eines bei bedeu¬ 
tendem Hydramnion geborenen Neonat us — über Hemicephalie; 
oi bezieht die Missbildung auf eine frühzeitige hvdrocenhalische 
Ansammlung. 

2. Herr Herrlich stellt einen Mann mit erworbener Lungen- 
her nie vor: sie entstand (im sechsten linken Intercostalraum in 


der Axillarlinie) nach einem schweren Hufschlag, der die Haut un¬ 
verletzt liess und auch keine Rippenfractur verursachte, also au*' 
schliesslich zur Muskelzerrcissung führte. Die Stelle erscheint 
eingesunken, zieht sich bei tiefer Athmung noch mehr zurück, beim 
Husten tritt die fast faustgrosse Hernie sofort hervor: bei der 
Auscultation hört man über derselben häufig Knisterrasseln, al* 
Stenosengeräusch verursacht durch den Druck des Plessimeters 
Herr Cvnfchius berichtet über einen nach Rippenresection entstan¬ 
denen Fall. 


3. Herr Hilbert: Die Resultate der in der Königlichen 
medieimsehen Universitäts-Poliklinik ausgeführten Schutt 
und Heilimpfüngen bei Diphtherie. Nach einer kurzen ein¬ 
leitenden Darstellung der experimentellen Grundlagen der Blutserum- 
therapie geht Vortragender auf die Ergebnisse der Schutzimpfun¬ 
gen diphtl^yriebedrohter Kinder über und erledigt zunächst die 
Vorfrage, ob von Schutzimpfungen bei Diphtherie überhaupt ein 
wesentlicher Vortlieil zu erwarten ist, durch eine auf die in den 
poliklinischen Revieren während eines Zeitraums von sechs Jahren 
häuslich behandelten Diphtherieerkrankungen sich stützende Stati¬ 
stik, welche beweist, dass der fünfte Theil davon der Ansteckung 
im Hause seine Entstehung verdankt. 

Die Schutzimpfungen sind in 25 Hausständen bei 64 Kindern 
mit vier verschieden starken Präparaten ausgeführt, von denen zu¬ 
erst V- 2 , später stets 1 ccm injicirt wurde. Die Diagnose wurde 
bei den erkrankten Geschwistern durch das Culturverfahren bar- 
teriologisch controllirt. Von zehn mit dein einfachen Normalsermn 
Beliring's gespritzten Kindern erkrankten vier an Diphtherie, von 
acht mit dem sechsfachen der Schering’schen Fabrik (Aronsom 
keins, von 18 mit dem dreissigfachen (Schering-Aronson) zwei 
und von 28 mit dem sechszigfachen Serum Behring’s injicirten 
Kindern eins. Hei allen, trotz der Imnumisirung Erkrankten i-t 
der Verlauf ein milder, der Ausgang ein günstiger gewesen. Vier¬ 
mal wurden ältere, nicht immunisirte Personen von Diphtherie be¬ 
fallen. Die Dauer des Impfschutzes ist noch unbekannt. 

Heilimpfungen wurden in elf Fällen (mit bacteriologisclier 
Diagnose) mit dem von den Höchster Farbwerken hergestellten 
Hehring'sclien Diphtherie-Heilmittel No. 1 und No. 2 vollzogen. 
Hiervon waren acht Fälle leicht und mittelschwer mit Belägen auf 
einer, resp. beiden Tonsillen oder auch noch auf Uvula, Gaumensegel. 
Pharynx, und mit hohem Fieber, einer zeigte geringe Betheiligung 
des Larynx, zwei hochgradige Stenosen, welche die Tracheotomie 
indicirten, die aber verweigert wurde. Den letzteren wurde Heil¬ 
serum No. 2 eingespritzt, in einem Falle zweimal, die übrigen er¬ 
hielten No. 1. Schädliche Nebenwirkungen sind nicht beobachtet. 
Sämmt Liehe elf Kinder sind unter lytischem Absinken der Tem¬ 
peratur und allmählichem Schwinden der Krankheitssymptome in 
drei bis acht Tagen genesen. Zweimal trat Gaumensegellähmung ab 
Nachkrankheit auf. 

Bei dem Fehlen einer augenfälligen Beeinflussung der Krau*- 
heit durch das Mittel ist die Beurtheiluug seines Werthes >eni 
erschwert. Ein definitives Urtheil wird erst zu fällen sein, wenn 
nach möglichst ausgiebiger Anwendung des Heilserums eine erne • 
liehe Herabsetzung der Sterblichkeitsziffer erzielt ist. 

Discussion: Herr Hagelweide: Die gegenwärtige Epidemie iS 
als eine durchaus leichte zu bezeichnen, auch anscheinend schwerer.» ^ 

unter anderen solche mit hochgradiger Larynxstenose heilen 
specifische Behandlung. 7 t . 

Herr Hilbert bemerkt, dass die Epidemie schon 8° langet ^ 
verhältnissmässig milde gewesen ist, dass Vergleiche z.B. bezug , 
Mortalität eine gewisse Gültigkeit doch beanspruchen dürfen. 
septische Formen sind unter den behandelten Fällen nicht gew • 
Herr Hilbert auf eine Anfrage des Herrn Sembritzki hinzu g- 

Herr Theodor, ebenso Herr Bobrik berichten über me - : 
Theil schwere unter der Behring’schen Behandlung günstig 

Herr Falkenheim betont auch seinerseits 
welche wegen der erheblichen Verschiedenheiten der Fpmem ^ 

Krankenmaterials für die Beurtheilung der Wirksamkeit der Aber dio 
ständen. Demgemäss hätte sich auch der Herr V ortrag . ?e . 
Bedeutung der durch das Heilserum erzielten Heilerfolge j jj r . 

äussert. Ueber das Heilserum hat Herr Falkenheim k R g g 
fahrung, da er erst einen Fall gespritzt hat. Um über d e kw ^ 
welche bei der bisherigen Therapie eingetreten, ern^Urt ^ ^ 

einen Anhalt für die Beurtheilung der Heilserumerfolge . g 
er die in seinem Ambulatorium zur Beobachtung gekom p^titjinik di*r 
fülle durchmustert. Unter den ca. 12 000 , gleichwie in _ nen Joh¬ 
annen Bevölkerung ungehörigen kranken Kindern aer„ at . AhwjUnmg der 
Jahre befanden sich ungefähr 200, welche bei vorsich g wfoeriekranl 
klinischen Erscheinungen mit genügender Sicherheit F ' j^c 

bezeichnet werden dürften. Da die Behandlung m nnr di- 

keine ganz gleichmässige gewesen, zieht Herr r a . Rmpfchlnn- 
beiden letzten Jahre heran, in welchen auf '. fln( i]nng mit Liq» nr 
Rehn’s hin systematisch die energische Lokribe dj t HgliH. 

Ferri sesquichlorati durchgeführt worden ist. Nebe j,- orr j. wuut 

eventuell auch öfter vorgenommenen Pinselung mii wq 


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„:3L 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 





29. November. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 143 


innerlich und äusserlich Eis und innerlich Hydrargyrum cyanatum angewandt 
und dann allerdings, worauf Herr Falkenheim ganz besonders grosses 
Gewicht legt, in allen Fällen, in denen selbst niu’ gelinge Erscheinungen 
seitens des Nasenrachenraums sich geltend machten, Nasenausspülungen 
vorgenommen. Er schreibt den Nasenausspülungen eine erhebliche Be¬ 
deutung für die Verhinderung der secunditreii septischen Infection zu. 
Die septischen Fälle gerade sind es, die für die Behandlung besondere 
ungünstig liegen, und gegen die Sepsis ist auch nach Behring’s eigener 
Ansicht das Heilserum wirkungslos. Unter Abrechnung von vier andere 
behandelten Fällen wurden 1893 51 und in diesem Jahre 24 ungespritzte 
Fälle in der angegebenen Art behandelt, im ganzen also 75. Hiervon 
kamen sechs zur Tracheotomie; einige — es ist nicht ganz sicher wie 
viele — unmittelbar nach der Vorstellung, so dass sie eigentlich abge¬ 
rechnet werden müssten. Drei tracheotomirte Kinder sind gestorben, 
ausser ihnen noch sechs andere, darunter eins an schwerem secundärem 
Darmkatarrh, so dass also auf diese 75 Kranken aus den Epidemieen der 
beiden letzten Jahre im ganzen neun Todesfälle gleich ca. 11 °/o kamen. 
Die Richtigkeit des Endergebnisses ist durch die Vergleichung der 
Standesamtsregister, in welchen nur die neun von den behandelten Kindern 
als gestorben aufgeführt waren, von Herrn Jester des weiteren controllirt 
worden. 

Herr Schreiber hält die Mittheilungen aus der Versammlung für 
sehr bemerkenswert!*, aber nicht für entscheidend. Man müsse, wolle man 
in der wichtigen Frage der Diphtheriebehandlung vorwärts kommen, in 
Zukunft möglichst nur solche Fälle discutiren, in welchen die Diagnose 
durch die bacteriologische Untersuchung festgestellt ist und eine genaue 
Beobachtung des Falles hat statthaben können. Die Diagnose der Di¬ 
phtherie nach dein äusseren Krankheitsbilde sei zuweilen durchaus nicht 
leicht. Manches sehe vielleicht wie Diphtherie aus, was dem ganzen Ver¬ 
laufe nach es nicht zu sein scheint und umgekehrt. Gegenüber den hohen 
Ziffern von Diphtheriekranken, die einzelne ihren Berichten nach zu be¬ 
handeln haben, möchte man vermuthen, dass der diagnostische Standpunkt 
der Aerzte hier ein sehr verschiedener ist. Aber eben aus diesem Grunde 
möge man in Zukunft versuchen, einen einheitlichen Standpunkt zu ge¬ 
winnen, den genauester Abwägung der Differentialdiagnose und Sicherung 
derselben durch den bacteriologischen Befund. So dürfe mau hoffen, nach 
einiger Zeit mit grösserer Sicherheit über die neue Behandlungsmethode 
zu einem abschliessenden Urtheile zu gelangen. Uebrigens gewinne man, 
wie aus manchen veröffentlichten Berichten, so zum Theil auch aus der 
heutigen Discussion den Eindruck, dass im Grunde genommen gar keine 
Veranlassung vorliege, nach einem neuen Mittel gegon die Diphtherie zu 
suchen, da manche ja mit den bisher empfohlenen durchaus befriedigende, 
ja zum Theil viel bessere Resultate zu berichten wissen, als man von dem 
Behring’sehen Heilserum erwartet. Wir, in der mcdicinischen Poli¬ 
klinik, haben in der Behandlung der Diphtherie so günstige Erfahrungen 
nicht erlebt, und wir haben uns daher dem neuen, bessere Erfolge ver¬ 
sprechenden Mittel natürlich mit um so grösserem Interesse zugewandt. 
Was dieses betrifft, so schliesse ich mich den darüber gemachten Aus¬ 
führungen des Herrn Hilbert vollinhaltlich an. Denselben ist m. E. 
keineswegs eine irgendwie optimistische Empfehlung des neuen Mittels 
zu entnehmen. Herr Hilbert hat sich lediglich darauf beschränkt, die 
in unserer Poliklinik gemachten und vom ihm sehr sorgfältig gesammelten 
Erfahrungen objectiv zu referiren. In dieser Beziehung darf ich vielleicht, 
um Missverständnissen vorzubeugen, hervorhebon, dass aus unseren poli¬ 
klinischen Zählbogen widerspruchsfreie Vergleiche bezüglich der Häufig¬ 
keit der Ansteckungen ohne und nach Schutzimpfungen leider nicht zu 
entnehmen sind; die herangezogenen Zahlen sollen nur eine ganz unge¬ 
fähre Vergleichsunterlage liefern. Auch haben wir gegenüber dem gün¬ 
stigen Verlaufe der zum Theil schweren, mit dem Heilserum behandelten 
Fälle uns selbstverständlich die Frage vorgelegt, ob der Genius epide- 
inicus derzeitig nicht ein besonders müder; wir haben nicht unterlassen, 
uns in die Erinnerung zu bringen, dass in früheren Epidemieen hier und 
da gleichfalls extreme Stenosen infolge von Diphtherie zur Beobachtung 
kamen, die wir für prognostisch absolut infaust hielten und zur Tracheo¬ 
tomie empfahlen, welche aber untracheotomirt blieben und gesund ge¬ 
worden sind; unter solchen Fällen fanden sich in den letzten Jahren zwei 
mit Infiltration der Lunge neben extremer Stenose, die, wie gesagt, unter 
der üblichen internen Behandlung glücklich heilten. Wir sind daher 
keineswegs geneigt, aus dem post hoc der neuen Therapie ein propter 
hoc jetzt schon abzuleiten. 

Herr Uzaplewski ist erfreut, nach seinen bacteriologischen Unter¬ 
suchungen zu den gleichen Schlüssen hinsichtlich der Schwierigkeit der 
Diagnose der Diphtherie, wenn man als Diphtherie nur diejenigen Fälle 
rechnet, bei welchen Loeffler’sche Bacillen nachweisbar sind, gekommen 
zu sein, wie Herr Schreiber. Für die Statistik über die Einwirkung 
des Behring’schen Mittels können natürlich nur solche Fälle benutzt 
werden, bei welchen die Diphtheriebacülen nachgewiesen wurden. Hin¬ 
sichtlich der Bemerkung des Herrn Hagel weide, dass die Fälle der 
diesjährigen Epidemie sehr leicht verlaufen, ist dies besonders zu be¬ 
tonen, da eine grössere Zahl von Fällen vorzukommen scheint, welche 
das klinische Bild der Diphtherie zeigen, ohne dass der Nachweis 
der Diphtheriebacillen gelingt. Redner untersuchte mehrere Fälle, die ihm 
aus der Praxis zugewiesen wurden und welche er zum Theil auch selbst 
zu sehen Gelegenheit hatte, bei denen trotz sorgfältigster Untersuchung 
keine Diphtheriebacillen nachweisbar waren, während das klinische Bild 
der Diphtherie vorhanden war. Auch den benutzten Nährböden konnte 
keine Schuld beigemessen werden, da die Controllculturen mit echten 
Diphtheriebacillen darauf üppig wuchsen. Er hält übrigens die bacterio¬ 
logische Diagnose der Diphtherie in manchen Fällen für durchaus nicht, 
ganz leicht. Selbst wonn in den Culturen C'olonioen, welche dem Aus¬ 
sehen und den Individuen nach vollkommen Coloniecn von Diphtherie- 
bacillen zu entsprechen scheinen, braucht es sich durchaus nicht-um echte 


Diphtheriebacillen zu handehi (Pseudodiphtheriebacillen). Einmal erwiesen 
sich ihm solche Colonieen bei weiterer Uebertragung als eine Strepto- 
thrix mit verzweigten Formen, während die ersten Präparate von geübten 
Beobachtern zunächst als Präparate von Diphtheriebacillen angesprochen 
wurden. Bezugnehmend auf den Ausdruck „septische Diphtherie“ hebt 
Redner hervor, dass sich bacteriologisch wohl keine scharfen Grenzen 
dieses Begriffs werden aufrecht erhalten lassen, da die Diphtherieinfection 
in den seltensten Fällen rein ist und es sieh vielmehr meist um eine 
Mischinfection mit Staphylococcon und namentlich Streptococcen handelt, 
wobei alle möglichen Abstufungen und Ucbergänge bis zu dem klinischen 
Büde der schweren „septischen Diphtherie“, welche sich oft in wenig 
Stunden bis Tagen entwickeln kann, Vorkommen. 

He it Nauwerck: Aus einigen der in der Discussion gefallenen Be¬ 
merkungen könnte man den Eindruck gewinnen, als ob die Zahl der Diph¬ 
theriefälle eingeengt worden sei, seitdem als Diphtherie nur noch die 
specifisch-bacillären Formen anerkannt werden. Ich glaube vielmehr, dass 
sich das nicht mehr klinisch, sondern ätiologisch abgegrenzte Gebiet der 
Diphtherie ganz erheblich erweitert hat. Zunächst muss ja gewiss 
zugegeben werden, dass eine Anzahl von Erkrankungen, die dem Arzt 
als Diphtherie imponiren, wegfällt, weil Diphtheriebacillen fehlen oder 
sich wenigstens nicht nachweisen lassen. Dieser Abstrich wird aber 
zweifellos nicht bloss ausgeglichen, sondern ganz gewaltig Uber- 
compensirt durch die grosse Zahl einfacher fieberhafter oder lacu- 
närer Anginen, die zur Diphtherie zu rechnen ehedem gerade dem 
vorsichtigen Arzt nicht beifiel, bis die bacteriologische Untersuchung 
immer häufiger den Bacillennachweis lieferte. Um nur ein bestimmtes 
Beispiel anzuführen, so berichten Chaillou und Martin (in den Pa- 
steur’scken Annalen 1894, S. 457) über 44 Fälle reindiphtherischer 
Angina; unter diesen fanden sich nicht weniger als 30 „gutartige Fälle, 
die ohne die bacteriologische Untersuchung niemals als Diphtherie er¬ 
kannt worden wären“. Die in der neuesten Litteratur nicht selten auf- 
gestellten statistischen Vergleiche über Heilerfolge, welche unbedenklich 
die älteren Zahlen klinisch-diphtherischer Fälle mit den modernen Zahlen 
ätiologisch-diphtherischer Fälle zusammenordnen, sind danach mit Vor¬ 
sicht aufzunehmen, weil die nach Procenten ausgedrtickten Ergebnisse 
für die bacilläre Zeit nothwendig günstiger ausfallen müssen, während 
das thatsächliche Verhältnis ein umgekehrtes sein kann. 

Herr Schreiber: Ich habe ja selbst hervorgehoben, dass anschei¬ 
nend nicht diphtherische Halsaffectionen diphtherischer Natur sein können. 
Wir kennen solche Fälle klinisch längst, und es ist uns nichts ungewöhn¬ 
liches, dass bei herrschender Epidemie, aber nur dann, Anginen, leich¬ 
teste fast übersehene Anginen Vorkommen mit typischen postdiphtheri- 
tischen Lähmungen. Analoges trifft für die meisten Infectionskrankheitcn 
zu. Ich meine, in jedem Falle wird es also zweckmässig sein, dass wir 
zur Prüfung des neuen Behring’schon Heilmittels in Zukunft einen ein¬ 
heitlicheren Standpunkt für die Diagnose Diphtherie zu gewinnen ver¬ 
suchen, um sicherer als bisher über eine Frage discutiren zu können, 
die für uns Aerzte von der grössten Bedeutung ist. 

Herr Lichtheim stimmt mit Herrn Nauwerck darin überein, dass 
das Gebiet der Diphtherie ein grösseres geworden ist; die Aerzte, die 
geneigt waren, den Begriff weit zu fassen, vieles zur Diphtherie zu 
rechnen, haben Recht bekommen. Auch kann sich Herr Lichtheim 
nicht an Fälle erinnern, bei denen er Diphtherie diagnosticirte, wo der 
Nachweis der Bacillen nicht geleistet worden wäre. Ein Urtheü über den 
Werth des Behring’schen Heilserums ist aus einer so beschränkten An¬ 
zahl von Fällen nicht zu gewinnen. 

V. Medicinische Gesellschaft in Giessen. 

"Sitzung am 8. Mai 1894. 

Vorsitzender Herr Löhlein; Schriftführer Herr Poppert. 

1. Herr Löhlein widmet dem am 20. März 1894 an Erysipel 
verstorbenen Mitglied der Gesellschaft Herrn Prof, extraord. 
Friedrich Birnbaum Worte der Erinnerung. Am 17. October 
1833 in Freiburg i. Br. geboren, im August 1858 in Giessen zum 
Doct. med. promovirt, hatte sich Birnbaum nach einer längeren 
Studienreise nach Würzburg, Wien, Prag, Berlin, in Giessen als 
praktischer Arzt niedergelassen und im April 1863 sich mit einer 
Schrift „Ueber den Bau der Eihäute bei Säugethieren“ als Privat- 
docent für Geburtshülfe habilitirt. Vom April 1867 bis Februar 
1868 war er — nach v. Ritgen’s Tode — provisorisch, von da 
bis Frühjahr 1873 definitiv mit der Direktion der Giessener Ent¬ 
bindungsanstalt betraut. 1868 wurde er zum ausserordentlichen 
Professor ernannt. Seit der Ernennung Kehr er’s zum ordent¬ 
lichen Professor und Direktor der Entbindungsanstalt war Birn¬ 
baum ausser Verbindung mit der Klinik. Mit einem warmen 
Herzen für die studirende Jugend widmete er sich bis zu seinem 
Ende dem theoretischen Unterricht in der Geburtshülfe und mit 
treuer Fürsorge für das Wohl seiner Patienten der ärztlichen 
Praxis. In pflichteifriger Ausübung der letzteren ist er gestorben, 
— Einer der Vielen, von denen das Wort gilt: Aliis inserviendo 
consumimur ipsi. (Die Gesellschaft ehrt das Andenken des Ver¬ 
storbenen in der üblichen Weise.) 

2. Hen* Poppert giebt eine Uebersicht über die verschiedene« 
Arten der Osteoplastik und stellt im Anschluss hieran einige Fälle 
von plastischem Verschluss von Schädeldefeoten vor. In dem 
ersten Falle handelte es sich um die Ausfüllung einer Schädellücke, 
welche nach Entfernung eines umfangreichen Osteoms der rechten 


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144 


VEREINS-BEIL AGE DER DEUTSCHEN MED1CJ NISCHEN WOCHEN SCHRIFT. 


Stirnhöhle zurückgeblieben war. Bei letzterer Operation, welche 
im Juli 1891 ausgeführt worden war (vergl. Münch, med. Wochen¬ 
schrift 1892, No. 3), war die vordere Platte der Stirnhöhle, ebenso der 
ganze Margo supraorbitalis und ein Theil der medialen Wand der 
Orbita verloren gegangen; ferner war in der hinteren Wand der 
beiden Stirnhöhlen ein zweimarkstückgrosser Defect entstanden, 
so dass liier die Dura mater frei lag. Diese Schädellücke, welche 
den Kranken wegen der tiefen Einziehung der Narbe sehr ent¬ 
stellte, wurde Anfang Januar 1892 durch einen aus der Schläfen- 
stimgegend entnommenen, gestielten Lappen, der eine etwa drei¬ 
markstückgrosse Knochenscheibe enthielt, ausgefüllt. Da Vor¬ 
tragender es unterlassen hatte, den Rand der Knochenlücke anzu¬ 
frischen, trat keine knöcherne Verwachsung der Knochenscheibe 
mit dem Defectrande ein und blieb die überpflanzte Knochenlamelle 
etwas verschieblich. Auch musste im vorliegenden Falle bei der 
Bildung des Ersatzlappens eine kleine Stelle der behaarten Kopf¬ 
haut mitgenommen werden, infolge dessen wuchs nachträglich auf 
«ler Glabella ein Büschel Haare. Dieser kosmetische Fehler wurde 
späterhin, als der Lappen eingeheilt war, durch Ausschneidung der 
behaarten Stelle corrigirt. 

In dem zweiten Fall von Osteoplastik wurde ein etwa thaler- 
grosser Schädeldefect infolge von Trepanation wegen einer eitern- 
«len Splitterfractur nachträglich in der typischen Weise nach König 
zum Verschluss gebracht. 

Bei dem dritten Kranken kam eine etwas andere Form von 
Autoplastik in Anwendung. Hier wurde ein infolge eines Traumas 
ausgesprengtes, fünfmarkstückgrosses Knochenstück, das mit dem 
Periost noch theil weise in Verbindung geblieben war, wieder in 
den Schädeldefect eingelegt und so eine völlige Einheilung erzielt. 
Der Verletzte hatte am 12. April d. J. eine penetrirende Schädel¬ 
wunde erlitten; nach Freilegung derselben ergab sich, dass ein 
grosses Knochenstück aus der Schädeldecke herausgesprengt war, 
ferner konnte man feststellen, dass die breit klaffende Knochen¬ 
wunde in grosser Ausdehnung durch Schmutz und eingesprengte 
Haare sehr verunreinigt war. Um nun die Schädel wunde zum 
Zwecke der Reinigung und Desinfection gut zugänglich zu machen, 
wurde nach Führung entsprechender Weichtheilschnitte das aus¬ 
gesprengte Knochenstück, dessen Verbindung mit dem Periost, 
soweit sie noch vorhanden war, möglichst geschont wurde, wie 
ein Deckel nach aussen umgeklappt und nachträglich, nach Reini¬ 
gung der Wunde, wieder in seine frühere Lage zurückgebracht. 
Die Haut wurde über dem Knochen vereinigt. Es erfolgte eine 
völlig glatte und feste Einheilung des Knochenfragraentes. 

3. Herr Löhlein berichtet über die Verhandlungen der gynä¬ 
kologischen Section des XI. internationalen medicinischen Con- 
gresses. (Vergl. diese Wochenschrift No. 19. S. 430.) 

Sitzung am 5. Juni 1894. 

Vorsitzender: Herr Löh lein; Schriftführer: Herr Poppert. 

1. Herr Steinbrüggo berichtet über einen Fall von otiti- 
sohem Kleinhirnabscess, welcher auf der chirurgischen Abthei¬ 
lung von Herrn Poppert operativ behandelt worden war. Die 
Diagnose hatte zwischen Abscess des rechten Schläfenlappens und 
des Kleinhirns geschwankt. Incisionen in den rechten Schläfen¬ 
lappen, nach Aufmeisselung der Schläfenschuppe ausgeführt, blieben 
erfolglos, ebenso wenig gelang os, den Eiterheerd im Kleinhirn 
durch Einstiche mit dem Bistouri zu finden. Trotzdem ergab die 
Section einen kleinen Abscess in der rechten Hemisphäre des 
Kleinhirns, welcher von den Einstichen nicht getroffen worden war. 
Das rechte Felsenbein zeigte ausgedehnte, von der Trommelhöhle 
ausgehende cariöse Zerstörungen, welche bis zur hinteren Wand 
reichten. Eine den inneren Gehörgang umgrenzende Knochen¬ 
schicht war vollständig nekrotisirt. (Die rechtsseitige Ohreiterung 
des 43jährigen Patienten hatte seit dem vierten Lebensjahre be¬ 
standen.) 

Vortragender demonstrirt ferner die Felsenbeine mehrerer 
anderer an otitischem Kleinhirnabscess verstorbener Patienten und 
weist auf die Schwierigkeiten hin, welche, ausser der Eröffnuug 
des Himabscesses, die gründliche Beseitigung ausgedehnter Felsen- 
bemearies in manchen Fällen bietet. Es bleibt zu hoffen, dass der¬ 
artige Fälle mit der Zeit immer seltener werden, je mehr eine 
rationelle Behandlung der Ohreiterungen auch auf dem Lande und 
in allen Schichten der Gesellschaft Verbreitung findet. 

2. Herr Poppert: Ueber einen Fall von Aethertod in- 

T « + .T° n .^ ,un « en öd© m nebst Bemerkungen zur Narkosen- 
statMtik. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift No. 37 S 719 
veröffentlicht.) ' * 

^ ^ H,n-nn AVilms. Bost™,,». U,l,l,i,,. Kri^er und 



Sitzung am 19. Juni 1894. 

Vorsitzender: Herr Löh lein; Schriftführer: Herr Pol 

1. Herr Kallius: Ueber den Bau der Netzhaut j 
monstrationen). (Der Vortrag ist anderweitig veröffentlicl 

Discussion: Herren Bonnet, Bostroem, Kallius. 

2. Herr Kutscher: Der Nachweis von Diphtheriebacillen 
in den Lungen mehrerer an Diphtherie gestorbener Kinder (Der 
Vortrag ist in der Zeitschrift für Hygiene und Infectionskraiik- 
heiten veröffentlicht.) 

3. Herr Markwald: a) Bin Fall von Kali chloricum- 
Vergiftung. (Der Vortrag ist im Centralblatt für innere Medicin 
veröffentlicht.) 

b) Ueber Scarlatina typhosa. Ein vieijfthriges Mädchen 
erkrankte elf Tage nach der älteren Schwester, von der sie sofort 
isolirt worden war, an Scharlach mit äusserst intensivem Exanthem, 
zu dem sich nach mehreren Tagen noch verschiedene, ziemlich 
grosse hämorrhagische Plaques gesellten. Die Halsaffedion war 
gering, ebenso die Schwellung der Drüsen; eine in der ersten 
Woche schon aufgetretene Entzündung der Handgelenke verlor sich 
in wenigen Tagen. Das Exanthem blasste im Beginn der zweiten 
Woche ab, nachdem vorher schon eine ausgedehnte Abschuppung 
begonnen hatte. Gleichwohl blieb das Fieber andauernd auf gleit her 
Höhe, etwa 40°, bestehen und daneben eine sehr beträchtliche 
Schwellung der Milz. Es traten dann noch katarrhalische Er¬ 
scheinungen in den Lungen auf, die rechterseits zu einer lobulären 
Pneumonie führten, aber auch innerhalb acht Tagen zur Rück¬ 
bildung gelangten — auch danach bestand das Fieber und mit 
ihm die Milzschwellung fort. Erst vom 19. Tage der Erkrankung 
an Hess sich bei beiden ein Rückgang constatiren, und am 24. war 
Patientin fieberfrei und die Milz annähernd normal. Eiweiss im Urin 
war nie zu constatiren, auch später ist keine Nephritis aufgetrefrn. 

Vortragender ist der Ansicht, dass das Fortbestehen des Fiebers 
und die Milzschwellung lediglich durch den scarlatinösen Proeesv 
der sich von vornherein als ein sehr schwerer kennzeichnete, be¬ 
dingt war. Obwohl aber die bei Scarlatina typhosa gewöhnlich 
auftretenden Erscheinungen — Delirien, Benommenheit des Seii- 
soriums etc. — fehlten, glaubt er doch den ganzen Krankheits¬ 
verlauf als typhöse Form des Scharlachs bezeichnen zu dürfen, 
besonders auch im Hinblick auf die Fiebercurve, die genau der 
eines schweren Typhus vom Beginn der zweiten Woche an gleicht. 
Erscheinungen eines gleichzeitig etwa bestehenden Typhus fehlten 
vollständig. 

VI. Aerztlicher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 3. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Oehrens; Schriftführer: Herr Möller 

1. Herr Hahn demonstrirt einen exquisiten Fall von lueti¬ 
schem Primäraffeot an der Stirn über der linken Augenbraue 
Vor acht Wochen fand der infectiöse Coitus statt, nach 2 bis 4 
Wochen entwickelte sich ein „Pickel“, der sich in den jetzt l«- 
stehenden Primäraffect verwandelte. Die regionären Drüsen wt 
der linken Parotis sind stark geschwollen. Patient hat bereits h"- 
seola und Papeln am Penis und Scrotum. Hahn giebt zugleur 
eine kurze Statistik der extragenitalen Infectionen nach dein .m- 
teriale der syphilitischen Abtheilung des Alten Allgemeinen Man- 
kenhauses. Unter 5004 Fällen von Syphilis, die im Decennium 
1878—1888 behandelt wurden (3096 Männern, 1908 Weibern um 
Kindern) wurden nur 121 extragenitale Infectionen beobachtet, um 
zwar 38 bei Männern, 67 bei Weibern. Bei Kin<leni fand 

bei oberflächlicher Durchsicht nur 16 Fälle verzeichnet , halt a < 
die Zahl für zu niedrig, da Kinder gewöhnlich extragenital in ( 
werden. Procentualiter stellt sich das Verhältnis so, das» 

100 Fällen luetischer Infection 2,38 extragenital inficirt we 
von 100 Weibern 3,5, von 100 Männern dagegen nur 1 _ 
häufigste Sitz der extragenitalen Infection sind die Hippen- < „ 
kommen die Finger. Hahn reicht eine Anzahl von ^ 1 ! 1C ” -J.,, 
extragenitaler Primäraffecte herum, die im alten a g« 
Krankenhause zur Beobachtung kamen. tmiito!: 

2. Herr Schütz demonstrirt einen von ihm 
Troicart a demeure aur Punotion des Ascites und eria 
Anwendung. (Wird in dieser Wochenschrift veröffent ll( iV « ein 

3. Herr Nonne demonstrirt, einen Fall von su ^ } 

Leiomyom des Jejunums, das infolge seiner Grosse' ‘ ^ 

sitzt die einer Billardkugel — zu unstillbarem Ei ^ 

führt und schliesslich den Tod der Kranken ver ® n ‘ j^_^ e f uni | 

Nonue bespricht eingehend Krankheitsverlauf und ‘ e( , ‘'n l " lllll - 

und weist auf die grosse Seltenheit der Leiomyonic ^ ^ 
darms hin, sowie darauf, dass ein Myom von solenei 
nicht beobachtet worden ist. (Der Fall wird anderw g 
licht werden.) . 


Gedruckt bei Julius SUteufeld in Burlin W. 


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Donnerstag 


13. December 1894. 


VEREINS-BEILAGE 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Verein für innere Mediciu in Berlin, Sitzung am 5. November 
1894: Mendelsohn, Utensilien der Krankenpflege. — B. Lewy, 
Charcot-Leyden’sche Krystalle; Discussion: Litten, Lewy. — Auer¬ 
bach, Milch von ostfriesischen Schafen; Discussion: A. Baginsky.— 
Ritter, Ueber die Nothwendigkeit einer höheren Würdigung der Zahn- 
und Mundhygiene; Discussion: Skamper, Krön, Gebert, Rosen¬ 
heim, Becher, L. Lewin, Miller, Ritter. 

II. Berliner medicinische Gesellschaft, Sitzung am 28. November 
1894: Rosenberg, Neue Methode der allgemeinen Narkose. — Hanse¬ 
mann, Ueber Diphtherie und die Serumbehandlung. 

III. Greifsvtalder medicinische Gesellschaft, Sitzung am 3. März 
1894: Schirmer, Behandlung von Eisensplittern im Auge. — Kupria- 


now, Keimfreie Gewinnung des Blutserums. — Dührssen, Vagino- 
fixation. — Schirmer, Gegenwärtiger Stand der Lehre vom Trachom. 

— Busse, Heilung aseptischer Schnittwunden der Haut. — Sitzung 
am 5. Mai 1894: Helferich, Angeborene Verwachsung zweier Finger. 

— Abel, Immunisirung junger Ratten gegen Milzbrand mit Blut und 
Organtheilen von Bruderthieren. — Heidenhain, Prognose des Car¬ 
einoms. 

IV. Aerztlicher Yerein in Hamburg, Sitzung am 17. April 1894: 
Zarnikow, Tuberkulose des Rachens. — Nonne, a) Thomsen’scho 
Krankheit; b) Amyotrophische Lateralsklerose: Discussion: Kaes, 
Rumpf. 


I. Verein fiir innere Medicin in Berlin. 

Sitzung am 5. November 1894. 

Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Für¬ 
bringer. 

Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬ 
nommen. 

1. Herr Mendelsohn (vor der Tagesordnung): M. H.! Ich 
erlaube mir, Ihnen hier einige neuere Utensilien der Kranken¬ 
pflege zu zeigen, welche in letzter Zeit entstanden sind und die 
sich mir als brauchbar und zweckmässig erwiesen haben. Zunächst 
wollen Sie bitte diesen Krankentisch einer Prüfung unterziehen, 
welchen ein nun verstorbener College, Herr Dr. Bredt in Hohen- 
honnef a. Rh., während seines mehrjährigen Krankseins, zunächst 
zu eigenem Gebrauch, sich ersonnen und hergerichtet hat und auf 
den mich hinzuweisen Herr Geh. Rath Gerhardt die Freundlich¬ 
keit gehabt hat. Dieser Krankentisch, von welchem ich Abbil¬ 
dungen und Beschreibung in der Zeitschrift für Krankenpflege 1 ) 
habe wiedergeben lassen, zeichnet sich zunächst schon dadurch 
aus, dass er ein gefälliges Aeussere hat und nicht gleich auf den 
ersten Blick gerade als Krankentisch erscheint. Sie sehen, dass 
er aus einem einfachen, schweren, auf Rollen mühelos bewegbaren 
Stativ und einer kreisrunden Tischplatte besteht, welche in diesem 
Stativ mittels einer Achse läuft, in die ein Gewinde hineinge- 
schnitten ist. Die hierdurch ermöglichte Drehbarkeit der ganzen 
Tischplatte bietet zweierlei Vortheile nicht unbeträchtlicher Art 
dar. Einmal können kleinere Gebrauchsgegenstände, wie sie ein 
Kranker dauernd nöthig hat — Uhr, Tischglocke, Medicinglas, 
Wasserflasche etc. — an der Peripherie der Platte Aufstellung 
finden — und genügt dann ein Drehen der Tischplatte, um jeden ein¬ 
zelnen dieser Gegenstände an den Kranken heranzubewegen, ohne 
dass er nöthig hätte, über den Tisch wegzulangen. Sodann aber 
bewirkt das an der Achse befindliche Gewinde ein Höher- oder 
Niedrigerstellen der Tischplatte schon durch ein ganz leichtes An- 
stossen an den Rand des Tisches, wie es der Patient selber ohne 
die geringste Anstrengung vorzunehmen vermag. Besonders des 
Nachts, wo Wartung nicht immer sogleich zur Hand ist, bietet 
diese Einrichtung grosse Annehmlichkeiten. Ausserdem hat der 
Tisch nun noch eine besondere Aufsatz platte, welche, wie Sie 
sehen, durch einfaches Auflegen und Zuschieben eines Riegels sich 
mit einem Handgriff auf der Tischplatte befestigen lässt und ebenso 
leicht wieder fortgenommen werden kann. Diese Aufsatzplatte 
ragt auf der einen Seite sehr stark über, und ihre Kanten haben 
hier zweckmässige Schweifungen, so dass sie bequem als Essplatte 
dienen kann. Sie hält bei jeder Stellung der Tischfüsse einen 
starken Druck aus, wie er beim Fleisch- und Brotschneiden auf 
den Teller ausgeübt wird, ohne zu kippen. Eine weitere an diesem 
überliegenden Theil der Aufsatzplatte angebrachte Klappe lässt 
sich durch zwei Schrauben entweder zur Verbreiterung dieser Ess¬ 
platte benutzen oder sie kann in verschiedenen Winkeln als Lese¬ 
oder Schreibpult eingestellt werden. Die ganze Aufsatzplatte lässt 
sich mit jeder ihrer beiden Seiten auf die runde Tischplatte auf- 
legen und befestigen; ihre Anbringung an der drehbaren Tisch¬ 
platte und nicht an dem Stativ hat den Vorzug, dass nach be¬ 
endeter Mahlzeit oder wann es ihm sonst beliebt, der Kranke den 
über sein Bett herrüberreichenden Aufsatz einfach fortstossen und 
seitlich neben das Bett drehen kann. 


‘) Bredt, Ueber einen Tisch für bettlägerige Kranke. Zeitschrift 
für Krankenpflege 1894, No. 7. 


Dieses letztere Prinzip liegt auch einem zweiten Krankentisch zu 
Grunde, welchen ich bei dieser Gelegenheit mir erlauben möchte, zu 
demonstriren. Auch dieser Tisch ist mir, ebenso wie der erste, zu 
diesem Behufe von der Firma Maquet freundlichst überlassen worden. 
Dieser von Wahl angegebene Krankentisch zeichnet sich dadurch 
vor anderen aus, dass er durch ein einfaches Emporheben oder 
Niederdrücken automatisch in jeder beliebigen Höhe fest stehen 
bleibt. Es wird das dadurch erreicht, dass ein Kranz von Kugeln, 
welche am untersten Ende der inneren Achse der Tischplatte sich 
befinden und welche dadurch, dass sie sich zwischen die Achse 
und die Innenwand des Tischfusses klemmen, den Feststand des 
Ganzen herbeiführen, je nachdem man oberhalb oder unterhalb eines 
unmittelbar unter der Tischplatte befindlichen Ringes fasst und 
diesen dabei herauf: oder hinunterdrückt, in das Innere der Achse 
hineintreten und so eine Bewegung dieser entweder nach oben oder 
nach unten ermöglichen. 

Sodann zeige ich Ihnen hier einen kleinen, von seinem Erfinder, 
Herrn v. Szczawinski in Elberfeld, mit dem überflüssigen grie¬ 
chischen Namen Thermophor belegten Wärmapparat für die 
Zwecke der Krankenpflege. (Der Apparat ist in dieser Wochen¬ 
schrift No. 31, S. 634, beschrieben.) 

2. Herr Benno Lewy (vor der Tagesordnung): Gestatten Sie 
mir, ein Präparat von einem Befund von Charcot-Leyden’schen 
Kry stallen zu demonstriren. Vor drei Jahren hatte ich hier Ge¬ 
legenheit, Charcot’sche Krystalle zu zeigen, die ich in Nasen¬ 
polypen gefunden hatte. Ich habe diese merkwürdigen Gebilde 
jetzt an einem Orte gefunden, der von den bisherigen Fundorten 
ausserordentlich verschieden ist. Bisher waren sie bekannt im 
Knochenmark, im Blute und in den Organen bei Leukämischen, 
ferner im asthmatischen Sputum und in den Nasenpolypen, jetzt 
habe ich sie gefunden in einem Carcinom der Portio cervicalis 
uteri, einem Fundort, wo man sie kaum vermuthet hätte. Die 
Fundorte dieser Krystalle sind sehr verschieden, woraus hervor¬ 
geht, dass sie nicht zu einer Krankheit in direkter Beziehung 
stehen, nicht specifisch sind für> eine bestimmte Krankheit; aber 
ich glaube, ihre Fundorte haben doch etwas Gemeinsames. Herr 
Leyden machte darauf aufmerksam, dass sowohl in Nasenpolypen 
als im asthmatischen Sputum sehr viele eosinophile Zellen sind. 
Dasselbe gilt auch hier und ebenso von den übrigen Fundorten 
der Charcot-Leyden’schen Krystalle. Eosinophile Zellen finden 
sich zahlreich im Knochenmark und bei Leukämie. Ich vergass 
vorhin zu erwähnen, dass sich die Krystalle auch häufig im Darm¬ 
inhalt bei Durchfällen und bei Helminthiasis finden; hierbei ist von 
Heidenhain bei Thieren nachgewiesen, dass sich in der Darm¬ 
wand zahlreiche eosinophile Zellen befinden, ein Befund, den ich 
selbst für den menschlichen Darm durchaus bestätigen kann. Ich 
wurde bei dem heute vorgelegten Präparat durch das Vorkommen 
der eosinophilen Zellen direkt darauf hingewiesen, nachzuforschen, 
ob sich auch hier die Charcot’schen Krystalle finden. Als ich 
nun suchte, fand ich zu meinem Erstaunen in der That eine sehr 
grosse Menge von Krystallen. Eosinophile Zellen sind ja durchaus 
nicht selten, man findet sie vielfach in den verschiedensten Organen, 
aber in grosser Menge nicht so sehr häufig. In dem Präparat von 
diesem Carcinom fand ich sie nun in grossen Massen, wie Sie aus 
diesen Zeichnungen hier sehen. Ich untersuchte darauf ein 
Stückchen des Tumors nach derselben Methode, die ich früher bei 
Nasenpolypen beschrieben habe. Ein Stückchen vom Gewebe wird 
zerquetscht, unter ein Deckgläschen gelegt, dann bilden sich nach 
einigen Minuten, mitunter erst nach einigen Stunden, die Krystalle. 
Sehr häufig bilden sie sich während der Beobachtung, man kann 


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146 


VEREINS-BEILAG E DER DEU TSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


sehen, wie sich ein Krystall an einer Stelle bildet, allmählich 
wächst und immer mehr Krystalle an den verschiedensten Stellen 
hervorkommen. Trotzdem ein Zusammenhang zwischen dem Vor¬ 
kommen der eosinophilen Zellen und der Charcot’schen Krystalle 
wohl bestehen muss, da ihr Vorkommen immer ein gleichzeitiges 
zu sein scheint, so ist doch nicht anzunehmen, dass die einen direkt 
aus den anderen hervorgehen. An meinem Präparat sieht man eine 
grosse Menge von Körnchen. Ein Theil wird wohl Fettkörnchen 
sein, ein grosser Theil aber besteht aus eosinophilen Körnchen, 
wie ich durch Färbung gesehen habe. Man sieht jedoch niemals,’ 
dass etwa Krystalle direkt aus solchen Körnchen hervorgingen. 
Ich hoffe, dass durch weitere Untersuchungen allmählich mehr 
Licht in die Sache hineingebracht wird. 

Di scuss io n: Herr Litten: Ich kann im grossen und ganzen die 
Mittheilungen des Herrn Vorredners vollauf bestätigen. Ausser den 
Krankheiten, bei denen er die Krystalle gefunden hat, möchte ich noch 
an die permciöse Anämie erinnern, bei der ich sie auch im Blute gefunden 
habe, und zwar auch bei solchen Kranken, bei denen mehr eosinophile Zellen 
vorhanden waren als gewöhnlich. Dies Zusammentreffen stimmt namentlich 
lur das Asthmasputum, für die Potypen der Nase und ganz besonders für 
die Leukämie; aber doch nicht immer. Bekanntlich giobt es Fälle von 
Leukämie, bei denen so kolossal viele eosinophile Zellen im Blut enthalten 
sind, dass dasselbe damit vollständig überladen zu sein scheint. Es sind 
aber nicht gerade immer diese Fälle, bei denen man die Charcot’schen 
Krystalle in besonderer Häufigkeit findet; vielmehr habe ich in solchem 
lilut die Charcot-Leyden sehen Krystalle wiederholt vollständig ver- 
misst, wahrend ich sie im Blut in Fällen gefunden habe, welche nur ganz 
vereinzelte eosinophile Zellen enthielten. Hierbei sieht man auf dem 
Leichentisch einzelne Organe (Leber, Milz) sich allmählich immer mehr 
U n mit em l m g ützernden oder schillernden Ueberzug bedecken, der 
vollstän di g aus sehr grossen und wohlgebildeten Krystallen besteht. Je 
langsamer und allmählicher diese Krystallbildung vor sich geht, um so 
kw? r >, Und ^ en dle einz elnen Exemplare, wie dies ja be- 

w- UCh b j 1 . Blld ung anderer Krystalle stattfindet. Bis jetzt ist 

meines Wissens die Thatsache noch nicht erbracht, dass sie irgendwo in 
BlX d °d ,°- r f nen S e \ indeü sind. Ich selbst habe sie nie inf lebenden 
hl» unra ! tte J bar entnommen und ganz direkt unter das Mikroskop 
gebracht hatte, gefunden, sondern es dauerte immer erst einige Minuten, 
bis sie anfingen, sich zu zeigen, und je länger man wartete, um so grössere 
Mengen wurden erkennbar. Das gilt auch für alle übrigen Präparate, die 
Leukämi^fnr^d habe ’ von ^oopo^Pen, Organschnitten und P Blut bei 
dn« c k ri ? ’ v d f s .. Ast ^asputum, für Knochenmark etc. Die Vermuthung 
Philen ^lle^^n d a " 8 z PI 1 falIe T nden Zellen, namentlich den eosino-’ 

bilden ’ Uegt nahe - jedoch 

H„rr„ H T7 (( Le Y ^^Schlusswort): Ich möchte die Ausführungen von 

Kmtalh, sich” idf oH 18e u Ich habe solbs t schon angedoutet, dass diese 
ArystaHe sich me oder doch sehr selton pritformirt vorfindeu. Im lebenden 

K b - be - ,C Ä 8,0 lm , Stren S e “ Sil ™ auch nicht gesehen. Alle“ 
FHmn.it 777 Nasen p ol I'I)en, die noch nicht abgestorben waren, da ihr 
Flimmerepithel noch thätig war, aber ich möchte nicht behaupten da«?s 

hahe Hen a F- h , d0S 1 “ ner ° dcS lebendes Gewebe W Ich 

dio Kn“Jle tich fnLT°F d , aSS < 1'° Zollen verletzt sein müssen, damit 
o.VcJ -.Ii .j 81lch bllden - Erst wenn auf die Gewebstbeile ein Druck 
und^nur* w™ -T* 1 — Zellen zerquetscht, bilden sich die Krystalle 
find«? • S 4 ? u abe ^ h . sie 1Tn unversehrten Gewebe gefunden- aber sie 

asb «t 

— oh sie sich S 

]ieuto 3 'ebB I Mlw, erb ' a0h der Tagesordnung): Ich möchte Ihnen 
Wese rdTrtatT’ ,?- le 7°? .oatfriesieohen Sohafen stammt. 
iJiese sind grösser als die heimischen Schafe und geben viele 

Milch 6 b ‘ S h C 1 7 Monate - £ anz erhebliche Mengen 

Milch. Die Milch ist wesentlich concentrirter als Kuhmilch Ihr 

Eiweissgehalt beträgt 5—6%, der Fettgehalt 6_8% Dabei ist 

Nutzet ÄV e t g - IC , h glaube ’ da6s sich "daraus einiger 

ÄÄ“'*“"' w ““ 

einer 'höhmfn wiU-U (als ® ast): Ueber «“e Nothwendigkeit 

und' J MÜndpflege C *vri^der'c < ebr r t rabS ^' 1 ” 1 ^ g l 6bd6 ”™ b ^'*^ ea> * Zaba " 


von Krankheiten, insbesondere Infectionskrankheiten. D 
weise im höheren Alter, wo die Widerstandsfälligkeit dm 

Organe an und für ßir>b rmnhlüoef m —• 1 b » . 


No. 1!) 


. Vorzugs-. 

Organe an und .für sieh nachlässt,'örhrsociSTebm™^*’ 1 ’ 
lm weiteren Verlaufe seiner Ausführungen verbreitet sinh i 
Vortragende eingehend über die dringende Nothwendigkeit A r' 
rationellen Zahnpflege hei der Syphilis und während der Schwan*«- 
schaft und geht dann zur Besprechung mehrerer statistischer t ' 
bellen über welche theils seiner Thätigkeit als Zahnarzt hL™ 
städtischen Krankenkassen und Waisenhäusern, theils seiner Poli 
klinik entnommen waren. I0Ü ' 

1 Um J" 1 T) s P eoiellen seine Ansicht zu erläutern, hatte er ror 
kurzem 637 I ersonen untersucht und zwar 473 männlichen und 
164 weiblichen Geschlechtes. - Von den 637 Untersuchten waren 
298 über 15 Jahre und 399 unter 15 Jahren. - Von diesen hatte 
nur 41 Personen eine gesunde Mundhöhle, d. h. gesunden Mund 
und gesunde Zähne, 4 Personen zwar gesunde Zähne, aber Mund- 
entztindnngen; bei 12 Personen waren ein bis drei Zähne hohl bei 
080 Personen waren mehr als drei Zähne hohl. - 187 Personen 
litten theils an Zahnfleisch- oder Mundentzündungen oder üblem 
Geruch aus dem Munde, theils hatten sie abnorme Zahnstein- 
ansammlungen oder viel grünen Zahnbelag an den Zähnen aufzu¬ 
weisen. Für die meist durch mangelhafte Reinlichkeit entstandenen 
Mundentzündungen schlägt der Vortragende den Namen „Stomatitis 
sive Gingivitis sordida“ vor und erörtert ferner den vorhandenen 
Procentsatz dieser Entzündungen und anderer Erkrankungen bei 
den verschiedenen untersuchten Altersclassen. — Redner schlägt, 
als unbedingt für das Gedeihen der Bevölkerung nothwendig, folgende 
Neueinrichtungen vor; * 

1. Die Anstellung von Schulzahnärzten. 

a) Jedes Kind müsste viermal im Jahre untersucht werden. 

b) Die Behandlung müsste in städtischen Anstalten, eventuell 
nn Anschluss an schon vorhandene Krankenhäuser, vor sich gehen 
(gleichzeitige zahnärztliche Ueberwachung der an Lues Leidenden). 

c) Benachrichtigung der Eltern von dem Ausfall der Unter¬ 
suchungen. 

2. Die Anstellung von Armenzahnärzten. 

8. Vorträge in den Gemeindeschulen über die Wichtigkeit der 
Zahnpflege. 

4. Abgabe von gedruckten Vorschriften über die Wichtigkeit 
und Art der Zahnpflege an die Ortsarmen. 

Zum Schluss bespricht der Vortragende die schon bestehenden 
zahnärztlichen Untersuchungen der Waisenkinder und die in der 
neuesten Zeit über den Gegenstand seines Vortrages veröffentlichte 
Litteratur und begründet die Nothwendigkeit der Antiseptik bei 
Vornahme von Operationen im Munde. 

Der Vortrag war mit Demonstrationen verknüpft; besonders 
war die Unsitte des Aufbauens künstlicher Zähne auf Zahnwurzeln 
durch Präparate veranschaulicht. 

Discussion: Herr Skamper: Ich glaube, wir können dem Herrn 
Vortragenden dankbar sein, dass er unsere Aufmerksamkeit in etwas 
intensiverer Weise auf die Mund- und Zahnpflege hingelenkt hat. Die 
Beobachtungen und Erfahrungen der praktischen Aerzto stimmen wohl 
vollkommen damit überein, dass die Mund- und Zahnpflege selbst in den 
Kreisen der sogenannten gebildeten Menschen noch recht sehr vernach¬ 
lässigt wird und nicht in der ihr gebührenden Weise gewürdigt zu werden 

pflegt. Ob freilich die vom Herrn Vorredner hier ausgesprochenen Wünsche 
seitens der städtischen Verwaltung eine so schnelle Erledigung finden 
werden, möchte ich allerdings dahingestellt sein lassen. In erster Linie 
wird es also auch unsere Pflicht sein, die Prophylaxe etwas intensiver zu 
üben und in zweiter Linie dafür zu sorgen, dass die vorhandenen hohlen 
Zähne, die in der That eine Vorrathskammer für alle möglichen Fäulnis?- 
bacterien bilden, möglichst frühzeitig ontfernt werden. Was aber gerade 
viele der Patienten von der Entfernung der Zähne abhält, das ist der 
Schmerz bei der Extraction hezw. die Furcht vor der Chloroformnarkose. 
Nun möchte ich hier auf ein in der letzten Zeit sehr in Aufnahme ge¬ 
kommenes Narkoticum hinweisen, das in der That eine ganz vorzügliche 
Wirkung ausübt, das Bromäthyl. Ich habe iu letzter Zeit wiederholt ue- 
legenhcit gehabt, eine Anzahl von Bromäthylnarkosen bei Zaknextractionen 
als Arzt zu beaufsichtigen, und ich war ausserordentlich überrascht von 
der vorzüglichen Wirkung des Mittels. Die Patienten werden durch unge¬ 
fähr 10 — 20 g in eine leichte Betäubung versetzt oder doch mindestens 
unempfindlich gegen den Schmerz, und während der kurzdauernden r^arkose 
ist es möglich, 8—12 Zähne oder Zahnwurzeln mit Leichtigkeit zu en 
fernen. Nun kommt allerdings während dieser Narkose häufig « n 
Excitationsstadium vor, so dass die Patienten laut schreien; fragt man sn 
aber nachher, ob sie irgend welche Schmerzen empfunden haben, so 'er 
neinen sie es lind sagen nur, dass sie einen starken Druck empmn * 
haben. Was aber in Bezug auf die Folgeerscheinungen bei dieser Mr 
besonders in Bertracht kommt, ist der Umstand, dass selbst anäniisc > 
und chlorotische Frauen und Mädchen unmittelbar nach der Operation 
Operationsstuhl aufstellen und sofort ohne Beschwerden ihrem Heru i 
gehen können. Das ist ein grosser Vortheil dieser Narkoso. und in n - 
sagen, dass nach meinen Erfahrungen die Narkose mit Bromätln in 
Fällen bei zahnärztlichen Eingriffen durchaus dem Chloroform vorzi 
ist und dass man daher das Chloroform hier nur in den seltensten 
noch anwenden soll. 


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13. December. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


147 


Herr Krön: Die Verbreitung des Zahnschmerzes im Trigeminus¬ 
gebiet ist bekannt. Aus dem Schmerzgebiet kann man fast immer auf 
die betreffenden Zähne schliessen, z. B. auf die oberen Molaren bei 
Schmerzen im Bezirke des N. infraorbitalis oder slibcutaneus malae. 
Irreführon kann dabei mitunter der N. auriculo - temporalis. Die 
Schmerzen wüthen hier seinen Verbreitungsbezirken gemäss in der Schläfe 
und im Ohr. Nun kommt es vor, dass die Patienten dabei gar nicht über 
Zahnschmerz klagen. Auch ergiebt die oberflächliche Untersuchung unter 
diesen Umständen gar nicht so selten keine manifeste Caries der Zähne. 
Erst die genaue Bespiegelung derselben lässt dann etwa einen Spalt in 
der hinteren Wand der Krone erkennen, der die Caries andeutet. Der 
Reiz nimmt hier wohl seinen Weg durch das Ganglion oticum, das ja zu 
dem dritten Aste des Trigeminus Beziehungen unterhält und speciell dem 
N. auriculo-temporalis einige sensible Fäden abgiebt, oder aber die von 
Bock gefundene Anomalie einer direkten Verbindung des N. auriculo- 
temporalis mit dem N. alveolaris inferior ist auch nicht gar so selten. 
Dieser nahen Beziehung zum Zahnnerven verdankt der N. auriculo- 
temporalis eine gewisse Popularität. Man weiss ja, was die Menschen 
sich ins Ohr zu stecken pflegen, um sich Zahnschmerzen zu vertreiben. 
Das Wirksame ist hierbei der Hautreiz vom äusseren Gehürgang aus, 
dessen Vorderwand der Nerv bekanntlich versieht. Jedenfalls thut man 

S it, bei neuralgischen Schmerzen im Ohr und in den Schläfen auch die 
ackzähnc des Unterkiefers zu untersuchen. Findet man eine krank¬ 
hafte Beschaffenheit derselben, so ist die Extraction dringend anzurathen. 

Herr Gebert: Wenn ich zu den interessanten Ausführungen des 
Herrn Ritter über die Notwendigkeit. einer höheren Würdigung der 
Zahn- und Mundhygiene das Wort ergreife, so leite ich die Berechtigung 
hierzu daher, dass ich als Assistent an der Dr. Blaschko’schen Poliklinik 
oft Gelegenheit habe, die Verheerungen zu sehen, die ein Fehlen der 
Zahn- und Mundpflege auch im Gesammtorganismus anric-hten kann. Ist 
die Hygiene der Zähne und des Mundes schon unter normalen Verhält¬ 
nissen eine sehr nothwendigo, so ist sie um so wichtiger, wenn die Per¬ 
sonen voii Erkrankungen ergriffen werden, die sich mit Vorliebe im Munde 
lokalisiren, wie Lues, und zwar bei letzterer um so mehr, als hier 
noch der Reiz des durch den Speichel ausgcschiedeuen Quecksilbers 
während der Behandlung hinzukommt. Aber nicht nur während der 
Quecksilberbehandlung, sondern auch vor und nach derselben ist eine gute 
Zahn- und Mundpflege bei Lueskranken erforderlich, ja sie beeinflusst 
sogar den Verlauf der Lues in nicht unbedeutendem Maasse. Können 
wir doch nicht selten dadurch, dass wir den Reiz, den spitze und cariöso 
Zähne und Zahnwurzeln auf die Mundschleimhaut ausüben, gleich im 
Anfang beseitigen, den Ausbruch von Secundärerseheinungcn im Munde 
überhaupt vorhüten. Andererseits kommt, es auch nach der Behandlung 
dadurch, dass spitze Zähne und Zahnwurzeln einen ständigen Reiz auf 
Mund- und Zungensehleimhaut unterhalten, leicht zu Reeidiven im Munde, 
indem sich an den durch die Zahnspitzen gereizten Stollen der Mund¬ 
schleimhaut Rhagaden und Papeln bilden, ein Umstand, der auch in prophy¬ 
laktischer Beziehung von grosser Wichtigkeit ist, da solche Syphilitiker, 
die zu Papelbildung im Munde neigen, leicht zu extragenitaler Ueber- 
tragung der Lues, durch Kuss etc. Anlass geben können. Dass während 
der Behandlung mit Quecksilber dieZahn- und Mundpflege zur Verhütung 
einer Stomatitis nicht zu vernachlässigen ist, darauf brauche ich hier 
nur hinzuweisen. Doch sind die allgemein üblichen stündlichen Gurge¬ 
lungen mit Kali chloricum, Alaun etc. zur \ erhütung der Stomatitis 
nicht von so grossem Werth, wie die meisten glauben; gewöhnlich genügt 
es, wenn die Kranken, nachdem ihre Zähne vorher in Ordnung gebracht 
sind, vier bis fünf mal täglich, besonders aber nach jeder Mahlzeit 
gurgeln und die Zähne mit der Bürste putzen. Ganz entbehrlich wird 
das Gurgeln mit don medicamentösen Flüssigkeiten, wenn man die auch 
von Unna empfohlene Beiorsdorf’sche Kali-chloricum Zahnpaste 
zum Putzen der Zähne verwenden lässt, ein Präparat, das übrigens auch 
für Gesunde zum täglichen Gebrauch zur Verhütung der Zahncaries zu 
empfehlen ist. Ferner erlaube ich mir besonders wieder auf das Mittel 
hinzuweifeen, das auch schon von anderer Seite empfohlen, vor dem aber 
häufig, und meiner Ansicht nach mit Unrecht, wegen seiner angeblichen 
Gefährlichkeit gewarnt worden ist, nämlich die Chrom säure; Pinse¬ 
lungen des Zahnfleisches und der Wangenschloimhaut mit 10 20°/oigen 
Lösungen wirken sowohl prophylaktisch als therapeutisch hei der 
Stomatitis mercurialis geradezu specilisch und sind imstande, eine 
beginnende Stomatitis im Keime zu ersticken. Es wird deshalb natürlich 
darauf ankoinmeu, den Patienten genau zu beobachten und, sowie sich 
auch nur die erste Spur von beginnender Stomatitis zeigt, die gesummte 
Mundschleimhaut mit der Chromsäurelösung auszupinseln. Von Wichtigkeit 
ist dabei nur, dass der Patient nichts von der Lösung verschluckt. Dies 
ist aber sehr gut zu erreichen, wenn man den Patienten auflordert, während 
des Pinseins nicht zu schlucken, sofort nachher den Leberschliss der Säure 
auszuspeien und dann gleich mit Wasser nachzuspülen. Sollte der Kranke 
aber doch etwas verschlucken, so kann es sich immer nur um minimale 
Quantitäten von Chromsäure bandeln; böse Folgen siebt man nicht. Man 
lässt die Kranken sofort mehrere Gläser Wasser trinken und sorgt so für 
ausgiebige Verdünnung der eventuell in den Magen gerathenen Säure. 

Herr Rosenheim: Ich habo vor einigen Wochen in einer Veröffent¬ 
lichung auf die Beziehungen der Zähne zu Magenkrankheiten hingewiesen. 
In einem Falle, den ich damals mittheiltc, handelte es sich um om 
Individuum von 13 Jahren mit Atrophie der Magenschleimhaut. Patient 
ist sechs Jahre in meiner Beobachtung, und es ist nicht zu zweifeln, dass 
es sich um irreparable Störungen handelt. Bei diesem jugendlichen 
Individuum, dem jüngsten Fall von totaler Atrophie der bekannt ist, war 
das einzige ätiologische Moment, das in Betracht kam, das Fehlen zahl¬ 
reicher Zähne seit dem achten Lebensjahr. Ich habe seit Jahren auf den 
Zusammenhang der Magenaffectionen mit Erkrankungen der Zähne ge¬ 
achtet und gefunden, dass das Fehlen der Backzähne, wodurch das Zer¬ 


mahlen von festen Gemüsen. Gebäck oder Fleisch unmöglich gemacht 
wird, von viel ungünstigerer Einwirkung auf den Magen ist als das Vor¬ 
handensein von cariösen Processen oder Stomatitis, wobei doch Stoffe in 
den Magen gelangen können, die reizend wirken. Ich möchte speciell 
auf diesen Ausfall der mechanischen Leistung bei jüngeren Individuen, 
der noch nicht genügend gowürdigt ist, Ihre Aufmerksamkeit lenken. 

Herr Becher: Natürlich muss jeder Arzt darauf sehen, dass bei den 
Kindern seiner Klientel eine rationelle Mundpflege eingeführt wird, und 
jeder Arzt thut das wohl auch und schickt die Kinder bei Caries zum 
Zahnarzt. Was die Schulzahnarztfruge betrifft, so kann ich mir das nicht 
als möglich vorstellen. Wenn all die Tausende von Kindern in den 
Communalschulen auf ihre Mundverhältnisse untersucht werden sollen, so 
würden selbst die etwa 1000 Zahnärzte Berlins keine Zeit dazu haben, 
abgesehen davon, wer die Kosten tragen würde, da doch die Zahnärzte 
das nicht umsonst thun können. Wir greifen dadurch ausserdem in das 
Gebiet des Socialismus, und man könnte dann weiter verlangen, dass die 
Kinder revidirt würden auf die Lungen und andere Organe, und dann 
bliebe uns Aerzten nur die Möglichkeit übrig, verstaatlicht zu werden. 

I Mit Recht ist hervorgehoben, dass zu einer gesunden Verdauung gesunde 
i Zähne gehören. Es giebt aber doch eine ganze Reihe von Fällen, wo 
Leute, die gar keine Zähne haben, ausgezeichnet verdauen und Leute mit 
den besten Zähnen schlechte Verdauung haben. Zähne allein machen es 
also auch nicht; hier liegen noch eine Reihe anderer Factoren vor, auf 
die hier einzugehen zu weitläufig wäre. 

Herr L. Lewin: M. H.! Wenn ich mir das Thema gestellt hätte, 
das der Herr Vortragende hier behandelt hat, so würde ich nicht mit Still¬ 
schweigen übergangen haben, wie ich mir eine rationelle Mund- rosp. Zahn¬ 
pflege denke. Statt mancher utopistischen Forderung, die hior an Com¬ 
mune und Staat auf ganz falsche Voraussetzungen hin gestellt wurde, 
hätten die prophylaktisch-therapeutischen Maassnahmen von zahn¬ 
ärztlichem Standpunkte aus gekennzeichnet werden können, die als Basis 
jedes Thuns in diesor Beziehung vorhanden sind. Da sieh nun dio be¬ 
züglichen zahnärztlichen Forderungen mit den pharmakologischen decken 
müssen, so will ich versuchen. Ihnen in den Grundzügen dio letzteren hier 
darzulegen. Zuvörderst ist als Axiom aufzustellen, dass keine Substanz 
bei gesunder Mundschleimhaut und gesunden Zähnen benutzt werden darf, 
durch die die erstere oder die letztere geschädigt werden können. Dazu 
gehört z. B. die Salicylsäure, die in allen ihren Verbindungen, auch im 
Gaultheriaöl verworfen werden muss. Sie greift den Zahn selbst an, und 
zwar nicht auf Grund ihres Säurecharakters. Ein grosser Theil der in Dro¬ 
genläden und Apotheken verkauften Mundwässer und mancher Zahnpulver 
enthält dieses zweifellos nach einer gewissen Zeit schädigende Agens. Aber 
auch das von dem Herrn Vortragenden laut einer hier circulirenden, für 
die Laien berechneten Anweisung empfohlene Kalium permanganicum 
halte ich für kein gleichgültiges und für den täglichen Gebrauch geeignetes 
Mittel. Denn mit* der absoluten Sicherheit einer chemischen Reaetion findet 
eine, wenn auch vielleicht geringe, aber an der Schleimhaut des Mundes 
unter allen Umständen zum Ausdruck kommende Alteration statt, das über¬ 
mangansaure Kalium -wird reducirt, und der disponible Sauerstoff muss 
Veränderungen an den Schleimhäuten horvorrufen. Auf die Dauer muss 
durch das Mittel, selbst wenn dadurch anfangs nur der Antrieb zu einer 
Regeneration vielleicht mortificirter Epithclschichten gegeben wurde, 
schädlich werden. Eine rationelle prophylaktische Mund- und 
Zahnpflege kann sich nur, gleichgültig ob Pulver, Pasten, Latwergen 
oder Wässer verwandt werden, auf folgender Basis aufbauen: Es können 
verwandt werden: 

1) Rein mechanisch wirkende Stoffe, wie Bimsteinpulver, die 
mit zweckmässiger Zahnbürste über Zahn und Zahnfleisch gerieben werden. 

2) Mochanisch und neutralisirend wirkende Stoffe, aus der 
Gruppe der Alkali-Erdmetalle, wie Calcium- und Magnesiumverbin- 
dungen: Calciumcarbonat in seinen mannichfachen Bezugsquellen (Ossa 
Sepiae. Austernschalen, Krebssteinen etc.), Magnesiumcarbonat und 
Magnesium ustum, das mit Wasser ein alkalisches Hydrat liefert. Säuren 
werden durch diese Stoffe im Munde sicher neutralisirt und bei zweck¬ 
mässigem Reiben damit auch die den Zähnen anhaftenden oder in don Zahn- 
interstitien befindlichen zersetzten oder zersetzlichen Stoffe entfernt. Dio 
Neutralisirung saurer Producte ist auch leicht durch Abreiben mit Aqua 
Calcis in Verdünnung zu erzielen. Wegen ihrer Fähigkeit, fauligen 
Substanzen den Geruch zu nehmen, ist seit langor Zeit dio Kohle, und 
zwar eine harto, sehr gereinigte Pflanzenkohle verwandt worden. Sie 
reinigt auch mechanisch die Zähne und ist, selbst in der Voraussicht, 
dass sich einmal der Saum des Zahnfleisches schwarz färben sollte, als 
eine besonders wirkungsvolle Substanz zu empfehlen. 

3) Anti septisch e Mittel. Unter diesen kenne ich nur eine 
Gruppe, die keinen Schaden, wohl aber prophylaktischen Nutzen gewährt, 
die ätherischen Oele. Der antibacilläre Werth der einzelnen hierher¬ 
gehörigen Stoffe ist ein sehr verschiedener. Obenan steht das Thymol, 
das zweifellos ein subjoctiv angenehmes und wirkungsvolles Mittel dar¬ 
stellt. Seine Lösung von 1:1100 Wasser ruft noch eine zu brennende 
Empfindung im Munde hervor und kann deswegen noch mit dem drei¬ 
fachen Quantum Wasser verdünnt wordon. Eine Lösung von 1:80000 
Wasser hemmt noch die Entwickelung von Milzbrandbacillen. Das Mittel 
ist sehr billig, da man sich ans 1 g etwa 3 1 Mundwasser selbst hersteilen 
kann. Weniger wirkungsvoll ist das Pfefforminzöl, das meist m Zahn¬ 
pasten, Pulvern und Wässern des Handels vorhanden, sehr oft aber 
entmentholisirt ist, d. h. der wirksame Bestandteil, das Menthol, ist 
vorher dem immer noch charakteristisch riechenden Oele botrügerischer- 
weise entzogen worden. 

Dass im Handel Dinge verkauft werden, die trotz modernster, auch 
von Aerzten leider unterstützter Reclamo nicht zweckmässig zusammen¬ 
gesetzt sind oder aus schlechter Waare bereitet werden braucht nicht 
erst besonders hervorgehoben zu werden. Zahnpasten, Zahnsoifen etc. 


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148 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT, 


enthalten oft Bestandteile, die man unverarbeitet kaum mit den Händen 
berühren würde. Ich würde mich freuen, wenn diese Discussion den einen 
Erfolg zeitigte: eine bessere Controlle solcher Stoffe zu ver¬ 
anlassen oder den Anstoss zu geben, dass mehr wie bisher 
Zahnärzte oder Aerzte der prophylaktischen Mund- und Zahn¬ 
pflege dienende Mittel selbst verschrieben. 

Herr Miller: Ich möchte in erster Reihe die Ausführungen des 
Herrn Ritter in Bezug auf die Einwirkung der Zustände der Mundhöhle 
auf den Gesammtkörper in vollstem Maasse bestätigen. Ich will mich in 
der Discussion aber auf einen Punkt beschränken, der in diesem 
Verein schon erörtert worden ist. Vor etwa drei Jahren hat Herr 
A. Fraenkel hier schon die Aeusserung gethan, dass es eine ganze Reihe 
von Krankheiten giebt, die wir als dunkle Mykosen buchen müssen, welche 
wir aber ganz gut verstehen würden, wenn wir die Mundhöhle als In- 
mctionsheerd erst kennen gelernt hätten. Jeder Zahn ist bekanntlich ein 
Hohlkörper, m welchem sich die Zahnpulpa befindet; wenn diese infolge 
von Zahncaries nekrotisch wird, geht sie in Fäulniss über, wobei grosse 
Mengen von Fäulnissproducten und toxischen Substanzen sich bilden. 
Aus dieser Quelle entstehen die sogenannten Zahngeschwüre: Ansammlung 
d " Umgebung der Wurzelspitze, der gewöhnlich in die 
Mundhöhle durchbricht, sich aber auch nach aussen entleeren kann: am 
Angulus mandibulae am Halse, in der Achselhöhle, an der Brust Solche 
Processe heilen nie vollkommen, es bleibt immer ein Heerd von Mikro¬ 
organismen zurück, und diese können von Zeit zu Zeit in die Blutbahn 
gelangen und sich dann anderswo ansetzen und secundäre Processe 
hervorrufen. Ich erwähne ferner nur die Erkrankungen des Mittelohres 
und die croupöse Pneumonie, deren Erreger bekanntlich zu den gewöhn¬ 
lichsten Mundbewohnern gehören. Die von einer Seite eingewandte That- 
sache, dass es Menschen giebt, die gar keine Zähne und doch gute Ver- 
dauung haben, betrachte ich als eine Ausnahme, ebenso wie es Menschen 
ohne Arme giebt-, die die Functionen der Hände mit den Füssen zu ver- 
nchten lernen und dabei ganz gut fortkommen; das ist doch trotzdem kein 
Zustend, den wir als normal betrachten können. Weit schlimmer aber 
als der zahnlose Zustand ist ein Zustand, dem wir in den unteren Ständen 
häufig und zuweilen auch unter den besseren Ständen begegnen, bei welchem 
selbst junge Menschen kaum über 12-15 Jahre alt, nicht einen einzigen 
vollkommen gesunden Zahn im Munde haben. Bei vielen liegt die Pulpa 
schon frei und ist begreiflicher Weise äusserst schmerzhaft, andere sind 
d -n S Z 7 h wi^ Ch i a . b ? estockfc ’ die Wurzeln theils putrid oder ver- 
an^n nf? vf hn w 1SCh i 1Sfc e " tzü . nd < geschwollen und am Rande eiternd, 
aus den putnden W urzcln verbreitet sich ein fauler Geruch, an das Kauen 

und mCht ZU denken ’ w &hrend Fäulnissstoffe, Eiter 

und Bactenen beständig heruntergesehluckt werden. Kurz, wir finden 
einen entsetzlichen Zustand im Munde, dessen Wirkung auch auf den 
Gesammtkörper mit der Zeit nicht ausbleiben kann. Einem derartigen 

W dt n M ’ 1SUmdB A der 1 M . undhö hle würde nach meinem Ermessen salen 
wir die Masern oder, bei der jetzigen Therapie, selbst die Diphtheritis 
unter vielen Umständen vorzuziehen sein. Was die Mundpflege betrifft 
so ist da s beste Mittel, das wir für diese haben, die Zahnbürste” Alle 
anderen Mittel sind nur Hülfsmittel, gleichgültig was für Zahnwasser wir 
anwenden. Das Wasser dringt nicht in die Zwischenräume der Zähne 
ein, wenn diese nicht vorher von Ansammlungen von Speiseresten befreit 
worden sind. Zum Putzen der Zähne suche man sich rine kleine Bürste 
mit nicht zu dicht stehenden Borsten aus und achte darauf, dass man bei 

Ätttysü SÄ 3 Mj*« 32 ? 

Zögern anwenden. Sie bleibt ja doch nur kurze Zeit in BerBhr^g m?t 

S ’- bV 9 " 1 ! 1 d ; e , Su ® sere Zahnfläche weiss, thut aber 12 
Lmmt e”haupSLh an riiUme ™ Speiseresten, und darauf 

eine 

sä« 

billiger hergestellt, Dr Henning Tn 'der W^nf 1 !^ dasse J be Prä Parat viel 
die Flasche - Für kloiS ÄiÜ Wilhelmstrasse 141, für 1,50 Mk. 
wirken wie bei Zahnoperationen ?^ ecke D J? SS es ^ebenso gut 

empfohlene Chromsäure betrifft «n f 16 VOn - Uerra Dr. Gebert 

Al brecht, ein Anhänger dieses Mittels Tpt 01 \ m u in f jehrer ’ Professor 
liches und ausreichendes Mittel' iiT? 16 • Ick glaube aber, em unschäd- 
habe bei Patie^ Jodtmctur zu besitzen. Ich 

gewünschten Erfolg gehabt Man bll*? durchmachten, immer den 
in das Zahnfleisch ^hi^einträiifeln^assen 1111 — d TTphp5^ Ct A r f «Une Nachtheil 
Pflege des Mundes und der 7 abn« „.'7 Uebcr die Art und Weise der 
nicht zu reden beabskliti " ztZ ™ d Z'™ Zal ' nmit T t ? 1 habe ich hier 

annimmt, sondern nur e&e Sl fc '"' T ?. crr Prof - Lewin 
gemacht, werde aber den pharmakologischen ErführenÄ l“ 


Wo 1» 

Rechnung tragen. - Schulzahnlrzte müssen doch angängie «in *, • 
London smd schon eine Anzahl eingeführt. ö sein > dea n io 


n. Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 28. November 1894. 
Vorsitzender: Herr Vircbow. 

1. Herr P. Rosenberg (Eigenbericht): Eine neue Methan, 
der allgemeinen Narkose. Wenn man die Gefahren "r lnh a 
lationsanästhesie verringern wül, kommt es nicht darauf m. n 
eruiren, welches Mittel gefährlicher oder ungefährlicher s^das 
andere ist, sondern es kommt auf die Ermittelung der Gefahr™ 
an welche allen Mitteln msgesammt anhaften. Deshalb ist die 
Chloroform-Aetherfrage, deshalb ist auch die Statistik absolut ,* 
los für dte_ Herabsetzung der Narkosengefahren. Die Ursachen 
derselben können aber nimmer durch Beobachtung von Narkosen 
(eventuell durch Sectionen) festgestellt werden, sondern lediglich 
durch den Thierversuch weil hier allein wirklich objoctivo Schluss- 
folgerungen möglich sind. 

m, .. Durc |' Aufnahme der Herzthäügkeit der Versuchstiere, zm 
iheil auch der Athmung, war es möglich, die Ursache der durch 
OhloroforannhäUtion hervorgerufenen Gefahren, insbesondere der 
Herzlähmungen zu eruiren. Gleichzeitig wurde gefunden dass 
Aether wie auch die anderen Inhalationsanästhesieen dieselben ge¬ 
fahrvollen Erscheinungen machen wie Chloroform. Die aufgenom- 
menen Curven lassen das deutlich erkennen. Es handelt sich 
nämlich um einen Reiz der peripherischen TrigeminusendigungeD 
m der Nasenschleimhaut, der reflectorisch übertragen wird auf die 
uj n me L? en Vagusfasem und das Athmungscentrum in der 
Medulla oblongata. Das ist durch eine grosse Zahl von Versuchen 
bis zur Evidenz erwiesen. Durch richtige Cocainisirung der Nasen* 
Schleimhaut ist man nun aber imstande, sämmtliche von ihr aus¬ 
gehenden Reizerscheinungen mit Sicherheit vollständig aufzuheben. 
Namentlich jene plötzlichen Todesfälle nach wenigen Zügen Chloro¬ 
form, welche einer gewissen Idiosynkrasie zugeschrieben wurden, 
sind lediglich Folge dieser reflectorischen Reizerscheinungen und 
mit deren Aufhebung ebenfalls beseitigt. Da Cocain die Chloro¬ 
form Wirkung aufs Gehirn fast momentan aufzuheben vermag, da 
ferner erwiesenermaassen Thiere mit Cocain mehr Chloroform ver¬ 
tragen und bei quantitativ und zeitlichen Aufgüssen auch länger 
am Lehen bleiben können als ohne Cocain, so besteht auch eine 
antagonistische Wirkung des Cocains dem Chloroform gegenüber, 
wodurch eine weitere Herabsetzung der Chloroformschädlichkeit be¬ 
dingt ist. — Die pro dosi und namentlich auch zu Beginn der 
Narkose gereichte Quantität des Chloroforms ist von allergrösster 
Bedeutung, weil die Schwankungen der Herzthätigkeit und der 
Athmung stärker und nachhaltiger sind, je grösser das pro dosi 
gereichte Quantum ist und umgekehrt. Deshalb ist auch die 
Tropfenmethode von ungeheurem Werth für die Chloroformnarkose. 
— Die Anästhesiruug der Nase geschieht durch einen kleinen 
Sprayapparat, der vermittels eines Ventils annähernde Dosinmg 
gestattet, und zwar mit 10 ü /oiger Cocainlösung. Es ist auf keine 
andere Weise möglich, auch nur annähernd eine so vollkommene 
Anästhesie des ganzen Naseninnern und namentlich nicht mit so 
geringen Mengen Cocain zu erzielen. Bei Druck von einer Secunde 
aufs Ventil entleert sich circa 0,01 Flüssigkeit = 0,001 Cocain. 
Man spritzt in jedes Nasenloch 0,02 Flüssigkeit, nach drei Minuten 
noch einmal 0,01 und beginnt die Narkose. Im ganzen giebt man 
also zu Anfang 0,06 Flüssigkeit = 0,006 Cocain. Bei lange 
dauernden Operationen muss die Cocainisirung mit circa 0,04Flüssig- 
keit alle 30 Minuten wiederholt werden und zum Schlüsse jeder, 
auch der kürzesten Operation. 

Die Vorth eile dieser Cocainisirung sind: 1) Die Darreichung 
des Narkoticums, namentlich des Chloroforms zu Beginn der Nar¬ 
kose wird viel weniger unangenehm empfunden als sonst; es er¬ 
folgen niemals Abw ehrbewegungen. 2) Die Excitation in der har* 
kose fehlt in vielen Fällen, in allen aber, und zwar namentlich 
auch bei Potatoren ist sie auf ein Minimum beschränkt. 3) 
Erbrechen während der Narkose gehört zu den Seltenheiten, und 
wenn es überhaupt einmal eintritt, geht es ohne jede Anstrengung 
vor sich. 4) Endlich nach der Narkose fehlt jede Spur von in- 
behagen, von Katzenjammer; namentlich fehlt auch die sonst in 
vielen Fällen Tage lang bestehende Empfindung, dass in der Uni- 
gebung des Patienten alles nach Chloroform oder Aether riec . 

. Als Resumö der ganzen Arbeit sind folgende Punkte als positiv 
bewiesen und von praktischer Bedeutung zusammenzufassen. 

1) Die Herzsynkope in der Chloroformnarkose ist, von Ueberdosirung 
und Unachtsamkeit abgesehen, soweit sie der Chloroform wiiKung 
per se zuzuschreiben ist, eine reflectorische. 2) Sie wird ebenso w 
die sie begleitende Athemstockung hervorgerufen durch Keiz 1 


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13. December. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


149 


peripherischen Trigeminusendigungen in der Nasenschleimhaut. 
3) Jedes Inhalationsanästheticum ruft dieselben reflectorischen Reiz¬ 
erscheinungen wie Chloroform hervor. 4) Durch richtige Cocaini- 
sirung der Nasenschleimhaut sind sämmtliche von ihr ausgehenden 
Reflexe mit Sicherheit aufzuheben. 5) Hierdurch wird ein grosser 
Theil der Gefahren der Inhalationsanästhesie, namentlich der Chloro¬ 
formnarkose beseitigt. 6) Das Cocain besitzt eine gewisse antidote 
oder antitoxiche Wirkung dem Chloroform gegenüber, wodurch eine 
weitere Herabsetzung der Chloroformgefahr bedingt ist. 7) Das 
Chloroform ist somit als das ungefährlichere Anästheticum dem 
Aether für die Narkose vorzuziehen. 

Und was die Narkose selbst anbelangt: 1) Die Chloroform¬ 
narkose muss unbedingt von Anfang an tropfenweise ausgeführt 
werden. 2) Der Narkose muss stets die Cocainisirung der Nase mit 
Cocainspray voraus gehen. 3) Die Narkose muss stets von einem 
Arzt geleitet werden. 

2. Herr Hansemann (Eigenbericht): Ueber Diphtherie und 
die Serumbehandlung. Der Zweck des Vortrages war der, 
zu zeigen, was in der Frage von der Diphtherie thatsächlich fest¬ 
steht und was davon Hypothese ist. Nach einer Charakterisirung 
der Bretonneau’schen Diphtherie in klinischer, prognostischer 
und anatomischer Beziehung wird nachgewiesen, dass der Loeff- 
ler’sche Bacillus nicht die Ursache der Bretonneau’schen 
Diphtherie ist, sondern nur bei einer Reihe von Fällen (circa 
75%) derselben eine Theilrolle spielt, wie dies auch Loeffler 
selbst in seiner ersten Publication darüber angiebt. Die Gründe 
dafür sind die, dass der Bacillus sich nicht in allen Fällen 
typischer Bretonneau’scher Diphtherie findet; dass er niemals 
allein vorkommt; dass er sich auch bei Erkrankungen, die mit 
der Diphtherie nichts zu thun haben und bei Gesunden findet; 
dass er bei Thieren eine Erkrankung hervorruft, die mit Diph¬ 
therie weder klinisch, noch anatomisch übereinstimmt; dass bei 
derselben Epidemie nebeneinander Fälle typischer Diphtherie mit 
und ohne den Bacillus Vorkommen. Die Behauptung der 
Bacteriologen, dass nur das echte Diphtherie sei, wobei sich 
der Loeffler’sche Bacillus findet, während alles auszuschliessen 
sei, wobei er sich nicht findet, stimmt nicht überein mit den bac- 
teriologischen, klinischen und anatomischen Thatsachen und führt 
zu mehreren praktischen Missverständnissen. 

Das Diphtherieserum ist auf Grund folgender praktischer Vor¬ 
aussetzungen entstanden: 1) Heilung ist eine durch die Infections- 
krankheit selbst herbeigeführte Immunisirung des Körpers. 2) Die 
Immunisirung kommt durch die Bildung eines Antitoxins zustande, 
d. h. eines chemischen Körpers, der die toxischen Eigenschaften 
der Bacterien vernichtet. 

Beides sind nicht bewiesene Thatsachen, sondern Hypothesen, 
die die Bacteriologen brauchen, um ihre weiteren Hypothesen zu 
beweisen. Als Thatsachen sind dagegen zu betrachten: 1) Thiere 
kann man durch abgeschwächte Culturen oder das isolirte Gift 
der Loeffler*6chen Bacillen gegen die durch dieselben Bacillen er¬ 
zeugte Krankheit immunisiren. 2) Das Blutserum solcher immuni- 
sirter Thiere ist imstande, Thiere, die an derselben Loeffler’schen 
Krankheit leiden, zu heilen und sie vor dem Ausbruch zu schützen. 

Daraus zu folgern, dass das Serum ein specifisches Heilmittel 
gegen die Diphtherie beim Menschen sei, ist vom theoretischen 
Standpunkte unzulässig, denn: 1) Thiere verhalten sich gegen 
Gifte anders als Menschen und auch unter sich verschieden. 2) Es 
ist nicht die Diphtherie, die bei Thieren durch das Serum geheilt 
wird, sondern die Loeffler’sche Bacillenkrankheit. 

Praktisch wird behauptet, dass das Mittel Menschen gegen 
Diphtherie immunisiren könne, dass es die Diphtherie beim 
Menschen heile und dass es unschädlich sei. 

Da bei einer Reihe von Fällen Diphtherie nach vorhergehender 
Immunisirung ausgebrochen ist, so ist thatsächlich die Immunisi- 
rungsmöglichkeit bisher nicht bewiesen. Ein Einfluss auf die 
Heilung ist nicht mit Sicherheit unmittelbar zu beobachten. Der¬ 
selbe soll also durch die Statistik bewiesen werden. Diese wird 
beeinflusst durch die Hinzuzählung aller der leichten Fälle, die 
von selbst heilen und die man früher gar nicht zur Diphtherie 
zählte. Wenn man Fälle von Rhinitis fibrinosa mit Serum behan¬ 
deln würde, einer Krankheit, bei der sich stets der Loeffler’sche 
Bacillus vorfindet und die stets in Heilung übergeht, so würde man 
100 % Heilungen haben. Das Krankenhausmaterial wird dadurch 
verbessert, dass jetzt alle Fälle von Diphtherie und sogenannter 
Diphtherie mit Loeffler’schen Bacillen zum Spritzen in die 
Krankenhäusnr geschickt werden, während früher nur die aller- 
schwersten, zum Theil schon moribunden Fälle in das Hospital 
kamen. Die Mortalitätsstatistik ist auch häufig durch lokale Be¬ 
handlung sehr verbessert worden, so von Mayer auf 1 Todesfall 
unter 60 Fällen, von Bonnefihg auf 37 Todesfälle unter 427 
Fällen = 8,6%. 

Es ist unrichtig, dass die Diphtheriefälle stets heilen, 


wenn sie früh genug in Behandlung kommen, wie durch eine Reihe 
von Krankengeschichten bewiesen wird. Sehr häufig wurden auch 
bei behandelten und geheilten Fällen Lähmungen beobachtet. Eine 
speoifisohe Heilwirkung des Mittels bei der Diphtherie 
des Menschen ist also nicht erwiesen. Dass das Mittel ir¬ 
gend einen Einfluss auf den Menschen ausüben muss, ist wahr¬ 
scheinlich, denn aus früheren physiologischen Versuchen geht her¬ 
vor, dass Blutserum anderen Thieren injicirt eine Blutzersetzung 
hervorruft. 

Von Schädigungen sind bisher gefunden: Urticaria, Blu¬ 
tungen in die Haut mit Gelenkschmerzen und Schwellungen, hohem 
Fieber und Coma. Ausserdem wirkt es schädlich auf die Nieren, 
wie klinisch, anatomisch und durch Thierversuche festgestellt wor¬ 
den ist. Da nicht minimale, sondern maximale Dosen eingespritzt 
werden sollen, so ist die Einwirkung auf Blut und Nieren nicht 
gleichgültig, sondern von grösster Wichtigkeit. Das Mittel ist 
aber nicht, wie behauptet wurde, durchaus unschädlich. 

Es ergeben sich also folgende Schlussfolgerungen: 

1) Es liegen keine wissenschaftlichen theoretischen oder ex¬ 
perimentellen Gründe vor, das sogenannte Diphtherieheilserum als 
specifisches Heilmittel gegen Diphtherie beim Menschen anzusehen. 

2) Ein Beweis der specifischen Heilkraft des Serums gegen die 
Diphtherie beim Menschen ist bisher durch die praktischen Er¬ 
fahrungen nicht erbracht. 

3) Das Mittel kann schädlich wirken, denn es übt einen zer¬ 
setzenden Einfluss auf das Blut und wirkt schädigend auf die Nieren. 1 ) 


III. Greifswalder medicinisclier Verein. 

Sitzung am 3. März 1894. 

Vorsitzender: Herr Mosler; Schriftführer: Herr E. Hoffmann. 

1. Herr 0. Schirmer: Ueber Behandlung von Eisen- 
splittem im Auge (mit Demonstration). (Der Vortrag ist in 
dieser Wochenschrift No. 18, S. 393, erschienen.) 

2. Herr Kuprianow (Omsk) spricht über seine neue 
Methode zur keimfreien Gewinnung des Blutserums. Ge¬ 
leitet wurde Kuprianow bei der Ausbildung seiner neuen Methode 
von dem Gedanken, ob es nicht möglich wäre, die mannichfachen 
Mängel und Uebelstände bei der bisherigen Gewinnung des Blut¬ 
serums zu vermeiden. Bisher verfuhr man, um dieses für die 
Bacteriologie so hochwichtige Nährsubstrat zu gewinnen, folgender- 
massen: Beim Schlachten eines Thieres wurde das Blut in sterilen 
Gefässen aufgefangen. Nachdem sich das Serum abgeschieden hatte, 
wurde es in irgend welche für die anzulegenden Culturen geeignete 
Gefässe abgefüllt. Eine derartige Bereitung des Blutserums gestattet 
aber niemals einen völlig keimfreien Nährboden zu gewinnen. Auch 
selbst wenn man eine fractionirte Sterilisation, welche eine lange 
Zeit in Anspruch nimmt, in Anwendung zieht, geht ein grosser 
Theil des Serums, weil eine völlige Keimfreiheit nicht erzielt 
worden ist, verloren. Kuprianow schlägt nun vor, um in 
kürzester Frist ein völlig brauchbares Nährsubstrat zu erhalten, 
auf folgende Weise vorzugehen: Bei einem Thier, meist Kalb oder 
Hammel, wird unter antiseptischen resp. aseptischen Cautelen die 
Carotis oder Vena jugularis externa blossgelegt. In dieselbe 
wird eine sterile Canüle eingeführt, welche mit einem sterilen 
Kolben in Verbindung steht. So wird das Blut völlig keimfrei 
aufgefangen. Durch Heberwirkung wird nun, nachdem sich das 
Serum abgeschieden hat, dieses in einen anderen Kolben gebracht. 
Die Schwierigkeit, zu verhindern, dass beim Ueberfüllen des Serums 
in kleine, für die Culturzwecke nöthige Gefässe eine Verunreinigung 
durch Keime aus der Luft stattfindet, hat Kuprianow durch 
folgenden kleinen Apparat zu umgehen gewusst. Der Kolben mit 
Serum, welcher auf einem Stativ steht, wird durch einen Gummi¬ 
schlauch mit einer senkrecht gehaltenen Bürette in Verbindung 
gebracht. Diese besitzt an ihrem unteren Ende zu diesem Zweck 
ein A-fÖrmiges Rohr. Während der eine Schenkel dieses Rohres 
zum Füllen der Bürette dient, erfolgt die Abfüllung des Serums 
durch den anderen Schenkel, welcher ebenso wie der erstere durch 
eine Klemme verschlossen werden kann; und zwar ermöglicht die 
Graduirung der Bürette eine genaue Abmessung der zu ent¬ 
nehmenden Quanta. Die obere Oeflhung der Bürette wird durch 
Watte verschlossen. Die Sicherheit und Schnelligkeit, mit welcher 
es gelingt, durch diese neue Methode völlig keimfreies Blutserum 
zu erhalten, wird ohne Zweifel alle anderen Verfahren sehr bald 
verdrängen. (Die ausführliche Mittheilung ist im Ctrlbl. f. Bacteriol. 
XV. Bd., No. 13 14 erschienen.) 

3. Herr Dührssen (Berlin) demonstrirt anlässlich einer von 
ihm in der Greifswalder Frauenklinik ausgeführten Vaginoflxation 
die Methode der Operation an der Hand von Momentphotogrammen. 

i) Die Discussion zu dem Hansemann’sehen Vortrage, welche am 
5. December bereits begonnen hat (vgl. „Kleine Mittheilungen“ in dieser 
Nummer), werden wir demnächst im Zusammenhang mittheilen. D. KecU 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



150 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Dührssen führt die Operation jetzt principiell in der Weise aus, 
dass er nach querer Eröffnung des vorderen Lagers stets das 
Peritoneum der Plica vesico-uterina eröffnet und durch Zug an der 
vorderen Corpuswand hei gleichzeitigem Naehhintendriicken der 
Portio den Fundus uteri in die Scheide und bis vor die Vulva 
extrahirt. Auf diese Weise werden, genau wie bei der ventralen 
Laparotomie, nicht nur der Uteruskörper, sondern auch die Adnexe 
von oben her dem Auge und der operirenden Hand zugänglich ge- 
gemacht, so dass sich durch Trennung der perimetrischen Ver¬ 
wachsungen zwischen Uterus, Tuben und Ovarien mittels des 
Pacquelin auch die fixirte Retroflexio auf vaginalem Wege 
heilen lässt. Die Annähung dos Uterus an die Scheide geschieht 
in der Weise, dass zwei bis drei Silkwormfäden durch den Scheiden¬ 
wundrand und den Fundus uteri durchgelegt, die Adnexe und der 
Uterus reponirt und dann die Nähte geknüpft werden. Zum 
Schluss wird die quere Wunde] im vorderen Scheidengowölbe durch 
einen fortlaufenden Catgutfaden zu einem sagittalen Wundspalt zu¬ 
sammengezogen, um dio Portio mehr nacli hinten zu bringen. Durch 
diese Operation, welche Dührssen als intraperitoneale Vagino- 
fixation bezeichnet, lässt sich mit absoluter Sicherheit eine Dauer¬ 
heilung sowohl der mobilen als auch der fixirten Retroflexio erreichen, 
welche auch durch eine nachfolgende Schwangerschaft nicht ge¬ 
stört wird. Vor der Ventrofixation hat die beschriebene Operation 
den Vorzug der geringeren Gefahr, den der kürzeren Heilungs¬ 
dauer und den des Fortfalls der Bauchnarbe mit ihren unangenehmen 
Folgen (Nothwendigkeit der Leibbinde, Möglichkeit eines Bauch¬ 
bruches, eines Ileus, schmerzhafter Netzverwachsungen). Unter 
ca. 200 Vaginofixationen sind 120 ohne Eröffnung des Peritoneums 
ausgeführt mit einem Todesfall an Sepsis; unter den restirenden Fällen 
von intraperitonealer Fixation ereignete sich kein Todesfall. Auch 
der in der Greifswalder Klinik operirte Fall ist ganz glatt verlaufen. 

Zum Schluss macht der Vortragende noch darauf aufmerk¬ 
sam, dass die beschriebene Art der Freilegung der inneren Geni¬ 
talien auf vaginalem Wege, welche Dührssen als vaginale Laparo¬ 
tomie resp., correcter ausgedrückt, als vaginale Coeliotomio 
bezeichnet, auch zur Ausführung anderer operativer Eingriffe am 
Uterus und den Adnexen den Vorzug vor der ventralen Laparo¬ 
tomie verdient. Speciell lassen sich kleinere Myome des Uterus¬ 
körpers, mögen dieselben subserös, interstitiell oder submueös enU 
wickelt sein, auf diesem Wege sehr bequem enucleiren, so dass 
Dührssen als Zukunftsoperation der Myome diese vagi¬ 
nale Laparomyomektomie ansieht. Allerdings lässt sich diese 
Hoffnung nur verwirklichen, wenn die Myome frühzeitig, so lange 
sie noch klein sind, dem Specialisten überwiesen werden. Dührssen 
hat in einem Falle zehn bis hühnereigrosse Myome, und zwar 
theilweise aus der hinteren Corpuswand, in einem zweiten ein 
apfelsinengrosses Myom, letzteres aus dem Uteruseavum, entfernt. 

4. HerrR. Schirmer: Ueber den gegenwärtigen Stand der 
Lehre vom Trachom. Ueber keine Augenerkrankung besitzen 
wir eine so riesige Litteratur wie über das Trachom, die granu¬ 
löse Entzündung. Es ist dies leicht dadurch erklärlich, dass plötz¬ 
lich vom Jahre 1798 an eine bis dahin sehr wenig gekannte Augen¬ 
entzündung zunächst durch die zu kriegerischen Unternehmungen 
in Aegygten befindlichen Heere Frankreichs und Englands in so 
ausgedehnter und vernichtender Weise befiel, dass dadurch Tausende 
erblindeten. Diese Kriegsgeissel erstreckte sich in erschreckender 
Weise fortschreitend bis 18o0 über alle europäischen Länder und 
griff vom Militär auch in dio Civilbevölkerung über und w r urde 
von den Kriegszeiten auch in die Friedenszeiten übertragen. So 
ward die Ophthalmia militaris s. bellica auch eine Ophthalmia 
endemica. Erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts hat die 
genannte Erkrankung einen milderen Charakter angenommen. Viele 
a erschiedene Ansichten über das V' esen und die Therapie dieser 
Ophthalmie traten auf und bekämpften sich lebhaft. Wenn nun 
auch in einzelnen Punkten eine Einigung erzielt ist, so ist dies 
doch in manchen anderen noch keineswegs der Fall. 

Besonderes Interesse dürften folgende in Frage gestellten 
Punkte hierbei haben. 

1) Die Herkunft. Wenn auch schon in alter Zeit die Krank¬ 
heit nicht unbekannt war, so steht doch jetzt historisch fest, dass 
diese Augenentzündung durch die in Aegypten erkrankten Truppen 
bei ihrer Landung in Europa eingeschleppt und auf ihren Märschen 
überall weiter verbreitet wurde. Wo jetzt bei uns das Trachom 
noch herrscht, ist es anzusehen als ein Rest der durch die Heere 
eingeschleppten Krankheit. Wir sind also berechtigt, von einer 
Uphthalmia aegyptiaea zu sprechen. 

2) Die Contagiosität,, anfangs vielfach geleugnet, selbst 
noch m den jetzigen Tagen, stellt, doch durch die Art ihrer 
Weiterverbnutung ausser allem Zweifel. Wir dürfen sie also auch 
Uphthalnna contagiosa nennen. 

3) Das Wesentliche beim Trachom ist jedenfalls die Ent¬ 
wickelung von mehr oder minder prominenten Körnern in der Con- 


No. lfl 


junctiva palpebrarum besonders der Uebergangsfalten. Diese Granu! 
sind das typische Zeichen. Dieselben erscheinen theils als LvimU 
follikelschwellungen, theils als lymphoide Neubildungen. Sie sinii 
dtir. !i ihre gräuliche Transparenz scharf abgegrenzt gegen die hvp, r . 
trophischen Papillen, und erst in späteren Zeiten ändert sich dic< 
Es ist daher nur verwirrend, von einem papillären, einem körnig 
und einem gemischten Trachom zu reden. Wir sagen also (iph. 
thalmia granulosa und trachomatosa. ‘ 

4) Ist das Trachom identisch mit der Blennorrhoe 
conjunctivalis? Sicher ist, dass, zumal in Kriegszeiten, gleich¬ 
zeitig und lieben dem Trachom auch Blennorrhoea conjunctivalis 
gonorrhoischen Ursprungs vorkam und nicht als eine besonder. 
Krankheit erkannt wurde. Wollte man aber mit der Wiener Schule 
das Trachom nur für eine chronische Blennorrhoe erklären, so müssten 
wir das Granulum als das Wesentliche des Trachoms aufgeben, und 
dazu wurden wir bisher durch keine Thatsaehe gezwungen. 

5) Ist eine Conjunctivitis follicularis von der Con¬ 
junctivitis trachomatosa s. granulosa zu trennen, oder 
sind dies nur verschiedene Grade derselben Erkrankung 
Eine äusserst wichtige Frage. Saemisch hat das Verdienst, 18TÜ 
zuerst auf die Nothwendigkeit einer solchen Trennung besonder 
auf Grund des klinischen Verlaufes hingewiesen zu haben. Seine 
Darstellung der Conjunctivitis follicularis und der ConjunctmU 
granulosa sind auch heute noch maassgebend. Nur langsam ver¬ 
schaffte sich diese neue Lehre Eingang, aber noch immer ist rie 
nicht allgemein adoptirt. Raehlinaün und Michel sind u. a. 
ihre Hauptgegner. Bacteriologisch hat sich dieser Streit noch nicht 
schlichten lassen. Es kommt also darauf an, ob in dem klinischen 
Verlauf, der ja gerade zur Trennung geführt hat, sich etwas linden 
lässt, was bewiese, die Conjunctivitis follicularis sei nur ein leichterer 
Grad der Conjunctivitis granulosa. Man müsste also unzweifelhaft 
einige Fälle haben beobachten können, wo aus einer Conjunctivitis 
follicularis bei demselben Individuum sich eine Conjunctivitis granu¬ 
losa ohne eine neue Infection herausbilde, oder auch nur. wo¬ 
bei einer Endemie von Conjunctivitis follicularis bei später er¬ 
krankten Individuen diese den Charakter einer Conjunctivitis granulosa 


annähme, wobei aber auch sicher feststehen muss, dass nicht etwa 
inzwischen eine Infection von anderen granulös Erkrankten hätte 
stattfinden können. In Gegenden, wo sonst die Granulationen 
häufig Vorkommen, wird bei einer epidemisch oder endemisch auf¬ 
tretenden Conjunctivitis follicularis dieser Nachweis schwer zu 
geben sein. Raehlmann und Michel beschreiben derartige Be¬ 
obachtungen. Redner ist aber nicht durch sie überzeugt worden, 
hingegen hat er selbst 1881 im Greifswalder Waisenhause eine aus¬ 
gebreitete Endemie von Conjunctivitis follicularis beobachtet und 
jeden einzelnen Fall volle zwei Jahre lang verfolgen können, kein 
einziges Waisenkind, obschon bei einzelnen die Krankheit länger 
als IV2 Jahre währte, hat irgend welche Residuen zunickbehalten. 
Schirmer unterscheidet daher streng die Conjunctivitis follicularis 
von der Conjunctivitis granulosa. , 

6) Welches sind die Krankheitserreger? Das klinisc ( 
Bild dieser Krankheit macht es zur Gewissheit, dass■ * ■h*™’ 
Organismen die Veranlassung geben, w T obei freilich noch m Hetrac 
kommt, dass mannichfaehe begünstigende Umstände bei der Jnfec lon 
mitwirken. Dass bisher noch keine bestimmte Mikrobie hat zwei e 
los aufgefunden werden können, darf obige Ansicht nicht, erschu ern 
5. Herr Busse: Ueber die Heilung aseptischer Sc 
wunden der Haut. Zweck des Vortrages ist, an der 
Mikrophotogrammen und mikroskopischen Präparaten die * 
kurz zu schildern, die sich in den ersten Stunden der ung 
der menschlichen Haut vollziehen. Und zwar sollen l iau P * ,K . . 
zw f oi Punkte besondere Berücksichtigung finden, weil g cia , 
der einschlägigen Litteratur bisher nicht gebührend gewurag ^ . 
es ist dies die Frage 1) nach dem Verhalten der Grundsuteta 
bei dem Heilungsvorgang und 2) nach dem Wesen und 1 er 

des die Wundränder vereinigenden Maschenw erkes. Au& ( . 

büchern der Chirurgie und pathologischen Anatomie is ' 
kannt, dass die Wundränder mehr oder weniger yio p b ~. 
Blut enthalten, dass sie schon nach 24 Stunden verk e s • 
das Epithel oft bereits nach ein bis zwei lagen den 
nach aussen abscliliesst und dass sich bei ungestor em • _ 

verlauf ein Granulationsgewebe bildet, welches spater 
gewebe umgew j andelt w’ird. Die Beschreibung der i» naL .|, 
Vorgänge beginnt gewöhnlich mit den Bildern, wl ® b , ,, n un d 
Ablauf von 24 Stunden unter dem Mikroskop b \Vuml- 

schildert eine dichte „kleinzellige Infiltration , we c 
ränder beiderseits einnimmt. . . . , 7Iim Ende 

Die Deutung der kleinzelligen Infiltration is ® V das* 
der sechziger Jahre nach Virehow allgemein da in‘ P.» , ' we b* 
die vielen kleinen Zellen durch eine Wucherung e £ WP j s5 
zellen, Cellulation und Nucleation entstanden s 01 ^* . . t so e j u . 

man, dass die Vorgänge bei der Theilung der Ze 


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Original fram 

UNIVERS1TY OF MICHIGAP 



13. December. 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


151 


fach ablaufon, wie das Virchow seinerzeit annahm, und dass man 
mitotische Theilungsfiguren yor Ablauf des zweiten Tages nur aus¬ 
nahmsweise in den Endothelien der kleinsten Blutgefässe trifft, 
wie dies für die Wundheilung besonders auch Ziegler und seine 
Schüler beobachtet und beschrieben haben. 

Auch die Emigrationstheorie, die man zur Erklärung der schon 
lange vor Beginn der Zelltheilung bestehenden kleinzelligen Infil¬ 
tration herangezogen hat, ist nicht imstande, die vorhandenen 
Bilder zu deuten. Es finden sich nämlich in den verschiedenen 
Stadien des Heilungsprocesses in den ersten 48 Stunden sehr ver¬ 
schiedene Formelemente, wie dies die aufgestellten Mikroskope 
und Photogramme zeigen, die zum Theil den Tafeln 2, 15, 16, 
17, 18 des herumgoreichten „Atlas der pathologischen Gewebe¬ 
lehre“ von P. Grawitz als Originale zugrunde gelegen haben. 
Danach sind in den ersten 24 Stunden in überwiegender Mehrzahl 
mehrkernige Kernformen, wie sie den polynucleären Leukocyten 
eigen sind, vorhanden, in der Zeit von 24—48 Stunden nach der 
Verletzung trifft man hauptsächlich Formen vom Typus der ein¬ 
kernigen Leukocyten, und nach 48 Stunden nehmen mehr und 
mehr Kerne vom Typus der Endothelkerne die Stelle der vorher 
bezeichneten Zellen ein. Es wandern nach Fischer somit in den 
ersten Stunden nur mehrkernige Leukocyten aus, in den nächsten 
24 Stunden wandern diese zurück, und einkernige Leukocyten treten 
an ihre Stelle, um am dritten und den folgenden Tagen von den 
inzwischen neugebildeten Abkömmlingen der Bindegewebszellen ab¬ 
gelöst zu werden, die als „Fibroblasten“ das eigentliche Heilungs¬ 
geschäft übernehmen. Muss man schon zur Deutung der fertigen 
Zellen zu der höchst unwahrscheinlichen Annahme einer fast mili¬ 
tärischen Ablösung der verschiedenen Zellformen bei dem Heilungs- 
process seine Zuflucht nehmen, so wird es unmöglich, mit der Emi¬ 
grationstheorie die vielen unfertigen Kerngebilde im allerersten 
Heilungsstadium zu erklären. Innerhalb der ersten 24 Stunden 
nämlich nach der Verletzung wird die schlechtweg als „kleinzellige 
Infiltration“ bezeichnete Vermehrung der Chromatinsubstanz in der 
Hauptsache gar nicht einmal aus Zellen gebildet, sondern aus 
kleinsten Chromatinkäufchen, die, weit kleiner als der kleinste Zell¬ 
kern, hier und da im Gewebe zerstreut liegen. Die normalerweise 
grossen, derben Bindegewebsbiindel der Cutis werden in kleinere 
Unterbündel zerlegt.; neue Saftspalten und Trennungslinien durch¬ 
setzen die leimgebende Substanz, und an diesen Spalten wie auch 
an oder in den elastischen Fasern trifft man nun massenhaft die 
kleinsten Chromatinbröckel, so klein, dass man sie mit den besten 
Oelimmersionen wahrzunehmen Mühe hat. Diese, wie die aufge¬ 
stellten Präparate beweisen, massenhaft im Gewebe vorhandenen 
kleinen Kernformen sind bisher unbeachtet geblieben oder schlecht¬ 
weg als Leukocyten gedeutet worden; sie können aber ihrer Grösse 
wegen weder als Leukocyten aufgefasst werden, noch sind sie ihrer 
Lage nach durch mitotische oder amitotische Theilung der Binde¬ 
gewebszellen zu erklären. Es handelt sich hier um eine Quellung 
und Veränderung der Grundsubstanz. Die Grundsubstanz, ent¬ 
standen aus Zellen, indem das Zellprotoplasma selbst zur leim¬ 
gebenden Substanz oder elastischen Faser wurde, nimmt an allen 
Lebensvorgängen des Gewebes, den progressiven wie den regressiven 
(conf. hyaliner Knorpel) Theil. Durch den Reiz der Verletzung 
kommt es zu vermehrter Saftströmung im Gewebe der Wund- 
ränder. Die vermehrte Saftströmung schaftt aber im Gewebe 
bessere Ernährungsbedingungen, und nun bilden sich aus der 
Grundsubstanz die sie aufbauenden Zellen als wirkliche Zell¬ 
individuen zurück. Durch diese Annahme, die allein den That- 
sachen Rechnung trägt, wird die Auffassung der Heilungsvorgänge 
wesentlich vereinfacht. 

Die zahlreichen Zellen und Kerne entstehen in loco aus der 
Grundsubstanz, deren Platz sie ja einnehmen. Sowohl die kleinsten 
Chromatinbröckel der ersten Stunden, wie die mehrkernigen Ge¬ 
bilde nach 24 Stunden, wie auch die einkernigen lymphoiden Ele¬ 
mente, wie endlich die endothelartigen Zellen am dritten Tage sind 
dieselben Zellindividuen. Sie stellen verschiedene Entwickelungs¬ 
stufen der Rückbildung der Grundsubstanz zur vermehrungsfähigen 
Zelle dar. Sind Zellen in genügender Anzahl gebildet und ist die 
zellige Vereinigung der Wundränder herbeigeführt, so verläuft der¬ 
selbe Vorgang in umgekehrter Reihenfolge. Die Zellen gehen in 
den fibrösen Zustand über, es bildet sich somit Grundsubstanz, die 
an Mächtigkeit immer mehr zunimmt, während die Zahl der Zellen 
in demselben Maasse geringer wird. Anfangs sieht man noch als 
Begrenzung der kleinen Bindegewebsbiindel blasse, chromatinarme 
Kerne liegen, später, wenn mit dem Verschwinden der die kleineren 
Gewebsbündel trennenden Spalten die Grundsubstanz grössere zu¬ 
sammenhängende Massen bildet, schwindet auch die letzte Andeu¬ 
tung der färbbaren Kernsubstanz oder ist wenigstens durch unsere 
heutigen Färbungsverfahren nicht mehr nachzuweisen. Dass aber 
diese Substanz nicht in eine ganz fremdartige übergeht, d. h. dass 
kein schroffer, principieller Gegensatz zwischen Zelle und Grund¬ 


substanz besteht, erhellt am besten daraus, dass bei vermehrter 
Saftströmung die Gebilde in der einen oder anderen Art wieder 
färbbar werden. So wird denn aus dem kernreichen Granulations¬ 
gewebe die kernarme Narbe. 

Noch ein Umstand bleibt zu erwähnen. In den ersten Stunden 
werden die Wundränder durch ein feines Faserwerk verklebt. Man 
hat das vielfach für ein Exsudat gehalten; es ist ja die landläufige 
Annahme, dass die Wundränder zunächst durch das bei der Ver¬ 
letzung ausgetretene Blut verkleben. Aber die Thatsachen wider¬ 
sprechen dieser Annahme. Das Blut, das etwa in der Wunde liegt, 
ist absolut frei von einem solchen Maschenwerk. Das Blut kann 
die verklebende Schicht nicht liefern. Diese Beobachtung machte 
schon Thiersch (1868), er hält dafür, dass die Verklebungsmasso 
von dem Gewebe selbst geliefert wird. Diese Deutung von Thiersch 
muss auf Grund der vom Redner selbst angestellten Untersuchungen 
für die zutreffende gehalten werden. Die Einzelheiten der Beweise 
finden sich an anderer Stelle ausführlich abgehandelt. 1 ) Ergänzende 
Erklärungen werden an den aufgestellten Mikroskopen und bei der 
Demonstration der Photogramme gegeben. 

Sitzung am 5. Mai 1894. 

Vorsitzender: Herr Mosler; Schriftführer: Herr Strübing. 

1. Herr Helferich: Ueber eine interessante Form von 
angeborener Verwachsung zweier Finger (Syndaktylie). 
Helferich hat drei analoge Fälle beobachtet, in welchen es sich 
um Verwachsung des dritten und vierten Fingers beiderseits 
handelte, und zwar in der Weise,• dass die Nagelphalanx jedesmal 
in breiter Weise knöchern verwachsen war, resp. dass diese beiden 
Phalangen einen Knochen ausmachten. Das erste und zweite 
Glied dieser Finger war jedesmal nur häutig verwachsen. Helferich 
demonstrirt einen solchen Fall und berichtet über ein Kind, bei 
dem er diese Anomalie operativ erfolgreich beseitigt hat, dessen 
Vater die gleiche Missbildung trägt. Die Indication zur Operation 
war durch eine Verbiegung der Finger gegeben, welche dieser 
Form der Syndaktylio offenbar typisch zukommt. Mit Bemerkungen 
über die Form und die operative Beseitigung der gewöhnlichen 
Formen von Syndaktylie beschliesst Helferich seine Mittheilung. 
(Die genauere Beschreibung der erwähnten Fälle nebst Abbildung 
der charakteristischen Verhältnisse, auch des operativen Erfolges, 
soll an anderer Stelle erfolgen.) 

2. Herr Abel: Ueber die Immunisirung junger Batten 
gegen Milzbrand mit Blut und Organtheilen von Bruder- 
thieren. Vortragender berichtet über Versuche, welche er, sich 
anlehnend an eine Mittheilung von Hankin, zur Prüfung der 
darin aufgestellten Behauptung, es sei möglich junge Ratten mittels 
des Blutes anderer ebenfalls empfänglicher Ratten gegen Milzbrand 
zu immunisiren, angestellt hatte. Die Immunisirung gelang in 
einzelnen Fällen, durchaus nicht immer. Entgegen den Angaben 
von Motschnikoff und Roux war es möglich, die Thiere vor 
dem Milzbrand auch dann zu schützen, wenn man das Immuni- 
sirungsmaterial und den Infectionsstoff nicht an dieselbe, sondern 
an verschiedene Körperstellen brachte. (Eine ausführliche Publication 
der Versuche wird im Centralblatt für Bacteriologie erfolgen.) 

3. Herr Heidenhain spricht über die Prognose der Carci- 

nome. __ 

IV. Aerztücher Verein in Hamburg. 

Sitzung am 17. April 1894. 

Vorsitzender: Herr Rumpf; Schriftführer Herr Möller. 

1. Herr Zarnikow stellt eine Patientin mit typischer Tu¬ 
berkulose des Backens vor. Die hereditär absolut nicht be¬ 
lastete Kranke zeigte bei der ersten Untersuchung ein grosses, 
hinter der rechten Tonsille gelegenes, weissbelegtes, tuberkulöses 
Geschwür, das ihr ausserordentlich heftige Schluckbeschwerden 
verursachte. Der weiche Gaumen war geröthet, aber nicht infil- 

I trirt. Hingegen bestanden Ulcera auf der Epiglottis und der 
rechten aryepiglottischen Falte. Ausserdem hat die Kranke eine 
doppelseitige tuberkulöse Spitzenaffection. Syphilis ist ausge¬ 
schlossen, da eine darauf hinzielende Behandlung ohne jeden Er¬ 
folg war. Seit sechs Wochen schreitet die Affection rasch fort, so 
dass jetzt auch beide Gaumenbögen und das Zäpfchen ulcerirt sind. 

2. Herr Nonne: a) Seit Erb’s zweiter Arbeit über Thom- 
sen’sche Krankheit sind Fälle von Morbus Thomson beschrieben 
worden von Cook und Sweeten (Brit. med. Joum. 1890, S. 73), 
Haie White (ibid. S. 241), Dreschfeld (ibid. S. 429), Jolly 
(Neurol. Ctbl. 1890, S. 438), Raymond (Gaz. m6d. de Paris 1891), 
Fries (Neurol. Clbl. S. 40) Delprat (Deutsche medie. Wochenschr. 
1892, No. 8). Vortragender demonstrirt einen achtjährigen Knaben, 
der seit frühester Kindheit an Bewegungsstörungen der Körper- 

l ) Busse, Ueber die Heilung aseptischer Schnittwunden der mensch¬ 
lichen Haut. Virchow’s Archiv Bd. 134. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 






152 


VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 19 


muskulatur litt, welche von Nonne als ins Gebiet der Myotonie 
gehörig erkannt wurden. Der Knabe hat eine herkulische Musku¬ 
latur, welche in typischer Weise die oft beschriebenen Bewe¬ 
gungsstörungen darbietet. In hohem Grade waren hier auch die 
associirten Augenbewegungen gestört. Raymond 1. c. 
konnte bei seinem Fall später eine Hypertrophie der Musculi ocu- 
lomotorius, rectus internus und des linken Musculus rectus externus 
nachweisen, deutlich, wenngleich weniger intensiv, eine solche der 
Zunge und der Gesichtsmuskulatur. Die myotonische Störung war. 
an Intensität sehr verschieden, wochenlang gering, dann wieder für 
Tage oder Wochen hochgradig (Patient war einmal drei Monate, 
einmal sechs Wochen auf der Abtheilung des Vortragenden im 
„Vereinshospital“); durch psychische Erregungen kam es manchmal 
geradezu zu acuten Attacken, bei denen alle Extremitätenmuskeln 
in scharfem Profil vorsprangen und hochgradig rigide wurden. Ein 
Einfluss der äusseren Temperatur (Kälteeinwirkung etc.) war in 
weit geringerem Maasse ausgesprochen. 

Die elektrische Untersuchung ergab ebenfalls die von Erb 
gefundene „myotonische Reaction“, incl. der nicht von allen Unter¬ 
suchern gesehenen „rhythmischen Wellenbewegung der Muskeln“ (an 

M. deltoldes und M. quadriceps nachgewiesen) bei stabiler galva¬ 
nischer Einwirkung. 

An den exeidirten und (Härtung in Solutio Müller) mit Alaun- 
carmin sowohl wie Eosinhämatoxylin und nach Weigert’scher 
Methode gefärbten Muskeln fanden sich die oft bestätigten Erb- 
schen Merkmale; dabei betont Vortragender, in Rücksicht auf die 
von Oppenheim und Siemerling (Centralbl. f. d. medinischen 
Wissenschaften 1889, S. 704 und S. 787) und von Zuntz gefun¬ 
dene Thatsache (referirt ebendort — nämlich dass dem Lebenden 
und der Leiche entnommene Muskeln nicht mit einander ver¬ 
glichen werden dürften), dass die Controllpräparate (sechsjähriger 
gesunder Knabe und 86 jähriger gesunder Mann) ebenfalls in 
vivo excidirt waren. 

Vortragender bespricht sodann die Theorieen über das Wesen 
der Krankheit; für die neuerdings von dem ersten Besehreiber der 
Krankheit, Thomson selbst (Westphal’s Archiv 1893, Bd. 24, H. 3), 
geäusserte Ansicht, dass es sich dabei um „eine fehlerhafte Inner¬ 
vation“, welche von dem Centralorgan des Willens „dem Gehirn“ 
ausgeht, handle, spricht auch der hier demonstrirte Fall: der 
Knabe ist ängstlich und verlegen, wenn er sich beobachtet weiss, 
die pathologische Störung ist durch psychische Einflüsse zu ver¬ 
stärken etc. 

b) Des weiteren berichtet Herr Nonne über einen Fall von 
amyotrophischer Lateralsklerose. Nonne beobachtete zwei 
Jahre hindurch einen Mann — beim Tode 30 Jahre alt — , bei 
dem sich langsam Amyotrophieen der oberen Extremitäten mit 
hochgradiger Herabsetzung der faradischen und galvanischen Er¬ 
regbarkeit, sowie an mehreren Muskeln nachweisbarer EaR, ferner 
spastische Lähmungen der unteren Extremitäten entwickelt hatten, 
zu denen sich in dritter Linie bulbäre Erscheinungen — Störung 
der Lippenbewegung, der Zunge, Erschwerung der Deglutition — 
gesellt hatten. In den letzten drei Lebensmonaten litt Patient an 
hochgradiger allgemeiner Hyperhidrosis; die Augenbewegungen 
blieben intact. Bei der anatomischen Untersuchung zeigten sich 
in den atrophirten Muskeln die äussersten Grade der degenerativen 
Atrophie, im Rückenmark Degeneration der grauen Vorderhörner, 
im Hals- und Brustmark Degeneration der Py-Vorderstränge und 
Py-Seitenstränge mit allgemeiner Atrophie — d. h. Eingesunkensein 
— der gesammten Vorderstränge und Seitenstränge, in den grossen 
Nervenstämmen der unteren Extremitäten ganz normale Verhält- 
nisse, in denjenigen der oberen Extremitäten ausserordentlich ge¬ 
ringe Degenerationen; in der Medulla oblongata fand sich Atrophie 
der Kerne der N. hygoglossus, N. vagus (in geringerem Grade), 

N. accessorius; nach oben zu liess sich die Degeneration noch in 
die Pyramiden der Oblongata und in den Pons verfolgen. Hirn¬ 
schenkel und innere Kapsel wurden nicht untersucht. Von der 
Hirnrinde kam ein Stück der linken vorderen Centralwindung 
und des Cuneus zur Untersuchung. 

Dr. Kaes (Irrenanstalt Friedrichsberg) stellte fest .(Methode 
von Kultschitzki - Wolters, Autoreferat Dr. Kaes): „Die 
Schnitte aus den beiden untersuchten Stücken der Hirnrinde zeigten 
makroskopisch eine blassgelbe Färbung, nur das Marklager hob 
sich durch zartes Grau ab. Mikroskopisch zeigte sich eine küm¬ 
merliche Anlage der Projection (Inseltypus) mit sehr ver¬ 
kürzten Ausstrahlungsbüscheln, die Meynert’schen Fibrae pro- 
priae treten nicht vor, die gesammte Association zeigt in allen 
Schichten, einschliesslich der zonalen, nur ganz vereinzelte, spär¬ 
liche Fasern, nirgends eine Andeutung von Schichtung, nur in der 
äusseren Association ist ein bescheidener Faserzuwachs zu con- 
statiren“. 


Die Hirnrinde ist in Fällen von amyotrophischer La¬ 
teralsklerose erst selten untersucht worden, während über das 
anatomische Verhalten der Medulla oblongata aus den letzten 
Jahren mehrere Arbeiten vorliegen (Coxwell, Zacher, Adam- 
kiewicz, Dornblüth, Kronthal, Muratoff, Oppenheim) 
Joffroy und Achard beschrieben fettige Infiltration der Wände 
der kleinen Gefässe der Rinde und der weissen Substanz (Arch 
de möd. experim. et d’anat. pathol. 1890, No. 3), Charcot und 
Marie hatten Atrophie der Ganglienzellen in der grauen Rinde 
festgestellt. Oppenheim (Westphal’s Archiv, Bd. XXIV, H. 3) 
publicirte neuerdings vier anatomisch untersuchte Fälle von amyo¬ 
trophischer Lateralsklerose: in einem Fall waren die Py - Bahnen 
bis in die Pedunculi cerebri degenerirt, während Capsula interna 
und Centralwindung normal waren, in einem zweiten Falle reichte 
die Degeneration der Py-Bahnen bis zum Himschenkel, in den 
zwei übrigen Fällen kamen nur Rückenmark und Medulla oblon¬ 
gata zur Untersuchung. Auch Cramer (Neurol. Ctbl. 1893, 
S. 203) fand in einem typischen Fall von amyotrophischer Late¬ 
ralsklerose die Pyramiden bis zu den Pedunculi cerebri degene¬ 
rirt, die Capsula interna frei; die Rinde wurde nicht untersucht. 

Wenn somit die Frage, die Strümpell früher aufwarf (1888), 
nämlich ob die Erkrankung sich auch von den Bulbärkernen direkt 
weiter nach aufwärts noch in den von den Kernen zur motorischen 
Rinde ziehenden Bahnen verfolgen lässt, bereits in bejahendem 
Sinne beantwortet war, so war das Vorkommen eines abnor¬ 
men Verhaltens der m arkhaltigen Nervenfasern der Hirn¬ 
rinde selbst — mit den heute zu fordernden Methoden der Dar¬ 
stellung dieser Fasern — bisher noch nicht festgestellt. Nonne 
sieht in dieser mangelhaften Anlage einzelner Systeme 
der markhaltigen Nervenfasern der Hirnrinde eine Illu¬ 
stration zu der neuerdings von Strümpell geäusserten Ansicht, 
dass man vielleicht annehmen dürfe, in den Fällen von 
„Systemerkrankungen“ des Centralnervensystems käme 
die Disposition des Organismus zu diesen Degenerations¬ 
formen anatomisch in einer nach irgend einer Rich¬ 
tung hin mangelhaften Anlage des Nervensystems zum 
Ausdruck. 

Discussion: Herr Kaes schildert zunächst in kuzem an der Hand 
einer schematischen Zeichnung die Art der Anordnung und des Verlaufes 
der Associationsfasem in den einzelnen Schichten der Grosshirarinde, 
er theilt alsdann einige neuere Beobachtungen mit, von denen die wich¬ 
tigste ist, dass es ihm am Gehirn eines 42 Jährigen gelang, in beson¬ 
ders entwickelten Gegenden (Centralwindung, Hinterhaupt) eine secundäre 
Schichtung dicker, langer Fasern zu fördern, die einerseits mit den 
Bechterew’schen Fasern, andererseits mit den dicken Fasern der 
äusseren Meynert’schen Association in engster Verbindung steht, 
so dass eine nahezu über die ganze Rindenbreite sich erstreckende 
Anlage von gleichmässig parallelen, gehäuften, dicken „in Gebrauch 
genommenen“ Fasern nachgewiesen sein dürfte. Die von Herrn 
Nonne demonstrirten Stücke der Hirnrinde hält Kaes für primär in der 
Entwickelung der Markfaserung gehemmt. Wie am Projectionsapparot ge¬ 
zeigt wird, ist der allgemeine Fasergehalt im Marklager geringer ab 
beim V'n jährigen Kinde, auch von den Associationsfasem finden sich in 
sämmtlichen Schichten nur Spuren. Dass es sich nicht um secundäre 
Degeneration handelt, schliesst Kaes daraus, dass auch die Meynort¬ 
scheu Fibrae propriae unausgebildet erscheinen, die doch bei secundäre 
Degeneration des Hemisphärenmarks nach Friedmann’s und hae» Be¬ 
obachtungen vollständig intact erscheinen, die sich ferner schon eim 
l 1 /« jährigen Kinde durch stärkere Entwickelung von den cigentlic 
Projectionsfasern kräftig abheben. , 

Herr Rumpf: Ich glaube, wir können Herrn Dr. Nonne und Herrn 

Dr. Kaes für die eingehende Demonstration der Gehirnrmdenschmttß nor¬ 
maler Fälle und des Falles von amyotrophischer Lateralsklerose Deso ¬ 
ders dankbar sein. Dass auch die Centralwindungen und die von . l 
ausgehenden motorischen Bahnen bei der amyotrophischen Daterais - 
primär mit erkrankt sein können, scheint mir durch den erhobene _ 
fund zum ersten mal zweifellos erwiesen zu sein, Allerdings 
Frage, ob die Erkrankung der Gehirnrinde etc. eine P ru jJ är ® 0 T . Q 
dftre ist, sehr ernstlich erwogen werden müssen. Ich hatte 
Gelegenheit, einen Fall von vollständig halbseitiger spinaler h 
mung zu veröffentlichen, welcher etwa 18 Jahre nach der r 
zugrunde ging. Hier ergab die pathologisch-anatomische Un . 

die ausgeprägteste Atrophie der Centralwindungen der g e £ e 
den Hemisphäre und der von ihr ausgehenden motorischen p ^ 

die Capsula interna, den Pedunculus cerebri etc. Im Gehirn 1 . jU 
anderweitige Läsion, während das Rückenmark die typisc 
rungen der Poliomyelitis auf der erkrankten Seite darbo . -. n 

artige secundäre Atrophicen pflegen sich erst nach lange ver hält- 
zu entwickeln, wenn sie überhaupt auftreten, und m einem w r hrieben, 
nissmässig kürzeren Verlaufs, wie ihn Herr Dr. Nonn j nw i e weit 
scheint mir die secundäre Atrophie ausgeschlossen zu se • pr j. 
es gelingt, auf Grund des Ausfalls einzelner Fasersyatem ers t 

mär rr Erkrankung und secundärer Atrophie zu untersen » 
die Zukunft lehren können. 


Gtdruckt bei Julius SiUenfeld ia Berlin W. 


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UMIVERS1TY OFMICHH 






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2 . 




VEREINS-BEILAGE 


’ l 

20. December 1894. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


Berliner medicinlsehe Gesellschaft, Sitzung am 5. December 1894: 
Nasse, Hirnabscess. — Jolly, Pseudoparalysis myasthenica. — Dis- 
cussion zu Hansemann, Mittheilungen über Diphtherie und das Di¬ 
phtherieheilserum: v. Bergmann, Virchow.— Sitzung am 12. De¬ 
cember 1894: Fortsetzung der Discussion zu Hansemann, Mit¬ 
theilungen über Diphtherie und das Diphtherieheilserum: M. Wolff, 


Benda, W. Körte, Gottstein, A. Baginsky, Ritter, Hanse¬ 
ln an n, Unger. 

Aeusserungen der französischen und englischen Fachpresse 
über die Diphtherieheilserum-Discussion in der Berliner 
medicinischen Gesellschaft. 


Berliner medicinische Gesellschaft. 

(Originalbericht.) 

Sitzung am 5. December 1894. 

Vorsitzender: Herr Virchow. 

1. Herr Nasse: Demonstration zweier Trepanationsfälle 
(Himabscesse). Bei Himabseessen haben wir besonders zwischen 
den früh und den spät auftretenden zu unterscheiden. Letztere 
liegen nicht in Contusionsheerden, sondern in normalen Hirnpartieen, 
in der Tiefe und sind von normaler Hirnsubstanz bedeckt. Sie 
sind die Folge von Knochen- oder Weichtheileiterungen. Die 
ersteren dagegen hängen mit Contusionsheerden zusammen und 
sind gewöhnlich oberflächliche Rindenabscesse. Ganz acut finden 
wir sie sehr selten, weil in sehr schweren Fällen eine Meningitis 
ein rasches Ende herbeiführt, ehe es zur Bildung eines Abscesses 
gekommen ist. Gewöhnlich treten sie nicht vor der zweiten Woche 
auf, ein noch späteres Auftreten lässt auf einen cireumscripten 
Abscess schliessen. Sehr frühzeitige Symptome sprechen mehr für 
Meningitis. 

Fall 1. Einem Arbeiter fiel am 10. September d. J. ein scharfer 
Meissei auf den Schädel. Patient stürzte zusammen, will aber nicht das 
Bewusstsein verloren haben. Behandlung im Hause; Jodoformverband; 
Eiterung der Wunde nach einigen Tagon. Am 21. September Verzerrung 
des Mundes, Sprachstörungen, heftige Kopfschmerzen. Am nächsten Tage 
Aufnahme in die Klinik, wo oben genannte Symptome, aber keine ge¬ 
störte Motilität und keine Hirndrueksymptome constatirt wurden. Tem¬ 
peratur wenig über normal. 2—3 Finger breit von der Coronarlinie eine 
eiternde, perforirende Wunde, in deren Umgebung starkes Jodoform¬ 
ekzem. Die Wahrscheiulichkeitsdiaguose lautete auf Hirnabscess. Wegen des 
Ekzems, das eine Desinfection verhinderte und wegen der nicht sehr bedroh¬ 
lichen Erscheinungen, wurde nicht sofort trepanirt. Bis zum 26. September 
blieb der Zustand unverändert, dann aber zeigten sich Apathie. Facialis- 
lähmung, leichte motorische Schwäche der rechten Extremitäten. Nun 
wurde die Trepanation gemacht und ein über wallnussgrosser Abscess 
gefunden; Tamponade. Das Allgemeinbefinden nach der Operation sofort 
besser, dagegen blieben die xlphasie und die Facialisliihmung zunächst 
unverändert, während totale rechtsseitige Hemiplegie eintrat. Allmählich 
besserten sich diese Symptome, nach drei Wochen war die Sprache voll¬ 
kommen gut, doch ist noch eine leichte rechtsseitige Parese zurück¬ 
geblieben. 

Fall 2. Am 25. October wurde ein Knabe in die Klinik gebracht, 
dem sechs Tage vorher ein Stück Holz, an dem sich ein Nagel befand, 
auf den Kopf gefallen war. Er soll bald danach weder gebrochen haben, 
noch Hirnsymptome gezeigt haben. Am fünften Tage traten Sprach¬ 
störungen und Krämpfe im Gesicht auf, die sich in den rechten Arm 
fortsetzten. Bewusstsein ungetrübt, leichte Parese im Arme, Puls nor¬ 
mal. Kleine eiternde, perforirende Wunde an derselben Stelle wie im 
obigen Falle. Bestimmte Diagnose, ob Abscess oder Contusion, hier nicht 
zu stellen, sicher aber eine Heerderkrankung. Nach Ausmeisselung der 
Schädelverletzung zeigt sich ausgedehnte Absplitterung der Tabula vitrea, 
es quillt breiartige Hirnmasse hervor, in der Tiefe zahlreiche grössere 
Knochensplitter, kein Eiter. Wir hatten es also hier mit einer einfachen 
Quetschung des Gehirns zu thun. Nach der Operation trat kein Krampf¬ 
anfall mehr auf, die Aphasie verschwand, nur zeigt sich noch eine leichte 
Unsicherheit im rechten Arme. — Später erfuhr Herr Nasse, dass die bei 
der Einlieferung des Patienten gegebene Anamneso falsch war: Der Knabe 
hatte sofort nach dem Unfälle gebrochen und war am nächsten Tage 
somnolent gewesen — eine Kenntniss dieser Umstände hätte ja sofort die 
Diagnose sicher gestellt. Zur Deckung des Knochendefectes wurde die 
Knochenplastik nach Müller und König gemacht (Bedeckung mit einem 
dünnen Knochenlappen). Völlige Heilung. 

2. Herr Jolly: Pseudoparalysis myasthenica (mit Kranken- 
vorstellung). (Eigenbericht.) Herr Jolly stellt einen 14jährigen 
Jungen vor, der früher gesund und kräftig war, seit IV 2 Jahren 
in der Weise erkrankt ist, dass zunächst eine abnorme Ermüd¬ 
barkeit der Augenlider eintrat. Dann stellte sich eine ähnliche 
Ermüdbarkeit in den Beinen, später in den Armen, den Nacken¬ 
muskeln, den Hals- und Lippenmuskeln ein. Es besteht nirgends 
Lähmung, aber nach mehr oder weniger häufiger Wiederholung 


I der einzelnen Bewegungen tritt eine solche Erschlaffung der be- 
1 treffenden Muskeln ein, dass ein lähmungsartiger Zustand zustande 
kommt, der sich nach einiger Ruhe wieder ausgleicht. Einen 
I ähnlichen Fall hat der Vortragende im Jahre 1891 in der GeselL- 
I schaft der Charitöärzte vorgestellt. Der damals vorgestellte Kranke, 
bei welchem das Leiden intensiver ausgebildet war, starb plötzlich 
durch Erstickung während des Essens infolge von Erschöpfung der 
Schlundmuskeln. Sectionsbefund negativ. Der zweite Fall scheint 
günstiger zu verlaufen. In beiden Fällen ergab sich, dass nicht nur 
die Contraction der Muskeln durch Willensanstrengung, sondern auch 
die Contractien durch elektrischen Reiz das Ermüdungsphänomen her- 
1 beiführt. Von den bis jetzt bekannten Fällen ähnlicher Art endeten 
viele letal durch Zufälle der geschilderten Art, in anderen trat 
vollständige Heilung ein. Die übliche Bezeichnung als „Bulbär- 
paralyse ohne anatomischen Befund“ hält der Vortragende für 
nicht zutreffend. Er hält es für möglich, dass feinere Verände¬ 
rungen im Gehirn zu Grunde legen, schlägt aber vor, die Krank¬ 
heit zunächst nach dem prägnantesten Symptom zu benennen als 
„Myasthenia gravis pseudoparalytica“. 

3. Discussion über den Vortrag des Herrn Hansemann: 
Mittheilungen über Diphtherie und das Diphtherieheilserum. 

Herr v. Bergmann hält die Kliniker nach den bisherigen Ergeb¬ 
nissen der Thierversuche für geradezu verpflichtet, das Heilserum an 
Patienten zu prüfen. Den Einwand, dass der Loeffler’sche Bacillus nicht 
die Ursache der Diphtherie sein könne, weil er, selbst nach Loeffler’s 
Angaben, nicht regelmässig bei der Krankheit gefunden werde, weist er 
zurück, weil spätere Erfahrungen die anfängliche Loeffler’sche Ansicht 
berichtigt hätten. Aller Orten habe man sich von der Specifität des Ba¬ 
cillus überzeugt, unter 470 Fällen sei der Mikroorganismus 450 mal ge¬ 
funden und bei 46 daraufhin untersuchten Fällen auf der hiesigen chirur¬ 
gischen Klinik nicht ein einziges mal vermisst worden. Auch als ätio¬ 
logisches Agens der Diphtherie sei der Bacillus anzusehen, da er bei 
Thieren eine der Diphtherie durchaus ähnliche Krankheit erzeuge, bei der 
als Folgekrankheit nach Roux und Yersin selbst Lähmungen eintreten 
können. Fest stehe auch, dass man Thiere durch das Heilserum gegen 
Diphtherie iinmunisiren und nach hervorgerufener Erkrankung heilen könne. 
Freilich finde man den Bacillus zuweilen auch bei Gesunden, allein es sei 
doch eine bekannte Thatsache, dass sowohl die Virulenz der Bacillen wie 
die Disposition der Menschen glücklicherweise eine ganz ungleichmässige 
sei. Nach alledem habe er sich verpflichtet gefühlt, obwohl durch die 
Misserfolge mit dem Tuberkulin misstrauisch gemacht, und obwohl die 
schon vor zwei Jahren auf seiner Klinik mit dem Behring’schen Serum 
angestellten Versuche gerade keine ermunternden Resultate ergeben hatten, 
erneut das Mittel in ausgedehnter Weise zu prüfen, zumal nach den Er¬ 
fahrungen Virchow’s im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkranken- 
hause. In den letzten zwölf Jahren seien auf seiner Klinik bei ungefähr 
der gleichen Behandlung 3000 diphtherische Kinder mit einer Mortalität 
, von 52°/o behandelt worden. Ueber die Serumtherapie werde er, da erst 
46 Fälle von ihm derselben unterworfen seien, nach Jahresfrist Bericht 
erstatten. 

Herr Virchow giebt eine nach Wochen eingetheilte Uebersicht der 
Diphtheriebehandlung im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkranken¬ 
hause seit dem März d. J., wo das Aronson’sche Heilserum in An¬ 
wendung gezogen wurde. Die Mortalität wurde dadurch sehr günstig be¬ 
einflusst, besonders in den Monaten Juni und Juli, wo fast alle Kmder 
injicirt wur en. Dann versiegte aus äusseren Gründen diese Seruraquelle, 
die frühere Behandlung wurde wieder aufgenommen, und sofort stieg die 
Mortalität wieder auf die frühere erschreckende Höhe. Nach sieben 
Wochen begannen wieder die Einspritzungen, und zwar diesmal mit dem 
Behring’schen Serum; das Resultat war ein sofortiger kolossaler Abfall 
der Mortalität. Im ganzen wurden in der Zeit behandelt 533 Fälle und 
von diesen 303 gespritzt. Diese letzteren gaben eine Mortalität von 13,2 °/o, 
die anderen 230 nicht gespritzten Fälle von 47,8 %. Nach diesen günstigen 
Erfolgen erachte er es für die Pflicht eines jeden Arztes, das Mittel m 
Anwendung zu bringen, wenn es auch vielleicht ein oder das andere mal 
eine schädliche Nebenwirkung gehabt haben mag und wenn man auch 
über Dosirung und die Möglichkeit der lmmumsirung noch unsicher sei. 
Trete er so vom therapeutischen Standpunkte aus auf die Seite Behrings, 
so müsse er doch dessen theoretische wissenschaftliche Ansichten, wo¬ 
nach nur Diphtherie sei, wo der Bacillus gefunden werde, hekämpien. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 










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VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 20 


Diphtherie sei ein bestimmter anatomischer Begriff, und eine derartige 
Läsion komme auch an anderen Kürperstellen, wie z. B. im Darme, vor, 
ohne Gegenwart des Loeffler’schen Bacillus. 

Sitzung am 12. December 1894. 

Vorsitzender: Herr Sigmund, später Herr Virchow. 

Discussion über den Vortrag des Herrn Hansemann: Mit¬ 
tbeilungen über Diphtherie und das Diphtherieheilserum. 
(Fortsetzung.) 

Herr M ax W o 1 f f (Eigenbericht): Nicht um über die "Wirkung des Heil¬ 
serums zu sprechen, meine Herren, habe ich um's Wort gebeten, denn nach 
dieser Richtung hin stehen mir noch nicht hinreichend Erfahrungen für ein 
endgiltiges Urtheil zu Gebote, wiewohl ich bekennen muss, dass das, was 
ich gesehen habe, selbst in schweren Fällen wiederholt einen überraschenden 
Eindruck auf mich gemacht hat. Ich habe mich zum Wort gemeldet, 
weil ich in den letzten Tagen mindestens ein Dutzend mal von Collegen 
gefragt worden bin, wie es denn nun eigentlich nach den gehörten Aus¬ 
einandersetzungen mit der diagnostischen und ätiologischen Bedeutung 
des Diphtheriebacillus steht? Wenn sich wirklich herausstellen sollte, 
dass die von Herrn Hansemann vorgebrachten Zweifel an der ätiolo¬ 
gischen Bedeutung des Diphtheriebacillus berechtigt sind, dann würde 
allerdings, um bei dem von ihm gebrauchten Bilde zu bleiben, der Bau Zu¬ 
sammenstürzen, und dann würden wir uns auch die weitere D.iscussion 
über die Heilserumtherapie ersparen können, denn diese ist ja auf der 
Grundlage des Diphtheriebacillus aufgebaut. Ich bin aber der Meinung, 
dass Zweifel an der ätiologischen Bedeutung des Diphtheriebacillus sowohl 
aus mikroskopisch-anatomischen, als experimentellen Gründen nicht mehr 
zulässig sind. Die erste Frage bei derartigen Untersuchungen ist ja 
immer die, wie es sich mit dem Vorkommen der angeschuldigten Orga¬ 
nismen in den specifischen Krankheitsheerden verhält. Bereits die ein¬ 
fachste Methode, die mikroskopische Untersuchung des ausgestrichenen 
diphtherischen Belags, z. B. von den Tonsillen in Deckglaspräparaten 
und die Färbung letzterer mit alkalischem Methylenblau weist Diph- j 
theriebacillen nach. Zwischen Zellen, Zcllresten und Fibrinftiden erkennt ; 
man eigentümliche ziemlich plumpe Stäbchen, etwa von der Länge 
der Tuberkelbacillen, aber dicker als diese, theils gerade, tkeils leicht ge¬ 
bogen. die Enden der Bacillen sind meist abgorundet, und nicht selten 
sind die Stäbchen an einem oder an beiden Enden etwas kolbig ver¬ 
dickt. Das sind also die Loeffler'schen Bacillen, wie Sie solche in Deck¬ 
glaspräparaten bereits zu sehen bekommen. Noch bessere Resultate erhält 
man in Schnittpräparaten aus diphtherisch erkrankten Partieen. Hier 
kann man sich gleichzeitig über die Lagerung der Diphtheriebacillen in 
den erkrankten Theilen oricntiren. Die Bacillen liegen in den ober¬ 
flächlichen Gcrinnungsschichten der diphtherischen Pseudomembranen, 
in den tieferen Lagen der diphtherischen Membranen werden in der Regel 
keine oder nur wenige Bacillen mehr angetroffen. Man darf nun aus 
dieser oberflächlichen Lagerung dor Bacillen in den Pseudomembranen 
nicht etwa schliessen, wie ich das mehrfach von Collegen neuerdings ge¬ 
hört habe, dass die Bacillen mit dem lokalen Process, mit der Bildung 
der diphtherischen Membran nichts zu thun haben, dass sie sich etwa 
secundär in den Membranen niedergelassen haben und deshalb so ober¬ 
flächlich liegen — im Gegentheil, die oberflächlichste Schicht der diphthe¬ 
rischen Pseudomembranen ist zugleich auch die älteste, sie stellt das 
erste Product der durch die Bacillen gereizten Schleimhaut dar. und die 
tieferen Lagen sind die jüngeren. Der mikroskopische Befund an derartigen 
Bacillen ist nun in manchen lallen in den Membranen ein so dominirender, 
die Haufen der Stäbchen so reichlich, dass man fast eine Reincultur von 
Stäbchen vor sich hat und schon aus dem blossen mikroskopischen Bild 
den Eindruck gewinnt, dass gerade diese Organismen in innigem Zu¬ 
sammenhang mit den betreffenden lokalen Veränderungon stehen müssen. 

Ergiebt nun die blosse mikroskopische Untersuchung der diphthe¬ 
rischen Membranen keinen hinreichenden Aufschluss übor das Vorhanden¬ 
sein dor Diphtheriebacillen, so kommt die Cultur hinzu, die in sehr vielen 
Fällen noch mit grösserer Sicherheit und Leichtigkeit Diphthericbacillen 
nachweist. Die Culturen sind aber ausserdem noch aus morphologischen 
Gründen von Wichtigkeit, weil in diesen Culturen in reichlichster Menge 
Formen der Bacillen zur Erscheinung kommen, die für Diphtheriebacillen 
höchst bemerkenswert!! sind. Bekanntlich wächst der Diphtheriebacillus 
auf sehr verschiedenen Nährmedien, auf Gelatine, Agar, Bouillon, Milch, 
besonders ausgiebig ist aber sein Wachsthum auf Glycerinagar und na¬ 
mentlich auf dem Loeffler’schen Blutserum. 

i ? ei ^ a< -^ we ^ s durch die Cultur gelingt hier meist ohne jede Schwierig¬ 
keit innerhalb 12—24 Stunden nach Impfung des diphtherischen Materials. 

\ erfertigt man nun Dcckglaspräparate von solchen Colonieen auf 
Blutserum und färbt dieselben mit alkalischem Methylenblau, so findet 
man ausser gleichmässig in ihrer ganzen Länge blaugefärbten Stäbchen 
m grosser Menge, bisweilen fast ausschliesslich, besonders in etwas älteren 
Culturen, Bacillen formen vor, die ein für die Diphtheriebacillen höchst 
charakteristisches Bild geben. Es sind das plumpe, an den Enden kolbig 
verdickte Bacillen, die den Farbstoff nur an einzelnen Stellen aufgenommen 
haben, so dass blaugefarbte Theile des Bacterienkörpers mit ungefärbten 
oder wenig gefärbten Theilen desselben regelmässig abwochseln. 

,, über die mikroskopische Untersuchung, die ergiebt. dass die 

S!n h Q d ^ U i, Ba . C1 r Gn ,n dcm frühsten Product der durch sie in- 
Hn« ä- iV° lmh - U i 1 ;T n , (m T dcn oberflächlichen Gerinnungsschichten), 
RenhM elben wiederho t *} s Remc «lturen in den Pseudomembranen zur 

Cnlturt nfn ^ dass Bacülen selbst, besonders in den 

Culturen, eine sehr bemerkenswerthe Form zeigen. 

kommt er i«t\ 0 |!n°/ , “ kt 'i. de J b< ^ alle “ dernrti g en Untersuehuugen in Frage 
ommt, ist nun der nach derConstanz und Ausschliesslichkeit des 
Vorkommens derangoschnldigten Organismen. HerrHanscmann hat sich 


gegen die ätiologische Bedeutung der Diphtheriebacillen ausgesprochen 
weil dieselben nicht in allen Fällen von Diphtherie gefunden worden sind’ 
Bereits Loeffler hat in seiner grundlegenden Arbeit ein derartiges Be 
denken gegen die specifische Bedeutung der Diphtheriebacillen geäußert 
weil er die Stäbchen in einer Anzahl typischer Diphtheriefälle in Schnitt« 
vermisst hat. Allein Herr v. Bergmann hat bereits in der vorigen 
Sitzung darauf hingewiesen, dass Loeffler damals für seine Unter¬ 
suchungen nicht immer frisch erkrankte Fälle zu Gebote standen und 
auf die Untersuchung solcher frischen Fälle kommt es gerade wesent¬ 
lich an, wie Loeffler selbst hervorhebt. Seit diesen* ersten Unter¬ 
suchungen Loeffler’s hat sich nun die Zahl der positiven Ergebnis-* 
bei der Untersuchung auf Diphtheriebacillen in erheblichster Weise ver¬ 
mehrt. Herr Hansemann selbst giebt an eine Statistik von 75% posi¬ 
tiver Bacillenbefunde; andere Forscher aber haben noch viel günstigere 
Resultate bei dem Suchen nach Bacillen in den Diphtheriemembranen 
gehabt, indem sie in fast sämmtlichen Fällen von typischer Diphtherie 
die Organismen mit Leichtigkeit nach weisen konnten. Herr v. Berg¬ 
mann hat bereits in der vorigen Sitzung aus einer Arbeit von Tang! 
über menschliche Diphtherie den Nachweis aus der Litteratur hervor¬ 
gehoben, dass von 473 Fällen 450 mal der Bacillus gefunden wurde, IcI. 
muss nun aber sagen, dass ich mich selbst mit 75% nach H an sc man r: 
begnügen würde, da ein Misserfolg bei dem Aufsuchen von Diphtherie¬ 
bacillen in den Membranen seine guten Gründe haben kann. Ganz abge¬ 
sehen von dem Beherrschen der bacteriologischen Untersuchungsmetbodi. 
die nothwendig ist, können die Bacterien in den erkrankten Theilen sehr 
wohl vorhanden gewesen, aber infolge zu spät ausgeftthrter Unter¬ 
suchung bereits aus dem Gewebe hinweggeschwommt sein, wie dies bei 
der oft massenhaften fibrinösen Exsudation im diphtherischen Proces> 
leicht Vorkommen kann, worauf Loeffler ebenfalls schon aufmerksam 
macht. Sodann aber, meine Herren, wissen Sie ja, dass man auch hei 
anderen sichergestellten bacteriologischen Krankheiten öfter vergeblich 
auf die Organismen fahndet, wenn man nicht zur geeigneten Zeit und 
am geeigneten Orte. d. h. frisch untersucht. Sie alle wissen, dass man 
in alten tuberkulösen Lymphdrüsen, in alten Rotzknoten, in alten actiuo- 
mykotischen Heerden nicht so selten die betreffenden Organismen ver¬ 
misst und dass man auch sogar bei florideren Processen, beim Erysipel, 
vergeblich auf die Erysipelcoccen fahndet, wenn man nicht die frischen 
Randstellon des Processes in Untersuchung nimmt. Wenn man dieso Ur¬ 
sachen des Misserfolges bei der Untersuchung in Betracht zioht, anu 
unterliegt es auf Grund des vorhandonen Beobachtungsmaterials gar keiner 
Frage, dass in typischen Fällen von Diphtherie bei früh 
zeitiger Untersuchung und richtiger Auswahl der Stellen 
die Diphtheriebacillen constant nachweisbar sind. 

Hierzu kommt noch eine zweite durch Experimente wohl erhärtete Tat¬ 
sache, die zur Erklärung für das Gesundbleiben der betreffenden Indivi¬ 
duen in jenen seltenen Fällen dienen kann. Es ist nämlich auf Gniri 
der gleich zu erwähnenden Thierversuche sehr wahrscheinlich, dass eim 
Schleimhautverletzung, wenn dieselbe auch geringfügigster Art ist und 
nur in einer oberflächlichen Epithelläsion besteht, nothwendig ist. um 
Wirkung der Bacillen zur Geltung kommen zu lassen. Die Thiemr- 
suche zeigen, dass bei der Uebertragung der Diphtheriebacillen au: 
unverletzte Schleimhäute keine Wirkung erfolgt. Derartige mit 
Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen nothwendige, wenn auch ki'w 
Läsionen, können in diesen seltenen Fällen wohl gefehlt haben, hehnien 
Sie zu alledem noch den nachweislich verschiedenen Virulenzgrad 
der Diphtheriebacillen hinzu, so wird die Schwierigkeit der Erklärung. *'■- 
halb vereinzelte Individuen mit Diphtheriebacillen auf der Schlprailt» 
gesund bleiben, keine sehr grosse sein. 

Ich komme nun zu dem letzten Punkt, meine Herren, zu 
wichtigsten, nämlich den Thierversuchen, die. ja wesentlich au^chUg- 
gebend sind für die ätiologische Bedeutung eines Organismus. i JI ' 
zahlreichen hierüber angestellten Versuchen verschiedener JBeobiiC < 
halte ich es für zweifellos, dass sowohl anatomisch als klinisch uac < 
Beibringung der Bacillen in Reinculturen bei gewissen Thicren nran^ 
heitserscheinungen entstehen, die in den wesentlichsten Punkten eu 
der menschlichen Diphtherie auftretenden identisch sind. V or allem > j 
die Meerschweinchen für die Diphtherieintoxicatioii empfanden, • 
weniger Kaninchen, Tauben, Hühner. Für den anatomischen 
es nun nicht die subcutanen Impfungen, sondern die Imptung ■ . 
Schleimhäuten, die unser höchstes Interesse in Anspruch nehmen, 
man Reinculturen der Diphtheriebacillen auf die kaum mlI 

juntiva oder in die geöffnete Trachea von Kaninchen, oder nng* 
die Reincultur in die durch einen gelinden Zug geöffnete, n» , 

Zustande verklebte Vulva von Meerschweinchen (durch die ^ y, 
entstehen ganz oberflächliche Epithelläsionen an der ’ ulv fKl .i ( |, r 
man auf den Schleimhäuten der genannten Stellen bei % ganz 
geimpften Thiere grauweisse oder graugelbe fibrinöse Bei g £ on ,. 

ähnlichem Aussehen, wie die bei der menschlichen Iipm 1 i tnrrt 

menden Pseudomembranen. Besonders die Uebertragung '° n v ,„ 

dieses Bacillus in die Trachea von Kaninchen ergab die p A 1(1II1 . 
exquisiten und den menschlichen Croupmembranen ähnuc e ‘ | jran r»H 
branen; es entstanden hier nicht selten dicke grauweiss- ß roll . 

Beläge, welche die ganze Trachea bis an die Thedungss ^ ^ ^ r- 

cliien bedeckten. Die Pseudomembranen selbst sassen b« \i fr, { a ],. 

läge fest an und konnten stellenweise nur nut ^cih ei erz eugw 

gezogen werden. Was nun die Bacillen in den expenm ^b r&n(l , 

Pseudomembranen anbetrifft, so können dieselben aus aen * , mite'- 

der geimpften Thiere wieder rein gezüchtet werden, enB mi<b 

skopisch gelingt der Nachweis in diesen Pseudoniem Hie |, r fnli 

nicht immer und bisweilen nur spärlich, so doch «n «* ‘ DU j, 

in ähnlicher Anordnung und Lagerung wie heim M - •■. wn bildaia' 

aber in der Thal dieser Bacillus der eigentliche Urheber der Memiir» 


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Gck igle 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





20. December. VEREINS-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


155 


ist und nicht etwa andere neben dein Diphtheriebacillus in den menschlichen 
diphtherischen Membranen vorkommende Mikroorganismen haben Controll- 
versuche mit letzteren gelehrt. Im Wesentlichen handelt es sich ja hier nur 
um Streptococcen, denn weitaus der grösste Theil der neben dem Diphtherie- 
Was nun den dritten Punkt anbetrifft, die Frage nach dem aus¬ 
schliesslichen Vorkommen der genannten Bacillen bei der Diphtherie, so 
hat Herr Hansemann als besonders gegen die ätiologische Bedeutung 
des Bacillus sprechend angeführt, dass der Diphtheriebacillus einerseits 
bei Erkrankungen, die mit der Diphtherie nicht identisch sind (bei der 
Rhinitis fibrinosa) vorkommt und dass derselbe andrerseits auch bei ge¬ 
sunden Individuen nachgewiesen ist. Der letztere Nachweis soll besonders 
grundstürzend sein. Herr Hansemann construirte daraus den Satz von 
diphtheriekranken und diphtheriegesunden Menschen. Nun, meine Herren, 
ich kann diese Angaben, die auch von anderer Seite gegen die ätiologische 
Bedeutung der Diphtheriebacillen angeführt worden sind, nicht für so er¬ 
schütternd halten. Zunächst handelt, es sich, was das Vorkommen von 
Diphtheriebacillen in der Mundhöhle gesunder Individuen anbetrifft, um 
ausserordentlich vereinzelte Fälle. Loeffler hat in einem Falle im Mund- 
schleim eines gesunden Kindes virulente Diphtheriebacillen gefunden, ein 
ähnlicher Befund ist einmal von Hoffmann gemacht worden, und neuerdings 
sind noch vereinzelte derartige Beobachtungen hinzugekommen (Loeffler- 
Abel, Frankel-Uthoff); letztere auf der Conjunctiva. Jedenfalls steht so¬ 
viel fest, dass gegenüber zahlreichsten Nachforschungen in der Mundhöhle 
nicht diphtherisch erkrankter Individuen nach virulenten Diphtheriebacillen es 
sich um nur ganz vereinzelt« Beobachtungen handelt. Aber selbst wenn der 
Diphtheriebacillus noch häutiger bei gesunden Personen aufgefunden werden 
sollte, selbst wenn dieselben noch häufiger, namentlich zu Zeiten epidemi¬ 
scher und endemischer Diphtherieerkrankungen, auf verschiedenen Wegen 
in die Mundhöhle hineingelangen sollten, ohne Diphtherie zu erzeugen, so 
würde dadurch die Bedeutung der Diphtheriebacillen doch nicht fallen. 
Diese, wie ich wiederhole, seltenen Fälle, sind nicht als „diphtheriegesund“ 
sufzufassen, sondern als „diphtherie-immun“, worauf Herr v. Bergmann 
rchpn in der vorigen Sitzung hingewiesen hat. Das ist keine schöne 
Ausaede, meine Herren, sondern die einlache Thatsache. Dass Kinder in 
frühem Lebensalter viel leichter an Diphtherie erkranken als Erwachsene, 
ohne dass sich letztere etwa weniger den Gefahren nach dieser Rich¬ 
tung hin aussetzen, spricht schon für das Vorhandensein resp. die 
Bildung gewisser Schutzkörper im späteren Alter. Andererseits haben 
neuerdings Untersuchungen das Vorhandensein einer derartigen Immunität 
gegen das Diphtheriegift direkt experimentell nac-hgewiesen: es ist 
< onstatirt, dass das Blut einer ganzen Anzahl von gesunden Indi¬ 
viduen die so empfindlichen Meerschweinchen gegen tödthehe Dosen von 
Diphtheriebacillusculturen bezw. Diphtheriegift zu schützen vermögen, 
hacillus in den diphtherischen Membranen vorkommenden Mikrobion sind die 
Streptoeoccen. Versuche von verschiedenen maassgebenden Beobachtern 
haben nun gelehrt, dass diese begleitenden Streptococcen auf Schleimhäute 
von Thieren überimpft keine Pseudomembranen hervorzurufen vermögen. 
Die Tracheitis pseudomembranacea, der die mit Remculturcn geimpften 
Thiero vielfach nach kurzer Zeit (am zweiten bis dritten Tage) unter den 
Erscheinungen starker, bei den Menschen dabei bekannter. Dyspnoe er¬ 
liegen, ist also lediglich auf Rechnung der Bacillen zu setzen. Wenn so 
der anatomische locale Befund der menschlichen Diphtherie entspricht, so 
sind es noch ganz besonders vom klinischen Standpunkt aus, ausser den 
anderen Allgemeinerscheinungen, die consecutiven Lähmungen, die die 
experimentell bei den Thieren hervorgebrachtc Krankheit der mensch¬ 
lichen Diphtherie so nahe bringen. Diese Lähmungen, die man bei 
Thieren, die die acute Infection überstanden haben, am häufigsten bei 
Kaninchen, aber auch bei Tauben sieht, führen zunächst zur Lähmung 
der hinteren, dann der vorderen Extremitäten, auch der Nackenmuskulatur, 
sowie zu verschiedenen Coordinationsstörungen; die Lähmungen führen 
bald zum Tode, können aber auch in Genesung übergehen. Die experi¬ 
mentell erzeugten Lähmungen sind als echt diphtherische anzusehen. 

Ich möchte liier nur noch ein Wort über die die Diphtheriebacillen 
begleitenden Mikrobien sagen. Bekanntlich kommen in den diphtherischen 
Membranen neben dem Loeffler’sehen Bacillus ja verschiedene Mikro¬ 
organismen vor. Man findet Staphylococcen, lange Bacillen, gelegentlich 
Hefe- und Sarcineformon. Alle diese Organismen treten aber an Zahl 
und Häufigkeit ihres Vorkommens weit hinter die kettenförmigen Coccen, 
die Streptococcen, zurück. Die letzteren — und zwar handelt es sich 
liier um verschiedene Arten — begleiten also weitaus am häufigsten die 
Diphtheriebacillen, und dass sie von erheblichster Bedeutung sind für den 
Verlauf der Diphtherieerkrankung ist sowohl durch klinische Beobachtung 
als experimentell festgestellt worden. Die Streptococcen erhöhen die 
Virulenz der Diphtheriebacillen; die durch sie erhöhte Giftbildung ist 
durch eine gleichzeitige Beibringung von Diphtherie- und Streptococcen- 
culturen bei Menschen experimentell nachgewiesen. Die Anwesenheit der 
Streptococcen ist aber auch dadurch von erheblichster Bedeutung, dass 
sie selbst an den diphtherisch erkrankten Stellen eine leichtere Eingangs¬ 
pforte in die inneren Organe finden und schwere eiterige . und septische 
Erscheinungen in manchen Fällen von Diphtherie produciren. Das sind 
die kurzen Bemerkungen, meine Herren, die ich in der Discussion zu 
machen hatte und die bei der kurz zugemessenen Zeit natürlich nicht 
erschöpfend sein können. Auch war es hier nicht möglich, auf den An- 
theil, den die einzelnen Forscher an der Klarlegung dieser Verhältnisse 
haben, näher einzugehen. Auf Grund der Thatsache, dass die in Rede 
stehenden Bacillen in jedem typischen und frisch untersuchten Falle von 
Diphtherie, sei es mikrokcopisch, sei es culturell nachweisbar sind — auf 
Grund der ferneren Thatsache, dass diese Bacillen ausschliesslich bei der 
Diphtherie Vorkommen und die sehr seltenen anderweitigen Befunde andere 
wohlbegründete Erklärungen zulassen - auf Grund schliesslich der ex¬ 
perimentellen Ergebnisse, nach denen Reinculturen dieses Bacillus bei 
Thieren eine der menschlichen Diphtherie in den wichtigsten Punkten 


identische Krankheit erzeugen’ — auf Grund aller dieser Thatsachen sind 
wir genöthigt, den Loeffler’schen Bacillus als den wirklichen 
Erreger der menschlichen Diphtherie anzusprechen. Zweifel 
daran halte ich nicht mehr für berechtigt. 

Herr C. Benda 1 ) (Eigenbericht): Die Auffassung Bretonneau’s. 
der den anatomischen und den klinischen Begriff der Diphtherie zu ver¬ 
einigen suchte, ist jetzt im wesentlichen von den Klinikern wie von den 
pathologischen Anatomen verlassen. Der Kliniker Senator und der Patho¬ 
loge Orth haben sich für eine völlige Trennung beider Begriffe ausge¬ 
sprochen und für den Krankheitsbegriff sogar einen besonderen Namen 
vorgeschlagen. Mit dieser Auffassung befinden sich die neueren ätiolo¬ 
gischen Forschungen in vollkommenem Einklang. Wir dürfen unter der 
Diphtherie, der Synanche contagiosa Senator’s und Orth’s eine durch 
einen specifischen Infectionsträger bedingte Gruppe von Erkrankungen 
verstehen, die ausser der anatomischen Diphtherie auch gangränöse, crou- 
pöse und selbst katarrhalische Formen (Abortiverkrankungen) begreift. 
Für die Bedeutung des Loeffler’schen Bacillus als dieses Infections- 
trägers schliesst sich Benda den Ausführungen des Vorredners, Herrn 
M. Wolff, im ganzen an. 

Ueber den Werth des Behring’schen Mittels zur Bekämpfung dieser 
Infection will sich Benda als pathologischer Anatom kein Urtheil an- 
maassen. Seine Beobachtungen betreffen ja nur tödtlich verlaufene Fälle. 
Die Vergleichung gespritzter und ungespritzter Fälle auf dem Secirtisch 
kann nur zu Vermuthungen führen, wie weit der Gang der Krankheit 
durch das Mittel beeinflusst wurde. Bei 39 Dipheriesectionen — 23 ge¬ 
spritzten — fand Benda im Einklang mit anderen Beobachtern keine 
Symptome eines specifischen Heilungsvorganges. Andererseits ist aber 
auch ein bösartiger Einfluss des Mittels auf die Nieren nicht nachweis¬ 
bar gewesen. Nierenaffectionen waren während der letzten Epidemie ge¬ 
wöhnlich vorhanden, aber etwas weniger bei den gespritzten (83%) als 
bei den ungespritzten (877a %). Namentlich für die schwereren Formen 
der Nephritis war das Verhältnis der gespritzten (17 l , 2 %) erheblich gün¬ 
stiger als bei den ungespritzten (25%). Dagegen lenkt Benda die Auf¬ 
merksamkeit auf zwei Fälle, in denen neben alten Lymphdrüsenverkä- 
sungen ganz frische Miliartuberkulose der Lunge gefunden wurde. Auch 
in der früheren Statistik des Urbankraukenhauses (Dr. Vosswinkel) war 
unter sieben Soctionen eine Miliartuberkulose constatirt worden. Der Tod 
war in diesen drei Fällen vierzehn, sieben und sechs Tage nach der lu- 
jection erfolgt. Weitere Beobachtungen werden festzustellen haben, ob 
eine Beziehung der Serumbehandlung zu diesem Process vorliegt. 

Herr W. Körte: Er sei mit Zweifeln an die Beobachtung horan- 
gegangen, habe sich aber doch von den constant guten Erfolgen, der 
Serumbehandlung überzeugen müssen. Zu den früher von ihm publicirten 
Fällen kämen noch 36 mit einer Mortalität von 25%, wobei zu bedenken 
sei, dass drei der gestorbenen Kinder moribund ins Krankenhaus ge¬ 
kommen wären. Eine auffallend gute Beeinflussung des Krankheitsver¬ 
laufes habe sich besonders bei den Kindern unter zwei Jahren ergeben, 
ein Alter, in dem die Prognose erfahrungsgemäss besonders schlecht zu 
stellen sei. Dagegen hat er eine deutliche lokale Beeinflussung des Krank- 
heitsprocesses durch das Serum nicht constatiren können. Der vielfach 
aufgestellten Behauptung, dass die günstigeren Erfolge darauf zurückzu¬ 
führen seien, dass mehr leichte Fälle in s Krankonhaus. geschickt worden 
seien, müsse er widersprechen. So seien unter den in der letzten Zeit 
angenommenen 36 Fällen nur acht leichtere gewesen. Albuminurie sei 
sehr häufig beobachtet worden; hier sei ein (Jeberwiegen der gespritzten 
Fälle vorhanden. Die Hauptsache aber sei die Herabsetzung der Mor¬ 
talität von 40—50% auf 25—30%; das müsse doch unbedingt ein Er¬ 
folg genannt werden, doch ständen wir ja noch im Beginne der Beob¬ 
achtung. 

Herr Gottstein: Die Beweisführung über die Heilwirkung des 
Diphtherieseruras stützt sich wesentlich auf Zahlen, doch ist nicht zu ver¬ 
kennen, dass ein einwandsfreier Schluss einerseits durch die schwanken¬ 
den Mortalitätsziffem der Krankheit an sich, andererseits dadurch^beein¬ 
trächtigt wird, dass den Krankenhäusern überwiegend schwere, hoffnungs¬ 
lose Fälle, denen gegenüber jedes Medieament versagen muss, zugehen. 
Gegen die Beweiskraft der Zahlen aus Krankenhäusern smd von ver¬ 
schiedenen Seiten, so auch von mir, Einwände yorgebraclit worden, die 
hauptsächlich darauf fusscn, dass durch die bactcriologischc Definition der 
Begriff der Diphtherie verschoben sei und dass die erhaltenen Heilresultate 
noch innerhalb der auch sonst beobachteten Schwankungen fallen. Um 
zu überzeugen, bedarf es grösserer Zahlenunterschiede. Roux lieferte 
solche, indem er 20% Mortalität, gleichzeitig ein anderes Pariser Kranken¬ 
haus eine doppelt so grosse Mortalität hatte. Allein in Hamburg stellte 
sich in zwei Krankenhäusern, in denen nicht gespritzt wurde, oin noch 
grösserer Unterschied heraus. Sodann sind uns die Zahlen des hiesigon 
Krankenhauses vorgeführt worden, bei denen besonders der Wechsel in 
der Mortalität, je nachdem Serum angewandt worden ist oder nicht, frappirt. 
Ich habe nun eine Tabelle zusammengestellt, aus der die Diphthene- 
bewegung in den Berliner Krankenhäusern und im Kinderkrankenhause 
für die letzten vier Jalire ersichtlich ist:_ 


Jahr 

Aufnahme j 
insgesammt j 

Aufnahme 
ins Kinder¬ 
krankenhaus 

°/o 

Todesfälle 

insgesammt 

Todesfälle 
im Klnder- 
krankeuhause 

°/o 

1891 

1764 

203 

11,5 

623 

I 66 

10,6 

1892 

2074 

341 

11,1 

837 

121 

i 14,4 

1893 

2450 

426 

1 17,4 

951 

178 

! 18,7 

1894 

2528 

553 

, 21,9 

737 

150 

j 20,3 


i) Die betreffenden Ausführungen werden Gegenstand einer Origmal- 
mittheilung in der Deutschen med. Wochenschr. sein. 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




156 


VEREINS - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


_ No. 2 0 

ren Erfahrungen als unrettbar hätten beurtheilt werden müssen, doch 
möglich langsam wiederhergestellt worden seien. Die knapp zueemess^ 
Zeit gestatte Redner mcht in die Details der Behandlung und der Be4 
achtungen einzutreten, und behielt er sich besondere Mittheiluneen vn- 
Was die Schädigung der Kinder durch das Serum betreffe, die der Vor 
tragende erwähnt habe, so müsse er betonen, dass eine Steigerung der 
Nephritisfälle nicht eingetreten sei, dass ein Fall von schwerer Nieren 
blutung, der einzige, der in dieser Intensität ihm begegnet sei ohne & 
rumbckandlung geblieben sei. Endlich erwähnt Redner den von dem Vor 
tragenden citirten Fall Unger, der nach der Einspritzung hohes Fieta 
gehabt haben solle; er habe diesen Fall selbst gesehen, es sei Scarlatina 
gewesen und das Fieber daraus erklärlich. 

Herr Ritter betont in einer persönlichen Bemerkung, dass Herr 
Baginsky Behauptung gegen Behauptung gestellt habe. Die mm 
beruhe aber anf Experimenten, die Herr Baginsky erst nachprüfen möge. 

Die Herren Hanse mann und Unger constatiren der letzten Be¬ 
merkung des Herrn Baginsky gegenüber, dass das Erythem erst nad 
beendeter Desquamation aufgetreten sei. Max Salomon. 


Wir ersehen hieraus, dass im Kinderkrankenhause ziemlich die gleiche 
Mortalitätsziffer erreicht ist, selbst im letzten Jahre der Anwendung des 
Heilserums, wie in den andern Krankenhäusern Berlins. Und was den 
Unterschied in den Perioden betrifft, wo gespritzt wurde und wo aus 
Mangel an Serum diese Behandlung ausgesetzt werden musste, so handelt 
es sich hier meistens um einstellige Zahlen, bei denen irgend welche Zu¬ 
fälligkeiten schon enorme Unterschiede hervorrufen können. Zu richtigen 
Schlussfolgerungen kann man nur durch grössere Zahlen und durch Zu¬ 
sammenfassen verschiedenen Materials gelangen. Dies zu erreichen, habe ich 
nun eine Tabelle aufgestellt über die zwei Monate vom 30. September bis 
24. November d. J., in welchen in sämmtlichen Berliner Krankenhäusern 
die Mehrzahl der Diphtheriekranken gespritzt worden ist, und füge den 
gleichen Zeitraum der vier vorangegangeuen Jahre zur Vergleichung bei. 


Jahr 

Todesfälle 

insge- 

sammt 

In 

Kranken¬ 

häusern 

ange¬ 

nommen 

ln 

Kranken¬ 

häusern 

gestorben 

Kranken- 
hausmor- 
taUtät in 
% 

Gesammt- 
fälle 
im Jahre 

Kranken¬ 
baustodes¬ 
fälle 
im Jahre 

Kranken¬ 
haustodes¬ 
fälle im 
Jahre in % 

1890 

272 

328 

131 

39,9 

1601 

695 ' 

38,8 

1891 

216 

320 

124 

38,7 

1106 

623 

35,5 

1892 

269 

453 

178 

39,3 

1342 

837 

40,3 

1893 

334 

454 

197 

43,4 

1637 

951 

39,0 

1894 

209 

712 

131 

18,4 

1281 

737 

29.1 


Hiernach ist die Mortalität im Jahre 1894 unter die Hälfte der in 
anderen Jahren erzielten gesunken, scheinbar ein Beweis für den Nutzen 
der Serumtherapie. Das ist aber eine grobe Täuschung, denn aus der 
Tabelle geht hervor, dass die absoluten Zahlen nicht wesentlich geringer 
sind, als 1890 und 1891, dagegen hat sich die Aufnahme verdoppelt, 
d. h. nicht die Hälfte ist im Vergleiche zu früher gestorben, sondern die 
Mortalitätsziffer ist um die Hälfte zurückgegangen, weil die doppelte Zahl 
Kranker aufgenommen ist. Auf die Gesammtmortalität hat also die 
borumtherapie absolut keinen Einfluss gehabt. 

Herr A. Baginsky (Eigenbericht): Redner betont, dass die Ent¬ 
scheidung Uber den Werth der Serumtherapie nicht in theoretischen Be¬ 
ll ach tungen gegeben werden könne, sondern dass die Beobachtung am 
Krankenbett dieselbe bringen müsse. Was den Diphtheriebacillus betrifft, 
so habe er in seinem ersten Vortrage über die pathogene Bedeutung des¬ 
selben den Nachweis geführt, dass von 154 der Diphtherie suspecten Fällen 
»" 11 J der [Bacillus nachweisbar gewesen wäre mit 45 Todesfällen = 
. ,0 ’ and dass Herr Philip aus dem Material desselben Krankenhauses 
m einer zweiten Zusammenstellung unter 333 Fällen von Diphtherie die 
Anwesenheit des Bacillus bei 332 nachgewiesen habe, mit einer Mortalität 
t ° 11 "/ u ‘ Bics b ew 0 ise die gefährliche Bedeutung des Bacillus 

-tj b)em £ e g enüber hätten einmal 36 Fälle mit 2 hierzu gehörigen 

lodesfiillen und 31 ohne Todesfall nur Coecen gezeigt, was die relative 
Ungefahrlichkeit der Coccen ohne Anwesenheit des Bacillus erweise. — 
ln einer neuen Zusammenstellung, die in dem Krankenhause von 
Ur. .Schlesinger gemacht sei, hätten 129 Fälle von Angina, die nur 
Streptococcen führten, nur 2 Todesfälle an Pneumonie und Atrophie er¬ 
geben. So ungefährlich sich so die Anwesenheit der Coccen zeige, 

so lange sie allein vorhanden sind, so schwerwiegend könne sicher 
1 i.- j nwest)nbei l werden, wenn sie mit einem anderen Virus sich 

verbinde, dies ergebe sich am besten bei Scharlach, Morbillen, auch beim 
Jyphus und vielleicht auch den übrigen Infectionskrankheiten. — Redner 
tritt dann m eine Kritik der von dem Vortragenden citirten Mittheilungen 
des Herrn Ritter ein. Die Versuche desselben, an Thiere gemacht, Hessen 
sich nicht ohne weiteres in ihren Ergebnissen auf Menschen übertragen 
Beim Menschen mache der Diphtheriebacillus nicht nur eine fibrinöse 
Entzündung sondern alle Abstufungen vom einfachen Katarrh bis zur 
schwersten Nekrose. Virulenz und Disposition der Befallenen spielen hier¬ 
bei gleichzeitig emo Rolle. Auch finde man bei den schweren, selbst 
septischen Fällen von Diphtherie den Bacillus im Gegensatz zu den Angaben 
Kitters. — Des weiteren erörtert Redner die Art der Aufnahme der Diph- 
enekranken m die Diphtherieabtheilung des von ihm geleiteten Kranken- 
r US \ m de , rselbon geht hervor, dass nicht etw'a sehr leichte Fälle auf 
die Abthedung kamen. Dieselben werden so gesichtet, dass die leichtesten 
* uf , d ? r Q ua,, antaine.abtheilung verbleiben. Das Krankenmaterial 
der Diphtheneabtheilung sei im ganzen bisher stets das gleiche geblieben, und 
wenn nunmehr Begebnisse mitgetheilt werden aus der Zeit der Serumbe- 
uanaiung, so können diese also mit den nicht mit Serum Behandelten in Ver- 
°f/ 1 werde “‘ Gegner den früheren Ergebnissen, die im ganzen 
besser h lip^ 6 * ur ? n U r d S1 ?J 1 dur ? h keine ’ wie auch immer geartete Therapie 
32 , ' Seieü dieselben m der Zeit der Anwendung des Serums 

st«f kH r| beSS 7 r °i ,£ eweseu \ Redner verweist auf die von ihm vorgelegten 
Rehnn^ il‘ en Zft -1 0 « U n, denen im Gegensatz zu den nicht mit Serum 
S ” ““ 47,82 »/„ bei den mit Serum Behandelten nur 13,2% 
^e^Phaf«Jr"' ,C3en ', Besonders wichtig erschien aber dem Redner 
wendet ’ d ? de “ M°? aten - >» welchen das Serum nicht ange- 
(S rv'Ji? ri j'St'S Sterblichkeit wieder auf fast 50 u / 0 gestiegen 
und « To ben T 6 - September gegenüber 42 Geheilten 

H Todten^m rwk to 9, Bl } ei , l ? n und 1 “ Todten im Juli, 50 Geheilten und 

nLV w ? b - r ’ G « ,ieil ten und 17 Todten im November, 
dm.« de, len™. !f en de r Sterblichkeit in den Monaten der Nichtanwen- 
kaum „t Zn AbaU ™ dcn Monaten der Anwendung könne 
tStrt™ Ä g ? d °" f w< : r , d ™- da das Material nach aller Be- 
iligtcn Urtheil dasselbe gebliehen sei. Bei alledem legt Redner a-ar 

n Wer,h , a,,f dic StottaUk allein vief ^bedeutsame 
" dm kl.,„„ehe I.rfahrung. dass sehr schwer Kranke, die nach den frühe- 


Eine interessante Illustration zu der Frage, wie der Vortrag Han se¬ 
in an n’s im Auslande beurtheilt wird, finden wir u. a. in einem Bericht der 
vonProf. La borde (Paris) redigirten „Tribüne m 6 dicale“, den wir unseren 
Lesern nicht vorenthalten zu dürfen glauben: 

„Nous avons laisse pour la fin la communication faite par M. Hanse¬ 
mann ä la Societe de m^decine berlinoise, laquelle commimication est im 
veritable rdquisitoire contre le sdrum et la söroth^rapie. et un requisitoire 
manifestement de mauvaise foi. On y sent une simple chicane sur |s 
mots et les faits, un parti pris d’ignorer les faits les plus clenienUires. 

M. Hansemann commence par döclarer que le bacille de hoeffhr 
n’esfc pas le bacille de la diphtdrie comprise dans le sens clinique du 
mot. II manque dans 30% des cas. est toujours associe aiLX streptocoqiie.« 
et aux staphylocoques et fait d^faut dans certaines affections nettement 
diphtdriques (rhinite fibrineuse, conjonctivite, etc.). Chez les animaux. 
en injections sous-cutandes, il provoque un simple oedeme. Transporte 
sur la gorge des animaux, il n’y provoque pas de diphterin quand In 
muqueuse est saine. Les animaux mis en contact avec les diphtdriques 
ne contractent pas la diphtdrie. Conclusion: le bacille de Loefßer est in- 
capable de provoquer la diphtdrie de Bretonneau(?). 

Ainsi! . . . Faut-il rappeier ä M. Hansemann les recherihi- 
classiques de Roux et Yersin, qui, par la ddcouverte des toxines. mit 
permis d’affirmer la nature spdcifique du bacille de Loeffler? 

Suit avec la mßme bonne foi le rdquisitoire contre la serotlierapi<. 

On soutient, continue M. Hausemaun, que: 1° la gudrison s>flectnc 
par rimmunisation due ä l’infoction elle-mdme; 2° llmmunisation s'effeitm 
par Tinterrnddiaire des antitoxines. Or, d’apres M. Hansemann. lapremi^ 
hypothdse n’est pas encore ddmontrde, — ce qui est absoliuncnt vrai. - 
Quant ä la seconde. personne n’a encore vu les antitoxines. — ce qui Ä 
en partie faux. — En demier lieu, M. Hansemann soutient que le serum 
n’immunise pas, ne gudrit pas et est directement nuisible par la nephnt*- 
qu*il provoque. 

Autant d’affirmations, autant. . . . d’erreurs, comme le montrent F.- 
faits que nous avons citds plus haut. ( , 

Ce qu’il y a de plus curieux en cette affaire. cest que dernen* 
M. Hansemann se cache une grande autoritd sciontifique et medieale® 
l’Allemagne: nous avons nommd M. le prof. Virchow.“ 

Glücklicherweise trifft der Schlusssatz nicht zu. Wie unsere Le ?, -r 
aus der Discussion über den Vortrag ersehen, hat Virchow selbst pw 
weiteren Versuch, ihn in der Heilserum-Frage mit Hansemann r.\ 
identificiren, völlig unmöglich gemacht. 


Das „British medical Journal“ bespricht in No. Dj- 1 
15. Decembor die Hansemann'sehen Aeusserungen m der »e ^ 
medicinischen Gesellschaft in einem Leitartikel, aus dem wir tog 
Stellen hervorheben: . . 

„After what Behring has distinctly stated as regards fbe peno ' ‘ 
the disease at wliich the treatment is commenced, the coinplica i - 
to mixed infections, and the varjring susceptibility in different pa - 
is astonishing that Dr. Hansemann should hold such a position » ^ 

A person ignorant of medicino and pathology might argue - . 

fashion, but that a skilled pathologist should hold that any ^ P ^ 
agent should act in the same way in eveij' case m winc 
ministered is a matter for great astonishment.“ . . j.jj. 

„It is marvellous, considering the number of cases m » 
ney is affected in diphtheria, that a larger number nf cases . 

have not been ascribed by careless and ignorant people to . Br 
the antitoxic serum; and it is one of the strongest tO3 ’ 0 1 1 ] °H I .^tholoiri^t. 
of the innoeuousness of the serum injections that a skiiie p 
who has specially laid himself out to collect statistics an V 0 rirard 
might discredit this method on treatment, has been able o sK n 

sd little in support of bis thesis. Professor V lrchow, as we ,.k. 

from the letter of our Berlin correspondent which wo p . ^ 

though he declines to aecept the theoo” upon wluebi tn« u- jjigli 

resfcs, is convinced by the „brüte force“ ot figures tnat 1 Aj prgc ti- 

therapeutic valuo, and holds that it is the duty of eve. p 
tioner to employ this reinedy in diphtheria.“ 


Gedreckt bei Joliu Sittenfeld in BerJiu W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 


7 Juni 18!)4. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. ßilch erschaus E. Leyden, Die neuesten Untersuchungen über die 
pathologische Anatomie und Physiologie derTabes dorsalis. Ref.Eulenburg. 

L. Edinger, Vorlesungen über den Bau der nervösen Centralorgane 
des Menschen und der Thiere, Ref. Grube. 

E. Malvoz, Recherehes bacteriologiques sur la fievre typhoide, Ref. 
Fürbringer. 

P. Güt erbock, Die chirurgischen Krankheiten der Harn- und miinn- 
liehen Geschlechtsorgane, Ref. S enger. 

R. N e u m e i s te r, Lehrbuch der physiologischen Chemie, Ref. G r ü t z n o r. 

B e r n a t z i k u. V o g e 1, Lehrbuch der Arzneimittellehre, Ref. Buchwald. 

H. Tapp einer, Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverord¬ 
nungslehre. Ref. Buchwald. 

H. Schiess. Kurzer Leitfaden der Refractions- und Accommoda- 
tionsanomalieen, Ref. Horstmann. 


II. Zeitscliriftenüberslclit: Physiologie und physiologische 
Chemie: E. Finger, Ueber den Mechanismus des Blasern**! Schlusses, 
die Harnentleerung und die physiologischen Aufgaben der Prostata. 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infect ionskränk¬ 
ln* iten: Maffucci, Ueber das Verhalten des Einhrvo gegen Intcctionen. 
— R. Rtern. Ueber einige neuere Ergebnisse auf dem Gebiete der Im- 
munitütslehre. 

Hautkrankheiten und Syphilis: H. Kühner. Ueber Pemphigus 
vegetans, nebst diagnostischen Bemerkungen über die anderen mit Syphilis 
verwechselten, blasenbildenden Krankheiten der Schleimhäute und der 
äusseren Haut. 

III. Therapeutische Mittlieilungen. 

IV. Kleine Anzeigen. 

V. Zur Recension eingegangene Bücher. 


Biiclierscliau. 

E. Leyden, Die neuesten Untersuchungen über die patho¬ 
logische Anatomie und Physiologie der Tabes dorsalis. 

Zwei Vorträge. Berlin, Aug. Hirschwald, 1894. Ref. A. Eulen¬ 
burg (Berlin). 

Diese letzte bedeutsame Aeusserung Leyden’s in der Tabes¬ 
frage (nach zwei in der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und 
Nervenkrankheiten am 13. November und 11. December 1893 ge¬ 
haltenen Vorträgen) knüpft an die älteren, dreissig Jahre zurück¬ 
reichenden Arbeiten Leyden’s über pathologische Anatomie und 
Physiologie der Tabes an. Schon 1863 hatte Leyden, erst in 
einem Vortrage in der medicinischen Gesellschaft und bald darauf 
in seiner berühmten Monographie („Die graue Degeneration der 
hinteren Rückenmarksstränge“), einmal den parenchymatösen 
Charakter des Krankheitsprocesses gegenüber der Annahme einer 
interstitiell-entzündlichen Natur desselben eindringlich betont — 
andererseits als den Ausgangspunkt der dabei stattfindenden eigen- 
tliümlichen Degeneration die sensiblen Rückenmarkseieinente 
bezeichnet, also eine fortschreitende Erkrankung der sen¬ 
siblen Leitungsbahnen im Rückenmark angenommen, wobei 
auf die gleichzeitige Degeneration der hinteren Wurzeln ein 
entscheidender Werth gelegt wurde. Mit Recht hebt Leyden her¬ 
vor, wie seine Annahme einer parenchymatösen Natur der Tabes¬ 
erkrankung zu fast unbestrittener Anerkennung gelangt, sei, trotz 
vereinzelter Versuche, die primären Veränderungen der Gefässe mehr 
in den Vordergrund zu rücken. Dagegen sind die pathologisch¬ 
physiologischen Anschauungen Leyden’s vielfach bekämpft worden, 
in der ersten Zeit besonders durch E. Cyon und Friedreich: später 
durch die von Charcot und seinen Schülern (Pierret) entwickelte 
Lehre von den „Systemerkrankungen“, die ja auch in Deutschland 
bekanntlich lange genug die Rückenmarkspathologie in ziemlich 
einseitiger Weise beeinflusste. Neuerdings ist dagegen nicht bl'oss 
die von Leyden festgehaltene patho-physiologische Anschauung 
der „sensorischen Ataxie“ mehr und mehr durehgedrungen 
und durch werthvolle Beobachtungen gestützt worden, sondern es 
ist auch die pathologische Anatomie und Histologie der Tabes in 
einer mit der Leyden’schen Anschauung wesentlich übereinstim¬ 
menden Weise bearbeitet worden, indem der Nachweis geführt 
wurde, wie die tabische Hinterstrangaffection sich als Dege¬ 
neration der hinteren Wurzeln in ihrem intramedul- 
lären Verlauf charakterisirt und wie ganz und gar sich die 
Affection der Hinterstränge und Hinterhörner nach dem intra¬ 
medullären Verlauf der hinteren Wurzelfaserung richtet (vgl. be¬ 
sonders die Untersuchungen von Redlich, unter Obersteiner, 
sowie von Marie und Dßjerine). Es ist dabei nicht immer, 
z. B. von Dejorine, der älteren Verdienste Leyden’s in dieser 
Frage und seiner unzweifelhaften Priorität in gebührender V eise 
gedacht worden. — In dem zweiten Vortrage geht Leyden auf 
die anatomisch-physiologischen Streitpunkte der älteren und jetzigen 
Discussion näher ein und zieht dabei ein umfassendes Beweis¬ 
material für die durch ihn vertretene Anschauung heran. Einer¬ 
seits haben die Untersuchungen über den Aufbau der Hintersträngc 
aus den hinteren Wurzeln zu dem Ergebnisse geführt, dass die 
Hinterstränge überhaupt keine eigenen Fasern enthalten, 
sondern nur solche, die sie aus den hinteren Wurzeln beziehen. 
Andererseits ist nachgewiesenermaassen die Verbreitung des anato¬ 
mischen Processes bei der Tabes im Rückenmark eine solche, dass 
sie sich am besten durch dieAr.nahme erklärt, als sei sie die Folge 
einer Läsion der hinteren Wurzeln. Neuerdings sind auch an den 


Spinalganglien beachtenswerthe Veränderungen gefunden worden 
(Wollenberg, Goldscheider). Dabei harrt die Frage, ob der 
Ausgangspunkt des tabischen Processes in den peripheren Nerven 
oder wo sonst er zu suchen ist, noch ihrer Erledigung: mit 
Wahrscheinlichkeit aber ist bereits jetzt anzunehmen, dass ein 
grosser Theil der bei Tabes an den peripheren Nerven nachge¬ 
wiesenen Degenerationen selbständiger Natur, primär, nicht bloss 
von den Spinalganglien abhängig ist. Auffällig bleibt immerhin 
die scharfe Begrenzung des Processes auf die von den spinalen 
Ganglienzellen beherrschten Neurone: überhaupt der ganz eigenartige 
Charakter des Processes, der von Leyden auch gegen die beliebte 
Syphilis-Theorie der Tabes nachdrücklich geltend gemacht wird. 


L. Edinger, Vorlesungen über den Bau der nervösen Cen¬ 
tralorgane des Menschen und der Thiere. 220 S. Leipzig, 
F. C. W. Vogel, 1893. Ref. Grube (Neuenahr). 

Es ist wirklich überflüssig über ein Buch wie das vorliegende 
noch Empfehlenswerthes sagen zu wollen. Die Thatsache, dass 
seit dem ersten Erscheinen desselben 1885 schon die vierte Auflage 
nöthig -wurde und dass zwischen dieser und der dritten nur ein 
Jahr liegt, spricht deutlich genug für die Vorzüge des Buches. 
Der Umfang hat um ein geringes zugenommen, auch ist die Zahl 
der Abbildungen gegenüber der dritten Auflage um sechs vermehrten 
worden. Dieser Vermehrung von Text und Abbildungen ent¬ 
spricht auch eine Umarbeitung und stellenweise Neugestaltung 
des Inhalts. Verfasser hat, um dem Buche eiue erweiterte Grund¬ 
lage zu geben, die Verhältnisse am Thiergehirn in ausführlicherer 
Weise behandelt. Die Abschnitte über die Riechfaserung und den 
Thalamus opticus sind vollständig umgearbeitet worden. Sehr 
interessant ist ein Vergleich dieser neuesten mit der uns gleich¬ 
zeitig vorliegenden ersten Auflage. Er führt uns nachdrücklich 
zu Gemüthe, welche Summe von Arbeit in den letzten zehn Jahren 
auf dem Gebiete der Anatomie des Centralnervensystems geleistet 
worden ist. einer Arbeit, an der Verfasser in hervorragender Weise 
betheiligt ist. _ 

E. Malvoz, Recherche» bacteriologiques sur la fievre typhoide. 

88 Seiten. Paris et LRge, 1893. Ref. Fürbringer (Berlin). 

Eine sehr ac tu eile Arbeit, deren Inhalt die eminenten Schwierig¬ 
keiten der Lösung der Grundfragen nach dem eigentlichen Erreger 
des Typhus in ein grelles Licht stellt. Verfasser hat es sich zur 
Aufgabe gestellt, die biologischen Eigenschaften des Ebcrth’schen 
bezw. Gaffky’sehen Bacillus in Ansehung seiner Verwandtschaft 
mit dem Bacterium coli commune zu studiren und an der 
Hand zahlreicher im Original einzusehender bactcriologischer und 
pathologisch-anatomischer Eigenuntersuchungen auf folgende Fragen 
eine Antwort zu geben: Ist es möglich, auf künstlichem Wege 
die zwischen den verwandten Mikroorganismen existirenden Unter¬ 
schiede auszugloichen? Welche Mikroben gelangen beim Typhus 
zur Beoabchtung? Begegnet man ähnlichen, mehr oder weniger 
verwandten Bacterien bei anderen Krankheiten? Eine ganz ab¬ 
schliessende Antwort zu geben, erwies sieh als unmöglich, wie 
dem Leser auf scharfsinnige und überzeugende Weise begründet 
wird. Unbedingt aber bedarf es der Entdeckung neuer und eigen* 
artiger Charaktere am Bacterium coli, um es als Typhuskeim gelten 
zu lassen, während andererseits die typhogene Rolle des Gaffky- 
schen Bacillus noch keineswegs auf unerschütterlicher Basis ruht. 
Ein unter allen Umständen bemerkenswerthes Resultat eingehender 
und ernster Studien! 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICfNISCllEN WOCHENSCHRIFT. 


Paul Gueterbock, Die chirurgischen Krankheiten der Harn- 
und männlichen Geschlechtsorgane. Bd. I, Tlieil B: Steine 
und Fremdkörper der Harnblase und der Harnröhre. 
Mit 153 Holzschnitten. Leipzig und Wien. Franz Deuticke, 
1894. Ref. Emil Senger (C-refeld). 

Länger als uns bei der Vortrefflichkeit der zwei vorangegangenen 
schon veröffentlichten Theile lieb war, hat das Erscheinen des 
dritten Theiles des Gueterbock’sc-hen Werkes auf sich warten 
lassen. Rein äusserliche Umstände waren Schuld daran, und Ver¬ 
fasser verspricht, noch im Laufe des nächsten Jahres den ersten 
Baud vollständig zur Veröffentlichung zu bringen. In der Ein¬ 
leitung dieses Bandes wird die Anatomie und Entstehung der Steine 
genau erläutert : dann folgt die Schilderung der Steinkrankheit der 
Harnblase hinsichtlich der Aetiologie, Anatomie, klinischen Symptome 
und der Therapie, welch letzterer ein breiter Raum gewährt ist: 
so dass die neuesten Arbeiten benutzt werden konnten. Der Stand¬ 
punkt, den umfassendes Studium und gereifte Erfahrung des Autors 
einnehmen, ist der, dass als Hauptradicaloperation die Stein¬ 
zertrümmerung möglichst in einer Sitzung angesehen werde und 
dass nur dort, wo diese durch Gegenindicationen wie Strieturen, 
Prostatahypertrophie etc. unausführbar ist, der Steinschnitt 
reservirt bleibe. Hinsichtlich dieses letzteren verwirft er nicht, 
wie es heute vielfach geschieht, als einen völlig überwundenen 
Standpunkt die Sectio lateralis, sondern hält diese für manche 
seltenen Fälle der Sectio alta überlegen, wie denn überhaupt heute 
die wenigsten Chirurgen sich an eine eiuzige Methode binden. An 
die Blasensteine schliesst der Verfasser die der Harnröhre, sodann 
die Fremdkörper in Harnröhre und Blase. Im letzten, fünften 
Abschnitt endlich werden die Krankheiten der Harnleiter ab¬ 
gehandelt. Verletzungen, Entzündungen, Fisteln, Neubildungen, 
Steine und Fremdkörper in denselben, angeborene Krankheiten 
und zum Schluss Verpflanzung der Harnleiter. Es scheint uns, 
dass das Lob, welches wir den früheren Theilen spendeten, in 
noch höherem Maassse dem uns vorliegenden Theil gebührt, da 
neben den schon betonten Vorzügen des Werkes: der Klarheit des 
Inhaltes, der üebersichtlichkeit und Vollständigkeit, der aus jedem 
Kapitel sprechenden reichen Erfahrung, der schönen Ausstattung 
und der zahlreichen vorzüglichen, das Verständniss erleichternden 
Holzschnitten, die Darstellung und Schilderung des Gegenstandes 
uns als noch leichter und gefälliger als früher anspricht. Alles in 
allem gehört das Werk zu den besten der medicinischen Litteratur 
und wird seine Stellung und seinen V T erth für lange bewahren. 
V ir wünschen dem Werke eine grosse Verbreitung und können 
mit gutem Recht sagen: es wird Keinen in keiner Frage aus dem 
Gebiete der Harn- und männlichen Geschlechtskrankheiten im Stiche 
lassen. 

Richard Neumeister, Lehrbuch der physiologischen Chemie 

mit Berücksichtigung der pathologischen Verhältnisse für Aerzte 
und Studirende. Erster Theil: Die Ernährung. Jena, G. Fischer, 
1893. Ref. P. Grtitzner (Tübingen). 

Vorliegendes Buch, welches die physiologisch-chemischen Ver¬ 
hältnisse der Ernährung behandelt, während ein zweiter Theil 
von den thierischen Geweben und Flüssigkeiten handeln 
soll, umfasst folgende Gebiete. Nach einer Einleitung, welche auf 
Grund der Gesetze der Erhaltung der Materie und der Erhaltung 
der Kraft das Leben der Pflanzen und Thiere in ihren wichtigsten 
Umrissen skizzirt, werden im ersten Abschnitt die chemischen 
Iiocesse in den thierischen Zellen, sowie die Zellbestand- 
theile erörtert, und es wird durch passende Beispiele gezeigt, dass 
alle denkbaren Arten chemischer Processe, wie Spaltungen, Syn¬ 
thesen, Oxydations- und Reductionsvorgänge in den Zellen statt- 
tinden. Der zweite Abschnitt handelt von den Nahrungs¬ 
stoffen, den Proteinstoffen, Kohlehydraten und Fetten, sowie ihren 
mannigfachen Derivaten; der dritte von den Fermenten, der 
vierte umfangreichste von der Verdauung, der fünfte von der 
Resorption und der letzte sechste von dem Bedarf an Nahrung 
und der Bedeutung der Nährstoffe für den Organismus. 

Auf jeder Seite des Buches tritt einem nicht bloss der „reine 
Chemiker“, sondern der „physiologische Chemiker“ wohl- 
huend entgegen, indem wesentlich vom Standpunkt der Physio- 
a- 16 • C ^ m ^ Sc ^ en Eigenschaften unserer Körperbestandtheilc 
unü die m ihnen sich abspielenden chemischen Vorgänge in 
Klarer und anziehender Weise unter sorgfältiger Berücksichtigung 
und Angabe auch der neuesten Litteratur dargestellt werden 
Linen weiteren \orzug des Buches finden wir ferner in der Be- 
nandlung der physiologisch-chemischen Vorgänge verschiedener 

“ eseß ’ , durch die wir erst ’ wie durch Kenntniss fremder 
bpraclien, die m unserem eigenen Körper sich abspielenden in 

LlCht ? Se ! len und dadurch besser verstehen. Nach 
alledem können wir das genannte Buch, dessen Ausstattung 


übrigens nach jeder Richtung hin tadellos ist, auf das angele*™! 
lichste empfehlen und hoffen, dass es sich bald recht viele^Freuod* 
erwerben wird. 

Bernatzik und Vogel, Lehrbuch der Arzneimittellehre, mit 
gleichmässiger Berücksichtigung der österreichischen and 
deutschen Pharmakopoe. Zweite vermehrte und mit Rücksicht 
auf die neue österreichische Pharmakopoe vom Jahre 1890 um- 
gearbeitete Auflage. I. Hälfte, Bogen 1—25. Wien und Leipzi - 
Urban & Schwarzenberg. Ref. Buchwald (Breslau). 

Auf die Vorzüge dieser Arzneimittellehre haben wir schon !*; 
Besprechung der ersten Auflage aufmerksam gemacht. Wir halt« 
dieselbe für eine der besten. Auch von der neuen Auflage, sowei; 
sie vorliegt, gilt das früher gesagte. Seite 1—73 umfasst dh 
Arzneiverordnungslehre. Dieselbe bespricht alles wissenswert^ ia 
so ausführlicher Weise und zweckentsprechender Anordnung, er¬ 
läutert durch so zahlreiche Formeln, wie man es selten in einen. 
Lehrbuche vorausgeschickt findet. Keine, auch selbst die selteneren 
Arzneiformen nicht, sind unberücksichtigt gelassen. Es sind auch 
dabei so viele praktische Rathschläge über Verschreibweise et 
gegeben, dass der aufmerksame Leser grossen Gewinn davon 
haben wird. 

Im speciellen Theile sind zunächst die Antiparasitica. An¬ 
tidota, Antiseptica (Prophylaetica), die Emollientia, Tonica, Ad¬ 
stringentia und Balsamica, Temperantia und Alterantia resp. Resor- 
bentia abgehandelt. Mit den Jodpräparaten schliesst dieser Theil. 
Auf die Besprechung der einzelnen Kapitel können wir leider nicht 
eingeh en, welchen Stoff man aber herausgreift, überall wird man 
die Gründlichkeit der Bearbeitung bemerken. Sowohl das rein 
Wissenschaftliche als das Praktische ist in sehr anerkennenswerter 
Weise berücksichtigt. Bei jedem Artikel wird man auf die Höhe 
der Wissenschaft gehoben. Man lernt die herrschenden Ansichten 
kennen und wird gleichzeitig in die Litteratur eingeführt-, da übend! 
die Autornamen in sehr sorgfältiger Weise angegeben sind, lndi- 
cationen, therapeutische Anwendung, Dosirung etc. sind vortreff¬ 
lich bei jedem Arzneimittel, auch bei den seltener gebrauchten, 
verzeichnet. Man lese z. B. das Kapitel über Chlornatriunu Am¬ 
moniak, Gerbsäure, Plumbum etc. und man wird oben gesagte 
bestätigt finden. Die Ausstattung ist die bekannte gute der rüh¬ 
rigen Firma. 

Wir brauchen eine besondere Empfehlung für dies vortreff¬ 
liche Lehrbuch nicht erst auszusprechen. Auch der zweite Th*:! 
wird voraussichtlich in derselben Weise geschrieben sein. 

H. Tappeiner, Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arznei- 

verordnungslehre. Unter besonderer Berücksichtigung d« 
deutschen und österreichischen Pharmakopoe. Leipzig. E 1 
W. Vogel. Ref. Buchwald (Breslau). 

Die Absicht des Verfassers geht dahin, eine praktische, au. 
die wissenschaftlichen Untersuchungen gestützte Arzneimittel^^ 
zu geben. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, dass einersein 
alles wichtige in schätzenswerther Kürze mitgetheilt wird, andern 
seits nur sicher feststehende Thatsachen gegeben werden, « ■ 
nebensächliche aber unbeachtet gelassen wird. Die Lmtnei u - 
wurde, soweit thunlich erschien, nach den therapeutischen 
men vorgenommen. Es wird zuerst der Begriff der Arznemu 
lehre festgestellt, dann werden die Wirkungen der M’znei - 
im allgemeinen und die Bedingungen für die Wirkung der: r- 
mittel, sowie ihre Anwendung besprochen. Die allgemeine - ^ 

verordnungslehre ist nach unserer Ansicht zu kurz 
fehlen eine Reihe von Arzneiformen, und manche sind mcli ge - 
erörtert. , . -.-...i-ij 

Die Erläuterung des Begriffes Emulsion ist kerne g u 
gewählte. Eine feine (milchige) Vertheilung eines ll , _ . - r 
Stoffes in einer Flüssigkeit entspricht nicht der üblichen t 
Dann würde Zinkoxyd recht fein suspendirt in einer ^ 
sprechenden Flüssigkeit auch zur Emulsion zu rechnen i - ■ 

züglich der speciellen Arzneimittellehre und Arzueiv . 
lehre könnnen wir dem vom Verfasser gewählten Gru \ * ’ n , jr 

wichtigen Sachen in gut gewählter Kürze zu bespiee ^ 

bei den wichtigsten Medicamenten zweckentsprec i ^ e j nl elnt r 
beizufügen, nur beistimmen. Auf die Besprechung ^ ^ 
Kapitel können wir nicht eingehen. Dem Studiren , 

Buch wohl wesentlich bestimmt ist, wird diese^ einzeln* 1 

lung des Gegenstandes gewiss sehr erwünscht sein- Maxim»! 

Stoffe sind in 24 Kapiteln abgehandelt. R 1Jie " a} . ,- sc hen Ph» T ; 
dosen nach den Angaben der deutschen und‘ (nahezu* un ; 

makopoe ist beigefügt. Das Werk umfasst 19 
ist von der bekannnten Verlagsfirma vortrefflich 


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UNIVERSITY OF MICHIGAP 





7. Juni. 


LUTERA-ITR.BEILAGE OER DEUTSCHES MEIUCIMSrHE.y WOCHENSCHRIFT. 


H. Sohiesa, Kurzer Leitfaden der Befractions- und Aoeom- 

mn°nn a ^ic!e| an< p n f li u en ' Mlt30 Abbildungen. Wiesbaden, J.F.Berg- 
mann, 1898. Ref. Horstmann (Berlin) 8 

Die vorliegende Schrift ist eine kurze, leicht fassliche Anlei¬ 
tung zur selbstständigen Brillenbestimniung. Die Refractions- und 
Accommodationsanoinalieen sind dabei kurz behandelt. 


Zeitschriftenübersiclit. 

E. Finger, Ueber den Mechanismus des Blasenver- 
An firn ho«' 2® r Harnentleerung. und die physiologischen 
XXX'vni Jahrg., 1893 ' AUge “' Wlwt meäk ' Zeituu « 

Finger bespricht in ausgezeichnet klarer Weise an der Hand 
anatomischer, physiologischer und klinischer Erfahrungen die ent¬ 
sprechend ihrem complexen Bau sehr manniehfachen Functionen der 
l rostata, die er iolgendermaassen unterscheidet: A. Die Musku- 
latur der Prostata wirkt je nach ihrer Verkeilung als 1) Sphincter 
vesicae (bphmcter prostaticus internus-glatteMuskulatur, Sphincter 
piostaticus externus glatte und quergestreifte Muskultur; letztere 
geht, unmittelbar über m den ebenfalls glatten und quergestreiften 
Mubculus compressor partis membranaceae urethrae); 2) Sphincter 
vesiculae seminalis, vermittelst des die Ductus ejaculatorii während 
ihres ganzen \ erlauf es in der Prostata umgebenden Ringes glatter 
Muskulatur: 3) Detrusor glandularum prostatae; 4) Expulsor urinae 
besonders der letzten Tropfen desselben. Hierzu dient die unmittelba^ 
unter der Schleimhaut der Urethra derselben parallel verlaufende 
das Caput gallmaginis von rechts und links einschliessende und 
sich hinter demselben vereinigende Schicht glatter Muskulatur 
•k 111 Muskulatur des Trigonum Lieutaudii übergehend bei 
ihrer Contraction die Mulde des Trigonum abflacht und zugleich 
dasselbe dem Caput gallinaginis nähert. B. Die Drüsen der 
1 rostata scheinen durch ihr Secret als Generationsorgane zu fun- 
giren, die Belebung der in den Samenbläschen bewegungslosen 
Spermatozoen zu bedingen. C. Das Caput gallinaginis^ wirkt 
1) als Abschluss der Urethra nach rückwärts sub coitu; 2) es scheint 
, mit den V° r g än &en der Erection und Ejaculation, des Wollust- 
getüliles, in functionellem Zusammenhang zu sein. 

A. Freudenberg (Berlin). 

Maffueci, Ueber das Verhalten des Embryo gegen 
Iniectionen. Centralblatt für allgemeine Pathologie und patho¬ 
logische Anatomie 1894, No. 1. 

Aus seinen diesbezüglichen, eine grosse Zahl von Experimenten 
umfassenden Untersuchungen giebt Verfasser ein ResumA aus dem 
wir folgende Sätze hervorheben. 

Nach Einimpfung verschiedenartiger Virus in Hühnereier 
(welch letztere hierauf der Brüttemperatur ausgesetzt wurden) fand 
Maffueci: So lange der Embryo lebt, vermehren die Virus im 
Ei sich nicht. Innerhalb des embryonalen Gewebes können sie 
sogar abgeschwächt oder getödtet werden, dagegen kommt das nicht 
vor innerhalb des Albumins. In anderen Fällen kann der Embryo 
unter dem Einflüsse des Virus zugrunde gehen. In dem Falle aber, 
dass er dasselbe zerstört hat, kommt er marantisch zur Welt, je¬ 
doch kann das junge Thier später vollkommen genesen. Bei 
Hühnertuberkulose kann etwas ähnliches auch eintreten, wenn das 
Ei nur mit den toxischen Producten des Bacillus geimpft wurde. 

' hf 111 Werden d * e Embryonen durch die genannte Behandlung 

Versuchstiere, welche mit Albumin von in obiger Weise be¬ 
handelten Eiern geimpft werden, sterben, solche, die mit Geweben 
des Embryo geimpft werden, bleiben am Leben. 

Bei Versuchen der Infeetion an Kaninchenembryonen ergab 
sich folgendes: Injicirt man einem trächtigen Kaninchen Tuberkel¬ 
bacillen, so können dieselben schon 4 Stunden nachher im Embryo 
nachgewiesen werden. Mit den Organen des Fötus können während 
der ersten 48 Stunden (später nicht mehr) Meerschweinchen tuber¬ 
kulös gemacht werden. Die Jungen eines während der Gravidität 
tuberkulös gemachten Mutterthieres können sechs Monate nach der 
Geburt Tuberkel in Leber und Lunge aufweisen; früher wurden 
solche nicht gefunden. Tuberkelbacillen waren in denselben nicht 
nachzuweisen. — In AusnahmefäJlen wurde mit den Organen eines 
neugeborenen, von einem tuberkulösen Vater erzeugten Kaninchens 
Impftuberkulose von Meerschweinchen erzeugt. 

Als allgemeinen Schlusssatz stellt Maffueci auf: Solange 
der Embryo lebt, gestattet derselbe die Entwickelung der patho¬ 
genen Mikroben, welche sich in seinen Geweben finden, nur unter 
besonderen Umständen, er kann jene aber zerstören, abschw r ächen, 
aulbewahren, um sie dann später in dem extrauterinen Leben zur 
Entwickelung kommen zu lassen. Die nicht pathogenen Virus des 
ausgewachsenen Huhnes können pathogen für seinen Embryo sein. 

Schmaus (München). 


P«h^' t St / rn, T Uebei : eiui e e neuere Ergebnisse auf dem 

Ä l^&Tp'ä?' <**-<■**-■*»**■ 

«p ÄSfiÄ es 

sachlichstem Grundfragen des Immunitätsproblems Bezug haben 

Ei^ensehaft'de^Rff^ herT0r £ eh ? ben > das ® die bacterientödtende 
Eigenschaft des Blutserums, wo sie besteht, eine vitale Eigenschaft 
ist und die Ansicht Bouehard’s, dass die Immunität "auf einer 
Miulenzabschwächenden Wirkung des Blutes beruht, bekämpft hat 
wendet er sich hauptsächlich zu der Frage, welche Beziehungen 
zwischen der giftzerstörenden Eigenschaft des-Serums und der 
Immunität bestehen. Er kommt dabei zu dem Ergebniss dass 

“et-ekte W^ 0 Wl ^ g ^ »lute, nicht mit SRherheii 
frafni f d,1 ® kte ^ likung auf die Bactenen oder ihre Gifte zurück- 
erdan komie ; dass es vi el wahrscheinlicher sei, dass sie 
komn t ElU 7 Af k f U11& dcn zu schützenden Organismus zustande 

kommt; Zweitens ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der 
J 1,nm } , öisiienden Wirkung des Blutserums und der erworbenen Im- 
I munitat nicht erwiesen ist, dass vielmehr aus neueren Beobach¬ 
tungen nut Sicherheit geschlossen werden darf, dass ein solcher 

wi'e i U i Ch ! coastant bestfthfc - Stern erklärt zum Schluss, 

linh R n f< 1 . lucllt . okae t Genugthuung hervorheben muss, ausdrück- 
pii da f" , eme T ems eitige humoral-pathologische Auffassung zur 
Erklärung der Immunität nicht ausreicht T , b 

' Lubarsch (Rostock). 

,nn^ K f büe D Ueber Pem I )hi gus vegetans nebst dia- 
I gnos tischen Bemerkungen über die anderen mit Syphilis 
verwechselten, blasenbildenden Krankheiten derSchleim- 
tWta. HaUt Mit2Tafeln - Putsch. Arch. 

nhp _^I* ?“ 88er ® fc ^aRreiche Arbeit giebt zunächst eine kurze, 
aber eischopfende Differentialdiagnose der so oft mit Syphilis ver¬ 
wechselten B asenaffectionen der Haut und Schleimhäute: Aphthen 
Maul- und Klauenseuche („infectiöse oder epizootische Stomatitis“)’ 
Herpes der Genitalien, der Mundhöhle, des Rachens, Dermatitis 
lierpetifoimis Dulmng („Hydroa pruriginosa“), Impetigo herpetifor- 
mis, bullöse Arzneiexantheme („Toxidermieen“), Pemphigus vulgaris 
Die emzelnenKrankheitsformen werden kurz und scharf gezeichnet und 
als gememschafthche Hauptunterscheidungspunkte gegen die ähn- 
lichen Erscheinungen bei Syphilis angeführt: der oberflächliche 
Sitz m der Haut den Schleimhäuten, der Mangel oder die Selten- 
heit von Narbenbildungen, die Beschaffenheit des Belages und der 
Ränder der geplatzten Blasen, der Wechsel des Sitzes bei ver¬ 
schiedenen Ausbrüchen, die Constanz des Ausschlagstypus gegen¬ 
über der Polymorphie bei Syphilis, die Art der Entstehung und 
des V erlaufes der Eruptionen. 

Der seltene, bei seiner fast stets Weltlichen Prognose unge¬ 
mein wichtige Pemphigus vegetans, welcher fast ohne Ausnahme 
auch m den V\ lener Spitälern mit Syphilis verwechselt wird, wird 
vom \ erfasser an drei Fällen seiner Erfahrung, die durch Photo- 
typieen und farbige Tafeln erläutert sind, ausführlich geschildert 
Der Beginn der Erkrankung manifestirt sich gewöhnlich zuerst 
an der Mund- und Rachenschleimhaut, erst später treten Blasen auf 
dei Haut auf, die bald platzen und zum Theil langsam heilende 
durch blasige Abhebung an der Peripherie sich weiter ausbreitende 
Excoriationen hinterlassen, während auf dem Blasengrund be¬ 
sonders an Regionen, wo Hautflächen in gegenseitigem Contact 
stehen, schon innerhalb fünf bis sechs Tagen drüsige, breiten Con¬ 
dylomen ähnliche Wucherungen aufzuspriessen beginnen. Die Ent¬ 
stehung neuer Blasen macht vielfach den Eindruck einer Nachbar- 
lnfection, doch sind Impfungen oder üebertragungen auf Gesunde 
nicht beobachtet. Der Infectionserreger, der wahrscheinlich 
bacterieller Natur ist, konnte bei hierauf gerichteten Untersuchungen 
vom Verfasser nicht gefunden werden. Dass aber jedenfalls eine 
Art Intoxication vorliegt, folgert er aus einzelnen klinischen Be¬ 
obachtungen „bullöser Toxidermieen mit nachfolgender Wucherung 
von Wärzchen auf dem Blasengrunde“ nach Jodkaliumgebrauch. 
Am Nervensystem von anderen gemachte, aber inconstante Befunde 
scheinen dem Verfasser ohne wesentliche Bedeutung und nur 
secundär zu sein. 

Diagnostisch sind gegen Condylomata lata hervorzuheben: Die 
Schnelligkeit der Entstehung der Wucherungen aus Blasen, das 
Jucken und Stechen in denselben, der Blasenwall oder die Residuen 
geplatzter Blasen in der Peripherie jener, das gestippte, durch 
Epidennisverluste bedingte Aussehen der Wucherungen, der Ver¬ 
lauf und die begleitenden Erscheinungen, sowie die höchst schäd¬ 
lichen Wirkungen der Antisyphilitica. Auch der histologische Be¬ 
fund ist genügend, um von demjenigen bei breiten Condylomen 
differenzirt zu werden, wenn er auch nicht, w r ie von anderer Seite 
wurde, absolut charakteristisch für die vorliegende 
Krankheit ist. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



I 


LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN ME DICINISCHEN WOCHENSCHRIF T. 


Nur der eine regionär verlaufende Fall wurde geheilt; alle 
anderen starben trotz Auslöffelung, Thermocauterisirung und Be- 
pinselung mit Tinctura Jodi, welche Unna für ein „Specificum“ bei 
dieser Krankheit erklärt hatte. Als wirksamer Ersatz für die 
Jodtinctur wurde Jodtrichlorid befunden, während Dermatol, 
Alumnol u. a. sich als ganz unwirksam und ohne jeden antisepti¬ 
schen Werth erwiesen._ — n - 

Therapeutische Mittheilungen. 

— In einem sehr schweren Falle von Tetauie hat Ho che (Strassburg) 
Curarin (Böhm) in Dosen von 0.25—0.70 mg subcutan angewandt. Die 
Gesammtdauer des Anfalls wurde dabei verschiedentlich abgekürzt, und 
zwar zeigte sich die erste Wirkung der einzelnen Dosen nach 10 bis 
20 Minuten. Mehrfach trat subjectiv Erleichterung, objcctiv Verminderung 
der Intensität der Anfälle ein, ohne dass an irgend einem Punkte des 
Bewegungsapparats Lähmungserscheinungen bestanden hätten. Ferner 
zeigten die einzelnen Regionen der Muskeln dem Mittel gegenüber ein 
verschiedenes Vorhalten. So bestand einige malo bereits motorische Läh¬ 
mung beider Beine und Schwäche der Bauchmuskulatur zu einer Zeit, in 
der in beiden Händen noch nicht einmal der Krampf gelöst war. Ver¬ 
giftungserscheinungen in Form von Speichelfluss. Singultus etc. traten 
nicht auf. Die Patientin wurde fast krampffrei nach Hause entlassen, bald 
aber in demselben Zustande wie früher der Anstalt wieder zugeführt. 
(Neurolog. Centralbl. 1894, No. 8.) Krön. 

— Nach S. Rabow herrscht die Unklarheit über die chemische Natur 
des Duboisin trotz zahlreicher Untersuchungen auch jetzt noch fort. Als 
Ersatzmittel für Atropin hat es wegen seiner starken Giftigkeit grosse 
Verwendung in der Augenheilkunde dauernd nicht finden können. Bei 
Morbus Basedowii. Paraljsis agitans, Nystagmus ist es in einzelnen Fällen 
mit Erfolg angewendet worden. Gute Wirkungen werden mit dem Mittel nach 
des Verfassers eigenen zahlreichen Beobachtungen als Sedativum bei auf¬ 
geregten Kranken erzielt. Er giebt es in wässeriger Lösung: Dubois. sulf. 
0,01:10,0, 12—15 Tropfen, also 1 s— 3 ,s mg. Nach einer halben Stunde 
äussert sich gewöhnlich die Wirkung. Eine Angewöhnung tritt bei fort¬ 
gesetztem Gebrauch nur langsam ein. (Therapeut* Monatshefte 1893, 
August.) K. Frank. 

Kleine Anzeigen. 

— Die Verlagsbuchhandlung von Robert Oppenheim (Gustav Schmidt) 
in Berlin kündigt das Erscheinen eines Werkes an, das bei der grossen 
Bedeutung, welche die genauero Kenntniss der Gefahren des Gewerbe¬ 
betriebs für Leben und Gesundheit der Arbeiter und deren Verhütung 
heute auch für ärztliche Kreiso gewonnen hat. auch für die Leser dieser 
Wochenschrift von Interesse sein dürfte. Das unter Mitwirkung nam¬ 
hafter Fachleute von Dr. II. Al brecht in Gross-Lichterfelde heraus¬ 
gegebene Werk ist betitelt: „Handbuch der praktischen Gewerbe¬ 
hygiene“ und wird sich in folgende Abschnitte gliedern: I. Theil: Wesen 
und Bedeutung der durch den Gewerbebetrieb bedingten Schädlichkeiten: 

I. Abschnitt: Gewerbekrankheiten (Oberstabsarzt Dr. Villaret). II. Ab¬ 
schnitt: Wesen und Bedeutung dos Betriebsunfalls (Herausgeber). — 

II. Theil: Verhütung der durch den Aufenthalt in den Arbeitsräumen und 
die Fabrikationsmethoden bedingten Schädlichkeiten: III. Abschnitt: Bau 
und bauliche Einrichtungen von Fabriken und Werkstätten (Gewerbe¬ 
inspector Oppermann). iV. Abschnitt: Heizung und Lüftung der Arbeits¬ 
räume (Reg.-Ralh Prof. Hartmann). V. Abschnitt: Verhütung der Ein- 
athmung von Staub (Herausgeber). VI. Abschnitt: Verhütung der gesund¬ 
heitlichen Schädlichkeiten des Gewerbebetriebes im engeren Sinne (Dr. 
Oppler). VII. Abschnitt: Die zur Fabrik gehörigen Nebenanlagen (Her-' 
ausgeber). VIII. Abschnitt: Persönliche Ausrüstung des Arbeiters (Her¬ 
ausgeber). — III. Theil: Verhütung der durch den Maschinenbetrieb 
bedingten Unfälle: IX. Abschnitt: Kessel und Motor (Gewerbeinspector 
Claussen). X. Abschnitt: Wellenleitungsanlagen und deren Tlieilc (Reg.- 
Rath Platz). XI. Abschnitt: Anlagen zur Hebung von Lasten (Ingenieur 
Specht). — Anhang: Arbeiterschutzgesetzgebung (Reg.-Rath Evert). 
Das Werk wird in 4—5 Lieferungen ä 10—12 Bogen erscheinen und soll 
bis October d. J. fertig vorliegen. Eine italienische Uebersetzung des¬ 
selben, die von l)r. C. Terni, Assistenten am hygienischen Institut in 
Pisa, besorgt wird, ist in Vorbereitung. 

— In ungarischer Sprache wird gegenwärtig ein grosses Specialwerk 
unter dem Titel „Handbuch der speciellen Pathologie und The¬ 
rapie der inneren Krankheiten“ nach dem Muster des bekannten 
Ziemssen’schen Werkes unter der Redaction der Professoren Koränyi, 
Ketli und A. ßökai, und unter Mitwirkung zahlreicher, grösstentheils 
auch im Auslande bekannter Autoren, wie Jendrassik, Stiller, 
Schwimmer. Högyes. Laufen au er und anderer herausgegeben. Das 
Werk erscheint in sechs Bänden mit mehreren Abtheilungen innerhalb 
sechs Jahren, von denen die erste Hälfte des ersten Bandes soeben er¬ 
schien und die Infectionskrankheiten enthält, und zwar als Einleitung: 
Bacteriologio (Pertik) und Chemie (Udranszky), dann Masern und 
Scharlach, Rubeola, Varicellen, Tussis convulsiva (J. Bokai), Erysipel (An- 
gyän), Variola (Schwimmer). Typhus exanthematicus (Szekücs), Typhus 
abdominalis und Wei Esche Krankheit (Prof. Fr. Koränyi), Febris ephe- 
mera (lerray), Trismus und Tetanus (Käth). Auch dieses Unternehmen 
zeigt den grossen Fortschritt in den wissenschaftlichen Bestrebungen, der 
sich in Ungarn auf allen Gebieten manifestirt. 

— l° l Verlage von Bailliere et Fils, Paris, ist soeben ein 
Bücherkatalog erschienen, welcher eine genaue Zusammenstellung der 


gesammten Litteratur der Kinderheilkunde, nach einzelnen Krank¬ 
heitskapiteln geordnet, enthält. 

Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke n. s. w. Eulenbur/. 

Real-Encyklopaedie der gesammten Heilkunde. III. Bd. Baucfi- 
fell bis Breege. 708 S. Wien. Urban & Schwarzenberg. 1894. 15.00 jj. 

Bibliothek der gesammten medicinischen Wissenschafti-t 
für praktische Aerzte und Specialärzte. Herausgegebon von Prof. [> r 
A. Dräsche. I. Abthoilung: Interne Medicin und' Kinderkrankheiten. 
16./17. Heft. II. Abtheilung: Pharmakologie und Toxikologie, 13. Hefr 
Wien. Max Merlin, 1894. Preis ü M. 1,00. 

Nothnagel, Specielle Pathologie und Therapie. VI. Bind. 
Thierische Parasiten, von Prof. Dr. F. Mosler und Prof. Br. E.Peip.-r 
1. Hälfte. Wien. Alfred Hölder, 1894. 

Index medicus, a monthly classified record of tlie current 
medical literature of the world. Compiled under the supervision 
of Dr. J. S. Billings and Dr. R. Fletcher. Vol. XVI, No.4. April 1894. 
Boston, G. S. Davis. 

S. Placzek, Die medieinisclie Wissenschaft in den Ver¬ 
einig ten Staaten. 125 S. Leipzig. Georg Thierne, 1894. 

Anatomie. Philipp Stöhr, Lehrbuch der Histologie und 
der mikroskopischen Anatomie des Menschen. VI. Auflx'-. 
Jena. Gust. Fischer, 1894. 

Fessler. Festigkeit der menschlichen Gelenke mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung des Bandapparates. Habilitations¬ 
schrift. 266 S. München. M. Rieger’sche Universitätsbuchhaudlung. 184. 

Anthropologie. C. Brendel, Der Alkohol ein Volkeren. 
Vortrag, gehalten in der Anthropologischen Gesellschaft in Mün«b»t. 
16 S. München. J. F. Lehmann, 1894. 0,40 M. 

Bacteriologio. G. Itzerott, Bacterienkunde. Ein kurzer Leit¬ 
faden für Studirende und Aerzte. 128 S. Leipzig, Ambr. Abel. 1894. 

Geburt»liiilfn und Gynäkologie. Wilhem Schräder. Votier 
der therapeutische Misserfolg der Antisepsis beim Puerperal¬ 
fieber? Volkmann's Samml. klin. Vorträge. Leipzig, Breitkopf & Hinei. 

: 1894. , • , 

Gerichtliche Medicin. R. Gottschalk. Grundriss der gerub;- 
lichen Medicin. Für Aerzte und Juristen. 322S. Leipzig, GeorgThiir.;.. 
1894. _ , i 

Hygiene nnd Mrdicinalpolizei. Jahrbuch für Jugend- m 
' Volksspiole. Dritter Jahrgang 1894. Herausgegeben von k 
v. Schenckendorf und Dr. F. A. Schmidt. Leipzig, \oigtlän ^r. 
1894. r 

Innere Medicin. C. Liebermeistcr, Vorlesungen über■ >p<" 
cielle Pathologie und Therapie. \. Band. Krankheiten der ß ,r 
leibsorgane. 481 S. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. 10.00 a- 

O. Rosenbach. Die (Grundlagen der Lehro vom Kren < 
Wien. M. Perles. 1894. . , , 

M. Hei 1 1er. Ueber die Wirkung thermischer und m 
chanischer Einflüsse auf den Tonus des Herzmuskel.». 

M. Perles, 1894. , ,, chm , r , 

Debove et Remond, Traitö des maladies de 
Paris, Rueff <Sr Co., 1894. , .. p f .. 

C. Wegele, Die atonischo Magenerweitorung und ihre 

handlung. 28 S. München. J. F Lehmann, 1894. 1.00 Ai. n> 
Kinderheilkunde. O. Hauser, Grundriss der K nd _ 
künde mit besonderer Berücksichtigung der üiat 

Fischer 1 s medicinische Buchhandlung. 1894. 7,00 M. . j a.. 

E. Schw echt eil. Die Kinderkrankheiten Ein kurz. 

buch für Studirende und Aerzte. Leipzig, Amb. Abel. >■ • ^» 

G. FtUizet. Les hornies inguinales de 1 entance. 

Paris. G. Masson. 1894. 10 fr. j pm Gebiet 

MiHlÄrsanitäl»wesen. Veröffentlichungen a _ Mediciml- 
des Militär-Sanitätswesens. Herausgegeben von $ : L 

abtheiiung des Königlich preussischen Knegsmimsteninn.. & u , 

Cliolera-Erkrankungen in der Annee 1892—93 und ® V npn y ( n-- 
breitung und zur Verhütung der Cholera m der Armee o -- . ^ 3 .. 

nahmen, von Stabsarzt Dr. Schumhurg. o4 o. 

1 wähl. 1894. -„i.* für einjüL' 

Kowalk. Militärärztlicher Dienstunterr cht Sanit -,,. 
rig-freiwillige Aerzte und Unterärzte so ^ ^ ß pr b 

Offiziere des Beurlaubtenstandes. II. Auflage. 

E. S. Mittler & Sohn, 1894. 4.50 M. 078 S. ^ 

Ohrenheilkunde. H. Mygind, Taubstummheit. - 
und Leipzig, Oscar Coblentz, 1894. 6,00 M. Lehrbuch <b' 

Psychiatrie und fteurolngle. H. Oppenheim, W «, ß„!, 
Nervenkrankheiten. Für Aerzte und St 
S. Karger. 1894. 20 M. T , II. isfef 

Möbius. Diagnostik der Nervenkrankheit® • 

434 S. Leipzig, F. fc. W. Vogel. 1894 ^ M. deS m aU«h'* 

J. Grasset und G. Rauzier, Trait 6 pr ;<j g 99 und l^ 1f 

du Systeme nerveux. IV. Auflage. I. nnd 
Paris, G. Masson. 1894. . der jiourasthen*’ 

L. Löwenfeld, Pathologie und Therapie 1894 
und Hysterie. 744 S. Wiesbaden, J. F. ff. VDn 0 ti«?i en 
J. Grossmann, Die Bedeutung de Verlagsi> aU!? 

gestion als Heilmittel. 160 S. Berlin, D 
& Co., 1894. __--- _ 


Gctlr.ichf b;i Julius 8itUmlel<J in Bsiliu W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN-* 



Donnerstag LITTERATUR-BEILAGE 21. Juni 1894. 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


I. Bücherschau: J. Schwalbe, Jahrbuch der praktischen Medicin, 
Ref. A. Fraenkel. 

R. Thoma, Lehrbuch der pathologischen Anatomie, Ref. Ribbert. 

A. Koch, Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den 
Gährungsorganismen, Ref. Munk. 

E. Sonnenburg, Pathologie und Therapie der Perityphlitis, Ref. 
Schwalbe. 

Determann, Ueber Herz- und Gefässneurosen, Ref. Eulenburg. 

Sperling, Die Ausbildung der Militärärzte im Deutschen Reiche, 
Ref. Schill. 

C. Wegele, Die Wirkungsweise der Sool- und Seebäder, Ref. 
Friedrich. 

Sammlung pädagogischer Vorträge VI. Bd., 12. Heft: Stimpfl, 
Physiologie und Pädagogik; Hamm, Die Hinaufrückung der Strafmündig¬ 
keit vom 12. auf das 14. Lebensjahr, Ref. Kotelmann. 

II. Zeitschriftenübersicht: Allgemeine Pathologie und patho¬ 
logische Anatomie: Askanazy, Die bösartigen Geschwülste der in 
der Niere eingeschlossenen Nebennierenkeime. — Sudeck, Ueber die 
Structur der Nierenadenome. — Lübarsch, Boiträge zur Histologie der 


von Nebennierenkeimen ausgehenden Nierengeschwülste. — Sud eck, Zur 
Lehre von den aberrirten Nebennierengeschwülsten in der Niere. — 
Hildebrand, Ueber den Bau gewisser Nierentumoren. — Berthensou, 
Zur Frage von der Diagnose primärer Neoplasmen des Herzens. — Robin, 
Fall von primärem Myxom des Herzens. — Marchand, Primäres Myxom 
des linken Vorhofes. — Bergonzoli, La Formalina quäle mezzo di con- 
servazione e di indurimento dei preparati anatomici. 

Mikroorganismen und Aetiologie der Infectionskrank- 
heiten: Dunbar, Versuche zum Nachweis von Choleravibrionen im Fluss- 
wasser. — Chambrelent et Sabra'zös, Passage de la mere au foetus 
du streptococque de l’ßrysipßle. — Hodenpyl,*On the aetiology of appen- 
dicitis. 

Psychiatrie und Neurologie: C. A. Ewald, Ein Fall von Morbus 
Addisonii. — Glatz, Du traitement de la növralgie sciatique par l’hydro- 
thörapie et Telectricitd. 

Kinderheilkunde: Galatti, Die Intubation in der Privatpraxis. 

Gerichtliche Medicin: v. Hofmann, Mord durch Stichwunden. 

III. Therapeutische Mittlieilungeu. 

IV. Zur Recension eingegangene Bücher. 


Bücherschau. 

J. Schwalbe, Jahrbuch der praktischen Medicin. Jahrgang 
1894. Stuttgart, Ferd. Enke, 1894. 931 Seiten. Ref. A. Fraenkel 
(Berlin). 

Das von Paul Boerner begründete, später von S. Guttmann 
redigirte Jahrbuch erscheint in diesem Jahre zum ersten Male 
unter der Herausgabe des Jüngeren der beiden Redacteure dieser 
Wochenschrift. Wir zweifeln nicht, dass das in ärztlichen Kreisen 
wohl eingebürgerte, überaus nützliche Unternehmen unter dem Ein¬ 
flüsse einer frischen, thatkräftigen Führung sich gedeihlich weiter ent¬ 
wickeln und auch fernerhin dem Praktiker, welchem es an Zeit 
gebricht, ausgedehnte litterarisclie Studien zu machen, eine Quelle 
schneller und übersichtlicher Belehrung über die Fortschritte 
unserer Wissenschaft bleiben wird. Hierfür bürgt auch die prak¬ 
tische Anordnung des umfänglichen Stoffes sowie die Unterstützung, 
welche das Werk seitens einer Reihe ausgezeichneter Fachmänner 
findet, die ihm als Referenten zur Seite stehen. 

Es handelt sich hier gewissermaassen um den Ersatz eines 
allgemeinen Centralblattes der medicinischen Wissenschaften, dem 
gegenüber der Jahresbericht den nicht zu unterschätzenden Vor¬ 
zug besitzt, dass die einzelnen Referate nicht bunt durcheinander 
gewürfelt sind, sondern nach einzelnen Disciplinen geordnet sich 
in einer durch den Stoff vorgeschriebenen Folge aneinander reihen. 
Zu der Zahl der früheren Mitarbeiter hat sich diesmal für die 
Bearbeitung der gerichtlichen Medicin Herr Gerichtsphysikus 
Dr. F. Strassmann neu hinzugesellt, während das Referat über 
Constitutionskrankheiten Herr Assistenzarzt Dr. Freyhan vom 
Krankenhause Friedrichshain übernommen hat. Der Herausgeber 
selbst hat in fleissigster Weise die beiden wichtigen Kapitel der 
inneren Medicin: Respirations- und Herzkrankheiten bearbeitet. 
Ein Unternehmen, wie das vorliegende, kann nur um so mehr ge¬ 
winnen, je mehr sein Inhalt durch Qualität und sorgsame Auswahl 
aus der grossen Masse jährlicher litterarischer Production die Be¬ 
schränkung des Umfangs ausgleicht, welche Rücksicht auf Zweck¬ 
mässigkeit und Handlichkeit ihm auferlegt. In diesem Sinne 
werden die Leser des Berichtes sicherlich das Schlusswort aus 
der Vorrede Schwalbe’s mit Beifall begrüssen, dem zufolge er 
es sich angelegen sein lassen will, „die wesentlichen Kapitel nach 
Gebühr zu erweitern, dagegen alle Fragen, die nicht streng in 
den Rahmen dieses Arbeitsgebietes (sc. der praktischen Medicin) 
hinein gehören, fortan auszumerzen“. Wir hoffen, dass trotz¬ 
dem in dem Bericht noch Raum für die Mittheilung der haupt¬ 
sächlichsten Fortschritte der Anatomie und Physiologie vorhanden 
sein wird. 


Biohard Thoma, Lehrbuch der pathologischen Anatomie. 
Erster Theil: Allgemeine pathologische Anatomie, mit Berück¬ 
sichtigung der allgemeinen Pathologie. Stuttgart, F. Enke, 
1894. Mit 436 Abbildungen und 4 Tafeln. Ref. Ribbert (Zürich). 
Thoma’s Lehrbuch der pathologischen Anatomie erscheint 
als Glied einer Sammlung medicinischer Lehrbücher, die von 
F. Enke verlegt werden. Der erste Theil, der bis jetzt vorliegt, 
die allgemeine pathologische Anatomie, weicht in mehr als einer 


Hinsicht von der Anordnung der gebräuchlichen Lehrbücher ab, 
wie aus einer Wiedergabe des Inhaltes klar werden wird. Ein 
erster Hauptabschnitt umfasst die allgemeine Aetiologie, der zu¬ 
nächst eine kürzere Uebersicht gewidmet ist. Darunter fallen als 
einzelne Kapitel die Traumen und traumatischen Erkrankungen, 
die Intoxicationen und Gifte, die Infectionen und Parasiten, die 
Erblichkeit und die Missbildungen. Es wird aber nicht nur jede 
Ursache an sich besprochen, sondern auch die Art ihrer örtlichen 
und allgemeinen Wirkung auf den Körper. Eingehend werden zu¬ 
nächst die Traumen erörtert, die bei ihnen am Gefässsystem und 
am Gewebe ablaufenden Processe. Da die anderen Ursachen in 
manchen Punkten ähnlich wirken, so wird bei ihnen eine kürzere 
Wiederholung bereits besprochener Erscheinungen nothwendig. Dio 
Schilderung der Spaltpilze und der übrigen Parasiten erfolgt in 
der üblichen Reihenfolge. Auch bei ihnen werden manche Folgen 
ihrer Einwirkung in Gestalt histologischer Verhältnisse zur Dar¬ 
stellung gebracht. 

Der zweite Abschnitt ist bezeichnet: „Elementare Formen der 
Erkrankung“. Hierunter fallen die Störungen des Blutkreislaufes, 
die in allgemeine und lokale Kreislaufstörungen eingetheilt werden, 
sowie die Störungen der Gewebsernährung, welche als regressive 
und progressive Metamorphosen der Gewebe auftreten. Die wich¬ 
tigste Abweichung von den übrigen Lehrbüchern fällt unter die 
lokalen Kreislaufstörungen. Hier, fehlt nämlich das Kapitel: „Ent¬ 
zündung“, statt dessen wir neben anderen Unterabtheilungen die 
Emigration, die Transsudate und Exsudate finden. Thoma hat 
sich bereits früher dahin ausgesprochen, dass es besser sei, den 
Begriff der Entzündung ganz fallen zu lassen. Denn erstens sei 
eine Definition desselben nicht möglich, zweitens falle er wegen 
seiner grossen Ausdehnung nahezu mit dem Begriff der Erkran¬ 
kung zusammen, und drittens führe die Entzündungslehre in die 
Auffassung zahlreicher Erkrankungen Momente ein, die nur durch 
Analogieschlüsse, nicht durch direkte Beobachtung sich ergeben. 
Diese Gründe bestimmten ihn, die Entzündung als selbstständiges 
Kapitel zu streichen. Er bringt nunmehr alle sonst hierherge¬ 
rechneten Erscheinungen bei den Kreislaufstörungen einerseits, bei 
den Gewebsstörungen andererseits unter. Es scheint dem Ref. 
zweifelhaft, ob Thoma mit seinem Vorgehen, den so allgemein 
eingeführten und in den wichtigsten Zügen doch auch gut charak- 
terisirten Begriff der Entzündung zu eliminiren, in weiteren Kreisen 
Beifall finden wird. Indessen ist hier nicht der Ort, darüber zu 
discutiren. 

Der dritte und letzte Hauptabschnitt bringt „Zusammenge¬ 
setzte Erkrankungsformen“. Hier spricht sich Thoma in einem 
Kapitel „Organerkrankungen und Entzündung“ über diese letztere 
noch im Zusammenhänge im obigen Sinne aus und sieht sich im 
Anschluss daran genöthigt, über gewisse zusammengesetzte Organ¬ 
erkrankungen einige Bemerkungen anzuführen, weil sie verschie¬ 
dene elementare Erkrankungsformen gleichzeitig darbieten, so die 
interstitiellen und parenchymatösen Erkrankungen, die Cysten¬ 
bildungen, die Geschwürsbildungen. Ein zweites Kapitel behandelt 
die „geschwulstähnlichen autonomen Neubildungen“, und ein letztes 
bringt einige Auseinandersetzungen über Allgemeinerkrankungen, 
vor allem über das Fieber. 


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6 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Ausser der besonderen Anordnung des Stoffes zeigt das Buch 
eine weitere Eigenthümlichkeit in dem Bestreben, das organische 
Geschehen auf mechanische Bedingungen zurückzuführen. Thoma’s 
Arbeiten sind immer auf diese Seite der Betrachtung gerichtet 
gewesen. Er verwerthet daher seine Erfahrungen in ausgedehnter 
Weise auch im vorliegenden Lehrbuche und zweifellos zum Vor¬ 
theil desselben. So finden sich denn unter den Abbildungen zahl¬ 
reiche, diesen Absichten dienende schematische Figuren, insbeson¬ 
dere zur Illustration der mechanischen Kreislaufverhältnisse. 

486, fast ausnahmslos nach eigenen Originalpräparaten herge¬ 
stellte, durchweg instructive Figuren erleichtern das Verständniss 
des Vorgetragenen. 

Unter den einzelnen Abschnitten ist die Litteratur angegeben, 
die indessen auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, da sie 
nur auf die im Text genannten Autoren Bezug nimmt. 

Der Inhalt des Buches ist überall klar und anschaulich zur 
Darstellung gebracht. Thoma bespricht aber nicht nur die ge¬ 
sicherten und allseitig anerkannten Thatsachen, sondern discutirt 
auch die weniger feststehenden und noch streitigen Punkte. Da¬ 
durch wird das Studium des Werkes in hohem Maasse anregend. 
Es ist keine Frage, dass jeder, der sich mit der besprochenen 
eigenartigen Anordnung des Stoffes vertraut gemacht hat und sich 
etwas eingehender auf dem nicht kleinen Gebiete der allgemeinen 
pathologischen Anatomie orientiren will, in dem Lehrbuche jede 
gewünschte Belehrung finden wird. 


Alfred Koch, Jahresbericht über die Fortschritte in der 
Lehre von den Gährungsorganismen. III. Jahrgang 1892. 
Braunschweig, H. Bruhn, 1893. 276 S. 8,60 M. Ref. I. Munk 

(Berlin). 

Bei der hohen Bedeutung, welche den Gährungsprocessen für 
die Physiologie und Pathologie zukommt, müssen wir Mediciner es 
dankbar begriissen, dass diese weitschichtige und über die ver¬ 
schiedensten botanischen, chemischen, bacteriologischen, hygieni¬ 
schen und zymoteehnischen Zeitschriften zerstreute Litteratur uns 
zusammengefasst und übersichtlich geboten wird. Der vorliegende 
dritte Jahrgang des von dem bewährten Pflanzenphysiologen in 
Göttingen herausgegebenen Jahrbuches ist ersichtlich bestrebt, 
noch grössere Vollständigkeit als seine Vorgänger zu erreichen. 
Für uns sind von besonderem Interesse Kapitel II (Nährsubstrate, 
Bacterienfilter, Heizeinrichtungen), ferner III und IV: Morphologie 
und allgemeine Physiologie der Bacterien und Hefen (insbesondere 
Einfluss des Lichtes, Unterscheidung zwischen Bacillus typhi und 
Bacterium coli, farbstoff bilden de Bacterien), sodann von den be¬ 
sonderen Gährungsarten die Milehsäuregährung und die Bacterien 
in der Milch, sowie die Milchsterilisation, endlich der letzte Ab¬ 
schnitt über chemische Fermente oder Enzyme (Diastasen, Pepsin, 
Trypsin- Labferment). 

Das Autoren- und Sachregister erleichtert die Benutzung 
dieses für Jeden, der sich mit Gährungsprocessen beschäftigt, un¬ 
entbehrlichen Jahresberichtes. 


E. Sonnenburg, Pathologie und Therapie der Perityphlitis 

(Appendicitis und Appendioitis perforativa). Leipzig, F. G. 

W. Vogel, 1894. Mit 7 Abbildungen. Ref. Schwalbe (Berlin). 

An der lehrreichen Discussion über die Pathologie und Therapie 
der Perityphlitis, mit welcher sich in den letzten Jahren sowohl 
die inneren Kliniker wie namentlich die Chirurgen des In- und 
Auslandes in gründlicher Weise beschäftigt haben, hat Sonnen¬ 
burg von vornherein den lebhaftesten Amtheil genommen. Gestützt 
auf das mannichfaltige Material seiner Hospital- und Privatpraxis, 
vermochte er alsbald zu den vorwiegend erörterten und wesent-* 
liehen Fragen Stellung zu gewinnen, und wiederholt hat er in 
V ort und Schrift seinen Anschauungen Ausdruck gegeben. In der 
vorliegenden Monographie fasst er sein gesammtes Material, das 
inzwischen den stattlichen Umfang von 80 Fällen erreicht hat, zu¬ 
sammen, um an ihnen die Grundsätze, die ihn namentlich bei der 
Behandlung der Perityphlitis geleitet haben, in eingehender 
Weise zu schildern. 

Die Arbeit zerfällt in vier Theile. In der Einleitung (I) ent- 
wickelt Sonnenburg seine Auffassung von dem Krankheitsbilde 
der Typhlitis und Perityphlitis und erörtert die Indicationen und 
die Technik der Operation der Appendicitis. Die kurzen Kranken¬ 
geschichten, welche die Unterlage für seine Studien gewährt haben, 
werden mit opikritischen Bemerkungen in dem klinischen Theil (III) 
veröffentlicht. Der pathologisch-anatomische Theil der Arbeit (II) 
ist vom Assistenzarzt Dr. Finkelstein mit Verwerthung der bei 
der Operation bezw. Section der Sonnenburg’schen Patienten 
erhobenen Befunde, der anatomischen Präparate des Krankenhauses 
Moabit und von Leichenuntersuchungen, und mit Benutzung der ein¬ 
schlägigen Litteratur bearbeitet worden. Im Anhang (IV) endlich 


liefert Assistenzarzt Dr. Sarfert einen kurzen Aufsatz über di 
Anwesenheit des Wurmfortsatzes im Bruchsack. ~ u 

Sonnenburg’s Anschauungen über die Aetiologie, Pathogeu,# 
und Pathologie der Perityphlitis haben eine irgendwie neune J 
werthe Wandlung nicht erfahren. Sein Standpunkt, den er vi* 
vornherein eingenommen hat, dass man die sogenannte Blinddarm¬ 
entzündung am besten auf dem Operationstische studiren kann 
ist unverändert geblieben. „Die Beobachtung am Lebenden wit 
sie durch die Operation gegeben wird, ist für die Erkenntnis 
der Krankheit und ihre Behandlung allein massgebend 14 (Seite Uli 
— diese wohl etwas einseitige Auffassung, welche die tausend¬ 
fältigen Erfahrungen der inneren Kliniker ignorirt, zieht -4 h 
wie ein rother Faden durch die ganze Arbeit und erklärt die 
Differenz, die den Autor von der inneren Medicin und von 
einer Reihe seiner Fachgenossen trennt. Von diesem Ge¬ 
sichtspunkte aus leugnet Sonnen bürg — sicher im Wider¬ 
spruch mit vielen Aerzten — die Existenz einer Typhlitis 
und Perityphlitis stercoralis fast völlig. Die „auf rein klinischen 
Argumentationen aufgebaute“ primäre Erkrankung des Coeewiis 
entbehrt nach seinen Erfahrungen und denen einiger anderer 
Autoren einer zuverlässigen anatomischen Basis fast vollkommen 
Sonnenburg spricht auch nicht mehr von einer Perityphlitis 
sondern lediglich von einer Appendicitis und er theilt die Ent¬ 
zündungen des Wurmfortsatzes ein in eine 1) Appendicitis acuta 
catarrhalis, 2) Appendicitis chronica catarrhalis, 8) Appendicitis 
ulcerosa (oder gangraenosa) perforativa; die beiden letzteren Formen 
können entweder a) mit circumscripter Peritonitis (periappendicu- 
lärem Abscess) oder b) mit diffuser Peritonitis auftreten. Di-- 
beiden ersten Formen sind nach Verfasser selten ganz sicher zu 
diagnosticiren und nur in bestimmten Fällen chirurgisch zu ln- 
handeln. Die stets diagnosticirbare Appendicitis perforativa i?t 
immer mit Eiterbildung verbunden und fällt deshalb in das operativ. 
Gebiet des Chirurgen. 

Dieser letzte Satz ist der Angelpunkt der neueren Dir 
cussionen über die Pathologie und Therapie der Perityphlitis: 
die Beantwortung der in ihm behandelten Frage scheidet de 
Autoren in zwei Lager. Von den inneren Klinikern uud von 
einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Chirurgen werden sowohl die 
Prämisse wie die Schlussfolgerungen obigen Satzes bestritten 
In der grossen Debatte, welche über das hier erörterte Kapitel vor 
circa drei Jahren im Verein für innore Medicin zu Berlin statt¬ 


gefunden hat, haben sämmtliche internen Mediciner (Leyden. 
Fürbringer, A. Fraenkel, Ewald, Renvers, P. Guttmann! 
behauptet, dass nach ihren klinischen und anatomischen Erfah¬ 
rungen die Perforation des Processus vermiformis durchaus nicht 
immer mit Eiterbildung einherzugehen braucht, und dieser An¬ 
schauung dürfte sich wohl die Mehrzahl der Aerzte anschliessen 
Wenn also Sonnenburg selbst inseinen 52 frühzeitig operirten 
Fällen von Appendicitis perforativa stets Eiter gefunden hat, so ist 
diese Erfahrung noch nicht ausreichend, die Anwesenheit von Liter bei 
Appendicitis perforativa zum Gesetz zu erheben, sondern höchsten? 
geeignet zu demonstriren, dass die Eiterbildung im Anschluss an 
Wurmperforation häufiger ist, als man bisher angenommen hat. 

Dass man trotz dieser Schlussfolgerung die Sonnenbing- 
sche Forderung, die Behandlung der Perityphlitis gehöre (ein 
Chirurgen, nicht billigen wird, wird klar, wenn mani 
Heilungsstatistik der lediglich mit internen Mitteln behände ^ 
Perityphlitiker betrachtet. Nach Fürbringer sind /8 .>' nai 
Renvers und P. Guttmann gar ca. 95°/o der an Blmdaar 
entzündung behandelten Personen geheilt worden. Diß s ®, iail 
sprechen also sehr eindringlich dafür, dass in sehr vielen r a en | 
Wurmfortsatzperforationen etwa vorhandener Eiter spontan reS0 ' 
wird. Der klinische und anatomische Nachweis einer derar 
Resorption ist auch in etlichen Fällen geliefert worden, rm ic 
diese Eiteraufsaugung nur bei kleinen Abscessen statttmden. 1 .. 

letztere hat es sich aber auch in der Mehrzahl der Sonnen r 
sehen Fälle gehandelt. Dabei ist ausserdem noch zu erwäge‘ > ‘ 
in manchem Falle von Appendicitis perforativa, bei dem die ' 
des Processus vermiformis durch Adhärenz an der Nacbbarsc ■ 
schlossen ist, der nach Lösung des Wurmfortsatzes auss 
Eiter aus dem Lumen des letzteren stammt und ment e ^ 
den Anschein haben kann, aus einem periappendiculären A ■ 
derartiges Empyem des Wurmfortsatzes kann aber ge * 
durch Entleerung des Eiters in das Coecum zur Hebung £ *j. # 

Ist also die Thatsache, dass eine ganze Reihe von e . ^ 
fällen selbst mit Eiterbildung spontan ausheilen Lann, 
so wird man sich zu der von Sonnenburg (u. aj g ^ 
chirurgischen Behandlung jeder Appendicitis I> er0 ‘ ^ 

weilen nicht verstehen können. Denn abgesehen * ^ | 
man eine überflüssige Operation vermeiden s0 ’ 
manchem Chirurgen, der nicht dieselbe Erfahrung können. 
Geschicklichkeit wie Sonnenburg besitzt, naaa 


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Original frorri 

UNIVERSITY OF MICHIGA* 



21. Juni. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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(lass die Operation einen unglücklichen Ausgang nimmt, und 
ein derartiger Misserfolg würde hier, wo eventuell eine Spon¬ 
tanheilung möglich gewesen wäre, doppelt schwer ins Gewicht 
fallen. Die Unterlassung eines chirurgischen Eingriffs wird man 
aber um so eher rechtfertigen können, als, um es nochmals zu 
wiederholen, auch die Appendicitis perforativa d. h. die schwerere 
Perityphlitis ohne Eiterbildung verlaufen kann. 

Indess, behauptet Sonnenburg, in den spontan ausgeheilten 
Fällen, deren Existenz er nicht leugnet, kommt es leicht zu Re- 
cidiven. Bei seinen 80 operirten Patienten höbe es sich 20 mal 
bestimmt um Rückfälle gehandelt. — Abgesehen davon, dass 
sich, meiner Meinung nach, dieser „bestimmte“ Nachweis nicht 
unter allen Umständen führen lässt, denn ohne objectiven Befimd 
lässt sich eine Appendicitis perforativa abscedens mit Sicherheit 
nicht constatiren, abgesehen davon vermag Sonnenburg auch 
nicht für seine operirten Fälle zu behaupten, dass sie von Rück¬ 
fällen freigeblieben sind bezw. ! freibleiben werden. Dass diejenigen 
Patienten, bei denen er den Processus vermiformis zurückgelassen 
hat, vor Recidiven nicht geschützt sind, hat er selbst zu seinem 
Leidwesen einigemale erfahren müssen. Diejenigen Patienten, bei 
denen er seinem neueren Verfahren nach den Wurmfortsatz total 
hat entfernen können — wegen der frühzeitigen Verwachsung 
desselben sind es „leider die selteneren“ —, werden freilich von einem 
Recidiv der Entzündung in diesem Organ verschont bleiben. 
Wie es aber mit einem Recidiv der Schmerzen und sonstigen Be¬ 
schwerden steht, für die Beurtheilung dieser Frage geben seine 
Fälle — theils weil bisher zu kurze Zeit seit der Operation ver¬ 
strichen ist, theils weil Nachrichten aus späterer Zeit nicht vor¬ 
liegen — keine genügende Handhabe. Narbige Zustände bleiben 
auch nach der Entfernung dos Wurmfortsatzes in der Fossa iliaca 
zurück, und dass solche Verhältnisse zu recht erheblichen Be¬ 
schwerden auch nach operativer Beeinflussung Veranlassung geben 
können, das haben z. B. die Fälle von Lösung des Uterus aus 
perimetritischen Verwachsungen öfter gelehrt. Die Vermuthung 
Sonnenburg’s, dass sich mehr Patienten auf seine Aufforderung 
hin zur nochmaligen Untersuchung eingefunden hätten, wenn Be¬ 
schwerden oder Klagen hätten vorgebracht werden können, steht 
nur auf schwachen Füssen. Dass etliche derselben sich später in 
andere chirurgische oder homöopathische oder — dem modernen 
Zuge der Zeit folgend — hypnotische Behandlung begeben haben, 
ist gewiss mit Sicherheit nicht auszuschliessen. Die Frage einer 
Recidivirung, mindestens von subjectiven Beschwerden, trotz 
Operation harrt also noch der Beantwortung. 

Was das Operationsverfahren Sonnenburg’s betriflt, so 
hat er das zweizeitige, welches sich niemals Freunde hat erwerben 
können, fast vollständig aufgegeben. Er eröffnet die Abscesse 
breit, sucht den Wurmfortsatz auf und entfernt ihn, wenn irgend 
möglich (s. oben). Ueber weitere Details der Technik vergleiche 
man das Original. 

Die ausführliche und sorgfältige Bearbeitung des pathologisch- 
anatomischen Materials durch Finkeistein schliesst sich eng an 
die Ausführungen Sonnenburg’s an. Nebenbei wollen wir dem 
Verfasser hier nur bemerken, dass A. Fraenkel’s Fall von 
Mesenterialdrüsenvereiterung nach perityphlitischem Abscess kein 
Unicum darstellt. Schon in der dem Vortrage Fraenkel’s folgen¬ 
den Discussion wird eine ähnliche Beobachtung erwähnt. 

Die Abhandlung Sonnenburg’s verdient als eine schätzens- 
werthe Bereicherung der Perityphlitis-Litteratur die vollste Beach¬ 
tung und das Studium aller Aerzto. Das aus ihr sich ergebende 
Facit, dass die Eiterung bei Perityphlitis häufiger ist, als man 
bisher angenommen hat, und dass man die Patienten mit peri¬ 
typhlitischem Abscess gefahrlos operiren kann, wird manchmal den 
Arzt zur chirurgischen Behandlung eines einschlägigen Falles 
leichteren Herzens als bisher schreiten lassen und wird sicher 
manchen Patienten, der früher ohne Operation zugrunde gegangen 
ist, retten lassen. Und damit ist Sonnenburg’s Arbeit ein 
bleibender Werth gesichert. _ 

Determann, Ueber Herz- und GeFässneurosen. Volkmann’s 
Sammlung klinischer Vorträge, Neue Folge No. 96/97. Leipzig, 
.Breitkopf & Haertel, 1894. Ref. A. Eulenburg (Berlin). 

Keine systematische Darstellung der Herz- und Gefässneurosen, 
sondern mehr eine Uebersicht der vom Verfasser in St. Blasien 
behandelten Fälle (54) von „cardialer“ und „vasomotorischer“ 
Neurasthenie, mit ausführlicherem Eingehen auf die ätiologischen 
Momente, Symptomatologie und auf die Theorie der Krankheits¬ 
erscheinungen, sowie auf die Therapie. Als ätiologische Momente 
kommen nach Determann in Betracht: psychische Erregungen 
und Ueberanstrengungen, Vorstellung eines Herzleidens, körper¬ 
liche und sexuelle Excesse, Schädigung des Organismus, Anämie, 
Toxin Wirkungen (Gifte, acute Krankheiten). Sodann können Mägen¬ 
darm erkrankungen und Sexualleiden, Geisteskrankheiten, spinale 


Neurasthenie und Neuralgieen reflectorisch eine Herz- und Gefäss- 
neuroso hervorrufen; dauernde Verweichlichung der Haut kann zu 
allgemeinem Krampf der peripheren Gefässe führen; endlich kann 
das Höhenklima in seltenen Fällen Herzneurose bewirken. Bei 
der Symptomatologie folgt Determann der (wohl etwas zu doc- 
trinären) Lehr’schen Unterscheidung eines Reiz- und Lähmungs¬ 
stadiums. Die Differenzialdiagnose gegen Myodegeneratio cordis, 
sowie gegen Sklerose der Coronararterien kann schwierig sein; 
Uebergang von nervösen Herzerkrankungen in schwere organische 
Läsionen des Herzmuskels hält Determann nicht für wahrschein¬ 
lich. Die Prognose ist im ganzen bei geeigneter Behandlung und 
zweckmässigem Verhalten des Kranken ziemlich günstig, doch ist 
der Verlauf langsam, Recidive sind häufig. Die Behandlung muss 
stets auch eine psychische sein; abgesehen von der Bekämpfung 
causaler Momente besteht sie in allgemein tonisirenden Verfahren 
(Ernährung, Luft, Bewegung, Arsen-Eison; individualisirende 
Wasserbehandlung, Höhenklima, Elektrisation, Massage des Her¬ 
zens, körperliche Bewegung durch Steigen und Gymnastik); da¬ 
neben medicamentöse Behandlung der Anfälle. — Einige Kranken¬ 
geschichten sind beigegeben. Das Ganze ist ein schätzbarer 
Beitrag für dio Kenntniss dieser noch so problematischen, den 
Arzt vielfach beschäftigenden. Krankheitszustände. Jedoch hätte 
den 1 itterarischen Nachweisen wohl etwas grössere Sorgfalt zu 
Theil werden können; beispielsweise werden Eulen bürg und 
Landois, vasomotorische Neurosen, zwar citirt (S. 38), aber 
offenbar mit der fast zehn Jahre später erschienenen Arbeit der¬ 
selben Autoren über die thermisch wirksamen Bezirke der Gross¬ 
hirnrinde (in Virchow’s Archiv Band 68) verwechselt. 


Sperling, Die Ausbildung der Militärärzte im Deutschen Reiche. 

Klinisches Jahrbuch V., Sonderabdruck. Berlin, J. Springer. Ref. 

Schill (Dresden). 

Sperling giebt in dem überschriftlich genannten Artikel eine 
gründliche Darstellung der historischen Entwickelung des militär- 
ärztlichen Unterrichtes in der preussischen Armee und der militär¬ 
ärztlichen Bildungsanstalten der Gegenwart. Wir verfolgen dio 
Geschichte der 1795 gegründeten chirurgischen Pepiniäre und der 
1811 gegründeten medicinisch-chirurgischen Akademie für das Militär 
bis zur Gegenwart. Bei Schilderung der gegenwärtigen Bildungs¬ 
anstalten werden besprochen die Baulichkeiten, die Hierarchie, 
die Sammlungen (physikalische, anatomische, Arzneimittel-, kriegs¬ 
chirurgische, Instrumenten-, Verbandmittel- und Modell-, sowie 
Bücher - Sammlung) das Lesezimmer, das hygienisch - chemische 
Laboratorium, das Lehrpersonal, die Aufnahmebedingungen und der 
Ausbildungsgang der Studirenden. Hervorzuheben ist, dass die 
Studirenden neben der allgemeinen ärztlichen eine speeifisch militär- 
ärztliche Ausbildung auf dem Gebiete der Kriegschirurgie und der 
Dienstkenntniss, sowie im Reiten erhalten. Sehr kurz ist der Aus¬ 
bildung der Militärärzte in Sachsen und Bayern gedacht. Schliess¬ 
lich werden die Fortbildungsmittel der Sanitätsofficiere geschildert: 
der Dienst bei der Truppe und im Lazareth, die Sanitätsdetachements¬ 
übungen, die Sanitätsberichte, die militärärztliche Zeitschrift, dio 
militärärztlichen Gesellschaften, wissenschaftliche Commandos, die 
Fortbildungscurse und die militärärztliche Prüfung. 


Carl Wegele, Die Wirkungsweise der Sool- und Seebäder, 

ihre Indicationen und Anwendungsweise. Medicinische Bibliothek 

für praktische Aerzte No. 37—40. Leipzig, C. G. Naumann, 

1894. Ref. Edmund Friedrich (Dresden). 

Der Umstand, dass der Verfasser früher mehrere Jahre als 
Badearzt auf Sylt, wie jetzt seit einigen Jahren als solcher im 
Soolbade Königsbom thätig war, befähigt ihn, die Grenzen für die 
Gebiete der Sool- und Seebäder schärfer zu ziehen, als dies seitens 
anderer Schriftsteller vielfach der Fall ist, — Grenzen, deren Rich¬ 
tung allerdings schon von vornherein bis zu gewissem Grade fest¬ 
gelegt ist durch den therapeutischen Worth des Seeklimas, für 
welches Gradirluft und Sooldunstbäder nur einen zeitweisen, be¬ 
schränkten und unzulänglichen Ersatz bieten, dessen zudem noch 
die meisten Soolbäder entbehren. Wenn auch der Verfasser die 
Bedeutung dieses fundamentalen Unterschiedes anerkennt, so hätte 
er dennoch mehrfach Kranke ohne weiteres in Seeluft und Seebad 
verweisen können, für die er die Heilfactoren derselben, insbesondere 
der ersteren, nur als „Nachcur“ nach Soolbädern verwendet wissen 
will, z. B. die scrophulösen Entzündungsprocesse der Knochen und 
Gelenke, überhaupt Fälle schwerer Scrophulose, die chronischen 
Katarrhe der Trachea und der Bronchien. Ebenso gehört das 
Lungenemphysem entschieden mehr in das Soeklima, als selbst in 
tief gelegene Soolbäder, und kommt dabei nicht allein, wie Ver¬ 
fasser meint, der hohe Feuchtigkeitsgehalt der Seeluft, sondern 
auch Gleichmässigkeit und wohl auch ihre Dichtigkeit in Betracht. 
Im allgemeinen jedoch wird der Verfasser, eben auf Grund seiner 
Erfahrungen, in Betreff der Indicationen den Sool- wie den bee- 


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LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


bädern gerecht, wie das auch hervorgeht aus seiner Mittheilung 
der vergleichenden Zusammenstellung Uffelmann’s über die Cur- 
erfolge des Nordemeyer Soehospizes mit denen der Kinderheilstätten 
in deutschen Soolbädern. Die bezüglichen in Italien angestellten 
Vergleiche der Curerfolge in dem .Mittelmeerküstenbade von 
Sestri-Levante und in den Soolquellen von Rivanazzano sind für 
uns bei der Verschiedenheit der Heilfactoren, insbesondere des 
Mittelmeeres und unserer Nordseeinseln, nicht von so durchschla¬ 
gender Bedeutung. Von Wichtigkeit aber sind die von We¬ 
gei e gegebenen Zusammenstellungen der Erfolge der Behand¬ 
lung der {Scrophulose in ihren verschiedenen, namentlich aber 
schwersten Erscheinungen, in den verschiedenen Hospizen. Sie 
legen auf das überzeugendste die NothWendigkeit längerer, wo 
möglich bis zur Heilung fortgesetzter Behandlungsdauer dar, wie 
sie in den Seehospizen von Refsnaes, Middelkerke und Berck sur 
mer geübt wird und in unseren deutschen Nordseehospizen mehr 
und mehr zur Geltung kommt und weiter zur Geltung kommen 
muss, wenn dieselben sich aus Feriencolonieen und Sommerpflegen 
an der See, als welche das grosse Publikum sie noch vielfach an¬ 
sieht, zu wirklichen Seehospizen entwickeln sollen. Mit Recht 
weist Weg eie darauf hin, wie wenig bei der meist nur vierwöchent¬ 
lichen Curzeit der Soolbäder bei schweren Fällen von Scrophulose 
eine gewisse Zunahme des Körpergewichts zu bedeuten hat, „welche 
besonders bei den Kindern der unteren Bevölkerungsclassen infolge 
der besseren Ernährung unschwer zu erzielen ist.“ Dasselbe gilt 
aber auch von erwachsenen chronisch Kranken, die nach Eintritt 
in gänzlich veränderte und gebesserte Lebensbedingungen, sei es 
nun entsprechender Klimawechsel oder Hospitalverpflegung, nicht 
selten unverhältnissmässig grosse Zunahme des Körpergewichts 
zeigen, deren Dauer so wenig verbürgt ist, wie sie im günstigen 
Falle auch nur einen Stillstand, geschweige denn eine Heilung 
ihres Leidens verbürgt. Bei nicht Erwachsenen aber sind solche 
Zunahmen des Körpergewichts trügerisch und nur dann recht zu 
verwerthen, wenn die physiologische Körpergewichtszunahme des 
betreffenden Alters in Anrechnung bezw. in Abzug gebracht wird. 
So weist auch Wegele wiederholt darauf hin, wie die dauernden 
Erfolge der Sool- und Seebäder, insbesondere aber der Seeluftcur 
bei chronisch Kranken, wesentlich bedingt werden durch die Dauer 
dos Aufenthaltes in den betreffenden Curorten, und wohl nicht mit 
Unrecht führt er die überaus günstigen Erfolge der Wintercuren 
in der Seeluft zum nicht geringen Theile zurück auf deren ver¬ 
gleichsweise längere Dauer. 

Einen besonderen Abschnitt seiner Schrift widmet Wegele 
den Seebädern in ihrer Bedeutung als Sommerfrischen, wobei er 
des Verhältnisses der Ostseebäder zu den Nordseebädern gedenkt. 
Will er die ersteren auch nicht nur als Sommerfrischen gelten 
lassen, so kann er sie doch in klimatischer Beziehung und als 
Seebäder den Nordseebädern gegenüber nur als minderwerthig an¬ 
erkennen uud will ihnen Bedeutung nur unter Umständen für das 
zartere Kindesalter, für die erethischen Formen der Anämie und 
Chlorose und gewisse nervöse Erregungszustände zuerkennen. In 
letzterer Beziehung wäre es wohl des Hervorhebens werth gewesen, 
dass man die Zustände, die sich an der Uebergangsstelle von der 
Neurasthenie zur Psychose befinden, nicht an die Nordsee zur 
Seeluft- oder Seebadecur schicken soll; eher mögen sie von dem 
Aufenhalte an geeigneten Orten der Ostsee Vortheil haben. Das 
Ausserachtlassen dieser Warnung bei dem Kapitel der Nerven¬ 
krankheiten und die Nichterwähnung der Nierenkrankheiten unter 
den Contraindicationen von Seeluft und Seebad dürften die einzigen 
Mängel der in durchaus wissenschaftlichem Geiste gehaltenen 
Arbeit sein, die, auch in ihrem physiologischen Theile, der bezüg¬ 
lichen Litteratur bis zu ihren neuesten Veröffentlichungen folgt, 
und wäre nur noch zu wünschen gewesen, dass der Verfasser, 
insbesondere bei den Seeluft- und Seebadecuren bei Besprechung 
derjenigen Krankheiten, bei denen, mehr noch als bei anderen, es 
auf entsprechende Wahl des Curorts ankommt, wie Herzkrank¬ 
heiten, Nervenkrankheiten u. s. w., bezügliche Hinweise gegeben 
hätte. 

Sammlung pädagogischer Vorträge. Herausgegeben von Wil¬ 
helm Meyer (Markau) VI. Band, Heft 12. 1. Physiologie 
und Pädagogik. Ein Aufruf an die Anatomen, Physiologen, 
Psychologen und Hygieniker, von Dr. phü. J. Stimpfl, Lehrer 
am Kgl. Schullehrerseminar zu Bamberg. 2. Die Hinauf- 
rückung der Strafmündigkeit vom 12. auf das 14. Lebens- 
jahr, vom Geheimen Oberjustizrath Hamm, Oberstaatsanwalt 
zu Köln Bielefeld, A. Helmich’s Buchhandlung. 12 S. 0,40 M. 
Ref. L. Koteimann (Hamburg). 

,, r . Bekanntlich haben im Laufe der Jahrhunderte verschiedene 
Wissenschaften nach einander die Geister beherrscht. Während 
( os ganzen Mittelalters führte die Theologie das Scepter, gegen 
nu f (os> vorigen und zu Anfang des jetzigen Jahrhunderts domi- 


nirte die Philosophie, und in unseren Tagen endlich ist die Herr 
schaft auf die Naturwissenschaften übergegangen. Diesen Wand 
lungen hat sich auch die Pädagogik nicht zu entziehen vermocht 
Während sie im Mittelalter vorzugsweise unter theologischen! 
Einflüsse stand, trat sie mit der Wende des vorigen Jahrhundert* 
bei der Philosophie in dio Lehre, und schon fordern Stimmen 
dass sie eine auf Beobachtung und Experimente gegründete Er¬ 
fahrungswissenschaft werde. Auch Dr. Stimpfl stellt sich auf 
diesen neueren Standpunkt. Er definirt die Erziehung als absicht¬ 
liche Leitung der Entwickelung des jugendlichen Menschen“ und 
folgert hieraus, dass der Pädagog mit letzterer vertraut sein 
müsse. Aufschluss über die Entwickelung des Kindes aber geben 
die Anatomie, Physiologie, Psychologie und Hygiene desselben 
Alle diese Diseiplinen weisen jedoch trotz der Arbeiten eines 
Henke, Vierordt, Preyer u. a. noch beträchtliche Lücken auf 
Der Verfasser wünscht daher, dass denselben eine grössere Pflege 
als bisher seitens der Mediciner zu Theil werden möge. Zugleich 
sollen diese die Bearbeitung von Lehrbüchern der „pädagogischen’ 
Anatomie, Physiologie und Hygiene übernehmen, wobei stets der 
Entwickelungsgedanke und der Vergleich des kindlichen Körpers 
mit dem des Erwachsenen im Auge zu behalten ist. 

Wenn auch einzelnes von dem, was der Autor vermisst, z. B. 
Angaben über Lage und Umfang der Stimme im Kindesalter, 
bereits zum Besitzstand der Wissenschaft gehört, so wird man 
ihm doch Recht geben müssen, dass ein weiterer Ausbau der 
Anatomie, Physiologie und Psychologie des Kindes für die Medi¬ 
ciner und Pädagogen gleich wünschenswerth ist. Treffliche Dienste 
könnten in dieser Beziehung Schulärzte leisten, zumal, wenn sie 
bei ihren Untersuchungen die Unterstützung der Lehrer fänden. 

2. In dem zweiten Aufsatze tritt der Kölner Oberstaatsanwalt 
Hamm nach einem geschichtlichen Ueberblick über das Alterder 
Strafmündigkeit für die Hinaufrückung desselben vom 12. auf das 
14. Lebensjahr ein. Das zwölfte Jahr ist von dem deutschen 
Strafgesetzbuch auf Grund eines Gutachtens der wissenschaftlichen 
Deputation für das Medicinalwesen gewählt worden, wonach di? 
körperlichen und geistigen Eigentümlichkeiten des Kindesalters 
bis zu dem angegebenen Zeitpunkt vorzuherrschen pflegen und 
insbesondere auch die Unterscheidung von Recht und Unrecht 
bis dahin meist noch nicht auf sittlicher Erkenntnis, sondern 
auf der Erinnerung an die Gebote der Eltern und Lehrer be¬ 
ruht. Dem gegenüber hat die internationale criminalistisehe 
Vereinigung den Antrag gestellt, dass ein Kind, welches bei Be¬ 
gehung einer strafbaren Handlung das 14. Lebensjahr noch nicht 
vollendet habe, wegen derselben nicht strafrechtlich verfolgt wer¬ 
den dürfe. 

Wir müssen uns aus allgemein praktischen und speciell 
medicinischen Gründen gleichfalls für die letztere Grenze aus¬ 
sprechen. Kurze Freiheitsstrafen verfehlen bei jüngeren Personen 
nicht nur ihren Zweck, sondern schaden geradezu. Das Kind lernt 
in dem Gefängniss eine saubere Zelle kennen, in der für jedes 
Bedürfniss gesorgt ist. Ausserdem wird es am ersten Tage ge¬ 
badet und neu gekleidet, der Arzt und der Geistliche suchen e» 
auf, und so verläuft die kurze Zeit der Freiheitsentziehung, ohne 
dass das Drückende derselben zur Empfindung gelangt. Wasjedocn 
das Schlimmste ist, die Furcht vor der Strafanstalt ist für immer 
dahin. Längere Freiheitsstrafen aber üben in gesundheitlicher 
Beziehung einen um so schädlicheren Einfluss aus, je jünger 
betreffende Individuum ist. Wer, wie der Referent, nicht se ien 
Gelegenheit hat, die blassen, zum Theil durch grosse Drüsen¬ 
geschwülste entstellten Gesichter jugendlicher Gefangener zu seien, 
der weiss, wie nachtheilig der Mangel an freier Luft un gj 
nügender Bewegung auf dieselben einwirkt. Haben doch g er ' ■ 
jüngere Kinder ein viel grösseres Bedürfniss hiernach als 
wachsene, zumal wenn sie, wie dies bei verurtheilten nj clsteD! | . 
Fall ist, vorher ein ausserordentlich ungebundenes Leben g 
haben. Wir können daher dem Verfasser nur beipfhchteD, _ 
er erklärt, dass für Kinder unter 14 Jahren, abgesehen ^ 
eventuell anzuordnenden Zwangserziehung, nicht das De a° V 
sondern die körperliche Züchtigung in der Schule das ge s 
Strafmittel ist. __ 

Zeitschriftenübersicht. 

Askanazy, Die bösartigen Geschwülste der hj 
Niere eingeschlossenen Nebennierenkeime. 

träge Bd. XIV, S. 83. ... Än „Hn n oni> 

Sudeck, Ueber die Structur der Nier 
Ihre Stellung zu den Strumae suprarenales 
Virchow’s Archiv Bd. 188, S. 405. . v e ben- 

Lubarsch, Beiträge zur Histologie der yirchow’f 
nierenkeimen ausgehenden Nierengeschwüis 

Archiv Bd. 135, S. 149. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN" 



LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICIN ISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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21. Juni. 


Sudeck, Zur Lehre von den aberrirten Nebenniercn- 
geschwülsten in der Niere. Virchow’s Archiv Bd. 136, S. 293. 

Hildebrand, Ueber den Bau gewisser Nierentumoren 
etc. Arch. f. klin. Chirurgie Bd. 47. 

Die von Grawitz begründete Lehre, dass gewisse Geschwülste 
der Nieren aus aberrirten Nebennierenkeimen hervorgingen, ist seit¬ 
dem Gegenstand vieler Untersuchungen gewesen. Für Grawitz 
haben sich u. a. Beneke, Ambrosius, Horn ausgesprochen. 
Aber auch gegentheilige Ansichten sind geäussert worden. Im 
vergangenen und laufenden Jahre sind nun wiederum mehrere Ar¬ 
beiten erschienen. Sie sollen hier nach den wichtigsten in Be¬ 
tracht kommenden Gesichtspunkten im Zusammenhang referirt 
werden. 

Ausser den Nebennierenkeimen kommt tür die Genese der 
Tumoren die Niere selbst in Betracht, man fasst sie dann als 
Adenome oder Carcinome derselben auf. Ferner hat man geglaubt 
(z. B. Driessen), sie als Endotheliome ansehen zu sollen. 

Am entschiedensten wird die Entstehung aus der Niere selbst 
gegen Grawitz verfochten, so in den beiden oben genannten Ar¬ 
beiten Sud eck’s. Nun ist ja so viel sicher, dass die Niere Ade¬ 
nome bilden kann. Wir sehen diese Möglichkeit sehr häufig in 
Schrumpfnieren, in denen kleinere und grössere Knötchen aus un¬ 
regelmässig tubulären und cystösen, papillären, epithelialen Ge¬ 
bilden zusammengesetzt, nicht selten Vorkommen. Ob sie freilich 
zu den hier in Rede stehenden Tumoren Beziehung haben können, 
ist zweifelhaft. Wenigstens hat noch Niemand ein Hervorgohen 
der letzteren aus den echten Adenomen der Schrumpfniere be¬ 
obachtet, und da auch eine Entwicklung aus normalem Nieren¬ 
gewebe nicht direkt nachgewiesen werden konnte, so musste man 
sich auf die histologische Structur stützen. Das gilt aber auch 
für die Genese aus Nebennierenkeimen. Betrachten wir diese zu¬ 
nächst, so zeigen die Geschwülste schon makroskopisch an manchen 
Stellen ein Aussehen, welches an das der normalen Nebennieren¬ 
rinde erinnert. Unter dem Mikroskop zeigt sich, wie Graw T itz be¬ 
tont hat, dass die Zellen von den Harncanälchenepithelien erstens 
durch ihre Form in charakteristischer Weise abweichen, dass sie 
zweitens dicht mit grossen Fetttropfen gefüllt sind, wie in der 
Nebennierenrinde, dass sie drittens vielfach in regelmässigen Reihen 
angeordnet sind, wie in der Zona fasciculata der Nebenniere. Es 
kommt hinzu, dass die Tumoren gegen das Nierengewebe durch 
eine Kapsel scharf abgegrenzt sind, dass abgesprengte suprarenale 
Keime auf der Niere sehr häufig gefunden werden und dass aus 
der Nebenniere zuweilen Neubildungen hervorgehen, die ganz mit 
denen der Niere übereinstimmen. Jores hat hierfür neuerdings 
zw ei prägnante Beispiele angeführt (s. diese Wochenschrift S. 209). 

Nun ergiebt sich aber doch eine gegen die Anschauung 
von Grawitz geltend gemachte Schwierigkeit. Das ist das Vor¬ 
kommen von cystösen mit Epithel ausgekleideten Bildungen, die 
vielfach papillären Charakter haben. Sudeck hat solche Dinge 
gesehen und abgebildet und geglaubt, dass sie nur aus der Niere 
entstanden sein könnten. Da nun Grawitz hervorgehoben hatte, 
dass die papillären Tumoren wohl nicht aus der Nebenniere abzu¬ 
leiten seien, so hielt Sudeck es im Interesse einer einheitlichen 
Auffassung aller hier in Betracht kommenden Geschwülste für an¬ 
gezeigt, den papillären Aufbau genauer zu prüfen, und er fand nun, 
dass die Papillen nicht wirklich vorhanden, sondern nur durch 
Quer- und Schrägschnitte von Strängen vorgetäuscht wurden, 
welche quer durch die Cysten gespannt sind. So brauchten 'also 
diese Neubildungen nicht mehr von den anderen getrennt zu 
werden. Im übrigen bleiben auch ohne papillären Bau die 
epithelialen Räume auffallend genug und scheinen nicht recht zur 
Entstehung aus Nebennierengewebe zu stimmen. Könnte man sie 
nicht mit einem Hervorgehen aus demselben in Einklang bringen, 
so wäre damit ein schwerwiegender Einwand gegen die Grawitz’sche 
Lehre gegeben. Aber so liegt die Sache nicht. Askanazy, der 
solche Höhlenbildungen auch in seinem Falle vorfand, lässt die 
Geschwulst deshalb nicht aus der Niere entstehen, sondern eriimert- 
daran, dass auch in den Zellsträngen normaler Nebennieren 
gelegentlich ein Lumen vorhanden ist und dass Marchand und 
Ambrosius Drüsenschläuche in einem kirschgrossen Adenom 
der Nebennierenrinde beschrieben haben. So lässt sich also die 
Gegenwart drüsenähnlicher und cystöser Bildungen in den Neben¬ 
nierentumoren verstehen, auch wenn diese suprarenaler Abkunft 
sind. Lubarsch hat ferner noch die andere Möglichkeit hervor¬ 
gehoben, dass durch Zerfall der centralen Abschnitte von Zell- 
haufen Hohlräume sich bilden und dass durch Hineinwachsen von 
bindegewebigen Zotten ein papillärer Bau die Folge sein könnte. 
Indessen ist bei der oft ganz regelmässigen zelligen Auskleidung 
der Räume die erstere Erklärung wohl die wahrscheinlichere. 
Spricht so der gelegentliche cystöse Charakter der Neubildung 
nicht gegen ihren Ursprung aus Nebennierenkeimen, so hat für 
denselben Lubarsch noch weitere Gründe beigebracht. Er fand, 


dass es möglich ist, die Kernkörperchen der Tumorzellen isolirt, 
d. h. anders als den Kern zu färben. Das gelingt nun freilich 
auch in anderen Gewebeu, aber nicht in Nierenepithelien, wohl da¬ 
gegen in normalen Nebennierenzellen. Er stellte ferner fest, dass 
die Protoplasmastructur der Geschwulstzellen mit denen der supra¬ 
renalen, nicht mit denen der Nierenepithelien übereinstimmt. Er 
betonte ferner den fast regelmässig vorhandenen, auch von 
Askanazy gesehenen Glykogengehalt der Neubildung, wie er in 
echten Nierentumoren anscheinend niemals, immer dagegen in 
embryonalen Nebennierengew r eben vorkommt. 

Allen genannten Gründen gegenüber dürfte es in der That 
kaum noch angehen, die uns interessirenden Geschwülste nicht aus 
versprengten Nebennierentheilen abzuleiten, womit indessen nicht 
gesagt sein soll, dass es nicht auch Nieronadenome geben könne, 
die mit jenen Neubildungen grosse Aehnlichkeit darbieten könnten. 

Allerdings hat Hildebrand wiederum für drei von ihm unter¬ 
suchte Tumoren die Meinung vertreten, dass sie als Endotheliome 
aufzufassen seien. Er fand, dass sie aus Gefässnetzen bestanden, 
in deren freien Räumen epithelähnliche Zellen alveolär angeordnet 
waren. Aber er beobachtete zwischen ihnen ein feinfaseriges 
Reticulum und betrachtete sie daher nicht als Epithelien, sondern 
als Abkömmlinge der Gefässwand. Er sah ferner nicht so typische 
reihenweise Anordnung der Zellen wie sie der Nebenniere zukommt, 
und beobachtete ausserdem um die Gefässe perivasculäre Lyrnpli- 
räume. Endlich vermisste er das in den Tumoren vorhandene 
Glykogen in der normalen Nebenniere. Dieser letztere Punkt ist 
aber durch Lubarsch, wie wir sahen, erledigt, und was die 
anderen angeht, so dürften sie ebenfalls nicht ausschlaggebend 
gegen die Nebennierengenese ins Gewicht fallen, zumal ja alle in 
Rede stehenden Tumoren anatomisch als Sarkome und wegen ihrer 
nahen Beziehung zu den Gefässen, wie auch Lubarsch betont, 
als Angiosarkome zu bezeichnen 6ind. Uebrigens stellt Hilde¬ 
brand, von seinen Fällen abgesehen, das Vorkommen von Ge¬ 
schwulstentwicklung aus Nebennierenkeimen nicht in Abrede und 
meint, dass eine Trennung in zwei Gruppen dann nicht nöt-hig sei, 
falls die Nebennierenzellen entwicklungsgeschichtlich Endothelien 
seien, was freilich nach neueren Untersuchungen fraglich ist. Denn 
es scheint, als müssten jene Zellen von dem Peritonealepithel 
abgeleitet werden. An dieser Frage hängt zum Theil auch die 
Entscheidung, ob man die Geschwülste zu den Carcinomen oder 
den Sarkomen stellen soll. Lubarsch widmet diesem Punkte eine 
längere Besprechung und sucht ihn unter Benutzung neuer Gesichts¬ 
punkte zu entscheiden. Es würde zu weit führen, hier darauf 
weiter einzugehen. 

Berthenson, Zur Frage von der Diagnose primärer 
Neoplasmon des Herzens. Virchow’s Archiv Bd. 132, S. 390. 

Robin, Fall von primärem Myxom des Herzens. Archive.s 
do mödecine exp^rimentalo 1893, No. 6. 

Marchand, Primäres Myxom des linken Vorhofes, ältere 
Embolie der linken, frische Embolie dor rechten Arteria 
fossao Sylvii. Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 1. 

Die primären Myxome des Herzens bilden eine wohl charakterisirte 
Geschwulstgruppe, ln der Litteratur sind bisher neun Fälle verzeichnet. 
Ausser von den oben genannten Autoren wurden früher von Salvioli, 
Bostrociu, Virchow, Jürgens und Czapek Mittheilungen über solche 
Tumoren gemacht. Die drei hier zu besprechenden neuesten Beobachtungen 
stimmen darin überein, dass die Individuen, erwachsene männliche und 
weibliche Personen, mit Schlaganfallon erkrankten, die von Marchand 
und Robin auf die Embolie von Stücken der Geschwülste in Gehirn¬ 
arterien zurückgeführt werden konnten. Die Myxomo sassen. wie in den 
früheren Fällen, in den Vorhöfen, und zwar die hier besprochenen jedes 
mal im linken. Sie bildeten in übereinstimmender Weise lappige, trauben¬ 
förmig ungeordnete Geschwülste, die mit einem dünneren Stiel der Wand 
aufsassen und eine transparente, gallertige, weicho Beschaffenheit darboten. 
Bei Berthenson war der Tumor 8 cm lang und in der Mitte 6 cm dick, 
bei Marchand betrugen die Maasso 5 l /g zu 3 cm. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab typisches myxomatöses Gewebe. Marchand be¬ 
schreibt grosse spindeiförmige und verästelte Zellen, zwischen welchen 
hier und da zahlreiche rundliche Zellen in der schleimigen, fein fibrillären 
Grundsubstanz sichtbar waren. Die Zollen hingen vielfach durch Aus¬ 
läufer zusammen. Ausserdem fanden sich dünnwandige Gefässe und in 
weicheren Thoilen hämorrhagische Infiltration. Die Myxome nehmein ihren 
Ursprung aus dem cndocardialen Gewebe, sitzen also oberflächlich. 
Marchand betont, dass das Geschwulstgewebe an das des normalen 
Endocardiums erinnert, jedoch mit Vergrösserung und Wucherung der 
zelligen Elemente und schleimiger Entartung der Zwischonsubstanz. Er 
meint ferner, dass die Vorliebe der Tumoren für dio Vorhöfe wohl auf 
eine besondere lokalo Veranlassung hindeutet. Man könne vielleicht an 
die mit dem Verschluss des Foramen ovale in Verbindung stehenden 
Vorgänge denken, doch entspreche der Sitz der Geschwulst nicht in allen 
Fällen genau dieser Stelle. Dass die Myxome ebenso wie alle anderen 
primären Herztumoren durch ihren Sitz gefährlich worden, ist selbstver¬ 
ständlich. Im übrigen ist ihre Malignität gering. Denn obgleich in den 
Fällen von Robin und Marchand Theile abgelöst und zu Embolieen ge¬ 
führt hatten, war es nicht zur Entwickelung von Metastasen gokommen. 
Diese Mittheilungen bin ich ferner durch eine neue Beobachtung zu er- 


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10 


LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


gänzen imstande, über die demnächst ausführlicher in einer Dissertation 
durch Neumann berichtet werden soll. Bei einer Frau fand sich als 
zufälliger Befund auf der Tricuspidalis ein erbsengrosses, fein papilläres, 
gallertiges Myxom, welches keinerlei Folgezustände mit sich gebracht 
hatte. Es liess sich hier besonders schön zeigen, dass die Neubildung 
aus dem Endocard herauswuchs und dass an seinem Aufbau nur eine 
Art von verästigten, sternförmigen Zellen betheiligt war, die in einer 
gallertigen, in den älteren Theüen fibrillären Substanz eingebettet lagen. 

Ribbert (Zürich). 

Bergonzoli, La Formalina quäle mezzo di conservazio ne 
o di indurimento dei preparati anatomici. Bergonzoli 
empfiehlt das Formalin als vorzügliches Mittel zur Conservirung von 
Präparaten, sowohl für den Gebrauch im Präparirsaal, als auch zur 
dauernden Conservirung. Für den ersteren Zweck genügt es, das Präparat 
einige Stunden in eine circa 1 2 %ige Lösung zu legen, eventuell auch 
Formalin in die Gewisse zu injiciren. Zum Zweck der Härtung kommen 
dieselben in eine 72%ige Lösung, welche nach einigen Stunden gewechselt 
und nach 2—3 Tagen durch eine l%ige ersetzt wird, schliesslich in eine 
Lösung von 2°o. In 14 Tagen ist die Härtung vollendet. Die Präparate 
schrumpfen bei dieser Behandlung so gut wie nicht und behalten ihre 
Eigenfarbe. Nur der Blutfarbstoff wird gelöst; ferner werden die Stücke 
nicht zu hart, sondern behalten zum guten Theil ihre Elasticität. Auch 
für das Nerven System hat das Formalin sich sehr gut bewährt, das Gehirn 
erleidet ebenfalls fast keine Schrumpfung, die Farbenunterschiede bleiben 
sehr deutlich erhalten. Weitere vortheilhafte Eigenschaften des Formlins 
sind seine Desinfectious- und Desodorisationskraft und sein billiger Preis. 

Schmauss (München). 

Dunbar, Versuche zum Nachweis von Choleravibri¬ 
onen im Flusswassor. Sonderabdruck aus den Arbeiten aus 
dem Kaiserlichen Gesundheitsamt. 

Dunbar berichtet über die Untersuchungen von circa 1100 
Wasserproben, die aus den Stromgebieten der Elbe, des Rheins, 
der Weser, Oder, Weichsel und verschiedenen ausländischen Flüssen 
stammten und wo bei der Untersuchung hauptsächlich auf das 
Vorkommen von Cholera- und choleraähnlichen Vibrionen geachtet 
wurde. Unter choleraähnlichen Vibrionen versteht Dunbar solche, 
die sich weder durch Cultur noch Thierexperiment mit Sicherheit 
von dem Choleravibrio unterscheiden lassen, wie zum Beispiel der 
Vibrio danubicus von Heider und der Vibrio berolinensis von 
Rubner und Günther. 1 ) Bemerkenswerth ist es, dass Dun bar 
von dem letzteren anführt, dass auch die bisher angeführten Unter¬ 
scheidungsmerkmale zur differentiellen Diagnostik nicht ausreichen, 
da er auch bei echten Choleravibrionen finden konnte, dass sie 
allmählich alle bekannt gewordenen Eigenschaften des Vibrio beroli¬ 
nensis annahmen. (Wahrscheinlich ist der Vibrio berolinensis nichts 
als ein degenerirter Choleravibrio. Ref.) Unter diesen Umständen 
erscheint es äusserst schwer, gerade bei Wassoruntersuchungen das 
Urtheil abzugeben, ob es sich um echte oder Pseudocholeravibrionen 
handelt. Allerdings schien zunächst die Verbreitung der Vibrionen 
m den Flussläufen dafür zu sprechen, dass es sich um echte Cholera- 
vibnonen handelte. Denn sie wurden hauptsächlich dort gefunden, 
wo 1 1 . m u Herbst 1893 Choleraerkrankungen stattgefunden hatten, 
nämlich in Hamburg, in der Nähe von Magdeburg, Halle, Witten- 
berge, Berlin, Ruhrort, Stettin und Amsterdam. In der Elbe 
in der Nähe von Hamburg, konnten sie in der Zeit vom 19. Juli 
bis zum 4 November 1893 im freien Stromlauf nachgewiesen 
werden, während sie im Schlamme des Flussbettes noch am 
lJ. December 1893 aufgefunden wurden. Der Nachweis der 
Vibrionen gelang erst kurz vor Ausbruch der Choleraerkrankungen: 
die positiven Befunde waren am häufigsten im Monat August- 
eptember und wurden mit dem Aufhören der Choleraerkrankungen 
immer seltener. Nun wurden aber äusserst choleraähnliche Vibrionen 
auch m der Nähe von drei Städten gefunden, wo im Jahre 1893 
kerne Choleraerkrankungen vorgekommen waren, nämlich bei Dresden 
m der Elbe, bei Naumburg in der Unstrut und bei Nürnberg in 
der Pegmtz Ferner wurde durch Kutscher, und unabhängig 
wilif P unb . ar,s ^em In stitut von Oergel und Willgerodt 
festgestellt, dass ememThed der gefundenen Vibrionen die Fähigkeit 

Z k leuchfcen ’ und zw »r fand sich diese 
43mal 59 l* ? arabur S aus der Elbe gezüchteten Colonieen 

£ Un WUrde aber weiter von Dunbar 
testgestellt dass diese Eigenschaft der Phosphorescenz keine 

BestimmtheR 1 bpnh 61 * CultUren ’• be * denen Phosphorescenz mit 
consW^Li b ? obachtet w, zeigten 38 die Eigenschaft nicht 

Veröffeiitlic^nln Q f„ S< X bien T (zur Zeit der Dunbar’schen 

Veröffentlichung) vollständig erloschen zu sein, während sie 
bei anderen nur vorübergehend verschwand. Wichtig ist ferner 

vfbrionen dOT / ho8 P hore6ci ™nden Vibrionen Elb- 

— m nd (52 Culturen, davon 20 mit inconstanter Phos- 

nicht alscholcraStolich ° rS Gronm S e ™ , >™. bezeichnet Dunbar 


_ J\i 

phorescenz) oder wenigstens dem Elbgebiet angehö^Ttv 
und Unstrut mit drei phosphoreseirenden Culturen) Z rX 
(Ruhrort) in der Oder (Stettin) wurden je sechsmal in vt 
bei Amsterdam fünfmal nicht phosphorescirende choleraähnli, 
Vibrionen gefunden. Soll man nun annehmen, dass gerade in X 
Stromgebiete, wo die Cholera am stärksten verbreitet gewesen I 
(Elbgebiet), echte Choleravibrionen gamicht oder spärlich Vorhand 
gewesen sind, während in solchen Flüssen, in deren Gebiet m 
sporadisch Cholera vorkam, die echten Choleravibriouen sieb" , 
halten hätten? Kann man überhaupt bei der Inconstanz de- 
Phosphorescenz in dieser Eigenschaft ein sicheres Kriterium 
über den Choleravibrionen sehen? Mit Sicherheit hat man aller¬ 
dings bei echten Choleravibrionen Phosphorescenz noch nicht na.-ii 
weisen können; doch sind phosphorescirende Vibrionen gerade in 
Hamburg in mehreren Stühlen von Leuten gefunden worden di? 
unter choleraähnlichen Symptomen erkrankt waren. Dun bar kann 
sich daher nicht entschlossen, ein sicheres Urtheil abzugebeo nt 
die von ihm in den betreffenden Wasserproben gefundenen Vibrionen 
echte Cholerabacterien waren oder nicht. Er bezeichnet sie daher 
zunächst, ohne zu präjudiciren, als Elb-, Rhein-, Oder- und Amstel- 
Vibrionen. — Referent möchte hervorheben, wie durch diese genauen 
und objectiven Untersuchungen die Schwierigkeiten der badorio- 
logischen Cholerauntersuchungen bedeutend vermehrt, sind. Denn 
bei der weiten Verbreitung dieser nicht sicher echten Cholem- 
vibrionen im Wasser könnte es sehr wohl passiren, dass sie in den 
Fäces gesunder oder nicht cholerakranker Menschen gefunden 
würden und so zunächst die Gefahr einer Cholerainfection vor¬ 
täuschten. 0. Lu barsch (Rostock). 

Chambrelent et Sabrazös, Passage de la m&re au foe- 
tus du streptococque de l’örysip&lo e't de 1 ’infeetion 
puerpörale. Recherchcs experimentales. Journ. weil. de Bor¬ 
deaux 1892, 25. December. 

Schon im Jahre 1882 haben Roux und Chambrelent gezeigt, 
dass der Bacillus der Hühnercholera von der Mutter auf den Fdtib 
übergehen könne. Es war nun von Interesse, diese Thatsaehe zu 
verallgemeinern und besonders zu untersuchen, ob die für den 
Menschen pathogenen Mikroben gleichfalls die Placenta überst-lirei- 
ten. Für den Pneumococcus hat dies bereits Netter gezeigt. 
Die Verfasser haben mit dem Streptococcus des Erysipels und de* 
Puerperalfiebers ihre Versuche angestellt. Auch hier gelaug a 
ihnen, den Uebergang der Mikroben, und zwar auf dem Wege der 
Blutbahn, mit Sicherheit festzustellen. H. Rosin (Berlin). 

Eugene Hodenpyl, On the aetiology of appendicitis. N' ; v- 
York med. Journal 1893, 30. December. 

Das Bacterium coli commune ist normaler Weise in 
Darmschlauch von der Geburt an nachweisbar, aber ausserhalb dieses 
Organs wird es in keinem Eingeweide gefunden, wenn nicht eino Affcctiop. 
die die Darmwände lädirfc, vorhanden ist. Bei exsudativer Appendieitis 
hat Hodenpyl den Spaltpilz in 35 Fällen 34 mal im Entziindungsheeril. 
angetroffen, und zwar fand er sich 31 mal als alleiniger Krankheits¬ 
erreger. Als prädisponirendo Vorgänge, die diese bactciiclle Infection 
ermöglichen, sind Entzündungsprocesse im Innern des Wurmfortsatzes an 
erster Stelle zu nennen; sie führen leicht zu Ulceration. hinterlassen 
Stricturen, Verwachsungen, Lageveränderungen, begünstigen Stauung 
und Concrementbildung. Die Ansicht, dass Concremente besonders häutig 
die Appendicitis hervorrufen, theilt Hodenpyl nicht. Er erwähnt (laan 
auch Tuberkulose und Typhus als Veranlasser einer lokalisirten Entzünduoir 
des Ileocoocalabschuittes; von Actinomycoseinfection an dieser Stelle H 
ihm dagegen nichts bekannt, doch 'sind derartige Fälle schon in der Lite¬ 
ratur niedergelegt. An der pyogenen Fähigkeit des Bacterium coli i?t 
nach denVersuchen Hodenpyl’s wie anderer Autoren nicht zu zweiten. 

Rosenheim (Berlin'). 

C. A. Ewald, Eia Fall von Morbus Addisonii. Dermato¬ 
logische Zeitschrift Band I, Heft 4, S. 279. . 

Ewald hat kürzlich einen Fall von käsiger Degeneration 
Nebennieren mitgetheilt, in dem bei Lebzeiten zwar Adynanue un« 
gastrische Störungen, aber weder Bronced skin noch Schleunhau 
pigmentirungen bestanden — somit ein wichtiges Glied der’ '"jj 
G. Lew in als unumgänglich für die Diagnose der Addison ie 
Krankheit hingestellten Symptomtrias (Hyperpigmentirung • 
Haut, Adynamie und Gastricismus) fehlte. Gegenwärtig JJ* 0 * 
Ewald nun über einen vollkommen typischen, ganz im L,iaI 
des ursprünglichen Addison’schen Krankheitsbildes viert 81 
Fall bei einer 29jährigen Frau, die nach dreiwöchiger Beo a ■ 
im hiesigen Augusta-Hospital starb. Stücke aus der Hau < 
aus den diffus gefärbten Partieen, theils aus den dire 
schwarzen Flecken stammend, wurden in Alkohol consen ^ 

von Dr. Mertsching genauer untersucht; an den letzteren, r 

von Hämorrhagie blauschwarz gefärbten Stellen 
Schenkel) fanden sich heerdweise ausgetretene rothe Hiu d p . 
im Bindegewebe, in und zwischen den Epidenmszellenj. j?1 

dermis selbst erschien durch die Aufnahme der Hlutko i * 


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21. Juni. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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ihrer Consistenz verändert, das Bindegewebe durch den Blutaustritt 
gleichfalls aufgelockert; Blutkörperchen und Kerne im Bindegewebe 
und in der Epidermis mit Pigmenttröpfchen versehen, die in das 
Protoplasma der Zellen auszutreten beginnen und durch ihren 
mehrfachen Austritt den Zerfall der Blutkörperchen und der Kerne 
herbeiführen. Durch Zerfall des pigmenttröpfchenhaltigen Binde¬ 
gewebes kommt es zur Bildung der sogenannten Pigmentscliolten, 
die fortgeschwemmt werden und so auch in der Epidermis, in den 
Intercellularräumen der Basalzellen, aufgenommen werden (im 
Gegensatz zu dem daselbst gebildeten Pigmente). — Der Befund 
an den Nebennieren war der einer entzündlichen bindegewebigen 
Metaplasie ohne Andeutnng einer tuberkulösen oder anderweitigen 
Neubildung; neben der Hyperplasie des Bindegewebes fand sich 
eine theilweise Degeneration der Ganglienzellen — in 
Uebereinstimmung mit den weiteren Befunden am Plexus coeliacus, 
am Splanchnicus und Halssympathicus, die von Dr. Jellinek 
untersucht wurden; besonders im Ganglion, coeliacum war 
sowohl an den Nervenzellen, wie an den Fasern deutliche 
Degeneration nachweisbar, die gegen Sympathicus und Splanch¬ 
nicus hin (also nach oben — wie nach unten, gegen die Neben¬ 
nieren) an Intensität abnahm. Dieser Befund lässt es immerhin 
in Zweifel, ob der Ausgangspunkt des krankhaften Processes, der 
stärksten Veränderung entsprechend, im Ganglion coeliacum oder 
in den Nebennieren selbst zu suchen war. Bemerkenswerth war 
noch das Ergebuiss der Harnuntersuchung bei dieser Kranken; 
bei Untersuchung auf Ptomaine, nach der Brieger’schen Methode, 
wurde ein eigenartiger, bisher noch nicht dargestellter, 
zu der Classe der sogenannten Aminbasen gehöriger 
Körper erhalten (ableitbare Constitutionsformel: CsHtNÖr), der 
jedenfalls zu den schweren nervösen Terminalerscheinungen in Be¬ 
ziehung zu setzen ist, die man schon früher auf eine Autointoxieation 
des Organismus zurückzuführen bemüht war. Ewald fasst seine 
Ansicht über die Addison’sche Krankheit dahin zusammen, dass 
wir es dabei mit einer Stoffwechselkrankheit zu thun haben, 
die verbunden ist und die sich herleitet von einer Er¬ 
krankung der nervösen Bahn: Nebenniere, Ganglion coeliacum, 
beziehungsweise Sympathicus und Splanchnicus, und wobei einzelne 
äusserliche Manifestationen der trophischen Störungen, z. B. die 
Pigmentablagerung der Haut, gelegentlich auch fehlen können, ohne 
dass dem Wesen des Krankheitsprocesses damit Abbruch gethan 
wird. A. Eulenburg (Berlin). 

Glatz, Du traitement de la nßvralgie sciatique par 
l’hydrothcrapie et l’61ectricit& Publications du Progrcs 
medical, Paris 1894. 

Für schwere und hartnäckige, selbst sehr veraltete Fälle von 
Ischias empfiehlt Glatz als wirksam eine combinirte Behandlung, 
bestehend in Anwendung der Elektricität (constanter Strom) 
mit nachfolgender schottischer Douche und feuchter 
Beinpackung Nachts über. Letzteres Verfahren wird nur in 
besonders rebellischen Fällen hinzugefügt und in folgender Weise 
angewandt: eine leinene Binde von 10 bis 12 m Länge und 12 cm 
Breite wird in kaltes Wasser (12—14 0 C) getaucht und bleibt 
mehrere Stunden hindurch bis zu völliger Durchfeuchtung darin 
liegen; man nimmt sie erst unmittelbar vor dem Gebrauche heraus, 
drückt sie leicht aus und wickelt sie dann lim das ganze befallene 
Bein sowie mit mehreren Touren zur Befestigung um den Leib 
herum; darüber kommt eine Flanellbinde in doppelter Lage. Die 
Procedur wird Abends vor dem Schlafengehen vorgenommen; am 
Morgen wird die Packung entfernt, das Bein leicht eingefettet und 
massirt, und der Kranke bleibt noch eine Stunde hinterher liegen. 
— Bezüglich der elektrischen Behandlung bekämpft Glatz die 
Meinung, dass die Elektricität nur durch Suggestion wirke, und 
empfiehlt die Anwendung absteigender Ströme, vom Ischiadicus- 
ursprung bis zur Kniekehle abwärts, oder lokale Hervorrufung der 
Anodenwirkung bei entfernter und indifferenter Kathode. 

A. Eulenburg (Berlin). 

Demetrio Galatti, Die Intubation in der Privat¬ 
praxis. Wiener med. Wochenschrift 1894, No. 8—10. 

Verfasser giebt in extenso die Krankengeschichten von 19 
Patienten mit diphtherischem-, resp. Maserncroup, welche in der 
Privatwohnung mit Intubation behandelt worden sind. Von diesen 
sind im ganzen neun Kinder mit diphtherischem Croup zur Heilung 
gekommen. Wenn wir auch mit dem Verfasser das angeführte 
Krankheitsmaterial für nicht ausreichend erachten, um uns aus 
demselben ein abschliessendes Urtheil über den grösseren oder 
geringeren Werth der Intubation gegenüber der Tracheotomie in 
der Privatpraxis zu bilden, so sind doch die in den wenigen 
Krankengeschichten mitgetheilten, unglücklichen Zufälle so mannig¬ 
faltiger und bedenklicher Art, dass wir vorderhand in die Be¬ 
geisterung Galat ti’s für seine Therapie nicht so ganz einstimmen 
können. Unter den 19 Patienten, von denen bei drei leichte, bei 


zwölf mittelschwere, bei vier schwere laryngo-stenotische Er¬ 
scheinungen notirt wurden, traten bei sieben so heftige Schluck¬ 
beschwerden auf, dass die Ernährung und auch die Respiration 
ernstlich gefährdet war. Zweimal wurde der Tubus ausgehustet, 
von einem Kinde wurden zwei Tuben verschluckt, einmal wurden 
durch den eingeführten Tubus Pseudomembranen hinabgestossen; 
das 4 1 /'2 jährige Kind starb wenige Stunden darauf. Einmal wurde 
ohne Erfolg die secundäre Tracheotomie ausgeführt. Bemerkens¬ 
werth ist, dass von einem zweijährigen, nachher geheilten Kinde 
während 238 Stunden der Tubus getragen wurde, ohne dass 
irgend ein Symptom von Decubitus zu constatiren war, und dass 
die Kinder in verhältnissmässig kurzer Zeit (einmal in vier, fünf¬ 
mal in sechs, zweimal in sieben, einmal in zwölf Tagen der Be¬ 
handlung) zur Heilung kamen. A. Neumann (Berlin). 

E. v. Hofmann, Mord durch Stichwunden. Bestimmung 
der Todeszeit. Wiener klinische Wochenschrift 1894, No. 5. 

Eine 46jährige Person wurdo durch Stichwunden ermordet 
aufgefunden; es war zu entscheiden, ob der Tod fünf Tage vor der 
Auffindung, sieben Tage vor der Section schon hätte eingetreten 
sein können. Mit Rücksicht auf die noch vollkommene Todtenstarre 
bei der Auffindung, die auch bei der Section noch theilweise vor¬ 
handen war, das Fehlen der Fäulniss war diese Möglichkeit be¬ 
zweifelt worden. Das von Hofmann erstattete Gutachten der 
Wiener Facultät bejaht sie indess, da hier Umstände Vorlagen, 
welche die Lösung der Todtenstarre nach dem Eintritt der Fäulniss 
verzögerten: plötzlicher Tod einer gesunden Person durch Ver¬ 
blutung; kühle, äussere Temperatur. Ja, einzelne Befunde sprechen 
sogar positiv für ein längeres Liegen der Leiche, besonders die 
starke Ausbildung von Todtenflecken an den abhängigen Theilen 
uud die breiige Erweichung der Hirnsubstanz um die Kammern, 
eine Folge längerer MacerationsWirkung der vermehrten (Hydro- 
cephalus internus) Ventrikolflüssigkeit. 

Fr. Strassmann (Berlin). 


Therapeutische Mittheilungen. 

— Erlanger, Experimentelle Untersuchungen über die 
Anwendung des Natrium salicylicum per rectum beim Gelenk¬ 
rheumatismus. Aus dem medicinisch klinischen Institute zu München. 
Deutsches Archiv für klinische Medic-in Bd. 51, 2. und 3. Heft. 

Eino ganzo Reihe von Kranken toleriren wie andere Mittel auch das 
Natrium salicylicum schlecht, wenn es intern applicirt wird. Auf 
v. Ziemssen’s Anregung wurde nun der Versuch gomacht, das Natrium 
salicylicum per rectum zu appliciren. Im ganzen wurden bei 25 Kranken 
die Versuche angestellt, welche sehr günstig verliefen und zeigten, dass 
die Salicylsiluresalze auch auf diese Weise prompt wirken. Die gesummte 
Tagesdosis von 6—8 g Natrium salicylicum gelöst in 100 g Flüssigkeit 
wurde anfangs nach vorhergehendem Reinigungsklystier in zwei Portionen, 
später auf einmal hoch in den Mastdarm eingespritzt. Verfasser resumirt 
folgendermaassen: Der Mastdarm muss, wenn nicht spontan kurze Zeit 
vorher Stuhl erfolgt ist, durch ein Eröffnungsklystier frei gomacht werden. 
Das Klysma von Natrium salicylicum muss lauwarm eingeführt werden. 
Nachdem verschiedene Versuche gemacht wurden waren, zeigte sich am 
besten folgende Vorschrift: 6—8 g Natrium salicylicum werden in 100 g 
Wasser gelöst, 1,5 g Tiuctura Opii zugefügt und die ganzo Menge wird auf 
einmal hoch möglichst hinauf in den Mastdarm eingeführt. Verfasser bedient 
sich einer langen weichen Schlundsonde, welche 20 cm weit in die Darm¬ 
höhle hinauf geführt wird. Man hat nun dafür Sorge zu tragen, resp. 
den Kranken zu instruiren, dass das Klysma auch möglichst lange be¬ 
halten wird. Bei den meisten Kranken wirkte diese Behandlungsmethode 
prompt und zeigten sich keinerlei üble Nebenwirkungen, Ohrensausen 
stellte sich allerdings auch ein, aber nicht in so lästiger Weise, wie beider 
inneren Darreichung. In einzelnen Fällen wurden allerdings die Klysmata 
zu früh ausgestossen. Die Behandlungsmethode per rectum verdient in 
manchen Fällen von Gelenkrheumatismus gewiss volle Beachtung. 

Buchwald (Breslau). 


— Th. Manley, A bloodlcss Operation for haemorrhoids. 
Boston med. and surg. Journ. 1894, 1. Febr. 

Die in 32 Fällen vorgenommene Operation hat jedesmal einen 
günstigen Effect gehabt, und der Verfasser ist der Ansicht, dass 
der Erfolg ein dauernder sein wird. Nach subcutaner Cocaininjection 
wird der Anus allmählich, aber vollständig dilatirt, wodurch die 
mehr nach oben sitzenden Knoten der Behandlung zugänglich gemacht 
und zugleich die Erkrankung des Rectums in günstiger Weise beeinflusst 
werden soll. Die Knoten werden nun einzeln nahe der Basis mit den 
Spitzen des Daumens, des Zeige- und Mittelfingers gefasst, erst sanft, 
dann fester und fester gedrückt, bis nichts weiter von ihnen übrig ist als 
die Schleimhaut und das darunter befindliche Bindegewebe. Darauf wird 
das Ganze Uber den Sphincter hinaus zurückgeschoben, ein Opiumsupposi- 
torium eingeführt und der Patient nach Anlegung eines Verbandes ins 
Bett gebracht. Die sich entwickelnde Entzündung soll ganz schmerzlos 
sein, und nach drei Wochen ist von den Haemorrhoidalknoten nichts übrig 
als ihr geschrumpfter Stiel. Re 11 nert (Hamburg). 


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LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Zur Recension. eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Penzoldt 
und Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie innerer 
Krankheiten. 5. Lieferung: Husemann, Behandlung der Vergif¬ 
tungen mit Pflanzenstoffen (Fortsetzung). Ramdohr, Allgemeine Gym¬ 
nastik und Massage. Lenhartz, Behandlung des acuten und chronischen 
Gelenkrheumatismus und der rheumatoiden und Muskelerkrankungen (An- 
fang). — 6. Lieferung: v. Jtirgensen, Prophylaxe und allgemeine Be¬ 
handlung der Erkrankungen der Athmungsorgane. Schmidt, Inhalations¬ 
und pneumatische Behandlung der Erkrankungen der Athmungsorgane. 
Lenhartz, Behandlung des acuten und chronischen Gelenkrheumatismus 
und der rheumatoiden und Muskelerkrankungen (Schluss). Hagenhach- 
Burckhardt, Behandlung der Rachitis, v. Winckel, Behandlung der 
Osteomalacie. 

Encyclopedie scientifique des Aide-Mdmoire: P. Merklen, 
Examen et s£m6iotique du coeur. 256 S., 2 Fr. 50 C. — Magnan et 
S^rioux, La paralysie generale. 193 S. 2 Fr. 50 C. — Olli er, Re- 
generationdes os et r^sections sous-p£riostöes. 180 S. 2 Fr. 50 C. 
Paris, G. Masson, 1894. 

Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher 
und Aerzte. 65. Versammlung zu Nürnberg, 11.—15. September 1893. 
Herausgegeben von A. Wangerin und 0.'Taschenberg II Theil 
Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. 228 und 568 S. 15,00 M. 

Verhandlungen des Vereins für innere Medicin zu Berlin. 
Herausgegeben von dem Vorstande des Vereins. Jahrgang XIII 1893/1894. 
Sonderabdruck aus der Deutschen medicinischen Wochenschrift. Leipzig. 
Georg Thiemo, 1894. 336 S. 

Verhandlungen des ärztlichen Vereins zu Hamburg. Heraus¬ 
gegeben von dem Vorstande des Vereins. Jahrgang 1893. Sonderabdruck 
aus der Deutschen medicinischen Wochenschrift. Leipzig, Georg Thieme, 
1894. 133 S. 

Index medicus. A monthly classified record of the current medical 
literature of t.he world. Compiled under the supervision of Dr. J S Billings 
and Dr. R. Fl etc her. Vol. XIV, No. 5. May 1894. 

TT ii ■^ eu ,^. us ’ Mikrophotographie un( j ^ie Projection. 
Halle a. S., Wilhelm Knapp, 1894. 58 S. 

. C * •Niemann, Kneipp und seine ärztlichen Jünger. Eine 
Kritik der neuen Wassermode; zugleich eine Antwort auf Dr Bauni- 
garten’s Schrift über die medicinische Berechtigung der Kneipp’schen 
Heilmethode. Frankfurt a. M., Joh. Alt, 1894. 79 S. 

AUgemeine Pathologie and pathologische Anatomie. G. 0 hato n ay, 
Les rcactions leucocytaires vis-A-vis de certaines toxines v6g<$tales et 
animales. Fans, Soeiete d’öditions scientifiques, 1894. 100 S. 

Volckers, Ueber Granuloma fungoides der Haut. 
Münchener medicinische Abhandlungen. 45. Heft (I. Reihe 14 Heft) 
München, J. F. Lehmann, 1894. 22 S. 1,00 M. ’ ' } ' 

K. Jooss, Ueber den Ursprung ’des Pigments in melano- 
tischon lumoren. Münchener medicinische Abhandlungen. 47. Heft. 
(I. Reihe, 16. Heft). München, J. F. Lehmann, 1894. 44 S. 1,00 M. 

Anatomie und Entwickelungsgeschichte. O. Hcrtwig. Zeit- und 
Streitfragen der Biologie. Heft I: Präformation oder Epigenese? 

j&SÄT *uTw T theorie der ürg ‘ mismc "- Giist£ "' 

mn Phl? h ,f' knn f lle - M - Bory S ;okie"-ic Z , Weitere Untersuchun- 

^nrn/t««ct.^894 ne 6 r rS B 4 ft :i0M r NetZ " al,t - »"<> Wien, 

E P. Braunstein Zur Lehre von der Innervation der 
iW ä , Au . s <icn ’ physiologischen Lahoratorium der Uni- 

uisität Charkow, Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 142 S 4 00 M 

M-ir-nl* i 1 l , n ? me S’ B A5 ltrag u zur T A . natomie und Physiologie der 
132 S 1 Tafel deS Menschen ’ Lei P zl S und Wien, F. Deuticke, 1894. 

n.alaufX # W e ’ • Bordom-Uffreduzzi, Mikroparassiti nellc 
Mdano, 1 Dow 1 Francesco ValUrdi^lsPA 01 "^?!^ * ,a ^ cr '°'°S' a ' "• Auflage. 

«St“!»T ) « 80 M HOtath Pr0f ' Dr - E ' A ‘ bert Wi6n ’ 'i° se l Snrfarj 

Geschichte der Medicin. W A TToViik rr L ’, 
Paracelsus. Ein Vortrag gohalten’zu Fhr^ Th Un \: ^Jieophrastus 
heim am 17 December zu Ehren ^heophrast’s von Hohen- 

Schwabe, 1894 ?0 S S ff Bernoulllanun > ™ Bösel. Basel, Bruno 


_ Xo. 2 

Hygiene und Medlclnalpolizd. A. Würzbure Bia 
mittel-Gesetzgebung im Deutschen Reiche nnf in denehztbf V 
Bundesstaaten. Leipzig. Job. Ambr. Barth, 1894. 372 8. «OO P 
A. Pfeiffer, Bericht über die Verwaltung des Medizin i 
und Sanitätswesens im Regierungsbezirk Wiesbaden r« !■' 
Jahre 1889, 1890, und 1891. Wiesbaden, 1894. 99 g. för dk ‘ 

F. Schlichter, Anleitung zur Untersuchung und Wahl.br 

Amme. Wien, Josef Sarfar, 1894. 68 S. 6 vianider 

Infeetionskrankheiten. Engel Bey, L’ßpidemie d’infli.m 
en Ägypte pendant l’hiver 1889/90. D’Apres des rapports iS 
et des dcoles, avec un appendice sur l’4pid4mie de 1891/92 Cairo t 
pnmene nationale, 1894. 39 S. 6 Karten. ffi ' 

Innere Medicin. G. Edlefsen, Lehrbuch der Diagnostik 
inneren Krankheiten, für Aerzte. II. Abth., I. Theil.Lej Dzi( , L 
Wien, Franz Deuticke, 1894. ^ 8 

G. Mohr, Ueber Complicationen bei der idiopathische 
HerzvergrOsserung. Münchener medicinische Abhandlungen «.lief. 

(I. Reihe, 15. Heft). München, J. F. Lehmann, 1894. 35 S 100 M 

H. Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchung 

methoden. Für Studirende und praktische Aerzte. Leipzig und Win 
Franz Deuticke, 1894. 674 S. 14,00 M. 6 

Kinderheilkunde.' L. Unger, Lehrbuch der Kinderlrink- 
heiten. In kurzgefasster systematischer Darstellung zum Gebrauche für 

lädSäo c. nd A erzte * Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 

1894. 623 S. 13,00 M. 

Klimatologie und Balneologie. F. Credner, Die Curmittel im 
Bad Nauheim. Leipzig, Veit & Co., 1894. 36 S. 

Letzel und Morgenstern, Kurze Anleitung zum Gebraucht 
der Mineralquellen und Quellenproducte des Bades Tob- 
Krankenheil. Tölz, J. Dewitz, 1893. 26 S. 

Militilrmedicinalwesen. Beschreibung der Garnison Cassel, 
vom Standpunkte der Gesundheitspflege aus aufgestellt. Herausgegelwi I 
von der Medicinalabtheilung dos Königlich Preussischen Kriegsminisleriimv |J| 
Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 1893. 165 S., mit 2 Karten und 56 TaiVlu. | 
J. Habart, Das Klein kalib er und die Behandlung der Schuss ' 

wunden im Felde. Eine kriegschinirgische Skizze. Wien, Jose! 
Safar, 1894. 55 S. " 

Neurologie und Psychiatrie. O. Effertz, Studien über Hysterie 
Hypertismus, Suggestion. Bonn, Otto Paul, 1894. 102 S. 

Physiologie und physiologische Chemie. L. Hermann, Jahres 
bericht über die Fortschritte der Physiologie. I. Bd. Bericht 
über das Jahr 1892. Bonn, Emil Strauss, 1894. 278 S. 

H. Röttgor, Kurzes Lehrbuch der Nahrungsmittelchemi* 
Leipzig, Joh. Ambr. Barth, 1894. 467 S. 7,00 M. 

A. Jaquet, Der Alkohol als Genuss- und Arzneimittel 
Basel, Benno Schwab, 1894. 31 S. 1,00 M. 

Otto Lanz, Zu der Schilddrüsenfrage. Volkmanns Samml- 
klin. Vorträge. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

G. B ubis, S permin um-Poe hl in chemischer, physiologischer 
und therapeutischer Beziehung. St. Petersburg, 1894. 75 S. 

E. Dreher, Grundzüge der Aesthetik der musikalischer. 
Harmonie auf psycho-physiologischer Grundlage. Saramiun- 
pädagogischer Vorträge. VII. Bd., 1. Heft. Bielefeld, A. Helmich. 1&4- 
26 S. 0,40 M. 

Pharmakologie und Toxikologie. Kobert, Compendium der 
praktischen Toxikologie. Zum Gebrauch für praktische Aerzte und 
Studirende. III. Auflage. Stuttgart, F. Enke, 1894. 180 S. 

Psychiatrie und Neurologie. Cajal, Les nouvelles id^es sur 
la structure, du Systeme nerveux chez l’homme et ckez le= 
vertebres. Edition fran^aise revue et augmentAe par l’auteur. Pan.*. 

C. Reinwald & Cie, 1894. 200 S. . 

Kronthal, Schnitte durch das erkrankte Rückenmark b? 
Menschen. Berlin, Speyer & Peters, 1894. 

C. Neisser, Die paralytischen Anfälle. Klinischer '«P# 
Stuttgart, F. Enke, 1894. 40 S. , 

M. Bonedikt, Secondlife. Das Seelen-Binnenleben des gesrni i- 
und kranken Menschen. Wiener Klinik 1894, 5. Heft. Wien, Irtjaiu 
Schwarzenberg, 1894. . , 

v. Krafft-Ebing, Der Conträrsexuale vor dem Strafnc 1 • 

Eine Denkschrift Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. oj 8. - 

W. Hirsch, Genie.uad Entartung. Eine psychologisfbc 25 
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. E. Mendel. Berlin und Leip :■ 
Oscar Coblenz, 1894. 340 S. 6,00 M. 

Syphilis und Hautkrankheiten. A. Fournier, Vorlesungen 1 ! jy 
Syphilis hereditaria tarda. Uebersetzt und bearbeitet 
K. Körbl und Dr. M. v. Zeissl. 2. bis 5. Lieferung. Leipzig un 
Franz Deuticke, 1894. ^ j 

Urologie. Klinisches Handbuch der Harn- UQ ^ ^ u ycl 
organe. Herausgegeben von Prof. Dr. W. Zuelzer, 

F. M. Oberländer. IV. (Schluss-) Abtheilung. Leipzig, J?. = 

318 S. 8,00 M. „ .. efl wiener 

Englisch, Ueber Taschen und Zellen der Harnbla 
Klinik 1894, 4. Heft. Wien, Urban & Schwarzenberg, IW*. ^ 
Zahnheilkunde. C. Cohn, Cursus dor Zalinhoilkun^;. 
Hülfsbuch für Studirende und Zahnärzte. II. Thefl. B eir • u 
medicin. Buchhandlung (H. Kornfeld), 1894. S. 28o—552. 


Godruckt bji Julius Silteufeld in Boiliu W. 


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f OF MICHIGAN 




Donneretag LITTERATUR-BEILAGE «• J “ B 1894 - 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. Bücherschau: 1. Eulenburg, Realencyclopädie der gesammten 
Heilkunde. Ref. Schwalbe. 

2. Hayem, Revue des Sciences mödicales en France et h l’6tranger. 
Ref. Fürbringer. 

3. Hermann, Jahresbericht über die Fortschritte der Physiologie. 
Ref. Grützner. 

4. Penzoldt, Lehrbuch der klinischen Arzneibehandlung. Ref. 
Buchwald. 

5. Klebs, Die causale Behandlung der Tuberkulose. Ref. Lubarsch. 

6. Hoffa, Technik der Massage. Ref. Frank. 

7. Ranke, Der Mensch. Ref. Bartels. 

II. Zeitschriftonttberslcht: Anatomie: 8. Spalteholz, Die Ver- 
theilung der Blutgefässe in der Haut. 

Physiologie: 9. Toepfer, Eine Methode zur titrimetrischen Bestim¬ 
mung der hauptsächlichsten Factoren der Magenacidität. 

Pathologische Anatomie: 10. Ribbert, Zur Anatomie der 


Lungenentzündungen. — 11. Lode, Ein subseröses Myom des Ileum 
nebst Bemerkungen über Darmmyome. 

Bacteriologie: 12. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand 
der bacillären Cholerafrage.— 13. Maassen, Beiträge zur Differenzirung 
einiger dem Vibrio der asiatischen Cholera verwandten Vibrionen. 

Neurologie und Psychiatrie: 14. Newmark, A contribution 
to the family form of spastic paraplogia. — 15. Oebecke, Zur Aetiologie 
der allgemeinen fortschreitenden Paralyse. 

Chirurgie: 16. Chipault, Chirurgie de la moelle et des racines 
I medullaires. — 17. Nico 11, A method of excising the prostate. 

Gerichtliche Medicin: 18. Corin und Ausiaux, Phosphor¬ 
vergiftung; Fla ten, Vergiftung durch Carbolineum; Berkhan, Störungen 
der Schriftsprache; Ipsen, Strychninnachweis; von Bergmann und 
Skrzeczka, Superarbitrium. 

HL Therapentlsche Mittlieilungen. 

IV. Kleine Anzeigen. 

V. Zur Kecension eingegangener Bücher. 


L Bücherschau. 

1. Ealenburg, Realencyclopädie der gesammten Heilkunde. 

Medicinisch-chirurgisches Handwörterbuch für praktische Aerzte. 
Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage. HI. Band (Bauch¬ 
fell bis Breege). Mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt 
und Farbendrucktafeln. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzen¬ 
berg, 1894. Ref. Schwalbe (Berlin). 

Der dritte Band der Realencyclopädie lässt im Verhältniss zu 
seinen beiden Vorgängern nur wenige Aenderungen wesentlicher 
Art erkennen. Besondere Erwähnung verdient hier das in den 
Artikeln „Blasenkrankheiten“ (Englisch) „Bauhygiene“, „Arbeiter¬ 
hygiene“ (Uffelmann) aufs neue hervortretende, schon früher von 
uns charakterisirte Bestreben des Herausgebers, zusammengehörige 
Aufsätze zu einem grossen Uebersichtsartikel zu vereinigen und 
so dem Leser eine continuirliche und einheitliche Darstellung ge¬ 
wisser Krankheitscapitel zu gewähren. Der lexicalische Charakter 
bleibt dem Werke trotzdem erhalten, weil die den früheren Einzel¬ 
artikeln entsprechenden Schlagwörter als Wegweiser für den jetzigen 
Sammelaufsatz dienen und eine leichte Orientirung vermitteln. 

Unter den Artikeln, die neu liinzugekommen sind, verdient 
die von erstaunlichem Fleisse und vorzüglicher Darstellungskraft 
zeugende Arbeit Villaret’s über „Bekleidung und Ausrüstung 
des Soldaten“ besonders genannt zu werden. Gegenüber solchen 
Bereicherungen wird man den Ausfall anderer Aufsätze, die nur 
einen eng begrenzten Leserkreis interessirt haben, nicht allzusehr 
verschmerzen. 

Sorgfältige Revision und Ergänzung des Materials ist in den 
Artikeln, die ich habe durchsehen und mit denjenigen der früheren 
Auflage vergleichen können, fast durchweg wahrzunehmen. Eine 
Ausnahme machen stellenweise die Arbeiten von Albert. Die 
Empfehlung Leyden’s, auch die acute (rheumatische) Peritonitis 
operativ durch den Bauchschnitt zu behandeln, ist zur Zeit des 
Erscheinens der zweiten Auflage der Realencyclopädie (s. daselbst 
S. 414) vielleicht noch „neu“ gewesen; jetzt dürfte der Vorschlag 
wohl die gegentheilige Bezeichnung verdienen. Und ein Verfahren, 
welches im Jahre 1885 (zweite Auflage) als „25 Jahre alt“ be¬ 
zeichnet werden konnte, dürfte heute nachgerade etwas älter ge¬ 
worden sein. 

Die Abbildungen sind wie in allen Werken der Verlagshandlung 
sehr trefflich, theilweise sogar (z. B. in dem Aufsatz „Befruchtung“) 
vorzüglich ausgeführt. _ 


2. Hayem, Revue des scienoes medicalea en France et a 
l’etranger. Tome XXXVin, 1 bis XLII, 1 (15. Juli 1891 bis 
15. Juli 1893). Paris, G. Masson. Ref. Fürbringer (Berlin). 

Seit unserer letzten Besprechung (Dtsch. med. Wochenschr. 
1891 No. 20) liegen von diesem Sammelwerk, dessen unleugbare 
Vorzüge wir mehrfach hervorzuheben Gelegenheit hatten, neun 
Bände vor. Ihr Inhalt bietet nach Art der früheren kurze und 
lange, zum Theil in Gruppen zusammengefasste Besprechnugen aus 
der Feder zahlreicher Referenten auf dem Gebiete der Anatomie, 
Physiologie, medicinischen Chemie, pathologischen Anatomie, ex¬ 
perimentellen Pathologie, Pharmakologie und Toxikologie, Therapie, 
Hygiene, inneren Klinik, Gynäkologie und Geburtskunde, Kinder¬ 
krankheiten, Dermatologie und Syphilidologie, Psychiatrie („et al- 


coolisme“), forensischen Medicin, Chirurgie, Augen-, Hals- und 
Ohrenkrankheiten sowie endlich der Militärmedicin. Die sich an¬ 
schliessenden ausführlichen „Renseignements bibliographiques“ ge¬ 
währen in ihrer alphabetischen Reihenfolge eine nicht genug zu 
schätzende Registerauskunft. 

Hingegen sind die Originalartikel, was entschieden zu bedauern 
und zu rügen ist, so spärlich als möglich geflossen. Wir finden 
nämlich nur in einem einzigen der neun Bände unter der „Rövue 
g6n6rale“ eine Abhandlung über das Cocain (Bd. 80, p. 671 
bis 704). Verfasser, A. Dastre, hat es sich angelegen sein lassen, 
nach einer einschlägigen Bibliographie der letzten 2 bis 3 Jahre 
in zwei Kapiteln die allgemeine Wirkung des Medicaments sowie 
die Art der örtlichen Anästhesie und die Verwendung des Anästhe- 
ticum in der praktischen Chirurgie klar und anschaulich zu schil¬ 
dern. Die Zukunft, schliesst er, wird darüber zu entscheiden 
haben, ob das Cocain bei Beobachtung der nöthigen Regeln die Erfolge 
des Operateurs völlig zu sichern vermag. Dann aber hat das Medi- 
cament als ein sehr werthvolles chirurgisches Mittel zu gelten. 


3. L. Hermann, Jahresbericht über die Fortschritte der 
Physiologie. Erster Band: Bericht über das Jahr 1892. Bonn, 
E. Strauss, 1894. Ref. P. Grützner (Tübingen). 

Nachdem der bekannte von Hofmann und Schwalbe, be¬ 
ziehungsweise von Hermann und Schwalbe herausgegebene 
Jahresbericht über Anatomie und Physiologie zu erscheinen aufge¬ 
hört hat, ist es im höchsten Maasse verdienstvoll und dankenswerth 
von Hermann, die grosse Mühe und Arbeit eines neuen Jahres¬ 
berichtes über Physiologie wieder auf sich genommen und den oben 
genannten Bericht ins Leben gerufen zu haben. Wir können mit 
allem, was der Herausgeber in der Einleitung über Zugehörigkeit 
verschiedener Arbeiten zur Physiologie, beziehungsweise zur Auf¬ 
nahme derselben in den Bericht und der Nichtberücksichtigung 
alles dessen, was nicht Physiologie im strengeren Sinne ist, sowie 
namentlich auch damit unser volles Einverständnis^ aussprechen, 
„dass jetzt eine entsetzliche und gefahrdrohende Breite immer mehr 
in der physiologischen Litteratur einreisst“. Um so schwieriger 
aber ist die Stellung des Referenten, und um so dankbarer müssen 
wir demselben sein. Was den Bericht selbst anlangt, so gliedert 
er sich, wie auch bisher üblich, in folgende zwoi Hauptabschnitte: 
1) in die Physiologie der Bewegung, der Wärmebildung und der 
Sinne, 2) in die Physiologie der thierischen Flüssigkeiten und Er¬ 
nährungsphysiologie der Organe und des Gesammtorganismus. Den 
Hauptantheil an der gesammten Arbeit, das Referiren, ha.t Hermann 
auf sich genommen, der die erstgenannten Abschnitte mit Ausnahme 
der physiologischen Optik bearbeitet hat. Hier irgend wie zu loben 
würde dem Referenten nicht zustehen, es hiesse auch Eulen nach 
Athen tragen, da das umfangreiche Wissen wie die kritische Be¬ 
gabung des Verfassers ja allgemein bekannt sind. Die Dioptrik 
des Auges hat A. Groenouw, den übrigen Theil der physiologischen 
Optik hat K. Hürthle und den gesammten zweiten Abschnitt 
R. Cohn referirt. Indem wir hoffen, dass der vorliegende vorzüg¬ 
liche Bericht weitere ähnliche Nachfolger erlebe und recht vielen 
Fachgenossen zum Nutzen gereiche, begrüssen wir ihn als eine 
hochwillkommene Erscheinung auf dem Büchermarkt, die eine fühl¬ 
bare Lücke ausfüllt. _ 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 






14 


LITTERATUR- BEILAGE I>ER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


4. Penzoldt, Lehrbuch der klinischen Arzneibehandlung. 

Dritte veränderte und vermehrte Auflage. Jena, Gustav Fischer, 
1898. Ref. Buchwald (Breslau). 

In der kurzen Zeit seit Juni 1889 erscheint obiges. Lehrbuch 
in dritter Auflage. Das spricht für die Güte und Brauchbarkeit 
desselben. Es ist kein Lehrbuch der Arzneimittellehre in dem ge¬ 
bräuchlichen Sinne, die Hauptaufgabe des Buches soll die Dar¬ 
stellung des Werthes der Arzneimittel für die Krankenbehandlung 
sein. Die einzelnen Arzneimittel sind nach dem chemischen System, 
soweit dies möglich war, gruppirt. Ob die Eintheilung nach 
chemischen Grundsätzen, die doch nicht vollkommen durchführbar 
ist, besser ist, als die sonst übliche, mag dahingestellt bleiben, für 
den Werth eines solchen Lehrbuches ist ja die Classificirung der 
einzelnen Mittel nicht von Bedeutung. Bei den einzelnen Stoffen 
sieht mau, dass Verfasser meist aus eigener Erfahrung geschöpft 
hat. Das hat immer einen besonderen Werth für den Praktiker; 
bei manchen Mitteln hätten wir jedoch, weil gerade für die Praxis 
wichtig, Zusätze gewünscht. Wenn Verfasser sagt, man sei bei 
der Anwendung von Extractum filicis nicht zu kühn, da auf 
30 g tödtliche Vergiftung eintrat (p. 211), so ist dies nicht aus¬ 
reichend. Bei viel geringeren Dosen ist schon Exitus letalis 
beobachtet worden, schon 4 g können bei Erwachsenen Brech¬ 
durchfall und Ohnmacht herbeiführen. Verfasser bevorzugt Koso. 
Auch beim Salol vermissen wir, wie beim Antifebrin ein warnendes 
Wort bezüglich grösserer Dosen. Salol zu 5—8 g pro die ist 
zu hoch. Jedenfalls darf es anfangs nur mit Vorsicht, unter 
steter Controlle und nicht bei Nierenleidenden verabfolgt werden 
(in obigen Gaben). Bei Antifebrin muss man nicht blos in der 
Kinderpraxis, sondern überhaupt vorsichtig sein. Wenn auch 0,5 
und 4,0 pro dosi resp. die zulässig sind, so dürften solche Gaben 
namentlich bei Fiebernden nicht ungestraft verabfolgt werden. 
Die einzelnen Mittel können wir nicht näher besprechen, wollen 
nur noch erwähnen, dass der Werth des Ichthyols beim Erysipel 
nach den Arbeiten Nussbaum’s und seiner Schule ein fest¬ 
stehender ist. Im Anhang sind die heutigen Anschauungen über 
Bacteriensubstanzen und Producte sowie deren Verwendung 
in der Therapie (Cholera, Tetanus, Tuberculose etc.) zweckent¬ 
sprechend kurz angedeutet. Eine Maximaldosentabelle, ein thera¬ 
peutisches und ein Sachregister sind beigefügt. Die Verlagsfirma 
hat das 20 Bogen starke Buch vortrefflich ausgestattet. 

5. E. Klebs, Die causale Behandlung der Tuberkulose. Ham¬ 
burg und Leipzig, L. Voss, 1894. Ref. 0. Lubarsch (Rostock). 

__ Klebs giebt in diesem vorzüglich ausgestatteten Werke das 
Resultat von Arbeiten, die er, wie er in dem Vorwort hervorhebt, 
„ganz und gar auf sich selbst angewiesen, nur von dem Wohlwollen 
einiger Freunde, sowie dankbarer Patienten unterstützt, vorgeuommen 
und im Laufe von drei Jahren soweit gefördert hat, dass er dem 
ärztlichen Publikum nunmehr festgefügte Schlussfolgerungen und 
eine auf reichliche klinische Erfahrung begründete Behandlungs¬ 
methode der Tuberkulose vorlegen kann“. 

Das Werk zerfällt in zwei Theile, denen noch drei Anhänge 
zugefügt sind; der erste Theil beschäftigt sich mit der allge¬ 
meinen Pathologie der Tuberkulose, während der zweite die 
Bactonotherapie der Tuberkulose behandelt. 

Im ersten Kapitel des ersten Theiles wird ein Abriss der Ge¬ 
schichte der Tuberkulose gegeben; die Schilderung giebt im grossen 
und ganzen eine klare Darstellung der Entwickelung der Tuber- 
kulosefiage von Morgagni bis Rob. Koch. Die eigenen Verdienste 
werden dabei in einer Weise hervorgehoben, die wohl kaum überall 
Zustimmung finden wird. Wenn Klebs z. B. auf Seite 41 wie 
bereits früher in Band I seiner allgemeinen Pathologie, für sich 
das Verdienst in Anspruch nimmt, zuerst die Aufgabe erfüllt zu 
haben, mittels gezüchteter Organismen Tuberkulose zu erzeugen 
so wird es erlaubt sein, den von ihm zum Beweis angeführten Ver¬ 
such noch anders zu deuten. Wenn er nämlich aus dem Dotter von 
Hühnereiern der mit tuberkulösen Massen geimpft war, ein Material 
erlangte, welches, auf Thiere übertragen, ganz typische Impftuber¬ 
kulose hervorrief, so beweist das nur, dass die Tuberkelbacillen in dem 
ottcr mcht zugrunde gegangen, keineswegs aber, dass sie dort 
d. h. zur Vermehrung gebracht waren. Daneben finden 
nmi a -1 1 ™ 6 ’ lhei1 Philosophische Auseinandersetzungen 
nd Ansichten über Schopenhauer und Darwin eingestreut. 
UutA £ W u lt( i ^ apitel enthält Klebs’ Ansichten über den Ver¬ 
den r? r h ^ lfc nach wie vor ^ Infection durch 

i . , 1 o e . stl0Ils ^ ractus für die häufigste Art, in der Tuberkel- 

BwümlÜV“di Ön 7 h . kein « olan f? en - (Gegen die anatomische 
womln , r , A " schauun S Hessen sich auch einige Ein- 

<.ndun„en machen.) Erst in zweite Linie wird die Inhalations- 

“r dh e ekt elU " TT D . er . Ansteckun e durch den Genitalapparat 
Ascendeme, ä„f ri l der Tuberkelbacillen von den 

c d ton f die Deseendenten wird nur geringe Bedeutung bei¬ 


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gemessen. In Bezug auf das Zustandekommen der alDomZ 
Miliartuberkulose citirt Klebs zwar Weigert als den Entdecke 
der Bedeutung der tuberkulösen Gefässerkrankungen in ßezu”, 
die Tuberkulose des Ductus thoracicus lässt aber seine Darstelhr 
wie schon früher (Allgemeine Pathologie), die Deutung zu *d 4 
Hanau der Urheber dieser Befunde, während auch hierfür WeiX 
(nicht etwa Ponfick) das alleinige Verdienst zukommt tu 
diesem Modus hält es Klebs aber auch für möglich dass einfa ’ 
durch wiederholte Resorption der Tuberkelbacillen vom DarmcJ 
aus allgemeine miliare Tuberkulose zustande kommt (S. 55) i„ 
Gegensatz dazu betont er dann aber, dass der Einbruch vii 
Tuberkelbacillen in die Blutbahn nicht immer Miliartuberkulol* 
hervorzubringen braucht (was ja allgemein angenommen wird, soweit 
es sich um das Hineingehen vereinzelter Bacillen handelt) Bei <k 
Besprechung der secundären Tuberkel der einzelnen Organe sei k 
eigenthümliche Ansicht hervorgehoben, dass in den Nieren häuih 
Miliartuberkel einer Involution unterliegen; kleine narbige Defect? 
die er häufiger in den Nieren älterer Phthisiker vorfand, müssen 
nämlich nach seiner Ansicht „mit Bestimmtheit auf die Rück¬ 
bildung kleiner tuberkulöser Heerde bezogen werden“. Endlich er¬ 
örtert Klebs, ob sich im Verlaufe von tuberkulösen Erkrankung 
eine gewisse Immunität im Körper ausbilden kann; er glaubt das 
insoweit bejahen zu müssen, als wenigstens in der Blutbahii 
Tuberkelbacillen vernichtet werden können. 

Das dritte Kapitel bringt die Untersuchungen über die Wirk lin¬ 
des Koch’sehen Tuberkulins bei Meerschweinchen; das vierte Kapitel 
über Augenimpfungen bei Kaninchen undKoch’schelnjectionen. Die 
Versuche an Meerschweinchen worden in vier Gruppen eingekeilt. 
Die erste Gruppe enthält zwei Versuche, die zeigen sollen, dass 
die Tuberkelbacillen durch das Tuberkulin vernichtet werden. Ein 
Meerschweinchen war intraperitoneal geimpft worden mit einer 
Lupusborke, die nach Behandlung mit Tuberkulin spontan abge- 
stossen war und in der von dem Untersucher Tuberkelbacillen nicht 
aufgefunden werden konnten. Als das Thier 87 Tage später ge- 
tödtet wurde, fand sich nur in der Bauchhöhle ein etwa kirseb- 
grosser, käsige Massen enthaltender Knoten vor; da auf Glycerin- 
agar, das mit den käsigen Massen geimpft wurde, keine Tuberkel¬ 
bacillen (wohl aber andere Mikroorganismen) wuchsen und auch ein 
in die Vordere Augenkammer geimpftes Kaninchen nicht tuberkulös 
erkrankte, so sieht Klebs in diesem Versuch den vollgültigen 
Beweis, dass durch die Tuberkulininjectionen die in den lupüsen 
Partieen vorhandenen Tuberkelbacillen abgetödtet worden waren. 
In der zweiten Gruppe von Versuchen wird über präventive Tukr- 
kulininjectionen berichtet. Einem Meerschweinchen wurde an einem 
Tage 0,8 Tuberkulin in die Bauchhöhle gespritzt. 14 Tage daran! 
erfolgte eine intraperitoneale Impfung mit einem Stückchen einer 
tuberkulösen Lunge eines Meerschweinchens. Erst nach 62 Tagen 
werden Schwellungen der Inguinaldrüsen wahrgenommen; am 
68. Tage stirbt das Thier. Bei der Section findet sich ausgebreitete 
Tuberkulose im gesammten Körper (Knötchen bis zu 1 mm Gros# 
in der Milz, gelbe Knoten in der Leber u. s. w.). Aus diesem 
Versuche schliesst Klebs, dass durch eine einmalige 
Präventivinjection von Tuberkulin eine bedeutende Ver¬ 
zögerung der Tuberkelentwickelung in den inneren 
Organen bewirkt wird. Nach einem zweiten mitgetheilten \ er¬ 
such soll das gleiche Ergebniss erzielt werden, wenn 24 stunden 
nach Impfung mit tuberkulösem Material 0,2 g Tuberkulin einge¬ 
spritzt werden. Diese beiden Versuche genügen Klebs zur -u 
Stellung des folgenden Satzes: „Wir haben also folgende sic er 
Grundlagen für die weitere Verfolgung der Tiiberkulinfragc ge¬ 
wonnen: 1) die präventive Wirksamkeit verhältnissmässig k ein* 
Mengen (6 auf 10000 g des Körpergewichts), 2) die relativ lang 
Dauer dieser präventiven Wirksamkeit der Tuberkulininjec n ■ 
Die dritte Versuchsreihe soll zunächst die Wirkung des Koc sc ' 
Tuberkulins auf gesunde Meerschweinchen illustriren: die temper* 
erhöhende Wirkung wird hervorgehoben, die ihr Maximum 1 
5 l /_> Stunden zu erreichen scheint; das gereinigt« Tuberku in ^ 
dagegen in derselben Dosis weniger toxisch; sowohl das ro ’ 
das gereinigte Tuberkulin führen bei Einführung vom * ,a ß^ ‘ . 
bedeutende Gewichtsverluste herbei, und schliesslich kann 
durch Gefässverstopfungen und Leberhämorrbagie ,| ierv ^ ^ 
werden. In demselben Kapitel worden aber noch weitere • 
angeführt über die Wirkung von Präventiviinpfungen nm 
culinum crudum und depurat. Bei zwei Meerschweine e * 
und 27) wurde sehr bald nach der Präventivimpfung ’j- ^ ri ) et 
mit tuberkulösem Material vorgenommen. Beide 
nach 25 Tagen getödtet und zeigten ausgebrcite . p( DBä r 
zwei andere Thiere wurden erst zehn Tage nach der *.c * t; ^ 

mit Tuberkelbacillen geimpft und 35 Tage später f vor sowi« 
diesen fand sich geringfügige Tuberkulose des Ne s c j, 8 ji di- 
kleinere Knoten in den Lungen. Bei zwei wei‘o^flntivimp^^ 
Impfung, mit Tuberkelbacillen 25 Tage nach der rra 


UNIVERSfTYOF MICHIGAN 



5. Juli. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


15 


als sie nach 20 Tagen getödtet wurden, fanden sich in Milz und 
Lungen Tuberkel vor, auch einige Lymphknoten waren vergrössert 
und käsig. Die vier letzten Versuche waren übrigens dadurch 
complicirt, dass nach der Infection mit Tuberkelbacillen noch mehr¬ 
fach rohes Tuberkulin eingespritzt wurde. Auch diese Versuche 
lehren nach Klebs die Schutzwirkung der Tuberkulinpräparate. In 
der vierten Gruppe folgen zahlreiche Versuche, in denen die Heilung 
der Impftuberkulose mittels mehrfacher kleinerer Injectionen reiner 
oder modiflcirter Koch’scher Lymphe versucht Wurde. Das Kapitel 
enthält somit - die Haupt - Experimentalstützen der Klebs’schen 
Therapie. Es werden im ganzen etwa 20 Versuche an Meer¬ 
schweinchen mitgetheilt, die alle zeigen sollen, dass sowohl durch 
das rohe Tuberkulin, sowie das durch Alkohol-Chloroform gereinigte 
Tuberkulin eine Heilung der Tuberkulose eintritt. Die meisten 
Versuche wurden in der Weise angestellt, dass die Meerschweinchen 
mit tuberkulösem Material (sehr selten mit Reinculturen von Tu¬ 
berkelbacillen) geimpft wurden. 

Einige Zeit später (fast nie früher als 14 Tage nach der 
Impfung mit Tuberkelbacillen) begann die Behandlung mit Tuber¬ 
kulin, von dem bald kleinere, bald grössere Dosen täglich einge¬ 
spritzt wurden. Die Thiere wurden genau beobachtet und täglich 
ihr Körpergewicht, sowie die Temperatur aufnotirt. Schon aus 
den ersten Versuchen schliesst Klebs, „dass bei einer länger 
dauernden Anwendung kleinerer Dosen von Tuberkulin eine Rück¬ 
bildung, aber keine Nekrose vollentwickelter Tuberkel stattfindet, 
wobei indess einzelne Tuberkelbacillen immer noch der Zerstörung 
entgehen können.“ 

Von diesen Versuchen mögen die beiden ersten genauer an¬ 
geführt werden. Am 21. December 1890 wurden vier Meer¬ 
schweinchen mit dem Sputum eines Phthisikers geimpft, das reich 
an Tuberkelbacillen war. Nur ein Thier überlebte den Eingriff, 
während die anderen nach 12—24 Stunden einer Streptococcen- 
infection erlagen. Dieses überlebende Meerschweinchen wurde am 
26. Januar 1891 noch mal mit einer tuberkulösen Kanincheniris 
unter die Rückenhaut geimpft. Am 28. Februar 1891 begann die 
Behandlung des Thieres, indem täglich 0,01 ccm mit Aether aus¬ 
geschüttelten Tuberkulins eingespritzt wurden. Die Behandlung 
dauerte bis zum 10. März, wo das Thier getödtet wurde, weil es 
einen kränklichen Eindruck machte. Vom 26. Januar bis 28. Fe¬ 
bruar schwankte das Körpergewicht zwischen 267 und 324 g, die 
Körpertemperatur zwischen 40,2 und 41,6; vom 28. Februar bis 
10. März (der Zeit der Behandlung) w r aren die entsprechenden 
Zahlen 304 und 324 g, und 39,8 und 40,8. Bei der Section des 
Thieres fanden sich Miliartuberkel in Lunge und Leber, Milz und 
Zwerchfell; die Lumbardrtisen waren stark verkäst und enthielten 
virulente Tuberkelbacillen, die Inguinaldrüsen vergrössert, im hin¬ 
teren Theil des Peritoneum zahlreiche blasse, flache Knoten. — 
Dieser Sectionsbefund beweist nach Klebs, dass durch die In- 
jection von im ganzen 0,1 Tuberkulin eine Rückbildung des tuber¬ 
kulösen Gewebes zustande kommt. — Im zweiten Versuch, wo die 
Impfung am 26. Januar 1891 mit dem gleichen Material statt¬ 
fand und die Behandlung ebenfalls am 28. Februar begann, wurden 
im ganzen 62 Injectionen von zusammen 0,735 durch Alkohol ge¬ 
reinigten Tuberkulins vorgenommen. Als am 94. Tage das Thier 
getödtet wurde, waren „kaum irgendwo makroskopische Spuren 
von Tuberkulose wahrzunehmen. Nur die Inguinaldrüsen waren 
noch etwas vergrössert, nicht käsig.“ Sie enthielten aber 
noch virulente Tuberkelbacillen. Auch mikroskopisch konnten 
„Reste tuberkulösen Gewebes“ aufgefunden werden. — Das Körper¬ 
gewicht schwankte vor der Behandlung zwischen 567 und 599 g, 
während derselben zwischen 520 und 640 g, die Temperatur vor 
der Behandlung, soweit angegeben, zwischen 40 und 41, nachher 
zwischen 39,1 und 40,6. Aus diesem, wie einigen anderen Ver¬ 
suchen mit durch Alkohol gereinigtem Tuberkulin, ergiebt sich 
nach Klebs 1) die Thatsache der fortschreitenden Heilung 
durch das gereinigte Tuberkulin; 2) die regelmässige 
Abnahme der Körpertemperatur des Impfthieres und die 
Zunahme seines Körpergewichts unter dem gleichen Ein¬ 
fluss. Hieran schliessen sich noch eine Reihe von Versuchen, die 
zum Theil zeigen, dass Meerschweinchen sehr grosse Dosen von 
Tuberkulin vertragen können, und ferner beweisen sollen, dass 
namentlich das gereinigte Tuberkulin durchaus unschädlich ist, da 
enorme Mengen des Mittels vertragen werden, ohne die physio¬ 
logischen Functionen des Thieres zu alteriren. 

Es folgt nun eine Versuchsreihe an sechs Meerschweinchen, 
wo die Impfung mit tuberkulösem Material in einem grösseren, 
bis auf das Bauchfell reichenden Canal vorgenommen und die Be¬ 
handlung mit Tuberkulin nach verschiedener Zeit begonnen wurde. 
Alle sechs Thiere zeigten besonders in Bezug auf ihre Körper¬ 
temperatur grosse Uebereinstimmung: in den ersten 14—20 Tagen 
bestand der Zustand der Hyperthermie, dann folgte ein Sinken der 
Temperatur (Hypothermie: Dauer*4—5 Tage), endlich eine dritte 


längere Zeit, die bis zum Tode andauert und in der unregelmässige 
Temperatursteigerungen Vorkommen (Mesothermie). Tritt Heilung 
ein, so folgt diesem Zustande die Orthothermie, in der nur ge¬ 
ringe Temperaturschwankungen Vorkommen. Von diesen sechs 
Thieren erhielten zwei an dem Impftage und zwei folgenden Tagen 
sogenannte Präventivimpfungon von im ganzen 0,85 g gereinigten 
Tuberkulins. Als die Thiere am 95. Tage nach der Infection ge¬ 
tödtet wurden, fanden sich zwar sowohl in der Milz vorspringende 
Knötchen, in der Leber und Lunge „verdächtige“ graue Knötchen 
und grosse Knoten an der Impfstelle. Klebs schliesst jedoch 
hieraus, dass „eine mit der Tuberkelinfection gleichzeitig 
stattfindende, nur drei Tage andauernde und nicht mehr 
als 1 g Rohtuberkulin oder des durch Alkohol ge¬ 
reinigten Tuberkulins dem Thierkörper zuführonde Be¬ 
handlung die Tuberkelentwickelung sehr verzögert, in¬ 
dem sie eine relative Immunität von mindestens 95 
Tagen bedingt. Bei einem Thiere wurde eine fünf Tage dauernde 
(0,1 gereinigtes Tuberkulin im ganzen umfassende) Behandlung 
am 20. Tage nach der Infection eingeleitet, bei zwei anderen 
ausserdem noch vom 50. Tage an länger fortgesetzte Spätimpfungen 
mit Tuberkulin vorgenommen. Obgleich auch in diesen Fällen 
ältere und frischere Tuberkel in zahlreichen Organon bei der 
Section (ebenfalls 95 Tage nach der Impfung) nachzuweisen waren, 
so sieht doch Klebs die Ursache der langen Lebensdauer der 
Thiere lediglich in der Behandlungsweise. Das sechste Meer¬ 
schweinchen endlich blieb 50 Tage nach der Impfung ohne Be¬ 
handlung und erhielt dann 23 tägliche Injectionen von im ganzen 
0,27 Tuberkulocidin. Es wurde am 73. Tage getödtet und zeigte 
sichere Tuberkulose nur in der Inguinalgegend, wo grosse käsige 
Knoten aufgefunden wurden. Auch dieser Fall wird als eine voll¬ 
kommene Rückbildung der Tuberkulose aufgefasst. 

Weitere Versuche sollen zeigen, dass bei leichterer Infection 
schon wenige grössere Dosen genügen, um eine sehr weitreichende 
Rückbildung der erkrankten Theile herbeizuführen und die Bildung 
frischer Eruptionen zu verhüten. Es werden Versuche angeführt, 
wo die Thiere über sechs Monate am Leben blieben und erst dann 
mehr zufällig starben. Nebenbei wird durch Versuche hervor¬ 
gehoben, dass es für das Tuberkulocidin bei Meerschweinchen keine 
eigentliche Maximaldosis giebt und dass dem Erethin (siehe 
weiter unten), wie dem Tuberkulocidin positiv chemotactische 
Wirkungen zukommen. Die Fähigkeit des Tuberkulocidins Tu¬ 
berkelbacillen zu tödten, soll dadurch bewiesen werden, dass zwei 
Meerschweinchen von einem Theil einer Bouilloncultur von Tu¬ 
berkelbacillen eingespritzt erhielten, die sechs Tage zuvor zu 
gleichen Theilen mit einer 100%igen Tuberkulocidinlösung ver¬ 
mischt war, und gesund blieben. — Endlich wurden noch fünf 
Meerschweinchen, die von tuberkulösen Eltern stammten, mit Rein¬ 
culturen von Tuberkelbacillen geimpft und dann in verschiedener 
Weise behandelt. Drei Thiere erhielten nur eine Einspritzung von 
Rohtuberkulin (35 bezw. 42 Tage nach der Impfung), zwei davon 
starben bald nach der Injection, eins 22 Tage später; so dass das 
letzte im ganzen 65 Tage nach der Impfung mit Tuberkelbacillen 
am Leben blieb. Zwei andere Meerschweinchen wurden zunächst 
einen Monat lang mit täglichen Gaben von 1,0 Tuberkulocidin be¬ 
handelt und dann mit je 126 000 Tuberkelbacillen aus einer Kar- 
toffelsafteultur inficirt. Das eine starb fünf, das andere sieben 
Wochen nach der Infection; bei beiden ergab die Section Tuber¬ 
kulose der Leber, Milz und Lungen. Klebs schliesst aus diesen 
Versuchen, dass durch die Präventivimpfungen die Empfänglichkeit 
der beiden Thiere bedeutend herabgesetzt war, so dass nur wenige 
Tuberkelbacillen zur Entwickelung gelangen konnten. 

Kapitel IV berichtet Über Augenimpfungen bei Kaninchen und 
Koch’sche Injectionen. Es werden drei Versuche angeführt, wo 
Kaninchen mit tuberkulösem Material verschiedener Herkunft in die 
vorderen Augenkammern geimpft und nach verschieden langer Zeit 
mit Tuberkulin behandelt wurden. Der erste Fall, wo die Impfung 
mit einem Stückchen Milz eines Menschen vorgenommen wurde, 
der im ganzen zwölf Injectionen von Tuberkulin erhalten hatte, 
bildete sich eine typische Tuberkulose des Auges aus; als das 
Thier nach 68 Tagen an einer Injection von Hefewasser in die 
Lungen starb, konnten nirgends Tuberkel in den inneren Organen 
gefunden werden. Es soll daher dieser Versuch boweisen, dass in 
der menschlichen Milz die Tuberkelbacillen abgeschwächt waren. 
In einem zweiten Falle wurde die Augenimpfung mit tuberkulösem 
Material aus dem Kniegelenk eines „Gespritzten“ vorgenommen 
und dann eine Behandlung mit Tuberkulin vorgenommen; es trat 
Heilung ein, und auch nach 194 Tagen, wo das Thier getödtet 
wurde, war nirgends Tuberkulose nachzuweisen. In dem dritten 
Falle brach, ebenso wie im zweiten Falle, Comeal- und Iris¬ 
tuberkulose aus; allmählich schrumpfte aber das Auge und die 
Cornea wurde frei von Tuberkeln — doch fanden sich auch 
nach 5 l /4 Monat noch Tuberkelbacillen in den theilwoise 


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LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


eiternden Augen. Bei der Sectdon, 15 l /4 Monat nach Beginn 
des Versuchs, fanden sich Tuberkel in der Milz und Umgegend. 

Klebs glaubt, dass durch diese Versuche die B a um garte n- 
schen Angaben von der Unwirksamkeit des Tuberkulins widerlegt 
sind und will den Unterschied zwischen Baum gart en’s und seinen 
eigenen Versuchsergebnissen darauf zurückführen, dass Baum¬ 
garten zu grosse Dosen angewendet habe. 

Das V. Kapitel ist von besonderer prinzipieller Bedeutung, da es 
die Histologie des heilenden Tuberkels schildert. Im Beginn 
setzt Klebs auseinander, dass die Bildung des Tuberkels die Bedeu¬ 
tung hat, dass Tuberkelbacillennester gebildet werden, denen die 
Zellen des Tuberkels geeignete Nahrung zuführen und somit die Zer¬ 
störung der Bacillen durch die Kräfte des Organismus verhindern. 
Der Organismus selbst wird nur insoweit durch den Tuberkel ge¬ 
schützt, als die Tuberkelbacillen dadurch bis zu einem gewissen Grade 
lokalisirt werden. Sobald aber ein Zerfall der Tuberkelzellen ein- 
tritt, fällt auch dieser Schutz fort. Die Heilung des Tuberkels 
geschieht nun bei der Tuberkulinwirkung nicht durch 
Nekrose, sondern durch Narbenbildung und einfache Rück¬ 
bildung des tuberkulösen Gewebes, nachdem die Tuberkel¬ 
bacillen ab gestorbensind. Die Vemarbung wird eingeleitet durch 
hyaline Exsudation und Einwandern gewebsbildender Leukocyten. 
(Man beachte den Gegensatz zu der herrschenden Anschauung von der 
Unfähigkeit der Leukocyten, Gewebe neuzubilden. Ref.) Die Rückbil¬ 
dung tritt in der Weise ein, dass die Tuberkelzellen sich wieder 
in normale Zellen verwandeln. Diese Anschauung wird für die 
Tuberkel der einzelnen Organe näher ausgeführt und durch Ab¬ 
bildungen begründet. Da es zu weit führen würde, im Rahmen 
eines Referates die Einzelbeobachtungen genau zu berichten, so 
soll hier nur die Heilung des Leber- und Milztuberkels kurz ge¬ 
schildert werden. Von den tuberkulösen Zellen in der Leber 
schwinden zuerst die platten Zellen (Epithelioidzellen), die Gefässe 
der Glisson’schen Kapsel werden wieder durchgängig; abgetrennte 
Abschnitte der Gallengänge treten wieder mit einander in Ver¬ 
bindung, in den Riesenzellen (die nach Klebs meist aus den 
Gallengangsepithelien entstehen) tritt ein Lumen auf, das Proto¬ 
plasma schrumpft, es bilden sich Trennungslinien zwischen den 
Kernen, und allmählich sondern sich die einzelnen Epithelien wieder 
voneinander ab. — Auch in der Milz beginnt die Reduction mit 
der Umwandlung der platten Zellen des Tuberkels, wodurch eine 
Wiederöffnung der weiten Bluträume bewirkt wird. Man bemerkt 
dann auch auffällige Veränderungen der Riesenzellen, die kleiner 
werden und deren Kerne nicht mehr wandständig gruppirt bleiben. 
Dieselben liegen in den eröffneten Blutgefässen und müssen daher 
auch als endothelialen Ursprungs betrachtet werden. Beim Men¬ 
schen tritt in der Milz besonders die hyaline Umwandlung der 
Tuberkel in den Vordergrund, wie sich in einem Falle nachweisen 
liess, der zwölf Tage lang mit Koch’schen Tuberkulin behandelt 
war. — Hieran sehliesst eine vorläufige Erörterung über die 
Wirkungsweise des Tuberkulins, wobei auch die Wirkung des 
Cantharidin (Liebreich) und der Zimmtsäure (Länderer) zum 
Vergleich herangezogen werden. Dem Tuberkulin kommen zwei 
Wirkungen zu: die eine besteht in der Erregung einer Exsudation, 
durch die die Tuberkel zellen ihrer Starrheit beraubt werden und 
damit ihre Schutzkraft für die von ihnen eingeschlossenen Tuberkel¬ 
bacillen verlieren. Indem sie sich in normale Gewebszellen zu¬ 
rückbilden, setzen sie dem eindringenden Exsudat keinen Wider¬ 
stand mehr entgegen, und dieses kann seine zerstörende Wirkung 
auf die Tuberkelbacillen ungehindert ausüben. Zweitens findet 
aber durch die Tuberkulinbehandlung eine wenn auch mässige 
Leukocytose statt, die für die Restitution der Tuberkelzellen ge¬ 
eignetes Material, namentlich Nuclein liefern. Schon hieraus, aber 
noch aus weiteren Beobachtungen, kann der Schluss gezogen 
werden, dass in dem Koch’schen Rohtuberkulin zwei Substanzen 
vorhanden sind, von denen die eine — Sozalbumose — die Tu¬ 
berkelbacillen zerstört und die Rückbildung der Tuberkel zellen 
bewirkt, während die andere — Toxalbumose — eine Nekrose und 
Entzündung erregt und dadurch zur Vermehrung der Tuberkel¬ 
bacillen Anlass giebt. __ (Schluss folgt.) 

6. Albert Hoffo, Technik der Massage. 74 Seiten mit 29 theil- 
weise farbigen Abbildungen im Text. Stuttgart, Ferdinand Enke, 
1898. Ref. Herrn. Frank (Berlin). 

Das Werkclien dient vor allem dem Zweck, die Ausübung der 
Massage in der praktischen Aerztewelt einzubürgern, dort, wo sie 
eigentlich und ganz ausschliesslich hingehören soll. Denn sie ist 
nicht nur eine Kunst in Bezug auf die nicht leicht und viel Ver- 
ständniss fordernde Technik, sondern sie setzt, weil sie wissen¬ 
schaftlichen Grundsätzen entspricht, soviel positive Kenntnisse und 
wissenschaftlich begründetes Urtheil voraus, wie sie Laien nie 
erreichen können. Das Ziel des Autors ist darum das völlige 
Verbot der Laienmassage, welche, selbstständig ausgeübt, stets 


Noj 

Pfuscherhandwerk bleibt. Selbst aber unter der Voraussetzung 
dass diese nicht vollkommen entbehrt werden kann, wird man dem 
Autor bereitwillig zugeben müssen, dass in der That unverhält- 
nissmässig viel Unfug mit ihr getrieben wird. Wie schwer kann 
es werden, Patienten, welche einmal von unverständiger Hand 
unter dem Titel Massage misshandelt worden sind, von der Nütz¬ 
lichkeit einer kunstverständigen Massagebehandlung zu überzeugen 
und ihre Scheu vor einer „neuen“ Kur zu besiegen! Das vor¬ 
liegende Werkchen ist im hohen Grade geeignet, das Interesse an 
der selbstständigen Uebung dieser Kunst zu wecken. Der Inhalt um¬ 
fasst sowohl die allgemeinen Regeln als auch die speciellen Vorschrif¬ 
ten der an den einzelnen Gliedtheilen und bei einzelnen Indicationen 
in der Gynäkologie, bei frischen Knochenbrüchen, bei Neuralgieen] 
bei Muskelrheumatismen, im Dienste der Orthopädie angewandten 
Technik, und die Auseinandersetzungen werden durch gut ausgeführte 
Bilder, bei welchen die einzelnen Bewegungslinien durch farbig 
Striche ausgezeichnet sind, deutlich illustrirt. Die Darstellung 
jeder einzelnen Manipulation ist bestimmt, und, soweit die Erler¬ 
nung einer Kunst überhaupt aus Büchern möglich ist, wird man 
hier genügende Belehrung finden. Die gymnastischen Handhabun¬ 
gen sind meist nur kurz an den entsprechenden Stellen genannt 
von allen instrumentellen und maschinellen Hülfseinrichtungen ist 
ganz abgesehen worden, aus leicht verständlichen Gründen im Hin¬ 
blick auf den oben angeführten Zweck des Buches. Obwohl der 
Autor nur die Darstellung der Technik im Auge gehabt hat, s«. 
ist doch nicht die wissenschaftliche Grundlage, die Erörterung der 
physiologischen Wirkungen der Massage, ausser Acht gelassen. 
Liegt doch gerade hierin der Schwerpunkt und das Grundelement 
des vom Autor Erstrebten. Ohne das volle Verständnis derselben 
wird es auch dem Arzt nicht gelingen, das zu erreichen, was seine 
Thätigkeit von der handwerksmässigen „Pfuscher tt arbeit des Laien 
unterscheidet, die nothwendige Individualisirung, das feinfühlige 
Anpassen allgemein gehaltener Regeln an die eigentümlichen Be¬ 
dingungen des einzelnen Falles. — Ueber die Ausstattung eines 
im Enke’sehen Verlage erscheinenden Werkes ist unnöthig zu 
sprechen. _ 


7. Johannes Ranke, Der Mensch. Zweite, gänzlich neubearbeitete 
Auflage. Erster Band: Entwickelung, Bau und Leben des mensch¬ 
lichen Körpers. Mit 650 Abbildungen im Text und 26 Farben- 
drucktafeln, von Dr. W. Etzold, Emil Eyrich, Georg 
Klepzig, Gustav Mützel, Adrian Walker u. a. 639 S 
gr. 8°. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut, 1894. 
Ref. Max Bartels (Berlin). 

Es war vorauszusehen, dass von dem bekannten Werke de> 
Münchener Anthropologen in relativ kurzer Zeit nach ihrem ersten 
Erscheinen eine neue Auflage nothwendig werden würde. Die all¬ 
gemeine Anordnung des Materiales ist dieselbe geblieben wie früher, 
und die nothwendig gewordenen Zusätze und Veränderungen wurden 
den betreffenden Abschnitten eingefügt. Wenn das V'erk nun 
auch in erster Linie geschrieben ist, um den Gebildeten aller btan e 
eine Unterweisung zu geben über den Bau und die Verrichtungen 
des menschlichen Körpers, so verdient es doch ganz h® 30 “ ^ 
hervorgehoben zu werden, dass auch für jeden Arzt eine u ‘ 
interessanten Stoffes darin enthalten ist. Die Schilderung 
anatomischen Verhältnisse, erläutert durch vortreffliche Abbu ung . 
die Erörterungen über die Physiologie, das ursprüngliche 
gebiet des Verfassers, und die vergleichend anatomischen * uh 
sind in so bequem übersichtlicher Form in keinem Lehrbuci 
einigt zu finden. Die Abbildungen wurden schon lobend erl ¬ 
auf die Tafeln über die Karyokinese, über die Embryologie u . 
die Leukämie der Grosshirnrinde möge noch besonders hing 
werden. 


n. Zeitschriftenübersiclit 

8 . Werner Spalteholz, Die VertheilungdorBlutSj^* 
in der Haut. I. Arch. f. Anat. u. Phys., anatom. Abw. 

S. 1—54, sechs Tafeln. . . . nm \ phv- 

Seit der Arbeit von Tomsa (Beiträge zur Ana ^ 

siologie der menschlichen Haut, Arch. f. Dermat. u .> P • f ^ 
also seit 20 Jahren hatte keine nähere Untereuchu . g yor . 

Gefässvertheilung in der menschlichen Haut stattge • aE 
liegende Abhandlung von Spalteholz, welche. V" - hen i ns titu: 
eine frühere Arbeit über Muskelgefässe im physio g -- 
zu Leipzig begonnen und auf der topographischen - Verhalt ^ 3 
Anatomie dort fortgeführt wurde, bezieht sich au ^,3 

beim Hunde, ferner beim neugeborenen und Ausnahme vo" 

Menschen, und zwar auf die gesammte Haut, unt i dit 

Kopf, oberer Brust und Rückengegend. Auf tue g0 u en nur 
Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werde , 
die Hauptergebnisse angeführt werden: 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIC 




5. Juli. 


LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


17 


1. Die Zahl der zuführenden ArteHen und deren Durchmesser 
ist für die Flächeneinheit der Haut an verschiedenen Stellen ver¬ 
schieden; ihre Zahl (theilweise auch ihr Durchmesser) ist an den 
Stellen, welche häufig äusserem Druck ausgesetzt sind (Gesäss, 
Fusssohle, Hohlhand), grösser. An leicht verschiebbaren Stellen 
verlaufen die Gefässe stärker geschlängelt (z. B. Zunge, Herz; 
Referent). 

2. Alle Aeste dieser Arterien anastomosiren miteinander 
und mit denen benachbarter Gefässe in reichlichem Maasse; sie 
bilden ein charakteristisches cutanes Netz in der untersten 
Schicht der Cutis, dicht auf dem Fettpolster, ausserdem aber auch 
an vielen Stellen Anastomosen in der Fascie und im subcutanen 
Fettgewebe. Die zur Haut führenden Arterien sind also keine 
Endarterien, wie es Manchot (1889) angegeben hatte. 

3. Zahl und Weite der Anastomosen sind an verschiedenen 
Stellen verschieden. Das cutane Netz ist am dichtesten, seine 
Theilstücke sind am weitesten an den Stellen, die am leichtesten 
und häufigsten äusserem Drucke ausgesetzt sind (siehe oben). — 
Die Anastomosen sind selbst bei schwacher, unregelmässiger Ent¬ 
wickelung mit blossem Auge sichtbar. 

4. An der Fusssohle gehen aus dem cutanen Netz Zweige 
nach aufwärts, die sich baumförmig verästeln und wiederum mit 
einander anastomosiren. Die Anastomosenbogen liegen ungefähr in 
der Höhe zwischen dem mittleren und oberen Drittel der Cutis 
(oder noch höher) und sind regelmässig vorhanden. Sie bilden 
so ein zweites „subpapilläres Netz“, dessen einzelne Gefässchen 
theilweise in der Richtung der Hautriffe verlaufen. Alle zu den 
Papillen gehenden Gefässe entspringen nun aus diesen Anastomosen¬ 
bogen des subpapillären Netzes, und zwar nur in Gestalt kleinster 
Stämmchen, deren Aestchen meist eine kurze Strecke in der 
Richtung der Papillenreihen, senkrecht unter ihnen verlaufen — 
ohne weiter miteinander zu anastomosiren — und die dann ihre 
Reiserchen in die Papillen entsenden. Die kleinen, aus dem 
subpapillären Netz kommenden Gefässe sind also End¬ 
arterien. Ihr Gebiet umfasst stets mehrere Papillen und schwankt 
zwischen 0,04 und 0,27 qmm (Mittel 0,16). 

5. Das subpapilläre Netz findet sich auch an anderen Körper¬ 
stellen, nur sind hier die Maschenräume durchschnittlich grösser: 
Unterschenkel 0,2—2,2, Gesäss 0,7—2,3. (Die Zahlen sind wahr¬ 
scheinlich — wegen der Methode — sämmtlich etwas zu gross.) 

6. Das venöse Blut aus den Papillarsehlingen passirt an der 
Fusssohle mehrere Netze. Von diesen liegt das oberste dicht 
unter den Papillenreihen, deren jede einer Längsvene entspricht, 
die mit der benachbarten durch Queräste verbunden ist. Dicht 
unter diesem Netz liegt ein zweites, das mit jenem durch schräge 
Aeste in Verbindung steht. Ein drittes Netz findet sich in der 
unteren Hälfte der Cutis, nicht so flächenhaft ausgebreitet wie 
jene, etwa zwischen mittlerem und unterem Drittel. In der unteren 
Hälfte der Cutis werden die Venen häufig als Begleitvenen der 
Arterien gefunden. — Das vierte Netz liegt an der Grenze 
zwischen Cutis und Subcutis, dicht über und unter der Schweiss- 
drüsenlage. Hier laufen die Venen meist von den Arterien ge¬ 
trennt. 

7. Ringmuskelfasern finden sich an den aus dem cutanen 
Netz aufsteigenden Arterien, ungefähr bis zur Mitte der Cutis, an 
den Venen noch im Bereich des an der Grenze zwischen Cutis und 
Subcutis gelegenen Netzes; an letzterem kommen „anscheinend“ 
auch Klappen vor. 

8. Das Fettgewebe der Cutis wird in zweierlei Weise ver¬ 
sorgt: Der tiefste Theil (subcutanes Fett) erhält sein Blut 
durch Aeste, die von den grösseren Stämmchen abgegeben werden, 
während sie das subcutane Gewebe durchziehen; der oberfläch¬ 
liche Theil (cutanes Fett) wird „anscheinend“ fast ausschliesslich 
von Gefässen versorgt, die aus dem cutanen Netz wieder „fascien- 
wärts“ (rückläufig) herabsteigen. 

9. Das Unterhautfettgewebe ist durch elastische Quer- und 
Längswände in grössere Lappen geschieden. Häufig spannt sich 
in der Mitte zwischen Cutis und Fascie eine continuirliche Mem¬ 
bran, welche so eine Art Scheidewand zwischen cutanem und sub- 
cutanem Fett darstellt. 

10. Alle zur Haut führenden Arterien und ihre grösseren 
Aeste sind in der gleichen Zahl und Anordnung schon beim Neu¬ 
geborenen vorhanden. Auch das cutane Netz und die oben hervor¬ 
gehobenen Unterschiede zwischen den verschiedenen Stellen sind 
schon deutlich erkennbar. Dies Verhalten ist demnach als ein 
ererbtes zu bezeichnen (Ref.). K. v. Bardeleben (Jena). 

9.G.Toepfer,Eine Methode zur titrimetrischenBestimmung 
der hauptsächlichsten Factoren der Magenacidität. Zeitschrift 
f. phys. Chemie 1894, XIX. Bd., Heft 1. 

Phenolphthalein ist für alle Aciditätsfaetoren empfindlich. Alizarin in 
gleicher Weise mit Ausnahme der locker gebundenen Salzsäure. Die 
Differenz zwischen dem Phenolphthaleinwerth und dem Alizarinwerth bei 


der Titration gleicher Mengen Magensaft giebt also den Werth für die ge¬ 
bundene Salzsäure. Auf dieser Thatsache ist das Verfahren Töpfer’s ge¬ 
gründet, das sich folgendermaassen gestaltet: In 10 ccm Mageninhalt titrirt 
man die Gesanuntacidität mit l /io Normallauge bei Zusatz von ein paar 
Tropfen 1 procentiger alkoholischer PhenolphthaleTnlösung aus, und zwar 
bezeichnet erst ganz dunkles Roth die Endreaction. Zu einer zweiten 
Portion fügt man 3—4 Tropfen 1 procentiger wässriger Alizarinlösung und 
titrirt mit Lauge bis zum Auftreten der ersten reinvioletten Färbung. 
Die Differenz zwischen den gefundenen Grössen giebt io gebundene Salz¬ 
säure. Den Werth für die freie bekommen wir durch Titration unter 
Anwendung des Dimethylamidoazöbenzol (3—4 Tr. einer 0,5 proc. alkohol. 
Lösung); bis zum Verschwinden der Rothfärbung wird hiervon der Lauge 
eingeträufelt. Controllversuche an verschiedenen Gemischen ergaben an¬ 
scheinend brauchbare Resultate. Das Dimethylamidoazobenzol soll ein 
noch ferneres Reagens auf freie HCl sein als das Phloroglucin-Vanülin. 

Rosenheim (Berlin). 

10. Ribbert, Zur Anatomie der Lungenentzündungen 
(Ueber Ausscheidung des Fibrins, sein Verhalten zu den 
Zellen, die Lagerung und Vernichtung der Coccen, die 
indurativen Processe). Fortschritte der Medicin 1894, Bd. 12, 
No. 10. 

Verfasser giebt in dem Aufsatze ein Resumä der in letzter 
Zeit von ihm selbst und seinen Schülern über Pneumonieen ge¬ 
machten Beobachtungen. Auch bei der fibrinösen Pneumonie ist das 
Exsudat lobulär an geordnet, und zwar in der Weise, dass in 
den Bronchiolen und den zunächst gelegenen Alveolen sich vor¬ 
wiegend zellige, in den weiter nach aussen gelegenen Alveolen vor¬ 
wiegend fibrinöses Exsudat vorhanden ist. Auch lässt sich öfters 
nachweisen, dass in Infundibulargängen vorwiegend Zellen, in den 
anliegenden Alveolen vorwiegend Fibrin enthalten ist. Die erou- 
pöse Pneumonie unterscheidet sich also von der katarrhalischen 
in Bezug auf die Ausbreitung nur dadurch, dass sie sich in diffuser 
Weise auf das ganze Lungengewebe ausdehnt. Aus der Vertheilung 
der genannten einzelnen Veränderungen kann man schliessen, dass 
die Infection auch bei der croupösen Pneumonie auf dem Bronchial- 
wege erfolgt. Je geringer die Fibrinausscheidung ist, um so mehr, 
je lebhafter sie ist, um so weniger Coccen werden gefunden. Letztere 
finden sich vorwiegend in den central gelegenen Alveolen, da wo 
auch die zellige Exsudation am stärksten ist. Die zahlreich vor¬ 
handenen Coccen verhindern die Fibrinbildung und rufen mehr 
zellige Exsudation hervor. 

Auch in tuberkulösen Lungen beobachtet man nicht selten 
eine Fibrinausscheidung in den peripher im Lobulus gelegenen 
Alveolen, und zwar kann man sie nicht ausschliesslich auf Misch- 
infectionen mit anderen Bacterienarten zurückführen, sondern muss 
auch den Tuberkelbacillen die Fähigkeit zuschreiben, durch ihre 
toxischen Producte exsudative Entzündung hervorzurufen. 

Auch in Blutgefässen kommen bei pneumonischen Processen 
Gerinnungen in Form von Fibrinthromben vor; auch in Capillaren 
treten solche auf. Hierauf ist die in der Lunge bei grauer Hepa¬ 
tisation vorhandene Anämie wenigstens zum Theil zurückzuführen, 
indem die Gerinnungen die Circulation zwar nicht vollkommen auf- 
lieben, aber doch zum Theil hemmen. Es kann das auch der Fall 
sein, obwohl die Lungengefässe an solchen Stellen noch injicirbar 
sind, da eben die Injectionsmasse noch eindringen kann, wo es 
dem Blutstrom schwerer möglich ist. 

Die anämische Beschaffenheit hepatisirter Lungentheile 
hat zweierlei Wirkungen. Sie befördert einerseits den Zerfall des 
Exsudats und erleichtert damit dessen Resorption; andererseits 
trägt sie durch Verminderung der Sauerstoffzufuhr zur Vernichtung 
der Coccen bei. An letzterer muss auch Vorgängen der Phago- 
cytose eiue Bedeutung zuerkannt werden. In manchen Fällen 
fand Ribbert alle Coccen ausnahmslos in Wanderzellen ein- 
geschlossen. Die regelmässige Dauer der croupösen Pneumonie 
erklärt sich dadurch, dass den Coccen im allgemeinen eine gleiche 
Lebensenergie zukommt und dieselben daher in ziemlich gleichen 
Zeiträumen absterben werden. 

Für die indurativen Processe hat Cohn nachgewiesen, 
dass die sich entwickelnden Bindegewebszüge durch die Alveolar¬ 
wände hindurch treten und nicht von diesen aus gebildet werden. 
Her big hat nun unter Ribbert’s Leitung den Beweis geliefert, 
dass diese Bindegewebswucherung namentlich von der Wand 
der kleineren Bronchien ihren Ausgang nimmt; sie folgt 
dem Bronchiallumen nach abwärts und gelangt bis zu den Alveolen, 
in die sie in Form von Pfröpfen vordringt, -welche dann die Al¬ 
veolarwände perforiren. Schmaus (München). 

11. A.Lode, Ein subseröses Myom des Ileum nebstBemer- 
kungen über Darmmyome. Aus dem pathologisch-anatomischen In¬ 
stitut des k. und k. Garnisonsspitales No. 1 in Wien. Wiener klin. 
Wochenschr. 1894, No. 21 u. 22. 

Verfasser beschreibt einen Fall von über faustgrossem Myom im 
unteren Theile des Ileum bei einem 66 Jahre alten Manne, dessen Kranken¬ 
geschichte kurz folgende ist: Seit ca. 20 Jahren litt Patient an Chole- 
lithiasis (und Nierenleiden) mit zeitweise auftretenden heftigen Kolik? 


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LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


18 

aufallen. Vor zwei Jahren kurz dauerndes Erbrechen und Unwohlsein, 
im folgenden Jahre Symptome des Darmverschlusses, die nach einigen 
Tagen wieder schwanden und auf Einklemmung eines Gallensteines be¬ 
zogen wurden. Im folgenden Frühjahre zunehmende Verschlimmerung. 
Heftiges Erbrechen, Obstipation, Fieber, benommenes Sensorium, weiter¬ 
hin das Auftreten einer Geschwulst in der Cöcalgegend mit Röthung und 
Schmerzhaftigkeit boten die Indication zur Laparotomie, die aber vom 
Patienten, ebenso wie bei dem früheren Anfalle, verweigert wurde. Die 
Section ergab einen vom unteren Theile des Iloum ausgehenden und sich 
mikroskopisch als Leiomyom erweisenden, zahlreiche erweiterte Venen¬ 
räume enthaltenden Tumor, der zu lokaler Peritonitis mit leichten Ad¬ 
häsionen geführt hatte. Vom Darmlumen aus führte durch einen schmalen 
Halslheil (Tractionsdivertikel) eine kleine Ooffnung in das Innere des 
Tumors, woselbst sich Koprolithen, verändertes Blut und eingedickte Ex¬ 
sudatmassen fanden, die Wandung zeigte sich unregelmässig erweicht und 
eiterig infiltrirt. Umgeben wurde die Neubildung von einer derben Binde- 
gewobsschicht als Fortsetzung der Darmserosa. Betreffs des Ursprunges 
des Tumors zeigte sich, dass er sehr wahrscheinlich von der inneren, 
circularen Schicht der Muscularis ausgegangen war. 

Aus der mitgetheilten Litteratur geht hervor, dass Myome des 
Darmes sehr selten beobachtet wurden, etwas häufiger wurden analoge 
Geschwülste des Magens beschrieben. Sie sind entweder innere, in das 
Darm- resp. Magenlumen hineinragende und gehen dann meistens von der 
Muscularis mucosae aus, oder, wie im vorliegenden Falle, äussere, von der 
musculären Schicht des Darmes ausgehend, welch’ letztere noch seltener 
beobachtet wurden als erstere. Zu unterscheiden sind übrigens von den 
eigentlichen Neubildungen solche Myome, welche nur lokale Hypcrplasieen 
der Muskelfasern, Hypertrophieen aller Schichten der Darm- resp. Magen¬ 
wand darstellen, welche nicht scharf abgegrenzt sind und hervorgerufen 
werden durch Knickungen des Darmes, Abscesso u. a. Selbige unter¬ 
scheiden sich auch durch den regulären Verlauf der Muskelfasern von 
Jen echten Myomen. 

Betreffs des klinischen Verlaufes wäre noch zu erwähnen, dass innere 
Myome zu Invaginationen Veranlassung bieten können, indem sie von der 
Peristaltik erfasst werden und die Darmwandung mit sich ziehen. Giössere 
können natürlich vollkommene Darmstenose bedingen. Die klinischen Er¬ 
scheinungen der äusseren Myome werden durch vorliegenden Fall illustrirt. 

Ed. Rcichmann (Elberfeld). 

12. A. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand der 
bacillären Cholerafrage und über diesbezügliche Selbst- 
infectionsversuche. Wiener med. Wochenschrift 1894, No. 1—6. 

Dräsche trägt alle diejenigen Punkte mit Geschick zusam¬ 
men, die imstande sind, die ätiologische Bedeutung der Cholera¬ 
vibrionen zu erschüttern oder in Frage zu stellen. Zunächst 
betont er die Unsicherheit der morphologischen Kriterien und 
zeigt dann, wie gerade in neuerer Zeit auch sämmtliche biolo¬ 
gischen Unterscheidungsmerkmale — den Thierversuch ein¬ 
begriffen — in Frage gestellt worden wären. Weiter stellt er 
aus der Litteratur sicher und weniger sicher beglaubigte Fälle zu¬ 
sammen, wo in zweifellosen Fällen von asiatischer Cholera die 
Choleravibrionen vermisst wurden oder wenigstens auf keine Weise 
mit unserer heutigen Methode nachweisbar waren. Umgekehrt da¬ 
gegen hätte man auch bei ganz gesunden Individuen (Gaffky, 
Rumpf, Rumpel) echte Choleravibrionen gefunden (diese Befunde 
sind allerdings durch die Untersuchungen von Dunbar — Phos- 
phorescenz der betreffenden Vibrionep — zweifelhaft geworden. Ref.). 
Endlich sei es auch auffallend, dass zu Cholerazeiten tödtliche 
oder schwere Darmerkrankungen vorkämen, die lediglich wegen 
des negativen Vibrionenbefundes als Cholera nostras angesehen 
wurden (Fürbringer, Guttmann, Pertik, Rumpf u. a.). 
Wenn Koch nun weiter in der Verbreitung der Cholera längs der 
Flussläufe und dem Nachweis von Choleravibrionen in den betref¬ 
fenden Gewässern eine weitere Stütze für die ätiologische Bedeutung 
des Choleravibrio sieht, so sucht Dräsche dies dadurch zu 
entkräften, dass er den Einwand macht, die Choleravibrionen seien 
erst secundär in die Flüsse hineingelangt; auch meint er, dass es 
auffallend sei, dass kaum ein sicherer Beweis für Uebertragung 
der Cholera durch Nahrungsmittel vorliege. Schliesslich bespricht 
Dräsche die Infectionsversuche, die mit Reinculturen von Cholera¬ 
vibrionen am Menschen vorgenommen sind und die er im einzelnen 
durchgeht. Dabei geht er genauer auf die Versuche ein, die 
im Stricker’schen Laboratorium in Wien von Dr. Hasterlik 
ausgeführt wurdeu und wobei von acht Versuchen nur drei schein¬ 
bar positiv ausfielen. Im einzelnen sucht aber Dräsche nachzu¬ 
weisen, wie selbst in den scheinbar positiven Fällen die Krank¬ 
heitserscheinungen von denen bei der asiatischen Cholera in vielen 
Punkten abwichen. Da nun aber von 27 Versuchen an Menschen, 
wo sehr grosse Mengen von Choleravibrionen eingeführt wurden, 
höchstens 10 scheinbar positiv ausfielen und ähnliche Erfolge auch 
mit ganz anderen Mikroorganismen, z. B. Streptococcn (Versuche 
im Stricker’sehen Laboratorium) zu erzielen wären, so misst 
Dräsche auch den positiven Fällen keine Beweiskraft zu. Er 
kommt vielmehr zu dem Schluss, dass weder durch den Thier- 
noch durch den Menschenversuch die Specificität der Cholera- 
yibnonen erwiesen ist. — Es würde den Rahmen eines Referates 
überschreiten, wenn man der geschickten, aber einseitigen Dar- 


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Stellung Drasche’s gegenüber die Kehrseite der Medaille herv,- 
heben wollte. So sehr aber Referent auch zugeben muss da 
durch die neueren Untersuchungen über die Cholera eher mehr Unklar 
heiten in die Epidemiologie dieser Krankheit hineingekommen 
und so sehr eigentlich auch der praktische Werth der bacterioW, 
sehen Untersuchung bei der asiatischen Cholera gesunken ist 
muss er doch betonen, dass man bis auf weiteres den Cholera¬ 
vibrio als das eine erregende Moment der asiatischen Cholera "fe 
trachten muss. 

18. A. Maassen, Beiträge zur Differenzirung eini^r 
den Vibrio der asiatischen Cbolora verwandtenVibrionou 
und kurze Angaben über eiweissfreie Nährböden von 
allgemeiner Anwendbarkeit. Arbeiten aus dem Kaiserliche 
Gesundheitsamt. 

Nachdem durch die neueren Untersuchungen namentlich im 
Wasser, aber auch in menschlichen Faeces zahlreiche Vibriere 
aufgefunden waren, die auch durch Cultur uud Thierversuch v«m 
dem Vibrio der Cholera asiatica kaum zu unterscheiden sind, 
wurden im Reichsgesundheitsamt vergleichende Untersuchung 
über sie angestellt, über deren vorläufige Ergebnisse Maasen 
berichtet. l)Die von Kutscher gemachte Beobachtung, dass ein* 
Anzahl der fraglichen Bacterien die Fähigkeit besitzt, im Dunkeln 
auf den gewöhnlichen Nährböden zu leuchten, wurde bestätigt: 
ferner gezeigt, dass die Phosphorescenz auch bei Temperaturen von 
22—30° C gut eintritt und durch Kochsalzzusatz über 1,5 °/ 0 ab- 
nimmt, was zur Unterscheidung von den bisher bekannten leuchtenden 
Meeresbacterien hervorgehoben wird 2) Wurde festgestellt, da» 
die choleraähnlichen Vibrionen eine grosse Neigung besitzen, starb 
meist faltige Häute zu bilden; besonders trat dies bei stärker 
alkalischen Nährböden ein, so dass zum Beispiel die chobra- 
ähnlichen schon auf Nährböden, die nur 0,15 % Soda über den; 
Lackmusblau-Neutralpunkt enthielten, faltige Häute bilden, während 
die Choleravibrionen es erst bei einem Zusatz von 0,5 % Soda tte 
3) Ist das Wachsthum auf alkalischer Serumbouillon Charakteristikli 
Hier tritt die Faltenbildung meist schon nach einem Tag» 1 rin. 
während die Reaction allmählich schwach sauer wird. Nach Hl j i* 
14 Tagen, spätestens in drei Wochen ist aber die saure Reactk 
in eine stark alkalische umgeschlagen, wobei zugleich lebhaft’ 
Indolbildung Platz gegriffen hat. Etwas ähnliches konnte Iw; 
Choleravibrionen bis jetzt nicht beobachtet werden. 4) Lässt *irt 
ein ähnliches Verhalten auch auf vollkommen eiweiss- und popt i- 
freien Nährböden (neutralisirte Aepfelsäurelösung mit Zusatz v r. 
Asparagin, Magnesiumsulphat, reinem Soda und sekundärem Natrium- 
phosphät) feststellen. Die leuchtfähigen Vibrionen zeigten auf 
diesen Nährböden schon nach 18 Stunden sehr starkes Leuchten 

0. Lubarsch (Rostock). 

14. Leo Newmark (San Francisco), A contribution to ihr 
study of the family form of spastic paraplegia. American 
journal of the medical Sciences, April'1893. 

Als Beitrag zu den verschiedenen Formen bereits besann er 
congenitaler familiärer Erkrankungen des Nervensystems tiei 
Newmark Beobachtungen über zwei Familien mit, in , lI ' eL 
mehrere Mitglieder an spastischer Paraplegie litten: m jr 
ersten Familie ein Bruder und eine Schwester (ein Vetter au» • 
dem an „bilateraler spastischer Hemiplegie“, alle drei seit nin 
Kindheit). In der zweiten Familie waren drei Brüder, im - 
von 16, 14 und 13 Jahren, befallen, während fünf jung«» f 
schwister bisher verschont waren. Keine nachweisbare nere > ■ 
Anlage (doch sollen bei der ganzen zweiten Familie, wie aui '■ 
einem Theile der ersten, die Sehnenreflexe auffällig verstar - 

Eulenburg (Berlin». 

15. Oebecke, Zur Aetiologie der all ^ em ® 1 ! l j o I1 R !i 0 i 
schreitenden Paralyse. Allg. Zeitschrift f. P s y c J ,a _ ■ h ' an . 

In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Aerzte ^ 
gelegen sein lassen, über einzelne Ursachen der allgem . 
schreitenden Paralyse, namentlich deren Beziehung z ^ 

gangener Syphilis genauere Erhebungen anzustel.len, un ^ 
vorwiegend zu der jetzt meist vertheidigten Ansicht g - 
eine bestimmte Einwirkung der Syphilis auf das e 
System eintrete, die eine spätere Entwickelung - e 

ralytica erleichtere, oder dass gar die Paralyse emo ^ac *, ] 

erkrankung der Syphilis sein solle, während die . 

Autoren auch heute noch einen Zusammenhang z ‘ a j g f i> 
beiden Krankheiten leugnet und deren Zusammen 
zufälliges, keinesfalls als ein ursächliches ansieht. . r p,. 

Verfasser studirte nun an 100 Fällen von P hatten. 

ralyse, die in seiner Privatirrenanstalt Aufnahme g ngch $■: 

die ätiologischen Factoren eingehend, indem er - ^ 

Richtungen hin gruppirte. Bei 47 seiner Kragen 
syphilitische Infection in der Vorgeschichte ni ^ p> 

werden; bei diesen konnten als wahrscheinliche - 


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5. Juli. LITTER ATUII- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


krankung sechsmal geistige Ueberanstrengung und Gomüthsbe- 
wegungen angesehen werden, fünfmal combinirten sich diese Schä¬ 
digungen mit direkter Erblichkeit und neuropathischer Belastung 
im allgemeinen, dreimal mit persönlicher Nervosität, die sich als 
Neigung zu Ueberhebung von Jugend an, Hang zu Exceutricitäten, 
geringe geistige Veranlagung und Unbrauchbarkeit im praktischen 
Leben kundgab. Bei den anderen Kranken fanden sich Alkohol- 
excesse, Strapazen, unregelmässiges Leben, Excesse in Venere et 
Baccho u. s. w. in der verschiedensten Weise vereinigt. Die 
anderen 53 Kranken hatten alle Syphilis überstanden: auf die 
ersten neun Jahre nach der Infection entfallen nur elf Erkran¬ 
kungen an Paralyse, 19 auf das 10. bis 14. Jahr, elf auf das 15. 
bis 19. Jahr, je ein Fall auf das 20. und 23. Jahr, und in zehn 
Fällen liess sich die Zeit nicht genauer feststellen. Nur bei drei 
der syphilitisch gewesenen Kranken schien keine weitere Schädi¬ 
gung bei der Entstehung der Dementia paralytica mitgewirkt zu 
haben; neben Syphilis traten in vier Fällen erbliche Einflüsse und 
eigene Nervosität als Ursachen hervor. Gegenüber der Häufigkeit 
der geistigen Ueberanstrengung und der Gemüthsbewcgungen als 
Mitveranlassung der Erkrankung bei den Nichtsyphilitischen er¬ 
wiesen sich bei diesen neben der neuropathischen Belastung haupt¬ 
sächlich sexuelle Excesse und rein somatische Störungen als ätiolo¬ 
gisch bedeutsam; recht häufig findet sich auch Alkoholmissbrauch 
notirt. 

Die Procentverhältnisse der einzelnen ursächlichen Momente bei 
den 100 Paralytikern sind die folgenden: Syphilis 53%, ncuro- 
pathische Belastung 46 %, persönliche nervöse Anomalieen 44 °/o, 
Alkoholmissbrauch 43 %, geistige Ueberarbeitung und Gemüths- 
bewegungen 42 %, sexuelle Excesse 41 %, direkte Erblichkeit 
22 %, Strapazen 22 %, Trauma 5 %. 

Die Syphilis erweist sich demnach unter den Factoren, die 
die Entwickelung der allgemeinen Paralyse nach der bisherigen 
Annahme und Lehre im allgemeinen begünstigen, in diesen Fällen 
wieder als der häufigste, obschon auch eine erhebliche Anzahl von 
Paralyseerkrankungen ohne vorangegangene Syphilis, wie bemerkt, 
vorkommt. Was den Beruf der 100 Kranken anbelangt, so ge- 
gehörten 54 dem Kaufmannsstande an, 23 den gelehrten Ständen, 
5 waren Officiere, und die übrigen 18 lebten den verschiedensten 
Beschäftigungen; verheirathet waren 73, unverheirathet 27. Die 
Hälfte aller Kranken stand beim Ausbruch der Paralyse im Lebens¬ 
alter von 36—45 Jahren. Von den drei Kranken unter 30 Jahren 
datirte der Beginn der Krankheit bei einem nachweislich von einem 
Trauma, die beiden anderen hatten in Baccho et Venere unsinnig 
excedirt, beide waren neuropathisch belastet und von Jugend an 
persönlich abnorm, bei dem einen war der Vater ein Trinker ge¬ 
wesen. 

Ueber 50 Jahre zur Zeit des Beginns der Paralyse zählten 
nur neun Kranke, und sieben davon gehörten zur Paralyse ohne 
Syphilis. Lewald (Berlin-Lichtenberg). 

16. A. Chipault, Chirurgie de la moelle et des racines 
mödullaires. Revue de Chirurgie, August 1892, Jahrg. 12. 

Eine zusammenfassende Darstellung der operativen Eingriffe 
bei Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückenmarkes leitet 
Chipault mit der Besprechung der Technik zur Blosslegung der 
hinteren Fläche ein. Von den hier benutzten Methoden bevor¬ 
zugt er den Längsschnitt über die Processus spinosi hin; sind 
deren Muskeln und Fascie von den Wirbelbögen abgelöst, so 
lässt sich die Wunde weit auseinanderziehen. Zur Resection der 
Wirbelbögen wird aufs wärmste die schneidende Flachzange von 
Mathieu empfohlen. Geht man dabei subperiostal vor, so kann 
man eine mehr oder weniger ausgedehnte Regeneration der Bögen 
erleben. Wenn es der Krankheitsfall erfordert, muss weiterhin 
zur Eröffnung der Dura mater geschritten werden, was am besten 
durch einen Längsschnitt geschieht. Durch tiefe Lagerung des 
Kopfes vermeidet man allzulanges Ausfliessen von Liquor cerebro¬ 
spinalis. Da das letztere für die Nachbehandlung nicht wünschens- 
werth ist, so muss die Wunde in der Dura schliesslich sorgfältig 
vernäht werden, wozu Catgut beliebt wird. Der oberflächlichere 
Theil der Wunde kann nach Bedürfniss drainirt werden. Die oft 
üblen Folgen eines langen Offenbleibens des Wirbelcanals werden 
besprochen; Chipault verwendet zur Naht der Dura eine besondere 
gestielte Nadel. 

Um die vordere Fläche des Rückenmarks und die Wirbel¬ 
körper zu erreichen, können zwei Wege eingeschlagen werden. 
Erstens kann man den Wirbelcanal, wie oben beschrieben, von 
hinten her eröffnen und sich dann — rechts und links — in dem 
venen- und fettreichen Gewebe, das zwischen Dura mater und 
Knochen gelagert ist, mit Vorsicht nach vorn Vorarbeiten, und 
zwar zwischen den Wurzeln der Rückenmarksnerven hindurch. 
Diese sind elastisch und lassen sich so gut lockern und ausein¬ 
anderziehen, dass man einen mässig grossen Bezirk der hinteren 


Fläche der Wirbelkörper weiteren Eingriffen zugänglich machen 
kann. Zweitens kann man die Wirbelbögen von der Seite her 
angreifen, und zwar in der Lumbalgegend nach Tr&vos, in der 
Dorsalgegend nach Viucent-Schoefer. Hier wird seitlich ein- 
gesclmitten, der Processus transversus resecirt und daun Kopf und 
Hals der Rippe. Dadurch ist dio soitliche und hintere Gegend der 
Wirbelkörper weit blossgelegt. Dasselbe muss, wenn nöthig, auch 
auf der anderen Seite geschehen. Grosse Vorsicht ist natürlich 
goboten wegen leichter Verletzung der Pleura, der Nerven etc. 

In einem letzten Abschnitt bespricht Chipault noch die 
„Naht“ der Wirbel, die man dadurch vollzieht, dass man Silber¬ 
draht einfach oder in Achtertour um die Processus spinosi oder 
transversi benachbarter Wirbel schlingt und sie dadurch an ein¬ 
ander befestigt. — Die Punction des Wirbelcanals in der Lenden¬ 
gegend schildert er dann nach Quincke. Bei dieser ist Betäubung 
nicht nöthig; wohl aber muss die Narkose bei den erstgenannten 
Operationen eine tiefe sein. Shok hat Chipault dabei nicht be¬ 
obachtet. Sorgsamste Ruhe ist bei der Nachbehandlung dringend 
nothwendig. 

17. J. H. Nicoll, A method of exeising the prostate. 
The Lancet, April 1894, p. 926. 

Die Gefahren bei den bisher üblichen Methoden der Excision 
der Prostata bestehen in der Blutung und Infection von der Wunde 
aus. Sie sind grösser als es scheint, da manche übel abgelaufene 
Fälle nicht veröffentlicht werden. Nicoll schlägt nun eine com- 
binirte Methode vor, die er an der Leiche geübt und zweimal an 
Lebenden ausgeführt hat. Zunächst Eröffnung der Blase durch 
Sectio alta und Annähung der Blasenwunde an die Bauchwunde 
mit nachfolgender gründlicher Desinfection der Blase mit schwacher 
Carbollösung; dann wird mittels Perinealschnittes die hintere Fläche 
der Prostata blosgelegt und die Kapsel gespalten. Nun folgt die 
Ausschälung (Enucleatio) der Prostata mit Messer, scharfem Löffel 
etc., wobei ein Assistent von der Blase aus die Prostata in die 
Dammwunde herabdrückt. Endlich wird die Dammwundhöhle mit 
Jodoformgaze ausgestopft, die die Blasen- an die Bauchwuride 
heftenden Nähte werden durchschnitten, so dass die Blase wieder 
zurücksinken kann. Auch diese Wunde wird tamponirt, nach Ein¬ 
führung eines Katheters durch die Urethra in die Blase. Unter 
täglicher Ausspülung mit Carbolwasser wird die Wunde der 
Granulationsheilung überlassen. Doch ist diese Operationsmethode 
für die Fälle, wo es sich um einen hypertrophischen, stark in die 
Blase vorragenden Mittellappen handelt, ungenügend. Hier muss 
man nach acht bis zehn Tagen, wenn die Schleimhaut ihren 
entzündlichen Charakter verloren hat, doch vom Innern der Blase 
aus den Mittellappen reseciren. Auch hat das Enucleiren der 
Prostata vom Damm aus den Nachtheil, dass man die Samenaus-* 
führungsgänge leicht mit zerreisst. — Genug, diese neue Operations¬ 
methode scheint doch noch manchen Haken zu haben, und es wäre 
vielleicht besser gewesen, wenn Nicoll mit der Empfehlung der¬ 
selben etwas gewartet hätte. A. Biddcr (Berlin). 

18. Gabr. Corin und George Ausiaux, Untersuchungen 
über Phosphorvergiftung. Vierteljahrsschrift für gerichtliche 
Medicin Bd. VH, 1894. 

Aus ihren experimentellen, wie aus den beim Menschen bisher 
gemachten Beobachtungen schliessen die Verff., dass die Flüssig¬ 
keit des Leichenblutes bei durch Phosphor vergifteten Individuen 
nur bei subacutem Verlauf vorkommt. Als hauptsächliches Merk¬ 
mal dieses Blutes ist hervorzuheben, dass das durch Absetzen der 
Blutkörperchen erlangte Plasma kein Fibrinogen, d. h. keine bei 
57° gerinnende Substanz enthält. 

MaxFlaten, Vergiftung durch Carbolineum. (Ebenda.) 
Nach Trinken eines Schluckes Carbolineum, das 85° o Phenole, 6,5°/o 
Kohlenwasserstoffe, 1% Pyridinbasen und 8% Wasser enthielt, 
verfiel ein 52jähriger Mann in Coma, starb nach 10 Stunden. 
Die Section ergab trübegelben Urin, Ecchymosen im Magen und 
Duodenum, Trübung der Nierenrinde, flamingorothe Färbung in 
Rachen, Kehlkopf, Luftröhre; zellig fibrinöse Pneumonie im rechten 
Unterlappen. Auffallend war ferner, dass bei der Section der an¬ 
fangs hellrosagraue Dünndarm durch Luftzutritt dunkelbronce- 
grün wurde. (Bildung von Hydrochinon aus den im Darm ent¬ 
haltenen Phenolen). 

0. Berkhan (ebenda) macht unter Vorlegung von inter¬ 
essanten Schriftproben darauf aufmerksam, dass die Störungen der 
Schriftsprache mehr als bisher für die Erkennung des Schwach¬ 
sinnes in gerichtlichen Untersuchungen und auch bei Prüfung der 
Heeresdienstfähigkeit herangezogen werden mögeni - 

Carl Ipsen, Untersuchungen über die Bedingungen 
des Strychninnachweises bei vorgeschrittener Fäulniss. 
(Ebenda.) Ipsen’s in Kratter’s Institut angestellfce Untersuchungen 
klären die Widersprüche, welche bisher in der Frage über die 
Möglichkeit des Strychnin nach weises in gefaulten Leichen bestanden. 


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LITERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Während Dragendorff dem Strychnin eine fast unbegrenzte 
Widerstandsfähigkeit gegen Fäulniss zusprach, konnte Ranke mit¬ 
unter schon nach 100 Tagen den chemischen Nachweis nicht mehr 
führen Ipsen’s Versuche zeigen an, dass das Strychnin m der 
That trotz vorgeschrittener Fäulniss nicht zerstört wird, dass es 
aber mit den diffundirenden Körpersäften aus dem Cadaver ver¬ 
schwindet, daher bei vorgeschrittener Eintrocknung des Leichnams 
in diesem nicht mehr nachweisbar sein kann, während sein Nach¬ 
weis event. noch in den Kleidern, dem Sarge gelingt, dass seine Auf- 
flndbarkeit von der dichten und schwer zerstörbaren Beschaffenheit 
des Sarges und der Undurchlässigkeit des Erdbodens abhängig ist. 

Das Superarbitrium der Königlichen wissenschaft¬ 
lichen Deputation für das Medicinalwesen, betreffend Mord eines 
Kindes (Ref. v. Bergmann, Corref. Skrzeczka) (ebenda) bezieht sich 
auf den vielbesprochenen Fall des Unteroffiziers, der, wegen versuchten 
Mordes seines unehelichen Kindes verurtheilt,vom Zuchthaus aus seine 
Restitution betrieb und auf Grund eben dieses Gutachtens auch er¬ 
reichte. Die Pflegerin des Kindes hatte angegeben, dass sie wiederholt, 
nachdem der Angeklagte sich Tags zuvor mit dem Kinde zu schaffen 
gemacht hatte, in dessen Excrementen und im After spitze Gegen¬ 
stände (Nadelstücke, Stahlfedern etc.) bemerkt hätte. An diesen 
Gegenständen waren chemische Veränderungen nicht wahrnehmbar. 
Es war der Verdacht entstanden, dass der A. die Gegenstände 
dem Kinde gewaltsam in den Rachen geschoben hätte. Die früheren 
Gutachten hatten diese Annahme bis zu einem gewissen Grade 
unterstützt. Das Obergutachten spricht sich dahin aus, dass ein 
gewaltsames Einbringen der Gegenstände in den Rachen des Kindes 
ohne Hülfe einer zweiten Person und ohne irgend welche Ver¬ 
letzungen, die notorisch fehlten, noch dazu ohne Schreien des 
Kindes, kaum denkbar erscheine; dass freilich ein Beibringen der¬ 
selben mittels eines dickflüssigen Breies möglich sei, dass aber vor 
allem, wenn auch die Möglichkeit einer glücklichen Passage der 
Fremdkörper durch den Verdauungsapparat ohne Verletzungen zu¬ 
zugeben sei, jedenfalls irgend welche Beweise eines solchen Durch¬ 
ganges im vorliegenden Falle fehlten, da die einzigen Krankheits¬ 
erscheinungen, Diarrhöen und Erbrechen bei dem aufgepäppelten 
Kinde nichts bewiesen. Es beruhe eben die ganze Anklage auf 
den Angaben der Pflegerin, und es sei eine Täuschung derselben 
wohl denkbar. Fr. Strassmann (Berlin). 


m. Therapeutische Mittheilungen. 

— Westhoff, Die Behandlung von Contracturen des Ellbogen« 
gelenks mit dem Pendelnpparat. Zeitschrift für orthopädische Chirurgie, 
Bd. II, 3. Heft. Westhoff hat das von Krukenberg in die Therapie 
der Contracturen eingeführte Prinzip der Pendelschwingung in sehr 
geschickter Weise für die Behandlung der Ellbogenversteifungen zu ver- 
werthen gewusst. Der von ihm construirte Apparat besteht aus einer 
Vorderarmhülse, in dereu Verlängerung ein das Olecranon überragender 
Eisenstab angebracht ist. Das an letzterem verschiebliche Laufgewicht 
vermag die Eigenschwere des Vorderarmes zu compensiren wie der Balken 
einer im Gleichgewicht befindlichen Wage. Unterhalb des Ellbogens 
hängt an einem Scharnier die etwa 1 m lange Pondeistange, die sich an 
einem Gradbogen in beliebigem Winkel zum Unterarm feststellen lässt, 
so dass der Apparat jedem Grad der Contracturstellung angepasst werden 
kann. Das compensirende Laufgewicht bewirkt, dass die Pendel¬ 
schwingungen auf den völlg entlastet schwebenden Unterarm schonender 
einwirken können, als wenn sie erst den Widerstand desselben zu über¬ 
winden hätten. Ein wenn auch geringer Anfangsgrad von Beweglichkeit 
des Gelenkes ist die für eine solche Behandlung nothwendige Voraus¬ 
setzung, eine fötale Ankylose wird der Apparat nicht zu mobilisiren ver¬ 
mögen, wohl aber eignet er sich vortrefflich zur Nachbehandlung von rese- 
cirtcn Gelenken (besonders wegen Ankylose). Die Patienten werden rasch 
mit der Vorrichtung vertraut und üben mit Ausdauer, da sie selber die 
Behandlung und fortschreitende Besserung in Händen und vor Augen 
haben. Westhoff giebt am Schlüsse seiner dankenswerthen Mittheilung 
eine Reihe von Krankengeschichten der Greifswalder chirurgischen Klinik, 
aus denen die fast durchweg sehr günstigen Resultate seiner Behandlungs¬ 
weise entnommen werden können. Vulpius (Heidelberg). 

— Ueber den therapeutischen Nutzen der Caesium- und Rubidium¬ 
salze berichtet Dr. Schaefer (Kansas City) nach einigen Selbstversuchen. 
Er hat das brom- und weinsaure Salz mit gutem Erfolge gegen nervöses 
Herzklopfen gebraucht. Die Dosis betrug 0,18—0,3 g drei mal täglich. 
Ausgedehnteren Versuchen, von denen nach Ansicht des Verfassers ent¬ 
schiedener Nutzen zu erwarten ist, steht vorläufig noch der ausserordentlich 
hohe Preis entgegen. — (American. Therapeut. Juni 1894). 

_ H. Citron (Berlin). 

^ _ —_ Sterilislrte Morphiumlösung (0,01 Morphium auf 0,1 ccm Flüssig¬ 

keit) wird in zugeschmolzenen kleinen Glastuben von Dr. K ade’s Oranien- 
apotheke auf Veranlassung von Dr. Nahmmacher nach einem von der 
British Pharmacopoea angegebenen Verfahren hergestellt. 


IV. Kleine Anzeigen. 

— Von 0. v. Herff, Grundriss der geburtshülflichen Or.fe 
rationslehre (Berlin, Fischer’s med. Buchhandlung, 1894) wird eine 
italienische Uebersetzung vorbereitet. 

— Die medicinische Buchhandlung Otto Enslin (Berlin) versendet 
soeben den vierten Jahrgang ihres „Medicinischen Anzeigers“, in 
welchem die im Jahre 1893 — 1894 erschienenen Bücher, Dissertationen etc 
nach einzelnen Disciplinen systematisch geordnet sind. 

— Zur medicinischen Publicistik. ln die Redaction der Zeit¬ 
schrift für klinische Medicin sind die Professoren Geheimer Medi- 
cinalrath Dr. Senator in Berlin und Dr. v. Schrötter in Wien ein- 
getreten. — Im Verlage von Eduard Heinrich Mayer in Leipzig erscheint 
unter der Redaction von Dr. med. L. Jankau in München eine nein 1 
Zeitschrift unter dem Titel: „Internationale medicinisch-photu- 
graphische Monatsschrift.“ 

V. Zur Recension eingegangene Bücher, 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Nothnagel. 

Spezielle Pathologie und Therapie. VI. Band: ThierisclieParasiten, 
von Prof. Dr. F. Mosler und Prof. Dr. E. Peiper. 2. Hlfte (Seife. 
— XII. Band, III. Theil, I. Abth.: Die Migräne, von Dr. P. J. Möbius 
Wien, Alfred Hölder, 1894. 

Bibliothek der gesammten medicinischen Wissenschaften. 
Herausgegeben von Hofr. Prof. Dr. A. Dräsche in Wien. I. Abth.: 
Geburtshülfe und Gynäkologie, 4. und 5. Heft; II. Abth.: Pharaiukoki* 
und Toxikologie, 14. und 15. Heft. Wien und Leipzig, Max Merlin. 181)4. 
A. Heim, Leben uudZeichnen. Basel, Benno Schwabe, 1894. BIS. 
Geburtshülfe und Gynäkologie. H. Dolder, Die Stellung de- 
Landarztes zur Perforation und Sectio caesarea. Volkmann 
Samml. klin. Vortr. N. F. No. 99. Leipzig, Breitkopf & Hiirtel. 1894 . 

E. Wertheim, Ueber die Durchführbarkeit und den Wvrth 
der mikroskopischen Untersuchung des Eiters entzündlidi -r 
Adnextumoren während der Laparotomie. Volksmanns Saniul. 
klin. Vortr. N. F. No. 100. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

R. Braun v. Fernwald, Ueber Uterusruptur. Wien, kvi 
Safar, 1894. 83 S. _ , . 

P. Profanter, Ueber Tussis uterina und Neurosen bei gy¬ 
näkologischen Erkrankungen überhaupt. Wien, Josef Safar. 1894. 

36 E. Lantos, Der Katarrh der weiblichen Geschlechts 
Organe. Mit besonderer Berücksichtigung der Behandlung; der 
metritis. Klin. Zeit- u. Streitfragen VIII. Bd., 1. Heft. Wien, Alfrefl 

Hölder, 1^ ^ Medicinalpolizei. W. Ohlmüller, Die Unt-r- 
suchung des Wassers. Ein Leitfaden zum Gebrauch imUboratoim 
für Aerzte, Apotheker und Studirende. Berlin, Jul. Springer. 

178 S. 5.00 M. 

A. Nossig, Einführung in das Studium der S ° Z J,., “ | 
giene. Geschichtliche Entwickelung und Bedeutung der öffenÜKhin * 
sundheitspflege. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt, 1894. 259 

Kutschera, Anleitung zur Desinfection in der Landprax.. 
Leoben, L. Nüssler, 1894. 8 S. 

Innere Medicin. de Renzi, Pathogenese, Symptom. to1 
und Behandlung der Lungenschwindsucht. Wien. Alfred H 

1894 ’C. 2 G° Michele, Nuovo metodo di cura. della tubercolo« 


polmonare. Roma,’ Voghera Enrico, 1894. 102 S. , nnd 

Klimatologie und Balneologie. Th. Lange, Die s 
Trinkcur im Hause. Halle a. S., Tausch & Grosse 

D. V. Lope, La anoxihemia barometrica.. La tul . erc m 
en las altetudis. Mexico, Oficina tip. de la secretana defomento. 


95 S Laryngo-Rhinologle. Th. Heryng, Fernere 

chirurgischen Behandlung der Larynxpht • ftr. 

270 Fällen besprochen. Klin. Zeit- u. Streitfragen VIII. m, 
Wien, Alfred Hölder, 1894. , p B thologifS‘ 

Pathologische Anatomie. Käst und Rumpel, , . ^ am- 

anatomische Tafeln. Nach frischen Pffparaten nut « 
tomisch-klinisehem Text. Lieferung X-XU. Wandsbeck-Hambun! 
anstalt (vorm. Gustav W. Seitz) Ä.-G. , p. 0 fficinelfr- 

Pharmakologie und Toxikologie. F. G. Kohl, Di» 
Pflanzen der Pharmacopoea .germanica, bür* l* Lief.1" 1 ' 
lxocrarnoliPu und dntv.h Onsmalabbildungen ei laut 


Hallucinationen Klinischer Vertrag. Wiener Klm* 

Wien, Urban & Schwarzenberg, 1894. ange**® 1 , 

Psychologie. G.Hirth, Die Localisat^nstheone^^ ^ 

auf psychologische Probleme. München, • 

73 S j rjrjrtlichf' 

Standesangelegenheiten. Die . Prü Vft n rf ereitungen- Münchs 
Staatsdienst und die hierzu nöthigen Vorbereitm B 
J. F. Lehmann, 1894. , , r,: p Bliitaerum«^ 

Veterinärmedicin. G. Schneidemühl , v AnWOn dang ** 

pfungen und die bisherigen Erfolge _ Tbiernied. 
Schutze und zur Heilung von Thierseuchen. 

Bd. HI, Heft 6 . Leipzig, Arthur Felix, lö»*. 


Gedruckt bei Julius Siltcnfeid in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIG^ 




Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 


19. Juli 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. RUcherschau: 1. Ranke, Der Mensch. Ref. Bartels. 

2. Fünfzig Beitrüge aus dem Gebiete der gesummten Medicin. Ref. 
Oifcrou. 

3. Arbeiten aus der chemischen Abtlieilung des physiologischen In¬ 
stituts in Berlin. Ref. Leo. 

4. Halliburton, Lehrbuch der chemischen Physiologie und Patho¬ 
logie. Ref. Kossel. 

5. Klobs, Die causale Behandlung der Tuberkulose (Schluss aus 
No. 27). Ref. Lu barsch. 

6. Zuelzer-Oberländer, Klinisches Handbuch der Harn- und 
Sexualorgane. Ref. Förbringor. 

7. Magnan, Psychiatrische Vorlesungen. Ref. Pelman. 

8. v. K rafft-Ebing, Der Conträrsexuale vor dem Strafrichter. Ref. 
Eulenburg. 

II. ZeitschrifteuHberslcht: Physiologie und physiologische 
Chemie; 9. Rosenheim, Ueber das Vorkommen von Ammoniak im 
Mageninhalt. — 10. Rüde 1, Zur Kenntniss der Lösungsbedingungen der 
Harnsäure im Harn. 

Pathologische Anatomie: 11. Volkmann, Ueber die Regene¬ 


ration des quergestreiften Muskelgewebes beim Menschen und Säuge¬ 
thier. 

Infectionskrankheiten: 12. Stern, Ueber die Wirkung des 
Blutserums auf die experimentelle Typhusinfection. 

Innere Medicin: 13. Senator, Farbenanalytische Untersuchungen 
der Harnsodimente bei Nephritis. — 14. Schmidt, Beiträge zur Kennt¬ 
niss des Sputums, insbesondere des asthmatischen, und zur Pathologie 
des Asthma bronchiale. 

Neurologie und Psychiatrie: 15. Oebecke, Ueber die Pupillen- 
reaction und einige andere Erscheinungen bei der allgemeinen fortschrei¬ 
tenden Paralyso mit Berücksichtigung der Syphilisfrage. — 16. Houg- 
berg, Beiträge zur Kenntniss der Aetiologie der progressiven Paralyse 
mit besonderer Berücksichtigung der Syphilis. 

Chirurgie: 17. Porter, A contribution to the study of the treat- 
ment of appendicitis. — 18. Richardson, Remarks upon appendicitis. — 
19. Kübler, Ueber diö Exstirpation von Aneurysmen. — 20. Gigli, 
Ueber ein neues Instrument zum Durchtrennen der Knochen, die Draht¬ 
säge. 

III. Zur Recenslon eingegangene Bücher. 


L Bücherschau. 

1. Johannes Ranke, Der Mensch. Zweite gänzlich neubearbeitete 
Auflage. Zweiter Band: Die heutigen und die vorgeschichtlichen 
Menschenrassen. 676 Seiten gross 8<>. Mit sechs Karten und 
neun Tafeln und 962 Abbildungen im Text. Leipzig und Wien, 
Bibliographisches Institut, 1894. Ref. Max Bartels (Berlin). 

Die grossen Vorzüge, welche der erste Band dieses schönen 
Werkes durch die Fülle von lehrreichen anatomischen Abbildungen 
und durch die geschickte Verschmelzung der anatomischen, physio¬ 
logischen und pathologischen Thatsachen für den ärztlichen Leser¬ 
kreis darbietet, wurde vor kurzem bereits hervorgehoben. Der jetzt 
vollständig vorliegende zweite Band bringt das interessante Werk 
zum Abschluss. Dio für diese neue Auflage verwerteten wissen¬ 
schaftlichen Thatsachen sind allen Abschnitten zu Gute gekommen. 
Die Zahl der Abbildungen ist bedeutend vermehrt und sie bieten 
wiederum sehr viel Lehrreiches, namentlich in jetziger Zeit, wo an 
den Arzt so häufig auch Anfragen über fremde Volksstämme ge¬ 
richtet werden. Den körperlichen Verschiedenheiten des Menschen¬ 
geschlechtes ist die erste Hälfte dieses Bandes gewidmet. Dieselben 
w T erden im Vergleiche zu den menschenähnlichen Affen besprochen; 
dann werden die Unterschiede in den Körperproportionen, in der 
Färbung der Haut und der Augen, in dem Bau der Haare und in 
den Formen der Schädel durchgesprochen. Es folgt die Schilderung 
der verschiedenen Versuche, das Menschengeschlecht in Rassen ab- 
zutheilen, und endlich werden die wichtigsten Vertreter dieser 
Rassen nebst dem sogenannten Homo ferus -und den Affenmenschen 
vorgeführt. Die andere Hälfte dieses Bandes handelt von den Ur- 
rassen in Europa. Während der erste Theil uns mit der Anthro¬ 
pologie vertraut machte, führt diese Schlussabtheilung uns in die 
Urgeschichte oin und bespricht den diluvialen Menschen und dessen 
auf uns gekommene Reste. Dann werden noch die verschiedenen 
Culturperioden, die Steinzeit, die Kupferzeit, die Broncezeit und die 
Eisenzeit, sowie die Hülfsmittel dieser Chronologie erörtert; ein für 
jeden Gebildeten in hervorragender Weise interessantes Thema. 
Die klare, angenehm lesbare Sprache, die ungemeine Reichhaltigkeit 
des Inhaltes und die Fülle der lehrreichen Abbildungen werden 
diesem ausgezeichneten Werke unzweifelhaft viele Freunde erwerben. 

2. Fünfzig Beiträge ans dem Gebiete der gesammten Medicin. 

Festschrift zur Feier des 50jährigen Jubiläums des Vereins der 
Aerzte des Regierungsbezirks Düsseldorf. Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann, 1894. Ref. H. Citron (Berlin). 

Die vorliegende Festschrilt, ein stattlicher, schön ausgestatteter 
Band, ist in hohem Maasse geeignet, ein anschauliches Bild von 
der Thätigkeit zu geben, die auf dem Gebiete der praktischen 
Medicin ausserhalb der Universitäten entfaltet wird. Zwar ist der 
grösste Theil der Arbeiten rein easuistischen Inhalts, wie es der 
knappe Raum gebieterisch erforderte (auf jeden Aufsatz kommen 
im Durchschnitt wenig mehr als zehn Seiten), doch ist auch kein 
Mangel an Arbeiten von allgemeinem Inhalt und Interesse. Graf 
(Elberfeld), der langjährige Vorsitzende, behandelt die Geschichte 
des Vereins; der Aufsatz wirft recht interessante Streiflichter auf 
die heutige Lage des Arztes unter dem Einfluss der socialen Ge¬ 


setzgebung. Mooren (Düsseldorf) erörtert, gestützt auf ein enormes 
Krankenmaterial (rund 140000 Augenkranke, darunter rund 6000 
mit Cataract), die operative Behandlung der natürlich und künsto 
lieh gereiften Starformen. Reinhard (Duisburg) berichtet 
über das otitische Cholesteatom, Eichhoff (Elberfeld) über 
die Behandlung des Ekzems. — Das Gebiet der Staatsarznei* 
künde behandeln die Medicinalbeamten Kreis-Physikus Sch leg¬ 
ten dal (Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse im Regierungs¬ 
bezirk Düsseldorf während der letzten 50 Jahre), Kreis-Physikus 
Schrakamp (Das Recht des Staates auf die Gesundheit dos Ein¬ 
zelnen) und Kreis-Wundarzt Clären (Die Berufsverschwiegenheit 
des Arztes mit besonderer Berücksichtigung der Krankenkassen¬ 
gesetzgebung). Verwandte Gebiete streifen Peretti (Das Irren¬ 
anstaltswesen mit besonderer Berücksichtigung des Regierungsbezirks 
Düsseldorf) und Fliess (Aerztliche Wittwen-, Pensions- und 
Sterbekassen). Dass ein praktischer Arzt auch Zeit und Ver- 
ständniss für Fragen höheren wissenschaftlichen Charakters haben 
kann, beweist Berthold (Ronsdorf) mit seinem Aufsatze über 
R. Mayer und die Erhaltung der Energie. — Der übrige Theil 
der Festschrift besteht, wie bereits erwähnt, fast ausschliesslich 
aus Arbeiten easuistischen Inhaltes, die zum Theil recht Inter¬ 
essantes bringen, auf die aber hier nicht näher eingegangen 
werden kann. - 

3. Arbeiten aus der chemischen Abtheilung des physiologi¬ 
schen Instituts in Berlin. IV. Heft. 1893. Aus der Zeit- 
schr. f. physiol. Chemie Bd. XVn u. XVIII. Ref. Leo (Bonn). 

A. Kossel veröffentlicht wieder, wie seit vier Jahren jährlich, 
eine Zusammenstellung der unter seinor Leitung ausgeführten 
Arbeiten. Von den Untersuchungen, die fast ausschliesslich rein 
theoretische Themata behandeln, seien besonders erwähnt die ein¬ 
gehenden Mittheilungen von Krüger über das Adenin und Hypo¬ 
xanthin. Von auch allgemeinem Interesse ist u. a. die Mittheilung 
von A. Kossel und A. Raps über eine höchst sinnreich constru- 
irte, selbsttätige durch Wasserdruck getriebene Blutgaspumpo. 
Von welcher Bedeutung die Arbeit von L. Lilienfeld über die 
Chemie der Leukocyten ist, das geht aus dem jüngst von Kossel 
in dieser Wochenschrift (1894, No. 7) veröffentlichten classischen 
Vortrage über die Lymphzellen hervor. Auch die übrigen Arbeiten 
enthalten manche werthvollen Ergebnisse und bezeugen den erfolg¬ 
reichen Eifer, mit dem in dem Kos sei’sehen Laboratorium gear¬ 
beitet wird. - 

4. W. D. Halliburton, Lehrbuch der chemischen Physiologie 
und Pathologie. Unter Mitwirkung des Verfassers deutsch 
bearbeitet von Dr. K. Kaiser. Heidelberg, Carl Winter, 1893. 

- Ref. A. Kossel (Berlin). 

Das 883 Seiten umfassende Werk liegt jetzt vollständig vor 
uns. Dasselbe zerfällt in sechs Abschnitte, in denen die physio¬ 
logisch-chemischen Methoden und der Gebrauch der Apparate, die 
chemischen Bestandtheile des Organismus, die Gewebe und Organe 
des Körpers, die Ernährung, die Excrete, der allgemeine Stoffwechsel 
besprochen werden. ■ . _. „ 

Wie wir schon in dem Referat über die ersten Lieferungen 
bemerkt haben, zeichnet sich die Schreibweise Halliburton’s 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 









LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


durch Klarheit und Objectivität aus. Einzelne Kapitel, z. B. das 
Blut, geben ein treues Bild von dem Zustand der heutigen Kennt¬ 
nisse. 

Hingegen hätten wir in der Behandlung der chemischen That- 
sachen eine grössere Gleichmässigkeit gewünscht, hier finden sich 
erheblich Lücken neben manchem Uebcrflüssigen. Während einer¬ 
seits auf p. 66 ff. eine allgemeine Erörterung über die Constitution 
organischer Verbindungen gegeben ist, die jedem, der das Studium 
der physiologischen Chemie beginnt, geläufig sein muss, fehlen 
andererseits die Constitutionsformeln vieler physiologisch wichtiger 
Körper. Zum Beispiel suchen wir vergebens nach einer solchen 
Formel für das Kreatin, Kreatinin, Xanthin, Allantoin, die Hippur¬ 
säure, die Harnsäure u. a. Einige sehr wesentliche neuere Arbeiten 
sind noch nicht berücksichtigt worden. Die Chemie des Knorpels 
(p. 504) enthält fast nur veraltete Angaben, die Untersuchungen 
Schmiedeberg’s, denen wir eine Neugestaltung unserer Kenntnisse 
auf diesem Gebiete verdanken, sind überhaupt noch nicht angeführt. 
Ebenso entspricht die Angabe (p. 752), dass es den Chemikern nicht 
gelungen sei, Harnstoff ausserhalb des Organismus aus Protein 
darzustellen, nach den Untersuchungen von Drechsel nicht mehr 
dem Thatbestand. 

Wenn das Buch auch, wie diese Beispiele zeigen, in chemi¬ 
scher Hinsicht erhebliche Lücken erkennen lässt, so wird es doch 
dem Mediciner ui)d dem speciellen Fachmann vielfache Anregung 
bieten können. Denn der Verfasser hat sich in anerkennenswerther 
Weise bemüht, stets die Beziehungen der physiologisch-chemischen 
Thatsachcn zur praktischen Medicin in den Vordergrund zu 
stellen und seino Darstellung der medicinischen Betrachtungsweise 
anzupassen. 

Die Abbildungen sind zweckmässig gewählt und gut ausge¬ 
führt, besonders verdient die vollständige Darstellung der Absorp- 
tionsspectren hervorgehoben zu werden. 

5. E. Klebs, Die causale Behandlung der Tuberkulose. Ham¬ 
burg und Leipzig, L. Voss, 1894. Ref. 0. Lubarsch (Rostock). 

(Schluss aus No. 3.) 

Bevor wir in der Besprechung fortfahren, erscheint es nöthig, 
hier einen kritischen Blick auf Kapitel 3—5 zu werfen, da die 
Experimentaluntersuchungen von Klebs in zwei Hauptpunkten von 
denen anderer Autoren abweichen: 1) haben Koch sowohl, wie 


mit dem an Tuberkelbacillen sehr reichen Sputum eines Phthisiker^ 
geimpft. Von diesen 5 Thieren überlebte nur ein Meerschweinchen 
während die übrigen an Peritonitis bezw. Septicämio ernennten 
Aus dem Körper der Thiere wurden ebenso wie aus dem Sputum 
vom Referenten Streptococcen gezüchtet, die sich durch eine be¬ 
sondere toxische Wirkung, namentlich Kaninchen gegenüber au«- 
zeichneten, wie übrigens Prof. Klebs näher mitgetheilt wurde 
Wenn also das eine Meerschweinchen am Leben blieb, so kann 
man daraus nur schliessen, dass es entweder nicht empfänglich für 
die betreffenden Streptococcen war oder zu wenig davon erhalten 
hatte, nicht aber, dass es keine Tuberkelbacillen eingeimpft erhielt, 
wie Klebs dies that. Man muss also die Infection des Thiere« 
mit Tuberkelbacillen vom 21. December 1890 an rechnen und nicht 
vom 26. Januar 1891, wo eine zweite Impfung am Rücken vor¬ 
genommen wurde. Es ergiebt sich daraus, dass das Thier auch 
ohne Behandlung 69 Tage lebte, ohne wesentliche Krankheit«. 
erscheinungen darzubieten. Dass dann die zehn Tuberkulininj- 
tionen keinen Einfluss mehr gehabt haben können, liegt wohl für 
jeden auf der Hand. Ueberhaupt kann man nach weisen, dass ein« 
grosse Anzahl der Versuchsthiere von Klebs, bevor sie in Be¬ 
handlung genommen wurden, auffallend lange gesund blieben (z. B. 
50 Tage lang). Die Annahme, dass dann durch Spätinjectionen 
die Tuberkulose noch beeinflusst werden kann, steht aber sogar im 
Widerspruch mit den Angaben von Kitasato, der Verhältnis«- 
mässig noch die günstigsten Erfolge bei der TuberkuImbehandlung 
erzielte, aber nur dann, wenn die Behandlung noch vor Ablauf der 
ersten 14 Tage (nach der Infection) eingeleitet wurde. Ebenso 
steht die Angabe Klebs’, dass es möglich sei, Meerschweinchen 
durch präventive Impfungen gegen Tuberkulose zu immunisiren. 
in scharfem Gegensatz zu denen aller anderen Autoren. Da 
nun in sämmtlichen Versuchen von Klebs, welche diese Behaup¬ 
tung beweisen sollen, die Thiere gar nicht frei von Tuberkulose 
gefunden wurden, sondern zum Theil sehr ausgebreitete Tuberkulose 
auf weisen, so muss man cs für möglich halten, dass die längere 
Lebensdauer der Thiere, sowie die mitunter geringere Ausbreitung 
der Tuberkulose auf eine natürliche relative Immunität der be¬ 
treffenden Versuchsthiere oder auf eine geringe Virulenz der Tuberkel- 
bacillen bezogen w r erden muss. Die letztere Möglichkeit muss um 
so mehr im Auge behalten werden, als das zur Impfung angewen¬ 
dete Material fast nie aus Reinculturen bestand, sondern ausser- 


alle übrigen Autoren, die über Tuberkulinwirkung arbeiteten, her¬ 
vorgehoben, dass das Tuberkulin die Tuborkelbacillen nicht tödtet; 
2) sind alle Versuche, die sonst an Meerschweinchen und Kaninchen 
mit Tuberkulin vorgenommen wurden, weit negativer ausgefallen, 
als die von Klebs. Wenn man selbst von den völlig negativen 
Ergebnissen Yamagiva’s, sowie Czaplewski’s und Roloff’s ab¬ 
sieht, die vielmehr eine schädigende, als heilende Wirkung des 
Tuberkulins fanden, so sind die Erfolge, die Pfuhl und Kitasato 
durch Tuberkulinbehandlung erzielten, viel geringere gewesen; denn 
fast immer erschienen die Thiere hochgradig tuberkulös, selbst wenn 
sie mehrere Monate nach der Infection am Leben blieben. Wie 
sind die abw T eichenden Resultate von Klebs zu erklären? Ad 1 
ist es einigermaassen erstaunlich, dass Klebs zum Beweise seiner 
Behauptung nur zwei Versuche anführt. Der eine zeigt allerdings, 
dass ausserhalb des Thierkörpers Tuberkelbacillen bei inniger 
Mischung mit grossen Mengen von gereinigtem Tuberkulin ge- 
tödtet oder abgeschwächt werden können: dass das für die Wir¬ 
kung geringer Mengen des Tuberkulins innerhalb des Thierkörpers 
belanglos ist, braucht kaum erwähnt zu werden. Der zweite Ver¬ 
such ist oben näher angeführt. Da der Referent, damals Assistent 
am pathologischen Institut in Zürich, diesen Versuch ausführte, 
sei es erlaubt, näher darauf einzugehen. Dass in den nach Tuber- 
kulininjection abgestossenen Lupusborken keine Tuborkelbacillen 
aufgefunden w r urden, wird Niemand überraschen, der weiss, wie 
spärlich die Tuberkelbacillen bei Lupus überhaupt Vorkommen, und 
es ist deswegen auch nicht erstaunlich, dass das mit der Borke 
geimpfte Meerschweinchen nicht tuberkulös wurde. Ob aber in der 
That in dem an der Impfstelle nach 87 Tagen aufgefundenen käsigen 
Knoten Tuberkelbacillen völlig fehlten, ist durch den Culturversuch 
in keiner Weise bewiesen, da die ganze Agaroberfläche bereits nach 
<24 Stunden vom Heubacillus vollkommen überwuchert war. Ad 2 
ergiebt eine genauere Prüfung der Versuchs- und Sectionsproto- 
olle von Klebs, dass seine Behauptung, es wäre zu einer Heilung 
der Tuberkulose gekommen, nicht bewiesen ist. Zunächst ist 
eigentlich kaum m einem einzigen Versuche erreicht, dass gar 
keine tuberkulösen Heerde im Körper aufgefunden wurden. Fenier 
ersieht man aber, dass eine Reihe von scheinbar beweisenden Ver¬ 
suchen eher gegen, als für Klebs sprechen. Man prüfe nur die 
oben ausführlicher mitgetheilten Versuche etwas genauer. Be¬ 
sonders lehrreich ist z. B. der Versuch No. 12 (S. 122 Meer- 

ProftShl vnm A R f 21 ’ P ec T|?? r 1890 wurden auf Wunsch von 
rof. Klebs vom Referenten 4 Meerschweinchen uud 1 Kaninchen 


ordentlich verschiedenen Ursprungs war. Aber selbst wenn man 
mit Reinculturen impft, kann es, wie bereits Czaplewski gegen 
Kitasato hervorgehoben hat, ausserordentlich schwer sein, eine an¬ 
nähernd gleiche Dosirung und gleiche Virulenz zu erhalten. Man 
müsste vielmehr stets mit gleichaltrigen und in gleicher TV eise her¬ 
gestellten Culturen impfen. Und selbst dann kommen sehr ge¬ 
waltige Differenzen vor, die vielleicht von der verschiedenen Em¬ 
pfänglichkeit der einzelnen Theile abhängen. So hat Referent mehr¬ 
mals auffallende Verschiedenheiten bemerkt. An einem Tage wurden 
3 Meerschweinchen mit annähernd gleichen Mengen einer sehr viru¬ 
lenten, 14 Tage alten Tuberkelbacillencultur in den Pleuraraum ge¬ 
impft. Das eine Thier, welches am 11. Tage getödtet wurde, zeigte 
bereits ausgesprochene Lungen- und Milztuberkulose; das zweie, 
das nach 21 Tagen gotödtet wurde, hatte nur geringe Pleura- m 
L ungen-, gar keine Milztuberkulose; das dritte zeigte nac - 
Tagen dagegen geringe Lungen- und starke Milztuberkulose, sow 
Narben in der Leber. In anderen Versuchen, die unter des j e 
reuten Leitung im pathologischen Institut vorgenommen wur. 
und wo die Impfung in das Kniegelenk vorgenommen una 
formölinjectionen zur Behandlung angewendet wurden, kam e» • 
dass bei Anwendung gleichaltriger Culturen, die mit j0 0l | ,, 
behandelten Thiere nach 7 Wochen, die nicht behandelten ton 
thiere dagegen nach 11 Wochen starben. — Diese Beispiee zT- 
wie sehr Zufälligkeiten mitsprechen können und wie es eiini p 
cipieller Fehler von Klebs war, dass er zu seinen . ® 
nicht ausschliesslich gleichalterige und frische TuberkelIbaci 
culturen benutzte. Aber auch die wenigen ersuche, m 
Reinculturen gearbeitet wurde, sind kaum beweiskräftig. 

Thiere, die während 28 Tagen je 1 g Tuberkulocidm inj 
halten hatten und dann mit Tuberkelbacillen geimpft wur , ^ 

theils nach 5 bezw. 7 Wochen, während die gleichzeitig 
turen gleicher Herkunft geimpften und nicht vorbehan e ^ 
nach 6, 7 und 9 1 /« Wochen —nicht spontan - sondern m ^ 
zu starke Dosis von Rohtuberkulin starben. Dass e ^ 
behandelten Thieren die Tuberkulose geringer ontwic.-„iinbehand- 
weist garnichts; denn auch das kann man ohne lu _e 
lung oft genug beobachten. So findet man namen l ' < 'Wochen 
und schwachen Meerschweinchen, dass sie schon na< ;‘ l ihti ren Au?- 
an Tuberkulose sterben, ohne dass es zu el {* er , nl ‘ C A n ft re ten von 
bildung von Tuberkeln gekommen ist. Anch das - e Hei- 

Narben in der Leber beweist nicht mit Sicherheit, ^ ff0 bl 

lung von Tuberkeln zustande gekommen ist; denn 


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UNIVERSITYOFMICKfi: 





19. Juß. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


23 


möglich, dass unter besonderen Umständen durch die Tuberkel¬ 
bacillen — ähnlich wie bei der Syphilis — nur eine einfache Heerd- 
entzündung zustande kommt, die leicht abheilt. Endlich muss noch 
besonders hervorgehoben werden, dass in den Sectionsprotokollen 
mehrfach in Milz und Lunge (z. B. bei Meerschweinchen 45 und 21 
S. 167 und 178) gelbe, derbe, keilförmige Infarcte notirt sind. 
Da in keiner Weise aus den Sectionsprotokollen einzusehen ist, 
wie die Infarcte entstanden sein sollten, und über mikroskopische 
Untersuchungen kein Bericht vorliegt, so ist es weit wahrschein¬ 
licher, dass es sich nicht um Infarcte, sondern um grosse Gon¬ 
glomerattuberkel handelte, wie man sie in der von Klebs be¬ 
schriebenen Form thatsächiich bei Meerschweinchen finden kann, 
wenn aus irgend einem Grunde die Tuberkulose sich über längere 
Zeit hinzieht. — An demselben Mangel einer zu geringen Berück¬ 
sichtigung der normaler Weise vorkommenden Schwankungen im 
Bilde der Tuberkulose leiden die Untersuchungen über die Histologie 
des heilenden Tuberkels. Auch hier werden eine ganze Reihe von 
Einzelheiten auf die Einwirkungen des Tuberkulins bezogen, ohne 
dass sichere Beweise angeführt werden, aus denen wir entnehmen 
könnten, dass wirklich nur bei Tuberkulinbehandlung derartige Be¬ 
funde erhoben werden. Im Gegentheil werden Schilderungen na¬ 
mentlich hyaliner Tuberkel gegeben, die längst bekannt sind. Und 
gerade alles das, was Klebs in dem Fall menschlicher Tuherkulose, 
der 12 Tage lang mit Koch’schem Tuberkulin behandelt war, als 
Besonderheiten beschreibt, beweist nur, dass die Milztuberkel be¬ 
reits älteren Datums waren, wie das übrigens von dem Secirenden, 
Herrn Dr. Hanau s. Z. sofort betont wurde. Für frühere Tu¬ 
berkel sind dieselben damals nicht gehalten worden, wie Klebs 
schreibt. Was nun die äusserst wunderbaren Beobachtungen 
Klebs’ über die Umwandlung der Tuberkelzellen in normale Zellen 
— namentlich Epithelien — anbetrifft, so beruhen dieselben zum 
Theil wenigstens, wie Referent glaubt, auf Artefacten. Bei Paraffin¬ 
einbettung nicht völlig tadellos fixirter Organe und namentlich bei 
Leichen material kommt es nicht ganz selten vor, dass Epithelien 
derartig zusammengebacken werden, dass sie wie eine Scholle mit 
vielen Kernen (Riesenzelle) aussehen; hierdurch sind vielleicht 
manche Bilder wie Tafel HI Fig. 6 zu erklären. Andere Angaben 
entziehen sich vorläufig eingehenderer Kritik; nur liegt es auf der 
Hand, dass bei solchen Fragen, wo das Werden nicht direkt wahr¬ 
genommen oder durch experimentelle Anordnung successive an¬ 
einandergereiht werden kann, der subjectiven Deutung ein mehr 
wie grosser Spielraum gelassen ist. — Dieses sind im grossen und 
ganzen die Bedenken, die sich dem Referenten bei der Lectüre der 
besprochenen Kapitel aufdrängten. Es soll damit keineswegs den 
Versuchen jede Bedeutung abgesprochen werden. Es ist in der 
That denkbar, dass in manchen Fällen die lange Lebensdauer der 
Thiere, sowie die geringe Entwicklung der Tuberkulose auf die 
Einwirkung des Tuberkulins zurückgeführt werden kann, nur ist 
es leider nicht scharf bewiesen. 

Es folgt nun im 6. Kapitel eine Studie über die Zusammen¬ 
setzung des Koch’schen Tuberkulins. Eine Anzahl Versuche sollen 
beweisen, dass im rohen Tuberkulin neben der heilenden auch 
schädliche Substanzen vorhanden sind; so besitzt dasselbe vor allem 
eine viel stärkere fiebererregende Wirkung als das gereinigte 
Tuberkulin. Die Reinigung wurde zunächst mit Alkohol und 
Chloroform vorgenommen, wobei sich zeigte, dass gerade im Alko- 
holextract besonders reichlich die fiebererregenden Substanzen vor¬ 
handen sind; durch Fällung mit Natrium-Wismuth-Jodid wurde 
das Tuberkulin noch weiter von den Toxalbumosen befreit, so dass 
schliesslich ein Körper zurückblieb, der vornehmlich heilende Eigen¬ 
schaften besitzt und als Tuberkulocidin bezeichnet wird. Es 
wird weiter durch einige Kymographionversuche gezeigt, dass das 
rohe Tuberkulin auf Herz und Nerven, wenn auch vorübergehend, 
schädigend einwirke, während die mit Platinchlorid oder Phosphor¬ 
wolframsäure gewonnenen gereinigten Substanzen in dieser Be¬ 
ziehung wirkungslos sind. Doch soll die mitunter tödtliche Wir¬ 
kung des Tuberkulins wesentlich durch eine Veränderung des Blutes 
(Bildung von rothen und Blutplättchen-Thromben) bewirkt sein. 
Nochmals hebt Klebs hervor, dass die entzündungserregende Eigen¬ 
schaft des Tuberkulins sich nicht mit der heilenden decke und dass 
die Angaben Buchner’s und Römer’s, dass andere Bacterien- 
toxine auf tuberkulöse Meerschweinchen ähnlich wirken wie Tu¬ 
berkulin, nur auf die reactive, nicht aber auf die heilende Wirkung 
Bezug hätten. Auf Grund theoretischer Erörterungen wird dann 
die Vermuthung ausgesprochen, dass die heilenden Stoffe (Sozal- 
bumosen) in den Culturflüssigkeiten als Secrete der Bacterien, die 
schädigenden dagegen im Bacterienleibe selbst zu suchen sind. 

Der zweite Theil liefert die Bacteriotherapie der Tuber¬ 
kulose. Nach einer kurzen Einleitung wird im zweiten bis fünften 
Kapitel eine Uebersicht der behandelten Fälle gegeben, die in vier 
verschiedene Klassen eingetheilt sind nach den vier Stadien der 
Tuberkulose, die Klebs aufstellt. Das erste Stadium ist besonders 


dadurch charakterisirt, dass keine sicheren Zeichen der Tuberkulose 
vorhanden sind. Tuberkelbacillen sind meist nicht nachzuweisen 
(unter 46 Fällen gelang nur zweimal der Bacillennach¬ 
weis!): besteht aber trotz guter Ernährung Anämie, die auf Eisen 
nicht weicht, treten gar Gewichtsverluste auf und sind nur die 
geringsten Zeichen einer heerdweisen Lungeninfiltration physikalisch 
nachzuweisen, so liegt das erste Stadium der Tuberkulose vor. 
Gesichert kann die Diagnose noch werden durch Probeipjectionen 
mit fiebererregenden Tuberkulinsorten. Im zweiten Stadium lassen 
sich meist Tuberkelbacillen im Sputum nachweisen; sie sind aber 
meist nur spärlich vorhanden, höchstens 200 im Quadratmillimeter 
Sputum. Umfangreichere Infiltrationen der Lungen pflegen in 
diesem Stadium noch nicht vorhanden zu sein. Von 22 derartigen 
Fällen wurden nach Kleb’s Angaben 14 Fälle nahezu geheilt 
(64 °/o) und sieben bedeutend gebessert (32 %). Als Beweise für 
Heilung oder Besserung werden theils die subjectiven Aeusserungen 
der Patienten, theils Gewichtszunahme und Abnahme der Zahl der 
Tuberkelbacillen sowie Aenderungen in den physikalischen 
Symptomen angesehen. Besonders interessant ist Fall 26, 
der ebenfalls als „nahezu geheilt“ angeführt wird. Tuberkelbacillen 
konnten während des ganzen Verlaufs nicht nachgewiesen werden; 
da aber die anfänglichen Störungen seitens der Lungen geringer 
wurden, so wird der Fall als geheilte Tuberkulose angesehen, ob¬ 
gleich Pfingsten 1893 der Tod „wahrscheinlich durch Einbwich 
eines Oesophaguscarcifioms in die Trachea“ eintrat. „Section leider 
nicht gemacht“ (allerdings sehr bedauerlich; es würde sich sonst 
wohl herausgestellt haben, dass die Lungenveränderungen in direkter 
Beziehung zu dem Oesophaguskrebs standen — oder dass die 
Schlingbeschwerden nicht auf einen Kre,bs, sondern auf tuberkulöse 
Veränderungen basirton und der Tod. durch schwere Tuberkulose 
bewirkt wurde. Ref.) — Das dritte Stadium der Tuberkulose ist 
charakterisirt 1) durch das lokale oder allgemeine Fortschreiten 
des Processes, 2) durch das Auftreten destructiver Processe 
(Cavernenbildung in den Lungen, tuberkulöse Geschwüre im Kehl¬ 
kopf und Darm), 3) durch die grössere Anzahl der im Auswurf 
nachweisbaren Tuberkelbacillen (mehr als 200 im Quadratmillimeter), 

4) durch die stärkere Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, 

5) durch Fieberanfälle, die aber meist noch nicht von längerer 
Dauer sind. Von dieser Kategorie werden 18 Fälle angeführt, von 
denen bereits bei acht (44%) ein sicherer Erfolg vorhanden sein 
soll. — Das vierte Stadium entspricht der eigentlichen Lungen¬ 
phthise, bei der die tuberkulösen Veränderungen in aller Gross¬ 
artigkeit vorhanden sind und namentlich hektisches Fieber vor¬ 
herrscht. Von dieser Kategorie werden unter 50 Fällen 17 als 
gebessert und geheilt betrachtet. Die Fälle werden eingehend be¬ 
schrieben. Besondere Berücksichtigung finden hier auch Zahl und 
Aussehen der Tuberkelbacillen, die nach der Behandlung als dünner, 
schlechter färbbar und körnig beschrieben werden. — Im sechsten 
Kapitel werden endlich die Bereitungsweise des Tuberkulocidins und 
Antiphthisins, sowie die Indicationen für die Anwendung des Mittels 
angegeben. Als Antiphthisin wird ein Stoff bezeichnet, der aus 
Bouillonculturen der Tuberkelbacillen gewonnen wird. Die Tuberkel¬ 
bacillen wachsen auf der Bouillon in Form einer gefalteten grossen 
Haut, die beim Abgiessen der Flüssigkeit zerbricht und sich dem 
Boden und den Seitenwänden des Gefässes anlegt. Die abgegossene 
Flüssigkeit bleibt 24 Stunden mit einem Zusatz von 0,6 0 o Ortho- 
kresol stehen, wodurch alle etwa noch in der Flüssigkeit vor¬ 
handenen Tuberkelbacillen getödtet werden. Sterilisiren im Dampf¬ 
bade ist schädlich. Diese Flüssigkeit wird mit Natrium-Wismuth- 
Jodid gefällt, filtrirt, alkalisch gemacht, leicht erwärmt und wieder 
filtrirt. Dieses wasserklare Filtrat wird mit absolutem Alkohol 
gefällt. Der Niederschlag ist in Wasser löslich, dem zur Fern¬ 
haltung von Organismen 0,2 % Orthokresol in Glycerinlösung 
zugefügt werden. Die Lösung enthält die wirksame Substanz in 
zwei- bis zehnfacher Concentration. Die Injectionen geschehen 
entweder subcutan oder intravenös, oder besser noch in das Rectum 
oder den Kehlkopf. — Die Anwendung geschieht: 1) zum Nachweis 
latenter Tuberkulose. Dazu eignet sich besonders die aus dem 
Wismuthniederschlage bei der Tuberkulocidinbereitung gewonnene 
Toxalbumose, von Klebs Erethin genannt, 2) zur Behandlung 
der Tuberkulose. Als Regeln giebt Klebs folgendes an: 1) Das 
Tuberkulocidin wirkt bereits in kleinen Gaben (unter 1 ccm) 
reducircnd auf Tuberkulose. 2) Zur endgültigen Beseitigung der 
Krankheit sind hohe Dosen und mehrfach wiederholte Injections- 
reihen nöthig (für jede Injectionsreihe 20—30, ja bis zu 150 ccm 
Tuberkulocidin oder Antiphthisin). Alslnjectionsort bevorzugt Klebs 
jetzt das Rectum und will die Wirkungsweise derselben auch durQh 
zwei Meerschweinchen-Parallelversuche beweisen (leider wieder ohne 
Sectionsangaben über Heilung. Ref.). Es folgen dann noch eine 
Reihe von einzelnen Angaben über die Dosirung, die im Original 
nachzulesen sind. Mit der Bitte um ernste und billige Prüfung, 
sowie der Versicherung „selbst keine weiteren Vortheile von dem 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




24 


LITTERATUB - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Mittel erlangt zu haben“, klingt das Buch elegisch aus. — 
Es folgen drei Anhänge. 1) Berichte anderer Aerzte über die 
Tuberkulocidinbehandlung. 2) Nachträgliche Casuistik. 8) Einige 
Vorschriften zur Anwendung des Antiphthisins. Aus dem ersteren 
Anhang sei der Bericht von Robert Koch hervorgehoben, welcher 
angiebt, dass „der von mir (Koch) isolirte Stoff, welcher das 
temperaturerhöhende Agens repräsentirt und welchen ich auch für 
das heilende Princip im Tuberkulin halte, in Ihrem (Klebs’) 
Präparate nicht enthalten ist.“ Später berichtet aber auch Koch, 
dass „bei einer nicht geringen Anzahl sich der Zustand mehr 
oder weniger gebessert hat und das unter Verhältnissen, welche 
eine andere Ursache als die Wirkung des Tuberkulocidins kaum 
zulassen.“ 

Es würde den Rahmen des Referates weit überschreiten, wenn 
man versuchen wollte, die Heilungen auf ihren inneren Werth zu 
prüfen. Auch muss das besser den klinischen Nachprüfungen über¬ 
lassen bleiben. Nur darauf muss noch hingewiesen werden, weil 
Klebs auch hier die Erfahrungen der Tuberkulinepoche nicht be¬ 
nutzt hat, dass die Angaben über Abnahme der Tuberkelbacillen 
und ihre morphologischen Veränderungen völlig werthlos sind. Mit 
der grösste Nutzen, den die Zeit des Tuberkulintaumels gebracht 
hat, ist die Feststellung der Thatsache, dass Zahl, Aussehen und 
selbst Virulenz der Tuberkelbacillen im Verlauf von ein und der¬ 
selben Erkrankung den grössten Schwankungen unterworfen ist — 
mit und ohne Tuberkulin — oder sonstige Behandlung. Alles 
das, was Klebs durch sein Mittel erreicht haben will, haben auch 
Homöopathen und Curpfuscher in ähnlich objectiver Weise (Nach¬ 
weis der Gewichtszunahme etc.) erreicht, und auch die Calomel- 
injectionen von Dr. Martell brachten — nach der Meinung ihres 
Erfinders — völlige physikalisch nachweisbare Heilungen der 
Tuberkulose zustande. Man wird deswegen kaum das aus dem 

Klebs sehen Buche entnehmen können, was dasselbe verspricht _ 

eine wissenschaftlich fest begründete Behandlungsweise der Tuber¬ 
kulose, und man wird das Klebs’sche Buch mit dem Gefühl aus 
der Hand legen müssen, dass trotz des Fleisses, trotz vieler Mühe 
und mancher scharfsinniger Gedanken, die Ausbeute eine geringe 
ist und für die causale Behandlung der Tuberkulose die Grundlagen 
erst noch zu schaffen sind. ° 


6. Klinisches Handbuch der Harn- und Sexualorgane. Heraus- 
von Zülzer, redigirt von Oberländer. Leipzig, F C 
W. Vogel, 1894. 1573 Seiten. 38,00 M. Ref. Fürbringer 

(Berlin). & 

Das Sammelwerk, mit welchem uns der Büchermarkt unter 
aer lorm von vier rasch aufeinander folgenden, immerhin statt- 
hchen Bänden überrascht hat, ist durch ein eigenes Schicksal und 
durch einen eigenen Charakter ausgezeichnet. Don verdienten 
Herausgeber, der das Werk von langer Hand vorbereitet, hat vor 
Jahresfrist der Tod abgerufen. Die Beendigung der Sammlung 
und Ordnung der Manuskripte verdankt die Verlagshandlung dem 
zweitgenannten bekannten Specialisten. Im wesentlichen blieb der 
ursprüngliche Vertheilungsplan, so dass der Redacteur für seine 
Mängel kaum verantwortlich gemacht werden darf. 

Einem kürzeren, 224 Seiten füllenden, zum Theil mit Geist 
verfassten allgemeinen Theile, der die Kapitel „Anatomische 
Einleitung. Harnapparat. Nebenniere“ (Solger), „Anatomie 
.Geschlechtsapparates“ (Benda), „Specielle Neurophysio- 
bSLm Nie w re ‘ (Se VT ald) und pathologische Anatomie incl. 

h 816 (B u en r e n e) abhandelt > der klinische Theil, 

für welchen es ebenfalls gelungen war, gute und bekannte Namen 

mmd M S elä - ufi S en ~ zu gewinnen. In dem bunten und 
„ Me ™ figunren neben den den Kerninhalt bildenden 
Krankheiten der Niere (Litten, Fenwick, Prior, Goldstein“ 

(Felfw*^Bni^h' Ll ^ St S>u ,StrÜbing ’ R6cze yX der Harnwege 
(Eß-on k ard J|’ Pb ermann) und der Geschlechtsorgane 

Ho g rovit^ * E i gl L Sch ’ M - v - Zeiss1 ’ Oberländer, 

iiorovitz, Finger, Eulenburg, v. Krafft-Ebing Pevprl di« 

Ha^^ h (T’ ten ( vT Ne , beEniereu (G°ldstein), die Sraniologie des 
^ LinRtf. r wl M ^ er T’- dl ® C *“ trifu g e (Litten), die Phosphaturie 

nnd Zmtur ) rL, d ‘ e il ^ PU / ,e (Sehr '?‘ d > der Diabetes iLipidus 
1 (Lepine), das Tenensche Geschwür (Letzel). 

letztoenannt^il e ^r üb vs Be f echti S UI1 g> die eine oder andere der 
.,®, an , n ^ n Krankheiten, deren Zusammenhang mit dem TJro- 
gemtelsystem ein mindestens sehr lockerer, in dieses Handbuch 

angeht d“o h het«rn mCht t diSC ,> tire "’ aber re gistriren, dass es nicht 
sehen i ^ 8t “ Begaffe ordnungslos und ohne organi- 


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zelnen Aufsätze und wurzelt, wie schon ein kursorisrW u t 
gehen derselben lehrt, in-ihrer guten 
der Bedeutung derjenigen Autoren, deren SarimrsttHnS“ , 
kUnische Erfahrung wir schon längst als bewährt kemn^i,” 
Wir machen, so weit wir uns bezüglich der inneren KiS 
arbiträres Urtheü erlauben zu dürfen glauben, auf 
hingen von Eulenburg, Litten, Pol, Peyer, Prior Set, 
btrübl “g ; der östeireichisch-ungarischen Collogen ui 
des Redacteurs aufmerksam. Einige derselben können als m«Z‘ 
gültig angesehen werden. Ebensowenig aber, wie wir aus »■ 
den Kundgebungen der genannten Autoren in ihrer Gesanmtb«. 
einverstanden erklären können, woUen wir den übrigen «A 
treten. Speciell zweifeln wir nicht, dass die chirurgischen W 
Sätze viel Werth volles bergen. 818 

Die Litteratur ist vorwiegend sorglich behandelt, lässt 
mehrfach trotz einer gewissen Ausführlichkeit auf-man«elha*p 
Orientirung deutende Lücken erkennen. Eine bedauerliche*Eigen¬ 
schaft vermisst der Leser nur in wenigen Litteraturverzeichmin 
den nicht in die allerletzten Jahre fallenden Abschluss Offenbar 
haben manche Manuskripte, wie auch aus dem Inhalt erhellt, Jahre 
lang gelagert. Einen weiteren, gar nicht genug zu rügenden De- 
fect erblicken wir in dem Abgang eines Inhaltsverzeichnisses. Ein 
alphabetisches Schlussregister — das mindeste, was der Käufer 
eines Sammelwerks verlangen kann — hätte auch den buchlutnd- 
lerischen Werth wesentlich erhöht. 

Nichtsdestoweniger stehen wir nicht an, das mit zahlreiches 
Abbildungen versehene, schön gedruckte Handbuch als eine dem 
wissenschaftlich denkenden und der praktischen Belehrung be¬ 
dürftigen Arzte in reichem Maasse Nahrung spendende Quelle an¬ 
gelegentlich zu empfehlen. 

7. Magnan, Psychiatrische Vorlesungen. VI. Heft. Ueber Manie 

Ueber Alkoholismus. Ueber Simulation und Verkennung de? 

Irrsinns. Deutsch von P. J. Moebius. Leipzig, GeorgThienie. 

1893. 54 S. Ref. Pelman (Bonn). 

Magnan behandelt in seiner kurzen und klaren DarstelluoL- 
zunächst die Manie. So verschieden auch die Ansichten über da? 
Wesen der Manie sind, so versteht man doch im allgemeinen unter 
diesem Namen eine bestimmte Form von geistiger Störung, die all¬ 
eine klinische Einheit, als eine selbstständige Krankheit angesehen 
wird. Magnan möchte das Wesen der Manie in einer allgemeinen 
Steigerung der Gehirnthätigkeit sehen. Alle Centren sind in ex¬ 
tremer Thätigkeit, sowohl die sogenannten höheren psychischen 
Functionen als die Erinnerung und Motilität. Alle Pforten sind 
weit geöffnet, um Empfindungen, Gedanken, Bestrebungen sich 
äussern zu lassen. Alles wird zu Bewegungen, sei es, dass die# 
das Ergebniss von Vorstellungen, von Trieben oder von rein auto¬ 
matischen Vorgängen sind. „Alles heraus“, das ist die Formel 
des Maniakalischen. Im Verlaufe der einfachen Manie kann man 
drei Stadien unterscheiden, das der Entwickelung, das der Krank¬ 
heitshöhe und das des Rückganges. Das erste Stadium ist oft 
sehr kurz, oft so kurz, dass der Anfall unvermittelt einzutreten 
scheint. Häufiger jedoch gehen deutliche Vorläufererscheinungen 
voraus, die es klar machen, dass man es mit einer körperlichen 
Krankheit zu thun hat. Während des zweiten Stadiums ist m 
intelleetueller Hinsicht besonders die Erleichterung der Associa¬ 
tionen bemerkenswerte Die associirten Vorstellungen drängen 
sich reihenweise in das Bewusstsein, und jede Wahrnehmung, m 
T on, ein Geruch ruft ganze Massen associirter Vorstellungen mit 
grosser Geschwindigkeit hervor. Der Ausgang der Krankheit i? 
in der grossen Mehrzahl der Fälle die Heilung, ihre Dauer em 
oder mehrere Monate, zuweilen ein oder einige Jahre. Bei ■ "* e 
ist die einfache Manie eine seltene Krankheit. .Viel häufiger 
obachtet man Zustände, die scheinbar der Manie gleichen, bei deoc 
es sich aber um andere Krankheiten handelt und wo die * * 

nur symptomatisch ist. Eine specifische Behandlung der * . 

giebt es nicht. Nichts desto weniger hat der Arzt wichtige- 
gaben zu erfüllen, zu denen Magnan vor allem die Unterdruc - 
der Zwangsmittel rechnet, was bei uns kaum einer * }( ‘ s ^” de ’ e V r . 
empfehlung mehr bedürfen wird. Auch mit der empfehlen e 
wähnung des Hyoscins kann ich mich nicht einverstanden er 1 ^ 
sicherlich nicht in der Privatpraxis. Bäder, Opium und gn ^ 
nährung, die ersteren bis zu einer mehrstündigen lau • ^ 

Opium in steigender Gabe, werden sich nach wie vor an \ - , 
bewähren. Der folgende Aufsatz über den Alkoholinnus > ^ 
verschiedenen Arbeiten Magnan’s zusammengetragen, un , 
hält die zum Theil durch Magnan selber bekannt ge 
Thatsachen, besonders seine Ansicht über das , irIU - 1 . 
febiile, eine schwere und oft tödtliche Krankheit, das _ 

Fieber, Muskelzittern und Parese von dem gö^öhmm ’ 
losen Delirium tremens unterscheidet. Krämpfe gen 


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UMVERSITY OF MtC\ 



19. Juli. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINlSCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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Magnan nicht zu den direkten Wirkungen des Alkohols. Treten 
sie bei Säufern auf, so sind diese entweder ohnehin Epileptiker 
oder doch zur Epilepsie Prädisponirte, oder sie sind die Wirkung 
anderer giftiger Stoffe, die in den berauschenden Getränken ent¬ 
halten sind. Vor allem ist es der Absynth, der in kleineren Mengen 
Schwindel undMuskelzucken,in grösseren Mengen epileptische Anfälle 
und Delirien bewirkt. Aus drei Fällen von chronischem CocaYnis- 
mus zieht Magnan den Schluss, dass für diese Art der Vergif¬ 
tung Empfindungen in den Vordergrund treten, die unter die Haut 
yerlegt werden. An diese Hautempfindungen sch Hessen sich un¬ 
mittelbar Hallucinationen an, denen erst später die Gesichts-, Ge¬ 
hörs- und Geruchstäuschungen folgen. Einige Bemerkungen über 
Simulation und Verkennung des Irrsinns schliessen das Heft, das 
uns zwar gerade nichts Neues, aber wie alle früheren die Vorzüge 
Magnan’s, eine klare und in hohem Grade anschauliche Art der 
Darstellung zur Geltung bringt. 


8. v. Krafft-Ebing, Der Conträrsexuale vor dem Strafrichter. 

De sodomia ratione sexus punienda. De lege lata et de lege 

ferenda. Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. Ref. 

A. Eulenburg (Berlin). 

Der berühmte Autor der Psychopathia sexualis hat seinen 
allbekannten Htterarischen Verdiensten um die „Conträreexualen“ 
die Krone aufzusetzen gewusst, indem er für diese, durch ihn 
ehedem in die richtige individual- und socialpathologische Beleuch¬ 
tung gerückten Stiefkinder von Natur und Gesellschaft-, die Pro¬ 
ducts einer „krankhaften, meist erblich degenerativen 
Veranlagung“, nunmehr auch die einer solchen veränderten Auf¬ 
fassung entsprechende, von der herkömmlichen durchaus abweichende 
Bechtstellung reclamirt. 

Mancher freilich wird Mühe haben, v. Krafft-Ebing auf 
diesem Wege zu folgen; jedenfalls ist dabei eine vorgängige 
Bekanntschaft mit der Litteratur des Gegenstandes sowie auch mit 
der derzeitigen Gesetzgebung auf diesem Gebiete ganz unerlässlich. 
Die vielfach auf irrthümlichen Voraussetzungen beruhende Mangel¬ 
haftigkeit und Inconsequenz der bestehenden Rechtspraxis wird 
in dem Abschnitte „de lege lata“ ausführlich erörtert, während 
der folgende Abschnitt „de lege ferenda“ zunächst an den Ent¬ 
wurf des österreichischen Strafgesetzbuches anknüpft, um 
eine Kritik desselben und weiterhin eigene Vorschläge des Ver¬ 
fassers zu geben. Es wäre danach der homosexuelle Verkehr 
an sich nicht unter Strafe zu stellen, und vielmehr nur dann 
strafbar, wenn os sich dabei um eine Verführung jugendlicher 
Personen (unter 18 Jahren) handelt; abgesehen davon wären 
energische Repressionsmittel gegen männliche Prostitution er¬ 
forderlich. — Wesentlich übereinstimmend mit diesen Vorschlägen 
ist übrigens schon ein beigedrucktes Gutachten der wissenschaft¬ 
lichen Deputation in Preussen vom 24. März 1869, sowie eine gut¬ 
achtliche Aeusserung des k. k. obersten Sanität srathes zum Sodomie¬ 
paragraphen (S. 186) des österreichischen Strafgesetzentwurfes. 


II. Zeitschiifteniibersicht. 

9. Th. Rosenheim, Ueber das Vorkommen von Ammo¬ 
niak im Mageninhalt. Aus der IH. medicinischen KÜnik und 
UniversitätspolikUnik des Geh. M.-R. Prof. Dr. Senator. Central¬ 
blatt für klinische Medicin 1892, No. 89. 

Seit C. Schmidt’s Untersuchungen über die Zusammensetzung 
des Magensaftes ist man allgemein der Anschauung gewesen, dass 
sich das Ammoniumchlorid im Secret der menschlichen Magendrüsen 
nicht finde, abgesehen von gewissen Zuständen (chronische Ne¬ 
phritis), in denen es sicher im Mageninhalte nachgewiesen war. 
Demgegenüber zeigt Rosen heim, dass in den Magensäften Ge¬ 
sunder • in allen Phasen der Verdauung und nach Einnahme der 
verschiedensten Nahrungsgemische gewisse Quantitäten Ammoniak, 
meist 0,1—0,15°/oo, nachweisbar sind, desgleichen auch bei vielen 
Magenkranken, die aber gelegentlich auch noch höhere Werthe als 
0,15°/oo aufwiesen. Der Umstand, dass in den verabreichten Probe¬ 
mahlzeiten nur Spuren von Ammoniak enthalten sein konnten so¬ 
wie dass der Nachweis desselben von der Quaütät der Nahrung 
unabhängig war, rechtfertigt die Annahme, dass das Ammoniak 
als Bestandtheil des Drüsensccrets anzusehen ist. Damit ist für 
diejenigen Methoden der Salzsäurebestimmung, welche die H CI 
durch Subtraction des an anorganische Basen gebundenen Chlors von 
dem Gesammtchlor berechnen (Hayem und Winter, Martius und 
Luett-ke) eine Fehlerquelle erwiesen, durch die mindestens 10% 
HCl zuviel vorgetäuscht wird, indem das in der Hitze verflüchtigte 
Ammoniumchlorid als Salzsäure gerechnet wird. Die Bestimmung 
des Ammoniaks geschah nach der Schlössing’schen Methode an 
dem, nach vorsichtiger Neutralisation und späterem Zusatz von 


einem Tropfen Essigsäure durch Tanninlösung enteiweissten Magen- 
saftfiltrat. M. Löwenthal (Berlin). 

10. G.Rüdel, ZurKenntniss der Lösungsbedingungen 
der Harnsäure im Harn. Arch. f. exper. Patli. u. Pharm. Bd. 30, 
S. 469. 

Verfasser machte die interessante Beobachtung, dass der Harn¬ 
stoff die Löslichkeit der Harnsäure in Wasser in sehr bemerkens- 
werther Weise befördert, und zwar vermögen 1000 ccm 2o/ 0 iger 
Harnstofflösung etwa 0,5 g Harnsäure zu lösen. Diese lösende 
Eigenschaft des Harnstoffs konnte auch bei Harnen, die durch 
reichliches Uratsediment getrübt waren, nachgewiesen werden. Bei 
steigendem Zusatz von Salzsäure zu einer Harnsäurelösung ver¬ 
ringert sich das Lösungsvermögen des Harnstoffs, verschwindet 
aber erst bei einem Säuregehalte, bei dem die Säure allein einen 
beträchtlichen Theil der Harnsäure zu lösen vermag. Verfasser 
konnte die sehr interessante Thatsache feststellen, dass die er¬ 
wähnte Eigenschaft des Harnstoffs auf der Bildung chemisch wohl 
charakterisirter Verbindungen desselben mit der Harnsäure beruht. 
Es gelang ihm, zwei Verbindungen zu isoliren und durch die 
Eiernentaranalyse festzustellen, dass in der einen gleiche Molecüle 
Harnstoff, Harnsäure und Wasser, in der anderen 1 Molecül Harn¬ 
säure, 2 Molecüle Harnstoff und 4 Molecüle Wasser mit einander 
verbunden sind. Man erhält diese Verbindungen durch Ansäuern 
von Harnsäurelösungen, in denen gleichzeitig ein Harnstoffgehalt 
von mehr als 6% vorhanden ist. Ueber die Bedeutung, welche 
die Verbindungen des harnsauren Harnstoffs für die mikroskopische 
Analyse des Harns haben, werden weitere Mittheilungen in Aus¬ 
sicht gestellt. Leo (Bonn). 

11. Rudolf Volkmann, Ueber die Regeneration des 
quergestreiften Muskelgewebes beim Menschen und 
Säugethier. Experimentelle Untersuchung aus dem pathologi¬ 
schen Institut zu Marburg. Ziegler’s Beiträge Bd. XH. 

Die Arbeit enthält sorgfältige und auf die verschiedensten Zu¬ 
stände ausgedehnte Untersuchungen über die Muskelregeneration 
bei Mensch und Thier. Bei ersterem wurden die nach der wachs¬ 
artigen Degeneration und der Erfrierung auftretenden Vorgänge 
untersucht. Jedoch wurden bei ihm auch experimentelle Unter¬ 
suchungen vorgenommen, und zwar vermittels Ipjection von Car- 
bolglycerifi in die Muskeln zur Amputation bestimmter Extremi¬ 
täten. Bei den Thieren kamen Verbrennung, Stichverletzung, 
Cauterisation u. a. in Anwendung. 

In den Arbeiten, die bisher dem Gegenstand gewidmet waren, 
hatte sich als wichtigste Differenz ergeben, dass entweder eine 
Regeneration nach dem embryonalen Typus, oder eine solche durch 
Knospenbildung aus den alten Fasern angenommen wurde. In den 
Arbeiten der letzten Jahre hatte hauptsächlich der letztere Modus 
seine Vertretung und zuletzt durch Kirby (Ziegler’s Beiträge 
Bd. XI) seine Beschreibung gefunden. Kirby leitete die Rege¬ 
neration aus einer Wucherung der Muskelkerne und des umgeben¬ 
den Sarkoplasmas ab. Daraus entstehen kernreiche Protoplasma¬ 
massen, die durch Sprossung aus den Muskelenden herauswachsen 
und sich in jungen Muskelfasern verlängern. Auch aus den Mus¬ 
kelkernen abgesprengter Muskeltheile kann eine solche Wucherung 
ausgehen, die so entstehenden Zellen gehen wohl meist zugrunde, 
können aber auoh, wenn sie mit den alten Fasern zusammen treten, 
an der Regeneration betheiligt sein. 

Volkmann gelangte zu dem Ergebniss, dass der embryonale 
und der durch Sprossung charakterisirte Typus Vorkommen, dass 
es aber von der Art der voraufgegangenen Muskelverändorung ab¬ 
hängt, welcher von beiden hauptsächlich zur Beobachtung gelangt. 
Wird durch die Schädigung vor allem die contractile Substanz 
betroffen, während die anderen Theile, besonders die Kerne und 
das zugehörige Protoplasma intact blieben, so findet sich der Ty¬ 
pus der embryonalen Muskelneubildung. Das ist der Fall bei dem 
Typhus abdominalis und bei der Erfrierung. Hier werden aus dem 
Sarkoplasma mit seinen Kernen musculäre Bildungszellen ent¬ 
wickelt, die theils zur Resorption der untergegangenen contractilen 
Substanz dienen, theils zu jungen Muskelfasern werden, und zwar 
vorwiegend in der Weise, dass die Bildungszellen zu spindeligen 
Elementen auswachsen, seltener so, dass sie mehrkernige Zellen 
bilden oder zu solchen verschmelzen. Diese umfangreichen Ele¬ 
mente können sich ebenfalls zu Muskelfasern verlängern. Die Re¬ 
generation ist unter diesen Umständen eine so ausgiebige, dass sie 
bei nicht allzu grosser Zerstörung zum vollständigen Wiederersatz 
führt. 

Bei Schädigungen, die mit Continuitätstrennungen einhergehen, 
beobachtet man vorwiegend die Knospenbildung, d. h. also ein 
Hervorsprossen von jungen Muskelfasern aus den Enden, viel sel¬ 
tener und nur ausnahmsweise aus den Seitenflächen der Muskel¬ 
faserenden. Man sieht dann hier zuerst eine Vermehrung der 
Kerne, dann eine Protoplasmazunahme um dieselben und darauf ein 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


fadenförmiges Längenwachsthum. In solchen Muskelstückchen an¬ 
dererseits, die völlig abgesprengt wurden, kann wiederum auch eine 
Regeneration nach embryonalem Typus erfolgen. Die so entstehen¬ 
den Muskelemente können weiterhin mit den alten Fasern ver¬ 
wachsen. 

Beide Arten der Regeneration stehen aber insofern nicht im 
Gegensatz zu einander, als in beiden Fällen der Wiederersatz aus¬ 
geht von den auch von Kirby herangezogenen Muskelkernen und 
dem zugehörigen Sarkoplasma, nicht von der contractilen Substanz. 
Die jungen Muskelelemente zeigen schon früh eine fibrilläre Zeich¬ 
nung, während die Querstreifung in der Regel erst später zum 
Vorschein kommt. Ribbert (Zürich). 

12. R. Stern, Ueber die Wirkung des Blutserums auf 
die experimentelle Typhusinfection. Zeitschrift für Hygiene 
und Infectionskrankheiten Bd. 16, S. 458. 

Stern hatte schon früher mitgetheilt, dass das Blutserum von 
5, 4—8 Tage nach Ablauf der Thyphuserkrankung untersuchten 
Menschen die Eigenschaft besitzt, Mäuse vor der Wirkung von 
Typhusculturen zu schützen. Zehn weitere Versuche hatten ähn¬ 
liche Ergebnisse. Das Blutserum wurde von den betreffenden 
Menschen durch blutige Schröpfköpfe oder Aderlass unter aseptischen 
Cautelen gewonnen; zu Versuchen wurden Mäuse und Meer¬ 
schweinchen gebraucht, denen das Serum intraperitoneal injicirt 
wurde. Das Ergebniss der 15 Versuche war folgendes. Unter 8 
Fällen, wo das Serum 2—26 Tage nach Ablauf des Fiebers unter¬ 
sucht wurde, erwies es sich 6 mal als schützend; unter 5 Fällen, 
wo die Untersuchung 1—10 Jahre nach dem Ueberstehen der Krank¬ 
heit vorgenommen wurde, waren 3 positive Ergebnisse zu verzeichnen; 
in 2 Fällen, wo das Serum von Menschen stammte, die den Typhus 
vor 15 bezw. 17V 2 Jahren überstanden hatten, waren selbst grössere 
Dosen wirkungslos. Die geringste schützende Dosis betrug 0,1 ccm; 
grössere Dosen hatten den Nachtheil, dass sie toxische Neben¬ 
wirkungen zeigten. Im einzelnen zeigten die Versuche, dass auch 
kurz nach überstandenem Typhus die Menge, in der sich die im- 
munisirende Substanz im Blute vorfindet, grossen Schwankungen 
unterworfen ist. Sichere Beziehungen zwischen der Intensität der 
Schutzwirkung und der Schwere der Erkrankung waren nicht fest¬ 
zustellen. Zweitens wurden Versuche gemacht über die Schutzwirkung 
des Serums solcher Menschen, die an Typhus gestorben w r aren. 
In den beiden Versuchen, wo das Blut 1, bezw. 7 Stunden nach 
dem Tode aseptisch entnommen wurde, zeigte sich die schützende 
Wirkung erheblicher als bei Reconvalescenten; eine Dosis von 
0,05—0,025 ccm war bei Meerschweinchen bereits wirksam. 
Drittens wurden 18 Versuche angestellt mit dem Serum von gesunden 
oder kranken Menschen, die niemals Typhus überstanden hatten. 
Auch hier konnte 6 mal eine schützende Wirkung festgestellt 
werden, doch gehörten grössere Dosen, 1,0—8,0 ccm dazu. In allen 
Versuchen war übrigens eine heilende Wirkung nicht festzustellen, 
sondern der Schutz gegen die Typhusinfection konnte nur durch 
vorherige oder gleichzeitige Injection von Serum erreicht werden. 
Viertens erörtert Stern die Frage, wie die schützende Wirkung des 
Serums zustande kommt. Die erste Möglichkeit, dass die schützende 
Wirkung die Folge einer bacterientödtenden Eigenschaft des Blutes 
sei, wird durch die Thatsache zurückgewiesen, dass die Typhus¬ 
bacillen in dem Serum nicht abgetödtet werden, wie Stern schon 
früher nachgewiesen hatte. Zweitens kann es sich aber auch nicht 
um eine abschwächende Wirkung des Serums handeln, denn in dem 
Serum gezüchtete Bacillen erwiesen sich noch als vollvirulent. 
Drittens kommt. eine antitoxische AVirkung des Serums in Frage, 
die thatsächlich in einigen Versuchen nachgewiesen werden konnte! 
Doch weist Stern daraufhin, dass die immunisirende Wirkung des 
Serums im Thierkörper auch dadurch erklärt werden kann, dass 
die Körperzellen befähigt werden, die Infectionsträger unschädlich 
zu machen. Lubarscli (Rostock). 

1 Senator, Farbenanalytische Untersuchungen 

r:Ä n rf im n? te \ ei Ne P hritis - Vortrag, gehalten in der 
Gesellschaft der Charite-Aerzte zu Berlin. Virch. Arch. 1893, 131. 

Die morphotischen Bestandtheile der Harnsedimente bei Nephritis 
bestehen aus so verschiedenartigen, zum Theil schwer zu unter¬ 
scheidenden Elementen, dass eine Färbungsmethode, durch welche 
dieselben möglichst differenzirt werden, anstatt der sonst üblichen 
Untersuchungen im ungefärbten frischen Präparate, von Vortheil 
sein muss Von dieser Ueberzeugung geleitet, verwendete Senator 
Fhrn!u U fJ erS !5- hU 2? , der ne P5ritischen Sedimente die einst von 
ZeHfärbnni Ür -? 10 - Färbung des BIutes angegebene Methode der 
daduroh J6ne ? * eutralea Dreifarbstoffgemische, welches 

fnphc- h i h Af te ^ r rd ’ dass man zwei saure Farben, das Säure- 
ehS 1 und Methylorange, und eine basische, das Methylgrün mit 
“ p d f er , in bestimmtem Verhältnisse vermengt. Senator^verfuhr 
dabei folgendermaassen: Ein Tropfen des Sedfmentes welches stete 
nur uneomplieirten Fallen von Nephritis bei Männern Somme^ 


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war, wo also Affectionen der übrigen Harnweo-A 
werden konnten, wurde möglichst frisch auf 
oder Deckgläschen ausgebreitet und vorsichtig angetrocknet Hi-' 
auf wurde ein Tropfen der Farbe auf dem ObjecttiW kht 
verrieben, oder das Deckgläschen auf der Färbeflüssigkeit HJ r 
Minuten schwimmen gelassen und dann mit der Farbe getrocb • 
Das so getrocknete Präparat wurde erst mit Alkohol dann 
Wasser gewaschen, getrocknet und in Kanadabalsam ehMett!* 
Die Untersuchungen, welche sich auf zwölf Fälle mit 70-80 Ein^’ 
Untersuchungen erstreckten, führten vor allem zu dem Er*ebni«! 
dass alle morphotischen Gebilde durch die Färbung in vie; 
grösserer Klarheit als ungefärbt hervortraten. Die Kert! 
waren blaugrün gefärbt, das Protoplasma violettroth, die hvaliip 
Cylinder und geronnenes Eiweiss violett, Hämoglobin und mb 
Blutkörperchen orange, Salze blieben natürlich ungefärbt. Als b 
sonderer Befund ergab sich sodann das Vorkommen eosinophil r 
Zellen, welche in drei Fällen in spärlicher Zahl sich vorfand^i 
Ferner konnten in manchen Zellkernen Kernkörperchen wahr¬ 
genommen werden, und zwar in derselben Farbe gefärbt ?i- 
das Protoplasma, so dass sie als rothe Gebilde in blaugrüL^ 
.Kernen hervortraten (nicht zu verwechseln mit Löchern im Ken, 
[Ringkerne] oder Vacuolen, welche das Protoplasma der Zellen cur 
durchscheinen Hessen). Neu aber und überraschend war 
folgender Befund: Man hatte bisher diejenigen Zellen, die nicht zu 
den Epithelien zu rechnen waren, in den Harnsedimenten einheitliil 
aufgefasst und sie daher mit dem Namen Leukocyten oder Eiter¬ 
körperchen bezeichnet. Senator aber fand, dass diese Leukccvteu 
ganz verschiedenartiger Natur sind, dass insbesondere die beiJ« 
Hauptformen, sowohl die einkernigen als auch mehrkerni?^ 
(mono- und polynucleären) nebst allerhand Uebergangsformennfk; 
einander Vorkommen. Und merkwürdigerweise zeigte es sich, d& 
die sogenannten Eiterkörperchen, d. h. die grossen mehrkerni^r, 
Leukocyten mit neutrophiler Körnung des breiten Protoplasma- 
leibes in oft verschwindender Minderheit vorhanden waren, währecü 
die mononucleären Zellen mit grossem Kern und schmalen 
violettrothem Protoplasmasaume weitaus überwo^c 
Diese Zellen kamen in verschiedener Grösse vor, die kleinerrü 
entsprachen vollständig den als Lymphocyten bezeichnten Zeller 
Ueber die Erklärung dieses Befundes spricht sich der Autor ncr 
vermuthungsweise aus. Ob dieselben aus dem Blute herstammfc. 
ob sie Abkömmlinge der fixen Gewebszellen oder aber wanderßbiu 
gewordene Gewebszellen selbst seien, lässt sich am Hanisediment- 
natürlich mit Sicherheit nicht entscheiden, umsoweniger, als au" 
für das Granulationsgewebe, in welchem sich diese mononucfe 
Zellen finden, die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Zur 
Schluss erwähnt Senator noch eine in der Discussion auf 
gesprochene Vermuthung O. Israel’s, dass die Lymphocyten 
Sedimentes vielleicht aus der Gewebsflüssigkeit (Lymphe) in 
Nieren stammen könnten, indem diese infolge der Entartung un: 
Abstossung der Epithelien in das Innere der Harncanälchen leiii 
gelangen können. H. Rosin (Berlin) 

14. A. Schmidt, Beiträge zur Kenntniss des Sputuin^ 
insbesondere des asthmatischen, und zur Pathologie 
Asthma bronchiale. Zeitsehr. f. klin. Med. Bd. Xa, '• 
bis 500. . , 

Verf. untersuchte mit Hülfe der AVeigert’schen Fibrinfai - 
die Curschmann’schen Spiralen in Schnitten von Sputum ac ; 
Stets zeigte sich der Centralfaden der Spiralen stark gefärb, ^ 
waren keine netzförmig angeordneten Fäden wie sonst stc s 
Fibrin zu entdecken, und Verf. vermuthet daher, dass auc ^ 
Centralfaden wie die lockere Hülle aus Schleim besteht, ■ 
AVeigert’sche Methode auch unter Umständen eine isolirtc ^ 
färbung abgiebt. Durch specifische Schleimfärbemittel - 
Thionin und die Ehrlich’sche Triacidlösung (modificirt von»fr 
wurde diese Vermuthung bestätigt. Die Spiralen wurden reg jv 
im Sputum bei Asthma gefunden, häufig bei Pneumonie, J l 
aber oft sehr klein, und überhaupt bei Miterkrankung 
und kleinsten Bronchien, hingegen nicht bei Phthise, ^ 
hämorrhagischem Infarct und in Myelinsputis. Der ' u , ; 
ist ein selbständiges Gebilde von grösserer Schleim 000 * 
geht ohne scharfe Grenze in die Hülle über. Die Lung ^ f 
mittelbar nach einem asthmatischen Anfall gestor e p nr > 
zeigte in den Oberlappen die meisten Bronchien von l 
schnitt bis zu den feinsten mit Schleim ausgefiul ■ 

Epithel. Auch der Inhalt der Alveolen bestand an ei u:: 

aus Schleim. AVährend der Schleim der Alveolen g« 
in den Bronchiolen nur minimal gedreht war, na ^ , 
mit der Weite der Bronchien zu, und Verf. glau *, ‘"j ; 

ken Luftwirbel in den grösseren Bronchien, die w Bahnen. ^ 
Exspirationsstösse sich einen Weg durch den bc ^ PTbr- 
Drehung der Schleimmassen zu Spiralen bewira 


Original ftom 

UNIVERSITT OF MICH! 




19. Juli. 


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L1TTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


gerinnsei aus einem Netzwerk feiner Fasern finden sich bei Bron¬ 
chiolitis fibrinosa und Pneumonie, haben aber mit den Spiralen nichts 
zu thun, wenn sie sich auch zuweilen neben denselben finden. 
Eosinophile Zellen wurden im asthmatischen und bronchitischen 
Sputum und in grösserer Anzahl in den Fibringerinnseln bei fibri¬ 
nöser Bronchitis gesehen. Mastzellen, die sich ausgezeichnet mit 
Thionin färben, kommen in den meisten Fällen von Asthma, aber 
auch bei Bronchitis fibrinosa, Bronchitis und Pneumonie vor, sie 
haben im Sputum aber meist eine runde Form. Der Sputumbefund 
kann daher nach obigem nicht mehr als charakteristisch für Asthma 
bronchiale gelten, das einzige Charakteristische sind die Anfälle von 
Athemnoth. E. Sehrw^ald (Freiburg i. B.). 

15. Oebeke, Ueber die Pupillenreaction und einige 
andere Erscheinungen bei der allgemeinen fortschrei¬ 
tenden Paralyse mit Berücksichtigung der Sy philisfrage. 
Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 50, Heft 1 u. 2. 

In den Mittheilungen über die allgemeine Paralyse begegnete 
man früher fast constant und auch jetzt nicht selten der einfachen, 
wenig verwerthbaren Angabe, dass eine Pupille weiter sei als die 
andere, daneben aber auch in den letzten zwei Jahrzehnten häufiger 
der Erwähnung der reflectorischen Pupillenstarre, nachdem Argy 11 
Robertson auf die Wichtigkeit dieses Symptoms aufmerksam ge¬ 
macht hatte und dasselbe hinterher von einer Reihe deutscher 
Aerzte zum Gegenstände eingehender Untersuchungen gemacht 
worden war. Oebeke berichtet nun zunächst über das Verhalten 
der Pupillen bei 100 Paralytikern, die er in seiner Privatanstalt 
behandelt hat, und trennt dieselben, je nachdem sie vorher syphi¬ 
litisch inficirt gewesen sind oder nicht. 

Von den 47 Fällen ohne vorangegangeno Syphilis waren 43 
einer Untersuchung zugänglich. Von diesen zeigten neun eine 
gleiche Weite der Pupillen (hierunter nur einer eine doppelseitige 
reflectorische Starre) und 34 eine verschiedene Weite. Bei diesen 
letzteren war die Erscheinung einmal angeboren, siebenmal Hess 
sich der eigentliche Grund nicht feststellen, zwölfmal (elfmal 
rechts und einmal links) ergab sich vollständige oder fast voll¬ 
ständige reflectorische Starre einer Iris und 14 mal Parese eines 
der Bewegungsnerven derselben (sechsmal im Nervus oculomotorius, 
achtmal im Nervus sympathicus). Von den 53 Fällen mit voran¬ 
gegangener Syphilis waren 50 einer Untersuchung der Augen zu¬ 
gänglich. Von ihnen hatten gleichweite Pupillen 20 , darunter vier 
reflectorische Starre beiderseits, eine verschiedene Weite 30. Bei 
diesen letzteren war der Grund nicht bestimmt festzustellen fünf¬ 
mal, beruhte die Erscheinung auf vollständiger oder fast vollstän¬ 
diger Starre einer Iris (und zwar nur der rechten) siebenmal, auf 
Parese eines der Bewegungsnerven einer Iris 18mal (siebenmal 
eines Nervus oculomotorius, elfmal eines Nervus sympathicus). Bei 
93 Paralytikern war also 29 mal eine gleiche Weite, 64 mal eine 
Verschiedenheit der Pupillen nachweisbar; bei ersterer bestand 
doppelseitige Pupillenstarre fünfmal, inclusive minimaler Reaction 
15 mal, bei der Verschiedenheit eine einseitige näher festzustellende 
Störung in der Beweglichkeit der Pupille in 51 Fällen, und zwar 
19mal als einseitige Starre, 32mal als Läsion eines einzelnen 
Nerven. Hiernach betont Oebeke die Wichtigkeit des letzteren 
Momentes für die Diagnose der Paralyse zugleich mit dem Hin¬ 
weis, dass er unter 200 darauf untersuchten nicht-paralytischen 
Geisteskranken keinen mit dauernd verschieden weiten Pupillen 
fand und nur vier, d. i. 2%, mit vorübergehend ungleichen Pu¬ 
pillen, aber mit erhaltener ausgiebiger Reaction beiderseits, w'ährend 
Reche eine Pupillenungleichheit unter 14 392 Augenpatienten nur 
bei 143, d. i. in 1 %, feststellte. 

Bezüglich der Gehirnnerven befand sich unter den 47 Nicht- 
syphilitischen Ptosis eines oberen Augenlids bei zwei, unter 
den 53 syphiUtisch Gewesenen bei 14, hier zweimal ein¬ 
seitige mit Abducenslähmung verbunden und zweimal doppelseitige 
Ptosis, einmal mit Strabismus divergens zusammen, einmal 
letzterer allein. Bei einem Kranken wechselte die Ptosis von links 
nach rechts, um dann zeitweilig zu verschwinden. Unter den 16 
Fällen mit Ptosis zeigten also 14, d. i. 87 o/o, vorangegangene 
Syphilis und ausserdem 13, d. i. 81 %, eine Mitleidenschaft der 
Iris mit Störungen in der Reaction gegen Lichtwechsel. Die sonst 
vielfach günstige Prognose der Ptosis konnte Oebeke in seinen 
Fällen nicht bestätigen. Der geistigen Verfassung nach überwog 
im allgemeinen die Exaltation, unter den SyphiHtischen aber im 
Vergleich mit den Nichtsyphilitischen die Melancholie und die 
Demenz. Die paralytischen Anfälle traten bei den Nichtsyphi- 
Htischen häufiger auf als bei den Syphilitischen (56 :30 °/o)- Bel 
einer Reihe von Paralytikern, deren Körpertemperatur längere Zeit 
bestimmt wurde, zeigte sich im allgemeinen eine Tendenz zu 
höherer Körperwärme. Eine Remission im Krankheitsverlaufe mit 
der Möglichkeit, kürzere oder längere Zeit in freien Verhältnissen 
zu leben, war bei 14 von 100 Fällen vorhanden. Bei - Einem dauerte 


dieselbe 3 J /4 Jahr mit äusserlich gutem Verhalten, um dann einer 
Verschlimmerung mit baldigem tödtlichem Ausgang zu weichen. 
Nur einer gelangte wieder zu einer nützlichen Thätigkeit und be¬ 
hauptet seine anscheinende Gesundheit nun seit 3 A /2 Jahren. Die 
Dauer der Krankheit dehnt sich im Durchschnitt bei den Syphi¬ 
litischen auf drei Jahre zwei Monate aus, bei den Nichtsyphiliti¬ 
schen nur auf zwei Jahre 8 l /2 Monat, war also bei den ersteren 
etwas länger; auch scheint bei diesen der Ausbruch in einem etwas 
früheren Lebensalter zu erfolgen. Wenn auch der Ausgang bei 
Allen schliesslich der gleich ungünstige war, so ist in manchen 
Erscheinungen eine gewisse Besonderheit je nach der Aetiologie 
bei den Paralytikern nicht zu verkennen, deren Beobachtung an 
grösserem Material vielleicht dem Krankheitsbilde ein erkennbares 
Gepräge aufdrücken könnte. 

16. Hougberg, Beiträge zurKenntniss der Aetiologie 
der progressiven Paralyse mit besonderer Berücksichti- 
gungder Syphilis. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie Bd. 50. 

Der Verfasser giebt einen Bericht über diejenigen Fälle von 
progressiver Paralyse, die in den Jahren 1875—1892 in der Irren¬ 
anstalt Lappwick bei Helsingfors Aufnahme gefunden haben. 
107 = 7 °/ 0 sämmtlicher Aufgenommenen litten an dieser Gehim- 
krankheit. Die umfangreiche Arbeit gipfelt in folgenden Schluss¬ 
sätzen: Die Paralyse ist eine Krankheit, die bei weitem häufiger 
bei Männern als bei Frauen auftritt, besonders dio städtische 
Bevölkerung ergreift, aber nicht unter den Frauen der besseren 
Stände auftritt. Dio ätiologische Bedeutung der Syphilis scheint 
sehr gross zu sein; Syphilis war bei 75% der paralytischen 
Kranken mit Sicherheit nachzuweisen, wahrscheinlich war sie 
auch weiter bei 11 % vorhanden. Die Krankheit ist am häufigsten 
zwischen dem 30.—45. Lebensjahre und bricht erst vier bis fünf 
Jahre nach Erwerbung der SyphiUs aus. Die syphilitischen 
Symptome, die einem paralytischen Processe vorausgehen, scheinen 
relativ geringer Art zu sein. Im Vergleiche zur Syphilis haben 
hereditäre Veranlagung, psychische Ursachen, Alkoholmissbrauch, 
Excesse in venere und Traumen nur eine untergeordnete Bedeutung. 
Von den verschiedenen Formen der Paralyse kam dio maniakalischo 
am häufigsten vor, dann die demente und schliessHch die melancho¬ 
lische Form. Die Dauer der Krankheit w r ar in ca. 82 % der Fälle 
vier Jahre, in ca. 43% nur zwei Jahre; Remissionen kamen selten 
vor. Durch eine antisyphilitische Behandlung ist keine Verbesserung 
des Zustandes beobachtet worden, und auch durch die Section konnten 
keine Veränderungen nachgewiesen werden, welche speciell syphi¬ 
litischer Natur gewesen w T ären. Lewald (Berlin-Lichtenberg). 

17. M. F. Porter, A contribution to the study of the 
treatment of appendicitis; with a tabulation of four 
hundred and forty-eight cases, including seven cases of 
the writers. The Americ. journ. of the medic. Sciences No. 260. 

18. W. H. Richardson, Remarks upon appendicitis, 
based upon a personal experience of one hundred and 
eightyone cases. Ibid No. 261. 

Beide Arbeiten betonen die Schwierigkeit, bei der Appendicitis 
für den chirurgischen Eingriff sichere Indieationen zu gewinnen. 
Nach Porter recidivirt nur die kleinere Hälfte aller Perityphlitiden; 
so ist die Gefahr eines Rückfalls kein genügender Grund zur Ope¬ 
ration. Ebensowenig das Vorhandensein eines Tumors, denn ein 
solcher kann sich zurückbilden, andererseits aber in Fällen fehlen, 
bei denen ein operativer Eingriff nothwendig ist. Selbst Abwesen¬ 
heit lokaler Empfindlichkeit oder Schmerzen schliesst den letzteren 
nicht immer aus. Sobald chirurgisches Vorgehen gerathen ist, 
soll es möglichst rasch erfolgen, besonders in primären Attacken, 
bei denen Adhäsionen noch nicht zu erwarten sind. Für ein ope¬ 
ratives Handeln ist die Dauer des Anfalles weniger als sein Cha¬ 
rakter und das Befinden des Kranken nach demselben maassgebend. 
Hat sich ein Abscess gebildet, so muss der Eiter abgelassen werden, 
die gleichzeitige Entfernung des Processus vermiformis ist abor 
nicht zu empfehlen. Bei Operationen ist die Trendelenburg’sche 
Lagerung von Werth, bei Excisionen des Wurmfortsatzes Ver¬ 
senkung des in’s Cöcum gedrehten Stumpfes unter Lembertnähten. 

Wichtiger noch ist Richardson’s Aufsatz, dem zahlreiche 
persönliche Beobachtungen zugrunde liegen, an 181 Fällen — 
130 Männer und 51 Frauen —, von denen er 43 verlor, 30 von 
107 operirten. In 46 waren frühere Attacken anamnestisch. 124 
standen zwischen zehntem und 40. Lebensjahr. — Von den ver¬ 
schiedenen Lagerungen des Processus vermiformis ist die am Rande 
des Pelvis nach Richardson die häufigste. Bei Perforationen soll 
allemal Leukocytose des Blutes bestehen. Bei circumscripter peri¬ 
tonealer Abscessbildung räth Richardson zur Incision, — eben¬ 
falls ohne auf den Wurmfortsatz dabei einzugehen. Nach längerer 
Dauer des Anfalls liegt gewöhnUch nur eine Eiterhöhle vor. ^ Ist 
diffuse Peritonitis eingetreten, so ist schleunige Operation indicirt, 
ein Erfolg derselben aber nie sicher vorherzusagen. Alle Fälle von 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


mehr als mittlerer Schwere in den ersten Stunden oder Tagen der 
Attacke müssen operirt. werden, am dritten bis fünften Tage des 
Anfalls jedoch ist das chirurgische Vorgehen wegen der Möglich¬ 
keit sehr zarter Adhäsionen um das erfolgte Extravasat besonders 
vorsichtig abzuwägen. Bei häufig recurrirender Appendicitis ist 
der Processus zu exstirpiren; vor der oben empfohlenen Behand¬ 
lung des Stumpfes cauterisirt Richardson denselben. 

F. Reiche (Hamburg). 

19. E. Kübler, Ueber die Exstirpation von Aneu¬ 
rysmen. Beiträge zur klinischen Chirurgie IX. Band, 1. Heft. 

Von den blutigen Methoden zur Behandlung des Aneurysmas 
hat die Exstirpation des Sackes bisher merkwürdigerweise allge¬ 
meine Werthschätzung nicht gefunden. Aus der Delbet’schen 
Zusammenstellung behandelter Aneurysmen hat der Autor nur 
37 Fälle, welche mit Sicherheit in diese Kategorie gehören, heraus¬ 
lesen können, dazu fügt er drei Fälle aus der Bruns’schen Klinik, 
zwei aus traumatischer Entstehung (cubitalis und brachialis), einen 
mit spontaner Entstehung (poplitea). Von diesen 40 Aneurysmen 
sind 28 arterielle, 12 arteriell-venöse von Haselnuss- bis Mannskopf¬ 
grösse; 8 waren zuvor geplatzt, 11 waren erfolglos mittels Com- 
pression, 5 mittels Hunter’scher Ligatur behandelt. Von diesen 
40 Fällen sind 39 durch die Exstirpation geheilt, häufig per primam, 
im Durchschnitt aber auch bei den Aneurysmen der grösseren Gefässe 
innerhalb vier Wochen, ein Aneurysma am Kopf führte zu letaler 
Blutung. Das functioneile Resultat war in allen Fällen ein vor¬ 
treffliches, in keinem ist es zu einer Nachblutung gekommen, in 
keinem auch zu einer Gangrän, so dass die Ueberlegenheit dieser 
Methode gegenüber der Ligatur (Mortalität 18,75 %, Gangrän 7,58%), 
und der Antyllus’schen Operation (11,32 %, Gangrän 2,94%) 
ohne weiteres hervorgeht. Bezüglich der Gefahr der Gangrän im 
Gefolge der Operation eines Aneurysma ergiebt die Delbet’sche 
Statistik, dass dieselbe auch bei Unterbindung der Vene nicht so 
gross ist. Von fünf Fällen von arteriellem und 16 Fällen von 
arteriell-venösem Aneurysma, wo die Vene unterbunden oder resecirt 
Avurde, kam es nur einmal zu Gangrän. Bei den 39 Fällen von 
Exstirpation wurde bei Aneurysma der Art-eria femoralis die Vene 
dreimal geöffnet, bei Aneurysma der Arteria poplitea fünfmal, bei 
Aneurysma der Axillaris einmal, bei der Brachialis dreimal; in 
allen diesen Fällen wurde mit einer Ausnahme (wandständige Naht) 
die Vene unterbunden, aber niemals trat eine erhebliche Circulations- 
störung, geschweige Gangrän ein. Herrn. Frank (Berlin). 

20. L. Gigli, Ueber ein neues Instrument zum Durch¬ 
trennen der Knochen, die Drahtsäge. Centralbl. für Chir. 
1894, No. 18. 

An Stelle der Kottensäge (1784 von Aitken erfunden), welche 
bekanntlich complicirt., zerbrechlich, theuer und schwer zu des- 
inficiren ist, hat Gigli im Verein mit Herrn Härtel, Instrumenten¬ 
macher in Breslau, eine Drahtsäge construirt, welche allen gerechten 
Anforderungen entspricht. Die Säge ist eine Art Laubsäge, nur 
dass die Zähnelung cireulär, nicht wie bei jener nur an einer 
Fläche angebracht ist. Die Art der Sägeftthrung muss im Gegen¬ 
satz zu der Kettensäge leicht und nicht drückend sein, eine Wasser¬ 
rieselung ist unnöthig, endlich darf die Biegung der Säge nicht 
über einen halben rechten Winkel betragen. Ref. hat die Säge in 
zwei Fällen angewandt und kann die Vorzüge derselben durchaus 
bestätigen. Die Säge ist für den geringen Preis (3 Mk. pro Dtz.) 
von Härtel, Breslau zu beziehen. E. Senger (Crefeld). 


in. Zur Becension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 

Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Penzoldt 
und btintzmg, Handbuch der speciellen Therapio innerer 
Krankheiten. VII. Lieferung: Ilusemann, Behandlung der Ver¬ 
giftung mit Pflanzeustoffen (Schluss). Erlenmeyer, Behandlung des 
chronischen Morphinismus und Cocalnismus. Tuczek, Behandlung des 
Ergotismus, der Pellagra und des Lathyrismus. Schmid, Pneumatische 
nehandlung der Erkrankungen der Athmungsorgane (Schluss). Kiessel- 
hach, Hehandlung der Erkrankungen der Nasen- und Rachenhöhle. 
vtttt • ? nd An g e ™ r i Behandlung der Erkrankungen des Kehlkopfes. — 
Il v und Angerer, Behandlung der Erkrankungen 

des Kehlkopfes (Schluss), v. Jttrgenson, Behandlung der Luftröhren- 

lie^ten^ 118611 ' Kaposi und Eichhoff > Behandlung der Hautkrank- 

Officiellor Bericht über die XI. Hauptversammlung des 
A M S d1 ^ ,n 5i b ® an JtoH-Voreins zu Berlin am 23 und 
feld)7 1894 167 ^ erlm ’ Flscher s medicinischo Buchhandlung (H. Kora- 

?**er die Sitzung der Frühjahrsversammlung des 
1894° Stettin,^1°^usenbeth^1894 r ^^, t |* )ez ' r * cs Stettin am 31. Ma 

Studit sfut t"ä't ,’r Euk^S' soi. c h m S 6h ' Eino sozial - medici “ sohe 


_. . ; No.i 

Podwyssozki, Die Reservekr&fte des Organismus und ihr 
Bedeutung im Kampfe mit der Krankheit, Aus dem 
übersetzt von Dr. N. Svenson. Jena, Gustav Fischer, 1894. 24 - 
0,75 M. ' 

J. Froehlich, Das natürliche Zweckmässigkeitsprinnn 
seiner Bedeutung für Krankheit und Heilung. Grundgesetze,7 
Grundsätze der physiologisch-hygienischen Therapie. II. Auflaw k.7 
und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. 263 S. ° rü 

Anaton^e und Eutwickelungsgeschichte. E. Flatau, Atlas d« 
menschlichen Gehirns unjd des Faserverlaufes. Mit einem V r- 
wort von Prof. Dr. E. Mendel. Berlin, S. Karger. 1894 9 Tat,Ah 
gr. Folio. 27 Seiten Text. 12,00 M. 

E. Bannwarth, Histologio. Ein kurzes Lehrbuch für Stuifinad- 
und Aerzte. Leipzig, Ambr. Abel, 1894. 198 S. 5,00 M. 

Chirurgie. H. Tillmanns, Lehrbuch der speciellen Chirur¬ 
gie. III. Auflage. Leipzig, Veit & Co., 1894. II Bände, 700 und 830 s 
32,00 M. 

A. Hoffa, Lehrbuch der orthopädischen Chirurgie. Zweit* 
Auflage. Bibliothek des Arztes. Stuttgart, F. Enke, 1894. 771 S. 

H. Schlange, Ueber den Ileus. Volkmann’s Samml. klin. Vorir 
N. F. No. 101. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

P. Lefort, La pratiquo journaliäre de la Chirurgie dan* 
les höpitaux do Paris. Aide-memoire et formulaire de therapeuti^ 
appliquöe. Paris, Bailli&re et fils, 1894. 324 S, 3 Fr. 

Hygiene und Medicinulpolizei. Th. Weyl, Handbuch der Hr- 
giene. 10. Lieferung: E. Richter, Strassenhygiene. — 11. Liefen^ 
Th. Weyl, Die Gebrauchsgegenstände im Anschluss an die Gesetzgebnt: 
des Deutschen Reichs und an die der übrigen Culturstaaten. Jena, Gut. 
Fischer, 1894. 

W. Bode, Zum Schutz unserer Kinder vor Wein, Bier uoi 
Branntwein. Eine Sammlung von Gutachten Über-die Einwirkung der 
geistigen Getränke auf die leibliche, geistige und sittliche Gesundheit 
Kinder. Hildesbeim, Gebr. Gerstenberg, 1894. 47 S. 0,40 M. (10 ä!§ 
2,00, 100 Stück 12,00, 1000 Stück 100 M.) 

Infectionskrankheitcn. J. Ritter, Croup und Diphtherie. 
Berliner Klinik Heft 73. Berlin, Fiscber’s medicinische Buchhaiwilnne. 
1894. 

J. Goldschmidt, La Lepre. Paris, Socidtdd’editionsscienüfiqurs. 
1894. 56 S., 10 Tafeln. 

M. K. Zienetz, Memoire sur la question des vaccination- 
präventives antirabiques de Mr. Pasteur. Varsovie, Ed. Wen! 
et Cie., 1894. 39 S. 

Innere Mcdicln. Boas, Diagnostik und Therapie der 
krankheiten. I. Theil: Allgemeine Diagnostik und Therapie derM»- 
krankheiten. Dritte vermehrte und umgearbeitete Auflage. b’ipK. 
Georg Thieme, 1894. 348 S. 8,00 M. * 

Kinderheilkunde. Th. Biedert, Lehrbuch der Kinderkrank¬ 
heiten. Auf Grund der VIII. Auflage des Buches von Prof. A.' 
Elfte vermehrte und verbesserte Auflago., Stuttgart, F. Enke, wJ- 
661 S. ' . 

Klimatologie und Balneologie. E. Lindemann, Seeklima uni 
Seebad. Eine wissenschaftliche Abhandlung nebst einer Zusammen¬ 
stellung der gesammten Seebadelitteratur. Berlin, Hermann Bne?» 1 . 
1894. 76 S. , , . . , 

E. Lindemann, Baderegeln und Rathschläge für den Auieai- 
halt in Seebädern. Berlin, Hermann Brieger, 1894. 32 S. 

C. Scherk, Die Heilwirkung der Höhen-, See- und ^ 
luft. Eine klimatologische Skizze. Berlin, Hermann Brieger. R 7 

W. H. Gilbert, Italiens Thermen. Wien u. Leipzig, VI. 
mttller, 1894. 37 S., 1,00 M. . . . A(f(inij 

Mcdicinnlstatistik. Tabellarische Uebersichten bet 
den Civilstaüd der Stadt Frankfurt a. M. im Lw°. ' 
Verbindung mit dem Stadtarzte bearbeitet durch das statis i*< 
der Stadt. Frankfurt a. M., Malilau & Waldschmidt, lo94. 

Neurologie. C. Salzburg, Ueber die Behänd Iw* 
Epilepsie, insbesondere mit 0-piumbrom nach 
Leipzig, Veit & Co., 1894. 60 S. 1,20 M. 

Pathologische Anatomie. Käst und Rumpol, I ft) g ^ 

anatomischo Tafeln nach frischen Präparaten. ■ 

1 Lieferung. Wandsbeck-Hamburg, Kunstanstalt (vorm. Gus- - 
1 A.-G., 1894. . (vitli- 

! E. S. Talbot, The etiology of osseous defo T r ” u A' l T 
bead, face, jaws and teetb. III. Edition. Chicago, 

Company, 1894. 487 S. 42 Tafeln. r olirbuch ' 

Physiologie und physiologische Chrnk. Bunge, tp 

physiologischen und pathologischen Chemie.. toqi 447 
Studirende? III. Auflage! Leipzig, F. C. W. Vogel, «*«• 

10,00 M. 


F. W. Parj.The P^^gy *•' 


application as ford and relation to diabetos. 

Churchill, 1894. 280 S. p.*hnloriscb-p>' 

“ * Ribot, Dio Persönlichkeit. 


Psychiatrie. 


t-psych 

mit fienehmttt- 


logische Studien. Nach der IV. Auflage des ^rlin. ^ " 


ihre Handbft^- 


des Verfassers übersetzt von Dr. phil. F. Tb. 

Reimer, 1894. 179 S. , , 

Tatzel, Die Psycliotherapio (Hypnoscj, **“ j". UI1( j Sen* 
und Bedeutung für den praktischen Arzt. 

Heusers Verlag, 1894. i.- a nr«chts. 

Th. Engelmann, Zur Reform des Irrenroc 

J. Schweitzer’s Verlag, 1894. 26 S. ______ 


Gedruckt bei Julius Siltenfold ln Bartfti W. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 


2. August 1894. 


DER 


Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. Büchersclian: 1. Dreher, Grundzöge der Aesthetik der musi¬ 
kalischen Harmonie auf ps 3 f cho-physiologischer Grundlage. Ref. Eulen¬ 
burg. 

2. Hayem, Les agents physiques et naturelles. Ref. Winter- 

nitz. 

3. Albrecht, Handbuch der praktischen Gewerbehygiene. Ref. W. 

4. Weyl, Die Einwirkung hygienischer Werke auf die Gesundheit 
der Städte, mit besonderer Rücksicht auf Berlin. Ref. Maass. 

5. Reineke, Die Cholera in Hamburg und ihre Beziehungen zum 
Wasser. Ref. Pfeiffer. 

6. Kronthal, Schnitte durch das erkrankte Rückenmark des Men¬ 
schen. Ref. Eulenburg. 

7. Fla tau, Atlas des menschlichen Gehirns und des Faserverlaufs. 
Kef. Eulenburg. 

8. Zarniko, Die Krankheiten der Nase, ihrer Nebenhöhlen und des 
Nasenrachenraums. Ref. Rosenberg. 

9. Joseph, Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten. Ref. 

Jadnsso 1m. 

II. XcitscliriftenUbersirkt: Physiologie und physiologische ! 
Chemie: 10. Bluhm, Ueber Thymolglycuronsäure. — 11. Bunge, j 
Weitere Mittheilungen über die Aufnahme des Eisens in den Organismus. 
— 12. Strauss, Ueber das Vorkommen von Ammoniak im Mageninhalt 


und die Beeinflussung der neueren Salzsäurebestimmungsmethoden durch 
dasselbe. 

Pathologische Anatomie: 13. v. Kahlden, Ueber die Ursachen 
der Lungeninduration. — 14. Kohn. Zur Histologie der indurirenden 
fibrinösen Pneumonie. — 15. Herbig, Beiträge zur Histogenese der 
Lungeninduration. — IG. Aldinger, Zur Histogenese der indurirenden 
fibrinösen Pneumonie. 

Innere Medicin: 17. Hirschfeld, Die Behandlung der Fett¬ 
leibigkeit. — 18. Dapper, Ueber den Stoffwechsel bei Entfottungscuren. 
— 19. v. Noorden und Dapper, Ueber den Stoffwechsel fettleibiger 
Menschen bei Entfettungscuren. — 20. Hirschfeld, Ueber den Eiweiss¬ 
verlust bei Entfettungscuren. — 21. Sahli, Zur Aetiologie des acuten 
Gelenkrheumatismus. — 22. Langer, Hämoglobinurie als Complication 
von Erysipel. 

Psychiatrie: 23. Dessoir, Zur Psychologie der Vita sexualis. 

Chirurgie: 24. v. Hacker, Zur Behandlung tiefsitzender Narben- 
stricturen der Speiseröhre durch Sondirung ohne Endo nach temporärer 
Gastrostomie und Oesophagostoniie. — 25. Ord und Waterhouse, A 
case, diagnosed as tubercular meningitis, treated by trephining and drai- 
nage of the subarachnoidal space; recovery. 

Geburtshttlfe und Gynäkologie: 26. Gottschalk, Zur Lehre 
von der hinteren Scheitelbeineinstellung. 

III. Zur Recensio» eingegangene Bücher. 


I. Bücherscliau. 

1. E. Dreher, Grundzüge der Aesthetik der musikalischen 
Harmonie auf psycho-physiologischer Grundlage. Samm¬ 
lung pädagogischer Vorträge Bd. VII, Heft 1. Bielefeld, A. Hel- 
mich’s Buchhandlung. Ref. Eulen bürg (Berlin). 

Dreher sucht die Helm hol tz’sche Theorie der Consonanz 
und Dissonanz und des Charakters der musikalischen Harmonie 
durch eine Anschauung zu ersetzen, die sich mehr der älteren 
Leibnitz-Euler’schen Hypothese anschliesst, wonach die Harmonie 
der Töne eine Folge des Verhältnisses ihrer Schwingungszahlen 
und ihrer von der Seele aufgefassten Gesetzmässigkeit sein soll. 
Er beruft sich dafür namentlich auf den Umstand, dass die Har¬ 
monie der Töne als Consonanz und Dissonanz auch in der Melodie 
bei zeitlich getrennten Tönen als charakteristisch empfunden wird, 
— wo also keine Schwebungen den Effect der Zusammengehörig¬ 
keit beeinflussen können. — Die Frage, weshalb wir, trotzdem die 
Interferenz bekanntlich beim Anhören eines Musikwerkes ein Ver¬ 
nichten ganzer Tonwellen verlangt, dennoch die einzelnen Töne 
hören und sogar ihre Provenienz aus bestimmter Stelle des Raumes 
angeben können, sucht Dreher damit zu beantworten, dass die 
Schallquellen fast immer unter einem Winkel das Ohr afficiren 
und daher das vor dem Hörnerven getroffene Lufttheilchen stets 
eine Bewegung ausführen muss, selbst dann, wenn die beiden inter- 
ferirenden Töne gleiche Stärke besitzen. Die Entstehung der 
Combinationstöne wird von Dreher auf Schwebungen zurückgeführt. 
In dem obigen Zustandekommen der Harmonie im Leibnitz-Euler¬ 
sehen Sinne, trotzdem wir von den Schwingungsverhältnissen selbst 
nichts unmittelbar percipiren, glaubt Dreher eine unbewusste, 
(1. h. (im Gegensatz zum Ich) „relativ“ unbewusst verlaufende 
Seelenthätigkeit erblicken zu dürfen. 


2. G. Hayem, Les agents physiqnes et naturelles. Paris, 
G. Masson, 1894. 692 Seiten, 130 Figuren und 1 Karte der Mineral¬ 
wasser und klimatischen Stationen. Ref. W. Winternitz (Wien). 

Vor wenigen Jahren ist ein französisches Buch erschienen 
über einen Theil der auch hier behandelten physikalischen Heil¬ 
methoden, über die thermischen Agentien, über Hydrotherapie. 
Das stattliche voluminöse Werk war patronisirt und eingeführt von 
einem der hervorragendsten, geistreichsten, wenn auch etwas natio¬ 
nal chauvinistischen Kliniker Frankreichs. Man brauchte nur den 
Schlusssatz des dickleibigen Kolossalwerkes zu lesen, um die 
thönernen Füsse des Kolosses zu entdecken. Da stand deutlich zu 
lesen: „La doctrine liydroth6rapique n’est pas fond6e“, und das, wie 
uns weitläuftig bewiesen wird, aus dem Grunde, weil die heimi¬ 
schen Arbeiten zur wissenschaftlichen Begründung der Hydro¬ 
therapie nicht ausreichten und — die fremde Litteratur dem Autor 
nicht bekannt war. 

Es war nur nationale Hydrotherapie. Nein, es ist das noch 
zu viel gesagt., es war einfach Empirie, die ausser für die Technik, 


weder für die Wissenschaft noch für die Erfahrung besonderen 
Werth hat. Denn auch die klinische Erfahrung bedarf für den 
Nachahmer, den Schüler, eine physiologische, experimentelle uml 
pathologische Grundlage. 

Wie ganz anders stehen wir dem uns heute, vorliegenden statt¬ 
lichen, wenn auch nur halb so voluminösen Bande gegenüber, ob¬ 
wohl wir in der Vorrede lesen: „Un livre destinß ä Pinstruction 
des 61&ves n’a pas n6cessairement besoin d’ötre original pour 6tre 
utile“, aber auf dem Titelblatte steht der Name Hayem. Es ist 
also kein originelles Werk, sagt der Autor, aber verdienstlicher, 
mühevoller und nützlicher als gar manche vielfach voluminösere 
sogenannte Originalarbeit. Hayem macht seine Schüler und 
Landsleute mit allem Wissenswerthen, der kritisch gesichteten 
Weltliteratur über die physikalischen Heilagentien und Heilmethoden 
vertraut. Daraus ergiebt sich zunächst, dass es eine hydrothera¬ 
peutische, wohlbegründeto, nicht schlechter als Pharmakodynamik 
und Pharmakologie begründete Doctrin giebt, ebenso wie eine 
clektrotherapeutische und klimatologisehe. Allo diese Doetrinen 
vertragen noch eine Entwicklung, Vervollkommnung und Erweite¬ 
rung, aber eine Methode für ihre wissenschaftliche Erforschung ist 
längst festgestellt, daher sind es wissenschaftliche Doetrinen, die 
bereits eine theoretische und praktische Behandlung gestatten. 
Nur der Laien-Hydrotherapeut wird glauben oder glauben machen, 
es handle sich dabei um eine neue Wissenschaft. Der geschulte 
Arzt weiss es ganz genau, dass die hydrotherapeutische Lehro nur 
so weit das Adjectivum rationell verdient, als sie sich auf die 
feststehenden Gesetze der Biologie stützen kann. 

Eine Analyse der einzelnen Abschnitte lässt erkennen, welche 
Arbeit der Autor aufwenden musste, um ein klares Bild des gegen¬ 
wärtigen Standpunktes der physikalischen Heilagentien seinen 
Lesern zu liefern. Es ist der 5. Band der Vorlesungen Hayem’s 
über Therapie, der uns vorliegt. Dieser stattliche Band behandelt 
die thermischen Agentien, die Elektricität, die Veränderungen des 
Luftdruckes, das Klima und die Mineralwässer von therapeutischen 
Gesichtspunkten aus. Hayem bemüht sich, die physiologischen 
Wirkungen dieser Agentien nach den besten Quellen darzuthun, 
um ihre vernünftige Anwendung auf dieser Basis zu entwickeln. 
Er theilt den Heilschatz des Therapeuten in drei Gruppen, von 
denen die erste die psychischen Mittel umfasst, die zweite die 
chemischen und die dritte die physikalischen. Man muss in der 
That das Talent Hayem’s bewundern, auf nur 80 Seiten die 
direkte und secundäre Wirkung von Wärme und Kälte nach den 
besten kritisch gesichteten Experimentaluntersuchungen vorzutragen, 
ohne Wesentliches, einige neueste italienische und deutsche Ar¬ 
beiten abgerechnet, zu übersehen. Nach einer ausführlichen, durch 
Illustrationen anschaulich gemachten Darstellung der liydriatischen 
Methodik, werden den Schülern — vielleicht hier iu doch etwas zu 
knappem Rahmen — Indicationen und Contraindicationen der ther¬ 
mischen Curen vorgeführt. 

Am eingehendsten behandelt Hayem die Elektricitätslehre. 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Die neunte bis zur 27. Vorlesung sind diesem Abschnitte ge¬ 
widmet. Das therapeutische Agens, das in der Elektricität zu 
finden, die elektrophysisehe Physiologie, die Elektrogenese, Span¬ 
nung, die verschiedenen Qualitäten, galvanisch, faradisch, statisch, 
ihre Erzeugungsarten, die gebräuchlichsten Apparate, Collectoren, 
Rheostaten, Galvanometer, kurz alles, was für den Elektrotherapeuten 
von theoretischer und praktischer Bedeutung, wird dem Schüler in 
der verständlichsten Weise und nach den besten Quellen, mit zahl¬ 
reichen vortrefflichen Illustrationen vorgeführt. Besonders ein¬ 
gehend und in systematischem Aufbau werden dem Schüler die 
zahlreichen Probleme der Elektrophysiologie, stets im Hinblick auf 
ihre praktische Verwendbarkeit klar zu legen versucht und die 
Wahl der Methoden zur Benützung der verschiedenen lokalen und 
allgemeinen Anwendungsweisen erleichtert. Die Möglichkeit der 
Erzielung therapeutischer Effecte, die Erklärung und Deutung der¬ 
selben zeigt uns den gelehrten, erfahrenen und kritisch nüchternen 
Kliniker in seiner ganzen Grösse. Es ist hier kaum etwas tech¬ 
nisch und therapeutisch bekannt gewordenes übersehen. 

Die 29. Vorlesung beschäftigt sich historisch, kritisch und 
technisch mit dem Luftdruck als therapeutischem Agens. Auch 
wer dieses Kapitel studirt, wird über die allgemeinen Grundsätze 
der Aörotherapie, die physiologischen Wirkungen der verdichteten 
Luft, die Vorrichtungen zu solchen Curen und die Indicationen 
für dieselben wenigstens nothdürftige Begriffe erlangen. 

Mit gleicher Geschicklichkeit werden wir in den folgenden 
fünf Vorlesungen in die Klimatologie eingeführt. Die Charktere, die 
constituirenden Elemente desselben, die therapeutischen und hy¬ 
gienischen Anforderungen an ein solches im allgemeinen und an 
ein bestimmtes Klima, an sanitäre klimatische Stationen, die Wahl 
eines solchen werden mit der grossen Sach- und Fachkenntniss 
des erfahrenen Praktikers behandelt. 

In den letzten zehn Vorlesungen werden die Mineralwässer be¬ 
handelt. Ausser der Definition, dem Ursprung ihrer chemischen und 
physikalischen Eigenschaften ihrer physiologischen Wirkungen, bei 
äusserlicher und innerer Anwendung, ihrer Eintheilung nach chemi¬ 
schen, physikalischen und pharmakodynamischen Principien werden 
Wirkungsweise und Indicationen in sehr conciser Weise ent¬ 
wickelt. 

Sollen wir mit wenigen Worten unser Urtheil über dieses 
inhaltreicho, wie der Autor zugesteht, nicht originelle Buch zu- 
sammenfassen, so dürfen wir mit voller Ueberzeugung dem Autor 
zugestehen, dass er dem Schüler ein sehr nützliches, auch für den 
praktischen Arzt werthvolles Buch geliefert hat. 

3. H. Albrecht, Handbuch der praktischen G-ewerbehygiene. 

Unter Mitwirkung von E. Glaussen (Nienburg a. W.), G. Evert 
(Berlin), Prof. K. Hartmann (Berlin), W. Oppermann (Arns¬ 
berg), Th. Oppler (Nürnberg), R. Platz (Berlin), C. Specht 
(Berlin), A. Villaret (Spandau). I. Lieferung. Berlin, Rob. 
Oppenheim (Gust. Schmidt), 1894. Vollständig in 4 bis 5 Liefe¬ 
rungen im Gesammtumfange von etwa 45 bis 50 Bogen mit 
mehreren Hundert Abbildungen. — Ref. W. 

Nach einem aus der Feder des Herausgebers stammenden 
Ueberblick über die Entwickelung des gewerblichen Gesundheits¬ 
wesens und dessen augenblicklichen Stand geht das neue Hand¬ 
buch der praktischen Gewerbehygiene insofern flott auf den Kern 
seiner Aufgabe los, als es gleich im ersten Theil „Wesen und Be¬ 
deutung der durch den Gewerbebetrieb bedingten Schädlichkeiten“ 
in Angriff nimmt. Dieser erste Theil setzt sich aus zwei Ab¬ 
schnitten zusammen, von denen der erste („Gewerbekrankheiten“ 
als Folgen der Luft des Arbeitsraumes mit sämmtlichen Staub¬ 
arten und schädlichen Gasen, auch die Erkrankungen durch Para¬ 
siten) von Villaret bearbeitet wurde, während den zweiten Ab¬ 
schnitt, „Betriebsunfälle“ (einschliesslich der Unfallstatistik) der 
Herausgeber verfasst hat. — Noch beansprucht an den 192 Seiten 
der vorliegenden ersten Lieferung der zweite Theil, „Verhütung 
der durch den Aufenthalt in den Arbeitsräumen und die Fabrikations¬ 
niethoden bedingten Schädlichkeiten“ (verfasst, was die baulichen 
Einrichtungen betrifft von W. Oppermann) den ihm gebührenden 
Raum, so dass „Wände“ und „Baumaterial“ die gedruckt vor¬ 
liegende Partie des Buches abschliessen. 

(Später folgen: Der Abschnitt IV, Heizung und Lüftung der 
Arbeitsräume, Regierungsrath Prof. K. Hartmann; Abschnitt V, 
Verhütung der Einathmung von Staub, Dr. H. Albrecht; Ab¬ 
schnitt VI, SpecielleGewerbehygiene, Dr. Th. Oppler; AbschnittVII, 
die zur Fabrik gehörigen Nebenanlagen, Dr. H. Albrecht; Ab¬ 
schnitt VHI, Persönliche Ausrüstung des Arbeiters, derselbe; Ab- 
S \» ^ ■ v Fessel und Motor, Gewerbeinspector E. Claussen; 
Abschnitt X, W ellenleitungsanlagen und deren Theile, Regierungs¬ 
rath R. Platz: Abschnitt XI, Anlagen zur Hebung von Lasten, 
Ingenieur C. Specht. Als Anhang endlich wird Regierungsrath 
o. Evert die Arbeiterschutzgesotzgebung erledigen.) 


Man erkennt aus diesem Ueberblick die Neuheit des Gesicht¬ 
punktes, von welchem aus das Werk sein Ziel ins Auge fasst -1 
wird nach der Fertigstellung dieses Handbuches ein den heutig 
Anschauungen entsprechender fester Leitfaden für den Techniko 
gewonnen sein, wie er vorher nicht existirt hat. Seinen Interessent* r - 
kreis wird ein solches Buch in erster Reihe suchen und finden in 
der grossen Zahl der neuerdings angestellten und der nach Au¬ 
steilung suchenden Reihe der jüngeren staatlichen Fabrikauf¬ 
sichtsbeamten; dringend interessirt erscheinen auch die beruf- 
genossenschaftlichen Beamten, da ihnen die Aufsicht fiter 
die Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften obliegt. Mit 
Recht betont auch der Prospect, dass es den Betriebsunt^r- 
nehmern wünschenswerth sein muss, sich über die wichtigste! 
Grundsätze der Fabrikhygiene so gründlich zu unterrichten,” mu 
gestützt auf die aus einem gediegenen Leitfaden gewonnenen Kmit- 
nisse, praktische Maassnahmen sachlich und zweckentsprechcni 
treffen zu können. Auch in Bezug auf den Medicinalbeamten al* 
Interessenten würde man den Ausführungen des Herausgeber 
gern beitreten, wenn nicht diese gerade in einer der Gewerbehygier 
nicht eben dienlichen Exclusivität aus der ganzen Einrichtung ab¬ 
sichtlich herausgedrängt wären; eher mag noch der Fabrikant 
sich mit den praktischen Kapiteln der Unfallverhütung und Fabrik- 
hygiene in dauernder Verbindung wissen.—Was der Oeflentliclikeit 
in dem neuen Unternehmen bis jetzt dargeboten ist, berechtigt zu 
einer günstigen Ansicht über dasselbe und zu den besten Er¬ 
wartungen. Die bei jedem litterarisehen CollectivunteriieliiM 
bedenklichsten Schwierigkeiten — gerechte RaumvertheiliinL\ 
Concinnität des Ausdrucks und der Grundauffassungen — scheine 
bisher ziemlich glücklich gelöst. Recht stiefmütterlich scheint die 
erste Lieferung hinsichtlich der Vertheilung der „mehreren Hun-bi: 
Abbildungen“ fortgekommen zu sein. Jedenfalls werden wir 
Albrecht’s Buch im Auge behalten und über sein Weiterschreit« 
gern Rechenschaft geben. 


4. Th. Weyl, Die Einwirkung hygienischer Werke auf die Ge¬ 
sundheit der Städte mit besonderer Rücksicht auf Berlin 
Jena, Gustav Fischer, 1893. 70 S. Ref. Maass (Freiburg i. !>' 
Die im Vorstehenden citirte Arbeit versucht die Frage v\ 
lösen, ob sich der Gesundheitszustand grosser Städte, iiisbe»onih n 
Berlins, unter dem Einfluss der hygienischen Werke,^ welche iiit 
Bürgerschaft unter Hobrecht’s und Virchow’s Führung er¬ 
schaffen hat, gebessert hat, und zu zeigen, dass die grossen Kapi¬ 
talien, welche die Bürgerschaft aufgewendet hat, im Interesse dt-r 
öffentlichen Gesundheit mit Erfolg angelegt sind. 

Das Buch beginnt mit einer Besprechung der städtischen Ein¬ 
richtungen für öffentliche Gesundheit- und Krankenpflege. Em *■ 
sonderes Interesse widmet der Verfasser den Bewässerung-"* unij 
Entwässerungsanlagen Berlins, sowie den öffentlichen Kran ei. 
häusem und der Armenkrankenpflege. Ausser den beiden 
Wasserwerken und Filteranlagen in Stralau und Tegel 
dings, da dieselben der ungeheuer wachsenden Stadt nicht J 
ein drittes Wasserwerk am Müggelsee bei Cöpenick erru ' 
worden, das einen Kostenaufwand von über 20 Millionen .ai 1 ‘. 
fordert hat. Die regelmässige Entwässerung Berlins gesc ne i ** 
dem Wege der Canalisation und Berieselung, und das i * j 
selbst ist trotz der täglichen Zufuhr fäulnissfähiger b o e ^ 
vortrefflichem hygienischen Zustande, dass die Behörden 
denken getragen haben, daselbst Heimstätten für Genese 
Krankenhäuser zu errichten. ü §* 

Berlin besitzt drei grosse städtische Krankenhaus, , 

mehr als 2000 Kranke Raum bieten. Dazu kommen noi ^ 
städtischen Siechen- und Irrenanstalten, sowie das au. ^j, 
privater Wohlthätigkeit entstandene Kaiser und Kaisenn 
Kinderkrankenhaus. Für die unentgeltliche und wo . r son r,i 
lung unvermögender Kranken ausserhalb der Kranken n Liireiik 
die zahlreichen Polikliniken des Staates, der Stadt UI 
Privatärzte, die Sanitätswachen, die städtischen Arm _ \y r . 
die Krankenkassen; für eine zweckmässige, Wien»' ine saü it5n* 
fection existirt die städtische Desinfectionsanstalt, u . ra j v iehla ,! ’- 
polizeiliche Ueberwachung der Schlachtthiere der ■ ^thall« 
des Handels mit den übrigen Nahrungsmitteln die . • ^ 

Weitere hygienische Werke sind die Badoan» a ^ ^ ^ j:. 

Turnplätze, städtischen Parks und die Asyle J ur « r obda 1* 
existirt ein städtisches Obdach und ein Privatve un j n- 

lose, welche eine höchst segensreiche Thätigkei e zu writf 
das strengste allen hygienischen Anforderungen g , ,j urc h ihr- 
suchen, indem eine grosse Anzahl Menschen, verbreit 

Lebensweise wohl geeignet sind, Krankheitserreg 
beobachtet und desinficirt werden. . . Berlins | r 

Der zweite Theil des Werkes befasst sic _ \j a assnahm rL 
sundheit unter dem Einflüsse dieser hygieun» 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN“ MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


31 


2. AugusL 


Es ergeben sich aus der statistischen Zusammenstellung folgende 
Resultate: In Berlin hat die Gesammtsterblichkeit seit 1876 ab¬ 
genommen. Die Abnahme der Sterblichkeit betriflt alle Alters¬ 
klassen, besonders die Klassen 0—5 Jahre. Insonderheit hat die 
Canalisätion die Sterblichkeit günstig beeinflusst. Die Mortalität 
hat zugenommen an: Meningitis non tuberculosa, Pneumonie, Car- 
cinom; abgenommen an: Tetanus, Brechdurchfall, Dysenterie, 
Tuberculose, Eclampsie, Pyämie, Puerperalfieber, Typhus, Recurrens, 
Pocken; ziemlich gleich geblieben ist sie bei: Diphtherie und Croup, 
Masern, Scharlach, Keuchhusten, Diarrhoe. 

Hieraus ergiebt sich, dass sich der Gesundheitszustand im 
Laufe der letzten 20 Jahre wesentlich gebessert hat und dass die 
grossen Aufwendungen, welche die Stadt der öffentlichen Gesund¬ 
heitspflege gemacht hat, ihre Früchte getragen haben, und es. 
steht zu erwarten, dass Berlin einst zu denjenigen Städten ge¬ 
hören wird, in welchen die vermeidbaren Krankheiten vermieden 
werden. _ 


5. Reineke, Die Cholera in Hamburg und ihre Beziehungen 
zum Wasser. Hamburg, Lucas Gräfe und Sillem, 1894. Ref. 
A. Pfeiffer (Wiesbaden). 

Es ist ein erfreuliches Beispiel deutscher wissenschaftlicher 
Objectivität, welches uns der Hamburger oberste Medicinalbearate 
in seiner neuesten interessanten Arbeit durch seine rücksichtslose 
Anerkennung des Einflusses des Trinkwassers auf die Verbreitung 
der Cholera giebt. Vor nicht allzu langer Zeit auf dem Boden 
der localistischen Theorie stehend, hat die Wucht der That- 
sachen seiner eigenen Forschungen über die Beziehungen des 
Wassers, speciell des Trinkwassers, zu den zahlreichen Cholera- 
opidemieen, die Hamburg seit den dreissiger Jahren zu überstehen 
hatte, wie er selbst sagt, ihn eines anderen belehrt.. Eine 
Prüfung aller der vielen Epidemieen, soweit eine solche nach einem 
meist beträchtlichen Zeitraum überhaupt noch zulässig war, hat 
ihm die Thatsache ergeben, dass die Cholera in Hamburg in allen 
Jahren, über welche zuverlässige Nachrichten vorhanden sind, ihren 
Ausgang von der Elbe genommen hat, dass die der Elbe zu¬ 
nächst gelegenen Stadttheile schwerer als die übrigen von der 
Krankheit betroffen wurden und dass die im Verkehr mit dem Elb¬ 
wasser stehenden Bovölkerungsschichten immer ungleich mehr zu 
leiden hatten als die übrigen Einwohner. Für die furchtbare 
Epidemie im Jahre 1892 kann es nach seinen Ermittelungen nur die 
Wasserleitung gewesen sein, die den wie bei jeder früheren Epidemie 
im Hafen vorhandenen Infectionsstoflf in wenigen Tagen über die 
ganze Stadt ausgegossen hat, und auch die verhältnissmässig kleine 
Epidemie des Jahres 1893 war auf die mangelhafte Beschaffenheit 
der Wasserleitng zurückzuführen. Die Beweiso hierfür sollen dem¬ 
nächst erscheinende Arbeiten von Reineke und Gaffky bringen. 
Mit Recht verwahrt sich aber der Verfassser gegen und warnt vor 
einseitiger Bourtheilung des Einflusses des Wassers auf die Ver¬ 
breitung der Cholera, da auch noch andere Wege genug für sie 
offenständen und auch mit der Erkenntniss des grossen Einflusses 
des Wassers doch noch nicht das Gesammtbild der Cholera¬ 
epidemiologie erschöpft sei. Es seien noch eine Menge Fragen zu 
lösen, aber die Richtung, nach welcher diese Lösung zu erfolgen 
habe, könne nach der entscheidenden Entdeckung des Erregers der 
Cholera asiatica durch R. Koch nicht mehr zweifelhaft sein. Dem 
gut ausgestatteten Buche, welches einen Theil des Jahrbuchs der 
Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten bildet, sind fünf Ab¬ 
bildungen im Text und sieben Farbentafeln beigegeben, welche das 
Studium des Buches ausserordentlich anregend gestalten und 
wesentlich erleichtern. 


0. Paul Kronthal, Schnitte durch das erkrankte Rückenmark 
des Menschen. Wien, Speyer und Peters, 1894. Ref. A. 
Eulenburg (Berlin). 

Dieser pathologisch-anatomische Atlas reiht sich an das be¬ 
kannte ausgezeichnete Werk desselben Verfassers, die „Schnitte 
durch das centrale Nervensystem des Menschen“ als 
gleichwertig an. Die in Anwendung gebrachte Technik ist die¬ 
selbe. Die Präparate des erkrankten Rückenmarks sind in zwölf- 
bis fünfzehnfacher Vergrösserung aufgenommen, photographirt und 
durch Lichtdruck vervielfältigt. Sie umfassen, in 15 Tafeln, fast 
alle wichtigeren Erkrankungsformen des Rückenmarks: Tafel 1 
bis 3 Tabes dorsalis; 4 Amyotrophische Lateralsklerose; 
5 Gliom; 6 und 7 Syringomyelie; 8 und 9 Multiple Sklerose; 
10 Absteigende Degeneration; 11 und 12 Myelitis; 13 und 
14 Compression und Erweichung, Degeneration bei Para¬ 
lytikern u. s. w.; 15 Syphilis. Die Verlagshandlung hat das 
Werk, gleich seinem Vorgänger, auf das glänzendste ausgestattet. 


7. Ed. Flatau, Atlas des menschlichen Gehirns und des 
Faserverlaufes. Berlin, S. Karger, 1894. Ref. A. Eulen- 
burg (Berlin). 

Ein zur Einführung in das Studium des feineren Gehirnbaues 
sehr werthvolles Werk. Den Hauptbestandteil bilden acht 
ganz vorzügliche Tafeln, in natürlicher Objectgrösse, nach 
Photographieen von Oberflächen und Schnitten des frischen Ge¬ 
hirns, denen der Verfasser, um ein leichteres Verständniss zu er¬ 
zielen, eine kurzgefasste, aber sehr klare und brauchbare Be¬ 
schreibung des Faserverlaufs im Centralnervensystem 
und eine schematische Tafel (mit 13 Figuren) zur Veranschau¬ 
lichung beigefügt hat. Die letztere Tafel hat namentlich dadurch 
an Uebersichtlichkeit gewonnen, dass nicht, wie gewöhnlich, der 
Faserverlauf in einen einzigen, schematisch gedachten Schnitt ein¬ 
gezeichnet, sondern vielmehr der schematische Einblick in eine 
nischenartig ausgehöhlte Grosshirnhemisphäre der Ausführung der 
Einzelheiten zugrunde gelegt ist. 

Die acht Photographietafeln umfassen: 1) Basis; 2) Gesammt- 
ansicht von oben; 3) Horizontalschnitt durch das gesammte Gehirn 
(Blick in die Ventrikel); 4) tieferer Horizontalschnitt (Grosshirn¬ 
ganglien, innere Kapsel); 5) Hemisphäre von aussen, mit Hirn¬ 
stamm; 6) Frontalschnitte vor und hinter dem Chiasma; 7) Hemi¬ 
sphäre von der medialen Seite, Hirnstamm mit Umgebung; 8) Sa- 
gittalschrägschnitte, der eine durch Grosshirnganglien und Stab¬ 
kranz, der andere mehr lateral. Mit diesen gut ausgewählten, wenn 
auch an Zahl geringen Tafeln dürfte demnach dem praktischen 
Bedürfnisse der Studirenden und Aerzte, zumal mit Zuhülfenahme 
des Schemas und der Beschreibung, völlig genügt sein. Die 
Ausführung der Abbildungen, sowie die Ausstattung des Atlas ist 
ganz vorzüglich. _ 

8. C. Zarniko, Die Krankheiten der Nase, ihrer Nebenhöhlen 
und des Nasenrachenraumes mit besonderer Berücksichtigung 
der rhinologischen Propädeutik für praktische Aerzte und Stu- 
dirende. Berlin, S. Karger, 1894. Ref. A. Rosenberg (Berlin). 

Ein ausgezeichnetes Buch, in dem nicht nur die Arbeiten und 
Ansichten anderer Autoren mit objectiver Ruhe und sachgemässer 
Kritik berücksichtigt werden, sondern auch die eigenen Erfahrungen 
und Beobachtungen an dem reichlichen Material der A. Hart- 
mann'schen Poliklinik niedergelegt sind, an welcher Zarniko 
lange Jahre als erster Assistent fungirt hat. So hat der Verfasser 
sich einmal vor Einseitigkeit geschützt, andererseits aber seinem 
Werke den Stempel der Originalität aufgedrückt. Man sieht es 
auf jeder Seite, dass der Autor reichlich Gelegenheit gehabt hat, 
zu unterrichten —, daher findet man überall praktische Winke, 
die selbst den an sich trocknen Abschnitt der Anatomie dem Loser 
interessant machen. Der Stil ist abgerundet, die Sprache klar, 
der Ausdruck präciso. 

In dem ersten Theil — Propädeutik — wird die Anatomie, 
Physiologie, allgemeine Pathologie und Symptomatologie, sowie die 
allgemeine Diagnostik und Therapie abgehandelt. 

Diesen allgemeinen Theil hat der Autor mit besonderer Liebe 
geschrieben, und er ist ihm in der That in ausgezeichneter Weise 
gelungen; der mit der Materie nicht oder ungenügend vertraute 
Mediciner, der diesen Theil durchgearbeitet hat, Avird mit einer 
Summe von Vorkenntnissen an das Studium der speciellen Patho¬ 
logie und Therapie herangehen, die ihm das Verständniss des letz¬ 
teren sehr leicht machen. Der specielle Theil behandelt in ge¬ 
schickter Anordnung des Stoffes zuerst die Krankheiten der 
Nasenhöhle, dann die der Nebenhöhlen und schliesslich die Patho¬ 
logie des Nasenrachenraumes. 

Die Krankheitsbilder sind kurz und scharf gezeiohnet, die 
Kapitel der Diagnose und Therapio klar. Eine Reihe ausgezeich¬ 
neter, zum grössten Theil originaler Abbildungen erleichtern das 
Verständniss und erhöhen den Werth des Buches. Dem Verleger 
muss das Lob einer vortrefflichen Ausstattung des Werkes zuer¬ 
kannt werden. Kurz, das Zarniko’sche Buch kann Referent aus 
voller Ueberzeugung allen Aerzten und Studirenden aufs beste 
empfehlen, und auch der Specialist wird dasselbe mit grossem 
Interesse lesen. - 

9. M. Joseph, Lehrbuch der Haut und Geschlechtskrankheiten. 

Für Aerzte und Studirende. Zweiter Theil: Geschlechts¬ 
krankheiten. Leipzig, Georg Thierne, 1894. Ref. J. Jadas- 
sohn (Breslau). 

Die Zahl der Lehrbücher der Haut- und Gesclilechtskrank- 
heiten hat sich in den letzten Jahren schnell vermehrt. Wir sind 
aber auch jetzt noch nicht in der Lage, über einen Embarras de 
richesse klagen zu müssen; ja wir sehen in dem stärkeren An¬ 
gebot auf diesem Gebiet ein erfreuliches Zeichen dafür, dass auch 
die Nachfrage wächst, dass die Bedeutung vor allem der vene¬ 
rischen Krankheiten, wenn nicht von den staatlichen Organen, so 
doch vom ärztlichen Publikum immer mehr anerkannt wird. 


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32 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Nur eines müssten wir beklagen: wenn der Büchermarkt mit 
jener Abart von Lehrbüchern überschwemmt würde, welche den 
viel zu wohlklingenden Namen: Compendien tragen und welche 
über dem „Compendiösen“ alles andere vergessen; auch solcher 
Werke sind leider einige erschienen. 

Es ist der Hauptvorzug des Joseph’schen Buches, welchen 
ich schon dem ersten Bande nachrühmen konnte und welchen der 
zweite in demselben Grade aufweist, dass es kurz ist und dabei 
doch nirgends die Höhe wissenschaftlicher Auffassung verlässt, 
dass es zwar langathmige theoretische Deductionen vermeidet, aber 
mit dem Detail nicht allzusehr spart, welches den Krankheits¬ 
beschreibungen erst Leben verleiht. Auf 381 Seiten ist die Lehre 
von der Syphilis, dem Ulcus molle und der Gonorrhoe dargestellt, 
und eine ganze Anzahl von praktisch ausgesuchten und gut repro- 
ducirten Abbildungen dient zur Illustration des Gesagten. 

In einer „Besprechung“ auf den Inhalt eines Lehrbuches wirk¬ 
lich einzugehen, ist leider unmöglich: und doch will der Praktiker 
in einer solchen nicht bloss allgemein gehaltene, lobende oder 
tadelnde Aussprüche finden. Der Standpunkt, den der Verfasser 
in den wichtigsten Punkten der Disciplin einnimmt, sei darum in 
wenigen Sätzen präcisirt. Joseph ist Dualist, erkennt aber die 
Schwierigkeiten in der Diagnose des Initialaffectes in vollem Um¬ 
fange an; er vertritt energisch die Excision der Sclerose, wo sie 
nur irgend zulässig ist, und glaubt damit die Lues in wenn auch 
seltenen Fällen coupiren, „zuweilen milder gestalten“ zu können. 
Er hält an der Nichtinfectiosität der Spätproducte fest (cf. den 
etwas differirenden Ausdruck auf S. 9 und 68) und glaubt, dass 
die Therapie den Tertiarismus verhindern kann; die Bedeutung 
der Lues für Paralyse und Tabes erkennt er an. Bei Besprechung 
der Prognose hält er sich in gleicher Weise von übertriebenem 
Pessimismus und von zu weit gehendem Optimismus fern. Er ist 
ein — wenn auch nicht principieller — Gegner der „präventiven 
Methode“; bei der Behandlung empfiehlt er in erster Linie die Inunc- 
tionscur, macht aber auch Injectionen speciell von Sublimat-ClNa und 
Salicyl-Hg. Er ist ein gemässigter Anhänger des Fourni er’sehen 
Princips der chronisch-intermittirenden Behandlung: Im Verlauf 
der ersten zwei Jahre lässt er vier „Haupteuren“ machen, giebt 
aber in der Zwischenzeit auch Jodkalium und legt ein besonderes 
Gewicht auf die regionäre Behandlung der Lymphdrüsen mit grauer 
Salbe. 

Er ist ein Anhänger der Specificität des Ulcus molle, ohne 
aber die bisherigen bacteriologischen Forschungen als definitiv an- 
sehen zu können. Bei der Therapie der Bubonen legt er auf die 
chirurgischen Maassnahmen den wesentlichsten Werth, vernach¬ 
lässigt aber die mechanischen und medicamentösen Methoden 
nicht. 

Er steht absolut auf dem Standpunkt der Gonococcenlehre 
und bespricht die Pathologie und Symptomatologie des Trippers 
von diesem Standpunkt aus; er vertritt die Forderung Neisser’s 
nach mikroskopischer Untersuchung der Secrete bei der Controllo 
der Prostituirten. Er behandelt die Gonorrhoe des Mannes in der 
ersten Woche nur diätetisch und scheint vor jeder Reizwirkung 
bei der Injectionstherapie zu warnen; daher empfiehlt er in 
erster Linie Zink und Blei, Ichthyol, Kalium hypermanganicum 
und Resorcin. (Dabei möchte sich Referent die Bemerkung 
erlauben, dass er ein überzeugter Anhänger der Frühbehand¬ 
lung der Gonorrhoe mit schwachen Silberlösungen ist und 
dass er in seiner Mittheilung über das Ichthyol, das er 
auch jetzt noch mit Vortheil verwendet, ausdrücklich betont hat, 
dass Argentum nitricum nur in einzelnen Fällen gelegentlich zu 
reizend wirke; man scheint mehrfach dieses „gelegentlich“ als 
eine beschönigende Umschreibung von „oft“ aufgofasst zu haben.) 
Der Bedeutung der Gonorrhoe des Weibes wird Joseph vollständig 
gerecht und schildert sie kurz, aber ganz von dem von Werth¬ 
heim begründeten einheitlichen Standpunkt aus. 

So erfreulich es ist, dass in der überwiegenden Mehrzahl der 
angeführteu Punkte Joseph Anschauungen vertritt, die donen 
der Majorität der heute maassgebenden Autoren entsprechen — so 

aU( l dl ™ 8 Bucl1 als ein Beweis für die zunehmende Sieher- 

ul ! som ! Bissens gelten kann —, so selbstverständlich ist es 
auch, dass un Detail Differenzen in der Auffassung vorhanden sein 

sa^f rs fim Ur - S ° 1C 5 e Punkte seien angeführt: Joseph 

sagt (b. bH). Sicher ist, dass ein an Gummata erkranktes Indi- 

IZIT ™ hr auf di * Nachkommenschaft über- 

Snffcvnh r • £ 73) ” den ? lm allgemeinen wissen wir, dass die 
bpätsj phihs nicht mehr übertragbar ist“ — selbst der an zweiter 

sichere F'uin mt - e ®. atz SC ? e . m £ mir zu weit zu gehen; es giebt 
'inmJ de T n bei S P äts yP hilis hereditäre Uebertra- 

geriLer Zahf^d? • dl6 - Se Fälle ’ wenn sie auch uur in 

-aal publicirt sind, beweisen die principielle Möglichkeit 
dieses \ orkommnisses. Das ist theoretisch von gTsser Bedeutung 
denn es g,ebt zu begründeten Zweifeln an 


Nichtinfectiosität der tertiären Lues Anlass: und nrakti«* ,•, 
ungemein wichtig, denn, wenn es richtig ist, dass die M.h n 
der sogenannten tertiären Syphilide in die ersten vier Jah^f • 
der Infection fällt, so würde - die Richtigkeit tevon J„ 
vertretenen Anschauung vorausgesetzt — das Auftreten 
tertiären Symptoms event z. B. zu einem Heirathsclens kt 
früher Zeit Anlass geben können, der bei einfacher Laten? Jl 
verweigert worden wäre. Man darf meines Erachtens die Int 
tiosität und die hereditäre Uebertragung nicht nach der Art L 
Symptome, sondern nur nach der seit der Infection vergangen 
Zmt und nach der Dauer der Symptomlosigkeit beurüieilV 

Die Darstellung der hereditären Syphilis ist vielleicht et w . 
zu pessimistisch; gerade bei ihr feiert die Therapie doch oft wali 
.hafte Triumphe. Die Producte der malignen Lues sind nach £ 
Anschauung des Referenten von den eigentlichen Spätproducten & 
ihrem Wesen verschiedene Erscheinungen. Die Differentialdiagm- 
zwichen der Leukoplakie (welche auffallenderweise Joseph vor¬ 
zugsweise bei nicht syphilitischen Individuen beobachtet hat) u E . ; 
den Plaquesnarben wird doch wohl in der Praxis oft sehr schwierig 
sein; Combinationen beider Procosse sind zweifellos häufig. frj 
der Besprechung der „tuberösen Syphilide“ scheinen mir °die für 
die Praxis sehr wichtigen, ganz oberflächlichen Formen typisch 
gruppirter Efflorescenzen, die Lesser als „tertiäre Papeln“ be¬ 
zeichnet, nicht genug berücksichtigt. 

Wenn Lewin 4 0 /o Leukoderme bei nicht Syphilitischen findet, 
so kann Referent diesen Procentsatz — den er, wie an anderer 
Stelle ausgeführt werden wird, nicht für richtig erachten kann - 
nicht als „äussert gering“ (S. 78) bezeichnen; er wäre vielmclir 
ganz auffallend hoch und würde die diagnostische Bedeutung fe 
Leukoderms wesentlich einschränken. 

Es braucht nach dem oben Gesagten nicht hervorgehoben zu 
werden, dass diese Bemerkungen nicht den Zweck haben, d^n 
Werth des Buches zu schmälern; ich glaube, dem Autor muss*- 
angenehmer sein, wenn er sieht, dass sein Buch von dem Referenteii 
wirklich aufmerksam gelesen worden ist, als wenn er ein» 1 h. 
conventioneilen Phrasen nach einem bestimmten Schema abg- 
fasste Censur erhält. Die Aerzte aber, denen in der Praxis wiiik 
wieder entgegentritt, dass ihnen auf der Universität Kenntnis 
auf einem Gebiete vorenthalten "werden, welches nach vielen Rich¬ 
tungen hin von grösster Bedeutung ist, werden dem Verfass 
dieses Buches Dank wissen, indem sie es kaufen und lesen - 
es kann ihnen bestens empfohlen werden. 

II. ZeitschriftenübersicM. 

10. F. Bluhm, Ueber Thymolglycuronsäure. Zvitsdiri? 
für physiologische Chemie 1892, Bd. XVI, S. 515. 

Verfasser berichtet über Versuche, die er im BauinannVlw 
Laboratorium in Betreff der Ausscheidung des Thymols beim 
Menschen angestellt hat. Er ist hierbei zu dem Resultat gekommen, 
dass das Thymol, sow r eit es nicht mit den Faeces abgeht, im Han 
in vier verschiedenen Verbindungen ausgeschieden wird: nämlich 
in Form eines grünen Farbstoffes, ferner als Thymol schwefclsäur*. 
als Thymolglycuronsäure und als Thymolhydi*ochinouschwefelsäun‘ 

In der vorliegenden Arbeit berichtet der Verfasser vornehmli^ 
über die Reindarstellung, Verbindungen und Spaltungen der Thymol* 
glycuronsäuro, welche allerdings nur als Chlorsubstitutionsprodw 
erhalten wurde. 

11. G. Bunge, Weitere Mittheilungen über die AuH 
nähme des Eisens in den Organismus des Säugh n - f 
Zeitschrift für physiologische Chemie 1892, Bd. XVI, S. U* 

Bunge hatte bereits früher auf den auffallend niedrigen rK ; 
gekalt dor Milch im Vergleich zu den übrigen Nahrung*»® 1 * • 
aufmerksam gemacht. A priori hätte man das Gegeiitheil erwa ■ 
müssen, weil die Milch für die Ernährung eines wachsenden iv ■ 
nismus bestimmt ist, welcher zum Aufbau der eisenhaltig” ^ 
webe mehr Eisen braucht als der ausgewachsene^ Organ^^ 
Dazu kommt noch, dass alle anderen anorganischen Nahrung 
in der Milch in dem Verhältniss vorhanden sind, wie der >- • r ■ 
sie zuin Wachsthum bedarf, während der Eisengehalt er^ ^ 
asche sechsmal geringer als dor der Asche des baug inK ^ I 
Bunge hatte bereits früher die Erklärung für diese* ‘ i 
darin gefunden, dass der Säugling bei der Geburt mm J, [r 
Eisenvorrath für das Wachsthum seiner Gewebe m,t )0 V vor¬ 
der vorliegenden Arbeit wird diese Erklärung durch ^ 
suche sichergestellt. Es geht daraus mit Sicherheit e * ,,, 

einerseits der Eisengehalt des Säuglings bei der Gebui * ^ 

ist, um mit dem weiteren Wachsthum immer abxunehm • 
andererseits der Eisenvorrath, den der Säugling bei ^ ^ jfr 
mitbekommt, gerade in dem Moment erschöpft ist, aber- 

ausschliesslichen Milchnahrung zur eisen reicheren fl 


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Origiral frcrri 

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2. August. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


geht. Dieses Ergebniss ist insofern auch von praktischer Be¬ 
deutung, als es zeigt, dass bei Kindern nach vollendeter Säuglings- 
penode die Milch nicht mehr die alleinige Nahrung bilden darf. 

Leo (Bonn). 

nr Strauss, Ueber das Vorkommen von Ammoniak im 

Mageninhalt und die Beeinflussung der neueren Salzsäure¬ 
bestimmungsmethoden durch dasselbe. Aus der inneren Ab¬ 
teilung des 1 Kaiserin Augusta- Hospitals zu Berlin. Berliner klinische 
Wochenschrift 1893, No. 17. 

Im Anschluss an die in der Litteraturbeilage No. 4, S. 25 
refenrte Publication Rosenheim’s hat Strauss in der Ewald- 
schen Klinik wesentlich in gleicher Weise eine Anzahl von 
Magensaiten auf das Vorkommen von Ammoniak geprüft mit dem Er- 
gebiuss, dass er, die Resultate Rosenheim’s bestätigend, dasselbe in der 
Mehrzahl der Fälle nachweisen konnte, und zwar gleichfalls in Mengen 
von 0,1—0,25 %o, meistens 0,17 °/oo. Ein der künstlichen Verdauung 
unterworfenes Weissbrod-Wassergemisch ergab, wenn überhaupt, nur 
bpuren von NEU. Zur Bestimmung der Salzsäure empfiehlt der Verfasser 
die Leo sehe Methode, welche durch den Nachweis des Ammoniaks nicht 
tangirt wird besonders für diejenigen Fälle, in denen organische Säuren 
nicht vorhanden sind. Ist keine freie Salzsäure nachzuweisen, so ist für 
die Friifung, ob überhaupt Salzsäure abgesondert wird, die Salko wski’sche 
Modifikation des Sjöqvist’schen Verfahrens zur ungefähren Orientirung 
anwendbar: Das mit Baryumcarbonat versetzte Magensaftfiltrat wird zur 
Irockne eingedampft, verkohlt und geglüht, der Glührückstand mit heissem 
Wasser ausgelaugt. Ist in der so gewonnenen Flüssigkeit, die in ein 
bpitzglas filtnrt wird, lösliches Baryumchlorid vorhanden, so tritt bei Zu¬ 
satz einer gesättigten Lösung von kohlensaurem Natrium durch Bildung 
von unlöslichem Baryumcarbonat eine wolkige Trübung von mehr oder 
minder grosser Intensität auf. Freilich kann diese Roaction auch bei 
fohlender Salzsäure und vorhandenem Chlorammonium eintreten. 

M. Löwenthal (Berlin). 


13. v. Kahlden, Ueber die Ursachen der Lungenindu¬ 
ration. Ziegler’s Beiträge Bd. XHI, S. 279. 

14. Kohn, Zur Histologie der indurirenden fibrinösen 
Pneumonie. Münch, med. Wochenschr. 1893, No. 3. 

15. Molly Herbig, Beiträge zur Histogenese der Lun¬ 
geninduration. Virchow’s Archiv Bd. 136. 

16. Aldinger, Zur Histologie der indurirenden fibri¬ 
nösen Pneumonie. Münch, med. Wochenschr. 1894, No. 24. 

Bei der Induration der Lunge nach fibrinöser Pneumonie 
werden die Lufträume mit Bindegewebe ausgefüllt, welches man 
früher entweder, unter dem Einfluss damals noch herrschender all¬ 
gemeiner Anschauungen, durch Umwandlung der lymphatischen 
Elemente des Exsudates entstehen oder aus einer WAcherung der 
Bestandtheile der Alveolarwände hervorgehen liess, zumal man zu 
sehen glaubte, dass letztere mit den bindegewebigen Ausfüllungs¬ 
massen durch Fäden und Stränge Zusammenhängen, v. Kahlden 
vertritt die zweite Auffassung. Seine Arbeit beschäftigt sich 
hauptsächlich mit den Ursachen des indurirenden Processes, und 
dieser Punkt sei zunächst kurz berührt., um so mehr, als die an¬ 
deren oben genannten Mittheilungen sich mit dieser Frage nicht 
beschäftigen, v. Kahlden macht darauf aufmerksam, dass die 
Bindegewebsbildung immer nur in fibrinhaltigen Alveolen nach¬ 
weisbar ist. Das Fibrin aber ist zweifellos von der Pneumonie her 
liegen geblieben, und so sieht, er in seinem Vorhandensein einen 
Grund für die Entstehung des neuen Gewebes. Die mangelnde 
Resorption des Exsudates aber erklärt er aus einer verminderten 
Ausdehnungsfähigkeit der Lunge und dem verhinderten Luftzutritt, 
also aus Momenten, die, worauf Marchand zuerst hingewiesen 
hat, durch bestehende feste Pleuraverwachsungen bedingt sein 
können. 

Was nun die Histogenese der Induration angeht, so fand 
v. Kahlden, dass von der Wand der Alveolen Fibroblasten in 
dieselben übertreten, sich hier vermehren, um den Fibrinpfropf 
concentrisch herumlegen, durch andauernde Wucherung das Fibrin 
verdrängen und ersetzen und so junges Bindegewebe bilden. Eine 
Beziehung der Fibroblasten zu den Gefässen war nicht nachzu¬ 
weisen, und die Alveolarwand betheiligt sich auch in späteren 
Stadien an der Induration nur wenig. Letztere ist also nur Sache 
der intraalveolaren Zellen. 

Durch Kohn wurden nun neue Gesichtspunkte in die Lehre 
von der Induration eingeführt. Er zeigte, dass die vermeintlichen 
Vorbindungsfäden zwischen den bindegewebigen Ausfüllungsmassen 
und der Alveolarwand in Wirklichkeit nicht an letzterer sich an- 
heften, sondern Zellstränge darstellen, die quer durch die Wan¬ 
dungen der Alveolen hindurch treten und die Pfropfe mit einander 
in Zusammenhang setzen. Diese Thatsache fand nun ihre Er¬ 
klärung in dem Umstand, dass auch die Exsudatmassen der fibri¬ 
nösen Pneumonie in gleicher Weise mit einander communiciren — 
durch feine, aus Fibrin zusammengesetzte Fäden, welche durch 
Lücken der Alveolarwand hindurchtreten. Kohn meint, dass diese 
Lücken . durch Abfall des Epithels entstehen und den Oeffnungen 
des Capillarnetzea entsprechen. Hauser hat später (Münch, med. 


Wochenschr. 1893, No. 8) diese Beobachtung bestätigt, aber eine 
andere, hier nicht zu discutirende Erklärung für dieselbe gegeben. 
Ref. hat sodann dieselben Befunde erhoben (Naturf.-Vers. Nürn¬ 
berg) und sie auch auf andere Pneumonieformen übertragen 
(s. das Referat in der Litteraturbeilage No. 3 dieser Wochen¬ 
schrift). Kohn zeigte nun weiter, dass die das Fibrin vor¬ 
drängende Bindegewebsentwickelung auch den Fäden folgt, welche 
die Pfropfe mit einander verbinden. Sie muss deshalb auch 
quer durch die Alveolarwand erfolgen. Damit war aber die 
Möglichkeit, das neue Gewebe aus der Wand der Alveolen 
entstehen zu lassen, sehr wesentlich eingeschränkt. Kohn giebt 
deshalb und weil er an den letzteren auch sonst keine auf 
ihre direkte Mitbetheiligung deutenden Veränderungen findet, die 
Ableitung aus denselben auf. Da er nun von Alveole zu Alveole 
fortschreitend die unter einander verbundenen neuen Massen 
schliesslich an dem interlobulären und pleuralen Bindegewebe an¬ 
geheftet sah, so kam er zu dem Schluss, dass aus diesen Theilen 
die Neubildung hervorgeht. 

Hier hat nun aber wieder die unter Leitung des Ref. 
entstandene Arbeit von Molly Herbig neue Ergebnisse ge¬ 
bracht. Es konnte an mehreren Fällen gezeigt werden, dass 
die neuen Bindegewebsmassen anfänglich die Alveolen noch 
wenig betheiligen und die periphersten noch ganz frei lassen, da¬ 
gegen lange und verzweigte Stränge bilden, die als Ausfüllungen 
der Bronchiolen aufzufassen waren. In diesen beginnt somit die 
Neubildung, und zwar durch Wucherung aus der Bronchial wand, 
deren Zusammenhang mit der Neubildung leicht nachzuweisen war, 
besonders an injicirten Präparaten, in denen die Gefässe der Wan¬ 
dung direkt in die auf Querschnitten der Bronchen oft polypös in 
das Lumen vorspringenden Bindegewebsneubildungen übergehen. 
Manche kleinen Bronchen werden durch die wuchernden Massen 
ganz ausgefüllt, welche nun hauptsächlich in der Richtung gegen 
die Alveolen sich ausbreiten, in diese übertreten, von hier aus auf 
den genannten Wegen quer durch die Alveolarwände immer weiter 
Vordringen und so auch in die äussersten Lufträume gelangen. 
Hier heftet sich die neugebildete Substanz an die Wände an, und 
auf Grund der dadurch entstehenden Bilder kam Kohn zu seiner 
Annahme von der Genese der Wucherung aus dem interlobulären 
und pleuralen Bindegewebe. 

Aldinger, dessen Arbeit wie die von Kohn aus dem Er¬ 
langer pathologischen Institut stammt, konnte nun die Entstehung 
des Bindegewebes aus der Wand der Bronchiolen bestätigen. Er 
beschreibt die neuen Bindegewebsmassen als Ausgüsse der kleinen 
Bronchen und hebt hervor, dass sie mit zahlreichen Fasern und 
Gefässen an dieselben sich anheften. Er betont aber ferner und 
ergänzt dadurch das bereits Bekannte, dass das peribronchiale 
Bindegewebe nicht nur in die Bronchen, sondern auch in die an¬ 
grenzenden Alveolen Vordringen kann. Schliesslich meint er, was 
auch M. Herbig hervorhob, dass durch die nachgewiesene Ent¬ 
stehung des neuen Gewebes aus der Wand der Bronchiolen alle 
anderen, von Kohn und v. Kahlden vertretenen Vorstellungen 
nicht nothwendig ausgeschlossen sind. Indessen will Ref. hervor¬ 
heben, dass, da die nach den neuen Gesichtspunkten untersuchten 
vier Fälle von M. Herbig und der neueste von Aldinger über¬ 
einstimmend jenen Befund ergaben, dieser wohl als der weitaus 
häufigste zu betrachten sein wird, zumal die früher beschriebenen 
Fälle keine mit dieser Vorstellung unverträglichen Verhältnisse 
ergeben haben. Ribbert (Zürich). 

17. F. Hirschfeld, Die Behandlung der Fettleibigkeit. Zeit¬ 
schrift f. klin. Medicin Bd. XXII, S. 142. 

18. C. Dapper, Ueber den Stoffwechsel bei Entfettungscuren. 
Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. XXm, S. 113. 

19. v. Noorden und C. Dapper, Ueber den Stoffwechsel fett¬ 
leibiger Menschen bei Entfettungscuren. Berl. klin. Wochenschr. 
1894, Nr. 24. 

20. F. Hir schfeld, Ueber den Ei weissverlust bei Entfettungs¬ 
curen. Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 27. 

Bei allen Entfettungscuren ist die Verminderung der 
Nahrungszufuhr derjenige Factor, der die Körpergewichts¬ 
abnahme am meisten bedingt und dem gegenüber Schwitzen, er¬ 
höhte Muskelthätigkeit u. a. eine untergeordnete Rolle spielen. 
Unabhängig von dem Regime, dem man den Kranken unterwirft, 
gilt allgemein als erstrebenswerth, dass die Einrichtung der Kost 
den Fettverlust ermögliche, ohne dass der Eiweissbestand 
angegriffen wird. Ob dieses Ziel nun thatsächlich bei den 
verschiedenen Entfettungsmethoden erreicht wird, ob und unter 
welchen Umständen Eiweiss zu Verlust geht, war experimentell 
am Menschen noch nicht geprüft worden, bis Hirschfeld (17) über 
einschlägige Untersuchungen berichtete. Er fand unter ver¬ 
schiedenen Versuchsbedingungen an neun Individuen regelmässig 
bei der Entfettungscur einen Eiweissverlust, der in den 


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LITTBRATUR- BEILAGE DER 


DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 5 


ersten beiden Wochen am bedeutendsten war und durch den Ge¬ 
nuss von grossen Mengen von Eiweiss durchaus nicht gehindert 
wird. Kräftige, blutreiche jüngere Personen verlieren mehr Eiweiss, 
als schwächere, anämische, ältere. Bei hochgradig Fettleibigen ist 
der Stickstoffverlust geringer als bei mässig adipösen Personen, 
und auch das Nahrungsbedürfniss ist bei den ersteren sehr viel 
mehr reducirt. Ihr Stoffbedarf wird durch eine Kost von nur 
etwa 19—30 Calorieen pro Kilo Brennwerth gedeckt. Bei der ver¬ 
ringerten Nahrungsaufnahme ist auch das Bedürfniss nach Flüssig¬ 
keiten ebenso wie die Urinausscheidung meist vermindert. Hirsch¬ 
feld räth die Nahrungszufuhr gegen das gewohnte Maass bis etwa 
auf die Hälfte zu beschränken. Der Stoflfbedarf von Fettleibigen 
ist im allgemeinen eben so gross wie der von gleich grossen und 
gleich muskelkräftigen mageren Personen während der Muskel¬ 
ruhe, was einen Anhalt bei der Feststellung der Rationen ge¬ 
währt. Bei der Auswalil der Speisen kommt es vor allem darauf 
an, solche zu gestatten, die sehr sättigend wirken, ohne zuviel 
Nährmaterial zu bieten. Hirschfeld bevorzugt infolgedessen 
mageres Fleisch, Vegetabilien in Form von Gemüse und Suppen. 
Eine Steigerung der Muskelthätigkeit durch allmähliche Uebung 
der gesammten Körpermuskelu, die die Verbrennung des Fettes 
begünstigt, ohne dem Herzen zu viel zuzumuthen, ist stets ge¬ 
boten. 

Analoge Versuche wie die Hirschfeld’s waren gleichzeitig 
von C. Dapper(18) gemacht worden, die in Betreff der principiell 
wichtigen Frage des Eiweissverlustes während der Entfettungscur 
zu wesentlich anderem Resultate führten. Er konnte nämlich fest¬ 
stellen, und zwar nicht nur an sich selbst, sondern auch bei zwei 
anderen fetten Personen, dass starker Fettverlust bei 
Schonung des Eiweissbestandes sehr wohl erreichbar ist. 
Nur kann man a priori mit Sicherheit nicht immer auf ein solch 
günstiges Ergebniss rechnen, indem das gleiche Entfettungsregime 
bei verschiedenen Individuen, ja sogar zu verschiedenen Zeiten bei 
derselben Person eine ungleiche Wirkung auf den Stickstoffhaushalt 
zeigt. Da man offenbar noch mit unbekannten Factoren zu 
rechnen hat, die dahin sich äussern, dass bei den Entfettungseuren 
das eine mal Körpergewicht verloren geht, das andere mal nicht, 
so kann der Patient nur dann vor starken Fleisch Verlusten und 
der Arzt vor unerfreulichen Ueberraschungen bewahrt bleiben, 
wenn während der Cur eine Gontrolle des Eiweissstoflfwechsels 
stattfindet. 

Im Hinblick auf die bedeutende Differenz in den Ergebnissen 
der bisher unternommenen Stoffwechseluntersuchungen war eine 
Fortführung derselben jedenfalls geboten; v. No orden und 
Dapper (19) berichteten nun jüngst über weitere Versuchsreihen, 
so dass sie im ganzen über acht verfügen, die an sechs fettleibigen 
Personen verschiedensten Alters durchgeführt waren. Zweimal 
hatten sie das gesteckte Ziel, den Eiweissvorrath des 
Körpers zu schützen und die Verluste, die sich in der Ab¬ 
nahme des Körpergewichts ausdrückten, auf Fett und Wassor zu 
beschränken, nicht erreicht. Ein durchgehendes Gesetz, nach 
welchem Fettleibige bei einer bestimmten Entziehungscur ihren 
Eiweissbestand am besten wahren, war nicht auffindbar. Es lässt 
sich nie Voraussagen, welche Nahrungsmischung, welche Nahrungs¬ 
menge dem Eiweissbestande am günstigsten ist, nur das scheint 
sicher, dass die Behauptung des Eiweissbestandes um so 
leichter gelingt, je mehr das gewohnte Mischungs- 
vorhältniss der Nahrungsstoffe beibehalten wird: es 
würde sich also Jemand, der vorwiegend animalische Kost zu ver¬ 
zehren pflegt, am besten für eine im Sinne von Banting-Harvey 
geordnete Cur eignen, aber selbst bei Berücksichtigung dieses indi¬ 
viduellen Factors kann man auf einen gleichmässigen Fortgang 
der Dinge nicht unbedingt rechnen, und selbst wenn die Kost an¬ 
fangs in Bezug auf Schutz des Eiweissvorrathes alles gewünschte 
leistete, so konnte sie sich im Verlauf der Cur ohne sicher nach¬ 
weisbare Veranlassung als unaüsreichend erweisen. Dann konnte 
hinwiederum nach einiger Zeit die nothwendig gewordene Zulage 
ohne Schaden entfernt werden — es war also ein fortwährendes 
Laviren nothwendig, wenn das gesteckte Ziel erreicht werden 
sollte, und es wurde dies nur ermöglicht durch die sichere 
Controlle der täglichen Bilanzfeststellung, wie sie der 
Stoffwechselversuch mit sich brachte. Die Autoren sind deshalb 
der Meinung, dass, wo über die Widerstandsfähigkeit des Organis¬ 
mus dem Eingriff gegenüber, den die Entfettungscur darstellt, sich 
Bedenken regen, eine gewissenhafte Verfolgung des Eiweissstoff¬ 
wechsels, wie sie sie in ihren Versuchen durchführten, geboten 
sei. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass eine Steigerung des Ei¬ 
weisszerfalles unter dem Gebrauch salinischer Quellen bei den 
beobachteten Versuchspersonen nicht feststellbar war. 

Aber auch Hirschfeld (20), gegen dessen Resultate Bedenken 
geltend gemacht worden waren, nahm seine Versuche in grösserem 
Maassstabo auf, konnte aber w r edcr bei fünf fettleibigen 


Personen, noch bei sechs gesunden Individuen mp 
massigem Panniculus adiposus jemals während der Ent¬ 
fettung- einen Eiweissverlust vermeiden. Das Stickstoff, 
deficit schwankte in diesen Fällen pro Tag zwischen 2 und 5 g, y 
also zum Theil als ein sehr beträchtliches zu bezeichnen. Da 
diese jüngsten Versuche Hirschfeld’s eine genaue Stickstoff¬ 
bilanz geben, so dass der früher erhobene Einwand, dass er sidj 
nur mit einer approximativen Abschätzung der Stoffweehselverhält- 
nisse begnügt habe, nicht mehr zutrifft, so ist der Grund tfir 
dieses eigenthümliche Ergebniss offenbar in der ganzen Versuch*- 
anordnung zu vermuthen. Vielleicht ist die nicht genügende Be¬ 
rücksichtigung der Individualität der Versuchsperson, wie schon 
v. Noorden und Dapper betonten, vielleicht auch der zu brüsk» 


Uebergang von der Normaldiät zur Entziehungskost, was nach 
Referenten Erfahrungen in Bezug auf Stoffwechselanomalinen von 
einschneidender Bedeutung ist, schuld. Wie dem nun auch sei. 
die Constanz der Eiweissverluste bei allen Hirsch feld&ch.m 
Versuchspersonen kann uns nicht davon überzeugen, das.* ein** 
Entfettungscur nicht sehr gut ohne Stickstoffverlust durchführbar 
ist. Die Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, beweisen eben »!i» 
Versuche der oben erwähnten anderen Autoren. Ob dies unur 
allen Umständen gelingt, ist noch nicht endgültig entschied* n 
Hirschfeld wirft nun die Frage auf, ob der Ei weissverlus* 
denn allemal so schädlich ist? Seine Beobachtungen sprechen 
dafür, dass nicht der Eiweissverlust, sondern eine zu weil p- 
triebene Beschränkung der Nahrungseinfuhr als der aussetfc- 
gebende Factor beim Entstehen von Schwächezuständen wahren 
einer Entfettungscur anzusehen ist; besonders wenn starke Muskel¬ 
arbeit geleistet wird, darf man nur vorsichtig bedeutende Ein¬ 
schränkung in der Ernährung eintreten lassen. Bei geuügend-r 
Sorgfalt werden also die Eiweissverluste nur mässig sein, und 
diese haben nach Ansicht Hirschfeld’s eine besondere Bedeute 
für das Wohlbefinden des Organismus nicht. Braucht man ab» 
nicht gar so ängstlich über dem Eiweissstoffwechsel der Fp 
leibigen während einer Entfettungscur zu wachen, so ist der W 
schlag v. Noorden’s und Dapper’s, dass die Rtickstnlfliilaaz 
durch regulären Versuch fortgesetzt zu controlliren sei, überflövi.. 
Praktisch ist ein solches Verfahren ohnedies nicht dun-hffilirlur. 
da nur boi genauer Wägung aller Nahrungsmittel und hei An; 
wenduno* von Speisen mit genau derselben Zusammensetzung. p 
schärfster Controlle von Koth und Harn die sonst auftretend- 
Schwankungen vermieden werden. 

Dass sich der Stoffwechselversuch ausserhalb des KaliiM* 
einer klinischen Station nicht durchführen lässt, dass a ■ 
Vorschlag v. Noorden’s und Dapper’s für die irnis 
deutungslos erscheint, darin stimmt Referent mit lliwJm--- 
völlig überein. Die Notwendigkeit einer derartigen Behandiu^ 
methode ist um so weniger einleuchtend, als wir dur ^‘ 1 ^' 
Controlle des Allgemeinbefindens, des Zustandes 
ler Herztätigkeit u. s. w. diejenigen Anhaltspunkte 
uns ein Urtheil, ob das eingeleitete Entfettungsverfahren 
mässig ist oder nicht, gestatten. Andererseits abei a 
Feld nicht ohne weiteres zugegeben werden, dass a - 
lauernde Verlust auch massiger Eiweissmengen ^ ^ 

fettungscur allemal ganz belanglos ist. de ?* 

Bestreben des thierischen Organismus, auch im danken 
und unter ungünstigen Ernährungsbedingungen 
gleicbgewicht zu wahren, ist dies von vorn , f Hn KCUr au:- 
sclieinlich. Ein in den ersten Tagen einer Ent ettu gscur^ 
tretender Eiweissverlust mag, wenn die Anpass n * ^ 

Verhältnisse doch noch erfolgt, praktisch _ ®‘ pr 
Tritt die Regulation der Stickstoffbilanz aber y - 1(; . 

Cur überhaupt nicht ein, so dürfte dieser fortgesetzte ^ ^ 
keine gleichgültige Erscheinung sein, er ® J ; <r eeign' ! 
für das betreffende Individuum zur Entfettung „ 
Nahrungsgemisch nicht gefunden wo ^ o e s ^ nhpini (Berlin 

21. Sahli, Zur Aetiologie des aciiton Geien, 

mus. Deutsches Archiv für klinische Medi 
und 5, 1898. 


SOI, 


ij, ±ouo. . . A TnfnHioiiskrankh 

Dass der acute Gelenkrheumatismus eine‘ lD ^ ; 

ist zwar nicht bewiesen, wird aber v h |J den tlieh 
modernen Pathologie aus wahrscheinlich. ‘ beim ^ 
sich Forscher bemüht, thcils m den Exsuaa Herzaffedl ,c 
rbeumatismus, theils in den Excrescenz^,. , en: (juttni ;U 
Bacterien aufzufinden, und ist dies auch yer- . ti, n mnng .» 
Birch-Hirschfeld etc., gelungen. au ch die 1 


ii-mrscnieiu enc., . rr , w n ,a n aucn air : 

bis jetzt nicht stattgefunden; p®!^ C k 1 rheurna tismusvorhan- 
vertreten, wo Coccen etc. beim Gelen R , tlich ist j® 

- . Misch infectionen. Begann ^ ... 


aber 

sicht vei uüi/cii, w w uuuwu *>—• ----- , PatanntllGu ,av ■» . 
sind, handele es sieh um Misch infectionen. ein« ^ 

riin nh ßfi «ich um Gelenkrheumatismus ou« 


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LITTER ATUR - BEI LAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


35 


2. August. 


(pyämische) Gelenkaffection handele, sehr schwer. Sahli, der die 
Fälle von Leyden, Petrone, Mantle u. a. erwähnt, hat nun in 
einem nicht mit Eiterung complicirten Falle von typischem acutem 
Gelenkrheumatismus in den erkrankten Gelenken, in den endo- 
carditischen und periearditisehen Auflagerungen, in geschwellten 
Bronchialdrüsen, dem Herzblute einen morphologisch mit dem 
Staphylococcus citreus identischen Spaltpilz gefunden, der aber 
im Gegensatz zu diesem bei Thieren weder subcutan, noch 
intravenös, noch intraarticulär sich pathogen erwies. Andere 
Autoren fanden andere Spaltpilze. Sahli hält es für wahrschein¬ 
lich, dass dieser Coccus der Krankheitserreger war. Ob er eine 
besondere Art darstellt oder nur in seiner Virulenz sich vom 
gewöhnlichen Staphylococcus citreus unterscheidet, muss dahin ge¬ 
stellt bleiben. Sahli hält es für denkbar, und manches spreche 
dafür, dass überhaupt der Gelenkrheumatismus als das Product 
abgeschwächter, verschiedener pyogener Coccen aufzufassen sei. Die 
ätiologische Einheit des Gelenkrheumatismus müsse dann aufge¬ 
geben werden. Dass Salieylsäure prompt wirke, spreche nicht 
gegen diese Auffassung. Die sogenannten Complicationen des Ge¬ 
lenkrheumatismus, wie Endocarditis, Pericarditis, Pleuritis gehören 
zum Bilde des Gelenkrheumatismus und sind als Localisationen, 
nicht als Complicationen aufzufassen. Ob diese Ansicht, dass 
der Gelenkrheumatismus durch verschiedene, in ihrer Virulenz 
ab geschwächte pyogene Coccen hervorgerufen werde, welche 
anderen Falls zu pyämischen Gelenkaffectionen führen, richtig ist, 
oder nicht, müssen weitero ausführliche Untersuchungen lehren. 

Buchwald (Breslau). 

22. J. Langer, Hämoglobinurie als Complication von Erysipel 
hoi einem sieben Wochen alten Knaben. Prager med. Wochen¬ 
schrift 1893, No. 34. 

Das von einer syphilitischen Mutter abstammende, selbst aber keine 
Zeichen von Lues darbietende Kind wurde wegen Erysipel mit Creolin- 
eiupinselung behandelt. Zwei Tage darauf trat Icterus und Hämoglobin¬ 
urie auf, die binnen 24 Stunden zum Tode führte. Die Section ergab u. a. 
Anfüllung der Ilarneainilchen mit llümoglobinmassen und miliare Abseesse 
in den Nieren. Dio am Todestage intra vitam vorgenommene Blutunter¬ 
suchung zeigte Verminderung der rothen Blutkörperchen auf 2,8 Mill., 
des Hämoglobins auf 30 °,o. Für die Entstehung der Hämoglobinurie 
liegen drei Möglichkeiten vor: 1) kann dieselbe durch Lues, 2) durch 
Creolin hervorgerufen worden sein; 3) kann es durch die Anwesenheit 
eines infoctiösen Virus zum Zerfall der rothen Blutkörperchen in den 
Gofässen gekommen sein, das sowohl den hämatogenen Icterus als auch 
die Hämoglobinurie bedingte. Verfasser spricht sich zu Gunsten der 
letztem Eventualität aus. H. Citron (Berlin). 

23. Max Dessoir, Zur Psychologie der Vita sexualis. 
Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche 
Medicin 1894, Bd. 50, Heft 5, S. 941. 

Seitdem das Gebiet der sexualen Perversionen für die Wissen¬ 
schaft „entdeckt“ worden ist, macht sich unter den strebsamen 
jüngeren Kräften ein reger Wetteifer in der Erforschung aller 
dunkelsten und verborgensten Partieen dieser bisher so ganz abseits 
gelegenen Regionen bemerkbar. Die Energie, mit der dabei zu 
Werke gegangen wird, und die „Akribie“ in der Detailforschung, 
deren sich moderne Specialisten dieses Gebietes befleissigen, machen 
auf schwache Gemüther einen etwas unheimlichen Eindruck uud 
fördern hier und da geradezu beängstigende Resultate. Der eine 
setzt den grossstädtischen Polizeiapparat in Bewegung, um zu einer 
Zählung der „Urninge“ in der deutschen Reichshauptstadt zu ge¬ 
langen; der andere stellt statistische Untersuchungen unter den 
„feineren“ Prostituirten an, um festzustellen, wie oft der „Cunni- 
lingus“ von ihnen begehrt werde — in der That vielver- 
heissende Proben empirisch-inductiver Methodik! Anders, mehr 
auf den altphilosophischen Bahnen deductiver Speculation, hat 
der Verfasser des obigen Aufsatzes der Sache beizukommen ge¬ 
sucht, aber, wie kaum geläugnet werden kann, auch mit ziemlich 
zweifelhaftem Ergebniss. Dessoir geht davon aus, dass die Bedeutung 
des Geschlechtslebens für Entwickelung und Thätigkeit der Seele 
in der „wissenschaftlichen Psychologie“ bisher nicht genügend ge¬ 
würdigt worden sei; früher seien diese Vorgänge zu verwickelt er¬ 
schienen, jetzt aber sei von der sexualpathologischen Seite her der 
Zugang eröffnet, und es sei „die Innenseite des Geschlechtslebens 
von den Herren v. Krafft-Ebing, Moll und v. Schrenck- 
Notzing erfolgreich auf diese Weise durchleuchtet worden“. 
Dessoir stellt nun die Theorie auf, dass bei jedem Individuum in 
der Zeit des Erwrachens des Geschlechtstriebes zunächst eine Zeit 
„undifferenzirten Geschlechtsgefühls“ bestehe, d. h. wobei 
die sexuellen Gefühle nicht auf das von dem eigenen differenten 
Geschlecht bezogen werden, bei Knaben zwischen 13 und 15 Jahren, 
bei Mädchen etwa zwischen 12 und 14 Jahren (eine vom Stand¬ 
punkte praktischer Erfahrung einigermaassen bestreitbare Ansicht). 
Dieses Stadium undifferenzirten Geschlechtsgefühls kann nun bei 
einzelnen Individuen abnorm lange, ja das ganze Leben hindurch 
bestehen, das Geschlechtsgefühl bleibt gewissermaassen embryo¬ 


nisch; andererseits schreitet es entweder in normaler, typischer 
Weise zur „Heterosexualität“ fort — oder in Ausnahme¬ 
fällen zur „Homosexualität“, zum Urningthum (Uranisraus) und 
Tribadismus. Es wäre nun vor allem nachzuweisen gewesen, 
warum eben in Ausnahmefällen der auch hier ursprünglich indiffe- 
renzirte Trieb zur Homosexualität entartet, zumal Dessoir, ähnlich 
wie v. Schrenck-Notziug, ein Angeborensein des homosexualen 
Affectes zwar nicht für ganz ausgeschlossen, aber doch für sehr 
selten erklärt. Aber gerade dies ist auch bei Dessoir, ebenso 
wie bei seinen oben namhaft gemachten Vorgängern der wunde 
Punkt: was er hier vorbringt, ist wenig befriedigend und im Grunde 
über nichtssagende Allgemeinheiten in keiner Weise hinausreichend, 
z. B. dass der Homosexuale unter dem Einflüsse einer ihm an¬ 
haftenden Reizung zur Perversität stehe, die ihm von Eltern oder 
Grosseltern überkommen sei — dass er zu wenig widerstandsfähig 
sei, um sich von den quantitativ überwiegenden homosexualen Ein¬ 
drücken zu befreien — und dass die Uebermacht der Reizungen 
von seiten gleichgeschlechtlicher zufällig so stark sein könne, 
dass die normale "Anlage selbst bei ganz gesunden Personen 
nicht zum Durchbruch gelange. — Wirkt das alles schon wenig 
überzeugend, so lässt sich mit den Auseinandersetzungen über 
den „ästhetischen“, den „socialen“ und den „persönlichen“ 
Factor in den heterosexualen und homosexualen Geschlechts¬ 
beziehungen grösstentheils noch weniger anfangen. Man nehme 
z. B. Sät^e wie die folgenden: „In pathologischer Ausartung 
leitet das ästhetische Moment zur fetischistischen Liebe, 
das sociale zur sogenannten Vernunftheirath.“ — „Es 
giebt eine höhere Stufe des zu verfolgenden Differenzirungsprocesses, 
auf der eine Person nicht als Trägerin einer oder mehrerer Eigen¬ 
schaften, sondern als diese einzige und incommensurable Individualität 
geliebt wird. Eine solche Liobesleidenschaft kennen nur 
die reichstentwickelten unter den Menschen“ — und die 
widerwärtig geschraubten Raisonnements über den „pathologischen“ 
Charakter der Liobesleidenschaft (S. 952, 953), wobei die dialektische 
Entwickelung zuerst sich selbst ad absurdum führt: „die mono- 
polisirende Liebe ist eine Neurose, der Verliebte (im 
höchsten Stadium der Differenzirung) ein Entarteter“ — 
um dann diese Schlussfolgerung als „übereilt“ und die geschilderte 
Liebe vielmehr als höchste Form des mit der quantitativ vor¬ 
herrschenden Stufe der einfachen Heterosexualität beginnenden 
Differenzirungsprocesses zu erweisen. — Im ganzen dürfte somit 
trotz vereinzelter recht hübscher, aber nicht gerade neuer Bemer¬ 
kungen über das alte Liebesthema und trotz der als „documents hu- 
mains“ beigegebenen Autobiographieen von Sexualperversen für ärzt¬ 
liche Leser der Endeindruck vorherrschen, dass, wofern wir es hier 
mit einem Producte „wissenschaftlicher Psychologie“ zu thun haben, 
uns diese „Wissenschaft“ zur Zeit noch keinen allzugrossen 
Respect abnöthigt und dass ihre Mitbetheiligung an der Erörterung 
pathologischer Fragen nach diesem Beispiel einstweilen nicht gerade 
zu hochgespannten Erwartungen berechtigt. 

A. Eulenburg (Berlin). 

24. v. Hacker, Zur Behandlung tiefsitzender Narben- 
strieturen der Speiseröhre durch Sondirung ohne Ende 
nach temporärer Gastrostomie und Oesophagostomie. 
Mit Bemerkungen über die Verwendung ausgezogener Drains zur 
Drainage, Dilatation und zur Sondirung ohne Ende. Wien. klin. 
Wochenschr. 1894, No. 25 und 26. 

Unter „Sondirung ohne Ende“ versteht Hacker ein Verfahren, 
um nach ausgeführter Gastrostomie Stricturen des Oesophagus, 
welche wenigstens für eine Darmsaite durchgängig sind, zu er¬ 
weitern. An die Darmsaite wird ein starker Seidenfaden befestigt, 
an welchem nuu vom Munde aus oder von der Fistel her immer 
stärkere Bougies oder Drains nachgezogen werden. Diese wirken 
nur für einige Stunden, während der Leitfaden in der Zwischen¬ 
zeit ständig im Oesophagus liegen bleibt. Die Verwendung 
„ausgezogener Drains“, welche über einem Itinerarium angespannt 
in einen Canal eingeführt werden und nach Lösung des Mandrins 
zusammenschnellen, hat den Zweck, durch die entstehende Ver¬ 
breiterung zu wirken, sei es (verstöpselt) zum Verschluss von 
Fisteln, z. B. Magenfisteln, oder zur Drainage von Körperhöhlen, 
wobei der Drain die Fistel vollkommen abschliesst, sei es zur elasti¬ 
schen Dehnung von Stricturen und dergl. Die Combination beider 
Verfahren bewährte sich ganz besonders gut bei einem ausser¬ 
ordentlich schweren Fall von Oesophagusstenose bei einem sieben¬ 
jährigen Knaben infolge von Laugenverätzung. Nach ausgeführter 
Gastrostomie mit Sphincterbildung aus dem Rectus nach der 
Hacker’schen Methode, gelang es erst nach langer Mühe und von 
einer Oesophagostomie aus die etwa 6 cm lange Strictur durch eine 
Darmsaite passirbar zu machen. Der Eintritt in die Strictur konnte 
nur so gefunden werden, dass mehrere Darmsaiten in einem Cy- 
linderrohr vereinigt bis zur Strictur geführt wurden, und nun eine 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


nach der anderen versucht wurde, vorzuschieben. Mit einer gelang 
das Experiment, und als sie am folgenden Tage sich an der Spitze 
verdaut zeigte, war erwiesen, dass sie bis in den Magen gelangt 
war Nun konnte auch ein Seidenfaden und nach einander auch 
ein Gummifaden und immer stärkere Drains durchgezogen werden, 
so dass in 17 Tagen das stärkste Drainrohr — welches zugleich 
als Nahrungsschlauch vom Mund aus benutzt werden konnte 
aufgenommen wurde und liegen bleiben konnte, während der Seiden¬ 
faden zur Fistel hinaus führte. Im weiteren Verlauf trat nach 
Schluss der Oesophagus- und Magenfistel vollkommene Heilung ein, 
nur dass der Knabe sich täglich mit Bougie No. 24 die Passage 
freihält. 

Für temporäre Magenfisteln eignet sich besonders die Hacker- 
sche Methode der Spkineterbildung aus dem M. rectus abdominis, 
weil der muskuläre Verschluss immer dicht hält, mag man nun die 
Fisteln mittels Gummidrains erweitern, z. B. zu Untersuchungs¬ 
zwecken, oder sich verengern lassen bis zum Eingehenlassen der 
künstlichen Oeffnung. Bei impermeablen tief sitzenden Stricturen 
des Oesophagus tritt das oben beschriebene Verfahren in Concurrenz 
mit der combinirten Oesophgostomie nach Gussenbauer; Hacker 
steht aber nicht an, der scheinbar umständlicheren Methode der , 
Gastrostomie, Oesophagostomie und der Sondirung ohne Ende j 
wegen ihrer grösseren Gefahrlosigkeit den Vorzug zu geben. Man ; 
braucht sich nicht mit dem Ueberwinden der Strictur zu übereilen, . 
da inzwischen die Ernährung ja durch die Gastrostomie möglich | 
ist; auf der anderen Seite ist bei der blutigen Durchtrennung der : 
Strictur die Gefahr, mittels des Messers in einen falschen Weg zu | 
gerathen oder eine Vereiterung der Wunde herbeizuführen, eine 
sehr naheliegende. Hermann Frank (Berlin). 

25. W. W. Ord und H. F. Waterhouse, A case, diagnosed as 
tubercular meningitis, treated by trephining and drainage of 
the subarachnoidal spacc; recovery.- The Lancet, März 1894, 

S. 597. , . 

Ein früher ganz gesundes, auch erblich nicht belastetes fünfjähriges 
Mädchen wurde am 23. October ins Hospital aufgenomnien, nachdem es 
schon einige Wochen vorher an znnehmendem Kopfschmerz gelitten hatte. 
Hier entwickelten sich alsbald alle Symptome einer tuberkulösen Meningitis 
mit Hirndruck. Auch eine Neuritis optica Hess sich constatiren, die links 
stärker entwickelt war als rechts. Die Ohren waren gesund. Der Fall 
erschien hoffnungslos. Nach sorgfältiger Ueberlegung wurde beschlossen, i 
die Rettung zu versuchen mittels operativer Eröffnung der Subarachnoidal- j 
räume. Zu diesem Zwecke wurde am 26. October die Trepanation ge¬ 
macht, und zwar am Hinterhauptbein links hinter dem Processus mastoideus. 
Die Oeffnung hatte einen Durchmesser von 3 /.t Zoll. Nach Spaltung der 
prallgespannten Dura mater und der Arachnoidea entleerten sich einige 
30 Tropfen einer grünlich-serösen Flüssigkeit. Das Gehirn pulsirte nicht. 
Es wurde nun die Röhre einos Probetroicarts zwischen Arachnoidea und 
Cercbellum nach innen und hinten in die Gegend der Falx cerebelli 
eingesenkt und so der weite Raum zwischen Cerebellum und Medulla oblon- 
gata erreicht. Dann wurde die Röhre durch ein Gummirohr ersetzt, das 
liegen blieb und durch welches sich einige Drachmen einer Flüssigkeit 
entleerten. Das ausgesägte runde Knochenstück, das unterdessen in Bor¬ 
wasser gelegen hatte, wurde mit der Knochenscheere in mehrere kleine 
Stücke zerschnitten, die auf die wieder zusammengenähte Dura mater ge¬ 
pflanzt wurden, worüber dann die Hautwunde geschlossen wurde. Das Drain¬ 
rohr wurde durch ein in der Mitte des Hautlappens angelegtes Loch 
hinausgcleitet. Endlich folgte ein antiseptischer Verband. Gleich nach 
der Operation hob sich der Puls von 80 unf 120 in der Minute. Aus 
dem genau angeführten weiteren Krankheitsverlauf sei hervorgehoben, dass 
sich der Zustand des Kindes nur allmählich besserte, wenn auch mit starken 
Schwankungen und sehr wechselnder Temperatur. Am 28. October bereits 
zeigte sich wiederkehrendes Bewusstsein. Die Verbandstoffe waren stets 
von seröser Flüssigkeit durchtränkt. Einige Tage später war die Wunde 
geschlossen, und die Knochenstücke erschienen und blieben eingeheilt. 
Vom 6.—20. November nahm die von der Drainage zurückgebliebene 
Wunde einen durchaus tuberkulösen Charakter au; doch konnten in den 
abgeschabten gelatinösen Granulationen Bacillen nicht entdeckt werden. 
Die Fistel schloss sich, und am 30. November war das Kind als geheilt 
anzusehen. Die Neuritis optica war zurückgegangen, aber noch nicht ganz 
verschwunden. 

Alle Aerzte, die die Patientin gesehen hatten, waren wie die Ver¬ 
fasser von der tuberkulösen Natur der Meningitis überzeugt, obgleich der 
absolute Sicherheit gebende Nachweis von Bacillen nicht gelungen war. 
Es wird endlich noch darauf hingewiesen, dass Parkin eine sehr ähnliche 
Operation bei Hydrocephalus chronicus gemacht hat und mit bestem Er¬ 
folge. — Jedenfalls wird diese sehr bemerkenswerthe operative Behandlung 
sich jetzt wohl für 1 gewisse Fälle der tuberkulösen Meningitis Anerkennung 
verschaffen. A. Bidder (Berlin). 

26. S. Gottschalk, Zur Lehre von der hinteren Scheitel¬ 
beineinstellung. Berliner kl in. Wochenschr. 1894, No. 3. 

Die hintere Scheitelbeineinstellung, bei welcher das hintere 
Scheitelbein auf dem Beckeneingang vorliegt und die Pfeilnaht 
dicht hinter der Symphyse verläuft, während der kindliche Kopf 
eine ausgeprägte Caput obstipum-Haltung zeigt, beobachtete Gott- 
schalk zweimal bei ganz hochgradigem Hängeleib. Leichtere 


__ No. 5 

Grade dieser fehlerhaften Einstellung können spontan durch diV 
Wehenthätigkeit und die Kraft der Bauchpresse überwunden wenlen 
in hochgradigen Fällen ist die Prognose für die Kinder eine schlechte 
Veit sah unter 14 Fällen nur fünfmal spontanen Eintritt ik 
Kopfes in das Becken, in diesen wurden nur zwei Kinder lebend 
geboren. Für die Mutter ist die starke, frühzeitig eintretemb 
einseitige Dehnung des unteren Uterinsegmentes an der hinteren 
Wand eine grosse Gefahr, durch welche die Wendung unmögli-h 
gemacht und die Perforation noth wendig werden kann, 
beiden von Gott schalk beobachteten, mit hochgradigem Hanne- 
leib complicirten Fällen bestand ebenfalls starke Dehnung 
unteren hinteren Uterinsegmentes. Während in einem Falk dii 
Wendung mit günstigem Erfolge für Mutter und Kind ausgeführ. 
werden konnte, erschien dieselbe im zweiten Falle unmöglich. 
Gottschalk half sich dadurch, dass er die Umdrehung des Kind*- 
ohne neue Dehnung der gespannten hinteren Uteruswand vornahm, 
indem er durch äussere Handgriffe eines Assistenten und gleich- 
zeitiges Manipuliren mit der innen eingeführten Hand das Hinter¬ 
haupt nach vorn brachte und vor der Umdrehung des Kindes ib 
Hinterhaupt an der vorderen Uteruswand emporschob unter gleich¬ 
zeitiger digitaler Dehnung des Contractionsringes. 

_ Czempin (Berlin). 

III. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke a. s. w. Xotl 

nagel, Specielle Pathologie und Therapie. XV. Bd.. II. Tbl 
Erkrankungen des Herzbeutels, von Prof. Schrötter in Wien. 
Alfred Hölder, 1894. 84 S., 1,80 M. 

A. Miethe, Grundzüge der Photographie. Halle a. \ 
Wilhelm Knapp, 1894. 83 S. 

Encyklopädie der Photographie. Heft 7: H. Müller. I';- 
Misserfolge in der Photographie und die Mittel zu ihrer BeseitLX.. 
72 S. — R. Neu hau ss, Die Mikrophotographie und die Proje« i:.-l 
58 S. — Halle a. S., Wilhelm Knapp, 1894. 

Ellen M. Firebraugh, The Physician’s wife^ and tt 
thiugs that pertain to her life. Philadelphia, The F. A. Ib- 
Company, 1894. 186 S. . .... . 

Augenheilkunde. Uhthoff, Ueber die bei der Syiihi bü;- 
Centralnervensystems vorkommenden Augenstöruiigen. Lcipzi. 
Wilhelm Engelmann, 1894. 338 S. VIII Tafeln. 8,00 M. 

Bacteriologie. F. Klemperer und E. Levy, Grundriss ■' 
klinischen Bacteriologie. Für Aerzte und Studirende. Bas» 
August Hirschwald, 1894. 340 S. . 

Chemie. C. Arnold, Repetitorium der; Chemie. M ' 
sonderer Berücksichtigung der für die Medicin wichtigen v erbinita^- 
sowie des Arzneibuches für das Deutsche Reich und anderer I harma• 
Für Mediciner und Pharmazeuten. VI. Auflage. Hamburg und u.pi- 
Leopold Voss. 1894. 613 S. . .. u-;„ 

Chirurgie. Maydl, Ueber subphrenische Abscesse. 
Josef Saf&r, 1894. 357 S. 8 Tafeln. , . , r . inu , v 

Geschieht der Medicin. Die Gynäkologie des bori»»_ 

Ephesus. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderkrankheiten, lMtm 

Neugeborenen. Uebersetzt von Dr. phil. H. Lüneburg; com ^ 
mit Beilagen vorselien von Medicinalrath Dr.J* Ch. Hu i ’ r * , 

medicinischer Klassiker, Band I. München, J. F. Lehmann, «vH. 

4,00 Hygiene und SanltStswesen. A. Wernich, ZBS 7? m b " s 0 l ;l||'. 
der gültigen Medicinalgesetze Preussens,. n ^ 
Rücksicht auf die Reichsgesetzgebung. Dritte 
Auflage. Berlin, Hirschwald, 1894. ., Er 

Kinderheilkunde. Eschle, Kurze Belehrung . j!ir 

nährung und Pflege des Kindes im ersten 
II. Auflage. Leipzig, Verlag des Reichs-Medicmal-Anzei 0 tr. 

^Klimatologie nnd Balneologie, yerölfontlichune«" 
gemeinen Deutschen Bäder-Verbandes. Heraus«.;. ^ 

F. C. Müller und Dr. J. H. F Kraner. ^'''’o^O'oveniberX 
H. ordentliche Verbandsvorsammlung, Wiesbaden, *• : 18W . iv 

München, Comm.-Verl. d. J.J. Leutner'schen Bnchh“dl^. »■ 

W. H. Gilbert, Italiens Thermen. Wien undLeipzic. 

müller, 1894. 37 S. 1,00 M. Tafcrosbericht über '* 

Mil itürmedicinal w eseu. W. Roth s Ja ^ re . s - t des Mi!:')’ 
Leistungen und Fortschritte auf dem . ^ ,t e uti : 

Sanitätswesens. Herausgegeben von der b j , Jahrl y, ‘ 

militärärztlichen Zeitschrift. XIX. Jahrgang: Belicht 
Berlin, E. S. Mittler & Sohn, 1894. 231 fc>. . . Krankt - 

Neurologie. G. Brandenburg, Die Bnscdov f sehe■ ^ ^ 
Leipzig, Verlag des Reichs-Medicmal-Anzeigers B. j m iitelk^' 

Pharmakologie. C. Binz, Grundzüge der Arznn 
Zwölfte Auflage. Berlin, Hirschwald, 1894. , . re uu d 

A. Durst, Grundzügo der Arzuenlo 
dosologischen Arithmetik des 1^^.;. 


aosoiogiscnen aruuuicw» £ «T's 
der Heilmittel, mit besonderer Berücksicht:igung — Seitz 
Kranken und der gebräuchlichen Arzneifornien. 

1894. 199 S. 5,00 M. 


Godruckt bei Julias äUtenfeld in Berlin W. 


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Goi gle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICH« 


Donnerstag LITTERATUR-BEILAGE 16 - Au «“ st 1894 - 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. BUcherschan: 1. Nothnagel, Specielle Pathologie und Therapie. 
Ref. Klemperer. 

2. Schrötter, Erkrankungen des Herzbeutels. Ref. Schwalbe. 

3. Penzoldt und Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie 
innerer Krankheiten. Ref. Ivrehl. 

4. Krehl, Grundriss der allgemeinen klinischen Pathologie. Ref. 
Klemperer. 

5. Binz, Grundzuge der Arzneimittellehre. Ref. Eulonburg. 

6. Körte, Ueber die Chirurgie der Gallenwege und der Leber. 
Ref. Heidenhain. 

7. v. Herff, Grundriss der geburtshülflichen Operationslehre. Ref. 
Wiener. 

8. Hauser, Grundriss der Kinderheilkunde mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Diätetik. Ref. Neumann. 

9. Schwochten, Die Kinderkrankheiten. Ref. Neumann. 

10. Sturmann, Klinische Geschichte der Pachydermia laryngis. 
Ref. Grabower. 

11. Gottschalk, Grundriss der gerichtlichen Medicin. Ref. Strass¬ 
mann. 

12. Wernich, Zusammenstellung der gültigen Medicinalgesetze 
Preussens. Ref. Eulenburg. 

13. Heim, Sehen und Zeichnen. Ref. Schwalbe. 


I. BticHerschau. 

1. Specielle Pathologie und Therapie. Unter Mitwirkung her¬ 
vorragender Fachleute herausgegeben von Prof. H. Nothnagel 
(Wien). Wien, A. Hölder, 1894. Ref. G. Klemperer (Berlin). 

Vierzig Jahre sind verflossen, seitVirchow sich mit Männern 
wie Bamberger, Griesinger, Traube zur Herausgabe einer 
grossen „Speciellen Pathologio und Therapie“ vereinigte. Vor 
zwanzig Jahren eröffnet« Ziemssen das bekannte Sammelwerk, 
das in einer Reihe vorzüglicher Einzeldarstellungen den Gesammt- 
inlialt der inneren Medicin zum Gegenstand hatte. Die Pause von 
zwei Jahrzehnten, welche seitdem vergangen ist, erscheint lang 
genug, um den Zeitpunkt für die Herausgabe einer neuen um¬ 
fassenden Darstellung der inneren Medicin gekommen zu erachten. 
Unaufhörlich zuströmendes Material neuer Untersuchungsergebnisse 
hat unsere wissenschaftlichen Anschauungen nicht weniger ge¬ 
wandelt, als durch ärztliche Arbeit und industrielle Rührigkeit 
unser therapeutisches Können bereichert worden ist. So werden 
die deutschen Aerzte mit Interesse den Bearbeitungen der ver¬ 
schiedenen Kapitel der inneren Medicin entgegensehen, welche von 
einer grossen Reihe zum Theil hervorragendster Fachmänner 
unter der Redaction von Nothnagel in Aussicht gestellt sind. 
Der Prospect des neuen Sammelwerkes besagt, dass die Verfasser' 
auf die „klinische Darstellung“ ihres Gegenstandes den Hauptwerth 
legen werden; die Namen der Bearbeiter bürgen dafür, dass hierbei 
die wissenschaftliche Analyse der Krankheitsbilder ebenso sehr wie 
die praktische Therapie zu ihrem Recht kommen werde. 

Die von dem gross angelegten Werke bisher erschienene erste 
Abtheilung des ersten Bandes, enthaltend „Die Vergiftungen“ 
von Prof. v. Jak sch (Prag), behandelt nach einer inhaltroichen, 
programmatischen Einleitung die Vergiftungen durch Säuren und 
Alkalien sowie durch Metalloide. Ein überaus grosses Material ist 
hier in erschöpfender und doch knapper Weise behandelt. Bei 
aller Reichhaltigkeit der toxicologischen Angaben bleibt stets der 
ärztliche Standpunkt für den Verfasser maassgebend. Diagnose 
und Therapie der Einzelvergiftung erfahren die eingehendste Dar¬ 
stellung, so dass das Werk sich ohne Zweifel als praktischer 
Rathgeber in schwierigen Vergiftungsfällen bewähren wird. Ganz 
besonders kommt v. Jaksch die ausserordentliche Erfahrung zu 
statten, die er sich auf diesem Gebiete angeeignet hat; es scheint, 
als wären die Suicidien in dem Wirkungskreis des Verfassers weit 
häufiger als bei uns. So hat v. Jaksch z. B. von der Phosphor¬ 
vergiftung in vier Jahren nicht weniger als 28 Fälle beobachtet; 
dazu kommen noch 12 ältere aus seiner Wiener Zeit. Dies ausser¬ 
ordentliche Material ist übrigens in so mustergültiger Weise klinisch 
und experimentell durchgearbeitet, dass das Kapitel einen Glanz¬ 
punkt der Darstellung bildet. Das eindringende chemische Ver¬ 
ständnis, welches v. Jaksch in allen seinen Arbeiten bewährt hat, 
spricht sich auch in dieser Klinik der Vergiftungen aus und macht 
die Lectiire des Werkes zu einer anregenden und genussreichen. 

Das bereits vollständig vorliegende Werk von Mosler und 


II. Zeitschriften üb ersieht: I nnere Medicin: 14. Schultze, Ueber 
Leukämie. — 15. Pawinski, Relative Insufiicienz dor Lungenarterien- 
klappen bei Mitralstenose. — 16. Valentini, Erkrankungen des Conus 
terminalis und der Cauda equina. 

Kinderheilkunde: 17. Aaser, Intubation ved Krup. 

Geburtshülfe und Gynäkologie: 18. Kelly, The direct ex- 
amination of the female bladder with elevated pelvis. 

Urologie: 19. Kollmann, Die Photographie des Harnrühreninnern 
beim lebenden Menschen. 

Hautkrankheiten und Syphilis: 20. Allen, Syphilis of the 
epididymis. — 21. Gerber, Spätformen hereditärer Syphilis in den oberen 
Luftwegen. 

Psychiatrie: 22. Kowalewsky, Geistesstörungen boi Syphilis. 

Rhino-Laryngologie: 23. Berger, Rapport entre les maladies 
du yeux et celles du nez et des cavites voisines. — 24. Normand, Du 
traitement par Telectrolyse des polypes naso-pharyngiennes. 

Militärsanitätsweson: 25. Lehrnbacher, Zur Frage des 
Transportes der Verwundeten auf dem Schlachtfelde. 

III. Zur Recension eingegangene Bücher. 


Peiper (Greifswald) „Thierische Parasiten“ (Bd. VI) bringt 
eine eingehende Schilderung aller Krankheiten, welche durch thie¬ 
rische Parasiten verursacht werden. Jedes einzelne Kapitel zeichnet 
sich ebenso wohl durch eine klare Darstellung des gesicherten Be¬ 
sitzstandes unserer Kenntnisse wie durch anregende Hervorhebung 
der noch zu erforschenden Wissenslücken aus. Die Bereicherungen, 
welche auch dies Gebiet dem letzten Jahrzehnt verdankt, sind in 
vollkommener Weise zur Darstellung gebracht. Es genüge, in 
dieser Beziehung auf das Kapitel „Anchylostomum duodenale“ zu 
verweisen, das in früheren Bearbeitungen der thierischen Parasiten 
naturgemäss nichts sicheres darbieten konnte und welches in dom 
Werk von Mosler und Peiper sich zum Range einer naturwissen¬ 
schaftlichen und klinischen Monographie erhebt. Das Kapitel über 
die Bandwurmkrankheit nicht weniger als das über die Trichinosis 
enthält neben der eingehenden Wiedergabe des gesammten Ma¬ 
terials eine grosse Zahl eigener Beobachtungen und praktischer 
Winke. Den Preis möchte ich der Bearbeitung der Eehinococeen- 
krankheit zuerkennen, welche, von einer aussergewöhnlichen Er¬ 
fahrung getragen, sowohl in den ätiologischen Erörterungen als in 
den rein ärztlichen diagnostisch-therapeutischen Bemerkungen ein 
Vorbild klinischer Bearbeitung darstellt. 

Die Ausstattung ist in jeder Weise rühmend hervorzuheben, 
so dass auch in dieser Beziehung Nothnagel’s Pathologie eine 
Zierde jeder ärztlichen Bibliothek bilden wird. 


2. Nothnagel, Specielle Pathologie und Therapie, Bd. XV, 
Theil II. Schrötter, Erkrankungen des Herzbeutels. 
Wien, A. Holder, 1894. Ref. Schwalbe (Berlin). 

Der Inhalt des die Krankheiten des Pericards in elf Kapiteln 
abhandelnden Werkes entspricht im allgemeinen den Anforderungen, 
die man an ein Lehrbuch zu stellen berechtigt ist. Manche 
neueren Beobachtungen werden freilich vermisst werden. Zum 
Beispiel hätte die Arbeit von Ebstein über die Diagnose be¬ 
ginnender Flüssigkeitsansammlungen im Herzbeutel eine Berück¬ 
sichtigung wohl verdient. Mit mehr Recht noch musste die Be¬ 
deutung der Probepunction für die Differentialdiagnose der ver¬ 
schiedenen pericardialen Exsudatformen gewürdigt werden. Einige 
Kapitel, wie Hämopericard, Tuberkulose des Pericards, sind boi 
dem offenbaren Bestreben des Verfassers nach möglichster Kürze 
etwas dürftig ausgefallen. 

Für die Darstellung hat Schrötter die Form des klinischen 
Vortrags gewählt. Vielleicht hätte der Verfasser seine Absicht 
durch reichere Mittheilung von Casuistik aus dem grossen Schatze 
seiner Erfahrungen noch deutlicher, als es geschehen, zum Aus¬ 
druck gebracht. 

3. Handbuch der speciellen Therapie innerer Krankheiten. 

Unter Mitwirkung hervorragender Fachleute herausgegeben von 
Prof. Dr. F. Penzoldt und Prof. Dr. R. Stintzing. Jena, 
Gustav Fischer, 1894. Ref. L. Krehl (Jena). 

Das neue Werk begrüssen wir aus doppeltem Grunde als eine 


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LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


wichtige Erscheinung. Einmal verspricht es einen kritischen Ueber- 
blick über alle diejenigen Methoden zu geben, welche von einer 
Reihe der besten deutschen Aerzte bei der Behandlung innerer 
Krankheiten am Ende des 19. Jahrhunderts anerkannt und ver¬ 
wendet werden. Daß sichert diesem Werk bleibenden Werth in der 
Geschichte der klinischen Medicin. Und ferner stellt es dem Arzt 
für jede therapeutische Frage auf dem weiten Gebiete der inneren 
Medicin ausführliche und kritische Rathschläge in Aussicht. Diese 
Rathschläge sollen nach der Absicht der Herausgeber erschöpfende 
sein. Die Durchführung der Behandlung bis in das Einzelne wird 
ausführlich geschildert werden. Alle Methoden, welche überhaupt 
inBetracht kommen, z.B. diätetische,hydrotherapeutische,elektrische, 
werden in ihrer speciellen Anwendung beschrieben. Auch die chirur¬ 
gischen Eingriffe bei Krankheiten, die nach dem Herkommen in das 
Gebiet der inneren Medicin zu rechnen sind, sollen in den Kreis 
der Betrachtung gezogen werden. 

Die ganze Ablage dieses Handbuchs verdankt einem völlig 
neuen Gedanken der beiden Herausgeber seine Entstehung. So 
wie bisher die Diagnostik und die Pathologie innerer Kraukheiten 
jede für sich schon in Monographien behandelt wurde, so ist hier 
die Therapie in den Mittelpunkt gestellt. Ist sie doch für den 
Arzt das Wichtigste und das Endziel aller seiner Bestrebungen. 
Genau so wie er diagnostische und pathologische Abhandlungen 
mit Nutzen liest, wird voraussichtlich eine kritisch zusammen¬ 
fassende Besprechung der therapeutischen Methoden seinen 
Wünschen und Zwecken dienen. Es fragt sich nur: Ist es 
überhaupt möglich, die Behandlung der Krankheiten unabhängig 
von Diagnostik und Pathologie zu besprechen? Die Heraus¬ 
geber zerstören alle Bedenken, welche hierüber entstehen 
könnten. Sie übergaben die Ausführung der einzelnen Ab¬ 
schnitte den verschiedensten Aerzten und Forschem. Viele der 
besten Namen sind für das Werk gewonnen, die einzelnen Kapitel 
auf das sorgfältigste vertheilt. Mir erscheint besonders bedeutungs¬ 
voll, dass für die Behandlung der meisten Kapitel Männer gewonnen 
wurden, welche durch ihre Stellung, ihre Thätigkeit, ihre wissen¬ 
schaftlichen Arbeiten beweisen, dass sio mit dom betreffenden 
Gegenstände besonders vertraut ßind. Es wäre überflüssig, das mit 
Beispielen zu belegen; jeder mit der gegenwärtigen medicinischen 
Bewegung Vertraute wird zahlreiche Belege hierfür finden. Diese 
Art der Stoffverteilung ist von grösster prineipieller Wichtigkeit, 
denn durch sie ist Gewähr geleistet, dass in diesem Werk die 
Therapie nicht als eine Frucht der Routine erscheint, sondern als 
das Ergebniss ausgedehnter ärztlicher Erfahrung und sicherer Be¬ 
herrschung aller theoretischen Beziehungen. Wir werden nicht nur 
eine Beschreibung, sondern auch eine Erklärung der therapeutischen 
Maassnahmen erwarten dürfen. Wir begrüssen das Werk auf das 
wärmste und hoffen, bald einen Bericht über den Inhalt der 
einzelnen Bände vorlegen zu können. 


4. Ludolf Krehl, Grundriss der allgemeinen klinischen Patho¬ 
logie. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. 288 S., 6,0 M. Ref. 
G. Kl empor er (Berlin). 

Kaum ein Gebiet der Medicin dürfte der grundrissmässigen 
Zusammenfassung so viel Schwierigkeit bereiten, als die allgemeine 
Pathologie. Wo es gilt, die Abhängigkeit der Krankheits¬ 
erscheinungen von allgemein wirkenden Ursachen, die Gesetz¬ 
mässigkeit in oft verwirrender Mannichfaltigkeit von Symptomen 
zur Darstellung zu bringen, wird die Beschränkung auf knappste 
Form leicht der Klarheit Abbruch thun. Es darf dem Verfasser 
des vorliegenden Grundrisses zum hohen Lobe angorechnet werden, 
dass er dieser Schwierigkeit meist glücklich Herr geworden ist. 
Er bewältigt in kürzester Zusammenfassung ein ausserordentliches 
Tatsachenmaterial sowohl experimenteller wie klinischer Beob¬ 
achtung — die am Schluss befindlichen Litteraturverzeichuisse 
geben von der Fülle des verarbeiteten Rohstoffes beredte Kunde —, 
und trotzdem ist die Darstellung klar, belehrend und anregend zu 
nennen. Freilich stellt sie in der Concentrirtkeit des Inhalts an 
den Leser nicht unerhebliche Anforderungen. Der Grundriss be¬ 
schränkt sich auf die dem inneren Arzt näher liegenden Kapitel 
der allgemeinen Pathologie. Kreislauf und Blut, Atlimung, Ver¬ 
dauung, Stoffwechsel, Fieber, Harnabsonderung, Nervensystem 
werden behandelt. Die anderen Theile der allgemeinen Pathologie, 
die allgemeine Aetiologie, Morphologie und Pathogenese der krank¬ 
haften Vorgänge, hat Krehl nicht aufgenommen, weil sie in dem 
„Grundriss der allgemeinen Pathologio“ von Birch-Hirschfeld 
beschrieben sind, an welchen das vorliegende Buch in Form und 
Inhalt sich nahe anschliesst. Die Beschränkung auf die anspruchs¬ 
lose Form eines Grundrisses enthebt das Krehl’sche Werk dem 
naheliegenden Vergleich mit den klassischen Bearbeitungen der 
allgemeinen Pathologie, deren unsere Litteratur sich rühmen kann; 
es führt sich als ein Hülfsbuch für den medicinischen Unterricht 
ein. Ein solches ist Krehl’s Grundriss im besten Sinne, und 


darüber hinaus sei es auch dem Arzte, der den Spuren der Forschung 
folgen will, aufs wärmste empfohlen. 


5. C. Binz, Grundzüge der Arzneimittellehre. Zwölfte Anfla«* 
Berlin, Aug. Hirschwald, 1894. Ref. Eulenburg (Berlin). *' 
Es ist wohl unnöthig, etwas zum Lobe eines Buches zu sa^n 
das so allbekannt und so sehr Gemeingut der ärztlichen WdtV 
worden ist, wie die nunmehr in zwölfter Auflage vorliegenden 
„Grundzüge der Arzneimittellehre“ von Binz. Wer vollend- 
selbst das Glück gekostet hat, Lehrer und Examinator der Arznei¬ 
mittellehre zu sein, der weiss, dass zumal unsere Studirenden 
soweit sie sich erzwungenermaassen mit „Materia medica“ über¬ 
haupt abgeben, auf den „kleinen Binz“ schwören und dessen An¬ 
sprüche beim Staatsexamen von ihren Lippen möglichst unver¬ 
ändert wiedertönen zu lassen bemüht sind. Und wir können in 
der That mehr als froh sein, von einem Meister der Pharmakoloji? 
ein Schulbuch zu besitzen, das bei aller Knappheit der Format 
grossen Reichthum des Inhalts, und bei aller strengen Wissen¬ 
schaftlichkeit so viel Individuelles, eine so wohlthuende Frische 
und Originalität der Anschauung darbietet. — Die neue Auflage 
hat, gleich ihren Vorgängerinnen, zahlreiche Zusätze und Ver¬ 
besserungen erhalten, namentlich haben die von der ständigen 
Commission für Bearbeitung des Arzneibuches des Deutschen 
Reiches im Vorjahre gemachten Vorschläge hier bereits Aufnahme 
gefunden (es gehört dahin unter anderen ein Zusatz zur Maximal- 
dosentabelle, wonach diese auch für die Verordnung in Form vun 
Klystier oder Suppositorium maassgebend sein soll). Gleichfalls 
neu ist die von H. Dreser verfasste „kurze Anleitung zur schrift¬ 
lichen Arzneiverordnung“, die den Schluss des Buches bildet und 
zahlreichen Lesern gewiss ebenso willkommen wie nützlich sein wird. 


6. W. Körte, Ueber die Chirurgie der Gallenwege und der 
Leber. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge N. F. No. P 
Ref. L. Heidenhain (Greifswald). 

Die Beobachtungsziffern wie die Erfahrungen Körte’» üUr 
die Erkrankungen der Gallenwege und der Leber und deren Be¬ 
handlung sind aller Beachtung um so mehr werth, als ja die Er¬ 
fahrungen der einzelnen Operateure sich noch in relativ beschei¬ 
denen Grenzen bewegen und viele Punkte noch strittig sind. Er 
berichtet über 1) Erkrankungen der Gallenwege, 2) Leberabsw*. 
3) subphrenischen Abscess, 4) Leberechinoeoccen, 5) Leberver¬ 
letzungen. Das Hauptinteresse gewähren wohl die Gallenstein- 
erkrankungen. Sehr häufig wiederholte Gallensteinkoliken geben 
eine relative Indication zur Operation: dauernd nach den Anfall**» 
zurückbleibende Retentionsgeschwülste der Gallenblase gebieten sie 
in der Regel. Ein Eingriff ist nach erfolgloser innerer Behand¬ 
lung’ angezeigt, wenn die Gallenblase nach überstandeneu Koliken 
dauernd empfindlich und vergrössert bleibt, so dass^ ein Entzün- 
dungsvorgang in und um die Blase (Concremcntc und Verschwärung 
zu vermuthen ist, sowie bei Choledochusverschluss. Es ist damu 
nicht zu zögern, w r enn Fieber, Schwellung, Schmerzen eine Eiterum. 
annehmen lassen. Betreffend die Diagnose ist wichtig, das» ,a 
steinkoliken häufig für „Magenkrämpfe“ gehalten werden. > t 
gewachsene, weiche, maligne Tumoren können einen Gallen ,a>t 
tumor Vortäuschen. Die Wanderniere lässt sich von Gallenbla^ 
tumoren durch ihre Reponibilität unterscheiden. Ausser em t- 1 
sich, wenn man das Colon mit Luft aufbläst, der geblähte 
vor den Nierentumor, w r as bei der Gallenblase in der Keg* 
eintritt. Indessen hat vor kurzem Referent in einem inder l G 
walder Klinik beobachteten Falle auf Grund der Ueber ageru „ • 
Tumors durch den geblähten Darm Gallenblasen!») drops 
schlossen, und doch fand sich bei der Operation ein 80 ( 
Geschwülste der Pylorusgegend wechseln mit Aufblähung ^ 
ihre Stelle oder können auch verschwinden. Vor , , , ^ 

einer vergrösserten Gallenblase durch die Baue 
durch ist dringend zu warnen. Oft sickert auc 
feinsten Stichöffnungen Gallenblaseninhalt nach, und i» ^ , 

doch häufig recht gefährliche Mikroorganismen. ^. or T T j rol)S i,e 
Fälle von Gallensteinerkrankungen bisher operirfc, sec is - ^ 
vier Empyeme, drei Choledochusverschlüsse (einen a ], ( 

Drei der Kranken starben an Complicationen (Gn_ ‘ ]•> 

Lebereiterung, Steine mit Carcinom und Leberei« . • ] t . 

Gallenblascnfistel wurde siebenmal angelegt, ftintma ^ 

einzeitige Operation zieht Körte vor, wo sie Ill ' ) " , ^ 

glaubt, dass man sie vielfach ohno vermein 
Kranken ausführen kann und darum ausführen so , 
gewissen Fällen von Empyem, drohender wan 110 " n „jil: 

bei Choledochusverschluss ein Aufschub von me n „ - nun g m 
gleichgültig ist. Die ideale Cholecystotomie, • • y ers eDk^- 

Entleerung der Blase, Naht der Gallenblasenwun £ ör te ^ 
der Blase wurde fünfmal vorgenommen. Hi 0rz ^ Riesen * ' 
queren Schnitt parallel dem Rippenrande vor, w 


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16 . August. 


LlTTERATÜR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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wenigsten leicht Bauchbrüche entstehen. Dasselbe gilt von der 
Versenkung gegenüber der Annfthung der Blase mit Fistelbildung. 
Die Sondirung des Ductus cysticus ist Körte bisher in keinem 
Falle gelungen. Als Material zu der doppelreihigen Knopfnaht der 
Blasenwand diente anfangs Seide, bis mehrfach auch bei ganz 
aseptischem Verlauf die Seidenfäden nachträglich herauseiterten, 
später Catgut. Der grosse Vorzug der idealen Cholecystotomie 
besteht darin, dass sie am schnellsten zur Heilung führt und die 
überaus lästigen Gallenfisteln mit dem massenhaften, schwächenden 
Gallenausfluss vermeidet. Körte hält „für die Mehrzahl der Fälle 
von einfacher Concrementbildung in der Gallenblase, von Ver¬ 
legung des Ductus cysticus durch Steine und nachfolgendem Hydrops 
der Blase die Cholecystotomie mit nachfolgender Vernähung und 
Versenkung für das beste Verfahren“. Die Exstirpation der Gallen¬ 
blase hält er nur für die Fälle von maligner Entartung der Wand 
der Gallenblase für gerechtfertigt und geboten, da die Entbehrlich¬ 
keit der Gallenblase für den Menschen durchaus noch nicht be¬ 
wiesen ist. Bei Thieren sind sogar ungünstige Folgen dieses Ein¬ 
griffes beobachtet. Schliesslich sind Lebergallensteine bei Gallen¬ 
stauung in der Leber selbst wiederholt, auch von Körte viermal 
gesehen worden, wodurch also die Theorie, dass Steine sich nur in 
der Gallenblase bilden, hinfällig wird und damit auch einer der 
Hauptgründe, die Langenbuch zur Exstirpation der Gallenblase 
veranlassten. Die vier Kranken mit Empyem der Gallenblase 
zeigten sämmtlich schon schwere Folgeerscheinungen, Durchbruch 
durch die Bauchdecken, Eiterung der Lebergallengänge, Eiterung 
in der Leber und im subphrenischen Raume, beginnende Nekrose 
der Gallenblasenwand; nur eine Kranke, die gleichzeitig ein Car- 
cinom des Pancreas hatte, ist gestorben. Von drei Patienten mit 
Verschliessung des gemeinsamen Gallenganges gingen zwei an Ent¬ 
kräftung und an schon bestehender schwerer Lebergallengangs¬ 
eiterung zugrunde, während die dritte nach vierwöchentlicher totaler 
Acholie durch Anlegung einer Communication zwischen Gallenblase 
und Duodenum — Cholecystoduodenostomio — geheilt wurde. 
Durchbruch eines Gallensteines in die Bauchhöhle sah Körte ein¬ 
mal, Durchbruch in den Darm mit nachfolgendem Ileus dreimal. — 
Leberabscesse wurden zweimal beobachtet. In dem einen Falle 
handelte es sich um ein 36jähriges Mädchen mit Gallensteinen und 
multiplen Abscessen: trotz wiederholter Probepunctionen wurden 
sie nicht gefunden; erst die Section zeigte sie. In dem anderen 
eines 39jährigen Mannes hatte sich der Leberabscess an eine Peri¬ 
typhlitis angeschlossen. Hohes, remittirendes Fieber mit Frösten, 
Icterus, trockene Zunge, septische Allgemeinerscheintingen und 
dabei dumpfe Schmerzen in der Lebergegend, durch Druck auf die 
befallene Gegend vermehrt, führten auf die Diagnose, welche durch 
die Probepunetion sichergestellt wurde. Der Abscess wurde nach 
Resection der achten Rippe und Eröffnung der nicht verwachsenen 
Pleura, Ineision des hervorgewölbten Zwerchfells, Punction, Eröff¬ 
nung und Ausspülung drainirt und gelangte zur Heilung. — Eite¬ 
rung zwischen Leber und Zwerchfell — subphrenischer Abscess — 
wurde beobachtet fünfmal nach Perityphlitis, einmal im Gefolge 
von Gallensteinen, einmal bei einer alten Pyelonephritis; die letz¬ 
tere Kranke starb. Die Eröffnung wurde viermal hinten unten mit 
einem Querschnitt unterhalb der zwölften Rippe, dreimal von oben 
her durch die Brusthöhle bewerkstelligt; in den letzteren Fällen 
war die Pleura zweimal bereits verklebt. Von Leberechinococcen 
schliesslich werden zwei, von Verwundungen drei Fälle berichtet. 
Einer der Verletzten wurde durch Laparatomie, Umstechung und 
Tamponade der blutenden Stelle gerettet. 


7. v. HerfF, Grundriss der geburtshülflichen Operationslehre, 
Für Aerzte und Studirende. Berlin, Fischer’s medicinische Buch¬ 
handlung (H. Kornfeld), 1894. 372 S., 8,00 M. Ref. Wiener 
(Breslau). 

Eingehend und gründlich bespricht Verfasser die Anzeigen, 
Bedingungen und Technik der geburtshülflichen Operationen. Sehr 
richtig beginnt er sein Werk mit der Mahnung: „Nil nocere!“ 
Wie oft wird in der Praxis gegen dieses Gehot gesündigt! Als¬ 
dann folgt eine ausführliche Schilderung der geburtshülflichen 
Desinfection. Dem speciellen Theil der geburtshülflichen Operationen 
werden Bemerkungen über Lagerung der Kreissenden, Assistenz, 
Narkose, allgemeine Indicationsstellung u. s. w. vorausgeschickt. 
Die Operationen selbst sind, wie erwähnt, durchweg eingehend 
geschildert, dabei werden vielfach seltenere Vorkommnisse noch 
besonders erörtert. Zur Bezeichnung der räumlichen Beziehungen 
zwischen Frucht und Mutter werden statt der Ausdrücke „oben, 
unten, vorn und hinten“ durchweg die Benennungen „proximal, 
distal, ventral und dorsal“ gebraucht. Dem Referenten gefällt es 
entschieden besser, wenn einfach gesagt wird: „Rücken vorn resp. 
hinten“, „Zug nach hinten unten“, als wenn von „dorsoventraler 
resp. dorsodorsaler Stellung“ oder von „dorsodistalem Zug“ ge¬ 
sprochen wird. 


Um Einiges aus dem speciellen Theil herauszuheben, sei er¬ 
wähnt, dass Verfasser den Anfänger mit Recht vor tiefen Cervix- 
und Scheidenincisionen warnt, nur ausnahmsweise auf dringendste 
Indication hin seien dieselben gestattet. — Die Forderung, dass 
nach der Wendung auf den Fuss die Ausziehung des Kindes ohne 
dringende besondere Anzeigen nicht unmittelbar angeschlossen 
werden dürfe, ist nicht zu billigen; sobald der Mutterhals genügend 
weit offen und auch sonst kein Hinderniss für die Ausziehung des 
Kindes vorhanden ist, kann letztere ohne jeden Nachtheii an die 
Wendung angeschlossen werden. Dio Armlösung nimmt Verfasser 
von der Bauchfläche, nicht, wie sonst allgemein üblich, von der 
Rückenfläche aus vor; ob dies leichter und bequemer ist, muss 
dahingestellt bleiben. — Zur Ausziehung des hochstehenden Kopfes 
werden Achsenzugzangen empfohlen, obwohl Verfasser nicht verkennt, 
dass diese Zangen bei zu grosser Kraftanwendung ernste Gefahren 
für Mutter und Kind mit sich bringen. — Die Frage, ob die 
Perforation eines lebenden Kindes erlaubt sei, beantwortet Ver¬ 
fasser dahin, dass dem ungeübten Arzt diese Operation zu empfehlen 
sei, während dort, wo die günstigsten äusseren Umstände und er¬ 
fahrene Assistenz vorhanden seien, die Symphyseotomie resp. der 
Kaiserschnitt an Stelle der Perforation treten müssten. Zur Per¬ 
foration wird nur die Scheere empfohlen, der Trepan verworfen; 
ebenso wird zur Extraction der Kephalotriptor verworfen. — 
Bemerkt sei noch, dass eine grosse Anzahl guter und lehrreicher 
Abbildungen das Buch bereichert. 

8. Otto Hauser, Grundriss der Kinderheilkunde mit besonderer 
Berücksichtigung der Diätetik. Berlin, Fischer’s medicinische 
Buchhandlung (H. Kornfeld), 1894. 318 S. 7,00 M. 

9. Ernst Schwächten, Die Kinderkrankheiten. Ein kurzes Lehr¬ 
buch für Studirende und Aerzte. Leipzig, Ambr. Abel (Arthur 
Meiner), 1894. 259 S. Ref. H. Neumann (Berlin). 

Da beide Verfasser als frühere Assistenten von Henoch 
wesentlich dessen Anschauungen vortragen und sich in der An¬ 
erkennung der Ansichten anderer Paediater grosse Zurückhaltung 
auferlegen, so haben beide Compendien viele Aehnlichkeit. Freilich 
unterscheiden sich trotzdem die Werkchen nicht unwesentlich: 
Schwechten erreicht die Absicht, in comprimirter Form die Kinder¬ 
heilkunde zu verabreichen, durch Verwendung eines sehr knappen 
Stiles bei übersichtlicher Gruppirung und gleichmässiger Verarbeitung 
des Stoffes; obgleich in Format und Stärke hinter dem Hauser’scheu 
Buch zurückbleibend, bietet dasjenige Schwechten’s historisch, 
klinisch und, was dem Praktiker wichtig ist, auch therapeutisch 
Genaueres. Hauser hat hingegen nicht nur einen knappen, sondern 
zuweilen auch etwas nachlässigen Stil, seine Bearbeitung ist un- 
gleichmässig (z. B. erhält die Barlow’sche Krankheit zwei Seiten, 
der hierauf folgende Rheumatismus zehn Zeilen) und auch weniger 
vollständig (es fohlen z. B. bei den Nervenkrankheiten unter anderem 
die hereditäre Ataxie, dio infantile Muskelatrophie, die spastische 
Spinalparalyse). In beiden Compendien vermissen wir manches — 
z. B. selbst bei Hauser, welcher der Diätetik eine ausführliche 
Besprechung widmet, die Milchmischung nach Heubner-Hofmann, 
die doch als ein wesentlicher Fortschritt betrachtet werden darf — 
und finden manches, was wir gern entbehren würden, wie z. B. die 
Betonung der Zahnung für die Entstehung der Stomatitis aphthosa, 
des Spasmus nutans und diverser anderer Krankheiten. Wie zu 
erwarten, findet sich bei beiden Autoren die Ansicht vertreten, 
dass man syphilitischen Kindern eine Amme geben sollte, wenn 
die Mutterbrust nicht zur Verfügung steht — nach Schwechten 
soll man die Amme auf die Gefahr der Uebertragung aufmerksam 
machen. Hauser giebt die Ammenbrust, „sobald die Ansteckungs¬ 
gefahr vorüber scheint“, ohne uns übrigens darüber aufzuklären, 
wann dieser Zeitpunkt bei einer Krankheit, bei der, wie er selbst 
sagt, Recidive die Regel sind, gekommen ist. Bekanntlich haben 
ausser Henoch noch andere deutsche Autoren (unter den neuesten 
z. B. Uffelmann und Unger) die gleiche Meinung, während Ba- 
ginsky und Biedert unter denen, dio uns gerade erinnerlich sind, 
den entgegengesetzten Standpunkt einnehmen. 

Vielleicht erlaubt es der Leser, dass wir dieser Frage mit einigen 
Worten näher treten. Zunächst eine Angabe über die Wahrscheinlich¬ 
keit der Ansteckung einer Amme durch ihren syphilitischen Säugling! 
Wenn die Pariser Findelkinder bei ihrer Aufnahme im Hospice des 
Enfants-Assistes syphilitisch sind, so werden sie in der Nourricerie 
durch Eselinnen gesäugt (übrigens mit recht massigem Erfolge) 
und erst nach ihrer Heilung in Aussenpflege gegeben. Hier werden 
in den zwei ersten Lebensmonaten überhaupt alle Kinder, um eine 
Syphilis rechtzeitig zu erkennen und in diesem Falle sofort die 
Entwöhnung einzuleiten, wöchentlich durch den Arzt besichtigt 
(neuerdings übrigens während der ersten drei Lebensmonate alle 
zehn Tage); trotzdem stecken 12—13% deijenigen Kinder, welche 
auf Syphilis verdächtig sind, ihre Ammen an. Nach dem alten 
Rechtsgrundsatz „volenti non fit iniuria“ lässt sich vielleicht rein 


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L1TTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


juristisch nichts dagegen ein wenden, dass der Arzt nach genauer 
und nicht verschleierter Darlegung der Ansteckungsgefahr und der 
aus ihr fliessenden Folgen einer Amme auf ihre ausdrückliche Zu¬ 
stimmung hin ein syphilitisches oder der Syphilis verdächtiges Kind 
anlegt. Immerhin möchten wir den Arzt warnen, auf jenen Rechts¬ 
grundsatz unbedingt zu bauen; das Reichsgericht hat ihm wenigstens 
in mehrfachen Entscheidungen bei Körperverletzungen (und als solche 
würde sich die Ansteckung einer Amme auf Veranlassung des 
Arztes charakterisiren) keine Geltung beigelegt; so sagt es z. B. 
in einer Entscheidung vom 22. Februar 1882, die Einwilligung des 
Verletzten komme unter den Gründen, welche die Strafe aus- 
schliessen, nicht vor; im Gegentheil spreche die Thatsache, dass 
die Einwilligung nur bei der Tödtung berücksichtigt worden sei, 
dafür, dass ihr überall sonst eine rechtliche Wirkung nicht bei¬ 
gelegt werden solle. In der dänischen Gesetzgebung hat man jeden 
juristischen Zweifel in unzweideutiger Weise durch Bestimmungen 
gehoben, welche sich in einem bemerkenswerthen Gesetz (vom 
10. April 1874) befinden, das sich gegen die Verbreitung der Ge¬ 
schlechtskrankheiten richtet. Nach demselben darf ein Kind mit 
Syphilis nur von der eigenen Mutter gesäugt werden; wer weiss 
oder vermuthet, dass er syphilitisch ist, darf nicht ein fremdes 
Kind säugen. Uebertretungen hiergegen werden nach dem Straf¬ 
gesetzbuch bestraft, und wenn hierbei die Krankheit verbreitet 
wurde, muss der schuldige Theil nicht nur die Kosten der Be¬ 
handlung tragen, sondern auch sonst für den verursachten Schaden 
aufkommen. In gleicher Weise muss entschädigen, wer ein Kind einer 
Amme giebt, obgleich er weiss oder vermuthet, dass es syphilitisch 
ist, oder wer ein solches Kind in Pflege giebt, ohne den Krankheits¬ 
verdacht den Pflegeeltern vorher mitzutheilen. Dies gilt auch für die 
öffentlichen Behörden, welche Kinder zu Ammen oder in Pflege geben. 
Ein Kind wird als verdächtig betrachtet, auch bei Mangel von 
Symptomen, wenn die Mutter jetzt syphilitische Zeichen zeigt oder 
früher zeigte und das Kind noch nicht drei Monate alt ist. Mag 
übrigens die Frage rechtlich liegen, wie sie wolle, so scheint die 
humane Seite, die für uns Aerzte mindestens ebenso in Betracht 
kommt, dem Referenten ohne weiteres entschieden. Wenn im ärzt¬ 
lichen Codex der Satz „non noeere“ an erster Stelle stehen muss, 
so hat seine Anwendung in unserem Falle um so weniger 
Schwierigkeit, als die künstliche Ernährung — mag sie auch der 
Brusternährung nur selten gleich kommen — besonders unter 
günstigen äusseren Verhältnissen ihre alten Schrecken eingebüsst 
hat. Man sollte also in den medicinischen Büchern endlich diese 
Auffassung streichen, welche sich besonders hässlich in Deutschland 
ausnimmt, wo die syphilitischen Kinder, denen die Ammenbrust 
verschafft werden soll, den wohlhabenden Kreisen und die Ammen, 
welche uin schnöden Lohn der Ansteckung ausgesetzt werden, 
denjenigen Kreisen angehören, deren einziges Arbeitskapital die Ge¬ 
sundheit ist. 


10. W. Sturmann, Klinische Geschichte der Pachydermia la¬ 
ryngis. Von der Berliner medicinischen Facultät preisgekrönte 
Schrift. Berlin, S. Karger, 1894. 72 S. Ref. Grabow er (Berlin). 

Seitdem Virchow im Jahre 1887 das Krankheitsbild der von 
ihm so genannten Pachydermia laryngis mit sicheren Strichen ge¬ 
zeichnet hat, ist bereits eine kleine Litteratur über diesen Gegen¬ 
stand geschaffen. Es ist das Verdienst der vorbezeichneten Arbeit, 
unter Berücksichtigung des bisher darüber Veröffentlichten an der 
Hand einer grösseren Beobachtungsreihe aus der Universitäts- 
Poliklinik für Hals- und Nasenleiden eine ausführliche klinische 
Schilderung der Krankheit geliefert zu haben. Harren auch noch 
viele Fragen ihrer Erledigung, so sind doch eine Reihe praktisch 
wichtiger Einzelheiten in das rechte Licht gerückt worden. Histo¬ 
logisch wird das Leiden allgemein im Sinne Virchow’s aufgefasst. 
Danach ist sowohl bei der diffusen wie bei der circumscripten Form 
das Wesentliche eine Vermehrung des Plattenepithels, in dieses 
wuchert das Bindegewebe von unten hinein; der ungleiche Wider¬ 
stand, den letzteres bei seinem Andrängen gegen die Epithelschichten 
findet, führt zur Entstehung papillärer Formen. In einem Punkte 
nur ist eine kleine Abweichung zu registriren. Nach B. Fränkel’s 
Ergebnissen, welche der Verfasser bestätigt, weist nicht nur die 
circumscripte, sondern auch die diffuse Form eine Verhornung der 
oberflächlichen Epithelschicht auf, welche Virchow nur der circum¬ 
scripten Form zuschreibt. — Pathogenetisch ist mit Recht der 
Standpunkt festgehalten, dass die Affection immer einen Reiz¬ 
zustand der Larynxschleimhaut zur Grundlage hat. In den meisten 
r ällon ist derselbe nichts anderes als eine chronische Laryngitis, 
und der Process bedeutet nur eine Steigerung derselben. In anderen 
I 1 ällen sind es Roize, die von Tumoren, wie Fibromen und Carcinomen 
oder von Geschwüren ausgehen. Es können auch specifische 
Attectionen, wie syphilitische oder tuberkulöse Infiltration der 
Schleimhaut den Reizzustand schaffen, der eine Pachydermie zur 
o ge hat. Letztere ist aber darum keineswegs eine — so zu 



sagen — specifische Pachydermie. Auch mehr acute Reize gird 
als Vorläufer der Pachydermie beobachtet worden, so Morbilli uh 
andere acute Exantheme bei Kindern. Da ein allmählicher UeW 
gang von der chronischen Laryngitis zur Pachydermie stattfindet' 
so werden sich die ersten Anfänge der letzteren laryngoskopL! 
kaum feststellen lassen. Die laryngoskopische Diagnose beginnt 
da, wo die Stimmbänder an den Processus vocales sieh vcdi ki 
zeigen. Gewöhnlich ist mit der Verdickung eine Röthun* ver¬ 
bunden. Die von Virchow beschriebenen, aus verhorntem Epitbl 
bestehenden weisslichen Beläge werden selten gesehen. Sie gib 
vielmehr als die Folge einer sub finem vitae eintretenden starker 
Austrocknung der Schleimhaut wohl nur an der Leiche sichtbar 
Dasselbe gilt, und zwar in noch höherem Grade, von den starke 
Verdickungen, wie sie Virchow an der hinteren Wand geschildert 
wo starke Wülste sich zeigten, welche Einrisse und gesehwürh 
Vertiefungen aufwiesen. Während des Lebens verhindert der be¬ 
stehende Katarrh sowie die Absonderung der an den hinten c 
Stimmbandenden befindlichen Drüsen eine derartige Austrocknung 
der Schleimhaut. Grauweisse Verfärbungen an der hinteren Wand 
werden des öfteren gesehen, da wo der Krankheitsprocess weiter 
vorgeschritten war und sich die charakteristischen schalenförmig 
Wülste an den Processus vocales gebildet haben. Diese Wülste sind 
bisweilen einseitig, meist doppelseitig und zeigen in der Folge 
dellenartige Vertiefungen, welche vom Verfasser in Uebereinstimiiw 
mit der von B. Fränkel ausgesprochenen Anschauung als eine 
Folge des gegenseitigen Druckes bei der Phonation gedacht werdet 
Die verrucöse Form ist nach Verfasser eine seltene Erscheinung: 
die Verrucae variiren sehr an Grösse, sitzen meist multipel an 
einem oder beiden Stimmbändern, häufig auch subglottisch. Vor¬ 
zugsweise ist die vordere Larynxhälfte betroffen, doch ist bisweik 
auch eine Betheiligung der hinteren Partieen gesehen worden. - 
Unter den subjectiven Beschwerden ist besonders die Heiserkeit 
hervorzuheben, welche nach Ausbildung der Wülste entsteht «nJ 
mit der Dellenbildung wesentlich abnimmt, da dann durch fe 
wechselseitige Ineinandergreifen der Dellen und Wülste eine beinah* 
völlige Juxtapposition der Stimmbänder ermöglicht wird. - k 
Verlauf der Krankheit ist ein langsamer, sich Jahre lang hin- 
ziehender; während der Behandlung sieht man intercurrente Besserung 
und Verkleinerung der Wülste. Vorhandene Geschwüre sind meist 
specifischer Natur, eine reine Pachydermie führt sehr selten zur 
Geschwürsbildung. Ein Uebergang einer Pachydermie in m 
maligne Bildung ist bis jetzt nicht beobachtet. Die diffuse ha 
hat nach Verfasser wenig Neigung zu recidiviren, wohl aber ilk 
circumscripte. Eine spontane Rückbildung der verrucösen ha 
hat Verfasser nicht gesehen. — Differentialdiagnostisch kommt in 
Betracht die Verwechselung mit Fibromen und besonders mit tuber¬ 
kulösen Infiltraten, welche letztere sehr oft sowohl diffus ab 
circumscript an der hinteren Wand sitzen. Hier wird das Mikrö>M|' 
zu entscheiden haben. Eine Verwechselung der Pachydermia diffus 
mit Carcinom ist im allgemeinen leicht zu vermeiden, weil er* w 
meist an den Processus vocales sitzt, letzteres an dieser stelle nur 
äusserst selten auftritt. Eine Entscheidung zwischen der cimim- 
scripten Form und dem beginnenden Carcinom ist durch die mrro 
skopische Untersuchung und auch durch diese nicht immer sicij 
zu treffen. — Die Prognose der Pachydermia diffusa ,st nlt . 
schlimmer als die der chronischen Laryngitis, die der 1 aciy e r 
circumscripta ist je nach ihrem Sitz und nach dem * er <• 
Patienten verschieden. Die Therapie der diffusen rorm i» 
chronischen Laryngitis, die der circumscripten Form eine opu« 


11. R. Gottschalk, Grundriss der gerichtlichen He» 
Leipzig, Georg Thieme, 1894. 322 S. Ref. Fr- Strass 
(Berlin). . __ ,, ,, 

Gottschalk wollte für den Juristen ern Handbucu i ^ 
das ihm eine ausreichende Orientirung auf dem b® 
richtlichen Medicin ermöglicht und ihm speciell bei h r 
liehen Vernehmungen brauchbares Actenmatenal lur 
einzuholenden Sachverständigengutachten gewinnen j Lehr- 
Zweck zu erreichen, dürfte seine auf Grund der nei b e ituu- r 
bücher und Fachzeitschriften gelieferte compendiose ^ > 
des Gegenstandes sehr geeignet sein. Wenn diese rstf? i| r :: 
ein brauchbares Nachschlagebuch für den Gerichs - ■ ‘ ^ 
soll, so wird sie freilich unseres Erachtens hierfm TllP( ij c j D kk 
Punkten Ausreichendes bringen. Indess auch für del ? 'yonu? 
Fachmann besitzt das kleine Werk einen c^onar ■ g j (Ti 
der ausgiebigen und vollständigen Wiedergabe der .^J^her. 
Reichsgerichtsentscheidungen, die keine der andere J- iy e j öe pd 1 ’ 
Darstellungen der gerichtlichen Medicin in derse ’ r.»ttschalk -■ 
In dieser Beziehung müssen wir anerkennen, au 
Buch manches Nützliche erfahren zu haben. behandelt 

Die gerichtliche Psychiatrie hat der Autor 


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16. August. 


LITTER ATÜR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDtClNISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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12. A. Wernich, Zusammenstellung der gültigen Medioinal¬ 
gesetze Preussens. Mit besonderer Rücksicht auf die Reichs¬ 
gesetzgebung bearbeitet. Dritte vervollständigte Auflage. Berlin, 
Aug. Hirschwald, 1894. Ref. Eulenburg (Berlin). 

Ein Buch von eminenter Nützlichkeit und Nothwendigkeit, für 
dessen mühevolle Bearbeitung jeder Arzt dem Verfasser aufrich¬ 
tigen Dank schuldet. Natürlich kein Buch zum „Lesen“ — aber 
zu recht häufigem und unentbehrlichem Nachschlagen; bei den 
allerverschiedensten, alltäglichsten und ungewöhnlichsten Vorkomm¬ 
nissen ärztlicher Thätigkeit und Berufspflicht ein nie versiegender, 
unbedingt zuverlässiger Rathgeber. Die „Ratherholung“ wird 
trotz der so enormen Zahl und Fälle der Materien nicht bloss er¬ 
leichtert, sondern zu einem wahren Vergnügen umgestaltet durch 
zwei dem Buche beigegebene Hülfsmittel: eine „Zeittafel“, die 
mit dem Jahre 1800 beginnend, alle Gesetze und Verordnungen, 
die für den Arzt von Interesse und Bedeutung sein können (zu¬ 
gleich mit Angabe der Seitenzahlen des Textes, auf denen sie in 
extenso zu finden sind), chronologisch verzeichnet; und ein überaus 
vollständiges, mit ausserordentlicher Genauigkeit gearbeitetes, nicht 
weniger als 86 Seiten einnehmendes Sachregister. Von den 
„Abdeckereien“ bis zur „Zwillingsentbindung“ und zum „Zwölffinger¬ 
darm“ (dessen Behandlung bei Obductionen) ist ja alles so schön 
und weislich bureaukratisch geregelt. Ein Buch wie der Wernich 
ist daher — leider — ein auf Schritt und Tritt fühlbares Be- 
dürfniss und, wenn es so gut, so erschöpfend und so bequem über¬ 
sichtlich zusammengestellt ist, eine unschätzbare Wohlthat. 


18. A. Heim, Sehen und Zeichnen. Basel, B. Schwabe, 1894. 

Ref. Schwalbe (Berlin). 

In dem populär gehaltenen kleinen Vortrage entwickelt der 
Verfasser, Professor der Geologie am Polytechnikum in Zürich, 
seine Ansichten über den Werth des Zeichnens für die Ausbildung 
und Schärfung unseres Raumsinns. Durch das Zeichnen wird man 
angeleitet, die körperlichen Gegenstände mit voller Aufmerksamkeit 
zu betrachten und sie geistig zu fixiren. Das direkte Zeichnen 
nach der Natur ist eine Schule des Beobachtens, das Zeichnen 
nach der Erinnerung ist eine Prüfung der Genauigkeit einer Wahr¬ 
nehmung. Ohne eine derartige Controlle seines Gesichtssinnes er¬ 
hält man oft ein falsches Bild von den betrachteten Objecten, ohne 
Uebung des bewussten Sehens verliert man gar häufig den Blick 
für die Configuration, Grösse, Niveaudifferenzen etc. eines Körpers, 
und bei der Aufnahme der Erinnerungsbilder spielt dann die 
Illusion und Phantasie eine grosse Rolle. Der Bedeutung des 
Zeichnens völlig gerecht zu werden, muss die Schule lehren. 
Leider liegt in unserer Schule das Schwergewicht auf dein ab- 
stracten Denken, und es wird die Uebung der Sinneswahrnehmungen 
vernachlässigt. Dabei hat sich dem Verfasser als sehr auffallend 
ergeben, dass das Gymnasium, „diese Festung einer verknöcherten, 
dem Ideal gleichwie dem Zusammenhang mit den Bedürfnissen 
entrückten Scholastik“, die Schulung des bewussten Sehens viel 
mehr verabsäumt, als die der Wirklichkeit mehr angepasste Real¬ 
schule. Sehr häufig wird der Zeichenunterricht falsch geleitet. 
Nicht die technische Fertigkeit, nicht die Dressur zur zeichne¬ 
rischen Kalligraphie nach Vorlagen und Gipsabgüssen soll die 
hauptsächliche Aufgabe sein, sondern das Zeichnen nach der Natur, 
die bildliche Reproduction der Wirklichkeit. 

Auf der Grundlage dieser Anschauung verlangt der Verfasser 
eine allgemeine Reform des Zeichenunterrichts. Wir Mediciner 
wären gewiss die letzten, die eine Verwirklichung seiner gerechten 
und durchaus anzuerkennenden Wünsche beklagen möchten. 
Wenigstens würden die Lehrer unserer Wissenschaft, namentlich 
diejenigen der normalen und pathologischen Anatomie es mit Beifall 
begrüssen, wenn ihre Studenten für den Unterricht eine grössere 
Vorbildung im bewussten Sehen und in der exacten Wiedergabe 
des Wahrgenommenen mitbrächten, als es meistentheils der Fall 
zu sein pflegt. _ 


II. Zeitschriftenübersiclit. 

14. Fr. Schultze, Ueber Leukämie. Aus d. medicinischeü 
Klinik in Bonn. Deutsches Archiv für klin. Med. Bd. 52, 1894. 

Die genaue Beobachtung von 15 Patienten mit Leukämie giebt 
dem Verfasser Veranlassung zu einigen Bemerkungen über die 
Pathologie und Therapie dieser in der letzten Zeit häufig studirten 
Blutkrankheit. Keinen Aufschluss vermochte Schultze über die 
Aetiologie seiner Fälle zu gewinnen. Weder Malaria, noch 
Abdominaltyphus, Tuberkulose oder Syphilis waren in der Ana¬ 
mnese bezw. im Status praesens vorhanden. Impfversuche mit 
leukämischem Blut bei Kaninchen waren wie gewöhnlich erfolglos. 
— Unter den Initalsymptomen der Leukämie möchte Schultze 
nach seinen Erfahrungen die in manchen Arbeiten erwähnte auf¬ 
fallende Blässe gestrichen sehen. Bei vielen seiner Patienten war 


im Gegentheil die Schleimhaut der Wangen und Lippen frisch roth, 
und nur selten sah er annähernd eine solche Blässe, wie man sie 
gewöhnlich im Initialstadium der Chlorose beobachtet. An gering- 
werthigeren Erscheinungen traten in dieser Periode der Krankheit 
Druckgefühl und Schmerz in der linken unteren Bauchgegend, 
Verstopfung, Müdigkeit und Oedem der Füsse, Priapismus etc. auf. 
— Von den Hauptsymptomen war — abgesehen von den ge¬ 
wöhnlichen Blutveränderungen — der bei Druck auf das Brust¬ 
bein hervortretende Sternalschmerz nicht constant. Schultze 
möchte diese Erscheinungen auf die Leberanschwellung und 
-Empfindlichkeit, wo sie vorhanden ist, zurückführen; in anderen 
Fällen scheint freilich eine Periostitis des Brustbeins die Ursache 
abzugeben. 

Die Harnsäureausschoidung zeigte sich nach Untersuchungen 
von Schurz auf Schultze’s Klinik bei zwei Patienten erheb¬ 
lich (1,0—2,59), bei einer Kranken nur wenig vermehrt. Dabei 
konnten beträchtliche Schwankungen der Werthe an einzelnen 
Tagen constatirt werden, so dass nur bei länger fortgesetzten 
Untersuchungen ein sicheres Resultat zu gewinnen ist. — Den 
Gaswechsel (O-Aufnahme und CO 2 - Abgabe) fand Bo hl and bei drei 
Patienten gesteigert. 

Unter den Complicationen sind zu erwähnen Unregel¬ 
mässigkeiten der Harnentleerung (Harndrang, Oligurie, Nieren¬ 
kolik — vielleicht infolge Verstopfung des Ureters durch Biut- 
coagula —), chronische Nephritis mit Polyurie, Phlebitis und Peri¬ 
phlebitis, Priapismus (den Schultze nicht auf Blutung oder 
Phlebitis oder nervösen Einfluss, sondern hauptsächlich auf throm¬ 
botische Vorgänge innerhalb der Corpora cavernosa zurückführen 
möchte). 

Bei der Behandlung der Leukämie hat der Verfasser im 
wesentlichen nur Chinin und Arsenik angewandt (einmal eine ge¬ 
wisse Abnahme der Drüsenschwellungen nach vierwöchentlicher 
Anwendung von Sol. Fowleri). In einem Falle wurden die von 
Kirnberger empfohlenen Sauerstoffeinathmungen ohne Erfolg ver¬ 
sucht. 

lö.Pawinski, Ueber relative Insufficienz der Lungen¬ 
arterienklappen bei Mitralstenose. Deutsches Archiv für 
klinische Medicin 1894, Bd. 52. 

Verfasser beschreibt vier Fälle von Mitralstenose, in denen 
seiner Annahme nach gleichzeitig eine relative Insufficienz der 
Pulmonalarterienklappen bestanden hat. Einen irgendwie zwingenden 
Beweis für diese Behauptung hat Referent in den Ausführungen 
Pawinski’s nicht finden können. Ganz besonders ist die Möglich¬ 
keit, dass das diastolische Geräusch, auf welches die Diagnose der 
relativen Pulmonalarterienklappeninsufficienz gestützt wird, durch 
eine (relative) Insufficienz der Aortenklappen zu erklären sei, nicht 
ausgeschlossen. Der Mangel des Pulsus celer, das Vorhandensein 
eines zweiten Tons in den Carotiden etc. sind semiotische Zeichen, 
deren absolute Bedeutung für die Diagnose bezw. Differential¬ 
diagnose der Aortenklappeninsufficienz längst nicht mehr anerkannt 
wird. Nicht zutreffend sind die Angaben des Verfassers über die Lo- 
calisation des die Aortenklappeninsufficienz charakterisirenden Ge¬ 
räusches. Wenn endlich die Theorie des Verfassers über die Ent¬ 
stehung einer relativen Pulmonalarterienklappeninsufficienz im 
Anschluss an eine Mitralstenose richtig wäre, so wäre nicht ein¬ 
zusehen, warum nicht jedesmal der erstere Klappenfehler zum 
zweiten sich hinzugcsellen sollte. Thatsächlich hat aber bisher 
kein anderer Autor eine Combination dieser beiden Klappenfehler 
beobachtet. Sch Aval be (Berlin). 

16. G. Valentini, Ueber die Erkrankungen des Conus 
terminalis und der Cauda equina. Zeitschrift für klinische 
Medicin Bd. XXII, S. 245—264. 

Seitdem man angefangen hat, eine Heilung intervertebraler Er¬ 
krankungen durch operative Eingriffe zu versuchen, tritt die Noth¬ 
wendigkeit immer mehr hervor, möglichst exact den Sitz derartiger 
Erkrankungen im Wirbelcanal bestimmen zu können. Auf Grund 
von vier eigenen und mehreren fremden Fällen präcisirt Verfasser 
das Symptomenbild für Erkrankungen des Conus terminalis und der 
Cauda equina. Erkrankt der Inhalt des Wirbelcanals in der Höhe 
des zwölften Brust- und ersten Lendenwirbels, so tritt totale 
Lähmung der Beine mit Erlöschen der Reflexe, Atrophie und Ent- 
artungsreaction in den gelähmten Muskeln und Lähmung des 
Sphincter ani et vesicae ein. Die ganzen unteren Extremitäten 
sind anästhetisch bis zur Höhe des Mons pubis. Bei Läsion des 
ersten Lendenwirbels schliesst sich nach aufwärts eine hyperästhe¬ 
tische Zone an, die dem Verbreitungsgebiet der ersten und zweiten 
Lendennervenwurzel angehört, bei Erkrankungen in der Höhe des 
zwölften Brustwirbels bildet sich meist Anästhesie auch in diesem 
Gebiete aus. Besserung ist so gut wie nie zu erwarten.^ Blasen¬ 
mastdarmlähmung und Decubitus führen meist zum Tode. Er¬ 
krankungen vom zweiten Lendenwirbel abwärts bedingen reine 


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L1TTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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Wurzellähmungen. Gelähmt ist die Glutäalmuskulatur neben der 
Beugemuskulatur des Oberschenkels und den gesammten Unter¬ 
schenkel- und Fussmuskeln. Die Muskeln zeigen Entartungsreaction. 
Die Muskeln an der Vorderseite der Oberschenkel und die 
Adductoren bleiben intact. Sensible Störungen finden sich an den 
Hinterbacken, dem Damm, Sero tum, Penis, der Hinterseite des Ober¬ 
schenkels und den hinteren seitlichen Partieen der Unterschenkel. 
Am Fuss bleibt nur eine kleine Partie am Innenrand sensibel. 
Blase und Mastdarm sind gelähmt. Die Prognose ist günstiger, 
vorausgesetzt dass kein maligner Process zugrunde liegt. Ein 
Theil der Symptome, selbst die Blasen- und Mastdarmlähmung, kann 
sich zurückbilden. Decubitus tritt weniger leicht auf, da die 
Kranken meist noch mit Krücken umhergehen können. In der 
Mitte zwischen diesen beiden Bildern steht das bei Erkrankung in 
der Höhe des Intervertebralknorpels zwischen erstem und zweitem 
Lendenwirbel. Es bildet sich dann eine Parese in den Muskeln 
der Vorderseite des Oberschenkels und den Adductoren und eine 
leichte Gefühlsläsion der Haut an der Vorderseite des Ober¬ 
schenkels aus. E. Sehrwald (Freiburg). 

17. M. Aaser, Intubation ved Krup. Norsk Magazin for 
Laegevidenskaben 1894, Februar. 

Verfasser hat 18 Fälle mit Intubation behandelt, davon 1 Fall 
von acutem Larynxkatarrh ohne Belag, die übrigen 17 mit Croup 
infolge diphtheritischer Membranen. Die Patienten waren einer 
unter 1 Jahre, 16 zwischen 1—10 Jahren, einer erwachsen. Ge¬ 
nesung erfolgte bei der Diphtherie in 6 Fällen, Tod in 11, davon 7 
durch das Diphtheriegift, 4 durch Bronchopneumonie. In allen 
Fällen führte er die Intubation im selben Moment aus, wo er sonst 
die Tracheotomie hätte machen müssen, und er ist der Meinung, dass 
die Resultate denen der Tracheotomie jedenfalls nicht nachstehen. 
Vortheile der Methode sind, dass die Wunde und die secundäre 
Infection derselben vermieden wird und dass die Eltern in die 
Tracheotomie oft erst willigen, wenn es zu spät ist, während der 
Intubation kaum jemals ein Hinderniss in den Weg gelegt werden 
dürfte. Als Nachtheil des Verfahrens kann angesehen werden, 
dass es locale Pinselungen und dergl. so gut wie ausschliesst. 
Verfasser benutzt das Instrumentarium von O’Dwyer. Den wäh¬ 
rend der Einführung am Instrument hängenden Seidenfaden entfernt 
er nicht, schützt ihn aber durch Immobilisirung der Ellenbogen 
mittels leichter Pappschienen vor den Angriffen der kleinen Pa¬ 
tienten. Verfasser findet, dass man sich durch kurze Uebung an 
der Leiche bald mit der Methode vertraut macht. 

Buch (Willmanstrand). 

18. Howard A. Kelly, The direct examination of 
tho female bladder with elevated pelvis — the cathe- 
torization of the ureters under direct inspection, with 
and without elevation of the pelvis. American Journal of 
Obstetrics, Jan. 1894. 

Keine der bisher üblichen Methoden der Spiegeluntersuchung 
der weiblichen Blase und der Harnleitermündungen erscheint dem 
Verfasser einfach genug und für den allgemeinen Gebrauch ge¬ 
eignet. Auch das Nitze’sche Cystoskop hält Verfasser für zu 
complicirt und nur für den Specialisten verwendbar, abgesehen da¬ 
von, dass es die direkte Katheterisation der Ureteren nicht er¬ 
möglicht. Nach Verfassers Methode hingegen soll Jeder nach 
kurzer Vorübung imstande sein, in wenigen Secunden nach Ein¬ 
führung seines Harnröhrenspiegels beide Harnleiter zu katheterisiren 
und die Blase ebenso leicht, wie den Kehlkopf, die Nasenhöhle und 
den Augenhintergrund zu spiegeln. 

Nach vollständiger Entleerung der Blase wird zunächst durch 
Verfassers „Urethralcalibrator“ festgestellt, mit welcher Nummer 
seiner leicht S-förmig gebogenen, metallenen Urethraldilatatoren 
die Erweiterung der Harnröhre zu beginnen hat. Eine Incision der 
äusseren llamröhrenmündung (nach Simon) ist nach Kelly’s 
Methode nicht nöthig. Nachdem durch die Dilatation die Harnröhre 
auf 12—15 mm im Durchmesser erweitert ist, wird ein Harnröhren- 
speculum (ganz ähnlich dem Simon’schen, nur mit Handgriff und 
mit einer das Licht besser reflectirenden Trichteröffnung) vom 
selben Kaliber eingeführt und sein Obturator entfernt. Nunmehr 
wird die Patientin in extreme Steissriickenlage gebracht und ver¬ 
mittels Harnröhrenspiegel, deren Durchmesser stetig um 1 mm bis 
auf 20 mm steigt, die Urethra so erweitert, dass direktes oder 
reflectirtes, Tages- oder elektrisches Licht in die Blase geworfen 
wird. Die letztere wird bei starker Steissrückenlagerung durch 
die eindringende Luft ausgedehnt und ein in ihr etwa noch ver¬ 
bliebener Rest von Urin durch den „Saugapparat“ des Verfassers 
entfernt, um Verdunkelung des Gesichtsfeldes durch den restirenden 
Urm zu verhüten. Die hintere Wand der durch Luft ausgedehnten 
Blase liegt dann 2—5 cm entfernt von der vorderen. Durch seit¬ 
liche Drehung des Speculums um 80° bekommt man die Ureteren- 


Xo. fi 

mtindungen zu Gesicht; zur Erleichterung des Auffindens derseli 
dient eine am Speculum angebrachte Marke. Um sicher zu J 
ob die gefundene Oeffnung wirklich die Ureterenmtindung ist, 
eine feine Sonde mit entsprechendem, winklig abgebogenem Har. 
griff 2—6 cm in den Harnleiter eingeführt und, falls es wünscht-:-' 
werth ist, dasSecret jeder Niere gesondert aufzufangen, mit eins 
Ureterenkatheter vertauscht, der — je nach Bedarf _! nach Er- 
fernung des Spiegels stundenlang liegen bleiben kann. Bei Kik 
Gesichtslago der Patientin wird die Blase noch stärker als t 
Steissrückenlage ausgedehnt; diese Lage ist bei entzündliihir 
Hypertrophie der Blasenwand, wobei dieselbe in der gewöhnliche 
Lagerung sich nicht ausdehnt, anzuwenden. Bei einiger Lbiir 
kann man auch in gewöhnlicher Rückenlage, ohne Erhebung C 
Beckens, die Harnleiter katheterisiren. Die Narkose ist b 
empfindlichen und nervösen Frauen nur bei der ersten Dilatatiot 
nöthig; die folgenden Untersuchungen werden durch Localanäsfe 
der Urethra mittels 5°/oiger Cocalnlösung sehr erleichtert. 

Ein weites diagnostisches und therapeutisches Feld ist ak 
Gynäkologen durch diese einfache Methode eröffnet. Es ist fit 
bedeutender Schritt vorwärts^ jeden Punkt der Blasenwand so fl¬ 
iegen zu können, dass er mit Leichtigkeit, nur mit Hülfe ein.« 
offenen Speculums und einer entsprechenden Lagerung, öberstk 
werden kann. Verfasser führt eine Reihe von Fällen aus sein: 
Praxis an, wo es gelang, statt der bisher angenommenen Jurnti • 
nellen Störung“ eine positiv demonstrable Affectiou der Hlas<n- 
Schleimhaut nachzuweisen. Speciell bei sogenannter Jrritalli 
bladder“ findet man circumscripte Hyperäinicen der Schleimhaut i:. 
der Umgebung und zwischen den Uretcrenmündungen. Bei ein-: 
lange Zeit erfolglos wegen Pyurie behandelten Patientin, der--. 
Urin Tuberkelbacillen enthielt, entdeckte Verfasser mit «p 
Cystoskop am unteren Quadranten der hinteren Blasenwar 
Tuberkelheerde und, mittels der Ureterensonde, einen Fistelrac: 
aus dem Eiter hervorqnoll und der zu dem tuberkulösen min:: 
Ovarium oder Tube führte. Aus den Ureterenmündungen IL- 
klarer, normaler Urin aus; der Heerd der Krankheit war al> 
sicher eine tuberkulöse Salpingo-Oophoritis. 

Von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ist es bei 
Hysterektomie wegen Portiocarcinom und bei gewissen Ih-tr - 
myomektoinieen den Verlauf der Ureteren genau zu kennen, W:- 
fasser hat vor der Entfernung krebsig entarteter Uteri in bei-i? 
Ureteren Bougies von 1,5 m Diameter nach seiner Methode »an¬ 
geführt, während der Operation liegen gelassen und durch diekk 
die Harnleiter derart vom Operationsfelde ab- und an die Becken¬ 
wand angedrückt, dass ein Mitfassen derselben bei der UnterbimluL 
der Ligamenta lata mit Sicherheit vermieden werden konnte. '■ 
Methode, von deren Vortrefflichkeit sich u. a. auch Prof. v. ” in( 
(München) und Pozzi (Paris) in des Verfassers Klinik (Johns Hop 
Hospital) überzeugt haben, ist gegenüber der bisher üblichen 
suchung des Blaseninnern nach dem Simon ’schen digitalen 
Nitze’schen cystoskopischen Verfahren durch ihre Einfachnei r, ~ 
entschiedener Fortschritt: sie ist in dem referirten Aufsatze 1 
so vortreffliche, photographische Abbildungen erläutert, da«• »“■ 
ohne weiteres dieselbe an wenden kann. Die nöthigen Ji^ rum 

sind durch Arnold (Baltimore) zu beziehen. . , 

E. Fraenkel (Breslau) 


19. A. Kollmann. Die Photographie des narnrahrfj:- 
innern beim lebenden Menschen. Intern, nied.-p 
Monatsschrift, Febr. 1894, Bd. I, Heft 2. .. 

Kollmann, der schon auf dem Berliner lntematio 
cinischen Congress 1890 eine Sammlung von photograp 
nahmen des Hamröhreninnern sammt den verwen 
graphischen Apparaten ausgestellt und in der e ‘ ,irur ^,r. 
in der dermatologischen Section demonsfcrirt hatte, . 
neuerdings von ihm verwendete Technik, durch wec |. ÖR .. : 
lungen ist, die nothwendige Expositionszeit bedeuten« j^,,. 
so dass 20—25 Secunden genügen, um ein klare* m n U 
Es gelang ihm dies dadurch, dass er das endoskopi . 
wie früher in natürlicher Grösse, sondern verkleia nac htniirii 
in Vs der natürlichen Grösse — aufnimmt un 
vergrössert. Bezüglich der Einzelheiten der ec ’ . ul , r; 
Ausbildung er sich der Unterstützung von Aar 
erfreuen hatte, muss auf das Original verwiesen ^ 

Eine Tafel in Photogravüre mit Reproductione »vo n a ^ 
nahmen der Harnröhre zeigt die Bilder * Harnröh^ 
zwei pathologischen Harnröhrenbefunden (ork 
drüsen, Strictur). , . . ra0f i; r ini<cben 0<* ! 

In einer Demonstration in der Leipziger . aUC i, c* 
schaft am 13. Februar 1894 bat Verfasser in * "j en hinten^ v 
andere Photographieen der Harnröhre (PaPJ^ 0111 .^^ Jahrbücher 


schnitten des Bulbus) vorgelegt, 
ges. Med. Bd. CCXLII, S. 111). 


A. Freudenberg 


(Berlic 


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UNIVERSETY OF MICHI 





LJTTERATUR-BEI LAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


43 


IG. August. 

20. Ch. W. Allen, Syphilis of tho epididymis. The 
American Journal of the medic. Sciences No. 264. 

Nach Allen ist bei syphilitischen Hodenaffectionen die Epidi¬ 
dymis in einem Drittel aller Fälle mitafficirt, es soll aber auch, was 
bisher wenig Beachtung fand, nicht selten bei früher wie später 
Syphilis der Nebenhoden allein befallen werden; selbst bei here¬ 
ditärer Lues findet sich gelegentlich eine interstitielle, dann meist 
doppelseitige Epididymitis. Auch bei den erworbenen Formen, die 
im allgemeinen 3—30 Monate nach dem Primäraffect, aber bis zu 
zehn Jahren nachher auftreten, ist das Ergriffenwerden beider Neben¬ 
hoden das häufigste Vorkommniss. Es werden ausgedehnte syphi¬ 
litische Entzündungen, multiple kleine oder diffuse, oft beträcht¬ 
liche gummöse Neubildungen, schliesslich auch sklerotische, fibröse 
Processe darin beobachtet. Sie sind meist schmerzlos; dio Diffe- 
rentialdiagnose ist äusserst schwer, oft allein ex juvantibus zu 
stellen. Abscedirung und Fistelbildung sind seltene Ausgänge. 

F. Reiche (Hamburg). 

21. Gerber, Spätformen hereditärer Syphilis in den 
oberen Luftwegen. Beiträge zur klinischen Medicin und Chi¬ 
rurgie Heft 5, Wien 1894. 

Verfasser kommt an der Hand der bisher vorliegenden Littc- 
ratur und eigener neuer Beobachtungen zu dem Schlüsse, dass es 
Affectionen hereditärer Syphilis in Nase, Rachen und Kehlkopf 
giebt, dio erst lange, oft Decennien nach der Geburt auftreten, 
und zwar sowohl bei Individuen, die in frühester Kindheit schon 
Symptome von Syphilis darboten, wie bei solchen, an denen dieses 
nicht beobachtet worden konnte. Diese tardiven Affectionen be¬ 
fallen mit Vorliebe das Pubertätsalter. Sie scheinen häufiger beim 
weiblichen Geschlechte aufzutreten. Sie haben tertiären Charakter. 
Meist sind Kehlkopf und Rachen zusammen, häufig auch Kehlkopf, 
Rachen und Nase, seltener einer dieser Theile für sich allein er¬ 
krankt. Im Verlaufo aller dieser Affectionen ist der scheinbar 
unschuldige Beginn und die dann oft nach langem Zögern ganz 
plötzlich einsetzende Wendung zu malignem Ausgang zu betonen. 
Die Prognose ist viel ernster als bei den entsprechenden Affectionen 
der acquirirten Lues. Die Therapie muss rasch und energisch 
einsetzen, nöthigenfalls probeweise bei noch fraglicher Diagnose. 

Joseph (Berlin). 

22. Paul Kowalewsky, Geistesstörungen bei Syphilis. 
Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 50, Heft 1 und 2. 

Nach einem kurzen Ueberblick über die Littoratur der Frage 
beginnt Verfasser seine Erörterungen der einzelnen Formen von 
Geistesstörungen bei Hirnsyphilis mit der Melancholie und Hypo¬ 
chondrie. Die syphilitische Melancholie erscheint nämlich sowohl 
in der Form gewöhnlicher Melancholie mit Kleinheitswahn und 
Erniedrungswahn u. s w., wie auch in der Form von Hypochondrie, 
letztere besonders in der Form der Syphilidophobie. Die syphilitische 
Melancholie und Hypochondrie tragen ganz ausgesprochen die 
Eigentümlichkeiten der syphilitischen Hirnstörung in Gestalt bald 
weniger, bald mehr ausgesprochener Demenz. Die syphilitische 
Melancholie erscheint sowohl in der Form passiver, wie auch 
activer Melancholie; in dem letzteren Falle dienen als Gegenstand 
des Deliriums syphilidophobische Gedanken, w r eshalb sie für syphi¬ 
litische Hypochondrie gehalten werden kann; dennoch giebt es 
seltene Fälle reiner syphilitischer acuter Melancholie. Was die 
Syphilidophobie betrifft, so muss sie in zwei Gruppen geteilt werden: 
Syphilidophobie bei Syphilitikern und Syphilidophobie bei Menschen, 
die nie Syphilis gehabt haben; die letzteren Fälle gehören natürlich 
nicht zu dem uns hier beschäftigenden Thema. Die Fälle der 
ersteren Art tragen gewöhnlich den Charakter der Hypochondrie 
mit Delirium über Syphiliserkrankung. Diese Kranken stellen oft. 
einen Zustand starker Erregung dar und erreichen das Bild activer 
Melancholie; sie werden für sich selbst wie für ihre Umgebung 
gefährlich; doch giebt es auch P’älle, wo die Erregung fehlt und 
die Kranken sich relativ ruhig betragen. Viel öfter als Melancholie 
w'erden nach Rumpf’s Meinung maniakalische Zustände bei Hirn¬ 
syphilis beobachtet. Doch werden diese Zustände von Erregung 
oft durch Motilitätsstörungen eomplicirt und können dann das 
prodromale Stadium der progressiven Paralyse Vortäuschen, oder 
es verbindet sich dieser maniakalische Zustand mit Amentia; reine 
Formen der Manie sind bei Hirnsyphilis höchst selten. Das ist 
auch ganz natürlich: Die reine Manie setzt eine Exacerbation der 
intellectuellen Activität voraus, Ideenflucht, beschleunigte Association, 
Verstärkung der Perceptions-, Appereeptions- und Erinnerungs¬ 
fähigkeit, — dagegen tragen alle Störungen des Intellektes bei 
Hirnsyphilis den Ausdruck von Abschwftchung der „Hirnmacht 
und Spannung“. Die chronische Paranoia ist eine seltene Geistes¬ 
erkrankung bei Syphilis. Diese Erscheinung kann leicht dadurch 
erklärt werden, dass die chronische Paranoia ein streng logisches, 
systematisches und consequentes Delirium vorstellt; eben dies 
Element der Logik und Consequenz, die Centren der Vorstellung 


und Associationswege werden bei Syphilis ja zerstört oder leiden 
wenigstens mit am ersten. Häufiger kommt die acute Paranoia vor. 
Die Erscheinungen der Dementia bei Hirnsyphilis werden so oft ange¬ 
troffen, dass beinahe alle Autoren, die über die Hirnsyphilis ge¬ 
schrieben haben, die Meinung aussprechen, die Demenz sei das 
charakteristische Symptom aller Geistesstörungen mit syphilitischer 
Hirnalteration. Alle Psychosen der Hirnsyphilis zeigen einen 
starken Zug von dementer Fassungsunfähigkoit, Gedankenlosigkeit, 
Erinnerungsdefecten. Diese Demenz kann primär und auch sccundär 
auftreten; sie kann sich, nach einer voraufgegangenen primären 
Psychose und auch selbstständig ohne eine solche entwickeln. — 
Die wichtigste Frage des ganzen Themas ist offenbar die nach 
dem Zusammenhang der progressiven Paralyse und der Syphilis; 
der Verfasser hat die Ansichten der einzelnen Autoren aus der 
umfangreichen Litteratur zusammengetragen; was seine eigene 
Meinung über die Frage anbetrifft, so hält er die Syphilis für 
einen der bedeutendsten Factoren in der Aetiologie der Paralyse, 
aber nicht für den einzigen. Zweifellos giebt es Fälle von Paralyso, 
wo es nicht gelingt», Spuren erworbener oder angeborener Syphilis 
aufzufinden, und w t o ganz andere ursächliche Momente sich der 
Aufmerksamkeit aufdrängen. Auch dort, wo die Paralyse syphi¬ 
litischen Ursprungs ist, ist die Syphilis nicht die einzige Ursache, 
ihr gehen andere vorbereitende Momente vorher, hereditäre Dis¬ 
position zu nervösen und geistigen Erkrankungen, übermässige 
intelleetuelle Thätigkeit, Alkoholexcesse u. s. w. Die Eintheilung 
der progressiven Paralyse in syphilitische und nicht syphilitische 
erscheint überflüssig; doch soll der Arzt nie vergessen, dass die 
meisten Fälle von Paralyse (60—85 Procent) ihren Ursprung der 
Syphilis verdanken. Ferner sind noch zwei Formen von Hirn¬ 
syphilis zu erwähnen, erstens die hereditäre Syphilis des Central¬ 
nervensystems, die sich in denselben Formen wie die erworbene, 
also auch in allen klinischen Formen, die die neuere Neuropatho¬ 
logie anerkennt, äussert. Hier kann sowohl Neurasthenie, wie 
Hysterie, Epilepsie, Chorea, progressive Paralyse, Demenz u. s. w. 
boobaehtet werden. Zweitens sind in der letzten Zeit von Fournier 
einige Beobachtungen unter dem Namen Syphilis maligna praecox 
nervosa beschrieben worden. Diese Fälle von Syphilis des Nerven¬ 
systems erscheinen sehr früh, in der Periode der secundären Er¬ 
scheinungen, und ungeachtet der sorgsamsten Pflege und energischer 
Behandlung verlaufen sie ungewöhnlich rasch und stürmisch, nicht 
selten mit schlechtem Ausgang für die Gesundheit und sogar das 
Leben des Kranken. Fournier stellt zwei Formen der Syphilis 
maligna praecox des Nervensystems auf: eine einfacho Form, die 
sich mit der Störung des Nervensystems allein begnügt, und eine 
zweite complicirte Form, wo die Störung des Nervensystems mit 
Alteration andrer Systeme sich verbindet. Als Beispiel der zweiten 
Form beschreibt Fournier folgenden Fall: Eine gesunde junge 
Frau, welche nie an etwas, ausser Malaria, gelitten hatte, wurde 
durch ihren Manu luetisch infleirt. Die primären und secundären 
Erscheinungen waren sehr schwach; während drei Monaten machte 
die Kranke eine gute Cur durch, und dennoch erscheint plötzlich 
folgendes stürmische Bild: 1) Papulös-tuberkulöse diffuse Syphilis; 
2) Hypertrophie aller Nägel; 3) starke secundäre Glossitis; 

4) volles Herausfallen der Augenbrauen, Wimpern und Haare; 

5) starke Ophthalmie: Iritis dextra, Neuritis optica und Chorio¬ 
retinitis; während zwei Monaten entstand volle Blindheit; 6) ernste 
Erscheinungen seitens des Nervensystems, starke Kopfschmerzen, 
blitzartige Schmerzen in den Beinen, äusserste Schwäche, para¬ 
lytische Mydriasis links, hysterische Erscheinungen in Gestalt 
convulsiver Anfälle, Anästhesieen, Sensibilitätsstörungen u. s. w. — 
Uebrigens haben in letzter Zeit Gilles de Ia Tourette und 
Hudelo einen ähnlichen Fall mitgetheilt. 

L e w a 1 d (Berlin-Lichtenbcrg), 

23. Emile Berger, Rapport entre les maladies des 
ycux et eelles du nez et des cavitßs voisines. Communi- 
cation faite ä la Sociötö de mGdecine pratique de Paris. Paris, 
Octave Dom, 1892. 

Verfasser hat bereits im Jahre 1886 im Verein mit Tyrman 
die Beziehungen der Krankheiten der Keilbeinhöhle und des Sieb- 
beiulabyrinths zu den Erkrankungen des Sehorgans in einer ver¬ 
dienstlichen Arbeit 1 ) systematisch dargestellt. In vorliegender 
Schrift sucht er den Zusammenhang zwischen den Erkrankungen 
der Nase und aller ihrer Nebenhöhlen mit den Krankheiten der 
Augen einem sorgfältigen Studium zu unterziehen. Abgesehen von 
dem zufälligen Zusammentreffen von Augen- und Nasenerkrankungen 
und den Fällen, in denen eine Allgemeinerkrankung bei den Organen 
gleichzeitig krankhafte Processe hervorruft, bezeichnet Verfasser 
zwei Wege, auf denen Augenaffectionen im Causalzusammenhange 
von Nasenaffectionen und umgekehrt zustande kommen können, und 

») Wiesbaden, J. F. Bergmann. Referirt diese Wochenschrift 1887, 
No. 17, S. 362. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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liehe Keimt bDmpm kommen auch bei Zahn3p 
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UetAing der Tri^<'jHMVu^vjHi[uHnra /.u erUkih 
,<us; dh-sei AmdogiiN ibik> dir vor der Nu., 
vmub.'frn AugonidYct muru abc T-xdgo einer I 
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Wie JiulU vtrhi. ist dm Th.-oru> ü'lHil.. 
fb#\\mbA7ihruiig und ulju Ajfwewhnig um d 
\Vii Indien nur ire'Aimstdd, ü:K-«.VutfjftHft ! 
»biss y.um ^H^iambk^.mni'-si der fridm\mn» 
i ns.xK'Mwn \ Ö^ut-^ruu b/.t. w mdeM ji 
im übrigen durch. dif: A^ : ivddi>*;kdii. duf'^ ibgd 
BoaHifcong fies. A^^SburSSt^^ ‘Hb d/ i i Hk 

ntnjdnbUuv. ' 

24 . j- Noi m a 1 . d. I >!1 trn D einen r p 
iUi ly uv# SilrXi- nb U V.V dH iup ü ns 


wugge Hagen werdet), 

Dur Sanitätsdienst auf dom Bdljlaohtfuhio soll «oh nach V 
fttH*er. in einem künftigen Kriege hdgemiunnaa^üu p*taj.fra: \ 
SniütftUrdötslf^inöttlö, allein, rtio' w .^ikw lk%nliiiü-u 

.i^eT-'W'PWtti^ekft * ^ '*•** 

Truppen 


1 ngemimmm umhin Truppen <;u.it. weder ungetrentit öder seethji^ehn dm Kri^a.V^r» «s 
\ der Cüu- •• itiNÖBfceitf.. ®.ftr htxtaftsu Mpdus werden «imgK #> 

olungm, im Auge, i&vvMiip: .Urthute niigefrihtk Tritt, di»» Hrigade in «Ins'dd-d; 

ii'bbdnW^, Ubplia- fein., 60 sdtotdiH das luilbe SusittUsdrtaolmmont m f pk 

l»dol>acht.dK A*duj- für du? später däsolbst xo otäblireürf« v . 

\mü 4isd Pharyjix- 'guüskigfmn bl.. Tritt dio Division in dmi Kampf .-R -• 

t junn Woun‘ 'Ou'tvJi »mri) h»f:t dir. ?<weite.» Sonfion Ndfim SaniiiW-SfleiaehfnumW:.H-• ,. 

W f U d; Kr srliliesst idntror der GrlV'olitsiinio nineti ^woitmi, für. sprdKrr Etaldii’un«- :•?»»: 

m ivtlmdorisr}) .'»{v Keidlokutnths idnui un ulmnsidben Oid friitisMa Mi-uu. 

<iiig dm Kiidfnsorn u Vori>«tjdpkVtx-. fiuf-.. -wibtKm /iJrwei|ibli : tö)n Bpdhversntwuial^ri i 4 
A u?naiUHO dni-jenbrr.)., wuleim nimm riobdum Ttrivsjuut voia or-N . 
dt ntdi nur dln : x«tp g-writon.Vofi^uvdplntJC niplit rrknigou r gi'hntülii 'Werdtad 
VöÄr^iü'krdtiUitiigiiii. orstou AHdd>HT)dl>Xut? bloibdu bMf&lr diesen gatv/. V^winiijd - 

Mubrs hmont Iruffm -tmirsnhJHhif> ; on • LrirlitvonvmHlekm. Dir Krrtsctwfc du 

so in,m alboijH-ine Seivw^rvOrAiipdotrn. vom rrslml tm\ ■ xw««tO(» IJirnfthrd^ij.!,,'.. 
< Dor Atifsuta ist köpo&ft jifn KtHiik^kraxillKiH^äffm' albip nicht iif 

lUarnen Kmvobi ihv .Au%abd mtfl dbed* .A^Äsrr iKifriodigmid gelost >w& ui. 

bjruo drtebKl m ^wtörwt^Äoji i!h*öp 4 i Weg ant 

(lirräkif j. Du« wörci?ii 

- V *_ Hdlb auf dm V*fUiu^läU ^ua\ nafdi^ua KtteuRrf^ 

j'bli.rt Vuj.y.nr d es M&m K Kesrl.zt-. i3«A climtl) v,udi»;d Di To drs > - 

rVik’bm'TnU. iUr. inTi. fesfpprlmijnK • .diu- Division, kouum» djo VovWüml.ctxift avbt SPtudou o>) ;•. 

dm Gnbohtus mvh dopußiyrtblimbi^j dms Vn : fi*ssri> 

(io,-. VNmTusH’.m’u hjtilri d«u rin- und gtdagiul Avortlcn. V••rfassor ist öTbrzeugt, u*ny-. . 

.u L-dinu pni»•rLch'.-is fransdsüst'tirn s;.l*tinboneu* Art des VerwundotrnH;ai\spniios .m ’HiU Ru:r' ; • 
rti dpr tuolugmrbun KJcktnritüts- J wrorn wdrr, die AcrwmnUd.rn. ’ivo.itAr. V'O.ro f'H'iDciJI-Udd m\'->vv '• 
K> ist das. ,drv mstr und aus- | lnuss»*r imtnr/JibrIrlg'»*ii, als die» clor fall war. >_»:li»11 U‘rr-i-• u- 


III, Zur Eeceueion emgegaBgene BiicHe 

Ö’litv^eheTidm BbspgiAhuug >H/fbybk!Wn.j 
AügruudnvS, 4 u h rr sber ] eil t*i, Hamiimf wer kt» u« h. n. t. 

hd r,uAignuo'ssrn von Hr JoHus daeebmni. ■ 

biumu.-o -.M-brr.. M‘.» dnm HUtli.iss H,s V<t!.«w ,v. 

Will.. ivR-b, W\. rHin s. 

itaiwiebgir. li. AkaU Tnseftonbufb Dir;e ; y >"■ 
K e.h.-hm [vnkMknnfrn. 1U. Auflngft vnü Cfnfn^oOy ; 
XVÜTÄlmi^, A. VrHügsfmtdiluimlUutg. 1^94 

mpml* d. S-mlU-i pte 

V«jli.muifu*> kb.m^öhw VonrUgr Am ui '‘ f -' l ''Ä|' ‘ 

ll ' 1 ' r. l:'Krb!eieh, S r.h'm nrai n so 0 |,,ir„D.oetui. Oorii.»>R 1 ^«';; 

n.f! • ».oPe.-. KnN-AA-m. n JK-rlm. r, «s** -- 1 ; 

DobnrtHdHfe uod tyullAAADifHn. ^^¥5' 
vu.lv uns VoIfcWfla?*'? Smninlairg: fcftöi^Ahcfr 'jwttVK'ii • 0 1 
Hm.okn;d' A fiuHe], ikw4. 

HnutkrtnKfwlte« «nd Syplii««. |S 

HautU im f.k!<<• il..n. öft»tw«t«riw» «>m >'•''"‘ j \. 

M,,,-,.;,, II I ... 1,. 2V. Duliftnff. X■. RiHort.»^. »•“'■■"- 

.'Li.üpy.mr Krxtpold Vffssk 1^)4. ‘ . 

iij ?Um. \V. Rrn..,. n;.. 

in rusch licli en tuhnn». VuIUswoht-c.ciu-irn.i *rn • 


2Ä. tutltanpniy Z or K f f ay,'mdcs TrnnKport-os- doi A Ar- 
wuiHl<fOPrt u.uf ilHii Srltiat Kt Felde, f butten bc tullj tü'r/ltr/ ilidiß 
^ö^fäirüi s. idd 

YmTmsm- Nns.pni(-i<i. die lAanv r-'mov ntdiohirn i.ietsMiugKKlhfgKeJt. 

mn-um S»»*nt mi'tn \ trwimduim d*-s im Ualniu o m : 

jetzt m'Ji.'udmi Oi'<imd-ainm verfügbaren Pe-fAmiuls tfiid"AVA ledgliHi 
des MotennU. I He. .Kru^e wcujir HdUe out *k-m 

^‘cldiudUfldde den Ad i 4Nnvndet.etj surr bk. gelnistvl weyden nl>li, \or* 
baiei %lm- f*N t j mi-uoun dein {~rb;‘ !i, Ueankwtmkd Vpj’- 

{'nssm d.nm.. dat»s mit dem OrdV-ebtsiAUb' dir Tlmiigkmi des Armins 
sieh fhuviiif H»‘bc kränken mud^v, ’BelhnnDid .fesf.^irstrllbü- und* pldts- 
liehe J«du‘napdil),i-ii'.liv Zusüui'ie (wie Verhhiiunn- und KrefinkOrm) 
zu beboatu*!«): Hie zum Y-orwui,;Iciuntranspm : t vmnesehmu-u mpii' 
rjkt'im [l;uminvagon und anomn Irnjirnvibutiunmj bnhf u nixli 1870 
nieht fowbbrV: ibe ßFfrehnihg n.•-■■•- 'üri-p 1 : 1 . ddsk dir 

l'iiii)m.|iiiy.c*. uir*ist in lim dm, • bvl -;i.,uw m,,ki. k-i ^rlegemm 
ikndn nkrijeu» Aeleb* uii !• I du *’M r t n’Aponk fr »b i \ i *'hfidij «U v 
udm Aiioi;iiyop)('< *r v-;.«rr-*i», Hüim's.Kkipm wurden ue<! ba>m m«:*!,' 
an deusrllti-H urfRt s -:p;it!-r die X’erbumlpliUze und m bltesr-lirh die 
RVHUa/iUt'Mdie etiibtlvtrn Kimm etfmuil c Uihiil ton’VfiiimuflpHt/5 gr- 
lang es self.en mt s odegmr, die Kid bmnnng. der IicUpt v»wbandj»lätze 
\ on der t iHVehl.-ii.nir >e!,Waektt* xm -m. Zur Kurj.se boffinig 

einer griissejmn "AromM Vorwitticlekcr auf dis^t Kiikfermuig ist eine 
V,»'nno,l,rm, , g KnsW \Nn-besse,*ujig des ynn d« v u AaintHksoiLcune!, n\ib 
getuhitrn i&} h VeitVv^rr tmhedifigi jmlhwendig, 

Kim. sulelu' glaubt et in der Kuiführujig vou lifnif'igrst'djr,,, mit Hdile 
dernn alis den cfai,nissigen Trngnu kahHiOfe Tragen bei dm Truppe 
um) den Sroutalsdeim lieim.-nfs bergeslclU. werden können, gefunden zu 
iudmj.. .Die lOiflmrbulHe des VuriawKcrs, derou Conskrmdimi invOriginnl 
imobzusebcn ist. eii*d von zwei jiriinke.Titragern bedient, der Vorn 
wumie,•*. imgi. tun ein Abtatl,H»Tien m vmmnducn, .mit D n \on und 
Ufapfef H$a$e] auf einer doppelt gwjmbjden Bfioun. Hin TO'Uler- 
gystolle sollen tbeilK anf dem lr\tppeoiwMitänj,viigotv, tbeüs -itt den 
l^lVMtknntnMiKporlwngjtoi dos !S>vnitiif^ileta'duunents untcrgebrnulit 
vvnrtbm. Kin ikidergebttdl wiegt. 22 kü\ ist. also feiiditnr ujs mu 
’ ,ts: Dö.ninntrn angegebene ähnlicher Constnictitur. Die fahrbarr 
Ktiieknnkagu vfnneltH den Train nicht., kann leicht ft? eine ei ob,ehe 
•'-" r b.r in eine fahrbare un me wandelt und 


PaÜVoioglsnho Aßiibt»tole, 0- I rDH ai \ p .- 
, ÄmDMm dfts tddc-mnföaink ritin, y 
50. ö 

M. Ln tut la. Tus.et *-Rv)*w^(' rü -^ .,*Vf 
uHurmire. 15 u-iS, fj. Massen,. iBfH. IJ-'- ce 
Physiologie and plifxlologUolie Oli.o.i«. 
a ceilulo vivWf«. KReycUrtdie ^«o«! 
s. Ir Maßsoo. 1804 . 175 .S. ^ U- . 41 - 





Donnerstag LITTERATUR-BEILAGE 30. August 1894. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. Bttcherschan: 1. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene. 10. und 11. 
Lieferung. Ref. Maass. 

2. Billings, Ventilation and Heating. Ref. Riedel. 

3. Sendtner, Das Grundwasser in den einzelnen Stadttheilen 
Münchens. Ref. Pfeiffer. 

4. Aichbergen, Anleitung zur Desinfection in der Landpraxis. 
Ref. Gottstein. 

5. Steudel, Die perniciöse Malaria in Deutschostafrika. Ref. 
Schumburg. 

6. Zienetz, Memoire sur la question des vaccinations präventives 
antirabiques de M, Pasteur. Ref. Gottstein. 

7. CI emo w, The cholera epidemie of 1892 in the Russian Empire. 
Ref. Kossel. 

8. Schweigger, Handbuch der Augenheilkunde. — 9. Fuchs, 
Lehrbuch der Augenheilkunde. — 10. Schmidt-Rimpler, Augen¬ 
heilkunde und Ophthalmoskopie. — 11. Fick, Lehrbuch der Augenheil¬ 
kunde. — 12. Silex, Compendium der Augenheilkunde. — 13. Michel, 
Klinischer Leitfaden der Augenheilkunde. — 14. Vossius, Leitfaden 
zum Gebrauche des Augenspiegels. — 15. Czermak, Augenärztliche 
Operationen. Ref. Horstmann. 


L Bücherschau. 

1. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene. 10. Lieferung: Strapsen- 
hygiene von E. Richter, Bauinspector in Hamburg. 80 Seiten 
gr. 80 mit 35 Abildungen. — 11. Lieferung: Die Gebrauchs¬ 
gegenstände im Anschluss an die Gesetzgebung des 
Deutschen Reiches und an die der übrigen Culturstaaten 
von Theodor Weyl in Berlin. 60 Seiten gr. 8° mit einer Ab¬ 
bildung. Jena, Gustav Fischer, 1894. Ref. Maass (Freiburg i. B.). 

Von dem von Dr. Th. Weyl in Berlin herausgegebenen Hand¬ 
buch der Hygiene liegen nunmehr die zehnte und elfte Lieferung 
vor. Die erstere befasst sich mit der StraSsenhygiene und ist vom 
Bauinspector E. Richter in Hamburg bearbeitet. Das Werk füllt 
eine empfindliche Lücke aus, da bisher kein Buch existirt, welches 
in so übersichtlicher und zweckentsprechender Form alle Fragen 
der Strassenhygiene erörtert. 

Ueber die Bedeutung der Strassenhygiene kann heutzutage 
ein Zweifel nicht mehr bestehen, seitdem durch die Bacteriologie 
das Wesen der meisten Infectionskraukheiten bekannt ist. Mit 
Rücksicht darauf, dass die Sorge für die Reinhaltung der Luft 
und des Bodens in den Städten zu den wichtigsten Aufgaben der 
Stadtverwaltungen gehört, ist den betreffenden Theilen, nämlich 
der Strassenpflasterung, Strassenreinigung und Strassenbesprengung 
eine eingehende Besprechung gewidmet. Hieran schliesst sich die 
Besprechung der öffentlichen Bedürfnissanstalten, deren Betrieb 
jetzt meistentheils der Strassenreinigung unterstellt ist. Eine ganz 
besondere Berücksichtigung hat der V. Abschnitt, die Sammlung 
und Beseitigung der Hausabfälle gefunden, und es werden vom 
Verfasser zu diesem Zweck etwa folgende Vorschläge gemacht 
(S. 222 f.): Als das einfachste Mittel der Beseitigung der Haus¬ 
abfälle ist im allgemeinen die sachverständig geleitete landwirt¬ 
schaftliche Verwertung derselben zu betrachten. Bei Seestädten 
kann die Versenkung der Abfälle auf tiefgründige Meeresflächen 
in Frage kommen, falls man gesichert ist, dass nicht ein erheb¬ 
licher Theil des Unrathes durch vorherrschende Luft* und Meeres¬ 
strömungen an bewohnte Uferstrecken zurückgeführt wird. Sobald 
der Stadtgemeinde durch die Abfuhr grössere Schwierigkeiten oder 
unverhältnissmässige Kosten erwachsen, wird das in Deutsch¬ 
land noch zu wenig bekannte, aber in England zu immer grösserer 
Verbreitung gelangende Verbrennungsverfahren eine willkommene 
Hülfe zur definitiven Beseitigung der Abfallstoffe bilden. ^ Die 
beiden letzten Abschnitte beschäftigen sich mit der Beseitigung 
des Strassenkehrichts, sowie der festen gewerblichen Abfälle. 35 
Abbildungen erleichtern und fördern das Verständniss des vor¬ 
trefflichen Werkchens. 

Die Bearbeitung der elften Lieferung^ „Die Gebrauchsgegen¬ 
stände, im Anschluss an die Gesetzgebung des Deutschen Reiches 
und an die der übrigen Culturstaaten“, hat der Herausgeber, 
Dr. Th. Weyl, selbst übernommen. Die Gesetzgebung, welche 
die Gebrauchsgegenstände betrifft, ist nirgends ausgebildeter, als 
im Deutschen Reiche, und es ist daher sehr dankenswerth, dass 


16. Fournier, Vorlesungen über Syphilis hereditaria tarda. Ref. 
Joseph. 

II. Zeitsclirlfteunberslchts Hygiene: 17. Körösi, Ueber den Ein¬ 
fluss des elterlichen Alters auf die Lebenskraft der Kinder. — 18. Flügge, 
Die Aufgaben und Leistungen der Milchsterilisirung gegenüber den Darm¬ 
krankheiten der Säuglinge. — 19. Sommerfeld, Die Berufskrankheiten 
der Porzeilauarbeiter. — 20. Nussbaum, Ein Beitrag zu den Trocken¬ 
heitsverhältnissen der Neubauten. — 21. Collingridge, On pratical points 
in the hygiene of ships and quarantine. 

Infectionskrankheiten: 22. Wladimiroff, Ueber die antitoxin- 
erzeugende und immunisirende Wirkung des Tetanusgiftes bei Thieren. — 
23. Kresling, Zur Biologie und Chemie des Tuberkel- und des Rotz¬ 
bacillus. — 24. Sittmann und Barlow, Ueber einen Befund von Bac- 
terium coli commune im lebenden Blute. 

Pathologische Anatomie: 25. Tedeschi, Ueber die Frag¬ 
mentation des Myocardium. — 26. 0. Israel, Zur Entstehung der Frag- 
mentatio myocardii. — 27. Browicz, Ueber die Bedeutung der Ver¬ 
änderungen der Kittsubstanz der Muskelzellenbalken des Herzmuskels. — 
28. Oestreich, Die Fragmentatio myocardü (Myocardite s6gmentaire). 

IH. Zur Recenslon eingegangene Bücher. 


der Verfasser dieselbe auch vom hygienischen Standpunkte einer 
eingehenden Besprechung unterzieht. Der I. Abschnitt des Werkes 
befasst sich mit dem Reichsgesetz, betreffend den Verkehr mit blei- 
und zinkhaltigen Gegenständen. Es werden die sanitären Gefahren, 
die durch die Benutzung derartiger Gefässe entstehen können, be¬ 
sprochen und als Ersatzmittel, insbesondere für die Zubereitung 
und Aufbewahrung von Speisen, Nickel- und Alu mini umgefässe 
empfohlen. Eine bedeutende Rolle spielt im Haushalte des Cultur- 
menschen auch die Farbe, und an der Anwendung derselben 
nehmen sowohl Gesundheitspflege wie Staat aus mannigfachen 
Gründen Interesse. Die Hygiene hat zu verlangen, dass die Farben, 
welche im menschlichen Haushalte Verwendung finden, unschäd¬ 
lich seien. Der Staat verlangt, dass durch Anwendung von Farben 
nicht der Schein einer besseren Qualität zu Ungunsten des Käufers 
hervorgerufen werde. Mit der Besprechung des Reichsgesetzes, 
betreffend die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei der 
Herstellung von Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchs¬ 
gegenständen beschäftigt sich der II. Abschnitt des Buches. In 
einem weiteren Kapitel findet dann auch die Gesetzgebung der 
übrigen Culturstaaten Erwähnung. Im III. Abschnitte wird end¬ 
lich noch die kaiserliche Verordnung über das gewerbsmässige 
Verkaufen und Feilhalten von Petroleum berücksichtigt. 


2. J. 8. Bllllng*, Ventilation and Heating. NeW-York, 1893. 
500 S. Ref. 0. Riedel (Lübeck). 

Billings hat seine umfangreiche mit 210 Abbildungen versehene Mono¬ 
graphie nicht nur für Fachleute, speciell Baubeflissene und Ingenieure ge¬ 
schrieben. sondern er will damit auch Laien eine eingehende Kenntnissnahme 
der Grundzüge der Lehre von der Ventilation und Heizung und ihrer 
praktischen Durchführung ermöglichen und hat daher in seinem Buche 
nach Möglichkeit von Fachausdrücken abgesehen. Ist seine Arbeit auch 
zunächst für Amerika berechnet — mit Recht warnt Verfasser davor, die 
in anderen Ländern, speciell im klimatisch günstigeren England, für Ven¬ 
tilation und Heizung bewährten Normen ohne weiteres auf Amerika zu 
übertragen —, so wird aus der reichlichen Fülle des gebotenen Stoffes 
auch jeder europäische Hygieniker oder Techniker Interessantes heraus¬ 
finden. — Nachdem Billings in den theoretischen Abschnitten eine Ge¬ 
schichte der Ventilation gegeben, die Atmosphäre in ihrer Zusammensetzung, 
die Ursachen der Luftverderbniss, die theoretischen Forderungen der Venti¬ 
lation u. s. w. in klarer sachlicher Weise dargestellt, die verschiedenen Me¬ 
thoden der Heizung und Ventilation besprochen hat. folgen in einzelnen 
Kapiteln die Darstellungen der praktischen Durchführung der Ventilation 
in Kankenhäusern, Theatern, öffentlichen Gebäuden, Kirchen, Schulen und 
Privatwohnungen, Stallungen, Werkstätten, Saalanlagen, Bergwerken, 
Tunneln, Eisenbahnwagen, Schiffen. Neben vielen ausländischen Beispielen 
finden von modernen deutschen Anlagen die des Eppendorfer Kranken¬ 
hauses, der Neuen Oper zu Wien und zu Frankfurt a. M. Darstellung. 


3. R. Sendtner, Das Grnndwa«ser in den einzelnen Stadttheilen 
Münchens. Als Beitrag zur hygienischen Beurtheilung des Untergrundes 
der Stadt. München. M. Rieger’sche Universitäts - Buchhandlung, 1894, 
Ref. A. Pfeiffer (Wiesbaden). . 

Der erste Assistent an der UntersuchungsanStalt des hygienischen 
Instituts in München Dr. Sendtner hat im Aufträge des Magistrats im 


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LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


46 


No. 7 


Jahre 1892 in Rücksicht auf die drohende Choleragefahr die im Stadt¬ 
gebiete München noch in Gebrauch stehenden Pumpbrunnen bezüglich 
der Verwendbarkeit ihres Wassers zu Trink- und Nutzzwecken einer 
chemischen und bacteriologischen Prüfung unterzogen und ist bei dieser 
umfangreichen Arbeit zu dem Resultate gelangt, dass der Einfluss der 
Münchener Canalisation auf die Verbesserung des Untergrundes, für dessen 
Beschaffenheit das Grundwasser einen geeigneten Maassstab abgiebt, im 
allgemeinen sich noch wenig bezw. gar nicht bemerkbar gemacht hat, dass 
also die sogenannte Selbstreinigung des Untergrundes der Städte nicht so 
schnell vor sich gehen dürfte, als man im allgemeinen seither anzunehmen 
geneigt war. Vollkommen auf dem Boden der Pettenkofer’schen An¬ 
schauungen stehend, kommt Verfasser am Ende des allgemeinen Theiles 
seines Buches zu folgenden eigenthümlichen Schlussbemerkungen, deren 
Commentar dem Leser selbst überlassen werden muss: „Wenn wir nun ge¬ 
sehen haben, dass ein Zusammenhang zwischen verunreinigtem 
Grundwasser, ja überhaupt zwischen Wasserversorgung und 
Typhus und Cholera den epidemiologischen Thatsachen wider¬ 
spricht, so dürfen wir die Frage der Wasserversorgung doch nicht 
leicht nehmen, denn wenn wir auch gestehen müssen, dass bis heute 
unsere Kenntnisse über die Beziehungen verunreinigt n Trinkwassers oder 
Nutzwassers zu Infectionskrankheiten noch sehr lückenhaft sind, so 
müssen wir dennoch auf dem Bezüge möglichst reinen Wassers bestehen, 
schon um deswillen, weil wir damit die blosse Möglichkeit schäd¬ 
licher Beziehungen zwischen Wasser und Infectionskrankheiten aus- 
schliessen.“ Darin ist dem Verfasser rückhaltlos beizutreten, wenn er 
fordert, die Trennung zwischen Trink- und Nutzwasser in sanitärer Hin¬ 
sicht, wie sie seither noch vielfach üblich ist, aufzugeben, weil (was sich 
ja aus den Lehren der Bacteriologie leicht entnehmen lässt Ref.) auch 
das Nutzwasser zur Verbreitung von Krankheitskeimen beitragen kann. 


4. y. Alchbergen, Anleitung zur Deslnfection in der Landpraxis. 

Leoben, Nünlar, 1894. Ref. A. Gottstein (Berlin). 

Die vorliegende Anleitung, deren Inhalt sehr den bei uns im allge¬ 
meinen und für besondere Seuchengefahr jüngst erlassenen polizeilichen 
Verfügungen ähnelt, giebt in kurzen klaren Worten und in übersichtlicher 
Eintheilung unter Berücksichtigung der verschiedensten Verhältnisse eine 
Instruction über die Handhabung der Desinfection in ländlichen Kreisen. 


5. E. Steudel, Die perniciöse Malaria in Dentschostafrika. 

Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. Ref. Schumburg (Berlin). 

Während in den meisten neueren Arbeiten über Malaria auch 
aus den deutschen Colonieen in Afrika die Aetiologie, die ver¬ 
schiedenen Formen und Entwickelungsstadien der Malariaplasmodien 
in den Brennpunkt der Erörterung gestellt wurden, liegt der Schwer¬ 
punkt der SteudeTschen Abhandlung auf dem Gebiet der Therapie 
und Prophylaxe. Steudel hat während seines 2 l /2jährigen Com- 
mandos nach Deutschostafrika (Bagamoyo) Gelegenheit gehabt, 
18 Fälle von pernieiöser Malaria zu behandeln mit einer Mortalität 
von 8 = 16,6 o/o. — Bei der Besprechung der Aetiologie der per- 
nieiösen Malaria stellt Steudel die plausible Hypothese auf, dass 
diese Krankheit die acute Form einer latenten Malaria sei, dass 
sie also etwas Secundäres vorstelle. Es werden dann der Reihe 
nach an der Hand der geschilderten Erkrankungen alle ätiologisch 
wichtigen Momente beleuchtet; dabei ergiebt sich, dass auf die 
sonst gefährlichen heissen Monate nach der Regenzeit von den 16 
(an Europäern beobachteten) Fällen eine nicht besonders grosse 
Zahl entfiel, dagegen war es bemerkenswerth, dass die von Expe¬ 
ditionen aus dem Innern an die sumpfige Küste zurückkehrenden 
Europäer oft von dem „SchwarzWasserfieber“ ergriffen wurden. 
Steudel schreibt diese Immunität während der Unternehmungen 
in das Inland der unter diesen Umständen besonders gesteigerten 
Schweisssecretion zu, die nach seiner Ansicht gewisse toxische 
Stoffe, welche die Malariaplasmodien im Blut erzeugen, zur Aus¬ 
scheidung bringt. — Neuangekommene Europäer werden von der 
pemieiösen Malaria nicht befallen, sondern erst solche, welche 
mindestens einen Aufenthalt von V 2 —1 Jahr hinter sich haben. 
Dann scheint die Krankheit wenigstens in den ersten Jahren des 
Tropenaufenthaltes zuzunehmen. 

In dem Kapitel über die Symptomatologie will Steudel die 
ja ausserordentlich variable Incubationszeit der Malaria durch den 
Ausdruck „latente Infection“ ersetzen, da jeder Mensch, der in einem 
Malarialande lebe, bei der Ubiquität der Keime einer beständigen 
Infection ausgesetzt sei. Ob die latente Malaria Krankheits¬ 
erscheinungen verursacht (Anämie, Stimmungswechsel, leichtes und 
vorübergehendes Fieber), hänge von der Menge und Virulenz der 
in den Körper gelangten Parasiten und von der Widerstandskraft 
des Körpers ab. Die latente Malaria geht in allen Fällen dem 
öchwarzwasserfieber voran. Letzteres entsteht dann durch eine 
Gelegenheitsursache, irgend eine Schädigung des Körpers oder eine 
Unterbrechung des gewohnten Lebenswandels oder ungewohnte 
Ueberanstrengungen. --Von den Symptomen werden die Schüttel- 
wkr’u 1 blutige Urin, die Fieberbewegung und die Anämie aus¬ 
führlich besprochen. Auf die Hämoglobinarmuth hat Steudel 
sein. besonderes Augenmerk gerichtet; zahlreiche Hämoglobin- 
bestimmungen mit dem Fleischl’schen Hämometer und Blut¬ 


körperchenzählungen illustriren die oft sehr grosse Anämie in d* 
.Steudel’schen Krankengeschichten. D 

Kurz nur ist der Abschnitt der Diagnose; in demjenigen über 
Prognose ist Steudel so von der Zuverlässigkeit seiner Behänd- 
lungsmethode überzeugt, dass er ausspricht, die in Deutschostafrih 
auf 70% geschätzte Mortalität müsse bei richtiger Behandle 

sicherlich unter 10 °/o herabgehen. s 

Nach kurzem pathologisch-anatomischen Abriss stellt Steudel 
dann als Angelpunkt der ganzen Arbeit an die Spitze des \l- 
schnitts über Therapie die Behauptung, dass es möglich ist, dem 
menschlichen Körper soviel Chinin einzuverleiben, dass eine weiter? 
Entwickelung der Malariaplasmodien in demselben abgeschnittet 
wird, ohne dass der menschliche Körper durch diese ChininisiniQ" 
Schaden nähme. Die Chinindosis soll für einen kräftigen Mann 8! 
in 24 Stunden gross sein, in einem der mitgetheilten Fälle belief 
sie sich auf 10 V 2 & Am empfehlenswerthesten ist die Darreichunt; 
per os, gegenüber derjenigen durch subcutane Injection oder 
Klysma, und in Oblaten besser als in Form der öfter nicht resor- 
birten comprimirten Tabletten. Das Chinin ist unmittelbar nach 
einem Brechparoxysmus zu geben. Abgesehen von einer Urticaria 
und einmal Herzklopfen hat Steudel nie unangenehme Neben¬ 
wirkungen des Chinins besonders auf das Herz gesehen. — Nach¬ 
dem wird der Missbrauch des Antipyrins gestreift. 

Insbesondere ausführlich wird am Schluss die so viel discutirte 
Frage der Prophylaxe ventilirt, nicht ohne dass sich Steudel 
wie er selbst in dem Schlussworte zugesteht, auf den schlüpfrigen 
Boden der Hypothese begiebt. Er sucht den Malariakeim weniger 
in der Bodenluft als in der Bodenfeuchtigkeit, die in den au* 
dem Meere gebrochenen Corallensteinen haftet; aus diesen sind 
die älteren fortartigen Gebäude der Europäer errichtet. Deshalb 
sollen letztere entweder nach dem Pfahlbausystem erbaut werden, 
oder es sollen bei solider Bauart nur gut ausgetrocknete Steine Verwen¬ 
dung finden und die Mauern gegen die aufsteigende Bodenfeuchtig¬ 
keit gut isolirt sein. Bösen Erfahrungen zufolge soll ferner der 
Ersatz von neu auszusendenden Europäern nach Möglichkeit auf 
die Herbstmonate verlegt werden, damit die Ankömmlinge bis nach 
den Regenmonaten Zeit haben, sich zu acclimatisiren. Jeder Europäer 
soll ferner, in Ostafrika angelangt, wöchentlich einmal 0,8—1,0 g 
Chinin und in den der Regenzeit folgenden Monaten zweimal 
wöchentlich diese Dosis Chinin nehmen. Mit dieser Empfehlung 
der prophylaktischen Chininisirung stellt sich Steudel in einen 
entschiedenen Gegensatz zu vielen älteren, gleichfalls sehr erfahrenen 
Afrikanern, der, wie Referent mündlich vernommen hat, nicht ohne 
Erwiderung bleiben wird. Steudel giebt zu, dass nach Chinin- 
dosen bei nur Kachektiscben zuweilen Blutharnen, Frösteln und 
Fieber auftrat, also das Schwarzwasserfieber ausgelöst wurde. D 
stellt sich diese „conträre Chinin Wirkung“ so vor, dass das Chinin 
bei dem an „latenter Malaria“ Leidenden die vorher ruhenden, u 
Blute kreisenden Plasmodien gewissermaassen in Aufruhr bringt 
Von den Steudel’schen Fällen von pernieiöser Malaria sind e wu 
die Hälfte zum Ausbruch gekommen, nachdem die Kranken gega 
die sich zeigenden Malariasymptome Chinin genommen a • 
Das giebt zu denken. — Jedes einmal ausgebrochene bc wa 
Wasserfieber soll mit grossen Chinindosen (8 g m un , : _ 
möglichst frühzeitig behandelt werden. Schädliche Berzer^ _ 
nungen hat Steudel dabei mit einer Ausnahme me 
obschon die Chininwirkung auf das Herz sich (als Regel) ne 
macht: Der kleine, weiche, frequente, in schweren Jf^en l j 
zählbare Puls wird „langsam hart und hoch, oft deutlich 

Bei den drei Sectionen war einmal (Todesursache: Gehiran 

„Herz ziemlich gross, Musculatur sehr stark, braunrö . , 
zweimal (Todesursache: Herzparalyse) „sehr gross " 
erweitertem rechten Ventrikel, dünnen schlaffen wend g 
„gross, mit weiten Höhlen, schlaffen Wänden.“ 

Gerade aber der Einfluss des Chinins auf das P 
Malaria stark afficirte Herz wird hauptsächlich hervor . 

spruch anderer Afrikaner gegen die grossen Uu * . trin 

rufen, für die Stendel mit warmer innerer Ä "° ,a 


6/ Zienetz, Memoire sur la queatiön des vacoinnhinns P ^ 
tives antirabiques de M. Pasteur. Varsovie, 

Ref. A. Gottstein (Berlin). ,. Statistik 

Verfasser unterwirft an der Hand der vorl g ^ ^ 
über Morbidität und Mortalität der Hundswuth mitnetheih^ 
rabisehen Instituten, speciell der Pariser Ans daS 
statistischen Ergebnisse einer sehr eingehenaen 
ergebniss derselben fasst er dahin zusammen, imGeg* rr 

keineswegs die Wirksamkeit der Schutzimpfung fi n Fäll® ffr 
theil, es sei sehr wahrscheinlich, dass sie 
derblich, in der Mehrzahl aber ohne Nutzen gewesc 


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47 


30. August. _LITTER ATÜR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


7. Frank Clemow, The Cholera Epidemie of 1892 in the Rnsslan 
Empire« With notes upon treatment and measures of disinfection in 
Cholera and a short acoount of the Conference on Cholera held in 
St. Petersburg in Dec. 1892. London and New-York, Longmans, Green 
& Co., 1893. Ref. H. Kos sei (Berlin). 

Die Choleraepidemie des Sommers 1892 nimmt der Zahl der Krank¬ 
heitsfälle nach die dritte Stelle ein unter den 27 Epidemieen, von denen 
Russland seit 1823 befallen wurde. Mit den asiatischen Provinzen zu¬ 
sammen sind im russischen Reich im vergangenen Jahre 555010 Erkran¬ 
kungen und 264880 Todesfälle an Cholera gemeldet worden. Die Krank- 
heit-wurde aus der persischen Stadt Meshed am 19. Mai nach der Station 
der transkaspischen Bahn Kaachka oingeschleppt und verbreitete sich von 
dort aus mit ungeheurer Schnelligkeit. Nach sechs Tagen erschien die 
Krankheit an dem Endpunkt der Bahn am kaspischen Meer Oozoon-Ada. 
In den dazwischen liegenden, an Flussläufen armen, sandigen Landstrichen 
wurden nur wenige Fälle beobachtet, ganz im Gegensatz zu dem benach- 
bpten fruchtbaren und an Wasserläufen reichen Turkestan, wo die Epidemie 
eine grosso Zahl von Opfern forderte. Yon Turkestan verbreite sich die 
Seuche über die nördlichen Districte von russisch Centralasien bis nach 
Sibirien, wo sie anfangs Juli erschien. Nach Westen überschritt die 
Seuche das kaspische Meer auf der verkehrsreichen Linie zwischen Oozoon- 
Ada und Baku. In letzterer Stadt trat sie am 6. Juni auf, 18 Tage nach 
dem ersten Erscheinen auf russischem Boden. Yon Baku aus wurde sie 
durch die zahlreichen Flüchtlinge, welche auf Eisenbahnen, Land- und 
Wasserwegen die Stadt nach dem Ausbruch der Cholera verliessen, wie 
von einem Centrum aus nach allen Seiten verbreitet. Der flache nörd¬ 
liche Theil des Kaukasus wurde im allgemeinen heltiger befallen, als das 
ebirgige Transkaukasien. Die hohe Lago allein gewährte aber keinen 
chutz gegen die Cholera, denn die sehr hoch gelegene Provinz Dhagestan 
hatte die meisten Erkrankungen zu verzeichnen. In das europäische 
Russland drang die Seuche im wesentlichen auf zwei grossen Wegen vor, 
zuerst auf dem ungeheuren Wasserweg der Wolga nach Saratow, Samara, 
Simbirsk. Kasan, Nishni Nowgorod und dann zweitens über Rostof am Don 
an den Küsten des Schwarzen Meeres entlang und von hier nach Norden 
zu. Aus einer beigegebenen Tabelle ist die Schnelligkeit zu ersehen, mit 
welcher sich die vorjährige Epidemio verbreitete im Gegonsatz zu den 
früheren Epidemieen, wo die Yerkehrsverhältnisse in Russland noch nicht 
so entwickelt waren. In den Jahren 1830 resp. 1847 brauchte die 
Cholera 51 resp. 63 Tage, um die Wolga aufwärts von Astrachan bis 
Kasan zu gelangen, dagegen wurde im vorigen Jahre der erste Fall 
in Kasan acht Tage nach dem ersten bekannt gewordenen Fall in 
Astrachan beobachtet. Während die Cholera auf der verkehrsreichen 
Wolga so schnelle Fortschritte machte, verbreitete sie sich an unbefahr¬ 
baren Strömen, so z. B. dem Dniepr, verhältnissmässig langsam. Die 
Verbreitung der Cholera durch den Eisenbahnverkehr charakterisirte sich 
dadurch, dass sie oft grosse Landstrecken übersprang. Im allgemeinen 
nahm die Intensität der Epidemie bei ihrem Fortschreiten von Südon nach 
Norden ab. Diese Erscheinung mag zum Theil ihren Grund darin haben, 
dass die zuletzt befallenen Provinzen Zeit hatten, sich auf den Ausbruch 
der Seuche vorzubereiten. Dass die geographische Lage nicht der 
ausschlaggebende Factor gewesen sein kann, zeigt das heftige Auftreten 
der Cholera in den polnischen Gouvernements und in St. Petersburg. Eine 
Beziehung der Erkrankungsziffem zu der Lufttemperatur konnte der 
Verfasser wenigstens in zwei Gouvernements Saratow und Astrachan nicht 
beobachten. Auch hat der harte russische Winter der Verbreitung der 
Krankheit in vielen Theilen des Reichs wenig Abbruch gethan. Vielmehr 
könnte man an die Lebensgewohnheiten der Bewohner der ver¬ 
schiedenen Provinzen als wichtigen Factor für die Ausdehnung dor 
Epidemie denken. Wenn auch der russische Bauer nicht gerade in 
den allerbesten hygienischen Verhältnissen lebt, so lebt er jedenfalls 
in gesünderer Umgebung als die Bewohner der südlichen und öst¬ 
lichen Provinzen, welche vielfach asiatischen Stämmen angehören. 
Allgemein hat die Epidemie dort am heftigsten gewüthet, wo das asia¬ 
tische Element unter den Bewohnern am meisten vertreten war. Ferner 
hat sich vielfach die Heftigkeit der Epidemie gedeckt mit der Verbrei¬ 
tung von gastrointestinalen Erkrankungen, welche als eine Folge 
schlechter Wasserversorgung in einzelnen Districten, so besonders im 
Kaukasus, auch in cholerafreien Jahren häufige Todesursachen sind» 
Astrachan hat eine schlechte Wasserversorgung, gastrointestinale Erkran¬ 
kungen kommen stets in grosser Zahl vor, und die Cholera hat nirgends 
so heftig gewüthet wie dort. Ebenso hat der mit dem schlechtesten 
Wasser versorgte Theil von Petersburg weitaus am meisten von der 
Cholera gelitten. Der gleiche Zusammenhang von schlechter Wasser¬ 
versorgung mit starker Morbidität an Cholera hat sich in vielen anderen 
Städten Russlands gezeigt. Die im Jahre 1891 von der Hungersnoth 
heimgesuchten Provinzen litten nach Verfasser nicht mehr, sondern eher 
weniger als die übrigen Theile Russlands. Verfasser führt dann noch 
zahlreiche überzeugende Beispiele an, welche die Verbreitung der Cholera 
durch Wasserläufe, Brunnen, Wäsche und durch direkte Contagion be¬ 
weisen. „In der That sprechen alle Anzeichen dafür, dass Cholera nicht 
de novo entsteht, sondern dass jeder Krankheitsfall direkt oder indirekt 
von einem vorhergehenden Falle abzuleiten ist.“ In einem besonderen 
Kapitel werden die Maassregeln besprochen, welche die Regierung gegen 
die Weiterverbreitung der Seuche ergriff. Der Eisenbahnverkehr wurde 
an bestimmten Controllstationen von Aerzten überwacht. Schiffe, auf 
welchen während der Fahrt Cholerafälle vorgekommen waren, mussten 
eine Quarantäne durchmachen. An den Ufern der Wolga wurden in 
Etappen Barackenlazarethe errichtet. Stellenweise und gerade an den 
wichtigsten Punkten wurde aber die Thätigkeit der Behörden durch die 
Panik der Bevölkerung, durch Aufstände, durch Mangel an Personal und 
Desinfectionsmitteln lahm gelegt, so dass die Cholera Zeit hatte, sich vor 
Durchführung der Maassregeln nach allen Seiten auszubreiten. Von den 


mit der Behandlung der Cholera in St. Petersburg gemachten Erfahrungen 
mögen die günstige Einwirkung heisser Bäder, subcutaner Infusionen und 
in beginnenden Fällen des Calomeis Erwähnung finden. Zur Desinfection 
der Choleradejectionen wurden mit Erfolg Lösungen von Carbolsäure untor 
Schwefelsäurezusatz verwandt; im Barackenlazareth in Petersburg wurde 
die Zerstörung der Keime durch Kochen der Dejectionen in einem grossen 
Desinfectionsapparat durchgeführt. Besonders bewährt bei der Bekämpfung 
der Seuche in Petersburg hat sich die Einrichtung eines Freiwilligencorps 
von Desinfectoren, welchen die Desinfection der Wohnräume Cholera¬ 
kranker und ihrer Effecten oblag. 

8. Sohweigger, Handbuch der Augenheilkunde. Sechste Auf¬ 
lage. Berlin, A. Hirschwald, 1893. 

9. Fuchs, Lehrbuch der Augenheilkunde. Vierte Auflage. 
Wien, Franz Deuticke, 1894. 

10. Sohmidt-Bimpler, Augenheilkunde und Ophthalmoskopie. 

Für Aerzte und Studirende. Sechste Auflage. Berlin, Fr. 
Wreden, 1894. 

11. Fick, Lehrbuch der Augenheilkunde. Einschliesslich der 
Lehre vom Augenspiegel. Für Studirende und Aerzte. Leipzig, 
Veit & Co., 1894. 

12. Silex. Compendium der Augenheilkunde. Zweite Auflage. 
Berlin, S. Karger, 1894. 

13. Michel, Klinischer Leitfaden der Augenheilkunde. Wies¬ 
baden, J. F. Bergmann, 1894. 

14. Vossius, Leitfaden zum Gebrauch des Augenspiegels. 
Berlin, A. Hirschwald, 1893. 

15. Czermak, Augenärztliche Operationen. Heft 1—5. Wien, 
C. Geroid’s Sohn, 1893. 

Ref. C. Horstmann (Berlin). 

Das Jahr 1893—1894 war ein ausserordentlich fruchtbares in 
Bezug auf das Erscheinen neuer ophthalmologischer Werke sowie 
neuer Auflagen älterer bewährter. 

Zunächst möge das treffliche Lehrbuch von Schweigger 
hier Erwähnung finden, das nach acht Jahren in neuer Auflage 
erschienen ist. Dieselbe ist im Umfange etwas verringert, in 
sachlicher Hinsicht aber erheblich vermehrt worden. Das Ka¬ 
pitel über Retraotions- und Accommodationsanomalieen hat eine 
wesentliche Kürzung erfahren, die Skiaskopie ist hinzugefügt 
worden, die Lehre über das Schielen ist den jetzigen For¬ 
schungen entsprechend modificirt. Vollständig umgearbeitet ist 
das Kapitel über Linsenerkrankungen, die neueren Erfahrungen 
über die Staroperationen sind ausführlich berücksichtigt, ebenso 
hat das Kapitel über Glaukom eine vollständige Umänderung er¬ 
fahren, das Glaucoma simplex ist daraus verschwunden. Im 
letzten neu hinzugefügten Kapitel über „Antiseptik und Anästhesie 
bei Augenoperationen“ wird kurz die gewöhnliche Antiseptik bei 
Augenoperationen besprochen, als Anästheticum reicht bei kleineren 
Operationen das Cocain aus, bei grösseren ist die Aethernarkose 
das vorzüglichste Mittel. 

Einen grossen Erfolg hat das Lehrbuch der Augenheilkunde 
yon E. Fuchs gehabt, das im Jahre 1889 in erster Auflage er¬ 
schienen war. Dasselbe wurde 1893 in dritter und 1894 in vierter 
Auflage herausgegeben, der beste Beweis für dessen Güte. Die dritte 
Auflage ist mässig vergrössert gegenüber der zweiten, bedingt 
durch eingehendere Behandlung der ophthalmoskopisch sichtbaren 
Erkrankungen des Augenhintergrundes. Zur Erläuterung der¬ 
selben sind eine Reihe neuer Holzschnitte beigegeben worden. In 
der vierten Auflage hat dieses Kapitel eine noch grössere Er¬ 
weiterung erfahren, besonders darum, weil die Affectionen des 
Augenhintergrundes nicht blos speciell opthalmologisches Interesse 
haben, sondern allgemein diagnostisches, indem sie der Ausdruck 
anderweitiger Erkrankungen des Körpers sind. 

Das Werk von H. Schmidt-Rimpler „Augenheilkunde und 
Ophthalmoskopie“ ist ebenfalls mit Recht 6ehr beliebt. Im 
Jahre 1884 erschienen, hat es im Laufe von zehn Jahren sechs 
Auflagen erlebt. Die letzte Auflage ist unter Berücksichtigung 
der wissenschaftlichen Fortschritte und eigener Erfahrungen der 
letzten Jahre von neuem durchgearbeitet, erweitert und verbessert 
worden. Dabei blieb immer, auch in der Form der Darstellung, 
das Hauptziel leitend, ein möglichst brauchbares Lehr- und Lern¬ 
buch zu schaffen, welchen Zweck es auch in hohem Maasse erfüllt. 

Vor einigen Wochen erschien ein neues „Lehrbuch der Augen¬ 
heilkunde“ von A. E. Fick. Nach der Ansicht des Verfassers 
sind unsere besseren Lehrbücher der Augenheilkunde zu umfang¬ 
reich, aus welchem Grunde er es versucht hat, uns ein Lehrbuch 
in knapperer Form varzuführen. Die pathologisch* anatomischen 
Angaben oder die Hypothesen sind nur insoweit erwähnt, als 
sie zur Veranschaulichung der Krankheitsbilder brauchbar sind. 
Sonst ist die Darstellung eine klare und übersichtliche, 157 zum 
Theil in Buntdruck ausgeführte Figuren tragen wesentlich zur Er¬ 
höhung der Verständlichkeit des Inhaltes bei. 


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Original fro-m 

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48 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 



Das Compendium der Augenheilkunde für Studirende und 
Aerzte von P. Silex ist in zweiter Auflage erschienen. Die¬ 
selbe ist wesentlich vermehrt und umgearbeitet. Das Kapitel über 
Retinoskopie, die Unfallstabellen und die augenärztliche Materia 
mediea sind hinzugekommen. 

Der „klinische Leitfaden der Augenheilkunde“ von J. Michel 
hat den Zweck, eine wissenschaftlich geordnete Darstellung des 
Gesammtgebietes der Augenheilkunde den Studirenden in mög¬ 
lichst gedrängter Form zu bieten. Mit seiner Hülfe und Führung 
soll der Studirende das, was er in der Klinik und in den prak¬ 
tischen Cursen an einer Reihe von Einzelfällen beobachtet und 
gelernt hat, zu einer Gesammtübersicht über die ganze Ophthal¬ 
mologie und zugleich sich der vielfachen Beziehungen zur allge¬ 
meinen Medicin bewusst werden. Dem praktischen Arzte soll die 
Möglichkeit geboten werden, an der Hand der früher erworbenen 
Kenntnisse sich rasch über den jetzigen Stand der Augenheilkunde 
zu unterrichten. Diesen Anforderungen genügt das Werk, das in 
gedrängter Form kein wichtigeres Kapitel der Augenheilkunde 
vernachlässigt, in vollem Maasse. 

Die dritte Auflage des „Leitfadens zum Gebrauche des 
Augenspiegels“ von A. Vossius bringt eine grosse Reihe unseren 
fortgeschrittenen Kenntnissen entsprechende Verbesserungen und 
Zusätze, sowie eine Vermehrung der Abbildungen. Ausserdem 
hat die Skiaskopie (Schattenprobe) die genügende Berücksichtigung 
gefunden. 

Die „Augenärztlichen Operationen“ von W. Czermak sind 
eine willkommene und vielversprechende Bereicherung der ophthal- 
miatrischen Litteratur. Zunächst giebt er eine Beschreibung und 
Abbildung augenärztlicher Instrumente und bespricht die Anti- 
und Asepsis bei den Augen Operationen. Der specielle Theil enthält 
die ausführliche Darstellung der Operationen an den Lidern, der 
Conjunctiva und dem Thränenapparate. Vorzügliche Holzschnitte 
erhöhen den Werth des trefflichen Werkes. Möge der Rest des¬ 
selben nicht mehr zu lange auf sich warten lassen. 


16. Alfr. Fournier, Vorlesungen über Syphilis hereditaria 
tarda. Bearbeitet von R. Körbl und M. v. Zeissl. Wien, 
Deuticke, 1894. Ref. Joseph (Berlin). 

Die bekannten Vorlesungen Fournier’s haben die beiden 
oben genannten Uebersetzer in deutscher Ausgabe erscheinen lassen. 
Es existirt bisher allerdings kein in deutscher Sprache verfasstes 
Werk über die tardive ererbte Syphilis. Das kommt wohl daher, 
dass in Deutschland der hereditären Spätsyphilis gegenüber ein 
grosser Skepticismus besteht. Fournier, der bekannte geist¬ 
volle Syphilidologe, ist der eifrigste Verfechter dieser Lehre. Er 
versteht darunter das Auftreten gewisser Erscheinungen in einem 
von der Geburt entfernten Lebensalter, sei es nun, dass sie zu 
dieser Zeit zum ersten male zu Tage treten, oder sei es, dass 
andere Symptome, welche denselben Ursprung hatten, in der aller¬ 
ersten Lebenszeit vorangingen. Der zweite Theil dieser Definition 
hat meiner Ansicht nach nichts mit der tardiven ererbten Syphilis 
zu thun, sondern gehört zu dem gewöhnlichen Symptomenbilde der 
Lues hereditaria. Trotzdem wird gewiss manchem Arzte die sehr 
sorgfältige deutsche Uebersetzung des aus der Feder Fournier’s 
hervorgegangenen Werkes willkommen sein. Nach einem kurzen 
Vorwort und dem Versuche einer Classification werden im ersten 
Theile die Elemente der Diagnostik, im zweiten Theile die Aeusse- 
rungen der Syphilis hereditaria tarda besprochen. Es folgt dann 
im dritten Theile anhangsweise die in der Kindheit acquirirte 
Syphilis. Die Ausstattung ist gut, der Preis von 10 Mark aber 
ein recht erheblicher. 


II. ZeitschriftenübersicM. 

17. J. Körösi, Ueber den Einfluss des elterlichen 
Alters auf die Lebenskraft der Kinder. Jahrbücher für 
Nationalökonomie und Statistik H3. Folge, Bd. IV. 

^ e * nen siebenjährigen Zeitraum von etwa 
80000 Kindern in Budapest die Todesursachen untersucht, indem 
er letztere in uterine und extrauterine eintheilt und unter ersteren 
solche versteht, bei denen der Keim der Krankheit bereits im 
Mutterleibe erworben ist (schwache Constitution, Lungentuberkulose, 
Scrophulose, Wasserkopf, Rachitis). Aus seinen Untersuchungen 
erhellt, dass die jüngsten Mütter (unter 20 Jahren) häufiger lebens¬ 
schwache Kinder zur Welt bringen, welche an uterinen Todes¬ 
ursachen zugrunde gehen. Aber auch den extrauterinen Todes¬ 
ursachen gegenüber zeigen sich diese Kinder weniger widerstands- 
ühig. Ein Vergleich der von unter 20jährigen und über 85jährigen 
geborenen Kindern zeigt, dass die Kinder der ersteren um 
etwa 50% häufiger an Dannkatarrh, aber um 75% häufiger an 
Rachitis, um 200% häufiger an Lungentuberkulose und Hydro- 
cephalus, um 300 % häufiger an Atrophie sterben. Der günstige 


Einfluss des zunehmenden Alters der Mutter auf die Lebenskraft 
des Kindes tritt erst gegen Ende der Zeugungsperiode etwa vo 
38 Jahre ab zurück, wo alsdann sich bei den Kindern eine Steigen»! 
der Todesfälle an Rachitis und Lungentuberkulose geltend macht 
Nicht so ausgesprochen war der Einfluss des väterlichen Alter 
doch stammten die lebenskräftigsten Kinder von Vätern zwischen 
36 und 40 Jahren. Der Altersunterchied zwischen den beiden Eltern 
machte sich wesentlich ungünstig geltend bei jugendlichem Alte- 
der Mutter und vorgeschrittenem des Vaters. Körösi warnt auf 
Grund seiner, durch fernere Beobachtungen zu erweiternden und 
erhärtenden Erfahrungen vor einer zu frühzeitigen Vereheliche 
der Mädchen und vor zu erheblichem Altersunterschied der die Eh» 
eingehenden Parteien. 0. Riedel (Lübeck) 


18. C. Flügge, Die Aufgaben und Leistungen d»r 
Milchsterilisirung gegenüber den Darmkrankheiten der 
Säuglinge. Zeitschr. f. Hyg. 1894, Bd. 17, S. 272—842. 

Die gelegentlich in der Milch vorkommenden Infections- 
erreger (Tuberkelbacillen, Typhus-, Cholera-, Diphtheriebacillen 
etc.) sind durch Erhitzung der Milch leicht abzutödten. Die re- 
sistentesten unter ihnen, die Tuberkelbacillen, gehen durch ein 
Pasteurisiren, bei welchem die Milch 80 Minuten lang auf 70°C 
gehalten wird, bereits zugrunde. Ungleich bedeutungsvoller als 
das gelegentliche Vorkommen dieser Bacterien ist, wie der Ver¬ 
fasser ausführt, die Erregung der verschiedenen Verdauungs- 
krankheiten der Säuglinge duroh die Kuhmilch. Diese Er¬ 
krankungen sind weder in klinischer, noch in pathologisch-ana¬ 
tomischer, noch in ätiologischer Beziehung etwas Einheitliches. 
Was aber die Aetiologie angeht, so weist die Statistik mit Sicher¬ 
heit darauf hin, dass in der Kuhmilch die wesentlichste Ursache 
der häufigen Darmkrankheiten der Kinder gesucht werden muss; 
und zwar ist es sehr wahrscheinlich, dass in der Kuhmilch vor¬ 
handene Bacterien die genannte schädliche Wirkung ausüben. 
Die bacteriologische Untersuchung hat nun constante. typische 
Differenzen zwischen normalem und pathologischem Kinderkoth 
nicht erkennen lassen; sie hat mit Bezug auf die Erreger der 
Darmkrankheiten nur eine Reihe von Möglichkeiten, die gleich¬ 
berechtigt erscheinen, ergeben. Insbesondere bleibt die Frage offen, 
ob specifische, schon in geringer Zahl inficirend wirkende Bacterien. 
oder aber toxinbildende Saprophyten ausschlaggebend sind. Erwägt 
man jedoch die nachgewiesenermaassen bestehende lokale und zeit¬ 
liche Abhängigkeit der Darmerkrankungen von der Wärme und 
den ebenso nachgewiesenen maassgebenden Einfluss der Kuhmilch¬ 
ernährung, so erscheint es wahrscheinlich, dass toxinbildenden, 
in höherer Wärme besonders stark wuchernden Sapro¬ 
phyten der Kuhmilch bei einem grossen Theile jener Erkran¬ 
kungen die Hauptrolle zukommt. Die seit 1886 in Ausbreitung 
befindliche Soxhlet’sche Methode des Milchkochens, sowie die seit 
dieser Zeit in Aufnahme gekommene Anwendung käuflicher stenli* 
sirter Milch haben, wie die Statistik zeigt, einen nachweisbaren 
Effect auf die Frequenz der Darmkrankheiten der Säuglinge nicht 
gehabt. Vielleicht liegt die Ursache hiervon nur darin, dass da» 
Sterilisiren der Milch bisher nicht in die ärmeren Bevölkerung»- 
kreise eingedrungen ist, in welchen die Darmkrankheiten der baug- 
linge vorzugsweise verbreitet sind. . , 

Was nun die Wirkung des Sterilisirens resp. des im tinz 
falle angewendeten Sterilisirungsverfahrens auf die in der - 
vorhandenen Bacterien angeht, so bewegen wir uns bei dem 
suche, diese Verhältnisse zu analysiren, zur Zeit noch au e 
unsicherem Boden. Flügge stellt sich in der vor “ e ^ ■ 
Arbeit die Aufgabe, einen Beitrag zur Klarstellung folg« 1 * 0 . 

Punkte zu liefern: 1) Prüfung der Bacterien der Kuhmilc * 

hin, welche Arten resp. Gruppen von Arten durch ihr w® 8 
Verhalten und namentlich durch Production von Toxinen 
dacht erwecken, dass sie zu Darmkrankheiten der oaug e 
Beziehung stehen. 2) Prüfung der Leistungsfähigkeit u " 
herigen Sterilisirungsverfahren gegenüber den etwa ms . ^ 
erkannten Milchbacterien, und Untersuchung, m 
Verfahren eventuell zu modificiren sind, um einen sich 


gegen jene Bacterien zu gewähren. . ., or v 0in . 

Bei der Untersuchung der Kuhmilch auf die m s 0 | c j,f 

inenden Bacterien berücksichtigte Flügge beso ^ 

Arten, welche bei kurzem Aufkochen der Mfl°h Ich® ^ er ij e blich 
die bei höherer Temperatur, zwischen -5> und ou ^ ^ lC 
besser wachsen als bei niedrigerer (18—20 t). . 

der Erwägung, dass die Milch auch bei ärmeren De . t ^ 
lingen im allgemeinen in aufgekochtem Zustan e g *1 

und dass die Dannerkrankungen der Finder von ^^50 
sehr abhängig sind. Durch das Erhitzen der Mnc ^ 

bei kurzem Aufkochea der Milch 


Milchsäurehacterien, die Proteusarten, 
terium coli-Arten etc. zugrunde. Diese ganze ma«» 


die 


Jfildi- 


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UMIVERSITY OF MICHK 


30. August. 


LITTER ATÜH - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


49 


bacterien erscheint daher im ganzen unverdächtig und kann vor¬ 
läufig vernachlässigt werden. Die restirenden Arten lassen sich 
wieder in zwei Gruppen scheiden: 1) Obligat anaörobe, die Milch 
meist stärker zersetzende Bacillen, mit ziemlich widerstandsfähigen 
Sporen; 2) aerobe, resp. facultativ anaerobe Bacillen, der Gruppe 
der Heu- oder Kartoffelbacillen zugehörig, die am besten als pep- 
tonisirende Bacterien bezeichnet werden, mit ausserordentlich 
resistenten Sporen. 

Unter den obligat anaöroben Arten ist der bei weitem 
häufigste der Bacillus butyricus Botkin. Er ist geradezu 
all verbreitet. Er findet sich fast in jeder Milch, sobald grössere 
Mengen in Untersuchung genommen werden, in fast jedem Brunnen¬ 
wasser, in der Erde, im Staub, stets in Säuglingsfäces. Seine 
Sporen gehen bei 80 Minuten langem Kochen der Milch noch nicht, 
stets dagegen bei l l /2 ständigem Kochen zugrunde. Schädliche 
Wirkung der Culturen auf Versuchsthiere vermochte Flügge nicht 
zu constatiren. Ausserdem werden von Flügge noch drei weitere 
Anaörobenarten beschrieben, deren Sporen zum Theil eine grössere 
Resistenz besitzen als die des Bacillus butyricus Botkin und von 
denen bei zweien auch schädliche Wirkungen der Culturen auf 
Versuchsthiere festgestellt wurden. Immerhin hält es Flügge 
kaum für wahrscheinlich, dass zahlreichere Darmerkrankungen des 
Säuglings auf die Anaeroben der Milch zurückzuführen sind. Bei 
zweistündigem Kochen der Milch werden die Anaeroben zerstört. 

Was die peptonisirenden Bacterien der Milch angeht, 
so hat zuerst Loeffler auf das häufige Vorkommen dieser Bac- 
teriengruppe hingewiesen; Hueppe hat mehrere dieser Arten als 
„Bacillen der bitteren Milch“ zusammengefasst; auch Duclaux 
hat diese Bacterien zum Theil studirt und die grosse Resistenz 
ihrer Sporen, die die Sterilisirung der Milch erschwerten, betont. 
Diese Bacterien sind ausserordentlich häufig. Man weist sie in 
der Milch nach, indem man dieselbe zwei Stunden lang behufs 
Abtödtung der Anaeroben kocht und dann bei 85° C hält. Nach 
einigen Tagen treten Peptonisirungserscheinungen ein. In der Ver¬ 
kaufsmilch gelingt der Nachweis meist schon an kleinen Proben 
von 10—20 ccm. Sind diese peptonisirenden Bacterien spärlicher 
in der Milch, so verderben von einer grösseren Anzahl kleiner 
Proben nur wenige. Da der Kuhkoth, namentlich während der 
Grünfutterperiode, sehr reich an diesen Bacterien resp. ihren 
Sporen ist und die letzteren auch dem Grünfutter selbst in grossen 
Mengen anhaften, so findet man die geringste Sporenzahl in solcher 
Milch, welche besonders reinlich gemolken und sorgsam gegen 
Kuhexcremente und Futterstaub geschützt ist (sog. „Kindermilch“). 
Die hierhergehörigen Bacterien, von denen Flügge zwölf ver¬ 
schiedene Arten beschreibt, bewirken, am besten bei ca. 35°, eine 
Peptonisirung des Milchcasel'ns, wodurch die Milch einen bitteren, 
kratzigen Geschmack annimmt. Sehr beachtenswerth ist die That- 
sache, dass Milch, in welcher Milliarden solcher Bacterien wuchern, 
für ein Laienauge noch völlig normal und unverändert erscheinen 
kann. Die Sporen dieser Bacterien halten sämmtlich eine zwei¬ 
stündige Erhitzung auf 100° C aus; bei mehreren Arten unter 
ihnen ist die Resistenz noch erheblich grösser, und für eine Art 
wurde ermittelt, das die Sporen durch sechsstündiges Erhitzen auf 
100° C noch nicht mit Sicherheit vernichtet werden. Eine Ver¬ 
mehrung der peptonisirenden Bacterien findet unter 22° C kaum 
statt. Unter den zwölf isolirten Arten, welche in diese Gruppe 
der peptonisirenden Bacterien gehören, fand Flügge neun, welche 
keinerlei (durch Thierversuche nachweisbares) Toxin bildeten; die 
drei übrigen (wiederholt aufgefundenen) Arten jedoch riefen in 
ihren Reinculturen in Milch bei verschiedenen Versuchsthieren 
schwere Vergiftungserscheinungen hervor und liessen namentlich 
bei Verfütterung an junge Hunde diese an profusen, zuweilen zum 
Tode führenden Diarrhöen erkranken. Aber auch abgesehen von 
dem hiermit direkt gelieferten Nachweis der Giftproduction bei 
einigen Arten, sind die peptonisirenden Bacterien insgesammt nicht 
unbedenklich wegen der mit ihrer Vermehrung in der Milch statt¬ 
findenden Peptonproduction; die Peptone erzeugen bekanntlich 
bei längerer Verabreichung regelmässig Symptome von erheblicher 
Reizung und Schädigung des Darmcanals. 

Um eine Milch von diesen schädlichen Bacterien frei zu halten, 
giebt es zwei Wege. Entweder 1) die Milch wird völlig keim¬ 
frei gemacht; hierzu sind aber sehr hohe Hitzegrade oder ganz 
besondere, die Wirkung der Hitze unterstützende Mittel nöthig; 
oder 2) die Milch wird durch kurzes Kochen von allen leicht zu 
tödtenden Keimen befreit, dann aber, damit der Rest von wider¬ 
standsfähigen Sporen zu keiner Wucherung gelängte bei einer 
Temperatur unter 20° C aufbewahrt. 

Behufs der totalen Sterilisirung der Milch ist, wenn diese 
Sterilisirung in einem Tempo ausgeführt werden soll, eine sechs- 
bis siebenstündige Einwirkung einer Temperatur von 100° C oder 
eine 3 l /2 bis 4 Stunden lange Einwirkung einer Temperatur von 


102 bis 1030 C nothwendig. Dabei wird die. Milch aber dunkel¬ 
braun von Farbe und unangenehm von Geschmack. Soll Farbe und 
Geschmack nicht verändert werden, so lässt sich eine totale 
Sterilisirung nur entweder durch discontinuirliche Erhitzung (fünf- 
bis sechsmalige kurze Erhitzung auf 100° C mit 12 bis 24 ständigen 
Pausen, während deren die Milch an einem mässig warmen Orte 
steht) oder durch Erhitzung in gespanntem Dampf von 120o Q 
(oder höherer Temperatur) erreichen, wie bereits Hueppe (1884) 
angegeben hat. Immerhin ist die völlige, sichere Sterilisirung der 
Milch schwierig und zeitraubend. Dass sie trotzdem auch im 
Grossbetriebe, ohne gröbere Veränderung der Milch möglich ist, 
zeigt das Präparat der Natura-Milchfabrik in Waren in Mecklen¬ 
burg. Diese Milch, welche übrigens für den grösseren Consüm 
viel zu theuer ist, unterscheidet sich äusserlicli durchaus nicht von 
einer im Hause kurze Zeit gekochten Milch und ist dabei völlig 
steril. 

Die sogenannte „sterilisirte Milch“ oder „keimfreie Dauer¬ 
milch“ des Handels, wie sie von einer ganzen Anzahl von Firmen 
geliefert wird, ist, wie Flügge an der Hand eigener Erfahrungen 
und der Angaben früherer Untersucher nachweist, ein völlig un¬ 
sicheres und gefährliches Präparat. Es handelt sich dabei um eine 
nur partiell sterilisirte Milch, welche, besonders im Hoch¬ 
sommer, häufig durch die in ihr wuchernden peptonisirenden 
Bacterien verdirbt. Flügge untersuchte Proben solcher „sterili- 
sirten Milch“ von allen möglichen Finnen. Nachdem die Proben, 
einige Zeit bei höherer Temperatur (27°, 30°, 35° C) gehalten 
waren, fand er 30 bis 100 o/o von ihnen mit Bacterien durchsetzt. 
Soll derartige Milch keinen Schaden anrichten, so muss sie tiach 
der Herstellung bis zum Verkauf kühl unter 18° C — aufbe¬ 
wahrt werden. Sie darf ferner nicht die Bezeichnung „keimfreie 
Dauermilch“ tragen, sondern es muss auf dem Etikett z. B. heissen l 
„E rhitzte Milch. Nicht keimfrei. Muss ’ unter i8 ü G aufbewahrt 
oder binnen 12 Stunden verbraucht werden.“ 

Eine partiell sterilisirte Milch, welche wesentlich^ dieselben 
Eigenschaften hat wie die eben besprochenen Präparate, lässt Sich 
sehr leicht im Hause selbst her stellen. ' Durch kurzdauerndes 
Kochen — 10 Minuten genügen, und eine 45 Minuten lange Koch- 
dauer ändert daran nichts wesentliches — werden die Milchsäure- 
bacterien abgetödtet. Damit nun die verbleibenden An aeroben unu 
peptonisirenden Bacterien nicht;zur Vermehrung gelangen können^ 
ist es nöthig, die Milch nach- dem Kochen so rasch wie möglich: 
abzukühlen und dann kühl -^ möglichst unter 18° C bis zum 
Gebrauche aufzubewahren. Ist die Kühlhaltung unter 18° C nicht 
möglich, so muss die hach 12 Stunden nicht verbrauchte Milch 
nochmals gekocht und wiederum abgekühlt werden. Die Erhitzung 1 
kann im Wasserbad geschehen; oder man benutzt Kochtöpfe, die 
direkt auf das Feuer gestellt werden und die den Rücklauf der 
kochenden Milch in den Topf gestatten; so dass die lebhaft wallende 
Milch nicht überkocht. Nach Flügge’s Ansicht sind' in dieser 
Hinsicht am besten geeignet irdene Kochtöpte mit durchlochtenri* 
Deckel. Die Deckel haben in der Mitte ein kurzes Rohr von circa 
2 cm weitem Durchmesser, in der Peripherie vier oder’ fünf Löcher 
von nahezu 1 cm Durchmesser (Abbildung auf S. 336 der Original¬ 
arbeit). Kocht man die Milch in solchem Topf auf lebhaftem 
Feuer, 60 wallt sie durch die mittlere Oeffnung in die Höhe, und 
fliesst durch die anderen Löcher des Deckels, wieder in den Topf, 
zurück, so dass kein Ueberkochen stattfindet. 

Carl Günther' (Berlin). 

19. Th. Sommerfeld, Die Berufskrankheiten der Por¬ 
zellanarbeiter. VierteQjahrsschrift. für öffentliche Gesundheits¬ 
pflege Bd. XXV, Heft 2/ 

Nach einer orientirenden Beschreibung über die bei der Her¬ 
stellung des Porzellans inbetracht kommenden Arbeiten, das Zer¬ 
kleinern und die Mischung des Rohmaterials, die Verwandlung, 
desselben in eine bildungsfähige Masse, die Formgebung, das;. 
Glasiren, das Bemalen und das Brennen schildert Sommerfeld 
die Gefahren, welche aus denselben den Arbeitern erwachsen können 
und welche namentlich in J der Einatlmmng deT bei der Porzellan¬ 
fabrikation sich entwickelnden Staubarten, in der gezwungenen itnd 
ungesunden Körperstellung, welche einzelne der Arbeiten erfordern, 
zu suchen sind. Hierzu kommt noch, die vielfach unzwockmässigoi 
Lebensweise dieser Arbeiter und ihre häufige Neigung zu Alkohole 
missbrauch. Er fordert zur Beseitigung dieser Gefahren eine sorg*: 
fältige Auswahl der Arbeitsräume, häufiges Reinigen der Localo 
und Geräthe, möglichste Vermeiden der Bearbeitung der fertigen' 
Waaren auf trockenem Wege, die Anwendung geeigneter Respiratoren, 
fleissige Körperübungeil für solche Arbeiter, welche zu einer üip 
gesunden Körperstellung während der Arbeit gezwungen sind, um 
zweckmässige Beschränkung der, Arbeitszeit.; Eine kleine Statistik• 
über die Sterblichkeit unter den Porzellanarbeitern vervollständigt 
die interessante Schilderung. Ä. Pfeiffer (Wiesbaden). 


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LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


20. Nussbaum, Ein Beitrag zu den Trockenheitsverhält¬ 
nissen der Neubauten. Arch. f. Hyg. Bd. XVII. 

Die baupolizeilichen Vorschriften zur Sicherung einer Austrocknung 
der Neubauten beschränken sich meist auf Forderung bestimmter Aus¬ 
trocknungsfristen, welch’ letztere in ihrer Wirksamkeit von den Witte* 
rungseinflüssen abhängig, den gesundheitlichen Anforderungen nicht vollauf 
Genüge leisten können. Man würde von solchen Fristen, die ja ausser¬ 
dem in volkswirtschaftlicher Beziehung durch längeres Brachliegen des 
Capitals schädigend wirken, ab sehen können, wenn anderweitige Maass¬ 
regeln zur schnellen Austrocknung und zum Schutze der Wohnungen 
gegen Feuchtigkeit zur Verfügung ständen. Als solche Maassnahmen 
räth Nussbaum auf Grund eigener Prüfung folgende an: 

Um die Wohnräume von der Feuchtigkeit der massiven Aussen- 
mauern unabhängig zu machen, empfiehlt sich nach Fertigstellung 
letzterer und Ueberdachung die Herstellung dünner, von den Aussen- 
wänden durch eine isolirende Luftschicht getrennter Vorwände. Als 
Material zu letzteren eignen sich poröse, schnell austrocknende Steine, 
nämlich entweder dio sogenannten rheinischen Schwemmziegel (aus Bira- 
steintheilchen und Mörtel hergestellt), oder gebrannte Ziegel, welche 
künstlich luftdurchlässig gemacht sind, indem man dem Lehm vor demBrennen 
Grus von Braunkohle, Steinkohlo, Torf oder Sägemehl zugesetzt hat. 
Oder man kann an Stelle solcher isolirten Vorwände die Verputzung auf 
einer Schalung von Rohrung oder Drahtgewebe anbringen, welche durch 
Holzleisten von der Aussenwand in Abstand gehalten sind. — Für die 
Fenster sind Doppelfenster oder wenigstens eine doppelte Einglasung der 
einfachen Fenster erforderlich. Die Vortheile, welche die genannten Vor¬ 
kehrungen hinsichtlich Fernhaltens des Strassenlärms und in ökonomischer 
Beziehung durch Heizersparniss mit sich bringen, werden meist hinreichend 
sein, um die Mehrkosten der Anlage aufzuwiegen. 

Für die Innenmauern empfehlen sich, indem man die Belastung auf 
Pfeiler von Stein oder Eisen überträgt, dünne Wände aus rasch trocknenden 
Stoffen, bezw. den oben genannten durchlässigen Ziegeln. (Eine Ausnahme 
machen natürlich dio Wände des Treppenhauses und der Schornsteine.) 

Gegen das Aufsteigen der Erdfeuchtigkeit können Isolir- 
schichten von Blei, Asphalt, dichtem Cementguss oder Paraffin dienen, 
welches in geschmolzonem Zustande mittels Pinsels aufgetragen und dann 
mit heissem Eisen gebügelt wird, um ein festes Haften am Stein zu er¬ 
zielen. Eine Cementschicht unter dem ganzen Hause kann zugleich wirk¬ 
sam gegen das Aufsteigen übler Gase aus dem Erdboden schützen. 

Ein weiterer wesentlicher Vortheil für die baldige Benutzbarkeit 
eines Gcbäüdes lässt sich durch Verwendung eines geeigneten Mörtels 
erzielen, während der Mörtel in der bisherigen Form die Forderungen 
schnell erlangter Festigkeit, der Haltbarkeit und schneller Austrocknung 
nicht erfüllt. Diese Uebelstände des Kalkmörtels werden durch Zusatz 
von langsam bindendem Portlandcement beseitigt, indem man ein Theil 
Portlandcement mit einem Theil Kalk und 9—12 Theilen Sand (oder auch 
im Verhältniss von 1:2:12—16) verwendet. Es erhält hierbei der Mörtel 
früher seine Festigkeit, während andererseits durch den grossen Sand¬ 
zusatz eine erhöhte Luftdurchlässigkeit erzielt und eine Preiserhöhung 
nahezu vermieden wird. 

Dio Luftdurchlässigkeit des Wand putz es kann noch durch Zusatz 
poröser Stoffe (Bimstcinabfällo) zum Mörtel erhöht werden, wobei aller¬ 
dings der oberste, etwa 2 mm starke Ueberzug, um eine glatte Oberfläche 
zu erzielen, aus feinsandigem Mörtel hergostellt werden muss. 

Schliesslich ist eine besondere Vorsorge dafür zu treffen, dass die 
Zwischendecken entweder ohne Wasservorwendung (keinLehmschlag!) 
aus vollkommen lufttrockenen Stoffen hergestellt worden, oder dass die 
Wasser enthaltenden Theile sofort nach der Dacheindeckung eingebracht 
werden und Gelegenheit zum Austrocknen haben. 

Werden alle diese angegebenen Bauweisen in Verbindung mit zweck¬ 
entsprechendem Mörtel zur Anwendung gebracht, so kann ein Gebäude 
in kürzester Frist fertiggestellt und ohne Schaden bewohnt werden. Frei¬ 
lich werden solche Baumethoden nur dann Eingang finden, wenn gesetz¬ 
lich bei ihrer Anwendung von Einhaltung der Austrocknungsfristen ab¬ 
gesehen werden wird. 


21 . W. Collingridge, On pratical points in the hygiene of 
ships and quarantine. Lancet May 5, 1894. 

In seiner Vorlesung über praktische Gesichtspunkte für Schiffshygiene 
und Quarantaine beschränkt sich Collingridge, Hafenarzt des Londoner 
Hafens, im wesentlichen auf die hygienischen Bedingungen der Unter¬ 
bringung und Verpflegung der Schiffsmannschaft. Letztere beziffert sich 
in der britischen Handelsmarine auf l /i Million Köpfe! Aus der Fülle 
der gebotenen Anregungen möge Folgendes hier Erwähnung finden. 

Das Mannschaftslogis unter Deck darf, wenn überhaupt, nur noch 
ar ganz kleinen Schiffen zugelassen werden, da os dort kaum möglich 
is*. den Ansprüchen an ein gesundes Wohnen nur einigermaassen gerecht 
zu werden. Besser ist das Logis in der Back. Ara besten werden 
aber Deckhäuser als Logis dienen, da nur hier Luft und Licht frei 
JßL^stehen. Die von der Merchant Shipping Act vom Jahre 
loo4 für jeden Kopf der europäischen Mannschaft verlangten 72 Cubikfuss 
Luftraum werden durchweg jetzt reichlich gewährt, in der richtigen Er- 
icenntniss, dass unter angenehmeren hygienischen Aufenthaltsbedingungen 
S 6 n • f. leisten können und lieber auf dem Schiff verbleiben. 

Hoffentlich ist die Zeit nicht fern, wo 100 Cubikfuss für den Kopf ver¬ 
langt und gewährt werden was bei einer Höhe des Logis von 6 Fuss 
einer Grundfläche von 16 Quadratfuss entsprechen würde. In alten Segel¬ 
schiffen findet man allerdings zum Theil noch das Logis so niedrig, dass 
dreieok^ S ^ehen unmöglich ist. Ein Uebelstand ist die spitz zukufende 
Ä ^orm des Vorderschiffes, so dass beim Logis Snter Deck die 

Hefig entehrt!“ 611 Wmkel bÜdet ’ der der Lüftung und Be- 


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Die innere feste Holzbekleidung der eisernen 
standen aus dem Bedürfniss eines Schutzes gegen Temi 
und Condensation der Feuchtigkeit, wird leicht zu einer 
Schmutz und Ungeziefer. Die nothwendige Isolirung der t 
wird zweckmässiger durch eine Bekleidung mit feingekörntei 
stellt, indem man in einer dicken Firnissschicht Korkpulver 
Wandbekleidung kann immer rein gehalten werden und . 
stete Controlle der Beschaffenheit der eisernen Wandtheile; 

Weise soll die glatt und solide hergestellte Decke des Loris, namentli 1 
über den Kojen bekleidet sein. Zwischen letzteren und der Wand vf 
ein Zwischenraum sein, welcher eine allseitige gründliche Siubenme e 
stattet. Es sollen nie mehr als zwei Kojen sich über einander befind^ 
Von diesen muss die obore mit einem festen undurchlässigen Boden w 
sehen sein, die untere, welche einen Einsicht und Reinigung gestattend?! 
genügenden Abstand vom Boden haben muss, wird zweckmässig mit ein*-- 
Drahtmatratze ausgestattet werden. 

Hinreichende Ventilationsvorrichtungen und genügende Licht- 
Zufuhr sind ein Haupterforderniss des Logis. Sind sie in genügendem 
Maasse vorhanden, dann wird auch von den Insassen das ihrige zur b 
haltung der nothwendigen Reinlichkeit gethan werden. Die Vordorlaket 
sollen mit Schutzvorrichtungen gegen die Anker versehen sein. Sind 
sio mangels solcher Vorrichtungen erst einmal lädirt worden, so liest di** 
Gefahr nahe, dass man ihre Oeffnungen dauernd verschüesst. 

Was die Heizung betrifft, so ist der übliche viereckige eisen» 
Ofen seiner bekannten Fehler wegen zu verwerfen, zumal seine Kanten 
leicht abgestossen werden. Es empfiehlt sich vielmehr ein schmiedeeiserner, 
mit feuerfestem Thon ausgekleideter, runder Ofen, dessen Rauchrohr w 
starkem Eisen unter Vermeidung aller winkligen, zu schneller Conosk 
neigenden Constructionen, im Bogen verläuft und durch einen Ventikrr 
abführt. Wird in warmer Jahreszeit der Ofen entfernt, so soll d-r 
Ventilator jedenfalls seinen Platz behalten. 

Wenn es die räumlichen Verhältnisse irgend gestatten, so soll di- 
Volkslogis von der Spitze des Schiffes (bezw. dem Collisionsschott 
durch einen besonderen, ventilirten Raum getrennt bleiben, welcher n; 
Aufnahme der Oelröcke und nassen Kleidungstücke dienen kann. Niemals 
sollen Dampfwinden oder dergleichen durch das Logis hindurchführ^n 
da sie durch die Hitze und Feuchtigkeit schädlich wirken oder auch durth 
Zerspringen Gefahr bringen können. Führen die Ankerketten durch d*- 
Logis, so sollten sie in festen luftdichten Röhren eingeschlossen sein, in 
einer Verschmutzung des Raumes und übelriechenden Ausdünstung?: 
vorzubeugen. 

Für einen Baderaum sollte überall gesorgt werden; die Seele* 
wissen die Annehmlichkeit eines solchen sehr gut zu schätzen. De: 
Boden und die unteren Wandtheile desselben müssen aus Bleit&feln be¬ 
stehen; warmes Wasser, einige galvanisirte eiserne Kessel oder Tröge za: 
Kleiderwäsche müssen dort zur Verfügung stehen. 

Die Closets sollen, um eine Betriebsstörung zu vermeiden, in 
übrigen von möglichst einfacher Construction, wenigstens aber auf Dampfen 
stets mit Wasserspülung versehen sein. Ihr Boden muss cementirt. £• 
theert und zweckmässig geneigt sein, für Ventilation und Licht ist selr-s- 
verständlich zu sorgen. Ist der Deckel des Closets zum Aufklapp» 
eingerichtet, so kann dasselbe zugleich als Pissoir dienen. . 

Auf jodem Schiffe, von einer gewissen Grösse aufwärts, sollte 
Lazareth verlangt werden, d. h. ein gut ventilirter, isolirter Raumi*-‘ 
eiserner Bettstelle, Wascheinrichtung und Sessel, um bei einem L-ngi ■ 
fall oder ansteckenden Krankheitsfall Ruhe und Isolirung zu ermögiL 

Bei der Reinigung des Schiffes soll Vorsicht ew ‘: ' 
reichliche Wasserverwendung geübt werden, namentlich sind die Mas*, 
räume so trocken wie möglich zu halten. , 

Hinsichtlich der Beköstigung mangelt es noch 80 Li 

setzlichen Vorschriften. Letztere verlangen nur, dass sich li * ‘ 
und Zucker auf dem Speisezettel befinden. Letzterer ist un .wj 
einförmig und nimmt meist nicht genügend Rücksicht auf die _ * - : 
Verhältnisse der Reisen. Immer noch nimmt das gesalzene * 
zu dominirende Stellung ein, während mehr Werth auf jnsc * . 

gelegt werden sollte. Letztere Hesse sich selbst ohne Mehr 
stellen. Ein wichtiger, nicht genügend gewürdigter Punkt \ _ 

Zubereitung, beziehungsweise das Kochen. Während zur Ae . 

bahn und Ausbildung des Schiffskoches oft recht fragwür g « . 

soUte man dahin streben. Schulen für Schiffsköche mit t e‘.£ P y pr . 
einzuführen, deren Absolvirung für die Köche grösserer bchine 
dingung sein müsste. . , . . n(r1 : rh der Meu 

Die Wasserversorgung giebt jetzt weniger J?'«.hmnwwei» & 
des gewährten Wassers, als hinsichtlich der Aufbewaluu ^ ^ ^ 
Wassers zu Bedenken Veranlassung. Hölzerne Gefasse 
Wasservorrath nur im NothfaHe erlaubt sein. Die eise ^ T , ; . 
aussen gestrichen, innen auscementirt und ml V e V* e n.,; r htiiruni: 
sehen sein, welches nach jeder Reise eine gründliche 

Reimgmg^gestattend c&Mnen der Passagiere ***',, 

Collingridge nur kurz berührt. Speciell die Wo w 

Officiere lassen auf manchen Dampfern sehr zu wünsc j^ ara a- 
sie dem für die Mannschaft bestimmten Logis manc geraum & 
Ventilation nachstehen. Die so häufige Combraatio p erson jnr R 
Closet ist nur zulässig, wenn dieselben nur für e ., fl uetres* 

nutzung bestimmt sind. Jedenfalls sind aber die. j er ßadewäi- | 

zu führen, damit eine etwaige rückläufige Verunrei gu g j 

vermieden wird. ,. p on }enntf ■ 1 

Für Maschinen- und Feuerungsräume m « welches y? 
Hygiene mit dem Interesse der Sparsamkeit ’ reichliche L* ■ 

vollständiger Verbrennung der Köhlen * ein ® windaeg«!* verl^ ; 
zufuhr durch Ventilatoren, ausnahmsweise äucu aun» 


Original from 

UNIVERSITT OF MH 



3Ql August. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


51 


Nur ganz kurz gedenkt Collingridge schliesslich der Quarantäne 
eis einer nahezu völlig überwundenen Maassregel, die mehr und mehr 
einem rationellen Inspicirungssystem Platz gemacht hat 

Er schliesst mit den Worten Turnbell’s: „Um ein Schiff gesund zu 
erhalten, halte es trocken und rein, vermeide Erkältung und übermässige 
Anstrengung, sorge für warme Kleidung im Winter und halte stramme 
Manneszucht“. 0. Riedel (Lübeck). 

22. A. Wladimiroff, Ueber die antitoxinerzeugende und 
immunisirende Wirkung des Tetanusgiftes bei Thieren. 
Zeitschr. f. Hygiene u. Infectionskrankheiten Bd. XV, S. 405. 

Wladimiroff stellte zunächst die tödtliche Minimaldosis einer 
Tetanuscultur für verschiedene Thierarten fest. Das Ergebniss 
war folgendes: auf das Körpergewicht berechnet betrug die Mini¬ 
maldosis für weisse Mäuse 1:500 000 (Empfänglichkeit = 1), für 
Meerschweinchen 1:1000 000 (Empfänglichkeit = 2), für weisse 
Ratten 1: 50 000 (Empfänglickeit = Vio)> für Ziegen 1: 250 000 
(Empfänglichkeit = V 2 ), für Kaninchen ca. 1:24 000 (Empfänglich¬ 
keit ca. V100). In einer zweiten Versuchsreihe wurde besonders an 
milchenden Ziegen geprüft, wie dieselben sich immunisirenden 
Tetanusculturdosen gegenüber verhalten. Der zwölfhundertste Theil 
der tödtlichen Minimaldosis brachte nur eine vorübergehende Tem¬ 
peratursteigerung hervor; erst als die Dosis um das sechsfache 
gesteigert war, trat kräftigeres Fieber und eine lang protrahirte 
Störung in der Körpergewichtszunahme ein. Nachdem dann wiederum 
kleinere Dosen eingeführt wurden und schliesslich nur etwa der 
15 000. Theil der tödtlichen Minimaldosis beigebracht war, trat 
eine bedeutend stärkere Temperatursteigerung (40,1°) und Abnahme 
des Körpergewichts ein. Es war also das Thier bedeutend empfäng¬ 
licher geworden, als es normalerweise war, und es war derjenige 
Zustand eingetreten, den Behring als Ueberempfindlichkeit be¬ 
zeichnet. Trotzdem war das Blut der betreffenden Ziege imstande, 
Mäuse gegen Tetanus zu immunisiren — der Wirkungswerth be¬ 
trug 1:1000. Dieses scheinbar paradoxe Factum, dass ein Thier, 
dessen Empfänglichkeit für ein Gift erhöht ist, nun doch ein das¬ 
selbe Gift zerstörendes Serum liefern kann, sucht Wladimiroff 
dadurch zu erklären, dass die Empfindlichkeit des Thieres von dem 
Zustande der lebenden Zellen, die „Giftwiderständigkeit“ (sit venia 
verbo! Ref.) dagegen von den in den Flüssigkeiten gelösten Anti¬ 
toxinen abhängig sei. (Eine äusserst gekünstelte Anschauung, 
welcher der Ref. hier ausdrücklich entgegentreten will. Sie zu 
widerlegen, ist im Rahmen eines Referates nicht möglich.) — 
Weiter fand Wladimiroff, dass bei den verschiedenen von ihm 
mit Tetanusgift vorbehandelten Thieren die immunisirende Wirkung 
der Milch der des Serums parallel ging; doch war die Wirkung 
der Milch immer geringer als die des Serums. — In einer dritten 
Versuchsreihe wurde untersucht, mit wie kleinen Dosen es noch 
möglich ist, die Widerstandsfähigkeit weisser Mäuse gegen Tetanus¬ 
gift zu erhöhen. Es zeigte sich dabei, dass von zwei Thieren, die 
annähernd die gleiche Dosis (0,14 und 0,11 ccm) erhalten hatten, 
nur dasjenige, bei dem die Application in sieben Iiyectionen statt¬ 
gefunden hatte, dauernd geschützt blieb, während das Thier, bei 
dem die Menge von 0,11 ccm in vier Injectionen eingeführt war, 
schon nach fünf Tagen an Tetanus einging. Es scheint also auch 
die zeitliche Application des Giftes für die Immunisirung eine Rolle 
zu spielen. 0. Lubarsch (Rostock). 

28. Karl Kresling, Zur Biologie und Chemie des 
Tuberkel- und des Rotzbacillus. Vorläufige Mittheilung. Aus 
der epizootologischen Abtheilung des Kaiserlichen Instituts für 
Experimentalmedicin. Pharmaceutische Zeitschrift für Russland 
1894, No. 19. 

Unter der Ueberschrift „Zur Biologie des Tuberkel- und Rotz¬ 
bacillus“ hat Mag. K. Kresling eine vorläufige Mittheilung veröffent¬ 
licht, welche in gedrängter Kürze die wesentlichsten Resultate mehr¬ 
jähriger experimenteller Studien über die beiden genannten Bac- 
terienarten wiedergiebt. Der Schwerpunkt der Mittheilung ist 
darin zu sehen, dass es dem Verfasser gelungen ist, aus den Rein- 
culturen von Rotz- und Tuberkelbacillen Alkaloide darzustellen, 
welche in ihrer toxischen Wirkung den üblichen Toxinextracten 
aus den gleichen BacterienCulturen, dem Maliern resp. dem Tuber¬ 
kulin, ähnlich sind. 

Zur Gewinnung der Alkaloide bedurfte Verfasser solcher flüssiger 
Culturen, in denen die Stoffwechselproducte der Bacterien ad maxi- 
mum angehäuft waren, — und er verschaffte sich dieselben auf 
folgendem Wege. 

Für die Rotzbacillen benutzte er als Nährmedium Fleisch¬ 
peptonglycerinbouillon, in welcher er die Bacillen so lange vege- 
tiren liess, bis sie abzusterben begannen; darauf sterilisirte er die 
ganze Culturflüssigkeit durch Erwärmen, befreite sie vermittels 
Filtration durch die Chamberland’sche Kerze von den Bacterien- 
leibem und beschickte sie nach abermaliger Sterilisation von neuem 
mit Rotzbacillen. Diese Procedur wiederholte er so lange und so 


oft (bis zu 15 mal), als in der Flüssigkeit überhaupt noch Stoffe 
enthalten waren, die den Bacillen zur Nahrung dienen konnten. 
Hierbei konnte er sich davon überzeugen, dass die Giftigkeit der 
sterilisirten Culturflüssigkeit nur bis zu einer gewissen Grenze, 
etwa bis zur fünften Generation, ansteigt, weiterhin aber keine 
Steigerung mehr erfährt, obwohl sich die Bacterien auch in den 
ferneren Generationen sehr gut, vielleicht sogar besser als in 
früheren, entwickeln. Dieser letzte Umstand ist an und für sich 
interessant, weil er beweist, dass die Rotzbacterien durch die An¬ 
häufung ihrer eigenen Stoffwechselproducte weder in ihrer Wachs¬ 
thumsenergie, noch auch, wie Verfasser angiebt, in ihrer Virulenz 
geschädigt werden. 

Für die Tuberkelbacillen hat sich als günstigster Nährboden 
eine neutrale Fleischbouillon (500 g Rindfleisch zu 1 Liter Bouillon 
verarbeitet) mit einem Zusatz von 0,5 °/o Na CI, 1 % Pept. sicc. 
und 5 % Glycerin erwiesen. Bezüglich des Peptons macht Ver¬ 
fasser folgende Angabe: „Ein Mehrzusatz von Pepton verschlechtert 
das Wachsthum, sobald er 3 % übersteigt, und zwar in steigen¬ 
dem Maasse, bis bei einem Peptongehalt von 8—10 % das Wachs¬ 
thum völlig aufhört. Auch in einer Peptonlösung 1 ), welcher nur 
0,5 % NaCl 2 ) zugesetzt ist, vermag der Tuberkelbacillus nicht zu 
wachsen; bei einem Glycerinzusatz von 3—10 % zu dieser Lösung 
erfolgt eine geringe Entwickelung.“ Er schliesst daraus, dass das 
Pepton an und für sich für den Tuberkelbacillus ein schlechtes 
Nährmittel ist (in grossen Concentrationen sogar ein Gift); an¬ 
dererseits aber constatirt er, dass der Tuberkelbacillus in der oben 
beschriebenen Fleischbouillon üppiger gedeiht, wenn dieselbe 1 °/o 
Pepton enthält, als ohne diesen Zusatz. — Zum Zweck der Toxin¬ 
anhäufung in der Culturflüssigkeit können zwei Methoden ange¬ 
wandt werden. Entweder wird die vollausgewachsene Tuberkulose- 
cultur, d. h. eine solche, bei der das Bacterienhäutchen (etwa nach 
4—6 Wochen) von selbst anfängt unterzusinken, in derselben 
Weise weiterbehandelt wie die reifen Rotzculturen: sterilisirt, 
filtrirt und von neuem beschickt; oder es wird das Bacterienhäut¬ 
chen nach Verlauf je eines Monates durch Schütteln des Cultur- 
glases zum Sinken gebracht, worauf sich von den an der Flüssig¬ 
keitsoberfläche zurückgebliebenen Resten aus eine neue Haut bildet. 
Nach der ersten Methode ist der Nährboden nach dem Auswachsen 
der zweiten Generation erschöpft und gestattet kein weiteres 
Wachsthum mehr; nach der zweiten Methode erzielt man 3—4 
mal Häutchenbildung an der Oberfläche. Da es gelingt, die Tu¬ 
berkelbacillen in ein und demselben Medium 3—4 Monate lang 
lebend zu erhalten, so schliesst Verfasser daraus, dass auch für 
diese Bacterienart die eigenen Stoffwechselproducte kein Gift dar¬ 
stellen. Was die Toxinanhäufung anbetrifft, so erreicht dieselbe 
ihren Höhepunkt nach 60—90 tägigem Wachsthum der Cultur, 
worauf sie entweder unverändert bleibt oder aber (in einzelnen 
Fällen) sogar wieder geringer wird. 

Die in soeben beschriebener Weise erschöpften flüssigen Cul¬ 
turen von Rotz- resp. Tuberkelbacillen hat Verfasser zunächst 
durch Eindampfen im Vacuum bei niederer Temperatur eingeengt, 
darauf hat er den Rückstand mit Aetheralkohol aufgenommen und 
schliesslich nach Verjagen des Aetheralkohols in wässeriger Lösung 
mit den üblichen AJkaloidreagentien geprüft. Hierbei hat er aus 
den Rotzculturen mit Phosphormolybdänsäure, Platinchlorid, Pikrin¬ 
säure etc. krystallinische Verbindungen erhalten. Aus den Tu- 
berkelculturen fiel das Alkaloid mit Phosphormolybdänsäure aus 
nicht zu concentrirten Lösungen (concentrirte Lösungen gaben 
amorphe Niederschläge) in gelben Würfeln. Wenn der Nieder¬ 
schlag mit Baryumhydrat zerlegt und nach der Entfernung des 
Baryts durch Kohlensäure nochmals^ aus verdünnter Lösung mit 
Phosphormolybdänsäure gefällt wurde, so zeigte er schön ausge¬ 
bildete Würfel und kurze sechskantige Prismen und Nadeln. 
Phosphorwolframsäure gab 4—6strahlige Sternchen mit stumpfen 
Strahlen, Platinchlorid reguläre Octaöder. 

Ohne Zweifel ist die vom Verfasser angewandte Methode zur 
Gewinnung von Endproducten des Bacterienstoffwechsels auch auf 
andere Bacterienarten anwendbar und verspricht neues Licht auf 
das in Frage stehende Gebiet zu werfen. In dem soeben mitge- 
theilten liegt unter anderem die Andeutung, dass die giftigen 
Stoffwechselproducte der Bacterien, welche sich nach den bisherigen 
Untersuchungen zahlreicher Forscher als eiweissartige Körper dar¬ 
gestellt hatten, bei fortgesetztem zweckentsprechendem Cultur- 
verfahren von den Bacterien noch weiter gespalten und in giftige 
chemische Körper mit bedeutend kleinerem Molekül (und wohl auch 
mit anderen physiologischen Eigenschaften) übergeführt werden 
können. A. Wladimiroff (St. Petersburg). 


*) seil, von schwacher Concentration (Ref.). 

8) In der deutschen Ausgabe der „Pharm. Zeitschr. f. Russl.“ ist 
fälschlich 0,1 % Na CI angegeben, während die russische Ausgabe die 
richtige Zahl 0,5 enthält (Ref.). 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


52 


24. Sittmann und Barlow, Ueber einen Befund von Bac- 
terium coli commune im Lebenden Blute. Aus der modicinischen 
Klinik des Herrn Geheiinrath v. Ziemssen. Deutsches Archiv für klin. 
Med.. Bd. 52, 1894. 

Bei einem 38jährigen Patienten mit Urosepsis, ausgehend von einer 
jauchigen CyStitis, fanden die Verfasser in dem 11 Stunden vor dem Tode 
der Vena mediana entnommenen Blute einen stäbchenförmigen Mikro¬ 
organismus, den sie nach seinem morphologischen Verhalten (mikro¬ 
skopische Untersuchung und Züchtung) als Bacterium coli commune 
Escherich ansprechen möchten. Denselben Bacillus konnten sie aus 
dem Urin des Kranken züchten. In den Eiterheerden der Niere, die nur 
mikroskppisch untersucht wurde, vermochten sie Stäbchen, die sich beim 
Gram’schen Verfahren entfärbten und in der Form den Colibacillen 
ähnlich sahen, in grosser Mepge nachzuweisen. Trotz der mangelnden 
Beweiskraft dieses letzten Befundes und trotz des nahezu negativen 
Resultates ihrer mit Agarculturen des Bacillus vorgenommenen Thier- 
iinpfungen halten sieh die Verfasser einstweilen zu der Annahme be¬ 
rechtigt, dass die Erkrankung des Menschen im vorliegenden Falle durch 
das Bacterium coli bedingt gewesen sei. Schwalbe (Berlin). 

25. Tedeschi, Ueber ,die Fragmentation des Myoear“ 
dium, Virchow’s Archiv Bd. 128, S. 185. 

26. 0. Israel, Zur Entstehung der Fragmentatio 
myocardii. Ib. Bd 138, S. 55. 

27. Browicz, Ueber die Bedeutung der Veränderungen 
der Kittsubstanz der Muskelzellenbalken des Herz¬ 
muskels. Ib. Bd. 134, S. 1. 

28. Oe streich, Die Fragmentatio myocardii (Myocardite 
sögmeutaire). Ib. Bd. 135, S. 79. 

. Unter Fragmentation des Herzmuskels verstehen wir einen 
Zustand, bei welchem die Muskelfasern bald in geringer, bald in 
grösserer, bald in ganzer Ausdehnung in zahlreiche Stücke zerlegt, 
gleichsam multipel gebrochen sind. Von Virchow und Rind¬ 
fleisch zuerst gesehen, wurde die Veränderung von Ren and ein¬ 
gehender beschrieben. Seitdem hat man ihr viel Aufmerksamkeit 
geschenkt, insbesondere seitdem sie auf dem internationalen Congress 
in Berlin Gegenstand der Besprechung war. 

Mit blossem Auge sieht man., an . einem mit Fragmentation 
versehenen Herzen bei Abwesenheit anderweitiger Erkrankung auf 
den ersten Blick meist nichtß Abnormes. Tedeschi gab indessen 
an,, dass ein solches Herz mehr oder weniger dilatirt, die Muskulatur 
weiph, zerreissbar, trübe, i schwach gelb gefärbt, die Schnittfläche 
fein granulirt sei. Mit dem Messer könne man losgetrennte 
Muskelzellen etc. leicht abkratzen,. . Oestreich hat aber dem¬ 
gegenüber betont, dass eine Dilatation, des Herzens nicht immer 
gefunden werde (s. u.), dass das trübe Aussehen des Muskels 
durch gleichzeitige andere Abnormitäten verschuldet sei, dass die 
Farbe und Transparenz vielmehr gar nicht anormal zu sein brauche. 
Er hält aber gleichfalls die makroskopische Diagnose mit Sicherheit 
für möglich, da die Muskulatur auf einer in der Längsrichtung 
verlaufenden glatten Schnittfläche . bei, vorhandener Fragmentirung 
durch TJeberstreicben mit . dem Messer aufgelockert wird, so dass 
zahllose Spalten entstehen. 

Unter dem Mikroskop erkennt man, .dass die Zerreissung der 
Muskelprimitivbündel quer zu. ihrer Längsaxe erfolgt ist, dass die 
Bruehlinien aber nicht immer glatt, sondern oft zackig und aus¬ 
gesprochen : treppenförmig verlaufen, dass sie zuweilen, wie 
Oestreich betont, nicht ganz quer hindurchgehen, sondern nur 
seitliehe Einrisse darstellen, und dass sie endlich auch als Fissuren 
auftreten können, ohne , dass ein. Auseinanderweichen erfolgt. Ist 
aber eine Zerreissungvorhanden, .so findet sich stets eine grössere 
oder geringere Dinstase der. Rissenden. .. 

J}ie Fragmentirung kommt häufig mit anderen Veränderungen, 
mit Trübung, fettiger Degeneration, Pigmentirung und Pigment¬ 
atrophie zusammen vor und wird, wie Israel, der das Zusammen¬ 
treffen für ein. constantes hält, meint, in ihrer Entstehung durch 
dieselben begünstigt. Oestreich hat aber-besonders betont, dass 
Sic auch in Herzen angetroffen werden .kann, die im übrigen keine , 
Abnormität zeigen,: Sie findet sich, nicht an allen Stellen gleich | 
häufig. Tedeschi h^t : hervorgehoben, dass sie in den Papillar- 
muskeln des linken Ventrikels niemals fehlt, wenn sie überhaupt 
wn Myocard irgendwo nachzuweisen ist, .eine Angabe, die Oestreich 
durchaus bestätigte.; 

An welchen Stellen der Muskelfasern kommt nun die Zer- 
reissung zustande? Es liegt nahe, daran zu denken, dass die 
Kberth sehen Kittlinien die Prädilectionsstellen seien. Browicz 
hat sich m diesem Sinne ausgesprochen und ein nicht selten zu 
beobachtendes Deutlichwerden der Kittlinien, eine Lockerung der- 
seloen als ein Vorstadium der Fragmentirung angesehen. Aber 
nachdem schon v. Recklinghausen, v. Zenker, Marchand 
tT; internationaler Congress) hervorgehoben hatten, dass die 

‘SÄ“? *1 1 S- der MuskelzelIe Iie $ en könne, nachdem Israel 
sich in gleichem Sume.ausgesprochen hatte, hat Oestreich ein- 


Ko.] 


gehender auf diesen Punkt geachtet und festgestellt das.’ i- 
allgemeinen wesentlich der Zellkörper selbst, nicht die Kittlinh 
für den Ort der Fragmentation zu halten sei. Ihn bestimmten * 
diesem Ausspruch, dass die Grösse der Bruchstücke hinter d - 
Länge einer Muskelzelle Zurückbleiben, dass der Riss wie be¬ 
sonders bei brauner Atrophie leicht zu beobachten ist genau | 
der Kernmitte verlaufen kann, wobei dann der Kern selbst m£ 
zerbrochen wird, dass die Bruchlinien oft zackig, die Kittlinie 
gerade verlaufen, dass Bruchstellen und Kittlinien dicht neben¬ 
einander sichtbar sein können. Goebel (Centralblatt f. allg Path 
1893, No. 18) sah gleichfalls die Risse zuweilen in der Muskelzelle 
Was nun die Bedeutung der Fragmentation angeht, so handelt 
es sich vor allem um die Frage, ob die Veränderung als Todes¬ 
ursache in Betracht kommen kann. Die Beantwortung hänp 
natürlich davon ab, ob die Abnormität schon intra vitam anftrir; 
oder ob sie etwa eine postmortale Erscheinung ist. Das letzter* 
hat man wohl angenommen, jedoch haben darauf gerichtete Unter¬ 
suchungen (Tedeschi) ein negatives Ergebniss gehabt. Die 
Fragmentirung muss also noch während des Lebens entstehen 
Tedeschi konnte sie bei Thieren nach Durchsehneidung des Vagus 
und nach Durchbohrung des Myocard mit glühender Nadel an dem 
gleich nach dem Tode gewonnenen Herzen beobachten, aber freilich 
niemals in der Ausdehnung wie sie beim Menschen gefunden wird. 
Es ist aber selbstverständlich, dass ausgedehnte Fragmentirung, 
da sie mit dem Leben unvereinbar ist, agonaler Natur sein muss, 
während sie, auf kleine Stellen ausgedehnt, wohl schon während 
des Lebens vorhanden sein könnte. Man hat versucht, sie an- 
einer Ueberanstrengung und übermässigen Belastung des Muskel 
zu erklären. 0. Israel brachte normale Herzen unter hohen 
Quecksilberdruck, durch welchen der Ventrikel erheblich dilatirt 
wurde. Es entstand keine Fragmentirung. Er meint daher, das? 
vielleicht anderweitige Veränderungen des Muskels voraufgehen 
müssten. Aber da nach Oestreich auch der sonst ganz normal 
Muskel die Abnormität zeigen kann, wie vor allem in den Heuen 
ganz gesunder, plötzlich um das Leben gekommener Menschen, se 
braucht jener Zusammenhang nicht gegeben zu sein, wenn er auch 
vielleicht nicht ohne Einfluss ist. Oestreich schliesst sich daher 
v. Recklinghausen an, der die Fragmentirung für den Ausdruck 
einer agonalen übermässigen Reizung des Muskels und einer 
perversen Contraction desselben hält. Daher findet sie sich vor¬ 
wiegend, wenn auch nicht ausschliesslich, bei plötzlichen Todes¬ 
arten. Unter diesen Umständen ist sie aber als eine Begleit¬ 
erscheinung, nicht als die Ursache des Todes aufzufassen. Kurse 
aber lässt sich die Thatsache erklären, dass der linke } entnke: 
trotz vorhandener Fragmentirung fest contrahirt gefunden werdet 
kann. Die letzte Contraction hat eben die Zerreissung der Muskel¬ 
fasern bewirkt. Man muss also, wie Oestreich betont, m der 
Beurtheilung der causalen Bedeutung der Fragmentirung vorsichtig 
sein, so z. B. bei dem Chloroformtod, bei welchem Verfasser drei¬ 
mal die Abnormität antraf, während er sie bei zu Tode chloro- 
formirten Thieren nicht finden konnte. Ribbert (Züncni. 


der 


III. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke o. s. c t . 

gesammten medicinischen Wissenschaften. 

Hofr. Prof, ur« • 


r, Max Merlin, 

Index medicus. A monthly classified record of the ^ 
dieal literature of the world. Compiled ander the supe s „ 

J. S. Billings, Surgeon U.S.A., and Dr. Rob. Fleischer, 

Eng. Vol. XVI, No. 7, July 1894. Boston und Detroit. U. -^ 

Geb urtsli Ulfe und Gynäkologie. Th. v. Speyr, u ... m bj; 

. 


in ihren erblichen Beziehungen, 
medicinischen Instituten der Schweiz. 
Leipzig, Carl Sallmann, 1894. 


ülx- 


Hygiene und Saiiltütswesen. Göronne, 
das öffentliche Gesundheitswesen im Regierung ^bz s . 
in den Jahren 1889—91. Posen, J^P^^^D-AopffiakriDk^''' 
Innere Medicin. L. Rütimeyer, Ueber der Sch^ 

Mittheilungen aus Kliniken und medicinischen 1 QS1 
I. Reihe, Heft 12. Basel und Leipzig, CarlSaUmann ; • ^ s 0 f; t< 

W. B. Thorne, The treatment of chr T °“ lc / Churc lill. & 
heart by baths and exercises. London, J. 

24 S. -n - TTnnfgchmer 1 1 

Rhino-Laryngologie. M. Bresgen,D.® r Unter 
Nasen- und Rachenleiden und seine "® llu ®jT nreffC iinässii s , ki !; '; 
Berücksichtigung der angeborenen und erworben t «3»iiuner, ls 
der Nasenscheidewand. H. Auflage. Leipzig, Alfred 
60 S., 2,40 M. 


Gedruckt bei Juütu Uliieiüeid in Berlin W. 


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Original frn-m 

UNIVERSITY OF MICHIG 





Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 13. September 1894. 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


1. ßiicherschan: 1. H. Viorordt, Medicinischos aus der Welt¬ 
geschichte. Ref. Pagel. 

2. Rlldingor, Cursus der topographischen Anatomie. Ref. v. Barde- 
Iebcn.' 

3. Bereut, Ueber die Heilung von Herz wunden mit besonderer 
Berücksichtigung der Grawitz’sehen Scliluinmerzellentheorie. Ref. 
Ribbert. 

4. de Renzi, Pathogenese, Symptomatologie und Behandlung der 
Lungenschwindsucht. Rof. Maass. 

5. Küstner, Grundzüge der Gynäkologie. Ref. Wiener. 

6. Tuczek, Klinische und anatomische Studien über die Pellaera. 
Ref. Umpfenbach. 

7. Sommer, Diagnostik der Geisteskrankheiten. Ref. Kraepelin. 

8. A. Baginsky, Arbeiten aus dem Kaiser und Kaiserin Friedrich- 
Kinderkrankenhause in Berlin. Ref. Silbermann. 

9. Eversbusch, Die neue Universitäts-Heilanstalt für Augenkranke 
in Erlangen. Ref. Sattler. 

10. Haug, Die Krankheiten des Ohres in ihrer Beziehung zu den 
Allgemeinerkrankungen. Ref. Koch. 

11. Grünwald, Atlas der Krankheiten der Mundhöhle, des Rachens 
und der Nase. Ref. Schaeffer. 

12. Kirchenberger, Aetiologie und Histogenese der varicösen 
Venenerkrankungen und ihr Einfluss auf die Diensttauglichkeit. Ref. 
Schill. 

13. De Terra, Repetitorium der Zahnheilkunde. Ref. Dieck. 


I. Bücherscliau. 

1. H. Vierordfc, Medicinisohes aus der Weltgeschichte. Buntes 
Allerlei. Tübingen, Laupp’sche Buchhandlung, 1893. VI, 80 S. 
8° Ref. Pagel (Berlin). 

Verfasser gehört zu unseren jüngeren Universitätslehrern, die 
— man kann es leider nicht von allen behaupten — nicht bloss 
Freunde, sondern auch Kenner der Geschichte der Medicin sind 
und den Werth der letzteren für die Praxis wie für die Cultur- 
geschichte bei jeder geeigneten Gelegenheit hervorheben. Das be¬ 
wies Vierordt’s schöne, vor bald vier Jahren gehaltene Antritts¬ 
rede: „Altes und Neues in der Therapie“, deren Lectüre wir noch 
nachträglich angelegentlichst den Verächtern der Historie empfehlen 
möchten; das beweist wiederum seine neueste Publication. Ver¬ 
fasser giebt in der Vorrede selbst zu, dass sie nicht Ausfluss 
ernster Forschung ist, aber ihr Zweck, nämlich „die Bedeutung 
des Krankheitsmomentes in der Geschichte und bei geschichtlichen 
Persönlichkeiten ins Licht zu stellen,“ ist in der anmuthigsten Form 
erfüllt. Es handelt sich um eine ausserordentlich interessante, in 
der Litteratur in dieser Vollständigkeit noch nicht vorhandene Zu¬ 
sammenstellung allerverschiedenster anatomischer und patholo¬ 
gischer Facten und Daten mit besonderer Beziehung auf in der 
Welt- und Litteraturgeschichte hervorgetretene, hervorragend be¬ 
kannte Personen, Regenten, Dichter, Gelehrte etc. Der Leser findet 
Krankengeschichten, Sectionsbefunde von Männern wie Friedrich 
dem Grossen, Napoleon I, Napoleon III, Mittheilungen über 
Schädelgrösse, Hirngewichte von Paracelsus, Schiller, Kant, 
Gauss u. v. a., über conträre Sexualempfindungen, Geisteskrank¬ 
heiten von Monarchen und anderen Grössen und dergl. Die dem 
Schwiegervater von Vierordt, dem bekannten Indologen Rudolf 
v. Roth zum 50jährigen Doctoijubiläum gewidmete Arbeit verdient 
als fleissige und geschickte Sammlung, schon der Idee wegen, die 
ihr zugrunde liegt, alles Lob. Sie wird jeder Leser nicht ohne 
Befriedigung aus der Hand legen. Die Ausstattung ist tadellos. 
Ein vollständiges Register bildet einen der vielen Vorzüge des 
Werkchens. 

2. N. Rüdinger, Cursus der topographischen Anatomie. Dritte 
vermehrte und erweiterte Auflage. Mit 79 zum Theil in Farben 
ausgeführten Abbildungen. München und Leipzig, J. F. Leh¬ 
mann, 1894. Ref. K. v. Bardeleben (Jena). 

Mit Recht hebt Rüdinger in der Vorrede hervor, dass die 
Darstellung der Regionen des menschlichen Körpers vor den Augen 
der Studirenden im Hörsaal eine sehr lehrreiche Unterrichtsmethode 
ist. Sie wird, soweit dem Referenten bekannt, ausser in München 
auch noch anderswo, z. B. seit 20 Jahren in Jena, angewandt. — 
Rüdinger hat nun die Mittheilungen, welche er in einem solchen 
Curse gemacht hat, stenographiren lassen und daraus das vor¬ 
liegende Buch gemacht. 


14. Eschle, Ernährung und Pflege des Kindes. Ref. Schwalbe. 

15. Schlichter, Anleitung zur Untersuchung und Wahl der Amme. 
Ref. Schwalbe. 

n. Zeitschriften Übersicht: Physiologische Chemie: 16. Münzer 
und Strasser, Untersuchungen über die Bedeutung der Acetessigsäure 
für den Diabetes mellitus. — 17. Schmitz, Zur Kenntniss der Darm- 
faulniss. 

Physiologie: 18. Sacerdotti, Ueber die Blutplättchen. 

Innere Medicin: 19. Curschmann, Topographisch-klinische Stu¬ 
dien. — 20. Meitzer, On subphrenic abscess. — 21. Gerry, A case of 
araoebic dysentery. — 22. E. Grawitz, Klinisch-experimentelle Blut¬ 
untersuchungen. — 23. Christ, Ueber den Einfluss der Muskelarbeit auf 
die Herzthätigkeit. — 24. Stoitscheff, Die Wirkung des Digitalinum 
verum, verglichen mit derjenigen des Digitalisinfuses. 

Psychiatrie: 25. Snell, Ueber die Formen von Geistesstörung, 
welche Hexenprocesse veranlasst haben. — 26. Kirn, Neue Arbeiten über 
Verbrecheranthropologie. — 27. Kirn, Ueber den gegenwärtigen Stand 
der Criminalanthropologie. 

Neurologie: 28. Thompson, A study ot Addison’s disease and 
the adrenals. 

Chirurgie: 29. Legueu, De rintervention chirurgicale dans la 
pdritonite tuberculeuse. — 30. Beiton and Haslam, Case of haemorrhage 
from a brauche of the middle meningeal artery; trephining; recovery. 

IU. Zur Rerension eingegangene Bücher. 


Die Abbildungen sind (mit Ausnahme einiger von Rotter) 
sämmtlich solchen und der „Topographisch-chirurgischen Anatomie“ 
des Verfassers nachgebildet, die vor etwa 20 Jahren erschien und 
wohl wegen ihres Umfanges, besonders aber w r egen des durch die 
zahlreichen kostspieligen Abbildungen verursachten hohen Preises 
nicht die erwünschte Verbreitung gefunden hat. 

In oiner Zeit, wo das Studium der menschlichen, besonders 
das der topograpischen Anatomie mehr und mehr für über¬ 
flüssig — und diese selbst als ein der „wissenschaftlichen Anatomie“ 
nicht ebenbürtiges Fach angesehen wird, ist jede neue Erscheinung 
auf diesem Gebiete, zumal wenn eine dritte Auflago schon von 
Erfolgen früherer zu berichten hat, mit Freuden zu begrüssen. 

Auf eine specielle Kritik an dieser Stelle einzugehen, hält 
Referent für nicht angebracht, um so weniger, als eine solche viel¬ 
leicht implicite als eine „Oratio pro domo“ gedeutet werden 
könnte. _ 

3. B er ent, Ueber die Heilung von Herzwunden mit besonderer 

Berück8ichtigung der Grawitz’schen Schlummerzellentheorie, 

nach Versuchen an Kaninchen. Inaug.-Dissert. Königsberg 1892. 

Ref. Ribbert (Zürich). 

Die bisherigen Untersuchungen über die Heilung von Herz- 
wunden hatten ergeben, dass an der Bildung der Narbe die Muskel¬ 
fasern nicht betheiligt sind, sondern dass sie nur aus einer Wuche¬ 
rung des Bindegewebes hervorgeht. Verfasser nahm unter Leitung 
von Nauw r erek die Versuche wieder auf, indem er nach dem Vor¬ 
gänge von Martinotti und Bonome glühende Nadeln in den 
Herzmuskel von Kaninchen einstiess und die Heilung der Wunden 
von 4 Stunden bis zu 252 Tagen untersuchte. Er sah an den 
Muskelkernen erstens amitotische Vermehrung eintreten, indem 
die vergrösserten und in die Länge gestreckten Kerne zunächst 
eine oder mehrere Einkerbungen zeigten, die dann zur völligen 
Durchschnürung führten. Dreissig Stunden nach der Verletzung 
w r aren diese Vorgänge am deutlichsten. Mitotische Processe fan¬ 
den sich erst vom zweiten Tage ab und nicht besonders zahlreich. 
Die verschiedenen KerntheilungsVorgänge, die völlig ausreichten, 
um die Vermehrung der Kerne zu erklären, führen nicht zu einer 
Theilung der Muskelfasern im Gegensatz zu den Beobachtungen, 
die Nauwerck über die Bedeutung der amitotischen Kernver¬ 
mehrung für das regenerative Wachsthum der Körpermuskulatur 
gemacht hatte. Auch Muskelzellenschläuche, terminale und laterale 
Knospenbildung, Abspaltung kernhaltiger Theile und Spindelzellen 
muskulären Ursprungs sah Verfasser nicht. Die Narbe kommt 
also lediglich durch Bindegewebswucherung, welche mit Mitosen¬ 
bildung einhergeht zustande. Darin ist dann zugleich auch aus¬ 
gesprochen, dass Verfasser die von Krösing im Anschluss an die 
Grawitz’sche Schlummerzellentheorie gemachten Ausführungen 
(Virch. Arch. Bd. 128) über die Betheiligung der Muskulatur nicht 
anerkennt. Krösing lässt die Muskelfasern entwickelungsge- 


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LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. s 


schichtlich aus der * Länge und der Quere nach verschmelzenden 
Spindelzellen entstehen, die in den ausgebildeten Fasern nicht 
mehr nachweisbar, im Schlummerzustande befindlich sein sollen. 
Bei degenerativen und entzündlichen Vorgängen sollen sie wieder 
erwachen und deutlich hervortreten und an dem Aufbau des 
Bindegewebes theilnehmen, bei dessen Vernarbung sie dann wieder 
in den Schlummerzustand übergehen können. Aus ihm sollen sie 
event. nochmals frei werden und sich aufs neue in Muskelfasern 
umwandeln können. Berent weist darauf hin, dass die von 
Krösing gegebenen Schilderungen zu solchen weittragenden 
Schlüssen nicht berechtigen, und er betont, dass er bei ausdrück¬ 
lich darauf gerichteten Untersuchugen keine für die Ansichten 
Krösing’s sprechenden Bilder gesehen habe. 


4. E. de Renzi, Pathogenese, Symptomatologie und Behand¬ 
lung der Lungenschwindsucht. Bearbeitet nach der zweiten 
Auflage des italienischen Originals. 295 Seiten gr. 8 °. Wien, 
Alfred Holder, 1894. Ref. Maass (Freiburg i. B.). 

Der Verfasser hat in dem im Vorstehenden citirten Werke 
eine deutsche Uebersetzung der zweiten Auflage seines Buches 
„La tisicliezza pulmonare“ erscheinen lassen, „um die Ergebnisse 
seiner Studien, denen er den besten Theil seines Lebens gewidmet 
hat, auch in dem Lande zu verbreiten, welchem die Lehre von der 
Lungenphthise in letzterer Zeit ihren so mächtigen Aufschwung 
zum grossen Theil verdankt“. Das Werk gehört zu denen, die den 
Stempel sorgfältigsten Forschens und reichster Erfahrung auf jeder 
Seite tragen; wir hören überall das Urtheil eines klaren Kopfes, 
der viel und scharf beobachtet hat und die grosse in- und aus¬ 
ländische Litteratur über die Tuberkulose mit praktischem Blick 
und kritischem Sinn zu beleuchten versteht. 

Das Werk stellt sich im grossen und ganzen auf den Stand¬ 
punkt des Praktikers, führt aber dabei nicht nur alle in Frage 
kommenden Untersuchungsergebnisse in rein wissenschaftlicher 
Weise auf, sondern giebt auch über die Einzelheiten der Pathologie 
und Therapie der Tuberkulose aufs eingehendste Auskunft. 
De Renzi theilt seinen Stoff in drei Tiieile. Der erste befasst 
sich mit der Pathogenese der Lungenschwindsucht, der zweite mit 
der Symptomatologie und der dritte mit der Behandlung. Dem 
ersten Theile ist ein breiter Raum gewidmet, wie es die Wichtig¬ 
keit des Gegenstandes verlangt. Es werden die bisherigen bio¬ 
logischen Eigenschaften und die Morphologie der Tuberkelbacillen 
in zusammenfassender Uebersicht nach allen Richtungen hin be¬ 
sprochen; daran schliessen sich dann die Betrachtungen über das 
Eindringen derselben in den Organismus, über die verschiedenen 
Formen von Tuberkulose und über die Entwickelung der Krankheit. 
Ein ziemlich bedeutender Theil des Buches ist auch der allgemeinen 
Diagnostik gewidmet, offenbar schon aus dem Grunde, weil der 
Autor den Bedürfnissen des praktischen Arztes gerecht zu werden 
wünschte. Dieser Abschnitt, der sich mit der Klinik der Lungen¬ 
schwindsucht beschäftigt, scheint mir der w r erthvollste des ganzen 
Werkes zu sein. Aufs sorgfältigste ist hier alles zusammen¬ 
getragen, w r as in der Litteratur der letzten Jahre erschienen ist, 
und die verschiedenen Ansichten werden einer kritischen Be¬ 
sprechung unterzogen. Dabei giebt Verfasser aus dem reichen 
Schatze seiner Erfahrungen sehr werthvolle Beiträge für die 
Diagnose und Differentialdiagnose der Schwindsucht gegenüber 
anderon Infectionskrankheiten, speciell der Lues. 

Nicht auf gleicher Höhe scheint mir der dritte Theil, der sich 
mit der Therapie befasst, zu stehen. Insbesondere sind die Kapitel, 
welche die specifischen Behandlungsmethoden, die Inhalationen und 
medicamentösen Mittel behandeln, etwas zu kurz gekommen. Doch 
ist ja begreiflich, dass der specialistische Leser gerade in den Ab¬ 
schnitten, welche sich mit der Therapie befasseu, manche Einzel¬ 
heiten anders sehen möchte und manches anders beobachtet zu 
haben glaubt. Ausserdem sind gerade in der Behandlung der 
Phthise noch so viele Methoden ziemlich neuen Datums, dass es 
von Interesse sein muss, die verschiedensten Ansichten kennen zu 
lernen. Wir möchten zum Schlüsse nur noch zwei neue Be¬ 
handlungsmethoden des Verfassers anführen, mit denen er „dem 
Probleme der Heilung Lungenschwindsüchtiger näher gekommen 
zu sein glaubt“. Die eino besteht in der Anwendung von Jod¬ 
präparaten (Jod. pur. 1,0, Kal. jodat. 3,0, Natr. chlor. 0,0, Aqua 
dest. 1000,0; hiervon täglich 150—500 g genommen), wodurch der 
Appetit gesteigert, die Nierenthätigkeit angeregt und das Fieber 
herabgesetzt sind; auch die anderen Krankheitserscheinungen bessern 
sich Noch grössere Hoffnung setzt Verfasser in seine Behandlungs- 
Jl 6 ™ 10 mittels elektrischer Ströme in einer Stromstärke bis zu 
1. Milliampere, wobei die Anode auf die afficirte Stelle aufgesetzt 
wurd. Unangenehme Neben- oder Nachwirkungen wurden nie be¬ 
obachtet; dagegen war als ein bemerkenswerter Erfolg durchweg 
Steigerung der Urinaussoheidung und der organischen Oxydation 
zu constatiren, die Körperkräfte nahmen zu, das Fieber verringerte 


sich. Wenn sich auch diese Methode der elektrischen 
der Phthise gegenwärtig noch im Stadium der Versuche 01 befinde» 
so glaubt Verfasser doch nach seinen Erfahrungen der Hoffnun 
Raum geben zu dürfen, dass es gelingen wird, dieselbe zu ein™ 
wesentlichen Heilfactor der Lungenschwindsucht auszubilden. 

5. Küstner, Grundzüge der Gynäkologie. Jena, Gustav Fischer 
1893. Ref. Wiener (Breslau). 

Gestützt auf die Erfahrungen einer fünfjährigen ThätHei’ 
an der Dorpater Klinik schildert Küstner in gedrängter Kürze 
aber mit ausreichender Vollständigkeit den gegenwärtigen Stand 
der Gynäkologie. Wie er in der Einleitung bemerkt, ist das Bu.ll 
nicht für die gynäkologischen Specialisten, sondern für StuSirend» 
und praktische Aerzte bestimmt. Für diese wird es gewiss auch 
ein guter und zuverlässiger Führer sein. Küstner’s DaretcIluDs 
ist klar und leicht verständlich; etwas störend wirkt nur di' 
grosse Zahl von Fremdwörtern. In der Anordnung des Stoffe 
weicht der Verfasser mehrfach vom Herkömmlichen ab; doch ist 
das nur nebensächlich. Zahlreiche halbschematische Skizzen, 
mehrere schöne Farbendrucktafeln und viele vortreffliche Abbil¬ 
dungen, grossentheils Portraits, erleichtern das Verständnis». Au> 
dem Inhalt des Buches sei hier nur einiges hervorgehoben: Sehr 
beherzigenswerth sind Küstner’s Bemerkungen über den Gebrauch 
der Uterussonde; in der That wird nicht selten durch die leicht¬ 
fertige Anwendung dieses Instrumentes grosses Unheil angerichtet 
Ob die Sondirung der Harnblase so wichtige diagnostische Auf¬ 
schlüsse giebt, wie Küstner meint, erscheint zweifelhaft. Viel* 
Retroflexionen des Uterus, die man nach der Anamnese für puer¬ 
perale hält, sind virginalen Ursprungs und beruhen nach Küstner 
auf einem Entwickelungsfehler, der mit einem mangelhaften Dese™ 
sus ovariorum gepaart ist. Als Pessare werden für gewöhnlich 
die Hodge’schen und Thomas’schen, bei seitlich fixirter Porti.« 
die asymmetrisch geformten Schultze’schen Cellulo'i'dpessar^ 
empfohlen. Die Ventrofixation des Uterus soll nur bei hinten 
sehr fest fixirten Retroflexionen, wo weder Massage noch Schultz™ 
Methode die fixirenden Stränge dehnt oder beseitigt, gemailu 
werden, sonst höchstens einmal bei andern Complicationen (Defor¬ 
mitäten der Scheide etc.). Die Ventrofixation zieht Küstner d?r 
Vaginofixation vor. Den Scheidenvorfall operirt Verfasser mit 
Vorliebe nach Freund’s Verfahren, ausserdem schliesst er an d:- 
Kolporrhaphie, um den Uterus dauernd in normaler Anteile» 
Stellung zu erhalten, noch die Ventrofixation des Uterus an; für 
viele Fälle dürfte aber die letztere Operation entbehrlich sein 
Bei der Myomotomie (supravaginale Amputation) wird die intraperi¬ 
toneale Stumpfversorgung empfohlen, da sie bei peinlichster Asc]h- 
und trockenem Operiren ähnlich gute Resultate, wie bei d*r 
Ovariotomie liefert. Die Totalexstirpation nach Martin soll nur 
dann der supravaginalen Amputation vorgezogen werden, wtlt 
bei letzterer die Neubildung nicht gründlich entfernt werden Kann 
Dagegen räth Küstner bei Myomen von Gänseeigrösse undet ** 
darüber die vaginale Totalexstirpation zu machen. Bei l teni- 
carcinom (Cervix- und Portiocareinom) soll die Totalexstirpa h 
des Uterus, nicht die hoho Amputation der Portio gemacht e er ™ 
Boi der frischen Gonorrhoe wird mit Recht vor eingreifender ■ > 
rapie gewarnt. Bei Tuberkulose der Genitalien lässt hu» 1 
auf die Laparotomie noch eine Injectionscur mit Tubereu in o -' 
Recht ausführlich und gut sind die Neubildungen der ™., , 
ihre Behandlung besprochen. Kleinere Geschwülste, die , a U , r 
noch nicht verlassen haben, lässt Küstner erst etwas in s 11 
hinaufwachsen, da die Operation dann technisch leien er • ■ 
den Tubenerkrankungen wird deren Häufigkeit betont 
hingewiesen, wie viele als „Exsudat“ aufgefasste An« ^ 
nichts weiter sind, als Pyosalpinx. In einem kurzen *1 
Massage wird auf die bei diesem wichtigen therapeu w-. 
mittel zu beobachtenden Vorsichtsniaassregeln ge ni 
wiesen. Den Schluss des Buches bildet die Dar> 
Perineoplastik (Episioplastik). Verfasser reproducir ^ 

schon in verschiedenen früheren Arbeiten nicderge <v 
ungen und Grundsätze. Küstner’s Grundzuge • 
seien hiermit Aerzten und Studirenden bestens emp 

6. Tuozek, Klinische und anatomische Studien übe* (| 

lagra. Berlin, Fischer’s med. Buchhandlun B , 
Umpfenbach (Bonn). .. . v rrV t>n>vjK' r ' 

Die Pellagra ist eine Intoxicationskrankheit * 

die verursacht wird durch den Genuss y°®. nl ® * j ( .jjt in 

und verdorbenem Mais. Daher finden wir die 1 e Amerika w 
Ländern, wo der Mais immer vorzüglich gedei ^ un ,j i: 

Vorderasien, aber im Norden von Spanien u zlir fti: 

Süden von Frankreich, wo der Mais oft befallt v 

kommt, feucht bleibt und dann verdirbt. Di® , r ron Mai? UI 
meist die Bevölkerung, welche fast ausschhes 


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13. Sep t em ber. __LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. __ 55 


Wasser lebt; sie kommt seltener vor in Ländern mit mehr ge¬ 
mischter Nahrung. Tuczek neigt weniger zur parasitären Aetiologie 
der Pellagra, er denkt vielmehr an eine Vergiftung durch Producte 
einer chemischen Umwandlung des Maiskorns, welche stattfindet 
unter Mitwirkung von Mikroorganismen, die an sich unschädlich 
sind. Lombroso hat aus verdorbenem Mais Extracte hergestellt, 
die bei Thieren und Menschen pellagraähnliche Zustände machen. — 
Tuczek lässt sich in Kürze über Verbreitung, Verlauf etc. der 
Pellagra aus und theilt dann ausführlich acht Selbstbeobachtungen 
mit anatomischem Befund mit. Während in den acht Fällen der 
Befund bei dem übrigen Nervensystem im wesentlichen negativ aus¬ 
fiel, war das Rückenmark in allen acht Fällen erkrankt. Haupt¬ 
sächlich handelt es sich dabei um eine combinirte Systemerkran¬ 
kung der Vorder- und Hinterseitenstränge. Zu den von Grasset 
zusammengestellten, bisher für die combinirte Systemerkrankung 
registrirten ätiologischen Momenten, Heredität, Trauma, Syphilis, 
Tuberculose, Scrophulose und Diabetes würde dann auch das Pel¬ 
lagragift gehören. 

Tuczek giebt in seiner Schrift einen werthvollen Beitrag zu 
der Lehre von den toxischen Psychosen und den Intoxications- 
krankheiten des Rückenmarks. Leider bleibt uns auch heute noch 
vieles in dem interessanten Krankheitsbild der Pellagra ungelöst! 

7. R. Sommer, Diagnostik der Geisteskrankheiten. Für praktische 
Aerzte und Studirende. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzen¬ 
berg, 1894. Ref. E. Kraepelin (Heidelberg). 

Bei der augenblicklichen Lage der klinischen Psychiatrie 
gehört ohne Zweifel ein gewisser Muth dazu, eine Diagnostik der 
Geisteskrankheiten zu schreiben. Wenn jedes neue Lehrbuch neue 
Grundanschauungen, neue Abgrenzungen, neue Krankheitsformen 
bringt, wenn die Fachgenossen verschiedener Schulen auf weiten 
klinischen Gebieten einander nicht mehr verstehen, so will es ver¬ 
dienstvoll und aussichtslos zugleich erscheinen, dem Lernenden zu 
lehren, was der Erfahrene vergebens zu ergründen sucht. Indessen, 
wer sich durch solche Bedenken vom Bücherschreiben abhalten 
lässt, hat keinen rechten Beruf dazu. Sommer aber hat diesen 
Beruf, und wir dürfen ihm rückhaltlos danken, dass er mit frischer 
Zuversichtlichkeit ans Werk gegangen ist. 

Mit Recht hat er von vornherein darauf verzichtet, die ganze 
Fülle der klinischen Erscheinungen vollständig zu umfassen; viel¬ 
mehr war es sein Ziel, an einzelnen, besser gekannten Krankheits¬ 
gruppen vor allem die Methode der psychiatrischen Diagnostik 
zu erläutern. An der Hand zahlreicher Krankengeschichten wird 
von ihm jeweils mit voller Ausführlichkeit der diagnostische Ge¬ 
dankengang wiedergogeben, der sich dem Irrenarzte in den ver¬ 
schiedenen Stadien der Beobachtung aufdrängt — oder doch auf¬ 
drängen sollte. Der Eindruck des Falles bei der Aufnahme, die 
Veränderung der Auffassung unter dem Einflüsse der nachträglich 
erhobenen Anamnese, die diagnostischen Zweifel während der 
weiteren Beobachtung — alles das zieht an uns vorüber, gerade 
so wie es im Leben sich abspielt. Schritt für Schritt folgen wir den 
sachlichen Erwägungen unseres Führers, bis uns das unzweifelhafte, 
durch den endlichen Verlauf der Krankheit bestätigte Ergebniss 
wie eine reife Frucht in den Schooss fällt. Ich stehe nicht an, 
diese Art der Behandlung des spröden Stoffes, welche die geistige 
Mitarbeit vom Leser fortwährend erzwingt, geradezu für meister¬ 
haft zu erklären. AVer so schreibt, muss ein guter Lehrer sein. 
Daher wird das Buch gewiss dem arg vernachlässigten und doch 
so reizvollen Stiefkinde der Medicin, der klinischen Psychiatrie, so 
manchen neuen Anhänger gewinnen, nicht bloss unter ihren 
zünftigen Vertretern, sondern namentlich auch in jenen w T eiten 
Kreisen, denen die Seelenheilkunde heute noch als eine Art aben¬ 
teuerlicher Geheim Wissenschaft gilt. 

Freilich werden hier mannigfache Enttäuschungen nicht aus- 
bleiben. So glatt und leicht, wie es sich in Sommer’s klarerund 
übersichtlicher Darstellung liest, geht das Diagnosticiren nachher 
in der AVirklichkeit nicht immer von statten, und ich wäre wohl 
imstande, aus eigener Erfahrung als Seitenstück zu seinem Buche 
eine „Fehldiagnostik der Geisteskrankheiten“ zu schreiben, die 
vielleicht nicht minder lehrreich sein würde. Aber wenn auch der 
Schüler ohne die Hand seines Lehrers auf dem schwierigen Ge¬ 
biete noch häufig straucheln wird, so kann er doch eines hier in 
sich aufnehmen, was heute leider seltene AVaare ist auf dem Markte 
der Psychiatrie, das ist der echte und rechte klinische Geist. 
Ueberali in Sommer’s Buche sind Fragestellung, Erwägung und 
Schlussfolgerung durchdrungen von dem sicheren Bewusstsein der 
Aufgaben, welche wir am Krankenbette zu lösen haben. AVer liier 
gelernt hat, wird es nicht mehr vergessen, dass wir Krankheiten 
und nicht Zustände erkennen sollen, dass es für den wissenschaft¬ 
lichen Arzt nicht genug ist, das Gegenwärtige zu umschreiben, 
sondern dass er auch das Zukünftige Vorhersagen oder das Ver¬ 
gangene aus seinen Spuren erschlossen soll. Gewiss sind wir von 


der Erreichung solcher Ziele noch weit entfernt, aber die feinen 
Ausführungen Sommer’s über die verschiedenen Formen des 
organischen Schwachsinnes, der Abschnitt über den primären 
Schwachsinn, seine Stellung in der Paranoiafrage zeigen deutlich, 
dass es nur nöthig ist, richtig anzugroifen, um auch auf unserem 
Gebiete, oder gerade auf ihm, der klinischen Forschung neue und 
interessante Seiten abzugewinnen. 

Ganz besonders im Hinblicke auf diese Proben wird man es 
lebhaft bedauern, dass Sommer’s eigenartige und anziehende Be¬ 
arbeitung des klinischen Lehrstoffes eine Reihe wichtiger Krank¬ 
heitsformen nur flüchtig gestreift hat. Namentlich die periodischen 
Psychosen, den Querulanten wahn, das epileptische Irresein hätten 
wir gern von ihm eingehender behandelt gesehen. Lieber würden 
wir dafür andere Kapitel vermisst haben, welche zu der eigent¬ 
lichen Diagnostik in weniger nahen Beziehungen stehen, so die Er¬ 
örterungen über den Hypnotismus und über die Degenerationslehre. 
Auch in Einzelheiten wird man vielleicht nicht immer des Ver¬ 
fassers Ansicht theilen, wie z. B. in der allzu starken Betonung 
der tabischen Symptome bei der Paralyse und des Eiweissbefundes 
beim Delirium tremens. Andererseits würde ich etwa bei der 
Unterscheidung der acuten Psychosen auf manche feinere psycho¬ 
logische Züge etwas mehr Gewicht gelegt haben als er. Pflegt 
sich doch heute jeder einzelne persönlich seine kleinen diagnostischen 
Erfahrungssätze und Kunstgriffe ausbilden, zu deren Fassung, 
Sammlung und Abwägung Sommer’s Buch in hervorragendem 
Maasse Anregung giebt. Bei der weiteren Entwickelung des 
Werkes muss daher die bessernde Hand naturgemäss vielfach neue 
Angriffspunkte finden. Sie wird gewiss nicht ruhen. Sommer 
wird weiter lernen, und wir dürfen hoffen, weiter von ihm zu lernen. 
Hat er doch durch sein Buch bewiesen, dass er das wichtigste 
Rüstzeug besitzt, welches den Erwerb und die fruchtbare Ver- 
werthung klinischer Erfahrung überall erst möglich macht: Be¬ 
obachtungsgabe und Selbstkritik. 

8. A. Baginsky, Arbeiten aus dem Kaiser- und Kaiserin-Pried- 
rich-Kinderkrankenhause in Berlin. Band II. Stuttgart, Ford. 
Enke, 1893. Ref. Silber mann (Breslau). 

Der vorliegende zweite Band wissenschaftlicher Abhandlungen 
aus dem obigen Krankenhause, Rud. Virchow zu seinem 50jährigen 
Doctorjubiläum gewidmet, enthält nicht minder worthvolto Unter¬ 
suchungen, als der vor einiger Zeit erschienene erste. — Nachdem 
im allgemeinen Theile über technische Verbesserungon im Kranken¬ 
hause, besonders über eine sinnreiche Vorrichtung zur Oeffnung 
und Schliessung hochangelegtcr Fenster in den Pavillons be¬ 
richtet ist, folgt nunmehr zunächst eine Schilderung der auf der 
inneren Abtheilung beobachteten Fällo von Influenza, acutem 
Gelenkrheumatismus und Malaria. Bezüglich der Influenza wurden 
ausser den uncomplicirten, zahlreiche mit Affectionen der 
Atlimungs- und Verdauungsorgane sowie des Nervensystems einher¬ 
gehende Erkrankungen beobachtet. In dem dritten, „aus der 
chirurgischen Abtheilung“ betitelten Abschnitte macht Gluck, 
der leitende Chirurg, Mittheilungen über die in seiner Station 
übliche Methode der Desinfection und Verbände, sowie über eine 
Anzahl von ihm ausgeführter Eingriffe. — Hieran schliessen sich 
Untersuchungen über die Pentalnarkose (Dr. Philip), über 
Knochenerkrankungen nach Otitis (Gluck), Beiträge zur Aetiologie 
und Therapie des Erysipels und Studien Gluck’s über Fremdkörper¬ 
therapie und Gewebszüchtung; namentlich die letzteren sind ausser¬ 
ordentlich belehrend und interessant. — Aus der Diphtherieabtkei- 
lung des Hospitals werden drei Arbeiten 1) zur Aetiologie und 
Statistik der Diphtherie (Dr. Philip), 2) Beitrag zur pathologischen 
Anatomie der Diphtherieniere (Bernhard Felsenthal), 3) die 
klinischen Erscheinungen der diphtheritischen Nierenerkrankung 
(A. Baginsky) publicirt, die sämmtlich ein grosses wissenschaft¬ 
liches Interesse bieten. Die zuerst genannte Arbeit zeigt vor 
allem, wie erschreckend oft Fälle von Diphtherie in der elterlichen 
Behausung übersehen worden und deshalb so weit vorgeschritten 
in das Hospital kommen, dass eine noch wirksame Behandlung 
fast ausgeschlosen erscheint. — In der zweiten Abhandlung ist die 
pathologische Anatomie der Diphtherieniere sehr eingehend studirt 
und enthält zahlreiche feine histologische Details. Aus der 
klinischen Studie der diphtheritischen Nierenerkrankung ist als be¬ 
sonders bemerkenswerth hervorzuheben die Beobachtung von 
den stets sehr frühzeitig auftretenden Veränderungen des Harns 
und die Abhängigkeit der Besserung des Allgemeinbefindens von 
dem allmähligen Verschwinden der krankhaften Bestandtlieile aus 
dem Secret. — Aus der Scharlachabtheilung des Krankenhauses 
werden zwei Arbeiten veröffentlicht, und zwar eine von Baginsky 
und Stamm, betitelt: „Zur Pathologie der Scharlachnephritis“, die 
andere von Th. Gluck, welche die chirurgischen Eingriffe im 
Scharlach behandelt und ganz besonders darauf hinweist, dass 
unter genügenden a- resp. antiseptischen Cautelen die Vornahme 


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LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


von Operationen bei Scarlatina keineswegs gefährlicher ist als 
bei anderen Erkrankungen. Den Schluss des zweiten Bandes dieser 
Arbeiten bilden Untersuchungen, welche, aus dem Laboratorium des 
Krankenhauses hervorgegangen, die Ernährungsfrage kranker, älterer 
Kinder, Beiträge zur Pathologie der Nieren- und Stoffwechselunter¬ 
suchungen bei einem an Diabetes mellitus leidenden Kinde betreffen. 
Auf den Inhalt der hier nur kurz angeführten Abhandlungen näher 
einzugehen, verbietet sich leider an dieser Stelle, nur der Hinweis 
auf das Lohnende und Belehrende des Studiums dieser Arbeiten 
sei hier ausdrücklich gegeben. 


9. O. Eversbusch, Die neue Universitäts-Heilanstalt für Augen¬ 
kranke in Erlangen. Mit fünf Lichtdruckbildern, acht Stein¬ 
drucktafeln und neun Textabbildungen. 87 S. Wiesbaden, 
J. F. Bergmann, 1893. Ref. Sattler (Leipzig). 

Die als Festschrift zur Feier des 150jährigen Bestehens der 
Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen herausgegebene Be¬ 
schreibung der im verflossenen Jahre eröffneten neuen Augen- 
heilanstalt verdient allgemeine Beachtung, da Bau und Einrichtung 
in vortheilliaftester Weise sich dadurch auszeichnen, dass archi¬ 
tektonische Schönheit und Zweckmässigkeit Hand in Hand gehen 
mit einer auch auf das kleinste sich erstreckenden, wohl durch¬ 
dachten Ausnützung der Erfahrungen, welche der moderne Kranken¬ 
hausbau zu Tage gefördert hat. Das Verdienst, die Anpassung 
an die speciellen Bedürfnisse einer Augenklinik einer mittelgrossen 
Universität und an die gegebenen Bedingungen des Raumes mit 
richtigem Verständniss getroffen zu haben, gebührt neben dem 
Architekten, Universitäts-Baumeister Scharff, dem Leiter und 
Direktor der Anstalt, da demselben unter der Voraussetzung der 
Innelialtuug des Bauplanes iu seiner äusserlichen Gestaltung und 
der räumlichen Ausmaasse und unter der Voraussetzung einer Nicht- 
Überschreitung der vom Staate bewilligten Baugelder (240 000 M. ! ) 
bezüglich des inneren Ausbaues völlig freie Hand gelassen war. 

Es ist der Corridorbau gewählt; das Haus liegt nach allen 
Seiten frei und ist von Gartenanlagen umgeben. Namentlich an 
die Nordseite, nach welcher die Untersuchungs-, Unterrichts- und 
Arbeitsräume, sowie fast sämmtliche Krankenzimmer gelegen sind, 
schliesst sich ein grosser, geschmackvoll und zweckmässig ange¬ 
legter Garten an. Das Gebäude besteht aus einem Kellergeschoss, 
dem Erdgeschoss und zwei Stockwerken, und ist die Trennung der 
für den Unterricht und die Poliklinik bestimmten Räume von denen 
für die stationären Kranken möglichst streng und consequent 
durchgeführt. 

Was die neue Augenklinik vor ähnlichen Anstalten noch be¬ 
sonders voraus hat, ist eiu mit allen Sicherheitsvorrichtungen der 
Neuzeit ausgestatteter, hydraulischer Personenaufzug mit einer 
Tragkraft von 250 kg, ferner ein Heissluftbad und Douchenraum 
mit allen Einrichtungen, wie sie heute in der Hydrotherapie in 
Verwendung stehen, und endlich ein eigener, ventilirbarer, sorg¬ 
fältig verputzter und mit Emailfarbe gestrichener Schacht, durch 
welchen die schmutzige Wäsche aus den verschiedenen Stock¬ 
werken unmittelbar in den Aufbewahrungsraum im Kellergeschoss 
befördert wird. 

Noch eine Fülle beachtens- und nachahmungswerther Details 
werden dem Leser bei der eingehenderen Lectüre dieses Schriftchens 
entgegen treten. 

Den zweiten Theil bildet die hoi der Eröffnungsfeier der Aug'en- 
heilanstalt gehaltene Rede über die heutige Augenheilkunde in 
ihrer Stellung zu den übrigen Zweigen der Heilkunde, in welcher 
der Verfasser auf die Wichtigkeit einer zweckentsprechenden 
Allgemeinbehandlung bei verschiedenen Augenleiden mit Recht 
hinweist. 

10. Rudolf Haug, Di© Krankheiten des Ohres in ihrer Be¬ 
ziehung zu den Allgemeinerkrankungen. Für Aerzte uud 
Studirende. Mit drei Figuren im Text und 102 farbigeu Trom¬ 
melfellbildern (Orig.). Wien und Leipzig, Urban & Schwarzen¬ 
berg, 1893. Ref. Koch (Braunschweig). 

Mit Freude hat Referent vorstehendes Buch begrüsst. Durch 
das Erscheinen desselben ist in der otiatrischen Litteratur in vor¬ 
trefflicher Weise eine Lücke ausgefüllt, die sich natürlich wohl 
weniger für den eigentlichen Ohrenarzt, als für den allgemeinen 
1 Taktiker fühlbar gemacht haben dürfte. Denn während die Krank¬ 
heiten anderer Organe, so des Auges, schon lange bezüglich ihres 
Zusammenhanges mit den übrigen Organen und Allgemein¬ 
erkrankungen mehr oder weniger ausführliche Bearbeitungen er- 
ahren haben ist es das Verdienst Haug’s, in obigem Werke zum 
ersten male den Versuch, wie sich Verfasser in der Vorrede be- 
scheiden au sdrückt, gemacht zu haben, auch den Zusammenhang 

der "° ch , F 1000 Mnrk ’ v ' el( ' he thei >s Ersparnissen 

“ - ttt 1 Us frü heron Jahren, theils aus privaten Beitrügen zuflossen. 


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Jo. s 

zwischen Ohr- und Mgemeinerkrankungen „in zusammenfass* 
alle einschlägigen Krankheiten gleichmässsig berührender 
sammenhängender und speciell den Bedürfnissen des allgemein«.." 
Praktikers sich anpassender Weise zu schildern.“ In wie vollendet^ 
Weise dieser Versuch gelungen, davon sollte jeder Arzt der sU 
irgend mit Otiatrie abgiebt, sich durch die Lectüre des Bu&! 
selbst zu überzeugen nicht verabsäumen, und auch mancher 
bis dahin sich der Ohrenheilkunde gegenüber noch skeptisch ver¬ 
halten hat, dürfte in diesem Werke wiederum die Bestätig V(lL 
der Allgemeinbedeutung der Ohraflfectionen und den votlgülti*^. 
Beweis von der Wichtigkeit der Ohrenheilkunde finden. * 

Das Werk zerfällt in drei Hauptabtheilungen. Die erste Ab 
theilung: Acute Infectionskrankheiten behandelt nach * 
meinen einleitenden Bemerkungen über die Wege, auf denen & Er¬ 
krankungen des Ohres zu erfolgen pflegen in fünf Kapiteln folgvndi 
Erkrankungen: Coryza, Rhinitis fibrinosa, Exsudativer Ohrkatarrh 
der Neugeborenen, Otitis media granulosa und trachomatosa. Bk- 
norrhoe, Heufieber, Angina und Tonsillitis, Katarrh und paremhv- 
matöse Entzündung der adenoiden Vegetationen, Soorotitis, Per¬ 
tussis, Influenza und Morbilli, Rubeolae, Pneumonie, Scarlatin» 
und Scharlachdiphtherie, genuine Diphtherie und Croup. ParotitL- 
epidemica, Meningitis cerebrospinalis epidemica, Typhus abdomi¬ 
nalis, Typhus exanthomaticus, Febris recurrens, Variola, Erysiprla>. 
Pyämie, Osteomyelitis. Die zweite Abtheilung: Chronische In¬ 
fectionskrankheiten umfasst in Kapitel sechs bis acht die Tute- 
kulose, Syphilis, Malariakraukheiten, Coryzaintermittens; in Kapi¬ 
tel 9 als Anhang werden die Affectionen des Nasenrachenraums, 
insofern sie nicht schon bei den Infectionskrankheiten abgehaniMt 
sind, erörtert. Die dritte Abtheilung: Chronische, nicht oder 
nicht mit Sicherheit als infectiös erkannte Erkrankung!, 
handelt in Kapitel 10 bis 16 über allgemeine Ernähriiugsstöniii^h 
und Anomalieen der Blutmischung, die Kreislaufssturungen. di< 
Erkrankungen des Urogenitalapparates, des Nervensystems, dt- 
Gehirns und seiner Häute sowie über die Intoxieationen und Haut¬ 
krankheiten (ausgenommen Syphilis, Tuberkulose, acute Exanthem-1, 
nebst einem Anhang über die Krankheiten des Verdauungstractu' 
und die Zähne. In Kapitel 17 werden die häufigsten mul 
wichtigsten der vom primär erkrankten Ohre aus ange¬ 
regten Erkrankungen geschildert. Den Schluss des Werke¬ 
bilden sechs Tafeln zumeist recht gut gelungener chromolitlio- 
graphirter Trommelfellbilder nach vom Verfasser selbst nach dem 
Leben verfertigten Aquarellen. Ein ausführliches Litteraturw- 
zeichniss uud ein alphabetisches Register vervollständigen das vor¬ 
trefflich ausgestattete Werk. 

11. L. Grünwald, Atlas der Krankheiten der Mundhöhle, des 

Rachens und der Nase. IV. Band von Lehmann s medii. 
Hand-Atlanten. München, J. F. Lehmann, 1894. Ref. Schar¬ 
fer (Bremen). . .. 

Auf 31 farbigen Tafeln in 69 Bildern unternimmt es Er¬ 
fasser, uns mehr in der früheren Weise in Einzelbildern die Er¬ 
krankungen obiger Körperhöhlen und ihrer Adnexa zu schildern. 
Verfasser hatte in vielen Fällen mit schwierigen \ erhältmssen zu 
rechnen, so z. B. mit der Perspective bei den Abbildungen der r 
krankungen an den Nasenmuseheln und im Naseninneni 
gesehen, welche nicht vollständig überwunden sind. J In;l - e : 
seinen Grund darin haben, dass bis jetzt solche Aufnahmen m-j 1 
nicht oft gemacht sind, zuerst von Schecli, soviel lieferen ■ 

Was aber das sonst Gebotene anbelangt, so können 
unserer Freude Ausdruck geben, dass das Werk -- noch i 
so billiges — so gut gelungen ist. Dasselbe verfolgt ein . e , 
anderen Zweck als das Krieg’s, es soll den Anfänger 
einzelnen Krankheitsformen erst bekannt machen, e ? f 0 , «' j„ 

Linie Lehrzw r ecken dienen. Und diesen Zweck wird *»- 
vollkommener Weise erfüllen, und kann lerfas&er n _ 
Leistung jedenfalls zufrieden sein. Dem Verleger aiel ^ 
wir für den versprochenen Atlas der Kehlkopfkran 1 ^ 

ebenso tüchtigen Bearbeiter, wie er ihn in Grün wa 
Atlas gefunden. __ 

12. S. Kirchenberger, Aetiologie und Histogenese der ^ 

cosen Venenerkrankungen und ihr Einfluss a 
tauglich eit. Vom k. k. Militär-Sanitäts-Comih * } ,, 

schrift. 8»,131S. Wieu, Jos. Safer, 1893. Mbo! « 

Kirchenberger hat die Frage der Entsteliuns w «»l- j 
Venenerkrankungen nach ihrem heutigen Staude i ^ ou( j f>1 v Au' \ 
der Histogenese der varicösen Venenerkrankungen jj j er 
merksamkeit zugewendet werden ist. Im vorkouimrndei 

wird der Einfluss erörtert, welchen die J ,auh ^‘ ., uni ] |t 
Phlebektasieen: der Samenaderbruch, die Rkmo ^ Wehr- 
Krampfadern an den Beinen auf die Diensttaug:- * 

pflichtigen ausüben. Während dieser letztge 


Original frorn 

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13. September. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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eister Linie den. Militärarzt intoressirfc, darf die monographische 
Bearbeitung der varicöseu Venenerkrankungen auch der Beachtung 
der Chirurgen und Histologen empfohlen werden. 

Ueber die Entstehung der varicöseu Venenerkran¬ 
kungen vertritt Kirchenberger folgende Anschauungen: 1) Bei 
der Entstehung der weitaus meisten Phlebektasieen spielt die 
mechanische Behinderung des Rückflusses des Venenblutes 
und die dadurch herbeigeführte Stauungsdilatation der Venen eine 
wichtige Rolle. 2) Die von Rindfleisch und anderen vertretene An¬ 
schauung, dass dieses ätiologische Moment als die alleinige, und 
ausschliessliche Ursache der varicöseu Venenerkrankungen anzu¬ 
sehen ist, kann nicht als richtig angesehen werden. 3) Vielmehr 
ist anzunehmen, dass neben den mechanischen Entstehungsmomenten 
eine gewisse — ererbte oder erworbene — Disposition bei der 
Varicenbildung in Betracht kommt. Diese Disposition dürfte — 
ganz allgemein gesprochen — in einer abnormen Beschaffenheit 
der Venenwand, durch welche eine Verminderung der Widerstands¬ 
fähigkeit derselben herbeigeführt wird, ihren Ausdruck finden, wenn¬ 
gleich eine solche (von Soboroff’s vereinzelter Beobachtung abge¬ 
sehen) bisher anatomisch nicht nachgewiesen werden konnte. 4) Die 
Richtigkeit des unter 1 Gesagten angenommen, würden die 
StructurVeränderungen in der Wand der überwiegenden 
Mehrzahl ektatischer Venen als im Gefolge der Stauungsdilatatiön 
entstandene, somit als secundäre anzusehen sein. 5) Diese Structur- 
veränderuiigen bestehen in einer Endo- und Periphlebitis nebst 
einer Hypertrophie der Muscularis in den minder vorge¬ 
schrittenen, dagegen in einer Atrophie der letzteren in den vorge¬ 
schrittenen Fällen von \ aricenbildung. 6) Es kommen aber auch 
bisweilen Phlebektasieen vor, bei denen sich eine primäre Venen- 
erkrankuug der angegebenen Art als Entstehungsursache 
nicht ganz von der Hand weisen lässt. 

13. De Terra, Repetitorium der Zabnheilkuude. Stuttgart, Fercl. 
Enke. 1894. Ref. Dieck (Berlin). 

Ein Repetitorium, welches, wie das vorliegende, 500 Seiten stark ist, 
könnte für seinen Zweck zu umfangreich erscheinen, jedoch macht die 
Masse des verarbeiteten Materials von vornherein eine gedrängtere Dar¬ 
stellung unmöglich. In sechs Thcilen angeordnet, umfasst der Stoff: 
Physik, Chemie; Allgemeine und specielle Histologie. Anatomie und 
Physiologie; Allgemeine und specielle Pathologie, Chirurgie und Therapie, 
wobei die Krankheiten der Mundhöhle und Zähne, sowie deren Therapie 
in besonderer Ausführlichkeit behandelt werden; Allgemeine und specielle 
Arzneimittellehre und Zahnersatzkunde. Die Ausdehnung der speciellen 
Th eile genannter Disziplinen musste naturgemüss durch den Zweck des 
Buches begrenzt werden. Die äussere Form der Darstellung ist in Fragen 
und Antworten gehalten, dabei der Inhalt genügend übersichtlich und in 
der Hauptsache erschöpfend. Der Charakter des Ganzen ist wissen¬ 
schaftlich und lässt erkennen, dass Verfasser den Gegenstand beherrscht. 
Das Buch wird dem Studirenden der Zahuheilkunde ein willkommenes 
Hüllsmittel hei seinen Studien sein; es wird sich sicher Freunde erwerben. 


14. Eschle, Kurze Belehrung Uber die Ernährung und Pflege des 
Kindes im ersten Lebensjahre. Zweite neubearbeitete und vermehrte 
Aullage. B. Konegen, Leipzig, 1894. 47 S. 

15. Schlichter, Anleitung zur Uuteisnclinng und Wahl der Amme. 

Mit 5 Abbildungen. Josef Salär, Wien, 1894. 68 S. 

Auf 47 Octavseitcn giebt Eschle, Assistenzarzt an der Kinder¬ 
poliklinik in Freiburg, eine gemeinfassliche Abhandlung Uber die Er¬ 
nährung (natürliche und künstliche) des Kindes im ersten Lebensjahr und 
über die Pflege des gesunden und des kranken Kindes innerhalb derselben 
Lebensdauer. Das präcis und klar geschriebene, alles Wissenswerthe 
enthaltende Büchlein kann mit Vortheil jeder Mutter zur Belehrung in 
die Hände gegeben werden. In diesem Sinne sei die Arbeit den Collegen 
empfohlen. 

Die wichtige, in den Lehrbüchern der Geburtshülfe und Kinderheil¬ 
kunde meist stiefmütterlich behandelte Frage der Ammenuutersuchung 
wird von Schlichter, früherem I. Secundärarzt der niederösterreiehischen 
Landesfindelanstalt, in erschöpfender Weise discutirt. Die Broschüre ver¬ 
dient eine weite Verbreitung in ärztlichen Kreisen. 

Schwalbe (Berlin). 

II. Zeitscliriftenübersiclit. 

16. E. Münzer und A. Strasser, Untersuchungen über 
die Bedeutung der Acetessigsäuro für den Diabetes mel¬ 
litus. Arch. f. experiment. Path. u. Pharm., Bd. 32, S. 372. 

Es sollte entschieden werden, ob der Acetessigsäure ein An- 
theil an der Säuerung des Organismus des Diabetikers zukomme 
und ob die Schwankungen der Ammoniakausscheidung nicht zum 
Theil durch diese Säure bedingt sein könnten. Zu dem Zwecke 
wurde bei einem schweren, einem inittelschweren und einem leichten 
Fall von Diabetes der Harn auf seinen Gehalt an Stickstoff, 
Ammoniak, Acetessigsäure und Oxylnittersäure untersucht. Es 
zeigte sich hierbei, dass die Ammoniakausscheidung, wenigstens in 
manchen Fällen, in auffallender Weise parallel zur Aceton- resp. 
Acetessigsäureausseheidung geht, dass während des diabetischen 


Comas eine rasche und wesentliche Steigerung des Ei Weisszerfalles 
einzutreten scheint und dass die Acetossigsäure eine Säuerung des 
Organismus ebenso bedingt wie die anderen beim Diabetes nach¬ 
gewiesenen abnormen Säuren. 

17. C. Schmitz, ZurKenntniss der Darmfäulniss. Zeit- 
schr. f. phys. Chemie, Bd. 17, S. 401. 

Im Gegensatz zu anderen Autoren, welche die Abnahme der 
Aetherschwofelsäuro im Harn nach Milch- resp. Kefyrgenuss der 
desinficirenden Wirkung der Milchsäure auf die Darmfäulniss zu- 
sch reiben, konnte Verfasser unter Baumann’s Leitung nach weisen, 
dass es vor allem der Käsestoff ist, der die Herabininderung der 
Aetherschwefelsäuren bewirkt. Durch Darreichung von frischem 
Käse konnte in einem Falle die Ausscheidung der Aetherschwefel¬ 
säuren sogar völlig unterdrückt wurden. Es ist bisher kein Stoff 
unter der grossen Zahl der Desinfectionsraittel bekannt, welcher 
eine derartige Herabsetzung der Fäulnissprocesse des mit Nähr¬ 
stoffen gefüllten Darmes bewirkt. Leo (Bonn). 

18. Sacerdotti, Ueber die Blutplättchen. Archivio per le 
scienze mediche. Vol. XVII, No. 2. 

Zuerst führt der Verfasser gegen Löwit und Lilienfeld aus, dass 
die von Bizzozoro entdeckten Blutplättchen im Blute präexistiron. 
nicht Kunstproducto sind. Nach seiner Beobachtung sind sie nicht biconcav, 
sondern biconvex. Er hält sie für homolog mit den von Recklinghausen 
und anderen bei eierlegendeu Wirbelthieren gefundenen kernhaltigen, 
spindelförmigen Zellen und erklärt darum auch die Blutplättchen für Zellen. 
Im Knochenmarke der Frösche fand er selten Plättchen, glaubt also nicht, 
dass sie daselbst gebildet werden, wohl aber viele weisse und rothe Blut¬ 
körperchen in Karyokinese. Nach seinen Versuchen sind die Plättchen 
keine Hämatoblasten, ebenso wenig entstehen die rothen Blutkörperchen 
im Knochenmark der Frösche aus Leukocyten. Teuscher (Jena). 

19. H. Curschmann, Topographisch-klinische Studien. 
L Die Anomalien der Lage, Form und Grösse des Dickdarnis und 
ihre klinische Bedeutung. — II. Ueber einige Beziehungen der 
hinteren Bauchwand und des retroperitonealen Zellgewebes zur 
Bauch- und Brusthöhle. Deutsches Archiv f. klin. Medio. Bd. 53. 
Heft 1 u. 2. 

Curschmann beschreibt einige sehr bemerkenswerthe Ano- 
malieen des Dickdarmes, welche zu grossen Irrthümern in der 
Diagnose führen können und bisher nur sehr wenig beachtet wurden. 
An allen Abschnitten des Dickdarmes kann Verlagerung und 
Sehlingenbildung, event. mit Axendrehung und Ileus beobachtet 
werden. Am Colon ascendens ist selbiges selten, häufiger am 
transversum und descendens. Diese Schlingen können enorme 
Grösse erreichen, so dass der Scheitel in der gegenüber liegenden 
Bauchseite liegt, also /. B. die Schlinge des Colon ascendens in 
der linken Fossa iliaca, die des S romanum in der Zwerchfellkuppel 
oder gleich neben dem Coecum. Anderseits kommen auch Ver¬ 
kürzungen bis zu völligem Fehlen einzelner Abschnitte vor, wo¬ 
durch dann auch die übrigen Theilo ganz abnorme Lage einnehmen. 
So wird bei Verkürzung oder Fehlen des Colon ascendens das 
Coecum au oder hinter der Leber gefunden werden, wofür zwei 
Beispiele mitgetheilt werden; in beiden Fällen war ausserdem das 
Coecum auf das kurze Colon ascendens bezw. das transversum um¬ 
geschlagen. Als Ursache ist eine Entwickelungshemmung anzu- 
schuldigen, ein Stehenbleiben auf den Verhältnissen des dritten 
Embryonalmonates, wo das Coecum noch direkt mit dem Quercolon 
verbunden ist, während das Colon ascendens sich erst später ent¬ 
wickelt. Ein sehr lehrreiches Beispiel dieser Anomalie wird mit¬ 
getheilt, wo mehrmals wiederkehrendo Perityphlitis mit kolikartigen 
Schmerzen für Gallensteinkolik angesehen wurde, da das Coecum 
wegen nur rudimentärer Entwickelung des Colon ascendens fast 
ganz hinter der Leber lag und da ausserdem noch bei den ein¬ 
zelnen Anfällen sich leichter Icterus gozeigt hatte. Auch bei 
normal entwickeltem Colon ascendens finden sich häufig Umbiegun¬ 
gen des Coecum, selbiges findet sich dann über das Colon umge¬ 
schlagen; ebenso sind Verlagerungen (mit Umsclüagung) öfters zu 
beobachten, so dass das Coecum beispielsweise in der Nabelgegend 
gefunden wird. Am Quercolon sind Anomalieen am häufigsten. 
Es wird hier beobachtet ein Fehlen einer der beiden Flexuren, so 
dass das Colon transversum verkürzt erscheint und das ascendens 
bezw. descendens schräg durch die Bauchhölde verläuft. Schlingen- 
bildung am transversum kommt vor nicht nur nach unten, event. 
bis in’s kleine Becken, sondern auch öfters nach oben, über die 
Leber, wodurch die Leberdämpfung an dieser Stelle verschwindet. 
Zur Unterscheidung von Leberverkleinerung dient in solchen Fällen 
das Vorhandensein der Dämpfung in der Axillarlinie uiid nach 
hinten. In einem Falle, wo diese Ueberlagerung der Leber vor¬ 
handen war und gleichzeitig noch Schlingenbildung am S roma¬ 
num bestand, so dass die Dünndarmschlingen nach vorn ganz 
vom Dickdarm bedeckt waren, hatte intra vitam der hierdurch 
verursachte gleiehmässig tympanitische Schall in den vorderen 


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LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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No. 8 


Partieen und der Lebergegend insofern zu einer irrtkümlichen 
Diagnose geführt, als bei eingetretener Perforativperitonitis eine 
Ansammlung freier Gase im Abdomen angenommen worden war. 
Curschmann macht auf diese Abnormität des Colon transversum 
besonders noch deshalb aufmerksam, weil unter Umständen leicht 
die Diagnose fälschlich auf subphrenischen Abscess gestellt werden 
kann, wie cs thatsächlich in einem seiner Fälle geschehen war. 
Bezüglich der S romanum - Schlingen sei noch bemerkt, dass die 
Basis der Schlinge stets von Dünndärmen überlagert gefunden 
wurde. Kommt es also zu Volvulus Sromani, so werden die ab¬ 
norm geblähten Partieen sich nicht in der linken Unterbauch- 
gogend finden, wie meist angenommen wird, sondern hier wird sich 
nur Dünndarm nachweisen lassen. Schliesslich sei noch erwähnt, 
dass Curschmann bei der Untersuchung solcher Fälle als be¬ 
sonders vortheilhaft die Stäbchenpercussion angelegentlichst em¬ 
pfiehlt. Betreffs der Therapie wirft er die Frage auf, ob hier, 
wenn Ileus die Laparotomie erfordert hat, nicht die Resection der 
abnormen Schlinge anzuschliessen sei, da ja sonst die Gefahr eines 
Recidivs immerfort bestehen bleibt. 

Im zweiten Theile macht Curschmann zunächst darauf auf¬ 
merksam, dass paratyphlitisclie Exsudate, Blutungen etc. bei ihrer 
weiteren Ausbreitung einen typischen Weg gegen die Leber zu 
nehmen, dass die Stelle, w r o ein Abscess schliesslich sich vorwölbt 
und zur Eröffnung kommt, die Lumbalgegend dicht unterhalb der 
12. Rippe ist. Der Grund dieses typischen Verhaltens ist der, 
dass bei Rückenlage des Patienten, welche bei der WeiterentWicke¬ 
lung und -Ausbreitung dieser Processe stets innegehalten wird, 
die hintere Bauchwand eine schiefe Ebene bildet, bei welcher die 
Fossa iliaca der höchste, die beschriebene Stelle der Lumbalgegend 
der tiefste Punkt ist. — Bricht ein retroperitonealer Abscess in 
die Pleura durch, so geschieht dies, wie Curschmann zeigt, an 
einer bestimmten Stelle des Zwerchfelles, zwischen dem äusseren 
und inneren Schenkel an der Ansatzstelle am Rücken, welche nur 
aus Bindegewebe besteht und gelegentlich von einigen Muskel¬ 
fasern durchzogen ist, welche auch von den meisten Anatomen 
beschrieben wird. Bedeckt wird diese Stelle abdominalw r ärts von 
der Niere, thoracalwärts von der Pleura diaphragmatica. Cursch¬ 
mann konnte in verschiedenen Fällen durch die Section die be¬ 
schriebenen Verhältnisse bestätigen. 

Ed. Reich mann (Elberfeld). 


20. Meitzer, On subphrenic abscess. The New York 
Medical Journal for June 24, 1893. 

Nach Leyden’s allgemein getheilter Anschauung ist für die 
Diagnose des subphrenischen Abscesses bei dem Fehlen jeden 
physikalischen Unterschiedes von dem Empyema pleurae die Aetio- 
logie maassgebend. Wir sind berechtigt, oinon subphrenischen 
Abscess anzunehmen, wenn ein Patient Erscheinungen eines Er¬ 
gusses in die Brusthöhle hat, ohne vorher Symptome einer Er¬ 
krankung der Brustorgane dargeboten zu haben, oder wenn eine 
Erkrankung der Abdominalorgane vorausgegangen ist. Gegen diese 
Anschauung, als eine nicht ausreichende, wendet sich Verfasser 
zunächst auf Grund eines von ihm beobachteten Falles von sub¬ 
phrenischem Abscesse nach croupöser Pneumonie. Er glaubt, dass 
sein Fall nicht mit einem früher von Gaehde veröffentlichten allein 
dastehe, sondern dass andere ähnliche als Empyeme behandelt und 
geheilt seien. In seinem anfänglich auch für Empyem gehaltenen 
halle sah Verfasser nach Eröffnung der Pleura nur wenig Eiter, 
fand aber eine nadelknopfgrosse Oeffnung in dem vorgebuchteten 
Zwerchfell, die in einen unterhalb desselben gelegenen abgekapselten 
Abscess führte. Durch zweckmässige chirurgische Behandlung 
erfolgte Heilung. An einen Zusammenhang dieses Abscesses mit 
der voraufgegangenen Pneumonie glaubt Verfasser nicht zweifeln 
zu dürfen. Er glaubt vielmehr, dass eine direkte Wanderung der 
Mikroorganismen auf dem Wege der Lymphbahn stattgefunden 
habe, gegen die theoretische Bedenken nicht existiren und die 
durch den Sitz der Pneumonie in der Superficies diaphragmatica 
der Lunge und dem Fehlen einer Entzündung im diaphragmatischen 
Theile der Pleura begünstigt wurde. Andererseits können nach 
Verfassers Anschauung Empyeme sehr wohl auch nach Erkran- 
kungen der Abdominalorgane Vorkommen, wie eine Reihe bereits 
veröffentlichter Fälle zeigen; so ein von v. Kögerer beschriebener 
f all eines Magengeschwürs, das direkt in die Pleurahöhle perforirt 
ist. In dem von Wein t rau d veröffentlichten Falle eines Typhus¬ 
empyems handelt es sich jedoch anscheinend um einen subphre- 
mschen Abscess und ist diese Möglichkeit von Weintraud wahr¬ 
scheinlich gar nicht in Betracht gezogen. W. Croner (Berlin). 


Alle uuu 


öl. E. kerry, A case of amoebic dysentery. 
ot the Amer. Med. Assoc. 23. July, 1893. 

Ein früher gesundes junges Mädchen bemerkte, nachden 
einige Zeit gekränkelt hatte, dass es geringe Mengen blut: 
Schleimes mit dem Stuhl ausschied. Unter zunehmender Anat 


verschlimmerte sich der Zustand, und wenn auch dann und » a 
Intermissionen eintraten, so konnte doch trotz aller angewandt 
Mittel keine Heilung erzielt werden. Die Stühle stellten na 
einiger Zeit eine homogene breüge Masse dar, waren braun-rötlilir' 
durch Blutbeimischung und enthielten sagoähnliche Schleimklün^ 
chen. Mikroskopisch konnten um diese Zeit darin stets Amöben 
nachgewiesen werden; dieselben waren von runder oder etwas oviki 
Gestalt, circa sechsmal so gross wie Leucocyten, enthielten ltoIic 
graue Körnchen und waren von einer hyalinen Membran um4ben 
Häufig waren in dem Körper ein Kern und Vacuolen sichtbar w 
zuweilen ein oder mehrere rothe Blutkörperchen. Allmählich bil¬ 
dete sich unter unregelmässigem Fieber ein druckempfindlicher 
nicht fluetuirender Tumor dicht unterhalb der Leber, während sich 
die Dysenterie zu bessern schien. Die Patientin starb kurze Zeit 
darauf an einer im Anschluss an Influenza sich entwickelnder 
Pneumonie. Bei der Autopsie fand sich etwa 7 Zoll unterhalb d» 
Coecums eine ausgedehnte Zerstörung und Unterminirung der Darm- 
mucosa, während dieselbe und die Muscularis im weiteren Verlaufe 
des Colon unregelmässig verdickt war; das Lumen des Danncanab 
war deutlich verkleinert. Die ganze Innenfläche war von schmutzig 
grau-grüner Farbe. Amöben konnten an dieser Stelle nicht nach¬ 
gewiesen werden. Reunert (Hamburg). 

22. E. Grawitz, Kjlinisch - experimentelle Blutuuier- 
suchungen. Zeitseb. f. klin. Medic. 1892, XXI, 459—474. 

Der Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Geweben nrn« 
sich in dem Flüssigkeitsgehalt des Blutes aussprechen und dunh 
wiederholte Bestimmungen des specifischen Gewichts des Blute? in 
seinem Verlauf bestimmen lassen. Zur Ermittelung des specifischen 
Gewichtes bediente sich Verfasser des Schmaltz’schen Capillar- 
pyknometers. Mau kann die Menge der in das Blut ein- oder 
aus ihm ausgetretenen Gowebsflüssigkeit annähernd berechnen, 
wenn man das specifische Gewicht dieser Gewebsflüssigkeit kenn!, 
das auf Lymphe bezogen im Mittel 1025, vielleicht auch noch 
weniger beträgt; ferner muss bekannt sein das specifische Gewicht 
des normalen unveränderten Blutes und die Menge des veränderten 
Blutes, die man zur Untersuchung benutzt hat. Mit Hülfe dieser 
Methode liess sich zeigen, dass die von einem Schröpfkopf anat- 
saugte Blutmenge zu einem Drittel aus miteingesaugter Gewebs¬ 
flüssigkeit besteht. Während des Schwitzens nahm in den meisten 
Fällen die Concent-ration des Blutes zu. Doch blieb der berechnt 
Wasserverlust des Körpers hinter der wirklich entleerten Mengf 
des Sclnveisses nicht unerheblich zurück. Bei kühlem Verhalten 
nach dem Schwitzen blieb die Blutdichto noch längere Zeit hoch, 
hingegen setzten Reiben, Frottiren und andere Momente, wehnr 
die Gefässe erweitern, wie Wärme und Amylnitrit, das specitiscln 
Gewicht schnell herab, da mit der Gefässerweiterung ein Flüssigkeit- 
Übertritt ins Blut stattfindet. Umgekehrt ist eine Gefässcontracticn 
von Flüssigkeitsaustritt aus dem Blut und Zunahme des speemschji 
Gewichtes begleitet, wie man das unter der Einwirkung der halt, 
des Schmerzes, psychischer Erregungen u. s. w. nachweisen kmn 
Verfasser glaubt, dass der Flüssigkeitsaustritt aus den befä^y 
bei plötzlicher Kälteeinwirkung auf die Haut vielleicht en^ 
Schlüssel zur Erkenntniss des alltäglichen Vorganges de-rhrka un- 
zu liefern vermöge, welche so häufig die exsudativen entzim a ' 
Erkrankungen einleitet. Scheinbar paradox ist die zuwenen 
achtete Abnahme des specifischen Gewichts während des bcliwi < -• 
doch lässt sich auch hierfür eine Erklärung in der fy eK ' f 
Gefässerweiterung und einem reichlichen Uebertntt von ' J 
flüssigkeit ins Blut finden. E. Sehrwald (heihur. ). 

23. H. Christ. Ueber den Einfluss der Muskelarbeit«« 
die Herzthätigkeit. Deutsches Archiv für kliniscm 

Um einen Einblick in die Pathogenese der Ueberan«”,; 
des Herzens zu gewinnen, hat der Verfasser auf der lm * ^ 
sehen Klinik zu Basel unter Leitung von Jaquet den - . 

Muskelarbeit auf die Herzthätigkeit studirt. A u ^! nem ni ir j st ,r 
sinnreich construirten Tretapparat („Ergostat ) * eI1 E |j: 

Reihe von gesunden Personen, Reconvalescenteu um ^ i; 
und ohne Belastung einige Minuten arbeiten und J ‘ 
den vor und nach der Arbeit mit dem Jaqu et sehen*.1 .» ^^irki-r 
aufgenommenen Pulscurven die durch die MuskeaJ , ueliz ui.-- 
Abweichungen der Herzthätigkeit nach Pulsfonn, ^ j lin(1 ,m 
P ulsrhythmus. Die hierbei gewonnenen Res« a . j,. n Im¬ 

pulsfrequenz, Herzklopfen etc.) weichen im allgei» e ^ j en 


X uiölioqueu*., -l-iei ÄA.lUpiDU CIA j.J " ^ 

kannten Erfahrungen des alltäglichen Lebens m ^ y? 
naueren Beobachtungen anderer Experimentatoie y^^ t- 
Bemerkenswerth möchten wir nur die Angabe < *» jliätiirt 

führen, dass bei drei Typhusreconvalescenfcen nac R Jr un piutr 
am Ergostaten eine deutliche Vergrösserung djese> 

hauptsächlich nach rechts, nachgewiesen werde 
ging nach einiger Zeit wieder zurück. 


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13. September. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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Die Empfehlung des Verfassers, derartige Untersuchungen in 
der Praxis zur Prüfung der Widerstandsfähigkeit des Herzens zu 
verwerthen, dürfte nicht auf Opposition stossen, vorausgesetzt, 
dass er dazu nicht gerade einen Ergostaten für nothwendig hält. 

24. Stoitscheff, Die Wirkung des Digitalinum verum, 
verglichen mit derjenigen des Digitalisinfuses. Deut¬ 
sches Arch. f. klin. Med. 1894, Bd. 52. 

Verfasser hat auf der Immermann’schen Klinik in Basel 
unter Leitung von Jaquet an 26 Patienten Untersuchungen über 
die Wirkung des Digitalinum verum an und für sich und im Verhält- 
niss zu derjenigen des Digitalisinfuses angestellt. Das Digitalin wurde 
in alkoholischer Lösung (Digitalini veri 0,08, Spirit, rectif. 20,0, 
Aq. dest. 180,0, M. D. S. 4—6 mal täglich 10 ccm) verabfolgt. Als 
Maassstab für den Effect diente die mit dem Jaquet’schen Sphy- 
mochronograph bestimmte Pulszahl und der Pulsrhythmus. Die 
Beziehung zur Diurese ist merkwürdigerweise — wenigstens in der 
Arbeit — nahezu ganz ausser Acht gelassen. 

Als Facit der Versuche constatirt Verfasser, dass wir sowohl 
in qualitativer wie quantitativer Hinsicht keinen Grund haben, dem 
Infus den Vorzug gegenüber der Reinsubstanz zu geben. Was die 
Verordnungsweise des Digitalins betrifft, so hat Verfasser den Ein¬ 
druck gehabt, als ob wiederholte kleine Dosen besser und schneller 
wirken als grössere Dosen in längeren Zwischenräumen. Die ge¬ 
wöhnliche Tagesdosis betrug 16—20 mg, doch wurde dieselbe in 
einigen Fällen ohne Schaden auf 40 mg gesteigert. In vielen 
Fällen wurde das Mittel Wochen hindurch ohne Erscheinungen 
einer cumulirenden Wirkung gegeben. (Vergl. zu diesem günstigen 
Resultat das gegentheilige Urtheil von Lewin, diese Wochen¬ 
schrift No. 26, S. 552. Ref.) Schwalbe (Berlin). 

25. Snell, Ueber die Formen von Geistesstörung’ 
welche Hexenprocesse veranlasst haben. Allgemeine Zeit¬ 
schrift für Psychiatrie, Bd. 50. 

In seinem vor zwei Jahren erschienenen Buche „Hexenprocesse 
und Geistenstörung“ hat der Verfasser überzeugend nachgewiesen, 
dass entgegen der allgemeinen Ansicht die Geisteskranken, welche 
den Hexenprocessen zum Opfer fielen, nur eine verschwindend 
kleine Zahl bilden, dass dagegen Psychosen und Neurosen dadurch 
viele Processe w r egen Zauberei veranlasst haben, dass man die 
Kranken für besessen hielt und den Zauberer zu entdecken und zu 
strafen suchte, der die Besessenheit verursacht haben sollte. Es 
lassen sich nun Fälle nachweisen, dass Melancholische, Paranoische, 
Manische und Epileptische durch ihre Krankheit in den Verdacht 
des Teufelsbündnisses kamen und häufig auch gestraft wurden; die 
Melancholie lieferte weitaus die grösste Mehrzahl von Fällen. Aber 
auch hier ist die Zahl so gering, dass sie in der Menge der Ver¬ 
urteilten, bei welchen sich nichts von Geistesstörung nachweisen 
lässt, vollständig verschwindet. — Es ist nun ferner behauptet 
worden, das ganze Hexenwesen sei auf den Missbrauch narkotischer 
Mittel, also auf toxische Psychosen, zurückzuführen, aber auch 
diese Ansicht wird von Snell mit triftigen Gründen widerlegt. 
So gering die Bedeutung ist, welche geisteskranke Angeklagte für 
dio Entwickelung des Hexenprocesses haben, so wichtig ist die 
Rolle, welche kranke Angeber gespielt haben. So zahlreich nun 
auch dio Krankheiten sind, welche man von Zauberei herleitete, so 
verschwindet ihre Bedeutung doch gänzlich im Vergleiche mit einem 
Zustande, den man damals allgemein als Besessenheit bezeichnete, 
den wir heutigen Tages Hysterie nennen. Dio Besessenheit traf 
gewöhnlich jugendliche Personen, meist weiblichen Geschlechtes: 
am häufigsten trat sie bei den Novizen der Nonnenklöster auf; sie 
äusserte sich durch Anfalle, in denen die Betroffenen niederstürzten, 
die Gesichtszüge verzerrten und sich oft soweit nach rückwärts 
bogen, dass der Hinterkopf den Fersen nahe kam. Als eine be¬ 
sondere Bosheit des Teufels wurde es angesehen, dass die besessenen 
Jungfrauen häufig unzüchtige Bewegungen mit dem Becken machten, 
und am meisten Verwunderung erregte cs, dass die Besessenen oft 
unverdauliche Dinge, Nadeln, Nägel, Scherben erbrachen oder im 
Stuhlgange von sich gaben, ja sogar zuweilen durch Abscesso.ent¬ 
leerten. Die Besessenheit wirkte ansteckend, so dass diejenigen, 
welche die Anfälle beobachteten, leicht von ähnlichen betroffen 
wurden. Auch die Gefühllosigkeit der Haut, das Anschwellen des 
Leibes, das Gefühl eines Druckes unter dem Brustbeine und im 
Halse wird von den Besessenen angegeben. Die Heilung des Zu¬ 
standes, auch wenn er mit lange andauernden Lähmungen verbunden 
w T ar, erfolgte oft plötztlich durch einen heftigen Gemüthseindruck. 
Das alles beobachten wir noch heute, aber wir nennen den Zustand 
nicht mehr Besessenheit, sondern Hysterie. In dem Zeitalter der 
Hexenprocesse war diese Besessenheit ein sehr häufiger Anlass zu 
Processen wegen Zauberei. Man führte den Zustand darauf zurück, 
dass ein oder mehrere Teufel — bis zu mehreren Tausend —- in 
den betreffenden Menschen hineingefahren seien, und zwar nicht 
aus eigenem Antriebe, sondern auf Befehl eines Zauberers. Diesen 


Hexenmeister ausfindig zu machen, galt für ebenso wichtig, wie 
die Behandlung des Besessenen durch Exorcismen. Die Reihe von 
Processen, welche durch Fälle von Besessenheit hervorgerufen 
worden sind, ist denn auch thatsächlich eine recht lange. 

L ew a 1 d (Berlin-Lichtenberg). 

26. Kirn (Freiburg i. B.), Neue Arbeiten über Ver¬ 
brecheranthropologie. 

27. Derselbe, Ueber den gegenwärtigen Stand der 
Criminalanthropologie. Vortrag bei der 25. Versammlung 
südwestdeutscher Psychiater. Separatabdruck aus der Zeitschrift 
für Psychiatrie Bd. 50. 

Wir verdanken Kirn, der durch seine Eigenschaft als Psychiater 
und durch seine langjährigen praktischen Erfahrungen als Gerichts¬ 
und Gefängnissarzt in besonderem Grade dazu befähigt ist, in der 
Verbrecherfrage mitzureden, schon verschiedene w T erthvolle Arbeiten 
auf diesem Gebiete. Von den beiden vorliegenden beschäftigt sich 
die erste mit den neuesten und bedeutungsvollsten 1 itterarischen Er¬ 
scheinungen der Criminalanthropologie, mit den Werken Kureila’s 
und Bär’s. Der Arbeit Kurella’s wird Verfasser trotz seiner ab¬ 
weichenden Ansicht als einer ebenso fleissigen wie genialen gerecht. 
Kirn’s eigene Ansichten, die sich mehr mit denen Bär’s decken, 
sind in klarer und präciser Weise niedergelegt in dem Vortrag bei 
der 25. Jahresversammlung südwestdeutscher Irrenärzte. Nach 
einer kurzen, aber erschöpfenden Darlegung der Lombroso’schen 
Lehre werden die Resultate der neuesten Forschung über die wich¬ 
tigsten Punkte der Verbrecherfrage vorgeführt: Was die körper¬ 
liche Beschaffenheit anlangt, hält es Kirn für ausgemacht, dass 
der Schädel des Verbrechers durchaus nichts specifisches hat, sicher 
habe sich nur das eine ergeben, dass ein kleinerer Kopfumfang 
etwas häufiger bei Verbrechern sei, als bei Nichtverbrechem. Das 
Gehirngewicht ist unter dem normalen Durchschnitt, typischo 
Varietäten in der Bildung der Gehirnoberfläche sind bis jetzt noch 
nicht festgestellt. Die Physiognomie zeigt weder im allgemeinen, 
noch nach der besonderen Art der Verbrecher etwas charakteristisches. 
Die Linkshändigkeit als Eigenschaft des delinquente nato betrachtet 
Kirn als ebenso widerlegt, wie die Gefühlsstumpfheit. Auch die 
Degenerationszeichen haben keinen specifischen Werth, die atavistische 
Bedeutung derselben giebt Kirn nur für Ausnahmefällo zu. Hin¬ 
sichtlich des psychischen Verhaltens bestreitet Kirn nicht, dass bei 
einer grösseren Anzahl von Verbrechern intellectuelle Schwäche und 
gemüthlich-ethische Stumpfheit vorherrsche, aber diese Eigenschaften 
sind seines Erachtens nur zum Theil angeboren, in der Mehrzahl 
der Fälle erworben. 

Nach all dem kommt Kirn zum Schluss: „Die sorgfältigste 
klinische Forschung ist ausserstande, einen anthropologischen Ver¬ 
brechertypus nachzuweisen, noch viel weniger besondere Typen für 
besondere Verbrecherarten. Eine grosse Anzahl von Gewohnheits¬ 
verbrechern unterscheidet sich in keiner ^Teise, weder somatisch 
noch psychisch vom Typus normaler unbescholtener Menschen.“ 
Dio psychischen Anomalieen sind in der Mehrzahl der Fälle nicht 
ererbt, sondern erworben, künstlich gezüchtet unter dem Einfluss 
ungünstiger socialer Factoren. Identificirung des Gewohnheitsver¬ 
brecherthums mit der Epilepsie weist Kirn — mit vollstem 
Rechte entschieden zurück. Das Resultat der Kirn’schen Unter¬ 
suchungen ist uns in dem Endsatz der Arbeit gegeben: „Heute 
muss das Dogma vom geborenen Verbrecher als gründ¬ 
lich widerlegt betrachtet werden-. Soweit dio 

Anthropologie bei Beurtheilung desselben in Betracht 
kommt, handelt es sich vorwiegend um die Lehre von 
der menschlichen Entartung, somit bildet die Criminal¬ 
anthropologie nur ein Kapitel in der Degenorescenz- 
Anthropologie.“ 

In zwei Punkten kann Referent mit dem Verfasser nicht ganz 
übereinstimmen. Ich glaube, dass Kirn den Einfluss der socialen 
Verhältnisse auf Entwickelung des eigentlichen Verbrechercharakters 
etwas überschätzt, und zweitens, dass er dem atavistischen Charakter 
mancher psychischen und physischen Hemmungsbildungen vielleicht 
etwas zu wenig Bedeutung beilegt. Doch unterliegt es keinem 
Zweifel, dass der Standpunkt, den Kirn oinnimmt, in Deutschland 
zur Zeit die Majorität hat. Jedem, der sich rasch über die 
wichtigsten Punkte orientiren will, um die es sich in der Verbrecher- 
fräse handelt, seien Kirn’s klare, nüchterne Arbeiten bestens 
empfohlen. W. (Stuttgart). 

28. W.G. Thompson, A study of Addison’s disoaso and 
tho adrenals. The American journ. of tho medic. Sciences 

No. 258, 1893. . „ . 

Sechs neue Fälle von Morbus Addisonn mit vier Autopsieen, 
bei denen dreimal Nebennierentuberkulose, einmal Leberlues con¬ 
statirt wurde, und weitere 40 Fälle, in denen Nebennierenläsionen 
ohne begleitende Momente von Addison’scher Krankheit vorhanden 
waren. Nach Analyse der bis jetzt publicirten Beobachtungen, die 


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60 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


eine alleinige Herleitung des bekannten Symptomencomplexes aus 
Nebennieren Veränderungen nicht mehr gestatten, und auf Grund 
eigener Thierexperimente vertritt Thompson die Anschauung, 
dass der Krankheit eine Irritation oder Läsion des abdominellen 
sympathischen Nervensystems zugrunde liegen müsse. Zerstörungen 
der Glandulae suprarenales mit dem Thermocauter und andererseits 
Implantationen von Nebennieren in die Abdominalhöhle wurden 
von den Thieren gut und symptomlos vertragen, Einspritzungen 
von wässerigen und Glycerin-Extracten thierischer und wenige 
Stunden nach dem Tode entnommener menschlicher normaler Neben¬ 
nieren erwiesen sich als ungiftig. F. Reiche (Hamburg). 

29. F. Legueu, De Intervention chirurgieale dans la 
peritonite tuberculeuse. La semaine mMicale 1894, No. 9. 

Aus den letzten Zusammenstellungen geht ein für die Prognose 
der Operation sehr günstiges statistisches Verhältniss hervor: Von 
358 Fällen sind nur 32 im Anschluss an die Operation, 51 an der 
fortschreitenden Krankheit, und diese fast ausnahmslos nach vor¬ 
übergehender Besserung, zuweilen erst sehr spät, gestorben (zu¬ 
sammen 23%). Von den übrigen kann man nach Maurange fast 
die Hälfte rechnen, welche selbst unter der Voraussetzung genügend 
langer Beobachtungszeit, mindestens von ein bis zwei Jahren, als ge¬ 
heilt gelten können. König hat unter 84 Fällen 16 länger als zwei 
Jahre, 14 fernere länger als drei Jahre sicher geheilt gefunden. 
Auch durch zahlreiche Sectionsbefunde und durch chirurgische 
Autopsieen bei Wiedereröffnung des Abdomens ist die Möglichkeit 
definitiven Ausheilens sicher gestellt. Der Einwand, dass es sich 
dabei gar nicht um tuberkulöso Aflfectionen gehandelt habe, ist bei 
manchen Fällen einwandsfrei durch den Nachweis von Bacillen 
widerlegt. — Die Tuberkulose des Bauchfelles verläuft unter den ver¬ 
schiedensten Formen, man theilt sie am geeignetsten nach Jalaguier 
ein in acute, subacute und chronische Tuberkulosen. Bei den 
letzteren wird die ascitische, ulceröse und fibrinoplastische Form 
unterschieden. Ferner sind die circumscripten und diffusen 
Affectionen auseinanderzuhalten und die einzelnen Altersstufen zu 
berücksichtigen. Bei der acuten miliaren Form ist zweimal mit 
tödtlichem Ausgang operirtworden. Unter den chronischen Krank¬ 
heitsfällen hat die Operation der ascitischen Form bei Kindern in 
87,5 °/o, bei Erwachsenen in 75,5 % nicht zum Tode geführt. Von 
35 Kindern blieben 4 nach einem Jahr, 1 nach zwei Jahren, zwei 
nach 14 Jahren geheilt. Von 99 Erwachsenen sind 56 nach einem 
.Jahre, 25 nach mehr als zwei Jahren als geheilt befunden. Bei 
der ulcerösen Form kommen auf 22 Laparatomieen neun Todesfälle; 
von den 13 Geheilten sind zwei nach einem Jahr, einer nach zwei 
Jahren noch geheilt, zwölfmal hat sich eine Kothfistel gebildet. 
Bei der adhäsiven Form findet sich nach 30 Operationen kein 
Todesfall; von fünf Kindern sind drei definitiv (zwei mit autopti- 
scher Bestätigung) geheilt, nach 26 Operationen bei Erwachsenen 
ist 17 mal Heilung eingetreten. Insgesammt kommen bei diffuser 
Peritonitis auf die ascitische Form 75,5 % Heilung, auf die ulceröse 
Form 60 °/ 0 , auf die fibroadhäsive 65 %. — Bei den umschriebenen 
Peritonitiden kommen zunächst die pericoecalen Affectionen in Be¬ 
tracht. Nach fünf einfachen Incisionen ist dreimal Tod erfolgt, 
dagegen sind von sechs Coecumresoctionen drei geheilt (einer nach 
vier Jahren noch lebend!) zwei sind gestorben, einmal trat Recidiv 
ein. Zwei isolirte Netztuberkulosen sind beide mit Erfolg, einmal 
mit Resection eines Netzbruches behandelt. Bei Genitaltuberkulose 
handelt es sich 17 mal um combinirte, aber lokalisirte Salpingo- 
Pelveoperitonitiden: hiervon sind 13 geheilt (drei über ein bis drei 
Jahre). Bei 24 Fällen diffuser, von den Genitalien ausgegangener 
Tuborkulose ist zehnmal Tod, dreimal Besserung, einmal Recidiv, 
zehnmal Heilung eingetreten. 

Was die Frage der Indicationen und Contraindicationen der 
Operation betrifft, so lässt sich bezüglich der letzteren eher etwas 
Bestimmtes sagen, als bezüglich der ersteren. Als'Contraindication 
muss gelten: zu grosse Ausbreitung und Intensität dos tuberkulösen 
Processes im allgemeinen oder speciell im Brustrauin, in den 
Lungen — obwohl gewisso Affectionen der Lungen sogar häufig 
dadurch günstig beeinflusst zu werden scheinen, — ferner in den 
Lingoweiden und Nieren. Auf der anderen Seite darf man die 
Möglichkeit der spontanen Ausheilung, namentlich im jugendlichen 
Alter nicht ausser Acht lassen. Auch die einzelnen Formen der 
Tuborkulose stellen sich gegenüber der Frage der Operabilität und 
der Aussichten der Operation sehr verschieden. Von den ver¬ 
schiedenen Arten chirurgischen Eingreifens, Punction, einmal oder 
wiederholt, mit oder ohne Ausspülung des Bauchinnern, mit Ein¬ 
igung einer Dauercantile, Incisionmit oder ohne Drainage, empfiehlt 
sich für die gewöhnlichen Fälle, namentlich ascitischer Tuberkulose, 
wohl am meisten die Incision ohne Drainage. Sind daneben Ver¬ 
wachsungen da, so hat in manchen Fällen die vorsichtige Lösung 
derselben gute Dien ste geleistet. Auch der Darmverschluss kommt 


No. S 

und zwar in allen acuten und chronischen Formen (Einschnürant- 
Abknickung, Verklebung, Darmlähmung) und mit den gewöhnlichen 
Symptomenbildem in Frage; hierbei werden die bezüglich ds 
Darmverschlusses ein für allemal gültigen Indicationen für Oul 
ration und Methode durch die Tuberkulose nicht weiter beein¬ 
flusst. — In welcher Weise zum Schluss die Laparatomie zur 
Heilung beiträgt, darüber sind die Autoren bekanntermaas^n 
sehr verschiedener Meinung; eine bestimmte Erklärung steht nc4 
aus. Vorläufig kann man nur sagen, die Laparatomie wirkt 
indirekt auf die Tuberkulose ein. Durch Entleerung der Flüssijr- 
keit, durch Zuführung eines entzündlichen Reizes unterstützt sie 4 
natürliche Fähigkeit des Peritoneums, sich des tuberkulösen Gifte 
zu erwehren. Herrn. Frank (Berlin). 

30. B. Bel ton uud W. F. Haslaui, Gase of haemorrhuge fr.m. 
a Branche of the middle meningeal nrterv; trephining; i>.„. 
vory. The Lancet. Februar 1894. 

Ein fast 17 Jahre alter Knabe wurde von einem Cncketbiill sehr 
heftig über dom rechten Ohr getroffen. Zunächst etwas Schwindel, dfe 
allmählich zunehmendes Uebelbefinden, so dass der Verletzte nach einer 
Stunde seine nahe gelegene Wohnung aufsuchte, wo er alsbald die Be¬ 
sinnung verlor. Drei Tage später begannen Lahinungserseheinunsen de 
Unken Extremitäten und der linken Gesichtshälfte; dabei starke Herab¬ 
setzung der Pulsfrequenz und niedrige Temperatur. Die Bewusstlosigkeit 
liess nach weiteren drei Tagen etwas nach. Poch da die Hiradnwk- 
erscheinungen ausgesprochen waren, so entschlossen sich die Verte? .’ 
zur Trepanation. Diese wurde etwa 3 cm über dein rechten Ohr an 
scheinbar unverletzten Schädel ausgeführt. Es fand sich aber nicht?, 
ebenso wenig nach Anlegung einer zweiten Oeffnung dicht vor und (lKr 
der ersten. Erst nachdem hinter und über der ersten eine dritte Tnp.i- 
nationsöffnung im Schädel angelegt worden war, entleerte sich zrök 
Dura und Knochen etwas Blut. An der Tabula interna des hier au>L'- 
sägten Knochens zeigte sich auch eine feine, nach hinten gehende Fissur 
Verfasser meinen, dass ein kleiner Seitenast der Art. mening. media ver¬ 
letzt gewesen sei. Die Wunde wurde nun vernäht und verbunden. Nach 
zwei Tagen war das Bewusstsein etwas mehr wiedergekeht, aber der Pul- 
noch 54 in der Minute. Am nächsten Tage Verschlechterung; Ansamm¬ 
lung von Blut unter dem Lappen, das entleert wird; worauf Bessmn: 
eintritt. Das wiederholt sich noch einmal; dann tritt etwas lieber udj 
E iterung ein. Nach circa drei Wochen erfolgt Heilung. Kur ein genn:'-. 
Grad von linksseitiger Hemiopie und Doppeltsehen blieb noch eum 
Zeit zurück. — In einigen Schlussbemerkungen suchen die \ erlasser ihr 
operatives Eingreifen zu rechtfertigen; aber wohl nicht jeder Leser w, 
ihre Enschuldigungen gelten lassen. A. Bidaer (Berlini. 


ttt. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. 8. w. jja'b R* 
exikon der medicinischen Propädeutik. U. Bd., 1. Ha • * 
Mündungen — Hydrochinon. Wien und Leipzig, Urban « • 

>6lg ’Artlenburg, Encyklopildische Jahrbücher der 
Heilkunde. IV. Jahrgang. Wien und Leipzig, Urban A .uw»* 
»erg, 1894. 620 S„ 15,00 M. . _ .. , f „ r „ r ,Lii„b, 

Bum und Schnirer, Diagnostisches Lexikon fflr pr. . 

\erzto. III. Bd., Lebertuberkulose - Ren mobilis. Wan nndl, P ■ 
Jrban & Schwarzenberg, 1894. . X ur0 | () _n. 

The John Hopkins Hospital Reports. Report m *«ir 
[I. Baltimore, The John Hopkins Press, 1894. JU¬ 
KI uderkrank holten. - 0. Heubnor, Arbeiten an. ! ^ 

^rischen Klinik zu Leipzig. H. Heft. Sep.A| - ^ 

nich für Kinderheilkunde. XXAV11I. Bd., 2. u. • • n - ' k 0 lile usä« r* • 
Klimatologie und Balneologie. H. Zelle D'*,. l ;''„ h. ,« 4 . 
laltigen Bäder und deren Heilwerth. Dresden. H.lbick.ini 

23 S. . , ,.i.ninjUchcu B' 

F. v. Oefele, Welche Lehren sind ans der cl.eiii^ 

sekaffenhoit des Sprudels für die Art de. 7I1!U .),. itete 

Eine kurze Anweisung für die Besucher von Bad huuzna 
/erlag des Verfassers. 15 S., 0,20 M. ■„«imihe« über ' 

Medicinalstatistik. Bericht des Moduinalraine^ 
medicinische Statistik des Hamburgisc » 

Jahr 1893. Hamburg, 1894. 76 S., mit 8 Tafeln. Tlp-te' 

Neurologie und Psychiatrie. I,. Hirt, p a^o z ,, 

ler Nervenkrankheiten. Für Merzte uii 1K‘J4. 

A u f 1 ag e. Wien und Leipzig. Urban & Schwarze^ er (jo . 

M Benedikt, Second life. Das Seelen-Binnci 

und krankon Menschen. Wien und Leipzig, 

Ohrenheilkunde. Eitelberg, Die ^'ß^andiunu'. 
sündung, deren Aetiologio, Vcrlaui u ~ , 7( , n j )e rg. 

Klinik 1894, 7. u. 8. Heft. Wien, Urban uann Jfic 

Pharmakologie und Toxikologie. H. - cb . vorz unelimende 
und Thiergifte. Ihre Natur, Wirkung und das > 0 ^ 
verfahren. Braunschweig, Otto Salle, 1894. 8* p Holli l) T l J I 
Physiologie und physiologische Chemie, ^ m Pr L 
Grundzüge der chemischen Phys 1 ^ . ^^^buchhandlung. 
Kaiser. Heidelberg, Carl Winters Um - 


Gedruckt bei Julias fciiU-uie!d in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MIC 




Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 27. September 1894. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


und L;5SS^Ä“ er M.^ 0 r BD6t ' ErgebniSSe Anatomie 
Fürbri nger *’ Lehrbuch der klinischen Üntersuchungsmethoden. Ref. 

3. Fehling, Lehrbuch der Frauenkrankheiten. Ref. Wiener 
r federt, Lehrbuch der Kinderkrankheiten. Ref. NeumanD. 

5. Alb recht, Handbuch der praktischen Gewerbehygiene. Ref. W. 
tt der Hygiene. Ref. Maass. 

II. /eitschrifteiittbersicht: Pathologische Anatomie: 7.v.Büng- 
ner, Degenerations- und Regenerationsvorgänge an Nerven nach Ver¬ 


11N IlAJji. 


letzungen. — 8 Stroehe, Degeneration und Regeneration peripherer 
Nerven nach Verletzungen. - 9. Keresztszeghy und Hannes, Ueber 
Degenerations- und Regenerationsvorgänge am Rückenmark des Hundes 

TTniiJ 0 ndlg ®l D y. rcI \ schne ^ung. - 10. Stroebe, Experimentelle 
Untersuchungen über die degenerativen und regeneratorischen Vorgänge bei 
der Heilung von Verletzungen des Rückenmarkes. —11. Kinscherf und 
Bartsch, Lober Krebsimplantation. 

der Blutentzidmngen! 12 ' T ‘ Jaksch ’ Ueber den therapeutischen Werth 

IH. Zur Recenslon eingegangene Bücher. 


I. Bücherschau. 

^ ®^ erk:e * Unc ^ H. Bonnet, Ergebnisse der Anatomie und 

Entwickelungsgeschichte. H. Band. Wiesbaden, J. F. Berir- 

p ann ’. 1 ^ 93 - 6 ^ 9 S - 8 °- Mit 3 Tafeln und Textabbildungen. 

Ref. Eisler (Halle). 6 

Bei dem Bienenfleisse, der sich auf dem Gebiete der natur¬ 
wissenschaftlichen Forschung bethätigt und. stetig steigert wird 
für den Einzelnen von Jahr zu Jahr die Möglichkeit geringer 
auch nur für sein Specialfach die Berge von Litteratur zu be¬ 
wältigen, wenn er daneben Zeit für eigene Arbeiten behalten will, 
t.. n ,. ^ , zwar schon längst durch Schaffung von Jahresberichten 
für die einzelnen Fächer Erleichterung herbeizuführen gesucht. 
Doch vermochten die Aufzählung der neuen Werke und die ab¬ 
rissweise Mittheilung ihres Inhalts nicht die volle Befriedigung 
zu ei zielen, da man daraus noch kein Bild über den jeweiligen 
Stand der Forschung in den verschiedenen Richtungen erhielt 
Dür das umfangreiche Gebiet der Anatomie und Entwickelungs¬ 
geschichte haben in dieser Hinsicht die beiden obengenannten 
Forscher einen Schritt gethan, der ihnen den allgemeinen Beifall 
emtragen musste. Als selbstständiger Anhang zu den von ihnen 
herausgegebenen „Anatomischen Heften“ erscheinen seit dem vorigen 
Jahre die „Ergebnisse“, deren Eigenart in der zusammenfassenden 
und kritischen Behandlung der einschlägigen Litteratur besteht. 
Die einzelnen Kapitel werden von Anatomen bearbeitet, die sich 
speciell mit den darin erörterten Hauptthematen beschäftigen, und 
erhalten dadurch den Werth selbstständiger wissenschaftlicher 
Leistungen. In dem vorliegenden stattlichen zweiten Bande, der 
die Litteratur von 1892 enthält, besprechen u. a. Hermann die 
Methoden zum Studium des Archoplasmas und der Centrosomen 
thierischer und pflanzlicher Zellen, ferner Structur und Histogenese 
der Spermatozoen, Flemming Entwickelung und Stand der Kennt¬ 
nisse über Amitose, Disse Nervenendigungen und Nervenzellen, 
daneben aber, ebenso wie Barfurth im Kapitel „Regeneration“’ 
die Grawitz’sche Schlummerzellentheorie; Merkel und Zucker- 
kandl referiren über Sinnesorgane, Golgi über Nervensystem; in 
der Abtheilung „Entwickelungsgeschichte“ behandeln Roux Ent¬ 
wickelungsmechanik, Born erste Entwickelungsvorgänge, Strahl 
die menschliche Placenta, v. Kupffer die Entwickelung des Kopfes, 
Strasser alte und neue Probleme der entwickelungsgeschicht¬ 
lichen Forschung auf dem Gebiete des Nervensystems, Bon net die 
Mammarorgane im Lichte der Ontogenie und Phylogenie. Wir 
müssen uns hier natürlich mit diesem kurzen Hinweis auf den 
reichen Inhalt begnügen. Die „Ergebnisse“ ersetzen nicht nur die 
inzwischen eingegangenen „Jahresberichte“ von Hermann und 
Schwalbe, sie gewähren auch, was der Titel verspricht, einen 
Ueberblick über die Fortschritte der anatomischen und entwicke- 
lungsgeschichtlichen Forschung des vergangenen Jahres. 


Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden 

für Studirende und praktische Aerzte. Leipzig und Wien, 
b. Deuticke, 1894. 676 Seiten, 191 Holzschnitte, 2 lithogra¬ 
phische Tafeln. Preis 14 Mark. Ref. Fürbringer (Berlin). 

Die letzten Jahrzehnte haben unserem Büchermarkt eine Fülle 
trefllicher Lehrbücher und Anleitungen für den gleichsinnigen Ge¬ 
brauch des ärztlichen Rüstzeuges zugetragen. Keines ist veraltet; 
die Natur des behandelten Stoffes hat es vor dem den lehrbuch- 
mässigen Einkleidungen so mancher Specialdisciplinen beschiedenen 
Untergang bewahrt. Somit erledigte sich die Bedürfnissfrage nach 
neuen einschlägigen Erscheinungen von selbst im negativen Sinne, 
wenn nicht Eines die Herausgabe eines neuen Werkes begründete 
und ihm den Erfolg sicherte: der in den persönlichen Eigenschaften 


des sachverständigen und erfahrenen Autors beruhende besondere 
Charakter der Darstellung. Dieses Motiv der Existenzberechtigung 
trifft für das vorliegende „Lehrbuch“ zu. Jeder klinische Lehrer 
legt sich allmählich seinen Stoff in eigenartiger Weise zurecht 
meiot der Autor selbst in seiner Vorrede. Ihm galt es, die klini¬ 
schen Untersuchungsmethoden der inneren Medicin nach modernen 
Gesichtspunkten, vorwiegend auf Grund eigener Erfahrung ein¬ 
gehend und verständlich abzuhandeln. Auch das ist ihm fraglos 
gelungen: Eine sorgfältige, ungewöhnlich ausführliche, nahezu 700 
inhaltvolle Seiten füllende Darstellung bildet eine integrirende 
Eigenschaft gerade dieses Buches im Gegensatz zu der knappen 
Fassung concurrirender Lehrwerke. Dass er sich der letzteren, 
wie er selbst angiebt, befleissigt, vermögen wir nicht zu bestätigen! 
Gerade der Umstand, dass hier ein umfassendes Wissen ohne Com- 
pression zusammengetragen, stempelt im Verein mit einem sehr 
ausführlichen und zweckmässigen Sachregister das Lehrbuch zu¬ 
gleich zu einem Nachschlagelexicon, nicht nur für Studirende und 
praktische Aerzte, sondern auch für reifere Lehrer der inneren 
Klinik. Die Nachtheile einer strengen Einteilung des Stoffes nach 
den Organen hat Sahli dadurch umgangen, dass er die Gliede¬ 
rung des Materials nach der wirklichen Zusammengehörigkeit der 
Gegenstände durchgeführt. Also mehr ein natürliches System. 

Von speciellen Eigentümlichkeiten erscheint u. a. bemerkens¬ 
wert die Erklärung der hydraulischen, durch zahlreiche Schemata 
erläuterten Verhältnisse der Klappenfehler nach einheitlichen Grund¬ 
sätzen, ferner die Anwendung farbiger Töne in den graphischen 
Darstellungen der Herz- und Lungenbefunde, sowie die Original¬ 
diagramme und Formulare zur Erschliessung schwieriger Fragen 
auf dem Gebiete der Untersuchung des Nervensystems, endlich die 
neue Drechsel’sche Bearbeitung der Charakteristik und Reac- 
tionen der im Harn vorkommenden Eiweisskörper in sympathischer 
Tabellenform. Auch die sonstigen, sehr reich bemessenen An- 
sehaulichkeitsbehelfe unter der Form von Holzschnitten und Litho- 
graphieen verdienen bis auf einige mangelhafte bacteriologische 
Illustrationen alle Beachtung. 

So wird auch dieses grossentheils auf eigener Arbeit beruhende 
und deshalb eigenartige, zugleich trefflich ausgestattete Werk als 
ein zuverlässiger, nicht kärglich spendender, zudem sehr preis¬ 
würdiger Rathgeber den Weg seiner Vorgänger und seinen eigenen 
finden. 


3. Fehling, Lehrbuch der Frauenkrankheiten. Stuttgart, Ford. 

Enke, 1893. Ref. Wiener (Breslau). 

Unter den in letzterer Zeit erschienenen Lehrbüchern der 
Gynäkologie nimmt Fehling’s Werk sicherlich einen der ersten 
Plätze ein. Die erschöpfende und streng wissenschaftliche Dar¬ 
stellung, sowie die sachliche und unparteiische Kritik, die in allen 
Kapiteln zu Tage treten, lassen das Buch als eine sehr werthvolle 
Bereicherung der gynäkologischen Litteratur erscheinen. Ueberall 
ist die neueste Litteratur mit grossem Fleiss berücksichtigt, und 
überall werden die neueren Behandlungs- und Operationsmethoden 
und ihr Werth objectiv geprüft und beurtheilt. Dass das Urtheil 
eines so erfahrenen und gewissenhaften Gynäkologen sehr schwer 
wiegt, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden. Da das 
Buch für den Jünger des Faches und den praktischen Arzt be¬ 
stimmt ist, stellte Fehling die allgemeinen Untersuehungsmethoden 
und die allgemeine Therapie ausführlich voran und schickte ein¬ 
gehender, als sonst üblich, den einzelnen Kapiteln eine genaue 
Anatomie und Physiologie derselben voraus. Mit Recht bemerkt 
Fehling, dass der praktische Arzt ebenso gut wie der Specialist 
die Gynäkologie, wie sie im ersten Aufschwünge von Braun, 
Credö, Scanzoni etc. gelehrt wurde, kennen und ausüben muss, 


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LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No/ 


dass dagegen die chirurgisch-gynäkologischen Operationen einem 
gut eingerichteten Spital und seinem Leiter Vorbehalten bleiben 
müssen. Energisch wendet sich Fehling gegen die jetzt übliche 
Vielthuerei auf operativem Gebiete; sehr dankenswerth ist es, dass 
hier einmal von berufener Seite Halt geboten wird, 

Aus dem reichen Inhalt des Buches soll hier nur einiges 
hervorgehoben werden. Alte Dammrisse operirt Fehling mit 
Vorliebe nach der Simon - Hegar’schen Methode; in Tait’s 
Methode sieht er keine wesentliche Verbesserung. — Die Prognose 
quoad valetudinem completam beim gonorrhoischen Scheidenkatarrh 
wird als zweifelhaft erklärt, da letzterer ungemein hartnäckig 
sei. Das gilt wohl mehr für die Gonorrhoe der Cervixschleimhaut, 
nicht für die Scheidengonorrhoe, die verhältnissmässig rasch ab¬ 
heilt. — Bei den Menorrhagieen bemerkt Fehling, dass man 
früher intrauterine Einspritzungen mitTinctura Jodi oder Liquor Ferri 
an wandte; Referent wendet letzteren noch heute nicht selten mit 
gutem Erfolg an. — Bei der Retroflexio uteri werden dieHodge- 
schen Pessare empfohlen, die Thomas’schen verworfen. Die 
Ventrofixation macht Fehling nur dann, wenn trotz aus¬ 
giebiger Pessarbehandlung und Massage die Rückwärtslagerung 
immer wieder eintritt und die von der Retrodeviation ausgehenden 
Beschwerden im Vordergründe stehen; nur ausnahmsweise geben 
Fälle ohne Verwachsungen Anlass zur Operation. Gegen die 
häufigen Vaginofixationen mit ganz laxer Indicationsst-ellung wendet 
er sich mit Recht. — Die Operation des Scheidenvorfalls macht 
Fehling gewöhnlich nach der Hegar’schen Methode. Bei schweren 
Vorfällen mit hochgradiger Cystocele oder starker Bauchfell¬ 
erschlaffung schliesst er an die Colporrhaphie noch die Ventro¬ 
fixation des Uterus an, er lässt es unentschieden, ob man in solchen 
Fällen lieber die Totalexstirpation des Uterus vornehmen soll. — 
Bei Myomblutungen hat Fehling von der subcutanen Anwendung 
des Ergotin gute Erfolge gesehen. Der Apostoli’schen Methode 
räumt er nur einen bescheidenen Platz in der symptomatischen 
Myombehandlung ein. Dagegen hat er mit der Castration sehr 
gute Resultate — fast ausnahmslos sofortiges Auf hören der 
Menstruation und Schrumpfen des Tumors — in geeigneten Fällen 
erzielt; er zieht die Castration wegen ihrer geringeren Gefahr der 
vaginalen Totalexstirpation des myomatösen Uterus vor. Die 
vaginale Enucleation hält er für nicht ungefährlich. Nach [der 
Myomotomie bevorzugt er die extraperitoneale Stumpfversorgung 
nach Hegar im allgemeinen vor der intraperitonealen Methode. 
— Bei beginnendem Cancroid einer Muttermundslippe, wo die 
Entartung noch sicher unterhalb des Scheidenansatzes ist, begnügt 
er sich mit der supravaginalen Excision der Cervix. — Die 
acute Oophoritis ist nach Fehling am häufigsten gonorrhoischen, 
viel seltener puerperalen Ursprungs. — Bei diagnostisch schwierigen 
Fällen von 'Abdominaltumoren wird die Probepunction empfohlen; 
im übrigen ist sie zu verwerfen und lieber die Probeincision zu 
machen; doch warnt er mit Recht vor den vielen unnützen 
diagnostischen Incisionen. Die Ovariotomie hält er für angezeigt, 
sobald ein deutlich wachsender Tumor aus dem kleinen Becken 
aufsteigt. — Unter 56 Castrationen hat Fehling 3 Todesfälle 
(5,3% Mortalität); es ist bekannt, dass Fehling durch Empfehlung 
der Castration bei Osteomalacie sich hohe Verdienste erworben 
hat. — Erwähnenswerth ist die sehr gute Schilderung der Anatomie 
und Physiologie des Beckenbauchfells und Beckenbindegewebes, 
die vorwiegend nach Waldeyer’s und Freund’s Untersuchungen 
gegeben wird. — Zum Schluss bespricht Fehling die Hämatome 
des Beckenbauchfells und Beckenbindegewebcs; seine Behauptung, 
dass die extraperitonealen Hämatome häufiger seien als die intra¬ 
peritonealen Hämatocelen, erscheint dem Referenten nicht richtig. — 
Die vorstehenden kurzen Auszüge mögen genügen. Eine besondere 
Empfehlung des vortrefflichen Fehling’schen Lehrbuches ist über¬ 
flüssig. Dasselbe wird sicherlich in kurzer Zeit die weiteste Ver¬ 
breitung finden. 


4. Philipp Biedert, Lehrbuch der Kinderkrankheiten. XI. Aufl. 
Stuttgart, Ferd. Enke, 1894. 661 S. Mit 2 Tafeln und 60 Holz¬ 
schnitten. Ref. H. Neumann (Berlin). 

Die elfte Auflage eines Lehrbuches spricht für sich selbst. 
Dass sie entsprechend den Fortschritten der Wissenschaft wieder 
auf das sorgfältigste vielseitig umgearbeit wurde, durfte man von 
Biedert erwarten. Wir finden daher einerseits einen ziemlich 
vollständigen Hinweis auf alle neueren Arbeiten und auf der an¬ 
deren Seite eine deutliche Darlegung des persönlichen Standpunktes 
des Verfassers. Im allgemeinen gelang es, das für den Praktiker 
wichtigere durch den Druck hervorzuheben, so dass er, bei einigem 
wissenschaftlichen Interesse, sich gern aus dem Buch belehren 
wird. Der Hinweis auf die Autoren geschieht in der Weise, 
dass die Jahreszahl der betreffenden Arbeit zugefügt wird und es 
dem Leser anheimgegeben wird, in den bekannten grossen Jahres¬ 
berichten den genaueren Titel nachzuschlagen; hierbei würde man 


unter Umständen Zeit sparen, wenn bei häufigeren Autorewiaiv 
auch der Vorname angedeutet wäre. 

Das Lehrbuch wird sich gewiss zu den alten Freunden m? 
erwerben. 


5. H. Albrecht, Handbuch der praktischen Gewerbehygiene 
2. Lieferung. Bg. 13—23. Berlin, Rob. Oppenheim (Gust Schmidti 
1894. Ref. W. 

Die in wünschenswerther Schnelligkeit auf die erste Liefern*” 
gefolgte zweite macht uns mit nicht weniger als 157 der in d<" 
Text eingedruckten Figuren bekannt, die fast ansnahmsios ihre* 
Zweck — sowohl nach Auswahl wie nach Ausfülirung - 
mustergültiger Weise erfüllen. Es entspricht diese Reichlichkeit 
den behandelten Gegenständen, da die Lieferung zur Veranschau¬ 
lichung der. baulichen Construction von Fabriken und Werkstatt^ 
bestimmt ist. Gewerbeinspector Oppermann fährt mit Wäwk 
(s. Lieferung 1), Decken, Fussböden, Bedachung fort, geht for 
über zu den baulichen Einrichtungen zur Vermittlung des Ver¬ 
kehrs, zur Beleuchtung und Feuersicherheit im allgemeinen, ul 
dann das Wort an Regierungsrath Hartmann abzutreten. 

In dem von diesem behandelten IV. Abschnitte finden die > 
wichtigen Themata „Heizung und Lüftung der Arbeitsräume“ ihre 
Erledigung bis zur „Prüfung der Luftbeschaffenheit“, mit veliln 
die Lieferung abbricht. Das Heizungsthema gliedert sich 
den Gesichtspunkten: Wärmebedarf der Arbeitsräume, - Art* 
der Heizungseinrichtungen, — Regulirung der Heizungsanlagen,- 
Feuerungseinrichtungen, Rauchverhütung. Die Lüftung ist ft/. 
Maass und Grenze des Luftwechsels, — Arten der Lüftung- 
richtungen, — Regulirung und Prüfung der Lüftungsanlagen eterv 
übersichtlich wie folgerichtig zur Darstellung gebracht. 


6. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene. Sechster Band. Erstes n: 
zweites Heft. Jena, Gustav Fischer, 1894. Ref. Maass (Freiburgi.fi. 

I. Osthoff, Anlagen für die Versorgung der Städte d: 
Lebensmitteln. Markthallen, Schlachthöfe und Viehraärkte. Mit22Ab¬ 
bildungen. 79 S. 8°. 

Zu einem der wichtigsten Kapitel der Gesundheitspflege gebürt c 
Frage der Lebensmittelversorgung grösserer Städte. Es genügt nJ: 
die zu ihrer Ernährung erforderlichen Lebensmittel in erforderaij : 
Menge zuzuführen, sondern es muss letzteres in solcher Weise geschtkf 
dass die betreffenden Lebensmittel von gesundheitlicher und guter b 
schaffenheit sind; dass das Einfuhren und Feilbieten derselben die gej: 
heitlichen Verhältnisse der betreffenden Stadt nicht schädigt; endb 
dass der Verkehr in den Strassen der Stadt und die öffentliche bi -■ 
heit nicht beeinträchtigt werden. . r , 

Ueberall da, wo sich eine grosse Anzahl Menschen 
haben und ihren Unterhalt in der Betreibung von Handel, Gewerbe, i- 
zucht, Ackorbau etc. suchen, zeigt sich das Bedürfhiss, die benit^ - 
Lebensmittel an Centralstellen, auf Märkten, einzukaufen. Eng¬ 
den auf ihnen gehandelten Gegenständen theüt man die Al r e “* 
1) Wochenmärkte, auf denen die täglichen Bedürfnisse emer bwi - 
Lebensmitteln gehandelt werden, 2) Märkte für Getreide, 3) Markt 
Pferde und Vieh, 4) Schlachtviehmärkte. . . . 

Von diesen sind naturgem&ss die Getreidemärktc von . 
sanitärer Bedeutung. Um so wichtiger sind die 'Vochenmä ti^ 
denen der Verf. eine eingehende Besprechung , i ^ ,j ; 

hallen widmet, welche von ganz besonderem Vortted * :: 

Grosshandel, wie für den Kleinhandel sind Ihre Vorzüge be.trt 
Schutz der Käufer und Verkäufer vor Wind und ®S ktes cn j : 
massiger Aufstellung der Waaren und Ausdehnung de Lmittclbsr^ 
Begünstigung des Grosshandels. Grossmarkthallen solle ^ fi . 

Nähe eines Bahnhofes oder eines Schifffahrtsweges he» , I • 

auswärts kommenden Güter unmittelbar verladen werde k ^ ^ 
Kleinmarkthallen dagegen sollen im Innern der ^ Wochenni-*' 

dort, wo der Verkehr am grössten ist, wo früher 
bestand, oder in dessen Nähe. An geeigneten Orten sma 
zur Aufnahme der Abfälle anzulegen. Eine ebenso 

mittels Gas oder elektrischen Lichtes ist f^^Ahführun? der Schrat' 
Anlagen der Zuführung reinen Wassers und der - 
wasser geboten sind. on(rf ,w sein, dass • 

Die Viehmärkte und Schlachthöfe müssen 0 «^ 

zwar möglichst nahe dem Verkehrsmittelpunkt heg 

selben nicht inmitten der zukünftigen JLiwig besteben- 

ihnen und der Stadt muss emo bequeme ß w e Schlacht^/ 
Grundstück soll so gross sein, dass der dnra £ “^össert Rfp: ^ 
jeder Zeit erweitert und in seinen cnr flQS einzelnen Kar« 3 :' 

kann, ln Frankreich bestehen die Schlachth ^ hergestellt • • 

während in den meisten Städten Deutschlan bequeme« 

Die letzteren sind vorzuziehen, weil m den Gesim^:' 

wachung der Beamten über die Schlachtung pj e Erfolg 

zustand der Thiere und des Fleisches m g1 ’ waren . mitt^' 

gezeigt, dass diejenigen^ Metzger, w ®J ch « ^ ^ ng der HaJJen ^ 
Thiere zu schlachten, sich bald nach ® . bessere Tb«* * . 

sahen, um dem Spott ihrer Genossen zu entgehen, ; 

wenden. Endlich ist in den Hallenauchmne g^ 
bessere Lüftung zu erreichen. — jn g^ger Weme y, 

eigentlichen Schlachthäuser finden sich innerer Tb«^ 


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UNIVERSITY OF MK 






27. September. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


|^|? elz ® n för dfe Verarbeitung des Fettes, Kühlanlagen, Albuminfabriken 
Ställe für verdächtiges und krankes Vieh Mn aKT» ^ Iuunun . ia >°riKen, 

25 Seiten^ S ° huIt2e ' Volks - und HansbSdor. Mit 22 Abbildungen. 
rXun U g en!°Baa h kost e n, 

s.a;KÄ : l i5fs,Ä,*Ä 

massige Verzinsung der aufgewandten Kosten, und dass diese bei zweck- 
mässig angelegten und betriebenen Anstalten zu dem Preise von 10 Pf 

tÄSS m8g,ich ist ’ kann durch s 

Nicht minder wie durch öffentliche Badeanstalten wird durch Be 
f±fr g v Und „' erb r eltun ? billiger Hausbäder dem Zwecke einer thun- 

DS vOTbrdÄfBaTiTdis W Kö ? e ? fleg .° und Reinlichkeit gedient. 
St v • k. U d St d ?f Wannenbad, und es worden die verschieden- 
Sur i 'f 'T , zu . r R rwSrmun g dos Badewassers, sowie die Wannen 
hinsichtlich ihres Materials und die Ofenaniagen besprochen hX« 

unTe?fri"eLT,X^ W'l UCh lm Heise das Brausebad. da P es bei anregender 

Endlich lassen sich 'Incll® Jj enn ? en ^ n ?* . und WCIli B Wasser beansprucht. 
£ . . lass ® n . sich auch Dampfschwitzbfider, deren Gebrauch als gutes 

^ z^cS«i e J;J Ie - <d p anreg<!nd r Und ff csu “dheitsfördemd anerkannt ist, 
am zweckmässigsten in Form von Dampfkastenbadern, mit wenig Kosten 
und geringem Raumycrbrauch im Hause einrichten. 

nrivntei e ToW ft df„ el p den — erre “ CoIlegen ' wclche im öffentlichen und 
fesügen wotn, SÄpfthlT" VCmflnftigen «ösundheitspflege be- 

tat, vI; c W - B ? sing ’ f Die Sicherheit in Theatern und in grösse¬ 
ren Versammlungsräumen. Mit 11 Abbildungen. 30 Seiten! 

Durch Ansammlung grösserer Menschenmengen vergrössern sich die 
2Ä ren und T 9 esll ® dhoit l s l bedl ’ohungen, denen der Einzelne untersteht. Ab- 
gesehen von Ursachen allgemeiner Natur, wie Luftverschlechterung durch 
Athmung, Beleuchtung etc. kommen eine Reihe von Gefährdungen be- 
sonderer Art m Betracht, wie körperliche Unfälle infolge Mangel an 
constructaver Sicherheit des Lokals; desgl. infolge Ausbruch von Panik 
f etäubun S oder Erstickung durch Einathmung 
irrespirabler Gase; direkte Körperbeschädigung und Tödtung durch Feuer. 

Die Arbeit des Verfassers beschäftigt sich mit den Sicherheitsmaass¬ 
egeln hygienischer und wirthschaftlicher Natur, die gegen jene Gefähr¬ 
dungen angezeigt erscheinen; er «teilt diese ein in Vorbeugungsmaass¬ 
regeln gegen Entstehung eines Brandes; einschränkende, gegen die Aus¬ 
breitung desselben gerichtete Maassregeln; specielle Sicherheitsmaassregeln 
zugunsten der Besucher und der im Hause sonst befindlichen Personen. 

Die nach diesen Gesichtspunkten besprochenen Vorkehrungen haben 
ein mehr technisches, als sanitäres Intcresso. Immerhin ist das Studium 
der Arbeit den HeiTen Collegen sehr empfehlenswert!^ da sie jedem ge¬ 
bildeten Laien in die Hand gegeben werden kann und auch manchem auf 
diesem Gebiete weniger bewanderten Arzte zur Orientirung gereichen wird, 

n. Zeitschriftenübersiclit. 

7. v. Biingner, Degenerations- und Regenerations- 
Vorgänge an Nerven nach Verletzungen. Ziegler’s Beiträge 
Bd. X, S. 321. 

8. Stroebe, Degeneration und Regeneration peri¬ 
pherer Nerven nach Verletzungen. Ib. Bd. XIII, S. 160. 

9. Keresztszeghy und Hannes, Ueber Degenerations¬ 
und Regenerationsvorgänge am Rückenmark des Hundes 
nach vollständiger Durchschneidung. Ib. Bd. XII, S. 33. 

10. Stroebe, Experimentelle Untersuchungen über 
die Regenerativen und reparatorischen Vorgänge bei der 
Heilung von Verletzungen des Rückenmarks nebst Be¬ 
merkungen zur Histologie der secundären Degeneration 
im Rückenmark. Ib. Bd. XV, S. 383. 

Die vier Arbeiten sind zum Theil sehr umfangreich und ent¬ 
halten so viele Einzelheiten, dass es ohne zu grosse Breite nicht 
möglich ist, den Inhalt nach allen Richtungen wiederzugeben. Es 
kann sich deshalb nur darum handeln, die wichtigsten Gesichts¬ 
punkte hervorzuheben. 


63 


Die beiden zuerst genannten Arbeiten über Degeneration und 
Regeneration an Nerven kommen in einzelnen Punkten zu dem 
gleichen Resultat, in anderen dagegen und gerade in den wich¬ 
tigsten stehen sie im Gegensatz. Was zunächst die Degene- 
ration angeht, so beobachteten beide Autoren einen Zerfall als 
directe Wirkung des Traumas zu beiden Seiten der Verletzung 
Aber während im centralen Abschnitt diese Veränderung rascli 
aufhört, schliesst sich im peripheren eine secundäre Degeneration 
an. Das Charakteristische ist ein Zerfall des Nervenmarkes und 
der Achsencylinder. v. Büngner giebt an, dass dieser Process mit 
einer nach der Peripherie abnehmenden Intensität erfolgt, Stroebe 
aber betont, dass die Veränderung überall gleichzeitig und gleich- 
mässig auftritt. Die Degenerations- und die Regenerationserschei¬ 
nungen gehen, wie beide übereinstimmend angeben, neben einander 
?. er - T^ ber bei den /eparativen Vorgängen kommt eine wich- 
tige Differenz zum Ausdruck. Es handelt sich um die Neubildung 
des Achsencyhnders. v. Büngner geht aus von den normalen Ver¬ 
hältnissen, die er zunächst einer Besprechung unterzieht. Ihn 
mteressirte vor allem die Beziehung der an der Innenfläche der 
bchwann sehen Scheide vorhandenen Kerne resp. Zellen zu den 
functionellen Theüen der Nerven. Er kommt zu dem Schluss, dass 
jene zelligen Elemente nicht als Bestandtheile der bindegewebigen 
öchwann’schen Scheide, sondern wegen ihrerBeschaffenheit und wegen 
ihrer Beziehung zu den regenerativen Vorgängen als nervöse Ele¬ 
mente, als Neuroblasten, aufzufassen sind. Er findet nämlich bei 
seinen Regenerationsversuchen, dass die Zellen ganz besonders 
lebhaft wuchern, und zwar vom dritten Tage an, dass sie die 
Mark- und Achsencylinderreste verdrängen und die zunächst noch 
vorhandene Schwann’sche Scheide ausfüllen. Die Kerne ordnen 
sich in der Richtung des Faserverlaufes, während das Protoplasma 
eine fibrilläre Structur annimmt und nach und nach den neuen 
Achsencylinder entstehen lässt. Diese Vorgänge treten im Verlauf 
der degenerirten Nerven discontinuirlich auf in einer nach der Pe¬ 
ripherie geringer werdenden Intensität. Erst später vereinigen 
sich die einzelnen schon gebildeten Strecken zu einer gemeinsamen 
Faser, welche von der dritten Woche an eine dünne, weiterhin 
eine dickere Markscheide bekommt, zu deren Genese die alten 
Markreste beitragen. Dieser Darstellung gegenüber bestreitet nun 
Stroebe zunächst die Deutung der Zellen der Schwann’schen 
Scheide, wie sie v. Büngner versuchte. Ihre Wucherung ist an 
der Neubildung des Achsencylinders nicht betheiligt. Dieser bildet 
sich vielmehr neu durch direktes Auswachsen des alten Achsen¬ 
cylinders im centralen Nerventheil. Von vornherein hat er, wie 
die Weigert’sche Färbung erkennen liess, eine dünne Markscheide 
und stellt gleich ein durchaus distinctes, nach der von Stroebe 
angegebenen Färbung mit Anilinblau deutlich hervortretendes Ge¬ 
bilde dar, während er nach v. Büngner’s Beschreibung zunächst 
nicht deutlich abgegrenzt ist. Der neue Achsencylinder dringt über 
die verletzte Stelle hinweg in den peripheren Abschnitt vor und 
wächst hier continuirlich weiter, aber keineswegs nur im In¬ 
nern der Schwann’schen Scheiden, sondern je nach dem Widerstande, 
den e# findet, auch zwischen ihnen. Der alte Nerv dient also nur 
ganz im allgemeinen als Leitbahn. Aus dieser Darstellung er¬ 
gabt sich ohne weiteres, dass, während die Degeneration überall 
gleichzeitig einsetzt, die Regeneration an der verletzten Stelle be¬ 
ginnt und im peripheren Theile centrifugal vorschreitet. Es folgt 
ferner, dass die Wucherungen der Kerne der Schwann’schen Scheide 
mit der Neubildung der nervösen Elemente nichts zu thun haben. 
Stroebe sieht in ihnen deshalb auch Bindegewebszellen, denn der 
einzige zwingende Grund für die Auffassung v. Büngner’s, näm¬ 
lich ihre Bedeutung für die Regeneration, ist nach seiner Dar¬ 
stellung hinfällig. Die gewucherten Zellen kommen demnach nur 
für die Neubildung der Schwann’schen Scheide in Betracht. 
Stroebe betont schliesslich als ganz besonders bemerkenswerth, 
dass seine Befunde vollständig übereinstimmen mit den durch die 
entwicklungsgeschichtlichen Forschungen festgestellten Vorgängen 
bei der ersten Anlag« des peripheren Nervensystems, indem 
es ja zweifellos ist, dass der Achsencylinder ein lang aus¬ 
wachsender Fortsatz einer Ganglienzelle ist. Man wird mit 
Stroebe in dieser Uebereinstimmung mit Recht eine wichtige 
Grundlage für die Richtigkeit seiner Ergebnisse finden müssen. 

Unter den beiden die Regeneration des Rückenmarkes 
betreffenden Arbeiten nimmt besonders die von Stroebe wegen 
ihrer sorgfältigen Durchführung und klaren Resultate unser Inter¬ 
esse in Anspruch. Keresztszeghy und Hannes machen vor¬ 
wiegend Mittheilungen über die secundären Degenerationen und 
über Wucherungen am Bindegewebe und an der Glia. Ersteres 
stellt durch seine Proliferation die Verbindung zwischen den beiden 
Stümpfen des durchschnittenen Rückenmarkes wieder her, letztere 
zeigte keine allzu lebhafte Vermehrungserscheinungen. Die Gang¬ 
lienzellen und die Epithelien des Centralcanales boten nur regres- ■ 
sive Veränderungen, desgleichen die Nervenfasern. Denn von einer 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



64 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Regeneration derselben konnten sie nichts Sicheres wahrnehmen. 
Was die secundären Degenerationen angeht, so fanden sich schon 
nach 30 und 48 Stunden einzelne degenerirte Fasern in allen 
Strängen, die aufsteigende Entartung trat einmal schon nach 72 
Stunden deutlich hervor. Stroebe schildert einmal die Wuche¬ 
rung der Pia. Durch sie bildet sich ein zellenreiches Granulations¬ 
gewebe, ausserdem aber wuchert auch junges Gewebe aus den 
Schnittflächen des Markes hervor, geht aber auch hier fast allein 
von den bindegewebigen Elementen aus, nicht von der Glia, deren 
Wucherungsfähigkeit nur eine beschränkte ist. Durch das neue 
Gewebe wird die Lücke im Rückenmark ausgefüllt, aus ihm bildet 
sich weiterhin ein Narbengewebe. Die Glia zeigt nur im Rande 
des Defectes mässige Proliferation, vermag also eine Lücke nicht 
auszufüllen. Aber auch das Bindegewebe ist dazu nicht immer 
imstande: Zu grosse Defecte schliessen sich überhaupt nicht, 
vielmehr entstehen dann Cysten und Spalträume. Die wichtigste 
Frage, die nach der Regeneration des Nervengewebes, beantwortet 
Stroebe dahin, dass die Ganglienzellen stets nur Degeneration 
zeigen, dass aber eine Neubildung der Nervenfasern in geringem 
Umfange stattfinden kann. Er beobachtete nämlich vom Rande 
des Defects aus ein Eindringen von zarten Fasern in das neue 
Bindegewebe. Sie gelangen aber niemals sehr weit, nicht über 
den Defect hinaus, verlieren sich vielmehr unter feiner Veräste¬ 
lung in der Narbe. Immerhin ist die Neubildung so- deutlich, dass 
Stroebe es für unmöglich erklärt, die Fasern etwa als restirende 
alte, in das Bindegewebe verlagerte anzusehen. Die Präparate 
Hessen nun aber noch eine andere Regeneration nervöser Elemente 
erkennen, nämlich eine Neubildung von Nervenfasern aus den ver¬ 
letzten hinteren Wurzeln und ein Vordringen derselben in das 
Narbengewebe des Rückenmarkes. Dieser Process ging vor sich 
wie bei den peripheren Nerven und insbesondere auch nach Art 
des embryonalen Wachsthums, indem ja auch hier von den Spinal¬ 
ganglien die Achsencylinderfortsätze der Ganglienzellen in das 
Rückenmark hineinwachsen. Die secundären Degenerationen treten 
schon frühzeitig auf. Einmal sah Verfasser die Entartung schon 
nach 84 Stunden bis in das Halsmark fortgesetzt. An den Zerfall 
der Nervenfasern schliesst sich eine nicht nennenswerthe Wuche¬ 
rung des Bindegewebes und der Gefässe an. Dagegen nimmt ganz 
langsam die Glia zu. Ribbert (Zürich). 

11. J. Kinscherf und H. Bartsch, Ueber Krebsimplan¬ 
tation. Aus der Heidelberger chirurgischen Klinik. Beiträge zur 
klinischen Chirurgie XI. Band, 2. Heft. 

Die Autoren haben die Angaben von Adamkiewicz, welcher 
auf Grund seiner Untersuchungen das Krebsgewebe nicht für ein 
Gewebe im histologischen Sinne, sondern für ein Conglomerat, eine 
Colonie von parasitären Elementen erklärte, welche im „Cancroln“ 
eine giftige Substanz erzeugten, experimentell nachgeprüft. Sie 
nahmen genau nach seinen Vorschriften mehrere Implantationen 
sowohl von carcinomatösem als andersartigem Material in das 
Kaninchenhirn vor, und zwar unter Vermeidung jeglicher bacte- 
rieller etc. Verunreinigung. Von zwölf operirten Thiere* sind 
nur drei eines natürlichen Todes — keines durch eine etwaige 
„toxische“ Wirkung innerhalb ein bis zwei Tagen — gestorben. 
Auf Grund der histologischen Untersuchungen ergab sich: die 
implantirten Carcinome können unter günstigen Verhältnissen 
vollkommen „einheilen“, d. h. organisch verwachsen mit der Ge¬ 
hirnsubstanz; die letztere selbst zeigt alsdann keine nennenswerthe 
Reaction. An keiner Stelle des Gehirns treten metastatische, auf 
^las eingepflanzte Carcinom zu beziehende Heerde auf. Die in 
dem inplantirten Gewebsstück vorhandenen Gewebselemente ver¬ 
mehren sich niemals: im Gegentheil sie degeneriren sehr rasch 
und verschwinden innerhalb kurzer Zeit — im Verlauf von wenigen 
Wochen — völlig, so dass der eingepflanzte Tumor zuletzt nur 
noch Bindegewebe enthält. 

Mit diesen Befunden werden die Stützen der Adamkiewicz- 
sclien Theorie hinfällig, und damit fallen auch alle weiteren Schluss¬ 
folgerungen, welche sich aus ihr für die Therapie ergeben sollen. 

Herrn. Frank (Berlin). 

12. R. v. Jaksch, Ueber den therapeutischen Werth 

der Blutentziehungen. Prager medicin. Wochenschrift 1894 
No. 32 bis 35. ’ 

Fast so alt wie die wissenschaftliche Medicin überhaupt ist 
auch die Streitfrage über den therapeutischen Werth der Blut¬ 
entziehung. Hand in Hand mit dem Wechsel der jeweiligen 
physiologischen und pathologischen Anschauungen ging das 
M*I ,a ? kon r, der Meinungen über den Werth und Unwerth dieser 
Methode; Zeiten, in welchen jeder Aderlass streng verpönt war, 
machten anderen Platz, in denen seine Unterlassung sogar zu 
jnensischen Isachspielen führte; Zeiten, wo die Venaesection als das 


__ v-' :i 

unentbehrlichste Rüstzeug des Arztes galt, wurden durch Jahrz. hr 
und Jahrhunderte lange Intervalle getrennt, in denen die MeiW- 
ganz und gar der Vergessenheit anheimgefallen war Noch $ 
erste Hälfte unseres Jahrhunderts stand unter dem Zeichen 4- 
unmässigen Aderlasses; in den letzten Decennien hingegen ist di--' 
Operation mehr und mehr in Misscredit gekommen und wird v'i 
der Mehrzahl der Aerzte, die sie als nutzlos und eventuell 4 
schädlich ansehen, nicht mehr ausgeübt. 

So sehr nun auch v. Jaksch das sinnlose Aderlässen, die Blut¬ 
en tziehung ohne genaue Indicationsstellung verurtheüt, so wert¬ 
voll und von unleugbar hoher therapeutischer Wirksamkeit ersehen' 
sie ihm in geeigneten Fällen. Freilich ist ihre Domaine nur eiu 
eng begrenzte; von den acuten Erkrankungen kommt einzig ur.d 
allein die Pneumonie in Frage, und diese auch nur dann, Vdl 
eine manifeste Ueberladung des Blutes mit Kohlensäure, die siel; 
durch enorme Dyspnoe, hochgradige Cyanose und hartgespannt.n 
Puls am Krankenbette kundgiebt, vorhanden ist. Bei allen andere 
acuten Krankheiten ist sie durchaus contraindicirt. Berechtig 
erscheint ihm ihre Application des weiteren bei Vergiftungen mi 
irrespirablen Gasen sowie bei Kohlenoxydvergiftung, ferner in au¬ 
gewählten Fällen von Lungenemphysem und Stenose des link 
Ostium venosum. Die Hauptindication für eine ausgiebige Blut- 
entziehung sieht er in derjenigen Form der Urämie, die sich infolge 
einer acuten Nephritis entwickelt; hier kann die Operation geraden 
lebensrettend wirken und sollte in keinem Falle versäumt werd-o 
Gleich gute Erfolge kann man ihr bei Apoplexie nicht nachrühmer; 
hier ist ihr Nutzen meist nur ein passagerer und ohne dauernde!. 
Einfluss auf den Krankheitszustand. Freyhan (Berlin; 


in. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Augenheilkunde. W. Czermak, Die augenärztlichen Ope¬ 
rationen. 6. und 7. Heft. Wien, Carl Gerold's Sohn, 1894. 

H. Magnus, Leitfaden für Begutachtung und Berechner.; 
von Unfallsbeschädigungen der Augen. Breslau, J. I'. K-'r 
(Max Müller), 1894. 176 S. mit 4 Tafeln. 

H. Magnus, Augenärztliche Unterrichtstafoln für 4’ 
akademischen und Selbstunterricht. Heft VI. Breslau, ibider. 

M. Knies, Die verschiedenen Formen von frischen nri 
alten Hornhauttrübungen. Breslau, ibidem. 4 Tafeln mit Text 
Chirurgie. F. ’Bähr, Ueber Patellafracturen. Samcdn-• 
klinischer Vorträge No. 107. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. { '.<y 
Gebnrtshülfe und Gynäkologie. F. Ahlfeld, Lehrbuch ■■ 
Geburtshülfe. Zur wissenschaftlichen und praktischen Ausbildung ^ 
Aerzte und Studirende. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1894. 4 VS > 
236 Abbildungen und 16 Curventafeln im Text. 

Pinard, De l’agrandissement momentan^ du bassin. L- 
G. Steinheil, 1894. 59 S. , , r „ 

Gerichtliche Medicin. P. Megnin, La faunc des ca<0\ 
Paris, G. Masson, Gauthiers-Villars et fils, 1894. 

Hygiene und Sanitätswesen, v. Pettenkofer und y. : 

Handbuch der Hygiene und der Gewerbekrankheiten. 


Wohnung, von Prof. Ur JR. En.»;- 
Leipzig, F. C. W. WA JV' 


2. Abtb., 4. Heft (Schluss): Die 
rieh und Prof. Dr. G. Recknagel. 

714 S. 16,00 M. . . .. , itr 

Annual report of the board of ,■ h| , 

Philadelphia. For the year ending december 31 IW. 

Dunlap Printing Co., 1894. 737 S. r„Mlv r 

F. Bahr, Zur allgemeinen Benrtheilung.von P» IJ 
letzungen und ihren Folgen. Karlsruhe, J. J. nein. | , 

Infektionskrankheiten. G. Klemperer, Untersuc nn„ 

Infection und Immunität bei der asiatischen L < 

Aug. Hirschwald, 1894. 133 S. und 2 Tafele. ,. nefi eil*t 

Innere Medicin. A. Strümpell, Lehrbuch dtr *P „ 
Pathologie und Therapie der inneren Krauknei • ~ 
und Studirende. Achte neu bearbeitete Auflage. 11- . j : tP " n V.: 

organe, Hai-norgane, Bewegungsorgane, Constitutiön^ranbm- r 
giftungen. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. 626 S. und 3o AM»« 

12,00 M^. . — 1?" rn k h e 11 c c. 

W. Eysoldt, Kurzes Lehrbuch der inneren J Beb ,„dtir. 
mit besonderer Berücksichtigung ihrer Erkemiu g ^ ^ 

II. (Schluss-) Abtheilung. Merseburg, Paul Steffenba* • - j tu w- 
P. Teissier, Des ldsions de l’endocarde f“” 
c u 1 e u x. !Etude anatomo-pathologique, pathogemque, * P 
Paris, J. B. Bailliöre et fils, 1894. 326 S. 7 Franca. Fo ;,.r 

A. Reibmayr, Die Ehe Tuberkulöser und im® 
Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. n t,. n Botbr; 

0. Schauman, Zur Kenntmss der sogc 214 8., - 
cephalus-Anämie. Berlin, Aug. Hirscbwald. ■ • ■ ScbuD* £•* 

Schulhygiene. Hermann Cohn.-.lÄ as k pn5taU ,. t «o! * ■ 

die Masturbation der Kinder thun. ' Schwit I 

.VIII. internationalen Congress zu Budapest. Bei ’ -1lieh© Sy®^ 4 '’ 

Standesangelegenheiten. <?. Zepler, Aorztucn 
Ein Reform Vorschlag. Berlin, J. Goldschmidt, 


Oednickt bei Julius BiUenfeld in Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICH!' 




Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 11. Oetober 1894. 


DEB 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


, -Ä* ^ Bau “g»rten, Jahresbericht Uber die Fort¬ 

schritte m der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen. Ref. Ribbert 

MNUotor bacteriologischen Untersuchung und Dia- 

suohungen^RefNicoi^ AU9f0hrU,,g b “ te ™W«' Unter- 
4. Itzerott, Bacterienkunde. Ref. Maass. 

HA11 L L . e:Qhartz ’ Mikroskopie und Chemie am Krankenbett. Ref. 
n o d i g m ann. 

Freyhan yS ° ldt ’ KUrl!eS Lehrbuch der inn6ren Krankheiten. Ref. 

7. Bouveret, Traite des maladies de l’estomac. Ref. Rosenheim 

8. Bouveret, Die Neurasthenie. Ref. Grube 

und der BluuX’ ^ der Hirahäut « 

Kindes 0 t hun? n kerEule a nburt SChU ‘ 6 geg6 “ ^ MaSturbstion d « s 
Ref. Fr‘ank UlpiUS ’ Beiträge zur Chirur ^ e ^ Physiologie der Milz. 

\ork„ramen'den h Augenst!lrungen. be Ref. r Magnus ^ 
zu M^n Zie Ref S G Jt“t. dOT St&dtiSCh6D “«“«“Krankenhäuser 


II. Zeitschriftenfibersicht: Physiologie und physiologische 
e m 1 e; 14. Tau ssig, Ueber Blutbefunde bei acuter Phosphorvergiftung. 
“ ksch Ein Fall von anscheinender Vergiftung mit BenzosoL 

study of hepatfc S abscest n D^bney, A contribution to the 

lind Vi™ii er d 0l0gi j e: 1 j' Kratter, Mittheilang über Formbeständigkeit 
Gasphlegmöne r Gonococcen ' ~ 18 - Bunge, Zur Aetiologie der 

19 i-Stern, Ueber Desinfection des Darmcanals. 
-ÄEtnhorn, Weitere Erfahrungen über die direkte Elektrisation des 
Osteomalade ^ F cber ’ Casmstlsch er Beitrag zur Behandlung der 

23 irln'wFir 22 ' y eI , ler Ta “ H . ook ' The surgeiy of ureters. — 
AS. Kelly, Uretero-ureteral anastomosis. 

nie - Vt bur sf s Ül ^ e “ nd Gynäkologie: 24. Bociaüski, Ein FaU einer 
“reht beobachteten Doppelfrucht. — 25. Länderer, Ein Adeno- 
carcmom des Corpus uten. 

Venerische Krankheiten: 26. Lang, Neue Behelfe zur 
Diagnose und Therapie von Urethralerkrankungen. — 27. Stanziale 
Ueber intestinale Syphilis. ouanziaie, 

Militärmedicin: 28. de Ybarra, The wounds of the Mannlicher 
magazme nfle as exemplified in the recent civil war in Chili. 

111. Zor Recension eingegungene BOeher. 


I. Bücherscliau. 

1. Baumgärtcn, Jahresbericht über die Fortschritte in dei 
Lehre von den pathogenen Mikroorganismen, umfassend 
Bactenen, Pilze und Protozoen. Braunschweig, Haralc 
Bruhn, 1893 Ref. Ribbert (Zürich). 

.. Der Jahresbericht, über dessen Zuverlässigkeit und Unentbehr- 
lichkeit nur eine Meinung besteht, erscheint, was Mitarbeiter und 
Anordnung angeht, gegen früher ohne wesentliche Veränderung 
Ls ist nicht mehr erforderlich, den Bericht noch irgendwie besonders 
zu empfehlen er ist in allen betheiligten Kreisen längst bekannt und 
geschätzt. Für Jüngere, die erst an die Bacteriologie herangehen, 
mag gesagt sein, dass das Buch objective und umfassende Referate 
aller Arbeiten des betreffenden Jahres aus der Feder zahlreicher 
Mitarbeiter bringt. Der Jahresbericht erscheint dieses mal etwas 
triiher als sonst, wodurch natürlich seine Brauchbarkeit wesentlich 
erhöht wird. Wir wollen hoffen, dass diese Beschleunigung der 
Herausgabe in Zukunft womöglich noch gesteigert wird. Eine 
raschere Vollendung des folgenden, neunten Bandes wird uns in 
der Vorrede zu dem jetzt vorliegenden in Aussicht gestellt. 


2. Ludwig Heim, Lehrbuch der bacteriologischen Untersuchung 

und Diagnostik. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1894. 528 S. 

Ref. Nicolai er (Göttingen). 

Wir haben zur Zeit an ausgezeichneten Lehrbüchern der Bac¬ 
teriologie, die sich einer grossen Beliebtheit erfreuen, keinen Mangel, 
und deshalb hat der, der es jetzt unternimmt ein Lehrbuch der 
Bacteriologie zu schreiben, keine leichte Aufgabe, denn soll sein 
Buch mit den früher erschienenen vortrefflichen Werken erfolgreich 
concurriren, dann muss es zum mindesten gleiche Vorzüge be¬ 
sitzen wie diese. Dieser Anforderung genügt das Heim’sche 
Buch m vollkommenem Maasse. Als einen besonderen Vorzug des 
Werkes möchten wir hervorheben, dass es für den Praktiker ge¬ 
schrieben ist. 

. Darstellung ist durch Klarheit und Genauigkeit ausge¬ 

zeichnet und ist so ausführlich, dass diejenigen, welche sich noch nicht 
praktisch mit Bacteriologie beschäftigt haben, an der Hand des 
Buches bacteriologische Untersuchungen mit Erfolg werden ausführen 
können. Der Text wird durch eine grosse Reihe guter Abbil¬ 
dungen erläutert, unter denen die für den Anfänger besonders in- 
structiven Gruppenbilder hervorzuheben sind, in denen alle zur 
Ausführung irgend eines Verfahrens nothwendigen Apparate und 
Lrobrauchsg-egenstande zusammengestellt und vielfach auch noch 
durch Handgriffe illustrirt sind. Aber auch der in bacteriologischen 
Untersuchungen Geübte und der bacteriologische Forscher wird 
aus dem Heim’schen Werk Nutzen ziehen können, denn sie finden 
ier nicht nur alle Methoden und Untersuchungsresultate, auch 
leider allemeuesten Zeit, mit Quellenangabe zusammengestellt, 
sondern auch die reichen Erfahrungen des Verfassers in ihnl auf¬ 
gezeichnet. 


, Heim hat das Werk in vier Theiie getheilt. In dem ersten 
behandelt er die bacteriologische Untersuchung im allgemeinen im 
zweiten schildert er die Untersuchung der morphologischen und 
biologischen Eigenschaften der Mikroorganismen, während der 
dritte TheR, der als besonders gelungen hervorzuheben ist, in ein¬ 
gehender Weise die Methoden zum Nachweis der Mikroorganismen 
m und ausser dem Körper des Menschen behandelt und die dort 
vorkommenden wichtigeren Mikroorganismen und ihre Eigenschaften 
beschreibt. In einem vierten Theiie wird eine Anleitung zur Ein¬ 
richtung bacteriologischer Arbeitsstätten und eine Erläuterung der 
50 trefflich ausgeführten Lichtdrucke nebst Winken für mikro¬ 
photographische Aufnahmen gegeben. 


3. Josef Schrank, Anleitung zur Ausführung bacteriologischer 
Untersuchungen. Zum Gebrauche für Aerzte, Thierärzte, 
Nahrungsmittel-, Argricultur- und Gfthrungschemiker, Apotheker 
und Bautechniker. Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. 
255 S. Ref. Nicolaier (Göttingen). 

Schrank hat sich die Aufgabe gestellt, in seinem Buche dem 
m bacteriologischen Arbeiten weniger Geübten in Kürze eine An¬ 
leitung zur Ausführung bacteriologischer Untersuchungen zu geben. 
Diese Aufgabe hat der Verfasser in befriedigender Weise gelöst. 
Das Buch enthält neben einer kurzen Uebersicht über die wichtig¬ 
sten morphologischen und biologischen Eigenschaften der Bacterien 
eine Schilderung sämmtlicher bekannter bacteriologischen Unter¬ 
suchungsmethoden, zunächst der allgemeinen, dann der specieilen. 
Von den specieilen Methoden sind ausser denjenigen zur Unter¬ 
suchung der physiologischen und pathologischen Secrete und Ge¬ 
webe, der Luft, des Bodens, des Wassers, auch die bacteriologi¬ 
schen Untersuchungsmethoden der Nahrungsmittel, Gebrauchs¬ 
gegenstände und Medieamente, ferner die für den Brauereibetrieb, 
für die Zuckerfabrikation und die Landwirthschaft nothwendigen 
berücksichtigt, so dass nicht bloss der Arzt und der Hygieniker, 
sondern auch der Apotheker, Chemiker und Landwirth bei bacterio¬ 
logischen Untersuchungen das Buch mit Nutzen gebrauchen kann. 

Die Darstellung ist übersichtlich und trotz der Kürze voll¬ 
ständig und klar, die Angaben über die Methoden sind zuverlässig; 
der Text wird durch eine grosse Zahl guter Abbildungen erläutert. 
Es dürfte daher die Benützung dieses Buches bei bacteriologischen 
Untersuchungen wohl zu empfehlen sein; insbesondere eignet das 
Buch sich für den Anfänger zum Gebrauch in den bacteriologischen 
Cursen, in denen es auch dem Lehrer die Anleitung seiner Schüler 
erleichtern wird. 


4. G-. Itzerott, Baoterienkunde. Ein kurzer Leitfäden für 
Studirende und Aerzte. Leipzig, Ambr. Abel, 1894. Ref. Maass 
(Freiburg i. B.). 

Mit der Herausgabe des vorliegenden Buches verbindet der 
Verfasser die Absicht, den Studirenden und dem praktischen Arzte 
eine kurze Uebersicht über das gesammte Gebiet der Bacterien- 


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66 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


kunde zu ermöglichen. Da das Büchlein auch für den Anfänger 
berechnet ist, dem speciell der Gebrauch des Mikroskops und die 
elementare manuelle Technik erfahrungsgemäss viel Schwierigkeiten 
machen, so hätte dieser Punkt und überhaupt die Beschreibung 
der Untersuchungs- und Züchtungsmethoden etwas mehr Berück¬ 
sichtigung finden sollen. Im übrigen ist der Stoff in übersicht¬ 
licher Weise gegliedert und das Material in so sorgfältiger und 
ausführlicher Weise bearbeitet worden, dass das Buch auch für 
den Erfahrenen zu einem bequemen Nachschlagebuch werden wird. 
Für den Lernenden werden die Anleitungen im II. Theil (Sapro- 
phyten) und HI. Theil (pathogene Bacterienarten) ganz unzweifel¬ 
haft von beträchtlichem Nutzen sein, wenn er eine derartig zu¬ 
sammengedrängte Darstellung zu seinen Wiederholungen benutzen 
will. Einen Ersatz für ein ausführlicheres, grösseres Lehrbuch 
wird er jedoch in diesem Compendium nicht suchen dürfen. 

Die dem Buche beigegebenen Photogramme dürften zum Ver- 
ständniss des Gegenstandes an vielen Stellen wesentlich beitragen 
und vielleicht auch manchem bei der Beurtheilung und Deutung 
seiner eigenen Untersuchungsobjecte einen Anhalt gewähren. 


5. H. Lenhartz, Mikroskopie und Chemie am Krankenbett. 

Leitfaden bei der klinischen Untersuchung und Diagnose. Für 

Aerzte und Studirende bearbeitet. Berlin, Julius Springer, 189B. 

Ref. G. Honigmann (Wiesbaden). 

Wiewohl die Litteratur an Lehrbüchern und Leitfäden der 
chemischen und mikroskopischen Diagnostik durchaus keinen 
Mangel leidet, ist das Lenhartz’sche Büchlein doch einer beson¬ 
deren Berücksichtigung werth. Dasselbe entspricht in seinem Auf¬ 
bau der Art und Weise, in welcher Curse über diese Disciplin an 
den Kliniken gehalten werden, und ist auch aus solchen ent¬ 
standen. Es enthält nicht nur eine Darstellung des tatsächlichen 
Materials, sondern gleichzeitig eine oft mit erwünschter Genauigkeit 
durchgeführte Anleitung zur Ausführung der verschiedenen Methoden 
und daneben eine eingehende und kritische Besprechung der diagnosti¬ 
schen Bedeutung und klinischen Werthung der Befunde. Auch 
controverse Dinge werden dabei mit grosser Gründlichkeit discutirt, 
an manchen Stellen vielleicht im Verhältniss zur klinischen Wichtig¬ 
keit der Frage für einen Leitfaden zu ausführlich. — Wiewohl die 
Bedürfnisse des Praktikers vorwiegend berücksichtigt sind, ist 
nichts schematisch oder schablonenmässig behandelt, in knapper 
und anschaulicher Darstellung ist alles nöthige gegeben. Der erste 
Abschnitt über pflanzliche und thierische Parasiten enthält nament¬ 
lich im bacteriologischen Theil alles für den Praktiker wissens- 
werthe in guter Zusammenstellung; bei Besprechung der Cholera 
findet sich auch eine Anleitung zur Herstellung der Culturen. Es 
folgt das Kapitel über Blut, nach des Referenten Ansicht das am 
besten gelungene, denn es übertrifft hierin an Uebersichtlichkeit 
und Anschaulichkeit die meisten der bekannten ähnlichen Lehr¬ 
bücher, besonders was die Herstellung der Farbpräparate und 
die Würdigung derselben betrifft. Hieran reiht sich die Unter¬ 
suchung des Auswurfs; auch hier ist es dem Verfasser gelungen, 
alles wichtige präcis darzustellen und nichts wesentliches auszu¬ 
lassen; wenn er auch bei einigen Lieblingsgebieten etwas zu lange 
verweilt (Curschmann’sche Spiralen, Herzfehlerzellen), so kommt 
doch dadurch kein anderes zu kurz. Dagegen ist der folgende 
Abschnitt (Mundhöhle, Magen, Dann) vielleicht etwas zu curso- 
risch ausgefallen, namentlich, was das Verhalten des Mageninhalts 
bei den verschiedenen Krankheiten betrifft. Das Kapitel über den 
Harn erfüllt dagegen wieder alle an dasselbe zu stellenden An¬ 
sprüche. Das riesige Material ist geschickt gruppirt, die wich¬ 
tigsten Dinge (Eiweiss, Zucker) mit ausführlicher Gründlichkeit 
behandelt und die diagnostischen Gesichtspunkte wirksam hervor¬ 
gehoben. Das letzte Kapitel schliesslich enthält das Wissenswerthe 
über Punetionsfliissigkeiten. Die Abbildungen sind fast ausnahms¬ 
los gut gelungen. Auf Einzelheiten, in denen der Verfasser mit 
anderen Anschauungen in der Deutung manchen Befundes nicht 
übereinstimmt, ist hier nicht der Ort einzugehen, jedenfalls sind 
es deren nur sehr wenige; Angreifbares oder Falsches hat Referent 
in dem Büchlein nirgends gefunden. Dasselbe ist für den Prak¬ 
tiker, wie. für den Studenten, namentlich als Begleiter beim 
chemisch-mikroskopischen Cursus sehr geeignet und sei angelegent¬ 
lich empfohlen. Die Ausstattung ist vortrefflich. 


6. W. Eysoldt, Kurzes Lehrbuch der innereu Krankheiten. Merse¬ 
burg, Paul Steffenhagen’s Verlag, 1894. Ref. Freyhan (Berlin). 

Jn der einleitenden Vorrede seines Werkes beklagt es der Verfasser 
bitter, dass infolge des Wandels der socialen Verhältnisse und der ins 
Ungemessene gestiegenen Ausdehnung des Arbeitsgebietes die ärztliche 
1 hätigkeit heutzutage mehr in die Breite als in die Tiefe zu gehen drohe. 
^ U J “ ie . unv crdrossensto Arbeit und das Bestreben, sein ärztliches Können 
und Wissen stetig zu mehren und zu fördern, wird den Arzt befähigen 
önnen, den gesteigerten Ansprüchen auch fernerhin gerecht zu werden, 
.lehr denn je ist es in der heutigen Zeit erforderlich, dass der Arzt mit 


der medicinischon“ Wissenschaft aufs engste vertraut bleibt und ;w, I 
Weiterausbau stets und ständig verfolgt. Hierin werden ihn wie T ' 
Verfasser meint, am besten solche Lehrbücher unterstützen, welche t 
nothwendige wissenschaftliche Rüstzeug in kurzer und handlicher Forti 
darbieten; diese Ueberzeugung ist für Eysoldt das leitende Motiv 
der Abfassung seines Buches gewesen. * ' 

Wir sind, um es gleich heraus zu sagen, nicht der Ansicht, dass U 
Verfasser in seinem gewiss gut gemeinten Bestreben den Kern derSaS 
getroffen hat. Compendien sind immer Nothbehelfe. Für den AmiW 
der sich in dem Wirrsaal einer fremden Disciplin zurechtzufinden sucht 
mögen sie brauchbar und oft unerlässlich sein; den Bedürfnissen fr 
fertigen Mediciners aber, des praktischen Arztes, der den tausend Wech-e!- 
fällen der Praxis gegenüber Belehrung sucht, vermögen sie in keiner 
Weise Rechnung zu tragen. 

Doch wir wollen nicht über die Existenzberechtigung der Compendk 
überhaupt streiten. So viel wird jedenfalls von ihnen verlangt werdu 
müssen, dass in ihnen aus der Fülle dos Bekannten das Wesentlich 
wiedergegeben und an dem Maassstabe der eigenen reichen Erfahrun? *• 
messen wird. Ganz besonders den Bedürfnissen des praktischen Arzte« 

— und nur für ihn ist ja das vorliegende Werk geschrieben — wird eit f 
derartiges Buch nur dann Genüge leisten können, wenn es ein getreu « 
Abbild des tatsächlichen wissenschaftlichen Besitzstandes reprasentin fl 
und wenn weder der Inhalt noch die Darstellung durch die nothwendi* } 
Knappheit der Diction eine Einbusse erleidet — Erfordernisse, welche in ; 
die Federfertigkeit und das pädagogische Geschick des Verfassers gewi«- 1 
keine leichten Ansprüche stellen. 1 

Es kann nun nicht verhehlt werden, dass das Eysoldt’sche Hand- ; 
buch mit den vorerwähnten Attributen nicht in genügender Weise au«« 
gestattet ist. Eysoldt hat sich von einem gewissen Schematismus, den 
landläufigsten, aber gefährlichsten Begleiter dor meisten Compendien, nid' 
freizuhalten gewusst; die meisten Krankheitsbilder leiden unter einer r; 
grossen Monotonie und Farblosigkeit; das Wichtige ist durchgehesi« 
nicht gut genug vom Unwesentlichen getrennt. Auch befindet sich fr 
Verfasser mit seinen Ansichten durchaus nicht immer im wünschenswert 
Einklang mit den herrschenden Anschauungen; so legt er, um nur c 
Beispiel anzuführen, der ätiologischen Rolle der Malariaplasmodien „keiner!? 
Wichtigkeit“ bei. 

Relativ am besten gelungen sind die Abschnitte, welche über k ! 
Erkrankungen des Herzens und der Luftwege handeln; hier ist die l f ir- , 
Stellung meist würdig und erschöpfend, die Diction klar und steUenwe:-- i 
lebendig. 


7. L. Bouveret, Traite des maladies de Pestomac. Pari' 
BaiUiöre et fils, 1893. Ref. Rosenheim (Berlin). 

Das vorliegende Werk beansprucht ein hervorragendes In¬ 
teresse schon deswegen, weil es nach langer Zeit das erste m 
Frankreich erschienene Specialwerk über Magenkrankheiten i>i 
Es war zu erwarten, dass dasselbe ein streng modernes Geprät: 
tragen würde, und es musste unter allen Umständen von yrt, 
sein, die Auffassung kennen zu lernen, die ein namhafter Au 
wie Bouveret, der zu den anerkannten Arbeitern auf dem Gebi*^ 
der Magenpathologie in Frankreich gehört, zu vielen strittig 
Fragen einnimmt. . . n • ri 

Das Werk bietet nun aber sehr viel mehr als eine unw/ 
rung über die in Frankreich herrschenden Anschauungen; es - 
kein Lehrbuch, das sich für die Unterweisung Lnerfa une 
sonders geeignet erweisen würde, sondern wir haben es 
einer ganz bedeutsamen litterarisehen Erscheinung zu ! 
die umfassendste und erschöpfendste Dars e 
Krankheiten des Magens, die die Weltliteratur aufzuwe ^ 
Die Analyse der einzelnen Theile lässt uns gleic e • 
der Autor seiner Aufgabe gerecht zu werden wuss . 
trägt er die Untersuchungsmethoden vor; ni® 
wesentliche, aber auch das nebensächliche gewürdigt, Jer . 
ruhige Objectivität Boureret’s spricht an dl , e8er „*,A d , j*« 
seine Beurtheilung der Wintor-Hayem sehen , | )ra0 ,;,. 
zahlreiche Fehlerquellen er darlegt und_ deren pr^tMh 
barkeit er deshalb verneint, und um dies gleic' . jiaffit- 

ebenso kritisch verhält er sich dem gekünstelten 
gegenüber, das seeretorisehe Verhalten des * ag nvsnepsi^n 1 
lichsten Eintheilungsprincip in dem Schema d ■ ) P J„ (1 ^ 

erheben. Dieser Abschnitt umfasst allein bisweilen wii. 

einen klaren Ueberblick über den Stand der g • citiren un 
es mich sogar* bedünken, als ob der V erfasset . zu T j e i d- 
Berücksicktigen verschiedener Auffassungen enrere ihte R* :r * 
Guten thäte Einzelnes liest sich wie nebenei 
rate, so dass man nicht immer das Gefühl lia ■, . ^11 Sten¬ 

dern Stoffe steht. Aber das drängt sich a “ her ^hBd, 
dem Leser auf; im ganzen bleibt der Emd praktische 
eine gewissenhafte Nachprüfung und ausgi e 
rung dem Urtheil des Autors zugrunde ^ ' Hier ver-'- 

Der rein klinische Theil umfasst 60C \ Hvj;t :- 

zunächst in einem Abschnitte die Hype nfi i c ht des Autors 
secretion und das Ulcus, da »““Ät D«yf 
hem innerem Zusammenhang stehen, »bg Verl»- 


.. 


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11. Octobor._LITTERATUR - BEILAGE 


DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


67 


rungen desselben zu einer Gruppe zusammengefasst. Die Ent¬ 
zündungen werden im nächsten Abschnitt behandelt. Der fol¬ 
gende giebt die Darstellung der Neoplasmen. Dann werden noch 
einmal im Zusammenhang als besonderer Theil die Veren°-e- 
ru ngen an der Cardia und die amPylorus besprochen. Es folgt 
eine sehr ausführliche Darstellung der Neurosen des Magens, 
einschliesslich der nervösen Dyspepsie, und im Schlusskapitel wird 
das Verhalten des Magens bei den verschiedensten 
Krankheitszuständen anderer Organe gewürdigt. 

Man erkennt schon aus dieser Gruppirung des Stoffes, dass hier 
eme Auffassung hervortritt, die von der bei uns üblichen etwas ab- 
weicht, und wir sehen dies besonders bei der Beurtheilung, die den 
Secretions anomalieen des Magens zu Theil wird; dieselben 
werden nicht mehr als einfache Neurosen angesprochen, sondern ge¬ 
wisse feinere parenchymatöse Veränderungen werden als das anato¬ 
mische Substrat mit Bestimmtheit angenommen. In Betreff des 
Magensaftflusses wird im wesentlichen der Standpunkt acceptirt, den 
Riegel bisher m Deutschland mit Erfolg vertreten hat. Die Fragen 
die sich uns hier auf drängen und die Bouveret mit grosser 
Entschiedenheit zu beantworten unternimmt, sind meines Erachtens 
noch lange nicht alle spruchreif; die Gefahr, ein einzelnes Symp- 
tom als Krankheit zu nehmen und dann zu glauben, man hätte 
das Wesen der Sache erfasst, ist hier besonders gegeben. Aber 
ich bin der letzte, der die Schwierigkeit, die hier für den Autor 
liegt, verkennt. Ich habe selbst früher in meinem Buche den 
Magensaftfluss als reine Neurose gedeutet und stehe heute nicht 
an, es auszusprechen, dass für viele Fälle diese Erklärung nicht 
ausreichend ist; es ist ferner nicht zu bezweifeln, dass das Sym¬ 
ptom der Hyperchlorhydrie und der Hypersecretion so in den Vor¬ 
dergrund treten kann, dass es als selbstständiges Krankheitsbild 
angesehen werden muss. Aber trotzdem scheint mir Bouveret, 
vielleicht einem gewissen Schematisirungsbedürfniss zu Liebe, in 
der absoluten Werthsehätzung dieser Erscheinungen zu weit zu 
gehen: in gewissen Grenzen sich geltend machend, brauchen sie 
noch lange keine selbtsständige pathologische Bedeutung zu haben. 
Durchaus übertrieben ist meines Erachtens die Wichtigkeit, die 
Bouveret den in Rede stehenden Anomalieen für die Genese 
des Ulcus beilegt; mit der Thatsache, dass man beim Ulcus oft 
ganz verminderte Acidität constatirt hat, findet er sich ganz ober¬ 
flächlich ab. Eine gewisse besondere Beschaffenheit der Schleim¬ 
haut an den Stellen, w r o sie der Autodigestion verfällt, giebt 
übrigens Bouveret auch zu, da sonst folgerichtig jeder länger 
dauernde Secretionsexcess zur Bildung eines Ulcus führen müsste. 
Ist aber das Verhalten der Schleimhaut so wesentlich, dann ist 
nicht einzusehen, warum bei bedeutend herabgesetzter Widerstands¬ 
fähigkeit der Mucosa nicht schon der normale verdauungstüchtige 
Saft die Andauung sollte zu Wege bringen können, während Bou¬ 
veret allemal einen Secretionsexcess als nothwendige Voraussetzung 
anspricht. 

In dem Abschnitt, der die Verlagerungen des Magens 
behandelt, führt der Autor uns die beiden Dislocationsformen, 
die ich selbst zuerst scharf getrennt habe, auch als gesonderte 
Anomalieen vor; aber nachdem er die Genese, klinische Be¬ 
deutung, Symptomatologie und Therapie eingehend gewürdigt 
hat, hält er es noch für nöthig, ausführlich über die „Maladie de 
G16nard“ zu sprechen. Das ist zum mindesten überflüssig, da im 
Vorhergehenden schon das Wesentliche gesagt ist oder doch mit 
Leichtigkeit hätte gesagt werden können; sodann scheint es mir 
doch unberechtigt, den fleissigen, aber oft recht wunderlichen und 
willkürlichen Combinationen des Herrn Glönard diese Bedeutung 
beizulegen, die sie thatsächlich nicht haben. Dass diese sogenannte 
Maladie de GRnard in zahlreichen Fällen ohne irgend welche Be¬ 
schwerden und functionelle Störungen zu verursachen, besteht, 
wird von Bouveret gar nicht erwähnt; dieser ganze Symptomen- 
complex der Verlagerungen, der darunter verstanden wird, hat 
eben für sich allein eine geringe klinische Bedeutung: er giebt 
kein einheitliches Krankheitsbild; er complicirt die verschiedensten 
Störungen und wirkt für manche auch prädisponirend, und erst 
dadurch wird er wichtig. 

Ich knüpfe meine Einwendungen an die Ausführungen des 
Verfassers in den ersten zwei klinischen Abschnitten, weil diese 
dasjenige Gebiet enthalten, auf dem in Frankreich in letzter Zeit 
vielfach selbstständig gearbeitet worden ist; hier durften wir in 
diesem so gross angelegten Werk Neues am ehesten erwarten, und 
ich gestehe gern, dass ich hier mancherlei gefunden habe, was 
eigenartig und interessant, was anregend und belehrend ist. Auch 
die übrigen Theile enthalten so viel des Vortrefflichen, dass ein¬ 
zelne Ausstellungen den Werth des Ganzen kaum schmälern. Hier 
ist eine Anlehnung an die modernen deutschen Werke über Magen¬ 
krankheiten zu erkennen; aber die Anlehnung geschieht doch nur 
so, wie eben ein selbstständiger Geist sich die Erfahrungen an¬ 
derer zunutze macht. 


Und das verdient zum Schluss noch ganz besonders hervor¬ 
gehoben zu werden: Die gewaltige Litteratur über Magenkrank¬ 
heiten ist mit einem erstaunlichen Fleisse verwerthet, der weit¬ 
her zusammengetragene Stoff ist durchgehends gut gesichtet und 
mit peinlicher Sorgfalt geordnet, die Darstellung ist immer klar: 
einzelnes Unwesentliche hätte wohl gespart werden können, anderes 
brauchte nicht gerade so breit ausgesponnen zu werden. Aber 
auch der Belesenste wird kaum etwas Erwähnenswerthes vermissen, 
und manche speciell französische Arbeit von Belang, an entlegener 
Stelle publieirt, wird hier erst weiteren Kreisen zugänglich und 
kommt so zu ihrem Recht. Das Buch ist für jeden, der sich 
für Magenkrankheiten interessirt, von grösstem Werth. 

8. L. Bouveret, Die Neurasthenie (Nervenschwäche). Nach 
der zweiten französischen Auflage deutsch bearbeitet von Dr. 
Otto Dornblüth. Leipzig- und Wien, Franz Deuticke, 1893. 
Ref. K. Grube (Halle). 

Die Berechtigung, die Neurasthenie als selbstständige Krank¬ 
heit aufzufassen, wird nicht von allen Neurologen anerkannt, doch 
mit Unrecht, denn sie ist eine alltägliche Krankkeit, mit der der 
Pathologe wie der Praktiker gleichmässig zu rechnen haben. Ver¬ 
fasser definirt sie als eine Krankheit ohne organische Verände¬ 
rungen, die sich über alle Theile des Cerebrospinalsystems sowie 
auch über das Sympathicussystem erstreckt. Sie beruht auf einer 
feineren Ernährungsstörung der nervösen Elemente, welche in zwei¬ 
facher Weise eine Störung erleiden, indem sie nämlich einmal die 
erschöpfte Kraft langsamer erneuern und zweitens die hervor¬ 
gebrachte Kraft nicht mehr in demselben Maasse ’anhäufen. 

Bei der Aetiologie des Leidens spielt die Erblichkeit die erste 
Rolle; das Leiden kann freilich auch bei Lidividuen auftreten, die 
aus einer absolut gesunden Familie stammen, in der Regel handelt 
es sich aber doch um hereditär belastete Personen, um Mitglieder 
der „famille nßvropathique“. Weiter kommen als ätiologische Mo¬ 
mente in Betracht: ungeeignete Erziehung, Arthritismus, Infections- 
krankheiten — der Einfluss der letzteren ist übertrieben worden — 
Dyspepsieen, geschlechtliche Ausschweifungen, Onanie, Traumen etc. 

Die Symptome des Leidens sind ungemein mannigfaltig, doch 
kehren einzelne ziemlich constant wieder, und man kann diese, 
nach Analogie der Hysterie, als Stigmata bezeichnen. Es sind: 
Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, geistige Abspannung, nervöse Muskel¬ 
schwäche, Rückenschmerzen und endlich Dyspepsie infolge von 
gastrointestinaler Atonie. 

Zu diesen sechs Stigmata kann man noch drei weitere, weniger 
constante, aber immerhin für das Leiden charakteristische Symp¬ 
tome hinzufügen: 

1. Dauernde Erweiterung der Pupillen (und grosse Labilität 
der Pupillen. Ref.) 

2. Blässe der Hände und Fiisse mit merklicher Kälte und 
Kältegefühl; 

8. Abnahme der Potenz. 

Natürlich sind nicht alle diese Stigmata bei einem Falle zu 
beobachten, oft sind mehrere vorhanden, zuweilen nur eines. 

Die Diagnose Neurasthenie ist häufig schwierig; der Neur¬ 
astheniker ist thatsächlich ein Kranker, bei dem fast alle Symp¬ 
tome subjectiver Natur sind. Häufig besteht bei den Kranken die 
Neigung, ihre Leiden zu übertreiben, doch ist dieser Zug als zum 
Krankheitsbilde gehörig aufzufassen. Man kann nach dem ersten 
Eindruck, den die Kranken auf den Beobachter machen, zwei 
Classen von Neurasthenikern unterscheiden: den deprimirten und den 
nicht deprimirten oder anscheinend nicht deprimirten Neurastheniker. 

Klinisch unterscheidet Verfasser neun Formen der Neurasthenie: 
die cerebrospinale, cerebrale, spinale, acute, ererbte, weibliche, 
sexuelle Neurasthenie, die Hystero-Neurasthenie und endlich die 
traumatische Hystero-Neurasthenie. Wegen der genaueren Be¬ 
schreibung dieser einzelnen Formen müssen wir auf das Original 
verweisen, desgleichen inbetreff der sehr ausführlichen Therapie. 

Bei letzterer spielen die Arzneimittel nach Verfasser fast gar 
keine Rolle, sondern es kommen hauptsächlich nur physikalische 
Maassnahmen in Betracht. 

Die ganze Beschreibung ist, der practischen Wichtigkeit der 
Krankheit entsprechend, sehr ausführlich, stellenweise sogar etwas 
breit. Die Uebersetzung ist sehr gut. 


9. Otto Koerner, Die otitisoheii Erkrankungen des Hirns, der 
Hirnhäute und der Blutleiter. Mit einem Vorwort von 
Ernst v. Bergmann. Frankfurt a. M., Johannes Alt, 1894. 
163 S. Ref. Schwab ach (Berlin). 

In dem vorliegenden, lesenswerthen Buche Koerner’s finden 
wir zunächst eine statistische Zusammenstellung betreffend die 
Häufigkeit der Todesfälle infolge von Ohreiterung im Vergleich zu 
der Zahl aller Todesfälle, dann zur Zahl aller Ohrenkranken 
und schliesslich zur Zahl aller Ohreiterungen. Es folgen Mit- 


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Go igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



68 


LITTERATUR-BEILAGE DER DSITTSOBRN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


hhcdlungen über die relative Häufigkeit der verschiedenen Hirn- 
kranklioitert untereinander und derselben im Vergleich 211 döü 
vijrsnbirdeneu Erkrankungen nicht otitisebc« Ürsprufigs. Nach 
PiU’.s Statistik . ergieU riieh, «las»- et was weniger als liier dritte 
Thoii a 1 ier Fällt* von-Hu 1 »ad» tte.es £ oütisehon Hrsprungs ist, ilasw 
bemalvc - %m\ Dritte]'' der Bi ausphlcbitiden. dnt^h Eraukheiten 
dt-;-; ('ihres, und Sohliltenbdues. eut^telfen und dass- die otUiscbe : 
MVtungHis m Vergleich .-zu'' amieveu Meningitiden Kelten vor-, 
kommt. 'Weiter bespricht Verfasser die anatomischen VerliliHnkso, 
welch«* den Uohfrgöug yqü Eiterungen aus dem Schläfenbein ln die 
Si'hJi.milwhm ermügdtehmi und die vcr-ächtedoisee Arten der primären 
•Erkrankungen; des Öhrs. Und des .Sol>iäteübeta*. weiche tnto&efauiaÜ.p 
Eifern..gm' j.mvunuh-u kennen. BoziUHkb des Elntbisses der 
Loealisiütion der primären Erkrankung iin .S'düäfenbVm auf die 
Enralisaimtj der mlrtt^uüieilan CompUeHtiomm 

Hprieht sieh Verfasser dahin toaste dastf 4te*Mhe?f In der ivögel an 
der ■ Stelle beginne«, wo die itrsächlieheEitermut im 'SebiU-iVnboin 
bis zu-w Sehiidebwuiit v orge drangen iuf. Xw bHzien Kapitol dieses 
allgemeinctr Tlu?il£, das sich mit der IVophrl&xo der ntitfsehon 
Hirnkrankhekeij touliäftagL -weist Verfusser darauf hm, rf,w da» 
erat.e Ertordöruks derselben dm pcijdhfMö (fmvissonhjiftigkcit bei 
IkliHüdtiiug der smkmi und nlnn-fiisciieit Miv.!.e'toiir«dterungcn ist. 

im f.pecieürn TheG wir«!" x?«nächst die iVBmtegte der 
Pat-bjumningitjK externa und des. eD.rndm nk-u Äbäue^srK, ferner der 
utitDcjreu -LepiönieuingHtfi.; der ?uberkaFteen Meningitis mnl des 
Hinitubeyknis hi*i Tuberkulose des Hius und des BeidiUerdmuis in. 
zwar 'kurzer, doch rocht nuspiwchemh'f \Vei:-»« zur !-);ws'tolUing .ge¬ 
brach t. ulsdämi die Phlebitis und Thrombus« 


1 ijbiTieii; bosyruchnü. 


:.. -F-y' ■ : : - Nivj# 

.'^ftsämmeit haben, das vorliegende Buch gern ^ 

sm\X mpr den gegenwärtigen Stand unserer KtinÄr^' w 
ntitischoii Erkrankungen des Hirns.; der KimVlöW »n.-I ,i Mr k- 
loiier xu mmtmti. -- Die Ausstattung B.i. ks ^-u Z 

10. Hermann Coirn, Wa« kann die Sohule gfegem die l5 
batlon der Kinder thirn? Reffirät, den) aifttfr iBfrmWw' 
hygionigcbcn Congress zu Budapest erstattet, Berlin rite'*. 
School,?., 1804 . lief. A. EnDuhurg (BerHul. 

Von dem um die Soliulhygiexife. ber«it.s nut andere £j§j& 

*o hoch verdienten Hinein nur Augenarzt .ist tu feer khimwTVr 
Ä für tUx?A<- wie. ffir Eito und. Erzieher »mmr uu '' 
Ocgmmiaud zur Spruche gebracht und i*« vlrcyp swhi;.«;• v ii; •. 
aber zjigJmelr cindriugi ich öfimt und und wdrmkVzis'fm fe A 
geteilt. :wordo».. Es handelt sich rnndbrOnanieIßVeii te k : ; 
und um die Frage, wu? mh Reiten, der Schule dagogiin ^Iihs 
könne: Fragen, zu deren AufweWüug um ötföntli«d>ei- HtdiöJfdlcu- 
ein gew^sor Mntb gdrört, da mau, wie vier Yeiöfe «a A 


d^r Hiriminus au»- 
\%Ü {nthteSk? ist die Eirsärfifpen« 

ktnllujig der bisher YerutTooMichieu upts irton Fälle, aus d*-r trieb 
rrgiobp da^s blähet ‘20- Fülle gf heilt, IE gestorben Y^'rfy^ev 
spHuht eich dfilim aus, »l.ms diu Sinuöiihlcbitis op.’nrl wvj'dc??» •jnpö^e» •• 
sulaibi sh* erkannt ist. In zweifelhafhm Fülbm sei mit, der Etöff- 
ü«ug; de? ^idiujM mwMoidpnm d>c evplorido;mob»' AubJockung (b.V 
Sim.u-■ und eventnoli dir Prphepmit tion votzoneluneü. Nur lieber 
crkäiuHo Mmungiti^ und jafiwtiöse Lungtuunota^taseii verbleien die 
Dpfd-ation. ÖCfKiigUch.dot viel di^tujtnlini JS^gc, ob 1ml (lorDfnuAtidiV 
dre jugidtinr mitertmndGU wenleu solle oder uiobt, räth 

VeThi^er Ä*ji Vuniakm+i fe ilnterbiaj|uirg mit erhalt) des- bhrombu^, 
wenn der Sinns Eil er, ' »fauche oder einen zerfallenen Thrombus 
eitibiilt. — ]u Atmchhiss an dm Abhandlung über Sinvisphldlntiö 
würdigt Wifaefeer die in den Lehrbüdiem mir k*ii? Ode* 

garnieiif erwähnic- otiiisene Pyamie ohne Sino«ph!(ddtirs., mit 
RiklvSiehtv-UiT ihre prnktiädie Bedeutamg. einer uusuUirlinimn Be- 
KprediUng. —. Das .tmibmgreiebyle Eupitel der Monographie Int 
dav über den otitiseheu Hiriiabseeus. Gegenüber der Ansicht 
anderer Autoren, Hueeirtl Belt wartzeB, dose nicht, sei Um mehrere 
H mürbst'es<w dnrrdt tjlitis medjö verurötu Id. werden, betont Vee 
nu^rr da>, .wollt Fre. AufUiüen derselben und nie int, dass idle lern 
vom kranken Ohr und Sxhhtferibeut gelogenen Abscesso keine öti- 
lBf‘h.en sondfun pyUmistlm, meinst.n.tAche Absri^S /'omikno 

Tuberkel gewesen ; sebm. In den vom Verfasser initgeHndltcn 
Fällen .finden wir jedoeh zwei, bei denen bei dar Uhduoürm 
das Vorhkiideiisein eines zweiieu. Ahscesset> : neben dem durch Ae , 
Opera ti«u ent lernten congtuUrt, und einen, bol welch um 16 Tage 
aacfi der EnUeeruiig des ersten ein Zweiter Absofss ^uuvermutUot 
beim Eirdüjif an dr>~ imitwrobi«;:: 4 eröffnet \vurde, .4n-.? den KrankCd- 
gc^chnditen geht nicht hervor, dass h<? shdi um pyämische rcispeativc' 
in.einstatissdm Absiwsse gehandelt habe, — Vertbsi?nr berichtet kitr2 
. Über die in der Utterator vorliegundeu •operirtc.ii Falle von Hirn* 
absef'5rs uBtn-i lieTi IVsprungs, nachdem er drei bisher noch nicht 
veröltentliVite Beobaciiiungen,, darunter ; eine ads der eigenen 
Praxis, eimevon Sahli, c?m* von RV*.htiv • ausführlich mAgnBnuii 
liak Aiih der Statistisxium Zusannnensf-filUmg• aller 55 Fälle 
erglüht unio dass 29mal Heilung; örAlglc, 26mal der Intoic .Aus- 
gang roonu . Dabei muss, aber beriichsichtigr worden, das$ die 
'UtSifU’Uliche Kränkln.# im Ohr und St-hiäl’cnbciu nur 38mal unter 
55 (tpevnd wurde. Jlcm 'entsprechend blieb natürlich auch allzu 
hjt dm Gefahr nimm mme« intrucranieüeu Odmplmition bestalle». 
Da ö.nsöerdpra In yinloti hTÜlcu die erxihitn ^Hcilucg* 1 die Probe 
der Aeit noch knibCHWT^ Imstnudon hat (nur von ww*dgeo • Ope.rimfe 
erfahren, wir^ giV nach rpehr nla niitem. dkhiw .äddV lebten), so 
■yw Vcrfa^her fnit Recht hnrvörliebb, uiis der Zalvl der 

pumj\nFh whn% i»jr die Öeurtherlüüg te HuBwertbös 
der f »pevaUtm folgern. 

Rclcriiiit; ioochf e die K oe il iu v r'Sc.he Alohograplüe 'wegen ihrer 
küapppü und da hei ; doch .nichts w'oKovUirhee uuboi-ÜckisNitigt 
.»rwpuxeu -huv^Jf-u%v und *h(>- VriBt'-Fcu Würdigung all«' in Be- 
\ ’Br‘ib-u.%1.oocivi .d {<4 denen «Um Studium ein- 

v!7.V?; J ij c V>;-t > ,-r, j<>o Gegongtaude poch nicht 

»her, dass auch OlmmitrjRe' 

ul " x '&&T■*&&&> eiuschläglg« Erfahrungen 


citirt er dagegen- du$ Wort von Shuarb Mklr FDE Kr»ji.bk 
dev Gesnllschaft können ebbnsoweßig wie i]k Kranklmiton ‘i^hc- 
pers verhihdO't oder gehpilt. werden, ohne- dass n»»i* 9 %g-.V 
Ihnen spricht.“.■ — . Dcu* erste AbschidB Hoschafbg. ssy 
V erbreitung- do:rOiianih; die Faiui gmuiezu als ,,V«;v ^ 
h.rejtotste mitcr aljeu DeMon 4 Jühsf-ellt. WVs er hienlFir miil ns- 
Imsondere Uber die Verbreitung unter ddh Sehulkiadt-i-n midkii, 
v/ird .dem ; -. Ketmer '(Unser .(jogatcstfindo im ganzen kam« .h-.r 
JW&endeS bieten, enthlfR aber doch eiu^lDe Älist frippin k‘l. 
mul schreckonorrsgeude Details. Im zweiten Abschnitt wrrtlnn ■ > 
„Eolgcu der Onanie“ besofiiiers die Neitrastltemejiiguioinb 
Gf^feebtöstiiriingcii, psyclüsclte (?cschl<nditssthnm^ und hi^i 
leiden fsnlijccfiv'e Dichtoscliehuuigeii, truekcuyr 
ü.>; wj-'A letztere, nach cigoncn EHahfUngm das \Trteff -, : 
ciogeheüd: erörtert. Die folgenden Abschnitte 
mitVcUm Zeichen der Onanie, umJ. mit Uuea OelR^nl.H'- 
br^ä-ftf^A in der Schule, wozu von CVhft da«. .bRfih 
Jangn Sitzen in der Schule, da« allzulange HlUe« H»n M«*- 
l^chnlHi'bciteA, die Art de% Sitzens, das Jfehtfk F 
Boimm nujf Kl öfters langen, der Besuch der Ahorte, B 

t-üre trnd Bilder % s, vv. gezählt wordem Wenn. tV§k ivV-F 
«prechuhg de« -let-xtgönafiniön hUoiagisr.hr« Moment* w \w> 
schlage kemmiy döu Schülern nicht hlu»9 dhp.Bhlöl, hsAW 1 ’ 
die zur Lcctitre uienendoii utitikcu •SciirifrsleUev, | 

: Wöiitorbüaher. nur in oiner .von ihm .,sciuöplVim‘)i ■ 

iiigtOn, eaxtigivfen Eorüi ?.u Yernbremhep, fee varnüyi «-ö «iV< 
dfesswt» VV»ge allerdingö -niohh zu folgen, Ini- ÜbrigDji *fat ‘ -• 
(iye 0uberwuFkühg dAt g &g chlnßU"tUch on Verhäi iwt • * 
do-V Jugend hU eine* der wichtigsten päda^)gBBn*n Aulte ,i: '' 
fcranh'tot. w issen; er fördort insbesondere ein») b f « s»ä «ul * * 1 '/ 
öichd der Dhh ruf w ä hEFh 4 des XI ö \W riphl^ l 1 n f. f 
der rAusen in Bczög. daradD Af;. • 

AuTound muthoile OnnViiP treibe«, smiami 
Beiebrung: der Lehrer muss die SeMBt -ron W -. 
TTohiceit) der iVnhöoiiaiiie aud^• -der >«hM ielfon bpjrr - 
Kenntaißs swtÄen. Eiiie aolchß Bhichfdhg- hrg^t ■•[ ' 

\'k*l fächern V/jdhrwiiien der Lehror, wild über von vjPjF 
zougeifdcn Qfüötlhu ate imurngnngUch erwiesen. ; U! ^; ur !fF“. 
mau ihr, wmiü ido wirUsuraaem soll, dutch hiuö euDpr^ C'C' t •- 
liehe Au&ichF und yorbougendo Ermiihnang zu 
wozu sieh die Elterif gloichfaUs 6ft mit imgetu ^ •»«. ^ 
Durch V r uvträge- und gedruckte Bcichniug* '* ^ 
uueh Eltern (und Peueumsgcbcr) duraui : 

das» sie die‘Plicht haben-, dm Kiut.crr^ «te -‘V ’' ,, 
Ouktiifi Hu^riuan dery »»setzen. • Dm* ii '!^ ., '.^ H , - 
einem V<m&ldago vo» Puh chm nun 

' waltung und Leitung der ‘.Hentlmboii llciiCHii'n : ! ; l( ' • 

hatte besser weghleiheu. gilllhfl, er wirlJ ' jm V , fi ,v. 

die Onanie der Erwachsenen durch 

den, So könnte ns an solche auch zu Dunst cü der ui. . 

her mit gleuxhem Recht- terüerv;. Abge^uWti ’W“ ,. 
hat Fiel, Dohu dui-üh die von Hmi ergnßene 
änf Dank und Anerkennuug erworlmn, (U ‘ v i ’ 11 
bei der dufc.ii sein .Hoferat eaigelsit-otei) - 

Thnil wuideu 

U. Osoar Valpius, Beiträge nr CWtargM 

Müs. Beiträge zur; klmiscli«. - ' 

S 683—70«. TaWogee; H. Uupi> «*« •»“*» 

Röf. •Hürtöa.nn. Frank (Beriin;. ^ 

Fhirurgisch^lH.f DMsch In'tngt 
.1 j» pa roBp lt*B'ektö'mieeii b*4m Menschen die E «t* 


£F 8 le 




11. October. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


69 


Milzexstirpationeil, welche in der Heidelberger Klinik ausgeführt 
worden sind. Von den Operirten sind im Anschluss an die Operation 
zwei hochgradig leukämische Patienten gestorben, zwei erfolgreiche 
Operationen betrafen Milzhypertrophieen ohne sichere Aetiologie, 
eine weitere Heilung trat bei einer nekrotisirenden, eine hartnäckige 
Jauchung unterhaltenden Milz ein. Diese Resultate decken sich 
ziemlich mit den statistischen Ergebnissen der sonst bekannt ge¬ 
wordenen Splenektomieen. Von 28 Laparosplenektomieen wegen 
leukämischer Milzvergrösserung haben überhaupt nur 3 den Eingriff 
überstanden (gestorben 22 an Verblutung, 2 an Peritonitis, 1 anCol- 
laps), und nur ein Fall mit angezweifelter Diagnose ist geheilt ge¬ 
blieben. Der leukämische Milztumor eignet sich also bei vor¬ 
geschrittener Leukämie durchaus nicht zur Operation. 
Wegen malarisch und idiopathisch hypertrophirender und wegen 
Wandermilz sind 67 Operationen in der sonstigen Litteratur 
berichtet worden (26 Malaria-, 22 idiopathische Milzhypertrophieen, 
19 dislocirte Milzen), davon sind 24 (ca 36,1 °/o) gestorben, darunter 
2 Wandermilzen und je 11 den beiden anderen Gruppen zuge¬ 
hörige. Für nicht leukämische Milzhypertrophieen und 
Verlagerungen wie die Prognose also nicht so un¬ 
günstig, wie die bisherigen Statistiken ergeben haben. 
Ausserdem ist die Milzexstirpation ausgeführt worden, viermal 
wegen cystischer Entartung, dreimal wegen Vereiterung und 
Nekrose ohne Todesfall; bei Echinococcen der Milz besteht 
40 % Mortalität. 4 Patienten mit sarkomatösen Milzen sind 
entweder der Operation oder dem Recidiv erlegen, ebenso 3 mit 
Stauungsmilz, 2 mit traumatischer Milzruptur. Ein Fall mit Milz¬ 
ruptur ist geheilt. Im ganzen sind 119 Fälle operirt mit ca. 
51,0 o/o Heilung, 49,0 °/o Tod. Mit Ausschluss der Operationen 
wegen Amyloid, Stauungsmilz und Leukämie bleiben 87 Fälle mit 
29 Todesfällen, also % Heilungen. (Die Liste der geheilten Fälle 
ist sicherlich noch grösser, dem Referenten ist bekannt, dass auch 
gesunde Milzen bei Gelegenheit von beabsichtigten Nierenoperationen 
in Verwechselung der Organe zunächst angegriffen und, wie es 
scheint, ohne Schaden für den Organismus entfernt worden sind.) 
Physiologisch-experimentell stellte der Autor über die Bedeu¬ 
tung der Milz und des Milzverlustes für die Blutbildung folgendes 
fest: Das histologische Studium der normalen Milzstructur ergiebt 
die Möglichkeit, aber keinen Beweis für die Einführung farbloser 
Zellen in die Blutbahn, keinen Anhaltspunkt für die Neubildung 
rother Blutkörperchen, wohl aber solche für den Untergang letzterer 
innerhalb der Milz. Die Vergleichung des Milzarterien- und 
Venenblutes lässt keine wesentlichen Differenzen mit völliger Sicher¬ 
heit erkennen. Bei acuter Anämie des Organismus zeigt die Milz 
Zeichen vermehrter Thätigkeit. Die Milzexstirpation erzeugt vor¬ 
übergehende Abnahme der rothen, Zunahme der weissen Blut¬ 
körperchen. Die Schilddrüse ist kein vicariirendes Organ. Die 
Lymphdrüsen und das Knochenmark zeigen nach Milzverlust er¬ 
höhte blutbildende Thätigkeit. Die Blutregeneration nach Blut¬ 
verlusten ist bei entmilzten Individuen vielleicht verlangsamt. 


12. Uhthoff, Ueber die bei der Syphilis des Centralnervensystems 
rorkommenden Augen Störungen. Leipzig, W. Engelmann, 1894. 
338 S. Ref. Magnus (Breslau). 

Uhthoff lässt seine in dem Gräfe’schen Archiv in den letzten Jahren 
erschienenen Aufsätze über die syphilitischen Veränderungen des Central¬ 
nervensystems nunmehr in Buchform erscheinen, und damit thut er Recht, 
denn in Buchform sind seine Arbeiten dem ärztlichen Publicum jedenfalls 
viel zugänglicher. Die hervorragende Betonung der pathologischen Ana¬ 
tomie kann dem Uhthoff’schen Werk nur zum Nutzen gereichen; auch 
die umfassende Verarbeitung der einschlägigen Litteratur ist rühmend zu 
erwähnen. Es wird das Uhthoff’sche Buch bald genug ein unentbehr¬ 
liches Hülfsmittel für den Augenarzt bilden. 


13. Annalen der städtischen allgemeinen Krankenhäuser zu 
München. Im Verein mit den Aerzten dieser Anstalten heraus¬ 
gegeben von Prof. Dr. v. Ziemssen, Direktor des städtischen 
allgemeinen Eirankenhauses L./I. 1890 bis 1892. München, J. F. 
Lehmann, 1894. 477 S. Mit 19 Abbildungen im Texte. Ref. 
Guttstadt (Berlin). 

In gewohnter Weise bringen v. Ziemssen’s Annalen statis¬ 
tische Nachweise für die Jahre 1890 bis 1892, in welcher Zeit 
44 915 Personen in den beiden städtischen Krankenhäusern 
Münchens aufgenommen wurden. Es ist die Zahl der Behandelten 
von 9864 im Jahre 1875 auf 14 894 im Jahre 1892 gestiegen. Be¬ 
sonders auffallend ist in der neuesten Zeit ein verhältnissmässig 
starker Zugang des weiblichen Geschlechts. Den werthvollen 
Originalarbeiten theils statistischen, theils klinischen Inhalts ent¬ 
nehmen wir folgende Angaben von allgemeinem Interesse. Die 
Kranken in den beschriebenen Krankenhäusern werden nach einer 
Kostordnung verpflegt, welche im April 1872 zwischen dem 
Magistrat und dem Orden der barmherzigen Schwestern vereinbart 
ist. Im physiologischen Institut in.München wurde von G. Meni- 


canti und W. Prausnitz auf Wunsch von v. Ziemssen die 
Kost, weil ihm die früheren Angaben darüber von Renk nicht 
mehr zutreffend erschienen, untersucht. Auf Grund der hier mit- 
getheilten Untersuchung musste die Kost qualitativ und quantitativ 
als verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig bezeichnet 
werden. Inzwischen hat W. Prausnitz ein neues Kostregulativ 
ausgearbeitet und in der Deutschen Vierteljahrsschrift für öffentliche 
Gesundheitspflege, XXV. Bd., 3. Heft, veröffentlicht. Von den 
klinischen Mittheilungen aus v. Ziemssen’s Klinik ist hervor¬ 
zuheben, dass die Untersuchungen von L. Friedrich die grossen 
Hoffnungen auf den therapeutischen Werth der Hypnose, 
dem manche Aerzte das Wort reden, nicht bestätigt haben. Er¬ 
fahrungen über Tuberkulin werden aus der Bauer’schen Klinik 
von L. Lindeman mitgetheilt. Einen therapeutischen Erfolg hat 
danach das Mittel nicht, und auch der diagnostische Werth des¬ 
selben hat sich als nicht genügend herausgestellt. Auch in der 
Posselt’schen Klinik hat sich 0. Schum mit diesem Gegenstände 
beschäftigt und gefunden, dass in einem Fall von Hodentuberkulose 
Heilung eingetreten sei. In einigen Fällen hat das Mittel vorüber¬ 
gehende Besserung bewirkt, ist aber in einer grösseren Anzahl 
von Fällen ohne bessernden Einfluss geblieben. — Im ganzen sind 
14 Aufsätze aus den Kliniken neben den Verwaltungsberichten und 
den Berichten über die ärztliche Thätigkeit in den städtischen 
Krankenhäusern links und rechts der Isar und in Schwabing im 
vorliegenden Werke enthalten. Aus den Mittheilungen A. Bollinger’s 
über die Leichenöffnungen im Pathologischen Institute geht hervor, 
dass in den drei Berichtsjahren 2324 Leichen, und zwar zu Zwecken 
des Unterrichts und der Prüfung jährlich 250 bis 259, secirt 
worden sind. _ 

n. Zeitschxiftenübersicht. 

14. 0/Taussig, Ueber Blutbefunde bei acuter 
Phosphorvergiftung. Arch. f. exper. Path. u. Pharm. Bd. 30, 
S. 161. 

Die von dem Verfasser unter der Aegide von v. Jaksch an- 
gestellten Versuche führten zu folgenden Ergebnissen. Phosphor 
bewirkt beim Menschen in toxischen Dosen eine transitorische Ver¬ 
mehrung der rothen Blutkörperchen ohne gleichzeitige Steigerung 
des Hämoglobingehaltes und eine wesentliche Verminderung der 
Leukocyten. Beim Kaninchen wird dagegen weder durch kleine 
noch durch letale Gaben Phosphor eine Vermehrung oder Verminderung 
der rothen Blutkörperchen und des Hämoglobingehaltes, aber eine 
deutliche Steigerung der Leukocytenzahl veranlasst. Und bei 
Hühnern bewirken letale Dosen Phosphor eine enorme Zerstörung 
der rothen Blutkörperchen und eine bedeutende Leukocytose. Es 
verhalten sich also alle drei Blutarten ganz verschieden gegen die 
Einwirkung des Phosphors, und man hat nicht das Recht, die Er¬ 
fahrungen, gewonnen bei der einen Blutart, direkt auf die andere, 
speciell auf das Menschenblut, zu übertragen. Leo (Bonn). 

15. R. v. Jaksch, Ein Fall von anscheinender Ver¬ 
giftung mit Benzosol. Berliner klinische Wochenschrift 1893, 
No. 9. 

Um die Angaben von Piqtkowski nachzuprüfen, dass nach 
dem Gebrauch von Benzosol bei Diabetikern der Zucker im Urin 
schwinde, erhielt eine diabetische Patientin täglich 2—3,0 Benzosol. 
Es stellte sich Diarrhoe, zunehmender Icterus und Herzschwäche 
ein, was zu dem Schluss führen musste, dass eine Toxikose vor¬ 
liege. Die möglichen endogenen Toxikosen, die diabetische, urämische 
und cholämische, Hessen sich ausschliessen. Von exogenen Toxi¬ 
kosen musste an Phosphorvergiftung gedacht werden, doch lag 
keinerlei Anhalt hierzu vor. Da sich im Harn eine enorme 
Steigerung der gepaarten Schwefelsäuren fand, ähnlich wie bei der 
Carboivergiftung, und im Körper selbst kein Process nachzuweisen 
war, der dies Verhalten veranlassen konnte, musste daran gedacht 
werden, dass von aussen her eine aromatische Verbindung dem 
Körper zugeführt sei, und es ist sehr wahrscheinlich, dass 
dieser Körper das Benzosol war. Auch die in der Leiche vor¬ 
handene acute Enteritis sprach hierfür. Wenn diese Erklärung 
auch zunächst nur eine Vermuthung ist, so mahnt sie doch beim 
Gebrauch des als ungiftig geltenden Benzosols zur Vorsicht. 

E. Sehrwald (Freiburg). 

16. Darbney, A contribution to the study of hepatic 
abscess. The American Journal of the medical Sciences 1893. 

Auf der Analyse von 108 in der Litteratur verzeichneten 
Fällen von Leberabscess beruhende Abhandlung, auf Grund deren 
der Verfasser zu folgenden Schlussresultaten gelangt. Leber- 
abscesse entstehen selten als Folge von Traumen oder Er¬ 
krankungen der Knochen resp. anderer Theile des Körpers, aus¬ 
genommen jener, welche in direktem Zusammenhang mit dem 
portalen Gefässsystem stehen oder unmittelbar der Leber anliegen. 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






70 


ITOÄßBMB. mn OßiiTSGHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 




Gosch würige Firnisse im Darm sind fee gewöhnliche Üifechevon ] 
LehrrfeveWu, «hm weder dm fenkhatUm Uammfeuiign» noch 
Ulfefeui EiwhtdHUtitfOH fed-die einer fefelfe Dysfeor?v 
wokrsehemih h . WIÜI11 HF liP.bf'rMtwmig-;' auf ByseiUnfe : 

auiMattfffen tetp fe tfetfe iüf der Ai)«nli?H von Aa&ffto» 

{}& gwtfhßlirhF ZmUd&s Auftrfe.na Vrt«;tefe^®fews6V *’hwunki 

«wi^ebefi vj*r bis Werden feh Bpgüm eftfe Dy&biAwfi- 
:iMt f»11«M. Wie lange Zeit nufe'ülfefefeer Dysfeofe versfrfefe 
muHs, h\H ■ it-ir? Gefahr e«m>s Lpbehii^i-eHse-5 rds ; ai^^iüo«^ 1^;, 
tcuohU-t -wmfen kann. ist. imtnegfieh ziw-ag ;en, IHe Von Üna 
Gaffe fe eh ^uifebeü.dcn .und die- mit Ver]mimten der Helfe 
febst im Umtsaliiexus slohoßcfe Leber a \feesfe sN , verbälrfesa 
mtis-oitf feien. ‘Kadi Traumen entsUmfee Effekt,«vungmi treten 
j/evvtVbittmlv schon wefege Tage fiaeli EiTrfekuug der V&rtoUwBfc''- 
in die t-fefefeiing. 1 ?rv YfeanUsepfeclier oder pyämischer Frncofe 
afefr entWicfeltfe Ifeerfeeefe ^iuO raHvfefeliof! ittmfe nmltipei 
fe von . geringem* ÄiHd’ejjfuxng, wftfend in mehr als der Tfjftftfc 
lUi libngfeEälie einer Mmmt eräug soltiKre und 
'groove Absfesu Vorliebe, ßioo Äufelnno bfevon ßifirhmi die 
«a f l hmumumfe in den Gal len wegen. wuekzaluh'-ofeu A ffe.e-- 
dfefeo tWr Leber, vvfeUo .meml. auch ifiultipe) sind. X)M* Nach- 
h-ujs von Eiter in der Leber durch Xh-obrpmfe hm gelingt idluög 
tticdif, weil ihr Nadel mitwedor mellt, eindringt oder der A-teoi'fs- 
dir k und flockig ife »m m die Nadel fezutrfen.. lfe 
Diagnose vor AdbHfefe-D um das erkiunlcie Organ ißt ausfer~ 
nrfetlieh schwierig, piilhafeunfefem Symjvnrme bfefe fei wir. j 
Unter de» huf das Hestete .fefeLfeniltfestes brnfeife den % mp- j‘ 
t.onnm sind Stiimmc-n, Schwellung der Ufer und interfeUuehfe 
Fieber die bei weitem -wfeligstoii G&bändit., ; AfetoS . weisen fast 

iumier auf die Gfemnvart von Ma-rlfe .Adhfe.imm oder- von Hälfe- 
•feir»<m hin. Häufig besieht .Hufem und Uysfefe f> ist zweife- 
huf(, oh spontane Atifhahgübi! «los. -AJiwes^nhalte von . bebnr- 
ahsesnfien sfathhat, Uin‘ohhrh^8 des Afeeßßhn ist ökht Hdten» 
die häufigste PmY.raiion isi die in einen Bnueduis oder den Fiemn- 
raum, Bef exspuctäUvmn YerhaHan tritt in nmer grossnu Zahl dur Falle 
«lerTudtdo- Thnrapeutmch verdienVatmgjohfge Ifioipion und iHainagu 
den Vorzug vor jeder andern HolminlUniir Din mnlnelti« Asjnnthor» 
den Eilrrs ist mm$t. ungenügend, ülmigon* ;nmht gefühllos. 

Fraeuliul (Hamburg! 

11 »T. Knitter, -Mi1 1 hnitu n g über FpnuIm s11\ n*1 igboit 
iind V-iruUrnzdahur derUonoduceon. -(Nimlubht.orshplnmgon• von 
Carl IpfcOu ) Mitibütluhg m der Bnetbm für goHehttiOm -Medirin 
auf dem 'elften iriteniationfibui Tjmdh;imm:]um Cungre.-s tu Kgm, 
hfi fofeftBisdjtm Instifufn der Onim-nftät ffrri/ (Vorstand 
l'iOfi Kratidr) Itiil Ipsert. Ad-iftfnt. am Institute, .-tül Verau-- 
lassung Kraithr^ aystemuH^diO Yorstieho darüber ftngesHdlF wie 
lange Zeit Hjt FUmkru mit nogei nrehnr.tnm gonoroeeuhhaHigem Seeret 
die Onnoeocren nnrjb siebet mH:ltgewin^-n. wmdön können und wir 
brmjm sin auf ü’rde.hmt Ob/pctun rinitejd hJeiben 

Uns ErgOmits dieser mühevollen i’atnisuuhuiigv»«, die nun 
Avnit über Jaimusfiist nusgndnlmt sind,, iyt foigeodos: 

1 Uot innrpbojogUA'be N at hweis der (lonoroeiw uunltrii, 
FleuW; isi -uneh Tagen Wochen, ^fonüthn tiyd selbst nynh irmbr 
41V pnuf-m Jahre noolt völlig sicher ?.n erlmiigrri, indtun lucbf 
nur dje. Form iiDjl Fiirhbaahbit efi^ifhiv. blidbt^ hchrdorb JtUtli die 
für die Uinguose am'whiaggebvudr inttüeeiiubro Einlagentng fort- 
besteht- -Nur dor 'Kmt der Eitcr^cllcjv erst.heilrl Ivlmh«.^, er ist 
gcuebuimjift. 

% Bübor idt es nicbf gehmgeiu hUb 'sob hem uhgoffockooten 
Feevet Koiaeu 1 tüten zu v,\\cA\iinr. -cs siheint daher Hie Viruleua 
dpi* Hoitoeorren aursurhulb des »bgaoismus frühzeitig xu erhUcheB, 
IjotJi mügs^m bevi.r ofit oiidgiltigfjs Urtiieij niöglieh ist. biernboi 
noch weitere Yersugite nngnUolif w. rihn. 

Ihn Wichtigkeit die,* er . tu<t‘ormo'bu'ngvu liinlit • nur für die 
mretmint lm ^kdAoin, stuuhmn -junh für die- Uerumtöfogio und Pädiatrie.' 
ist nusser Fif^m nnnüeve sith nur der in ihren udusahm Bo-' 

zie-hungen oft ttngoklhrtpn Scit.ehie.n-ith.üihrnM<»t>.i» junger ..MUittbeh, ’ 
die wohl nicht .weiten yui' FehaotäUrnfut^ }:^;.ovyn wuttlen 

. ÄÄ n ^ 0 * '^ ur ^ <J i? ° 1 • >«i d de r ü a s u 1» 1 eg in o n o. F 0 ri. 9 r.hrif (0 
;.d6t.Mwbein Nh. 14. ; ' 

• •ßno'go. yernudirt di« (Vmisiih »3or Husphrnguume. durch Bö?• hrtbImi !e 


coli von der Crenu uni nu> fcur GasiiitFgrauiw' tviinlc, Mobntor -.- 

ÜArt Fvftf fitf.p. tkel dfyP t«U«1 . . 


dm. BUutveblnulWv sh-tifomf Eob) A. Boitm v Ih /IbcbF 

19. II Stern, Urbar Uesinreetino lies Datnu*:,,,i,. 

ZmiM-hnfi für Hygiene, 12, ibmd. 

Tm sügtuiHrelehnji Wirkungen der Antisepsis auf tEm GH.iva 
der Chirurgie und der Ge.burtshülfe und die Fjut.li der n-i« ;. 
fauido>ndei' Uebiiiiet^ionsmiftei: machen <.* erWlirUeh. dass aucii.F 
innere Medici» die Kmnkhetorreger rturoi) bjftpjp Antir^ .- 
xoigieb'b %ü bekämpfen boftbii dürft», Näinenllioj! dir iu-Fütui.. 
dos Darmeanals srsohirii hier ais wichtiges uad zn EiFnöt^bk- 
joc'htigrndi»s Arbeitsgebiet, Speejell hat Boirchani dh i^häuit^ 
Hos ];>sirhVF(utais mit einer Kelim Hel- bim nur in ll^ttnvnt 
sßh.W-erFös] icheu Mittel g»*pHift, nümbcH mit NsrhtetNüpH.iiu 
Salol mnl Jodoform. Et stellte zuerst die eöt.'winkyhnigthcm^M 
Dotis nur Mittel für Bacilleiirultnreii fest und. emitt?ik 
Wbbdm Dosis hm Thiefeii toxische Ei'si'hmnuagen lnirvorri?t i 
bfdftix tjatb vnmn «ich Uiö berochiiete. für den Darmioludt i;rffM4< 
liehe DcsinDcÜunsdosis .unterhalb der b-xisthen Dc^F juck <: 
Hem bctrcßcndcii 'Mittel eiue llaraiucsioieetioa prattiwk so 4 f; 0 'v r 
zu können. l>'i{] 0 i‘ sieben diesen Schlusßfcügerunu^n di*' Tim*-.• 
entgeginr, dass die verschiedenen. Mi Uni bei den abutalöö); fföu 
vorskhiedmi wirken und sibli dm fur Kunineben erjpröl^ten Mt rc: 
ftk ; hi einfach auf den Mnnsnheii urnrndlitien lassen, c|^ aa(bn> 
SÄ die sbhweiTöblictoih Antiaoptlra mir von. der Zeit ‘iby 
Liisung bis vor Kesorption wirksam 4mb während aadm-is«! 
der .Dimninlwlt keiuo gtebdibloihcmic Masse hüdet. sondern d:v * 
Abo.mHim-img und Auisuugung einem Hvtcc Werliseb unkrliw f : 

Houohin d häi ihr deii Tyjdiu« »i»ß. corapliciö« imesl; ■ ■ 
itht.igcptiSclif; UehandUmgHjjjethode ftraHemmü uomplnt! jmigeitdu. 
feh ßiud ferre gn Typhuskrankon cmelten Resuiiam i'F- 
günstiger als die luiderswa ohne solche Behaadhtug mh^ : 
folge. Die Unzulänglichkeit des von seiner icuei liehen aiiti^ru-- 
: Belmnrilung mMrm Schutzes erhellt uns der BMuetag >e’ 
Von ileit -mit Onlmuol und Naphtalin Hfbafeiten Typbiitaw 
mehrere au Cboiera erkrankten. . , 

Bucksdorff hat vor einigen Jahren iru Archiv na U-.' 
eine expcnmeutelb? Arbeit vorbÜeutlicH. iu wclelnw cv de \Uf. 
von Arznei- imd Nahrungsmitteln auf den heiiogHait uo ■• 
geprüft and . dabei emo erhehiielio Yerriugehio^ der kwiht »-. 
Uonuss storillsirter Kahrung., Munin., Napitiabu u*ui 
:Ä imte, im 'Beweiskraft sbiimr Ubt^uclnu^a^^ 
si}h^ 0 hh durch iic ErwBglihg der 
sich der Gowixmife gleieiimHsYgw- Vmhimiuöp «ct 
iuitgegeüstellim, und durch die Beohncteng vSturn ^ ’ - 

b4 'gioicbmäHSigm; '.Ernährung Sch^ikimgni ;^ *•.• • 

geiuui,s m verfehl bdctien Stell ca desselben kothe« vor ,'° l, V 
Bntwir«. ilmi liösuftattm Sh cts-dof «'s;,welOi'Jr U,,i.-1'.wi. 
Nalwme slhcm 24 Stunden wn.. vriwldi.^ ; 

KHiüüabS .Iw Fa./<s gM'uiKim i»«*- ffvUUib 
bei einem niif eine gfeize W’ufe ausgedehnter* . u ?r ,; 

.fei Ifeenfeiifeii.rfe - Das. Yö» Buucanrd - aL ^, W.' ,V 
feiußviens empfohlcim ^-NapUtol hrm-hUi unha* 
braufe keine erkennbare Abnahme der Ntimzanl / .--« 
Thymol und Calomel ergaben ncgaUvc h’^ il « *' ^ ,.- 

haue rme-h Fürbrurgar 5* n ^W.^ 

CafötBölgebrniich eine <o hcbiFhe ivcmucrun-ua.-ic^ -• ( 
köunon ‘ Bei den gonatmten und aferon < ■ U ^ , 

ri-iifiriomio ßwlMiWüi/ dm V«;*;* ^ '.'„U,.,,, 

gelegt, während dus ftorfewicht am 1 f D v ; ],,,• = 

•im Dynucamd etwa vorhandenen parhogeutf > , *, ,, 

Audi die in den 1Ä Jahren zur ^t*-, 

von Dcdub-cHonsmUtdii im Vmu^vM t a ^;' * , {if)i ^ 

M'dhoib*. welche sich mch Btuunann h bm ( , 

Aiützte, dass Tiiiter nmUiulen Vorhädinfesen Dj. F-F 

von Anfher wSdUvfcieiüäurou. crsohciß»>nfe . < <} . pa^dv 

Fheiiol., Indol, Seatob p-^^ ( d ausscll 
cntdÄiiimon Aiinl ihre disoiu^ ^ ^ 


r^V ^ Vf J pMOHr* .IH.UH. 4-1 ii BgO ': mOU* Wie Hl. 0011 

ißw n r ‘ Rg f r H«' 1 E.hi’Uiii), E. Fr^ükrl- Ern'st daec m dev 
gdiwg ,rs Ilicht, iin Tliiejwd’jflichb die ö^hiblujig 

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j r’Vi». ■*&&&*■ Zutritt dey Baetörium 



iilUlriiss bo.öützt wOrdbA ktmtn Ist 


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«tfeidtmg der Äetfe-ScliWV’fülsauron 5m t * i jj^ fenu« 
dmgongnn der DanurfesorpHmi verseht*? *> ^ fdm>k ■' 

. dürfte auch die von Byumann bmm - öo;; 

• stötife AVirküng fe-, Culomeis wrifffl WItfioug-^' 

golrwefeleanren) wetiigciv-anf eine fe, ‘ 

die UabmentlpcriiugfeD f b 

Mfe'üjfe erwies skdi Calofe obm* ^ tu . . ‘ iff 

AusKidmidnfeproc^s der ^ p ; , 

bewirktI?. eine vorobevgohonde ^ fD; u irwU' ' ‘^‘F 

aroinatisoben Reihe angebürigen 1'*•'Y'* |-^ w »hc - ^ 

Mittel, wie NapMin, (l^V^h ^ u -. 






11. October. 


LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


71 


Weise nicht geprüft werden, da sie theilweise selbst mit Schwefel¬ 
säure gepaart durch den Harn ausgeschieden werden. 

Der Frage nach der etwaigen Abtödtung pathogener Keime 
innerhalb des Darmcanals unter dem Einflüsse antiseptischer Mittel 
hat Stern nun unter Benutzung eines bestimmten leicht nach¬ 
weisbaren Saprophyten, des Prodigiosus, näherzutreten sich be¬ 
müht. Hierbei stellte sich zunächst heraus, dass der der Nahrung 
beigemischte Prodigiosus in den Stühlen nie länger als höchstens 
30 Stunden nach der Einführung mit der Nahrung nachweisbar 
war. In seinem Verhalten gegenüber dem Magensaft, geprüft an 
schwachen Salzsäurelösungen unter wechselndem Pepsingehalt, 
zeigte er sich nicht so empfindlich wie der Cholerabacillus, aber 
weniger widerstandsfähig als der Typhusbacillus. 

Stern stellte nun zwei Reihen von Versuchen an; in der 
einen wurde kurz nach der Einführung des Prodigiosus mit der 
Darreichung der Antisoptica begonnen, entsprechend dem Vorgehen 
als ob man eine Infeetionskrankheit coupiren oder heilen wolle; 
in der anderen Reihe wurde das antiseptische Mittel schon einige 
Tage vorher dauernd gegeben, und nach Verabreichung des Prodi¬ 
giosus mit der Medication fortgefahren. Die Versuche wurden 
theils an Personen mit annähernd normaler Verdauung angestellt, 
denen dabei eine reichliche gemischte Kost gegeben wurde, theils 
handelte es sich um Kranke mit fieberhaftem oder chronischem 
Darmkatarrh und um drei Typhusfälle. Es wurden angewandt 
Calomel, Salol, Naphtalin, /?-Naphtol und Campher. In allen 
Fällen beider Versuchsreihen wurden in den, während der Ein¬ 
wirkung der bezeichneten Mittel entleerten Stühlen zahlreiche 
Prodigiosuskeime aufgefunden. 0. Riedel (Lübeck). 

20. M. Einhorn, Weitere Erfahrungen über die direkte 
Elektrisation des Magens. Zeitschr. f. klin. Med. XXIII, 
1893, 369—384. 

Faradisation des Mageninnern mittels verschluckbarer Elek¬ 
troden steigert auch noch einige Zeit nachher die Absonderung der 
Salzsäure. Unmittelbar nach Faradisation oder Galvanisation des 
Magens ist die Resorption (von JK) erheblich beschleunigt. Thera¬ 
peutisch zeigte sich die Faradisation besonders nützlich bei Magen¬ 
dilatation, Atonie der Cardia und des Pylorus und Gastritis chronica 
glandularis. DieGastrogalvanisation (negativer Pol im Magen bei einer 
Stromstärke von 15—20 Milliamperes) erwies sich als ein beinahe 
souveränes Mittel gegen hartnäckige Gastralgieen nervöser Natur 
oder infolge von Ulcusnarbeu. Bei gleichzeitigen Herzaffectionen 
Hess sich mehrfach auch zugleich auf diese ein günstiger Einfluss 
feststellen. E. Sehrwald (Freiburg). 

21. H. Fischer, Casuistischer Beitrag zur Behandlung der 
Osteomalacie. Prager med. Wochenschr. 1894, No. 33. 

Die in jüngster Zeit wiederholt gemachte Beobachtung, dass die 
Osteomalacie einer medicamentüsen Behandlung nicht unzugängig sei, ist 
Fischer imstande durch ein einschlägiges Beispiel zu belegen. 

Eine Multipara, deren erste Wochenbetten völlig normal verlaufen 
waren, bekam 14 Tage vor dem dritten Schwangerschaftsendo heftige 
Knochenschmerzen in den Oberschenkeln und in der Beckengegend, die 
einige Zeit nach der Geburt verschwanden, um bei jeder folgenden 
Schwangerschaft mit verstärkter In- und Extensität wieder hervorzutreten; 
zwei Jahre nach der letzten Gravidität setzten sie im Anschluss an eine 
profuse Gebärmutterblutung von neuem ein. Neben leichten Verbiegungen 
und Veränderungen der oberflächlich gelegenen Knochen und einer aus¬ 
gesprochenen Druckempfindlichkeit des gesummten Knochensystems Hessen 
sich am Becken ganz charakteristische Deformitäten nachweisen, nämlich 
eine Kartenherzform des Beckeneingangs, ein schnabelförmiges Vorspringen 
der Symphyse, eine hochgradige Verengerung des Beckenausgangs be¬ 
sonders im Querdurchmesser, endlich eine spitzwinklige Vereinigung der 
absteigenden Schambeinilste. 

Die Medication bestand in der Darreichung von Phosphorleber- 
thran (0,03 :100) und Steinsalzbftdern. Unter dem consequenten Gebrauch 
dieser Mittel besserte sich der Zustand der Patientin derartig, dass schon 
nach zwei Monaten die Schmerzen erträglich wurden und allmählich voll¬ 
kommen verschwanden; auch bei einer erneuten Schwangerschaft sind sie 
nicht mehr recidivirt. 

Auf Grund dieser Beobachtung, der einige Analoga aus der neuesten 
Litteratur zur Seite stehen, hält es Fischer für geboten, unter allen 
Umständen die Beeinflussung der osteomalacischen Dyskrasie erst auf 
medicamentösem Wege zu versuchen, bevor man sich zur Castration oder 
zur Totalexstirpation des Uterus entschHesst. Freyhan (Berlin). 

22. Weller van Hook, The surgery of ureters; a clini- 
cal, literary and experimental research. Vortrag in der 
44. Jahresversammlung der American medical Association, Juni 

1893. 

23. Kelly, Uretero-ureteral anastomosis — uretero- 
ureterostomie. Annals of surgery, Vol. XIX, No. 1, Januar, 

1894. . .* 

Mit Benutzung der bekannt gewordenen Litteratur und eigener 

Versuche bespricht Hook ausführlich die anatomischen, physio¬ 
logischen und pathologischen Verhältnisse der Ureterverletzungen. 
Aus dem reichhaltigen Vortrage kann nur einiges angeführt wer¬ 


den. Bei Längswunden des Ureters ist die direkte Naht empfehlens- 
werth; ebenso wenn eine Querwunde nur ein Drittel des Umfanges 
betrifft; bei völligen Durchtrennungen ist das Einheilen des cen¬ 
tralen Endes in den Darm etc. zu verwerfen, dagegen das Kü st er¬ 
sehe und Rydygier’sche Verfahren beachtenswerth. Am meisten 
empfiehlt Hook seine eigene Methode, welche darin besteht, dass 
der periphere Stumpf durch eine Ligatur geschlossen wird, worauf 
etwas unterhalb derselben ein Längsschnitt im Ureter gemacht 
wird. In diesen Schlitz wird das offene centrale Ende herein¬ 
gezogen und durch Seidennähte befestigt; die Einheilung erfolgt 
nach Wunsch. Befindet sich die Verletzung dicht an der Blase 
und ist zugleich ein Stück Ureter verloren gegangen, so löst 
Hook das Peritoneum von der Seitenfläche der Blase ab (eine 
Symphyseotomie ist dazu in der Regel nicht nöthig), bildet aus 
der Dicke der seitlichen Blasenwand einen Lappen, stellt so ein 
künstliches Divertikel der Blase her und verbindet mit demselben 
den oberen Ureterstumpf; Drainage. Beide Operationen müssen 
extraperitoneal gemacht werden. Einige, zum Theil leider recht 
undeutliche Abbildungen sind der Abhandlung beigefügt. 

Kelly hat die erstgenannte Methode, d. h. die seitliche Ein¬ 
pflanzung des oberen Endes des durchschnittenen Ureters in das 
untere, bei einer Frau ausgeführt, bei der wegen eines riesigen 
Myoms die supravaginale Amputation des Uterus gemacht wurde. 
Der sehr erweiterte rechte Ureter war dabei irrthümlich durch¬ 
schnitten worden. Die Verbindung der getrennten Harnleiter¬ 
stümpfe gelang gut, und die Patientin wurde völlig geheilt. Sche¬ 
matische Abbildungen erläutern die Methode in klarer Weise. 
Hinzugefügt ist noch die kurze Beschreibung eines anatomischen 
Präparates, das Dr. Bloodgood von einem Hunde gewonnen hat, 
dem Bloodgood den rechten Ureter versuchsweise durchschnitten 
und in genannter Weise wieder vereinigt hatte. Man sieht die 
völlige Wiederherstellung der Verbindung zwischen oberem und 
unterem Abschnitt des Ureters. Der letztere zeigt ein kleines 
Divertikel, dem zugebundenen unteren Stumpfe entsprechend. 

A. Bidder (Berlin). 

24. Bociartski, Ein Fall einer bis jetzt nicht beobachteten 
Doppelfrucht (Gastrodydymus bismasculinus). Nowiny lekars- 
kie, Juni 1893. 

Eine 30jährige Frau aus Bessarabien, welche während zehn Jahren 
zehn Kinder glücklich geboren hatte, brachte ein Geschöpf zur Welt, 
dessen äusserer Bau folgender war: zwei Köpfe ruhen auf je einer bis 
zum letzten Brustwirbel gedoppelten Wirbelsäule. Die Wirbelsäule ist 
mit den Lendenwirbeln in der Form eines Y verwachsen; vier Schulter¬ 
blätter und vier Schlüsselbeine, zwei Brustbeine. Die rechte Brustseite 
des einen Kindes und die linke des zweiten sind regelrecht entwickelt, 
während die zwei zusammenfliessenden eine Brusthöhle bilden. Die Go- 
schlechtsthoile sind doppelt, beide männlich; Penis, Scrotum und 
Testicula gut entwickelt. Die einen befinden sich bei der Schamfuge, die 
anderen an der Stelle der Afteröffnung, welche letztere sich rechts neben den 
Geschlechtstheilen befindet. Ein Paar unterer Extremitäten. Der innere 
Bau: In der rechten und linken Brusthälfte ist je eine Lunge; die ge¬ 
meinsame Brusthöhle enthält 1) iu der Claviculo-sternal-Ecke einen Lungen¬ 
rest, welcher von der übrigen Lunge durch das Zwerchfell getrennt ist; 
2) eine Lunge aus fünf Lappen bestehend, welche bedeutend grösser sind 
als normal; 3) ein normal grosses Herz, beiden Körpern gemeinsam. 
Dicht unter dem Herzen und der fünflappigen Lunge ist eine sehr grosse 
Leber. Nieren, Magen, Därme und Blase wie bei einem gut entwickelten 
Neugeborenen, einfach. Von der Blase geht zu jedem Penis eine besondere 
Harnröhre. 

Als Entstehungsursache der besonderen Missbildung wird ange¬ 
führt, dass die Mutter in den ersten Tagen der Schwangerschaft von einer 
Frau, mit deren Mann sie ein Verhältniss hatte, durch folgende Worte in 
Schrecken gesetzt worden sein sollte: „Das, was Du unter dem Herzen 
trägst, soll mit zwei Köpfen zur Welt kommen“. Die Mutter soll 
während der ganzen Schwangerschaftszeit an obigen Ausruf gedacht haben. 

Wröblewski (Buk). 

25. R. Länderer, Ein Adenocarcinom des Corpus uteri. Aus 
der Königlichen Universitäts-Frauenklinik zu Würzburg. Zeitschrift für 
Geburtshülfe und Gynäkologie Bd. XXV, Heft 1. 

Der veröffentlichte Fall bietet sowohl in kUnisch-diagnostischer als 
in pathologisch - anatomischer Hinsicht ein hohes Interesse dar. Die 
48jährige Patientin befand sich schon nahezu ein Jahr in klinischer Be¬ 
obachtung und wurde auf Grund ihrer Gebärmutterblutungen zweimal 
einer Abrasio unterzogen. Die jedesmal vorgenommene mikroskopische 
Untersuchung der entfernten Massen ergab das Vorhandensein einer zu¬ 
erstmehr hypertrophischen, später mehr hyperplastischen Form der glandu¬ 
lären Endometritis. Da die Blutungen kurz nach der Ausschabung immer 
wiederkehrten, entschloss man sich in Anbetracht des fortschreitenden Ver¬ 
falles der Kräfte zur Totalexstirpation des Uterus. An dem erwähnten Organ 
gelang es der mikroskopischen Untersuchung, die carcinomatöse Erkrankung 
des Corpus mit Metastasenbildung in der Wandung nachzuweisen. Im 
Gegensatz zu dem gewöhnlichen Befund, dass das Carcmom m breitem 
Zuge die Muskulatur ergreift, findet sich hier ein tieferes Einbrechen an 
zerstreut Hegenden Punkten seiner Peripherie. So bietet der makro¬ 
skopische Durchschnitt des Uterus das Bild scheinbar getrennter Meta¬ 
stasen dar, deren direkten Zusammenhang mit der Schleimhauterkrankung 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 






72 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 1 


durch Serienschnitte mikroskopisch zu beweisen gelang. Die Schilderung 
der mikroskopischen Präparate, sei es der curettirten Massen, sei es des 
entfernten Organes werden durch treffende Abbildungen erläutert. In dem 
zweiten allgemeinen Theil seiner interessanten Arbeit hebt Verfasser noch 
einzelne wichtige Punkte bezüglich der Fortentwickelung des Carcinomes, 
sowie der Diagnostik desselben hervor. C. Keller (Berlin). 

26. E. Lang, Neue Behelfe zur Diagnose und Therapie 
von Urethralerkrankungen. Wiener med. Wochenschr. 1894, 

No. 26. __ 

Zur endoskopischen Untersuchung und Behandlung der Harn¬ 
röhre hatte Verfasser bereits früher einen Beleuchtungstrichter 
empfohlen. Er hat diesen Apparat jetzt derart verbessert, dass 
derselbe eine gründliche Desinfection zulässt. Weiter empfiehlt er 
ein neues Instrument speciell zur Behandlung venerischer Papillome 
in der Harnröhre und benennt dasselbe „Endoskop-Kauter.“ 

27. Stanziale, Ueber intestinale Syphilis. Gazetta degli 
ospedali, 20. Febr. 1894. 

Es handelte sich um eine diffuse Granulationszellenwucherung 
der Submucosa und Mucosa des Dünndarmes. An einzelnen Stellen 
war es zur Nekrose gekommen, welche mehr oder weniger tief in 
das Gewebe hineinging, ohne aber die Muscularis zu erreichen. 
Die Blutgefässe zeigten Veränderungen ähnlich dem durch die 
Syphilis hervorgerufenen Processe, wie ihn Heubner geschildert 
hat. Hieraus, sowie aus dem Charakter gummöser Ulcerationen, 
schliesst auch Verfasser auf eine Abhängigkeit der Affection von 
Lues, trotzdem in der Anamnese die Infection fehlt und auch 
sonst am Körper keine Zeichen von Syphilis zu constatiren waren. 

Joseph (Berlin). 

28. A. M. Fernandez de Ybarra, The wounds of the Man- 
licher magazine rifle as exemplified in the recent civil war 
in Chili. International med. Magazine. 1894. 

Dr. de Ybarra hat, wie schon mehrere vor ihm, auf dem ersten 
panamerikanischen medicinischen Congress zu Washington vom 5. bis 
8 . September 1893 in der Section für Militärsanitäts wesen einen Vortrag 
über die von dem kleinkalibrigen Mannlichergewehr im chilenischen Bürger¬ 
kriege gesetzten Verwundungen gehalten. 

Die Einleitung zu diesem Vortrag ist sehr umfangreich. Sie ver¬ 
breitet sich über alle modernen, von den eine politische Rolle spielenden 
Staaten angenommenen Gewehrmodelle, deren Öonstruction, Gewicht, wie 
auch dasjenige der Patronen und der Kugel erörternd. Nach diesem den 
Mediciner im allgemeinen nicht sonderlich interessirenden Abriss der 
Waffenkunde belehrt uns de Ybarra über den Verlauf des chilenischen 
Bürgerkrieges. Jedes Regimont wird gewissenhaft aufgeführt, jede 
Schlacht kritisch beleuchtet. Auf der 10. Seite der 12 Seiten langen 
Arbeit kommt de Ybarra dann zu den durch das kleinkalibrige Mann¬ 
lichergewehr bewirkten Verwundungen. Weichtheilschüsse stellten einen 
cylindrischen Canal dar, der fast genau den Durchmesser der Kugel 
hatte. Ein Unterschied in der Grösse des Ein- und Ausschusses lag nicht 
vor; der eine heilte so schnell wie der andere, während, nach de 
Ybarra, die durch das alte Weichbleigeschoss verursachten Ausschuss- 
Öffnungen erst in späterer Zeit sich schlossen, als die Einschussöffnungen. 
Schüsse durch die Diaphysen langer Röhrenknochen sollen sehr oft 
Canäle zur Folge gehabt haben, die aussahen wie mit einer Bohrmaschine 
oder einem Locheisen ausgeschlagen. In der Epiphyse waren Fissuren 
die Regel; doch wurden auch Lochschüsse beobachtet, die in 10 Tagen 
prima intentione heilten. Besonders auffällig war es für de Ybarra, 
dass die penetrirenden Brustwunden, deren Mortalität er beim alten Weich¬ 
blei auf 90% schätzt, „kaum irgend eine“ complicirende Erkrankung der 
Brustorgane zur Folge hatten. 

Die Blutungen infolge der Schusswunden sollen im chilenischen Kriege 
immer nur leichte gewesen sein, da, wie der Autor meint, der enge 
Schusscanal nach dem Durchpassiren des Geschosses sich immer gleich 
wieder fest zusammenzog. 

Nach einigen aphoristischen klinischen Daten — Ybarra erzählt 
von fünf Exarticulationen mit zwei Todesfällen und von 25 Resectionen 
mit sechs Todesfällen meist infolge von Hospitalbrand — stellt derselbe 
den günstigen Erfahrungen mit den Mannlichergeschossen eine Stelle aus 
einem Bericht über die Verwundungen in einer Schlacht amerikanischer 
Soldaten gegen die Siouxindianer entgegen, die folgendermaassen lautet: 
Die Wunden der Geschosse aus den Springfield- und Winchestergewehren 
waren buchtig und unregelmässig, der Ausschuss häufig grösser als der 
Einschuss. Kleiderfetzen, Splitter und Bleistücke in den Wunden waren 
oft die Ursache langdauernder Eiterung, die dann wieder secundäre Ope¬ 
rationen nothwendig machte. Zum Schluss des Artikels wird wieder ein¬ 
mal die humane Wirkung des kleinkalibrigen Gewehrs betont. 

Die Resultate dieses amerikanischen Berichts sind nicht ohne weiteres 
wissenschaftlich zu verwerthen, da über die Entfernung, aus welcher jene 
Schüsse abgegeben wurden, nichts bekannt wurde. Ausserdem sind die 
Urtheile zu allgemein, wissenschaftliche Probleme, wie hydraulische Pres- 
sun g» gar nicht berührt. Schliesslich stehen die meisten der wenigen 
angeführten Thatsachen mit den gerade in Berlin gewonnenen Erfahrungen 
derart in Widerspruch, dass man dieselben nicht ohne eine gewisse Vor¬ 
sicht aufzunehmen imstande sein wird. Schum bürg (Berlin). 


in. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke n. g. w. Akade¬ 
misches Taschenbuch für Mediciner. Wintersemester 1894/18aj. 
Achte Bearbeitung. Zusammengestellt unter Benutzung amtlicher Quellen 
und handschriftlicher Mittheilungen. Leipzig, Georg Thieme, 1891. 188 8 . 

Index medicus. A monthly classified record of the current medical 
literature of the world. Compiled under the supervision of Dr. J. S. 
Billings und Dr. R. Fletcher. Vol. XVI, No. 8 , August 1894. 

F. Bachmann, Was ist Krankheit und wie heilen wir? Ham¬ 
burg, Gebr. Lüdeking, 1894. 38 S. 

Th. Franke, Die Entwickelungsgeschichte des sittlichen 
Gefühls und die Pädagogik. Sammlung pädagogischer Yort%. 
VII. Bd., 5. Heft. Bielefeld, A. Helmich’s Buchhandlung. 25 S„ 0,50 M. 

Resoconto clinico - statistico delTospedale S. Andrea 
Apostolo nell anno 1893. Genova, Tipografia die Gio. Butta Carlini. 
1894. 331 S. 4°. 

The Johns Hopkins Hospital Reports. Report in Neurologv li. 
Baltimore, The Johns Hopkins Press, 1894. 

Vierter Bericht über W. Schröter’s Unterrichts- und Er¬ 
ziehunganstalt für geistig zurückgebliebene Kinder in Dresden- 
Neustadt. Selbstverlag der Anstalt. 51 S. 

Jac. Molesehott, Für meine Freunde. Lebenserinnenmg<n. 
Giessen, Emil Roth, 1895. 326 S., 6,50 M. 

Innere Medlcin. A. Daiber, Chemie und Mikroskopie d. - 
Harnes. Jena, Gustav Fischer, 1894. 122 S. mit 32 Abbildungen. 2.50 M 
Kinderheilkunde. P. Baumm (unter Mitwirkung von R. Hin er. 
Die Frauenmilch, deren Veränderlichkeit und Einfluss auf di» 
Säuglingsernährung. Sammlung klinischer Vorträge No. 105. Leipzig. 
Breitkopf & Härtel, 1894. 0#5 M. 

Klimatologie und Balneologie. R. Hausmann, Die neu; 
traubencur. Mit Rücksicht auf Erfahrungen in Meran, V. Anflaiv 
Meran, F. Plant, 1894. 50 S. . 

. H. Heinzeimann, Gardone Riviera am Gardasee. Mit einem 
naturwissenschaftlichen Beitrag von OberbergdirectorProf. Dr. v. Göm.-.i. 
München, J. F. Lehmann, 1895. 68 S., 1,50 M. . 

Krankenpflege. Hospitals, Dispensaries and hursing. 
and discussions in the international congress of charities, correction and 
philanthropy, Chicago, June 12. bis 17.1893. Editedby John S. Bill n^. 
M. D. and Henry M. Hurd, M. D. Baltimore, The Johns Hopkins In-, 

1894 719 S 

Thomas M.Dolan, Our State Hospitals, theirconstruction. 
management and Organization. Leicester, John Richardson i 

1894 Nem-ologie nnVpsyclilatrle. L. Edingor, Ein» ?«»• Th< f‘; 

über die Ursachen einiger Nervenkrankheiten.jjj. 
der Neuritis und der Tabes. Sammlung klinischer \orträge M l 
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 0,75 M. ... ma ladi* 

R Verhoogen et P. Vandervelde, La syringomyehe, 
familiale. Extrait des Annales publides par laSocieti ro )^ • 

mödicales et naturelles de Bruxelles, tome III, 18 • 

Lam F Ü Maack? Heimweh und Verbrechen. Ein Beitrag 

gesetzbuch. Leipzig, Bacmeister, 1894. 35 b., U,o • „ nc tionen 
Ohrenheilkunde. St. v Stein Die Lehren von den FuncUo ^ 
der einzelnen Theile des Ohrlabyrinths. ^394 697 S. 

übersetzt von Dr. C. v. Krzywicki. Jena, Gust. Fischer, iw. 

mit 190 Textabbildungen, 15,00 M. Mnhilisirung und 

Kessel, Ueber die vordere Tenotomie, Mo 34 s.. 

Extraction des Steigbügels. Jena, Gust. Fischer, 

0,80 Orthopädie. Die Grundzüge der Dr -. 6 h^“^"n* l enduii« 

mechanischen Gymnastikmethode evertin Hofrath «. f 

vier besonderen Darstellungen von Dr. "-L Stockholm. Känutl- 

Heiligenthal. Dr. G. Schütti unDr. G. Zander. Steckt»! 
Buchdruckerei P. A. Norstedt & Sühne, 1894. • E p C deII« 

Hautkrankheiten, bearbeitet von Dr. T. G. Unna- 
Hirschwald, 1894. . ... Qfudirende und Aerzte- 

C. Nauwerck, Sectionstechnik für onn M. 

II. Auflage. Jena, Gust. Fischer, 1894. lo9 * g ec tioustechiiJ 
H. Chiari, Pathologisch-anatomische^ ^ 28 H'h- 
Berlin, Fischer’s medicinische Buchhandlung (H. Komtem;, 

schnitte, 95 S. 3 M. v.naevmmetrie verursi''*' 

G. Pommer, Schädel- und Gehirnasjm etr^ 
durch ein Kephalhaematoma »ntemum. ^ » gche Universität- 
anatomischen Institut zu Innsbruck. Innsbru , 

Buchdruckerei, 1894. 54 S., 2 Tafeln. Vorträge üb er J rn L E 

Psychiatrie und Neurologie. F. Sc i’nr Gebildete jedes »t“*’ 

pflege. Für Pfleger und Pflegerinnen, someiOrti & 

fl. Auflage. Bremen, M. Heinsras Nachfolger, dorfe „ (,o. > 

Venerische Krankheiten. E- BuchhaD<U u ^ 

ische heirathen? Berlin, Fischers medicuuscn . 

Zahnersatz 


rhois 


Komfold), 1894. 24 S., 0,60 M. Zahners« 

Zahnheilkunde. Polscher, ^ e ’* f -JL n Zsiuitcchwi 
Aluminiumbasis, Neuheiten in der praktischen * 

Oppeln, Georg Maske, 1894. 20 S. 


I. He? 


Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W. 


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Donnerstag 


LITTEEATUR-BEILA6E 25 - 0ctober 

DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


INHALT. 


Böchsreohiii! 1. v. Pettenkofer und v. Ziemssen, Handbuch 
der Hygiene und der Gewerbekrankheiten. Ref. Al brecht. 

2. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene: 2. Lieferung: Stutzer, 
Nahrungs- und Genussmittel. Ref. Munk. — 7. Lieferung: Assmann, 
Das Klima. Sche 11 ong, Acclimatisation und Tropenhygiene. Ref. Beetz! 
— 9. Lieferung: Kr at schm er. Die Bekleidung. Ref. Maass. 

3. Hughes, Allgemeine Percussionslehre. Ref. Sehrwald. 

4. Debove und Kömond, Trait6 des maladies de l’estomac. Ref. 
Rosenheim. 

5. Biedert, Die Kinderernährung im Säuglingsalter und die Pflege 
von Mutter und Kind. Ref. Silber mann. 


6. v. Win ekel, Ueber die Erfolge der Castration bei der Osteo- 
malacie. Ref. Wiener. 

7. Wernicke, Grundriss der klinischen Psychiatrie in Vorlesungen. 
Ref. Eulenburg. 

8. Nitze, Kystophotographischer Atlas. Ref. Mendelsohn. 

9. Internationaler Atlas seltener Hautkrankheiten. Ref. Joseph. 

II. Xeltgcliiiftenfibersicht: Physiologie und physiologische 

Chemie: 10. Laves, Untersuchung des Fettes von Frauenmilch. 

Pharmakologie und Toxikologie: 11. Antal, Recherches ex¬ 
perimentales sur le traitement de l’intoxication aigue par le phosphore. — 
12. Hajnos, Zwei geheilte Fälle von acuter rhosphorvergiftung. — 


13. Erdös, Kalium hypermanganicum als Antidot bei acuter Phosphor¬ 
vergiftung. 

Pathologische Anatomie: 14. v. Recklinghausen, Ueber die 
Akromegalie. — 15. Arnold, Akromegalie, Pachyakrie oder Ostitis? — 
16. Marie und Marinesco, Sur l’anatomie pathologique de l’acrom^galie. 
— 17. Wolf, Ein Beitrag zur Pathologie der Hypophysis. — 18. Arnold, 
Weitere Beiträge zur Akromegaliefrage. 

Infectionskrankheiten: 19. Schuberg, Die parasitischen Amöben 
des menschlichen Darmes. 

Innere Medicin: 20. Schwalbe, Vergiftung (Autointoxication, 
Selbstvergiftung). — 21. Huguenin, Ueber Secundärinfection bei Lungen¬ 
tuberkulose. — 22. Aufrecht, Ueber einen Fall von primärer Frag¬ 
mentation des linken Ventrikels. — 23. Glax, Zur diätetischen Behand¬ 
lung chronischer Herzkrankheiten. 

Klimatologie und Balneologie: 24. Glax, Zur Klimatotherapie 
des Morbus Basedowii. 

Chirurgie: 25. Meyer und Haenel, Ein durch Castration erfolg¬ 
reich behandelter Fall von Prostatahypertrophie. 

Rhino - Laryngologie: 26. Hopmann, Ueber Messungen des 
Tiefendurchmessers der Nasenscheidewand bezw. des Nasenrachenraums. 

IH. Zur Recenslon ein gegangene Bücher« 


L Bücherschau. 

1. 7. Pettenkofer und 7. Ziemssen, Handbuch der Hygiene 
und der Gewerbekrankheiten. I. Theil, 2. Abth., 4. Heft: 
Emmerich und Recknagel, Die Wohnung. Leipzig, 
F. C. W. Vogel, 1894. 714 S., 16 M. Ref. Al brecht (Gross- 
. Lichterfelde). 

Mit dem vorliegenden Band findet ein gross angelegtes litte- 
rarisches Unternehmen seinen Abschluss, das, bei seinem Insleben- 
treten von allen Hygienikern mit Freuden begrüsst, so recht 
schlagend die Schicksale veranschaulicht, die mehr oder weniger 
allen derartigen zu gross angelegten Sammelwerken drohen. Die¬ 
jenigen, welche dem Werk die zwölf Jahre hindurch, die sein Er¬ 
scheinen gedauert hat, als Abnehmer treu geblieben sind, finden 
sich jetzt im Besitz einer Sammlung, von welcher ein grosser 
Theil der Bände inzwischen vollkommen veraltet und die trotz des 
Stempels der Vollendung, welchen ihr jetzt die Verlagsbuchhandlung 
äusserlich aufgedrückt hat, ein Torso geblieben ist. Am meisten 
ist dies zu bedauern mit Bezug auf den Abschnitt „Volkskrank¬ 
heiten“, der einfach von dem ursprünglichen Programm verschwunden 
ist. Wenn wir daher Herausgebern und Verleger nicht ganz den 
Vorwurf ersparen können, dass sie uns nicht gehalten haben, was 
sie den Abonnenten auf das Werk versprachen, so können wir von 
dem besonderen Bande, der heute unserer Beurtbeilung vorliegt, nur 
sagen, dass in Bezug auf denselben das „finis coronat opus“ voll 
in sein Recht tritt. Emmerich hat auf über 500 Seiten mit 
ausserordentlicher Gründlichkeit die Frage des Wohnungsbaues ab¬ 
gehandelt. In dem einleitenden Kapitel über Wahl des Bauplatzes 
und Baugrundes knüpft er an den vorausgehenden Band — Boden, 
von Prof. Soyka — an und theilt mit diesem den v. Petten- 
kofer’schen Standpunkt, der an den Baugrund eines Hauses An¬ 
forderungen stellt, die leider vielfach in der Praxis nicht die ihnen 
zweifellos zukommende Beachtung finden — auch nicht finden 
können, weil in den meisten Fällen die Wahl des Bauplatzes von 
anderen als hygienischen Gesichtspunkten getroffen werden muss. 
Um so wichtiger sind die nachträglich stets noch ausführbaren 
Entwässerungs- und Fundamentirungsanlagen, die in den beiden 
folgenden Kapiteln abgehandelt werden. Daran schliesst sich ein 
Kapitel, welches die Baumaterialien hauptsächlich nach ihrer Luft¬ 
durchgängigkeit, Wärmekapacität und Wärmeleitung und nach ihrer 
Festigkeit betrachtet. Im fünften Kapitel — Bau des Wohn¬ 
hauses —, das fast 200 Seiten umfasst, ist den Zwischendecken 
und ihrer Bedeutung als Brutstätte für Mikroorganismen ein be¬ 
sonders breiter Raum gewährt. In einem besonderen Kapitel werden 
sodann die Zersetzungserscheinungen und Pilzkrankheiten des 
Holzes eingehend gewürdigt. Es folgt je ein Kapitel über „Dach“ 
und „Treppen“, und in drei Kapiteln wird endlich die wichtige 
Frage der Abortanlage einer ebenso übersichtlichen wie gründlichen 
Erörterung unterzogen. Bei dem Kapitel „Abortlüftung“ wird 
Ingenieur Hermann Recknagel als Mitarbeiter genannt. Gerade 
bei diesen drei Kapiteln tritt ein besonderer Vorzug der Emmerich- 


schen Abhandlung in das hellste Licht, den wir übrigens auch in 
den anderen Abschnitten nicht vermissen: eine Darstellungsweise, 
die neben den wissenschaftlichen Grundanschauungen auch die 
Praxis zu ihrem vollen Rechte kommen lässt. — Anhangsweise 
werden alsdann noch in einem zwölften Kapitel die Mittel zur Be¬ 
stimmung der Feuchtigkeit von Neubauten und zur Austrocknung 
derselben besprochen. 

G. Recknagel, dessen Arbeiten auf dem hier von ihm über¬ 
nommenen Specialgebiete zu den rühmlichst bekannten gehören, 
hat den zweiten Theil des Werkes „Lüftung des Hauses“ geliefert. 
Sein Beitrag stellt eine Abhandlung von ebenso gediegener Wissen¬ 
schaftlichkeit wie Klarheit der Darstellungsweise dar. Selbst der¬ 
jenige, der weniger gewohnt ist, mit mathematischen Formeln zu 
operiren, wird sich an der Hand dieser Darstellung leicht in den 
Berechnungen, durch welche der Verfasser im ersten Abschnitte 
den Ventilationsbedarf der Wohnräume feststellt, zurechtfinden. 
Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den Gesetzen, nach 
welchen die Luftbewegung in Gebäuden vor sich geht; der natür¬ 
lichen Ventilation ist der dritte, der künstlichen der vierte Ab¬ 
schnitt gewidmet. 

Die Ausstattung des Werkes ist die bekannte gute der früheren 
Bände. Die zahlreichen Textfiguren genügen billigen Ansprüchen. 
Ein ausgezeichnetes Sachregister erleichtert das Nachschlagen. 


2. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene. Jena, Gust. Fischer, 1894. 

2. Lieferung: A. Stutzer, Nahrungs- und Genuss¬ 
mittel. Ref. I. Munk (Berlin). 

Diese in dem rüstig fortschreitenden Weyl’schen Handbuche 
der Hygiene gelieferte Darstellung der gebräuchlichen Nahrungs¬ 
und Genussmittel unterscheidet sich von den in ziemlicher Zahl 
vorliegenden Abhandlungen über Nahrungsmittel dadurch, dass 
Verfasser, indem er beim Leser die Kenntniss der Nährstoffe in 
chemischer und physiologischer Beziehung voraussetzt, sofort in 
die Erörterung der einzelnen Nahrungsmittel eintritt; damit meint 
Verfasser sich den praktischen Bedürfnissen am ehesten anzupassen. 
Zur Vermeidung eines einseitigen chemischen Standpunktes wird 
die sonst übliche tabellarische Darstellung von der Zusammen¬ 
setzung der Nahrungsmittel möglichst beschränkt, dafür aber, neben 
(vielleicht zu) kurzer Anführung der Verfälschungen und Andeu¬ 
tungen über die Methoden ihres Nachweises, besonderer Werth auf 
die Bacteriologie und die Conservirungsmethoden gelegt. Man wird 
ihm unzweifelhaft darin Recht geben müssen, dass die bacterio- 
logische Forschung für die Hygiene der Nahrungsmittel von der 
grössten Bedeutung ist, und nicht minder die Kenntniss der¬ 
jenigen Maassnahmen, durch welche sich die schädlichen Einflüsse 
der Bacterien fern halten lassen, ohne den Nährwerth bei der Auf¬ 
bewahrung der Nahrungsmittel zu beeinträchtigen. 

In dieser Richtung liegt der wesentliche Werth der Dar¬ 
stellung von Stutzer. Von diesem Gesichtspunkte aus sind z. B. 
die Methoden des Kühlens, der Reinigung vom sog. Milchschmutz, 
der Aufrahmung, des Sterilisirens und Conservirens der Milch u. a. 


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74 


LITTER ATUR - BEEL AGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


eingehend besprochen und zweckmässige Milchkühler, Transport¬ 
kannen, Separatoren, Centrifugen, Sterilisirungsapparate an der 
Hand guter Abbildungen geschildert. Als Conserveglas wird das- 
ienio-e von Guilleaume (Bonn) mit pneumatischem Verschluss 
empfohlen, das in der That den weitgehendsten Anforderungen zu 
entsprechen scheint. Bei der Behandlung der Milchfehler (sauere, 
schleimige, rothe, blaue, bittere Milch), der Veränderungen des 
Käses, Fleisches, Mehles, Brotes, Bieres u. a. war Verfasser be¬ 
strebt, 5 die diese Veränderungen einleitenden Bacterien, soweit dar¬ 
über Ermittelungen vorliegen, zu schildern; Abbildungen nach 
Originalpräparaten in passender Vergrösserung hätten zum leich¬ 
teren Verständniss dieser immerhin schwer zu beschreibenden Ob¬ 
jecte wesentlich beigetragen. 1( _. r 

Bei diesen Vorzügen, zu denen noch eine von aller Weit¬ 
schweifigkeit sich fein haltende Diction hinzutritt (die ganze Ab¬ 
handlung umfasst nur 180 Seiten),-wollen wir mit dem Verfasser 
nicht darüber rechten, dass er als Chemiker und Vorsteher einer 
landwirtschaftlichen Versuchsstation in rein physiologischen Fragen, 
wie z. B. der Verdaulichkeit der Nahrungsmittel, andere Methoden 
als die bei uns üblichen befolgt; wir meinen die Verdaulichkeit 
sicherer dadurch festzustellen, dass wir Zusehen, wie viel Stick¬ 
stoff, Fett etc. von einem in den Magen eingeführten Nahrungs¬ 
mittel durch den Koth austritt, als nach des Verfassers Methode 
der künstlichen Verdauung in vitro. 

7. Lieferung: Assmann, das Klima; Schellong, Ac- 
climatisati.on und Tropenhygiene. Ref. Beetz (München). 

Assmann widmet dem Artikel Klima, diesem anderwärts 
stark in’s Breite gezogenen Kapitel, eine angenehm lesbare, kurze, 
aber für seinen Zweck erschöpfende Besprechung. Die Tempe¬ 
raturbestimmung, weiche nicht. nur bei Laien unter uncorrecten 
Anschauungen zu leiden hat, hat einen Grad der Vollendung er¬ 
reicht, welcher vorher zu vermissen w T ar, und ist es deshalb zu 
begrüssen, dass Assmann sein auf ähnlichen Principien wie das 
Wolffhtigel’sche Ozonometer beruhendes Aspirationsthermometer 
auch im vorliegenden Buche beschrieben hat, das sich mehr an die 
ärztlichen Kreise wendet. Vielleicht bringt eine neue Auflage eine 
kurze Anleitung zur Beurtheilung des Klimas an der Hand ein¬ 
facher botanischer Beobachtungen, z. B. der Blüthezeit allbekannter 
Pflanzen oder des Blätterabfalles bestimmter Bäume in den ver¬ 
schiedenen Breiten bezw. Höhenlagen. 

Auch von Schellong’s „Acclimatisation und Tropenhygiene“ 
lässt sich sagen, dass sie auf knappem Raume alles bringt, was 
dem Arzte zu wissen nöthig ist. Interessant und nicht allgemein 
bekannt ist die Angabe Schellong’s, dass die Acclimatisations- 
fähigkeit an die Einflüsse der Malaria für die betreffenden Einge¬ 
borenen selbst keine so unbedingte ist, wie man bisher anzunehmen 
geneigt war; im Gegentheil will der Autor die Grössenverhältnisse 
der Milz der Eingeborenen als Maassstab für die hygienische Be¬ 
schaffenheit eines Ortes betrachtet wissen 

Die Acclimatisationsfähigkcit des Europäers für die Tropen 
fällt im wesentlichen zusammen mit der Frage der Accommoda- 
tionsfähigkeit gegenüber der Malaria. Schellong betont hier die 
Wichtigkeit der Kenntniss der Exemptionsgebiete innerhalb der 
Malariagegend, sowie die NothWendigkeit, dass die Aerztc deren 
besonderen Bedingungen nachspüren; in der That könnte die Ge¬ 
schichte derartiger gesundheitlich bevorzugter Plätze geeignet sein, 
mancher hygienischen Frage zur Beantwortung zu verhelfen, zumal 
diese Exemption keine absolute, sondern eine mit der Aenderung 
einzelner Factoren wechselnde ist, wie z. B. bei der römischen 
Campagna. Das vorliegende Heft verdient die Beachtung der 
Collegen in vollem Maasse; durch ein Litteraturverzeichniss trägt 
dasselbe auch den Bedürfnissen derer Rechnung, welche sich mit 
einzelnen Fragen specieller beschäftigen wollen. 

9. Lieferung: F. Kratschmer, Die Bekleidung. Ref. 

Maass (Freiburg). 

In der im Vorstehenden citirten Arbeit hat der Verfasser sich die 
Aufgabe gestellt, die Frage nach der Bekleidung des Körpers auf Grund 
wissenschaftlich experimenteller Forschungen zu beleuchten, während er 
die mehr praktische Seite dos Gegenstandes in den Hintergrund hat treten 
lassen.. Ob der Verfasser mit der von ihm gewählten Weise der Behand¬ 
lung seiner Aufgabe Recht gethan, bleibe dahingestellt. Uns will scheinen, 
als ob die Bedeutung der Bekleidung als Krankheitsursache und die Frage 
nach der Krankheitsübertragung durch Kleidungsstücke etwas eingehender 
hätte behandelt werden sollen. Im übrigen hat der Verfasser, seiner ihm 
gestellten Aufgabe getreu, in möglichster Kürze und Uebersichtlichkeit 
die neuesten Erscheinungen aus dor Litteratur verwerthet und ihnen mit 
kritischer Sichtung Rechnung getragen. 

Verfasser thcilt seinen Stoff in drei Theile, von denen der erste 
sich in wenigen Worten mit den Elementen der Kleidung befasst. Als 
solche kommen hauptsächlich Thierwolle und Seide sowie verschiedene 
Pflanzenfasern, in geringerem Umfange Leder, in Betracht. Im zweiten 
Abschnitt gewinnen wir einen allgemeinen Ueberblick über die hygienisch 
belangreichen Eigenschaften der wichtigsten Kleidungsstoffe hinsichtlich 
der zweckmässigen Verwendung derselben zur Anfertigimg einer Beklei¬ 


dung, welche den klimatischen und jahreszeitlichen Verhältnissen Red. 
nung trägt. Der dritte Abschnitt giebt eine Darstellung von der Form 
und Gestaltung einer rationellen Kleidung, sowie von dem Verhalten der 
selben am menschlichen Körper. Endlich berührt Verfasser auch no<h 
die neueren Bestrebungen der Bekleidungsindustrie, die Systeme toe 
Jäger, Lahmann etc. und weist darauf hin, dass die wissenschaftlich.' 
Hygiene nicht unterlassen darf, die Intelligenz des Publikums zur nach 
denklichen Würdigung der wissenschaftlichen Forschungen auf dem phy¬ 
siologisch und volkswirthschaftlich so wichtigen Gebiete der Bekleidung- 
frage nachdrücklichst anzurufen. 


8. H. Hughes, Allgemeine Percussionslehre. Wiesbaden, J.F. 

Bergmann, 1894. 140 S. Ref. Sehrwald (Freiburg). 

Die Percussion war ursprünglich als eine rein praktische Kunst 
entstanden. Im Laufe der Zeit hat sie dann nach der praktischen 
Seite mannichfache Ergänzungen und Erweiterungen erfahren, auch 
war man zum Theil bemüht, ihre Erscheinungen auf die Gesetze 
der Physik zurückzuführen. Eine strenge Ableitung sämmtlicher 
Erscheinungen der Percussion aus den physikalischen Gesetzen 
hatte aber bisher nie stattgefunden. Eine solche bietet nun Ver¬ 
fasser, indem er auf streng mathematischem Wege die physikali¬ 
schen Beziehungen zwischen Acustik und Percussionslehre ein¬ 
gehend behandelt. Zugleich wird ein Factor bei der Percussion 
in seiner Bedeutung zum ersten mal voll gewürdigt, der bisher 
eine fast gänzliche Vernachlässigung erfahren hat, nämlich der 
seelische Process der Wahrnehmung. Der Reihe nach werden Art 
und Weise der Schallerzeugung, die Gesetze der Schallleitung, die 
Gesetze der Schallwahrnehmung und die diagnostische Verwerten.’ 
des Percussionsschalles in einer bisher noch nirgends gebotener. 
Vollständigkeit und Gründlichkeit, und doch zugleich in einer sehr 
ansprechenden Weise dargelegt. Die erfolgreiche Anwendung einer 
praktischen Untersuchungsmethode hängt zwar in erster Linie von 
der erworbenen Uebung ab, sie wird aber stets in einer möglichst 
genauen Kenntniss der theoretischen Grundlage dieser Method¬ 
eine mächtige Unterstützung finden, und hierin liegt die hohe Be¬ 
deutung dieses für den Theoretiker unentbehrlichen Werkcheus 
auch für den praktischen Arzt. 


i G. M. Debove et A. Remond, Traite des malwfies de 
Pestomac. Paris, Rueff et Cie., 1898. Ref. Rosenheim (Berlin 
Die vorliegende Bearbeitung der Krankheiten des Magen* H 
fast zugleich mit der Bouveret’schen erschienen, die ich bereitsn. 
No. 41 dieser Wochenschrift besprochen habe. Die Verfasser sind* 
hervorragende Anbauer auf dem Gebiete der Pathologie des er sj 
ungsapparates über den Kreis ihres engeren Vaterlandes hinaus »ne • 
kannt. Das günstige Vorurtheil nun, das die Namen der u 
wecken, wird denn auch nicht getäuscht, und obwohl das Buc \ i * • * 
los für weniger Erfahrene, zur Belehrung für Studirende un . 
bestimmt ist? wird auch jeder, der sich bereits sehr emgehend ^ 
Gegenstand beschäftigt hat, noch des Interessanten^ genug to • 
Ich weiss nicht, ob die Zweitheilung der Arbei an 
thümlichen Disposition des Stoffes schuld ist: je ,‘ nülir ,, 
Einheitlichkeit und Vollständigkeit des Werkes zu wurn h 
Auf 151 Seiten erhalten wir eine Einführung in das bt 
der Magenkrankheiten, deren Pathcft®“' ^Mi",£uku* 

erschöpft wird: hier besteht dochunzweifelhaftein ' s ‘ . fll - <1- 

Die Einleitung bringt zumeist die Anatomie und Phy J ^ 
Organs, dann folgt die allgemeine Diagnostik , m 
„eignes fournis par l’interrogatoire du ® alade - ^ DDet ; t iogigkeit. 
über Ursache und Bedeutung jener Symptome wie PP^ d > Ho ,, 
Schmerzen, Sodbrennen u. a. m. ^ es JJ roc JP’, its c harakteri>irt 
limie, ja sogar die Rumination werden 
Nun hat wenigstens die letztere doch ganz f s ^ orben wir dun* 
ständige Erkrankung allgemein Bürgerrecht ° ^ ThP j| Pr * 

also ihre ausführliche Besprechung noch P ^.er¬ 
warten : hier aber fehlt sie. Denn in di unter den Beirrit 1 

haupt nicht behandelt, soweit JlVvsDepsie verstehen aM 
„Dyspepsie“ bringen lassen. Unter Dysp P Element ^ 

Autoren jeden Symptomencomplex, in f nnc tioneller Störer- 

Schmerzes vorwaltet, der ohne ode * au £ die Dvspe|* u ' ir ‘ 

der Motilität und des Chemismus bestehen!Lj run g des *r^ 
abhängig von einer primären oder secun .mischen Grundig 
Systems, sie entbehrt der pathologisc “ Veränderungen ^ 
aber sie kann schliesslich zu ana ^® Dyspepsie Ga*tfl-’ J 
Magens führen. Hier werden nun /f f ^ unter einen Hut :'“ 
sämmtliche Secretionsneurosen . ™, PJin i e besprochen. 

bracht und auf 20 Seiten ^ lu ? ive ‘^Smaüsmus. der bei ;i 
Ich begreife sehr wohl, daS8 . d ® r . f den Autoren nuH- 
Einteilung der Magenneurosen ^ hat, ja ^ 

war; ich weiss auch, dass er viel ^zwungen^ ^ erste aU , 
Theil ungenau ist; aber 1<dl fij®? ’ T? W ald, von mi r 5t 
von Stiller und Oser eingeführte, von gewaltigen Stoffe Dl 
und Bouveret acceptirte Einteilung des gewai 


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Original fro-m 

UMIVERS1TY OF MICHIGAN 





25. Oetober. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


75 


nicht verzichten können. Wir werden den eigenartigen und wohl 
charakterisirten Krankheitsbildern, die durch das Vorwiegen 
eines nervösen Symptoms entstehen, eine gewisse Selbst¬ 
ständigkeit zuerkennen müssen, und aus praktisch-therapeutischen 
Gründen schon sollten wir daran festhalten. 

Die weiteren Kapitel bringen die Besprechung der acuten 
Gastritis, des chronischen Katarrhs, des Ulcus, der gutartigen und 
bösartigen Tumoren und schliesslich der Dilatation. In einem An¬ 
hang wird die chirurgische Behandlung der Magenkrankheiten 
abgehandelt, eine höchst dankenswerthe Arbeit, die hier auf 40 
Seiten geleistet wird; es ist nur zu bedauern, dass die innere 
Therapie bei den Kapiteln Gastritis, Ulcus nicht auch eine ent¬ 
sprechend eingehende Würdigung erfahren hat. 

Sehen wir nun von diesen Ungleichmässigkeiten, von der er¬ 
wähnten Unvollstündigkeit und einzelnen Irrthümem — z. B. S. 26, 
wo die längst widerlegte Ansicht vom Auftreten der Salzsäure 
nach der Entwickelung einer Milchsäuregährung vorgetragen wird 
— ab, so bleibt immer noch ein beträchtliches Stück geleisteter 
Arbeit, das die grösste Anerkennung verdient. Es ist vor allem 
der gesunde kritische Geist zu loben, den die Verfasser bei der 
Beurtheilung französischer wie fremdländischer Arbeiten walten 
lassen; eindringendes theoretisches Verständniss und grosse prak¬ 
tische Erfahrung verrathen eine Fülle vortrefflicher Bemerkungen, 
die es wohl verdienen, in gesperrtem Druck zu erscheinen. Ich 
erwähne z. B. aus dem Kapitel über die Dyspepsieen: „U n’y a pas 
de rapport constant entre la cause et la forme de la dyspepsie, 
entre les troubles de la fonction de l’estomac et les sensations 
du malade, entre la forme de la dyspepsie et le traitement, dont 
eile est justiciable.“ Höchst-beachtenswerth ist auch das, was 
über die chirurgische Behandlung der Magenkrankheiten gesagt 
wird, wenn ich auch in betreff des Werthes der Radicaloperation 
bei Carcinom eine weniger pessimistische Meinung als die Autoren 
vertreten möchte. 

Die Darstellung ist als eine vorzügliche zu bezeichnen, sie ist 
immer klar, anschaulich, fesselnd; man liest das Buch ohne An¬ 
strengung mit reinem Vergnügen, zu dem die Handlichkeit und 
treffliche Ausstattung des Werkes das ihrige beitragen. 

5. Ph. Biedert, Die Kinderernährung im Säuglingsalter und 
die Pflege von Mutter und Kind. H. Auflage. Stuttgart, 
Ferd. Enke, 1893. Ref. Silbermann (Breslau). 

In dem nunmehr in neuer (zweiter) Auflage erschienenen 
Werke Biedert’s sind die auf dem Gebiete der Kinderpflege und 
Kinderernährung von ihm gemachten reichen und langjährigen Be¬ 
obachtungen, sowie alle über diesen Gegenstand bis in die neueste 
Zeit hinein publicirten wissenschaftlichen Abhandlungen sorgfältig 
niedergelegt, und es dürfte demnach gegenwärtig kaum ein Buch 
geben, welches gründlicher als das vorliegende das betreffende Thema 
behandelt. Der Inhalt des Werkes gliedert sich in sechs Ab¬ 
schnitte. Der erste ist der Kindersterblichkeit im ersten Lebens¬ 
jahre gewidmet und erörtert in sehr eingehender Weise alle hierfür 
in Betracht kommenden Gesichtspunkte. Hieran schliesst sich in 
einem zweiten Kapitel die Besprechung der Nahrungsorgane und 
Nahrungsmittel der Kinder, während in dem folgenden Theil das 
Stillen durch Mütter und Ammen, sowie die Pflege von Mutter 
und Kind nach allen Richtungen hin besprochen wird. In 
dem vierten Abschnitte des Buches werden die künstliche Er¬ 
nährung, das heisst die für dieselbe in Betracht kommenden Milch¬ 
qualitäten, die Milchverfälschung, die für die Sterilisirung ge¬ 
eigneten Apparate, endlich die passenden Surrogate ausserordent¬ 
lich genau abgehandelt, und man gewinnt damit ein abgeschlossenes 
Bild über die praktisch so eminent wichtige Frage. — An diese 
Ausführungen schliesst sich die Besprechung der Störungen der 
Ernährung und ein Rückblick auf die eben entwickelten Anschauungen, 
den Schluss des Werkes bilden ein chronologisches Verzeichniss der 
Autoren, sowie ein alphabetisches Sach- und Namenregister.. — 
Wir können das Werk allen Aerzten auf das beste zum Studium 
empfehlen. 

6. v. Winckel, Ueber di© Erfolge der Castration bei der Osteo- 
malacie. Volkmann’s Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 71. 
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1893. Ref. Wiener (Breslau). 

Seit Fehling zum ersten male die Castration bei Osteomalacie 
ausführte (im Jahre 1887), sind bis jetzt 40 Fälle von Castration 
osteomalacischer Frauen veröffentlicht worden, v. Winckel unter¬ 
zieht nun diese Fälle einer sorgfältigen Prüfung und. kommt dabei 
zum Schlüsse, dass die weit verbreitete Annahme, die Entfernung 
der Eierstöcke bringe den an Osteomalacie Leidenden mit Sicher¬ 
heit Heilung, nicht richtig sei, da von 16 Castrirten, die länger 
als ein Jahr — 1—4 A /4 Jahr — beobachtet wurden, nur zwölf ge¬ 
heilt, vier aber nur gebessert waren, darunter zwei von Winckel 
Operirte. Mit Recht verlangt Winckel daher, dass man, um von 


definitiver Heilung sprechen zu können, die Operirten mindestens 
ein Jahr — ja auch dieser Zeitraum genüge noch nicht — beob¬ 
achten müsse, da die Osteomalacie meist chronisch verlaufe und 
Exacerbationen und Remissionen, und zwar die. letzteren nach allen 
möglichen Einwirkungen, zeige. Fast ausnahmslos dagegen zeigte 
sich bei den Operirten eine schnelle Abnahme der Knochen¬ 
schmerzen und rasche Besserung der Beweglichkeit, und zwar oft 
schon nach wenigen Tagen; diese Besserung machte in den folgen¬ 
den Monaten noch weitere Fortschritte. Gestorben sind nach der 
Operation fünf (12 %), davon zwei an Peritonitis. 

Wie bewirkt nun die Castration diese Besserung resp. Heilung 
des osteomalacischen Leidens? Fehling hatte die Osteomalacie 
als eine vom Ovarium ausgehende reflectorische Trophoneurose des 
Knochensystems aufgefasst und die Ansicht ausgesprochen, dass 
mit der Entfernung der Ovarien die von ihnen ausgehende refloc- 
torisehe Erregung der Vasodilatatoren der Knochengefässe, resp. 
die Stauungshyperämie der letzteren, die zur Resorption des an¬ 
gebildeten Knochens führe, schwinde und mit der nun ein¬ 
tretenden Contraction der Knochengefässe Heilung des Krankheits- 
processes erfolge. Fehling hatte seine Hypothese auf die That- 
sache gestützt, dass mit der Menstruation eine deutliche Ver¬ 
schlimmerung des Leidens eintrete und dass andererseits sofort 
nach der Operation eine überraschend schnelle Abnahme der 
Schmerzen der befallenen Theile sich zeige. Dem gegenüber be¬ 
merkt Winckel, dass die Menstruation keineswegs constant, ja in 
vielen Fällen gar keine Verschlimmerung des Leidens bewirkt und 
dass, wenn die Verschlimmerung wirklich von den Menstruations¬ 
vorgängen abhinge, durch die fast constant in den ersten Tagen 
nach der Operation auftretende Pseudomenstruation (es sind dies 
wohl mehr Stauungsblutungen, als Pseudomenstruationen, Ref.) 
eine evidente Zunahme der Schmerzen, nicht aber eine so über¬ 
raschende Abnahme derselben bewirkt werden müsste. Auch die 
von Fehling geschilderten anatomischen Veränderungen der 
Ovarien und ihrer Umgebung — hauptsächlich eine auffällige Er¬ 
weiterung und Vermehrung der Blutgefässe der Uterusanhänge 
— seien nicht charakteristisch für Osteomalacie, sondern kämen 
auch bei anderen Affectionen, welche Congestionen und Stasen in 
den genannten Gefässen zur Folge hätten (Tumoren, Dislocationen 
etc.), vor, wie denn auch in einigen Fällen Fehling’s und in dem 
Thorn’schen Falle starke Rückwärtsknickungen des Uterus, theil- 
weise mit Verwachsungen desselben, vorhanden gewesen seien. 
Dass auch ohne Entfernung der Eierstöcke Heilung der Osteo¬ 
malacie erfolgen könne, zeigen mehrere Fälle der letzten Zeit, in 
denen durch Soolbäder, Phosphorleberthran etc. die Krankheit 
sicher geheilt wurde. Besonders interessant ist auch ein Fall 
Späth’s, in dem die Porrooperation, aber mit Zurücklassung der 
Ovarien, ausgeführt wurde und trotzdem die Heilung überraschend 
schnell vollendet war. Das Räthsel der Osteomalacie ist also noch 
immer nicht gelöst. Mit Rücksicht darauf, dass auch die Castration 
nicht immer Heilung bringe und dass andererseits auch auf an¬ 
derem, völlig ungefährlichem Wege die Heilung der Osteomalacie 
möglich sei, fasst Winckel seinen Standpunkt dahin zusammen, 
1) dass die Castration zur Beseitigung der Osteomalacie nur dann 
indicirt ist, wenn die anderen, bisher erfolgreichen Behandlungs¬ 
methoden erschöpft sind, und 2) wenn das Leiden eine so bedenk¬ 
liche Höhe erreicht hat, dass das Leben bedroht ist. 


7. C. Wemioke, Grundriss der Psychiatrie in klinischen Vor¬ 
lesungen. Theil I: Psycho-physiologische Einleitung. Leipzig, 
Georg Thieme, 1894. 80 S. Ref. Eulenburg (Berlin). 

Der berühmte Satz Griesinger’s, „nicht etwa zwei engver¬ 
bundene Gebiete sind die Psychiatrie und die Neuropathologie, 
sondern es ist ein Gebiet, wo alles eine Sprache spricht und von 
denselben Gesetzen regiert wird“, pflegt bekanntlich von unseren 
Psychiatern in dem Sinne ausgelegt zu werden, dass sie 
auf diesem einen und untheilbaren Gebiete von Rechts wegen zur 
alleinigen und ausschliesslichen Herrschaft berufen seien. Bei nicht 
wenigen unserer zunftmässigen Psychiater lässt sich dieser An¬ 
spruch als unberechtigte Ainnaassung zurückweisen; nur wenigen 
wird man seine Berechtigung in so uneingeschränktem Maasse zu¬ 
zugestehen bereit sein, wie dem Verfasser dieses „Grundrisses der 
Psychiatrie“ — zugleich dem Verfasser des allbekannten 
und geschätzten Lehrbuches der Gehirnkrankheiten! Diese 
ungewöhnliche und umfassende Beherrschung eines so weiten 
Stoffgebietes kommt ganz besonders der hier vorliegenden psycho¬ 
physiologischen Einleitung in glücklichster Weise zu statten. 
In Wahrheit stellt diese „Einleitung“ eine überaus werthvolle 
Ergänzung — nicht bloss unserer physiologischen Lehrbücher, die 
sich über den schwierigen und dem Verständniss der meisten rach- 
nhysiologen fernliegenden Gegenstand ganz ausschweigen — sondern 
auch fast aller grösseren Specialwerke über Nervenkrankheiten und 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



76 


LIT1ER ATTJH -BEILAGE DIE DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Si'H- 


us wenignfc Amteutuflgen über den j die meisten bisherigen derartigen Publieat-ioiwii. weit. saRem 
, ‘herrörgeht. •_ ; Verständnis« kystoskopteeher Bilder zu erleichtern; r#: 


Fsyghtetriü dar*. wie selten aiis 

röeh<?n dieses Hefteten l y - *,-~ v „ . . . , - - y *,-•■«’•■ -**•• •* * v :-P^- *™*; 

btnem etemte TteBrschrößtoe wiefaifgenhoit ausgt&m<te> ] $md f item Unkimdigep cm* falsche Auffassung: tajYöhÄr 
iiaten Blick auf den lieuügou Standpunkt der Psychtet-tf» wendet I wird msti sieh rfmkhaRin» nuAAfilWim ^ tJTAA 

^if.h Wcmicko Hofuct. eitler ■ Ahzmmxntg- dev „ Geist esk «m »lk- 
Ti^iten“ von dam weitem Öebid» der r 0.filiir.akrank]M’iteü* < 
zu/ uud .e;’ defimYt au» (rktoti funetifluldter AmBy-sc die. letzteren ; 
hte „ Eraokhoituu des rrojuutiönsüj’fftv.ivs“ — die Geistes- 
‘ rablcrmiteii dagegen al$ A11 gf?mem^rkraukuiigen-4# ßektrusL &hm 


ikd-Veiüg'ong der Prujeetionssy^iiune und-.-. Pinteetionsfelder, ute 
„verbiteitoie Krank&eitbft dfite A ? s o etutior»#er gans ü . Die 
zur spurte! teil Itegrtinrtiteg dieser Ibtemtiou b^Tnigexom-i^o sprach- 
iidhtVn Htm mutete (teixtesk ranker weKkn nte Riehen goKhöv.tßV-- 
heaundUrer TdenfUicaMnn j-n.ohgnwi.F.seu; -dim-mr Begriff wird 
•weitet: n>itwhikeit:;. * und es werdet! dte enden Stßimaxgbh 

AU psv. »lovriisor im-li, }i*v<tei>moteri m.ft und in Ampcy ehisc-h 
utitersukierten. Daran suhliessite sich jwteihrbftgeii Über die Lo~ 
k^fjjSÄtion der Begriffe (— die .Ei’ianeruügsbitd^r als er war* 
tem. A-mtetetencn wahre eh nennet Ehnfmnrn 'Uh? eteUaten Pr<>- 
pmUutmkbb's ~). über da?, Bewusstsein .d*r A uss-rnwnD. 
das- täte Sirrrtruc' diu-- BHunmniGgabiMeT alter Org&uajfipffiuiungert z« | 
bnira: htc/uln) Batest sein der {«dgenen) i\örpnMtchkeH, und j 
«atelich über Am .höchste- - und smlnvmrigsteu Etebtel des Selbst* 
iHv^üvsioi'iüÄ. !« ikv tetztau (aobiwi) VörteMung werden Ein¬ 
heit- .Enge und Grad de? ,Bpwu(tetemp>C Aufiecrksamkeit., Wille, 
Alterte nahte Minuten und afe ANurmalwurt-hi^kei-t der VAr« 
>:fdilnngetr l eine ganz bestimmte Atetetemig von Ed^ghavteW«- 
nin.-nn bezeichne^ die b?*? den vars-diiedeueu Individuen iuner- 
iiidb atemr gewissen Breite versnltledeti. äöoli .bei jedem Individuum 
(-•men .fu'jltkrtmHdn Besitz gewbserwaarsen von Eangestnitersd^inden 
»mler • den ‘ Voi‘nf.el}e;.iu».;n .bciliugt. Mit dem Hinweis nui die aiteh 
*dtnn in der Nubtt vnrkdntmumlgn, fifrer eopi-ec-iurRilngoji ü;hV:r- 
w.nrMii.u; n Vnfyt e.llungeai .«md den) Aunldink auf die bei Geistes- 
kfiinküa’ sieh m-gvhembui A bweinhinigeM wn dn/ Norine.]- 
v\ erth igkvit der W>r?fei ! ungefi ’u Mi'^st du*-*- {b.;hufuug die ! 
UtMnvr uunideseo füllte fUnn ua um ein emdrin^ndes -Y*>i v | 

sUmhiis-4 der i'Ji-rstes^f.övmtgnü nielit hlu^s. amulenj der Gvljim- ! 
krnulcheiien. ja der kr.ndcliaftef» Juüejaatiej^tdtnugaii üherlUupt 
im w.dte&teü Sinue »u thnn int. 

8.. Max Nitae, Kystophötog^phisöher Atlais. Zehn Tafeln imt 
dO Abi)|.]iiuftg;en iri Pliutegravafe. WieRbmlen, J. F. Bergmann, 
181)4 Hef. ^£. Aleiid'nteo'bn (Berlin). 

Sr.ineWi lieirrbuek der Kysttr^enpie liat, der -Scilöpfer dieser 
\ltdluak muiinebr nimm kysioskoptscließ / Atlas-; huizugeingt, 
«.«deUor einzig in .seiner Art M v den« m- gißbt nieht r wie sonst 
derArbge AVerkc, etwa, wir xlle Möimiiig- nrnl Auffassung ' Wieder, : 
•a.A.-hn iigHjui ein ZeinKner Üimr einen Mmgtimmteß pnabmusdien 
Mimd *ivh gtOdldute hat, sondern diesen Befund selber. Er grifft 
tritir Beinum»ta, keine stylibirtnn Bildwerke,-.'soodarir eben- die iiuli- 
vidjiejinii. nharnkteristischeu Einzelfffile: und wer mit ein wenig 
HanhvnrgBiudiiias. litid viel Sorgfalt betfRchteb konnte fast oinetr 
rolligen Ev^aU für eine tbateffeHHehe DütnrsutlrUug am lehäkUan 
Obi>rj: in,<W Ansehrtimne- -diesns: Abas erhaltmi. 

Nltzn. ist, wie der Sehüpfor der. Krstoskopie, so au oh derjenige 
der phutugpaidd^cbfti Rxirung- ißu^rer Kfffperlidlilnu. Ä har ö-uf 
«km i ijuw tkbiot ebensowenig artviUujin^woHhe Vorgänger wie auf 
di-mi anderen ■ d»mn.. das wogentliehe Prinzip der Kyst,«skopie ist ganz 
«ebi eigenstes W etlc, trnd die Vurswebe Anderer, 4»« Iimere von 
Eörperbnlilfm phofographiscü tn Sxireß, sind seihst unter ZuhUfe- 
igdmiu seiner Kystoskope ganz uuzubingHdh gnhUeben. Als 
siel] ' N i tau mach Fertigstellung ReiuuS OperÄbonfi-KyBtosknpos 
ft..ls«hum. dieser w ! oiter»3U Aufgabe, die eben mit auf ihn gewartet 
-?M jmhnü sydiiun, zu wandte, gelang es : ihm bald, die Methode auf 
HT»e. {ioltn Stufo der Vollkommenheit zu bringen, und die Vev* 
lVaudlnggigb' der Borlluet ,medidiidiäji(m. (resftll^ehftffc aus dc-m ver- 
llofjSenOjj' »luhre cntbalteu gsuiß örsten: ttrnl douh .sukoii abge- 
HOhluhsenen 'Mittbeilungun und ErgehniAse dpt Photographie des 
BUsenimiem. ' 

Die äa^lbsi smnev Zeit vorgekgtfm ausgezoichuofeu Phote- 
grein me sind nuu wjUnw r t> n dem Autor aut eine grosse Zahl ver- 
voRsUUidigt worden;- -du« derer «>lc diürakteidstisehen imd tft’jyb 
s(diöu hurausgegriffeji huf T iim sig iw dem bezeleliwuten Atlas 
m ryfeijägcm. Ho jst hier bba^ SadiTiffuwg ysw durchaus natnr- 
gfiteuöw phfffügWitphierhun- Aufiwduiwm des lüwferu der Harnblase 
unter uornmien und paBto logisdien VurhlUtnissen entstanden, 
Wv.tehe dheTOllköiumonste ist, was sieh als erreichbar denken Iffsst, 

>i rt>b d ir • loi t oin ern Srffiln-g.o alb? übrigen kystnskopisdien Bll der- 

' •" 1 ' : - • -'••Mtbeh? ?e-h ; geradezu mibrauidilutr mdelit.- 

■'= f ' ; V: " ’ • h-o .-viitef zur Herausgabe dieses 

-• suhw-itirig ist, kystosktipische 
x ko*‘ ‘*wun^ miuc bitbjg • wiedörzugöbeß, uwd ffasA 


wird man sieb rück haltlos ansehfeseii müssen, uuit ich "V r 
auch sdmo Golrgenheit, in dieser Woeisensdirift 4k göii^üLs 
derartiger Furbefcafoiu liervorzuhebou Hier foidt döji'RUhwf«' 
dm Farbe allerdings.;- aber sie tritt- bei Bofum^u, wie -v o, , / 
gcstelitea■■einrt, ja überhaupt zurück Mater /iw Gegon-mv - 
Dicht and Schatten und hinter den Untemdded 
uüd Wetehlieit dorCowteur; Und «las ist, gerade hier sitü.-- 
lieh wiedergegobrn. 

Das ganz« Work ist von vornherein so unreif, ([^ , 
jeder Zeit noch vorvoUständigt. werden, kann, ib ha von ^ 
durchgohendcu Nummonnmg der Tafeln Ahsteaü g6i.omnr- ;f . -u 
sind diene vielmehr in njnzolnr. AMheilungrn ennevreiki ^ T tVr. 
duron jode ferne-.r-hin weitern ErgfmsimgsfufeM nafz'mivlnm^ vWc' 
wir-A*? im Laute der Zeit hei-auszugeheu der Autor teab^vw 
Die Abthoüuug A ofttbält Phntegrumtue der ödffo^fer, ’dbv 
mmy .Wahihti) als ganz hesondem oharakferiwisdi di«* hjiu«n-,-*>!■* 
dm- Aiigüüidicko des Eindringens des Rysfuskops in dir w.^.- 
ontetehun,. hmor#h6h«m Bßhv Auek diafc-.« 

gäbe' voß öoftisnfigurcHg wie sie an der Scitenwacd dor !hi»w< «yA 
bar wcitlon r sowie «Be eine Abbildung (Amt ilarwlpitoimüntium}mv 
cipom aehr - solid« entwickelten Harnleiterwnlste siml dnmi ;r» 5 - 
Nuterti-owc geradezu - früppent-. Weniger dem natürlich*::! EX- 
ants'prechcrid orsoJmmen & holden AtUiiahnmn des tkm SdotB 
der HffrnbMsh euteprehhebdbü Seg'nfeute^ hei welchen die. fast r^ri- 
ndbistg dakdlbKt in 4nt‘ F\üjfengfeflti^s!gkdit #ltWRlihmli? bufdiUy - 
ein für die Photogruphm atierdinga. hbuhät imdaakbaros Obj».r- 
gar au go7npwcb und k,ÖinpriicJi Affs d4if TaMß 

AhUmiluiig, wrdc.im die Pi-o^-afahyportrophio btAuibb, ^nthäii ii*- 
erste durchweg gehr schöne Typhn der Vordfl«ioruBr^ As ibs-t 
o-iuganges bei dieser oo wichtiger! umi 'verhmteteu und ■)•• 
Bw-um cig'enthehcb VW^n noch bo wenig anfgold«rtt*tt mi # 
kaunuvn AffoHMh,- Auch die I-taikoohlasiöi alter ^ 

der zweiten Tafel dioeer Abtheilung ümbWi iUnw-r-f oUre- 
\VT*eJtH : gubcn Pas hddmte an Plastik jedOdV -ffrörebtiri diu TW- 
gramme run Steinen In der Bbum Dne muss-man wtB'' >v:v;: 
•Uiü «i für Tuogljdtv zu luütew. Weuo tftaft '.«Uwg-.fhfkls 
zumal durch omr dunkel weuubte l'apjtvnedlo, s«» o-A-hrü-e- 
(wnzfclnbn. Hteiwu- bb.. Ml 4 )eflteri trnd grHffhig, Als 
gi-nphiit wmdmi wAron, aJs sie auf dem Ti>die In^en. B ; *"- •• " 
die beideu letzten Aufuahme'n •der zivuiten Steint Tel, wr-ft-'r- < 
Bilder eine« lta.iTtsri.wrew Steine yMwpßm utol iß ,bp"> - : 
fedrntgö Buschaffenheib dhc oberen Fhlohe «lös- Steian? rri *«*« W 
gozoiehtsetete sichtbar ist, -sind MemterwcBftrd'n Itelunk »■'• •• 
auch ilie GeachwülHtn, welche in dur imtvormgemlei» Alteltedutm^ 
{Mit vier Tateln in 24 ..böhßndHlf wmden, 

vorteeffiiehn DurTtellvmgmn wenn sio h«d Ihtef didie^on b^'»-^'; 
heit und ünhostbnmterrn Form vsaungortetr^ jouii ,h<; !^ , '‘ 
BMdk nicht derartig wirkentne nud fm>puutc Bilder gw » w * 
wie dte Steten. Ater allem sind dbiH« vm- fao Anter 
besondorm Ebdm auegGführten- (josibwutetantabunte 1 ; ; 
diu in ihnen eutbaltenen Summ Ar-w-w irPrr.'i ^ 

Bchiedene DiTßteUungen ffesseilmn Falles zn ÄaseinawvT 
Zeitpuwktaiu wi-Bdorgehcn umi zeigen, wie. «W'w®* J}/, * . *. 
Wftstestbum .zuwimmt und sich cetemte^ 'tu*« *■»•''' y“;;; .. 

Blase uänh ihn-i EbHerwnng mmsmlte f a* SrlmtJ•><?■« 

Werth ist auch ein Fall von roiativor Nai-trlmmmc 
Bb-«sc!ig«m--bwillst. Ein«* fünfio Abthoiluiig- is M, . na ' : : 

sehtettemT ßmzelheiteiu hier wirkt, .hesonilem.^ 
nähme einer HanmadtA tm der Blas« '^Ä2xV#te 
Diese Äufuahma ist auch darum hemerk^nswet< ■.j 
zeitig ixi sehr deutlicher Wcihö dm Vem-mng ut \ v - ; ’ :i | ir; ,„, 
Objecte und die Abweichung von den 'J ;I Objm- 

dyp’thttt, wfo- sic,. je nach äei* , j fr \&\ 

erfolgen■: wahrend in Wii*kb‘«4ik«A.-die-- bwd p « rjV. * 
fast pavaltel liegen,, wdehon m hier m weffom - • 
mui die dem Prisma lidber. liegeiule:« periphw‘tn _ < ^ ^ 

vielmals dicker als der von dein .Prisma. en.-.i 

, . r , , , hiiUX jufctorf ein 

Eines bwojidto-n Wo HW der eaf^^f^tug -s. 

: Werk nicht. Audi diU» «* p*#lm " 

lässt Sich olme - weiteres aus doü_ bekannte e. ^ , ( , 
VerUgsÖrma Tj'ßfoehmcii« Wer sich uut r fIi „ )r rhtei ' ‘.’ 
muss dtese.a AUas Imsltzon; und l WG !" fBr 
and in hohem. Munssu 

selber übt, wird, falte er «dne Vorstellung * un- 

ihrer Loist-imgstÄbi.gkoit eibalten wiü, eine^ v, K . 
so aus nichts anderem entnoiitne« kopiiem H 
Photogriniitm'n, . . 



25. October. 


LIITüRATPR ■ BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


9. Internationaler Atlas seltener HantkrankhAi+n« tr 
gegeben von Unna, Malcolm Morris Leloir JfnT'n I ? er ? us “ 
Hamburg und Leipzig, Leop. Voss, 1894. Ref Joseph mcrHnt 

U. ils 

,.m .i, .mm, „ « r 'z£äs? a ?s sxsss 

SLlr^CHe^^ ?"ÄSr i8 T d a“; 

Auf ^* UD d ®dcUf f ^Croclr e r S t?ar* 

i“Ä s u rÄ reiehfc ' zurE “ 8 ’ undunna ä 

n. Zeitschriftenübersicht. 

• . I 0 ' ®-. Lav ®s, Untersuchung des Fettes von t'™..., 
milch. Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 19 S 369 

Ueber die Zusammensetzung des Fettes der'Frauenmilch sind 

Ve?f er stMd B U n I 1 Z 11 fi IChe p d ( e t Unte ^ uchun g®n angestellt worden. Dem 
Verf. standen 116 g Fett von Frauenmilch zur Verfügung die als 
Nebenproduct einer längeren Versuchsreihe gewonnen waren Auf 

cXalf^o^v* 111 ® m® t nied ® ren Fettsäuren musste wegen des geringen 
Gehaltes verzichtet werden. Zur Trennung der einzelnen Pfiff 
säuren wurde das Fett zunächst verseift, dann wurden die flüchtigen 
fbJaOnaM Dan ?P fs t rom (Ibergetrieben. Das Resultat der im Ori- 
f“ 8 * “ fl , hz , u , s . ehenden , Untersuchungen war, dass das Fett sehr 
arm am flüchtigen und wasserlöslichen Säuren, dagegen reich an 

wefent 6 ch ter v SäUI if- *?*' j, Ver g leich "ait der Kuhbutter ergab 
wesentliche Verschiedenheiten gegenüber dem Fett der Frauen- 

Leo (Bonn). 

fraiffim^V A ^ al x R . ech ? rche s experimentales sur le 
traitement de 1 mtoxication aigue par le nhosDhore 
Ungar. Arch. f. Med. 1893 I, S. 315-319. Püospüore. 

p. J> Hajnos, Zwei geheilte Fälle von acuter 
shosphorvergiftung mit Kalium hypermanganicum. Ibid. 

Hnf ioi o*/» ? rdÖ r> S iI Ka . lium hypermanganicum als Anti¬ 
dot bei acuter Phosphorvergiftung. Ibid. S. 478. 

* hoh ? Mo /*f. alität » welche die Phosphorvergiftung auch bei 

Anwendung der üblichen Gegenmittel ergiebt, veranlasste Antal 
das hypermangansaure Kali als Antidot zu versuchen. Das hyper- 
mangansaure Käli verwandelt den Phosphor in Phosphorsäure und 
wird selbst dabei zu Mangansuperoxyd: 

5Mn0 3 0K-f 3P + 7 H 2 0 = 5 KOH + 5 Mn0 2 + 3 POO 3 H 3 . 
boncentrirte Lösungen von hypermangansaurem Kali greifen die 
bchieimhäute an; Verdünnungen von 0 , 1 — 1 o / 0 sind völlig in¬ 
different. Es wurden zehn Hunde mit Phosphor vergiftet. Drei 
wurden nicht behandelt und starben in Kurzem trotz vorgenommener 
Magenausspulung. Bei den sieben übrigen Hunden wurde der I 
Magen nicht ausgespült. Hingegen wurde ihnen einige Minuten, 
in emem Fall 0 sogar erst zwei Stunden nach der Vergiftung, ein 
halbes Liter einer 0,15—0,20 procentigen Lösung von hypermangan¬ 
saurem Kali mit der Magensonde eingegeben und dies noch drei¬ 
en- Vierma wiederholt. Alle sieben wurden gerettet und blieben 
völlig gesund. 

Für den Menschen empfiehlt sich sofort ein halbes bis ein 
-uter einer Vs—Vs procentigen Lösung zu geben und dies noch 
zweimal nach Verlauf einer halben Stunde zu wiederholen. Damit 
ie Lösung nicht schon durch die Schleimhäute des Mundes und 
aer Speiseröhre zersetzt wird, muss sie mit der Magensonde ein¬ 
gegeben werden. 

Nach dieser Methode konnte Hajnos zwei Menschen eine halbe 
stunde nach der Vergiftung retten. Erdös gab zwei Stunden 
nacü einer sehr schweren Phosphorvergiftung alle fünf Minuten ein 
Weinglas voll Vio-, dann i/ 5 procentiger Lösung von hypermangan¬ 
saurem Kali, bis im ganzen vier Liter genommen waren. Als 
rechmittel wurde zugleich eine halbe Spritze einer einproeentigen 
Apomorphinlösung angewandt. Die Kranke wurde gerettet und 
genas vollkommen. E. Sehrwald (Freiburg). 

14. v. Recklinghausen, Ueber die Akromegalie. Vir- 
chow s Archiv Bd. 119, S. 10. 

15. Arnold, Akromegalie. Pachyakrie oder Ostitis? 
Ziegler s Beiträge Bd. X. 

4 ►lß. Marie et Marinesco, Sur l’anatomie pathologique 
No 4 Cr ° m ^ a ^ C ' Archives de mödecine experimentale Bd. III, 


77 


„. Ein Beitrag zur Pathologie der Hypophysis 

Ziegler s Beiträge Bd. XIH, S. 629. J 

w r . 18. Arnold, Weitere Beiträge zur Akromegaliefrage. 
Virchow s Archiv Bd. 135, S. 1. s * 

So zahlreich die klinischen Beobachtungen über die Akro- 
megalie sind, so wenig sind andererseits bisher die anatomischen 
Verhältnisse dieser eigenthümlichen Erkrankung erforscht worden. 
Die sorgfältigsten Untersuchungen verdanken wir Arnold, dessen 
oben genannte jüngste Arbeit die Veranlassung zu einer Zusam¬ 
menstellung der wichtigsten Mittheilungen giebt. 

Bei der für die Akromegalie charakteristischen Volumzunahme 
der -Enden der Extremitäten und der das Gesicht zusammensetzen¬ 
den Theile war es begreiflich, dass die Erkrankung mit dem 
Kiesenwuchs verglichen und von einzelnen Seiten mit ihm identi- 
hcirt wurde. Dieser von Freund verteidigten Auffassung trat 
v. Kecklmghausen entgegen, indem er ausführte, dass die Ver- 
grösserung nicht gleichmässig sei, sondern die von ihm so be¬ 
nannten „gipfelnden“ Theile betreffe, dass die Veränderung immer 
erst eintritt, nachdem das Körperwachsthum in der Hauptsache 
abgeschlossen ist, dass durch die vorhergehenden Untersuchungen 
ein Längenwachsthum der Knochen nicht bewiesen wurde dass 
dagegen die typische Eigentümlichkeit eine Dickenzunahme ist 
demzufolge die Akromegalie besser als „Pachyakrie“ bezeichnet 
wurde, dass endlich die Affection zweifellos als eine krankhafte 
änzusehen sei und nicht nur als ein excessives, sonst aber typi¬ 
sches Wachstum. Was nun die Art der Knochenzunahme an¬ 
geht, so kamen Marie, der bekanntlich den Begriff der Akro- 
megalie formulirt hat, und Marinesco auf Grund eines genau 
untersuchten Falles zu dem Schluss, dass nicht nur ein Dicken¬ 
wachsthum, sondern auch ein Längenwachstum stattfinde. Dem¬ 
gegenüber constatirte aber Arnold in seiner ersten Arbeit, welche 
eine eingehende anatomische Untersuchung des einen der beiden 
von Friedreich beschriebenen Brüder Hagner enthält, dass an den 
meisten Knochen, insbesondere der Extremitäten, eine abnorme 
Länge nicht vorhanden, dass dagegen die Zunahme des Umfanges 
derselben um so ausgesprochener war. Dieselbe kommt zustande 
durch periosteale Knochenneubildung, welche zur Bildung zahl¬ 
reicher flacher oder zackiger Exostosen führt. Sie wird um so 
ausgesprochener, je mehr man sich den Enden der Extremitäten 
nähert, nur waren an den Händen die letzten Phalangen weniger 
befallen als die anderen. Nun hat allerdings Marie den Fall 
Hagner zwar anfänglich als Akromegalie aufgefasst, später aber 
angenommen, er gehöre zu der gleich zu erwähnenden „Osteo¬ 
arthropathie pneumique“. Dieser Einwand, den Arnold als nicht 
zutreffend zurückweist, kommt aber nicht in Betracht bei dem 
neuen von letzterem beschriebenen Falle, über dessen klinische 
Seite Erb berichtet hatte. Der durchaus typische Fall ergab 
ebenfalls lediglich eine Dickenzunahme der Knochen, eine Pachyakrie. 
Ist somit eine Trennung gegenüber dem Riesenwuchs leicht durch¬ 
zuführen, so bietet das Krankheitsbild andererseits grosse Aehn- 
lichkeit mit der von Marie aufgestellten „Osteoarthropathie hyper- 
trophiante pneumique“, bei der es sich um eine von Lungen¬ 
processen abhängige Dickenzunahme der Endtheile der Extremi¬ 
tätenknochen handeln soll, die u. a. zur Entstehung von Trommel¬ 
schlägerfingern führt. Dabei soll auch eine Veränderung der 
Gelenke vorhanden und an den Gesichtsknochen vorwiegend 
der Oberkiefer befallen sein, während bei der Akromegalie haupt¬ 
sächlich der Unterkiefer in Betracht komme. Arnold discutirt 
diese Angaben und weist nach, dass sie nicht immer alle zutreffen. 
Von der Akromegalie ist andererseits eine Trennung gut möglich, 
weil diese eine primäre vollständige und nicht eine secundäre 
darstellt. 

Die Akromegalie betrifft nun aber nicht nur die Knochen, 
sondern auch die Weichtheile. Arnold sagt daher, dass es sich 
um eine Art Pachysomie handele. Vor allem kommt es zu einer 
Wucherung des Bindegewebes, und zwar besonders in den Scheiden 
der Haarfollikel, Drüsen, Gefässe und Nerven (Marie und Mari¬ 
nesco), der Zunge (Arnold) etc. An den Nerven findet einmal, 
wie Arnold hervorhob, eine Bindegewebszunahme in der Peri¬ 
pherie statt, ausserdem finden sich in den Nerven eigenthümliche 
hyaline Kugeln, die wahrscheinlich durch Gefässentartung ent¬ 
stehen. Auch am Centralnervensystem sah Arnold Veränderun¬ 
gen, ferner Bindegewebsvermehrung an den Intervertebralganglien 
und an den unteren und oberen Ganglien des Halssympathicus. 
Die unteren hatten auch Marie und Marinesco in gleicher Weise 
entartet angetroffen. 

Ueber die Aetiologie der Akromegalie ist durch die bis¬ 
herigen Untersuchungen nichts sicheres eruirt worden. Dass das 
Nervensystem irgend eine Rolle spielt, hat man wohl angenommen, 
und Arnold erinnert an die Befünde an den peripheren, spinalen 
und sympathischen Nerven und an eine in seinem jüngsten Falle 
vorhandene aufsteigende Degeneration im Rückenmark, lässt es 


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78 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


aber dahingestellt, ob sie das Primäre sein könnten. An einen 
solchen Zusammenhang Hesse auch der Fall von Holschewnikoff 
.denken, an dessen Beschreibung v. Recklinghausen seine er¬ 
wähnten Betrachtungen anschloss. Es handelte sich um einen typi¬ 
schen Fall von Syringomyelie des Halsmarkes, bei welchem gleich¬ 
zeitig die Erscheinungen der Akromegalie bestanden. Holschew¬ 
nikoff und v. Recklinghausen discutiren daher die Frage, ob 
die akromegalische Hypertrophie nicht neurotischer Natur sein 
könne. Arnold bespricht nun ferner den Umstand, dass ähnliche 
Nervenveränderungen, wie er sie auffand, auch bei Kretinismus 
und Kachexia strumipriva von Langhans und seinen Schülern 
beschrieben wurden. Aber man dürfe deshalb nicht daran denken, 
dass etwa die Akromegalie von Veränderungen der Schilddrüse 
abzuleiten sei. Denn jene Beobachter sehen selbst in den Befunden 
an den Nerven nur eine inconstante Begleiterscheinung der Kachexie, 
und andere Anhaltspunkte für eine Beziehung zur Schilddrüse 
fehlen. Diese Erörterung führt aber weiterhin zur Hypophysis, die 
nach neueren Untersuchungen in einer Art Wechselbeziehung zur 
Thyreocidea zu stehen scheint. Sie beansprucht besonderes Inter¬ 
esse, weil sie in den meisten Fällen von Akromegalie in einen 
Tumor umgewandelt war. Derselbe war meist ein Gliom, in dem 
neuesten Falle von Arnold ein Adenom, in dem von Wolf ein 
Cylindrom. Arnold betont nun, dass es Fälle von AkromegaUe 
ohne Hypophysistumoren giebt, dass andere bei Vorhandensein 
eines solchen Tumors in vieler Hinsicht von dem typischen Bilde 
abweichen, dass ferner Hypophysisgeschwülste oft auch ohne Akro¬ 
megalie Vorkommen. Wolf meint zwar, dass man in Fällen ohne 
Tumorbildung vielleicht andere Veränderungen der Hypophysis 
finden würde. Allein nach dem jetzigen Stande unseres Wissens 
müssen wir Arnold darin beistimmen, dass die Vergrösserung des 
Hirnanhanges sehr wohl lediglich eine Begleiterscheinung darstellen 
könne. Ribbert (Zürich). 


19. A. Schuberg, Die parasitischen Amöben des 
menschlichen Darmes. Kritische Uebersicht über die Ent¬ 
wickelung und den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse. 
Centralblatt für Bacteriologie und Parasitenkunde Bd. XIII. 
3 Theile. I., S. 598-609; II., S. 654—665; III., S. 701 bis 714. 

Bei den Dysenterieerkrankungen des Menschen und beiLeber- 
abscessen, welche in Begleitung von solchen auftreten, hat man so 
häufig in den Fäcalion der Erkrankten lebende Amöben vorgefunden, 
dass man die Ursache der Krankheit mit der Anwesenheit der 
Amöben im Lumen des Dickdarmes, ihrem Aufenthaltsorte, in Zu¬ 
sammenhang gebracht hat. Die pathogene Bedeutung der Amöben 
schien dadurch ausser Frage gestellt, dass eine direkte Ueberführung 
amöbenhaltiger Fäcalien in den Dickdarm gesunder Versuchsthiere 
in mehreren Fällen ruhrähnliche Krankheitserscheinungen bei den 
Versuchsthieren zur Folge hatte. 

Schuberg stellt alle in der Litteratur vorliegenden Mit¬ 
theilungen über das Vorkommen der menschlichen Darmamöben 
und über mit ihnen vorgenommene Cultur- und Uebertragungs- 
versuche zusammen und übt eine eingehende, sachgemässe Kritik 
an denselben. Es ergiebt sich hierbei, dass Amöben auch bei 
anderen, nicht dysenterischen Erkrankungen, zuweilen sogar auch bei 
gesunden Menschen beobachtet worden sind, so dass also die An¬ 
wesenheit von Amöben nicht immer Ruhr zur Folge zu haben 
braucht. Es gelingt Schuberg sogar, durch Verabreichung von 
geeigneten Laxantien (Karlsbader Salz) an „nicht darmkranke“ 
Personen, nachzuweisen, dass Amöben auch bei gesunden Indi¬ 
viduen durchaus verbreitet sind — unter etwa 20 Stuhlgängen 
verschiedener Personen war ungefähr die Hälfte mit Amöben in 
grösserer oder geringerer Zahl besetzt. In der Regel gehen die 
Amöben, wie festgestellt worden konnte, in dem normal entleerten 
Kothe durch die Umwandlungen zugrunde, welche derselbe in dem 
unteren Abschnitte des Colons und im Rectum erfährt; auch die 
Wirkung des Ricinusöls zerstört sie. Es ist daher nicht zu ver¬ 
wundern, wenn sie nur unter geeigneten Bedingungen, von denen 
auch die Dysenterie eine darzustellen scheint, ungeschädigt oder 
doch erkennbar während des Stuhlganges in die Aussenwelt ge- 
an j^r ^. s wäre nun denkbar, dass die in gesunden Menschen 
und die bei Ruhrkranken vorkommenden Amöben zwei verschiedenen 
Arten zugerechnet werden müssten, von denen die ersteren harm- 
a * ,Ur ’ die anderen aber pathogen wären. Aus den ver¬ 
schiedenen Beschreibungen der Amöben durch frühere Autoren und 
aus den Untersuchungen, die Schuberg selbst an den, von ge- 
sunden Individuen entleorten Amöben anstellen konnte, ergiebt sich 
aber für eine derartige Scheidung kein Anhaltspunkt; es scheint 
m beulen Fällen vielmehr Amoeba coli Lösch vorzuliegen. 

• , * e 8 f. lther vorliegenden Züchtungs- und Uebertragungsversuche 
sind lur die pathogene Bedeutung der Amöben absolut nicht be- 
, d ® n Experimenten von Kartulis u. a. niemals 
Nuiküche Keuiculturen der Amöben zur Verwendung kamen, so 


dass man nie sicher sein kann, ob die durch das Experiment . 
zielte Erkrankung der Versuchsthiere nicht etwa von beigememr'-’ 
Bacterien oder anderen Verunreinigungen herrührt. Meistens könnt 
sogar von Schuberg eine derartige Täuschung aus den Berichv 
über diebetreffenden Versuche sehr wahrscheinlich gemacht 

Es geht aus alledem hervor, dass ein ätiologischer Zusamt, 
hang zwischen Dysenterie und Amöben aus den seitherigen h 
fahrungen bis heutigen Tages durchaus nicht für bewiesen geltn 
kann. A priori ist er nicht einmal sehr wahrscheinlich, in Ar 
betracht des Umstandes, dass die Amöben nicht intracellulär gonin 
frei im Lumen des Darmes leben, wo eine etwa vorhandene toxi; L- 
Wirkung derselben sehr erschwert sein muss, und in Anbetraciv 
dessen, dass Amöben, Flagellaten und dergleichen auch sonst in 
dem Darme des Menschen und der verschiedensten Thiere gefumi Ü 
werden, ohne dass, soweit sich sehen lässt, irgend welche Störung 
mit ihrer Anwesenheit (etwa durch Bewegungsreize) verbünd--: 
wären; zumal sich ohne dies auch die oft gefundene, grosseih: 
von Amöben in dysenterischen Stuhlgängen einfach darauf zurück- 
führen Hesse, dass in dem erkrankten Darme die an sich uns lii-:- 
liehen Commensalen günstigere Nährbedingungen (z. B. die in h 
Darm übergetretenen Blutkörperchen, die häufig als Nahrungskör? 
in den Amöben angetroffen worden sind)'finden, als im gesund«i. 
Darme. 

Wir müssen „bekennen, dass auf diesem Gebiete im allgeninnn 
noch recht viel zu thun ist, dass im speciellen aber hinsi htii i 
des Nachweises einer eventuellen pathogenen Wirksamkeit jen : 
Protozoen noch alles erst geleistet werden muss“. 

L. Rhumbler (Göttingeni 


20. Jul. Schwalbe, Vergiftung (Autointoxicamr. 
Selbstvergiftung). Sonderabdruck aus Eulenburg’sRealem.vki- 
pädie der gesammten Heilkunde. H. Aufl. IV. Ergänzungsband b'H 
Trotzdem der Begriff der Autointoxication erst ein ganz mo¬ 
derner ist, giebt es bekanntlich nur wenige Gebiete der men?- L- 
liehen Pathologie, zu deren Deutung dieser Begriff nicht bereu« 
herangezogen wäre, theils auf Grund einwandsfreier experimen¬ 
teller Forschung, theils an der Hand hypothetischer Erwägung 
Dass es wenige Gebiete giebt, die der Bearbeitung auf ekn-i 
kleinen Raum grössere Schwierigkeiten entgegensetzen, als gw:.- 
dieses, ist deshalb einleuchtend. Wenn es dem \erf. trotzdem Le¬ 
imigen ist, auf nur 12 Seiten eine Besprechung des kolossal 'ii- 
fangreichen Gegenstandes zu bringen, die völlig ausreicht. u 
den Leser über die allgemeinen Gesichtspunkte zu orientiren. u- 
die ihn in den Stand setzt, mit Hülfe der mitgetheilten ( ngias.- 
arbeiten einzelne Punkte genauer zu studiren, so mu>s 
höchst« anerkannt werden. Mit Recht hebt der \ erf. die ^ 
rigkeit resp. stellenweise UnmögHchkeit hervor, die ver>c it » - 
auf Autointoxication beruhenden Krankheitsbilder in sna [ 
trennte Gruppen zu ordnen, wie es neuerdings von r.. • ■ 
und Kobert versucht worden ist. Zunächst werden ab J/. . 
tionstoxikosen besprochen die Urämie, die vom Magen a 1 ^ 
ausgehenden Vergiftungen, ferner die Cholämie, die» - 
die Glykämie, die Uratämie und die Kohleusäureube - 
Blutes. Hieran werden die Nosotoxikosen, also ^ 
Autointoxicationen, und nachdem deren khmsches^ 1 , , 
zirt worden, noch einige abgeschlossene Krankheits ^ on ‘ L 
hervorgehoben. 


,u b 


durch die einfache Addition ihrer sp^““ pin neu >; 

werden, sondern ausserdem noch r ^ ■ u 


hädlich werden, sondern auBwaw« --- 
dendes Gift von viel intensiveren Eig^ebaf . 


aenaes um, von viw -— «icherp» 1 * 1 ',.. - 

d ferner, weil mancherlei Beobachtunge - j|,iv ' 

=c ,n« durch ireend welche UrabWm- 


21. Huguenin, Ueber Secundärinfection bei 

erkulose. Correspondenzblatt für Schweize 
Io. 13 und 14. , , ■ v : e i eD IuiV- 

Die mehr und mehr steigende Einsicht, dass ^ ( 

ionskrankheiten neben den specifischen Urg ^ ^ 

iitererregern eine nicht unbedeutende Rolle zu a !| n ;.il- 

lie Tuberkulose erst in den letzten Jahren und > w * fr ^, 
ich Eingang verschaffen können. Gerade hier * schädig'^ 1 
lacillen ganz besonders deswegen als ^V^^product^ 
kgens angesehen, weil ihnen resp. ihren Sto Im 

Vermögen, Fieber hervorzurufen, unzweifel a Bacillen 

o wesentHch auch die Bedeutuug der E° ^ben 
len Krankheitsprocess sein mag, so ', ersc ■ pn p ro ce?^ tii: 
icht der Antheil, der den Erregern der j^ben i^ ; :r 

lenen die Krankheit fast immer einhergeh ,, ^ie Tubern 

o weniger, als cs jetzt für sicher gelten » _ pon imiUi 
netten allein eine echte Eiterung nicht zu ene b 

Das Nebeneinanderwirken verschiedeuer Bacte i^^ t 

leshalb um so mehr ins Gewicht, _ wedBaciUencon^^ ^ 


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25. Octobor. LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


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eingebüsst haben, sie durch Zusatz anderer Bakterien oder ihrer 
Produeto wiedergewinnen können. Inwieweit das nun für die 
Tuberkulose zutrifft und inwieweit man den Tuberkelbacillus bei 
der Lungenschwindsucht nicht als das alleinige Krankheitsmoment, 
sondern nur als den Participanten einer Gesellschaft von schädi¬ 
genden Factoren anzusehen hat, das näher zu ermitteln, hat 
Huguenin in vorliegendem Aufsatze sich angelegen, sein lassen. 

Er geht von dem Grundaxiom aus, dass die Tuberkelbacillen 
keine Eitererreger im wahren Sinne sind; immer wo Eiterungen — 
und das ist in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fall — mit 
im Spiele sind, sind sie auf Rechnung secundäror Einwanderer zu 
schieben. Diese secundären Bacterien, die in grosser Menge und 
Varietät Vorkommen, sind nicht allein dadurch gefährlich, dass sie 
anscheinend die Wachsthumsverhältnisse der Koch’schen Bacillen 
verbessern, sondern ganz besonders deswegen, weil sie unendlich 
viel leichter in das Gefässsystem einbrechen als jene; so hat 
Huguenin bei fiebernden Kranken ihre Anwesenheit im Blut 
fast immer constatiren können. Aus diesem Grunde wird bei der 
chronischen Lungentuberkulose der Schlussact in der Regel von 
einer septischen Intoxication gebildet und ganz erheblich seltener 
durch eine tuberkulöse Ueberschwemmung von der Lunge aus. 
Daher stellt jede acute Streptococcenbronchitis, wie sie so oft epi¬ 
sodisch im Verlauf einer Lungenschwindsucht auftritt, eine grosse 
Gefahr für die Kranken dar; denn sie kann der unmittelbare An¬ 
lass für den Eintritt in das terminale Stadium werden. 

Diese Umstände sind für die Therapie von einschneidender 
Wichtigkeit; unser Bestreben muss vor allem darauf gerichtet 
sein, die bestehende Eiterung zu beschränken und dadurch für die 
Heilung der Tuberkulose einen günstigen Boden zu schaffen. 
Diesem Desiderat wird nach Huguenin die Kiimatotherapie in 
vollstem Maasse gerecht; denn sie stellt den Kranken eine Respi¬ 
rationsluft zur Verfügung, welche frei von pyogenen Keimen ist. 

In den geschilderten Verhältnissen sucht Hugmenin auch 
den Grund für das Misslingen der Koch’schen Behandlung mit 
Tuberkulin. Bei Tuberkulösen nämlich, die gleichzeitig einer 
pyogenen Infection unterliegen, ist das Fieber abhängig von den 
infolge der Symbiose der Tuberkelbacillen und der Eitercoccen 
entstehenden giftigen Stoffwechselproducten; führen wir hier frisches 
Tuberkulin von aussen zu, so vermehren wir die eine Componente 
des Giftstoffes und giessen geradezu „Oel ins Feuer.“ Daher sollte 
dieser Behandlung niemals ein Schwindsüchtiger unterworfen wer¬ 
den, in dessen Sputum sich pyogene Bacterien in erheblicher Menge 
vorfinden; völlig ausgeschlossen müssen davon die terminalen 
Stadien sein, zumal wenn ein Einbruch von Streptococcen in die 
Blutbahn sicher constatirt ist. Freyhan (Berlin). 

22. Aufrecht, Ueber einen Fall von primärer Frag¬ 
mentation des linken Ventrikels. Zeitschr. f. klin. Med. 1894 
Bd. XXIV, Heft 3/4. 

Zur Lösung der Streitfrage, ob die durch die Arbeiten Re- 
naut’s (1877) zuerst allgemein bekannt gewordene Fragmentation 
des Herzmuskels eine post- oder prämortale Erscheinung sei, ob 
sie klinische Bedeutung besitze oder nicht, glaubt Aufrecht durch 
eine eigene Beobachtung einen wichtigen Beitrag liefern zu können. 
In seinem Falle handelte es sich um einen 48jährigen Patienten, 
der unter den Erscheinungen der Herzinsufficienz 24 Stunden nach 
seiner Aufnahme in das Krankenhaus zugrunde ging. Bei^ der 
Section fand man als wesentliche Veränderungen makroskopisch 
beträchtliche emphysematose Ausdehnung der Lungen, Vergrösse- 
rung des Herzens, bedingt durch Dilatation und Hypertrophie des 
rechten Ventrikels, ferner auffallend blassgelbe Färbung und mürbe 
Consistenz der Muskulatur des normal weiten linken Ventrikels; 
mikroskopisch im Herzen: normale Structur des rechten Ven¬ 
trikels, ausgebildete Fragmentation am linken mit Blutergüssen 
zwischen den einzelnen Muskelfasern, die Muskelfaserstücke selbst 
ohne Veränderung, speciell ohne fettige Degeneration. Auf. Grund 
dieses Befundes kommt Aufrecht zu dem Schluss, dass die Ver¬ 
änderung am linken Ventrikel schon während des Lebens bestanden 
habe; sie allein gewähre für das ganze Krankheitsbild sowie für 
den Ausgang der Krankheit die einzig mögliche positive Begrün¬ 
dung. Die einzige vorhandene Veränderung des linken Ventrikels, 
die Fragmentation, habe durch Stauung des Blutes im kleinen 
Kreislauf eine Dilatation und Hypertrophie des rechten Ventrikels 
herbeigeführt. 

In dieser Deduction wird mancher eine zwingende Kraft mit 
Recht vermissen. Dass einmal die Hypertrophie und Dilatation des 
rechten Ventrikels durch das (nach der Anamnese schon 20 Jahre 
vor dem Tode entstandene) „beträchtliche“ Lungenemphysem ge¬ 
nügend erklärt werden kann, wagt Aufrecht selbst nicht ganz 
zu bestreiten: wenigstens gesteht er zu, dass das Emphysem zu 
jener Veränderung „wesentlich beigetragen“ habe. Ob ferner —wenn 
man schon zugeben will^ dass die linke Herzmuskulatur überall 


von sichtbaren parenchymatösen Veränderungen frei gewesen 
ist — die Interstitien durchweg normal sich verhalten haben, 
das wird man so lange bezweifeln dürfen, als man nichts über 
den Umfang der untersuchten Particen erfährt. Seitdem Köster 
für die makroskopische, Krehl und Romberg neuerdings für die 
mikroskopische Diagnose der interstitiellen Myocarditis betont haben, 
dass ausgedehnte Muskeluntersuchungen nothwendig sind, bevor 
man die Abwesenheit interstitieller Processe behaupten darf, wird 
man die blosse und beiläufige Angabe „das interstitielle Gewebe 
zeigt keine Veränderung“ als nicht ausreichend ansehen. Dass 
aber eine etwaige Myocarditis interstitialis das vorliegende Krank¬ 
heitsbild völlig erklären würde, liegt auf der Hand. Dann würde 
auch die Anwesenheit der kleinen Blutergüsse zwischen den frag¬ 
men tirten Muskelfasern jede Bedeutung für die Aufrecht’sche 
Deutung des Falles verlieren: einen absoluten Beweis dafür, dass 
die Fragmentation längere Zeit vor dem Tode des Patienten ent¬ 
standen sei, liefern die (der Beschreibung nach frischen) Hämor- 
rhagieen ohnehin nicht. Schwalbe (Berlin). 


23. Glax, Zur diätetischen Behandlung chronischer 
Herzkrankheiten. Vortrag, gehalten in der Abtheilung für 
interne Medicin der 66. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Wien. (Autorreferat.) 

Glax, welcher seit 20 Jahren Studien gemacht hat über das 
Verhältniss der Harnmenge zur aufgenommenen Flüssigkeit bei 
Herzkranken, theilt seine hierbei gewonnenen Erfahrungen mit und 
kommt auf Grundlage von mehreren hundert Krankenjournalen, 
die sich zum Theil auf 4 bis 5 Jahre dauernde Beobachtungen 
erstrecken, zu folgenden Schlussfolgerungen: 

I. Die Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr ist eine der wich¬ 
tigsten Maassnahmen bei Behandlung chronischer Herzkrankheiten 
und genügt häufig allein, um eine Compensation herbeizuführen. 

II. In vielen Fällen, wo die Herzmittel bereits ihren Dienst 
versagten, tritt ihre Wirksamkeit neuerdings hervor, sobald gleich¬ 
zeitig die flüssigen Ingesta den Ausscheidungen entsprechend re- 
gulirt werden. 

IH. Wenn die von ihm und später von Oertel empfohlene 
Methode nicht allgemeine Anerkennung fand, so kann der Grund 
nur darin gelegen haben, dass das Verfahren nicht exact genug 
durchgeführt wurde, weshalb er die Prüfung der Methode unter 
genauen Messungen der flüssigen Ingesta und Egesta neuerdings 
empfiehlt. 


24. Glax, Zur Kiimatotherapie des Morbus Base- 
dowii. Vortrag, gehalten in der Abtheilung für Balneologie und 
Kiimatotherapie der 66. Versammlung deutscher Naturforscher und 
Aerzte in Wien. (Autorreferat.) 

Es ist eine bekannte Thatsache, dass sich Kranke, welche an 
einer Insufficienz des Herzmuskels leiden, an hochgelegenen Punk¬ 
ten nicht wohl befinden. Um so auffälliger war es, dass Stiller 
in zwei sehr schweren Fällen von Morbus Basedowii an einem über 
1000 m hoch gelegenen Curorte einen glänzenden Erfolg erzielte. 
Da sich andererseits Herzkranke im Stadium der Compen- 
sationsstörung in dem milden Küstenklima Abbazia’s meist rasch 
erholen, so war es von Interesse zu erfahren, wie dieses Klima 
bei Morbus Basedowii wirkt. 

Glax berichtet nun über fünf Fälle von Basedow’scher 
Krankheit, bei welchen in Abbazia sehr gute Resultate erzielt 
wurden. Ueberraschend war namentlich in zwei Fällen die Ge¬ 
wichtszunahme, welche bei einer Patientin in zwei Monaten 7 kg 
und bei einer anderen in drei Monaten sogar 10 kg und 350 g 
betrug. Vielleicht beruht die übereinstimmend günstige Wirkung 
des Höhenklimas und des Seeklimas bei Morbus Basedowii auf der 
Thatsache, dass sowohl auf grossen Höhen, als auch an der See 
eine bedeutende Zunahme der rothen Blutkörperchen und des Hä¬ 
moglobins beobachtet wurde. 


25. C. R. Meyer und F. Haenel, Ein durch Castration erfolg¬ 
reich behandelter Fall von Prostatahypertrophie. Centralbl. 
f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. V, Heft 7. 

Ein 70 jähriger Mann, an den Beschwerden der Prostatahypertrophie 
leidend, wurde doppelseitig castrirt. Nach noch nicht zwei Monaten war 
die vorher faustgrosse Prostata zur Norm zurückgekehrt. Auch die Be¬ 
schwerden Hessen allmählich nach, der früher trübe Urin wurde durch 
entsprechende Behandlung von fast völlig normaler Beschaffenheit und 
konnte spontan alle vier bis fünf Stunden entleert werden. In einer epi¬ 
kritischen Beleuchtung wird dann die Analogie der Castration mit der bei 
Uterusmyomen des längeren besprochen und endlich der V orzug derselben 
vor anderen operativen Maassnahmen gegen Prostatahypcrtrophie, wie 
z B der Unterbindung der Arteria iliaca interna, hervorgehoben. — Wer das 
wechselvolle Bild eines Prostatikers kennt, der wird zugeben, wie schwierig 
ein causaler Zusammenhang der Operation mit der Besserung zu beweisen 
ist, Ich habe noch vor kurzem einen 80 jährigen Greis mit enormer 
Prostatahypertrophie und grössten Beschwerden behandelt, dessen Ende 
ich täglich zu sehen glaubte, allein der Patient erholte sich, der Unu 


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■M» iI"J XJSi'nrn.lM- ^ «..d m.t, fcrIiM.IWH.umft ,*4.« -m, PrI H 1‘J7 Txl 
i-BeurOmtluü^. (iw Ouww. JT*m/Du. A. Mteak, ,.-<94 L*J:> S. ; 

. . .. . Id. 1, Heft 1. , ; "': .‘ * , >\ Wtwr Dio Ab*eMi*iii>? dar nenuSrlatttanh'»,.': 

Mit Hülfe- oiiiiss.Alniiiiurma'iialidSetH'J' mit Omtöuip.twoitrttieiliiHS . -* Wl £®* ?’}•. 4wuttaM««4(B!|i' jQr Aoi*i«- iturf 
vm*hm war und ito dofbh diu Nmmhm* rinm} bts *« dio -denn, D^ or im, 69 S • 

3vacb.vüwaöd 4 iw audm-t-s • rnd mir bis m dim. hinteren Hand : igdb' 1 64 S ** ** ' ***4*^ rftfi 

des: Von,er xM^mhd. und vorn hü dir anplru<kt ’ "tn^tianskmWettcju £ 1W« T S n„. y lUl(l , ;r ,,., 

wurde, nahm H <>r» w^üit amüthrnfmcho Mosmmgmi 4ö* Imhmflarelk BoLitin^uconkfHähboit in Vurnoipmeru. Star^vu K Sv" • ■ 

nir.^sors dr^ ^H,oku?pt,uin nnd df;R Kn^enrauberirauinaj bi'i Ck>3iinci^>jL 5ii 8. ‘ ’ ' • 

und N.^iifiMdondcji, Lesnnddt'fe Okdöilukriinkoß, vor urri zxt 1 ^ v &. Sehpuiaiu^un, DipLtkHrin und .Diphtktä«foin<k< 

iidgenden Resulkitfit. Boi-. 40- ORatowkrnüktm h« :All-nr Votr 15 : bis .' •Blmi.sefiß^ZaU und Sfrottiruga' V]Jl Öwiil, Uoh. \V;,v ■ 

M jnlire/i bfötrog <ter Tirdnndnrcduu vtsn: das iSupLnn Du Durclu • ' Hnidßr. ldi>4, 

^c-JbtniU 71 jnui^ tter T^PeaüItm^iiiÄM : t’ t ■?*■ ’ etijer a/^fr^tiäeJiftä jLij*^^ 

■la«t«.- K im r>..r-t»oli#i,t • tw;t 20 mm: f-r, K r bn 27 l& Dis ul '^ ,!lri l -' 

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imtase mr •i;urdun«e>»v de» hejiWm inr I*urcWs«na«:t <*m 7rmm rr.uk.heil.on »ufüruod der koitigo.« t!»t?Vi»e*«u-,«. 

.und der 'du «-.^tämruriummiimw ^3 mm:• nndlud» bei: fil ' 14> . bis . lüin Jahrbuch % Ami* und Btudbrüdu. iV/AulIagn ; 

■■Jfihre.-JiUic« Individiuiu. ä onLweüeir and?'i‘e oder keine lSwm~ W., V»kyU, Ci8 S-, L0 M 

$ir Pyc.iv puukWorth, Dio 0i(:b t. MDrußrh* 4h^fnk7?n 
if nf ppe. l.apzig'. Amb»*. Ak‘L 1^04. 

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I _.- t . (t » r vr .1 .» . »•(■'•• 1 



HopeDus, OuiM-iuosis, »*iu uiiü«ir Ki’nokhfitfciiÜA u” 
•gr.usn tj'utl- Thnr,?.pin • ivnoh den kb'und^Uü.n nuä»er .,ln>K*rC‘K AnJi^r- ••- 
MtiJQöMSi SfeitÄ. l}Si:h S,> IM M>‘ 

ßtlmnto!i»$-(e ni»a ftalrusolösie, U. FlurBeh.iDz .Fontes Äl.ua-. 
Wiesbadener Themen, und ihre Doaifthnr.gnri zum VuikuiijTuu?. 

a>; o*f|i) m. 


iiirbt i'üi' dio Folge otufL outxdn.diiöhu« Pforö^t^,, eiLOuloni ;ur fdmi : Wu'sUada;. i F liorgunann, Lj!M. S„ !^,8U M. 

Wuchst Im msstöning, Wi dor ao-b (tos übvigo Kd-sonskielött und diu i TU. Schott,-. Zu? uüiHcn U oh 5-ra u 3 Ire ög tiag - h- ; 

s* iiiuiirdiiiuiu dtirflig «niwivkolt -i?ui »«»ui unter dom ripiifei^u fl f;/’-.V ]u ' i J - Auilage. yvüÄdcii.. .1 L $m0 

flinzutritt v,m Kutnrdwn und öttongen Riitshnda^h wir CVza^uti 32 LOG: M> 

MVfn («rngpuittUp Vo!‘;ad%ung hiht«ttkmnftdb die Huateiuisobfi 
f'j'ädUpn^lD^ft /.ur ßntsiebuug dm* Ozumh. In praklisolidr Hinsicbfe 
Itilet diw VfirfatefiT ron Beinen Tmter^udinü&t-n AubaHv 

jdnnkte tür die jDiHLm't?jiiifiingnr^o ab, intern die na^^4wrosnno J 0ig^„ ww w , w> , __ _ 

S^ptliur^orkiir/uog (beim Ffhion ^tw'ugnr .lUtlerfi pntbC'lOgRebov ' b«doo, .J. F. Beiginunn. i.^ 94 . H. ..... 

n?s:i< hou dit-or JV?im pntlMi von Sxphilih) für dm auf ; (^ic;o\vjeZ, \V ipl crklinu von ?ni, lO*n,(«. J'ad > 

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A. Jtrrusz (Jteidel-Wg). Wiesbaden, 3. FLBgrgmuött, lStfT L% S., «,<J0 .M. 

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»tr • „ \ Bttgvitf da Hysfeno uuxl nrnJan WwUrL va^hgend : 

1XL Zur KeeensxoÄ exngegangeue -Bücher.. A.i- m s.. ioo m. — 11; v^h mm* ^ .;•. 

(Vu.geJ.endf/r,; Bfsprorhun« vorhokdtnn.) ^ flrr Neiwogii.tr lieber So^cu^.irimgvn \nn O.uVw. ** *■- 

ATIgemeinc«, Mfi^berbüito, SamineiWerko ^ »< w. J f rfti. U.-h, U,pf f' .v "tnof^Vi^-r <.,«,( «... 1. s ,„oer " 

•e ä iwis" 4 1Io,! 5't.t't «im:!«, -IrfilÄ * m»aa,-. )<«:■. .; .,..„ i, Z . ferAokea Mmmvhern fifi.e ; 

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Lob M. ; . 


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Beriffh tigu-ng. 

In TöBiiuMii fleferai • d«s L»dirbmdtba ijor yfy 



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dass dir Niudnviüs wögoix fi<iiuer ! 




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Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 8 - November 1094. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


Heilk™d B a B *ReTs” ! w 1 i ;ife UlenbUrg - <>« Rammten 

, . 2 : Vicquerat, Das Heilverfahren der Tuberkulose; gegründet auf 

bactenologisch-expenmentelle Studien. Ref. Lubarsch g g 

a~* *7Sf e JpT! Le Ä S nmdv[as der klinischen Bacteriologie 
lür Aerzte und Studirende. Ref. Schwalbe. K 

4. Kohl, Die officinellen Pflanzen der Pharmacopoea germanica für 

Pharmaceuten und Mediciner. Ref. Lewin. ö mr 

5. v. Koffer, Klinische Propädeutik. Ref. Fürbringer 
b. Hirsch, Genie und Entartung. Ref. Moll. 

7. Israel, Erfahrungen über Nierenchirurgie. Ref P G 

w _* Vernich und Wehmer, Lehrbuch des öffentlichen Gesundheits- 
wesens. Kef. Al brecht. 

9 ßUschko, Syphilis und Prostitution vom Standpunkte der öffent- 
liehen Gesundheitspflege. Ref. Eulenburg. 

. R .? th - Armenfürsorge und Armenkrankeupflege mit besonderer 
Berücksichtigung der heutigen Stellung des Armenarztes und Vorschläge 
zu ihrer Reform. Ref. Lissa. 

11. Hegar, Der Geschlechtstrieb. Ref. Eulenburg. 

10 r\ z * 1 ‘» ch r lft »“HI>erglcht! Pharmakologie und Toxikologie: 
lw. Grünfeld, Zur Frage über die Wirkung des Mutterkornes und seiner 


INHALT. 


Bestandtheile auf das Rückenmark der Thiere. — 13. Al es sandro, Con- 
tnmito allo studio delle lesioni istologiche determinate nelT uomo dall' 
avoelenamento acuto per sublimato corrosivo. 

, . J I ! f . e . ctiouskrau kheiton: 14. Spengler, lieber Lungentuberkulose 
und bei ihr verkommende Misclnnfectionen. 

t«,w GebuPt8 5 ü K lf ® U . n f u hkologie: 15. Gebhard, Klinische Be¬ 
trachtungen und bacteiiologische Untersuchungen Uber Tympania uteri. - 
1b. Heuck. Ein neuer Fall von Luftembolie bei Placeuta pmevia 

Psychiatrie und Neurologie: 17. Moravesck. Das hysterische 
Irresein. J 

i Chirurgie: ^ 18. Wunderlich, Klinische Untersuchungen über die 
VN irkung der Aether- und Chloroformnarkose auf die Niere 

Dermatologie und Syphilis: 19. Sieveking, Ueber Striae dis- 
teusae cutis. 

Rhino - Laryngologie: 20. Schadewaldt, Der blutende Polyp 
der Nasenscheidewand. - 21. Alexander. Bemerkungen zur Anatomie 
der blutenden Septumpolypen. — 22. Scheier, Beitrag zu den blutenden 
Polypen der Nasenscheidewand. — 23. Heymann, Zur Lehre von den 
blutenden Geschwülsten der Nasenscheidewand. 

Militärmedicinalwesen: 24. Grossheim, Ueber Militärlazaretke. 
~ -to Derselbe, Erfahrungen über das Zelt 3 ystem. 

Hi. Zur Recension eingegaugene Bücher. 


I. Bücherschau. 

1. A. Eulenburg, Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde 

Medicmisch-cliirurgisehes Handwörterbuch für praktische Aerzte. 
Dntte, gänzlich unbearbeitete Auflage. Band IV. Brenzcatecliiu 
bis Cnicin. Mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt und 
rarbendrucktafeln. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg. 
1894. Ref. Schwalbe (Berlin). 

Der vor kurzem erschienene vierte Band der Realencyclopädie 
weist relativ wenige Veränderungen in der Summe der Einzel- 
artikel auf. Neueingefügte Aufsätze, welche hauptsächlich dem 
balneologisclien und pharmakologischen Gebiete entstammen, finden 
sich nur in ziemlich geringer Zahl. Andererseits sind mehrere 
Aufsätze ausgeschieden, die theils an anderer Stelle im Zusammen- 
hang verarbeitet werden, theils als veraltet oder unwesentlich ganz 
in Fortfall gekommen sind. 

Wenn trotz des letzteren Umstandes das Volumen des vierten 
Bandes gegenüber der zweiten Auflage nur wenig verringert worden 
ist, so ist diese Erscheinung vornehmlich auf die zum Tkeil erheb¬ 
liche Erweiterung einzelner alter Artikel zurückzuführen. So zeigt 
z. B. der Artikel Carcinom (Birck-Hirschfeld) fast, der Artikel 
Cholera (Eichliorst) vollständig eine Verdoppelung der Seitenzahl. 
Gerade an diesen beiden Thematen, welche in den letzten Jahren 
eine so umfangreiche Bearbeitung erfahren haben, kann man 
wiederum die Vollkommenheit der Realencyclopädie ermessen, die 
allen Anforderungen genügt, die dem Praktiker über jede Frage 
eine erschöpfende Belehrung, dem Studirenden über die Litteratur 
bis in die neueste Zeit hinein zuverlässigste Auskunft darbietet. 

Von grösseren Artikeln dieses Bandes seien ausserdem her¬ 
vorgehoben: Brom (Langgaard), Bronchitis catarrhalis (Auf¬ 
recht), Brustdrüse (Albert), Brustfellentzündung (Rosen¬ 
bach), Brusthöhle (v. Bardeleben), Bubo (v. Zeissl), Bulbär- 
Paralyse (Eulenburg), Carbolsäure (L. Lewin), Castration 
der Frauen (A. Martin), Cataracta (Laqueur), Cerebrospinal- 
meningitis (Heubner), Chinarinden (Binz), Chlorosis (Eich¬ 
horst), Chorea (Eulenburg), Choroiditis (Goldzieher). 

2. Vicquerat, Das Heilverfahren der Tuberkulose, gegründet 
auf bacteriologisoh-experimentelle Studien. Moudon, J. Kretz- 
Bethemann, 1894. Ref. 0. Lubarsch (Rostock). 

Der Inhalt der kleinen Broschüre kann für einen Menschen¬ 
kenner nicht gerade überraschend sein. Die Aussichten, welche 
das Behring’sehe Princip von der Serumtherapie eröffnet, sind ja 
in der That geeignet, manchen unkritischen Kopf schwindeln zu 
machen. Das Recept erscheint so äussert einfach und der Preis, 
nicht nur der leidenden Menschheit zu nützen, sondern eventuell 
auch ein hochberühmter Mann zu werden, lockend genug. Dr. Vic¬ 
querat hat denn auch gleich nach dem höchsten Ruhme gegeizt 
und das neue Princip auf die Heilung der Tuberkulose anzuwenden 
gesucht. Nach einer Reihe von confusen Auseinandersetzungen über 
Immunität und nach Wiedergabe schlecht verstandener Ansichten 


| von Behring u. a. geht er dazu über, die Wirkung des Esel¬ 
serums bei der Tuberkulose zu schildern. Es ist überaus charak¬ 
teristisch,^ dass der "Verfasser nicht einmal das Hauptprincip der 
Behnng’schcn Therapie verstanden hat und seine Anschauungen 
auf die völlig widerlegten Angaben Behring’s über den Heihverth 
des Rattenblutserums beim Milzbrand der Mäuse gründet. Wäh- 
rend aber Behring jetzt stets betont, dass nur das Blut künst- 
j llch immunisirter Thiere heilende Eigenschaften besitzt, nicht aber 
das natürlich immuner, benutzt Vicquerat das Eselserum zur 
Heilung der Tuberkulose — weil unter anderem Tuberkelbacillen 
auf Eselserum nicht wachsen und weil beim Esel die Tuberkel- 
bacillen eine rasch heilende Tuberkulose erzeugen sollen. Es ist. 
unnöthig, auf die experimentellen Grundlagen des Vicquerat’schen 
Heilverfahrens einzugehen; es wurde natürlich bei tuberkulösen 
Meerschweinchen ein „unbestreitbar hemmender Einfluss des Esel¬ 
serums auf den tuberkulösen Process“ festgestellt. Ueber die Heil¬ 
erfolge beim Menschen enthält die Broschüre so gut wie nichts; 
sie vertröstet auf spätere Mittheilungen. Es ist demnach inter¬ 
essant, über die Sitzung der Societe mödicale de la Suisse Romande 
vom 11. October d. J. zu berichten, in der Dr. Vicquerat einen 
Vortrag über sein neues Heilverfahren hielt. Das „British medical 
Journal“ vom 20. October theilt darüber in einem „l’äne de Vicquerat“ 
überschriebenen Artikel näheres mit. Nach einer Kritik von Prof. 
Revilliod über die „voreilige“ Publication Vicquerat’s nahm 
die Gesellschaft einstimmig folgende Resolution an, „dass die Ge¬ 
sellschaft bei dem Fehlen von Beweisen sich nicht in der Lage 
sähe, über die Tuberkulosenbehandlung von Dr. Vicquerat e?u 
Urtheil abzugeben.“ —Damit dürfte die Sache wohl erledigt sein. 
Für den Psychologen und den Historiker der augenblicklich 
herrschenden therapeutischen Bestrebungen wird die Vic quer ät¬ 
sche Broschüre stets einen nicht uninteressanten Beitrag bilden. 

3. F. Klemperer und E. Levy, Grundriss der klinischen Bac¬ 
teriologie für Aerzte und Studirende. Berlin, A. Hirschwald, 
1894. Ref. Schwalbe (Berlin). 

Je schneller eine Wissenschaft vorwärts schreitet, je häufiger 
ihre Lehren modificirt und durch andere Anschauungen ersetzt 
werden, desto lebhafter ist das Bedürfnis nach neuen Lehrbüchern, 
welche über den derzeitigen Stand der Disciplin Auskunft geben. 
Und da der Geschmack des vielköpfigen Leserpublikums nicht ein¬ 
heitlich ist, der eine seine Ansprüche mehr auf den Inhalt, der 
andere mehr auf die Darstellung, der dritte wiederum vorwiegend 
auf den Preis richtet, so wird jedes neue Werk, wenn es nur an 
sich etwas Brauchbares liefert, seine Daseinsberechtigung hinläng¬ 
lich begründen können. 

Das vorliegende Buch von Klemperer und Levy bedarf frei¬ 
lich eines solchen Nachweises nicht. Die Autoren haben sich nicht 
darauf beschränkt, die Bahnen ihrer Vorgänger zu wandeln und 
mit ihrem Werk da& Dutzend gleichartiger bacteriologischer Lehiv 
bücher voll zu machen, sondern sie haben versucht, die Materie 
in origineller Form zu bearbeiten. In diesem Grundriss wird die 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 







! 


82 


LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


NO. 1;' 


Bacteriologie ausgesprochenermaassen als Hülfswissen Schaft der 
ärztlichen Kunst abgehandelt, und die Resultate der bacteriologi- 
schen Forschung werden unter klinischen Gesichtspunkten zu¬ 
sammengefasst. Ueberall werden im speciellen Theil die bacterio- 
logischen Thatsachen in Beziehung zu Diagnose, Prognose und 
Therapie der verschiedenen Krankheiten gesetzt und die wissen¬ 
schaftlichen Ergebnisse für die praktische Thätigkeit des Arztes 
am Krankenbett verwerthet. Es muss den Verfassern zugestanden 
werden, dass ihnen die Durchführung ihres Planes wohlgelungen 
ist und dass sie ein baeteriologisehes Werk geschaffen haben, das 
der Studirende, wie namentlich der Praktiker zu dem Zwecke, zu 
welchem es angelegt ist, mit vollem Nutzen verwenden kann. 

Dass manche Angaben heute, wenige Monate nach dem Er¬ 
scheinen des Werkes, nicht mehr richtig sind, ist auf Rechnung 
der schnellen Fortschritte der bacteriologischen Wissenschaft zu 
setzen. Voraussichtlich werden die Autoren bald Gelegenheit er¬ 
halten, bei der zweiten Auflage die nothwendigen Ergänzungen zu 
liefern. 

Um schliesslich ganz kurz auf die Disposition des Werkes 
einzugehen, so zerfällt dasselbe in vier Theile. Im ersten allge¬ 
meinen Theil werden die Morphologie und Biologie der Bacterien, 
Infection, Immunität, Immunisirung und Heilung, endlich die Züch¬ 
tlings- und Untersuchungsmethoden abgehandelt. Im zweiten Theil 
findet sich die Auseinandersetzung über die Entzündungen und 
Eiterungen; sämmtliche Krankheiten, bei denen die Entzündungs¬ 
erreger Vorkommen (Erysipel, Meningitis, Pneumonie, Perityphlitis 
etc. etc.) werden kurz auf ihre bacteriologische Bedeutung unter¬ 
sucht. Der dritte Theil umfasst die gesainmten specifischen Bac- 
terienkrankheiten, der vierte Theil die Mykosen und die Infectionen 
mit niedersten thierischen Organismen. In einem Anhang endlich 
wird eine Anleitung zur bacteriologischen Untersuchung von Boden, 
Luft und Wasser und zur Desinfection gegeben. 


4. F. G. Kohl, Die offlcinellen Pflanzen der Pharmaeopoea 
germanica für Pharmaceuten und Medioiner. Leipzig, 
Ambr. Abel. Ref. Lewin (Berlin). 

Für Pharmaceuten und Mediciner? Mehr wie ein „fertiger“ 
Mediciner wird über die Bestimmung eines Pflanzenatlas mit vor¬ 
züglichen Erläuterungen für Mediciner den Kopf schütteln. Braucht 
denn der Arfct derartiges? Wird es doch schon oft als etwas nicht 
absolut Erforderliches angesehen, dass man Arzneimittellehre oder 
gar Toxikologie mit dem Eifer hört, wie z. B. pathologische Anatomie! 
Und wie wenige dringen in die vorgenannten Disciplinen wirklich tiefer 
ein! Die pharmakognostische Seite der Arzneimittellehre gar ist 
den meisten, sogar auch manchem beamteten Arzte, der bei Apo¬ 
thekenrevisionen mitwirken muss, eine terra incognita. Deutsch¬ 
land steht in dieser Beziehung z. B. auch hinter Oesterreich zu¬ 
rück, wo im Physikatsexamen pharmakognostische Kenntnisse mit 
Recht verlangt werden. Jedes gute Bildungsmittel, das es ermög¬ 
licht durch Selbststudium eine Vervollkommnung oder Aneignung 
eines solchen nothwendigen Wissens herbeizuführen, muss mit 
Freuden begrüsst werden. Das vorliegende, noch nicht ganz ab¬ 
geschlossene, Werk zeichnet sich vor manchem ähnlichen durch 
die besonders fein und lebenswahr dargestellten Pflanzenbilder aus. 
Der Verfasser hat sie selbst gezeichnet, und diese Vereinigung des 
Künstlers und Botanikers schuf naturgemäss mehr, als man es von 
botanisch unerfahrenen Zeichnern verlangen kann, die auf das Cha¬ 
rakteristische erst hingewiesen werden müssen. Die Erläuterungen 
beziehen sich nicht nur auf die einzelnen dargestellten Specimina, 
sondern geben in mustergültiger Weise kurz und treffend die ent¬ 
sprechenden Charakteristica der Gattungen und Familien. Bota¬ 
nische, pharmakognostische und chemische Hinweise auf die arznei¬ 
liche Bedeutung liefern ein harmonisches Ganze, das zu belehren 
und Lust an dem Lernen dieser Wissenschaft zu wecken wohl 
imstande ist. 


5. v. HofFer, Klinische Propädeutik. Graz, Leuschner & Lu- 
bensky, 1894. 208 S. Ref. Fürbringer (Berlin). 

Mit diesem Werkchen wollte der Autor ein „Lehrbuch“ zur 
Sammlung von Vorkenntnissen für das Studium an den medicinischen 
Kliniken schaffen. Er hat aus den bekanntesten Lehrwerken „das 
Beste und das, was er selbst seit eingr zehnjährigen Lehrthätigkeit 
als notwendig gefunden, sich bemüht, in einer leichtverständlichen 
und praktischen Form zu bringen“. Das ist ihm zweifelsohne im 
grossen und ganzen gelungen, und man darf nicht leugnen, dass 
ein brauchbares Lehrmittel für den gedachten Zweck vorliegt. 
Originelles geht ihm freilich ab. Auch an Lücken fehlt es nicht. 
So ist die „Palpation der Nieren“ dermaassen dürftig ausgefallen, 
dass die der wichtigen Differentialdiagnostik der Leber- und Nieren¬ 
tumoren dienenden Errungenschaften der Neuzeit nicht einmal an¬ 
gedeutet sind. Die Darstellung ist klar und bündig. 

Die Darbietungen umfassen zunächst das übliche Material der 


Lehrbücher der Auscultation und Percussion, ausserdem dieünt 
suchung des Kehlkopfes, Auswurfes, Blutes, Harnes des fr 
brochenen und der Fäces. Angeschlossen ist eine auf zehn 
untergebrachte Diagnostik der wichtigsten Lungen- und Herzkrani 
heiten. 

Die Ausstattung ist eine treffliche. Das Buch wird 
Weg finden. L “ 


6. William Hirsch, Genie und Entartung. Eine psycholo^, 
Studie. Berlin und Leipzig, Oscar Coblentz, 1894 Ref aT|h r 
Moll (Berlin). ' 

Die Arbeit von Hirsch ist in erster Linie eine Kritik $$ 
den Entartungsbegriff, wie ihn Lombroso und Nordaii eiiizr- 
führen versuchen. Hätte sich der Verfasser auf eine solche Kritik 
beschränkt und hätte er • sie weniger mit persönlichen Angriffe 
versehen, so würde sein Buch das grösste Lob verdienen: dm: 
auch der leistet für den Fortschritt der Wissenschaft etwas, i 
falsche Ansichten widerlegt und bekämpft. Dass dies dem Wi- 
fasser vielfach gelungen ist, kann nicht bestritten werden. Er wo¬ 
nach, welcher Uebertreibungen sich die genannten Autoren schuld;: 
machen, in welcher vorschnellen Weise z. B. Lombroso, auf dü* 
Stelle von Dante’s Dichtungen gestützt, eine Epilepsie bei fr: 
Dichter annimmt. Nun wollte der Verfasser offenbar nicht w 
eine Kritik liefern, sondern auch zeigen, welches sein eigener Stai i 
punkt in der Frage der Entartung und ihrer Beziehungen z u 
Genie sei. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, rerdim-L 
die Ausführungen Hirsch’s nicht die Anerkennung, die viu 
Kritik mit Recht finden wird. So sucht er an einer Stelle fhi- 
zustellen, dass ein Schriftsteller wie Zola doch gewiss nicht krank 
sei, weil er kranke Personen objectiv schildert. Einem wkiw 
Irrthum ist bekanntlich Nord au zum Opfer gefallen. An eirrr 
anderen Stelle, Seite 149, aber erzählt der Verfasser ausdrü» k!i* 
dass perverse Triebe und Empfindungen der Entarteten sich $ir. 
ihren Kunstproduetionen abspiegeln. Der Verfasser hätte, wenn * 
Nord au deshalb angreift, erst nach weisen müssen, wann fr' 
Schriftsteller subjectiv und wann er objectiv schreibt. Ebenst* ver¬ 
fällt Hirsch mitunter in den von ihm getadelten Fehler amiew 
anekdotenhafte Erzählungen in seinem Sinne zu verwenden. Hir- ' 
bekämpft die Ansicht derer, die bei Tolstoi eine Folie du d f -ui- 
auf Grund seiner eigenen Mittheilungen annehmen. Andererer.- 
aber erklärt der Verfasser Strindberg für einen gemein ^ 1 tun¬ 
lichen Geisteskranken, der an Paranoia simplex chronica 
Trotz der grossen Sicherheit, mit der Hirsch hierüber sprön 
ist gerade bei der Paranoia grosse Vorsicht geboten, her 
Hegelmaier mahnt doch zur Zurückhaltung. 

Obschon sich viele ähnliche Einwendungen gegen JAM 
werden erheben lassen, wird, wie ich nochmals betone, sein i 
als eine Kritik Lombroso’s gewiss die verdiente Bea-lif;:- 
finden. 


?. J. Israel, Erfahrungen über Nierenchirurgie. SonderaUrv; 

aus dem Arch. f. klin. Chir. XL VH. Berlin, Aug. Hiis- 
1894. Ref. P. G. . . vi . 

Die bisherigen Fortschritte der Nierenchirurgie konnten ^ 
fach nicht mit denen der chirurgischen Behandlung au ^ rel j. r r i 
leibsorgane verglichen werden, weil das ihnen zugiu» e g 
M aterial nicht nur ein zu beschränktes, sondern auci V E 
gleichmässiges war. Eine geringe Zahl von Einze eo _ - 

ius denen man sich oft vergeblich bemühte, al * A 0!1 . 

Schlussfolgerungen zu ziehen, entsprach häufig emer g 
grossen Zahl von Autoren. Grössere praktische Erfahrung ^ 
nur wenige Chirurgen aufzuweisen, jedenfalls a , 

solche, wie sie uns in der vorliegenden Arbeit von • _ 
boten wird. Wohl kannte man aus gelegentlichen. wn v; , 
handlungen, Vorträgen und Demonstrationen sr ,. -Ij^hen Br 
gediehenes Verständniss für alles, was mit dei^ ^. r ; 

handlung von Nierenkrankheiten zu thun ha , . ge j ner fr- 

susammenhängender Ueberblick über die Ges nicht weni- 1 ’ 
folge in der Nierenchirurgie. Hier haben wir ^ 
als 81 eigene Operationen, welche Israel m . 

1881 bis November 1892 an 68 Personen Äienmchimr^' 

lieh derartig ausgenutzt, dass wohl keine rrag bemühen. ' 
von Israel unberührt gelassen ißt. Wir wer 
'olgenden, so weit dieses J« 8 ^cksichtigen. gl«*;;; 


jsten der Ausführungen Israel’s zu 1)6 ^!!ihenI*- 
■ 3 in betonend, dass manche derselben An • >,, 
die Hand- und Lehrbücher hberg g & pj erYO rhel-; : - 


n, m uic uouu- —-—. ni. pinpr Hervorbel 

ahr oder minder erheblich abweichen. um s0 

r gegenteiligen Meinungen scheint un l h . nos?en Israel •; 

r Ort, als wohl keiner der engeren Fa n ^ ^ 

terlasBen wird, im Original seine Darstellung 
iten zu verfolgen. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




H. November. L1TTEKATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


83 


Wir geben zunächst die Gesammtübersicht aller von Israel 
verrichteten Nierenoperationen. 


Art der Operation: Zahl 

Nierenexstirpation.. 

Nephrotomie. . . 12 

Nephrolithotomieen (davon 1 doppelseitig) ' . 8 

Freilegung des ganzen Ureters nebst Pyelotomic 1 

Nephropexie (Nephrorrhaphie). 4 

Probespaltung der Niere durch Sectionsschnitt 4 

Spaltung der Capsula propria renis .... 1 

Punctionsdrainage. 2 

Probefreilegung der Niere mit Äushülsung aus 

der Fettkapsel.'' 3 

Operativer Schluss einer Nierenbeckenfistel ' ! 1 

Incision paranephritischer Abscesse .... 8 


Gestorben 


7 (18,9 o/o) 
2 (16,6 „) 
2 (25,0 „ ) 
0 
0 


1 (25,0 ., ) 
0 
0 


0 

0 

0 


Sa. 81 12 (14,8 %). 

Ebenso wie dieses Gesammtergebniss von Israel’s Operationen 
erheblich günstiger ist als das irgend einer bisher veröffentlichten 
Einzel- oder Sammelstatistik über Nierenoperationen, so tritt auch 
speciell bei den bösartigen Nierengeschwülsten das von 
Israel erreichte Resultat vor dem betr. anderer Operateure her¬ 
vor. Wenn Israel unter 12 (9 Carcinome und 3 Sarkome be¬ 
treffenden) hierhergehörigen Nephrectomieen nur 2 verloren hat, so 
beruht dieses wesentlich auf seiner Ausbildung der bimanuellen 
palpatorischen Untersuchung, bezw. der hierdurch ermöglichten 
Frühdiagnose selbst kleiner, halbkirschen- oder haselnussgrosser 
Tumoren .in der Substanz der Niere. Selbstverständlich sicherte 
die Möglichkeit der Frühdiagnose nicht nur hervorragende un¬ 
mittelbare Erfolge, sondern auch vergleichsweise sehr gute End¬ 
ergebnisse. Recidive hatten nur 4 Patienten, während sechs die 
Nephrectomie während eines Zeitraumes von 1 — 6 3 / 4 Jahren über¬ 
lebten. Die beiden Todesfälle waren der eine auf Jodofonnintoxi- 
cation, der andere auf Schädigung des Epithels der „anderen“ ge¬ 
sunden Niere durch die lange Chloroformnarkose während der Ope¬ 
ration zurückzuführen. — Während bisher bei Pyonephrosen, 
Nierenabscessen und ähnlichen Aflfectionen, zum Theil auch bei 
den Hydronephrosen die Nephrectomie der Nephrotomie gegenüber¬ 
gestellt und letztere nicht selten in ausschliesslicher Weise hier 
cultivirt wurde, zeigt Israel, dass jeder dieser Eingrifle bei 
den betreffenden Erkrankungen gesonderte Anzeigen besitzt. 
Reicht ein einfacher Einschnitt in die Niere aus, den patho¬ 
logischen Ansammlungen Auslass zu gewähren und den Process 
zum Stillstand und zur Ausheilung zu bringen, so soll man die 
Nephrotomie verrichten, in den anderen, mehr oder minder com- 
plicirten Fällen ist die Nephrectomie angezeigt. Allerdings wird 
die Möglichkeit, die Niere in toto zu entfernen und hiermit die 
Krankheit zu heilen, dadurch nicht selten begrenzt, dass gerade 
in der vorliegenden Classe von Nierenerkrankungen häufig die 
„andere“ Niere entweder in gleicher Weise miterkrankt oder doch 
aus anderweitigen pathologischen Gründen nicht im Besitz einer 
unversehrten Function ist. Zuweilen kann man hier die Nephro¬ 
tomie als Voract der Nephrectomie ausführen, welch’ letztere man 
jener möglichst bald folgen lässt, sowie nämlich die „andero“ Niere 
sich hinreichend erholt und sich gleichzeitig damit in der Regel auch 
das Allgemeinbefinden gebessert hat. In sehr eingehender Weise 
beleuchtet Israel die bisherigen Untersuchungsmethoden, mit deren 
Hülfe man sich von dem Gesundheitszustand, bezw. der Leistungs¬ 
fähigkeit der „anderen“ Niere in solchen Fällen vergewissern soll. 
Bis jetzt reicht indessen keine dieser Methoden völlig aus, um 
letzteres in genügender Weise zu thun. Wohl gelingt es meistens, 
die Mitbetheiligung der „anderen“ Niere an und für sich zweifels¬ 
frei darzuthun, aber eine genauere Abschätzung, wie weit eine 
solche Mitbetheiligung geht, ob sie die Exstirpation der einen 
Niere und die mit dieser in der Regel verbundene Opferung 
secretionstüchtigen Parenchyms gestattet oder nicht, ist unter den vor¬ 
läufig für uns maassgebenden Umständen häufig unmöglich. Unter 
der Einwirkung der Häufigkeit, mit welcher die Erkrankung der 
anderen Niere die operativen Maassnahmen beeinflusst, gestalten 
sich deren Ergebnisse bei den hier in Rede stehenden Fällen nicht 
ganz so günstig wie bei den malignen Tumoren: die Sterblichkeit 
berechnet sich immerhin noch etwas niedriger als die aus den be¬ 
treffenden Statistiken bis jetzt hervorgegangene, nämlich inclusive 
von zwei Fällen von Nierensyphilis auf nur 21 , 2 %. Von den sieben 
Todesfällen kamen zwei auf die primäre, drei auf die secundäre 
Nephrectomie und zwei auf die Nephrotomie, und zwar letztere in 
von vornherein durch doppelseitige Erkrankung hoffnungslosen 
Fällen. Ausgezeichnet sind dagegen die von Israel erreichten 
Endresultate. Von 26 Patienten, welche die verschiedenen Eingriffe 
überlebten, ist einer noch in Behandlung und zwei ungeheilt, dar¬ 
unter einer mit einer kleinen wenig störenden Fistel und einer, 
weil die wegen doppelseitiger Pyonephrose nöthige Operation auf 


der „anderen“ Seite verweigert wurde. Alle übrigen 23 sind völlig 
geheilt, und zwar wurde bei den 26 überlebenden Patienten bei 6 
die Nephrotomie allein, ferner 2 mal die Nephrotomie mit späterer 
„secundärer“ Nephrectomie und 18mal die primäre Nephrectomie 
ausgeführt. 

Wir haben die vorstehenden Ausführungen Israel’s betreffs 
der Operationen bei Hydropyonophrosen, Nierenabscessen, Tuber¬ 
kulose und Syphilis der Niere etwas eingehender besprochen, um 
zu zeigen, in welcher kritischen, auch für den weniger Erfahrenen 
erspriesslichen Weise er die von ihm erreichten Ergebnisse be¬ 
spricht. In gleichem Maasse behandelt nun Israel jedes weitere 
Kapitel der Nierenchirurgie auf Grund der eigenen Erlebnisse am 
Krankenbett und Operationstisch, so namentlich die Nephro- 
lithiasis und die Nierenblutungen aus unbekannter Ur¬ 
sache, die sogenannte renale Hämophilie Senator’s, an der er 
eine 52jährige Frau durch Freilegung und Eröffnung der Niere 
durch Sectionsschnitt und Schluss der Wunde durch Naht, nach¬ 
dem er sich vom Mangel jeden anatomischen Stillstandes der Hä¬ 
maturie überzeugt, erfolgreich behandelt hat. Längere Ausein¬ 
andersetzungen werden ferner der Aetiologie der Hydro- 
nephrose und der Pyonephrose gewidmet, welche beiden 
Israel keineswegs nach dem Vorgänge von Küster unter der 
Bezeichnung „Sackniere“ zusammengefasst wissen will. Von beiden 
Affectionen giebt es, wie Israel überzeugend nachweist, eine Reihe 
von Vorkommnissen, deren letzte Ursache trotz der neuesten Fort¬ 
schritte unserer pathologisch-anatomischen Kenntnisse noch nicht 
völlig aufgeklärt ist. Ein letztes Kapitel beschäftigt sich endlich 
mit der Wanderniere. Es ist sehr charakteristisch, dass Ope¬ 
rateure wie Israel und Ta aff er (Budapest) mit der blutigen 
Fixation der Wanderniere, der Nephrorrhaphie oder Nephropexie, 
sehr zurückhaltend sind. Es ist diese Operation in dem Israol’s 
Bericht zugrunde liegenden elfjährigen Zeitraum nur viermal von 
ihm ausgeführt worden. Von diesen vier Operationen sind aber zwei 
abzuziehen, da sie auf Wunsch und zwar im Anschluss an eine 
Nephrolithotomie gemacht wurden. Wohl hat Israel seit Abschluss 
der vorliegenden Abhandlung zwei weitere Nephropexieen verrichtet, 
immerhin bleiben seine Indicationen für die Nephropexie nur 
sehr beschränkte. Für die übergrosse Mehrheit der hier in Be¬ 
tracht kommenden Patientinnen sieht Israel den „Schwerpunkt 
der Therapie mehr in der Aufbesserung der Gesammtconstitution 
und der Behandlung des ganzen Menschen als in der Lokal¬ 
therapie“. Die Nephropexie, welche den von vielen anderen Ope¬ 
rateuren am häufigsten geübten Eingriff an der Niere darstellt, 
soll man dagegen nur dort verrichten, wo von der Wanderniere 
typische Schmerzanfälle als Vorläufer intermittirender Hydro- 
nephrose und Zeichen behinderten Harnabflusses ausgehen. Israel’s 
Modus operandi folgt bei der Nephropexie im ganzen dem Guyon’s; 
von seiner guten Wirkung konnte er sich bei der Autopsie einer 
38jährigen Patientin überzeugen, die 3% Monate später einem 
Volvulus erlag. 

Wir würden der vorliegenden, 163 Seiten starken Arbeit nicht 
ganz gerecht werden, wenn wir nicht zum Schluss die gute Ueber- 
sichtlichkeit der Darstellung besonders anerkennen wollten. Die 
Unterbrechungen des fortlaufenden Textes durch längere Opera¬ 
tion sgeschichten hat Israel aufs nothwendigste beschränkt und 
dieselben statt dessen zum Schluss der Abhandlung in einer tabel¬ 
larischen Uebersicht vereinigt. Beigefügt sind ferner mehrere, zum 
Theil farbige Abbildungen, welche nach den von Israel bei seinen 
Operationen gewonnenen Präparaten ausgeführt sind. 


8. A. Wernich und R. Wehm er, Lehrbuch des öffentlichen 
Gesundheitswesens. Stuttgart, F. Enke, 1894. 788 S., 18 M. 
Ref. Al brecht (Gr.-Lichterfelde). 

Das Lehrbuch von Wernich und Wehm er ist eine der in 
unserer Zeit literarischer Ueberproduction selten gewordenen Er¬ 
scheinungen, die eine nicht nur in der Ueberzeugung der Autoren 
bestehende Lücke ausfüllen. Seit Lorenz v. Stein (1867) hat 
niemand auch nur den Versuch einer systematischen Dar¬ 
stellung des öffentlichen Gesundheitswesens in Deutschland unter¬ 
nommen. Die Bearbeitungen von Pappenheim, Eulenberg und 
anderen, welche in ihren Handbüchern die lexikalische Form mit 
Anwendung von Stichwörtern gewählt haben, können, wie die Ver¬ 
fasser im Vorwort mit Recht zur Geltung bringen, als ein solcher 
Versuch nicht gerechnet werden. Es ist daher ein ebenso dankbar 
anzuerkennendes wie schwieriges Unternehmen gewesen, dass die 
Verfasser sich an die Verwirklichung des Planes gemacht haben, 
in ihrem Buche „die in dem Gesundheitswesen' L. v. Stein’s 
niedergelegten Ideen in Fleisch und Blut iiberzuführen.“ Wir 
wollen gleich hinzufügen, dass ihnen dies in ausserordentlicher 
Weise gelungen ist. 

Wie die Verfasser das weitumfassende Gebiet gegliedert haben, 
soll eine kurze Inhaltsangabe veranschaulichen: Das erste Buch 


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84 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. l: 


behandelt, die Hebung der Allen gemeinsamen Lebensbedingungen, 
das zweite den Schutz gegen schädliche Einwirkungen von 
Zwangslagen, das dritte die Abwehr der einzelnen vermeidbaren 
Krankheiten. Das erste Buch gliedert sich in drei Hauptab¬ 
schnitte, von denen der erste die Aufgaben des Gesundheitswesens 
in Bezug auf das Wohnen — im weitesten Sinne gefasst —, der 
zweite in Bezug auf die Ernährung, der dritte gegenüber der 
sonstigen Lebenshaltung (Arzneimittelbeschaffung, Maassnahmen 
gegenüber gesundheitsgefährlichen Gebrauchsgegenständen, Beklei¬ 
dung, Muskelpflege) behandelt. Das zweite Buch beschäftigt sich 
in sieben Abschnitten mit dem Kindesalter; den Schulangehörigen; 
dem Arbeiterstand; den Invaliden, Siechen und Armen; den öffent¬ 
lichen Veranstaltungen zur Abwendung von Unfällen und Verunglück¬ 
ungen, Reiseverkehr; dem Gefangenenwesen; der öffentlichen Für¬ 
sorge für Erkrankte. Das dritte Buch endlicherhält seine natur- 
gemässe Eintheilung durch die Gruppirung nach den einzelnen in 
Betracht kommenden Krankheiten. In diesen drei Abschnitten ist die 
Form des Lehrvortrages festgehalten. Als eine sehr glückliche ist 
die Anordnung zu bezeichnen, welche in fortlaufendem kleinem Druck 
unter dem Text die Materialien — Gesetze und Auszüge aus den¬ 
selben etc. — darbietet, mit deren Hülfe der Text zu seinen 
Schlüssen und Ergebnissen gelangt ist. Von grossem Werth er¬ 
scheint es, dass dabei auch das Gesundheitswesen und Gesund¬ 
heitsrecht der ausserdeutsehen Länder Europas herangezogen ist. 
Die bei jedem Abschnitt zusammengefassten ausserordentlich reich¬ 
haltigen Litteraturangaben sind durch wieder anderen Druck 
kenntlich gemacht. 

Mit den Maassnahmen und Organisationen zu dem Zweck, den 
vermeidbaren Krankheiten entgegenzuwirken, beschäftigt, sich das 
vierte Buch. Es nimmt die Aufgabe in Angriff, „zu zeigen, wie 
die sicheren Grundsätze der Gesundheitslehre nicht mehr allein 
zum Gegenstände einer eigenen Gesetzeskunst, sondern auch zum 
Gegenstände einer für das öffentliche Wohl im Sinne der Gesund¬ 
heitslehre geschaffenen Verwaltung und eines klaren, dem System 
desgesammten öffentlichen Rechtes sich gleichwerthig anschliessenden 
Systems dieses Verwaltungsrechtes zu machen wären.“ 

Die einzelnen Abschnitte sind mit grosser Sachkenntniss und 
Gründlichkeit bearbeitet und von einer Uebersichtlichkeit der An¬ 
ordnung und Klarheit der Darstellung, die uns namentlich bei dem 
einen der Verfasser (Wernieh) bereits bei früheren Arbeiten ent¬ 
gegengetreten ist. Das Lehrbuch tritt im Rahmen der Enke’schen 
„Bibliothek des Arztes“ an die Oeffentlichkeit, wir möchten dem¬ 
selben indessen die Vorhersage stellen, dass es nicht nur unter 
den Aerzten, sondern weit darüber hinaus auch in den Kreisen 
der Nationalökonomen und Verwaltungsbeamten seine Laufbahn 
machen wird. — Die Ausstattung des Buches ist in jeder Be¬ 
ziehung die bekannte vortreffliche des Enke’schen Verlags. 


9. A. Blaschko, Syphilis und Prostitution vom Standpunkte 
der öffentlichen Gesundheitspflege. Berlin, S. Karger, 1893. 
Ref. A. Eulenburg (Berlin). 

Der Schwerpunkt dieses Buches, das die gesammte Hygiene 
der venerischen Krankheiten in vortrefflicher Weise zusammen¬ 
fasst, liegt in den Abschnitten, die die Prophylaxe der vene¬ 
rischen Krankheiten, Reglementirung und Abolitionis¬ 
mus und die Assanirung der Prostitution zum Gegenstand 
haben. In dem Abschnitt über Prophylaxe werden vom Verfasser 
durchgreifende Reformen auf dem Gebiete der Anstalts¬ 


behandlung Venerischer verlangt und namentlich die Forde¬ 
rung an die Spitze gestellt, dass alle öffentlichen Kranken¬ 
häuser den Geschlechtskranken ohne Einschränkung 
offenstehen müssten — eine Forderung, der bekanntlich seithei 
in Berlin durch Zulassung Geschlechtskranker in den städtischer 
Krankenhäusern Rechnung getragen ist. Auch die Errichtung 
von Ambulatorien oder poliklinischen Sprechstunden ir 
Verbindung mit den Krankenhäusern wird als vortheilhafl 
nachgewiesen, während dagegen die Vorschläge sanitätspolizei¬ 
licher Zwangsmaassregeln, die auf obligatorische Meldepflicht 
obligatorische Untersuchungen, sowie zwangsweise Behandlung 
hinauslaufen, vom Verfasser zurückgewiesen und mit unbestreitbarer 
praktischen Gründen entschieden bekämpft werden. 

. Nachdem Verfasser bereits in einem früheren Abschnitte di< 
bisher in Anwendung stehenden Maassregeln zur Reglementirung 
der Prostitution eingehend erörtert hat, beschäftigt er sich in 
b. Abschnitt mit der cardinalen Frage, „ob denn in der Thal 
durch die sanitäre Controlle der Prostituirten ein zweifellose] 
Nutzen, ein ausnahmslos günstiger Einfluss auf die Frequenz dei 
venerischen Krankheiten beobachtet worden ist.“ Er zeigt das* 
sich auf Grund der Statistik der Nutzen des heute üblichen Con 
tiollsjsteniB weder beweisen noch widerlegen lässt und dass den 
joli.onismus, der auf Grund mehr allgemeiner Erwägungei 
und Erfahrungen die Abschaffung aller Controllinaassregeln anstrebt 


insofern beigetreten werden muss, als „das gesammte In . 
unserer heutigen Sittenpolizei rundweg zu v , " '' 
ist - während dagegen sanitäre Controllmaassregeln »W " 
mit unseren rechtlichen Anschauungen schwer vereinbar ,u„" 
vorläufig unentbehrlich und als das „kleinere Uebel“ MmlJX 
sind. Allerdings müssen sie der heutigen Praxis gegenüber !, 
einschneidenden Wandelung unterzogen werden, um dic-wnU 
rechtlichem wie auf hygienischem Gebiete dem heutW n (-V 
trollsystem anhaftenden Mängel zu beseitigen. „In rcchtli, i 
Beziehung ist es die Verquickung von Sitten- und Sanität Jiw 
sowie die Herrschaft polizeilicher Willkür an der Stelle L t 
licher Bestimmungen, in hygienischem vor allem die mangd ’ v 
Rücksichtnahme auf die chronische, zu Recidiven neigende Xa:: - 
der beiden wichtigsten Geschlechtskrankheiten und das Ztirüd 
treten der eigentlichen Behandlung gegenüber der Controlle. 
die dürftigen Erfolge der Reglementirung zurückzuluhreii sind- 
Blaschko macht in dieser Beziehung sehr beachtenswerthe. ditd. 
lirte Vorschläge, wonach die Einschreibung streng auf ü 
wirklich gewerbsmässige Prostitution beschränkt. nh.* r - 
dies zeitlich begrenzt und mit gesetzlichen Garantier: 
gegen missbräuchliche polizeiliche Anwendung umgeben sein soll. F.r 
fordert ferner, und begründet eingehend, dass die Untersuchung: 
in kürzeren Zwischenräumen vorgenommen werden, dass'ili- 
Dauer der Einzeluntersuchung länger sein muss (mikro¬ 
skopische Untersuchung auf Gonococcen!), dass die Zahl <lr 
Untersuchungsärzte vergrössert, ihre specialistische Vor¬ 
bildung verbessert, die Untersuchungen aus dem Polizei- 
gebäude in die Krankenhäuser verlegt werden und da» 
mit der Untersuchung der Prostituirten eine ambulant' 
Behandlung derjenigen Fälle zu verbinden sei, in den- 
eine Spitalbehandlung nicht dringend erforderlich er¬ 
scheine. Das Hauptgewicht ist hierbei auf die Nachbehand In¬ 
der noch nicht ganz geheilten Fälle von Syphilis und Gouorrh- 
zu legen; eine solche ambulante Nachbehandlung würde die v r 
anderer Seite geforderte (zwangsweise) protrahirte Kranker* 
hausbehandlung, deren Durchführung Blaschko für utopi*!. 
erklärt, in wirksamer Weise ersetzen. 


10. E. Roth, Armenfürsorge und Armenkrankenpflege mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung der heutigen Stellung des 
Armenarztes und Vorschlägen zu ihrer Reform. Beritt 

Richard Schoetz, 1893. 90 S. Ref. Lissa (Berlin). 

In der fleissigen, sorgfältig zusammengestellten Arbeit schil : r 
der Verfasser nach kurzem historischen Rückblick das Armenw^;. 
in deutschen und den meisten ausserdeutsehen Staaten; er li '* 
die verschiedenen Weisen hervor, in denen sich die Fursorev nj 
die Armen äussert, offene und geschlossene Pflege, und cn»rk- 
die Stellungnahme der Gemeinden in Stadt und Land, die fr» 
Mitwirkung der Bürger, die Theilnahme der Kirchengemeinschn!w i 
den Einfluss privater Vereine. Er führt die Ergebnisse 
statistischen Zusammenstellungen bezüglich der Höhe der AmK- 
etats unter den-verschiedensten Verhältnissen an. Die That.-a 
dass unter dem Einfluss der neueren Socialgesetzgebung sowohl 
Zahl der im Wege der öffentlichen Unterstützung verpil 1 
Armen, als auch die Kosten für Armenkrankenpflegc merkrn i u 
Sinken begriffen sind, wird von vielen Seiten heryorgeho en. >*' 
sonders von zahlreichen Städten am Rhein und in Westfalen. 
in Schlesien. 

Dem Wunsche des Verfassers, die Kirche möge m 
Folge sich die Anstellung von Gemeindeschwestern m der0 ' k 
Armenkrankenpflege zur Aufgabe machen, können wir nac 
in Berlin gemachten Erfahrungen über ihre segensreif ^ 
dankenswerten Leistungen uns ohne weiteres misch ie^ ^ ^ 

für B" r 


gegen dürfte der Ausspruch, dass der grösste 
offene Waisenpflege die ungeeignete Controlle sei, „ 
wenigstens nicht zu treffen. Die Schilderung der * 
Armenärzte ist sehr bemerkenswert; so wie ihre t ^ 
innerhalb weiter Grenzen bewegen — von 22,<ä) - l - P . 
etwa 1700 Mark —, so verschieden begrenzt ist- auchini . 
bereich. Auch die Berichte derselben sind je n ■ (j , 

und Ausgangspunkten ganz verschieden, indem o;^ 
Communal- und Lokalhygiene oft ganz un ,? r .. v illk- : 

und die Krankheitsbezeichnungen und Krankhei g IP ,,, 
liehe sind. Somit sind armenärztliche Bene e .^ar- 

gemeinsamer Basis entbehrend, nicht niiteinau e « y ir: . 

dass der Unterbau einer Armenstatistik fehl • j wirken. 
hingewiesen zu haben, namentlichen • t - ( -, r Arniecp^’-' 


besonders das Verdienst des deutschen 

Verfasser empfiehlt zur 


Aiifbesscnm? 1 

und Wohlthätigkeit. Verfasser empfienu ZU1 na i ver bänden * 
Armenwesens die Zusammenlegung von Loi- \ n ]ehniing llD ; ! ’ 
einem grösseren Gesammtarmenverband, etwa. * . densd 1, 
Kreis, die Errichtung von Armenarbeitehäusern diirc 


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8. November. 


U-TTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


85 


P«L1i e H„ Heran M 0hUn / d61 ' Ae , rZte ^ en Entschädigung durch die 
Gemeinden. Mag diese auch beträchtlich ausfaHen mal der 
Idealismus, ohne den Aerzte nichts leisten können, als in hohem 
Maasse vorhanden angenommen werden: immerhin wird es dein 
Armenärzte kaum möglich sein, auch nur einem Theil der Auf¬ 
gaben gerecht zu werden welche der Verfasser ihm zur Bearbeitung 
auf dem Gebiete der Volkswohlfahrt angewiesen wissen will In¬ 
dessen können wir der hohen Schätzung der Bedeutung welche 
unter besonderen Umständen armenärztHehc Thätigkeit in um! 
grenztem Wirkungskreise erreichen kann, nur unsere Zustimm nl 
aussprechen. Derjenige, welchen Interesse an dem Gegenstände 
Hl Eenntnissnahme des vorliegenden Buches veranlasst, wird in 
der Fülle des zusammengetragenen Materials und der gegebenen 
Anregungen seine volle Befriedigung finden 


ändorungen nicht charakteristisch genug, um auf Secalewirkung 
bezogen zu werden. 

Grünfeld stellte seino Versuche an Hähnen und Ferkeln an, 
bei denen durch die von Kobert nachgewiesene Gangrän an den 
Kämmen resp. Pfoten wenigstens die sicheren Zeichen der Ein¬ 
wirkungkenntlich sind. Verwendet wurde theils reines frisches Secale- 
pulver, theils die bekannten Kobert'schen Präparate: Extractum 
Secalis cornuti cornutino-spbacelinicum, Acidum sphacelinicum. Die 
Untersuchung des Rückenmarkes dieser Thiere, die sichere Zeichen 
der \ ergiftung mit Mutterkorn zeigten, ergab vollkommen negative 
Resultate. Auch gelang es bei diesen Thieren nicht, die ent¬ 
sprechenden klinischen Symptome zu erzeugen. Namentlich war 
keine Hinterstrangsdegeneration zu bemerken, auch erwiesen sich 
die Gefässe der Medulla spinalis normal. Buchwald (Breslau). 


11 Alfred Hegar, Der Gesohleohtstrieb. Eine so. ial-medicinische 
b^g^erib^ 1 ’ FOld ' l ' nk0 ’ 1894 ' 154 Seit ™- Eef. A. Eulen- 

Ein eigenartiges, in unserer modicinischen Litteratur wohl 
ganz ohne Vorgänger dastehendes Buch, mit dem uns der um die 
Ausbildung der modernen Gynäkologie so hochverdiente Verfasser 
in überraschender Weise beschenkt hat. Es enthält weit mehr 
als der Haupttitel vermuthen lässt, nämlich keineswegs bloss eine 
psycho-physiologische Studie über den „Geschlechtstrieb“ (worüber 
ja m letzter Zeit, mancherlei von Berufenen und Unberufenen 
beigebracht worden ist.) — sondern eine überaus sorgsam durch¬ 
gearbeitete Erörterung fast aller damit zusammenhängenden ethi¬ 
schen, socialen politischen, wirtschaftlichen Momente, in ernst 
wissenschaftlicher, vielfach auf die statistischen Ergebnisse Bezug 
nehmender, dabei aber keineswegs trockener Darstellung Ueber 
diese Dinge einigermaassen unterrichtet zu sein, wird ja’ bei dem 
Arzte, dem „natürlichen“ Rathgeber in allen möglichen wichtigen 
Angelegenheiten des Lebens, als fast selbstverständlich voraus¬ 
gesetzt;. und doch gehört zum mindesten ein überaus gereifter 
Geist, eine ganz ausserordentliche praktische Lebenserfahrung und 
eine vor nichts zurückschreckende Humanität, neben ausgebreiteten 
fachwissenschaftlichen Studien, dazu, um ein so eindringendes Ver¬ 
ständnis dieser Gegenstände zu erwerben, wie es dem Leser in 
bequemer Form hier zugänglich gemacht wird. 

Ganz besonders scheint übrigens Hegar durch das allbekannte 
in unzähligen Auflagen verbreitete Bebel’sche Werk „Die Frau“’ 
zu seiner „Studie“ angeregt worden zu sein, die in diesem Sinne 
grossentheils als eine Gegenschrift, als oine durchgreifende wissen¬ 
schaftliche Kritik und Widerlegung der Bebel 'sehen Anschauungen 
aulgefasst werden kann. Wenn sie dem Behelichen Buche an 
gediegener Wissenschaftlichkeit und tieferer Erfassung der be¬ 
rührten Probleme unendlich überlegen ist, kommt sie ihm an 
Klarheit und fesselndem Reiz der Darstellung mindestens gleich und 
ist ihrer Gemeinverständlichkeit halber nicht bloss Aerzten, son- 
dern wie dies übrigens in der ausgesprochenen Absicht des 
Verfassers lag — auch gebildeten Laien, Männern wie Frauen, 
zur Belehrung und Aufklärung warm zu empfehlen. Die Reich¬ 
haltigkeit des im engen Raume zusammengedrängten Inhalts sehliesst 
leider eine auszugsweise Wiedergabe vollständig aus; ich muss 
auf das Original selbst verweisen, dessen Studium sicher Niemand 
gereuen wird. Einen Wunsch kann ich jedoch nicht unterdrücken. 
Im Vorwort äussert Hegar, dass er ursprünglich „die ganze 
rrauenfrage“ habe bearbeiten wollen, diese Absicht aber seines 
Alters und anderweitiger Beschäftigung halber aufgegeben habe. 
Möchte er dennoch auf diesen Vorsatz zurückkommen! Ein solches 
Buch von solchem Verfasser würde in der heutigen Trübung und 
Verwirrung der Ansichten über jenen Complex von Fragen, der 
UDter dem Namen der „Frauenfrage“ zusammengefasst zu werden 
pflegt, unendlichen Nutzen stiften und sicher in den weitesten 
Kreisen mit gespannter Aufmerksamkeit und dankbarer Aner¬ 
kennung begrüsst werden. 


n. Zeitschriftenübersicht. 

12. Grünfeld, Zur Frage über die Wirkung des Mütter- 
kornes und seiner Bestandtheile auf das Rückenmark der 
Ihiere. Archiv für Psychiatrie Bd. XXI, Heft 2. 

Tuczek machte die wichtige Entdeckung, dass sich bei dem 
Ergotismus des Menschen tabesähnliche Veränderungen in den 
Hintersträngen der Medulla spinalis vorfinden. Bei Thieren gelang 
es bisher nicht, diese Veränderungen nachzuweisen. Mäuse, Hühner, 
Kaninchen, Katzen, Hunde zeigten zwar die bekannten Erscheinungen, 
aber am Rückenmark Hessen sich keine Veränderungen nachweisen. 
Kokorin hat zwar seiner Zeit Veränderungen im Hirn und den 
Vorderhornganglienzellen des Rückenmarkes bei Thieren, welche mit 
Sklerotinsäure vergiftet waren, beschrieben, doch sind diese Ver- 


, 13 -. F - Alessandro, Contributo allo studio delle lesioui 
lstologiche determinatc nclF uomo dall’ avvelenamento acuto 
lieft S f7 1804^° corros * vo - B Policlinieo Band I, Jahrgang I. S. 434, 

. Airssandro berichtet über den Seetionsbefund eines 35jährigen 
Weibes welches durch Verschlucken eines dicken Sublimatbolus in Pulver- 
lorm sich freiwillig das Loben nahm. Zahlreiche punktförmige Hämor- 
rhagieen in der Hirasuhstanz, Hyperämie und hämorrhagische Heerde am 
Unterlappen beider Lungen. Erweiterung der Herzkammern: in den Herz¬ 
höhlen und den grossen Gefässen finden sich reichlich Blutgerinnsel. 
Hyperämie des parietalen und visceralen Blattes des Bauchfelles und des 
grossen Netzes. Leber anämisch, stellenweise gelblich verfärbt und von 
weicher Consistenz. Nieren vergrössert und blutreich. Croupöser Belag 
an der .Schleimhaut der Speiseröhre und des Magendarmrohres. Am 
Magen und Dünndarm sind Zeichen acuter Entzündung nachweisbar; am 
Dickdarm findet man die Charaktero eines dysenterischen und stellenweise 
gangränösen Krankheitsprocesses. Hyperämie der Harnleiter, der Harn¬ 
blase und der Mucosa der Gebärmutter. 

Histologische Untersuchung: Als Härtungsmittel dienten 
Müller sehe Flüssigkeit und absoluter Alkohol, als Farbstoffe Lithium- 
earmin, Böhmer s Häniatoxylin, Hämatoxylin und Eosin. 

Nieren: Zahlreiche Blutergüsse in der Rindensubstanz und an der 
Grenze zwischen Rinde und Mark. In den gewundenen und geraden Harn- 
canälchen sind einige epitheliale Elemente geschrumpft und von der Basal¬ 
membran in tote abgelöst; ihr Kern erscheint im Zustande der Coagu- 
lationsnekrose und ist schwach oder gar nicht, färbbar; einige Epithelien 
"ind vergrössert und enthalten einen aufgeblähten Kern, der die Verwandt¬ 
schaft zu I arbstoffeu noch bewahrt hat. Die nekrotischen Epithelien sind 
mit Kalksalzen infiltrirt und sind zu Cylindern gruppirt. welche das Lumen 
der Harncamilchen verstopfen. In der Marksubstanz begegnet man Cylin¬ 
dern. die aus rotheu Blutkörperchen zusammengesetzt sind. 

Magendarmcanal: Im Magen und Dünndarm Schwellung der Mu¬ 
cosa und Submucosa; einige Zellen, welche die Lioberkfihn’schen 
Krypten auskleiden, sind normal, einige sind im Zustande der Coagulations- 
nekrose. Die Muscularis ist normal. Im Dickdarm sind die Verände¬ 
rungen vorgeschritten; Mucosa und Submucosa sind angeschwollen und 
enthalten mehrere Leukocytenheerde. Die Blutergüsse sind diffuser und 
greifen auch auf die Submucosa über. Da und dort bemerkt man ein 
Fibrinnetz — wie das positive Ausfallen der Weigert’schen Reaction 
zeigt —, und in den Maschen dieses Netzes sind weisse und rothe Blut¬ 
körperchen eingeschlossen. Am Dickdarm ist auch die Geschwürsbildung 
weit gediehen. 

Leber: Die Leherzellen sind geschrumpft und enthalten reichlich 
Körnchen von Gallenpigment und einen sehr blassen oder völlig un¬ 
gefärbten Kern. 

Herz: Einige Muskelfasern sind fettig entartet, einige im Zustande 
der vesiculiiren Degeneration. 

An diesen Fall knüpft Verfasser einige allgemeine Bemerkungen 
über die Sublimatintoxication und über die Localisation des Quecksilbers 
in den verschiedenen Organen. Typisch für die Sublimatvergiftung sind 
ein dysenterisch-gangränöser Process am Darmcanal und eine Coagnlations- 
nekrose und Kalkinfiltration der Nierenepithelien. sowie Hyperämie aller 
parenchymatösen Organe. Gentilli (Görz). 

14. C. Spengler, Ueber Lungentuberkulose und bei 
ihr vorkoinmende Mischinfectionen. Aus dem Institut für 
Infectionskrankheiten in Berlin. Zeitschrift für Hygiene und In- 
fectionskrankheiten 1894, Bd. XVIII, Heft 2. 

Von Virchow ist bekanntlich stets gegenüber der bacterio- 
logischen Richtung die Auffassung vertreten worden, dass der alte 
Name Lungenschwindsucht trotz der für den Krankheitsproeess 
sichergestellten ätiologischen Bedeutung des Tuberkelbacillus nicht 
in den Namen „Lungentuberkulose“ umzuwandeln sei, weil meisten- 
theils die in den erkrankten Lungen gefundenen Veränderungen 
nicht bloss „tuberkulöser“ Natur würen, sondern aus verschieden¬ 
artigen pathologischen Processen hervorgingen. (Die Differenz, die 
für Virchow ausserdem zwischen den Begriffen „Tuberkulose“ 
und „käsiger, durch den Tuberkelbacillus hervorgebrachter Ent¬ 
zündung“ besteht, übergehen wir hier als nicht zur Sache gehörig.) 
In den letzten Jahren ist nun der Virchow’schen Anschauung in 
mancher bacteriologischen Arbeit selbst ein neuer Bundesgenosse 
erwachsen. Die Untersuchungen von Kitasato, Cornet, Pe- 
truschky, Tsehistowitsch, Ortner u. a. haben einwandsfrei 


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LITTCliATiJR BEILAGE UEK OEUTSCHEN MEiMO! NISCHEN WOCHENSCHRIFT 


lu j «'ui'.'i grusvcn Zahl von Luu^wisvhwimL ; 

nicht dev ’J-tilnuilVm UW -VMremm.sren ijmer- ; 

hnlh ilW Tiuuö'frit nmi-1.V.L TO namentindi in weitm 1 ; 

rorge^KHmien Sfoif&m slm — ändere Hartwig; tusfw- ; 

„mderc äh St ivf>i «t in cm. »MM tit-m /Wr.VrtHiiH wert: wm- ganz 
w inur-th, M( Rollo S[»u IfJi iE handeM -ui [» mit ?m<l»T'-n Worte« . 

..... I: )Uöt MIM sfffjuiüfd.t Ahr.'-Hl(l»0‘ tiOTl. wjo WtV SW »UM j 

t : iuif.il: amui-mt und Hironisfhfft hih>» umHkTo.nkfmBmi 0*1 «>i* he- | 
dt-w/hW« kt * d«^*# iftdÄ- - ffttHHV’ iWiErra^ou nMW : 

liirlir das Reell l hat, dir im Ro<lf ^tflvondc Luhp;md<rMnkkeit ’ 

mJk; Ttitift im Urse ?m heWnen. sninild det TH> hvrkol hm-i IJ us uüohn x 

.Asch nur als rin ghh hwerildgm oder *sm f -■ m manchen Millen ; 

#etdiv£</rw»rtTjigtd Fdf’tov irr BcFI’hoIh kommt, 

AS. eine v eit' i** Shitzt rii] diese AutVa.Himg vermag das j 
Mnierkl »Km* S i.'vo;: IffS'dfMi Arbeit hcnmge/.ogen /»» Werden. 
Yueb diifi» -fiui- StudEm wird Mo.i*. \vi(' iVfiUivoli nsdiir Fingnosm , 
no-n.‘ und Hühuitutimn- eim:>. Falle* seih kurui. 'Voiiu linr i 
l'rnKiilv'i uHd Mund di- WiM-Hlimu n-s» M wird. dass h/u 

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Kd.'i u, n, s.'duufnl'iri i) ( «i v J.i- .■*.(,j,.n. Sputis. I.if> ih.mon »Hm 
hd/lfWm Mfth'nh.r, >.m; Vurjü'lifii nuy um i Inon *H nudd nus-- 

Mod'Htf(.. huvirkl** S}»f ije;tvv fhiv \ flduumr/ »h**. •Sputumy. doefh 
ZumUx, idnfj «H.y/'fi’jü*I'tudv?twIhllo:-.uiip ndvr Aon Cankrwitinpulvtf 
dfnf _rfinf)w\otuAihi/' iKd jylQwür V^fi^Ud 1*3 - 24 St iiudhrl ini IJt'ÜN 
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lll 'd tU-^/n.'AdtSsormi* Kr t Vst5iJ{Cmldfdlu^hny;, 

Aut *»{«* Kin/'dlndnodf dor juaiancreiejum iimi WH'^uilÜ^ dnioh* 
yei-Vm-iÄd*<‘i» kdmif.ii >vir hi<*r ui *id «■inp;«-Aon. Wir miww n 
•m.v di:v:j)d ; hi Sfh rdijtke?i. die Mhdvünvdfu l(fed.lt;»lf dfS X ev* 

d- -.u. \j>, Kiii7i-\wf'l«‘i'/.u,u-i.-hmt. » nt.'i ,h-n lnhfikuhSro* Hhthiwm 

4-i^M >d‘ 1 '’Uirti Mnitimi i'nu*t>BUoCi' uiiWjiiipHf’MVr TmMgrh" 

H.dio<;!ndo-i'u. d i>. solf»ni !‘'d[h ion dnifiu nmn im SpuHim nm h 
■der ! * S i ff i. r'sf-huu Älftliotk kchtd Sv.fmn.lfu haotorien "u;pd»\Vfiw'o 
. Icartn n-nd hei dimfn mu h dm* Kjl :is;u i.Vh'Mi AlfHmdn in y*-- 

f »ii'iM-1 en K.ilifh Keim iil! in en um d K-eH.q.ollr irfvmnnfn \wrdru. 

! ullo ' Fif.he.i* in^ivhi. j<h Kei -mhdu-n PatifniVi, die :m:d.omi-:uhf 
Vh teviUtnu dm- fnhmWf inumn* vrrl h«-lKi.'htjifher nis mmj 
mud» d*M j:'u\-.Unlh-i hm. I r .tie> ondnu.u •*un'*hnifn kann 

»df CnmiM.-r i--i in *-«di j.r-i. l-'’i)ieo (iUL'-iiiwO'i', neun rufiii ire< |d.- 
■ 'MHu Oll I t;h-‘rkiiiit)iiTdi.|ifdlitue f in«ri f lil . teWifT WMm fiiif Hiffh- 
.iütff<io.n hin^nkommi Ofo mei^tnu lAUiu von ,.Lurj.gLM!phlhisiv : 
i-i'dl strjlun StivjMc.-o.'ffiiudsuhinfeofmiior» dm*, djf üuIwk' ddeden 
Vfidw; in.fH li've - mii Fielmr vi.*i‘»»Ü!id«Mt»‘ liiid .1« piitfsivv 
Mi^rlinihu timmiK hei d/*nm» Uie im Sputum hH< Uwfithu:rfu St.rejno- 
fm;ecii ..kfiii Fi*d;*ri hfrVOrruthn-. D*0 iVhM fsmdieU MiO' SKrdpt.oen« een 
im Kmtffiion^ ; o.,> »u^yofh -d-h idt duvf.h nllo dm Wonimi, 

1 hlliiKfti Mio'fUtiuhuJhdioTt Symptumr do^ h'mbm’h, dm Nmdir'.fdnvrivsh. 
;\T*p*- J F tT bfsin 11, u. s. wo . OjK Pro^uijso difsor. ofOvon 

Mir-rhjiiuw.rnni hi Af.mu ^d; -ine jrok.nlt««»H*rkul.*;so smu- 

plifjvin Sfll.si ini-oili-orh hiejhL umt’ reuhi/inrj-'. kütnatisd) hffmndoH, 
UmihL ln dRnilöhiyr;. W mmv \vir Strilidno.JV'edn eo’mjiVhdr.oh «%’ 
’• r *• ‘*0ke )’y. den i>i}di)i ow *Mi, l'ei i;:>e<HH,.. sojtrn \w*M am.-h Staphydu- 
rnffoh a.lleuu h-rufj IntVuf.-nxiu und PsimiitiinilUür»XHt.»iei 1 )fen u n. \n, 
Uf i ivjlie Kdn*:f-nU.sh. ; .rhuhHf. l'u r dif Proph> Uxo urwüfhHf. 
Umdi Sjiovj^le.r .dir. (ttudiU h«|r>hto) AifRrohr. «jodes phthim.'Vm 

Siaihum und iSn-n- Suvu;: amut inidorm Prov-nifn/. aus liem He- 
eei-duv im'ur'id.ii.diOj. Vv. r l Cf .}, r < y u j )f ?Sl.MtX^rjj > um fli'f ZflStiiUlhUj^ 
des l»if»ft.n\?HTnyK>!'itiio^- iw w i imtd-ru". Für die Th.euipiv oh- 
ytraliit.t Him- , l*\‘*rtlfrdir^' »hiss dio TüberküloST ’ HeK 

m '»HtijiiK nncli keine (Joiupli- 


f.miiuü vorhanden ist. Hjjemösoh — d. h- mit 3!ubÄfeöF 
lurndnit werde. — 1) i» üpun 0 sc h o » d t ituhe i*Lnl • - t 
i st »n G F £ e o vn 1 1 t i eho r «* r r of f iui *• r M isv ti i n j . u n . , ,, 

.sieunter UmsUUdfh irefüUf-Uctj. h. s f ,in| (ni F»„., 
)mt der T«herküUu!,H-h>ioiMuu«r niirn dir Mischiidpnfiim tiaSuv^.”. 
üdHmtif hetinflüSHmidf »mxw v-fdlij»; ».M^oRf^uh* -klimmu, : , 
fuiftiüimc laut holmv See. in der Waste oder im 

IW Unhhard, KiOoVjjM.- lietruöHtuoaon iUi4 
t erioli/h isi 1 h> U n tvrsue|i u unen ii»u*f Tym4HiV siw • 
Zoifs; ltr. l. Cfdi. ii. Oyji. XXVK (hl. 

Die Cvfcmdm der Tyrnjuniu■ uttri Kl mn ia. dmi 
Fällen eiiifa-dt aui d;w l'undiihgen v>m Luft in dev » rn t . 
zuführnn. Vjehmdif i^t sie meisifuK die -Folge . 'Ft x 

Ltfd'us'iiibuUeö- Utw urfüeJdifdioü Ryvterieu ' 

wieder lidchsi ausnahmswidse Von eiijgedrumojinsi muH*. ; 

Viel häufiger werden sh' kiiUHtlii li, tlnndi utdfH’tUi!.'n: 
odo,' hmtrumeute riiigeiähi l , mm.lt koumm w .-tnvot:.;,,- .• 

Hjiil- oder Lymjdiw'eyf aus der Seheia,- im<! it-On 1 rii fc ..> 
iiri. iTtmu< gvimu-en Mi» dieH-r Aamtlum ^umiM 

s.jt’Ji 11 u vii* lim dt lu dafigh Ueeh;mhtm*i:: viuw I odiv-ii S , 
dis Frimhtwa-äsofs. \m strlmMder Hhuse ; l.ihaitu' hOhm ^iH'n ; 
tmfdi dem Vwiuwmr aH das VmyUdhr»/« Oft: Tyiai';m.*<*yü sw «■ :•■- 
hlie. gastörarig^ ZfTHidrujigsprüdutihi siüd jilwAiiuT hn 
vyinner :dHorh»H ( ErsS . WfÜH des Fi’U-dtl w-HSöi' filji HibU. * •* 
SiiKgt »sM odyr v.mtU dässidivf hmdj itil^au ahtlifSsl, Wf»«hr • 

1 ,';)!«• ilvi T)ii.*sr .AimifM begründet der Veihismi' ilmeii du- | 
-ih aif .genauer bn.»d/M ; Mu^Weliev 'Cntt’iSjimlmi^Uv :lu ^oif hi - 
wo Tympatua aioei hmd er allein das l.;a.rit;miro toii Hin 1 ;i-u 
deat oueli die lAthiglmü. zukoumtt, in zueke.rrj:ide!u NülÄl**»*. 
zu i'j 7 -‘V.o('it Kiiujir'i) am h ulle* anderen < »u>e •*r/.<t.“*-ju , »-j. K uh, . 
T'vrapanin uteri liervnr.rult.Mi. So hält, \ erlas«er doch »k»s »«"'•o 
ooli commune wegen seumr fast rtiustaidAji Auw'HmihW im't'f 

für am häuii.cHlen wirksam Muu fMlh .ydeii. dn-: :KnCo-lm»:L' .•'< 
Fiele ts, Sowie der schweren AM*jomt-Mm*»'>* Imirnmg»» Wr hm v 

die adytdnhideu ItosutLitf frdlKdef T ur-sidiht' IaA oncii. 

F, K'dh.r Ol¬ 

li;. U. HfUf k. Bin nr-dr-r Fall v ? n; !.i,i*i,,«ndii- - 

pt-iiovia. ,/»->ls<-hri!? Oh* CüiurjsldUK n-.o Cvunkoletm- K» - s H ' 

■ \ J.MS! hi'H iH tmite i*H.a..0«*. h ‘V.o.M ' 

I Wendtmi>ah> wreen Ekmiie in^dvlw }m$)z xwii? fil«^K;liö wy 

• »Krep ui »sum* pi mu^Kairif 

[ Meer >ö dm tmlnk (^mvcardatH-IVacttÄk 

i Fdh. hoxdiKmer, dm.m \A-i'.näOmne Wammn. dnH* f ;r T ' : 

! A i>. »*n. Kitiuk einen nuj-n m^nors*. mim, , c » 1 

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MinutOii i.-*0 M- Exiüf *ut hi.. '• 

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V tu. us’H.n, hm; r-d^i Vo v: *.»:rt. h V ; \; ,....* 

IL-. ( <k H» dH, lll. d.is'- h- rn.mie^“! V* ( . 1 . 

; <"« iidderi • n Weh. /usUr.m kam- Latrii du y. , •■ 

lind di*- Atmpe.uume de/ w.mle '•* L. Ä ä 

’i d. n Mm-u. 1,.1,'iwue Lud m ai- .-n- --J‘ '// . 

1 diu Mirttenüuod (Umi te Hern , d^* \ «d'-' 

war liKVK in der iViltmr von ICl ^ 

! io \V* Iclieui der Inn d«H O^ndöuw oen ^ludvnm ■ 

| l r /. M o ra v nse k , 1 Kh hy si er isehe [rrrsoirt. V. 

f. Psyi-ltiatrie Bd . m» . (l , fr 

: i)a> I hunmaerddhi: der H.vslwmeheii “ , v ,p>i .•••*■ 

i irn'iiU' «Iw lirisk'^-n.imit f ll| l'. ji-1- 

i -«„,1 ihr :Z.,*i.ma kam, W»)k»- v<m 
: das (.iemütl» deiiM/oirndd wirken • 

; pÄTühKnKe Hi-KfJHlltnrwti£ veruiSüvVMO ,* !i ‘ 

; auch in ammoehumn »«riumsverhältuH ^' 

I Itnirfl »IHM- b». t»,,«» »u«-li »H>j ''iflLjual 

; BcwHksfftiu nir.Til ti«wf alK'rirr. »ml ; 4 ,.- ■ r v 

; lifii • als solche zu erkeanm*. und jjm A-LA u 

’r 7o v * S 11 ■/. ähnheh-'M Ki-S'dl;M.<rr* v -.^4" ‘ ‘ * 

«d/wber- Snvyi ndrivtnte'jtioi^ lw*t • ;. \A . 

div.se »■ Wo-hensrhr N». 4M), 




Co gle 




8. November. 


LITTERATÜR-BE ILAGE DER DEUTSCH EN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


keit ist ihr Benehmen sogar normal. Das alltägliche Leben weist 
eine grosse Zahl Hysterischer auf, die neben der allgemeinen 
neuropathischen Grundlage ihren gesellschaftlichen Beruf «-ut er¬ 
füllen können, gute Familienmütter werden, und nur die ungünstigen 
Phasen der Verhältnisse heben sie oft heraus aus ihrem regel¬ 
mässigen Lebenswandel, sie reagiren auf dieselben mit vorüber¬ 
gehenden motorischen oder psychischen Erregungen, hystero-epi- 
leptischen Anfällen, Gemüthsemotionen. Oft aber kann sich auf 
dem Boden des übrigens schon sehr labilen Nervensystems eine 
mit Bewusstseinsstörung, Störung der Vorstellungen, der Form und 
dem Inhalte nach, gefälschter Sinnesperception, genügend um¬ 
schriebenen Sinnestäuschungen, Wahnideen, Zwangsvorstellungen, 
Illusionen, einhergehende ausgesprochene Geisteskrankheit heraus¬ 
bilden. Beim Entstehen solcher Zustände spielen eine grosse Rolle 
lang anhaltender Kampf um’s Dasein, Sorgen, gescheiterte Hoff¬ 
nungen, nicht befriedigte Wünsche oder durch unerwartetes Un¬ 
glück verursachte Gemüthserschütterungen, ungenügende Ernäh¬ 
rung, eine infolge schwerer somatischer Erkrankungen eingetretene 
Erschöpfung des Nervensystems — und auch gewisse physiologische 
Vorgänge, wie Pubertät, Gravidität, Puerperium. Lactation, Cli- 
macterium. — Dem Verlaufe nach pflegt man zweierlei Formen 
des hysterischen Irreseins zu unterscheiden: das acute und das 
chronische. Am häufigsten ist die acute Form oder, besser ge¬ 
sagt, die vorübergehende Geistesstörung, welche zumeist nach 
plötzlichen Gemüthsbewegungen hervorbricht; sie kann aber auch 
den hystero-epileptischen Anfällen vorhergehen oder einen Theil 
derselben bilden oder ihnen nachfolgen. Die transitorische hyste¬ 
rische Verwirrtheit dauert in der Regel nur kurze Zeit, einige 
Stunden oder Tage. Sie entsteht plötzlich und vergeht schnell, 
der Kranke erinnert sich des während desselben Geschehenen ent¬ 
weder garnicht oder nur summarisch, es erscheint ihm das Ganze 
wie ein Traum. Sie bildet ein Gemisch von hallucinatorischem 
Irresein und maniakalischer Exaltation. Der Inhalt des Bewusst¬ 
seins der Kranken sind theils angenehme, theils unangenehme 
schreckliche, angstvolle Vorstellungen, deren Entstehen durch leb¬ 
hafte Hallucinationen und Illusionen mit entsprechendem Stim¬ 
mungswechsel veranlasst wird. Den Stoff der Delirien bilden statt¬ 
gefundene und zumeist unangenehme Ereignisse. So z. B. be¬ 
schäftigt ein hystero-epileptisches Mädchen, welches den ersten 
Anfall aus Angst davor, dass ein Mann es nothztichtigen wollte, 
bekam, während der Delirien sich stets mit diesem Vorfall. Bei 
der auf hysterischer Basis ruhenden Paranoia spielen die all¬ 
gemeinen functioneilen Störungen eine grosse Rolle; die Verände¬ 
rungen in den Sexualorganen, welche auf reflectorischem Wege 
Erregungen in der Gehirnrinde auslösen, kommen infolge falscher 
Auslegung als Wahnvorstellungen zum Bewusstsein. Daher kommt 
es, dass bei Hysterischen die hypochondrischen, auf das Sexual¬ 
leben, die inneren Organe, das Gemeingefühl sich beziehenden 
Wahnideen so häufig sind, ausser diesen sind noch von besonderer 
Wichtigkeit die auf den degenerativen Charakter hinweisenden 
Zwangsvorstellungen. — Auf hysterischer Grundlage können sich 
endlich die die progressive Paralyse nachahmenden Symptome heran¬ 
bilden, welche, obwohl sie mit einer günstigeren Prognose zu be- 
urtheilen sind, doch auch mit dem Tode endigen können. Die all¬ 
gemeinen hysterischen Erscheinungen decken die Natur der Er¬ 
krankung auf. Möglich ist ja aber natürlich auch, dass neben der 
Hysterie und unabhängig von ihr die Periencephalitis chronica 
diffusa sich entwickelt. Lewald (Berlin-Liehtenberg). 

18. 0. Wunderlich, Klinische Untersuchungen über 
die Wirkling der Aether- und Chloroformnarkose auf die 
Nieren. Aus der Tübinger chirurgischen Klinik. Beiträge zur 
klinischen Chirurgie XI. Band, 2. Heft. 

Bei 125 Harnen, welche vor und nach der Narkose auf Eiweiss 
untersucht wurden, fand sich 5 mal schon vorher, 13 mal erst 
nachher Albumin. Aus den Befunden ergab sich, dass eine bereits 
bestehende Albuminurie durch Aethernarkose häufig gesteigert 
wird. (Ein entsprechender Schluss für Chloroform Wirkung konnte 
wegen mangelnden Materials nicht gezogen werden.) Durch die 
Chloroform-, selten durch die Aethernarkose kann Albuminurie für 
ein bis zwei Tage hervorgerufen werden. Infolge der Chloroform-, 
seltener der Aethernarkose kann Cylindrurie zustande kommen. 
Besteht schon Cylindrurie (in dem Untersuchungsmaterial bei eiweiss¬ 
freiem Urin in 30.8 %), so findet sowohl bei Aether-, als bei 
Chloroformnarkose in den meisten Fällen eine Steigerung derselben 
statt. Bezüglich der Ursache dieser Harnalterationen kommt der 
Autor zu folgendem Schluss: Die unter dem Einfluss der Narkose 
entstehende Albuminurie kommt durch eine Ischämie der Nieren 
oder durch eine Herabsetzung des Blutdruckes zustande. Die 
Cylindrurie ist die Folge einer specifischen nekrotisirenden Wir¬ 
kung des Aethers und Chloroforms auf -die Epithelien der ge¬ 
wundenen Harncanälclien. Herrn. Frank (Berlin). 


19. Sieyeking Uebcr Striae distensae cutis. Jahrbücher 
der Hamburgischen Staatskrankenanstalten Band III. 

Die Casuistik der von dem Referenten im vorigen Jahre beschrie¬ 
benen ,strm fei» förrmgeu pivulsion der Haut als Begleiterscheinung schwerer 
fieberhafter Krankheiten 4 findet in dor vorliegenden Arbeit eine Bereiche- 
rung um zwei Fälle. Beide Kranke waren jugendliche Personen (14 und 
lf Jahre alt); bei dem einen traten die Striae am 67. Tage einer Cere- 
brospinalmemngitis, bei dom andern am 40. Tage eines sehr schweren 
Abdominaltyphus auf; die Prädilectiousstelle war, wie gewöhnlich, die Ge¬ 
gend der Kniescheiben. Beide Kranke hatten wochenlang mit flectirten 
Kmeen gelegen — ein Umstand, auf dessen Bedeutung schon der erste 
Beobachter, Ascherson, die Aufmerksamkeit gelenkt hat. Der Versuch 
zur Zoit des ersten Auftretens der Divulsionen neue Striae durch Deh- 
nung.der Haut künstlich zu erzeugen, ist dem Verfasser nicht geglückt- 
vielleicht könnte man in einem ähnlichen Falle einmal eine permanente 
Dehnung probiren, die durch Heftpflasterzug zu erreichen sein dürfte. 

Die grosse Seltenheit der Affection in ihrer ausgeprägten Form geht 
daraus hervor, dass in dem Hamburger Krankenhause bei einer eigens 
aut diese Striae hm gerichteten Untersuchung mehrerer tausend Kranker 
nur eine ganz spärliche Ausbeute sich ergab. In einem Falle konnte der 
\ erfassen eine solche Hautstelle mikroskopisch untersuchen und die frü¬ 
heren Befunde bestätigen (Abflachung der Papillen, Streckung der elasti¬ 
schen Fasern). * 

Ich möchte diesem Referato eine Beobachtung anfttgen, die ich vor 
kurzem an einem Patienten der Universitätspoliklinik gemacht habe 
und welche meine früher mitgotheilten Fälle ergänzt: Patient ist 25 Jahre 
alt, gut genährt, leicht neurasthenisch. Er war früher gesund. Am 
<44. Januar 1894 erkrankte er an Influenza, hatte seitdem oft Bruststiche 
rechts hinten unten. Die Untersuchung am 1. Mai orgiebt geringe Rc- 
siduen einer rechtsseitigen Pleuritis. Die linke Rückenseite, vom 
ochulterblattwinkel bis zum oberen Beckenrande, zeigt zahlreiche, wohl- 
ausgebildete, querlaufende Striae, über deren Entstehungszeit nichts zu 
ermitteln ist. Milz palpabcl. Kirstein (Berlin). 


I 20. 0. Schadewaldt, Der blutende Polyp der Nasen¬ 
scheide wand. Archiv für Laryngologie und Rhinologie Bd I 
Heft 2. " 5 

21. A. Alexander, Bemerkungen zur Anatomie der 
blutenden Septumpolypen. Ebendaselbst. 

22. M. Scheier, Beitrag zu den blutenden Polypen 
der Nasenscheidewand. Ebendaselbst. 

23. P. Heymann, Zur Lehre von den blutenden Ge¬ 
schwülsten der Nasenscheidewand. Ebendaselbst. 

Schadewaldt hält die schon von V. Lange beschriebenen 
blutenden Polypen der Nasenscheidewand für eine typische Er¬ 
krankung der Nasenhöhle. Der Sitz dieser Neubildung ist der 
vordere Rand des Septum cartilagineum an der Stelle, wo kleine 
Erosionen und Blutungen häufig Vorkommen. Der Tumor erreicht 
mitunter eine bedeutende Grösse, ist flach, glatt, derb, hat einen 
kurzen Stiel, wächst schnell und giebt oft zu wiederholten und 
grossen Blutverlusten Veranlassung, ist aber durchaus gutartig 
und, gründlich exstirpirt, recidivirt er nicht. Der Verfasser theilt 
drei einschlägige Beobachtungen mit, von denen in einem Falle der 
entfernte Tumor mikroskopisch untersucht, als ein gefässreiches 
Fibrom sich herausstellte. Bemerkenswerth ist, dass diese Art 
von Neubildung nur bei weiblichen Individuen und vorwiegend in 
der linken Nasenhöhle angetroffen wird. Therapeutisch empfiehlt 
der Verfasser die kalte galvanokaustische Schlinge und nachträgliche 
Aetzung mit Höllenstein oder Galvanokauter. 

Im Anschluss an die obigen Beobachtungen theilt Alexander 
drei Fälle von Neubildungen mit, die in die Kategorie der blutenden 
Septumpolypen zu rechnen sind. Der Sitz war ebenfalls vorn am Sep¬ 
tum cartilagineum und in der linken Nasenhöhle. Zweimal handelte 
es sich um ein weibliches und einmal um ein männliches Individuum. 
Mikroskopisch wurde einmal ein Granulom, einmal ein gefässreiches 
und einmal ein einfaches Fibrom constatirt. Im letzteren Falle 
fehlten die Blutungen, die der Verfasser nicht als ein nothwendiges 
Symptom dieser Neubildung betrachtet. 

Scheier beobachtete die in Rede stehende Neubildung bei 
zwei männlichen Personen in der rechten Nasenhöhle und fand, 
dass es sich in einem Falle um ein Lymphangioma teleangiectaticum 
und in dem anderen um ein gefässreiches Fibrom handelte. Trotz 
gründlicher Entfernung des Polypen mit nachträglicher Aetzung 
trat einmal in acht Tagen ein Reeidiv auf. 

P. Hey mann berichtet endlich über fünf hierher gehörende 
Fälle, die nur weibliche Individuen betrafen. Dreimal sass die 
Geschwulst rechts, zweimal links; zweimal war die Lokalisation 
vorn am Knorpelrand, dreimal etwas mehr nach oben. Die Grösse 
schwankte von der einer Linse bis über Haselnussgrösse. Die 
Hauptbeschwerden bildeten abundante Blutungen. Die Anheftung 
war viermal breit, einmal ganz dünnstielig. Der mikroskopische 
Befund lautete in drei Fällen: Lockeres Bindegewebe, reichlich mit 
Zellen durchsetzt und ausserordentlich gefässreich. In einem Falle 
stellte sich trotz vollkommener Beseitigung der Neubildung zwei¬ 
mal Reeidiv ein. A. Jurasz (Heidelberg). 


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Hch'vf.inl't'-rvntUjiUe; iltv j*\dftn der fiuujt fiuupbvf»rl«ßmliiUii/,e v.ritfajien depm) 
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' kommen \Onneu , liogl auf der Hand*' 'UUu Arhnw nqis %A\r üiiü W«t-i,n*u 
inikngebeU d<>> O’n^rritUwuisn »D ■<{«'« Dimu«#- 

lu'likv-H, il/u 'fVain.F nor.h- weit m- </,\y v« nm Hreu, «5Htl 
H.siien diü n f rMlub n An /elM» d.neu dei 'Fo«1itUi uhd \ » »VjimieDn >;*.« «I? - p 
Wvcm'!? Hfnui'/t. wbrÄ<*n*. ^Intjüa^ondmy m$ din FaÖ’Ävüs’t- der SuUUhfF- 

<b'l:K/!lHliJöMtS mit. SL.inu*-» ^idctiü UÜtvU* Vumtähd.siD».« von 

*d.\va 2n ZvUbiiiuUüi MV . Errtidjlimg jü tdnes -süddU-n suui n 

Witt^i Jtl rjhl wa. ßl} X npwtfrvdbfb (J2 Ijü.qtwin {W5JWdi£n v '’ 


iPPPRV^, Wk:^ r . PilW'i ^^jpppHpppi 

l»>'il.«‘;t' OfdiÜjKbm uL-ii v'tnelth'lfn Hanivkt'ti und AUHiübb» i noWen 
«üiDsej) .rt-wsen- Wut- [()/' 4bs -bO. Mi'uvn um! kfoinw.. i'Ur idv \o \ «m*- 
winidtd»: vMTiUm,: iceluiHpu w**rdni; jf KO diu'nn *».:«; :u>- ri, ; LwV/=rvil> 
't^sü.rvc*c3ö|üii «.* \ ij»fi<vn \t\y. Ujm'/uw.,* >n ii iii df«> 

Z4t.q»! einricb»^eti vZeitUtuD n »imi Ihuiudruni: bcdürttn l.f.mni« r»u* 

l»i*j Oj-IH'.-C D’tnqt.'A/iili^ •:•:»•!* 1-i'iLif U.ail «U*n> " i.i.'id;- dt-,- 

Vuuwunme v.ittZMtfu jm Kriv^t- vvird um h ijt JDiiw hl.,ml /.umal jedup»..- 3 
v\»-l{dn.r dum ubtiviv» u fufmu' WidH, hetdi^iilkrinimen s\Un | 

■Sr h u mh.« rg (1-iM'linj. 

III. Zur Recenaiou emgegangene Bücher. 

(Einguheudurü IhiBimschuiig vmli-Umlteu.ii 
AUgemeiRb^, JahrfBfeerieb^D ^‘Oupllrerke a. y. n« Inde^ 

"'“ V -'-“ r,U ' I - -- : 

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*U{«1 Üdiriüt; tWvD. \m. 


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U. Ln-ndan., Zur ii.ie-hid dos '*' i ‘•• 1 

I!eh t*iug's. Mdäbfcöü, Fseiü & n*-' ?n’ . >.i- 

Knoftr« Medldfl. B- No« hn.n ; ,:i:{. Sis^Dilr. 

Thetapdu, .IX. Hd, Ii. Thoii: v. Jf-rüffi* FM-W- . F W--’ ; 
K«' meine T&mtlyse U 1 H S. Wl^ AHmU^Tr. 

XT OrtnTF, V .. 

xi v jrW nf<*rur-n Ant dui il. tnffUictüDilu^t^ Kjuuk W i * 

Wit;ii. 13 fi«.ri»'gt' zur kiiuiw-ti*'!» AHuhcui WH 1 ( ^ ,i! ,!'T‘- 
Jitft.d J^ipwg, WlIfeöÖA t^:. Ö.. w 

MtUfcärBftiittfitsw^en. Ttrhc-id. Airh-ttu u 

für .dm S«)ld.vh*ü Z*i«t: D* ; 

T nsnieitgiuiynt- vm Fht*. tUtu- lUfcifu ,!.. 

Spruehhenkumk*. ti i>uPz«i»inn. Bä "J Vwi.v'- 

-I *,! 1 (‘ {« fe h (m. I lesuitfiUralsivin-t f io» hj-wüB air 

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B<• i i itj. XtX-...-lalirg,‘MiH, Siütinikda^khre^ tWD I-..W 

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iuiiiWf* KüvpHrM)K}«-U >- , b »Ud ' hr . v, ' ; ’ -‘.i'Vj'rhnhit' mch''-* 

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Tr-tel mV IJyrv K u i»übr r ^ i{ ; v/vm #$& «*;. 

i f r)v?\-., mid -ßx ia« 4.-.ü mut THirtn. »W «■» ,ini »<*«.-■ u ' ". 

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Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 22. November 1894. 


DER 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift 


INHALT 

und Ae“t U e Ch Ä" 8 bbJrt NaU ' V0 '' Ck - Sectionst " chnik Studirondo 
O G / un d z tlge dcr pathologischen Anatomie. Ref. Ribbert. 

Ref. Bufwald.’ A b<i en d6S pharmak °l°gischcr l Instituts zu Dorpat. 

The^V.Brd^Re"VlrtTgf“ 8P6CielIe Vtau ^ und 

5. Curschmann, Klinischo Abbildungen. Ref. Eulenburg. 

kulins 6 ' Ref° 13 e o k ^ Behnndllmg der Lungentuberkulose mittels Tuber- 

7. Me'bius, Neurologische Beiträge, X. Heft. Ref. Pelman. 

Ref Silbermann’ Arb< ” te ” aUS der I ,ädiatrisch ™ Klinik zu Leipzig, I. 

u t u Heubner, Arbeiten aus der pädiatrischen Klinik zu Leipzig. II 
Kef. H. Neumann. F s? 

10. Hoffa, Lehrbuch der orthopädischen Chirurgie. Ref. Beelv 

Erwaoh;en“n. SS Ref. Gottsteim 0 “ d6S KehIk0pfeS bei Kindem Und boi 

12. Holländer. Die Extraction der Zähne. Ref. Miller. 

13. Havelock Ellis, Manii und Weib. Ref. Eulenburg. 

14. Havelock Ellis, Verbrecher und Verbrechen. Ref. Eulon- 


II. ZeitsclirlfteuObersicht. _ , 

Chemie: 15. Lohnstein, Ein neues 


Physiologie und physiologische 
Urometer. — 16. Schmitz, Die 


L S t p B n unter dom Einfluss der Milch, des Kefvrs und 

he? \ P 0 e ?' 1 ’ Einwirkung des Spermins auf den Stoffumsatz 

ciellra 1 ^ k ° ne “ ““ aI1 S ememen “d bei Hamsäurediathese im spe- 

Infootionskrankheiten: 18. Floxner und Barker, A contri- 
bution to our knowledge of epidemic cerebro-spinal meningitis. 
Blntv«^« er K Modl , ci .? : i9 - Gumprecht, Die Fragmentation der rothen 
Blutkörperchen und ihre Bedeutung für die Diagnose der Hämaturie. — 

4ü. Kosen bach, Die diagnostische Bedeutung der Indigurie. _ 21 

Brousse, Pleurösie syphilitique de la püriode secondaire. 

m v l . I .r' !bU J tShÜ , 1 i e , UI ! d 6 J,nä;kologie: 22. Bumm, Uober die Ent- 
Wickelung des mütterlichen Blutkreislaufes in der menschlichen Placenta 

schleimhaut 0 " Larjng0l0gie: 23 ' Chiari ’ Ueber Tu berkulome der Nasen- 

Chirurgie: 24. Riggs, Two cases of laminectomy for fracture of 
the vertebrae with compression of the cord. — 25. Pyle, Report of two 
cases of laminectomy with a tabulated Collection of fifty-two cases of 
lammectomy of recent date. - 26. Sharples, Laminectomy for fracture of 
dorsal vertebrae. — 27. Keller, Two cases of traumatic intestinal Per¬ 
foration with recovery. - 28. The discussion on Chloroform before the 
royal medical and chirurgical societv. 

Psychiatrie und Neurologie: 29. Wulff, Die geistigen Ent¬ 
wickeln ngshemm ungen durch Schädigung des Kopfes vor, während und 
gleich nach der Geburt des Kindes. 

IH. Zur Recension eingegangene BUclier« 


I. Bücherscliau. 

1. C. Nauwerck, Seotionsteohnik für Studirende und Aerzte 
v ® rmehrte Auflage. Jena, G. Fischer, 1894. 159 S.* 

3,00 M. Ref. Ribbert (Zürich). 

Von der im Jahrgang 1892 dieser Wochenschrift, Seite 55 
zuerst angezeigten Sectionstechnik Nauwerck’s ist nunmehr die 
zweite Auflage erschienen, ein Beweis, dass das Buch Eingang ge¬ 
funden und sich bewährt hat. Es ist keine Frage, dass es auch 
weiterhin von Studirenden und Aerzten viel benutzt werden wird, 
da die damals hervorgehobenen Vorzüge geblieben und durch we¬ 
sentliche Bereicherung des Inhaltes weitere hinzugekommen sind. 
Ausser zahlreichen Textverbesserungen und zehn neuen Figuren 
ist ein grösserer Abschnitt „Angabe des Sectionsbefundes“ aufge¬ 
nommen worden. Derselbe will „auf die wesentlichen Gesichts¬ 
punkte bei der Leichenuutersuchung hinweisen, ohne die einzelnen 
Krankheitsformen zu besprechen,“ giebt also eine Anleitung zur 
Beschreibung der Befunde, indem er die Punkte aufzählt, auf 
welche geachtet werden muss. Hier haben dann auch die früher 
m der eigentlichen Technik eingefügten Maassangaben eine passende 
otelle gefunden. Da auf diese Weise das neue Kapitel 30 Seiten 
umfasst, so ist das ganze Buch von 127 auf 159 Seiten an¬ 
gewachsen. 


2. E. Gerdes, Grundriss der pathologischen Anatomie. Stutt¬ 
gart, Ferdinand Enke, 1893. 340 S. 6,00M. Ref. Ribbert (Zürich). 

Das Buch, auf Anregung des Verlegers entstanden, giebt einen 
kurzen Abriss der speciellen pathologischen Anatomie. Voraus- 
geschickt ist auf 41 von 340 Seiten eine durch 6 die Messer¬ 
haltung und die Herzsection betreffende Figuren illustrirte Obduc- 
tionstechnik, die abgesehen davon, dass sie ein überreiches, 
30 Nummern umfassendes Instrumentarium voraussetzt und dass 
sie, wie nicht anders zu erwarten, an vielen Stellen individuelle 
Färbung besitzt, geeignet erscheint, dem Studirenden in Kürze die 
wuchtigsten Vorschriften in’s Gedächtniss zurückzurufen. Die Dar¬ 
stellung der speciellen pathologischen Anatomie erstreckt sich auf 
alle Organsysteme mit Ausnahme der Specialgebiete der Haut und 
der Sinnesorgane. Sie kann natürlich, der Aufgabe eines Grund¬ 
risses entsprechend, nur die wichtigsten Thatsachen in gedrängter 
Uebersicht wiedergeben, und im allgemeinen kann man, von 
kleineren Ungenauigkeiten abgesehen, wohl sagen, dass dies in 
einer dem Zw r ecke entsprechenden Weise geschieht. Gerade wegen 
der Kürze der Schilderung pflegen solche Compendien bei Stu¬ 
direnden sehr beliebt zu sein, ünd sie haben zweifellos ihren Nutzen, 
so lange sie nur als Repetitorien neben dem Unterricht gebraucht 
und nicht als die einzige Quelle wissenschaftlicher Erkenntniss 
angesehen werden. Verfasser sieht denn auch den Zweck seines 
darin, dass es dazu beitragen möge, eine Anregung zum 
Studium grösserer Lehrbücher und der Speciallitteratur 2 u bieten. 


Man kann in der That nur wünschen, dass der Grundriss diese 
Wirkung haben möge. _ 


3. Robert, Arbeiten des pharmakologischen Institutes zn Dorpat. 

IX. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1893. 174 S. Ref. Buchwald 

(Breslau). 


Fünf ausführlichere Arbeiten über Eisen-, Silber-, Zinksalze sind in 
dem IX. Bande niedergelegt, von denen besonders diejenigen über Eisen¬ 
präparate von allgemein therapeutischem Interesse sind. In dem I. Ab¬ 
schnitte: Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens des Eisens im 
thienschen Organismus giebt Alexander Samojloff aus Odessa 
zunächst eine ausführliche Litteraturübersicht. Besonders interessant ist 
die von Bunge und Kobert erhärtete Thatsache, dass die so viel 
therapeutisch verwendeten Eisenpräparate (anorganische) 
gar nicht resorbirt werden. Gleichbedeutend ist allerdings damit nicht, 
dass sie nicht bei chlorotischen und anämischen Zuständen nützen können’, 
denn dafür sprechen doch die therapeutischen Erfolge. Neuerdings wird’ 
als Kriterium der Aufnahme des Eisens die Ausscheidung durch 
den Harn angesehen. Die Eisenpräparate der Pharmakopoe zeigen bei 
innerlichem Gebrauch keinen wesentlichen Einfluss auf die Eisenmenge 
des Harns. Man hat in neuerer Zeit in Folge dessen organische Eisen¬ 
verbindungen vorgeschlagen, wie das Hämatogen (Bunge), Hämol 
und Hämogallol (Kobert) u. a. Hämogallol wird nun so stark re¬ 
sorbirt, dass der Eisengehalt des Harns um 150% steigt. Bei intra¬ 
venöser und subcutaner Injection verlässt das Eisen auch nur zum ge¬ 
ringsten Theil den Körper durch den Harn, das meiste wird durch den 
Darm ausgeschieden, nachdem es zuvor, wie die anderen Schwermetalle, 
eine Zeit lang in der Leber aufgespeichert war (50%). Ein kleiner Theil 
wird in Milz, Nieren, Darmwand deponirt, 2 bis 3 Stunden nach der Ein¬ 
verleibung ist die Ablagerung beendet und das Blut eisenfrei. 

Namentlich waren es Anselm, Jacobj, Gottlieb, welche fest¬ 
stellten, dass Eisen, subcutan applicirt, zum grössten Theil in der Leber 
deponirt wird. Durch die Galle wird es nicht ausgeschieden, es gelangt 
in nicht näher erörterter Weise wieder in den Kreislauf, um schliesslich 
definitiv durch den Darm ausgeschieden zu werden. Weitere interessant^ ’ 
Experimente hat dann Stender angestellt, indem er durch mikrochemische 
und makrochemische Eisenreactionen die Eisenablagerung in den Zellen 
der Organe nachwies. Anfangs betheiligen sich am meisten die Leber¬ 
zellen selbst, später werden die Leukocyten der Lebercapillaren mit Eisen 
beladen. Auch die Milz betheiligt sich nach Stender in ähnlicher 
Weise. 

Kunkel vertritt übrigens die Ansicht, dass auch anorganische Eisen¬ 
präparate direkt resorbirbar seien. Samojloff hat nun eigene Versuche 
angestellt. Hunde, Katzen, Ratten, Frösche wurden theils subcutan, theils 
intravenös, theils per os mit Eisen vergiftet. Er verwandte zunächst das 
Hornemann’sche Ferrum oxydatum saccharatum solubile gleich 
Stender. Der Nachweis in den Organen geschah theils durch Schwefel¬ 
ammonium, theils durch Ferrocyankalium. Die Technik muss man be¬ 
herrschen, um keine Trugschlüsse zu ziehen. Am besten ist es, beide 
Reactionen anzuwenden. Das ins Blut gelangte Eisen wird vor aUem in 
der Leber und Milz aufgehalten; anfangs findet man dasselbe in den 
Leberzellen, dann in den Leukocyten der Lebercapillaren; die mit Eisern 
beladenen Leiikocyten wandern dann aus, wie ist schwer zu sagen, jeden¬ 
falls wird die Leber eisenfrei; die Leukocyten können in den Kreisläu 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






L1TTERÄTIJR-BEILAGE PER DEUTS CHEN MEÜiCINISCHEN WOCHENSC HRIFT. 


Tleoemnguiig' ^ 


her uji^jjsogeii 
Am dioäJuO 


^böii* Ff probirto Ferrum oxv'htetuim Ferrum .cmrnftun mm-lmy’dJtm i : es ..«nt-Bowemtsei« und.. heeUföniter Absicht sngwfsf^ 

wlnViie ucd HäüjoroUoU •>•' AewnAhmg grosser \mrn anorganischer ^; nl? mi< j[ def Mahnung, mit der AusäL-Ueidung -tler 

Sülze, woW nlmi der ik-nocamd bv.ujk v-u*d, wdou. sie *w»v m go~ vo^iciitiü: m seit*.' 

ringen Mengen {r,i%oamra(,en; Vieh Ment die m imrn.n^ «m Ahgfdiftiulelt werden in unserem Schiii^knde die Kraokfe. 

lüUtoisse m <««• ito.MgnlU.wt»»»»»-- Ver«t«cbt «mtt fc» f'>;^ a es Msjfswi, dw SpeiEBvMu-« d«. Dnrais, rfw Lrttrr. 4*»,,. 

Lw!L7 *TSÄSiLVV VLL ,lci ' Mi!? ' Vi'-'L 4#r k ll” 7"*°** M ° ! ;r«**'* 

s! ’Vp'ijit! !.,'v« :u-A7-2fii. zieht man abor dir or«»»*. \Wir nt.Mblicke« somji, da die Mhwea Bünde ad. u 

«r CF i tobmiiuj t\v* Wfltttitofe» wie U : 87 : 23p . den Ifcfecticms- und AUgometnkranltfieifeß, de$Ä® des fes, 

Mb^iÄsi Ap#i> ^ HSiuogttUu!Ätte.ii KüUerCs in dop ^Sterns und dm Bniätorgano befasst iiftbeft, tm$U\ 4nfc#|y 

gebracht mrd sind toj&'dpm AugefHta-^n cmpfeKIwWctKft flehtet äm Wirkungskreises Am inneron Klinikers. Pass ifer w 

■'•*. .'*'■• * '''’^'^j^r'^ig^ocn 1 -y^i^rnug t fremde Hi^Ufaraxig^ri'sui^llijygx«..w'-• 

__»t T.»ti aai.i tiinhi ltnUaii iMiitiiVvlun icf «nt«. 


' •• V-kbeMfU ‘Ablftj^ijfrttJvg.'und &n mmi e t «LfttH! )t » werthen behebt 4 ‘eWesen zu sei«, nicht, untreu geworden ist, niitm 

<[«* , ddefikeh^ O twviKiö.u^ hontet. \f"\ ™ ließt keinem Zweifel; ixdiieh merkt der Lmw.mmi vwb 

A. Lu>?k> rnt* Ajhun Fi ^ ic\[ 0 ^bi A pu^ivY id N l4iph- speeitdjei Experte, «eilig von der Abgrenzung eigeimr ?iod fi-e*udr 

tlrt^fec \v*j 01 n o vt.' <■ I' b aafiuerksum geinftcid hatte. Fr Verdi es m t du es Liebermeister ifti dPrmeip YöÄdw ii»t> ; u- 

hüll dftss fbtv in;: Blut ■dmre^mtste ELeu <wh ,di&Knoehcairrärk .Autoren im lext -?,u mtirfm, vielmehr für eingehoa^re Um^ 

«rifu^d und hmr m xvb**rm oder kk-mer.ep Mengen *\m TUxl m Am, an gaben auf die grosseren Handbücher und Moß*)g^p!iU)Wi \w*' 

Marh^tdlea, tum TLcil y/ft-iseben r. ru Xoy ub-'M. L "da!Hh .h r> i.Uo 4usstAttung hat die Firma Vogel besorgt, sLhcifarf aV 

weiteren VbrJmUünjj- narb der Jnjeeliof« nimmt m emeu Eisen.kret?' nji-ht besonderen Lobes 


wejfeenii VeriudteyH riaei. der Jnjectioii nimmt ci> eineo Eis^n.kreii- 
i :i ü > an, Ein Tnoi) wird sofort, durch d;:s Bbugobm:^\Monr rius^^-modom 
t«nd zWitr durnh Niere- uml Purifixvsnd, d**r grösste Ibmi wird in. dci 
Leber, MW s und &um- Im. -K.iir»ohrnmHrh iieponiii'. Darauf wird uns Enm 
von den T.nnkocvtmi aut 4 imH näher .ic«tgw?tollt^ Weise mich d“in Darm 
obgt-mbrt, ci.dknebt frei, s . f bd)oir,hi> in Zollen eingesrhiosstm, m khm*r 
Theil \vtid ahm'. im Tderm aitlgehütieo und- mit dem” Lyaffihstrom üurilct 
in den gTossou Kreislauf gnbrstultk um dann >\nR-er «msgesrhitulen ..n 
werden L otfdiob toi ii) Tuge nncb der. lajectdo» noch Fison m 

der PafiuwömL Dass dabei ain-li die MosoiitortoLlrUsna eisoo-it^ihig 

gciUuden Tfertieu (Li},‘Sk.i) ist leiolit nrUhrlich. ^ . 

N»ch. aVfnvouiiimg von Hftmol >i.nd Hhmogalltd vrurde tune* Sides 

. • , , . . .. . ... 7-k ■ ir:U Ä >.V ««.a 


| 4 it Ul WtBVUWIflf ■ 

Ocdlegon jeden Lebensalters werden aus LiebenueiA' 
„Voj lbsuitgcn'*' mit Gonuss und Vortheil Belehrung öcin'ipCuii 

5, H.. Cardobmft»»vKlK0iB<die SmiluagwmlV' 

■ stellungeH der VerÄndening #r itusisereu Rorp^m p W 
El'an'krieitftn. Berlin, J- Springer;i894, 57 Tafeln^ w jhh- 
anövüre mit erläutefiidenv fesL. Rot. Eulenborg twdim. 
Dieses von Cu rsclunann iin-Vefbind'Uug init Dr. Scnn gj.• 


koiocte des tb M. zuurmiist wmr me /vrrmir J\r,pip»i «. taus uem mw - ^ - ; Fj:' k aw 'ÄFLiÄw' 

dmiisnlbeii InsutuD oüber besproGmu, Zu eigenen Versuchen remtrmdtr.- Notiainriehiung angosnbbs^eutm pbuiOgnifmtSOLeL ■ • 

Verteer crsLdfiß Argnntuui subsuifuiiöstnuL spHtm* auf Vorschlag uud >dnte»^ug der dort ge^imenea bahiöuuTig eilff 

Roh er Fs das Argentum g! e c y mdiLmtn eu in r u m M a trog ly ■■ - H( .* n 2 ,,c^w>inetigestellto und lehrHbehe Auswahl • lftSWööfn; •’» 

e vtfhissinLpoV wokb^ sich hrafeuiK tvomger gittig-nrwms «nd aut das . :m r xm$t3& Met- sich «kW sehr riet terofffianh? w»' 
Blut Umu eiuwirkm. Bor wurde ( )ss Pt*farr,t.durch Am - .^'Vh Fü mir die lhm^nUiin^u von m-ogromw.- Mim- 

rv„... T -n...d,r ... ■(., um,, rV „, .'7;'‘;7g;"r!‘- .,, sl;niJ ,,.. ,n«n fonwiüo-teac» l -> r ™ " 


sirhibai- ist. 


Theil sehr intoressunküt UDdnmmo Ergebuvsse wM&m wir mtf daa Ori- HV.»ner,’* vrd'hV erroir.ht ersehe men. HoffcnUich wirf. ’ ‘ 
giöal verweisen, f fm ‘rjü$s(m wir nach nfnn Fortsetzung ättis«kflteüi woxa i® ffi - * 


•qenuTsorisouen Mc.-.taUrn zu rechnen.■ ViM-wuöCuug mf ju wesent- : 

r«di eine biieitte. die brocheneiTegende Wirkung, obgleich festgtulieöd, 
wird wenig hemiLit eßehso die* Wirfea/ng aut- dns* Geßlndruirvtmieyöteiü- 
Cvb'rgl. Öralig, Einksfiföm V,\ 

4. Iiielbermetster, Vor!emmgext äbör spöoiölio Pathölogiö und 
Therapie, 5. Band; J1 r ivnShvHon der (J-htorl fei b bo rgaAo. 
LoipMg. IV C. W. Vogel, 1S9L m. K 10,00 K Bef. Für- 
bringer (lietlm). 

Mit dem Bande ecWiesBL nachdem Heinas Vor- 


U. E. fhorner, Zor Beh*«iäi«»? **' f.aayen.nl.f j V “'m f IW t i ! ■ 

Auf Grund nmer-^ dreijiihfifö« aasgede*_m .^ . v ' tri ^ , w 
dieser für mfc « Liuen m& ^|S w dibB r ; 
EHahnmnou über das Tuberkulin 

AHtte deä ubjebtiv jieobaehtendeii .Aoratekr^ ,. ^ 

.schieden m wbet^en J 

gleich in der. FTihleititiig, -das» nUerdmgs »«r -^^ Üa u ,- 
kutin am Krankenbette anweöden ardlfe, ^ ! v 

drtr R.«u>terihlomö verömJt -«b öm 


>Iil dem voriieguiite Bunde «chUesHf, mvchdem ueme Vor- d r Bartefiölögio vimiut mu, um Cf l r e^ 1 

-angürm Uea dnbmi 1^85. Wh 18B7 und 1891 aaf den Biiclmr- nS„ zu dürfen, Nach «mar ; 

^ - ! v -,W V das wir ohne Zögern als ein tXsSX* TuÄulias konMntW^^ ,r 

■ >Airmw;]*.u 'Mmliafi wißpreohen. Dass fdv l8yo ron ihm gemachtonErfaltfttjigw ' 

bejubon ist,-' wagen wir bei der Art und Weize der von ihm. geübten t ? ; 


<R» gi> 





22. November. 


LITTERATPR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Verfasser nennt seine Methode die „milde Methode“, da er mit In- 
jeetionen von */» mg beginnt und in den ersten Tagen C um V» 1s 
ansteigt bis zu '/» mg von da an um ’/io mg steigend, bis ™ bei der 
Dosis Ton 1 mg angelangt ist. Auch Fiebernde mit vorgeschrittener 
Tuberkulose sind auf diese Weise mit Erfolg behandelt 3rS!?" 
1 mg erhalten nur fieberlose Patienten S. Vo^lVer- 
fasser langsam um y 6 mg bis zu 2, dann wieder nml „J l f* ® ^ 
und so weiter bis 01 mg. Ueber die Dosis von 0,1 mg^häauszuffehZ 
hält Verfasser nicht für rathsam. „Zwischen zwei auf einander folgenden 
Injectionen darf me ein Zeitraum von mehr als einer Woche liegen 
andernfaUs wäre mit erheblich niederer Dosis fortzufahren.“ Ausserdem 
empfiehlt Thorner lange andauernde Beobachtung und öftere Probe- 

Ärrr,? h i« B T dlgling £ er Cu . r * F * b erreactionen bleiben nach seinem 
Verfahren vollständig aus. Contramdicationen für die Cur und die Fort- 

smd: Flebe .r, das längere Zeit andauert, 2) inter- 

S^ kheiten ’ ?)-r» Appetitlosigkeit. Nach dieser Methode hat 
Verfasser Heilungen und Besserungen gesehen wie nie zuvor. Referent 
SSEriSI? aIlerdmgs nicht enthalten hinzuzufügen, dass die Methode doch 
vielleicht etwas zu schematisch gehalten ist. Denn gerade in der An- 

ft^ n fi!•h g hfihlnS U l b f e^kU ^ S, W0 Je i der einzelne Fal1 gewissermaassen ganz 
SL"l Q b l han Ä delt w ® rden mu ®®\ könnte doch unter Umständen eine allzu 
^“ SChe A K Wendl S g des Büttels irreleiten und den Arzt zum reinen 
ma J hen - . Du rch die ganze Schrift weht noch der Hauch des 
Schreckgespenstes, die Furcht vor der „Mobilmachung der Tuberkel- 
“i;? 1 016 daimt zusammenhängende Scheu vor Anwendung 
grösserer Gaben von Tuberkulm, die aber, wie wir nach imseren Er¬ 
fahrungen im Institut für Infectionskrankheiten wissen, zu richtiger Zeit 
Eihl?ss 1 ausüben WeiSe angewendet ’ auch nicht den geringsten schädigenden 

7 tF* Neurologisoho Beitrage. I. Heft: Ueber den 

Begnn der Hysterie und andere Vorwürfe vorwiegend psycholo- 
gischer Art. Leipzig, R. Abel, 1894. 210 S. 4,00 M. Ref. 
Pelman (Bonn). 

Es ist keinem, der Tüchtiges geleistet hat zu verdenken, wenn 
er seine verstreuten Arbeiten sammelt, aus einzelnen Reisern, die 
leicht zerbrechen, ein festes Bündel schnürt. So äussert sich 
Möbius m einem Referate über Wernicke, und wenn er dem 
gleichen Beispiele gefolgt ist und seine in der medieinischen Tages- 
litteratur zerstreuten Aufsätze in einer Sammlung zusammenstellt, 
so wird dies jeder mit Dank begrüssen, der aus Erfahrung weiss, 
wie still das meiste begraben liegt, was man den Zeitschriften 
übergeben hat, und wie schwer es hält, die rasch auseinander 
flatternden Blätter zusammen zu bekommen. Wir begegnen hier 
bekannten und wir begegnen ihnen gern, da man den 
. Ausführungen von Möbius auch dort, wo wir vielleicht nicht mit 
mm übereinstimmen, eine ebenso geistreiche wie wissenschaftliche 
Begründung nicht versagen wird. Die meisten seiner Aufsätze 
behandeln die Hysterie, und sie befassen sich mit dem Wesen und 
dem Begriffe dieser immer mehr den Psychosen zugewiesenen Er¬ 
krankung, von der Möbius schon früher behauptete, dass alle die- 
jenigen krankhaften Veränderungen des Körpers als hysterische 
auizufassen seien, die durch Vorstellungen verursacht sind. In 
dieser Beziehung sind sie der Form nach den suggerirten Er¬ 
scheinungen gleich, und wenn Hysterie auch nicht gleichbedeutend 
mit gesteigerter Suggestibilität sei, so könne man doch kurz sagen, 
da^s alle hysterischen Erscheinungen der Form nach Suggestionen 
seien, ein Theil von ihnen aber dem Inhalte nach nicht suggerirt, 
sondern eine krankhafte Reaction auf Gemüthsbewegungen sei. Die 
übrigen Aufsätze behandeln die Simulation bei Unfallnervenkrank- 
heiten, Seelenstörungen nach Selbstmordversuchen, den Werth der 
Elektrotherapie, sie enthalten ferner eine Anzahl von Bücher¬ 
anzeigen und endlich eine Reihe von psychologischen Erörterungen, 
die einer Schrift entnommen sind, die Möbius im Jahre 1891 
unter dem Titel „Ueber die drei Wege des Denkens“ veröffentlicht 
bat. Ich glaube den „Neurologischen Beiträgen“ keine bessere 
Empfehlung mit auf den Weg geben zu können, als wenn ich mich 
den eingangs angeführten Worten von Möbius anschliesse und 
aus eigener Ueberzeugung bestätige, dass eine solche Zusammen¬ 
stellung auch im Interesse des Lesers gelegen ist. 

8. O. Heubner, Arbeiten aus der pädiatrischen TTHniir zu 
vxrir?®’ Sonderabdruck aus dem Jahrbuch f. Kinderheilkunde. 

u * 2. Heft. Leipzig, B. G. Teubner, 1893. 
Ref. Silber mann (Breslau). 

, Diese in einem Separatabdruck niedergelegten, aus „dem Jahr- 
bueh für Kinderheilkunde“ entnommenen Abhandlungen besitzen 
alle ein grosses, allgemein wissenschaftliches Interesse und ver¬ 
dienen deshalb einem grösseren Leserkreise als nur dem der 
Kinderärzte empfohlen zu werden. Das Buch, welches neun Bei- 
räge enthält, giebt in dem ersten, von O. Heubner gelieferten, 
eine eingehende Beschreibung des neuen Kinderkrankenhauses 
zu Leipzig. Dasselbe besitzt eine Grösse von 9000 Quadrat¬ 
metern, ist von allen vier Seiten von Strassen umgeben und liegt 


91 


nn Osten der Stadt, zehn Minuten von den medieinischen Univer- 
sitätsmstrtuten entfernt, in einem jetzt schon ziemlich stark be¬ 
völkerten Vorstadtbezirke. Das Hospital ist selbstverständlich, 
entsprechend den heutigen Forderungen der Bautechnik und Hygiene 
m s ® 1 ? en Räumen ausserordentlich zweckentsprechend auf¬ 
geführt und berücksichtigt vor allem natürlich eine völlige Trennung 
der Infectionsabtheilungen von denen der nicht inficirten Kranken 
JLJie Einzelheiten des Baues, sowie namentlich die Angaben über 
das zur Anwendung gelangte System der Heizung und Ventilation 
sind im Original nachzulesen. — Diesem ersten Beitrage folgte 
ein anderer von B. Hesse gelieferter über die pathologische 
Anatomie des Diphtheneherzens. Die auf Grund zahlreicher makro- 
und mikroskopischer Untersuchungen gewonnenen Anschauungen 
des Autors gipfeln in dem Satze, dass das Wesen der Herz¬ 
schädigung bei der Diphtherie keineswegs in den pathologisch¬ 
anatomisch wahrnehmbaren Veränderungen gesucht werden kann, 
da dieselben nicht constant sind, sondern in einer Nervengiftwirkung 
ähnlich dem Atropin, Muscarin und anderen Substanzen. — Eng 
an die soeben erwähnte Studie schliesst sich diejenige H. Fried- 
mann s über Blutdruckmessungen bei Diphtherie. Hier wird ver¬ 
mittels des Apparates von v. Basch der Nachweis geführt, dass 
die sphygmomanometrische Methode am kranken Menschen von der 
höchsten Bedeutung ist und bei der Diphtherie bereits zu einem 
Zeitpunkte das Erlahmen der Herzthätigkeit anzeigt, wo unsere 
anderen bisher bekannten Untersuchungsmethoden uns noch im 
btiche lassen. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass die 
günstigsten Diphtheriefälle diejenigen sind, welche von Anfang an 
einen guten Blutdruck zeigen und denselben während der ganzen 
Krankheit auch dauernd bewahren. Prognostisch ungünstiger sind 
schon solche Fälle, wo der Arteriendruck (Art. radialis) grosse 
bchwankungen zeigt und zeitweise bis 90 resp. 80 Hg herunter¬ 
geht. Ein Werth von 75 Hg war dagegen schon ein ernstes 
Zeichen für die herannahende Herzlähmung, und bei einem Blut¬ 
druck von 65 resp. 60 Hg war die Prognose fast stets letal. — 
Di den folgenden Abschnitten findet sich eine Mittheilung über 
Sklerodermie im Kindesalter mit Ausgang in Heilung, sowie eine 
solche über cyklische Albuminurie. Aus der letzteren erscheint be¬ 
sonders bemerkenswerth, dass wenn Patient zu Bett lag, der Tag- 
wie Nachturin frei von Eiweiss war, während nach stärkeren Be¬ 
wegungen, Anstrengungen etc. Albuminurie auftrat. — Der fünfte 
Beitrag der Heubner’schen Publicationen bringt Versuche an 
einem magenfistelkranken Kinde. Es wurde studirt die Secretion 
im nüchternen Magen, der Ablauf der Verdauung, die Erwärmung 
und Abkühlung von Getränken im Magen und der Einfluss der 
Temperatur auf die Magenwand. An diese Beobachtungen schliesst 
sich ein Fall von Peripleuritis tuberculosa, und als achter Beitrag 
eine sehr interessante Abhandlung über Fehlerquellen bei der Er¬ 
nährung des Säuglings mit sterilisirter Milch. Die hier nieder¬ 
gelegten Resultate sind ausserordentlich belehrend und wiohtig, sie 
dürften selbst sehr erfahrenen Kinderärzten zum Theil ganz neu 
sein. — Den Schluss dieser pädiatrischen Arbeiten aus dem 
Leipziger Kinderhospital, deren Studium wir sehr warm empfehlen 
können, bildet die Beschreibung eines von Heubner angegebenen 
Kehlkopfphantoms zur Erlernung der Intubation. Dasselbe dürfte, 
da die Technik der Intubirung eine ziemlich schwierige ist, in den 
Kreisen der Kinderärzte sehr willkommen sein und einem that- 
sächlichen Bedürfnisse entsprechen. 


9. O. Heubner, Arbeiten aus der pädiatrischen Tniniir gn 
Leipzig. Sonderabdruck aus dem Jahrbuch f. Kinderheilkunde. 
XXXVHI. Bd., 2 u. 3. Heft. Leipzig, B. G. Teubner, 1894. 
Ref. H. Neumann (Berlin). 

Wir haben eine stattliche Reihe von Arbeiten vor uns, die 
gleichsam posthum aus dem Heubner’schen Kinderkrankenhause 
in Leipzig zur Veröffentlichung kommen. Sie zeigen, mit welchem 
ausserordentlichen Fleiss das klinische Material dort verarbeitet 
worden ist. An der ersten Stelle steht der auf dem XI. inter¬ 
nationalen Congress zu Rom gehaltene Vortrag Heubner’s über 
die Anwendung des Heilserums bei der Diphtherie; wir gehen 
auf ihn nicht ein, da die in ihm mitgetheilten Ergebnisse durch 
den schnellen Gang der Ereignisse schon antiquirt sind. Die 
zweite Arbeit enthält bacteriologische Untersuchungen über die 
sogenannte septische Diphtherie von Gen er sich und kommt zu 
dem Schlüsse, dass sich der klinische Begriff der septischen Di¬ 
phtherie mit demjenigen einer bacteriellen Mischinfection keines¬ 
wegs deckt. Nicht ohne Interesse sind die Bemerkungen von 
Carstens über das Verfahren der Intubation bei der diphtheriti- 
schen Kehlkopfstenose, die manchen praktischen Hinweis und eine, 
wie Verfasser glaubt, praktische Modification des O’Dwyer’schen 
Apparates angeben. Die Frage, ob eine Beziehung zwischen In- 
dicanausscheidung und Tuberkulose bei Kindern besteht, wird ein- 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



92 


LITTEHxVTÜR-BEIf.AGE DER DEU TSCHEM « DIC IHBO H EM ÄVQ/M ENSGBtoT. 


<rehm$ ?fto *ttt<Hrt; w.e mrJ Vcm ihm ebenso wie tqö 

Stföft Äü«i &fehiwters?iudi*rn vferudül um) ton uns; hiermit fed~ 
r/iiitisr Woitm* linde u sich ui yorUegendeü Hott 

Mfe abnorm schtrfUfHlic&ei:' SStaglmgfl uml Kinder, Ufew Ä 

cnmimttsoUe Arbeiten (füllt’ Ten .cjklfcvfer (?) AltoitmsmlLk Fall 

von Vergiftung mit SUvl^plvLanum, wm linn-m c-i'ebeJh) 

mul yohfessm-h die Beschreibung eine»?: oaehKto.n Masers zur Kr- 
oßhuttg reBatphaiyngmiier Abscos^o 

l!l A;Hoii, I^hxbuöb der onhopädiöGKen Chirurgie. ZwmU 

Aofefe Stuttgart, fmal Bitfeß r 1894. 771 Seiten.' 18,99 M. 

lief. Lioelv iBettii.) ... . ■ A/ 

VVmm ms-nimmt Lehrbuch von dum UmDyugc d« vor!»egendem,, 
das» datmi ein so emg imyjenztcs Kan9d der mmfemFohou Wissen* 
schaff wie die prtträpÄdife.h* Chirurgie behandelt, bereit tim-h drei j 
Jahren ome neue Aßfia^o ßnthweudi^ mied, *<> bedarf .esr kaum 
ciiiit weiteren KmrdnhJmig :0s dov c-mimfeß AliHJwIbiiig »ünmc 
Ths-tsm-he Als m-ibstYmDJlnOlihh wird man «bet einem >o 
rührigen nfe fioFAgon Aiiior ivhsßhen, dass ."er sich keine \mu- 
Lr*r)fenmm- auf seinem Gebiet feigoheft l.bst, da?* Fr stets bc- 
strebt ist. Mängel zu hesfiit%un und «u v^ehnsyorn, Wjis Yorfeese- 
run^biMlüiitii? erschein E 

Ks ist daher, wie <1 er Verfasser in der Vorrede hervoHimfe 
wohl kaom rir» Kapitol dom onFpreckfmdon der erste * 1 Aull u&* 
vmoz efemh geblieben. Viole Abschnitte sind gründlich ;im»w<~ 
üihcittd wowbfe, so der aÖgtuneihe Th eil' über dm Efprfefettg der 
Jhdomutfaon, der Abschnitt Ober, den Sct^fha]^ üm Skojmpm die 
Hnueboronw Hüff^b»uk&veiTenl;ung<m, ; . 'feil PlaUlus*. 1 EumolüC 
.VlwAoiirte Aiiui mm hm/Jigekomrmm, v r H. die so wbvMfev- am- 
hiMOüte Kclmmllung der Gchmki.ülmrkulofeu der unteren ßstrei.ti- 
ffitehv JVr Autor hat da mb eine Lucke seiner erstell Anfluge in 
üi'dst-cr^'üitlgc.r \veise misgefüilt: Itr.ffentUtli wird dio nihchäiiisvbu 
Ih immihnm her {dcSenK'fckl’ßnktmgcri mich m Umitrebiand in Zu- 
UüuM mehr umi mehr »fefeuigoh Specialmtori auvortrnut worden, 
die tdfe vorzugsweise -mit. der immhkn^Tihdn Cdiiriirgiu hobicVß* 1 , 
Wie hs ln anderen Landern, 7 ,. B, Amerika, Uy.mts der $fdf ist.' 

Um es trotzdem zu ct möglichen <imt frültcrcn f'inf.in«? des 
Buch«. cMOOibi ! }}«! b* izuhelmflen .'--■ tfi*- thdtcnzäld Isf vuu 7+2" auf 

771 .ßostwgon i-.t an nmLn e Si.dhuj der T<iXt. vielfach gekürzt 
Worden, so U i B, das Ivapttd iib«i Massage fast haiva fort- 
gehdie'i. fo*r Vt*rffewr veewoiA dftlilr auf seine bokannA aus- 
fiUtrlicite ^Technik der Massage^ (Unke 18919. Kia Thoif der 
orwÄ Aufiä|?F WUÄ fortgeljtsse^ dafür $fnU jekJmdi 
etvya -7Ö neue nufgonoiiftncti worden.. 

Icli glaube, map.• darf geiKüst. dieser iteueu Aullnge den Erfolg 
dnr ersfffn ye.rspr0t-.het), fbo A'U^stitttfmg: cpi-spriAA dmj Antordo- 
ntngcii, man an cific Yortagfdmmlloog wie db> vot« Kake zu 

-tcJiiu pilogt, ;AHc freunde »W Aarörd Wettbrn mit uomigthuuuL“ 
veruehmen, dass TJebersetznngeu seines Lt-hrhuchs „iw viele fmtibc 
Spracht n i,h»-iis schon efvjchienon. thciU m Vorboreit.UüK sind *. 

th Stass0i ? 3D]o Ixrtlibatlon des Kohlköpfb« bei Kindörft imd 
foei- Erwa.oto3©öe».- Beufselte Ausgabe von l)r, Emott:fel Fidk. 
Löipzig und Wien, 1-Vwuz I>euticke t iSbA ü‘i %it»uo . Uli- 24- ;\la 
bildungou im Text,. Kcf : . UeU^toin (BieAaup 

Dm- iUtUßhiadm 1 ,:iryngob.)*Av Massel mitcAiolA $)<& \n w-; 
liegOßd»-»’ Attadf. dt r dankcoswcAbeo AjUgalm, die Uchte rcb d<w 
Intübauon des Kehlkopfes., ui« Teidmilt und >lm IßdiC^iiLueji in JiU- 
KämmenfhKftcmfer VAkc danustcUm). Aach einer gtischichtiioheit EitiV 
leilung, ia dor er be^mömwAmt Var-dnmsi.Mii Boo.«>.hut;s t S'cbyoet!- ct s 
mm u’IVwvmA \m die Liufüln*nne und Ycrbcs?iefimg 4w ^ Operation 
Dehnung. Abildcrt m- auf Grund tdgmver und frrumlcs Ew 
Tbrtum die Erfolge. Uird der laf.u'buUoa bei KimLng Vom 

ghdeiit O; litruhau' oh;,e,;tivt-»‘ Wci^*- den Worth der TniuhA.hm 
und Trm heokdiH^ h^süUdrüH lad Lh'oup, glebt Kpeohdhy \ T orscllriitcO 
/in de» ()p»‘i;)iion iuu! >ur .\.i MiAmudlUßg M»j >,v. hi 

warnt er davor, nn die futpbwtiuu HlLugrossc Ansprüche zu steHmi, 
rin wd nur Imstande, dm Httmose v-o buMdttgen, und -os wird bei 
d'u- Jnfubajiorf i/bfitisp v/ir, bei der Tcftehentomie von der Schwere 
Oes Falles nldubfgeii, ob udf Bcci-itigufsg der Lar.ynxsf.ei) oso auch., 
jede LciMmsgcfalir gelud>»m ist. (iegenüber der Trachectmnio liödm 
du 1 fAuhatiitu den V'jfZiip- da,-..- Iccztttm' viel sc.hmdlor au&grfltbrf 
w.-v-ü’ii kann. »lass sie; keine Spmen iittiftuinssf und aucli nicht. 
..i' ßc iinvcrhicidutdton Folgt'ii mich ■ «ich zieht, wie sie bei dev 
7 rik hootomie inil. .iü ihm Katif .gtuUnniDf-u werden laüssmi**. \Ytmü 
-almr. V>u-iKS-x«r mrduE . dass, Wem» die imuinaiun jiudtt gcUngU 
men ö»t Falb- b«,, M e>. die 'i'rjüKmitoTnic init Utcdgtm 

“ T / 1< k;i,: • cmfdieblt, bevor nmt> xo der fntu- 

• • • *«» Eberu ädch die EinwcHiguog zur 

’ ‘ • ?eben so lc^.-n, se ßlniilm icli,. dnsp 


VfetiuBser mcUt wt genug geht. Man. sollt« niemals 3 
bation schreiten, olioc vorher für den Fad dfö Alisd^o^/’-- 
Yorhereihmgen für die Tracheotomie acb^tfm. xu habe« 

In Bezug auf die Intubation bei Erwachs**,«m wamr 
davor, sie zur Pammee gegen jode Art von Shan*,.* ^ , 

Diu Indioation lüingt missohlmsslich von der anatouiUchc?) Di^’ V 
ab. Wcirerc Erfahriingim kivmipp erst, ein« mhnvk ■ 

ihrer Indinatioti gelmn; 

Wir kdfmmi dmn : Vcttasöer nur nadtrfihmwi. tla»* <?, nUt,., 4 
mfriger Anhänger des Vorfo.hrens, (Joch m durchaus 

seihe Anwendbarkeit bespricht. Die- tjehewctzuiik U ^ 

Dh Abbiffettghhi 24 an Zahl, wie dieÄüJ^MfWii^ v.^-v 

■Vt t* Iföji&wler# Oie Extraction der Ziiime, AAoföfe LüiraU nk . 
mix, JBÜ4. 97 S., 3,20 M. Hef. Miller iHvclnu ' 

LUn neue Au Hugo dieses Buclic« antyrSßhe.iÄct /»i«hV*didkafUwU' Vnt.' - . 
vou der» früheren» Sie nmfftsst 97 Seituii und LH yiit Ü ÄKife; 
vergehen. Der L TUeil euthlüt uügwncific BeffierktiTiiwui über 4 

JtiStrwöMintck «hw- die,Opäraticn; 7 

Asejdik wälipond' and dm Wimdbchmnilimg aach dnrüellrin. mk 1 ■ • 

die ThdlhlJtmiiim tmd Ckihtriijiidirkl'mmß Ihr das Ausziehen der ; 
tföiwfp lotztyTBß ttennt Vvftn%**r-i XliimopIüHej L»uik:uD]e iraiAkiifeßw 
vegou der (j-etiihf schwerer Blutung.- OmifUtiit. Urlaünn 
• Struaiinn- bilden d.-tgegeo ketoQ (.Vthtraindicasinn. ih.«i Epileptiker:: , 
•darcii Ü«Jmftxtmet.io)i ein AutVdl uusgoiOst. werih?«, mjdorencifa b« ik 
tbm-h dieselbe Operation Kpiiepsie wmderbolt s.-Ln, -.- ,. 

durch penplierc« dVigcuurmsrniz verursacht, war, Der li. Th.*»] V:.. 
die Technik der' nml • tba dahßi l/iwc-. . 

fürtiim. A uf Einsclhoitcn dieser spc.ol».dt«-n Audiihiuiir-'n .uv. •: 
A'drbinfef- : 4Br- • *.. 

13 Hftvolock SUiis, Manu asti ’Weib, AntlircpoLgiscb c 
[>sjohuk»gTSchc. Uüfersiiehung der ?ecuißjäreri (Es^lfu-.ditcii.r, ; 
•seduede, Lcufsdi von Or, Haus Kur-olla.. L«ipzig. üm,v 5 
it Wigand, tm. 408 S. 

Fi. Havelonk HUiö, yeriöroobet und. Verbrechen. Denket >v J 
Br. Han« Kurnlla Lcipz%, Georg IU WigaDd. Ih'K. idL j 
fiof A Kn Jan hur 5 (Berlin). i 

Lin teicieu asigfödgtep Bncher habe« d;is irmnernsiiac. rtw- < 
sie widrige sociale Prrdjlmfm dkr (Ingensarl auf der (mmVx | 
friodernnr änthroiwlngifiohcr und psychiotrisclter Furaihiwjr ^ f 
dein- das f-mc di»' ,,Frauc«frage“, das-ander*’.«ho Fm- : : 

„ycrbTöchortb u iii^A nuincMlidi in der vioforörtvmön 
vfttfli „ güborem?« Yerbrcchor v *. tt^r in jL>oUtro-h.Ln;(l 
gchtjürmn! gevimrdigtw englische Verfasser, Kuvclm-k bin ■ ’ - . 

m heble li Workf'u im und galten den -Spuren Lom^r^c « 

worin er auch ifesMtfu Lnthrmmfaingmi viUktcti diu-clj seh^tS^c y 
uijil scbiUzoüswmfhc eigene Zül-hiUtm ergib)zt mui ien-nhE . 

yoihmda von Lom brosoA Schhmsfolgcmnm-n ^ m 
.itfforimbIiehcTi Pn-nkt.cn sehr wosehtimSi ahw-c-M '^•'p 
bmnliro'!'!, dcsffü!) Echem;- and' EütwmkolungauauiT U " i 

um! Yerbrochnn^ ( 7 S. 40 ft,i einp^hmid gcWdrdigi wf»; p r i 4 b; | 
lock Li 1 iw „dm- Oolumbas, der einen neucu E-oittimm >r 
IhmKuuif mifge.fujide« hat“ Und mit dm man daher " 
sumur „Seliwänhen" nicht so streng i/Vs Oencht ydun ■»• <« 
wchoinf diese Art der Abfindung ge^nOFrr dir 
•ObcrnneliU.ehkoit und WülliaritühkoiF dio «cit ;; | 

nicht oltne T-ssm» SctoiM in der knttklu-wu .WmmZ'. »u r ^ 
liefern, cthriomgiseMn und j.scehokgrscUcn S\ i\m'■ 1 w* 
drolip denh Omlt oinigvcmaasscn tmdeukiuE ^ ai ‘‘ '■ V , 
rnng. von UaytAnck Ei Hs voegich ht- dann, m : . 

fUßvAmjo „Ecmbro-oV krit.ikjo.se Aßhimrmm '•"» V ' r 
■Ion, i..-.«l,,nton Borpl.l Karl',- IX. >* A'.o ' -, k ,. 
I«ni.-l,mn8i-t»i: Tfirflo» C- hü-u «o*l .“'r .^, . ' 

HiiffiioCü“ Km , i 

-.Wnni Slot, i.i.r- aC nhrr, V „ , ,. . 

PlttiMigteit wia l'nanlndtiHitvil. ilur { 

noi h übhiUoteti hat: dmm das citirre Vs u • s4l | 
Wegs Von--Kar) IX. her, ?r»iiderti i-s» » * 4 

ü»tti»«iÄinftu*iio«‘ht p L; tI ■ • * 


bei der Bearbeit, uug diexe-r rieui-rxchhu^enon Hfeh'mk » 
zu vm-kümi'torm ' , , 

Die tTferryetiijü^ TCnrelfeA. f} n -t V :S djIhfe- % 
mhoAg zu sei« und ji-iimiiAlF * r r- * ; 

analoger L«.-Ftmigoii dcsmlbcü smlkmufefn . , ,,,, : ^ 

hl .Mann und Weil.- (S. dH, ife h^sst •> ,.,, ■ 

-diesem KwmTe“ (niimlick zur Vm-(iuDtJAU^. ' ^ uni | h 

öden ImUvidmßi sind die imt_-gro^ei A.. 

BockoTPnor Sid;?d>.f grossen B^vOe^ LuÜW*&*' :: 
ist; ist yeiöc Eniwicueiiing und dm >«•■*■ 


Go gle 





22. November. 


LHTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Gefässe nothwendig verbunden mit dem höheren Niveau 
des Geschlechtsaffectes“. Es wird ia vermiithiinh ar , * • 
Beschränktheit liegen, dass ieh mir däbei tro" An2e~ 
nichts, oder wenigstens nichts vernünftiges zu denken imstande 
bin; aber Sache eines Uebersetzers wäre es doch vielleicht auch 
auf weniger aufschwungfähige Geistesvermögen seiner Leser 

Ske^ffeaabilit«“ 6 “' P Di \7 iel Sebrauchten neuen Aus 
drucke „Attectabilität und „Emotivität“ (für Dhvsisehe und 

Dsychische Reizbarkeit, Irritabilität) scheinen mir so unklare 2 - 
glücklmhe und mindestens überflüssige Wortschöpfungen zu'sein 
dass wir gewiss gut thun, ihr weiteres Eindringen in den ohnehin 
SC ?°» missverständlichen Fremdworten überreichen wissen“ 
schaftliohen Jargon nach Möglichkeit zu verhindern. ” 

. - 11062 d !f. ser . vereinzelten Ausstellungen verdienen die beiden 

HpapS en TT 6 h lg gewis f. em ? lnne ergänzenden Werke in der vor- 
hegenden Uebersetzung allen denen empfohlen zu werden, die für 
das Studium der grösseren Quellen werke Lombro so's und anderer 
nicht Zeit und Müsse genug haben oder die auch nach Bewälti¬ 
gung dieser Hauptwerke einen etwas freieren und minder ein¬ 
seitig umschlossenen Ueberblick dieser grossen sociologischen Ge¬ 
biete zu gewinnen trachen. h 


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II. Zeitscliriftenübersiclit. 

Cent r 1 alzeRu ng L j894: t No n 31 Ein n6UeS Ur0ineter - AUgem - med ' 
Ausgehend von der Erwägung, dass die gewöhnlichen Scalen¬ 
aräometer an beträchtlichen Fehlern leiden, die theils der unge¬ 
nügenden Construction, theils aber auch dem ausserhalb des In- 
ä strumentes liegenden Einfluss der Capillarität entspringen, con- 

- struirte Verfasser ein neues Urometer, welches vom Einflüsse der 

Upillantät gänzlich befreit ist. Es basirt auf der Thatsache, dass 
1 ei ®em mit scharfer Kante versehenen Schwimmkörper das Ar- 
I. chimedische Princip, nämlich Gleichheit des Gewichtes des Schwim¬ 
mers und des Gewichtes eines dem Schwimmkörpervolumen gleichen 
1 Volumens der Flüssigkeit, in voller Strenge gilt, wenn die Flüssig¬ 
keit an der Kante keine Krümmung zeigt. Die Form des neuen 
Instrumentes ist die bekannte der Gewichtsaräometer; nur endigt 
der Schwimmkörper nach oben zu, wo der die Wagschale tragende 
1 a ^tsitzt, mit einem scharfkantig abgeschliffenen cylindrischen 

' Kohrstück. In unbelastetem Zustande schwimmt der Apparat in 
einer Flüssigkeit vom spec. Gew. 1000 so, dass Flüssigkeit und 
irTiT 6 * 116 ^ene bilde 11 - -In schwererer Flüssigkeit werden auf 
die Wagschale so lange Gewichte aufgelegt, bis derselbe Stand er¬ 
reicht ist. Die Messung beansprucht nur wenige Minuten und 
steht an Schärfe der pyknometrischen Bestimmung nicht nach. 

16. K. Schmitz, Die Eiweissfäulniss im Darm unter 
dem Einfluss der Milch, des Kefyrs und des Käses 
Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 19, S. 378. 

. Anschluss an frühere Arbeiten über die fäulnisswidrige 

Wirkung der Milch und des Kefyr unternahm Verf. Versuche über 
, den Einfluss des Käses auf die Darmfäulniss. Zunächst wurden 
die Versuche bei einem Hunde angestellt, bei dem die Fütterung 
‘ mit Milchzucker eine beträchtliche Steigerung der Darmfäulniss 
ergeben hatte. Es w r urde zur Fütterung ein bereits in Fäulniss 
übergegangener Topf käse benutzt. Hierdurch wurde die Aus¬ 
scheidung der Aetherschwefelsäuren ganz erheblich herabgesetzt, 

1 ja durch Vertheilung des dargereichten Käses auf Vor- und Naeh- 
mittag gänzlich aufgehoben. Da reines Kasein die Darmfäulniss 
in keiner Weise beschränkte, so bezieht Verf. den fäulniss widrigen 
Einfluss des Käses auf dessen geringen Milchzucker- resp. Milch¬ 
säuregehalt. Auch bei Menschen, und zwar einem gesunden und 
zwei kranken, erzielte Verf. durch Darreichung von frischem Käse 
eine deutliche Herabsetzung der Aetherschwefelsäuren des Harns. 

Leo (Bonn). 

17. A. Poehl, Einwirkung des Spermins auf den Stoff¬ 
umsatz bei Autointoxicationen im allgemeinen und bei Harn- 
saurediathese im speciellen. Zeitschrift für klinische Medicin 1894, 
Bd. XXVI, Heft 1 und 2. 

Dem Spermin fällt bekanntlich nach Poehl eine wesentliche 
physiologische Bedeutung für den Organismus zu, indem es die Eigen¬ 
schaft besitzt, im gelösten Zustande die physiologische Intra¬ 
organoxydation zu bewerkstelligen und zu fördern. Einer 
herabgesetzten Gewebsathmung entspricht die Anhäufung der Producte 
regressiver Metamorphose in den Geweben (Leukomaine). wodurch die 
manmchfaltigsten, als Auto in toxi cation bezeiehneten Krankheits¬ 
erscheinungen hervorgerufen werden und einerseits das ätiologische Moment 
her verschiedensten Constitutions- und Nervenkrankheiten, andererseits 
em wichtiges prädisponirendes Moment zu vielen Infectionskrankheiten 
gegeben wird. Es kann sich dabei auch vielfach um lokale Herde abnormer 
Heukomainbildung, oder um lokale Prädilektionsstellen zur Ablagerung der 


Üih f 6 re i? re n Slv ? r 1 Metamorphose (Harnsäure etc.) handeln. Alles dies 
erklärt nach Poehl die Manmchfaltigkeit der durch Einführung von 
activem Spermin (Sperminum-Poehl) in den Organismus bedingten 
therapeutischen Effecte, wobei doch „in afen Fällen die Wirkung in der 
Wiederherstellung der alterirten physiologischen Oxydationsprocesse ihr 
^hesshches Ziel findet . Poehl giebt eine Uebersicht der bisher vor¬ 
liegenden Casuistik der therapeutischen Sperminwirkung (nach den Be¬ 
richten von 183 Autoren) und schliesst daran einen Bericht Uber seine 
eigenen vor und bei Sperminbehandlung ausgeführten Harn- 
nalysen, die einen deutlichen Einblick in die Art der Sperminwirkung, 
h - die dadurch bewirkte Oxydationssteigerung gewähren. Maassgebend ist 
Vcrtaltmss des Gesammtstickstoffs des Harns zum 
Harnstoffstickstoff. In dieser Beziehung ergiebt sich nun, sowohl bei interner 
* ll lbCUt “ ei -\ Spermindarreichun ^ stets ein Ansteigen der Hamstoff- 
stickstoftmengc, und zwar findet entweder eine direkte Vermehrung des Harn¬ 
stoffs mit gleichzeitiger Verringerung der Leukomainmenge statt, oder 
anfangs eine Vermehrung der letzteren ohne wesentliche Verändefung des 
Harnstoffquantums, worauf eine Vermehrung des Harnstoffs mit gleich- 
zeitiger Vernngerung der Leukomaine folgt. Sehr bald nach Sperminwirkung 
ändert sich auch das V erhältmss des Harnstoffs zum CINa, indem das¬ 
selbe, das bei herabgesetzter intraorganer Oxydation durch verminderte 

vSu ei - dUng d o er ,? 1 ? ride unter der Norm bleibt, sich den normalen 
Verhältnissen (2:1) wieder annähert. In den meisten Fällen könnte auch 
ein Einfluss des Spermins auf den Zemer’schen Coefficienten im Harn 
(Verhkltmss der Harnsäure zum neutralen Phosphat im Harn, das bei 
l düng von Harnsäuresedimenten maassgebend ist) nachgewiesen werden. 
Dieser Goefficient m der Norm = 0,2-0,35, der bei erhöhter Harnsäure¬ 
ausscheidung wächst, wird bei Spermingebrauch stets, doch nicht immer 
sofort, beeinflusst, und zwar durch Sinken der Harnsäuremenge oder An¬ 
steigen der Phosphorsäure als Dinatriumphosphat verringert. In der „Harn- 
säurediathesc erblickt Poehl eine Herabsetzung der Oxydations¬ 
processe durch Inactivirung des Spermins, die bei Zerfall des Nucleins 
m saurem Medium, resp. bei vorwiegender Blutalkalescenz vor sich gehen 
muss (Bildung von unlöslichem Sperminphosphat vermittels der abge- 
spalteten Phosphorsäure). Das Spermin wirkt in derartigen Fällen nach 
Art der Alkalien (nur intensiver und schneller), durch welche die Blut¬ 
alkalescenz zur Norm gebracht wird, die Oxydationsprocesse gehoben 
werden und schliesslich die Ausscheidung der restirenden Harnsäure ge- 
iördert wird. Durch combinirto Anwendung von Spermin und Alkalien 
ist daher die möglichst schnelle Wirkung zu erzielen, wie dies auch 
empirisch bereits erprobt ist. — Den Zusammenhang zwischem dem Auf¬ 
treten der eosinophilen Zellen und der aus inactivem, unlöslichem Spermin 
bestehenden Charcot-Leyden’schen Kiystalle (Sperminphosphat) glaubt 
roehl auf einen Zerfall der eosinophilen Zellen, als nucleinreicher Ele¬ 
mente, zurückführen zu können, der in einem Medium mit herabgesetzter 
Blutalkalescenz stattfindet. A. Eulenburg (Berlin). 

18. S. Flexner und L. F. Barker, A contribution to 
our knowledge of epidemic cerebro-spinal meningitis. 
The Americ. journ. of the medic. Sciences 1898, No. 262 und 263. 

Dieser Bericht über eine Epidemie von Meningitis cerebro¬ 
spinalis, welche in beträchtlichen Dimensionen von Januar bis 
Mai 1893 in und um Lonaconing herrschte, bei stärkstem Frost 
im Februar ihr Maximum erreichend, enthält eine Reihe wichtiger 
Beobachtungen. Die Stadt, ein Centralpunkt der Kohlenminen im 
Alleghanygebirge, bot nach jeder Richtung erschreckend unsanitäre 
Verhältnisse. Ein direkter Zusammenhang zwischen diesen und 
dem Ausbruch der Epidemie war nicht erweislich; es wurden vor¬ 
wiegend Arme und vorwiegend die unhygienischen Quartiere er¬ 
griffen. Die Krankheit breitete sich in vielen kleinen Herden 
zumeist aus, unter ca. 200 Befallenen betrug die Mortalität an 
40 °/o; die Zahl der ausgesprochenen überwog die der abortiv ver¬ 
laufenden Fälle, Männer und Frauen wurden ungefähr gleich häufig 
befallen, Kinder und junge Erwachsene erwiesen sich als am meisten 
empfänglich. Parotitis kam gleichzeitig epidemisch vor. Aus den 
klinischen Daten heben wir die Häufigkeit fulminanter Verlaufs¬ 
typen, die auffällige Irregularität des Fiebers und der übrigen 
Krankheitssymptome hervor, ebenso die sehr oft gesehenen Augon- 
hintergrundveränderungen, die etwas selteneren Gelenkcomplica- 
tionen; Blutuntersuchungen ergaben auf der Höhe der Krankheit, 
auch in den tödtlich endigenden Fällen, constant eine Leukocytose, 
im übrigen die bei allen eitrigen und exsudativen Entzündungen 
beobachteten Veränderungen und Abwesenheit von Bacillen. Der 
Tod schien mehr durch die lokalen intracraniellen Läsionen als 
durch Schwere der Infection an sich bedingt. Flexner und 
Barker machten die Section eines frühen und eines späten Falles: 

— den Veränderungen des Centralnervensystems wurde besondere 
Aufmerksamkeit geschenkt; im Exsudat fand sich der Diplococcus 
capsulatus lanceolatus, Culturversuche desselben schlugen fast aus¬ 
nahmslos, die Thierinfectionen alle fehl. — Hinsichtlich des Erkran¬ 
kungsmodus halten die Verfasser den Weg per continuitatem aus 
Nase oder Ohr für unwahrscheinlich und berühren die Möglichkeit 
der Infection vom Darm aus. Beide Sectionen deckten eine Enteritis 
auf, bei dem acut verstorbenen Falle, einem Kinde, fehlten alle 
Alterationen der Nase oder- ihrer Sinus; bei einem Schwerkranken 
mit dysenterischen Symptomen prädominirte in den Entleerungen 
der Diplococcus lanceolatus. F. Reiche (Hamburg).: 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




LITTRÄÄTOR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCflEHSCtorrr, 


\ ^ I.ppppi im 

10 F\ GumprBchtü D?o Fragmentation' der rotheft' 
ßlutfeftfl» irr Heu und ihre Bedeutung für die Diagnose 
der Hümiiturieeu, Bauteiles Archiv für/hiin.. MotUem Hä.-tä, 

H I u 2 • 

Unter Fragiuenlatiou der.roth«m Biutkm-percken verstellt man 
di« niHnuichfa]%m morjJhoiögtseheii Veränderungen, rfetien diese 
Gebilde nach ihren) Au^chmden aus dem Blutkreislauf ftuterwoHen 
sind und ml ehe alle Phasen ta regrpfisvvea Metamorpho^ Jas 
mv vollkommenen .AuiUtetmg umfaßen. Während man den Zerteil 
aer reihen Blüteckmbnn i.o .frfffcwn - auf llechming goi.7, 

bestinuntpr Aguntum seRm-ft 7 .« müssen glaubte, kann man. sieh 
jFigt; der IWherxengütig nicht. mehr- vcFHehlioste«, dasa in der Aeüo- 
Jogie diu* Fragmentation &iM' di Re reute und heterog^ Mont tote 
elneRufte fpkdmh »u dasg das Fhühomen mrr&te eine pegeiierÄotVs- 
erschwang des dem Kreislauf endogenen, resp. durch irgendwelche. 
Sehiuugniigen absterhonrten Blutes aafeufusseii ist. 

" Vitt mp recht hat mm bei: der Untersuchung nephntisehen . 
Harnsediifipmßs die Reobachtung gemacht,, doss hei renalen Blu¬ 
tungen dia Erythroeyten io grosser Anzahl Fragm« ntetito dm- 
bieten, ViRjfmtd Sie hei Bla&mfdutimgeti mit .gmsoF;i^ßimÄS,sfe«-. 
keit tm^rsehrt bteitemv Von der Ansicht ausgehend, dkss der 
i \ amst olf, dessen fragmentirendo Wirkung Bf dom den njte-rwi Au- 
•toren bekannt, war. für dieses aul!;un<m Yerludtcn verantwortlich 
Ä Vt machen hat er Hafustoftpinbßti ron ahgeshifteT- Cnacfct»- 
trutioo im Bruttohrdfdt mit' Rmt in Berührung gebracht und um 
miMeiF dass orinfetens eine uohtprocentigo Lösung erforderlich 
mt. u 10 noch Aino FFagnieTitiMdon. ?,u woge zu bringen,Per Oon- 
iam mit schwächeren Corowntratiooen, iimhesumtei* mit Ahmr drei-. 
urmmHigto. dem dü ui rinn Harn cfttsp^chövide.!) Losung,-hisst die 
Gosuiit der roUicu Blotkdfperchei; unverändert G u wpvooh t 
glaubt' daher die Veränderung dm- rotber* Rhifkürpm* bei temater 
Hämaturie auf den Cout-md des exGou äsitetuten Bla Ws mit den 
Nitwtoopthelito, welche die hnnuahigen BtoÖu. mdmmdlieh in ron* 
ütofcrliW Form übschoidhu und demgemäss lnuni?to%>säili|P sind, 
aurileMTdiren zu-dürfen, .wahrend et die intet thtet der rotheu Blüte 
kdfpcr bei voshmbm Blutungen durch Ute IteWirksamkeit des dB 
fuirten Bornes erklärt. Er glaubt sich berechtigt den Bat/, onb 
xustoli.eui dasä reuale tlhmaturicoo dur.h das AuKteteii tloi Bhit- 
kördßCtdiooüagiuoittutioucri im Urin von Biusoöblotougon klinisch. 
iinWi'Sf bchlbru siml. Kr.u.v h äw (Berlin) 


20. Ko. ?. oh hach, Bte diagnostische Bedeutung der In- 
digorio Wiener mcdieiidscbc Freske 189 : 1 , No. 21 -W 3 

Unter jiuiigurie fasst linsenhach die Auusclmidubg. der ite-. 
«ammtsunifumc der ■•überhaupt unter tmaummteu VnrhäKuteiten als 
Cbrmnögmm im Bete zm* ElrmtekEöir gcla^j^do Ibtel- tfoffoxyl-) 
\ oibbiduogeo ztisammcn, wdhmol map. dis ..IntltcuniiriW wesentlich 
nur aut die .Au.-^-kvidußg" des. imioxyischwefelsaorcu Kali bezieht, 
Eide v-einc Indigudo, ab-o eine Absehcidung von bereits im Körper 
.gfibildetcm .IndigoWau - nicht nur der Farbstoifldldncr tUhromo- 
gene) -- koiornt ftclWn vor: Kachwckon lässt sich, das ludigoblau 
am imftt!»! durch die JofroNoho Probe, RnligoioUi aber durch dift 


des faulenden DarmUlhalts legt man &u UA Gewidit, ^Vfm k 
huhu und seine AbK^inmlirigö sind 'überhäuf*, nur zum Ts^j.^' 
domleii ThoK im barm gebildet und morbul, ?ior Kx^AM ^ 
AHmmioat uful Pepton äuov Indol mul Imto^i votlzbiu di d. 
mehr an don bereits fosofhirten EiweLskdrp&rn irj 
und den grussoryo DftLcn (Pankreas etc.), hin öus^hi,iuv s- 
CbrdnudWftC hängt also flicht von der Aofiuduno von - v .,!, 
XersetzungsimnlucWn uus dom .mangüHndt. 0>mk**n hum; t; ' 
Blut umi'deren üRfmlnntVon. duwh den Bnni flh, 
imoirmle ModiRwihon des Sto^wceMeis udf a»<iaWd ul»diönidii 
ÄpäfudgkprödüdtdTfv hetraohr^ iä0s&,' lieh» Auftrrtty dm 
gwo mgt also eixve StOraag im an, 

«Uli* dessen Ort und Art *$ gestatten, und die fmhgtiih bat ^rr- 
grossere jd’ogtiostkplm,. als diagnostische Redeu [\\ cg, 

. R: Lftüäau IFftuAmiLip 

21. A. Brnusae, PlHör^sih gypliilltiquc ln hcfcr*,;,. 
sec «ft da im. AatiaJes de dewnaMhgie et de AyF^ihilp^mRikB-ib 
Ho. H/h. 

Bis vor wenigen Jahren war man der Ansiclit, diKf.-dk >t } A 
Utiscbeti. Ldngoii- und Plchr^afifeetiurmn lediglich Vrriifü , .'et>^^ 
öh(öji. Fhiintem^sse und AVI dal waren 1HR0 air brüten, 

Im Anschluss uu die Beohadil/ühg zwemr Fhllc üic Existci.v c 
Pleuritis 'im s«cundär»‘ji Stadium der %phUL hphmipt'/b-ii; n-t.- 
keitdem haben mich hml;*re — örnfkülirdlgenveise »m- fam« ^ 
.— Autoren über Hhnüche Erfahrungen beriobtet. Dm- v».D,\ 

' noch ' kleinen Keine • von td; Fällen lügt B.roues.e dm f 
cigcomi Praxis an. Huch zmmlieh ausführlicher Miltlikdim.- ,i.iv 
»aukougivschichtou zieht der Verfasser aös siüuludifJam lunlfr/ 
' dieobachtetön Fullen ein Rcftumc ünd gelangt bezüglkh >ic V 
finostik der ftccuiidärsyphilltisclum Pleuritis zu dm* 

*• ruvig; dl^s die . lWterscheidüh|^bJ^h^ ä ^ - dorseltjep 
Hmlersartigen Pleuritiden nicht gerade hUu* wibarf *?!?•« ;r I 
K?,gel wird sm« iiu* Pathogenese der Piotiritis Qrkcbiuia M 
A oft roten with rem! des Kxaöthemaudn’uclirf, äfiihma 
den Bmna. an dem wefljg oder gar nicht fiehßfh^to VÄd *c 
ihrer, bkung ir, EiuseBchuben cor sich grliöftdcß 
hcKmrdcrs aber au der .sehnetien WirlumtHkni ci«mi* 
sehen Boharullung •— FüiMerlich für. duj Phgnege U 
die -Aftwesenh.eit B,ü]fsmnrhiiöte rm Kr&cfkl^ils^h'Bv 1 rr 

Wie im ersten Falle des Verbs^rs (bh mit 
• ; :<l«r Pleuritis verbundene Auftreten von ^ 

Au f SaiiCTlfiitnrd, wohl aber auf Cftr 

5 ^im Wie dmllopp^eihlgkcdt 

Bich tomt in der Khgci nur noch bei pubmkulo^ 1 »ir.w - r - 

löduenza dm- Llmgcü buxw. PUmrao ömbt. (g^ 

22 E Kumm, üfiber die Ei»tWfVk«-lung {fn ii'F 
Heben B1 u : tkreteiä VU.es u, der . mcns-r-liWehen- 

ÄTfth f. Gyn. XL1J1 IW, ■ , y 

Nychiimn durch eiste -Keilio. von Arhcltou der \mU^ • •; • 
Art vice Kreislaufes des mUf.trriichm» Rlut.^ m M ^p'- 
Plftfuim, in dem Sinne berj.immt worden nL .^.^C'bc 


a- ui» i rmpnai m nmu emmv. ? 

mr* ! '.fhat iijp »rtwidUTO 0«iS«se. vertuest, 

-’arti- \ Ahintit, tm<l liann »iialf f vdv, de« 


Rftioäha'eh'äcllD mit S*lpBt*r»«w, iint) .wsaiger. gut mlf Sall^Sur« j 

ouei- tiftf-Ti Ti 0 si 11 itarirh tliti •Uffii'saha t'i'Obß i» der Wänufi; alie Färb- j .dringt «ft« uann. wicdfr vi/ir uw *«»-•» JC,:,:,),,, *•. 

sUttfbiliUier in üit*-'ldsprc. b.cndcm Fhrbrib (blau, Mth^braimlühuntutfib- \ wird, unternimmt es der \ erlasser, mm- < iu ^ ‘ 

IjusttHii durch Ko.su nbu ch V Probe 


-tm r gelingt- iM« imsthti ilurch K o^cn b n e UN Probe, in novmalmtt 
Mc-Uftcheuhaai iitulet sich nur wonig ludjgoroth urut lüdigohiau, 
die.sich bei maiuhon loichtorco VerdnmiugsiUiomaliwm sehr wenig 
vor mehren. Oie Bosch athm hoi t »ihr Nahrnug (Fhdsi‘h- oder Pikuiseu- 
kost) scheint ohne Bedoutung dubni -w seiit. Unter imthoiogischen 
Veriiältmsfteii ist bekavintlVcii vjae lrftt?^d>bwji vermehrt bei Co»- 
Huinfdiousproenssen und kam« du? 1h fache (IAO mg) dm- nmuftalan ! 
Maximal in eege eiTcKd.Km; aui shärtomt fand 11 0 senh ac h den 
liidigngeha.lt- bei Ghölhrsi döstm^ Bas lödigirröth koißnit weB«öL 
lieh in drei Grup]K*ir vou ErkiArtkungnh Vor, hui schweren Darm* 
leiden, die zu ein er InaufHeicu?. des; Birrms,: resg. seiner Drüsen 
führen; zweitem? bei Foiunün iiUensivster iHavrhoe, gleich viel aus 
welcher Ureaebo ) -und dt iUeu^ hu» /•lirüiiiae.H Kranken im Zustande, 
schwerer EnislhrangssKl'ungen.. so; \m Phthise zuweilen, bei 
UäroiuuKo. nub ünem vifae ofe- Bo} eiAfoehci 1 (Ibstijmfion und 
bhi Perityphlitis pRegt die Renclinn -zu telilou; tritt, sie in letzterem 
Falle ein, so ist ns ein schlimmes Simcben (m ullgcmemun ist nicht 
die Knjict.iuft von übler Prognose, «»nutern die Gunstans ihres 
Bhaniliay.tlo.tii»; nach Koeeivbai-lrB Erbdmtng mms sie R. nach 
Beseitigung uiiios Darmvm seidoksüs hinnen 21 Bt-uhdea vorrmgert 
sein oiU\r vursebwimicu. Mebrwüohcntliclm Bauer dorsnlbon oliftc 
T*.id '<W' PAP^iityu' .^hi .Kirsoiilimtvh nur einmal. Man darf ulso 
'dAc R-rftciVetc t*k c;.y*nh''.fH s yiie eine üble Biagftosfi und Progno.se 
rWDrrlhks v v i-ü».u;i, y,vVv. >oft-h natürlich nicht aus ihr allein einen 

!Me Ursachen der vei-Htärkteti Aussebei- 
vmdsV' ÜHäi auflUeÖeScJmHretiiheit dorHahrung, 

- - - a * •• und düs dnraus Llgcndc langeYe.nvf-ilen 


tlftrft)-' 


ZuRtandes zu erforsulmu, speekll jwir Er‘ k. .^: 
nbführendöh U»5fksöe -in. die j;oteryilld»kn Rllttine . 
xahDeidhmi Untersuch üng^ft 

M# Eröffn sag der Ar türm && Gewillt d%rj’ 4 ^ 

; 01iorionzot.it>« zuzusolir&lbeiv ist.- Bto- ^ ; {; 

Ghorhrn in iinregfehnäastgen Wffi«t»F ^V,, 

skoplkoii auf der s& ihrer Obpfffüchl •' ALea 

Räche «rabiröichr? Liciititngen- 

•wüteten sirahJen, ^Äosköpi^to l^ 

üie Vc.m.teJMttg«» ««• Art^n Mf: 

aus, wohM *a*i<Mdt .»« wart* <>« Enl 

arteriellen EmiRsfo wurden m woHcica v yU w4 wG- 

StilrkM und Stark« .wsgi'wwt^t, . 

mehr ein eav*3rnös«r Aussehen an. - -- ' s0 ' , ..‘‘‘' ' 

.bruoh des Blutes iu das Berotinalp^te ■* '^ wl9S 

leUtefvcU werden pÄ •&*»*** ffl&* * 

und endlich wegg“Hdiw-mmf fc ' t? ^ Vj.r.^öincen 

gründe und Im Burotinalwütet bleiben m !p V ' 

knüuel erhalten, eite nun, ilu 1 J lu f ; ? ‘ 

giessen. Die Choritmzoteen sind h ,wl *.B kv.-'-'■ 

dmgen hier nur. soweit vor, ate Äf-. 

Koum gosclmfft Wird. Verfasser voW -t • ^ ,ui^ ^ 
die Annahme, dass es mcU Uft 1 . kr *i'te- ^ v ^ |;;, n i >c ir.r & *•' 
producte kamteio. Blutete t'V 

Untersuchungpii, ho stammteu ^te ^ 

zmlem vurnombte er an dem^lbcn 1 xA^ 





22. November. 


LmgRATtTR -BEILAGE DER DEDTSCHEN ME DICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


dieser Zerstörung der Serotina zu verfoleen _ Tn d u 
SäKS m.r ÄÄfei Ä. 

kk rssi”ÄÄ." u , t 

nicht beobachtet. Das mütterliche Gewebe wird wurde 

a S ucfin U der Z ^ e Ä n f braCht ' ® S fangen 

Drüsen verhsdten 6 slch'^Mertei'TMhg^j^s^iuTd'Terfajfe^ 611 ^ ,?'* 
Serotinalgewebe einfach der Auflösung. C. Keller '(Berlin) < ' 1 " 

k.»t 23, Ä 0 iw r r' Ü6b t r ^“berkulome der Nasenschleim- 
haut. Archiv f. Laiyngologie und Rhinologie, Bd. I Heft 2 
Nach emer ausführlichen Beschreibung von sechs ebenen 
Ch°ia a rf Ä" h V °1 Tuberkulomen der N^enschleimhaut Stellt 
v i/i bl i? er be ^ annten Fälle dieser Tumoren kurz zusammen 

Hebe oii ,T«lf DieseFäUe betrafen neun “ 

liehe und zwölf weibliche Individuen. Dem Alter nach handelte 

es sich um drei Kinder von sieben, neun und zwölf Jahren Ein 

K- at «Q fc T W ? r 16 ,/ a V e alt ’ fönf unter 30 und die übrigen über 30 

tuberkufose^i n 13 ? ^ FäUen h * 8t ? nd ausgesprochene Lungen¬ 
tuberkulose, in 13 dagegen waren die Lungen frei. Die tuberkulöse 

frtl/ff sass 18 mal vorn am Septum cartilagineum, einmal 

Nehe" ü ST n Sep * um . und zweimal an der unteren Muschel 
Neben den Tumoren fanden sich öfter tuberkulöse Geschwüre Der 
Verfasser stellt es als wahrscheinlich hin, dass die letzteren die 

Ce’^B^TTT 00011 .- bUde “ T d dass 8i0h auf dem Boden “nd am 
Rande der Ulcerationen nachträglich die tuberkulösen Geschwülste 

entwickeln Die Geschwülste boten in histologischer Hinsicht stets 
die charakteristischen Zeichen von Tuberkulose. Die Bacillen 
J edo( ? b n . u r in eil Fällen nachgewiesen. Klinisch manifestirte 
d v° h f la ? gÖ be ® teh ? nden Ausfluss, Krustenbildung, 
w ’ S äte ^ Ve rt°P f ung der Nase. Doch kam es auch vor 
S„l« eme ? e f- C i Werde . n an 8' e K ebei1 wurden. Schmerzen wurden 
i n- tlrt rr Auftreibung der äusseren Nase nur 

Tpnrw a ' Dle TuberkuJome zeichnen sich durch eine grosse 
Tendenz zum lokalen Recidiv aus, scheinen aber quoad vitam von 
i 0gn -° Se Zl J/ ße i 11 ; Von den 21 zusammengestellten FäUen 
lP r “ einem /* Jahr später eine allgemeine Tuberkulose mit 
• 4 . Ausgange zum Ausbruch gekommen. Therapeutisch ist 
rechtzeitig eine Entfernung der Geschwulst mit einer Schlinge 
mit dem Messer oder scharfem Löffel vorzunehmen und nach¬ 
träglich energisch zu ätzen. Jurasz (Heidelberg). 


95 


.. 24 * Two c ases of laminectomy for fracture of 

■; s^e;:^nil894 y Vo..?x mPreSßi0n ° f the '^ d - ^ ° f 
Erst die antiseptische Methode hat es erlaubt, bei Verletzungen 
der Wirbelsäule operative Eingriffe zu wagen. Diese selbst sind 
technisch gut ausführbar; schwer ist es nur, die Natur der Ver- 
letzung vorher zu bestimmen; gerade das aber ist für den Ent- 
Schluss zum Handeln am wichtigsten. Verfasser berichtet über 
einen JNeger, der eine Fractur in der Lendengegend erlitten hatte; 
als man sich nach acht Wochen zur Operation entschlossen und 
! h -d-°! en des . zweiten Lendenwirbels entfernt hatte, fand man 
« aas Rückenmark „atrophirt und desorganisirt“. Patient starb bald. 

' v Bei emem ähnlich vor vier Tagen verletzten Patienten operirte 
' v ^nasser selbst, und zwar sogleich nach White’s Methode. Er 
entfernte vom ersten Brust- und zweiten Lendenwirbel die Bögen, 

* au * das Rückenmark drückten. Die Häute waren zerrissen. 
t urainage Zwei Wochen lang entleerte sich Cerebrospinalflüssigkeit. 

' Heilung. Nur vorübergehend hatte sich etwas Decubitus ge- 
Diidet. Nach vier Wochen konnte Patient die Füsse etwas be- 
j wegen, und die Sensibilität hatte sich bis zu den Knieen einge- 
V rf ^ ass we Here Fortschritte nur sehr langsam waren, bezieht 
! , erf ^ser auf eine von ihm angenommene gleichzeitige Luxation 
t der Wirbelkörper. 

Verfasser kommt zum Schluss, dass bei Rückenmarksver- 
‘ jungen die Operation sogleich gemacht und dass bei gleich- 
' zeitiger Luxation diese vorher mit vorsichtiger Gewalt beseitigt 
? werden müsse. 

2b ‘ Report of two cases of laminectomy with 

tabulated collection of fifty-two cases of laminec- 
emy of recent date. Annals of surgeiy, Juni 1894. Vol. IX. 

oTiakJ? t E ^ P^heirter Fall des Referenten (A. Jurasz, Krankheiten der 
u Luftwege, S. 11) ist vom Verfasser nicht mitgerechnet worden. 


v Zufalls für die Resection der Wirbel ein bei 
Ein 29J*7* rletZ i n K e % Zu “ äohst berichtet er über zwei Fälle 
fpnÄT Arbeiter erhielt einen Schuss in die Gegend des 
letzten Rückenwirbels, worauf alsbald Lähmung von Blase und 
Mastdarm und der Beine eintrat bei erhaltener Sensibilität. Noch 
bnllitrl 'l Tage , 7 Urden mittels “nes Längsschnittes drei Wir- 
de^Kuvel d»f M ^ res< ; cu 'j. Im Wirbelcanal fand sich ein Stück 
«tim ®£i* d v ^ ar , k COntundl . rt und *n der Mitte gespalten. Irri¬ 
gation mit Kochsalzwasser, Naht, Catgutdrainage. Alle sechs 
Stunden wird der Katheter applicirt, doch später (die Schilderung 

gemÄSTdtoS*« di6 mediene Cystotomie wegen*Strictur 
gemaent und die Blase permanent drainirt und oft mit Borwasser 

!rph?n^ a8Clle !!‘ * nten tio der Rückenwunde. Unter vorüber- 

standMm r^nf SIgen ^“P^JJpteigerungen besserte sich der Zu- 

reÄ^Vhil 6 vS ^“n 8 ^ ThS 6 wfeÄfe“* 

Die Scb ~ hätten gleich 

MaiJ n dT e f^fah ten FaU , 6 handelt ® es si °h um einen 27jährigen 
Ü worden w . ar - Es traten die bekannten Läh- 

?“ £, ®“? und ausserdem ein intensiver Gürtelschmerz. Ein 
Lendenbruch wurde diagnosticirt und am sechsten Tage die One- 

Ä if e i maC ^ j- In der Thafc fand sich ein Bruch desf ersten Len- 
dlesem u “d den beiden benachbarten wurden die 

eetoden wi Tf ® lne atar ke Quetschung des Rückenmarks 
K? wurde. Nach der Operation hörten die Schmerzen auf 

Es wirrf„ g l ber w best ^ nd fort bei efter s erhöhter Temperatur 
. W |r d versucht Extension zu machen; sodann wird Patient in 

SorJfaH S6r t ebt v g ?* Ie f t ’ d “ 8 i? b aUB «edehnter Decubitus trotz aller 
h n \ Die Heiiuu« der Wunde verzögert sich. 
Cvstitis *R r Desmfec . t, e n der Katheter entwickelt sich eine 

St recht iwT^ 8e 5 bekämpft wird. Das Allgemeinbefinden 
8 ; o r !®b t RU*- Der Fall ist offenbar noch in Behandlung. Was 
wJ? Operationswunde geworden ist, wird nicht gesagt, dagegen 
bervorgehoben, dass die Lähmungen unverändert fortbestehen. 
rb; 1 . 6C li“ n j beerbenden Statistiken (von Loyd, White, 
52* 1 nnfloAnf d6r) _ y ervoUst5ndigt Pyle durch seine, welche aus 
f 2 Q 40 / P ' 60 ° P o e i lr ^ F jJieu besteht. Von diesen starben 15 
öa« V.« genasen 26 befriedigend, 5 mangelhaft, während von 5 
Mhv^tiV« 6 n chlcksal ""bekannt blieb. Pyle tritt durchaus für 
v eratl T°^. “ .Laminectomie“ — bei Wirbelbrüchen 
, sie gebe von Jahr zu Jahr bessere Resultate, wenn auch die 
T> er « der ° beren Bückenwirbelgegend und darüber statt- 

e“ teüb: be ser b aUCb nacb rBidTrSf"’ 

tebrae! *Med*!^lews9.' June° m ^ fraCt “ re ° f d ° rSal — 

a . i“ n de “ h . ie . r mitgetheUten Fall handelte es sich um eine Fractur des 
S ’ W ? Che i urch . die lat * rale Verschiebung der deut- 
.MiS j Fragmente nachgewiesen werden konnte. Dabei bestand 
Rr Ste P k ar<dySe . d ®r jmteren Extremitäten, Anästhesie vom elften 
,™ ™ ab, sowie Sphincterenlähmung. Die WeichtheUe waren von 
den Wirbeln losgenssen, so dass eine Durchschneidung derselben bei der 
Operation nicht mehr nBthig war. Nachdem drei Wirbel resecirt waren, 
zeigte smh, dass die Dura unverletzt, das Rückenmark im spitzen Winkel 
geknickt war und dass die untere Seite desselben durch mehrere Knochen- 
stücke compnmirt wurde. Diese und ein Theil des achten Wirbel¬ 
körpers wurden entfernt die Wundhöhle drainirt und ein immobilisirender 
Verband angelegt. In der Folgezeit blieb die Lähmung permanent, da- 
neben entwickelte sich eme spastische Contraction der unteren Extremi¬ 
täten, die Hautreflexe waren erhöht, die Cremasterreflexe normal, die 
ürenze, an der die Anästhesie beginnt, hat sich etwas nach unten ver¬ 
schoben, die Sphincterenlähmung hat sich nicht verändert. Bei der un- 
gemeinen Schwere der Verletzung darf dieser zwar nur theüweise Erfolg 
der Operation jedenfalls nicht zu gering angeschlagen werden. 

27. Keller. Two cases of traumatic intestinal Perfo¬ 
ration with recovery. Med. News 1894, 13. Jan. 

Der erste Fall betraf ein 12jähriges Mädchen, das durch einen 
Kevolverschuss verletzt war. Bei der sofort angestellten Lapara- 
tomie fanden sich fünf Perforationen im Dünndarm und zwei in der 
Flexura sigmoidea, welche durch Lembert’sche Seidennaht ge¬ 
schlossen wurden. Die Kugel, welche in die Beckenmuskulatur ein¬ 
gedrungen war, konnte nicht gefunden werden; curios war 
dass in einer Dünndarmöffnung ein 8 Zoll langer Spulwurm lag,’ 
welcher durch die Kugel in zwei Theile getheilt war. Im zweiten Fall 
handelte es sich um einen Bergarbeiter, der sich durch ein spitzes 
Stahlinstrument eine kleine penetrirende Bauchwunde zugezogen 
hatte. Hier wurden zwei Perforationen des Mesenteriums und eine 
des Dünndarms entdeckt, die in gleicher Weise geschlossen wurden. 

In beiden Fällen verlief die Heilung ungestört. 

Reunert (Hamburg). 


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96 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Ko. 13 


og The discussion on Chloroform before the royal medi¬ 
cal and chirurgical society. The Lancet 1894, No. 8697 S. 33. 

Lawrie hält das Chloroform für ein rem respiratorisches Gift und 
die genaue Controlle von Herz und Puls während der Narkose nicht nur 
für überflüssig, sondern geradezu für gefährlich, da sie die Aufmerksam¬ 
keit von dem viel wichtigeren Verhalten der Athmung ablenkt. Er stützt 
seine Ansicht auf Thierversuche mit gekreuzter Circulation Das Blut 
des einen chloroformirten Hundes wurde zugleich mit durch Gehirn und 
Medulla oblongata eines zweiten nicbtchloroformirten Hundes geleitet. 
Dieser zweite Hund zeigte alle Symptome der Chlorofonnnarkose, zugleich 
wurde seine Athmung durch Schädigung des respiratorischen Centrums sehr 
schlecht, während die Circulation gut blieb, zum Beweis, dass das Centrum 
der Circulation in der Medulla nicht afficirt wird. Durch ^ähnliche Ver¬ 
suche, aber mit längerer Beobachtungsdauer, kamen Gaskeil und Shore 
zu dem Schluss, dass auch die Circulation direkt leidet, und zwar durch 
Schädigung des Herzens. Lauder Brunton referirt die neuerdings in 
Russland aufgestellte Ansicht, dass nur solche Personen in der Chloro- 
formnarkose sterben, deren Organismus eiu Uebermaass an alkaloiden 
Substanzen enthält. , . , , 

In der Discussion schloss sich die Mehrzahl der Anschauung Law- 
r j e ’ g an . E. Sehrwald (Freiburg). 

29. Wulff. Die geistigen Entwicklungshemmungen 
durch Schädigung des Kopfes vor, während und gleich 
nach der Gebuit des Kindes. Allgem. Zeitschrift für Psy¬ 
chiatrie Bd. 49. 

Wie in der Psychiatrie überhaupt das Kapitel der Erkrankungs¬ 
ursachen noch sehr der Aufklärung bedarf, so treten auch beim 
Studium der Aetiologie des Schwachsinns im speciellen fort und 
fort Fragen entgegen, die einer näheren Würdigung werth sind. 
In erster Linie steht hier die grosse causale Bedeutung des 
Schädeltraumas als Erkrankungsursache, und bei den Schwach¬ 
sinnszuständen, seien sie nun angeboren oder frühzeitig erworben, 
ist auch, wenn die Krankheit als solche nicht unmittelbar im An¬ 
schluss an das Trauma erkannt würde oder gewisse verbindende 
Symptome den Zusammenhang auch nieht direkt äusserlich er¬ 
kennbar machen, die Frage nach den Schädigungen des Gehirns 
während oder gleich nach der Geburt sehr naheliegend. Der Ver¬ 
fasser verfügt als Direktor der Idiotenanstalt zu Langenhagen 
über Anamnesen und Beobachtungen von 1436 idiotischen Kindern 
verschiedensten Grades und konnte bei 198 Kranken = 13,8% 
derartige den Kopf des Kindes treffende Insulte constatiren, wobei 
eine Geburt nur dann als schwer bezeichnet wurde, wenn sie ärzt¬ 
licherseits als schwere, den Schädel des Kindes entschieden beein¬ 
trächtigende Geburt bestätigt wurde. Nach dem 30jährigen Durch¬ 
schnitt waren in Langenhagen unter den Idioten 14,9% epileptisch, 
während von den intrauterin, bei oder nach der Geburt geschädig¬ 
ten Idioten 21,7% epileptisch waren, also ein Zeichen, dass die 
Schädigung des Gehirns Veränderungen in ihm setzte, die in ihren 
Folgen zum Idiotismus führten, zugleich aber die Epilepsie hervor¬ 
riefen, und dazu ganz besonders geeignet waren, mehr als im 
Durchschnitt andere den Idiotismus bedingende pathologische Zu¬ 
stände des Gehirns. Dies würde ja auch eine gewisse Ueberein- 
stimmung damit zeigen, dass in der Pathogenese der Epilepsie an 
sich gerade das Schädeltrauma eine hervorragende Rolle spielt. 
Hervorzuheben ist, dass 51% der herangezogenen Fälle erblich 
nervös belastet waren; man wird daraus folgern dürfen, dass jede 
das Gehirn treffende schädliche Einwirkung, die bei nicht belaste¬ 
ten Individuen vielleicht ohne irgend w r elche Spur zu hinterlassen 
vorübergeht, bei erblich belasteten Menschen ausserordentlich leicht 
dauernde, zum Idiotismus führende Störungen hervorruft. Daraus 
geht hervor, dass man in prophylaktischer Beziehung bei belasteten 
Kindern in der ersten Jugend auch die geringfügigsten Schädel¬ 
insulte auf das sorgfältigste meiden lassen muss. Die pathologi¬ 
schen, meistens chronisch verlaufenden Processe, die als Folgen der 
betreffenden Insulte des Schädels des Kindes anzusehen sind, sind 
natürlich nicht einheitlicher Natur; sie können als congestive, als 
entzündliche, als sonstige Ernährungsstörungen dos Gehirns, der 
Häute und des Schädels (vorzeitige Synostosen) auftreten und be¬ 
dingen im allgemeinen und der Hauptsache nach eine Functions¬ 
störung der Hirnrinde. Was die Prognose bezüglich der Bildungs¬ 
fähigkeit der hier in Betracht kommenden Kinder betrifft, so waren 
circa 36% bildungsfähig, während eine Berechnung bei den in 
Langenhagen in den letzten 30 Jahren aufgenommenen Geistes¬ 
schwachen überhaupt ergiebt, dass ihre Bildungsfähigkeit zwischen 
40—50% liegt. Die bei der Geburt geschädigten sind also durch¬ 
aus etwas ungünstiger gestellt; nur der sechste Theil dieser 
Kinder erlernte zur rechten Zeit das Gehen, nur der neunte Theil 
zur rechten Zeit das Sprechen, sicher auch ein Beweis, dass durch 
die Schädigung des Gehirns die körperlichen Functionen stark be¬ 
einträchtigt und seine Fähigkeit, Vorgänge der Aussenwelt in 
sich aufzunehmen, zu bewahren und gegebenen Falles zu ihrer 
Wiedergabe andere Organe in Tbätigkeit zu versetzen, bedeutend 
herabgesetzt wird. Lewald (Berlin-Liohtenberg). • 


III. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. g. w. Biblioth.; 
der gesammten mediciiiiscben Wissenschaften. Für praktiv’•" 
Aerzte und Specialärzte. Herausgegeben von Hofr. Prof. Dr. A.Dra^i 
in Wien. I. Abtheilung, II. Bd., 4. und 5. Heft; II. Al 
17 TTpft, Wien und Leinziff. Karl Pmchaslfa 1RQ4 


J. ix, jju., uuu ü. Hüll 

17. Heft. Wien und Leipzig, Karl Prochaska, 1894. 

ual of the Universal medical Sciences 


Abthcilm.j 


Annual of the Universal medical Sciences. A yearly m.,- 
of the progress of the general sanitary Sciences throughont the w rli 
Edited by Charles E. Sajous. V Bände. Philadelphia, The F. A. lh\\- 
Company, 1894. 

Index-Catalogue of the library of the Surgeo'n-Genen!. 
Office U. S. Army. Vol. XV. Universidad - Vzorofl. Washington. 
Government Printing Office, 1894. 842 S. Lex.-8o. 

Transactions of the Association of American Phvsittan?. 
Nineth Session. Vol. IX. Philadelphia, 1894. 292 S. 

Arsberättelse frän Akademiska Sjukhuset i Upsala f r 
är 1892. Herausgogeben von Professor Dr. S. E. Henscher. ITpsib. 
Akademiska Boktryckeriet, 1893. 45 S. 

A. Krüche, Aerztliches Vademecum und Taschcnkalender 
für das Jahr 1895. München, Seitz & Schauer, 1894. 320 8.. 3,00 M 
Anatomie. Vogt und Yung, Lehrbuch der praktischen v?r- 
gleichenden Anatomie. II, Band, 13.—15. Lieferung (Schluss d- 
II. Bandes). Braunschweig, Friedrich Vieweg & Sohn, 1894. 

Augenheilkunde. Alexander. Neue Erfahrungen flh^r 
luetische Augenerkrankungen. Wiesbaden, J. F. Bergemann. 1$V 
84 S., 2,00 M. 

A. Steiger, Beiträge zur Physiologie und Pathologie ihr 
Hornhautrefraction. I. Theil. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 

3,60 M. 

Chirurgie. O. Helferich, Atlas und Grundriss der trau 
matischen Fracturen und Luxationen. Lehmann’s medicimsd, 
Handatlanten. Bd. VIII. 126 S. Text. Mit 64 Tafeln nach Ori wf 
Zeichnungen von Dr. J.Trump. München, J.F.Lehmann, 1894. SJ«lV 
Geburtshülfe und Gynäkologie. K. Shibata, Geburtshfilfl;:!' 
Taschen-Phantome. Mit einer Vorrede von Professor Dr. Frau: 
v Winckel. 3. Auflage. München, J. F. Lehmann, 1894. 3,0011. 

S. Cholmogoroff, Die vaginale Totalexstirpation d<- 
Uterus. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge, N. F., No. m 
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

C. v. Wild, Die Leiden der Frauen, ihre Ursachen und ihr- 
Verhütung. Allgemeinverständlich dargestellt. Kassel, Max Brune- 
mann, 1895. 84 S. . 

Hygiene. Gesundheitsbüchlein. Gememfasslichc Anleitung ; - 
Gesundheitspflege. Bearbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt, kr,:. 
Julius Springer, 1894. 254 S., 1,00 M. Q , , r. 

R. Weber, Das Kind von der Wiege bis zur Schuh. L 
medicinisch-hygienisches Handbuch. Berlin, Hugo Stemitz, • . 

Infectlonskranklieiten. Th Rumpf. Di. .V 
dischen Cholera. Volkmann’s Sammlung klinischer Vortrüge, .v - 
No. 109 und 110. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. 

A. Gottstein und C. I, Schleich. ImmumUt, 
thoorie und Diphtherieserum. Berlin, Julius Spntyr.• ■ 

Innere Hedlcin. M. Braun, Die thierischen Paras'U» ■ 
Menschen. Ein Handbuch für Studirende und Aarete. U. -- 
Wttrzburg, Adalbert Stüber, 1895. 283 S. . ■ , Therapie 

Th. Harke, Beiträge zur Pathologie ^ 
oberen Athmungswege einschliesslich des’i? h w io ' gb aden. J. *’■ 
von Beobachtungen an Lebenden und an der Leiche. 

Bergmann, 1895. 104 S., 3,00 M. p epto0 ^ 

*E. Stadelmann, Untersuchungen übe die lepi 

Wiesbaden, J. F. Bergmann, 18 ? 4 \, 104 Sm 0 !r‘ Diseases oi th* 
W. Roger Williams, A Monographi ob Dsea^ ^ ^ 
Breast, their patholojgr and treatment with special re 
London, John Bale & Sons, 1894. 572 S. 1 wl. T l 

Krankenpflege. P. Böttger, Grundsät« « lS > 
Krankenhäusern. Berlin, Emst & Sohn, im. » ’ 

blldU La 6 ^ngo-Bhtnologie. H. ^ Ul 

morshöhle. Volkmann’s Sammlung klmischerVorträg 
Leipzig,Breitkopf & Härtel, 1894. Therapie der Z»r -'•; 

E. Kronenburg, Zur Pathologie J h ? s me d. Bu’t : ' r 
tonsille. Berliner Klinik Heft 77. Berlin, Fischers 
lung (H. Kornfeld), 1894. .... Vital statistie»°^' r 

Mediclnalstatistik. John S. Billings, of ^ ycars;j : fv 

York City and Brooklyn. ^Äljoffice, 1894. 529^ ‘ 

may 31,1890. Washington, GovernmentPrint.ngU^, ^ zur üerr ... ; 

Militärmediclnalwesen. J * ir Ellbog ^v erwun Jetentransp 
tung von landesüblichen Wagen für vertun 
Selbstverlag des Verfassers. 8 S. gtrönll PerHvpnot:- 

Neurologie und Psychiatrie. F. Bj» nstr° ’ ndpun H ; 
seine Entwickelung und sein j 8 ^ j jar0 chelh». ^ lr 
II. Auflage des Originals deutsch von • • , , 

H. Sadowsky, 1894. 208S., 2,70 JJ* h _j}irschfeid, Lol ‘ rb L... 

Pathologische Anatomie. Bi r c h . j| 0 pa tholog*chc * £ 0 ,; 
pathologischen Anatomie. II. ^ 1894. V’ 

I . Hälfte IV. Auflage.Leipzig,.f* der pl>^ 10 T u ^ ; 

Physiologie. H. v. Helm holt z,H H " mburg un d 
Optik. II. Auflage. VIII. Lieferung. 

Voss, 1894. 


Godrnckt bei Julius Sittenfeld In Berlin W. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Donnerstag 


LITTERATUR-BEILAGE 6. December 1894. 

DCR 

Deutschen Medicinischen Wochenschrift. 


bürg 1 ' Bncher8ch ® n: l - Kl " in - Grondzflge der Histologie. Ref. Eulen- 
luilp^ate Ba RÖrGÜntber faden Z " r Anforti S un 8 mikroskopischer Dauer- 

*4 aissf **■ 

ssa ts & sc* *’srasr- 

wacbuug Le |e P f m pelman er SeeUSCh BelaS ' ete Und 8eine * n,uw “ Ueber- 

F T ri ! dm , aü Tv’ U * ber don Wabn * Ref - Liebmann. 
lü - iatze L Die Psychotherapie (Hypnose), ihre Handhabuuj? und 
Bedeutung für den praktischen Arzt. — 11. Biöriiström TW ul!« 
Bsmus, seine Entwickelung und sein jetziger Standpunkt. Ref. Eu?en- 

lle,lmiL G Ref 3m HückeI Die Bedcutun e der '-Jimotische,, Suggestion als 

und Luxa“onen ri Ref. Bild^ der 

14. Heitzmann, Compendiuui der Gebuitshülfe. Ref. Wieuc 


INHALT. 


1. E. Klein, Grundzüge der Histologie. Deutsche autorisirte 
Ausgabe von Dr. A. Kollmann in Leipzig. Dritte Auflage 
° eue ® ten englischen erweiterten Auflage revidirt) 
i 11 , 2 itn? J ext gedruckten Abbildungen. Leipzig, E. Haber¬ 
land, 1895. Ref. A. Eulenburg (Berlin). 

Ein besonders für den Gebrauch der Studirenden bestimmtes 
(loch auch dem vorgeschritteneren Standpunkte Rechnung tragen- 
des Compendium. Seine praktische Verwendbarkeit ist schon bei 
den früheren Auflagen genügend erprobt. Die neu bearbeitete 
dritte Auflage enthält besonders grössere Zusätze und Verände- 
nmgen in den, den Bau des Centralnervensystems betreffenden 
Kapiteln, wobei unter anderem die grundlegenden Untersuchungen 
von Golgi, Ramon y Cajal und Kölliker volle Berücksichti¬ 
gung gefunden haben (§ 183 und § 202). Die Abbildungen sind 
als vortrefflich bekannt. 

“• O* Bachmaim, Leitfaden zur Anfertigung mikroskopischer 
Dauerpräparate. Zweite vermehrte Auflage. 332 S., mit 
104 Abbildungen in Holzschnitt. München und Leipzig, R. Oldeu- 
bourg, 1893. Ref. Carl Günther (Berlin). 

• welches dem angehenden Mikroskopiker ein prak¬ 

tischer Leitfaden sein soll, beginnt mit allgemeinen einleitenden 
Betrachtungen, welche sich auf mikroskopisches Arbeiten beziehen. 

j Lj. nr ^ c ^^ un ff des Mikroskops, die Anwendung von Rasirmesser 
und Mikrotom, die für Härtung, Aufhellung, Maeerirung der Ob¬ 
jecte benutzten Reagentien werden besprochen, ebenso die Conser- 
virungs-, Einbettungs-, Einschlussflüssigkeiten, Tinctions-, Im- 
pragnations-, Injectionsmittel, ferner das dem Mikroskopiker noth- 
wendigste Instrumentarium. 

p .. Anschluss daran wird die Herstellung mikroskopischer 
iräparate, zunächst die einfacher Trockenpräparate, besprochen. 
An einfachsten Objecten (Haare und Federn, Schmetterlings¬ 
schuppen, Pollenkörner, Krystalle) wird dem Leser in leicht ver¬ 
ständlicher Form Anleitung zur mikroskopischen Präparation 
gegeben. Dann wird die Herstellung von Pflanzenschnitten — 
ebenfalls unter Benutzung bestimmten Objectmaterials — gelehrt, 
wobei auf die Herstellung des Zellkernes, des Stärkemehls, auf die 
verschiedenartige Gestaltung der Pflanzenzellen, auf Haare und 
Krystalle Bezug genommen wird. Daran reiht sich die Besprechung 
der Präparation des Körpers von Insecten und Mollusken. 

Dann handelt der Autor die Darstellung von Blutpräparaten 
Beziehung auf die Ehrlich’schen Methoden — ab. Es 
folgt die Besprechung der mikroskopischen Wasserbewohner (Dia¬ 
tomeen etc.); dann wird die Darstellung von Schliffpräparaten 
(Knochen, Zähne, Gesteine), dann die mikroskopische Präparation 
U)n binnen und Trichineu besprochen. Nach kurzen Mittheilungen 


f . lL / ®f tsc i ,r *^ eu ®Versiehts Bacteriologic: 15. Martin Sur 1k 
nhS Ue 1fi T°u t,C keet^rioiögique ofc la senimthorapie de la di- 
17 Sire7a ,H?* d Beebe. D.phtheria und Pseudodiphtheria. - 

j ’ ri r ? na -i^ d Sca S llo si, Aehnhchkeiten und Unterschiede zwischen 

iSÄS“ Gegenden Mie " 8 

ÄSta NeWm*abducenf.' ^ Fa " V ° n i8 ° lirter 

brttchen h ’ rUrgle: ^ B “ m ’ Ueber mcibilisiroude Bohondlung von Knochen- 

Geburtshiilfe und Gyu&kologio: 23. Edebohls, The onerative 
tieatment of complete prolapsus uteri et vaginae. P 

ErvM,A^ Utk r a r *. heifcen und Syphilis: 24. Ohmann-Dumesnil 
K exfohativum recurrens. — 25. Belfauti. Ein Fall von syphi¬ 
litischer subacuter Aortenentzündung. 

«ine ^«.!« d M h .. ei ! 1 ku 5 de i 26 -,. Escherich ’ Di6 Gaertner'sche Fettmilch 
Z H^stdltg °dt FettmUeh. lngSernÄllrUng ~ ^ Gebe,- 

i ii Gerichtliche Medicin: 28. Haberda und Reiner, Experimen¬ 
telle und kritische Beiträge zur Lehre vom Tode durch Erhängei. 

111. Zar Reeenston elngeg&ngeiie Bücher. 


über Präparirung von Bacterien wendet sich der Autor zu Ob¬ 
jecten aus der normalen Histologie der Wirbelthiere. 

•i S°hL ls se lehrt der Autor, wie die fertigen Präparate 
mikroskopisch zu studiren sind, wie sie etiquettirt und aufbewahrt 
werden sollen. 

Das Buch verräth überall den auf seinem Gebiete praktisch 
erfahrenen Verfasser; es sei hiermit bestens empfohlen. 

3 ' Physiologie. Stuttgart, Ferd. 

Enke, 1894. 755 S., mit 271 Abbildungen. Ref. P. Grütznor 
(lubingen). 

Zu der Bibliothek des Arztes, einer Sammlung medi¬ 
zinischer Lehrbücher für Studirende und Praktiker, die, aus dem 
Enke sehen Verlage hervorgegangen, bis jetzt beinahe das ge¬ 
summte Gebiet der praktischen und theoretischen Medicin umfasst 
gehört auch das oben genannte des bekannten Hallenser Ge¬ 
lehrten. 

Bernstein * n d i esem Buche dem Leser ein möglichst 
übersichtliches und zusammenhängendes Bild des gesammten Ge¬ 
genstandes bieten und hat zu Gunsten einer solchen Darstellung 
den Mittelweg zwischen einer compendienartigen Kürze und einer 
umfangreicheren Form der Abfassung eingeschlagen. Er wünscht, 
dass dasselbe sowohl dem Arzte, der nicht mehr Vorlesungen über 
Physiologie hören kann, wie dem Studirenden der Medicin zum 
Zwecke der Repetition des in der Vorlesung Gehörten und Gesehenen 
nützlich sein möge. 

Indem wir der festen Ueberzeugung sind, dass dieser Wunsch 
in reichem Maasse in Erfüllung gehen wird, bemerken wir, dass 
das 755 Seiten starke Bnch in eine allgemeine Einleitung, 13 Ka¬ 
pitel und einen Anhang zerfällt. In den ersten beiden Kapiteln 
wird das Blut und seine Bewegung behandelt. Es folgt weiter: 
3. Die Athmung, 4. Die Verdauung und Secretion, 5. Die Lymphe, 
Resorption und Assimilation, 6. Die Excretion, 7. Die Ernährung’ 
8. Die thierische Wärme, 9. Die thierische Bewegung, 10. Die 
allgemeine Nervenphysiologie, 11. Die Physiologie der Central¬ 
organe und ihrer Nerven, 12. Diejenige der Sinne, 13. Die Fort¬ 
pflanzung. Den Schluss bildet ein Anhang, der von den chemi¬ 
schen Bestandtheilen des thierischen Körpers handelt, und ein 
alphabetisches Sachregister. 

Obwohl wir nicht wenige vorzügliche Lehr- und Handbücher 
über die Physiologie besitzen, reiht sich das genannte nicht bloss 
in ebenbürtiger Weise an die schon vorhandenen an, sondern über¬ 
trifft sie zum Theil in gewisser Weise dadurch, dass — wie es 
mir wenigstens scheint — mehr als in fast allen in diesem uns 
die Persönlichkeit des Verfassers lebhafter entgegentritt und da¬ 
durch gewissemaassen unmittelbar auf den Leser einwirkt. Es 
erinnert mich in dieser Beziehung einigermaassen an das Lehr¬ 
buch von Brücke. Das hat natürlich seine Vortheile und seine 
Nachtheile. Die ausserordeutlich grossen Vortheile bestehen eben 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 





LITTERATUH-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


98 


darin, dass es als Lehrbuch für die grösste Mehrzahl der Leser 
sicher viel wirksamer ist, als ein Compendium, welches, mit grösster 
Sorgfalt und Sachkenntnis abgefasst, wesentlich nur die Tliat- 
sachen und Anschauungen, wenn auch noch so vollständig, berichtet 
und registrirt. Die Nachtheile bestehen darin, dass die Persön¬ 
lichkeit des Verfassers zu sehr in den Vordergrund treten kann, 
wie dies wohl bei dem Brücke’schen Werk der Fall ist. — Indem 
wir glauben, dass Bernstein in diesem vortrefflichen Buche den 
ungemein schwierigen Mittelweg eingeschlagen und sich von beiden 
Extremen gleich fern gehalten hat, sind wir auch überzeugt, dass 
dasselbe bald einen grossen Leserkreis finden wird, der es nicht 
bloss lesen und studiren, sondern mit Freuden lesen und studiren 
wird. Wenn wir zum Schluss noch einen Wunsch aussprechen 
dürfen, so würde derselbe dahin gehen, dem Werke noch mehr Ab¬ 
bildungen — namentlich auch schematische — einzuverleiben. 


4. W. PrausDitz, Grundzüge der Hygiene. Für Studirende an 
Universitäten, technischen Hochschulen. Aerzte, Architekten, 
Ingenieure und Verw-altungsbeamte. Zw r eite erweiterte und ver¬ 
mehrte Auflage. Mit 192 Abbildungen. München und Leipzig, 
J. F. Lehmann, 1894. 478 und X Seiten, 7,00 M. Ref. W. 

Die von Prausnitz auch in der zweiten Auflage seiner 
„Grundzüge“ festgehaltene Eintheilung des Stoffes hebt mit „Mikro¬ 
organismen“ an. Dann folgen als gleichwerthige Abschnitte: Luft, 
Kleidung, Bäder, Boden, Wasser, Wohnung, Heizung, Ventilation, 
Beleuchtung, Abfallstoffe, Leichenbestattung, Krankenhäuser, Schul¬ 
hygiene, Ernährung, Infectionskrankheiten, Gewerbehygiene. — 
Auch bei der gegenwärtigen Bearbeitung hat der Verfasser und 
die Verlagsbuchhandlung ihre besondere Sorgfalt den Abbildungen 
zugewandt. Obwohl man Hygiene ja unmöglich aus einem Buche 
lernen kann, obw'ohl die hygienischen Untersuchungsmethöden nicht 
allein einmal gesehen, sondern auch mehrmals vom Lernenden 
ausgeführt sein müssen, können doch charakteristische Abbildungen 
vieles dazu beitragen, dem angehenden Hygieniker die Anschauung 
und das Gedächtniss zu stärken. 

Als einen Vorzug der neuen Auflage darf man es bezeichnen, 
dass für die Haupttypen der wuchtigsten hygienisch-technischen 
Einrichtungen (Wasserversorgung, Beseitigung der Abfallstoffe, 
Canalisation, Rieselfelder etc.) Uebersiehtsbilder angefertigt worden 
sind, auf welchen mit wenigen Strichen bewährte Einrichtungen 
grösserer Städte eingezeichnet wurden. Die Gesetzgebung hat 
naturgemäss nur nebenher Berücksichtigung finden können. 


5. Th. Rosenbeim, lieber einige neuere Behandlungsmethoden 
chronischer Krankheiten des Magens und Darmes. Berliner 
Klinik Heft 71, Berlin, Fischer’s med. Buchhandlung, 1894. 
Ref. Ed. Reichmann (Elberfeld). 

In einer sehr lesenswerthen Abhandlung bespricht Rosen- 
heirn die Magendouche, die elektrische Behandlung des Ver¬ 
dauungsapparates, die Wirkung des Wismuths in grossen Dosen 
bei Ulcus und die Behandlung der Obstipation mit Oeleingiessungen. 

Die Magendouche, welche mittels einer, zahlreiche kleine Oeff- 
nungon am unteren Ende tragenden Sonde ausgeführt wird — die 
gewöhnliche Sonde eignet sich nicht dazu — wird entweder mit 
warmem Wasser allein oder mit Zusatz von Kochsalz, Argentum 
nitricum, Kohlensäure oder Chloroform vorgenommen. Wirksam 
ist sie bei sensiblen und motorischen Störungen mittleren Grades. 
Zusatz von Kochsalz lässt Steigerung der HCl-Produetion, Argen¬ 
tum Verminderung derselben erkennen. Namentlich letzteres 
wird sehr deutlich erwiesen an einem Falle von Magensaftfluss 
(N. Reich mann). Uebrigens ist, wie Referent noch hervorheben 
möchte, dieser Fall auch in anderer Beziehung lehrreich. Während 
nämlich angegeben wird, dass im nüchternen, nicht ectatisclien 
Magen 60—100 ccm HCl-haltige Flüssigkeit ohne Speisereste ge¬ 
funden wurden und auch 8—10 Stunden nach gründlicher Aus¬ 
spülung erhebliche Mengen Magensaftes erhalten w'erden konnten, 
erwies sich nach Hebung der Beschwerden der nüchterne Magen 
leer (zwei mal). Es ist also sicher berechtigt, hier die Beschwer¬ 
den mit der krankhaft gesteigerten Saftsecretion direkt in ursäch¬ 
lichen Zusammenhang zu bringen und diesen Fall gegen Schreiber’s 
neuerdings (diese Wochenschr. 1894, No. 18ff.) wieder geäusserte 
Ansichten betreffend die chronische Hypersecretion und für die 
Meinungen N. Reichmann’s, Riegel’s etc. zu verwerthen. 

Die Elektricität ist ausser bei leichteren motorischen Schwäche¬ 
zuständen besonders angezeigt bei sensiblen Reizerscheinungen, 
und zwar ist hier die Galvanisation meist der Faradisation vorzu¬ 
ziehen. Verfasser bevorzugt die intraventriculäre Anwendung. 
Bei Atonie des Darmes empfiehlt sich die rectale Application 
der Elektricität, wobei eine bestimmte Indication, ob galvanisch 
oder taradisch, sich noch nicht fest stellen lässt: manchmal ist Com - 
bination beider Arten von Vortheil, 



Schliesslich bespricht Rosenheim noch die gute Wirkung d« 
Bismuthum subnitricum in Dosen von 5—10 g oder mehr bei Ule U ■ 
ventriculi und die Erfolge, welche bei Obstipation, vornehmlich der 
spastischen, mit Oeleingiessungen (in Mengen von 400—500 » 
erzielt werden. Die bezüglichen Einzelheiten sind im Originale 
einzusehen, da deren genauere Besprechung hier zu weit führen 
würde. _ 


6. L. Edinger, Eine neue Theorie über die Ursachen einiger 
Nervenkrankheiten, insbesondere der Neuritis und der 
Tabes. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge. Neue Folge 
No. 101. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894. Ref. A. Eulen- 
bürg (Berlin). 

Unter obigem Titel hat Edinger eine sehr ansprechend* 1 
neue Auffassung von der Ursache einiger Nervenkrankheiten (be¬ 
sonders der Neuritis, Tabes und Paralyse) bekannt gemacht, die 
sehr geeignet scheint, vieles bisher Getrennte in der klinischen 
Beobachtung dieser Krankheiten unter einheitliche Gesichtspunkt*- 
zusammenzurücken und bisher Unerklärtes unserem Verständnisse 
wenigstens näher zu bringen. Es handelt sich dabei im wesent¬ 
lichen um eine Anwendung der Weigert’sehen Reizlehre und der 
Roux’schen Lehre vom „Kampf der Theile“ im Organismus auf 
die Pathologie des Nervensystems unter Zugrundelegung der neuer¬ 
dings geläufig gewordenen Anschauungen über die durch den Com- 
plex von Ursprungszelle, Achsencylinder und dessen Endverzweigung 
repräsentirte zusammenhängende Nerveneinheit (das „Neuron“). Di»- 
durch unsere jetzigen Mittel nachweisbaren groben Schädigungen 
von Zelle und Faser sind allbekannt; aber hierzu müssen ergänzen«! 
die Schädigungsvorgänge gerechnet werden, die durch die normal» 
Function selbst fortwährend herbeigeführt werden: denn dir 
(normale) Function bedeutet an sich ebenfalls eine Schädi¬ 
gung, wenn auch nur „eine Schädigung im weiteren 
Sinne“. Wenn der normalen Thätigkeit nicht ein normaler Ersatz im 
Stoffwechsel von Nerv und Zelle entspricht — oder wenn bei sonst 
ganz normaler Ersatzmöglichkeit die Leistung über das normal* 
Maass hinaus gesteigert wird, so müssen sich im Nervensystem 
Zeichen von Zerfall hier und da geltend machen, ähnlich wie bei 
grob mechanisch gestörter Leitung: zerfallende Markscheiden, 
untergebende Achsencylinder u. s. w. — w’ovon ja die nach Über¬ 
arbeitung entstellenden „neuritischen“ Lähmungen (Beschäftigung?- 
lähmungen, Arbeitsparesen u. s. w.) zahlreiche Beispiele liefern 
Auch für die auf scheinbar so verschiedenem Boden erwachsenden 
Formen multipler Neuritis ist als gemeinsames Moment irnzu- 
nehmen, „dass Nerv und Zelle bei abnormem Stoffwechsel 
den normalen, resp. für sie abnormen Anforderungen 
der Function nicht gewachsen sind, dass sie zerfallen, flenn 
zu viel von ihnen verlangt, zu wenig vom Verbrauchten er» i- 
wird.“ Aehnliches scheint nun auch für manche Krankheiten 
des centralen Nervensystems angenommen werden zu mu»eii. 
wie Edinger besonders für die mit grauer Degeneration em ei 
gehenden Erkrankungen der Pyramidenbahnen und der niiu 
stränge des Rückenmarks, und speciell für Tabes m *enr ui e 
zeugender Weise darlegt. Die bisherigen Theoneen ' e ™° n , 
w'eder die vorhandenen Lücken in der Auffassung dei a * ■ 
Folgekrankbeit der Syphilis auszufüllen, noch erklären sie p 
verschiedenen Formen der Tabes; während durch die ion _ 
aufgestellte Theorie, die „Functions- oder Ersatz lypo - 
sowohl diese Frage in befriedigender Weise beantwortet, ■ ■ 

dio Mehrzahl der tabischen Symptome ausreichend er a . J 
Theil (locomotorische Ataxie, oculopupilläre Storung , 
Störungen u. s. w r .) geradezu postulirt werden. I as 11 , ^ 

über, wie auch über die entsprechenden \ erhaltnis* len: 
progressiven Paralyse muss im Original flac ’f e l ÖD f uul t S . 
auch die letztgenannte Krankheit ist „eme - «nd* anderer 
krankheit, bedingt durch Function der Hinmnde uid ^ 
grauer Theile auf abnormem Boden“, und eben . 10 stranü- 
Atrophie der Pyramidenbahnen, die comb Standpunkt 
Sklerose (Friedreich’sche Ataxie "• Boleuehtunsr 

der „Ersatzhypothese“ aus in wesentlich U™ . , erö fi- u en*lci 
Mit einem Hinblick auf die durch diese Ihe ^ . e j nenl >p.i- 
neuen Fragestellungen entlässt uns Edinger» t herapeut‘- 

teren Aulsatze auch auf die daraus sich c g _ ^ j c j, niöclit« 

sehen Consequenzen näher einzugehen verspneru. ^ chriebenf . n 
im Anschluss an den interessant und geis » j n d en w,\ 
Aufsatz Edinger’s darauf aufmerksam mache , » Me( , han jk 

zwei Jahren veröffentlichten „Bemerkung , c j u . medivim- 
des Nervensystems“ von O Bo«enb.(* M 

sehe Wochenschrift 1892, No. 43—45) 3* 
fach verwandter Anschauungen und zum vertretenen 

bare Berührungspunkte mit den durch E 1 *? „ ^ sind. 

besonders in betreff der Tabes xu W* der Kr . 
Rosenbach „uur auf Grün 


fassungen, 
letztere kann 


nach 


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Original ftom 

UMIVERSETY OF MICH« 





6. December. 


LITTERATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


Schöpfung der Nervenkraft entstehen, und diese ist entweder 
das Resultat zu geringer Fähigkeit, Energie zu bilden, oder zu 
grosser (absoluter oder relativer) Ausgabe an Nervenenergie“, wo¬ 
bei die zur Auslösung der Vorgänge bei der ausserwesentlichen 
Arbeit (der Innervation) nöthige Energiemenge nur in mangel¬ 
hafter Weise ersetzt wird. Anschauungen also, die, allerdings 
von ganz anderen Ausgangspunkten, an ein der Edinger’schen 
„Ersatzhypothese“ jedenfalls sehr nahestehendes Ziel führen. Auch 
für den „Mechanismus der Degenerationszustände peripherer Nerven 4 * 
sind von 0. Rosenbach analoge Erklärungen wie für die „Mecha¬ 
nik der Degeneration des Rückenmarks“ herangezogen worden. _ 

Dass hierdurch das grosse Verdienst des Edinger’schen Aufsatzes 
und die volle Originalität seiner Theorie in keiner Weise berührt 
wird, bedarf nach dem Vorbemerkten wohl kaum einer besonderen 
Erwähnung. 


7. St. Bemheimer, Das Wurzelgebiet des Oculomotorius beim 
Menschen. Mit vier farbigen Tafeln. Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann, 1894. Ref. Edinger (Frankfurt a. M.). 

In den letzten Jahren haben unter den hirnanatomischen Ar¬ 
beiten diejenigen, welche sich mit der Ermittelung der feineren 
Verhältnisse beim Ursprung der Augenmuskelnerven beschäftigen, 
eine auffallend grosse Anzahl erreicht. Die hohe Ausbildung, 
welche die ophthalmologische Diagnostik erreicht hat, die Wichtig¬ 
keit der Augenmuskelstörungen für die Neuropathologie, das alles 
machte die Lücke, welche früher hier vorhanden war, besonders 
fühlbar. So haben denn in der That Augenärzte und Neurologen 
gemeinsam versucht, was unklar war zu klären, und es ist erreicht 
worden, dass wir endlich ein vollständigeres Bild bekommen. Wir 
kennen nun ziemlich sicher die Kerne selbst und ihre Anordnung, 
weniger sicher ihre centralen Verbindungen, vor allem den Weg 
zum Grosshirn. Vor mir liegt eine vortreffliche Monographie des 
Wiener Augenarztes Dr. Bernheim er, welche recht geeignet 
ist diejenigen, welche sich über den augenblicklichen Stand der 
Frage orientiren wollen, zu belehren. Bernheimer hat nach 
dem Vorgänge des Referenten und Perlia’s wesentlich an Em¬ 
bryonen seine Studien angestellt. Er war in der Lage, vieles Be¬ 
kannte zu kräftigen, in vielen Punkten ist er auch zu abweichen¬ 
den Meinungen gekommen, und an nicht wenigen Stellen hat er 
vermocht unser Wissen zu erweitern. Wenn man den grossen 
Fleiss und die exacte Arbeitsmethode sieht, mit der hier vorge¬ 
gangen ist, und wenn man dann erkennt, wie noch so vieles heute 
unklar geblieben ist, dann muss man den lebhaften Wunsch hegen, 
dass der Verfasser seine Studien nun auch fortsetze an anderem 
Material, vorzüglich, dass er Gelegenheit nehme, natürliche De¬ 
generationen nach dem Vorgang Westphal-Siemerling’s und 
ganz besonders künstlich erzeugte Entartungen zu studiren. Seine 
hier vorliegende schön und gewissenhaft durchgeführte Arbeit lässt 
vermuthen, dass ihm auch die weitere Klarstellung dessen, was 
noch unbekannt ist, gelingen wird. 


8. A. Leppmann, Der seelisch Belastete und seine ärztliche 
Ueberwachung. Berliner Klinik. Heft 66. Berlin, Fischer’s 
med. Buchhandlung, 1893. Ref. Pelman (Bonn). 

Der Vortrag ist vor praktischen Aerzten gehalten, und der 
Verfasser verfolgt daher vorzugsweise den praktischen Zweck, dem 
Hausarzte eine Anleitung zur Behandlung der seelisch Belasteten 
zu geben. Diesem Zwecke kommt er in vollem Maasse nach, und 
man wird es nicht zu bereuen haben, wenn man seinen An¬ 
gaben folgt. 

Die Fürsorge des Arztes hat schon bei den Eltern zu be¬ 
ginnen, und er wird sie sich auf ihre Befähigung anzusehen haben, 
die von ihnen erworbenen Schädlichkeiten als eine angeborene 
Anlage auf ihre Nachkommen zu übertragen. Je näher sich diese 
Schädlichkeiten, und unter ihnen insbesondere Geistesstörung, 
Epilepsie und Alkoholismus an die Geburt oder Zeugung an- 
schliessen, um so mehr wird ihr schädigender Einfluss hervor¬ 
treten, yind um so deutlicher werden sich die Folgen bei der Nach¬ 
kommenschaft von vornherein bemerkbar machen. 

Leppmann weiss, dass die erbliche Uebertragung kein un¬ 
bedingtes Müssen ist, das unter allen Umständen in der Form 
einer nachweisbaren Störung hervortreten wird, aber als um¬ 
sichtiger und erfahrener Berather ertheilt er uns den Rath, in 
allen derartigen Fällen planmässig für eine besondere Körperpflege 
und auch für eine medicamentöse Behandlung zu sorgen, um von 
dem bangenden Gemütho der Eltern die drückende Sorge zu nehmen, 
dass man in der Behandlung etwas versäumt habe. Von dem 
gleichen praktischen Geist zeugen seine anderen Rathschläge, und 
man wird es gewiss nicht bereuen, sich von ihm leiten und be- 
rathen zu lassen. 

Die kleine Schrift bietet trotz ihrer Kürze eine nicht zu 
unterschätzende Anleitung, wie man sich bei der Behandlung der¬ 


99 


artiger Individuen zu verhalten habe, und ich bin überzeugt, dass 
ihre Lectüre jedem den gleichen Genuss bereiten wird, wie es bei 
dem Referenten der Fall war. 


9. M. Fnedmann, Ueber den Wahn. Eine klinisch-psychologische 
Untersuchung. Nebst einer Darstellung der normalen Intelligenz¬ 
vorgänge. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. 196 S. Ref. 
Liebmann (Bonn). 

Friedmann beabsichtigt in dem vorliegenden Buche „eine 
psychologische Zergliederung der Wahnbildung unter Zugrunde¬ 
legung der klinischen Thatsachen“ zu geben, und zwar steht er 
auf dem Boden der Associationspsychologie. Der erste, rein psy¬ 
chologische Theil enthält eine ausführliche Darlegung der nor¬ 
malen Associationsvorgänge und gelangt zu dem Schlüsse, dass 
jede Vorstellung, die sich in’s Bewusstsein drängt und dort un- 
verdrängt erhält, dadurch Realität erlangt, dass jede festgeknüpfte 
Association subjectiv real ist. Die Wahnbildung beruht, wie im 
zweiten Theil ausgeführt wird, auf einer Steigerung der Vor¬ 
stell ungsthätigkeit. „Echte Wahnideen“, so lautet die Definition 
Friedmann’s, „sind unverrückbare Urtheilsassociationen in logi¬ 
scher Form, bei deren Bildung durch pathologische Vorgänge die 
associativ näher verwandten Vorstellungen von der logischen Ver¬ 
knüpfung ausgeschlossen bleiben. Für ihre Consolidirung ist 
immer eine, durch die präexistente specifische geistige Veranlagung 
des Individuums bewirkte Gedankenrichtung maassgebend. Die 
Conception erfolgt entweder allein durch eine Steigerung der 
Vorstellungsthätigkeit, welche überwerthige Ideen hervorruft 
(Schema der Zwangsassociation, resp. der fixen Idee), oder aber 
nebstdem wirken ein primärer, anhaltender, starker und einseitiger 
Affect, oder, resp. verbunden damit, eine Einschränkung des asso- 
ciativen Gedankenflusses (delirante Form der Conception).“ Das 
Wesentliche bei der Wahnbildung ist demnach die Intensitäts¬ 
steigerung der Vorstellung. Zu einem eingehenderen Referat an 
dieser Stelle erscheint das Wdt*k nicht geeignet; jedem, der über¬ 
haupt an der Frage Interesse nimmt, sei das Studium des Ori¬ 
ginals empfohlen, ein Studium, das freilich durch die wenig über¬ 
sichtliche Darstellungsweise etwas erschwert wird. In klinischer 
Beziehung sei noch hervorgehoben, dass Fried in ann, wie schon 
aus obiger Definition hervorgeht, die Zwangsidee als in genetischer 
Hinsicht der Wahnidee sehr nahestehend betrachtet; wie diese hat 
auch die Zwangsidee für die Dauer ihres Bestehens subjective 
Realität; das unterscheidende Merkmal bildet eigentlich nur das 
paroxysmale Auftreten der Zwangsidee. Diese Anschauung steht, 
wie man sieht, in scharfem Gegensatz zu der Westphal’schen 
Definition der Zwangsvorstellung. 


10. Tatzel, Die Psychotherapie (Hypnose), ihre Handhabung 
und Bedeutung für den praktischen Arzt. Mit 8 Abbil¬ 
dungen. Berlin und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. 

11. Frederik Björnström, Der Hypnotismus, seine Entwicke¬ 
lung und sein jetziger Standpunkt. Nach der zweiten Auf¬ 
lage des Originals deutsch von M. C. Lar och eile. Wiesbaden, 
H. Sadowsky, 1894. Ref. A. Euienburg (Berlin). 

Zwei Bücher über den Hypnotismus, die nicht gerade wesent¬ 
lich Neues bieten, aber zur ersten Orientirung auf diesem Gebiete 
wohl geeignet erscheinen. Das Tatzel’sche Buch, dem bekannten 
Stockholmer Hypnotherapeuten Wetter Strand gewidmet, ist mit 
grosser Wärme, ja mit einer geradezu „suggestiv“ wirkenden Be¬ 
geisterung für die dargestellte Materie geschrieben und schon durch 
diesen Umstand wohl geeignet, ärztliche Anfänger der hypnoti¬ 
schen Praxis in die dafür nöthige Stimmung zu versetzen, sie mit 
dem erforderlichen Vertrauen zur Sache, sowie mit dem ebenso un¬ 
bedingt erforderlichen Selbstvertrauen auszurüsten. Wenn der Ver¬ 
fasser allerdings sein Buch „Psychotherapie“ nennt, so ist er hierzu 
nicht vollkommen berechtigt, denn er beschäftigt sich durchaus nur 
mit dem einen Theilgebiete der Psychotherapie, das wir heutzutage als 
hypnotische oder Suggestionstherapie zu bezeichnen pflegen, und 
hat es unterlassen. Umfang und Bedeutung anderer psychischer 
Behandlungsmethoden entsprechend abzugrenzen. Immerhin ver¬ 
dient das Tatzel’sehe Buch Aerzten, wie gesagt, zur ersten 
Einführung in die Hypnotherapie wohl empfohlen zu werden. Es 
ist mit zahlreichen Kranken- oder vielmehr Heilungsgeschichten 
ausgestattet, von denen manche allerdings nicht ganz über¬ 
zeugend wirken. — Weniger Günstiges lässt sich von dem Björn- 
ström’schen Buche sagen, das den Gegenstand allerdings weiter 
fasst und in mehr popularisirender, auch den Laien zugänglicher 
Weise behandelt. Björnström scheint wenig eigene Erfahrung 
zu besitzen und bei der Aufnahme und Verwerthung des littora- 
rischen Materiels nicht immer genügend kritisch zu Werke ge¬ 
gangen zu sein. Bei Mittheilungen, wie er sie ohne Bedenken als 
glaubhaft wiedergiebt, die sich auf die Gebiete der Idee- oder 
Willens Übertragung, der Mental- oder „reinen Willenssug- 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





100 


LITTER ATUR - BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


gestion“ auf räumliche und zeitliche Entfernung u. s. w. beziehen, 
hört für uns die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Verständi¬ 
gung überhaupt auf. Die Blumenlese mitgetheilter Casuistik aus 
zum Theil überaus trüben und fragwürdigen Quellen kann für den 
Mangel eigener Erfahrung und selbstständiger Kritik wohl kaum 
rechten Ersatz bieten. 

12. Grossnianu, Die Bedeutung der hypnotischen Soggestion als Heil¬ 
mittel. Gutachten und Heilberichte der hervorragendsten wissenschaft¬ 
lichen Vertreter des Hypnotismus der Gegenwart. Berlin, Bong & Co., 
1894. 160 S. Ref. Hü ekel (Charlottenburg). 

Als Rodacteur der Zeitschrift für Hypnotismus ist Grossmann von 
russischen Collegen zu Hülfe gerufen worden, um eine Protestation ein- 
zuloiten gegen einen die Anwendung der Hypnose in Russland ein¬ 
schränkenden Ukas, der, wenn möglich, Anwesenheit zweier Aerzte bei 
einer Hypnose und Meldung dos Falles an die Administrativbehörde ver¬ 
langt und Bekanntmachungen jeder Art über Behandlung durch Hypnose 
verbietet. 

Gross mann glaubt in letzteren Worten auch ein Verbot joder 
wissenschaftlichen diesbezüglichen Mittheilung in medicinischen Zeit¬ 
schriften sehen zu müssen, obgleich ein russischer Arzt in seinem Gut¬ 
achten ihm mitgetheilt hat, dass nur Annoncen über Hypnosebehandlung 
verboten seien. Grossmann hat nun eine Anzahl Aerzte und Juristen 
um Gutachten angegangen, die er unter obigem Titel veröffentlicht. Im 
Vorwort polemisirt der Verfasser, ohne selbst viel positives für die Be¬ 
rechtigung der Hypnose als Heilmethode beizubringen, gegen die Aerzte 
und besonders gegen „ärztliche Autoritäten“, die gegen eine therapeutische 
Anwendung der Hypnose Bedenken ausgesprochen haben. Mit welchem 
Fanatismus Grossmann für seine Sache kämpft, zeigen seine Sprachweise 
und seine vielfach persönlichen Ausfälle gegen Aerzte, die der medica- 
mentösen Heilmethode den Vorzug geben, also gegen die „Leute, deren 
Opfer die Wahlstatt deckt und deren einziger Trost darin besteht, dass: 
medicorum errores terra tegit.“ Noch reicher au persönlichen Angriffen 
ist das Gutachten von Moll, der ebenfalls seine extreme Stellung dadurch 
charakterisirt, dass er mit der grössten Geringschätzung von den thera¬ 
peutischen Leistungen dor Medicamente spricht und deren Anwendung 
„zum grössten Theil ein planloses Herumprobiren ohne jede wissenschaft¬ 
liche Grundlage“ nennt. 

Grossmann veröffentlicht 26 Gutachten von Aerzten, darunter 
solcho von Li4bault, Bernheim, Beaunis, Bleuler, Forol, Krafft- 
Ebing, Moll, Schrenck-Notzing und andere, und drei von Juristen: 
Liegeois (Nancy), Drucker (Wien), Lilienthal (Marburg). Es wurden 
vier Hauptfragen zur Begutachtung vorgelegt. 

1. Findet die Anwendung der hypnotischen Suggestion zu Heilzwecken 
in den von der Schule von Nancy gewonnenen Anschauungen und prak¬ 
tischen therapeutischen Resultaten ihre volle wissenschaftliche Berechti¬ 
gung.-' — Dass die hypnotische Suggestion Heilwirkungen erzielen kann 
und oft internen Mitteln sich überlegen erweist, wird in keinem Gut¬ 
achten hesf ritten, und demgemäss erkennt auch jedes ihre Berechtigung 
als Heilmittel an. Die vorsichtigen Gutachtengeber beschränken das Ge¬ 
biet der hypnotischen Heilwirkung auf Erkrankungen rein functioneller 
Natur oder auf solche Störungen, welche auf psychischer Basis beruhen. 
Vereinzelte Enthusiasten wollen aber auch somatische Erkrankungen und 
anatomische Veränderungen davon nicht ausgeschlossen haben. 

2. Welche Erfolge haben Sie selbst erzielen können? — Auf diese 

Frage ist in den Gutachten ein ganzes Heer von Leiden, die sich durch 
Suggestion heilen oder bessern lassen, aufgezählt, und man könnte fast 
mit einem der Begutachter meinen, dass in der That „die Suggestion 
soviel werth ist, wie unser ganzer Arzneischatz“ (Bleuler). Sieht 
man näher zu, so sind es fast durchaus functioneile Leiden oder 
Störungen, auf welche auch auf andere Weise durch psychische Mittel 
ein Einfluss geübt werden kann, so z. B. die Schmerzempfindung. Auch 
die vielfach hervorgehobene günstige Einwirkung der hypnotischen 
Suggestion auf mehr oder weniger unwillkürliche vegetative und animalische 
Functionen. Dannthütigkeit, Menstruation, Schlaf etc. ist hier zu nennen. 
Die meisten Gutachten erkennen mit klaren Worten oder zwischen den 
Zeilen die Beschränkung der hypnotischen Heilwirkung auf von der 
rsyche abhängige oder durch sie zu beeinflussende Störungen an. Einige 
weniger kritisch mit ihrer Diagnose, ihrem Erfolg und dem Grund 
der Heilung zu Gericht sitzende Aerzte haben ihren Gutachten zufolge 
auch somatische Leiden wie Conjunctivalgeschwüre. Poliomyelitis anterior, 
allgemeine Neuntis, Epilepsie und so fort durch Hvpnose zur Heilung 
gebracht. * & 

3 - Stehen der Anwendung der hypnotischen Suggestion vermöge der 
Gefahren, die sie für den Patienten mit sich bringt, sowohl solche ärzt- 
liche wie auch juristische Bedenken entgegen, dass ihre Einschränkung 
auch Aerzten gegenüber geboten erscheint, oder ist nicht vielmehr eine 
solche Lmschninkung auf das entschiedenste zu missbilligen? — Be- 
trefls dieser Frage ist in den meisten Gutachten nur der hvpnotischo Zu¬ 
stand an sich und der ihm unmittelbar folgende Zeitabschnitt ins Auge 
SL“ Y eit > la “ tet nun das Resume der abgegebenen UrtheÜe 
TTo • * g • r! le ^ rC , a " r der Hypnose wird im allgemeinen stark übertrieben. 
T • a 1 tt ZU leu £ ne , n ’ dftss ™iter den Händen von Unerfahrenen und 
dt r H JPnose al armiren de nervöse Erscheinungen auftreten können, 

lw l d M ( E - r in den seltensten Fällen bleibenden Schaden hinterlassem 
oder bpi W a g ° m r men n " r im Anfan g seiner hypnotischen Praxis 
KflÜ Jl! l* e ? . ve r anlagrte l n Ikonen vorübergehende leichte Zufälle, 
wissen rich lm h J r tenSChe i J J r " ch ^ maa g cn und <Rrgl. Einige Hvpnotiseure 
mifn solch f n ^fällen zu schützen und geben den Rath, 

ireinLlnenGn7^M vor dem Erwecken Wohlbehagen nach der Sitzung! 
zelnen Gutachten wird betont, dass zwar eine Sitzung an sich keine 


Gefahr bringe, dass aber nach sehr häufig wiederholten Sitzwge^Tdi 
ponirten Individuen es zu hallucinatorischen Autosuff <re«tioneAnl,T 
kann (Bernheim). Andere Aerzte dagegen halten feÄÄK 
Anwendung die Hypnos, für ganz unschädlich, auch wenn M Ä 
denselben Patienten mehrere hundert mal Jahre hindurch fort und fcr 
hvpnotisirt (Schrenck-Notzing). - Sämmtliche Gutachten smi ', 
sich gegen eine Einschränkung der Anwendung der Hm« | 
Aerzte aus, die nicht gefährlicher sei als z. B. die Awendnn» h 
Chloroformnarkose; dagegen verlangen die meisten Verbot oder 8ml«, 
Controlle ihrer Ausübung durch Laien, sowie Verbot Öffentlicher hrr.no 
tischer Schaustellungen. Einige möchten aber weiter gehen und bdf,r 
Worten die Errichtung besonderer Lehrstühle, etwa für angewandt 
Psychologie “ oder unter anderem Schilde, damit bei dem künftigen \m 
auch das Verständnis» für eine psychische Einwirkung auf die Kmhi 
geweckt und dieser mächtige Factor in der Therapie von ihm ririitri 
erkannt und gewürdigt werde. 

Die Möglichkeit verbrecherischen Missbrauchs der Patienten in der 
Hypnose, kann, so urtheilen namentlich auch die begutachtenden Juri^c 
keinen Grand zur Beschränkung ihrer Anwendung abgeben. Es sind ja 
auch bei anderen Zuständen mit beschränkter Willensfreiheit, z.B. inder 
Narkose, die Kranken dem Arzt anheimgegeben. Für JDelicte in dioer 
Hinsicht hat das Strafgesetzbuch Paragraphen. Nur Liegeois malt i:i 
schwarzen Farben die enorme Gefährlichkeit verbrecherischer Suggestionen, 
die aus einem harmlosen Bürger einen schweren Verbrecher sollen machen 
oder einer reinen Jungfrau die schändlichsten Neigungen sollen eingel« 
können. Er weiss uns aber ein einfaches probates Mittel dagegen. .cW 
une Sorte de vaceinalion morale“: Jedermann lasse sich Versuchs™«.- 
hypuotisiren. und wenn es sich zeigt, dass man dabei in SomnamlmliMnii« 
verfällt, wo solche Suggestionen haften können, so lasse man sieh Wider¬ 
standsfähigkeit gegen jedwelchen künftigen Hypnoseversuch suggoriren 
Wenn nötliig, möge man das ein- bis zweimal jährlich wiederholen di. 

4. Auf Grund wie vieler von Ihnen behandelter Fälle geben Sie Ihr 
Gutachten ab? — Diese Frage wurde vielfach nicht berücksichtigt, und 
im übrigen sind die Angaben sehr sehw r ankend. Obenan steht Licbanlt 
mit 34 Jahren hypnotischer Praxis und über 12 000 Kranken. 


13. H. Helferich, Atlas uud Grundriss der traumatischen 

Fracturen und Luxationen. Mit 166 Abbildungen nach Ori¬ 
ginalzeichnungen von Dr. J. Trumpp. München, J. F. Lehman». 
1895. Ref. A. Bidder (Berlin). 

Nach Durchsicht des vorliegenden Buches wird jeder Le^er in 
hohem Maasse befriedigt und dem Verfasser dankbar sein, b 
unterscheidet sich von den schon vorhandenen guten Lehrbüchern, 
die den gleichen Gegenstand behandeln, dadurch, dass es gleichsam 
eine Reihe von klinischen und pathologisch -anatomischen \or- 
stellungen darbietet. Helferich erreicht das, indem er von jeder 
typischen — aber auch fast von jeder selteneren wichtigen — Fractur 
und Luxation ein nach der Natur gemaltes und gezeichnetes Bild 
des Kranken oder des betreffenden Körpertheils und des dazu ge¬ 
hörigen topographisch-anatomischen Präparates giebt. Das letztere 
ist meist durch künstliche Herstellung der Verletzungen an der 
Leiche gewonnen. Auch ein Theil der nöthigen Verbände und hin- 
richtungsmethoden ist bildlich dargestellt. Schematische Abbil¬ 
dungen, denen man sonst so häufig begegnet, fehlen ganz. Jeder 
Zeichnung ist eine kurze, alles wesentliche hervorhebende Besetim- 
bung hinzugefügt. Nach diesen klinischen Demonstrationen tot, 
dann eine Besprechung der Entstehungsweisen, der Diagnose um 
Behandlung der einzelnen Fracturen und Luxationen, wie»sw '<w 
Kopfe abwärts bis zu den Füssen beobachtet werden. Allgenie 
Bemerkungen werden am Anfänge des Buches vorausge^ 
Ueberall tritt dem Leser die reiche eigene Erfahrung und ms 
U rtheil des Verfassers entgegen, der gerade besonders «“jo 1 
nimmt auf die Verhältnisse und Bedürfnisse des praktischen * ■ - 

dem die Hülfsmittel eines grossen Krankenhauses nich _ 

bote stehen. Jeder Arzt sollte sich daher dieses eigenartig 
treffliche Werk, in dem man sich leicht orientiren kann : aah » n( j 
Es ist w ohl der beste Rathgeber bei den oft ganz u e : yor . 
kommenden Ansprüchen der Praxis. Die Abbildungen « 
züglicb, und auch die übrige Ausstattung des handnem ^ 
format), 126 Seiten zählenden Buches ist sehr gut. 

Nutzen für Aerzte und Studirende bald überall Eingang 

14. Heitzmann, Compendium der Geburtshülfe. ^ * f ‘ n * 

Perles, 1894. 371 S. Ref. Wiener (Breslau). 

Als Ergänzuug seines vor zwei Jahren ßurh. 

pendium der Gynäkologie“ schrieb Verfasser vo 
in dem er die an der Wiener Schule herrschenden A«*r» ^ 
zum Ausdruck bringt. Das Compendium wir( g L . V, ] e ichtver- 
Verbreitung finden, da es in knapper Form un « 
ständlicher Darstellung den gegenwärtigen otan vor t r effliche. 
zum Ausdruck bringt; auch erleichtern zanir » v^tandufc 
vom Verfasser selbst entworfene Rl list ™ tl0n ®“ nntersttchn^ 
Recht gut sind die Desinfecfcionsvorschnften .m w* 
Schwangerer und Gebärender: überflüssig ist' 


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UNIVERSITY OF T» ' 





6. December. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


einer SeheiiJenin-i^ätiön die in der Scheide verbliebene Flüssigkeit 
nut Wattebäuschchen abzutupfen. — Zu Uterusausspülungen werden 
dieselben Glascanülen, wie zur Scheidenausspülung, empfohlen* es 
ist aber besser und sicherer, doppelläufige Rohre zu nehmen. — Die 
Ansicht, dass bei Herzfehlern Schwangerer eine Indication zur 
künstlichen Frühgeburt wohl kaum besteht, ist nicht richtig; bei 
hochgradiger Compensationsstörung des Herzens kann die Unter¬ 
brechung der Schwangerschaft unbedingt nöthig werden. — Bei der 
Wehenschwäche hätte als wehenverstärkendes Mittel die Tamponade 
des unteren Uterinsegments resp. der Cervix mit dem Kolpeurynter 
Erwähnung finden müssen. — Dass die Eklampsie häufiger in der 
ersten Schwangerschaftshälfte als in der zweiten ausbrechen soll, 
ist nicht richtig. — Zur Perforation des vorangehenden Kopfes 
wird der Trepan empfohlen; in Deutschland bedient man sieh des¬ 
selben fast nirgends mehr. 

II. Zeitschriftenübersicht. 

15. Martin, Sur la technique du diagnostie bact£- 
riologique et la s£rumth£rapie de la diphterie. Pronris 
medical 1894, No. 41. 

Verfasser giebt eine sehr genaue Beschreibung der im Institut 
Pasteur gebräuchlichen Methode, um die Diphtheriebacillen im 
Rachen nachzuweisen. Er unterscheidet zwei Kategorieen von 
Fällen, je nachdem bei den Erkrankten Membranen vorhanden sind 
oder nicht. Ist das erstere der Fall, so wird, nach vorheriger 
Reinigung des Mundes mittels abgekochten Wassers, ein Stückchen 
Membran entfernt und in Guttapercha verpackt in das Labora¬ 
torium gebracht. Zunächst wird nun ein kleines Stück auf dem 
Deckglas verrieben und in gewöhnlicher Weise gefärbt. Verfasser 
empfiehlt hierzu das sogenannte Roux’sche Blau. In etwa der 
Hälfte der Fälle kann bereits aus dem mikroskopischen Bilde die 
Diagnose gestellt werden. Als charakteristisch für die Diphtherie¬ 
bacillen wird angeführt, dass sie an ihren Enden kolbig ange¬ 
schwollen sind, in der Mitte eine leichte Einschnürung zeigen, 
ferner die Art ihrer Lagerung. Die Diphtheriebacillen bilden näm¬ 
lich nie Fäden, sondern sie liegen entweder parallel aufgereiht 
oder in stumpfem Winkel gegen einander. Immerhin ist es gut, 
die mikroskopische Diagnose durch das Culturverfahren zu oon- 
trolliren. Unbedingt nöthig ist dies bei der zweiten Kategorie 
von Fällen, bei denen es sich klinisch nur um eine Angina ohne 
wirklichen Belag handelt. Als Nährboden dient stets schräg er¬ 
starrtes Serum. 

Martin berichtet, dass in Culturcn die Diphtheriebacillen 
mikroskopisch zwei Varietäten bieten. Die eine besteht aus den 
typischen längeren kolbigen Stäbchen, während die zweite Art aus 
kürzeren, dickeren, meist parallel zu einander angeordneten Stäb¬ 
chen sich zusammensetzt. Diese letzteren werden, wie der Ver¬ 
fasser berichtet, von den deutschen Bacteriologen mit dem Namen 
Pseudodiphtheriebacillen belegt. Martin giebt den Rath, auch 
alle die Fälle, in denen man diese kürzeren Stäbchen findet, jeden¬ 
falls als Diphtherie zu betrachten und demgemäss zu behandeln. 
Die bacteriologische Untersuchung ist bei Diphtherie unerlässlich. 

Bemerkungen des Referenten: Im allgemeinen wird die 
Schwierigkeit des Nachweises der Diphtheriebacillen etwas über¬ 
schätzt, und vielleicht ist das mit ein Grund, dass er noch so oft unter¬ 
lassen wird. So ist beispielsweise das für weitere ärztliche Kreise sehr 
schwer zu beschaffende sterile Serum als Nährboden für die Diph¬ 
theriebacillen nur in ganz vereinzelten Ausnahmefällen nöthig und 
beschränkt sich auf die Fälle, wo eben sehr viele andere beglei¬ 
tende Mikroorganismen, vornehmlich Strepto- und Staphylococcen, 
vorhanden sind, welche die spärlichen Diphtheriebacillen über¬ 
wuchern. In diesen Fällen verschafft man durch die Züchtung 
auf erstarrtem Serum den Diphtheriebacillen einen Vorsprung. 

In der erdrückenden Mehrzahl der Fälle ist, wie gesagt., dies 
nicht nöthig. Denn die Diphtheriebacillen wachsen auf gewöhn¬ 
lichem Peptonagar sehr gut, sofern nur die Alkalescenz desselben 
die richtige ist. Dieselbe ist, natürlich in engen Grenzen, schwan¬ 
kend, je nach dem Säuregrad des verwendeten Fleisches, gewöhn¬ 
lich erreicht bei der Zufügung von 8—10 ccm Normalnatronlauge 
auf 1 Liter Agar. Am besten wendet man alsdann den Agar in 
der Form der sogenannten „Agarplatten“ an. Zu diesem Behufe 
wird der bei 100° verflüssigte Agar in sterile Petri’sche Schalen 
gegossen und dort erstarren gelassen. Auf dieser grossen Ober¬ 
fläche wird nun das zu untersuchende Material ausgestrichen, wo¬ 
bei erstens der Vortheil besteht, dass die Colonieen leicht isolirt 
werden, und weiterhin, dass dieselben bequem unter dem Mikroskop 
betrachtet, unterschieden und abgeimpft werden können, was bei 
Reagensgläsern nicht der Fall ist. Die Färbung der Diphtherie¬ 
bacillen ist sehr leicht entweder mit Methylenblau oder verdünntem 
Carboifuchsin. Was die von Martin beschriebenen beiden Varie¬ 
täten der Diphtheriebacillen angeht, so scheinen mit den kurzen 


ü 1 

Stäbchen die bei uns unter dem Namen der „ diphtherieähnlichen f4 , 
in die Gruppe der Xerosebacillen gehörigen Stäbchen gemeint zu sein. 
Dieselben sind gewöhnlich im mikroskopischen Bild pallisadenartig 
aufgereiht und wachsen auf Agar als braune, etwas grobgranulirte, 
sehr fest zusammenhängende Colonieen. 

Sie unterscheiden sich von den echten Diphtheriebacillen, wie 
Referent sich sehr oft schon überzeugt hat, vor allem dadurch, 
dass sie für Meerschweinchen fast gar nicht pathogen sind. Man 
findet dieselben, wie Referent auf der Naturforscherversammlung 
in Wien zu berichten Gelegenheit hatte, sehr oft im Nasensecret 
Gesunder. Das einzig sichere Unterscheidungsmerkmal bis jetzt 
ist, wie erwähnt, die fehlende Thierpathogenität, und da die Prü¬ 
fung derselben immerhin längere Zeit in Anspruch nimmt, so 
dürfte es sich empfehlen, in praxi nach dem Vorschläge von Martin 
die Fälle, bei denen man derartige nach dem mikroskopischen Aus¬ 
sehen zweifelhafte Stäbchen findet, vorläufig als Diphtherie zu be¬ 
trachten und zu behandeln. Die Verificirung kann dann immer 
noch erfolgen. Wassermann (Berlin). 

16. Hallock Park und Alfred L. Beebe, Diphtheria 
and pseudodiphtheria. A report to the New York City Health 
Department on the baeteriological examination of 5611 cases ol’ 
suspected diphtheria with the results of other investigations upon 
the diphtheria and pseudodiphtheria bacillus. Journal of Laryn- 
gologie, Rhinologie and Otologie, November 1894. 

In dieser Wochenschrift ist vor kurzem auf die sanitätspolizei¬ 
lichen Maassnahmen des Staates New-York gegen die Verbreitung 
der Diphtherie in einer kurzen Notiz hingewiesen. Der obige Be¬ 
richt enthält eine Zusammenstellung der Resultate, welche in der 
bacteriologischen Untersuchungsstation mit der Untersuchung diph¬ 
therieverdächtigen Materiales im Verlaufe eines Jahres erzielt 
wurden. Von dieser Station oder von deren Filialen werden die 
Aerzte unentgeltlich mit erstarrtem, zur Züchtung von Diphtherie¬ 
bacillen präparirtem Blutserum versorgt. Sie haben nichts weiter 
zu thun als in einem Falle von Diphtherie oder diphtherieverdäch¬ 
tiger Erkrankung mit einem ihnen sterilisirt gelieferten Wattebausch, 
der an einem Eisendraht befestigt ist, die Tonsillen abzureiben, um 
dann mit der Watte über die Oberfläche eines Serumröhrchens zu 
streichen. Dieses schicken sie an die Untersuchungsstation ein, 
wo nach 12—24 ständigem Verweilen des Röhrchens im Brüt¬ 
schrank die Diagnose auf Diphtherie gestellt wird. 5611 Fälle 
wurden auf diese Weise untersucht. In 8255 Fällen fanden sich 
Diphtheriebacillen, in 1540 war das Resultat negativ, in 816 blieb 
die Diagnose imsicher, weil ungeeignetes Material oder zu alte 
Nährböden benutzt waren. Die Sterblichkeit in den Fällen mit 
positivem Bacillenbefund betrug in den ersten vier Lebensjahren 
45%, während von den durch das Fehlen der Bacillen als nicht 
diphtherisch erkannten Erkrankungen in demselben Alter nur 6 °/o 
tödtlich verliefen. Von den acuten Laryngitiden der Kinder mit 
Croupsymptomen erwiesen sich 80 % als diphtherisch. In ungefähr 
fünf Sechstel der Fälle stimmte die Diagnose des behandelnden 
Arztes mit der bacteriologischen überein; ein Sechstel derselben 
wurde erst durch die Cultur als Diphtherie erkannt. Im allgemeinen 
genügte eine einmalige Untersuchung, um die Diagnose zu ent¬ 
scheiden. Waren die Oulturen von dem behandelnden Arzte nach¬ 
lässig angelegt, so kam es vor, dass eine zweite Prüfung vor¬ 
genommen werden musste. Boten die gezüchteten Bacillen die 
charakteristischen morphologischen Eigenthümlichkeiten der Diph¬ 
therieerreger, so erwiesen sie sich auch im Thierexperiment als 
virulent. Das letztere ist demnach nach Ansicht der Verfasser für 
die Stellung der Diagnose bei verdächtigen Erkrankungen ent¬ 
behrlich. 

Hochwichtig sind die Untersuchungen, welche die Verfasser 
über das Vorkommen von diphtherieähnlichen Mikroorganismen im 
Rachen gesunder Leute anstellten. Unter 880 untersuchten Fällen 
fanden sich in 24 Fällen Bacterien, welche alle Eigenthümlichkeiten 
der Diphtheriebacillen hatten bis auf die Virulenz, in 27 anderen 
waren Bacillen vorhanden, welche sich schon durch ihr morpho¬ 
logisches und biologisches Verhalten als nicht virulente Pseudo¬ 
diphtheriebacillen zu erkennen gaben. Achtmal fanden sich viru¬ 
lente echte Diphtheriebacillen im Munde gesunder Menschen; dio 
Verfasser glauben, dass in diesen Fällen leichte diphtherische Er¬ 
krankungen vorangegangen waren, oder dass die betreffenden Per¬ 
sonen mit Leuten in Berührung gekommen waren, die eine solche 
durchgemacht hatten. 

Untersuchten die Verfasser die Geschwister von schlecht oder 
gar nicht isolirten diphtheriekranken Kindern, so fanden sie die 
virulenten Bacillen in 50%, 40% erkrankten auch nachträglich 
an Diphtherie. Wurden die Untersuchungen in Familien vorge¬ 
nommen, in denen eine sorgfältige Isolirung der kranken Kinder 
durchgeführt wurde, so liessen sich nur bei 10 % der Geschwister 
Diphtheriebacillen nach weisen — ein treffender Beweis für die 


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102 


LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


No. 14 


Wirksamkeit gut durchgeführter Isolirung. In Fällen, wo eine 
Isolirung der kranken Kinder nicht angängig ist, sollte daher 
nach Ansicht von Park und Beebe die ganze Familie streng von 
anderen Menschen abgesondert werden, bis die Untersuchung ihres 
Rachensecretes das Fehlen der Bacillen ergeben hat. Bei Er¬ 
krankungen , die nach dem bacteriologischen Befund als nicht 
diphtherisch auzusehen waren, unterblieb Isolirung und Desinfection 
der Wohnung. 

605 Reconvalescenten von Diphtherie wurden untersucht, um 
festzustellen, wie lange die Diphtheriebacillen sich nach dem Ab¬ 
lauf der Erkrankung vorfinden. In der Hälfte der Fälle ver¬ 
schwanden dieselben 3 Tage nach der völligen Ablösung der Mem¬ 
branen, in 176 Fällen nach 7 Tagen, 64 mal nach 12 Tagen, 
36 mal nach 15 Tagen, 12 mal nach 3 Wochen. 4 mal nach 
4 Wochen und 4 mal 5 Wochen nachher. 

Räumlich waren die Diphtheriefälle in der Stadt so vertheilt, 
dass in den am dichtesten bevölkerten Theilen auch die meisten 
Erkrankungen vorkamen. Oft liess sich die Ausbreitung durch 
Schulen leicht verfolgen. In 50 % der Neuerkrankungen liess sich 
eine Beziehung zu vorhergegangenen Erkrankungen nachweisen. 
Dabei fehlte es auch nicht an Beispielen, dass hochgradig der An¬ 
steckungsgefahr exponirte Kinder gesund blieben. 

Bemerkungen des Referenten: Die vorliegenden Unter¬ 
suchungen bieten wegen ihrer sorgfältigen Ausführung und beson¬ 
ders wegen der ausgiebigen Verwendung des Thierexperimentes ein 
sehr wichtiges und zuverlässiges Material. Es ist durch dieselben 
der Beweis erbracht, dass sich bei geeigneter Organisation die Ver- 
werthung der bacteriologischen Diagnose für die Bedürfnisse des 
praktischen Arztes -wohl durchführen lässt. Gerade augenblicklich, 
wo die Serumtherapie eine allgemeinere Verwendung zu finden be¬ 
ginnt, wäre es doppelt wünschenswerth, wenn dem Arzte zur Be- 
urtheilung des therapeutischen Erfolges und besonders der prophy- 
laetischen Impfung derartige Hülfsmittel zur Verfügung ständen. 
Solange aber der Arzt die Forderung einer Controlle seiner Diagnose 
durch den bacteriologischen Befund fast als einen Eingriff in seine 
persönliche Freiheit betrachtet oder mikroskopische und bacterio- 
logische Untersuchungen durch den Apotheker vornehmen lässt, 
sind wir in Deutschland von dem erstrebenswerthen Ziele noch 
weit entfernt. H. Kossel (Berlin). 

17. Sirena und Scagliosi, Aehnlichkeiten und Unter¬ 
schiede zwischen den Cliolefavibrionen, welche in ver¬ 
schiedenen Gegenden Italiens während der letzten Epi¬ 
demie isolirt worden sind. Vortrag, gehalten auf dem XI. inter¬ 
nationalen medieinischen Congress in Rom. 

Die Verfasser kommen in ihrer Arbeit zu folgenden Schlüssen: 

1. Der Koch’sche Kommabacillus wurde von uns constant in 
den Ausleerungen Cholerakranker im Stadium algidum gefunden, 
nicht häufig dagegen im Darminhalt der Leichen. 

2. Die untersuchten Choleravibrionen zeigen fast constant 
Häutchenbildung; die letztere tritt bisweilen erst nach einiger Zeit, 
verzögert, auf. 

3. In der Gelatine wächst am schnellsten und üppigsten der 
Vibrio von Palermo; dann kommt der Vibrio von Neapel, dann der 
von Rom, endlich der von Calcutta; der letztere wächst nur langsam 
bei Zimmertemperatur. 

4. Auf Kartoffeln bildet der Vibrio von Calcutta bei 37 0 einen 
niässig dicken, braungelben Belag, der Vibrio von Rom bildet unter 
diesen Umständen einen weniger dicken Belag von dunkelgelber 
Farbe. Die Vibrionen von Palermo und Neapel hingegen wachsen 
auf Kartoffeln in Form dünner, in ihrer Farbe von der Kartoffel 
kaum zu differenzirender Beläge. 

;) ; Stark alkalische, sterilisirte oder nicht sterilisirte Milch 
wird in verschiedener Zeit von allen vier Vibrionen coagulirt. 

6. Die Indolreaction ist mit den Culturen der Vibrionen von 
Rom und Neapel früher zu erhalten; verzögert tritt sie auf bei dem 
Vibrio von Palermo; bei dem Vibrio von Calcutta ist sie auf das 
untere Drittel der Culturflüssigkeit beschränkt, 
u • i^‘ Kartoffeln und bisweilen auch in Bouillon nehmen die 
Bacillen Degenerationsformen an, welche meist am dritten Tage der 
Cultivirung beginnen sich bemerkbar zu machen. 

8. Die Vibrionen von Palermo, Neapel und Rom sind äusserst 
virulent (Tod der Vcrsuchsthiere nach 12 Stunden); der Vibrio 
ist weniger virulent (Tod der Thiere nach 15 bis 

20 Stunden). 


18. Giovanni Dotto, Ricerche medico-legali nell 1 
lSü^^No^ 611 ^ 0 * 1G1 c ^ oro ^ orm ^°- Giomale di medicina legale 

Die Experimente des Verfassers sind auf die Beantwortung 
üer 1*rage gerichtet, ob (beziehungsweise wie) flüssiges Chloroform, 
wenn es einem Leichnam eingeführt wird, sich in den Organen 
desselben durch Diffusion verbreitet; ferner: ob in solchem Falle 


die Resultate der chemischen Untersuchung der Organe dem Sach 
verständigen ermöglichen, die postmortale Einführung des Gift« 
von der vitalen zu unterscheiden. Dieselbe Frage ist, auf breiterer 
litterarißcher und experimenteller Grundlage, von Strassmanri 
und Kirstein studirt worden (unter specieller Berücksiohtkun- 
des Arseniks) in einer in Virehow’s Archiv, 136. Band, erschient 
nen Arbeit „über Diffusion von Giften an der Leiche",’ welche 
Verfasser noch nicht berücksichtigt, wie er denn auch von den ein¬ 
schlägigen Untersuchungen seines Landsmannes Dante Torsei- 
lini keine Notiz nimmt. Dotto hat im ganzen nur vier Versuche 
gemacht: zwei lebenden Hunden brachte er Chloroform in den 
Magen und obducirte sie zwei Tage nach dem schnell eingetretenen 
Vergiftungstode; zwei Hundeleichen goss er Chloroform in den 
Pharynx und obducirte 24 Stunden später. Die erstgenannten 
Versuche ergaben starken Chloroformgehalt in der Leber, dann in 
absinkender Menge in den Lungen, den Nieren, dem Gehirn. Di- 
Leichenversuche ergaben reichliche Diffusion vom Pharynx aus in 
die Lungen und Uebertritt einer geringen Chloroform menge in den 
Magen mit Diffusion in dessen Nachbarschaft. Die Diffusion de* 
Chloroforms soll im umgekehrten Verhältnis zu der Intensität der 
eadaverösen Veränderungen stehen: dieser Satz scheint durch di- 
wenigen Versuche Dotto’s nicht hinreichend begründet. In den¬ 
jenigen Fällen, in welchen das Chloroform einer Leiche bloss in 
den Pharynx gegossen worden ist, glaubt der Verfasser, dass der 
unverhältnissmässig starke Giftgehalt der Lungen eine Diagnose 
des Thatbestandes ermöglichen wird. Sollte dieses Symptom in 
einer grösseren Untersuchungsreihe sich bestätigen, so würde e.< 
eine sehätzenswerthe Bereicherung der forensischen Diagnostik auf 
diesem noch sehr der Aufklärung bedürfenden Gebiete darstellen. 

Kirstein (Berlin). 


19. Prudden, A study on the aetiology of exsudativ- 
pleuritis. New York 1893. 

Von 21 Fällen sero-fibrinöser Pleuritis fand Verfasser im Ex¬ 
sudat nur zweimal Bacterien, und zwar waren beide Fälle ver¬ 
bunden ipit Pneumonie und enthielten den Pneumococcus. 

Dagegen fanden sich in 24 Fällen von Empyem stets Bat¬ 
terien. In Fällen von primärem Empyem war meist (in sieben von 
acht) der Streptococcus pyogenes. In metapneumonischen Em¬ 
pyemen fand sich meist (in neun von elf) der Mikrococeus lance> - 
latus (Pneumococcus). In vier jauchigen Empyemen waren ver¬ 
schiedene Formen von Bacterien, meist Bacillen; nur einmal der 
Staphylococcus pyogenes aureus. In einem Falle von tuberkulös« 
Empyem fand sich nur der Tuberkelbacillus. 

Die Sterblichkeit bei Streptococcusempyemon war viel höher 
als bei denen mit Pneumococcus — von den ersteren starben fön 
von acht, von den letzteren starben nur zwei von acht — un 
zwar bestanden hier noch acute entzündliche Herzcomplicationen 

W. Crouer (Berlin;. 


20. Marckwald, Ein eigentümlicher Fall von Le,,e "T 

böse (Combination von partieller Hypertrophie und A rop 
ler Lebersubstanz). Virchow’s Archiv Bd. 135, S. 292. 

Ueber die Beziehungen der hypertrophischen zur atrophischen * 
irrhose ist eine allseitige Uebereinstimmung noch nicht erzie - 
riegend geht allerdings die besonders von Ackermann vertreten * = 

iahm, dass beide Formen nicht scharf von einander getrenn- 
:önnen. Es giebt seltene Fälle, in denen dieselbe Leber e> .. 

rophisch, theils atrophisch ist. Eine derartige Beobachtung ei - - 
vald mit. Die Leber eines 43jähriges Mannes bot das n°rn 
clmittsgewicht, zeigte aber eine hückrige Oberfläche, von de * ^ 

eich des rechten Lappens zwei prominente Knollen abhoben. ^ ^ 

austgross, der andere, kleinere, entsprach dem vergrößerten 
)ie mikroskopische Untersuchung ergab, dass sich in e® , wen u 
^heilen sehr reichliches, zum Theil sklerotisches Bindege -^p. 

rhaltenes Lebergewebe, in dem hypertrophischen eine wes • 

Zunahme der Biiidesubstanz, dagegen uel Lebersubsa ^ 

lallengangsbildung vorfand. Letztere erreichte in n ^F l ,“ p ^bscbniit-t 
umen normal erscheinenden und in manchen atropnis * 
inen besonders hoben Grad, um in den durch sklero is * v j n( j eI1 r Ver- 
aisgezeichneten verkleinerten Theilen wieder ganz zu ^ > hypertrophi 
asser möchte die Verschiedenheit der Zusammensetzu n i n der Ern- 
chen und atrophischen Bezirke nicht auf zufällige Di anzune hm^. 

vicklung des Processes beziehen, sondern er ist g_ n(u; i, func- 
lass die Vergrösserung auf einer corapensatonsclien^^^^^ (Zürich 
ionsfähiger Theile beruht. , 

21. A. Eulenburg, Ein Fall von 
lasallähmung des Nervus abducens. Neur ff 1 - 

894, No. 16. _ wmnoeu Patienten 

Die eigenartige Verletzung war dem •>*)• e, £s warf*» 1 " 1 ■ 
inen Messerstich in die rechte. Schläfe beigcbrac i \Vochm sp? lt [ 

tarke Blutung und Bewusstlosigkeit eingetreten. * j^, eine hu- 1 
vurde completo Lähmung des rechten Abduce s ^ wan d. sowie 
cdfcutete rechtsseitige Ptosis, die später ff a ^ gchwindelgefli 

inge Herabsetzung aer Sehschärfe, Kopfschm ftn8 — den 
‘ — Der Stich muss - so führt Eulenburg ans 


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6. December. 


LITTERATUR-BEILAGE DER DE UTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


an einer Stelle getroffen haben, wo er isolirt von den übrigen (motorischen 
und sensiblen) Augennerven der Läsion zugänglich ist, nämlich auf der 
Strecke, wo er gegen den Olivus basilaris hinlaufend, lateral hinter dem 
Dorsum sellae m den Sinus cavernosus e-intritt und in letzterem an der 
Aussenseite der Carotis interna verläuft, jedenfalls vor dem Eintritt in 
die Fissura orbitalis superior. Die Ptosis kann möglicherweise auf einer 
geringjügigen Mitbetheiligung des in der oberen Wand des Sinus ver¬ 
laufenden Nervus oeulomotorius beruht hfiben. Krön (Berlin). 

22. A. Bum, Ueber mobilisirende Behandlung von 
Knochenbrüchen. Vortrag im Wiener medicinisehen Doctoren- 
collegium am 5. November 1894. (Autoreferat.) 

Die Ausführungen des Vortragenden gipfeln in folgenden 
Schlusssätzen: 

J. Für die chirurgische Praxis ist die mobilisirende Behandlung 
von Knochenbrüchen zu empfehlen. 

JI. Die Vortheile der Behandlung mit Massage und Gym¬ 
nastik sind: 1) Ausschluss des ungünstigen Einflusses des längere 
Zeit liegenden immobilen Verbandes auf die zur Unthätigkeit ver- 
urtheilten Muskeln und Gelenke des verletzten Gliedes, sowie der 
länget 1 dauernden Bettlage auf das Individuum. 2) Günstige Wir¬ 
kung der Massage und Gymnastik auf die Ernährung der nicht 
verletzten Theile und die Entwickelung des Callus. 3) Ungestörte 
Ueberwachung des Heilungsprocesses durch den Arzt. 

III. Die mobilisirende Behandlung besteht: 1) In sofortiger 
und bis zur functionellen Heilung der Fractur fortgesetzter 
Massage und Gymnastik (Querfracturen der Patella und 
des Olecranon bei Fragmentdiastasen von weniger als 3 cm). 
2) In präimmobilisirender Behandlung, d. i. Vornahme 
der mechanischen Behandlung vor Anlegung des nur wenige Tage 
liegen bleibenden immobilen Verbandes, hierauf Wiederaufnahme 
und Fortsetzung der Massage und Gymnastik bis zur functio¬ 
nellen Heilung (Gelenkfracturen, eingekeilte juxtaarticuläre Frae- 
turen). 3) In dem sogenannten gemischten Verfahren: sofortige 
Immobilisirung in der Dauer von zehn bis zwanzig Tagen (der 
Dicke des verletzten Knochens entsprechend), Mobilisirung zur 
Massagebehandlung, Wiederanlegung des Verbandes zwischen den 
einzelnen Massagesitzungen, in Verbindung mit abnehmbaren Geh¬ 
verbänden bei Fracturen der unteren Extremitäten (nicht einge¬ 
keilte paraarticuläre Fracturen; Diaphysenbrüche ohne Tendenz zur 
Dislocation; solitäre Fracturen eines von Doppelknochen mit ge¬ 
ringer Dislocation). 

IV. Contra in dicirt ist die mobilisirende Behandlung bei 
erheblicherer Deformität und Beweglichkeit von diaphysealen Frac¬ 
turen, bei Schräg- und Torsionsbrüchen von Diaphysen und bei 
ausgedehnten Phlyctänen und Phlebitiden der Weichtheile. 

23. Edebohls, The operative treatment of completo 
prolapsus uteri et vaginae. Amer. Journ. of Obst. Vol. XXVni, 
No. 1. 

Auch die schwersten Fälle von Gebärmutterscheiden Vorfall sind 
auf operativem Wege dauernd heilbar. Verfasser beweist dies 
durch eine Serie von 12 Fällen von totalem Uterusvorfall, in denen 
er die Ventrofixation des Uterus mit den verschiedenen plastischen 
Operationen, welche durch den jeweiligen Zustand des Uterus, der 
Vagina und des Beckenbodens bedingt waren, combinirte und die¬ 
selben — worauf er Gewicht legt- — in einer Sitzung ausführte. 

Verfasser will nur ausnahmsweise wegen Vorfall die Total¬ 
exstirpation des Uterus machen, ist vielmehr ein Anhänger der 
Ventrofixation, mit den nötliigen plastischen Operationen combinirt, 
und zwar schon deshalb, weil die Totalexstirpation für sich allein 
zur Heilung des Prolapses oft nicht genügt, sondern noch weitere 
Plastiken am Damm und der Scheide erfordert. (Referent kann 
dies aus eigener Erfahrung bestätigen.) Widersprechen muss da¬ 
gegen Referent der Ansicht Edebohls’, dass die einzige Methode, 
um den prolabirten Uterus dauernd sicher zu fixiren, die Ventro¬ 
fixation ist und dass die vaginale Fixation nach Schücking, 
Dührssen, Mackenrodt kein Vertrauen verdient. Speciell die¬ 
jenigen Fälle, die Referent seit nunmehr 1V 4 Jahren genau nach 
Mackenrodt's Methode operirt hat, sind ausnahmslos gut ge¬ 
blieben; selbstverständlich wurde bei starkem Vorfall der Scheide 
und insulficientem Damm eine ausgiebige Resection der vorderen 
und hinteren Scheidenwand und die Wiederherstellung eines breiten 
und festen Dammes in derselben Sitzung hinzugefügt. Bei wirk¬ 
lich totalem Gebärmutterscheidenvorfall, sowie bei, nach opera¬ 
tiver Behandlung recidivirenden Prolapsen, zieht allerdings auch Ref. 
die Ventrofixation sammt den nöthigen Plastiken vor. Die Ver¬ 
kürzung der runden Mutterbänder (Alexander-Adams sehe 
Operation) hat Verfasser, der sie früher ausübte, jetzt aufgegeben, 
da sie in einer Anzahl von incompleten Prolapsen, combinirt mit 
Plastiken, ungenügende Resultate gab. In diesem Urtheil findet 
sich Edebohls wohl mit allen deutschen Operateuren (mit- Aus¬ 
nahme Werth’s) zusammen. Gegen die geringe Cystocele, die nicht 
selten nach Vent-rofixatien mit medianer Kolporrhaphia anterior zu¬ 


rückbleibt, schlägt Verfasser die bilaterale Anfrischung und Naht 
vor. Dieselbe ist in Deutschland durch die Methoden von W. A. 
Freund, A. Martin u. a. längst bekannt und geübt und neuer¬ 
dings wieder von der Fehling’schen Klinik in Basel durch 
Rossier empfohlen worden (Arch. f. Gynäk. Bd. XXXVIII, S. 517). 
Referent kann sich dieser Empfehlung nur anscbliessen; indessen 
ist es auch bei ovalärer medianer Anfrischung möglich, die Wieder¬ 
kehr einer Cystocele zu vermeiden, wenn man nur hoch genug, bis 
dicht unter die äussere Harnröhrenmündung, und genügend breit 
anfrischt und nach Hegar’s Methode abwechselnd breit umfassende, 
tiefe und oberflächliche Nähte anlegt. 

Eine Bemerkung möchte sich Referent zu dem Edebohls’schen 
Modus procedendi noch erlauben: Verf. macht, wie aus seiner Ope¬ 
rationstabelle hervorgeht, zuerst die plastischen und anderen Neben¬ 
operationen, also Curettage des Uterus, Amputation der Portio, 
Cervicoplastik, Kolpo-Perineorrhaphie und schliesst mit der Ventro¬ 
fixation. Referent hält den umgekehrten Weg für sicherer und 
praktischer. Wenn wir zuerst die peritoneale Operation, die Ventro¬ 
fixation machen, können wir bei weitem sicherer die Asepsis be¬ 
wahren, als wenn wir vorher — wie bei der Curettage — mit den 
nicht selten infectiösen Secreten der Scheide und des Uterus und bei 
der Kolporrhaphia posterior und Damraplastik mit dem, wenn auch vor¬ 
her ausgespülten Mastdarm in Berührung kamen. Ausserdem kann 
bei vorausgeschickter Ventrofixation durch die hohe Befestigung 
des Uterus und secundäre Anspannung der Scheide viel besser 
berechnet werden, wie viel von dem Gewebe der letzteren als 
hypertrophisch resecirt werden muss. E. Fraenkel (Breslau). 

24. Ohmann-Dumesnil, Erythema oxfoliativum re¬ 
currens. The Journal of the American medical Association, 17. Febr. 
1894. 

Verfasser lenkt die Aufmerksamkeit auf das intermittirende 
scarlatiniforme Erythem oder Erythema exfoliativum recurrens, 
welches seiner Ansicht nach häufiger auftritt, als nach den Mit¬ 
theilungen in der Litteratur scheinen möchte. Ausser einigen 
schon früher mitgetheilten Beobachtungen, welche noch durch sehr 
instructive Illustrationen anschaulich gemacht werden, berichtet er 
dann über die Krankengeschichte eines solchen Falles, in welchem 
allerdings Chinin wegen Malaria gegeben wurde. Aber wegen der 
Aehnlichkeit dieses Krankheitsfalles mit den in der Litteratur mit¬ 
getheilten, glaubt er die Diagnose Arzneiexanthem ausschliessen 
zu können. Nach eingehender Besprechung der Differentialdiagnose 
zwischen Erythem und Dermatitis kommt Verfasser auf die Aetio- 
logie zu sprechen. Er glaubt, dass die Erkrankung mit einer 
Affection trophischer Nerven zusammenhängt. Joseph (Berlin). 

25. S. Belfanti, Ein Fall von syphilitischer subacuter 
Aortenontzündung. Lo Sperimentale, sezione biologica, anno XLVIII, 
fase. III. 

Verfasser theilt. aus der medicinisehen Klinik von Bozzolo in 
Turin einen Fall von syphilitischer Aortitis mit, dessen auszugsweise 
Wiedergabe durch seine Seltenheit gerechtfertigt erscheint. Ein 37jäh- 
riger Mann, sonst stets gesund, erwarb im 25. Lebensjahre Lues. Die 
örtlichen Erscheinungen wurden lokal behandelt, ein Jahr später leichte 
Jodcur wegen geringfügiger Cerebralstörungon. Nach einer Anstrengung 
im Jahre 1891 ein starker Anfall von Dyspnoe, seitdem öfter Attaquen 
von Angina pectoris, welche allmählich stärker wurden und den Mann 
in die Klinik führten. Hier waren objectiv die Erscheinungen einor 
Aorteninsufficienz nachweisbar. Professor Bozzolo stellte ausserdem 
auf Grund der Anamnese und der typischen Anfälle von Angina pectoris 
die Wahrscheinlickkeitsdiagnoso auf syphilitische Aortitis mit Sklerose 
der Coronararterien. Eine Verbreiterung der Dämpfung in der Gegend 
der grossen Gefässe als Zeichen einer aneurysinntisclien Erweiterung der 
Aorta, wie sie bekanntlich eins der hauptsächlichsten Symptome für die 
Aortitis bildet, fehlte im vorliegenden Falle. Unter einer antisyphiliti¬ 
schen Cur besserte sich der Zustand, bis nach einer Anstrengung des 
Kranken Verschlimmerung und in kurzer Zeit unter hochgradiger Dyspnoe. 
Asystolie und Lungenödem der Tod eintrat. Aus äusseren Gründen 
musste die Section sich auf die Herausnahme des Herzens beschränken, 
welche 10 bis 12 Stunden nach dom Tode stattfand. Abgesehen von 
einigen sonstigen unerheblichen Veränderungen fand sich am Herzen bezw. 
der Aorta Folgendes: Das Herz ist etwas verbreitert (Länge = Breite 13cm), 
die Aortenklappen sind schlussunfahig in Folge Retraction und Ver¬ 
wachsung. Die Innenhaut der aufsteigenden Aorta erscheint auffallend 
gesprenkelt von gelblichen und rothen Plaques, welche letztere erhaben 
sind, einige bis zur Dicke von l'/j cm (!? soll heissen mm?). Diese 
Plaques, welche den Eindruck von Condylomen machen, erstrecken sich 
nach oben bis zum Aortenbogen und in den Anfangstheil der Carotis, 
nach unten bis unter die Semilunares und umgeben das Orifieium der 
Coronararterien, dieses verengernd und besonders das rechte fast ganz 
umschliessend. Die Coronararterien selbst sind unverändert. Die Ex- 
crescenzen fühlen sich derb, resistent, elastisch an. Eine Erweiterung 
der Aorta besteht nicht, ihr Umfang beträgt 70 mm. Aus der mikrosko¬ 
pischen Untersuchung ist hervorzuheben, dass die Verdickung des Aorten¬ 
gewebes sich auf alle drei Schichten erstreckte, was nach Verfasser für 
die syphilitische Natur des Leidens spricht, da bei der gewöhnlichen 
Arteriosklerose vorzugsweise die Intima betroffen sei. Bacterioskopisch 
war der Befund negativ. P- Sperling (Berlin). 


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Original fro-rri 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



104 


LITTERATUR- BEILAGE DER DEUTSCHEN MEDICINISCHEN WOCHENSCHRIFT. 


26. Eseherich, Die Gaertner’sehe Fettmileli, eine 
neue Methode der Säugliiigsernährung. Wiener medicin. 
Wochenschrift 1894, No. 44. 

27. Gustav Gaertner, Ueber die Herstellung der Fett- 
milch. Ebenda. 

Es wäre keinem zu verargen, wenn er in der Fettmilch ein 
neues Surrogat vermuthete, welches wieder einmal bestimmt wäre, 
einen „vollkommenen Ersatz“ der Muttermilch darzustellen. Er 
würde sich jedoch diesmal täuschen und einer Neuheit, die allem 
Anschein nach einen bedeutsamen Fortschritt darstellt, ein unbe¬ 
rechtigtes Misstrauen entgegenbringen. Es handelt sich bei der 
Fettmilch um nicht weniger und nicht mehl 1 als um eine chemisch 
unveränderte Kuhmilch, der auf rein mechanischem Wege ein Theil 
ihres Caseins und Zuckers entzogen ist, so dass sie sich in der 
procentischen Zusammensetzung von der Frauenmilch nur durch 
einen Mangel an Zucker, dem leicht abzuhelfen ist, unterscheidet. 

Es wird die noch kuhwarme Milch mit der gleichen Menge 
warmen Wassers verdünnt und in eine Centrifuge gebracht; beim 
Centrifugiren wird die innere Flüssigkeitsschicht durch den leichteren 
Rahm gebildet, während sich aussen die verdünnte Magermilch 
sammelt. Man führt nun ein Röhrchen in die innere und ein zweites 
in die äussere Schicht, um sie nach aussen abfliessen zu lassen. 
Man hat es vollkommen in der Hand, den Abfluss so zu regeln, 
dass sich in der wieder gemischten Milch z. B. 3,0 ü /o Fett, 1,76 °/o 
Casein und 2,4% Zucker befindet; fügt man soviel Zucker hinzu, 
dass der Procentgehalt 6,23 % beträgt, so hat man die procentische 
Zusammensetzung der Frauenmilch. Die Milch wird durch das 
Centrifugiren gleichzeitig vom Schmutz befreit und wird, da zu 
diesem Zwecke die Procedur ja auch schon jetzt in grösseren Be¬ 
trieben vorgenommen wird, ohne weitere Vertheuerung zu einer für 
die Säuglinge geeigneten Nahrung. Die durch Ansäuern ent¬ 
stehende Gerinnung zeigt leichtere, kleinere und lockerere Flocken 
als eine mit gleicher Menge Wasser versetzte Vollmilch; sie wird 
gern genommen: die Darmentleerungen sind eher häufiger, schwach 
sauer, salbenartig weich; normale Kinder nehmen gut zu; bei 
Kindern mit Verdauungsstörungen war die Fettmilch nicht ver¬ 
wendbar, was Eseherich weniger auf die Milch als auf andere 
schlechte Einflüsse schiebt, die bei einer Spitalsbehandlung kranker 
Säuglinge im allgemeinen in Betracht kommen. 

Indem wir ausdrücklich constatiren, dass sich Eseherich 
keineswegs der Hoffnung hingiebt, durch die Fettmilch die Frauen¬ 
milch ersetzen zu können, sehen wir immerhin der Erprobung dieser 
neuen ingeniösen Verbesserung der Kuhmilch mit grossem Inter¬ 
esse entgegen. H. Neumann (Berlin). 

28. Haberda und Reiner. Experimentelle und kritische 
Beiträge zur Lehre vom Tode durch Erhängen. Viertel¬ 
jahrsschrift für gerichtliche Medicin und öffentliches Sanitätswesen, 
3. F., VHI. Bd., Suppl.-Heft. 

Verfasser bringen für Hofmann s Behauptung, dass beim Er¬ 
hängen für den raschen Eintritt der Bewusstlosigkeit und den 
rascher als bei gewöhnlicher mechanischer Erstickung eintretenden 
Tod ausser dem Verschlüsse der Respirationswege auch die Com- 
pression der grossen Gefässe am Halse und des Vagus verantwort¬ 
lich zu machen ist, experimentelle und kritische Beweise. 

Zunächst verwerthen sie die Ruptur der Intima carotis. Dass 
liier der Druck des Stranges einwirkt, wird bewiesen durch In- 
jection gefärbter Flüssigkeit in das centrale Ende der Carotis 
hängender Leichen, wobei die Färbung stets nur bis zur gewöhnlich 
rupturirten Stelle, dicht unter der Bifurcation geht. Weiter haben 
Verfasser die Versuche, Flüssigkeit durch die Carotiden hängender 
Leichen durchzutreiben, wiederholt unter Beobachtung des auf¬ 
gewendeten Druckes, um denselben mit dem durch die Asphyxie 
gesteigerten Blutdrucke des Menschen zu vergleichen. Sie fanden, 
dass die Carotiden bei typischer wie atypischer Lage des Stranges 
in der Regel bis zur Undurchgängigkeit comprirairt werden. 

Durch entsprechende Versuche constatiren sie, dass auch die 
Vertebralarterien zwischen erstem und zweitem Halswirbel com- 
primirt werden, und zwar bei typischer Lage des Stranges bis zur 
vollkommenen Ündurchgängigkeit, bei atypischer ist die Compression 
eine unvollkommene, theils ein-, tlieils beiderseitige. Igna- 
towsky’s Erklärung der Erscheinungen des Erhängungstodes durch 
Gehirndruck halten Verfasser für misslungen. Weiter schreiben 
sie der Compression des Vagus und Laryngeus superior eine Wirkung 
auf das Herz zu im Sinne des Vagusreizes auf Grund von Thier¬ 
versuchen, in denen sie selbst diastolischen Herzstillstand beob¬ 
achteten. Dagegen weisen sie die Behauptung, dass die Vagus- 
cornpression die Asphyxie verkürze, zurück und constatiren im Gegen- 
theil, dass bei durchschnittenen Vagi die Asphyxie am schnellsten 
verläuft. Endlich halten sie auch eine die Athembewegungen hem¬ 
mende V irkung der traumatischen Laryngeusreizung für wahr¬ 
scheinlich. Rudolf Schulz (Berlin). 


- - - _ . 

III. Zur Recension eingegangene Bücher. 

(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.) 
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. g. w. Index 
me die us. A monthly classified record of the current medical literaturt 
of the world. Compiled under the supervision of Dr. J. S. Billings <m 
Dr. R. Fletscher. Vol. XVI, No. 10, October 1894. Boston und 
Detroit, G. S. Davis. 

The John Hopkins Hospital Reports. Report in surgerv If 
Baltimore, The Johns Hopkins Press, 1894 53 S. ‘ j 

Medicinischer Taschenkalender für das Jahr 1895. Herauf¬ 
gegeben von Dr. Jaenicke, Prof. Dr. Partsch, Dr. Leppmani 
VIII. Jahrgang, 1. Theil. Breslau, Preuss & Jünger, 1895. i 

Friedrich Rohde, Ueber den gegenwärtigen Stand der 
Frage nach der Entstehung und Vererbung individueller Eigen¬ 
schaften und Krankheiten. Jena, G. Fischer, 1895. 

Anatomie. A. Cramer, Beiträge zur feineren Anatomie der 
Medulla oblongata und der Brücke. Mit besonderer Berücksicliti- 
gung des 3. bis 12. Hirnnerven. Jena, Gustav Fischer, 1894. 98 S 
3,00 M. 

Botanik. Ed.Strassburger,Fr Noll,H.Schenck,A.F.W.Si:hiin- 
per, Lehrbuch der Botanik für Hochschlulen. Mit 577 zum’IVil 
farbigen Abbildungen. Jena, Gustav Fischer, 1894 7,00 M. 

Chirurgie. K. G. Lennander, Ueber Appendicitis. Xel*i 
einem Bericht über 68 auf der chirurgischen Klinik in Upsala opmru 
Fälle. Beiträge zur klinischen Medicin und Chirurgie, 1894, Heft!'. 
Wien und Leipzig, Wilh. Braumüller. 156 S., 3,60 M. 

GeburtshUlfe und Gynäkologie. P. Btrassmaun. AnUiluuü 
zur aseptischen Geburtshülfe. Berlin, S. Karger, 1895. 1K2 
3,50 M. 

H. Peters, Die manuelle Correctur der Deflexionslitgeu. 
Beiträge zur klinischen Medicin und Chirurgie. 1894, Heft 10. Wien 
und Leipzig, Wilh. Brauintlller. 113 S., 2,40 M. 

Hygiene. XXV. Annual Report of the State Board of Health 
of Massachusetts. Boston, Wright & Potter Printing Co., 1894. 8128. 

R. Alexander, Die Desinfectionspraxis. Leitfaden für Di* 
infectoren und Anleitung zur Desinfection im Hause. Berlin. R. Schatz. 
1895. 51 S. J n , 

A. Mosso, Die körperliche Erziehung der Jugend. Detititli 

von Johanna Glinzer. Hamburg und Leipzig, Leopold Voss, 1894. 157 
3,00 M. J _ . 

Infektionskrankheiten. Eseherich, Aetiologie und Patho¬ 
genese der epidemischen Diphtherie. I. Der Diphtheriebadlui. 
Wien. Alfred Holder, 1894. 294 S., 8,00 M. B . , 

H. Kossel, Die Behandlung der Diphtherie mit Behring 
Heilserum. Berlin, S. Karger, 1895. 39 S., 1,00 M. 

H. Eppinger, Die Hadernkrankheit, eine typische lob- 
lationsmilzbrandinfection beim Menschen. Unter besonderer Be¬ 
rücksichtigung ihrer pathologischen Anatomie und Pathogenesie. Jen». 
Gustav Fischer, 1894. 199 S., 6.00 M. . . . . 

B. Fischer und C. Brebeck, Zur Morphologie, Biologie ud 
S ystematik der Kahmpilze, der Monilia candida Hansen um 
des Soorerregers. Jena, Gustav Fischer, 1894 5- S., 4,0t • • 

Innere Medicin. Nothnagel, Specielle Pathologie un ■ 
rapie. XIV. Bd., I. Theil: O. Rosenbach, Die Erkrankungen de- 
Brustfells. Wien, Alfred Hölder, 1894. 247 S. , . . 

A. Strümpell, Lehrbuch der speciellen Patholog 
Therapie der inneren Krankheiten. Für Studirende und Aeru 
VIII. Auflage. III. Bd.: Krankheiten des Nervensystems. Leipzig r. 
W. Vogel, 1894 680 S., 12.00 M. . Fibruil , 

Andrew Clark, W. J. Hadley und Arnold Chaplin, libw 

diseases of the lung. Including fibroid phthisis. L ’ 
Griffin Co., 1894 199 S., 1 Lstrl 1 s. j, 

P. Lefert, La pratique des maladies du coeur 

l’appareil circulatoire dans les höpHaux de - * f! 

memoire et formulaire de th^rapeutique apphquße. Pan^, 
fils, 1895. 281 S., 3 Frcs. „ . n . _ Iini ,«r 

Krankheiten der Harnwege. Gnyon, Le^on» ^ ([ 

les ineladics des voies urinaires professecs «» P jjr Auflatr'’ 
Semiologie, diagnostic, pathologie et thörapeuüque gen - urin(f . 

I. Bd.: Symptömes fonctionnels modifications 
Paris, J. B BaillRre et fils, 1894. 660 S., beide Bände »l* 

Mechanotherapte. A. Länderer, Mechanotheiajie. L 
buch der Orthopädie, Gymnastik und Massage. Leipzig, r. - 
1894. 406 S. mit 193 Abbildungen, 10,00 M. h h nd i ung b.-i 
Ziegenspeck. Anleitung zur Mass o jggö. \'i ).*> 
Frauenleiden. Für praktische Aerzte. Berlin, S. Karg . 

4,00 M. , „ Paris J B. Baillier' 

G. Norström, Formulaire du massage. i 
et fils, 1895. 268 S., 3 Frcs. . . fttoire du systoof 

Neurologie. A. Chipault, Chirurgie To|lie prvnuer- 

nerveux. Avec une preface de M. le Professeur 744 g, mit 40 

Chirurgie cranio-cdr4brale. Paris, Rueff &■ Cie., 

(darunter 209 bunten) Abbildungen. n^ndlung der Krank 

Ohrenheilkunde. K. Bnrkner, Dl « ®! h *£^KisdKr. 18» 
beiten der Eustachischen R«hre. *»». husw 

24 S., 0,80 M. .u.-knuune der 0 " f *^ 

Sociale Medicin. F. Ritter, Die Abschnuung^ ^ 

Beschädigungen in Beispielen. 1ft nf 69 S., 2,00 M- 

Yersichernngsboamte. Jona. Gustav bischer, 


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Gedruckt bei Julius 8ittenfeld in Berlin W. 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MIC 




DEUTSCHE Inie*tion«.<»ebtkr«i 

asssÄ*sas MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. fSffÄtaüSS 

- l " - B " fllB M " Hall< *• 8 » H * mbur fl> Lalpi lg, London, Magdeburg, Mannheim, MQnohen, NDrnberg, Prag, Stuttgart, Mm, ZQrieh 


■ ' Insertlons-Gebühr#» 
ftr 4k 

4~ gespaltene Petitzelle 
80 mm breit = 80 Pt Belohawihru«. 


Donnerstag den 19. Juli 1894. 


XX. Jahrg. 


, ^ Personalien. Bekanntmachung. 

TTT U# i e i"' ( Amtlich -1 Auszeichnungen: Kgl. Kronen- , Eswird hierdurch, insbesondere für die Herren Aerzte, in Erinnerung 
Adler Or,LnTvin a ?; Pr0 /f SO o D L r * Finkler in Bonn; Rother ^bracht, dass der Magistrat dem Polizei-Präsidium 24 Kästen mit 
p 7, KL: Dem Ober-Stabsarzt 11. Kl. Dr. Herrlich in Verbandzeug und Mitteln für die erste Hilfe bei Unglftoks- 
Königsberg i. Pr. fallen, Verletzungen und plötzlichen Erkrankungen zur 


rvuiugöoerg 1 . n. rauen, Verletzungen und plötzlichen Erkrankungen zur 

T>^!? ennUn % en i Der Oeh. Med.-Rath Dr. Madelung in Verfügung gestellt hat und dass diese Hüfskästen den nachbezeich- 

Aostock zum o. Professor m der mediz. Fakultät der Kaiser-Wilhelms- neten Polizei-Revieren überwiesen worden sind: 

Universität m Strassburg, der Kreis-Wundarzt Dr. Schroeder in a> 4 - Polizei - Revier, Gerhardstrasse 11. b. 8. Polizei - Revier, 
Garnsee zum Kreis-Physikus des Kreises Birnbaum, der prakt. Arzt Wohlertstrasse 1. c. 9. Polizei-Revier, Prinzen-Allee 81. d. 14. Polizei- 
Dr. 1 elschow m Biesen zum Kreis-Physikus des Kreises Schrimm Revier > Kaiser Wilhelmstrasse 25. e. 16. Polizei-Revier, Grenadier- 
der prakt. Arzt Dr. Finger zum Kreis-Physikus des Kreises Stras- prasse 43. f. 17. Polizei-Revier, Schönhauser-Allee 26a. g. 18. Polizei- 
burg ^*W6stpr,, der prakt. Arzt Dr. von Trzaska in Miloslaw zum Re Y l ® r > Neue Königstrasse 91. Der hier vorhandene Kasten wird 


Kreis-Wundarzt des Kreises Wreschen. 
Niederlassungen: Die Aerzte: 


Abelsdorf, 


gleichzeitig vom 19. Polizei-Revier, Lietzmannstrasse 10, mitbenutzt. 
Dr b* 21. Polizei-Revier, Klosterstrasse 44. i. 22. Polizei-Revier, Holz- 

* mcvlrfcfvAMr.A IO Tb_L:__1__l rr • *<*»« 


J TV n -^ , "WÜJlOUUUi u r, . , . • “ ’ “—7 - - *• «ft* J.uux-Ui-±lfOVlW. J-LUJZi- 

Alexanaer, Dr. Baumann, Beckmann, Dr. Cohn, Dr. Görtel, ^ ai i^?.* ira8se 12. Der hier vorhandene Kasten wird gleichzeitig vom 
ttottstein, Gurau, Hirschkowitz, Robert Jacobi, Emil Polizei-Revier, Kleine Andreasstrasse 18, mitbenutzt, k. 31. Polizei- 


w , _ -' - Z r V ittuuviuci JULI ObObllU, 11 11- , “ 7 «T , - w* ö v.«w* V «V. Ai*. WVJ j. 

Schmidt in Bredow, Dr. Scbichold in Bad Landeck, Dr. Sedlaczek ^ e ^ ea ^ lanc oplatz 17. Der hier vorhandene Kasten wird gleichzeitig 

in llnla Tin TT **.<•*«* TTT*_: _ T\__ ti .•_i . PA D a _V_A 1_ 3 •_. . aa - --v ,. P 


in Oels, Dr Horn in Winzig, Dr. Birnbaum in Neuenkirchen. vom3°. Polizei-Revier. Alexandrinenstrasse 108”so^e'vom 0 39*FolizeS 
Der Zahnarzt: Barbe in Berlin. Revier, Lmdenstasse 71, mitbenutzt, n. b7. Polizei-Revier, Mohren- 

Verzogen sind: Die Aerzte: Dr. Below von Cönnern, Dr ®J ra ? 8e fi 3. °* 38 Polizei-Revier. Kronenstrasse 22. p. 44. Polizei- 
Cleves-Symmes von Charlottenburg, Dr. Meissner von Langen- Revler > Grosse Frankfurterstrasse 120. q. 50. Polizei-Revier, Ohristinen- 
hagen, Dr. Weber von Marburg und Dr. Wendel er von Kiel nach strasse . Der hier vorhandene Kasten wird gleichzeitig vom 
Berlin, Dr. Burchard von Berlin nach Bückeburg, Dr. Cronheim 32. Polizei-Revier, Zehdenickerstrasse 12c, und vom 68. Polizei-Revier, 
von Berlin nach Wien, Dr. Schaller von Berlin nach Stuttgart Strassbur gerstrasse 24, mitbenutzt, r. 52. Polizei-Revier, Memeler- 
Dr. Wülsten von Berlin nach Charlottenhurg, Klein und Dr. Weib- 8 ^ ra8se 39. Der hier vorhandene Kasten wird gleichzeitig vom 
gen von Berlin, Dr. Preuss von Bredow nach Podejuch, Jarausch tf* P°^ ze i -Rev i er > Stralauer-Platz 8/9, und vom 65. Polizei-Revier, 
von Mangschütz nach Lampersdorf, Dr. Sie beit von Raudten nach * r ^ ck ^strasse 24, mitbenutzt, s. 67. Polizei-Revier, Müllerstrasse 55a. 
Flinsberg, Dr. Känsche von Breslau nach Raudten, Dr. Bleyl von J* 39. Polizei-Revier, Brunnenstrasse 118. u. 61. Polizei-Revier, Oder- 
Reichenbach im Voigtlande nach Nordhausen, Dr. Gensch von ber ß 8rstr ^ ss8 24/25. v. 66. Polizei - Revier, Frankfurter - Allee 143. 
Nortrup. w. 71. Polizei-Revier, Hornstrasse 2. x, 78. Polizei-Revier, Gneisenau- 

Gestorben sind: Die Aerzte: Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Seidel ?J ra ! S8 31. y. 82. Polizei-Revier, Hochstrasse 37. Diejenigen Polizei¬ 
in Zobten a. Berge, Dr. Ed. Lichtenstein in Berlin, Dr. Labes Rev . iere > we ^ cke i n 4er Nähe von öffentlichen Krankenhäusern oder 
in Memel. ’ Sanitätswachen belegen sind, haben keine Kästen erhalten. 

------ Die _ Hilfskästen enthalten folgende Verbandgegenstände und 


in Memel. 


An sämmtliche Königliche Regierungs - Präsidenten und den Köniql Arzneimittel: 1 Scheere zum Kleider trennen, 1 Litergefäss, 2 Gummi- 
Polizei- Präsidenten hier. ' J* 118811 » 8 breite Flanellbinden, 3 Gazebinden, 2 Beinschienen von 

Rerierines-Bläken ErfurtundHilfÄ™ S- seid ®> 1 6 raduirte Glasmensur (20 Gramm), Spirit, aetherei 100 Gramm, 

V„ FIT* ’ M > r , seb . nr -f 5 nd HiWeshmrn hmaichtUoh Äcidicarboliciliquefacti 1Ü0Gramm, Liqu. ammoniicaustici 100Gramm 

Tinct - °P Ü si “ P l. K> Gramm. (Letzteres jedoch nur im Sommer.) ’ 
dm . Z. t 6 - ¥" 1393 bekiffend die Emnehtnng und Ferner hat der hiesige Magistrat dem Polizei-Präsidium 20 Tr.«- 

d “ A Pfb ek en) unterm heutigen Tage erthult habe, bahren behnfs Verwendung in den Polizeiwachen zum Transport 

XioIen^i|ebe?st n Sd“ ,SS “ ahm9 ’“ d Beachtung bei den Re- Verunglückter überwiesen. Diese Bahren befinden sich in folgenden 

: Berlin, den 22. Jnni 1894. a. 2. Polizei-Revier, Bauhofstrasse 11. b. 4. Polizei-Revier, Gerhard- 

Ministerium der geistl., Unterrichts- U. Medicinal-Angelegenheiten. Strasse 11. c. 7. Polizei-Revier, Tieckstrasse 18. d. 18. Polizei-Revier, 
Im Aufträge• M v Strorflrvfea Neue Königstrasse 91. e. 22. Polizei-Revier, Holzmarktstrasse 12. 

im Aul trage. M. v. ükrozeezka. f. 81 . Polizei-Revier, Lichterfelderstrasse 2. g. 88. Polizei-Revier, 

An Herrn Apotheker N„ Wohlgeboren zu N. KömginAugnstastrasse86. h.84.Polizei-Revier,Soh8nebergerstrMse20. 

T?vw w » 1 * ., . ^ Ä i. 86. Pohzei-Revier, Belleallianceplatz 17. k. 37. Polizei-Revier, 

Ew. Wohlgeboren erwidere ich auf die m Gemeinschaft mit Mohrenstrasse 53. 1.38. Polizei-Revier, Kronenstrasse 22. m. 40. Polizei- 
erner Anzahl von Apothekern aus dem dortigen und den Regierungs- Revier, Spittelmarkt 4. n.42. Polizei-Revier, Louisenufer 44. o. 45. Phlizei- 
5! oS n ^-? e T Ur ? UD ? mich g 8 n 8ktete Anlrag® Revier, Stralauerplatz 8/9. p. 48. Polizei-Revier, Kottbuserstrasse 4 b. 

vom 22. Mai d. J., dass der § 21 des Erlasses vom 16. Dezember 1893, q. 50. Polizei-Revier. Christinenstrasse 16. r. 52.Polizei-Revier, Memeler- 
die Einrichtung und den Betneb der Apotheken betreffend, einen strasse 39. s. 53. Polizei-Revier, Oppelnerstrasse 1. t. 67. Polizei-Revier, 

Unterschied zwischen feuersicher und feuerfest macht, indem er Müllerstrasse 56a. u. 61. Polizei-Revier, Oderbergerstrasse 24/25. 

vorschreibt, dass das Laboratorium überhaupt feuersicher, die_Decke Berlin den 7 Juli 1894 


aber feuerfest sein soll. Danach genügt es, dass in den Wänden 1 * rw Pnlizpi-Prädrlpnt 

etwa vorhandene Holztheile berührt und mit einer 2 Oentimeter _ ., 1 

starken Kalk- oder Cementschicht überputzt sind. Dagegen muss _ J reiherr von Richthofen. 

von einer feuerfesten Decke verlangt werden, dass sie entweder ganz pjl A*«i*UnraFTi fu- ü • 7 

gemauert, also gewölbt oder durch einen Mantel von Wellblech Heil- und Pfleae-Anstalt Lindenhaus ASSlStöllZftPZt 
geschützt sei, welcher letztere an den Deckentheilen befestigt sein kann. i n Brake hei Lemgo gesucht Ge- wird für das städtische Kranken- 
Mit Rücksmht darauf jedoch, dass explosive oder feuergef ähr- halt 12 (X) M bei freier Station haus zu Stralsund zum l.October er. 
liehe Stoffe m den Apotheken-Laboratorien heutzutage kaum noch Bewerbungen mit Lebenslauf und gesucht. Jährliches Gehalt 760 M. 
zur Verarbeitung gelangen, will ich es bei den bestehenden Apotheken Abschriften der Approbation so- bei freier Station. Vierteljährliche 
als genügend ansehen, wenn die Decke keine freien Holztheile zeigt, w ; e etwaiger Zeugnisse sind an Kündigung, welche dem Assistenz¬ 
sondern wenn diese, soweit sie vorhanden sind, in der vorgedachten den Unterzeichneten Director ein- jedoch erst nach einem Jahre 
Weise durch eine Kalk- oder Gipsschicht von mindestens 2 Centi- zure ichen. zusteht. 


Weise durch eine Kalk- oder Gipsschicht von mmdestens 2 Centi- zure ichen. zusteht. 

meter Stärke bekleidet sind. Geheimer Sanitätsrath Dr. Roller. Bewerbungen sind nnter Bei- 

Bei Neuanlagen von Laboratorien aber muss es jedenfalls bei der __ fügung von Zeugnissen bis zum 

Forderung einer feuerfesten Decke verbleiben. Auf sofort findet ein christlicher I. August a. c. an die Unterzeichnete 

Berlin, den 22. Juni 1894. A^Qi^tPTI7RT l 7t Direction zu richten. 

Ministerium der geistl., Unterrichts- n. Medicinal-Angelegenheiten. SteUnng in der ßr2iehnngs . nnd Krankenhaus ^Direhtion. 

Pflegeanstalt für Geistesschwache -:----- 

Tim An 5111 \T nnlrn -p Anfragen an in Langenhagen bei Hannover. Ein geh. jung. Mädchen, ausgeb. 

Ilmenau y BlKalll n ° ““ Gehalt 1500 M. p. a. bei freier Krankenpflegerin, sucht sofort od. 

in Thüringen (590 m) Fr, VOrW,Dr.Prollor Station (excl. Wäsche). Zeugnisse später in Berlin eine Stellang als 

J u. Cnrric. evtl. Photographie sind Oberschwester od. Leit, einer Klinik 

von San.-R. Dr. Preller’s Wasserheilanstalt, diesjähriger ärztlicher an den Unterzeichneten Direktor od. Krankenhaus. Gefl. Offert, unt. 
Leiter: Dr. Maro, früher Dietenmühle bei Wiesbaden. einzusenden. Dr. Wulff. J. B. 5614 an Rudolf Mosse, Berlin SW. 


meter Stärke bekleidet sind. 

Bei Neuanlagen von Laboratorien aber muss es jedenfalls hei der 
Forderung einer feuerfesten Decke verbleiben. 

Berlin, den 22. Juni 1894. 


nmenau Verkauf 

m Thüringen (590 m) 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 






Bekanntmachung. 

Der Herr Ober-Präsident hat die 
Anlage einer Apotheke in Schaff¬ 
hausen, Kreis Saarlouis, genehmigt. 
In Folge dessen werden geeignete 
Bewerber zur Meldung binnen 
6 Wochen mit dem Bemerken auf- 
gefordert, dass persönliche Vor¬ 
stellungen zwecklos sind und die 
an mich zu richtenden Bewerbungen 
schriftlich zu geschehen haben. I 
Der Meldung sind beizufügen: | 

a) das staatl. Prüfungs-Zeugniss, 

b) die physikatamtlich beglaubig¬ 
ten, nach der Zeitfolge geord¬ 
neten Dienstzeugnisse in Ur¬ 
schrift oder in beglaubigter 
Abschrift, 

c) ein Lebenslauf mit Angabe der 
Religion und Familien-Ver¬ 
hältnisse, 

d) ein amtlich beglaubigter Nach¬ 
weis über die zur Uebemahme 
beziehungsweise Einrichtung 
einer Apotheke erforderlichen 
Mittel, 

e) die nach der Zeitfolge geord¬ 
neten polizeilichen Führimgs- 
zeugnisse aus L . sämmtlichen 
Orten, in welchen der Bewerber 
seit Ablegung der Staatsprü¬ 
fungen beschäftigt gewesen 
oder dauernd sich aufgehalten 
hat, 

^ eine* Apotheke bisher nicht be¬ 
sessen zu haben, oder, wenn dies 
der Fall gewesen, die Angabe 
der Verhältnisse, welche den 
Bewerber zur Veräusserung 
seiner Apotheke veranlasst 
haben, sowie des Preises des 
Kaufs und Verkaufs derselben. 
Apotheker, welche zur Zeit eine 
Apotheke besitzen, sind als Be¬ 
werber nur unter der Bedingung 
zulässig, dass sie sich in bindender 
Form verpflichten, sich den in 
den Ministerial-Erlass vom 17. No¬ 
vember 1893 M. No. 10103 festge¬ 
setzten Bedingungen unterwerfen 
zu wollen. 

Bewerber, welche erst nach dem 
Jahre 1884 die Genehmigung zum 
selbstständigen Betriebe einer 
Apotheke erlangt, oder welche sich 
durch Uebernanme anderweitiger 
Geschäfte oder Stellungen auf 
einige Zeit ihrem eigentlichen Be¬ 
rufe mehr oder weniger entfremdet 
haben, können bei dem Vorhanden¬ 
sein mehr berechtigter Bewerber 
voraussichtlich nicht berücksich¬ 
tigt werden und werden deshalb 
zur Vermeidung unnöthiger Be¬ 
mühungen am besten von der Be¬ 
werbung absehen. 

Trier, den 26. Juni 1894. 

Der Regierungs-Präsident. 

I.V.:von Kosenberg-Gr uszczynski. 


Bekanntmachung. 

Bei dem hiesigen städtischen 
Krankenhause soll die Stelle des 
Oberarztes der inneren Abtheilung 
vom 1. Oktober d. J. ab vertrags- 
mässig unter Vorbehalt gegen¬ 
seitiger näher zu vereinbarender 
Kündigung, im Uebrigen unter 
den nachstehenden Bedingungen 
besetzt werden. 

Das Gehalt ist auf 8000 M. pro 
Jahr festgesetzt mit der Ver¬ 
pflichtung, auf hausärztliche Praxis 
zu verzichten und auch consul- 
tative Thätigkeit nur in soweit 
zu übernehmen, als dies die Wahr¬ 
nehmung der dem Oberarzte im 
Kranken hause zugewiesenen Ob¬ 
liegenheiten gestattet; sowie mit 
der ferneren Verpflichtung, Dienst¬ 
wohnung im städtischen Kranken¬ 
hause zu beziehen und für die¬ 
selbe eine jährliche Vergütigung 
von 750 M. zu zahlen, sobald das 
Dienstwohngebäude errichtet ist, 
bis dahin aber auf seine Kosten 
unter Zustimmung der Deputation 
für die städtischen Kranken- und 
Armen - Anstalten Wohnung ii 
thunlichster Nähe des Kranken¬ 
hauses zu nehmen. 

Anmeldungen zu dieser Stelle 
sind bis 10. August d. J. bei der 
Stadtkanzlei einzureichen. 

Frankfurt a. M., den 4. Juli 1894. 

Im Aufträge des Magistrats. 

Stadtkanzlei. 


Bekanntmachung. 

Durch den Tod des Dr. med. 
Halter ist die Stelle eines Land¬ 
schafts-Arztes auf der Insel Röm 
in Nord - Schleswig vakant ge¬ 
worden. Mit der Stelle ist ein 
Fixum von jährlich 1500 Mark ver¬ 
bunden, wovon 600 Mark vom Staat 
und 900 Mark von der Landschaft 
bezahlt werden. Kündigung beider¬ 
seits halbjährlich. Wohnung ist für 
einen geringen Preis zu erhalten. 
Der Arzt hat die Besorgung 
etwaiger ihm von der Landes¬ 
polizeibehörde übertragenen sani¬ 
tätspolizeilichen Geschäfte, sowie 
die Armenpraxis unentgeltlich zu 
übernehmen. Fuhrkosten hierfür 
werden vergütet. Bewerber wer¬ 
den ersucht ihre Meldungen bis 
zum 10. August d. J. an den Unter¬ 
zeichneten einzusenden. 

Bredebro, Kreis Tondern, den 
6. Juli 1894. 

Der commissarische Amtsvorsteher. 

Reiff. 


Bekanntmachung. 

An der Provinzial-Irren-Heil- und 
Pflege • Anstalt zu Rittergut Alt- 
Scherbitz bei Schkeuditz (Hslle- 
Leipzig) ist die Stelle des Volontair- 
Arztes neu zu besetzen. Das Ein- 
kommen besteht in 1200 Mk. Gebalt 
und freier Station. Bewerbungs- 
gesuche unter Beifügung des 
Lebenslaufes und der Zeugniss- 
Abschriften umgehend erbeten an 
den Direktor 

Sanitäts-Rath Dr. Paetz. 


Bei der hiesigen Provinzial-Irren- 
Anstalt wird voraussichtlich am 

I. October dieses Jahres die erste 
Oberwärterstelle frei. 

Geeignete Bewerber, vorzugs¬ 
weise solche, welche bereits in 
einer ähnlichen Stelle mit Erfolg 
thätig gewesen sind, wollen ihre 
Gesuche nebst Zeugnissen hierher 
einsenden. Kenntnisse der poln. 
Sprache ist erforderlich. 

Die Annahme erfolgt unter dem 
Vorbehalt 8 monatlicher Kündi¬ 
gung mit einem Jahresgehalt von 
1400 Mark and, falls der Ober¬ 
wärter verheirathet ist, nebst freier 
Familienwohnung. Ist er ver¬ 
heirathet, so erhält er die Kost 

II. Klasse, möblirte Wohnung für 
seine Person, Beheizung, Beleuch 
tung und Wäsche, wofür ihm jähr¬ 
lich 300 Mark von seinem Gehalt 
in Abzug gebracht werden. 

Die Direction der Provinzial-Irren 
Anstalt Owinsk. 


An dem städtischen Krankenkause 
zu Erfurt, welches z. Z. von un¬ 
gefähr 200 Kranken belegt ist, soll 
zum I. October d. J. die Stelle des 

dirigirenden Arztes 

besetzt werden. 

Der dirigirende Arzt soll das 
ganze Krankenhaus leiten und 
sowohl der inneren als der äusseren 
Station vorstehen. 

Es ist deshalb der Nachweis 
einer längeren Ausbildung auf der 
chirurgischen Station einer Klinik 
oder eines grösseren Kranken¬ 
hauses nothwendig. 

Das Gehalt beträgt neben freier 
Wohnung in der Anstalt 6000 M. 
Bis zur Fertigstellung des Wohn¬ 
gebäudes wird ein Wohnungs¬ 
geldzuschuss von 1C00 Mark jähr¬ 
lich gewährt. 

Consultative Praxis ist gestattet, 
andere Privatpraxis ausgeschloss. 

Meldungen werden bis 20. Juli 
d. J. erbeten. 

Erfurt, den 8. Juli 1894. 

Der Magistrat. 


Bekanntmachung. 

Die dem Apotheker Unkel unterm 
7. Februar a. J. genehmigte Apo- 
theke, Beusselstrasse 55, ist nach 
vorschriftsmässiger Revision tür 
den Betrieb eröffnet worden. 

Berlin, den 3. Juli 1894. 

Der Polizei-Präsident 

Freiherr von Richthofen. 


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zahlung M. 80 000. Anfragen unter 
M. 950 an Rudolf Mosse, C8lw. 


H' 


Bekanntmachung. 

Bei dem hiesigen städtischen 
Krankenhause soll die Stelle des 
Oberarztes der Abtheilung für 
Syphilis und Hautkrankheiten ver- 
tragsmässig unter Vorbehalt gegen¬ 
seitiger näher zu vereinbarender 
Kündigung vom 1. Oktober d. Js. 
ab besetzt werden. 

Das Gehalt beträgt 8000 M. pro 
Jahr, und wird danken eine Fuhr- 
entsebädigung von 1500 M. jähr¬ 
lich gewährt. 

Anmeldungen zu dieser Stelle 
sind bis K>. August d. Js. bei der 
Stadtkanzlei einzareichen. 

Frankfurt a. M., den 4. Juli 1894. 
Im Aufträge des Magistrats. 
_ Stadtkanzlei. _ 

Sprachheilanstalt, 

Berlin W., Potsdamerstr. 81 a. 
Alb, Qutzmann, Sprechzeit: 4-6 Uhr. 


Bekanntmachung. 

Die Kreis - PhysikatssteUe des 
Stadtkreises Trier, mit welcher ein 
festes Gehalt von 900 Mark jähr¬ 
lich verbunden ist, soll neu besetzt 
werden. Bewerber um diese Stelle 
wollen sich innerhalb 4 Wochen 
unter Einreichung der erforder¬ 
lichen Zeugnisse und eines Lebens¬ 
laufes bei mir melden. 

Trier, den 6. Juli 1894. 

Der Regierungs-Präsident. 

I. V.: von Rosenberg-Gruszczynski. 


An der Grossherzoglieh badischen 
Heil- und Pflege-Anstalt bei Emmen¬ 
dingen ist die Stelle der 

Oberwärterin 

baldigst zu besetzen. Das Anfangs- 
diensteinkommen beträgt, bei freier 
Station und Emolumenten zum 
Gesammtanschlag von 300 Mark, 
jährlich 450 Mark. Geeignete Be¬ 
werberinnen wollen ihre Gesuche 
mit Lebensbeschreibung und Zeug¬ 
nissen an die Direction einsenden. 

Emmendingen, den 5. Juli 1894. 

Dr. Haardt. 


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Nur solche wollen sich 
melden, welche die Kranken¬ 
pflege als dauernden Beruf 
und aus Neigung erwihlt 
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haben und in Anatomie und Ge¬ 
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ttyfixilWc »eilnttjt. 




gifaaMcit *w» Staffen. ' ifeuo (MpKimtc. 


S^*b*$*r?.*i* 


3 )||P gtjrifoii : ClHiuicjfcHA fef 


^«ocriöjftger .fyüj^n 1 uiib:'Steife»-! Jjcit |||^ Pcfifuitl 

ällf hfti? ^plii'nühwot. t.Vrvr i\v*iftiiÄi*3 . . ... . .. .J 


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ol(f bem i‘cbmörnc(jfc. Ght «rnUifrficä : g - u“». -- ; 

imb 9Mi^(i^taQcbit4 f*r aöt. | 
ft’VfiO?« btJsmcttiJjHdjcn ©^WerficbctT^. j 9Vfc*ct ^ 

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bei Rudolf DEUTSCHE Inserfeiona-Gebühren 

SÄSÄSrr MEDICINI8CHB WOCHENSCHRIFT. 

ln Berlin SW.. Brwlau, Chemnitz, CBIb «. Rh.. Oft«den, Frankfurt«. M., Hall« a. S., Hamburg, Leipzig, London, Magdeburg, Mannheim, MUnoheu, Nürnberg, Prag, Stuttgart, Wiea, ZQrioh. 


50 Donnerstag den 13. Dezember 1894. XX. Jahrg. 


Personalien. 

.„i 1 ' P r *“ # * en - (Amtlich.) Auszeichnungen: Stern zum Rothen 
Adler-Orden II. KI.: Dem Leibarzt Sr. Majestät des Königs von 
Italien Dr. Saglione Rother Adler-Orden IV. Kl.: Kreis-Wund¬ 
arzt a. D. Samtätsrath Dr. Brasche in Pr. Friedland: Sanitfitsrath 
Dr. Hauptmann in Peckelsheim. Kgl Kronen-Orden IV Kl- 
Kreis-Wundarzt a. D. Hoffmann in Obertiefenbach. Komthur- 
kreuzl. Kl. des Kgl. Wurttembergischen Friedrichs-Ordens: 
Sr. Majestät Leibarzt, Qeneral-Arzt Prof. Dr. Leuthold in Berlin 
Ritterkreuz I. Kl. desselben Ordens: Stabsarzt Dr. Ostmann 
in Königsberg i. Pr. Ritterkreuz des Ordens der Württem- 
bergischen Krone: Ober-Stabsarzt Dr. Schlott in Ohlau 

Niederlassungen: Die Aerzte: Arfst Arfsten in * Büsum; 
Dr. Herzberg in Gnarrenburg; Dr. Ammer in Steinkirchen; Dr. 
Schwindt, Dr. Bahr, Dr, Baumann und Dr. Kubadz in Danzig; 
Urbahn in Lemförde; Dr. Zimmer, Dr. Panhuysen, Dr Pralle 
und Dr. Zinsser in Cöln; Dr Gass und Dr. Bilsmer in Bonn; 
Dr. Schaaf in Bedburg; Dr. Boeheimer in Mülheim a Rh. 

Die Zahnärzte: Prassen in Cöln; Dr. Schwinghof in Mül¬ 
heim a. Rh. 

Verzogen sind: Die Aerzte: von Gostkowski von Friedrich¬ 
stadt nach Priestewitz; Dr. Bar brock von Büsum nach Westfalen; 
Medizinal-Rath Dr Lohmann von Schleswig nach Hamburg; Dr. 
Kuhlmann von Zwischenahn nach Altona; Dr, Barelmann von 
Eutin nach Lensahn; Dr. Haase von Dänischhagen nach Norder- 
brarup; Dr. Wirz von Sendenhorst; Dr. Knapp von Schönbaum 
nach Tiegenhof; Dr. Loepp von Neuteich nach Kalthof; Ober-Stabs¬ 
arzt a. D. Dr. Rach von Colberg nach Berlin; Dr. Freiherr von Blom¬ 
berg von Lauenburg i. Pom. nach Dziekanka; W. L. Meyer von 
Salzhemmendorf nach Coppenbrügge; Dr. K r a e m e r von Mülheim a Rh. 
nach Essen; Dr. Jaegers von Mülheim a. Rh. nach Cöln. 

Die Zahnärzte: Simon von Culm nach Danzig; Erdmann 
von Siegen nach Mülheim a. Rh.; Scheele von Hannover. 

Gestorben sind: Die Aerzte: Dr. Mittelberger in 
St. Margarethen (Schleswig); Dr. Wes euer in Münster i. W.; Sanitäts¬ 
rath Dr. Krupp in Dortmund; Dr. Jardon in Bergheim. 

Vakante Steifen: Das Pbysikat des Kreises Ra witsch; Kreis- 
W us darzt-S teile des Kreises Sch wetz. 

2. Bayern. (Münch, medic. Wochenschrift.) Niederlassungen: 
Dr. Schulze (appr. 1890) in München; Dr. Ernst (appr. 1894) zu 
Zeil a. M.; Dr.Stubenrath (appr. 1888); Dr. Schroederzu Treiben. 

Verzogen: Dr. Pappenheimer von Königstein unbekannt wohin; 
Dr. Fürst von Geinsheim nach Speyer. 

Gestorben: Dr. Habermehl zu Edesheim; Dr. Kalbfuss, 
Bez.-Arzt a. D. zu Edenkoben; Ass.-Arzt I. CI. der Reserve Dr. 
Finkeistein (Hof) zu Berlin. 

8. Baden. (Aerztl. Mitth. aus und für Baden.) Niederlassungen* 
Hatz (appr. 1894) in Oestringen; Lang (appr. 1891) in Villingen. 
Dr. Roos (appr. 1890) und Dr. Keller (appr. 1891) in Freiburg; 
Dr. Deuchler (appr. 1892) in Brombach; Dr. Seeligmann (appr. 
1892) in Karlsruhe; Dr. Schuh (appr. 1892) in Mannheim; Dr. Gerber 
(appr. 1893) in Bretten; Blas (appr. 1892) in Hintetzarten; Dr. Vorbach 
(appr. 1894) in Schwetzingen; Zahnarzt Dr. Meyer (appr. 1892) in Bühl. 

Verzogen: Knoderer von Schopfheim nach Lörrach; Bez -Arzt 
Dischinge r von St. Georgen nach Durmersheim; Grohmann von 
Wertheim nach Heidelberg; Dr. Ury von Durmersheim; Prof. Dr. 
Klebs von Karlsruhe; Dr. Leiser von Badenweiler; Dr. Acker 
von Mosbach; Fiesel von Heiiigenberg; Dr. Stubenrath von 
Külsheim sämmtlich unbekannt wohin. 

Ferlencnrse für pracüsche Aerzte. 

Der nächste Cyclus beginnt am 4. März und dauert bis zum SO. März 1895. 

Verzeichnis« der Vorlesungen 1 ). 

I. Normale und pathologische Anatomie und Gewebelehre. 

1. Herr Privatdocent Dr. C. Benda: a) Cursus der pathologischen 
Histologie der äusseren Haut, Dienstag, Donnerstag und Freitag 
von 8—10. b) Cursus der Sectionstechnik mit Uebungen der patho¬ 
logisch-anatomischen und mikroskopischen Diagnostik: Montag, 
Mittwoch und Sonnabend von 8—5 Uhr. 

2. Herr Dr. Broesike: Ausgewählte Kapitel der normalen Ana¬ 
tomie, wie z. B. topographische Anatomie der Brust- und Bauch¬ 
eingeweide oder der Beckenorgane etc., nach Uebereinkunft. 

8. Herr Privatdocent Dr. C. Günther: Bacteriologischer Cursus. 
Dienstag, Donnerstag, Sonnabend von 5 1 /* — 7 Uhr Nachm. 

4. Herr Privatdocent Dr. Hansemann: Repetitorium der all¬ 
gemeinen pathologischen Anatomie mit Demonstrationen: Dienstag, 
Donnerstag und Freitag von 1—3 Uhr. 

5. Herr Dr. Jablonowski: Cursus der normalen Anatomie des 
Menschen einschl. der Histologie, verbunden mit Demonstrationen 

') * bedeutet „in zu verabredenden Stunden“. 


und besonderer Berücksichtigung der topographischen Anatomie. 
Dauer 5—6 Wochen, täglich von 7—9Uhr Vorm., oder nach Uebereinkunft. 

6. Herr Professor Dr. 0. Israel: Pract. Cursus der pathologischen 
Histologie, Dienstag, Donnerstag, Freitag von 8—lO'/j.Uhr Vorm. 

7. Herr Dr. Jür gen s: a) Demonstrativer Cursus der pathologischen 
Anatomie und gerichtlichen Medicin, Montag, Mittwoch und Sonn¬ 
abend von 8—10 Uhr Vorm, b) Demonstration der Sectionstechnik 
mit Secirübungen, an denselben Tagen von 10 — 12 Uhr Vorm, 
c) Practische Uebungen in der Diagnostik an Leichentheilen, mit 
Demonstrationen mikroskopischer Präparate. Dienstag, Donnerstag 
und Freitag von 2—4 Uhr Nachm. 

8. Herr Privatdocent Dr. Koeppen: a) Demonstrativer Cursus 
der feineren Anatomie des Gehirns, mit besonderer Berücksichtigung 
des Faserverlaufes, 2 Mal wöchentlich. Dienstag and Freitag von 
12—1 Uhr oder nach Verabredung. 

9. Herr Privatdocent Dr. Langerhans: a) Demonstration der 
Sectionstechnik mit practischen Secirübungen, Dienstag, Donnerstag, 
Freitag von 9—ll Uhr Vorm, b) Demonstrativer Cursus der patho¬ 
logischen Anatomie mit diagnostischen Uebungen, Dienstag, Donners¬ 
tag; Freitag, von 7—9 Uhr Vorm, c) Practischer Cursus der patho¬ 
logischen Histologie, Montag, Mittwoch uni Sonnabend v. 7—9 Uhr. 

10. Herr Dr. Oestreich: Pathologisch-anatomisches Colloquium 
mit practischen diagnostischen Uebungen an Organen, täglich 5 bis 
6 Uhr Nachm, oder nach Verabredung. 

11. Herr Professor Dr. Rabl-Rückhard: Praktischer Cursus 
der normalen Histologie und mikroskopischen Technik. Wochentags 
von 12—2 Uhr Vorm, oder nach Uebereinkunft. 

. 12. Herr Dr. Canon (für Herrn Prot. Sonnenburg): a) Bac¬ 
teriologischer Cursus, mit besonderer Verwendung klinischen Materials. 
Dienstag und Freitag von 2 — 4 Uhr Nachm, oder nach Verabredung 
im Krankenhause Moabit. 

13. Herr Professor Dr. M. Wolff: Bacteriologischer Cursus mit 
practischen Uebungen. Montag und Donnerstag von 2—4 Uhr oder 
nach Verabredung. 

LL Physiologie. 

Herr Privatdocent Dr. J. Munk: Physiologie des Stoffwechsels 
(Kreislauf, Athmung, Verdauung, Secretion, thierische Wärme) und 
specielle Nervenphysiologie (Hirn, Rückenmark etc.) mit Versuchen 
und mikroskopischen Demonstrationen. Montag, Mittwoch, Sonn¬ 
abend von 3—5 Uhr (oder nach Verabredung), b) Chemische und 
mikroskopische Untersuchung des Harns mit pract. Uebungen. 
Dienstag und Freitag von 8—6 Uhr (oder nach Verabredung). 

III. Arzneimittellehre und Toxikologie. 

Herr Professor Dr. L. L e w i n: a) Arzneimittellehre mit 
practischen Uebungen im Receptiren und Darstellen von Arznei¬ 
formen, besonders der neueren Arzneimittel, Dienstag, Donnerstag, 
Freitag von 10—11 Uhr. b) Gerichtliche Toxikologie, siehe No. XIV. 

IV. Innere Medicin. 

1. Herr Director Prof. Dr. A. Baginsky: Klinischer Cursus der 
Kinderkrankheiten, Dienstag and Sonnabend von 12—2 Uhr, im Kaiser- 
und Kaiserin FrieJrich-Kinder-Krankenhaus, Reinickendorferstr. 32. 

2. Herr Dr. Cassel: Kinderkrankheiten, Kranken Vorstellung nebst 
Besprechungen in seiner Poliklinik Brnnnenstr. 4 (dicht am Rosen- 
thaler Thor), Dienstag, Donnerstag, Freitag, Sonnabend von 27 2 — 8 1 /* Uhr. 

3. Herr San.-Rath Dr. Ehrenhaus: Poliklinik der Kinderkrank¬ 
heiten. Montag, Mittwoch, Freitag von ötyj—Uhr. 

4. Herr Prof. Dr. Ewald: Krankheiten der Verdauungsorgane 
mit besonderer Berücksichtigung der diagnostischen und therapeutischen 
Methoden, mit klinischen Demonstrationen und practischen Uebungen. 
Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 9—10 Uhr Vorm, 
im Augusta-Hospital. 

5. Herr Prof. Dr. E. Grunmach: a) Auscultation, Percussion 
und die übrigen physicalischenUntersuchungsmethoden mit practischen 
Uebungen, 8 Mal wöchentlich, Montag, Mittwoch und Sonnabend 
von 2—8 Uhr. b) Pneumatische Therapie der Respirations- und 
Circulationskrankheiten. Dienstag und Freitag von 2—8 Uhr. 

6. Herr Oberarzt Dr. Hauser: Poliklinik der KinderkrankheiteD, 
Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 1 — 2 Uhr in der 
Universitäts-Kinder-Poliklinik der Kgl. Charitö. 

7. Herr Dr. Klein: Poliklinik der Kinderkrankheiten. Dienstag, 
Donnerstag und Sonnabend von 6— 7 Uhr. 

8. Herr Privatdocent Dr. G. Klemperer: a) Fortschritte der 
inneren Medicin, insbesondere der Therapie. Montag bis Freitag von 
8—9 Uhr im Auditorium der I. medicin. Klinik, CharitA b) Practischer 
Cursus der innern Diagnostik, besonders der Auscultation und Per¬ 
cussion. Montag bis Freitag von 4—6 Uhr auf der I. medicin. Klinik. 

9. Herr Privatdocent Oberarzt Dr. Krönig: a) Cursus der 
klinisch-mikroskopischen, chemischen und bacteriologischen Diag¬ 
nostik, Montag, Mittwoch, Freitag, Sonnabend von 9—11 Uhr Vorm, 
b) Diagnostischer Corsas der Lungen- und Herzkrankheiten, Montag, 
Mittwoch und Sonnabend, Vorm, von 11—12 Uhr, oder nach Ver¬ 
abredung. ln seiner Poliklinik Karlstrasse 18a. 


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Original fra-m 

UNIVERSSTY 0F MICHIGAN 








10 Herr Dr. Laves: a) Cursus der Auseultation und Percussion,, 

s ss-äs&ä 

^er^aTh Verabredunl“» wriSi - Poliklinik; 

Dor^eonstraMe San.-Rath Dr. Lazarus: Pneumat. Therapie, 

dreimal wöchentlich nach Verabredung. . , TTnVinnrron ftn 

12 Herr Prof. Dr. Litten: Klinisch-diagnostische Uebungen an 
Kranken mit besonderer Berücksichtigung der gesummten Uneben 
Untersuchungsmethoden, sowie der mikroskopischen und‘ 
Untersuchunl der Se- und Excrete, von 12-1, bezw. 1-2 Uhr, Montag, 

Mittwoch und Sonnabend oder Dienstag Donnerstag nnd ^eita|, 
ie nach Verabredung: in seiner eigenen Polikünik Dorotneenstr. ö. 

J 13. Herr Privatdocent Dr. H. Neumann: Kinderkrankheiten, in 
seiner Poliklinik, Neue Friedrichstr. 1, Ecke der Stralauer Bruc e 
(bei der Station Jannowitzbrücke). Dienstag, Donnerstag, Freitag 
nach Verabredung, zwischen 2 und 5 Uhr 1 Stunde. Krankenvor¬ 
stellung; Sonnabend in zu verabredender Stunde Besprechungen^ 

14 Herr Director Prof. Dr. Eenvers: Klinische Medizin m Ver¬ 
bindung mit diagnostischenUebungen am Krankenbette, im städtischen 
Krankenhause Moabit, 8 Mal wöchentlich, Montag, Mittwoch und 

Sonnabend 8—10 Uhr. _ ^ m. 

15. Herr Privatdocent Dr. Rosenheim: Pathologie und The¬ 
rapie der Magen- und Darmkrankheiten, mit klinischen Demon¬ 
strationen und practischen Uebungen. Montag, Dienstag, Donnerstag, 
Freitag von 10—11 Uhr, sowie in 2 noch zu verabredenden Stunden. 

Dorotheenstr. 6. , .. . . ■._ 

16. Herr Dr. Rosin: a) Praktischer Cursus der mikroskopischen 

und chemischen Diagnostik (mikrosk. u. ehern. Untersuchung des 
Blutes, Sputum, Mageninhaltes, Harnes etc.). Mittwoch und Sonn¬ 
abend von 9—11 Uhr oder nach Verabredung m der Kgl. Universitats- 
poliklinik, Dorotheenstr. 5. b) Practischer Cursus der physikalischen 
Diagnostik (Percussion, Auseultation etc.). Mittwoch und Sonnabend 
von i/ a 8_4 Uhr oder auch nach Verabredung, in der Kgl. Universitäts¬ 

poliklinik, Dorotheenstrasse 5. 

V. Psychiatrie und Hirnkrankheiten. 

1. Herr Privatdocent Dr. Koeppen: Klinische Psychiatrie, unter 

Berücksichtigung der Beziehungen zum Criminal- und Civilrecht, 
nebst practischen Uebungen in der Abfassung von Attesten und (Gut¬ 
achten. 3 Mal wöchentlich (Dienstag, Donnerstag und Freitag von 
x/ ii—12 Uhr, oder nach Verabredung). . 

2. Herr dirig. Arzt Dr. Leppmann: Klinische Psychiatrie. Syste¬ 
matische Demonstrationen mit Uebungen im Diagnosticiren und 
Abfassen von Attesten unter Berücksichtigung der gerichtlichen 
Sachverständigenthätigkeit. Dienstag, Donnerstag und Freitag von 

11 3? Jlleir Privatdocent Dr. Westphal: Diagnostik der Geistes¬ 
krankheiten mit Krankenvorstellungen. Mittwoch und Sonnabend 
von 12—1 Uhr oder nach Verabredung. 


VI. Nervenkrankheiten und Electrotherapie. 

1. Herr Prof. Dr. M. Bernhardt: Krankheiten des Nerven¬ 
systems (poliklinische Krankenvorstellungen) mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Electrodiagnostik und Electrotherapie. Dienstag, 
Donnerstag und Sonnabend von 5 1 /*—6 1 /* Uhr. 

2. Herr Privatdocent Dr. Goldscheider: Krankheiten des 
Nervensystems mit besonderer Berücksichtigung der Electrodiagnostik 
und Electrotherapie. Montag, Mittwoch, Sonnabend von 12—1 Uhr, 
oder in zu verabredenden Stunden. 

8. Herr Oberarzt Dr. M. Laehr: Diagnostik der Nervenkrank¬ 
heiten einschliesslich der Electrodiagnostik und Electrotherapie mit 
Uebungen an Kranken. Dienstag, Donnerstag, Fieitag von 12—1 Uhr 
oder in zu verabredenden Stunden. 

4. Herr Professor Dr. Oppenheim: Demonstrativer Cursus der 
Krankheiten des Nervensystems mit Einschluss _ der Electrodia¬ 
gnostik und Electrotherapie. 4 Mal wöchentlich. Dienstag, Donners¬ 
tag, Freitag, Sonnabend von 9—10 Uhr. 

6. Herr Professor Dr. Remak: S^pecielle Diagnostik und 
Electrotherapie der Nervenkrankheiten mit poliklinischen Kranken¬ 
vorstellungen, Montag, Mittwoch, Freitag von 6—7 Uhr Nachm. 

VII. Chirurgie. 

1. Herr Dr. Bendix: Cursus der Massage mit Kranken Vorstellung 
Dienstag, Donnerstag und Freitag von 2—8 Uhr. 

2. Herr Dr. Bourwieg und Dr. Joachimsthal: Orthopädische 
Poliklinik mit practischen Uebungen, Montag, Mittwoch und Sonn¬ 
abend 2—3 l /o Uhr. 

3. Herr Stabsarzt Dr. Geissler (für Herrn Geheimrath von Berg¬ 
mann): Operationscursus an der Leiche, täglich Vormittags von 
77a Dhr pünktlich bis 9 Uhr. 

4. Herr Prof. Dr. Gluck: Cursus der chirurgischen Diagnostik 
und Therapie (Operationsübungen und Kranken-Vorstellung). Donners¬ 
tag von 47a—7 Uhr Nachm, und Sonntags von 10—127* Uhr. 

5. Herr Docent Dr. Nasse: Chirurgische Diagnostik mit 
practischen Uebungen. Montag, Mittwoch, Freitag von 11—1 Uhr. 

6. Herr Director Professor Dr. Sonnenburg: b) Chirurgische 
Diagnostik und Therapie, im Krankenhause Moabit. Montag, Mittwoch, 
Sonnabend von 10—12 Uhr. c) Operationscursus an der Leiche, zu¬ 
sammen mit Herrn Dr. Zeller im Leiohenhause des Krankenhauses 
Moabit, Dienstag und Freitag B—7 Uhr. 


VIII. Augenheilkunde. 

1. Herr Privatdocent Dr. C. du Bois-Reymond: Gebrauch des 
Augenspiegels, Functionsprüfung des Auges. Montag, Mittwoch und 
Sonnabend von 4—B Uhr oder in anderen zu verabredenden Stunden. 

2. Herr Privatdocent Dr. Greeff: a) Augenheüknnde mit De¬ 
monstrationen an Kranken und Uebungen in der Ophthalmoskopie. 
Montag, Donnerstag und Sonnabend von 12—17« Uhr. h) Practischer 
Cursus der feineren Untersuchungsmethoden des Auges (Sehprüfungen, 
Perimetrie, Ophthalmometrie, ophthalmosk. Refractionsbestimmung' 
Schielen etc.). Dienstag und Freitag von 12-li/ 2 Uhr. c) Anleitung 
zur mikroskopischen Untersuchung des Auges mit pathologisch¬ 
anatomischen Demonstrationen. Montag, Donnerstag und Sonnabend 
von V-9—11 Uhr. 

8. Herr Prof. Dr. J. Hirschberg: Praktische Augenheüknnde 
mit Kranken - Vorstellungen und Uebungen im Augenspiegeln und 
in den Augenoperationen. Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, 
Sonnabend von 12—1 Uhr Nachm. (Poliklinik von 1—8 Uhr Nachm.) 

4. Herr Privatdocent Dr. Hoeltzke: Aeussere Augen-Er¬ 
krankungen mit Demonstrationen und Uebungen im Bestimmen von 
Brillen und im Gebrauch des Augenspiegels. 3 Mal wöchentlich 
von 12—1 Uhr. 

5. Herr Professor Dr. Horstmann: Augenheilkunde mit De¬ 
monstrationen und practischen Uebungen in der Ophthalmoskopie 
und Functionsprüfung. Montag, Donnerstag und Sonnabend von 
L—2 Uhr. 

6. Herr Prof. Dr. A. Koenig: Cursus in der Handhabung physi¬ 
ologisch-optischer Apparate. Dienstag und Freitag 6-7 Uhr. 

7. Herr Privatdocent Dr. Silex: a) Demonstration äusserer Augen- 
Erkrankungen, Augenspiegelcursus und Brillenbestimmungen. 4 Mal 
wöchentlich. Montag, Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend von 7,2 bis 
3 Uhr. b) Augenspiegelcursus (nur patholog Fälle) 8 Mal wöchent¬ 
lich Dienstag, Mittwoch (theoretisch), Freitag 6—7 Uhr. c) Cursus 
der Augenoperationen, Dienstag und Freitag von 2—8 Uhr oder in 
anderer zu verabredender Stunde. 

IX. Ohrenheilkunde. 

1. Herr Privatdocent Dr. B. Baginsky: Ohrenspiegelcursus mit 
besonderer Berücksichtigung der Erkrankungen der Nase und Nasen¬ 
rachenhöhle. Montag, Mittwoch und Freitag von 10-11 Uhr Morgens. 

2. Herr Privatdocent Dr. L. Jacobson: Cursus der Ohrenheil¬ 
kunde mit Demonstrationen und practischen Uebungen an kranken 
(Ohrenspiegeln, Katheterismus etc.). Täglich von 8-4 Uhr im Audi¬ 
torium der Königl. Universitäts-Ohrenklinik (Ziegelstrasse No. 5-9). 

3 Herr Dr. Jansen: a) Cursus der Ohrenoperationen, Dienstag 
und Freitag 67,-8 Uhr Nachm.; mit Uebungen am Präparat i bis 
8 Uhr Morgens, b) Practischer Cursus der Krankheiten der Basa 
und des Nasenrachenraumes in ihren Beziehungen zu den Erkrankung 
des Ohres, wöchentlich 4 Mal von 674—8 Uhr Nachm. 

4. Herr Privatdocent Dr. L. Katz? Cursus der practischen Ohren. 
heilkunde, sowie der Krankheiten der N^e und d e s N ^ eQr ^ e “ n 
raumes. Montag, Mittwoch, Freitag von 6-7 Uhr N achtE^odex . 
anderen zu vereinbarenden Stunden. Poliklinik, ^J7oh™nheilkande 

B. Herr San.-Rath Dr. Schwabach: Cursus der Ohrenheilkanae 

mit Krankenvorstellungen und Uebungen im Kath e terism « . 

Eustachii. Montag, Mittwoch, Freitag von 1-2 Uhr Nachm., 
anderen zu verabredenden Stunden. 


X. Kehlkopf- und Nasen-Krankheiten. 
1. Herr Privatdocent Dr. B. Baginsky: Lar* 


1. Herr Privatdocent Dr. B. Baginsxy: J» njj/jiachm. 

Rhinoskopie. Montag, Donnerstag, Sonnabend 6^-7/. un 

2. Herr Privatdocent Dr. P. Heymann: Cursrn»der 

goskopie und Rhinoskopie. Dienstag und Freitag von e - 
und 1 Mal von 12—1 Uhr. „„„«oVnnifl und Bbino- 

8 . Herr Dr. A. Kirstein: Cursus der Xrotheenstr. B. 

skopie. Montag, Donnerstag von 6-8 Uh !i A ^Herrn Dr. Fried- 

4. Herr Prof. Dr. H. brause zusammen nut ^ N&genkran k. 
laender: a) Cursus der Kehlkopf-, Schiund- und ^ ^ 

heiten mit practischen Uebungen, Dienstag, m Kehl- 

und Sonnabend von 1-2 Uhr. b) Cursus der Operationen bjg 
köpf, Nase und Nasenrachenraum, Mittwoch und üreitag 
1 Uhr und Sonnabend von 1—2 Uhr. Klinik und 

B. Herr dirig. Arzt, San.-Rath Dr. Baza Dienstag, Donners* 
klinik der Krankheiten der Nase und des Halses. Die g 
tag und Freitag von 1—2 Uhr. Nasen- Bachen- and 

S 6. Herr Dr. W. Lublinski: Cursus der Donnen- 

Kehlkopfskrankheiten, mit practischen Uebung 
tag, Sonnabend von 11—12 Uhr. . v 

7. Herr Dr. Edmund Meyer: No ; * olo ^ c her Cnisaa 

8 . Herr Dr. A. Rosenberg:mit Herrn 
3 Mal wöchentlich von 9 bis 10 Uhr in 

Dr. Edmund Meyer. larvnffologischer Cursns 

9. Herr Dr. J. Scheinmann: Rhmo-laryngoiog 
3 Mal wöchentlich von 10-11 Uhr Vorm. 

XI. Frauenkrankheiten ^logischen 



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UNIVERSITY OF MICHIG/ 



woch, Donnerstag, Freitag von 5-7 Uhr Nachm, c) Mikroskopisch- 
diagnostischer Conus der normalen und pathologischen Histologie 
der weiblichen Genitalien mit besond. Berücksichtigung der Stückchen¬ 
diagnose und Uebungen in der histologischen Technik (in Gemein¬ 
schaft mit Dr. Theodor Landau). Dienstag, Mittwoch, Donners- 
tag, hreitag von 11—1 Uhr oder zu andern zu verabredenden Stunden. 

8. Herr Professor Dr. A. Martin: a) Gynäkologie mit Unter¬ 
suchungsübungen und Demonstration der gynäkologischen Ope¬ 
rationen, Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag, event. auch Mitt- 
woch und Sonnabend, 11-3 Uhr Nachm. Die Operationen finden 
gewöhnlich zwischen 11 und 12 Uhr statt. Anfang 4. März 
b) Gynäkologische Operationsübungen am Schultze - Winckel’schen 
Phantom (zusammen mit Herrn Dr. Orthmann), Montag, Dienstag 
Donnerstag, Freitag 7—9 Uhr Vorm. Anfang 7. März 

4. Herr Privatdocent Dr. W. Nagel: a) Cursus der practischen 
Geburtshülfe mit poliklinischen Geburtsbeobachtungen, täglich von 8 
bis 9 Uhr V. b) Gynäkologische Operationsübungen am Schultze- 
Wmckel’schen Phantom täglich von 3—5 Uhr Nachm. 

„ 6 A, 1 l e , rr S , an ' I l^ h Dr * Carl Ru S e zusammen mit Privatdocent 

Dr. Gebhard: Mikroskopisch - diagnostischer Cursus der Er¬ 
krankungen der weiblichen Genitalorgane. Dienstag. Donnerstag, 
Sonnabend 2V*—4% resp. 8-6 Uhr u. Mittwoch Abend'von 8-9 Uhr. 

6. Herr Professor Dr. Veit: a) Uebungen in der gynäkologischen 

Diagnostik, Montag, Mittwoch und Sonnabend von 10_liy„ Uhr. 

7. Herr Dr. M. Wegscheider: Cursus der gynäkologischen Dia¬ 
gnostik mit practischen Uebungen; täglich von 11 — 1 Uhr Vorm 
(Königl. Universitäts-Poliklinik für Frauenkrankheiten, Luisenstr 51 j 

8. Herr Professor Dr. Winter: a) Cursus der gynäkologischen 
Diagnostik, täglich von 1—2 1 /, Uhr N. und Abends von7— 8Uhr. b) Herr 
Dr. Gessner: Cursus der practischen Geburtshülfe mit Benutzung 
des klinischen und poliklinischen Materials der Königl. Universitäts- 
Frauenklinik, täglich von 6—7 Uhr Abends und Montag, Mittwoch, 
Freitag 4—6 Uhr und Sonnabend von 6—6 Uhr N. 


XII. Hautkrankheiten und Syphilis. 

1. Herr Privatdocent Dr. G. B ehrend: Klinischer Cursus der 
Hautkrankheiten, Montag 9—10 Uhr, Mittwoch, Freitag von 8—10 Uhr. 

2. Herr Stabsarzt Dr. Dirksen und Herr Dr. Heller, Assistenten 
des Geheimrath Prof. Dr Lew in: Cursus der Geschlechts- und Haut¬ 
krankheiten mit operativen und endoskop. Uebungen (Dr. Dirksen) 
und Demonstration der practisch wichtigen mikroskopischen und 
photographischen Untersuchungsmethoden der Haut (Dr. Heller). 
6 Mal wöchentlich von 12—1 Uhr in der Klinik für syphilitische 
Krankheiten der Charitö (Prof. Lew in). 

3. Herr Professor Dr. O. Lassar in Verbindung mit seinen 
Assistenten: Klinik der Hautkrankheiten und Syphilis. Dienstag, 
Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Sonnabend von 11—12 Uhr. 


XIII. Krankheiten der Harn- und Geschlechtsorgane. 

1. Herr Privatdocent Dr. Casper: a) Cursus der Krankheiten 
der Harn- und männlichen Geschlechtsorgane. Uebungen im Bougiren. 
Katheterisiren, Cystoskopiren und Urethroskopiren; chemische und 
mikroskopische Harnuntersuchungen. Montag, Dienstag, Mittwoch, 
Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 12 — 1 Uhr. b) Operations 
cursus der den Urogenital-Tractus betreffenden Operationen an der 
Leiche. Abends an noch zu bestimmenden Tagen. 

2. Herr Privatdocent Dr. Nitze: a) Cursus der Krankheiten der 
Harn- und männlichen Geschlechtsorgane mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Cystoskopie. Uebungen im Katheterisiren. 
Montag, Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend von 10—11 Uhr, Dienstag 
und Freitag von 6y*—7 Uhr. b) Specialcurs der Cystoskopie und 
Urethroskopie, Demonstrationen und practischeUebungen an Lebenden. 
Uebungen mit dem Operations-Cystoskop. Mittwoch und Sonnabend 
von 6—8 Uhr N. 

8. Herr Professor Dr. Posner: Cursus der Krankheiten der 
Ham- und männlichen Geschlechtsorgane mit practischen Uebungen 
im Katheterisiren, Cystoskopiren und in der Harnuntersuchung; 
täglich 11-12 Uhr. 

XIV. Gerichtliche Medicin und Hygiene. 

1. Herr dirig. Arzt Dr. Leppmann: Repetitorium und Examina- 
torium für Physikatskandidaten, Montag, Mittwoch, Freitag von 
?7 2 —9 Uhr Abends. (Event. Parallelcursus) 

2. Herr Professor Dr. L. Lewin: Ueber Gifte und deren 
Nachweis mit Experimenten und practischen Uebungen, Uebungen 
im Begutachten von Vergiftungsfällen und besonderer Berücksichtigung 
der für die Gewerbe-Hygiene in Frage kommenden Giftsubstanzen, 
Montag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 4—5 Uhr Nachm. 

3. Herr Dr. R. Schulz, Assistent des Herrn Gerichtsphysikus 
Professor Dr. F. Strassmann von der Königl. Unterrichts-Anstalt 
für Staatsarzneikunde: a) Gerichtliche Sections- und Protokollir- 
übungen nebst Demonstrationen und Vorträgen aus der gerichtlichen 
Medicin. Montag bis Freitag 2—4, Sonnabend.ll— 1 Uhr. b) Mikro- 
skopircurs nebst spektroskopischen und chemischen Untersuchungs¬ 
methoden für Physikatskandidaten. Montag und Mittwoch von 12 
bis Vg 2 Uhr oder nach Verabredung, c) Repetitorium der gericht¬ 
lichen Medicin und Sanitätspolizei für Physikatskandidaten. Dienstag, 
Donnerstag Abends von 6—7 Uhr, Freitag von 7—8 Uhr oder nach 
Verabredung. 

4. Herr Dr. Th. Weyl: a) Die wichtigsten Capitel der Hygiene 
mit Demonstrationen und Excursionen und unter Rücksichtnahme 
auf die Gesetzgebung. (Für Physikatskandidaten.) Montag, Mitt¬ 
woch, Freitag 6—7 Uhr, Sonnabends Nachm.: Excursionen. Sonntags 


von 11—12% Uhr Demonstrationen im Hygienisch. Museum, b) Cursus 
der Chemie und Bacteriologie. Praktische Uebungen in zu verab- 
derenden Stunden. 

XV. Photographie zu wissenschaftlichen Zwecken. 

Herr Prof. Dr. G. Fritsch: Photographie zu wissenschaftlichen 
Zwecken, 5 Mal wöchentlich von 9 — 11 oder 10—12 Uhr Morgens 
nach Uebereinkunft. 

Für den laufenden Cyclus sind behindert und werden im nächsten 
Cursus lesen: 

Herr Prof. Dr. A Fraenkel (Klinische Medicin). 

„ Prof. Dr. Fürbringer: Klinische Medicin (Pract. Uebungen 
am Krankenbett, Visiten, Sectionen). ° 

„ Dr. Gastj Laryngoskopie und Rhinoskopie. 

” Geh. Rath Prof. Dr. Hahn: Chirurg. Diagnostik und Therapie. 

„ Dr. Hauchecorne: Kinderkrankheiten. 

„ Dr. Keiler: Kinderkrankheiten. 

„ Director Dr. W. Körte: Chirurg. Diagnostik und Therapie. 

„ Dr. Richter, Chemisch-mikroskopische Diagnostik 

” 5 ir , ect ° I \ D £; Ri ess: Cursus der Diagnostik innerer Krankheiten. 

„ Geh. Med.-Rath Dr. Sander: Psychiatrie und Entmündigungs¬ 
verfahren. ö & 

„ Dr. O. Schäfer: Gynäkolog. Diagnostik. 

„ Gerichtsphysikus und Prof. Dr. F. Strassmann: Gerichtliche 
Medicin. 

„ Dr. P. Strassmann: Gynäkologische Diagnostik. 

Meldungen nimmt entgegen und schriftliche Auskunft ertheilt 
unser Bureaubeamter Herr Anders, Ziegelstrasse 10 —11 im Langen- 
beckhause, wochentäglich von 10—8 Uhr. 

a. o. Prof. Dr. J. Hirschberg, 

Vorsitzender des DocentenVereins für Feriencurse. 

Berlin NW., 86 Karlstrasse. 

Diejenigen Herren Collegen, welche Curse zu belegen wünschen, 
wollen sich gefälligst an den Vereinsbeamten Herrn Anders, Ziegel- 
Strasse 10—11 im Langenbeckhause, wochentäglich von 10 Uhr Vor¬ 
mittag bis Abends 8 Uhr wenden. Auditoriengelder neben dem Honorar 
werden nicht erhoben. Findet ein Cursus gar nicht oder nicht zu 
der festgesetzten Zeit statt, so wird das gezahlte Honorar durch Herrn 
Anders wieder zurückerstattet. 

t Diejenigen Herren, welche sich an anatomischen oder patho¬ 
logisch-anatomischen Cursen oder Operationsübungen an der Leiche 
betheiligen, können von den Herren Doc. Dr. Landau und Professor Dr. 
Martin nur zu dem Colleg und den diagnostischen Uebungen (12 
bis 3 Uhr) zugelassen werden, nicht aber zu den ausser dieser Zeit vor¬ 
zunehmenden gynäkologischen Operationen. In dem Cursus a) des 
Herrn A. Martin pflegen sich die Herren Theilnehmer für die Unter¬ 
suchungsübungen in 3 Gruppen zu theilen. Alle wohnen täglich den 
Operationen und den Vorträgen bei, bleiben aber nur an je 2 Tagen 
der Woche von 1—3 Uhr zum Untersuchen in der Anstalt. Dieses 
Verfahren erschien allen Betheiligten als das zweckentsprechendste 
und soll auch weiterhin befolgt werden. Diejenigen Herren, welche 
sich an Sectionscursen betheiligen, können vom Herrn Dr. Nagel 
nur zu den Operationen am Phantom, nicht aber zu den poliklinischen 
Geburten zugelassen werden. 

Diejenigen Herren, die im Besitze von Mikroskopen mit Ab bi¬ 
scher Beleuchtung sind, werden dringend ersucht, dieselben zu den 
Cursen der Herren Professor M. Wolff und Dr. C. Günther mitzu¬ 
bringen Zu den Cursen der Herren Dr. Krönig und Dr. Landau 
ist das Mitbringen eines Mikroskopes sehr erwünscht, bezw. noth- 
wendig. 

Diejenigen Herren, welche einen Ohrenspiegel besitzen, werden ge¬ 
beten, denselben zu den Cursen der Herren Dr. Jacobson u. Dr. Katz 
mitzubringen. Ebenso werden die Herren, welche einen laryngo- 
skopischen Reflector besitzen, ersucht, denselben zu den Cursen der 
Herren Dr. B. Baginsky, Dr. P. Heymann, Dr. A. Kirstein, Prof. 
Dr. Krause, Dr. W. Lublinski, Dr. E. Meyer, Dr. A. Rosen¬ 
berg und Dr. Scheinmann mitzubringen. 

Herr Dr. Th. Weyl ersucht seine Herren Zuhörer, sich den 
Sonnabend Nachmittag von 2—6 für hygienische Excursionen frei 
zn halten. 0 p ro f. Dr. J. Hirschberg, 

Vorsitzender des Docentenvereins für Feriencurse 


Bekanntmachung. 

Unter Bezugnahme auf den § 9 der Polizei-Verordnung vom 
9. April 1888 (Intelligenz-Blatt No. 89 vom 15. April 1889), betreffend 
den Betrieb von Mineralwasser-Fabriken, wird hierdurch bekannt 
gemacht, dass an Stelle des Apothekers Burghoff, Chausseestrasse 9, 
und ausser den Ingenieuren C. Lüdke, Grunewaldstrasse 128, und 
W. Bersch, Lübeckerstrasse 43, die Chemiker 

Dr. Fernandez-Krug, Zimmerstrasse 97, und 
\ Dr. Hampe, Zimmerstrasse 97 
ermächtigt worden sind, die nach § 8 der Verordnung nothwendigen 
Prüfungen der Apparate vorzunehmen. 

Anträge auf Abnahme der Apparate sind an einen der genannten 
Herren zu richten. 

Dem Apotheker Herrn Burghoff stehen keinerlei amtliche Be¬ 
fugnisse mehr zu. 

Berlin, den 80. November 1894. 

Der Polizei-Präsident. 

Freiherr von Riohthofen. 


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an^i’iiaticieu S8etf*3> b*u*3 ff$ ebentn für |ebe XöfliC ber ISWeüfäsü 
wie iVceir iSUntvtnanb $u einem rcMenftcit aöcifim^^öefitent «ipa. 
~ f£ix je'&en ^adnnann, ÜkitaHmtcut, ^od),. Ckfledncr akr 

nnemOehUid) ift — betrööt nur: m, -JU- ~ ■$** $*«<* »oit « 06 m 
^Uiljcnbodicr ift *n i^ul)eu kurd) jebe «udibmibiun« ober puft 

i t&nfcnbung- ms 39ctrag«ö dum tft. d3<l mit m\ 
bet SJetiflQ^but^^Iinift Y 

^etuffllemrcfit. 4Ht V.*; 


gift*a iB(‘r! Win. Wotn Mte. IVo. 3/. etithHH ‘)o,b-(Ct, 
i'einet.es ist aber^ frei -voa Or vach, Qe- 

Btikitiaek, AeijtflP'lMWg.,. nml wird. <iy.sJjs,lb >*R»-d 
ron ilüii' i‘inf.)i:ulücli«U?i F{iHg.:»tf.:i gorn- gfftom'men iwl 
ninhi vviod<-r etbiocbert. Soift*Wfl ÄSÄi»lwne der 
Kibrperkrütte piid Uee Qewkhis, x. B. 23 Pfu.«d 
in 4 ‘Wocjhen f Berl. Kljri, Woch. lm*4, Xv* f>HV. 
ßcirtffmvj GuajÄfoloavbownk **ei ^ypltas li ;Jd\p 
"Movl. Coii^d-Z^,' 5 Nu. -Sit {i,.. im : .. 
LiUernlui'-Auszüge und (tebrciucln: Änw3&isns}g§n ilnrob 


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ist in frUcfcur diasjahrj^er Fällung-«um Vereand ^omxößB. » 01 ^ 
raren Jabrtm mit gröster Vorliab# und gu^cn 

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thrA«a min der de« Jods und Eisens^eionnet Vtriww 
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und Appetit nicht stöfand, sondern tfÄ f" n W d ", rh ,.- 

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(in Orig.-Flaachan i l M., Ü%:U. tt. io.at») 
WoMsch^eokötid/ b &* & « & «ir* lelo&t^ «-©rd&aUöfe and 
die Xfthne nicht angteiiend. FnfchaJt eine tmnsiäöta Menge 
de? reinen alkküfreW Zttok^r-Verbinddp* Blaen* 
SfpUbäU dtiarch-DeutsclteH-EdickH'Pateni 
tjfir^ doe Protessor F r e aeni un in Wiesbaden be¬ 

stätigt; voraöghche Wirksa.mkeit dtireb Atteste der nam» 
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baaaaih» wird »«« «WM» ,tf<Hlieh*« Krl " 1 ’ 

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bliuwrn I« »tSIndlgam Gebrauch. 7 0 hüiyol nabst 
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retchiicltt?r MenatmatlOn. (Nettst^ Inttotoitir zu Dio/isiön.) 

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Hamburg* 





Alleinige Inseraten-Annahme 

bei Rudolf Blosse 

Annoncen-Expedition für sämmtliche 
Zeitungen Deutschlands ttd. Aoelandes. 

le Berlin SW., Breslau, Chemnitz, CBIn a. 

N°‘ 52. ~ . 


_ DEUTSCHE Insertions-Gebühren 

MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 

»uPresdeii, Franfcturt a. M.. Halle a, S.. Hamburg, Lelpilq. London, Magdeburg. Mannheim. MQnehea. Nürnberg. Prag, Stuttgart, Wien, ZDrioh. 


Donnerstag den 27. Dezember 1894. 


XX. Jahrg. 


Personalien. 

O (Amtlich.) Auszeichnungen: Charakter als Geheimer 

Sanitätsrath: Dir. Arzt des deutschen Krankenhauses, Botschafts- 
arzt Dr. Mühlig in Constantinopel. Charakter als Sanitätsrath: 
Dr. Mordtmann in Constantinopel. 

Versetzung: Kreis - Physikus Sanitätsrath Dr. Jaster in 
Wongrowitz aus dem Kreise Wongrowitz in den Landkreis Bromherg 
Niederlassungen: Die Aerzte: Dr. Laabs in Schloppe; Dr. Staby 
m Annahütte; Holzt in Triebei; Dr. Lange in Sagard a. Bügen; 
Dr. Heydrich in Neustadt bei Pinne; Dr. Ehrlich in Posen; Dr. 
Dahmer in Lobsens; Lücke in Langenöls; Bosenherg in Mühl- 
rädlitz; Dr. Lüders in Dedeleben; Dr. Glünder in Hitzacker; 
Dr. Heinsen in Wilhelmsburg; Dr. König und Dr. Seidler in Har¬ 
burg; Dr. Hohn und Dr. Koppel in Aachen. 

Verzogen sind: Die Aerzte: Dr. Krefft von Sierakowitz nach 
Bruss; Dr. Plath von Schloppe nach Weissenhöhe; Dr. Gutmann 
von Grossharthan nach Senftenberg; Schadewaldt von Stralsund 
nach Berlin; Dr. Heynemann von Saarlouis nach Stralsund; 
Di. Rudolph von Berlin nach Posen; Dr. Popke von Bromberg 
nach Schmiegel; Dr. Schauer von Lengerich nach Dziekanka; 
Dr. Callmann von Czarnikau nach Sensburg; Dr. Gerske von 
Deutsch-Wartenherg nach Schneidemühl; Ziolkowski von Lobsens 
nach Krone a. d. Brahe; Ober-Stabsarzt a. D. Dr. Berger von Breslau 
nach Sagan; Dr. Schroeder von Deggendorf nach Bunzlau; 
Dr. Mettershausen von Schneverdingen nach Soltau; Dr. Wilmans 
von Wilhelmsburg na^h Hamburg; Mar.-Stabsarzt a. D. Dr. Lotsch von 
Kiel nach Buchholz; Dr. Mühle von Harburg nach Ludwigsinst; 
Dr. Niessen von Jülich nach Bedburg; Dr. Scheffel von Netters¬ 
heim nach Düsseldorf; Dr. Bempe von Blankenheim nach München. 

Gestorben sind: Die Aerzte: Dr. Kistermann in Aachen; 
Geh. Sanitätsrath Dr. Adamkiewicz in Berlin. 

Vakante Stellen: Die Physikate der Kreise Neisse und Gummers¬ 
bach, die Kreis-Wundarztstelle des Kreises Johannisburg. 

Docenten-Verein für Feriencnrse in Berlin. 

Nachtrag. 

1. Herr Privatdocent Dr. Hirschfeld: Pathologie und Therapie der 
Stoffwechsel-Krankheiten. 3mal wöchentlich nach Verabredung. 

2 . Herr L. Spiegel: Chemie für Mediciner. Dienstag, Donnerstag, 
Sonnabend von 10—12 Uhr oder in zu verabredenden Stunden. 

An sämmtliche Königliche Ober - Präsidenten. 

Seitens der Königlich Niederländischen Begierun * ist der Wursch 
ausgesprochen worden, dass fortan bei den Benachrichtigungen von 
der Aufnahme geisteskranker Niederländer in deutsche Irren-An¬ 
stalten stets auch der Ort, an welche^ der Aufgenommene seinen 
Wohnsitz in den Niederlanden hat oder innerhalb der letzten sechs 
Monate gehabt hat, sowie der Name derjenigen Person mitgetheilt 
werde, welche die Aufnahme beantragt hat. 

In Erweiterung der Verfügung vom 21. Januar 1841, betreffend 
die Anzeige von der Aufnahme nicht prenss scher Geisteskranker in 
die Irren-Anstalten an die zuständige Landes-Polizeibeböide, weiche 
l'ür Privat-Irrenanstalten unter 2 b der Bundverfügung vom 19. Januar 
1888 Berücksichtigung gefunden hat, ersuchen wir daher Ew. Excellenz 
ganz ergebenst, die Vorstände der öffenrlich-n, wie der Privat- 
Irren anstalten gefälligst anzuweisen, in Zukunft die Anzeigen über 
die Aufnahme geisteikranker Niederländer in der oben angegebenen 
Bichtung zu vervollständigen. 

Berlin, den 80 November 1894. 

Die Minister 

der geistl. etc. Angelegenheiten. des Innern. 

Im Aufträge (gez.) von Bartsch. Im Aufträge (gez.) Haase. 

Bekanntmachung. 

Die mit einem jährlichen nicht pensionsfähigem Gehalte von 
900 Mark verbundene Physikatsstelle des Kreises Wongrowitz mit 
dem Amtssitze in WoDgrowitz ist durch Versetzung des Stellen- 
Inhabers frei geworden und soll baldigst wieder besetzt werden. 

Geeignete Bewerber wollen sich unter Einreichung Ihrer Zeug¬ 
nisse und eines kurzen Lebenslaufes binnen 4 Wochen bei mir melden. 
Bromberg, den 18. Dezember 1894. 

Der Regierungs - Präsident, 

Wirkliche Geheime Ober - Regierungs - Rath. 


Op. Kadner’s Sanatorium 

= Niederlössnitz bei Dresden. = 

Diätkuren für Fettsucht, Abmagerung, Nervenleiden, Magen- und 
Darmkrankheiten, Zuckerkrankheit, Gicht, Massage, Wasser¬ 
behandlung, Gymnastik, Electricität. Comfortables Haus, Familien¬ 
leben, 20 Patienten, 2 Aerzte. 


Bekanntmachung. 

An der psychiatrischen u. Nerven- 
klinik zu Halle a. S. ist eine 

Assistenzarzt-Stelle 

zu besetzen. Promovirte Aerzte, 
welche sich um diese Stelle zu be¬ 
werben wünschen, wollen ihre 
Zeugnisse, Empfehlungen u einen 
Lebenslauf gefälligst schleunigst 
mir einreichen. 

Prof. Dr. Hitzig, Geh. Med.-Rath. 

1 Entziehungskuren 1 

1 Dr. med. Fedor Plessner 1 

■ Kurhaus l'ür Nervenkranke. 1 

| = Wiesbaden. ===== ß 

Asyl für Gemüthskranke 

Charlottenburg, Berliner Strasse 17 

vis-A-vis dem König!. Polytechnikum, 
nahe dem Stadtbalinhof Thiergarten. 
Aufnahme von Gemüthskranken incl. 
Morphinisten und Alkoholikern fin¬ 
det jederzeit statt. Pensionspreis 
monatlich von 100 resp. 60 M. an. 
tyirector: Sanitätsrath Dr. Edel. 

Gebildete Dame, welche längere 
Zeit in der Krankenpflege als 
Schwester thätig war, in grösseren 
Spitälern weitere Ausbildung ge¬ 
noss, zuletzt auch eine Privat- 
Klinik, in administrativer Hinsicht 
mit grossem Erfolge leitete, sucht 
Stelle als Oberin od. Leiterin einer 
ähnlichen Anstalt vom 1. Januar 
1895 ab. J 

Prima Beferenzen und Auskunft j 
über persönliche Verhältnisse ste- i 
hen zur gell. Verfügung. Off haupt- 1 
postl. Leipzig, Chiffre S. u. P. 494. 

Sanatorium Harzburg. 

Für Nervenleiden, ohron. in¬ 
nere Krankh. n. Frauenleiden 

das ganze Jahr geöffnet. 

Dr. Hans Berliner. Dr. Graefe. 

Sanatorium für Nervenkranke 

Martinsbrunn bei Meran. 

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Bonn studirte, gute Zeugnisse be- ] 
sitzt u. bereits vertreten hat, sucht 
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Direktor Dr. Felix Wolff. 

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Dr. Uartin Bruok 

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Die Heilanstalt Bad Kreiscba, 

bestehend aus grossem und kleinem 
Kurhause mit getrennten zahlreichen j 
Wirthschaftsräumen und parkähn¬ 
lichem Garten, zur Aufnahme von | 
etwa 50 Kurgästen geeignet, soll 
sammt Einrichtung durch den Vor- - 
mund der Besitzer sofort verkauft | 
oder auch verpachtet werden. 

Nähere Auskunft ertheilt Be- 
giernngsrath Dr. Hallbauer, Leipzig, 
Flossplatz 34, part. . 

Nizza. 

Am 1. November habe ich meine 
Praxis in Nizza 1. rue St. Etienne 
wieder aufgenommen. 

Dr. Bardach (i. S. Bad Kreuznach) 
Dir. Arzt des deutschen Pflegehauses. 

Practizir. wieder in CaiPO. 

Dr. Max Schneider 

(Baden-Baden). 

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Bad Berka bei Weimar 

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einem Vermögen von etwa 10000 bis 
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sich durch Betheiligung an einer 
Kuranstalt, deren Besitzer und Leiter 
ein renommlrter Arzt ist, eine 

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Dr. Wiederhold’s Guranstalt Wilhelmshöhe bei Cassel 


Das ganze Jahr geöffnet und besucht; ärztlich gemeinsam geleitet von 

Dr. M. Wiederbold und Dr. O. Brunner. 


Digitized by 


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ä ; f Brömtali ,« ‘CJ*Vt»>itr> 0 SBt n 4h&l4*km'n»'t*U ® 

}< Ironi: i, VUt nHrrst , ». ar-s ■•...■•. :t>.i g 

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stkr*ealuag«>a £* 6323 * 41 «. 


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(Dr„Heihzr& Dr, Ltebrecht}, 


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